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Full text of "Deutsches Wörterbuch"

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HANDBOUND 
AT  THE 


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UNIVI  RstTY  or 
TORONTO  PRESS 


DEUTSCHES 


WÖRTERBUCH 


VIERTEN   BANDES   ZWEITE   ABTHEILÜNG. 


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DEUTSCHES 


WÖRTERBUCH 


VON 


JACOB  GRIMM  und  WILHELM  GRIMM. 


VIERTEN   BANDES   ZWEITE   ABTHEILUNG. 

H.  r.  j. 

Bearbeitet  von  Moriz  Hey.ne. 


LEIPZIG 

VERLAG    VON    S.    H  I  R  Z  E  L 

1877. 


■4 


Druck  «on  J.  B.  Hlnchfeld  In  Lalpilg. 


VORWORT 


oeit  1867  ist  meine  thätigkeit  dem  GRiMM'schen 
uörterbuche  gewidmet,  anfangs  neben  eigenen  arbeilen, 
später  derart  ausschlieszlicli,  dasz  ei.i;enes  vollständig 
zurückgetreten  und  auf  unbestimmte  zeit  hinaus  ge- 
schoben ist.  nach  einem  Zeiträume  von  zehn  jähren 
lege  ich  nunmehr  einen  abgeschlossenen  band  vor. 
CS  ist  schmerzlich  zu  empfinden,  dasz  die  treuesten 
äugen,  die  auf  dem  werke  geruht  und  es  mit  war- 
mem interesse  hegleitet  haben,  sich  schlieszen  musten, 
hart  bevor  dieser  band  vollendet  war.  Salomon  Hirzels 
antheil  an  ihm  ist  ein  über  gelegentliche  beisteuer  von 
citaten  weit  hinausragender. 

Anfangs  hatte  ich  nur  den  buchslaben  H  zur 
bearbeitung  übernonmien,  während  die  buchslaben  I 
und  J  herrn  professor  Licae  in  Marburg  zugefallen 
waren,  als  dieser  jedoch,  nach  fertigslellung  der 
arlikel  I  bis  ICH  (sp.  2003—2024),  sich  leic^er  ge- 
nöihigt  sah,  von  der  arbeit  zurückzutreten,  habe  ich 
dieselbe  weiter  geführt. 


Die  in  diesem  bände  enthaltenen  arlikel  sind  das 
ergebnis  verschiedener  Stimmung,  verschiedenen  kön- 
nens  und  Wissens,  und  ich  kann  nur  wünschen,  dasz 
das  gebotene  gute  ausreichend  genug  befunden  werde, 
um  das  weniger  gelungene  nachsichtig  heurtheilen  zu 
lassen,  im  ganzen  bin  ich  bestrebt  gewesen,  mich 
von  jenem  umfang  der  arbeit  nicht  zu  weit  zu  ent- 
fernen, den  die  brüder  Grimm  seit  dem  zweiten  bände 
des  Wörterbuchs  selbst  festgesetzt  haben,  und  nicht 
zu  vergessen,  dasz  dasselbe  nach  Jacob  Grimms  worlen 
fvorrede  zum  1.  bände  s.  Xlll)  auch  ein  farailien- 
buch  sein  soll. 

Ein  qu'^llenverzeichnis  wird  diesem  bände  nicht 
beigegeben ,  weil  andere  bücher,  als  die  welche  in 
den  bisher  zusammengestellten  aufgeführt  sind,  kaum 
benutzt  wurden. 


Basel  den  16.  april   1877. 


MORIZ  HEYNE. 


H. 


Der  achte  buchstabe  des  lateinischen,  souie  des  goth&ehen  alpha- 
bets  (in  letzterem  auch  mit  dem  zahlwerte  S),  der  siebente  des  all- 
nordischen runenalphabets ;  in  dem  enieiterlen  ags.  rvnenalphabete 
nimmt  er  die  neunte  stelle  ein.  das  h  ist  der  jetzigen  hochdeut- 
schen spräche  theils  der  reine  hauchlaut  (das  h  ist  ein  scharpffer 
athem,  wie  man  in  die  bende  haucht  Ickelsamer  jramm.  B  1*), 
theils  hat  es  gar  keinen  phonetischen  wert  mehr,  insofern  es  {z.  b. 
in  sehen,  wehen,  ziehen,  blühen,  hoher,  floh)  stumm  geworden 
ist,  theils  steht  es  oft  nur  als  zeichen  der  dehnung  eines  vocals, 
nicht  einmal  mehr  mit  etymologischem  werte,  der  bucMabe  ist 
nach  seiner  enttrickelung  und  gellung  kurz  vorzuführen. 

l)  reiner  hauchlaut  von  den  ältesten  zeiten  her  ist  vorhanden 
in  den  mit  h  anlautenden  echten  inier jeclionen,  also  in  ha,  haha, 
ho,  hn,  huss,  bum,  in  aha,  ahi  «.  a.  auch  das  allindische  zeigt 
die  gleichen  naturlaule  auf:  ha,  hahi,  ahahA,  ahe,  aho;  der 
Grieche  lacht  a  a  und  der  Lateiner  ha  ha  he ;  unserm  oho  gleicht 
bei  den  römischen  komikern  eho  und  unserm  hna,  hum  der- 
selben hem. 

Femer  ist  h  ursprünglicher  hauchlaut  da,  wo  er  überflüssig  voca- 
lisehem  anlaute  vorgetreten  ist.  wie  diese  erscheinung  schon  in  den 
ältesten  hochdeutschen  zeiten  auftaucht  (huns,  za  habande  für 
uns,  za  abande  Hymn.  17,3.  18,1;  reichliche  andere  beispiele 
bei  Weinhold  alem.  gramm.  193.  bair.  gramm.  192),  so  zetgt  sie 
sich  auch,  obwol  im  ganzen  selten,  in  der  nhd.  Schriftsprache, 
für  mhd.  eischen  hat  sich  schon  seit  dem  14.  jahrh.  heisciicn 
ergeben;  helfenbein  für  eifenbein  als  eine  bereits  im  mhd.  ge- 
brauchte und  bis  ins  17.  jahrh.  dauernde  form  ist  3,  413  ange- 
führt;  haberraiite  ist  aus  abrotanum  geworden,  neft^n  aberkiaue 
ist  baherklaue  gebräuchlich,  wie  für  eidechse  auch  heidechse 
gilt;  und  dasz  bückel  und  heikel  von  eckel,  e\t\  nicht  zu  tren- 
nen ist,  wird  unter  diesen  Wörtern  besprochen,  die  mundarlen 
weisen  mehr  der  fälle  auf.  so  sagt  der  Baier  henchel,  henkel 
für  enkel  knüchel,  der  Schweizer  beigen  für  eigen  haben,  und 
in  vielen  theilen  Deutschlands  lautet  der  fremde  abschiedsgrusz  adieu 
ade  hadjes,  hadje;  bei  Hadpt  1,25  ist  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, dasz  eine  im  friesischen  vorkommende  nebenform  zu,  atha 
vater  mit  anlautendem  AaucAe  heil  ha  heita  dem  jetzigen  hessüchen 
heite,  häte  vater  gleicht;  aus  Mecklenburg :  bi'n  pohlsches  hulah- 
nen-regiment  Recter  festungstid  10;  andere  beispiele  aus  West- 
falen bringt  Woeste  bei  in  Fromm,  zeitschr.  5, 345.  —  In  einem 
falle  ist  dagegen  h  an  einem  eingebürgerten  fremdwortc  gewichen, 
an  uhr  aus  lat.  bora,  s.  unter  bor.  vgl.  femer  das  3, 52.  692  zu 
ehr,  er  für  hh,  her  dominus  und  er  für  die  partikel  her  bemerkte. 

Dasz  der  hauchlaut  h  ein  ursprüngliches  s  vertritt,  wie  der  grie- 
chische Spiritus  asper,  ist  eine  wol  nur  auf  die  bairischen  mund- 
arlen eingeschränkte  und  wenig  häufig  vorkommende  erscheinung: 
hänt  sie  sind  atis  fiiederöslerrrich  und  andere  verzeichnet  Fromm. 
5,106.  3,107.  Weisbold  bair.  gramm.  \92. 

21  unser  h  ist  zu  dem  jetzigen  hauchlaute  atis  einem  reibelaute 
geworden,  welcher  aus  dem  indogermanischen  k  entstand,  wahr- 
scheinlich durch  die  aspirata  kh  hindurch  gieng  und  schon  im  go- 
thischen  als  h  sicli  zeigt,  doch  wol,  icie  auch  später  noch,  mit 
etwas  anderer  ausspräche  als  bei  uns,  die  unserm  ch  näher  kam. 
möglicherweise  ist  die  aspirata  kh  =  goth.  h  noch  den  merovingi- 
sehen  Franken  gerecht  gewesen,  die  dafür  die  Schreibung  ch  ge- 
währen ;  man  vcrgl.  Childebert  =  Hildebert,  chreo-mAsido  leichen- 
diebstahl  der  malbcrg.  glosse  mit  goth.  hraiv,  ahd.  hreo  cadaver; 
chengisto  hengst  ibid.  mit  ahd.  hengist;  ücho  rieh  ibid.  mit 
goth.  faihu.  ahd.  fihu. 

Der  verlauf  dieses  h  ist  nach  seiner  sUUung  im  anlaut,  inlaut 
und  auslaut  zu  ermessen. 
IV.  II. 


a)  anlautendes  h  =  jo/A.  h,  indogerm.  k.  die  ausspräche  die- 
ses lautes  musz  je  nach  ort  und  zeit  schon  im  althochdeutschen 
geschwankt  haben,  auf  einen  harten  reibelaut  weist  es  hin,  wenn 
b  für  ch  stehen  kann,  wenn  also  brefti  für  chrefti,  harag  für 
charag  geschrieben  wird,  der  name  eh.  den  der  buchslabe  h  in 
Pariser  glossen  führt  (erus  magis  per  h  scribitur,  maer  duruh 
eh  scripan  Graff  4,  6S3)  bestätigt  diesz,  denn  nur  wer  den  laut 
mit  rasura  gulae  sprach,  konnte  ihn  eh  nennen,  wer  ihn  hauchte, 
brauchte  den  namen  ha.  auf  der  andern  seile  spredien  für  schon 
frühen  Übergang  des  reibelaxttes  in  den  hauchlaut  der  umstand, 
dasz  h  oß  einem  mit  vocal  anlautenden  worte  überflüssig  vor- 
trat (s.  oben),  so  wie  der,  dasz  die  anlautenden  Verbindungen  hl, 
hr,  hn,  hw  sich  schon  frühe  in  einfaches  1,  r,  n,  w  wandeln, 
so  wird  hladan  zu  ladan,  laden,  hros  zu  ros,  ross,  bnigan  zu 
nigan,  nigen,  huer  zu  wer;  nur  in  einem  sichern  falle  hat  sich 
von  der  letztem  Verbindung  das  h  erhallen,  weil  der  folgende 
labial  sich  frühzeitig  vocalisierte :  ags.  hvösta  ist  ahd.  huosto  und 
unser  husten. 

b)  im  in-  und  auslaut  tauchen  seit  den  ältesten  historischen 
Zeilen  unserer  spräche  zweierlei  li  auf.  etymologisch  einem  indo- 
germanischen k  entsprechend  ist  es  in  ahd.  zehan,  goth.  taihun, 
lat.  decem ,  in  zioban,  goth.  tiuhan,  M.  döcere.  ahd.  skuoh. 
goth.  skühs  schuh  u.  a.  die  frucht  einer  assimilalion  ist  es  in 
der  Verbindung  ht,  trenn  dieselbe  nicht  indogermanischem  kt  ent- 
spricht {wie  in  ahd.  naht,  goth.  naht-s,  allind.  naktam),  sondern 
aus  gutturale  und  dentale  geworden  ist,  so  in  goth.  mahfa,  ahd. 
mohta,  welches  für  mag-da,  mog-ta  steht,  in  goth.  })a!ifa,  ahd. 
dähta  für  t)ak-da,  dak-ta;  ahd.  starhta  stärkie  für  slarkta, 
starcbta  «.  a.  dieses  ass^milirte  bt  besteht  ebenso  wie  das  echte 
in  gleicher  Schreibung  durch  das  mittelhochdeutsche  hindurch,  ist  aber 
seit  dem  15.  jahrh.  zu  cht  geicorden.  —  Zu  diesen  beiden  arten 
von  h  tritt  nun  noch  im  ahd.  ein  drittes  in  mihil  grosz,  zeiban 
zeichen,  pouhan  Signum,  joh  joch,  welches  indes  nur  mehr  ver- 
einzeile Schreibung  für  mihhil  michil,  zeihhan  zeichan,  pouhhan 
pouchan,  joch  Ut,  in  der  rauheren  ausspräche  des  b,  die  dem  ch 
nahe  katit,  seinen  grund  hat,  und  elymologisch  nicht  auf  indogerm. 
k,  sondern  auf  goth.  niederd.  k,  indogerm.  g  zeigt,  dieses  h  für 
ch,  wie  es  sich  nie  allgemeiner  hat  festsetzen  können,  geht  zu  gun- 
slcn  des  letzleren  bald  wieder  unter,  wenn  auch  noch  spät  spuren 
davon  anzutreffen  sind,  z.  b.  steht  gmahet  für  gemacbet  bundsch. 
42 ;  es  hat  aber  noch  in  einem  beispiele  in  der  nhd.  spräche  nach- 
gewirkt, in  geruhen,  ahd.  ruohhan  curare,  welches  wort  im  alt- 
sächs.  rükjan,  ags.  recan  lautet,  wo  also  das  h  ein  ursprüngliches 
ch,  niederd.  k  vertritt. 

Das  inlautende  echte,  nicht  aus  anderm  laute  assimilierte  h  ist 
nun  im  nhd.  theik  geblieben,  theils  zu  einem  andern  laute  gewan- 
delt, geblieben,  aber  stumm  geworden  zwischen  zwei  vocalen  und 
rorr, !,  ra,  n:  nahe,  schwaher,  zebe,  sehen,  geschehen,  leihen, 
ziehen,  geflohen,  schuhe,  ähre,  zähre,  stahl,  zehn,  trähne ;  in 
oheim  tönt  es  noch,  in  der  verkürzten  nebenform  ohm  nicht,  vor 
s  und  t  ist,  gerade  entgegen  ahd.  mhd.  brauche,  für  h  Schreibung 
und  laut  ch  eingetreten :  ahd.  naht — nacht,  ahd.  nähist — nächst. 
ahd.  dehsala  fcei/— dechsel,  dihsala — deichsei ;  goth.  aübsus,  ahd. 
ohso, m/irf.  ohse — ochse;  aÜs.ahd.WohX.  m/id. lieht — liecht.  licht; 
9«/A.  icihls,  ahd.  liht — leicht.  —  Beachtung  verdienen  Übergänge 
eines  alten  echtai  h  in  g.  die  niclit  mit  einer  gewissen  regelmäszig 
keit  erscheinen,  sondern  sich  auf  einzelne  worte  oder  wo<-tfamilien 
beschränken,  aber  all  sind.  goth.  gan6h-s  genug  mit  seinem  ver 
bum  ganübjan  t-<:(  ags.  schwankend  genüh  und  genug;  ahd.  ga- 
nuog ,  ginuogan ,  doch  blickt  das  alte  h  noch  hindurch  in  der 
Schreibung  ginuoch  (Graff  2, 1006),  wie  es  sich  in  dem  von  Hner 

1 


H 


H 


Wurzel  stamtnenden  rerbutn  ganah  es  genügt,  goth.  ganab,  ags. 
geneah  «■AaÜen  Au/,  mbd.nur  genuog,  genuoc,  genüegen,  nlid. 
genug,  genügen,  flüssiger  als  in  diesem  worle  ist  das  verhällnis 
zwischen  h  und  g  geblieben  in  schwäher,  altd.  swühur,  inhd. 
sweher  (lat.  socer)  und  schwieger,  alid.  swigar,  ni/irf.  swiger; 
Schwager,  mhd.  swäger.  einige  starke  verben  mit  wtirzelauslaut  h 
lassen  denselben  bald  mehr,  bald  weniger  fidußg  in  g  wandeln: 
gegenüber  golh.  slalian,  praet.  sloh,  slöhuin,  pari,  slahan-s  ist 
im  ahd.  sowie  im  altniedcrd.  zwar  noch  in  den  prdsensfornien  h 
erhalten  in  slahan  schlagen,  slah  plaude,  arslabit  occidü,  irslahe 
interficiat,  aber  die präteritalformen  haben  g  angenommen:  sluog, 
wofür  nach  den  attslautsgeselzen  auch  sliiüc  {neben  sluoch)  gilt, 
sluogun,  pari,  gislagan;  uns  ül  das  g  auch  ins  präsens  gedrungen : 
schlagen,  ich  schlage,  schlug,  geschlagen ;  aber  präsentiale  formen 
mit  h  hallen  sicli  noch  bis  ins  17.  jahrh.  Luther  gewahrt  den 
inf.  schlaiien  1  Mos.  8,  21.  2  Mos.  9,  15.  12, 12  u.  ö.,  die  form 
ich  schlahe  2  Mos.  12, 13  neben  schlage  1  Sam.  17,  9 ;  du  schlechsl 
5  Mos.  7,  2  neben  schlegst  ps.  3,  8,  schlej;t  2  Mos.  21,  12.  15. 
imp.  schlag  2  Sam.  1, 15 ;  6.  Waluis  wiitu  dich  schlahen  111, 
3,13,  art  schlecht  nicht  von  art  IV,  3,  25;  das  h  fällt  aus:  zu 
boden  schlan  (:  abe  län  ablassen)  Opel  u.  Coiin  344,  207 ;  selbst 
in  der  participialform  geschlan  (ibid.  262,  64),  was  auf  früheres 
geschlahen  für  geschlagen  hinweisen  kann,  der  Wechsel  zwischen 
h  und  g  i'rt  diesetn  verbum  ist  auch  den  heutigen  mundarlen  noch 
eigen:  osterländisch  schlahen  und  schlan,  imper.  schlag  und 
schlä;  so  auch  schwäbisch  schlag  schlage  und  schlä,  schlechst 
du  schlägst  oder  schlaist,  inf.  schlage  und  schlä  Fromm,  2,113. 
weniger  durchgedrungen  als  bei  diesem  verbum  ist  der  gleiche  Wech- 
sel bei  ziehen,  golh.  tiuhan,  praet.  tauli,  tai'ihum,  pari,  taühan-s  ; 
im  ahd.  entspricht  ziohan,  praet.  zöh  und  zog,  zuguin,  pari,  zogan 
gazogan.  wir  haben  das  h  in  den  präsensformen  gerettet  ziehen, 
Jn  den  prälerilalformen  hat  sich  g  fest  gesetzt  zog,  gezogen,  wie- 
der nicht  olme  ausnähme;  in  dem studentcnliedc  'das  jähr  ist  gut, 
braunbier  ist  geraten    begegnet 

da  thu  ich  vor  freudcn  die  mutze  abziegen  (:  vergnügen), 
und  bei  B.  Waldis  steht  zoh  für  zog  IH,  29, 1,  zohe  II,  27,  50. 
III,  8, 10;  auch  später  noch:  durch  diesen  discurs  der  sich  weit 
auf  ein  mehrers  erstreckte  und  auseinander  zohe.  Simpl.  1, 
229  Kurz.  Luther  hat  die  form  zoch  Marc.  12,  l.  13,  34  u.  ö., 
in  einigen  ersten  drucken  findet  sich  auch  zog;  ich  zoch  meine 
schuh  wieder  an.  Simpl.  3,  328  Kurz,  nominalabkilungcn  haben 
teils  b  teils  g:  ziehe  educalio,  ein  kind  in  die  ziehe  geben, 
oier  zeug,  zeugen,  zug,  Zügel,  welches  letztere  worl  ahd.  schwankte : 
zubil  und  zugil.  —  Gegen  diese  verben  hat  fliehen,  ahd.  fliohan 
sein  h  rein  zu  erhalten  gewust ,  ungleich  dem  ags.  brauch  auch 
hier  in  den  prälerilalformen  den  wurzeluuslaut  zu  g  zu  wandeln, 
wodurcli  die  formen  flugon,  geflogen  formell  denen  von  fleogan 
fliegen  gleich  werden,  nur  mundartlich  erscheinen  von  geschehen 
formen  mit  g:  es  is  ^mal  geschegen  sagt  vian  im  Ostcrlandc; 
und  das  das  geschege  Stolle  thür.  chron.  115.  gedeihen  hat 
sein  wurzelhaßes  h  wieder  hergestellt,  wir  sagen  es  gedeiht,  es 
gedieh,  gediehen,  «ras  dem  mhd.  dihen,  dech,  digen,  gedigen 
gegenüber  steht;  teste  des  mhd.  brauchcs  reiten  sich  in  das.  nhd. 
hinüber:  welches  ihn  da'rum  nicht  besser  machte  oder  ihm 
zur  Warnung  gedige.  Simpl.  2, 154  Ktirz;  das  alle  pari,  gedigen 
verwenden  wir  als  gediegen  heute  als  adjediv  und  trennen  es  vom 
pari,  gediehen  auch  der  form  nach. 

Auslautend  duldete  das  mhd.  kein  b ,  sondern  setzte  es  in  ch 
um,  wodurch  das  lelzlere  sowol  der  Vertreter  eines  golh.  h  als  auch 
eines  goth.  k  wurde,  das  nhd.  hat  gestrebt,  das  auslautende  h 
wieder  in  sein  altes  recht  zu  setzen ;  es  ist  ihr  meüt,  niciU  immer, 
gelungen:  nichl  in  hoch,  goth.  bauh-s,  ahd.  höh,  mhd.  hoch, 
gegen  hoher,  mhd.  höher;  Jn  doch,  yoth.\ia(ih,  noch  go//».  nauh; 
die  präp.  nach  steht  neben  dem  ad),  und  adverbium  nahe,  nah, 
golh.  n^bva.  auch  hier  lange  schwankendes  nachklingen  des  mhd. 
brauchs:  floch  {floh)  i  Sam.  4,10;  der  imper.  fleuch  findet  sich 
noch  bei  GorreR  (1,13  gegen  fleub  Weckherlik  815);  und  sich 
ineh)  da»  niemand  zu  dir  kumb  B.  Walois  I,  24,  0,  rauch 
rauh  III,  14,  9,  schucb  schuhe  IV,  69,  95,  h.lndHchnch  Garg. 
281'  gegen  schuh  ibid. ;  dasz  ihm  die  schurhsohlen  liUtlen  herun- 
ter fallen  mögen.  Simpl.  3,  72  Kurz,  in  durch  haben  wir  dir 
mhd.  form  behalten  {ijolh.  })airh,  ahd.  dunili) ,  in  niabrc  et/uus 
Ml  das  ichliesiende  b  untergegangen:  ahd.  marah,  ags.  roearb, 
mhd.   marcb. 

Wo  nun  im  nhd.  auslautend  das  alte  rtymohjisch  berechtigte  b 
wieder  ericheint,  ist  et  stumm:  sieh,  »ab,  geschah,  der  ich, 
verzeih,  vieh,  floh,  icbub ,  raub,  die  Volkssprache  Idtzt  jedoch 
hier  gewöhnUth,  in  fortiettung  der  mhd.  gewotinheit,  das  b  als  ch 


lauten  und  sagt  sich,  er  such,  es  geschach  «.  s.  w.,  und  auch 
die  spräche  des  gebildeten  verschmäht  die  form  viech  nicht,  wenn 
sie  damit  eine  komische  Wirkung  erzielen  will. 

Aus-  oder  abfall  hat  h  erlitten  in  scheuen ,  mhd.  schiuhen, 
gegen  das  Iransilivc  scheuchen ,  welches  sein  h  zu  ch  gewandelt 
zeigt;  in  scheu,  abscheulich,  scheusal;  ferner  in  bcfehl,  be- 
fehlen ,  golh.  bifilhan ,  ahd.  bifelahan ,  für  welche  beide  Wörter 
bis  ins  17.  jahrh.  die  form  befelch,  befelchen  gebräuchlich  war 
(1.  1251—55 ,  das  im  inlaute  beider  wOrtcr  stehende  h  kann  für 
nichts  als  ein  dehnungszeichen  genommen  werden),  in  scheel  und 
schielen ,  ahd.  scciah  und  scilaban ,  bair.  noch  scbelcb  und 
schlichen  (Schm.  3,352),  mähre  equus  wurde  schon  genannt. 

c)  besonders  häufig  hat  sich  h  im  nhd.  in  bildungssilben  an 
stelle  anderer  spirantischer  laute  ergeben ;  meist  des  j:  m/id.  blsejen, 
blüejen,  brüejen,  brüoje ,  draijen,  vrücje,  glücjen,  krajjen, 
ma;jen,  müejen ,  na;jen ,  wajen  ist  nhd.  zu  blühen  blühen 
brühen  brühe  drehen  frühe  glühen  krähen  mühen  mühen 
nähen  wehen  geworden,  dieser  Übergang  aber  von  ']  in  h  ist  be- 
reits von  lange  her,  schon  seit  ahd.  zeit  vorbereitet:  neben  ahd. 
blajan  geht  blähan  in  arplähant  (Graff  3,235),  neben  blojan 
blohan  ,  bluoban ,  »lefcen  muojan  muohi  mühe  (2,  602),  mlid. 
wechseln  müejen,  müehen,  müewen  mit  einander  und  für  vrüeje 
findet  sich  auch  vrüehe,  wie  überhaupt  der  wedisel  der  bildungs- 
laule  j  b  w  weil  durch  die  deutschen  dialccle  greift,  das  nhd. 
kennt  diesen  Wechsel  nicht  mehr,  ihm  ist,  wie  eben  gezeigt,  nur  b 
gerecht  oder  der  bildungslaul  ist  ganz  ausgefallen  wie  in  säen  gegen 
ahd.  säjan  sfthan  sdwan.  Vertreter  eines  w  i.'!(  ahd.  h  in  ruhe 
ruhen,  mhd.  ruowe  ruowen;  ferner  in  froh,  mhd.  vrö,  vröwer, 
neben  welcher  letzteren  form  sich  doch  auch  schon  mhd.  der  acc. 
frohen  findet  (BeiN.  3,  414").  zweifelhaft  ist  es  ob  in  ehe  matri- 
inonium  das  h  hierher  gehört  und  Vertreter  eines  alten  w  ist,  ahd. 
cwa,  wofür  Notker  die  form  eha  aufweist;  3,  39  ist  dies  Ver- 
hältnis geläugnet  tmd  das  h  des  Wortes  nur  als  dehnungszeidien 
genommen  worden,  nhd.  webe  ist  vielleicld  doch  von  dem  mhd. 
subst.  wfiwe  schmerz  nicht  zu  trennen,  wofür  md.  die  form  wMie 
gebraucht  wird.  —  Im  16.  jahrh.  finden  sich  noch  mehrere  alte  w 
durch  b,  und  zwar  im  auslaute  vertreten:  Luther  schreibt  kalb 
calvus,  mM.  kal  kalwer  (Micha  1, 16) ;  falb,  ahd.  falo,  falawer, 
doch  neben  falb,  in  welcher  form  sich  das  alte  v/  zu  b  erluirtel 
rettet  (o/fenb.  6,  H) ;  melh,  mhd.  mel,  melwes:  ein  epha  unge- 
seuerts  melhs  richter  6,19;  das  ungeseuert  melh  21;  bei  die- 
sen Wörtern  tritt  das  b  später  7iur  als  dehnungszeichen  in  den  in- 
laut,  gerade  wie  bei  befehl,  befehlen,  s.  oben,  umgekehrt  findet 
sich  ein  altes  ableitendes  h  in  b  gewandelt,  was  aus  w  verhärtet 
ist;  für  scheel  (schelh  Aghic.  spr.  29'  ausg.  v.  1560)  schreibt 
Maaler  schälb,  uberzwerch  345*,  scbelb  ansähen  349'. 

3)  h  als  dehnungszeichen.  seit  den  ältesten  hoclideutsclien  zeiten 
ko7nmt  es  bisweilen  vor,  dasz  Schreiber  einem  worle  ein  h  einfügen, 
welches  keine  etymologische  bereclUigung  hat.  manchmal  stellt  es 
ganz  ohne  ersichtlichen  grund,  tlieils  nach  einem  unzweifelhaft  kur- 
zen vocale  wie  in  magahl-heüi,  kiduhlt  (\\ EinuoLD  alem.  gramm. 
199),  Iheils  sogar  zwischen  zwei  consonanlen,  z.  b.  in  Liutmunht 
für  Liutmunt  (verbrüdcrungsbuch  von  St.  Peter  43,  3);  öfter  er- 
kennt man  die  absiclit,  durch  den  hauchlaul  die  dehnung  eines  vo- 
cab  anzuzeigen:  deohmuati ,  bühs  (Weinh.  a.  a.  o.).  dieses 
überflüssige  h  ist  bis  zum  14.  und  15.  jahrh.  noch  nicht  häufig: 
erst  im  16.  wird  es  sehr  gewöhnlicli  in  der  absieht  verwendet,  die 
länge  des  vocals  dadurch  anzuzeigen,  die  Stellung  des  h  ist  hier- 
bei oft  willkürlich,  teils  vor,  teils  hinter  dem  vocale ,  dessen  deh- 
nung angezeigt  werden  soll;  es  begegnen  die  Schreibungen  nehmen 
und  nbenien,  jbar  und  Jahr,  rabt,  rhat  und  rath,  nubr  und 
nhur  für  nur.  schan  im  16.  jahrh.  regelt  sich  der  gebrauch  die- 
ses dehnungszeiclicns,  das  übrii/ens  nicht  mit  consequenz,  sondern 
nach  der  laune  des  Schreibers  ebenso  gebrauciit  wird,  wie  die  Ver- 
doppelung eines  consonanten  um  dadurch  die  kürze  des  vorher- 
gehenden vocals  anzuzeigen,  dergestalt,  dasz  es  hinter  dem  betref- 
fenden gedehnten  vocale  seine  stelle  erhält,  ein  rest  des  frühem 
brauchs,  es  vor  den.selben  zu  stellen,  ist  uns  bis  auf  heute  ge- 
blieben in  der  sdireibung  tb,  das,  wie  man  weL<z,  mit  dem  nieder- 
deutschen und  englischen  tti  nichts  zu  lliun  hat,  sondern  einfach 
willkürlich  die  hochdeutsche  tenuis  t  vertritt:  unser  tbat  itl  gleich 
taht  und  soll  nur  tat  ausdrücken,  ebenso  wie  thun,  thor,  (biire 
nur  für  lAn,  tör,  Iure  stehen,  es  wäre  befser,  wenn  wir  die.ir 
Schreibung  ganz  fallen  lieszen ,  um  so  mehr ,  als  .«V  ohne  allen 
sinn  (jucÄ  in  den  fallen  einrisz,  wo  ihr  diphthong  folgte,  also  ein 
vocal,  dessen  hnge  nicht  besonders  bezeichnet  jh  werden  brauchte. 
in  Ihau,  thcuer,  Iheil,  thier,  oder  wo  ursprümjliche  kürze  blieb, 
z    b.  in  Ihnnn,    oder  zwischen  zwei  consonanlen  .    wie  in  thron, 


H— HA 


HA— HAAR 


tbräne  (tro  die  Schreibung  trähne  uegen  der  elymologie,  allsdchs. 
tralian ,  berechtigl  isl\ ,  oder  endlich  im  in-  und  auslaute  nach 
roraufgeganqenem  consonanten,  in  nirth,  bewirthen,  wirthschafl. 
man  hat  gleichlautende  Wörter  verschiedener  bedeutung,  die,  von 
verschiedener  abslarnmung,  erst  im  laufe  späterer  sprachwandlnng 
lautlich  zusammen  flössen,  pedantischer  tceise  durch  die  Schreibung 
geschieden:  thau  ros  schreiben  trir  mit  th  {mhd.  tou) .  das  aus 
dem  niederdeutschen  aufgenommene  lau  funis  mit  einfachem  t ; 
tlion  argilla  mit  Ih,  ton  sonus  ohne  solches;  und  doch  hol  noch 
niemand  gefürditet  ein  thor  siultus  werde  mit  Ihor  porta  ver- 
wechselt werden  können.  —  Das  in-  und  auslautende  th  dieser 
art  scheint  sich  eher  abschütteln  zu  lassen  als  das  anlautende,  be- 
reits seit  längerer  zeit  machen  sich  Schreibungen  wie  mut,  miete, 
wirt,  Wirtschaft  in  büchern  und  Zeitungen  geltend;  die  Schrei- 
bungen bluth  {sanguis)  geblüthe ,  die  in  Schriften  des  vorigen 
Jahrhunderts  mehrfach  begegnen,  haben  nie  festen  fus:  fassen  können. 
In  einigen  fällen  hat  dieses  dehnungs-h  eine  eigentliche  silben- 
zerdehnung  herbeiführen  können;  in  den  verben  gehen,  stehen, 
mit  ihren  präsenlialformen  ich  gehe,  du  gehest,  wir  gehen,  ich 
stehe,  du  stehest,  wir  stehen,  gegen  das  ahd.  gdn,  stän,  mhd. 
gen ,  sten ,  ich  ge,  ste ,  wir  gen,  sten ;  ferner  in  ehe  prius, 
mhd.  e,  vergl.  3,  36. 38.  ehe  maitimonium  und  wehe  dolor  sind 
zweifelhaft,  s.  oben,  solche  siWenzerdehnung  scheint  von  Mittel- 
deutschland ausgegangen  zu  sein,  und  Lcther,  der  sie  getcöhnlich 
anwendet  und  sie  in  die  nhd.  Schriftsprache  eingeführt  hat,  fuszt 
hierbei  augenscheinlich  auf  düringischevi  brauche;  es  finden  sich 
hierfür  beispiele  aus  dieser  landschaft  bereits  aus  dem  15.  jahrh., 
meist  zwar  nur  vor  r:  die  Statuten  von  Sordhausen  gewähren  &ne 
vahere  ohne  gefahr,  zeitschr.  des  sdcJis.  thür.  altertumsvereins  VI, 
2,  56 ;  Stolle  hat :  die  wile  der  werder  gewonnen  wehere 
{wäre)  s.  96 ;  wehere  geldes  und  gutis  gnug  in  der  stad  Nusz 
ibid. ;  sie  hetten  mehir  {mehr)  gewonnen  ibid. ;  weiten  nicht 
meher  storme  (stürmen)  73;  aber  auch  anderweit:  alle  blibcn 
stehen  65 ;  under  dem  wasser  gegeben  67 ;  lissen  die  dorumb 
gehen  71;  das  stebit  104,  gegen  das  stet  gleich  darauf;  nu 
merket  mehe  ( :  sehe)  112.  da  nun  derselbe  chronist  auch  weiie 
schreibt:  tbad  on  (j7i;ien)  also  wehe  6S,  hatte  on  gar  weiie 
gethon  87,  so  giebt  diesz  freiiich  eine  Vermutung  ab,  dasz  auch 
hier  eine  solche  siWenzerdehnung  vorliege. 

HA,  ausruf,  der  in  grösler  allgemeinheÜ  einem  plötzlichen  aus- 
bruche  menschlichen  gefühls  ausdruck  leiht,  alles  uns  beuegende 
unerwartete,  ein  plötzlicher  einfall,  freude,  schreck,  abscheu,  Un- 
willen, ausbruch  des  stolzes  oder  des  hohns,  läszt  nach  äneni 
momentanen  anhalten  des  atems  den  hauch  scharf  aus  unscrm 
munde  entströmen,  meist  unter  voller  Öffnung  der  mundhöle,  welche 
den  vocal  a  erzeugt,  andere  rocale  treten  dem  hauchlaute  hinzu, 
wenn  sie  das  unerwartete,  plötzliche,  näher  charaäerisieren ;  so 
malt  hu  den  schauder,  hei  das  scharfe  eindringen  auf  den  gegner 
bei  streit  und  kämpf,  he  und  ho  den  gri^ern,  mmf  unwilligen 
ruf.  das  herzliche,  volle  lachen  trird  durch  das  reduplizierte  haha, 
hahaha  gegeben,  während  das  feine  kicliern  hihi  bezeichnet,  mäd- 
chenhafter schreck  aber  oder  weibische  Verwunderung  in  dem  ein- 
fachen hi  seinen  ausdruck  findet,  alter  oder  grobes  bäurisches 
wesen  dem  der  reine  laut  a  schwer  wird,  nimmt  für  ha  hä 
und  lacht  hä  hä  oder  he  he.  —  in  den  partikeln  aha,  abi 
(l,  190.  191),  bei  denen  der  ton  auf  der  zweiten  silbe  liegt,  ist 
das  anlautende  a  nur  als  reiner  vorscldag  aufzufassen. 

ha  gilt  1)  als  allgemeiner  ausruf  bä  etwas  plötzlich  auf  uns 
eindringendem,  uns  überraschendem,  sowie  bei  einer  plötzlichen 
idee,  einem  plötzlidien  entschlusse,  wobei,  um  den  verstärkten  ein- 
druck  zu  schildern,  auch  die  reduplizierte  form  erschaut:  ha 
vatter,  was  thut  ir!  Aimon  bog.  g;  ha  dachte  ich  bei  mir 
Selbsten.  Jucundiss.  209 ;  ha !  nun  fallt  mirs  ein !  Wieland  11, 219 ; 

ha!  meckerte  der  bock,  nichts  kann  gescheidter  sein! 
bei  meinem  bart!  mir  fiel  der  streich  nicht  ein. 

Hagbdor!«  2,  20; 
was  seh'  ich,  ha!    Kotzebce  dram.  spiele  2,  305; 

ha  ha!  nun  besinn'  ich  mich,  rief  Pedrillo.  Wielasd  11,  221; 

was  heiszt  es  denn,  sprach  drauf  der  knabe, 
rfasz  ich  fast  nichts  erkennen  kann? 
ha  ha,  nun  fällt  mirs  ein,  was  ich  vergessen  habe, 
mein  vater  langt  es  anders  an.    Grllert  1,  211; 
sie  schweigt  und  gräbt  getrost  —  ha  ha,  nun  klingt  es  bohl. 

1,  214. 

als  interjedion  gegenüber  einer  unerwarteten  oder  audi  unverstande- 
nen frage  oder  anrede  kommt  ha  und  hä  ror;  hä,  he,  gleich- 
sam:  was  sagten  sie?  in  schlesischer  mundart  Holtei  schles.  ged. 
147;  ha  tn  Kärntiien  und  B(üem  Lexer  129,  Schneller  2, 127; 


Sc.  ach!    doctor:  hä?    Sc.  (mit  verstdrIUer  utimme)  ach! 
doclor.  was  war  das?  Göihb  11,  175. 

2)  als  ausdruck  eines  freudigen  gefühls: 

ha!  spricht  er  {der  fuchs)  sei  gegrüszt!    Hacedors  2,  121; 
hört  von  meiner  auserwählten, 
höret  an  mein  schönstes  lied! 
ha!  ein  lied  des  neubeseelten 
Ton  der  süszen  anvermählten 
die  ihm  endlich  gott  beschied.    Borger  2,  76. 

so  giebt  ha  schon  in  einfacher,  meist  aber  in  wiederholter  Stellung 
das  lachen  wieder: 

ha!  lachte  der  kaiser,  Tortreflicher  baber! 

Borger  abt  v.  St.  Gallen. 

ha  hae,  hahaha  interj.  gauditiva.  liber  ordinis  rerum  von 
1429,  31*;  haha  da  geht  es  volle  wol.  Garg.Bl';  Crolus:  ha 
ha  he!  Witzel:  wes  lacht  ir?  Alberls  wider  Witzeln  Ls'; 
da  fieng  der  tüffel  an  lachen  ha  ha  ha  und  sprach  . .  Keisers> 
BEBG  Sünden  d.  m.  24';  gelt  mein  guter  herr  Barthold,  ich 
habe  sie  einmal  rechtschaffen  angeführt,  ha!  ha!  ha!  Moser 
9,132;  ha  ha  ha!  ich  lache  ja.  Lessisg  1,577;  ha!  ha!  ha! 
zum  kranklachen.  Fr.  Müller  2,  112;  bahahaha!  die  arme 
gnädige  frau.  Engel  i)iaman<  131.  auch  hä!  hä!  bä!  mit  dem 
teufel  nehmen  wir  es  auch  auf.  Kotzebce  dram.  spiele  2, 330 ; 
hä!  hä!  hä!  hä!  warum  so  hitzig.  1,23. 

Die  interjedion  in  dieser  anwendung  schon  früh;  so  altfries.: 
da  spreeck  di  koningh  Kaerl :  ha  ha,  dat  land  is  myn,  ende 
hlackade.  Richtbofex  439, 16. 

mhd.  friunt,  ich  erkenne  ouch  daz,  bähä,  bähä,  bäbä. 
Waltbkr  3>,  4. 

3)  ausdruck  des  stolzes,  Selbstgefühls,  ei  fers,  mutes: 

les  ich  aber  deine  briefchen 

und  gesänge, 

ha!  wie  werd  ich  stolz  und  stumm! 

GöcKiscK  lieder  zieeier  lieb.  (1779)  103; 

ha,  ich  bin  der  herr  der  weit!  mich  lieben 

die  edlen  die  mir  dienen.    Götbs  2,  89; 

ha!  eher  mnsz  sich  des  tvrannen  stahl 

in  dem  zu  lange  schon  gesparten  blute  rötben. 

Alxinger  Dootin  9,  63; 
ha!  brummt  er,  dir  will  ich  das  handwerk  zeitig  legen  1 
geschmeisze,  wiszt  ihr,  wer  ich  bin?    Hagedorn  2,  3S. 

4)  des  spotto!,  hohnes: 

ha!  wie  will  ich  dann  dich  höhnen!    Schiller  10*; 
auf  ihren  bauchen  lagen  sie, 
und  baten  leben,    ha!    Gleis. 

ö)  sehr  häufig  schrecken,  abscheu,  zorn,  Unwillen  malend:  die 
andern  teufein  laufen  all  aus  der  helle  und  schreient  'ha  ha 
ha',  fastn.-sp.  492,  13:  sprach  er  im  gantzen  zorn  Mia  vatter 
was  thut  ir'.  Aimon  bog.  e;  ha!  sollen  sie  mir  die  fürchter- 
liche stunde  ankündigen.  Gotter  3,29;  ha!  barbar  87; 

ha,  ihr  bunde,  ihr  wähntet  ich  kehrcte  nimmer  zur  beimat. 

Odyssee  22,  35 ; 
ha,  ich  hefte  zu  strafen  an  Alexandros  die  untbat.    llias  3,366; 

ha  sieb!  ha  sieh!  im  augenblick, 

huhu!  ein  gräszlich  wunder! 

des  reiters  kolier,  stück  für  stück, 

fiel  ab,  wie  mürber  zunder.    Bürger  Lenore. 

vergl.  mhd.: 

st  {die  bauem)  riefen  alle:  ha  ha  hS, 
ja  du  verfluochter  bcpsewiht, 
du  treist  des  kindes  hinnen  niht. 

Heinliart  fuchs  t.  352; 
ir  mofen  ist  alle;  ha  ha  hö ! 
da;  ist  gein  mir  so  vientlich.    353. 

6)  die  interjedion  ha  verbunden  mit  der  prdp.  über  oder  mit 
nachfolgendem  genitiv:  ha  über  die  wonne!;  ha  über  den  böse- 
wicht  der  mich  verliesz!;  ha  des  liebevollen  barmherzigen 
vaters,  der  seinen  sobn  wöIfen  und  nngeheuern  preisgibt. 
Schiller  rduber  l,  3; 

ha,  der  frechen!    Borger  56V 

H.\AR,  m.  flachs,  ahd.  hani,  gen.  harawes,  mhd.  bar,  alt- 
fries. her  (RicHTHOFEN  SOS),  altn.  norweg.  hör.  das  wort  lebt 
nur  noch  in  Oberdeutschland,  bair.  öslerr.  här  Schm.  2,  224. 
Lexer  134,  schweizer,  haargarlen  fladisfeld  Staloer  1,425;  doch 
hat  es  in  niederdeutschen  dialeden  spuren  seines  ehemaligen  da- 
seins  hinterlassen,  in  der  Altmark  härl  "ein  fäserchen,  z.  b.  fladis' 
Danneil  75,  nordfries.  herl  geltechelter  flachs  Octzen  123  (Rictrr- 
noFEN  SOS) ,  welche  ableitung  sich  eng  an  das  kärntische  härl 
gleicher  bedeutung  (Lexer  a.  a.  o.)  anschlieszt.  die  dymologischcn 
bezüge  des  Wortes  sind  dunkel,  ob  dieses  haar,  ahd.  hani  mit 
dem  folgenden  haar  crinis,  ahd.  här  zu  vermitteln  ist,  wie  3, 1700 


HAAR 


HAAR 


nnqfdeutet  wurde,  so  dass  beide  iporle  ableitungen  einer  vurzel 
liar  seien ,  in  der  etwa  der  begriff  des  fadenförmigen  beschlossen 
war,  mttsz  um  so  mehr  dalmyesteUl  bleiben,  als  uns  sichere  ver- 
gleidie  aus  den  urverwanlen  sprachen  entgehen  und  icir  über  den 
aiislaul  des  stammschlieszendcn  consonanlen  beider  ivorte  im  un- 
klaren sind;  es  erhellt  niclil  ob  das  r  bei  beiden  oder  einem  von 
beiden  ursprünglich  oder  aus  s  gewandelt  ist;  die  mangelnden 
gothischen  formen  würden  darüber  aufschlusz  geben. 

Von  haar  flaclis  zeigen  das  im  ahd.  haru,  harawes  vorhanden 
ijewesene  w  der  ableitungen  noch  bairische  formen,  jedoch  zu  h 
vertuirtel,  genitive  tcie  harbes,  horbs  bei  Sciimeileii  2,224;  das 
adjectiv  liürwen ,  herben  flachsen  (ibid.  225)  hat  sogar  theilweise 
den  ableitenden  co)isonanlen  rein  erhallen,  gewöhnlich  aber  ist 
derselbe,  schon  im  mhd.,  abgefallen,  das  wort  biiszt  bald  die  ur- 
sprüngliche kürze  seines  vocals  ein  und  lautet  dadurch  glricli  mit 
liaar  crinis:  har  linum,  i'ulgariter  flachs  roc.  ine.  thcul.  i  l'; 
da  kraut,  ruhen,  haar,  brein,  und  dergleichen  gebaut  würde. 
HoHBERG  1,  41';  mit  Viehzucht,  haar  und  Icinwathandel.  53*; 
man  soll  im  julio  auf  dem  felde . .  haar  fangen  {ärnten)  und 
pollen  riffeln  (die  Samenkapseln  abklopfen).  12ti';  das  weiblein 
(des  hanfes\  gibt  den  subtilesten  haar.  2,  46";  der  winlerhaar 
luusz  in  ein  soramerland  gesäet  werden.  4"';  ein  papierfetzen 
erzählt  von  seiner  Jugend,  da  er  noch  hanfstengel  war:  wir  ge- 
dachten nunmehr  könne  nichts  mehr  ersonnen  werden,  uns 
arger  zu  peinigen,  vornehmlich  weil  wir  dergestalt  von  einan- 
der separirt  und  hingegen  doch  mit  einander  also  conjugirt 
und  verwirret  waren,  dasz  jeder  sich  selbst  und  das  seinige 
nicht  mehr  kante,  sondern  jedweder  haar  oder  hast  gestehen 
muste,  wir  wären  gebrachter  hanf.  Simplic.  2,  i'9  Kurz;  nahm 
drei  riedel  haar,  Zingeri.e  hausmärchen  aus  Süddeutschi.  2,  IS ; 
da  hat  nun  ein  jedes  von  euch  einen  riedel  haar,  den  mögt 
ihr  zu  euren  mädlen  tragen  und  wer  seinen  riedel  am  schön- 
sten gesponnen  zurück  bringt,  dem  gehört  unser  höflein  zu 
eigen,  ibid. ;  auch  spinnen  die  weiber  der  waldfrau  ein  stück 
haar  am  rocken  und  werfen  es  ihr  ins  feuer,  um  sie  zu  ver- 
söhnen.  Grim»  d.  sagen  no.  151  (aus  Tirol). 

HA.\R,  n.  pilus,  crinis,  coma,  caesaries. 

I.  Form  und  verwantscliaft. 

Ahd.  mhd.  alls.  aUnord.  hAr,  ags.  haer,  engl,  hair,  niederl. 
dän.  haar,  scliwcd.  här;  dem  gothischen  dialecle  fehlte,  wie  es 
scheint,  das  wort,  er  ersetzt  es  durch  skuft  oder  tagl.  ob  eine 
vorauszusetzende  goth.  form  h^r  oder  hes  zu  lauten  hätte,  läszt  sich 
niclit  entscheiden,  für  das  letztere  könnte  das  serb.  kosa  haar, 
wend.  kossmaty  behaart,  und  das  latein.  caesaries  sprechen,  wenn 
diese  warte  urverwant  sind,  das  neutrale  gesMecht  des  wortes  im 
nhd.  ist  zwar  überwiegend,  aber  niclit  ausschlieszlich ;  tcir  finden 
in  gewissen  fällen  haar  ai(f/i  weiblich  gebraucht,  und  zwar  in 
solclien ,  wo  das  einzelne  haar  hervorgehoben  wird  im  gegensalze 
zu  haar  als  dem  ganzen  haarwuchse,  in  welchem  letzteren  falle 
das  wort  als  mengenbegriff  vom  neutralen  gescIileclUe  nicht  weicht  : 
darum  scheren  sie  sich  nicht  eine  haare  um  mich,  frau 
Schlampampe  leben  S;  nicht  eine  haar  anders,  ehe  eines  man- 
nes  11 ;  in  Düringen  hört  man  sehr  häufig  z.  b.  bei  einer  haare  wäre 
ich  gefallen.  —  Der  plur.  haar,  har  lidlt  sich  fast  uneingeschränkt 
im  16.  jahrh.,  doch  findet  sich  die  form  hare  als  ausnähme  schon 
früh,  X.  b.  bei  der  Hätzlerin  80*,  bei  Luther  (Mallh.  10,  30, 
Luc.  12,  7),  eine  form,  die  im  laufe  des  17.  jalirh.  die  oberhand 
gewinnt,  wn  Opitz  i.  b.  ausschlieszlich  angewant,  während  auch 
sptUere  noch,  wie  Gryphius,  zwischen  haar  und  haare  schwan- 
ken; zu  ende  des  Jahrhunderts  überwiegt  jedoch  durchaus  das 
letztere,  so  dasx  Stieier  nur  noch  den  plur.  hare  verzeichnet 
($p.  7ö6>.  die  seltene  plur.  form  här  (wan  sie  meinen  namen 
hören  nennen,  das  ihnen  dnfiir  die  b!»r  zu  berg  sieben  sol- 
len Alberc»  Widder  Jörg  Wüzeln  Ml';  her  faslnachts.^picle  HO, 
171  erkidrt  sich  als  umyelatUel  aus  ahd.  hAiii  urlwu  li'ir  (iiiA^- 
4,  9S1,  mhd.  haerer  Benecre-Müi.ler  I,  f.   . 

II.  Bedeutung. 

1)  haare  am  menschen;  gewöhnlich  wird  ultnc  nälwie  bezeteh- 
nung  nur  du*  koftfhaar  verstanden  ,  und  et  wul  dann  auch  dem 
hart  rnt<iri)en  gesetzt:  ich  Wen  mir  haar  und  barl  schccren ; 
haar  und  hart  waren  ihm  herrifl;  miinncr  mit  wilden  haaren 
und  harten,  preusz.  Jahrbücher  bd.  18  (ISO«)  s.  58;  und  der 
redentarl  vi)m  köpf  bis  zum  fusi  sieht  die  minder  gewuhnliche 
Tum  baar  bi»  zu  den  «uhlen  zur  teile: 

doch  von  den  nülilr-n  hi«  tu  dem  baar 

«rerd  ich  an  eucli  kein  reii  gewahr.    TiccK  kaii.  Octav.  I. 

rergl.  eine  ilmliche  Wendung  unter  baarftpilzc.  bescha/fenhnl ,  farbr 

und  fvrm   dt*   haaret   wird   vulfach   durch  adjecltva    uUlier    be- 


stimmt, weiches,  seidenweiches,  krauses,  borstiges,  struppich- 
tes,  wirres,  dünne»,  spärliches  haar;  rauch,  scheulzlich  haar 
horrida  caesaries  Maaler  202*,  sträubichte  haare  hirsulae  et 
intonsae  comae  Steinbach  2,  736.  vgl.  mhd.  din  här  was  dir 
bestroubet.  Helmbrecht  625 ; 

lese  sind  die  wirren  haare, 

blutig  sind  die  zarten  bände.     Lknau  Klara  Hebert  VI.; 

eure  seidne  haare  und  dunkle  castanienlocken. 

ZachahiX  tayest.  34. 

zerstreute  haare,  ein  bild  des  Jammers,  der  Verzweiflung  {vgl. 
lll,   5): 

sie  liefen  mit  zerstreuten  baaren, 

mit  äugen,  die  von  ibräncu  roth  .  .  .    Gellkrt  4,  127. 

fliegendes  haar,  solches  das  nicht  in  fieclUen  fällt  (zerspreitel 
haar  passi  capilli  Dasyp.)  :  Amalia  mit  fliegeuden  haareu. 
Schiller  141 '; 

schon  steht,  mit  fliegendem  iiaar  um  ihren  weiszen  nacken 

die  tocbtcr  Uambos  lion'nungsvoll 

im  magischen  kreise.     Wielafio  neuer  Amadis  2,  29;  . 

er  schlang  ihr  tlicgendes  haar  um  die  faust 

und  hieb  sie  mit  knotigen  riemen.    Bürcbr  61^ 

was  Matthiae  deutsch-lat.  lex.  (1761)  2,  204  frei  zu  felde  ge- 
schlagenes haar,  capillus  passus,  solutus,  ventis  permissus  nennt, 
nach  Kirsch  cornttc.  2, 102",     vergl.  flughaar  3, 1S46. 

Für  vorzüglich  schön  gilt  dem  Deutschen  goldnes ,  gelbes  haar: 
Columbine,  die  mein  verliebtes  herz  schon  lang  mit  ihren 
goldenen  haaren  bestricket  und  mit  ihren  liebreizenden  äugen 
entzündet  bat.  das  bärtigte  frauenz.  94;  an  der  einen  getielen 
mir  nur  die  schwarzen  äugen,  an  der  andern  die  goldgelbe 
haar.  Simplic.  v.  Kurz  1,323;  in  Schwaben  und  Franken  wün- 
schen die  baurcn-mägde  einander  zum  neuen  jähr  einen 
jungen  gesellen  in  gelben  haaren.  Frisch  1,  337 ;  er  beschäf- 
tigt sich  beständig  mit  der  erhaltung  seiner  glatlen  haut,  er 
lockt  seine  gelben  haare  sorgfaltig . .  Rarener  satiren  4,  139 ; 

komm  Cynthius,  lasz  frische  kränze  binden 

umb  deiner  gelben  haare  zier.    Opitz  1,  72; 

mit  deinen  blättern  will  ich  (.4;jo//(/)  allzeit,  o  mein  liecbt, 

disz  güldne  haar  mir  zieren.    1,  S2; 

der  weisze  hals,  das  goldgeraengte  haar, 

der  roten  lippen  zier, 

so  musz  man  innen  werden, 

dasz  nichts  sich  ihnen  gleicht  ...    1,  80; 

die  safranblume  stirbt  für  ihrer  haare  zier.     Fleming  183; 

und  ach!  das  güldne  baar!  so  soll 

ein  paar  der  schönsten  götlcrknaben 

(sie  bieszen  Baccbus  und  Apoll) 

es  einst  getragen  haben.    C.  F.  Wkiszb  lyr.  gedickte  2,  159; 

die  schönste  Jungfrau  sitzet 

dort  oben  wunderbar, 

ihr  goldnes  gescbmeide  blitzet, 

sie  Kämmt  ihr  goldenes  haar.    Hbimk  Loreley. 

es  sind  die  rutilae  comae ,  die  neben  den  truces  et  caemlei 
ocnli  (Tacitus  Germ.  4)  einen  hauptbestandtheii  germanischer  na- 
tionalschönheit  bildeten,  und  die  Angilbert  in  seinem  lobgedichte 
auf  Karl  den  groszen  niciU  vergiszl  an  dessen  töchtem  ausdrück- 
lidi  hervor  zu  heben : 

1S5.  fiilgiila  colla  nitent  rosco  simulaia  colore, 

cedit  opinium  etenim  rediraitis  crinibus  ostrum ; 
233.  vox,  l'acies,  crines  radinnti  luce  coruscant; 
251.  intcrea  ingredilur  vultu  Theodrada  corusco, 
fronte  venusta  nitens,  et  cedit  crinibtis  aurum. 

Ancilberti  Carmen  de  Kuruto  iinyno,  bei 
Pkntz  nioMum.  2,  391     403. 

ttcnn  aber  auch  dem  leufel  im  märchen  goldnc  liaare  beigelegt 
werden  (wer  meine  tociiter  will  haben ,  musz  mir  aus  der 
liölle  drei  goldne  haare  von  des  teufels  haupt  holen  kinder- 
uud  hausmärchen  no.  29),  so  geht  diese  anschauung  auf  den  ge- 
uiltergott  Donar  zurück,  der  rot  von  antlitz.  von  haar  und  hart 
war  und  an  dessen  stelle  auch  sonst  vielfach  der  teufrl  getreten 
ist  (mytlwl.  l.il  ff.).  auch  hängt  hiermit  zusammen  die  im 
viütelaltcr  aufkommende  anschauung,  dass  der  Irdger  rotes  haaret 
ein  böses  herz  habe: 

Im  was  der  hart  und  da{  hAr 

bcldiu  röt,  tiunar; 

von  den  »elben  hirro  ich  »agen. 

dat  il  valichiu  herxo  tragen,     »'iyutoit  76,17; 

rote  haare  und  ellern  holz  wachsen  auf  keinem  guten  boden 
sagt  das  Sprichwort  in  Düringen,  vergl.  auch  DAN.tEil.  77 ; 

•llernlioli  un  roinlg  liar 
lind  up  gucden  urunde  rar. 

tRoai.  e,  425  ((INI  dem  Udnsterlanrit) ; 


HAAR 


HAAR 


10 


rotli  haar  ist  entweder  gar  fromm  oder  gar  bös ,  sprkhwort 
bei  Kürte  2497,  ueklies  andrerseits  noch  die  altnationale  ansieht 
tvn  der  schOnheil  dieses  haares  vertritt,  das  rolk  sehimpft  einen 
rotkopf  einen  rothaarigen  teufel,  auch  rothaarigen  spitzbub. 
einem  rothaarigen  traut  man  iiiclä. 

Sonst  uird  nach  der  färbe  von  hellem ,  dunklem,  blondem 
(hellblondem,  aschblondem,  semmelblondem,  dunkelblondem), 
falbem,  braunem  (nuszbraunem,  kastanienbraunem),  schwarzem 
(sin  här  ist  also  palmae  uuipfelä,  suarz  samo  ein  raban 
WiLLEBAM  ST),  grauem  und  weiszem  haar  gesprochen,  icie  das 
haar  ein  erkennungszeichen  des  menschen  ist  (vergl.  III  sp.  14) 
und  tcie,  tvie  «i'r  eben  salien,  vom  roten  haar  auf  böses  herz  ge- 
schlossen wurde,  so  zeigt  falbes  haar  auf  farblosen,  ruhigen,  in- 
differenten sinn :  durch  falb  haar  wird  das  falb  herz  erkant. 
Paracelsus  2,390*;  Göthe  verfocht  die  ansicIU,  dasz  der  ener- 
gielose, passive  Hamlet  nolirendig  blond  von  haar  getresen  sein 
müsle  19,  17S.  179.  graues,  greises  haar  ist  das  zeichen  des 
alters:  graw  bar  ist  der  alten  schmuck,  sf/rüche  Sal.  20,  29; 
wenn  im  ein  unfal  auf  dem  wege  begegnete ,  da  ihr  auf 
reiset,  würdet  ihr  meine  grawe  bar  mit  herzeleide  in  die 
grübe  bringen.  1  Mos.  42, 3S;  mein  Karl!  mein  Karll  und  er 
hatte  noch  keine  graue  haare  (war  «or/i  niV/i/ a//).  Schiller  136"; 

ihr  könig  stolz,   ihr  väter  Tiel, 

ilir  jüngliug  grün  von  jähren, 

ja  auch  komt  her  zu  diesem  spiel, 

ihr  alten  greis  von  haaren.    Spkb  trtitzn.  174; 

Tor  sünd 
und  schänden  mich  bewahr, 
auT  dasz  ich  tragen  mag 
mit  ehren  graues  haar. 

liEERaA»:«  '0  gotl  du  frommer  golC ; 
seit  mir  das  alter  hat  mein  schwarzes  haar  beschneit. 

Opitz  1,  194; 
hat  er  denn  nicht  fimf  ganzer  jähre 
BÜr  treu  und  redlich  gedient  als  knecht? 
als  söhn  geehrt  meine  graue  haare? 

KoTZEBiE  dramat.  spiele  1,  295. 

und  im  Itohen  aller  werden  graue  haare  tceisz,  oder  eisgrau :  eis- 
graue haare.  Bctschky  Kanzl.  866; 

was  kümmerts  den, 
wenn  Philipps  graue  haare  weisz  sich  färben  ?    Schilleb  255'. 

aber  graue  haare  sind  auch  zeichen  nagender  sorge: 

6  sant  Fridelia  kern  mit  wisz  und  blaw  (zur  Verstärkung  einer 

truppenmacht), 
ich  het  kein  hör,  es  würd  mir  graw. 

LiLiEMCRo;«  liist.  tolksl.  2,  77*  u.  note  dazu; 

und  da  er  ihn  als  ein  Jüngling  fragte,  warum  doch  der  liebe 
geistliche  vater  ein  graueres  haupthaar  habe  als  er  seinem 
alter  nach  sollte,  erwiederte  ihm  dieser:  dieses  sei  ihm  von 
den  hexen  gekommen ,  die  er  zum  Scheiterhaufen  begleitet 
habe.,  vorrede  zu  Spees  trutznachtigall  (1S17)  s.  x\. 

Das  lange,  lockichte  haar  werden  wir  als  ein  zeichen  der  frei- 
heit  im  allertume  gleich  nachher  naher  berühren ,  zunächst  wird 
dasselbe  im  Sprichwort  dem  kurzen  mute  oder  sinne,  nament- 
lich bei  frauen  gegenüber  gestellt: 

si  sagent:  wip  hänt  kurzen  muot, 
da  hi  doch  ein  vil  lan^ej  här. 

Winsbeckin  19,  1  u.  note  dazu; 
da  biet  Mätzel  l.inges  har 

und  kurzen  mui,  ja  das  ist  war.    Witte!«wbilss  ring  42; 
vil  manigerlei  ist  Trauen  sid, 

sie  bant  längs  har  und  kurzen  mut.    llätzlerin  13-5,  114; 
frauwen  haben  langes  hare, 
das  merke  recht,  wer  es  merken  wil. 
u;  den  äugen  und  u^  den  !ierzen, 
das  selbe  das  ist  ein  gewares  spil. 

Maszm.on  denkm.  1,  136; 
die  vTouwen  haben  langl?  här 

und  korze  gemüte,  da j  ist  war.    IIaipt  Jfschr.  13,333; 
kurzen  mut  und  langes  har 
habend  die  maid  sunder  war.    fastnacht/atpiele'M'iö. 

muiieres  et  virgincs  debiles  erunt  et  brevis  memoriae,  sed 
I(Toli.xiorum  criniura.  Henricuvan.n  prognost.  15.  nach  Schmid 
srliwäb.  wb.  wird  von  unbesonnenen  vergeszlichen  mädchen  gesagt: 
lange  haare  und  kurzer  sinn,  vergl.  auch  Kortk  249S.  die 
Tusammenstelhing  ist  weit  verbreitet:  so  serbisch:  frauen  sind 
langhaarig,  doch  kurzsinnig.  Taltj  1,79;  türkisch:  werte  der 
weiber  verdienen  nachsieht;  sagt  nicht  das  Sprichwort :  lang 
ist  ihr  haar,  kurz  ihr  verstand?  Latifi  übers,  von  Chalert  «.2S5; 
iifsetisch:  dem  weihe  ist  die  flechte  lang,  aber  der  verstand 
kurz.  Petersb.  buUriin  v  (tS63),440;  estlmisch:  der  weiber  haare 
reichen   bis   ans   knie,   aber   ihre   gcdanken   kaum   bis  aus 


kinn.  Ebmanx  archio  14,  23.  vergl.  noch  Reissberg -DCbincs- 
FELD  frau  im  Sprichwort  27.  im  englischen  lieiszt  es  oline  beson- 
dern bezug  auf  die  frauen :  more  hair  than  wit.  —  Andrerseits 
wird  der  träger  von  kurzem,  krausem,  strupfichlem  haar  als  von 
kurzem  sinn  und  ungefüge  hingestellt:  kraus  haar,  krausen 
sinn  brem.  wb. ,  Schambach  115;  sein  kurzes  aufgelaufenes 
(in  die  höhe  stehendes)  haar  gab  indessen  seinem  gesiebte  .  . 
ein  unerschrockenes  ansehn.  Geliebt  4,  405 ;  aber  freilich  sagt 
auch  das  Sprichwort:  kurze  haare  sind  leicht  zu  bürsten. 
Fbischbier  (1865)  flo.  1407. 

Man  sagt:  das  haar  ordnen,  machen,  kämmen,  kampeln, 
Zöpfen  (sie .  .  kampelte  und  zupfte  ihre  haare  Simpl.  v.  Kurz 
3,  278),  richten  (Maaler  203),  strählen,  bürsten,  winden,  flech- 
ten, binden,  aufbinden,  knüpfen,  frisieren,  fassen  (die  haare 
waren  in  ein  durchbrochenes  casquet,  mit  perlen  und  edel- 
steinen  besetzt,  gefaszt  Falke  trachten-  u.  modenweit  1S5S,  310), 
zurücknehmen ,  d.  h.  nach  dem  hinterkopfe  surücksireichen  (in 
dem  blonden ,  an  den  schlafen  zurück  genommenen  haar 
modenzeüg.  1866  s.  147),  scheiteln  (das  haar  auf  verschiedene 
weise  zu  scheiteln  Happel  acad.  roman  s.  50),  büffen  {s.  2, 492), 
früher  auch  pflanzen,  d.  h.  aufputzen,  ordnen,  das  zieren, 
pflanzen  und  büffen  des  haars  crinalis  cultus  Maaler  203 ; 
betrachte  diese  alten  narren  dort,  welche  damit  sie  in  allem, 
insonderheit  bei  dem  urteilfälligen  frawenzifl"er,  einem  jungen 
manne  gleich  geachtet  würden ,  ihre  haare  und  bärle  mit 
schwarzer  färbe  und  bleiinen  strählen  büffen.  Puilakder  1,  65; 

si  pflanzt  ir  gelbes  hare, 

von  gold  hat  es  ein  färb.    Uhla50  volkst.  105; 

das  haar  ziehen,  streichen,  pflegen,  glätten ,  kräuseln  (cala- 
mistrati  crines  kraus  haar  Dasvp.),  locken,  wickeln,  krümmen, 
brennen,  sengen;  salben,  färben,  pudern,  bestreuen: 

doch  wärst  du  wol  so  klein,  die  jensche  trachl  zu  ändern, 
die  haare  zu  bestreun,  den  depen  zu  bebändern? 

Zachariae  renomm.  2,  369. 

beizen,  ausbeizen  ;  lösen,  auflösen ;  raufen,  ausraufen ,  aus- 
reiszen ;  stutzen,  abnehmen,  scheren,  schneiden,  verschneiden, 
abschneiden ;  in  der  technischen  spräche  der  friseure  haare  backen, 
sie  auf  dem  haarboden  der  perücke  außleben. 

Da  im  deutschen  altertum  langes  lockichtes  haar  seichen  des 
freien,  mündigen  mannes  war  (rechtsalt.  146.  239.  283),  so  ist  das 
abschneiden  desselben  Symbol  der  Unfreiheit:  es  wird  verschnitten 
dem  der  an  kindes  statt  angenommen  wird,  dem  knechte,  und 
dem,  der  in  den  stand  der  knechtschaft  tritt: 

du  solt  dir  an  dirre  naht 

din  här  heilen  sniden  abe 

und  seit  alle  dine  habe 

von  dir  legen  und  diniu  kleit  .  .  . 

des  nimt  in  (den  könig)  michel  wunder 

und  vräget  dich  besunder 

waj  disiu  rede  bediuie. 

so  sprich :  ich  wil  dir  hiute 

erzeigen,  lieber  hcrre  min_, 

daj  ich  dir  wil  getriuwe  sin.    Barlaam  IS,  5. 

das  abscheren  des  haupthaares  ist  ferner  entehrende  strafe  (rechts- 
all. 702)  auch  bei  gefallenen  weibern,  s.  111,  2  (sp.  13),  Soldaten 
im  biege  sdinitten  mitgelaufenen  dirnen,  deren  sie  müde  waren,  das 
haar  ab  und  jagten  sie  fort.  \¥enden ,  als  unfreie,  tragen  ge- 
schnittenes' haar: 

si  pflagen  auch  zu  den  selben  stunden 

dasz  ir  her  (plur.)  nach  windischen  sitten 

ob  den  oren  abgeschnitten,     fastnachtssp.  440,  18, 

auch  der  narr  ist  aus  gleidiem  gründe  beschoren : 

den  sol  man  scliwerzen  als  ein  morn 
und  sol  in  beschern  als  ein  torn.    fa-stnachlssp.  310,  16; 
si  nam  des  hares  czwen  lock  von  den  slalT  hindann. 
si  macht  in  zu  ainen  toren,  den  tugentbaften  mann. 

Wolfdietr.  bei  Haipt  4,  43S,  31?. 

Ä.  bescheren  2,  1562.  mönche  und  nonnen  geben  sich  mit 
dem  Verluste  iJires  langen  haares  gölte  zu  eigen :  d6  erschein 
der  beilige  engel  sente  Petro  in  einis  pfaffen  bilde  mit 
uramc  geschoreneme  hdre  mit  einer  platten  und  sprach  zu 
ime:  alse  du  mich  nu  sihest  geschorn ,  also  sollu  dich 
Sehern  und  nach  dir  so  suln  sich  alle  die  Sehern,  die  zu 
gutes  dineste  gewihet  suln  vrerdcn.     Letseb  pred.  85,  40 ; 

ins  kloster.  ins  kloster. 

da  kora  ich  nicht  hinein, 

da  schneid!  man  mir  die  har  ab, 

das  bringt  mir  schwäre  pein; 

golt  geh  dem  kläflTer  unglQck  vil 

der  mich  armes  mägdlein 

ins  kloster  haben  wil.    Uhlamo  rolks.  855. 


11 


HAAR 


HAAR 


12 


endlich  sdiirt  man  auch  aus  Irauer  das  haar: 

»ind  hellen  ü(  sime  grabe 
ir  här  gesciiorn  alli;  abe 
von  den  gröjen  leiden.     Herbort  16869; 

las  dir  die  har  abscheren  und  gehe  kalh  vber  deine  zarte 
kinder,  mach  dich  gar  kalh  wie  ein  adeler,  denn  sie  sind 
von  dir  gefangen  weggefürcf.  3/Jc/iol.  16;  sclmeid  deine  har 
ab  und  wirf  sie  von  dir  und  heule  klcglich  auf  den  höhen. 
Jerem.  7.  29. 

Eigenes  haar  tragen,  im  gegensatze  zum  tragen  von  fremdem 
h.iar  oder  eincr_ferück€,  icas  schon  frühe  im  gebrauclie  üt: 

vrömdes  hör  du  pindest  ein.    SucriE'iwiRT  120',  56. 

er  trägt  sein  eignes  haar,  comam  propriam  nulril,  caesarie  sua 
ornatur.  Frisch  1,  3SS ;  im  übrigen  sollen  die  Studenten  auch 
feine  ehrbare  kleidcr  tragen  und  nicht  zu  viel  mit  ihren 
eigenen  oder  falschen  haaren  prangen.  Happel  acad.  roman  863  ; 

trägt  denn  der  Bürger  eignes  haar? 

hat  er  schon  frau  und  kinder?     Göckingk  bei  Bürger  30". 

man  spricht  ferner  ron  lebendem  haar,  solches  das  im  leben- 
digen Wachstum  begriffen  ist,  im  gegensalz  zu  totem  haar,  dem 
abgesdtniUencn  und  zu  kunslzwecken  verarbeiteten:  damit  aber  ist 
die  frage  nicht  gelöst,  ob  der  haarparasit  auch  am  lebenden 
haare  lebender  menschen  und  thiere  gedeihen  könne,  nordd. 
allg.  Zeitung  v.  30.  märz  1867. 

Haare  an  andern  Iheilen  des  menschlichen  körpers  als  dem  hatiple 
erfahren  meist  eine  nähere  bezeichnung,  vielfach  auch  durch  com- 
position:  haare  an  der  nase  vibrissae  Steinbach  1,699;  bart- 
haar: ohne  das/,  ich  noch  ein  einzig  härlein  hart  .  .  aufzu- 
weisen gehabt  hätte.  Simplic.  v.  Kurz  3,213;  der  neue  rent- 
meisler,  so  des  alten  söhn  war,  hat  so  viel  haar  umbs  maul 
als  ein  laubfröschlcin.  3,323;  kinnhaar: 

die  damen  alle  lieben  ihn 

lind  rufen  wie  besessen : 

0  hält'  er  nur  aiicli  haar  ums  kinn, 

er  war'  ein  mann  zum  fressen.    Bluvauer  1,  139, 

veil  der  hart  zeichen  der  mannheil  ist  (III,  10).  das  keimende 
haar  des  hartes  heiszt  milchhaar  lanugo,  auch  staubhaar,  gauch- 
bnar,  kukukshaar,  hungerhaar,  schamhaar,  auch  bei  den 
heimlichen  haaren,  pubelenus  Diefendach  470;  in  folgender 
stelle  sind  diese  haare  nicht  näher  bezeichnet:  frisch  in't  här, 
Süd  de  deern,  't  giwt  krösköppke  Jungs.  Höfer  wie  das  volk 
spricht  (1866)  no.  298. 

2)  haar  an  tieren ;  mhd.  und  sd  ze  hant,  su  diu  katze  die 
kroten  also  geleckef,  so  beginnet  si  alzehant  dorren  und  gßt 
jr  daj  här  ftj.  br.  Berthold  m  Wackernageh  leseb.  (1859) 
721, 1 ;  nhd.  wann  ein  pferd  von  einem  wütigen  hund  ge- 
bissen ,  desselbigen  liundes  eigener  haar  aufgelegt.  Böcki  er 
kriegsschuk  950;  halshaar  an  den  thieren ,  als  an  löwen, 
pfcrden  «.  s.  v.  juba  Dasypodids;  der  wolf  läszl  wohl  seine 
haare,  aber  nicht  seine  tückc.  Pistoriüs  vm,  no.  29;  Spitz- 
buben, die  wie  die  füchsc  wol  die  alten  haare,  aber  nie  die 
alle  tücke  lassen.  Felder  sondert.  1,  206 ; 

also  ein  kühner  low,  in  dem  sein  herze  brennet 
für  gunst  zu  seiner  zucht,  der  sorget  stets  und  wacht, 
«chleiclit  über  allen  Trost  und  schnee  bei  stiller  nacht: 
sein  haar  Lst  ihm  herein,  es  hangen  an  den  obren  * 
die  zapten  von  cr^stall.  Opitz  i;  3. 

haar  heiszl  vol  auch  beim  rosse  nur  die  mahne  und  wird  dem 
schwänz  entgegen  gesetzt,  wie  beim  menschen  haar  vorzugstvcise 
das  kopfbaar  bezeichnet;  eine  rosshaut  erzäfiU: 

der  strigelt  und  putzet  mich  auf, 

er  kempt  mir  hat  und  schwänz  zum  kauf. 

II.  Sachs  1  (1590)  375'. 

Bei  den  kfirschnern  und  gerbern  bezeichnet  haar  die  seile  des  fei- 
let, vo  die  haare  stehen  .  aas  die  seile ,  wo  das  fleisch  gesessen 
hat.  Frisch  1,  3«t8;  auch  die  wolle  der  scliafe  heitzt  tedtnüch 
baar:  das  gewalkte  und  ausgespülte  liich  wird  gcrauhct  und 
geschoren,  indem  man  das  gefilzte  haar  etwas  auflockert  . . 
nachdem  da«  luch  einigemal  ganz  gernuhct  ist,  oder  einige 
trachten  erhallen  bat,  wird  dieses  aus  den  haaren  gearbei- 
tete . ,  tuch  unter  die  schere  gebracht.  Bkckhak?)  technologie 
(1777)  t.  U;  haar  und  gnind  bei  den  luch^cherern ,  ganz, 
Tollkomroen ,  durrhgnhends.  links  und  rechts,  auf  beiden 
•eiten.  Fbisch  I,3S^:  in  Düringen  das  tuch  nicht  gegen  die 
haare  bürsten  (franz.  conlrcpoil),  wofür  sonü  auch  gilt  gegen 
den  strich ;  wan  irh  vil  *o)l  durch  bürsten  kriechen,  und 
über   z.liin  und   staudcn    kliiniticn ,    so    hi'.rt    tneiti  kiilt    das 


haar  und  mauszt  sich  gar.  Gar^.  244*;  metonymisch  steht  dann 
haar  auch  für  das  aus  haar  gewebte  kleid,  s.  u.  baren : 

he  level  alse  ein  klüsenör 

unde  kästlet  sincn  licham  s£r, 

negest  sineme  live  drecht  he  här.    Rcinccke  fuchs  281. 

haare  heiszen  auch  die  eisten  fiaumfcdern  junger  vOgel.  Stiei.er  767. 

3)  die  zarten  fdserchen  an  der  oberflache  der  blätter ,  bluten, 
Stengel  und  fruchte:  baar  an  den  küttcn  und  öpfeln,  lanugo 
Dastpodids,  vergl.  haarbeere ;  auch  die  langen  fasern  des  /loc/t- 
ses:  von  wcrg  oder  flachshaaren.  Amaranthes  franenzimmer- 
lexicon  3.  auß.  (1773)  l,  1240,  vergl.  ein  guter  flachs  musz  schön 
langhaarig,  rein,  linde  und  thätig  anzugreifen  sein.  1044.  und 
die  der  baumwollenblüte :  es  wird  die  erlesene  oder  gereinigte 
baumwolle  . .  gekardct,  wodurch  der  staub  davon  gebt  und 
die  haare  der  baumwolle  einerlei  richtung  erhalten.  Göthe 
23,  52 ;  der  haarfeine  faden  der  rohen  seide  heiszt  bei  den  seiden- 
webern  haar,  vergl.  haarseide ;  ferner  die  grannen  oder  der  hart 
der  ähre:  haar  am  körn  oder  äri  arista  Maaler  202',  Nem- 
NiCH  1,  456 ;  endlich  auch  der  kurze  haarfOrmige  schimmel ,  der 
auf  etwas  faulendem  wäclist,  franz.  ia  barbc;  s.  haarhaut, 
haarnetz. 

4)  die  feinen  faden,  in  denen  bisweilen  das  gediegene  silber  im 
geslein  liegt,  heiszen  haare  des  silbers,  s.  haarsilber.  in  gleicher 
weite  wird  von  haaralaun,  haarerz,  haargold,  haarkics,  haar- 
salz, haarstein,  haarvitriol  geredet. 

5)  dichterisch  lieutzt  das  laub  haar  der  bäume,  ein  nahe  lie- 
gendes und  schon  classisches  büd: 

dilfugcre  nives,  rcdeunt  jam  graroina  campis, 
arboribusque  comae.       Horat.  carm.  TV.  7. 

übersetzt  von  C.  F.  WtiszE: 

der  schnee  zerschmilzt,  das  gras  sprieszt  auf  den  Auren  wieder, 
den  bäumen  keimt  ihr  neues  haar.       lyr.  ged.  2  (1778),  82; 

da  sich  ein  wind  anfieng, 
die  erde  stürm  erhub,  die  trauriekeit  der  lüften 
stiesz  ii>  der  bäume  zier,  zerstreute  durch  die  klöften 
der  Wälder  grünes  haar.  Opitz  1,  176; 

tanzt  dem  schönen  mai  entgegen, 

der  des  waldes  haar  verneut.     Höltt,  s.  frucbtbatim.    und 
vgl.  Iloral.  od.  1,21,5  nemorum  coma; 
—  vom  haare  der  bäume 
troff  feuer  auf  mich.    Schubart  der  ewige  Jude; 
zartes  eis  bedeckte  die  fläche 
schimmernder  landseen, 
und  es  kräuseile  sich  auf  ihm  der  buche  goldnes  haar. 

Stolberc  ged.  3ü3; 
könnt  ich  dir  die  rayrthen  zeigen 
und  der  zeder  dunkles  haar!    Novalis  1,  95; 
die  stürme  brausen,  dasz  die  eichen  seihst 
aus  schrecken  zittern  und  die  banrc  schüiicln. 

Öhlensciiläger  Atiiddin  (1808)  s.  537; 
mag  sich  der  zweig  dem  zweige  wild  verflechten, 
der  birke  hangend  haar  den  boden  schlagen, 
der  junge  busch  zum  bäume  sich  erheben.    Göthr  9,322; 
welch  ein  morgeiiwölkchen  schwebet 
durch  der  tannen  schwankend  haar.    41,335; 
und  liest  daraus  ein  dringendes  beschwören, 
dasz  rauschend  sich  des  waldes  haar'  empören. 

Lknau  Faust  23; 

und  das  gelreide  haar  des  ackers: 

des  ackers  gelbes  haar  war  auch  schon  abgeschoren. 
Wkckiiehlin  771 ; 
scheint  das  himmelwasser  teuer, 
ist  der  erden  haar  geröst. 

IlAKsDöRrER  gcf.prächsp.  1  am  nchlusse, 

nach  BoNSARDS  les  cheveux  de  Ceres,  gräser  und  gestrduch,  mit  denen 
ein  hügel  bewachsen  ist,  werden  haar  des  hiigcls  <^Mann<; 

du  durch  die  lasier  selbst  so  weil  berufner  hügel, 
dem  Fbbus  alles  haar  hat  um  sein  hAupi  versengt. 

Klkiii<ic  aonntte  2,  40. 

tinrf  im  forstwesen  heiszt  ein  wald  oder  ein  berg  steht  ganz 
voll  in  haaren,  er  üt  mit  holz  und  bäumen  bewachsen.  Adelung. 
vrrgl.  frauenhaar. 

6)  das  gerinnen  der  muitermilch  zu  haarßrmigcn  fdden,  in 
folge  dessen  sie  stockt .  wird  haar  genannt:  von  dem  gerinnen 
und  stocken  der  milch,  insgemein  das  haar  oder  der  käs 
genannt.  Mauriceau  zufalle  und  krankh.  der  srhwaniiern  weilicr, 
verdeutscM  (1087)  j.  492;  da  sich  denn  jemalcn  begibt,  dasz 
dieselbe  {die  milch)  gerinnet  und  stocket,  so  dann  die  krank- 
heit  verursachet,  welche  die  wcibcr  das  haar  oder  den  käs 
nennen.  493. 

III.  Sprichwörter  und  redensarlen ,  deren  einzelne  schon  ölten 
untir  II,  l  (<p.  s.  9)  erwähnt  werden  mtistrn,  halten  sicJi  um  das 
wort  haar  eine  ymszere  anzahl  angesetzt:   sie  fassen    die   bedeu- 


13 


HAAR 


HAAR 


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tung  II,  1  des  «ortes  theUs  in  ihrem  natürlichen,   theils  in  hild- 
lichem  sinne. 

1)  atif  der  sehünhat  des  gelben  haares  (II.  1  sp.  S)  fuszt  das 
Sprichwort:  das  geschieht  nicht  um  deiner  gelben  haare  willen. 
Friscb  1,  337;  schudb.  um  deiner  geelen  haare  wegen  ge- 
schieht es  nicht.  Schmid  schwäb.  wb.  226;  nd.  das  schut  nig 
um  diner  gelen  hare  willen,  brem.  tcb.,  ScoCrze  holst,  id.;  es 
will  sagen,  dass  die  getcährung  eines  Wunsches  oder  einer  gunst 
nicht  die  gewinnende  Persönlichkeit  des  biltsletlers  zur  Ursache  hat, 
sondern  aus  andern  gründen  geschieht:  das  deine  sünde  nimer 
Sünde,  und  vergessen  sind,  ist  nicht  deiner  gelen  haar  schuld, 
sondern  der  gnaden.  Lgther  4, 4ti0';  es  wäre  dann,  dasz  es, 
ut  ajunt,  seinen  gelben  haaien  wegen  nicht  geschehe.  Inte- 
rim i06;  in  etwas  anderer  fassung :  aber  ich,  ich  sage,  ich  habe 
sie  helfen  wehren,  und  trewlich  widerraten,  nicht  e.  c.  f.  g. 
schönes  haar  angesehen,  sondern  arme  leute.  Lütheb  4,  471'. 

2)  der  Jungfrau  kommt  langes,  frei  herabfallendes  haar  zu 
(die  haare  liesz  sie  um  den  köpf  fliegen  wie  eine  junge  dirne 
H.uppEL  acad.  roman  7S3),  während  die  verheiratete  frau  das  haar 
in  die  haube  aufbindet,  daher  bezeichnet  im  haar  gehen  so  viel 
ab  Jungfrau,  unverheiratet  sein;  schon  lex  Liutpr.  6,  11  fllia  in 
capillo  {rergl.  recksalt.  286);  gleichwie  im  deudschen  magd 
heiszt  ein  solch  weibsbild,  das  noch  jung  ist,  und  mit  ehren 
den  kränz  tregt  und  im  haar  gehet,  das  man  spricht,  es  ist 
noch  ein  magd  und  keine  frau.  Llther  2,  242';  eine  Jung- 
frau oder  magd,  die  noch  in  hären  und  im  kränze  gehet 
und  keine  fraw  worden  ist.  8, 129' ;  wenn  ein  mädchen  ge- 
schwängert wird,  und,  wie  oftmals  geschehen,  bis  auf  die 
äuszerste  zeit  der  gehurt  in  haaren  geht,  sollen  ihr  die  haare 
durch  den  büttel  abgeschnitten  und  an  den  kak  genagelt 
werden,  ältere  holsteinisciie  Verordnung  bei  Kbl.mtz  20,  49S ; 

si  rueflea  gester  ainem  junkling 

ain  maid,  die  für  ain  juukrrau  gieng; 

nun  ist  ir  heut  der  pauch  geswollen. 

der  will  ich  wol  raten,  wil  si  mir  folgen, 

wie  si  das  vertreib 

und  dannacht  maid  im  bar  belaibt. 

fastnachtsspiele  495,  33 ; 
ihr  töchter  auch  noch  unrerzagt, 
noch  blos  in  gülden  haaren.    Speb  trulzn.  143. 

sp^er  heiszt  es,  wie  auch  noch  jetzt,  im  kränze  gehen  (s.  kränz), 
und  wo  unsere  redensart  in  niederdeutschen  gegenden  noch  lebt, 
da  iU  sie  verblaszt:  in  hären  gaan,  keine  bedeckung  auf  dem  j 
köpfe  haben,  wird  insonderheit  von  den  frauenzimmern  ge- 
sagt. Däh.nert  175;  aber  Recter  braucht  es  auch  von  niännern 
in  der  bedeutung  wie  baarhaupt:  de  pastor  kam  in  hören 
äwer  den  kirchhof  räwer  tau  gähn,  ut  mine  stromlid  1,  5S. 

3)  graue  haare  entstehen  wie  vor  alter,  so  auch  aus  kummer 
und  sorge  (II,  1  sp.  9),  daher  etwas  macht  graue  haare,  macht 
sorge,  sich  um  etwas  kein  graues  haar  wachsen  lassen ,  sich 
einer  sache  wegen  keine  sorge  machen :  lasz  dir  kein  graw  har 
darum  wachsen ,  sorge  nicht ,  trawre  nicht ,  du  wirst  sonst 
graw.  Agricola  no.  163 ;  ich  habe  dir  doch  schon  gesagt, 
Sanizscho,  sprach  don  Kichote,  du  solst  dir  deszwegen  keine 
grawen  haar  wachsen  lassen,  junker  Harnisch  US;  die  un- 
glücklichen fdlle die  mir  noch  bevorstehen,  machen  mir 

nur  vergeblich  graue  haare.  Simplic.  von  Kurz  l,  205;  und 
war  mir  nit  anders  zu  sinn,  als  es  würde  aus  jedem  winkel 
noch  eins  {ein  kind)  herfür  kriechen,  welches  mir  nit  wenig 
graue  haar  machte.  2,42;  lasset  euch  kein  grau  haar  wach- 
sen. 2,  297;  darüber  lasz  ich  mir  kein  einzig  graues  haar 
wachsen.  Kaxse  com.  bum.  45;  Wohlsein  eines  jeden!  dasz 
sie  sich  nur  darum  graue  haare  wachsen  lieszen.  Götue  8,31; 
und  mit  verändertein  ausdruck:  dasz  sie  nur  darum  ein  graues  * 
haar  anOüge.  42,  272; 

dasselb  betrübet  mir  den  leib 
und  macht  mir  graue  hare.    Hätzlerin  80"; 
oft  glückt's  ihm;  kühn  betrog  er  die  gefahr, 
doch  auch  ein  bock  macht  ibm  kein  graues  haar. 

GöTUK  13,  138; 
und  dir,  wie  manchem  seit  hundert  jähr 
nächst  darüber  kein  graues  haar.    56,  9S. 

4)  entsetzen,  schreck  und  angst  machen,  dasz  das  haar  von  der 
kopßavi  sich  emporhebt;  es  wird  mw/  gesagt,  das  haar  geht  zu 
berge,  steht  zu  berge,  zu  den  bereits  i,  1504  gegebenen  beispielen 
noch  einige  andere:    so   würden    euch   die   haar   gen   berge 
<lehen.    Luther  5,  90*;   das  haar  gadt  ze  berg,  ri^ent  capiUi   i 
metu.  Maaler  203;    meine   haar   steigen   mir  gen  berg,    ich    ' 
mag  nicht  mehr  von  solchem  jaramer  hören,   gespräeh  dreier   j 
guter  freunde  (1592)  bl.  D  4;  ich  will   ihnen  etwas  vertrauen,   l 


etwas  das  ihnen  jedes  haar  auf  dem  köpfe  zu  berge  sträu- 
ben soll.  Lessi.ng  2, 169 ;  wenn  ihm  jetzt  über  der  beschrei- 
bung  die  haare  zu  berge  fliegen.  Schiller  199;  was  war  es, 
das  mir  den  angstschweisz  ausgepreszt  und  die  haare  zu 
berge  getrieben  hatte?  der  deutsciu  Gilblas  140;  ihre  haare 
sträubten  sich  zu  berge.  Grimm  deutsche  sagen  oö.  312;  rergl. 
mkd.  vor  unvlät  gie  ze  berg  min  här.  Frauend.  336,  4 ; 
da;  iu  ze  berge  gän  elliu  bär.    LS.  i,  146. 

andere  Wendungen  drücken  sich  ähnlich  aus:  wie  mir  alle  meine 
haar  aufsteigen,  ßoccacc.  (l5S0)  l,  5';  mord!  mordl  und  wenn 
ichs  denke,  stehn  mir  die  haare  nicht.  Klingeb  1,  59,  bleiben 
nicht  in  Ordnung,  sträuben  sich; 

mir  gand  schier  alle  bar  zu  bor. 

Habeker  spil  vom  Abraham  (1592)  Jiij'; 
die  bahr  kribehen  unterm  hut. 

fruscbmeuseler  II,  2,  14  Ddjj', 

wozu  zu  vergleichen  ist :  mi  krupen  de  haare  up'n  kopp ,  ich 
bin  toll  schrecken  und  angst.  Dähxert,  und:  ich  .  .  merkte 
gleich,  dasz  es  ein  gespenst  war,  dann  meine  haar  regten 
sich  meinem  bedunken  nach  auf  dem  köpf,  als  wollen  sie 
lebendig  werden ,  oder  als  wann  mir  ein  häufen  würm  da- 
rauf herum  kröchen.  Simplic.  von  Kurz  2,  291 ; 
vom  bloszen  gedanken  empört  sich  jedes  haar 
auf  ihrem  köpfe.  Wielaso  4,  15; 

wie  wol  sich  jedes  haar 
an  ibm  dagegen  sträubt.    IS,  15S; 

entsetzen  sträubt  sein  graues  haar  empor.    Götter  2,  174; 
die  stund  da  sie  gestorben  war, 
wird  bang  dem  bubeo,  kraust  sein  haar. 

Götue  der  untreue  knabe; 
nasse  schauer  schauern  fürchterlich 
durch  sein  gramgeschmolrenes  gerippe, 
seine  silberhaare  bäumen  sich.    Schiller  l^ 

5)  Jammer  erzeugt  die  gebärde  des  haarausraufens  (vgl.  5, 917) : 

mhd.  von  Berne  der  vil  tumbe 
kört  sich  weinende  umbe 
und  vie  sich  selben  in  daj  här. 

Dietrichs  flucht  42SI  (Martin),    ähnlich  9907. 

da  ich  solches  höret,  zureis  ich  meine  kleider  und  meinen 
rock,  und  rauft  mein  heupthar  und  hart  aus  und  sasz  ein- 
sam. Esra  9,  3 ;  an  allen  orten  da  sie  zuvor  frölich  gewest 
war,  rauft  sie  ir  har  aus.  stücke  in  Esther  3,2;  wir  alle  wür- 
den noch  heute  die  haare  ausraufen  über  euerm  sarge. 
Scuiller  103';  soll  ich  mir  das  haar  ausraufen?  Kotzebue 
dramat.  spiele  2,  306 ;  frau  Humbrecht  (kommt  geloffen,  rauft 
sich- die  haare)  Martini  Martini  ach  du  lieber  gottl  Evchen 
ist  nirgends  zu  finden.  H.  L.  Wagxer  tindermörderin  83;  da 
raufte  der  treue  diener  sein  haar,  weinte  und  schrie :  o  wehe 
mir,  wehe!    Immerman.v  Münchh.  2,93; 

man  schreibet  sich  den  schimpf  ganz  sachte  hinters  ohr, 
o!  warum  rauft  man  sich  die  haare  nicht  zuvor! 

Stoppe  bei  Steinbach  2,  228; 

die  traurige  Sion, 

die  bis  in  den  tod  betrübte 

die  itzt  waise,  vor  geliebte 

reiszt  ihre  lorbeerkron 

von  dem  zurauften  haar.    k.  Grtphics  (1663)  s.  519; 

ach  Thisbe,  was  hast  du  gethan? 

die  haar  will  ich  ausraufen  mir.     Peter  Squenz  s.  37; 

und  nun !  —  ums  haar  sich  auszuraufen 

und  an  den  wänden  hinauf  zu  laufen!    Göthb  12,  192. 

s.  haarausraufen,  haarraufend. 

6)  einem  gegner  fällt  man  ins  haar,  wie  knaben  beim  raufen 
oder  balgen  thun:  da  denn  dieselben  {die  pochjtingen)  nicht  er- 
mangeln ,  über  dem  auflesen  {hingeworfener  kleiner  münzen) 
einer  dem  andern  die  haare  mit  denen  fingern  auszukäm- 
men. Behrens  Hercynia  curiosa  ISO;  endlich  kriegten  sie  einan- 
der bei  denen  köpfen  und  lieszen  ihre  bände  mit  beiderseits 
haaren  cameradschaft  machen.  Darbennime  223 ;  vil  hend  im 
haar  raufen  hart.  Agbic.  spr.  (1560)  97'; 

mhd.  si  viel  der  höchvart  in  daj  här 

und  warf  sie  üf  die  erd  ze  tal.    S.  Helbling  7,  982. 
nhd.    eh  ich  euch  in  das  haar  eins  fall.    H.  Sachs  5,  2,  44*; 
eh  ich  dir  platz  ins  haar  dabei,    ibid.; 

Denneraark  wolt  was  gewinnen, 
Tilly  greift  ihm  ins  haar. 

KOr:«er  bist,  tolksl.  316; 

und  wird  oftmals  eine  Ursache  von  dem  zäune  gebrochen, 
dasz  man  einem  Lutheraner  in  die  haare  kommen  möge. 
Ermst  gemüthsergelzl.  557 ;  fällt  ihm  seine  frau  in  die  haare, 
80  wird  er  sich  darüber   nicht  entrüsten.    Rabe.ner  saliren  i, 


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HAAR 


HAAR 


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(1761)  106;  einem  in  die  haare  fallen,  involare  alicui  in  ea- 
pillos.  Steisbacii  1,699;  er  wollte  ihm  gerne  in  die  haare, 
quamlibet  atm  illo  rixandi  qitwrit  causam,  ibid.  —  hierher  ge- 
hört auch:  die  hohe  oberkeit  .  ,  sonsten  die  hände  allent- 
halben im  haar  hat.  Philander  2,  484,  d.  h.  sie  sucht  die 
Untertanen  zti  bedrängen. 

Feinde  und  gegner  kommen ,  geraten ,  fallen ,  legen  sich  in 
die  haare,  liegen,  sind  einander  in  den  haaren:  hie  wollen 
wir  uns  auch  nicht  in  die  har  legen  und  fechten.  Luther 
4,426';  ein  Christ  sei  das  wissen,  das  er  mitten  unter  den 
teufein  sitze,  und  das  im  der  teufel  ncher  sei,  denn  sein 
rock  oder  hembd,  ja  neher  denn  sein  eigene  haut,  das  er 
rings  nmb  uns  her  sey,  und  wir  also  stets  mit  im  zu  hnr 
ligcn,  und  uns  mit  im  schlahen  müssen.  5,  334';  kommen 
wir  mit  einander  zun  haaren  und  reuffen  uns.  lischreden  403'; 
der  mit  eim  vollen  zu  har  ligt,  der  zankt  mit  cim  der  nit 
da  ist.  S.  Frank  sprichw.  1,  64';  sie  lagen  einander  für  und 
für  im  haar.  Wickram  roUw.  23 ;  aber  ehe  man  diesen  strengen 
process  mit  mir  ins  werk  setzte ,  gerielhen  die  Banierische 
den  unserigen  ins  haar.  Simplic,  v.  Kurz  1,216;  jene  kehr- 
ten bald  um,  und  also  Kamen  sie  einander  in  die  haare. 
Happei.  acad.  roman  960 ;  dem  Hiob  wollte  der  satan  gern 
in  die  haare,  um  seines  unsträflichen  wandcis  willen.  Scri- 
VER  seeknsch.  2,14;  und  seid  euch  einander  in  die  haare  ge- 
fallen. GiiTiiF.  14,  299 ;  dort  unten  gehen  die  handel  schon 
los!  sie  sind  einander  in  den  haaren.  42,  345;  ich  und  der 
hausherr  halten  uns  über  die  ersten  principien  der  moral 
blosz  moralisch  bei  den  haaren.  J.  Paui.  unsichlb,  löge  1,111; 
volk  und  adel  liegen  nicht  blosz  in  Rom,  sondern  auch  in 
heuligen  dörfern  einander  in  haaren  und  zöpfen.  4,15;  hier 
prügelten  sich  ein  paar,  dort  lagen  sich  zwei  in  den  haaren. 
KiEHL  culturgesch.  norellen  251; 

die  hänser  beiderseits,  Maganz  und  Claramonte, 

die  haszten  sich,  dasz  man  den  hasz  nicht  stillen  konnte, 

sie  hatten  sich  gar  oft  gezogen  drum  die  liaar. 

D.  V.  D.  Wkrder  Aviost  II.  67,  3; 
es  Ihcilet  Mumm  sein  reich  mit  seinem  lieben  weihe, 
tags  liegt  sie  ihm  im  hanr,  nachts  er  ihr  auf  dem  leibe. 

LoGAU  1,  98,  5; 
stj^ts  sich  in  den  haaren  liegen, 
wie  zwei  hähnc  dazustchn.     Götue  57,  233. 

uk  auch  im  mhd. : 

der  einem  wirft  sin  lastcr  vür 
mit  dem  namcn  und  offenbar, 
darumb  get  man  dicke  ze  här 
und  ist  den  liuten  unmnjen  swaer. 

Teichner  hei  Knrajan  (IS55)  s.  Gl; 
swä  ich  sn;>ch  mit  zühtcn  zechen 
da  verdrüj  mich  nimmer  zwar, 
aber  swä  man  g&t  zc  här, 
da  ist  ein  kurziu  zit  ze  swar.    s.  05. 

Entsprechend  diesen  redensarlen  gehen  neben  ihnen  andere,  welche 
bedeuten  feinde  machen,  gegner  auf  einander  hetzen,  in  mannig- 
fach vechselnder  fassung:  nach  dessen  (herzog  Willielms)  abgang 
on  mäniich  erben  hat  sein  hrudcr  Dankred  das  land  ange- 
nommen:  welchem  bald  band  ins  haar  zu  pringen,  nam 
papst  Ccleslinus  der  3.  des  oflgcdachten  herzog  Wilhelms 
einige  tochter  Conslantiam,  so  ein  nonn,  ausz  dem  kloster 
und  gab  sie  zur  che  kaisern  Heinrichen  dem  sechsten,  eim 
herzogen  von  Schwaben ,  mit  befehl ,  an  statt  des  heurhat- 
guts,  die  reich  beider  Sicilicn  zu  holen.  FiscnARrfcicnenfc.  128'; 
das  er  den  adel  und  die  bürgerschaft  aneinander  verhetze 
imd  zusammen  in  die  hare  bringe.  Rutschky  Patmos  903; 

tgl.  denn  er  kriegt  bald  fremd  band  ins  haar,  hekommt  zank. 

II.  Sachs  4,  2,  90*; 
wo  man  ein  solch«  wird  besinnen, 
möcht  man  fremd  hAnd  in  naarn  finden, 
wird  sieb  heben  ein  blutvergicszen. 

Wolf  Imtor.  volknl.  110. 

ferner  die  hnarc  zusammen  binden ,  zusammen  knüpfen :  er 
verliesz  ein  nnglückhaft  teslamcnt  hinder  im,  in  welchem  er 
der  stat  Zürrch  und  beiden  Icndcrn  Schwyz  und  (Jlarisz  die 
haar  zusammen  knüpfet  und  darmit  in  ein  langwierigen  töd- 
lichen krieg  furdcrel.  Sruiipr  rhronik  (I6S6I  p.  362';  hiemit 
ward  dem  herzogen  und  den  eidgenossen  das  haar  zesam- 
men  knüpfet.  5öl';  wie  graf  Fricdrirh  von  Togkenburg  beiden 
orten  Zdrych  und  Schwylz  die  haar  /(«amen  »Irickt.  C88*. 
es  fnlU  auf ,  daiz  Sciihrtii?(  diese  redensart  in  völlig  entgegen- 
qetrtdrm  tinne  braucht:  ich  bin  guter  hoffnung,  ich  wölj  .  . 
inen  beiden .  chnr-  und  fürslen ,  die  h.iir  zuvnmem  binden, 
fich  mit  einander  zn  terainigcn.  liriffr  3s,  es  ist  die  rede  von 


gründung  des  schmalkaldischen  bundes,  für  den  Schertlin  in  Unter- 
handlungen eifrig  warb. 

Haar  auf  haar  machen,  commillere  inter  se  Dasypodios;  ver- 
klappern ,  verschwatzen ,  verligen ,  har  uf  har  machen,  und 
wirre  werre  under  den  freunden  machen.  Keisersberc  sünden 
des  m.  46';  krieg  anrichten,  das  haar  uff  jhenes  haar  reizen. 
S.  Frakk  II,  103'; 

mancher  der  hat  grosz  frefid  daran 
dasz  er  verwirret  jederman 
und  machen  künn  disz  bor  uff  das 
darusz  unfrüntschaft  spring  und  hasz. 

Brant  r.arrensch.  7,  3. 

haar  auf  haar  richten,  wölcher  den  sig  gewünne,  confendere 
duos  Maaler  203.  —  unter  den  geselhchaflsspielen  in  Fischarts 
Garganttta  wird  aufgezählt  haar  auf  haar,  katzenhaar.  16"';  daher 
kompt  auch  balgen,  walgen  und  bellum,  dasz  man  den  fuchs 
nmb  den  balg  und  feil  jagt,  davon  ist  noch  das  spiel  umb 
den  barchat  jagen  und  haar  auf  haar,  194',  und  PtsioRius 
Ihesaur.  paroem.  (1716)  no.  38  führt  an: 

haar  um  haar, 

wer  vom  andern  betrogen  ist 

wirds  wol  werden  gewahr, 

mit  der  erkl/jrung :  pilus  pro  pilo  (sc.  detur) ,  qui  deceptus  est  ab 
altero,  ille  damnum  persentücet. 

7)  machen  die  gegner  friede,  so  lassen  sie  die  händc  aus 
den  haaren:  geschieht  aber  vielmal  mehr  und  ehe  danns  gut 
ist,  dasz  sie  kaum  die  händt  ausz  den  baren  gelassen,  rüp- 
set  ihnen  der  krieg  widerumb  auf.  KtncnnoF  milil.  discipl.  206. 

8)  der  und  das  widerspdnslige  wird  bei  den  haaren  herbei- 
gezogen: so  ist  gott  kein  zwinger,  dasz  er  die  unwilligen 
beim  haar  gen  himmcl  ziehe.  Agricola  spr.  (l560)  i.  72';  es 
geschieht,  das  alles  gebogen,  abgenagt  und  auf  sein  deller 
beim  har  gezogen  wird,  was  er  im  fürnimpt.  S.  Frank  well- 
buch,  vorr. ;  zu  befestigung  desselben  {der  auslegung  einer  bibel- 
slelle)  so  holen  sie  den  textSalomonis  mit  den  haaren  herzu. 
Fiscnart  bienenk.  (i588)  150';  ach!  ich  elender  mensch,  der 
so  oftmal  bei  den  haaren  in  das  Unglück  gezogen  wird. 
Happei.  acad.  roman  p.  1 ;  diese  auslegung  würde  bei  den 
haaren  gezogen  sein.  Winkei.man.n  2,  636 ;  niemals  that  er 
es  aber  ohne  Widerwillen  und  nur  wie  von  einem  böseir 
geistc  an  den  haaren  hingezogen.  Güthe  15,187; 

0  we  liebes  mediin  nim  in  (den  untreuen  liehhnber)  beim  bar- 

UULAND  volkst.  667 ; 
musz  sie  beim  har  zu  mir  ziehen.    H.  Sachs  3,  1,242', 

nämlich  galt  die  abtrünnig  gewordenen  menschen; 
musz  im  als  seine  sache  zieren, 
seit  ers  auch  bei  den  haarn  zufuhren.    B.  WALDfs  2,  8,  45. 

9)  auch  das  flüchtige  glück,  die  schnell  sich  darbietende  gelegen- 
heil ergreift  man  beim  haar: 

ein  jed'  gelöst  ergriff  ich  bei  den  haaren,' 

was  nicht  genügte,  liesz  ich  fahren.    Göthr  41,  315, 

wie  Opitz  sagt: 

kompt  dir  was  gutes  für,  so  nimm  alsbald  sein  jvar, 
dann  die  gelcgenheit  die  hat  nur  fornoa  haar.    1,  307, 

nach  dem  disliehon  von  Cato: 

rem  tibi  quam  nosces  aptam  dimittcre  noli: 
fronte  capillata,  post  est  occasio  calvn. 

was  man  erlangt  hat,  hat  man  beim  haar,  so  der  bergmann 
das  gefundene  erz:  das  mancher  oft  hart  und  lang  puffen  und 
schlagen  musz ,  bisz  er  den  abrauui  und  des  crzes  dach 
durchsinket  und  das  erz  berüret  und  bei  den  haaren  hat. 
Matiies.  Sarepla  40* ;  aber  auch  die  unruhe  den  menschen:  ich 
musz  nur  noch  nach  einem  pferd  schicken ,  denn  die  Un- 
ruhe hat  mich  heute  wieder  an  allen  haaren.  Gütiik  an 
frau  V.  fitrin  1,  71. 

10)  t'oWer  haarwuchs  an  köpf  und  hart  ist  seichen  der  kraft, 
und  als  mann  wird  im  deutschen  rechte  der  erkannt,  der  haare 
am  hart,  unter  den  nrmen  und  an  den  schamthcilen  hat:  swil- 
ches  manues  alder  man  nicht  en  wei;,  hAt  her  hSr  in  dcmc 
harte  und  nidenc  und  under  Sciichmc  arme,  su  sal  man 
wi^/.cn,  lia;  her  zu  sinen  lagen  komen  ist.  Sachsenspiegel  ed. 
Weiskf.  h.  1  art.  42  §  1  (ed.  (JiisciiK.x  s.  20).  daher  ist  drei- 
haarig cii/entlich  so  viel,  als  mit  manneskraft  ausgerüstet,  aus 
dieser  bedeutung  enttrickelt  sich  die  tor>/c//i/fi(j  geuUzl ,  durchtrie- 
ben;  wonach  das,  was  1  sp.  13S3  ither  dreihaar,  dreihaarig 
gesagt  trorden,  t«  berichtigen  ist.  —  Hie  folgenden  beuifiiele  fas- 
sen   die   mannhril   unter   dem    bilde   der  haare:    er  ist  mir  zu 


17 


HAAR 


HAAR 


18 


haare  gewachsen,  par  est  mihi  corporis  virilnis,  superior  mihi  est. 
Steinbach  1, 699 ;  aber  der  teufel  hätte  mit  ihm  fecliten  mögen, 
den  er  auch,  wie  mir  gesagt  ward,  in  haaren  sitzen  hatte. 
Simplic.  V.  Kurz  1,436,  dJi.  er  hatte  so  viel  kraft  mie  der  teufel. 
hierher  auch:  lasz  mich  machen,  ich  hab  haar  im  arsz,  huy 
huy.  dem  ofen  zu,  zur  stub  hinausz.  Garg.  94' ;  zünd  mirs  haar 
im  arsz  an.  94*.  Er  hat  haare  auf  den  zahnen ,  er  ist  ein 
darker,  ganzer  mann  (dänisdi  at  have  haar  paa  taenderne,  vaere 
klog,  erfaren  Kristiansen  115):  einer  zeigt  sich  etwa  so  in 
einer  Wissenschaft,  dasz  selbst  seine  neider  müssen  einge- 
stehen, er  habe  haare  auf  den  zahnen.  Klopstoce  12,79;  dasz 
sie  gleich  merken  sollen,  dasz  ich  nicht  mit  mir  spaszen  lasse 
und  dasz  sie  einen  burgermeister  gekriegt  haben,  der  haaie 
auf  den  zahnen  hat.  Prctz  Holberg  258 ;  haar  an  den  zahnen 
haben.  Eiselein  2C6.  in  thcilen  des  Osterlandes  bedeutet  das 
hat  haare  auf  den  zahnen  es  ist  schwierig,  verzwickt,  gerade 
uie  wir  vorhin  sahen,  dasz  dreihaarig  aus  dem  begiiff  männlich, 
manneskrdftig  in  die  Vorstellung  durchtrieben,  schlau  auswich.  — 
Man  sagt  auch  haare  auf  der  zunge  haben  :  du  bist  ein  ent- 
schlossener kerl  —  soldatenherz  —  haar  auf  der  zunge. 
ScuiLLER  113;  und  auch  hier  ist  es  interessant  zu  sehen,  wie 
diese  redewäse  aus  dem  sinne  kräpig,  stark,  den  nebensinn 
schwierig,  schwer  zu  finden  entwickelt,  wie  aus  folgendevi  hervor- 
geht: denn  man  findet  gar  selten  einen  getreuen  schäfer, 
so  gar,  dasz  auch  das  Sprichwort  daher  entstanden:  der 
beste  schäfer  hat  haare  auf  der  zungen.  Düpler  der  getreue 
tind  ungetreue  rechnungsbeamte  1,  120.  ähnlich  ist:  der  müUer 
ist  fromm,  der  haai-  auf  den  zahnen  hat.  Pistorii  thes.  par. 
Cent.  V,  110.  5,  d.  h.  es  giebt  keinen  frommen  m  filier.  —  Es  ist 
hierbei  folgendes  zu  berücksichtigen,  wir  müssen  den  sinn  bei 
den  redensarlen  haare  auf  den  zahnen,  auf  der  zunge  haben 
durchaus  hyperbolisch  fassen  und  dabei  nicht  an  das  barthaar 
denken,  das  ja  nicht  auf  und  an  zdhneti  und  zunge,  sondern 
iiber  denselben  wächst,    vergl. 

mir  Hebet  mein  allerliebste  frau 

für  schwimen  über  die  Thuaau; 

sie  liept  mir  mer,  denn  steigen  auf  den  luginslant, 

und  liept  mir  mer,  denn  aiu  lausiges  gewant,  .... 

mir  ist  von  ir  so  vil  gelücks  beschert, 

als  mir  hars  auf  der  zungen  steet.    fastnachtssp.  633,  16, 

d.  h.  kein  glück,  wie  die  zunge  kein  haar  hat.  tcir  müssen  bei 
Würdigung  jener  reden  vielmehr  unter  ausgang  von  dem  starken 
haar  wüchse  als  zeichen  der  kraft  und  stdriie  das  behaartsein  an 
ungewöhnlichen  stellen,  an  solchen  wo  sonst  kein  haar  wächst  und 
wachsen  kann,  als  zeichen  einer  ungewöhnlichen  manneskraß  neh- 
men ,  wie  die  Griechen  ihr  /.äoiov  y.f;g  (llias  2,  851)  und  ihre 
'/.äoiat  f^äres  {Alexander  Aetolus  bei  Athen.  15,  699'). 

11 1  auch  für  reich  sein  gilt  haare  haben:  wenn  wir  einen 
heller  setzen,  so  müssen  sie  einen  gülden  dran  setzen,  denn 
sie  haben  bar,  wir  sind  blosz.  Llther  tischreden  149". 

12)  haare  lassen ,  lassen  müssen ,  heiszt  daher  zu  schaden 
kommen,  vertust  leiden,  wie  man  ähnlich,  das  bild  vom  vogel 
genommen,  sagt  federn  lassen  (3, 1393),  und  wenn  in  den  ersten 
der  folgenden  beispiele  der  ursprüngliche  änn  vorwallet,  so  steht 
er  doch  nicht  ohne  rücksicht  auf  die  übertragene  bedeutung:  wo 
sich  der  esel  walzet,  da  musz  er  haar  lassen.  Lehmann  flor. 
pol.  1630  s.  127;  es  ist  besser  einige  haar  lassen  als  den 
ganzen  balg  verlieren.  Sebz  60; 

die  süsze  liebeskrämerei,  was  führet  die  für  wahren? 

sie  machen  ihren  kaufmann  glat  und  freien  ihn  von  haaren. 
LoGAU  3,  30,  42 ; 
ich  achte  kein  heuslein  so  geringe,  wo  man  sich  draus  weh- 
ren wolle,   die  feinde  müsten  bar  drüber  lassen.   Lotheb  4, 
481* ;  wenn  bürger  und  bauer  mit  fürsten  und  henen  wollen 
gehen ,   so  müssen  sie  gelt    oder  haar  lassen  (werden  an  gut 
oder   leib   geschädigt).   Lehmann  125;    der   gerechte   wird   um- 
geben mit  falschen  zeugen  und   arglistigen  ranken,   dasz  er 
nicht  weisz  wo  aus  oder  ein,  er  musz  haar  lassen,  er  musz 
unrecht   haben  und   leiden.   Scriver  seelensch.  2,  344;     wenn 
sich  grosze  heiren  raufen,  müssen  die  unterthanen  die  haare 
lassen,  dclirant  reges,   plectuntur  .Kchivi.  Frisch  1,  3S8 ;  gleich- 
wol  wollt'  er  nicht  einmal  hier  haare  lassen.  J.  Paul  komd  i,  111 ; 
vil  hefen,  krüg  gienpcn  zu  grund, 
und  was  ander  den  henden  stund,  , 

das  selb  musl  alles  lassen  bar.  H.  Sachs  1,  514*. 
solche  bedeutung  klingt  auch  an  in:  die  {vielen  länder)  aszen 
ihm  die  haare  vom  köpfe,  bis  er  zuletzt  so  arm  war.  Sim- 
RocK  deutsche  märchen  279.  gesteigert  ist  der  sinn  in  den  fol- 
genden stellen  zu  dem  begriffe  getötet  werden:  disz  ist  die  ur- 
soch ,   die  alle  schlämmer  und  Verschwender  in  allen  raube, 

IV.  II. 


dieberei  und  schinderei  getriben  und  gejagt  hat  und  endlich 
ellich  dahin,  dasz  sie  darob  haar  lassen  haben  gemüszt. 
Petrarcha  trostb.  S6';  wenn  die  hasen  den  löwen  predigen 
wollen,  so  gehet  es  wie  Aristoteles  gemeide  zeuget,  so  müs- 
sen sie  bar  lassen.  MATHEsicsSarfp/all';  ein  kalb  und  junges 
böckel  hieng  allbereit  dorten,  die  haar  gelassen  hatten.  Simpl. 
3,  298   {Kurz)  ; 

sechs  hundert  hat  er  leben  lan, 

sie  müsten  mir  all  har  hon  glan.    Soltad  1,  201 ; 

wanns  einer  im  jar  darvor  heit  gsait 

und  hetts  ein  canzleischer  gebort, 

so  müest  er  warlich  haar  hon  glon.    2,  176; 

der  wolf  fiel  in  die  arme  heerde 

und  mancher  bock  gab  baare  her. 

Lichiwer  fabeln  1,  no.  23. 
Nahe  liegt  es  übrigens  auch,  die  redensart  haare  lassen  auf 
den  bekannten  Vorgang  beim  gerben  zu  beziehen,  und  Keisersberg 
hat  diesz  ausdrücklich  gethan  :  so  nimpt  man  si  {die  haut)  ausz 
dem  wasser  und  legt  si  auf  ain  holz  und  schapt  dj  {das)  har 
härab  . . . ;  du  hangest  im  wasser  {d.  h.  du  Inst  im  kloster) . . ; 
du  musl  dj  har  lassen,  was  ist  dj  har?  es  ist  weltliche 
freüd.  has  im  pf.  6*. 

13)  üw  die  fülle  des  haars  setzt  sieh  auch  die  redensart  an : 
mehr  schulden  haben,  wie  haare  auf  dem  köpfe,  jedenfalls 
tinter  einflusz  der  bibelsprache  entstanden:  es  haben  mich  meine 
Sünde  ergrififen,  das  ich  nicht  sehen  kan,  ir  ist  mehr  denn 
har  auf  meinem  heubt.  ps.  40, 13 ;  die  mich  ohn  ursach  has- 
sen, der  ist  mehr,  denn  ich  har  auf  dem  heubt  habe.  69,5; 
und  an  den  immer  sich  erneuenden  Wachstum  des  haares: 

noch  der  alten  spruch  und  sag 

Unglück  und  bor,  das  weihst  all  tag. 

Bkani  narrensch.  109,  8; 
andere  jar,  andere  har.  andere  zeit ,  andere  freud.  Fbank 
sprichw.  1,  5o';  haar  und  schaden  wachsen  alJe  tage.  Kübte 
2502;  Unglück,  holz  und  haare  wachsen  über  nacht.  6151; 
was  in  der  haut  ist  kann  man  nicht  abstreifen  wie  ein  paar 
hosen,  steckls  nn  den  haaren,  so  kann  maus  w  ol  abschnei- 
den, aber  es  wächst  doch  über  nacht  wieder.   Lebmann  197. 

14)  den  vogel  erkennt  man  an  den  federn,  für  mensch  und 
Säugetier  gibt  das  haar  ein  erkennungszeichen  ab;  daher:  andere 
des  gleichen  haars  {derselben  art).  Garg.  143".  gewöhnlich  steht 
aber  hier  haar  im  plural:  bistu  der  haar,  lieber,  so  greif  dir 
selber  an  deine  obren.  Luther  1,  7* ;  bistu  der  bare,  so  trolle 
dich  aus  meinem  lande.  3,47;  des  dank  euch  gott ,  seid  ir 
der  har,  und  so  froine  redliche  leute.  36o'.  holla  bist  du 
der  haar.  Simpl.  1,51  Kurz;  oho,  bist  du  der  haare,  sagte 
herlzbnider.  1,  21S ;  wai-  hierauf  augenblicks  mit  der  ifuchtel 
heraus,  und  kam  auf  mich  zu  marschieret ;  da  ich  nun  sähe, 
dasz  er  der  haare  war,  o  sapperment.  wie  zog  ich  meinen 
Cückenstreicher  auch  vom  leder.  Schelmufsky  l,  40 ;  im  Sieger- 
lande sagt  man  noch:  hei  ess  der  boar,  man  kann  sich  einer 
solchen  that  von  ihm  versehen.  Scuitz  2,15; 

denn  der  bar  ist  der  leidig  neid, 
dasz  er  den  zeunt,  mit  sporen  reit, 
wenn  ern  zum  ersten  uberwigt. 

B.  Waldis  Esopus  IV.  77,  105 ; 
ihr  seid  der  väler  haar?  ihr  häuft  noch  ihre  schuld. 
P.  Fleming  13; 
mein  mann,  war  ich  der  haar, 
so  sag  ich  euch  kühnlich  vorwar, 
ich  wollts  euch  machen  so  kraus  und  bund 
das  ihr  nicht  kcmpt  hinder  den  grund. 

JuL.  T.  Bbaukscbw.  560; 
der  bräutigam  sprach:  seid  ihr  der  haar? 

SoLTAU  volksl:  512  (1638); 
die  jungen  sind  itzund  von  gar  viel  anderm  haar. 

HOFFMAN.NSWALDAO  u.  o.  (i.  Qed.  4,  263; 

ich  wüste  wol  was  bessers,  so  gleicher  haar  mit  mir.  tn- 
terim  85 ;  was  sich  von  auszen  zeiget,  ist  nicht  gleicher  haar 
mit  dem  inwendigen.  408 ;  so  bringt  auch  die  dieberei  und 
mancherlei  abtrag  einen  mangel  und  abgang,  so  von  den 
suppeu-fressern  ,  näschern,  schüssel-spühlern ,  teller-leckern. 
Schmarotzern  und  was  dergleichen  mehr  gesindlein  sich  auf 
dem  gut  einfindet,  sonderlich  wann  die  maierin  auch  gleicher 
haai-  ist  und  darzu  hilft.  Hohberg  3, 1,  45" ;  und  war  diese 
alte  etwan  ein  weih  von  dergleichen  haaren ,  welche  die 
jungen  konte  zum  danz  abrichten.  Stacdacheb  Genovefa  130; 
einer  haare  sein,  von  eben  der  art  sein,  ejusdem  farinae  esse. 
Fbiscu  1,  388 ; 

—  dein  mitcompan, 

der  gleicher  haar  wie  du.    Koügehl  Innocent.  40; 

—  der  es  mit  dir  hält, 
ist  gleicher  haar.  65; 

2 


19 


HAAK 


HAAR 


20 


was?  der  ist  leichler  haar,  denn  alles  was  er  mir  saget,  das 
ist  erlogen.  en(jl.  konwd.  1,  Bb  2 ; 

.  drum  lieber  man,  seid  nicht  so  loU, 
das  ir  euch  woU  ziehen  in  den  sinn, 
als  ob  ich  auch  leichter  haar  bin. 

Heikr.  Jul.  V.  Bbaunscuw.  605; 

ist  sie  dann  guter  haar  so  wird  sie  es  nicht  versitzen.  409 ; 
vermeine  nunmehr  ohne  das  dem  Siniplicissimo  zu  ewigem 
spott  genugsam  geoffenbart  zu  haben ,  von  wasserlei  haaren 
seine  beischlaferin  im  Sauerbrunnen  gewesen.  Simplic.  3, 
140  Kurz; 

nlm  wahr,  was  "für  haar, 

dieser  kauf  hat  grosz  gefahr.    Wiener  Stammbuch  1630 ; 

toller  haare  sein.  Körte  2508;  auch  im  Holsteinischen  sagt  man 
noch  er  ist  dullcr  haar. 

Bemerkensuert  ist  im  englischen  die  glädie  anwendung  von  hair : 

the  quality  and  hair  or  oiir  attempt 
brooks  uo  division.    Suakesp.  Heint-ichTV,  1  theil,  4,  1 
(Tauchnitz  edit.  3,  62); 

a  lady  of  my  hair  cannot  want  pitying. 

liBAUMONT  and  Fletcuer  nice  valour  1,  311. 

Deutsche  mundarten  bilden  in  diesem  sinne  zusammengesetzte  ad- 
jectira,  so  in  Holstein  dullhaarig^  von  böser  art ,  böse,  zornig, 
kctieihaarig,  kitzlich,  wedderhaarig,  u-iders}Knstig  Schütze,  in 
Baiern  schindhärig ,  schinderhSrig ,  sdiindermäszig  Schmelleu 
2,  226,  und  in  der  Heanzen-mundarl  leichth^rig,  d.  i.  in  leich- 
ter art  und  weise  Frommann  6,  336. 

So  sieht  auch  haar  bisweilen  geradezu  für  den  träger  desselben  : 
so  bald  sie  von  der  alten 
berichtet  ist,  das  gelbe  haar  (Hüon)  sei  da. 

WiKLAfiD  Olieron  4,  63,  vgl.  47  und  49; 
der  bursche  war  ein  flottes  haar, 
verloren  bald  ihr  kränzlein  war. 

Waldau  in  Pi-tUzs  mus.  1,  1,  141. 

15)  die  haare  umschlagen,  soviel  wie  säne  art  oder  seinen 
stand  wechseln:  solchem  gewerb  (dem  ochsenhandcl)  bedaucht 
in  aber  das  rosstauschen  noch  überlegen  zu  sein,  schlug  die 
haar  wider  umb,  ward  ein  rosskam.  Kirchhof  wendunm.  514'. 

16)  man  Ondct  ein  haar  in  etwas,  hat  gegen  etwas  änen 
widcrmllen  oder  doch  eine  bedenlclichkeil ,  'wie  gegen  eine  speise, 
in  welciter  man  ein  haar  gefunden'  (Schmeller  2,  225) ,  auf 
welche  erkldrung  durch  die  folgende  stelle  erwünschtes  licht  fällt: 
ein  spehvogel  rufte  Simpl.  auch  herzu  und  sagte,  weil  er 
auch  in  einem  ei  ein  haar  finden  könte,  so  solle  er  sagen 
was  dieser  tafel  mangele,  oder  worin  der  maier  gefehlet 
hätte.  Simplic.  4,234  Kurz;  da  er  aber  merkte,  dasz  ich  nicht 
viel  trinken  wolle,  weiln  in  dem  gestrigen  rausche  eine  haare 
is.  oben  I.  sp.  7)  gefunden ,  welche  mir  alle  die  andern  auf 
dem  köpfe  verwirret,  ja  mein  ganzes  geraüthe  in  tiefe  Iraner 
gesetzt  halte,  insel  Felsenb.  1,120;  ich  dachte  er  hätte  ein 
haar  drinn  gefunden.  Kotzebue  dram.  sp.  2,  36 ;  wenn  es  der 
fall  sein  sollte,  dasz  die  prinzessin  irgend  ein  misfallen  oder 
wie  man  sagt,  ein  haar  finden  sollte  in  meiner  geringen 
person  . .  Kanne  comoedia  hnmana  15. 

17)  das  einzelne  haar,  ein  Sinnbild  des  klänen  und  winzigen, 
wird  rerwant,  um  das  unbedeutende ,  eine  kleinigkeit  zu  bezeich- 
nen, mit  negationen  verbunden  als  bildliche  Verneinung,  wie  schon 
im  mhd.  niht  ein  här,  worüber  erschöpfende  beispiele  bei  Zingerle 
die  bildl.  Verstärkung  der  negation  zusammengestellt  sind. 

a)  jeder  theil  der  sich  ein  haar  vergäbe,  hätte  unrecht. 
GöTBE  56,218; 

et  rchlte  kaum  ein  haar,  so  hättet  ihr  verreiset 

den  lieben  schönen  tag.  FLEat!«G  51 ; 

sie  irüDdscht  eh  (lammen,  pfähl  und  höchste  not  zu  leiden, 

als  dasz  sie  weit  ein  haar  von  ihrer  ehr  abschneiden. 

A.  Grtpuics  125; 
hab  ich  ein  haar  dir  in  den  weg  gelegt?    Lbnz  1,  234. 

etwas  anders  bei  Schiller,  der  die  locke  haar  als  bild  acs  ge- 
ringtlen  braucht:  entwischt  mir  eine  locke  haar,  so  sollt  ihr 
meine  zwei  äugen  in  eine  windbüchse  laden  und  spcrlitigu 
damit  schieszen.  Fiesco  2, 15. 

b)  ob  du  mich  wol  zu  verschrecken  meinst,  achte  ich  doch 
solche!  kein  haar.  engl.  Äcom.  I,  Rvij';  so  fragte  ich  doch  kein 
haar  darnach.  Jucundits.  119  ;  ich  armer  slcrn  kam  und  wusle 
kein  haar  von  diesem  schlusz.  Simplic.  2,230  Kurz;  welche 
alle  kein  haar  »chOner  aU  die  vorige  waren.  2,  2Ht ;  ober 
daruio  tiekUmmert  ich  mich  kein  haar.  3,  303 ;  indem  irh 
allen  euren  wortcn  nunmehr  kein  haar  mehr  traue.  Pinol 
2,3ö;    p«'»"'!'    ""<    ■11   '"irti   HctiM'«   «inl   (!■'•   "-i'    !•'•'"    'i  '  >r 


besser  oder  schlimmer.  Lenz  1,97;  dasz  es  nalurmenschen 
sind,  die  unter  pracht  und  würde  der  religion  und  der  künste 
nicht  ein  haar  anders  sind,  als  sie  in  höhlen  und  wälderu 
auch  sein  würden.  Gothe  27,  232 ; 

so  ligt  mein  handwerk  nider  par, 

und  wüste  nicht  zu  kriegen  ein  här. 

V.  Rebhuhn  klag  des  armen  mannes  11; 

wie  es  denn  auch  dem  herren  Christ 

nicht  ein  haar  besser  geworden  ist.    Göthe  2,  221 ; 

aber,  aber,  keine  lehren ! 

lehren  nützen  mir  kein  haar!    11,  S2; 
und  es  schadet  euch  mehr,  als  euer  leichtsiim  gedacht  bat. 
nicht  ein  haarl  versetzte  der  schelm.  40,  131. 

(nach  nSn,  schit,  sprak  Reinke,  nicht  ein  hir.  Heineke  fuchs  3841) ; 

es  ist  nicht  zu  schelten, 

man  lasz  es  gelten; 

ich  aber  bin  keifi  haar 

weiter  als  ich  war.    56,  94. 

hierher  klingt  auch  an:  wenn  nämlich  die  *  kunstrichter  mit 
Staupbesen  . .  in  zeitungpacketen  ankommen ,  um  ihm  (dem 
autor  schlcclUer  bitcher)  kein  lebendiges  haar,  ja  kein  graues  zu 
lassen.  J.  Paul  Nepomuk-kirche  132,  d.  h.  ihm  tiiclits  zu  lassen, 
ihn  vollständig  zu  vernichten.  —  Wir  sagen  auch:  der  knabe  hat 
kein  haar  von  seinem  vater,  er  ist  ihm  nicht  im  geringsten 
ähnlich,  wo  die  bedeulung  von  kein  haar  zwar  hierher  fällt,  doch 
auch  an  no.  14  anklingt. 

c)  ein  haar  breit:  mhd. 

geriuwet  ej  dich  eins  hfires  breit, 

so  hän  ich  min  arbeit 

unde  du  den  lip  verlorn,    ormer  Heinrich  1101. 

sag  es  deinen  mitbrüdern  von  mir,  wiewol  sie  mich  ein  heuch- 
1er  und  abtrinnigen  heiszen  und  halten  werden,  da  ligt  mir 
nit  ein  bar  breit  an.  H.  Sachs  dial.  75, 18 ;  den  widerspen- 
stigen bauern  auch  nur  ein  haar  breit  nachzugeben.  Göthe 
15,34;  ich  .  .  fühlte  den  ganzen  werlh  meines  enlschlusses. 
ich  wich  nicht  ein  haar  breit.  19,  299.  ungewöhnlicher  sagt 
das  werk  ist  gerückt  kein  haar  lang  RGckert  Makamen  l,  47. 
vgl.  mhd. 

si  schämte  sich  niht  h&res  grö;.    arm.  Heinr.  1196. 

d)  aufs  haar,  aufs  klänste  genau:  vgl.  und  unter  allem  die- 
sem volk  waren  sieben  hundert  man  auszerlesen ,  die  link 
waren  und  künden  mit  der  schlewder  ein  har  treffen ,  das 
sie  nicht  feileten.  richter  20,  16 ;  ich  will  ihnen  aufs  haar 
hin  sagen,  ob  sie  ein  mann  fürs  Orchester  sind.  Schiller  183" ; 

dasz  alles  diesz  buchstäblich  und  aufs  haar 

sich  so  begab.  Wieland  5,  96; 

das  weisz  ich  auf  ein  haar.    10,  163; 

doch  da  sie  gar  zu  lieblich  war, 

so  glich  sie  mir  wohl  auf  ein  haar.    Göthe  5,  263. 

dann  auch  bis  aufs  haar,  bis  aufs  kleinste,  in  allen  theilen :  die 
Prophezeiung  ist  bis  aufs  haar  eingetroffen;  indem  sie  doch 
sonderlich  eines  jedweden  milgliedes  nützliche  gaben  . .  bis 
auf  ein  haar  ausrechnen.  Happel  acad.  roman  81;  weil  er 
vom  geiz  bisz  aufs  äuszerste  haar  eingenommen  und  besessen 
war.  Simplic.  1, 348  Kurz. 

e)  um  ein  haar,  und  zwar  steht  hier  die  präp.  um  in  weite- 
rem sinne  theils  zum  ausdruck  der  beziehung  auf  den  gegenständ, 
um  ein  haar  also  in  beziehung  auf  eine  kleinigkeit,  wie  mhd. 

din  tugent  nie  gcminnert 

wart  gegen  mir  als  umbe  ein  hAr.    Engelhart  1107; 

ob  man  so  tiure  als  umbe  ein  hAr 

valscheite  drunter  mischet.    JMS//.  2,  230*. 

wolt  von  seiner  nieinung  umb  einiges  haar  nicht  weichen. 
Wickram  rollw.  93';  ich  furcht  die  predigermünch  nit  umb 
ein  haar.  Schade  sal.  u.  pasqu.  3, 173,  19 ; 

aber  In  Christi  jubeljar 

mag  nicmun  irren  umb  ein  bar.    1,  40, 74; 

des  Luthers  sach 

ist  noch  nit  schwach, 

wiewol  vil  gwall 

ganz  muniglalt 

widr  In  wird  gübt, 

das  In  nit  biriiht 

aU  umb  ein  hnr.     I,  161,  i/f.  ; 

dnn  unser  nlcmanl  umb  ein  har 

achtel.  Mi'rnbr  schetment.  ^*; 

bexeuftto  da  nicht  umb  ein  hnr 

wui  .  .  .     RmcwALD  Jrnwcr  Eckart  D8*; 

bcs.icrst  dich  nicht  umh  ein  har.    Lt*; 

die  cnlllcli  kunst  drr  alcliamei 

lül  Nirlcri,  lic(fi>ii,  trit'Kcrel. 

und  nllweir  (alt  at  umb  ein  har. 

iliwoil    illl    l(>i.'  — •   -ll".    .!■•        v;.,.«-,«"-."»".;    12n»; 


21  HAAR 

0  mein  lieber  son  Alexaoder! 
alis  was  die  götter  mit  einander 
beschlieszen,  fehlt  nit  umb  ein  bar. 

H.  Sacbs  3,2,202*; 

0  es  fehlt  mir  nit  umb  ein  har.    J.  Atbbr  177*; 

im  übrigen  sag  ich  euch  diesz  fürwahr, 

es  soll  nicht  fehlen  umb  ein  haar, 

wo  ihr  das  lachen  nicht  werdet  lassen, 

so  werd  ich  euch  schlagen  auf  die  tascben  {das  maul). 

A.  Grtpbius  Peter  Squem  p.  19 ; 

wofür  auch  steht  über  ein  haar: 

und  fressen  die  weif  das  vich  gar, 

das  acht  ich  klain,  als  über  ein  har.    faslnachlssp.  484,  5. 

di'tn  angegebenen  sinne  fällt  nun  auch  um  ein  haar  vor  com- 
parativen  zu:  dasz  ..  kein  theil  um  ein  haar  besser  sei  als 
der  ander.  Simplic.  3, 142  (Kurz) ;  sie  ist  nicht  um  ein  haar 
schlechter.  Wieland  8,  265 ;  ich  bin  nicht  um  ein  haar  breit 
höher.  Göthe  12,  91 ;  dasz  der  sogenannte  lazarone  nicht  um 
ein  haar  unthatiger  ist  als  die  übrigen  classen.  28,  266;  so 
beschämt  er  sie  und  wird  verlassen,  ja  vernichtet,  ohne  um 
ein  haar  schlimmer  zu  sein,  als  jetzt.  49, 1S2. 

Thnls  hat  hier  um  einen  bestimmteren,  ursächlichen  sinn  uegen, 
indem  ein  haar,  eine  kleinigkät  das  motiv  ist,  dasz  etwas  ge- 
schieht oder  nicht  geschieht:  einmal  entkam  er  nur  um  ein  haar 
einer  sein  leben  ernstlich  bedrohenden  gefahr.  daheim  1S6T, 
sp.  92,  Kelcher  sinn  sich  zum  prohibiliven  wendet,  indem  ein  haar 
etwas  verhindert :  um  ein  haar  war  die  Zeichnung  verpudelt. 
Göthe  an  frau  v.  Stein  1,  53 ;  vgl.  das  folgende. 

f)  bei  einem  haare;  die  ältere  spräche  verwendet  es  im  gleichen 
sinne  mit  aufs  haar  (d) : 

di  (astrologie)  fast  mit  lüg  und  phantasei 

will  eben  wissen  bei  eim  har 

wi  es  stäts  ghät  das  ganze  jar.    Schwarzksberc  120"; 

und,  wie  man  spricht,  bei  einem  har 

dem  herren  Jesu  ehnlich  war.    Ringwald  tr.  Eckart  C5'. 

die  jüngere  spräche  in  wesentlich  anderm  sinne;  hier  zeichnet  bei 
einem  haar  die  grosze  nä)ie  der  ausführung  von  etwas,  das  den- 
noch nicht  geschieht:  bei  einem  haare  hätten  sie  mich  böse 
gemacht.  Lessing  1,420,  d.  h.  sie  waren  so  nahe  bis  auf  haares 
breite  daran  mich  böse  zu  machen ;  er  hätte  bei  einem  haar 
das  bein  gebrochen.  Hippel  lebensl.  2,  27 ;  'ach,  der  handiungs- 
bursche  ist'  . .  bei  einem  haare  hält'  er  ein  kraflwort  heraus- 
gestoszen.  Engel  12,324;  um  bewegung  und  ruhe  zugleich 
hätte  mich  bei  einem  haar  die  ehrenpforte  . .  gebracht.  J.Paul 
uns.  löge  1,26;  wofür  auch  der  ausdruck  platz  greift  es  hängt 
an  einem  haar:  es  hing  an  einem  haar,  so  wurden  die  vor- 
fahren der  Catonen  und  sie  in  ihnen  vertilgt.  Niebchr  3, 231. 
zu  vergldchen  sind  auch  ausdrücke  wie  mein  leben  hängt  an 
einem  haar,  die  ganze  sache  hängt  noch  an  einem  haar, 
s.  auch  faden  6,  o  (3, 1233) ; 

wenn  die  rebe  hängt  an  einem  haar, 

so  trägt  sie  noch  ein  ganzes  jähr.    Bronner  76. 

g)  kein  haar  anrühren  oder  krümmen,  nicht  das  geringste  zu 
leide  thun:  dasz  i.  f.  gnaden  kein  haar  angerühret  werde. 
ScHWEiNicHEN  2, 118;  nicht  ein  haar  krümmen.  150  ;  Wilhelm. . 
versicherte,  dasz  er  ihn  gegen  jedermann  schützen  werde, 
dasz  ihm  {dem  harfner)  niemand  ein  haar  krümmen,  viel 
weniger  ohne  seinen  willen  abschneiden  solle.  Göthe  19, 11. 
vgl.  die  bibelsprache :  und  ein  haar  von  eurem  heubt  sol  nicht 
umbkoramen.  Luc.  21,18;  darumb  ermane  ich  euch  speise 
zu  nemen,  euch  zu  laben,  denn  es  wird  euer  keinem  ein  har 
von  dem  heubt  entfallen,  aposlelgesch.  27,  34 ;  nun  aber  sind 
auch  eure  bare  auf  dem  heubt  alle  gezehlet.  Matth.  10,  30. 

h)  es  ist  kein  gutes  haar  an  ihm,  er  ist  nicht  das  geringste 
wert:  wann  je  eins  das  ander  ausschreiet,  es  sei  kein  gut 
haar  an  ihm.  Simplic.  1,  330  (Kurz),  wann  er  selbst  aber  nobel 
oder  sonst  ein  gut  haar  an  ihm  gewesen  wäre  ..  3,123; 

dem  menschen  treu  zu  sein,  an  dem  kein  gutes  haar. 

GöTHR  7,  69. 

ist  an  dir  abscheulichem  menschen  nun  wol  irgend  ein  ech- 
tes haar?  Gl-tzkow  Lern  u.  söhne  (1855)  s.  5;  sie  {die  kirche) 
kündigt  euch  Versöhnung  vom  himmel  an  und  ihr  seid  wirk- 
lich verdammt,  es  ist  kein  haar  an  keinem  unter  euch,  das 
nicht  in  die  hölle  fährt.  Schiller  123'.  —  Der  ausdruck  im 
positiven  sinne  gebraucht:  so  dasz  dieses  fest  ein  eigentliches 
frauenfest  ist .  weil  es  den  frauen  das  zeugnis  gibt  . .  dasz 
an  ihnen  ein  gut  haar  ist,  dasz  sie  etwas  wert  sind.  J.  Gott- 
BELF  Schuldenbauer  32. 


HA.\R 


22 


t)  da  ist  ein  haar  vor,  ein  kleines  hindernis.  Frischbier  (1865) 
no.  1406;  niederdeutsch  sagt  man  auch:  he  het  noch  en  bar 
im  nacken,  dat  em  torugge  holt. 

k)  haare  klauben,  haare  spalten,  kleinigkeiten  pänlich  sorg- 
fältig untersuchen,  französ.  couper  un  cheveu  en  quatre; 

mhd,  du  spaltest  als  ein  milwe  ein  här, 

dir  Wirt  üj  einem  orte  ein  pfUnt.    USH.  2,  169'. 

er  kan  das  haar  spalten.  S.  Frasi  1,  7l'; 

ich  wil  öch  nun  kein  har  spalten  {nicht  über  kleinigkeiten  vor- 
würfe machen). 
Eckstein  rychstag  bei  Scheibte  8,  846. 

s.  haarklauber,  haarspalter.  —  auf  die  haar  spilen,  ver- 
lengeren,  prolatare,  auf  die  haar  gespilt ,  verzogen ,  prolatatus 
Maaler  202'. 

18)  man  sagt  es  gleicht  wie  ein  haar  dem  andern,  was  man 
sonst  gewöhnlich  von  den  eiern  behauptet  (3,  76) :  leicht  möglich, 
dasz  der  Staatskanzler  darauf  rechnete,  Humboldt  werde  den 
antrag,  der  einem  exil  ...  so  ähnlich  sah  wie  nur  immer 
ein  haar  dem  andern ,  unmuthig  ablehnen.  Prctz  deutsches 
museum  1867  s.  458. 

19)  oft  fügt  sich  allitterierend  haar  zu  haut: 

här  und  hüt  si  abe  slei^.  Herbort  9755; 
mit  leib  und  seel,  haut  und  haar.  Simplic.  3,  282  Kurz,  mhd. 
har  und  hüt,  höt  und  här,  iforon  zahlreiche  beispiele  Zingerle 
allitleration  bei  mhd.  dichtem  p.  24.  26  gesammelt  hat.  das  nähere 
über  diese  allitterierende  formel  wird  erst  bei  haut  zu  verhan- 
deln sein. 

20)  eine  Verwünschungsformel,  deren  raffinierte  grausamkeit  nicht 
erst  des  näheren  auseinander  gesetzt  werden  kann,  ist  dasz  du 
haare  kackst!  {noch  jetzt  mit  kräftigerem  verbalen  ausdrucke  im 
Dessauischen  lebend) :  Izick.  ag  fort  is  der  Wechsler  Goldschmid, 
dem  de  Faust  all  sei  geld  geschosze,  ich  war  in  sei  haus, 
all  all  leer  —  au  wäy !  mei  hundert  fufzig  ducate.  Mauschel. 
dasz  de  hoor  kakst  —  de  goldschmid  fort  —  mei  verzig 
duplonen !  krieg  die  krenk  —  's  reiszt  mich  in  mei  bauch 
ganz  kalt.  Friedr.  Müller  Fausts  leben  (1778)  38.  ähnlich  im 
SimpUcisämus :  was?  sagte  hierauf  der  bauer,  soll  ich  ein  kind 
haben,  das  mir  nicht  folgte?  es  musz  mir  den  kerl  wider 
meinen  willen  nicht  kriegen,  und  soll  es  haar  scheiszen  wie 
ein  wolf!  3,  319  Kurz. 

21)  noch  zwei  redensarten,  die  der  gewerbesprache  entnommen  sind. 

a)  haare  in  die  wolle  schlagen,  unredlich  sein,  betrügen,  wie 
der  Wollenschläger  (s.  d.),  der  nur  feines  tuch  bereitet,  es  durch 
einnmcliung  von  haar  fälscht:  dafür  hilft  weder  witzling  noch 
spitzling:  darumb  nur  haar  in  die  woll  geschlagen,  besser 
ein  ungerechter  fried,  als  ein  gerechter  krieg.  Fiscbart  Garg.  209* 

wer  schlagen  kan  hör  under  woll 
derselb  zu  hoff  gern  bliben  sol. 

Bbant  narrensch.  100,  19. 

noch  jetzt  wird  gesagt  hundshaare  unter  wolle  schlagen.  Eise- 
lein 331 ;  haare  für  wolle  geben ,  das  ist ,  einen  ungleichen 
tausch  thun.  Fbischlin  nomencl.  174. 

b)  bei  den  tuchmachern  hdszl  zu  halben  haaren  scheren  des 
tuches  haare  nur  halb  abscheren  und  die  länge  halb  stehen  lassen, 
bis  es  nach  andern  proceduren  erst  fertig  geschoren  wird.  Frisch 
1, 388.  hiervon  die  namentlich  in  Schlesien  gebräuchliche  redens- 
art :  eine  sache  zu  halben  haaren  machen,  nur  halb  und  un- 
vollständig machen,  die  dennoch  auch  eine  andere  deutung  zu- 
läszt:  hunde  werden  oft  nur  halb  geschoren,  ihr  vordertheil  unbe- 
schoren  gelassen,  datier  sagt  ein  schlesisches  sprictiwort  auch  halb 
und  halb,  wie  man  hunde  schirt.  man  könnte  bei  diesem  zu 
halben  haaren  machen  demnach  an  die  procedur  beim  hunde- 
scheren  gedacht  haben,  vgl.  Fromman.n  3,  251. 

Die   manigfachen    composita    von    haar  aufzuführen,    erscheint 
überflüssig ,    da  sich  namentlich   in    der  bedeutung  H,  2  das  «■wt 
mit  den  namen  aller  haartragenden  tiere  verbinden  kann. 
HA.\R,  f.  höhe,  berg: 

0  Schwein  ich  wieder,  wo  ein  bursch  ich  war, 
auf  meiner  heimat  waldbewachsner  haar. 

Freiligratb  glaubensbekenntnis  19; 
es  singt  ein  vöglein  auf  der  haar, 
am  Eibstrom  und  am  Maine, 
da  liegt,  der  hier  ein  pflüger  war, 
erschlagen  auf  dem  raine. 
er  war  der  seinen  stolz  und  lusl, 
ein  bruder  schosz  ihn  durch  die  brüst: 
ich  rausche  leis  im  winde,    ders.,  «estfdl.  iommerlied. 

Diesz  alte  und  vielfach  dunkle  wort  ist  nur  noch  in  gegenden 
Westfalens  lebend.  Woeste  bei  Frommann  5,  348  kennt  es  nur 
als  name  einzelner  anliöhen  einer  hügelreüie,   die  sich   im  Süden 

2* 


23 


IIAARA  DER  — HAARBAND 


HAARBAND  —  HAARBEüTEL 


24 


der  Ruhr  hinzieht,  neben  bar  erscheint  das  häufigere  härd,  icel- 
dies  auf  denselben  stamm  zurückgelU;  Förstemann  namenb.  2,688 
gewährt  den  Ortsnamen  in  Harun  (Haium,  Ilaran,  Huren),  Haaren 
im  Süden  toa-  Paderborn,  der  möglicher  iieise  hierher  fällt,  nur 
zweifelnd  setze  ich  notizen  zur  etyvwlogie  her :  auf  der  einen  seile 
bietet  sich  zur  veryleichung  dar  griech.  xo).-(or6s,  xoJ.covt]  hügel, 
xo/.-ofc6v  gipfcl ,  lat.  cel-sus,  cx-cel-lo,  col-umna,  cul-men, 
cül-lis,  das  vielleicht  für  col-nis  steht,  litt,  kcl-u  hebe,  kal-nas 
höhe,  kil-nas  hoch,  s.  Curtiüs  griecli.  etymol.  1,  no.  68;  auf  der 
andern  seite  scheint  noch  näher  zu  stehen  griech.  xnQ-r,vov  berg- 
gipfel,  haupt,  welches  aber  wieder  auf  skr.  firas  köpf  und  damit 
in  eine  völlig  andere  verwantschaßsreihe  führt,  die  an  unsicherheil 
XU  vieles  bietet,  alsdasz  man  weitere  betracJUungen  anknüpfen  könnte. 

HAARADER,  f  schwcd.  harader,  venu  caidllaris. 

HAARALAUN,  n.  auch  fedcralaun,  alaun  in  feinen  haar- 
oder  federförmigen  ci-ys^tallen.  Nemmch. 

HAARAMETHYST,  m.  ein  amelhyst  mit  blutroten,  haarfeinen 
streifen  auf  blaszblauem  gründe.  Nemmch. 

HAARANKE,  f.  in  der  Wellerau  bei  weiblichen  personeu  der 
bug  der  unter  die  haube  aufgeschlagenen  langen  haare,  welcher, 
unter  dieser  hervorstehend ,  den  nacken  bedeckt  (s.  anke  occipul 
1,378 1.  damit  dieser  bug  voller  aussieht,  dehnen  jene  personcn 
ihn  dadurch  aus,  dasz  sie  von  beiden  seilen  die  Zeigefinger  innen 
hindurch  slcclen  und  wieder  lierausziehen :  das  mädchen  hat 
eine  schöne  breite  haaranke ;  sie  musz  sicli^^bei  ihrem  vollen 
haar  eine  bessere  haaranke  machen. 

HAARAUFSATZ,  wi.  die  künstliche  Unordnung  des  haars,  vor- 
züglich am  frauenkopfc  {s.  aufsatz  2,  l  sp.  TIS):  beide  köpfe 
haben  eineriey  haaraufsatz.  Winkelmann  5,275;  wollt  eben 
einen  aufsatz  probieren,  sah  einen  frauenkopf  auf  einem  ge- 
schnittenen steine,  der  haaraufsatz  gefiel  mir.  Fr.  MiJixER  3, 139. 

HAARAUSFALLEN,  n.  defluvium  capillorum,  alopccia.  Frisch 
1,388. 

HAARAUSRAUFEN,  n. :  nachdem  ich  lang  mit  jämmerlichem 
geschrei  hin  und  her  geloffen  und  mich  mit  haarausraufen 
iibel  gebärdet.  Simplic.  l,  4t>  Kurz ;  meine  klagen  sind  ja  nicht 
das  haarausraufen  am  sarg,  es  sind  ja  nur  die  thränen  am 
grabsteine.  Leisewitz  Jul.  v.  Tarent,  i.acl  2.sc.; 

was  schlägst  du  deine  hrust,  o  dit  belrfibier  häufen, 
ihr  Phrygcr  weibervolk,  was  soll  diesz  haarausraufen? 

Opftz  1,  223. 
sprichuürllich :    das    ist   zum   haarausraufen,    zum  verzweifeln. 
s.  haar  HL  5,  sp.  14. 

HAAR.AUSREISZEN,  n.  wie  das  vorige:  in  Vorstellung  der 
betrübnis  gehl  er  bis  auf  das  haarausreiszen.  Winkelhann 
1,  261. 

HAARRALG,  m.  l)  ein  mit  haaren  versehener  balg  (s.  balg  6): 
man  hat  ebenmäszig  gefraget:  ob  Myrons  kuh  mehr  gefallen 
würde,  wenn  man  sie  mit  haaren  bekleidete?  und  es  scharf- 
sinnig verneinet,  weil  sie  dann  einer  kuh  zu  ähnlich  wäre... 
weil  sie  sodann  für  die  kunst  nicht  mehr  kuh,  sondern  ein 
ausgestopfter  haarbalg  wäre.  Herder  19,  57  {anliqu.  aufsätzc). 
1)  Wissenschaf llich  heUzl  so  die  flaschen förmige  hautverlief ung, 
in  weldier  die  haarwurzel  steckt:  in  unmittelbarer  Verbindung 
mit  dem  haarbalgc.   Kürte  das  deulsclie  merinoschaf  (1862)  s.  86. 

HAARRALLE,  m.  aegagropilus ,  balle  von  haaren  im  magen 
ton  widerkäuern:  oft  findet  man,  sowol  in  der  kiihe  als  in 
der  ochsen  in  primo  et  secundo  ventriculi  lociilo  runde 
kugeln,  so  genannt  werden  haarballen,  sind  sehr  leicht  an 
gewicht,  und  von  unterschiedlicher  grösze,  etliche  glatt,  et- 
liche rauchlicht  und  höckericht,  Iheils  schwarzglünzend,  tlieils 
gelb,  grau  und  grünlicht,  scheinen  von  lauter  haaren  zusam- 
men gepackt.  HuiiBERC  2,285*.  auch  haarball  genannt,  hüll. 
haairbal,  dän.  baarbold,  schwed.  härboll  Neünich  1,85.  die 
haarballen  aus  dem  magen  der  gemsen  waren  bis  ins  vorige  jalir- 
hunderl  offirinrll,  s.  gcinsenkiigel. 

HAARRA.M),  n.  vinculum  capillorum,  Crinale,  mhd.  hirbant 
(Benkcke-MCli.kr  1. 132*)  und  zicar  nounl  um  das  haar  geordnet 
zusammen  zu  hallen,  als  auch,  in  rrirhrrrr  ausslallung ,  es  zu 
schmücken:  ein  schön  weih  on  zucht  ist  wie  ein  sau  mit 
einem  gülden  hnrbnnd  (gegen  den  griecli.  text  taaneQ  ivuniov 
iv  (fivi  vös).  »jn-üchc  Sal.  11,22;  die  ringe,  die  harband.  Je«. 
3, 21 ;  und  gab  dir  barband  nn  deine  «lirn  und  ohrenringc 
an  deine  obren,  llrsek.  10,12;  das  wnrl  harbanl  reden  ctlich 
da«  b  »0  waich  da»  c»  lautet  barwani,  ja  etlirh  nennen«  har- 
WfL  wer  nu  nit  wai-l  die  nigniliration  und  bcdeiitung  dises 
worli,  namlicb  da»  gesagt  isi  von  aincm  band  da  man  da« 
bar  mit  bindet,    wie  k:iM    crx    tfibl   >^rbr<'ili<'M    i>il<'i     k.Iimi  ' 


IcKELSAMER  B  4' ;  harbant  succinctorium ,  redimiculum  vcl  vilta 
capilü.  voc.  itic.  teul. ;  reliculum  vel  retiaculum,  i.  c.  parvum  tele 
vel  hairbant.  voc.  ex  quo  1469;  harbant  vitla  Diefend.  624'; 
bald  hatte  sie  keine  rechten  haarbänder,  bald  hatte  sie  alte 
schuhe  an,  bald  taugten  die  Strümpfe  nichts.  .Schuppius 
(not)  s.  444; 

von  eim  land  ich  (ein  krämer)  ins  ander  lauf 

und  nacli  dem  dutzct  mir  einkauf  / 

nesiel,  harpant  und  schiötterlcin, 

pfeifen,  Icckkuchcn  und  prenienwein.    U.  Sachs  2,4,4"; 

ach  nein!  was  kontrafait,  was  bitten,  singen,  flehen? 

was  brief  und  hahreiiband?    er  kan  nu  taglich  sehen 

sie  selber,  nicht  das  bild.  Rist  Parnasg.  C*. 

haarbänder,  wie  andere  gegenstände  der  loilettc,  sciüeifen,  hand- 
schuhc  u.  s.  w.  wurden  von  damen  des  17.  jahrh.  als  liebeszeichen 
ifaveurs)  verschenkt,  worauf  die  stelle  Rists  anspielt.  —  In  der 
Augsburgisciwn  trachl  hat  das  baarband,  reich  mit  perlen  gestickt, 
lauge  und  noch  durch  das  vorige  Jahrhundert  hindurch  einen  hervor- 
ragenden llwil  der  groszen  loilettc  gebildet;  im  Altenburgischen  ist 
der  name  liormt  (aus  hörbant)  auf  einen  kopfschmuck  junger 
mädchen  übergegangen. 

HAARRÄNDLELN,  n.:  allein  mögen  ire  (der  kaufleiUe)  doch- 
ter und  Jungfrauen  ein  harebcndlin  von  seiden  tragen,  kaiserl. 
reformalion  guter  polizei  (1530)  Bij'. 

HAARRAÜM,  m.  qucrbalken,  der  das  wasser  vor  dem  gerinne 
einer  mühte  in  der  höhe  erhält.  Sch.meller  2,  220;  sonst  fachbaum. 

HAARREERE,  f  rubusidacus,himbeerc:  das  dritte  gcschlecht 
der  erdbeeren  wird  zu  teutsch  lastbern  und  harbern  genannt, 
von  wegen  der  weiszen,  woilechtigen  und  haarcchtigen  blet- 
tcrn.  Tarebvaemont.  430. 

HAARREIZE,  f  1)  das  ausbeizen  der  haare.  2)  eine  haar- 
ausbeizende flüssigkeil  oder  salbe,  enlhaarungsmitlcl ,  franz.  de- 
pilatoire. 

HAARBENDEL,  m.  villa  crinalis;  ahd.  fahspcndel  Graff3,  1.18. 

HAARBEREIFT,  adj.  mit  reif  in  den  haaren;  von  dem  an- 
gehenden greise  gesagt,  dessen  dunkles  haar  schon  weiszc  stellen 
zeigt,  als  ob  reif  darauf  gefallen  sei: 

ihr,  ihr  süszen  zuckermägdohen,  ihr,  ihr  zartsten  Pindustö'chter, 
seid  nicht  wie  die  andern  Jungfern,  die  da  treiben  ein  gelächter, 
wann  ein  haarhereifler  buhler,  wann  ein  gichtgekränkter  freier 
ihnen  anzeigt  seine  üammen,  ihnen  anstimmt  seine  ieier. 

LoGAü  3,  9t  no.  77. 

HAARBEREITER,  m.  wie  flachsbereiter,  tuchbereiter,  der 
haare  zu  gewerblichen  zwecken  zurichtet. 

HAARBESEN,  m.  besen  mit  langen  oorslen. 

HAARBEUTEL,  m.  beutet  in  den  die  hinterhaare  des  kopfes 
gesteckt  wurden;  eist  nach  dem  jähre  1720  als  Iheil  der  männer- 
toilette  aufgekommen,  der  erste  deutsche  lexicograph  der  ihn  kennt, 
ist  Friscei  (1,  3SS)'j  welcher  ihn  (2, 140)  auch  haarsack,  sacculus 
in  cervice  quo  conduntur  capilli  longiores  nennt:  der  galante 
Franzose  half  auch  der  nolh  ab  (nämlich  die  flatternden  liinter- 
haare  unterzubringen),  aber  sein  auskunftsmittel  wurde  also- 
bald  wieder  eine  zicrde  der  eleganz:  er  steckte  die  über- 
flüssigen haare  in  ein  zierliches,  Haches,  seidenes  säckchen, 
versah  es  mit  schöner  schleife  und  erfand  so  den  haarbeutel. 
Fai.ke  trachten-  und  rnorfcnur// (1858)  2,  235;  es  waren  die  be- 
dienten mit  laterncn ,  welche  die  auf  der  schnellen  flucht 
verlornen  hüte,  pcrücken,  haarbeutel.  degen,  schuhe,  shawls, 
zusammen  suchten.  E.  T.  A.  Hokfjiann  8,28;  trug  eine  seht 
saubere  weisze  perückc  mit  einem  breiten  haarbc^ulel.  8, 108. 
der  haarbeutel  kommt  zu  anfange  dieses  jaiirhunderts  wieder  aus 
der  mode  und  lebt  nur  noch  in  der  redensart  einen  haarbeutel 
haben,  sich  einen  haarbeutel  trinken,  einen  kleinen  rausch  haben, 
auf  welche  redensart  auch  das  bekannte  HEnEi.se/ie  rdtsel  hindeutet . 

ratlict  lieber  Jener,  was  bah'  Ich  Im  fitin? 
einer  hats  am  köpf,  ein  niulror  hats  darin. 

der  Lammfell-husar  wird  sich  einen  liaarbeutel  trinken  zum 
heiligen  abend.  Hoitki  Chr.  Lammfell  161;  niederdeutsch  aus 
Westfalen  hai  heäd  en  harbül.  Fromji,  5,  72,  ebenso  bei  SchOtze, 
Dämmert,  nach  Adelung  towol  wie  nach  Körte  (.«.  185)  soll 
diese  redcn.iart  im  sietienjdlirigen  kriege  entstanden  sein  und  sich 
an  einen  major  der  alliirten  anlehnen ,  dir  nach  einem  rauschi 
statt  des  ordonnaninulszigen  zopfcs  den  leichten  haarbeutel  trug, 
ohne  diesem  direcl  widersprechen  zu  können ,  musz  doch  darauf 
aufmerksam  gemacht  werden,  wir  leicht  solche  anccdoten  über  dem 
urspriimie  nach  nicht  n-islandene  redensarten  erfunden  werden, 
wenigstens  steht  einen  iKiarbeutel  haben  parallel  dem  sonstigen 
n„i.;-   (,,„/„■,„    .,/,/„-/,,.|i   ,.|-   |i;i|    ,.in.<ii  7.-I''     ■■'   '■■■•■'■'   '•■..■■'■.■•.■    er 


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HAARBINDE  —  HAARBÜRSTE 


HAARBUSCH  —  HAAREN 


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hat  einen  am  ohr,  er  hat  einen  haken,  tcelche  vendungen  alle 
nn  beschwert  sein  des  kopfes  verschämt  bezeichnen. 

HAARBI.NDE.  f.  ein  breites  haarband,  die  hauplhaare  damit 
surücJi  zu  binden.  Adelcnc. 

HAARBINDEN,  n.  viltatio,  ligatura  crinium.  roc.  ine.  teut.  i  l'. 

HAARBIRKE.  f.  beiida  alba.  Nemmch  1,597. 

HAARBLATT,  n.  capillaria  folia,  haarblätter,  haardünne 
blätter.  Nemmch  2,  841. 

HAARBLEICHE,  f.  l)  das  bleichen  der  haare  zu  geverblichen 
zwecken.    2)  ort.  tco  diesz  gesdtieht. 

HAARBLEICHER,  m. 

HAARBLEICHEREI.  /".  das  handirerk  des  haare  bleichem. 

HAARBLUME,  /".  trichosanthes,  blume  deren  blütenblätter  mit 
hdrchen  bewadisen  sind.  Nemmch. 

HAABBODEN,  m.  die  kopfhaut ,  worauf  die  haare  wachsen. 
Fbisch  1,  3SS ;  oder  hastu  sonst  keinen  guten  haarboden,  so 
setze  eine  baruque  auf  und  sage  so  sei  es  die  mode.  Simpl. 
2,311  (Kurz);  ich  sähe  sonderlich  einer  veralteten  groszmut- 
ter  zu,  . .  wie  sie  aus  meel,  eierklar ,  hirn ,  blut  und  grün- 
span  eine  mixtur  zurichtet  und  einem  knaben  einen  erbgrind 
daraus  machte,  nachdem  sie  ihm  zuvor  den  allen  bis  auf  die 
gesunde  haut  abgewaschen  und  den  haarboden  auf  ein  neues 
der  gehürde  nach  abgeschoren  hatte.  3,  305. 

HAABBÖGEN,  vi.  plur.,  die  locken  der  perücke:  die  haar- 
bügen  zu  rüsten.  Pbilander  {Lugd.)  5.  2S7. 

HAARBOLLE,  f.  jlachsknoten  {s.  bolle  2,  232):  feuchter 
grund  ist  ihnen  [den  feigenbäumen)  sehr  zuwider,  sie  hassen 
die  dünge  und  werden  ungeschmack  davon ;  aschen ,  kalch 
und  haarbolen  dangen  ihnen  besser.  Hohberg  1,605*;  har- 
oder  leinboilen,  die  samenbehäJtnisse  des  ftachses.  Schmeller 
1, 169.  im  Kärnthnischen  das  verbum  här  pöllen,  den  flachs  zur 
gewinnung  des  samens  ausklopfen.  Lexer  35. 

HAARBOLZEN,  m.  ein  kleiner  ambos  zum  schärfen  der  sensc; 
niederd.  harbolten.  D.\s.\eil  77.    vgl.  unter  haaren  schärfen. 

H.\ARBR.\TEN,  m.  der  ziemer  eines  wilden  schweins.  Adelc.ng. 

H.\ARBREIT,  l)  adj.  und  adr.  die  breite  eines  haares  habend: 
ein  kaum  haarbreitcr  spalt;  eine  haarbreile  lücke;  er  wich 
nicht  haarbreit  von  seiner  stelle.  2)  neben  diesem  adj.  er- 
scheint auch  ein  subslantives  neutr.  haarbreit:  räumt  uns  nur 
ein  haarbreit  ein.  Klinger  11,91; 

ja  solltest  du  auch  den  Homer 

in  Jamben  übersetzen, 

drob  werden  dich  kein  haarbreit  mehr 

die  herrn  minister  schätzen. 

(Göckingk  an)  BiJRGER  39'. 

indes  wird  man  dieses  subslanlivum  nicht  als  neutrum  des  unter 
1)  genannten  adjeclivs  in  substantirem  gebrauche  auffassen  dürfen, 
es  ist  nur  eine  enge  grapitische  anrückunq  zweier  zu  formelhaftem 
gebrauche  häufig  verbundener  Wörter,  wie  fuszbreit,  handbreit, 
handvoll.  das  gcschleclU  richtet  sich  demnach  nicht  nach  dem 
zweiten  worle ,  sondern  wird  nach  dem  ersten  bestimmt:  eine 
handbreit  erde,  eine  handvoll  leute;  um  jeden  fuszbreit  erde. 
Schiller  456';  Klnkels  jedes  eroberte  fuszbreit  erde  {gcdichte 
1S50  5.  364)  scheint  aus  gelehrter  reflexion  entsprungen,  man 
schriebe  besser  um  ein  haar  breit,  wie  eine  band  voll  leute. 

H.\.\RBREITE.  f:  werd'  ich  nicht  um  den  zehnten  theil 
einer  haarbreite  über  die  schünheilslinie  hinausfahren.  Wie- 
land 30.  452.     s.  haaresbreite. 

HAARBUCHE,  f.  carpinus  betulus.  Neäxich  2,  S95. 

HAARBUF,  »?i.  plur.  haarbüBfe:  haarbüffc  heiszen  bei  dem 
frauenzimmer  diejenigen  abgclheütcn,  über  die  stirne  hoch 
hinauf  gezogenen  und  über  gewisse  dazu  besonders  verfertigte 
Wülste  oder  haardrähter  geschlagenen  und  angesteckten  haare, 
worauf  der  haubendraht  gesetzt  wird.  Amaranthes  fraucnzimmcr- 
lex.  (1773)  1, 1210.  s.  buf  no.  4  bd.l  sp.  491.  —  In  theilen  Mittel- 
deutschlands ist  das  wort  fem.:  die  haarbulTe,  plur.  -buffen. 

HAARBUFFEN,  n.  das  frisieren  und  nufbaw^chen  des  haares: 
•'>  einer  mit  haarpüffen  umb  gat  {ist  er  weicldich).  Diogenes 
:  Zürich  ibhO)  Gc';  fortcs,  darunter  müsse  man  nicht  befehls- 
liaber  verstehen,  welche  sich  in  gaulluinmeln,  degenstreifen, 
haarbüffen,  bartstrüuben,  thrasonischen  federn,  ketten,  stolzen 
^  gebehrden,  kleidern  und  worten  auszeichneten,  auszug  aus 
des  landgrafen  Moritz  darslellung  seiner  reform  der  hessischen 
Volksbewaffnung  v.  j.  1600,  bei  Rojimel  hess.  geschichle i,2  sp.  752. 

HAARBULL,  m.  scolopax  gallinula.  Nemnich  4,1253.  j.  haar- 
-rhnepfe. 

HAARBÜRSTE,  f  schwed.  hSrborste,  womit  die  kopßaare 
•jcbürstel  werden,  niirh  kopfbürsle  genannt. 


H.^ARBUSCH,  m.  nnl.  haarbos.  1)  copiU'dium,  dichtes  haar 
das  wie  an  busch  auf  dem  köpfe  steht:  er  hat  einen  wahren 
haarbusch.  2)capillatio,  haarbusch,  haarzic/ de,  haarschmuck, 
corymbus  haarbusch  der  weiber.  Mattbiäe  lat.-deutsches  lex. 
(1761)  1,  214",  366*.  dieser  haarbusch,  ein  hoch  hinauf  geklimm- 
tes gewirr  sowol  natürlicher  als  künälicher  locken,  ist  der  frauen- 
toilelte  des  17.  wie  des  18.  Jahrhunderts  eigen,  auf  ihn  beziehen 
sich  die  2,  559  angeführten  vcrse : 

umbsunst  ist  dieser  pracht, 
nim  doch  hinweg  den  busch,  lasz  ab  von  deinem  prangen. 

Weckhkrli!«  715. 

die  mdnnertoilelte  zu  anfang  des  19.  jahrh.  kennt  den  natür- 
lichen haarbusch,  den  tiluskopf,  ein  wild  über  haupt  und  Stirn 
starrendes  haar :  jabot  heraus  und  den  haarbusch  des  Titus  seit- 
wärts aufgebürstet.  H.  Koexig  könig  Jeromes  carneval  (1S55)  1.292. 

H.\ABBÜSCHEL,  m.  cajillüium:  mit  zurücklassung  eines 
haarbüschels  in  seiner  band.  Immerxann  Münchhausen  4.77; 
an  den  extremitäten  sind  dir  überflüssige  haarbüschel  ge- 
wachsen. 2,  lOS;  capillitium  ein  haarschopf,  haarbüschel  auf 
dem  köpfe  verschiedener  vierfüsziger  thiere.  Nemnich  2.  S42; 
beim  Schafe:  jedes  vliesz  besteht  aus  einer  menge  mit  einan- 
der verbundener  haarbüschel ,  stapel  genannt.  Körte  das 
deidsche  merinoschaf  (lS62)  s.  90. 

H.\ARCOLL.\TION,  f.:  derowegen  dieses  die  beste  revange 
ist,  wenn  er  {ein  reisender)  zur  lust  etwas  kleine  münze, 
dasz  es  die  jungen  sehen,  auf  die  erde  wirfet,  da  denn  die- 
selben nicht  ermangeln,  über  dem  auflesen  einer  dem  an- 
dern die  haare  mit  denen  fingern  auszukämmen ,  zumahl 
wenn  etliche  darzu  laufen,  denen  vorhero  schon  etwas  mit- 
getheilt  worden,  indem  dieselben  nicht  mit  aufraflFen  sollen, 
welcher  zank  denn  ohne  haarcollation  und  schlage  nicht  ab- 
gehet. Behrens  Hercynia  curiosa  (1703)  s.  180;  secundum  po- 
culum  est  litigium,  die  haarcollation  und  schrammschlagen. 
GcMPELSHAiMER  gymnasma  de  exerciliis  academicorum  434.  niederd. 
under  den  godlosen  ehelüden  erhevet  sick  oft  grot  twist 
unde  strid  . . .  kratzebalgen  und  strevekatten  sick  tho  hope, 
holden  haarklatzien  tho  samende.  N.  Gryse  bei  Schiller,  meck- 
lenb.  thierb.  3, 7' ;  harUlazien,  harkollatschen,  Schlägereien,  da 
man  sich  bei  den  haaren  zauset.  D.^hnert  176'.  rfas  ^ci^en- 
seitige  haarraufen  wird  also  hier  unter  dem  bilde  einer  gaslerei 
gefaszt.  zu  der  ein  jeder  seinen  antheil  steuert,     s.  collation. 

H.\.\RDECKE,  f.  1)  jede  mit  haaren  rerseliene  hülle  oder  decke; 
so  das  haarbekleidete  feil  eines  tieres,  z.  b.  des  schafes:  der 
gröszere  umfang  der  äuszern  haardecke  (vliesz).  Körte 
merinoschaf  125.  —  2)  cilicium,  gewebe  aus  gröberen  oder  feine- 
ren tierhaaren.  Schedel  waarenlex.  (lS34)  1, 4S6;  ohcA  haar- 
tuch  genannt. 

HAARDICHT,  adj.  heiszl  bei  den  schafzüchtern  das  dicht  mit 
wolle  bestandene  Schaffell. 

H.\.\RDRAHT,  m.  draltt  worüber  nach  der  mode  des  IS.  Jahr- 
hunderts das  kopfhaar  geschlagen  und  aufgesteckt  wurde.  Aharan- 
THES  frauenz.-lex.  (1773)  1, 1246. 

HAARDRUSE,  f.  capillaris  glandula.  Nemnich  2,  841.  s.  drus, 
druse  1,  bd.  2, 1458.  da  druse  beim  bergmann  auch  eine  mit 
krystallen  ausgefüllte  ncUürliche  hOhlung  in  geslein  bezeichnet 
(Gätzschmann  21),  so  wird  haardruse  der  kTystallinische  flusz- 
spath  genannt,  der  in  feinen  fdden  solche  hühlungen  erfüllt. 

HAARDÜNN,  adj.  capillaris,  holländ.  haairdun,  schwed.  har- 
funn :  haardünne  fihern  (blätter,  pflanzen).  .Nemnich  2.  841. 

HA.\REFLECHTEN,  n.  das  flechten  der  haare:  welcher  gc- 
schmuck  {der  weiber)  «ol  nicht  auswendig  sein  mit  harflechten 
{eu7T/.oy.r;s  Tor/cöi)  und  gold  umbhengen  oder  kleider  an- 
legen. 1  Petr.  3,  3; 

der  schmuck  der  zarten  Trauen  steht  nicht  im  haareflechien. 
drum  lassen  sie  sie  fliegen  zur  linken  und  zur  rechten. 
LoGAi:  2,  60,  39, 
mit  beziehung  auf  die  siile  nach  1630,  die  haare  des  hinterhaupis 
in  locken  über  nacken  und  schultern  fallen  zu  lassen. 

HA.\REISEN,  n.  l)  calamislrum.  Frisch  1, 388,  zum  kräw^eln 
der  haare,  sonst  kräuseleisen ,  mhd.  krflilisen.  2)  beim  gerber 
das  eisen,  mit  dem  er  die  haare  vom  feile  streicht. 

HA.\RELOS.  adj.  deijilalus ,  calvus:  der  Spiegel,  den  ich 
halte,  ist  nur  der  der  eitelkeit,  und  doch  kann  ich  nicht 
vergessen,  dasz  ich  zahne-,  nägcl-  und  haarclos  bin.  freih.- 
büchl.  74.     .«.  haarlos. 

HAAREN,  terb.  in  mdtrfacher  bedetäung.  l)  transitiv  depilare: 
hären  crinisare  l.  depilare.  voc.  ine.  thetU.  i  l\  jetzt  noch  in  der 
technischen  spräche  der  gerber:  haaren,  die  haare  abschaben 
depilare    Frisch  1,  388.     daher  raufen,   sich    in    die  haare  ge- 


Ü1 


Haaren— ttAAREssPiTZE 


HAARFADEN  —  HAARGEMENGE 


28 


ralen  (sp.  14.  15):  crinisare  haren,  raufen,  har  usz  raufen. 
DiEFENbAcii  158";  baareo,  beim  haar  ziehen,  iniplicare  coniam 
manu.  Maaler  2^3 ; 

ein  meer  ist  sie,  des  wellen  nimmer  schlafen, 
drauf  ewig  sich  die  tollen  stürme  haaren, 
ein  falsches  meer.  Uhlaisd  gcd.  517. 

SO  mundartlich  in  Känüen  an  hären,  einem  die  haare  ausraufen. 
Lexer  134,  abgeblasztcr  in  Baiern  und  Tirol:  baren  zanken, 
streiten,  trorlurchseln  Schmeller  2,  225.  Frommann  6,  145.  2)  in- 
transitiv und  meist  reflexiv  sicii  haaren,  die  haare  verlieren :  das 
wildpret  haaret  Adelung;  die  katze,  der  hund  haart  sich, 
icofür  auch  die  umgelautele  form  gilt: 

im  Winter  wächst  sein  pelz,  im  somraer  h8rt  er  sich. 

RccKERT  wi'ish.  des  brahm.  (183(5)  1,  194. 

HAAREN,  verb.  schärfen,  namentlich  die  scnse  scharf  machen; 
ein  durchaus  von  dem  vorigen  verschiedenes  wort,  mit  tirsprüng- 
lich  kurzem  vocal,  nur  in  fiiederdcutschlaud  üblich.  Dähnert  l'C'. 
Danneil  77.  das  verbum  ist  für  die  ältere  spräche  nicht  nach- 
iuveisen,  ieol  aber  subslantivbildungen  aus  seiner  ivurzel:  goth. 
hairu-s,  alts.  heru,  ags.  heoru,  altn.  liiarr  schwert  als  die 
scharfe,  schnädende  waffe  führt  zuruclc  auf  sanskr.  ^r-nämi  spalte, 
verletze,  griech.  xsiqoy  für  xtQ-jco ;  auch  tat.  cul-ter  messer  ist 
dieser  u-urzel  ents}iiungen.  dasz  das  goth.  har-du-s,  ahd.  hcr-fi, 
ags.  hear-d,  unser  har-t  ihr  zugehört,  wird  am  betreffenden  orte 
darzulegen  sein.  —  Es  musz  haaren,  wenn  wir  seine  bedeutung 
als  denominativum  genau  in  'schärfe  geben'  fassen,  auf  ein  subsl. 
har  schärfe  schlieszen  lassen,  was  erhalten  scheint  in  dem  compo- 
situm haregge  scharfe  schneide  der  sensc.  DXunert  176';  vergl. 
auch  haarbolzen,  baarbaminer. 

HAAREN,  n.  l)  das  haareverlieren  der  tiere.  2)  in  obei-deul- 
schen  mundarten  (Fromm.  6,  US)  das  raufen. 

HAAREN,  HÄREN,  adj.  cilicinus:  barin  crineus,  est  aliquid 
factum  de  crinibus ;  heren  cleit  cilicium ,  silicium,  est  vestis  de 
pilis  caprarum  contcxta.  voc.  ine.  Iheut.  i  l',  wie  es  viönclie  und 
einsiedler  des  gelübdes  der  armut  wegen,  auch  zur  kasteiung 
trugen,  die  sonne  ward  schwarz  wie  ein  harin  sack  und  der 
inond  ward  wie  blut.  offenb.  6,12;  er  als  ein  verschmitzter 
weit-  und  ^isvogel,  flick  auf  stück  und  tück,  der  etwan  auf 
dem  eis,  wann  der  Rhein  ubergefroren,  gemacht  was  worden, 
halb  wüllen  und  halb  harin,  wie  des  Juden  grama.  Garg.  2ll'; 
sie  {die  ketzer)  geben  nicht  einen  pfifferling  um  der  klauszner 
und  einsidler  bannen  kieid  {plur.).  bienenk.  199  ;  über  die- 
•sem  abgegangenen  und  doch  zu  viclmalen  verbesserten  rock 
trug  ich  das  hiiren  hembd  (des  änsidlers).  Simpl.  1,65  Kurz; 
ein  härines  sieb,  ein  härines  tuch.  Hohberg  3,1,157*.  161"; 

sie  sprach,  mein  lieb  die  wer  ir  fremd, 

ich  trug  dann  an  ein  hefein  herad 

durch  iren  willen  wo!  zwei  jar 

und  luge  das  nimmer  ab  furwar.    fastn.  sp.  122,  25; 

si  ist  mir  lieber  als  ein  herer  (für  heriner)  strick 

den  ich  nacket  gürtet  ümb  mich.    633,  2; 

musz  hart  erfrieren  in  der  meiton, 

in  non,  vcspcr  und  der  completcn, 

ein  heren  hembd  ich  auch  aiiirag 

am  leib,  die  nacht  und  auch  den  tag.    II.  Sachs  4,  3,  62'; 

denn  es  deckt  die  cdeln  glieder 

härenes  gewand.     Schiller  64'  {ritter  Tnggenburg) ; 

als  ein  mönch  in  haarnem  tuch.  J.  H.  Voss  6,  197. 
.;u«  vorstehenden  beispielen  erhellt  zugleich,  dasz  die  umgelautele 
jiirm  des  wortes  und  die  nicht  umgelautele  bis  auf  die  Jetztzeit 
herab  neben  einander  gebraucht  werden,  nur  wenn  das  adj.  den 
letzten  Iheil  von  compositen  bildet  (kanicelhaaren,  rosshaaren, 
Ziegenhaaren)  ist  der  umlaul  ungewöhnlich. 

HAARERZ,  n.  erz  in  dünnen  haarfbrmigen  faden;  vgl.  haar 
11.  4  und  baargold,  baarsilber. 

HAARERZEL'GCNG,  f.:  pomade  zur  haarerzcugung  uirrf  6ci 
der  zunehmenden  kahlkOpfigkeit  unserer  mdnnerwell  in  Zeitungen 
jrtzl  besonders  häufig  angekündel. 

HAARESBREITE,  f.:  der  drcisziffste  theil  einer  haares- 
breitp.  Ka>t  9,  71 ;  gerücble,  die  so  vollständig  aus  der  lufl 
gegriffen  sind,  dasz  mit  keinem  bucbstabcn  jemals  der  min- 
deste anlasz  gegeben  ist,  der  einer  üolcben  eriindung  auch 
nur  die  haarchbreilc  räum  darböte,  auf  der  eine  lUge  fusz 
fanden  konnte,  or.  Rismarck  in  der  reicIistagsitUzung  v.is.mdri 
I><fi7.  I.  ha.irtircite. 
HAARESDICKE, /■..-  ein  driltei  einer  haarcftdicke.  Kant  9, 71. 
n*  Uit^s^lMTZE,  f:  der  bewein  ist  »o  auf  einer  haares- 
»pr  Kamt  2,325;    da*  gleirbgewithl ,    welches  gc- 

ttuif  /i  und   ouf  einer  baarnnpitze   Rcbwebt.  3,308. 

t.  biuirspilze. 


HAARFADEN,  m.  haarfeiner  faden.  Nehmcr. 

HAARFALL,  «i.  capillorum  deftuvium.  Hederich  1199. 

IIAARFARB,  adj.  badius.  Frisch  1,389.     $.  haarfarbig. 

HAARFARB-E,  f.  1)  färbe  des  (menschlichen  oder  tierischen) 
haars:  auch  hasen  und  fiichse  linden  sich  in  den  eisregionen, 
veründern  dann  aber  ihre  haarfarbe.  ausländ  1867, 355'.  — 
2)  die  kastanienbraune  färbe,  welche  bei  den  haupthaaren  der  men- 
schen am  häufigsten  getroffen  wird.  Adelung  ;  harfarb  aridorum 
foliorum  color.  Stieler  433.  die  färber  nennen  haarfarbe  eine 
färbe,  die  aus  Ziegenhaar  entsteht,  welcfies  mit  färberröte  sehr 
stark  gekocfU  ist ,  und  die  nachher  zum  rotfärben  gebraucht  wird. 
Jacobsson  technol.  wörterb.  2,179'. —  3)  färbe  zum  haarfärben. 

HAARFÄRBEND,  capillos  lingens:  deiowegen  Henge  ich  an, 
mich  mit  gänsschmalz,  läussalbe  und  andern  baarferbenden 
ungventen  . . .  fleiszig  zu  beschiniren.  Simpl.  3, 134  Kurz. 

HAARFARBIG,  adj.  die  färbe  des  haars,  vorzüglich  des  mensch- 
lichen kopßaars  habend;  vgl.  haarfarbe  2. 

HAARFASER,  f  faserwurzcl  der  pflanzen. 

HAARFEDER,  f.  flaumfeder  junger  vögel;  vgl.  haar  II,  2  (sp.  12). 

HAARFEIN,  adj.,  sctiwed.  liarfin,  von  der  feinheit  eines  haares: 
das  glas  bat  einen  haarfeinen  sprung;  hier  ist  eine  haar- 
feine ritze;  abstract  redet  man  von  haarfeinen  unterschieden. 
man  sagt  aber  auch  in  anderm  .wmc  ein  tuch,  ein  gewebe  ist 
haarfein,  wenn  es  aus  feiner  wolle  gewebt  worden  ist. 

HAARFELL,  n.  behaartes  feil:  der  götze  ist  aus  holz  grob 
geschnitzet,  mit  federn  und  haarfeil  bekleidet,  pers.  reise- 
beschr.  3,  4. 

HAARFEST,  n.  tendo.  Hedericu  1188;  Frisch  1,  388.  vgl. 
haarwachs. 

HAARFLAÜSCH,  m.  büschel  haare  (s.  flansch  3,1737);  die 
folgende  stelle  meint  mit  dem  worle  die  zupfe:  dasz  in  diese 
langausgezogenen  haarflausche  ein  böser  geisl  dem  menschen 
anwachsen  könne.  L.  Tieck  ges.  nov.  8,  370. 

HAARFLECHTE,  /.  1)  geflochtenes  haar  (vgl.  3,1738):  har- 
flechten  corniculum,  cirrusidem.  voc.  ine.  theul.  il';  ihre  licht- 
braunen haarflcchtcn.  Gütiie  17,  252;  für  die  haarflechten 
legte  sie  eine  goldene  kette  zurecbt.  Immermann  3/t«Hc/i/».  4,127; 
frauen  und  kiuder  ..  die  ihre  verfilzten  dicken  haarflechten 
sonntäglich  mit  verschossenen  bändern  geschmückt  haben. 
Europa  1865  sp.  1540.  die  müde  des  17.  ja}irhunderts  kennt  auch 
haarflechten  auf  männlichem  köpf  (s.  haarlock,  baarzopf): 
verbrennet  die  baarflechte  (von  dem  hauiie  eures  btJilen)  zu 
pulver,  so  wird  euer  buhler  über  2  stunden  zu  euch  kom- 
men. Happel  acad.  rom.  342.     2)  baarflechte  usnea.  Nemmch. 

HAARFLECHTERIN,  fpsecas,  ornatrix.  Hedebich  1188;  haar- 
flechterin  heiszt  dasjenige  wcibsvolk,  das  den  perückenmacbern 
die  gebacknen  und  aufgekräuselten  haare  reibenweise  in  lange 
tressen  flicht  und  setzt.  Amaranthes  frauenz.-lex.  (1773)  1,1245. 

HAARFLECHTÜNG,  f  composilio  capillorum,  discerniculo  aut 
calamistro  facta.  Stieler  517. 

HAARFLIESZUNG,  f:  alopecia,  die  haarflieszung  so  eiin 
das  haar  ausfallt.   Dasypodius  292*. 

HAARFORMER,  m.:  der  baarformer  und  zopfprediger  Meii- 
seler.  J.  Paul  Hesp.  3,205. 

HAARFÖRMIG,  adj.  formam  crinium  prae  se  ferens:  haar- 
förmiges  erz  Adelung;  haarfürmige  krystalle. 

HAARFOTZ,  m.  vitlus  (s.  fotz  bd.  4  sp.  44) :  villus  ein  haarlock, 
haarfotz  Dasypod.  ;  haarfotz,  zott,  villus  Maaler  14o'.  203*. 

HAARFRISLR,  f.  capillatio:  der  begriff  einer  haarfrisur 
oder  kopfbedcckung  hört  ganz  auf.  Falke  modenw.  2,279;  die 
reiche  rötbiicbc  haarfrisur,  welche  ihr  baupt  bedeckt,  niorfrn- 
zeitung  ts««  s.  109. 

IIÄARFROST,  »I.  zoltichte  reiffasern,  die  sich  zur  winlersxeü 
an  bäume  und  pflanzen  hängen.  Schmeller  2,  M6. 

IIAARFLLLE,  f  fidle,  menge  von  haaren:  umstünde  welche 
auf  die  baarfulle  des  Stapels  einflusz  haben.  Körte  «lerino- 
schaf  s.  121. 

HAARGANS,  f.  fulica:  hargansz  voc.  ine.  theul.  i  l'.  mhd. 
horgans.  Ben.  1,478;  es  i<r  die  gans,  die  auf  den  sumpf  (mhd. 
bor)  des  teichtmdens  laucM. 

HAARGEB.VrDE,  f.  struclura  e  capitlis  facta :  mit  der  Schnel- 
ligkeit der  milde  fliegt  die  neue  eründung  durch  die  civili- 
sierle  well,  um  Rchon  am  nücbsicn  tage  von  einem  andern 
haargebiiudc  wieder  verdrüngt  zu  werden.  Faikk  2,  27!>. 

IIAARGEFÄSZE,  n.  plur.  haarfeine  gefdsze  des  tierischen  Ai.r- 
/«•rji,  cofiillaria  va.ia.   Nummch. 

HAARGEMENGE,  n..-  Rilrger  verfertigte  einst  ouf  den  ihm 
an»(Oszigen  ungebcucrn  boarbcatel  eines  primaners  ein  epi- 


29 


HAARGESICUT— HAARUUSCUE 


HAARICHT— HAARIGEL 


30 


gramm,  welches  eine  sulche  Wirkung  auf  den  herrn  des  haar- 
beutels  machte,  dasz  es  in  der  scbide  zum  haargemenge  kam. 
Althof  IS.     vgl.  haarcollalion. 

HAARGESICHT,  «.  mil  haaren  betcachsenes  gesteht,  dann  auch 
der  träger  eines  solchen :  pfui,  Uli !  so  ein  haargesicht,  so  eine 
iltishaut,  so  einen  tanzbär.  arme  mann  im  Tockenb.  Tl. 

HAARGESPON.NEN:  sie  hett  lang  goldgelb  haar,  ja  haar- 
gespunnen  gold,  nach  dem  gewicht  Absalons.  Garg.  76',  haar 
welches  icie  goldene  fäden  scheint. 

HAARGESTIKN,  n.  cometa:  schwantz-  oder  haargestirn. 
LoBE.NSTEiN-  Arm.  1,  574.     s.  haarstern. 

HAARGEZWEIGE ,  n.  die  wie  haare  herabhangenden  zweige 
(der  weide) : 

schlanker  weiden  baargezweige.    Götuk  47,  52. 

HAÄRGOLD,  n.  gediegenes  gold  in  geslalt  zarler  haare.  Jacobs- 
so.N  lechnol.  üb.  2,  ISO*. 

HAARGRAS,  h;  elymus  arenarius,  auch  sandhafer,  Strandhafer, 
sandgras  genannt.  Nemmgu. 

HAARGURKE,    f.   sicyos.  Wilbrand  handb.  der  bolanik  524. 

HAARHAMMER,  m.  hammer  zum  schärfen  der  sense.  Adelc.ng; 
haorhaomer.  Da.nneil  77'.     s.  haaren,  schärfen. 

HAARHAUBE,  f.  1)  reticulum  capillare,  vitta  crinalis:  galeri- 
cum  ein  haarhaub.  Alberis  J2';  hoerhaub.  Diefesb.  256*; 
harhftben  villa  624'.  neben  der  sitte,  das  haar  frei  uallend, 
nur  durch  den  schapel  (s.  d.)  zusammengehalten  zu  tragen,  be- 
gegnet bereits  im  früheren  mUtelaller  das  zusammenlegen  des  haars 
in  eine  elegante  hülle,  nicht  blosz  bei  frauen  : 

si  want 
in  eine  sidiiie  hüben 
da;  här.       Oieseb  161,  15, 

sondern  auch  bei  männern ,   doch  ist  es  hier  zeichen  der  slutzer- 

haftigkeil  : 

in  eine  hüben  er  ej  vie  {das  haar) 

diu  was  von  bilden  wxbe. 

meier  Iletmbrecht  14,  vgl.  275. 

zur  allgemeinheit  wird  die  sitte  bei  beiden  geschleclilern  seit  dem 
ausgange  des  15.  und  namentlich  im  16.  Jahrhundert,  wo  das  haar 
unter  zum  Iheil  kostbarem  sloff  knapp  um  das  haupt  liegt:  it€m 
sollen  die  kauf  und  gewerbsleuthe  in  stetten  kein  sammat, 
damast,  atlasz  oder  seidenrock,  goldt,  silber,  berlin,  seiden, 
golt  und  silbare  harhauben  tragen,  kaiserl.  reformat.  guter  po- 
licey  (1530)  Biij ;  desgleichen  mögen  sie  {die  von  adel)  gülden 
ringe  und  harhauben  ..  tragen.  Biij';  köstlich  perlingestickte 
haarhauben,  und  die  sammele  paretlin  darauf,  auf  die  Meisz- 
nisch  art  zur  seilen  hangend.  Garg.  2Sl';  (sie  halte)  kreiden- 
weisz  nägelein  haselnüsz  grosz,  dardurch  das  leibfarb  heut- 
lein  herfür  scheinet ,  wie  die  gülden  harhauben  under  den 
w  eiszen  schieiern.  77' ;  Mariana  . .  setzt  ein  baret  über  die 
harhauben.  Avrer  406'; 

als  gülden  haarhaubn,  gheng  und  kettn.    112*. 
haarhauben  darein  man  das  haar  bindt,  vitta  crinalis,  reticulum 
capillare;    die   haarhauben    abziehen,  das    haupt   entblöszen 
crinales  sohere  villas.  .Maaler203';  harhaube  reticulum  capillare, 
vitta  crinalis.  Stieler  792. 

2)  hierneben  ist  die  haarhaube  vor  erßndung  der  perücke  eine 
vorläuferin  derselben  für  kahlköpfige  leute ,  sie  wird  zu  diesem 
zwecke  mit  falschen  haaren  ausgestopft  und  auf  dem  köpfe  fest- 
gebunden: 

wen  list  von  einem  ritter  da; 
daj  er  kal  von  natura  was 
und  äne  här,  da;  was  im  leit. 
DU  bat  er  ein  gewonheit, 
da;  er  üf  baut  ein  hüben  guot 
mit  bare.         edetstein  75,  1/f. 

diese  art  haarhauben  kennt  noch  Fbisch  :  haarhaube,  eine  art 
perüeken  1,  388. 

3)  polytrichum,  die  sonst  hiarmos  genannte  pflanze.  Wilbrand 
handb.  der  bolanik  651. 

HAÄRHAUT,  f  eine  hautartige  schimmelbildung  (s.  haar  H,  3 
sp.  12),  triclioderma,  deckschimmel,  haarnetz,  haarhaut.  Rabex- 
HORST  Deutscläands  kryptogamen-flora  1,  259. 

HAARHEMD,  n.  hemd  aus  haaren,    vgl.  härenhemd. 

HAARHOI^,  n.  prunus  padus,  schwarze  vogeVcirsche.  .Nemsich. 

HAARHORN,  n.  in  form  eines  hornes  frisiertes  haar:  es  ist 
interessant  zu  sehen,  . .  wie  die  haarhörner  und  ähnliche 
gebäude  sinken  und  das  haar  sich  in  kleinerem  lockenge- 
kräusei  um  den  köpf  sammelt.  Falke  2, 198. 

HAARHUSCHE,  f.  schnelles  raufen  der  haare  {vgl.  husche 
und  huschen):    eine    haarhusche,    ein   raufen    oder   unver- 


muthele  haarrupfe.  Frisch  1,  479 ;  oder  zeucht  mir  sonst  eine 
harhuschen.  Lctbeb  lischr.  206*;  so  wirt  er  uns  eine  gute 
harhusche  geben.  42ö';  und  von  unsert  wegen  höhn  und 
spott ,  streiche  und  harhuschen  gewarten.  Matuesiüs  faslen- 
prediyten  52' ;  (sich  zankende  eheleute)  hebben  einen  kattentoch 
mit  einander,  mit  mulschelligen  backenscblegen  und  haer- 
huschen.  N.  Gryse  bei  Schiller,  mecklenb.  Ihierb.  3,7*;  neulich 
gab  ich  ihm  etliche  harhuschen,  wenn  es  wieder  also  käme, 
so  kriegt  er  wohl  gar  einen  Schilling  (ohrfeige).  Cur.  Weise 
komöd.  319 ;  wenn  jemand  deinen  leib  ins  gedränge  brächte, 
da  auf  einer  seile  ein  kopfstosr,  auf  der  andern  eine  haar- 
husche erfolgte,  kl:  leute  304. 

HAARICHT,  HÄRICHT,  adj.  mü  haaren  versehen,  ags.  hae- 
riht;  ein  ahd.  haroht  ist  bis  jetzt  nicht  bezeugt,  so  wenig  wie 
mhd.  hareht.  die  umgelautete  form  läuft  neben  der  unumge- 
lauteten  her,  doch  namentlich  für  die  neuere  spräche  in  seltenerem 
gebrauch:  hericht,  berichtig  pilosus  Diefesb.  435*;  sie  (die 
bienen)  schwärmen  umher,  von  blume  zu  blume  und  ver- 
bergen nachsuchend  die  kleinen  haarichten  häupter  in  den 
kelchen  der  blumen.  Geszner  3  (1770),  145;  der  Patrioten- 
caspar . .  umschlang  die  knie  des  alten  mannes  mit  seinen 
hageren  und  haarichten  Täusten.  Immerma.n.n  Münchh.  4,28; 

ein  kind  mit  härichtem  gesiebte, 

das  einem  hasen  gleicht.    Gellert  1,  154; 

der  Spiegel  warf,  was  er  empfleng,  zurücke, 

ein  närrisch  haarichtes  gesiebt 

mit  einer  struppichten  perücke.    1,  281 ; 

und  soll  ein  hericht  kleid  X  jar  tragen.  Albehds  widder  Jörg 
Wüzeln  Me';  gezeserlet,  haaricht,  voll  fasen  fibratus;  radix 
capillamentis  fibrata  Hesisch  1009;  haaricht  silber,  gediegen 
silber,  das  wie  ein  püschlein  haare  im  gestein  und  drusen 
lieget,  bergw.-lex.  280'.  —  Oberdeutsche  mundarten,  namentlich 
die  sdiweizerische,  gewähren  die  erweiterte  form  haarechtig:  haa- 
rechliger  stern  cometa  Dasypod.  ;  haarächtig,  der  lange  haar 
tregt  oder  vil  haar  hat ;  rauch  von  haar  und  slächend  gleich 
ein  seuwbürst.  Maaler  203';  von  wegen  der  weiszen,  woll- 
echtigen  oder  haarechtigen  blettern.  Taberxaem.  430. 

Wie  haaricht  und  haarig  der  bedeutung  nach  sich  nicht  scharf 
scheiden,  und  im  nhd.  schon  ton  langer  zeit  her  einander  ab- 
lösen können  (gramm.  2,382;  hang,  oder  harechtig  crinitus, 
horridus,  hirsutus  Serrancs  syn.  M  5') ,  so  hat  die  letztere  form 
die  erstere  in  der  neuesten  zeit  entschieden  zurückgedrängt. 

HAARIG,  HÄRIG,  adj.  und  adv.,  crinitus,  pilosus,  hirsutus, 
engl,  hairy,  schwed.  härig,  dän.  haarig:  der  härig  bock  ist 
der  könig  in  Graecia.  Reisz.ner  Jerus.  2,  47' ;  und  wie  etlicli 
sagen,  der  äff  habe  ein  zottächt  dick  haar,  so  sieht  man 
das  si  unden  am  bauch  und  überall  an  allen  glideren ,  die 
sich  wie  andere  thier  uff  die  erden  neigend,  haarig  sind. 
Forer  Ihierb.  l*;  seine  (des  neuen  Statisten)  äugen  sein  mehr 
als  luchsen,  auf  alle  renken  ihme  geld  zu  machen :  hingegen 
die  obren ,  dem  bono  publico  zu  dienen ,  härig  und  mit 
wachse  erfüllet.  Bctschky  Pa/m.  297;  die  karfunkeln  am  haa- 
rigen kinn.  Kotzebce  dram.  spiele  1,  25. 

Im  uneigentlichen  sinne  sagt  vornehmlich  die  heulige  Studenten- 
sprache ein  haariger  (tüchtiger)  kerl ,  wobei  man  sicli  an  das 
erinnern  musz,  was  oben  unter  haar  111,10  (.«p.  16)  über  den 
vollen  haarwuclis  als  zeichen  der  kraft  und  tüchtigkeit' gesagt  wurde; 
auch  eine  sache  ist  haarig  schwer,  haarig  theuer,  indem  die 
Vorstellung  der  kraft  und  tüchtigkeit  in  die  des  hervorragenden, 
ungewöhnlichen,  übergeht,  ferner  im  gemeinen  leben  das  ist 
haarig,  stark,  ungeheuerlich,  da  giengs  haarig  her  in  hohem 
grade  heftig  oder  wild;  ebenso  haarig  schwätzen  unflätig,  ohne 
schäm,  anders  ist  in  Baiern  haarig  erbärmlich,  schlecht,  gewöhn- 
lich in  Verbindung  mit  nissig,  \ausig  stehend:  es  get  mir  härig, 
lausig;  ein  häriger,  nissiger  kerl  Scrm.  2,  225;  zum  Ver- 
ständnis dieser  redensarten  müsle  man  etwa  an  ein  haar  in  einer 
sache  finden  für  Widerwillen,  ekel  haben  {sp.  19)  anknüpfen, 
denn  das  von  Schseller  zur  deutung  zweifelnd  herangezogene  ahd. 
harac  lugubris  (Graff  4,  465),  das  nur  einmal  gewährt  wird, 
steht  für  charac  und  ist  das  heutige  karg  (5,  213). 

Da  haarig,  wie  das  vorhergeliende  wort,  nur  schwankend  Um- 
laut erfahren  hat,  .<o  erscheinen  auch  seine  composila  bald  mit, 
bald  ohne  diesen:  blondhaarig,  blondhärig;  ebenso  braun-, 
drei-,  dunkel-,  dünn-,  flachs-,  gauch-,  kraus-,  kurz-,  lang-, 
rauh-,  roth-,  schön-,  schwarz-,  wider-haarig  tind  -härig,  doch 
bevorzugt  die  heutige  spräche  die  unumgelautete  form. 

HAARIGEL,  s<.  m.  homo  sordidus,  scJümpfwort  für  einen  un- 
saubem  menschen :  folgends  dreilau.iige.  schlöfferige.  flölibeiszige, 


31 


HAARKALK—  UAARKLEIN 


HAARKLUFT  —  HAARLAUGE 


32 


hundsOöhige,  düttenwclke ,  inistfaule,  fuszschläufige,  zwibcl- 
stinkende  harigel,  blasbelg,  hurenbelg,  scbleppseck ,  zwibel- 
seck  (von  küciienmdgdeti).  Gary.  47'; 

dasz  man  noch  basz  niöcht  kennen  uns  haarigel  all  vier 
mit  unserm  titel  nennen  ä  la  modo  monsier. 

Opel  h.  Coun  413,  4. 

Der  erste  llieil  des  wortcs  ist  wie  in  baarguns  das  ahd.  boiii, 
vihd.  bor  schmutz;  und  während  es  jetzt  noch  im  volksmunde  in 
Baden  und  in  der  Pfalz  lebt,  wird  iW^iia-ilen  des  Osleilandes  das 
begrifflich  gleiche  dreck-igel  gebraucht,  vgl.  igel  und  seine  com- 
posUa  sau-,  scbwein-igel. 

HAARhALK,  «i.  viil  kdlberhaaren  gemischter  kalk,  wtc  er  zu- 
ucilen  zu  mCitlel  gebraucht  wird. 

HAARKAMM,  f?i.  pecten.  Steinüacu  1,  S23. 

HAARKAPPE,  f.  polytrichum .  Kemmch  ;  nach  der  form  so  ge- 
nannt, gewöhnlicher  baaniiüos. 

HAARKEIM,  «i.  keim  des  haares:  die  bildung  der  ersten 
haaraiiiage,  d.  h.  des  baarkeiines.  Kökte  merinoschaf  (1S62)  123. 

HAARKETTE,  f.  1)  kette  die  in  das  haar  der  frauen  ge- 
schlungen ist: 

schmelzröschen  mitten  drauf,  liaarketten  in  das  haar, 
auch  wol  zum  ühertlusz  die  nestelnadelpaar. 

Racuel  (noO)  140. 

2)  auch  eine  kelle  die  aus  haaren  gefcrliyt  wird. 

HAARKIES,  m.  trichopyritcs,  in  zarten  nadel förmigen  säulchen 
vvrkommendtr  gediegener  nickel.  Gluckek  mincralugie  (1839)  32S. 

HAARKLAR,  adv.  accuratissime,  platiissime:  wann  sie  sie  gc- 
dultig  anhören  wollen,  wolle  sie  alles  haarklar  erzählen,  wie 
es  hergegangen.  Simplic.  2,  306  Kurz.  vgl.  haarfein,  haarklein 
und  aufs  haar,  bis  aufs  haar  (sp.  20). 

HAARKLAUBER,  m.  der  kleiniykcilen  peinlich  sorgfältig  be- 
arbeitet (vgl.  klauben  bd.  5  sp.  1021.  1022):  er  halte  fünfzig  und 
mehr  gesellen,  der  eine  lernte  nichts  als  Stuhlbeine  schnei- 
den, der  andere  lernte  sie  ausarbeiten ,  und  der  dritte  po- 
liren.  nach  einer  nolhwendigen  folge  behielt  er  diese  seine 
gesellen ,  wie  sie  alle  haarklauber  in  ihrer  arl  und  meister 
lür  sich  waren,  als  faglohner  neben  sich.  Moser  patr.  phant. 
1, 1S2. 

HAARKLAUBEREI,  f. 

HAARKLALBERISCH  ,  adj.:  die  dispositiones  rbeloricas 
so  genau  hierin  zu  suchen,  scheint  haarkläuberisch  zu  sein. 
MoRiioF  unteir.  616. 

HAARKLEID,  n.  kleid  oder  hülle  aus  haaren:  der  leib  {des 
fuchsci)  erscheint  seines  ziemlich  dichten  haarkleides  wegen 
dick.  Bbehm  illuslr.  thierleben. 

HAARKLEI.N,  adj.  undadv.pilo  sublilior;  accuratissime,  pla- 
nissime  (vgl.  klein  II,  1,  c  th.  5.  sp.  10S8).  es  niusz  ursprüng- 
lich vom  spinnen  gegolten  haben,  bei  welchem  der  faden  zu  der 
liöclist  möglichen  feinheU,  zu  der  eines  haares,  gebraclit  werden 
sollte,  da  ■die  begriffe  fein,  klar  (5,989)  und  klein  als  rechte 
sjnnnerausdrücke  erscheinen;  es  findet  sich  indes  nur  in  über- 
tragener bedeutung  verwendet,  namentlich  in  Verbindung  mil  ver- 
ben  des  seitens,  wissens,  erfurschcns  und  anzeigens:  sieb,  sieh 
die  folgen  davon  haarklein.  Hamann  1,474;  wir  wissen  es 
alles  zum  haarkicinsten.  Sciiocn  sludenlenleben ;  bis  ich  alles 
haarklein  aus  ihm  heraus  gelocket.  I'ierol  2,95;  und  nahm 
damit  ein  schön  paar  armband  vor  die  eine  und  eine  köst- 
liche Stirnspange  vor  die  andere  der  Selichae  kammerjung- 
fern,  mit  denselben  schmierete  sie  eine  nach  der  andern, 
bis  sie  alles  haarklein  erfuhr.  Simpl.  4,781  Keller;  denmach 
ich  ihn  aber  freuHdlich  in  die  arme  nahm  luid  an  nieine 
brüst  druckte,  mit  bitte  mir  zu  erzehlen  was  ihm  anlege 
und  wie  ihm  zu  helfen  sein  mögle ,  beichtete  er  mir  alles 
haarklein  heraus.  Simpl.  2, 23ü  Kurz;  bis  sie  haarklein  ge- 
beichtet. KorzEBL'E  dram.  sp.  2,173;  er  soll  alles  haarklein 
bekennen.  Fb.  .MCuer  2,  ItO;  sie  hatte  mich  schon  in  der 
gutsche  haarklein  berichtet.  Jucundiss.  60;  ich  hatte  ihr  .. 
schon  alles  haarklein  vorgetragen.  GOthe  48,  lo4 ;  alle  . . . 
werden  hieniit  durch  mich,  den  berold  vorgeforderl,  und  be- 
fehligt, aUofort  vor  den  aldcrmännern  zu  erscheiuen  und 
daselb«!  namentlich,  vernehmlich,  wie  auch  haarklein,  ihre 
allersciligen  ausrufe  oder  ankündigungen  anzuzeigen.  Ki.op- 
•Toc«  li,  270  (ijelciirltnref/uOliki ;  darauf  ur/.ehlte  ich  ihm  alles 
haarklein,  üimpl.  3,72  Kurz;  ich  erzablii-  ihr  haarklein,  wie 
das  ding  zugegangen,  arme  mann  im  Tmkenb.  73;  wenn  sie 
mir  zeit  la»»cn  wollen,  »o  uill  ich  ihnen  alles  haarklein  er- 
zählen. \Viti.A5ih  11,301;  cnlschliesz  dich  im  augcnbliekc 
iüies  haarklein  i\x  crztibicu.  Lenz  I,I7i.  ;    wenn   dr.  Raphael 


ankommt,  so  laszt  euch  alles  haarklein  erzählen,  was  wir 
nicht  schreiben  können.  7,  425 ;  nicht  lange,  so  gesellte  sich 
der  Sühn  zum  vater  und  erzählte  ihm  alles  haarklein  wieder. 
GöTiiE  22,  00 ; 

wir  männer  tadeln  stets  das  gute  l'rauenzimmer, 

und  wissen  inmier  viel  und  sind  doch  zehnmal  schlimmer; 

man  mutzt  un  ihnen  stets  auch  alles  haarklein  aul. 

GÜMUER  4S7. 

HAARKLUFT,  f.  enge  kiuft  nur  von  haarcsbräte  (klüfte  .. 
sind  auch  bisweilen  schmale  gänge,  oft  kaum  eines  Stroh- 
halms dicke,  bergw.-lex.  33l') :  schmale  gänge  von  hornstein ; 
sie  kommen  vor  als  haarklüfle ,  sodann  in  der  breite  einer 
linie  bis  über  zwei  zoll.  Götiie  51,15;  ein  granit  ..  durch 
weichen  feine  haarklüfle,  mil  hornstein  durchdrungen,  hin- 
durch gehen.  51, 124. 

HAARKiSOTE.N ,  «j.  knoten  aus  haaren  geschlungen,  eine  fri- 
sur:  bis  sie  endlich  die  unbeschreiblichste  Sehnsucht  empfan- 
den, ihre  bäupter  auch  mit  solchen  dicken  baarknoten  zu 
schmücken,  allg.  modenzcilg.  IStiO  «o.  27  s.  430*. 

HAARKOPF,  TU.  hauptschmuck  von  haaren  der  weiter.  Friscu 
1,  338.  als  besondern  brduleschmuck  und  als  änen  von  liaaren 
in  die  höhe  gezogenen,  mit  büffen ,  zupfen,  favoretlen  und  nest 
ausgezierlen  und  durchschlungenen  jnitz  kennt  und  beschreibt  Hin 
A.MAiiANTiiEs  fraucnz.-lex.  (il'i)  1,1245.  es  gab  auch  solche  von 
falschen  haaren:  einen  haarkopf  will  ich  haben,  versteht  er 
das?  J.  E.  Schlegel  2,245. 

HAARKÖRBLEIN,  n.  caudea  Stieler  1014.  caudea  cisteüa 
oder  caudeca  wird  von  FüRCELLiiis  durch  cislella  e  junco  (binsen), 
a  sirnililudine  equinae  caudae  facta  erklärt;  das  wort  bezeichnet 
also  einen  korb,  der  aus  haarfeinem  malerial  geflochten  ist. 

HAARKRÄUSEN,  n.  das  krausmachen  der  haare:  wie  viel 
zeit  wird  nur  aufs  baarkräusen  verwandt.  San\ eb.  seelensch.  1,  6. 

HAARKRAUSERIN ,  /'.  die  die  haare  kräuselt,  ornatrix:  zu 
auszgang  der  säl  des  frawenzimniers  waren  die  aufbutzerin, 
aufzäumeriri,  haarkrauseiin,  bisamreicheiin,  händschuchbeize- 
rin,  halsseiterin,  anslreicbeiin.  Gary.  281". 

HAARKRÄLSLER,  m.  cinerarius,  ciniflo.  Stieler  1029  ;  keiner 
von  uns  mag  für  kleine  kaufleule,  pastelenbäcker  und  baar- 
kräusler  nur  eine  feder  eintunken.  J.  Paul  aus  des  teufeis 
pap.  1,  81 ;  er  soll  das  accommodiren  den  haarkräuslern  und 
perückenmachern  überlassen.  Koenig  könig  Jeromes  carneval 
1,232. —  fem.:  haarkräuslerin :  eine  jede  bojarenfamilie  von 
einigem  anspruch  hat  .  .  ihre  badefrauen,  haarkräuslei innen, 
kammennädchen  und  kinderwärlcrinnen.  preusz.  jalirb.  bd,  18 
(1866)  s.  65. 

HAARKRAUT,  n.ranunculus  aquatilis.  Nemnich.  batrachium, 
auch  froschkraitt  genannt.  \Vim.mer  flora  von  Schlesien  (1857)  484. 

HAARKRONE,  f.  1)  kröne  aus  haaren,  haupthaare  kronenför- 
mig  geordnet :  slämnie  mil  baarkronen  wie  die  Kidschi,  aus 
land  iO.  jahrg.  s.  872.  2)pappus  Nem.nicu:  der  mit  der  frucht 
verwachsene  kclch  gebt  in  eine  baarkrone  oder  federkrone 
(pappus)  über.  Leunis  Synopsis  der  Pflanzenkunde  (1847)  42. 

HAARKRONERBE,  m.:  dasz  sie  (missethdter  und  kranke) 
sich  nach  dem  bedürfnis  ihrer  haarkronerben  vermehren 
werden.  J.  Paul  liller.  nacld.  4, 153. 

HAARKRYST.\LL,  m.  krystall  in  haarfeinen  säulchen. 

HAARKUGEL,  /.  aegagropila.  Nehnich.  ddn.  kaarkugle,  scAwfrf. 
härkula.     vgl.  baarballe. 

HAARKÜNSTLER,  «i.  der  die  haare  kunstvoll  ordnet,  friseur : 
da  jede  tunangebende  daine,  jeder  haarkünstler  zu  solcher 
eilindung  (einer  neuen  fiisur)  befähigt  war.  Falke  2,  279. 

HAARKUPFER,  n.  cuprum  capillarc.  Nemxicii  ;  von  andern 
wird  das  gediegene  kupfer  in  haarfeinen  faden  haarigkupfer  ge- 
nannt. Jacobsson  lecltn.  wb.  2, 18ü'. 

H.\ARLAKE.N,  ii.  laken  oder  stuck  zemj  aus  tierhaaren  ^fer- 
tigt; barlachen  sagum.  Diefenb.  507'. 

HAARLANGEM),  der  sich  nadi  haaren  sehnt,  haararm?  mhd. 
lange  desidero; 

harlangent,  bleich,  dünn,  dürr  und  mafriM-. 

H.  Sachs  3,  2,  71'.  M 

HAAKLAUF,    «i.    bei  den  webern   die   obere  reihe  der  lUsen-       lli 
fäden,  im  grgensatze  zu  der  untern,  den  stelzen.  Auelumc.     bei 
Maaleh    viellciclü  fem.    haarlaufe:    die  haarlaufen  «der  gefesz 
hinter  dein  wäberkainp,  luinm  203\ 

HAARLAUGE,  f.  lauge  zum  reinigen  des  haars:  den  köpf 
mit  lauge  waschen  lixivio  capillos  mundare ,  harlauge  lixivinm 
ex  cineribus  quernis ,  lurivium  medicalnm ,  alias  kreulerlauge, 
kopll.iuKe.  Srui.HH  tl(i3;  richena.Hhe  soll  nach  der  meinung  des 


33 


HAARLEIDEN  —  HAARNADEL 


HAARNEST—  HAARRAUCH 


34 


vulkes  den  kopfgrind  heilen.  —  Wesentlich  anderm  zuecke,  näm- 
lich  dem  bleichen  des  haars,  diente  die  haarlaiige,  deren  berei- 
tiing  schon  im  älteren  Deutschland  gekennt  und  die  auch  von 
den  Römern  zur  geu-innung  einer  lictüeren  haarfarbe  rertcendet 
wurde  : 

fortior  et  tortos  servat  vesica  capillos, 

et  mutat  Latias  spuma  Batava  comas.    Martial  VIII,  33, 19; 
caustica  Teutonicos  accendit  spuma  capillos, 

captivis  poteris  cultior  esse  comis.    XIV,  26. 

HAARLEIDEN,  n.  Krankheit,  leiden  der  haare. 

HAARLICH,  adj.  haarartig:   crinicius  harlich  Diefenb.  137*. 

HÄARLINIE,  f.  linia  tenuissima,  subtilissima  Stieler  1139. 

HAARLOCKE,  f.  cincinnus.  mhd.  härloc.  Bes.  t,1041;  das 
wart  ist  nach  dem  alten  geschleckte  ton  loc  noch  durch  das 
lt>.  jahrh.  in  der  regel  starkes  masc:  haarlock,  plur.  Iiaarlöck 
Dasyp.  ;  und  der  baisam  tröpfelt  von  dem  haupte  Christi  auf 
unsere  hahrlöcke.  Math.  s.  157'; 

der  doch  hat  gschaffen  yedermann, 

und  slner  heiigen  haarlock  zellet.     trag.  Joh.  Siiij. 

Rieben  der  starken  form  icird  im  16.  jahrh.  seltener  auch  die 
schwache  sichtbar:  die  vorderen  haarlocken  an  den  Stirnen  der 
weiberen,  antiae  Maaler  203';  gekrümbt  oder  krausz  haar- 
locken, cincinnus  ibid.;  mit  krumben  haarlocken  geziert  oder 
gemutzt,  cincinnatus  ibid.  im  l~.  jahrh.  gehen  beide,  starke  und 
schwache  form,  gläch  häufig  neben  einander:  wo  werde  ich  aber 
meinen  federbusch  und  haarlock  verkaufen  können  ?  unwürd. 
doctor  368 ;  und  gereuete  mich  fast ,  dasz  ich  nicht  coch 
meinen  federbusch  und  haarlock  haben  solle.  369 ;  es  war 
diesz  an  dicker  strähn  von  falschem  gelocktem  haar,  nach  der 
weise  des  17.  jahrh.  an  einer  seile  des  gesiciüs  herunterfallend, 
s.  haarzopf.  ferner  knüpfte  sie  einen  haarlocken  um  drei 
federn  von  ungleichen  färben.  Opitz  579  (Bodmer) ;  der  lock, 
/)/.  die  locken,  vellus,  fioccus,  harlocken  ciiri  Stieler  Hol,  der 
auch  die  starke  form  verwendet:  stirnlöcke  antiae,  capronae 
ibid.;  es  wäre  seine  {Absalons)  haarlocken  den  geflochtenen 
goldfaden  nicht  ungleich,  wol  recht  nennt  man  sie  haarlocken, 
weil  sie  gar  oft  unbehutsanie  äugen  pflegen  zu  locken,  äbr. 
A  S.  Clara  merks  Wien  (16S0)  s.  69.  Unter  einfluss  des  in 
schwacher  form  häußg  verwendeten  plurals  wird  das  wort  später 
fem.:  die  locke,  plur.  locken,  cincinnus,  annuli  comarum,  haar- 
locke  cincinnus  Steinbach  1, 1067,  und  in  diesem  geschlecht  hat 
es  sich  vom  IS.  jahrh.  ab  ausschlieszlich  festgesetzt,  o  ihre  zwei 
blauen  äugiein,  die  gelben  haarlocken.  arme  mann  im  Tockenb.  67. 

HÄARLÖCKCHEN,  n.  dim. 

HA.\RLOS,  adj.  depilis,  glabcr,  engl,  hairless:  ein  haarloser 
schade! ;  haarloss  umb  die  schäm ,  der  noch  kein  haar  an 
der  schäm  hat,  impubes  Maalfr  203'; 

schaw  zu  dieser  harlosser  hut 

ist  lieber  mir  denn  alles  gut.    H.  Sachs  3,  2,  54*. 

HääRMäNGEL,  m.  glabritas:  er  leidet  an  haarmangel,  hat 
eine  glatze,  ist  kahlki:ipßg. 

HAARMANN,  m.:  wann  das  luch  aus  der  walke  kommt, 
heiszet  es  ein  haarmann,  das  zum  tuchscherer  musz.  Frisch 
1,388. 

HAARMANTEL,  m.  frauenmantel ,  beim  frisieren  des  haares 
über  die  schütter  geworfen  ,  dann  auch  ein  theil  der  nachttoileite. 
Frisch  1.  3S8.  2,4.  Amaranthes /■rai/en:Jmmerfex.  (17731  1,1246. 

HAAR.MESSER ,  n.  ein  am  Webstuhl  der  sammetwirker  be- 
festigtes messer  zum  scheren  des  sammets.  Adelung. 

HAARMILBE,  f.  acarus  vegetans.  Nemmch. 

HAARMOOS,  n.,  holländ.  haairmos,  engl,  hairraoss,  schwed. 
härmossa,  name  zwäer  pflanzen:  des  byssus,  auch  staubmoos, 
haaraftermoos ,  haarschwamm  genannt.  Nemnich  1,  732,  und 
des  polytrichum,  auch  jungfernhaar,  goldhaar,  widerton,  bär- 
rnoos  2, 1040. 

HAARMÖRTEL,  m.  mit  kätberhaaren  gemischter  mörtel. 

HAAR  MÜTZE,  f.  kopfbedeckung  von  falschen  haaren,  calien- 
drum,  gahricum.  Stieler  1316.     vgl.  haarhaube  2  sp.  29. 

'H.VARNADEL,  /.  l)  nadel  zum  befestigen  und  ordnen  des 
haares,  actis  crinalis,  Crinale,  discerniculum,  discriminale.  Stieler 
1343.  Steinbach  2,100.  musik,  rollen  und  schnhe,  wasche 
und  italiänische  bluroen,  etuis,  haarnadeln,  schminktöpfchen 
und  bänder,  bücher  und  Strohhüte,  keines  verschmähte  die 
nachbarschaft  des  andern.   Götue  18,  88 ; 

scbmiedeie  mancherlei  kunslwerk, 
Spangen  und  ring'  und  ohrengelienk,  iianrnadeln  und  kettlein. 

Voss  Itias  18,  401. 
IV.  II. 


Flemisg  hat  zwei  sonette  überschrieben  auf  die  güldne  haarnadel 
3,  4  und  70.  2)  zum  kräuseln  des  haares,  calamistrum.  Dasyp. 
3)  in  Baiern    heiszt  eine  art  zuckergebäck  so.    Schmeli.er  2,  6S1. 

HAARNEST,  n.  nestförmig  zusammengelegte  haar  flechten  des 
hinterhauples :  die  grundlage  {der  fristtr)  war  ein  häubchen, 
welches  das  haarnest  im  nacken  umfaszte.  Falke  2,  244. 

HAARNETZ,  «.  l)  netz  zum  bergen  des  hauplhaares,  ein  theil 
der  frauentoilette.  2)  eine  netzförmige  schimmelbüdung  (s.  haar 
H,  3  sp.  12) :  trichoderma ,  deckschimmel ,  haarnetz,  haarhaut. 
Rabenhorst  Deutschlands  kryptogamen-flora  1,  286. 

HAARÖL,  n.,  scltwed.  härolja,  öl  zum  salben  der  haare. 

HAARPFEIL,  n.  und  m.,  kleiner  pfeil  zierlicher  arbeit,  von 
metall  oder  hom ,  den  die  frauen  durch  das  hinterhaar  stecken, 
um  es  zusammen  zu  halten. 

HAARPFLANZUNG,  /.  pflege  und  schmückung  des  haares  {vgl. 
pflanzen;  das  zieren,  pflanzen  und  büfifen  des  haars,  crinalis 
culius  Maaler  203") :  die  menner  schneiden  das  haar  ob  den 
oren  ab,  weil  bei  in  die  haarpflanzung  ganz  uneerlich  ist. 
Frank  weltb.  I  vij '. 

HAARPFLEGE,  f.  crinalis  cultus. 

HAARPILZ ,  m.  dematicum ,  auch  starrfaser  genannt.  Raben- 
horst Deutschlands  kryptogamen-flora  1,  62, 

HAARPINSEL,  m.  penicillum  e  pilis  factum :  bar-  sive  veh- 
und  ratzenpinsel ,  peniculus  ex  capillis  glirium  Stieler  1425. 
haarpensel  Frisch  1,  3S8.  als  wäre  jedes  pünktchen  mit 
einem  sorgfältigen  haarpinsel  getüpfelt.  Kohl  alpenreisen  3,229. 

HAARPLüNDER,  m.:  erstlich  waren  meine  haarein  dritt- 
halb jähren  weder  auf  griechisch ,  teutsch  roch  französisch 
abgeschnitten,  gekampelt  noch  gekräuselt  oder  gebüßt  wor- 
den ,  sondern  sie  stunden  in  ihrer  natürlichen  Verwirrung, 
noch  mit  mehr  als  jährigem  staub  an  statt  des  haarplunders, 
puders  oder  pulvers  (wie  man  das  narren-  oder  närrinwerk 
nennti  durchstreut.  Simpl.  1,65  Kurz. 

HAARPOMADE,  f.,  schwed.  härpomada,  unguentum  ad  alendos 
capillos. 

HAARPUDER,  m.  pulvis  odoratus  capillis  inspergendus.  Frisch 
2,  73.  das  worl  wird  mit  der  entsprechenden  mode  zwischen  1620 
und  1C40  gebräuchlich;  die  halbfranzösische  form  desselben  weist 
auf  das  land  das  diese  mode  erzeugte,  nach  der  französischen 
revolution  von  1789  verschwindet  der  haarpuder  wieder  von  den 
köpfen. 

haarpuder  brauch  ich  nicht,  noch  schmink  das  haar  zu  krausen. 

Simpl.  3,  2  Kurz. 

Das  wort  erscheint  auch  in  neutralem  geschlecht:  immer  schad 
ists',  dasz  ihre  zarte  haut  durch  das  haarpuder  so  srhiimm 
bemakelt  wird.  Simpl.  l.  227  Keller,  wo  jedoch  andere  ausgaben 
{Kurz  1, 143)  baarpulver  lesen,  in  theilen  von  ^orddeutschland 
{Schlesien,  Pommern)  sagt  man  sprichwörtlich  noch  heute:  er  ist 
weg  wie  haai-puder,  von  einem  menschen  der  sich  schnell  aus 
dem  staube  macht. 

HAARPULVER,  n.  was  haarpuder:  es  roch  um  sie'herum 
so  stark  nach  baarpulver,  baisam,  bisara,  ambra  und  andern 
aromaten.  Simpl.  2,133  Kurz;  sie  ..  hatte  schier  eine  halbe 
apotheke  von  allerhand  schmirsel ,  pomaden ,  tonnae  solis, 
oleum  talci,  zahn-  und  baarpulver,  gebrannten  wassern  und 
dergleichen.  3,  349. 

HÄARPÜSTER,  m.  puderquaste  aus  haaren  verfertigt:  {man 
musz  wissen)  dasz  der  hofkaplan  . .  die  haare,  die  sein  kämm 
auszupfte,  in  einen  pelzfascikel  oder  haanerein  zusammen 
wickelte,  um  damit  die  übrigen,  die  noch  standen,  einzu- 
pudern, welches  nun  wohl  vom  erhabensten  geiste  und  pen- 
tameter  nicht  anders  zu  benamsen  ist  als  ein  haarpüstcr. 
J.Paul  Hesp.  1,91;  ein  verlorner  fremder  haaipüster.  93. 

HAAR  PUTZ,  m.  zierliche  anordnung  der  {eigenen  oder  falschen) 
haare : 

beiden,  Stutzer,  Philosophen  kräuselten  so  schön  ihr  haar, 
als  im  letzten  singespiele  Phrj-nens  falscher  haarputz  war. 
ScHö:«AicH  (1753)  s.  245. 

HAARPLTZERIN,  f.  die  das  haar  zierlich  ordnet:  und  wie 
leicht  war  es  nicht ,  dasz  die  haarputzerinnen  etwas  ver- 
sahen ,  da  die  damen  fast  alle  tage  neue  moden  das  haar 
in  locken  zu  legen  erfanden,  hannoversche  gd.  anzeigen  1753 
St.  103  sp.  1523. 

HAARQUALLE,  f.  medusa  capillata.  Nemnich. 

HAARR.\UCH,  m.  dicker  nebliger  rauch,  der  von  dem  brande 
eines  moores  entsteht,  ein  vorzüglich  in  Friesland  und  Westfalen 
gekanntes  wort,  dem  indes  kein  hohes  alter  beizumessen  ».«<,  da  wie 
es  scheint,  das  moorbrennen  vor  dem  letzten  viirtel  des  17.  jahrh. 

3 


35 


HAARRAUCH  —  IIAARSCIIAR 


HAARSCHARF  — HAARSCHLINGE 


36 


nichl  gekannt  uird.  die  erste  bekannte  erwältnung  des  haarrauclies 
findet  sich  in  einer  Verordnung  Ernst  Augusts  ron  Osnauhlck, 
d.  d.  20.  april  i'lO :  nachdem  seit  einigen  jähren  wahrgenom- 
men, dasz  in  diesem  unserm  fürsteiilhumc  und  huchstifte 
sowohl  als  denen  benachbarten  landen  die  beiden-  und  lurf- 
pfennen.  um  etwan  biichweitzen  darin  zu  säen  oder  sonsten 
von  den  uiiterlhaiien  angezündet  werden,  und  dann  der  davon 
iieigekünniicue  gestanck  und  sogenannte  haarrauch  niclit 
allein  sehr  ungesund  «.  s.  u\  belegt  für  das  worl  aus  der  jetzl- 
zril  und  aus  jenen  gegenden  sind  häufig:  am  Ithein  und  in 
Westphalen  am.  abend  an  den  tagen  wo  der  nordwind  den 
frieslandischen  baarrauch  über  unsere  (lurcu  treibt.  Kölnische 
ziHtung  IS54  ho.  Iti? ;  ein  brenzlicbter  gerucli  schwebte  in  der 
Inft,  und  ein  bauer  der  vorbeigieng  sagte:  es  gil)t  heul  haar- 
rauch. Immeiimann  A/hhcA/i.  3, 100;  alles  das  sah  in  dem  nun 
schon  beranwehenden  grauen  baarrauche  noch  unheimlicher 
und  jaunnervolier  aus  als  gewöhnlich.  108. 

Da  für  baarrauch  auch  die  benennung  böhenraucb  gebräuch- 
lich ist  und  in  Westfalen  haar  für  höhe  gilt  isp.  22) ,  so  wird 
nicids  hindern  anzunehmen ,  dasz  beide  u-ürler  dem  sinne  nach 
gleichuertig  sind  und  höbeurauch  zu  baarrauch  sich  nur  verhalle 
wie  die  hochdeutsche  ülnrselzung  zu  einer  provinzialen  original- 
form ;  um  so  mehr  als  das  phdnomen  des  haarrauches  sich  durch 
die  trübung  der  höhen  zuerst  zu  erkennen  gibt. 

HAARRALFEN,  n.  vellicalio  crinium: 

das  Terdrosz  mich  auf  sie  also  vast, 
das  ich  hab  weder  ru  noch  rast, 
bis  er  mir  bezalt  ein  gut  harrauren. 

fast  II.  sp.  "59,  6. 

HAARRAUFEND,  capillos  suos  (prac  dolore)  vcllens: 

o  Niobe  dort,  sieh  wie  sie  schlagt,  liaarraufend. 

Fr.  Möller  2,  291. 

HAARRAUPE,  f  larva  pilosa. 

HA.\RRE1CH,  adj.  reich  an  haaren  oder  wolle:  so  dasz  bei 
bohlen  fiiden  ein  zeug  dick  erscheinen  kann,  ohne  haarreich 
zu  sein.  Körte  merinoschaf  s.  76. 

HAARRICHTKR.  m.  ii  concinnalor  capillorum,  der  das  haar 
frei  bulzen  und  zieren  kan.  Maai.er  203'.  2)  bildlich  richler 
über  unbedeutendes,  wie  splilterrichtcr  (s.  d.). 

HAARRINDE,  /.  flustra  pilosa,  eine  arl  zoophytcn.  .Nemnicu. 

HAARRING,  m.,  schwed.  harring,  fingerring ,  entweder  ganz 
ran  haaren  geflochten  oder  in  goldner  Umfassung  mit  eingelegten 
haaren  versehen. 

HAARRÖHRCHE.N,  n.  enge  röhre  von  geringem,  haarfeinen 
durchniesser.  haarröbrlein,  tubi  capillares.  Frisch  1,38S.  —  haar- 
nihrchcnkrafl  Maver  anfangsgründe  der  naturlehre  (IS'IZ)  %  120. 

1I.\ARRÜIIRE,  /.,  was  das  vorige.  Geulert  phys.  Wörterbuch 
(l-S'.t)   2,  545. 

HA.\RRl.'PFE,  f.  vellicatio  crinium.  Frisch  l,  3SS :  womit  er 
mir  aber  eine  so  tapfere  haarrupfen  zugleich  mit  versetzte, 
dasz  ich  vermeinte,  er  würde  das  capitolium  gar  herunter 
rciszen.  Simplic.  1,42  Keller; 

da  ich  wol  tust  gehabet  hctt 

dem  prafT  ein  baarrupf'cn  zu  geben.     U.  Sachs  4,  3,  11^ 

HAARSACK,  m.  u'os  haarbeutel,  s.  d.  sp.  24. 

H.\.\RSA(JK,  f.  säge  deren  zahne  haarfein  sind?  wenn  ihr 
noch  Jahre  lang  mit  eucrn  haar-  und  beinsiigen  auf  dem  ehc- 
licheu  bände  hin  und  her  kratzet  und  streicht ,  so  könnt 
ibrs  vor  schmerzen  nicht  mehr  aushalten,  i.  Paul  Siebenk. 
3, 123. 

HAARSALRE,  f.  in  doppeltem  sinne:  1)  harsalbe,  pro  alendis 
capiltiJi.  Stiei  tH  IG'3.  2)  baarsalbe  zum  ansbeitzen  der  haare, 
unguentiim  depilatorium,  drui>ax.  Frisch  1,38S.  Steimiach  2,337. 

HA.\RSALZ,  n.  halotriclmm ,  ein  aus  eisenvitriol  und  alaun 
zutamuifnijesetzte»  salz  in  haarfeinen  faden. 

HAAitSAM,  adj.  dem  haare  gleich,  namentlich  weich  und  fein 
tfie  haare .  ein  zumal  schweizerisches  wort :  haarsam ,  zart,  fein 
im  anlasten.  Stai  der  2.  3. 

HAARSCHAllEL,  m.  behaarter  schädel:  aber  goll  wird  den 
kopl  »einer  feinde  zuschmeiszcn  sampt  ihrem  harscheddel 
{urtwem  capiUi  vuly.,  xo^tvfprjv  rgtxoi  Sejituag.)  ;«.  CS.  22. 
LuTHtas  aiultiiung  det  (il.psaims  (15241  crkldrt :  wiid  da»  hciiiil 
Keiner  feind  zurknir»Hen,  den  »><  hedel  mit  den  baren. 

H.\ARS('ilAR ,  n.  nnc  mwtsarl ,  lycopodium  cUivatum  ,  auch 
haarHebauer    iitnannl.    .Nkhmch  3,  475.     haarschar    Lomickrch 

ktatUcrb.  213*.     '■'■  •'■ •  ilamü  in  Verbindung  zu  *ct:eu,  dati 

man  das  moo%  ./  ye'jen  den  wrtclM-lzojif  an»ali,  itt 

nicht  Hill  ijcwuli'  i;  ■  n. 


HA.ARSl'HARF,  adj.  und  adv.,  sehr  scharf,  so  dasz  spitze 
oder  schneide  die  feinheit  eines  haares  haben :  mit  seinem  haar- 
scharfen siibel.  ehe  eines  weibes  3!>4;  Melpomeiie  hat  zwei 
dolche.  der  eine  ist  blank,  haarscharf  geschliffen.  1m.mermann 
Münchh.  4,42;  das  recht  schiert  haarscharf,  jus  exactissimc 
procedil.  Pistorii  thes.  par.  VlI  (1724)  CO.  häufig  ist  die  an- 
wendung  des  Wortes  in  übertragenem  sinne:  wenn  er  die  grenz- 
liuie  des  einen  und  des  andern  ..  haarscharf  ziehen  will. 
WiEi.A.Nü  8,  127;  das  geinälde  gleicht  haarscharf.  Klinger 
6, 19 ;  bei  einer  bataille  kann  man  nicht  so  haarscharf  auf 
alles  acht  geben.  Tieck  5,393;  ein  haarscharfer  unterschied;' 
haarscharfe  bestimmung;  und  nun  wurde  haarscharf  nach- 
gewiesen, dasz  grobe  strategische  und  taktische  verslüsze  an 
allen  ecken  und  enden  begangen  seien,  preusz.  jahrb.  bd.  18 
s.  340;  er  faszt  fiagen  und  ineinungsverwickelungen  (lugs  und 
haarscharf  auf.  daheim  1807,  395'. 

HAARSCHEIDE,  f.  in  zwei  bedeutungen:  l)  rfj'c  scheide  oder 
hülle,  in  der  die  haarwurzcl  liegt:  die  äuszere  haarsclieide  mit 
dem  baarbalge.  Kokte  merinoschaf  s.  79.  2)  scheide  oder  grenze 
von  der  breite  eines  haares:  es  ist  wahr  {schreibt  man  vom  Ober- 
rlwin  24.  august)  während  der  Luxemburger  frage  befanden 
wir  uns  auf  der  haarscheide  zwischen  krieg  und  frieden. 
Frankf.  Journal  18<i7  no.  238. 

HA.ARSCHEITEL,  m.  capillorum  discrimen.  Steinbach  2,396. 

HAARSCHERE,  f.  (mhd.  härschaere  Ren.  2,2,158),  forpex 
voc.  ine.  llieut.  i2.  Frisch  1,388;  /b»';)fa;  ein  haarschär  Dasvpod.  ; 
Schneider-  und  tuchschere  in  specie  dicUur  forfex,  balbir-  sive 
harschere  autem  forpex.  Stieler  2046;  es  wird  also  hier  das 
instrumenl  zum  verschneiden  des  köpf-  und  barthaares  verstanden, 
Maaler  dagegen:  haarschär /br/t-x  203' «rtd  Steinbach  :  balbier- 
scheere  forfex  tonsorius,  baarschere  forfex  2,  493  verstehen  die 
scheere ,  mittels  deren  die  haare  des  tuchs  geschoren  werden,  in 
beiden  bedeutungen  ist  das  wort  heule  üblich. 

HAARSCHERER,  tonsor:  haarscheerer  durch  bestimmung, 
dem  iimern  berufe  nach  lederhändler.  Immerman.n  Münchh.  1,25. 

HAARSCHLAG,  m.,  die  eigentümliche  urt  das  haar  anzuordnen, 
wie  baumschlag  die  eigentümliche  anordnung  des  baumlaubes  ist 
(s.  schlag) :  in  den  haaren,  die  gleich  den  mahnen  der  löwen 
von  dessen  baupte  herabfallen,  von  der  stirne  aber  sich  er- 
beben und  getheilt  in  einem  bogen  sich  wiederum  herunter 
senken,  welches  kein  haarschlag  am  menschen,  sondern  ge- 
dachten thieren  ist.  Winkelmann  4,  70. 

HAARSCHLAGE,  /'.  ein  Werkzeug  der  saltlcr,  worin  die  kälber- 
haare zum  polstern  der  sättel  aufgelockert  werden.  Jacobsson 
technol.  wb.  2,  IM". 

H.AARSCHLECHT,  HAARSCHLECIITIG,  adj.:  so  das  fulier 
unrein  oder  staubicht,  so  bekommen  die  pferde  alsobalden 
den  husten  und  weiden  haarschlächtig.  Hohberg  3, 2,  162*. 
eine  und  dieselbe  kranidieit  ist  berzschlechtig,  baucbschlechlig, 
haarschlechtig,  poussiv.  Pinter  pferdschatz  (1689)  ä.  403; 

das  ist  versuchet  gar  vorlengst 

an  einem  harschlechtiRcii  hcngsl, 

dem  umli  des  plowen  liusteiis  wiln 

eins  mais  l'ünlihalb  eisen  entpliln.     fasln,  sp.  1198; 

dasz  er  (ilcr  gnul)  nit  sei  rcudig  noch  Tiiizig, 

auch  nit  haarschiechl,  stetig  mu-h  stutzig. 

H.  Sachs  4,  3,  97". 

haarschlecht,  haarschlechtig  ist  (vergl.  Frommann  5,431)  trr- 
derbt  aus  dem  niederdeutschen  hartslecblig,  welches  worl  auszerdeni 
in  das  hochdeutsche  als  bartscblechtig  und  in  strengerer  form  ah 
berzschlechtig  geflossen  ist  und  welches  das  pfcrd  bedeutet ,  das 
am  liartslag ,  dem  herzen  samt  den  ihm  nahe  liegenden  theilen 
leidet;  vergl.  bartscblechtig,  herzschlechlig.  Willkürlich  L<tt  es 
daher,  wenn  Stieler  1850  unter  hinweisung  auf  scblechdich, 
aequus,  planus,  laevis,  glaber,  ein  harschlechlig  pferd  interpretiert 
e(ptus  scabiosus, 

HAARSCIILECHTE,  f  subsl.  ju  dem  vorigen:  ein  köstlich 
pulver  für  die  pferd  . .  es  ist  dienlich  für  lebersucht,  haar- 
schiechl.  HdHRERC  3,  2,  181'. 

HAARSCHLEIFE,  f.  schleife  entweder  aus  haaren  geflochten 
oder  in  die  haare  zu  stecken. 

IIAARSCHLICIITERIN,  f.  nrnalrix ,  comolria.  Stible«  184». 
die  altv  spraclie  kennt  das  masc,  dazu  (liArslibln're  Woi.fran 
Willchulm  322,  21),  hur  bezeichnet  es  einen  dtr  die  haare  glatt 
klimmt,  daher  auch  überhaujtt  einen  putzsüchtigen  mann. 

HAARSCIII.ICIITK;,  im/er  verderbt  aus  haarscblecblig  {s.d.): 
haar^^ihlublig.   kollniscb.   rotzig.   Uazards  lebensg.  I8K. 

HAARSt 'Hi.l.NtiE.  f.,  schwed.  hürslinga,  schlinge  aus  haaren : 
üclMw-rniUlbig    olTiiele  er  das  seltsam  genug  mit  einer  haar 


37        HAARSCnMIELE  —  HAARSCHWEFEL 

schlinge   verschlossene   billet.    Bracbtogel  in  rfef  romanznlg. 
1S6<)  .</>.  4S4. 

HAÄBSCflMIELE,  f.  haarfeines  strauszgras,  agrostis  capillaris. 
Nemmch. 

HAARSCHMINKERIN.  f.   comas  fuco  ornans.    Stieler  IS^l. 
HAARSCHMUCK,  m.  corymbium,  ornatus  capillonim.  Frisch 
1,  3S8. 

HAARSCHNEE,  tn.  iceiszes  haar: 
der  juiise  «chnee  der  haut  kam  zu  dem  schnee  der  haare, 
auf  dasi  mit  jenem  der  auf  eine  zeit  sich  paare : 
das  paaren  eieng  wol  an,  doch  ward  man  zeitlich  innen, 
der  hauischnee  der  war  glut:  der  haarschnee  muste  rinnen. 
LoGAC  3  s.  SS  no.  61. 

HAARSCHNEIDEN,  n.  das  abschneiden  der  haare. 

HAARSCHNEIDER,  m.  der  das  haar  verschneidet.  Stieler 
1900.     ein  barbierer  und  haarschneider. 

HAARSCHNEPFE,  f.  scolopax  gallinida.  Nemmch  4.  1253: 
{der  vogel)  wird  zu  teiitscb  ein  herrschnäpf,  harsneff,  har- 
schnäpf,  graszschnäpf  und  schnäpflin  genannt.  Heuszlin 
vogeWuch  lll.  da  sie  sonsl  auch  hanschnepfe,  Wasserschnepfe, 
wasserhühneben,  rohrscbnepfe,  baarbull,  ddn.  rörsncppc  heiszt, 
so  ist  vielleicht  der  erste  Iheil  des  namens,  tcie  bei  haargans,  haar- 
ige!, das  ahd.  horu  koth,  sumpf,  Ichm.  doch  kUI  Nemmch  den 
namen  haarschnepfe  von  den  schmalen  und  feinen  federn  des 
vogek  ableiten. 

HAARSCHNITT,  m.  1)  das  abschneiden  des  haares,  icie  ge- 
treideschnitt .  kornschnitt ,  haberschnitt  u.  d.  2)  die  art  das 
verschnittene  haupthaar  su  tragen,  Unordnung  des  verschnittenen 
haares :  junge  repubiicaner,  die  durch  einen  besonderen  haar- 
schnitt  und  einen  spitzen  kinnbart  ihre  politische  ansieht 
kund  gaben.  Europa  1SG6  sp.  414. 

HAARSCHNUR,  f.  l)  schnür  oder  band  zum  außinden  und 
auseinanderhalten  des  haupthaares  der  frauen ;  mhd.  härsnuor 
Ben.  2,2,454*;  discerniculum  harsnur  Diefenbacu  1S4';  har- 
schnure,  delricale  est  zona  cum  qua  convohuntur  crines  voc.  ine. 
theut.  12;  die  haarschniir,  haubenbendei,  taenia  Ma.\ler  203'. 
die  haarschnuT  war  ein  gegenständ  des  putzes,  sie  hieng  von  den 
haaren  aus  den  nacken  hinab,  eine  pergamenthandschrifl  des 
slädt.  archivs  zu  Speier  um  1356  enthält  die  anordnung:  noch  sol 
ir  deheyne  (//oh)  Ire  zupfe  oder  har  binde  abe  lassen  hangen 
oder  vornan  verlessenlichen  gebunden  locke  machen,  oder 
ouch  binden  abe  harsnüre  lassen  hangen  in  deheine  wise, 
danne  ir  bar  so!  uf  gebunden  sin  ungeverlichen.  aber  eine 
jnngvrowe  die  nibt  mannes  bat,  die  mag  wo!  ein  schappel 
dragen ,  unde  Ire  zopbe  unde  harsnüre  lassen  hangen ,  bij 
daj  sie  beraten  wirt,  unde  einen  man  ze  nymet,  darnach  so 
daj  geschiht,  so  sol  sie  des  schappels  niht  me  dragen,  noch 
der  zöphe  oder  der  harsnüre  niht  me  lassen  abehangen,  als 
da  vorgeschriben  stet.  anz.  des  germ.  mus.  3, 175. 

2)  schnür  von  haaren,  die  man  in  ein  fontanell  zur  ablälung 
böser  säpe  legt.  Frisch  1,  3SS.     vgl.  haarseil. 

3)  auch  papieimi'dler ,  buchdrucker,  buchbinder  bedienen  sich 
einer  haarscbnur,  eines  aus  pferdehaaren  gedrehten  bindfadens, 
um  papier  zu  trocknen.  Jacobssos  technol.  tcörterb.  2,  ISl*. 

HAARSCHOBER,  m.,  dickes  haar,  das  nie  ein  schober  auf 
dem  köpfe  aufgeschiclUel  ist: 

des  dein  harschober  ungefär 
gar  köstlich  zu  arswiscben  war. 

iceimar.  Jahrbuch  2,  120. 

HAARSCHOPF,  f?i.  cirrus,  villus,  caprona.  Frisch  1,  3S8. 
mhd.  härschopf: 

verworren  härschopf  in  den  ougen, 

swä  den  treit  ein  jüngelinc, 

der  gebe  mir  einen  pfenninc.    Hacpts  zeitschr.  8,  552. 

fürbaar,  haarschopp  vornen  an  der  stiren  Heniscb  1301. 

HAARSCHRÖTEL.  m. :  plica  polonica,  schrötleinszopf,  haar- 
scbrötel.  Matthi.ä  lat.-d.  lex.  (1761)  s.  1076".  es  uird  mit  diesem 
Worte  jene  krankhape  verßlzung  der  haare  gemeint,  die  sonst 
tceichselzopf ,  polnischer  zopf  heiszt.  man  schrieb  ihre  entstehung 
dem  Schrat  oder  schretel ,  auch  schrötel  zu ,  einem  behaarten 
hausgeuite,  über  den  myüiol.  447 /f.  gesprochen  wird. 

H.\ARSCHUPPE,  f.  cliaetodon  ciliaris,  holländ.  ruigschubbige 
klip>isch.  Nexmch  2,  9S7. 

HA.ARSCHWAM.M,  m.  byssus,  ein  sdiimmelarliges  slaubgewächs. 
Neulich. 

HAARSCHWARTE,  /.  dt*  dicke  haut,  auf  4er  die  haare  wachsen  : 
dann  ir  haut  war  lauter  hnarschwartn.    Atrkr  11'. 

HAARSCHWEFEL,  m.  haarfeiner  gediegener  schwefH. 


HAARSCHWINGE  — HA.\RSTIRNE  -    3S 

HAARSCHWINGE,  f  flachssclniinge :  harschwingen  oder 
flach«schwingen,  cifrapilium.  voc.  ine.  theut.  12. 

HAARSEGGE,  f  haarriedgras,  carex  capillata.  Nemmch  l,  8S3. 

HAARSEIDE,  f.  ein  einzelner  faden  roher,  um  sich  selbst  ge- 
drehter einschlagseide.  Schedel  waarenlex.  1,  4S0. 

HAARSEIL.  n.  dünnes  von  haaren  gedrehtes  seil,  das  in  ein 
fontanell  zum  abführen  bnser  feuchtigkeiten  des  kürpers  gelegt  wird, 
rergl.  haarscbnur  2.  bildlich  ■  er  hatte  keine  andern  abfüh- 
renden haarseile  seiner  ungeduldigen  laune  als  seine  fauste. 
J.  Pacl  unsichtb.  löge  1,  69. 

HAARSEITE ,  f. :  giüne  oder  rohe  häute  heiszen  solche, 
die  noch  gar  nicht  bearbeitet  sind,  ihre  äuszere  haarichte 
Seite  wird  die  haarseite  oder  narbenseite,  die  andere  aber 
die  fleischseite  oder  aasseile  genannt.  Becksianx  lecbnologie 
(1777)  s.  160. 

H.XARSIEB,  n.  sieb  aus  rosshaaren  gewebt,  zum  sieben  feiner 
gegenstände,  sowie  zu  formen  für  papiermacher :  cribrum  setac^um 
Stieler  2014.  Frisch  I.  388.  sihe  ez  denne  durch  ein  rein 
tuoch  oder  durch  ein  härsip.  Haupts  zeitschr.  b.\l.  bildlich:  im 
haarsjeb  {des  feilenden  poeten)  sasz  immer  die  wildmeisterin 
und  verstopfte  die  kritischen  löcher.  J.  Paca  leben  Fibels  101. 
dini.  haarsieblein  zum  durchsieben  des  erzmehls.  bergw.-lex.  281*. 

HAARSILBER,  n.:  gediegen  silber,  das  wie  ein  büschelein 
haare  im  gestein  liegt.  Frisch  1, 3S8.  rtn  den  silberweiszen 
haaren :  der  kindfcopf  steht  im  alter  oft  allein  auf  dem 
menschen  mit  dem  haarsilber.  J.  Pacl  vorsch.  d.  äslhet.  1,  tt.7. 

HAAUSOHLE,  f.  sohle  aus  pferde-,  hunde-  oder  andern  haaren 
gefilzt,  zum  anlegen  in  schulu  und  sliefel.  Schedel  waarenlex. 
1,  4S9'. 

H.\ARSP.\LTEN,  verb.  unbedetüendes  als  wichtiges  behandeln 
(s.  haar  III,  17,  k  sp.T^):  nach  art  der  Sophisten  zu  spitz- 
findeln  und  zu  haarspalten.  Stolberg  10,  419. 

HAARSPALTEN,  n..- 

din  gnad,  herr,  lasz  ich  walten, 
dann  ich  fort  wie  biszhar, 
on  arglist  und  haarspalten, 
dasz  ich  mich  din  mög  halten, 

in  eiufalt  ynher  far.        Th.  Blaurer  hei  Wackemaqel, 
kirclienlied  (IS4I)  s.  478,  It. 

HAARSPALTEND,  part.:  ängstlich,  grübelnd,  haarspaltend. 
Fichte  nachgel.  werke  1,  64. 

HA.ARSPALTER,  m.:  kein  haarspalter  und  kein  mücken- 
seiger. Gutzkow"  zauberer  von  Rom  2,  259. 

HAARSPALTEREI,  f.:  die  worte  sind  so  unzweideutig,  dasz 
die  haarspallereien  einiger  blätter  . .  vollständig  überflüssig 
waren.  Hallische  zeitung  1868   no.  6. 

HAARSPANGE,  f.  spange  zum  zusammenhalten  des  kopßaars: 
sehr  beliebt  war  bei  den  letzteren  {den  griechi-^dien  frauen) 
eine  haarspange  in  gestalt  einer  goldenen  heuschrecke.  atly. 
modenzeitung  1866  s.  397*. 

HAARSPERRSTRICK,  m.  als  scherzJiafte  bezeichnung  des 
männerzopfes.  J.  Paul  biogr.  bclust.  1, 174. 

HAARSPITZE,  f,  schwcd.  härspets :  er  ist  ganz,  von  der 
äuszersten  haarspitze  bis  zum  nagel  des  kleinen  zehs.  GüTnu 
8,  48,  wofür  Kant  die  uneigentliche  compoälion  haaresspilze 
braucht:  das  gleichgewicht ,  welches  auf  einer  haaresspitze 
schwebt.  1,  651. 

HAARSTAUB,  m.  für  haarpuder:  anstatt  des  zeilher  ... 
gebrauchten  haarstaubes  stäubete  die  fürstin  Oda  ihr . .  haar 
mit  gemahlenem  golde  ein.  Lohensteis  i4r»i.  2,  83. 

HAARST .VUBLING,  m.  eine  pilzart ,  Iricläa.  Rabe.nhorst 
Deutschlands  kryptogamen-flora  1,  259. 

HAARSTEIN,  wi.  granites  cüpillaris.  Nemnich.  bisweilen  ent- 
hält der  bergkrystall  fremde  köiper  eingeschlossen,  nament- 
lich haarförmige  krystalle  von  rutil,  strahlstein  und  asbest. 
solche  steine  nennt  man  haarsteine.  Schedel  waarenlex.  1.114". 

HAARSTERN,  «j.  cometa:  ein  groszer  haarstern.  Lohes- 
stein Arm.  t,57l;  dasz  er  leicht,  wie  es  oft  dem  He-sperus 
am  himmel  geschieht,  für  einen  haar-,  hart-  und  schwanz- 
stern  zu  nehmen  ist.  J.  Paul  vorrede  zum  Hesperus  s.\x;  die 
Sache  ist  diese:  so  lange  nämlich  ein  biographischer  haar- 
stern, wie  z.  b.  Hesperus,  mit  seinen  bewohnern  brennend 
vor  meiner  seele  steht,  palingenesien  2,  87.  Dastpod.  gewahrt 
anstatt  des  comjwsilums :  cometa,  ein  haarechtiger  Stern,  s.  haar- 
gestirn. 

HAARSTIRNE,  f  corymbium:  haarstirne  nennt  man  ein  von 
falschen  haaren  gemachtes  loupet,  welches  bei  dem  frauen- 
zimmer  jetzt  gröslentheils  mode  ist.  äm&bantbes  frauenzimmer- 
lexicon  (1773)  1,1246. 

3* 


39 


HAARSTRÄHN  —  HAARWACHS 


H  A  ARVVACHS — H  A  ARW  URM 


40 


HAARSTRÄHN,  m.  strähn  oder  flechte  haare,  mhd.  liärsJicne. 

HAARSTUANG,  m.,  1)  holldnd.  haunsireng  peucedanum.  zu- 
frfihesl  begegnet  dieser  pßanzenname  im  mhd. :  härslranc  Mone 
anseiger  4,  248.  Ben.  2,  2,  C74".  harstrang  nenuphar  Diefenb. 
37&',  nywphea  Albebüs  FFT.  haaislrang j^PuccdonnHi  Maaleb 
203'.  Nem.mch  2,  918.  2)  bei  J.  Paul  sdierzhaße  bezeichnung  des 
znpfes:  dasz  der  biäutigam  jetzo  einen  leberfarbenen  ehren- 
frnck  antliat,  und  dasz  er  ohne  halsstrang  oder  binde,  und 
ohne  haarstrang  oder  zopf  zum  h.  werke  ..  schritt.  Sieben- 
kds  1,  1.  cap. 

HAARSTRÄUBEND,  pari,  em  neueres  wort.  1)  persönlich,  der 
die  haare  sträubt,  empor  sträuben  läszt: 

umringt  von  wildefi,  die  mit  gräsziichen 
geberden  mich,  den  haaresträubenden, 
zu  ihrem  blutgen  fraizenbilde  reiszen. 

H.  T.  Kleist  fam.  Scliioffenslein  t  a.  1  sc. 

in  diesem  sinne  jetzt  kaum  mehr  venrant.  wir  brauchen  es  viel- 
mehr 2)  sächlich,  von  Ursachen  und  dingen,  die  die  haare  empor 
sträuben :  wahriiaft  liaarstraubend  aber  ist ,  was  sie  von  der 
beschaffenheil  sagt,  in  der  sie  das  lazareth  fand.  Europa  18G5 
sp.  1550;  er  malt  die  prosa  des  handwerks,  den  kolh  und 
unflath  der  stalle  in  schulmeisterlicher  breite  und  mit  haar- 
sträubender treue,  sp.  1558;  dasz  die  prostitution  hier  in  wahr- 
haft haarsträubendem  grade  alle  stände  ergriflfen  hat.  preusz. 
Jahrb.  bd.  IS  (1866)  s.  62;  haarsträubenden  unsinn  reden. 

HAARSTRICH,  m.  in  drei  bedeulungen:  1)  strich,  riclitung, 
fall  der  haare:  streiche  dreimal  mit  dem  daumen  der  linken 
band  vom  nacken  bis  zum  schwänze  abwechselnd  mit  und 
gegen  den  haarstrich.  MusXus  5, 105.  2)  haarfeiner  strich,  der 
die  starken  striche  {grundstriche)  der  buchstaben  mit  einander 
verbindet.  3)  haarstrich  so  man  in, etlichen  cristailen  sieht 
oder  in  einen  stein,  capillamentitm  in  cryslallo.  Maaleb  203'. 
s.  hanrstein. 

HAARTOÜR,  f.  Unordnung  der  haare:  sie  macht  sich  eine 
modische  haartour;  er  hat  heute  seine  haartour  geändert; 
dann  auch  eine  art  kleiner  pcrücken,  die  nur  die  Unordnung  der 
haare  des  vorderkopfes  tcidergibt :  eine  haartour,  die  man  wohl 
eine  perücke  hätte  nennen  können,  trug  er.  Güthe  25, 130.  244. 

HAARTRACHT,  f. :  mit  dieser  neigung  zu  decolletiren  ist 
die  Umwandlung,  welche  gleichzeitig  die  haarlracht  erlitt,  in 
Verbindung  zu  setzen.  Fai.ke  1,214;  kleidung  und  haartracht 
der  frauen.  allg.  modenzeitung  1866  s.  397'. 

HAARTREü,  adj.:  sind  die  wollhaare  {des  schafes)  neben 
einander  von  gleicher  feinheit,  so  heiszt  die  wolle  haartreu. 
Pabst  lehrbuch  der  landwirthschaft  (1861)  s.  161. 

HAARTL'CH,  n.  l)  calantica,  tuch  der  frauen  zum  schmuck 
und  zur  bedeckung  des  haupthaars.  Steinbach  2,  878.  2)  gewcbe 
aus  haaren  oder  feinem  wollenstoff:  hartuch,  harentuch,  sagum 
Diefenb.  507',  zum  durchseihen  von  flüssigkeilen.  Fbisch  1,388. 

HAARVERHEXÜNG,  /. ;  der  . .  wegen  einer  haarverhexung 
auf  den  Scheiterhaufen  gesetzte  frisür.  J.  Paul  aus  des  teufcls 
papieren  l,  87. 

HAARVEREIN,  m.:  die  haare  die  sein  kämm  auszupfte, 
in  einen  pelzfascikel  oder  haarverein  zusammen  wickelte. 
J.  Paci.  Hesp.  1,  91. 

HAARVITRIOL,  n.  halotrichum,  vilriolum  capillare,  dasselbe 
was  haarsalz.  Nemnich  3, 104. 

HAARVOGT,  m. ;  harvogt  ist  eine  lauss  die  an  der  schäm 
wechst,  filtzlauss,  platlauss,  priesterkrebs,  arssenten,  h'anogt, 
vielfuss.  TfiLBNEissEB  magna  alchymia  (15S3)  1,27. 

HAARWACHS,  m.  und  n.,  tendo.  der  erste  theil  dieses  com- 
fioiitums  enthalt  nicht  haar  crinis,  sondern  das  ahd.  harn  linum, 
weil  u-ie  bereits  3,1701  ausgeführt  ward,  die  zähe  sehne  an  die 
Zähigkeit  des  flachses  erinnert,  wie  auch  die  begrifflich  gleichen 
flachsadcr  (3,1702)  und  flechse  (1738)  das  bcstiitigen;  (lerhs, 
vulgo  haarwnchs.  Henisch  1128;  wir  müssen  demnach  die  nicht 
vorhandene  ahd.  form  des  Wortes  nicht  ab  ii.irwahso ,  sondern 
aU  baruwahso  voraussetzen ,  mhd.  iiarwahs ,  was  Schmem.kb 
4, 14  aufführt,  der  zueile  Iheil  des  Wortes  in  der  bedeutung  inrre- 
mentum  zeigt  sich  im  ahd.  einmal  als  schwaches  masc.  uualixo 
in  uuallouuahso  nervui  Graff  1,689,  ah  starkes  ma.<ic.  niiahs 
in  uiilnuuabs  tibid),  während  die  femininisrhe  form  uualisl 
lautet  (087),  wiifür  im  niederdeutschen,  speziell  itn^altfriesi.<ichen 
waxe  gilt  (Riciitmofen  1123*),  im  mhd.  tritt  die  schwache  form 
wabM  gegen  dir  itarke  wahs  selir  zurück,  sie  schwankt  zwischen 
alUn  drei  grschirchtern  {brisinelr  bei  SciiMKi.i.En  a.  n.  o.).  nhd.  ist 
bei  unserm  cumfaxitum  nur  itarke  form  ülilirh,  für  das  buirurhe 
in    dreifachem   tjeschlechl   wn  beim,    bezeugt,    ;■'  '    •"■■■■   ••■■'"-  . 


häufig  neiärum ,  auf  welchen  umstand  wahrscheinlich  das  ganz 
abliegende  neutrum  walis  cera  seinen  einflusz  geübt  hol.  iiar- 
wachs  nervus  «ho  vwdo  dicitur  ossium  ligamcnlum.  voc.  ine. 
theut.  i2;  das  ander  par  {mtiskeln)  erstreckt  sich  bisz  in  den 
rücken  hinauf  und  schickt  auf  solchem  seinen  gantzen  wege 
je  einen  theil  seines  haarwachs  oder  mauszechten  fleisches 
zu  einem  jede  gleiche.  Uffenbach  neues  rossbuch  (1603)  1,133; 
die  zweite  maus  {des  oberlheils  vom  Vorderschenkel)  ist  kleiner 
und  anfanglichs  fleischecht,  wird  aber  nachmals  gegen  ihrem 
ende  zu  wie  ein  haarwachs.  1, 194 ;  stach  ihm  die  klinge  mil 
ganzem  leibe  unter  den  aufgehobnen  arm  ins  haarwachs. 
Heinse  Ardinghello  1, 157. 

HAARWACHS,  m.  Wachstum  der  haare;  dann  auch  der  theil 
des  kopfcs  wo  die  hauplhaare  wachsen:  ehe  der  haarwachs  auf 
der  Stirn  ausgehet  und  dieselbe  blosz  läszt.  WiNKEi.-'iANN  4,184; 
der  obere  theil  des  kopfs,  nämlich  die  höhe  von  dem  haar- 
wachse an  bis  auf  den  wirbel.  4, 167 ;  das  andere  J)and  .  . 
lieget  über  den  haarwachs  auf  der  stirne.  5,  56. 

HAARWACHS,  n.  ein  mit  talg  und  auch  wolriechenden  wassern 
zusammen  geschmolzenes  wachs .  die  hauplhaare  damit  glatt  zu 
streichen.  Jacobsson  technol.  wOrlerb.  2, 182'. 

HAARWACHSEN,  HAARWÄCHSEN,  adj.  zu  haarwachs 
tendo:  mit  einer  haarwachsenen  und  vesten  Substanz  durch- 
wachsen. Uffenbach  rossbuch  (1603)  1,28;  die  erste  maus  ist 
fast  haarwächsin  und  von  allen  andern  mausen  des  gantzeu 
pferdts  unterschieden,  denn  sie  ist  von  vielen  unterschied- 
lichen käntlcin ,  deren  je  eines  auf  dem  andern  ligt.   1,  200. 

HAARWACHSICHT,  adj.  tendinosus.  Diefenb.  577'. 

HAARWANGE,  f.  mit  haaren  bewachsene  wange:  das  spitze 
dornige  kinn  und  zwei  haarwangen  drangen  immer  groszer 
aus  der  iurienlarve.  J.  Paul  herbstblum.  3, 13. 

HAARWASSER,  n.  kün-Hlichcs  wasser  zur  reinigung  und  kräf- 
ligung  der  haare:  durch  waschung  {des  kopfes)  mit  haarwässern. 
nordd.  allg.  zeitung  vom  30.  mdrz  1867. 

HAARWECHSEL,  m.  Wechsel  des  haares  oder  der  wolle  beim 
schafe:  einen  ziemlich  regclmäszigen  haarwechsel  haben. 
NATiiusius-KüNicsBOnN  das  wollhaar  des  schafes  (1866)  s.  41. 

HAARWEIDE,  f.  salix  vilellina.  Nemnich.  salix  aquatica, 
wasser-,  werft-  oder  haarweide.  Kolaczer  Ichrbucfi  der  botanik 
(1856)  197. 

HAARWEISE,  adv.  capillalim:  ich  wolte  lieber  dasz  die 
mohren  mir  meinen  hart  haarweis  ausreiszen  müsten.  das 
bärt.  frauenz.  42. 

HAARWICKEL,  m.  wickel  zum  aufrollen  des  haupthaars :  der 
kleine  rest  meines  tagebuchs?  die  haarwickel  in  meinem 
puderbeutel?  Thümmei.  reise  6,  382;  es  {die  morgenbriefchen) 
sind,  sagte  er,  die  haarwickel  weiblicher  gehirnfibcrn.  J.  Paul 
Hesp.  2, 189. 

HAARWINK,  m.  krankheil;  ausfallen  der  haare?  {vergl.  hant- 
uuinc  lubriiwUium  Diefenb.  337') :  schmire  das  pferd  damit 
auf  alle  viern  gegen  den  haarwink.  Albrecht  rossarznei  (1570) 
s.  95. 

HAARWIRBEL,  m.  vertex  capitis,  der  wirbel  auf  dem  luiupte, 
um  den  sich  die  haare  legen:  kinder  welche  auf  dem  köpfe 
zwei  haarwirbel  haben,  werden  reich.  Unoth  l,  180. 

HAARWISCH,«!,  peniculus  setosus.  Stieler  2563;  vgl.  borst- 
wisch 2,  246. 

HAARWUCHS,  m.  incremenlum  capillorum:  einen  starken 
haarwuchs  haben ;  pomade  zur  beförderung  des  haarwuchses ; 
wie  überhaupt  in  der  Stellung,  in  der  miene,  in  dem  haar- 
wuchse  eine  unbeschreibliche  harnuinie  zu  bq^wundern  ist. 
GöTiiE  44,19;  CS  war  um  die  zeit,  als  ..  kurfürsl  Wilhelm 
. .  auch  jene  Verlängerung  des  haarwuchses  wieder  eingeführt 
halte,  welche  man  im  deiilschen  mit  dem  iiamen  zopf  zu 
belegen  pflegt.  Immkbmann  Münchh.  1, 15.  der  ji/ur.  wird  von 
diesem  schri/1stcller  in  komi.^chir  rede  verwant:  er  kniete  nieder, 
lösele  die  bändcr  welche  die  sechs  haarwUchse  {zi'fft)  fes- 
selten,  l.  30. 

HAARWULST,  f.  wulst,  worübcr_  das  kopfhaar  der  frauen 
geschlagen  wurde.  Frisch  1, 388.  Amarantiiks  frauenttnimerlrr. 
(1773)   1,1246, 

HAARWUR.M,  m.  l)  engl,  hairworm,  schwed.  tagelmask,  J^ 
tageldini,  ist  der  name  mehrerer  würmer,  von  ihrer  kleinen  und  9' 
feinen  haarformigen  grslall :  des  acarus  veffctans,  awc/i  haarinilbe, 
Nemnich  1,  21,  des  gordius  aguaticus  3,  68,  und  des  trichocrplialus, 
4,1474.  2)  Wolf  oder  haarwiirm  {griech.  t'ont]«) ,  nn  ftechten- 
arligrr  um  sich  frrssnidir  aussrlilnq  liri  mensrhrn  .  bei  lliieren, 
,,„',i,ilirh    schufen     H"''    i.i.-i.l.i,  ,     .i/>    i/.mii-    ,„l,;    iiiiiui-iitiiimi.ii: 


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HAARWCRZ  —  HAäRZUxNZEL 


HAARZl'PFE  — HABE 


42 


zähe  feuchligkeit  an  den  klauen  der  vorderfüsze  beobachtet,  auch 
raupe  genannt.  Nemmch  5,  218.  der  harwurm  wird  erträhnt  an 
einer  zerstörten  stelle  des  Gräzer  uurmsegens  aus  dem  12.  jahrh. 
(MCllenh.  «.  Scherer  140)  und  in  Jüngern  ähnlichen  fassungen 
{ibid.  412.  413);  haarwurm  ist  der  faul  finnig  erbgrind.  recepten- 
büchl.  aus  der  Stadt  Brugg  bei  Mannhardt  zeUschr.  f.  mylhol.  4.  Hl ; 
vor  den  haarwurm.  Pimer  pferdschatz  (166S)  412;  schellwurz 
mit  wein  gesotten  und  wie  ein  pflaster  übergeschlagen  heilet 
den  haarwunn.  Tabebnaex.  106. 

HÄARWURZ,  f.  nymphaea  alba  und  lutea,  dänisch  haarrod. 
Nemmch.  harwurz  nenuphar  Diefexb.  378'.  seeiblumen,  gäl 
und  weisz  haarwurtz,  nymphaea  Maaler  369".  seeblumen, 
haarwurtz.  keulwurtz  Hemsch  429. 

HAARWTRZEL,  f.  1)  radix  crinium,  das  unterste  treisse  ende 
der  ausgerissenen  haare.  Frisch  1.  3S9.  2)  capillacea  radicula: 
haarwurzeln  dergleichen  die  gräser  haben.  Nemmch. 

HAARZANGE,  f.  1)  rulsella,  zum  ausreiszen  einzelner  haare. 
Jacobssos  2,1S2.  2)  eine  muschel,  mya  vulsella,  sonst  auch  bart- 
kneiper,  bartzange  genannt,  franz.  tire-poil.  tire-barbe.  Nemkicb. 

HAARZÄNGLEIN.  n.  vulsella.   Frisch  1,  3S9. 

HAARZASER,  f.  ßbra  capillaris:  haarzasern  an  den  wurzeln, 
an  verschiedenen  Samenkörnern.  Nemmch  2,  841. 

HAARZAUSEN',  n.  relticatio  crinium :  von  noth  wegen  must 
es  da  under  nachbawren  zank  geben  und  letztlich  ein  streit 
erheben ,  mit  guten  fausten ,  nageln  und  zänen,  haarzausen, 
bartausraufen ,  stecken  und  hebeln  mit  hörnern  beschlagen. 
Garg.  195'. 

HAARZEUG,  n.  Werkzeug  zürn  schärfen  der  sense.  Adei.cxg. 
s.  haaren  sp.  27. 

HAARZIERDE,  f.  capillatura.   Steinbach  2,1095. 

HAARZIRKEL,  m.  circinus  accuratior ,  zirkel  zu  haarfeinen 
messungen. 

HAARZOPF,  »n.  1)  in  einen  zopf  geflochtenes  haar,  mhd. 
härzopf  trica.  Bex.  3,  947.  am  häufigsten  wird,  schon  vom 
tnittelalter  her,  das  worl  als  eigentümliche  anordnung  des  frauen- 
haares  begriffen:  trica  horzopff  Dief.  595'; 

wie  frei  und  weisz  ist  ihre  stirn 

und  roth  und  frisch  der  mund ! 

wie  glatt  der  haarzopf  meiner  dirn 

und  ihre  brüst  wie  rund  I     Hagedorn«  3,  75. 

Auch  der  haarzopf  am  manne  erscheint  sclion  frühe;  im  H.  Jahr- 
hundert existiert  eine  ritterliche  zopfgesellschafl ,  deren  milglieder 
als  abzeichen  einen  haarzopf  im  nacken  in  reicher  Umhüllung  trugen 
(anzeiger  des  germ.  mus.  1866,  368.  1867, 193).  als  allgemeinere 
modelracht  enrähnt :  da  gienc  es  an ,  dasz  man  nicht  haar- 
locken  und  zöpfe  trug.  Limpurger  chron.  anno  1380.  verschieden 
hiervon  ist  der  haarzopf ,  der  zu  und  nach  der  zeit  des  SOJähr. 
krieges  zur  allgemeinern  tracht  wird,  er  hängt  nicht  im  nacken, 
sondern  bestellt  aus  langen,  lose  zusammengeflochtenen  locken,  die 
rechts  oder  links  vom  gesichle  abgingen;  diese  tracht  wird  in 
folgendem  angedeutet:  sie  aber  kriegte  eine  scher  und  schnitte 
mir  mein  goldfarbes  haar  auf  der  rechten  seilen  hinweg,  das 
auf  der  lincken  aber  liesze  sie  stehen,  in  aller  masz  und 
form,  wie  es  die  vornembste  mannspersonen  damals  trugen. 
Simpl.  3,13  Kurz;  Stieler  nennt  ihn  mannszopf,  crines  propen- 
duli  rirorum,  fimbriae  2633.  einen  haarzopf  . .  genommen  von 
dem  haupt  eures  buhlen.  Happel  acad.  vom.  (1690)  s.  341. 
solche  Zöpfe  wurden  auch  von  falschem  haar  gelragen :  vor  einen 
halben  thaler  kaufte  ich  mir  auf  dem  trändelmarkt  einen 
degen ,  vor  einen  halben  thaler  einen  federbusch  und  vor 
einen  ortsthaler  einen  haarzopf.  unwürd.  docior  359,  derselbe 
wird  368.  369  haarlock  genannt,  vom  jähre  1720  ungefähr  bis 
zur  französischen  revolulionszeit  wird  der  haarzopf  am  hinterhaupte 
gelragen:  haarzopf,  plecta  capilli  Frisch  1,389;  mein  herr, 
der  mir  bald  so  gut  war,  als  ob  ich  sein  eigener  söhn  wäre, 
lehrte  mich  frisiren ,  frisiite  mich  anfangs  selbst  und  flocht 
mir  einen  tüchtigen  haarzopf.  arme  mann  im  Tockenb.  91 ;  ein 
munteres  bürschchen  von  mittlerer  grosze,  schwarzen  äugen 
und  einem  starken  haarzopf.  Göthe  18, 15t. 

21  haarzopf  am  pferde  nenn/  man  den  theil  der  mahne,  der 
iwifchen  den  obren  hindurch  flieszt  und  auf  der  stirn  des  pferdes 
herunterfällt.  Jacobsson  6,  b'. 

3)  haarzopf,  die  krankheit  so  plica  hciszet.  Frisch  1,  389. 
vergl.  haarschrötel  sp.  37  und  weichselzopf. 

HAARZOTTE.  f  villus.  Steinbach  2,1121.    Frisch  1,389. 

H.XARZUG.  m.  tellicalus  cnnium.    Frisch  1, 389. 

HAARZUNZEL,  m.  haar  welches  in  kleinen  strdJmen  oder 
Zöpfen  hernieder  fällt  (s.  zunzel) :  ihr  habt  ein  seltsames  aus- 


sehen ,  die  einzelnen  haarzunzel  hängen  euch  noch  übers 
gesicht.  Arnim  schaub.  2,  326. 

HAARZUPFE,  f  cirrus  Maaler  203*;  das  fem.  zupfe  steht 
bei  ihm  für  das  gewöhnlichere  niasc.  zopf:  die  zupfen  aufthun 
oder  auseinander  thun.  explicare  comas  533'. 

HAARZUPFEN,  n.  das  zupfen  an  den  haaren.  Stieler  2633. 

H.\.\RZWIEBEL,  f.  die  würzet  der  einzelnen  haare,  von  Utrer 
zwiebelähnlichen  gestalt  so  genannt:  am  gründe  des  haarsäck- 
chens ,  der  haarpapille ,  ist  das  haar  mit  einer  kleinen  ver- 
dickung, der  haarzwiebel,  befestigt.    Kürte  merinoschaf  s.  21. 

HAB,  m.  halt,  anhält,  seltenere  nebenform  zu  habe  in  der 
bedeutung  2  {s.  unten) : 

ob  mich  nun,  wie  das  schiff,  des  ungh'icks  strenge  tlut 
beraubet  alles  habs  und  kränket  meinen  mut. 

Harsdörfer  gesprächsp.  7,  258 ; 

gottes  wort  wird  verachtet,  als  wäre  es  ein  leerer  hab,  der 
keine  kraft  hinter  sich  hat.  Scriver  seelensch.  2,  344.  im 
Kärnthischen  scheidet  sich  der  hab,  halt,  fesiigkeit,  stärke,  von 
die  habe,  Vorrichtung  zum  halten,  handhabe.  Leser  129. 

HABBEGIERDE,  f.  begierde  nach  besitz  oder  erwerb  {vergl. 
habgier) : 

überstolzer  Atreide,  toH  habbegierde  vor  allen. 

Borger  187*  (llias). 
s.  das  folgende. 

HABBEGIERIG,  adj.: 

Atreus  söhn,  ehrsüchtig  und  habbegierig  vor  allen 

((filoycrsarc^Tavs  IL  l,  122). 
Stolberc  11,  10, 
während  Voss  übersetzt: 

—  du  habebegierigster  aller.  //.  1,  122. 
HABCHEN,  n.,  diminutiv  zu  habe  in  der  bedeutung  4,  nur 
in  der  volkstümlichen,  reimspielenden  Zusammenstellung  iiabchen 
und  babchen  vorkommend ;  ist  hierbei  babchen,  was  1, 1057  nicht 
viü  aufgeführt  wurde,  als  gleiclie  Verkleinerungsbildung  zu  schweizer. 
babi  kind,  puppe  Stalder  1,120,  engl,  habe,  baby  zu  fassen, 
so  drückt  die  formet  habchen  und  babchen  eigentlich  das  ge- 
sammte  ägen  an  gut  und  nachkommenschaß  aus.  das  ist  mein 
ganzes  habchen  und  babchen ;  er  hat  sein  ganzes  habchen 
und  babchen  verloren,  hört  man  vorzüglich  in  Mitteldeutschland. 
ßr  verläszt  ungesäumt,  sein  habchen  und  babchen  zusammen- 
packend, das  land.  Gistel  leben  des  freiherm  von  Hallberg- 
Broich  Berlin  1863  s.  9.* 

H.\BE,  f.  ahd.  haha  Graff  4,737,  mhd.  habe,  fries.  hava 
Ricbth.  798 ;  seinem  verbum  haben  entsprechend,  in  mehreren 
bedeutungen,  die  sich  um  die  begriffe  halten  und  besitzen,  zu  eigen 
haben,  gruppieren. 

1)  halt,  anhält,  stütze,  fesiigkeit: 

schaw  das  der  held  nyndert  kein  hab 
moeg  gefinden.         Theuerdank  47,48; 
er  gieng  durch  ain  sonderen  gang 
von  dem  hohen  gepyrg  herab, 
das  pyrg  was  faul  und  bet  kein  hab.    69,  73; 
der  tachstul  sänkt  sich  sehr,  bat  durchaus  fast  kein  hab. 

RoMPLBR  98; 
laszt  ihr  die  glieder  nehmen  ab, 
so  hat  der  leib  kein  stärk  noch  hab. 

Opel  und  Cohn  368,  10. 

2)  das  was  etwas  hält  oder  woran  etwas  gehalten  wird,  hefi, 
griff,  henkel:  ein  trinkgeschirr  mit  zueen  haben,  carthesium 
DiEFENB.  loo';  kesselhab  86'  L*t  die  eisenstange  über  dem  herde, 
die  den  kesselhdlt;  bair.  die  axthab  stiel  an  der  axt.  Schx.  2,136; 

nimm  kelche,  von  des  meisters  band  gemacht, 

und  kränze  beide  haben  und  den  rand.    Stolberg  13,  236. 

habe  ctiam  significat  manubrium  et  ansam  rei  alicujus.  Stieler 
723.     vergl.  handhabe. 

3)  ort  zum  halten,  zum  bergen ;  jeder  platz  an  dem  etwas  auf- 
bewahrt oder  geborgen  wird:  so  mhd.  diu  habe  der  Speicher  Bt.a. 
1,  602' ;  der  kerkcr  der  hülle: 

des  wart  vil  mauic  töte 
behalten  in  der  heile  habe.      MSH.  %  3in\ 

ein  geschützter  platz  im  walde:  du  soll  (die  hirsche)  suoclien  uf 
den  rechten  haben  in  den  waelden .  da  vindt  man  sie  och 
gern,  ron  den  zeichen  des  hirsches  (ed.  Karajan)  58;  auch  ge- 
schützter platz  der  fische  im  wasser:  haben  oder  backen  seind 
löchcr  unter  der  erde,  wohin  die  fische  sich  zu  verschliefen 
pflegen :  zuweilen  finden  sich  dergleichen  haben  auch  unter 
den  steinen,  felscn,  baumwiirzlen  oder  unter  denen  mühten, 
gemeiniglich  aber  und  meistentheils  zwischen  zwei  wässern. 
jagds-ergOtzungen  5  p.  6.     am  häufigsten  wird,   wie  schon  mhd., 


43 


HABE 


HABE 


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unter  habe  noch  m  16.  joArA.  der  halleplalz  der  schi/fe  darunler 
rerslanden,  bis  im  17.  jaiirh.  liafen  (.«.  d.)  sich  dafür  verbreUel: 
haben,  schifllendinen  portus ,  insel  die  koiiiliche  haben  oder 
schiflFlendinen  hat,  ratibiis  clemens  insula.  Maaler  204'; 

das  schiff  sich  nach  dem  hiinel  gab 
als  lu  einer  glückselgen  hab. 

B.  Waldis  ilas  päpsll.  reich  3,  15; 
fand  on  cel'ehr  ein  kleinen  naehen  : 
derselb  tiiet  in  freiindtlich  anlaclien. 
den  dacht  er  zTiihren  in  sein  haben; 
ein  gute  frachl  thet  im  geloben,      f's«;)«.«  4,  Sft,  17. 

Ungewöhnlicher  aber  gehl  habe  dann  in  den  begriff  hülle  über- 
haupt über  : 

als  der  Ruggiero  nun  mit  armen  sie  umgäbe, 
da  liel  der  niaiitel  ab^^ie  blieb  in  zarter  habe. 

PiETR.  V.  D.  Werder  Ariost  7,  28,  6; 

come  Ruggiero  abbraccio  lei,  pli  cesse 
il  manto,  e  reslö  il  vel  sotiile  e  rado. 

4)  besitztum  jeder  art  im  allgemeinsten  sinne:  eigne  hab, 
gewonnen  gut  mit  arbeit,  peculiiim  Dasyp.  ;  uinb  hab  und  gut 
kommen,  naufragium  facere  rerum  suarum  ibid.;  hab  und  giit, 
reichthumb,  substantia,  opes,  diviliae,  facultates,  pecuniae  Maa- 
LEB  202';  eines  j  etlichen  haab  und  gut  census,  farende  hab 
res  mobiles,  grosz  haab  und  gut,  schätz  und  reychthumb  gaza, 
kleine  und  schiächte  hab  brevis  census,  eini  sein  haab  und 
gut  nenmien  depeculiari  ibid.;  es  leret  disz  Sprichwort,  dasz 
sich  ein  jeglicher  an  seiner  hab  soll  lassen  beniigen  {an  dem 
vas  er  hat).  Aoric.  spr.  (lG50)llü";  also  nam  Abram  sein  weih 
Sarai  und  Lot  seines  bruders  son ,  mit  aller  irer  habe  die 
sie  gewonnen  hatten,  l  Mos.  12,  5;  da  nanien  sie  alle  habe  zu 
Sodom  und  Gomorra  und  alle  speise  und  zogen  davon.  14,11; 
füret  weg  alle  sein  vich  und  alle  seine  habe,  die  er  zu 
Mesopotamia  erworben  hatte.  31,  IS,  ähnl.  46,  6;  und  alle 
ire  habe ,  alle  kinder  und  weiber  namen  sie  gefangen ,  und 
plünderten  alles  was  in  den  heusern  war.  34,29;  denn  die 
heuser  in  stedten  der  Leviten  sind  ihre  habe  unter  den 
kindern  Israel.  3  .Wo«.  25,33;  sol  wider  komen  zu  seinem  ge- 
schlecht und  zu  seiner  veter  habe.  25,  41 ;  und  sie  verlieszen 
ire  vorstedte  und  habe,  und  kamen  zu  Juda  gen  Jerusalem. 
2  chron.  11,14;  die  zugenge  seiner  habe  werden  schmal  werden. 
Hieb  18,  7 ;  hunger  wird  seine  habe  sein  und  unglüclr  wird 
im  bereit  sein  und  anhangen.  18,  li^  viel  andere  die  inen 
Uandreichung  thaten  von  irer  habe.  Luc.  8,  3 ;  das  ir  bei  euch 
selbs  eine  bessere  und  bleibende  habe  im  himel  habt.  Ebr. 
10,34;  ire  guter  und  habe  verkauften  sie.  apost.  gesch.  2,45; 
üb  ein  beschädigter  sein  haab,  die  im  unzweifelich  zustünde, 
..  von  dem  thäter  wider  zu  wegen  brächt.  Carolina  art.  214; 
ein  übelthäter  mit  gestohlener  oder  geraubter  haabe.  art.  218; 
ein  Staat  ist  nicht ,  wie  der  boden ,  auf  dem  er  seinen  sitz 
hat,  eine  habe  (patrimonium).  Kant  5,41');  das  grosze  Vor- 
recht, nach  seinem  tode  noch  über  seine  habe  zu  disponircn. 
GöTHE  17,288; 

euch  geb  ich  allen  prcisz  für  meine  ganze  habe, 
Tür  leben,  glück  und  stand,  euch  brecii  ich  palmen  abe. 

FLEai!4G  2U0; 
und  ehre,  glück  und  habe 
verläszt  mich  doch  im  grabe.    Gellert  2,208; 
einen  blick 
nach  dem  grabe 
seiner  habe 

sendet  noch  der  mensch  zurück.    Schiller  78'; 
guter  fliehender  men.schen,  die  nun,  mit  gcrellclcr  habe 
leider  das  überrheiniscbe  land,  das  schöne,  verlassend  .  .  . 

GöTBB  40,  233; 
die  inanichraltige  habe, 
die  ein  haus  nur  verbirgt,  das  wohlverstihne.    40,23!); 
denn  es  verläszt  der  mensch  so  ungern  das  letzte  der  habe. 

it>iit. 

in  verächtlichem  ifnne  von  etner  pcrson  gesagt:  die  fra»  war  auch 
eine  leichte  habe.  Acricola  spr.  (Ijf.o)  14«';  wir  sagen  jetzt 
leichtes  gut,  geuöhnliclier  aber  eine  leichte  waare. 

Häufig  enttrickelt  auch  habe  eine  prägnantere  liedeutung:  man 
mnnl  damit  das  vertvolle  eines  besUztums,  kustbai ketten,  schiltic, 
und  betttmmt  et  oß  ndlier  durch  ein  entsprechendes  adjcctiv: 

und  hic4z  aimz  ruffn  grose  hab 

wer  im  der  »iicht  meciit  hellcM  ab.    fanlnachimp,  1140; 

sie  sprach  alle  htih  Ich  ganz  fermiicht  (vevaclüe) 

und  er«  neur  {nur)  Arn  Akt  ob  uns  ist      ibi<t.  1117; 

DU  haben  wir  (n  »rin^c  hnnb  !| 

df»  Ifbeni  »Im«-  Irurbt  cmplatigcn.     Weckhirlin  311; 


mit  lujfi-nt  («nri«  ht  er)  umi  mit  haab 
Ihn  mich,  0  Jupiter,  Xivu.iht-u.    ihnl.  4.'>2; 


in  der  wogenleeren  höhlung  wühlten  sie  ehipor  die  erde, 
senkten   tief  hinein   den   leichnam   mit  der  rü.<tung  auf  dem 

pferde, 
deckten  dann  mit  erde  wieder  ihn  und  seine  .«tolze  habe. 

Pl*te:i  33* ; 
gieb  acht,  gieb  acht,  o  lieber  knabe, 
dasz  du  nicht  dastehst  trauernd  einst 
und  um  die  beste,  schönste  habe 
des  menschenlebens  bitter  weinst! 

Leiiiav  vermischte  ijetiicIUe:  'einem  knahen''. 

habe  von  den  gütern  des  gci.ttes  und  herzens: 

mit  lieb  umfaszts  {'lax  herz)  die  gegenwart 
und  dünkt  sich  reich  an  habe, 
die  habe,  die  es  selbst  sicli  schafft, 
mag  ihm  kein  Schicksal  rauben  .  .  . 

A.W.  Scblegel  poet.  werke  1,  13. 

Formelhaß  wird  mit  habe  verbunden  fahrt  (vergl.  3, 1265)  und 
gut;  das  erslere  selten,  bei  Kli.ngür:.  sich  mit  hab  und  fahrt, 
mit  herz  und  scelc  hingeben.  1, 421 ;  hab  und  fahrt  verprassen. 
3,94;  vor  einiger  zeit  brannten  häuscr  mit  habe,  fahrt  und 
der  eingeführten  ernte  ab.  8,44;  das  letztere  ungemein  häufig, 
wobei  es  ungewiihniicher  ist,  dasz  halte  die  zweite  stelle  einnimmt : 

b-iltl  leut  und  Innd  man  im  eingab, 
das  er  gnug  hett  an  gut  und  hab. 

B.  Waldis  4,  90,  21S; 
was  sollt  ihm  gut  und  haabe?     MusÄi's  kinderkl.  108; 
die  bürger  schauten  zum  fenster  heraus, 
sie  saszcn  eben  in  saus  und  braus 
auT  gut  und  habe.  Götiib  3,  191. 

vgl.  ire  guter  und  habe  {xai  xa  xTrj^axa  xal  ras  vTta^^eis). 
apost.  gesch.  2,45;  gemeiniglich  wird  gesagt  hab  und  gut  Dasyp., 
Maai.er  202',  eine  jener  taulologisclicn  furmeln ,  'in  der  der  ge- 
dankc  des  ersten  Wortes  durch  den  gleichen  oder  vcrwanten  eines 
zweiten  wiederholt  wird,  wodurch  der  ganze  satz  erhöhten,  belebtem 
sinn  tind  mehr  stiirke  und  festigkeit  gewinnt'  (RA.  s.  14):  er 
bringt  sich  um  hab  und  gut.  Lenz  1, 90 ;  wie  geschwister, 
deren  die  meisten  zu  guter  wirthschaft  geneigt  wären ,  eins 
aber,  leicht  gesinnt,  hab  und  gut  der  ganzen  familie  sich 
zuzueignen  und  zu  verzehren  Inst  halte.  Göthe  22,  170  ;  die 
bauern  standen  auf,  als  sei  der  feind  da  und  bewehrten  sich, 
um  hab  und  gut  zu  schützen.  Rieul  culturgesch.  nov.  349 ; 

ich  bin  ümm  hab  und  gut,  und  allen  vorrath  kommen. 

Fleming  IKi. 
Bemerkenswert  ist,  dasz  in  dieser  Verbindung  ein  vorgesetztes, 
auf  beide  begriffe  bezügliches  adjecliv ,  pronomen  oder  der  artikel 
gewöhnlich  im  nculro  steht,  worin  vielleicht  eine  freie  anwendung 
der  reget  zu  suchen  sein  tnöchte,  dasz  zu  zwei  subjeclen  verschie- 
denen geschlechtes  adjecliva  oder  pronomina  im  neutro  treten 
{gramm.  3,315.  4,283);  es  wird  gesagt  das  hab  und  gut  jeman- 
des; mein  hab  und  gut,  mein  ganzes  hab  und  gut; 

hab  ich  mein  hab  und  gut  verthan.    Schwarzrmberg  114-,  1; 

ist  alles  kummers  frei, 
dasz  nicht  sein  hab  und  gut  im  meer  ertrunken  sei. 

Opitz  1,  164; 
nachdem  in  dieses  land  des  papstcs  liga  kam 
und  unser  hab  und  gut  eins  nach  dem  andern  nahm. 
Opitz  u.  Com  284,  2; 
euer  hab  und  gut  sind  nur  wie  darlehn  zu  betrachten.  Holtei 
Chr.  Lammfell  152;    mit    allem  mobilen  hab  und  gut.    Göthe 
30,52.     doch  gibt  es  ausnahmen  von  dieser  fügung: 

und  hat  dafern  es  glückt,  von  aller  haab  und  guth 
den  beutel  in  dem  maul.  Rachel  snt.  (I'OO)  s.  50. 

Man  hat  wol  die  bedeutung  der  formet  hab  und  gut  dahin 
gefaszt,  dasz  habe  das  bcwegliclie,  gut  das  unbeweglicJie,  liegende 
cigcntum  ausdrücken  solle;  allein  dieser  unterschied,  der  erst  su 
ende  des  vorigen  Jahrhunderts  ausgei'pürt  worden  zu  sein  scheint 
(EnEUiiARn  synon.  handwörterb.  419),  ist  willkürlich  und  })edantisch. 
zwar  bezeichnet  fahrende  habe,  ahd.  faianli  scaz,  nd.  auch 
r<ireiidc  have  (Kinulincer  hörigk.  3S2)  res  mobiles  und  gieng 
ursprümilich  wol  auf  den  Viehbestand  {rergl.  3,  125s.  1259),  allein 
wie  sich  findet  liegende  oder  farende  haab  Statuten  der  Stadt 
Weiszenfels  v.  1619  4.  7,  liegende  und  fahrende  habe  Wiei  an» 
8,112,  so  wird  auch  umgekehrt  schon  mhd.  gewährt  varende  guol 
Waltiier  8, 14.  00,  35.  I'an.  207, 10 ;  ir  varend  gut  Altdorfer 
weisthum  von  1439,  wei.<>th.  1,13s  und  ebenso  tinfaieiule  habe: 
was  in,  von  »ulchcn  teilen,  von  uiifai ender  hab  geburd,  es 
sein  hofe,  huser,  arker  und  ander  iinfaieiider  halt.  Hai.taus 
707.  Der  fahrenden  halte  setzt  man  liegende  gründe  gegen- 
über: er  setzte  eine  dreij.'lhi ige  scbal/iinKC  auf  erbe,  liegende 
grtlnde  und  farendt;  habe.   Sciil'rz   l'reuszrn   ss. 

5)  wenn  mehimals  habe  auch  in  der  bedeutung  scJiaar,  häufen 
steht ,  so  knüpft  sieh  diese  bedeutung  ungezwitniien  an  die  unter 
vm'ifer  nummer  erörterte  an,  indem  der  begriff  des  besiizes,  der 


45 


HABE  — HABEN 


HABEN 


46 


wie  wir  sahen,  auch  zu  dem  der  schätze,  koäbarkeiten  empor 
steigt ,  andrerseits  zu  dem  begriffe  fülle,  menge  überhaupt,  schaar 
steh  wenden  kann: 

si  ziigend  über  ein  heid  hinab, 

der  Schwaben  was  ein  grosze  hab. 

sie  band  sich  nit  wo!  ghalten.      Uhlaid  rolkst.  -141,  7, 

wahrend  es  in  einer  andern  fassung  desselben  liedes  heiszt  : 

si  zugend  an  dem  grünen  wald  bar, 
der  Osierrichern  was  eine  grosze  schar, 
si  band  sieh  unerlich  geballen. 

LiLiE>CRO?i  volksl.  2,  -101,  12; 

weist  du  nit,  dasz  in  aller  bab 

goot  und  bös  man  linden  mag.    ring  IS',  24; 
poi  velten  I  was  körapt  dort  für  ein  schwarzes  her!  .  .  . 
es  ist  eine  seltsame  gesante  hab. 
ich  mein  dasz  der  teufel  mit  seiner  mutter  her  drab. 

Schade  pasqu.  1,  ob,  136; 

Jupiter  sah  von  oben  herab, 

wie  wunderlich  und  seltzam  hab 

sieh  auf  der  erden  tbun  bewegen, 

die  tbier  sieb  durch  einaniler  regen. 

B.  WiLDis  Esopus  1,  SI. 

6)  vvllig  von  dem  bisher  erörterten  liegt  ab:  die  haab,  ein 
gemächt  von  bopfen ,  darniit  die  pfister  {bäcker)  das  weisz 
brot  aufliybend.  .M aaler  202',  es  ist  dasselbe  was  das  nhd.  fem. 
befe ,  mild.  masc.  hefe ,  ahd.  hefo ,  und  gehört  nebst  seinem 
diminutiv  hebel  (s.  d.)  zunächst  zu  dem  starken  verbum  beben, 
wegen  seiner  emportreibenden  eigenschaft.  über  die  terwantschaft 
der  rerben  heben  und  haben  wird  unter  letüerm  worte  gesprochen. 

HABEBALD,  m.  der  bald  hat  oder  erhält,  wie  die  folgenden 
eine  imperalivische  bildung;  Göthe  hat  einen  der  im  2.  theile 
des  Fausl  auftretenden  drei  gewaliigen  so  genannt  41,  264. 

HABEDANK,  auch  HABDANK,  m.  dank,  eigentlich  die  formel 
habe  dank  {s.  dank  7  th.  2,730).  mhd.  habedauc  Be.n.  1,357: 
er  opferte  sich  für  ihn  auf  und  erhielt  nicht  einmal  hab- 
dank dafür;  der  noch  dazu  keinen  habedank  bekömmt. 
J.  Faul  Siebenk.  2,  82 ; 

was  theuer  mir  dort  war,  das  hab  ich  hier  aus  gunst 
des  herrens  der  natur,  um  habedank  zu  nissen  {ijenieszen) 
und  um  gesunden  schweisz.  Logav  1,  51,  4, 

denn  die  reine, 

die  ich  meine, 

winkt  mir  lieblichen  habedank.    Voss  4,  24; 
jene  bilder  — 

vom  habedank  aus  schöner  band.    Plate;«  317. 

umgestellt  dankhab,  dankbabe,  s.  2,  "37. 

HABEGERN,  m.  wer  gern  erlangt  oder  bezitzt:  er  ist  ein 
reciiler  habegern ;  s.  gern-haber. 

HABELOS,  HABLOS,  adj.  ohne  habe: 

mhd.  unt  ruochet  wie  ej  jenem  ergöt 
der  trüric  habelös  bestfit. 

Hacpis  zeitschr.  1,  4S4  (tcarnung  16S0); 
der  nopie  wese  diu  milte  bi 
unt  tripste  nach  ir  güete 
des  babelösen  gmüete.    ibid.  2572. 
nhd.  der  hablose  wanderer, 

den  eu'r  (der  blumeii)  anblick  ergötzt  und  erquickt, 

schüttelt  das  baupt 

und  nennt  euch  schönes  unkraut.    IIkime  buch  d.  l.  361. 

HABEN,  rerb.  habere. 

A.  Verwantschafl  und  form. 

grAh.  haban,  in  den  frühesten  oberdeutschen  denkmälern  hap^n, 
haben  (habeen  Kero),  in  Jüngern,  namentlich  fränkischen,  haban, 
liaben,  habin  mit  Übergang  in  eine  andere  classe  der  schwachen 
cunjugalionsform,  während  namentlich  die  handschriften  Willirams 
auch  die  form  habon  zeigen,  die  nach  den  laulverhäll nissen  dieses 
denkmals  für  älteres  habön  steht,  altsächs.  bebbian  und  habbian, 
mnd.  mnl.  nnl.  hebben,  fries.  habba  und  hcbba,  ags.  babban 
und  iiäbban ,  altengl.  habbe ,  neuengl.  have.  allnord.  hafa, 
schwed.  hafva,  dän.  have. 

Zur  ermiltelung  der  grundbedeulung  dieses  vielgebrauchten  Wortes 
werden  tcir  zunächst  nicIU  zu  übersehen  haben ,  wie  nahe  es  sich 
mit  dem  rerbum  heben  berührt,  dieses  beben ,  golh.  hafjan, 
ahd.  heffan  hevan ,  altsächs.  bebbian ,  ags.  hebhan ,  babban, 
fries.  heva ,  altnord.  heQa  leiUl  wie  haben ,  zu  der  deutschen 
Wurzel  hab .  wobei  rücksichtlich  der  bestiinmung  des  auslauts  der 
letzlern  zu  beachten  ist ,  wie  häufig  an  dieser  stelle  h  und  i  mit 
einander  tauschen,  sehen  wir  dcis  althochdeutsche  im  präsens  von 
helTan  den  reibelaut  begünstigen,  so  erscheint  im  präteritum  wieder 
die  media  b  (huob.  huobun),  wälirend  das  altsächsische  umge- 
kehrt von  bebbian  zu  höf,  vie  das  angeitächsische  von  hebban 
zu  huf,  höfun  .'■icJi  wendet,'  und  nach  den  friesischen  laut- 
gesetzen  das  f,   welches  im  inlaute  dem  dem  b  nähern  v  weicht. 


im  auslaute  wieder  hervortritt,  es  heiszt  dort  heva  heben,  h6vun 
wir  hüben,  geheven  gehoben,  aber  hof  er  hub,  wie  hefth  er  hebt, 
so  ist  auch  die  media  in  unserm  verbum  haben  nicht  ohne_ 
schwanken  geblieben,  zwar  hat  sie  sich  im  gothischen  unter  dem 
einflusz  ihrer  Stellung  zwischen  zwei  vocalen  durchaus  erhalten, 
wodurch  haban  und  hafjan  streng  geschieden  erscheint;  aber  wie 
sicli  im  cüid.  neben  habet ,  hapel ,  bebit  er  hat ,  doch  auch  die 
form  hevit  findet  (Graff  4,  725),  so  zeigen  die  altniederfränkischen 
psalmenfragmente  neben  dem  inf.  hebon  haben  aucli  hevit  er  hat, 
und  die  altsäclisische  handschrift  des  Heliand ,  der  Monacensis, 
gewährt  neben  der  gebräuchlichen  präteritalform  habda  hatte, 
babdun  hatten,  auch  einmal  hafdun  (5055);  im  angelsächsischen 
hat  sich  für  die  präteritalformen  durchaus  f  ergeben  (häfde, 
häfdun) ,  ein  kut ,  der  in  den  allnordisclien  formen  durchaus 
wallet :  hafa,  prät.  hafdi.  —  Die  uurzel  hab  (über  sie  ist  bereits 
beiläufig  in  etwas  anderer  weise  3, 1236  gehandelt  worden)  läszt 
sich  mit  sicherlieil  nur  bis  ins  lateinische  und  griechische  verfolgen, 
aber  die  Itier  zu  vergleichenden  worte  werfen  getiügendes  licht  auf 
ilire  ursprüngliche  sinnliclie  bedeutung:  haQa,  beffu,  hebe  ist 
genau  das  latein.  capio,  das  sich  mit  seinen  vertcanten  cap-ulum 
heft ,  cap-is  henkelbecher ,  cap-ax  fassend,  cap-essere  halten, 
wieder  zu  griech.  xiozt-rj  griff  stellt,  die  sinnliche  grundbedeulung 
der  würzet  ist  demnach  fassen,  greifen;  aber  ihre  weiterentwickelung 
ist  in  haben  und  beben  ihre  eigenen  wege  gegangen,  wenn  auch 
berührungen  beider  begriffe  statt  finden,  wie  in  den  compositis 
behaben  und  beheben  (vergl.  l,  1316),  die  wie  im  mhd.  das  ein- 
fache  haben    und   heben    mit  einander  vertauscht  werden  (Bex. 

I,  643'),  in  den  bildungen  habe  (vergL  oben  sp.  42.  43),  haft  und 
heft ,  und  wenn  auch  einzelne  formen  von  haben  und  heben, 
ifie  wir  nachher  sehen  werden,  in  einander  verlaufen,  die  wurzel 
bab  hat  sich  in  dem  starken  heben  aus  der  allgemeinern  bedeu- 
tung fassen,  greifen,  zu  der  eingeschränktem  aufnehmen,  in  die 
höhe  neltmen,  gewendet;  was  haben,  goth.  haban  betrifft,  so  ist 
daran  zu  erinnern,  dasz  verben  dieser  schwachen  conjitgations- 
classe  im  gothischen  und  allhochdeutsclten  meist  den  verbalbegriff 
als  eine  thätiykeit  mit  zurückbeziehung  auf  das  subject  hinstellen, 
es  begreiß  sich  demnach  leicld ,  wie  haban  den  begriff  fassen  lu 
dem  mehr  medialen  halten,  besitzen,  haben  ausbildet. 

Bei  der  heranziehung  der  lateinischen  verwanten  zur  ermittelung 
des  eigentlichen  sinnes  von  haben  ist  das  lat.  habere  vorläufig 
auszer  betracht  gelassen  worden,  welches,  wie  es  im  sinne  mit 
haben  tibcreinkommt,  auch  in  der  conjugationsart  sich  ebenso  mit 
golh.  haban  berührt,  wie  tacere  und  t)ahan ,  silere  und  siian, 
dolere  und  J)ulan ,  videre  und  vitan.  bei  der  vollständigen 
formellen  gleichheit  der  lateinischen  und  deutschen  Stammform 
würde  die  ersterc  mit  der  letztern  doch  nur  zu  vermitteln  sein, 
wenn  hab  in  hab-ere  eine  nach  lateinisclien  laulgesetzen  mögliche 
Veränderung  der  wurzel  cap  in  cap-ere  «.  s.  ir.  wäre,  die  wahr- 
scheinlichkdl    dieser   annähme   ist   bereits   erörtert  (Kens  zeitschr. 

II,  203),  und  darauf  aufmerksam  gemacht  worden,  dasz,  wie  sich 
materiell  die  begriffe  haben  und  nehmen  berühren  {altslav.  ima 
nehme,  imami  habe),  formell  h  in  habere  aus  c  sich  ebensogut 
gebildet  haben  kann  wie  hi(c)  aus  ci,  und  dasz,  den  auslaut  der 
Wurzel  betreffend,  in  der  italischen  familie  groszes  schwanken 
herscht ,  da  sich  neben  der  lateinischen  form  mit  b  das  oskische 
hipid  habeat  und  hafiest  habebit ,   sonach  mit  p  und  f,  finden. 

Haben  wir  bisher  die  urspriingliche  bedeutung  von  haben  sowie 
seine  sichere  verwantschaß  mit  latein.  und  griech.  Wortfamilien 
besprochen,  .?o  bleibt  vor  eingehen  auf  die  formen  des  verbums 
nur  die  bemerkung  übrig,  dasz  die  bedeutung  des  greifens  und 
fa.<!sens ,  die  die  wurzel  hat,  in  voller  schärfe  noch  in  manchen 
ableitungen  erscheint,  so  in  habe  1  und  2  {sjk  42),  ebetiso  wie 
im  sid)st.  haft,  mhd.  haft  Mnd  hefte  (Ben.  1.605);  der  heftel 
am  kleide  ist  das  fassende,  haltende  Instrument,  das  worl  wechselt 
mit  haken,  mit  dem  es  sich  liier  dem  begriffe  nach  berülirt;  nicJit 
weniger  ist  das  adj.  haft,  ags.  häfl,  altn.  hapt-r,  als  passive 
parlicijialbildung  in  der  bedeutung  gefaszt,  ergriffen,  gefangen  zu 
nehmen,  wie  wiederum  habicht,  ahd.  hab-uh,  mhd.  babech  nur 
als  der  ergreifer  zu  deuten  ist,  fcorüber  unter  diesem  worte  mehr, 
das  französische  hat  aus  dem  deutschen  entlehnt  in  diesem  sinne 
haver  an  sich  ziehen,  havet  hacken.  Diez  altrom.  gloss.  53. 

Die  formen  von  haben  sind  durch  tlieilweisc  contraction  und 
assimilation  manigfallig  geworden. 

\)  für  die  1.  sing,  praes.  ind.  galt  ahd.  bap^m,  geschwächt 
iiaben ,  woneben  sich  aber  aucJt  mit  abwerfung  des  personiil- 
suffixes  und  übertritt  in  eine  andere  conjugationsclasse  die  formen 
habu ,  babo ,  habe  6<'«  Tatian  ,  Willeram  und  Notker  finden, 
in    andern   quellen   hat    sicli,    seltener,    haben    tinter  verlast  des 


47 


HABEN 


I1\J{EN 


4S 


lubials  zu  hän  ztisanimcngezoyen.  diese  form  übenvicijt  tm  mlid., 
ofme  dasz  habe  ungebräuchlich  erscliiene.  es  gilt  die  regcl,  dasz 
die  conirahierle  form  namentlich  steht ,  wo  haben  hitfs  zeit  wort 
Ist,  die  nicht  contrahierle  wo  ihm  die  bedcutung  hallen  innewohnt; 
doch  nicht  ohne  ausnähme:  wan  ich  habe  ein  wip  . .  .  mir 
erkorn  MSF.  134,  26,  ich  hab  verlorn  daj  leben  min  cdelstein 
-1!),  74.  mitteldeutsche  quellen  bevorzugen  die  form  ich  habe 
(FJartsch  «irf.  ged.  12,400.  13,426.  54,502.  62,783,  gegen  ich 
hän  7,  220.  94, 363),  tras  näher  an  den  gebrauch  rein  nieder- 
deutscher denkmälcr  reicht,  die  nach  dem  allsächs.  hebbiii ,  der 
ersten  schwachen  conjugation  folgend,  mir  ik  liebbe  bilden,  die 
form  habe  dringt  im  ib.jahrh.  weiter  vor,  und  es  begegnen  denk- 
mälcr die  han  und  habe  abwechselnd  brauchen,  und  zwar  liän 
in  dem  falle,  trenn  das  pronomen  ich  unmittelbar  darauf  folgt, 
habe  ohne  diesen  fall,  z.  b.  : 

des  han  ich  mich  nu  vil  gerümt 
und  habs  mit  worten  nit  veriiliimt.    fastn.  sp.  260,  4; 
da  ich  die  jungen  voraus  liab  genuraen.    200,  16; 
nu  han  ich  nie  umbsunst  gelaunt.    261,28; 
dan  ich  grad  hab  iczund  vernumen.    862,  23; 
den  namen  han  ich  lang  gehaben.    863,  9, 
ein  gebrauch,  der  sich  bei  Hebel  noch  zeigt: 

dort  chunnt  sie  scho,  was  hani  gseit, 
in  ihre  stille  herlichkeit.     alem.  ged.  (1808)  s.  37; 
se,  do  hesch  e  messer!  i  ha's  am  Blotzeraer  mert  g'chaurt! 

s.  49. 

Nach  milteldeutschevi  brauche  sagt  Luther  nur  ich  hab  oder 
habe,  und  diese  form  verdrängt  im  16.  jahrh.  nach  und  nach  das 
landschaftliche  han,  so  zwar,  dasz  wenn  wir  z.  b.  im  jähre  1573 
noch  antreffen 

den  liebsten  bulen,  den  ich  han, 
der  ist  mit  reifen  bunden 

Ublakd  584  (Münchner  druck), 

Fischart  mit  Verletzung  des  reims  dafür  gewährt: 
den  lieben  bulen,  den  ich  hab, 
der  ligt  beim  wirt  im  kellen, 
er  hat  ein  höltzins  röcklein  an 
und  heiszt  der  muscaieller.    Garg.  85'. 

Jetzt  hat  sich  han  nur  mundartlich  in  Oberdeutschland  erhallen, 
so  schweizerisch  hän  (Frommann  3,207),  oberöstcrr.  han  (3,45. 
5,  393) ,  tirolisch  hd',  han  (4,  281.  5, 104) ,  rhein fränkisch  han 
(5,  279) ;  auch  in  der  siebenbürgisch-sächsischen  mundart  hun 
(4,281);  in  Schwaben  gilt  hann  und  hau'  (2,112). 

2)  für  die  formen  der  2.  und  3.  sg.  hapes,  habest  und  hapfit 
xeigl  sich  schon  im  ahd,  die  Verkürzung  has ,  hast ,  und  hat, 
ejne  Verkürzung  die  im  mhd.  die  uncontrahierten  formen  sehr 
zurückdrängt,  nur  dann  wieder  nicht,  wo  das  verbum  die  concrete 
hedeulung  halten  hat,  in  welchem  falle  meist  die  formen  habest, 
habet  angewendet  werden,  die  noch  heute  im  bairischen  du  habst, 
er  habt  dauern  (Schmei.ler  2,134);  doch  findet  sich  auch  in  der 
Stellung  eines  hilfsverbums  noch  spät: 

habst  du  ichtes  vernomen 

das  mir  zu  schaden  möcht  körnen. 

Ilälzlerin  2,3,21  (p.  123'); 
habstu  dalame  klappert  gnuog? 

Juh.  der  täufer,  trag.  (Bern  1549)  Rvj. 

Das  niederdeutsche  ist  einer  formenverkürzung  abgeneigt:  tvie 
sicli  im  altsdchs.  stets  hahes,  hahcd,  im  niederfränkischen  habis, 
habit  oder  hevil  halten,  so  gewährt  auch  das  mnd.  hefst,  lieft, 
das  mnl.  heves  und  hevcl,  welche  letztere  form  in  dem  nnl. 
hceft  noch  dauert,  das  fries.  des  13.  14.  jahrh.  hat  zwar  für 
die  2.  nur  hast  und  ht'st,  für  die  3.  aber  neben  dem  gebräuch- 
lichem hfith,  het,  hat  das  seltenere  ungekürzte  hcvet  (|{ichthofen 
801*).  jenem  fries.  best ,  bei  entsprechend  Iduß  auch  im  mhd. 
neben  hast,  hat  hcst  und  hcst,  h<"t  und  het,  diese  formen 
erklären  sich  als  umgelautet  aus  den  ahd.  nebenformen  lialiis 
hebis  habit  hebit ,  und  wenn  auch  mhd.  heil  er  hat  gefunden 
wird  (Ben.  1,59.5*),  so  steht  diesz  nur  durch  Unterdrückung  des 
labials  von  ahd.  habit  hebit  ab.  seit  dem  i:>.  jahrh.  befestigt  sicli 
hast,  liat ,  siclier  in  der  er.iten  zeit  noch  mit  langem  vocal ,  der 
jedoch  bald  verkürzt  worden  »ein  musz.  gegenüber  diesen  formen 
h<d>en  fich  toUJie,  in  denen  der  vocal  c  lebt,  in  die  oberdeutschen 
mundarten  zurückgezof/en :  was  best  t'  inaclie?  J.  (Iottiiki.f 
erzähl.  4,167;  ^ta»  het  da  da»  tschüppcli  für  äuge  gemacht  s.  145; 

hetch  gmeint,  ile  ncinch  ellcinig  do?    Hibel  alcm.  ged.  34; 

wer  chrisili  lebt  het  Tröhc  muth.    «.  35. 

3)  eine  nur  hochdeulfche  rrsdieinung  sind  die  rciilinhierten  formen 
des  pluraU.  brretlt  im  ahd.  finden  sich  neben  \\.\\ih  Uir  luxbt, 
habAnt  Jt'  hnh "■rh  l.'.i     i.V.i   ((Jhaik  1,  ' '  '     '""'  da  vor- 


züglich alemannische  quellen  ihrem  sprachgebrauche  gemäsz  für 
ln\hh  ihr  habt,  habent,  habinl,  also  die  form  der  3.  plur.  ver- 
wenden ,  so  gilt  hier  die  contraction  hdnt  auch  für  die  2.  plur. 
im  mhd.  hat  die  contrahierle  form  auch  für  die  1.  plur.  platz 
gegriffen,  und  es  heiszt  wir  hän ,  ir  hat  (oder  nach  der  heimal 
der  denkmäler  ir  hdnt),  sie  hänt.  wieder  nicht  durchgängig; 
neben  ihnen  laufen  in  häufiger  Verwendung  für  jede  bedcutung 
des  verbums  unconirahierte  wir  haben ,  ir  habet  oder  habent, 
sie  liabcnt.  beide  formen  gehen  noch  in  der  ersten  hnlfte  des 
16.  jahrh.  neben  einander,  oft  in  einem  und  demselben  Sprach- 
denkmale veruHtnt,  bis  sich  der  sieg  der  letzteren  in  der  2.  hälfte 
des  m.  jahrh.  ergibt,  vielleicht  in  folge  des  beispiels  Luthers,  der 
nur  diese  braucht;  doch  finden  sich  die  contrahierten  formen,  die 
in  den  meisten  ober-  und  milteldeutschen  volksmundarten  fast 
uneingeschränkt  fortleben,  auch  vereinzelt  in  der  schrißsprachc  bis 
auf  unsere  zeit  herab :  kleider  ausz,  kleider  an,  eszen,  trinken, 
■schlafen  gähn,  das  ist  die  arbeit,  welche  die  lutherische  thum- 
herren  han.  Schüppius  schrißen  2 ;  auf  dasz  wir  ja  nicht 
zweifeln  dran,  was  wir  anitz  gehöret  han.  195 ; 

die  euch,  auT  ihren  weiten  reisen, 

so  groszen  nutzen  han  gethan.    Canitz  217; 

was  für  ein  streich,  ihr  gnaden ! 

nun  lian  wirs  auszubaden.     Bürger  22'. 

Findet  sich  in  schweizerischen  quellen  des  16.  jahrh.  hent  für 
hant,  hänt,  so  ist  diesz  durch  umlaut  entstanden  und  erklärt  sich 
durch  das  überschwanken  des  verbums  aus  der  2.  in  die  1.  schwache 
conjugation:  sie  hend  mir  gebürstet.  N.  Manuel  faszn.  345; 
was  hend  sie  uz  unserm  gelt  gmacht.  397.        • 

4)  während  der  con}.  präs.  im  nhd.  nur  unzusammengczogene 
formen  habe ,  habest ,  haben  leidet  (im  mhd.  begegnen  dagegen 
hä  für  habe,  hän  für  haben  Ben.  1,595"),  wird  der  infiniliv 
in  derselben  weise  zu  hän  conlrahiert ,  wie  wir  hän  und  wir 
haben  neben  einander  laufen,  für  alle  nieder deiUsche  quellen  ist 
diese  kiirzung  ungebräuchlich;  und  zeigen  sie  auch  mitteldeutsche 
denkmäler  bis  zum  16.  jahrh.  ziemlich  häufig,  so  siegt  in  diesem 
dennoch  für  die  Schriftsprache  die  form  haben,  die  Luther  wieder 
ausschlieszlich  verwendet,  doch  stirbt  die  form  hän  in  der  schriß- 
sprachc nicht  aus,  sie  ist  namentlich  in  der  1.  hälße  des  16.  Jahr- 
hunderts noch  sehr  gebräuchlich  (H.  Sachs  hat  hän  gewöhnlich  im 
reime  auf  an,  stan,  lan,  gan  ;  hon  :  gon  2,  4,  75',  haben  auszcr- 
halb  des  reimes),  und  wird  von  dichtem,  die  einen  volksmäszigen 
ton  anschlagen,  bis  auf  die  neuzeil  verwant: 

noch  kömmt  ihr  gärtner  lobesan, 

den  sie  zu  han  geruhn.    Claudius  3,  31 ; 

die  wciber  sollen  abzug  han 

mit  ihren  besten  schätzen.    Borger  20*. 

5)  weitere  betrachtung  verdienen  die  präleritalformen.  das  ahd. 
verwendete  neben  hapeta  auch  nach  der  ersten  schwachen  con- 
jugation habita ,  mit  umlatU  hebita ,  wie  das  letztere  wenigstens 
die  vorkommenden  formen  hebitös  du  hallest  und  hcbilon  sie 
hatten  lehren,  mhd.  findet  sich  habcte ,  dem  ahd.  hapeta  ent- 
sprechend, in  älteren  denkmälern ;  gewöhnlich  bleiben  die  prälerital- 
formen, wenn  das  wort  nicht  sinnliches  hallen,  fe.<:thalten  au.u1rückt 
(er  habt  im  da  bi  zouine  Nib.  406  llolzm.),  micht  in  dieser  voUen 
gcstalt.  ihre  Veränderung  erfolgt  auf  zweierlei  weke:  durch  au.^- 
fall  des  wurzelhaßen  b  t^nd  Verlängerung  des  a ,  oder  durch 
assimilalion  des  b  und  t  unter  aiu^fall  des  ableitungsvocals  zu  It. 
die  ersterc  weise  ist  die  mhd.,  die  schon  in  den  letzten  zeilen  der 
ahd.  periode  platz  greiß  (Ghakk  4,  726).  neben  häle  geht  h.-ete, 
hi^te  her ,  das  sich  zu  ersterem  verhält  wie  hast ,  hat  zu  h4st, 
bei ,  und  das  oß  Verkürzung  zu  lielc  het  erleidet,  solche  alle 
formen  scheinen  noch  spät  nachzuklingen: 

die  ohrun,  die  ich  hat,  herr,  dein  gebot  zu  hören. 

NVkckukrlin  318; 

hftt  (conj.)  dein  gerechter  grim  der  sondern  nicht  verschonet. 

330, 

wo  vermutlich  noch  langer  stammvocal  vorliegt,  da  der  dichter 
sonst  die  gemination  des  consonanicn  um  vorhergehende  vocalkürze 
anzuzeigen,  häufig  anwendet,  neben  häle,  lu'le  geht  ein  seltneres 
liiele ,  bei  Neiuhart  z.  b.  als  conjunctive  form  dem  indicativen 
het  entgegengesetzt  (05.18.  2ü.  81,  II.  13  gegen  11,5.  17.6);  im 
llelbling  als  indicative  form : 

tlu  biet  dA  iiilit  wol  gcspeht.     1,  1165, 
für  beide  modus  s.b.  stets  von  Wittenwkiler  verwant: 

dn  die  red  sich  bliit  vtMdrnpt, 

der  an  Cholnian  «ich  gehabt 

biet,  der  wnrf  isich  wieder  umb.    rimj  21*,  20; 

fngt,  wa^  liici  Ir  in  dem  «imi      W,  '24. 


49 


HABEN 


HABEN 


50 


conj.  und  täten  mir  die  zend  nicht  we, 

ich  biet  euch  wol  geantwurt  e.    20',  40; 
Hagen  stuond  verpunden 
sam  in  die  woir  geschunden 
hieten.  4*,  38. 

Die  andere  tccise,  die  assimilalion  in  den  prdleritalformen ,  ist 
eine  niederdeutsche.  Kährend  im  allsächsischen  des  Heliand  sich 
noch  uncingeschrdnid  ßndel  haLda  ich  hatte,  hatdi  ich  halte,  wie 
im  ags.  häfde,  steht  in  der  altsächsischen  beichte  und  in  der  Über- 
setzung der  homilie  Beuas  die  form  badda,  und  die  allnieder- 
fränkischen  psalnien  gewähren  neben  habda  ic  habui ,  habedon 
obtinuerunt  auch  eben  so  häufig  liattus  erexisti ,  liatta  tcnuit, 
batton  oblinueiunl.  detngemäsz  setzte  sich  im  innl.  überall  badde 
fest,  das  noch  im  mnl.  had  gekürzt  dauert,  einen  ähnlichen  gang 
geht  das  ags.:  im  halbsäclisischen  des  Lajamon  taucht  zuerst  auf 
liedde  neben  bafde,  noch  im  allenglischen  schwanken  hafde  und 
badde,  bis  sich  im  millelenglischen  durchgängig  badde,  neuengl. 
had  ergibt,  das  fritsisclw  zeigt  Spaltung:  westfriesische  mundarten 
schlieszen  sich  mit  ihrem  badde  dem  mnl.  an,  ostfriesische  kommen 
durch  Utr  bede  mit  hochdeutscher  weise  fiberein  (Richtuofes  801. 
802),  gerade  wie  sicli  zu  letzterer  das  scliwedische  bdde,  gegen 
dan.  ba^de,  stellt,  vorzugsweise  die  mitteldeutschen  quellen  müssen 
wir  aucJi  wiederum  als  wenn  nicht  ausschlieszliche ,  so  doch  vor- 
wiegende Vertreter  der  form  hatte  hinstellen,  von  hier  aus  ver- 
breitet sie  sich  nach  Süden,  das  alte  bäte  verdrängend,  und 
wie  sich  neben  diesern  durch  die  form  büte  hindurch  ein  bete, 
bet,  gebildet  hat,  so  äeht  neben  batte  seit  dem  ib.jahrh.  bis  auf 
die  neuzcit  ein  bette  bälte  {bei  H.  Sacbs  immer  bett) :  dann 
wiewoi  er  <ft  sein  tag  aia  grosze  begirde  gebapt  bette,  die 
bailigen  stell  und  land  zuo  suocben.  Ehingen  11  und  immer; 
sein  pferde  wurden  wol  geslellet,  und  betten  baren  und 
rauffen,  die  scbün  in  den  gezelten  gemacbt  waren,  buch  der 
liebe  265,4;  da  man  nun  gessen  und  getrunken  bett,  da  bub 
sich  ein  schönes  geslecb.  266, 1  u.  öper;  in  dieser  hole  hätte 
sie  den  knaben  . .  ernebret.  pers.  rosenlh.  7,  20  s.  93 ;  oflen- 
babret  ihren  betrug,  den  sie  ausz  armutb  bewogen  gebrauchet 
betten.  Schlppics  sehr.  347;  wo  wolt  ich  ein  brod  in  der 
wüsten  nehmen?  ich  hätte  mangel  aller  sacben.  5.  738;  o  wan 
mir  Jupiter  wider  geben  thät  die  jähr  so  ich  gelebet  hält, 
s.  760; 

zwen  grosz  siifel  er  an  hett.    Hälilerin  260»,  86 ; 

und  ich  hehaglicb  unterdessen 

hält  einen  bahnen  aulgel'ressen.     Götue  2,283; 

er  hätt  ein  äuge  treu  und  Itlug. 

13,  125  und  oft  in  diesem  gediclile; 

sie  kamen  bald  zu  jener  statt, 

wo  Roland  jüngst  gestritten  hätt, 

der  riese  lag  im  blute.     Uhland  ged.  395. 

indicativ  und  conjuncliv  des  prät.  sind  also  in  solchen  fällen 
formell  niclil  geschieden,  seltener  ist  es,  dasz  die  präteritalformen 
das  geminierle  t  ganz  aussloszen,  wie 

bestu  ein  arzt  zehen  pfunt  geben 

die  wem  alle  verlorn,    fastn.  sp.  362,  17, 

für  hettestu. 

6)  das  pari.  prät.  lautet  gehabt,  ahd.  kihabet,  mhd.  gehabet 
neben  gehebet  gebebt  (Ben.  1,595*):  als  das  gold  das  ediesl 
erlz  und  das  costlichest  lieb  gehebt  ist  von  aller  menglich, 
manuale  curalorum  48,  2,  und  gebdt.  die  assimilierte  form 
gehatt,  die  nach  hatte  in  voller  berechtigung  war  und  im  nieder- 
deutschen schon  sehr  früh  begegnet  (bibadd  Heliand  3694  Ceti., 
nl.  had,  altengl.  neben  haved  yhad),  auch  im  mitteldeutschen 
bevorzugt  ist  (gehat  Rothe  chron.  immer,  Stolle  p.  107  u.  öfter, 
gegen  gehabt  s.  67),  bricht  sich  in  der  nhd.  schrift.'iprache  dennoch 
nicht  bahn ,  obschon  sie  bei  einzelnen  schrißstelUrn  des  16.  jahrh. 
verwendet  wird  (gehat  :  spat  Rjncwald  laut,  wahrh.  312),  hält 
sich  aber  in  den  mitteldeutschen  mundarten  fast  durdiaus;  auch 
in  Schwaben  gebell  Fromm.  2,  112.  Besondere  beaclUung  ver- 
dient,  dasz  das  parlic'tp  vorzüglich  in  Schweizer  und  elsassischen 
quellen  starkformig  gehaben  lautet:  o  herr  mein  gott  ..  der 
mich  mee  lieb  hast  weder  ie  kein  leiblicher  vatler  seinen 
liebsten  sun  lieb  hat  gehaben.  KKisERsnERC  EschenprOdel  (Strasz- 
burg  4*)  b6*;  von  eim  priester  der  uff  die  bulschafl  gangen 
wj  (=  was),  und  mit  einer  eefrawen  ze  schaffen  hat  gehaben 
in  eim  dorff  in  Franckrych.  Mane  himelfarl  17*;  goll  der 
allmechtig,  der  hat  alle  crealuren  von  ewigkeit  empfangen, 
ein  anschlag  von  inen  gehaben  unn  hat  sie  all  bedacht  unn 
geeret  im  selben.  9*; 

o  Oesierrycb,  was  band  wir  dir  ihan? 
hett  herzog  Sigmund  s  laben  ghan, 

deren  keins  war  uns  beschähen.     LiuiitcaoK  voUut.  2,  406; 
IV.  II. 


ich  beisz  Elsziy  Tragdenknabeo, 

den  nammen  lian  ich  lang  gehaben,    fastn.  sp.  863,  9 ; 

ich  heisz  üoly  Rechenzan, 

den  nammen  bat  min  vatter  ghan.    863,  15; 

wer  sich  ein  wyb  musz  lernen  lan 

der  hat  ein  scharpflen  meister  ghan. 

McB>ER  geuclimatt  bei  Scheibte  8,  966; 
das  ich  hab  bebstlich  würd  gehan.    ibid.  986. 

noch  heute  schweizerisch  gehän  Fromm.  3,  207,  gehübe(n),  geba 
0,  399 ;  d'frau  beig  (hat)  d's  monetgeld  noh  nit  gha  vom  herr, 
und  e  krüzer,  syg  e  krüzer,  wo  si  noh  gha  beig.  J.  Gotthelf 
erzähl.  4, 145.  es  ist  diesz  particip  formell  das  von  heben,  und 
die  Vermischung  einer  solchen  form  des  letztem  Wortes  mit  dem 
veibiim  haben  gibt  ein  argument  ab  für  die  noch  spät  gefühlte 
gleiche  abstammung  und  begriffliche  berührung  beider  Wörter, 
umgekehrt  findet  es  sich,  dasz  formen  von  heben  schwach  gebUdel 
sind,  gleich  als  ob  sie  von  haben  enlstammle'i ,  z.  b.  ich  hab 
auch  kain  ting  mit  im  gemacht  und  angebebt  mess  zu  lesen 
am  sant  Martinstag  53.  Rcland  handtungsbuch  20,  58,  wie  alt- 
fries.  neben  dem  part.  beven  auch  hevet  steht.  Richthofes  813*. 
s.  weiteres  unter  heben. 

B.  Bedeutung. 

Die  vielfach  schillernden  bedeutungen  dieses  Wortes  lassen  sich 
gleichwol  unter  zwei  hauplgesichtspunkte  ordnen ,  wobei  wir  nach 
dem  zur  etymologie  entwickelten  billig  die  gruppe  voranstellen,  die 
die  sinnliclie  grundbedeutung  hallen,  umschlieszen  mehr  oder  weniger 
deutlich  bewahrt  hat. 

I.  Halten,  fassen,  umfassen. 

1)  sinnliches  hallen,  festhalten,  früher  in  weiterem  und  häufigertn 
gebrauch  (mhd.  Ben.  1,  h9$'f.),  und  es  wird  die  begriffliche  Zusam- 
mengehörigkeit von  haben  und  halten  durch  eine  enge  altitterierendc 
Verbindung  betont,  die  weit  verbreitet  ist:  gehept  und  gehalten. 
weisth.  1,20;  alle  die  recht  .  .  stelle  ze  habene  und  ze  be- 
haltenne.  30;  fries.  biadat  üs  to  hebbane  and  tö  haldane  alle 
riucbtlike  tbing.  Richtkofen  343*,  16.     ags. 

hafa  nu  and  geheald  büsa  seiest.    Beov.  658; 
heöld  mec  and  häfde  Ureffel  cyning.     2430. 

Zumal  die  ältere  periode  des  nhd.  gewährt  belege  für  jene  sinn- 
liche bedeulung  des  Wortes:  fulcio,  ich  habs,  i.  halts,  dasz  nit 
fall  Alb.  p.  2,  bairisch  noch  heute  habs  fest  halte  es  fest  Schm. 
2,134;  der  dieb  wird  mit  habender  band  ergriffen  Haltads  767, 
d.  h.  während  seine  hand  das  gestoldene  gut  eben  hält,  wir  sagen 
jetzt  auf  frisctter  thal ,  ags.  hiesz  es  auch  ät  häbbendre  handa ; 

wer  mac  sich  an  den  himel  haben?    ring  5*,  13; 

wiltu  dasz  er  werd  pald  gesunt, 

so  hab  im  ain  rossdreck  für  den  munt, 

und  für  die  nasen  einen  mist, 

so  stet  er  auf  in  kurzer  frist.    fastn.  sp.  686,  22; 
der  welcher  keine  müh 

gespabret,  des  reiches  recht  und  l'reiheit  zu  haben. 
Weckhehlin  635; 

dann  er  gedachte  ewig  an  mir  zu  haben  (festzuhalten).  Simpl. 
1, 182  Kurz,  übertragen  vom  gemdnsckaßUchen  festhalten  unter 
einander: 

nun  habt  zusammen  als  die  man.  fastn.  sp.  491,  1. 
mü  dem  allgemeinen  es  verbunden,  es  mit  jemand  haben,  an 
einem  festhalten,  hangen :  mit  eim  haben  oder  halten,  subscri- 
bere  alicujus  sententiae  Dasyp.  ;  sonst  sind  .  .  die  Vorsteher  und 
gemeinde  gemeiniglich  einig  und  babens  mit  einander,  wie 
die  buben  die  Vogelnester,  baurenst.  lasterpr.  12;  sobald  wir 
ihm  das  mädchen  verdächtig  machen  . .  dasz  sie  es  noch 
mit  einem  andern  habe.  Schiller  197; 

die  mädchen  hattens  unter  sich 

und  projectirteii  meisterlich.     Overeeck  ged.  135. 

so  bezeichnet  in  mundarten  noch  das  intransilive  haben  ganz  sirm- 
lich  das  fest-  oder  zusammenhalten:  de  eem  habt  net,  si  reist. 
Schm.  2, 134 ;  der  stecke  hab  nicht ,  hält  nicht,  ist  nicht  stark. 
Le.\er  129;  das  züg  hed  guet,  das  zeug  ist  von  guter  dauer. 
Stalder  2,  4.  so  braucht  man  dieses  haben  auch  von  dem  an- 
halten oder  stillhallen  eines  reiters  oder  rosses: 

mhd.  dö  sach  si  bi  der  miire  zetal 

einen  schipnen  riler  haben, 

der  was  geriten  an  den  graben.    Wigalois  12,  1. 
ntid,    und  siehst  du  dort  den  voln 

an  der  hefte  haben? 

der  so!  mich,  mein  allcriiehstes  lieb, 

aus  groszen  nöten  tragen.    Uulano  189,  5. 

noch  GöTHE  fühlt  die  transitive  bedeutung  hallen,  in  gewahrsam 
halten  in  haben,  wenn  er  sa^: 


51 


HABEN 


HABEN 


52 


und  er  besitzt  dich  iiiclit,  er  liat  dich  nur.    13,  US, 
was  schwerlich  ein  schriftslellcr  der  Jetztzeit  wagen  würde;  uns  ist 
der  begriff  hallen  nur  noch  in  ganz  bestimmten  fngungen  gegen- 
wärtig: ein  buch,  eine  zeitung  in  der  hand  haben;  er  halte 
sein  liebchen  auf  dem  schosz; 

alle  neun,  sie  winkten  mir  oft,  ich  meine  die  nnisen; 

doch  ich  achtet'  es  nicht,  hatte  das  mädchen  im  schoos. 
GöTUE  1,  354; 

die  katze  hatte  die  maus  in  den  krallen ,  er  hat  das  russ 
am  Zügel;  er  halte  ihn  fest  beim  köpfe;  uftmals  auch  lassen 
diejenigen  so  die  band  an  der  thür  haben ,  einen  der  nicht 
ires  munds  und  siunes  ist ,  nit  gern  in  den  garten  (bildlich, 
zu  einein  amte).  Kirchhof  wendunm.  452;  doppelsinnig  sagt  Aüha- 
iiAX  A  S.  Clara:  diesem  fisch  {in  dem  Petrus  die  münze  fand} 
seind  nicht  ungleich  alle  geitzige,  dann  was  haben  diese  än- 
derst im  maul  ajs  nur  das  geld.  merks  Wien  71.  Auf  jener 
bedeutung  halten,  festhalten  fuszt  die  redensart  etwas  oder  jemand 
in  bänden  haben,  gewissermaszen  so  fest  halten,  dasz  man  volle 
Verfügung  darüber  hat :  alle  menschen  hat  er  igott)  in  der 
hand,  als  verschlossen,  das  die  leute  lernen,  was  er  thun 
kann.  Iliob  37,  7.  ich  habe  den  menschen ,  die  sache  ganz 
in  meiner  hand ;  stark  ist  gefallen  in  allen  das  glück  des 
Vornehmen  und  angenehmen  hofministers  Amman ,  welcher 
den  könig  allezeit  in  bänden  gehabt,  merks  Wien  9 ;  wenn 
ich  nicht  schon  vorschlage,  antrage  in  bänden  gehabt  hätte. 
GöTHE  10, 95.     für  diese  wcndung  braucht  Ayrer  vor  sich  haben  : 

eur  keiserlich  majestat 
die  sach  recht  und  gut  vor  sich  hat 
im  vaiterland  fried  anzustellen,    stifc  Bamberg,  130'. 

2)  der  sinnliche  begriff  des  haUens  kann  dauer  gewinnen  und 
gehl  alsdann  in  den  begriff  des  führens,  tragens  über,  so  haben 
•fiV  gegenstände,  die  lange  zeit  oder  für  immer  mit  uns  verbunden 
sind,  gegenstände  z.  b.  der  kleidung,  die  unser  kürper  längere  zeU 
trägt,  kürperttieile  selbst;  so  sagt  vian:  wie  hast  du  deinen  rock? 
ziehe  den  kragen  herunter;  wie  hast  du  heute  das  haar? 
ordne  es  besser ;  nu  es  aber  übel  steht,  das  ein  weih  ver- 
schnitten bar  habe.  1  Cor.  11,6;  er  hüte  sich  vor  dem  tbier, 
das  Zöpfe  bat.  Simpl.  1,320  Kurz;  sie  furcht  ires  hauses  nicht 
fflr  dem  schnee,  denn  ir  ganzes  haus  hat  zwifache  kleider. 
proverb.  31,  21 ;  wenn  du  die  Cananiter  vertreibst,  die  eisern 
wagen  haben  (im  gebrauch  haben,  führen).  Jos.  17,  18.  am 
häufigalen  wird  durch  eine  präposilion  der  ort,  an  dem  sich  das 
getragene  befindet,  bestimmt:  schuhe  an  den  füszen  haben,  einen 
rock  auf  dem  leibe  haben,  er  hatte  einen  but  auf  dem  köpfe, 
ein  tuch  um  den  hals ,  eine  kostbare  nadel  am  bemd  und 
ringe  an  den  lingern ;  die  armen  leute  haben  oft  kein  hemd 
auf  dem  leibe;  er  hat  vor  den  äugen  eine  brille;  das  mäd- 
chen bat  kluge  äugen  im  köpfe;  er  bat  lange  beine  unter 
dem  leibe,  einen  starken  hart  am  munde,  der  hatte  eine 
güldene  kröne  auf  dem  heubt  und  in  seiner  band  eine  scharfe 
sichel.  offenb.  14,14;  Moses  ..  hatte  zwo  tafeln  des  zeugnis 
in  seiner  band.  2  Mos.  32, 15;  der  priester  soll  in  seiner  band 
bitter  verflucht  wasser  haben.  4  Mos.  5, 18 ;  hatte  ein  blos 
Schwert  in  seiner  band.  Jos.  5, 13 ;  hatte  doch  gar  nichts  in 
seiner  hand.  richter  14,  IG;  die  mich  on  ursacb  hassen,  der 
ist  mehr  denn  ich  haar  auf  dem  heubt  habe.  ps.  (J9,  5 ;  da 
stund  ein  manu  in  linwad,  und  halte  einen  gülden  gürtel 
umb  seine  lenden.  Dan.  10,  5;  das  auch  die  priesler  in  secken 
giengen  und  asschen  auf  dem  heubt  hatten.  Jud.  4,14;  ich 
hab  ein  vierteil  eins  silbern  seckels  bei  mir.  1  Sam.  9, 8, 
wie  gewöhnlich  gesagt  wird  ich  habe  kein  geld  bei  mir,  er 
liatle  nichts  (^=  kein  geld)  liei  sich;  las  den  wein  von  dir 
koinen,  den  du  bei  dir  hast.  iSam.[,\\\  der.,  ein  feil  auf 
dein  äuge  bat.  'j  Mos.  21,  20;  du  soll  dem  berrn  deinem  guti 
kein  ocliscn  oder  schaf  opfern ,  das  einen  feil  oder  irgend 
etwas  bOse.<t  an  im  hat.  5  Mos.  17, 1 ; 

hält  :iur  dem  hanpt  einen  kornähr-kranz.    Götub  13,  12C. 

die  anwendnng  des  rerbums  in  diesem  sinne  ist  eine  freiere,  wenn 
eigenschaflen ,  absiebten  oder  persunen  ab  objeclc  des  tratjens  oder 
führen*  bezeichnet  werden:  durch  die  so  in  gleisnerei  lUgeii- 
redner  Rind  und  brandmal  in  irem  gewissen  linben.  l  7'iffi. 
4,2;  darumb  das  ich  euch  in  meinem  herzen  habe,  l'hil. 
I,  7 ;  dein  lebenlang  bah  golt  für  äugen  und  im  herzen.  Tob. 
4,  6 ;  ir  nnmd  i«!  gleller  denn  bullef,  imd  haben  doch  krieg 
im  sinn.  ps.  &.'>,  22;  wollet  Holrbe  irncbsesRin  in  äugen  haben. 
Luther  /t.  5,625;  ich  li<i  von  einem  lixpiebar,  eini  klapper- 
iiinnn     (iHcr   ein    k(  liui-lrrr  ,    ili-r   \i(\    »nil    m    lui    hiir      I' m  i  i 


scitimpf  u.  ernst  (ir.S3)  S8 ;  die  narren  haben  ir  herz  im  maul, 
aber  die  weisen  haben  iren  mund  im  herzen.  Sir.  21, 2!> ; 
alles  was  du  in  deinem  herzen  hast ,  das  thu.  2  Sam.  7, 3 ; 
der  keine  Widerrede  in  seineiu  munde  hat.  ps.  38,15;  was 
aber  jene  zwo  verklerung  in  sich  haben  (welchen  sinn  sie  in 
sich  führen,  was  sie  bedeuten)  ist  gnug  gesagt.  Luther  ü,  17".i'  ; 
dasz  wir  es  in  uns  haben,  jene  macht  (dersündc)  zu  schwächen. 
Lessing  10,15;  alles  übrige,  was  er  an  und  um  sich  hat, 
fähigkeit,  latent,  reichtbum,  alles  scheinen  nur  zugaben  zu 
sein.  Görnb  19,152;  so  bald  etwas  gescbicht,  das  nicht  ein 
.sonderliches  alterlhumb  an  sich  bat,  ist  es  ganz  und  gar 
nicht  angenehm.  Scuurfius  775;  leutb  welche  mehr  als  pedan- 
tische weiszbeit  bei  sich  haben.  795 ;  die  frOmmigkeit  auf 
den  lippen,  nicht  aber  im  herzen  haben ;  ein  jeder  hab  Obel- 
Ibat  auf  im,  was  er  wöll,  so  hat  er  diese  zeit  Sicherheit. 
Frank  weUb.  203'.  hieran  schlieszen  sich  noch  andere  Wendungen: 
ein  gespräch,  eine  Unterredung  mit  jemand  haben,  wofür  eben 
so  oft  gebraucht  wird  ein  gespräch  mit  jemand  ballen  oder 
führen ;  hab  ich  in  der  Wahrheit  in  vielen  Worten  nil  anders 
erfunden,  die  wir  den  abend  von  c.  f.  g.  hätten.  Luther  br. 
1,  77 ;  eine  sache  im  schwänge  oder  im  schwungc  haben,  sie 
gewissermaszen  fortdauernd  in  bewegung  oder  auf  dem  laufenden 
halten  (s.  schwang,  schwung):  die  Türken  haben  ir  regimcnt 
.  .  im  schwang.  Luther  4,  483'.  zur  bczeichnung  einer  an- 
dauernden bcgleilung :  jemand  um  sich  haben,  gesellscbaft  um 
sich,  bei  sich  haben;  sie  hat  zwei  mägde  hinder  ir  her 
gleichwie  eine  ander  fromme  fraw.  Kalziporus  d6;  wenn  ich 
nur  das  mädchen  in  meinem  hause  haben  dürjU;.  Geli.ert 
3,  2S9;  sie  lebt  mit  ihren  leuten,  hat  die  kinoer  des  orts 
alle  an  sich.  Göthe  10, 139. 

So  ferner:  eine  sache  bat  etwas,  hat  nichts  auf  sich,  es 
wird  an  ein  etwas,  das  eine  sache  mit  stell  führt,  gedacht,  aber 
das  mit  sich  führen  geschieht  in  äuszerlicher  weise,  durch  auf,  im 
gegensalz  zu  in,  ausgedrückt,  ist  also  nur  begleitender  umstand, 
niciU  gerade  notwendige  folge:  vergl.  die  münich  und  nunnen 
meinen ,  wenn  man  inen  disz  wort  zu  legt ,  dj  man  Sprech 
ein  münich  oder  ein  nun,  man  tbi\  es  inen  ausz  Verachtung, 
nain ,  es  ist  kain  Verachtung,  das  wort  bat  es  auf  im  .  . 
darumb  das  es  in  Verachtung  komen  ist,  darumb  ist  es  nitt 
ain  verachter  nani.  has  im  pf.  (granatapfel  1511)  a4'';  will  du 
dich,  weil  gott  dir  keine  kinder  gegeben,  darüber  beschweren, 
dasz  er  dich  mit  einer  so  theuren  beilage,  die  so  viel  auf 
sich  bat,  nicht  beschweret?  Scriver  seelensch.  2,285;  weil 
solche  wohllbaten  golles  gemein  sind,  meinen  wir,  sie  haben 
nicht  grosz  auf  sich.  1,  C41 ; 

ich  weisz  nicht,  was  ein  kuss,  ihr  Jungfern,  auf  sich  hätte? 

0,  wer  aufs  küssen  kümnit,  der  kümmt  auch  gern  ins  bette. 

LoG.vu  1,  90,  74; 

wie  wenn  er  allen  grimm  der  martcr  überwünde? 

und  steil'  und  unverzagt  an!  trotzem  schweigen  stünde? 

denkt  was  das  au!  sich  hab ! 

A.  Grvphius  (1663)  27,  317  (1698  1  «.  33); 

der  weisen  Römer  volk  das  lern  hinfort  verstehn, 

was  ihre  (der  Christen)  sabbaihtag  und  merlin  auT sich  haben. 
212,  3t  (1698  1  s.  501). 
vergl.  auch  aufhaben  1,  659. 

Anstatt  der  localen  präposilionen  steht  zu  oder  als  bei  haben, 
und  es  wird  nun  statt  des  ortes  der  zweck  des  tragens  hervor- 
gehoben: er  hatte  seinen  niantel  zur  decke  oder  als  decke; 
zum  spazierstock  (als  spazierstock)  halle  er  einen  jungen 
bäum,  den  er  sich  im  walde  gebrochen  hatte;  der  müsse 
sieb  gewöhnen,  dasz  er  schmal  und  übel  esse,  und  zwischen 
regen  und  wind  auf  der  erden  schlafe,  die  grüne  beide  zu- 
weilen zum  Unterbett,  und  den  binmiel  zur  Oberdecke  habe 
ScHUPi'ius  .tchriften  (1701)  s.  544. 

3)  auch  in  folgenden,  weniger  sinnlichen  fügungen  gehl  haben 
vom  begriffe  des  längeren  hallens  und  führens  aus:  darzii  sol 
auch  ein  ieder  richter  in  disen  groszen  sachen  vor  der  pein- 
lichen frag  . .  sich  erkundigen  und  fleis/ig  nachfragcns  haben, 
ob  die  missethat  . .  auch  bescheben  sei  oder  jtit.  Carolina 
art.  0;  so  .hoI  man  erfahrung  haben  (nachforschung  halten) 
nach  den  nnrbfolgenden  und  dergleichen  argwünigen  umb- 
stUnden.  art.  25;  wenn  man  geding  bat  (ein  geridU  abhält), 
weisth.  I,  002; 

hcttinil  (hieltet)  ir  hu*  wie  die  olion. 

rychsing  bri  Schoibla  8,  840. 

acht  haben:  schow  und  heb  acht.  N.  MANUKt.  ^j.^(fi.  397 ;  wer 
nu  die  epistel  lisel  der  mu»  darauf  ac  hlung  haben.  Luther 
a.  ii.'i*.  i/i-i/iTc  hiiMiidc  I.  ii.'i.  171.     ralli   li.ibcn  :   hab  ralh  vor 


53 


HABEN 


HABEN 


54 


der  fhat.  Agric.  spr.  (1560)  362'.  ruhe  haben :  wollt  ihr  ruh 
haben.  Göthe  8,  7.  42,  240.  eine  bitte  haben ;  ich  habe  kein 
gebet  mehr  als  an  sie.  Göthe  16,  79.  eine  beschwerde  haben, 
unbestimmter  etwas  haben  gegen  einen :  das  dein  bnider  etwas 
wider  dich  habe.  Mallh.  5,23;  aber  ich  habe  ein  kleines 
wider  dich.  apoc.  2.14.  mit  ausgelassenem  objcct:  ich  habe 
wider  dich,  das  du  die  erste  lieb  verlessest.  2,  4.  ich  habe 
nichts  dagegen  ist  eine  häufig  geh(<rte  redensart: 

ich  habe  gar  nichts  gegen  die  menge.    Götbe  3,  265. 
schuld   haben:     doch   ich    will    an    unnüthiger   Verlängerung 
unserer  Streitigkeit  nicht  schuld  haben.  Lessing  10,  241,  gleich 
häufig  ist  schuld  tragen ;  einen  streit  haben,  wofür  man  auch 
sagt  einen  streit  führen: 

der  kuckuk  und  der  esel 
die  hatten  einen  streit; 

hierher  auch:  ein  äuge  auf  jemand  oder  etwas  haben,  gleichsam 
das  äuge  fortdauernd  darauf  gerichtet  halten:  das  Heva  und  auch 
.\dam  ein  äuge  auf  den  ersten  son  gehabt  haben.  Luther 
4,33';  die  auf  die  andern  ein  aug  sollen  haben.  Mathesius 
126';  dero  herr  söhn  haben  ein  aug  auf  meine  tochter. 
Schiller  182';  habs  äuge  aiifs  geld.  Klinger  1,130.  s.  äuge 
1.  796. 

4)  haben  heiszt  dann  treuer  enthalten,  in  sich  fassen  oder 
f:ihlies:en:  eine  Stadt  hat  einwohner,  ein  flusz  hat  fische; 
der  Speicher  hat  viel  mause;  ein  pfund  hat  dreiszig  loth, 
ein  eimer  sechzig  quart;  ein  bataillon  hat  tausend  Soldaten; 
der  mund  hat  zahne,  zunge  und  gaumen;  der  menschliche 
köpf  hat  mehr  gehirnmasse  als  der  eines  elephanten ;  gottes 
bruniein  hat  wassers  die  fülle,  ps.  65,10;  die  halle  ..  hatte 
stuffen,  da  man  hinauf  gieng.  Hcs.  40,  49;  er  mas  den  räum 
im  tempel ,  der  hatte  vierzig  eilen  in  die  lenge.  41,2;  ein 
seckel  soll  zwenzig  gera  haben.  45,12;  London  hat  mehr 
als  eine  meile  umfang ,  das  enthalten  des  raumes  ist  hier  me 
beim  kreise  vom  mitlelpunkl  aus  gedacht ;  dafür  sagt  S.  Frank  : 
die  insel  Corfun,  die  bei  hundert  und  achtzig  meil  umb  sich 
hat  (umfang  hat),  wellb.  n';  es  hat  dieser  see  umb  sich  110 
rossleüff.  18t';  dise  statt  hat  sehr  weit  umb  sich,  machet 
das  (=  dasz  es)  vil  gärten  darin  hat.  333*.  etteas  anders  bei 
Luther:  ein  igliche  dieser  stedte  hatte  ire  vorstad  umb  sich 
her.  Jos.  21,  42. 

5)  von  der  persönlichen  hailung ,  der  persönlichen  läge  wird 
haben  gebraucht,  in  den  allen  dialeclen  einfach  intransitiv,  so 
(joth.  {)ai  ubila_ba  habandans,  oi  y.axcüs  s'/,ovr£s  Marc.  2,17; 
jah  manvuba  habandans  du  fraveitan  all  ufarhauseino,  xai  ev 
sroiuco  e/otTCS  iy.Siy.fiaai  Ttäaav  Tiaoaxoriv.  2  Cor.  10,  6 ; 
althochdeutsch  stillo  haben ,  wola  haben ,  wirs  haben  Graff 
4.  722.  auch  im  nhd.  noch :  ich  mus  haben ,  als  hette  mich 
<in  hund  gebissen.  Luther  3,  3S1';  gewöhnlich  aber  hier  reflexiv, 
und  wie  das  mhd.  haben  im  sinne  von  hallen,  behandeln,  mit 
peisönlichem  acc.  und  adverb  zusammenfügt: 

swer  da?  verdienen  künde, 

daj  er  zer  taveln  von  rehie  saj, 

den  het  man  iemer  deste  baj.     Wigalois  9',  22; 

habt  ir  mich  ihtes  deste  wirs, 

ich  var  doch  üf  der  mäje  pfat.    Parz.  369,  15, 

so  steht  das  reflexive  sich  haben  zunächst  im  sinne  von  sich  ver- 
halten, sich  betragen: 

mhd.  gein  ir  gruo^e  ich  dicke  neic 

und  het  mich  dö  als  einen  man, 

dem  ein  wip  ir  hulde  gan.    IIahtha:««  bucht.  1,  101. 

nhd.  wie  man  sich  darinne  (im  leben  des  neuen  menschen) 
haben  sei.  Luther  3,22;  der  junge  hatte  sich  so  züchtig, 
artig  und  mädchenhaft,  dasz  er  stundenlang  unerkannt  blieb, 
wie  ich  ihn  denn  nachher  als  knabe  für  ein  verkleidetes 
mädchen  hielt.  Zelter  an  Göthe  432;  künftig  werde  ich  allein 
{den  almanach)  herausgeben,  und  mich  bei  Zeiten  so  haben, 
als  einer,  der  allein  14  bogen  mit  guten  gedichten  voll 
schaffen  musz.  Voss  br.  3,2,125; 

darumb  so  sehnigen,  band  euch  still.    Daniel  (1545)  M4'; 

snlt  dich  gesitsam  haben.     Ringwald  laut,  wahrh.  148; 

darinnen  er  sich  wol  gehat.    312; 

aller  seh  ich,  wie  im  alltagskreise, 

Irci  und  fröhlich,  doch  nach  sitl'  und  weise, 

sie  so  mädchenliaft  sich  haben  kann.     Bcbgkr  .5*. 

im  frrngnanten  sinne,  ohne  begleitendes  adverb,  steht  es  in  dem 
sinne  sich  gegen  die  gewöhnliche  weise,  auffallend  gebärden :  habe 
dich  doch  niciit,  gebärde  dich  nicht  auffallend,  ziere  dich  nicht; 


begegnet  mir  da  in  der  Stadt  ein  hengst, 
in  vollen  sprüngen,  mächtig  wie  ein  berg, 
schwarz  wie  die  nacht,  und  hat  sich,  dreht  sich,  schnaubt. 

TiECK  1,  206. 

lieben  der  persünliclten  haltung  icird  durch  haben ,  in  nur  leiser 
nüance  des  sinnes,  das  befinden  bezeichnet,  und  diesz  rührt  schon 
oß  an  die  unten  11,  3,  c  aufzuführende  bedeutung  des  worts:  ich 
hab  mich  übel  gehabt,  und  hab  mich  nidergekrümmet.  Luther 
1.26";  es  hat  dem  h.  geist  beliebet,  die  geschieht  von  einem 
kranken  kinde,  wie  sich  dasselbe  gehabt,  in  die  bibel  setzen 
zu  lassen.  Scriver  seelensch.  l,  S20 ;  Herder  ist  erstaunlich  höf- 
lich ,  man  hat  sich  wohl  in  seiner  gegenwart.  Schiller  an 
Körner  . . . ;  hierbei  schien  er  sich  sehr  wohl  zu  haben,  ibid. ; 
Wunschformel  ist  hab  dich  wohl : 

wer  gott  zum  freunde  hat, 
und  hat  ein  eignes  feld,  fragt  wenig  nach  der  stat, 
der  vortelhafleii  stat,  da  nahrung  zu  gewinnen 
fast  jeder  musz  auf  list,  auf  tück,  au!  ranke  sinnen, 
drum  hab  dich  wol,  o  stat  !  Logaü  1,  51. 

in  unpersönlichem  gebrauche  es  hat  sich  =  es  verhält  sich :  Joab 
antwortet  und  sprach,  das  sei  ferne,  das  sei  ferne  von  mir, 
das  ich  verschlingen  und  verderben  soll ;  es  iiat  sich  nicht 
also.  2  Sam.  20,  20 ;  wir  wissen ,  dasz  diejenige  krankheiten 
des  leibs  zum  allermeisten  gerährlich  sein  ,  welche  aus  den 
verstopfungea  erwachsen,  es  hat  sich  die  sach  nicht  änderst 
in  den  krankheiten  der  seelen.  Schcppius  Schriften  755 ; 

lustiger  freilich  mag  sichs  haben, 

über  anderer  köpT  wegtraben.     Schiller  329. 

6)  haben ,  halten  in  geistiger  bedeutung,  für  etwas  hallen,  als 
etwas  auffassen,  meist  in  Verbindung  mü  der  präp.  für,  wie  mhd. : 

dö  er  in  daj  sagete,  dö  beten  ej  vür  lüge  sumelicbe. 

Gudr.  1339,  4; 
diz  bän  ich  vür  ein  wunder  gröj, 
das  du  gest  vür  mich  so  blöj.    Bartaam  19,  3; 
swer  für  guot  hat  swaj  er  tuot.     Walther  107,  9; 

ich  wil  ej  dafür  haben, 

swer  lebt  an  allej  hofTen, 

daj  er  ba;  wsr  begraben.    Laber  jagd  482. 

vergl.  allsächs. 

ef  ihu  wilt  hnigan  te  mi, 
fallan  te  minun  fötun  endi  mi  for  fröhon  batas. 
Heliand  1103; 
lät  tnu  thena  man  faran, 
hirtia  ina  than  far  hedinan.  3239. 

ags.  me  man  sägde,  })ät  j)u  for  sunu  volde 
bere-rinc  habhan.  Beovulf  1175. 

nhd.  alle  reichthumb,  ehre  und  gewalt  der  werlt  verschmebelc 
sie  alles  und  hat  es  vor  nicht  umb  die  liebe  gottes.  chronik 
des  Ciarenklosters  zu  Weiszenfels  in  den  neuen  miltheii.  des  thüi:- 
sächs.  altertumsvereins  11,  384 ;  nu  haben  wir  alle  gelobt,  das 
wir  in  wollen  für  einen  gott  haben ,  laut  seines  gebots ,  da 
er  spricht  ich  bin  der  herr  dein  gott.  Luther  6.124';  was 
er  {der  papst)  hat  wollen  für  sünde  haben,  das  hat  müssen 
Sünde  heiszen  und  sein,  was  er  hat  wollen  heilig  haben, 
das  hat  müssen  heilig  sein.  5,287';  sie  ..  haben  den  für 
einen  grewel ,  der  heilsam  leret.  Arnos  5,10;  heim  velten, 
herr!  wenn  sie  sie  nicht  für  einen  narren  hat,  so  will  ich 
gelogen  haben.  Wieland  11,189; 

nun  scbwygend  alle,  wyb  und  man ! 
man  nürd  üch  sunst  für  narren  ban. 

^       fasln,  sp.  862,  19; 
in  aller  haiigen  leben  buch 
nit  mcr  dann  ainen  Jäger  such, 
zu  rechter  zeit  stelt  er  das  ab, 
sölchs  dir  für  nin  excmpel  hab. 

Schwarzenberg  n*,  2; 
das  haben  dann  die  alten  gar 
für  gschickligkeit  an  kindeni  zwar. 

WicKRAM  pilqer  50; 

ellich  haben  Mentz,  ellich  Würzburg  für  die  haiipislatt  des 
lants.  Frank  weltb.  52';  {die  Samoiden  die)  ihr  elendes  land 
und  leben  vor  das  lustigste  und  beste  in  der  ganizen  weit 
liaben.  Rist  Parn.  78  ;  alles  was  das  menschliche  geschlechl 
für  unslrafflicb  und  lieb  bat.  Schupprs  772;  solch  mein  kurtz 
eilend  schreiben  wollet  dismal  vor  gut  haben.  Luther  6,  l'; 
e.  f.  g.  wollt  mirs  zu  gnaden  vor  gute  haben,  briefe  1,207; 
aber  das  ich  nicht  ein  feuer  auf  der  andern  selten  anzünde 
bei  meinen  guten  freunden .  bilte  ich ,  sie  wollen  solchen 
Widerspruch  mir  nicht  für  übel  iiaben.  werke  1,394';  ist  es 
hinfort  den  armen  menschen  nit  für  ubcl  zu  haben,  briefe 
2,62;  hat  Solyman  diese  grosse  schinach  IrelTeHlich  für  übel 


55 


HABEN 


HABEN 


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gehabt.  FnoNSPEncER  kriegsb.  3,158';  es  sol  auch  keiner  dem 
andern  was  für  uhel  haben.  Reuter  v.  Speir  kriegsordn.  67 ; 

heiT,  ir  solt  mir  nirht  Tür  uhel  han, 

das  ich  ewern  rechten  titel  nicht  geben  l<an. 

ein  luflig  ijesprccU  der  teuffei  (15-12)  hl'. 

mhd.  steht  an  stelk  von  für  auch  eine  andere  parlikel: 

si  heien  Benjamin  sam  ir  l)erren. 

Jost'pli  in  Aeg.  cd.  Diemer  "74; 
von  wie  getaner  ordenungc 
sold  er  ze  einem  herren  werden  gehabt, 
für  daj  er  der  werit  hat  widersagt 
der  vor  des  ein  armmensch  was? 

H.  VON  Melk  gehUiße  231; 
alle  mine  recken  sulcn  in  in  haben  z'einem  herren. 
Gudrun  lü8,  4. 

ohne  die  präp.  für: 

mhd.  so  ist  bi  ir  da?  herze  min, 

daj  man  mich  vil  oCte  sinnelösen  hat.    VValther  v,  d.  V. 

nhd.  was  er  hat  wollen  heilig  haben.  Luther  5,  287',  vcrgi 
die  ganze  stelle  weiter  oben; 

wenn  man  eine  Zeitlang  musz  haclien  und  graben, 
wird  man  die  ruh  erst  willkommen  haben.    Göthe  13,  148; 
jeden  andern  zu  schicken  ist  besser,  da  ich  so  klein  bin. 
0  habt  mich  entschuldigt.  40,  33, 

welche  ßgtingen  schon  nahe  zu  den  unten  II,  4,  a  zu  nennenden 
stehen. 

Diese  bedeutung  des  auffassens,  hallens  im  gemül  durchzieht 
nun  auch  andere  redeweisen:  daher  befichlet  er  euch  sie  in 
zwiefältiger  eren  zu  haben.  Luther  br.  5,739; 

seit  das  man  was  die  alten  reclit  verkeren 
und  die  priesterschaft  nimmer  hat  in  eren. 

Keller  schwanke  s.  44  nn.  35; 

0  mein  geliebter,  habe  mich  nicht  im  verdacht,  ich  bin  un- 
schuldig. GüTfiK  15,65;  denn  ich  habe  in  gewohnheit,  die 
Icule  wo  milgiich  warten  zu  lassen.  .].  E.  Schlegel  3,  416 ;  wir 
habens  in  der  art .  wenn  wir  eine  hübsche  mclodie  finden, 
singen  wir  sie  meist  todt,  dasz  sie  kein  mensch  mehr  hüren 
mag.  GüTiiE  14,25;  ...sind  saubere  künden  diese  leute,  haben 
es  mit  iiiren  gnindsätzen,  wie  hanswurst  mit  seiner  kuttc, 
er  liat  immer  die  gleiche  kutle,  aber  er  kann  sie  drehen 
und  wenden  wie  es  ihm  kommod  ist.  J.  Gotthei.f  11, 221 ; 
ich  habe  es  mit  allen  thieren  so,  mit  den  hülincrn  und 
katzen  auch.  er;a7i/.  4,  202  ; 

nun  sag,  wie  hast  du's  mit  der  religion?  Göthe  12,  179. 
formelhaft  tat:  wie  habe  ich  es  mit  dir?  gleichsarn  uie  fasse 
ich  das  Verhältnis  zu  dir  auf?  das  unbestimmte  es  bezeichnet, 
wie  in  den  vorhergehenden  beispielen,  nur  einen  allgemeinen  bezug 
auf  personen  oder  sachen:  Konrad,  Konrad,  wie  habe  ich  es 
mit  euch  ?  Elisab.  von  Toggenburg  s.  8 ; 

dich  macht  die  zeit  nur  gewisser, 
wie  du  es  habest  mit  ihm,  und  wie  die  freundschaft  bestehe. 

GöTUE  40,  297. 

einen  zum  besten  haben ,  als  ein  spotlziel  ansehen  und  behan- 
deln, vgl.  beste  13 ;  1,  1602. 

Die  ältere  spräche  sagt  etwas  von  einer  sache  haben ,  etwas 
davon  halten,  darüber  denken,  verschieden  von  etwas  davon  haben, 
einen  tlieil  an  etwas  haben  oder  erlangen,  was  unten  II,  1  zu 
erwähnen  ist;  auch  hals  ihm  gedünkt,  als  fressen  die  vügel 
auR  diesem  brodkorb;  Joseph,  was  hast  du  davon?  Abraham 
A  S.  Clara  Judas  1,  0.  ähnlich  was  er  darauf  hat  (hält),  weisen 
wol  die  obheruhrtcn  arlikel.  Llther  briefe  3,  03. 

n.  Der  begriff  unseres  wortes  geht  von  seiner  ersten  bedeutung 
halten  zu  dem  begriffe  haben,  besitzen,  in  manigfachen  abstufungen 
und  Schattierungen  über. 

I)  noch  nahe  zu  dem  vorigen  abschnitte  steht  die  folgende  be- 
deutung von  haben,  die  man  etwa  mit  erlangen,  erhallen,  nehmen, 
umschreiben  kann;  nur  ist  zwischen  dem  erstem  und  den  letztem 
Vi'trtern  der  unterschied  des  bef/ii/fcs  immerhin  nicht  zu  verwischen. 
bei  erhallen,  nehmen  fällt  der  accenl  auf  den  moment  des  erfns- 
trns,  bei  haben  hinter  densellien ;  Itaben  leijt  gewicht  auf  ilie  dauer 
des  fefllialleaii,  den  besitz,  so  dasz  die  präteritale  bedeutung  erlangt 
haben  an  einigen  utellen  mehr,  an  andern  weniger  deutlich  hervor 
scheint ,  deutlich  namentlich  ,  wenn  Ursprung  und  früherer  besitz 
bezeichnet  wird:  woher  hast  du  die  noiiz?  W(t  hast  du  da» 
geld  her?  darnu«  er  {der  sulphur)  nun  «ein  donner,  xchlahen 
und  klapf  hat.  I'arac.  l,i:>l';  wo  konntest  du  dieses  doch 
her  haben?  Kichte  rillenl.  2SH;  ich  habe  es  von  sicherer  band, 
dasz    er  Hieb  hier  aurbUll ;    ferner  in  folgenden  beuqiitlen :    ich 


mahnte  ihn  und  die  stunde  darauf  hatte  ich  mein  geld ; 
heute  noch  w ird  er  sein  geld  haben ;  es  soll  nicht  wieder 
mitternacht  werden  und  ihr  sollt  wieder  haben  alles,  was 
euch  gebührt.  GiiTiiE  15,26;  endlich  hab  ich  nun  den  Ochsen- 
kopf {in  Franken,  das  ziel  einer  reise),  i.  Paul  uns.  löge  corr.  20. 
andere  fiigungen  betonen  weniger  das  erhalten  haben ,  als  das 
erhalten :  endlich  werde  ich  doch  ruhe  haben ;  man  solle 
nicht  lang  nüchtern  bleiben,  brod  mit  salz  essen,  und  wo 
maus  haben  kann,  butlerbrod  mit  knoblauch.  Höcüier  kriegssch. 
889;  wolle  gern,  wann  er  von  der  wacht  kömbl,  taback, 
bier  und  brantewein  haben.  Schlpi-ius  8 ;  mit  dem  besten 
weine,  der  in  der  Stadt  zu  haben  ist.  Güthe  20,274;  indem 
ich  sähe,  dasz  meiner  würthin  tüchter  so  guten  Zuschlag 
hatten,  wurde  mir  das  maul  allgemach  nach  neuer  speise 
wässerig.  Simpl.  3,28  Kurz;  Ulenspiegel  sagt  'der  wein  ist 
ZU  deuer,  ich  hab  nit  dan  0  pfenuing,  mag  ich  ihn  dafür 
haben?'  Eulen spiegel  bei  LsPVEShURG  x.  83;  gute  waschen  hatten 
l  thir.  auf  den  stein  mehr  {erlangten  einen  solchen  preü)  in 
wollmarkisberichten ;  auf  dem  strosack,  da  die  meid  das  kind 
het  und  es  die  kelnerin  mit  dem  bad  ausz  schul,  lasztafel 
des  düctor  Grilkn  A2';  lieben  brüder,  mir  kompt  ein  ehi  lieber 
gast  ausz  Scholtlandt  . . .  dem  «olt  ir  alle  zucbt  und  reuerenz 
erbieten ,  das  wil  ich  von  euch  gehabt  haben.  Galmy  293 ; 
gott  hab  imer  lob,  das  er  die  gottlosen  so  hat  weggericht. 
•iMacc.  1,17;  fr.  Dämon:  ein  zufriedenes  herz  ist  mehr  als 
die  ganze  weit.  hr.  Dam. :  ja  ich  will  eben  das  zufriedene 
herz  haben ,  und  darum  sollen  sie  geben  und  mir  das  loos 
schaffen.  GELr.ERT  3,323.  so  sagt  man  ferner:  du  wirst  scha- 
den haben,  wenn  du  dich  nicht  vorsiehst;  ich  vermeinte  er 
w olle  zum  fenster  hinaus  springen ,  deswegen  rief  ich  ihm 
zu,  er  solle  zurückc  bleiben,  er  möchte  schaden  haben. 
unwürd.  doclor  366 ,  sonst  auch  schaden  nehmen ;  eben  so  er 
will  zu  einer  reise  Urlaub  haben;  er  hatte  denn  meines 
gnedigsten  herrn  erlaubung.  Luther  4,  374".  die  Überreichung 
eines  gegenständes  begleitet  man  mit  den  warten  da  hast  du  es ; 
da  hast  du  deinen  hut,  nun  kannst  du  gehen,  so  viel  wie 
nimm  ihn  hin,  empfange  ihn;  hier  hast  du  den  Schlüssel  zu 
meinem  Schreibtische.  Gellert  4,  439  ; 

da!  hast  du  gefreit  um  den  thron  von  Burgund, 

da  hast  du  diemitgift!  da  hast  du  sie,  hund!    Bürger. 

mit  persünliclwm  object:  es  hiesz  der  sce  müsse  alle  jähre  ein 
unschuldiges  kind  haben.  Göthe  20,  274 ;  manches  niädcheii 
vergieszt  ein  thränchen ,  weil  sie  den  geliebten  nicht  haben 
soll.  Kotzebue  dram.  werke  2,232; 

mich  will  er  haben?  mich?  das  kann  nicht  sein, 

sie  irren  sich  im  namen.    und  was  will 

er  denn  von  mir?  Schiller  276; 

wir  sind  Soldaten  der  Fortuna,  wer 

das  meiste  bietet,  hat  uns.    396; 

hier,  hier  find  ich  die  gesellen; 

haben  wir  die  schelmen  nun?     Götbr  10,  281; 

zu  haben  bin  ich,  wie  der  alte  Fritz 

auf  pfeil'cnköpfen  und  lassen.    47,  U3; 
nur  drei  töcbter  sind  da;  sie  thcilcn  allein  das  vermögen, 
schon  ist  die  allste  bestimmt,  ich  weisz  es,  aber  die  zweite, 
wie  die  dritte  sind  noch,  und  vielleicht  nieht  lange,  zuhaben. 

4U,  253. 

Dieser  bedeutung  von  haben  fallen  ferner  einige  formelhafte  redens- 
arlen  zu:  so  statt  haben:  eine  bitle,  ein  gesuch,  ein  begehren 
hat  statt ,  gleichsam  es  erlangt  räum ,  wird  erfüllt ,  wie  mhd. 
gesagt  wird 

ir  bete  vant  ncheinc  slal.    Mhr.  45*. 
nach   stattgehabter   unlersuchung   hat  das  gerichl  den  ange- 
schuldigten   frei    gesprochen;    ähnlich   ist   gebildet   anwenduiig 
haben:    das    gesetz  hat  (ßndcl)  auf  diesen  fall  keine  anwen- 
dting;    dank    haben;    habe   dank    drückt   aus  nimm  d-mh  ,\u 
empfange  dank,  sei  bedankt  (vergl.  dank  7;  2,730); 

er  hitb  se\h»  uf  und  trank, 

der  preutgam  sprach:  hab  dank.     Ildttlcrin  261',  179; 

des  lial)  dank  herzog  Sigmund 

dasz  crs  hat  richten  lassen.     Lilirmcro!«  vnllul.  2,  27*. 

voschieden  davon  ist  einem  dank  haben ,  wo  sowol  dank  iriV 
haben  in  anderer  bedeutung  stehen  [vergl.  unten  3,  b).  der 
Wunschformel  habe  dank  .Kleben  verwünschende  zur  seile:  das 
donnerwctter  suilst  du  auf  den  hals  haben!  das  iniidi  hen 
will  er?  den  tciifcl  soll  er  haben! 

«I  das  er  hnb  sant  Qiiirins  busz !    II.  Sachs  3,  3.  70^. 
etwa!«  davon  haben,  nutzen,  vortheil  von  etwas  erlangen:    was 
»oll   ich   mich   um   ihn    kilmincrn?   ich   habe  nicht«  davon; 


57 


HABEN 


HABEN 


58 


was  hat  man  davon "?  cui  usui  Frisch  2,  406'.  ich  habe  nicht? 
vom  kästchen  noch  vom  Schlüssel,  rief  er  aus.  dein  herz 
wünscht'  ich  zu  öffnen.  Göthe  23,231;  wann  gleich  ein  so 
liederlicher  schlingel  .  .  durch  den  sommer  davon  komt,  so 
hat  man  nichts  anders  von  ihm,  als  dasz  man  ihn  auf  den 
Winter  mit  groszen  kosten  wieder  mondlren  musz.  Simpl. 
1,  408  Kur:,  ähnlich  ist  etwas  dran  haben ,  nutzen  an  einer 
sacke  finden,  ein  kaufmann  sagt  wenn  ich  diese  waare  auch 
noch  so  schnell  verkaufe,  so  habe  ich  doch  nichts  daran, 
erlange  daran  keinen  profit;  bei  Locaü  in  anderm  sinne: 

was  gott  recht  rechnet  ausz,  was  gott  wol  misset  abe. 
steht  nie  so  recht  und  wol,  das  tadel  nichts  dran  habe 

(nichts  daran  auszusetzen  finde).    1,  202,  34. 

dieses  Logausche  dran  haben  stimmt  zu  anhaben  2,  vgl.  th.  1, 364. 
ist  nun  aber  haben  =  erhalten,  so  steht  dazu  mehrfach  die  präp. 
an  im  sinne  unseres  von,  nn  vorzugsu-eise  in  den  niederdeutschen 
dialecten  herschender  brauch,  uo  zu  rerben  des  nehmens,  erhaltens, 
erlangens  präp.  nie  an,  ags.  on,  ät  treten,  die  das  dasein  eines 
zu  nehmenden  gegenständes  an  einetn  orte  oder  einer  person  herior- 
heben,  tcährend  unser  von  mehr  auf  den  acl  der  wegnähme  selbst 
gehl;  vgl.  ags. 

ic  väs  syfan-vintre,  ])ä  mec  sinca  baldor, 

freä-vine  folca,  ät  miuum  fäder  genam.    ßeor.  2430; 
up  gitöb 

fisk  an  flöde.       Hetiami  3213; 

thiio  nämun  sia  an  them  liudon  filo 

diuria  meitmös.  5S90; 

ähnlich  ist  ahd. 

ioh  lesenl  ihär  in  lante  gold  in  irö  sante.    Otfrid  1,  1,  72, 

lesen  aus  dem  sande  gold;  nhd.  etlich  von  den  lanzknechten 
kamen  im  auch  nach,  zu  versuchen,  ob  si  was  an  im  haben 
möchten  (von  ilim  erlangen,  sie  wollten  nämlich  sold  erpressen). 
Wilw.  V.  Schaumburg  196 ;  ein  sterbender  graf  von  Henneberg 
läszt  sich  einen  spiesz  geben  und  schreit  wie  im  kämpfe,  und 
nach  solichem  geschrai  redet  er  vast  ernstlich:  du  böser 
veint.  du  hast  nichts  an  mir,  und  will  dich  mit  disem  sper 
überwinden.  56;  der  gott  der  mich  hat  zum  fürslen  gemacht, 
der  hat  auch  meine  unterthanen  gemacht,  das  ich  nichts 
mehr  noch  bessers  an  im  habe,  weder  der  geringste  bawer 
auf  dem  lande.  Luther  8,  20l'. 

Unselten  ist  die  fügung  dieses  haben  mit  dem  reflexiven  persön- 
lichen dativ  (gramm.  4,705)  gleich  dem  lat.  sibi  habere;  mhd. 
davon  lobet  die  schrift  die  frouwen  alze  schone,  diu  ir  selber 
ir  ougen  6s  brach  und  si  irme  minner  brachte  und  sprach: 
habe  dft  dir  das  dir  an  mir  behaget  und  las  mir  niowe  in 
der  lüterkeit  mines  herzen.  Hacpt  8, 254 ; 

er  sluog  im  üf  der  gigen  abe  die  zeswen  haut: 
das  habe  dir  ze  botschefte  in  der  Burgonden  lant. 
Ktb.  I'JOO,  4 ; 

wir  geben  dir  ze  diner  var 

unt  ze  diner  lipnar 

zwo  marc  von  rotem  golde : 

diu  habe  dir  von  Isolde.    Tristan  207',  20. 

nhd.  hab  dirs,  nimms  für  dich  hin,  AoAc  tibi  Maaler  203'; 
wer  gewunnen  oder  verloren  het,  must  ime  das  haben  [bei 
einem  friedensschlusz ,  auf  grundlage  des  'uti  possidetis').  Wilw. 
V.  Schaumb.  46 ;  werden  sie  aber  auch  drüber  geschlagen, 
so  haben  sie  es  inen.  Luther  4,445';  findet  (er)  alsdenn, 
das  in  verdreusst ,  so  hab  ers  im  und  ein  gut  jähr  dazu. 
537';  Juda  sprach,  sie  liabs  ir,  sie  kan  uns  ja  doch  nicht 
schände  nachsagen.  1  Mos.  38,  23 ;  also  wer  sich  selbs  bewar 
oder  verwarloszt,  des  schuld  sei  sein,  der  hab  ims.  Frank 
weltb.  135*;  lecker  was  haslu  mich  zu  lehren?  lehre  deine 
kinder,  und  hab  dir  das  fallübel  umb  dein  angesicht.  Alberus 
p.  13 ;  wer  die  stelle  anders  auslegt,  mag  sichs  haben.  Göthe 
an  Zelter  707 ; 

se  narr,  sprach  sie,  hab  dir  die  feigen  (schlage). 

IL  FoLZ  6et  Haupt  8,  515; 

(ich  teilt  geben)  ein  aAz  spinnredlain, 

Hilla  das  hab  dir  allain.     fnstn.  xp.  570,  6 ; 

auf  hfib  er  da  sein  weisze  band, 

schlug  sich  selber  an  sein  wang; 

'se  hin  mein  maul  und  hab  dir  das 

dasz  du  dorh  nichts  verschweigen  magst'.    Uhland  248; 

fünfzig  ducaten  hab  dir  zur  schenk.    H.  SiCHs  3,  2,  41*; 

geh  von  mir,  hab  dir  dnisz  und  peulen.    3,  3,  13; 

sehe,  hab  dir  das,  denk  ir  dabei.    B.  Waldis  2,  SO,  33; 

er  ward  schellig  und  nams  beim  bar 

und  sprach:  hab  dir  ein  böses  jar.    4,  60,  94; 

der  wolf  gedacht,  hab  dir  die  drüsz.    E.  Albbrus  118; 

desz  hab  dir  mit  gebottner  band 

mein  ehiich  pflicht  und  treu  zu  pfand.    Atrf.r  195'; 


hab  dir  die  streich,  fahr  hin  zum  teüfel.    417"; 
wer  schult  dran  hat,  der  mag  ims  haben.    9S'; 

die  unruh  wir  nns  haben  müszn 

und  geht  euch  wenig  daran  ab.    142'; 

so  erstreckt  sich  mein  begehren 

weiter  als  auf  treue  nicht! 

ihre  Wahrheit  kan  gewehren, 

was  mir  ihre  gunst  verspricht. 

hab  ich  sie,  so  hab  ich  mir 

aller  schätze  schätz'  an  ihr.    Flemi?«c  515; 

auf  rasch  vergnügte, 

schnellen  Strichs ! 

der  barsch  besieete 

habe  sichs!  6öthk  40,418; 
unkluger  komm!  so  magst  du's  dir  denn  haben!  Tieck  1,261. 
bei  neueren  wird  der  persönliche  dativ  auch  unterdrückt:  wer 
sich  irgend  einen  solchen  drang  muthwillig  schafft,  der  habe 
es.  Lessing  10,31;  das  trotzige  ding  dünkt  sich  hier  oben 
so  sicher!  wenn  einer  auch  einmal  ungezogen  würde,  müszte 
sie's  haben.  Göthe  11,  IS;  mag  sie's  für  meinen  söhn  haben, 
der  um  ihrentwillen  aus  dem  lande  gelaufen  ist.  23 ; 

wenn  ich  nun  im  holden  haine 
unter  meinen  freunden  wandle, 
mögens  meine  feinde  haben 
die  als  kegel  ich  behandle.    47,  266. 

2)  einer  solchen  sinnlichen  bedeutung  von  haben  steht  nun  die 
folgende  zur  seile,  die  sich  auf  das  geistige  erlangt  haben,  ein- 
genommen haben  bezieht,  zunäclist  ist  Itier  anzuführen  das  un- 
persönliche mich  hat  wunder,  gleichsam  wunder  hat  mich  ergriffen 
(gramm.  4,  246) ,  wofür  jetzt  gewöhnlich  das  ganz  präsential 
gedachte  mich  nimmt  wunder  gilt : 

den  künic  bete  wunder  und  sine  man  alsam 
umbe  solhiu  msre  als  er  hie  vernam.    Aib.  110,  1. 

mösent  dise  menschen  in  das  fegefür,  das  het  mich  gros 
wnder.  Merswis  106,  ähtilich  13S;  dasz  er  so  .  .  sanft  ent- 
schlafen ist  . .  das  uns  alle  wunder  hat.  Luther  br.  4,  362. 
daneben  auch  andere  freiere  fassungen:  wie  het  mich  diz  eine 
so  frömede  rede.  Merswin  31.  54;  das  het  mich  gar  eine 
fremmede  redde.  93 ;  diese  redde  het  mich  gar  eine  wnder- 
liche  fremmede  redde.  55.  13S ;  daz  hat  uns  frömde  und  un- 
billich.  Königshoren  970;  ritter  und  knecht  häte  e;  unbillich. 
Ettmüllers  Jahrb.  56, 1 ;  den  ritter  het  frembd ,  da  er  sah 
sein  wesen.  WeiszrUler  10'.  die  redensart  wunder  haben  steht 
auch  in  persönlicher  fügung,  namentlich  im  15.  und  in  der  ersten 
hälße  des  16.  jahrh.,  beispiele  dafür  sind  gramm.  4,  247  gesam- 
melt, s.  b. 

all  landt  syndt  yetz  voll  heyiger  gesehrin, 

und  was  der  seien  heyl  antrifft, 

bibel,  der  heyigen  vät'ter  ler 

und  ander  der  glich  böcher  mer, 

in  masz  das  ich  ser  wunder  hab, 

das  nyemant  bessert  sich  dar  ab. 

narrenscliiff  2*,  5  Zarncke. 
wie  wunder  haben  uH  auch  hehl  haben  gebraucht  und  verlaufen, 
unpersönlich  steht  es  mhd.: 

wie  si  ze  Rine  sx;e,  si  gedähte  ane  daj, 
bi  ir  edelem  manne;  ir  ougen  wurden  na;, 
si  hetes  vaste  haele,  da;  e;  nieman  künde  sehen. 
Mb.  1311   Lachm. 
nhd.  das  habe  ich  gern  nachgelassen  und  hat  mich  kein  hehl, 
das  ein  fürst  und  regent  sei  eine  wellliche  person.    Luther 
tischr.  393';  und  unser  gebet  sol  uns  nicht  heel  haben,  wol- 
lens    anzeigen    öffentlich,    werke  5,276";    für  einen  frembden 
thu  nicht  das  dich  lioel  hat  [ii'cÖTtiov  n).).OToiov  /it;  Tioa'iar^s 
xm-rtTÖt-).  Sir.  8.  il :  ir  wesen  hat  sie  kein  heel  (Siori  vvv 
iraTteti'oJd'Tj  rj  Söia  nvrcör).  Jes.  3,  9.     jetzt  ist  das  per.^ön- 
lichc  hehl  haben  gewöhnlich;  die  geheim  gehaltene  sache  steht  im 
genitiv :  ich  habe  meiner  reue  keinen  hehl.  Gotter  3,407;  die 
laster  die  ihrer  gar  nicht  hehl  haben.  Kant  6. 194.     zweifel- 
haß L«t  der  genitiv  in:  Klärchen  hatte  es  kein  hehl,  dasz  sie 
den  kniegürtel  der  Jungfrau  schon  als  ein  slück  ihrer  toiletle 
betrachtete.    Thümmel  reise  3,  2S2;    für  ihn    tritt   der  accusativ 
ein,   als    n'ichklang  an  die  frühere  gleiche  unpersönliche  fügung: 
ich  .  .  werde   unsic   frcundschafl   nie   hehl  haben.    Niebdhr 
leben  2,  21. 

Hierher  müssen  wir  ferner  ziehen,  wenn  haben  eine  zu  fassende 
oder  erlangte  Vorstellung  oder  kenntnis  ausdrückt: 

denkt  euch  ein  mädchcn,  das  jetzt  hold, 

jetzt  finster  sich  gestaltet, 

und  ob  es  lacht  und  oli  es  schmollt, 

stets  neuen  reiz  entfallet: 

ein  mädchen,  meister  im  talent 

die  herzen  anzuketten, 

und  schalkhaft  wie  ihr  wenig  kennt, 

so  habt  ihr  Henrietten.     Gottek  1,  89. 


59 


HABEN 


HABEN 


60 


ähnlich  denkt  euch  das  ross,  das  keiner  peitsche  klang 
noch  schreckte,  kein  gebisz  noch  zwang, 
....  denkts  euch,  so  habt  ihr  ihn.       1,322; 

ilcr  h.  Augustinus  berichtet,  dasz  er  von  einer  glaubwürdigen 
peison  liabe,  dasz  sie  gesehen  wie  der  niagnet  das  eisen 
beweget  und  umgeführel  habe,  obschon  eine  silberne  platte 
dazwischen  war.  Scriver  seelensch.  2, 377 ;  denn  sie  hattens 
aus  vielfailiger  erfahrung,  dasz  sie  ..  nichts  ausrichteten. 
WiELAND  1.'),  163;  und  doch  hatte  sie  aus  der  orfuhrung,  dasz 
solche  personen  durchs  leben  . .  eine  sehr  angenehme  und 
liebenswürdige  reife  erlangen  können.  Göthe  17,  264. 

Auch  die  Verbindung  haben  wollen  gehört  hierher,  wenn  sie 
sich  auf  das  erlangen  einer  beabsichtiglen  mrkung ,  einer  absticht 
überhaupt  bezieht:  erst  frage  ich  sie:  was  hat  L.  wohl  mit 
seinen  furien  haben  wollen?  was  anders,  als  dasz  es  eine 
arl  von  wilden  spröden  gicbf,  die  nichts  weniger  als  liebens- 
würdige musler  der  weiblichen  zucht  genennt  zu  werden  ver- 
dienen? Lessing  6,273;  er  konnte  gar  nicht  fassen,  was  der 
schauspicldireclor  dieser  todlcngräberscene  eigentlich  mit 
allem  haben  wollen.  J.  Paul  Titan  l,  75.  diese  fügung  ist  häufig 
und  manigfach:  thu  wie  ich  gesagt,  ich  will  es  so  haben; 
mein  Junker  wolte  es  also  haben.  Schuppiüs  (1701)  x.  447;  der 
minister  wollte  haben,  dasz  sich  seine  beamten  der  poli- 
tischen reden  enthielten ;  die  sollen  hinten  usz  ziehen  und 
sollen  min  hern  von  Werlhcim  fernen  inlassen  zihen  oder 
sin  gewalt,  ob  mins  herrn  von  Wertheim  gewalt  das  gehabt 
wolt  han.  «'p;,s7/i.  3,  563.  nicht  haben  wollen ,  nicht  zugeben, 
nicht  leiden,  nicht  haben  wollen,  nehmlich  das  man  es  thuc, 
prohibere  Frisch  1, 3S9';  der  gläubiger  wollte  nicht  haben, 
dasz  der  Schuldner  sich  aus  der  Stadt  entferne. 

3)  am  meisten  steht  haben  in  der  bedeutung  zu  eigen  haben, 
im  besitze  haben;  bei  der  ungemein  häufigen  antcendung  des 
Wortes  hebt  sich  die  bedeutung  bald  mehr,  bald  weniger  scharf 
lierror.  das  einfache  object  üt  in  den  accusaliv  gesetzt,  seltner  in 
den  theilungsgeniliv ,  es  wird  auch  in  gangbaren  und  sprichwört- 
lichen redensarten  als  leicht  zu  supplieren,  ganz  ausgelassen : 

ich  habe  gehabt,  ist  ein  armes  wort, 

ich  hätte  gern,  ist  tiiörig, 

ich  werde  iiahen,  ist  auch  kein  hört, 

ich  habe,  das  klingt  gehörig. 

drum  was  du  hast,  das  nimm  für  viel, 

bei  hoffen  und  wünschen  gibts  kein  ziel. 

Gellert  in  ein  Stammbuch  171G. 

hab  ich  ist  besser  als  hält  ich  sagt  das  Sprichwort,  was  in 
weilerer  fassung  in  ein  Wortspiel  zwischen  hab  ich  und  dem  vogel 
habich  verlauft,  vergl.  unter  habicht;  einer  der  ob  dem  andern 
hat  {nämlich  fcldK  weislh.  3,591;  wo  zwen  bei  einander  haben 
{nämlich  cigentum)  auf  dem  felde  an  der  gemein ,  und  wolt 
der  eine  das  syn  befriden,  sol  er  thun  an  (ohne)  des  andern 
schaden.  3,599;   auf  der  mülin  haben  (nämlich  körn).    4,50; 

doch,  wer  der  wald  nur  eines  herrn, 
man  würd  die  bauern  anders  lehrn. 
weil  aber  viel  herrn  haben  dran  (sc.lhcit).    E.  Alberls  144. 

a)  eine  saclie  oder  eine  person  haben:  der  mann  hat  geld; 
er  hat  ein  groszes  haus  in  der  residenz;  der  mann  war  arm, 
aber  die  frau  hatte  ein  hübsches  vermögen ;  ich  hatte  aber 
nicht  mehr  als  die  vier  groschcn  die  du  mir  gegeben  haltest. 
GErxERT  3,  243 ;  schöne  kieider  haben ;  der  mensch  hat  köpf, 
leib  und  glicder;  der  vogel  hat  federn,  der  fisch  hat  schuppen; 
habt  äugen  und  sehet  nicht,  und  habt  obren  und  höret  nicht. 
Marc.  8, 18;  ihre  gelehrten  .  .  stehen  im  hciszen  sande  immer 
auf  einem  fusz  um  den  andern ,  und  haben  an  jedem  acht 
zehe.  HoLLESHACEN  ind.  revicn  77 ;  wer  mein  wort  höret  und 
gleubet  dem  der  mich  gesand  hat,  der  hat  das  ewige  leben. 
Jfih.  5,24;  er  hat  ein  sanfies  ende  ..  ich  wollte  gleich  mit 
ihm  sterben.  Gellert  4,439;  die  slädlc  ..  haben  ihre  beson- 
dern Ordnungen.  Moser  patr.  phant.  1. 170  «.  s.  w.  in  unzähligen 
Verbindungen ;  darumb  haben  unsere  hcrren  wieszen  iimi  ilcker 
hie,  davon  sie  es  nehmen  sollcnl.  weisth.  5,  577 ; 

darniif  ilim  {dem  dirlir)  anlworl  gab  der  bund, 

gf'Äloln  (liNsrh  iiit  mir  iingeyund, 

Hii  ba.si<i  gewJKlirh  nicht  mit  ehm.    f..  At.bkrur  146'; 

habt  ihr  nicbtü  an  euer  «chfttzchen, 

habt  ihr  nichu  für  euer  lind?    Götiik  I,  193; 

wa«  haben  wir  neues,  Marinelli?  Lkrsing  2,122;  sieh  söhn, 
da  ifit  ein  hiibHrhes,  stilles,  sillsame«  niiidchen,  liraver  ehr- 
licher rllern  kind ,  das  wird  zwar  nur  wenig  halten,  wird 
virlleichl    ntcbU   haben ,   aber   es  ist  in  gotlesfurchl  und  in 

....  r.ii    ,..,.,...     f.'.. ; .    "o  ,.,      j^  btitidinet   das  liiniuyiiclile 


vi:beslimmte  object  es  geradezu  das  vermögen,  die  mittel :  er  hals, 
er  kann  sich  schon  was  zu  gute  thun ;  denn  was  brauchen 
wir  die  kosten  zu  sparen ,  wir  habens  ja  dazu.  Ki.opstock 
12,  354  (qelehrtenreptibl.) ;  im  mhd.  findet  sidi  eine  älinliclic,  nicht 
völlig  gleiche  fügung: 

liAt  sie  oj  an  dem  übe,  sie  ist  ein  dicnstwip  ; 
hat  sie  es  an  dem  adel,  so  ist  ir  swarz  der  lip. 

Wolfdielricli  18,  1  llatzm., 

d.  h.  hat  sie  persönliche  vorzi'ige,  hat  sie  Vorzüge  des  Standes.  — 
Verwünschend  wird  gesagt:  nun  hals  der  henker  Göthe  15,15, 
d.  h.  das  vermögen,  die  mittel  sind  fort,  s.  iienker. 

Mit  persönlichem  object:  freunde,  feinde,  gegner,  gönncr, 
wohlthäter  haben ;  diese  alte  Jungfer  halle  viele  anbeler  ge- 
habt, aber  zu  einem  manne  war  sie  nicht  gekommen;  eine 
familie  die  sechs  kinder  hat ;  endlich  hat  dich  mein  herz, 
du  gute.  S.PAVi.Hesp.  2, 112;  das  Studium  des  menschlichen 
körpers  hat  mich  nun  ganz.  Göthe  29,212;  ich  habe  dich 
wieder!  10,156;  sie  haben  keinen  vater  mehr?  10,141;  die 
leute  die  keine  religion  haben,  haben  keinen  gott.  10,135; 

das  werd  in  ewige  dcmantcn  eingegraben, 
was  wir  für  einen  gott  an  unscrn  gölte  haben.    Fleming  24 ; 
welch  ein  mädchen  ich  wünsche  zu  haben?    ihr  fragt  mich,  ich 

hab  sie 
wie  ich  sie  wünsche,   das  bciszt,   dünkt  mich,  mit  wenigem 

viel.    GöTnE  1,  355; 
or  sieht  dasz  du  gehorciist,  drum  liebt  dich  der  tyrann, 
damit  er  jemand  hat,  dem  er  befehlen  kann.    7,  4; 
denn  wir  können  die  kinder  nach  unserm  sinne  nicht  formen ; 
so  wie  gott  sie  uns  gab,  so  musz  man  sie  haben  und  lieben. 

40,  260. 

oft  gebrauclit  von  dem  be.titzc  des  ehegalten ,  der  geliebten :  was 
geht  uns  die  liebe  an  ?  sie  haben  ihren  mann  und  ich  meine 
frau.  Gellert  3,291;  sie  sagen:  als  mann  und  frau  hatte 
man  sich  nicht  mehr  so  lieb  wie  vorher,  es  ist  nicht  wahr, 
Rose,   wie  lange  haben  wir  uns  schon?  Göthe  14,254; 

du  hast  sy  genommen  und  muost  sy  han, 
und  soll  dir  die  seel  vom  lyb  usz  gan.     fasln,  sp.  2,865; 
allda  mich  deucht,  ich  hält 

die  mir  macht  ein  verlangen.      IIoffmanjc  gesellsch.  licdcr  8; 
Michelein  will  mich  kurzum  hon.    p.  159; 
ich  thäte  selbst,  wenn  ich  Cytheren  hätte, 
was  Phöbus  thut,  er  geht  mit  ihr  zu  bette.    Kästner  494; 
soll  Ich  sie  haben?    Göthe  11,34  (s.  31  isl  diesellie  fraqe  aus- 
gedrückt:  soll  ich  sie  besitzen?). 

dazu  stellt  sich  das  mhd. 

ej  hat  mir  an  dem  herzen  vil  dicke  we  getan 
da^  mich  des  gelüste  des  ich  niht  mohte  hän 
noch  niemer  mac  gewinnen,    daj  ist  schedelich. 
Jon  mein  ich  goll  noch  silbcr:  ci  ist  den  liuteu  gclich. 

minne".  frühl.  S,  2.'). 

mit  den  zweck  bestimmendem  zusatze:  diese  frau  hat  einen  aus- 
länder zum  manne;  der  mann  hatte  eine  geborne  N.  zur  frau; 

Detz,  du  bist  ain  grad  man. 

wilt  du  Metzen  zu  der  ec  han? 

er  sprach  :  ja,  will  sie  niicli. 

Nodung  sprach  :  Metza,  gich, 

wilt  du  Hetzen  han  zu  der  ee?    Ildltlerin  260',  30. 

aber  ohne  rfiwen  zusatz  wird  das  verbum  auch  in  obscönem  sinne 
gebraucht,  ein  fraiicnzimtner  haben,  sie  beschlafen:  wüst  ich 
nicht  ganz  gewiss,  dasz  du  die  Iluiubrechlin  gehabt  hast,  so 
dächt  icii  . .  H.  L.  \Vagm:r  kindermördcrin  42 ; 

cliain  man  sich  nun  henügen  latt 

der  nil  drei  oder  vier  hat.     Hiilzlerin  190",  ISO. 

umgekehrt  von  einem  weibe  in  bezug  auf  miinner: 

hab  ir  doch  zwei  aul  diso  nacht 

hellen  haben  in  einem  haus.    II.  Sach.s  3,  I,  19. 

wenn  eine  sache .  eine  person  dem  be.tilzer  verloren  gegangen 
»'.«/,  so  spottet  man:  nun  hast  du  sie  doch  gehallt!  das  lass 
ich  wohl  bleiben,  es  könnte  mir  wie  dir  mit  Pelern  gehen. 
Uli  hast  dti  ihn  doch  gehabt.  Weiszk  kum.  opern  (1777)  3,227. 

b)  cigenschapen  ,  gei.-'tige  gaben  ,  aller ,  gründe ,  reclit ,  pfiirhl 
U.S.W,  haben:  ich  zweifele  nicht  daran,  die  Iraulien  werden 
eine  bcszere  arl  haben,  als  der  alle  Krnl/euberger  zu  I{eun<. 
ScHt'PPHis  ns ;  die  gesinnungeu  ihrer  srhwesler  zeigten  si<  h 
schon  anders;  sie  iialle  vieles  von  der  mutier.  Göthk  11», 3r>^; 
eine  ihr  ganzes  wesen  haltende  nlhrung.  J.  PAiti. //es;».  3,  60; 
das  ist  die  wahre  liebe ,  und  die  habe  und  hege  ich  im 
heizen  zu  dir,  mein  Oswald,  wie  sie  nur  ein  miidrhen  haben 
und  liegen  kann  .  .  und  habe  sie  gehabt  und  gehegt  imiuer- 
dur.  l>tMtR>iA>>    "' '■''    4,  bO; 


61 


HABEN 


HABEN 


62 


wohl  schleicht  ein  seufzend  volk  liebhaber  um  mich  her; 
doch  du  nur  hast  meiu  herz,  uud  sag,  was  willst  du  mehr? 

GÖTBE  7,  "^2. 

anders  ist :  habe  einmal  das  herz  {den  mut).  Lessixg  1,  247 ; 
auf  das  sie  in  inen  haben  meine  fieude  volkomen.  Joh.  17, 13; 
wer  aber  weichen  wird,  an  dem  wird  meine  seele  kein  ge- 
fallen haben.  Hebr.  10, 3S ;  deswegen  hat  das  incognilo  der 
fürslen  und  die  daraus  entspringenden  abeateuer  immer  etwas 
höchst  angenehmes.  Göthe  25,344;  damals  hatte  alles  den 
reiz  der  neuheit  für  mich.  10, 130 ; 

ich  hab  an  meinen  leiden  lust.    Fleming  494; 
hab  ich  doch  meine  freude  dran.    Göthk  12,  1S6; 
hatten  so  rechte  herzensfreud 
an  dieser  erde  lieblichkeit.     R.  Rei?(Ice  251 ; 

auch  sie  haben  verstand,  und  es  kostet  mich  ein  wort,  so 
haben  sie  keinen.  Lessing  2,173;  du  willst  mein  mann  werden 
und  einen  willen  für  dich  haben?  1,247;  närrisches  weib, 
sagte  dieser,  'hab  ich  denn  launen?'  o  du  hast,  hasti  E.vgel 
12,77;  daher  habt  ihr  euren  argwöhn.  Gütbe  14,256.  mis- 
trauen  haben ;  ein  arg  oder  ein  arges  gegen  jemand  haben, 
.V.  arg  1,547;  ein  geschöpf  das  mich  versteht!  das  mitleiden 
mit  mir  haben  kann.  Göthe  10,146;  sie  haben  doch  auch 
viel  beschwerlichkeit  weniger.  10, 151 ; 

selbst  die  glücklichste  der  eben, 

tochter,  bat  ihr  ungemach.     Gotter  1,  85; 

du  hast's  (dessen,  gen.)  auch  Ursache  gehabt.  14,  255 ;  wollten 
sie  nicht  ein  biszchen  ruhen?  sie  habens  noth.  10,136;  auf 
dem  lande  braut  und  schenkt,  wer  lust  und  mittel  dazu  hat. 
Moser  patr.  phant.  1,176;  hoffnung  haben,  gewisheit  haben; 
ich  habe  keine  hoffnung  mehr  dasz  er  genese ;  und  habe  die 
hoffnung  zu  gott,  auf  welche  auch  sie  selbs  warten,  näm- 
lich das  zukünftig  sei  die  auferstehung  der  todten.  aposl. 
gesch.  24, 15; 

auch  will  ich  trostlich  hoffen  han, 

eure  wort  bleiben  unverchert.    Hälzlerin  199',  212, 

u.s.tr.  in  vielen  Wendungen;  vom  aller:  ehe  er  noch  14  völlige 
jähre  halte.  (Bodmer)  neue  crit.  briefe  4;  wie  viel  jähre  hast 
du?  GüTiiE  IS,  153;  der  älteste  söhn  mochte  einige  jähre 
mehr  haben  als  ich.  25, 175 ;  er  hatte  fünf  jähre  mehr  als 
ich.  301.  von  der  zeit  überhaupt:  ich  habe  keine  zeit;  ich 
habe  zu  der  arbeit  keine  musze ;  jetzt  wird  er  vielleicht  in  drei 
Wochen  nicht  ankommen  und  der  graf  von  Mesgau  hat  gute 
zeit  sich  in  Luxemburg  festzusetzen.  Schiller  UDO;  M.  wo 
willst  du  hin,  Sora?  S.  in  den  garten,  Mana.  .V.  hast  du 
so  viel  zeit?  Göthe  14,3;  unser  eins  hat  so  wenig  zeit  zu 
weinen,  als  leider  zu  beten.  10, 132;  ich  hab  keine  eiL  10,128; 
sein  zorn  über  die  gottlosen  hat  kein  aufhören.  Sir.  5,7; 

das  gesetz  ist  aus.    das  köpfen  hat  ein  ende. 

Schiller  Turandot  2.  a.  4.  sc. 

von  geu-all,  macht,  ansehen,  verdienst,  Verbindlichkeit  u.  s.  id.: 
ir  wisset,  das  die  weltliche  fürsten  herschen,  und  die  mech- 
tigen  unter  inen  haben  gewalt.  Marc.  10,42;  jederman  sei 
unterthan  der  oberkeit,  die  gewalt  über  in  hat.  Rom.  13,1; 
wo  ich  aufhören  musz,  sittlich  zu  sein,  habe  ich  keine  ge- 
wall mehr.  Göthe  23,257;  ich  bette  mit  gottes  hülfe  wol 
so  viel  macht,  das  ich  euch  künd  uhels  thun.  l  Mos.  31,  2S; 
ein  mensch  hat  nicht  macht  über  den  geist ,  dem  geist  zu 
wehren ,  und  hat  nicht  macht ,  zur  zeit  des  Sterbens,  pred. 
-.  S;  hat  nicht  ein  töpfer  macht  aus  einem  klumpen  zu 
lachen  ein  fas  zu  ehren  und  das  ander  zu  Unehren?  Rom.' 
•.21;  warum  hast  du  nicht  auch  kraft,  dir  das  geschehene 
/u  verzeihen?  Göthe  10,163;  ich  hatte  nicht  den  raulh,  ihn 
darum  zu  fragen;  ein  weiser  hat  bei  seinen  leuten  ein  gros 
ansehen.  Sir.  37,  29  ; 

noch  viel  verdienst  ist  übrig,    auf,  hab  es  nur, 
die  weit  wirds  kennen.        Klopstock  1,  111; 

beide  haben  das  verdienst, 
dasz  sie  ...  die  menge  theilen,  die  ich  finden  mag. 

Gotub  II,  244; 
du  wolltest  dein  verderben,    hab  es  nun. 

Schiller  Turandot  2,  4. 

Einige  hierhergehörige  ßgungen  sind  mehr  oder  weniger  formel- 
haß; irir  sagen  täglich  haben  sie  die  gute,  die  freundlichkeit, 
•lie  gnade,  diesz  zu  thun;  haben  sie  die  gutheit  und  erlauben 

-ie  mir  das  lotlerieloos  noch  auf  eine  minulc.  Gellert  3,319; 

lasz    ich    die    ehre    haben   will ,   ihre  Jungfer   muhme  nach 


hause  zu  begleiten.  337;  haben  sie  nur  die  gefölligkeit  ein 
wenig  lauter  zu  reden  und  ich  werde  sie  hören.  Excel  12,  216. 
ruf  haben:  er  hat  als  arzt  ruf;  er  hat  den  ruf  eines  ein- 
sichtigen mannes,  eines  gelehrten,  eines  streitsüchtigen, 
eines  trinkers;  ähnlich  wir  deudschen  haben  das  geschrei 
davon  (lon  der  trunkenheil)  in  andern  lendern.  LtrrHEfi  4,  61*. 
erbarmen  haben ,  der  beltler  ruß  habt  erbarmen ! 

mutter  erde,  hab  erbarmen ! 
freundlich  öffne  sich  mir  armen 
liebesmärtyrer  dein  schoos!     Gotter  1,  26ö. 

der  imi>eralio  tcird  in  dringlicher  rede  auch  unterdrückt: 

erbarmen,  lieber  herr,  erbarmen! 
verschont  den  sauern  schweisz  des  armen ! 

6(:rger  der  wilde  Jäger,  und  noch  öfter 
in  diesem  gedichle. 

recht  haben ,  das  rechte  in  bezug  auf  ansieht  und  meinung  zu 
eigen  haben,  recht  ist  das  substantivisch  geselzle  neutntm  des 
adjedivs,  vergl.  unten  3,  c  kalt  haben,  warm  haben  (verschieden 
ist  ein  recht  haben,  eine  befugnis  besiiz-en) :  du  hast  recht,  sie 
hat  recht,  kurz,  wir  haben  alle  mit  einander  recht,  doch 
wenn  du  es  lieber  siehst ,  so  sollst  du  allein  recht  haben. 
Gellert  3,  231.  dafür  sagle  man  im  mhd.  und  bis  ins  16.  jahrh. 
war  haben: 

si  sprächen,  tochter,  du  hast  war.    arm.  Ueinr.  499; 

sie  sprach,  mein  herr  fuchs,  du  hast  war.    H.  Sachs  2,  4,  35" ; 

und  wöllens  doch  nicht  haben  war, 

betreibeus  gleichwol  immerdar.      Ringwald  g.  E.  lOS'; 

dein  wort  man  läszt  nicht  haben  war.     Ldthrr  S,  346*. 

hierher  auch  es  (gen.  einer  sache,  vergl.  3,1129  no.  IS")  nicht 
wort  haben  wollen,  einen  ausspruch  oder  zusctge  nicht  als  eigen 
oder  verpflichtend  anerkennen :  so  sind  sie  alle,  nur  wollen  sie 
es  nicht  wort  haben.  Göthe  18,155;  Mariane  dagegen  wollte 
nicht  wort  haben ,  dasz  sie  ihn  so  lange  nicht  bemerkt 
hätte.  94. 

c)  krankheit,  übel,  ein  körperliches  bedürfnis  v.  ähnl.  haben: 
da  das  geschach,  kamen  auch  die  andern  in  der  insulen  erzu, 
die  krankheit  hatten,  und  lieszen  sich  gesund  machen,  aposl. 
gesch.  28,9;  denn  sie  sagten,  er  hat  einen  unsaubern  geist 
(goth.  ahman  unhrainjana  habaij)).  Marc.  3,30;  viel  unter  inen 
sprachen,  er  hat  den  teufel  und  ist  unsinnig  (golh.  unhul{)6n 
habaij)  jah  dvalmöj)).  Joh.  lo,  21 ;  und  da  war  ein  weib,  das 
hatte  den  blutgang  zwelf  jähr  gehabt  (goth.  quinunö  suma 
visandei  in  runa  blujjis  jera  tvalifi.  .Varc.  5,  25 ;  wann  jemand 
vom  wein  oder  sonsten  trunken,  dasz  er  davon  gar  groszes 
kopfweh  hat.  Böckler  kriegssch.  S8S;  nicht  wahr,  sie  hat 
grosze  hitze,  und  schon  phantasiert,  seit  dem  ich  sie  ver- 
lassen habe  ?  Gellert  3,  417 ; 

wer  precben  an  den  äugen  het 

und  dem  sein  gesiebt  wee  tet.     fastn.  sp.  752,6; 

was  habt  ir  am  leib  für  beschwerden, 

habt  ir  etwann  ein  offnen  schaden.     H.  Sachs  5,  340*. 

hunger  haben ;  durst  haben ;  kalt  haben,  warm  haben,  heisz 
haben,  wo  diese  adjeclive  in  substantivischer  gellung  stehen,  nieAr- 
fach  aber  zu  adjeclivischcr  zurück  kehren,  wie  ein  gleich  folgendes 
beisfiiel  lehrt;  vergl.  auch  das  neulr.  kalt  5,85: 

zwo  Zungen  habent  kalt  und  warm,  die  ligentfe  sime  rächen. 

Walthbr  29,  II; 
bald  sich  ein  ander  zu  her  stall, 
der  wil  erfrieren,  hat  zu  kalt. 

Gross  ausreden  102  [Hxvrt  3,  253); 

ich  habe  kalt,  mich  friert,  vergl.  Gotthelf  2,  250.  femer  eine 
last  haben:  ich  habe  meine  last,  sagt  der  arme  mann,  fünf 
kinder  zu  ernähren  und  kein  verdienst,  hier  steht  last  bildlich 
als  drückendes,  beschwernis,  eine  sache  hat  ihre  last  (gewicht), 
die  kiste  hat  eine  last  von  fünf  cenlnern  würde  in  die  vorige 
reihe  zu  stellen  sein;  seine  noth  haben:  darüber  hatte  ich  nun 
immer  meine  noth  mit  dem  abbe.  Göthe  20,214;  man  hatte 
noth  Friedrichs  scherze  in  schranken  zu  hallen.  20.  248. 

Mit  dem  unbestimmten  object  es,  welches  ein  übel  im  allge- 
meinen andeutet,  verbindet  sich  dieses  haben:  es  auf  der  brüst 
haben,  es  im  hals  haben,  bnisL-,  halstreh  haben,  ähnlich  es  im 
köpfe,  in  den  armen,  in  den  beiiien  haben ;  ich  habe  es  in 
allen  gliedern,  nämlich  übles  befinden ;  nach  dieser  conslruction 
wird  freier  und  neuer  gebildet  ich  habe  die  ganze  sache  im 
magen,  gleicham  sie  haßet  an  mir  wie  ein  magenübel ;  und  mit 
persönlichem  object  einen  im  magen  haben,  ich  habe  den  kerl 
im  magen. 


63 


HABEN 


HABEN 


64 


So  fragt  man  bei  üblem  oder  nur  ungewöhnlichem  verhalten 
was  hast  du? 

was  hast?   was  kneipt  dich  denn  so  sehr?    Göthe  12,  lü; 
was  ist  dir?  was  hast  du?  —  ach,  in  dem  Spiegel  steht  der 
doinherr.  14,  202 ;    was  hast  du ,  Hippias ,  sagte  sie  zu  ihui, 
dasz    du   eine  tiefsinnige  iniene  mitbringst?  Wieland  1,181; 

du  siehst  mich  lächelnd  an,  Eleonore, 

und  siehst  dich  selber  an,  und  lächelst  wieder. 

was  hast  du?  lasz  es  eine  Treuiidin  wissen.      Götue  9,  101; 

was  haben  die  zusammen?   wie  vertraut!    10,270; 

ich  sitze  hier  und  weine, 

weisz  selbst  nicht,  was  ich  habe.     Götter  1,  363. 

hl  ein  übel,  ein  Unglück,  etwas  befürchtetes  über  uns  herein  ge- 
brochen, so  heiszt  es:  da  haben  wirs;  da  haben  wir  das  un- 
glüclc,  die  bescherung;  lasz  doch  sehen !  ha,  da  liaben  wirs! 
Wieland  19,210;  da  haben  sie  es  nun!  rief  die  alte,  ... 
danken  sie  dem  himmei,  dasz  . .  ihnen  noch  ein  so  vortreff- 
liches kind  übrig  bleibt.  Göthe  20,88;  nun  da  haben  sie's. 
wir  hatten  am  ende  doch  wohl  zusammen  gepasst.  21, 171 ; 
G.  was  bringt  ihr?  S.  schlechte  nachrichten.  da  verlieszen 
wir  uns  auf  des  kaisers  geheime  gunst,  von  der  man  uns 
so  manches  vorschmeichelte,  nun  haben  wir  die  bescherung. 
42,  332. 

Dieses  es  haben  nimmt  aucli  eine  nodi  prägnantere  bedeutung 
an:  der  hals,  er  steht  nicht  wider  auf,  d.  h.  er  ist  tot;  der 
hirsch  hats,  er  ist  erlegt,  teeidw.  1,5'; 

bald  dann  ein  kegel  namb  ein  schaden, 

das  er  thet  auf  dem  platz  auszpaden, 

das  war  den  frauen  nur  ein  glechter, 

sprachen  ei,  ei,  das  ist  ein  rechter, 

er  ist  schabab,  er  hats,  er  hats, 

taug  nit  mehr  auf  den  kegelplatz.    H.  Sachs  1,  Sl"*. 

diesem  persönlichen  er  hat  es  sieht  ein  unpersünlidies  es  hat  ihn 
gegenüber : 

den  mann  hats!  so  nennt  der  sprachbrauch 

dortlands  jenen  zustand,  wo  der 

liebe  zauber  uns  gepackt  hat; 

denn  der  mensch  nicht  hat  die  liebe, 

nein,  er  ist  von  ihr  besessen.    Scheffel  trompeler  62. 

es  hat  mi,  ich  bin  in  der  klemme  Fbomm.  5,  444  aus  Tyrol. 

d)  zu  dem  objecte  im  accusativ  tritt  bei  fällen  unter  3,  b  in 
ungewöhnlicherer  wehe  ein  persönlicher,  nicht  reßc.iiver  dativ:  bei 
der  Verbindlichkeit  die  er  ihr  halte.  Wieland  1,  230;  um  mich 
der  Verbindlichkeiten,  die  ich  ihm  habe,  zu  entledigen.  Merck 
briefs.  2, 146 ;  mein  etat  über  den  ich  halten  musz,  wenn  ich 
am  ende  des  Jahres  nicht  selbst  anderen  Verbindlichkeiten 
haben  will.  Göthe  bei  Scholl  186 ;  er  hab  euch  eine  wichtige 
Zeitung.  Schiller  115;  wir  lösen  häufiger  diesen  daliv  durch  Prä- 
positionen auf:  Verbindlichkeiten  gegen  einen ,  zeitung  oder 
nachriebt  für  einen  haben. 

e)  das  objecl  steht  bei  den  fällen  3,  o  bis  c  statt  im  accusativ 
im  theilungsgeniliv ;  zwar  seltener,  aber  weit  durch  die  deutschen 
dialecte  reidiend ,  so  golh.:  ei  ustai'ihi  silba  sis  vul|)aga  aik- 
klesjön,  ni  babandein  vamm^  ai|i[)au  maile  ai|)])au  hva  svalci- 
kaize.  Eph.  5,  27 ;  fravaurpanai  sv6  lamba  ni  habandöna  hair- 
deis.  MalUi.  9,  36  ;  ags.  nu  liübbe  ic  bis  her  on  banda.  Cädmons 
Genesis  678,  und  noch  mitlrlenglisch,  ubschon  hier  der  genitiv  auf 
die  üblich  gewortiene  weise  durch  die  präp.  of  umschrieben  wird: 
of  smalc  houndcs  haddc  she.  Chaucer  146 ; 

m/ir/.  wand  ich  noch  einer  salben  hän.     Iwcin  131 ; 
habent  si  größer  riterschaft.    pf.  Konr.  206,25; 
ain  man  der  rechter  minne  hat.    Haupt  4,  398. 

nhd.  wenn  ich  mit  mensciien  imd  mit  cngcl  zungen  redet 
und  hcUc  der  liebe  nicht  {gegen  das  goth.  \\i  fria|)va  ni  habau, 
^iech.  uya7tT]v  Si  fir}  i'xoj\.  1  Cor.  13, 1.  2.  3;  so  lang  sie  des 
selben  melwcs  von  Kgipten  halten ,  also  lang  gab  inen  got 
kein  himmelbrot.  KKfiKnsBKRC  bilger  43;  ich  bab  auch  des 
krauts  rausch  wider  rausch.  Garg.  94*.  ungeivöhnlicher  i\t  diese 
conslruction  der  neuern  spräche  geworden,  obwol  sich  gegen  einen 
satt  wie  ich  habe  noch  de»  gehles  das  Sprachgefühl  niclit  strdubt; 
dasz  »ich  etwas  schlimmeres  dahinter  (hinter  der  krankheit) 
versteckt  halten  sollte,  will  ich  nicht  hoffen,  indessen  hat 
man  der  fälle.  Fncel  Lorenz  Stark  [scliriflen  12)  156.  hitufiger 
umuhreibt  man  den  Ihrilungsgenüiv  durdi  die  prdp.  von :  liasl  du 
noch  von  dem  allen  weine?  der  kaufmann  halle  noch  von 
dem  zeuge,  das  ich  kaufen  wollte. 

4)  die  fälle  »ind  nunmrhr  besonders  :h  betrachten,  wo  das 
oiijtri    •■•'    '■••' '■  •   ' 'iiljectiv,  partirip,    advrrh  nrtrr  rrrhum 


noch  näher  bestimmt  oder  hervorgehoben  wird,  die  bedeutung  von 
haben  wird  hier  oß  unbestimmter ,  der  begriff  des  besilzes  tritt 
nicht  mehr  scharf  hervor,  er  verliert  sich  mehr  in  den  des  Vor- 
handenseins für  das  subject  überhaupt,  den  wir  jedoch  völliger  erst 
in  den  folgenden  fügungen  {no.  b)  walten  sehen. 

a)  das  object  wird  durch  ein  prädicatives  adjecliv  näher  be- 
stimmt, das  letztere  ward  im  mhd.  oß  noch  in  Übereinstimmung 
mit  seinem  Substantiv  flectiert: 

den  (lod)  wüiuen  sie  gewissen  hän.    Ernst  3599; 
den  lip  ich  noch  gesunden  hän.    Siijenot  28. 

oß  aber  auch  un flectiert: 

die  boume  die  dd  stuonden  gris 

die  habent  alle  ir  nimve?  ris 

vogele  vol.  Nidhakt  4,  3(i; 

daj  si  im  der  maget  gunde,  wan  er  die  frouwen  guot 
bete  vor  in  allen.  Cudr.  762,  1. 

das  letztere  ist  im  nhd.  itnmer  brauch:  der  gastwirt  hat  seine 
zimmer  voll;  ihr  habt  die  gläser  schon  wieder  leer;  die  frau 
war  geschmackvoll  gekleidet,  sie  liatle  kleid  und  mantel  reich 
besetzt  und  den  hut  sehr  klein ;  hierauf  eilustigle  sich  ein 
jeder  entweder  mit  tanzen  oder  mit  singen ,  auszgenommen 
Levion,  welcher  den  mund  stäts  voll  halte  (==  des.sen  mund 
stets  voll  war).  Happel  acad.  rom.  42;  wer  zu  herschen  ge- 
wohnt ist,  wers  hergebracht  hat,  dasz  jeden  tag  das  Schicksal 
von  lausenden  in  seiner  band  liegt,  steigt  vom  throne  wie 
ins  grab.  Götue  8,  231 ;  sie  tragen  blaue  mit  gold  verbrämte 
mäntel  . .  und  haben  das  haupt  bedeckt.  24,  34.  eine  sache 
nötig  haben : 

herr  kaiser,  grosz  hab  ich  so  eben  nichts  nöthig. 

BÜRGER  67', 

woneben  indes  auch  der  theilungsgeniliv  steht :  ich  habe  dessen 
nicht  nötig,  oder  das  object  wird  durch  einen  salz  umschrieben : 
wir  haben  nie  nöthiger  gehabt ,  uns  genauer  zu  kennen. 
Göthe  20, 195.  eine  waare  feil  haben :  und  fand  im  tempel 
sitzen,  die  da  ochsen,  schaaf  und  tauben  feil  ballen;  es  stehe 
sellzam  und  bärenhaulerisch,  wenn  die  comoedianten  auf  der 
bühne  stehen,  selber  zu  sehen,  und  äffen  feil  haben  wollen. 
A.  Gryphius  absurda  comica  32,  s.  feil  3,1447; 

drum  sind  sie  auszer  noth 
wenn  eine  grosze  Hut  sie  gar  wil  haben  todt  (=  witt,  dast  si 
tot  seien).      Fleming  17. 

Hierher  auch  die  fügung  mit  dem  unbestimmten  es :  ich  habe 
es  gut,  ich  habe  es  schlecht  =  meine  ganze  läge  ist  gut  oder 
schlecht  ; 

kein  verliebter  hab  es  besser.    Göthe  1,  50; 

betrachten  wir  das  alles  genauer,  so  hätten  wir  es  kürzer, 
bequemer  und  vielleicht  gründlicher,  wenn  wir  eingestünden 
...   50,  03. 

In  den  folgenden  stellen  zielt  haben  auf  das  Vorhandensein  in 
der  Vorstellung  oder  im  gemüle,  hier  rührt  es  an  die  bedeutung  des 
geistigen  haltens  und  auffassens,  die  I,  6  {sp.  54.  55)  erörtert  wurde, 
ohne  Uir  doch  genau  zuzufallen;  denn  ich  habe  einen  lieb  sa<?/ 
mehr  als  ich  halte  oder  fasse  Um  als  einen  .mir  lieben  auf,  es 
heiszt  er  ist  für  mich  eine  geliebte  person,  indem  das  verbum  den 
anlhcil  des  sfcbjccts  am  objecte  hervorhebt:  sie  hat  mich  auch  recht 
lieb.  Göthe  10,133;  im  mhd.  sagte  man  ebenso  hold  haben: 

sin  lip  der  ist  so  schnone,  man  sol  in  holden  hän. 
Nib.  102,3; 

ich  minne  zwo  Isolde 

und  hän  die  beide  holde.     Trist.  481*,  2  (Mastm.) 

oder  wert  haben : 

lip,  lA  die  minne  diu  dich  lAt 

und  habe  die  stxtcn  minne  wert.    Walthbr  67,  39. 

im  mnl.  findet  sicli  auch  \H  hebbcn  Huyd  op  St.  3,  41.  vhd. 
dauern  manche  solcher  Verbindungen,  au.<:zer  lieb  haben  auch 
hold  haben:  das  glück  und  die  wcibcr  haben  die  narren 
hold.  AcHicoLA  sprichw.  59';  gern  haben,  wo  gern  noch  adjectiv 
iit :  ich  habe  die  kindcr  gern ;  wie  manches  zuckerbrod  oder 
biscuit  oder  macroiic  ich  euch  hab  zugeschoben ,  hab  euch 
immer  am  gcrnsten  gehabt.  Schiller  I3i'.  mit  sehr  gedninglem 
ausdruck : 

ich  habe  meine  feinde  gern  »o  iioli.    Körnir  2,  165 

=  ich  Äoie  es  gern,  wenn  meine  feinde  so  stolt  sind;  »alt  halten  ; 
ich  habe  den  menschen,    diese  ganze  sache  sali;    ich  bahr 
das  gorcde  recht  sali.  Göthe  II,  IIS  ; 
ich  hnh  nein  ranon  tnii.    7,  II. 


65 


HABEN 


HABEN 


66 


eigen  haben: 

der  mensch  hat  nichts  so  eigen, 

so  wohl  steht  ihm  nichts  an, 

als  dasz  er  trew  erzeigen 

und  freundschaft  halten  kan. 

S.  Dach  bei  Gödeke  1,  333'. 
hierher  auch  die  formel  gott  habe  ihn  selig;  ferner:  als  ihm 
in  seinem  todtbett  der  priester  das  höchste  aitargeheimnus 
nach  christlichem  brauch  in  das  haus  brachte ,  sagte  mit 
freventlicher  znngen,  herr  pfarrer,  was  in  dem  kelch  ist, 
verlang  ich  nicht,  dafern  ihr  aber  begehrt,  dasz  ich  sol  auf 
dero  gülden  kelch  geld  leihen,  habt  ihr  mich  urbielig.  merks 
Wien  s.  71. 

In  der  redensart:  die  kinder  haben  frei,  ist  das  erste  object 
ausgelassen,  zu  verstehen  ist  die  schule: 

die  schaler  gehn,  sie  haben  frei.    Stoppe  Parnass  35. 
bildlich  : 

habt  frei,  je  hört  ihrs  nicht?  ihr  arbeitsamen  sorgen! 
vor  euch  ist  heute  nichts  zu  thun!  ibid.  88. 

b)  in  der  älteren  spräche  tritt  zu  dem  object  ein  part.  praes., 
den  zustand  oder  die  Ihätigkeil  des  ersteren  henorhebend,  im  gegen- 
satze  zu  den  fällen  unter  a,  die  nur  eine  eigensdtaß  bezeichnen: 

wan  e;  hete  diu  vil  süeje 

ir  lieben  herren  füeje 

stände  in  ir  schöjen.    arm.  Heinrich  461; 

Rustevil  was  van  groteme  love 

ein  timmerraan  unde  hadde  in  sinem  hove 

liggende  eine  ecke.  Heineclie  fuclis  614. 

het  er  anderswa  vih  stände,  uästh.  1,  330.  dieses  part.  praes. 
ersetzt  in  jüngeren  quellen  ein  infinitiv.  beispiele  für  das  16.  jakrh. 
hat  MF.csEBAcri  in  der  gramm.  4,628  reichlich  geliefert;  auch 
Luther  schreibt:  wo  ihr  anders  recht  glaubt  und  Christum 
wahrhaftig  in  euch  habt  leben  und  regieren,  br.  2,575.  heutzu- 
tage sehr  gewöhnlich :  ich  habe  geld  im  kästen  liegen,  er  hat 
drei  pferde  im  stalle  siehn ,  der  meister  hat  sechs  gesellen 
sitzen  u.s.w.;  die  fetten  kapphahne,  die  ich  auf  dem  hofe 
herumlaufen  habe.  VVeisze  kom.  opern  (1777)  3,  140.  gramm. 
4,  628  icard  vennutet,  dasz  dieser  infinitiv  aus  jenem  participium 
praes.  vielleicht  entstellt  worden  sei;  indessen  ist  auf  eine  gleiche 
fi'igung  von  sein  aufmerksam  zu  machen,  tco  auch  statt  des  pari, 
der  inf.  sich  bereits  sehr  früh  findet ;  so  ags. : 

j)ä  väs  säS  ])anon  Södöma  folc 

gfiffspell  vegau.       (ienesis  2097,  bei  Gbein  1,  55. 

in  quellen  des  15.  IG.  jahrh. : 

seit  das  man  was  die  alten  recht  verkeren. 

Keller  sclitcänkc  s.  44  ; 

herr  gott  wie  weh  ist  einem  mann 

der  ein  schön  junges  weih  ist  han. 

H.  Sachs  4,  3,  8',  ähnlich  öfter; 
ebenso  bei  werden:  sprang  hinein  und  ward  zittern,  apost. 
gesch.  16.  29 ;  bei  tragen :  dy  meyde  trüge  ore  czopphe  binden 
nidder  hangen.  Stolle  ehren.  190;  es  ist  hier  durch  den  infi- 
nitiv folge  und  forldauer  eines  zuslandes  hervorgehoben,  wozu  die 
accusatieische  natur  dieser  nominalbildung  an  sich  tauglich  ist,  er 
wai  verkehren  =  er  verkehrte  immer,  ganz  so  sind  die  bil- 
dungen  mit  haben  zu  beurtheilen :  ich  habe  geld  liegen  =  das 
liegen  des  geldes  findet  für  mich  längere  zeit  statt;  eine  stütze  dieser 
auffassung  gewährt,  wenn  man  in  Berlin  hört:  ich  habe  geld 
zu  liegen,  wir  hatten  ein  groszes  gefäsz  in  der  küche  zu 
stehen,  hier  hebt  die  praep.  den  zweck  des  längern  zustandes  noch 
besonders  hervor,  auch  bei  sein  eine  gleiche  fügung:  bisz  zu 
ruhen  (sei  ruhig).  Wickram  rollw.  103,  3  Kurz. 

c)  zu  dem  persünlichen  oder  sächlichen  object  tritt  ein  beiregung 
oder  ziel  ausdrückendes  adverb  in  Vertretung  eines  derartigen 
verbums,  aber  nicht  so,  dasz  man  fortfall  eines  solchen  anzunehmen 
hätte:  wahrlich  ich  sage  euch,  sie  haben  iren  Ion  da  hin 
(aTTe'xovatv  top  uiad-ov  avrcöv).  \iatth.  6,  2.  5.  16.  weitere 
beispiele  unter  dahin  2,  691. 

die  alte  berentreiberin, 

wo  hat  sie  jetzt  der  teufel  hin?    11.  Sachs  4,  3,  206; 

die  aller  grösten  sorg  ich  trag 

der  ander  zauberer  hab  sie  hin. 

Atrer  293'  (1467  Keller); 
vergl.  mhd.  hin  haben  Bek.  1,597*;  es  haben  nun  e.  k.  f.  g. 
die  drei  praebenden  widderumb  heim.  Lcther  br.  2,  529 ;  von 
dannen  haben: 

TÜ  pald  si  im  sein  put  swert  und  seinen  volen  nara. 
ee  das  er  cham  zu  im  selbr,  da  het  si  es  von  dann. 

Woltäielr.  bei  Haipt  4,  43",  311  cf.  312. 

weg  haben :  der  arbdter  sagt  ich  habe  meinen  verdienst  schon 
weg;  er  hat  seinen  lohn  vorweg,  praecerpsit  praemium  Stieler 
iV.  II. 


2456;  den  mund  vorneweg  haben  für  vorlaut  sein;  durch 
haben  :  ir  habls  nu  hindurch  und  den  sieg  an  dem  alten 
drachen  erobert.  Lltiieb  8, 189';  oft  von  dem  buche  gesagt,  das 
ganz  zu  ende  gelesen  ist:  Walt  gab  es  ihm  {zu  lesenK  als  ers 
durch  hatte,  sagte  er  . .  J.  Paul  flegelj.  (1804)  1,  218. 

d)  im  gothischen  drückte  haban  mit  einem  folgenden  infinitiv  ein 
vorhaben,  absieht,  willen,  entschlusz  aus';  es  übersetzte  theils  das 
griech.  fii)leiv  (silba  vissa  ()atei  habaida  taujan  avros  yao 
f^Sst  Tt  eueilev  TioieTv.  Joh.  6,  6),  theils  das  griech.  futurum 
geradezu:  {)aruh  sa  andbahts  meins  visan  habai|)  ixtl  6 
Stäxouos  6  dfiös  sarai.  Juh.  12,  26.  J)atei  tauja  jah  taujan 
haba  o  Si  noico  xai  noiijaoi.  2  Cor.  11,  12.  im  nhd.  findet 
sich  eine  gleiche  fügung,  nur  dasz  in  ihr  haben  weniger  ein  vor- 
haben oder  eine  absieht ,  als  das  Vorhandensein  einer  notwetidig- 
keit  oder  des  Vermögens  für  das  subject  ausdrückt:  denn  ich 
auch  nichts  scheuen  habe.  Lctber  br.  2,  144;  und  als  der 
krank  fürst  zu  nacht  schlafen  soll,  hette  er  auf  nichts  ligen. 
Wüw.  V.  Schaumb.  191.  anders  aber  ist,  wenn  vor  einen  solclien 
infinitiv  noch  gut  tritt,  der  inf.  ist  hier  als  Substantiv  gedacht, 
gut  ist  sän  adjectiv ,  die  bedeutung  von  haben  aber  ist  dieselbe: 
denn  e.  f.  gn.  haben  desz  gut  wissen.  Ldther  br.  2,  541 ;  er 
hat  gut  reich  werden.  Agric.  no.  326;  sie  hat  gut  singen, 
sie  hat  keine  schulden  zu  bezahlen.  Simpl.  3,426  Kurz;  wel- 
cher des  teufeis  bereits  eigen  ist,  hat  gut  schwören.  Pistoi 
Ries  7  no.  36;  der  gyps  hat  gut  reden,  sagte  Charlotte,  der 
ist  nun  fertig.  Göthe  17,54;  jüdische  propheten  hatten  gut 
weissagen.  Kant  1,28t,  der  auch  wol  unter  einwirkung  der  unten 
folgenden  beispiele  sagt  die  einwohnen  .  .  hatten  gut  te  deum 
laudaraus  zu  singen.  9,34; 

die  ersten  halten  da  gut  wohnen.    Gökingk  1,  29. 

e)  dem  objecte  folgt  ebenfalls  ein  infinitiv,  aber  durch  zu  ver- 
mittelt, und  den  zweck  hervorhebend,  auch  hier  schwankende  be- 
deutung von  haben. 

a)  in  einzelnen  fällen  ist  sie  noch  =  besitzen,  zu  eigen  haben : 

mhd.  daj  er  nien  biete  wem  ze  geben,    welsch,  gast  11527. 

nhd.  der  buschof  daer  van  hait  des  jairs  wael  zwei  hondert 
ducaeten  zo  verzeren.  Harf  72, 12.  13 ;  wenn  er  heute  nicht 
arbeitet,  bat  er  morgen  nichts  zu  leben  ; 

0  wehe,  nun  bab  ich  nichts  aufzustehn, 

so  schluchzte  sie  nieder  ins  küssen.     Borger  65'. 

ß)  in  andern  fällen  bezeichnet  haben  nur  das  Vorhandensein 
der  notwendigkät  jener  bezweckten  handlang:  ich  habe  etwas  zu 
thun,  für  mich  ist  etwas  zu  thuendes  vorhanden ;  was  haben 
wir  zu  thun  ?  ich  will  mit  der  sache  nichts  zu  thun  haben ; 
was  haben  wir  mit  dir  zu  schaffen?  Luc.  4,34;  wer  wieder 
sagt  dasz  du  eine  närrin  bist,  der  hat  es  mit  mir  zu  thun. 
Lessing  2,  174.  dieses  'zu  thun'  oder  'zu  schaffen'  musz  in 
manchen  Sätzen  nur  verslanden  werden:  packe  dich,  du  hast 
nichts  mit  uns,  wir  nichts  mit  dir  (zu  schaffen).  Göthe  42,  412; 
die  Schnotterbaum  lag  die  nacht  durch  in  wüthenden  krumpfen, 
was  uns  weiter  nichts  angieng,  denn  wir  halten  es  nicht  mit 
ihr,  sondern  mit  ihrem  miethsmanne  (zu  thun).  Immerma."«» 
Mänchh.  2,148; 

nicht  du  bists,  den  ich  hier  gesucht.  — 

ich  hab  es  nur  mit  ihr  allein.     Schiixeb  3S3'; 

wir  haben  es 
mit  einem  kecken  feiud  und  sind  geschlagen.    460. 

zuweilen  mttsz  das  object  ergänzt  werden :  ich  habe  zu  ihun 
{eine  arbeit);  die  alle  zu  schaffen  hatten  in  der  bülte  des 
Stifts.  4  Mos.  4,37. 

Die  unter  ß  angegebene  bedeutung  von  haben  erläutern  noch 
manche  andere  beispiele:  des  todten  lichnams  friindschaft,  die 
in  von  angeborner  sippschaft  ze  rechen  haben,  weislh.  4.  343 ; 
gnediger  herre,  ich  Iftbe  mit  uwern  gnaden  was  zu  reden. 
KöDiz  22.3;  alsdenn  soitu  eine  gute  anzabi  teulscher  und 
lateinischer  traclätlein  von  meiner  band  zu  empfangen  haben. 
Scauppius  127 ;  da  er  sich  wegen  der  in  seinem  handbrief- 
lein  gebrauchten  kürze  zu  entschuldigen  nicht  gehabt.  Butschkt 
hd.  kanzelley  65 ;  oder  wenn  er  wohl  gar  —  was  wir  doch 
wirklich  zu  fürchten  haben  —  sie  ungütig  aufnimmt?  Engel 
12,188;  der  strausz,  den  ich  noch  mit  ihnen  auszufechten 
habe.  Lessing  lo,  131 ;  der  knabe  wird  indessen  noch  stärker 
werden  und  ich  habe  weniger  für  ihn  zu  fürchten.  Klinger 
5,338;  eine  gewalt  unter  die  wir  uns  zu  beugen  hätten.  Kant 
1 7,  304 ;  an  dem  gärt  ner  aber  halte  sie  zu  trösten  über  manche . . 
lücke.  Göthe  17,  304; 


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HABEN 


HABEN 


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ich  werf  ihm  eins  wol  in  den  hart 
das  er  habe  zu  klauben  draus. 

Dresnicer  chrixll.  ritlerscliaft  (1553)  CT; 
xum  holen  sind  zwar  ort  die  guten  Treunda  da, 
doch  einen  der  was  bringt,   den  hab  ich  nocli  zu  sehen  (den 
noll  ich  noch  sehen).     Götue  7,  19; 
romantische  gespensler  Isennt  ihr  nur  allein, 
ein  acht  gespenst  auch  classisch  hats  zu  sein.    41,  109; 
ich  habe 
mich  über  dinge  mit  dir  zu  besprechen. 

ScHtLLEH  Iphigenie  5,  2. 

y)  haben  betont  tveniger  die  mtu'cndljkeü ,  als  rermögen  und 
fdbigkeit  zu  einer  bezweckten  handlung:  was  hat  das  zu  bedeuten 
(=  was  kann  das  bedeuten)^  hat  nichts  zusagen.  Engei,  12, 114; 
so  wenig  es  einem  verantwortlich ,  dasz  er  ein  mörder  an 
seinem  eigenen  leib  würde,  so  wenig  hätte  er  zu  verantwor- 
ten, dasz  er  seinen  ehrlichen  namen  nicht  rettete.  Scnuppios 
622 ;  was  hat  denn  der  hauptpastor  in  Hamburg  dem  biblio- 
thekar  in  Wolfenbütlei  zu  befehlen?  Lessing  10,240;  laszt 
mir  das  'gnädige'  weg,  es  wird  sich  bald  nichts  mehr  zu 
gnädigen  haben.  Göthe  15,51; 

darneben  mich  zu  trösten 

mit  gutem  gwissen  hab   (kann  mich  mit  einem  guten 
qewiasen  trösten). 
Hütten  'ich  haljs  gewagt  mit  sinnen'. 

in  negativen  Sätzen  auch  mit  verwehrendem  sinne :  dem  vater  hat 
niemand  einzureden.  Lessing  2, 181 ; 

disz  wisse  nur  gewiss,  es  hat  nicht  anzustehn, 
der  sonnen  wagen  wird  nicht  oft  herurab  crgehn, 
du  wirst  noch  eines  selbst  von  deinen  gliedern  geben. 

Opitz  I,  194; 
sclave.  du  hast  keine  briefe  zu 

erbrechen,  die  ich  trage.    M.  du  hast  keine 
zu  tragen,  die  ganz  Griechenland  verderben. 

Schiller  lihigenic  2,  1. 

Analog  gebaute  stellen,  nur  mü  reflexiv  verwandtem  rerbiim, 
haben  ironisciie  bcdeutttng  und  weisen  demnach  die  notwendigkvit 
zurück: 

'er  liebt  mich,  sagst  duV  —  o,  das  hat  sich  noch  zu  fragen! 

er  schwärrat  vor  lieb',  er  ist  verrückt, 

ist  auszer  sich  .  .  .  Wieland  21,  221. 

oft  aber  auch  nicht  sowol  die  notwendiykcU  als  das  vermögen  {vgl. 
oben):  frau.  gott  behül  uns  in  gnaden.  Miller,  es  hat  sich 
zu  behüten.  Schiller  181;  wie  sie  nun  weiter  forlgangen,  so 
treffen  sie  eine  mutier  an  vor  der  hausthür,  welche  ihrem 
kind  die  haar  aiiszkamplet,  und  weilen  solches  kleine  bübel 
den  kainpel  raufens  halber  weigerte,  hat  die  mutier  aus  Un- 
geduld aufgeschrien :  halt  du  fratz,  dasz  dich  der  teufel  hol ! 
worauf  der  docior  mehrmalen  den  teufel  angeredet :  waruinen 
er  doch  das  kind  nicht  ncmme?  da  hab  er  eine  seel  zum 
besten,  hat  sich  wol  nemmen,  sagte  darauf  der  saubere 
cammerad,  disz  ist  nur  ein  gemeiner  mutier  fluch,  es  ist 
ihr  bei  weitem  nicht  also  uinbs  lierz.  hidas  d.  erzsch.  l,  184 ; 
F.  was  seht  ihr  meinen  vater  so  an?  Tr.  es  hat  sich  da  viel 
anzusehen ;  es  ist  doch  beinahe  stichdunkel.  BnENTAXO  Inst. 
mus.  29;  ja  es  hat  sich  was  zu  schicken.  Göthes  mutler  bei 
DoBow  rcminise.  166;  ei  warum  kamt  ihr  nicht  alle  so  ge- 
drittelt? 'hat  sich  was  zu  dritteln'!  die  wörterschau,  possenspiel 
(Leipz.  1802)  74; 

rath,  majestät?  hat  sich  da  was  zu  rathen !  Schiller  587. 
Dieses  es  hat  sich  ist  nun  ah  ironische  redensart  in  weite  Ver- 
breitung gekommen,  der  ihm  folgende  infinitiv  wird  kurzer  hand 
untcrdn'ickl  und  ist  aus  dem  vorhergehenden  satze  zu  ergänzen : 
wir  sdllen  glauben,  es  sei  um  der  religion  willen,  ja,  es  hat 
sich  fnämlich  zu  glaul>en).  Gotiie  8,175;  N.  bist  du  nicht  ver- 
gnügt, die  meine  zu  sein?  D.  es  hat  sich  (vergnügt  zu  sein). 
11,115;  mcnRchlich  gefülil?  schäm?  hat  sich  was  (zu  schämen). 
Jacübi  an  Gothe  41 ;  Cl.  der  keri  dürfte  aber  wohl  denken, 
man  steckte  vor  ihm  zilterfedern  auf.  Edw.  ach!  es  hat  sich 
wohl,  frau  Schlampampe  1.30 ;  wie  meint  er  nun  wohl ,  herr 
Till,  dasz  die  leiile  den  iiieszen?  'wie?  einen  tiefsinnigen 
k<»pf' .  ja,  es  hat  sich  wohl !  einen  narren.  Engel  philos.  f.  d. 
w.  1«:  er  kommt  in  gdchfiften  nach  F'aris,  vellcr?  'in  ge- 
«chaftcn  !  hat  «ich  wol!'  Schiller  034';  ist  es  (das  grlrdnk) 
ihm  denn  nicht  zu  stark?  fragte  Siegfrid.  och,  hat  sich 
wohl,  »ersetzte  die  wirlhin,  ob  er  wohl  kein  söufer  ist,  so 
i«l  M  ihm  doch  ein  schlechtes  . .  ein  ziinlich  glasz  brand- 
wein hinunter  zu  schlucken,  unwhrd.  docl.  701.  —  In  freierer 
ücllung:  als  in  gewisser  bcgebcnheit  etliche  über  land  aus- 
gewe*lc  inu«iknntrn  »ich  dergestalt  vollgesoiren,  dasz  sie  sich 
nach  haus  zu  p«' •■ '■■   : >       ■  ':     '■    f-niwegen  auf 


einen  hochbeladenen  wagen,  in  erinangelung  einer  andern 
gelegenheit  gesetzet,  und  über  eine  zeit  ist  der  Schulmeister 
darvon  herunter  gefallen,  der  organist  aber,  als  der  noch  am 
wcnigstcu  betrunken,  dem  fuhrknecht  befohlen  von  dem  ross 
zu  steigen  und  umzusehen,  dann  er  glaube  es  sei  ein  caput- 
rock  herunter  gefallen,  dieser  aber  .  .  erkennet,  dasz  es  der 
Schulmeister  seie,  von  welchem  er  das  exaudi  nos  iu  denen 
processionen  öfter  wiederholen  gehurt,  sagte  er:  es  hat  sich 
wohl  capulrock,  es  ist  ja  der  e.xaudi  nos.  fiicgenwedel  7  ;  heida  ! 
wo  wollte  ich  in  meinem  vorigen  hin?  es  hat  sich  wohl,  dasz 
der  herr  hauptpastor  den  namen  advocat  in  seiner  eigent- 
lichen bedeutung  nehmen  sollte.  Lessing  10,209;  Kr.  je  nun, 
wenn  ichs  beim  lichte  besehe,  so  sind  wir  kaum  dadurch 
auf  ein  paar  tage  länger  dem  stricke  entgangen.  Sl.  ah,  es 
hat  sich  was  mit  dem  stricke,  l,  304.  -f?flr  nicht  ironisch,  son- 
dern rein  einräumend  hat  Büiiger  diese  redensart  gefalzt:  einem 
wolbelciblen  dichter,  der  über  schlechte  zeiten  klagt,  wird  entgegen 
gehalten,  dasz  wenn  er  so  spreche,  sein  ganzes  duszere  wider  ihn 
zeuge : 

das  hat  sich  wohl !  seufzt  der  poet  geduldig. 

doch  gott  gesegn'  ihn,  meinen  bauch  .  .  . 

bin  ich  dem  speisewirih  noch  schuldig.    03', 

hier  ist  das  hat  sich  wohl  so  viel  wie  das  verhält  sich  freilich 
so,  vgl.  es  hat  sich  1,  5  {sp.  54). 

5)  der  begriff  des  zu  eigen  scins ,  gehören s ,  bcsitzens ,  gebt  in 
einer  anzahl  von  fügungen  ganz  unter,  in  denen  iiaben  nicht 
mehr  als  das  blosze  Vorhandensein  ausdrückt  und  das  ganz  in 
den  Vordergrund  tretende  object  nur  eine  leise  beziehung  zu  dem 
subjede  bietet:  wir  haben  gutes  weiter  ist  fast  gleich  mit  es  ist 
gutes  welter;  wir  haben  regen;  wir  hatten  grüne  Weihnachten 
und  werden  denn  weisze  ostern  haben ;  dieses  jähr  haben 
wir  spat  plingsten;  in  diesem  sinne  wird  auch  gesagt  ich  habe 
zeit,  etwas  zu  thun ,  d.  h.  die  zeit  dazu  ist  da,  ist  vorhanden, 
also  verschieden  von  jenem  zeit  Iiaben,  was  oben  3,b  {sp.  Ol)  er- 
wähnt ist:  Eckarlh  sagte,  er  halte  zeit,  dasz  er  geeilet  halte, 
wir  hüllen  ihn  sonst  wollen  willkommen  heiszen.  unwürd. 
doctor  341;  Dschengis  hatte,  nach  einem  aufenthalle  von  et- 
lichen monaten  in  Schescbian,  hohe  zeit,  mit  seinem  unter- 
gebenen unsichtbar  zu  werden.   Wieland  7,154; 

komm  bruder,  lasz  uns  eilen, 

wir  haben  hohe  zeit.      Fleming  214. 

ähnlich  ist:  wir  hallen  kaum  noch  fünf  minuten,  so  war  die 
sladt  erreicht;  wir  haben  eine  Viertelstunde  zum  nächsten 
dorf,  von  unserer  stelle  aus  ist  die  entfernung  so  weil;  do  im 
aber  die  warnung  nach  einander  so  eilunls  kamen,  slunl  er 
auf,  hört  und  sach  selbst,  das  die  veint  daher  zugen,  kaum 
noch  eine  halbe  meile  zum  dorf,  darin  er  lag,  hellen.  Wilw. 
V.  Schaumb.  114;  wir  haben  nahe,  wir  haben  weil  zum  thore, 
wo  nahe,  weit  in  substantivischer  gcltung  stehen,  vergl.  kalt 
haben  sp.  62. 

Das  verbum  steht  in  solcher  bedeutung  vielfach  unpersönlich  : 
ich  sehe  dasz  es  keine  gefahr  hat.  Güthe  15,  8 ; 

ich  will  gewiss  der  erste  sein,  wo's  noili  hat.    10,  45; 
nein,  hier  hat  es  keine  nolh!    2,  287; 

am  ende  muszle  es  doch  geschieden  sein,  was  seine  nolh 
hatte.  GoTTHELF  erzähl.  4,262;  also  hat  es  eine  ganz  ähn- 
liche beschaffenheit  mit  unserm  leben,  merks  Wien  14; 

dergleiclien  reden  hören  freilich  gut  sich  an; 

doch  hat  es  allerlei  bedenkliches  damit.     Gotui  11,214; 

frage  auch  lleiszig  darnach  .  .  wie  es  ein  gelegenheit  lialie 
umb  ewer  schwacheit.  Luther  8,191";  aber  das  hat  seinen 
bescheid,  dasz  nichts  draus  wird  auf  dieszmal.  br.  3,7«;  es 
hat  seine  richtigkeit.  irrgarten  294 ;  wenn  es  seine  richtigkcü 
hat,  dasz  alle  dinge  in  der  well  in  der  genauesten  beziehung 
auf  einander  stehen.  Wielano  1,  28;  gut,  gut,  ich  bins  serbsl, 
das  hat  seine  richtigkeil.  11,254; 

molu  liebe  ft'aw,  es  hat  nit  zeit, 

auf  diszmni  mich  euch  hie  zu  nennen.    II.  Sachs  5,  231'; 

es  hat  gute  wege,  guten  ungefährdeten  forlgang: 
wenn  sonsi 
nur  niemand  um  die  sacho  wolsz,  so  hat 
es  gute  wcgc.  Lkssinc  Snlhan  4,  7. 

auch  in  ironischer  uendung:  o  damit  hats  gute  wege,  es  i.-l 
weit  aussehend,  nicht  nahe  oder  leicht  erfüllbar:  wegen  der  hniipl- 
sachen  hat  es  gute  wege,  die  lassen  sich  nicht  erdichten, 
Claioius  7,  52. 

Dieses  unpersünlichf  es  liat  steht  auch  in  dem  sinne  des  franz. 
il  y  n  «  gibt,  Ul  vorhanden,  in  sehr  häufiger  anwendung,  soteol 


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HABEN 


HABEN 


(0 


in  der  schrißs^prache,  als  auch  in  oberdeutschen  mundarlen,  sowie 
in  der  schksischen  (Fromm.  4, 170) :  wenn  ein  wolf  ain  schaf 
gebeiszet,  das  selb  feil  bat  ahvegen  leüs,  man  mach  beiz 
daraiisz  oder  was  man  wöll,  so  halt  es  allwegen  leüs  darinn. 
Keisersb.  has  im  pf.  a4';  matte  darauf  es  vil  müder  hat. 
schimpf  u.  ernst  cap.  61;  es  hat  dannoch  schöne  heuser  hie 
{in  Leipzig),  älberus  tcidder  Jörg  Witzeln  k  6';  in  der  Gastein 
hat  es  vermerte  wildbäder.  M.\thes.  Sar.  2';  zwischen  Wolcken- 
stein  und  s.  Anneberg  hat  es  auch  ein  wildbad.  3";  wie 
auch  Cadmus  der  Tyrer  sich  in  Bedien  als  ein  bergkmann 
hat  sehen  lassen ,  weil  es  zumal  disz  orts  vil  grosze  und 
hohe  tawern  und  gebirge,  auch  vil  goldbrünne  und  seifen 
hatte.  15";  es  hat  noch  vil  ameiszhaufen  in  diesem  walde.  24'; 
sonderlich  zu  Manlua,  allda  es  auch  gar  rösche  barbaros 
hat.  Lelter  rossarznei  (1599)  s.  7; 

dein  sach  setz  nit  aur  zeitlich  gh'ick, 

es  hat  bei  im  vil  bäser  tücls.      Schwarzesberg  128,  1; 

was  hals  so  vil  der  bösen  zungen. 

B.  RiNcwALD  g.  l.  108'; 

es  hat  auszerhalb  der  statt  Memmingen  ein  badhausz.  Thlr- 
NEissER  von  wassern  (1612)  117;  in  Schodwin  hatte  es  einen 
alten  vogt.  Zinsgref  apophth.  74,9;  es  ist  e.  g.  unverborgen, 
dasz  es  in  des  künigs  Perions  gemach  ein  thüren  gegen  dem 
garten  hinausz  hat.  Amaäis  20;  es  hat  in  des  königs  Garin- 
ter  pallast  ein  geweihtes  rondes  gemach,  von  allen  abgeson- 
dert. 26;  daher  konte  ich  mir  die  rechnung  leicht  machen, 
dasz  sie  nicht  oben  durch  den  wald  . .  gehen,  sondern  sich 
im  freien  feld  behelfen  würden  . .  wiewol  es  daselbst  einen 
bösen  weg  hatte.  Simpl.  1,270  Kurz;  ingleichen  hat  es  auch 
viel  schädliche  crocodilie.  Olearils  beschreib.  Orient,  insuln 
(1696)  147  ;  in  Persien  hat  es  viel  csel.  pers.  rosenth.  7, 20. 
s.  91,  anm.  i;  hat  es  auch  poeten  in  der  hüll?  Philäsder 
1,  20;  als  dan  in  der  ersten  kirchcn  geschehen  ist,  da  es 
doch  noch  heilige  leute  gehabt  hat,  auch  heilige  priester. 
J.Böhme  40  fragen  v.  d.  seelen  urstand  24,12  p.  lll ;  wieviel 
hals  doch  zu  thun,  dasz  man  bei  so  mannigfaltigen  schreck- 
lichen ärgernis  sich  von  der  weit  unbefleckt  erhalte.  Scriver 
seclensch.  2,  285 ; 

es  hat  bei  uns  auch  hier  sehr  gutes  feistes  land. 

Opitz  2,  87 ; 
Tiel  beiden  hat  es  jetzt,  so  hals  auch  viel  poeten. 

LoGAU  1,  14U,  5; 
viel  frevler  hat  es  noch,  und  wenig  rechte  büszer. 

2,  101,  8; 
wo  poeten  durch  entzücben 
sich  zu  guten  reimen  schickeu, 
hat  es  alLeuthalben  hasen, 
hat  es  leute  die  da  rasen, 
hat  auch  demnach  lieine  nöthen 
an  den  reimen  und  poeten.    2,  108,44; 
reiche  weiber  hat  es  wenig.    3,  53,  80; 
ein  biedermann,  ein  biedermann,  disz  war  ein  alter  tittel; 
0  derer,  die  bald  sthwarz  bald  weisz,  hats  noch  in  unserm  mittel. 

3,  204,  78 ; 
es  wird  schon  lichter  haben, 
die  ein  erhitzter  trieb  zu  diesem  dienst  bewegt. 

Chr.  Crtphils  poet.  wälder  1,  350; 
Freiberg  ist  eine  grosze  bergstadt, 
darinnen  es  gar  sehr  viele  bergleute  hat. 

HiLDEBRAKD  volksl.  399  (f.  16431. 

doch  beim  dreischlalt  hat  es  das  herrlichste  quellwasser.  arme 
mann  im  Tockenb.  23  ;  wo  ein  weiser  und  guter  fürst  herrscht, 
da  hat  es  vortreffliche  unlertlianen.  L.\vater  phys.  fragm. 
4.thl.,  10.  abschn.,  2.  fragm.;  aber  hei  ihnen  hat  es  eine  aus- 
nähme. Lessinc  2,400;  o,  da  hats  gute  sache.  41;  es  hatte 
im  dorf  gut  seine  4  fusz  schnee,  auf  den  bergen  noch  mehr. 
Fei.üer  NümmamüUers  89 ; 

im  dorfe  Leinach  an  der  Leinach 
hat  es  eine  dorfgemeinde, 
der  da  sagen  ihre  feinde 
allerlei  nach.      Rcckert  ged.  4,  399, 
und  mit  Iheilungsgenitiv : 

ha,  das  donatgeschmeisz ! 

kaum  hört  und  sicbts  was  neues, 

so  hat  es  gleich  geschreies.    BtiROER  21*. 

III.  Die  nachstehenden  redensarten,  in  denen  die  2.  sg.  des  praes. 
hast  erscheint,  stehen  von  allem  bisherigen  ab.  die  bezeichnung  einer 
schnellen  und  heftigen  thätigkeü  wird  gegeben  durch  hast  du  nicht, 
siehst  du  nicht,  so  in  der  Altmark :  he  löpt  hast  du  nich,  süst 
du  nich;  hi  döscht  (drischt,  prügelt)  hast  du  nich,  süst  du 
nich,  up  am  los.  Dajoeil  75*;   auch  hast  du  nicht  gesehen, 


so  im  Osterlande :  haste  nich  gesehen  ging  es  den  bergniinter; 
was  gibst  du  was  hast  du:  da  hätte  er  nun  seine  kleider 
geschwind  zusammen  gerafft  und  damit  zum  haus  hinaus, 
was  gibst  du,  was  haslu.  Simpl.  3,  412  Kurz;  unsre  magd  ist 
krank  gewesen  und  ist  im  stall  gelegen,  die  hat  mich  fort- 
laufen heiszen,  v^as  gist  do,  was  host.  1,  32;  ich,  mit  er- 
schrockener geängsligier  seele.  dachte  gleichwol  wie  ich  die- 
sem mänschenfeind  (dem  tode)  entrinnen  mochte:  thate  desz- 
wegen  einen  sprung  zurück  und  davon ,  was  gischte  was 
beseht.  Sittewald  in  Wackei  nageis  leseb.  3,  1,  655.  die  form 
hast  scheint  in  diesen  phrasen  doch  nur  äuszerlich  an  haben  an- 
gelehnt, namentlich  in  den  letzten  Verbindungen;  im  kintergrunde 
stellt  wol  der  gedanke  an  hast  festinatio,  hastig  properans,  hasten 
festinare,  «;irf  in  der  im  Osterlande  und  in  lileiszen  häufigen  Ver- 
bindung was  haste  was  kannste  =  so  eilig  wie  möglich,  tritt 
dieser  gedanke  besonders  deutlich  hervor,  die  Vermutung  wird  ge- 
stützt durch  ein  Sprichwort  bei  Schottel  1138'  er  wil  nicht 
hasten,  mit  der  erklärung:  hasten  heist  gleiten,  weichen,  fort- 
gehen, was  nun  nicht  fort  wil  und  da  kein  glück  bei  ist, 
das  kan  nicht  hasten,  es  stehet  und  wil  nicht  fort;  wen 
wir  was  fürhahen,  daran  wir  verzweifeln,  sagen  wir,  es  wil 
nicht  hasten,  wir  wollen  davon  ablassen. 

IV.  Haben  als  hilfszeitwort.  hierüber  ist  gramm.  4, 146 — 176 
I«  ausführlicher  weise  gehandelt;  hier  kann  kurz  nur  theils  dort 
gesagtes  übersichtlich  widerholt,  theils  einiges  andere  ausgeführt 
werden. 

Die  ältesten  deutschen  dialecte  bedienen  sicJi  zur  hervorhebung 
jeder  art  der  Vergangenheit  nur  des  einfachen  praeleritums  eines 
verbi,  das  ilincn  sowol  für  imperfectum,  perfeclum,  plusquamper- 
fectum  als  aorist  stellt,  für  das  gotltische  ist  eine  feinere  ein- 
theilung  der  Vergangenheitsstufen  durch  hilfsverba  unerhört,  im 
altern  althochdeutsch  bis  zum  9.  Jahrhundert  ist  sie  selten,  von  da 
ab  aber  findet  sie  sich  häufiger  in  dieser  dialectgruppe  sowol  wie 
im  altniederdeutschen ,  angelsächsischen  und  nordischen,  so  jedoch, 
dasz  die  alte  weise,  jede  art  der  Vergangenheit  durch  das  ein- 
fädle praeteritum  auszudrücken,  nur  nach  und  nach  ausstirbt. 

Die  Umschreibung  des  praeleritums  erfolgt  im  allgemeinen  für 
transitive  verben  durch  liaben ,  für  intransitive  durch  sein  oder 
werden,  über  diese  art  unter  letztern  beiden  Wörtern,  die  erstere 
art  hatte,  worauf  gramm.  4, 154  aufmerksam  macht,  in  einzelnen 
fügungen  der  römischen  spräche  ihr  vorbild:  cognitum  habeo, 
de  Caesare  satis  dictum  habeo ,  domitas  habere  libidines  «. 
ähnl.,  wenn  auch  liier  die  Verbindung  nicht  in  der  bloszen  be- 
deutung  deY  Vergangenheit,  sondern  in  der  lebendigen  praesentialen 
des  besitzens,  haltens  stelä.  ganz  gleich,  wie  in  den  romanischen 
sprachen  dieses  sinnliche  habere  zum  bloszen  hilfsverbum  der  Ver- 
gangenheit herabsank,  haben  auch  die  deulscJien  dialecte  mü  die- 
sem Worte  verfahren,  nur  aber  so,  dasz  die  sinnliche  bedeutung 
des  Wortes  in  manchen  fällen  auch  in  der  fügung  mit  dem  part. 
praet.  eines  andern  verbums  bis  auf  jetzt  herab  dauert,  z.  b.  : 

versiegelt  hab  ichs  und  verbrieft,  dasz  er 
mein  guter  engel  ist.      Schiller  3üy'. 

Mild  wenn  gesagt  wird:  ich  habe  es  bei  mir  beschlossen,  aus- 
zuharren, so  ist  diesz  praesential  gedacht  gegen  ich  beschlosz  es 
bei  mir,  auszuharren. 

Das  part.  praet.,  wenn  es  mit  einer  form  von  haben  zur  Um- 
schreibung einer  Vergangenheitszeit  steht,  ist  der  transitiven  natur 
von  haben  entsprechend,  notwendig  in  den  acc.  gesetzt:  diesen 
acc.  fühlt  die  alle  spräche  lebhaft  und  regelt  daher  die  flexion  in 
übeieinstimmung  mit  dem  objecte.  amavit  eum,  eam,  id,  eos, 
eas  wurde  daher  ahd.  wiedergegeben  durch  habet  inan  gemin- 
notan,  sia  geminnota,  Sj  gcminnötaj,  sie  geminnöte,  siö  ge- 
minnötö;  da  aber  die  fälle  sehr  häufig  eintraten,  wo  kein  casus 
obliquus  im  satze  enthalten  war,  wo  es  galt  den  bloszen  begriff 
er  liebt  unbezogcn  auf  ein  anderes  subject  ins  praet.  umzuschreiben, 
so  wurde  das  particip  in  die  unflectierle  neutralform  gesetzt  und 
von  dem  überwiegen  dieser  fälle  ist  der  umstand  herzuschreiben, 
dasz  man  bereits  in  der  letzten  ahd.  zeit  unempfindlich  gegen  die 
flexion  des  partic.  praet.  wurde  und  für  alle  fälle,  in  denen  es 
stand,  die  unflectierte  neutralfomi  verwandte. 

Es  ist  oben  gesagt,  dasz  die  umscJireibung  des  praet.  mit  haben 
für  transitive,  die  mit  sein  oder  werden  für  intransitive  verba 
angewandt  werde,  das  ist  nicht  ohne  schwanken,  eine  anzahl 
verben  der  beiregung  und  des  zustandes  bilden  ihr  praet.  mit  bei- 
den hilfszeitwörtern,  mit  haben  dann,  wenn  die  in  da-  bewegung 
liegende  oder  im  zustande  latente  thdtiykeit  zum  ausdrucke  ge- 
langen soll,  mit  sein,  wenn  niclit  sowol  die  Ihätiykeil,  als  der 
zustand  an  sich  oder   das  ziel   der  bewegung   ohne   rücksicht  auf 


71 


HABEN 


die  dabd  unterlaufende  Ihätigkeü  des  subjecles  betont  wird.  soUJie 
verba  Hiid: 

altern:  er  hat  frühe  gealtert  und  er  ist  frühe  gealtert, 
aufbrechen  [abreiaen ,   s.  1,  62S):    man    soll  mir  gehorchet 
und  nicht    von   Crela    aufgebrochen  haben,  ap.  gesch.  27,  2t ; 
der  fürst  ist  [ilotzlich   von  seiner   residenz    nach  dem  Jagd- 
schlösse aufgebrochen. 

begegnen:  wisse  dasz  dir  gotl  begegnet  hat.  Agbic.  spr.  9' ; 
PS  hatten  ihnen  etliche  Soldaten  begegnet,  jtcrs.  rcisebfschr.  1,4; 
beide  hatten  einander  auf  der  bahn  des  ruhms  und  am  throne 
begegnet.  SciiirxER  S04;  die  gescllschafl  hatte  sich  eben  v^ieder 
begegnet.  Göthe  20,  221 ; 

nur  einem  traurigen  hab  ich  begegnet.     Schiller  469'; 
was  wiltu  mit  alle  dem  beere,  dem  ich  begegnet  bin?  iMos. 
33,8.     J'J  überlraijcncm  sinne:    Heinrich    war    ihnen    auf  dem 
italienischen  feldzug  sehr  gebieterisch  begegnet.  Schiller  1043. 
beginnen:  das  Iheater,  die  Vorstellung  bat  begonnen;  der 
frühling  hatte  bereits  begonnen; 
die  mailusl  ist  begonnen, 
der  liaiim  hat  seine  grüne, 
die  blauer  schon  gewonnen. 

TiKCK  kaiser  Oclav.,  prulog. 

beharren :  ir  aber  seids  die  ir  beharret  habt  bei  mir  in 
meinen  anfechtungen.  Luc.  22,28;  auf  erfolgten  vorhält  ist 
der  inculpat  bei  seiner  aussage  beharrt,     ebenso  verharren. 

dringen :  das  wasser  ist  in  die  Stadt  gedrungen ;  der  bit- 
tende ist  bis  zum  forsten  gedrungen ;  aber 

hat  dieser  heldenarm  selbst  durch  den  feind  gedrungen. 

LoHKNSTKiN  Ibr.  20,  i>.  424. 

ich  bin  in  ihn  gedrungen,  mir  sein  geheimnis  zu  offenbaren, 

wogegen  Götue  : 

ich  hab  ihm  zugeredet,  ja  gedrungen, 

allein  er  geht  von  seinem  sinn  niciit  ab.    9,  220. 

eilen:  hat  mein  fusz  geeilet  zum  betrug?  Hiob  31,5;  ich 
bin  geeilt,  die  botsehaft  zu  bringen. 

eintreffen :  meine  voraussage  ist  oder  hat  eingetroffen ;  so 
hat  also  doch  unsere  Prophezeiung  eingetroffen,  dasz  dieses 
band  nicht  lange  dauern  werde.  Schiller  an  Göthe  398 ; 

wie  aber  ach,  wie  hat  der  aii.sgang  eingetrolTen? 

A.  Gkyphius  (1063)  s.  400,  114. 

dagegen  nur:  der  fürst  ist  (nicht  hat)  heute  in  seiner  residenz 
eingetroffen,    weil  hier  nur  das  ziel  einer  bewegung  betont  wird. 
entweichen :  nhd.  sagt  man  nur  er  ist  entwichen,  mhd.  bei- 
des, er  ist  und  hat  entwichen : 

in  geschach  diu  gcswiche 

von  größer  heimliche: 

heten  si  der  entwichen, 

so  wx'ren  s'  umbeswichen.    Gregor.  243; 

Pclrapeire  ich  was  entwichen 

rchte  umb  den  mitten  morgen.    Part.  491,  26. 

dagegen  ^dtl  ausweichen  im  nhd.  mit  beiden  hilfsverben :  ich 
bin  dem  trunkenen  ausgewichen ,  ich  habe  der  antwort  auf 
seine  frage  ausgewichen. 

fahren:  der  kutscher  hat  und  ist  gut  gefahren;  hab  ich 
mit  meiner  band  über  den  waisen  gefahren.  Uiub  31,21;  aber 
ich  bin  an  einen  ort  gefahren,  gegen  das  mhd. 

durch  wes  liebe  die  beiden  her  gcvarn  hän.  Nib.  393,  4. 
in  abgezogenem  sinne:  ich  hab  mit  euch  gefaren,  wie  ein  vater 
mit  seinem  kind.  Luther  4,  489';  meinst  du  ich  wisse  nicht, 
wie  du  und  deine  gesellen  mit  mir  gefahren  habt?  Ayrer 
proc.  1,6  p.  124;  ich  bin  freilich  unter  meinen  geschwistern 
am  besten  dabei  gefahren.  Gütiie  20,168;  bis  endlich  ihr 
mann  . .  den  baron  herausforderte  und  heute  verwundete  ; 
doch  ift  der  obrist,  wie  ich  höre,  noch  schlimmer  dabei 
gefahren.  20,  17.  ebenso  verfahren:  ihr  seid  zu  hart  ver- 
fahren ; 

empfonge 
dein  «chwert  zurück,     m.in  hni  zu  roscli  verfahren. 

Schillkr  'hm  Carlo»  6,  4. 

mitfahren  in  der  brdcutung  un)i  vehi  wird  mU  sein,  in  der  be- 
deulung  Iractare,  behandeln  mit  liaben  verbunden:  wariimb  hat 
der  beiT  diesem  lande  und  diesem  liause  aUu  milgeruhren. 
7chron.  7,21;  also  habt  ir  den  tocbtern  Israel  mit  gefahren. 
Sut.  17.  ebenso  nimmt  fortfahren  je  nach  der  t)rdcutung  sein 
oder  haben  zu  sich:  ich  bin  forlgefabren  (im  wagen);  ich 
habe  fortgefahren  zu  schreiben;  doch  auch:  ich  bin  in  meiner 
rede  fortgefahren. 

flirgen :  die  Rchwalben  haben  heute  zum  ersten  mal  ge- 
flogen, «oy<  man  im  frihting,  rgl.  mlid. 


HABEN  72 

ir  ieglich  wolde  da;  d&  ba; 

sin  habech  geflogen  biete.     Erec  2061; 

und  im  rehte  wart  crkani, 

das  er  ej  was,  her  Trisiant, 

dd  het  er  gerne  geflogen. 

Heimr.  v.  Frkibkro  Tristan  .S587. 

aber:  die  schwalben  sind  um  den  thurm  geflogen,  die  Vögel 

waren  weit  hin  geflogen. 

fliehen :  mhd, 

von  Karkassün  Trohazzabö  -^ 

geflohen  bete  wenic  c.      Willeh.  432,  30. 

nhd.  er  ist  geflohen ;  si  sprach  ich  bin  von  meiner  frawen 
Sarai  geflohen.  1  Mos.  16,  8.  wenn  es  transitiv  gebraucht  wird, 
steht  es  natürlich  mit  haben  : 

mich  hat  Tydeus  söhn  bis  zu  den  schifl°en  geflohen. 
Stolberg  11,  2trl. 

flieszen:  meine  trähnen  hatten  lange  geflossen; 

hier  im  bach  hat  mcnschcnblut  geflossen.    Tiedgk, 
wie  mhd.   da  »Her  beilekeite  flu; 

dikke  ü;  geno3;jen  h.ite.     Elisab.  {Diutiska  1,  480). 

aber:  der  Rhein  ist  in  das  mecr  geflossen,  meine  trähnen 
sind  über  die  wange  geflossen. 

folgen :  ich  habe  einem  gefolgt  und  ich  bin  einem  gefolgt, 
wori^iber  zahlreiche  beispielc  bereits  3,  197S.  1879   gegeben  sind. 

gehen:  wir  haben  eitel  unrechte  und  schedliche  wege  ge- 
gangen, wcish.  Sal.  h,l ;  das  er  in  hagelsteincn  bis  schier  an 
die  knie  gangen  habe.  Spalatin  bei  Luther  5,35',  gegen:  du 
bist  auf  dem  wege  deiner  Schwester  gegangen.  Hesck.  23,  31. 
für  wie  ist  es  dir  gegangen  fragt  der  lolksmund  auch  wie  hat 
es   dir  gegangen. 

gelangen :  was  sie  selbs  gesehen  hatten  und  was  an  sie 
gelanget  halte.  Esth.  9,  26;  denn  wir  faren  nicht  zu  weit, 
als  betten  wir  nicht  gelanget  bis  an  euch.  2  Ct>r.  lo,  13;  ich 
war  bis  zu  dieser  Stadt  gelangt;  ich  bin  gelanget  Steisbach 
1,974. 

gelingen:  und  es  hat  inen  gelungen,  das  sie  das  geselz 
erhielten.  1  Macc.  2,47;  durch  hilfe  gottcs  ist  mir  gelungen 
und  stehe  bis  auf  diesen  tag.  apost.  gcsch.  26,  22 ;  wem  ists 
je  gelungen,  der  sich  wider  in  gelegt  hat?  Hiob  9,  i;  so  ist 
uns  alles  übel  gelungen.  Schiller  109ü'. 

gerathen:  der  wein  ist  diesz  jabr  geralhen;  aber  der  osler- 
ländischc  bauer  sagt  mein  getreide    hat  heuer  nicht  gerathen. 

glücken:  es  hat  mir  heute  nichts  geglückt;  hätte  es  mir 
geglückt  ihn  anzutreffen;  es  ist  mir  im  leben  schon  manches 
geglückt. 

irren :  ich  bin  henimgcirrt ,  und  ich  habe  lange  herum 
geirrt. 

kehren:  nu  weri;  wol  zit  gewest,  daj  di  edele  frouwe 
bette  wider  gekärt.  Köoiz  57,  U;  sie  aber  seufzet  und  ist 
zurück  gekeret.  klaget.  1,  8. 

klettern:  ich  habe  gestern  tag  und  nacht 

auf  dem  gebirg  lierum  geklettert.    Göthe  33,  255. 

aber:  er  ist  auf  den  bäum  geklettert;  wir  waren  den  berg 
hinan  geklettert;  die  zwei  ältesten  knaben  waren  auf  die 
kutsche  geklettert.   Göthe  10,  28. 

klingen :  wie  oft  hat  alles  an  mir  gezittert  und  geklungen. 
Göthe  10,148; 

mit  meinem  saitenspiele 

das  schon  geklungen  bat.    Eichkndorff  gc4.  27. 

man  sagt  aber:  die  glucke  ist  bis  zu  uns  geklungen  und  hat 
bis  zu  uns  geklungen. 

kriechen:  wir  sind  in  dem  alten  gewölbe  hemm  gekrochen; 
er  hat  gebettelt,  ja  gekrochen,  ehe  fr  seine  bitte  erfüllt  bekam, 
landen :  als  er  wieder  buden  erfaszt  und  so  zu  sagen  ge- 
landet hatte.  Heiiel  3,  361 ;  die  truppcn  sind  gelandet, 
laufen :  mhd. 

der  harken  Mn  ich  monogen  tac 
gcloulrn  nncli.     IIartmann  liider  10,22. 

nhd.  als  der  ich  nicht  vergeblich  gelaufen  noch  gearbeitet 
habe.  /V«l2, 16;  ich  habe  heute  schliltscbuh  gelaufen ,  geijen 
ich  bin  gelaufen,  euch  zu  erreichen ;  der  knabe  ist  mir  nach 
gelaufen. 

liegen :  ich  hab  gestern  bei  meinem  vater  gelegen.  1  Mos. 
10.34;  imsere  magd  i<t  krank  gewesen  und  ist  im  stall  ge- 
legen. Sinipl.  1,  32  Kurz. 

reisen:  ich  hab  oft  gerciset.  2  Cor.  11,26; 

sehr  viele  relttcn  nur  im  gelolt 

und  ühctTCdion  dich,  alt  hfltien  sie  gcreUt      Gillmt  1,4«. 


HABEN 


HABEN 


74 


aber:  ich  bin  lange  im  lande  herum  gereist;  der  vater  ist 
nach  Frankreich  gereist. 

reiten : 

mhd.  dö  er  geriten  haete,  als  ej  vürsten  gezam.    Gudr.  45,  J. 

nhd.  bin  ich  nicht  dein  eselin  darauf  du  gpiitlen  hast.  iiJos. 
22,30;  als  wenn  er  auf  einer  brennenden  rakete  geritten 
wäre.  Hebel  3, 146. 

scheinen:  das  Hecht  der  gerechligkeit  hat  uns  nicht  ge- 
schienen, iceish.  5,  6.  aber  man  sagt  auch  es  ist  mir  ge- 
schienen, als  ob  die  sache  nicht  richtig  sei. 

schreiten :  ich  hatte  . .  schon  zu  einem  recht  langen  briefe 
geschritten.  Götüe  briefw.  r.  Kestner  75.  sonst  ich  war  ge- 
schritten; er  war  zur  ausführung  seines  Vorhabens  geschritl-en. 

schwimmen:  er  hat  lange  geschwommen,  ehe  er  anstand 
gekommen  ist.  aber  auch  er  ist  lange  im  flusse  herumge- 
schwommen. 

schwitzen:  er  hat  bei  der  arbeit  geschwitzt,  aber  blut  ist 
aus  ihm  geschwitzt;  das  wasser  ist  durch  den  krug  durch- 
geschwitzt. 

sein :  niederdeutscher  und  nordischer  brauch  ist  im  allgemeinen, 
zu  diesem  verbum  haben,  hochdeulsdier  sein  zu  setzen  {gramm.  4, 
160 — 162).  doch  finden  Schwankungen  stall;  im  mhd.  bei  Flecke  6322 : 

do  wolle  Claris  sin  gewesen 
die  stunde  und  die  wiie 
dau  über  hundert  mite 

liest  die  Berliner  handschriß  hän  gewesen,  in  dem  in  Mittel- 
deutschland entstandenen,  noch  heute  gesungeneri  volkslicde  'o/in 
dich  kann  ich  schon  leben'  heiszl  es: 

geh  du  nur  immer  hin 
wo  du  gewesen  hast, 
und  binde  deinen  gaul 
an  einen  dürren  ast. 

Ein  niederdeutscher  bericht  aus  Zerbst  von  1426  verwendet  beide 
rerben:  wen  he  hadde  lang  van  hus  gewesen,  neue  mittheil, 
des  thär.-sdchs.  alterlhumsvereins  2,74;  des  gantz  unbesorgt 
vor  ön  gewest  were.  73.  so  schwanken  aucli  heulige  nieder- 
deutsche mundarlen. 

sitzen :  das  ers  war  der  umb  das  almosen  gesessen  hatte 
für  der  schönen  thür  des  tempels.  apost.  gesch.  3,10;  werdet 
ir  finden  ein  füllen  angebunden,  auf  welchem  nie  kein  mensch 
gesessen  ist.  Marc.  11,2; 

ufm  bergli  bin  i  gesässe.    Göthe  1,  169. 

springen:  rufe  das  kind  ins  zimmer,  es  hat  nun  lange 
genug  gesprungen;  wir  sind  heute  lange  im  garten  herum 
gespningen.  in  dem  folgenden  sinne  wird  es  nur  mit  haben 
verbunden:  die  bücke  haben  gesprungen,  capri  coiverunl  cum 
capellis.  Stieler  2105. 

stehen:  da  hat  vor  alten  zeiten  ein  schlosz  gestanden. 
CcBTZE  sagen  233;  dasz  hier  Petrodava,  welcher  Ptolemaeus 
erwehnet,  gestanden  sei,  meinen  etliche.  Opitz  1,144;  wir 
haben  gestern  abend  noch  lange  vor  der  thür  gestanden; 

in  ä  garte  bin  i  gestände.    Göthe  1,  169. 

steigen :  ich  habe  lange  gestiegen,  ehe  ich  auf  der  spitze 
des  berges  angelangt  bin ;  ich  bin  auf  den  berg  gestiegen. 

das  unpersönliche  träumen  verbindet  sich  im  nhd.  nur  mit 
haben :  hört,  lieber,  was  mir  doch  gelreumet  hat.  1  Mos.  37, 6. 
im  mhd.  mit  haben  und  sein: 

mir  hat  getroumet  michel  lugent.    Iwein  3517; 

mir  ist  getroumei  hinte  von  engestlicher  not.    Nib.  1449,  3. 

nach  gramm.  4,  250  steht  das  erstere,  wenn  der  gegenständ  des 
Iraumes  erzählt  werden  soll,  das  letztere,  wenn  bloss  das  erägnis 
des  träumens  gemeldet  wird. 

treten  :  ich  hab  unter  sie  getreten,  das  alles  damit  sie  zu- 
vor mich  übermochten,  zerschmettert  ist  und  zurspritzel. 
bibel  von  Bindseil  7,521.  aber:  sie  sind  schnei  von  dem  wege 
getreten,  den  ich  inen  geboten  habe.  2  Mos.  32,  8. 

verglühen :  das  bügeleisen  hat  schon  verglüht ,  ist  schon 
aus  dem  glühen  gekommen;  die  abendröte  ist  verglüht. 

verzogen :  denn  sie  hatten  schon  verzagt ,  das  sie  nicht 
würde  wider  komen.  Judith  I3,i4;  wir  sind  an  unserm  glücke 
verzagt. 

wachsen:  also  hat  das  evangelium  am  allerstärksten  ge- 
wachsen, beide  an  der  zahl  der  gleubigen  und  an  wunder- 
barlicher  kraft.  Luther  8,26";  allerlei  kraul  auf  dem  felde, 
das  zuvor  nie  gewachsen  war.  1  Mos.  2,  5. 


wandeln :  durch  allen  weg.  daher  ir  gewandelt  habt.  5  Mos. 
1,31;  habe  ich  gewandelt  in  eitelkeit?  Hi(^  31,5;  wir  sind 
einen  schönen  weg  gewandelt. 

wandern:  wird  wohl  niemand  läugnen,  der  auf  dem  felde 
der  Synonymik  nur  einiger  maszen  gewandert  hat.  Weigasd 
wörterb.  der  syn.  2,  v;  wir  sind  eine  grosze  strecke  zusammen 
gewandert. 

weichen:  hat  mein  gang  gewichen  aus  dem  wege.  HiobZl,'; 
die  leviten  die  von  mir  gewichen  sind.  Hesek.  44, 10. 

wurzeln :  die  pflanze  hat  im  boden  gewurzelt ;  der  ab- 
scheu  davor  ist  in  meinem  herzen  gewurzelt,  ebenso  ein- 
wurzeln: ich  hab  eingewurzelt  bei  einem  geehreten  volk,  das 
gottes  erbtheil  ist.  Sir.  24, 16 ;  da  alle  seine  kinder  in  diesem 
boden  . .  gleichsam  eingewurzelt  waren.  Wieland  S,  463. 

Die  verba  praeterito-praesentia  können,  mögen,  dürfen,  müssen, 
sollen,  wollen,  die  für  das  umscliriebene  praet.  nur  haben  i-er- 
wenden  (ich  habe  gekonnt),  wandeln  in  diesem  falle  ihr  parti- 
cipium,  wenn  es  nicht  allän  steht,  sondern  noch  einen  inßnitiv 
bei  sich  hat,  scheinbar  ebenfalls  in  den  infinitiv:  ich  habe  es 
nicht  thun  können,  ßr  ich  habe  es  nicht  thun  gekonnt; 
ich  habe  dich  nicht  hören  wollen ;  das  hast  du  nicht  wissen 
sollen  u.  ähnl. ,  und  durcltaus  ungewöhnlich  ist  die  von  Tieck 
gebraudäe  Verbindung : 

er  stürzte  auf  sie  ein  mit  wildem  schrei, 
dasz  viele  sterben  unter  ihm  gemuszt  (haben), 
liaiser  OcUav.  2,  2. 

nur  scheinbar  ist  jene  form  der  inßnitiv ,  denn  es  ist  gramm. 
4, 167  f.  auseinander  gesetzt,  dasz  dieselbe  eigentlich  aus  der  star- 
ken form  des  pari,  praet.  jener  praeterito-praesentia  hervorgegangen 
ist,  welche  mit  der  infiniiirform  formell  gleicli  war,  und  dass  man 
sie  nach  dem  vollständigen  aussterben  der  starken  participialform, 
die  im  mhd.  schon  selten  genug  ist,  misverstdndlich  für  einen  in- 
finitiv gehalten  hat.  indes  wurde  später  dieser  mitverstandene  in- 
finitiv noch  auf  einige  andere  fälle  erstreckt,  wo  die  formelle 
yleichhrit  mit  dem  particip  nicht  verführen  konnte,  nämlich  auf 
die  verba  helfen,  hören,  lehren,  lernen,  fühlen :  ich  habe  ihm 
arbeiten  helfen  für  geholfen ,  ich  habe  ihn  singen  hören, 
mich  hat  die  noth  beten  lehren ,  das  kind  hat  erst  spät 
sprechen  lernen ,  bei  solchen  gelegenheiten  hatte  er  auch 
die  sämmtlichen  angekommenen  Schauspieler  kennen  lernen. 
Göthe  19,124;  ich  habe  sein  herz  schlagen  fühlen,  doch  sind 
die  fügungen:  mich  hat  die  noth  beten  gelehrt,  das  kind 
hat  erst  spät  sprechen  gelernt,  ich  habe  sein  herz  schlagen 
gefühlt  wenigstens  nicht  ganz  ungewöhnlich,  anders  bei  lassen, 
pflegen:  er  hat  mich  leben  lassen;  die  alten  haben  pflegen 
zu  sagen.  Wiedem.  JuL  64;  denn  hieraus  haben  diese  Völker 
ein  geheimnusz  zu  machen  pflegen.  Bünac  l,  63,  wo  lassen, 
pflegen  als  wirkliche  slarkformige  part.  praet.  ohne  die  vorsiibe 
ge-  zu  fassen  sind. 

Die  erzählende  rede  liebt  statt  des  mit  habe  oder  bin  um- 
schriebenen praeteritums  vielmehr  das  einfache,  dem  für  die  längst 
vollendete  Vergangenheit  das  durch  hatte  oder  war  umschriebene 
praet.  zur  seile  tritt,  die  aussage  von  der  vergangenfieil  dagegen, 
die  etwas  gethanes  oder  geschehenes  vergegenwärtigen  will,  wendet 
die  Umschreibung  mit  habe  oder  bin  an.  es  ist  ein  anderes  zu 
sagen  ich  that  es  oder  ich  habe  es  gethan ;  im  ersteren  falle 
erzählt  man,  im  Idzlern  legt  man  bestimmt  dar.  der  volksmund, 
der  eine  kunslmäszige  erzählung  nicht  kennt  und  stels  so  deutlich 
und  anschaulich  wie  möglich  referieren  will,  würde  statt  der  Satz- 
verbindungen GöTHEs:  die  ersten  ankommenden  nahmen  be- 
sitz von  der  gegend,  ruhten  im  schatten  aus,  machten  ein 
feuer  an  und  erwarteten  . .  die  gesellschafl ,  welche  nach 
und  nach  herbeikam  vielmehr  sich  ausdrücken  haben  besitz 
genommen,  ausgeruht ,  ein  feuer  angemacht  und  die  gesell- 
schafl erwartet ,  die  nach  und  nach  herbei  gekommen  ist. 
dieses  eindringliche,  praesensarlige  des  umschriebenen  perfeclums 
äuszert  sich  anders  in  andern  fügungen,  die  eine  prägnante  be- 
deutung  haben:  das  hat  gegolten  Schiller  rduber  2,  3.  was 
melir  ausdrückt  als  das  galt,  nämlich  es  galt  in  hohem  grade; 

ähnlich 

er  hat 
gelebt  —  der  streich  des  todes  ist  gefallen.     Turandot  t,  2, 

womit  das  nunmehrige  entschwundensein  des  lebens  hervorgehoben 
wird;  besonders  auch,  wenn  der  inf.  praet.  in  solcher  Umschrei- 
bung gegeben  wird:  ich  möchte  dich  gebeten  haben  ist  aus- 
drucksvMer  als  ich  möchte  dich  bitten,  man  erwartet  kane  Ver- 
neinung mehr;  das  will  ich  dir  hiermit  gesagt  haben;  das 
wil  ich  von  euch  gplmhi   Iribpii,  Galmy  293. 


75 


HABEN 


HABEN 


76 


Das  nhd.  gestattet,  nrzuglich  in  der  iiidireclen  und  relativen 
rede  gern  die  ellipsc  des  hilfsvcrbums  haben  ,  wenn  es  seinem 
parlicip  unmittelbar  folgt,  nie  tvenn  es  ihm  vorausgeht,  dieser 
brauch  reicht  bis  in  das  15.  Jahrhundert  hinein :  das  sein  nester 
mag  und  freunt,  den  er  auch  wol  zu  Zeilen  an  seines  vaters 
statt  gehalten  {nämlich  hatte),  also  clendikliclicn  lag.  Wilw. 
V.  Schaumb.  ii;  wiewol  kaiser  und  köiiig  die  leut  gern  lenger 
behalten  {nämlich  halten),  woll  doch  das  reich  .  .  nit  lenger 
beleihen,  s.  S2;  wie  ihr  hie  oben  verstanden.  Garg.  103'; 
dasz  einer  auf  cini  halben  pferd,  welches  ein  fallender  schusz- 
gatter  entzwei  getheilet,  noch  etliche  meilen  sei  geritten. 
105";  Poly.xena,  dessen  Schwester  denn  ich  für  allen  dingen 
auf  der  weit  gelicbet.  Opitz  1,280; 

die  jura,  so  du  zuvorhin 

gegn  Mülheim  aliegicret, 

streitn  wider  ilicti  in  rechtem  sinn, 

welclis  dein  unfug  probieret.     Opel  «.  Cohn  313,  11. 

der  graf  von  der  Wahl ,  unter  dessen  commando  ich  mich 
hiebevor  in  Westphalen  bekant  gemacht,  war  eben  auch  zu 
Wien.  Simpl.  2,17  A«r;; 

und  doch  war  ihm  geneiget 
der  Sachsen  unglücksstern ,  dasz  er  mein  volk  gebeugel 
mit  mehr  als  henkers  hand.      Postel  WUiekind  0,  434; 

0.  und  wäre  doch  hier?  und  wäre  doch  auf  meinen  brief 
hier?  M.  nicht  auf  ihren  brief.  0.  den  er  ja  erhalten,  sagen 
sie.  M.  erhalten,  aber  nicht  gelesen.  Lessing  2,165;  da  wir 
nun  so  eben  hei  dem  urtheil  über  Schriftsteller  alle  ver- 
gleichung  abgelehnt,  so  möchte  man  sich  wundern.  Güthe 
(5,113;  da  nun  aber,  wie  wir  umständlich  nachgewiesen,  in 
einer  solchen  dicht-  und  Schreibart  das  schickliche  vom  un- 
schicklichen abzusondern  unmöglich  ist.  s.  116 ;  was  aber 
durchaus  in  einem  höhern  sinne  beschwichtigend ,  tröstend, 
beruhigend  wird,  ist  dasz  diepersonen,  die  so  viel  erduldet, 
den  Untergang  mehr  wie  einmal  vor  äugen  gesehen ,  doch 
am  ende  noch  selbst  erzählen  was  überstanden  und  wie  sie 
aus  dem  unerträglichsten  elend  zuletzt  gerettet  worden, 
aber  nicht  sowohl  gerettet  worden,  als  sich  selbst  gerettet. 
45,  265 ; 

und  doch  ist  nichts  in  meinem  laden, 

dem  keiner  auf  der  erde  gleicht, 

das  nicht  einmal  zum  tüchtgen  schaden 

der  menschen  und  der  weit  gereicht  (hätlc). 

kein  dolch  ist  hier,  von  dem  nicht  blut  geflossen, 

kein  kelch,  aus  dem  sich  nicht  in  ganz  gesunden  leib 

verzehrend  hciszes  gifl  ergossen, 

kein  schmuck,  der  nicht  ein  lichenswürdig  weih 

verlührt,  kein  scinvcrt  das  nicht  den  hund  gebrochen, 

nicht  etwa  hinterrücks  den  gegenmann  durciistoclien.    12,214. 

wie  man  sieht,  bevorzugt  Götiie  diese  construclion ,  die  sich  sehr 
natürlich  aus  dem  bcdürfnis  heraus  entwickelt  hat,  das  schlep- 
pende des  umschriebenen  practcrilums  zu  mildern,  das  miltelaller 
unserer  spräche  bedient  sich  ihrer  noch  nicht,  es  geslatlel  sich  nur 
die  auslassung  des  auxiliaren  haben  in  dem  falle,  wo  zwei  gleich- 
artige terba,  durch  partikeln  verbunden  ,  unmittelbar  mifeinandcr 
folgen  und  vor  dem  ersten  haben  sclion  gesetzt  ist  (ich  iiän  so 
vil  gesprochen  und  gesungen  MSF.  130,  i:),  nicht  in  dem  falle, 
wo  Verben  zusammen  stehen ,  denen  ungleichartiges  auxiliare  ge- 
biihrl  und  der  salzbau:  da  sei  Nathan  zu  Bathseba,  Salomo- 
nis  mutler  kommen  und  gesagt.  J.  B.  Sciilppius  12,  dessen 
gleichen  sich  nur  selten  und  auch  nur  etwa  im  17.  jnhrh.  findet, 
wäre  mhd.  unmöglich. 

Kiihner  üt  es,  wird  haben  in  dem  falle  ausgela.<isen ,  wo  es 
nicht  hilfsverbum,  sondern  verbales  vollwort  ist,  es  findet  sicli  diesz 
aber  nicht  ganz  selten:  die  burger  (des  belagerten  Gent)  wurden 
auch  so  arm,  dasz  sie  den  wein  nimmer  zu  kaufen.  Wilw. 
V.  Schaumb.  100;  wann  es  dem  henn  iiil  zuwider  werc  oder 
er  zu  antworten  nit  hedenkens,  so  mücht  ich  gern  wiszcn, 
wo  der  herr  dahcimb.  Jsac  Winkelfelder,  Augsburg  \r>l',  «.185; 
er  bete  auch  vielmal  mit  ihnen ,  wie  er  denn  alle  zeit  ein 
gebetbüchicin  dcsbalben  bei  sich.  Aüdian  mitlh.  302; 

bat  dir  ein  baner  etwas  je  geschenkt, 
■0  denke  da^z  crs  hier  und  diir  pedenkt, 
weil  er  «onst  keinen  ruliin,  so  sucht  er  diesen, 
das  wird  das  ganze  dorrspiel  wissen  müssen. 

tantrrprob  des  baurentt.  165; 

Hör  •t..,LA..  r.,,,„. \,.r  ligen 

von, 

Ci.     .v...     ...      ,,,.       ,,,, ,il, 

KoRKRa  hilf.  volk$l.  315  {IT.  Jahrb.); 
weil  ihr  lust  zu  vertreiben, 
•0  treibt  den  Türken  aus.     Soltao  2,  288. 


V.  Zum  Schlüsse  noch  einiges  über  die  participia  von  haben. 

Dasz  ein  part.  praes.,  obsclion  es  einem  transitiven  verbo  an- 
gehört ,  zuweilen  passivisch  stehen  kann ,  ist  gramm.  4,  64 — 67 
ausftVirlich  besprochen  tind  mit  fällen  gestützt  worden,  hier  sollen 
nur  zahlreiche  auf  habend  bezügliche  beispiele  beigebracht  werden, 
die  vomiG.jahrh.  beginnend,  in  der  neuern  spräche  des  IS.  jahrh. 
selten  und  ungebräuchlich  werden,  in  der  heutigen  überhaupt  nicht 
mehr  vorkommen :  und  hat  er  bei  habenden  dingen  nüt.  S.  Frank 
2,18';  der  helle  bei  habenden  dingen  nit  ein  heller,  guldin 
arch  (1538)  bl.  102';  dasz  die  lefll  bei  habenden  dingen  wol- 
len verzagen,  chronica  243';  weil  ...  sie  arm  mitten  in  der 
reichthumb  seind  und  bei  habenden  dingen  darben.  Agbic. 
spr.  (1500)  151';  der  musz  zuletzt  bei  iiabenden  dingen  ein 
armer  betller,  die  sprewer  freszen  und  am  hungertuch  nagen. 
274';  straf  der  munzfälscher,  und  auch  derer  so  ohn  habende 
freiheit  münzen.  Carolina  art.  111;  welcher  aber  der  münz 
Ire  rechte  schwere  gePährlicher  weisz  benimmt,  oder  auch 
ohne  habende  freiheit  münzet,  ibid.;  ihre  habende  freiheiten. 
ZiNKGREF  o;)opW/j.  32, 11 ;  er  gebrauchte  sich  seiner  zu  solchem 
geschenke  habenden  freiheit.  pers.  rosenth.  1,  42;  innhalts 
meines  habenden  befelchs.  Fronspercer  kriegsb.  1,xiiij';  als 
und  hierauf  aus  habenden  bcfehl,  von  gott  selbst  empfangen, 
heischen  und  laden  wir  euch.  Ayrer  proc.  ij,2;  mit  seiner 
bei  sich  habenden  armee.  Micräi.ius  altes  Ponwiern  1,  86; 
mit  ihren  bei  sich  habenden  knechten,  ibid.;  der  könig  sprach 
zu  seinen  bei  sich  habenden  Soldaten,  pers.  baumgarten  2, 17 ; 
wenn  er  seine  bei  sich  habende  edele  ritter  an  tapferkeit 
nicht  zu  übertreffen  bemühet  war.  BLnauI,  59;  mit  den  bei 
sich  habenden  Völkern,  l,  125;  die  königin  sagte  zu  ihren  in 
der  gutsche  bei  sich  habenden  leuten.  poHt.  slockf  19;  es  ist 
nicht  nur  um  das  geld  zu  thun,  . .  sondern  umb  deine  liehe 
und  treue,  vornehmlich  aber  um  dein  zu  mir  habendes  hohes 
vertrauen.  Simpl.  2,  14  Kurz;  aus  meinem  darzu  habenden 
willen.  BuTscuKY  hd.  kanzelley  s.  655 ;  die  habende  reuung. 
s.  658;  ihn  mit  vernünftigen  gründen  und  habenden  Ursachen 
zu  trösten.  675;  ohne  habende  Ursache.  861;  damit  hat  er 
{Opitz)  meines  erachtens  diesz  wort  poesie  aus  habender 
seiner  macht  einmal  vor  allemal  vor  teutsch  erkläret.  Leib- 
NiTZ  unvorgr.  gedankcn  305;  ich  werde  das  beste  bei  dieser 
Sache  nach  meiner  habenden  autorität  beizutragen  wissen. 
das  bdrligte  frauenz.  97;  Magnus  konte  nicht  disponiret  wer- 
den ,  seinem  auf  Sachsen  habenden  recht  zu  renuntiiren. 
Haiin  hislor.  (1723)  3,  f06;  wegen  der  in  Italien  und  mit 
dem  papst  habenden  verdrüsziichkeiten  konte  man  den  Tar- 
laren unmöglich  recht  steuern.  4,211;  ich  möchte  ihnen 
einige  auf  dem  herzen  habende  Wahrheiten  vorhalten.  Hippel 
fcr.  13,  8;  wegen  meines  in  bänden  habenden  schlüsseis.  La- 
zarillo  de  Torrn  es  AI ;  wenn  ich  die  jetzt  in  bänden  habenden 
l)ücher  etwas  länger  behalte.  Leisewitz  briefc  254.  alle  diese 
fügungen  haben  etwas  formelha/tcs  an  sich;  sie  drücken  dasselbe  für 
das  praesens  oder  eine  dauer  aus,  was  durch  das  part.  prael.  ge- 
habt für  die  Vergangenheit  bezeichnet  wird:  gehabter  selbiger 
freuiidschaft  halber,  pers.  rosenth.  5,  17;  während  zehn  jähr 
in  der  cur  gehabte  kranke.  RClinc  beschr.  von  I^ordhausen  II ; 
die  bei  sich  gehabten  Völker  giengen  freiwillig  zu  jenem  über. 
BüNAU  1,125;  Popponi  wird  die  völlige  beilegung  der  sonst 
gehabten  Streitigkeiten  zugeschrieben.  Haiin  Itist.  (1721)2,255 
wo/,  r;  das  herz  des  alten  war  ein  an  sich  so  guter  und  jetzt 
durch  die  gehabten  kleinen  erschütterungen  so  trefflich  auf- 
gelockerter büdcn.  Encei.  12,272.  allen  diesen  knappen  passi- 
vischen fügungen  will  die  neuere  spräche  keinen  rechten  getclimack 
abgewinnen,  .«»'e  umschreibt  di4'selbrn  lieber,  man  wird  z.b.  kaum 
mehr  hören  ein  zehn  jähr  in  der  cur  geiiubler  kranker,  viel- 
mehr ein  kranker,  dm  man  zehn  jähr  in  der  cur  gehabt  hat. 
hiermit  hängt  zusammen ,  dasi  von  haiien  ,  obwol  es  ein  transi- 
tives verbum  ist,  das  passivum  nur  selten  vorkommt:  wo  aber 
soll  hs  alles  on  geist  und  glaube  gehabt  wird.  Luther  3,  232. 

Hü  hai)cn  hilfszeitwort  ist,  werden  die  mit  dem  part.  prael. 
desselben  gebildeten  umschriebenen  formen  nur  ungern  angewen- 
det ,  man  sagt  weniger  gern  ich  halte  es  ihm  gesagt  grhalil, 
icli  hatte  es  ihm  gesagt  geliabt ,  als  ich  habe,  ich  hatte  es 
ihm  gesagt,  wodurch  freilich  nicht  das  ausgedrückt  wird,  was  die 
entern  formein  .^agen ;  daher  scheuen  sich  Schriftsteller  von  fei- 
nem $j>rarligefuhl  vor  der  schuerfälligkeit ,  die  in  diesen  formell 
unldugbar  liegt,  nicht:  hätte  icii  nicht  alleino  grosze  zeit  vielii 
inonate,  aoiidern  auch  viel  laii.send  cruncn  ersparet  gehabt 
J.  U.  Sciii;pritjs  404;  hat  uftinais  junge  leute  vocirl,  8u  noch 
unter  den  praereptoribiis  und  Irhrmeislcrn  gewesen  und  wenig 


77 


HABEN  — HABER 


HABER 


78 


studirt  gehabt  haben.  643;  Mignon  halte  sich  versteckt  gehabt, 
hatte  ihn  angefaszt  und  ilfti  in  den  arm  gebissen.  Göthe 
19,  213;  heidnische  tilgenden?  ich  hätte  sie  gerne  gestraft  ge- 
habt, wenns  aber  nicht  anders  ist,  so  wollen  wir  sie  ver- 
geben. 57,  277 ;  Dionysius  .  .  halte  während  des  kriegs  be- 
gonnen gehabt,  zum  schütz  seiner  italischen  provinz  eine 
linie  ..  zu  befestigen.  Nieblur  t,  lOS;  Livius  sagt,  der  tyrann 
habe  die  ciirie  durch  hinrichtungen  verödet  gehabt,  l,  5S4. 
die  scliicerfälligkeit  tcird  gemindert,  wenn  die  ßnile  form  ausge- 
lassen und  nur  das  particip  gesetzt  wird:  welchs  sie  alles  zu- 
vor gebraucht  gehabt.  Garg.  103* ;  er  sei  nur  um  das  schlosz 
hemm  gestreift  ..  um, Philinen  aufzusuchen,  deren  Schlaf- 
zimmer er  ausgekundschaftet  gehabt.  Güthe  18,  300;  weder 
würde  eine  Stadt,  welche  eine  colonie  ausgestoszen  gehabt, 
begnadigt  sein.  Niebihr  2,  661. 

HABE.N,  n.  meist  in  der  bedeutung  sich  dem  torigen  II,  3  (sp.  59) 
anschlieszend :  wenn  ein  meitschi  viel  erbt  oder  geerbt  hat, 
so  weisz  man  doch  noch  nicht ,  hat  man  eine  reiche  frau 
oder  nicht,  denn  dabei  kommt  es  nicht  blosz  auf  das  haben 
an,  sondern  auf  das  brauchen.  Gotthelf  schuldenb.  16;  eine 
der  es  nicht  am  haben  und  nicht  am  können  fehle,  dürfe 
schon  etwas  anständiges  erwarten.  FEtoEB  sondert,  l,  52 ; 

des  babcDs  bunger  heftiger  zu  stachein.    Schiller  575, 
d.  i.  den  hunger  nach  besüz. 

In  der  spräche  des  kaufmanns  steht  haben  dem  soll  formel- 
haft gegenüber,  ersteres  das  guthaben,  letzteres  die  schuld  eines 
drillen  bezeichnend;  die  forn,el  teilet  jede  abrecJtnung  ein.  ihr 
steht  zur  seile  das  lateinische  und  tcol  ältere  debet  und  credit, 
KOS  in  kattfmännisclien  büchern  auch  heule  noch  dauert,  debet 
icfVrf  schon  frühe  durch  soll  übertragen:  ich  Ott  Ruland  sei 
meinem  würt  Hanns  Archaim  IS  Pfd.  Münchner  dn.  und  20 
dn.  RcLAND  p.  2.,  ähnl.  oft;  wie  vil  sol  er,  quanlum  debel? 
Ma&ler  376' ;  Johannes  soll  vor  ein  pfund  oel,  Johannes  de- 
bet pro  pondo  olei  Stieler  2055;  credit  gab  man  durch  soll 
haben  teieder:  Johann  Michael  Lord  soll  .  .  thir.  500;  soll 
haben  . .  thlr.  500.  Heyne  generalinstruclion  des  ital.  budihal- 
tens  (1725)  s.  176 ;  ähnl.  öfter,  der  häufige  gebrauch  dieses  soll 
und  soll  haben  und  das  streben  des  kaufmännischen  Stils  nach 
kürze  tiesz  zunächst  das  zweite  soll  in  Wegfall  kommen,  Jacobs- 
S05  technol.  wOrterb.  (1794)  7,  367*  kennt  niclil  mehr  die  abrech- 
nungseinleilung  soll  und  soll  haben,  sondern  nur  noch  soll  und 
haben,  dann  werden  die  tcorte  als  formet  substantivisch  empfunden, 
und  machen  sich  auch  auszerhalb  der  kaufmännischen  kreise  gel- 
tend,  man  sagt  das  soll  entspricht  dem  haben  keineswegs; 
ihr  haben  in  ihrem  contocurrent  bei  mir,  so  artig  es  sein 
mag,  bedeutet  für  mich  so  gut  wie  gar  nichts.  Di>gelstedt 
(üb.  land  und  meer  1S66,  s.  75) ;  wenn  aber  Frankreich  jene 
vertrage  von  1S14  und  iSlö  .  .  von  neuem  regulieren  wollte, 
so  darf  ihm  nicht  verborgen  bleiben ,  dasz  dann  alles  soll 
auf  seiner,  alles  haben  auf  unserer  seile  sein  wird.  Hallüche 
Zeitung  1867 ,  no.  296.  bekannt  ist  Fbeytags  roman  soll  und 
haben.  —  Freier  und  docli  mit  anlehnung  an  den  kaufmanns- 
ausdruck  soy/ Göthe:  beim  kamel  ist  es  überhaupt  eben  das- 
selbe ,  nur  dasz  beim  dromedar  die  art  und  weise  des  ge- 
schlechls  nach  seinem  haben  und  sollen  mehr  bezeichnet  ist. 
55,  ISO. 

HABENICHTS,  m.  der  nicJits  besitzende,  eine  imperatirische 
bildung  nie  habcgern ,  haberecht ,  dem  sinne  nach  ==  nichts- 
haber,  s.  d.  kommen  sie  ins  Unglück,  bist  du  daran  schuld 
mit  deiner  heillosen  feigheit,  du  reicher  mann  gegenüber 
jenen  fötzeln  und  habenichtsen.  Gotihelf  schuldenb.  11;  bair. 
babnichl  der  kein  besitzlhum  (d.  h.  namentlich  kein  liegendes  eigen- 
tlium)  hat.  ScHii.  2,  136 ,  wolier  habnichtsteuer  leibsleuer  oder 
kop/sleuer ,  ibid.,  in  Augsburg  kurzweg  der  babnichl  genannt. 
BiRi.iNGER  215*.  Habenicht  als  personenname  ist  heule  nicht  sel- 
ten,  das  älteste  behpiel  desselben  liefert  Matthaecs  Parisiessis 
wenigstens  für  das  französische:  Wallerus  cognomenfo  Sens- 
auier  vir  nobilis  et  sirenuus.  bist.  angl.  p.  17  ed.  Wals,  für 
das  millelaüer  unserer  spracite  bis  jetzt  nicht  nachzuweisen. 

HABER,  m.  possessor,  ahd.  habdri  in  bi-habäri  Graff4,  736; 
mild,  baber  in  liep-haber  (Bex.  1,6011,  in  welchem  dialecle  lieber 
das  schwache  habe  ab  letztes  glied  von  compositen  steht ;  nhd.als 
einfaches  wort  in  eingeschränktem  gebrauch,  häufig  aber  rerwen- 
dct  in  Zusammensetzungen  wie  befeblshaber,  Inhaber,  liebhaber, 
machlhaber,  rechtbaber,  gewalthaber.  die  haab  ist  wie  der 
haben  S.Frank  2,44*;  zweierlei  leute  gibts  nur  in  der  well, 
pflegte  meine  groszmutter  zu  sagen,  die  haber  und  die  nicht- 
haber;   sie  hielts  aber  mit  den  nichthabern.  Soltais  d.Qui- 


xote  (2.  au/7.)  3,  20S;  der  geldhaber  musz  die  waaren,  der 
waarenhaber  das  geld  haben.  Fichte  nachgel.  werke  2,  576. 

Dunkel  ist:  haber  beim  begalten  des  baren  an  der  bärin. 
FiEMiNG  teulscher  jäger  l,  88*. 

HABER,  m.  atena.  die  golhische  form  des  worts  mangelt; 
ahd.  habaro,  haparo ,  alts.  (in  der  Freckenhorster  heberoüe)  ha- 
voro,  altn.  hafri,  plur.  hafrar,  scJiwed.  hake,  dän.  havre ;  mhd. 
habere  und  haber,  doch  immer  in  schwacher  flexion.  der  ags. 
ausdnick  für  diesz  getreide  war  äta,  äte,  was  noch  jetzt  im  engl. 
oat  dauert;  doch  da  sich  im  mundarll.  schottisch  jetzt  nocit  auch 
haver  findet,  so  musz  die  entsprechende  form  dem  ags.  nicht  un- 
bekannt gewesen  sein. 

Zur  etymologie  dieses  Wortes  ist  GDS.  66  auf  den  lautlichen 
Zusammenhang  mit  ags.  hafer,  altn.  hafr  bock  hingewiesen,  und 
habaro  als  speise  des  hapar,  des  bockes  gedeutet  worden ;  schwer- 
lich unanfechtbar ,  schon  weil  abgesehen  ron  andern  gründen  der 
haber  nicid  als  ausschlieszliches  oder  auch  nur  \orzugsweises  fut- 
ter  des  bockes  gegolten  haben  kann,  eine  andere  hiermit  vorge- 
tragene Vermutung  geht  von  der  besonders  ins  äuge  fallenden  ge- 
aalt der  haberpflanze  aus.  alle  andern  getreidearten,  körn,  gerste, 
wetzen,  dinkel,  wachsen  in  geschlossenen  ähren ,  nur  der  haber 
setzt  oberhalb  des  lialmes  die  feinen,  beim  leisesten  winde  sidi 
bewegenden  und  zitternden  rispen  an.  nun  heiszt  altind.  kamp 
zittern,  sich  bewegen,  kampra  adj.  zitternd,  beweglich,  behende 
(BöHTL.-Roin  2,  77.  7S),  ^apala  sich  hin  und  her  bewegend,  be~ 
weglich,  schwankend ,  als  subst.  auch  das  quecksilber,  sowie  den 
langen  pfeffer  bezeichnend  (ibid.  947),  letzlern  wol  wegen  seiner 
art,  in  dünnen  ranken  empor  zu  schieszen.  insofern  nun  ca- 
pala  aus  der  bedeutung  beweglich  in  die  leichtsinnig,  leichtfertig 
übergeht,  wird  nichts  entgegen  stehen,  auch  den  ags.  altnord. 
namen  des  bockes  häfer,  hafr  an  diesz  wort  und  die  wurzel  kamp 
anzuschlieszen  (tcnero  lascivior  haedo.  Ocid.). 

Oberdeutsch  ist  die  form  mit  inlautendem  b,  niederdeutsch  val- 
td  im  inlaule  v  oder  w  (plattd.  haver,  hawer,  haower,  hawere), 
f  zei^t  sich  in  milteldeutsdien  quellen  seit  dem  15.  jalirh.:  ein 
virtel  hafifer.  Micuelsen  der  Mainzer  hof  zu  Erfurt  s.  42 ;  ein 
kästen  haffern.  Stolle  86 ;  areno,  haffern  (15.  jahrh.  Elsasz), 
hafern  (16.  jahrh.  Schlesien)  Diefe.nb.  60*.  die  milteldeulsche 
form  verschafft  sicii  langsam  eingang  in  der  scltriftsprache ,  so 
dasz  sie  auch  im  17.  jahrh.  noch  nicht  sehr  häufig  ist:  wenn 
manche  faule  magd  der  hafer  sticht.  Schcppics  341 ;  Stieler 
verzeichnet  beide  formen  haber  und  hafer,  ebenso  der  spätere 
Steinbach  ;  im  18.  jalirh.  wird  hafer  lüufiger,  so  dasz  Aüellng 
nur  diese  form  als  eine  anständige  gellen  lassen  wollte,  indes 
sind'  es  gerade  eine  anzahl  Schriftsteller  mit  milteldeutsclier  hei- 
mat,  die  die  form  baber  bevorzugen:  häckerling  und  haben 
Lessixg  10,  211;  gänse  theilen  alles  in  der  weit  ein  in  haber, 
den  sie  fressen  können,  und  in  steine,  die  sie  nicht  fressen 
können.  Fichte  phil.  journ.  5,  lOI ;  der  haber  langt  auch  an 
sehr  selten  zu  werden.  Göthe  16,272; 

wo  würdest  du  den  haber  kriegeo, 

der  deiner  scheukel  siolz  erhält.    Gkllkrt  1,  139; 

ha,  lachte  der  kaiser,  vortreflicher  haber.    Bcrcer  67"; 

behielten  ja  selber  kein  körnchen  haben 

Kotzkbl'e  dram.  werke  2,  299. 

jetzt  ist  hafer  das  entschieden  vorhersehende  geworden. 

Die  declinalion  des  Wortes  wird  seit  dem  ende  des  milleMlers 
die  starke:  haber  absniden,  aventare.  Diefexb.  60*; 

do  mocht  im  (dem  eset)  oiempt  den  haber  tragen. 

ring  9',  29 ; 

doch  ist  die  schwache  form  noch  lange  und  viel  gebräuchlich,  der 
nom.  nimmt  das  n  der  obliquen  casus  vielfach  auf,  wie  die  subsl. 
backen,  garten,  bogen,  nacken:  haberen.  arena  Dasyp.  ;  mir 
verbrennet  kein  haus,  verdirbt  kein  habern.  Agric.  spr.  (1560) 
62*;  der  habern.  Kirchhof  wendunm.  417*; 

weil  der  babera  ist  ein  rossspeis. 

li.  Sachs  5,  356'; 

der  hafem  hat  die  pferde  schon  lang  aufgefressen,  kunst  über 
alle  künsle  122,  7.  noch  heule  gilt  mundartlich  der  habern,  so  in 
Baiern  (Schm.  2,136),  in  der  tt'ellerau  u.  a.  Fischart  hat  alter  mit 
anderen  nom.  haber,  ace.  dat.  gen.  habern:  zu  nacht  rührt  sich 
der  haber  im  sack.  Garg.  2S*;  macht  sich  zu  einem  ross, 
dasz  er  habern  esz.  130*;  dann  ich  könt  ihn  nit  lang  habern 
reichen.  133';  mit  habern.  228*. 

Abgesehen  ton  der  gelehrten  Unterscheidung  der  haberarten  redet 
das  tvlk  von  zwei  solchen ,  nämlich  dem  wilden  haber  (beb-, 
bruch-,  dispen-,  gauch-,  flug-,  mause-,  schwarz-,  taub-,  wild- 
haben Nemnicb  1, 350)  und  dem  zahmen  orfer  saathaben  ver- 


79 


HABER 


HABERACKER— HABEIlECIIT 


80 


scMedene  coviposita  entspringen  dem  umstände,  dasz  in  haber  an 
grundhenn  und  geistliclikeit  gezinst  wurde  und  auch  noch  wird, 
tergl.  forst-,  haupt-,  hnnde-,  jagd-,  rauch-,  schlosz-,  zins- 
haber.  —  Von  der  haberkorndhnliclien  gestaU  wird  ein  geschwür 
am  äuge  neben  gerslenkorn  auch  augenhaber  genannt,  s.  1,  SOti. 

baber  bildet  das  erste  compositionsglied  einer  anzalil  wildwach- 
sender pflanzen ,  es  kann  sein,  dasz  man  sie  in  vergleich  mit 
jenem  als  unkiaut  wacfisenden  wilden  haber  gesetzt  hat:  hal)er- 
kirsche  der  wilde  kirschbaum ,  cerasus  sylvcslris,  ebenso  haber- 
,  püaunie,  haberscblehe  der  wildwachsende  schlehenslrauch ;  haber- 
lose,  rosa  canina.  bei  andern  composUen  scheint  baber  ffir  ge- 
treide  überhaupt  zu  stehen,  weil  er  das  älteste  und  für  viele 
gegenden  Deutschlands  das  gewöhnlichste  getreide  war:  die  distel 
die  im  getreide  wäcitst,  heiszt  baberdistcl,  babersclireck  lucusta 
ist  der  schreck,  der  auf  feld  und  wiesen  hüpft  (heuscbreck). 

Der  haber  wird,  wie  anderes  getreide,  gebaut,  gesäl,  gesclmitten : 
haveren  arnen  sniden.  Diekenb.  Co'; 

da  man  tieur  den  Labern  schneid,  fasln,  sp.  &S7,  31. 
gemäht,  gedroschen  ,  geschroten  .  gemahlen ,  gefaszt  (3, 1342) :  ich 
trag  habern,  den  ich  im  schlosz  gefasset  hab.  Wickram  rollw. 
177,  27  Kurz;  gemessen:  komm  auf  den  futterboden,  wir  wollen 
hafer  messen.  Immermann  Müncith.  l,  133,  und  zwar  das  letztere 
nach  mctzen,  himten ,  scheffeln,  mattem:  2  schöffeln  habern. 
Adam  Ryse  rechnung  Cb';  des  habern  gibt  mann  ein  schöffel 
für  2  groschen.  ibid.;  acht  mallher  hafern.  Mei.ander  1,149. 
den  Pferden  wird  der  haber  aufgeschüttet,  man  nennt  das  ge- 
schwungen, vgl.  mhd. : 

Swing  im  (dem  rosse)  vuoter,  mach  ej  rein, 

streich  im  schöne  siniu  hein.    Seifr.  Hetbling  1,  391. 

halt  du  dich  zum  rossstail,    da  man   den  habern   schwingt. 

SCBOPPICS  (1701)   786; 

der  lindenschraid  der  het  einen  son, 

der  solt  den  rossen  das  fiitter  tun, 

den  habern  tet  er  schwingen.     Uhland  359. 

Der  haber  wird  ferner  gestreift,  seine  rispen  werden  vom  halme 
abgestreift :  auch  sucht  er  (der  bär)  die  fiscbbäcbe  gerne  aus, 
streifet  den  hafer  und  genieszt  solchen  gerne.  GücnnALSE\ 
notabilia  venatoris  41.  zwä  regeln  in  bezug  auf  den  haberbau 
sind  allgemein  verbratet:  sehe  körn  Egidii,  habern,  gcrsten 
Benedicti.  Agric  spr.  (1560)  252*; 

den  liabcr  soll  man  einkleiben, 
die  gerste  aber  einstäuben,    oecon.  lex.  808; 
vgl,  einkleiben  3, 215. 

Eine  oft  verwendete  allitterierende  Verbindung  ist  haber  und 
heu ,  heu  und  haber :  habern ,  heu.  Fronsperg  ton  kaiserl. 
kriegsrechten  162';  wie  man  ein  pferd  ohne  haber  und  heu 
etliche  wochen  lang  reiten  müge.  Bückler  kriegsschule  975 ; 
an  heu  und  habern.  Bbocees  9,237;  haber  oder  heu.  Gel- 
LERT  3,  244. 

SpricIiwOrlliches  und  redensarten.  durcheinander  gehn  wie 
der  gemäht  habern,  rfrüter  und  drunter  gehen  Schmeller  2, 130 ; 
die  ross  so  den  habern  bawen,  fressen  am  wenigsten.  Agric. 
spr.  (1560)  2:i2*;  ein  pferd,  das  den  habern  baut,  das  füttert* 
man  mit  gras  und  heu.  Lehmann  144;  das  pferd  so  den  ha- 
bern am  meisten  verdienet,  bekommt  am  wenigsten  davon, 
qui  maximas  praeslant  operas ,  minimis  gaudent  salariis.  PisTO- 
rids  thesaur.  paroem.  7  (1724)  no.  15;  der  haber  ist  vor  dem 
körn  reif  geworden  wird  gesagt,  wenn  sicfi  die  jüngere  Schwester 
vor  der  altern  verheiratet,  schon  bei  Maai.er  *204';  er  verseet 
seinen  habern,  ehe  er  zum  acker  konmiet.  Schottei.  1119'; 
es  ist  gut  baber  säen,  redensart,  wenn  in  einer  gescllschaft  groszc 
stille  hersciU ,  weil  nach  Adelung  zum  siien  des  habers  windstilles 
weiter  erfordert  wird,  ebenso  plattdeutsch:  im  stillen  is  good 
haber  seien,  wenn  und  wo  alle  schweigen  auszer  einem,  der 
dann  gut  reden  hat.  SchItze  2,  88 ;  hier  is  good  iiaver  seijen. 
Däiinert  180.  im  Gargantua  werden  unter  den  gesellschafts- 
tpielen  aufgezählt  den  habern  säien  167*;  der  haber  im  sack 
tbid. ;  des  habern  verkaufcns  166*,,  vgl.  auch  haberkauf,  den 
haber  seen  kennt  als  spiel  auch  Wesenicr  Iiösc  spiclsieben(\'ti2)  s.  16. 

Bildlich  heiszt  jemandem  den  haber  schwingen  einen  prügeln, 
das  prügeln  wird  als  fulter  geben  aufyefaszl  {vgl.  oben  halicr 
schwingen):  Mic  dem  ersten  also  ward  auch  dem  andern 
der  haber  geschwungen  und  die  flöhe  abgekehrt.  Kiiiciiiioi'' 
wendunm.  417*;  in  der  grafschaft  Mark  mit  anderm  awdruck : 
eincin  draige  ha«er  giewcn,  erae  pcJlrrc  fan  de  lange  hawer 
gienrcn.  Fnomm.  3,  3C9. 

Pferde  werden  wn  au  reichliclier  haberfütlerung  übermütig,  sie 
•liebt  {reizt,  kttielt)  der  haber:    der  baber  plicget  diejenigen 


pferde  gemeiniglich  zu  siechen,  welche  im  stalle  stehen  und 
nichts  zu  thun  haben.  Castimoäius  polit.  hofmädgen  30;  auf 
menschlichen  Übermut  übertragen :  ebenso  halte  auch  ullhiei'  der 
habcrn  . .  den  simplcx  zimlicli  gestochen.  Simpl.  l.  theil,  3.  bucli, 
O.Clip,  am  Schlüsse;  wann  manche  faule  magd  der  hafer  sticht, 
und  sie  die  guten  tage,  welche  sie  bei  herrn  und  frauen  hat, 
nicht  länger  ertragen  kan,  so  hänget  sie  sich  an  einen  tüge- 
nichls.  ScHUPPius  341. 

I1.\BE1{ACKEH,  m.  acker  worin  haber  steht:  achtete  ..  sich 
dicszmal  der  haferäcker  und  der  flacbsplätze  viel  weniger  als 
das  vorige  mal.  Gottiielf  schuldcnb.  1S3;  wer  ross  behütet 
beim  baberacker,  kühe  bei  wiesen,  . .  bei  denen  ist  sorg  und 
hut  verloren.  Lehmann  83.  da  der  haber  geringen,  sandigen 
und  dürren  boden  verträgt,  so  scheint  Fischart  den  haberacker 
als  bild  für  etwas  geringes  und  schlechtes  überhaupt   zu  nehmen: 

0,  das  dpr  ewig  sei  verschmeclit, 

der  die  kunst  iiiclit  mag  dulden, 

und  welclicn  guter  biiclier  sohrift 

ein  liaheraeker  ist, 

und  halten  gute  künst  für  gift: 

ihr  nam  verfaul  wie  mist.     Gurg.  TIT. 

HARERBART,  «i.  tragopogon  porrifolium,  bocksbart  mit  lauch- 
blältein,  blaue  bafcrwuizel,  blauer  bafcrbart.  Nemnich  4, 1468. 
die  pflanze  ist  auch  dem  namen  nach  mit  dem  bocksbart  (2,  206) 
identisch,  der  erste  theil  des  compositums  enthält  das  im  hoch- 
deutschen sonst  nicht  nachgewiesene  hapar,  haber  bock,  das  nach 
ags.  häfer,  altn.  hafr  zweifellos  ist  und  von  dem  sich  noch  das 
fem.  heppe  ziege  erhalten  hat,  s.  d. 

HABERRAU,  m.  das  bauen  des  habers. 

HABERBIER,  n.  aus  haber  gebrautes  bier:  haberbrod  und 
haberbier  sind  blos  in  solchen  gegenden  gebräuchlich ,  die 
an  bessern  und  tauglichem  getreidearten  mangel  habeu. 
Sciiehel  waarenlex.  1,  490*. 

HARERBIRNE,  f.  birne  die  um  die  zeit  der  haberernte  reif 
wird.  Nemnich.     haferbirn,  pyrum  hordearium  Stieler  167. 

HABERBOCK,  m.  name  zweier  thiere:  l)  der  heerschnepfe, 
scolopox  gallinago,  auch  bimmcigeisz,  himmelsziege,  haberziege, 
haberUimmlein  genannt.  Nemnich  4,1253;  sie  läszt  in  der  luft 
einen  meckernden  ton,  wie  eine  ziege  hOren.  platld.  haowrbuck 
Danneil,  haverzegen  Dähnert.  vgl.  habeigeisz.  2)  auch  die 
heuschrecke  wird  haberbock  genannt : 

pingsten  springen  de  derns  as  bingsten 
un  de  Jungs  as  hawrhöck.     Danmkil  78*. 

im  17.  jahrh.:  da  springen  sie  wie  die  haberböcke.  allerhand 
seltz.  wärme  31. 

HABEUBODEN,  m.  1)  boden  auf  dem  der  haber  gedeilU: 
das  feld  ist  guter  haberboden.  2)  boden  oder  bühne  bei  den 
Pferdeställen,  auf  dem  der  haber  lagert,  öcon.  lex.  890. 

HABERRRACHE,  f.  in  der  brache  (2,  282)  liegendes  haber- 
feld:  wer  will  einen  fasel  geiszen  immer  so  in  schranken 
halten,  dasz  sie  nicht  einem  nachbar  in  die  wiesen  oder 
weid  gucken,  wer  mit  so  viel  lüsternen  thleren  zwischen 
körn-  und  habeibrachen,  räb-  und  kabi<äckern  durchfahren, 
dasz  keins  ein  maulvoll  versuchte?  arme  mann  im  Tockenb.  31. 

HARERRRÄTLING,  m.  ein  eszbarer  .ichwamm,  agarius  lacti- 
fluus,  nach  seiner  habergelben  färbe  so  genannt.  Nemnich  1, 111. 

HABERBREI,  m.  puls  avenacea.  Frisch  1,390'; 
er  bat  sein  tag  gern  baberbrei  gessen. 

II.  Sachs  5,  356^ 

altes  nalionalgerirhl  der  Deutschen :  primum  omnium  frumenti 
Vitium  aveiia  est ,  et  hordeum  in  eam  degenerat ,  sicut  ipsa 
frumenti  lit  instar:  quippe  cum  Germaniae  populi  serant  eam, 
neque  alia  pulte  vivant.  Rlinius  hist.  nat.  18,  44. 

HABERBBOT,  n.  brot  aus  haber  gebacken,  mhd.  babcrbröl : 

den  flegein  thiit  es  wo) 
ein  grobes  habcrbrot,  was  für  den  Inndsknecht  sei 
musz  weiüz  und  weitze  sein.  Opiti  I,  104. 

HABERCIIR,  f.  gebrauch  des  habers  aU  medizin.  Fniscn  1,390". 

IIABEIIDISTEL,  f.  serratuta  arvensis  Bock  kräuterh.  (I56.S) 
317* ,  Carduus  arenarius  Stiei.er  306,  serraluln  Nemmch  4, 1288. 
holt,  haverdislel,  deutsch  auch  «cker-,  feld-,  sau-dislel  genannt. 

HABEIlECMT,  m.  der  immer  recht  hat  oder  haben  will,  eine 
imprialiiisclie  bildung ,  die  neben  dem  abban(iigkeits-comi>ositum 
rerblbaber  (s.  d.)  gehl  wie  habenichls  gegen  nichtshaber :  der 
verdaninile  haberecht!  Lessinc  2,460; 

doch  dJPKor.  den  mnn  hnberorhl  mli  r«chl  genannt, 

ist  mMncr  lionirKniiidelrM  nnrobibnrkclt 

•0  Knni  gi>wi<>i,.  diiitz  er  mir  nie  dn«  Ictile  wort, 

ob  i.  I,  ,.i..,,  I,  i,..,r  i,M.i  nii''v(..r  bin,  gclasucn  hat. 
i.tiTH»  li,  245. 


8 1       HABERECHTEN  —  H  ABERFELDTREIßEN 


HABERFELDTREIßEN  —  HABERGEISZ        82 


HÄBERECHTEN,  verb.  immer  recht  haben  wollen,  um  das  recht 
streiten,  biUung  aus  dem  vorigen,  die  vorzfiglieh  Wiela.nd 
gern  anwendet:  um  mit  einem  so  belesenen  manne  wie  Hüet 
zu  Laberechlen.  14,9;  zum  beweise,  dasz  ich  nicht  habe- 
rechten  will,  soll  diesz  zugestanden  sein.  2S,  272;  ich  will 
nicht  länger  mit  ihnen  über  diesen  punct  haberechten.  30, 
507;  es  ist  eins  von  den  vielen  dingen,  die  ein  mann  lieber 
noch  einmal  thun ,  als  darüber  habrechten  sollte.  Bode 
(Trislr.Sh.)  8,39.  —  Der  infinitiv  in  substantivenh  gebrauch:  das 
haberechten.  \Viel.*nd  IS,  166.  21,247. 

HABERECHTEREI,  f.:  dieses  gefühl,  wenn  es  anders  wirk- 
lich vorhanden  und  nicht  blos  aus  haberechterei  vorgegeben 
war.  BtßGER  35b'; 

um  uns  nun  selbst  zu  überrübreo, 
dasz  wir  ihn  nicht  mit  unrectit  hassen :  so  will  die  haberech- 
terei, 
dasz   er  ein   abgeschmackt  geschöpf  und  gar  nicht  liebens- 
würdig sei.     Brockes  6,  559. 

HABERECHTISCH,  adj.:  denn  ich  fürchte,  der  haberech- 
tische  griesgram  luszt  dirs  nicht  so  hingehn.  Göthe  an 
Knebel  329. 

HABERERNTE,  f.  messis  aienae:  haferernde  Stieler  19; 
haberärnte  Frisch  1,390'. 

HABEREN,  HABERN,  HÄBERN,   adj.  avenaceus,  ahd.  ha- 
berin :  aveninus  panis  haberin  bröd.  SchU'tLl.  glossen  i/ei  Halft 
5, 362,  mbd.  hjiberin,  heberin ;  haberin  brot,  avenacius.  Diefenb. 
60* ;  ich  mein  es  sey  häbrin  brot.  Pauli  schimpf  14; 
wir  essen  all  nit  gern  hebrin  prey.    fasln,  sp.  344,  4; 
£0  isz  ich  zuckermus  lür  [lieber  als)  hebrein  prey.    857,  IS; 
und  kocht  bald  einen  habern  brey.    B.  M'aldis  4,  66,  S9; 

gibt  mir  ein  häbern  brey  darfür. 

Ayrer  fasln.  91*  (2797,  1  Keller) ; 

Docb  eine  peyn  ist  hebern  brot.  bergreien  Su,  7; 
indeme  er  vorhero  sich  die  ganze  woche  mit  milch  und 
grobem  brod  behelfen ,  ja  wann  er  statlich  leben  wolle, 
meiner  meuder  um  einen  häbernen  brei  zu  füszen  fallen 
muste.  Simpl.  2,  iiH  Kurz ;  häberin  strouw,  häberne  spreüwer, 
palea  avenacia.  Maaler  204*.  häberen  hechte  bezeichnet  bei 
FiscBART  eine  nicht  näher  anzugebende  speise  üus  geschroleneni 
oder  grob  gemahlenen  haber,  die  von  dem  hechte  nur  das  beiszende 
und  stecJiende  seiner  sahne  haben  kann:  was  soll  man  brot  zu 
brot  brocken,  mit  viel  häberen  hechten,  gsolhaber.  graupen 
und  heidelbrei  den  magen  verwoUstopfen.  Garg.  45';  sagten 
ihnen  dabei,  sie  wäjen  nicht  werth,  solche  edele  käszkuchen 
zu  fressen ,  es  thuns  ihnen  noch  wohl  ein  jähr  gebachen 
filzläusz,  plaw  fürz  im  plettlin,  gerüst  anspinn  und  würlin, 
rossfeigen,  kuhtladen,  geiszhonen:  oder  zum  besten  west- 
phalisch  kleienbrot  und  habere  hecht.  197'. 

Das  adj.  ist  jetzt  in  der  sciiriflspraclte  zu  gunsten  der  composita 
(haberbrot,  haberbrei,  haberspreu  etc.)  ungebräuchlich  geworden, 
lebt  aber  noch  in  süddeulsclien  mundarten.  Schm.  2,136,  Lexer  129. 

HABERFELD,  n.  feil  auf  dem  haber  gebaut  wird:  es  wach- 
sen zwar  vil  geschlecht  der  disteln  in  den  fruchten,  sonder- 
lich aber  im  haberfeld.  Bock  kraulerb,  (1565)  317* ;  einen  ort 
. .  der  nicht  weit  von  Weingärten  oder  haberfeldern  ablieget. 
jagdsergötz.  3,  53.  die  jetzt  mehr  und  mehr  in  abnähme  gekom- 
mene dreifelderwirtschaß  (-2,  IZhO)  weist  dem  haberfeld  einegrosze 
ausdehnung  an,  weil  nach  ihr  in  jedem  zweiten  jähre  auf  dem 
felde  nur  sommerfrucht ,  gersle  oder  haber,  gebaut  werden  kann, 
wie  nun  an  feld  die  Vorstellung  des  freien  weiten  raunies  haflet 
(3, 1476)  und  wie  man  ins  feld  hinein  leben  für  blind,  unvor- 
sichtig tun  leben  braucht,  so  bedeutet  auch  ins  haberfeld  schreien 
gedankenlos  schreien :  ja,  sprach  er  für  sich,  die  schreien  auch 
ins  haberfeld  hinein,  sieben  sinds ,  keine  acht.  k.  u.  liausm. 
1,39  (1857).  bair.  mit  seinen  gedanken  im  haberfeld  sein, 
zerstreut  sein.  Schm.  2, 136. 

HABERFELDTREIBE.N,  n.  ein  rolksthümliches  rügegericht  in 
Baiern,  im  land  an  der  Mang  fall,  Schlierach,  Aurach  undLeitze- 
nach  {Bavaria  1,4211,  da*  Schmeller  4,25  recht  anschaulich  be- 
schreibt und  das  in  neuerer  zeit  durch  Zeitungsberichte  auch  über 
Baiern  hinaus  bekannt  geuorden  ist.  der  zweck  dieses  rügegericlites 
ist,  in  nächtlicher  Versammlung  der  am  gerichte  betheitiglen  vor 
dem  hause  des  schuldigen  diesem  seine  vergelten  vorzuhalten,  solche 
vergehen  werden  gerügt,  die  auszerhalb  des  gericiälicften  und  poli- 
zeilichen strafreclUs  liegen,  besonders  Sünden  gegen  die  volksmoral 
und  die  sillenbegriffe  des  bairischen  Oberlandes,  am  häufigsten  ge- 
schlechtliche vergehen,  die  Organisation  des  geiichts  ist  sehr  un- 
bekannt ,  weil  die  belhetligten  darüber  hartnäckig  schweigen ,  es 
sollen  ihm  zwölf  (nach  Schmeller  nur  ein)  haberfeldmeister  vor- 
IV.  II. 


st^en,  die  das  recht  zur  abhaltung  ilures  träbens  auf  Carl  den 
groszen  zurückführen. 

Erklärungen  des  namens  können  noch  auf  Sicherheit  keinen  vol- 
len ansprach  macJien.  eine  unwahrscheinliche  gibt  die  Bavaria  a. 
a.o.:  es  soll  damals  {nach  dem  ZOjähr.  kriege)  üblich  gewesen 
sein,  besonders  frevler  an  den  feldmarken  oder  Wucherer 
auch  durch  Schädigung  an  leib  und  gut  zu  strafen ,  iudiMu 
man  ihr  feld  verheerte,  und  da  im  gebirge  viel  haber  gebaut 
wird,  so  übertrug  man  den  namen  haberfeld  auf  das  ganze 
rechtsverfahren,  mehr  schein  hat  was  Schm.  2,  137  aus  den 
wolgemeinten  paragraphcn  an  Baierns  prediger  l,  15  beibringt: 
menscher  gebts  acht ,  dasz  ihr  nicht  mit  der  zeit  mit  dem 
struhkränzl  vor  meinem  pfarrht.fe  vorbei  spazieren  müszl  oder 
dasz  euch  bueba  ins  haberfeld  treiben,  mit  der  bemerkung: 
es  war  an  vielen  orten  Baierns  die  gewohnheit,  dasz  wenn 
ein  mädchen  zum  fall  kam,  sie  des  abends  von  den  jungen 
burschen  des  dorfes  unter  unzähligen  geiselhieben  in  ein 
haberfeld  und  von  da  wieder  uach  haus  getrieben  wurde, 
der  Verführer  muste  selbst  mitmachen,  es  wäre  also  das  trei- 
ben itis  luiberfeld  zunächst  ein  symbol  der  verlorenen  jungfrau- 
schaß, wie  sonst  dem  gefallenen  mädchen  der  stroltkranz  gebührt: 
in  einigen  gegenden  (Ostpreuszens)  soll  eine  kröne  von  hafer- 
stroh  das  symbol  der  verlorenen  jungfrauschaft  sein.  Friscu- 
biER  volksreime  169 ,  wie  an  andern  orten  in  gleichem  falle  das 
gesclmitlene  stroh,  der  häckerling  gestreut  wird,  weit  die  gebährende 
aufs  Stroh  kommt  (Götue  40,  245 ;  das  sie  sechs  w  ochen  in  ein 
stro  velt.  fastn.  sp.  857, 6) ,  und  es  hätte  sidi  das  verfahren, 
vielleicht  utder  einßuss  anderer  volksthümlicher  gerichtsei nricläun gen, 
zu  einem  rüyegericiU  für  geschlechtliche  vergehen  und  für  Verletzung 
guter  silte  überhaupt  entwickelt. 

HABERFELDTREIBEN,  verb.:  die  haberfeldtreiber  sprechen 
am  scIUusie  üires  verfaJtrens  den  vers: 

kaiser  Karl  musz  noch  kommen  und  's  protocoll  unterschreiben, 
dasz  wir  das  näcbsimal  im  Attel  und  .\ltenhochenau  baberfeld- 
treiben.        liavaii-j  1,  4::o. 

HABERFISCH ,  m.  an  einigen  orten  name  für  die  kleinsten 
fische,  welche  die  kinder  mit  einem  iiebe  zu  fangen  pflegen.  Adellsg. 
haberCschleiu,  cyprinus  aphya  Nex.mcu. 

H.VBERGARBE,  fasciculus  avenae:  aiu  jetliche  huob  sol  aim 
vorster  zwo  vesengaiben  geben  und  zwo  habergarben ,  und 
aiu  schuopis  aiu  veseugarb  und  ain  habergarh.  wei^li.  l,  214. 
hafergarbe  Stieler  604, 

HABERGEISZ,  f.  in  mehreren  bedeutungen: 

1)  die  heersdmepfe ,  scolopax  gallinago ,  plattd.  haberziege: 
bruchschnepflin  oder  habergeiszlin.  Helszli.'?  vogelb.  lil'.  der 
vogel  läszt  zur  begattungszeit  hoch  in  der  luß  einen  tun  hören, 
welcher  dem  fernen  meckern  einer  ziege  höclist  ähnlich  ist.  die- 
sem umstände  entspringt  sein  name  himmelsziege,  himmelsgeisz ; 
mit  dem  am  himmel  fahrenden  gewitleryotte  Donar  in  Verbindung 
gebracht,  dessen  trafen  böclie  zogen,  nannte  man  ihn  donnerziege, 
wie  lettisch  pehrkona  kasa,  und  indem  man  eine  beziehung  des 
Vogels  zum  himmlischen  bockgespann  hervorhob,  hiesz  derselbe  haber- 
lämmchen,  haheibock,  haberziege,  habergeisz,  mecklenb.  auch 
hawerblarr  bockschreier ;  da  in  dem  ersten  thnle  des  compos.  nur 
das  ahd.  noch  nicht  nachgewiesene,  ags.  und  altn.  belegte  habar 
bock  enthalten  sein  kann  [tgl.  oben  haherbart).  es  verknüpfen 
sich  wol  auch  abergläubische  Vorstellungen  mit  dii^sem  vogel,  tn 
liland  zeigt  seine  stimme,  wenn  sie  das  erste  vtal  im  jähre  ge- 
hört wird,  den  mensciien  üir  Schicksal  an  (mythol.  16S). 

2)  daher  überträgt  sich  der  name  auf  eine  nachteule,  strix  aluco, 
deren  geschrei  unheileerkündend  und  todanzeigend  ist  {sie  heiszt 
auch  leichenhuhn),  so  namentlich  in  Baiern  (Schheller  2, 137), 
Tirol  (Ziagekle  sitten  42) ,  Vorarlberg  (Vosblx  sagen  25)  und 
Kärnten  (Lexer  112).  —  In  Franken  und  Henneberg  heiszt  haber- 
geisz die  krebsspinne,  phalangium  opilio,  die  sonst  «eberknedä, 
auch  geisl  und  tod  genannt  wird. 

3)  dann  geht  der  name  in  Süddeutschland  auch  auf  eine  Schreck- 
gestalt, die  man  sich  bald  als  vogel  denkt  (Zi.ngeble  a.  o.  o.,  Vos- 
BUN  beitrage  zur  d.  myth.  llOi,  baUi  als  ziege  (Lexeb  112). 

4)  endlich  heiszt  so  der  grosze,  inwendig  mit  pech  autgegossene 
brummkreisel,  den  man  in  Dünngen  brummdorl,  sausedorl,  im 
Osterlande  nonne  nennt:  auch  sonsten  spiel  die  ins  feld  ge- 
hören, zu  üben,  nestel  ausz  dem  kreis,  klotzstechen,  scbleif- 
fen  schleiffen,  ritschen  rosz  machen,  habergeisz  ziehen.  Garg. 
171*;  rädelt  vvol  hundert  mal  heruinb  wie  ein  habergeisz.  231* ; 
ich  liesz  mir  ein  instrument  durch  den  dreyer  verfertigen, 
allerdings  wie  eine  habergeisz,  damit  die  junge  kuabcn  kurz- 
weilen. Simpl.  i,  110  A'urz; 

6 


83 


HABERGELB  —  HABERKISTE 


HABERKITZEL  —  HAßERMEHL 


84 


un  wie  e  hawwergais  glych  schnurre-n-  un  glych  bnimme. 
Arnold  pfingstmotUdg  12. 

auch  schweizerisch  babergeisz.  Stalder  2,  8. 

HABERGELB,  adj.  gelb  wie  haber:  hafergelb  ist  das  er- 
wärmte eisen  und  stahl,  nenn  es  den  ersten  grad  der  hilze 
oder  envärmung  hat.  Jacousson  lechnol.  würkrb.  2, 1S6'. 

HABERGELD,  »i.  haberzins:  die  wintcrgeit  git  man  czu 
sant  .Michels  tag,  das  habergelt  cze  sant  Martins  tag  und  sois 
ouch  für  den  spicber  entwurlen  und  gut  körn  gon.  weislh. 
1,  375.     vgl.  habergiilte,  haberzins. 

HABERGIFT,  n.  delphinium  consolida,  sonst  rittersporn,  acker- 
ritlersporn,  kornritlersporn  genannt.  Nemnich  2, 13S7. 

HABERGRAS,  n. :  1)  habergras  heiszt  aller  wildwachsender 
haber,  dän.  havregraes,  scliwcd.  hafregräs,  engl,  oalgrass.  Nem- 
Nicu  1,  549 — 552.  2)  melica  caertilea  und  ciliata,  holländ.  haver- 
gras  Nemmch  3,  541.  542,  wegen  der  ähnlkhketl  der  jtflanze  mit 
dem  wilden  haber. 

HABERGRIES,  m.  gries  aus  haber: 

habergries  und  graupengerste.    Röckert  228. 

H.\BERGRL'TZE,  f.  griUze  ans  haber:  hafergrütz,  avena  trita, 
decorlicala.  Stieler  712.  den  fuhr-  und  andern  ieutcn,  welche 
biszweilen  pdaumen ,  zwetschken,  hirsen ,  krafiraehl ,  hafer- 
grütz. graupen,  seifen,  pech  und  dergleichen  anhero  bringen. 
der  Stadt  Leipzig  Ordnungen  181. 

HABERGUÜTZSLPPE,  f.  suppe  aus  habergrütze. 

HABERGÜLTE,  f.  gezehntcter  haber,  franz.  avcnage.  Frisch 
diu.  des  passagers  (1730)  129.  denst,  penninggulde,  honergulde, 
havergulde  und  alle  plicht.  Gvttinger  urkundenbuch  (ed.  Schnmll) 
$.  340. 

HABERHALM,  wi.  halm  des  habers:  die  haberhalmc  schwan- 
ken im  winde,  ahd.  gilt  der  plur.  habirhalme  geradezu  für 
avena  Haupt  5,327;  itn  bair.  bedeutet  haberhiilm  haberstoppeln, 
auf  die  haberhälm  kommen  ins  verderben  geraten  Schmeller 
2, 137,  denn  die  stoppeln  sind  ein  bild  des  nichltgen  (darumb  wil 
ich  sie  zurslrewen  wie  stoppeln  die  für  dem  winde  aus  der 
wüsten  verwebt  werden.  Jerem.  13.  24). 

HABERHÄ.NDLER,  »rt.  .•  als  gestorben  zu  Frankfurt  a.M.  am 
21.  Januar  17S0  wird  angegeben  Melchior  Hoffinann,  heu-  und 
haberhandler,  alt  84  jähr  2  monat.  Maria  Belli  leben  in  Frank- 
furt a.  M.  e,  170. 

HABERHAUER,  m.  eine  spinne,  phalangium  opilio  Nemnich 
4,  927,  sonst  auch  babergeisz  genannt,  s.  d. 

HABERICHT,  adj.  avenaceus  Stieler  724.    Steinbacu  1,  604. 

HABERKASTEN,  m.  kästen  zur  aufbewahrung  des  habers, 
dasselbe  was  haberkiste,  s.  d.  sprichwörtlich:  ich  will  drauf 
los  gehen  wie  der  bock  auf  den  haferkasten.  Interim  135,  eine 
grosze  gier  anzudeuten. 

HABERKAUF,  wi.  1)  ein-  und  verkauf  von  haber,  gebildet  wie 
getreidekauf,  fruchtkauf,  kornkauf:  der  bauer  ist  zum  haber- 
kauf in  die  Stadt  gefahren.     2)  ein  gesellschaftssjnel : 

wir  werden  histig  spielen 
theils  im  sitzen  theiLs  im  lauf, 
blinde  kuh  und  liaberi<nur. 

Gekfli.ncer  complimentirbücltt.  181. 

auch  im  Gargantua  findet  sich  das  spiel  des  habern  verkaufens  Um'. 

HABERhERN,  m.  der  haber  als  kern,  im  gegensatze  zu  dem 
sdion  geschrotenen  oder  gemahlenen  haber:  eben  die  rechnung 
wie  mit  dem  haberniähl  hat  es  mit  dem  huberkern  (collec- 
liver  sing.)  auch.  Frosspercer  von  kaiserl.  kriegsreclUen  (istiti) 
161*.  —  In  Baiern  heiszt  haberkern  der  enthülste  haber  zu  habcr- 
$citleim Suppen ,  auch  eine  art  macroncnnudvln ,  welche  in  lany- 
liclten  haberahnlichen  graupen  beatehen.  SciiM.  2, 137. 

HABERKILBE,  f:  als  nunmehr  die  mitte  des  julii  samt 
der  gewöhnlichsten  grAsten  hitz  des  jahrs,  ncinlich  diejenige 
zeit  sich  näherte,  welche  die  Iculscbe  bauern  die  haberkilbe 
nennen.  Simplic.  3  (1199)  s.  119.  et  wird  wahrscheinlich  ver- 
Uanden  die  zeil  solcher  kirdiweihen  (».  kilbc  unter  kirchweih  5, 
8281,  die  gefeiert  werden,  wenn  der  haber  auf  dem  lulme  reiß; 
in  Mitteldeutschland ,  nameniUch  in  Diiringen  und  der  goldenen 
Aue  fallen  eine  grOszere  anzald  von  kirchwethfesten  ende  juli  und 
anfang  august. 

HARKRKIRSCHE,  f.  die  vilde  kir$ehe,  prunus  avium  Nemnich 
4,  lOOtt.     tonst  wald-,  holz-,  vogcl-kirsche  geniinnt. 

HABERKISTE,  f.  kitzle  zur  aufbewahrung  des  habers,  wie  haber- 
kasten,  tgl.  d.  im  fprichworl:  »pringen  so  arliglirh  zum  sat- 
te! hinein  wie  der  bock  auf  die  haberkiste.  allerhand  teltx, 
wfirme  39.  niederdeuUch :  he  Hill  upn  geld  an  de  bück  itp  de 
haberkiste.  SrtoOTaANN  o$nabr.  id.;   im  lloltteintclten  he  «eltct 


den  bück  up  de  haberkiste.  Schütze  2,  88 ,    anderwärts   fwiszt 
das  er  setzt  den  bock  zum  gärtner. 

HABERKITZEL,  m.  kUzel  durch  reicidiche  haber füUeivng  er- 
zeugt, vgl.  unter  haber  sp.  79:  (pferde)  die  kein,  haberkitzel 
sticht.  Lancbei.n  2,  in. 

HABERKLAUE,  f.  für  aherklaue  (1,  33),  ungula  posterior, 
hinterklaue,  uiderklaue:  die  inwendig  an  den  hindersten  füszen 
zwei  kleine  haberkluuen  haben,  allerh.  seliz.  würme  87. 

HABERKORN,  n.  das  körn  der  haberfrucht,  pl.  haberkörner: 
mhd.  des  bistu  liie  ze  mir  verlorn  (sc.  die  perle,  die  der  Itungernde 

halm  jimtel), 
ich  najme  l'iir  dich  ein  haberiiorn.    IIalpt  7,  382. 
nhd.    das  lange  Iiaberkorn,  als  ihrer  ernte  gaben, 

die  kichern,  die  sie  sonst  als  einen  schütz  vergraben  (bringt 
die  fetdmauf).    Hagedorn  1,  25. 

HABERKÜMMEL,  m.  cuminum  cyminum.  Nem.mch. 

HABERLACHEND,  adj.:  die  holmäuler  an  den  herrenhöfen 
liesz  er  den  haberlachenden  pferden,  die  ihn  wol  hörten 
schwingen ,  aber  nit  sehen  bringen.  Garg.  46*.  das  wort  soll 
wol  pferde  bezeichnen,  die  während  sie  andern  den  haber  schwingen 
hören,  in  freudiger  erwartung  danach  wielwrn,  ohne  dasz  der  knecht 
auch  ihnen  aufschüttet. 

HABERLÄMMCHEN,  n.  scolopax  gallinago.  NEMNicn.  vgl. 
unter  babergeisz. 

HABiyiLAUS,  f.  aphis  avenae.  Nemnich. 

HABER.MALCH,  f.  n.,  Iragopogon.  der  name  kommt  nicht 
einer  sondern  mchrern  sich  ähnelnden  pflanzen  zu  und  schwankt 
sehr  in  der  form  seines  letzten  theiles:  bocksbart  hat  den  namen 
von  der  gestalt  der  haarechten  blumeu ,  welche  eiiu  bocks- 
bart vergleichet,  heyst  sonst  habermalch  und  gauchbrot. 
Lomcerus  127',  habennach  carducella  voc.  titeut.  1482  n3'; 
habermoch  carduclla  est  herba  quedam  voc.  ine.  tlwut.  h  8' ; 
habermark  barba  senis  Diefenb.  68';  habermark  Maaler204'; 
bocksbart,  gauchbart,  habermilch,  öcon.  lex.  (1731)  s.  341; 
hafermerk,  hafermaukeln ,  haferuiilch,  hafermalk,  tragopogon 
pratense  Nemnicii  4, 1468 ;  halfermulchen  Holl  144'.  in  baiern 
und  Schwaben  habeniiark ,  habermauchel  Schm.  2, 137.  schwei- 
zerisch haberniark,  habermargste  Stalder  2.  8;  habennark 
Heuel  aleni.  yed.  1803  s.  20  (1808  s.  12). 

Enthlll  der  erste  theil  dieses  pflanzennamens,  wie  mehre  andere, 
das  hd.  hapar  haber  bück  wegen  der  haarigen  blumen ,  so  wird 
wol  der  zweite  theil  zurückzuführen  sein  auf  ahd.  malaha  tasclie 
(Grakf  2,  720),  mild,  maihe  (Ben.  2, 1,  29),  wegen  der  taschen- 
artigen blute,  die  sich  tags  öfjuet  und  nachts  schlieszt.  das  frühe 
verschwinden  des  letztern  worts  aus  der  gemeinen  spräche  war  die 
Ursache,  dasz  es  sich  in  dem  bereyten  pflanzennamen  auf  ver- 
schiedene tceise  verstümmelte. 

IIABERMALZ,  n.  aus  haber  bereitetes  malz:  hafermalz  polenta 
arenaria.  Stieler  1304. 

HABERMANN,  m.  heiszt  in  manchen  gegenden  eine  gespenstische 
gestalt,  die  man  sich  im  getreide  hausend  denkt,  in  Westfalen 
schreckt  man  die  kinder  vom  rogyenackcr  mit  der  rede  fort  der 
hafermann  hause  darin  mit  groszem  scliwarzen  hüte  und  einem 
gewaltigen  stocke.  Manniiardt  korndümonen  s,  24. 

In  scliriftcn  des  17.  jahrh.  bezeichnet  das  uort  etwas  wesentlich 
anderes,  zu  dieser  zeit  bis  ins  18.  jahrh.  hinein  nennt  man  den 
Habcrinann  ein  weitverbreitetes  gebetbuch ,  nach  seinem  Verfasser 
Johann  Habermann,  geb.  1520  zu  Eger,  gest.  1590  als  Superinten- 
dent zu  Zeitz:  den  reiithenirern  und  stadljunkern  der  löb- 
lichen bruderschaft  der  braiier  und  denen  aufwärts  fahren- 
den schiffen  verehre  ich  den  Habermann ,  und  erinnere  sie 
dabei ,  dasz  an  golles  segen  sei  alles  gelegen,  wollen  sie 
nun  dieses  jähr  den  segen  gotles  haben ,  so  müssen  sie 
fleiszig  beten  und  arbeiten.  Sciiuppius  604; 

ein  weih,  das  ziemlich  Trüh  da.<i  volk  zur  arbeit  jaget, 
und  uti  nach  llabt>rmanii,  als  nach  dem  brniituciri  traget. 
ItA<:iiEL  (I'imi)  s.  34. 

IIARERMEIIL,  n.  mehl  aus  haber:  avenatum  hcbbermeyl, 
baliermcel  Diekknii.  60',  habermül  arenacca  farina  Dastp.  ; 
ein  di'illheil  eines  Slullgarter  simmern  habermilhl ,  und  da« 
ein  schi'ITel  liabcrn  2  siminern  gut  breiiniihl  gibt.  Fronspkrcer 
von  kaiserl.  kriegsrechten  (I5tifl)  loi';  man  nimmt  habermeel, 
sauren  keesz  und  ebcriiwiirzel  eins  so  viel  als  des  andern 
(mit  urin  zu  einem  tcig  gemacht  und  kugeln  daraus  gebildet,  geben 
ein  gutes  pfrrdefutter).  RrtcKiiiR  kriegsselnile  9'tt.  —  Dann  brzeirh- 
nct  haberiiiehl  auch  das  daraus  bereitete  gmcht,  haberbrei:  dann 
er  nit  hundert  gülden  genommen  helle,  dasz  er  einem  armen 
man  in  seiner  kuchen  ein  haberinel  gessen  helle,  er  solle 
ihn  bczuU  hau.  I.imburyrr  dirontk  {ed.  Rotsei)  p.  27. 


85 


HABERMUS  — HABERRAFP 


HABERRAÜTE  —  HABERSACK 


S6 


HABERMUS,  n.  puk  avenacea,  dasselbe  was  haberbrei,  wie 
brei  und  mus  in  vielen  gegenden  gleichwertig  gebraucht  tcerden 
(2,353):  einen  brei  oder  habermusz  vor  sich  hatl.  Kirchhof 
tcendunm.  lös" ;  ein  habermusz  oder  sonst  etwas  grober  speisz. 
icegkürzer  5;  auf  einem  ort  het  sie  stehen  ein  habermusz. 
Pacli  schimpfet}';  wol  gebrent  (mit  fett  gerüstetes  2,  366)  haber- 
musz. 250; 

ein  habermuosz  sölt  im  bass  thuon 
in  sinem  hus,  denn  ein  räbhuon.    trag.  Job.  hiiij; 
's  habermuesz  war  ferig,  se  chömmet  ihr  cbinder  und  esset! 
Hkbel  atem.  ged.  (ISOS)  s.  106. 

Bne  in  ein  habermus  fallende  fliege  oder  mücke  macht  das- 
selbe unlieblich,  daher  die  folgende  redensart  Keisebsbergs:  ein 
ungeschaffen  mensch  zierd  eben  ein  danz  als  ein  muck  ein 
habermusz.  bilg.  223";  du  sähest  etwas  an  ir  (der  fraii)  das 
dir  miszviel  und  dir  si  erlaidet.  da  hat  si  ain  stinkend  maul, 
denn  halt  si  flixen  in  den  äugen ,  da  butzen  in  der  nasen, 
denn  hat  si  geel  stinkend  zen  und  ein  unlustlich  gespräch, 
es  war  immer  etwas  das  dir  ein  muck  in  das  habermusz 
gegen  ir  fiel ,  das  si  dir  erlaidet.  has  im  pf.  Aa  7* ;  hastu 
schon  vast  ein  hübsche  fraw.  noch  ist  kein  rüg  da.  es  mag 
gar  leicht  sein,  dir  fall  ein  muck  inn  das  habermusz,  das  sie 
dir  darnach  nimals  lieb  und  anmutig  ist,  als  sie  vor  was. 
Maiie  himmelfahrt  lo';  so  hastu  nochten  kein  rüg,  die  muck 
ist  im  habermusz.  10';  du  hast  ein  hübschen  man,  der  ist 
nach  deinem  willen,  noch  so  steckt  die  muck  im  haber- 
musz, ietlich  er  hat  ein  muck  in  seinem  habermusze.  13'; 
und  wenn  es  ein  weil  geweret,  so  wirft  der  teufel  die  flieg 
in  das  gebrent  habermus.  brOsaml.  66*. 

HABERN,  adj.  s.  haberen. 

HABERN,  rerb.  t)  haber  mähen,  eine  biUung  irie  grasen  gras 
mähen,  kirschea  kirschen  pflücken  (5,847):  aventare  haberen 
DiEFESB.  60'.  —  2)  aus  einer  andern  bedeuiung  des  rerbums: 
habern ,  häbern ,  den  pferden  hafer  geben  Stalder  2,  8 ,  er- 
wächst die  bedeutung  prügeln,  schlagen  (tgl.  unter  haber  sp.  79) :  so 
scimeizer.  habern,  abhabern  (Stalder),  schwäb.  happern  (Schmid), 
scltles.  habern  (Fromm.  4.170),  niederd.  havern  (Däb.nert  ISO*). 

HABERNARR,  m.  hämo  petulans,  ferocior ,  den  der  haber 
sticht.  Frisch  1,390';  ei  wol  schöne  titul,  praedicata  und  eren- 
namen  haben  nicht  die  saubere  weiber,  und  doch  gibt  es  solche 
haber-  und  stocknarren ,  weiche  wann  sie  nur  von  einem 
weihe  hören,  so  spizen  sie  die  obren,  wie  der  Schimmel,  da 
er  sieht  den  habersack  schültlen,  es  schlägt  ihnen  die  puls 
als  wollten  sie  auf  der  post  reiten,  hovio  simples  bei  Birlinger 
augsb.  wb.  214'  (noch  mehrfach),  in  Nürnberg  bezeichnet  haber- 
naiT  einen,  der  zu  viel  geld  an  hausrat  hängt,  also  in  dieser 
hinsieht  mit  dem  gelde  übermütig  wirtschaftet.  Schm.  2,  137.  — 
fem.  habernärrin :  freute  mich  von  grund  meines  herzens,  als 
ich  vernahm,  dasz  ich  einen  so  aufrichtigen,  frommen  und 
getreuen  mann  zum  ehegemahl  hatte;  es  wäre  manche  haber- 
närrin gewesen,  die  einen  verdrusz  geschöpft,  wann  ihr  der 
mann  nicht  alle  seine  heimlichkeiten  gleich  so  warm  auf  die 
nase  gebunden.  Simplic.  3  (1099)  s.  3S2. 

H.\BERNESSEL,  f.  die  wilde  nessel,  urtica  urens.  Nemnich 
4, 1535.  ahd.  habernejjila,  garganica  Graff  2,  1116.  mhd.  haber- 
nejjele  Bes.  2,1,332;  haberneszlen  Urtica  M aaler  204';  nimb 
habernesseln  und  alt  schmeer.  Seoter  rossarznei  252.  die  pflanze 
heiszt  sonst  eiler-nesscl ,    heiler-nessel ,  rgl.  auch  hadernessel. 

HABERNUDEL,  f.  Nürnberger  nudel  von  der  gestalt  eines  haber- 
korns.  Jacobssox  technol.  wb.  2, 187*. 

HABER.NSÄGE,  f.:  habernsäge,  sähnse  Friscblin  nomencL 
372'.     s.  hab  erraff. 

HABERNWASSER,  n. ;  nur  kleientrank  für  denselben  pren- 
kelschenken,  oder  moscowilisch  habernwasser,  oder  tartarisch 
dislilirt  pferdsmilchwasser,  oder  apfeltrank  aus  Hessen.  Garg. 
59'.  gemeint  ist  das  aus  altem  roggea-  oder  haberbrot  und  wasser 
bereitete  säuerliche  nationalgetränk  der  Russen,  der  Quas. 

HABERPFLALME,  f.  prunus  tnsilHia.  Nemsich  4, 1072.  hol- 
länd.  wilde  pruim,  franz.  prunier  sauvage.  rgl.  haberkirsche 
und  das  unter  haber  sp.  79  bemerkte,  haberpflaume  wird  aber 
auch  eine  kleine  pflaumenart  genannt,  die  mit  dem  haber,  im 
august,  reift.  ^ 

HABERR.\FF,  n.  sense  vtÜ  einer  Vorrichtung  den  gemaiden 
haber  zusammenzuraffen:  merga  haberraff,  haberreff  Diefenb. 
357';  haberräff,  sägeisen  mit  einem  hültzinen  züngle  auf  dem 
blat,  den  haber  züsamen  zu  fassen,  so  man  damit  abmalet, 
merga.  Maaler  204'.  das  inslrumenl  heiszt  in  verschiedenen  gegen- 
den Deutschlands   verschieden ,   in   der  Wetterau  habersense ,   m 


Baiern  haberrechen  Schm.  2.  137,  im  Gütlingenschen  hawertüg 
Schambach  76',  im  Waldeckschen  hawerheck  Ccrtze  470.  vgl. 
oben  habernsäge. 

HABERRAÜTE,  f.  ariemisium  abrotanum.  Nemmicb  1,  466. 
entstellt  aus  dem  griechischen  worte.  $.  aberräute  1,  34,  eber- 
raute  3,  IS  und  unten  hofraute. 

HABERBICKE,  f.  in  Obersachsen  bezeichnung  der  Saatkrähe, 
corvus  frugilegus.  N'emmch  2, 1242. 

HABERROHR,  n.  birtenpfeife,  Schalmei,  ein  neueres  vort,  das 
wie  es  scheint,  nur  eine  pedantische-  Übersetzung  des  Vergüschen 
avena  ist.  es  musi  erst  gegen  ende  des  17.  jakrh.  aufgekommen 
sein,  deutsche  Vergilnbersdzungen  bis  1697  verwenden  es  noch  nirM, 
in  äner  1749  erschienenen  Übersetzung  der  Aeneis  (ton  Flügge) 
lautet  dagegen  der  eingangs 

mein  lied  war  ehemals  ein  schlechtes  haberrohr. 
ille  ego  qui  quondam  gracili  modulatus  avena 
Carmen  .... 

etwas  früher  schon  braucht  das  wort  Güxtber: 

hier  ist  das  schlechte  lied,  so  ich  dir  schuldig  war; 
mein  allzusichrer  mund  wa^  es  auf  die  gefahr 
und  plagt  dein  zartes  ohr  mit  einem  haberrohre. 

gedieht e  (5.  auft.)  1048, 
und  es  ist  im  18.  jahrh.  in  häufiger  anwendung: 

aus  dorf  und  büschen  dringet 

der  Jugend  kern  hervor, 

und  tanzt  und  stimmt  und  singet 

nach  seinem  haberrtihr.     Hagedorn  3,  70; 

mit  der  linlien  flnsert  er 

aul  seinem  baberi-ohr.    Fr.  Mcllbb  1,  180; 

ich  spiel  auf  meinem  haberrohr 

so  manch  herzbrechend  lied  dir  vor.    Wibla!<d  26,  217; 
des  Waldes  melodie  flosz  aus  dem  haberrohr 
und  siegesthaten  lebten  in  dem  liede.    Schills«  23 , 

jeder  Abderit  nahm  sein  haberrohr,  und  jede  Abderitin  ver- 
liesz  ihr  purpurgewebe  und  setzte  sich  keusch  und  horchte 
auf  den  gesang.  Wielasd  19,  363 ;  warfen  . .  ihr  leidiges  haber- 
rohr weg,  um  ihren  verschiedenen  berufsarbeilen  wieder  mit 
ihrem  gewöhnlichen  guten  verstände  obzuliegen.  20, 4. 

HABERROHRSÄNGER,  m.:  ein  vers,  wie  wahrlich  ..  der 
geringste  unter  euern  haberrohrsängern  sich  alle  augenblicke 
zwanzig  auf  einem  beine  stehend  zu  machen  getrauen  kann. 
Wieland  19.361. 

H.\BERROSE,  f.  die  kriechende  rose,  rosa  arrensis.  Holl306*; 
rosa  canina  et  spinosissima  Nemxich  :  die  dritten  und  vierdien 
(rasen)  nennet  man  bannrosen ,  haberrosen  unnd  feldrosen. 
Bock  kräuterb.  (1565)  364*;  fürnemlieh  das  wasser  distiiliert 
von  den  feldrosen,  die  man  auch  haberrosen  nennet.  364'. 

HABERS.\^AT,  f.  das  säen  des  liabers ,  und  die  zeit  wo  dies 
geschieht:  zu  der  habersat  an  sant  Waltpurg  abend.  weisth.l,S; 

der  lieb  berr  sant  Mathias 

der  sietist  uns  auf  die  tur, 

und  lest  uns  den  sumer  herein 

und  sucht  den  pQug  berfur, 

so  sibt  man  dann  das  aller  Togel 

trawern  gar  zuergat, 

die  hennen  werden  jaizen  ser, 

das  macht  die  habersat.     Rose!«pldt  fastn.  sp.  1103. 

HABERSACK,  m.  sack  in  dem  der  haber  für  die  pferde  ver- 
wahrt wird:  hafersack  Saccus  arenae.  Stieier  165S;  spitzen  sie 
die  obren  wie  der  Schimmel ,  da  er  sieht  den  babersack 
scbütllen.  homo  simplex  bei  Birlinger  augsb.  wb.  214'.  fuhr- 
leute  und  bfluern  bergen  in  einem  solchen  sacke  auch  die  kleinen 
habseligkeiten,  die  sie  auf  einer  reise  führen;  der  bauer  hängt  ihn 
über  die  Schulter,  wenn  er  zur  Stadt  geht  und  einkaufe  machen 
will,  daher  verbreitet  sich  form  und  name  des  Stückes  in  weitere 
fa-eite,  dem  ännern  reisenden  dient  es  als  handtasche:  er  kaufte 
mir  einen  habersack,  ungeRihr  wie  man  ihn  den  mauleseln 
mit  dem  fulter  umhängt,  Ihat  meine  zwei  bücher,  mein  hemde 
mit  den  übrigen  quinquaillerien  und  etwas  proviant  hinein 
und  trug  ihn  mir  nach  oder  vor.  Sedme  Spaziergang  1,  153 ; 
nun  denke  dir,  wenn  ein  kerl  mit  dem  habersack  k.nme. 
1,52;  hier  muszie  ich  abermals  drei  menschen,  drei  haber- 
säcke  und  drei  kobers  mitnehmen  (auf  der  post).  Kotzebde 
erinncrungen  (l&Oö)  1,  3S;  und  wenn  es  in  dieser  bedeutung  steht, 
ist  die  form  habersack  auch  den  Schriftstellern  gerecht,  die  sonst 
nur  hafer  schreiben  und  bit  auf  jetzt  allein  üblich,  der  habersack 
bildete  ein  monlierungsslück  des  Soldaten :  auf  den  marschen 
stopfte  jeder  in  seinen  habersack,  was  er,  versteht  sich  in 
feindesland,  erhaschen  konnle.  arme  mann  im  Tockenb.  143, 
und  wurde  von  der  franzißsiscben  armee  mit  dem  deutschen  namen 
herüber  genommen:  havresac,  habersack,  ein  kleiner  sack  wo- 
rin die  Soldaten    ihren  plunder   tragen.    Frisch  dict.  des  pas- 

6* 


87 


HABEnSCHAUTE— HABERSTROH 


Haberstroh — habervveide 


saqers  (1730)  899.  der  namc  ist  den  fratnöfisclien  soldalen  hit 
heule  geblieben,  auch  nach  dem  abkommen  des  habersacks,  jetzt 
wird  der  tornister  damil  bezeichnet. 

Der  habersack  irar  auch  der  titel  eines  unziiclUigen  liedes 
(MüR.NER  lulher.  narr  5"9) ,  das  noch  jetzt  im  Osterlande  qeaungen 
uird  und  von  einem  edelmanne  handelt,  der  sich  in  einem  haber- 
sacke zu  eines  müllers  tochter  tragen  Idszt.  Garg.  28*  stellt  der 
anfang  dieses  liedes. 

HABEllSCHARTE.  f.  was  haberdislel.  Hou  208*.  der  name 
icol  weticn  der  einschnitte  der  blätter. 

IIABEUSCllLEHE,  f.  prunus  insitilia.  Hou,  28t':  die  groszen 
Schlehen  heiszen  habcrschichen  unnd  seind  alle  mit  einander 
zu  lalein  genannt  pnina  sylvestria  und  nicht  acatia,  wie  in 
den  alten  herbariis  gelesen  würt ,  auch  nit  poterion.  Bock 
kräuterb.  (16651  374'. 

HABERSCHLEIM,  m.  schleimiger  absud  des  habers  oder  der 
habergrülze.     riß.  baberseini. 

HABEBSCHMIBGEL,  m.  ornilhogalum  luteum  Nemnich,  die 
gelbe  roqel milch. 

HABEBSCHNITT,  m.  das  schnäden  des  habers  und  die  zeit  dazu: 

weistu  wol,  heur  im  haberschnit, 

das  der  Heinricti  pei  dir  lag 

und  der  lieb  mit  dir  pflag?    fnsln.  sp.  586,  16. 

HABERSCHRECK,  m.  locusta,  als  das  im  haber  .springende 
insect  {vgl.  schreck),  mhd.  haberschrechc  (Ben.  2, 2,  2ll'); 
haberschieche,  haberschieck,  habcrscreck.  DiEKENFiAcn  335'; 
liaberschrecken  Frisch  1,  390'.  nach  mitte  des  vorigen  jahrh. 
wird  das  wort  fem.  {vgl.  heuschreck  und  heuschrecke),  so  haber- 
scbrecke  gryllus  bei  Ne.m.mch  3.  80. 

HABERSCHWADEN,  m.  häufe  gemähten  habers: 

ein  Jäger  schlief  im  haberschwaden. 

LicHTWER  fabeln  4,  no.  3. 

H.\BERSCHWINGEL ,  m.  festuca  decumbens ,  eine  grasart. 
Nemxich. 

HABERSEIM,  m.  seimiger  dccoct  von  haber  oder  habergrülze, 
was  liabers<;bleiiTi,  s.  oben. 

HAREBSIEDEN,  n.  ein  gcselbchaßsspiel :  an  den  gedachten 
Sonntagen  zu  abend  machten  «ir  jungen  leutc  mit  einander 
bunireihen ,  kettensclileuffen ,  habersieden,  stülile  verbergen 
und  dergleichen,  arnic  mann  im  Tockenb.  60. 

HABERSPIESZ,  m.  wilde  cornelkirsche ,  cornus  sanguinea. 
Nemmch. 

HABEBSPREU,  f.  spreu  vom  ausgedroschenen  haber:  man  vor- 
mi-chet  den  leymen  wol  mit  werke  addir  mit  aynen  {d.  h. 
agenen,  s.  1,  189)  von  flachse  addir  mit  haversprücn  addir 
mit  häre.  feuerordnung  der  stadt  Erfurt  aus  dem  14.  jahrh.  in : 
bericht  der  deutschen  gesellsch.  in  Leipzig  1838,  .v.  5;  ich  warf 
mich  auf  einen  häufen  bafersprcu,  die  in  einem  winkel  auf- 
geschüttet war,  und  schlief  ein.  Seume  Spaziergang  1, 159.  — 
Sprichu<'irllich :  er  ist  weg  wie  haberspreu,  spurlos  verschwunden. 

HABERSTOPPEL,  f.  stipula  demessa  avena  manens.  Frisch 
1,390*.  —  Sprichwörtlich:  der  wind  welu  über  die  baber- 
stoppeln,  der  winter  ist  im  anzuge,  weil  der  haber  am  spätesten 
von  ollem  getrcide  gemäht  wird. 

IIABERSTROH,  n.  stramen  avenaceum: 

Ihr  aiitlitz  ist  gescbminkt  mit  nasser  aus  dem  brunncn, 
ihr  but  ist  haberstro,  ihr  Itiltel  ist  parat 
von  seiden  die  sie  selbst  luvor  gesponnen  hat.    Opitz  1,  156; 
und  kefiwend  alle  Wörter  do 

als  unsre  kue  das  haberstro.     Mdrnkr  »chetmenz.  cnp.  11; 
heckerling  und  haberstroh  das  ist  gut  kelberluttcr, 
wer  das  mcgdlein  haben  will,  der  halt  es  mit  der  muttcr. 
Amautes  nmenlm  D8; 

in  ähnlicher  fassung  bei  Frisciibier  volksr.  843. 

Haberslroii  dient  als  bild  einer  geringen,  wertlosen  sache  in 
manchen  redentarten,    mit  haberstroh  lohnen  scidecht  lohnen: 

bah  kain  ungemach, 
ob  dir  deine  kinder  nicht 
dnnliin  n.irli  deinr  zuoversicht, 
won  du  deinen  »ordern  so 
gelonet  hast  mit  haberstro.     ring  20',  11, 

da$  geht  auf  die  Wahrnehmung  zurück,  dasz  der  ackergaul,  der 
den  haber  bauen  hilft  ,  nur  sein  schlechtes  stroh  zu  fressen  be- 
kommt: dem  herren  raumauf  und  den  barrenhengsicn  ist  die 
weid  gewachsen ,  die  ackennerreu  mugens  wol  mit  dOrren 
rucken  bawen,  und  haberstro  frcRsen.  Garg.  81';  das  gell 
aunzgeben  wie  haberstro.  wrgkitrzer  ino',  wie  man  sonst  sa^ 
geid  verzetteln  wie  heu,  davon  llicgcn  lassen  wie  sprcu;  für 
alle  schuld  soll  man  Iriberslro  neiiien.  Nkami^r  spnrhw,  14; 
vor   cne   ungewisse    schuld    moot    man    haverkalT  anncmen. 


brem.  wb.  2,  607,  weil  eine  alle  schuld  scliwer  bezahlt  wird,  ähn- 
lich auch  mhd. :  man  muoj  an  boesem  gelte  haberstro  für 
guot  nemen.  Br.  Berthold  380,  4;  in  bauern  gehört  haber- 
stroh; der  weise  man  saget:  cibus,  onus  et  virga  asino,  in 
einen  bawren  gehiUet  haberstro.  Luther  3,  137';  in  bawren 
gehört  haberstro:  die  pelerten  sollen  wein  trinken.  Peters  3, 
RrrS";  in  bawcrn  gehört  haberstro,  siniiies  habcnt  labra 
lactucas.  Acric.  spr.  (1560)  14';  im  baurcn  gehöret  heu  und 
haberstroh.  Schottkl  1120';  dem  bauern  gehört  haberstroh,  .. 
diesteln  sind  des  esels  salat.  Pisronius  tlies.  par.  2,  no.  59; 

ich  hab  noch  ein  tochter,  die  ist  blind, 
ist  rotzig  gar  und  bat  den  grind, 
die  gib  ich  einem  bauren  do, 
CS  hört  in  dbauren  haberstro. 

Mi:rner  narrenbeschw.  708  Sclieible; 
der  Gröbsten  escl  sind  si  do, 
nüt  nört  in  si  denn  haberstro. 

geuchmall  (Scheible  8,  1102). 

Andere  fassungen  thcilen  das  haberstroh  thieren  zu:  'herr, 
wann  schon  ich  in  dieser  stunde  an  deine  ehrcnstell  tretten 
solle,  so  wolle  ich  sie  doch  nicht  annehmen',  mein  herr 
lachte  und  sagte:  das  glaube  ich,  dann  dem  ochsen  gehöret 
haberstroh.  Simpl.  l,  151  Kurz; 

das  gmeine  Sprichwort  laut  also, 

den  gäiisen  gehört  haberstro.    ganskönig  H6'. 

ffer  gans  ist  hier  am  wolslen: 

wenn  es  wol  geht  so  ist  im  do 

gleich  wie  der  gans  im  haberstro.     HO". 

drei  gäns  im  haberstro  si  assen  und  waren  fro.  Garg.  91', 
ein  bis  heule  erhaltener  reim: 

fünf  gänse  im  haberstroh, 

die  aszen,  die  fraszen, 

die  waren  alle  froh.    Frisciirier  vollisreini  no.  774. 

Die  kuh  weisz  ein  kostbares  gewurz  gegen  ihr  haberstroh  nicht 
zu  würdigen:  was  soll  der  kuh  musealen?  sie  isset  wol  haber- 
stro. Luther  bei  Eiselein  401,  Pistorius  thes.  par.  2,  «0.59; 

der  muskat  wird  die  kuh  nicht  fro, 

ir  schmeckt  vil  basz  grob  haberstro.    R.  Waldis  1,  1,  40; 

was  sol  der  kuh  die  muscatnüs, 

weil  ir  das  haberstro  schmeckt  süsz?    4,  23,  86. 

leeres  haberstroh  dreschen,  tt'ie  sonst  leeres  stroh  dreschen,  ein 
unnützes  ding  treiben: 

und  drischt  ein  leres  haberstro. 

MunNRR  /ti(/i.  narr  2056. 

in  Schwaben  sagt  man  auch:  du  bist  dumm  wie  haberstroh. 
BiRi.ixGER  augsb.  wb.  214'. 

HABERSTROHDÜRR,  adj.:  die  slürmischen  winde  haben 
mich  so  haberstrohdürr  aufgetrocknet,  dasz  es  kein  wunder 
ist,  wenn  meine  biiefe  wie  gehacktes  stroh  schmeckten. 
Wieland  bei  Mnk,  briefs.  2,146. 

HARERSUPPE,  f.  jusculum  avenaceum.  Stieler  1687. 

HABERTR.\NK,  m.  trank  aus  gekochtem  haber  oder  habergrüize. 

AnEl.UNG. 

HABERTWALCH,  der  wilde  oder  taube  haber,  avena  falua. 
dann  auch  die  ähnliclie  pflanze  stipa  tapillata.  Nemnich. 
HARERVIERLING,  m.  quadrans  avenae.  Maaler  204'* 
HABERW  EIDE ,  f  die  weide  in  den  stoppeln  des  haberfeldes. 
da  der  haber  am  spätesten  von  allen  gelreidearten  geschnitten  leird, 
so  mag  man  vielleicht  in  einigen  gegenden  die  letzte  zeit  der  weide- 
Iriß ,  unmilteUiar  vor  eintiieb  des  viehes  in  die  Winterstallungen 
haberweide  genannt  haben:  man  schlug  (tiicb)  vieh  auf  die 
haberweide,  liesz  es  noch  einmal  die  spärlichen  resle  der  sommer- 
krauter ,  die  auf  dem  gemälUen  haberacker  sichtbar  waren,  ab- 
weiden, hierher  teilet  sich  eine  alle,  örtlich  wie  es  scheint  auf  Süd- 
westdcut.<!chland  beschränkte  redensart,  jemand  auf  die  haberweide 
schlagen,  zunächst  ihn  kümmerlich  versorgen,  daher  ihn  zurüek- 
tetzen,  hintanstellen,  vernachlässigen : 

also  habt  irs  mflincrs  tochter  than, 
die  ir  gernngen  habt  durch  trügenhnit 
und  schlugls  duriioch  auf  di  huberwuid. 

fastn.  si>.  Ö5I,  a7t 
den  wart  wir  lang  auf  guten  bscheid, 
so  schlugt  ir  uns  auf  diiaberweid, 
wurft  uns  den  strosack  lür  dio  thür, 
Hanibt  euch  ein  well  ein  andern  für. 

II.  Sachs  1,  506*. 

er  bat  mir  all  mein  gut  vcithnn, 

und  lint  »ich  geheiiKt  an  meine  maid, 

«chlcrlit  mii-li  jeixuiid  auf  dhnbcrweid.    3,  3,  IV. 

ein  mädchen  sagt  in  bezug  auf  ihre  hulen: 

%vann  hnlil  »ia  nicht  mehr  Pfenning  han. 
(0  ichlag  ich  sie  auf  dhaberwotd.    3,  3,  23, 


S9 


HABERWEIHE  —  HABHAFT 


HABHAFT  —  HABHAFTWERDUNG 


90 


stelle  sie  zurück,  gebe  ihnen  den  korb:  derhalb  laszt  es  ewer 
lieb  nicht  verschmähen,  dasz  ich  so  früh  die  auf  die  haber- 
weid  schlag  und  gleich  nun  zu  anfang  hinder  sich  zurück 
in  die  grosze  Pantagruelische  oder  alldiirstige  chronic  ver- 
weise. Garg.  25*.  treuere  belege  bei  Sonn.  4,  25.  der  die  redens- 
art  nicht  mehr  als  lebende  kennl.  auch  rorsät:e  werden  auf  die 
haberu-eide  geschlagen :  so  möcht  er  leichtlich  villeicht  vor  Un- 
mut sein  gut  fürnemmen  oder  intenz  vergessen  oder  auf  die 
haberweid  schlagen.  Fischabt  bien.  S9*. 

HABERWEIHE,  f.  die  weihe  des  habers  in  katholischen  gegen- 
den,  ttnd  der  tag  da  diesz  geschieht  {meist  am  Slejihanslage). 

H.\BER\VELG,  m.  haberschleim,  niederd.  haowerwelj.  ÜANNEa 
'S*,    haferwelgen  trinken.  Bode  T.  Jones  3, 184. 

HABERVVENDER,  m.  der  im  Speicher  den  aufgeschütteten  haber 
wendet:  van  den  haverwender.  vortbmer  holt  de  gemeine  rad 
(;k  Braunschiräg)  und  lonet  einem,  de  des  rades  havern  hel- 
pet  up  melen  unde  weddcr  af  nieten  in  allen  steden ,  dar 
one  de  rad  liggen  lett,  unde  schal  den  wenden  unde  umme 
stecken,  wenn  he  des  hehovet.  scriptor.  Brunsv.  3,  469. 

HABERWOLF,  m.  heiszt  in  einigen  landschapen  die  letzte 
garbe  haber ,  die  auf  dem  felde  gebunden  uird;  der  name  geht 
auch  auf  den  Imdenden  über.  Mannh-^hdt  roggenwolf  25.  28. 

HABERWURZEL,  HABERWUHZ,  f  name  zweier  pflanzen: 
l)  scörzonera  oder  haberwurtzel.  Pierot  2,  265;  wilde  haber- 
wurz,  scörzonera  humilis.  Nemsich  4, 1264.  2)  tragopogon,  barba 
liirci,  wilde  haberwurz  oder  bocksbart.  Frisch  1^390',  6« 
Nemmcb  wilde,  blaue  haferwurzel. 

HABERZIEGE,  f.  scolopax  gallinago.  Nejimch.  vgl.  haber- 
geisz. 

HABERZINS,  m.  zins,  der  in  haber  zu  entrichten  ist.  Stie- 
ler 2651. 

HABESTÄTTE,  f  ort  wo  die  habe  jemandes  enthalten  iM,  do- 
micilium.  Haltaüs  770. 

HABGEIST,  m. :  seinetwegen  hätte  Joseph  immer  in  ruhe 
regieren  und  seine  Staaten  ordnen  können;  ja  als  er  nach 
Bayern  griff,  setzte  eben  Friedrich  sich  seinem  ländererwerb 
Mos  in  der  absieht  entgegen,  dasz  künftig  ein  so  böser  Zun- 
der zu  kriegen,  der  ländererwerb,  in  Deutschland  nicht  mehr 
statt  haben  sollte,  mich  dünkt,  dieser  habgeist  dorfte  Joseph 
nicht  eben  anderswo  herkommen ;  leider  war  er  ja  die  ererbte 
politik  des  habsburgischen  hauses.  Herder  briefe  zur  befür- 
derung  der  humanität,  1.  samni/.  (1793)  s.  135.     vgl.  das  folgende. 

HABGIER,  f.  gier  nach  habe,  ein  neues,  doch  gut  ttrie  mhd. 
minnegir)  gebildetes  wort ,  das  noch  nicht  hundert  jähre  im  ge- 
brauche ist.  bis  ins  18.  jahrh.  drückt  geiz  noch  immer  nicht  nur 
die  begierde  etwas  für  sich  zusammenzuhauen,  sondern  auch  zu 
erwoben  aus.  Käst  5,  264  unterscheidet  kargen  geiz  und  hab- 
süchtigen geiz,  indem  sich  aber  um  die  miile  des  vorigen  jahrh. 
geiz  ausschlieszlich  zur  erstem  bedeutung  zu  verengem  beginnt, 
wird  für  die  letztere  bedeutung  ein  neues  wort  nötig,  als  die 
mildeste  bezeichnung  des  habsüchtigen  geizes  findet  sich  bei  Herder 
habgeist  (s.  oben),  was  nie  allgemeiner  geworden  ist ,  als  stärkere 
habsucht ,  was  unten  zu  frühest  aus  Hagedorn  belegt  wird, 
und  das  jüngere  und  im  ganzen  weniger  häufig  gebrauchte  hab- 
gier.  1740  bei  Frisch  erschienen  diese  neuen  Wörter  noch  nicht; 
Adelij.ng  hat  1775  blosz  habsucht,  1796  habgier  und  habsucht. 
dieses  verbot  reizte  die  habgier  nur  noch  stärker.  Kotzebce 
erinnerungen  (lS05)  3,  21 ;  er  .  .  hatte  in  reichem  maasze  die 
hindutalente:  schnelle  beobachtung,  tact,  gewandtheit,  aus- 
dauer,  und  die  hindulaster:  knechtsinn,  habgier  und  ver- 
rätherei.    Macaulays  kl.  biogr.  schrißen ,    übers,  v.  Bclaü  1,  48. 

HABGIERDE,  f  was  habgier. 

HABGIERIG,  adj.:  Hardikanut,  der  sich  nur  durch  schwel- 
gerei und  habgierige  bedrückungen  auszeichnete.  Schlosser 
wellgesch.  5,272;  das  junge  habgierige  mädchen  konnte  sich 
nicht  satt  sehen.  Göthe  17,398. 

H.XBHAFT,  adj.  1)  mit  besitz  versehen,  etwas  habend:  dieweil 
der  mensch  ..  weisz,  dasz  er  auch  ein  zweifacher  mensch 
ist,  in  guten  und  bösen  habhaft,  und  dasz  dieses  alles  sein 
eigenthumb  ist,  und  er  selbst  derselbe  mensch  ist,  der  da 
ist  gut  und  böse.  Jag.  Böhme  r.  d.  drei  principien  göttl.  wesens, 
vorrede  p.  7 ;  mit  habhafter  band  und  gichtigen  mund.  Haltacs 
769.  es  id  die  band  des  diebes,  die  das  gestohlene  gut  eben  noch 
hält,  in  bes^ilz  hat.  —  Daher  entwickelt  sich  die  bedeutung 

2)  begütert,  vermfigend,  woUiabend:  reich  und  habhaft.  Frisch- 
Li:»  deutsche  dicht.  186;  den  gemeinsleuthen,  so  etwas  haabhaft 
seynd.  Frankf.  rcf.  3,  2,  1 ;  das  kleine  Asia  . .  ist  fünfliundert 
»leiit  miirhti-:,  li.ihlinft  und  reich.  S.  Fbask  wclthuch  2*;  der- 


halb es  an  gold  und  gelt  nit  ein  habhaft  stattlich  volk  ist 
wie  die  Türken.  42';  Taesa,  ein  fast  schön  und  habhafte 
Stadt.  ISO';  in  diesem  sinne  hrstuht  der  Schweizer  das  wort 
noch  heute:  habhaft,  begütert,  ziemlich  reich.  Stalder  2,  7. 

3)  die  neuere  spräche  verwendet  das  wort,  an  die  bedeutung  1 
anknüpfend,  nur  in  gewissen  formelhaften  Verbindungen: 

a)  habhaft  sein,  compotem  esse  alicujus  rei.  Frisch  1,  389'; 
ich  bin  des  buches  jetzt  noch  nicht  habhaft. 

b)  habhaft  werden ;  die  sache  oder  person  deren  man  habhaft 
wird,  sieht  gewöhnlich  im  genitir:  das  ewige  sehnen  nach  einem 
unbekannten  gute,  dessen  er  bei  jeder  Veränderung  vergebens 
habhaft  zu  werden  hofft.  W'ieland  3,  39S;  um  der  frucht 
eines  baumes  habhaft  zu  werden.  6,  4S;  ein  schöner  mann, 
eine  schöne  frau !  ist  der  director  glücklich  genug  ihrer  hab- 
haft zu  werden,  so  sind  komödien-  und  tragödiendichter  ge- 
borgen. Göthe  23,23;  bin  ich  endlich  deiner  habhaft  gewor- 
den? Kotzebce  dram.  werke  2,79;  ebenso  wenig  als  es  mir 
gelingen  wollte  eines  von  seinen  büchern  habhaft  zu  werden. 
Lessing  8,467.  doch  auch  der  acc.  wird  vielfach  gebraucht:  in 
mehrere  anmerkung,  dasz  sein  fürst  sie  nicht  anders  habhaft 
zu  werden  getraute.  Hofmannswaldao  bei  Steinbach  i.  662 ;  und 
jede  hauswirlhin  so  viel  davon  habhaft  werden  könte.  Felsenb. 
3,90;  gute  kinder  die  sich  mit  planen  und  aussiebten  be- 
schäftigen dich  habhaft  zu  werden.  Göthe  10,  95;  man  suchte 
gewisse  Wiener  trinkglaser  habhaft  zu  werden.  32,208;  ich  will 
nur  eilen  ihn  wieder  persönlich  habhaft  zu  werden,  an  Schiller  347 ; 
die  Reichardtischen  briefe  habe  ich  noch  nicht  wieder  hab- 
haft werden  können,  an  frau  v.  Stein  3,  356;  den  man  .  . 
habhaft  werden  konnte.  Schiller  859.  zweifelhaft  ist  es ,  ob 
in  den  folgenden  stellen  der  accusativ  oder  der  genitiv  gefühlt 
ward  (s.  3,  1134,  no.  25) :  um  diesen  einzigen  gedanken  will 
ich  das  buch  des  Besold  lesen,  sobald  ich  es  habhaft  werde. 
Lessi.ng  II,  750;  wie  der  gegenwärtige  Übersetzer  es  habhaft 
geworden  sei ,  hat  er  nicht  für  gut  befunden  zu  entdecken. 
Göthe  33,24. 

c)  sich  habhaft  nennen : 

wer  deren  eines  sich  wird  habhaft  können  nennen. 

Simpt.  1.  Iht.  2.  feudi  10.  cnp.  s.  145  (I6S5  u.  1713). 

d)  habhaft  bleiben:  ein  fischer,  indem  er  sein  netz  aus 
dem  meere  zog,  blieb  der  gröszern  fische,  die  sich  darin  ge- 
fangen hatten,  zwar  habhaft,  die  kleinsten  aber  schlupften 
durch  das  netz  durch.  Lessing  5,  370. 

e)  habhaft  machen;  mit  dem  genitiv  der  sache:  dasz  erbe- 
lieben wolle,  sich  des  meinigeu  habhaft  zu  machen.  Simpl. 
1,  359  Kurz;  einen  seines  wünschens  habhaft  machen,  facere 
aliquem  compotem  voti.  Hederich  1190;  wenn  mich  das  glück 
wird  euer  habhaft  machen ,  yi  fortuna  fecerit  me  compotem 
vestri.  Hederich  »6.,  Steinbach  1,  662.  mit  dem  acc:  also  halt 
mir  .  .  mein  gnädiger  herr  hertzog  Sigmund  die  bemeldt 
summa  . .  benügig  und  habhaft  gemacht.  Haltacs  769. 

HABH.\FTIG,  adj.,  nebevform  zu  habhaft,  1)  trie  dieses,  mit 
besitz  versehen,  etwas  besitzend,  habend:  unvermöglicher  von 
tugend  dann  die  wurzel  und  doch  an  feistigkeit  habhaftiger 
{mehr  feistigkeit  habend)  dann  die  andern  beide.  L.  Thcrneisser 
beschreibung  influentischer  Wirkungen  aller  erdgewächse  IIb' S)  s.  4; 
die  .  .  volkreichste  und  an  vil  gutem  habhaftigste  stat. 
S.  Frank  c/ironica  (1531)  14';  an  wildem  und  heimischem  vich 
seer  habhaftig.  weltbuch  70';  schier  aller  guten  ding  habhaf- 
tig  und  aller  frücht  fruchtbar.  71';  disz  land  ist  mit  vihe  fast 
henlich  und  mcchtig,  auch  von  wildpret  habhaftig.  iSo';  mit 
schönen  habhaftigen  stellen  geziert.  55*;  eines  lehens  hab- 
haftig sein.  Haltads  769; 

sorg  sprach  die  faulen  hende 
verarmen  an  dem  ende, 
emsig  arbeitt  desgleichen 
macht  habhaftig  und  reiche; 
darum  trag  ein  im  sumer, 
das  du  nit  leidest  kumer 
in  deines  alters  winter. 

Berliner  hdschr.  der  meistergesänge, 
ms.  germ.  fol.  23  n.  88. 
2)  auch  in  passiver  bedeutung,  was  gehabt,  beses.'ten  wird,  wie 
man  habendes  gut,  habende  dinge  in  gleichem  sinne  verwendet 
{s.  haben  V  sp.  76) :  es  sei  gelt,  gut  oder  kleinoter  und  ander 
habhaftig  gut.  Recter  kriegsordn.  38; 
habhaftig  gut  erhalten  wol. 

B.  RiücwALDT  laut.  »ahrh.  106. 

HABH.^FTIGKEIT,  f  parlicipatio.  Steinbach  1.662. 
HABH.XFTW ERDUNG,  f:   nach  der  habhaftwerdung  de$ 
diebes. 


91 


HABICHT 


HABICHT 


92 


HABICHT,  m.  accipUer. 

I.  Form  und  vencandtschaft. 

ahd.  babuh,  hapuh ,  habich,  mhd.  liabech ;  ags.  heafoc, 
hafoc,  engl,  hawk;  fries.  hauk  (Rir.iiTiiOFEV  801*);  mnl.  hauk, 
nnl.  havik;  altnmd.  hauk-r,  dän.  bog,  schwed.  bök  ;  für  das 
gothisciw  iH  das  wort  nicht  belegt,  für  das  aUniedcrdeiilschc  wird 
es  in  den  Ortsnamen  Havocas-brftc,  Havukö-horst  im  Werdener 
heberegisler  getrährt. 

Wie  mhd.  die  form  hahech  uneingeschränkt  gilt ,  so  zeigt  das 
nhd.  noch  im  16.  jalirh.  vorwiegend  babich ,  z.  b.  bei  Brant 
fiarrensch.  44,  4,  SERnANUS  diel,  a  3*,  Aluerus,  Dasyp.,  Maai.er 
204',  Petr.  30',  Garg.  122',  250",  Frey  garleng.  2;  vom  fucbs 
und  dem  hahicb.  B.  Waidis  4,  44;  bat  ein  I^ng  spitzig  maul 
\\\e  ein  babich.  Forer  fischbuchid*.  im  n.  jahrh.  ici/d  bnbicb 
seltener:  die  gelebrten  müssen  vielmehr  den  habicben  bisz- 
weilen  nachfolgen ,  welche  wissen  in  die  höhe  sich  zu  er- 
heben. ScnuppiDS  757 ; 

von  tauben  wird  niemals  ein  habich  erzeuget. 
Rist  Parn.  208. 

fürs  18.  jahrh.  kennen  noch  Steinbacu  ttnd  Frisch  diese  form, 
die  noch  jetzt  in  den  mundarten  herscht:  Schweiz,  habch,  habk 
Stalder  2,  8,  kdrnth.  babich  Lexer  129,  in  Tirol  babich 
Fromm.  5,  445,  weslerwäld.  habch  und  baweih,  hawweih,  mün- 
sterl.  havk  Fromm.  6, 429.  im  Götting.  häwek ,  aümärk,  baofk 
Danneil  76'. 

Die  erste  spur  eines  an  das  wort  tretenden  schlusz-l  ist  aus 
der  zweiten  hdlße  des  15.  jahrh.,  habicbt,  habcht  Diefenb.  7'; 
die  Laszbergsclie  liandschrift  {B)  von  Heinzelein  von  Constanz 
der  minne  lehre  liest  474  hebehllin  für  das  hebechlin  der  andern ; 
Ldther  schreibt  stets  habicbt :  und  dis  solt  ir  schewen  unter 
den  vögeln,  das  irs  nicht  esset,  den  adeler,  den  habicbt,  den 
flschar.  i  Mos.  11,  13;  der  adeier,  der  habicbt,  der  fischar. 
h  Mos.  14,12;  ficuget  der  babiclit  durch  deinen  verstand  und 
breitet  seine  flügel  gegen  mitlag?  Hiob  39,  26;  nicht  die  da 
stünden  und  blücketen  oder  habicbt  trügen,  werke  5,  86*.  m 
17.  jahrh.  überwiegt  schon  diese  form:  habicbt  (neben  babich) 
Stieler  724,  habicbt  Schottel  1332,  kein  sperber,  babicht, 
ahr  oder  weih.  Schüppius  (1701)  787 ,  im  18.  tcird  sie  in  der 
schrifls])rache  allein  üblich. 

fieben  habich  und  liabicht  geht  auch  das  schwache  habiche : 
liabiche ,  habige  Dief.  7'  [vgl.  havke,  haavke  Dähnert  180*); 
Hecszi.in  im  vogelbuch  hat  der  babich,  der  bapcb  125',  aber 
den  habichen,  dem  habiclien.  129,  dem  hapchen.  128,131,  des 
bapcben  135',  die  astures,  das  ist  groszen  hapchen  mauszend 
sich  gleich  wie  die  hapchen  125',  neben  der  .Harken  form  des 
habicbs  126.  129;  dem  babich  126;  den  babich  123. 

Eigenthümlich  und  sonst  nicht  weilei-  bezeugt  ist  die  form  hapsch. 
Dief.  "'.  die  gutturalis  ist  unterdrückt  in  der  form  habit:  soll 
finden  einen  rick,  darauf  er  seinen  habit  steile  und  stroc, 
darauf  seine  luinde  mögen  iigen.  weisthum  von  1510  aus  Ur- 
mütz  unterhalb  Coblenz,  weislh.  3,  826.  —  Für  Baiern  verzeichnet 
SciiM.  2, 148  das  zusammengezogene  der  hacbt,  des  hachten  für 
habicht,  vgl.  hacht  sp.  98. 

Ver  umstand,  dasz  das  habichtsmünnchen  kleiner  ist  als  das 
babicht sweibchen,  läszt  für  das  erstere  eine  diminutivform  zur  an- 
wendung  kommen:  si  hallend  in  irer  grosse  gegen  andern 
thieren  das  widerspil,  also,  das  männle  ist  das  kleiner  und 
wird  genennt  das  häbcble,  das  weible  aber  ist  vi!  griisser 
und  slerker  dann  das  miinnle,  das  wirt  genennt  der  habich  . . 
gemeinlich  sind  die  hübichicin  etwas  kibiger  dann  der  habich 
. .  es  ist  ein  lustig  weidwcrcb  mit  dem  liabcii  und  hiibchle 
zu  beizen.  Sivmpt  chronik  {Zürich  i:>H(,)  5(i0';  der  iiabichtc  sind 
zweierlei,  der  eine  ist  kleiner  und  wird  babicbtiin  genannt, 
welches  man  für  das  männlein  hüll.  Becher  geh.  jdgercab. 
cap.  30;  das  miinnle  {des  habichls)  ist  kleiner  und  beist  das 
habicbtiein.  das  weiblein  ist  gr<>szer ,  so  man  den  habicht 
nennet,  und  solches  ist  bei  allen  federspiel.  Nehrinc  histor.- 
polü.-jurist.  lexicon  (1730)  anhang  94*.     vgl.  mhd. 

den  upp.rwer  unt  da;^  hdiechlin 
mit  blöder  harit  m.iv  niemen  vftn, 
er  roüeic  ein  liiodRr  drinne  hAn. 

lIciNZ.  v.  CoüsTA!«  minne  Ivhre  474. 

Die  alte  aiiUitung  des  la(.  accipitcr  ton  accipcre,  die  von 
Bopp  und  PiM  mit  bezug  auf  ein  allind.  a^iipatvan ,  griech. 
ojKvjtxtQOt  zurückgewiesen  ist ,  wird  doch  durch  das  deutsche 
getluttl.  ahd.  hnbuh  kann  nur  auf  hrffan,  gnth.  bafjan,  tat. 
capio  zurückgehen  und  den  ergreifenden,  packenden  vogel  be- 
deuten, von  dem  ja  Mn$t  gesagt  wird,  er  krimml  und  klemmt: 


chrimmil  eviscerat  (accipiter  columbam  pedibus  uncis)  Graff  4, 
608 ;  singenden  vogel  aber  und  clemcnden  und  winde  und 
hezzehunde  und  bracken  mac  man  wol  gelden  mit  eime  irea 
glichen,  der  also  gut  s5.  Sachsensinegel  3,  47. 

U.  Bedeutung. 

1)  der  liabicht  ist  der  eigentliche  deutsche  jagdvogel,  der  name 
begi-eift  oß  auch  falken  und  sperber  in  sich,  Heniscii  979  führt 
falck,  falch,  faicket,  babich,  sperber  in  dnem  sinne  auf;  sonst 
braucht  man  falke  für  die  edlem,  babicht  für  die  geringem, 
wie  adler  für  die  grösten  raubv(~igel:  alle  raubvögel  werden 
entweder  unter  dem  adler  oder  aber  habicbs  namen  begriffen 
und  verstanden.  Feyerabend  falknerei  7*.  die  Jägersprache  kennt 
in  bezug  auf  habicht  vianclie  kunstausdrncke.  die  weidmännische 
redensarten  vom  habicbte  seind :  der  babicht  hat  greif-klauen ; 
gesteile  oder  fuszgestelle  (sind  seine  Schenkel);  (leug-bug- 
federn,  auch  flügclbogen.  er  stehet  auf  der  band  oder  Stangen ; 
wird  getragen  [vgl.  hierzu  oben  die  stelle  aus  Luther  5,86'); 
gelocket  oder  bereitet;  geätzet,  und  wenn  er  genug  bat, 
saget  man,  er  bat  einen  guten  kröpf;  er  bekommet  gewolle, 
der  babicht  jaget  oder  raubet;  ist  lustig;  fähret  wohl;  wird 
geworfen ;  fleugt  auf  den  vorloosz  oder  zum  federspiel ; 
kommt  zur  band;  stehet  zur  band,  ist  ein  guter  bandvogel. 
wenn  der  weidemann  den  habicht  fliegen  lasset ,  heisset  es 
gereicht;  wenn  der  habicht  ein  rebbuhn  wegführet,  heisset 
es  geleitet,  wenn  der  habicht  an  einen  bach  zum  baden 
oder  tränken  gestellet  wird,  heisset  es  gcschüpfet;  und  wenn 
er  zu  Zeiten  etliche  schwingfedern  zerstossen ,  wird  er  ge- 
schiftet, öcon.  lex.  893.  die  kunstausdrücke  sind  hiermit  noch 
nicht  erschöpft:  der  babicht  wird  abgebunden  [von  der  band, 
die  Um  trägt ,  losgebunden) :  so  du  yetz  etuan  weit  für  die 
statt  binausz  kommen,  den  habichen  abgebunden,  und  die 
wurfriemen  zusammen  geläsen,  umb  die  link  band  gewunden 
hast,  so  lüg  allenthalben  umb  dich,  wo  du  fliegend  vögel 
säbist.  Heuszlin  vogelb,  128";   er  schwingt,  schwingt  sich  auf: 

man  darf  nit  fragen,  wer  die  sigen 
bi  den  die  hund  iiiii  kilcheu  sciirigcn, 
so  man  mess  hat,  predigt  und  singt, 
oder  bi  den  der  habich  schwingt, 
und  dflt  sin  schellen  so  erklingen, 
das  man  nit  betten  kan  noch  singen. 

Brant  narrcnsch.  44,4; 
vcrgt.  ags.  ne  göd  hafoc 

geond  siil  svingeff.      Beovulf  2264. 

der  habicht  stöszt  vorzüglich  gern  auf  weisze  tauben.  Heuszlin 
131';  die  weisze  taube,  so  von  den  beschwerlichen  habichen 
verfolget  wird,  bärtigt.  frauenz.  67.  er  fällt  auf  seinen  raub 
nieder,  dalier  bildlich:  die  gute  mutter,  welche  so  sorgend,  da 
sie  unten  im  ströme  des  Icbens  das  fliegende  bild  vom  nie- 
derfallenden babicht  des  todes  erblickte,  nur  den  sobn  be- 
dachte. J.  Paul  Tilan  1,37. 

Sprichwörtliches:  auf  etwas  zufahren,  wie  ein  babicht,  unge- 
mein gierig  sein;  mit  einem  groszen  herrn  als  mit  einem 
todtcn  habicht  beizen,  unter  dem  tilcl  eines  groszen  herrn 
böse  anschlage  ausführen.  Frisch  1,391';  vögel  die  zu  früh 
singen  kriegt  der  babicht ,  in  der  Welteräu  üblich  und  auf 
menschen  angewendd ,  welclie  früh  am  tage  lusliff  singen;  ge- 
denke an  die  Sprichwörter,  so  ein  jeder  bauer  im  munde 
führet:  es  ist  übel  schleifen  sonder  wasser;  der  gewinnen 
will,  musz  aufsetzen;  mit  leeren  bänden  ist  übel  bal'ichte  zu 
locken,  reime  dich  127;  mcn  lokt  geene  baviken  met  ledige 
banden.  Harrebomek  ,  das  kt  auch  mhd.  bezeugt ,  wie  die  oben 
milgelhcille  stelle  aus  Heinz,  v.  Constanz  lehrt;  man  verklagt 
die  liabichto  nicht  bei  den  gciern;  da  es  thüricht  gewesen 
wäre  die  habiciite  bei  den  geiern  zu  verklagen ,  so  wurden 
alle  diese  beschwerden  unmittelbar  vor  den  thron  gebracht. 
Wiei.and  8,  261.  —  Ein  gesellscha/lxspiel  heiszl  der  reiche  vogei 
und  der  arme  habicbt  in  K.  Rhustflkcks  lustigen  scIterisjHvlen. 
im  Kärnlisclien  wird  von  den  kindern  babich  und  hAne  {Hohn) 
gesjiiell.  Lexer  129. 

Die  alle  form  des  wortes,  die  lautlich  mit  hab'  icli  ron  haben 
tusammcnfaUt,  hat  ein  vielfach  verbieiletes  Wortspiel  erstehen  las- 
ten: hillich  ist  ein  böser  vogel.  habich  ist  ein  guter.  S.  Frank 
2,  t2o';  man  musz  einem  habich  baweii  nicht  eiiirin  hetlicb, 
das  ist,  hell  irhs  so  und  so  gemacht,  das  kost  unniki/.  t:cld. 
Lehmann  69; 

nii,  boiiicli  int  ein  vogel,    hnliicli  iwar  hetier  Ul: 
doch  Hichtit  als  iiuT  ilcr  bugrl,    dniink  iraiil  iii  aller  Trist, 
ob  gott  einat  wolt  bcschun-n    die  liebe  pinigkvit 
und  euch  dadurch  gewehrcn    der  alion  herrllchkeit. 

JoM.  Dohan  lied  V,  der  leuttchen  han$$  v,  10, 


93 


HABICHT  —  HABICHTSNASE 


HABICHTSTEIN  — HABIT 


94 


besser  ein  habich  als  ein  hättich.  Pistobics  iv  no.  45  s.  220 ; 
es  ist  besser  ein  dürrer  üabicli  als  ein  fetter  Jiättich.  s.  221 ; 
ebenso  Köbte  2512. 

Zusammensetzungeri  bezeichnen  habiehlarten ,  die  vorzugswäse 
die  im  ersten  compositionsyliede  genannten  thiere  angreifen:  finken- 
habicht ,  ags.  spear-hafoc.  gänse-habicht,  hühner-habicht, 
liünliel-habicht,  mäuse-bubicht. 

2)  habicbt,  ein  schwamm:  babichte  sind  auch  eine  art  erd- 
schwämme, so  sich  wohl  essen  lassen ,  sind  von  ziemlicher 
grüsze,  etwas  fahl  oder  graulichter  färbe,  und  sehen  wie  viele 
an  einander  gesteckte  dütgen  aus,  wachsen  gern  in  eichen- 
buscbigten  orten,   ücon.  lex.  893. 

3)  Sperber,  habicbt,  accipiter  nennt  der  icundarzt  auch  eine 
binde,  die  bei  nasenverlelzungen  gebraucht  wird.  Jacobsson  technol. 
wb.  7,  38S'. 

HABICHTART,  f.:  eine  eigenthümliche  erscheinung  der 
thierwelt  war  eine  habicbtart,  braun  gefiedert  und  von  der 
grösze  der  baushühner.  ausländ,  40.  jahrg.  s.  99. 

HABICHTBEIN,  n.  Schienbein  eines  habichts:  der  pantarbes- 
stein  ziecht  das  gold,  das  gold  die  habicbtbein,  der  bernstein 
die  spanen,  das  gestählet  messer  die  glufen.  Garg.  250*.  es 
wird  auf  die  sage  angespielt,  dasz  das  Schienbein  des  habichts  gold 
anzuziehen  vermöge:  so  man  das  schinbein  von  einem  habichen 
zu  gold  legt,  zeucht  es  das  wunderbarlich  an  sich,  wie  der 
stein  Heracleotes  mit  seiner  kraft  das  eisen  an  sich  zeucht, 
als  Elianus  bezeuget.  Hecszlis  vogelb.  122*. 

HABICHTER,  m.  accipUrarius :  ein  falconier  oder  habichter 
soll  ein  hurtig  und  fertiger  mann  sein.  Hohrerg  3,2,  351"; 
aucupem  avibus  rapacibus  quibus  vis  utentem  Germani  ap- 
pellant  ein  Weidmann :  accipitribus  vero  privatim  ein  hübicher 
i.  e.  accipitrarium.  C.  Gesser  de  avibus  p.  38;  falkner,  ha- 
bicher.  fulkenfanger,  falkanirer  accipitrarius.  Hesisch  979. 

HABICHTEULE,  f.  strix  acäpUrina.  Nem.mch. 

HäBICHTFLIEGE.  f.:  asilus,  raubOiege,  wolfüiege,  habicht- 
fliege, holländ.  havikvlieg.  Nemnich  1,  503. 

HABICHTKORB ,  m.  korb  zum  fangen  eines  habichts :  (die 
babichte)  streichen  im  monat  junio  meist  von  der  borst  ab 
und  werden  dann  in  habichlkörben  . .  gefangen.  GöcHHAusEix 
notabilia  venaloris  H6 ;  habichkorb  Fleming  teutscher  jäger  153; 
habichtskorb  öcon.  lex.  893. 

HABICHTKRAUT,  n.  accipitrina,  hieracium  Steixbäch  1,  932. 
engl,  bawk-weed.  flecken-habichskraul,  hieracium  maculosum 
Hemsch  1131,  bei  Nemsich  3,  202  geflecktes  habichtskraut, 
wail-babichtskraut,  hypochaeris  maculata.  dasz  kraut,  habich- 
kraut  genennt,  reibend  die  habichen ,  und  triefend  den  saft 
darvon  in  ire  äugen ,  die  dunkle  daraus  ze  vertreiben ,  als 
Plinius  schreibt.  Helszlin  rogelb.  121. 

HABICHTLEI.N,  s.  habicht. 

HABICHT.NETZ,  n. ;  habichnetz,  worin  man  die  babichte 
fängt.  Frisch  1,  391'  aus  Flemings  teutschem  jäger. 

HABICHTRINNEN,  f.  plur.  rinnen  mil  darüber  gezogenem 
netze  zum  habichtsfang.  Jacobsson  technol.  tcb.  6  s.  5*. 

HABICHTSBRUST,  f.  wird  die  brüst  des  pferdes  genannt,  tceTin 
sie  zu  hoch  hervor  steht.  Nemmch. 

HABICHTSFANG,  m.  1)  fang  des  hMchts.  2)  apparat  zum 
fangen  des  habichts,  aus  einem  korbe  oder  netzwerk  bestehend, 
öcon.  lex.  893. 

HABICHTSFLÜGEL,  m. :  dann  hat  ihm  (einem  Amor)  der 
mahler  ein  paar  flügel  angesetzt,  die  ein  jagdkundiger  in  Ver- 
suchung geräth  für  habichtsflügel  zu  halten.  Kotzebce  erinnerg. 
(1805)   2,  97. 

HABICHTSKLAÜE,  /.  klaue  des  habichts: 

als  ich  vor  unserm  grafen 
die  taube  aus  den  habichtsklauen  schosz.    Körner  2,  69. 

HABICHTSKRALLE,  f.  kralle  eines  habichts: 

sie  (die  Sirenen)  verbergen  in  den  zweigen 

ihre  garstigen  liabichtskralleD, 

euch  verderblich  anzuTalien 

wenn  ihr  euer  ohr  verleiht.     Göthb  41,  120. 

HABICHTSNASE,  f.  nasus  aquilinus,  aduncus:  habechsnase, 
habichnase  Diefenb.  44';  der  ein  lange  habichsnase  halt, 
nasum  habens  curvum  ut  aquUa.  iftid.  habichtsnase  Stieler  1333 ; 
habichtnase  Frisch  l,  391 ;  diese  (alle  frau)  hatte  ein  paar 
äugen  wie  zween  irnvische,  und  zwischen  denselben  eine 
lange  magere  habichtsnase,  deren  ende  oder  spitze  die  untere 
lefzen  allerdings  erreichte.  Simpl.  I,  131  Kurz;  dieser  feine 
mann  mit  der  habichtsnase.  BErriNE  bricfe  l,  I40.  —  Aber 
auch  von  einer  einwärts  gebogenen  nase  gilt  das  worl:  silus  ha- 


bichsnas  Alb.  ee.3';  so  eine  kleine  stampfe  habichtsnase  hat 
Leiio  nicht.  Lessing  1,  379. 

HABICHTSTEIN,  m.  hieracites  Steinbach  2,  692.  hieracites, 
babichstein  G.  Agricola  70.5';  babichte  sollen  in  ihrem  haupte 
biszweilen  steine  haben ,  welche  man  in  ihrem  gehirne  an- 
treffen soll,  bergtr.-lex.  281". 

HABIG ,  HÄBIG ,  adj.  continens,  tenax,  dives.  l)  die  eigent- 
liche sinnliche  bedeulung  ist,  vom  verbum  haben  (sp.  50)  aus- 
gehend, hallend,  zusammenhaltend,  irie  sie  im  ahd.  erscheint :  die 
zesamine  habige  erda  continens  terra,  mit  faslhabigemo  bijje 
tenaci  morsu  Graff  4,  73S,  und  wie  sie  im  compositum  anhabig 
(1,  364),  ferner  in  vasthäbig,  bestendig,  pertinax  (Dasyp.)  noch 
haftet,  in  Ulm  sagt  man  ein  häbiges  (dauerhaftes)  tuch.  Schmid 
Schwab,  wb.  252,  im  bair.  unhäbig.  ungehäbig  nicht  zu  hallen, 
böse,  unge.<:tüm  (Scum.  2,  136) ,  kärntnisch  unhabik  zudringlich, 
beschwerlich  Lexer  129.  daraus  entwickelt  sich  namentlich  für  das 
alemannische  Sprachgebiet 

2)  der  begriff  zähe,  sparsam,  karg:  tenax  häbig,  hebnig 
Diefenb.  577';  tenax  häbig,  zehe,  karg  Dasyp. ;  häbig,  karg 
oder  kündig,  restrictus  et  tenax  Maaleb  204'';  er  ist  etwas 
häbiger  oder  geitiger.  das.;  zum  andern  findest  du  men>chen, 
die  verbergen  iren  geiz  mit  reichlichem  auszgen  (/.  auszgeben), 
si  seind  nit  zach  oder  häbig,  si  gebend  ausz,  das  ist  gleich 
das  widerspil,  aber  si  suchen  darin  wider  nutz  einzunemen. 
Keisersb.  siben  hauplsünden  (15101  ee4';  wo  mainstu  das  es 
herkomme,  das  wir  also  hebig  und  also  genau  und  zäh  sind 
gegen  den  armen  menschen  ?  schiff  der  penit.  75*.  auch  Stein- 
BACu  1,  6G2  kennt  häbig  tenax   als   rocem  non  ubique  usilalam. 

3)  habig,  häbig,  begütert,  wolhabend,  reich,  lehnt  sich  nicht  wie 
das  vorhergehende  unmitttlbar  an  haben ,  sondern  an  das  subsl. 
habe  an,  wie  goth.  audag-s,  ahd.  6tac  an  aud  schätz,  gut,  ahd. 
6t:  mhd.  habec  Ben.  1,602';  ein  man  so  häbig  gewest  in 
seinem  leben,  tueislh.  2, 165 ;  mit  leuten  oder  varenden  gütern, 
daran  sie  hebig  seien.  Haltaos  769;  geltreich,  häbig  jiecu- 
niosus  Dasyp.  ;  habig  Frankf  reform.  II,  16  §  6 ; 

wiewol  die  wiber  mit  geferden 

die  geuch  berupl'en,  dennocht  werden 

under  tuseod  trouwen  nit 

ein  rieb  gnug,  habig  domit. 

MüRNER  yeuchmalt,  bei  Scheible  8^947; 
wer  .  .  fünfizigjährig  ist  nicht  fleiszig, 
und  reich  an  gelt,  gut  oder  laud, 
der  Wirt  sehr  schwerlich  hie  auf  erden 
schön,  stark,  weisz  oder  häbig  werden. 

Weckherlin  827. 
HÄBIGKEIT,  f.  tenacitas:  häbigkeit,  behebe,  kargheit  Dasyp.  ; 
hebigkeit  tenacitas  Maaler  215';  der  sechste  hock  (haken)  ist 
karkheit,  zähe  und  hebikeit.  Keisersberg  schiff  der  penit.  109*. 
HABIT,  m.  und  n.  kleidung,  anzug.  die  entlehnung  vom  fran- 
zösischen habit,  das  dem  lat.  habitus  entstammt,  ist  schon  früh, 
aber  in  einem  engen  sinne  erfolgt:  mhd.  abit,  mnl.  abite,  fries. 
habit,  abit  (Ricbthofek  789*)  bedeutet  nur  ein  geistliches  {kloster-, 
priester-,  ordens-]kleid.  wahrscheinlich  erborgle  man  es  zunächst 
aus  ostfranzösischen  klöstern ,  die  zu  dem  westlichen  Deutschland 
in_  mancher  beziehung  standen,  und  man  hat  hierbei  wol  auch 
unmittelbar  an  das  lat.  habitus  gedacht,  es  heiszt  sicut  veslis 
corpus ,  ita  habitus  animam  vestit.  Melber  voc.  varil.  k  8*. 
seit  dem  17.  jahrh.  unter  einflusz  des  dominierenden  französischen 
erscheint  das  wort  häufiger  und  in  erweiterter  bedeulung,  indem  es 
kleidung  überhaupt  oder  doch  das  hauptstück  einer  kleidung  aus- 
druckt, das  geschlecht  bleibt  bis  zu  anfang  unseres  Jahrhunderts 
ausseht ieszlich  masc,  Adelung  kennt  nur  solches,  erst  in  neuerer 
zeit  hat  auch  das  neutrale  statt.  —  habit  bezeichnet: 

1)  im  anschlusz  an  die  mittelalterliche  bedeulung  geistliches 
(mönchs-,  priester-)  kleid :  Isidorus  der  cardinal  geht  ein  in 
seinem  habit.  Ayrer  152'  (760,6  Keller);  drumb  wirft  er  auch 
den  münchshabit  von  sich.  Micräliüs  alt.  Pomm.  2,219;  er 
verlas  das  evangelium  im  habit  eines  diaconi.  Köbler  reichs- 
historie  (1737)  s.  340 ; 

sein  [eines  kirchenßimlen)  weisz  habit,  sein  äuge  grau 

lugt  dniben  an  den  fenstersprossen.    Drostb-Hülsh.  ged.  291. 

von  dem  kleide  eines  einsiedlers:  der  übrige  habit  stimmte 
mil  der  hauptzier  überein,  dan  ich  hatte'raeines  einsidlers 
rock  an.  Simpl.  1,65  Kurz;  ich  solle  meinen  habit  {das  ein- 
siedlerkläd)  stracks  wieder  anziehen.  1,72;  zog  ich  solchen 
Elianischen  habit  an  («n  kleid  vie  der  prophet  Elias).  4.  IIS. 
dann  nennt  man  abgeblaszter  auch  die  weltliche  amtslrachl  habit  und 
spricht  von  einem  richterlichen  habit,  professorenhabit,  hofhabit. 

2)  weltliche  kleidung  eines  mannes ,  namentlich  feine  und  mo- 
dische:  dahero    ersparten   wir  die   mühe   uns   wieder  anzu- 


95 


HABIT  — HABSCIIAFT 


IIABSELIG  — HACHE 


96 


kleiden,  obschou  der  hubit  auf  das  durchlauclitigäte  bestellt 
war.  Jucundiss.  49 ;  zog  ich  einen  ganz  schwarzen  habit  an, 
auf  die  vorige  niode  gemacht ,  aus  welchem  meine  weisze 
haut  hervor  schien  wie  der  schnee.  Simpl.  l,  3tj5  Kurz,  solche 
geudliUe  kleiduiuj  zu  gewissen  strecken  wird  durch  composiliun  be- 
zeichnet: Ircniu  halle  gleichfals  einen  sehr  koslbahren  jagd- 
babit  angeleget.  Talandeh  Amor  am  hofe  (1691)  1,  21» ;  als  sie 
den  könig  in  seinen  nachthabit  vor  ihrem  belle  sieben  sähe. 
2,  241.  ryl.  hausliabit.  —  habit  nird  aber  auch  ton  dem  gc- 
tcande  eines  narren  gebraucht:  ein  brustbild  eines  jungen  narrn 
in  kälbernem  habil  mit  einem  paar  hasenohren,  vorn  mit 
schellen  geziert.  Sinifil.  l,  290  Kurz. 

3)  von  dem  hauplkleidungsstüdic  oder  dem  ganzen  anzuge  einer 
frau:  gleich  wie  mir  (der  Courage)  aber  mein  schwarzer  traur- 
habit  ein  sonderbares  ansehen  und  erbare  gravilät  verliebe, 
zumalen  meine  Schönheit  desto  hiiher  herliir  leuchten  machte. 
Simpl.  3,26  Kurz;  und  wunn  ich  die  Wahrheit  bekennen  soll, 
SO  bedunkt  mich  noch,  der  alten  Schachtel  seic  dieser  habit 
.  .  überaus  wol  angestanden.  3,  169. 

4)  die  klvidung  der  bergleule,  aus  grvbenkiUd,  hinterleder,  berg- 
kappe und  schachthut  bestehend,  s.  bcrgw.-lex.  281'. 

HAßlTAZ,  f.  habitalio,  wohminq,  au f enthalt : 

der  kauTuianu  sagt  in  Üöhmerlaud 

in  einer  statt  würd  Prag  genant, 

da  hat  der  alt  sein  hahitatz, 

besitzt  grosz  guter,  reichen  schätz. 

Wickram  pil{)er  V,  73. 
HABITCHEN,  n.  Ucidciien,  kleiner  oder  geringer  anzug. 
HABLICH,  HÄBLICH,  adj.  in  mehrern  bedeiUungen. 

1)  im  allgemeinsten  sinne  ist  es  das,  was  bezug  auf  die  habe 
hat  und  mit  ihr  zusammenhängt: 

mild,  waj  ich  jag  des  hin  ich  gereut, 

aber  wenn  ich  gcvangen  hän 

so  ist5  bäplich  girkait  an. 

Laszberg  liedersaal  2,  688,  68, 
der  dicIUer  meint  geiz  in  betreff  der  nun  erworbenen  liabe;  babitus 
gewonheit  die  einer  in  der  sei  bat ,  beblicb  besitzung.  Die- 
FE.NBACu  272',  gewissermaszen  besitz  an  eigenartigem  wesen;  in 
engerer  bedcutung  was  sich  auf  guter,  namentlich  liegende,  bezieht: 
setzen  . .  Wilhelm  von  Haubilz  seine  leibs  iehenserben  , .  in 
eine  heblicbe  und  cörperlicbe  gewalt  und  gewehr  (eines  dorfs). 
Haltaus  769,  Urkunde  von  1546,  gewalt  über  den  besitz  und  die 
personen  derer  im  dorfe,  dingliche  und  persönliche  obergerichts- 
barkeil ;  babliche  klagen  oder  Sprüche  im  gegensalze  der  persön- 
lichen.  SCHM.   2, 136. 

2)  in  persönlicliem  sinne  ist  hablich  der  mit  besitz  versehene, 
der  begüterte,  woUiabende,  diese  bedeutung  gilt  namentlich  für  das 
alemannische  Sprachgebiet:  Heinrich  von  Melchtal ,  ein  wiser, 
verständiger,  eerbarer,  bablicher  mann.  Tsciiuni  1,234;  da 
Anne  Mareis  naiur  eine  tüchtige  war,  so  schosz  die  neue 
bäurin  (das  gefühl,  dasz  A.  M.  nun  bdwin  geworden  sei)  nicht 
heraus  in  aller  neugebackuen  anmaszung,  wie  über  nacht 
schwämme  auf  dem  niist,  sondern  sie  machte  sich  erst  im 
inuern,  lebte  wohl  daran,  und  suchte  dafür  zu  sorgen,  dasz 
sie  mit  ehren,  d.  h.  hablicb  und  so  recht  erstarket,  hervor- 
treten könne.  GoTratiF  schuldenb.  293;  früher  ein  ordentlicher 
und  bablicher  mann,  haben  ihn  . .  Verluste  . .  an  den  rand 
des  öconomischen  ruins  geführt,  neue  Zürcher  zeitung  1867 
no.  129.  auch  tri  Spi.vdleh  ist  das  wort  so  gebraucht:  der  vater 
war    ein  hablicher  bürger  von  Czaslau.    bastard  (1826)  2, 13.1. 

3)  hablicb  heiszt  auch  geschickt,  tüchtig,  hier  rührt  es  an  sich 
haben  im  sinne  ton  sich  terhalten,  sich  bezeigen  (sp.  53) :  so  ahd. 
habillcber  habilis  Gkaff  4,  738.  dieser  bedeutung  fallt  unhüb- 
lich  bei  FisciiAHT  zu:  das  er  unhablich  dazu  (zu  einer  pfründe) 
war,  weil  er  ein  eheweib  hält,  bienenk.  38*. 

HAHLICH,  HÄliLICii,  adv.  zu  dem  vorigen:  er  sitze  und 
Wune  dann  in  der  stat  zu  Wurms  buwelich  und  hebelich. 
Scherz  1,210;  die  sollcnt  sich  alle  bnueiich  und  habeliche 
in  dieselbe  unsere  stelle  setzen,  das.;  burger  oder  gebure, 
die  da  hebelich,  seszhaftig  und  wunhaftig  daselbst  sitzen  und 
huselicb  daselbst  wohnen.  Hai.taub  76»;  (Christus  spricht:) 
mein  leer  ist  nitt  mein  leer,  sunder  desses  der  mich  gesaut 
hatl.  sie  \nl  wol  mein  approbativc,  hüblich  und  bJlbich,  wenn 
ich  hab  sie  in  mir  und  nimm  sie  an.  dozii  mein,  wenn  ich 
hall  sie.  sie  ist  ouch  mein  subiectivu.  Keisersbebg /»jv/i//  2,^2. 

HAH!,O.S,  adj.  oline  habe,  s.  habelos  tp,  45. 

II.MJLOSKJKtIT,  f 

HAbSCHAFT,  f  was  man  besitzt,  eigenihum,  XQ'il*'^- 
arh,  io  niinm  denn  hin  oim  gnaden, 
wai  die  b6*c  haabfchnfl  l«t, 
womit  icb  10  icbwer  belnden.    Otmo  7o, 


lieber,  o  wer  denn  hat  dicli  erkauft  mit  eigener  habscliaft. 

Odyssee  14.  115. 
noch  im  16.  jahrh.  brauchte  man,  wie  im  mhd.,  für  dieses  worl 
eigeiischaft  (s.  3,  loo) :  peculium,  eigenschaft  ki  kleinen  zinsen. 
DltFENB,  419'. 

HABSELIG,  adj.  mit  habe  gesegnet,  reich  an  habe,  wie  mhd. 
guotsaelic:  habsiilig,  reich  Fhisch  1,389', 

HABSELIGKEIT,  /.  opulentia,  habentia  Stieleb  1993,  biens, 
substance  Fhisch  teutsch-frauz.  wb.  (1730)  278.  bei  den  neueren 
wird  das  wort  in  mehr  ironischem  sinne  für  geringe,  wertarme  habe 
gebraucht:  jedermann,  dessen  ganze  habsciigkeit  in  diesem  ver- 
meinten kicinode  bestehen  möcbte.  Kants,  266;  ein  glcich- 
nüisziger  trieb  beseelte  sie  alle,  geschwind  raflen  sie  ihre 
habseligkeilen  zusammen.  MusÄus  die  deutschen  volksm.  (1804) 
1,216;  er  fragte  ob  die  andern  auch  so  glücklich  gewesen, 
ihre  habseligkeilen  zu  retten.  Göthe  19,40,  ähnlicJi  53. 

HABSUCHT,  f.  sucht  oder  gieriges  verlangen  nach  habe,  über 
die  enlslehung  des  Wortes  s.  unter  habgier  sp.  89:  die  blosze 
habsucht  macht  denselben  (den  kaufmann)  auf  die  grosze  des 
vorlheils  scharfsichtig.  Hamann  1,  30  (f.  ;.  1756);  habsucht, 
unersälllichkeit  im  erwcrb.  Kant  5,266;  der  ausdruck  der 
niedrigsten  haabsucbl  ist  seinem  gesiebte  eingeprägt.  Lavater 
phys.  fragm.  l  (1775)  s.  119;  ich  sah  das  käsichen  mit  nei- 
dischen äugen  an  und  eine  gewisse  habsucht  bemächtigte 
sich  meiner.  Götue  23,106; 

er  tobet  dasz  die  fenster  klingen, 

wann  seiner  hahsuclit  was  entgeht.    Hagidorn  3,  54; 

wird  dich  die  habsucht  nagen.    1,  79; 

wenn  eucru  kindcrn 

nicht  waiseiiaoth 

und  habsucht  droht.    Dlcmaukr  1,180; 

wenn  über  meine  liiittenschwelle 

die  habsucht  ihre  liamsteraugen  rollt. 

Kl.  E.  Schmidt  poet.  briefe  (1782)  s.  61, 
aus  eifer  für  das  gute  nicht, 
aus  habsucht  kam  blosz  euer  Strafgericht. 

briefweclisct  der  fum.  des  kiuäerfr.  (1792)  12,  15; 
keines  Römers  schuöde  habsucht  soll  dir  je  dein  grab  versehren. 

Platkn  33*. 

HABSÜCHTIG,  adj.:  ich  verstehe  hier  unter  diesem  nanien 
(geiz)  nicht  den  habsüchtigen  geiz  (den  hang  zur  erweilerung 
seines  erweibes  u.  s.  w.),  sondern  den  kargen  geiz,  welcher, 
wenn  er  schimpflich  ist,  knickerei  oder  knauserei  genannt 
wird.  Kant  5,264;  mit  habsüchtiger  liebhaberei  bemäcbligle 
er  sich  mancher  vorzüglicher  excmplare  (ro« /oMt/ZeH).  Gütiie 
50,226.  es  ist  bemerkenswert,  dasz  für  dieses  adjecliv  und  sein 
Substantiv  im  jähre  1753  vereinzelt  begiersücbtig ,  begiersucht 
erscheint:  begiersüchlige  narren  ..  begiersucht  eines  geizigen. 
OErriNGEii  die  Wahrheit  des  sensus  communis  s.  138.  diese  warte 
sind  offenbar  in  dem  bestreben  gebildet,  fiir  die  nicht  mehr  ge- 
nügenden begriffe  geiz,  geizig  angemessene  ausdrücke  zu  finden, 
ohne  dasz  der  aulor  gerade  auf  die  bildung  von  habsucht,  hab- 
süchtig verfiel. 

HABUIVG,  /■.  1)  das  halten,  festhallen:  so  mag  das  fleisch 
vil  eher  kummen  zur  habung  am  bein.' Würtz  fradj'ca  der 
wundarznei  (1612)  243.  habung  haben,  halt,  anhält  haben:  im 
schusz  entzündele  sich  die  malerie,  und  wann  nun  der  pfeil 
an  etwas  hinfuhr,  wo  er  habung  halle,  so  blieb  er  stecken. 
HEtiEL  schatzkusll.  190. 

2)  das  haben,  besitzen,  stetes  bei  sich  füliren.  Schottel  haubtspr. 
388* :  mhd.  daruinbe  sag  ich,  da;  ich  niht  sin  mag  der  suu 
gutes,  niuwan  ich  habe  daj  selbe  wesen,  daj  da  liAt  der 
sun  gutes,  undc  von  haluinge  des  selben  wesens  werden  wir 
inte  gelich  unde  wir  sehen  in  als  er  got  ist.  deut.^clie  myslikcr 
2,41,5;  weil  er  alzeit  durch  di  stetige  vor  äugen  hab-  und 
Zuneigung  im  gedächlnüsse  und  herzen  liget  seinem  diner 
N.  N.  BuTsciiKY  hd.  kanzeltei  90. 

HACH,  interj.,  ein  grobes  bäurisches  lachen  bezeichnend: 
do  sprnch  sie  (ilie  Ixiiirrndivne)  zu  mir:  »o  narr,  so, 
hach,  biich,  ich  bei  »oin  schir  K*'l"chl, 
hört,  bort,  wie  im  sein  bort  neiir  kracht. 

11.  FoLZ  bei  Ilaupi  8,  512,  63. 

HACHE,  ni.  und  f.,  ein  seil  dem  16.  jaJtrh.  häufiger  erschei- 
nendes worl. 

1)  als  masc.  bezeichnet  es  einen  jungen  menschen,  bursrJien  im 
allgemeinrn:  den  knapheus ,  kiiap,  kuab  oder  sechsisch  ein 
kn.tjih  hei-^il  ein  junger  gad  oder  hach,  oder  den  ..  «ir  cm 
gi'scilcn  hcissen.  Matiiksius  Sar.  13*.  das  wort  steht  mei.\t  in 
firmrlhaßer  Verbindung  mit  adjcctiven:  als  lang  einer  den  scckel 
voller  gclls  hat  und  dapfcr  uusz  gibt ,  und  sonst  noch  eia 


97 


HACHE 


HACHEL  — HACK 


9S 


l 


junger  hagk  darbei  ist,  wirt  er  von  jederman  geliebt  und 
hochgehalten.  Keisersb.  nanenfch.  45';  damals  war  in  der 
aptei  ein  mönch ,  .  .  ein  junger  hach ,  ein  wagherz ,  lustig, 
munter,  wacker,  hurtig.  Garg.  203'; 

du  junger  hach,  gib  her  dein  gut!    H.  Sacbs  2,  3,  44'; 
ist  keiner  hie  der  jungen  hachen, 
der  thu  vom  zug  ein  liedlein  machen? 

ein  Christi,  zug  wider  den  Türken  C3*. 

ein  junger  hach,  feroculus,  audaciüus  Schönsleder  ;  sonst  gehen 
sie  (die  geisllichen)  einher  wie  die  kiiegsleut  und  freien  hachen, 
schämen  sich  des  korhemds  und  der  blatten.  Hctte?«  2, 141 
Bücking;  Philippi  son  der  wunderman ,  welchen  Daniel  ein 
freien  bock  nennet  (wie  man  die  alten  kriegsfürsten  kerl  oder 
freie  hdchen  und  habicht  nennet).  Mathesils  Sar.  85*; 

noch  sind  sie  freie  hachen, 

wer  wils  in  weren  bald?    Uhlahd  volksl.  527,7, 

tcofür  529,  11 : 

noch  sind  sie  freie  knaben, 
trutz  wers  in  weren  tar ! 

und  das.  12 : 

denn  sie  sind  freie  gsellen; 
wenn  ich  ruhig  könnte  lachen 
in  Louischens  weichem  arm, 
ungestört  von  stolzen  hachen, 
unbetäubt  vom  thoreoschwarm. 

Novalis  in  Hoffmanns  findlingen  1,  140. 

man  musz  auch  gesagt  haben  wilder  hache ,  Fischart  hat  das 
compos.  wild-hache  groszm.  60;  kam  umh  all  mein  hab  und 
gut  und  ward  ein  armer  hach.  finkenritter  (1550)  Aiij'; 

ach,  ach,  mich  armen  hachen! 
was  soll  ich  wol  drausz  machen? 

GöRiSG  liebesmeyen-blühmlein  (Ham6. 16Ä)  105; 

der  gut  hach  . .  glaubt  dem  bawren  seiner  wort.  Wicebaji 
roWic.  49  (65  Kurz); 

was  dunkt  euch  nu,  mein  guter  hach, 
ist  euch  zur  pfarr  oochmal  so  gach? 

Andrea  dtis  gute  leben  401 ; 

ie  bin  ich  nicht  ein  alber  hache.  ßieg.  bl.  von  1631,  in  Bech- 
sTEixs  mus.  2,253;  so  packten  diese  groben  hachen  die  beiden 
jungen  fräulein  mit  ihren  tatzen  an.  che  eines  iceibes  94; 

da  lacht  die  unvernunfl,  dasz  ihr  die  luft  entgeht, 
und  spricht  wohl:  hei,  das  ist  ein  lustiger  poet. 
o  allzutheUrer  nahm  für  solche  grobe  hachen, 
kan  dann  ein  fauler  stank  so  bald  poeten  machen? 

Rachel  (1700)  s.  J19; 

Jud.    geschwind  ruft  die  waeJie ! 

PItil.  du  grober  hache!    maulaffe  43. 

Kol  unter  dem  einflusse  der  letzleren  formet  entwickelt  sich  hache 
zu  der  bedeutung  junger,  läppischer,  grober  und  tollkühner 
mensch  M.atthiae  deutsch- lat.  lex.  (1761)  205";  hache,  termc 
injurieux,  cheral  de  carosse  Roxdeac  teutsch- franz.  icb.  (1740) 
274;  an  tollen  lachen  erkennt  man  einen  hachen.  Zehneri 
senlentiae  (1718)  s.  196.  in  Hessen,  irie  überhaupt  in  Mittel- 
deutschland, bedeutet  hache,  hach  einen  habsüchtigen ,  groben 
menschen  Vilnar  idiot.  142;  es  ieird  mehrfach  als  schelte  an- 
geicandt: 

mein  mann,  der  hache  der,  macht  mir  so  manchen  strausz, 
hält,  wenn  er  gsolTen  heft,  als  wie  der  teufel  haus. 

Rachel  (1700)  s.  112; 
miszgeburt!  Zauberer,  mörder  und  drache! 
tvgerthier!  luder  und  rotbart  und  hache! 

HoFniA:«:<swALDAU  (1708)  4,  337. 

2)  zu  diesem  masc.  stellt  sich  ein  selteneres  fem.  hache,  iras 
soviel  u-ie  dirne,  grobes  oder  leichtfertiges  tceib  bezeichnet:  darumb 
schilt  s.  Augustin  auf  die  junge  hachen,  die  ihre  pliist  der 
Jugend  in  aller  Üppigkeit  dem  teufel  opfern  und  dasz  ver- 
dorret machtlosz  spreweralter  unserm  herren  gott  {nach  lustig 
verlebter  jugend  nonnen  irerden).  Garg.  273*;  keule,  ein  hache, 
un  vilain,  une  vilaine  Rädlein  533'.  eine  diminutivbildung  hiervon 
findet  sich  mhd.  für  ein  verschmitztes  «reift,  eine  kupplerin: 
w6,  waj  gröijer  bösheit 
truog  diu  hechel  in  ir! 

V.  D.  [{ags?(  gcf.  abcnt.  1,  194,  39. 

hache  kann  nicht,  vrie  dies:  Frisch  und  Schmeller  {wol  unter 
anlehnung  an  die  oben  angeführte  stelle  aus  Mathesics)  ausge- 
sprochen haben,  ah  eine  Verkürzung  von  habich  gefaszl  irerden, 
bereits  in  ohd.  zeit  findet  sieh  das  masc.  hacho  als  eigenname  in 
etwas  schwankender  form:  Hahho,  Hahcho.  Hecho,  Heccho, 
Hecko  Förstema^s  1,  575,  mit  den  diminutirbildungen  Hachili, 
Hachüin  rfa.«.  und  Hachiho .  Haghico  579,  m/irf.  Hache  vater 
des  Eckeharl,  Biterolf  und  Ditleib  10243  «.  ö.;  das  ahd.  fem. 
IV.  II. 


würde  hachä  lauten,  ist  indes  auch  als  eigenname  nicht  bezeugt 
{wenn  es  nicht  in  Hagga  Förstem.  1, 575  steckt).  Die  genaue 
ursprüngliche  bedeutung  des  Wortes  aufzudecken,  fällt  schwer,  viel- 
leicht würde  man  nach  dem  was  unten  unter  hacken  iiber  das 
schwanken  der  die  wurzel  schlieszenden  gutluralis  gesagt  wird,  es 
mit  diesem  verbum  zu  vermitteln  haben,  insofern  hacken  auch 
das  schlagen  und  kämpfen  gegen  den  feind  bedeutet,  dasz  im 
schweizer,  hagg,  haagg,  hak  gauner,  schalk,  chicaneur  bedeutet 
(Stalder  2, 10),  äeht,  wenn  diesz  wort  überhaupt  her  gehört,  nicht 
entgegen,  der  Übergang  des  einen  begriffs  in  den  andern  ist  nicht 
unerhört  {rergl.  fechter  3, 1390.  1391). 

H.\CHEL.  f  granne,  bart  der  ähre:  hachein  ariäae  Neulich. 
vergl.  achel  1,  162,  von  dem  bachel  eine  nebenform  mit  vorge- 
tretenem h  ist. 

HACHEN,  rer&.  sich  wie  ein  hache  gebärden : 

die  milchmäuler  gewaltig  hachten, 
wollen  sich  hoch  herfür  prachten. 

Castenbof  plutalogus  conjugalis  13. 

in  Hessen   bedeutet   hachen   gierig   sein,   sich  habsüchtig  zeigen. 

ViLMAR  idiot.  143. 

HACHIG,  od;.,  trie  ein  hache;  in  den  mundarten  gewöhnlich 
habgierig.  Vilmar  142. 

HACHSE,  s.  hechse. 

HACHT,  m.  nebenform  von  hache  mit  angetretenem  t:  nie- 
raalen  sind  die  bauern  fleisziger  als  wann  man  in  die  kirche 
und  zum  gottesdienst  gehen  soll,  . . .  dasz  gott  und  der  Seel- 
sorger dieweil  wo!  warten  können,  bisz  der  hacht  fertig  ist. 
baurenst.  laslerpr.  70;  bei  solchen  unbesonnenen  hachten.  112; 

wer  ist  der  uns  disz  liedlein  macht, 

röslein  auf  der  beiden? 

das  bat  getan  ein  junger  hacht, 

als  er  von  ir  wolt  scheiden.    ÜBLAni»  volksl.  113; 

da  es  ist  kein  rechtschaffner  hacht, 

der  nicht  ausz  einer  stolzen  pracht, 

mit  fluchen  und  mit  hartem  schwem 

könt  alle  seine  wort  bewehrn.    R.  Ringwals  f.  ip.  89; 

das  ist  manch  stolzem  hachten 

ein  harte  schwere  busz.     Schadk  handwerksl.  66. 

HACHT,  «i.  zusammengezogene  form  at/j  habicht.  Sch».  2,148: 

kein  hacht  es  {das  täublein)  stöszt,   kein   hagel  soll  es  morden. 

V.  Birken  376. 

HACHT,  f,  niederfränkische  form  für  haft  gefängnis ;  den 
namen  führte  vorzugsweise  ein  getrahrsam  zu  KOln:  besser  in 
der  acht  dann  in  der  hacht.  S.  Fraxr  spncAir.  (1541)  7';  diese 
hoffnung  bringet  solche  verwegene  gesellen  endlich  in  die 
cöllnische  hacht ,  nicht  weit  vom  thumb  gelegen ,  darinnen 
sie  endlich  sicher,  aber  zu  spat  lernen,  was  die  Sparsamkeit 
vor  ein  groszes  einkommen  seje.  Scbcppics  530. 

H.\CHTEREI,  f.  gebaren  als  hacht,  stolzes  und  grobes  betragen: 

der  bauren  hachterei  ist  allzuwol  bekandt. 

baurenst.  tasterp.  68. 

HACK,  m.  I)  ictus,  scfdag,  handlung  des  haekens ;  so  nament- 
lich im  Osterlande:  auf  einen  einzigen  hack  flog  das  scheit 
holz  aus  einander,  in  Ostpreuszen  hacks:  einen  hacks  weg- 
haben. Frischbier  spr.  1433. 

2)  auch  das  product  des  haekens,  was  klein  gehackt  ist;  diese 
bedeutung  hat  das  wort  namentlidi  in  der  reimenden  formel  hack 
und  mack,  welche  eigentlich  das  klein  gehackte  und  durch  ein- 
ander gemengte,  dalier  vertrirrung  überhaupt,  etwas  venrirrles 
bezeichnet;  mack  und  mengen  stehen  hinsichtlich  ihres  consonanten- 
verhältnisses  zu  einander  wie  ags.  feccan  arcessere  zu  fangan, 
und  wie  das  düringische  fackeball  zu  sonstigem  fangeball  {vergl. 
facken  3, 1229) :  mancher  guter  ehrlicher  alter  teutscher  mann 
. .  höret  mit  Verwunderung  die  heutigen  gespräch  und  tisch- 
reden  an  und  weisz  oft  die  hälfte  nicht  was  die  leute  reden, 
ob  es  rolhwelsch,  hoch-  oder  niderteutsch,  und  was  für  ein 
hak  und  mak  sie  untereinander  machen.  Simpl.  4,463  Kurz; 
was  ist  anders  der  bauren  gerechtigkeit  als  ein  confusum 
chaos  oder  zusammen  geschmolzenes  hack  und  mack.  batiren.^t. 
laslerpr.  120;  in  der  Altmark  hack  un  mack  Dax>eu.  72";  Giebel- 
badsex liesz  1865  eine  schrifl  in  Mansfelder  mundart :  nischt  wie 
lauf  er  hack  un  mack,  alles  dorch  enanner  dorch  erscheinen. 
Birger  verwendet  die  formel  für  ein  zusammengeirürfeltes  puhlirum : 

verbreite  du  vor  hack  und  mack 

den  duft  der  besten  thaten! 

kaum  wird  ttaxt  Schnick  und  kaum  herr  Schnack 

ihn  merken  und  vcrrathen.  64'; 

das  heiszt  in  der  Altmaik  hack  nn  pack  Daü^eil  72';  wie  hack 
so  pack.  Frischbier  spr.  1431.    s.  unten  backemack. 

7 


99 


HACKBALKEN  — HACKE 


HACKE 


100 


IIACKBALKEN,  »n.  der  oberste  halken  am  hinlertlieil  des  schijfes, 
worauf  der  liackbord  ruht.     vgl.  hacke  1,  b. 

HACKBANK,  f.  buuk  in  der  küclic  zum  zerhacken  des  fleL<clies : 
mcnsa  coqtiinaria  hackbank  Fuiscuu.ii  iionicnd.  39?',  Uuck-  udcr 
haubank  Srii^LEa  93; 

mhd.  mit  kiichenvarwem  velle 
was  er  üf  einer  hackebanc 
die  naht  ünc  der  koche  danc 
gelegen.  Wolfram  W'itlch.  201,  25. 

HACKBEIL,  »1.  ein  kleines  beil  mil  einem  heim  oder  stiele, 
fleisch  und  gemüse  in  den  kächen  damit  zu  zerhacken.  Jacobsson 
ledinol.  üb.  2, 1S3';  liackebeil  causenmachcr  18. 

HACKBLOCK,  »i.  block  zum  kleinhaclicn  von  Icbensmitleln. 
Fniscn  1,  391'.  als  neutr. :  ein  starkes  hackcblock.  harlequins 
hochzeil-  und  kindlaufenschmaus  (Freywald  1735)  s.  11. 

HACKBHET,  ii.  1)  brel  zum  zerhacken  von  speisen.  Fmscii 
1,391';  hackbret  dar  uff  man  backt,  mensula,  densula.  voc. 
ine.  theut.  h  8*. 

2)  wegen  der  ähnlichkcit  der  form  ist  ein  musikalisches  instru- 
menl  so  genantit,  über  dessen  viereckiger  fläche  dralilscilcn  auf 
doppelten  siegen  stehen ,  die  mil  holzschldgeln  gerührt  werden  : 
hackbret  sambuca  Diefend.  509',  mnl.  backberd,  hackeberd; 
der  instrumentalwurm  ist  derjenige  ,  so  auf  lauten,  harpfcn, 
geigen,  bassgeigen,  cornelten,  bossaunen,  trompeten,  pfeifen, 
Schalmeien,  sackpfcifen ,  cytharen  und  lyren,  auch  auf  dem 
hackbret  so  artiglich  quiiikelircn  kan ,  dasz  nicht  allein  die 
äugen  den  bänden  zuzusehen,  sondern  aucii  die  obren  dem 
gekISng  zuzuhören  keine  genügsame  kräfte  haben,  allerh. 
seltz.  würmc  43;  stäubte  ein  altes  hackbrett  eilig  ab.  J.Paul 
flegelj.  2, 30 ;  sie  {die  prinzessin)  rciscte  noch  abends  in  ihr 
erheirathetes  land,  das  künftige  hackbret  ihres  zepters.  Hesp. 
1,  207,  das  land  ist  als  musikalisches  instnivient  gedacht,  es  lünl 
belebt  unter  der  berührung  ihres  herscherstuhcs ;  wo  bist,  ruft 
einer  aus  den  kesseln,  wo  bist  hackbrett  mil  deinen  messern? 
mache  auf,  wir  tanzen,  kaum  hat  das  hackbrett  zu  spielen 
angehebt,  siehe,  gleich  alle  kessel,  bäfen  und  pfannen  springen 
von  dem  herd  herunter  und  tanzen  gutes  nuithcs  in  der 
kuchen  herum.  Abh.  a  S.  Clara  etwas  für  alle  (I7lt)  3,  451, 
hier  werden  die  bedeulungen  1  und  2  witzig  durch  einander  ge- 
worfen ; 

letzlich  so  will  ich  das  hackebrett  schlagen 
welches  ich  habe  zur  band. 

GüRmc  liebesmeyen-bliihmlein  {1054)  s.  27; 

ha,  wie  schön  das  hackbret  summt, 
und  der  alte  brummbass  brummt!    Voss. 

djwi.  hackbretlein :  während  des  Wiederkauens  (der  ziegcn  auf 
dem  Helikon)  wurden  denn  nun  nothfälle  der  verschiedensten 
art  in  barmherzige  erwägung  gezogen,  als  z.  b.  .  .  ob  man 
nicht  einer  erlahmten  und  ersturamten  grille  eine  art  hack- 
brettlcin  aus  blättchen  und  dürnchen  zurichten  lassen  könne. 
Immeriiann  Münchh.  2,  78. 

•  HACKBRETEN,  verb.  das  hackbret  spielen:  aber  zletzt  ist 
mir  genug  gehackbrelet  worden  {hatte  ich  am  hackbretspiclen 
genug),  und  heute  hat  mir  meine  frau  drausen  auch  gehack- 
brelet {bildlich,  gescholten),  arme  viann  im  Tockcnb.  264. 

HACKBHETnÖl.ZCHE.N,  n.  hOlzchcn  zum  schlagen  des  hack- 
brets :  iiackbrättbültzle  plcclrum,  jxcten  Maaler  204'. 

HACKBRET-SCHLAGER,  m.  der  das  hackbret  schlägt:  sie 
tspreitzen  und  werfen  die  (inger  von  einander  wie  ein  hack- 
bretschlager.  Keisersuerc  bei  Frisch  1,  391'. 

HACKBKETTÄNZER,  »I.  tänzer  nach  den  klängen  des  hack- 
brets:  disz  binderviertheil  vom  hasen  ..  wie  düiT  die  ars- 
backcn  scheinen,  sind  gut  für  die  patengrämischc  backprett- 
dänzcr.  Garg.  241*. 

HACKE,  f.  mhd.  hacke  (BEfc.  1,  007'),  engl.  back,  das  worl 
steht  zu  dem  verbum  hacken  wie  das  Substantiv  baue  zu  bauen 
(engl,  hack  zu  ags.  haccau  wie  hoe  haue  zu  ags.  heävau)  und 
Itvmmt  in  zwei  hauplbedeutungen  vor. 

1,  a)  e»  bezeichnet  das  insirument  zum  hacken ;  IheUweise  schwankt 
da»  geschlcciit  in  das  männliche  itber:  grabstickel,  ein  hacken, 
ein  karst,  bidens  HE<tiscti  1719;  hacken  securis  voc.  inr.  Uieut. 
hS;  tarculum,  liyo  hawc,  hacken  l'Risciu.if«  nomencl.  372". 
backe  und  karst  sind  in  der  bedeutung  nicht  immer  scharf  ge- 
uhifdrn,  bcidv  uiirtrr  werden  in  einigen  grgenden  gleicliwerlig  neben 
einander  gebraucht,  in  andern  ersetzt  ein  wort  das  andere,  s.  karnt 
5,231,  wahrend  fuiisi  der  karst  von  der  backe  sich  dadurch 
untrr*cheidel,  das:  seine  hackflUrJie  in  zwei  zdhne  oder  zinken  ge- 
tpaUen  ist:  teilet  »ie  mit  segcn  und  eisern  hacken  und  keilen. 


Ichron.  21,3;  wenn  sie  mit  ihren  Scharreisen,  gestielten 
messerklingen,  rechen,  kleinen  spaten  und  hacken  und  wedel- 
artigen besen  einheigezogen  ..  kamen.  Göthe  17,178;  (zim- 
mer,  gängc,  wände)  alles  das  vor  der  hacke  des  inaurers,  vor 
dem  heile  des  Zimmermanns  fallen  zu  sehen.  24, 20 ;  zog 
mann  und  mädchen  aus  mit  kärsteu  und  hacken  hinter  die 
erdäpfcl  her.  Gotthelk  5, 157 ; 

Wallrafr  nur  fasst  den  entschlusz,  seine  bäume  zu  behauen, 
und  weit  emsiger  aU  sonst,  das  beraubte  feld  zu  hauen, 
grcill  zur  uächsten  axt  und  hacke,  schneidet,  pilöckct,  kürzt 
und  bricht.    Hagedohn  2,  15; 
mil  hacke,  karst  und  spaten  ward 
der  Weinberg  imi  und  um  gescharrt.    Bürger  77". 

redensarten:  von  der  alten  hacke  reden,  ton  alten  unnützen 
dingen  plaudern.  Fiiiscii  l,39l';  er  lebt  noch  nach  der  alten 
hacken,  nach  der  alten  siltc.  Scumeller  2,148;  auf  die  alte 
hacke!  schles.  trinhpruch.  Weimiold  wb.  32';  eine  hacke  eine 
hacke  nennen,  ein  ding  beim  richtigen  namcn:  es  sind  deren 
etliche  gewesen,  so  in  ihren  aufscblagbüchern  dergleichen 
natürliche  Wörter  als  ein  groszes  ärgernüsz  vermieden  . . 
allein  sind  auch  deren  eine  ziemliche  anzahl  vorhanden, 
welche  wie  man  sagt,  eine  hacke  eine  backe  genennet.  Stie- 
i.ER  vorrede;  schmeisz  die  hacke  nicht  zu  weit  naus  {mache 
nicht  zu  groszc  plane).  Peter  volksthüml.  aus  österr.  Schlesien  1, 
448;  hack  im  stiel  sein,  vollkommeu  gesund  und  tüchtig:  er 
ist  nicht  hack  im  stiel  (nicht  recht  wohl).  Friscuuier  spr. 
1430;  der  hacke  einen  stiel  finden,  sibi  consilium  capere,  in 
ordinem  aliquid  redigere,  rationcm,  viam,  modum  rei  faciendae 
excoyitare,  providerc ,  prospicerc  sibi.  Stieleh  732;  die  berren 
von  Nürnberg  könfen  dieser  hacke  bald  einen  stiel  finden, 
wenn*sie  einige  solche  personen  braf  abstrafeten.  Dariienmme 
reisebeschr.  63;  ich  will  aber  der  hacke  bald  einen  stiel  finden 
und  dich  deiner  worte  halber  verklagen.  275;  hört,  vater, 
der  hacke  will  ich  auch  noch  einen  stiel  finden.  Vehnaleken 
österr.  kinderm.2;  dafür  sagte  7nan  auch  die  hacke  anhelmen, 
ihr  einen  griff  oder  stiel  machen,     s.  a.\lhelui  1,1047: 

bald  sei  sie  Jason  haben  bei  ihr, 

die  hack  hab  ich  angchelmet  schon.     Atrkr  244'. 

die  hacke  unterstellen ,  in  der  Wellerau  auf  einem  wege  zum 
ausruhen  und  trinken  ruhen :  er  stellt  fast  bei  jedem  wirths- 
haus  die  hacke  unter. 

Die  romanischen  sprachen  haben  in  der  bedeutung  1,  a  schon 
früh  dem  deutschen  entlehnt  das  franz.  hache,  span.  hacba, 
ilal.  accia. 

b)  in  mitteldeutschen  gegenden  bezeichnet  hacke  den  hintersten 
theil  des  fuszcs,  wofür  die  benennung  ferse  der  spräche  des  Vol- 
kes ungewöhnlich  ist;  ebenso  niederd.  hacke,  hacken  (Danneil), 
»in/,  hak;  schon  aus  dem  12.  jahrh.  findet  sich  die  glosse  haken 
cakes  Gräfk  4,  7C3.  es  ist  der  theil  des  fuszes,  der  die  erde 
hackt,  schlägt,  und  backe  steht  in  demselben  Verhältnis  zu  hacken 
wie  lat.  calx  zu  calcaie;  das  altnord.  \\x\\,  ags.  hSl,  engl,  heel 
ferse  haben  sich  aus  derselben  anschauung  heraus  gebildet,  da  sie 
detn  lat.  cal-c-are  verwandt  sind.  —  Das  geschlecJit  schwatikt, 
wie  oben  l,a,  auch  hier,  neben  dem  fem.  findet  sich  ein  wenig 
gebräuchliches  masc.  hacken :  in  .N'iedersachsen  heiszt  die  ferse 
des  fuszes  hacke  oder  hacken.  Jacoiisson  technol.  wb.  2,183; 
spuren  unbeschubeter  füsze,  von  denen  fünf  wohlgebildete 
zehen  und  der  runde  hacken  dem  sande  eingedrückt  sind. 
Kestner  röm.  studien  103;  schon  in  einem  xylographischen  ring- 
budte  des  15.  jahrh.:  wen  er  {der  gegner)  sich  aufriebt,  so  du 
in  in  dcui  backen  hast,  so  iiini  das  stuck  das  haiszt  die  halb 
huft  und  ist  ain  rechtz  kauijifstuck.  Sirapeum  5,  34. 

Eine  anzalil  von  redeu.'tarten  setzen  sich  an  dieses  hacke  an : 
von  den  backon  bis  zum  nacken,  wie  sonst  vom  scbeitcl  bis 
ziu'  zehe  (z.  b.  in  der  Altmark,  Dannem.  72') ;  die  hacke  zeigen 
oder  weisen ,  fliehen ,  wie  man  sonst  sagt  die  ferse  weisen 
(3,  I5M),  mit  etwas  anderm  verbalen  ausdrncl^: 

dünn  wandt'  icli  eilig  ihr  die  llüi-liigon  hacken. 

HoNAVKWT.    125; 

einem  auf  der  hacke  sein,  proxime  aliquem  insequi,  observare 
aliqnem,  ve.^ligia  alicujus  per.sequi.  Stieleh  732;  hier  hat  sich 
die  saciie  mit  den  Studien  . .  etwas  verändert  und  ich  bin 
ilzo  den  Europäern  ziemlich  auf  den  hacken.  Claudius  5,58; 
ich  glaube  der  leufel  hat  sein  spiel,  dasz  mir  die  kuinödie 
immer  auf  den  hacken  bleibt.  Lessing  12,  251 ; 

die  uingczugnn.  .sagt  ein  grrk,  liiili  auf  dir  ehr, 
indes  er  Rtets  der  Ireion  anl  doii  harkrti  liegt. 

WmifiitKK;«!*  filirrMhilftiii  (t7<(0)  ü.  22: 


lul 


HACKE  — HÄCKEL 


HÄCKEL  —  HACKEMACK 


102 


"emnnd  auf  die  hacken  treten,  jemandem  auf  den  hacken 
"sitzen ,  ihn  antreiben ,  eigentlich  zum  ronrdrtssehreiten  nötigen. 
*  im  Anhaltschcn  sagt  man  du  must  dem  kerle  auf  die  hacke 
gehen,  Uim  sdiarf  zusetzen ;  in  der  Altmark  töfl  ik  will  di 
hacken  maoken  Dasseil,  sonst  heiszl  es  einem  heine  machen, 
ihn  eilen  lassen  (I,  1323);  in  Iheilen  ron  Mitteldeutschland  lebt 
nimm  die  hacken  in  die  hand,  sjw/e  dich;  vor  dem  gewöhn- 
lichem nimm  die  heine  in  die  halJJ  hol  das  den  rorzug  der 
alUlleration,  die  der  formet  gröszere  trirkitng  verleiht,  dem  rosse 
setzt  man  die  hacken  in  die  seile,  treibt  es  durch  hackenscldage 
an,  gebräuchlicher  ist  allerdings  die  sporen  geben:  dem  pfeide 
die  hacken  in  die  seile  setzen.  Harnisch  233;  dem  esel  die 
hacken  in  rümpf  gehen.  192. 

c)  den  namen  liacke  überträgt  man  von  dem  hintersten  theile 
des  fuszes  auch  auf  den  diesen  umschlieszenden  thäl  eines  kleidungs- 
stüdces:  hacke  im  strumpfe  heiszt  bei  dem  frauenzimmer  im 
stricken  der  unterste  hinterlheil  des  strumpfes ,  worein  die 
ferse  vorn  fusze  zu  sitzen  kömmt,  frauenz.-lex.  (tT73)  12G6; 
die  hacke  des  schuhes  oder  sliefels  tcird  der  absatz  desselben 
genannt;  frauen  tragen  hackenschuhe,  hackenstiefelchen,  solche 
mil  absätzen. 

d)  bei  den  fahnensehmiden  ßhrt  die  kniebeuge  an  den  Mnter- 
füszen  der  pferde,  u-elche  eigenUieh  aus  sechs  knochen  bestellt,  den 
namai  hacke,  ädelcxc. 

e)  bildlich  spricht  auch  der  schiffer  von  der  hacke,  dem  hin- 
tersten theile,  seines  fahrzeugs ,  seines  Steuerruders  (holljnd.  hak 
van't  roer)  «.  s.  tr.     vgl.  hackbalken. 

2)  hacke  drückt  aber  auch,  als  ein  gebräuchliches  tcort  der 
feldarbeiter  und  urinzer,  die  Verrichtung  des  hackens  und  die  zeit 
da  diesz  geschieht,  aus.  so  hört  man  um  Halle  a.S.  häufig:  wo 
sind  deine  kinder?  'sie  sind  auf  der  kartoffelhacke';  wir  wol- 
len auf  die  hacke  gehen,  ins  feld  zum  hacken;  es  ist  jetzt 
kartoffelhacke,  sagte  ein  baiier  im  Osterlande,  da  gibts  viel  zu 
thun,  er  meinte  die  zeit  des  kartoffclliackens ;  zu  hrochacke  {soll 
man  geben)  ein  weissen  brot  an  den  acker  und  einen  sweig- 
kese,  und  zu  niracke  also  vil.  u-eisth.  1,  69S.  hrochacke  für 
broch  hacke  bezeichnet  die  zeit,  tro  das  brach  feld  umgerissen  oder 
gehackt,  ruracke  für  ruorhacke  die  zeit,  ico  das  gerissene  brack- 
feld  noch  einmal  gerührt,  d.  h.  der  quere  nach  überfahren  und 
gerissen  wird,  so  vird  namentlich  auch  beim  Weinbauer  hacke 
gebrauciil :  hacke  ist  eine  arbeit,  so  der  winzcr  in  dem  ihme 
anvertrauten  Weinberg  zu  drei  unterschiedenen  mahlen  des 
Jahres  vorzunehmen,  und  jedesmal  das  erdreich  mit  der  wein- 
hacke oder  weinhaue  zu  brechen  . .  hat.  öcon.  lex.  S9ö.  ron 
der  zeit  dieser  arbeit :  in  der  boyge  {wenn  die  weinbögen  im 
april  gebunden  werden,  s.  böge  S.  2,  219)  gab  man  einen  12  pf., 
einem  manne,  der  do  pfclc  stackte,  is  d.,  item  in  der  hacke 
ouch  18  pfenge.  Stolle  chron.  1S4;  die  andere  hacke  fallt 
kurz  vor  der  bliilhe  {der  weinstöcke)  oder  bald  hernach  . . 
und  es  wird  hiehei  alles  wie  hei  der  ersten  hacke  beobach- 
tet. Jacobsson  technol.  wb.  2, 1S3*. 

H.\CKEFLE1SCH,  n.  fleisc/i  durch  das  hackemesser  gewiegt. 

HACKERLOTZ ,  m.  klotz  zum  hacken  von  holz  oder  fleisch, 
für  diese  form  aucJi  backelklotz  caudex  fartorius  Trochls  RT, 
uelclies  sich  unmittelliar  zu  häckeln  {sp.  102)  stellt. 

HACREL,  «.  in  Oesteneich  eine  kleine  handaxt.  Jacobsson 
technol.  wb.  6, 6' ;  im  Kärntnischen  hackcl  Lesfr  130. 

HÄCREL,  m.  dasselbe  was  hacker,  hauer,  holdtauer:  darnach 
öffent  man  euch,  dasz  die  häckel  ain  laufer  haben  sullen 
von  der  hueb  zu  Chrauntal ,  und  sol  ieder  eltist  häckel  in 
der  Stift  sein  bei  meiner  frawen.  wei4h.  3,  722  {aus  Tirol).  — 
Auch  der  bäume  behackende  specht  heiszt  im  bair.  baumhückel 
ScHMELLER  2,  HO  {sousl  baumhackcr).  zu  diesem  häckel  stellt  sich 
ganz  das  mundarlliclie  englische  ecklc,  a  woodpecker  Halliwell  329'. 

HÄCREL,  HACREL,  adj.  u.  adv.  zart,  wählerisch,  delicat, 
dasselbe  was  ekel  c,  3,  397 :  zu  dem  dunkt  mich,  dieser  jung 
sei  ehrlicher  leule  kind  und  viel  zu  häckel  auferzogen  wor- 
den, einem  realer  seine  pferd  zu  versehen.  Sini/-/.  3, 15  Kurz; 

und  jetzt  ist  auch  die  weh 
umb  viel  viel  backeier,  als  jener  zeit,  gestellt. 

ScBBRFFER  grooianus,  vorrede; 

SriELER  730  gewährt  die  form  hekel,  auch  hechel  findet  sich, 
mit  Vertretung  der  gutturaltenuis  durch  ch :  ich  bin  zwar  . . 
meine  tage  niemal  so  hechel  gewesen ,  einem  guten  kerle 
eine  fahrt  abzuschlagen.  Simpl.  3,  71  Kurs,  das  ist  eine  streng 
oberdeutsche  form  des  sonst  ursprünglich  mehr  nieder-  und  mittel- 
deutschen gegenden  angehangen  wortes,  die  durch  das  vcrbum  echelen 
nauseare  (DiEFE?iB.  376')  bestätigt  wird. 


Das  wori  hat  bereits  3,  394  besprechung  gefunden,  nur  ward 
dort  zur  vergleichung  nichl  heran  gezogen  das  ags.  acol  exterri- 
tus,  paridus ,  acoi-mod  pavidus  animo  Greis  1,  f.  trenn  nun 
RiLiAS  die  form  ackel,  eckel  nausea  gewährt,  so  darf  diesz  zu- 
nächst mit  jenem  ags.  adjectic  verglichen  werden ,  und  es  wäre 
hiernach  für  unser  adj.  und  siJ}st.  ekel,  das  zudem  in  der  Schrei- 
bung eckel  für  die  ersten  Zeiten  seines  Vorkommens  übenciegl  und 
vorerst  nur  in  mitteldeutschen  gegenden  gebräuchlich  ersdieinl,  ur- 
sprüngliclie  kürze  des  vocals  anzunehmen,  das  schwed.  eckel,  dän. 
ekkel,  kann  aus  dem  deutschen  erborgt  sein,  die  form  häckel 
trörrfe  sich  zu  dem  subst.  und  adj.  eckel ,  ekel  nur  verhalten 
wie  hachel  arista  zu  achel,  ahd.  ahil,  wie  das  schweizer,  beigen 
SU  ahd.  eigan  oder  wie  heischen  zu  mhd.  eischen,  den  über 
gang  ron  der  bedeidung  erschreckt,  zaghaft,  in  die  zart,  ekel,  an 
sich  nichl  unnatürlich,  kann  das  kärntnische  näher  bestätigen,  hier 
bedeutet  käggel  bedcnklicltkeit ,  zaudern,  ekel,  wählerisches  unter- 
suchen. Le.xer  136.  —  Auch  das  später  aufzuführende  adj.  heikel 
wird  von  häckel  und  ekel  nicht  zu  trennen  sein,  sei  es,  dasz 
hinsidälich  des  vocals  Übergang  aus  der  a-  in  die  i-reihe  stattge- 
funden hat,  wie  lehre  golh.  laiseins  zu  lesen,  golh.  lisan  las 
gehört,  und  wie  meinen  sich  mit  golh.  ga-man,  munan  berührt, 
oder  dasz  ein  umlautwirkendes  i  aus  der  zweiten  in  die  erste  silbe 
mit  eingedrungen  ist,  woßir  es  manche  beispiele  gilt,  ahd.  inveir- 
fande  aduUerantes  ßr  arwarljande  (Graff  1,  95S),  eigeslihhi 
für  egislihhi  (1, 104) ,  meinnisco  für  mennisco  (2,  753) ,  alt- 
niederfränk.  einde  für  endi  ps.  60,  3 ,  heinde  für  hendi  62,  5. 
nt;c/i  maszgabe  der  letzteren  fälle  liesze  sich  heikel  aus  allem 
hakil,  heckel  deuten,  und  jenem  ags.  acol  müszte  ein  nicder- 
und  miltddeutsches  akil,  ekil  zur  seile  gestanden  haben.  —  In 
vcr.<!dttedenen  mundartcn  gehen  häckel  und  heikel  neben  einan- 
der: henneb.  häklich ,  haiklich,  haikel,  schwäb.  heikel  uttd 
häckel,  schles.  haikel,  haekel,  häkel.  From».  2,  514. 

HÄCRELN .  verb.  klein  hacken :  fleisch  zu  wursten  häckeln. 
AiERBACH  dorfgesch.  2, 392.  vgl  einhäckeln  3, 194.  —  häckeln 
für  häkeln,  s.  d.  letztere. 

HACRELWERR,  n.  umzäunung  eines  grundstückes  oder  ge- 
höpes:  sepimentum  virgulteum  sive  spineum  hakelwerk  Ciiytraecs 
nomencl.  lat.-sax.  cap.  9  a.  e.;  in  Ostfriesland  hakelwark 
Stürexb.  80 ;  es  ist  der  lebendige,  durch  behacktes  buschwerk  ge- 
bildete zäun,  vgl.  hag  und  hecke :  sei  gung  eines  dags  gegen 
abend  in  den  gören  up  un  dal  in  den  schallen  von  dat  hoge 
hakelwerk.  Relter  oll.  kam.  4,110;  wenn  der  sagen  wollt,  die 
sünn  is  aufgegangen,  denn  sagt  er  Aurora  schaut  schon  über 
das  hakelwerk.  95.  der  name  ist  auch  ausgedehnt  auf  ein  kleineres 
mit  einem  solchen  hackelwerk  umgdfenes  gut,  Hwa  ein  Vorwerk  im 
gegensatz  zu  einem  durch  mauern  befestigten  schlösse,  aber  diese 
begn/fserweiterung  scheint  nur  in  Preuszen  und  den  deutschen  Ost- 
seeprovinzen  zu  gellen,  so  schon  bei  Jeroschin  und  in  der  livländ. 
Chronik  hachelwerk  mit  streng  oberdeutscher  form ,  s.  mhd.  wb. 
3,  5S9;  das  schlosz  mit  dem  hackelwerk  und  umliegenden 
dürfern  brannten  sie  in  den  grund.  Hen.neberg  3S9 ;  brauten 
das  hakelwerk  ganz  ab.  Schitz  Preuszen  71;  das  hakelwerk 
und  die  hofstad  des  schlösse«.  203;  zu  den  leufen,  die  auf 
dem  hakelwerk  wohnen.  211;  es  ist  darbei  (bei  der  festung) 
ein  hackelwerk  von  Russen  bewohnet,  pers.  reisebeschr.  l,  4 ; 
wir  wurden  auf  jenseit  der  Stadt  im  hackelwerk  eingelegel. 
daselbst. 

HACREMACR,  n.  gdiackles  und  durch  einander  gemengtes,  vie 
hack  und  mack  {sp.  9S);  es  ut  bildliche  bezeichnung  1)  für  aUer- 
hami  durcheinander  liegende  wertlose  dinge: 

es  schleppten  mich  {die  perlenmusdicl)  die  widerwärtgen  Juden, 

die  scbacherjudeli,  um  in  ihrem  sacke, 

worein  sie  allen  tausendscborel  luden, 

und  steckten  unterm  andern  hackemacke 

mich  noch  zu  unterst  als  das  allerscblecbtste.     Rcckkrt  ISS; 

haggamagga  als  durch  einander.  Ece  schutzrede  kindi.  Unschuld 
(1540)  Rj';  auch  ßr  verwirrte  rede,  getcäsch: 

verhütt,  dasz  nicht  machst  hackgemack. 

Calagii's  Susanna  D4^ 

dann  2)  ßir  allerhand  pöbel,  zusa.nmengdaufenes  gesindel: 

lasz  rüsten  sich  zur  ewigkeit  das  hackemack, 
sie  müssen  räumen  das  "quartier  mit  sack  und  pack. 

TiECK  1,  246. 

so  wird  es  auch  im  Göttingischen  gebraucht;  aber  die  Verbindung 
hackemack  un  fegesack  oder  stöwesack  (Scoambacb  71*)  be- 
weist, wie  nodi  im  bintergrunde  die  bedcutung  1  steht:  man  denkt 
an  einen  sack  den  man  ausfe^  oder  ausstaubt ,  wobei  aUerhand 
kleiner  plunder  herausfällt. 

7* 


103 


HACKEMESSER  —  HACKEN 


HACKEN 


104 


HACKEMESSER,  HACKMESSER,  ti.  culler  incUorius.  Stielkr 
1252,  Stei.nbach  2,  59.  waid-  i.  liackniesser  artamus  Diefenb. 
51".  deni  fteischer  ist  es  ein  breites  beildlinliches  messer,  Jianient- 
lich  wurst/leisch  zu  hacken;  auch  der  gärtner  braucht  es  zum 
behauen  der  bäume  und  äste.  Jacobsso.n  C,  6*. 

HACKEN,  rerb.  ferire,  concidere,  pastinare,  ahd.  kakjan  (Graff 
4,  702),  mhd.  hacken,  ags.  haccan,  altfries.  hakia.  dasz  bocken 
sowol  me  bauen  auf  eine  vollere  verbalform  zurückzuführen  ist, 
die  am  Schlüsse  der  deutschen  wurzel  sowol  labialis  wie  yultura- 
lis  aufwies,  und  von  der  das  eine  rerbum  jene,  das  andere  diese 
rettete,  ist  in  der  abhandlung  i.  Grimms  itbcr  diplUhongen  nach 
weggefallenem  consonanlen  (kleine  Schriften  3,  ll'J)  dargelegt  wor- 
den, die  goth.  form  des  worlcs  fehlt  uns,  das  altnord.  büggva 
dagegen  aus  früherem  baggvan,  bagvaii  weist  beide  lautgallungen 
auf.  während  aUsächs.  bawan,  ahd.  bawan  houwan  die  gtilluralis 
einbüszten ,  rettete  sich  die  lelztere  bei  Untergang  der  labialis 
in  ver'sdiiedenen  bildungen,  und  wie  ags.  big  heu  zu  lieävan 
hauen  steht,  so  wird  zunächst  bag  und  bagcl  von  bauen  nicht 
zu  trennen  sein ,  worüber  unter  diesen  worlen  mehr,  in  andern 
bildungen  aus  die.<ter  wurzel  hat  sich  aber  die  gutturalis,  wol  un- 
ter dem  einflusse  ihrer  doppelten  Stellung,  nicht  als  media  gehal- 
len, sondern  ist  in  die  tenuis  übergegangen,  wofür  in  streng  obcr- 
deulsclten  gegenden  auch  sogar  die  gulturalaspirala  cb  platz  griff. 
so  erklärt  sicii  backen ,  liackelwcrk  neben  bacbelwerk ,  baclie, 
wofür  Keisebsberg  bagk  schreibt ;  neben  liäcksel  erscheint  noch 
spät  die  Schreibung  becbsel.  rücksichllich  dieses  Schwankens  in 
der  gutturalis  vergleiche  man  rücken  mit  ursprünglicher  doppeller 
yuUuralmedia  (alis.  bruggi),  wofür  nach  der  Verschiedenheit  der  denk- 
mäler  ahd.  ruggi,  brucki,  ruke,  mhd.  rugge  und  rucke  erscheint, 
die  aspirata  tiilt  hervor  in  ahd.  rucbilingun  rücklings  (Graff  4, 
1140),  ferner  die  Verschiedenheit  des  auslaules  in  ahd.  quek  (vivus), 
wofür  auch  queb,  quecb,  queccb,  quekh  und  clieg  steht,  wo- 
bei zu  bemerken  ist,  dasz  auch  die  deutsche  würzet  dieser  beiden 
uörter  in  Hirem  auslaute  guttural-  und  labialrerbindung  wahr- 
scheinlich aufwies  (Grimm  kl.  Schriften  3, 130.  131). 

hacken  ist  intensiver  als  liauen ;  wenn  die  thäligkeit  des  hauens 
auch  in  einem  anzigen  schlage  beschlossen  ist,  so  bezeichnet  Iiacken 
vielmehr  das  wiederholte  bauen,  und  setzt  eine  reihe  von  schlagen 
voraus,     in  folgenden  fällen  steht  es : 

1)  es  ist  verstärktes  schlagen  überhaupt;  so  niederdeutsch  cvm- 
plaudere  mit  den  hennen  (bänden)  tosamede  hacken  Diefenb. 
137' ;  im  GvUingiscIien  heiszt  ein  backetau-braucr  (hackezubruder) 
ein  plumper  und  grober  gesell  (Scuambach  71')  als  einer  der  gern 
zuschlägt,  prügelt,  etwas  entzwei  backen  ist  stärker  als  etwas 
entzwei  schlagen,  sireilende  backen  auf  einander  los ,  auf 
einander  ein ;  sie  hacken  und  beiszen  sich  seihs  drüber  wie 
die  tollen    sew  unternander.  Luther  5,  297 ; 

(mein  bruier)  den  der  barbar  an  die  Preuszen  verschacherte, 

dasz  ihn  zu  schänden 
hackte  der  wilde  kalmuck  und  menschenfrcsser  und  tutar. 

Voss  Idyll,  'die  leibeignen'. 

daher  sagt  man  sprichwörtlich  es  backt  alles  auf  uiich  ein,  alles 
vM  mir  wie  einem  gegner  zu  labe;  auf  abwesende  backen, 
absentes  rodere  amicos  Stieleh  732;  dän.  abgeblaszier  hakke  paa, 
einen  tadeln  Kristiansen  115.  —  Der  feind  wird  in  die  planne 
gehackt,  wie  sonst  in  die  pfanne  gehauen,  gewissermaszen  zu  so 
kleinen  einzelnen  stücken  vernichtet,  wie  sie  in  die  pfanne  gehen; 
parallel  ist  die  redensarl  einen  zu  kochstücken  bauen,  5.  kocb- 
»lück  5, 1504 :  dieser  vortbeil  war  das  einzige  mittel  zur  ver- 
bindernUss ,  dasz  nicht  das  ganze  Cimbrische  beer  in  die 
pfanne  gebackt  ward.  Lohekste'in  Arm.  2,  891. 

1,  lüU4  begegneten  wir  dem  ausdruck  sich  selbst  in  die  backen 
hauen,  gleichsam  .•<ich  selbst  verwunden,  schädigen,  das  in  diu 
backen  hauen  war  eine  alte  weise  der  kämpf  Verwundung,  wofür 
auch  galt  in  die  hacken  hacken: 

hQebe  «ich  ein  schlmpr  {kampfipiel), 

da^  man  hacken 

wiird  die  backen, 

sa.'he  inani;cn  iclirimpr  ,  .  .    MS.  Hag.  3,  191'. 

bei  Fischart  ist  Hackenback  ein  gemachter  heldenname : 

Ton  männlicher  tiiecni  und  roeh  dann  inensclilichcr  »tvrVe 
dei  »trcltwani  llackenback.  Carg,  'M*; 

da/ür  Hakbak,  Hakintebak  Garg.'yj';  wie  crs  vom  groszvallcr 
Hackelbark  gcb'irl  bat.   131*. 

2)  Vögel  backen  mtt  dem  sclinabel  ein  ding,  nach  eineni  dinge 
oder  in  ein  ding: 

mich  backen  die  raben  vom  rade.    KüRcRHi 

da  backten  Um  die  raben  in  dst  ani^csiicht.    lollisliidi 


wir  backen,  wie  die  slciudohle,  nach  jedem  glänze.  J.  Paul 
Titan  1,58;  bildlich:  da  ferner  unsere  näscberei  nur  nach 
überflüssigem  witze  hackt,  werke  5,43,  das  Sprichwort  sagt: 
keine  krabe  hackt  der  andern  ein  äuge  aus,  lupus  lupum  non 
dei'orat.  Stielkr  731 ;  s.  ausbacken,  eine  milde  Verwünschung 
ist:  dasz  dich  der  bahn  hack!  Mattiieso»«  cniicamusica  (1726) 
2,153,  tt'i'e  schwäbisch  dasz  dich  das  niäusle  bcisz ! 

3)  fleisch,  kraut,  slroh,  holz,  wird  gebackt ,  durch  mehrfaches 
schlagen  mit  bell  oder  messer  zerkleinert:  ein  fleisch  eines  swines 
weich  gesoten  unde  gebacket  under  ein  ander.  Haupt  5,12; 
nini  mager  kalblleisch  und  reinen  speck ,  hacke  das  klein 
durcheinander,  Colerüs  hausbuch  1, 156  ; 

dein  saOVan  liast  zn  Fenedig  gesackt 
und  liast  riudlleisch  darunter  geliaclit. 

fiisln.  sp.  478,  2; 

der  fleischer  hackt  fleisch  oder  leber  zu  wursten;  fleisch 
backen,  cu/«f m  co/icWere  Steinbacm  1,004;  gehackt  krautmiisz 
minulal  Dasvp.  ;  heiszt  palea,  ist  gehackt  stro.  Fischart  bienenk. 
51",  vgl.  bäckerling,  backstroh;  bolz  backen,  holz  zu  kleinen 
stücken  schlagen ,  unterschieden  von  bolz  hauen ,  das  holz  im 
walde  hauend  fällen,  bddlich  wird  gesagt  auf  einem  bolz  backen, 
ihn  sehr  schlecht  behandeln,  ihn  yleiclisam  als  hackeklolz  für  die 
schlüge  seines  witzes  oder  seiner  laune  haben:  das,  wan  er  (in 
Ungnade)  fallt,  jederman  holz  auf  ihn  bakken  wil.  Burscnnv 
liochd.  kiuiz.  279;  ich  bin  die  personificirle  Sanftmut,  ich  lassj 
bulz  auf  mir  backen,  Kotzebue  dram.  werke  1,314. 

4)  sehr  häufig  ist  backen  in  der  bedeutuug  mit  der  hacke  das 
erdreich  bearbeden.     es  steht 

a)  ohne  objcci,  allgemein  die  thäligkeit  vtarkierend :  wolan,  ich 
will  an  diesem  ort  eine  prob  nehmen  und  meinen  karst  auf 
diesen  bäum  werfen;  bleibt  er  droben  hangen,  so  will  ich 
mit  in  den  krieg  ziehen,  fallt  er  aber  wieder  herunter,  so 
soll  mirs  ein  zeichen  sein,  dasz  ich  elender  tropf  noch  länger 
hacken  soll.  Simpl.  3,195  (1713  *-.  153); 

du  Adam  hackt  und  Eva  spann, 
sagt  wer  wa  da  ehi  edcluiaun? 

beliebt  sind  die  Verbindungen  hacken  und  graben,  hacken  und 
roden  .■ 

wenn  man  eine  Zeitlang  inusz  hacken  und  graben, 

wird  man  die  ruh  erst  willkuiunien  haben.    Götue  13,  148; 

das  ich  sott  liackcn  und  rüten, 

N.  Manukl  fasii.  340  (Grün); 

wer  die  rut  fleuclit, 

und  die  url)eit  scheucht, 

und  niclits  leiden  kan, 

und  wil  nichts  ausz  stabn, 

doj'  bleu)  Joliannes  in  eodem 

iiiul  nuisz  Iiacken  und  roden. 

I'eters  teulxdi  Wfiszh.  Kee  7'. 

b)  mit  object ,  das  feld,  den  acker,  den  weinberg  u.  s.  w. 
hacken:  das  ärdtrich  backen  imd  karsten,  fodere  terram,  per- 
fodere,  paslinare  Maaler2ü4';  ich  wil  in  (den  weinberg)  wüste 
ligen  lassen ,  das  er  nicht  geschnitten  noch  gehackt  werde. 
Jes.  5,0;  nach  pfingsten  oder  Johannis  .  .  hacket  man  den 
ganzen  bopfengarlen  nmb.  Coi.erus  hausb.  (1604)  2,195;  für 
den  weinberg  hacken  sagt  man  auch  schlechtweg  wein  backen, 
paslinare  vites  Stkinbach  1,604;  ähnlich  karlofleln ,  ruhen 
backen  für  karloffrl-  oder  rübenland  hacken ,  mit  der  hacke  be- 
arbeiten :  in  der  fasle  soll  der  alte  hopfc  gebackt  und  be- 
schnitten werden.  Cülerus  2,190;  wer  leilreben  buwet  von 
dem  gulzbus,  der  sol  si  zu  saut  CIcrien  tag  gebacket  bau. 
weislh.  4,508.  —  Im  winter ,  wenn  flüsse  und  yosseit  gefroren 
sind,  stellt  man  leule  an,  das  eis  zu  Iiacken. 

5)  bildlich  gilt  Iiacken  in  mehreren  bedeutungen ;  für  unmäsziges 
essen :  er  hackt  slatllich  drauf  los ,  ra]>tim  rorat  instar  lupi 
famelici,  devorat  et  ingurgital  sese.  Stiei.er  732;  für  undeut- 
liches stammelndes  reden  (Aoei.unc),  ebenso  wie  engl,  hack, 
schwed.  hacka  i  lal,  hacka  i  foredrag,  stammeln,  sloltem; 
ebenso  für  undeutliQhe  unschöne  schriftliche  darslellung:  er  schreibt 
einen  gehackten  slil. 

^  C)  die  milch  backt  sich,  sie  gerinnt,  wofür  im  Osterlande 
auch  das  frequenlalive  backerii  verwendet  wird:  die  luilcb  backen 
sich  oder  ist  gebackerl. 

7)  hacken  für  haken,  s.  d.  letzlere, 

HACKK.N,  ».  der  iufiniliv  des  vorigen  in  subdantiver  bedeutung : 

und  sie  «ircnt  dann  ('/>■»  ri'tiieln)  das  fuiter  aus, 

da  ^ehlx  an  ein  picken, 

an  ein  «chlürren,  an  ein  backen,    GOrua  3,  Ol ; 

das  hacken  (arnfio  FnisciiLiN  numcnr/.  377*;  aclio  caedendi  asaa 
sive  securi,  aclio  sarriendi,  paslinandi,  ronridendi  Frisch  l,  3«i'; 


105 


HACKENHELB  —  HACKERICHT 


HACKERIN— HACKET 


106 


das  graben  und  hacken  macht  schmale  backen ,  improbi  la- 
bores  vires  exliauriunt.  Stieler  732;  hacken  macht  Schwielen. 
das.;  diesen  hopfen,  weil  er  nicht  gehackt,  nennt  man  rasen- 
oder  grasehopfen,  thut  oft  mehr  und  treget  gröszere  heuptcr, 
als  der  andere,  weicher  viel  hackens  und  wartens  bedarf. 
CoLERCS  hausb.  2, 197. 

HACKENHELB,  m.  für  hackenhelm,  stiel,  griff  der  hacke  : 

wils  {das  iceib)  blewen  mit  dem  hackenhelb, 
dasz  ir  leib  wird  schwarz,  blaw  und  gelb. 

II.  Sachs  4,  3,  12'. 

helb  für  heim  steht  wie  erbel  für  errael  (s.  3,  715) ,  b  für  m 
begegnet  zutccilen  im  baiiischen.  \Veinhold  bair.  gram.  131.  iregen 
der  bedeutung  von  heim  vgl.  dieses,  ferner  lielb,  und  a.\thelm 
1,1047. 

HACKE.NSCHAR,  n.  chenopodium  bontis  Henricus.  Nemnich. 
in  Schlesien  lungwurz,  alriplex  caninus.  Fromm.  4, 170. 

HACKE.NSTÜCK,  n.  beim  Strumpfwirker  dasjenige  stück  an 
einem  strumpfe,  das  am  fusze  die  hacke  oder  ferse  bekleidet. 
JACOBSso.f  techn.  wb.  2, 1S3' ;  beim  Schuhmacher  das  hinterleder 
des  Stiefels  oder  schuhes  260',  auch  hackenieder  genannt. 

HACKEPFEN'MG,  m.  abgäbe  für  das  hacken:  in  disen  seihen 
dinghof  hürent  drizehen  mentage  {viertelhufen) ;  zue  winachten 
der  git  jeglicher  achtzehen  hackepfönninge.  weisth.  4,  152; 
fünfzehen  hackepfönninge  zue  der  liechtmäsz.  153. 

HACKER,  m.  fossur,  pastinator,  sculptor,  caelalor  Stieler  732; 
häcker  Hemsch  1718.  in  Ostfiiesland  wird  hackcr  derjenige 
genannt,  der  die  erde  zum  buchweizenbau  mit  einei-  hacke  um- 
reiszt.  Jacobsson  6,  6*.  gewöhnlich  bildet  das  wort  den  zweiten 
theil  von  composilen :  fleischhacker,  wursthacker,  holzhacker; 
vogelnamen  sind  baumhacker  (specht) ,  nuszhacker  {sitta  euro- 
paea).  —  Die  timgelautete  form  häcker  {mhd.  hecker  Ben.  1,607), 
hat  sich  für  gewöhnlich  in  verengter  bedeutung  festgesetzt  und  be- 
zeichnet vorzüglich  im  süden  Deutschlands  den  weinbergshacker, 
Winzer:  anno  Mcixxj  ward  herzog  Ludwig  von  Beyern  von 
einem  häcker  erschlagen.  S.  Frank  chron.  (1531)  186';  gott, 
der  du  allen  kindern  deiner  kirchen  durch  der  heiligen  pro- 
pheten  stim  offenbaret  hast,  das  du  an  allen  ürtern  deiner 
herrschaft  der  ausseer  gutes  samens  und  ein  hecker  der 
auserweleten  .rehen  seiest.  G.  Witzel  psalt.  eccles.  (I550)  96*; 
wie  kan  ihnie  der  häcker  oder  winzer  so  künstlich  mit 
dem  rebmesser  schneiden,  a.  iväszheit  lustg.  168 ;  in  der  Um- 
gebung von  Wüi-zburg,  wo  die  bevülkerung  dicht,  der  grund- 
hesifz  sehr  zersplittert  ist ,  und  ein  groszer  theil  der  bevöl- 
kerung  sich  durch  den  weinhau  nährt ,  der  selbst  in  guten 
Jahren  den  fleisz  des  häckers  nur  mäszig  belohnt.  Aiigsb.  allg. 
zeiig.,  aug.  1866.     s.  häckersmann. 

In  Schlesien  ist  häcker  für  schlag,  treff,  Itieb  gebräuchlich 
(Fromm.  3,  413  tio.  502) ;  das  ist  gleichsam  eine  personification  des 
scfUages ,  ähnlich  brauclä  man  in  Düringen  {Rudolsladt)  tapper 
{einer  der  zutappt)  für  schlagflusz. 

HÄCKERCHEN,  n.  plur.,  die  ersten  zahne  der  kleinen  Kinder, 
sie  heiszen  so,  weil  sie  gewissennaszen  das  Zahnfleisch  durchstechen, 
vgl.  unten  hecken  in  der  bedeutung  stechen ,  und  denlire  zahne 
becken  Diefenb.  173';  häckerlein  denticuli  infantium  primi 
eTnis.<!i  Stieler,  Frisch  1,392*;  heckerlein,  heckelein  in  der 
Oberpfalz.  Schm.  2,  149. 

H.\CKEREI,  /■.  das  auf  einander  los  hacken  {sp.  103),  streit, 
zicist,  gezänk.  Stieler  732. 

HACKERICHT,  adj.  itfis'hörkericht,  mit  einem  hücker  versehen : 

ir  (der  wett)  schöne  färb  ist  gar  verblichen, 

ist  rostrig,  schimlich,  .«eiger,  kamig 

krumb,  iam,  beiiibrüchig,  hackrig,  liiiikeml. 

B.  Waldis  Esop  4,  100,  171 ; 
was  unrecht  ist,  das  nent  er  recht, 
was  backerich  ist,  das  heiszt  er  schlecht  {eben). 

d.  papstl.  reich  B  4' ; 

hackericht  gibbosus  Diefenb.  262'  zeigt  die  nebenform  hoge- 
rechtig,  heverich,  hoferich,  hoffericht  auf  (hogrecht  Boner 
edelsl.  76,  7.  21),  gerade  wie  ahd.  hofar,  ags.  hofr  gibber  durch 
die  viütelform  hoger  {edelst.  das.)  zum  nhd.  hücker  tritt,  auch 
mhd.  hiihel,  nhd.  hügel  darf  zu  der  Verwandtschaft  gezogen  wer- 
den, alles  dieses  leitet  auf  die  würzet  hab,  haf  heben,  die  in 
einzelnen  bildungen  schwankend  Schwächung  ihres  vocals  zu  u  und 
Übergang  des  schlieszenden  consonanten  in  die  gutturalreihe  erfah- 
ren hol,  zunächst  in  die  media  g,  die  aber  wenn  sie  doppelt  ge- 
setzt war  [eine  form  boggericht,  baggericht  ist  allerdings  nicht 
bekgl ,  aber  nach  dem  obigen  lioffericht  wahrscheinlich)  in  ck 
au$artete.  unter  bücker  vird  darauf  noch  einmal  zurück  zu 
kommen  sein. 


H.\CKERIN,   f.  foemina  fodiens  et  scalpturiens.  Stieler  732. 

HÄCKERLISG,  »1.  klein  gehacktes  oder  geschnittenes  stroh.  das 
wort  scheint  ein  neueres  zu  sein,  vor  dem  ausgange  des  16.  jahrh. 
kann  es  nicht  belegt  werden ;  auch  hat  es  wol  ursprünglich  in  be- 
schränktem örtlichen  gebrauche  gestanden ,  der  gemeine  mann  in 
Süddeutschland  braucht  es  auch  heute  noch  nicht,  für  bäckerling 
schiene  ohne  das  eingeschobene  r  natürlicher  häckling  oder  häcke- 
ling  als  product  der  hacke,  weil  das  stroh  zu  viehfulter  früher 
nicht  geschnitten,  sondern  gehackt  ward  {vgl.  häcksel  und  hack- 
strob);  aber  mit  gläcltem  hinzugetretenen  r  nennt  man  heider- 
ling  den  schwamm,  der  auf  der  beide  wächst,  agarius  campeslris; 
mit  der  nachsilbe  -ling  werden  sonst  die  namen  getrisser  speisen, 
namentlich  schwämme,  äpfel  und  kuchen  gebildet  {gramm.  3,  376. 
462.  7s2).  vom  hexel  oder  beckerling.  Colergs  hausb.  3,  201 
{die  vorrede  ist  von  1596);  bäckerling  pateae  ex  frugum  culmis 
consectae.  Stieler  732;  oder  wenn  meine  frau  die  fässer  ein 
wenig  mit  frischen  hrunnwasser  wolle  füllen  lassen,  es  hätte 
aber  ein  schabernäckischer  nacbhar  beckerling  in  den  brun- 
nen  geschult ,  dasz  also  die  leule  früh  lauter  beckerling  im 
hier  finden;  würde  mir  disz  nicht  eine  ehre  sein?  Chr.  Weise 
erzn.  (t6S0)  p.  1S7; 

jene  lief  in  die  schenne,  wo  Thoms  mit  gewaltiger  arbeit 
bäckerling  schnitt.  Voss  Idyll.  Itj^  154. 

bäckerling  dient  vorzüglich  als  pferdefutter :  dem  pferde  fuller 
mit  bäckerling  mengen.  Stieler  732;  beckerling  fressen.  Chr. 
Weise  erzn.  226;  alles  ist  nützlich,  meine  herren ,  alles; 
dornen  und  disteln,  spreu  und  bäckerling.  Wieland  8,67; 
bäckerling  und  haber  können  nicht  verscbiedner  von  einan- 
der sein,  mein  gutes  pferd.  Lessing  10,  211.  da  das  wort  ein 
colleetivum  ist,  so  ist  ein  plural  selten:  lieckerlinge  zu  schneiden. 
Cläldics  7,  174. 

In  redensarten  ist  bäckerling  das  Sinnbild  einer  wenig  werten, 
geringen  und  leicläen  sacite: 

der  mann,  der  das  wenn  und  das  aber  erdacht, 
hat  sicher  aus  bäckerling  gold  schon  gemacht. 
Bürger  67*. 

der  mensch  bat  bäckerling  im  köpfe  (Serz  61)  sagt  man  von 
einem  dummen,  me  sonst  er  ist  ein  slrobkopf. 

bäckerling  wird  gefallenen  mädchen  am  hochznistage  vor  die 
Ihür  gestreut: 

das  kränze!  reiszen  die  buben  ihr 

und  bäckerling  streuen  wir  vor  die  tbür.     Göthe  12,  188. 

vgl.  unter  baberfeldlreiben  oben  sp.  82. 

Stieler  732  will  bäckerling  auch  in  der  bedeutung  gehacktes 
fleisch  oder  gemüse  kennen;  das  würde  wie  fu>lländ.  baksel  letn, 
das  auch  geschnittenes  stroh  und  gehacktes  fleisch  bedeutet. 

HÄCKERLINGSBANK,  f.  gerüst  von  holz,  worauf  bäckerling 
mit  der  fullerklinge  geschnitten  wird.  öcon.  lex.  983. 

H.ÄCKERLINGSBODE.N ,  m.  boden  zur  außewahrung  des 
häckerlings.  das. 

HÄCKERLINGSLADE,  f.  was  bäckeriingsbank,  aber  mü  be- 
zug  auf  die  ladenförmige  gestalt  des  gerüstes  zum  häckerling- 
schneiden : 

Thoms  antwortete  drauf  und  stellte  die  bäckerliogslad'  bin. 

Voss  Idyll.  It),  159. 

HÄCKERLINGSSCHNEIDER,  »i. ;  bei  groszen  baushallungen 
musz  der  hausknecht  den  .  .  beckerling  schneiden,  wo  aber 
dieser  sonsten  nölhiger  gehraucht  wird,  pflegt  man  einen 
besondern  beckerlingsschneider  oder  fulterscbneider  zu  hal- 
ten ,  welcher  gemeiniglich  vor  das  schock  strob  zu  schnei- 
den ,  vierzehen  bis  sechzehen  groschen  zu  lohne  bekömmt. 
öcon.  lex.  9'>3.     s.  bäckselschneider. 

HACKERLOHN,  »7i.  merces  quae  caesori  lignorum  datur.  Frisch 
1,  391'. 

HACKERN,  x'erb.  denlire  Stieler  732.  das  kind  häckert,  be- 
kommt die  ersten  zahne,  häufig  in  Düringen  und  dem  Oslerlande. 
vgl.  bäckerchen  sp.  105. 

HÄCKERSMANN,  m.  was  häcker,  iwiwt;  wenn  es  nun  ja 
dazu  kommt,  so  freut  sich  billig  ein  ausgescbaffter  arbeiter 
im  geistlichen  weinberg  und  sagt :  gute  nacht, 

bestreut  den  sterbeklttel    mit  tulpen,  majoran, 
schreibt  meinen  grabetittel :    hier  schläft  ein  heckersmann. 

Otho  270. 

HACKET,  f.  zeit  der  hacke,  besonders  der  weinhacke:  so  es 
aber  in  der  hacket  ist,  so  dann  die  von  Maisch  . .  zu  backen 
schuldig.  MoNE  Zeitschrift  für  geschichte  des  Obeirheins  3,  289 
(t'on  1559).     in    der  Scltweizer  mundart  hat  das  wort  männlicha 


107 


HACKETKRAUT  —  IIACKSCH 


HACKSCIIEN  —  HACKSTOCK 


108 


geschlecht:  der  hacket,  die  zeit  des  hackens ,  besonders  in  den 
Weinbergen.    Stalder  2,  9. 

HACKETKRALT,  n.  anemone  Maaler  204',  Hederich  1190. 
6«  Nemsich  heiszl  es  hackenkraut,  hacketkraut,  anemone  ptd- 
saliUa. 

HACKFRUCHT,  f.  fruchl  die  die  hacke  aus  der  erde  holt, 
kartoffcl,  mOhre ,  rübe,  runkel.  hackfrOchte  {karto/feln).  hann. 
mag.  1842,  s.  C33', 

HACKHOPFEN,  m.  hopfen  der  im  jähre  zweimal  behackt  und 
einmal  gedüngt  u-ird,  im  gegensaiz  des  gras-  und  rascnhopfens. 
Jacobsson  tecbn.  üb.  2, 184'. 

HÄCKLEIN,  n.  parvus  bidens.  Stieler  732;  hcrr  Wollen- 
haupt der  forster  geht  ein ,  hat  ein  hcckicin  als  kumm  er 
vom  feit.  Avrer  singsp.  146'  (3004,  35  Keller),  in  der  Wcttcrau 
häckelchen. 

HACKREISER,  n.plur.:  die  trocknen  bJiume  {bei  der  krähcn- 
hüUe)  müssen  nur  wenige  äste  und  gar  kein  laub  haben, 
damit  die  darauf  baumenden  vögel  recht  frei  sitzen,  man 
nennt  diese  bäume  hackreiser  in  der  Jägersprache.  Heppe 
jagdlust  (n84)  3,  117.  da  diese  reiser  sonst  hockreiser,  tritt- 
reiser  (GücnnAUSEN  mem.  ven.  126)  heiszen ,  also  reiser  worauf 
die  zu  fangenden  vögel  treten  oder  hocken,  so  ist  hackreiser  für 
hockreiser  zu  beurtheilen  wie  hackericht  für  hockericht  sp.  105. 
vgl.  hockreiser. 

HACKSCH,  m.  ungeschnittenes  schwein,  cber;  ein  vorzüglich  in 
Franken  (FROim.  2,33),  Düringcn,  dem  Osterlande,  Meiszen  und 
Schlesien  gebräuchliches  wort,  dasz  der  stamm  desselben  mit  Iiacken 
zusammenhängt,  erscheint  nic/it  zweifelhaft,  denn  wie  die  zahne 
des  ebers  hauer  hemcn,  so  gilt  auch  dieser  selbst  als  hauendes, 
hackendes  tliier  (ein  hauend  schwein;  die  starken  hauenden 
Schweine.  Ueppe  jagdlusl  1,193)  und  führt  davon  seinen  namen: 
keuler  soviel  wie  scidäger  5,  650.  begrifflich  gleich  damit  ist  in 
den  deutschen  mundarten  hagk,  hecke!  eber:  verres  berheckel 
Diefenb.  noi\  5/0M.  379',  engl,  bog;  wenn  aber  hag,  hagen  in 
einzelnen  deutschen  gegenden  auch  den  zuclUstier  aiu^drückt  (Sciim. 
2,162;  ein  hagen  oder  ein  pfar.  weislh.  1,655),  so  führen 
alle  diese  wortc  auf  eine  gemeinsame  würzet  zurück,  worüber 
unten  unter  hagen  noch  einmal  gesprochen  wird.  —  Was  das 
Suffix  von  hacksch  betrifft,  so  kommt  die  form  hackisch  als  die 
älteste  bezeugte  vor  (Colica  173),  und  in  bclrachl  dessen  fassen 
wir  am  nalürliclisten  das  wort  als  ableitung  mittels  des  sufßxes 
isch  vom  subsl.  hack  1»  der  bedeutung  1  {sp.  98)  eben  so  auf, 
wie  etwa  läufisch  zu  lauf,  närrisch  zu  narr  gehört,  der  ausfall 
des  suffix-vocalcs  ist  zu  bewiheilcn  wie  in  men-sch  für  menn- 
isch,  «firf  wegen  des  mangelnden  umlants  in  hacksch  ist  an 
die  ahd.  nebcnform  mannasc  für  mannisc,  mennisc  zu  erinnern 
(mannaschines  chunnes  humani  generis,  mannaskinemo  sitiu 
humane  usu  Graff  2,  756). 

Das  worl  ist  vor  dem  17.  jahrh.  niclü  bezeugt,  Stieler,  Stein- 
bach, Frisch  verzeichnen  es  nicht,     es  bedeutet: 

1)  das  ungesdtniUene  schwein,  welches  zum  belegen  der  mutler- 
sdtweinc  gehalten  wird.  öcon.  lex.  (1731)  897.  des  Spanferkels 
vater  ist  meines  behalts  ein  hackisch  oder  grobes  schwein. 
CoUca  173 ;  (ich)  wolte  wohl  ein  gebäude  aufiühren,  worinne 
der  grüste  hacksch  zu  wohnen  sich  nicht  schämen  solle. 
Causcnmacher  \^ ;  im  bette  hielt  er  sich  nicht  änderst  als  ein 
gebohrnes  hauptschwein  und  bei  der  mabizeit  wie  ein  naliir- 
licher  haksch.  ehe  eines  weibes  219.    auch  vom  wilden  eber: 

und  friszt  sieb  .  .  . 

gleich  als  ein  wilder  hacksch  an  fremden  cichcln  sntt. 

Stoppe  ijcd.  2.  samml.  170. 

2)  in  Hordböhmen  heiszt  übertragen  auch  das  mdnnchen  der 
kaninchen  hacksch,  wie  das  weibchcn  saue.  Fromm.  2,31. 

3)  hacksch  als  Schimpfwort:  in  der  Allmark  für  einen  men- 
sdien,  der  in  seinem  thun  sidi  ungeschicki  und  plump  benimmt. 
Da.ineil  73'.  das  rührt  an  das  sddes.  verbum  hackschen,  ur- 
sprünglich einen  schlagen,  dann  übertragen  schlecht  von  einem 
reden,  hacksch  schlag  (Frojui.  3,418),  und  sichert  die  ablei- 
tung des  Wortes  hacksch  von  Iiacken.  gewöhnlicher  bezeichnet 
man  durch  hacksch  in  unmittelbarer  anlehnung  an  diebcdculung  1 
einen  unfl'Uujen ,  schweinischen  gesellen:  der  mensch  ist  ein 
wahrer  hacksch ;  du  hacksch !  schimpft  man  einen ,  der  zoten 
reisit;  prosit  hacksch!  ruft  man  im  Osterlande  einem  rülpsen- 
den zu. 

4)  im  Osterlande  heitxl  schcunhocksch  der  dretcher,  der  den 
teilten  schlag  in  dir  scheune  Ihul ;  wahrscheinlich  in  erinnerung 
un  die  tontl  hier  untergegangene  silte,  der  letzten  garbc  die  geslalt 
eines  thieres,  namentlich  einet  schweines  2U  geben. 


HACKSCHEN,  verb.  sich  wie  ein  hacksch  geberden,  namentlich 
unflätige  reden  führen,  in  Mitteldeutschland,  vorzüglich  Düringen 
und  Meiszen  gebräuchlich,  auch  in  der  hennebergischen  mundart 
Fromm.  3, 134 ,  mit  dem  dazu  gehörigen  siä>st.  gehacksch ,  un- 
sittliches reden,  in  Schlesien  hat  hackschen  eine  andere,  unmittel- 
bar an  backen  reichende  bedeutung,  vergl.  oben  hacksch  2. 

Studenten  kennen  einen  hackschcoinment,  wobei  zotenlieder 
gesungen  werden. 

HACKSCHEREI,  f.  unzüchtiges  gebühren,  unzüchtiges  reden. 

HACKSCfHG,  adj.  unflätig,  zotig,  in  sludentischen  kreisen  heule 
viel  gebraucht:  eine  backschige  geschiebte,  ein  hackscbigcs 
lied;  auch  persönlich  ein  backschiger  kerl. 

HÄCKSEL,  m.  und  n.,  auch  in  der  Schreibung  heckscl,  hechsei, 
baxel,  häxel,  bexel ;  niederd.  bakkels,  holt,  haksei  n.,  dän. 
hakkelse  «i.  kein  gemeindeutsches  worl,  sondern  auf  Nieder- 
und  Mitteldeutschland  eingeschrdnid.  es  bezeichnet  das  klein  ge- 
hackte, später  nach  erfindung  der  häckerlingshank  klän  geschnittene 
Stroh,  wie  es  vorzüglich  als  richfutler  dient,  in  Schlesien  sagt  man 
dafitr  siede,  in  Baiern  gesott,  in  Franken  bälin,  in  der  Schweiz 
{Bern)  häckcl,  bcckel  (Stalder  2,9);  auch  sonst  stroh  unfl 
hcckel.  balt.  sludicn  15, 125.  paica,  ein  süd,  fit  e  siramento 
socio,  ausz  baxel.  Aluerus  tt'.  baxel  slramentum  minutim 
sectum  Bb  4".  bexel  schneiden.  Colkrls  hausb.  3,  20l',  der  be- 
merkenswert im  gcschlechtc  schwankt:  wer  seine  rosse  zum  bexel 
gewöhnet  bat,  der  gcwehnc  sie  ja  nicht  wieder  davon  . .  es 
musz  aber  den  pferden  der  bexel  aufs  kleinest  geschnitten 
werden  als  immer  menschlich  und  miiglich  ist.  den  kühen 
mag  man  es  ein  wenig  grüber  schneiden,  buch  9  cap.H;  die 
armen  leute  mästen  das  viel»  mit  kraut  und  ruhen  klein  ge- 
schnitten und  unter  das  hexcl  oder  siide  gemenget.  b.  U  c.  83; 
bexel  von  roggenstroh.  IJöckler  kriegsschule  972;  kleiner  hexel, 
sagen  die  bauern,  ist  halb  mengsal.  öcon.  lex.  982; 

naclulem  es  (das  ross)  seinen  licrrn  aus  mancher  mcnschen- 

schlacht 
in  seine  bürg  zurücl«  peltrachi, 

beiiam  es  tialcr,  ohne  hcchsel.     Kl.  Schmidt  poet.  briefe  59, 
.  .  nur  häcliscl 
stall  funliclniier  dukatcn  fand.    Wielanp  1«,  ISO. 

häcksel  streuen,  wie  häckcriing  streuen  {vgl.  oben  sp.  100  u.  82) : 
die  Vorstellung  war  ihr  unerträglich,  dasz  eine  boshafte  band 
vielleicht  auf  derselben  stelle  des  Vaterhauses  ihr  häcksel 
streuen  könnte,  wo  einst  an  jedem  ersten  luaitag  grünes  mai- 
laub  für  sie  geprangt  halte.  Kinkel  erzähl.  261. 

HACKSELBANK,  /.  was  häckerlingshank,  gerüsl  zum  häcksel- 
schneiden. 

HÄCKSELKLINGE,  f.  klinge  an  der  häckselbank  zum  liäcksel- 
schneidcn.  Frisch  1,  391*. 

HÄCKSELLADE,  f.  was  häckselbank. 

HÄCKSELMESSER,  ni.  wie  häckselklinge.  Frisch. 

HÄCKSELN,  verb.  häcksel  schneiden:  der  alle  bauer  hörte 
schon  lange  zu  bäcksoln  auf  und  horchte.  Gutzkow  n7/er 
i'.  geisle  (1851)   7,42s. 

HÄCKSELSCHNEIDER,  m.  wie  häckerlingsschneidcr:  da 
rechne  mir  nu  einer,  wie  viel  der  bexelscbncidcr  vom  schock 
sirob  zu  schneiden  bekömpt.  Colerus  hau.fb.  3,  201. 

HACKSTOCK,  «1.  stock  oder  klotz  zum  hacken. 

1)  des  holzcs:  spensiva  (i.  cippus  1  truncus  super  quem  ligna 
sccantur)  hack-  I.  holtzstock  Dikfenr.  546";  in  der  schirr- 
kammer  ist  auch  ein  starker  hackeslock  nölhig,  damit  der 
Schirrmeister  das  knrtze  schirrholtz  darauf  setzen  und  be- 
hauen könne,  öcon.  lex.  897;  er  legte  sie  auf  den  hackslock 
und  zerhackte  sie  in  kleine  stücke.  Vernaleken  öslerr.  kinder- 
märchen  330. 

2)  der  fleiscltspei.<ien ,  und  hier  ein  gerät  der  küche;  der  obere 
theil,  worauf  gehackt  wird,  ist  gewöhnlich  mit  einem  erhabenen 
rande  umgeben  und  durch  einen  decket  zu  ver.KclUieszen,  so  dasz 
zugleich  ein  behäller  der  gehackten  sfM'ii:en  hergeslellt  ist:  hack- 
stitck  voll  füllmagen ,  saltzis,  gelirülon  kaiton  kalbsköpfcn- 
krösz.  Garg.  54*;  bald  niinpt  sie  iliiii  {die  fran  dem  zurück- 
kehrenden niufiNf)  den  maulel  ab,  bringt  ihm  ein  frisch  nasz- 
tüchlein,  Iregl  das  beste  ausz  dem  hackstock  auf,  dasz  sie 
von  seinetwegen  nil  hat  essen  mögen.  73'.  ein  bauer  gibt 
einer  braiä  zum  Imchzeilsgeschenk 

nin  frnis)!,  ihiriii  mii  einem  pock, 

und  itinori  KUlon  linck.siock, 

und  darxu  uln  puicrfasz.    fastn.  »v   ''>''''    < 


rcdcnsarlen : 


er  ligt  bei  mir  «vio  oln  hackato(  k 

unrrcundlich  wie  ein  sewdroch.     II.  Svtii'^  i,  2,  31*; 


109 


HACKSTROU  — HADER 


HADER 


110 


ich  bett  ihn  vil  lieber  genommen, 

als  meinen  herrn,  den  wendenschimpf, 

der  kan  weder  hofweisz  noch  glimpf, 

ist  freundlieli  gleich  wie  ein  hackstock, 

und  stinkt  als  wie  ein  aller  bock.    J.  Atres  304*. 

WT^iL  dazu  auch  klotz  3,  theü  5, 1250. 

3)  hackstöcke  heiszen  dem  uinzer  junge  rebstöciie,  welche  aus 
änem  theile  des  alten  Blockes,  z.  b.  aus  einem  aüen  sciienkel 
{ranken)  erzeugt  werden ,  indem  man  diesen  theil  in  den  boden 
senkt,  ohne  ihn  rom  stocke  elier  abzulösen,  als  bis  er  wurzeln  hat. 
Nemxich. 

HACKSTROH,  n.  gehacldes  stroh,  häcksel,  häckerling:  (acker- 
pferde)  die  den  pflüg  zum  feldbauw  .  .  ziehen,  und  doch 
nichts  denn  hackstro  fressen  müssen.  Kircouof  wendunm.  290*. 

HACKL'NG,  f.  paslinalio.  Steixbach  1,6(34.  hackunge  Diefex- 
BACH  410*.  hackung  im  Weinberge,  wie  sie  geschehen  soll. 
CoLERCs  hausb.  2,  44.  46. 

HACKWALD,  wi.;  im  Odenwald  hat  man  zur  gewinnung 
der  {eichen-)rinde  eine  eigene  bewirlhschaflungsart,  hack- 
wald  genannt,  man  behandelt  grosze  districte  auf  stockaus- 
schlag,  theilt  sie  in  schlüge  ein  und  schlägt  sie  alle  15 — 20 
jähre.  Metzger  landwirllischaßl.  Pflanzenkunde  1,  345. 

HADDIG,  HJ.,  holldnd.  haddig,  in  niederdeutschen  gegenden 
sambucus  ebulus,  s.  altich  1,  595. 

HADEL,  m.  zerrissenes  zewj ,  lumpen,  fetzen,  mhd.  hadel 
(Ben.  1,608*);  ahd.  hadal  ist  vorauszusetzen  nach  zihadilohter 
laciniosus  Graff  4,  SOS.  alte  haddeln.  Interim  352;  kleider 
machen  leute,  haddeln  machen  lause.  464.  hadel  heiszt  auch 
die  rispe  an  gräsern ,  panicula  (Nemnicb),  wegen  ihrer  zerstreut 
herabhängenden  einzelnen  theile.  das  wort  ist,  nadi  dem  bekannten 
Wechsel  zwischen  r  und  1,  auch  formell  ganz  gleich  dem  unten 
folgenden  hader. 

HADEL ,  m.  tn  der  bergmannssprache  der  obere  theil  des 
Schlammes  beim  schlemmen  der  erze.  Jacobsso.n  lechn.  wb.  2,1S4'. 
die  rollere  form  dieses  wortes  ist  hüuptel  {bergw.-lex.  291'),  woraus 
hädel  oder  hedel  entsteht,  wie  die  form  hed  in  krautHed,  kohl- 
hed  aus  heubt,  haubt;  vergl.  weiteres  unter  haupt. 

HADELGRAS,  n.  gramen  paniculatum.  Adelc.xg. 

HADER,  m.  in  zwei  hauplbedeutungen. 

1)  streit,  und  zwar  a)  schwerer  streit,  solcher  der  in  bitterer, 
töllicher  feindschaß  entbrennt,  kämpf,  fehde,  krieg:  welch  burgir 
eyn  hadir  adir  Urlaub  (urlaug?)  hebit.  Walcii  orlamündische 
Statuten  aus  dem  14.  jahrh.  s.  76 ;  hir  nach  folget  eine  grosse 
czweitracht,  krigk  und  hadder  zwischen  den  von  Erfort  und 
deme  bischoffe  zu  Mentz,  und  den  hern  zu  Missen  und 
Doringen.  Stolle  thür.  chron.  146; 

jetzt  hebst  ein  newen  hader  an. 

SoLTAü  volksl.  243  (16.  jahrli.); 
ich  sehne  mich  nach  ruh, 
sie  richten  hader  zu.    .A.  Grtpbics  (1663)  532 

{nach  Ps.  120,  7:  so  fangen  sie  krieg  an); 
der  könig  und  die  kaiserin, 
des  langen  haders  müde, 
erweichten  ihren  harten  sinn 
und  machten  endlich  friede.    Borger  Lenore; 
unten  (0«/  erden)  ist  nur  mühe, 
kämpf  nur,  wenns  am  besten  ist, 
hader  spat  und  frühe, 

dasz  man  dein  vergiszt.    Arsdi  ged.  (1S40>  s.  4&0; 
wenn  des  lebens  stürme  brausen, 
feinden  sich  die  menschen  an,  ' 

könncif  nicht  zusammen  hausen, 
friedlich  gehn  auf  einer  bahn; 
wenn  des  odems  hauch  entwichen, 
ist  der  hader  ausgeglichen.     Ri;cKEHT  ged.  (1S43)  196; 
indessen  kocht  in  seiner  kleinsten  ader 
das  leben  mit  dem  tod  den  heiszen  hader. 

Leüau  Faust  161. 

es  wird  auch  von  der  raufern  um  ein  mädchen  gebraucht: 

von  ferren  schrei  sein  vetter, 

der  höret  disen  strausz : 

fiirwar,  sind  da  nit  retler 

so  Wirt  ein  hader  draus.    Ublakd  votksl.  656; 

an  solichcm  zank  und  hader.    660; 

auch  mit  dem  folgenden :  Parthel  Richter  . .  ist  eingezogen 
worden,  das  er  fast  überall  in  allen  pierheusern  hader  an- 
rieht. Haltaüs  770,  ist  wol  rauferei  gemeint. 

b)  weit  öfter  bezeidinet  hader  in  abgeblasztercm  sinne  nur  den 
streit  mit  Worten,  zank,  zwist,  Unfrieden,  Uneinigkeit:  hader  und 
krieg,  lüigium,  lis  roc.  ine.  IhetU.  hs";  hader,  zank,  unfrid 
Maaler  204';  in  hader,  span  oder  zerwürfnusz  kommen,  venire 
in  contenlionem  das.;  wenn  ein  hadder  ist  zwischen  menncrn, 
so   sol  man  sie  für  gericht  bringen  und  sie  richten.   5  Mos. 


25, 1 ;  unter  den  stolzen  ist  imer  hadder.  spr.  Sah  13, 10 ;  der 
eid  macht  ein  ende  alles  hadders.  Ebr.  6,  16;  denn  wie  ich 
oftmals  gnug  bekennet  habe,  sol  mirs  kein  hadder  gellen, 
es  bleib  wein  da  oder  nicht.  Lctueb  3,  493;  diese  fabel  Dionei 
hatte  fast  die  weiber  schamrot  gemacht,  doch  muszten  sie 
desz  haders  lachen  {es  hatten  sich  nämlich  in  der  geschichte  ein 
abt  und  ein  junyer  mönch  um  den  genusz  eines  mädchens  ge- 
zankt). Boccaccio  (1593)  214';  des  haders  ward  zimlich  wol 
gelacht.  456*; 

der  Ursprung  alles  zanks,  und  alles  haders  sitz. 

Wkckhkrli:«  719; 
ihr  würdet  euch  des  kindschen  haders  schämen. 

Schiller  6ruu{  c.  Mess.  1. 
übertragen  auf  widerstreitende  gefüläe  des  eigenen  innern : 
was  will  hier  entflammter  triebe  hader 
in  der  gottgeweihten  Jungfrau  brüst?    Bcrger. 

Man  richtet  hader  an :  ein  zornig  man  richtet  hadder  an, 
ein  gedültiger  aber  stillet  den  zank.  spr.  Sal.  15,  is ;  macht 
liad«":  ein  kind  wie  eine  maus  macht  einen  hader  so  grosz 
als  ein  haus.  Pistorics  6  no.  34  s.  463;  stiftet  hader:  Erich 
reiste  zwisch«n  Schweden  und  Dänemark  hader  stiftend.  Dahl- 
manx  dän.  gesch.  1,  93 ;   sucht  hader  mit  orfer  an  jemandem : 

drob  suchte  der  kaiser  am  pfälTlein  oft  hader.    Borger  66*; 
fangt  hader  an:  ein  hader,  zank  oder  getätz  anfaben,  aüercari 
.Maaler  204'; 

wenn  eh  ein  hader  ich  volstreck, 

so  fang  ich  einen  andern  an, 

damit  ich  stäts  zu  palgen  han.    II.  Sacbs  1,  53S', 

geräth  in  einen  hader.  Stieler  777;  der  hader  wird  gestillt, 
beigelegt :  das  los  stillet  den  hadder.  spr.  Sal.  IS,  18 ;  der  hader 
ist  gestillt  worden,  contenlio  sedata  est.  Heniscq  1576 ;  er  wird 
gelöscht  icie  ein  brand: 

kein  grossen  hader  hilf  ich  leschen, 

sonder  trag  immer  holz  darzu.    H.  Sachs  I,  539*. 

Bäußg  angeuendet  ist  die  Verbindung  hader  und  zank,  tauto- 
logischer  «atur,  die  zusammenfügung  beider  wesentlich  gleicher 
begriffe  verleiht  der  fonnel  eine  erhöhte  Wirkung:  als  sy  yetzt 
alle  nach  dem  nachtmal  schlaffen  gangen,  der  hader  und 
zank  für  und  für  mit  dem  wirt  und  wirtin  geweret.  Wickbam 
TOÜw.  102,  22  Kurz;     • 

reich  und  arm  thun  bei  einander  selten  gut, 
zank  und  hader  ist  allzeit  ir  guter  mut.     fastn.  sp.  517,  28, 
machen  zank  und  hader  in  der  gmein. 

Soltaü  votkst.  2M  (16.  jahrh.); 
wölt  ir  in  ru  und  frieden  bleiben, 
so  thut  hader  und  zank  vertreiben,    n.  Sacbs  1,  539'; 
ein  muttern,  ein  gezänk,  ein  hader,  ein  geschrei. 

Weckuerlim  720; 
feindschaft,  hadder,  ncid,  zorn,  zank ,  zwitracht.  Gal.  5,  20.; 
das  nicht  hadder,  neid,  zorn,  zank,  afterreden,  ohrenblasen, 
aufhieben,  aufruhr  da  sei.  2  Cor.  12,20;  ebenso  hader  und 
zwist:  herschen  freundlich  und  mit  willen  macht  viel  zwist 
und  hader  stillen.  Schottel  1133*. 

Bisweilen  drückt  aber  hader  nur  die  gelindeste  arl  des  Unfrie- 
dens aus,  und  eine  Steigerung  des  begriffes  enthält  das  folgende 
streit,  zwist,  zank :  daraus  entstand  nun  bald  Unwille,  hader 
und  streit.  Göthe  23,  79 ; 

thue  wie  dir  es  gefallt,  dasz  nicht  aus  dem  hader  in  Zukunft 
beiden,  dir  selber  und  mir,  ein  gröszerer  zwist  sich  erhebe. 

Voss  //.  4,  37, 

«^  rovro  ye  veixos  OTtiaaco 
aol  xal  ifiol  ftey    egtaua  ftsz    aufOTeQOiat  yevtjrat. 
so   gab   es  ein  necken  hinüber  und  herüber,   und  aus  dem 
necken  wurde  hader ,   aus  dem  hader  zank ,   aus  dem  zank 
offener  krieg.  Spielhagex  in  reih  und  glied,  l.  buch  26.  cap. 

Im  viildesten  sinne,  bei  0.  vos  Wolkesstei."«  ist  hader  streit 
unter  li^eslcuten,  liebesneckerei : 

für  allen  schimpf  des  ich  vil  sich 

zö  Nürenberg  frölich  bestellt 

mit  eren,  so  tdt  freuen  mich 

der  hader  wuniklich  gesellt 

von  manger  lieben  frauen  schön, 

und  der  kain  tadel  nie  geflöcht, 

die  sich  dem  hader  machet  hön, 

und  doch  kein  hader  nie  versficht«    83,  1,  tergl.  2,  3. 

Selten  ist  der  plural  hader  im  gebrauch:  in  iren  hadern  und 
gezenken.  Melanchthons  anweisung  in  die  h.  schrift,  deutsch  von 
Spalatisls  (1523)  f.  5; 

die  sich  in  all  bendel  legen, 
all  häder  wollen  riebt  und  schlichtn.    Eteri;<c  1,  126; 

gewöhnlich  entwickelt  hader  keinen  plural,  namentlich  in  der  neuem 
spräche  nicht. 


111 


HADER 


HADER  — HADEUBUBE 


112 


c)  hader  hciszt  auch  der  gericblliclic  streit,  prozess;  wenn  wir 
vom  hader  der  politischen,  littcrarischcn,  confessionellen  Par- 
teien reden,  so  klingt  diese  bcdetttung  noch  nach,  in  Nürnberg 
bezeichnete  man  durch  hader  den  injiirienprozess,  wie  er  vor  einem 
coUegium  von  fünf  ratshcrren  verhandelt  wurde:  die  fünf  hcrren 
am  hader  sitzend.  AYirnfc.  poliz.-ordn.  44.  45;  auf  vcrhorung 
des  handeis  durch  die  herrcn  am  hader.  48.  aber  hader 
vuiste  wol  auch  die  einrede  in  äncm  prozesse  bedeuten,  nament- 
lich die  frivole,  die  wider  besseres  wiesen  vorgebracht  wird,  um 
den  gegncr  m  schädigen ;  so  mag  es  wenigstens  in  dem  folgenden 
SU  verstehen  sein :  darumb ,  wer  eine  böse  sache  gewinnen 
wil,  der  thu  auch  also,  und  wie  die  losen  zungendrcschcr 
für  gericht  thun ,  wenn  sie  die  silbersucht  und  das  gülden- 
fibcr  bestehet,  schelle  und  liege  getrost  auf  die  pcrson,  so 
ist  die  sache  gewonnen,  wie  jene  mutler  ir  kind  Icrel,  lieber 
son,  kanstu  nicht  gewinnen,  so  trag  hadder  ein.  das  hcissen 
solche  lügen,  da  der  lügener  nicht  wehnet  noch  irret  in  der 
heubtsachen,  sondern  selbs  wol  weis,  das  er  leugcl  und 
liegen  wil  wider  die  persoTi.  Luther  8,  SS'. 

Die  andere  hauptbcdeutung  von  hader  üt 

2,  a)  abgerissenes  oder  abgeschnittenes  stück  zeug,  fetzen,  lumpen, 
vielfach  von  lileidungsstücken  gesagt,  die  vor  alter  in  stüclcen  zer- 
fallen; mhd.  hader  wb.  1,608';  "hader  und  alte  cleidcr,  exuric 
voc.  ine.  t heut,  hs";  hader,  lumpe,  pannus  FniscH  1,392";  mit 
einem  hader  den  tisch  abwüschen,  panniculo  incnsam  dctcrgere 
Steisbacb  1,065;  ich  hab  ihn  noch  nie  dazu  vermögen  kön- 
nen, dasz  er  hatte  sein  hofgcwand  machen  lassen  und  er  ist 
mir  unterweilen  in  scheuszlichem  grauem  hader  zu  dienst 
kommen,  dasz  ich  sein  mehr  schand  denn  ehre  gehabt. 
Lasgenx  Sidonic  36;  hätte  sie  die  katze  in  einen  hader  ge- 
wickelt und  weggeworfen.  Chr.  Weise  comüd.  240 ; 

0  weh  dem  der  mit  einem  hadr 
in  seiner  noth  von  disem  badr 
sich  musz  die  kolbe  lassen  reibn. 

B.  RiNCWALD  taut.  warb.  34  (30). 

Zu  diesem  starken  masc.  hader  en^chcint  auch  eine  schwache 
nebenform,  im  ahd.  fem.  hadara  Graff  4,812;  ob  der  auch  dort 
aufgeführte  dat.  pl.  hadarun  diesem  fem.  zufällt,  oder  einem 
starken  hadar,  orfer  endlich  einem  schwaclien  masc.  hadaro,  das 
Scim.  2,150  beibringt,  ist  nicht  zu  entscheiden;  im  mhd.  masc. 
der  hader,  des  hadern:  e  da;  ir  einem  nakefon  dürftigen 
einen  alten  hadern  gebet.  Br.  Bertiiold  59,13;  und  irfrouwen. 
weder;  wjprc  iu  lieber:  der  iu  einen  guoten  niuwen  mantcl 
gaebe,  der  schoene  liebte  varwe  hate,  oder  einen  alten  hadern, 
den  man  mit  einer  spincln  zerschüten  möhlc?  383,9.  diese 
masculine  nebenform  überwiegt  namentlich  im  pliiral  im  vitd.  und 
hat  die  äarke  fast  ganz  zurück  gedrängt,  nur  beim  dat.  plur. 
kann  nicht  ent.<!chieden  werden,  ob  diese  oder  jene  vorliegt:  da 
mit  sie  pei  im  nicht  gemerket  wurden ,  er  sie  in  zerissenc 
alte  hadern  pante.  Steixhöwei.  decam.  77,  28  Keller;  so  kompt 
denn  der  teiifel  und  stoszt  dir  die  kudergunkel  dar,  an  der- 
selben gunkel  spinst  du  zwilich,  unplückhaftige  hadern  utid 
küchin  lumpen.  Keisersrerg  spinxm«  (I510)  a4*;  die  martercr 
. .  giengen  in  haddern  und  bösen  kleidern  herein.  Luther 
4,487';  viele  meiner  guten  Waffenbrüder  und  landesverlhei- 
diger  haben  sich  geärgert,  dasz  die  frauenzimmer  von  aller- 
hand gattungen  ihre  brüst  und  armfleisch  zu  wenig  oder  nur 
mit  durchsichtigen  hadern  bedecken  und  also  zu  sündhaften 
reizungen  anlasz  geben.  Verordnung  A.  Hofers  vom  augusl  1809; 

nach  alten  hadern  ist  mein  frngen 
wenn  «ie  die  meid  haben  abgetragen. 

fantn.  Kji.  374,  .34.    792,  22, 

ich  iirtail  üml>  «ein  prankiern 

und  ümli  «ein  grosz»  hnllorn, 

dan  er  xchol  in  den  hadern  achlinfcn 

und  auch  riarzu  sein  iinsen  triefen, 

und  die  honen  geittriclicn  an  «ein  pcin, 

geleich  «am  aie  geTalten  %e.\n, 

und  sein  xchiinh  uneingeknoprelt, 

und  «ein  hadern  mit  rotz  bflrftprolt.    7^6,  10; 

Tiel  alle  lumpen  «ic  da  uml>  .«ich  rumMier  machte, 
die  hadern  narfn  hnnd,  p.h  warrn  liimnif Ihlaw«', 
e»  waren  grün  und  gelb,  p«  wart-n  rnih  und  grawr. 

It.  V.  D.  Weriikr  Artiml  II,  W.t; 

SO  guck  einmal,  nebst  deinem  theunrn  weihe, 

auf  meinen  rock  durch  deinen  rcttfiterii  acheihe, 

upd  aieh  die  lull  in  hundert  hadern  wehn, 

und  meinen  leih  dem  winter  offen  i<ichM.    HEacKR  3P. 

hadern  oder  lumpen  zur  papicrherrilung  gesammelt.   Rsoci 
511»  3, 19G. 


Doppelsinnig  und  mil  beziehung  auf  die  bedeutung  I,  h  wird 
gesagt :  hader  macht  hader,  das  ist  gut  dem  papirer.  Fischart 
gioszm.  103;  mit  hadern  verleurt  jederman ,  auszer  papier- 
niacher  und  advokaten.  Lehmann  bei  Eiselein  268 ;  manche 
reisset  einen  hader  vom  zäun  herunler,  der  oft  keiner  nusz 
schalen  werth.  mägdelob  43,  denn  der  hader  wird  vom  zäun 
(jeriasen,  gehrochen,  wie  man  das  auch  von  streit  und  zank  sagt: 

wenn  sie  besteht  ir  böser  laun, 

bricht  sie  ein  hader  von  eim  zäun.     H.  Sachs  1,  504*. 

b)  hader  sinnbildlich  für  ein  geringfügiges  ding:  schämst  dich 
nicht,  einen  solchen  hadern  nicht  zu  wissen?  zu  einem 
mädchen  gesagt,  das  nicht  wuszte,  wie  viel  stücke  zur  beichte 
gehören.  Schm.  2, 150. 

c)  hader  als  Schimpfwort  für  einen  nichlswerten  menschen,  vgL 
lump :  ein  schlechter  kerl !  nein !  gar  kein  kerl !  ein  lump 
ist  er,  ein  hadder!  Zelter  4,380. 

d)  fcenn  hader  auch  eine  obscüne  bedeutung  hat  und  das 
herab  hangende  männliche  glied  bedeutet,  so  erklärt  sich  die  redens- 
arl  den  hJidarn  ausraiben ,  pissen  Casteli.i  160;  ausreibea 
heiszt  heraus  wenden,  reiben  hat  für  das  bairische  Sprachgebiet 
auch  die  bedeutung  drehen,  wenden.  Schm.  3,  6. 

Beide  bedcutungen  l  und  2  haben  einen  gemeinschaftlichen 
Ursprung,  allindisch  (jätayämi  haue,  haue  nieder,  schlage,  fälle, 
irisch  cath  niederlage,  schlachl ,  finden  ihren  verwandten  in  ags. 
hcadu  kämpf,  schlaclU,  ahd.  hadu  {hier  nur  noch  in  eigennamen 
vorhanden),  von  welchem  hader  eine  Weiterbildung  i.<t.  rücksicht- 
lich der  gemildeiten  bedeutung  ist  zu  vergleichen  griech.  xoros 
groll,  hasz,  zorn,  welches  auf  die  gleiche  wvrzel  zurückführt,  auf 
der  andern  seile  aber  konnte  sich  aus  der  Vorstellung  des  abhaiiens, 
Irennens,  die  eines  abgetrennten  Stückes  der  kleidung  ergeben,  wie 
aus  der  nasalierten  form  lat.  cento  läppen,  lumpen  erhellt,  das 
ebenfalls  hierher  zu  ziehen  ist.  dasz  hierbei  wenigstens  im  deut- 
schen der  accent  nicht  zuerst  auf  das  verbrauchte,  morsche,  aus- 
einandergehalten e ,  was  vorwiegend  dem  worte  hader  inne  wohnt, 
sondern  auf  das  von  der  hauplkleidung  abgetrennte,  isolierte  fällt, 
erhellt  daraus,  dnsz  in  Schlehen  der  schleier  einer  braut  hader 
heiszt  (M.  Wai.dau  in  Prutz'  muscum  1852, 1  .t.  40),  ebenso  bair. 
hadern  kopßuch  der  weiber ,  pranghadern  v\ansclwlle,  schneuz- 
hadern schnupituch  SciiM.  2, 150.  dieser  begriff  eines  abgetrennten 
Stückes  zeug  tritt  eben  so  sichtbar  hervor  in  handhadern  hand- 
tuch  das.  auch  Hofer  in  seiner  oben  angeführten  Verordnung 
gehl  bei  dem  gebrauch  des  Wortes  hader  von  diesem  .linne  aus, 
doch  mit  hinblick  auf  die  verächtliche  andere  bedeutung.  figürlich 
heiszt  in  llaiern  hadern  auch  ein  kleiner  häufe  heu,  der  aus  den 
Schwaden  zusammen  geharkt  wird. 

Alles  das  bestätigt  die  ursprüngliche  ftemeinschaflliche  abkunft 
der  beiden  jetzt  so  weil  getrennten  begriffe;  sie  wird  noch  mehr 
durch  zweierlei  bewiesen:  einmal  durch  die  nebenform  zu  hadel 
hader  mit  geschwächtem  wurzelvocal  hudel,  huder  {s.  d.),  welches 
eben  so  wie  hader  die  bedeutungen  streit,  zank  und  lumpen  auf- 
weist,  und  dann  durch  das  begrifflich  gleiche  fetze,  fitze  mil 
seiner  sippe ,  fetze  lumpen  (3,157.5),  gefetz  streit  (hader,  zank 
oder  gefätz  Maai.er  204'),  fitzeln,  fitzen  schlagen,  weben  und 
wirren  (3,1695.  16961,  oy.«.  fetlian  strriten,ül  gefecht ,  streit. 
rffe.«e  wiirter  weisen  auf  eine  deutsche  würzet  fat  mit  der  ursprüng- 
lichen bedeutung  zerhauen,  spalten,  zu  der  nalie  (wiewol  nach 
dem  lautverscliiebungsgesetzc  nicht  genau  stimmend)  altindisch  pa^ 
.tpallen,  schlitzen,  rei.'izen  tritt  (Böhti..-Botii  4,377);  ud-pat 
hei.^zt  vernichten,  pata  gewebtes  zeug  [das.  378).  gemiuer  zur 
deutschen  würzet  noch  stellt  sich  griech.  rtr^üor  ruderblalt,  welches 
eben  auch  auf  die  Vorstellung  der  Spaltung  zurückgeht,  goth.  litan 
gebären  hat  dem  gegenüber  aligezogencn  -sinn,  es  marläert  das 
auseinandergeben  der  geburt.^heile. 

HAUKHBALG,  m.  verächllirh  haut,  leib  einer  hadernden  person, 
nach  balg  3,  theil  l,  tos.->: 

desz  wird  irra  pentel  o(\  pezwngen 

und  ir  der  haderhalg  zerschlagen.     11.  Sach»  I,  .')04* . 

dann  als  Schimpfwort  für  rin  zdnkL'iches  wrib.  Frisch  1,  392*. 

HABKBBfinKN,  m.  in  Papierfabriken  der  baden,  wo  dir  vt 
papier  zu  verwandelnden  hadern  lagern,  der  haderhoden  nach 
französischer,    englischer  oder  rheinischer  art  eingerichtet. 

HAIlKBBHIKF,  m.  In-ief  welcher  hnder  verursacht:  denselbigen 
hadderbrief,  welch«  halben  mich  hertzog  George  aufrhürisch 
schilt.   Ldthkb  0,  6*. 

HAUKHBL'BK,  m     lumpiger   hübe,    lump    (rergl.   hader  2,  c 

• ' I- 

lampr  hin,  du  kleiner  haderhuh! 

Oi'Ki.  lind  (;oili«  243,  ß. 


113 


HADERBLCn— HADERER 


lUDERFELD  -  HADERKATZE 


114 


HADERBLCH,  n.  l)  buch  enthaltend  die  prolokoUe  über  ge- 
richlshändel  (5.  hader  l,c  v«/).  111),  namentlich  injurienprocesse  und 
die  in  diesen  erkannten  strafen :  derer  narnen ,  so  vor  dem 
fünfergericht  zu  Nürnberg  verklaget  werden  und  stehen  müs- 
sen, werden  ins  haderbuch  geschrieben,  welches  viele,  zumal 
die  unschuldig  sind,  gar  ungerne  sehen  und  haben.  Halt- 
Acs  771; 

es  wird  nichts  guts,  schwer  ich  ein  eid, 
wenn  euch  der  jud  hie  solt  verklagn; 
icb  rieth,  ihr  list  die  sach  vertragn  .  .  . 
so  ist  es  in  dem  ganzen  iand 
euch  als  eim  alten  herrn  ein  schand 
,  euch  in  das  baderbuch  zu  schreiben. 

ÄVREB  fastn.  sp.  24»  (2455,  36  Kelter); 
darumb  habt  ihr  zu  danken  mir, 
dasz  ich  euch  also  einher  fuhr 
und  setz  euch  in  das  haderbuch, 
dasz  man  euch  beim  Herostrat  such. 

FiscHART  ijrostm.  45. 

2)  im  andern  sinne  bei  Hesisch,  der  darunter  ein  schmierbuch, 
concept ,  kladde  versteht,  in  das  flüchtig  eingetragen  tcird;  den 
hadern  in  der  bedeutung  2,  a  klebt  die  nebenbedeutung  des  un- 
reinen an  und  so  macht  man  einen  aufsatz  erst  ins  unreine, 
schreibt  Um  dann  ins  reine:  haderbuch,  sudelbuch,  memorial, 
adversaria,  liber  memorialis  547. 

HADERDISTEL,  f.  eine  distelart :  hadderdisteln  «n/er  rfen  m 
juni  einzusammelnden  und  zur  arznei  zu  verwahrenden  krdulern 
bei  BüCKLEB  haus-  u.  feldschule  (16S3)  s.  137 ;  baderdistel  Schscbr 
liunst-,  haus-  u.  uunderbuch  (1664)  s.  228. 

HADERECK,  m. ;  asinus,  scheifisch,  hadereck  Frischli.v 
nom.  14m'. 

HADEREI.  f.  streit  und  zwar  a)  blutiger,  rauferei:  ein  erber 
rate  hat  zu  herzen  genomen  und  bedacht  die  meniglich  auf- 
ruer,  zweinung,  misshandlung,  haderei  und  Verwundung,  so 
sich  bissher  oft  und  dick  erhebt  haben,  l^ürnb.  poUzeiordn.Ai; 

kurzweil  tet  in  erleschen, 

zuletzt  ward  haderei, 

da  fall  man  vil  der  reschen, 

schlugen  als  woltens  dreschen.    Uhlai^d  657. 

b)  auch    nur   streit   mit   Worten,   gezänk:    es   leuft    auf  eine 

haderei  hinaus,  res  tendit  ad  jurgium  Stieler  777; 

wann  sie  der  hedrei  stetigs  haben  gepflegen, 

die  weil  ir  vater  ist  tot  gelegen,    fuslit.  sp.  b~,  16. 

der  begriff  mildert  sich  noch  weiter  zu  dem  bloszen  der  veru-ir- 
rung ,  des  aufsehens ,  lärmens ,  spectakels:  0  myn  Chreine,  ich 
beger  euch  din  selbs;  weist  aber,  das  alle  dise  hadery  von 
dynen  wegen  bescbehen  ist?  Terentius  deutsch  (1499)  71*,  nach 

0  mi  Chreraes,  te  ipsum  expeetabam. 
sein  tu,  turbam  hanc  propier  te  esse  factam? 

Eunuch  4,  6,  6. 

HADERER,  m.  den  beiden  hauptbedeiUungen  ton  hader  ent- 
sprechend. 

1}  ein  Streiter,  raufer,  zänker:    die  ufsefzigen,  die  hederer, 
die  boslistigen.  Jou.  Plrgoldts  rechtsbuch  von  Ortloff  20S;  abe 
sich   ein    schepfe   an    dem    gericht  verkoset,    darumb  er  zu 
busse  mocht  komen,  do  suln  die  andern  vor  ine  bieten  und 
des   sol   man   sie   gew  eren ;    es  wer  den  sache ,   das  er  ein 
hedderer  wer,   und  wulde  sich  daruif  lassen,    der  sulte  sin 
ebentheuer  sIehin  als  ein  ander  man.  weisth.  3,  360  (U.  jahrh.) ; 
haderer  und  krieger,  gestuosus,  homo  lUigiosus   voc.  ine.  tlieut. 
hs*;    zorniger  und  unrüwiger  haderer  der  nit  ruwig  ist,    er 
stifte    dann    vil   zanks    und    haders  an,   aliercator  turbidus  et 
iracundus  Maaler  204';    herr,    haddere   mit  meinen  haddern 
n-ar.  hadderern),    streite    wider   meine    bestreiter.  ps.  35,1; 
ich    wil    mit    deinen    hadderern  (rar.  haddern)  haddern.   Jes. 
49,  25;  dise  fabel  ist  wider  die  ungestOmmen  zanker,  haderer. 
SiEiNBöwEL  (1555)  41;  so  würde  der  mann  gantz  tugendhaft, 
er  wer  denn  gantz  ein  haderer.  .iimon  bog.  GS; 
betbörte  badrer,  laszt  euch  rathen, 
vertraut  die  wolle  nicht  den  scharfen  advocaten; 
oft  ist,  was  ihr  gewinnt,  nicht  halb  der  kosten  werth. 
Hagkdobn  2,  39; 
sie  wollea  nun  als  beiden  fechten 
und  nicht  wie  kleine  badrer  rechten.    2,  55. 

Bei  den  Jägern  heiszen  haderer  aucli  die  fangzähne  des  wilden 
scliweines  Schottel  haublspr.  403,  Nehmch  4, 1405,  es  sind  die 
zxhne,  mit  denen  es  streitet,  kämpft,  und  die  sonst  waffen,  wehr- 
zahne, gewehr,  gewerft  genannt  werden. 

2)  der  mit  hadern  oder  alten  zerrissenen  kleidern  handelt :  unde 
du  manteler  und  du  hederer,  dlner  trügenheil  gerätcnt  die 
riehen  ouch  gar  wol:  ej  sint  niuwan  arme  liute  die  du  be- 
triugest.  Br.  Bertiiolü  S6,  11. 

IV.  H. 


HADERFELD ,  n.  .•  mit  welcher  form  dann  .\spasia  den 
Xenophontem  und  sein  hauszfraw,  die  alweg  im  haderfeld 
gelegen ,  widerumb  ainig  und  fridlich  gemacht  hat.  Fucns- 
perceb  deutsche  dialectica  (1533)  49'.  das  vort  ist  gebildet  wie 
Schlachtfeld,  der  sinn  gemildert  nach  hader  1,  b  sp.  109.  vergl. 
feld  8.  b  theil  3. 1478. 

HADERGEIST,  m.  i'ois: 

auf  diesem  {der  Pallas  schitd)  webten  badergeist  und  kraft 
und  wilde  mordbegier.  BcKCEa  167*. 

HADERGERICHT,  n.  gericht  für  injuriensachen :  ein  Judi- 
cium in  der  Stadt  Coburg,  welches  man  das  Stadt-  rüge-  oder 
hadergericht  genennet.  Haltacs  771. 

HADERGERX,  m.  trico,  jurgiosus.  Stieleb  647. 

HADERGESCHREI,  n.  lautes  zanken  und  streiten:  darauf  der 
sponheimische  Schultheis  die  schöffen  abermahl  ..  ermahnet, 
alles  dasjenige,  was  rugbar  seie,  als  frevel,  hadergeschrei, 
blutige  wunden,  wie  von  alters  fürzubringen,  weisth.  2, 1S9. 

H.\DERHAFT,  adj.  contentiosus,  rixosus.  Frisch  1,  392':  von 
unruhigen  haderhaften  leuthen.  Haltacs  771;  haderhafle 
Sachen,  res  litigiosae ,  contenliosae ,  conlrorersae  Stieler  777; 
huderhaftes  und  zänkisches  weih.  Wesemgk  spieUieben  il'Oi)  46. 

HADERHAFTIG,  adj.,  was  haderhaft:  es  soll  aber  ein 
bischofif  unstreflich  sein,  . .  nicht  hadderhaftig,  nicht  geitzig. 
iTim.  3,3;  ein  zenkisch  hadderhafligs  volk.  Lcther  4.126"; 
ein  kriegsmann ,  hadderhaftig,  war  ins  gefengnisz  gelegt 
worden ,  darumb  dasz  er  einen  hart  verwundet  halt.  /i5f/i- 
reden  315';  ein  böses  haderhaftiges  und  unleidesames  weib. 
Mentz  Stammbuch  der  heuser  Sachsen  iWiltenb.  lb9S)  s.  l';  had- 
derhaftig (weib).  Roth  hausmutier  ABC  hs';  in  dieser  unge- 
stümen und  haderbaftigen  zeit.  B.  Ringwald  laut.  warb.  a6'; 
ein  haderbaftigs  oder  zanksüchtigs  wort.  Simpl.  3  (1699),  3S7. 

HADERHAFTIGKEIT,  f.  animus  rixandi  cupidus.  Stei.ibach 
1,  665. 

HADERHERZ,  n.  .•  (Christus)  nimpt  weg  den  kriegsmut  und 
das  haderherz.  Lltiier  3,  ISO'. 

HADERICHT,  adj.  nach  den  zwei  hauptbedeulungen  von  hader. 

1)  zänkisch,  streitsüchiig :  haderichler  mensch,  homo  inquietus, 
turbulenlus,  seditiosus  Stieler  777 ;  hadericht  rancorosus  Diefes- 
BACH   4S4'. 

2)  lumpig,  abgerissen,  kämt.  hAdrat  lumpig,  xotlig,  verwirrt 
Lexer  145;  haderot  und  zerrissen,  lacinosus,  laceratus,  pan- 
nosus  roc.  ine.  theut.  hs*. 

HADERIG,  adj.  was  hadericht:  1)  haderig  rirosus  Dasyp. ; 
hiiderig,  kybig,  der  in  allen  dingen  das  widerspil  halt,  all- 
wägen im  widerspil  ligt.  Maaler  204*;  häderig  und  zänkisch 
sein,  delUigare,  häderige  dispulatz  liligiosa  disputatio,  häderige 
gericht,  fora  lUigiosa  das.;  glychsam  den  hadrigen  wyben. 
Zwi.NGLi  1, 175.  in  der  oben  unter  haderhaftig  angeführten  stelle 
1  Tim.  3, 3  lesen  alte  einzeldrücke  des  neuen  testaments  nicht 
hadderig.  Bi.ndseils  bibel  7,  I6I. 

2)  haderig,  zerlumpt,  in  lumpen:  er  geht  haderig  imd  ab- 
gerissen umher. 

HADERIN.  f.  mulier  altercans  Stieler  776. 

H.\DERISCH,  adj.  zanksüchtig,  streitliebend :  haderisch  ranco- 
rosus voc.  ine.  theut.  h  s" ;  häderisch  jurgiosus,  irrilabilis,  rixosus 
Dasyp.;  wil  auch  mit  haderischen  leuten  nit  zanken.  Melan- 
CHTno.N  bericitt  und  ratsciäag  vom  streit  des  heil,  nacldmals  (1560)  13 ; 
häderisch  und  zankhaft.  Hltte.n  ton  Münch  5, 187 ;  es  mfisz 
jederman  etwas  haben,  das  er  nit  gern  hat  . .  der  reich  und 
ein  unfruchtbar  weib,  der  gnug  und  ein  zänkisch  häderisch 
weih  darzu,  die  im  keinen  friden  laszt,  der  übel  gerathne 
kinder.  Agric.  spr.  (1560)  154';  ein  viel  geschwetzigen ,  ge- 
spötligen.  haderischen  menschen.  Paracelscs  (1616)  1,913'; 
die  geistliche  scind  mehr  haderisch  als  andere,  clerus  amat 
Utes.  Stieler  777; 

doch  bös  hedriscb  lüt  zur  zit 
machen  Uneinigkeit  mit  strit. 

Le>z  Schwnbenkrieg  26'; 
unverträglich,  hädrisch  und  zenkisch. 

II.  Sachs  2,  2,  SOf; 
zinkiscb  und  hädriscb  immerdar.    5,  227*; 
hofTertig,  badrisch,  buriscb,  hart, 
das  ist  der  ketzer  vierte  art. 

Encert  (I5S1)  bei  Höpfner,  reformbestrebungen  auf 
dem  gebiete  deutscher  dichlung  c  16. 

HADERKATZE,  f.  schelte  für  eine  zänkische  person,  wie  man 
katze  als  Schimpfwort  gebraucht ,  vergl.  5, 287.  nach  dem  ge~ 
scidechle  gilt   es   zunächst  für   ein   büses  zanksüchtiges  weib;   in 


u; 


HAOEHK.VrZE  — II  ADERLUMPE 


HADERLUMPE  — HADERMETZE 


116 


einem  sclinanke  von  H.  Sachs  hietel  ein  mann  kalzcn  feil,  eine 
schmeiclielkatse,  faule  katze  «.  s.  w. : 

die  driit  das  ist  ein  haderliatz, 
die  allmal  marr,  gron,  krell  und  kratz 
mit  iiachbarn,  kiiiden,  magd  und  knechten, 
stät  hat)  zu  zanken  und  zu  rechten.     1,  öOV. 

im  sprichwoii  wird  die  armut  personificiert :  armuth  ist  eine 
hadei'katzc.  Sciimid  scliwab.  wb.  ('.21.  ebenso  häufig  aber  von 
einer  zdnkifchen ,  raufsüclitigen  person  überhaupt,  ohne  rüclisicht 
auf  das  geschlechl :  wenn  eine  hadcrkatze  unter  dem  häufen 
wSre.  Chr.  Weise  A7.  leule  202;  alle  stürmische  und  beisziple 
haderkalzen.  277;  und  wie  sehr  oft  ein  friedliebendes  herz 
bemüht  ist,  sich  von  einer  haderkatzen  los  zu  wirken,  so 
will  sie  ihm  doch  immer  in  die  wolle.  Scriveb  andachten 
(1721)  29.  und  dann  (jeradezu  und  ausdn'icklich  von  männern, 
wie  auch  der  falsche,  listige  mann  eine  katze  gescholten  wird: 
welche  die  rechten  Cadmesbrüder  und  haderkatzen  und  land- 
aufwiegler  ..  sein.  Mathes.  Sar.  154*;  von  seufcrn,  Spielern, 
leichtfertigen  ,  groben  haderkatzen.  L.  Thurneisser  nothgedr. 
ausschreiben  (I5S4)  vorrede  7;  gedenke  dasz  die  heilige  schrift 
nicht  lüge,  die  da  sagt,  dasz  die  geilzige,  die  neidige,  zorn- 
süchtige haderkatzen ,  balger  und  niörder  . .  schwerlich  das 
reich  gottes  werden  besitzen.  S/mp/.  3, 193  Kurz;  haderkatzen 
nennt  Kirchhof  kriegskneclüe  die  sieh  streiten,  vülü.  disc.  138; 

den  kecken  heisset  sy  (die  weit)  ein  haderkatzen. 

mcislerl.  f.  23  «o.  245 ; 
den  kühnen  nennts  {sie,  die  well)  ein  haderkatzen. 

H.  Sachs  4,  3,  57''. 

HADERKLOTZ,  m.:  ehe  sie  {die  eheleule)  sich  recht  wider 
vereinigen,  rieht  er  {der  satan)  alsbald  wider  unglück  an, 
wirft  «ider  ein  haderklofz  zwischen  sie  beide,  zündet  ein 
neues  feuer  an.  A.  Musculus  eheteufel  (1564)  bl.E*.  vgl.  klotz 
4,  6  und  c,  theil  5, 1251. 

H.\DERL.\DE ,  f.  beim  papiermacher  ein  kaslen ,  wie  eine 
futterlade,  worein  die  hadern  geworfen  werden,  wenn  man  sie 
mit  dem  schneidezeuge  zerschneidet.  Jacodssox  techn.  wb.  2, 184*. 
HADEHLAPPEN,  m.  linleum  detritum:  das  köstliche  tcller- 
tuch,  das  durch  öftern  gebrauch  des  ehemaligen  besitzers 
etwas  unscheinbar  worden  war,  diente  dem  unwissenden 
gerichtsschreiber  zum  hadeiiappen ,  die  schwarzen  fluthen 
eines  umgestoszenen  dinlenfasses  damit  aufzutrocknen.  Mu- 
saels  volksm.  152.     vergl.  haderhimpe  1. 

HADERLAÜS,  f.  pediculus  vcstibus  insidens  Steinbach  1,1001: 
mich  beiszen  hart  die  haderleuss, 
auch  essen  mir  mein  brod  die  meuss. 

H.  Sachs  4,  3,  62«; 
desgleich  peinig  uns  die  haderleuss.    3,  3,  73'; 
die  floch  und  auch  die  haderleuss.    3,  3,  63'. 

HADERLEIN,  m.  n.  diminuliD  zu  hader. 

1)  H.Sachs  braucht  häderlein  in  der  Stellung  eines  ersonnenen 
namens,  als  anrede  an  einen  zänkkchen  menschen  2,  2,  9',  ferner 
stellt  er  den  hederlein  als  geisl  des  zankes  hin ; 

der  hederlein  bin  ich  genant, 
zenkischen  Icuthen  wol  bckant.    1,  538*, 
er  sprach:  kenst  nit  den  hederlein? 
ich  .«prach,  ich  hab  hei  meinen  tagen 
vom  liederlein  oft  hören  sagen, 
wie  das  er  sei  des  zcnkicins  bruder.    .538'. 

2)  hadcrlcin  sive  häderlein  lineamentum  Stieler  777;  man 
macht  aber  unser  papier  aus  alten  hederlein,  die  man  stampfet 
und  gleich  zu  einem  mus  machet.  Mathesius  97';  Christus 
iigt  noch  heut  zu  tage  in  den  papiren  windelein  und  allen 
hederlein,  wie  er  z«  Bethlehem  in  seiner  mutter  allen  lüch- 
lein  eingewickelt  war.  Itl";  hüderlein  aus  fdselein,  lineamen- 
tum carptum  sire  roUum  {wir  brauchen  jetzt  dafür  das  fremde 
charpie),  geschabtes  ra.tile,  gedrehtes  hüderlein  tortile  Stieler 
777.  in  Bairrn  bedeutet  htkderlein  ein  hdufchen  zusammen  ge- 
rechten heus.  ScHM.  2.  150. 

IL\nERLElTE,  pl.  Irieones  Dasyp. :  die  man  auch  beschul- 
digt  daiz  sie  haderleiit  wcren.   Freof.r.     s.   hadnrmann. 

HADERLUMI'E,  -LUMP,  -LUMPEN,  m.  I)  fetzen,  lumpe, 
rorzäglich  auch  ein  in  lumpen  zerfallenes  kldhinißslück  {vergl. 
hader  2,  a) :  wie  ein  bettlersmantcl  zu  häuf  gedickt  von  vielen 
haderlumpcn.  Luther  lischr.  270';  eine  bettlrrin.  die  den  brust- 
krrb»  limuliert ,  hatte  heimliche  rfthrlHn  von  hollundcr  neben 
lind  unter  die  hrnsl  ge9lecket,  durch  welche  die  vermt«rhle 
inilrh  und  bUit  au«  dem  «chwamm  in  ihre  untcrgestecktc 
haderlumprn  liefen.  Happp.l  ocmI.  rom.  '"'i; 


—  ists  nicht  die  grösztc  schände, 
dasz  mich,  der  ich  so  o(t  mit  seidenem  gcnande 
bekleidete  des  landes  grazien, 
die  weit  nun  läszt  in  haderlumpen  gehn?    BönciiR  3t». 

als  bild  einer  verächtlichen  klcinigkeil:  erbtheilnng,  wobei  sich 
die  flau  tante  über  jeden  haderlumpen  zankte,  memoiren  des 
riltcrs  v.  Lang  1,  69.  die  lumpensummier,  die  die  hadern  zu.iam- 
menkaufen,  schreien  auf  der  strasze  haderlump  !  «m  rfie  Verkäufer 
aufmerksam  zu  machen,  schon  fastn.  sp.  374,  33. 

2)  haderhimpe  wird  nun  auch  übertragen  von  der  sache  auf 
die  person  die  damit  in  beziehung  steht,  und  zwar 

a)  auf  den  der  mit  lumpen  handelt,  den  lumpensammler :  ^er 
haderlump  ist  da!  rufen  die  kinder,  wenn  sie  den  lumpensammler 
sehen,  der  Uinen  jene  abfalle  der  wirtschaß  gegen  ein  bild  oder 
ein  band  austauscht,  in  Tirol  hüderlump   Fromm.  6,155;  und 

b)  auf  den  der  in  lumpen  einhergeht :  er  ist  ein  rechter  hader- 
lump ,  an  abgerissener  mensch;  pannuäus  haderlump  Diefen- 
rach  410'. 

Das  Wort  i,st  eine  Verbindung  zweier  wesentlich  gleicher  begriffe; 
das  nicht  recht  gangbare  hader  mochte  schon  früh  gröszere  deut- 
lichheil durch  das  beigesetzte  lumpe  erzielen  wollen, 

HADEHLUMPENKLEID,  n.: 

allein  der  lohn  für  meine  trcITlichkeit 

ist  hungersnoth,  ein  haderliimpenkleid.     üürgkr  31*. 

HADERLUMPENMANN,  ni.  lumpensammler.  Adelung, 

HADERLUMPENSCHREIER,  m.  der  nach  haderlumpen  schrrU 
{vgl.  oben),  lumpensammler.   Frisch  1, 392'. 

H.\DERLU.MPER,  m.  pannuciarius.  Stieler  1140:  ein  hader- 
lumper ,  der  erst  heut  mit  fetzen  umbgangen ,  soll  morgen 
schon  wissen,  drein  zu  schlagen,  dasz  fetzen  gibt?  Abr. 
a  S.   Clara  auff  auff  ihr  Christen. 

HADERLUMPICHT,  adj.  pannosus.  Diefenr.  tioi'.  gloss.  278*. 

HADERMACHER,  m.  slreUstißer :  den  haderniacher  aber 
warfen  die  kinder  mit  dreck  zur  Stadt  hinaus.  Hennkberger 
landl.   455. 

HADERMANN,  m.  zänker ,  streitsüchtiger  mann:  haderman, 
haderer  allercator  Maaler  205":  man  vindet  vil  der  hadeimann 
die  on  ursach  umb  üppige  ding  dye  richter  bekümereiit. 
Steinhöwel  (1487)  6/.  58;  des  Aristoteles  philosophey  beküm- 
mert mich  nichts,  dann  was  geet  mich  das  an,  was  der 
berürt  haderman  für  ain  malnung  gehabt  hat.  Melanchthons 
anweis.  in  die  heil,  schriß,  deutsch  v.  Spalatinus  (1523)  39 ;  wer 
hie  will  ein  hadermann  sein,  der  mach  sich  weit  von  leulen 
und  fahr  in  wald  nach  scheuten.  Garg.  82';  ich  sei  ein  scep- 
ticus  und  hadermann.  Freder; 

oder  trilft  er  kein  haderman, 
dasz  er  olin  hader  geht  darvon. 

H.  Sachs  1  (1590),  312'; 
du  (ludst  an  mir  kein  haderman.    2,  4,  26*; 
du  flnst  kein  haderman  an  mir.    3,  3,  45'; 
wiltu  denn  ein  liadermann  sein, 
so  fahr  ins  holz  nach  scheiten. 

HoFFMANN  gesellsch.  110, 

vergl.  oben  das  cital  aus  dem  Garg. ;  mit  der  Vorstellung  des  ins 
holz  fahrcns  verband  sich  der  neben.<!inn  des  nimmer  wieder- 
kotnmens,  vergl.  fahren  3, 1253  oben  und  holz. 

Das  wort  wird  nach  dem  17.  j(i//r/i.  ungewöhnlich,  Stieler  1235 
verzeichnet  es  noch,  heute  würde  man  unter  hadermann  f/i<T 
einen  verstehen,  der  mit  hadern  handelt,  als  plural  dient  gewöhn- 
lich haderleute  {oben  sp.  115),  obschon  auch  die  hadermann  o6cr» 
belegt  i.ü  Und  hadermiinner  nicht  fremd  klänge. 

HADEIIMARKT,  «i..-  sie  sollen  uns  nicht  an  Ire  gerichts- 
stille und  haddermerkte  ziehen.  Li'Ther  /i,sc/ir.  161*.  es  ist  die 
Stätte,  wo  der  hader  gewissermaszen  als  waare  feil  geboten  wird, 
leicht  zu  haben  i.st.     vergl.  auch  klappermarkt  5,  070. 

HADEUMEIER,  f»».  erster  unter  Zänkern,  erzzänker ;  meier 
steh!  in  der  bedeutung  major ,  obersler,  erz-,  wie  in  hurenmeicr 
(s.  (/.);  neuer  aber  eben  so  gebildet  ist  beul  meier  erzheuter, 
reactionär:  oder  was  Politian  aus  ihnen  {den  homcrutchen 
gedicliten)  hat  gestolcn  und  der  hadermeier  Lorich  dürfen 
holen.   Garg.  22*. 

HADEHMESSER,  n.  messer.  das  die  für  die  papier fabrication 
bestimmten  hadern  zerschneidet :  in  diese  haderladc  werden  die 
lumpen,  die  innn  zerschneiden  will,  gelegt,  die  jchiencn  der 
walze  ergreifen  die  lumpen  und  schieben  sie  zwischeu  zwei 
liaderines.xer.  Jacobs^on  technol.  wb.  4,  24*. 

HADKItMETZE.  f.  schelte,  zunächst  ßr  ein  zanksüchtiges  »eih, 
d'i  uwli.c  ursprünglich  koseform  des  in  niedern  schichten  frülur 
sehr    gruühiilifhen    namens    Merlilhild    m/    und    dann    auch    als 


ir 


HADERMETZE  — HADERN 


HADERN 


118 


terächtlkbe  benennung  eines  frauenzimmers  übeihaupl  steht: 
hadennälz  altercatrix  Maaler  204';  die  haderaietz  Xanlipe. 
L.  Thcbneisseb  nothgedrung.  ausschreiben  (15S4)  von.  15;  zwo 
böser  hadermetzen  und  zankischer  vetleln.  Frey  garteng.  27 ; 
weiber  sollen  nicht  hadermetzen  sein,  buch  der  liebe  2S7,  3; 
gegen  alte  hadermätzen  und  kuplerinnen.  Phila.nuer  1,  24.  28. 
Aber  das  vort  tcird  auch  auf  zänkische  männer  übertragen ,  me 
haderkatzc  (oben  sp.  115),  klapperbüchse  (5,967),  plauder- 
tasche:  es  ist  ein  uneeriich  ding,  da  ein  mensch  also  ein 
hadermetz  ist,  besunder  ein  mannsnaro,  der  also  immer- 
meder  hadert.  Keisebsb.  sünd.  d.  m.  42";  der  ein  (von  zu:eien 
vor  dem  bürgermeisler  streitenden)  war  aber  insunderheit  ein 
nidige  hadermetz.  Wicsram  roUw.  50,24  Kurz;  der  fried  liebt, 
ist  nit  gern  umm  zankische  hadermetzen.  S.  Frans  sprichw. 
(1541)  1,8'; 

das  mich  (den  hedeitcin)  sol  furchten  jederman 
und  für  ein  hadermelien  hau.    U.  Sachs  1,  539*; 

die  Lösten  rott  er  an  im  hat 
so  mans  find  in  der  ganzen  stat, 
damit  thut  er  sicli  täglich  paign, 
bawen  und  in  dem  koi  umbwalgn, 
er  ist  ein  lauter  hadermetz.    522'. 

FiscHABT  hat  die  u:eUerbildung :  heerhuren,  . .  grempelfrawen, 
haderbadermelzen ,  schloszmägd,  würtsmagd,  schmallzhäfen. 
groszm.  83 ,  vielleicht  nur  des  reimspiels  icegen ,  icie  man  sonst 
humpelpumpel,  hampeln  und  bambeln  gebraucht,  hättebätte  in 
Schwaben  ein  einfältiger  mensch.  Schmid  schwdb.  vb.  253;  doch 
vergi  badermagd  1, 1074. 

HADER.METZIG,  adj.  zu  dem  vorigen :  hadermelzige  weiber. 
Fischart  groszm.  72. 

HADEK.N,  rerö.  in  zirei  hauptbedeutungen. 

1,  a)  streuen ;  tceniger  tcird  der  thäiliche  streit,  den  das  subst. 
hader  (sp.  109),  uieuol  selten,  ausdrückt,  durch  das  verbum  be- 
zeichnet, als  vielmehr  der  streit  mit  warten,  das  zanken:  hadern 
und  kriegen,  gestire,  cerlari  voc.  ine.  theut.  hs";  ich  hadder 
jurgo  Alb.  ;  haderen ,  etwas  zanks  und  haders  mit  einander 
haben  ,  jurgare ,  adjurgare ,  altercari ,  contendere,  rixari,  velitari 
Maaler  204';  bescheiten,  hadern,  strafen,  objurgare ,  arguere, 
debachari  Hesisch  303;  dise  stat  heischet  und  erfordert  an- 
dere Sitten  und  geberd  den  zu  hadern  und  zu  kriegen.  Kei- 
sersberg  pred.  an  bisch.  Albr.  u';  die  gerne  haddern  sind 
allzumal  narren,  spr.  Sal.  20, 3 ;  erinnere  sie,  das  sie  . .  nie- 
mand lestern,  nicht  haddern,  gelinde  seien.  TU.  3,2;  gottes 
wort  ist  das  in  allen  crealuren  weset,  in  allen  gleubigen 
prediget,  in  allen  gottlosen  kifet,  küpiet,  hadert.  S.  Frank 
4,160;  wie  gadts  doch  zu,  dasz  ir  bauern  so  an  einander 
kommen  mit  hadern,  fetzen  und  raufen?  Wicrram  roWic.  20,1 
Kurz ,  hadern  meint  hier  die  gelindeste  art  des  breites ,  den  mit 
Worten,  fetzen  und  raufen  steigern  zum  thätlichen  ;  er  zöge  einen 
wilden  hart ,  also  daj  er  zu  verstehen  gab ,  was  er  für  ein 
unruhig  herlz  und  ein  willen  zu  hadern  trüge.  Kircbhof 
wendunm.  370';  welche  zwar  für  sich  selbst  nicht  haddern 
oder  zanken ,  sie  reitzen  aber  andere  leute  an  zum  zanken 
und  haddern.  J.  B.  Schlppics  305;  denenjenigen  ursach  zu 
hadern  geben,  die  da  höher  waren  als  ich.  Felsenb.  2,  417. 

Man  hadert  mit  oder  wider  meinen  gcgner:  und  das  Tolk 
liaddert  mit  Mose.  4  Mos.  20,  3 ;  die  mit  dem  herrn  haddern, 
müssen  zu  grund  gehen.  1  Sam.  2,  10;  hadder  nicht  mit 
jemand  on  Ursache,  so  er  dir  kein  leid  gethan  hat.  spr.  Sat. 
3,30;  ah  meine  mutler,  das  du  mich  geboren  hast,  widder 
den  jederman  haddert  und  zankt  im  ganzen  lande.  Jer.  15,10; 

werden  die  leiden 
endlich  euch  lehren,  nicht  mehr  wie  sonst  mit  dem  bnider 
zu  hadern?    Göthe40,  2S6; 
wenn  jemand  mit  dir  hadern  will, 
so  raih  ich,  dasz  du  schweigest  still, 
und  ihm  nicht  helfest  auf  die  bahn, 
wo  er  dich  wollte  haben  han. 

Fiiscubier  sprichic.  1437. 

gegner  hadern  mit  einander,  unter  einander:  und  wurden 
unter  einander  haderen.  Stei>höwel  (1555)  bl.l;  die  frawen 
fiengen  an  mit  einanderen  zu  hadern.  Pacli  schimpf  55';  sy 
haderend  und  würtlend  mit  einanderen  wie  die  weiber,  alter- 
cantur  inier  se  mulierum  ritu.  Maaler  204*;  weil  die  wjrthin 
mit  ihrem  mann  hadert  und  zankte.  Zinkgref  apophth.  (1653) 
3,254;  das  theater  hat  oft  einen  streit  mit  der  kanzel  ge- 
habt; sie  sollten,  dünkt  mich,  nicht  mit  einander  hadern. 
GöTHE  18,100;  auch  reflexiv  er  hadert  sich  mit  einem  (wie 
zanken,  streiten):  jener  Isracliter,   welcher  sich  mit  einem 


andern  haderte.  Mistwert  fluclispiegel  57;  von  zweien,  sie  ha- 
dern sich:  wenn  sich  menner  mit  einander  haddern.  iMos. 
21,  IS;  da  sie  sich  mit  einander  haderten,  apoä.  gesch.  7,26; 

als  sie  sich  nun  lang  haderten, 
und  mit  einander  schnaderten, 
zuletzt  begundea  sich  zu  raufen. 

B.  Waldis  Esop  2,  24,  9. 

Der  gegenständ  des  zankes  wird  durch  die  praep.  um ,  über, 
wegen  vermittelt :  wolt  ir  umb  Baal  haddern  ?  w  olt  ir  im 
helfen?  wer  umb  in  haddert  der  sol  dieses  morgens  sterben. 
ricfUer  6, 31 ;  und  darüber  haddert  man  sich  auch.  Lltber 
3,  ISO' ;  denn  hie  fahen  sie  an  sich  mit  im  zu  haddern  über 
dem  das  er  dtn  wassersüchtigen  gesund  machet.  8,197';  das 
heist  recht  umb  geiszwollen,  die  doch  nit  viel  nutzt,  hadern. 
KiRcuHOF  tfe/idunm.  81*;  man  kann  mit  niemanden  über  das- 
jenige hadern,  was  blos  auf  der  art  beruht,  wie  sein  subjecl 
organisiert  ist.  Ka.nt  U,  152 ;  es  ist  nicht  angemessen,  wegen 
einer  solchen  kleinigkeit  zu  hadern; 

ja  du  trinkst  und  singst  dazu. 

ueider  nennen  es  zwar  schuadern; 

aber,  ente,  ich  und  du 

wollen  nicht  um  werte  hadern.    Lessing  1,  67; 

sagt  warumb  die  zwen  hadern  sich. 

AiRBR  iyl*  (1918,31  Keller); 

diesz  in  parenthesi!  weil  ich  de  gustibus 
mit  niemand  hadern  will.    Wiklasd  5,  158. 

Auch  der  freundschaftliche  streit  wird  durch  hadern  bezeichnet: 
hierüber  geriethen  wir  in  ein  freundlich  gezänke,  das  war 
so  lieblich,  dasz  ich  dergleichen  noch  niemals  habe  hadern 
hören,  denn  wir  brachten  nichts  anders  vor,  als  dasz  jeder 
sagte,  er  hätte  gegen  den  andern  noch  nicht  gethan,  was 
ein  freund  dem  andern  thun  solle.  Simpl.  2,  6  Kurz.  WoLkE.N- 
STEiN  brauclit  hadern  für  das  necken  und  streiten  unter  Ueles- 
leuten : 

wol  auf,  gesell, 

wer  hadren  well 

für  ungefell, 

der  fleiss  sich  freuden  ungeswacht.    83,  1,  10. 

RccKERT  will  damit  nur  das  übermütige,  leicht  zu  streit  und 
kämpf  geneigte  gebakren  der  jugend  ausdrücken: 

jugendbadern 

iu  den  ädern, 

zorn  und  glut  und  mild  und  süszes  koseo; 

alles  lieben 

jung  geblieben, 

seiner  stiroe  stehen  schön  die  rosen. 

gedickte  (1843)  366  (Widmung  an  Gölhe). 

b)  vor  gericht  streUen  (s.  hader  1,  c  sp.  Hl),  prozess  führen; 
meist  tritt  der  näher  bestimmende  zusatz  vor  gericht  hier  bei: 
gerichtlich  handeln,  haderen,  gerichtlich  verfolgen,  mit  recht 
fürnemmen,  judicio  persequi,  exigere,  actionem  intendere  Hemscii 
1515 ;  vorm  richter  hadern,  judicio  contendere  Stieleb  776 ;  von 
gerichtshändel ,  wie  man  rechten  und  hadern  sol.  Lltheb 
tischr.  270";  es  gezieme  den  priestern  nicht  für  gericht  ha- 
dern. KiRCHiiOF  wendunm.  455'; 

niemand  kein  wort  sie  übersieht, 

auch  stätigs  hadert  vor  geriebt.    H.  Sachs  I,  504' 

also  mannichem  mann  geschieht, 

der  geren  hadert  vor  gericht.    4,  3,  117'; 

tn  Hessen,  an  der  Schwalm,  noch  jetzt  in  diesem  sinne.  Vilmar 
id'ujt.  143. 

c)  den  milderen  änn  entfaltet  hadern,  wo  es  nur  grollen  be- 
deutet ,  oder  feindlich  sein ,  sofern  diesz  durch  worte  hervortritt : 
ich  wil  nicht  iinerdar  haddern  und  nicht  ewiglich  zörnen. 
Jes.  57, 16 ;  er  wird  nicht  immer  haddern  noch  ewiglich  zorn 
halten,  ps.  103, 9 ;  da  er  also  lang  mit  ihm  selbst  haddert. 
Frey  garteng.  6';  es  streift  dem  sinne  nach  fast  schon  an  murren, 
nur  dasz  der  prolest  gegen  eine  erlätene  unbiil  bei  hadern  sich 
ausdrücklich  in  warten  äuszert ,  bei  murren  in  dumpfen  tönen, 
die  nicht  als  wortgebilde  gehört  werden,  hervortritt: 

sie  fuhr  mit  gottes  Vorsehung 

vermessen  fort  zu  hadern.    Bürger  Lenore; 

gediild,  geduld!  wenns  herz  auch  bricht, 

mit  gott  im  himmel  hadre  nicht,     das.; 

nicht  hadern  darf  ich  jenen,  die  uns  weckten, 

und  streng,  die  wachen  aus  einander  schreckten. 

RÜCKERT  251; 

hadernd  solchem  truggeschicke.    Pulten  32. 

2)  weniger  ist  das  verbum  hadern  tn  der  zweiten  bedeutung 
seines  Substantivs  (sp.  Hl)  zur  geltung  gelangt,     in  Baiem  bedeutet 

8* 


119 


HADERN— HADERSPIEL 


HADERSTIFTER— HAKEN 


120 


hadern  heu  in  kleinen  häufen  siisammen  rechen  Sciim.  2, 150, 
veil  der  kh'ine  heuhaufen  dort  mil  einem  von  den  badern  enl- 
lehnlen  bilde  so  heuizl.  insofern  nun  dem  begriffe  hader  zugleich 
das  unordentliche,  verworrene  innewohnt  {sp.  lll,  s.  auch  liadcr- 
bucb  2  sp.  113),  konnte  sicfi  hadern  nach  dem  sinne  hin:  sich 
unordentlich ,  in  u-irrer  und  haltloser  weise  gebaliren ,  entfalten : 
der  direclor  hadderte  hin  und  lior  und  alle  schlugen  den 
tact,  der  eine  so,  der  andere  anders.  Zelter  an  GOthe  3,  3(55 ; 
und  das  mundartliche  verliaddern,  verlieddern  zu  der  bcdeutung 
verwirren,  verfitzen,  bei  garn  und  zwirn,  gclanijen  (Danneii,  7^). 
übertragen  sik  verliaddern,  sich  in  widerspräche,  unwahrheilen 
verwickeln  (das.);  in  der  Schweiz  braucht  man  ein  diminutives 
hädcrlen  in  dem  sinne  lallen,  stamtneln,  unordentlich  wie  kleine 
kinder  sprechen.  Staloer  2,  9. 

IIADEHN,  Infinitiv  zu  dem  vorigen  in  der  bedeutung  1  und 
in  substantivischem  gebrauch: 

was  sol  das  hadern  und  das  zanken?    fasln,  sp.  222,  26; 

was  sol  fremdfn  Icuten  solirhs  klafrcn, 

das  zanken,  kipoln,  lluchen,  hadern, 

das  dodern,  plodern  und  auch  schwadern?     256,2; 

wo  man  viel  schweren  horel ,  da  geiien  einem  die  har  zu 
berge,  und  ir  haddern  macht,  das  man  die  obren  zuhalten 
mus.  Sir.  27,15;  einsmals  gedacht  der  hoi'niann  ..  wie  doch 
der  sach  zu  thnn  wer,  damit  so  vi!  zankens,  haderns,  halgens 
und  Unruhe  zwischen  inen  vermuten  würde,  garteng.  (15S3) 
63S';  was  seid  ihr  vor  ein  mann,  dasz  ihr  nicht  eine  nacht 
das  hadern  meiner  frawen  mit  mir,  das  euch  doch  nicht 
angehet,  vertragen  kiint.  Zinkiiref  apophlh.  (1653)  3,254;  das 
hadern  rixatio  Steinkach   1,665; 

der  elemenfe  Teindlich  hadern 

raubt  seine  stille  dem  gelühl.    Rückert  137. 

IIADERNESSEL,  f.  urlica  urens:  hadernefele  urlica  Diefen- 
BACii  63ü'.  das  wort  ist  verdunkelt  aus  eiternessel  (3,  393), 
wofür  schon  ahd.  vorkommt  heiliinej^ili ,  die  ahd.  fernere  form 
hedornejjüla  (Diefenb.  63o')  steht  schon  nahe  zu  Jiadcrnessel. 
auch  habernessel  {sp.  85)  scheint  zunächst  nur  aus  hadernessel 
entstellt. 

H.XÜERNSCHNEIDER ,  m.  lumpenschneider ,  schneidezeug,  in 
der  Papiermühle  eine  Vorrichtung  zum  zerschneiden  der  hadern. 
Jacohs<on  technol.  wb.  2,  646*. 

HADEKSACHE,  f.  Streitsache:  einsmals  ward  er  (der  abl)  von 
einem  guten  freund  verwarnt ,  das  er  nit  so  vil  ansprachen 
und  hadersaciien  siichen  wölte.  Stumpf  2,34';  er  hat  viel 
hadersachen  und  ohneinigkeit  bei  seiner  zeit  mit  bescbeiden- 
heit  geschlichtet.  Zorn  Wormser  chronik  {ed.  Arnold)  182;  so 
thun  sie  nichts  das  zur  Christenheit  dienet,  nur  geld  und 
haddcrsacben  umb  die  bistum  und  prelaturen  treiben  sie. 
Luther  l,  294". 

HADEIISACK,  m.  wie  lumpengack,  Inmpsack,  eigentlich  sack 
oder  sackdhnliches  weites  gcwand  in  hadern,  dann  aber  schelte  für 
eine  so  gekleidete,  geringe  person:  ' 

Ir  gab  der  herr  guotcn  tac, 

im  neic  der  alle  hadersac  {eine  kiqrjüprin). 

tiedcrsaal  %  648,  390. 

HADERSCH.MERZ,  m.  schmerz  aus  Ursache  eines  haders: 

wirft  der  feind  der  seelen 

mischen  eure  herzen 

streit,  verdacht  und  haderschmorzen  : 

0  so  soid  nirht  siille,  wartui  nicht  so  lange 

bis  zum  sonnenuMterganse  .  .  . 

E.  G.  WoLTERsiioBF  lifU  'kömmt  Inf  reich  der  liehe'. 

HADERSCFIREIBER ,  »i.  Schreiber  bei  einem  hadergericht , 
namentlich  zu  fiürnberg:  die  puss,  so  sie  in  anlgesetzt  liahen, 
in  vierzehcn  lagen  dem  liaderschreiber  in  die  canzley  zu  ant- 
worten.  Sürnb.  polizei-ordn.  s.  1S4. 

HADEHSIMKL,  n.  streit,  rauferci: 

hie  solle  syn  ein  ernstlich  pricbt, 

daran  man  gr<>chtu  urteil  stirlcht : 

«o  bracht  man  srhaiid-  nmi  lasiRrwort, 

dasz  sich  niit  7impt  an  dlsem  ort. 

es  wer  im  rrouwrnlius  zuo  vi); 

ein  solich  iiurrixch  hadpr^|lil 

mit  horlir-n,  liadren,  rxlielicn.  fluochen, 

da»  solt  man  ee  zuo  Ziirzarh  suorlien, 

uff  dnr  Wf.rm-il  heim  henkernpil.     fnnln.  H]).  M)3,  2; 

dnr;l.  :i  lipm  hadcrspil 

hal..  iii<a  vil 

»urU  Ulli  irer  Rllder.    II.  Sachs  3,  1,255*. 

»piel  14  hnqenommen  von  der  no  bejrichnelen  ritterlichen  Übung, 
t(.l.    L;iiiitif«niel    .',.  l'i.'i    und   nihil,    nilnpil    wb,    2,  2,  502*, 


HADERSTIFTER,  m.  sator  litis.  Maaler  204'. 
HADEUSICHT,  f  slreUsucht: 

boshcit  und  hadersucht 
amsig  spähend  den  zwist.    Chr.  Stolberg  1,  8; 

vor  hadersucht 
und  fehden  selber  warnend.    Bürger  16"'. 

IIADERSÜCHTIG,  adj.  rixosus ,  jurgiosus:  die  advocaten 
werden  bei  dieser  hadersicbtigen  (so)  weit  dapfer  advocieren 
und  procnriercn  das  gelt.  Kisciiart  groszm.  62. 

HADERSUPPE,  f.  suppe  mil  zerfahrenen  eiern:  suppe,  ge- 
nannt hadersuppe  ..  man  zerklopft  ein  paar  eier,  und  wann 
die  suppe  in  volletn  sud  ist,  liiszt  man  die  eier  hinein 
laufen,  so  zerlheilen  sie  sich,  und  wird  ein  gehäder  daraus. 
frauenz.-lex.  3440.  diese  suppe  kann  Avrer  in  der  folgenden 
stelle  niciä  meinen ,  er  wird  nur  eine  schlechte,  sog.  beltelmanns- 
s'uppe  verstehen: 

dann  und  wiewol  ich  bin  nicht  krank 
musz  ich  doch  hadersuppen  essn. 

fanln.  sp.  70'  (26S8,  33  Keller), 
vergl.  das  folgende. 

IIADERSliPPENGESlNDEL,  n..-  aber  es  {ihr),  es  brändclten 
iiadersuppcngesindel,  es  babts  wollen  gscheiter  sein?  ei  so 
wollt  ich  dasz  es  wart,  wo  der  pfcfler  wachst.  Schwade 
Unten  f.  s.  XI. 

HAÜERTAG,  m.  tag  für  gerichtliche  slreiligkcilen :  es  sollen 
auch  vom  ratb  alle  hadertage  auf  kein  tag  in  der  wocbc 
denn  auf  den  Sonnabend  gesetzt  werden,  so  man  auch  ge- 
richt  hätte,  auf  dasz  sich  jederman  auf  den  tag  wisse  zu 
richten,  darnach  seine  sachen  zu  warten,  weimar.  Urkunde  von 
1487,  in  Kreysig  beitr.  4,  447. 

HADEHTEUFEL,  wi.  spirilus  rixas  et  caedes  concitans  Stieler 
428.  in  das  weih  ist  beute  der  b.nderteufel  gefahren,  auch 
als  schelle:  der  haderleufel! 

HADER  WÄSCHE,  f  haderndes  geicäsch  (vgl.  wasche),  zänlierei: 
so  hetz  ich  aber  ander  leul 
und  blasz  (blase,  störe  an)  zu  allen  hadcrweschen. 

H.  Sachs  1,  539"; 
mit  seim  geschwctz  und  haderwcsch.    5,  401'. 

HADERWASSER,  n.  aqua  contradictionis :  das  ist  das  badder- 
wa^ser,  darüber  die  kinder  Israel  mit  dem  berrn  badderlen. 
4  Afos.  20,13;  das  ist  das  badderwasser  zu  Kades  in  der  wüsten 
Zin.  27,14;  da  ihr  baddertet  am  badderwasser.  5  3/os.  33,  8; 
und  versuchte  dich  am  badderwasser.  ps.  81,8;  und  sie  er- 
zürneten  in  am  badderwasser.  106,32.  in  eiinnerung  an  diesz 
nur  biblische  gewässer  braucht  .1.  Paul  das  wort  freier:  kaffee, 
das  taufwasser  und  der  altarweiu  der  weiber  schon  am  morgen, 
wird  vollends  nachmittags  liebetrank  und  haderwasser  zu- 
gleich. Sicbenk.  3,  18;  die  Ihrline  ist  das  haderwasser  des 
grimms.  kl.  bücherschau  2,  31. 

HADESBÜRGER,  m.: 

ein  todter  hadesbürger.     Stolberc  14,  152. 

HAF,  s.  das  folgende. 

HAFEN,  m.  geschirr,  topf,  ahd.  bafan,  havan,  havin,  habin, 
vihd.  bafen  (plur.  h.'lfene  ^ib.  117,  6  Zarncke)  und  haven 
(Berthold  4S3,  20).  das  wort  ist  wesentlich  nur  ein  oberdeutsches 
(Luther  verwemlet  es  nicht,  dafür  topfen,  doch  vergl.  unten  bei 
hafncr),  aber  es  findet  sich  auch  über  Süddcutschland  hinaus  in 
verengtem  sinne;  so  in  der  gewerbesprache  der  glashütlen,  wo  es 
den  Schmelztiegel  bezeichnet,  Jacobsson  2, 184,  sogar  in  Mecklen- 
burg und  Pommern ,  wo  man  darunter  ein  gldsernes  gefisz  ver- 
steht,  in  dem  milch  zum  rahmen  außewahrl  wird  (vngl.  DXn- 
NERT  179').  vergl.  hebe,  hewc  im  Lippischen  ein  milchgefdsz. 
Frohmann  6,  211. 

Die  grundbedeutung  üt  nach  dem  zu  haben  sp.  4«.  50  ent- 
wickeilen wul  behaller.  geftlsz  im  allgemeinsten  .<tinne,  so  dasz  man 
auch  die  hirnschale  als  baupthafen  bezeichnet:  niin  der  hnfen 
des  haupis  ist  der  barlest  teil  in  dem  die  zilgescilten  glyder 
behallen  werden.  Gersdorf  feldb.  der  wundarznei  3;  in  der 
Schweiz  nennt  man  auch  eine  kryslallhaltiye  liMung  im  geslein 
bafen  oder  kellcr;  in  der  (dmühle  ist  es  die  höhlung ,  die  das 
zu  stampfende  enthält  und  worauf  die  Stampfer  gelien.  —  Ins- 
gemein aber  heiszt  bafen  jenes  zum  gebrauch  in  der  küehe  be- 
stimmte  qeriU .    wofür   in   Kiederdeuhchland   grwuhnlich  pidt,   in 

Mil. /(!(/    topf   gesagt    wird;    und   wenn    in   Iheiirn    von 

0'  /    auch    die   iilorke   die    man    der  hih  auf  der  alp 

uhi,,,,,;,,  li.iien  heisit  (in  liniern  und  Tirol  Scnir.  2,  l.'il.  Fromm. 
4,  336),  to  ist  die  ähnliehkeil  der  form  mil  einem  topf  massgebend 
gewesen. 


121 


HAFEN 


HAFEN 


122 


fieben  der  tuminalivform  liafen  findet  sich  auch  hafe,  haf: 
testa  ein  irdin  haf.  kachel  Da?tp.  281';  haaff,  eidendopfif, 
fignala,  f>enlola,  borcale  Hci.siüs  diel.  1,  69' ;  das  der  haf  wie 
die  deck  und  der  salat  wie  der  Schlund  sei.  kriegbüchl.  des 
fr.  97;  der  hafe  Agricola  spr.  (1560)  96': 

der  haf  gemacht  aus  laira  und  kat 
seins  maisters  kunst  nit  wissens  bat. 

SCUWARZENBERG    I2S*; 

ein  ehringer  haff,  cocidum  aeneum,  irrdiner  haff,  fidelia,  caca- 
bus  Friscrlin  nom.  397';  der  hafe  ras  Stieler  724.  das  ist 
vie  rabe  für  ursjirünylithes  raben .  ahd.  hraban ,  tcas  schon  in 
ahd.  zeü  rorkoinml  (rabo,  rabe  Graff  4,1146). 

Unter  hafen  ohne  nähern  adjeclirischen  zusat:  versteht  man  in 
der  reget  nur  den  irdenen  topf,  wie  man  auch  bei  topf  zun/iehM 
an  einen  irdenen  denkt,  obschon  solche  von  kupfer  und  eisen  vor- 
kommen :  häfen  die  wasser  an  sich  ziehend ,  bibulae  ollae 
Maaler  204';  so  nim  denne  ein  haipmejsigen  hafen  unde 
luo  in  halp  vol  hopphen.  Haupt  5,12;  des  glychen  wie  der 
dunst  uff  dampfet  in  einem  svedigen  haffen .  und  die  kelle 
des  deckeis  zücht  die  fliehte  hitz  an  sich,  und  der  selb 
dunst  würd  oben  am  kalten  decfcel  zu  wassertropfen ,  die 
fallent  dann  wider  herab  in  den  haffen ,  also  ist  es  euch 
mit  dem  schnee  und  dem  hagel.  Keisersberc  bilq.  Sl";  die 
wundergeslalte  grilliscbe  grubengroltische  fantastische  krüg, 
laden,  büchsen  und  häfen.  wie  wir  sie  heut  in  den  apotecken 
stehen  sehen,  von  aussen  bemahlet  mit  lächerlichen,  geck- 
lichen ,  ja  oft  erschrecklichen  höw-  und  graszteufein.  Garg. 
IS';  gesellen  die  im  hafen  schlecken  und  haben  die  kerz  im 
hindern  stecken,  wie  sie  Dantes  in  der  fegfewrigen  höllen 
beschreibet,  das.;  wie  er  das  best  im  hafen  mit  dem  indul- 
tischen schaumlöffen  abgehebt.  bienenk.  223';  einer  so  topf 
oder  häfen  feil  brachte.  Kirchhof  uendiinm.  235';  man  sagt, 
so  ein  kleiner  neunaug  in  einem  irdinen  geschirr  in  wasser 
gesotten  werde,  dasz  der  hafen  zerspringe.  Forer  ^.«c/ife.  160'; 
als  er  aber  gessen  und  schier  ein  haffen  mit  milch  ausz- 
getrunken  hett.  Wickram  rollu:  44.  4  Kurz;  etliche  solten  um 
gänse  sehen  .  .  einer  um  ein  haven.  Th.  Pi.ater  53 ;  die 
Jugend  ist  gleich  einem  neuen  hafen  oder  geschirr.  Scnippics 
^3;  häfen  und  schüszien  zum  kochen  und  trinken.  Simpl. 
2.235  Kurz;  sie  steckte  den  leichnam  des  kindes  in  einen 
hafen.  Fr.  Mcller  1,300;  indem  er  sich  aber  diesen  näherte, 
fiel  ihm  der  hafen  aus  der  band,  und  zertrümmerte  auf  dem 
boden.  L.  Tieck  ges.  npr.  4,235; 

weisz  nit,  wie  si  ungefer 
ein  hafen  mit  dreck  raus  wird  .«cbwingen, 
das  mir  die  scherben  am  hals  bebien^en. 

fasln.  «p.lSSO,  19; 
in  einem  grossen  hafen  tif. 

FiscBART  gl6ckh.  tchiff  117; 
lasz  sein  alts  blut  herausz 
und  lehr  darnach  den  hnfen  ausz. 

.Atrkr  247*  (1235,  7  Keller). 

Durdi  composita  von  hafen  trird  der  zweck  des  geschirrs  näher 
bestimmt:  kochhafen  wie  kochlopf;  oelhafen  olearia  ampuUa 
Steinbach  1,666;  breihaff,  breipfann  pultarius  Friscbl.  nom. 
307*;  teighafen,  solcher  worin  tag  gemadit  wird:  die  schut  yn 
den  teighafen.  kuchenmeislerei  a5;  gifickshafe  uma ,  olla  för- 
tiinae  Stieler  724.  zugesetzte  adjecliva  drücken  form  und  ma- 
terial  des  hafens  aus,  gewöhnlich  ist  der  irdene:  irrdiner  hafen 
oder  irrdin  geschirr,  olla  fictilLt  Ma-^^ler  206';  gehe  hin  und 
kauf  ein  irrdin  hafen  vom  hafner.  Reiszner  Jerus.  i,  88';  be- 
halt sy  in  glcsen  hefon.  kiichenmrislerei  c  8 ;  ungewühnlidier, 
wie  schon  olien  bemerkt,  sind  diese  geschirre  von  melall:  tu  die 
in  einen  erinen  hafen.  von  guter  speise  9  und  ähnlich  öfter, 
rerql.  erinhaven  tel  kej^el  lebes  Graff  4,  838,  örin  häfen  mit 
dreien  füszen ,  Inpedes  Dasvp.  ;  ein  kupferner  hafen ,  eacMus 
aeneus  Frisch  1,392';. ein  gegossener  hafen,  cacabus  e  ferro 
fiisus  das. 

Eine  im  singular  erscheinende  nebenform  hefen  erklärt  sich  als 
umgelautet  aus  dem  oben  angeführten  ahd.  havin,  hebin :  hafen 
olla,  rulgr  hefen  roc.  iiic.  teul.  hs';  heffen  olla  Diefe>5b.  nov. 
yloss.  271*. 

Sprichwörter  und  redensarten.  er  guckt  in  nenn  häfen  zumal 
(ist  bis  zum  argirohn  aufmerksam).  Schmid  Schwab,  wb.  624; 
kleine  hafen  laufen  bald  über;  kleine  häffed  lauffn  bald  über, 
ücnwABE  Unten  f.  80 ; 

ja  lieber  Ifeine,  du  sagst  recht, 
und  wenn  der  haf  an  Boden  dächt, 
■0  würd  er  nit  bald  überlaufen. 

Fkischliü  deutsche  dicht.  24; 


womit  ein  neuer  haven  erst  gefüllet  wird,  darnach  schmecket 
er  immerzu,  Schlppics  559,  wie  schon  mhd. :  swaj  zem  ersten 
in  den  haven  kümet,  da  smacket  er  iemer  mer  gerne  nach, 
Br.  Berthold  483,  20; 

dann  was  man  zu  dem  ersten  thöt 

in  new  hälen  bösz  oder  gut 

den  gscbmack  bebalten$  ewigklicb. 

WicKR.4)i  pitger  N3  bl.  48. 
(man  erkennt)  den  hafen  am  klang,  den  vogel  am  gesang. 
Schottel  1122';  ein  melancholisch  köpf  ist  des  teufeis  hafen 
und  topf.  Neanoer  sprichw.  11;  damit  sie  nit  sagen,  das  der 
hafen  dem  kessel  verweisz,  dasz  er  berusiget  sei.  bienenk. 
173';  deckt  den  haven  zu,  so  siebet  man  nicht,  was  man 
kocht.  Lehmann  83;  sie  kochen  alle  in  einem  hafen,  ziehen 
alle  einen  sträng,  sind  einer  wie  der  andere; 

der  babst,  der  bischof,  der  cardinal, 

der  geistlich  stad  |/.  stand)  gar  überal, 

keiser,  kung,  herzöge  und  gralen 

die  kochent  all  in  einem  haffen.    fasln,  sp.  821,  4; 

feuer  unter  den  hafen  thun ,  eine  sache  energisch  betreiben : 
statt  alsbald  feuer  unter  den  hafen  zu  thun,  giehst  du  den 
handel  in  seine  band  und  trappest  kaltblütig  heim.  J.  Gott- 
hei.f  schuldenb.  177';  auf  ein  hollzin  geschirr  gehurt  ein 
hültzin  deckel ,  auf  einen  solchen  hafen  gehört  ein  solche 
stürtz  (gleiches  zu  gleichem).  Agric.  spr.  (I560I  103*;  auf  jeden 
hafen  deckel  und  für  jede  flasche  zapfen  finden.  Schottel 
112l';  ein  weih  ohne  mann  ist  ein  hafen  ohne  deckel.  Leb- 
1I.ANS  161 ;  dann  wer  die  häfen  macht  der  darf  sie  auch 
prechen.  bienenk.  I3l';  die  scherlien  zeigen  an,  dasz  der  hafen 
gebrochen  ist.  1S2';  mann  sihet  an  scherben  wol ,  was  für 
ein  topf  oder  hafe  gewesen  sei.  ägric.  spr.  24*;  wenn  der 
himel  fiel,  so  blieb  kein  alter  hafe  und  bäum,  273';  wann 
der  hafe  zerbricht,  so  wirft  man  in  ins  kat.  96'; 

und  haben  denn  viel  ausgericbt, 
gleich  wie  ein  hund  der  hälfen  bricht. 

Fischart  von  S.  Domin.  c3", 
als  wie  ein  hund  der  häfen  bricht 
so  wirst  du  dich  beliebet  machen.    Roxpler  203. 

Dieses  häfen  brechen  in  den  folgenden  beispielen  galt  als  ein 
gewöhnliches  bild  für  unordentlich ,  lüderlich  sein,  es  zielte  wol 
zunäclist  nur  auf  die  unordentliche  fühntng  einer  eigenen  wirl- 
schaß ,  dann  aber  auch  auf  geschlechtliche  ausschweifung ;  von 
eheleulen  bricht  der  eine  häfen ,  der  andere  krüge ,  sie  sind 
gleich  sehr  lüderlich,  bezahlen  sich  mit  gleicher  münze:  hast  du 
anders  wo  fremde  häfelin  zerprochen ,  so  hat  sie  daheim 
krüg  zerprochen.  Pauli  39 ;  zubricht  der  mann  gropen  [topfe), 
so  zubricht  das  weib  krüge.  Schottel  1132'; 

man  vörht  [heim  ehehruehi')  kein  pen  noch  stroff  yetz  me, 

das  schafTt,  das  die  sind  in  der  ee 

zerbrechen  krfig  und  häfen  glich 

und  kratz  du  mich,  so  kratz  ich  dich, 

und  scbwig  du  mir,  so  schwig  ich  dir. 

nnrren>c/i.  33,  7  Znmcke,  vgl.  die  note  s.  366', 

du  brichst  hefen,  so  brich  ich  krüeg.    H,  Sachs  3,  3,  8; 
eine  ehefrau  droht  ilirem  ungetreuen  manne: 

du  sollst  erfahren  was  ich  thu, 

und  will  dir  gleich  helfen  darzu, 

mii  gleicher  münz  bezahlen  dich. 

brichst  du  häfen,  so  brich  ich  krig 

(wer  weisz,  wer  es  am  lengsien  treibt?) 

bisz  uns  kein  kandel  am  rechen  bleibt. 

i.  Atrer  fnstn.  sp.  81«  (2748.  24  Keller). 
das  spiel  brich  den  hafen  Garg.  166'  wird  auch  Itierher  zielen, 
man  dachte,  wenn  hafen  brechen  einmal  obseönen  sinn  erlangt 
hatte,  an  die  jungfrauschaß  als  gefäsz  (nu  sich  wie  reine  ein 
vaj  du  raaget  du  wäre,  sequentia  d.  S.  Maria  bei  Mlllenh.  «. 
Scherer  123),  es  brechen  hies:  entjungfern,  in  Chasminoos 
kurtzweiligem  zeilrerl reiber  s.  311  tfirrf  erzählt:  eine  braut  läszt 
sich  von  einem  fremden  manne  beschlafen,  die  mutier  schilt  sie 
deswegen,  der  bräutigam  fragt  um  die  Ursache  des  sdiellens:  die 
mutler  erdenkt  geschwind  eine  ausred.  und  saget :  mein  lieber 
herr  eidam .  soll  ich  nicht  zürnen  ?  meine  lochter  hat  so 
viel  jähr  ein  häfelein  oder  töpfchen  gehabt  und  solches  jedes- 
mabl  woll  verwahret,  da  man  aber  solches  am  besten 
brauchen  sollen,  hat  sie  selbiges  zerbrochen,  der  bräuligam. 
diese  verblümte  rede  nicht  verstehend,  schlug  die  muller 
lachend  auf  die  schuller,  und  sagte:  zürnt  nicht,  liebe 
muller,  es  seind  noch  mehr  hafen  in  der  weit,  wir  wollen 
schon  neue  und  bessere  kaufen,  die  redensarl  scheint  uns 
untergegangen ,  aber  der  brauch  den  sie  hervorgerufen,  lebt  noch, 
das  poltern  am  hochzeilabend  vor  dem  luiuse  der  braut,  das  an 
dieses  hafen  brechen  erinnern  soU, 


123 


Hafen 


HAFEN—  II AFENFIIEUND 


124 


In  einen  holen  hafen  blasen  Agric.  ipr.  (!5G0)  89',  ver- 
gebene arbeit  lliun ,  der  hole  hafen  birgt  keine  kalt  zu  blasende 
speine.  andeis  ist  aus  einem  hohlen  hafen  retlen ,  leere  worle 
viaclien ;  vieüeiclit  bezieht  sich  diese  redensarl  auf  eins  von  den 
zahliosen  gauklerkunststückchen ,  die  im  15.  und  16.  jahrh.  im 
schwänge  waren,  eine  stimme  aus  einem  leeren  topfe  erschallen  zu 
lassen,  sie  wird  viel  gebraucht  um  uvrte  zu  bezeichnen,  die  tvenn 
man  näher  zusieht,  sich  nur  als  läuschung  erweisen :  des  hcilands 
stimm  gieng  aus  keinem  holen  hafen ,  sondern  halle  ihren 
starken  nachdruck.  Otho  1378 ;  dann  damit  man  nicht  mein, 
wir  reden  ausz  eim  holen  hafen,  so  sind  disz  ihre  eigene 
wort,  biencnk.  ttS';  damit  man  aber  nicht  vermeine,  dasz  ich 
diszfals  ausz  einem  lären  hafen  rede.  Ai.bertinus  de  conv.  2 ; 
und  dieser  mein  hanszwirth  hat  auch  diszfalis  ausz  keinem 
lären  hafen  geredet.  Simpl.  4,  ISO  Kurz; 

lesen,  beten  on  verstand 

als  die  nunnen  gsiingen  hand, 

das  mag  wol  sein  nin  h'irlistnnd 

und  ausz  aim  liolcn  liafen  klafTen. 

MuR?(EK  fchelmenzunft  cap.  11. 
Eine  andere  redensarl  fuszl  auf  2  könige  39, 40  (da  gieng 
einer  aufs  feld,  das  ei'  kraul  lese,  und  fand  wilde  ranken, 
und  las  davon  coiochinlen  sein  kleid  vol,  und  da  er  kam, 
schneit  ers  ins  topfen  zum  gemüse,  denn  sie  kandtens  nicht ; 
und  da  sie  es  ausschulten  für  die  menner  zu  essen ,  und 
sie  von  dem  gemüse  assen,  schrien  sie  und  sprachen,  o  man 
gutles,  der  tod  im  topfen,  denn  sie  kundlens  nicht  essen) : 
mors  est  in  olla,  der  tod  ist  im  hafen,  das  ist  der  tod  kan 
weder  gesähen  noch  griffen  werden.  .S.  Fkank  1,214*; 

worlich,  der  dot  im  hafen  steckt. 

Braht  iiarrensch.  30,  28. 

Der  hafen  als  bild  einer  klein igkeit:  scheiden  zusammen  ver- 
lobte eheleut  um  miet  und  gab,  oft  eines  hafens  halben,  der 
über  den  herd  ist  abgefallen,  bienenk.  52'. 

HAFEN,  m.  portus.  das  vihd.  kennt  für  dieses  wort  drei  an- 
dere: das  neutr.  hap ,  gen.  habes  {vergl.  unten  haff) ,  und  die 
feminina  diu  habe  und  diu  habene,  welches  letztere  suwol  mnl. 
als  havene  als  auch  ags.  in  der  form  häfene  {Sachsenchron.  1031, 
10901  wiederkehrt,  habe  blieb  im  hochdeutschen  bis  ins  16.  jahrh. 
üblich  {sp.  43).  das  niederdeutsche  und  scandinavische  verwandte 
dafür  das  masc.  hafen ,  formell  ganz  gleich  dem  vorigen  hafen 
olla,  nur  dasz  die  in  letzlerem  eingeschränkte  bedeutung  hier  in 
groszartigcr  weise  auf  den  behäller,  den  das  meer  für  die  schiffe 
gebildet  hat,  gelU:  ags.  ist  dies  masc.  hafen  bis  jetzt  nur  in  dem 
Ortsnamen  ät  Hafene  nachzuweisen  (Thübpe  diplom.  angl.  536), 
altengl.  haven  (Stbatmaxn  280),  havenet  a  small  haven  (Hai.i.i- 
WELL  1,438),  mnl.  haven  (Kuian  220"),  altnord.  höfn ,  ddn. 
havn,  schwed.  hamn.  diese  form  dringt  seit  dem  IG.  jahrh.  nach 
Oberdeulschland.  vor,  das  dort  übliche  habe  allmählich  verdrängend, 
sie  findet  sich  bereits  bei  Dasvpouius  :  porluosus  das  vil  meer- 
bäfen  oder  schifflenden  hat.  Wie  nun  das  vorige  oberdeutsche 
hafen  olla  im  sing,  in  die  schwache  form  überschwankt ,  so  ge- 
schieht es  aucli  mit  diesem:  es  gewährt  Dasyp.  haafe  oder  schiff- 
lende  des  meers,  portus,  Krisculin  portus  meerhaf-nomend.  35', 
noch  ScHOTTEL  der  hafe,  portus,  schiflande.  hauptspr.  1332. 

hafen  ist  der  aiJcerplalz  der  schiffe  meist  am  ufer  der  see: 
bis  «ir  endlich  mit  gewalt  hinan  (an  die  insel  der  träume) 
rückten  und  in  den  hafen  ,  den  sie  den  schlaf  nennen,  an- 
zogen,  und  stiegen  bei  dem  elphenbeinen-llior  ..  zu  lande. 
RoLLENHACEM  wundcrh.  reisen  187;  am  schiffhafen.  189;  er- 
reicheten  etliche  tage  hernach  den  cyprischen  hafen  Salines. 
Happei.  acad.  rom.  900;  landeten  erst  nach  vier  tagen  ..  im 
hafen  von  Palermo.  Götiie  28,  02 ; 

kein  hafen  weil  und  breit  wird  schöner  nicht  geschauet 
als  umh  Cajeta  her.  Opitz  1,  27. 

das  schiff  l.'lufl  in  den  hafen  und  aus  dem  hafen,  wird  in  den 
hafen  bugsiert ; 

und  ein  ichiirieln  seh  ich  reiten 

vollen  segeinuKs  mm  hafen.    Amot  <jed.  (lS4(i)  «.  418; 

ein  ofTener  hafen,  in  den  man  jederzeit  einlaufen  kann,  int 
gegensalz  zu  solchen,  die  nur  das  einlaufen  zur  ßutzeit  ga-latlen ; 
freie  liafen ,  deren  bentäzung  alten  nattoneti  gleich  gestaltet  u>l, 
vergl.  freihafcn  4,  I,  tio;  im  bilde: 

{er)  denkei,  wa«  er  rndt,  hat  nirhl«  bei  «ich  verienket, 
da»  andern  «rhadcn  bringt,  er  fuhrt  nein  hcriie  bloiit, 
»ein  hcrizR  wclclicii  ihm  ein  schult,  ein  itinrkes  schlosz 
und  freier  hnft-n  i<tt.  Opitz  1,04; 

der  hafen  wird  geiperrt;  er  verhinderte  den  eingang  de» 
bafeni  mit  einem  vcrsünkten  urhilTe,  faucibus  portus  navem 
onorariam  lubmersam  otijiciebal.  Stei.nrach   1,  000. 


Auch  der  ankerplatz  der  schiffe  in  einem  qröszeren  flusse  wird 
hafen  genannt,  s.  Iluszhafen  3,1858;  in  der  Saale  bei  Halle  ist 
ein  hafen,  die  straszc  dabei  führt  den  namen  am  hafen,  vgl.  die 
Ortsnamen  Karlshafen  an  der   Weser  ,  Ludwigshafen  am  Rhein. 

Bildlich:  Schiffbruch  im  hafen  leiden,  unglück  nehmen  wenn 
man  sich  in  Sicherheit  glaubt:  aber  der  schiQbruch  erwartete 
sie  im  hafen.  Kotzebue  erinnerg.  1,134;  dasz  wir,  bei  so 
schönen  hoffnungcn ,  ganz  nahe  vor  dem  hafen  scheitern. 
GüTiiE  21,  213;  in  portu  navigare,  ausser  aller  gefahr  sein,  oder 
im  hafen  schiffen.  Frisculin  nom.  37; 

in  den  ocean  schifft  mit  tausend  mästen  der  Jüngling; 
still  utif  gerettetem  boot  treibt  in  den  hnfcn  der  greis. 

Schiller; 
denn  n>U  dem  hafen  ist  der  begriff  der  ruhe  und  Sicherheit  innig 
verbunden : 

der  alte  ruft:  hier  legt  ans  land, 
hier  in  die  bucht,  den  stillen  hafen! 
o  kommst  du  endlich,  friedeiisstand? 
wie  will  ich  süsz  nach  stürmen  schlafen  I 

Ar?idt  ged.  (1840)  .<!.  410. 
der   geborgene  ruß:    nun   bin  ich  im  hafen!    wer  sich  aus  ge- 
schäftcn  und  geräuschvollem  leben  zurückgezogen,  ist  in  den  liafen 
der  ruhe  eingelaufen : 

seines  wonnelandes  hafen 

hat  der  dulder  nun  erreicht.     Bürger  72'. 

HÄFEN,  adj.  figulinus,  terrcus:  häfenes  stve  häfin  geschirr 
fictilia  Stiei.er  724. 

HAFENANKER,  m.  anker  an  dem  ufer  eines  hafens  befestigt, 
zum  anlegen  der  einlaufenden  schiffe.  Jacobsson  2,  185'. 

HAFENANLAGE,  f.:  die  bafenanlage  im  Jahdehnsen. 

HAFENAUREIT,  f.  arbeit  uh  einem  see-  oder  ßuszhafen: 
die  hafenarbeiten  in  Heppens.    Hall,  zeitg.  vom  2.  april  ls68. 

HAFENAHM,  wi.  .•  der  hafen  von  Thorshavn  ..  wird  durch 
eine . .  landzunge  in  einen  östlichen  und  einen  westlichen  arm 
getheiit.  der  östliche  hafenarm  . .  ist  kaum  einen  büchsen- 
schusz  breit,  garlenlaube  18C8  s.  104*. 

HAFENBAU,  «i. ;  dazu  kam  noch  eine  anleihc  von  lo 
millionen,  . .  von  der  3'/2  miliionen  für  Schiffs-  und  hafenbau 
und  für  küstenbefestigung  im  jähre  1868  verausgabt  werden 
sollten,  preusz.  jahrb.  bd.  20  s.  551. 

HAFENBAUM,  m.  lecylhis  major,  ollaria.  Nemnich  3,350. 
vergl.  unten  hafenpilanze. 

HAFENBINDER,  m.  der  zersprungene  tupfe  mU  droht  bindet. 
SciiM.  2, 154; 

's  lauft  so  waar  iez  gnug  im  land,  wo  bettlen  und  stehle, 
schereschlifer,  hafebinder,  alti  soldate, 
sägefeiler,  zeinemacher,  anderi  strolche. 

Hebkl  alem.  ged.  (1808)  s.  88. 

HAFENBRATEN,  m.:  hafenbraten,  so  man  überhüben 
fleisch  hacket  und  widerumb  bereitet,  minulal,  caro  frixa  vel 
tosta.  Maaler  206'. 

HAFENBUCHT,  f.: 

Neapels  schöne  hafenbucht.    Pl>ten  224. 

HAFENBÜRGER,  m.  bürger  eines  hafenorles: 

drum  laszt  uns  scheiden,  doch  des  hafenbi'irgers 

gebrauch  und  ptlicht  vorher  an  euch  erfiillen, 

nufs  unfruohlbiire  meer,  von  landesgaben, 

zum  Icbewohl,  erquicknngsvorraih  widmen.     Götuk  9,  352. 

H.\FENBUTrE,  f.  in  der  glashülte  diejenige  form,  worin  die  hafen 
zum  schmelzen  des  iilasgemenges  geformt  werden.  Jacobsso.n  2, 185*. 
HAFENDAMM,  HI.  «io/m.- 
wandelt 
an  einem  havcndamme.    Platkn  323. 

HAFENDECKE,  f.  decke  oder  stürze  eines  topfes :  otlipelra  ein 
haffendechk  Diefenb.  nov.  gloss.  271';  hebe  ihm  ein  warme 
hafendeckin  darauf,  so  warm  es  das  ross  erleiden  mag. 
Seuter  rossarznei  222. 

HAFENDECKEL,  m.  decJiel  eines  hafens  oder  topfes:  hafen- 
derkel  ollipelra  voc.  ine.  theut.  li  s' ;  von  Schaumlöffeln  und 
haffendeckelii.  Garg.  74*. 

HAFENEIN,  ade.  hinein  in  den  hafen,  gebildet  wie  himmel- 
cin,  bergein,  feldein,  waldein,  s.  ein  3,  140 : 

kompl  eine  «indes  braut,  so  geht  der  erden  galt, 
der  kchilfmniin,  hnfonein.  Opitz  1,47;, 

die  sonn«  sinkt,  die  letzten  schilTe 
«io  ziehen  tniiiiter  hafenein.     üöthk  41,  302. 

HAFENEINFAHRT,  /".  os  porltis. 

HAFENFIlKI  ND,  m.  otlaris  amicus:  dellerlecker,  licchl- 
butzer,  hafeiifieiind ,  die  ein  giits  bisziin  über  drei  gassen 
schmecken  und  sich  selb.s  zuschlagen  und  laden.  Ac.hicoi  a 
Ipr.  (lifio)  'M''.     dnhrr  hafenfienndschufl.  Köbtk  (l><i.i)  .<.  mt. 


125 


HÄFENGAST  —  HAFEN'REDNER 


HAFENREFF  — HAFF 


126 


HAFENGÄST,  m.  schiffer  der  in  einem  hafen  vor  anker  gehl. 

HAFENGELD,  h.  1)  Schlüssel-  oder  halter-,  strick-,  herd-, 
hafen-,  schürzengeld,  geschenk  des  käufers  eines  haiises  an 
die  frau  oder  töchter  des  Terkäufers.  Gesgler  deuLtches  prtval- 
rechl  (1851)  s.  367.  das  hafengeld  wird  beim  hauskaufe  gezahlt 
tfie  heim  pferdekaufe  das  zaumgeld ,  beim  kaufe  einer  k-uh  das 
Strickgeld;  alles  bezieht  sich  auf  ein  unwesentliches  anhängsei  des 
zu  verkaufenden  gegenständes:  piito  etiam  illam  pecuniam,  quae 
in  emtionibus  prelio  addita  fuit  et  cessit  uxori  venditoris, 
dictam  fuisse  hafgeld,  vel  hafpfenninggeld,  quasi  quod  daretur 
uxori  ad  emendas  ollas,  vel  quod  injiciatur  oUis  culinanmi, 
quarum  curam  gesserunt  uxores  Germanorum.  nam  et  hodie 
idem  solet  appellari  simiii  significatu  herdgeld.  Albrecht 
dissert.  de  arrhis  emtionum  (Halae  1702,  recusa  1730)  s.  44.  ganz 
verschieden  davon  ist  haflgeld  {s.  unten),  mit  welchem  ältere 
Juristen  es  häufig  vermischten. 

2)  hafenahgabe,  porlorium.  Frisch  1,392*. 

HAFE.NGESTELL,  n.  urnarium.  Maaler  206*. 

HAFENGIESZER,  m.  der  metallene  ICipfe  fertigt :  hafengiesser 
aerarii  Maaler  206'. 

HAFENGUCKER,  m.  topfgucker,  der  sich  zuviel  um  kitchen- 
wesen  und  häusliche  kleinigkeüen  bekümmert,  in  Siiddeutschland, 
ScHMiP  Schwab,  wb.  253,  Scbmeller  2, 154.  —  dim.  hafengucker- 
lein :  ja  von  solchen  dreckbatzen ,  kruckäntlein ,  kotäntlein, 
muckenscheisserlein,  haffenguckeriein  . .  Garg.  40*. 

HAFENKÄSE,  m.:  hafenkasz,  alter  fauler  käsz,  so  man 
stücklin  von  altem  käsz  in  ein  hafen  zusamen  legt,  und  «ein 
darüber  schütt,  und  also  liiszt  graaten  und  in  einanderen 
faulen.  Maaler  206";  ich  wollt  ehe  haBen  (oder  schinir)käsz 
essen.  Kirchhof  wendunm.  4,  167 ; 

den  bawren  taugt  ein  hafenkasz.    Weckberlis  4S9. 

den  hafenkäse  einem  versalzen,  wie  sonst  die  suppe  versalzen, 
etwas  änem  leid  machen: 

nu  als  er  hett  auszgredt  die  wort, 

wurden  sie  alle  gar  schamrot, 

weil  der  weisz  haid  Demosthenes, 

ihnen  versalzt  den  balTenkäs.    Birk  doppelspiler  58. 

Übertragen  gilt  in  Scliwaben  hafenkäs  von  einer  schlechten, 
unbedetttenden  sache;  aber  auch  von  einem  wunderlichen,  ladel- 
süchtigen menschen,  Schhid  253,  man  hat  vielleicht  dabei  im  äuge, 
dasz  dieser  sich  ebenso  überall  bemerklich  macht ,  wie  jener  käse 
durch  seinen  geruch.  tm  Elsasz  ist  eine  verweigernde  und  ver- 
nänende  redensart:  jo  hafekjes !  (nämlich  sollst  du  statt  des 
begehrten  erhalten  =  es  wird  nichts  daraus)  From.h.  3, 14. 

H.\FENKASSUPPE,  f.:  ich  hab  mein  lebenlang  kein  confect 
gessen,  es  gehet  von  eim  als  gehaspelt  hafenkässuppen  und 
saurmilch  am  rad  gespunnen.  Garg.  248'. 

HAFENKETTE,  f.  eine  kette,  die  seehäfen  und  andere  Zugänge 
auf  dem  wasser  zu  versperren  und  den  feindlichen  schiffen  den 
eingang  zu  verwehren.  Jacobssos  6,  7*.  hafenketten ,  die  den 
Jünglingen  die  fahrt  ins  arbeitende  meer  verhängen.  J.  Fall 
Titan  2,10. 

HAFENLEUCHTE,  f.  was  bake,  feuerzeidien  für  die  in  den 
hafen  einlaufenden  schiffe.  Adelung. 

HAFENMACHER,  m.  ßclor.  Maaler  2o6'. 

HAFENMEISTER,  «i.  custos  portus. 

HAFENPFLANZE,  f.  lecythis  ollaris  Nemnich,  weil  die  fruchl 
kapsei  ähnlichkeit  mit  einem  tupfe  hat  und  zu  geschirren  gebraucht 
wird.     s.  hafenbaum. 

HAFENRÄUMER,  m.  eine  maschine,  die  den  eingeschlemmlen 
hafen  reinigt,  was  bagger  1, 1075. 

HAFENKEDNER,  m.; 

wer  geld  nimpt  da  keines  ist 

und  rupit  mich,  da  mir  tior  gebrist. 

und  suchet  lieb  an  leides  stat, 

auch  ist  bereit  e  man  in  bat, 

als  wir  hal'enredner  knnnen, 

der  ist  vast  von  kiHistricheu  sinnen. 

Mcrmer  schelmenz.  caii.  11: 

der  bat  aus  hohlem  hafen  geredt. 

der  vil  mehr  verheiszen  hält 

denn  leisten  möcliten  all  sein  Treund. 

noch  sind  der  tiafenredner  meb, 

wenn  ich  ihn  kla^  mein  noth  und  weh, 

so  sagen  sie:  mein  lieb  und  gut, 

alls  was  ich  hab  in  meiner  hiit, 

ihr  sollt  zu  mir  alls  guten  holTen, 

mein  haus  und  bof  das  sei  euch  olTen. 

ich  setz  fürwahr  kein  glauben  drauf, 

er  tlint  mir  nicht  den  gänsstall  auf. 

Körte  .tpiicliw.  (1861)  s.  192. 


Der  legriff  teuscher ,  belrieger,  falschredner  gehl  aus  den  beiden 
stellen  hervor,  möglich  dasz  sich  das  wort  erst  nach  der  redensart 
aus  einem  hohlen  hafen  reden  gebildet  hat.  vergl.  was  über 
diese  sp.  123  gesagt  ist. 

HAFENREFF,  n.  lopfgestell:  nachgeliends  lehrt  er  ihn  eine 
schöne  namenclatur  und  sprachserklärung,  sclemsücida  ein 
haffenrefif,  bracus  pruch,  vilwundus  hackbank,  vilhelmus  stro- 
sack.  Garg.  140* ;  (sie  suchen)  donnenfcopf  mit  bauchen  der 
eszlingischen  jungfrawen  im  hafenreff.  18';  slem  flirida,  ein 
hafenrefif.  Olearius  de  fide  meretr.  90; 

dem  schüsselkorb  ward  weh  zu  einem  kinde, 
ein  hatTenreff  ward  gefatter  so  geschwinde. 

Ambras,  liederb.  141,  10. 

HAFENSCHAFT,*  m.  bank  oder  bret,  worauf  in  der  küche  die 
topfe  stehen  {vergl.  schaft ,  benklin,  podium,  podiolum  Dastp.): 
hat  ihre  hafenschäft  ..  eingetheilt  wie  ein  brettspiel.  Carj;.  74' 

HAFENSCHARRER,  »i.  der  das  letzte  aus  einem  topfe  aus- 
scharrt, beltelhafler  mensch:  da  hetzt  man  den  latzarmen,  latz- 
leren, auszgedörrten,  rauchgehenkten  bickingischen  schnecken- 
fresser  und  hafenscharrer  bruder  Lantzenstil  sampt  seiner  lären 
sackpfeifen  mit  kröpfigen  hunden  ausz.  Garg.  81";  schalten 
sie  lumpenstecher ,  lumpenwescher  ...  baurenflegel,  hund- 
bengel,  galgenschwengel,  hafenscharrer.  197'. 

HAFENSCHERBE,  f.  testa.  Stieler  724.  mhd.  havenscherbe 
wb.  2,  2, 195*.  das  musz  kh  an  diesen  herren  loben ,  dasz 
keiner,  wie  viel  er  auch  verspielte,  jcmahlen  ist  zornig  worden, 
hab  auch  keinen  jemahls  fluchen  gehört,  sondern  haben  nur 
dazu  gelachet,  als  ob  das  geld  nur  eitele  hafenscherben  wären. 
franz.  kriegssimpl.  1, 86.  —  Bildlich  einem  die  hafenscherben 
lassen,  die  letzten  unbrauchbaren  reste  einer  genossenen  sache: 

da  ist  dann  frü  und  spat  kein  rA 
bisz  sies  land  hie  und  dort  verderben 
und  lant  dem-  herrn  die  haffenscberben. 

Mur^ier  schelmenz.  10'. 

HAFENSCHLUPF,  m.  .•  so  werden  kleine  windstille  platze 
genannt ,  wo  kleine  fahrzeuge  hinter  etwas  verborgen  und 
sicher  liegen  können.  Jacobsso??  2, 186'.     vgl.  schlupf. 

HAFENSCHREIBER,  m.  der  buehführer  und  einnehmer  des 
hafengcldes  m  einem  hafenorte,  niederd.  havenschriver  Dähnert 
179'. 

HAFENSTADT,  f.  stadt  an  einem  hafen  gelegen:  die  cana- 
lisierung  der  mehr  und  mehr  aufblähenden  hafenstadt  (Meppens}. 
Hallische  zeitung  vom  2.  april  1868. 

HAFENWERK,  n.:  hafenwerk,  cenodoria  est  illud  quod  factum 
est  ex  ceno  i.  luto.  voc.  ine.  theut.  hs'. 

HAFENZEIT,  f.  heiszt  die  stunde  des  hohen  wassers  oder  der 
höchsten  flul  zur  zeit  des  neu-  und  Vollmondes  an  einem  bestimmten 
orte.  BoBRiK  naut.  wörterb.  s.  249. 

HAFER,  s.  haber. 

HAFEREI,  f.  holländ.  averij  und  haverij ,  mnl.  haverije, 
averije,  jaclura  sive  damnum  in  mari  Kilias  220,  schwed.  haveri, 
ital.  portugies.  avaria ,  franz.  avarie ,  daraus  ist  ein  mittellalein. 
wort  avaria  gebildet  worden,  was  aus  genuesischen  quellen  vom 
ende  des  14.  Jahrhunderts  ab  nachgetciesen  wird  (Du  Ca>ge  gloss. 
von  Hentschel  1,  476').  es  wird  sich  nicht  leicht  entscheiden  lassen, 
ob  das  wort  haferei,  das  jetzt  mehr  in  der  form  havarie,  haverie 
(s.  d.)  gänge  ist ,  romanisclien  Ursprung  hai  und  sich  direcl  an 
das  nordfranz.  auch  auf  deutschem  Ursprung  fuszende  havre  hafen 
lehnt,  oder  ob  es  eine  deutsche  neuere  bildung  mit  der  roma- 
nischen bildungssilbe  ie,  ei  (gramm.  2,  96)  ist,  und  sich  zu  haff, 
haf  eben  so  stelU  wie  büb-er-ei  zu  buhe,  gast-er-ei  zu  gast,  das 
wort  ist  niederdeutsch,  an  den  küsten  der  Ost-  und  .Sordsee  lebend. 

Im  weitesten  sinne  begreift  es  in  sich  alle  Unkosten,  die  ein 
schiff  von  seinem  auslaufen  aus  dem  hafen  bis  zu  seiner  zurück- 
kunft  an  hafengeldern,  scJiaden  u.s.w.  hat;  vorzüglich  aber  den 
schaden,  der  entsteht,  indem  man  bei  einem  stürme  guter  vom 
schiffe  in  die  see  wirft  und  den  die  eigenthümer  der  übrigen  un- 
verletzt ankommenden  waareii  tragen  (franz.  grosse  avarie): 
jactum  contributione  sarcire  dat  (zur  rettung  au.s-ige\vorfene  gudl 
in  haferye  stellen.  Chttraecs  vom.  lat.-sax.  cap.  36  sp.  212. 
rechlssprichwort :  von  bodmerei  (s.  2,218)  ist  man  keine  haverei 
schuldig.  Plstoriüs  thes.  paroem.  4  no.  1. 

HAFEREIRECHT,  n.  jus  avariae:  haverey-recbt  Scbottel 
tractat  v.  unlerschiedl.  rechten  (1671)  s.  401. 

HAFF,  n.  theil  des  meeres  am  geslade  hinter  einer  landzutu/e, 
ein  vornehmlich  <in  der  Ostseeknsle  gebräuchliches  wort,  das  für 
einige  dortige  meerestheile  geradezu  zu  einem  eigennamen  geworden 
ist:  die  ostsee  hat  mehrere  baffe,  das  frische  (4, 1,  206)  haß", 


127 


HAFF  — HAFNER 


HAFNEH  — HAFT 


128 


das  kurische  haff;  vom  seestrande  an  bis  an  das  frische 
haff.  Hennebergeb  413;  es  soll  auch  die  frische  neeruug  in 
dieser  zeit  (1190)  durch  solche  starke  nordwinde  aufgetrichen, 
denn  zuvoren  kein  haff  allda,  sondern  lauter  see  gewesen 
sein  Süll.  363.  sprichwürtlicli  in  Oslpicuszen  zur  bczeicitnuny  eines 
(froszen  durstes:  icli  möchte  das  haff  aussaufen.  Frisciiuier 
spriehu:  1438.  neuere  sclirißsleller  mil  norddetäscJier  hcimat  ver- 
wenden das  uort  freier  und  als  reines  afpellalivuin :  dasz  hier 
einst  haf  hinter  dünen  war,  welches  allmählich  in  sumpf 
übergegangen  ist.  ^IEB.  t,5"l;  Jahn  nennt  auch  den  Liman, 
worein  der  Diiiepr  fällt,  ein  haff.  bereicheruntj  des  Iwclid.  Sprach- 
schatzes (ISOC)  S.  82. 

Die  form  haff  ist  niederdeutsch  und  schlieszt  sich  eng  an  das 
fries.  hef,  ags.  heaf,  isländ.  schwed.  haf,  dfii.  hav,  millelnieder- 
sächs.  haf  (3.  b.  Script.  Brunsv.  3, 67",  36)  meer  an ,  nur  dasz 
die  bedeutung  eine  eingeenijtc  geuorden  ist.  die  oberdetäsche  form 
dieses  worles  war  hap  in  der  bedeutung  hafen,  mhd.  u<b.  1,  601. 
hochdeutsch  scJireibende  Oslpreuszen  gebrauchten  unter  anlehnung 
an  diese  form  für  haff  haab:  das  eine  ist  das  frische  oder 
prenssche  haab ,  das  ander  ist  das  Curisch  haab.  Waissel 
Chronik  (1559)  l';  die  schifften  durch  das  haab.  Schütz  Preuszen 
20 ;  auch  das  land  an  einem  solchen  wurde  des  gleichen  namens 
thcilhafHij : 

auch  leget  er  den  Preussen  abe 

das  wandern  auf  dem  frischen  haabe.    Waissel  53; 

vergl.  schon  mhd. 

ein  teil  vuor  euch  ir  her 

mit  schiffen  oben  umli  daj  lant, 

das  'St  daj  vrisctie  hab  genatit.     livl.  chron.  3830. 

fiijher  zur  niederdeutschen  steht  die  form  hav,  die  \Vaissel  eben- 
falls aufzeigt:  aus  der  seejiat  es  (Preuszen)  zween  schöne  ein- 
flüsse  in  das  land,  die  werden  haabe  oder  have  genannt,  da 
nemlich  die  schiffe  in  das  land  ein  und  auslaufen,  chronik  1*. 
auch  bei  Lütheb  erscheint  hav:  wil  die  übrigen  am  have  des 
meers  umbbringen  {uTtoXco  roi's  xaraXotnovs  rovg  xaroi- 
xovvras  t^»'  naQaXiav)  lies.  25,  16,  wofür  die  ausgaben  seit 
dem  17.  jahrh.  hafen  setzen. 

HAFFDOHN,  «i.  hippophae  Linn.,  am  meeresstrande  in  san- 
digen strichen  waclisend.  bei  Nemnich  3, 153  heiszt  er  auch  haft- 
dorn. 

HAFFKUH,  f.  in  Ostpreuszen  eine  arl  von  kühen,  die  ins  haff 
scliwimmen,  um  den  seelang  zu  fressen. 

HÄFLEIN,  n.  kleiner  hafen,  ollula:  hafeie  Maai.er  204''; 
ging  er  gegen  mir  zum  tisch  zu  und  reichte  mir  ein  irden 
pfennighafelein  in  der  band  dar.  Simpl.  1,  451  Kurz,  im  Sprich- 
wort: der  erster  zum  herd  konipt,  setzet  sein  häfelin  wohin 
er  wil.  Agric.  sprichw.  (1560)  229";  hei,  kleine  haflin  laufen 
f)ald  über.  Garg.  12s';  so  noch  in  Tirol.  Fromm.  5,445.  unter 
dOrflicIien  gebrauchen  wird  aufgezählt:  wa  verschenkt  man  den 
namen ,  wa  trägt  man  die  häfflin  zusammen ,  wa  löszt  man 
sich ,  wa  gibt  man  richtwein ,  wa  ruckt  man  den  tisch ,  wa 
gibt  man  die  bauszrachtung,  wa  ertrenkt  man  das  liecht, 
wa  geht  das  kräntziin  iierumb  ».  5.  w.  Garg.  52*. 

HAFiNEN,  verb.  plasmare,  fingere:  hafnen,  iiafncrwerk  treiben, 
ofen  machen ,  etwas  aus  leim  machen ,  formieren  oder  ge- 
stallen. Maaler   206*. 

H.AF.NEIt,  m.,  ahd.  hafanari ,  lopfmacher ,  tüpfer:  hafener 
lutipgulus,  lebefusor  voc.  ine.  Iheul.  h  S* ;  ollarius,  luli  compvsilor 
ein  hcfcner  voc.  ex  quo  v.  1469;  figulus  heffener  Diefenü.  nov. 
gloss.  173;  plusles ,  laline  figulus  ein  haffner,  kachler  Dasyp. ; 
haffner  vasaro,  pignataro,  boccalaro  Hui.sius  dict.  1,  69*.  als  der 
hafner  sitzet  zu  seim  werke  und  umkercl  das  rad  mit  seinen 
füszcn.  bibel  1483  332',  ao  Lcther  (Sir.  38, 32)  seinem  mittel- 
deutschen spracligebrauche  entsjireclwnd ,  löpfer  ge.ietzt  hat;  das- 
selbe Wort  steht  Jes.  04,  8,  aber  in  einem  briefe  schreibt  er:  es 
i-sl  also  geschrieben  Ksa.  64,8:  wir  sein  sein  than ,  er  ist 
unser  haffner.  der  Ihan  musz  die  kunsi  und  band  des  iiaff- 
ners  nil  meistern,  sondern  sich  meislern  und  inadien  lassen. 
br.  2,  224,  es  ist  ein  idireiben  an  die  Christen  zu  Augsburg,  ilinrn 
zu  liebe  hat  er  den  ihm  sonst  nicht  geläufigen  süddeutschen  aus- 
druck  gebrauclil;  uff  ein  zeit  helle  ein  haffiier  getreit  ein 
leimen  geldin.  STKi>HöWKt.  ll.'>5ö)  9fl';  die  hafner  haben  einen 
heiligen  Goar  erkoren,  welcher  ein  schwartzen  tcufel  mit 
feurigen  äugen  und  ein  hafen  in  der  hond  trügt,  bienenk.  183*; 
gebe  hin  imd  kauf  ein  irrdin  hafen  vom  hafner.  Hki.sznkr 
ierus.  I,  8h';  Agathucle«  war  eines  hafner«  söhn.  Schuppius 
100;  dicftcr  »chwatzer  nennet  den  gp"-""  >'  'vi  ,.-'•—  ■•y^ 
binatiscben  bafoer.  Wimkelmanm  3,  3^  i 


der  hälfner  machet  unverker 
sein  werk  zfl  schänden  oder  ehr, 
solch  macht  hat  got  gar  pillich  mer. 

Scuwarzknbbrc  155*; 
ein  hafner  usz  eiro  erdklotz  macht 
ein  erlich  gschirr,  sonst  vil  veraclit, 
als  kachlen,  hafen,  wasserkrfig, 
do  man  in  bösz  und  güttes  tilg. 

ItHAM  ;ia)Ten.iic/i.  57,  35. 

In  Baiern  sagt  man  lachen  wie  ein  hafner  der  umwirft, 
wenn  man  lieber  weinen  möchte;  auch  von  demjenigen,  der  sich 
in  eine  nicht  genügend  verstandene  suche  mischt,  der  versteht  den 
leim  oder  dreck ,  der  musz  ein  hafner  w  erden.  Schm.  2, 151. 
die  letztere  redensart  auch  in  andern  tlwilen  Deutschlands,  wo  für 
hafner,  namentlich  in  Mitteldeutschland,  töpfer  gesetzt  wird. 

HAFNEHEI,  /.  tOpferkunsl :  fast  will  es  scheinen  als  sei 
dies  der  zeitpiinct  gewesen,  wo  der  eisengusz  der  damals 
mächtig  aufblühenden  hafnerei  bei  Verfertigung  kunstreicher 
Öfen  das  feld  geräumt  habe.  Lt}BKE  über  alte  öfen  in  d.  Schweiz 
(1865)   S.    168. 

HAFNEHERDE,  /".  erde  wie  sie  für  den  töpfer  passend  ist: 
zeigte  sie  meinem  caiuerad  zunähest  an  unsrer  wohnung  eine 
schöne  art  hafiiererdc,  aus  weicher  sie  .  .  schön  irden  ge- 
schirr  zu  machen  getraue.  Simpl.  2,  230  Kurz;  fiinflens  be- 
fanden wir  neben  dem  besagten  flüsziein  eine  überaus  schöne 
hafl'nererde.  235. 

HAFNERGESCHIRR,  n.  ficlile.  Calepinüs  564. 

HAFNERHAND  WERK,  n.  töpferhandwerk :  es  wird  alsdann 
in  Teutschland  das  goldmachen  so  gewisz  und  so  gemein 
werden  als  das  hafnerhandwerk,  also  dasz  schier  joder  ross- 
bub  den  lapidem  philosophorum  wird  umschleppen.  Simpl. 
l,2Gi  Kurz;  ein  paar  frommes  ehevolk  des  baffiierhandwerks. 
Simpl.  3   (1699),  378. 

HAFNERIN,  f  ficlrix.  Maai.er  206*. 

HAFNERKNECHT,  wi.  töpfergesell:  ich  kleidete  mich  wie  ein 
armer  haffnerknccht.  Simpl.  3  (1699),  365. 

HAFNERKREIDE,  f.  figuralis  crela.  Maai.er  206*. 

HAFNERKL'NST,  /.  plaslice.  Dasyp.;  hafneiskunst  figlina 
Calepinüs  564. 

HAFNERLEIM,  m.  töpfertlwn,  töpfererde:  aus  hafnerleim  ge- 
macht, fictilis  et  hoc  fictile.  Maaler  206'. 

HAFNERRAD,  n.  rola  figularis:  Engers,  Angors  oder  An- 
schar  .  .  ein  erfinder  des  ankers,  der  blasbälge  und  des 
häffnerrads.  Zinkgref  apophth.  1  (1653)  s.  303. 

HAFNERSCHEIDE,  f  rota  figularis:  zeucht  er  [der  bauer) 
aber  den  groben  dcckel  (seinen  hui)  gar  ab,  so  liehet  er  den- 
selben herum  wie  eine  haffoerscheibe.  baurenst.  lasterpr.  169. 

HAFNERSTUBE,  f :  figlina  haffnerstuben  Frischlin  nom.  347'. 

HAFNERTHON,  m.  töpfertlwn: 

dann  nirab  ein  halTnerstahen  ich, 
waich  in  ins  wa>ser,  das  er  sich 
wie  salben  aufs  tiich  streichen  lasz. 

J.  Ayhrr  faslu.  sp.  46»  (2568,  11  Kellm). 

HAFNERWERK,  m.  in  zwei  bedeutungen:  1)  hafnerwerk, 
kunst  ze  hafnen,  figlina  Maaler  206'.  2)  hafnerwerk,  irrdin 
geschirr,  figlinum  opus,  plasma  das. 

HAFT,  m.  vinculum,  ahd.  haft,  mM.  haft  («'ft.  I,  603"),  ags. 
häft. 

Von  der  wurzel  hab  fassen,  hallen  {sp.  46)  hat  die  deutsche 
/spräche  mittels  des  eine  thätigkeit  hervorhebenden  suffixes  ursprüng- 
lich -ti  zwei  siibstanlire  gebildet,  ein  masculinum  haft,  j)/i«r.  hefte, 
hiifte  «ii(  dem  mehr  persönlichen ,  allgemeinsten  sinne  erfasser, 
haller,  und  ein  fem.  halt  zum  ausdruck  der  handlung  des  erfas- 
sens  und  haltens.  beide  Wörter  sind  im  golhischen  nicht  bczeutft, 
das  masc.  würde  hafl-s,  (jen.  haflis,  phir.  Iiafleis  lauten,  das 
fem.  haft-s,  gen.  haflais.  t«  den  hochdeutschen  dialecten,  bereits 
von  alid.  zeit  her ,  haben  sich  zu  beiden  wt<ilern  nebenformen 
ergeben;  während  dir  plur.  des  ma.ic.  hefte,  hafte  nocVi  im  nhd. 
dauert,  findet  sich  schon  im  alid.  die  haflA  vincula .  dat.  plur. 
dien  haften  ((iraff  4,742.743),  »ii;  idurtrill  des  Wortes  in  die 
a-declinalion ,  die  im  ags.  hilft  durchaus  erfolgt  ist.  ein  schwacher 
plural  die  haften  der  daneben,  wiewol  .♦/wfer  und  in  eingeengter 
bedeutung  (vgl.  unten  no.  3)  außaucht,  hat  aucli  einen  schwachen 
Singular  hervorgerufen:  spintJier  ein  hafte  Dasyp.;  im  bairischen 
bat  man  dann  weiter  wieder  gebildet  der  haften  mit  dem  plur. 
die  hallen  (Scmm.  2, 160). 

Zum  fem.  haft,  rfe.wf/i  mhd.  gen.  hefle  (wb.  I,  603')  die  olirn 
erschlossene  goth.  form  haflais  stiitzt ,  finden  sich  die  gleichen 
nebenformen,  nacli  der  starken  a-ilecl.  erseheint  im  aUniederfrdn- 
kischen  bafta :    nAmi  liaflu,   cepisti  captivitalem,  ps.  67,  19 ,   ein 


129 


HAFT 


HAFT 


130 


schwaches   diu  haftä  üt  afid.  bezeugt   (haftftn  connexfone  Graff 

4,  743)  und  dauert  auch  nhd.,  vgl.  ueiler  uulen.  vennischung  aer 
bedetttung  beider  Wörter  liegt  nahe  und  ist  erfolgt ;  das  masc.  haft 
bezeichnet  neben  seinem  mehr  persönlichen  sinne  auch  den  acl  des 
fo'^sens,  haUens  (no.  4) ,  das  fem.  drückt  neben  diesem  letztern 
auch  die  bedeutung  eines  hafts ,  halters  aus;  im  bairischen  geht 
die  haft  halt,  festhalten,  neben  der  haft  gleiclier  bedeutung.  Scbm. 
2, 160.     s.  ueiieres  unter  dem  fem.  haft. 

Das  masc.  haft  bedeutet 

1)  band,  halter,  etwas  was  zusammen  faszl  und  verbinde,  im 
allgemeinsten  sinne:  so  sind 

a)  hefte  von  den  weiden  abgeschnittene  äste,  die  zum  verbinden 
der  zaunhölzer  dienen:  wan  aber  sonst  Jemants  in  weiden  be- 
sichtiget Avirth,  die  sein  nicht  seinlh,  ehr  schneide  hefte, 
zeine,  neiden,  ader  wo  zu  ehr  die  weiden  soDSt ,  es  sei  fu 
reuffen  ader  anders  gebrauchen  würde.  Michelses  rechtsdenkm. 
nits  Thüringen  4SS.     auf  dieser  bedeutung  fuszen   folgende  verse 

HOFFMAN.NSWALDAÜS  : 

ach,  Amarillis,  ach!  die  bitterkeit  und  lieben 

mit  steifen  haften  kann  verbinden,    getr.  schäfer  11; 

man  spüret  doch,  wie  sich  ein  starkes  etwas  findet, 

das  uns  ans  vaterlan^nit  süszen  bärten  bindet, 

mit  halten  die  die  im  nicht  zu  verfaulen  weisz.    «.  145. 

6)  haft  heiszt  ferner  die  naht,  die  zwei  getrennte  theile  eines 
Zeuges  verbindet,  einer  sache  ein  paar  hafte  geben,  sie  mit 
einigen  Stichen  zusammen  heften.  Adelu.vg.  der  chirurg  nannte 
haft  die  eine  wunde  zusammenfügende  naht,  in  diesem  sinne  der 
plur.  hefte  Diefenb.  233*:  der  wunden  ein  haft  geben,  com- 
viiltere  alicujus  plagae  oras  suturis.  Maaler206';  und  die  hef- 
tung (der  wunden)  geschieht  in  fünferley  form  oder  weise, 
zum  ersten  die  gemeinen  haft  (plur.).  Hieb.  Braümscbweig 
Chirurg.  (Augsb.  14!»6)  21';  darumb  zu  allen  Zeiten  sollen  die 
hefte  ungerad  sein,  wenn  die  wund  über  zwen  hafte  bedarf. 
21* ;  so  so!  auch  die  heftung  (der  wunde)  tief  geschehen,  .  . 
das  nit  ein  b<'>le  under  dem  haft  werde.  2l';  gib  alsdann, 
wie  das  wümllcin  geschnitten,  der  haut  einen  haft,  darmit  \ 
das  würtzlein  {was  in  die  wunde  gesteckt)  nit  herausz  fall,  lasz 
es  darinnen  bisz  der  haft  selbst  aufbricht.  Secter  rossarznei 
171;  nee  die  wunden  wiedcrumb  zu  . .  alsdann  thue  den  haft 
widerumb  auf.  s.  351;  die  wunde  ward  ...  mit  fünf  haften 
geschlossen.  Happel  acad.  rom.  954; 

wie  du  den  Apel  Milchschlunt 
hast  gehauen  und  in  den  tod  verwunt, 
das  man  dem  armen  bauersman 

zwelf  heft  hat  getan  (die  icunde  mit  zwölf  haften  zugenäht). 

fastn.  sp.  590,  23. 

c)  auch  der  flinlenstein  hatte  einen  haft,  die  schmale  fläche, 
die  die  beiden  breiten  verband:  man  kann  füglich  einen  solchen 
durch  die  kunst  gebildeten  stein  in  6  flächen  theilen:  erstens 
aus  zwei  beinahe  eben  solchen  flächen,  nämlich  eine  obere, 
welche  schmal  und  nur  meistens  ',3  des  steins  einnimmt  und 
die  rippe,  der  rücke  oder  der  haft  genannt  wird.  Jacobsson 

5,  506" ;  ein  schiefer  der  gut  gebildet  ist  . .  musz  in  der  mitte 
nach  seiner  länge  einen  ganz  flachen  oder  ebenen  rücken, 
der  von  4 — 14  linien  breit  sein  kann,  haben,  denn  nach  ver- 
hältniss  dieser  breite  entstehen  die  gröszern  oder  kleinern 
steine  fürs  feuergewehr,  indem  dieser  rücken  den  haft  oder 
köpf  (franz.  manche)  ausmacht.  567*. 

d)  bei  den  gewerken  ist  haft  in  verschiedenem  sinne  gebräuch- 
lich, dem  glaser  ist  es  ein  bleiring,  womit  das  gewöhnlche  fensler- 
blei  in  jeder  Vereinigung  mehrerer  bleistücke  an  den  windeisen  be- 
fi'sligt  wird ;  dem  büchsenmacher  ein  eisenring,  durch  den  der  lauf 
an  dem  schaße  festgehalten  wird. 

e)  Schotengewächse  haben  hafte,  es  sind  die  langen  gewundenen 
faden,  durch  die  sie  sich  an  ihren  stützstangen  anranken  und  fest- 
hallen: die  runden,  langen  und  hole  Stengel  {der  bohnen)  mit 
ihren  gewerben,  sampt  den  bicttern,  ästlein,  haften  und  schot- 
ten, vergleichen  sich  aller  ding  den  grossen  gartenerweissen. 
Bock  kräuterbuch  486;  (die  teutschen  honen)  gewinnen  kein 
haften  oder  faden  wie  andere  köchsef.  490. 

2)  haft,  was  bindet  und  gefangen  hält,  fessel,  band. 

a)  im  gewöhnlichen  sinne:  mit  gewalle  löster  unsere  hafte. 
spec.  tccles.  von  Kelle  s.  67; 

alid.  suma  hapt  heptidun.    Merseburger  xpruch. 
nhd.  verbindet  sich  verstärkend  damit  band,  er  ist  in  band  und 
haft,    in  haft  und  band,   wie  schon  ahd.   die  haftä  unde  diu 
gebende  Graft  4,743; 

insprinc  haptbanJun.    Merseburger  Spruch; 
TV.  11. 


so  liumpt  mein  sün  schnell  über  mich, 
sagt  gut  gsell  gib  gefangen  dich, 
in  meines  jtiukern  band  und  haft. 

WicutAK  pilger  R  3,  64 ; 
derer  seufzen  anzuhören, 
welche  (acc.)  haft  und  band  versehren.     Opitz  3,  191. 

b)  In  übertragenem  sinne: 

swä  in  siaer  Sünden  haft 

beheftet  habe  von  schulden, 

da  lä  mit  dinen  hulden 

brechen  siner  Sünden  bant.    Bariaam  361,  34; 
ouch  ist  ej  {das  kreuz)  niht  ein  kleiner  haft  {fessel.  Zügel) 
dem  tumben  man, 
der  sime  übe  raeisterschaft 
nibt  halten  kau.      Hartxa^x  tieder  9,  25. 

man  sagte  heften  einen  haft,  an  etwas  eine  fessel  anlegen,  da- 
mit es  sich  nicht  weiter  entwickele: 

des  muo;  ich  heften  einen  bafl 

an  dirre  materie  ön  minen  danc, 

wan  ich  füriite  sie  werde  ze  lanc.    Renner  20132. 

man  gebraucht  auch  haft  der  freundschaft ,  ine  freundschafts- 
band  (4, 1, 169) :  kaft  und  aufenthalt  einer  freundschaft,  no- 
dus  amicitiae  Maaler  206*. 

nhd.  sprach  man  auch  von  dem  haft  eines  rätseis,  dem  sinne 
desselben,  es  ist  gleichsam  die  fessel,  die  das  Verständnis  des  räl- 
sels  hindert,  hat  man  sie  gelöst,  so  ist  das  rätsei  verstanden,  vgl. 
knoten  14,  th.  5,  1504.  Klingsor  hat  ein  rätsei  gegeben,  das 
Eschenbacli  mit  den  eingangsworten  deutet: 

Klingsor,  ich  Icese  dir  die  knoten,  : 
worauf  Klingsor  erwidert: 

ja  meister,  loese  uns  baz  den  baft. 

ilS.  Hag.  3,  9',  29.  30 ; 
der  mir  üf  sliujet  disen  haft, 
dem  gib  ich  lop  für  aller  singer  meisterschaft. 
3,  432%  3. 
diese  bedetäung  lebt  nhd.  nicht  mehr. 

c)  in  der  rechtssprache  steht  haft  neben  haftpfennig  in  dem 
sinne  des  draufgeldes,  dieses  ist  das  band,  durch  welches  ein  ein- 
gegangener vertrag  fest  wird:  zu  der  form  eines  solchen  Ver- 
trags kann  ein  schriftlicher  aufsatz  oder  sogar  eine  gericht- 
liche erklärung  (insinuatio,  wie  wir  sagen ,  eine  gerichtliche 
bestätigung)  gehören,  ferner  eine  arrha  (ein  handgeld,  wein- 
kauf, haft),  bald  so  bald  anders  verabredet.  Hugo  heut.  röm. 
recht  11826)  s.  258. 

3)  haft  in  eingeengter  bedeutung  die  spange,  nadel ,  zum  zu- 
sammenhalten eines  klädungsstückes :  ßbula  haft,  hack,  ring 
Friscbl.  nom.  418*;  heftete  über  den  rock  mit  einem  hafte 
den  weiten ,  doppelten  mantel.  Stolberg  11,  332.  vielfach  ist 
hier  jene  oben  erwähnte  schwache  nebenform  im  gebrauche:  die 
haften,  grosze  häftle  ßbulae,  die  haften  einthun  infibulare  Ma.a- 
ler  206*;  dann  ich  mein  lebenlang  nichts  närrischers  gesehen, 
als  ellenlange  und  klafterbreite  haften  auf  dem  hut,  was  sol- 
len haften  auf  dem  hut,  setz  sie  darfür  wie  unser  Pantagruel 
auf  den  latz.  Garj.  119*;  wann  der  trinkend  kerles  seine  pau- 
toö'elsolen  umb  ein  halben  fusz  aufblaset,  die  nesteln,  haf- 
ten und  kneiflein  auftreibet.  163' ;  als  weihgeschenke  stifteten 
sie  daneben  . .  einen  silbernen  Spiegel,  den  vergoldeten  pan- 
toffel,  goldene  haften,  alles  zum  putz  der  Venus  gehörig. 
Götue  39,  25; 

gülden  ketten,  ring  und  armband, 
geheng,  haften  und  wie  es  wird  gnant, 
ist  gemacht  von  silber  und  von  gold. 
>  Atrer  111*  (561,  10  Keller). 

4)  in  abstracter  weise  bezeichnet  haft  halt,  anhält,  in  Kämthen 
haft  das  halten,  festhalten  (Lexer  130);  haft,  anhang,  das  an- 
heuken  adhaesio  Maaler  206*.  so  sagt  man  im  gemeinen  leben 
die  sache  hat  keinen  haft,  Mit  nicht,  meine  füsze  hatten  auf 
dem  abschüssigen  boden  keinen  haft; 

weil  nichts  beständig  ist  als  Unbeständigkeit, 
so  kan  man  freilich  wol  nicht  haft  und  anker  finden, 
wormit  man  sicherlich  sich  köndt  auf  freunde  gründen. 

FLcm.tG  b<i; 
diese  bedeutung  wendet  sich  auch  zu  der  des  Schwerpunkts,  angel- 
punkts,  vornehmsten  einer  sache: 

ö  wip,  du  höher  6ren  haft!  Fraukmlob  minneteich. 
Maaler  206*  führt  eine  reihe  hierher  gehöriger  beispiele  an:  der 
haft  einer  sach,  der  fürnembst  arlikel  darauf  die  red  tringt, 
Status,  Justitium,  continens,  cardo  causae,  judicatio,  firmamentum; 
der  rächt  haft  od«r  stich  einer  red,  aculeus  orationis;  daran 
ligt  der  rächt  haft  oder  punct  oder  der  ganz  handel .  in  eo 
cardo  rei  vertitur ;  der  grüst  haft  der  sach  ligt  am  zeugen. 
summa  est  in  testibus;  der  rächt  haft  in  allen  dingen  ist  in 
deinen  henden  und  ligt  an  dir,   ad  te  summa  solum  Phormio 

9 


131 


HAFT 


HAFT  — HAFTEW 


132 


reriim  rcdit;  der  fürnciubsl  hall  des  sigs  ligt  daran,  vidoriae 
lumma  in  eo  conslat. 

5)  aber  andrerseits  kann  die  vorige  bedeutnng  auch  in  die  des 
zuriickhaltetts,  hindcrnkscs  verlaufen,  so  kärnthniscli  Lexeii  130; 
der  den  bagendorn  wil  ziehen  diir  daj  heu  sunder  hafte,  der 
miioj  in  gar  besiiiden.  d.  myst.  2,  634,  27 ;  da  würt  allaiii  der 
felb  und  baft  liegen.  S.Frank  parad.  120'  no.  177; 

der  halt  und  mangel  lyt  daran, 

das  ir  gots  liebe  band  vertan,    trag,  Joh.  Ciij. 

hierher  ein  schi/ferausdnicJc  ein  schiff  läuft  auf  haft,  slöszL  auf 
ein  seinen  lauf  hemmendes  hindernis:  doch  eins  von  diesen 
schiffen  lief  unversehens  auf  hnft  oder  alte  verborgene  pfiilc, 
so  unter  wasser  sind  und  nicht  mögen  gesehen  werden. 
Waissel  chron.  (1559)  220*. 

6)  daher  Iteiszt  endlich  auch  der  haft  gefängliche  verwahntng: 
baft  T71.  custodia  Schottel  haubtspr.  1332.     vgl.  verhaft. 

HAFT,  f.  custodia,  adimesio.  über  die  form  des  worles  ist  am 
ringange  des  vorigen  arl.  {sp.  128)  gesprochen,     es  bedeutet 

1)  vencahrung,  gefangenhaltung,  und  ist  in#/«er  bedcutung  zu- 
nächst rechlsausdruck :  einen  Verbrecher  zur  baft  bringen;  da- 
rum begern  wir  ernstlich  das  ir  dieselben  in  hafte  nenict. 
Haltal's  772  ;  und  wo  einer  oder  mehr  zu  haften  oder  ge- 
fengknus  gebracht,  das.;  es  ist  Anna  Maria  Braunin  . .  wegen 
verdachtiger  Zauberei  alliier  in  gefängliche  haft  gebracht. 
hexenproz.-aclen  v.  16S9  in  d.  neuen  milthcil.  des  thür-sächs. 
ver.  9,  81;  die  alte  wurde  zur  gefänglichen  haft  gebracht. 
E.  T.  A.  HoFFMAX.N  3,  16;  er  ist  hierauf  in  haft  geralhen. 
Happei.  acad.  rom.  895 ;  er  wurde  der  haft  entlassen ;  der  ge- 
fänglichen haft  erledigen.  Schweinichen  3, 169 ; 

so  schüll  wir  uns  denn  all  zerstreuen, 

und  es  schol  ie  einer  nach  dem  andern  ausz  gan 

und  den  breutigan  an  der  heft  lan.    fastn.  sp.  787,  33; 

er  ist  noch  keiner  that,  so  spricht  man,  überzeugt. 

er  ist  urab  wort  in  haft.     A.  Grtpuius  (1663)  s.  25,  262, 

ach  Talbot,  ihr  wart  stets  mein  freund  —  dasz  ich 

in  eurer  milden  haft  geblieben  wäre! 

Schiller  Mar.  Stuart  3,  3; 
ich  will  dirs  reich  vergelten,  wenn  ich  einst 
aus  dieser  halt  befreit  bin.    Platen  235', 

wenn  ihr,  was  goit  verhüte,  wiederkehrt 
in  Ludwigs  haft,  so  fällt  auf  euer  haupt 
derselbe  uannstrahl,  der  auf  jenen  fiel. 

Uhland  Ludwig  der  Daicr  s.  131. 

aber  nicht  blosz  personen,  auch  Sachen  werden  in  baft  gelegt,  in 
haft  behalten,  wie  man  von  gefangennehmung  der  guter  spri^:ht 
(die  güther  der  Studenten  sollen  nicht  gefangen  werden. 
Happel  acad.  rom.  102) :  sollich  stadtsteuern  in  arrest  und 
haft  zu  behalten.  Haltaüs  771;  das  (gut  hat)  also  bisher  6 
Wochen  und  3  tag  in  baft  gelegen,  das.  man  verwahrt  solclie 
Sachen  als  pfandobjede,  daher: 

den  spiesz  musz  ich  mir  pfänden, 

ich  nehm  ihn  mir  zur  halt.    Uhland  gcd.  425; 

tgl.  haft  debilum,  pignus  Stieler  816. 

2)  unter  anlehnung  an  den  rechlsausdruck  wird  das  wort  dich- 
terisch freier  verwendet: 

was  ist  die  groszc  weit?  ein  blockhaus,  da  verlangen 
und  angst  und  schwere  noth  mit  starken  fesseln  drückt; 
wenn  uns  der  freie  tod  aus  disen  ketten  rückt, 
denn  nimbt  die  grufi  in  haft  die  ganz  erblaszten  wangen. 

A.  Grtpuius  (1663)  «.697; 
ein  geschöpf  wie  du  selbst,  vormals  theilhaft  des  verrinnenden 

sands  in  der  sanduhr, 
Jahrhunderte  lang  in  entsetzlicher  haft,  durch  nie  zu  berech- 
nenden zeitlaur.    Platen  263. 

3)  haft  bezeichnet  auch  den  räum  des  gcfdngnisses,  wie  umge- 
kehrt kerker,  was  gewöhnlich  nur  auf  den  bau  geht,  doch  auch 
die  gefangenschaß  ausdrücken  kann  (:>,  567) ;  und  sullen  densel- 
ben man  oder  wip  do  mite  brcngen  in  di  hafte.  Freiberger 
stadlrecJU  in  Schotts  stadl-  u.  /anrfrecWc»  (1775)  3, 182;  ich  ver- 
lange nichts  als  ritterliche  baft.  Güthe  8,125;  so  sei  er  er- 
bütig,  ihm  zur  flucht  aus  seinei  haft  in  Dresden  mit  pferden, 
Icuten  und  geld  an  die  band  zu  gehen.  JI.  v.  Kleist  sdirtften 
(1«59)  3,83; 

gibt  unterm  meer  ein  foldoch  ihm  zur  haft. 

Griex  llojardo  1,  1,  53. 
bitdlich:    got  ruor  zer  helle,  der  lip  was  t(^t, 

er  lac  In  grabe«  hefte.    Fracenlor  235,  15-, 

was  aber  brichst  du  au«  de*  grnbes  hnft? 

CH*ais«o  (tsnr.)  «,280; 
Ir'  '  •  '     ■  ,!ii  den  arm  gebunden, 

!  mir  liegt  in  linfl.    ÜHLAnn  gcd.  315. 

die  nicdnf  ;   nn   dufnr  i\l    li.xlil.   .%.   sp.   98. 


4)  haft  hat  endlich  auch  zwei  bedeulungen  des  masc.  haft, 
nämlidi 

a)  die  von  spange,  lialler  (no.  3,  sp.  i30):  die  hafte,  unc  agraffe 
Frisch  did.  franc.  (1730)  2,279;  und 

b)  die  von  stütze,  Schwerpunkt  (ho.  4,  .<:p.  130);  die  rechte  haft 
eines  dingcs,  continens  et  firmamentum  rei.  Steinuach  1,  661. 

HAFT,  n.  nach  Adelung  ,  nach  Nemnich  m. ,  ephemera,  ein- 
tagsflicge.    der  name  nach  letzterem  davon,  dasz  bei  Verwandlung 
der  puppe  in  das  geflügelte  insed   die  Itiille   an   einem  ufer,   wo 
die  Verwandlung  vor  sich  geht,  bleibt  oder  darauf  haftet: 
wie  kurz  ist  doch  der  schmerz  der  allertici'sten  wunde  I 
weint  etil  unsterblicher  beim  leid  von  einer  stunde? 
so  machte,  dächt  er  sonst,  und  mäsze  seine  zeit, 
ein  halt  die  däUMucrung  zu  seiner  cwigkcit. 

Halleh  Schweiz,  ged.  (1768)  s-.  192. 

in  Hamburg  heiszt  das  insect  hatT  uitd  baflU.  Schütze  2,  89. 

HAFT,  adj.,  ahd.  mhd.  haft,  golh.  bafts  in  auda-hafts  glück- 
selig, altniedcrd.  haft,  ags.  iiäft,  eine  drred  aus  der  würzet  hab 
gebildete  parlicipialform  mit  passiver  bedeiäung,  ganz  dem  lat. 
cap-tu-9  entsprechend,  mü  der  bedeulung  ergriffen,  eingenommen, 
gehalten,  es  ist  demnach  eine  andere  bildung  als  be-haft  (1, 1316), 
welches  rückumlautendcs  parlicip  von  behcflen  ist.  die  neuere 
spräche  kennt  haft  wescnllidi  nur  noch,  als  zweiten  thdl  zusam- 
mengesetzter adjcdive  (|;lückhaft,  fehlerhaft,  lasterhaft  «.  s.  w., 
gramm.  2, 562.  656) ;  die  ältere  .^rache  verwendet  es  auch  ein- 
fach in  folgenden  bedeutungen: 

1)  gefangen,  gefesselt: 

atls.  that  thena  hafton  man  heliffös  nämin 

so  gibundanan,  that  barn  godcs.    Ucliand  5262; 

ahd.  haft  vinctus,  liapbta  caplivos  Graff  4,  739 ;  mhd.  nu  bistu 
herchomin ,  die  armin  tötin ,  die  heilichen  haftin  zcrlüsin. 
spec.  eccles.  v.  Kelle  s.  68; 

der  trache  wart  sä  da  haft.    kaiserdiron.  106M); 
ein  binde  in  und  mache  in  haft  (die  leimrulc  den  voget). 

Tri!:l.  23,  13. 

2)  von  etwas  eingenommen,  besetzt,  bestanden,  noch  im  j.  1492 
.,0m  bestellten  feldc:  item  die  von  Tobel  habcnt  mit  irem  vich 
trat,  wenn  die  zeig  lär  und  nit  haft  ist.  wevith.  4,  406 ;  zwi- 
schen der  hoffstatt  und  dem  brül  sol  ein  vallenlhor  hangen, 
wenn  die  zeig  uff  cbnit  haft  ist.  s.  407. 

Die  ältere  spräche  brauchte  die  Verbindung  eines  kindes  haft 
für  schwanger: 

ahd.    6r  si  zi  theru  giburti  thes  kindes  haft  wurdi. 

Otfrid  1,  14,  6; 
mhd.  nu  bäte  e^  got  also  beschart, 
der  uns  dicke  tuot  wunders  vil 
daj  rehte  an  dem  selben  zil 
was  euch  si  worden  kindes  haft.    Flore  569; 
hie  mit  wirst  du  kimies  haft.    Mokr  schausp.  1,155,61. 
auch  einfaches  haft  steht  in  gleichem  sinne : 

was  im  ij  harto  ungemach,  dö  er  sia  hafta  gisah. 
Otfrid  1,  8,  2. 

3)  in  übertragenem  sinne  hdszt  haft  verpflichtet,  verbunden  für 
etwas  : 

die  {deine  freunde)  sint  dir  alles  guotes  haft. 

Laszberc  liedersaat  2,  620,  57. 

4)  anders  noch  jetzt  in  der  Eifler  mundart,  wo  haft  die  be- 
deulung schwer  angenommen  hat:  es  thut  im  haft,  es  hält  ihm 
sdiwer  etwas  zu  vollbringen.  Fromm.  6, 15;  das  geht  audi  von  der 
bedeulung  1  aus,  aber  durch  die  Vorstellung  des  beengenden,  drücken- 
den hindurch. 

HAFTRAR,  adj.  verantwortlich  für  etwas  {s.  hafl  3  und  haf- 
ten 4) :  jemand  für  eine  sache  haftbar  machen. 

HAFTRARKEIT,  f:  die  haftbarkeit  des  berausgcbcrs,  Ver- 
legers tind  druckers  (einer  zeitung).  Hall,  zeitg.  ISOS,  no.  90. 

HAFTREFEHL,  m.  befehl  zum  liaßvollzuge :  so  wird  ..  die- 
ser haftbefehl  wider  denselben  (einen  flücMgen)  erkannt,  preusz. 
staatsanz.  1868,  s.  2061. 

HAFTRRIEF,  ni.  was  Steckbrief,  briefliches  ersuchen  einer  bf- 
h'irdc  um  Vollstreckung  der  hafl  an  einem  Verbrecher.  Adeiüno. 

HAn'DOI.DE,  f.  caucalis,  auch  klelteiikörbel,  weil  der  same 
der  pflanze  sich  wie  eine  kldte  anlulngt.   Nkmmi:h   2,917. 

HAI"TEL,  »I.  flbula,  uncinulus.  die  ununnjelautete  form  ist 
selten  (z.  h.  in  Tirol,  Fromm.  5,  445).  häufiger  ist  iiäflel,  am  qe- 
Mü/in/if/i.v/c»  aber  wird  jdzl  liefle!  geschrieben,  w.  m.  s.  Iiaflel 
heiszl  tm  allgemeinsten  sinne  jedes  kleid  oder  mantel  zusammen- 
haltende inslrumcnt: 

für  ir  liru.<t  (zum  tunxmmrnlinllrn  des  rock»)  wart  goleil 

ein  liariel  wnl  linndn  liroil : 

do{  wn»  ein   (.'i'liiri'r  niliin.      I'irr   t.M!0 


133 


HAFTELDRAHT — HAFTEN 


HAFTEN 


134 


furspang  oder  hafftel  roc.  von  1437  bei  Leser  130.  in  Ober- 
detttschland  bedeutet  liaftel  jetzt  soivol  d^s  häkelten  an  den  kld- 
dern,  als  die  Ose;  einzeln  nennt  man  jenes  häkchen,  männcben, 
kdrnthn.  hanggile,  dieses  weibchen,  niüeterle  (Lexer  130.  Schm. 
2, 160).  in  ?iarnberg  bezeichnet  man  durch  häflel  eine  Stecknadel. 
—  In  andere)-  bedculung,  namentlich  in  teclinischer  spräche:  es 
ist  ein  haftel  auch  ein  starker  pflock,  womit  man  eine  leine 
2.  e.  an  einem  zeit,  oder  bei  der  Jägerei  die  leinen  an  den 
tiichern,  und  die  windleinen  an  den  erdboden  befestiget,  öeon. 
lex.  897 ;  häftel  ist  (bei  der  befestigung  der  fischnetze]  ein  unten 
zugespitzter  pfal,  den  man  so  lang  rund  dick  machet,  als  es 
der  dienst,  so  er  leisten  solle,  erfördert,  jagds-ergölzungen 
1, 11.     vgl.  auch  häftlein. 

HAFTELDRAHT,  m.  draht  jvoraus  haftein  gemacfit  werden: 
hafleldraht  von  messing.  Jacobsson  6,  7'. 

HÄFTELHAKEIV ,  m.  in  der  Jägersprache  kleine  pflöcke  mit 
haken,  die  leinen  des  treibzeuges  damit  auf  dem  boden  zu  be- 
festigen. Jacobsson  2, 187*. 

HAFTELN,  s.  unter  heftein. 

HAFTEN,  verb.  haerere,  detineri,  ahd.  haflän  (Graff  4,  744), 
mhd.  haften,  die  grundbedeutung  dieses  wortes  einen  haft  oder 
halt  haben,  fest  hangen  an  etwas,  spricht  sich  in  maniyfachen  Wen- 
dungen aus. 

1)  in  ganz  sinnlicher  weise  haften  gegenstände :  der  nagel  haf- 
tet in  der  wand;  bei  nassem  weiter  haftet  die  lehmige  erde 
an  den  sohlen;  durch  einen  besondern  kitt  haftet  glas  auf 
stein  und  metall;  der  fuszboden  war  so  abschüssig,  dasz  der 
fusz  darauf  nicht  haften  konnte;  es  haft  kein  eisen  darauf, 
es  Schlacht  eisen  ausz,  respuit  hoc  fem  ictum.  Maaler  206''; 
ouch  den  stoup  der  an  uns  gehaftit  hat  von  üwer  stat,  den 
klopfe  wir  abe  wider  üch.  Behaims  evangel.  buch  Luc.  10,10; 
einige  scribenten  berichten,  dasz  in  dem  tempel  Serapidis  zu 
Ale.xandria  ein  eisern  gützenbiid  in  freyer  luft  gehaftet  und 
gehalten  worden,  weil  über  und  unter  demselben  magnet- 
steine eingefasset  gewesen,  die  es  durch  ihren  zug  also  be- 
wahret. ScRivER  seclensch.  2,  378;  die  gläubige  seele  ist  ein 
zweig,  der  an  ihm,  als  dem  bäum  des  lebens  haftet  und  saf- 
tet, sie  lebet  in  ihm  und  er  in  ihr.  1,824; 

wie  keiner  spinne  schmutziges  gewebe 

an  diesen  marmorwändeii  h'afien  soll.    Göthb  9,  157. 

2)  übertragen  ist  es,  wenn  vian  gewöhnlich  sagt  die  äugen 
haften  an  etwas ,  auf  jemand ,  «je  es  von  dem  lange  zeit  auf 
einen  gegenständ  gerichteten  äuge  auch  hciszt  es  hängt  an  einem 
oder  etwas,  es  klebt  (5,  1046  unten): 

dort  werd  ich  dich  im  offnen  kreise  sehn, 

und  aller  äugen  werden  auf  dir  haften.    Göthk  9,  265. 

ähnlich  haftet  das  herz  an  etwas :  er  merke  nur  wa  und  wa- 
rauf  sein  herz  haft,  hang,  ru,  stehe.  S.  Fraxk  parad.  133; 
viel  unsinnlicher  aber  haften  lehren,  ratschlage,  e  igen  Schafte  n :  viel 
guter  fabeln  und  Sprichwörter  von  wenig  worlen ,  die  aber 
viel  nachdenkens  geben  und  haften  und  kleben  lange.  Scnup- 
piüs  833 ;  diese  nothwendigkeit  haftet  an  den  begriffen.  Kant 
2,48; 

erwecke  doch  mein  herz,  wenn  ich,  in  angst  gedrungen, 
zag  ohne  lesien  trost,  wenn  nun  kein  rath'mehr  haCi, 
und  mich  der  sünden  grimm  gleich  einer  blum  hinrafft. 

A.  Grtphrs  (169S)  2,  357; 
schnöder  sklav, 
in  welchem  keine  spur  des  guten  haftet. 

Shakesp.  von  Schlegel,  Sturm  1,  2. 

ferner  andenken,  verdacht:  trug  sy  das  angesicht  Euriols  in- 
gedenk und  haftende  in  der  brüst  irs  hertzen.  N.  v.  Wyle 
transl.  25  Keller; 

man  hat  mir  auch  von  dir  geklafft, 
soll  mir  das  han  am  herzen  gehafl, 
ich  het  kein  tag  noch  nacht  kein  rue.    fastn.  sp.  166,  9. 

Verbindlichkeiten,  schuld,  abgaben:  es  haftet  demnacii  hier  auf 
dem  hofe  nur  ein  käse  (als  zins).  Immermann  Münchh.  1,192; 
damit  die  blutschuld  nicht  auf  dem  volke  hafte.  Käst  5, 169; 
der  h.  gaist  versichert  dj  herz  mit  kainer  lüge,  er  laszt  sie 
auch  nit  haften.  S.  Frank  142';  die  männer  mögen  thun  was 
sie  wollen,  so  haftet  das  gesetz  nicht  an  ihnen.  Happel  acad. 
rom.  597 ;  endlich  haftet  auch  die  gerichtliche  klage : 

und  weil  als  was  podagra  tliut, 

auf  des  §oits  Jovis  gheisz  geschieht, 

so  kan  die  klag  ja  haften  nicht  {nicht  nnhänqig  werilen). 

Atrer  fustn.  sp.  47'  (2375,  24  Keller). 

Die  unter  1  und  2  gegebenen  bci.tpicle  belegen  zugleich,  wie  der 
ort  des  haflens,  wo  er  ausdrücklich  genannt,  durch  die  vTuep.  an, 


auf.  in  mü  dativ  vermittelt  wird,  odm-  durch  die  entsprechenden 
adierbien:  darauf  haftet  meine  meinung.  Kirchhof  milit.  discipl. 
263;  die  grüste  klugheit  eines  menschen  haftet  daran,  das 
er  sich  nicht  über  sich  erhebe.  Butschky  Palm.  703;  wenn 
die  katze  einen  reinlichen  orth  beschmeisset ,  so  bedecket 
sie  den  platz  mit  erde:  du  aber,  o  mensch!  schläfst  nach 
deinen  unflätigen  werken,  du  befürchtest  nicht  eins,  dasz  dein 
gesicht  darüber  haften  solle,  pers.  baumg.  9, 19.  —  Die  alle 
spräche  läszt  auch  die  praep.  fehlen  und  verbindet  mit  haften 
einen  bloszen  dativ:  tue  unsih,  herro,  dir  gedibtichlicheui  zuo 
haften,  windb.  psalt.  s. .340; 

dich  mide  gruo?  von  allen  guoten  vrouwen, 
din  särae  unde  ouch  din  sät  verdorre  unsüeje, 
so  GelböS  der  berc  von  allen  touwen 
verteilet  ist;  der  vluoch  dir  haften  müeje ! 

MS.  Hag.  3,  53". 

Selten  ist  es  und  es  sclieinl  nur  bei  Schriftstellern  norddeutscher 
heimat  vorzukommen,  dasz  eine  nach  haften  folgende  praep.  den 
acc.  regiert,  womit  also  weniger  der  ort,  als  das  ziel  des  haftens 
hervorgehoben  weiden  soll  (wie  bei  kleben,  s.  5,  1046):  damit 
der  glaube  an  mich  haften  könne.  Claudius  4, 149 ;  allein  die 
Verehrung  so  weit  treiben,  dasz  man  auch  nicht  den  gering- 
sten fehler  auf  ihn  will  haften  laszen.  Lessikg  4,100; 

vergl.  und  sein  brüst  mit  eim  schilt  verwart, 
von  einem  schabenbalg  so  hart, 
dasz  darein  haft  kein  pfeil  noch  schwert. 

Fdcbs  mnckenkrieg  1,  909. 

3)  wenn  haften  von  personen  gesagt  wird,  so  drückt  es  theils 
ein  durchaus  leidendes  festgeheftet  sein,  hangen  aus,  theils  geht, 
namentlich  wenn  haften  in  bezug  auf  geistiges,  gedanken ,  ent- 
schlüsse  gilt,  etwas  vom  leben  des  subjecls  auf  das  verbum  iiber 
und  es  hebt  mehr  bewustes,  thätiges  bleiben  und  verharren  hervor. 

a)  so  seien  sie  verflucht  für  dem  herrn,  das  sie  mich  heute 
Verstössen,  das  ich  nicht  hafte  in  des  herren  erbteil.  iSam. 
26,19;  auch  nachher  blieb  das  band  untrennbar  haften,  wie 
Johanna  Rodriguez  . .  fest  am  kreuze  haften  blieb,  auf  wel- 
ches sie  sich  locker  gelegt  hatte.  Immerm ann  Münchh.  t,  100 ; 
ich  aber  muste  das  elend  bauen  und  in  kummer  haften. 
Schweixichen  1,  271;  wenn  sie  lange  an  dem  gegenstände 
ihres  Schmerzes  gehaftet  haben,  so  werden  sie  endlich  auf 
einen  benachbarten  abgleiten.  Leisewitz  Jul.  v.  Tarent  2,5  s.  48 ; 

verbirg,  herr,  für  mir  nicht, 
wann  ich  haft  in  der  angst,  dein  gnadenangesicht. 

Vogel  psnlmen  Davids  (1638)  Nvii». 
ein  ländlicher  pfarrer  verbauert, 
haftet  am  klosz  und  vergeht  in  nichtigkeit  oder  erwerbsucht. 

Voss  Lui-se; 
vgl.  kleben  5, 1048. 

b)  weil  ich  nicht  auf  meinen  worten ,  sondern  was  die 
kirche  erkennen  wird,  hafte  und  stehe.  Luther  1,122';  diese 
wort  sagt  er  zu  allen,  die  das  sacrament  empfahen,  darumb 
musstu  an  den  selben  mit  dem  glauben  haften.  3,157';  stim- 
men ihr  (der  kundschafter)  etliche  . .  in  cinerley  uberein ,  ist 
desto  gewisser  darauf  zu  haften.  Kirchhof  »ni7.  d/se.  94;  eine 
nähere  kenntniss  .  .  laszt  uns  an  diesem  gedanken  niciit 
haften.  Kant  7,307. 

4)  von  der  letzteren  bedeulung  (3,  b)  geht  nun  auch  aus  der 
rechlsausdruck  haften,  anstehen,  gewährleisten  für  die  sicherheil 
des  fordernden:  wannen  ihr  nun  uns  bei  dem  korförsten  gnade 
und  Sicherung  leibes ,  ehre  und  guts  zuwege  bringen  und 
schriftlichen  daför  haften  werdit,  so  wollen  wir  den  jungen 
forstlichen  sun  unvorlelzct  wieder  bringen.  Haltaus  772;  halle 
also  um  das  übrige  haften  müssen,  was  nicht  zugereicht 
hätte.  Schweinichen  ),  274;  dasz  ich  nicht  (für  eine  verschrei- 
bung)  zu  haften  hätte.  2,42;  und  dieser  reclitsausdruck  ist  aurh 
der  spräche  des  gemeinen  lebens  gerecht:  nehmen  sie  das  kind 
auf,  ich  hafte  für  seine  gute  aufführung;  er  wollte  für  die 
Wahrheit  seiner  erzählung  haften;  wenn  seine  inutter  auch 
eine  Deutsdie  war,  so  hafte  ich  dafür,  dasz  sein  vafer  ein 
Engländer  ist.  Göthe  20,  292.  die  höhe  der  gewährleislung  wird 
durch  die  praep.  auf  mit  folgendem  acc.  des  zieh  vermillelt :  der 
beklagte  haftet  auf  das,  was  der  kläger  bei  sofortiger  he- 
friedigung  gehabt  haben  würde.  Wisoscheid  pandectenreclit 
(1867)  1,328; 

wie  viele  auch  an  einem  werke  schafften, 

ein  Jeder  musz  aufs  ganze  haften.    RSckert  ged.  397. 

5)  haften ,  wieder  näher  an  die  bedeulungen  1  und  2  ange- 
srhlos.^en  und  unftersönlich  gebraucht,  wie  wir  zur  bezeichnung 
des  gehindert  seins ,    nicht    rorwürls  komn}ens   einer  sachc  liegea 

9* 


135 


HAFTEN  —  HAFTKIEMER 


IIA  FTLEIN  — HAFTUNG 


136 


verübenden  (es  liegt  am  weiter,  dasz  ich  nicht  gekommen  bin), 
so  sieht  auch  haften;  es  hafl  an  mir,  an  dir,  an  im,  dasz 
das  nit  geschieht,  slat  per  me,  per  te,  per  illum,  quo  minus  id 
fial.  Maaler  20ti*;  es  haftet  nithl  bei  mir  sive  an  mir,  extra 
meam  poteslulrm ,  res  mei  arbilrii  non  est.  Stieleb  817;  daran 
haftet  es,  in  co  cardo  rci  rerlitur,  hie  nodus  est.  das.;  wo  hafls? 
quid  impedil?  da  hafts,  hie  nodus  est.  Stei.nbach  1,  6ü2. 

6)  daher  auch  in  anderer  fiiyung  liegen ,  sich  befinden :  also 
haft  die  sach,  aber  ich  hab  weder  holTnung  noch  einig  Zu- 
versicht zu  dem  legalen.  Luther  1,  ll'J';  etliche  irrung  vmd 
gebrechen  . .  die  vor  cluirfiirsll.  oberhofgerichte  in  rechtlicher 
vorfarung  unentscheiden  haftend.  IIai.taüs  772  (von  1550). 

7)  seilen  vertritt  haften  das  transilirc  heften,  nie  heften  (s.  d.) 
umgekehrt  einigemal  im  sinne  von  haften  steht:  als  einer  ..  ein 
stecken  am  stock  iihichl,  oder  ein  rcb  haft  mit  einer  wid. 
Keisersberg  narrensch.  Kit';  gcld  in  eines  mannes  hiinden, 
dessen  herz  an  die  weit  gehaftet  ist ,  ist  eben  so  viel ,  als 
wenn  es  noch  in  bergen  stecke,  pers.  baumgarten  2, 21 ;  er 
ist  mit  seinem  gesiebt  allein  auf  sie  (ein  schönes  mddchcn) 
gehaftet.  7,  28. 

8)  in  allen  diesen  bedeulungen  ist  haften  bildung  vom  adj. 
hafl  fixus,  vinclus;  in  der  "folgenden  dagegen  von  dem  subsl.  haft 
custodia:  haften  einen,  einen  in  haft  nehmen  lassen.  Frisch 
1, 303'. 

HAFTEN,  n.  der  subslanlirisch  geselzle  inf.  des  vorigen:  das 
haften  an  eben  denselben  gegenstanden ,  an  dem  schrank 
voll  allen  hausraths  und  wunderbarer  lumpen  hat  Hembrandt 
zu  dem  einzigen  gemacht,  der  er  ist.  Gütiie  44,10;  das  haf- 
ten an  eben  der  gestalt.  das.;  nimm  jetzo  das  haften  an 
einer  form,  das.;  wie  das  einseitige  haften  an  der  technik 
der  fluch  unserer  gegenwärtigen  musikzustände  ist.  Riehl 
euUurstudien  (1S59)  s.  361. 

HAFTENBLEI,  n.  blci  woraus  der  glaser  die  haften  fertigt, 
s.  haft   1,  d  sp.  129. 

HAFTENM.\CHER,  «i.  fibttlarius,  herumziehender  handwcrker, 
der  haften  fertigt :  unsere  hochzeit  wurde  auf  einem  Jahrmarkt 
begangen,  da  sich  allerhand  landstOrzcr  von  guten  hekandten 
beifandeii,  als  pupaper,  Seiltänzer,  laschenspieler,  zeitungs- 
finger,  haflenmacher,  schecrenscbleifer,  spengler,  Icirerinnen, 
meisterbcltlcr,  spilzbuben ,  und  was  des  ehrbaren  gesindels 
mehr  ist.  Simpl.  3,  261  Kurz. 

H.\FTER,  ni.  der  für  etwas  haßet,  vas,  Sponsor:  ich  will  haf- 
ter  davor  sein,  vieo  periculo  erit.  Stiei.er  817. 

HAFTGELD,  n.  arrha,  u-as  zur  befesligung  eines  geschlossenen 
Vertrags  draufgegeben  wird  (s.  hall  4,  haflung  und  daraufgeben 
2,  7C3|,  in  Baiern  hafllgeld  Schm.  2,161.  in  Mitteldeutschland 
ist  für  diesz  uort  vielfach  mehr  draufgeld  (2, 13471  gebräuchlich, 
in  Pommern  bandgeld,  handgivt.  Däiinert  173'.  —  haflgeld, 
haftpfennig  pignus  .tponsionis ,  arrha  Hai.taüs  772;  haflgeld  id 
quod  angelt  arrha  Stieler  682;  mit  haflgeld  verpflichten,  ver- 
dingen anare  e/ suftarrare  Dasvp.  ;  haudireu  rd  haflgeld,  mahl- 
scbatz,  arrha,  arrhabo  .Schottei,  haublspr.  405.  es  wird  gereicht 
soii'ol  bei  abschlusz  eines  Icaufs  an  den  Verkäufer,  als  auch  beim 
mieten  eines  dienstboten  an  den  letztern  (Staluer  2, 9) ;  aiich 
beim  eheversprechen  wird  der  braut  ein  haflgeld  als  geschenk  ge- 
geben. Th.  Birk  ehe.<tpiegel  (1598)  73. 

H.KFTIG,  adj.  und  adv.,  seltene  mundartliche  neben  form  zu  heftig 
(«.  d.),  die  auf  ein  ahd.  haftac  eben  so  weist,  wie  heftig  auf  h;iMc. 

1)  die  grundbedeutung  beharrlich,  anhaltend  blickt  noch  in  Tirol 
durch:  haftig  eifrig,  emsig  bei  der  arbeil  Fromm.  5,  445,  in  Knrn- 
then  haftik  rüstig,  schnell  Lexer130;  aus  iltr  entspringt  die  Vor- 
stellung des  ernsten,  strengen,  rauhen:  haflig  rigidus ,  sererus, 
strenuus,  arduus  voc.  ine.  tlieut.  h8';  und  wie  heilig  sich  hieraus 
zu  seiner  jetzigen  bedeutung  scJinell  zornig,  außrausend  entwickelt 
hol,  so  heiszl  auch  das  unumgelaulete  iiaftik  in  Kärnthen  böse, 
eriümt.  Lexer  130. 

2)  haft  ig  die  haß  betreffend,  zur  gefänyliciien  Verwahrung  ge- 
hörig, angelehnt  an  das  fem.  hafl  1  {sp,  131):  eine  huftige  tat. 
Haltaus  773. 

3)  haflig  dt  zweites  glied  zusammengesetzter  adjective  (leib- 
haftig, Ihrilli.'ifiig,  wahrhaftig)  tst  Weiterbildung  des  etn/achen 
bafl  («/).  1321.  die  schon  im  ahd.  auflaudil. 

HAKTUJKF.IT,  f.  severitas,  strenuitas.  voc.  ine.  theut.  h  8*. 

HAhTKfLII'ii,  adv.  gefänglich  {s.  oben  huftig2):  aus  dieser 
anzeigung  habe  man  ihn  haftiglich  eingezogen.  Prätürius 
Storchs-  u.  schwalb,  winterquart.  125. 

HAFTKIK.MKH ,  m.  htiszen  die  fische,  deren  kiemen  an  der 
dusurn  seile  festgcu  achten  sind. 


H.\FTLEIN,  n.  kleiner  haft  oder  haftet,  häufiger  in  der  form 
befiel,  hel'llein  üblich,  s.  d.  auf  dem  umstände,  dasz  die  häft- 
lein  zuletzt  an  ein  kleidungsstück  gesetzt  werden,  fuszt  die  bai- 
risclic  redcnsart  vvenn  die  häfllcin  drein  kommen,  am  Schlüsse, 
bei  der  beendigung,  Vollendung.  Scmm.  2, 160. 

HÄFTLEINBIEGER,  m.  der  haftel  biegt,  verfertigt,  fibularius. 
Schm.  2, 161. 

HAFTLEINMACHER,  m.  fibularius,  häufiger  heftelmacher; 
vgl.  auch  haflenmacher  sp.  135).  die  mühsame  kleine  arbeit  eines 
solchen  erfordert  aufmerksamkeit,  daher  aufmerken  wie  ein  häfl- 
leinmacher  (recht  sehr).  Schm.  2,161;  ausschauen  gegen  einen 
wie  ein  spilzlindiger  bäflleinmacher.  Arele  gerichtsh.  1, 137. 

HÄFTLING,  m.  ein  in  haft  befindlicher,  gefangener,  in  Oesl- 
reich  üblich. 

HAFTLOCAL,  n.  gefängnis,  kerker:  in  dem  unter  dem  na- 
raen  gelängnisthurm  als  haftlocal  benutzten  gebüude.  illustr. 
zätg.  1867  no.  1277. 

HAFTMEISZEL,  m.  bei  den  büclisenmachern  ein  meiizel  zu 
den  haften  am  röhre,  womit  dasselbe  an  den  schaß  befestigt  wird. 
Adei.dng. 

HAFTNAHME,  f  gefangennehmung :  zur  aufklärnng  der  sache 
und  vorlauligen  haftnahme  des  Ihäters.  preusz.  Verordnung  vom 
3.  Jan.   1849,  §  4. 

HAFTORT,  m.  ort  wo  jemand  in  haft  gehalten  wird.  Dahlmann 
gesch.  d.  franz.  revol.  132. 

HAFTI'FENNIG,  m.  geldstück  zur  draufgabe  bei  eingehung 
eines  Vertrags  (vgl.  haflgeld):  haftpfennig,  gotlspfcnnig  arrha, 
arrhae,  arrhabo  Maaler  206'  (gotlesplennig  nach  dem  allen 
brauche,  bei  eingehung  eines  Vertrags  etwas  an  die  Icirchc  oder  arme 
zu  geben),  beim  mieten  eines  dienstboten:  da  halle  er  fürs  erste 
zwanzig  balzen  haftpfennig  und  dann  solle  er  ihm  zur  rech- 
ten zeit  kommen,  um  anzustehen.  Gotthelf  Uli  d.  knecht  124. 

HAFTUNG,  f,  mild,  haflunge,  zustand,  handlang,  ort  des 
haftcns,  in  mehrfachem  sinne. 

1)  das  feslbleiben,  festhalten,  adhacsio:  mhd.  d4  von  mac  si 
(die  seele)  sprechen  mit  künig  Davide  'dag  guot  miner  un- 
vergenclicher  selekeit  lit  an  der  haflunge  der  gotheil'.  d.  myst. 

2,  211,  37,  nach  ps.  72,  28 :  mihi  autem  adhaerere  deo  bonum 
est;  nhd.  Christus  hat  geben  die  haflung  des  heiligen  geistes 
in  unsern  herzen.  Reisz.neu  Jen«.  2, 151'"  (ry^hubungl,  sp.  96). 

2)  haflung  bedeutet  auch  das,  woran  etwas  haftet,  lialler,  band ; 
so  medizinisch:  so  die  gebänd  und  haflung  \plur.)  der  bär- 
muler  nachlassen.  B(}ff  trostbüchic  lOi>;  die  zärle  und  blödig- 
keit  der  banden  und  haftungen,  darmit  das  kind  {im  mutter- 
leibe) angehafl  und  befestigt  ist.  72'.  im  folgenden  werden  unter 
haflung  die  ausläufer  der  meszketle,  an  denen  sie  gehalten  wird, 
verstanden:  (der  feldme.sser)  prauchet  seine  kette,  welche  er 
an  einem  ort  (ende)  der  haflung  oder  bucklen  hallet,  und  die 
andere  haflung  mit  dem  ring  seinem  gcspan  übergibt.  Sebiz 
feldbau  (1580)  474. 

3)  haflung  das  einstehen  für  etwas,  Verpflichtung,  entsprechend 
dem  verbum  haften  4  (.«p.  134):  in  unmüglicben  dingen  gilt 
keine  haflung,  impossibilium  nulla  «i  obligatio.  Stieler  S17;  über 
das  gewallverhaltnis  hinaus  erstreckt  sich  die  haflung  des 
gewerbsherrn  aus  den  geschälten  des  von  ihm  angestellten 
gewerbführers.  Puciita  pand.  §  278.  daher  auch  das  symbul 
der  übernommenen  Verpflichtung,  draufgeld,  haftgeld:  welcher 
echalt,  er  sei  knecht  oder  magd,  sich  verdingt  und  daruinb 
die  haflung  einninit  und  mit  in  den  dienst  gehl.  Birmnckr 
aiigsb.  wb.  216*;  hat  erhalten,  dasz  der  kaufmann  mich  auf 
drei  jähr  lang  (als  lehiiing)  . .  auf-  und  angenommen,  anstatt 
der  haflung  von  fusz  auf  nuindiiel  und  noch  vier  reichslhaler 
zur  meszkiamel  in  beulel  verehret,  franz.  kriegssimpl,  (mii.\)  \,;s. 

i)  haflung  hriszt  ferner  die  beschlagnahme  einer  person  oder 
Sache,  gefnngliche  einziehung:  herührl  gut  als«»  in  haflung  zu 
behalten.  Carolina  art.'iW;  und  wenn  es  in  besiehung  auf  }xr- 
sonen  gebraucht  wird,  so  denkt  man  zugleich  an  den  ort  des  ge- 
wahrsams,  wie  bafl  auch  für  den  ort  des  gefiingni.ws  gesetzt  ist 
(sp.  131) :  nachdem  sich  in  kurtzverlaufen  lagen  ein  irrung 
zusehen  zweien  armen  ineiinern  zum  heyne  in  der  dryeich, 
gebrudern,  begeben,  also  das  einer  den  andern  vom  leben 
zum  Idde  bracht  hat,  werden  wir  bericht,  wie  der  ander  inn 
swerer  haflung  lygen  »olle,  ungedrurklex  schreiben  des  kurf 
Diether  von  Mainz  an  graf  l.udw.  v.  benburg  von  147«;  diese 
seind  anno  1624  in  haflung  küinmen.  ZiNkCRKr  apophlhegm.  (1053) 

3,  400. 

Eine  nebenform  liaflenung  .'ichliesit  sich  eng  dem  ags.  hüflnung 
captivilas,   custwlia,  cajttio  an,   was  sich  an  iiaflnan ,    hufluiuu 


137 


HAFTVOLLZÜG  — HAG 


HAG 


138 


caplare  lehnt  und  an  ein  ahd.  leibim  haftinön  neben  huften 
denken  läszl:  item  wers,  das  diebe  Stelen,  und  wurden  die 
begriffen  in  dem  eiiegnanten  gerichte,  die  sulde  man  sezen 
in  der  vorgnanten  herren  von  Ziegenhain  fryeheit  (slätle,  im- 
munüas,  rergl.  freiheit  4,  th.  i,  l,  112)  und  haftenunge.  weisth. 
3. 333.  « 

5)  haftung  fixio  Steixbach  1,  662.  es  sieht  für  heflung,  vie 
haften  manchmal  =  heften  gesetzt  trird,  sp.  135. 

HAFTVOLLZÜG,  »i.  Vollziehung  der  haß,  gefangennähme:  der 
mangel  gesetzlicher  formen  des  haftvollzugs  machte  auch 
gemeinrechtlich  die  . .  beabsichtigte  Sicherung  illusorisch. 
Zachariae  handbuch  des  d.  slrafpros.  2  (1SH3)  134. 

HAFTZEIT,  f.  die  zeit  der  gefangenschaft:  während  der  haft- 
reit eines  Sträflings. 

HAG,  m.  und  n.  sepes;  praedium,  urbs;  dumetum. 

l.   Abstammung  und  form. 

hag  gehört  (ebenso  wie  ags.  hig,  heg  heu  als  geschlagenes,  ge- 
mähtes) zu  der  deutschen  tcurzel  hag  schlagen,  stoszen ,  siechen, 
welche  ein  goth.  zwar  nicht  nachgewiesenes,  aber  mit  sicherhät  zu 
erschlieszendes  haggvan  bildete,  das  im  allnord.  höggva  sowol, 
wie  im  ahd.  houwan,  alls.  hawan,  ags.  iieävan  widerkehrl,  nur 
dasz  die  letzteren  dialecte  die  wurzelhafte  gutturalis  auswarfen, 
wovon  weiteres  unter  hauen,  von  der  uralten  deutschen  sitte  her, 
sein  gehöft  und  liegendes  eigenthum  von  seinem  nachbar  abzu- 
schlieszen  (Tacil.  Germ.  16)  und  von  dem  umstände,  diese  um- 
friedigung durch  gekapptes  buschholz  oder  Stangenholz  herzustellen, 
wird  die  nächste  bedeutung  von  hag  herzuleiten  sein,  die  aus  ge- 
schlagenem holze  hergestellte  umfriedigung,  zäun;  heiszl  hag  eigent- 
liclist  der  schlag,  die  handlang  des  schlagens  {eine  bedeutung  die 
das  wort  noch  jetzt  im  ^assauischen  hat,  Kehbein  nachtrag  21), 
so  erfolgte  der  Übergang  in  den  sinn  Schlagholz,  geschlagenes  holz 
ebenso,  wie  uns  z.  b.  der  weidenschlag  einen  bestand  gekappter 
weiden  bezeichnet.  —  ßie  unten  unter  2 — 4  weiter  aufgezählten 
bedeutungen  des  wortes  hag  lassen  sich  ungezwungen  als  erweite- 
rungen  der  angegebenen  nächsten  auffassen. 

Von  hag  ist  von  an  fang  an  der  form  nach  geschieden  das 
weiter  unten  folgende  hagen  dornstrauch ,  das  doch  auf  dieselbe 
Wurzel  zurückführt  und  sich  in  sänen  bedeutungen  mehrfach  mit 
hag  mischt;  während  bei  dem  letzteren  die  bedeutung  der  würzet 
in  mehr  passivem  sinne  zu  tage  tritt,  gewährt  die  ableitung  hag-en 
den  activcn  sinn  des  stechenden,  verletzenden,  wie  haf-en  der  um- 
fassende, haltende,  wag-en  der  führende  ist. 

Das  geschlecht  von  hag  schwankt  zwischen  masc.  und  neulr., 
belege  schon  für  das  ahd.  gebrechen ;  für  das  mhd.  ist  die  Schwan- 
kung bereits  sehr  gewöhnlich  (rn/irf.  icfe.  1,  605);  das  nhd.  verdankt 
ihr  den  doppelten  plural  häge  und  hiiger:  was  man  rütet  üszer 
den  hegen,  weisth.  1,165;  iiszernd  den  hegern.  das.; 

sieh  auf  du  fauler  jäger! 

die  sonne  scheint  über  die  hager. 

Volkslied  'es  gieng  ein  jäger  jagen'. 

l\.  Bedeutung. 

1)  der  zäun,  wie  er  um  garten,  feld  oder  grundstück  zur  ab- 
grenzung  des  eigenlhums  gezogen  ist;  im  bairischen  ist  es  mehr 
die  leichte  einfriedigung  von  stangen,  und  dem  dichtem,  festern 
zäun,  sowie  der  hecke  entgegengesetzt.  Schm.  2,  162;  in  andern 
gegenden  verschwindet  dieser  unterschied,  in  dem  gröszten  theile 
Mitteldeutschlands  ist  das  wort  überhaupt  nicht  volksmäszig ,  wo 
dann  das  einer  würzet  entsprossene  hecke  (s.  d.)  den  sinn  von 
hag  vielfach  mit  ausdrückt;  in  Siederdeutschland  ist  hag  wenig 
üblich,  dafür  lieber  hagen. 

mhd.  ein  bounigart  umbe  da;  hiis  lac, 

den  bel'ridet  ein  vestej  hac.    Wigalois  22,  9; 

ich  sage  iu  daj  dar  umbe  (um  den  boumgarte) 

müre  noch  grabe  gie, 

noch  iu  debein  zun  umbe  vie, 

weder  wajjer  noch  bac.    Erec  8705; 

nhd.  der  hag  oder  zäun,  sepes,  seps,  sepimenlum  Maaler  206' ; 
gelende,  zäun,  hag,  ieinvvad,  sepes,  lutamentum,  maceria  Henisco 
1457 ;  daher  ist  auch  die  gemein  kriegsregel,  das  es  besser 
sei,  sein  pferd  an  des  nachbaurn  zäun  binden  zu  grasen, 
als  des  nechsten  gaul  an  seim  hag  grasen  lassen.  Garg.  195* ; 
den  kuchengarten  . .,  welcher  jenseit  seines  lebendigen  hages 
begreif  die  rebengezelt.  M.  Seiiiz  feldbau  2 ;  springt  . .  über 
den  hag  dem  hollz  zu.  Wickram  rollw.  1S2, 13  Kurz;  warfen 
es  (das  garn)  ..  hinter  die  hüge.  Pestalozzi  (1519)  3,66; 

merk  tugent  plCit  si  in  der  not, 

als  in  dem  hag  di  rösle  rot.    Sciiwaizekberg  129'-. 

als  von  des  gartens  engem  hag  umschlossen, 

ich  selbsigesäle  bäume  selber  pfropfte.    Götue  9,  306; 


eh  prang  Im  beet  mit  tausend  goldnen  scbeiben  {spriclu 

die  'ji'liitUe  rose  zur  hugerose), 
«vas  schiltst  du?  bleib  an  deinem  dorngen  bage. 
Platkn  29. 

2)  aus  der  vorigen  bedeutung  flieszen  nun  zwei  verengte  technische. 

a)  hag  u-ird  die  einfriedigung  genannt,  die  um  einen  orl  zum 
schütze  und  zur  vertheidigung  desselben  aufgeführt  ist  und  zwar 
die  aus  holz-  oder  beckenwerk  gefertigte,  pall'isadenähnliche ,  im 
gegensatze  zum  erdwall  oder  zur  Steinmauer,  die  befestigung  eines 
ortes  auf  diese  weise  ist  eine  uralte  einheimische,  nach  der  Sachsen- 
chronik ist  Bebbanburg  in  England,  ein  fester  platz,  aerost  mid 
hegge  belyned  and  J)8er  äfter  mit  vealle.  z.  j.  547.  eine  solche 
verschanzung  wird  livldnd.  chron.  3970  ff.  geschildert,  von  ihr 
heiszl  es: 

si  (die  Cliristen)  enwolden  nicht  gevristen, 
si  enhiuwen  den  hac  enzwei.    3953; 
der  meister  mit  noeten  quam 
durch  den  hac  bi  dar,  mer.    4065, 

doch  waren  sie  verhaget,  das  die  Römer  über  etiich  hag  und 
holz  steigen  müssten,  dovon  die  feind  erwachten.  Livius  von 

SCHÖFFERLIN    71. 

Die  redensart  vom  hag  abziehen,  spiesz  abhag  abziehen,  un- 
verrichteler  sache  von  etwas  abstehen  müssen,  wird  unter  abhag 
1,  53  i'on  dem  aufgeben  der  belagerung  eines  befestigten  ortes  seitens 
der  feinde  hergeleitet,  glcichtcol  läszt  äe  auch  eine  andere  deutung 
zu)  die,  dasz  die  redensart  an  die  bettler  anknüpft,  denen  nach 
altdeutschem  brauche  die  gäbe  nicht  im  hause,  sondern  über  den 
zäun  hinweg  gereicht  wurde,  vgl.  ergattern  3,  S45;  wer  nichts  er- 
hielt zog  vom  hag  ab  oder  mit  leeren  bänden  vor  dem  hage 
ab:  es  ist  aber  solche  klag  so  heilosz  gleich  ersten  anblicks 
I  befunden  worden ,  dasz  man  ibidem  bisz  uff  diese  stundt 
sokhe  nicht  erhallen  können,  sondern  mit  lähren  bänden  für 
dem  hag  abziehen  müssen.  Wertqeim  gegenbericiU  258.  die 
redensart  gilt  auch  von  dem,  der  sich  lieimlich  von  dannen  macht: 

wo  bleiben  meine  gsellen,  die  ich  sehr  gliebet  hab? 
vor  gricht  musz  ich  mich  stellen,  sie  ziehen  tein  s  hag  ab. 
MezLER  odaeum  327 ; 

andere  belege  bei  Schmeller  2,163. 

folgendes  Sprichwort  lehnt  sich  dagegen  wol  sicher  an  die  be- 
deutung 2,  a  an :  man  musz  umb  den  hag  umbher  ziehen, 
sich  wol  besinnen,  ehe  man  eine  schwere  sache  angreift. 
Lehmans  72. 

b)  in  der  Jägersprache  ist  hag  ein  zäun  oder  verschlag  um  ein 
stück  wald,  worin  das  ulld  gehegt  wird:  die  teutschen  brauchen 
in  dem  gejagt  der  wildeu  Schweinen  etliche  sonderbare  jäge- 
riscbe  wort,  als  man  macht  ein  hag,  bindt  seiler  an ,  stelt 
garn  und  weertücher.  jag-  u.  weidwerksbuch  1,  5S';  ob  dann 
wol  gelegener,  es  auch  weniger  garn  und  leut  erheischt,  lange 
hager  mit  vilen  thüren  zu  machen,  so  wird  doch  .  .  ein 
meiersvogt  nit  unterstehn,  unbefiigter  weisz  . .  durch  machung 
der  hager  eines  anderen  wald  zd  verwüsten  und  zu  verhauen. 
Sebiz  feldb.  561; 

es  haben  durch  den  zeug  sich  auch  vil  schwein  geschlagen, 
dieselben  man  verfolgt  und  auszerhalb  den  hagen 
geTangen  halt,  dasz  nichts  gar  viel  entkommen  ist. 

Opel  und  Cohm  279,  88. 

3)  hag  geht  nun  auch  über  am  der  bedeutung  des  umziehen- 
den geheges  auf  den  umzogenen  wt  selbst,  mag  er  nun  ein  ein- 
ziges gebdude ,  ein  landgut ,  ein  ganzer  ort  sein;  nur  bezeichnet 
hag  nie  den  eigentlichen  henensitz,  das  hauptgut  und  den  wofin- 
plalz  des  besitzers  eines  lerrcans,  welcher  sitz  vielmehr  stets  hof, 
sal,  alls.  seli  heiszt.  ahd.  urbs  hac  Hattemer  1,  21S';  in  der 
grafschaft  Schaumburg  führen  sieben  dörfer  den  namen  die  sieben 
freien  hagen  oder  die  sieben  freien  hager,  weisth.  3,  307.  als 
ortseigenname  kommt  hag  Iheils  einfach  vor,  theils  als  zweites 
glied  von  composilen  (Förstehann  2,  626),  siclier  in  letzlerer  Stel- 
lung nur  da,  wo  solche  Ortsnamen  entweder  den  nom.  -hag  oder 
den  dat.  sg.  -hage,  oder  endlich  den  nom.  acc.  plur.  -hago  zeigen, 
während  die  form  -hagon,  -hagen  ebensowol  hierher  gehöriger  dat 
plur.  (wie  in  -hftsen,  -hausen,  -felden)  sein,  als  auch  zu  hagen 
(s.  d.)  gehören  kann.  —  i4«c/»  der  umzäunte  Weideplatz  für  rinder 
und  schafe  hiesz  hag,  wie  allnord.  hagi;  daher  der  name  jetzt 
auf  die  stallung  für  das  rindvieh  übertragen  ist:  das  sogenannte 
haag,  d.  i.  die  einstöckige  gemauerte  stallung  für  60  stück 
rindvieh.  Augsb.  allg.  zeitg.  1S60  no.  171,  beil.  s.  2S58. 

4)  sehr  häufig  ist  hag  in  der  bedeutung  busch,  laubiges  gesträuch 
gesetzt,  es  drückt  wie  busch  (2,  557)  bald  den  einzelnen  Strauch 
(dumus  hag  Oiefe.nb.  192'),  bald  das  zusammenstehende  geoüsch 
aus,  wie  es  ein  gehege,  gehöl:  b'iäel ^  so  äasj  hag  tni  geyensalze 


139 


HAG 


HACAMSEL  —  IlAGEHUTTDORN 


140 


2U  wald  mefir  die  ualdtge  slrecke  bezeichnet,  tn  der  das  unterhoh 
vorliersciU ,  obschun^es  m  einzilnen  fällen  fast  ganz  an  den  be- 
griff wald  rührt,  in  der  Altmark  ist  hagg  das  kleine  dichte  ge- 
büsdi  und  unregelmdszig  gewacliscnes  geslrüpp.  Danneil  73'; 

mlid.  dö  sich  diu  naiit  verendet  und  e;  bcguiidc  tagen, 
llürant  begunde  fingen,  daj  du  bi  in  den  liagen 
^«swigeu  alle  vögele  von  sinein  siiejen  sauge.     Gtidr.  379; 
der  rise  mit  dem  nste 
treib  in  harte  vaste 
hinder  sich  in  ein  dickej  hac, 
da;  da  nähen  bi  im  lac.     Wiyaluis  5S,  21 ; 
da;  gevilde  alle;  volle;  lac  {von  todtcn) 
sam  ob  ein  raste  lauger  hac 
wjer  da  nidere  gevalt.    Dietriclis  flucht  8912  Martin; 

nhd.  so  verblieben  doch  in  dieser  gegend  alle  hage  mit  un- 
wandelbarer grüne  bekleidet.  Staüüaciier  Genovefu  34 ; 

ein  stat  die  lit  in  Öclitland 

2i°i  vorderst  an  dem  hag, 

Friburg  so  ist  sis  genant.    Liliencron  volksl.  2,  Cti,  3; 

da  lilT  der  hirsch,  kalb  und  die  bind 

mit  naoder  durch  ein  hag  geschwind. 

WicKRAM  bilijer  F  bl.  17; 
in  dem  kamen  sie  zö  dem  hag 
da  Trulpreclits  gelt  verborgen  lag,    T2  bl.  70; 
Trutprecht  hatt  uns  aur  discn  tag 
gelürt  durch  manchen  wilden  hag.    das.; 
ich  hab  erfahrn  auf  disen  tag 
dasz  Woll'dieterich  in  discm  hag 
hirschen  zu  jagen  willens  sei. 

AvnER  215*  (1073,  10  Keller); 
o  leben,  o  freude ! 
wie  lachet  die  beide, 
der  anger  und  hag!    Fr.  Müller  2,  3S7; 
aur  denn,  wenn  im  grünen  hage 
neu  ihr  bett  Aedon  baut.    Bürger  4*; 
den  hag,  wo  nachbars  Lotte 

zur  veilchenlese  kam.    Matiuisson  ged.  (1794)  s.  19; 
das  kind  spricht  morgen  ist  Feiertag, 
wie  will  ich  spielen  iui  grünen  hag! 

G.  Schwab  'das  gewilter' ; 
grün  ist  das  feld,  belaubt  der  hag. 

IIOFFMANN  V.  Fallerslebrn  jcrf.  (1843)  124. 

Um  bürgen  und  schlüsser  liegen  solche  hage,  parkarlige  gepflegte 
slridie,  vgl.  mhd.  wb.  I,  605*:  eines  tags  gieng  des  keisers 
luchter  für  den  hag,  in  dem  summer,  mit  viel  schönen  jung- 
fraweu  durch  kurzweil,  und  wolten  die  blumeu  imd  den 
grünen  kle  schawen.  Luther  0,501': 

mein  lieb,  das  ligt  all  in  dem  hag, 
das  bett  ich  gereu  herein  (iii  die  bürg). 

Ildt zierin  s.  11",  75; 
st  hielten  beinnnder  in  ainem  hag, 
niemand  ward  ir  ge«var, 
bis  dasz  si  sahen  dasselbig  schlosz, 
si  lieszen  sich  doch  nicht  gar  daran, 
si  Spanten  auT  ire  geschosz.    Uulanu  volksl.  349; 
und  hab  das  kind  gnommeu  darnach, 
liabs  nunter  (von  der  bürg)  gelassen  in  den  hag. 

Ayrer  lüb'  (9Mi,  25  Keller); 
nun  löse  vom  zügel  dein  schnelles  rosz, 
und  lasz  es  Irei  laulen  im  haag  am  schlosz. 

Armut  ged.  (1840)  289. 

:,)  von  der  mittelalterlichen  spräche  wird  liac  gern  bildlich  in 
brziig  auf  einen  gebraucld,  der  von  etwas  ganz  eingenommen,  ge- 
uissermaszen  wie  von  einem  dichten  gehege  eingeengt  ist: 

gwen  8d  verhaget  der  weite  hac, 

der  rihtct  küme  sich  von  ir 

und  von  ir  giteclichen  gir.    Darlaam  130,22; 
unt  bit  vür  uns  den  süejcn, 
da;  wir  im  dienen  müe;en, 
daj  er  uns  bringe  ü;  der  verworren  sünde  hage. 
Frauknlob  327,  9. 

das  klingt  auch  in  Jüngern  dcnkmdlcrn  noch  nach: 

in  leid  und  klag    wil  ich  mein  tag 

in  unraut  hag    mit  «euTzen  stets  volbringcn. 

Ambras,  hedvrb.  tS2,  14, 
innerhalb  des  hagei  der  mühsal. 

(j)  sprichwürtliches :  raiim  den  hag,  füll  den  mag  (der  end- 
lich nach  verzelirtem  gut  dasselbe  rdunirn  musz).  Keisküsherg  bei 
Fruch  1,394';  gut  leben  und  gesunde  tag  stehen  ninnner  in 
einem  hag.  Scuottel  baubtspr.  1126';  der  hag  hat  ein  loch. 
die  häg  streifen  viel  ab.  über  die  kleinen  li.'ig  kann  man 
triebt  steigen.  Kihcmiiokkb  Schweiz,  sprichwürlcr  s.  3ü9 ;  sich  vor 
den  hag  hinaus  wursten  ,  durch  liednliclie  wirthschnß  sich  um 
lein  gut  bringen:  güb  {wenn)  ein  Jahr  um  wiire,  hiitle  ersieh 
vor  den  hag  hmatikf^ewurstcl.  J.  (iüiTMK.Lr  schuldenb.  113;  einen 
tiinicrm  hag  Hnden,   alt  ubducldmcn,  in  Millcldcuticliland  dafür 


einen  hinterm  zäune  auflesen :  haben  sie  dicii  schon  wieder 
gefunden  hinter  einem  hag?  {fragt  ein  bauer).  J,  Gotthelf 
bilder  u.  sagen  4,120;  weil  es  aber  doch  jetzt  so  sei,  so 
müsse  er  in  goltes  namen  sagen,  wo  der  igel  im  hag  liege 
{wo  der  wahre  grund  verbürgen  sei).  Pestalozzi  (IS19)  2,  270 
abhag  ziehen,  spiesz  ab  »liag  ziehen,     vgl.  oben  2,  a. 

HAGAMSKL,  /".  vierula  alpina.  Nemnich. 

HAGAPFEL,  m.  arbiüum,  ionii  meerkirsche  jenann^  Diefen- 
BACH   45*. 

HAGAPFELBAUIVI,  m,  arbulus,  enlbeerbaum,  vieerkirschen- 
baum;  »in/,  haagappelboom.  Nemnich  1,411.  Fuischlin  nonwoic/. 
83",  daselbst  auch  ein  daraus  gebildetes  adjecliv  arbuteus  hag- 
apfelbäumig. 

ILAGAPKELDORN,  m. :  und  durch  krönen  willen  hat  der 
hagapfeldorn  vil  grosze  kraft,  wer  en  über  em  Ireyt,  dem 
enmag  noch  donner  noch  blitzen  noch  ungevvilter  geschaden 
noch  keine  böse  vergift  mag  hüben  in  dem  husche,  do  der 
hageppeldorn  innc  ist.  Monlavilles  reise  von  Diemehingen  ,  bei 
Jacobs  u.  Uckcrt  beitrage  1,  425. 

H.\GAIIT,  m.  eine  wilde  faUienarl.  Frisch  1,  394*.  s.  bagerfalk. 

HAGE,  VI.     s.  hage 

HAGE,  f.  Schlägel,  in  Salzsiedereien  zum  abklopfen  der  Salz- 
pfannen gebraucht.  Jacobsson  2,  187*,  »«  Oberdeulschland  mit 
erweichter  gutlurutis  heie  hölzerner  hammer.  Schmid  schwäb.  wb.  269. 

HAGE,  f.  in  Oüfriesland  leichter,  aber  dach  schwarzer  lorf. 
Jacüdsson  6,7*.     vgl.  hagetorf. 

HAGEBUCHE,  HAGENBUCHE,  f.  carfägus  betulus,  die  weisz- 
buche,  die  als  junger  stamm  vorzüglich  für  die  hecke  angepflanzt 
wird,  weil  sie  das  kappen  besonders  gut  verträgt,  die  namen  hage- 
buche,  hagbuche  und  hagenbuche  gehen  neben  einander,  letz- 
lerer enthält  das  mit  hag  deni  begriffe  nach  oß  identische  hagen 
gesträuch,  zäun,  hecke  {s.  d.);  die  form  hagenbuche  erweicht  sich 
vielfach  zu  hainbuche,  hanbuche,  hambuche.  Nemmcii  2,895. 
atid.  hagenbftcha  carpenus  Germania  9,  21;  mhd.  hagbuoche 
und  hagenbuochc,  wb.  1,280;  caprinus  arbor  hagebucken  Die- 
FENBAcn9S';  hagenbuch  ornus,  carpens  voc.  ine.  theut.  h  s'; 
die  zu  Aulhausen  wonen ,  haben  macht  im  forst  dürr  und 
liegend  holz  und  hanbuclien  zu  hauwen.  weislh.  \,b^iS;  bage- 
buche  sive  hainbuche  ornus  Stieler  257. 

HAGEBUCHEN,  HAGENBÜCHEN,  adj.  zu  dem  vorigen: 
mhd.  er  {ein  satlel)  was  guot  hagenbücchin,    Erec  7501 ; 
lanc,  breit  ist  ir  swinge 
und  ist  hagenbüechin.    Haupt  12,367; 

ein  hanbuchen  knebel.  weislh.  2,30;  6a«r,  hagebuechen.  Schm. 
2,  163.    in  subslarUivem  gebrauche,  wo  es  für  hagebuchenbolz  ileht: 

hir  bring  ik  di  husarbeil,  du  frostige  Pcler, 
schuppen  un  lapel  un  slew  in  warmer  döns«  lo  klütern 
inaser  un  schier  {glattes)  haboikcn  im  spillbom. 

Voss  Idytlü  'äe  Winterabend'. 

Figürlich  heiszt  hagebüchen  handfest,  derb,  knorrig,  grob,  her- 
genommen von  dem  knorrigen  wüchse  der  hagebuche:  es  ist  ein 
hagebüchner  kerl!  du  bist  ein  bagcbüclienes  gewüclis.  Aueh- 
liACii  barfüszelc  00;  dann  auch  steif,  schwer  zu  bewegen:  mein 
köpf  war  so  hagebüchen.  franz.  kriegssimplic.  I,  12.  —  In 
Hessen  kannte  man  hagebücbene  gülden,  solche  von  geringeieni 
werte  als  gewöhnliche.  Vilmar  idiot.  143.     s.   hainbüchen. 

HAGEBUCHENZAUN,  m.: 

dort,  beim  hagcbnchcnzaunc, 

reitet  man  im  starken  pass,    Gottkr  1,  55. 

HAGEBUSCH,  HAGENBUSCH,  m.  busch  von  hcckenhvh  »der 
hagedorn :  ein  hagenbusch,  oder  ein  feuerllam  oder  ein  wölken. 
hienenk.  144*; 

ist  es  wandel  einer  düstern  trauer, 

was  am  sumpT  dem  hagebuscli  cntrnusclit?    Tiedcs. 

HAGEBUTTE,  HAGENBUTTE,  f.  die  butle  (2,  590),  fruchl. 
der  hagerose:  hagebutte,  habutte  cornum  Diefenr.  152*;  und 
waren  die  {halskrllen)  gleich  wie  hagenbutten,  jacohsmtischeln 
und  perlcmutter  geformiret,  Garg.  lio';  ir  seit  nit  einer  hagen- 
putten  wert,  wann  euch  ist  das  hertz  entfallen,  Ainwn  bog.  Zl, 
rofi  der  hagebutte  das  roUcsrdtsel :  es  steht  ehbcs  am  weg,  hat 
ein  nitb  rOckrlcbcn  an  und  ein  schwatz  hülchen  auf.  Kehrkin 
Nassau  2,107.  vgl.  bagebutz,  hahiibulte,  bainbutte.  —  Der 
name  geht  auch  auf  den  strauch  selbst  über:  rulrus  caninus  e\c 
bageiibiilte,  hagendctrn   Da^vp. 

HA(;KBUrTI)()HN,  m.  rosa  canina: 

ich  laiixchio  mit  Mollv  ticT  t«vi.«chen  dem  kam, 
unii!ulti't  von  blülictuicin  hagubuitdorn.    KÜRbKR  58\ 


n 


IIAGEBLTZ  — HAGEL 


HAGEL 


HAGEBUTZ,  HAGENBLTZ,  m.  andere  form  für  das  oben  an- 
geführte bagebutte,  nii7  männlichem  geschlecht  und  rücksiclitlich 
des  denlals  mit  streng  oberdeutschem  klang,  tgl.  bulze  3,  th.  2, 
ööO:  cornum  hagenpulz,  kagebutze  Diefexb.  132*;  baccae  cy- 
nosbali  hagebutzen,  bahnbutten,  hiefcn  120'; 

■wir  taugen  nichts  gesotten,  roh  sind  wir  auch  kein  nutz, 
so  sind  wir  werth  gebraten  nicht  einen  hagenbutz. 

Opel  und  Cobs  416,  20. 

I»»  schveizerischcn  als  fem.  hagbutze .  hagebutze  Stalder  2,  9. 
HAGEDORN,  HAGDORN,  HAGENDORN,  m.  t)  Crataegus 
oxyacanlha ,  iceiszdorn,  cliristdorn  ,  der  dornslrauch,  der  vorzüg- 
lich zur  heckenanlage  rerirendet  wird,  ags.  h3g])orn,  alln.  hag})orD, 
nihd.  bagdorn  und  hagendorn: 

diu  klette  und  der  hagedorn 

diu  tuont  ga-hen  Hüten  zorn.    Vridank  IIS,  13; 

65  stichet  gern  der  hagedorn. 

La^berg  liedersaal  2,  603,  4; 
ufr  irm  heubt  eia  krantz 
von  grüenem  hagdorn  lag.    Allswert  167,  27. 

acer  ein  hagendorn  tw.  ex  quo  von  1469;  ramint/s -hagendorn 
das.;  hagedorn  arbulus  Stieler  726;  während  dieser  begeben- 
heiten  sasz  der  alte  baron  . .  in  einem  krausen  und  durch- 
einander gewirrten  husche  von  hagedornen,  eschen  und  birken. 
Immebmanx  Müncldi,  3,113; 

sieh,  wie  am  blauen  see 
die  hagedorne  blühen.    J.  M.  Miller  ged.  361; 
aber  ich  brachte  ihm  essen  und  lauerte  hinter  dem  hagdorn. 
Voss  Idylle  'die  kirschenpflückerin' ; 
schwere  stein'  anschleppend,  die  rings  er  bepflanzte  mit  hagdorn. 

Odyssee  14,  10.- 

Ist  hier  überall  der  ganze  Strauch  gemeint,  so  beiszt  hagedorn 
doch  auch  eine  einzelne  qerte,  stamm  oder  stceig  eines  solchen 
Strauches:  der  den  hagendorn  wil  ziehen  dur  daj  heu  sonder 
hafte,  der  muo;  in  gar  besnidcn,  als  unser  herre  Jesus 
Kristus ,  der  minne  boum ,  der  den  hagendorn  vor  gezogen 
hil  dur  daj  heu  dirre  kranken  weit  und  hat  sine  este  .  . 
besniten.  d.  mystiker  2,  634,  27;  trat  sie  .  .  in  einen  hagen- 
domen  von  einer  wellen.  Frey  garleng.  50. 

2)  von  andern  wird  rosa  canina,  die  hundsrose,  u^lde  rose 
unter  hagedorn  verstanden,  vgl.  Nemxich  4,  116S;  cynosbatus 
hagdorn   Diefesr.  120'.     s.  hagerose,  hundsrose,  hundsdorn. 

3)  endlich  heiszt  auch  liguslrum  vulgare,  das  lieckhoh,  der  heck- 
oaum,  hagedorn :  üsz  den  rinden  des  hagdorns,  der  da  swartze 
her  trätt,  darfts  man  dinten  macht.  Heixr.  Myxsisger  v.  d. 
falken  s.  S3. 

4)  der  nhd.  eigenname  Hagedorn  is/  mhd.  vorhanden  als  spott- 
und  schellname ,  bei  Br.  Berthoi.d  «riVd  ein  teufcl  so  genannt: 
du  heijest  nach  den  tiuvein  unde  bist  halt  nach  in  genen- 
net, du  heilest  Laslcrbalc:  s6  heijet  din  geselle  Schandoif. 
so  beißet  der  Hagedorn,  so  heijet  der  Hellefiwer,  so  heijet 
der  Hageistein.  also  hästu  manigen  lasterbeeren  als  din  ge- 
sellen, die  tiuvele,  die  aptrünnec  sint.  136, 1. 

HäGEDORNHECKE,  f.:  were  es  aber  sach,  dasz  sie  der 
wein  fiberneme ,  dasz  sie  verlüren  ire  scbwert  oder  sporen, 
so  soll  der  heimburg  gen  an  eine  hagenthornhecke  und  soll 
einen  sporen  machen,  und  an  eine  haselhecke  und  ein  sghwert 
machen,  und  soll  sie  damit  gott  befehlen,  weisth.  1,  759. 

HAGEDRLSE,  s.  hegedrüse. 

HAGEICHE,  f.  aesculus  Frisch  1,394';  aesculus  hageich,  hat 
prösser  cicheln  und  blätter  als  andere.  Friscolix  nom.  82'; 
Lei  Stieler  362  ist  das  die  haseleiche ,  aesculus  latifolia,  und 
hageiche  ist  ihm  gleich  Steineiche,  robur ;  eftenyo  Maaler  :  hag- 
eich, das  aller  herlist  geschlächt  der  eichen,  robur  207". 

HAGEICHEN,  adj.  zu  dem  vorigen:  aesculeus  Fniscn;  hag- 
eichen holzwerk  oder  ghiilz,  robusta  materies  Mialer  207*. 

HAGEICHEL,  f  glans  roborea.  Stieler  363 

HAGEICHIG,  adj.  aesculeus.  Frischlis  nom.  $2*. 

HAGEL,  m.  grando.  ahd.  hagal,  ags.  hagol ,  altn.  hagall, 
allengl.  haggle.  mhd.  mnd.  nnl.  schired.  hagel,  dän.  hagl,  engl. 
liail.  golh.,  alts.  und  altfries.  nicht  bezeugt,  die  ursprüngliche 
genaue  bedeutung  des  tcortes  festzustellen  fällt  nicht  schwer,  hagel 
ist  von  jener  oben  unter  hag  angeführten  deutschen  wurzel  ha(^ 
schlagen,  slos::en ,  stechen  {vgl.  auch  hauen)  ebenso  gebildet  urie 
ahd.  huotal  hütender,  hüter  von  huotan,  wie  goumal  Wärter  ron 
gouman  besorgen,  oder  trie  nagel  als  durchbohrender  von  ahd. 
nagan  corrodere ,  dilacerare.  der  hagel  ist  demnach  der  schla- 
gende, versehrende;  dieser  bedeutung  entsprechend  wird  von  hagel 
suwol  icie  von  donner  und  weiter  gesa^,  dasz  sie  schlagen,  und 


welter,  was  in  seiner  ältesten  und  eigentlichen  bedeutung  den  hagel 
mit  in  sich  schlieszt,  insofern  es  ungewitter  im  allgemeinsten  sinne, 
das  sich  nach  uralter  anschauung  als  blilz,  dbnner  und  hagel 
manifestiert,  bezeichnet,  geht  ebenso  auf  die  Vorstellung  des  schla- 
gens  zurück  (Delbrück  bei  Kultn  16,  266 /f.);  wer  do  sicher  und 
on  schaden  svner  seien  wil  wandlen  durch  den  zerschlagen- 
den hagel.  Keisersberg  bilg.  59'; 

ze  dem  wil  ich  mich  ziehen 

und  solhen  bü  fliehen 

den  daj  fiur  unde  der  hagel  sieht,     arm.  Heinr.  "91 , 
tergl.  tat.  non  verberatae  grandine  vineae.    Horat.  Od.  3,  1,  29, 
s.  unten  no.  2  und  hagelschlag;    nicht  minder  heiszt  der  hagel 
scharf,  schneidend: 

sin  wolkenlose;  lachen  bringet  scharpren  hagel. 
Walthbr  29,  13. 

hagel  bezeichnet 

1)  die  vom  himmel  herabfallenden  eiskömer,  und  zwar  unter- 
scheidet man  getrOhnlich  den  hagel  ron  den  graupen ,  jener  be- 
zeichnet die  gröszern  harten  eisstucken,  diese  die  kleinen  graupen- 
ähnlichen, im  Innern  weichen,  wie  sie  viel  öfter  als  jener  hagel  fal- 
len; andere  nehmen  hagel,  schloszen,  graupen  gleichbedeutend: 
graupen,  ein  hagel,  schloszen,  granula,  species  grandinis  Hesisch 
1735.  im  bair.  Sprachgebiete,  wo  hagel  ein  ungewöhnliches  Kort 
ist,  tritt  dafür  meist  schauer  ein  (Schm.  3,  3S6.  Lexer  215),  auch 
risel  (ScHM.  3, 1331,  tcelches  tco}t  in  der  Schweiz  nur  den  kleinen 
hagel,  die  in  Mitteldeutschland  sogenannten  graupen  bezeidtnet 
(Stalder  2,  275). 

Jn  der  regel  ist  hagel  «n  collect tvum,  seine  änsdnen  stücke 
heiszen  bagelkürner,  hagelsteine  oder  schloszen: 

jene  gewaltigen  wetterbäche, 

aus  des  hageis  unendlichen  schlössen, 

aus  den  wolkenbrüchen  zusammen  geflossen. 

Schiller  braut  von  Messina. 

doch  ist  auch  der  plur.  hagel  /tir  die  einzelnen  hagelstücke,  icie- 
wol  selten,  verwendet:  und  werden  grosze  hagel  kommen,  die 
es  feilen.  77«.  13, 11;  die  schrift  nennet  die  hagel  und  blitzen 
golles  pfeil  und  speere.  Lctheb  3,  257*. 

hagel,  donner,  blitz  erscheinen  häufig  zusammen  genannt: 
der  christliche  bilger  der  do  sicherlichen  wandeln  wil  durch 
das  ungewitter,  hagel,  donder,  sehne  und  blix.  Keisersberg 
bilg.bi';  und  da  der  hagel  oder  dunner  vergieng.  sünd.  d.  m. 
33';  und  der  donner  und  hagel  höreten  auf.  2  Mos.  9,33; 
das  der  regen  und  donner  und  hagel  aufhöret,  r.  34;  tren- 
nelen  sich  die  wölken  mit  hagel  und  blitzen,  ps.  18, 13 ;  bei 
donner  und  hagel,  oder  wenn  die  nacht  einfällt,  arm.  mann 
imTockenb.U.  —  fler  hagel  fällt,  regnet  herab,  fliegt,  schlägt, 
prasselt,  es  schneit  hagel:  so  der  hagel  auf  sie  feilet.  2 Mos. 
9,19;  also  lies  der  herr  hagel  regen  über  Egyptenland.  r.  23; 
und  der  hagel  schlug  in  ganz  Egyptenland  alles  was  auf  dem 
fei  de  war.  r.  25 ; 

wie  donner  und  hagel  her  prasselt. 

RoLLE.tHAGE:«  froschm.  Bbbiiij; 
wie  wenn  es  hagel  schnell.    Gc.ntuer  509; 
wie  wenn  der  schnee  aus  wölken  daherfliegt,  oder  der  hagel, 
kalt  und  geschnellt  vom  stosze  des  hellanwchenden  nordwinds. 

Voss  It.  15,  170; 
als  jetzt,  ihr  herm,  da  ich  zum  spning  just  aushol, 
mir  eine  handroll  grobgekörnten  sandes  . .  . 
wie  hagel  stiebend  in  die  äugen  fliegt. 

Kleist  terhroch.  krug,  7.  ait^r. 
Es  ist  eine  uralle  deutsche  rechtsgewohnheit,  dem  zinspßichligen 
zinserlasz  zu  gewähren ,  wenn  er  auf  seinem  feide  durch  nicht 
abzuwehrende  ereignisse  schaden  erleidet:  zwei  solcher  creignisse 
vorzüglich  sind  allgemein  gesetzlich  angenommen,  hagelschaden  und 
Verwüstung  durch  krieg,  und  werden  durch  die  allitterierende  for- 
me! hagel  und  beer  ausgedrückt:  sol  den  herren  weder  her 
noch  hagel  an  iren  zinsen  nit  schaden  denne  nach  landes 
gewonheit.  weisth.  4,  11;  hagel  nnd  her.  Haltads  77S;  her 
unde  hail.  Kehreix  Nassau  1, 194. 

tauberer  verstanden  hagel  zu  machen :  Schwarzkünstler  und 
Zauberer  können  durch  des  leufels  gewalt  nnderwicsen,  wei- 
ter machen,  regen,  donner,  hagel  und  schauer,  und  andere 
dergleichen  ding,  die  sich  in  dem  Infi  und  element  zutragen, 
fürbringen.  Vogel  ron  bekanntnusz  der  zauberer  u.  hexen  (1590) 
29';  es  geschah  das  durch  kochen  ron  zaubcrkräutern  in  einem 
ke.vel  oder  topfe,  troriiber  mythol.  1040  ff.  ausführlich  gehandelt 
ist.     einer  ruft  im  zorne: 

0  könt  ich  jeiz  ain  hagel  kochen, 
ich  liesz  es  doch  nicht  ungerochen. 

Fisch  ART  flöhhnlt  7S1. 
vgl.  hagelkocberin,  bagelsieder,  auch  hagelbacher. 


143 


HAGEL 


HAGEL 


144 


SpnchwMUches :  ebenso  unnütz  als  der  hagel  in  einem  glas- 
kiam.  baurenat.  lasterpT.  18;  der  hagel  hat  geschlagen,  der  schade 
if.t  gesdiehen,  es  üt  aus  mil  einem  dinge:  da  wurde  ich  aller- 
erst gewahr,  dusz  der  hagel  geschlagen  und  die  helrugerin 
betrogen  worden  wäre.  Simpl.  3,  C7  Kurz;  der  hagel  hat  da- 
rein geschlagen,   incidil   amori  noslro  calamitas.  Maalkr  20"*; 

was  ich  in  der  jugenJl  trihen  han  (;iäi;i/ic7t  huhlerei), 

das  selb  nocli  in  mir  regen  tliuot. 

darztio  wer  mir  das  lierlz  noch  giiot, 

bäl  sunst  der  l)ugel  nit  driii  gsclilagen.     fastn.  sp.  1049,  29. 

einen  schlägt  der  hagel  her,  er  kommt  pliilzücU ,  übenaschl 
andere  me  ein  hacielwclter :  oho,  du  kerl,  schlägt  dich  der  hagel 
auch  her?  ich  habe  vermeint,  dich  zu  meiner  heinilainft  bei 
dem  Oiivier  in  unsrer  höllischen  wohnung  anzutrefl'en.  Simpl. 
2,10  Kurz;  guter  . .  die  sonst  ihnen  erblich  zugefallen  wären, 
wann  mich,  wie  sie  sagten,  der  hagel  nicht  hingeschlagen 
hätte.  3, 120.  kommen  wie  der  hagel  in  die  stoppeln,  zu  spät 
und  vergebens,  umn  kein  schaden  mehr  anzurichlcn  ist:  ich 
merke  beiläufig,  du  seiest  die  alte  Courage,  du  wirst  zwar 
wohl  kommen,  wie  der  hagel  in  die  stoppeln,  aber  gleich- 
wol  schiere  dich  herunter  (steige  ab),  damit  wir  hören  mögen, 
was  du  guts  neues  anzuliringeu  hast.  Simpl.  3  (1699)  s.  143. 

2)  hagel,  blitz ,  donner  sind  manifeslationen  der  geu'ittergotl- 
heil,  des  Donar,  daher  erscheinen  diese  ausdrücke  oft  in  persön- 
licher geltung  und  sind  an  stelle  des  gottcs  selbst  genannt  (vgl. 
blitz  2,130;  donner  2,1240.  1241):  mit  dem  gab  er  seinem 
pferdt  die  sporn  und  rant  als  greulichen  ,  das  es  erschein 
als  ob  ine  der  hagel  jagt.  Aimon  bog.  Kiiii,  sonst  heiszt  es  ah 
ob  ihn  der  böse  jagt,  der  teufel  reitet,  besonders  bei  fluchen 
und  Verwünschungen,  der  fluch  ist  ja  eine  anrufung  der  goltheit 
um  böses: 

der  hagel  schlag  den  argen  kriecht  I 

Frisculin  deutsche  dicht.  45; 

so  schlag  ihm  der  hagel  ins  maul,  weils  der  alte  scheusser 
nicht  hat  halten  können!  Simpl.  3,  127  Kurz;  so  musz  der 
hagel  in  die  gröslen  häufen  schlagen!  270;  dasz  dir  der 
hagel  ins  loch  schlag!  322.  mit  unterdrücktem  verbum:  dasz 
der  hagel !  schenk  ein.  Fr.  Müller  l,  174 ;  dasz  dich  alle 
hagel!  's  mSdcl  miisz  sie  kennen.  Schiller  183;  das  blaszt 
üb  zu  einem  bloszen  ausruf  bei  etwas  begegnendem,  mag  es  freu- 
dig oder  schmerzend  sein:  alle  hagel!  da  geht  er  zu  Lieschen. 
KoTZEBüE  dram.  spiele  2, 209 ;  alle  hagel !  das  ist  eine  ver- 
IJuchte  proposition.  32S;  (der  Schneider  sieht  das  masz  nach): 
ja  wahrhaftig ,  deine  länge,  (er  umspannt  sie)  ei  alle  hagel ! 
auch  deine  dicke!  2,192;  der  zurückgeschreckte  prätendent 
gerieth  in  eine  art  von  wuth.  alle  hagel !  schrie  er.  Immeh- 
»ANN  Münchh.  3,  148;  potz  hagel!  wenn  ich  noch  so  jung 
wäre  . .  wie  du !  arm.  viann  im  Toclwnb.  78 ; 

all  der  hagel  I  welche  sprünge 
that  mein  leutnaut  und  husur! 

Voss  Idylle  'die  bleicheriit' ; 
hagel!  idi  selbst  wol  möchte  das  wlltkommstänzchen  mit  ansehn! 

ders.  'die  leibeignen.' ; 
potz  bagel  I  was  erblickt  ich  da ! 

Bluialer  2,  32  (Aeneis  2.  buch). 

ferner:  hagel  und  weiter!  ich  würde  das  äuszersle  versuchen. 
Sciiilleb  113 ;  blitz,  donner  und  hagel !  seid  still,  das.;  blitz, 
donner,  hagel  und  weiter!  119;  blitz  und  hagel!  Kotzebüe 
dram.  sp.  2,  209 ;  donner,  hagel,  blitz  und  blei !  all  mein  gelt 
ist  schier  verzehrt,  scliaub.  engl.  u.  fr.  com.  509;  aus  seinen 
reden  merkte  man,  dasz  seine  Innern  thcile  nicht  feiner 
waren,  blitz,  donner,  hagel,  strahl,  dann  bei  gott,  teufel  und 
hexen,  alles  untereinander,  beim  zweiten  wort.  arme  mann 
Im  Tockenb.  25S; 

wolkenbrucb  und  hagel!    Götub  7,  113; 
auch  in  der  Zusammensetzung  donncrbagel,  3.  donner  ti,  Ih.  2, 
1240  und  donnerhagelsaas  1244. 

Man  sagt  daher  einem  alle  hagel  an  den  hals  fluchen,  den 
hagel  an  den  hals  wünschen;  wenn  wir  im  gleich  ain  hagel 
schwören  und  uns  all  zii  tod  sündigelen,  so  bleibt  er  gleich 
wol  got,  der  er  ist,  und  ist  die  sünd  allain  wider  uns,  und 
aigcntlich  nicht  wider  gut.  S.  Frank  paradoxa  6',  no.  9. 

3)  wenn  to  hagel  ein  häufiger  fluch  isl ,  so  erlangt  rfoj»  wort 
aueit  die  bedeulutig  von  fluch,  sciieltc ,  veneünschung  überhaupt: 
wann  einer  wa)t  weniges  übersihcl,  da  gehet  man  mit  liagei 
bialer  ihm  weidlich  drein.  Butsciikt  ^"ii:{.  403;  dies  war  der 
erste  hagel  wider  mich  bei  dem  liauptniann,  dasz  es  ihm 
nicht  gehen  wollte,  wie  er  ohne  zweifcl  gihoffct.  Schweifiiciien 
3,  IT.      ii//     düi    tirhum    li.it'rlii    '2,  n. 


4)  hagei  otldhch  für  verderben,  unglück: 

dö  hörte  ich  man  unde  wip 
jehen  dirre  miere, 
daj  ein  ri.<e  \va;re 
hagel  al  der  laude,    llilcrotf  6481 ; 
Wolfdielerich  der  freche  ward  der  beiden  hagel. 

((.  tjrusze  Wulfdielrich  1052,  1; 

owä  dir  tot!  du  bist  ein  hagel. 
vil  bitter  riuwe  Iroit  din  zagel 
und  ju.'merlichc;  ende.     Wiijatois  200,  6. 

dahinter  steht  gkichwol  noch  der  verdunkelte  persönliche  begriff, 
wie  oben  no.  2,  und  bei  donner  7  (2,  1241),  wie  aus  folgendem 
deutlich  hervorgehl:  rhonune  u'a  point  de  plus  grand  eunemy 
que  l'homme,  ein  mensch  ist  des  andern  wolf,  ja  teufel  oder 
bagel.  Db'EZ  diverses  proverbes  franc.  et  allem.  (1079)  s.  20,  wo 
hagel  dem  teufel  gkichgestelU  wird,  im  baiiischen  hochlande  ist 
haggl  eine  schelte,  wie  teufelskerl,  verfluchter  kerl,  in  der  Schweiz 
in  abgebtaszlerm  sinne  hagel  grobian.  Stalueii  2,  10.  die  Zu- 
sammensetzungen bagclskerl,  hagelsmenscli  stammen  ebenfalls 
aus  dieser  anschauung,  (ilcichwertig  sind  teufelskerl,  teufels- 
mcnsch,  vgl.  auch  douncrkerl,  blitzkerl,  welterkerl,  die  unter 
kerl  (5,  588)  in  etwas  anderer  weise  aufgefaszt  werden.  —  In 
solchen  Substantiven  gibt  nachlwr  das  erste  composilionsglied  den 
begiiff  des  hervorragenden,  aber  in  dämonischer  oder  verderblicher 
weise  hervorragenden  her,  ihnen  entsprechen  adjeclive  ähnlicher 
geltung  wie  hageldumm,  hagelmäszig,  vielleicht  auch  hageldick, 
welches  letztere  auch  anders  gedeutet  werden  kann  (s.  unten  no.  6 
und  hageldichl) ;  in  den  Substantiven  hagelsmeile,  hagelswerk 
tritt  abgeblaszter  nur  der  beijriff  des  bösen,  beschwerlichen  hervor. 

5)  hagel  für  hergelaufenes  volk,  gesindel,  pöbel,  knüpß  wol  an 
die  Vorstellung  des  verderblichen,  bösen  an,  was  dem  hagel  innc 
wohnt,  und  an  seine  Verwendung  im  fluche: 

Zigeuner,  zahnenbrecher, 
und  was  des  bagels  mehr,  als  hexen,  segcnsprecher, 
sind  alle  meines  volks.        Komgeul  Innocentia  9; 

daher  der  ersonnene  eigenname  für  pöbel  Hans  Hagel,  Janhagel 
(vgl.  auch  unter  Hans) :  Hanns  Hagel  hob  rings  um  ihn  grosz 
gelächler  an.  MusÄus  moral.  kinderklapper  (1799)  s.  93; 

wenn  all  die  grüsze 

und  gegengrüsze 

Hanns  Hagel  hört.    Blumauer  1,89; 

Hans  Hagel  glaubt,  man  sei  nur  da 

zum  beten  und  zum  singen.    Voss; 

da  gafft  auf  beiden  seilen 

Janhagel  aus  der  see.    Borger. 

6)  hagel  als  bildliche  bezeichnung  dessen,  was  diciU  und  schwer 
auf  tms  niederfällt,  wir  reden  von  einem  hagel  von  geschossen, 
einem  pfeilhagel,  auch  einem  hagel  von  schimpfreden,  einem 
hagel  von  entschuldigungen,  der  uns  entgegengeschleuderl  wird: 
laufen  .  .  gegen  den  hiigel  stürm,  der  . .  einen  eisernen  hagel 
donnernd  auf  sie  herunter  speit.  Schiller  959; 

verwundernd  sich  ab  solchem  wunder, 
dasz  ganz  von  blei  ein  hagel  kom.     Weckubblin  34C, 
vergl.    s  handgeschülz  gieng  wie  ein  hagel. 

KuRNüR  vutkst.  15U. 

7)  im  geschützwesen  heiszt  bagel  einmal  klein  gehacktes  oder 
gesprungenes  blei  und  eisen,  das  aus  kanonen  und  mörsern  ge- 
schossen wird  (Eggers  kriegslex.  1757  1, 1133),  ferner  die  kartätsche 
wegen  ihrer  fitUung  damit  (5,  233),  endlich  auch  das  in  körner 
gegossene  blei,  das  schrut,  so  weslfäl.  hagel,  hagelkoeren  Fromm. 
4,  29,  dietmars.  hagelbülel  schrotbeutel  (Müllemioff  glossar  zum 
Quickborn):  (gesehittze)  welche  auf  2  räder  geordnet,  gleich 
den  karubüchsen ,  welche  man  sonsten  hagel-  oder  stein- 
büchsen  nennet,  worausz  hagel  und  granalen ,  brandkugeln, 
iiiult  allerhand  feüerwerkssachen  geschossen  wird.  anz.  des 
germ.  mus.  1867,  264;  das  röhr  musz  mit  grossen  schroten 
und  hagel  geladen  sein,  damit  er  (der  Weidmann)  etliche 
(wilde  gänse)  auf  einen  schusz  fallen  kan.  Houherg  2,  545', 
ebenso  54(i'; 

do  ward  gnr  diipTer  gsuhossen 
vun  schlangen  und  knrthan. 
die  veindt  ir  pliTt  vergossen, 
die  hngol  liusz  man  gan.    Soltau  volksl.  21ß: 
kein  hacht  es  (dti.v  läublein)  stösK,   kein  hagel  »oll  ei  morden. 

V.   lllRKK>   37Ü. 

8)  hagel  bei  den  schmiden,  die  beim  bearbeden  des  glühenden 
risens  von  diesem  abfliegenden  eisenthcile,  sonst  auch  siernc  oder 
Zunder  genannt,     s.  Iiagelhilze. 

II)  hagel,  rtn  schwvbeband,  das  den  doUtr  im  ei  oben  und  unten 
mit  dem  eiueisz  befestigt.  Nemnicii  2,901;  tcol  von  der  iknlkh- 
keil  mit  einem  hagelkorn. 


145 


HAGEL  —  HAGELGESCHOSZ 


IIAGELGESCHREI  —  HAGELN 


146 


10)  hagel  heiszt  gleichfalls  der  ähnUchkeit  halber,  das  gersten- 
kom,  ein  geschtcür  am  äuge.     vgl.  auch  hagelkorn. 
HAGEL,  adj.  fein,  dünn: 

meine  glieder  zart  und  hägel 

ihr  erfüll  mit  höchster  pein.    Spee  trvtzn.  25". 

hägel  scheint  nichts  als  nebenform  zu  hager,  für  das  in  Ober- 
deutschland hager  gilt  (Schm.  2,  163),  mit  Wechsel  zwischen  r 
und  I.  die  tinumgelautele  form  hagel  mag  vielleidd  in  hagel- 
geschrci  enthalten  sein,  s.  d.  im  Nassauischen  bedeutet  hägel, 
hegcl  einen  dummkopf  (Kehbein  1,  ISO);  ist  das  zum  adj.  hägel 
zu  stellen,  so  könnte  sich  der  begriff  aus  der  Vorstellung  des  in 
der  entwickelung  zurückgebliebenen  heraus  entwickelt  haben.     . 

HÄGELBACHER,  m.  wie  hagelkocher,  hagelsieder,  der  hagel 
erregt,  hier  wol  durch  backen  oder  dürren  von  zauberkräutern, 
das  demnach  neben  dem  kochen  und  sieden  derselben  geübt  wor- 
den sein  musz.  Fischart  braucht  das  wort  abgeblaszl  zur  bezeich- 
nung  eines  bösen,  gefährlichen  menschen : 

dann  es  sind  rechte  hagclbacher.    flöhhatz  842  Scheible. 

HÄGELBÜCHSE,  f.  zweirädriges  geschosz,  woraus  hagel  ge- 
schossen wird.  anz.  des  genn.  mus.  1867,  264.  s.  die  stelle  unter 
hagel  6,  und  vgl.  hagelgeschütz. 

HAGELDICHT,  adj.  u.  adv.  dicht  wie  fallender  hagel,  sehr 
dicht:  hageldichte  hiebe; 

{zwei  riesen)  dreschen  unverdrossen 
so  hageldicht,  dasz  zwischen  schlag  und  schlag 
sich  unzerkniciit  kein  lichlslrahl  drängen  mag. 

Wieland  ii,  103. 

HAGELDICK,  adj.  sehr  dick :  steuern  hageldick,  J.  Gotthei.f 
er:.  3,213. 

HAGELDUMM ,  adj.  erzdumm  (vergl.  hagol  4,  sp,  144) :  was 
künt  es  (ihr)  davor,  dasz  es  so  hageltum  seid.  Schwabe 
lintenf.  9;  auch  in  der  Weiterbildung  blitzhageldumm:  bist  du 
denn  so  blitzhageldumm,  Asz  du's  nicht  merkst?  Fr.  Mlller 
3,  75, 

HÄGELEIN,  n.  Udner  hagel:  wie  elwan  ein  sturmweiter 
mit  winden  und  ein  hegelin  sich  erhebt  under  dem  wile. 
Keisersbebg  bilg.  SO", 

HAGELFALL,  m.  niederfallen  von  hagel:  grosze  zahl  von 
gewittern ,  welche  . ,  schaden  durch  Hitzschläge ,  hagelfulle 
und  wolkenbrüche  anrichteten.  Hallische  zeitg.  1868  no.  139. 

HAGELFELER,  n.    s.  unter  hagelrad. 

HAGELGANS,  f.  ahd.  hagilgans  (Graff  4,220),  name  für 
mehrere  vögel;  zundcfist  und  am  häufigsten  für  das  Wasserhuhn, 
fulica,  die  sonst  auch  haargans  Aei^ii  (sp.  28):  /"uüca  hageigans 
DiEFE.NB.  251' ;  hagelgans /"u/ica, /"«//o;  Maaler207";  die  Schwa- 
ben nennend  die  (fulica)  ein  blesz,  blessing,  item  ein  hagel- 
gansz,  Schwarztaucher,  zapp  und  dergleichen.  HEcszLi.t  vogelb. 
2l',  nach  diesem  veikündet  die  hagelgans  durch  geschrei  und  flug- 
art  ungeicitter,  regen  und  stürm,  dann  tcird  unte:-  hagelgans 
auch  das  birkhuhn ,  hasclhuhn  verstanden,  mhd.  hagelgans.  wb. 
1,478':  mullis  hagelgans  Diefenb.  370',  das  ahd.  gewährt  dafür 
hasilgans,  mullis  Graff  4,  220;  endlich  auch  die  schneegans, 
anser  sylvestris  Frisch  1,396';  sparalus  hagelgans  amd.  glossen, 
Germania  9,  20 ;  sparulus  hagel-,  hal-,  wild-,  sehne-,  schnebe- 
gans.  Diefenb.  544';  schnegans,  hagelgans  nov.  gloss.  344'. 
wie  die  welsche  hagelgänsz,  wann  sie  hinder  einander  post- 
pickieren.  Fischart  groszm.'O;  unter  vogclwildpret  werden  auf- 
gezählt dauchentlin,  haselhüner  ..  wasserhünlin.  pfoen,schwem- 
mergensz,  hagelgcnsz,  trappgänsz,  zapgänsz.  Gar^.  230'; 

die  hagelgänsz  voll  nngestijm 

acht  kein  predigt  umb  und  umb.    gansliönig  H3'. 

HAGELGEPRASSEL,  n.  geräusch  aufschlagenden  hageü,  und 
der  so  niederfallende  hagel  selbst: 

lauter  und  lauter  entrollt  dem  wolkengewoge  der  donner, 
pldtzlich  rauscht  ihm  nach  mit  hagelgeprassel  der  regen. 

Borger  246'. 

HAGELGERASStL,  n.  wie  das  vorige: 

wenn  nun  die  Jäger  den  forst  mit  wankenden  netzen  umkreisen, 
soll  eiitrausch«a  deu  wölken  mit  hagelgerasscl  ein  regeu. 

Borger  246*; 
aber  entliesz  er  hierauf  dem  busen  die  mächtige  stimme 
und  die  worte  gleich  dem  hagelgerassel  des  winters.    209*. 

HAGELGESCHOSZ,  n.: 

man  lud  auch  alle  bQchsen  wol 
mit  hagelgeschosz  und  ketten  vol. 

SOLTAU  volksl.  3S5  (i'on  1547). 
$.  hagel  7,  sp.  144, 
IV.  II. 


HAGELGESCHREI,  n.;  und  ist  allhie  zu  notieren,  dasz 
du  das  grob  im  hörn  nicht ,  sonder  das  hagelgeschrei  uflf 
der  Lirschjagt  gebrauchen  soll,  jag-  u.  weidwerksbuch  1,4'; 
und  soll  merken,  dasz  auf  der  nachsuch  des  hasen  du  nim- 
mer das  hagelgeschrei  blasen  soll,  sondern  wol  das  grob, 
so  viel  dir  gefeit ;  es  were  denn  sach ,  dasz  der  Jäger  die 
hund  zu  sich  berufen  und  in  ein  ander  feld  reiten  und  sich 
begeben  wolt,  alsdann  möchte  er  wol  das  hagelgeschrei 
durch  einen  langen  hift  blasen,  und  sol  also  den  hunden 
zu  verstehen  geben,  dasz  bierin  ein  unterscheid ,  und  wenn 
er  das  hagelgeschrei  blase,  der  hase  aufgesucht  und  im  lauf 
seL  1,  88'. 

Es  erhellt,  dasz  das  hagelgeschrei  als  jagdruf  von  feinerem 
oder  dünnerem  tone  dem  groben  geschrei  entgegen  gesetzt  wird, 
damit  stellt  iich  der  erste  theil  dt^ses  compositums  zum  adj. 
hägel  sp.  145. 

HAGELGESCHÜTZ,  n. :  hagelgeschütz,  dieweil  es  viel  kug- 
len  scheusset,  wie  ein  hagel  viel  stein  wirft.  Froxsp.  kriegsb. 
1,72';  er  (galt)  hat  oft  sein  hagelgeschütz  wider  disz  reichs 
feinde  abgehen  lassen.  Matiies.  Sar.  91*,     vgl.  hagelbüchse. 

HAGELGESTÖBER,  n.; 

{.itlas)  immer  geschüttelt  vom  siurin  und  vom  hagelgestöber 
zergeiszelt.    Bcrger  248*. 

HAGELHITZE,  f.  die  schweiszhitze  des  eisens:  ein  eisen  das 
in  der  ess  erhitzigt  wirt  auff  das  höchst,  gibt  es  ein  zeichen, 
durch  halle  fünklin  über  sich  in  die  höhe :  wo  solche  ge- 
sehen werden ,  ists  ein  gewisz  zeichen  einer  hagelhilz :  so 
dann  solch  eisen  nicht  alsbald  ausz  dem  fewr  genommen, 
verbrennt  es  gleich  wie  stroh.  Paracelscs  1,  918'.  es  ist  die 
hilze,  die  das  eisen  hat,  wenn  beim  alsbaldigen  schmiden  dessel- 
ben die  sog.  sterne,  zunder  oder  hagel  (n.  8,  .fp.  144)  abspringen. 

HAGELICHT,  adj.  grandinosus:  hagelichte  wölken,  jiubes 
grandinosae.  grandine  gravidae  Stieler  729;  hagelich,  hagelhaf- 
tig  grandineus,  grandinosus  DiEFEJtB.  268';  will  du  durch  disen 
hagelechten  und  widerwertigen  weg  sicher,  wol  und  on  iirung 
wandlen  und  kommen.  Keisersbebg  bilg.  59'.  —  Bei  Maaleb 
die  erweiterte  form  hagelächtig  calamitosus  207'. 

HAGELJÄHR,  n.  ;'a/ir  in  dem  der  hagel  schaden  anrichtet: 
bei  misswachs,  meusz-  oder  hageljahr,  heerzug,  wird  festge- 
setzt, das  alsdenn  der  gutsherr  dem  meyger  zu  stewr  komme, 
und  die  beschwerungen  tragen  helfen  musz.  Haltaos  778. 
vgl.  das  sp.  142  über  beer  und  hagel  bemerkte. 

HAGELKOCHERIN,  /.  weib  was  hagel  kochen  kann  (sp.  142), 
hexe,  wissendes  weib :  sprechen  sy,  ich  hab  es  etwan  von  den 
alten  hagelkocherin  und  atzdn  gehört,  hörst  du  wie  alt  sy 
worden  seind,  wie  weis  sy  geschetzt  seind,  so  werden  sy 
doch  nimmer  weis,  es  ist  ain  arm  volk,  Reisebsberg  spinneria 
1510  e2'. 

HAGELKORN,  n.  l)  das  einzelne  hagektüek:  da  warf  das 
schwarze  gewitter  hagelkörner.  I.Pavl  Titan  1,51;  der  (mor- 
gende tag  der)  vollhing  entweder  von  frühlingsregen  oder  von 
hagelkürnera  (bildlich,  glück  oder  unglück  brachte).  2,  90.  vgl. 
Iiagelstein. 

2)  hagelkorn  heiszt  auch  das  sonst  gerstenkorn  genannte  ge- 
schwür  am  äuge.     vgl.  hagel  10,  sp.  145. 

HAGELKÜGEL,  /.  hohle,  mU  hagel  (no.  7,  sp.  144)  gefülUe 
Stückkugel.  Frisch  1,  396'. 

HAGELMÄSZIG,  adj.,  eine  bildung  wie  teufelmäszig,  das  un- 
geheure, scheu  und  furcht  erweckende  zu  bezeichnen  {vgl.  hagel  4 
am  ende,  sp.  144) : 

das  weiter!  (fieng  er  an)  du  willst  wol  gar  studiren? 
welch  haselmäszig  buch!  mir  graut  es  anzurühren! 

ZaCUArü  1,  225  (schnui)ft.). 

HAGELMAUL,  n.  os  nefandnm,  Scheltwort.  Stieler  1255.  wie 
donnerinaul,  wettermaiil. 

HAGELN,  verb.  grandinare. 

1)  im  eigentlichen  sinne,  o)  unpersönlich:  es  hagelt  grandinat 
Stieler  729;  es  haglet  vast  rfejranrfina«  Maaler  207';  gran- 
dinare hagelen,  hagelien,  haglen  Diefenb.  2G8';  recke  deine 
band  auf  gen  himniei,  das  es  hagele  über  ganz  Egyptenland. 
•2  Mos.  9,22;  im  lande  Goscn,  da  die  kinder  Israel  waren, 
da  liagelts  nicht,  r.  26;  der  herr  lies  donnern  und  hageln, 
das  das  fewr  auf  die  erden  schos.  v.  23.  —  auch  mit  ausdrück- 
lich gesetztem  object:  es  hagelt  grosze  schloszen. 

6)  in  persönlicher,  transitiver  fügung:  oft  dondert,  schaurt 
und  hagelt  Saturnus.  S.  Frank;  ein  türkischer  rat  spricht  tu 
dem  kaiserlidien  abgesandten,  der  mü  krieg  drolU: 

10 


147 


HAGELN— HAGELSCHAUER 


HAGELSCÜELM  —  HAGELSTEIN 


148 


sag  deinem  kciser  dein  obersten  haubt, 
im  sei  recht  und  unrecht  erlaubt; 
wöll  er  haglen,  so  wöll  wir  schauren, 
■will  er  denn  wainen,  so  wöll  wir  trauren. 

fastn.  sp.  2!)S,  6. 

auch  die  wölken ,   das  weiter  hageln :    dasz  .  .   die   unsicht- 
baren dünste  endlich  zu  hagelndcn  wulkcn   würden.  Lohes- 
stein Armin.  2,  9S9;  das  hagelnde  ungewiller.  2,  109S. 
2)  in  überlragencin  sinne  wid  zwar 

a)  ntich  hagel  2  [sp.  U3)  fluchen ,  eigentlich  deu  fluch  hagel 
aussloszen,  uie  nach  den  fluchen  blitz,  donner,  welter,  sacker- 
menl  die  rerben  blitzen  (2, 132) ,  donnern ,  wettern ,  sackern 
gebildet  sind:  er  fieng  an  grausam  zu  fluclien,  zu  lästern,  zu 
sackern ,  zu  donnern ,  zu  hageln ,  zu  leufeln ,  zu  schelmcn, 
und  wolle  seinen  sehn  erstechen  und  erschieszen.  Wesemgk 
böse  spiel-sieben  (1702)  *.  51 ;  sie  donnerte  und  hagelte  auf 
mich  ..  los.  ehe  eines  mannes  IQO ;  beide  im  quartier  liegende 
lose  Vögel  donnern ,  blitzen  und  hageln ,  dasz  sie  niemals 
rechte  ruhe  haben  könnten,  caralier  im  irrgarlen  475 ;  auch 
transitiv : 

itzt  donnert,  blitzt  und  hagelt  tausend  llQche 
der  lürste  selbst. 

J.  C.  V.  Schönborn  hei  A.  Gryphius  (1698)  2,  502. 

b)  nach  hagel  6  {sp.  144)  hdszt  hageln  in  groszer  menge, 
gleichsam  hageldicht,  niederfallen,  und  zwar  in  zwiefacher  con- 
struclion,  indem  einmal  das  verbum  utipersünlich  und  mit  objccl 
steht:  es  hagelte  schimpfreden,  ja  schlüge  von  allen  seilen; 
da  Solls  allererst  eitel  schwernver  regen,  hageln  und  schneien. 
LcTiiER  3,  4S9;  oder  in  intransitiver  Stellung  und  indem  der  gegen- 
ständ, der  wie  ein  hagel  niederfällt,  das  subject  bildet: 

und  steine  hagelten  auf  ihn 

aus  lausend  mörderbändeu.    Bürger  46*. 

e)  öfters  entwickelt  hageln  aber  auch  den  causativcn  sinn  nieder- 
fallen lassen,  schleudern ;  und  zicar  entweder  rein  transitiv : 

mhd.  sunderlich  dem  von  Bräbant  der  sie  dö  nidcr  hagelt. 

LoUenijr.  5Su7 ; 

nhd.  das  sie  ire  ketzerische  propositiones  nicht  widerrufen 
wollen,  obgleich  die  den  es  befolhen  und  daran  gelegen  ist, 
wider  sie  eitel  banne  regneten  und  hagelten.  Tetzel  bei  Luther 
I,1S';  oder  indem  mehr  instrumentale  fügung  eintritt:  indem., 
deutsche  edelleule  . .  den  Römern  recht  in  den  rücken  kamen, 
und  mit  pfeilen,  steinen,  winfspieszen  unaufhörlich  auf  .sie 
hagelten.  Lohensteis  Arm.  1,773;  so  auch  mit  sdiimpfreden 
auf  einen  hageln,  «ie  mhd.: 

unde  wart  daran  genagelt  (Christus  an  das  kreuz) 

ür  in  unmilteclich  gehagelt 

von  der  Juden  rotte 

mit  schimpriichem  spotte.    Martina  137,  luO. 

d)  endlich  nach  hagel  7  {sp.  144)  bedeutet  hageln  auch  mit 
hagel  aus  einem  gescliütz  schieszen: 

und  auf  der  frevler  köpf  gehagelt  und  kartaunl  (bildlich). 

Andr.  Scultetus  bei  Lessing  8,  280. 

HAGELN,  fi.  inßnitiv  des  vorigen  in  subst.  geltung:  bittet 
aber  den  herrn,  das  aufhöre  solch  donnern  und  hageln  got- 
les.  2  Mos.  9,  28. 

HAGELRAD,  n.  ein  mit  stroh  nmnickeltes  Wagenrad,  was  am 
Johannisabend  angezündet  und  einen  berg  hinabgerollt  wird,  der 
.'brauch  ist  in  Hessen  und  Nassau  Iteimisch.  Vilmar  143.  Kehrei.n 
S'issau  2, 144.  in  letzterer  landschaß  brennt  zur  selben  zeit  auch 
•las  hageifeuer,  eine  art  Johannisfeuer,  auch  balefeuer  genannt, 
der  name  ist  noch  uneilddrt. 

HAGELRASSELND,  part. :  so  können  wir  mit  zertrenniing 
und  erschütterung  des  schreckenden  hagelrasselnden  ge^ülks 
unsere  rebcnseligc  vor  ungemach  vristcn  {durch  glocJcengeldul 
bei  einem  gtuitter).  Garg.  153'. 

H.\GELHEGEN,  m.: 

ein  hagelregen  zog  heran 

mit  blitz  und  donner  und  begann 

die  jagenden  lu  jagen. 

Ulumaukr  2,  67  (Arncidc  4.  buch) ; 
mfinte  flnstrer  hagclregen 
die  ernte  niedertchlagea.    Sciiillkr  573. 

HAGELSCHAUER,  m.  grandinis  lapidatio,  ags.  bägclsc&r: 
iwenne  einer  von  nihte  wirt  erhaben 
und  mit  den  berrcn  beginnet  drabeii, 
dir  »in  (iber  alle  nln  nueh);i-litir 
til  erger  denne  ein  bagctichiir.    Uviiiirr  IM07, 

(der  miniiler)  hatte  sich  heule  auf  einen  gesrlz-Sinai  gestellt   | 
und  (]<r  .m  dcMcn  fusz  vcrsafumclte«  dienrrurhafl  in  die  obren 


gedonnert  um  seines  (ein  hünslliches  uhr  für  schwerhörige)  zu 
erfragen  . .  .  dann  war  er  als  hiigeischauer,  wie  ein  küchen- 
dampf  bei  windigem  welter,  durch  die  einzelnen  dieneizim- 
mer  und  wiiikel  nach  dem,  ohr  gezogen.  J.  Paul  Titan  3, 75. 

HAGELSCHELM,  wi.  sycoplianla  sacerrimm.  .Stiele«  1707. 
wie  donnerschelm  2, 1250.  . 

HAGELSCHLÄCHTIG,  adj.  vom  hagelschlag  betroffen  und  ver- 
dorben: (;ra»(//na/Hs  hagcischiechlig,  das  vom  hagel  geschlagen 
ist.  Dasvp.  ;  die  frucht  als  unvollkummen  und  hagelschlcch- 
lig.  S.  FiiANK  cliron.  25o';  die  hagelsclilachtigen  rüben  erken- 
net man  darbei,  das  die  blclter  anfahcn  rolh  zu  werden. 
HerhüO';  ellich  schlagen  allein  ein  nagel  durch  den  stam- 
men und  wollen  also  aus  crfarniss  den  hagelschlachtigen 
räben  helfen,  das.;  hagclschlechliges  obst  heiszt  in  der  Schweiz 
solches,  das  hart,  roh  und  ungenieszbar  ist.  Stalder  2, 10. 

Wenn  das  adj.  von  einem  menschen  gilt,  so  steht  dahinter  der 
gedanke  an  hagel  5,  sp.  144:  Schweiz,  ein  hagelschlächliger 
mensch  Stalder;  so  nuistu  wohl  ein  hagcIschlSchttger  mensch 
sein,  wenn  du  eine  so  giewliche  plag  fluchest,  bele  nicht 
umb,  sondern  wider  den  hagel!  ArmtEciiT  fluchABC  80,  ein 
hagelschlechtige  kupplerin.  Rirk  ehespiegel  21. 

HAGELSCHLAG,  m.  niederfallender  hagel:  die  felder  sind 
durch  hagelschlag  verwüstet ; 

ncur  wenn  ich  bei  ir  (et;iem  bösen  toeibe)  llg  im  peit, 

so  hebt  sich  erst  mein  schant  und  smach, 

so  Icbts  gleichsam  der  bagelschlach, 

so  knoppt  sie  mich  ilzo  hinten,  itzo  forn.    fasln,  sp.  48,  32, 
zu  rugenschaiier  und  hagelschlag 
gesellt  sich  lieheloser  tag.    Göthe  3,  182. 

sprichwörtlich :  ich  bin  aus  dem  Iropfenfall  in  den  hagelschlag 
gcrathcn.  V.  Wl'rmsaam  wurmland  bl,  wie  sonst:  aus  dem  regen 
in  die  traufe. 

HAGELSCHLOSZE,  f  das  einzelne  hagelstück,  wie  hagelkorn, 
hagelstein : 

wenn  ihr  oft  geschn  den  köiiig  reiten, 

gold  an  ihm  und  gold  von  allen  selten. 

edelstein  auf  ihn  und  seine  groszen 

ausgesät  wie  dichte  bagelschloszen.    Göthb  5,  243. 

HAGELSCHNEIEN,  n.  das  fallen  des  hageis  wie  schnee: 

bei  dem  stärksten  hagelsohneiti 

erntet  Unschuld  rosen  ein.    Gü.ntuer  92. 

HAGELSCHROT,  n.,  was  hagel  7  {sp.  144).  KiRCHHor  diso. 
miL  42;  hagelschrot,  viereckiger  hagel,  die  wilden  enten  damit 
zu  schieszen,  auch  entendunst  genannt.  Jacodsso.n  2, 187'. 

HAGELSCHWER,  adj.  mit  hagel  beschwert: 

entwickle  dich,  du  bagelschweror  Wolkenzug! 
GÖTHE  II,  255. 

HAGELSIEDER,  m.  wellermacher,  der  durch  sieden  von  zauber- 
krdulern  hagel  eiregt,  vgl.  hagel  sieden  (sp.  142)  und  hagel- 
kocherin;  als  scMtwort  gebraucht:  hagclsieder  und  geisterer. 
RiiiLiNGER  bei  Kuhn  l,270  (iwi   1432); 

du  hagclsieder  gang  für  dich!     Monk  schausp.  2,  274. 
fem.  hagelsiedeiin :    hagelsicderin ,    oho  teufelsbrut.  Fiscuart 
groszm.  83. 

HAGELSKERL,  m.,  wie  teufelskerl,  s.  liagcl  4  am  ende,  sp. 
144:  das  sind  euch  veiQuchlc  hagelskcrU.  Tniio  AdeUwid 
tschauspiel  1779)  s.  67. 

HAGELSMEILE,  f:  blul-,  iiagcis-,  teufelsmeile,  utpote  quod 
pro  milliari  sumatur ,  cum  tarnen  lange  remottus  exlcndalur. 
STIEt:EK  1219. 

HAGELS.ME.NSCH,  n.  schelte  für  ein  tnddchcn.  das  donuer- 
hagelsmensch !  sehr  gewöhnlich  gehraucht. 

HAGELSTEIN,  m.  1)  wie  mhd.  liagelslein,  das  einzelne  hagel- 
slück,  wie  hagelkorn,  bagelschlosze :  dozU  erschlegst  du  el- 
lich ding  mit  liagelslein  und  ryfen  (sagt  dte  erde  zur  luß). 
Cyrillus  25';  ich  wil  einen  windwürbel  reissen  lassen  in 
meinem  grim  ,  und  einen  plalzregen  in  meinem  zorn ,  und 
grosze  hagcUlcine  im  grim ,  die  sollens  alles  unibslossen. 
Hes.  13,3;  lies  seer  gruszc  hagelsteiiie  faUen  auf  die  feinde. 
Sir.  46,6;  das  er  in  hagelsteiiien  bis  schier  an  die  knie 
gangen  habe.  Spalati.n  bei  Luther  5,  35*;  o  goll,  behül  dvu 
wein  vor  hagelslein.  <ra/j/.  99'; 

Europa  miiüzie  vor  durch  blitz  und  hagelstein 
zerstöret  luid  die  weh  voll  LnppenlAnder  sein. 

1).  Nkukirch  ged.  115. 

Hagelstciii  braucld  Dn.  Rkrtiiold  150, 2  als  eigennamen  rincs 
teufeb  neben  Hagedorn  und  Hellcfiwcr,  die  namen  allittrriercn 
unter  sielt,  wie  ihr  gemeinsames  tnerkmal  dit  durch  sie  verur- 
sachte Zerstörung  ist,  vgl.  die  ganze  stelle  unter  hagcdorn  sp.  Ut. 


149 


Hagelstück— UAGEN 


HAGEN 


150 


2)  nach  der  ähnlichkeü  in  der  form  ist  auch  der  aiigcnäern 
hagelstein  genannt:  die  ander  feuchtigkeit  ist  mitten  in  dem 
äuge,  wird  genant  cnstallinus,  wird  auch  genant  hagelstein, 
in  der  grösze  einer  erbes ,  doch  nicht  ganz  rund.  Bartisch 
qugendiensl  (1583)  : ;  rgl.  die  erst  ist  cnstaliin  mitten  in  das 
aug  gesetzt  und  ist  der  färb  eines  crystallen,  nach  der  form 
eines  hagelsteins;  in  dem  das  gesiebt  ist.  Gersdorf  feldb.  d. 
vundarznei  5. 

HAGELSTCCK,  fJ.  geichülz  was  hagel  (T,  sp.  144)  schieszt, 
haubitze:  hagelstiick  balista  grandifera,  scrulorum  grandine  con- 
stipala  Stieler  2220, 

HAGELSTÜRM,  m.  sltirm  der  hagel  mit  sich  führt:  sihe,  ein 
starker  und  mechtiger  vom  herrn,  wie  ein  hagelslurm,  wie 
ein  stkedlich  weiter,  wie  ein  wassersturm,  die  mechtiglich 
einreissen,  wird  ins  land  gelassen  mit  gewalt.  Jes.  2S.  2;  be- 
deutende gewitterregen  und  hagelstürme,  die  auch  meist  von 
der  Westseite  heranziehen.  Göthe  51,202; 

wie  wenn  ein  hagelslurm  mit  klipp-  und  klapperknall 
schlägt  auf  ein  sctiindcldach. 

Klaj  enget-  und  drachenslreit  D  iij  ; 

wann  die  flöh  die  weiter  necken, 

wil  die  luft  bald  näsz  erwecken; 

wann  sie  sticht  der  böse  wurm, 

folgt  gewiss  ein  hagelsturm.    Logau  I,  71,  86; 

er,  der  so  die  tapfern  niederscbmeiszt, 
als  wie  ein  hagelsturm  die  ähren. 

Alxi>ger  Doolin  8,  27. 

HAGELSWERK,  n.  negotia  molesta,  odiosa,  desperata.  Stieler 
2555.     rgl.  hagel  4  am  ende,  sp.  144. 

HAGELLNG,  f.  das  hageln:  die  widerwitterig  wolkenfeuch- 
tigung  und  luftgespänslige  turbines  und  hagelung  von  unsern 
liehen  labsiiligen  reben  zu  estranesiren.  Garg.  152*. 

HAGELVERSICHERUNG,  f.  sichersteltang  gegen  schaden  durch 
hagelschlag  («.versichern),  ein  erst  mit  der  ausbildttng  des  ver- 
sidierungsuesens  in  den  letzten  30  jähren  aufgekommenes,  vielge- 
brauchles  u-ort.  davon  die  elu:as  ungeheuerlichen  bildungen  hagel- 
versicherungsanstalt  und  hagelversichcrungsgesellschaft. 

HAGELVOLK,  »i.  gesindel,  pObel,  wie  hagel  5,  sp.  144. 

HAGELWEISZ,  adj.  treiss  icie  hagel.  rgl.  ags.  hägl  byd 
hvitust  corna.  Runenlied  9,  und  scliloszenweisz: 

ihr  bagelweiszes  kleid  kan  ilzt  kein  staub  versehren. 

HoFFMASKSWALDiü  begräbnisgcd.  58. 
nd.  en  smuckes  wief  .  .  . 

van  göden  wasdöm,  hagelwitt.    Firhenich  1,  72'. 

auch  in  der  rerslärkung  schneehagelweisz,  so  im  Henneber gschen. 
Fromm.  1,  231*,  auf  dem  Westencalde.  Schmidt  203;  niederd.  snei- 
hägelwif  ScHAMBACH  199'. 

HAGELWETTER,  n.  lapidosae  grandinis  imber.  Stieler  2462. 
unversehens  brach  ein  hagehvetter  herein.  Gothe  24,  43; 
das  hagelwetter  war  entsetzlich,  und  noch  mit  einem  wolken- 
bruch  verbunden.  Pestalozzi  schriflen  (IS19)  2,326;  bildlich: 
das  war  ein  böses  hagelwetter  in  meine  lusternte.  Arsim  1, 
341;  als  fluch:  was  tausend  hagelwettcrl  Lenz  1,270. 

HAGELWOLKE,  f.  hagel  entsendende  trolke:  hagelwolke,  nubes 
grandines  minilans  Stieler  2574;  wollte  brausend  wie  eine 
hagelwolke,  zur  thür  hinausstiirmen.  E.  T.  A.Hoffmass  4,  57; 

gewalTnet  ziehest  du  mit  deinen  kriegern 

wie  hagelwolken  an  dem  himmel  auf.    Collin; 

die  hagelwulkca  der  drangsale.  J.  Pall  Titan  l,  102. 

HAGE.MANN,  m.  mann  {diener,  unterthan) ,  der  auf  einem 
hage  angesessen  ist  {rgl.  hag  3,  «p.  13S),  im  gegensalz  zu  hof- 
inann,  der  am  herrenhofe  selbst  seinen  unterhalt  empfängt,  das 
Korl  ist  als  eigenname  nicht  unhäufig,  als  appellalirum  bis  jetzt 
7iicht  nachgeuicsen.  der  bcdcutung  nach  entspricht  ihm  der  ahd. 
eigenname  Hagadeo:  Hagadeus  Förstehan.n  1,576. 

H.VGEN,  m.  ahd.  ags.  hagan  paliurus,  mhd.  hagen;  in  meh- 
reren bedeulungen.  über  das  etymologische  s.  bei  hag  sp.  137. 
:«  der  ursprünglichen  form  hagen  haben  sich,  ganz  wie  bei 
liafen  (471.121)  mehrere  neben  formen  des  icorles  ergeben,  zundclist 
der  hägen  (hinter  dem  hiigcn.  Simpl.  3,324  Kurz),  icas  auf 
eine  frühere  form  hagin  neben  hagan,  nachgewiesen  bei  Graff 
4,  798  geht,  und  dann  der  hage,  des  hagen :  indago  ein  hage 
roc.  ex  quo  r.  1469;  frutectum  spredehagc  amd.  glussen,  German. 
'.),  2t ;  septum  naturale  gröner  dörntön,  hage,  knick  Chvtraels 
cap.9  am  ende;  dein  der  hage  zugehüret.  weisth.  3,309;  auch 
ags.  haga,  geu.  hagan,  wo  das  schlieszende  n  des  wertes  als  der 
schicachen  declination  zufallend  angesehen  und  daher  abgesloszen 
ward,  hierdurch  ist  auch  die  formelle  Vermischung  mit  hag  ange- 
batint,  indem  liagen  durch  hage  zu  hag  so  gut  rckürzl  werden 
konnte,    wie  hafen    durch  hafe    zu  haf  {sp.  121).     die   eng  ver- 


wandte bedeutung  beider  Wörter  erleichterte  diese  Vermischung,  die 
auch  in  compositen  hervortritt  (hagedorn  und  hagendorn).  eine 
dritte  nebenform  mit  ausgefallener  gutturalis ,  hain ,  die  im  nhd. 
das  ältere  hagen  namentlich  in  der  bedeutung  5  verdrängt  hat, 
wird  an  der  betreffenden  stelle  abgehandelt. 
Bedeutung. 

1)  die  des  dornbusches,  der  dornruthe  waltet  ahd.:  hagan  pa- 
liurus, ligna  spinosa  Graff  4,  798,  sowie  mhd. : 

dö  nämen  si  den  dorn  unt  den  hagen, 

dö  wart  der  herre  mite  geslagen 

vil  wunderlichen  sere.    warnung  3569  (Haupt  1,  535); 

wand  iesä  so  der  süre  hagen 

in  also  süejem  gründe 

gewurzelt  zeiner  stunde, 

mau  wüestet  in  unsanfier  da 

dann  in  der  dürre  und  anderswä.     Trist.  449,  12. 

nhd.  sdieiut  diese  bedeutung  an  dem  einfachen  worte  nicht  bezeugt, 
aber  an  hagenbaum  noch  haftend ;  unsicherer  bei  andern  Wörtern 
deren  erstes  glied  hagen  ausmacht,  hagendorn  kann  zwar  eine 
jener  tautologisclien  compositionen  sein  wie  haberbock,  hader- 
lumpen  «.  a.,  und  wäre  dann  von  hagedorn,  als  dem  dorn  der 
zu  zäunen  verwendet  wird,  dem  sinne  nach  ursprünglich  geschie- 
den gewesen,  es  kann  aber  ebenso  gut  auf  hagen  in  der  bedeutung 
zäun  {no.  2)  zurückgehen,  äimlich  sind  zu  beurtheilen  hagen- 
buche  und  hagebuche,  hagenhusch  und  hagebusch. 

2)  hagen  bedeutet  den  kbendigen  zäun,  der  ja  vorzüglich  aus 
dornichtem  gebüsch  angepflanzt  wird,  hat  also  ganz  den  sinn  von 
hag  1  {sp.  137),  mit  dem  es  auch  wechselt 

ein  -blüthenhaag  war  seine  lust. 

einst  sah  die  frau  ihn  sinnend  stehen, 

und  ganz  versunken,  unbewuszt, 

so  zweig  an  zweig  vom  Strauche  drehen; 

in  gottes  uamen,  rief  sie,  mann, 

du  ruinirst  den  ganzen  hagen! 

Droste-Hclshoff  ged.  225; 

wann  wir  das  gelt  verprassen  ,  so  ziehen  wir  auf  den  bett- 
lers  hage,  und  laufen  cum  sacco  per  civitatem.  de  generib. 
ebrios.  24;  folgends  schliche  ich  auf  dem  markt  herumber 
wie  ein  fuchs  hinter  dem  hägen ,  wann  er  auf  hüner  oder 
gänse  lauret.  Simpl.  3,  ZU  Kurz;  sie  {die  karrer)  hatten  hinter 
hägen  und  in  winkeln  ihre  örter,  wo  man  ihnen  die  ge- 
stohlenen Säcke  ablegte.  Pestalozzi  (1S19)  2,  280,  er  setzt  zu 
hägen  erklirend  hecken,  solche  hagen  umgaben  das  besitzthum 
des  einzelnen,  aber  auch  ganze  Ortschaften,  ferner  feldgrundstücke 
(vgL  knick  3,  th.  5, 1416): 

so  wie  vor  ihm  die  festen  brücken  nicht, 
und  nicht  die  hagen  grüner  kämpe  stehn. 

ßCRGBR   159»; 

gesagt,  gethan!  der  wildgraf  schwang 

sich  übern  hagen  rasch  voran.    70'; 

nun  schlüpft  er  durch  des  hagens  loch, 

nun  hing  er  an  den  dornenzwecken. 

Droste-HBlshoff  ged.  214. 
auf  der  geest  und  im  Lippeschen  hägen.  Fromm.  3,  285.  6,  210. 
in  folgendem  ist  hagen  rom  zäune  ausdrücklich  und  scharf  unter- 
schieden :  ich  frage,  wenn  einer  einen  neuen  hagen  pflanzen 
wolle,  da  niemals  kein  hage  gestanden,  wie  er  das  machen 
soll,  dasz  er  seinem  nachharen  nicht  zu  nahe  gepflanzet? 
weisth.  3,  309  tio.  19 ;  wie  soll  man  bei  hagen  umgehen,  wenn 
sie  einem  zu  nahe  wachsen  ?  das.  no.  20 ;  der  zäun  besteht 
dagegen  aus  gesteckten  ruthen.  das.  7io.  21. 

Rechtssprichworl .  dem  der  hagen,  dem  ist  auch  der  graben. 
Pistorius  I,  no.  30,  s.  51,  der  graben  der  mit  dem  das  eigenthum 
einfriedigenden  zäune  meist  verbunden  ist. 

3)  an  die  vorige  bedeutung  von  hagen  lehnen  sich  xwd  an- 
dere an: 

a\  hagen,  namentlich  in  norddeutschen  quellen,  heiszt  die  zum 
schütze  und  zur  vertheiJigung  um  einen  platz  oder  ein  heerlwjer 
gezogene  ein  friedigung  {wie  hag  2,  was  mit  hagen  audi  wechselt) : 
unde  tobreken  de  torne  unde  de  müren  in  de  grünt ,  unde 
fulden  de  graven  unde  den  hagen  de  darumme  gyngk ,  mit 
steinen  unde  mit  erden,  scripi.  i»run.<tr.  3,  38S;  aber  die  Samen 
hatten  einen  starken  hagen  von  grossen  beumen  und  ricken 
vom  seestrande  an  bis  an  das  frische  haff  gemacht.  Hen^e- 
BERCER  413,  nach  folgendem : 

da  was  ein  vil  größer  hagen 

von  den  Samen  vor  geslagen, 

der  was  gröj  unde  dicke, 

da  enwären  nicht  kleine  ricke, 

da  wären  boume  so  grö^, 

da;  Sit  vil  manigen  verdrö;. 

sie  wären  so  gevellel, 

da;  e;  was  gestcllet, 

sam  e{  w3?re  ein  bolenerc.    litt,  chron.  3967 

10* 


151 


IIAGEN 


HAGEN  — HÄGEß 


152 


diese  verschanzuny  lieiszt  Lac  3'JS2.  4065; 

Sit  salzten  sie  sich  zwo  der  wer, 
sie  verhiigeien  die  wege, 
gröj  und  deine  in  st^eier  pflege, 
die  hagene  machten  sie  sü  grö;^ 
daj  manigen  lirisien  sit  vcrdrös. 


7322. 


vergl.  viilldlat.  baia  Tnililaris  vaUus  Du  Gange  v.  Henlscltel 
3,614'; 

ags.  syffdan  llrefflingas  16  hagan  |irungon. 

licuv.  2%!,  vorher  2'j51  i'aslen  genannt. 

b)  Lagen  ist  auch  die  Umzäunung  eines  waldes,  worin  u'ild 
iicheiit  wird:  indayo  ein  hage  voc.  ex  quo  v.  1469;  ferner  das 
zur  liege  von  vCiyeln  angelegte  zaunwerk,  vogelheclie:  aviaiium  ein 
hagen  Trochus  H  3*.  rehhagen  nennt  der  jägcr  den  mit  meh- 
reren (i/fnunijen  versehenen  wildzaun,  an  dem  das  wild  beim  flucht- 
versuche  durch  diese  gefangen  wird. 

4)  Lagen  der  umiwgte  ort  (wie  Lag  3,  sp.  138),  er  mag  sladt, 
dorf,  oder  einzelgut  sein: 

da  mite  kerten  sie  ze  hant 

vür  einen  Lagen,  der  ist  genant 

Canuele,  mit  mauncs  cralt.    livl.  chron.  6198. 

in  der  grafschaß  Schaumburg  liegen  sieben  dörfer ,  die  sieben 
freien  Lagen:  in  den  7  freien  Lagen,  weisth.  3,307;  dafür: 
auf  die  7  freien  Läger.  das.;  in  J^iederdeutschland  Iwiszen  Lagen 
auch  llicilc  eines  orles,  die  von  einerlei  gewerbe  oder  familie,  also 
von  geschlossenen  kOrperschaßen  bewohnt  werden,  vgl.  gasscnnariwn 
in  Ureifstealde  wie  ScLüterLagen ,  ScLoLageu ,  in  Stralsund 
HielkenLagen  (Dähnekt  16S'),  t«  Brauuschwcig  Rosenbagen,  was 
allerdings  auf  eine  corporalion  zielt,  deren  glieder  ein  milielaller- 
ticJier  liebhaber  nur  im  feuer  der  leidenscliaß  süejiu  rose  nt';i- 
nen  konnte,  im  obern  Innthale  bezeichnet  Lag  und  Lägen  den 
umzäunten  platz  vor  der  sennhfitte.  Fromm.  5,445;  im  ags.  Laga 
das  einzelne  haus,  wie  es  durch  zäun  vom  nacMar  abgegrenzt 
ist:  se  Laga  binnan  port  |)e  AgeUic  bim  sylfan  getimbrod 
bäfde.  TiioRPE  diplom.  (1865)  s.  355.  daher  ist  bagen  tlieils  ein- 
fach, llieils  in  Zusammensetzungen  ein  häufig  begegnender  Orts- 
name   (FüRSTEM.    2,  628.    SCHAMBACII  71*). 

5)  Lagen  in  der  erweiterten  bcdeutung  gcbitsch,  geliülz,  gehege, 
wie  hag4:    belg,  een  Legge  oft  bage  dumetum  Calepinüs  454; 

füid.  da  gundten  alle  tliier  erschrecken, 

sprachen :  da  seindt  vi!  f'eindt,  im  bagen 
haben  ihr  lager  angeschlagen. 

B.  Waldis  Esop  2,  2, 11. 

für  diese  bedeulung  hat  sich  schon  seit  detn  16.  jaltrh.  die  ge- 
bräuchlichere form  bain  ergeben. 

HAGEN,  «I.  laurus.  obwol  dieses  wort  rücksiclitlich  der  wur- 
:'i  und  bildungssilbe  ganz  gleich  dem  vorigen  ist,  so  ist  seine  ge- 
wunderte aufzählung  geboten,  weil  wahrscheinlich  schon  von  sehr 
aller  zeit  her  die  deutsche  spräche  die  identilät  beider  Wörter  nicht 
mehr  fühlte,  liagen  der  schlagende,  stechende  war  dort  auf  den 
durnslrauch  bezogen,  hier  auf  den  stier,  sei  es,  dasz  die  wajfe  des 
hers,  seine  hörner,  hierbei  in  ansclilag  kamen,  sei  es  dasz  schla- 
.171  hiei-  auf  die  geschlechtliche  thätiykeit  deuten  sollte,  denn  be- 
-cblagen  wird  in  diesem  sintie  mehrfach  von  thiereii  gebraucht 
1, 1572,  in  bezug  auf  die  letztere  annahnte  deuten  spuren  darauf 
hin,  dasz  bagen  auch  von  andern  thicrcn  galt,- dasz  es  viellcicIU 
einmal  den  allgemeinem  sinn  männliches  thier  überhaupt  hatte: 
so  wird  im  Ring  4*,  28  Hagen  als  eigenname  eines  tsels  ver- 
wandt; eine  im  suffix  verschiedene,  in  der  ursprüngliclten  bcdeu- 
tung gleiclie  ableilung  derselben  würzet  gelU  in  der  form  baigel, 
Leigcl  (aus  bcgil,  Lagil)  in  Schwaben  auf  den  zuchtstier  (Sciimel- 
I.KR ,  Biblikceb)  ,  mit  ilir  berührt  sich  nahe  Lekkci  in  Ulm  ein 
eher  (vgl.  jedocii  Lackscii  sp.  107) ;  auch  das  mannchen  voni  salm 
wird  Laagen  genannt  (Hüiiukkc  3,2,302'),  was  allerdings  auf 
den  hakenförmigen  schnalwl  des  letzteren  bezogen  wird,  uufür  die 
Schweiz,  form  baggen,  baaggen  (Staldeb  2,  II)  sprechen  kunnte, 

Uclege:  so  denne  von  den  Nelgiillern  sol  mau  ban  eber 
und  ocbs,  das  ist  ein  liagcn  oder  ein  pfar.  weisth.  1,665; 
ihueiz.  bagen  zuchtocitse  Stalüem  2,  lu;  /«r  bagen  «»c/iw/il  die 
■i' kürzte  form  bage,  bag:  Lag  oder  bcrdfarr  initor  bos  Dasvi>.  ; 
tdtwab.  Lag  SciiMirt  253.  die  form  bagen  Irill  in  den  land- 
ulrichen ,  die  die  gekürzte  form  verwenden ,  in  composdvn  wieder 
hervor,  namentlich  in  bagcnscliwanz  Ochsenziemer  Schm.  2,  162. 

HAGKN,  rerb.  in  zwei  bcdeutungen. 

1)  einen  zäun  maclien:  Lagen,  zeünen,  sepire  Maai.em207'; 
nlfi  inen  die  Lufgülf^r  tiftgezeiiliiiat  siiit  mit  tnarkstcinen, 
darinnen  xond  sie  Lollz  lioMen  zc  brennen ,  ze  Lagen ,  ze 
Ituwen  an  dem  Lof.  wrislh.  4.  .'.no;  schwäb.  Lagen,  die  leben- 
digcQ   züunc,   das   baag   uu»be8zerii.  Scuxiu  254.     hdufiy  in 


der  Jägersprache,  hier  bedeutet  es  einen  wildzaun  anlegen:  das 
recbt  einen  wald  mit  einem  gebiige  cinzufangen,  welcbes 
man  die  gerccbtigkeit  des  bagens  oder  einen  baag  ins  bolz 
zu  scbiagen,  eine  gebägte  wildbabn  zu  macbcn,  zu  nennen 
liQegel.  Uepi'E  jagdlust  3,768; 

soll  ich  di3  gäu  ha^en 

und  verbinden  miniu  seil, 

so  wird  mir  lihte  ein  wilt  ze  teil. 

Laszbkkg  tiedersaal  2,  297,  168. 

vielfach  ist  bagen  in  Verbindung  mit  jagen  genannt:  wer  darin 
zu  bagen  und  zu  jagen  babe  mit  recbt.  weisth.  2,  28;  zu 
bagen  und  zu  jagen  bat  uiemanls  anders  zu  tbun,  dan  m. 
gn.  berr  von  Trier  oder  seiner  gnaden  ambtleut.  29 ;  we4 
mag  jagen,  der  darf  auch  Lagen,  qui  jus  habet  venandi,  ille  eliam 
jus  habet  cingendi  silvam.  Pistorius  5,  ho.  55,  s.  359;*  soll  ein 
landmeyer  wissen,  ob  er,  so  _er  zu  jagen  gerecbtigkeit  bat, 
aucb  zu  bagen  macbt  babe.  Sebiz  feldbau  s.  561 ; 

ich  hän  gehaget  und  wil  jagen. 

Laszbekc  liedersaal  3,  637,  7  , 
mit  hetzen,  beiszen,  jagen, 
mit  pürschen,  garnen  und  mit  hagen. 

FiscuART  viHer  v.  Stauffenberg  : 
wann  man  also  hagt,  iagt  und  hetzt, 
so  wird  das  jagen  recht  geschätzt,    das.; 

transitiv  gesetzt: 

do  wil  man  jagen  birsch  und  hassen, 

do  hagt,  verstockt  man  garten  und  wasscn  (rasen). 

TiitRNBissER  urchiduxa  (1575)  30. 

2)  vollständig  geschieden  von  der  vorigen  ist  die  andere  be- 
deulung von  bagen  placere,  convenirc.  das  einfaclie  bagen  in 
diesem  sinne  ist  selten,  meist  gilt  dafür  bcbagen  (1,1318).  die 
entwickelutig  der  besonderen  bedeulung  kann  das  alinord.  erklären  : 
ist  dort  das  masc.  bag-r  =  läge,  Stellung,  Verhältnisse,  so  lehnt 
sich  das  nur  an  die  sinnlichere  Vorstellung  des  eigenen  besitzlhums, 
des  umschlossenen  eigenen  landes  oder  landgutes  (s.  bag  no.  3) ; 
die  abgezogene  bedeulung  entwickelt  das  verbum  baga  weiter,  es 
hat  den  sinn  anordnen,  einrichten,  veranlassen,  Lagar  heiszt  es 
paszt  sich,  zieml  sich  (Mobius  gloss.  158).  dem  gegenüber  hat  das 
deutsche  bagen  in  noch  eingesclirdnluerer  weise  nur  es  paszt  mir, 
gefällt  mir,  auszudrüclien. 

Die  construction  ist  entweder 

a)  wie  bei  gefallen  unpersönlich,  mit  dem  dativ  der  persou: 

also  et  gode  wolde  bagen. 

Script,  brunsv.  3,  65,  1-, 
da  sein  auch  meine  hertzliehesten  kinder: 
nun  sage,  ja  sage,  wie  hagen  sie  dir. 

Hein,  fuchs  (Rostock  1650)  242. 
ich  legt  an  mein  röhr  geschwinde, 
in  dem  hu 
schosz  ich  zu, 
das  hagt  dem  kiiide.    Rottmann  tust,  poet  248; 
obs  gleich  uns  nicht  thnt  hagen. 

Iierl.  triumphwagen  12. 

b)  oder  persönlich,  in  dem  sinne  zufrieden  sein: 

VVolldietrich  in  dem  orden,  also  ich  uch  bescheiden  will, 
nit  wol  begunde  hagen,  da  man  die  spiso  rieh 
hegunde  liir  tragen  und  sie  teilte  so  gar  ungelich. 
daj  hegunde  in  erbarmen,    d.  grosze  Wolldielrich  2128. 

HÄGE.N,  verb.    s.  hegen. 

HAGENBAUM,  vi.  rhamnus:  und  alle  bölzer  sprachen  zu 
dem  bagcnbaum:  kum  und  gebeut  über  uns.  er  autvvurtin: 
ist,  das  ir  mich  vvariicb  setzet  zu  einem  künig,  so  kumpt 
und  ruent  undcr  meim  schatten ,  wült  ir  aber  nit ,  so  gee 
aus  das  feuer  von  dem  bagcnbaum  und  verwiist  die  ceder 
des  Libans.  bibel  v.  1483,  116*.  Lutuer  hat  dafür  (richler  9, 
14.  15)  dornbuscb. 

HAGEMlliCllE,  HAGENBCTTE,  HAGENDORN,  5.  hage-. 

HAGENMIEFE,  f.  die  fruchl  des  h-igendorns,  düring.  hauuife 
(vgl.  biefe):  rubum  banappel,  beynbylT  Uieke.nb.  502'. 

HÄGENER,  f/i.  ein  ßsch,  ci/prinus  plioxinus,  sonst  eh'ilze, 
elderzc.  Nemmcii  2, 1360. 

HAGENTE,  f.  anas  bosdias  fera.  Nemmch.  anas  fera  lor- 
qtiala  minor:  disc  ent,  so  . .  bei  dorn  bodensee  von  färb  der 
nüglen  und  desz  baupts  blaszent,  spiegelent ,  anderschuo 
groszcnt,  incrtzent  und  bagent  genennet  »ird,  ist  von  Klimm 
und  gcstall  den  zameii  enten  am  Ubniicbcsicn.  Htusziix 
vogelb.   36'. 

HAGER,  m.  Schützer,  pfleger,  und  composita,  s.  Iieger. 

HAGEH,  m.  sandhügel  in  den  strömen,  besondcis  an  ihren 
mündungen.  Jacoiisson  2,187*.  I^nter  anbügern  1,304  «/  »cr- 
tnntel  worden ,  dasi  hüger  aus  Locker,  Locker,  hugel,  «ntslcUt 
tcin  könne. 


153 


HAGER  — HAGERFALR 


HÄGERKAMP — HAGESTOLZ 


154 


HAGER,  adj.  dürr,  mager,  mil  wenigem  flehcli  verseilen,  ein 
erst  im  spätem  mhd.  erscheinendes  worl.     es  gilt 

1)  von  menschen  und  menscMichen  kürperlheilen  : 

mhd.  din  lip  ist  dürre  und  mager, 
din  aotlitz  bleich  und  hager, 
dio  bals  ist  lileine  und  lanc. 

H.  T.  Freibbrg  Tristan  5110. 

nhd.  ihrer  aufwärterinnen  hagere  rücken  braun  und  blau  ge- 
schlagen, ehe  rines  mannes  2S3 ;  Cook  war  ein  dürrer,  hagerer 
mann.  Lichtenberg  4,175;    Calcagno  verschworener,  hagerer 
Wollüstling.    Schiller   Fiesco,  fersonenverzeichnis ;    der   dürre, 
hagere,   unschlüssige  klügler.    Clacdics  '.178;    er  wurde  .. 
eine  lange,  hagere,  in  einen  dunkeln  inanlel  gehüllte  gestalt 
gewahr.  E.  T.  A.  Hoffjcann  3,  2S;  ein  groszer,  hagerer,  dabei 
kräftiger,  in  gliedern  und  muskeln  stark  gebauter  mann.  3,31; 
sag  mir,  du  königssohn  Ammon, 
was  lieget  dir  so  heftig  an, 
das  du  bist  so  schnacket  und  hager, 
so  bleich,  dünnbacket,  dürr  und  mager, 
nimbst  ron  tag  zu  tag  also  ab?    H.  Sachs  3,  91*; 
mit  bagern,  welken  waugen.    Hagedorn  2,  113; 
nun  härm  ich  ganze  nachte  lang 
auf  schlummerloszem  lager 
die  leichten  glieder  matt  und  krank, 
die  vollen  wangen  hager.    B(;rcer  7'; 
liebesbücher  und  jahrgedichte 
machen  bleich  und  hager.    Götbe  2,  267; 
gleich  gespenstern,  stumm  und  holil  und  hager, 
zieht  im  schwarzen  todtenpompe  dort 
ein  gewimmel  nach  dem  leichenlager. 

Schiller  1*  (leichenphaniasie). 

er  ist  hagerer  als  ein  stein,  pumice  est  aridior  Stieier  729  soll 
in  besonders  drastischer  iceisc  nur  einen  gfoszen  grad  von  /leisch- 
losigkeit  eines  menscJien  bezeichnen,  ohne  dasz  man  sonst  von  einem 
hagern   steine  redete;  äitnlich  ist 

ein  starker,  frischer,  junger  kerl, 
nicht  dicke  wie  ein  fasz,  nicht  hager  wie  ein  querl. 
Lessimg  1,  115. 

2)  bei  personificationen : 

spiele,  bald  wird  die  arbeit  kommen,  die  hagre  und  ernste, 
und  der  gebietenden  pOicht  mangeln  die  tust  und  der  mut. 

Schiller  bi>', 
die  arbeit  ist  hier  als  hageres  dürres  iceib  gedacht; 
herr,  'ne  bleiche,  hagre  alte 
mit  geschontem  gingankleid, 
Sparsamkeit  so  heiszt  sie.    Galdt  'der  besuch'; 
auch  sonst   in  übertragenem  sinne:    ein  hagres  leben,   wie  irir 
auch  von  einem  dürren,  magern,  trocknen  leben  reden:   der 
hofjuwelier  hätte  ihm  . .  das  doppelte  bewilligt,  um  endlich 
auf  einmal  in  seinein  hagern  juweüerleben  fünfzig  procent  . . 
in  das  grün^  spiegelgarn  seines  beuteis  einzufangen.  J.  Pacl 
komet  2. 144. 

3)  seltener  von  thieren:  ein  hager  rind  bos  macilenta,  ein 
hager  pferd  equus  sirigosus  Stieler  729;  der  hagere  klepper, 
den  er  ritt.  Schiller  7ii'; 

es  (die  Schnaken)  sind  meistentheils  hagre  schwarten  [kerle). 
FccHs  mückenkrieg  1,  M)9. 
Wenn  hager  sich  aus  der  bedetäung  gracilis,  tenuis,  die  Stieleb 
729  aufführt  und  die  durch  die  form  hügel  {sp.  145)  eine  stütze 
empfängt,  erst  zu  der  macilentus  cnttrickelt  hat,  so  würde  es  dem 
sinne  nach  zunächst  an  altn.  haga  passen,  sich  fügen,  hag-r 
geschickt,  hoeg-r  leicht,  bequem,  rühren,  und  damit  der  groszen 
zahl  der  ableUunuen  von  der  würzet  hag  {sp.  137)  »>i  allerdings 
sehr  übertragener  bedeutung  zufallen  {vgl.  unter  hageii  2,  sp.  1521. 
liager  könnte  sich  ab  Weiterbildung  zu  jenem  allnord.  adj.  hag-r 
so  stellen,  das  sich  aus  dem  begriffe  des  getcandten  der  des  schlan- 
ken, dünnen,  hagern  noch  und  nach  ergab.  Frisch  1,396'  gab 
hager  die  grundbedeutung  trocken,  dürre,  indem  er  es  mit  dem 
aus  der  Frankenbergschen  chronik  beiyebr achten  adj.  hege  trocken 
zusammenstellte,  was  wieder  mit  ulid.  mhd.  hei  aridus  {wb.\,  647'), 
scliwäb.  gehai  dörr,  ausgetrocknet  (Schmid  254)  sich  berührt. 
H.iiGERAUCH,  m.  höhenraucli: 

die  ersten  regungen  in  einer  zarten  seele 

sind  keine  welken  nicht,  nur  leichter  hägerauch, 

den  sonn  und  witz  bald  tilgt.     Lohenstein  Sophon.  31,  369. 

bair.  haidampf,  hainebel ,  hairauch,  trockner  dampf  oder  nebel 
in  der  atmosphäre  zu  lieiszer  Sommerzeit.  Schm.  2,  127.  Für 
hägerauch  wird  gewährt  hagerrauch  {Hannov.  seitg.  1852),  wvl 
mü  formeller  anlehnung  an  das  niederd.  haarrauch  {sp.  34),  «ii7 
dem  das  worl  nicht  zusammenhängt,     vgl.  hege,  adj. 

HAGEitFALK,  m.  eine  falkenarl,  die  vortüglich  zur  beize  auf 
grosze  tögH  dient,  öc.  lex.  616.   in  Heuszi.ixs  vogelbuche  hoger- 


falk:  disen  (falken)  nennend  wir  aber  ein  hogerfalken  von 
kürze  wägen  seines  halses:  dann  vor  den  flügelbogen  kan 
man  im  das  haupt  kaum  sähen.  153*.  es  ist  also  nach  dieser 
ausführung  der  falke ,  der  einen  lujcker  zu  haben  scheint,  und 
hagerfalk  verhält  sich  zu  hogerfalk  wie  hackericht  {sp.  105)  :h 
höckericht.  Nemnich  versteht  unter  hagerfalk  einen  alten  fal 
ken,  der  sich  ein  oder  einige  male  gemausert  hat.  2, 156S. 

Die  form  hagart  für  hagerfalk  {sp.  140),  die  Frisch  aus 
dem  fürstenlhum  Mümpelgard  beibringt,  entspriclil  dem  franz. 
faucon  hagard ,  engl,  haggard-falcon ,  welches  das  franz.  adj. 
hagard  wild,  stolz,  böse  enthält,  dieses  adj.  scheint  auf  deutsches 
hag-hart  schlaglüchtig.  k-ampßühn  zurückzuführen,  welches  vielleicht 
in  den  eigennamen  Hahart,  Hechard  (Förstesans  1,  5S0.  576) 
enthalten  ist.  hagart  könnte  die  ursprüngliche  form  des  falken- 
namens  sein,  hagerfalk,  hogerfalk  spätere,  aus  dem  bestreben 
entsprungen,  sich  das  nicht  mehr  verstandene  wort  etymologisch  zu 
verdeutlichen. 

H.\GEHKAMP,  «i.  mit  buschwerk  bewachsenes  land :  {die  holz- 
mark gehl)  auf  den  wolfeskuhlen  über  die  schönen  h9ger- 
kämpe.  weislh.  3,303.     vgl.  kamp  5,135,  und  hag  4. 

HAGERREIT,  f.:  hageikeit,  hagrigkeit,  macies,  macritudo, 
macror,  marcor,  corporis  graciiitas,  tenuitas.  Stieler  729. 

HAGERN.  verb.  macrescere:  euer  antlitz  bagert,  eure  bände 
sind  lasttragerhände.  Mever.x  Dya  A'a  Sore  1,  2S6.  s.  aus- 
hagern  1,  879,  und  verhagern. 

HAGEROSE,  f.  rosa  canina,  cynorhodon,  cynosbaton.  Nemsich 
4,  lies ;  hagrosen  paliurus  Maaler  207",  Steixbach  2,297; 

weile,  von  der  hagerose 

kühl,  0  Wandrer,  überweht.    Matthissom  ged.  199; 

unterm  Strauch  von  hagerosen 

auf  dem  rotbbeblümten  klee.    Salis  (1793)  26; 

um  den  quell 

reich  an  losen 

hagerosen.    Platem  17; 
wol  glänzt  die  wilde  hagerose  auch 
so  farbenreich  geschmückt  wie  ächte  rosen. 

Shakespeares  sonetle  c.  Bodemstedt  no.  151; 
the  cankerblooms  have  füll  as  deep  a  dye 
as  the  perfumed  tincture  of  the  roses. 

(no.  54  der  engl.  Zählung). 

HÄGERT,  m.  corrus  glandarius.  Nemsich  «-6.  s.  häher. 

HAGESTOLZ,  m.  caelebs.  ahd.  hagustaJt  und  hagastalt 
(Graff  4,762.  6,667),  auch  mit  erweichter  oder  weggefallenei- 
gulturalis  haistald,  hastald,  haistold,  hestold,  was  namentlich 
mittelalt.  quellen  haben  (Du  Gänge  v.  Hentschel  3,  616'),  altniederd. 
hagnstald  {Heliand  5042)  und  hagastold  (2549).  ags.  hagusteald. 
hägesteald,  hägsteald  (Grein  2, 7) ;  im  spätem  niederdeutsch  finden 
sich  die  formen  havestolt,  hovestolt,  hofestolt,  hoffestolt  (Haltacs 
779),  was  wie  namentlich  die  zuerst  aufgefülirle  wahrscheinlich 
macht,  nur  eine  entartete  form  ist  und  im  ersten  Iheile  nicht  auf 
hof  aula  zurückgeht,  das  oberdeutsche  zeigt  bereits  im  14.  Jahr- 
hundert die  form  hagestolz  {weisth.  1,33),  wo  der  nicht  mehr 
verstandene  zweite  theil  des  Wortes  an  stolz  sii/jerfrus  angelehnt 
und  damit  die  frühere,  verbreitete  etymologie  einer  der  auf  seinen 
hag  stolz  ist,  angebahnt  wird,  ganz  verderbt  und  mit  anlehnung 
an  die  spätem'  niederdeutschen  formen  ist  Stielebs  haferstolz 
724,  mit  wunderlichem  erklirungsversuche. 

Die  versuche,  die  ursprüngliche  bedeutung  des  Wortes  aufzu- 
klären, sind  manigfach.  die  Übersetzungen ,  die  alle  quellen  von 
hagastalt  geben,  gehen  zum  theil  weil  auseinander,  ahd.  caeleh< : 
tirq  {vgl.  altn.  gramr  haukstalda  fürst  der  krieger  Sigurdarqii. 
3,  31 ,  die  form  scheint  aus  bögstalda  für  hagu-stalda  entstellt 
zu  sein);  famulus,  mercenarius;  agricola  über;  ags.  au.<!zerdem 
juvenis,  ephebus.  sie  sind  indes  nur  die  schatlierungen  einer  nach 
und  nach  verdunkelten  bauptbedeutung ,  die  tief  das  altd'iulsciie 
rechlslcben  berührt. 

hagastalt  war  zunächst  udjecliv,  wie  nicht  nur  aus  dem  ahd. 
(hagustalt  liip  celebem  vitam  Graff  4.  762),  .^ndein  mehr  noch 
aus  dem  ags.  hervorgeht,  wo  hiigstealdc  nienn  (Gbein  bibl.  1, 
359,14),  gen.  plur.  hägstealdra  (ßt*or.  üsOO)  begegnen;  die  über- 
wiegende substantirL<:che  Verwendung  erklärt  sich  aus  der  persön- 
lichen bedeutung.  der  letzte  tlieil  des  Wortes  ahd.  stall  findit  sich 
wieder  im  golh.  adj.  gastald-s ,  gewährt  Tit.  1,  7  in  der  Zusam- 
mensetzung ygiait-gaslalds  aiaxooicsoSiri^  wovon  das  golh.  ver- 
bum  gastaltia  xriiofint  nur  erst  abgeleitet  ist.  auf  den  eigent- 
lichen .^inn  von  gastald-s,  stall,  wirß  sowol  das  ahd.  masc.  stall 
in  scafestalt  caula  (Graff  6,  «67),  irie  das  ags.  neutr.  gestcald 
statio ,  domicilium ,  possessio  (Gbein  1,458)  liclit.  gaslaMs  i.^t 
der  Stellung  habende,   über   eine  sache  gesetzte,  ihrer   waltende, 


155 


UAGESTüLZ 


HAGESTOLZENALTER  — IIAGSCUERE       156 


wozu  auch  das  langobard.  gastuldiiis,  gusluldiu,  alid.  kuslull 
geslor,  nünuiter,  judex  (Ghaff  (>,  667.  RA.  754.  755)  Irüt.  haga- 
stalt  ist  der  eines  hagcs  uallende ,  ihm  vorstehende  oder  ihn  be- 
sitzende. H'ir  milsscn  uns  hierbei  an  zweierlei  erinnern:  einmal 
dasz  liag,  wenn  es  ein  gut  bedeutet,  nie  den  sinn  hat  wie  liof, 
es  ist  kein  lierrensitz  mit  den  auf  Uim  rulienden  gercchlsamen,  und 
dann,  dusz  das  deutsche  erbrecht,  wenn  es  auch  alle  sühne  au 
dem  erbe  des  valcrs  thcilnchmcn  Idszt,  doch  von  den  alleslen  zeilcn 
her  den  rorzug  der  erstgeburt  kennt  und  festsetzt,  dieser  Vorzug 
äuszerl  sich  namentlich  darin,  dasz  der  älteste  so/;»  das  haujitgul 
des  väterlichen  eigenlhums,  den  herrenhof  erhält,  mit  ihm  die 
väterliche  macht  und  die  rechte,  die  an  dic.iem  hofe  hapen  (vgl. 
HciMEVER  hantgemul  19.  43);  auf  Um  geht  auch  der  brauch  fürst- 
licher liäuser  zuriick,  dem  erstgeborenen  das  hauplland ,  nachge- 
borenen nebenUnder,  aber  mit  abhängigkeil  vom  erstgeborenen,  zu 
vererben  (Schulze  recht  der  erstgeburt  1851  s.  ISO  /'.).  wird  dem 
ältesten  nun  nach  dem  deutschen  erbrcchle  der  liof  zu  theil ,  so 
wird  dem  jüngeren  ein  nebengut  ohne  die  hufgerechtsamc,  ein  liag 
angewie.<;en,  und  der  hagbesitzer  ist  in  einer  gewissen,  auch  durch 
leistungen  sich  aussivechenden  abhängigkeil  von  seinem  altern  bvu- 
der ,  der  viil  der  Oberhoheit  über  das  ganze  einst  väterliche  land 
aucli  das  mundium  über  den  jungem  bruder  hat.  der  letzlere 
ist  daher,  so  lange  er  nicht  vom  väterlichen  eigen  förmlich  aus- 
wandert und  sich  anderswo  einen  eigenen  unabhängigen  besitz 
sucht,  in  der  gründung  eines  vollkommen  freien  hausstandes  be- 
hindert, er  ist  caelebs  factisch  oder  doch  im  rechtlichen  sinne,  die 
rechtmäszigc  ehe  wird  auf  dem  licrrcnhofe  geführt,  diese  allen 
Verhältnisse  haben  vielfach  bis  auf  unsere  zcil  nachgewirld ;  so  in 
Westfalen,  wo  das  recht  der  erstgeburt  so  schroff  gehandhabt  ward, 
dasz  der  jüngere  bruder  bei  dürftig  ihm  zugefallenen  erbthciie 
immer  der  dienslbote  des  erstgeborenen  blieb  und  von  ihm  seinen 
unterhalt  empßeng  und  wo,  wie  Brand  (archivwissensch.,  Pader- 
born 1S54  .<!.  57)  aus  Urkunden  beibringt,  die  Zuweisung  eines 
kleinen  gutstheils,  mit  einer  hecke  umzogen  für  den  jungem  .<tohn 
statt  hatte,  welcher  gutstheil  hagcstolle  hiesz;  aus  solchen  recht- 
lichen anschauungcn  cnlsprinyl  es  auch,  wenn  im  Ncllenburgischcn 
(Schwaben)  die  hurensöhne  hageslölze  hieszen  (Fniscii  1,394'), 
denen  zur  gründung  eines  eigenen  voUbcrcchtigtcn  hausstandes  die 
eheliche  geburl  fehlte. 

fiacb  dieser  ausfülirung  haben  die  alten  glosscn  recht,  wenn  sie 
hagastall  theils  mit  caelebs,  thcüs  mit  juvenis,  theils  mit  Uro  {der 
hagastalt  war  seinem  bruder  zur  heerfolge  verpfliclUel),  theils  mit 
famulus  und  mercenarius  übersetzen,  IheUs  endlich  mit  agricola 
liber,  da  der  hagastalt  kein  unfreier  war.  was  die  form  liagu- 
stall  betrifft,  die  neben  haga- stall  vorkommt  und  die  die 
ältere  zu  sein  sclicint  (auch  wenn  das  worl  als  eigenname  ge- 
braucht wird,  ist  sie  die  früher  bezeugte  Förstemamn  1,576),  so 
i.«/  wol  eine  frühere  deutsche  form  liagu-s  oder  liagii  hag  anzu- 
nehmen, die  sich  zu  hag  ebenso  verhalten  würde,  wie  gottt.  viniru-s 
;«  ahd.  wintar. 

Im  nhd.  bedeutet  liagcstolz 

l)  den  noch  unverheirateten,  der  noch  Iwinen  eigenen  haussland 
gegründet  hat:  es  sol  oucli  enkein  liagslolz  dekcinen  val  (ab- 
gäbe) geben,  der  in  die  vorgenanten  hülle  gehöret.  weisth.\,'i'i; 
«■in  hageslolz,  ein  gelling  (bursche),  der  ane  wip  ist  und  an  c. 
n.'.Uiü;  ain  hagstolz  so!  ouch  Iry  sitzen,  unz  er  sich  veren- 
dert,  und  darnach  ain  jar.  s.  377.  wie  der  hageslolz  ohne 
eigenen  haussland  noch  nicht  zu  den  vollberechtigten  milgliedern 
der  gemeine  zählt,  so  ist  auch  seine  strafe  für  ein  vergehen  ge- 
ringer: swer  ouch  ein  gotzhusman  ist,  verschuldet  der  einen 
frevel,  das  sol  er  hessern  niil  niun  Schillingen  und  [ein] 
hageslolz  mit  drin  Schillingen.  Andlauer  hoferechte  v,  12S4,  t)i 
AuFSESz  u.  Mone  anz.  3,  iti. 

•2)  das  unverheiratete  indiriduum  überhaupt,  ohne  rücksicht  auf 
das  gfschleclU ,  es  gilt  also  sowol  vom  manne  wie  vom  weihe: 
wa-r  och,  das  ain  hagstolz  ahgiong  (stürbe),  es  sig  knahen 
■  '■••  'Wichtren.  weisth.  1,240;  wo  ouch  ain  hagstolz  ahgautt, 
1  knahen  oder  töchtern,  alt  oder  jung.  s.  204;  in  ad- 
lirr  Stellung :  ain  hagstolz  kneht  oder  jtingfrowe,  die 
ge.tundcrt  gut  hUat.  *.  377. 

3)  den  allem  Junggesellen,  der  über  die.  garöhnliehe  zeit  hinaus 
das  eingehen  einer  ehe  verzögert  hat;  rechtlich  wird  das  alter  eine* 
Mlchen  bestimmt:  wo  oldl  dal  ein  recht  hotTestolte  in  rechte  <»in 
schall,  darup  gefunden:  ein  hofTcslolle  schall  olt  sin  50  jähr 
drei  mante  3  la^e.  IIai.taü»  770  (aus  Celle  v.  1570);  in  andern 

ir '■  ■•   '■■''  das  hngestidzenalter  rechtlich  viel  früher  ein:  hage- 

!.  im  Odenwald  die  so  25  jähr  alt  und  nicht 
li  Hell,    da  sii-  ki.iiiitcii.    P'ni^cii  1,304*.  —  In  der 


neuern  spräche  verbindet  sich  mit  hageslolz  ausschlieszUch  der 
begriff  des  allem,  unverheiratet  gebliebenen  mannes:  als  ein  künf- 
tiger hageslolz.  Lessing  1,  229;  ich  habe  in  der  liebe  man- 
cherlei Schicksale  gehabt,  war  mehr  als  einmal  entschlossen, 
mein  leben  als  hageslolz  zu  enden.  Götiie  7,  132;  ein  alter 
hageslolz,  alle  gebrechen  seines  Standes  in  sich  tragend, 
geizig,  eitel,  den  Jüngling  spielend,  verliebt,  geckenhaft.  E.  T. 
A.  lIoFFMANN  4, 45 ;  obgleich  ihr  ein  hageslolz  verblieben.  Holtei 
Chr.  Lammfell  180; 

bald  dünlit  dichs  gut,  bald  nicht,  ein  hagcstolz  zu  bleibea. 

Lessinc  1,  19; 
dem  alten  freibcrrii  von  Chrysanl 
wagts  Amor  einen  streich  zu  spielen, 
f'iir  einen  hagcstolz  belinnnt, 

lieng,  um  die  seclizig,  er  sicli  wieder  an  zu  fTiblcn.     121 , 
und  sicii  als  hageslolz  allein  zum  grab  zu  schluifeD, 
das  lial  noch  kemem  wohl  getlian.    Götue  12,  161 ; 
ein  iiagestolz  ist  schwerlich  zu  bekehren.    164. 
Steinbach  2,  721   verzeichnet  die  form  der  hagenstöltzc    coelehy 
senex. 

IIAGESTOLZENALTER,  n. 
HAGESTOLZENEILAND,  «.; 

durch  euer  (des  bräiilgams)  hcispiel  angereizt, 
bekehre  sich,  wer  schon  allmälich  an  der  küste 
des  hagcstolzeneilands  kreuzt, 
bekehre  sich  zu  Hymens  aliar.    Gotter  1,  177. 

HAGESTOLZENKRAM,  m.  kram,  wie  ihn  ein  hageslolz  um 
sich  her  hat  (vgl.  das  zwcilfolycnde) : 

packt  aus  den  hageslolzen  kram.    Overbeck  ged.  S2. 

HAGESTOLZENBECIIT,  «.  roc/i//(c/ic  befugnisse  und  rechts- 
verhällnissc  eines  hageslolzen.  Schottei,  Iractat  von  unlerschiedl. 
rechten  in  Teutschland  (1671)  s.  1 — 32. 

HAGESTOLZENVVIUTHSCHAFT,  f :  wir  fanden  bei  Berol- 
dingcn  selbst  manches  gute  an  gcmälden  und  kupfern,  aber 
alles  durcheinander  gekramt,  eben  eine  hageslolzenwirlhschafl. 
GüTiiE  an  frau  v.  Stein  1,  243. 

HAGETORF,  m.  eine  abänderung  des  sumpßorfs ,  schledit, 
leicht  und  stinkend.  Neuxicii  wb.  es  ist  wol  der  torf,  der  sich 
aus  dem  obern  leichten  gestrüpp  des  torfmoores  gebildet  hat. 

HAGEWEIDE,  f.  salix  helix.  Nemnich  4, 1201.  audi  hagen- 
wcidc,  heckweide,  niedrige  buschweide. 

HAGCJARTEN,  m.  eingehegtes  land.^lück  für  jagdzwecke,  etwa 
Wildpark:  baaggarte  Scuottel  haubtspr.  i'iü*. 

HAGHANDSCllUH,  »i.  handscliuh  der  beim  bearbeiten  einer 
dornhecke  angezogen  wird?  findl  uiigferd  ein  par  haghündt- 
schuch  und  ein  schaufcl,  die  legt  er  an  (um  sicIi  das  ansehen 
zu  geben ,  als  halte  er  am  hage  gearbeitet).  Wickram  rollw. 
182,  8  Kurz.  • 

HAGICHT,  adj.  munitus  senlibus ,  seplus,  septmento  cinctus; 
dumosus,  sylvestris,  .vjlvosus.  Stiei.er  726. 

HAGJUNKER,  m.  hcgereiler,  raubrilter:  listige  practicierer, 
schnapphiin  und  hagjunkern,  blaue  sackmcsser  oder  kisten- 
feger  und  Wucherer.  Fischart  bien.  23ü';  nützer  denn  ein 
solcher  hagjuiikhcrr.  wegkürzer  101.  —  rfim.  unsere  . .  hoffrätz- 
lein  und   hagjünkerlin.  Garg.  4"'. 

HAGLEH,  «1.  der  hagel  wirkt  oder  bringt: 

Sturm  von  morgen  und  abend  und  mitlag,  der  mächtige  hagler, 
sliu'zen  über  den  Pelagus  her. 

Schiller  (fcri't.  ausg.  r.  Kurt)  I,  14,  61, 
nach  incuhucrc  mari,  lotumquo  a  scilihns  imis 

nun  Kurusquc  Noiiisquc  nullit  crehurque  procellis 
AlTicus.  Vcry.  Aen.  1,  85. 

HÄGLING,  »1.,  oberdeutsch,  eine  art  kleiner  weisz/ische,  nach 
Gesner  albula  minima.  Adelung. 

HAGMESSER ,  n.  messer  wie  es  zum  beschneiden  des  hages 
dient:  hagmilsser  arboria  falx  Maaler207';  den  birnbauiu  .. 
mit  einem  hagiiiesser  ein  wenig  behauen.  Semiz  feldbau  353. 
der  gärtner  nennt  es  auch  hacknicsser  (.'■71.  loi);  die  form  hak- 
messcr  neben  hackmesser  artuwi»«  Diefenb.  51*  geht  w<4  auf  dw 
tnhd.  Schreibung  liac  <»  hag  zurück. 

HAGRICHT,  Ml';',  »lurcr,  macilentus,  etwas  hager:  er  hat  ein 
hagricht  gesiebt,  mncilenlu  e.it  orc.  Stiei.er  720. 

HAGSCHAl!, /.  insiwtio  sepimentorum.  STiKitRl744;  pfalten- 
und  hagscliau ,  das  ist  besichligung  der  mangelbaren  zlluii, 
wie  auch  (iberwachsender  und  die  strasz  hindernder  liüge 
und  bilumen.  urk.  aus  Lindau  r.  l.'.so  bei  Hai.tau»7*3.  Frisch 
fuhrt  die  form  hagen^rbau  auf  I,  394*. 

IIAGSCIIKRE,  f.  schere  zum  beschneiden  eines  hages,  auch 
zaunschcie,  heckenschere,  garicnschere  (/rwoHn«.'  ihre  üppigen 


157 


HAGSEIL  — HAH  EN 


HÄHER  — HAHL 


158 


ranken  mit  französischer  hagscheere  zu  beschneiden.  Strausz 
Schubarts  leben  1,  347. 

HAGSEIL,  n.  cktnaiis  ßammula,  eine  rebenartige,  zwischen 
hecken  wachsende  pflanze,  auch  he.\enstrang,  teufelszwirn. 

HAGSTECKE^,  m.  stecken  für  einen  hag,  zaunpfahl:  schnitzte 
zuerst  hagstecken,  arme  mann  im  Tuckenb.  20. 

HAGSTOCK,  m.  stock,  pfähl  aus  einem  haije  oder  zäune:  man 
sprang  mir  mit  äxten,  prügeln  und  hagstöcken,  einst  gar 
einer  mit  einer  sense  nach,  arme  mann  im  Tockenb.  31. 

HAGTAN.NE,  f.  eine  kleinere  tannenart.     s.  d.  folgende. 

HAGT.\N.NEN,  adj.:  item  were  sach,  daj  deheiner  von 
Roggwil  uns  in  den  obgnanten  unsern  wäldern  verachten 
wölte  und  dorinn  frevenlich  hiuwe,  es  «ere  tannin  holtz 
oder  eichin  oder  ouch  hagtannen ,  so  sol  er  von  ieglichem 
böm,  es  sye  eichin  oder  tannin  dein  oder  grosz,  1  lib.  pfenn. 
verfallen  sin  an  gnad.  weislh.  l,  178. 

HAGWALD,  tn.:  buchenwald,  hagwald,  so  ins  gehäge  ge- 
schlagen, Silva  banno  ferino  sepla.  Scuottel  haubtspr.  446*. 

HAGZAUN,  n.  zäun,  hecke.  Haltaüs  774.  vgl.    hagl,  sp.iZl. 

HAHA,  der  reduplizierte  ausruf  ha  {sp.  5),  subslantivisdi  ge- 
setzt: ein  verwundertes  haha  entschlüpfte  seinem  munde; 
das  haha,  was  er  hervorstiesz,  klang  gekünstelt,  haha  wird 
auch  eine  plvtzlich  freie  aussieht  gewährende  Öffnung  in  der  be- 
friedigung  eines  gartens,  vor  der  ein  graben  liegt,  genannt.  Ade- 
lung; doch  sind  diese  den  garten  des  buches  einfassende 
leere  hahas  auch  die  Wüsteneien,  die  ein  buch  vom  andern 
sondern  müssen.  J.  Paul  jubelsenior  s.  184. 

HÄHE,  f.  bei  den  Jägern  das  weibchen  von  vögeln  und  wild. 
Jacobsson  i,  187'.  der  ausdruck,  ungewöhnlicher  als  sie  oder 
sicke  (s.  d.),  ist  von  der  mittel-  und  niederdeutschen  form  des 
pronomens  er,  he,  hä  weiblich  moviert,  mit  diesem  pronomen  be- 
zeichnet man  das  männchen  bei  thieren.  Fkümm.  3,  501. 

HABEN,  verb.  suspendere,  pendere.  golh.  hahan,  praet.  hai- 
hah,  ahd.  hähan ,  praet.  hienc,  mhd.  bähen,  praet.  hie  und 
hienc,  ags.  hon,  praet.  heng,  fries.  hua,  praet.  licng;  für  das 
altniederdeutsche  sind  praesentiale  unnasalierte  formen  nicht  nach- 
geiciesen.  es  ist  bei  diesem  worte  wie  bei  fahen  (3,  1236)  wahr- 
scheinlich, dasz  schon  im  gothischen  eine  rhinistische  ausspräche 
des  w^urzelvocals  statt  gehabt  habe,  weil  sonst  nach  den  gothischen 
vocalgesetzen  in  diesem  falle  das  ungeschützte  wurzelhafle  a  wahr- 
scheinlich zu  i  herabgesunken  wäre,  und  hahan,  fahan  sich  zu 
iiihan,  tihan  ebenso  gestallet  hätte,  wie  itan,  niman,  brikan  aus 
ehemaligem  atan ,  naman ,  brakan  hervorgieng.  in  den  spätem 
althochdeutschen  und  altniederdeutschen  dialecten  vergröberte  sich 
in  den  praeterilalformen  die  rhinbtische  aussyraclie  des  wurzel- 
vocals  derart,  dasz  sie  in  der  schrift  ausdruck  empßeng,  daher 
die  praet.  hieng,  fieng  ^a«s  früherem  haihang,  faifang),  part. 
gehangen,  gefangen;  in  den  praesentiulen  formen  machte  sich 
statt  der  näselnden  ausspräche  die  einfache  ersatzlänge  ä  geltend, 
die  also  wie  in  vielen  andern  fällen  für  an  steht,  so  weit  nicht 
auch  hier  volle  nasalierung  eintrat,  die  form  hangen  ist  freilich 
erst  spät  nachzuweisen  {s.  weiteres  das.);  für  das  in  gleicher  weise 
entwickelte  fangen  aber  ist  sie,  icenigslens  in  den  altniederfränki- 
schcn  psalmen ,  schon  im  10.  jahrh.  4m  gebrauch;  fangit  imo 
comprehendile  eum  ps.  70,  11;  bifangi  sia  comprehendat  eos  ps. 
68,  25. 

Das  nhd.  zeigt  haben  nur  noch  selten,  wältrend  fahen  nicht 
unhäufig  vorkommt  und  noch  jetzt  in  erhabener  spräche  dauert; 
ein  unnasaliertes  praet.  hie ,  was  auch  vihd.  gegen  hienc  sehr 
zurücktritt,  scheint  überall  nicht  mehr  zu  begegnen. 

haben  bedeutet 

1)  aufhängen,  suspendere:  den  diep  sol  man  haben.  Halt- 
aus 780; 

miuse  sol  man  vähen, 

diebe  sol  man  bähen.    Vridank  47,  19; 

mau  sol  iu  an  ain  galgen  bähen, 

oder  seinen  köpf  abslagen.    fastn.  sp.  474,  10; 

dasz  die  niiiller  bei  hohem  wasser  und  eisgängen  ihre  müh- 
len  mit  seilen  an  die  Stadtmauer  haben  und  festmachen. 
Regensburger  chron.  bei  Schmeller  2, 166. 

2)  hangen,  pendere: 

das  primglöcklein  darin  auch  hecht, 
ehe  danu  man  zu  singen  »nfecbi, 
täglichen  l'rue  und  vesperzeil 
Wirt  usz  eiu  ganize  stundt  geieüt. 

Scua£LZL  lübspr.  78, 

m  einem  rätsei  auf  die  hasclnusz: 

es  ist  hal 

uad  hecht  gen  tal.    fastn.  fp.  1458; 


noch  jetzt  südböhmisch. 

man  Schwester  sitzt  in  arrest, 

und  man  brueder  hacht  afn  golgn.    Fbom».  6,  269. 

in  übertragenem  sinne: 

das  got  den  sünder  nit  erhört, 
nur  den  der  hecht  an  seinem  wort. 

ScuMELZL  btindgeb.  söhn  9*. 

HÄHER,  m.,  mhd.  bahaere  {wb.  1,  610*),  nach  haben  1  der 
henker.  Schm.  2,^166;  des  hahers  recht.  Haltaus  780;  du 
forchst  dich,  du  wurdest  von  deiner  mörderei  und  deub- 
stahl  wegen  dem  hacher  an  einen  strick  geantwurt.  Tiroler 
schmähbriefe  v.  14ü8  bei  Fromm.  5,  371.  jetzt  noch  sOdböhm. 
hacher  henker.  Fromm.  6,  272. 

HÄHEK  ,  m.,  ahd.  hehara,  mhd.  heher  f.  picus,  orix,  atta- 
cus,  merops  (Graff  4,799;  mhd.  wb.  1,647*),  ags.  higora  m.: 
es  ist  der  gemeine  name  für  zwei  nahverwandte  vogelarten,  cor- 
vus  glandarius,  welcher  durch  häher  am  häufigsten  bezächnet 
wird,  und  für  coracias  ganula,  die  seltener  häher,  blauer  häher, 
mehr  mandelkrähe  heiszt.  garrulus  hehtv,  heger  Diefenb.  258'; 
der  geschwätzige  lustige  vogel  gilt  nach  der  gemeinen  anschauung 
als  spaszmacher  unter  den  vögeln  des  waldes,  daher  er  auch 
Markolt,  Markwart,  .Markolf,  bruder  .Markolf,  brudet  Morolf 
genannt  wird  {vgl.  2,419,  ho.  7); 

Lutke  de  krön  unde  Markwart  de  hegger.    Rein,  fuchs  13; 
ein  ags.  rätsei  schildert  ihn: 

ic  eom  vunderlicu  viht,  vrsesne  (ändere)  mine  steine : 
hviium  beorge  svä  huud,  hvilum  bl;ete  svä  pät, 
hvilum  grajde  svä  gös,  hvilum  gielle  svä  haloc, 
hvilum  ic  onhyrge  jione  hasvan  earn, 
güdfugles  hleöd^or,  hvilum  glidan  reorde 
müde  gemahne,  hvilum  mseves  song, 
j)3er  ic  glado  sitte.      Gbein  2,  381,  25; 
daher  nhd.  der  häher  ein  spotvogel  ist.    Braut  narrensch.  42,  21; 

vil  leidige  ganuli  oder  häher,  welche  nichts  anders  dann 
plaudern  und  schnattern  können.  Kirchhof  wendunm.  vorr. ; 
der  häher  . .  volget  nach  aller  anderen  vöglen  gsang  und 
gschrei ,  und  das  lernet  er  nit  um  wol  singens  willen ,  zu 
lust  und  fruuden,  sunder  aliein  umb  geschwätz  willen.  Heuszlin 
vogelb.  13'; 

der  Sänger  redte  nun  Marcolph  den  schreier  an, 
den  häher.  Hagedorm  2,  130; 

wie  nu  der  cumanisch  esel  in  der  löwenhaut  und  der  eso- 
pisch  häher  in  den  pfaweufedderen  von  natur  ebensowol 
nur  ain  häher  und  esel  ist  als  andere.  Frank  paradoxa  45, 
no.  81 ,  nach  der  fabel  Aesops ,  die  B.  Waldis  behandelt  hat : 
vom'  häher.  Esop  1,29;  den  heher  mit  seiner  art.  3  Mos.  11, 
19  ;  5  Mos.  14, 18. 

HÄHERN,  verb.  ivie  ein  häher  rufen: 

der  schwatzende 
staar,  der  hahernde  specht.    Herder  12,  144. 

FIAHL,  HÄHL,  f.  haken,  um  den  kessel  übers  feuer  zu  hängen, 
ahd.  hähala,  hähila,  hähel  cramacula  Graff  4,772;  mhd.  hähel 
wb.  1,  610",  von  hähan  hängen  (sp.  157)  abgeleitet,  aemacula 
hala,  hagel,  hohel,  hol,  hael  Diefenb.  156';  haal  fenamenlum 
camini  Dasvp.  ;  calena  haäl,  une  aemaillii're  Frischlin  «omenc/. 
397*.  das  wort,  ehedem  mit  dn-  einrichtung  über  ganz  Deutsclt- 
land  bekannt ,  ist  in  dem  grade  seltener  geworden ,  als  die  alte 
kücheneinrichtung  mit  dem  offenen  herd feuer  geschwunden  ist;  es 
findet  sich  noch  in  Hessen :  hahle  Vilmar  143 ;  in  Nassau  hahl, 
hohl,  höhl,  hehl  Kehrein  181;  bair.  habet  Schm.  2,  16G;  in 
Kärnthen  häl  Lexer  131,  und  anderwärts;  in  den  nördlichen 
gegenden  Deutschlands  hat  das  wort  anderes  geschlecht ,  im  Göl- 
tingischen  häl  masc.  u.  neutr.  Schambach  72',  auch  in  Rheinfran- 
ken hfil  neutr.  Fromm.  3,556. 

krautmesser,  saltzvas,  rechen,  hähel  sind  nit  da, 
zuber,  sciiapfen,  häfen,  gelten,  macht  in  graw. . 

Ilätztcrin  fi,  31; 

häl  und  kessel  viel  dahin,    ring  10',  20; 

tn  einem  stück  verkehrter  well  wird  gesagt:  so  hilfst  du  mir 
den  rauch  ans  fleisch  henken  und  das  fewer  über  den  kes- 
sel thun  und  die  häl  an  die  kessel  henken.  Ambras,  liederb. 
234,  36.     s.  kesselhahel  5,  625. 

HAHL,  HÄHL,  adj.,  glatt,  scldüpfrig,  ahd.  häli,  altn.  hall, 
mhd.  ha!le  (wb.  1,  613*).     es  stelU 

1)  in  sinnlicher  bedeutung:  hall,  glatt,  lubricus,  häl  und 
schlipferig  machen  lubricare  Maaler  205'; 

wenn  einer  iiiiil>  lautt  in  der  narren  weis, 

so  gel  er  gar  auf  eira  helen  eis.    fastn.  np.  751,  14; 


159 


HAHL  — HAIIN 


HAHN 


160 


ir  anschlag  stat  ufT  hälcm  ysz. 

Bra.m  narrensch.  110',  8; 
sine  {des  lötoen)  cläwen  wären  ba'le. 

iliirlina  181,  70; 
und  manches  mal  gesagt,  wo  eigne  lügend  fälil, 
da  glänze  mösz  für  gold,  des  adeis  grund  steh  hähl  [nicht  fest). 

KOHPLER    134. 

2)  ftberlragcn  (jlalt,  schmeiclilerisch :  häle,  glalto  oder  süszc 
worl  reden,  loqui  muha ,  adliibere  blandilias,  liebliche  häle 
mälz  oder  hur,  die  ire  bulcr  frei  hiiulergoji  kan,  merclrix 
blainia.  MÄALEn205';  die  kiszlingstein  mit  hälen  worlen  be- 
wegen.   WiRSLNC    Clll.    C  4. 

In  beiden  bedeulungen  ist  das  wort  hetüe  in  si'iddeutschen  viund- 
arlen  lei-breitet ,  namenllich  bair.  und  Icdintn.  hül  SciiM.  2,160, 
Lexer131,  scbivdb.  häl  Scu.mid225,  und  hat  manigfaclte  weiter- 
bildumjen  aufzuweisen:  käinln.  häle,  bair.  scliwäb.  häle  ylälte, 
scldfipfiigkeil ;  hälizen  in  Baiern  ausyleilen;  hälinaulat  in  lidrn- 
tlien  glaltmäulig,  glatte  worlc  gebrauchend ;  sclnväb.  hälkatze  ein 
mcnseh  mit  falsclicn,  glatten  warten,  hälschlficher  Iciselreter. 

3)  ein  anderes  hahl,  hähl  findet  sich  in  tiiederdeutschland  und 
durch  Hessen  bis  ins  Rhein  fränkische  hinein :  hcfs.  häl  und  ha;l 
trocken,  mager,  dürre,  austrocknend,  eine  hale  beide,  bale  stop- 
peln, hal  aussehen  (abgezehrt  atissehen).  Vilmab  145 ;  nicderd.  de 
häle  wind  der  trockne  wind  Scuähb.  72";  in  Nassau  ein  hahier 
oder  hohler  (trvckner)  wind,  husten  Keiirei.n  l&l ;  es  durfte 
nur  eine  düstere  wölke  die  lufl  beschweren  oder  ein  hahier 
trockner  Ostwind,  so  war  er  keines  hellen  gcdankens  mehr 
fähig.   Wesk  leben  des  Iribunulraths  llOpfner  (1797)  s.  39. 

Da  das  wort  seiner  abstannnung  nach  dunkel  ist,  so  kann  nicht 
gesagt  werden,  ob  die  vorstehend  angeführten  drei  bedeulungen  auf 
eine  gemeinschaftliche  zurück  gehen  oder  ob  die  no.  3  auf  einer 
andern  wurzcl  fuszt.  das  adj.  hähl  scheint  nicht  mit  hehl, 
hehlen  zu  vermitteln ,  eher  würde  das  altind.  kal  treiben ,  be- 
wegen (BüHTL.-lloTH  2,  150)  zur  vergleichung  heranzuziehen  sein. 

HAHLE,  f.  loxia  pyrrlmla,  dompfaff.  Nemmcii  wb. 

HAHLGANS,  f.  in  zwei  bedeulungen. 

1)  hahlgans  zusammengezogene  form  von  hagelgans  fulica, 
sp.  145:  {twxen  sind)  darut  so  baldt  uf  einem  besem  durch 
das  rauchloch  hinausz  gefahren ,  in  einem  dahl  im  waldt 
sich  zu  andern  ihren  milgesellen  versamblet  undl  von  dan- 
nen  mit  einander  in  der  luft  wie  die  haalgensz  zum  dantz 
gefahren.  UtJoiNCER  hexenproc.  aclen  v.  1590. 

2)  in  Uessen  und  Frankfurt  aber  heiszl  hahlgans  eine  dürre, 
noch  nicht  gemästete  gans,  wie  haelschwein,  heischwein  ein  noch 
ungeniästetcs  schwein  ist,  hier  ist  hahi  das  oben  besprochene  adj. 
in  der  bedeulung  3.  eine  entstellung  dieses  hahlgans  in  hagel- 
gans ist  in  Hessen  üblich.  Vilmar  145.  das  worl  bildet  ein 
Schimpfwort  für  ein  noch  nicht  ganz  ausgewachsenes  mädchen: 
hahlgans  die  du  bist!  ist  das  auch  erlaubt,  so  was  zu  ver- 
gessen? Fr.  Müller  1,248;  geh  acht  ulTs  licht,  hahlgans! 
(sagt  der  bürgercapilain  zu  seiner  tochter) ,  siehst  de  net,  wie 
die  funke  dervon  flieje?  Malsz  bürgercap.  47. 

HAHN,  ni.  gallus.  goth.  ags.  hana,  ahd.  alln.  hano,  fries. 
bona,  alln.  hani,  mhd.  han,  n/.  haan,  ddn.  schwed.  haue;  un- 
angefochten ist  die  deutung  säues  namens  als  'rufer,  sdnger', 
nach  lat.  can-ere,  welches  nach  den  gesetzen  der  lautverschiebung 
genau  entspricht,  die  dcclinalion  des  worles  ist  wie  in  den  älte- 
sten dialecten  und  dem  mhd.  die  scitwache,  namentlich  im  10.  und 
17.  jahrh.  und  auch,  obschon  mit  der  jungem  zeit  immer  selte- 
ner,  bis  zu  ende  des  18.  Jahrhunderts  hinauf,  wie  in  den  süd- 
deutschen mundarlen  noch  jetzt:  vom  fuchs  und  dem  bahiicu. 
U.  Wallis  Esop  4,  2 ; 

sieht  wie  die  stolzen  üanen 
die  büner  übvrgchii.  Opitz  1,  150; 

wir  wollen  die  bahnen  kämpfen  sehn.  Klinger  theater  i,lib; 
die  welschen  haiinen.  TiscuuEi.*«  bei  Göthe  29, 19 ; 

und  ich  behaglich  unterdessen 

batt  einen  bahnen  aurgulressun.    G6TUB  2,  283; 

ich  habe  niemals  danach  gefragt: 

Ton  welchem  scbncpfen  und  fatancii, 

capaunen  und  wcischcnhnhncn 

inh  mein  bauclielclit-n  geniaKti't.    47,  77. 

aber  Mchon  ieit  dem  16.  jahrh.  bahnt  sich  die  starke  dcclinalion 
des  Wortes  an ,  die  jedoch  in  der  Schriftsprache  vor  dem  schluss 
des  18.  jahrh.  nicht  vollständig  durchdringt,  die  starke  declina- 
tion  wird  wol  zumlcltst  veranlaszl  durch  eine  schon  frühe  niciU 
ungebräuchliche  kiirzung  des  acc.  dat.  sing,  bahnen  lu  bahn : 

die  unverständigen  merk  bnini  han. 

U,  Waliiis  ICsop  I,  I,  "1 , 


der  todt  sähe  was  er  für  ein  han 

an  im  hat.  Fccus  mückenkrieg  2,  315; 

mein  gewehr  mit  aufgezogenem  bahn.  Simpl.  1,255  Kurz;  eine 
kürzung  die  übrigens  auch  im  nom.  acc.  pl.  zu  bemerken  ist: 
wie  büse  han.  Ringwald  laut.  w.  360.  das  bewirkt  auch  die 
bildung  eines  genilivs  dos  liahns  (des  banes  bei  H.  Sachs  2,  4, 
14*,  aber  noch  als  seltene  trscheinung)  und  eines  plurals  die 
bahne,  indem  sich  hier  das  wort  der  i-declination  zuwendet; 
diese  letzlere  pluralform  steht  schon  bei  Keisersberg:  die  alten 
hen.  brOsaml.  1,  2l';  die  hüii.  schiff  d.  pcn.  :i;*,  wird  aber  doch 
erst  häufiger  in  den  schrißen  seil  ende  des  17,  jahrh.,  vorzüglich 
wenn  ihre  hcimat  mitteldeutsch  ist,  bis  sie  itn  \S.  jahrh.  die  schwache 
form  bahnen  ganz  verdrängt,  die  pluralform  häbner ,  die  von 
neueren  hin  und  wieder  gewagt  wird,  hat  gar  keine  berechtigung. 

bahn  bezeichnet: 

1)  den  haushahn ,  gallus.  obschon  in  Deutschland  nicht  «r- 
sprünglich  heimisch,  ist  er  doch  schon  seit  uralter  zeit  hausthier 
der  Germanen,  und  die  spräche  schildert  sein  gebühren  in  ver- 
schiedenen, zum  Iheil  formelltaften  Wendungen. 

ü)  er  dient  als  uhr,  sein  lautes  krähen,  das  man  gern  mit  dem 
klänge  einer  trompete  vergleicht,  bezeichnet  die  zeit  des  kaum  erst 
dämmernden  morgens ,  wo  die  ruhe  verlassen ,  die  arbeit  wieder 
aufgenommen  sein  will:  der  han  läszt  sich  am  morgen  frü 
mit  seinem  gsang  merken,  dann  sy  die  natur  darzu  verord- 
net bat,  dasz  sy  die  menschen  zur  arbeit  aufweckind,  und 
inen  den  schlaaf  brechen  süllind.  Heuszlin  vogelb,  76'; 

der  wliul  der  weht, 

der  bahn  der  hrnht, 

die  fflock  schlrii;t  drei, 

der  ruhrniann  hebt  sicli  von  der  streu.    lounderAorn  ; 

am  morgen  bald  die  bancn  kreiten. 

WicKRA«  bilg.  J^l.  29; 
legt  sich  hernach  zur  ruh,  schlart  frei  von  angst  und  sorgen, 
bis  ihn  und  sein  ganz  haus  der  hahn  weckt,  wann  zu  morgen 
Aurora  seilen  laszt  ihr  rosenrotes  haar.  Opitz  1,  158; 

kaum  krähte  noch  der  bahn  bei  frühem  tage, 
so  rief  sie  schon:  steht  auf,  ihr  mädchen,  es  ist  spät, 
der  hahn  liat  schon  zweimal  gekräht.    Gkllert  1,  175, 

0,  der  Wonne !  ha,  da  krähet 

aus  der  hahn  den  wachen  morgen. 

Arndt  ijed.  (1840)  416; 

früh,  wenn  die  bahne  krälin, 

eh  die  stcrnlein  verschwinden, 

musz  ich  am  herde  stciin, 

inusz  feuer  anzünden.    Möricke; 

der  hulin,  der  als  trompete  dient  dem  morgen, 

erweckt  mit  schmetternder  und  heller  kehle 

den  gott  des  tages. 

Shaliespeare  v.  Schlegel,  Uaintet  1,  1: 

the  cock,  that  is  tbc  trumpet  to  the  morii, 

dotii  witli  liis  lolty  aiid  shrill-sounding  throut 

awake  the  god  of  day; 

wenn  des  hahns  drommcte 

das  umbüschte  dörfeben  weckt. 

llöLTV  itn  alm.  d,  d.  nius.  1773  s.  121 ; 

dann  im  bett  uns  lang  gestreckt, 

bis  der  bahn  von  neuem  weckt.    Voss  5,  15; 

eh  ein  haiin  vom  schlaf  erweckt, 

den  noch  nicht  nahen  tag  entdeckt.' 

A.  Ghvpuius  (1663)  s.  622; 

still,  der  bahn  erwacht!    Gotuk  1,247; 

in  dieser  nacht,  ehe  der  hane  krehct,  wirstu  mich  dreimal 
verleugnen.  Malth.  26,34;  und  der  han  krehet  zum  andern 
mal,  da  gedachte  Petrus  an  das  wort,  das  Jesus  zu  im  sagte, 
ehe  der  hane  zweimal  krehet,  wirstu  mich  dreimal  verleug- 
nen. Marc.  14,  72.  als  lichtverkündiger  verscheuclU  er  die  gespenster 
der  naclU: 

rapp,  rappi  mich  dünkt,  der  hahn  schon  ruft, 

bald  wird  der  sand  verrinnen. 

rapp,  rapp !  ich  witlre  morgenlufl, 

rapp,  lunmile  dich  von  hinnen.    Börcer  Lenore. 

b)  aber  nicid  am  morgen  allein  ertönt  sein  ruf;  als  herr  des 
hühnerhofes  rügt  er  alles  auffallende  und  ungehörige  durch  sein 
krähen,  daher  sagt  man,  wenn  man  eine  sache  als  unbedeutend 
und  des  aufsehens  nicht  wert  bezeichnen  will,  es  kräht  kein  bahn 
darnacii ,  nl.  daar  zai  geen  baan  na  kraaijen.  Harreromkk 
1,205:  da  sie  dein  kOiiig  <^inen  gülden  erfroniel  haben,  der 
musz  ai  obren  und  angen  füllen,  wie  grosz  rath  da  geslift 
sei,  aber  da  viel  lausend  gülden  dafilr  sind  verfauhvitzl,  da 
krehet  kein  han  nucb.  I.ltiikr  «,  14"*;  versteht  ihrs,  ein  jedes 
kind  ist  sein»  valiers,  da  krehet  kein  han  nach.  Garg.  79'; 
wie?  wann  dich  dergleichen  kerl  erniordetcn  oder  in  einer 
occasion  niderniacbleii?  wa-i  würde  wol  fnr  ein  ti.iaii  ilariiacl» 


161 


HAHN 


HAHN 


162 


krähen?  Simpl.  3,46  Kurz;  und  krähte  je  ein  hahn  im  ganzen 
beere  nach  diesem  herumschleichenden  ..  observazionskorps? 
J.  Paul  Titan  1,69; 

ich  wil  fein  sitlich  klopfen  an, 
leicht  hörts  die  magd  eh  wann  der  mann, 
die  thut  mir  auf,  den  schleich  ich  gmach 
ins  taausz,  so  krät  kein  han  darnach. 

H.  Sacus  2,  4,  24'; 

kein  han  fort  darnach  krehen  thut.    3,  2,  213'; 
und  in  allillerierender  Verbindung:  da  kräht  weder  hahn  noch 
huhn  nach. 

c)  der  hahn  leidet  in  einem  hühnerhofe  keinen  zweiten;  daher 
sprichwörtlich:  jeder  hahn  ist  könig  auf  seinem  miste;  der 
hahn  gilt  auf  seinem  miste  das  meiste.  Stei.nbacb  1,  686; 
wie  man  spricht,  der  han  ist  nicht  gut  von  seinem  mist  zu 
treiben.  Lutuer  4,231";  zwei  hähne  vertragen  sieb  nicht  auf 
einem  miste.  Steinbach  1,686;  und  wie  zwei  hähne,  wenn  sie 
sich  erblicken,  sofort  gegen  einander  kämpfen: 

siehst  die  bannen  einander  peiszen.    H.  Sachs  1,  512*. 
(vgl.  hahnengefecht,   hahnenkampi),   so  vergleicht  man   bittere 
feinde  mit  zwH  hähnen,  sie  hacken  auf  einander  wie  ein  paar 
hähne; 

so  blicken  sie  doch  wie  die  bahn 

einander  auf  ein  seilen  an.    B.  Risgwald  /.  w.  367; 

stets  sich  in  den  haaren  liegen, 

wie  zwei  hähne  da  zu  stehn.    Göthe  57,  233. 

hahn  wird  auf  einen  tüchtigen,  streitbaren  mensdien  übertragen, 
vgl.  unten  no.  3  und  kampfhahn  5, 153. 

d)  der  hahn  ist  aber  nicht  nur  ein  wachsamer  und  kühner,  er 
ist  auch  ein  geiler  vogel;  daher 

an  werten  ist  er  mönch,  an  thaten  ist  er  hahn. 

LocAU  3,  98,  2; 
wann  die  henne  zum  hahn  kommet,  so  vergisset  sie  ihrer 
jungen.  Pistoriüs  thesaur.  paroem.  10,  no.  40,  s.  999 ;  ein  übler 
wundsch,  dasz  dich  der  haan  hack  auf  dem  strosack.  Phi- 
lander 2,  24.  vgl.  der  han  hackt  die  henne.  gallus  calcut 
gaUinam.  Stieler  732. 

e)  die  mythologischen  bezüge  des  hahns  ergeben  sich  aus  seinen 
dgenschaßen.  durch  sein  frühes  krähen  tageskündiger ,  ist  sein 
gefieder,  wenn  es  weisz,  wol  symbol  einer  liclügotlheil  (der  weisze 
hahn  uird  ein  sonnenartig  thier  genannt  Garg.  126') ,  wenn  es 
rol,  denkt  man  es  sich  in  bezug  zu  feuergotlheiten.  er  ist  auszer- 
dem  Wetterprophet,  sein  verschiedenartiges  krähen  sagt  einen  guten 
oder  schlechten  tag  voraus,  und  wenn  der  letztere  fall  eintreten 
will,  ist  die  stimme  des  hahns  klagend  und  weniger  scharf;  das 
Volk  sagt  alsdann  die  bahne  leiern,  mylh.  635  ist  vermutet, 
dasz  der  rote  hahn,  der  im  mittelaüer  so  häufig  als  zins  an  die 
geistlichkeit  erscheint,  ursprünglich  wol  opfergabe  gewesen  sä.  der 
rote  zinshahn  ist  noch  heule  nicht  vergessen,  er  lebt  im  sprichworte 
roth  wie  ein  zinshahn,  namentlich  von  einem  vor  erhitzung  oder 
iorn  im  gesicht  rot  gewordenen  menschen :  du  bist  erhitzt ,  er- 
hitzt wie  ein  zinshahn.  Lessing  1,  286.  jener  oben  berührten 
beziehung  des  hahns  zu  feuergotlheiten  verdankt  ferner  das  bild 
seine  entstehung,  dasz  der  rote  hahn  aufs  dach  fliege,  wenn  in 
einem  hause  feuer  ausbricht;  wer  feuer  anlegt,  setzt  den  roten 
hahn:  und  ist  zu  besorgen,  man  werde  noch  auf  viel  wel- 
lisch und  leichtfertig  gebeude,  das  mit  armer  leut  blut  und 
schweisz  beworfen  und  getüncbet,  einen  roten  han  setzen. 
Matues.  Sar.  54' ;  sintemal  sie  in  gemein  verwegne  böse  hüben 
sein  und  einem  leicbtlich  einen  roten  bahn  aufs  dach  stecken 
durften.  Henneberger  419;  den  roten  hahn  zum  gibel  aus- 
jagen. ScHOTTELlue';  du  gleisner,  knicker,  menschenschinder, 
dir  mochte  ich  zuerst  den  rothen  hahn  aufs  pfarrhaus  setzen. 
Arnim  schaub.  2,153;  den  rothen  hahn  wilst  du  aufstecken. 
2,  154; 

drumb  schweig  und  hab  dir  als  Unglück, 

eh  das  ich  dir  und  deinem  mann 

auf  dein  stadl  setz  ein  roten  han.     H.  Sachs  2,  4,  13*. 

ungewöhnlich  wird  rother  hahn  auch  die  durch  ein  feuerzeug  her- 
vorgelockte kleine  flamme  genannt: 

er  sprachs,  blies  schwamm  und  schwefel  an, 

der  wind  half  treulich  mit, 

schon  flatterte  der  rothe  hahn, 

als  Franz  den  fuchs  beschritt.    Fr.  Kind  gediciUe. 

durch  die  beziehung  des  hahnes  zu  feuergotlheiten  erlangt  er  nun 
aber  auch  etwas  dämonisches;  namentlich  der  hahn  mit  schwarzem 
gefieder  wird  in  Verbindung  mit  bösen  geistern  oder  dem  teufel 
gedacht,  schätze,  die  der  teufel  hütet,  hebt  man,  indent  man  Vim 
einen  schwarzen  hahn  opfert:  (es)  soll  dort  noch  geld  liegen, 
welches  aber  der  teufel  in  Verwahrung  hat.  wenn  man  das- 
IV.  n. 


selbe  haben  will,  musz  man  einen  kohlrabenschwarzen  hahn 
nehmen,  der  aber  unterwegs  nicht  rufen  darf.  Ccrtze  sagen  195. 
Vielfach  erscheint  auch  der  hahn  als  preis  im  Wettspiele,  viel- 
leicht unter  einwirkung  des  um  Standes ,  dasz  hähne  gezinst,  noch 
früher  geopfert  wurden;  so  beim  hahnenschlag,  hahnensteigen, 
s.  d.,  im  hahnentanz: 

dorfmaid  und  baurnknecht, 

die  wollen  tanzen  umb  den  han; 

und  von  welhem  baursman 

das  pest  wird  getun  an  alls  gefer  .  . 

dem  wirt  der  han  gegeben,    fastn.  sp.  SSO,  8; 

daher  einen  bahnen  ertanzen,  mercedem  sive  praemium  accipere, 
pretium  ferre  ob  aliquid.  Frisch  1,  397*,  und,  in  eigenlhümlicher 
anwendung:  item  man  hat  um  einen  han  gelogen,  und  der 
die  grüsten  lügen  hat  tan ,  der  hat  den  bahnen  gewunnen. 
Sender  Augsb.  chron.  bei  Birlinger  21S'. 

f)  eine  alle,  schon  im  12.  jalirh.  bekannte  rcdensart  ist  darüber 
laufen  wie  der  bahn  über  heisze  kohlen ,  d  li.  eilig,  schnell, 
flüchtig,  s.  kohle  6,  c,  //(.  5,1585:  sondern  (die  seele)  lauft  ofter- 
mals  dieselben  hochnötigsten  sachen  überhin,  wie  ein  hahn 
über  heisse  kolen.  ganszkOnig  vorr.ii'}^ ;  er  leuft  darüber  weg, 
wie  ein  han  über  die  kolen ,  gustal  ut  canis  e  Mo  bibens. 
Stieler  749. 

Eine  andere  redensart:  dastehen  wie  ein  nasser  hahn,  ein 
begossner  hahn,  knüpft  an  die  scheu  dieses  vogels  vor  wasser  an: 

wie  ein  beschmutzter  nasser  han. 

ß.  RiNGWALD  laut.  warh.  66. 

g)  unter  dem  jungen  hühnervolke,  das  im  hühnerkorbe  bewahrt 
wird,  ist  der  hahn  das  beste  und  geschätzteste  stück,  daher  hahn 
im  korbe  sein,  die  höchste  gellung  bei  jemand  haben  :  eum  qui 
primas  partes  apud  amicum  tenet,  appellant  hahn  im  korb. 
facet.  facet.  s.  164 ;  (du  bist  der)  der  gern  selber  möchte  bahn 
im  korbe  sein.  Lenz  1,275;  ich  war  der  hahn  im  korbe, 
abweäend  ward»  ich  gleich  veimiszt ,  man  hätschelte  mich. 
Götue  36,24;  ich  war  nun  gleichsam  bahn  im  korbe  bei 
den  guten  edeln  ziegen  am  Helicon.  Immersann  A/«ncA/i.  2,75; 
noch  ist  der  landsknechtisch  papst  Julius  der  ander  der  best 
han  im  korb,  bienenk.  I3l';  dann  wer  dem  grossen  numen 
am  allermeisten  zuwider  und  den  menschen  am  schädlich- 
sten zu  sein  befunden  wird,  soll  unserm  alten  gebrauch  und 
herkommen  nach  auch  der  vornehmste  haan  im  korbe  sein. 
Simpl.  2, 139  Kurz;  der  am  meisten  geübtester  schandlapp 
ist  oft  der  beste  bahn  im  korbe.  Scuottel  1117*;  und  diese 
wollen  gleichwol  auch  nicht  die  schlimmesten  hauen  im  korbe 
sein,  baurenst.  laslerpr.  62 ; 

samm  sei  er  im  korb  der  beste  han.    H.  Sachs  5,  397'. 
h)  andere  spiichw örtliche  redensarten:    die   hanen   haben  ein 
lied  und  sinn  und  krähen  mit  ungleicher  stimm.  Lehmann  187; 
eine  henne  kan  mehr  verscharren,  als  zehn  häne  erspahren. 
Pistorius  5  no.  77 ; 

huren  und  buben, 
rettich  und  ruhen, 
hüoer  und  hanen 
bleiben  gespanen. 

Weidnkb  apophlhegm.  5  (1655)  s.  221; 

aus  einem  kapaun  wird  kein  hahn ;  ausz  den  kappaunen 
werden  doch  keine  hanen  mehr,  darumb  musz  man  inen 
dasz  krähen  mit  dem  bratspiesz  vertreiben,  bienenk.  13';  in 
eines  andern  hahnes  nest  seine  eier  legen ,  ehebruch  treiben, 
vgl.  unter  hahnrei :  Venereus  muste  das  gelach  bezahlen, 
weil  dieser  ein  fremdling,  und  sich  erkühnet  hatte,  in  eines 
andern  hahns  nest  seine  eier  zu  logen ,  so  ward  er  ohne 
verhörung  verurtheilet.  Happel  acad.  rom.  599 ;  von  altern  per- 
sonen,  bei  denen  sich  fallen  um  die  äugen  bilden,  sagt  man,  die 
bahnen  haben  ihn  ins  gesicht  getreten ,  bairisch  nennt  man 
solche  falten  hennentrittlein  (Schm.  1,503): 

sie  hat  kein  alten  scheisser  lieb, 

dem  die  hanen  haben  trettn  ins  gsicht. 

AvRER  443*  (2229,  15  Ketter). 

2)  bahn,  das  männchen  bei  vögeln. 

a)  der  männliche  hühnerartige  vogel.  bei  den  groszen  dieser 
gattung  heiszt  der  männliche  vogel  hahn ,  der  weibliche  henne, 
man  spricht  von  truthahn  und  truthenne,  pfauhahn  und  pfau- 
henne,  auerhahn  «nd  auerhenne;  im  plural,  wenn  die  gattung, 
ohne  betonung  des  geschlechts  hervorgehoben  werden  soll,  sieht 
truthühner,  pfauhühner,  auerhühner.  die  kleinern  hühnerartigen 
Vögel  bezeichnet  man  dagegen  gewöhnlich  auch  im  Singular  durch 
huhn,  weil  dieses  wort  eigentlich  das  junge,  kleine  des  hühner- 
volks  ausdrückt  und  zwar  ganz  ohne  rücksicht  auf  das  geschlecht. 

11 


163 


HAHN 


HAHN 


164 


daher  birkhuhn,  hascihuhn,  rebhuhn,  Schneehuhn,  Wasser- 
huhn, troncben  birkhuhn  und  birkhenne,  lebhahn  und  reb- 
henne  {mlid.  rcpheune  üb.  1,  626')  nur  seilen  erscheinen,  einen 
caleculischen  bahnen  in  Afiica  oder  India  . .  der  sich  auf- 
geblasen und  die  rote  nasen  greulich  nicdcrgehengt.  Rollen- 
iiACEN  wahrhafte  lügen  (1717)  2ü8;  den  lisch  niil  einem  in- 
dianischen hanen  zieren.  Schuppius  699 ;  als  wenn  sie  pfaucn 
oder  welsche  bahnen  wären.  Happei,  acad.  roni,  853 ;  vgl.  auch 
fas-hahn  unter  fasan  3, 1336.  Verden  die  kleinern  huhucrartigcn 
Vögel  ausdrüc/dich  nach  dem  geschlecitle  geschieden,  so  heiszl  das 
vuinnclien  hahn ,  das  u-eibchen  huhn  (nicht  benno) :  an  färbe 
sind  sie  (die  haselliühner)  überein,  auszer  dasz  der  bahn  ein 
klein  wenig  gröszer  als  das  hun.  Güchhausen  not.  vcnal.hO; 
wann  ihr  ein  wohl  abgcrichtes  und  zahmes  repluihn  habt, 
so  konl  ihr  euch  zu  dem  gesang  odep  gelock  einer  meiner 
artigsten  invenlionen  bedienen ,  wodurch  ein  hahn  so  keck 
und  sicher  wird,  dasz  er  auch  das  huhn  in  eurer  gegenwart 
. .  betritt  und  sich  mit  ihme  paaret,  jagds-ergötz.  2,  53. 

b)  bahn  das  männchen  anderer  kleiner  vögel,  das  weibclwn 
heiszl  hier  nicht  huhn,  sondern  sie,  sicke:  (der  linke)  ist  ein 
ziegelrothlicher  vogel  am  bauche,  oben  aber,  zumabln  der 
bahn,  ist  grauiicht  .  .  die  sicke  aber  ist  biasz.  Güchuausen 
114 ;  der  hahn  (des  rotschtcanzes)  siebet  der  sicke  nicht  gleich.  111 ; 

ich  geh  und  will  den  hahn  (rfer  nnise/)  zur  sie  in  batier  stecken; 
die  jungen  bring  ich  dir,  sobald  die  alten  hecken. 

Gellert  3,  461 ; 

vgl.  finkenbabn,  canarienhahn,  sperlingshahn;  ein  zeisighahn. 
GöcHiiAüSE.N  110.  auch  in  der  diminutiv  form  hähiicben,  baiin- 
lein,  s.  d. 

3)  bahn  von  menschen  gebraucht. 

a)  es  knüpft  dieses  bild  wol  zunächst  an  das  streitbare  wcscn 
(I,  c)  des  hahnes  an,  und  wie  im  Reinecke  fuchs  vom  hahne  ge- 
sagt uird:  * 

de  ander  (haue)  was  em  s6r  gclik 

unde  het  Cantart,  ser  koue  uuile  upricht.    309, 

M  tpird  der  kühne,  tapfere  ein  bahn  genannt: 
darumb  ist  er  ein  dapfer  han, 
und  ist  unsz  ein  guter  baupiman. 

WuR>ER  luth,  narr  2155; 
dem  todt  zu  trotz  und  widerdries 
hinaus  zu  schwimmen  sich  bellies. 
der  todt  sähe  was  er  für  ein  han 
an  im  hat  und  wolt  nicht  hinan. 

Fuchs  mitckenkrieg  2,  315; 
do  hengt  ein  hübscher  hämisch  klar, 
den  nimpt  er  [der  pfaff)  ab  und  legt  in  an, 
gedenkt,  nu  bist  erst  ein  freier  han, 
weil  ün  ein  starken  hämisch  an  hast, 
so  darf  dich  nicht  ein  Jder  andast. 

Albekus  conlrofaclur  Bl'; 

dann  auch  der  hervorragende,  in  gutem  wie  im  bösen  sinne,  der 
künig  unter  seines  gleichen  ist,  wie  der  hahn  auf  seinem  hofe; 
unter  schalem  geht  häufig  die  rcdensart:  er  ist  bahn  im  latei- 
nischen, im  griecbisclien  (er  ist  der  beste  darin);  vgl.  haupt- 
hahn.  weniger  scharf  im  folgenden:  alles  dem  spielleufcl  zu 
gefallen,  halten  dich  auch  nicht  für  einen  spilzbubcn  und 
beimlichen  dieb,  sondern  für  einen  rechten  han  aufs  spiel, 
für  einen  glückseligen  menschen,  der  einen  guten  stern  und 
pianctcn  zum  spiel  hat.  sjiieltcufel  (l5G4)  Eiij";  der  graf  ist 
der  rechten  bannen  einer,  der  kaiserlicher  raajestät  im  land 
groszen  schaden  erzeigt  bat.  Immof34;  da  lauft  einer  zum 
tbor  hinaus,  der  ist  der  rrchlen  bahnen.  Götz  v.  Reiiliciiingen 
t.  Büsching  u.  v.  d.  Hagen  (IS13)  s.  87;  vtjl.  hierzu  scbnapp- 
bahn ;  mit  diesem  gescbmuck  allem  anzuzeigen,  dasz  er  et- 
wann  ein  feiner  hahn  und  ein  feines  feistinscidelc  und  farlz- 
flasch  werden  sult.  Garg.  Uö';  die  zimnierleut,  die  feinen 
banen.  127*.  diese  brixpiele  alle  zeigen  hahn  fast  in  gleiclier 
Verwendung  wie  keri  (II,  4),  Ut.  5,  577  ß'.,  deutlich  auch  in  fol- 
gendem: also  jung  lüt  sterben  auch  vil  ec  denn  die  alten  .. 
ich  bin  auch  ein  alter  han  und  bin  ietz  61  jar  da  gangen 
und  gang   noch   da    als  lang   gutt  wil.    Keisersuerg  brüsaml. 

i,  71*; 

«prach,  wag  bist  Tor  ein  han? 
leizt  dir  di»z  nii  zu  hertzen  gähn, 
und  siehst  vor  äugen  hie  den  todt? 

R.  Waldis  i:»op  4,  13,  41. 

und  in  noch  mehr  abgeblaszter  Stellung: 


I    !  ■  liiirii, 

UAbkiioan  2,  103, 


Oepers  zielt  aber  auch  bahn,  wenn  es  von  menschen  gilt,  auf 
geschlechtliche  lücMigkeü,  vgl.  oben  \,d,  sp.  161  und  die  dort  an- 
geführte stelle  LoGADs; 

drum  denket,  hört  er  dich  den  tag  verkünden, 

jetzt  mancher  ehcmann 

wie  Petrus  einst  an  seine  Jugendsünden 

und  seufzt:  war  ich  ein  hutui!    Blchauer  1,  131; 

und  aitch  Reisersberg  kann  das  im  sinne  gehabt  haben ,  wenn 
er  sagt:  das  betracbt  über  die  allen  ben,  die  alten  man 
nicht,  die  elwau  dem  meitliu  ein  gab  schicken  bei  eim 
jungen  kncclil,  die  gab  und  der  jung  gesel  ist  lieber  und  ge- 
fall ir  basz  dann  der  alle  han.  brösuml.  2,  2l'. 

b)  dasz  unter  dem  bilde  des  hahns  auch  das  französische  volk 
und  seine  glieder  gefaszt  werden,  verdankt  seinen  Ursprung  dem 
doppelsinne  von  gallus:  gallus  hane,  han,  walch  Diefe.nb.  257*. 
das  bild  ist  schon  alt: 

0  han,  du  suchst  anschlag  und  list, 
wie  du  kompst  ulT  den  tvtschen  mist, 
und  meinst  denselben  auch  zerscherren. 

Brant  nnrrpnsch.  155",  2  Znrncke; 
lasz   mond   und  hahn  uns  lausend  übel  dräuen  [Türkei  und 
Frnnkrcich).    Loiienstbin  btumen  23; 
wir  griffen  zu  und  iliatens  kund 
bei  Waterion,  beim  scliniien  bund  — 
die  wird  man  ewig  nennen. 
da  haben  wir  deni  walsclien  bahn 
wohl  kämm  und  sporcn  nbgethan, 
noch  beute  fühlt  ers  brennen.    Arndt  ged,  (1810)  446. 

so  soll  in  der  folgenden  stelle  der  bahn  an  das  französische  volk 
und  seine  freiheitsbestrebungen  erinneim:  (der  kirchweih-maien- 
bauni)  mit  einer  rotlien  knarrenden  freiheitfahne  und  einem 
rothen  bahne.  J.  Palm,  biugr.  belust.  1, 132. 

4)  hahn  für  männliches  glied.  vielleicht  nach  1,  d  (sp.  16l)  und 
oben  3,  a  am  Schlüsse:  bahn  membrum  virile  Frisch  1,  397'; 
öfters  in  der  Verkleinerungsform   hähnchen.     vgl.  auch  piphahn. 

5)  bahn  auf  ßsche  und  schallhiere  übertragener  name:  von 
ersteren  heiszen  meerlian  zeus  gallus,  seebahn  Irigla;  von  letz- 
teren führt  Strombus  gallus  den  namen  hahn ,  kanipfbahn,  hol- 
länd.  kempbaan ;  anomia  vilrea ,  glasbobrmuschel ,  bahn  und 
henne,  holl.  de  baan   en  ben.  NEM^•lCH. 

6)  dem  landwirt  heiszl  der  männliche  hanf  hahn ,  der  weib- 
liche henne.  —  In  Preszburg  nennt  man  bahn  den  viertheiligen 
nuszkcrn ,  wenn  er  ganz  unverletzt  von  der  schale  enlblüszt  wer- 
den konnte.  Fromm.  6,  28. 

7)  das  bild  des  hahns,  als  lages-  und  wellerverkündigers,  brachte 
man  gern  an  den  höchsten  spitzen  eines  gebäudes  als  Wetterfahne 
an,  namentlich  auch  an  kirchen,  wol  mit  anspielung  auf  das  geist- 
liche licht,  was  von  hier  aus  verkündet  ward,  die  Wetterfahne 
wird  daher  schlechtweg  hahn  oder  netterhabn  genannt.  Jacobsson 
4,640*;  pinnaculum  der  gipfel  auf  eim  gebew,  der  hane  oder 
paner,  fiinlin,  petasus  Dasyp. ;  diszes  ist  der  wind  der  da  be- 
wegt und  kirren  machet  auf  den  hohen  thürnen  die  hün, 
die  fenlin,  die  engel  und  kreützlin ,  so  der  wind  wiiet,  so 
kerendl  sy  sich  umb  und  kürrend,  und  kompl  gern  ain  regeu 
hernach.  Keisersberg  schiff  d.  pen.  37*. 

Jn  der  technischen  spräche  hat  man  den  namen  des  hahns 
auf  verschiedene  einrichtungen  gelegt. 

8)  bahn  am  fasse:  epislomium  ein  han  oder  laszzapf  Dasvp.  ; 

er  ist  ein  kleidcrwurm  bei  dem  der  gerne  zehrt; 
ein  bahn  im  tasz  bei  dem  dem  bah  und  gut  beschert. 

LocAU  3,  218. 

bei  Keisersberg  AJer  die  nehenform  biln:  wenn  es  (ein  kind) 
einen  hivn  ufgewint,  so  louft  der  wein  aller  aus.  seelenp.h\'\ 
bei  Maaier  ebenfalls,  aber  als  neulr. :  das  haue  oder  zapf,  als 
an  fassen  oder  andern  dingen,  qmlomium  205*.  —  Jede  mit 
püs.wikeilcn  oder  luft  gefüllte  röhre  ist  mil  einem  solchen  halmc 
versehen;  datier  bahn  an  wasserleUungen :  pei  dem  weicbkessel 
do  ist  ein  schiedung  des  was«ers  und  gcet  ein  riSre  über- 
zwerch  imler  der  erden  gegen  der  siechen  heimlich  gemach 
an  die  Itegnitz,  do  geet  ein  stock  auf  mit  einem  bannen, 
darausz  die  siechen  niilgen  wasscr  neinen.  Tücher  baumrislerb. 
180.27;  geet  ein  rOre  doscibsl  in  die  spitalkuchen  mid  hat 
ein  stock  neben  dem  herl  mit  einem  bannen,  darausz  man 
wnsscr  mag  lassen.  181,26;  r/;rri.w  bahn  an  gam'thren,  an  der 
luppumpe. 

9)  bnhti  am  gewehr,  seit  dem  ende  des  16.  jahrh.  gebräuchlich, 
et  ist  der  bewegliche,  ursprünglich  in  bahnen  form  gelnldrte  Iheil 
am  gewehrschtusse ,  der  nach  vorhergehender  Spannung  dadurch, 
doii  man  ihn  aufschlagen  IdsU,  feuer  erzeugt: 


165  tlAHN— HAHNEBUCHß 

wie  bald  der  han  in  tigel  schläft, 

gieng  zwar  als  an  (los)  mit  schlachten!  klapf. 

Grobs  ausreden  bei  Haupt  3,  24tj  (ton  1603); 

ich  ..  wischte  zur  thüre  hinaus  auf  den  kirchhof,  da  ich 
dann  meine  gesellen  mit  aufgezogenen  hanen  stehen  fand. 
Simpl.  1,  239  Kurz,  die  knappe,  schon  formelhafte  redensart  heiszl 
geradezu  so  viel  nie  -schmsfertig' ;  präsentirte  mein  gewähr  mit 
aufgezogenem  halin.  s.  255;  schrie,  ich  solle  das  gewehr  ab- 
legen, ich  antwortete,  bei  gotl,  landsmann,  dir  zu  gefallen 
nicht!  und  zog  den  hanen  über.  s.  410;  mein  röhr  muste 
ich  zum  vorrath  geladen  behalten  . .  und  indem  ich  mit 
überzognem  hahn  den  kutscher  hallen  und  absteigen  ge- 
raachet.  s.  441;  liesz  ich  mein  röhr,  damit  ich  feuer  auf  sie 
geben  wolle,  sinken,  und  zog  den  hahn  wieder  zurück.  2,39; 
ein  jeder  von  den  fuhrleuten  hatte  den  bahnen  aufgezogen. 
Stillinc  Jugend  {n"9)  111;  den  bahnen  gespannt!  das.;  das 
lelzlere  war  ein  mUUärisches  commandouorl,  das  schon  im  17.  Jahr- 
hundert gebräuchlich  ist:  ziehet  den  ban  auf!  kürzer  den  hanen 
auf!  oder  auch  nur:  spannt!  Böckler  ATi<?jssc/m/e  (166S)  s.  291. 
295.  2S9.  ein  anderer  solcher  befchl  war  und  ist  zum  theil  noch 
bei  den  Soldaten,  die  des  hahnlosen  hinterladers  entbehren,  hahn 
in  ruh!  um  das  gewehr  aus  der  schuszbereitschafl  zu  stellen. 
Eggebs  kriegs-  und  rilterlex.  (1757)  1, 1134. 

10)  beim  Uhrmacher  ist  hahn  das  stück,  welches  die  unriihe  in 
der  uhr  bedeckt. 

11)  hahn,  in  schraclzhiilten,  die  körnlein  silber,  so  im  treib- 
und  brennofen  abspritzen  oder  sich  am  brandstück  setzen. 
Frisch  1,  397*.  plur.  bahnen,  bergw.-lex.  2S7',  aber  auch  eigen- 
thümlicher  weise  haner:  haner  und  teslkörner  ...  sind  die- 
jenigen Silber,  so  im  treibheerde  abspringen.  Nehbixg  histor.- 
polit.  lex.  (1736)  anhang  46*.  die  beziehungen  dieses  technischen 
ausdrucks  zu  hahn  gallus  sind  unsicher. 

HAHN  BREI,  m.,  auf  den  blechhämmern  ein  brei,  weldier  aus 
Wasser,  lehm  und  kohlenstaub  besteht,  und  worein  die  bleche  ge- 
taucht werden,  damü  sie  unter  dem  schmieden  niclit  zusammen 
schweiszen.  Adelung. 

HÄHNCHEN,  n.,  diniin.  zu  bahn,  tgl.  auch  hähnlein: 

1)  der  kleine  oder  jumje  haushahn:  auf  eine  zeit  ging  das 
bühnchen  mit  dem  hähnchen  in  den  nuszberg.  kinder-  u. 
hausmärchen  no.  80. 

2)  das  männeben  kleinerer  rvgelarten.  vgl.  hahn  2,6  (sp.  163): 
das  hähnchen  eines  finken,  eines  zeisigs. 

3)  auch  von  menschen  gebraucht: 

B.  das  ist  mir  wohl  ein  saubres  hähnchen! 

A.  ein  wahres  derbes  grobiäncbenl    Göthb  4,  223; 

und  scherzhaft  zur  hervorhebvng  des  geschlecitls :  ich  weisz  manch- 
mal nicht,  ob  ich  ein  hähnchen  oder  sieichen  bin.  causenm.  81. 

4)  das  männliche  ylied,  s.  bahn  4,  sp.  104. 
HAHNEBALKEN ,   m.  der  oberste  querbalkcn  unter  der  dach- 

first,  wo  der  haushahn  seinen  nächtlichen  sitz  zu  nehmen  pflegte. 
YiL>i.\R  148 ;  czu  letzt  steig  ich  an  einer  leiter  under  das  dach 
und  hing  mich  met  beiden  henden  an  einen  hanebalken. 
altd.  bl.  1,  123  {\5.  jahrh.) ;  axes,  dy  hanenbaifcen  in  domo 
DiEFEKB.  64'; 

sprak  ik  van  eineme  hanonbalken, 

dar  seven  hönre  up  to  siiten  plegen, 

unde  ein  hane  wol  vet  to  degen.     Hein,  fuclis  1540. 

heiäe  heiszt  im  niederd.  Iiänebalken  auch  der  oberste  theil  des 
hauses.  Schahbach  73\  im  Nassauischen  wird  für  hahnebalken 
katzengebälk,  katzenläufer  gebraucht.  Kehbei.n  218.  vgl.  das 
folgende. 

Brosemcs  2,  19  gewährt  die  form  hainbalkcn ,  welche  gegen 
die  allgemein  angenommene  crklärung  sprechen  und  das  wort  viel- 
mehr zu  hagen  in  der  bedeulung  buschholz,  kurzes  holz  stellen 
würde,  indes  die  sonst  nicht  bezeugte  und  junge  form  kann  einer 
falschen  analogie  ihre  entsteliung  verdanken :  wie  z.  b.  neben  hain- 
buche  eine  form  hahncbuche  sich  festsetzte,  so  konnte  man  glau- 
ben,  dasz  auch  hahnebalken  eine  solche  entarlung  und  hain- 
balken  die  edlere  form  des  Wortes  sei. 

HAHNEBANDER,  n.  pl.  die  obersten  schrägen  bänder  des  in- 
nern  dachwerks :  sechszehn  halbe  hanebünder.  RClixc  beschr. 
V.  Nardhausen  70;  beim  holzaufzählen  fohjcn  nach  stärke  und 
linqe  der  höher:  scchsziger,  fünfziger,  vierziger,  drcisziger 
iialken,  vierziger  sparrcn,  ganze  haneb.lniler,  wipfel.  das. 

HAHNEBCCHE,  HAHNBL'CHE.  f  carpiuus  bdulus,  eine  aus 
hagene-buche,  bagcnbuchc  ZH^ammeugezoge.^c  form.  vgl.  hage- 
buche  sp.  140. 


HAHNEBÜCHEN— HAHNENFEDER    166 

HAHNEBÜCHEN,  adj.  zitm  vorigen,  vgl.  hagebüchen,  bagen- 
büchen  sp.  140.  namentlich  in  dem  übertragenen  sinne  streng, 
grob,  in  Miltcldeutschland  viel  gebraucht:  ein  hahnebüchener 
kerl ;  eine  bahnebüchene  kalte. 

HÄHNEBLTTE,  HAHNBUTTE,  f.,  die  frucht  der  hagerose, 
gekürzt  aus  hagenebutle,  hagenbutte,  vgl.  hagebutte  sp.  140: 

hahnebutlen  wählte  B. 

aus  Pomonens  bunten  kindern, 

leidlich  schmecken  sie  durchTrostet, 

doch  sie  kratzen  mich  im  hintern.    Gö^bk  47,  264. 

HAHNEHÜFTE,  f.  die  frucht  des  hagedoms.  Nehsich  4,1168. 
verderbt  aus  hagenhiefe  sp.  152.  und  vgl.  ferner  hanhiffenbaum, 
heneheffenbaum,  hanbeiffenbaum  cornus  Diefenb.  152'. 

HAHNEKAMM,  s.  unter  hahnenkamm. 

HAHNEMANN,  m.  l)  hahn,  der  mann  des  hühnervolks: 

traurten  all  die  höhnerchen, 

da  sie  nicht  tralen  an 

den  lieben  hahnemann.    Hoffhak^  geseliscli.  171. 

2)  ein  nd.  glossar  des  15.  jahrh.  gibt  militaris  hanemann 
Diefexb.  361%  das  fuszt  wol  auf  hahn  no.  3  {sp.  163)  und  be- 
zeichnet vielleicht  schon  früh  und  ironisch  einen  sich  sehr  kriege- 
risch gebührenden  menschen,  datier  ist  hahnemann  Spottname,  i.  b. 
in  Schleswig  für  den  Dänen,  die  kinder  singen  dort 

Hannemann  kommt  von  Jütland  an; 
in  dem  wol  über  ganz  Deutschland  verbreiteten  tolksreime  aus  dem 
märchen  von  den  sieben  kriegerischen  Schwaben: 

Hahnemann,      geh  du  voran, 

du  hast  die  wasserstiebeln  an, 

dasz  dich  das  thier  nicht  beiszen  kann. 

auf  solch  spottenden  sinn  kann  vielleicht  der  viel  verbreitete  eigen- 
name  Hahnemann  zurückgehen,  wenn  auch  die  müglichkeit  nicht 
ausgeschlossen  ist,  dasz  Htm  ein  älteres  Hagene-man  zu  gründe 
liegen  könnte,  das  diesetbe  bedeutung  hätte,  wie  der  ahd.  eigen- 
name  Hagandeo,  Heindeo  (Fübstemax.n  1,  57S). 

3)  hahnemann  verscitämte  abdnderung  des  Wortes  hahnrei: 
hahnemänner.  herl.  triumphwagen  25.  29. 

HAHNEN,  veib.  zum  hahnrei  machen,  eine  von  Opitz  gewa^e 
und  nur  von  Logaü  nachgealtmte  bildung : 

wie  oft  ist  reu  ankommen 
den  lieben  feuergott,  dasz  er  geollenbahrt 
Gradiv  die  eigne  schmach,  als  er  gehahnet  ward, 
das  bahnen  köropt  von  dir.  Opitz  1,91; 

denn  ehbruch,  diebstal  bleibt,  man  hanet  nur  die  leute. 
LoG.\u  1,  4(5,  79. 

HAHNENBART,  »?».  palea,  das  läj^chen  am  halse  eines  Hahnes. 
Steixbach  1,  68. 

HAHNENBENGEL,  m.:  was  sollen  dünne  leffzen,  ob  schon 
ihre  küss  besser  angehen,  so  seinds  doch  böse  beffzen.  o 
leffzen  her,  darvon  man  mit  keim  baurenkegel,  geschweig 
eim  hanenbengele  ein  stuck  abwürf.  Garg.  250'.  vielleicht  ist 
hanenbengel  nur  entstellt  aus  hanbengel  für  hagenbengel  und 
bezeichnet  den  zaunpfahl ;  vgl.  unter  bengel  1,1471  die  stelle  aus 
Keisersberg  christl.  bilg.  120. 

HAHNENBLÜT,  n.  blut  eines  hahnes:  hanenblut  nimpt  die 
fläcken  der  äugen  und  ammälern  mit  wasser  aufgestricben. 
Heuszlix  voqelb.  Sl'. 

HÄHNENBRÜHE,  f.  brühe  vom  kochen  eines  hahnes:  junge 
hanenbrüien  ist  denen  gut  so  die  rot  rur  habend  . .  alte 
hanenbrßien  macht  den  stfilgang.  Hecszlix  so'. 

HAHNENEl ,  n.  nennt  das  volk  im  Güttingisdien  und  ander- 
wärts die  misgeslalteten  hOhnereier.  man  glaubte  solche  eier  hätte 
der  hahn  gelegt  und  aus  ihnen  entwickele  .^ch  ein  basilisk.  dann 
bezeichnet  man  auch  durch  habnenei  scherzhaft  etwas  wunderbares, 
unglaubliches. 

HAHNENFEDER,  f.  Schwungfeder  eines  hahnes:  zwo  goldgSl 
bahnenfädern.  Heuszlix  rogelb.  78'.  vielfach  als  schmuck  auf 
die  kopßedeckung  gesteckt: 

hab  nun  mein  hosen  lassen  flicken, 
und  nechtcn  mein  stiel'el  geschmiert, 
mein  hut  mit  einr  hanneuledern  ziert. 

H.  Sachs  2,  4,  30*; 
und  hat  ein  Trischen  Treien  muth, 
drei  hannenfertem  auf  seim  hut. 

Atrer  foitn.  73«  (2705,  19  Keller); 
die  hnhnenreder  auf  dem  hut.    Görni  12,79; 
characteristischer  schmuck  am  hüte  des  teufeis: 

hast  du  vorm  rothen  wamras  nicht  mehr  respect? 
kannst  du  die  hahnenfeder  nicht  erkennen?    12,  127. 

jemandem  eine  hahnenfeder  setzen,  ihn  zum  haiinrei  machen, 
die  redensart   soll   das    derbe   und  grobe,   was  in   hahnrei   liegt, 

11* 


167   HAHNENFLEISCH  —  HAHNENGRUßE 


HAHNENHAFT  — HAHNENPFÖTCHEN   168 


verblümen  und  mildern ,  gleichsam  nur  daran  anklingen :  wann 
ich  gelegeuheil  halte,  setzte  ich  euch  zur  revange  auch  noch 
eine  hahnenfeder  auf  den  magislershut.  interim  196.  das  heim- 
liche anstecken  einer  hahnenfeder  an  das  gewand  eines  andern 
icar  dalier  ein  schimpf:  in  einer  fürnehmen  residenzstadl  hat 
einst  ..  ein  barbierer  einem  pagen  ..  heimlich  eine  hans- 
feder  aufgesteckt,  als  nun  dieser,  dessen  unwissend,  damit 
über  den  marcht  gegangen  und  ihme,  wo  er  gehet,  von  den 
jungen  und  knaben  nachgekrähel  wird,  verdreusls  ihn  heftig 
. .  nach  wemg  tagen  steckt  ein  ander  und  nicht  dieser  page, 
dem  barbierer  eine  hanenfeder  hinten  auf  den  niantel.  als 
diesem  nun  auf  der  gassen  auch  nachgekrähel  wird ,  erzür- 
net er  sich  also  heftig,  dasz  er  nach  hause  läuft  und  den 
ersten  pagen  .  .  alsbald  ersticht.  Wesenigk  böse  spielsieben 
(1702)  S.  77.   7S. 

HAHNENFLEISCH,  n.  fleisch  vom  hahne:  so  einer  den  rotz 
oder  ein  wässerig  geblüt  hat,  sol  er  warm  gebraaten  hanen- 
fleisch  assen.  Heuszlin  rogelb.  80*. 

HAHNE.NFUSZ,  m.  l)  fusz  eines  habns.  gern  auch  bildlich 
gebraucht,  um  schlechte  schrißzüge  zu  bezeichnen:  er  schreibt 
hahnenfüsze;  meinethalben  möchte  ein  buch,  wie  die  'kritik', 
mit  hahnenfüszen  geschrieben  sein,  wenn  es  nur  sonst  an 
gründlichkeil  und  fasziichkeit  dadurch  gewänne,  lassen  diese 
sich  mit  Schönheit  vereinigen,  gut !  wo  nicht,  so  mag  diese 
meinetwegen  reisen,  so  weit  sie  will.  BIjrgeh  491'.  dieses  bild 
ist  all,  ähnliches  schon  bei  l'laulus: 

an  opsecro  hercle  iiabent  qiias  gallinae  manus? 
nam  has  quidem  galliiia  scripsit.    Pscuditlus  I,  I,  29. 

2)  hahnenfusz,  gewicht  von  sechs  krinnen,  wegen  der  ge- 
stalt  des  eisens  an  der  wage.  Staldeii  2,12;  eine  krinne  ist 
48  loth,  . .  ein  hahnenfusz  ist  6  krinnen.  Lehmann  u.  Deters- 
HACEN  palriot.  magaz.  von  u.  für  Bündten  (Bern  1770)  s.  134. 

3)  name  zweier  pflanzen:  ranunculus  Nemnich  4,  1120  und 
panicum  crus  galli  4,  844,  letztere  pflanze  auch  hahnenbein  ge- 
nannt; Iterba  scelerata  hannenfusz  Diefenb.  641'; 

liebstöckel,  haanenfusz,  weidschwerlel. 

W'eckherlin  759; 
da  find  ich  auch  taubenkröpfel, 
ebrenpreisz  und  banenfüesz, 
wisenkraut  und  engelsüesz. 

geisit.  scliäferin  [München  1650)  s.  588. 

dim.  hahnenfüszel  ist  der  name  der  anemone  nemorosa,  die  sonst 
auch  waldbahnenfusz,  aprilhahnenfusz,  waldhähnchen  heiszt. 

HAHISENGALLE ,  f.  galle  vom  hahn :  hanengail,  fürausz 
eines  weiszen,  in  wasser  gesetzt  und  an  gestrichen,  nimpt  die 
fläcken  der  äugen  und  scherpfl  das  gesiebt.  Heuszmn  nojf/ft.  81*. 

HAHNENGEFECHT,  n.  kämpf  zweier  hahne:  die  Engländer 
ziehen  häufig  hähne  auf  und  finden  ein  besondres  ver- 
gnügen an  den  bahnengefechlen.  Amarantiies  frauenz.-lex, 
(1773)  S.  1273. 

HAHNENGEHÄÜSE,  n.  im  bergwerk  gehäuse  um  den  wendungs- 
hahn  einer  wassersaulenmaschine.  Jacobsson  2,  ISS'. 

HAHNENGEKHÄH,  n.  gallicinium:  stark  hahnengekräh  unten 
im  dorf ;  bekommen  ander  welter.  Fb.  Müller  3,  291. 

HAHNENGESANG,  m.  und  n.  gallicinium:  auch  bezeichnung 
der  betreffenden  zeit:  so  tag  und  nacht»  scheidet,  gond  sy  (die 
h/ihne)  gen  schlaafen;  drei  stund  vor  mitlnacbt  kräyend  sy; 
umb  millnachl  aber  umb  die  dritt  stund  tiumd  sy  das 
widernmb:  drei  stund  nach  mittnacht  abermals:  welche  zeit 
man  darumb  das  banengsang  genennt  hat.  Heuszlin  dojp//».  76'. 

HAHNKNGESCHHEI,  n.  gallicinium: 

wir  krallten  wie  die  hähne, 

und  kamen  leute  vorbei, 

kikerekah !  sie  glaubten 

e«  wäre  liabueiigegchrei.    Heins  buch  der  lieder; 

«n  zeichen  des  anbrechenden  morgens:  indem  hatte  sich  die 
zeit  bi.«z  in  die  millernachl  verlaufen  und  gescbichet,  dasz 
bei  erhörtem  haariengeschrci  sich  das  glück  wendet.  Ernst 
confecllafel  494;  daher  bildlich:  die  gpubrcn  der  Verwesung 
ihr  (der  leiche)  schmuck  und  dus  erste  hahnengeschrei  zur 
auferAlebung.  Claudius  2,  7. 

HAHNENGLOCKE,  /.  das  hahnengeschrei  unter  dem  bilde  der 
den  morgen  verkündenden  glocke:  würe  es  doch  wieder  morgen, 
wie  werde  ich  die  hahnenglockc  zchlen !  (d.  h.  die  teil  bis 
dahin),  interim  13S. 

HAH.NKNGItl  BE,  f.  grübe  oder  verließer  räum,  worin  hähne 
k'lmyfrn ;  im  folg.  veräcluliclie  bezeichnung  einei  kleinen  theatert: 
riicKC  iKihncnenibe, 
fallt  il«  die  ebnen  Kraiikreicfii? 

ScHLKttKU  Sliakcfp.,  Ilcinr.  V.,  chorus  1. 


HAHNENHAFT,  adj.  nach  arl  und  weise  der  hähne. 

HAH.NENHAFTlGKEiT,  f.:  ihre  zoten  seien  nur  wie  die 
krankheit  der  hühner,  wenn  sie  anfangen  zu  krähen,  ohne 
gleichwohl  durch  solche  Stimmübungen  jemals  die  rechte 
hahnenhaftigkeit  zu  erringen.  Immermann  Mnnchh.  1,  lio. 

HAHNENHIRN,  n.  geliirn  vom  hahn:  hanenhirn  mit  wasser 
und  essich  vermengt,  und  pfäffer  darzü  gellion,  ist  denen 
seer  nutz,  so  von  einer  hecknatern  verletzt  sind.  Heuszlin  Sl'. 

HAHNENHODEN,  f.  plur.  die  hcdcn  eines  hahns;  nach  der 
ähnlichkeit  auch  name  der  fruchte  mehrerer  pflanzen:  a)  der 
kornelkirsche,  cornus  mascula.  Nemnich  2,1226;  b)  einer  pflau- 
menart,  pruna  amygdalina. 

HAHNENHÖDCHEN,  -HÖDLEIN,  n.  dim.  zu  dem  vorigen: 
gebrannte  hanenhödlin  sollend  die  üssen ,  so  stüts  an  das 
bett  harnend.  Heuszlin  Sl'.  auch  die  früclite  der  rosa  canina 
heiszen  babnehödchen  ,  hahnenhödlein.  Nemnich  4,1168,  an 
andern  orten  hahnenklülclien;  ferner  die  früchlc  des  spindel- 
baums,  evonymus  europaeus ,  hier  haben  auch  die  verderbten 
formen  hnhnenbütlein ,  bahiienröthen,  neben  hahnenklöschen 
statt.  Bechstein  forstbolanik  (iMO)  s.  SOS. 

HAHNENIIÖDLEINBAUM,  m.  spindelbaum,  evonymus.  Friscb 
1,  397'.     sonst  auch  halinehütleinbusch.  öc.  lex.  2330. 

HAHNENKAMM,  m.  1)  cnsla  galli:  hanenkamp,  hannen- 
kamp,  hanekamp,  bannekamp  cn«/a  Diefenb.  158*;  der  kirch- 
Ihurmknopf  gleichsam  der  hahnenkamm  des  thurms.  J.  I'aul 

0.  Fixl.  207.  unter  schulspiclen  bei  Trüchüs  D  4'  wird  aufge- 
führt succollare  hanekam  tragen. 

2)  nach   der    ähnlichkeil   der  form   name    mehrerer   pflanzen: 

a)  rhinantlms  crisla  gallig,  Idusckraul,  rödelkraut.   Nemn.  4,  II0I; 

b)  bidens  tripartita,  wasserhau f ,  yabelkraut.  1,606;  c)  celosia, 
gartenblume,  zur  familie  der  Amaranihen  gehürig.  2,  930 ;  d)  cy- 
nosurus  cristalus,  kammgras;  e)  am  häuflgslcn  meierkraut,  eine 
wildwachsende,  eszbare  pflanze:  maier,  maienkraut,  meier,  oder 
hahnenkamm.  Oc.  lex.  1570;  /)  iw  lande  ob  der  Ens  heiszt  auch 
der  corallenschwamm,  clararia  coralloides  bahncnkamp.  Nemn. 

3)  name  einer  muschel,  mylilus  oisla  galli.  Neun.  3,  695. 

4)  der  oberste  erhabene  halmenkamtnfürmige  theil  des  siebbeins. 
Nemn.  2, 1280. 

HAHNEN  KAMPF,  m.  1)  kämpf  zweier  hähne,  in  verschiede- 
nen ländern ,  namentlich  auch  in  England,  nalionalbelustigung, 
die  hähne  werden  dafür  besonders  gezüchtet. 

2)  name  einei-  pflanze,  verbena  officinalis. 

HAHNENKOI'F,  in.  1)  köpf  des  hahnes. 

2)  wie  hahnemann  sp.  160  verschämte  abdnderung  von  hahn- 
rei:  ob  das  wcib  süiuiige,  wann  sie  solcher  geslalt  ihrem 
hanekopf  durch  den  sinn  fäbiel.  Abele  künsll.  unordn.  s.  84. 

3)  bahnenkopf  heiszl  bei  einigen  anatomicis  dasjenige  slück 
des  menschlichen  leibes,  durch  dessen  beide  äugen  oder 
mundlücher  der  syame  in  die  harnruhre  dringet,  heiszet 
also  nicht  um  der  gleichheit  willen,  sondern  wie  eine  quelle 
das  haupt  eines  bacbes  heiszt,  wo  etwas  anfängt.  Frisch  1,  397'. 

4)  hahnenkopf,  ein  kraut,  onobrychis.  Frisch  das.;  gelber 
hahnenkopf,  galetfsLi  galeobdolon  Nemnich  3, 14. 

HAHNENKHÄII,  m.  gallicinium:  der  hahnenkräh  wird  den 
faulen  inägden  nicht  lieb  sein.  Fischart  gioszm.  126. 

HAHNENKUAliE'S ,  n.  gallicinium.  pers.  baumg.  1,29;  und 
es  ward  getan  um  das  hanenkreen,  Ruguel  gebot  ze  rufen 
seinen  knecblen.  bibel  I4s:t,  22.')*  (Tob.  8,11). 

HAHNENKUAT,  m.  gallicinium,  mhd.  hanknU,  haneknil  üb. 
1,869':  der  teulel  habe  von  gott  dem  hcrrn  einen  theil  der 
erde  gefordert  und  dieser  in  so  weit  drein  gewilligt:  das- 
jenige stück  lands ,  das  er  vor  hahnenkrat  mit  maucr  um- 
schlossen habe,  solle  ihm  zufallen.  Grimm  deutsclie  sagen  (i.aufl.) 

1,  237; 

gieng  heim  schier  um  den  hnnenkrnt. 

H.  Sachs  3,  3,  56*; 
des  nachics  iimh  den  hancnkrat 
musicn  sie  all  aiirsiehun  drat. 

U.  Waldis  £»()})  I,  7<i,  3. 

HAHNENKHOPF,  wi.  der  kröpf  des  hahns ;  auch  eine  pflanze, 
galeopsis  galeutnlolon ,  gelbe  hanfnessel ,  gelber  hahnenkopf.  Nem- 
nich 3, 14. 

HAIINENLIED,  n.  gallicinium: 

der  freigewerlio 
ollrogsarokelt  bot  rruhein  hohneiiliede. 

Halo  bei  Campe. 

HAHNENPFÖTCHEN,  n.  die  fruclU  des  ijündelbaums ,  sonä 
hahnenhödchen,  CAHrE. 


169 


HäHNENRUF  —  HAHNENTRITT 


HAHNENWECKER  — HAHNREI 


170 


HäHNE.NRUF,  m.  gaUicinium;  zeichen  des  anhrecltenden  mor- 
gens: wir  zechten  bis  zum  zweiten  hahnenruf.  H.L.  Wagner 
Mach.  49; 

ist  es  wahr,  was  mir  begegnet? 

oder  träum,  der  mich  bethörl, 

wie  er  oft  den  armen  segnet, 

und  ilim  goldne  berge  regnet, 

die  ein  hahnenruf  zerstört?    Borger  T3*. 

HAHNENSANG,  m.  gaUicinium  : 

so  naht  er  in  der  finsterniss, 

und  weicht  vor  bahnensang.    Stolberg  4,  169. 

HAHNENSCHLAG,  m.  ein  spiel;  es  gilt  mit  verbundenen  äugen 
einen  topf  zu  zerschlagen,  ein  darunter  steckender  hahn  ist  der  preis: 

zum  fröhlichen  anfang  wollen  wir  geben 
einen  lustigen  hahnenschlag. 

KoTZEBUB  dram.  sp.  1,  305; 
zum  hahnenschlag  gehörig : 

da  ist  der  hahn,  der  topf,  der  stecken, 

und  auch  ein  tuch  für  die  blinde  kuh.    1,  306. 

HAHNENSCHREI,  m.  gaUicinium:  der  hahnenschrei  ist  den 
wandelnden  geislern,  was  den  Soldaten  der  Zapfenstreich,  sie 
müssen  dann  nach  haus  gehen.  Brentano  jründunj  ftags  419. 
in  der  gekürzten  form  hahnschrei:  diese  götter  vertragen  nicht 
das  licht  des  geistes.  sie  weichen  vor  ihm  wie  die  gespenster 
beim  hahnschrei.  Kritzler  humanitdl  u.  chrislenthum  2, 100. 
wie  hahnenruf,  hahnenkrat  «.  a.  Zeilbestimmung  für  die  an- 
brechende morgendämmerung :  ir  wisset  nicht,  wenn  der  herr 
des  hauses  kompt,  ob  er  kompt  am  abend,  oder  zu  mitter- 
nacht,  oder  umb  den  hanenschrei,  oder  des  morgens.  Marc. 
13,35;  in  der  nächstfolgenden  nacht  vor  hahnenschrei.  Grimm 
deutsdie  sagen  {Lauft.)  1,232;  die  stunde  des  ersten  hahnen- 
schreis  war  gekommen.  Klinger  Sahir  (1798)  s.  128. 

Man  sagt:  zum  dreikönigstage  hat  der  tag  um  einen  hah- 
nenschrei zugenommen ,  hier  drüclü  also  das  worl  ein  recht 
kleines  zeitmasz  aus.     vgl.  auch  hahnenschritt. 

HAHNENSCHRITT,  m.  schritt  eines  hahnes,  ausdruck  für  an 
ganz  geringes  masz  an  räum  und  zeit: 

wie  nun  der  bahn  sieht  auf  ein  seit, 
kaum  eines  halben  hanschriits  weit, 
eins  edelsteins  wirdt  er  gewar.    E.  Albkrüs  p.  1 ; 

nach  neujahr  nehmen  die  tage  um  einen  hahnenschritt  zu, 
sagt  eine  baurenregel.  hanschritt  passtis  gaUinaceus  Stieler  1931. 

HAHNENSICHEL,  f.  die  sichelförmige  scJiwanzfeder  eines  hah- 
nes: mit  dem  grünen  hüte  und  der  langen  hahnensichel 
drauf.  Zingerle  kinder-  u.  hausmärch.  aus  Süddeutschi.  201. 

HAHNENSPAT,  m.  an  beiniger  austvuchs  an  der  innern  seile 
des  spiunggelenks  der  pferde,  der  idbmung  oder  hinken  verursacitt. 
Nemnich  «.'6. 

HAHNENSPORN,  m.  der  sporn  am  fusze  des  haJines;  dann 
auch  von  der  ähnlichkeit  als  pflanzenname:  des  Crataegus  crus 
gaUij  der  fumaria  bulbosa,  und  der  impatiens  balsamina.  Nemnich 
2,  1269.   3,  223. 

HAHNENSTEIGEN,  n.  das  stägen  auf  eine  klelterstange,  wo- 
bei es  giU ,  einen  auf  derselben  angebttndenen  hahn  zu  erlangen, 
ein  beliebtes  volksspiel : 

im  sommer  stecket  ir  {bauern)  die  maien, 

habt  kirchwei,  hochzeit,  tanz  und  raien, 

kugeln,  hannensteigen  und  laufen.    H.  Sachs  2,  4,  2*. 

HAHNENSTEIN,  m.  aleclorius  lapis,  durchsichUger  biauner  stein, 
den  man  im  magen  aller  capaunen  finden  soll,  bergw.-lex.  282'. 

HAHNENTANZ,  m.  ein  welUanz,  dem  besten  tänzer  kam  ein 
hahn  als  preis  zu;  vgl.  hahn  1,  e.  sp.  1G2;  man  unterschied  einen 
allen  hannenlanz  fastn.  sp.  580,  und  einen  kurzen  hannentanz 
715;  darnach  sein  etliche,  die  sitzen  in  der  kirchen  zusam- 
men und  haben  ein  heimlichen  anschlag,  wo  sie  nachmittag 
wollen  zum  wein  gehen,  wo  und  an  welchem  orlh  man  den 
besten  wein  schenke,  ob  man  newen  oder  virnen  schenke: 
item,  wo  man  ein  abentlanz  oder  sonst  ein  hanentanz  werde 
anrichten.  Keisersherc  aarrensch.  465  Scheible. 

HAHNENTAUBE,  f.  columba  nicobarica.  Nemnich. 

HAHNENTOPF,  m.  die  pflanze  onobrychis.  Hederich  1196.  sie 
heiszl  sonst  hahnenkopf,  s.  d. 

HAHNENTRITT,  m.  l)  der  steife  gravitätische  gang  des  hah- 
nes; gern  auf  geckenhafte  menschen  angewendet:  den  geckenhaf- 
ten schönthuenden  hahnentritt  und  slulzerlauf.  Arnim  2,  198  ; 
wie  er  in  lächerlichen  hahnentrilten  vor  meinem  fenster 
vorüber  trippelt.  2,  230.  auch  von  dem  am  rückenmark  leiden- 
den wird  gesagt  er  hat  den  hahnentritt. 

2)  Pferde  haben  den  hahnentritt,  trenn  sie  in  folge  einer  krank- 
heil iies  Sprunggelenks  lahmen  und  steif  gehen. 


3)  «ne  pflanze,  anagallis  arvensis,  sonst  gauchheil.  Nemnich 
1,  256. 

4)  hahnentritt ,  ein  kleiner  narbenfOrmiger  kvrper  auf  dem 
häutchen  des  dotters.  hier  geschieht  die  befruchlung  des  eis. 

HAHNENVVECKER,  m.:  hahnenwecker,  ein  frühstück  derer, 
so  bis  zum  hahnenschrei  lustig  gewesen.  Frisch  I,  397*.  da- 
für auch  die  form  hahnewacker:  hahnewacker,  ein  spätes 
essen,  das  man  den  dienstbofen  zuweilen  zu  geben  pflegt, 
wenn  sie  sehr  Deiszig  gewesen  sind  und  ihre  arbeit  über 
die  gewöhnliche  zeit  hinaus  gedauert  hat.  St.  Schütze  unsichlb. 
priaz  (1812)  1,  209.  in  Halle  hört  man  das  noch  mehr  verderbte 
hahnewackel. 

HAHNENWITTIG,  ni.  anagallis  arvensis,  gauchheil.  Nemmcii. 

HAHNEPAMPEL,  nj.  Schimpfwort  für  einen  haltlosen,  hin  und 
her  fahrenden  und  zappelnden  menschen,  wie  hampelmann,  hans- 
wurst.  der  letzte  theil  des  Wortes  kUngt  an  ital.  bambola  puppe 
an;  der  erste  theil  desselben  ist  dagegen  in  dieser  Verbindung 
schwer  zu  verstehen ;  bildete  man  vielleicht  eine  zappelnde  glieder- 
puppe  als  Spielzeug  in  der  form  eines  hahns?  denn  bammeln, 
bampein ,  pampeln  heiszt  sonst  zappeln ,  sich  hin  und  her  be- 
wegen, vgl.  1,  1096.  unser  junger  graf  Ronrad  hat  einmal 
wieder  schlimme  streiche  gemacht ,  ihr  werdet  das  saubre 
früchtchen  heut  noch  sehen,  ein  rechter  .  .  hannepampel. 
Arnim  kronenw.  1,  406. 

HAHNERN,  verb.  coire,  vgl.  hahn  1,  d  .</).  161:  die  Studenten 
suchen  gelegenheit,  wie  sie  eure  weiber  oder  töchter  frei 
sicher  und  ungehindert  besteigen  und  hahnern  mögen,  herrl. 
triumphwagen  53. 

In  anderm  sinne  wollte  .Moser  hähnern  als  Übersetzung  von 
coqueUieren  vorschlagen  {patr.  p/ion/.  4, 108);  er  gieng ,  wie  das 
auch  beim  franz.  coquetter  der  fall  geicesen  ist,  von  dem  auf- 
merksamen und  verliebten  gebahrcn  des  hahnes  gegen  die  henne  aus. 

HAHNESPFLICHT,  f.: 

sind  kapaunen,  leisten  keine  hannespflicht. 

LoGAü  2,  18(>,  50. 

HAHNGESCHREI,  n.  gaUicinium:  sein  (des  Schulmeisters) 
hahngeschrei  im  wirihshause  sollte  den  verläugnenden  Petrus 
ins  bereuen  hineinkrähen,  i.  Paul  leben  Fibels  177. 

HAHNICHT,  adj.  more  gallorum.  Stieler  750. 

HAHNTN,  f.  henne;  nne  von  dichtem  verwendete  form,  wenn 
sie  der  henne  persönliche  geltung  verleilien,  indem  sie  sie  als  ehe- 
frau  des  hahns  hinstellen : 

mit  seufzen  die  frau  hahnin  sprach. 

VVeckherlin  804. 

HÄHNLEIN,  n.,  wie  hähnchen,  kleiner  hahn;  auch  das  männ- 
dien  kleiner  vögel  {vgl.  hahn  2,6  sp.  163):  das  hühnlein  {des 
rotkehlchens)  siebet  der  sicke  gleich ,  auszer  dasz  das  erste 
etwas  schwärzere  füsze  als  jenes  hat.  Güchmacsen  notab. 
venat.  110.  endlich  auch  vom  menschen:  nun,  unser  hänlin 
liesz  sich  wol  an.  Carg.  Hl'. 

HÄHNKER,  f!i.  ein  schwärm  bienen,  welcher  auf  ein  von  an- 
dern bienen  verlassenes  geu-irk  gesetzt  wird.  Nemnich.  das  wort 
ist  in  füederdeutschland  üblich. 

HAHNREI,  m.  l)  der  mann,  dessen  ehefrau  ungetreu  ist.  das 
worl  ist  nur  hochdeutsch,  dän.  schwed.  hanrej  ist  erborgt,  es  er- 
scheint zuerst  im  IG.jahrh:  curruca  dudendop.  hanrei  Diefenb. 
164';  cornuti  nobis  sunt  hanrey.  facet.  facel.  259;  das  weib 
auszfüren  wie  ein  hanrei.  Matiies.  katcchism.  IGl.  auf  die 
ursprüngliche  form  des  worles  hahnreie  werden  wir  eben  so  ge- 
führt durch  den  gen.  dat.  sg.  u.  den  plur.  hahnreicn :  eines  armen, 
bucklicht  und  lahmen  hanreien.  Chasmindo  seitvcrtreiber  100; 
es  gibt  viel  hanreien.  Schaubühne  engl.  u.  franz.  com.  1,253; 
sie  sind  hanreien  in  der  einbildung.  das.;  die  brüderschaft 
der  hanreien.  1,255;  als  durch  die  starke  neben  form  hahare'ier: 
hanreiher  Stieler  1578;  indem. ich  ..  die  allerholdseligste 
Jungfern  mit  eiszgrauen  eifersicbligen  hanreiern  verkuppele 
und  beunseelige.  Simpl.  2,141  Kurz;  durch  eine  solche  kalte 
geldliebe  entspringen  so  viel  hanreier  und  hanreimacher. 
RiHLMANN  streit  der  ehre  u.  liebe  307.  neben  hahnrei  hat  sich 
häufig  die  form  hahnreh,  hahnreg  geslaUel:  hanreh  ß.  Ring- 
wald /.  «'.  185;  qui  subsessorem  patitur  sui  matrimonü, 
Germani  nominant  einen  hahnreg.  facet.  facel.  p.  164;  zum 
stundruffer  {wurde  unter  den  Ihieren  erwählt)  ein  haan  oder  ein 
haanreh.  das  letzte  wurde  mir  widersprochen ,  weilen  der 
haanreh  nicht  gern  kiäet,  sondern  als  ein  Cornelius  man 
suetus  tacilusque  schweiget.  Abele  künstl.  unordn.  2.  309 ;  und 
man  bringt  den  letzten  theil  des  Wortes  mit  reh  caprea  zusam- 
men:   hengt   {als  wirtshausschild)   ein    reh    und    druff   einen 


171 


HAHNREI 


HAHNREIFARBE  — HAIN 


172 


banen,  so  heist  die  hcrberg  zum  hanenreh.  Zinkgref  apophlhegm. 
(1C53)  3,  40.     Steindach  1,  GS"  gewahrt  die  form  lialinerei. 

Der  umflauii  dasz  das  yrammaluiche  Verständnis  des  u-orles  nach 
und  nach  erlosch,  brachte  manche  neue,  oft  seltsame  elymoloyien 
auf,  ton  denen  eine  noch  von  SciiMEr.LER  2, 198  vertreten  worden 
ist:  bahniei  von  dem  fianlzüsischen  Henri,  damit  die  teut- 
schen  die  franizen  aiifzielien,  vcrmutlilich  lieinihrend.  Löbers 
Owenus  (lü6l)  1,  63.  aber  noch  bis  in  die  ersten  Zeilen  des  18. 
jahrh.  war  der  eigentliche  sinn  i/c?  uvrtes  erkannt,  z.  b.  von 
H.  J.  V.  Brau.nschweig  ,  der  in  seiner  comödie  'weiberlist  einer 
ehebrecherin  den  genarrten  ehemann  Gallichüiaea  nennt  (scliau- 
spiele  s.  hh'3) ;  halinrci  est  vocabiiliini  ratione  originis  mere 
germanicum,  qiiod  .  .  a  voce  lialin  et  reye,  li.  c.  cliorea 
tantz  . .  descendit.  Pistorius  thes.  paroem.  5  (IIIC)  s.  396.  in 
der  Ütal  enthalt  der  letzte  tlieil  des  wortes  reie  orfer  rcicr  den 
begriff  länzer,  wie  sicher  durch  folgendes  bewiesen  wird : 

wer  lyden  mafr  das  man  in  göich, 

oder  man  inn  die  schnell  im  scicli, 

oder  setzt  liorner  iilF  die  oren, 

der  lial  ein  revRen  mit  den  doren. 

'IJRANT  narrtuacit.  v.  Znrinkc  .'5.34  note. 

das  li.  jahrh.  bezeichnet  sehr  gern  das  innige  verbunden  sein  inner- 
haU)  einer  genossenschaft  unter  dem  bilde  eines  lanzes  oder  reigens: 

ich  bin  der  drii,  der  liie  wol  ziert, 

und  disen  iiarrenreycn  licrt.    Murnkr  hith.  narr  9"0; 

hahnreie,  liahnrcier  ist  demnach  der,  der  einen  reigen  der  hähne 
mUmacht,  in  die  genossenschaß  der  hihne  gehört,  der  iiahn,  als 
geiler  cogel,  ist  zwar  zunächd  vorbiUl  fiir  einen  unzüchtigen  men- 
schen (sp.  161),  und  Matiiesius  braucht  halinrci  in  der  that  für 
einen  geschleditlich  ausschweifenden:  darumij  sie  {die  Rötner)  auch 
lose  und  Icichtferlige  Icule  quadianlarios  ncnneten,  wie  wir 
eine  oder  einen  haiirei,  ein  hellermann  oder  hellerhürre 
nennen.  Sar.  176.  abei-  wie  kuckuck ,  der  vogel  der  in  andere 
nester  seine  eier  legt,  in  Verwirrung  des  eigentlichen  begriffs  auch 
das  bild  abgibt  für  einen  mcnsdien  dem  eine  eheliche  unbill  wider- 
führt, so  musz  hahn  hier  in  gleichem  sinne  genommen  werden. 
die  sprichwörtliche  redcnsart:  in  eines  andern  bahns  nest  seine 
eier  zu  legen  Happel  acad.  rom.  599  zeigt  wie  sich  dieser  sinn 
ausbilden  konnte. 

Das  Wort  erscheint  häufig  zumal  seil  der  2.  hJlße  des  17.  jahrh: : 
man  saget  viererlei  personen  müssen  sich  für  vier  andere 
fürchten,  ein  räubcr  für  dem  schorfricliter.  ein  dieb  für  der 
wache,  ein  geiler  und  untugcndhaftcr  für  dem  der  ihn 
schätzet,  und  ein  wissenllicher  williger  hanrei  fiir  dem  ru- 
mormcister.  pers.  rosenthal  1,  IS;  werd  ich  aber  darüber  ein 
hanrei.  Abele  künstl.  unordn.  1,190;  euer  fürstl.  gnaden  ge- 
ruhen gnädig  Überbringern  dessen  so  lang  anzuhalten,  bisz 
ich  ihm  ein  paar  hörner  aufgesetzel  und  zu  einem  hoch- 
trabenden hahnrei  gemacht  habe,  er  ist  dieser  ehren  fähig 
und  würdig.  Happel  acad.  rom.  350;  der  junge  herr  soll 
meinen  staar  kriegen,  das  ist  ein  staar!  er  kann  ew.  gnaden 
in  dreierlei  sprachen  einen  hahnrei  hciszen.  Habener  satircn 
3  (1757)  s.  42;  die  vorslellungen ,  dasz  er  ein  hahnrei  sein 
könnte.  4,  i:8;  .«ie  {die  mndchen)  nehmen  jenen  (einen  alten 
mann)  ohne  bedenken,  im  festen  Vorsätze,  ihn  auch  ohne 
bedenken  zum  hahnrey  zu  machen.  Lessinc  2,483;  armiith 
macht  eben  so  viel  hahnreie  als  diebe.  11,748;  binnen  vier 
und  zwanzig  stunden  war  er  licbhaber,  bräutigam,  ehemann, 
hahnrei,  patienl,  und  wittwer.  GötiieIO,  29;  witzige  und  saty- 
rische masken  sind  sehr  selten ,  .  .  .  doch  sah  man  einen 
pulcincll  als  hahnrei.  29,243; 

wo  die  winhe  hahnrei  sein, 
kehren  gern  die  gäslo  ein. 

i'isTORius  Ihet.  pnrocm.  5,  390; 
so  ists  der  der  ein  hahnrei  ist.    Wehmickk  254; 
und  jeder  hicng  der  richtcr  dann 
ein  loses  wort  fiir  ihren  hahnrei  an.     Lessikc  1,  120; 
es  war,  mein  scel!  wohl  mehr  hailoh, 
mit  Kuth.ieha  zu  liehcln, 
und  Ihren  armen  hahnrcili  so 
zur  weit  hinaus  zu  hiihcln.     llÜRCEn  49*; 
b6ir  dal  der  galgen  da!  der  hahnrei  in  der  mitten  1 

GöTHK  7,  iHi; 

du  hast  mich  doch  trotz  ollen  schlAgen, 
dasz  du  dich  ott  nicht  konntest  regen, 
trotz  aller  vorsieht,  aller  wacht, 
lu  einem  hahnrei  doch  gemacht. 

Ti«cit  Imu.  Oriav.  2.   I.  uiif:. 

Ab  tclämpfwort  in  abijrißlatztem  sinne  verwendet,  wie  auch  hure 
(f.  d.)  togar  alt  iialbet  kosewori  dient;  eine  frau  sagt  zu  ihrem 
manne: 


ich  arme  bin  bemüht  und  fresse  schjmmlicht  brot, 
du  haanrei  seufTust  nur  und  weist  von  keiner  noth. 
Rachkl  suI.  6. 

2)  hahnrei  heiszt  auch  eine  gehörnte  Schnecke,  murex  comutus. 
Neh.nicii  3,  639. 

3)  in  gegenden  NicderJeulschlands  (Mecklenburg,  Pommern,  im 
Göttingischen)  führt  ferner  ein  kartensj)icl  den  namen  hahnrei. 
es  findet  sich  auch  im  Dänischen  als  hanrei.  Molbecii  dial.  lex. 

ilAHNHElFAHBE,  f.:  durch  eine  geringe  und  unmerkliche 
bewegung  wird  der  schöne  cindruck  des  feuers  und  gokles 
in  die  empfindung  des  kolhigen  verwandelt,  und  die  färbe 
der  ehre  und  wonne  zur  färbe  der  sch:inde,  des  abscJieus 
und  missbehogens  umgekehrt,  daher  mögen  die  gelben  hüte 
der  bankerottirer,  die  gelben  ringe  auf  den  mänteln  der  Juden 
entstanden  sein;  ja  die  sogenannte  bahnrcifavbe  ist  eigent- 
lich nur  ein  schmutziges  gelb.  Götue  52,314. 

HAHNKEIHISTOIUE,  f:  niemand  weisz  die  kleinen  hahn- 
reihistorien  so  gut  wie  L.  zu  erzählen.  Rabener  5,  166. 

HAHNHEIMACHEN,  n.  das  madien  zum  hahnrei:  so  konnte 
dieses  hahnrciinacben  sehr  leicht  und  bald  in  Circassien  zur 
mode  werden.  Klinger  Sahir  (179S)  s.  201 ;  dasz  die  so  un- 
schuldigen Circassier  selbst  anfingen,  an  dem  hahnreimachen 
geschmack  zu  linden,  s.  289. 

HAHNHEIMACIIER,  m.  der  einen  andern  zum  hahnrei  macht: 
hanreimachcr  sive  hornmacher,  subagilator  alienae  uxoris  Stieler 
1103;  durch  eine  solche  kalte  geldliebe  entspringen  so  viel 
hanreier  und  hanreimachcr.  Hihlmann  streit  der  ehre  u.  liebe  iOl. 

HAHNHEINUSZ,  f.  corylus  cornuta.  Nemnich  wb. 

HAHNHEIOHDEN,  m.:  ihm  ein  diplom  einzuhändigen,  das 
ihn  mit  allem  respect  so  in  den  groszen  hahnreiorden  recti- 
figiert.   Fr.  MIjller  3,  219. 

HAHNHEISCHAFT,  f:  hahnreischaft  ist  die  vornehmste 
zunft.  PisTORius  </icsa«r.  ;)flrocm.  5,390  no.  88;  ein  mann,  der 
einmal  seine  frau  eine  ehebrecherin  nennt,  steckt  sich  selbst 
das  hörn  der  hahnreischaft  auf.  Knigge  umg.  m.  m.  2,  53 ; 

die  rillerscliaft  des  Artus  zu  verbinden, 
ersann  er  selbst  getrünlie  voller  kraft; 
die  königin,  um  gleichfalls'  zu  erlirulen, 
erfand  beim  spiel  des  köiiigs  liahnreischaft. 

Hagedorn  3,  44. 

HAHNREIWESEN,  n.:  aber,  wenn  dieses  ewige  hahnrei- 
wesen  kein  übel  ist,  warum  fürchten  sich  unsere  männcr 
so  schrecklich  davor?  Klincer  Sahir  (1798)  s.  196. 

HAI,  m.  squalus  carcharias,  haifisch,  vi.  haai,  dän.  hai,  schwed. 
haj,  ein  erst  um  die  mute  des  vorigen  jahrh.  in  das  hochdcutsdie 
aufgenommenes  wort: 

bald  werdet  ihr  im  meer  der  haicn,  am  gestndo 
der  aaren  beute  sein. 

Hamler  geil.  (176(1)  s.  10»  (1772  s.  ttO); 

und  dräuend  wies  mir  die  grimmigen  zahne 
der  entsetzliche  hai,  des  meercs  hyäne.    Schili.kb  64"; 
und  die  kinnlade  eine.s  haien 
für  euch  als  butideslade  passl, 
das  mordgebisz  in  stachelreihcn 
das  heilige  gesctz  umfaszt. 

Lenau  Savonarola  (1844)  s.  42. 
HAIDE,  s.  beide. 

HAIFISCH,  «1.,  was  hai,  squalus:  sie  könnten  vielleicht  ans 
dem  fischfange  ergiebigere  nahrung  ziehen,  und  dem  hai- 
fiacbe  nachstellen,  der  die  Zugänge  ihrer  riffc  belagert. 
Cuamisso  «wie  (1852)  1,197;  im  Innern  der  gruppe  Eilu  wur- 
den vom  schin'e  an  verschiedenen  lugen  zwei  haifische  ge- 
angelt, s.  221;  ein  haifisch  von  auszcrordentlicher  grösze  bisz 
indessen  an  der  angel.  s.  225; 

wolfeszahn  und  kämm  des  drachen, 
hcxenmumic,  gaum  und  rächen 
aus  des  hailisclis  scharfem  Schlund. 

Sliakenp.  Mach.  v.  SciiLECKL  4.  auf: 
der  Wassermann  hei  blit/essrhein 
taucht  auf  in  dunklen  naclitrn, 
der  hailisch  aclinappt,  diu  muvcn  schroln  — 
das  ist  ein  lustig  rechten  1 

KiciiRKnoiiFr  ged.  (IS65)  1. 15. 
HAIFISCHFANr,,  m. 

HAIFISCIIKI.OSSE,  f.  ßosse  eines  haifisches. 
HAIFISCIIZAIIN,  m. .■  ob  eine  minute  den  madcnzahn  oder 
ein  Jahrhundert  den  hainschzahn  nn  eine  weit  setze,  das  ist 
einerlei,  i.  Pail  uns.  löge  2, 169. 

HAIN,  m.  nemus,  lucus.  sdion  frühe  taucht  für  hagcn  .71.  H9 
(lif  form  liain  auf,  die  .»iVA  aus  erweichung  der  quituralis  ijrhil- 
dil  hat;  bis  zum  15.  jahrh.  noch  selten,  doch  iriw.v/  Förstkuai.n 
2,630  .iclion  aus  dem  h.  jahrh.  Heinbach.  ans  dem  II.  Heiu- 
bahc  für  und  nrhni  M ' !■     II ...i..,i,   „„.;,     .,„.  ,,nrm 


173 


HAIN 


HAIN  — HAINBUCHEN 


174 


anscheinend  sdchsisdien  glossar  des  13.  oder  14.  jahrh.  hat  haen 
dumtis  DiKFtNB.  192';  auch  im  südlichen  MitleldeuUchland  in 
einem  wildbanne  von  Dreieich  bei  Frankfurt  a.  M.  ans  dem  jähre 
1338  ist  hain  für  hageu  ycselzl.  weislh.  1,  49S;  im  IG.  jahrh. 
fcird  die  form  häufiger ,  setzt  sich  aber  in  einyeemjler  bedeuluny 
fest,  indem  es  gewöhnlich  nur  den  sinn  gebüsch,  gehöh,  wald 
(hagen  5,  5p.  151)  in  mehreren  schallierungen  tciedi-rgibl,  Ldtiier 
namenllich  braucht  es  vielfach;  die  bedeulung  umhegter  ort,  stalte 
(liagen  4,  sp.  131)  erscheint  dann,  wenn  das  trort  als  letztes  glied 
zusammengesetzter  Ortsnamen  dient,  in  Falkenhain,  Groäzeokaia, 
Llclilenliain,  Ziegeniiain  u.  a. 

1)  ganz  mit  wald  berührt  sich  bain :  gelinget  ime  das  er 
schuszet ,  so  sali  er  ryden  tzu  dem  haine  in  eines  forst- 
meisters  husz,  da  sali  er  ßnden  einen  wissen  bracken.  weislh. 
1,  502; 

du  öder  hein ! 

du  wilde  Wüstenei!    Fleming  403; 
0  dann  verberget  noch,  ihr  schauervollen  haine, 
den  überbliebiien  rest  der  modernden  gebeine.    Cronegk2,  4; 
kaum  zeigte  sich  Pliöbus  mit  heiterm  gesiebte, 
als  tausend  gpschlechter  vom  bergigten  hain 
erschienen,  um  bei  der  Versammlung  zu  sein  {wal'högpt). 
LicHTWER  fab.  1,  no.  11; 

und  jeder  ehmann  schwur,  dasz  in  der  ersten  nacht 
er  (Pill  eremil)  und  sein  mitgenosz,  der  hain, 
des  feuers  beute  müsse  sein.    Lessi>g  1,  11», 

sieben  seilen  später  und  im  eingange  des  gedichts  heiszt  dieser  hain 
wald. 

2)  gewöhnlich  ist  aber  bain  vom  walde  genau  unterschieden; 
es  betont  mehr  die  anmutige  seile  des  ncaldes,  bezeichnet  den 
kleinen,  gehegten  und  gut  gepflegten  Itisltrald ,  wie  auch  bag  4 
{sp.  13<j)  mehr  den  park,  als  den  eigenllichen  uald  ausdrückt: 
inn  dem  umbschrenkten  beine  oder  neidlein.  M athes.  Sar."'; 
uenn  unser  enges  tbülcben  vom  jaucbzen  und  singen  aller 
Lürger  der  lüfte  und  baine  erscballt.  arme  mann  im  Tockenb. 
237;  Lutber  und  wenige,  die  nacb  ibra  wie  er  ausbauten, 
Laben  den  wald  zum  baine  gemacbt  {bildlich  vom  walde  der 
Sprache).  Klopstock  12,  2S3.  das  wort  ist  länger  als  seit  zwei- 
hundert jähren  ein  lieblingsausdruck  unserer  dichter,  in  den  aslen 
Zeiten  noch  in  mäsziger,  im  IS.  jahrh.  in  überhäußger  anwcndung: 

der  angenehme  thon  der  triilenden  fonteinen, 
und  der  gesunde  klang,  der  in  den  kühlen  heinen 
sich  von  den  westen  regt.  Fleiixc  52; 

so  bitt  ich  himmel,  lüft,  wind,  hügel,  hainen,  wälder, 
wein,  brunnen,  Wüstenei,  saat,  hole,  steine,  felder, 
und  reisen,  sagt  es  ihr,  sagt,  sagt  es  ihr  vor  mich. 

Opitz  2,229; 
jüngst  fand  ich  im  verschwiegnen  hain 
mein  liebstes  madchen  ganz  allein, 
nun  höret  auf  mit  euren  fragen. 
zu  sagen,  was  im  husch  geschah, 
verbot  mir  meine  Silvia.    Cronegk  2,  296; 
vielleicht  irrt  schon  Cleanth  in  schattenreichen  hainen. 

2,  321 ; 
in  den  lustgewohnten  hain, 
wo  in  jener  schatten  nacht 
ihm  vielleicht  die  birtin  lacht.    Hagedorn  3,  5S; 
bedenkt,  wenn  sie  mich  immer  mit  sich  führet, 
sich  mit  mir  in  den  hain  verlieret.    Gellert  3,  135; 
mit  entzückung  wall  ich  im  hain  der  palmen. 

Klopstock  1,  214; 
mich,  dem  des  hains  säuseln  ertönt.    2,  1S4; 
ruhig,  wie  der  mondbeglänzte  hain. 

Matthisso:«  ged.  (1794)  s.  121; 
in  dem  hain  erwachen  lieder. 

Schiller  klage  der  Ceres; 
anmuthig  thall  du  immergrüner  hain!    Götue  2,  143; 
wenn  ich  nun  im  holden  haine 
unter  meinen  freunden  wandle.    47,  266; 
im  abendschein      im  grünen  hain 
da  gieng  ein  mägdlein  jung.    Arndt  ged.  (1840)  s.  180; 
wie  herbstwind  schüttelt  das  laub  im  hain.    s.  206; 
ich  lese  bunte  blumen  in  den  hainen.    s.  227. 

Häufig  wird  der  bain  in  Verbindung  mit  dem  bebauten  felde 
oder  dem  gebirge  genannt,  daraus  erwachsen  die  formein  flur  und 
bain,  hain  und  felder,  hain  und  hügel  «.  a.  ; 

hier  träuft  ein  steter  himmelsthau  von  freuden 
auf  hain  und  Dur.  Matthissos  ged.  (1794)  s.  79; 

was  schiert  mich  hain  und  quell  und  flur!    Voss  4,  41; 
wies'  und  hain.    Mattuisson  s.  78; 
umgrenzt  von  hain  und  matten.    $.  82; 
durch  moos  uiid  scbilf,  durch  körn  und  hain.    s.  103; 
beide  mit  grünenden  hainen  und  Auren. 

Arndt  ged.  (islo)  s.  248; 


Stil!  schweiget  feld  und  hain.    s.  516; 

hain  und  gefilde 
schwanden  im  licht.        Voss  3,  IIH); 
gebirg  und  hain  verschmelzen 
im  röthlicheu  gedült.    Mattuisson  80; 
ich  entflog  ihr  und  sang,  und  der  bewegte  hain 
und  die  hügel  umher  hörten  mein  flötend  lied. 

Klopstoce  1,  44; 
Putbus  im  grünenden  schmuck  der  prangenden  hügel  und  haine. 

Armdt  2t>3. 

Llther  verbindet  mit  bain  den  sinn  einer  waldigen,  angebauten 
gegend:  zog  Abram  durch  bis  an  die  stet  Sichern,  und  an 
den  bain  More  {eTti  rr^v  S^vi/  Septuag.,  usque  ad  convallem 
vulg.).  iMos.  12,  6;  Abiam  ..  kam  und  wonet  im  bain  Mamre. 
13,  IS;  und  der  berr  erschein  im  im  baine  Mamre,  da  er 
sasz  an  der  tbür  seiner  hüllen.  18,  l;  als  nu  Saul  wonet  zu 
Gibea,  unter  einem  bain  in  Hama  {vtiö  zr^v  Üoovquv  xrv 
iv  Pctftä ;  esset  in  neraore  quod  est  in  Rama  vulg.).  l  Sam. 
22,  6. 

3)  hain  der  gehegte  und  gefridete  wald,  in  dem  eine  gottheit 
veiehrt  wird:  ire  altar  soltu  umbstürzen  und  ihre  gützen  zu- 
brechen und  ire  haine  (rä  a?.oTj  Sept.,  lucos  vulg.)  ausrotten. 
2  Mos.  34, 13 ;  zubrich  den  altar  Baal,  der  deines  vaters  ist, 
und  bawe  ab  den  bain ,  der  dabei  stehet,  richter  6,  23 ;  die 
vier  hundert  und  fünfzig  propheten  Baal,  auch  die  vierhun- 
dert Propheten  des  hains.  1  kön.  18, 19 ;  die  stedte  darauf  er 
die  höben  bawete  und  baine  und  gützen  stiftet.  2  chron.  33, 
19;  und  da  er  die  altar  und  baine  abgebrochen  und  die 
götzen  klein  zumalmet.  34,7;  und  lies  den  bain  aus  dem 
hause  des  berrn  füren  hinaus  für  Jerusalem  in  bach  Kidron 
und  verbrand  in.  2  kön.  23,6,  hier  hat  hain  nicht  wie  man  an- 
genommen hat  die  bedeutung  götze,  Ldther  hat  sich  an  die  worte 
der  Septuag.  und  vulgata  gehalten:  iitireyxs  ib  ä).ao5,  efferri 
fecit  lucuni ;  (die  barden)  haben  auch  ihren  besunderen  stifft 
und  bain  gehabt,  ahn  der  Ilmenau,  nicht  weit  von  der  Elb, 
so  nach  ihnen  Bardewig  gebeiszen.  Spangexberg  musica  115; 
ist  vielleicht  auf  Jochsburg,  bei  Sunderszhausen  geschehen, 
welches  vor  zeiten  ein  heidnischer  hain  ahn  der  hainliten 
gewesen,  s.  126 ; 

man  Tüllte  nun  die  weit  mit  tempeln  und  mit  hainen, 
und  die  mit  götteru  an.         Haller  ged.  (176$)  33; 
.  .  schon  rauscht 

der  heilige  hain  von  dem  harfenlaut.     Klopstock  1,  180; 

seht  ihr,  er  kommt,  der  jüngling  Alzes  kommt 

in  dem  schimmer  des  hain«  daher! 

auf  eilet,  und  brechet  dem  gotte 

die  jüngsten  blumen  der  herde.    9,  290. 

4)  bain  wird  auch  bildlich  gesagt  von  fruchtpflanzen,  wenn  sie 
in  groszer  zahl  neben  einander  stehen,  so  rebenhain,  dicht  be- 
pflanzter Weinberg,  so  dasz  er  einem  walde  gleicht,  obsthain  reich 
mit  bäumen  besetzter  Obstgarten: 

bekränzt  das  haupt  mir,  blüthen  des  rebenhains! 

Klopstock  2,  231; 
den  farbigen  obsthain.    Voss  3,  243. 

5)  hain  als  bild  in  anderer,  ebenso  freier  anwendung ,  man 
spricht  von  einem  hain  der  ruhe,  bain  des  friedens,  um  das  grab 
oder  den  mü  grün  bekleideten  friedhof  zu  bezeichnen,  s.  friedens- 
hain  4, 1, 190; 

und  fürt  in  zu  des  todes  hein  {Abraham  den  Isaac). 

SCHWABZENBERG   156'; 

0  gruszet  meine  holde  Philomele! 

die  klingt  so  hell  in  meines  herzeos  hainen. 

Arndt  «ed.  (1840)  232. 

HAIN,  in  freund  Hain  «.  a.,  s.  Hein. 
HAINANEMONE,  f.  anemone  nemorosa.  Neünich  1,  297. 
HAINBALKEN,  m.,  s.  hahnebalken  sp.  165. 
HAINBAÜM,  ni.  bäum  des  hains: 

zum  wuchs  den  hainbaum 
mit  thau  zu  frischen.         Klopstock  2,  28. 

H.\INBEWOHNER,  m.  bewohner  des  hains,  vogel: 

schnell  wirds  lauter  in  den  büschen, 

alle  hainbewohner  mischen 

in  der  lerche  lied  sich  ein.    J.  H.  Millbr  ged.  413. 

HAINBUCHE,  /.  erweichte  form  von  hagenbuche  carpinus 
belulus  (sp.  140).  Nehmcu  2,895;  hainbuche  omus  Stei.nbach 
1,  215. 

HAINBUCHEN,  HAIMBÜCHEN,  adj.  «.  adv.,  aus  hagen- 
büchen  sp.  140 :  bainbüchen  orneus  Steinbaco  1,  215.  sehr  häußg 
in  übertragenem  sinne  derb,  grob,  knorrig :  sie  wissen  sich  so 
beiinbücben  und  cinPallig  mit  der  zweißltigen  sucht  zu  stel- 


175       HAINBUCHENFLECHTE  —  HAINRISPE 


HAINRISPENGRAS  —  HÄKCHEN 


176 


Icn,  als  ob  sie  es  nicht  verstanden  halten,  batirenst.  laslerp):h; 
diese  heimbiichene  vögel  {baucrn).  131;  das  buch  sdbU  fiihrl 
den  titel:  des  neiinhauligen  und  heimbüchenen  schlimmen 
baurenstandcs  und  wandeis  entdeckte  ubel-sillen  und  laster- 
prob, s.  qudlenverzekhn.  zum  2.  band;  ein  hainbüchener  kerl, 
rusUciis  el  agreslis  homo  Steinbach  1,  215. 

HAIN  BUCH  KiN  FLECHTE,  f.  liehen  cnrpincus.  Nemnicii. 

HA1M5UCHENHÜSTEH,  f.  ulmus  campestiis.  Nemnich. 

HAl.NßUSCH,   m.  für  hagenbusch  sp.  UO:    dumclum  hain- 

pUSch   DiEFENB.  640*. 

HAINBUTTE,  f.  für  hagenbulte  sp.  140:    cornum  hainbotte 

DlEFENB.  U-10*. 

HAl.NDOHN ,  m.  für  hagendorn  $p.  U\ :  haindorn  mespilus 
oxyacaiilha  Ratzeburo  stanJortsgewächse und uhkrduler  {\Shd)  s.  118. 

HAINKEST,  n.  lucaria.  Stiki.er  726. 

HAUSEN,  verb.  einen  wald  lichten:  beim  hainen  oder  . .  der 
sogenannten  haubergswirlhschaft.  Hatzebubg  slandortsycwdchse 
(1859)   S.  433. 

HAINEUHOLZ,  m.  Crataegus  oxyacanlha,  hagedorn.  Nehnich 
2, 1270. 

HAINGEBIHGE,  n.: 

jeglich  wild  des  haingebirgs.    Bürger  159*. 

HAINGEFLÜSTEU,  n.: 

o,  ich  selie  sie,  und  düster 

ist  ihr  holdes  angesiclit; 

in  das  leise  haingetlüster 

mischt  sich  ihre  "stimme  nicht.    J.  M.  Miller  ged.  191. 

HAINGEIUCHT,  n.  aus  hagengerichl,  gerichl  für  die  ange- 
legenheiten  eines  dorfes  und  neiner  mark:  ilem  wiscn  wir  in 
den  14  dürfern  14  haingericht.  weisth.  2,  20S;  ilem  lürter 
spricht  der  faulh  (vogi)  wieder  die  schefl'en,  das  sie  ausgehen 
mit  den  zwei  gemeinden  und  das  sie  mit  recht  erkennen 
alle,  die  sich  des  heingereths  gebrauchen  und  in  dem  hein- 
gerelh  sitzen  oder  wonnen,  und  nit  hie  seint  an  diesen 
ungebolten  dinglag,  was  haben  die  verlorn  und  wie  viel. 
4,  570; 

jetzt  dachten  unsre  freien  männer  nicht 
an  hub-  und  haingericht  und  markgeding, 
wo  man  um  esch  und  hohtheil  spräche  hält. 

UiiLAND  Ernst  s.  64. 

HAiNGESANG,  m.  gesang  der  Barden  itn  haine: 

willst  du  zu  Strophen  werden,  o  haingesang! 
willst  du  gesetzlos,  Ossians  schwunge  gleich, 
gleich  liliers  tanz  auf  meerkrystalle, 
frei  aus  der  seele  des  dichters  schweben? 

Klopstock  1,  5; 
ich  beschwöre  dich,  o  norne,  verlilgerin, 
bei  dem  haingesange,  vor  dem  in  Winfeld  die  adler  sanken. 

1,  241. 
HAINGESTÄUDE,  n.  buschwerk  eines  hains: 

winkt  die  geister  der  todten  aus  versunknen 
Sarkophagen'  empor,  verwandelt  mcnschea 
bald  in  bäume  der  flur  und  liaingestuude, 
bald  in  schuppige  wasseruugclieuer. 

Mattuisson  ged.  (IS02)  lO.i. 

HAINGÖTZE,  m.  gOllerbild  eines  hains:  er  setzet  auch  einen 
haingölzen  (rb  ylvTixbv  tov  a).aovs  Septuag. ,  idolum  luci 
i'«/fl.).  den  er  gemacht  hatte,  in  das  haus.  2  kön.  21,  7. 

HAI.NGHAS,  n.  gras,  das  in  einem  haine  wdcltsl.  in  der  Pflanzen- 
kunde werden  haingräser,  angeigrüser ,  wiesengräser ,  weide- 
gräser  unterschieden. 

HAI.NHECKE,  f.  rosa  canina.  Aoelung.  in  verderbter  form 
haiuliacke,  hainhocken.  Nemmcu. 

HAI.NHIEFE,  f.  fruchl  des  hagedorns:  rubum  hanappel,  heyn- 
hyff  DlEFENB.  502*.     5.  hagenhicfe  sp.  152. 

HALNHIEFENBAUM,  m.:  cornus  bainhiVTcnbaumc  voc.  ex 
quo  r.  1409. 

HAINHOIJ!,  n.  aus  hagcnholz,  dornstrnuch,  «.  hagen  1  .sp.  150, 
und  hagendorn  sp.  141:  hciniiolz  acer  Dikfenb.  8'.  Aueiung 
dagegen  kennt  hainholz  ah  mundartliche  bezeichnung  eines  ge- 
uhonten  waldes  (entsprechend  hain  2,  sp.  173)  im  gcgensatz  zu 
hauhoiz,  ttje  auch  früher  schon  Stiele«:  üain-,  hege-,  und 
gcbcgeholz  inridua  silra  854. 

HAlNHUNtJEUBLüMCHEN,  n.  draba  nemorosa.  Nemnicii. 

HAINQUELL,  ffl.  quell  im  haine: 

mich  labt  der  wckIO  fadioln 
am  halnauell;  mich  entzückt 
ein  vcilciien,  duH  mit  lAchcIn 
mir  die  erwbhiic  pflückt. 

M*nuiMOii  ged.  (1W2)  «.  13S  (1701  «.  84). 

HAINBISPE,  f.  eine  fjrasart,  poa  nemoralis.  RAnEnunc  tland- 

•nl-,uu  trhte    (ISS'J)    J.  128. 


HAINRISPENGBAS,  n.  was  hainrispe.  Ratzebubg  das. 

HAINSCHAUB,  m.  Strohwisch  an  einem  umhegten  orte  (hagen  2 
sp.  15ü),  als  verbot  gegen  das  betreten  desselben.  Jacobsson  2, 188*. 
sonst  auch  liegewisch,  s.  d. 

HAINSCIINECKE,  f.  helix  nemoralis,  waldschnecke.  Leünis 
Synopsis  der  naturgeisch.  des  Ihierreichs  (1860)  s.  795. 

HAINSIMSE,  f  eine  binsenart,  luzula  specialis.  J.  Kühn  krank- 
heilen der  culturgewächse  (iSöO)  s.  95. 

HAINTHAL,  n.  waldiges  Ihal: 

lasz  mich  im  hainthal  singen  mit  herzlichkeit.    Voss  3,4; 
da  der  wahnsian  zu  dem  brautkusz  mich  begeisterte,  da  ent- 
flohst du 
in  das  hainthal.     3,  258; 

in  diesem  hainthal  mit  Silenen 

und  mit  Kauncu?    Stolbehg  5,  68. 

HAINUMSÄUSELT,  part.: 

doch  ach!  welch  geschrei  erschallt  unferno  der  seestadt, 
driiben  am  Strand  Arcnys,  des  hainumsäuselten  dörfchens? 
I'yrkek  Tunisias  2,  230. 

HAINVOLK,  n.; 

als  Föbos-Braga  sasz  er  mit  Wodan-Zcus 

im  eichcntempel  dort  am  druidcnschmaus 

des  frommen  hainvolks,  trank  des  meetes, 

kostete  menschlich  die  waldbcwiriung.    Voss  3,  171. 

HAINWALD,  m.:  als  auf  ein  zeit  ihr  (der  Feronia)  gewei- 
heler  haiuwald  von  dein  weiter  angezündet  worden,  a.  weiszh. 
lustg.   19. 

HAIROCHE,  m.  eine  rochenarl ,  rata  rhinobalus ,  im  millel- 
ländifchcn  meere.  Campe. 

HÄKCHEN,  n.  kleiner  haken. 

1)  im  allgemeinen:  seine  (des  Carles)  weit  entsteht,  indem 
diese  theilc  allerlei  andere  bewegnngen  bekamen,  als  sie 
zuvor  hatten ,  die  gröbsten  sich  zu  kügelchen  ahdreheten, 
zwischen  ihnen  sich  schriiubchen  durchwunden,  und  die  ab- 
gehenden spänchen  allerlei  hükchen  gaben.  Kästner  verm. 
schrißen  (1783)  2,291;  sie  nahm  den  haisschmuck,  die  arm- 
bänder  heraus  und  trat  damit  an  das  fenster,  wo  sie  ..  die 
zierliche  goldarbeit  ganz  nahe  vor  die  äugen  hielt ,  um  nur 
recht  zu  erschauen ,  mit  welcher  wundervollen  kunst  jedes 
kleine  häkchen  der  verschlungenen  kellen  gearbeitet  war. 
E.  T.  A.  Hoffmann  3,  214.  bildlich:  aus  diesen  worlcn  hat  nun 
der  vizir  sehr  klug  geschlossen,  es  stecke  noch  ein  häkchen 
seines  machwerks  in  des  kaisers  herzen,  das  ein  gescheidter 
mann  durch  gewandheit  vvol  noch  ergreifen  könnte.  Klinger 
5,80. 

2)  in  speciellem  sinne  bezeichnet  häkchen  den  heftet  am  kleide, 
der  in  die  vse  hakt;  ferner  den  untersten  hakenförmigen  theil 
einer  lamburirnadel  (Jacobsson  4,  368')  seil  etwa  17S0,  und  un- 
gefähr seil  derselben  zeit  auch  den  untersten  theil  einer  häkelnadel, 
früher  waren  diese  inslrumente  unbekannt;  endlich  das  mil  Wider- 
haken versehene  eisen  der  angelrute ,  an  das  der  köder  gesteckt 
wird.  —  Pflanzen  haben  häkchen,  wenn  die  Oberfläche  rauh  ist 
und  die  spitzen  hakenfurmig  gekrümmt  sind.  Nemnicr  3, 106. 

3)  häkchen ,  die  schleife  über  dem  u  in  der  sogenannten 
deutschen  schrifl:  schon  waren  mir  verständige  und  ausfüiir- 
liche  nachrichlen  von  der  aui'führung  des  Epimenides  zuge- 
gangen, nun  kömmst  du  aber  mit  kühner  feder  das  lüpfchen 
über  das  i,  das  iiäkchcii  über  das  u  zu  setzen,  und  nun  wird 
mir  die  schrifl  erst  vollkommen  lesbar.  Gütiie  an  Zelter  222. 

4)  häkchen  für  apostroph:  überhaupt  gehört  der  gebrauch 
des  häkchens,  ohne  dasz  etwas  ausgelassen  ist,  zu  den  neu- 
heilen,  er  ist  aus  dem  englischen  angenommen.  Rüuiger 
neuester  Zuwachs  5, 142. 

5)  eigenlhümlicher  weise  ist  in  Mitteldeutschland  hükchen  für 
ein  kleines  glas  brannlwein  in  gebrauch:  kellner,  ein  häkchen! 
wir  wollen  ein  häkchen  trinken  oder  neiimen.  in  diesem  bilde 
hat  die  hakenförmige  bewegttng,  mittels  daen  man  das  glas  sdmtll 
zu  munde  führt  und  eben  so  schnell  wieder  absetzt,  veranlassung 
gegeben. 

6)  sprichwCirllich :  was  ein  häkchen  werden  will,  krümmt 
üicli  bei  Zeiten;  kleine  häkchen  greifen  auch,  von  einem, 
dessen  geisl^nicht  ganz  ge.<iund  ist.  wird  gesagt,  er  bat  ein  häk- 
chen im  köpfe;  eine  sachc  hat  ein  häkchen,  ein  kleines 
hinderuis ;  ein  liükchen  auf  einen  haben,  etwas  böse  auf  ihn 
sein:  ein  liäckgen ,  wenn  man  einen  feindselig  was  nach- 
trägt, daher  mau  sagt :  er  hat  ein  hfickgen  zu  ihm.  H.  Volk 
V.  Wertiu-iiii  anweisung  zur  orthogr.  (ChemnUz  1711)  s.  19.  vergl. 
linke   und  hiiklciii. 


177 


HAKE 


HAKE 


178 


HAKE,  HAkE.N,  w.  uncus.  ahd.  haco,  hägo,  hacco  und 
haggo;  mhd.  hüke  und  hacke,,  hagge,  ivoneben  auch  eine  form 
haken  Muß  (wb.  1,  ori');  ags.  hüc,  engl,  hook;  nl.  haak;  a//- 
nocff.  häki,  dän.  hage,  sc/iu'frf.  hake,  was  die  eigenlliclie  be- 
deulung  des  Wortes  betrifft,  so  dürjte  dasselbe  doch  trul  von  hahan 
hängen  nicht  zu  trennen  und  häko  aus  häh-ko  als  das  inslru- 
ment  zum  hängen  zu  deuten  sein;  nicht  nur  die  form  hache 
uncus  DiEFENBACH  626'  mit  ihrer  gutturalaspirata  spricht  dalür, 
sondern  noch  mehr  die  nasalierte,  in  Tirol  übliche  form  hängken 
(Fromm.  5,  445).  genau  wie  häko  zu  hähan  stellt  sich  ein  in 
Vüiingen  oft  zu  hörendes  fem.  täke  ohrfeige  zu  Jähen  in  der  be~ 
deutung  schlagen  {vgl.  fangen  -21,  th.  3,1315,  und  tirol.  einem 
eine  iächen  eine  ohrfeige  geben  Fhomm.  5,  223).  dasz  der  vocal 
tu  hake,  haken  von  alten  zeiten  her  zwischen  länge  und  kürze 
geschwankt  hat,  wird  durch  die  oben  aufge/ührten,  sowolahd.  als 
mhd.  Schreibungen  bewiesen ;  weniger  spmht  dafür  die  nhd.,  noch 
bis  in  dieses  Jahrhundert  reiciwnde  und  im  17.  und  18.  jahrh. 
ziemlich  aligemeine  Schreibung  hack,  hacke,  hacken ,  da  ck  in^ 
inlaute  misbräuchtich  auch  nach  langem  vocale  gesetzt  wurde 
(Ih.  5,  ü),  und  überdies  zur  ausdrücklichen  bezeugung  der  lange 
auch  haack.  haacken  ge^^chrieben  wird;  im' Bba.nt  und  Reisers- 
BERG  hocken,  hogken  (mit  o  =  langem  a)  brauchen,  indes  ge- 
wahrt noch  KiJCKEnT  die  form  hacken  uncus  im  reime  auf  naeken 
(mak.  2, 15S).  das  schwanken  in  der  quantitdt  des  vocals  befrem- 
det nicht,  wenn  man  erwägt,  dasz  die  wurzeln  von  hähen  und 
fähen  ursprünglich  kurzen  vocal  halten,  und  dasz  die  ersatzlänge 
a  dafür  wahrscheinlich  erst  eintrat,  als  die  rhinistische  ausspräche 
des  kurzen  vocals  (sp.  157)  sich  verlor,  eine  ersatzlänge  die  nie 
allgemein  wurde,  wie  sowol  die  nhd.  praesensformen  von  häh'en, 
Iahen,  hecht ,  fecht ,  deren  kürze  durch  den  umlaul  und  die 
Schreibung  cht  bewiesen  wird,  darlhun,  als  auch  die  ags.  ileraliv- 
form  zu  fähan ,  ags.  fön,  nämlich  feccan ,  welchem  das  sächs. 
düring.  facken,  fackeball  (3, 1229)  sidi  genau  anschlieszt. 

Bedeutung. 

1)  hake ,  haken  im  allgemeinsten  sinne  jedes  an  der  spitze 
krumm  gebogene  ding,  woran  sich  etwas  hängen  oder  woran  etwas 
gehängt  werden  kann,  ein  haken  kann  gewaclisen  sein,  es  ist  der 
krumme  oder  im  winkel  geneigte  ast  eines  baumes  oder  Strauches, 
da  wo  derselbe  mit  dem  stamme  zusammen  stoszt;  oder  er  ist 
künstlich  geschmiedet  oder  gebogen:  haack  uncus,  einer  der  mit 
einem  haacken  zeucht,  hamotraho  Dasyp.  ;  hack  harpago,  pfeil 
beschlagen  in  hackens  weisz,  arundo  hamuta  Maaler  2ü4'; 
angel,  hacken,  kriÄeisen,  hamus ,  uncus,  spiculum,  harpago 
Hexisch  79;  hacken  und  band  ca/di«t's  etplanulae  das.;  anker, 
ein  instrument  im  schiff  von  zweien  hacken,  welches  in  das 
Wasser  eingeworfen  wird,  das  schiff  damit  zu  hetestigen.  71; 
der  hack  am  anker,  ancoraedens,  uncus  das.;  dieser  lad  mag 
aufgezogen  werden  mit  einem  hogken,  der  da  hat  drei  zin- 
ken. Keisersbebg  pred.'ih';  ist  mit  krummen  hacken  allent- 
halben uniher  besetzt,  gleichwie  ein  Stern  anzusehen.  Taber- 
NAEM.  1081;  wenn  man  bei  etlichen  piquen  vorn  zugleich  ein 
scharffen  hacken  macht.  Bockler  kriegsschule  135 ;  einen  hacken 
an  ein  schiff  schlagen,  manum  ferream  navi  injicere  Steinbacii 
1,  665;  er  hatte  sich  mit  einem  langen  hacken  gefast  ge- 
macht, mit  welchem  er  . .  herzu  sprang  und  das  seil  ergriffe. 
IIappel  acad.  rom.  319;  bildlich:  freiwillig  tret  ich  ihnen  ab 
den  mann,  den  man  mit  haken  der  hölle  von  meinem  blu- 
tenden herzen  risz.  Schiller  kab.  u.  liebe  4,7;  —  ferner: 
ein  haken  zum  aufliangen  eines  kleidungsstückes;  ich  finde 
für  meinen  hut  keinen  haken ,  und  wahrhaftig  kaum  eine 
ecke  für  meinen  stock.  Gothe  57,3;  haken  in  der  küche, 
in  der  Speisekammer,  woran  flei.'^chwaaren  hingen ;  haken  ist 
am  seil,  daran  der  kühel  i rfer  fcc;y/cH/e)  gehenget  wird.  Nehri.ng 
bist.  pol.  lex.  (1736 1  oh/i.  46";  haken  an  der  angel,  woran  sich 
die  fische  fangen:  die  weiber  sind  meine  haken,  mit  denen 
ich  nach  den  männern  angele.  Fr.  .Mijller  2,  43 ;  endlich  auch 
ein  hake  oder  haken  am  kleide,  der  in  die  ose  gretß  (vergl. 
liäkchen  2) :  güldene  haken  äve  spangen  spinthera  aurea  Stieler 
730;  das  micder  von  rolhem  saminl,  das  darunter  {unterm 
wamse)  iiervorschaule,  war  nnt  silbernen  haken  und  ketten 
geschninl.  W.  Halff  phantas.  im  Bretner  ralskeller. 

Man  sagte  auch  anatomisch  ein  glied  sitze  in  seinem  haken, 
wenn  es  in  gehörigem  verband  mit  seinem  nächsten  leibestheil  steht : 
also  dasz  männiglich  daselbst  in  dem  wahn  ist,  es  gehe  zu 
unterschiedlichen  zeilen  dem  menschen  die  hirnschale  oder, 
wie  sie  reden,  der  köpf  von  einander,  so  weit  dasz  man 
drei  oder  vier  finger  zwischen  den  risz  einlegen  könte,  wann 
nicht  die  haut  dafür  wäre,  darnach  setze  auch  der  hals  sich 
IV.  II. 


aus  seinem  gliede  abe,  oder,  wie  sie  reden,  komme  aus  dem 
haken,  also  dasz  man  in  der  nackengruben  einen  daum  auf 
den  rückgiad  setzen  könne,  da  zuvor  der  hals  gestanden  ist. 
KüLLEMiAGEx  Wahrhafte  lügen  (1717)  s.  334;  darnach  zieht  sie 
auch  den  hals  wieder  in  seinen  haken.  335. 

Vgl.  auszei-dem  diecomposita  ankerhaken,  angelhaken,  enter- 
haken,  fleischhaken,  feuerhaken,  kanthaken ,  kesselhaken, 
kleiderhaken,  schlüsselhaken,  Widerhaken. 

2)  in  verengtem  sinne  gerät  verschiedener  handwerker,  von  unter- 
schiedener gestall  und  unterschiedenem  gebrauche,  das  gemeinsame 
merkmal  ist  die  vorn  gekrümmte  form  des  geräts.  Iiaken  führen 
als  weikzeug  böttcher,  drechsler,  eisengieszer,  scliriflgieszer ,  seiler, 
tuchscherer  u.  a.  Jacobsso.x  2, 189.  Schriftsetzer  u.  a.  bedienen 
sich  für  ihre  arbeil  des  Winkelhakens,  s.  d.  auch  der  schniiter 
braucht  einen  haken : 

ich  liesz  mir  auch  nachher  den  haken  weisen, 

das  Werkzeug  ihrer  linken  band, 

.«0  denn  nicht  weniger  verstand 

uns  zeigt,  und  ebenlalls  vernünftig  zugerichtet, 

da  man  damit  .  .  die  ähren  biegt  und  schlichtet, 

wozu  es  vorn  gekrümmt.  Brockes  7,  231. 

3)  haken,  hakenpflug,  eine  art  pflüg  ohne  rüder  und  vorder- 
pflug,  dessen  gestalt  einem  haken  in  einem  spitzen  winkel  gleicfä. 
die  behauptung  dasz  der  haken  slavischen  vülkern,  der  pflüg  da- 
gegen deutschen  eüjCn  sei  (gramm.  3,  414  note)  ist  in  dieser  all- 
gemeinen ausdehnung  nicht  richtig;  das  golh.  höha  pflüg  Luc. 
9,  62  kann  mit  haken  der  form  nach  leicht  vermittelt  weiden  und 
der  haken  ist  der  Vorläufer  des  pfluges,  sowol  in  slavischen  als 
deutschen  gegenden  da  zu  treffen,  wo  entweder  (wie  in  gebirgs- 
gegenden)  die  geringe  ausdehnung  des  ackerlandes  auf  die  Ver- 
besserung der  Pflug  Werkzeuge  nicht  hingewiesen  hat,  oder  ivo  die 
bevölkerung  an  allüberlieferten  gerätschaflen  zäh  fest  hält,  der 
haken  ist  nicht  nur  in  Siederdeutschlaud  gebräuchlich  (D.äiinert 
16S*,  Daxneil  76'),  sondern  findet  sich  auch  an  der  oberpfälzisch- 
böhmischen  grenze.  Schmeller  2, 164.  der  name  des  gerates  wird 
in  mittellat.  quellen  als  uncus  aratrum  übersetzt  (origines  Livoniac 
V.  Gkuuer  1740  s.  26S) ;  der  haken  wirkt  ebenso  wie  der  pflüg, 
als  ein  keil  ...  das  spitze  und  zweischneidige  oder  mehr 
schaufelartige  schar  des  hakens  dringt  in  den  boden  ein  und 
reiszt  ihn  auf.  Schober  lehrb.  der  landwirtschaß  11&4S)  1,  237. 
nach  diesem  pflüge  heiszt  auch  an  gewisses  ackermasz,  landschaft- 
lich von  ungleichem  gehalle,  haken  (Frisch  1,398'):  et  scholen 
och  de  vorbenomede  lüde  tue  ore  .  .  van  einen  idtliken 
haken  krume  tho  gewen  schnldich  sin.  urk.  des  bischofs  von 
Kurland  von  1341  bei  Rüszwlrm  Eibofolke  (Reval  1855)  1,189; 
damit  .  .  die  gemeine  gewisse  Verordnungen  wissen  möge, 
was  sie  jährlich  von  jedem  haken  landes  abzutragen  ver- 
pflichtet sei.  urk.  v.  1600,  das.  s  193.  man  hat  gewiss  als 
viaszslab  für  diesen  landtheil  die  leistungsfähigkeit  eines  haken- 
pfltigs  in  einer  gewissen  zeit,  etwa  einem  tage,  zu  gründe  gelegt. 

4)  haken  als  folterinstrumenl :  einen  in  die  haken  w  erfeu, 
unco  suspendere  aliquem.  Frisch  1, 39S'. 

5)  haken  heiszen  auch  wegen  der  uhnliclikeit  gewisse  zahne  des 
Pferdes,  franz.  crochets:  hei  den  pferden  folgen  nach  den 
back-  oder  slockzähnen  zuerst  die  haken,  dann  kommen  die 
eckzähne,  hierauf  die  mittelzahne,  endlich  die  zangen.  Nem- 
NiCH  3,  322.  auch  der  hirsch  hat  haken :  gränel ,  haken ,  die 
zwei  stumpfen  zahne  zu  beiden  seilen  oben  im  maule  eines 
hirsches.  2,  971. 

6)  haken  für  winkel  oder  krümmung,  mehrfach  in  technischer 
spräche;  in  da-  kriegsbaukunst  bezeichnet  es  die  wendung  im  lauf- 
graben  (Jacobsson  2,189');  bei  den  bergleulen  eine  krümmung 
im  Schacht:  wenn  der  gang  aus  seiner  stunde  (riclitung)  ab- 
setzet, so  spricht  man,  der  gang  wirft  einen  hacken,  bergw.- 
lex.  28l'.     das  ist  auch  sonst  gebräuchlich: 

darurob  er  auch  im  hui  erregt 
mit  plötzlicher  ankuiit't  zum  scherz 
hauptmans  Mnsiibihacis  herz, 
dasz  er  ein  hacken  warf,  auch  sich 
wendet,  und  von  der  wahlstadt  wich. 

Fccds  mückenkr.  2,  727. 

in  der  Jägersprache  lieiszt  es,  wenn  der  hase  durch  Seitensprünge 
den  hunden  zu  entkommen  sucht,  er  schlage  haken,  s.  baken- 
schlagen. 

7)  haken ,  ein  bis  in  das  17.  jahrh.  gebräuchliches  schweres 
feuergewehr,  mit  einem  haken  am  schaß,  mittels  dessen  es  auf 
einem  be.':onderen  gestelle  befestigt  ward,  ihrer  grösze  nach  wurden 
sie  eingethcilt  in  doppclhaken  (2, 1264),  ganze  haken  und  halbe 
haken :   als  hab  ich  mich  . .    mit  einem  faustiohr  (sintemal 

12 


179 


HAKE  — HÄKELARBEIT 


HÄKELEI— HÄKELN 


180 


ich  keinen  halben  hacken  zu  l ragen  vermag)  . .  wider  den 
erbfeind  beweisen  wollen.  B.  Hincwai.ü  l.  w.  A  4';  und  also 
hauszbalten,  dasz  . .  ein  halber  hack  nnd  langer  spiesz  (das 
wir  des  betlelslabs  und  krucken  geschweigen)  nicht  ihr  besz- 
ter  hauszralh  sei.  Matiies.  Sar.  2ü';  dasz  hinlürder  khein 
bauptniann  kheines  abgesturbcnen  khncchts  wer,  riistung, 
ha  gen,  khluider,  oder  paarschaft  zu  seinen  banden  nenie. 
Mü.NE  anzeiger  lb39  sp.  171  (ronl583);  ein  jung  weib  hat  ein 
todl  kind  bracht,  ehe  es  aber  gar  von  ihr  koinnien,  hat  es 
einen  knal  inn  ihrem  leib  gethan,  als  wenn  man  einen  hacken 
abschusse,  ist  das  fewer  mit  heraus  gt;lalirn.  Nigrinus  payisl. 
ittquis.  682; 

die  kneclit  thetten  sie  zwacken  {im  kämpf) 

trieben  sie  von  der  wer 

mit  iren  halben  liacken.     Sültau  volksl.  32S  (i;.  1529); 

der  backen  dunkler  blitz,  der  stücken  trübe  glut. 

Flemimc  591 ; 
wenn  nun  die  hacken  begönnen  zu  grüszen, 
dasz  iiicb  die  wölken  entsetzt  und  zurissen; 
wenn  der  cartaunen  blitz  doiincr  und  krachen 
lustig  erkuullel:  wer  walte  nicht  lachen? 

A.  Grvphius  IööS  s.  4l)S  (l(Ht8  1,  617). 

8)  spricIiirOrtliclie  redensarlcn  fuszen  auf  der  allgemeinen  he- 
deutuiig  1  des  uortes.  vcrbrcitel  und  uU  ist  das  Sprichwort  was 
ein  haken  werden  will,  krümmt  sich  bei  zcilen,  es  meint 
nicht  den  künstliclien  haken,  sondern  den  gewachsenen  hakenartigen 
ast  des  baitmes: 

mhil.  swaj  zeirae  hangen  werden  sol, 

das  knimbet  sich  vil  vrüeje.    truj.  kr.  6400. 
vhd.    man  sagt,  was  ein  gut  liack  will  werden, 

das  krnmt  sich  zeitlich  bei  der  erden. 

ß.  Waldis  Exoji  4,  6,  45; 

was  auch  ein  guhier  hak,  berr  Dreier,  werden  will, 

der  wird  bei  Zeiten  krumm.  Rist  l'arn.  I2U. 

In  andern  Wendungen  isl  der  haken  das  biUi  nicht  nur  des 
hindcrnisses.  Widerstandes,  aufcnlhaltes ,  sondern  auch  der  wider- 
haarigkeü  und  liedenkliclikeil :  ein  mann  voll  jmistischer  und 
publicislischer  haken,  bissig  und  pedantisch.  Stein  bei  I'erlz 
3,358;  die  Sache  hat  einen  haken,  ist  nicht  glall  und  ohne 
bedenken :  ha !  das  musz  einen  haken  haben,  avantur.  1,  219 ; 
aber  die  sache  bat  noch  einen  andern  haken.  Wieland  (184ü) 
23,  186  (Aristipp); 

Fl.  das  ist  das  schönste  pferd,  das  ich  im  leben 
gesehn;  mich  wundert  sehr,  dasz  es  die  lierni 
nicht  besser  schätzen.     W.  das  hat  seinen  haken. 

TiKCK  /;(iis.  ücluvinn  2,  1.  aufz. 

ein  schwedischer  fluch  der  Ungeduld  isl  für  tusanhakari;  ferner 
CS  ist  mit  alledem  so  ein  kleiner  haken  zwischen  den  beiden. 
Lenz  1, 303,  ein  kleiner  Zwiespalt.  —  Haken  auch  als  bildlictier 
ausdruck  /«r  anhält:  er  sucht  einen  haken,  um  von  der  sache 
los  zu  kommen;  an  einem  orte  haken  anschlagen,  sich  dort 
festsetzen,  wie  man  durch  den  enteibaken  auf  einem  schiffe  fetlen 
jusz  faszl: 

er  kan  dergleichen  nicht  vertragen, 
dasz  ich  in  Andalus  hab  hacken  angeschlagen, 
und  so  viel  lands  besiegt.      Ghkpi.incer  CiU  üviij'; 

nicderd.  en  haken  anslan  (Schütze  2,  90,  DXiinert  108'),  was 
meist  von  einem  heiratsluüigen  gesagt  wird,  der  in  eine  famdie 
kommen  will,  haken  dient  endlich,  wie  spätren  als  bezeichnung 
eines  becintrachtiiiten,  nicht  völlig  klaren  Verstandes:  er  bat  einen 
haken,  ist  niclii  ganz  klar  im  köpfe,  im  niedad.  braucld  man 
dutelbe  Wendung  hai  lieäd  en  büken  für  er  isl  trunken.  Fko.mm. 
5,  72. 

HAKE,  f.  pforle  vor  einem  hofe  oder  umzäunten  landslücke, 
die  gewöhnlich  durch  einen  schwebenden  oder  hangenden,  drehbaren 
querbalken  gebildet  wird;  dann  überhaupt  auch  ein  garlenlhor. 
ein  niederdciilsfhes  wort  (Fkomvi.  2,  31;!):  es  kann  aller  auf- 
mcrk«anikeil  uiigeacblel  geschehen,  dasz  ein  reisender  oder 
nachlässiges  gesinde  die  ;>o  gi-nantc  h;)kc  offen  l.'issl,  da  denn 
die  auf  dem  verschlossenen  hole  iam  enden  Schweine  . .  ins 
feld  laufen,  der  mann  dem  die  schweine  gehören,  empfindet 
den  ücbaden  am  mehrslen,  weil  seine  lilndereien  zunüchst 
an  der  hake  liegen  und  das  vieh  zuerst  hierauf  fallen  wird. 
Moser  jialr.  phunt.  3,  217. 

HAKKISK.N,  m.  I)  da»  pflugsdiar  des  hakcnp flugs.  Jacobsson 
2,  IH"»',  2)  ein  vorn  gekiümmtes  Werkzeug  der  zinngiesur ,  um 
die  zinnijfft-yzr  ivnenduj  alizudirhen    das. 

HAhKLAUÜLIT,  f.  aibeil  die  mit  einer  bäkrlnadel  gemacht 
irird:  franze  cur  garnilur  vun  beltdecken,  hUkelarbeil.  baiar 
186S,  i.  37*. 


H.\KELE1,  /.  l)  A7e(Her  zwist,  zank  {cgi.  häkeln  2  o.  e.). 
nicderd.  ha;kelie  Sciiamhacii  71':  die  kleinen  häkeleien  eines 
liebcspaares;  häkeleien  der  gelehrten,  die  nur  zu  oft  in  grob- 
heiteu  ausarten. 

2)  soviel  wie  häkelarbeit.  Hia«  hört  sagen  das  mädchen  ar- 
beitet an  einer  bäkelei ;  die  häkelei  isl  vorzüglich  ausgeführt. 

HÄKELHAKLN,  m.  der  haken  einer  hukeluadel:  da  wol  jede 
unserer  lescrinnen  mit  einem  häkelhaken  umzugehen  weisz. 
bazar  1868,  s.  43'. 

HÄKELN ,  verb.  frequentalivbildung  zum  rerbum  haken ,  oft, 
namentlich  in  üllern  quellen,  backein  geschrieben,  aus  welcher 
Schreibung  jedoch  noch  nicht  ohne  weiteres  auf  die  kiirzc  des  vor- 
hergehenden vocals  geschlossen  werden  kann  (vgl.  hake  sp.  177). 
es  stelU  in  nwhrcrcn  bedeutungen. 

1)  mü  hakender  bewcgung  fassen,  greifen:  wie  in  einem  ro- 
man ,  so  häkeln  sich  im  leben  tausend  leise  zusammenge- 
rückte geringfügiKkeiten  endlich  fest  in  einander.  J.  Paul 
Ihsp.  4,  132;  auch  mit  seinem  doktorring  häkelte  er  weib- 
liche Seelen  an  sich  an.  1,  48;  sie  müssen  hacken  haben, 
damit  sie  an  einander  können  gehäkelt  werden,  hamata  esse 
oportet,  ut  concalenari  inviccm  possint.  Stei.nuacu  1,665;  zu- 
sammen häckcin  fibulare  das.; 

da  häckelt  —  jetzt  hat  er  am  längsten  gelebt  — 
den  zipl'el  ein  eiserner  zacken.     GöTue  I,  23t 
mir  versagt  klettern  und  sprang, 
ein  zaulicr  bleit  mich  nieder; 
ein  Zauber  häkelt  mich  wieder, 
ich  arbeite  mich  ab  und  bin  matt  genung.    2.93, 
doch  sieh  die  spinne  rutschend  hin  und  her, 
schon  zieht  sie  des  gewehes  letzten  laden, 
wie  perlen  klar,  ein  diiltig  ellenkleid; 
viel  edle  funken  sind  durin  entglommen; 
da  kommt  der  wind,  und  häkelt  es  vom  haid, 
es  steigt,  es  llattert,  und  es  ist  verschwommen. 

Dkostk-Hülsuoff  i/t'rf.  40. 

GöTHE  gewährt  auch  die  form   backein : 

man  längt  den  lisch,  man  fängt  ein  scbilT, 

und  ist  man  erst  der  hcrr  zu  drei, 

dann  hackelt  man  das  vierte  bei.    41,  3ü3. 

häkeln  heiszl  auch  ein  spiel ,  in  dem  zwei  gegner  die  gekrümm- 
ten finger  der  hand  in  einander  fügen  und  sich  so  fort  zu  ziehen 
suchen,  Schweiz,  häggeln,  ha-ggeln  Stalder  2,11;  kärntn.  häg- 
geln  und  hanggeln  Le.\er  13;i,  oberbair.  bakein:  zwei  männer 
versuchen  es,  mit  dem  mittellinger  ihrer  rechten  hand  einan- 
der über  eine  gewisse  liiiie  zu  zerren^  welche  zu  diesem 
behüte  mit  kreide  auf  dem  boden  angebrijcht  worden  ist. 
diese  Übung,  welche  man  hakein  nennt ,  erfordert  eine  be- 
trächtüclie  anspaunung  der  muskelkraft  in  den  ubern  extremi- 
täten.  illuslr.  zeilg.  1868  mü.  12^6.  ein  anderes  (st  eine  bretzel 
häkeln,  hier  reiszcn  zwei  mit  gekrümmten  und  in  die  bretzel  ge- 
hakten fingern  dieselbe  auseinander ;  dieses  spiel  wird  niederd.  hake 
genannt.  Schütze  2,  91. 

2)  häkeln,  von  katzen  und  andern  mU  klauen  versehenen  thie- 
ren  gebraucht,  wenn  sie  mit  denselben  nach  etwas  fahren:  die 
katze  häkelte  ihm  nach  den  äugen ;  die  wilden  katzen  ranzen 
im  hurnuug,  und  häckeln  und  würgen  sich  die  kuder  (kaier) 
um  eine  katze  mit  einem  eibärmliclien  geschrei.  Heite  leil- 
/iu»(i  296;  der  geicr  häkelt  die  tauben,  milvus  columbas  inun- 
cat.  Stiei.er  730.  daher  auch  übertragen  von  zankenden:  sie 
häkeln  sich. 

3)  häkeln,  mit  der  häkelnadel  (s.d.)  arbeiten:  das  mädchen 
häkelt  schon  recht  gut;  die  tochter  bat  ihrem  vater  zum 
gebuilstage  eine  börse  gehäkelt;  dann  häkelt  man  noch  eine 
feste  ketteumascbe.  bazar  itios,  s.  43". 

4)  häkeln  heiszl  übertrutjen  tadeln,  bedenkliches  an  etwas  finden, 
nach  häkelten  6  und  hake  S;  hier  beliebt  Uötiie  die  reimspie- 
lende Verbindung  häkeln  und  mäkeln:  wer  nicht  einsieht,  wie 
das  wahre  praktisch  erleichtert,  mag  gern  daran  mäkeln  und 
bukeln     J-i.  -J.vi; 

li.ihen  da  und  dort  zu  mäkeln, 
.111  dem  niiszern  rnnd  in  häkeln, 
machen  mir  den  kleinen  krieg.    4,  372. 

.'.)  eine  andere  bildung  ist  häkeln  in  der  bedeutung  mit  kik- 
chen  renrhen ,  in  welcher  es  unmiltelliar  zu  mhd.  ha'kel ,  nhd. 
bäklein  tritt;  gehäkelter  saine,  .solcher  der  mit  kleinen  hakchen 
verschen  ist:  sein  lierz  hing  .«ich  wie  gehäkelter  sauie  überall 
an.  J.  I'ai  L  llesp.  I,  167.  da  hakchen,  häklein  auch  den  apo 
slroph  bezeichnet,  so  heiytl  häkeln  mit  einem  sidchen  zriclwn  ver- 
seilen: solltü  die  schiifl  alle  vocule  luuhholeii,  die  uiluiäh- 
lich    zwischen    den    bui  lislaben     unserer    wöiter    ausgefallea 


181 


HÄKELNADEL  —  HAKENGULDEN 


sind,  sie  hätte  nichts  zu  thun  als  zu  häkeln,  und  wer  würde 
setzen  mögen  Eng'land,  men'sch.  J.  Grimm  kl.  sehr.  1,  350. 

HÄKELNADEL,  f.  nadel  die  zu  der  weiblichen  handarbeil  des 
häkelns  dient. 

HÄKELC.NG,  f.  aduncilas,  atlradio,  lacsio.  Stieler  730. 

HÄKELZEüG,  n.  gerdischaßen  zur  häkelarbeil. 

HAKEN,  m.     s.  hake. 

HAKEN,  rerb.,  in  mehreren  bedeutungen. 

1)  mit  haken  versehen,  krumm  machen,  krümmen:  uncare 
haackeu ,  kryinmen,  hachen,  beugen  Diefenb.  U2ü';  uncire 
haacken,  hacken  das.;  heken  uncare  voc.  opl.  1501  Hh  l\ 

2)  mü  haken  fassen:  die  angel  hakt  den  fisch;  der  heftel 
hakt  in  die  oese;  mich  däucht  das  ühel  miiszte  bei  der  tief 
in  die  Verfassung  liakenden  würze!  angegrilTon  werden.  Stol- 
BERG  8,  2S9;  hnndert  kleine  fingerlange  garstige  kcrlchen 
hakten  sich  fest  an  dem  ganzen  leibe  des  herrn  Dapsul  von 
Zabelthau  und  warfen  ihn  rücklings  nieder  in  eine  grosze 
Schüssel.  E.  T.  A.  HoFFMAXN  4,329.  von  einem  gesagt,  der  sich 
mit  gekrümmlem  arme  an  seinen  begleiler  hängt:  mein  freund 
hakte  sich  in  meinen  arm  und  wollle  mich  fort  ziehen; 
das  üt  wie  niederd.  in  haken,  den  arm  eines  bcgkilers  annehmen. 
Schütze  2,  90.  —  In  i^iederJeulschland  heUzl  auch  jenes  kampf- 
sjiiel,  was  unter  häkeln  1  erwähnt  ist,  haken.  Müi.le.nhüff  gloss. 
2.  Quickborn. 

3)  haken,  wie  ein  haken  hapen;  die  angel  hakt  am  fische; 
der  heftel  hakt  fest  in  der  cese.  daher  übertragen:  da  hakt 
es,  wenn  eine  sache  nicht  weiter  will;  er  hakt  fest  in  seinen 
spitzfindigen  grübeleien ;  niederd.  dat  hakt  sik,  «•///  nicht  fort, 
stuckt.  Schütze  2,  91. 

4)  endlich  nach  hake  3  bedeutet  haken  auch  mit  dem  haken- 
pßuge  arbeUen,  die  äcker  mit  haken  umbringen.  Dähnert  1<;8'. 

Der  slammhaße  vocal  dieses  wortes  hat  wol,  ebenso  wie  das 
subst.  hake,  ton  alters  her  neben  überwiegender  länge  auch  kürze 
gezeigt,  ist  die  Schreibung  hacken  dafür,  wie  oben  {sp.  177)  aus- 
geführt, an  sich  noch  nicht  beurisead,  so  doch  die  in  Iheilen  von 
l\iederdeutschland,  namentlich  Mecklenburg,  herschende  au-tspraehe, 
man  hört  dort  mü  kürze  es  hackt  lest ;  zwei  blälter  hacken 
{hängen ,  kleben)  an  einander,  es  hat  also  /«'«•  formale  ver- 
vnschung  mit  hacken  sp.  103  statt. 

HAKENÄUTIG,  adj.:  die  einbildungskraft  hat  nichts  da- 
wider sich  die  haarspitzen  hakenartig  zu  denken.  Gütiie 
6,  107. 

HAKKNAST,  m.  der  gekrümmte  nebenasl  eines  baumes,  an  dem 
die  fruchte  desselben  sich  ansetzen:  hakenäsic,  fruchläste,  im 
gegensalz  der  ghederäsle  oder  holzäste.  Nemnich  wb. 

HAKENBAND,  n.  mit  einem  Ohre  versehenes  eisernes  band, 
das  sieh  um  einen  haken  oder  eine  angel  [Ihürangel)  dreht.  Adeiung. 

HAKENBAL.M,  m.  das  vordertlwil  des  ackerhakcns,  an  den  die 
och.-^en,  die  den  letzteren  ziehen,  gespannt  werden. 

HAKEN  BEIN,  n.  eine  kleine  erhnhung  hinten  im  knie,  über 
der  knieiirhle  der  pferde.  N'emxicii. 

HAKENBLLME,  /".  crinum.  Nemnich  2, 127S. 

HAKENllOiniEB,  m.  bohrer  mit  einem  haken  vorn,  utn  brun- 
nenrOhre  auszubohren.  Jacobsson   2,  tsy'. 

HAKENBÜCHSE,  f.  grüszere  Handfeuerwaffe ,  die  mittels  eines 
hakens  auf  einem  gcstctlc  befestigt  wurde  (vgl.  haken  7  sp.  17s»): 
also  hat  aian  auch  hackenbiichsen ,  die  seiiui  etwas  kleiner 
und  ringer  denn  die  doppelhucken.  Fro.nsp.  kiiegsb.  1,  32'; 
ihr  edelluut  füren  den  nieislen  teil  hackenpuchsen  zu  rosz. 
wahrhaß.  u.  gewisse  newe  zeilg.  (154:J)  B'; 

hackenbuclisen  zwene  grosse  wagen 
haben  si  fanden  ul'  dciue  luger. 

LiLiBNCRON  vulksl.  2,  87'  (».  1470). 

H ARENFORM,  f.  form  eines  hakens:  ein  eisen  in  haken- 
forin;  ein  ast  in  hakenform  gewachsen,  auch  die  form  Hnes 
ackerhalcens ,  hakenpflugs:  die  hakenform  ist  durchaus  nicht 
befähigl,  zum  glattuniwendeu  (des  ackers)  zu  dienen.  Schober 
lehrbuch  der  landwirtselmß  (1S4S)   1,  235. 

HAKE.NFÜHMIG,  adj.  unciniformis,  aduncus:  die  kronläpp- 
chen  der  blume  (crinum)  sind  hakenförmig  gebogen.  Nemmcu 
2,  1278. 

H.\KENGELD,  n.  geldpreüs  für  die  besten  schüssc  aus  einem 
haken,  vgl.  Frisch  1,399*:  uinbs  backengeldl  scbieszen.  Kirch- 
hof milU.  duscipl.  80. 

HAKENGLLDEN ,  m.  als  preis  ausgcietzlcr  gülden  für  die 
besten  Schüsse  aus  einem  haken :  wollen  die  hauptleul  die 
schützen  lassen  uml»  den  hackengülden ,  nach  ii  er  gewon- 
Ueil,  schiessen.  hiRCHiioir  wcndunm.  üö';   so  viel  naher  oder 


HAKENHAUE— HAKEN^VE^^)ÜNG         18^ 

v\eiler  einer  nun  nach  dem  vorgestelten  ziel  oder  Scheiben 
troffen,  so  viel  mehr  oder  minder  wirdt  im  vom  hackengül- 
den geben,  milil.  diicipl. 

HAKENHAUE,  f.  breite  eingebogene  haue,  womit  minierer  den 
lehmigen  und  festen  boden  aushauen.  Jacobsson  2, 190*. 

HAKENHLFE ,  f.  in  ISiederdeutschland  ein  gewisses  feldmasz, 
vgl.  hake  3  sp.  ITS:  hakenhove,  ein  stück  von  15  morgen 
landes.  Dähnert  16S';  iu  den  fiirsilichen  emptern  aber  sollen 
von  einer  jeglichen  hakenhufe  zweene  gülden  geliefert  wer- 
den. MicHÄL.  alt.  Pommern  5,  204. 

HAKE.NJOCH,  n.  der  jochbaum  des  hakenpflugs.  Jacobsson  6, 9". 

JL\KENKOFF,  m.  beim  seiler  ein  geluiuse  am  obern  theile  des 
Spinnrades,  in  welchem  die  haken  befestigt  sind,  die  den  zu  spin- 
nenden faden  tragen. 

H.\KENKHEUZ,  n.  an  den  enden  mü  haken  verseiwnes  kreuz 
(lu^aldisch).  Adelung. 

HAKENLACHS,  m.  das  männchen  des  lachses,  wegen  seines 
hakenförmigen  ansalzes  an  der  untern  kinnlade;  schwed.  krok- 
lax.     sonst  heiszt  dieser  fisch  auch  hagen,  haggen.    vgl.  sp.  151. 

HAKENLILIE,  /.  crinum.  Nemnich  2, 127S. 

H.\KEN.MÖHSEB,  m.  handniarser ,  um  granatcn  daraus  zu 
werfen.  Frisch  1,399".    vgl.  hakenbüchse  und  haken  7  sp.  178. 

HAKENNADEL,  f.  eine  eiserne  nadel  mü  einem  haken,  die 
stärke  des  metalls  an  einem  geschülze  durch  das  Zündloch  zu 
messen.  Jacobsson  2, 190*. 

HAKENOCHSE,  m.  der  geschnittene  ochse,  der  zum  ziehen  des 
hakenpflugs  verwendet  wird.  Jacobsson  2, 190*. 

HAKENPFEIL,  wi.  pfeil  7nü  Widerhaken :  degen  oder  Schwer- 
ter, hackenploil  oder  andere  kriegswaffen.  Paracelsos  cliirurg. 
schrißen  (lülS)  s.  ö"; 

Cupido  treit  syii  bogen  blosz, 

uir  yeder  .syt  ein  kodier  grosz; 

in  eini  hai  er  vil  hockeiiptil, 

do  mit  trifft  er  der  narren  vil; 

ilie  sint  scharpT,  gülden,  hockecht,  spitz.  / 

Bkaist  narrensch.  13,  27. 

HAKKNI'I-LUG.  m.  eine  ort  pflüg,  was  haken  3  sp.  178. 

HAKENPFLÜGEN,  n.  das  arbeUen  mit  dem  hakenpflug: 
übrigens  soll  man  die  felder  nach  dem  haackenpOügen  oder 
balkenstreifen  nicht  bald  einegen,  weilen  sich  der  erdboden 
sonst  zu  sehr  zusammen  ziehet,  ücon.  lex.  SS4. 

HAKENPLLVEH,  «.  besondere  arl  pulva-  zu  den  hakenge- 
schülzen.  Frisch  1,  399'. 

HAKENBAÜ,  n.  in  den  uhren  ein  rad  (Belgrad),  dessen  zahne 
kleinen  haken  gleichen.   Campe. 

HAKENSCHAIt.  h.  schar  des  hakenpfluges. 

HAKENSCHEIBE,  f.  in  der  landuirtschaß  eine  eiserne  scheibe 
mü  einem  haken,  welche  an  den  achsenschenkel  geäecJü  wird,  das 
dritte  auf  der  wüdbahn  gehende  pferd  daran  zu  spannen.  Adelung. 

HAKENSCHLÄGEN,  n. :  bakenschlagen  sagt  man,  wenn 
der  hase  durch  absprünge  den  hunden  zu  eulkommen  sucht. 
Beulen  jagdcalechismus  (tS2S)  s.  238.     vgl.  hake  6  sp.  178. 

HAKENSCHLÜSSEL,  >».  Schlüssel,  der  anstatt  des  hartes  nur 
einen  haken  hat,  nachscidüssel,  dietridi:  einige  solcher  Schlüssel 
(nachschlüssel)  sind  nur  ein  haken  oder  vornen  kium  ge- 
bogenes eisen,  die  heiszt  man  hakenschlusscl.  Frisch  I,  197'; 
der  kleinschmied  kam  endlich  gegen  den  abend  mil  seinen 
hakenscblüsseln  an  und  eröBnele  die  thüre.  Pierot  4,144. 

HAKENSCHÜTZE,  m.  der  aus  dem  haken  (7  sp.  17S)  schieszt: 
hakenschülze  sclopetarius  SuEi.ERTiO;  die  backenschülzen,  so 
an  den  fliiglen  neben  den  raisigen  angehenkt  gewesl,  von 
denselben  ist  nicht  ainer  davon  koiuen.  wahrhaß.  u.  gewisse 
ncwe  zeitfi.([bri)  Aiiij";  schickten  ihm  hierauf  ausz  gemeiner 
siewr  sechs  und  zwenizig  vierzeben  niillion,  zwo  cronen  und 
ein  halb  pistolet,  von  volk  aber  fiiiifzehen  tausend  gerüste- 
ter lüszknecht,  treissig  zwei  tausend  liiiger  pferd,  vier  und 
zwenizig  neun  tausend  backenschülzen.  Guri;.  262';  zwei  lau- 
sendt  backenschülzen.  Kirchhof  mihi,  discipl.  195;  und  die 
deutschen  doppelsoldner  und  hakenschülzen  schössen  so  hef- 
tig auf  die  feinde,  das  sie  endlich  vergebens  mustcn  ab- 
weichen. Waissel  239. 

HAKENSTOCK ,  m.  stock,  dessen  oberes  ende  in  einen  haken 
ausläuß:  ich  risz  cpheu  von  der  mauer  herab  und  machte 
kränze  und  schwang  sie  mit  meinem  hackenstock,  mit  dem 
ich  hinauf  geklellerL  war,  weit  ii"Ndie  DulL  Bettine  briefe  1, 276. 

IlAKENWENDüNG,  f  die  umwendung  mü  dem  halcenpfluge 
beim  stürzen  des  ackers;  dann  auch  ein  Lingenmasz ,  das  einen 
so  langen  räum  umfaszt,  als  man  mü  einem  haken  oltne  umzu- 
wenden zu  ackern  pflegt,  Jacobssüs  2, 190*. 


1S3 


H  AKENWIRBEL  —  HÄKLEIN 


HXKLICH  — HALB 


184 


HAKEiWVIPiBEL,  m.  eine  gattung  infustonslbicre ,  brachionua 
uncialus.  Nemmcii  1,  65S. 

HAKENZAHiN,  m.  sinlzer  zahn  der  fferde  zunächst  bei  den 
eckzahnen  (s.  haken  5  sp.  178):  diese  Laackenzühne  wachsen 
ellkhen  pferden  von  einem  jähr  zum  andern  langer,  und 
\Yerdcn  oflermahis  so  hoch,  dasz  die  pfcrde  dadurch  am 
fressen  verhindert  werden,  öc.  lex.  S83. 

HAKENZEUG,  n.  das  sensengeslell,  wegen  der  daran  befestig- 
ten, zum  sammeln  der  gelreidehalme  dienenden  haken:  bock, 
bockzeug,  hakenzeug,  das  hölzerne  gesteile  zu  einer  korn- 
sense.  Jacobsso.n  1,  24ü*. 

IIÄKEU,  m.  l)  der  mit  dem  hakenpflug  pflügt;  knecht,  arbeits- 
mann.  Dämxlrt  16G'. 

2)  der  kleine  bauer ,  der  sein  land  nur  nach  haken  (sp.  178) 
messen  kann,  im  gegensalz  zum  hiifncr,  dem  groszbancr :  hüker, 
eine  art  geringer  unterthanen,  incola  qui  parvam  agri  partem 
habet.   Frisch  1,  395'. 

HÄKEÜGÜT,  m.  das  gut  eines  häkers,  kleinbauers.  Frisch 
1,  395'. 

HAKICHT,  adj.  mit  haken  versehen:  uncinus  hakich,  «nfi- 
nosus  haeclielht  Diefenb.  C2G';  häckicht  vncinatus ,  hamalus 
Steixbach  1,665;  in  der  band  zwei  hackichte  spiesze.  Lohen- 
STEiN  Arm.  1,1162; 

die  (pfeile)  sind  scharpf,  gülden,  hockicin,  spitz. 

Bkant  nnrrcnscli.  13,  27. 

HAKIG,  aJ;.  einen  haken  habend: 

.  .  komm  auch,  Jüngling,  des  haiiigen  pllnge.s  erfinder. 

Viryils  läiidt.  ijed.  von  Voss  3  s.  5, 
nach        uncique  puer  monstrator  aralri.    gcorg.  1,  19; 
.  .  mit  scharfhacliiger  angel.    Odyssee  12,  332. 
HÄKLEIN,  n.  dim.  zu  hake. 

1)  kleiner  haken:  unculus  ein  hcckliii  Diefexu.  026*;  bäckle 
Itamulus  Maaler  204*;  und  machet  fünfzig  gülden  hccklin, 
und  füget  die  teppicb  mit  den  becklin  einen  an  den  andern 
zusamen,  das  eine  wonung  würde.  2  Jlfos.  3(i,  13;  und  machet 
ja  fünfzig  elirne  becklin ,  da  mit  die  hüKe  in  eins  gefüget 
würde,  v.  18 ;  und  brachten  die  wonung  zu  Mose,  die  hüllen 
und  alle  ire  gerele,  becklin,  breiter,  riegel,  süulen,  füsse. 
3?».  33;  dise  kartenslengel  bringen  oben  an  den  gipfeln  rauhe 
igeisköpflein,  mit  scbarpfen  rnmbgebogenen  bäcklein,  zwischen 
denselben  häcklein  dringen  kleine  weisse  blümlein  berausser. 
l?ocK  kruulerbuchna';  hiiklein  sive  gabicin  an  den  Weinreben, 
clacicula,  claviculus  Stieler  730;  üäklein  am  kleide,  zum  zu- 
hükeln  desselben: 

auch  liab  ich  nudeln,  pursten  und  kern, 
Ijiigcrhuot,  taschen  unri  nestcl  vll, 
belllein  und  lieklein,  wie  niansz  wil. 

fasln,  sp.  477,  27. 

2)  häklein  6JW/jc/j /«r  (fos,  was  einem  anhaßet,  rnakel:  jedoch 
ist  er  darvon  kommen,  vom  richter  absolviert,  doch  nicht  on 
nachlhcil,  mukel  und  bäcklin,  er  tragt  schaden  oder  scband 
davon.  Acnic.  spr.  (l56ü)  55*, 

3)  eine  sacbe  bat  ein  bäklein,  etwas  an  ihr  haßendes ,  so 
dasz  sie  nicht  glatt  und  klar  zu  tage  tritt,  ein  bedenken,  ein  aber: 

mild,  ich  alite  da^  sie  biJerbc  st 

und  doch  niht  arger  liste  vri; 

da  si  vil  lihte  ein  htikcl  bi.    Ilelhtirnj  I,  1U92; 

nhd.  danimb  wie  wol  golt  alles  in  allen  wirkt ,  so  hat  es 
doch  ain  sonders  bäcklin  und  ortbandlin  mit  dem  men.<!chcn, 
das  golt  nicht  on  in,  das  ist,  on  seinen  willen,  mit  gewalt 
wirken  wil.  S.  Fraxk  paradoxaZ'i',  no.  46;  noch  kan  ich  mit 
der  labiiinlischcn  krausen  nicht  ferlig  werden,  es  bat  ein  bäck- 
lin, ein  heimlichen  gang.  Gnrg.  loo';  und  mit  weiterer  aus/iih- 
rung  des  bilües:  derhalben  musz  es  ein  ander  bäcklin  haben, 
daran  der  lisch  behäng.  194*;  es  ist  gult,  alle  wahre  freunde 
haben,  aenn  bei  den  neuen  gemeiniglich  ein  häklein.  UursciikY 
kattzl.  334. 

4)  ein  häkiein  auf  einen  haben,  einen  groll  gegen  einen,  der 
sich  im  grmüte  wie  ein  hakchen  schmerzhalt  und  stechend  fcst- 
g^lirftet  hat;  im  Oslerr.  Schlesien  er  bood  a  heckla  of  mich, 
Irdijl  mir  etwas  nach.  l'trER  vulkslhüml.  aus  itstr.  Scides.  1,  448 ; 
es  hei  aber  sust  ein  all;  heklein,  doriimb  er  in  {im  turnier) 
gern  geschlagen  bei.  ani.  d.  germ.  mus.  1,  C7; 

1, 1.  (.,,, !,.  ,,.;.  I.  v.,r  .!,.,•  MnrtKch  iilloin, 
'in  aul'  nilcli, 
'  fi  lind  nui.'li  ich 

•'• >......;..,..   ,i,  .i.m  gHchrci. 

11.  SACim  2,  4,  13*. 
vgl.  häkrhen  A.     ffjr  b.tklein,    häkchen    i«  diesem   sinne  wird 
Much  wol  da»  bild  dei  pike  rerwanät:  er  hat  eine  pike  auf  mich. 


MÄKLIl  H,  adj.,  von  der  form  eines  hdkleins,  übertragen  {nach 
bäklein  3)  bedenklich,  verdiieszlich,  schwer: 

ich  hob  ein  häklich  ding, 
das  ich  noch  tliun  musz. 

Slwkesp.  V.  Schlegel,  köni<]  Lear  2,  1. 

das  wort  ist  seinem  Ursprünge  nadi  von  hackel ,  bäckel  sp.  101 
ganz  geschieden,  mit  dem  es  doch  dem  sinne  nach  sich  berührt. 
HÄKLICHKEIT,  f.: 

nur  wie?  ist  überhaupt 
wenn  man  verbessern  will,  zumal  in  sachen 
von  dieser  haklichkeit,  viel  schwerer  als  man  glaubt. 

WiKLAND  5,  187. 

HÄKLICHT,  adj.  mit  haken  versehen,  gekrümmt:  häkelicht 
aduncus ,  hamalus,  uncinatus  Stieler  730;  ein  hekelicbler 
Schnabel  os  uncum  das.  auch  in  übertragenem  .mne:  häkc- 
lichle  bände  manus  rapaces  das.;  und  andrerseits  in  der  be- 
deutung  schwierig,  bedenklich,  spitzfindig:  es  war  ihm  nämlich 
eingefallen ,  dasz  die  streiiigkcilen  unter  den  luftaclionären 
häklicht  und  spitzig  ausfallen  konnten.  Immerma.nx  Münchh. 
2,44;  eine  hekelichte  rede  oratio  captiosa  Stiei.er  730. 

HAKSCHEIT,  n. ,  starker  slab,  woran  in  den  sahwerken  die 
Pfanne  mit  ihren  haken  cingchald  wird.  Adelung. 

HAKSOHLE,  f.  ein  stück  eisernes  beschlages  an  dem  haupte 
des  Pfluges.  Jacobsson  6,  lo'. 

HAKZAPFEN,  m.  ein  zapfen,  wodurch  der  Zimmermann  zwei 
bauhülzer  vereinigt,  die  in  gerader  linie  neben  einander  laufen. 
Jacobsson  2, 190'. 

IIALA,  interj.,  beim  singen  von  Wiegenliedern: 

hala  lain  leichen, 
fücbsclien  legt  ein  eichen, 
asz  es  ganz  uileine, 
liesz  dem  kiiidclicn  die  bcine. 

Fhisciiiiikk  volksreime  11. 

HALALI,  jagdruf  bei  erlcgung  des  hirsclies ,  wie  die  meisten 
ausdrücke  bei  der  parforcejagd  französischen  Ursprungs  und  im 
17.  jnhrh.  für  Deulscli land  noch  nicht  bezeugt.  Döuei  schreilit  noch 
ha,  la  lil:  ist  endlich  der  birsch  gefangen,  dazu  nach  rech- 
tem brauch  ha,  la  lil  gerufen  und  geblasen  worden,  jügir- 
praclica  2,  134*;  im  beimschieszen  wird  den  bunden  ha,  la 
lit  (ha,  da  liegt  er)  zugerufen  und  die  so  benannte  fanfare 
fleiszig  geblasen.  135*.  die  heutige  jiigerspracite  kennt:  der 
birsch  ist  halali,^  der  birsch  ist  hulali  gemacht; 

ankenciicn  schon  die  linnde, 

herr  gott,  zum  halali.    Freilicrath  glaubensbelt.  204. 

HALB,  adj.  und  adv.,  dimidiiis,  semi-. 

I.  Formelles  und  etymologisches. 

Das  wort  ist  allen  deutschen  diakcten  eigen:  goth.  halb-s,  alts. 
half,  ags.  beaif,  fries.,  engl.,  nd. ,  nl.  half,  allnord.  half-r, 
schivcd.  half,  ddn.  baiv,  alul.  mhd.  Iialp.  zur  ermillelung  der 
ursprüngiichen  bcdeutung  versuchte  Bopp  {eergl.  gramm.  2,  61)  eine 
Zerlegung  des  woiies  in  ba-lb,  indem  er  es  als  verdunkeiles  com- 
posilum  auffuszle  und  ha  als  res!  des  Zahlwortes  skr.  eka  eins, 
11)  aber  als  aus  golh.  laiba  Überrest  geblieben ,  hinstelUe,  so  dut-z 
das  ganze  den  sinn  enthielte  'änen  Iheil  begreifeüd'.  dicsci'  künst- 
lichen deulung  gegenüber  liegt  es  näher  an  die  giieclt.  tat.  würzet 
carp  zu  denken,  der  der  doppelte  begriff  von  losrmzen  und  eilen 
inneirohnt,  welcher  in  tat.  carp-ere  pflüclien,  carp-lim  slüclctreise, 
griech.  xnQ7i-6i  fruchl,  xaQTinXiftoe  reiszend  schnell,  XQaiTiiüi 
schnell,  heftig,  zu  tage  tritt;  es  bezeichnet  demuadi  halb  eigent- 
lich das  abgeschnillene ,  das  gcthcilte.  von  den  frühesten  zeileu 
aber  unserer  spräche  scheint  man  halb  in  di'm  sinne  einer  lliei- 
lung  gefaszt  zu  haben ,  dasz  ein  gleich  groszer  theil  zurürkhiieb, 
wrnig.stens  ist  das  wort  in  den  (iltern  dialecten  in  dem  gcnaiwn 
sinne  des  gleich  getlieillen ,  halbierten,  auischliesziidi  üblidi  und 
die  bedeutungen,  die  diesen  sinn  melir  surüdc  treten  lassen,  bilden 
sich  erst  nach  und  nach  tfus. 

Als  nachklang  des  mhd.  bniurhes,  auch  das  praedicatiec.  adjcc- 
liv  zu  flectienn,  »'.</  die  wrsteinerte  form  halber  ziniick  geblidien, 
die  nicht  mehr  blosz  da  eintiilt ,  wo  das  zugelmrigc  subiJuntie 
masc.  im  nominativ  ist,  sundern  auch  in  andern  fallen  {s.grumin. 
4,  40S  /.).  der  wlksmund  reitet  noch  jetzt  nicht  nur  ich  bin 
lialber  im  Iraum,  sondern  auch  die  nacht  isl  halber  bin  (/«/- 
hallte),  er  bat  ihn  halber  zu  schänden  geschlagen  {für  hal- 
ben), CS  war  halber  drei  in  der  nacht;  du  im  die  orcn  b.il 
licr  abgcscbnillen  waren.  Cyrii.lus  spec.  sap.  35;  uU  ihn  der 
k'inig  halber  todiwniid  und  überall  mil  blnt  licrunnen  sähe. 
hudi  d.  liebe  lil';  ir  leidl  und  jamcr  tmicht  einer  nil  halber 
erzeleii.  Aimun  bog.  Fl;  wann  ich  alles  halber  hinweg  hüUe 


185 


HALB 


HALB 


186 


schenken  wollen.  Simpl.  1,27"  Kurz;  der  oberste  leufnant.  so 
sich  bereits  halber  bierscheliig  gesoffen.  3,61;  derselbe  krieg 
gefiele  mir  nicht  halber.  3,  25S; 

maacher  liesz  sich  halber  schinden. 

Brätst  narrensch.  67,  65; 
der  cardinäl  rott 
ist  krank  und  halber  todt.    Opel  u.  Coh»  267; 

und  an  diese  form  scMicszl  sich  eirie  schwäzerische  advcrbialbil- 
dung  halbers  an :  es  komme  ihr  haibers  vor,  wie  es  gestürm 
{etwas  nicht  kluges).  J.  Gotthelf  schuldenb.  120. 

II.  Bedeutung. 

l)  halb  im  eigentlichen  sinne. 

a)  halb  bezeichnet  den  einen  von  zwei  gleichen  Iheilen;  so 

«)  bei  grüszen ,  räum-  und  maszbeslimmungen :  ein  halbes 
pfuiul;  ein  halber  eimer;  eine  halbe  eile;  ein  halber  gülden; 
ein  halbes  dutzf  nd,  auch  in  ungefährem  sinne,  s.  dutzend  2,  th. 
2,1774;  also  gab  Jlose  den  kindern  Gad  und  den  kindern 
Rüben  und  dem  halben  stamm  Manasse  des  sons  Joseph 
das  königreich  Sihon.  4  Mos.  32,33;  ich  gab  das  halbe  ge- 
birge  Gilead  mit  seinen  stedten.  b  Mos.  3,12;  da  namHanon 
die  knechte  David  und  beschur  inen  den  hart  halb ,  und 
schneit  inen  die  kleider  halb  ab  bis  an  den  gürtel.  2  Sam. 
10,4;  wenn  du  mir  auch  dein  halbes  haus  gebest,  so  kerne 
ich  doch  nicht  mit  dir.  1  kön.  13,  S ;  wir  baweten  die  mauren 
und  fiigeten  sie  ganz  aneinander,  bis  an  die  halbe  höhe. 
fieh.  4.6;  ein  tag  vor  des  herren  auffahrtstag  soll  dasz  halb 
theil  des  dorfs  zu  Ahe  liefern  zu  Öhren  ins  kloster  jeder  ein 
burd  meyen;  den  sambstag  vor  dem  h.  pfingslagh  dasz  ander 
halb  theil  auch  ein  jeder  ein  bürd  meyen.  u-eisth.  2, 2SS; 
es  ist  besser  ein  halbes  ei  als  gar  keins.  Pistorics  thes. 
paroem.  3  no.  98 ;  scherzhaft :  hätten  wir  sein  geld  zu  theilen 
und  ich  bekam  es  zweimal  halb,  so  möchte  er  am  galgen 
sein,  inlerim  336.  auch  in  mehr  abgezogener  bedeiitung  von  men- 
schen, der  aus  zu-ei  hälften  bestehend  gedacht  wird:  zum  philo- 
sophiren  ist  schon  der  halbe  mensch  genug  und  die  andere 
häifte  kann  ausruhen ;  aber  die  musen  saugen  einen  aus. 
ScniLLER  an  Gvlhe  29.  ang.  1795; 

alszdann  soll  man  ihr  beide  beiu 

zu  halbem  theil  ablösen  fein.    ganMnig  C4'; 

der  alte  fromme  Kliraps,    bei  jedem  bissen  brot, 
den  er  genosz,  sprach:  segne  gottl 
den  schönen  spruch  nicht  halb  zu  lassen,  sprach 
und  stirb!  sein  frommes  weib  mit  Hiobs  weib  ihm  nach. 

Lessing  1,  22; 

nun  ein  halb  gläschen 

von  diesem  safte.    Göthe  11,  148. 

der  halbe  mond,  unter  dem  man  entweder  die  uns  sichtbare 
häifte  der  mondkugel  versteld  (roUmond) :  das  kind  hat  ein  ge- 
sicbtchen  wie  ein  halber  mond  {so  rund); 

seht  ihr  den  mond  dort  stehen? 

er  ist  nur  halb  zu  sehen, 

und  ist  doch  rund  und  schön.     Claudiis; 

oder  die  hälße  des  uns  sichtbaren  mondes  {viertel),  namentlich  auch 

oft  wenn  es  bildlich  gebraucht  wird:   dicht    vor   uns  sahen  wir 

nichts  als  feindliche  cavallerie,  die  . .  sich  bald  in  die  länge 

ausdehnte,    bald  in  einen    halben  mond.    dann  in  ein  drei- 

und  Viereck  wieder  zusammenzog,  arme  mann  im  Tockenb.  148 ; 

um  den  erhabnen  dorn,  wo  einst  Zenide  .stand, 

zieht  sich  ein  halber  moud  von  lieblichen  gebüschen. 

WlELA!(D   17,  286, 

vgl.  halbmond. 

Wie  mann  und  frau  zusammen  öine  person  ausmachen,  so 
nennt  der.  mann  sein  weib  sein  halbes  theil: 

was  folget,  giebt  sich  selbst,  wenn  wir  zu  witwern  werden,   - 
und  unser  halbes  theil  verscharren  in  die  erden. 

Abschatz  vermischte  (jed.  (1704)  s.  104. 
vgl.  häifte. 

Wer.  die  häifte  von  etwas  gefundenem  oder  son-H  erlangtem  in 
anspruch  nimmt,  ruft  dem  finder  zu  halb  part!  vgl.  unten  halb- 
part; der  kaufmann  der  ausnrkauft ,  gibt  die  waare  um  den 
halben  preis:  glauben  sie  wohl,  dasz  er  das  holz,  das  darinne 
geschlagen  wird,  fürs  halbe  geld  verkauft?  Lessing  1,488; 
der  unreelle  händlcr  schlägt  das  halbe  vor,  man  kann  ihm  die 
häifte  des  geforderten  abhandeln;  Nürenberger  geholt  ist  halb 
ab,  das  macht  rächte  kimff.  S.  Frank  spr.  2,37';  saget  der 
kaufmann  den  rechten  tax  seiner  wahr  . .  so  kerel  sich  der 
keufer  nit  dran,  wil  mit  ihm  auf  nürenbergisch,  umbs  halb 
ah,  mit  ihm  handien.  3"'. 

Bei  maszbeslimmungen  wird  kurz  gesagt  eine  halbe  {nämlich 
inasz),   so  riamentlich  in  Baiern   und  anderwärts  (Scuji.  2,177, 


Leser  131)  :  ein  icder  von  den  selben  solien  die  scheffen  mit 
einer  halben  weins  erkennen,  weislh.  4,  763;  so  zahl  mir 
eine  halbe,  arme  mann  im  Tockenb.  61 ;  auch  ein  halbes,  ver- 
standen mäszchen  {vgl.  wolt  aber  . .  ein  halbs  meslein  wein 
trinken.  Wickram  rollu:  142  A'ur;);  er  hies  im  ein  halbs  bringen 
und  ein  brot  daizu.  rollw.  142;  hernach  kam  der  junge  Sim- 
plicissimus,  Hesse  ihm  ein  halbes  langen.  Simpl.  3.  396  Kurz, 
ß)  bei  Zeitbestimmungen :  ein  halber  tag;  eine  halbe  stunde; 
ehe  eine  halbe  Viertelstunde  verflossen.  Happel  acad.  rom.  1S2; 
die  festgesetzte  zeit  war  erst  halb  vergangen; 

o  wer  die  nacht  nur  halbe  hin!    H.  Sachs  ö,  226*; 

der  hund,  itzt  fallt  mirs  ein,  war  erst  ein  halbes  jähr. 
Gellebt  I,  150. 

bei  beslimmung  von  stundentheilen  ist  halb  häufig  veruendet,  seine 
Stellung  ist  eine  verschiedene,  gewöhnlich,  wenn  in  Verbindung  mit 
uhr  und  g\ocke,  gesetzt,  eine  formelhafte :  für  es  war  eine  halbe 
stunde  nach  acht  keiszt  es  es  war  acht  und  ein  halb  uhr, 
halb  neun  uhr,  die  glocke  war  halb  auf  neun; 

denn  die,  die  hat  glock  halb  auf  elf  im  garten, 
merkt  wohl,  bevor  der  krug  zertrümmert  worden, 
worlwechselnd  mit  der  Ev'  ihn  schon  getroffen. 

H.  V.  Kleist  zerbr.  kiiig,  9.  auflr. 

daneben  die  uhr  schlägt  halb,  trenn  sie  durch  schlagen  die  ver- 
flossene häifte  einer  stunde  bezeichnet:  es  schlug  halb  eins,  als 
wir  ankamen;  daher  wieder  schlag  halb  eins  kamen  wir  an; 
und  in  folge  dessen  auch  andere  fügungen:  wenn  sie  dort  durch 
das  eichholz  hindurch  sind,  gehen  sie  eine  geschlagene  halbe 
glockenslunde  dnrch  seine  feldcr.  Imnerxann  Münchh.  1, 131. 
—  Verschieden  von  diesen  Stundenbezeichnungen  ist  die  Verbindung 
die  halbe  uhr,  der  ganzen  uhr  oder-  dem  ganzen  seiger  ent- 
gegengesetzt; diese  zeigte  nach  italiänischer  art  die  ganzen  tages- 
stunden  von  1  bis  24,  jene  dagegen  zwdmal  von  l  bis  li:  des 
morgens  um  6  der  halben  uhr,  .  .  umb  1  der  halben  uhr 
nachmiltage  ...  zu  abend  umb  9  der  halben  uhr.  aufzeich- 
nungen  Hans  PijCklers  von  1604  —  19  in  der  zeilschr.  des  Vereins 
für  geschicide  Schlesiens  bd.  6,  s.  276;  zu  morgens  frühe  umb 
halbe  eins  in  der  halben  uhr.  s.  281. 

y)  halb,  ein  beim  rechnen  in  verschiedenen  Stellungen  gebrauch- 
ter ausdruck:  die  zal  seiner  monden  wird  kaum  halb  bleiben. 
Hiob  21,21;  nun  ist  aber  die  rede  hier  von  einem  halben 
drittel,  oder  einem  drittel  . .  halb.  Seriander  rechtschreiherei 
u.  rechen kunst  {l'iO)  5,415;  die  16  thun  32  halbe,  das.;  denn 
IV2  ist  3  halbe,  das.  die  gemeine  rede  lehnt  an  diesen  reclien- 
atisdruck  formelhafte  Wendungen  an ,  in  denen  der  begriff  halb 
an- schärfe  verliert  {s.  unten  2,b):  professoren  hat  man  zum 
überflusz,  man  hört  sogar  sagen,  mehr  als  d's  halbe  zviel. 
J.  Gotthelf  schuldenb.  74;  wenn  alle  tage  sonntag  wäre,  es 
wäre  mehr  als  zhalb  zwenig  zessen  auf  der  weit.  s.  83;  und 
mit  der  negation:  das  gefällt  mir  nicht  halb  so  gut,  als  jenes; 
das  eilt  nicht  halb  so  sehr;  du  hast  nit  halb  so  fast  dörfen 
jagen .  du  werst  noch  wol  zu  rechter  zeit  kummen.  Ulen- 
spiegel  46  Lappenberg;  die  erfassung  des  kunstschönen  ist 
nicht  halb  so  abhängig  von  den  groszen  culturgeschicht- 
lichen  Voraussetzungen  wie  des  naturschönen.  Riehl  cultur- 
studien  6S.  eigenthümlicft  dagegen  ist  äne  mit  halb  durchgeführte 
mulliplicntion  im  sinne  von  noch  einmal  so  viel,  indem  man  ein 
früheres  ganzes  als  die  häifte  des  jetzt  erlangten  auffaszt :  umb 
das  halb  meeren  unrd  wachsen  duplicare  Maaler  207' ; 

und  schickt  in  wider  heim  zu  husz, 
halb  uarrechter  dann  er  kam  drusz. 

.^  Bbant  narrensch.  6,  4C; 

der  knaster  schmeckt  bei  kaltem  welter 

noch  halb  so  kräftig  und  so  rein.     Gönther  4  (1733)  s.  32C 

S)  bä  Zahlbestimmungen  ist  von  alters  her  die  enge  Verbindung 
von  halb  mit  einer  Ordinalzahl  gewöhnlich,  um  auszudrücken, 
dasz  die  in  der  Ordinalzahl  angezeigte  letzte  stufe  der  summe  erst 
halb  erreicht  sei,  viertehalh  heiszt  die  drei  vorausgegangenen  nicht 
genannten  ganz,  das  letzte  vierte  nur  halb,  vgl.  anderthalb  1, 
313;  schon  allsächs.  fifte  half  muddi  gerstinas  nialtes.  Frecken- 
horster  rolle -i9;  sivondon  halvon  fmbar  honegas.  Essener  rolle 
18,  «PO,  wie  man  sieltt,  die  Verbindung  noch  eine  lose  und  keine 
composilionsartige  ist,  wie  sjnter  im  mhd.: 

si  wären  vil  unmücjic  wol  vümphlehalben  tac. 
AjT).  I2III,  I; 
und  nhd.  er  heiszet  maistcr  Uncian, 

der  siben  kiinst  er  aclilhalbe  kan.    fnsln.  sp.  3()5,  12; 
in  neuntbalben  stunden  verlor  er  land  und  leut. 
Uhlatid  totksl.  515; 

er  hat  wol  fiinfihalb  tusend  man. 

LiLiKiscao»  to/*.?/.  2,  101'. 


187 


Halb 


HALß 


188 


Die  feinere  xprarhe  verschmäht  jetzt  diese  Verbindung  mehr  und 
mehr,  für  driltehalb  wird  lieher  das  schlefipende  zwei  und  ein 
halb  u.ähni.  rjchraiicht ;  -nie  war  ohnedem  nur  beiden  einfachen  und 
den  2usammen(ieselzten  zahlen  bis  zu  zwanzig  recht  in  (jebrauch, 
zwanzigstehallt  bildet  das  volk  noch,  dreiszigstelialb,  vierzigsle- 
lialb  ist  als  nicht  njf/ir  recht  überschaulich  nicht  gebräuchlich; 
für  acht  und  zwanzig  und  ein  halb  bezeugt  Scmmelikr  2,  176 
ncuntlialb  und  zwanzig  an  der  Pegnitz. 

e)  der  gebrauch  von  halb  in  dem  vorstehend  a  —  y  aufieffihr- 
len  sinne  erstreckt  sich  nicht  blosz  auf  eine  in  zwei  theile  ge- 
schiedene eigentliche  einheit,  sondern  auch  auf  aus  vielen  einheilen 
bcstelunde  mengenbegriffe,  die  sich  von  einander  scheiden ,  gerade 
wie  ganz  auch  im  sinne  von  alle  gebraucht  wird; 

mhd.  ourh  Iiüt  uns  bispcl  gegeben 
zehen  junger  niegede  leben, 
der  waren  äiie  wisen  sin 
die  halben  vunCe  under  in; 
den  andern  viiiifcn  was  bereit 
höher  sin  bi  wisheit.     Barlaam  90,4; 

nhd.  die  halben  schuh  wurden  im  {die  Hälfte  von  den  schuhen). 
Uienspifgel  6  Lappenberg;  so  sagt  man  noch:  der  könig  war  mit 
einer  groszen  armee  ausgezogen ,  aber  die  halben  soldalen 
waren  schlecht  bewaffnet ;  es  hatten  sich  zur  begrüszung 
über  hundert  leule  eingefunden ,  aber  kaum  die  halben  er- 
langten zutritt. 

t)  seilen  ist  die  Stellung  des  adjeclitischen  iialb  vor  artikel  und 
possessieum,  wie  bei  all  1,207:  sich,  halp  min  gftt,  herrc,  gebe 
ich  den  armen.  Bebaims  evang.,  Luc.  19,8; 

halb  eine  roeile  von  der  Stadt. 

RiJCKRBT  H'oish.  d.  br.  1,  202, 

wie  rnhil.  e;  ist  wol  halb  ein  himelrichc.    Walthkr  46,  5. 
weitere  beispiele  unten  3,  a  unter  iialb-halb. 

»/)  für  den  substanlirischen  gebrauch  der  neutralen  form  halb, 
in  der  bedeutung  hälfle  folgen  einige  belege:  und  was  müslen  wir 
ihr  (der  zu  verheiratenden  tochtcr)  erst  zur  haussteuer  gel)en? 
gescliweige  jetzt  ihren  voraus,  den  wir  ihr  vor  allen  dingen 
hinaus  geben  und  dardurch  unsere  ganze  nahrung  umbs  halb 
schwächen  müstcn.  Simpl.  3,319  Kurz; 

drum  geht  es  nach  gebühr, 
wann  sich  zusammen  halt  madam  und  dann  monsieur, 
und  gleiches  gleiches  sucht,    die  nur  mit  stummen  sitlen 
und  siegell'estem  mund  ihr  angesicht  erbitten, 
»^ie  larvcu  ohne  hirn  :  die  lügen  nicht  liieher, 
jnd  ihres  beites  halb  bleibt  billich  kalt  und  leer. 
LoGAU  2,  13; 

wiszt  ein  ehrlich  getheiltes  halb 

frommet  mehr  wie  ein  ganzes.    Voss  5,  48. 

9)  der  gegensatz  von  halb ,  ganz  steht  mit  ''jenem  oß  in  for- 
melhaßer  Verbindung,  dieselbe  ist  im  nd.  durch  alliUeralion  noch 
enger,  da  für  ganz  hei  gesetzt  wird;  sie  bezeichnet  dos  vullsldn- 
dige,  alle  seilen  einer  snclie  umfassende: 

nicht  menet  he  juwe  vordßl, 

men  sin  egen  geit  vor,  beide  half  unde  h61.    Bein,  fitchs  ö.')00, 

nach  GöTHES  Übersetzung: 

euern  vortheil  besorgt  er  nicht  selir;  zum  halben  und  ganzen 
wcisz  er  den  seinen  zu  fördern.  40,  185; 

nd.  nig  half  un  nig  heel  eine  nicht  gute,  unvollendete  arbeil. 
Schütze  2,  93;  ich  halte  auch  weder*  ganzes  noch  halbes 
glück  darinnen  {gar  Iceins).  SimpL  3,  258  Kurz. 

i)  anders  ist  in  ganzen  oder  halben  trinken,  was  sich  auf 
den  trinkcummenl  bezieht ,  ein  dargebracittes  glas  ganz  oder  halb 
zu  leeren : 

di8Z  glägzlin  n-cin.s  das  gilt  dir  halb.    Garg.  SO*; 

was  gibst  mir  für  ein  b<;chcid, 

will  den  becher  gar  oder  halb, 

zeig»  an  bei  rechter  zeit.    WA*; 

da  war  nichts  anders  denn  fressen  und  saufen  zu  ganzen  und 
halben.  Scnl^rz  rrri(.(:en  tn2;  halb  und  ganz  saufen,  saußeufel 
Kh';  zu  halben  luid  ganzen.  K3'; 

hamu  luKi  halb  odr  heel  zu  saulTn. 

liEnriiiMD  Chr.  riller  l'iHO  h^'; 

noch  jetzt  bei  den  studentischen  Irinkgrlagen  ich  komme  ilir  ein 
halbes,  ein  ganze«  (vgl.  kommen  3«,  e,  th.  r»,  l«'0). 

6)  halb  bezeichnet  mehr  den  endpunlU  eines  ron  zwei  gleichen 
(heilen,  als  diesen  Iheil  selbst,  es  llszt  sich  dann  durch  mitte  er- 
setzen;  $o  bri  zeilbcütmmungen,  für  mitlernnchl  wird  auch  ge- 
%ag/l  die  halbe  nacht : 

■  u*z  entte«  enrgcm  rat 

bat  «le  ein  kind  geboren 

wol  tu  der  halben  nacht.    Uuu:«t)  vulknl.  S78, 


die  fraw  von  Ircm  manne  clagt 

der  Jtumc  vom  nein  halb  in  die  nacht,    fasln,  sp.  1111; 

auch  in  der  häiifung  die  halbe  miltcrnacht: 

komm  heint  umb  halhermitternacht! 

Uhlanii  volksl.  179,  vol.  186.  247, 

mundartlich,  namentlich  in  Mitteldculschland ,  ist  viel  verbreitet 
zum  halben  abend,  nachmittags  drei  ulir ,  weil  der  abend  von 
sechs  ab  gerechnet  wird,  vergl.  ferner  halbmitlag;  bis  in  den 
halben  tag  schlafen,  in  medium  dormire  dicm.  Frisch  1,399'; 
auf  der  halben  zeit  sein,  in  der  hclfte  der  schwangerlage  sein. 
das.;  die  sollcnt  auch  alle  iare  imszerm  herren  geben  ein 
Schilling  heller  czu  halben  mcyhe.  weislh.  2,  22S;  bis  ich  halb 
September  aufs  land  gehe  {mitte  scptemlicr).  Götiik  29,63; 

im  jenner  ist  er  hold,  iialb   falsch  im  fchruar, 
ganz  ungetreu  im  marz,  und  feind  ums  lialbe  jähr. 
IIauehükn  I,  41 ; 
ferner  bei  bcslimmung  einer  strecke: 

mild,  so  sohle  der  turnei  sin 

zwisclien  Tunebroc  und  Prurin  • 

da;^  was  in  gliche  wol  gelegen, 

in  boden  ze  lialbcn  wegen.    tVec  2242; 
idid.    da  er  ulf  halben  weg  kam.    Böiiei.kr  köiiiij^lnrhler  tS88; 

darzwischen  sasz  die  multer  mein 

zuo  halben  teil  {des  wencs)  ulf  der  strnszen.    5.')27; 

da  sie  gen  Haran  kamen,  welches  auf  halbem  wege  ist  gegen 
Nineve.  Tob.  11,  1;  ich  gebe  ihnen  pferde  bis  auf  halben  weg, 
dann  nehmen  sie  posl.  tiüniE  20, 14S ;  es  ist  mir  immer, 
wenn  ich  an  dich  denke,  als  wenn  icii  dich  halben  wegs  zu 
mir  anträfe,  an  frau  von  Stein  2,  212;  einem  auf  halbem  wege 
entgegen  kommen,  auch  bildlich: 

wenn  dein  danken  meinem  grusiz 

halbes  wegs  entgegen  käme.    Boie  hei  Weinliolil  s.  321, 

veryl.  unten  halbwegs;  ähnlich  in  andern  Wendungen:  da  aber 
Jcsaja  noch  nicht  zur  stad  halb  hinaus  gegangen  war,  kam 
des  herrn  vvort  zu  im.  2  kön.  20,4; 

das  Vorspiel  war  fast  halb  .  .  (his  zur  milte  gekommen). 
Rost  vorm.  geil.  66; 

anschlagen  auf  den  halben  mann,  die  büchse  auf  die  mitte 
des  manncs  richten.  Frisch  1,399*. 

c)  halb  von  dem  gesagt,  was  einen  von  zwei  gleichen  theilen 
angeht  oder  von  ihm  ausgeht:  kinder  die  gleichen  valer  und  un- 
gleiche multer,  oder  umgekelui,  haben,  hciszen  halbe  kinder,  vgl. 
kind  11,2,/',  Iheil  5,710  unten,  halbe  geschwistcr,  von  ihnen 
wird  gesagt  z.  b.  synes  vatir  bruder  eiucnthaiben  (von  einer 
seile  her,  seines  valers  Halbbruder).  Magdeburger  fragen  s.  102; 
ein  kint  ist  gestorben  unde  hol  gelosen  eine  sweslir  einent- 
halben.  ,s-.  103;  diesen  halben  briidern  und  sciiwestern  werden 
ganze  oder  volle  entgegen  gesetzt:  ein  man  hat  einen  halben 
bruder  unde  einen  ganczen  swestir  son.  Magdeb.  fragen  9!i; 
nach  mugdebin'gisclu'm  rechte  nimpl  der  halbe  bruder  erbe 
vor  volle  swesler  kint.  s.  98  notc ;  dessen  (des  kindes)  ganzen 
und  halben  gesch« istern.  Moser  werke  4  (|79S)  ."!.  339;  vergl. 
iiallibnider,  halbschwesler,  halbgeschw ister.  solche  kinder  sind 
kinder  halber  geburt,  dieser  ist  entgegengesetzt' die  volle  geiuut : 
ein  man  ist  gestorben  unde  hol  ge'ossen  einen  ganczen 
swestir  son  vollir  gebort  und  einen  h.ilben  bruder  son  iialbir 
gebort.  Magdeb.  fragen  99.  rechtssfirichworl :  die  halbe  geburt 
tritt  um  einen  grad  zurück.  Iluüo  encgclopiidic  (1830)  s.  274. 
Die  anwcndung  von  halb  in  diesem  sinne  ist  schon  alt,  der 
Ilealfdeiie  des  Demulfliedcs  brzrichnel  einen  mann,  der  nur  von 
einer  seile  Her  ein  Dune  ist,  eine  ausldndi.'irlie  muller  hat,  atinlich 
die  ahd.eigennamen  Halpdurinc,  Ilalpwalah.  fi//.,«7n;mm.  2,033. — 
Es  gehört  ferner  hierher,  wenn  halb  auch  auf  den  baslmi  bczuqen 
wird,  der  adlichen  valer  (vatcr  von  geburl')  aber  nicht  adliche 
tnullar  oder  umgekehrl  hat.  vergl.  unten  halbling,  hälherling  und 
hali)biirtig;  aus  ähnlicher  an.tcktuung  ist  entt'prungen  heras  ein 
halber  got  Diefe.nr.  276*,  vgl.  halbgolt. 

rf)  an  die  bedeutung  c  rührt  der  schifferausdruck  halber  wind, 
es  Ul  der,  der  gerade  auf  die  eine  .vc/Vc  des  schi/fes  hinweht :  wir 
ftet/len  mit  schwaciiem  und  iialbem  winde  unsern  weg  fort. 
GöiHK  28,84;  uijistuist  la\nle  er  (der  reiler)  von  einer  seile 
zur  andern  wie  ein  schiff,  das  mit  halbem  winde  fährt,  die 
Volksmenge  trieb  ihn  fort.  Arnim  kronenw.  1,193; 

»ein  eifer  lint  In  iibern'undon, 

er  gehl  mit  liniboni  wind  xu  aogeln.    R.  S*cm  4,  3,  9'. 

i]  das  wart  halb  verliert  den  liegriff  einer  genaueren  Iheilung, 
M  drückt  im  iinjenfalz  zu  ganz  ««/er  voll  nur  einen  grvszern  oder 
geringeren  Iheil  atu. 


189 


HALB 


HALB 


190 


k 


o)  halb  ==  nicht  rCllig:  halbe  feiertage,  sokhe  die  nicht  so 
streng  tvie  die  ganzen  beobachtet  werden;  halbe  trauer  Irauer- 
kkidung  die  nicht  lief  schwarz  ist;  ein  Laiber  schlaf  ein  niciU 
völliger:  wie  lange  ich  so  im  halben  schlafe  gelegen,  wiiszte 
ich  nicht  zu  sagen.  Güthe  2S,  230 ; 

dasz  halb  verhüllt  der  reiz  uns  mehr  gefällt. 

Michaelis  yeii.  (ITb'.i)  s.  StiS; 

halb  erschlossen  geist  und  sinn.  Göthe  41,335; 
'wir  haben  wol  recht  viel  geld  wegzuwerfen',  sagte  meine 
mutier  halb  ärgerlich.  Seüme  mein  leben  l>:  bei  halbem  zürn 
{der  zorn  kommt  nicht  völlig  zum  durchbruclie).  i.  Paul  leben 
Fibeln  IS;  wenns  nur  der  ofßzier  erlaubte,  oder  auch  blosz 
halb  erlaubte,  arme  mann  im  Tockenb.  144;  'wenn  nur  das 
junge  volk  hier  nicht  dabei  wäre',  flüsterte  sie  beschämt, 
indem  sie  sich  halb  zu  ihm  neigte.  \V.  Hauff  jihantas.  im 
Bremer  ratMler ;  zuweilen  erhob  er  sich  mit  halbem  leibe, 
um  aufzustehen.  Immerman.n  Münclüt.  4,  3 ;  gegen  vier  uhr 
morgens  endlich ,  als  die  gegend  noch  im  halben  dämmer 
lag.  4,  5.  Die  technische  sfiraclie  verwendet  halb  mit  Vorliebe  in 
diesem  sinne:  halbe  brettnägel  sind  etwa  zwei  zoll  lang  und 
kleiner  als  die  ganze  brettnägel.  Jacobsson  2,  191*;  halbe 
kaslorhüte  nennt  da-  hulmacher  solche,  die  nicht  ganz  von  biber- 
haaren,  sondern  ans  einer  mischung  von  solchen  und  wolle  ge- 
fertigt sind  {das.);  halbe  Stiefel,  deren  schäße  nicht  ganz  über 
die  wade  reichen,  vergl.  halbstiefel ;  halbe  tücher  bei  den  Jägern, 
slelUücher  die  niedriger  sind  als  die  hohen  tücher  (Döbel  jdjer- 
praclica  2, 62') ;  halbe  vorhänge,  die  nicht  das  ganze  fensler  be- 
decken :  ein  halber  Vorhang  an  einem  häselnen  stöckchen  am 
fenster.  Weisze  kom.  opern  2,213;  in  der  gcrichlssprache  halbe 
beweisung,.  der  gnugsamen  beweisung  entgegengesetzt ,  Carol. 
art.  23;  tn»  kriegs^vesen  der  altern  zeit  werden  unterschieden 
halbe  carlhaunen,  halbe  schlangen,  halbe  feldslücken ,  von 
ganzen:  die  ganze  carlhaune  «o^  64  centner  und  war  11V2 
schuh  lang,  die  halbe  carthaune  nur  44  cenlner  bei  einer  länge 
von  10 '/a  schuh  (Böckler  kriegssch.  145.  14ti);  man  theilte  auch 
noch  wdter  in  viertel  carthaunen;  desgleichen  halbe  piken 
(Friscu  1,399')  kürzere  als  die  ganzen,  vgl.  halbspiesz; 

er  tet  gar  manchen  schütz,  was  gflt, 

ausz  bocken  und  baibeu  schlangen.    Uuland  volksl.  507. 

Man  bietet  feil  halbe  hausapotheken ,  solche  in  denen  eine  an- 
zahl  medicamente,  die  in  der  ganzen  mit  enthalten  dnd,  fehlen : 

Apollo  hat,  als  arzt,  viel  herrliches  zu  kauf  .  .  . 
ein  oel,  das  jede  krankbeit  zwingt, 
und  apotheken  gnug,  zu  ganzen  und  zu  halben. 
Hagedorn  2,  73; 

die  grammalik  redet  von  halbvocalen  ,  lauten  die  viel  von  der 
natur  der  vocale  an  sich  tragen;  halber  thon  oder  halber  laut, 
semivocalis  voc.  ine.  Iheut.  hs'. 

Die  allere  spräche  nennt  einen  halben  mann  einen  solchen,  der 
noch  niclU  vollwachsen  ist,  einen  knaben,  jüngling: 

sie  kamen  daher  on  alls  gefär, 

ir  war  zwelUhalb  und  auch  nit  mer. 

Uhland  vulkal.  651, 
eilf  mannet   und  ein  junge;    der   ausdruck  wird  leicht  spöttisch 
verwandt : 

die  von  Braunsweig  sind  binden  leicht, 

sie  druwen  viel  undt  thuen  uns  nicht; 

sie  haben  einen  reuter  und  halben  Soldaten, 

da  mit  wollen  sie  sich  vor  Scheppenstedt  machen. 

Mo.NB  am.  4,  43; 
die  sladi  schickt  anderthalbeu  man  (zum  kämpfe). 
das  ist  ein  bausknecbt  und  ein  knab.    Soltal  232; 
so  schickeus  anderthalbeu  man.    s.  239; 
was  soll  diT  Brandenburger  ihun 
und  drilthalb  betlellörsten'?    s.  492.' 

so  heiszt  ähnlich  das  maulthiei-  ein  halbes  pferd,  ein  thier  was 
nicht  völlig  ein  pferd  ist:  unser  herr  der  abt  oder  sein  schult- 
heisz  oder  diencr  soll  herkommen  mit  dreien  pferden,  dasz 
soll  ein  halb  pferd  sein,  dasz  halten  wir  vor  ein  maul,  weislh. 
2,393;  der  vougt  sol  kumen  mit  ahtimhalben  russe,  dag 
sulent  siben  phert  sin  unt  ein  mul.  Mone  anzeiger  5,  304. 
in  gleicher  weise  sieht  halb  als  erstes  glied  ron  composilen :  halb- 
vogel  ein  nicht  vollkommener  vogel,  dtr  slrausz  wird  z.  b.  so 
genannt,  weil  er  nicht  fliegt;  halbente,  halbfisch  u.  ähnl. ;  vgl. 
auch  halbsoldat  unlen  für  trommler  oder  pfeifer. 

b)  halb  bezeichnet  einen  guten  Iheil,  einen  Iheil  der  nicht  mehr 
die  genaue  hälße  ausmacht,  sondern  den  man  eher  geneigt  ist, 
sich  gröszer  zu  denken: 

mhil.  swelch  kristen  kri^teninomes  gibt 
an  Worten  und  im  werken  niht, 
der  ist  wol  balp  ein  beiden.»  Waliuer  7,  13, 


obsehon  hier  halp  «eye»  des  vorausgehenden  Worten  —  werken 
noch  an  die  bedeutung  1  angelehnt  ist;  nhd.  ich  schweifte  halbe 
tage  lang  durch  die  wälder;  er  kam  manchmal  halbe  jähre 
lang  nicht  in  sein  haus;  dasz  ich  röche,  als  wann  die  halb 
apothek  mit  mir  marschirle.  Simpl.  4,57  Kurz;  trank  ich  mir 
einen  halben  rausch  an.  s.  70;  guter  keller  halber  hrauer. 
SiMROCR  5549;  als  wir  einst  die  halbe  nacht  durch  marschier- 
ten, arme  mann  im  Tockenb.  142;  es  ist  mir  wirklich  sonder- 
bar, dasz  diese  vier  zarten  bändchen,  die  resultale  eines 
halben  Icbens,  mich  in  Hom  aufsuchen.  Göthe  29,86; 

was  spricht  man  von  der  nachtigall? 

'die  ganze  Stadt  lobt  ihre  lieder.' 

und  von  der  lercbe?  riel  er  wieder. 

'die  halbe  Stadt  lobt  ihrer  stimme  schall.' 

und  von  der  amsel?   fuhr  er  fort. 

'auch  diese  lobt  mau  hier  und  dort.'      Gellert  1,  28 

das  halbe  dorf  musz  in  das  amt.    s.  42; 

der  wird  die  halbe  weit  bekriegen, 

wer  allen  wahn  der  weit  entzieht,  s.  72; 
und  eh  ihn  halb  Paris  nur  einmal  ausgepflfTen, 
ist  zweimal  unter  uns  sein  göttlich  werk  vergriffen. 

Michaelis  ged.  (1709)  s.  344; 

ich  kann  die%alben  gläser, 

biicbseu  und  schachteln, 

mein  halb  dispensatorium 

hinunter  schlucken, 

eh  ich  den  schaden 

wieiler  aus  meinen  gliedern 

rein  heraus  zu  spülen 

im  Stande  bin.    Göthe  11,  155; 

dieser  bauer  ist  ein  halber  gelehrter,  er  hat  an  gutes  stück 
von  einem  gelehrlen  in  äch,  verschieden  von  halbgelehrter  (s.  d.), 
wo  halb  in  der  bedeutung  2,  c  gebraucht  ist,  vgl.  semidoclus  halb 
gelart  Diefesb.  525'. 

Daher  hat  halb,  wenn  es  adverbial  zu  andern  redetheilen  Irttt, 
auch  den  sinn  zu  einem  guten  Iheile,  ziemlich,  fast,  wie  oft  lat. 
semi- ;  so  in  folgendem:  also  fürt  er  den  wagen  wider  auf 
und  rolt  davon,  und  nuiszt  der  pfaff  zu  fusz  gon.  dem  ge- 
schach  auch  halb  recht  [ziemlich,  im  ganzen  und  groszen  recht). 
WiCRRAM  rollw.  6S,  12  Kurz,  die  negation  Itiervon  ist  formelhaft 
auch  jetzt  noch  viel  in  familiärer  rede  verwendet:  da  man  jetzo 
so  geschäftig  ist,  die  geringsten  kleinigkeiten  . .  zu  sammeln 
und  der  weit  milzutheilen.  so  wäre  es  nicht  halb  recht  ge- 
wesen, wenn  man  uns  diese  gedichte  länger  vorenthalten 
hätte.  Lessing  3,  I6S;  dasz  die  kleine  freundin,  bei  so  einem 
unangenehmen  anlasz  und  in  einer  so  kritischen  zeit ,  die 
reise  macht,  ist  mir  nicht  halb  recht.  Göthe  an  Schiller  104. 
dann  auch  weiter:  die  zogen  ihn  aus  und  schlugen  ihn,  und 
giengen  davon ,  und  Hessen  in  halb  tod  liegen  (mehr  tot  als 
lebendig).  L«f.  10,  30  (a§«.  forletou  hine  sämcucne);  hätte  man 
mich  aber  sehen  können,  wie  sollen  mir  wol  die  halb  volle 
bauren  den  buckel  abgeraumet  . .  haben.  Simpl.  3,  317  Kurz, 
bauern  die  schon  ziemlich  betrunken  waren ;  nun  hast  du  schon 
halb  gewonnen,  sprach  sie  bei  sich  selber.  Happel  acad.  rom. 
267;  wo!  angerant  ist  halb  gefochlen.  Schottel  1115';  bekant 
ist  halb  gebüsset.  1I30';  begnnnen  ist  halb  gewunnen.  1132"; 

frisch  gewagt,  ist  halb  getban.  Gotter  1,  49; 
ich  antwortete  ihm  mit  halb  niedergeschlagenen  äugen,  und 
mit  einem  feurigen  und  beredten  küsse.  Gellert  4,254;  wollt 
halb  krepieren  vor  lachen,  wenn  mich  dann  das  luder  so 
giftig  anstierte.  Schiller  2,25  Kurz  (räuber  1,2);  halb  betäubt, 
bestürmt  von  den  widersprechendsten  gefühlen.  E.  T.  A.  Hoff- 
M.^NN  11,  97; 

wirst  du  einmal  durch  die  Sträuche 

halb  verirrt  spatzieren  gchu.    Günther  I  (1733)  s.  139; 

krank  aber  kam  sie  wieder, 
und  fiel  halb  todt  auts  ruhebette  nieder.    Gellert  1,  113; 
und  jeder  blick,  den  er  auf  Lorchen  warf, 
kam  wo  nicht  ganz,  doch  halb  erhört  zurücke,    s.  107; 
er  sah  nunmehr  die  richtiTiscbe  brücke, 
und  lühlte  schon  den  beinbruch  halb.    *.  150, 
wie  ilräun,  halb  dunstig  umnossen, 
die  felskolossen !    Matthisson  ged.  (1794)  s.  69; 
blickt  einer  noch  vom  spiellisch  um 
halb  lüstern.  Voss  5,60; 

eh  nun^  halb  nackt  ist  wohl  der  junge  schön.    Göthe  41,85. 

in  solchen  Verbindungen  bildet  halb  seltener  in  der  älteren  spräche, 
häufiger  in  der  jüngern  .  namentlich  seit  dem  letzten  viertel  des 
vorigen  jahih.,  auch  mit  fügendem  adjectiv  oder  particip  ein 
compositum. 

c)  halb    ist  tn    der  weise  gegensätzlich  zu  ganz  oder  voll  ge- 
faszl ,   dasz   ein    wesentlicher  Iheil  an  dem  ganzen  oder  vollkum- 


191 


HALB 


HALB 


192 


menen  feläl;  halbe  worter,  solche  die  an  worlciehilde  gleülisam 
nur  anklinycn ,  noch  keine  eigentlichen  worle  sind;  etwas  mit 
haltieu  äugen  seLen ,  oder  etwas  nur  halb  sehen  nicht  rull- 
kommen,  undeutlich,  flüchtig;  halbe  maszregeln  eigieilen,  unge- 
nügende; ein  kranker  ist  nur  ein  halber  mann;  duch  dieses 
tbut  er  gleichsam  mit  halben  äugen.  Ciiu.  Weise  kl.  knie  268 ; 
mit  halben  blicken.  24 ;  sah  mich  kaum  mit  halben  äugen  an. 
LicuTE^BEBC  5  (lSü3)  *.  175;  ich  brenne  vor  begierde,  die  letzte 
band  an  meine  Minna  von  Barnhelni  zu  legen;  und  doch 
wollte  ich  auch  nicht  gern  mit  iialbem  köpfe  daran  arbeiten. 
Lessing  12,160;  Seraphine  hat  meine  eitelkeit  zuerst  übm- 
wunden  und  mich  überzeugt,  dasz  ein  bloszer  beobachter 
nur  ein  halber  mensch  sei.  Lenz  1,  251 ;  ja,  versetzte  sie  mit 
halber  stimme.  Götue  ls,324 ;  aber  ihr  hattet  sonst  nie  einen 
halben  willen,  wie  ists?  J.Paul  TU.  4,193; 
eins  nians  red  ist  ein  halbe  rcü, 

man  sol  die  part  verliöreii  bed.    S.  Frank  apr.  2,  6S'; 
ein  halber  keniier 
Terdient  lum  höchsten  nur  das  miileid  kluger  maniier. 

Hagedohm  2,  Vi'J; 
.  .  .  holt  dann  auf  z&rtliclien  armen  den  erstling  der  liebe, 
ein  aulblüheudcs  niädchen,  das  iliA  rcizungeii  traget, 
und  die  giiie  des  herzens  in  lialbeu  worten  erst  stammelt. 

Zacuakias  2,  lU; 
hatten  für  die  sach  nur  ein  halbes  herz. 

SciiiLLEH  yVallensl.  luger,  5.  auflr. ; 
aar  gebahnten  weges  mitte 
wankt  er  tastend  lialbe  schrille.    Göthk  41,  310; 


die  natur  im  rriihling^kleide 
seh  ich  nur  mit  halbem  sinn. 


Ulusauisr  1,  2S. 


Hierher  auch  das  mhd.  ein  balbej  bröt  {Helmbrechl  1796)  brol 
von  nicht  guter  bvschafjenheit,  geringes;  ferner  nhd.  halber  mann, 
verschnitten,  nit  eins  manns  wiirt,  semimas  Maaler  207',  ver- 
scliieden  von  jenem  halben  mann  oben  2,  o;  neu  wie  die  sacke 
isl  die  Verbindung  die  iialbe  weit,  die  damen  der  halben  weit, 
eine  pedantische  itberselzung  des  franz.  demi  inonde,  es  soll  damil 
die  gesellscliafl  bezeichnet  werden ,  die  nur  äuszerlich  etwas  von 
der  gtUen  an  sich  Irayl,  Treitsciires  ausdruck  dafür  isl  weil 
yemäszer :  die  eigenlhiuuliche  fäulniss  der  Pariser  sittcn  liegt 
Tielmehr  darin,  dasz  die  grenzen  der  guten  und  der  verwor- 
fenen geselischalt  sich  mehr  und  mehr  verwischen,  prcusz. 
Jahrb.  22  $.  57.  Weiler  sind  hierher  zu  ziehen  zahlreiche  adver- 
biale fügungen:  man  musz  nichts  gutes  halb  thun.  Willanü 
13,78;  mein  vater,  der  nicht  gern  etwas  halb  that.  (Jöthe 
24,197;   so  machst  du  deine  sache  nur  kalb.  ScaiuEn  179; 

nichts  halb  zu  thun,  ist  edler  geister  art.    Wielaisd  22,  2U3-, 

ja  wohl,  herr  Schulmeister,  aber  noch  verstehe  ich  ihn  nur 
halb.  Weisze  kam.  oj>ern  2,220;  ich  verstand  das  letzte  nur 
halb,  gab  aber  doch  den  einreden  meiner  muttcr  nach.  Seuhe 
mein  Üben  24;  ich  genosz  in  der  träumerei  über  den  köpf 
den  schonen  Salvator  Rosa  im  andern  ilügel  nur  halb.  Spazier- 
gang 2,  83 ;  nd.  de  is  man  balv  klok ,  das  isl  ein  halber  narr 
Däu.nert  170'; 

aprel  und  biern  zerstrewet  lagen, 
waren  halb  reif  von  bäumen  gschlagen. 

B.  Waldis  Esuji  3,  94,  190; 
der  herr  sieht  halb  {ist  blödsiclitiy);  was  kann  der  dicner  sehn? 

Hagedorn  1,  86; 
die  dinge  tiefer  cinzuschn, 
die  schulgeleiirte  halb  verslchii.    2,  154. 

So  erlangt  iialb  denn  im  gegensalz  zu  der  bedeulung  2,  b  eher 
den  dnn  eines  Ueineren  Iheiles: 

mhd.  es  wiirde  deheinem  wibe 

ze  liden  halp  min  senediu  not, 

e{n  müese  schiere  sin  ir  töl.    Hart«ann  2.  btichl.  341; 
nhd.    «olt  ich  dein  poi>heit  halbe  sogen, 

man  sprecb,  dich  soll  das  ertrich  nit  tragen. 

faktii.  np.  254,  37; 

wir  haben  an  unsern  mannen  grosz  geprechon, 

der  wir  nicht  halji  türu  aus/  gespreclien.    7U'J,  21 ; 

was  ich  dir  gnh,  iit  untchuldgc  urzcnci,  .  . . 

e*  war  aucli  nichu  halb  »chailliclies  daht;i.    Göthk  tl,  l.'^7; 

$0  auch  in  dem  sjirichirurle  getheilte  freudc  do|fpcllc  freude, 
gelbeiltcr  schmerz  halber  schmerz,  wo  doppelt  eine  sehr  grvsze 
Weigerung  der  freudujen  empfindungen,  halb  eine  muglichul  starke 
Verringerung  de»  »chmerzes  bezeichnen  soll;  ferner  recht  prägnant 
in  folgendem,  wo  dat  adt.  halb  in  den  mn  rou  'nur  irgend  wie' 
triU:  alle  Veränderung,  so  ohne  wichtige  Ursache  geschiebel, 
i»t  gefährlich,  wer  iialb  [im  dienale)  bleiben  kan,  der  bleibe. 
Scaumot  zu;  vergl.  auch  balblheil,  halbwegs. 


d)  halb  von  characler  und  Stimmung  des  menschen,  der  seines 
Zieles  und  seiner  Ihalkraft  sich  bcwusle  isl  ein  ganzer  mann,  der 
unentschlossene ,  unzuverlässige  und  laue  ein  halber;  hier  in 
dieser  halben,  unsichern  Stimmung  der  nation.  preusz.  Jahr- 
bücher 22  s.  71; 

wollen  wir  nach  deinem  wink 

unnbläszlicli  streben 

uns  vom  halben  zu  entwöhnen, 

und  im  ganzen,  guten,  schönen 

resolut  ZU  leben.        Gotue  1,  140; 

da  die  dummen,  eingeengten 

immerlorl  am  stärksten  pochten, 

und  die  halben,  die  beschränkten, 

gar  zu  gern  utis  untcrjocliten.     5,  98, 

drum  muthig  drein  imd  nimmer  bleicn 

detm  gott  ist  allenthalben  : 

die  Ireiheit  und  das  himmclrcich 

gewinnen  keine  halben.    Arndt  ged.  (1840)  s.  352. 

in  diesem  sinne  auch  Maalers  ein  halber  und  nichts  sollender, 
liederlicher  mensch  der  nichts  wärt  ist,  homo  semmis  207'. 

3)  halb  in  widerholter  Stellung  hol  verschiedene  nüancen  der 
bedeulung. 

a)  halb  —  halb  betont  zwei  auseinander  zu  haltende,  /Tu-  sich 
bestehende  gleiche  tlwile:  halb  ein  mensch  und  halb  ein  Ihier, 
infans  ambiyuus  Maaler  207',  wie  ahd.  halbe  man  unde  halbe 
ros  (centauren).  Graff  4,890; 

mlul.  dö  sach  her  vure  sich  vliejin 

nianigin  visc  gröj^in, 

halt  visc  half  man.    Annolied  221; 
«/id.    da  stuond  daran  (im  briefe)  mein  frow  wer  gnesen, 

und  wiiszl  nieman  was  es  wer, 

es  wer  halb  ein  kind  und  halb  ein  bcr. 

DÜHELKR  königstocilirr  5540 ; 

ihr  schönen  kinder  sagt,  wo  kommt  die  Sehnsucht  her, 

euch,  die  ilir  Jungfern  seid,  einander  selbst  zu  küssen? 

ja,  wenn  halb  frau,  halb  mann  an  euren  gliedern  war, 

so  thätet  ilir  noch  reclit,  die  seltne  tust  zu  biissen. 

GÜ>TUER  1   (1733)  s.  159; 

doch  welch  entsetzen!  seine  schöne, 

sein  liebliiig,  war  halb  mensch,  halb  fisch.    Gellert  1,257; 

in  der  reclitsspraclw  auf  halb  und  halb  zusammenkommen, 
wenn  jedes  von  zwei  kulen  die  hälfte  des  gemeinschaftlichen  besilz- 
thums  zu  beanspruchen  hat:  niuibl  das  überlebende  Iheil  nach 
allem  landrechte,  sagende  dasz  mann  und  frau  auf  halb  und 
halb  zusammenkommen ,  den  halben  tlieil  aller  verlassen- 
schaft,  nichts  davon  ausbescheiden.  ScHLicHtnoRST  beilr.  2,  los. 

b)  zwei  solche  geschiedene  theile  treten  lücht  hervor,  die  veibin- 
dung  halb  —  halb  hat  tveniger  scharfe  bedeulung,  in  einzelnen 
fällen  rührt  sie  fast  an  theils  —  theils:  es  ist  halb  ausz, 
halb  inn,  hetrugliche  anlwort,  medium  responsum  Maaler  207"; 
zog  Wilhelm  .  .  etwas   aus   dem  busen ,   das  halb  wie  eine 

brieftasche,  halb  wie  ein  besteck  aussah.  Gothe  21,56; 
* 
unsterblich,  doch  des  todes  raub, 
sind  wir  halb  engel  und  halb  staub. 

Cronegk  2  (1700)  s.  100; 
doch  ihr  [bäume)  steht  gebunden  fest, 
halb  dem  himmcl,  halb  der  erde 
unterthan.     Arndt  gett.  (1S40)  s.  79; 
Ihre  lichten  haare  schweben 
aufgebunden,  scherzend  lose 
halb  in  lüften,  halb  auf  schultern. 

TiECK  kiiis.  Oclavian  2.  Ih.  1.  uct; 

junge,  wirst  du  ewig  nicht  satt?  sagte  einmal  meine  mutler 
halb  froh,  halb  traurig.  Seume  »»Wh  leben  10;  Felix  erzählte 
ihm  ein  miihrchcn  über  das  andere,  halb  übermülhig,  halb 
verlegen.  Güthe  21,62;  diese  spbüre  der  einzelnen  Wissen- 
schaft und  knnst,  dieses  halb  bewuszt,  halb  unbewuszl  sich 
regende  und  entfaltende  leben  der  culturkrcise.  KiiUzler 
humauilal  und  chrislenthum  2,72; 

halb  zog  sie  ihn,  halb  sank  er  hin.    Göthk  I.  186. 

c)  die  vielgebrauchte  formet  halb  und  halb  will  die  bedeulung 
des  einfachen  halb  (2,  o  sp.  1S9I  noch  ver.-itärken ,  das  unvoll- 
kommene zu  bezeichnen,  das  trotz  des  zwiefach  gesetzten  halb 
nidil  zum  vollendeten  und  ganzen  wird: 


hnIbthOnicr  solltut  ihr  sagen, 

wo  halb  und  halb  kein  ganzes  macht. 


GöTiiR  3,  2^i 


leset  beide  giiecbiscbe  uiul  rlimische  gescbichlen ,  »o  flndul 
ir,  das  die  statt  Alba,  so  der  erst  model  und  pntrun  der 
stall  Itom  gewesen .  gcbawet  und  genant  sei  worden  nach 
einer  weissen  saw,  die  da  gefunden  wtirden.  wer  sie  schwarz, 
oder  halb  und  halb,  wie  man  die  hund  schiert,  gewesen, 
sie  beltens  dahin  uicbl  gebawl.  Garg.  im' ;  selbst  bei  vielen 


193 


HALB 


HALB  —  HALBBESCHÄFTIGT 


194 


mitteln  sind  wir  immer  nur  halb  und  halb  zu  hause,  beson- 
ders auf  dem  lande ,  wo  uns  manches  gewohnte  der  Stadt 
fehlt.  GöTiiE  17,  318 ;  ihr  seid  zur  see  gewesen  ?  ja,  halb  und 
halb.  RiEHL  nvvellen  422.  dann  gehl  halb  und  halb  in  die 
bcdeutung  ziemlich,  beinahe,  fast  über:  mir  grawet  auch  schier 
halb  und  halb,  wir  müssen  aber  ein  herze  fassen.  H.  Jol. 
V.  Biuü.NscuwEiG  95; 

er  bringt  sein  red  weitleiiflig  für, 

das  halb  und  halb  miszdüuiiet  mir.    s.  60S; 

wodurch  sie  das  vorhabende  geheimnus  halb  und  halb  ent- 
deckt hätte,  poiit.  slockf.  129;  da  sie  sich  halb  und  halb  er- 
holte, unw.  dodor  101;  Mathilde:  verstehst?  Steffen:  so  halb 
und  halb.  Fr.  Müller  3,  210;  so  lange  mein  vater  lebte, 
wurde  ich  halb  und  halb  zum  kaufmann  bestimmt.  Secme 
mein  leben  23 ;  zwar  sei  er  halb  und  halb  erwacht  und  es  habe 
ihm  geschienen,  als  erblicke  er  fremde  personen  im  zimmer. 

E.  T.  A.  HOFFMANN    11, 159. 

HALB,  praep.,  nach  einer  seile  hin;  wegen. 

Der  acc.  des  fem.  halbe,  ahd.  halba  seile,  richtung ,  nahm 
bereits  im  ahd.  eine  adverbiale  und  praepositionale  bedeutung  an, 
indem  er  äch  in  der  abgeslumpflen  form  halp  festsetzte  (vgl.  gramm. 
3, 141  «.  nole).  die  bedeutung  dieses  casics  spaltete  sich  in  eine 
locale  und  eine  causale. 

1)  local  in  den  adverbialen  fügungen  zeswün  halb  nach  der 
rechten  seile  hin,  eina  halb  nach  einer  seile  hin,  mit  abgeworfener 
flexion  sunt  halb  südwärts,  winistar  halb  nach  links,  u.  a.,  und 
mit  abhängigem  geniliv  dise  halp  der  berge,  ujerim  halb  dero 
ecclesiae  (Graff  4,  8S2 — 8S4».     mhd.    leben   diese  fügungen  in 

'  groszer  anzahl  fort,  namentlich  in  disehalp ,  dishalp,  einhalp, 
jenhalp,  oberhaip,  niderhalb,  ruckhalp  auf  der  rücliseite  u.  a. 
(mhd.  wb.  1,  616).  nhd.  ist  geblieben  auszerhalb,  dieshalb,  wofür 
misbräuchlich  dieserhalb  platz  gegriffen  hat  (2,  1141),  einhalb 
(3, 194),  enhalb  (3,  482),  hinterhalb,  innerhalb  (was  auch  zeit- 
liche bedeutung  annimmt:  innerhalb  dem  name  Darioleta  dinten 
und  pergament.  Amadis  29),  oberhalb,  seilhalb,  unterhalb, 
der  abhängige  casus  davon,  wo  er  eintritt,  ist  regelrecht  der  geniliv, 
doch  findet  sich  auch  der  dativ  verwendet  (vgl.  auszerhalb  1, 1034); 
ferner  handhalb  nach  der  handseile  hin,  sattelhalb  nach  der 
saltelseite  hin:  ist  das  sattelross  handhalb  und  das  handross 
sattelhalb  creuzweis  über  einander  gefallen.  Schm.  2,  175; 
waldeshalb  nach  der  waldseite  hin :  wir  theilen  auch  unseren 
herren  die  fach  zu  brechen  waldiszhalb.  wei^th.  2,152;  aus 
Urkunden  des  IG.jahrh.  wird  beigebracht  Schwabhalb,  Baierhalb 
nach  der  Schwaben-,  Baiernseite  hin,  Gersthoferhalb  Birli.nger 
schwdb.-augsb.  wb.  217*.  allenihalb,  beidenhalb,  beiderlhalb, 
einenthalb  gehören  nicht  hierher,  hier  ist  -halb  nur  Verkürzung 
von  -halben  (vergl.  unten  halben). 

2)  in  causaler  bedeutung,  betreffend,  um  —  willen,  wegen,  ist 
dieses  halb  bereits  seit  IVotkers  zäl  bezeugt:  zites  halb  ad  con- 
ditionem  lemporis,  din  halb,  min  halb  meinet-,  deinetwegen 
Graff  4,  885 ; 

mhd.  swie  unhovebsere 

gewamles  halp  er  waere.    Trist.  102,  30-, 

Isöt  diu  hxte  Isolde 

Tristaudeu  muotes  halp  genomeii.    481,  23; 

nhd.  bis  auf  die  neuere  zeit  herab  in  vielfachem  gebrauche,  obschon 
durch  halben  und  halber  (s.  d.)  oft  beeinträchtigt,  der  regierte 
casus  ist  wie  ahd.  mhd.  imtner  der  genitie,  der  auch  stets  voran- 
gesetzt wird:  propter  naturam  der  natur  halb,  propler  oleum 
ursach  halb  des  olesz  Diefe.nb.  466';  wie  er  söllicher  krank- 
heit  halb  vor  dem  altur  sant  Gallen  gestorben  sye.  Oheims 
Chronik  40,12;  do  ward  Arnolfus  ..  irs  emsigen  gepetz  halb 
bewegt,  inen  laussen  ainen  fryhailbrief  schriben.  66,  29; 
Galeotus  Malatesla,  des  nam  loplicher  sachen  halb,  bede  in 
fride  und  in  kriege  begangen  in  welschen  landen  wyt  und 
brait  erkant  ist.  Wyle  transl.  139;  das  er  dem  künige  geld 
brechte,  und  in  etlicher  nötiger  sachen  halb  erinnerte.  2  Macc. 
4,23;  alters  halb  etwas  wo!  mögen  thun,  per  aelalem  posse, 
Jugend  halb  nit  mögen  thun,  per  aetatem  non  posse  Maaler  207*; 
hast  du  deiner  geschafften  halb  so  vil  wil  oder  musz,  tan- 
tumne  ab  re  tua  est  otii  tibi  das.;  der  halb  (deswegen).  Frank 
parad.  55*;  welche  etliche  händel  eines  feinds  liaib  betten. 
Götz  V.  Berlich.  63;  wann  er  was  misztröstig  der  vergange- 
nen geschichten  halb.  Aimon  bog.  5;  damit  sie  sich  mit  ihm 
des  rilters  halb  besprechen  möchte.  Galmy  84 ;  dasz  ir  hohes 
geschlechtes  halb  nicht  fehlen  soll,  euch  redlich  und  mannlich 
zu  hallen.  Amadis  71  heller;  folgendts  sprächet  sie  mancherlei 
IV.  II. 


Sachen    halb    mit    ihnen.   257,    seid   der   löwio    halb   uner- 
schrocken. SiMKoch  2,278; 

0  nachbewrin  hilf  du  und  rhat  . .  . 

dasz  ich  vom  mann  bleib  ungeschlagen 

und  wird  der  gezücht  auch  darbei 

desz  pfafTen  halb  ledig  und  frei.    H.  Sachs  4,  3,  12'; 

das  ir  eurs  Stifts  halb  willign  wolt, 

das  desz  orths  ein  bisihumb  sein  seit. 

Atbbr  137*  (691,  13  Keller); 
so  ist  er  ein  solche  person, 
dem  ich  schön  halb  nicht  feind  sein  kan. 

438"  (22U1,  16  KelUr); 
weil  dir  ja  kein  held  (das  sei  gnug) 
der  vor  dir  in  der  cronic  stehet, 
wie  immer  khün,  gerecht  und  klug, 
verdiensts  und  lugent  halb  vorgehet.    Weckherlw  368, 
•    kricgs  halb  und  friedens  halb.    440; 
den  herrn  erfragend  fürstlicher  hochbegrüszung  halb. 
GÖTHK  41,  200. 
s.  ferner  derhalb,  deshalb,  weshalb. 

HALB.\BE.\DBHOT,  n.  brot  was  zu  halbem  abend  (sp.  188) 
genossen  mrd ;  in  Nilteldeutschland  üblicher  ausdruck  für  vesperbrot. 
HALBADELICH ,  adj.,  von  einer  seile  her  adelich,  vgl.  halb- 
bürlig:  sie  vermeiden  die  groszen  gewissensbisse,  die  nach- 
weit mit  halbadelichen  kindern  zu  verwahrlosen.  Rabe.ver  3,336. 
HALBADEPT,  m.:  ob  ich  gleich  als  halbadept  vor  den 
apothekern  und  allen  denjenigen,  die  mit  dem  gemeinen 
feuer  operirfen,  sehr  wenig  respect  hatte.  Güthe  25,  204. 

HALB.\FFE,  m.:  der  mensch  ist  der  halbaffe,  in  dem 
typus  der  höchsten  entartuog,  im  turpe  brutuin  ar.imal,  ist 
er  zur  weit  gekommen.  Kritzler  humanildt  u.  chrislenthum  2,  90. 
HALBAMTLICH,  adj.,  so  hat  man  in  neuerer  zeit  das  fremde 
ofßciOs  übersetzt:  das  halbamtliche  blatt  der  östreichischen 
regierung.  volkszeitg.  1863  no.  184;  die  halbamtliche  presse. 
llallische  zeilung  no.  222, 1868. 

HALBÄR.MEL,  w».  ein  kurzer  ärmel  an  der  frauenkleidung, 
der  höchstens  bis  zum  eilenbogen  herabreicht,  davon  das  adj. 
halbärmelig:  halbärmelig  gekleidet  sein,  solche  ärmel  tragen. — 
Man  nennt  auch  ärmel  von  länwand,  die  über  die  gewöhnlichen 
ärmel  gezogen  werden  und  vom  handgelenk  zum  ellenbogen  reiclien, 
halbärmel.  Adelung. 

HALBART,  /'.  subspecies:  halbarten,  arten  die  sich  nur  mit 
groszer  mühe  von  einander  unterscheiden  lassen,  aber  doch, 
aus  samen  gezogen,  beständig  dieselben  bleiben.  Nemnich 
4, 1306. 

HALBALFRECHT,  adj.:  der  kranke  nahm  eine  halbauf- 
rechte Stellung;  mit  seinen  halbaufrechten  augenbraunen. 
J.Pal'l  Hesp.  4,32. 

HALB  AUSTER,  f.  palella,  eine  gattung  Schnecken  die  mü  der 
auster  ähnlichkcit  hat.  Nemnich. 
HALBBARBAR,  m.  semibarbarus. 

HALBBARBARisCH,  adj. :  überseeische  heerfahrten  in  halb- 
barbarische länder.  preusz.  jahrb.  bd.  22  s.  55. 
HALBBARFLSZ,  adj.: 

und  bruder  graurock  trat  hervor, 
halbbarfusz  ohne  schuh.    Bcrger  46*. 

HALBBÄRTIG,  adj.  mit  eben  erst  sprossendem  harte:  halb- 
bärtige kriegjünglinge.  J.  Paul  dämmerungen  32. 

HALB  BATZEN,  m.  geldslück  im  werte  eines  halben  batzens. 
Schm.  1,227;  dabei  wir  dannoch  nachmals  geordnet  und  be- 
fühlen wollen  haben,  dasz  halbbatzen,  auch  dreicreuzer  und 
anderer-  geringerer  sorlen  münz  .  .  endlich  ab-  und  einzu- 
stellen. Regensburger  reichstagsabsch.  von  159S,  §56;  diobolares, 
halbbatzen-mägdlein.  facet.  facet.  430. 

HALBBALER ,  «i.  l)  gegensatz  des  Vollbauern  oder  ganzen 
bauern ,  der  nur  halb  so  viel  als  ein  volles  bauerngtä  besitzt, 
niederd.  halvbuer  Dähnert  171*. 

2)  Pächter,  der  von  dem  eigenlhümer  eines  landgutes  feld  in 
pachl  nimmt,  und  stall  des  gcldzinses  die  hdlße  des  natural- 
ertrages  gibt.  öcon.  lex.  912. 

HALBBALEREI,  f.  pachtung  von  feldgrundstücken  auf  die 
hdlfle  des  naluralerlrages.  öcon.  lex.  912. 

HALBBAUM,  m.  halb  aufrecht  gewachsener  bäum,  dessen  hdlße 
auf  der  erde  kriecht. 

HALBBEDECKT,  pari,  semitectus:  mit  der  einen  band  öffnet 
sie  zitternd  das  fenster,  .  .  mit  der  andern  zieht  sie  den 
Vorhang  vor  das  halbbedeckte  gesiebt.  VVezel  Tobias  Knaul  1 
(1773)  S.  96 

HALBBESCHÄFTIGT,  pari.:  diesen  {streit)  zu  führen  und 
zu  unterhalten  übertraf  nun  Lenz  alle  übrigen  un-  oder  halb- 
beschäftigten. GöTBE  26,  248. 

13 


195 


HALBBEUTE  — HALBDEUTSCn 


HALBDUNKEL  — HALBE 


196 


HALBBF.ÜTE,  f.  vas  halb  und  halb  erbeutet  ist:  wir  freuten 
uns  schon  auf  liie  guten  wurste  und  braten,  die  uns  von 
dieser  halbbeule  (einem  halb  mit  gewalt  erlangten  Schweine)  zu 
theil  werden  sollten.  Göthe  30, 117. 

HALBBEWISZT,  jiart.:  fahigkciten  werden  vorausgesetzt, 
sie  sollen  zu  ferligiioiten  werden,  diesz  ist  der  zwecii  aller 
erzichung,  diesz  ist  die  laute  deutliche  absieht  der  ellern 
und  vorgesetzten,  die  stille  nur  halbbewuszte  der  kinder 
selbst.  GüTHE  17,60;  Ottilie  .  .  die  in  halbbewuszter  Jugend 
mehr  ähnele  als  sah.  s.  319. 

ll.XLBBEZECHT,  pari,  semigravis  vino.  Stieler  2004. 

HALBHIER,  n.  das  nachgebraute,  schlechte  bier,  auch  dünn- 
bier,  kofent  genannt,  hausbier  sive  lialbbier  cerevisia  secun- 
daria Stieier  14ß. 

HALBBILD,  n.  unvollkomvicnes  bild:  halbbilder  heiszen  sie 
{die  duppelbilder  des  rhombischen  durchsichtigen  kalkspalhs)  .weil 
sie  das  object,  in  absieht  auf  die  stürke  seiner  gcgenwarl, 
nur  halb  ausdrücken.   Güthe  üo,  5. 

HALBBILDUNG  ,  f.  unrolUiommene  ausbildung  des  viensch- 
lichen  geistes:  die  dilettantische  halbbildung  fast  aller  unserer 
bühnenleiter.  grenzboten  1S46  no.  43  5.  175;  kleinigkeilen,  von 
denen  der  referenl  behauptet,  dasz  sie  lediglich  der  halb- 
bildung und  kleinbürgerlichkeit  ein  Interesse  ablocken,  blatter 
für  lilter.  Unterhaltung  1866  s.  761.     vgl.  halbgebildet. 

HALBBLAU,  adj.:  mit  einem  halbblauen  äuge  davon  kom- 
men.  Cijkuuius  1,  2, 126. 

HALBBLIND,  adj.  semicaecus,  caeculus.  Stiei.er  195;  ihre 
halliblinde  liebe  für  den  bruder.  J.  Paul  Titan  2, 151. 

HALBBLUT,  n.  der  abkömmling  von  eitern  verschiedener  race: 
halbblut  von  einem  Europäer  und  einer  Indianerin,  auch 
vom  pferde  getagt ,  das  von  einer  seile  her  edlen  (arabischen) 
Ursprungs  ist:  als  er  auf  seinem  halbblute  dem  schlösse  zu- 
sprengte. Freytag  soll  u.  haben  1,  31. 

HALBBLÜTIG,  adj.:  die  neuseeländerinnen  schlieszen  oft 
ehebündnisse  mit  Europäern  ,  und  aus  diesen  Verbindungen 
geht  die  schönste  classe  von  haibblüligen  hervor,  die  es 
vielleichl  in  der  weit  gibt,  ausländ  1S46  «.  1396. 

HALBBOGEN,  m.  hemicyclus.  Stiei.er  138.  dann  auch  der 
haWuelheiUe  bogen  papier  (s.  böge  9,  theil  2,  219):  WeluTrilz 
schwur,  er  habe  selber  zugesehen,  dasz  er  die  iiteraturzeilung 
so  gelesen,  wie  sie  in  einander  halbbogen- weise  steckte. 
J.  Pacl  Titan  5  s.  11. 

HALBBUUDEB,  m.  bruder  von  gleicltem  vater  aber  ungleicher 
multer,  oder  umgekehrt  (s.  halb  1,  c  sp.  188):  halbbruder,  qui 
eundem  palrem  scd  aliam  matrem  habet  Frisch  1, 144'. 

HALBBBÜTIG,  adj.  scmianimatus :  halbbrütige  eier  ova  urina 
Stieleb  249.    Steixbach  1, 207. 

HALBBÜWGEB,  vi.  ein  nicht  das  volle  bürgerrecht  besitzender, 
gegensatz  zu  vollbürger:  meistentheils  nur  freigelassene  und 
halbbürger.  Niküuiir  1,649;  geisterseher  für  halbbürger  einer 
andern  vselt  halten.  Kant  3,  82. 

HALBBÜRGERSTELLE,  f.  wohnstclle  auf  der  nicht  die  vollen 
bürijergerechtsame  ruhen:  halbbürgerstelie  zu  Bederkesa,  hannuv. 
amtl.  bckanntm.  1853. 

HALBBÜRTIG,  adj.  l)  uterinus,  abunolalere:  halbbürtiger 
bruder   Stieier  96;    halbbürtige    geschwister   (Adelung). 

2)  nicht  roll  legitim,  bastard  (s.  lialb  l,  c  am  scidusse  sp.  188): 

halbbürtgcr  bursche! 
(haU-biooded  lellow). 

Sliakusp.  von  Schlegel,  I.enr  5,  3. 

HALRCATTÜN,  m.  cattun,  der  aus  baumwollenen  und  leinenen 
fiden  gewebt  ist.  Schedel  waarenlex.  1,  49l'. 

HÄLBCHF.N,  n.  scherzend  für  halbe  im  sinne  von  hall>e  masz 
{sp.  186):  es  ist  durstig  wetler.  ihr  herren ,  wiire  nicht  ein 
hälbchen  anzulegen?  inlerim  193.  in  Tirol  a  halbele  aus- 
slcchcii   (trinken).  Fromm.  5,  417. 

HALBCHRIST,  m.  unvollkommener,  schlechter.  Christ:  er  wil 
sich  das  auf  seinen  reisen  unter  den  liallikri«len  gesehene 
wülleben  nicht  verabieilen  lassen.  Rutsciikv  hd.  kanz.  44. 

HALBÜÄMMERUNG,  f.:  blickte  ich  sie  .  .  in  der  halb- 
dammerung  rtcharf  an.  (inrns  52,  36. 

HALRDENKER,  m.:  die  inconsequenzen  und  Widersprüche, 
die  »ich  in  den  köpfen  unserer  halbdenker  unaulhurlich 
heruuitiinitneln.  Fichte  pltU.  journ.  0.  301. 

HALIiDEUiSCII,  adj.:  in  den  hulbdeutschen  ostprovinzen 
{Frankreich*),  preusz.  jalirb.  22  s.  02.  in  sittlichem  sinne:  dem 
kleinmülliigcn,  unedlen,  hnllxleulHchen  Ki<ii»iTocH  12,  lOü; 
denn  der  ist  nur  ein  klciiiiiiiiiliii.rr,  ein  Ii:i1IiiIciiImIh'i.  einer 


der  sein  Vaterland  verkennt,  der  es  noch  erst  lernen  musz, 
dasz  der  ächte  deutsche,  der  kernhafte  mann  der  nation 
alsdann  gewiss  ausführt,  wenn  er  auszuführen  beschlossen 
hat.  s.  204. 

HALBDUNKEL,  adj.  subol)scurus : 

halkdunkler  gruftlampe  vergleichbar.    Platb»  132; 
vergnügten  uns  an  dem  seltsamen  hulbdunkel  dieser  breter- 
hülilen,  die  nur  durch  des  glühenden  otens  geringe  Öffnung 
kümmerlich  erleuchtet  werden.  Göthe  25,  328. 

HALBDURCHSICIITIG,  adj.:  das  edle  halbdurchsichtige  des 
gelblithen,  der  fleischfarbe  sich  nähernden  Steins  ist  ver- 
sclnvunden.  Göthe  27,  244. 

HALBDUBCHSICHTIGKEIT,  f.:  überhaupt  aber  ist  das 
kennzeiclien  des  doppel-  und  nebcnbildes  die  halbdurch- 
sichligkeit.  Göthe  52, 108. 

HALBDUTZEND,  n.  zahl  von  sechs,  auch  unbestimmt,  in  nur 
ungefährem  sinne  verwandt;  die  form  ist  weil  weniger  gebräuch- 
lich als  halbes  dutzend,  halb  dutzend  (vergl.  2,  1774):  wie 
können  sich  ein  hulbdulzend  kluge  leute  so  lang  bei  einem 
Schreibfehler  aufhallen  I  Güthe  56,190; 

haben  wir  wol  rechl  gezählt, 
wenig  am  halbdutzeml  lehlt.    1,  125. 

HALBE,  f.  hälße;  seile. 

Beide  bedeutungen ,  die  sich  aus  der  ursprünglichen  abschnitt, 
theil  is.  sp.  184)  natürlich  ergeben,  treten  bereits  vor  in  dem  ags. 
subst.  healf,  fries.  halve,  während  alid.  halba,  mhd.  halbe, 
alts.  halba  nur  den  sinn  seile,  dann  auch  gegend,  region  ent- 
wickeln, das  goth.  halba  üt  nur  in  übertragener  bedeutung  be- 
zeugt,  vergl.  unten  4.  das  hochdeutsche  hat  das  wort  mehr  in 
einzelnen,  adverbial  und  praeposilional  gewordenen  casus  gepflegt, 
in  dem  acc.  halb  und  dem  dal.  pl.  halben  (s.  d.),  als  in  seinem 
eigentlichen  frischen  sinne,  daher  es,  abgesehen  von  den  eben 
genannten  casus,  im  nhd.  nicht  oft  erschaut;  wogegen  es  im 
niederd. ,  wo  es  von  allen  zeilen  her  sehr  gebräuchlich  war,  in 
lebendiger  anwendung  hau/ig  dauert. 

Die  bedeutung. 

1)  hiiilfte,  halber  theil  ist  wenig  bezeugt :  halbe  medietas,  dimi- 
dium  Stieleh  736 ;  ich  kann  nur  die  halbe  von  ihm  sehen, 
ab  altcro  solum  laterc  conspiciendutn  se  dat.  das.;  niederd.  halve 
in  I'ommern  Dähnert  170';  halwe  in  der  Altmark  Dan.neil  74*. 

2)  seile,  als  bestimmte  der  mitte  entgegengesetzte  fläche:  rechte 
halbe,  linke  halbe;  diese  halbe,  jene  halbe,  die  andere  halbe, 
so  namentlich  niederdeutsch  Schütze  2,  93.  Schambach  72'  {vgl. 
auch  behalben  zur  seile,  bd  seile  gelassen  1,1320); 

de  egel  ör  up  der  andern  (cncn?)  siden  sat, 
und  de  csel  up  der  andern  halve.    Liliencro«  2,  213'. 
vgl.  mhd.  nu  gcriten  si  bede  einen  wec, 
an  dirre  silcn  Erec, 
unde  jenentlialp  er.    Erec  6863; 

an  beide  halbe,  zur  link  und  rechte  seiden,  weisth.  4,648; 
auf  die  andere  halbe  führen.  Harnisch  238;  auf  die  halbe 
gehen,  secedere,  latire  Stiei.er  736.  Hierher  namentlich  nieder- 
deidsche  redensarten:  up  der  halwe  lin  auf  der  seile  liegen, 
umgefallen  sein,  krank  liegen.  Schambach  72';  6nen  von  der 
halwe  anseien  von  der  seile  ansehen,  verächtlich;  6wer  de  halwe 
bringen  auf  die  seile  schaffen ,  fortschaffen,  heimlich  tödlen,  was 
auch  ins  hd.  übertragen  ist:  es  ist  zeit,  dasz  er  auf  die  halbe 
geschafft  werde,  der  dörfle  mir  die  karte  falsch  machen, 
wenn  er  sich  entdeckte.  S.  v.  Birken  Margenis  136  (der  verf. 
lebte  eine  zeit  lang  in  liraunschweig  und  mag  die  redensurt  dort 
gehört  haben);  mein  valer,  meine  mutler,  meines  brudern  son, 
meines  brudern  weih  seind  alle  dahin,  nun  ist  mein  bruder 
noch  übrig,  wie  ich  den  auch  über  die  halbe  helfen  möge, 
wolle  ich  gerne  ewre  meinung  hören.  H.  J.  v.  Bhaunschweic  384. 

3)  neben  der  vorigen  bedeutung  entwickelte  sich  die  landlheil, 
landstrtch,  gegend,  schon  ahd.  (Grakf  4,  886),  altsdchs.  (Heliand 
15)87); 

mhil.  man  «ngit  da;  dar  in  hnivin  (in  diesen  landslrichen)  noch  fin 
die  dir  diuii.ochrii  »prucchin, 
iugett'in  Indio  vili  verru.    .iunotied  313; 

was  in  dir  neuern  spräche  nur  in  einigim  der  unter  dem  adver- 
bial gewordenen  aee.  halb  is/i.  luoi  so  wie  unten  unter  halben 
mügeliieilten  (ormrln  nachktin<it,  im  übrigen  nicJd  mehr  bezeugt  i.«t. 

4)  die  übertragene  bedeuluni)  der  richlung,  bezieliung,  rückuchl, 
die  schon  ijoth.  erscheint:  ei  Inolluli  unsnra  so  fram  i/.vis  ni 
vnur|ii  lausa  in  |iizai  liaibai.  2  ('or.  9,3,  lial  nur  noch  in  den 
beiden  adverbial  gebraucliten  casus  halb  und  halben  (s.  d.)  ihrt 
fortduuer. 


197 


HALBE  — HALBEN 


I 


HALBE,  verstanden  masz,  s.  halb  sp.  186. 
HALBEDEL,    adj.   von   nicht   vollkommen  edler  geburl:    die- 
selben Stattjunkern  und  balbedlen.  Keisersberg  narrensc/i.  137 . 
HALBEDELSTEIN,  m.  stein  von  viinderer  härte  und  sciwnheü 
als  der  eigentliche  edelstein. 

HALBEHE,  f.:  die  tauben  geben  uns  ein  symbol  der 
christlicben  ehe,  die  gänse  der  altjiidischen,  die  bühner  der 
mahomedaniscb  türkischen;  die  puter  aber  erinnern  uns  an 
die  lockere  hulbehe  vieler  .  .  heidnischen  volker.  Hamburger 
mag.  1S44  s.  333. 
HALBEILÄND,  n.: 

und  blickten  nach  Bonas 
halbeiland,  das  einst  dem  sclnrmentlen  Hermes  geweiht  war. 

Ptrker  Tunisias  b,  'iti. 

HALBEIMERFASZ,  n..fasz  das  einen  halben  eimerhält:  der 
kellermeister  Balthasar  aber  rollte  ein  halbeiinerfasz  herbei. 
W.  Hacff  phantas.  im  Bremer  ralskeller. 

HALBELMERIG,  adj.  einen  halben  eimer  haltend:  halbeime- 
richt  fasz  semissis  situlae  Stieler  2S. 

HALBEINSAMKEIT,  f.:  leben  sie  recht  wohl  in  ihrer  halb- 
einsanikeit.   Göthe  an  Schiller  591. 

HALBEN,  ivrb.  dimidiare,  ahd.  halben  (Graff  4,  8&S),  mhd. 
halben,  im  mhd.  tcb.  1,617*  nur  einmal  bezetnjt ,  weil  dafür 
schon  das  halbfremde  halbieren  eingetreten  üt :  dimidiare  halben 
DiEFENB.  182*;  die  gehalbte  contribution.  halt.  sind.  15,131. — 
Lcther  braucht  die  umgelaiäete  form,  die  auf  ein  ahd.  halbjan 
furücku-eist :  aber  genze  oder  helbe  den  Christum  wie  du  will, 
so  gibst  du  gleichwol  das  ganze  sacrament  nicht.  6,  32l'. 

HALBEN,  adv.  und  praep.,  eigentlich  der  dat.  pl.  des  sub- 
stanlirs  halbe  {vgl.  oben),  bereits  ahd.  in  solchem  gebrauche. 

1)  der  ursprüngliche  locale  sinn  zu  seilen,  auf  seilen  tritt  im 
ahd.  in  den  formein  pedem  halbüm,  allen  halbon  (für  letzteres 
auch  das  componierte  alahalbon)  hervor,  welche  worte  schon  mhd. 
in  eins  zusammenwaclisen :  bedcnthalben,  allenthalben,  mit  cin- 
gesclwbenem  t,  das  nach  2,912  unter  deinethalben  (veigl.  auch 
gramm.  3,  217)  etymologische  bedeulung  nicht  hat.  diese  adver- 
bialen fügungen  dauern  im  nhd.  als  allenthalben,  beidenthalben 
(verderbt  beiderthalben  1,  136b)  fort,  die  formen  allenthalb, 
beidenthalb  entstanden,  indem  das  letzte  der  zusammengerückten 
Worte  die  dativisclie  flexion  abwarf,   während  sie  im  ersten  blieb. 

Auszer  diesen  starren  formein  ist  aber  nhd.  das  einfache  halben 
als  praeposilion  in  vielfachem  gebrauche,  wenn  auch  nicht  mehr 
im  localen  sinne,  sondern  in  übertragener,  mehr  ursächliclier  be- 
deulung. der  regierte  casus  ist  der  gcniliv,  der  dem  worte  voran- 
geht; die  Volkssprache  namentlich  in  Mitteldeutschland  gestattet  sich 
auch  die  fügung  mit  dem  dativ:  mir  halben,  dir  halben  meinet- 
wegen, deinetwegen;  dem  dinge  halben  (darum)  gehe  ich  noch 
keinen  schritt. 

2)  an  die  locale  bedeulung  rührt  es  nocli  am  näclisten,  wenn 
halben    zur    bezeichnung   des  Ursprungs,    abkommens  verwendet 

wird : 

der  denn  von  metzgergschlecht  ist  worn 

seiner  muter  halben  geborn.    H.  Sachs  3,  2,  151'; 

vgl.  mhd.  und  zwäre,  herre,  ich  han  noch  kiut, 

diu  min  von  goies  halben  sinu    Trisl.  105,  10, 

von   goU   habe  ich  sie   erhalten,     daher   der  mutter  halben  ein 
erb  sein,  von  mütterlicher  seile  lier.  Avemin  bei  Schm.  2,175. 

3)  halben  hat  die  bedeulung  in  rücksicht ,  in  beziehung ,  be- 
treffend: Ulenspiegels  ward  wider  vergessen  seiner  speisz 
halben.  Ulenspiegel  29  Lappenberg;  und  nicht  hunger  brots 
halben  leiden  müssen.  Jer.  42,14;  nicht  sage  ich  das  des 
mangels  halben.  Phil.  4,11;  das  ich  mich  so  auf  eine  ferne 
reise,  in  so  grosze  fahr,  dazu  so  schwach  von  leib  und  aller 
ding  arm  der  zerung  halben,  hieher  zu  komen  begeben. 
Luther  1,122";  so  ist  die  schrift  des  türken  halben  schon 
erfüllet.  4,476*;  wäre  ichs  mein  halben  wohl  zufrieden,  br. 
3,99;  mit  einem  etlicher  sachen  halben  reden,  una  cum 
aliquo  communicare  omnia  quae  cura  aliqua  a/ßciunt.  Maaleb 
207*;  inüssig  sein,  etlicher  ding  halben  zeit  und  weil  haben, 
ab  aliqua  re  otium  vel  tempus  habere,  das.;  ich  bekümmer 
mich  heftig  dieser  sach  halben,  wo  sie  doch  hinausz  wolle. 
Amadis  28;  soll  es  keinen  unterscheid  der  gute  halben  unter 
uns  haben.  254;  ir  soll  allen  zweifei  meines  gesellen  halben 
von  euch  schlagen.  Gulmy  286;  die  alte,  die  des  preises 
halben   bereits    mit   ihm   Uberein   gekommen  war.  Wibland 

3,  262 ; 

man  beckt  auch  da  gut  weck  und  brot, 
Qeiscti  halben  leidt  man  auch  ki-in  noht. 

E.  Albshcs  141; 


HALBEN— HALBENTE 

was  sorg  ich  ihrer  kriegesart 

und  ihrer  treffen  halben?    Lessiug  1,47; 


198 


wiewohl  die  schritt  sie  nicht  der  treue  halben  preist. 

WiELAHD  Uberon  b,  72; 
auch  in  der  Verbindung  um  —  halben,  wie  um  —  willen,  um  — 
wegen  (vergl.  um) :    ich  .werde    noch    ein    wenig  umb  dieser 
Sache  halben  sprechen.  Schlppics  5S8. 

4)  am  häufigsten  hat  halben  rein  ursächlichen  sinn,  aus  grund, 
weijen,  erlangt:  da  ain  wort  für  ain  anders  gebrucht  wirt 
etlicher  gelychnüsz  halben  der  dingen,  so  sy  betüttent.  Wyle 
Irans/.  352,31;  du  weist  das  ich  nicht  böser  lust  halben  diese 
meine  Schwester  zum  weihe  genommen.  Tob.  8,  9 ;  dieser 
hoffnung  halben  .  .  werde  ich  von  den  jüden  beschuldiget. 
ap.  gesch.  26,7;  einer  kam  von  sinnen  siechtagens  halben. 
Falli  schimpf  7ü';  der  empfangenen  wunden  auch  blutens 
halben  krafllosz  worden.'  Kirchhof  wendunm.  14*;  dasz  sie 
arinuth  halben  die  tochter  .  .  nicht  wuszten  zu  versorgen. 
Frey  garteng.  1*;  ganz  heftig  erfreuweten  sich  beide  könig 
irer  unverhofften  erkanntnusz  halben.  Amadis  \h;  dieser  rede 
halben  lacht  Oriana.  s.  55;  Oriana  ..  welche  in  ganz  freundt- 
lich  und  wol  emplieng,  zum  theil  von  des  Amadis  wegen,  der 
in  lieb  hatte,  zum  theils  aber  der  guten  tractierung  halben,  die 
ir  in  Schotten  bewiesen  worden,  s.  261 ;  ob  wir  nun  gleich 
desz  klettern  und  steigens  halben  fast  müde  waren.  Opitz 
2,288;  er  muste  in  seinem  hohen  alter  theurung  halben  in 
die  frenibde  ziehen.  J.  B.  Schlppils  173,  ainpts  halben  musz 
er  zürnen,  s.  292;  da  man  kaiser  Rudolf  fragte,  weszhalben 
er  sich  nicht  zu  Rom  wolt  krönen  lassen,  s.  S32;  gegen  den 
abend  kahmen  sie  an  einen  verdächtigen  orth,  welcher  der 
räuber  halben  gar  unsicher,  pers.  rosenlh.  3,27;  wegen  des 
liderlichen  anmulens ,  so  ich,  glümpfs  halben,  nicht  wider- 
hdlen  mag.  Butschky  hd.  kanzl.  322;  er  beklagte  sich  sehr 
ihres  redens  halben,  unw.  doctor  115;  itzt  musz  ich,  amtes 
halben,  auch  deinem  gegentheil  ein  obr  verleihen.  Wielaxd 
26,  219 ;  was  hier  des  Vortrags  halben  wie  im  zusammenhange 
geschildert  ist.  Göthe  48,  46 ; 

als  er  nun  k.im  zu  seinen  tagen, 

und  kundt  die  last  nicht  länger  tragen, 

und  krankheit  halben  umb  ihn  stundt, 

daj  er  die  läng  nicht  leben  kundt.    E.  Alberüs  67; 

weil  er  {.Mars)  niemals  winters  halben 

weichet  wie  die  falschen  schwalben.    Logad  1,  73,  94; 

Reinecke  fuchs,  der  schelm !  der  viel  begangenen  freveis 

halben  des  hofs  sich  enthielt.  Göthe  40,  5; 

siehe  den  Kleiios  entfiihrte  die  goldenthronende  Eos 

seiner  Schönheit  halben.  Odyssee  15,  250. 

auch  hier,  wie  oben  3,  die  häufung  um —  halben:  dasz  umb 
dieses  lasters  halben  oft  ganze  slädte  seind  ruiniret  worden. 
ScMüPPiüs  507;  wie  ihn  (den  Hafis)  denn  auch  noch  jetzt,  un- 
bewuszt  mehr  als  bewuszt,  kamel-  und  maulthiertreiber  fort- 
singen ,  keineswegs  um  des  sinnes  halben ,  den  er  selbst 
muthwillig  zerstückelt,  sondern  der  Stimmung  wegen,  die  er 
ewig  rein  und  erfreulich  verbreitet.  Göthe  6,  71. 

Ursächlichen  sinn  (oft  an  die  bedeulung  3  streifend)  haben  die 
adverbialen  fügungen  meinenthalben  ,  deinenthalben ,  seinent- 
halben,  unserntbalben  u.  s.  w.,  die  häußger  in  der  form  mei- 
nelhalben (nieinlhalben  Wieland  10,  157)  u.  s.  w.  erscheinen, 
und  die  nebst  ihren  kürzungen  meinethalb,  deinethalb  u.  a.  an 
ihrer  stelle  nachzuscidagen  sind,  ihnen  nach  ist  gebildet  ebrent- 
halben,  ehrentbalber  3,  66.  desgleichen  sind  derhalj)en,  dero- 
halben,  derenthalben,  deshalben,  weshalben,  wo  halben  mit 
ilirem  casus  eng  verbundene  praeposition  ht,  am  beireffenden  orte 
behandelt,  solche  enge  zusammenrückung  hat  man  sich  auch  erlaubt 
in  amtshalben  (1,  2S3),  ebrenhalben :  ehren-  und  namens- 
halben. ScHUPPiüs  622,  rechtshalben,  scbandchalben. 

HALBENGEL,  m.:  ich  wüste  nicht,  ob  ich  einen  menschen, 
ein  frauenzimmer  oder  einen  halbengel  sprech(;n  hörete,  oder 
ob  es  gar  ein  volkommener  engel  sei,  der  seinen  himmel 
verlassen.  Zesen  Assenat  (1672)  s.  30. 

HALBENS,  erweiterte  form  der  praepos.  halben:   vom  dienst 
gesetzt  werde  ebebruchs  halbens.  Schupprs  645. 
HALBENTBLÖSZT,  part.: 

ich  schlief  in  einem  garten, 

den  res  und  mynhe  zierten, 

in  dem  drei  holde  schönen 

den  halhentblö.<ztcn  busen 

mit  frischen  blumen  krönten.    Hagedor;«  3,  67. 

HALBENTE,  f.  eine  kleinere  entenart,  anas  querquedula.  Nem- 
Nicn  1,2^1.  niederl.  middel  end;  in  französLichen  mundarten 
halbran,  halcbrand,  was  nach  Diez  roman.  wb.  657  auf  einein 
deulsclicn  halber  ent  {masc,  nach  mhd.  ant  entrich)  fuszt. 


199     HALBENTSEELT  — HALBEUSCIlUOCKEN 

HALBENTSEELT,  pari: 

als,  missethätern  gleich,  von  der  tyronnen  schaar 
umringt,  und  lialbentseelt  mich  dem  verhasztcn  gatten 
mein  valer  übergab.  Gotter  2,  405. 

HALBER,  praep.,  neben  halb  und  halben  in  uilllifirlicliem 
gebrauch,  ist  eine  entarkle  form  des  erslcren.  als  für  das  adj. 
halb  die  form  halber  {sp.  IS-l)  sich  festsetzte,  wurde  auch  für 
das  praepositionale  halb,  eigentlich  acc.  des  fem.  halbe,  jenes 
halber  gebräuchlich ,  u-eil  die  beiden  gleichlautenden  formen  inis- 
brduchlich  gleich  behandelt  wurden.  Es  kann  seil  dem  15.  jahrh. 
nachgeteiesen  werden,  in  Verbindung  mit  einem  yenitiv ,  der  dem 
Worte  gewöhnlich  vorgeht:  huflart  halber.  Tercntius  deutsch  (U'j9) 
9";  doch  auch  Uim  nachfolgt:  halber  der  Verachtung,  das.  — 
halber  hat  dieselben  übertragenen  bedcutungen  wie  halb  und 
halben. 

1)  in  bcziehung,  aus  rücksicht,  in  hinsieht:  diesem  versprechen, 
welches  ich  euch  desz  Atnadis  halber  gethan.  Amadis  292; 
alle  Adamskinder  sind  unter  einander  gliedniaszen,  dann  sie 
.■^ind  ihres  geschlechts  und  natur  halber  alle  aus  einerlei 
malerie.  jters.  rosenlh.  1,12;  niemand  soll  seiner  stärke  halber 
pralen.  Lokmans  fab.  3(i. 

2)  rein  ursächlich,  aus  grund,  wegen:  sie  waren  in  groszer 
betrübnisz  ircr  kinder  halber.  Aimon  bog.  d;  wurden  sie  der 
festen  platz  halber  erfcrl  (erschreckt),  bog.  i;  armut,  so  sie 
desz  manncs  schwelgerei  iialber  litte.  Kincunor  wendunm.  294'; 
dasz  nach  anscbawung  der  fürtreUenlicben  Schönheit  ewers 
gnedigen  fräwlins  Elisena  ich  in  solche  unüberscbwenkliche 
peen ,  irer  liebe  halber,  gerabten.  Amadis  18;  aber  als  sie 
vermerkt,  dasz  ich  meiner  durch  der  andern  empfangenen 
wunden  und  viel  vergossenen  bluts  halber  ganz  schwach. 
s.  59;  wie  er  glückhaft  seiner  sterkmiitbigkeit  und  tugendt 
halber,  s.  155;  dieser  rede  halber  stundt  Amadis  still,  s.  2Sü; 
zween  »itter  ..  die  deszhalber,  wie  ir  vermelden,  kiimpfen 
wollen,  s.  415;  und  der  weg,  räuberei  halber,  sehr  unsicher 
war.  pers.  rosenlh.  7,18;  das  lamm  kann  seiner  wolle  halber 
gekauft  werden.  Lokmans  fab.  20;  evv.  woledl.  hochw.  und 
hochgel.  gunst.  haben  als  meine  ordentliche  hochgeehrte 
Obrigkeit  tragendes  ampts  halber  darüber  geeifert,  und  solch 
pasquill  conlisciret.  Schlppius  620;  man  stellt  dieses  princip 
nur  ehren  halber  in  der  metaphysik  auf.  Kant  2,110;  des 
dadurch  zu  erreichenden  Zweckes  halber.  6,278;  wie  ihn  ein 
patron  nach  dem  andern  fortjagte,  schclmstreichc  halber. 
GöTBE  8, 200 ;  wenn  das  mädchen  in  dem  hause  geschürte 
halber  herumging.  15, 131.  vgl.  ferner  desbalber  2, 1030,  wes- 
halber.  —  ]n  der  Verbindung  um  —  halber  (vgl.  um  —  halben): 
dasz  man,  um  deiner  hinterlistigen  höflichkeit  halber,  die 
gute  Sache  verlassen  und  dir  beipflichten  wird.  Gottsched 
bcredsamkeit  (1764)  s.  137. 

Zusammenriickungen  des  casus  mit  der  praep.,  wenn  der  erstere 
oline  artikel  stelU,  sind  schon  seit  dem  \6.  jahrh.  nicht  ungewöhn- 
lich, vergl.  amtshalber  1,283;  ehrenhalber  3, 61;  lusthulber 
deliriarum  causa  .SiEiNnACii  1,669;  nothalber  ^marfw  275.353; 
schandehalbcr;  spaszeshalber.  hier  tritt,  doch  erst  seit  dem 
id.  jahrh. ,  bei  mehrsilbigen  weiblichen  subflantiven ,  namentlich 
denen  auf  -heit,  -keit,  -ung,  -schaß,  jenes  sonst  nicht  erscheinende 
genitivische  s  an,  über  das  gramm.  2,  934 /f.  gehandelt  ist:  schön- 
heitshalber, vergnügungshalber,  ordnungshalber,  wirtschafts- 
halber. 

HALBEF^BE,  n.  gegensatz  zu  vollerbe,  kleineres  vom  vater 
auf  den  söhn  erbendes  bauerngul  im  Westfälischen  {vergl.  unter 
erbkotte  3,  727) :  man  thcilet  sie  {die  bauemhöfe)  in  ganze, 
halbe  und  viertel,  oder  nach  unserer  art  zu  reden,  in  voll- 
erbe, halberbc  und  erbkotten  ein.  Moser  5,4;  der  Inhaber 
eines  erbes,  halberbes  oder  koltens.  1,  333. 

HALBEBBE,  m.  haeres  ex  parte  dimidia.  Frisch  1,400*. 

HALBtBMABEN,  pari.:  halberbabcne  arbeit,  opus  dimidii 
anaglyphi  vel  dimidine  fronlis.  Stieler  1693. 

HALBEBLEGE.N,  pari.: 

führ  auH  den  groxzen  Höhten 

miiin  halbcrlcgne  soci.    Flihing  27. 

HÄLBERLLNG,  m.  baslarl ,  namentlich  in  der  fischzucht  von 
karauschin  und  kaqifrn.   Nkmnich. 

HALBfcBLOSClIKN,  pari.:  halberloschenes  feucr; 

»ein  halbcrlonchneii  niige  «tarn.    Gottir  1,  3bi; 

mit  haiberioschnera  ange.    2,  104. 

nALBEBSCHBOrKEN,  pari.:  vmrihi,  »aglc  der  herr  halb- 
er«chrocken.  i.  GoTiiitir  tchuldenb.  «. 


HALBERSTARRT  — HALBFUANZBAND   200 

HALBERSTARRT,  pari.: 

zuleizi  dringt  Ihn  die  noth  zur  flucht, 

und  lialberstarri  kehrt  er  zurücke.    IIagkdorn  2,  28. 

HALBEBTODT,  adj.  für  halblodt: 

(das  wild)  verbirgt  sich  for  der  kalt,  und  ligt  als  halbertodi. 

ROHPLER    87. 

HALBERWACHT,  pari,  nicht  völlig  wach.  Ki.isger  6,5. 

HALBESEL,  m.  equus  hemiunus.  Nem.mch  2, 1515. 

HALBFÄHIG,  adj.:  oft  ist  die  thcilnabme  halbfäbigcr, 
anmasziicber  naturen  fruchtlos,  ja  schädlich.    Göthe  36, 183. 

HALBFARBE,  f.  mittelfarbe ,  die  als  Verminderung  stärkerer 
{heller  oder  dunkler)  färben  erscheint,  franz.  demi- leinte,  ital. 
niezzatinta.  Jacohsso.n  2,  I94*;  ein  bemooster  fcis,  ein  Wasser- 
fall bäh  meinen  blick  so  lange  gefesselt  ...  seine  hohen  und 
tiefen,  seine  lichter  und  schatten,  seine  färben,  halbfarben 
und  wiederscheinc,  alles  stellt  sich  mir  im  geiste  dar.  Güthk 
16,212;  der  weg  von  der  nacht  zum  t<ige  wurde  schon  mit 
halbfarben  belegt.  J.  Fall  Uesp.  3, 142. 

HALBFASTEN,  n. :  bald  war  mein  kleiner  vorralh  aufge- 
zehrt, und  mein  magen  war  bei  der  ganzen  portion  auf  ein 
sehr  unbehagliches  halbfasten  reduzirt.  Seume  mein  leben  b6; 
wuszte  niicli  bei  guten  freunden  i-n  der  nachbarschaft  nach 
dem  heutigen  hyllilaslen  wieder  zu  erquicken.  Göthe  24,328. 

HALBFAL'L,  adj.  zum  yroszen  theil  verfault:  das  gekrüchz 
hungriger  raben ,  die  an  meinem  halblaulen  antecessor  zu 
dreiszigen  hiengen.  Scuiiler  120  (2,  60  Kurz) ;  ein  paquetchen 
halbfauler  häringe.  Grabhe  dichtunyen  (1S27)  2,  82. 

HALBFELCH,  »i.  ein  noch  nicht  völlig  ausgewachsener  laclis- 
arliger  fisch  {salmo  lavaretus).  Stieler  465.  Nemnich  4,  1212. 
vergl.  belebe  1, 1439. 

HALB  FENSTER,  n.  fcnsler  dessen  höhe  der  breite  gleich  ist 
oder  7iur  zwä  drittel  der  letzteren  ausmacht.  Jacobsson  1,149". 

HALBITGUR,  f  ßyur  von  der  nur  der  obere  Iheil  ausgearbeitet 
i4:  die  halbligur  eines  triton.  Göthe  29,153;  obgleich  [im 
abendmahl  Leonardo  da  Vincis)  zwölf  personen  sitzen  oder  sich 
doch  hinter  dem  tisch  befinden,  daher  als  halbliguren  anzu- 
sehen sind.  39, 119. 

HALB  FISCH,  m.  l)  pleuronccles,  plattfisdi,  seitenschwivimer, 
ein  fisch  mit  zusammengedrücktem  körper,  von  alters  her  häufiges 
nahrunymUtel  in  üeutschland:  das  hätte  er  aber  wohl  gesehen, 
dasz  seinem  hause  (in  Annaberg)  gegenüber  ein  krämer  halb- 
fisch mit  krantstriink  gekocht,  einen  tisch  aufgerichtet  und 
mahlzeit  gehalten  habe;  er  vermuthe  nicht,  dasz  die  huiide, 
wenn  es  ihnen  vorgeschüttet  worden  wäre,  an  diesz  gericht 
würden  gerochen  haben.  J.  K.  Seideman.n  beitrage  zur  reforma- 
lionsgcschichle  1, 165  (Dresden  1840). 

2)  die  noch  nicht  völlig  ausgewachsenen  weiszfelchen,  wenn  sii 
im  fünften  jähre  sind,  heiszen  halbdsche.     s.  belebe  1, 1439. 

HALBFLACH,  adj.,  franz.  meplat ,  nicht  völlig  flach:  halb- 
flach wird  beim  maier  von  den  runden  partien  des  körpers, 
die  ein  wenig  platt  sind,  gesagt.  Jacobsson  2, 192*.  der  kupfa-- 
slecher  arbeitet  in  baihflacher  manier  zur  Verstärkung  der  schatten 
und  bestimmung  ihrer  grenzen, 

HALBFLECK,  m.  kleines  stück  starken  leders ,  woraus  der 
Schuhmacher  die  absulzc  zusammensetzt.  Aoelung. 

HALBFLEISCH,  n.  halb  ausgewachsenes,  noch  nicht  völlig 
reifes  fleisch;  namentlich  im  .Kpridiworte  kalbfleisch  halbfleisch. 
Lehmann  floril.  1,444;  kalbfleisch,  balblleisch ,  junge  leute, 
dumme  leute.  Schottel  113;(';  nd.  kalifleisch  halfflcisch.  Scham- 

BACH    96*. 

HALBFLOSSER,  wi.  coryphaena  hemiptera,  wegen  der  nbife- 
kürzten  rückenflusse  so  genannt.  Nemnich  2, 1255. 

HALBFLÜ(iELF(H;.MHi,  adj.,  eine  häufig  gebrauchte  bezetch- 
nung  für  chiviere.  deren  tafelform  der  flügelform  sich  nähert. 

HALBFOHLEN,  n.:  denken  wir  uns  dieses  gc-schlechl  {der 
centaurcn)  nun  auch  als  gewaltige  wilde  berg-  uml  forstge- 
schiipfc,  von  jagd  lebend,  /u  allen  kraftübungen  sich  sliih- 
lend,  ihre  haihlohlen  zu  gleich  mächtigem  leben  erziehend. 
Göthe  3»,  19k. 

HALBFUHBE, /;  eine  geringere  fohrcnart  {^,  {f,l(i),  characinus. 
Nemmcm   4, 1201. 

ILM.IIFRANZBANI),  m.  bächereinband  mit  ledernem  rücken 
und  ecken  {s.  franzband  th.  4,1,60):  die  besten  in  fmnz-  oder 
halbfranzband  gebundenen  büchcr.  Göthe  24,  38.  dafür  auch 
die  kürzung  halbhanz :  ortavbJlnde  aus  Griechenland  in  halh- 
franz,  Irinen  und  saniml  sind  nicht  von  bcdeulung.  arbeiur- 

frriiud    IKCT   t.  104. 


201 


HALBFREI  — HALBGELEHRT 


hälbgenossen —Halbgewendet     202 


HALBFREI,  adj.:  der  schwan  lebtauf  den  gröszeren  wa«ser- 
Lecken  in  einem  halbfreien  zustande,  hannvv.  mag.  1844  *.  328. 

HALBFREIHEIT,  f.:  in  der  gegenwartigen  epoche  der 
farbenlehre  erhielten  nunmehr  jüngere^  geistreichere,  ernst 
und  treu  gesinnte  menschen  eine  gewisse  halbfreiheit,  die  . . 
einen  jeden  auf  sich  selbst  zurückwies.  Göthe  54.  212. 

HALBFREMD,  adj.:  derweil  ...  der  Elsasser  bei  allem 
Patriotismus  auf  die  wälschen  Franzosen  wie  auf  ein  halb- 
fremdes  Volk  herabschaut,  pretisz.  jahrb.  6rf.  22  s.  27. 

HALBFREUDE,  f.  gaudium  anceps,  ambiguum.  Stieler  552. 

HALBFREU.ND.  m.  nicht  erklärter  freund;  dessen  gesinnung 
sich  zu  einem  AiHHo'gf.-  einen  halbfreund  der  Franzosen.  Göthe 
31.27;  indem  er  einen  halbfreund  von  sich  stiiszt.  33,214. 

HALBFHLCHT,  f.  (jemenye  von  körn  und  wetzen  bei  der  aus- 
saut,    s.  haibgetreide. 

HALBFLDERIG,  HALBFLDERIG,  adj.  1)  icas  eine  halbe 
tragenladung  ausmacht :  halbfiiderig,  halbgriffig,  ein  bäum,  der 
nur  ein  halbes  fuder  ausmacht,  so  dasz  man  zwei  dergleichen 
bäume  auf  einem  wagen  mit  vier  pferden  fahren  kann.  Jacobs- 
sos  2,  192*. 

2)  ein  halbes  fuder  als  masz  haltend:  ein  balbfuderiges  wein- 
fasz;  ist  aber  dag  vaj  halpfuederk.  Augsb.  stadtr.  116. 

HALBGANZ,  adj.  nur  zur  hälfte  ganz,  abgebrochen,  unroU- 
kommen: 

Echo  in  flem  holen  pfade 

der  gebirge  sol  den  scliall 

nicht  nur  tialbganz  hören  lassen, 

wie  sie  sonsten  widerklingt; 

sie  soll  jeden  seuTzer  Tassen, 

den  ihm  unser  herz  erzwingt.    Opttz  1,  213. 

HALBGEBACKEN,  part.,  nicht  vollständig,  nicht  ausgebaeken : 
halbgebacken  semicrudis  panis  Frisch  1,  46'.  vielfach  in  bild- 
lichem sinne :  so  in  Baiern  von  menschen  und  Ihieren  nicht  recht 
frisch,  schvächlicJi  Schm.  1,  144;  nd.  halfbacken  von  rohen 
ausgelassenen  jungen  letiten.  Schütze  2,  93;  halbgebackenes 
franzöiäch-teutsch,  lingua  teutonica  gallico  idiomate  deturpata 
Stieler  75.     vgl.  halbgesotten. 

HALBGEBILDET,  part.  mit  nur  unvollkommener  bildung  {vgl. 
halbbildung  sp.  195):  hatte  gern  halbgebildete  menschen  ge- 
sehen. Stolberg  6, 13 ;  der  grosze  häufe  der  halbgebildeten. 
Beckers  wellgesch.  14,  445. 

HALBGEBRAUCH,  m. ;  theils  hat  man  von  meinen  an- 
sichlen  .  .  in  gröszern  und  kleinern  Schriften  eine  art  von 
halbgebrauch  gemacht.  Göthe  54, 318. 

HALBGEBROCHEN,  pari.,  admodum  defidens,  getcöhnlich  von 
stimme,  ton  und  blick  {s.  brechen  2.343):  halbgebrochene  laute; 
mit  halbgebrochener  stimme;  halbgebrochene  äugen.  Klinger 
10,  IIS;  ihre  halbgebrochnen  äugen  bekamen  wieder  etwas 
von  ihrem  vorigen  feuer.  Rabe.xer  4,  147;  halbgebrochne 
blicke,  s.  203; 

ein  aage,  das  sich  schlieszt.  ein  lialbgebrochnes  herz, 
beiscbt  einb  throne  doch,  und  eines  freundes  schmerz. 

Gotteb  1,  141. 

HALBGEBLRT,  f.  partus  unilaleralis,  vgl.  unter  halb  sp.  188. 
reclässprichirorl :  halbgebuhrt  tritt  einen  grad  zurück.  Pistorids 
Utes,  paroem.  10.  no.  52. 

HALBGEFISCHT,  part.  halb  uie  ein  ßsch  gestaltet:  wie  ge- 
lesen wird  von  den  greifen ,  kleinen  zwergen ,  einäugigen 
ariinasperen,  halbgeßschten  Jungfern  und  dergleichen  fratzen. 
Reishold  reime  dich  (1673)  p.  12. 

HALBGEGENWART,  f.:  lassen  sie  uns  doch  ja  der  an- 
mulh  einer  nachbarlichen  schnellen  communikation  genieszen; 
eine  solche  halbgegenwart  ertbeilt  eigene  reize.  Göthe  bei 
Jahn  37^. 

HALBGEGNER,  m.  nicht  entschiedener  gegner.  Götbe  59,273. 

HALBGEHEILT,  part.:  daher  etliche  ..  die  halb-geheüten 
wunden  wieder  aufkratzen.  Weise  polit.  redner  (I6S4)  574. 

HALBGEHEIMMS,  f.:  wer  der  Verfasser  sei,  ist  bis  jetzt 
ein  haibgeheimniss  geblieben.    Göthe  bei  Jahn  309. 

HALB  GEISTLICH  ER,  m.  niciU  voller  geistlicher,  gewöhnlich  die 
scherzende  bezeichnung  für  einen  Schulmeister,  wdl  er  die  niedern 
lärcliendiensle  mit  zu  verrichten  hat;  ein  Schulmeister  sagt: 

nun  fordert.«  meine  schuld,  dasz  ich  zu  ihm  hingeh, 
weil  ich  halbgeisilicher  auch  mit  verptlichiei  steh. 

Hartequins  huchzeil  4t. 

HALBGELEHRT,  part.  semidoäus:  einen  baihgelehrten, 
welcher  mit  der  logica  nicht  umzugehen  weisz.  Weise  kurz- 
weiliger redner  33. 


HÄLBGENOSSEN,  part.: 

balbgenossen  glitscht  die  freude 

über  meinem  herzen  bin.    Blcmacer  1,  28. 

HALBGERAUBT,  part.: 

(trenn  sie)  .  .  mir  bei  balbgeranbten  küssen 

den  sonst  verdeckten  busen  zeigt.    Göthk  47,  10. 

HALBGEREIFT,  part.: 

halbgereifle  pachtgedanken.    Platk5  326. 

HALBGERINNE ,  n.  im  hüttenwesen  ein  nur  aus  irei  seüen 
bestehendes  gerinne,  bergw.-lex.  2S2'. 

HALBGESAGT,  part. :  todtengebeine  balbgesagter  gedanken 
und  empfindungen.  Herder  briefwechsel  1. 145. 

HALBGESANG,  m.:  bald  dieser  bald  jener  freund  liesz  in 
declamatorischem  halbgesange  eine  klopstockische  ode  ertö- 
nen. Göthe  26, 122. 

HALBGESCHLOSSEN,  part.:  sie  halte  sich  mit  halbge- 
schlosznen  äugen  aus  dem  zimraer  gewagt.  Rabe?(er  2,  I29 ; 
schaue  dann  müszig  unter  das  buch  gebückt  hinauf  in  ihr 
halbgeschlossenes  gesenktes  äuge.  J.  Paul  briefe  u.  bevorsi. 
lebenslauf  162; 

zwischen  das  haar 
der  balbgeschloszneo  wimper.    L.  Stolberc  1,  60. 

HALBGESCHMACK,  m. ;  um  nützlich  zu  sein,  muszte  es 
(das  theater)  sittlich  sein,  und  dazu  bildete  es  sich  im  nörd- 
lichen Deutschland  um  so*mehr  aus ,  als  durch  einen  ge- 
wissen halbgeschmack  die  lustige  person  vertrieben  ward. 
Göthe  26, 195. 

HALBGESCHOSZ,  n.  geschosz  oder  dockwerk  am  hause  von 
der  halben  höhe  änes  vollen  Stockwerkes,  franz.  entresole:  in 
palästen  bringt  man  auf  beiden  selten  eines  groszen  saals 
ein  halbgeschosz  an,  und  der  saal  geht  nicht  nur  durch  sein 
eigentliches,  sondern  auch  durch  das  halbgeschosz  durch. 
Jacobsson  2,193';  von  hier  aber  war  kein  weg  in  das  halb- 
geschosz wo  sie  wohnte.  Göthe  17, 128. 

HALBGESCHWISTER,  n.  plur.,  geschwister  von  einer  seile 
her;  vgl.  halb  5p.  ISS.    Stieler  1975. 

H.\LBGESELLE.  m.  der  ausgelernte  aber  noch  nidd  von  der 
innung  losgesprochene  lehrling  eines  handwerks.  Jacobssos  2. 193*. 
in  freier  und  witziger  anwendung  für  einen  lesen  lehrenden  Schul- 
meister: 

vielleicht  gedeiet  er  zu  nithen  oder  stecken, 
des  Kadmus  balbgesell,  die  kinder  nur  zu  schrecken. 
Rachel  sat.  4.  239. 

HALBGESICHT,  b.  gesteht  wie  man  es  von  einer  seüe  her 
sieht,  proßl:  das  ganze  angesicht  des  Jünglings  ist  viel  ein- 
nehmender und  anziehender,  als  das  um  etwas  zu  lockere, 
zu  gedehnte  halbgesicht.  Lavater  bei  Göthe  4«,  153;  die  person 
der  man  das  halbgesicht  durch  die  nische  {silhoueltierend)  ent- 
wendete. J.  Pall  Hesp.  1.  66.  Spottend  von  einem  dürren  und 
spitzen  geäehl ,  das  gewissermaszen  keine  fläche  hat:  und  der 
kerl  da  mit  dem  halbgesicht .  Schatte  (and  this  same  half- 
faced  fellow,  Shadow).  Shaiesp.  von  Schlegel,  Heinrich  IV., 
2.  th.,  2,3; 

weil  er  ein  halbgesicht  hat,  wie  mein  vater, 
möcht  er  mein  lehn  ganz  ITir  das  halbgesicht. 
sein  groschen  mit  dem  halbgesichtsgepräge 
brächt  ihm  alsdann  fünfhundert  pfuiid  des  jahrs. 

könig  Johann  1,  1, 
becanse  he  bas  a  half-face,  like  my  father, 
with  half  that  face  would  he  have  all  my  laod: 
a  half-faced  groat  Dve  huudred  pound  a  year. 

HALBGESOTTEN,  part.  semicoctus;  in  ähnlicher  übertragener 
venrendung  trie  halbgebacken  {sp.  201),  nur  halb  reif,  niciU  vdl 
männlich:  Edgar  ist  ein  halbgesoltner  ungestüm  und  er  weisz 
nicht,  was  er  will.  Börne  1,  57. 

HALBGESPENST,  n  ;  sie  kann  weder  essen  noch  schlafen, 
sie  schleicht  herum  wie  ein  haJbgespenst.  Göthe  57, 14. 

HALBGETREIDE,  n.  zur  aussaal  bestimmUs  getreide,  halb  aus 
weizen,  halb  aus  körn  bestehend,  ücon.  lex.  914.  794.  s.  halb- 
frucht,  halbtreid. 

HALBGEWACHSEN,  pari.:  halbgewachsen,  nondum  ad 
juslam  artatem  provectae.  facel.  facel.  393;  ein  junger  halbge- 
wachsener   bär.    Kirchhof  weudunm.  473*.     vgl.  halbwachsen. 

HALBGEWENDET,  pmt.  nur  zum  theil  umgekehrt:  mit  halb- 
gewendetem gesicht.  bei  Klop^tock  rofii  glauben  fast  abgefaUem 
{s.  wenden): 

er  brachte  der  halbgewendeten  Christen 

Tiele  zurück  lu  dem  blutenden  menschenfreunde,  zum  himroel. 

4,  212  (Messias  10,  392j. 


203 


HALBGOTT  — HALBHEIT 


HALBUELLE  —  HALBICUT 


204 


HALBGOTT,  m.  semideus^  ahd.  balbgot  (Graff  4, 151):  setni- 
deus  halligot.  hulffgot  Diefenbach  525';  gedachte  ich  ..  den 
Herculein  selbst  zu  übertreffen  und  also  mich  den  allen  be- 
rühmten heidnischen  haibgöltern  gleich  zu  machen.  Sinipl. 
4,168  Kurz;  dasz  für  eine  jugendliche  phantasie  nichts  erfreu- 
licher sein  könne,  als  in  jenen  heitern  und  herrlichen  gegen- 
den  mit  göttern  und  halhgütlern  zu  verweilen.  Götue  25,315; 
stolz  wie  ein  halbgutt.  Wiklan»  Agathon  vi.  buch,  '.cap.;  er 
wurde  in  seiner  Vaterstadt  mit  den  ehren  eines  halbgoltes 
bestattet.  Schlosser  ivelty.  2,  451 ; 

o  mondos  silberstirn,  o  wo  dir  ist  bewiist, 

wo  der  halbgoticr  schar  auf  lioint  sucht  ihre  lust, 

so  lehne  mir  dein  licht.    A.  Grypuius  schwärm,  schäfer  08; 

Hontmartin,  der  halbgötter  zier, 

und  von  <len  lutisen  selbs  gesclimücliel, 

das  lob  so  ich  von  dir  formier, 

ist  nicht  ausz  rremdem  sciimucli  (re.^tücliet. 

Wkckherlim  373; 
halbgötter,  beiden,  götter,  ja  diimonon, 
sie  fiihrien  mich  im  irren  lier  und  hin.     Göthk  41,213. 

auf  hervorrayende  menschen  gewendet: 

dein  bildniss  mfist  in  ertz  und  stein 
den  tempeln  neue  pracht  verleihn, 
und  als  ein  halbgott  opl'er  tragen. 

Gü>TUKR  1  (1733)  s.  139; 
{Hans  Hagel)  nimmt  nun  den  mann 
ohn  all  grefahrde 
zum  lialbgott  an,         • 
fällt  hin  zur  erde 
und  betet  an.    ISluhauer  1,  89. 

HALBGÖTTIN,  f. :  wie  sie  denn  überhaupt  als  typus  für 
alle  beroinen,  musen  und  halbguttinnen  gelten  muszte.  Götüe 
29,  f>^. 

HALBGÖTTLICH,  adj.  und  adv.: 

du  (Chiron)  hast  die  gröszten  deiner  zeit  gesehn, 
dem  edelsten  in  Ihaten  nachgestrebt, 
halbgötllich-ernst  die  tage  durchgelebt.     Götue  41,  129; 

ist  dieses  der  vorzug  der  halbgöttlichen  Vernunft,  dasz  man 
die  weite  und  ungebahnte  bahn  der  weit  unvernünftigen  ge- 
schöpfen  einräumet,  und  hingegen  seinen  wohnplatz  in  dem 
engen  stalle  des  finstern  Vaterlandes  aufgeschlagen  hat? 
Weise  polit.  redner  157. 

HALBGRIFFIG,  adj.  was  mit  einem  halben  griffe  umspannt 
werden  kann;  im  forstwesen ,  wo  der  griff  oder  die  spanne  als 
masx  dient,  werden  halbgrifdge  bäume  von  eingriffigen,  zwei- 
griffigen unterschieden,     vgl.  eingreifig  3, 193. 

HALBGHrM),  tn.:  es  sind  viel  falsche  oder  halbgründe 
angeführt.  Heruer  19,  72. 

HALBGUT,  ;t.  bei  den  zinngieszern  gemisch  von  halb  zinn  und 
halb  blei.  Jacobsson  2. 193*. 

HALBGUT.  adj.:  halbguter  character.  Schiller  1133. 

HALBHABT,  adj.  subdurus ,  vom  mineral  gesagt,  das  nicht 
(euer  schlägt  und  sich  mil  dem  messer  etwas  schaben  Idszt. 
Jacorsson  6. 13'. 

HALBHASE,  m.,  cavia  leporina,  hasenmaus,  javanischer  halb- 
hase.  Nemmch  2,  922. 

HALB  HA  LEB.  m.  cinscimeidiges  schwert ,  das  nur  von  einer 
seile  zum  hauen  dient,  im  gegen satz  des  zweischneidigen:  unter 
Schwertern  werden  aufgezähll  beiderseiter,  schweizerfochteln, 
schlachlschwerd,  . . .   halbhawer.  Garg.  HS'. 

HALBHAUS,  n.  offener  vurbati  eines  hauses:  da  er  in  einem 
offenen  freien  luftigen  halbhaus  am  hause  sitzen  . .  konnte. 
i.  Paul  flei/elj.  3,  G5. 

HALBHEIT,  /".  unenlscltiedtnes ,  schwankendet,  zweideutiges 
wesen  und  Ihun ,  ein  wort  nach  halb  5p.  192  im  vorigen  Jahr- 
hundert gebildet:  mit  aller  dieser  halbhcit.  VVieland  3,150; 
diesz  allein.  Hippias,  war  die  ur«arhe  der  halbhcit,  deren 
du  mich  mit  mehr  strenge  aU  billigkeil  beschuldigest.  3,  ino; 
militairischc  lialbheiten  hatten  ihm  in  seiner  Jugend  viel  zu 
schaffen  gemaciil;  er  hatte  deswegen  den  dienst  verlassen. 
GfiTHK  17, 194;  zu  reservalionen.  halbheiten  und  lügen  ist  es 
(das  franzüsisclie)  eine  treffliche  spräche,  t»,  21ü;  uns  peinigt 
die  halbhcit  solcher  zustünde.  26,223;  wodurch  eine  haihheit 
und  verderbtheit  in  den  köpfen  entsteht.  65.  «s ;  Oexlerreich, 
»on  allen  mächten  verlassen,  erntete  jetzt  die  fruchte  seines 
hnrhmuth«  und  jener  polilik  der  halbheit ,  welche  Busziand 
tödilich  btleidigtc,  ohne  den  westmächten  zu  genügen,  preust. 
Jahrb.  ttd.  22  t.  H2.  Auch  von  ungenügendem  ««.«h  und  ki'mnen: 
eines  recht  winden  und  au«üben  gibt  höhere  Lildung  als  hulb- 
bcit  im  bundcrtfuliii^cn.  Goriie  21,227. 


HALBHELLE,  f.  unvollkommene,  gedämpfte.  Göthe  15,299. 

HALBHEMDE,  n.  indusium  inferiore  parle  truncatam.  Frisch 
1, 400*.     franz.  Chemisette 

HALBHEBSCHELIG,  adj.  halb  und  halb  einen  herren  spielend, 
herrensille  nachahmend  {s.  hcrscheln) :  man  war  im  dorfe  nicht 
früh,  es  waren  viel  halbherrschclige  Icute  darin.  J.  Gotthelf 
scliuldcnb.  340;  auch  halb  wie  ein  herr  gekleidet:  schwärmten 
männer  umher,  halbherrschelige,  auch  halbieinerne,  fast  wie 
bauern.  s.  3, 

HALBHEItZIG,  adj.  gelhvilten ,  schwankenden  herzens:  senii- 
cors  haibherlz,  halbhcrizig  UiEKtMi.  525';  aus  solcher  halb- 
herzigen und  nur  zu  parleizwecken  versuchten  thäligkeil 
kann  folglich  auch  nichts  entspringen.  Frantz  critik  aller 
Parteien  s.  18. 

HALBHEBZIGKEIT,  f.:  halbhcrzigkeit  zwischen  gott  und 
dem  mamnum.  Claudius  4,  5«. 

HALBHOCH,  adj.,  nicht  die  volle,  rechte  höhe  habend:  ein 
grober,  halbhoher,  starkzerknitterter  lilzhut.  daheim  1868 
s.  754". 

HALBHOF,  m.  bauernhof  mit  halb  so  viel  grund  und  boden 
als  ein  vollhof:  niemand  der  nicht  so  viel  als  einen  vollen 
hof  zum  eigenihum  besitzt,  braucht  sein  ganzes  leben  dem 
Staate  aufzuopfern,  zwei  halbhüfe,  vier  viertelhöfe  und  acht 
markkölter  sind  dem  Staate  im  verhäitnisz  mit  jenem  nur 
ein  leben  oder  einen  mann  zum  heerbanir  zu  stellen  schuldig. 
Moser  patr.  phant.  3  (1798)  s.  256. 

HALBHOHL,  adj. 

wie  wenn  man  mit  der  band  an  die  bejahrten  rinden 
halbholiler  weiden  stöszi.  ZacmariX  t,  54. 

HALBHOLZ,  n.  1)  bauholz  welches  entsteht,  wenn  man  einen 
bäum  eiuniul  der  länge  nach  sägt  oder  spaltet.  Aüeiunc. 

2)  in  Baiern,  bei  den  holzarbeitern  des  gebirgs  hoiszt  halbhnlz 
ein  block  hohes,  der  an  den  festyesetzlen  umfang  eines  hulzblockes 
(werholz)  noch  nicht  reicht.  Scn.vi eller  2,  üjo. 

HALBHOSE,  f.  kurze,  nur  bis  an  das  knie  oder  den  halben 
Oberschenkel  reichende  hose,  wie  sie  zu  anfang  des  16.  jahrh.  gegen 
die  allgemeine  mode  der  landskneclU  trug,  den  die  ganze  hose, 
die  in  straffer  Spannung  über  das  knie  bis  zu  den  füszen  reichte, 
an  rascher  bewegung  hinderte: 

in  warames  und  haJbhosen  mösz  er  {äer  landukneclu)  springe. 

UllLAND  volk^l.  517. 

HALBHÖSLER,  m.  Schimpfname  für  landsknechle  oder  um- 
herschweifendes gesindel:  naschige,  sackblodcrige,  seckelschnei- 
dige  galgenschwengel,  halbhOszlcr,  galgenasz,  rabenfuter. 
Garg.  47*. 

HALBHÜFNER,  m.  bauet  der  nur  eine  halbe  hufe  besitzt,  im 
gegensalz  zum  voll-  orfer  ganzhüfner:  richtig  ist  es,  dasz  hier., 
alles  und  jedes  seine  Ordnung,  zeit  und  den  gewiesenen  platz 
hat,  jedermann  die  ihm  gebührende  reveienz  genieszt,  so 
dasz  ich  den  halbhüfner,  den  költer  und  wer  es  sonst  sein 
mag,  jeden  bei  seiner  gebühr  nennen  musz.  Immerhann 
Nünchh.  3.  53. 

HALB^U^DERT,  n.  seltenere  form  für  halbes  hundert:  eine 
gros/.e,  von  bunten  wachssföcken  flammende  torte,  deren  ins 
lialbhundert  sich  belaufende  anzahl  einander  zu  schmelzen 
und  zu  verzehren  drohte.  Götme  31,1I().     vgl.  halbtausend. 

HALBICHT,  adj.  und  adv.,  zur  kälfte,  halb. 

t)  tm  eigentlichen  sinne  nur  noch  in  mundarlen  verwendet,  so 
bair.  halbel:  halbet  mir  und  iialbet  dir,  ein  halbcter  apfel, 
das  halbet  geld.  Schm.  2,177;  tn  Tirol  a  halbcts  brüt ,  und 
mil  der  adverbialbildung  halbels:  halbcts  fertig  (zur  hälfle). 
Fromm.  J>,  447. 

In  der  Schriftsprache  erscheint  das  worl  nur  im  übertragenen 
sinne. 

2)  wie  \ia\h  sp.\^2  unentschieden,  schwankend,  nicht  genügend: 
die  kleine  ejaculation  über  tlas  halbichle  wesen  u.  s.  w.  hat 
mir  meines  orls  eine  gar  gute  stunde  gemacht.  Wielani»  m 
Merks  briefs.  1,249;  viele  der  wichtig'iten  begriffe  sind  mir 
noch  halllicht  . .  und  manche  mögen  auch  so  halbicht  bleiben, 
wie  ich  sie  hinwarf.  Engel  uri  Wielund ,  musen  1813  *.  231. 
Aehnlich  wird  in  Kärnthen  gebraucht  a  halbeter  mensch,  der 
nichts  reddes  tu  stände  bringt.   Lexer  i;it. 

3)  in  adverbialer  Stellung  heiszt  es  rietfach  einiiferma^ 

wenig,  wie  halb  sp.  191 :  aber  das  gesinde,  wenn  es  nui  n.n- 
bicht  ein  rechte  sachc  hat,  jiMcget  jet/.l  «ider  herrn  und 
frawen  also  zu  sagen.  I'.  Glaser  gesindteuffil  (\:,r<^)  F*;  die 
vornehmen  aber,  so  tmr  halbicht  b<-i  mittel  sein,  werden 
vcrbraiidt.  Wiedeman^  ;uN((ur  5.42;  nun  dürfte  mau  halbicbt 


205 


HALBIEREN— HALBIG 


HALBIG  — HALBKOPP 


206 


ein  wenig  auf  worte  denken,  anhang  27;  wo  wir  nur  halhicbt 
unterliall  finden.  Chr.  Weise  fiberß.  yed.  2,  37;  die  logica 
naturalis  durfte  halbicbt  im  discurriren  esercirel  werden. 
erzn.  156; 

es  ist  penung,  wenn  nur  die  haut  das  hembtie  deckt, 
uod  halbicbt,  ob  auch  schon  diesz  oder  jenes  bleckt. 

grulian  3. 

Heben  halbicbt  geht  die  form  halbig  zum  theil  in  glncher  bedeu- 
tuvg ,  s.  d.     vertverfUch  ist  die  form  baibigt:    Frissino  scheint 
nur   ihre    namen    geändert    zu    haben ,    und   auch  diese  nur 
halbigt.  (Bodmer)  neue  crit.  hriefe  227. 
H.^LBltREN,  verb.  dimidiare. 

1)  das  mild,  halbieren  {wb.  1,617')  mit  romanischer  enditng, 
galt,  uie  das  franzfis.  mi-parlir,  zunächst  von  der  kleidung,  die 
nach  einer  im  li.jahrh.  aus  Frankreich  herübergekommenen  mode 
in  gelheillen  färben  getragen  wurde,  so  dasz  jede  der  beiden  seilen 
aus  andersfarbigem  sloff  bestand: 

scharlachrot  unde  brnn 

was  sin  niantel  gelialbiert.     Wigamur  4CS5. 

diese  mode  hielt  sich  schwankend  lange  und  bis  an  fang  des  IQ.  Jahr- 
hunderts: (dy  manne)  trugen  ouch  ..  lange  hoszen  gebalbert 
mit  mancherlei  färbe.  Stoli.e  chronik  bei  Haupt  8,319;  der 
hatte  gehalbirte  cleider  unde  werihlichen  gesnetbin  an.  Rothe 
cliron.  464  s.  382.  auch  der  schild  des  ritlers  war  in  dieser  weise 
getheilt : 

ich  sagiu  wie  er  fuort  den  schilt. 

gehalbirt  nach  dem  swert  zetal. 

da;  ober  teil  daj  was  geinäl 

rebt  als  ein  lieht  saphire  plä  .  .  . 

da;  nider  teil  gab  selben  schin 

▼ou  kelen  röl,  wij  von  hermelin, 

ze  abt  stucken  meisterlich  gesniten. 

fraueiidienst  171,  5. 

2)  ist  das  wort  so  zu  frühest  modeausdruck,  so  kommt  es  doch 
auch  auszer  diesem  falle,  in  der  allgemrinen  bedeutung  in  zwei 
hälßen  theilen,  bald  in  aufnähme,  und  wieder  in  slrengeiem  und 
freierem  sinne. 

a)  in  strengerem  sinne,  als  rechnenausdruck :  halbire  die  zal 
die  kommen  ist  ausz  dem  dupliren,  so  korapt  die  erste  auff 
gelegt  zal  wider.  Adam  Ryse  rechnung  Ab'  {der  sonst  statt  ha\- 
biren  stehend  mediren  gebraucht);  die  zabi  sechs  kann  zugleich 
halbiert  und  gedrittelt  werden.  Loiiexstein  Arm.  2,203;  da 
multipliciret  den  gröszten  nenner  mit  dem  kleineren  . .  was 
kömmt  ist  der  hauptnenner  und  kan  derselbe  mebrentheils 
halbiret  werden.  Seriasuer  rechlscitreibung  u.  rechenkunst  418; 
sie  haben  die  erbschaft  halbiret,  in  duas  partiunculas  heredi- 
tutem  secuerunt.  Stieler  737;  nimm  von  dem  halbirten  einen 
theil  hinweg,  welchen  du  willst,  dimidialam  portionem  alleru- 
tram  cape.  das.;  so  braucht  auch  Ka.nt  halbiren  von  einer  zwei- 
theilung  der  seele  oder  des  beuusztseins  2,  320. 

b)  in  freierer  anuendung:  spricbet  der  vrysz  man,  das  ein 
wiser  mensch  halbiert  sin  tag,  spricht  David,  viri  sanguinum 
et  dolosi  non  dimidiabunt  dies  suos,  dz  dut  der  schalkhaftig 
betrüglicb  sündig  mensch  nit,  der  halbiert  nit  sin  tag,  der 
volendet  ewiglich  in  boszhcil.  Keisersberg  bilg.  I9b*;  brot- 
meyer,  die  den  bauch  im  schubkärcblin  führen,  halb  pfaffen 
und  halb  landszknecbt,  gehalbiert  menschen  vom  bischof  und 
bader.  Garg.  is';  auch  haben  wir  bemerkt,  dasz  doppelbiider 
als  balbirle  biider,  als  eine  art  von  durchsichtigem  gespenst 
erscheinen.  Göthe  52,107;  man  kann  hier  nicht  halbiren 
und  ein  mittelding  zwischen  recht  imd  nutzen  aussinnen. 
Kant  5,  459 ; 

ein  vertrauter  freund  im  leben 

der  balbirt  uns  unser  leid, 

duppelt  gleichfalls  alle  Ireud.    Fleming  374. 

mhd.  vom  schwanken  des  gemüles:  als6  da;  er  einen  rebten 
ker  des  willen  gewinnet,  da;  er  niemer  me  dekeine  sünde 
welle  geluon  .  .  und  sol  aber  ein  ganzer  wille  sin,  nit  ein 
gebalbierter  wille:  ich  enwei;  ob  ich  e;  aber  morne  tuon. 
d.  myst.   273,  21.     vgl.  halb  sp.  192. 

HALBIF.RER,  m.  partitor,  sector,  divisor.  Stieler  737.  daselbst 
das  fem.  halbirerin. 

H.XLBIEKUNG.  f.  biseclio.  Frisch  1,400*. 
HALBIG,  adj..  neben  balbichl,  zur  hälfle,  halb. 
\)  in  eigentlichem  sinne: 

sie  schelten  {schoxsen)  die  maur  wol  halbig  ein. 

Soltau  2,  113  (16.  jahrh.); 
sein  schnlTlein  wider  suchen  thet, 
die  er  balbig  hehnlien  het, 
und  ward  ein  scIielTer  gleich  wie  vor, 
den  halben  theil  willig  verlor.    Et«81no  1,  133; 


halb  schlaffen  thet  und  halbig  wacht.    1,  172; 

aber  was  könt  es  schaden, 
v-enn  Ichs  schon  halbig  fresz? 

Atrer  fa!,tn.  112'  (2897,  20  Keller). 

in  Niederdeutschland  jetzt  nur  noch  bei  Zeitbestimmungen  gebräuch- 
lich: halwig  sesse,  bet  halwig  achte,  hahveg  twe.  Scham- 
BACii  73*.    Däii.vert  171*.    doch  vergl.  unter  halbweg. 

2)  übertragen  unrvllkommen ,  beschränkt:  welche  die  Jugend 
angewöhnt,  überall  mit  unzulänglichen  begriffen  und  dem 
balbigen  verständniss  der  kunstwürter  zufneden  zu  sein. 
Lessijjg  3, 162. 

HALBIG,  m.  im  hültenwesen  der  hebearm  an  der  pochwelle, 
welcher  den  Stempel  hebt.  Jacobssox  2, 193*,  nach  dessen  ver- 
mulhung  das  wort  aus  hebling  verstümmelt  ist. 

HALBINSEL,  f.  peninsula.  im  IQ.  jahrh.  noch  als  zwei  worte 
gebraucht:  peninsula,  ein  halb  insel,  das  nur  mit  eim  theil  am 
erdtrich  hanget.  Dasyp.  ;  cliersonesus,  insel  die  sich  anlandet, 
halb  insel.  FRiscHLi>f  nomencl.  34*;  es  ist  noch  wenig  gebräuch- 
lich, Mij.NSTER  umschreibt  den  begriff:  und  feiet  nit  mehr  dann 
an  einem  ort,  so  were  es  (Italien)  ein  insel.  cosmographei 
(1560)  5.  166.  spdler  nur  als  compositum  gefaszt:  halbinsel 
Stieler  892;  dann  auf  einmal  tragt  er  uns,  wie  auf  einem 
zaubermantel,  über  die  halbinsel  Indiens  hinab.  Göthe  6, 1S8; 
von  der  halbinsel  Malaoca  trugen  mich  meine  sliefel  auf 
Sumatra.  Chamisso  Schlemihl  cap.  10. 

HALBIRRTHL'.M,  m.:  ganze,  halb-  und  vierteis -irrthümer 
sind  gar  schwer  und  mühsam  zurecbt  zu  legen ,  zu  sichten 
und  das  wahre  daran  dahin  zu  stellen ,  wohin  es  gehört. 
Göthe  49,23. 

HALBJAHR,  m.:  man  sech  {die  Jungfrauen)  an,  die  in  der 
ee  sind,  ee  si  ain  halbjar  darinn  sind,  so  würt  d;  ermest 
eilendest  ding  darausz.  Keisersb.  grana/ap/i?/  (geisll.  spinn.)  Ol*. 

HALBJÄHRIG,  adj.  ein  halbes  jähr  umfassend:  ein  halb- 
jähriges kind ;  halbjährige  zinsen ;  halbjährige  kündigung, 
solche  die  auf  ein  halbes  jähr  hin  geschieht. 

H.\LBJ.\HRL1CH,  adj.  je  einem  halbjahre  zufallend:  ein  halb- 
jährlicher Wechsel  des  aufentbalts ;  halbjährlich  einmal  kehrte 
er  in  seine  Vaterstadt  zurück.  Oß  mit  dem  vorigen  halbjährig 
vernüschl,  für  halbjährige  kündigung  kört  man  auch  halbjähr- 
liche; sie  erhielten  aus  der  universitätskasse  ein  Stipendium 
halbjährig.  Heyne  in  den  briefen  an  J.  v.  Müller,  bd.  2  (1S39) 
s.  140. 

HALBK.\FER,  m.  necydalis,  ni.  basterdbokje.  Nemmch  3,711. 

HALBKAP.\UN,  m.:  ein  schlecbt  gekappter  oder  halbge- 
schnittener bahn  heiszt  ein  balbkapaun.  Nemsich  4,  941. 

H.\LBK.\RAL'SCHE,  f.  baslard  von  karausche  und  karpfen. 

HALBKELLER,  »j.  kellerhaus,  das  mit  dem  obern  theile  seiner 
umfassungsniauern  über  der  erde  steht;  man  sieht  solche  in  Düringen 
häufig,  wo  sie  auch  noch  den  allen  namen  tunk  führen  {vergl. 
Germania  9, 337,  und  dunk  2, 1532) :  am  tage  hatte  ich  zwei 
wagen  weisze  rüben  einfahren  lassen,  die  noch  im  hofe  vor 
dem  sogenannten  balbkeller  oder  tunk  lagen,  grenzboten  1866 
s.  144.     (aufzeichnungen  eines  pfarrers  in  Klein  fahner  bei  Erfurt). 

HALBKE.N.NER,  m.  unvollkommener,  mangelhafter ;  vgl.  über 
das  aufkommen  des  woris  kenner  2,  th.  5,547:  wo  ein  balb- 
kenner  den  künstler  unter  der  natur  geblieben  zu  sein  . . 
urlheilen  dürfte.  Lessing  6,376;  so  entzuckt  der  halbkenner 
sein  wird.  Herder  17,  200;  von  halbkennern  sollte  eigentlich 
gar  die  rede  nicht  sein.  ja.  wenn  man  es  streng  nimmt,  gibt 
es  gar  keine  halbkenner.  Göthe  36,  253. 

HALBKEN.NEREI,  /.    Reinhard  an  Göthe  137. 

H.\LBKENNERISCH,  .^rf;.;  so  will  man  ..  ihm  das  weitere 
gröszere  verdienst  halbkenneriscb  abläugnen.    Göthe  36, 174. 

H.\LBKLOTZ,  m.  als  bezeichnung  eines  rohen  und  plumpen 
menschen,  vergl.  klolz  3,  th.  5,1250:  derohalben  auch  ihre 
kinder  solche  lumme  und  wilde  hirne  oder  viehische  inenschea 
und  halbklötzer  werden,  baurenst.  laslerpr.  116. 

HALBKLLG,  adj.:  der  eigendünkel  eines  halbklugen 
egoisten.  Götde  14,188;  der  gedanke  des  ebestandes  bat  für 
ein  balbkluges  mädchen  gewisz  etwas  schreckhaftes.  19,283. 
im  Volke  hört  man  öfter  du  bist  wol  halbklug  als  viilderen  aus- 
druck  für  dumm;   vgl.  haihnarr. 

HALBKOPF,  »I.  mensch  mit  ungereiftem  verstände,  Scheltwort: 
einige  halbköpfe  in  den  vorslädlen  von  Korinth.  Wieland 
13,12;  diese  halbköpfe,  die  nur  einen  sonnenblick  brauchen, 
um,  gleich  den  fröschen  im  frühling,  in  zahlloser  menge  aus 
den  sümpfen  am  Parnass  bervorzuwimmeln.  sat.  des  Horaz 
1,260;  hier,  verslebt  sich,  ist  nur  von  guten,  graden  menschen 


207 


H  ALBKÖPFIG  —  HALBLATEINER 


HALBLAUT  —  HALBMANN 


208 


die  rede,  halb-  und  schiefköpfe  werden  gleich  ohne  umstände 
mit  der  wanne  gesondert.  Götiie  29,  1ü6;  Nicolai  halte  sie 
[icine  gegner)  in  üfTentlichen  Schriften  qiiecrköpfe  genannt  . . 
man  hätte  denken  sollen ,  eine  zusanimensetzung  mit  kupf 
sei  der  andern  werth,  und  die  benennung  des  halbkopfs, 
der  ja  wohl  noch  wachsen  kann ,  sei  immer  noch  milder, 
als  die  eines  völlig  in  die  queere  gedrehten  kopfcs.  Kicute 
!^icolais  leben  50;  er  ist  ergrimmt  über  die  halbköpfe.  Bückh 
ges.  kl.  sclinflen  2,  442. 

HALBKÖPFiG,  adj.:  nur  was  halbköpfig  und  halbherzig 
ist,  pllegt  im  allgemeinen  dem  constitutionalismus  geneigt 
zu  sein ,  welcher  freiheit  und  Ordnung  zugleich  verspricht. 
Frantz  kiitik  aller  parlcicn  s.  101. 

HALBKÜPUGKEIT,  f. :  in  derselben  akte  . .  verweist  Nicolai 
Schellingen  und  Fichten  die  Unanständigkeit  sehr  ernstlich, 
dasz  ihnen  zuweilen  ihren  gegnern  gegenüber  so  ein  wort 
von  halbköpiigkeil  entschlüpft  sei.  Fichte  Nicolais  leben  50. 

H.\LBKRE!S,  «i.  semicirculus :  hemisi>ltaeria  halbcirkil  o.  kreij 
DiEFENu.  b4l'.  das  worl  üt  erst  seit  dem  vorigen  Jahrhundert 
in  grOszere  aufnähme  gekommen ,  früher  ersetzte  es  nwist  halber 
cirkel;  jdsl  braucht  es  auch  die  gewöhnliche  spräche  häufig:  die 
kiuder  standen  in  einem  halbkreise  um  den  lehrer;  im  halb- 
kreiic  um  ihn  hatfer,  sich  menschen  angesammelt;  der  knabe 
füiirte  ihn  mi  halbkreise  durch  die  wenig  entblätterten,  bunt- 
belaubten  bäume.  Götiie  15,  330;  vor  der  Orangerie  befanden 
sich  in  einem  halbkreise  grosze  tische.  Weslermanns  monats- 
hefle  febr.  lSü7  s.  497'.  der  landmann  beschreibt  beim  viähcn 
mit  der  sense  einen  halbkreis:  wie  regelmäszig  ihre  sense  den 
lialbkreis  durchrauschle.  Felder  reich  und  arm  126. 

In  der  baukunst  wird  für  rundb(igen  auch  der  ausdruck  halb- 
kreisbogen gebrauclU.  leilfaden  f.  den  Unterricht  in  der  kunst- 
geschichte  (186S)  s.  29. 

HALBKUGEL,  f.  hemisphaerium. 

1)  im  allgemeinen  sinne:  jeder  gröszte  kreis  theilt  die  kugel 
durch  seine  ebene  und  die  kugeifluche  durch  seinen  um- 
kreis in  zwo  gleiche  hälften,  welche  man  halbkugeln  nennt. 
Jacobssom  6,13';  die  halbkugeln  an  der  luftpumpe. 

2)  nach  der  kugelgestall  der  erde  theilt  man  diese  ein  in  eine 
östliche  und  westliche,  oder  in  dne  südliche  und  nördliche 
halbkugel :  im  strengsten  winler  der  südlichen  halbkugel. 
Chamisso  Schlemihl  cap.  10. 

3)  das  gehirn  ist  durch  den  sichelfortsatz  der  harten  hirnhaut  in 
zwei  UieiU  getlteill,  die  man  halbkugeln  nennt.  Nemnich  3,132. 

4)  halbkugel,  eine  art  drehwurm ,  volvox  dimidialus,  nach 
seiner  geslalt.  Nemnich. 

HALBKUGELFÖRMIG,  adj.  hemisphaericus. 
HALBKUGELIG,  adj.  hemisphaericus :  Ihünerne,  halbkugelige 
näpfchen.  dalwim  lisüS,  759'. 

HALBKU.NST,  f.  in  zwei  bedeulungen. 

1)  kunst,  welche  zugleich  viel  handwerksmäsziges  an  sich  trägt, 
oder  handwerk ,  welches  fast  zur  kunst  sich  erhebt:  es  gibt  so 
gewisse  halbkünste,  welche  handgcschicklichkeit  und  hand- 
werkslust  verlangen  . .  dahin  gehört  die  wüchsmahlerci.  Götiie 
27,233;  zu  damaliger  zeit  genosz  der  goldschinied  vor  vielen, 
ja  man  möchte  wohl  sagen  vor  allen  liandwerkern  einen 
bedeutenden  Vorzug,  die  kostbarkeit  des  matcrials,  die  rein- 
lichkeit  der  bchandlung  . .  alles  versetzte  die  genossen  dieser 
halbkunst  in  eine  höhere  sphaere.  30,  35t ;  einer  iialbkunst  zu 
gedenken,  welcher  wir  in  absieht  auf  färberei  sehr  vieles 
.«chuldig  sind,  ich  meine  die  tapelenwirkerei.  52,246;  dieser 
mann  . .  war  in  seinem  handwerk,  in  seiner  halbkunst  {fdr- 
berei),  wie  man  es  nennen  will,  wohl  zu  hause.  54,  247. 

2)  unvollkommene ,  nicht  wahrhafte  tunsl :  die  kriegeskunst 
ist  in  absieht  auf  die  Unmöglichkeit  der  völligen  anwendung 
nur  halbkunst.  Klopstuck  7,26; 

durch  scböiiheit,  wie  der  halbkunst  tierainii 
Ichret.  2,  25. 

HALBKÜNSTLEB,  m.  unvollkommener,  niciU  wahrer  künsller : 
diener  gute  alte  mann  {ein  zeichenmeister)  war  freilich  nur  ein 
halbkünsllr-r.  Götue  2t,  1S2. 

HALBLADEN,  m.  der  nur  das  halbe  fcnster  bedeckl :  sie  fing 
daher  an ,  von  zeit  zu  zeit  durch  ihre  vorhänge  und  halb- 
laden  nach  der  slrasze  zu  sehen.    (Jöthe  15,  157. 

HALBI^AKKN,  n.  gewebt,  dessen  aufzug  aus  hänfenem  garn, 
deurn  einsctilay  aber  au$  werg  oder  fladis  besieht.  Jacoiisson 
2, 193* 

HALBLATF.INER  m.  in  Hessen  spottende  bvieichnuuo  einei 
halbgelrtiäeten. 


HALBLAUT,  m.  semitonium.   Stieler  1093. 

HALBL.\UT,  adj.  und  adv.  mit  gedämpfter  stimme,  leise,  was 
früher  vielfach  kleinlaut  liiesz  (5, 1115) :  sie  reden  unter  sich 
mit  halblauter  stimme;  dieser  erwiederte  halblaut.  E.  T.  A. 
HoKFMANN  11,101;  er  greinte  und  sagte  halblaut  für  sich. 
Immebmasn  Münchh.  4,  7 ;  der  herhergsvater  und  seine  frau 
gingen  in  der  stube  auf  und  ab,  wie  es  schien,  zuweilen 
halblaut  mit  einander  streitend.  Bieol  eiilturgesch.  novellen  348. 

HALBLAUTER,  m.  semivocalis. 

HALBLEBENDIG,  adj.  und  adv.  semivivus.  Hederich  1199. 
ags.  healfcvic. 

HALBLEHEN,  n.  lelwnuetse  hingäbe  auf  eine  gewisse  reihe  von 
Jahren,  getvOhnlich  neun.  Stieler  1126.    Frisch  1,  400*. 

HALBLEINEN,  adj.  was  zum  Iheil  aus  leinenem,  zum  tlieil 
aus  wollenem  garne  gefertigt  ist;  zeuge  dieser  art  trtig  namentlich 
der  baucr ,  daher:  vor  hielte  in  jederman  für  einen  narren, 
jetzunder  hat  man  ihn  für  einen  halbleinen  schult heissen 
erkoren.  Frey  garleng.  40,  zu  einem  dorfschuhen;  halb  leinen 
und  halb  Schweinen,  halb  herrisch  und  halb  bäurisch  /im;t 
es  in  Baiern  von  landlculen  und  geringen  bürgern,  die  sich  vor- 
nehm tragen  wollen.  Scii.M.  2,  472.     t'(/i.  haibleiiiern,  hulbliniieii. 

HALBLEI.NEN,  n.  l)  gcuebe  aus  kinenem  und  wollenem  garn 
vorzüglich  für  die  baucr nkleidung:  dasz  ..  der  mann  in  heilem 
balblein  prangt  oder  höchstens  in  hellem  railteltuche.  J.  Gorr- 
HELF  bilder  u.  sagen  4,  46. 

2)  in  neuerer  zeil  heiszt  halbleinen  auch  das  aus  leinenem  und 
baumwollenem  garne  gefertigte  getvebe. 

HALBLEINEBN,  adj.  wie  halbleinen:  halbleinerne,  mäuse- 
graue und  pechschwarze  kullen.  J.  Gottiielf  schuldenb.  314. 
von  leuten,  die  in  halbleinen  gekleidet  sind :  schwärmten  man ner 
umher,  halbherrschelige,  auch  halbleinerne,  fast  wie  baucrn, 
nur  dasz  die  kutlcn  wohl  stark  verwetzt  waren,  s.  3. 

HALBLEIN  WAND,  f  l)  gcwebe  aus  län  und  woUe:  halb- 
wüllen  haibieinvvand,  tela  ex  subtegmine  inlexto  slamine  linteo. 
Stieler  2406. 

2)  halb  leincjies,  halb  baumwollenes  gewebe. 

HALBLEUTE,  m.  plur.,  leute  die  in  halbpachl  sitzen,  vergl. 
halbbauer  sp.  194,  halbmann  3  und  halbpächter:  die  viehe- 
zucht  und  Schäfereien  werden  gleichfalls  gemeiniglich  denen 
halbleuten  um  ein  gewisses  geld  verpachtet,  oder  aber,  gleich 
dem  feldbau,  auf  die  helfte  des  nutzens  und  Schadens  aus- 
gethan.  cicon.  lex.  912. 

HALBLICHT,  n.:  dieser  Widerschein  ist  eine  art  gemäszig- 
ten  lichts,  ein  halblicht,  ein  halbschatten.  Göthe  52,240; 
halblichter,  halbschalten.  59,230;  von  dem  schönen  gesiebt,., 
das  von  einem  grünen  halblichte  verschönert  war.  21,77; 
besonders  mag  er  immer  mehr  auf  licht  und  schallen  acht 
geben,  licht  und  halblichl,  schatten  und  halbschatten  von 
einander  sondern,  damit  die  gegenstände  rund  werden  und 
auseinander  gehen,  an  Knebel  332. 

HALBLINDE,  adj.  nennt  der  goldschmid  eine  feile,  die  nicJit 
viel  mit  einem  male  abnimmt.  Jacobsson  2, 193'. 

HALBLING,  m.  l)  halber,  unentschiedener  mensch:  die  armen 
Schacher  und  halblinge.  Varnhacen  v.  Ense  tageb.  6,  2S9. 

2)  in  der  Schweiz  ein  un gezimmerter  klotz,  knüppel  von  jungen 
lannen.  Stalueh  2, 13. 

Das  wort  ist  üblicher  in  der  umgelaulelen  form  und  Schreibung 
lielbling,  und  wird  an  dicker  stelle  ausführlicher  behandelt. 

HALBLLNNEN,  adj.,  wie  halbleinen:  auf  gleiche  art  werden 
auch  halbwollene  und  halblinnene  zeuge  unter  dem  namen 
von  woliacken  im  hause  verfertigt,  aber  alles  grob  und  für 
die  noih.  Moser  werke  5  (17»S)  s.  105. 

HALBLOHNEB.  m.  (ie!)ensalz  des  ganzlöhners,  ein  bauer  der 
nur  mit  zwei  pferden  oder  ochsen  dient.  Xüf.ivnc. 

HALBLOTHIG,  adj.  ein  halbes  loth  wiegend  (Hier  fassend :  eine 
halbbilhige  bürhsenkugel;  ich  kaufte  mir  zwei  maas  hranle- 
weiu,  färbte  ihn  mit  safTran,  füllele  ihn  in  halblölhige  glils- 
lein.  Simpl.  1,387  Kurs. 

HALBMANN.  wi.  in  mehreren  bedeulungen. 

1)  unvollkommener  nutnn  in  bezug  auf  das  geschlechtliche, 
caslrat ,  eunuch:  ahd.  Iiaipmnn  srmtrir.  spado,  castratiu  Graff 
2,744;  semivir  halhman.  halfmaii  Diefknr.  52(i',  Ai.ii.  Hb  2'; 
gcschiiillen,' auszgfhawen,  hallunaiin,  eunuchus  IIkmsch  1543; 
ein  lialbmanu,  . .  ein  schmutziger  eunuch.  Schili  kr  5S6.  — 
auch  suiUer:  hermaphrmhlus,  semivir  halbmann  Stikleh  1235. 

2)  unvollkummrn  in  bezug  auf  .••illliehen  wert,  nach  halb  spalt« 
192:  inil  aufopfcruMR  von  22  vi-r^ien ,  worin  es  blosz  darum 
zu  thuii  ist,  etliche  utheuischc  balhiuUnner  wegen  ihrer  feig- 


209 


HALBMANN  —  HALBMESSER 


HALBMETäLL—  JlALBrÄCUTER 


210 


heil  und  weithlichkeit  dem  gelächfer  des  pObels  preis  zu 
geben.  Wielasd  im  all.  inuseum  2,  2, 132.  vergl.  halbmanns- 
gesindel. 

3)  balbmann,  soviel  vie  balbbaner,  der  entweder  soviel  wie 
die  kilfte  eines  vollen  bauerngutes  beälzt:  der  balfnaan  zum 
Hann.  iretoV/i.  4.  764 ;  vorher  rausz  ich  ihnen  aber  sagen,  dasz 
er  sie  nach  ihrem  wahren  Verhältnisse  in  ganze,  halbe  und 
vierlelleuie  eiiigelheilt  . .  auch  soviel  immer  möglich  gewesen, 
die  pUichtcu  jeder  klasse  gleichförmig  gemacht ,  und  zum 
exenipel  den  halbmann  zu  der  hälfte  desjenigen  verbunden 
Labe,  was  der  ganze  völlig  zu  entrichten  schuldig  ist.  Moser 
werke  3  (iiys)  22u;  —  oder  der  dtis  gut  eines  andern  für  die 
luiiile  des  naturalerlrags  bewirlschaftel :  da  der  eigenthümer  eines 
lundgutes  den  acker-  oder  feldbau  um  die  hellte  besäen  oder 
arbeiten  lasset,  doch  also  dasz  die  felder  vor  der  Übergabe 
erstlich  ordentlich  besäet  und  bestellet  sein  müssen,  welche 
dann  der  annehmer  oder  sogenannte  halbmann  . .  in  eben 
dergleichen  zustande  wieder  abtreten  nmsz.  ücon.  lex.  912. 

4)  halbmann  lieiszl  auch  der  noch  ganz  ungeüble  vi<Urose,  der 
nur  halbe  Iteuer  erlulll. 

HÄLBMA^^"SGKSL^DEL,  «. ;  er  hat  nicht  Ursache,  sich  vor 
diesem  lultigcn  halbmanusgesindel  zu  fürchten.  Blbger  243'; 

(.4.'ne(is)  eiu  zweiter  lüsterner  Paris, 
pracber,  und  pochend  uut'  nichts  als  weniges  halLmanDsgesindel. 

24V. 

HALBMÄSZIG,  adj.  ein  halbes  vias:  hallend,  int  mhd.  und 
fn'iheien  nhd.  tioch  haipmejjic,  balbmessig,  nach  dem  neulr. 
mej  moiz  gebildet,  was  aber  gegen  das  häufiger  gebrauchte  gleich- 
bedeutende mäj  schon  mhd.  zurücktritt,  und  die  spätere  dnderung 
«/»  halbmüszig  hervorruft. 

1)  im  eigentlidien  sinne:  mhd.  so  nim  denne  ein  halp- 
mei^^igen  bafen.  Haupt  5, 12 ;  nhd.  nam  ein  balbmessig  käntlin 
und  lief  in  den  keller  und  holet  zu  trinken.  Pacli  sdtimpf  üi' ; 
das  balbmessig  käntlin.  Gl';  endlich  erwischt  der  welscb 
büszwicht  ein  halbuiässige  kandt.  gespräch  dreier  guter  freunde 
(1592)  C2;  henk  das  in  ein  balbmäszigea  steininen  krug. 
Taherxaemont.  99 ;  ergriffe  derowegen  einen  silbernen  halb- 
massigen  tischbecher.  Sim/*/.  3,  329  A'ur;;  einen  balbmässigea 
becher  voll  hippocras.  s.  354. 

2)  in  übertragener  bedeutung:  es  ist  nicht  zu  sagen,  was 
obnunterbrochener  fleisz  auszrichten  kan ,  auch  bei  einem 
halbmessigen ,  geschweige  was  bei  einem  sonderlichen  und 
herrlichen  ingenio.  ScaüPPius  653. 

HALBMAST,  f.  die  buchmast  für  schweine,  weil  sie  nicIU  so 
gut  mästet  als  die  eichelmast.  Jacobsso.x  2,193\  der  name  geiU 
auch  auf  die  zu  dieser  mast  dienende  fruclit  der  fagus  silvalica 
über,  Nemmch  2, 1560. 

HALBMEIEH,  m.  besUzer  eines  halben  meierguts.  Adelung. 

H.\LBME1STEB ,  m.  name  für  den  lieiiker ,  der  zwar  meisler 
seines  handwerks  ist,  aber  als  ein  unehrlicher  nicht  die  rechte  an- 
derer meisler  genieszl:  der  alte,  welcher  einem  balbmeister 
ähnlicher  sähe,  als  einem  krammesvogel.  Irrgarten  196.  nd. 
im  Gültingischen  halfmester. 

HALBJIENSCH,  m.  in  mehrfachem  sinne. 

1)  ein  unvollkommener  mensch,  nameittlicli  in  siltliclier  beziehung : 
wie  die  laster  einen  menschen  dergestalt  verstelleten ,  dasz 
er,  wo  nicht  gar  zum  vieh,  doch  halb-vieh  halb -mensch 
würde.  Loiienstein  Arm.  1,342;  nun  ist  er  zahm  geworden, 
wie  alle  die  balbmenscheu,  neun  sie  an  die  auflösuug  denken. 
GöTHE  IS,  31ä;  wiewohl  ein  halbgolt  »ich  öfter  mit  einem 
balbtbier  als  mit  einem  halbmenschen  schlieszt.  J.  Paul 
Titan  1,34; 

halbuieii^iclieo,  die  sich  iii  vollem  dunimeu  ernst  für  höhere 
weseu  lialleu  als  uns.  Klop^siock  2,  lt. 

2)  cenlaur  {cenlaurus  haifwijf  halfvie  Diefekb.  112*): 

der  ball<ioeM:ich  lühli  bereits  das  schmetternde  gewicht 
de«  riueriicheu  achwerts  und  seine  dounerschläge. 

WlBLASD   IT,  72. 

3)  aucli  vom  äffen  gebraucht: 

zum  ulTeu  sagt  er  draur:  du  halbmeoscb,  deine  rainen, 
dein  gauieii  weseu  Lauo  lu  nichts  als  kurzweil  dienen. 

ilAGEOOH.f  2,  115, 

wie  andrerseits  der  mensch  auch  halbaffe  genannt  wird  (sp.  194). 
H.\LB.MtSSEB ,  m.;  radius,  semiiliameter ,  der  halbmesser. 
malhemal.  lexicon  (1747)  1, 1071.  das  wort  ist,  wie  dnrchmesser, 
in  die  deutsche  spräche  eingeführt  von  J.  C.  Sturm  ,  der  es  in 
seinem  teutsclien  archimedes  (1670)  zuerst  braucid  und  es  im  vor- 
bei icJUe  dazu  unter  den  von  ihm  anstatt  der  griech.  und  kU.  neu 
gebildeten  deutsclien  kunstwvrtern  aufzählt. 
iV.  u. 


H.\LBMETALL,  n.simimetallum :  die  glänzenden  balbmelalle 
unserer  verwundenen  münzen.  Möseb  werke  (179S)  1, 166. 

HALBMIITAG,  m.  in  Tirol  die  zeit  mitten  zwisclien  morgen 
und  mittag,  zicischen  9 — 10  uhr  vvrmiltags;  balbmittag  halten, 
das  zweite  frühstück  essen.  Fromii.  5,  447.  vgl.  halb  sp.  ISS  und 
balbabendbrod. 

HALBMITTE ,  f.  tautologisch  ßr  das  einfadie  mitte,  mittel- 
punkt,  in  Aassau.  Keurei.n  1&2.  in  Baiein  halbe  mitt  Scum. 
2, 651.  vergl.  die  häufung  halbe  mitternacbt  für  miileniachl 
sp.  188. 

HALBMOND,  m.  1)  semiformis  luna,  erstes  oder  letztes  riertel 
des  mondes,  im  gegensalz  zu  voUmond. 

2)  übertragen  auf  dinge  von  der  form  eines  halbmondes;  so 
heiszt  balbmond,  halber  mond  ein  auszenwerk  an  festungen 
(Eggebs  kricgslex.  1, 1137) ;  desgleichen  ein  Werkzeug  der  Schlosser, 
um  dem  eisen  erhabene  figuren  mitzutheilen  (Jacobsso.n  2,  I9l') ; 
zum  angriffe  ordnet  sich  eine  flotte  im  balbmond ;  truppen  werden 
im  balbmond  aufgestellt  (vgl.  unten  balbmondweise); 

im  balbmond  .  .  dehnte  reich  sieb  eine  stadt.    Platb5  323; 

dann  durchgleiten  wir,  in  umschäumter  barlie, 

des  lemaniscben  halbmouds  (Genfer  sees)  grüne  fluthea. 

Mattuisson  Schriften  1  (1S26)  s.  1S5. 

3)  Symbol  des  Islams,  dalier  balbmond  für  Türkei:  als  die 
orientalischen  wirren  begannen  und  fanatische  popen  die 
rechtgläubigen  russen  zum  kriege  gegen  den  balbmond  ent- 
flammten, preusz.  jaJirb.  bd.  22  s.  66. 

HALBMONDFÖRMIG,  adj. 

HALBMONDVVEISE,  adv.:  umgäbe  uns  ein  groszer  häufen 
Wölfe ,  welche  uns  anfänglich  von  hinderwärts  balbmonweis 
umbschlossen  hielten,  gleich  als  wie  die  Türken  ihre  Schlacht- 
ordnungen zu  machen  pflegen.  Simpl.  4,  2S  Kurz. 

HALBMUTTER,  f.  für  Stiefmutter,  «örerca.  Stieler  41. 
HALBNACHT,  f.:   allein  wie  bohl  und  leer  ward  uns  in 
dieser  tristen  atheistischen  balbnacbt  zu  muthe,  in  welcher 
die   erde   mit   allen   ihren    gebilden ,   der   biramel  mit  allen 
seinen  gestirnen  verschwand.   Götue  26,  70. 
HALBNACKEND,  adj.: 

da  dan  halbnackend  sie 
mit  küssen  trösten  beid  ihr  grosze  bitz. 

Wkckheblis  765. 

HALBNARR,  m.:  tboren  und  gescheidte  leute  sind  gleich 
unschädlich,  nur  die  halbnarren  und  balbweisen,  das  sind 
die  gerährlicbsten.  Göthe  17,  262.  riei  früher  ist  das  wort 
in  etwas  anderem  sinne,  als  milde  schelte  ßr  einen  thörichten 
menschen  verwandt: 

was  nur  der  balbnarr  an  werd  fangen. 

H.  Sachs  4.  3,  9' 
P.  ei  ein  rechter  balbnarr  du  bist; 

wiltu  mirs  sagen,  so  sag  her. 
/.  ^a  wol!  was  ists  dann  aber  mehr? 
ich  sei  gleich  ein  balbnarr  odr  nit, 
so  hat  er  gnommen  sein  abschid. 

Ayreb  177«  (SS4,  24  Keller); 
sich,  balbnarr,  wo  kompst  du  daher? 

77'  (397,  3  Kelter); 
Miller  wie  ein  balbnarr  in  die  höbe  springend.  Schiller  210. 
aucli  von  einem  weihe:   ich  musz  gestehen,   dasz  der  bimmel 
mir  balbnarren  ein    schweres   blech   an    den  hals   gebangen 
bat.  .\lbertine  t.  Gbi;«  in  Mercks  briefs.  3,  255. 

H.\LBN.\RRHE1T,  f.:  wobei   ihm  ..   immer  seine   halb- 
narrheit,  ein  gewisser  von  jedermann  anerkannter,  bedauerter 
ja  geliebter  Wahnsinn,  zu  statten  kam.  Götue  60,  220. 
HALB.NATÜR,  f.: 

herbei  herbei!  herein  herein! 
ihr  schlotternden  lemuren, 
aus  bändern,  sehnen  und  gebein 
geflickte  halbnaturen.    Götub  41,  318. 

H.\LBNEID1SCH,  adj.  und  adv.:  dasz  ich  soviel  ich  wollte, 
herrliches  butterbrod  hatte,  da  mancher  arme  leufel  hungrig 
balbneidisch  vorüber  schlich.  Secme  mein  leben  16. 

HA  LB. NEUE,  f.  heiszt  bei  den  Jägern  der  am  morgen  auf- 
tauende Schnee. 

HALBOFFEN,  adj.  semiapertus:  die  halboffene  thüre;  sei- 
nem hall>offnen  maule.  Gbabbb  dichtungen  (1S27)  2,  122;  ein 
halboffner  wagen,  wagen  mit  nur  halbem  verdeck; 

die  erste  Jugend  scheint  auf  ihren  frischen  wangen 
balboIUen  rosen  gleich  nur  eben  aufgegangen. 

WitLA:(D  Juno  u.^Gangmed  120. 

HALBPACHT,  /.  pachiung  eines  gutes  gegen  abgäbe  der  hälfte 
des  naturalerlrags. 
HALBPACHtER,  m. 

14 


211 


Halbpart— HALBRUND 


HALBBIIN  Ü  —  HALBSCHEIÜLER 


212 


HALRPART,  tu.  lucdidas,  media,  dimidia  pars.  Stieler  1412. 
geuöhnlicli  als  formet  reruendel.  um  sich  einen  gemeinscliaßlichen 
gleichen  antheil  an  etwas  (lefiindenem  oder  sonsl  erlangtem  zu 
sicliern;  «it  bei  einem  funde  gegi'ntrdrtiij  ist,  ruft  dem  ßnder 
halbpart  zu;  zwei  gemcinscliaftlichc  gewinner  machen  liall)p;ut, 
2itei  sjneler  spielen  auf  liallipart  gegen  ihre  gcgner.  nieder- 
deutsch \\a\\\tarl  bollen  gewinn  und  rerlusl  halten.  DähnertI"!'; 
Ar.  seine  iiiir  soll  er  so  richtig  müssen  da  lassen  —  ha  sieh, 
da  kommt  er  gleich,  hurtig  geh  fort !  ich  will  mein  meister- 
stück  machen.  St.  aber  halbpart!  halbpart!  Lessinc  1,305; 
ich  mach  halbpart  mit  euch  (I  am  your  accessary).  Shakesp. 
V.  Schlegel  ende  gul  2, 1 ; 

seht  nur,  wie  der  den  kroalen  prellt! 
halbpart,  schütze,  so  will  ich  schweigen. 

Schiller  Watleustcins  lager  3.  sc, 

das  Wort  wird  auch  freier  und  adverbial  gebraudit:  halbpart 
schenk  ich  euch  den  profit.  Bürger  303*. 

HALBPFAFFE,  m.  name  der  pflanze  hryonia  alba:  wilden 
zitwen  oder  brionien  oder  halbpfaff  oder  allpfaff.  M.  Sediz 
feldbau  (15S0)  .-!.  57. 

HALBPFEILER,  m.;  die  niedrigen  pfeiler,  welche  bei  einem 
attischen  werke  befindlich  sind,  wo  sie  ein  gesimse  tragen, 
weiden  auch  halbpfeiler  genennet,  math.  lexicon  l  (1747),  1006. 

HALBPFEHD,  n.  1)  der  mongolische  Dschikketai ■,  cquus  hemi- 
onus.  Nesimch  2, 1515. 

2)  name  des  spitzen  ampfers,  rumcx  acutus:  halbpferd,  halbe 
gäule.  Nemmch  4, 1183. 

HALBPHILOSOPH,  m.:  flickwerk  von  stümpern  und  halb- 
philosüphen.   Lessinc  12,410. 

HALBBASEND,  part. : 

ser  suchen  ich  began 

als  ein  halbrasendcr  man, 

ob  ich  das  res  raoclit  vinden.    fastn.  sp.  1395. 

HALBBEDE,  f.  ein  in  recken  nicht  völliger  beweis,  scmiplcna 
probaliü.  Frisch  1,  400*.     vgl.  halb,  halbe  beweisung  sp.  1S9. 

HALBREIF,  adj.  scmimaturus,  zunächst  von  fruchten:  halb- 
reifes obst ;  die  kirschen  waren  erst  halbreif;  dann  auch  von 
menschen,  in  leiblicher  wie  geistiger  rücksicid:  ein  halbreifer  bube; 
halbreife  gedanken. 

HALBREIFE,  f.:  eine  widerhaarige,  unlenksanie  Selbstge- 
nügsamkeit zeigt  uns  deutlich  den  unvollkommenen  zustand 
der  halbreife,  wo  der  holde  leichlsinn  der  Jugend  verloren 
gegangen  und  die  festigkeit  der  erfahrung  noch  nicht  gekom- 
men ist.  Jiinius  briefe  deutsch  von  Buge  s.  67  (3.  aufl.). 

HALBHING,  m.  semicirculus :  die  halbringe  an  den  hinter- 
leibern  der  inseclen;  halbringe  aer  bleiarbeitcr ,  um  die  ablei- 
tunysrohre  an  den  hdusern  zu  befestigen.  Jacobsson  6,  14.  im 
halbringe  um  einen  mittelpunct  gruppiert,  auch  die  uns  sicht- 
bare lujlfte  des  himmels,  der  im  kreise  die  erdkugel  umgibt,  heiszt 
halbring:  emisperium  halbrink  als  weit  als  einer  den  himmel 
siet  . .  der  halb  bimel  den  wir  sehen.  Diefenb.  20o\  s.  him- 
melscirkel. 

HALBRITTEB,  m.  nicfU  vollkommener  ritter,  mann  von  schlich- 
ter abkunft,  der  riltcrdienste  Ihut  und  nach  ritterarl  lebt: 

bescheidet  uns  noch  eins,  des  wir  biten, 

von  dem  die  lialpriiter  sint, 

und  (loch  ungern  gehcnl  ir  kint 

uns  Rebüren,  wie  doch  ir  adel 

mer  gcsippe  si  dem  sladcl 

deniie  e;;  dem  rittcrsatel  si. 

si  sint  niht  eigen  und  nilit  fri.    Renner  1504. 

HALBBOH,  ad),  semicrudus;  entweder  im  eigentlichen  sinne: 
halbrohes  fleisch,  halbrohe  speisen;  oder  übertragen  auf  die 
gemtlung  und  bildung  der  mensdien:  ein  halbrohcs  volk.  (>othk 
4ft,  332. 

HALBRUINF,  f.  nicht  völlige:  die  halbruine  des  septizo- 
niums  Seveii  gab  noch  den  ungefähren  hegrilT  von  diesem 
verschwundenen  gcbiitide.  GftTiiK  29,150;  das  alte  verf.illene 
srblosz  (:u  Heidelberg)  in  seinen  groszen  und  ernsten  halb- 
ruinen.  43,  fil. 

HALBRUND,  adj.  semirolundus,  nadi  zwei  beiiehungen  hin. 

I)  von  einer  fläche  gesagt,  die  nicht  völlig  rund  ist:  ein  halb- 
runder lioch;  halbrunder  scbild  ;iri/a  Stieler  1(i40;  halbrunde 
haiianlagcn;  wir  nahern  un»  dem  schlösse  und  werden  durch 
die  arme  eine»  halbrunden  vorhofs  empfangen.  Gi'iTiie  28, 115; 
die  zerbrochenen  sr|ieib<>n  de«  halbrunden  dachfensters.  über 
land  u.  meer  isßs,  *.  73o';  halbrunder  meiscl  ..  dessen  ende 
roodl;-''  ■  •    ■• •    ;r. 


2)  von  erhabenen  körpern:  liemisperius  dat  half  ront  is 
DiEFENii.  200';  semiteres  halbrund,  auf  der  einen  seile  platt, 
und  auf  der  andern  walzenluimig  rund.  Nemmch  4, 1277;  oben 
ofi°en  ist  das  halbrunde  gcmäuer,  das  sie  sämmtlich  um- 
schlicszt.  GöTUE  27,  207 ;  das  innere  buch  . .  hangt  in  zwei 
liorndecken ,  welche  halbrund  über  dem  rücken  schlieszen. 
arbeiterfreund  1867,  s.  164. 

HALBRUND,  ti.  körper  oder  fläche  von  nicht  völliger  rundung. 

HALRSACRAMENTEB,  m.  bezeichnung  eines,  der  das  sacra- 
ment  des  abcndmahls  nur  zur  hälfte  gercicIU  haben  will,  mit  aus- 
schlusz  des  kclches:  das  mich  wundert,  wie  die  schismalici, 
parteiischen  römischen  Christen  und  halbsacramenter  nicht 
rot  oder  bleich  dafür  werden.  Luther  1,  418'. 

HALBSATT,  adj.:  sich  nur  halbsatt  essen;  ich  war  daher 
nur  halbsalt  geworden.  Immermann  Münchh.  2,  «7. 

HALBSCHATTEN,  m.,  franz.  demi-teinte,  die  Schattierung 
zwischen  licht  und  schatten,  oder  der  Übergang  der  eigentlichen 
lichter  in  die  schallen:  dieser  wiederschein  ist  eine  art  ge- 
mäszigten  lichls,  ein  halblicht,  ein  halbschalten,  der  auszer 
seiner  gedämpften  natur  die  spccifische  färbe  der  flache  mit 
abspiegelt.  Güthe  5?,  210;  es  sind  aber  keineswegs  lichter, 
sondern  halblichter,  halbschatten.  59,230;  denn  die  farbigen 
streifen  sind  und  bleiben  halbschatten,  durch  sireilende,  sich 
kreuzende  halblichler  hervorgebracht.  00,111;  besonders  mag 
er  immer  mehr  auf  licht  und  schatten  acht  geben,  licht  und 
halbiicht,  schatten  und  halbschallen  von  einander  stmdern, 
damit  die  gegenstände  rund  werden  und  auseinandergehen. 
an  Knebel  332.  auch  bildlich:  dem  "menschen  kömmt  seine 
quäl  und  seine  frcude  zu  grosz  vor  .  .  weil  die  mitteltinle 
und  der  halbschatten  so  breit  ist,  der  sich  zwischen  beide 
trennend  legt.  J.  Paul  biogr.  belust.  1,119;  {da)  die  ganze  dar- 
slellung  {der  schottischen  und  imchen  urzeit)  in  einen  poetischen 
halbschatten  gehüllt  ist ,  der  keinen  sichern  blick  zuläszt. 
Schlosser  weltg.  5,  229. 

HALBSCHEID,  HALBSCHIED,  f  das  halb  gelheillc,  die  hälfte. 
ältere  form  ist  lialbscheid,  ahd.  Iialpgisceit  dimidium  (Graff 
6,  438) ,  niederrhein.  helsched  Harff  13,  3.  44,  28.  die  form 
halbschied  konnte  gleichwol  schon  früh  eintreten,  schon  zu  der 
zeit,  als  im  spätem  mhd.  neben  der  allen  reduplizierten  form 
scheiden,  schiel,  gescheiden  die  ablautende  schidc,  scheit,  ge- 
schiden  sich  gellend  machte;  doch  gebrechen  belege  für  die  älte- 
ren Zeiten,  das  wort  scheint  weniger  ein  streng  oberdeutsches,  als 
ein  mittel-  und  niederdeutsches  zu  sein,  da  es  oberdeutsche  idio- 
tilccn  nicht  verzeichnen ,  Schriftsteller  oberdeutscher  heimat ,  so  viel 
zu  ersehen,  nicht  verwenden;  dagegen  gelten  im  nassauischen  die 
formen  halbscheid  und  halbschilt  (Kehrein  182),  in  Hessen  halb- 
scheid und  halbschied  (Vilmar  146),  im  waldeckschen  halfscIiM 
(CuRTZE  469),  niederd.  halfscheid  (Schasiiiach  72".  Danneil  73*). 
es  bezeichnet  die  hälfte  in  sirengerem  nialheniatischen  und  in  mil- 
derem sinne:  halbscheid  dimidia  pars  adjndicula  Stikler  1749 
{adjudicala  jedenfalls  siiner  etymologischen  ansieht  zu  liebe,  da  er 
an  bescheiden  adjudicare  denkt,  wie  das  auch  Frisch  1,  40(»* 
thut);  der  auf  dem  punkt  war,  seinen  garten  zu  verkaufen, 
und  nun  wohl  kaum  die  halbscheid  dafür  bekömmt  E.  C. 
König  an  Lessing  Vi,  3M;  die  von  euch  angebetete  Zoe  stammt 
. .  von  der  sippsrhaft  der  feien  ab  und  nur  zur  halbscheid 
nus  sterblichem  geblüt.  Musaus  volksm.  392;  dasz  kinder  .. 
Statur  . .  von  ihren  eitern  auf  die  halbscheid  ererben  sollten 
(wie  man  sagt :  das  hat  das  kind  vom  valer,  das  hat  es  von 
der  multer).  Kant  10,76;  der  moderalismns,  welcher  auf  die 
halbscheid  (:uisf/'cn  dogmalismus  und  skeplicismu.t)  ausgeht. 
3,400;  d'Agnasseau  macht  einmal  die  bemerkuug,  wer  sein 
leben  schreiben  wolle,  solle  dies  nie  vor  dem  vierzigsten 
jähre  thun  . .  und  nie  nach  dem  fünfzigsten  . .  in  dem  einen 
falle  würden  die  färben  zu  stark,  in  dem  andern  zu  bleich 
aufgetragen;  gleich  der  natur  neige  sich  der  ideenkreis  des 
menschen  in  der  ersten  halbscheid  des  tages  dem  uiorpcn, 
in  der  zweiten  dem  abend  zu.  blatler  für  litcr.  unterhallg.  ls(,o 
s.  760 ;  Protestanten  welche  etwa  die  halbschied  der  oiinvoh- 
ner  ausmachen.  Büi.ing  besclir.  v.  /Voni/irim  247 ;  mit  der  balb- 
schied  desjenigen,  was  sie  der  gemeinen  anstall  kusiii.  Mnsin 
tDCrke  2  (1708)  ».  17»; 

dei  wcgcs  andre  halbKchled.    Gökinok  3,    i 

HALBSCHKIDLER,  m. ;  hofschranzcn,  lumpenh.<s/.lir,  halb- 
scheidler,  glücksteiber.  Fisciurt  qroszm.  72.  wahrscheinlich  sind 
leute  gemeint,  die  suh  mit  anderen  zu  leichtem  und  unredlichem 
gewinn  auf  die  halbscheid  verbinden  {vgl  halbpart),  glücksrittcr, 
diebereigenossen. 


213 


HALBSCHELM  —  HALBSEITIG 


HALBSEITIGKEIT  —  H  ALBTHÄTIGKEIT      2 1 4 


HALBSCHELM,  vi.:  ich  will  einen  solchen  grauen,  red- 
lichen ,  ausdauernden ,  der  zeit  dienenden  halbschelm  {den 
Poli/nius)  aufs  allerhüflichste  vorstellen  und  vortragen.  Gütue 
19,  177.  —  halbschelmen-streiche.  25, 114. 

HALBSCHIERIG,  adj.  s.  halbschürig. 

HÄLBSCHI.ÄCHTIG,  adj.  in  suei  bedeulungen. 

1)  einer  unterart  zufallend  oder  eine  unterart  bildend  {cergl. 
Schlacht  =  arl  und  halbart):  das  naturell,  das  in  der  Ver- 
mischung mit  fremden  halbschlächtig  anartet.  Kam  10,  27; 
von  solchen ,  unausbleiblich  und  zwar  selbst  in  der  Ver- 
mischung mit  andern  klassen ,  dennoch  halbschlächtig  an- 
artenden eigenschaften.  s.  bü ;  bei  andern  thieren  artet  fast 
alles,  was  man  an  ihnen  varietät  nennen  möchte,  halbschläch- 
tig an.  s.  77. 

2)  keiner  beslimmlen  art  zufallend  {s.  halb  5p.  192) ,  daher 
namentlich  ron  menschen  und  menschlichen  Verrichtungen,  unent- 
schieden, schwankend '  ein  halbschlächtiger mensch;  halhschläch- 
tige  maszregeln  ergreifen. 

HA  LOSCH  LAG,  m.  1)  paralysis  lemme  oder  der  halbschlag 
Dasyp.,  im  geycnsatz  zu  ay^plexia  ganzschlag  das.;  bei  Maaler 
halberschlag  hemiylexia  207'. 

2)  halbschlag,  unterart,  halbart  {s.  oben  halbschlächtig  l): 
ein  halbschiag  {der  indi.<chen  race)  ist  auf  der  andein  halb- 
insel  Indiens  und  einigen  nahen  inseln.  Kam  10,  50. 

HALBSCHLL'.M-MER,  m.  leider,  nicht  tiefer  Schlummer  (.«..halb 
sp.  189) :  der  warme  druck  kräftiger  freundeshände  weckte  ihn 
wieder  auf  aus  seinem  halbschlummer.  Felder  sondert.  2, 170. 

HALBSCHNEPFE,  f.  scolopax  gallinula,  auch  mittelschnepfe. 
Nemmcu  4, 1253. 

HALBSCHUH,  m.pantoffel:  die  zierlichen  halbschuhe.  Götue 
19, 169. 

HALBSCHÜHIG,  HALBSCHCHIG,  adj.  das  masz  eines  halben 
Schuhes  haltend:  semipedalis  halbschüchig  Frischm.n  nowe/ic/. 309*. 

HALBSCHÜRIG,  adj.  l)  in  eigentlichem  verstände  von  der  uvlle 
der  Schafe  gesagt,  die  jährlich  zweimal,  im  frühjahrc  und  lierbst, 
abgeschoren  wird,  und  die  in  folge  dessen  gegen  die  einschürige 
wolle,  die  man  zu  pßngsten  abnimmt,  in  hinsieht  der  länge  und 
feinheil  mehrere  mdngel  hat.  Jacobssos  2, 194'.  4,  G70*. 

2)  in  übertragenem  sinne  nicht  vollkommen,  nicht  durchgearbei- 
tet, mangelhaß,  schwächlich ;  eine  nuisik  die  den  heiligen  und 
profanen*  character  vermischt,  ist  gottlos,  und  eine  halbschü- 
rige,  welche  schwache,  jammervolle,  erbärmliche  empfindungcn 
auszudrücken  belieben  findet,  ist  abgeschmackt.  Gütue  22, 
228;  da  unser  Staat  und  halbschürige  republik  gewiss  einer 
der  allerkleinsten  Staaten  ist.  Tieck  nov.-kranz  4,  314.  die 
neben  form  halbschierig  stellt  sich  rücksichtlich  ihtes  zueilen  theils 
vol  unmittelbar  zum  rcrbuni  scheren ,  während  der  zweite  theil 
ron  halbschürig  auf  dem  subst.schm,  »iM  scuor,  fuszl:  wenn 
ein  halbschieriger  einfall,  eine  Unbesonnenheit,  ein  Wortspiel, 
langsam  und  stotternd  vorgebracht  wird.  Lessing  7,  43.  diese 
form  ist  mitteldeutsch,  in  Düringen  sehr  gewöhnlich,  wo  man  hört 
ein  halbschieriger  bengel,  eine  halbschierige  {nicld  tüllig  er- 
wachsene) dirne. 

HALBSCHWERT,  n.  kurzes,  messerartiges  schwert  {s.  halb 
sp.  1S9  mitte):  semispata  halpswert,  sahs.  Diefenb.  525*. 

HALBSCHWESTER,  f.  Schwester  von  gleichem  vater  aber  un- 
gleicher multer,  oder  umgekehrt,     vgl.  halb  sp.  ISS. 

HALBSEHE.ND,  part.:  einer  irrigen,  halbsehenden,  verführ- 
baren menge.  Dya  iVa  Sore  4,  330. 

HALBSEIDE ,  f.  stoff  aus  seide  und  wolle  oder  gam  zusammen- 
gewebt. 

HALBSEIDEN,  adj.:  semisericum  halb  sidin  Diefenb.  525'; 
olosericum  g;ir  sidin,  bombicinum  halb  sidin  voc.  o.  13,  S2; 
halbseiden  wand,  tela  subserica  Stiei.er  2406;  halbseidene  zeuge, 
deren  aufzug  oder  die  kette  entweder  ganz  von  seide  oder 
auch  von  seide  und  Schafwolle  gemischt  .  .  der  einschlag 
aber  von  wolle,  baumwoUe  oder  auch  leinengarn  ist,  Jacobsso.x 
2,194'; 

handelsbfibchen,  die  stets  am  soriiilag  drüben  sich  zeigen, 
und  um  die,  halbseiden,  im  sommer  das  läppchen  herumhängl. 

GöTHK  40,  254. 

HALBSEITIG,  adj.  nur  der  einen  von  beiden  seilen  angehöriq; 

1)  im  eigentlichen  sinne  namentlich  medizinischer  ausdruck :  ich 
musz  gleich  anfangs  berichten,  dasz  ich  den  ersten  mai  aus 
dem  bette  stieg,  und  daraus  einen  köpf  voll  halbseitigen 
kopfweh  ..  mitbrachte.  J.Paul  palingen.  2,  5S;  durch  oedem 
der  entsprechenden  gehirnhemisphare  bedingte  halbseitige 
iähraung.  Niemeyer  handb.  der  pathohgic  (5.  au/1.)  2, 175. 


2)  übertragen,  nicht  alle  seilen  umfassena,  unvollkommen  :  alles 
bestreben  der  nationaloeconoraie,  wenn  sie  nicht  die  lehre 
des  Malthus  von  der  volksvennehrung  in  sich  aufnimmt,  ist 
durchaus  einseilig,  halbseitig  und  eitel.  Minerva  1847  s.  462. 

HALBSEITIGKEIT,  f.  nach  dem  vorigen  2:  der  ganze  ver- 
such kränkelt  überhaupt  an  halb-  und  Viertelseiligkeit.  J.  Pall 
Vorschule  d.  dsth.  2,  216. 

H.\LBSILBER,  n,  platina:  den  namen  des  halbsilbers  füh- 
ret es  {das  platinametall)  deswegen,  weil  es  die  färbe  des  Sil- 
bers hat.  Jacobssos  3,  26l'. 

HALBSOLD,  m.  halbe  löhnung  eines  sddaten:  Offiziere  auf 
halbsold  gesetzt. 

HALBSOLDAT,  m.  {vergl  sp.  1S9  unten): 
es  war  ein  uüszger  halbsoldat, 
wies  dort  viel  müssiggänger  hat, 
ein  trommler  oder  pfeifet.    MisÄus  kinderkl.  15. 

HALBSPAN.NER,  m.  semiyeometra ,  eine  raupe  der  ein  theil 
der  bauchfüsze  fehlet  und  die  deswegen  einen  buckligen  gang  hat. 
Nemnich  4,  1276. 

HALBSPÄN.N'EB,  m.  besitzer  eines  halben  anspanngutes. 

HALBSPARREN,  m.,  kleinerer  dachsparren  zwischen  dem  dach- 
balken  und  gratspar ren. 

H.ALBSPIEL,  n.  ein  ausdruck  der  kartenspieler,  der  eine  zu 
einem  spiel  gegebene  bestimmte  anzahl  kartenblllter  von  mir  mitlel- 
miJ.<>ziger  qualilät  bezeichnet,  gegensatz  ist  hauptspiel.  Stieler 
kennt  diesen  noch  jetzt  in  Düringen  gew'ihn liehen  ausdruck:  halb- 
sive  mittelspiel,  handspiel  Charta  mediocris  20S7. 

HALBSPIESZ,  m.  kleiner  oder  kurzer  spiesz,  <»«  Frisch  halbe 
pike  hasla  brevioris  modi  (1,399*):  indem  Schlüssen  die  muter 
und  tochter  die  türen  vor  im  {einem  landsknechte)  zu,  boten 
im  sein  halbspiesziin  zu  einem  schlilzfenster  hinausz.  Wick- 
PAM  rollw.  67, 10  Kurz. 

HALBSTADT,  f.:  die  mir  ungeheuer  scheinenden  gebäude, 
die  . .  groszen  bürgen ,  ja  halbstädten  ähnlich  sind.  Göthk 
25,  48. 

HÄLBSTÄMMIG,  adj.  änen  stamm  von  mittlerem  umfang 
habend,  so  werden  bäume  genanrU,  die  weder  zu  den  hohen  noch 
zu  den  niedren  gerechnet  werden.  Nemsich. 

HALBSTARR,  adj.:  nichts  ward  versäumt,  den  schönen 
halbstarren  nackten  körper  wieder  ins  leben  zu  rufen.  Götoe 
17,  332. 

HALBSTIEFEL ,  m.  Stiefel  mit  niedrigen  scMßen :  will  uns 
Homer  zeigen,  wie  Agamemnon  bekleidet  gewesen,  so  musz 
sich  der  konig  vor  unsern  äugen  seine  völlige  kleidung  stück 
vor  stück  umthun ;  das  weiche  Unterkleid,  den  groszen  man- 
tel,  die  schönen  halbstiefeln,  den  degen.  Lessi.ng  6,  466.  — 
halbstiefelicht  semicruraltbus  peronibus  indutus  Stieler  2112. 

HALBSTRAFE,  f.:  Marco  erhält,  als  gnädige  halbstrafe,  den 
auftrag.  Göthe  38,  263. 

HALBSTLBCHEiV,  n.  ein  masz,  die hälfte eines stübchens  {s.d.): 
halbstübichen  oder  viertelkanden.  Mathes.  Sar.  loo'. 

HALBSTCCK,  fl.  portio  dimidiata.  .Stieler  2222. 

HALBSTLNDCHEN,  n.; 

ir.  wie  weit  ists  auf  das  vorwerk?    .4.  ei!  ein  kleines 
halbstündchen.  H.  v.  Kleist  zerbr.  krug,  5.  auftr. 

HALBSTÜNDIG,  adj.  dimidiam  horam  durans.  Frisch  1,400*. 
HALBSTÜNDLICH,  adj.  jede  halbe  stunde  stall  habend;  der  arzt 
verordnet  medizin,  in  halbstündlichen  dosen  zu  nehmen. 
HALBTALENT,  n.: 

weitschweiOgen  halbtalenten  sind 
präcise  formen  aberwitz.      Platkji  300. 

HALBTAUMELND,  part.: 

lief 
baibtaumelnd  bin  zum  spiegel.    Götter  1,  $9. 

HALBTAUSEND,  n.  für  halbes  tausend,  gebildet  wie  halb- 
hundert  sp.  204:  ein  halbtausend  hinter  einander  folgender 
tage.   H.  V.  Kleist  d.  5.  od.  1803  {bei  Wiibrandt  lt.  v.  Kleist  s.  203). 

HALBTEÜFEL,  m.:  er  überlegt  oft,  ob  er  zu  einem  nie- 
senden sicher  sagen  dürfe:  gott  helfl  weil  man  fragen  könnte: 
aber  wem?  dem  teufel,  oder  den  halbteufeln,  oder  den  halb- 
göttern,  oder  welcher  partei?  J.  Pall  sphinxe  156. 

HALBTH.\TIG,  adj. :  dasz  er  eigentlich  hier  seine  bestim- 
mung  nicht  erfülle  und  im  gründe  blos  in  einem  halbthä- 
tigen  müsziggang  hinschlendere.  Göthe  17. 133. 

HäLBTHATIGKEIT,  f.:  dasz  sie  persönlich  etwas  besseres 
Ihun  können,  als  sich  einer  solchen  didaskalie  zu  unterziehen, 
bin  ich  selbst  überzeugt,  es  käme  darauf  an.  ob  ich  bei 
meiner  jetzigen  halblhäligkeil  dazu  nicht  am  besten  taugten 
Gotiie  a«  Schiller  7S9. 

14* 


215 


HALBTIIEIL  — HALBTOLL 


HALBTHEIL,  m.  und  n.  dimidia  pars,  hälße.  dan  qcachlecht 
schivankt,  nie  das  von  tlieil,  seil  aller  zeit.  mhd.  halpleil  [wb. 
3,22),  fries.  lialWel,  lialdil  (Hichtiiofen  792'),  in  de)-  Schueiz 
LiilJel  (Stamiek  2,  15).  das  abd.  veruendel  beide  tlieile  des  wortes 
noch  uncompmiert :  den  halben  teil,  ;)/«r.  diu  liaibiu  teil  (Graff 

5.  402),  nie  auch  mhd.  und  nlid.  der  halbe  teil  neben  halbleil 

Muß  (s.  sp.  185): 

mhd.  mir  ist  min  frre  rede  cnmitten  zwei  geslagen : 
dar  eiue  lialbe  leil  ist  mir  verboten  gar. 

Walthkh  BI,  34. 

das  ifort  ist  im  hochdeutschen  in  älterer  (jeltuvg  ah  hiilfte  (s.  d.) 
und  u-ird  neben  seiner  Substantiven  gellnng  auch  adverbial  gebraucht. 

1)  substantivisch  in  genauem  oder  minder  geuauein  sinne:  ge- 
wan  im  ab  schier  das  halbleil  seines  lands.  Frank  chron. 
(I53S)  210;  wan  ir  das  halbtheil  thut  ..  so  beger  ich  nit 
nierc.  Aimon  bog.  f;  nier  dann  das  halbtheil  .  .  erschlagen 
wurden,  bog.  g;  er  wolt  lieber  das  halbtheil  seines  reichs 
verloren  haben,  bog.  h;  ich  gib  euch  das  halbtheil  (des 
goldes).  das.; 

soliches  nam  er  an  on  alle  scharo, 
damit  er  vil  gfits  überkam; 
er  hei  aucb  die  in  groszen  eren, 
die  im  sein  bosheit  liulfen  mcren, 
und  den  andern  auch  verhenpen  tet, 
doch  dasz  er  den  baibteil  darvon  bet. 

LiLiENCBON  volksl.  2,  139,  46; 
rerschneit  das  kindlein  das  noch  lebt, 
und  jedem  weib  ain  balbtail  gebt. 

SCHWARTZENBF,RG    108'; 

das  oft  kaum  war  den  halbtheil  werdt. 

11.  Sachs  3,  3,  27; 
herzlieb,  du  halbtheil  meiner  seel.    3,  2,  48. 

2)  adverbial,  uie  halb,  bald  im  sinne  von  2,  c  sp.  191:  weil  es 
uns  ..  nur  halbteil  sawr  wird.  Lijtiier  5,443';  ta/d  wie  halb 
2,  b  sp.  190 : 

0  pfui  teufel,  wie  thuts  da  stinkn ! 

der  (todte)  biscbof  ist  schon  halbtheil  faul. 

Atrfr  fasln,  sp.  5*   (2357,  23  Keller); 

bald  endlich,  nach  halb  1,6  sp.  187,  in  der  bedculung  mitten:  mach 
von  bolz  ein  spitzig  ding   wie    ein    pfriemen    und  stich  das- 
selbig  in   die  kugel  halbtheil.  Fronsperc  kriegsb.  2,  204*. 
HALRTHIER.  n.  zur  linifle  thier. 

1)  in  körperlichem  sinne,  vorn  centaur  {vgl.  halbmensch): 

edel-ernst,  ein  halhthier  liegend.    Göthe  3,  131. 

2)  übertragen  und  auf  den  rohen  menschen  gewendet,  weil  das 
thier  als  bild  der  rvheit  und  nicdriißeil  dient :  rohe,  ungebildete 
balblhicre  durch  cultur  zu  menschen  veredeln.  Wielanb  8,311; 
wiewol  ein  halbgotl  sich  öfter  mit  einem  halhthier  als  mit 
einem  halbmensclien  schlieszet.  J.  Paul  Tilan  1,34. 

HALBTHLM,  ni.; 

irrthümer  sollten  uns  plagen? 

ist  nicht  an  unser  licii  gcdaciit? 

halbthümer  solltet  ihr  sagen, 

wo  lialb  und  halb  kein  ganzes  macht.    Götiis  3,  286. 

HALBTOD,  VI.:  hei  weiten  der  gröszie  theil  derer,  die 
dieses  Unglück  {zu  erblinden)  erleiden,  die  diesen  halbtod, 
möchte  ich  sagen,  sterben,  sterben  ihn  freilich  unverschuldet 
durch  zufalle.  Lichtenherc  5,341  (1803  5,  Kl). 

HALBTODT,  adj.  semimortuus,  seminex,  ahd.  halptot  (Graff 

6,  432),  mhd.  lialplöt  {vb.  3,  63),  nlid.  in  der  altern  zeit  häu- 
figer, in  der  Jüngern  .<teUener  als  zwei  worte  gegeben  {v(jl.  hnlb 
sp.  190):  halb  tod  semivivens  roc.  ine.  theut.  h  s';  semianimis 
halb  lod  IIasyp.  ;  sprang  zu  dem  halb  doten  mann.  Wilw.  v. 
Schaumb.  44;  Valer  und  Juliane  sind  wie  halb  lod.  Kessinc 
1,  2C8;  uoneben  das  compositum  halbtodt  auch  in  der  form 
halbelodt  mit  beirahrtem  themavocal  {wie  in  golh.  göda-kurids, 
ahd.  mihbila -mi'id)  erscheint:  man  ihn  halbelodt  ausz  den 
schranken  tragen  inuszi.  Galmy.  148.  —  Ilelege  für  halbtodt : 
semimortuus  halbtodt  Diefenb.  525*;  sie  haben  ihn  halbtodt 
unter  den  erschlagenen  gefunden,  seminecent  cum  in  acervo 
caesorum  eorporum  inrefierunt.  Stiei.eii  2292;  das  zelcr-  und 
mordiogeheu!  so  vieler  lausend  elender,  zerquetschter,  halb- 
todtcr  opier  dieses  tapes.  arme  mann  im  Tockenb.  VA ;  sie  bat 
mich  heute  halbtodt  gcquillt.  Arnim  2,214; 

lie  rain  sich  auf  und  iitrirzt  halbtodt 
)n  ihrer  frcundin  zimmer.    Gottir  1,94. 

HALBTOLL,  adj.:  {Un:)  treibt  .  .  es  bis  zu  den  läcbcr- 
lichslen  demonstrationen  des  Selbstmords,  da  man  ihn  denn 
für  halbtoll  erklaren  und  nach  der  Stadt  schalTcn  kann.  GörnB 

CO,  221. 


HALBTON— HALBVERDElTSCHÜNa       216 

HALBTON,  m.  in  mehrfachem  sinne. 

1)  in  der  musik  der  swischen  zwei  ganzen  tönen  in  der  mille 
liegende  Ion:  da  eine  chromatische  octave  12  halbtone  hat. 
Jacobsson  4,  412';  man  kann  eine  octave  nicht  von  einem 
halblone  zum  andern  stimmen,  das. 

2)  daher  in  freierer  Verwendung,  unenUtchiedener ,  unharmoni- 
scher ton,  dissonanz:  ist  ein  fremder,  unheiinlicher  halbton 
einmal  zwischen  alte  harnionien  zweier  wcscn  wiederkehrend 
durchgedrungen,  so  schwillt  er  immer  feindlicher  an  und 
übertäubt  den  grundton.  J.  Paui.  Tilan  3,  28;  nichts  wirkt 
stärker  als  der  lustige,  der  einmal  in  die  balbtoiic  des  kum- 
mers  fällt,  uns.  /or/e  2,105;  der  einzige  kleine  haihton  in  die- 
ser vollen  harmonie  einer  gerüsteten   tugend.  3,  26. 

3)  auch  die  maierei  redet  von  balbtonen,  mittelfarben  bei  den 
Übergängen  vom  licht  zum  schatten. 

HALBTOPP,  m.  die  mitlc  des  obern  theiles  am  maslc  eines 
schi/fes;  eine  flagge  auf  halbtopp  orfer  auch  halbtopp  hissen, 
sie  bei  trauerfällcn  tlieilweise  niederlassen :  die  Novara  hat  einen 
traucrflor  aufgezogen  und  die  flagge  halbtopp  gehiszt,  ebenso 
alle  anderen  schiffe  im  hafen.   Wiener  presse. 

HALBTRAUEU,  /".  1)  unentschiedene  Iraner,  trauerähnlkhe 
Stimmung  des  gcmiUhs:  indem  sie  (die  rede)  unsern  geist  er- 
hob, unser  gemüth  in  eine  halbtrauer  versetzte.  Göthe  an 
Jacobi  249. 

2)  i'on  der  kleidung,  die  gegen  das  ende  der  trauerzeit  gelragen 
wird  und  die  nicht  mehr  lief  schwarz  ist:  frauen,  kinder  in 
halbtrauer  gekleidet,  auch  freier,  von  dunkler  kleidung  über- 
haupt: Wchmeier,  .  .  mit  Unterleib  und  schenkein  in  der 
schwarzsammtnen  halbtrauer  der  kandidaten  pulsierend.  J.  Paw. 
Tilan  1,104. 

HALBTRAUM,  m.:  Philine  weckte  ihn  {den  die  Mignon  be- 
Irachlcnden  Wilhelm)  aus  seinem  halbtraume.  Göthe  18, 154. 

HALBTREID,  n.  mischung  von  körn  und  weizen  zur  aussaal 
(s.  haibfrucht,  halbgetreide) :  halbtraid,  halbgetraid,  gemang- 
korn.  ücon.  lex.  914. 

HALBTRUNKEN,  part.  semigravis.  SriEtER  2332. 

HALBTCCH,  n.  1)  wollenes  luchzeug  von  leichlerem  und  fei- 
nerem gewebe.  Jacorsson  2,  195*.  schon  im  mittelalter  gefertigt 
und  wenigstens  im  \h.  jahrh.  nachztiweiscn :  ein  haihtuch.  Monk 
zeilschr.  f.  gesch.  des  Obenheins  9,  146  (ron  1476). 

2)  bei  den  Jägern  slelltücher ,  die  niedriger  sind  als  die  hohen 
tüchcr  {vgl.  halb  sp.  189).  Beulen  jagdcalechismus  253. 

HALBTüGEND,  f:  schielende,  schwankende  halblugcnden. 
Ki.inger  11,11;  halblugenden  semiviiiutes  Stiei.er  272. 

HALBUNSINN,  m.:  unterwegs  sang  ich  mir  seltsame  hj-m- 
ncn  und  dilhyramben,  wovon  noch  eine,  unter  dem  titel 
Wanderers  sturniiicd,  übrig  ist.  ich  sang  diesen  halhunsinn 
leidenschaftlich  vor  mich  hin.  Göthe  20,119. 

HALBL'NSINNIG,  adj.:  er  munete  wider  das  gestirne,  ja 
endlich  gar  wider  gott  selbsten ;  und  in  solchen  halhunsin- 
nigen  geuiübtsbewegungen  kam  er  zu  seinen  brüdern.  Zeskn 
Assenat  (l672)  s.  77. 

HALRVATER,  m.  Stiefvater  (s.  halb  sp.  ISS):  hier  sieht  er 
traurige  Mcgara,  mit  zerstreuten  haaren  näher  kommen,  wel- 
cher der  alle  Amphitryo,  der  balbvater  des  Herkules,  lang- 
sam naclifiilgl.  Lessing  4,  228. 

HALRVERBRANNT,  part.  semiuslus.  Stieler  229: 

ein  dorrendes  gcripp,  ein  lialbverbrandtes  aas. 

A.  Grtpiiius  (Iü»i3)  ».  292; 

norli  crinnr  ich  mich  beute  des  baihverhrannien  gcbSIkcs. 

GöTiiK  40,  251. 

HALBVERBRECÜEN,  h.  .•  nun  lagen  diö  directen  und  in- 
direclen  folgen  solcher  narrheiten  als  verbrechen  und  halh- 
verbrechen  gegen   die  majeslilt  vor  mir.  (Jöthk  30,  207. 

H.M.HVEItltllENMJNG,  f:  wir  trpfl'cn  es  {das  schwarze)  im 
vegclabilischen  reiche  bei  lialbverbrennungen  an,  und  die 
kohle  .  .  zeig!   uns  die  scbwar/e  färbe.   Göthe  52,  211. 

HALBVERDECK ,  n.  auf  schi/fen  der  unter  dem  rordercastell 
befindliche  räum.  Aüei.cnc.  an  einem  wagen  das  nur  über  den 
ritcksitz  reichende  verdeck,     vgl.  iialbwagcn. 

IIAI.BVERDEl  rsCIllNG,  /. ;  der  deutsche  .  .  begab  sich 
bei  den  Franz<isen  in  die  schule,  um  lebensailig  zu  werden, 
und  bei  den  Römern,  um  sich  würdig  auszudrücken,  dicsz 
soillfi  aber  auch  in  der  miillersprache  geschehen;  da  denn 
die  unmillelbare  anw«ndung  jener  idioine  und  deren  halb- 
verdeiilschimg  sowohl  den  well-  als  gcschäflsslil  lächerlich 
muchtO.   GöTHK  25,  72. 


217 


HALBVERDORBEN  — HALBVOGEL 


Halb  VOGEL  —  HALBWEG 


218 


HALBVERDORBEN,  part. ,  in  dgentUchem  und  moralischem 
sinne:  halbverdorbene  speisen,  halbverdorbener  wein;  einer 
grn^zen  und  halbverdorbenen  volksmasse.  Güthe  26, 197. 

HALBVEREIMGLNG,  f.:  das  ineinandergreifen  der  glät- 
testen glasplallen,  welches  so  stark  ist,  dasz  sie  fest  in- 
einander hängen,  bringt  eine  halbvereinigung  henor,  die  jeder 
von  beiden  flächen  etwas  an  glätte  und  durchsichtigkeit  ent- 
zieht. GöTiiE  52,  195. 

HALBVERFALLEN,  part.:  halbverfallene  bürgen;  halbver- 
fallene gänge  (eines  Schlosses).  \V.  Hadff  phantas.  im  Bremer 
ratskeller. 

HALBVERHALTEN,  pari.:  Ruhens  gab  dem  gesicht  des 
Philosophen    bittern    ausdruck    des    halbverhaltnen     spottes. 

iSrOIDERG   6,  9. 

HALBVERHÄLTMS,  wi.;  in  so  viel  neue  familienverhält- 
ni«se  war  ich  ohne  wirklichen  antheil,  ohne  niitwirkung  ein- 
geklemmt, es  dauerl£  nicht  lange,  so  wurde  mir  dieser  zu- 
stand ganz  unerträglich,  aller  lehensverdrus,  der  aus  solchen 
lialbveriiältnissen  hervorzugehen  pflegt,  schien  doppelt  und 
dreifach  auf  mir  zu  lasten.  Ghthe26,  225;  am  ende  hat  ihn 
(To«)  doch  Reinhardt  abgehalten;  denn  dasz  diesem  bei 
seinem  halbverhältnis  zu  uns  nicht  wohl  sein  kann ,  ist  nur 
zu  deutlich,  an  Schiller  170. 

HALBVERKLUNGEN,  för/..- halbverklungene  töne;  eine  ajte 
halbverkluDgene  sage.  Im.mermasn  Münchh.  3,  56. 

HALBVERLOREN,  pari.: 

um  Sicherheit  des  daseins  ruft  zuerst 

aus  tiefer  noih,  ein  halbverlorner  noch.    Göthe  9,  342. 

HALBVERLÖSCHEND,  pari. : 

balbverlöschend,  noch  wild,  drehte  sich  sein  aug. 

F.  L.  Stolberg  1,  S9. 

HALBVERMODERT,  pari.:  erblickete  das  gelbschwarze  runz- 
lichle  angesicht  der  alten  halbvermoderten  kupplerin.  Happel 
acad.  rorn.  253  ;  hier  faulen  stamme  zu  lausenden  über  einan- 
der, und  junge  sproszlinge  keimen  in  unzahl  auf  halbver- 
moderlen  vorfahren.  Göthe  25,  330. 

HALBVER.MÖGEN  ,  n. :  nur  das  halbvermögen  wünschte 
gern  seine  beschränkte  besonderheit  an  die  stellie  des  un- 
bedingten ganzen  zu  setzen.  Göthe  22,  160. 

HALBVEIRSCHOLLEN,  par(.  .•  halbverschollene  begebenheiten. 
Göthe  46,  90. 

HALBVERSTECKT,  pari.:  ein  halbverstecktes  lächeln. 
H.  Heine  werke  1, 119. 

HALBVERSTOHLEN,  pari.:  halbverstohlen  hintern  bäumen 
nach  einem  umblicken.  Claudius  1,  73. 

HALBVERWELKT,  pari.: 

unter  halbverwelkten  malen 

schläft  der  liebe  freund  so  still.     Göthk  3,  56. 

HALBVERZEHRT,  pari.: 

dasz  mir  dein  absein  nicht  die  halbverzehrte  seele, 
die  so  nach  dir  verlangt,  bisz  auf  das  sterben  quäle. 

Fleming  30. 

HALBVETTER,  m.  verwandter  aus  einer  yemischlen  oder  un- 
ebenbürtigen ehe  (rg/.  halb  l,  c  am  schlus.^e  sp.l%S):  es  könnten 
die  patricier  künftig  sich  einigen ,  jenes  genehmigungsrecht 
gegen  die  halbvettern  in  der  that  auszuüben.  Niebuhr  2,  3S2. 

HALBVIEIL  n.  l)  von  einem  menschen,  der  zu  thierischer  roh- 
heit neigt:  und  ein  balbgott  und  ein  halbvieb.  J.  Paul  flegel- 
jahre  1,  20. 

2)  rieh ,  dessen  nutzung  zwn  je  zur  hälfle  ziehen ,  indem  der 
eigenthümer  dasselbe  dem  andern  auf  dessen  weide  oder  in  ab- 
warlung  übergibt,  ein  verfahren  kleiner  leide  mit  wenig  eignem 
grnndbesitz ,  das  bei  Mone  zeilschr.  f.  d.  gesch.  des  Oberrheins 
3,402.  407  bereits  aus  dem  W.jahrh.  belegt  wird,  und  was  auch 
SciiMEi.i.ER  1,626  aus  Franken  erwähnt. 

HALBVOCAL,  ni.  so  hat  die  neuere  grammalik  das  lal.  semi- 
vocilis  wiedergegeben,  doch  in  anderm  sinne,  indem  ihr  j  und  v, 
die  unter  umständen  in  die  vocale  i  und  u  übergehen,  halbvocale 
sind:  ein  bedeutender  unterschied  zeigt  sich  .«ogleich  zwischen 
diesem  halbvocale  (r)  und  dem  andern,  nämlich  dem  j.  Grimm 
yramm.   1   (1S22)  .<!.  5S. 

HALBVOCALISCH,  adj.:  j  und  v  haben  halbvocalische 
natur. 

HALBVOGEL,  m.  l)  name  für  die  kleinern  vOgel,  namentlich 
kleinere  drosselarten,  im  gegensatz  zu  grosz-  oder  ganzvögeln: 
halbvögel  nennt  man  die  kleinen  drosselarlen ,  staaren,  Sei- 
denschwänze u.  8.  w. ,   wovon  8    solcher  vigel    einen  spiesz 


-geben.  BEBiEii  jagdcalechismus  Ihi ;  wann  ihr  eine  arasel,  oder 
einen  krametsvogel,  oder  einen  halbvögel  (welches  eben  fast 
so  vil  ist,  als  ein  krametsvogel)  gefangen  habt,  jagtsergölzungen 
2,  79;  auf  dise  {mistein)  seind  die  kramets-  und  halbvögel 
sehr  begierig,  s.  88 ;  nachdem  (über  tisctie)  bei  das  brahtens 
(vgl.  2,  311)  so  vil  halbvögel  nach  unser  zal  aufgestellet  nnd 
ihm  einer  fürgelegt,  schneid  er  denselbigen  auf.  Kirchhof 
wendunm.  207*. 

2)  in  anderm  sinne  wird  der  strausz  ein  halbvögel  genannt, 
weil  ihm  äne  wesentliche  eigenschaß  der  vvgel,  die  flugfähigkeil 
mangelt  (vgl.  halb  sp.  189. 190).  folgendes  distichon  hat  die  über- 
schriß  der  halbvögel : 

fliegen  möchte  der  strausz,  allein  er  rudert  vergeblich, 
ungeschickt  rühret  der  fus«  immer  den  leidigeu  sand. 
Schiller  1,  336  Kurz. 

HALBVOLL,  adj.  semiplenus:  halbfoll  voc  ine.  theut.  h  8'. 
auch  von  fast  trunkenen  menschen :  ein  halbvoller  kerl ;  in  ge- 
trennter Stellung:  die  halb  volle  bauren.  Simpl.  2,zn  Kurz. 

HALBVORSATZ,  m.:  als  abkömmlingen  Pandorens  ist  den 
schönen  kindern  die  wünschenswerlhe  gäbe  verliehen,  anzu- 
reizen ,  anzulocken  und  mehr  durch  natur  mit  halbvorsatz, 
als  durch  neigung,  ja  mit  frevel  um  sich  zu  versammeln. 
Göthe  48,  ISO. 

HALBWACHSEN,  part.  nicht  völlig  erwachsen,  der  bildung 
nach  ein  alles  wort,  was  seinen  gegensalz  im  ahd.  follawahsan, 
folwassen  (Graff  l,  687),  mhd.  volwahsen  hat.  nd.  en  balf- 
wassen  minsch  ein  junger,  im  wachsthum  begriffener  mensch. 
Schütze  2,  93 ;  en  haifwassen  swln ,  en  halfwassen  bengel. 
Schambach  72;  'n  halfwassen  jung  einer  von  14  bis  16  jähren. 
Dax.veil  73';  du  bist  noch  ein  halbwachsener  bengeL  Arnim 
1, 122.     vgl.  halbgewachsen,  halbwüchsig. 

HALBWÄCHSICHT,  adj.  planta  mediiincremenli.  Stieler  2400. 

HALBWÄCHSIG,  adj.  von  halbem,  noch  nicht  vollkommenen 
wüchse,  im  gebrauche  wie  halbwachsen,  im  nassautschen  halb- 
wechsig  Keiirein  nachtr.  21.     vgl.  halbwüchsig. 

HALBWAGEN,  m.  wagen  der  vorn  offen  ist,  nur  ein  halbes 
verdeck  hat.  Klinger  8, 1S2;  der  mann  hat  .  .  einen  halbwagen, 
der  unbrauchbar  geworden,  verkauft.  E.  T.  A.  Hoffmann  8,  44. 

HALBWAHN,  wi. ;  dem  poelen  schadet  der  aberglaube  nicht, 
weil  er  seinen  halbwahn ,  dem  er  nur  eine  mentale  gültig- 
keit  verleiht,  mehrseilig  zu  gute  machen  kann.  Göthe  45,  299. 

HALBWAHNSI.NNIG,  adj.:  verzeihen  sie  einer  halbwabn- 
sinnigen,  rief  sie  aus.  Göthe  19, 134. 

HALBWAHR,  adj.:  er  {^Vatter  Scott)  benutzte  den  vortheil, 
bedeutende  aber  wenig  bekannte  gegenden  . .  kunstreich  auf- 
zustellen und  so  seinen  kleinen  halbwahren  weiten  interesse 
und  beifall  zu  verschaffen.  Göthe  46,90;  falsche  oder  halb- 
wahre  begriffe,  v.  Savicw  system  1,  x.xxii ; 

habt  mich 
auf  halbwahren  werten  ertappt  und  halber  Verstellung. 
Göthe  40,  270. 

HALBWAHRÜEIT,  f:  wiewohl  nicht  zu  läugnen  ist,  dasz 
der  iman  hier  einige  Wahrheiten  oder  halbwahrheilen  vor- 
bringt. VViELAXD  6,  130;  ich  hörte  nicht  etwa  die  wunder- 
lichen Schicksale  des  abenteurers,  die  übertriebenen  halb- 
wahrheilen eines  beschränkten  reisenden.  Göthe  20,54;  der- 
gleichen halbwahrheilen  und  die  daraus  entspringenden  irr- 
sale  mögen,  poetisch  dargestellt,  aufregend  und  unterhaltend 
sein.  26,  272. 

HALB  WEG,  HALBWEGE,  adv. 

Beide  formen  sind  zusammen  aufzuführen,  da  sie  beide  zu- 
sammenziehungen accusalivischer  natur  sind,  nur  dasz  die  erstere 
einen  acc.  sing.,  die  andere  einen  acc.  plur.  in  sich  schlieszt,  was 
aber  die  bedeulung  bnder  worte  nicht  von  einander  scheidet.  — 
halbweg  flieszt  zusarnmen  aus  halben  weg,  was  zunächst  nach 
halb  sp.  188  inne  Idngenerslreckung  bis  auf  die  mitte  eines  wegs 
bezeichnet,  nachher  in  abgezogene  bedeulung  sich  verliert;  so  be- 
reits mhd.:  etwenne  wert  si  sich  halben  wec  und  volget  hal- 
ben wec,  als  der  sieche,  der  dem  trinken  nach  luoget  da; 
im  der  arzät  verboten  hi\l.  d.  myst.  1,  312;  sü  stet  er  wol 
halben  wec  müejic.  Br.  Berthuld  17,8; 

so  war  min  klage  wol  halben  wec  gestillet. 
;".  Tit.  5142,  4. 

fiocÄ  heute  sind  in  Baiern  und  Franken  entweder  beide  Iheile  des 
Wortes,  wie  im  mhd.,  für  sich  bestehend:  halben  weg,  halben 
weg  so  vil ,  halben  weg  lod  (Schm.  4,  45) ,  oder  zusammen- 
geflossen in  die  form  halniig  (H.  Sachs  2,  4,  82'),  halnii  (Schm. 
2, 177.   Fromm.  5,  517),  die  ihre  entstehung  aus  halben  weg  deut- 


219 


tiALBWEG 


II  ALB  Wtr.S  — HALBWÜCHSIG 


220 


lieh  zeigt,  ähnlich  ts<  das  ags.  adv.  calnig  seniper  (Grein  1,  244) 
aus  calne  veg  yetrorden.  gegenüber  jenem  lialmig,  liuliui  sieht 
eine  andere,  bairiscUe  und  milleldeutsclie  form  balbeg,  die  in  nichts 
mehr  das  accusalivzeichen  des  ersten  Iheils  der  zusammenrückung 
bewahrt  hat,  und  dadurch,  namentlich  wenn  sie  in  der  form  balbig 
(H.  Sachs  a.  a.  o.,  Schm.  2,177!,  nd.  balwig  (Schütze  2,  9:;) 
auftritt,  mit  dem  adj.  und  adv  balbig  {sp.  205)  sich  rermücht, 
so  dasz  beide  u-ortc  nicht  immer  scharf  auseinander  gehalten  wer- 
den können.  —  halbwcgc  ist  aus  balbe  wege  entstanden,  und 
der  form  ball)e\vcgc  bedient  sich  noch  Göthe  {bei  Merck  briefs. 
1,  99);  wie  bei  balbweg  ist  znniichst  örtlich  an  die  erslreckung 
bis  auf  die  mitte  eines  ucgs  gedacht ,  nur  dasz  das  singularisclic 
balliweg  aus  dem  gesicidspunkte  einer  person  gefuzl  ist,  das  plu- 
ralischc  lialbwege  aber  aus  dem  yesichtspunkte  zweier  pcisonen,  die 
sich  in  der  mitte  begegnen,  von  denen  also  jede  einen  weg  macht. 
Die  bedeutung  beider  wortformen  ist  zunächst  eine  örtliche,  dann 
eine  zeilliche,  endlich,  und  am  häußgsten,  eine  abstracte. 

1)  die  accusativische  nalur  von  balbweg,  balbwege  würde  be- 
sonders deutlich  hervortreten,  wenn  deren  Verbindung  mit  praepo- 
sitionen  bezeugt  werden  könnte;  die  wcndung  einem  auf  balb- 
weg enlgegeiiküiTimen,  auf  lialbwcg  zu  einem  kommen,  er- 
scheint nicht  unnatürlich;  in  ähnlicher,  nicht  völlig  gleicher  Ver- 
bindung findet  sich  zu  balbe  wegk  lange  boszen.  Stolle  bei 
Haupt  8,  319 ,  lang  bis  auf  die  mitte  des  beins,  halblang,  rein 
adverbial  wird  balliweg  in  loculcr  bedeutung  z.  b.  im  Oslerlande 
angewendet,  so  bei  Ortsbeschreibungen :  gebe  lialbwege  diese  slrasze, 
dann  kommt  ein  weg,  der  links  alifiibrt ;  auch  ist  iii  diesem 
sinne  das  wort  in  praepositionaler  Stellung  gebraucht:  dil  scal 
de  rad  don  halfwege  Brunswik  unde  Horneborcb.  deutsche 
slädtcchroniken  bd.  6  s.  108.     vgl.   balbwegs. 

2)  in  zeitlichem  änne  wird  balbweg,  balbwege,  wie  halb  sp. 
1S6  bei  stundenbeslimmungen  verwandt,  das  rührt  noch  an  die 
örtliche  bedeutung  des  Worts,  denn  die  uhr  gebt  ja  auf  eine  stunde 
hin  {s.  auf  II,  12  th.  1,  C09) :  nd.  et  geit  up  balwege  es  wird 
bald  halb  schlagen  Schütze  2,  93 ;  im  nassauischen  es  ist  balb- 
weg 4  ubr.  Keurei.i182; 

haibweg  zu  mitiernacht.  Rothe  Elisabeth  2042-, 
den  2.  augusti  nacb  balbweg  ai)ends  (d.  i.  nach  drei  ulir  nach- 
mittags,  vgl.  balber  abend  sp.  1S8).  B.  Ringwald  tr.  E.  B2'; 
dieser  actus  .  .  bat  gewiiret  l'/z  stunde,  von  12  uhr  bisz 
uff  balbweg  zwei.  DnEVHAUPT  Saalh'eis  1,235  (von  1546);  war 
es  aber  balbeg  oder  drei  viertel  {an  der  uhr).  unw.  doclor 
547 ;  um  balbweg  viere  hast  du  bei  Strömen  sein  sollen. 
J.  E.  Schlegel  2, 142; 

kömpt  an  in  disz  casiell,  des  morgens  haibweg  ncim, 
und  bat  bei  ihm  nicht  mehr,  als  einen  kneclit  allein. 

D.  V.  D.  Wekuer  .^rlusl  -l'J,  82,  7. 

3)  der  abstracte  sinn  von  balbweg,  balbwege,  miltclmdszig, 
tiemlich,  notdürftig,  geht  el)en  auch  von  dir  bedeutung  1  aus, 
insofern  er  Stellung,  läge,  beschaffenheil  einer  person  oder  eines 
gegenständes  andeutet;  so  hess.  balbweg  neben  balbweges  Vil- 
MAR14C;  in  Üüringen  es  getil  so  balwege  mit  ibm,  er  befindet 
sich  leidlich,  dhnlicli  in  der  Allmark  (Danneil  74") :  nd.  wenn  et 
halwege  geit,  wenn  es  irgend  möglich  ist  Schambach  72*;  be  bell 
balwfge  rrcbt  nicht  ganz  unreclil  Dähnert  171*;  der  kammer- 
berr  biill  gewis  keinen  balbwege  gescbeidten  menschen  eine 
stunde  langer  in  Montpellier  auf,  Thümmel  reise  6,175;  alles 
was  dem  mcnsciicn  gut  dünkt  und  nur  balbwege  so  aussiebt. 
Claudius  4,96;  falls  er  sie  nur  lialbwege  zur  bcweguiig  der 
zunge  angehalten  hätte.  J.Paul  liier,  nuchl.  4,52;  der  wisch 
ist  von  Bösen  — ja,  wenn  das  wellcrwcibsen  nur  schreiben 
kann,  und  balbwege  ein  jähr  in  der  sladt  gewesen  ist,  so 
ist  kein  ehrliciicr  mann  mit  seiner  slirne  sicher.  Wall  die 
beulen  bitlels  «.13;  so  lange  einem  essen  und  trinken  schmeckt 
und  man  nur  haibweg  gesund  ist.  Tieck  tischlerm.  ],1U5; 

drum  wer  die  louit;  hnihwepc  orgotzi, 

wird  gleich  in  alle  Kpruch  iiherüctiet.    tcitriflen  13,331; 

GöTiiE  bedient  sich  des  Wortes  mit  Vorliebe:  bei  balbweg  einer 
freien,  edlen,  iinerwarlclen  Ibal.  16,6";  ein  glücklicher  ein- 
fall,  hdibwcge  deutlich ,  und  nur  gleichsam  symbolisch  dar- 
gestellt. 3S,  136;  ein  mensch,  der  balbwege  abenteuer  zu  be- 
stehen weisz.  57,210;  einer  der  haibweg  was  werlb  ist.  213; 
»o  einen  politisch-moralischen  grindkopl  balbewegc  zu  s.'iuhern. 
tffi  Merck  1,  «9 ;  haibweg  schadlos  halten,  an   Voigt  278 ; 

et  Ist  ein  nfirrifirh  ding  um  nin  ompflodllch  blui! 
es  pocht,  WKiiii  m.in  auch  nur  hotbweg  wiifi  li''is(t«  Unit. 

7,  64 ; 
tind  wenn  ihr  halliwffr  phrhnr  lluit.     l'i,  KM). 


4)  die  Volkssprache  hat  dieses  balbwege  auch  adjectivisch  ver- 
wandt, man  hört  im  Oslerlande  und  Düringen  die  frau  ist  bei 
baiui'ger  gesundbeit,  ein  balwt-ger  kerl  ein  leidlich  hübscher; 
nd.  eu  balwi'gen  |)ris  kiigeii.  Schamhach  7'i';  unter  anlehnung 
an  diesen  brauch  hat  Haiieneh:  so  viel  ihre  bauerjungeu  von 
golles  Worte  brauchen,  will  ich  ich  ihnen  doch  wohl  vor- 
sagen, für  armer  leute  kinder  mag  es  haibweg  sein,  saliren 
3  (1757)  s.  41. 

HALBWEGS,  adv.,  tvn  dem  vorigen  formell  geschieden,  indem 
CS  sich  aus  der  genitiven  formet  halbes  weges  (.v;*.  188)  zusam- 
menzieht;  in  örtlicher  und  abstracler  bedeutung. 

1)  örtlich  heiszt  es  auf  halbem,  d.  h.  auf  der  mitte  des  weges, 
da  genitivc  im  deutschen  .tctir  oft  in  locutirem  sinne  stehen :  u  cnn 
ich  von  dein  letzten  orte  zurückkomme,  und  man  begegnete 
mir  balbwegs ,  würde  es  noch  schöner  sein  als  das  vorige 
mal.  GöTHE  an  frau  v.  Stein  2,181;  donnerstags  .  .  geh  ich 
von  Ilmenau  auf  Weimar,  wenn  mir  doch  da  etwas  freund- 
liches balbwegs  begegnen  könnte,  s.  182;  dasz  ..  mein  herz 
dir  balbwegs  auf  meiner  zunge  entgegenkonmien  soll.  Schiller 
146;  es  wird  auch,  «le  balbwege,  praeposiliunal  verwandt:  halb- 
wegs des  gedankens  fallt  ibm  ein.  IIehkl  (1832)  3,487. 

2)  abslrucl  gebraucld  wie  balbweg  3  im  sinne  von  miltelmaszig , 
notdür/lig ,  einigermaszen:  und  wenn  du  nur  noch  halbwegs 
lenksam  bist,  wie  sonst.  Güthe  10,93;  unter  diesen  umstän- 
den ein  balbwegs  gutes  ziinmer  zu  erlangen.  Ma.ximilian  v. 
Mexico  reiseskizzcn  l,  96;  es  bedurfte  ein  Jahrhundert,  um 
wieder  balbwegs  zu  kraft  zu  kommen.  Bbau.n  vier  briefe  eines 
Süddeutsclien,  vorrede  18, 

HALBWEIHE,  f  falco  pygargus.  Nemnich  2,  1584. 

HA LB WEISE,  «(/;.  .•  nur  die  balbnarren  und  die  halbweiseii, 
das  sind  die  gefährlichsten.  Göthe  17,  262. 

HALBWELT,  f.,  franz.  demi-monde,  ein  neues  wort,  vgl.  halb 
sp.  191 :  das  treiben  dei  französischen  balbwell  in  den  deut- 
schen bädern.  Hallische  zeilg.  1868  no.  222. 

HALBWEHK,  n.  bei  lorfgräbereien  ein  häufen  gestochenen 
torfs ,  wie  er  etwa  die  leistung  eines  halben  tagewerks  ausmacht. 
Adelung. 

HALBWILD,  adj.  semiferus.  Stieler  2418. 

HALBWLNNEU,  «i.  colonus  partiarius ,  halbbauer,  halbmann 
(3,  sp.  208).  Haltaus  780.     vgl.  halte. 

IIALBWIBTH,  m.  von  einem  der  die  geschäfle  eines  wirls  aus- 
helfend besorgt.  Göthe  28, 189. 

HALBWISSEN,  n.  ober/lächliches,  liaWes  wissen. 

HALBWlSSEiVD,  pari.:  wer  andere  lehren  will,  kann  wohl 
oft  das  beste  verschweigen,  was  er  weisz,  aber  er  darf  nicht 
haibwissend  sein.  Güthe  21, 49. 

HALBWISSEB,  wi.  der  etwas  oberflächlich  wekz. 

HALBWITWE,  /'. ;  also  (nachdem  nämlicli  der  mann  davon 
gelaujen)  wurde  ich  nun  zu  einer  balbwiltib,  welcher  stand 
viel  elender  ist,  als  wann  eine  gar  keinen  mann  bat.  Simpl. 
3,  40  Kurz. 

HALBWITZIG,  adj.:  die  afteigeburt  irgendeines  müszigeu 
halbwitzigen  kopfes.  Kr.  Müller  3,30;  indessen  brachte  er 
CS  doch  weiter  als  viele,  die  sich  für  mehr  als  balbwilzig 
halten.  J.  Goithelf  schuldenb.  15. 

HALBWOLF,  m.  namc  für  den  wolfshund. 

HALBWOLLE,  f.  sto/f  der  zum  tlieil  aus  wolle,  zum  theil  aus 
buumwolle  oder  leinengarn  besteht. 

HALBWOLLEN,  adj.:  balbwüllen-halbleinwand,  tela  ex sub- 
tcgviine  intcilo  slamine  lintco  Stieler  2406;  auf  gleiche  art 
werden  auch  halbwollene  und  halblinuene  zeuge  unter  dem 
namen  von  wollacken  im  hause  verfertigt.  .Moser  Osnabrück, 
gesch.  1  (I810)  s.  t05  {werke  bd.h). 

HALBWÜCHSIG,  adj.  1)  einen  halben,  noch  unvulUsommeuen 
wuchs  habend:  der  kiiabe,  indem  er  säugt,  blickt  nacb  dem 
Vater  hinauf,  er  ist  schon  halbwüchsig,  ein  beldeukiud,  niilil 
bewustlos.  (iöTHE  39,68;  strich  sich  den  balliv\üch»igen  Lut. 
J.  I'aul  Siebenkis  1,96; 

halhu'üchsigor  knabc  bist  du;  duch  die  Trauen 
sie  müclitcu  dich  num  auxguwactiscii  scliuucii. 
(iöTHR  41,  4:t, 

der  amdruck  ist  namentlich  auch  waidmdnnusch  hinsichtlich  i/r.v 
hosen:  halbwüchsig  nennt  man  einen  jungen  hasen,  der  seine 
halbe  grOsze  erreicht  bat.  Beulen  jagdcatccJiismus  254; 
und  ein  hiilbwOchsigter  haso.  Zachariü  I,  250. 
2)  einen  unvollkommenen ,  zwüterhaßen  wuchs  habend:  diese 
widerwärtige  erscbeimiug  (der  Vermischung  von  edlem  und  gc- 
metneni  bei  einem  sich  selbst  iibrrlü.s.Hiien  talenlei  mag  imn  frei* 


221 


HALBZEHENT— HALDE 


HALDE  — HALDEN' 


222 


lieh  oft  genug  eintreten,  wenigstens  erklärt  sich  uns  in  sol- 
cher Voraussetzung  am  leichtesten  der  umstand,  dasz  so 
manchen  der  geliildeten  eine  art  von  apprehension  gegen 
diese  halbwüchsigen  naturerzeugnisse  auf  dem  bodeu  der 
cultur  und  kunst  anwandelt.  Güthü  45,238. 

H.\LBZEHE.NT,  «j.  und  n.  der  zwanzigste  Iheil  von  ausgebrach- 
tem Silber,  tcelches  ein  berguerk  dem  tandeslierrn  abgibt,  so  lange 
äne  volle  ausbeute  noch  nicht  statt  ßndel.  Jacodsso.n  4,  731'. 

HALBZEIT,  f.  hälpe  einer  bestimmten  zeit:  {der  pastor  soll) 
ieder  wochen  drei  messen  zu  .Meil  in  der  kirchcn  thun,  und 
der  pastor  soll  die  kirch  halbzeit  beleuchten  und  die  kirth- 
meisler  von  wegen  der  kirchenguteren  die  ander  halbzeit 
beleuchten,  weisth.  4,  763. 

HALBZEKSTÖKT.  part.:  sprach  von  diesen  veralteten  halb- 
zerstörten dingen.  Göthe  31,  214. 

HALBZEUG,  m.  in  der  papiermühle  «oc/i  nicht  völlig  zer- 
sloszene  lumpen:  die  gröblich  zerstampften  lumpen  oder  der 
halbzeug.  Beckmann  lechnologie  (1777)  s.  71.  davon  halbzcug- 
kaslen.  trog  zur  aufnähme  des  halbzeutjes.  Jacobsson  2,  195'. 

HALBZIMMER,  n.  zimmer  in  einem  hulbgeschosz. 

HALBZIBREL,  m.  l)  halber  kreis:  hemicyclus  ein  halbcirkel 
DiEFüNB.  274';  zeichnete  einen  reinen  halbcirkel  darein.  Göthe 
35,  69;  das  dorf  ist  ziemlich  regelmäszig  im  halbcirkel  .  . 
gebaut.  17,71;  in  einem  geräumigen  saal  des  palastes  saszen 
an  der  einen  seile  die  richter  im  halbzirkel.  27,116. 

2)  weilizeug  der  schiffer,  tcomit  die  livhe  auf  der  see  genommen 
wird.  Jacobsson  2, 195*. 

3)  in  der  musik  eine  art  hiufer,  aus  vier  noten  bestehend,  wo- 
von die  zweite  und  vierte  auf  einer  und  derselben  stufe  stehen. 
Adelung. 

HALBZWILLING,  »?i. ."  könnte  man  in  eines  autors  gehirn- 
uterus  nachsehen  . .  welche  menge  zurückgebliebener  glieder, 
ja  ganze  halbzwillinge  des  buches  würde  man  darin  aufge- 
speichert finden.  J.  Pacl  leben  Fibels  80. 

HALDE,  f  ahd.  halda  (Gbaff  4,  S94),  mhd.  halde  (wb.  1,  619), 
im  allgemeinsten  sinne  eine  geneigte,  abhängende  stelle,  es  ent- 
spricht bis  auf  das  geschlecht  dem  griech.  xkl-ros  hügel,  abhang, 
welches  mit  xU-fia  und  xli-oia,  sowie  viit  dem  lal.  cli-vus  auf 
eine  wurzcl  cli  neigen  zeigt,  die  im  deutschen  Iheils  in  der  um- 
gesetzten form  hal,  theils  {u-ie  auch  im  griech.  lat.),  in  erweiter- 
ter,  als  hlin  erscheint,  worauf  unter  lehne  und  lehnen  noch 
einmal  zurückzukommen  ist.  —  Neben  dem  fem.  halde  macht 
sich  seilen,  aber  schon  frühe  eine  masculine  nebenform  bald  gel- 
tend, die  zum  altnord.  hall-r  abhang  tritt,  so  bald  clivus  im  voc. 
opt.;  clivus,  rupes,  bald,  naige  Frischlin  nomencl.  36*; 

funilen  wir  disen  an  eim  lialdt. 

WicKRA«  pitger  bl.  59. 

halde  assimiliert  sich  in  halle :  clivus  halle  Diefenb.  127',  nament-^ 
lieh  wo  es  im  bergmännischen  gebrauche  in  der  bedeutung  2  ist; 
beL^piele  hierfür  folgen  unten. 

Bedeutung: 

1)  die  abschüssige  seile  eines  bergcs,  bergabhang,  zunächst  ober- 
deutsch, namentlich  alemannü<ch,  Sciimid  schwäb.  wb.  256.  Sciimel- 
LER  2,  178;  die  halden,  stütz,  gäbe  devexitas,  clivus,  dejeclus, 
nutatio,  nutus  Maai.er207';  dasz  der  herd  an  der  gehen  hal- 
den davon  war  gerissen.  Tu.  Plater  2S  ;  dieser  bcrg  bat  ein 
aJ)sleigende  halden  gegen  der  undcrn  statt.  Reiszner  Jcrus. 
1,  8';  auf  diesem  berg  und  an  den  halden  dieses  bergs  rings- 
weisz  war  die  understatt.  22';  drängten  den  feind  die  halde 
eines  bergs  hinan.  Niebchr  2,277;  in  berg  und  thal,  auf  first 
und  halden.  Hebei.  schalzkästl.  28;  mittags  rasteten  wir  ge- 
wöhnlich auf  einer  sonnigen  halde.  Immermann  Müncith.  1, '0 ; 
wie  mit  perlen  und  edelgcstein  übersät,  prangen  die  beleuch- 
teten, kräutcrduftenJcn  halden  in  ihrem  glitzernden  thauge- 
schriicide.  gartenlaube  1^66  s.  671; 

ihr  gärten,  weiuberg,  hirst,  ihr  äcker,  halden,  baiden. 
VS'kckiierlin  3CK>; 
ich  st.ind  auf  berges  halde.    Rückkrt  89; 
du  zeigst  an  schattger  halde 
mir  den  beschilften  see.     Uulano  ged.  310; 
als  singend  an  der  halde 
ein  madchen  beeren  las.    s.  374. 

in  Schwaben  heiizt  auch  das  an  einem  solchen  abhang  liegende, 
gctröhnlirh  mit  gras  oder  holz  bewachsene  grundslück  haldc. 
ScilMID   2".7. 

■J)  bei  den  bergleulen  heiszt  halde  ein  beim  schacht  aufqeschüt- 
tttrr  hügel  erde  odei  gesteins:  halde  wird  genannt  derjenige  um 
einen  Stollen  oder  schacht   am  tage   aufgeworfene   und   aus 


dem  gebäude  geforderte  berg  und  erden.  Nehrixg  hist.-polit. 
lex.  (1736)  on/i.  46';  so  füret  aus  der  kau  (schachthfUte  5,310) 
beider  {jeder  von  beiden)  sein  laufkarren  und  schiitlel  in  aus, 
also  geschichts,  das  wann  die  tiefe  schacht  gesunken  wer- 
den ,  ein  grosze  halde  bei  der  kau  des  gezeugs  aufgeht. 
Bechiüs  vom  berguerk  (15571  132;  auf  den  halden  und  ge- 
birgen  höret  man  die  schönen  geistlichen  bergreien  singen 
und  klingen,  das  bcrg  und  thal  davon  hallet  und  erschallet. 
Mathes.  Sar.  vorrede;  ich  hatte  das  glück  ,.  auf  einer  ver- 
lassenen halde  Ibonschieferplalten  mit  krenzwcis  laufenden 
sich  mehr  oder  weniger  verschiebenden  quarzgängen  zu  finden. 
GöTiiE  32,  99.  die  assimilierte  form  halle  geht  im  nnmle  der 
gewöhnlichen  bergleute:  wie  zwar  auch  ir  bergleut  alle  taube 
und  lere  bergart  und  hallen  falsch  ding  pfleget  zu  nennen, 
das  kein  silber  oder  ander  gültig  metall  bei  sich  hat.  Mathes. 
Sar.  10b'.  der  bergmann  klaubt  die  halde  aus,  sucht  das  dort 
etwa  noch  vorhandene  erz;  stürzt  etwas  auf  die  halde,  wirft  gestein 
auf  einem  dazu  angewiesenen  orte  vor  dem  schachte  zusammen. 
Jacobssos  2, 195'.  einen  auf  die  halde  setzen,  nämlich  an  einen 
ort,  wo  kein  erz  vorhanden,  heiszt  zunächst  eine  gewerkscliaft  aus 
dem  felde  vertreiben  (Jacobsson  das.),  und  zwar  mittels  gericlit- 
lichen  Prozesses:  da  im  aber  ein  ander  fündiger  gang  in  sein 
vierung  feilet,  fahen  seine  benachbarten  gewerken  ein  hader 
mit  ihm  an  und  wollen  ihn  ausztreiben  und  auf  die  halle  setzen. 
Mathes.  Sar.  2l';  das  ist  auch  als  redensarl  in  freierem  gebrauch: 
to  treibet  er  den  heiligen  geist  wider  ausz,  oder  wie  ihr 
bergkleut  redet,  er  setzet  ihn  wider  auf  die  halle  und  feilet 
ausz  dem  glauben.  114'. 

3)  eigenthümlich  steht  halde  für  die  durch  die  geneigten  zweige 
eines  baumes  gebildete  laube:  J.  Goropius  lobt  den  lindenbaum 
für  all  andere  bäume  wegen  seines  Schattens  und  das  man 
darausz  schöne  weit  umb  sich  schweifende  halden  machen 
kan.  a.  weiszheil  lustg.  435;  die  schattechten  halden  dieses 
baumes.  760. 

in  einer  halden  grün, 
mit  manchem  pfersichbaum  und  epheu  überschattet. 
Weckherlin  773. 

4)  im  niederdeutschen  erscheint  die  umgelautele  form  helde  als 
techni.n-her  ausdruck  der  schiffer:  von  beiden  löpen  wird  vom 
schiffe  gesagt,  wenn  es  voni  Stapel  läuft.  Schütze  2,  129;  auch 
hier  hat  also  helde  die  allgemeine  bedeutung  einer  herunlerwärts 
gehenden,  abschüssigen  stelle. 

HALDEN,  verb.  sich  neigen,  denominaliv  aus  dem  vorigen, 
ahd.  halden  (Graff  4,  8941,  ein  vorzugsweise  dem  alemannischen 
Sprachgebiete  zufallendes  woit:  halden,  sich  senken  oder  neigen, 
Maai.er  207' ;  die  äst  haldend  oder  bückend  sich  von  schwäre, 
rami  nutant  pondere  das.;  die  weinraben  haldet  oder  senkt 
sich  gägen  der  erden,  vitis  acclinata  terrae,  das.;  über  eiohiu 
halden  oder  hangen,  so  einem  etwas  ob  dem  haupt  hanget, 
glych  als  ob  es  fallen  wolle,  impendere.  das.;  halden  pünc//(T, 
vergere  deutsch- franz -lat.  Wörterbuch  (Gen/"  1695)  155;  vil  ander 
hoft'art  die  sy  tribent,  das  gar  lang  weret  bisz  schier  uff  die 
vespeizitt,  das  sich  die  sun  vast  haldet  und  denen  von  Bern 
under  ougen  schein.  Etterlin  chron.  der  eidgenossen  (1507)  bl. 
26';  gegen  mittnacht  haldet  der  berg  Sion  in  das  thal  Ty- 
ropeon.  Beiszneu  Jerus.  1.  7', 

Hat  so  das  wort  nur  intransitiven  sinn,  so  findet  doch  auch 
umschlug  in  den  transitiven  und berührung  mit  dem  folgenden  statt: 
schwäb.  halden ,  mit  der  Weiterbildung  haldelen  bedeutet  sowol 
abschüssig  sein,  als  auch  neigen.  Schmid  257. 

HALDEN,  verb.  in  transitivem  sinne  etwas  neigen,  inclinare, 
auch  der  näheren  abstammung  nach  verschieden  vom  vorigen,  in- 
dem es  sich  zunäcltst  an  das  ahd.  adjediv  bald.  mhd.  halt  pro- 
clivis,  pronus  anlehnt;  ahd.  haldjan,  mhd.  beiden  {wb.  1,619'). 
seiner  verlireitung  nach  geht  das  wort  weiter  als  das  vorige,  in- 
dem es  nicht  mehr  dem  alemannischen  Sprachgebiete  vorzugsweise 
zufällt,  sondern  bis  ins  niederdetttsche  reicht:  alts.  aflieldian  neigen 
(Heiland  3486),  ags.  heldan,  hyldan,  nordfries.  helde;  auch  im 
scandinavischcn  auftritt:  altnord.  hella,  schwed.  hälla,  ddn.  h<elde. 
Umschlag  in  den  intransitiven  sinn  hat  stattgefunden  im  nd.  hellen 
nach  einer  säte  überhangen  Schütze  2,  129,  wie  auch  schon  im 
ags.  beide  bedi^ungen  des  Wortes  sich  zeigen.  —  Belege:  beiden, 
neigen  inclinare  Dasyp.  ;  sich  beiden  vergere,  devergere,  inrer- 
gere ,  für  sich  geheldet  pronus.  herzu  beiden  acclinare ,  nid 
sich  geheldet,  under  Mch  geheldet  declivis  el  dcclivus,  ob  sich 
geheldet,  aufgerichtet  acclivis  das.;  halden  für  naigcn  prompt. 
r.  liiis  /jci  ScHM.  2. 17** ;  halden.  faire  pencher,  inclinare  deutsch- 
franz.-lal.  wörterb.  ((iV/i/"  1695)  155;    ein  fasz  halden,   dasselbe 


223 


HALDENSTLRZ  —  HÄLFTE 


HÄLFTE 


224 


hinten  höher  als  vorn  legen  Stalder  2, 13 ;  alle  unsere  neigung 
hüldet  sich  zum  bösen.  Zwingi.i  1,  545 ;  ein  kindstui  {gcbähr- 
stuhlf  so!  buben  vier  bcin  oder  füsz,  mit  einem  rugkbrett 
binder  sieb  gebeldel.  Rüff  Irostbüchle  31*. 

HALDENSTUHZ,  m.  1)  die  befugnis,  die  ausgeförderlen  berge 
oder  scidacken  auf  einen  gcuissen  platz  zu  bringen.  Jacubssun 
2,  195*. 

2)  der  platz  selbst,  worauf  berge,  erze  und  scidacken  gestürzt 
werden,  das. 

3)  auch  das  gerüsl,  auf  welcliem  die  grubenhunde  auf  die  hal- 
den  umgestürzt  und  so  entleert  weiden. 

HALDICHT,  adj.  etwas  abschüssig,  geneigt:  clivosus  baldiibt 
DitTENB.  127';  leg  die  zeine  auf  einen  giuszen  maimoislein 
. .  der  stein  sol  etwas  wenigs  baldecbt  und  an  einer  seilen 
gesenkt  sein.  L.  Tiiühneisskr  von  wassern  {\6V1)  b\.  die  weilci- 
bildung  baldecblig,  baldacbtig  int  im  alemannischen  Sprach- 
gebiete gewöhnlich:  baldecblig  proclivis,  baldecblig  ort  calabalh- 
mus  Dasvp.;  clivosus  baldecblig  Dikfenb.  127';  baldacbliger  und 
stotziger  wäg  trames  clivosus  Maai.er207';  baldacbtig  ein  bis- 
chen steil,  abschüssig  Stalder  i,  13. 

HALDIG,  adj.  neben  form  des  vorigen,  in  gleiclur  bedeulung, 
ahd.  baldig  in  uobaldig  clivosus ,  nideibaldig  reclinus  (Graff 
4,  893.  894),  mhd.  mit  umlaul  beldic.  die  umgelaiäetc  form  ist 
auch  nhd.  neben  der  nnumgelautetcn  gebräuchlich,  clivosus  bal- 
dig Frischlin  nomencl.  30*;  proclivis  nyddei-beldig  und  assi- 
miliert nideiballig  DiEFENB.  461*;  baldig,  ballig  .s(«/,  abschüssig, 
baldig,  bellig  was  schief  oder  schräge  liegt  Stalder  2, 13 ;  wann 
jetzt  die  sonne  die  bügel  vergoldele ,  denen  ich  mit  meiner 
beerde  entgegenslieg,  dann  jenen  baldigen  bucbenwald.  arme 
mann  im  Tockenb.  27;  baldig  und  sanft  steigt  (die  liaWinsel) 
von  beiden  Strandseiten  gegen  die  niitle  empor.  Falmerayer 
besucli  auf  d.  berge  Alhos,  in  hfa(jvrs  Icsebuch  3,  384. 

HALDLNtJ,  f.  declivüas,  inclinatio.  Maaler  207';  Calepin. 
375;  das  kraut  wacbszt  gern  iun  den  wiesen  oder  matten  so 
im  gebirg  liegen,  an  den  baldungen  und  reeben.  Tabernaem. 
kräuterbuch  (läSS)  309. 

HALE,  f  dompfaff,  blulfink  (Hohberg  3,  2,  372'),  s.  hahle 
5p.  159. 

HÄLFE ,  m.  halbbauer  (vgl.  sp.  194) ;  die  form  gehört  den 
niederdeutschen  Rheingegenden  an,  sie  scheint  geworden  aus  älte- 
rem baifwinne,  colonus  parliarius ,  wie  die  um  Aachen  neben 
hälfe  gebräuchliche  nebenform  balfer  (Mijller  u.  Weitz  Aachner 
mundart  78)  wol  auf  baifwinner  zurückyeltl:  auch  in  der  um- 
gegend  rissen  die  klöstcr  alimäblicb  das  grundcigcnlbum  an 
sich,  so  dasz  man  um  Köln  kaum  selbständige  bauern  mehr 
kannte,  sondern  nur  halfen  (baibwinnei),  ein  name  der  sich 
aus  dieser  zeit  auf  unsere  jetzt  selbständige  bauern  über- 
tragen bat.   Wesirzeiluny  1853  no.  2976. 

HÄLFTE,  /.  dirnidia  pars,  ein  ahd  halbida  (gebildet  wie 
ganzida  ganzheil  Graff  4,  222,  fullida  fülle  3,  493),  mhd.  bel- 
bede  ist  nicht  zu  belegen,  um  den  bcgrijf  aut:zudrücken  bedient 
man  sich  entweder  des  neutrums  vom  adj.  halb,  oder  der  Ver- 
bindung da;  iialbe  teil,  sjjdler  balbtheil  (s.d.);  das  ahd.  kennt 
noch  eine  weitere  si>äter  untergegangene  bildung  balilanod  dimi- 
dium  (Grasf  4,891),  die  zu  unserm  worte  in  näherer  formeller 
Verwandtschaft  nicht  slihl.  die  form  ballte  ist  nieder-  und  vtü- 
leldeulsch;  sie  lu.'tzt  sich  zuf ruhest  nachweisen  im  altfriesischen  als 
Lalfle  und  belfte  (Kiciitiiofen  792*);  im  milleldeulschen :  im 
vvrden  (scJiilde  des  kaiserlichen  siegeis  ist)  eyne  teilunge,  der 
belfte  mit  drven  kleinen  lewen  und  mit  einem  striche. 
Hallische  Urkunde  von  14U9  bet  Dreymaupt  SaaUirewt  2,  443.  auch 
im  iskndiscfien  wird  ein,  virllriciu  junges,  helft  dimidium  gewährt 
(Haliiarson  1,54ü').  das  durch  LLiiitR  vielgebrauchte  UHtrt  bürgert 
sich  erst  nach  und  nacli  in  die  deutsche  sein  iflsjirache  völlig  an.  — 
Aüc/i  den  bedeiUungen  von  halb  bezeichnet  bälfle 

1)  den  halben  theil,  in  genauerem  oder  mildirem  sinne:  und 
Mose  nam  die  belfte  des  bluls  und  thtts  in  ein  becken,  die 
ander  helft  sprenget  er  auf  den  altar.  2  Mos.  24,0;  eine  helft 
(der  teilte  standen)  neben  dem  berge  Grisiin ,  und  die  ander 
helft  neben  dem  berge  Ebal.  Jos.  8.33;  des  vulks  Israel  war 
nur  die  belfte  da.  2  Sam.  19,40;  teilet  das  lebendige  kind  in 
zwei  teil,  und  gebt  dieser  die  hellte,  und  jener  die  belfte. 
1  kün.  :<,  2r>;  es  gescbacb  hinlürder  das  die  junglinge  die 
helft  Ihelen  die  erbeit,  die  ander  helft  hielten  spiesze,  Schilde, 
bogen  und  panzer.  iSeh.  4,10,  was  lodderslu?  auch  die  belfte 
des  königreichs  itol  dir  gegeben  werden.  Ksllier  5,3;  gab  im 
die  helft«  aller  si-iner  guter.  Tob.  10,  tl;  was  du  wirst  von 
mir  bitteo ,    wil   ich   du    geben ,  bis   an    die   heiflc  niuincs 


kCnigreichs  (goth.  imd  baiba  jiiudangardja  meina,  mitteldeutsch 
in  Behaims  evangelienbuch  daj  halbe  teil  mines  riches).  Marc. 
0,23;  sibe  berr,  die  belfte  meiner  guter  gebe  ich  den  armen 
(goth.  halbata  aiginis  meinis,  md.  bei  Behaim  halp  uiin  gut). 
Luc.  19,8;  was  aber  über  drei  gülden,  gibt  ein  erliarer  rath 
die  helfte  an  solchen  strafen  in  das  aml.  statulen  von  Üorn- 
burg  a.  S.  von  1625,  in  der  zeilschr.  des  Vereins  f.  Ihüring.  geseh. 
7,  280;  belfte,  der  halbe  theil.  Duez  diciionar.  (Amsterdam 
1664);  auf  unbewegliche  guter  soll  die  belfte  dessen,  was  sie 
an  ihrem  orthe  werlb  sein,  gegeben  .  .  werden.  Leipziger 
banliordnung  1699 ,  Tit.  lo,  1 ;  ob  ich  es  ihm  (einem  verstüm- 
melten offizier)  gleich  gerne  würde  zu  gute  geballen  haben, 
wenn  er  die  eine  belfte,  so  er  von  seinem  cörper  noch  übrig 
hatte,  wacker  heraus  gestrichen  hätte,  um  sich  über  den  ver- 
last der  andern  beirie  zu  trösten,  span.  Robinson  3  (1736)  s.  91; 
ist  es  wohl  so  die  bälfle  von  seinem  vermögen ,  was  das 
mädcbcn  mitkriegt?  Lessing  1,  407;  ich  mache  kein  äuge  zu, 
so  schlage  ich  mich  mit  ihm  herum  (im  träume),  hätte  er  nur 
erst  die  bälfle  von  allen  den  schlagen  !  509  ;  sie  (die  yerechligkeil) 
drückt  das  äuge  bei  der  bälfle  deiner  veibreclien  zu.  Sciiiixbr 
254';  der  kleine  häufen  erbot  sich  zum  drillen  Iheil  des 
landes,  zur  bälfle,  zu  mehr.  Kiopstock  12,  293;  fühlte  er  nur 
die  bäille  meiner  quälen.  Güthe  57,  20 ;  der  volle  putz  raubte 
ihr  die  bälfle  ihrer  fesligkeit.  Lmmermanm  Münclih.  4,129;  die 
trümnier  der  uralten  Osteroder  bucg  .  .  bestehen  nur  noch 
aus  der  bälfle  eines  groszen,  dickinauerigen,  wie  von  krebs- 
scbäden  angefressenen  Iburms.  H.  Heine  werice  1,17;  wenn 
mau  die  obere  bälfle  des  Brockens  besteigt.  1,75; 

und  wenn  er  lebt, 
so  ist  die  halftc  dieser  beutel  sein.    Lessing  2,  331; 

6«  den  webern  besteht  ein  doppelzwirn  faden  oder  letze  aus  zwei 
gleich  langen  hälften ,  die  sich  in  der  halben  höhe  des  schajles 
ergreifen.  Jacobsson  2,195'; 

noch  lag  mit  halbem  leibe  (die  andre  hüllte  sasz) 

der  ritter  neben  ihr  auf  dem  soplia. 

WiELAND  neuer  Amadis  2.  ges.,  7; 

im  goldnen  käflch  eingeschlossen, 

verlebt  ich  armer  ungenossen 

die  hhlfte  meiner  lebenszeit.     Glki«  1,  197; 

ists  nicht  genug,  die  halfte  meines  lebens 

^eschäl'tge  Martha  sein? 

ists  liochverraili,  ists  thorheit,  ists  vergebens, 

der  Weisheit  kaum  die  andre  hallte  wcihn? 

GöcKiNGK  lioiter  xweicr  lieb.  (1779)  65; 

dasz  dir  werde  die  nacht  zur  schonen  liälfte  des  lebens. 

GöTHK  40,  273 ; 
dich  ins  huus  zu  führen,  es  war  schon  die  ballte  des  glückes; 
aber  nun  vollendest  du  mirs.  s.  33J; 

steht  vor  mir,  der  sich  gcrühmel 

in  verineszner  praliierci, 

dasz  ilim  nie  mehr  als  die  hälfte 

seines  geistes  nöthig  sei?    Uhlanü  ged.  284. 

A'üc/i  dem  spruclie,  dasz  mann  und  weib  ein  leib  sind,  ist  die 
frau  des  mannes  bälfle  (s.  halb  sp.  185  und   ehehälfte  3,  43) : 

wie  das  weib  dem  mann  gegeben 

als  die  schönste  hallte  war, 

ist  die  naclit  das  halbe  leben, 

und  die  schönste  hallte  zwar.    Götiir  19,  196; 

meiner  nunmehr  selgen  hälft  ein  ebren-denkmal.  Brückes  6, 
584;  ich  und  meine  bälfle  nehmen  herzlichen  anlbeil  an  dem 
guten  fortgang  meines  kleinen  palhens.  Wielanu  bei  Mnck 
2,131;  sich  des  aufgebrachten  ebemanns  gegen  seine  pllichl- 
veige~seiie  bälfle  annehmen.  Götter  3,  23;  hier  kommt  ein 
anderer  seines  gleichen,  der  . .  seine  schöne  hälfte  mit  sich 
bringt.  Göthe  29,  239;  und  um  eure  frau  werdet  ihr  euch 
wenig  bekümmern?  gar  nicht,  wenns  beliebt,  das  beste  be- 
tragen gegen  seine  liebe  bälfle  bleibt  iiniupr  das  zu  tbiin, 
was  ihr  ansteht.  36,  57;  bebainmen  wissen  die  znkunft  der 
weiblichen  hälfte.  J.  E'all  leben  l'iM.«  .v.  57; 

midi  nicrk*  kein  iiiir,  und  alle  blicke  winkoD 
uut  mciiiu  siuUc  ballte  mir.    Sciiillkr  26'; 

und  mit  beziehung  hierauf  Iwiszt  es: 

ich  bin  dein  treues  weib, 
und  meine  hallte  lurdr  ich  deiiies  grames.    519'. 

den  ausdrtick  wendet  GöTiiK  auch  nur  auf  dir  braut  oder  gdieble : 
meine  schöne  bälfle  sprang  vor  frcudeu  ouf  und  verkündigte 
mir  mit  enlziicken  die  ankiinfl  ihres  herrn  vaters.  23,99; 
cm  freund  .  .  dem  es  an  einer  hälfte  . .  ermangeln  mochte. 
25,  2H;  und  um4)eki-lut  auch  auf  den  yehcbten:  es  fehlte  nicht 
an  jungcu  uiUnucru,  die  sich  ciuzuscbicicken  wuszicn,  fast 


225 


HÄLFTE 


HÄLFTEN  — HALFTER 


226 


jedes  mädchen  fand  einen  freund;  nur  sie  war  ohne  Lälfte 
geblieben.  25,  25. 

der  liebttaber  nennt  in  feuriger  rede  seine  geliebte  die  Lälfte 
seines  herzens,  seiner  seele:  o  Wehe  {liebe  frau)  l  helfte  mei- 
ner Seelen!  pers.  baumg.  4,11;  seine  reine  seele  fühlte,  dasz 
sie  die  hälfte,  mehr  als  die  hälfle  seiner  selbst  sei.  Güthe 
!■»,  44. 

2)  die  lormcln  die  hälfte  {acc),  zur  hälfte,  um  die  hälfte, 
auf  die  hälfie,  an  die  hälfte  ersetzen  das  einfache  adverbiale 
halb ,  itunifiillicli  auch,  wenn  es  den  ungefähren  dnn  zu  einem 
grOszern  uder  kleinem  ilwile  {sp.  189.  190.  191)  hat:  aber  das 
uberlenge  an  den  teppicheu  der  hütten  soltu  die  helft  lassen 
überhangen  au  der  hütleu.  2  Mos.  26,12;  ob  ers  wol  vermag, 
{^ibt  er#  (geliehenes  gdd)  kaum  die  helfte  wider.  Sirach  29,7; 
zur  helfte  blus  semiitudus,  zur  helfte  zerrisseh  seiiiilacer,  auf 
die  helfte  offen  semiapertus  Stiei.üu  "36 ;  ach,  es  ist  mehr  als 
die  helfte  zuviel.  Schaubühne  engl.  u.  franz.  com.  1,49;  W.  was 
sagen  sie?  T.  es  geht  dich  nur  zur  hälfte  an.  Lessixg  1,554; 
sie  haben  mii  diesen  Iriuniph  um  die  hälfte  verluimniert. 
2,  isi ;  der  ist  ein  slümper,  der  sein  werk  nur  auf  die  hälfte 
bringt.  ScniutR  129 ; 

so  merk  ich,  dasz  du  (die  nacht  Ut  angeredet)  last 
dich  au  die  helfte  schon  von  aas  entzugen  hust. 

Fleüimc  623; 
sie  kennen  mich 
zur  hälfle  nur.    Scuilleb  295*. 

-namentlich  in  negativen  Sätzen  betonen  solche  formein  einen  klei- 
nen, gelingen  theil :  und  ich  habs  nicht  wollen  gleuben ,  bis 
ich  komen  bin  und  habs  mit  meinen  äugen  gesehen,  und 
sihe,  es  ist  mir  nicht  die  helft  gesagt,  du  hast  mehr  Weis- 
heit und  guts ,  denn  das  gerüchl  ist ,  das  ich  gehört  habe. 
1  kOn.  10,  7;  so  hat  auch  Samaria  nicht  die  helft  deiner 
Sünde  gethan.  Hes.  16,  51;  die  gottlosen  haben  viel  vergeb- 
licher ansehlege,  die  sie  nimmer  zur  helfte  bringen.  Luther 
5,  2";  unterwegs  reuete  es  mich  fast,  dasz  ich  in  meinen 
allen  tagen  erst  solle  einem  solchen  herren  aufwarten,  der 
. .  die  hellte  nicht  so  viel  verstünde  als  ich.  Simpl.  2,  301 
Kurz;  er  höret  mit  Verwunderung  die  heutigen  gespiäch  und 
tischreden  an,  und  weisz  oft  die  hellte  nicht  was  die  leute 
reden.  4,463;  hingegen  seine  gemahlin,  so  sehr  sie  irauen- 
zimmer  war,  kannte  diese  kunst  nicht  zur  hälfte  so  gut. 
VVezel  Tobias  Knaut  1, 128.  -doch  kann  eine  solche  formet  auch 
das  geqentheil  bezeichnen:  machte  einer  ...  mit  der  Quintina 
ein  gezänke,  und  nannte  sie  eine  alte  pulverllasclie.  daran 
lengst  du  die  helft  nicht  an,  du  alter  hornträger,  gab  sie  ihm 
zur  antwort  {du  lügst  das  ganz  und  gar).  Happel  acaä.  rom.  43. 

3)  hälfle  für  den  endpunkt  eines  halben  tlicils,  die  mitte,  nach 
halb  1,  b  sp.  IST:  hier  ist  die  hälfte  des  wegs;  noch  vor 
Völliger  nacht  erreiche  ich  wohl  den  ort  auf  der  hälfle  weges, 
da  schlafe  ich  und  bin  morgen  in  der  frühe  am  ziel.  Immer- 
mann Münchh.  3,64;  schon  geh  ich  der  hälfte  meines  hiesigen 
anfenthaltes  entgegen,  die  andere  wird  auch  bald  verlaufen. 
tjoTHE  an  Toiyt  250.  bei  alters-  und  Zeilbestimmungen:  die  blut- 
gierigen und  falschen  werden  ir  leben  nicht  zur  hellte  bringen. 
ps.  55,  24;  nim  mich  nicht  weg  in  der  helft  meiner  tage. 
102,25;  in  der  hälfle  des  juli.  Güthe  26,282;  daher  begab 
ich  mich  hälfle  decenihers  nach  Jena.   31,  89. 

4)  der  ungenaue  und  nur  ungefähre  sinn,  den  hälfle  auch  hat, 
spricht  sich  besonders  aus,  iccnn  von  einer  groszen  und  kleinen, 
gröszern  vnd  kleinern  hälfle  geredet  wird:  das  deutsche  dorf 
Balzers  ,  die  groszere  hälfte  des  Staates  Lichtenstein,  volks- 
zeitung  186S  no.  249.  eine  ähnliche  ttngenauigkeit  schlieszt  die 
bessere  hallte,  die  beste  hälfle  in  sich: 

sollt  ich  nur  so  glücklich  sein, 

und  das  schöne  schinkenbein, 

das  ich  —  doch  ich  inags  Dicht  sagen, 

wo  ich  dieses  hingetrageu. 

werd  ich  wiederum  gesund, 

will  ich  dir  bei  meinem  leben 

auch  die  beste  hallte  geben.    Gellert  1,69; 

des  geisies  beste  hälfle,  mäunerkraft.    Schiller  251"; 
vgl.  oben  t  auch  schönste  hälfte. 

HÄLFTE,  in  adjecttvischer  fügung ,  wie  auch  die  Substantive 
drittel,  viertel  u.s.  w.  in  manchen  Stellungen  adjectivisch  empfun- 
den werden:  also  hebt  er  auch  allhie  an  in  uns  den  tod  zu 
schwachen,  das  er  an  uns  nicht  mehr  gewinnet,  on  das  er 
die  Scherben  und  nur  das  helfte  stück  an  uns  wegnimpl. 
Luther  6,211";  wie  du  durch  so  manches  land,  ja  den  hell- 
ten I  lieil  der  well  schon  durcbwaudclt.  engl,  komdd.  1,  L  7. 
IV.  II. 


HÄLFTEN,  verb.  in  zwei  Hälften  abtheilen:  und  endlich  wuide 
durch  den  held  Achilleus,  der  zugleich  halbgott  und  halb- 
mensch war ,  das  götter-  und  meuschengedicht  schön  mit- 
spielend eben  so  zu  einer  mensch-gotlheit  gehälflet.  J.  Paul 
vorsch.  d.  ästhel.  2, 106. 

HALFTEK,  /".  capistrum,  camus.  ahd.  halftra,  haleftra, 
halftera  (Graff  4,925),  mhd.  halfter,  ags.  hälftre;  nd.  halfler, 
belebter  und  halter.  Was  abstammung  und  ei<,entlichc  bedculuug 
des  Wortes  betrifft,  so  kommt  zunäck4  in  betracht  das  ahd.  mhd. 
halp,  griff,  handhabe,  nhd.  helb  {s.  d.) ,  was  nach  dem  grund- 
sinne des  an  äch  ziehens  und  reiszens  wol  eben  so  wie  das  adj. 
halb  {sp.  1S4)  mit  lat.  carp-ere  zusammenhängt,  das  su/fix  ahd. 
dara ,  tara ,  skr.  tarä ,  bildet  feminina ,  u-elche  Werkzeuge  aus- 
drücken, so  dasz  half-ter,  ahd.  half-tara  in  allgemeinster  bcdeu- 
tung  das  Werkzeug  zum  erfassen  ist,  in  eingeengtem  sinne  auf  den 
zäum  bezogen,  der  zum  festhalten  eines  tltieres  dient,  das  suffix 
-tra  erscheint  in  folge  der  Verbindung  mit  einem  andern  mehrfach 
in  der  form  -stra,  und  hierauf  gründet  sich  die  bair.  ncbenform 
halsler  (Scum.  2,  184)  mit  amstoszung  des  letzten  jrurzelhaften 
consonanten,  eine  ausstoszung,  die  wol  auch  in  der  nd.  form 
hal-ter  statt  hatte  {wenn  diese  neienform  sich  nicht  überhaupt  an 
halten  anschlieszt),  während  in  dem  gleichfalls  nd.  belebter  das 
auslautende  f  der  wurzel  nach  namentlich  niederfränkischer  und 
friesisdier  gewohnheil  sich  in  ch  veikehrte.  die  form  baffter 
(DkEFENB.  97"),  die  auch  bei  Frischlin  nomencl.  3s2'  erscheint, 
dür/le  wol  aus  assimilation  des  If  in  ß  entspringen. 

halfter  bedeutet: 

1)  der  zäum  ohne  gebisz,  der  zum  festhalten  der  thiere  dient: 
ca/*<*/rum  halfter,  halftern,  halster  Diefenb.  97';  habena,  half- 
ter, helfter,  halter  272*;  halfler,  ein  band,  ein  strick,  camus 
Cai.epi.x.  190;  halfter,  maulkorb  capistrum  Dasyp.  ;  ein  halfter 
anlegen  capislrare  Maaler207';  wann  ein  pfert  ledig  wirt  von 
dem  barn ,  so  es  sich  schon  w  ol  von  dem  barn  abzerret, 
nichts  destminder  kegt  im  die  halfter  biudeunach  und  mag 
leicht  hämen ,  so  fachet  man  es  wider.  Keisersberg  getstl. 
Spinnerin,  3.pred.  M3';  man  soll  dem  füllen  eine  halfler  an- 
legen und  ein  zäum  an  die  barre  binden.  SebizISO;  zur  aus- 
mundierung  hat-  ein  reiiter  von  nöthen  . .  ein  starke  halfter. 
Bückler  kriegsschule  2S1 ; 

mancher  wehrt  von  den  mütlern  sofort  die  gesonderten  böcklein, 
und  umbettet  die  schnauze  von  vorn  mit  gestachelter  halltei. 
Viryits  tänät.  yed.  von  Voss  3,  497; 
multi  jam  excretos  prohibent  a  matrious  hoedos, 
primaque  l'erratis  praeüguut  ora  capistris.    geury.  3,  39'J. 

spmhwörtlich :  der  halfter  an  dem  barn  nicht  vergessen,  nicht 
vergessen  icas  zu  einer  sache  gehört.  Eck  bei  Luther  1,  163". 

2)  hdliler  für  hosenträger,  schon  ahd.:  halftra //cacAia/e  Graff 
4,925;  jetzt  noch  oberdeutsch,  namentlich  bairisch:  halfter  und 
halsler  Scum.  2,  ISl ;  jrt  Kärnthen  halfter  und  haschler  Le.xeb 
131 ;  in  Tirol  gesaszhalfter  Fro.mm.  4,  447.  in  Schwaben  heiszt 
halfter  das  sirickband  an  gefäszen  zum  tragen.  Scmmid  258. 

3)  die  oben  angegebene  weitere  bedeutung  von  halfter  erhellt 
auch  noch  aus  dem  rechtssprichworte :  dem  gläubiger  wird  der 
Schuldner  an  die  band  und  halfter  gegeben,  debitor  crediloiis 
dijicrettoni  traditur.  Pistoriüs  tites.  paroem.  5  no.  Sl  s.  381,  in 
aknlicher  fasyung :  do  sie  aber  solche  zu  wiegen  nicht  ver- 
möchten ,  so  wurden  sie  vorniuge  sechsischer  rechte  dem 
beschedigten  an  die  halfter  uberantwort,  ihnie  dasselbe  ab- 
zudienen. Leipziger  schOppensprudi  v.  1545  bei  Hai.taus  782,  was 
auf  Sachsensp.  buch  ä  ari.  39  fuszt:  swer  schult  vor  gerichle 
vurderel  üph  einen  man,  des  her  gelden  nicht  ne  mach  noch 
bürgen  setzen,  der  richtere  sol  ime  den  man  antwarden  vor 
daj  gelt,  den  sol  her  halden  glich  sime  ingesiude  mit  spise 
unde  mit  arbeide.  hier  hat  halfter  den  allgemeinem  sinn  band, 
fessel,  und  wird  auch  so  glossiert:  in  eine  halfter  oder  fessel 
spannen.  Leipziger  sch<>ppenspruch  v.  154S  bei  Haltäus  782; 
gleicherweise  in  folgendem:  die  Winden  underslunden  sich,  sich 
ausz  der  halller  der  bairischen  königen  zu  ziehen.  Aventix 
bei  Schm.  2,  381,  was  als  sprichwörtliche  redensarl  gebt,  da  auch 
Frisch  1,  401*  sich  aus  der  halfter  reiszen  sediiiose  agere  aus 
WuRSTiSENs  Basler  chronik  beibringt. 

4)  halfter  i*/  bei  den  Wundärzten  eine  arl  binden,  die  unter 
die  kinnbacken  gemaclu  wird,  und  oben  auf  dem  köpf  zusammen 
geht.  Frisch  1,  401*. 

5)  halfter,  holländ.  halfter  und  halster  nennt  man  auch  bei  den 
vvtjeln  den  rand  des  schncd)els  nach  dem  köpfe  zu.  iNemmch  2,  843. 

6)  halfler  für  hulfter,  holfter,  pistolenhulfter ,  Ist  wol  nicht 
vor  dem  18.  Jahrhundert  angewendet  (Fbiscb  1,  474'),  vgl.  bolf- 

15 


227 


HALFTERBAND  — HALL 


HALL 


228 


ter  und  hulfter.  ähnlidi  wird  auch  liulTter  für  halfter  gesellt: 
als  jener  seine  seele  um  einen  trunii  dem  lenfel  vergeben, 
nahm  ihn  dieser  mit  leib  und  seci,  sagend,  weil  er  ein  pferd 
gekauft,  so  würde  er  auch  den  zäum  oder  .den. hulfter  wohl 
mitbezahlet  haben.  Scriver  scelcnsch.  l,  22. 

7)  schwanken  des  geschlcdUs.  Schiller  brauchl  das  worl  als 
ueulrum:  wer  ist  der  erste,  der  das  haifler  über  den  liger 
wirft?  170;  in  der  unter  6  angeführten  stelle  Sciuvers  ist  es  ein 
masculinum 

HALFTERBAND,  n.  zügel  an  einer  halfter: 

es  ging  ein  mann  in  STrerlaud, 

liihrt  ein  k.iniei  am  halClcibaod.    Röckert  U7. 

HALFTEBFÖUMIG,  adj.  nach  halfter  5:  capistratus,  mit  einem 
halfterfürmigen  rande  umgeben.  Nemnicii  2,  843. 

HALFTEUGELD,  n.  geschenk  an  einen  knecht  bei  verkauf 
eines  pferdes:  halftergeid  sive  zaumgelt  douarium  pro  capislro 
Stieleh  6s2.     wegen  des  brauches  vgl.  haiengeld  sp.  125. 

HALFTEHKAPPE,  f  ein  stück  leder  auf  dem  kummete. 
Jacobsson   6,  1")'. 

HALKTEItKETTE,  f.  eiserne  kelle  an  einer  halfter,  womit  das 
pfad  an  seinen  stand  befestigt  wird.  öcon.  lex.  914. 

HALFTEKN,   vcrb. 

1)  eine  haifler  anlegen,  capislrare:  habenare  halfterefl  o.  zeu- 
men  Diefenb.  272';  halftern  cfl;/(s/;are  Stieler  747;  er  halftert 
das  pferd,  equum  capistrat.  Steinbach  1,6G9. 

2)  bildlich,  sich  abquälen,  cigenllich  wol  wie  bei  der  arbeit  des 
halfterns  an  änem  unbändigen  pferde;  so  slelU  namentlich  das 
nd.  haltern  in  beiden  bedeulungen.  brem.  wb.  2,  473.  reflexiv 
ijcbrauclU  sich  durch  etwas  hindurch  halflern,  sich  durch  eine 
mühe  oder  gefahr  hindurch  arbeiten :  bis  dahin  haben  wir  beide 
lins  so  dadurch  gehalftert.  Jung  Stilling  gesch.  des  herrn  v. 
.Morgvntliau  1,  270. 

H.\LFrEUU.\G,  f.  capistrandi  aäus.  Stieler  747. 

IIALFTEWEGS,  adv.,  in  der  mitte  des  wegs,  wie  halbwegs  1 
.<tp.  220:  mein  freund  begleitete  mich,  wir  schienen  schon 
unzertrennlich ;  als  ich  aber  hälflewegs  um  erlaubniss  bat, 
ihn  mit  in  des  amtmanns  wohnung  zu  nehmen,  verweigcile 
es  die  pfarrerin.  Göthe  22,  196. 

H.\LFTIG,  adj.  u.  adv.  eine  hälfte  bildend  oder  ausmachend: 
sieben  süulen  theilten  den  luftigen  saal  hälftig  ab.  Scueffel 
Ekkehard  (1855)  s,  44. 

HALIZEN,  verb.  ausgleiten:  häliczen  labi  Diefenb.  3U"; 
mundartlich  noch  in  Ober-  und  Mütcldeutschland :  bair.  Iiälizen 
ausglitschen  Scii«.  2,  166;  kürnln.  halitzen  labere,  lubricare 
Lexer  131 ;  im  Vvigtlande  helzeln  auf  dem  eise  schleifen,  kuscheln, 
was  schon  in  einem  ostlechischen  vucab.  von  1432  erscheint:  labi 
lieliczen  oder  schleifen  auf  eisz  Fhomm.  4,  304'.  es  gehurt  mit 
xchwed.  hal-ka  ausgleiten,  ausglitschen,  halkning  das  ausgleiten, 
lial-ke  i/latter  weg,  hal-kig  glatt,  schlüpfrig  zum  adj.  hahl,  hUliI, 
mhd.  hiele  sp.  158. 

HAI.L,  m.  sonus,  mhd.  hal,  ahd.  nicht  aufgewiesen,  für  den 
hegriff  eines  weithin  sich  fortpflanzenden  tones  hat  die  deutsche 
>Iirache  mehrere  worte  mit  nur  verschiedener  anlautsstufe ,  neben 
itlid.  ha!  gehl  gal ,  und  diesen  zur  seile  steht  wieder  das  ahd. 
rrrhum  kallon,  challon  laut  rufen,  nhd.  kallen  (5,  69).  f«  die- 
(71  Wörtern  prägen  sich  alle  drei  stufen  der  anlautenden  gnttu- 
iiilis  aus;  es  ist  anzunehmen,  dasz  sie  bereits  in  sehr  früher  zeit 
h  nrzelhaß  geschieden  waren,  wenn  auch  vielleicht  selbst  diese  wur- 
-.7)1  in  nähtrer  Verwandtschaft  stehen,  wenigstens  wird  hall  nebst 
trillern  cerbum  mhd.  hßllcn,  mit  dem  altn.  hall-ina;li  iibele  nach- 
ifJe,  tndel,  und  hallma.'la  bislern ,  von  griech.  y.a?.e'oj ,  lat.  ca- 
l:ire,  /(/.  kal-ba  rede,  geredc  nach  dem  gesetz  der  lautver- 
rliiebung  nicht  zu  trennen  sein,  während  zu  mhd.  gal  das  skr. 
khara-s  rauJi ,  scharf,  stechend,  was  nach  BOhtl.-Uotii  2,  600 
li  infiy  von  raulien  ,  stechenden  lauten  gebraucht  wird ,  sich  stellt, 
uint  kallen  wol  wieder  mit  skr.  gar  rufen,  preiszen  (Hüiitl.- 
lloTii  2,  6S'J),  lat.  garrire,  garrulus  in  nächster  Verwandtschaft 
slHil.  zu  hall  und  seinem  verhum  mhd,  höllen  gehört  auch  das 
!■  ."fflich  gleiche  schall  mit  dem  verbuni  mhd.  schi^llen  ,  alid. 
■' '  111,  welchen  Worten  s  vorgetreten  ist  {vgl.  schmelzen  und  ags. 
nie  I an,  narr  und  mhd.  snancn),  was  ursprüngliches  k  gegen 
die  tautrrifcJiifbung  sclihtzle.  hall  und  schall,  mhd.  auch  hal 
undc  gal  weiden  formelhaft  verbunden:  hall  und  8ch;i!l.  Unr- 
nuch  210;  der  gal  und  der  hal.  d.  mysl.  2,  2<»6. 

hall  wird  gebraucht 

1)  aWjrtnein  von  jedem  weithin  hürbarem  laute  und  vollem, 
tonendem  gerduteh:  »onus  hal  Dierf.Nn.  612*;  crejntus  hal  t57"; 
wann   ich   cioeo   solcbeu    kiicbclborirrcKsigen   namen    bette, 


der  von  getbün  und  hall  den  leuten  auszusprechen  ein  last 
gibt.  Garp.  107';  die  irdenen  gefäsz  bewärt  man  im  hall,  aber 
die  menschen  in  der  redt.  S.  Frank  chronica  loS',  gut  gebrannte 
irdene  gefäsze  müssen  beim  anklingen  einen  vollen  Ion  von  sich 
geben ;  denn  gleichwie  das  regal,  positiv  oder  orgel,  wenn  es 
keinen  wind  in  sich  empfangen ,  durchaus  keinen  ton ,  hall 
oder  schall  von  sich  gibt,  wie  heftig  auch  der  organist  be- 
mühet ,  also  kann  solches  auch  von  unsern  leibern  gesagt 
werden.  Fioravanli  kunsl-  u.  wellspiegel,  übers,  v.  Jennis  (lois) 
s.  10;  ihat  es  einen  hall.  med.  maulaffe  435;  zwischen  dem 
knall  oder  hall  und  der  gcgenstimine  oder  echo  gibt  es 
keinen  geringen  unterscheid.  Happel  acad.  rom.  208;  der  hall 
der  schritte  in  öden  straszen; 

do  ging  das  piilter  one  (an), 

mit  piucm  starken  knale 

saat  Jörg  [ein  mit  pulvcr  grfiitllcs,  in  den  ofen  gesciw- 

bciifs  Iwlzliild)  mit  lautcin  halc 
ein  ritte  durcli  den  ofen.    meistert,  fot.  23  no.  22t. 

2)  von  einem  durch  die  luft  widerklingenden  tone,  Widerhall, 
echo:  mhd.  zuo  glicher  wis,  als  obe  einer  stüende  vor  eime 
hohen  berge  und  ruofte  'bistu  da'?  der  gal  und  der  hal 
ruofte  wider    bistu  da'?  d.  mysl.  2,286; 

nhd.  bis  ein  fertiger  gcsang 

mutiiig  durch  die  lüfte  drang 

und  den  ball  zum  nachrut  zwang.    Hagedorn  3,  58; 

und  stellest  du  auf  dem  leisen, 

traut  liebclien,  ich  rufe  dir  zu; 

die  balle  sagen  es  weiter, 

doch  niemand  hört  es,  als  du.    Uhland  ged.  45; 
es  liebet 
einen  schatten  Narziss,  aber  ihn  liebet  ein  hall.    s.  144; 
und  jeder  hall,  in  spalt  und  klull  versteckt,    s.  157; 
wie  dt-n  gesaug,  den  zu  des  liebchens  preise 
der  schaler  angestimmt  aus  voller  seele, 
gedankenlose  halle  wcitertreibeu.    s.  180; 

ich  weisz  mir  eine  groitc, 

gewölbt  mit  bergkrystalle; 

die  ist  von  einem  gotte 

begabt  mit  seltnem  halle: 

was  jemand  sprach,  was  jemand  sang, 

das  wird  in  ihr  zu  glockcnklang.    s.  397, 
wann  seines  Jagdhorns  liehewockend  ach 
zog  durch  die  walder,  öiriiel  ich  die  tippen, 
und  lispelt  es  mit  leisen  hallen  nach.    Hückert  83; 
ich  bin  das  bild,  der  Spiegel,  der  hall  und  Widerhall. 

s.  327. 
bair.  hall  geben,    auf  einen  ruf  durch  gegeniuf  antwort  geben. 
SciiM.  2, 166;  in  der  Heunzen-mundart  hiiU  gehen  Fromm.  6,  ls:i. 

3)  namentlich  vom  klänge  der  stimme,  der  worte,  des  liedes: 
wann  gols  wort  ain  eusserer  hal,  stimm  und  worl  were. 
S.  Frank  .sp.  2, 79 ;  wird  singen  ein  lied  ..  des  bull  erschal- 
len wird  bis  an  der  weit  ende.  Jer.  25, 30 ; 

der  hall  gadt  durch  die  ganzen  wäit, 
das  uns  der  lieb  gott  nit  mit  galt 
noch  keim  zyillchen  werde 
geloset  hat  vons  tülels  r&l. 

A.  Ulaarer  ein  ijsang  uff  den  pfingslug 
des  gedankens  zwilling,  das  wort,  scheint  hall  nur, 
der  in  die  lul't  hiullieszt  ((iic'/i(.s  als  tccrir  lUuiuj). 

Klopstock  2,  59; 
wenn  von  diesen  (liandlungen)  bis  zum  lernsleii 
hall  sich  jede  verlor,  zum  letzten 
lispel  sich,  redet  es  (dos  geisicswcrli)  laut.    s.  82; 
uun  höret  ich  doniier,  nun  harfen, 
dann  die  stimme  der  rufer  um  thron;  doch  der  stimme  gedanken 
könnt   ich   nicht  lassen ,   denn   einzelne   halle   nur   hört  ich  ver- 
nehmlich, 
und  die  andern  versanken  im  rauschenden  ströme  der  donner. 

6,  132  (Mesniiis   IS,  4^0); 
todesbauch  verwehte  deinen  ball.    Kühckr  76'; 
zu  l'riams  bürg  ruft  uns  der  stimmen  Inut.siur  ball. 

SCIIILLKR    33; 

ofl  zu  gebrochenem  laute  der  ningdlein 
zwang  er  den  maniilicheii  hall.    Voss  3,  247. 

von  der  stimme  dir  nachtigall: 

still,  wie  leisen  hall 

einer  nachtigall 

oll  üio  nachgeionei.    Voss  5,202, 

ärmoj-  JDt  die  iiachiignll, 

die  nicht  kann  zcrtlicsien, 

sondern  nur  drr  M'liiisnrhi  hall 

lasset  sich  ergieüzcii.     Kückrnt  I,  8.30. 

4)  dann  auch  besonders  häufig  von  dem  durchdringenden  klang« 
der  fmsaunen  und  hurner,  der  glocken,  der  trommeln : 

mild,  ich  wjiiiM'h  du;;  im  ilit  helle 
nii  dem  KTeil  sin  nailhorii, 
AiH  e(  den  hal  hab  vurliirn, 
und  Ol  werde  liiumor  {dHmpf),    ticdirs.  2,  427| 


220 


HALL  — HALLE 


hallr 


230 


nhd.  als  das  volk  den  hal  der  posaunen  höret.  Jos.  6,  20; 
{das  ross)  zitterl  und  tubel  und  scharret  in  die  erde,  und 
achtet  nicht  der  drommetcn  halle.  Hiob  39,  24;  meine  seele 
hürel  der  posaunen  hall.  Jer.  i,  19;  er  hat  der  drometen  hall 
gehöret.  //<•.-'.  33,  h ; 

und  grüszten  da  den  lieben  tag 
mit  tVommen  und  trommeten  schal), 
da  es  gab  durch  den  see  ein  hall. 

FiSCBART  silüff  197- 

schweigt,  unglückliche  trommeten! 

eines  vaters  eingeweide 

wenden  sich  bei  eurem  hall.    Herder  Cid  36; 

sobald  der  hall 
der  cvmbeln  und  drommeten  uns  den  dank 
des  chors  verkündet.    Stolberg  4,  172; 

zog  ihn  der  hall  von  Friedrichs  siegreicher  troinmel  nach 
Bübinen.  ScbillerIIo; 

nur  einer  schellen  schall, 
die  mit  vercrebnem  ball 
uns  in  die  obren  dringet.    Opitz  3,  107; 
0  gebenedeites, 
heiliges  getön, 
wann  des  grabgeläutes 
dumofe  halle  wehn.    Voss  5,  2.30; 
nach  dem  letzten  hall  der  sterbeklocken 
denkt  kein  mensch  des  guten  Jünglings  mehr. 

Matthisso.i  geil.  (1791)  $.  127; 
und  es  tönt  der  hall  der  glockeo.    Platet«  5; 
das  Test  der  pfingsten  kommt  im  hall  der  glocken. 

Geisel  ged.  (lS.i>>)  s.  271. 

von  dem  melaUencn  tone  der  uaffen,  fesseln  : 

{das:)  die  felder  nicht,  die  berge  von  dem  hall 
geschlagner  waffen,  schilderklang  ertönen.    Tieck  2,27; 
die  lieb  ist  reines  spbärenrauschen, 
darein  kein  ball  von  fesseln  klirret.    Rcceert  32S; 

roro  lone  des  donners,  tgl.  donnerhall  2,1244;  bildlich: 

einem  anderen  chor  entströmeten  halle  des  donners. 

Klopstock  5,  113  (Mef:sias  12,  145). 

5)  endlich  auch  von  dem  klänge  eines  ktisses: 
wo  die  freierischen  westen 
buhlen  mit  den  schwanken  ästen, 
und  wehn  einen  llall  darein, 
als  es  selten  küsse  sein.    Flesi?ig  443. 

HALL,  n.  sahwerk,  vas  halle  3,  nur  in  Schtraben  und  Baiern. 
ScHM.  2,  167; 

welcher  in  seim  jungen  tagen 

zu  Hall  im  hall  (rar.  hal)  bat  block  traeen. 

Peter  Live  62  (ireim.  jahrh.  6,  4-26). 

das  geschlerld  fällt  auf;  das  wort  mit  Schm.  zu  salz  s«  stellen, 
so  dasz  wie  früher  vielfach  angenommen  wurde,  den  sonst  in  die- 
sem Worte  erscheinenden  sausclaul  hier  ein  hauchlaul  ersetze,  kann 
'in  keiner  weise  gerechtfertigt  werden,  wie  auch  unten  der  Zusam- 
menhang von  halle  salzwerk  mit  salz  geläugnet  ist.  das  unge- 
wöhnliche neutrale  geschlecfU  des  wortes  sclwint  durch  allmähliche 
kürzung  eines  composilums  veranlaszl,  ahd.  hiesz  salina  halhils 
(Graff  4,  lO.'.S),  das  hat  sich  sfxiter  in  Schwaben  zu  halles  rer- 
flüchtigl  (Scimiu  255,  woneben  haal  n.  sotcol  den  platz  der  salz- 
siedehäuser,  als  auch  die  siederschaß  selbst  bezeichnet)  und  ist  in 
der  form  hall  noch  weder  zurück  gegangen,  so  dasz  von  dem  nun 
ganz  gewichenen  haus  nur  noch  das  geschlecM  zeugt. 

HALL.\SCH,  m.  salzschiff  kleinerer  arl  in  Baiern.  Schm.  1, 122. 
vgl.   asch   1,  57S. 

HALLBLBE,  m.  troi  ein  bube,  der  sich  an  den  terkaufsliallea 
des  marlUes  umhertreiht ,  straszenbuie ,  gassenjunge:  denn  wie 
Vergerius  dcsz  bapsls  legat  in  Tculschhinde  war,  da  holten 
in  die  haliliuben,  als  des  bnpsts  muller,  schier  mit  dreck  zu 
lode  geworfen.  Li;ther  tischreden  245*. 

HALLBLT.SCHE,  f  bursche  der  im  salzwerke  (halle  3)  be- 
schälligt  Vit,  salzsieder.  Frisch  1,  401'.     tergl.  unter  hallor. 

HALLE,  f.  im  ullgemeiii'^en  .<tinne  überdeckler  räum,  das  wort 
ist  in  den  deutschen  diaUclen ,  wiewol  in  etwas  verschiedenem, 
nachher  näher  anzuführendem  sinne  weü  verbreitet:  ahd.  halla, 
mhd.  mnl.  nnl.  halle,  oUs'ichs.  hallü,  ogs.  heal ,  engl,  hall; 
altn.  holl,  schwed.  hall,  dän.  hal.  irte  vert^hieden  auch  die 
hallen  ihrer  bauanlage  nach  sein  mi'gen ,  ein  f,enietnsames  merk- 
mal  kennzeichnet  sie,  es  ist  das,  dasz  die  brdachung  entschieden 
hervortritt,  die  seitenwände  untergeordneten  rang  einnehmen,  sei  es, 
dasz  die  letzteren  bis  auf  ffdter  oder  räuhn  sich  verflüchliiien 
[offene  hallen),  sei  es  dasz  in  dem  groszen  räume,  den  eine  halle 
einschliesit ,  dem  beschauer  die  decke  des  gebäudes  viel  mehr  zur 
gellung  kommt,   als  die  cutfirnlcr  stehenden   und    unbedeutender 


sich  zeigenden  seitenwände.  von  dieser  vorzüglich  ins  äuge  fal- 
lenden eiyviischaß  der  halle,  die  somit  wesentlich  als  überbau  er- 
uheint ,  scheint  sie  auch  iliren  namen  emjifan(,en  zu  haben ,  der 
wol  mit  tat.  oc-cul-ere  verdecken,  verbergen,  cel-are  verbergen, 
griech.  xahvTixeiv  verhüllen,  bedecken,  xovTireip  verbergen  in 
engem  etymologisclu^n  zusammenhange  steht,  zur  verwandtschaß 
Qfhiirt  auch  das  goth.  hallu-s  fels,  den  man  sich  audi  son.4  als 
deckend,  überhangend  vorstellt,  sowie  goth.  haija,  mhd.  helle, 
nhd.  hülle,  waiüber  unter  diesem  worle  mehr.  —  balle  5iW<  unter 
anlehnung  des  eben  erwdhntin  golL  hallus  zunächst  als  steinbau, 
felsensaal  zu  denken,  geht,  wenn  man  die  eigenheilen  der  ältesten 
deutschen  bauart  betücksiciüit,!,  in  keiner  weise  an. 
halle  bezeichnet: 

1)  das  wesenllicli  an  den  seilen  offene,  nur  überdachte  bautceik, 
das  theils  als  htoszer  schuppen  in  schlichter  ausführung  sich  zeigt, 
so  landschaßlich  in  Baiern:  holzhalle,  Wagenhalle,  zeughalle 
Scu».  2,166;  lugurium  halle  Diefenb.  60l';  phala  halle  223*; 
thnls  in  reicherer  ausführung  als  gebäude  erscheint,  das  wenig- 
stens von  nner  seile  ohne  wand  isl;  so  heiszen  die  ölfentlichen 
niederlagen  von  handeUwaaren  hallen,  und  ist  dieur  ausdruck 
für  die  sache  schon  all,  da  bert-its  das  millellat.  halla,  iMwie  das 
franz.  halle  das  wort  in  diesem  sinne  veruentitin:  Sempronius 
hat  die  hallen  oder  gäden  zu  ^der  gemein  gekauft.  Bibel 
Ltr.  802;  als  doch  gcwonlich  alle  stelle  in  iren  hallen  zu 
Frankfurt  ordenung  haltend.  Straszburger  quelle  des  16.  jahrh. 
bei  Scherz  I,  596;  halle,  laberna,  domus  mercium,  und  daher 
auch  forum  rerum  venalium  bei  Kiiun;  so  heiszl  ferner  der  nur 
theilweise  mit  seitenwdnden  versehene  vorbau  eines  hauses ,  eines 
ölfentlichen  gebäudes,  einer  kirche  eine  halle,  was  mhd.  auch  als 
loube  bezeichnet  wurde  {vgl.  auch  verhalle) :  porticus  halle 
DiEFE.M!.  44S';  hall  potlicus  Alb.  x3';  in  der  halle  oder  vor- 
schupfe  Petrarcha  86" ;  und  sind  alle  diese  dinge  geschehen  in 
dem  dürfe  N.  mehrgenanut  unter  der  hallen  vor  des  zent- 
grafen  hus.  weislh.  4,  544  (im  selben  bände  s.  662  no.  25  ist  für 
halle  hahle  zu  lesen,  ein  kessel  und  ein  hahle,  vgl.  sp.  15S). 
in  dem  Idzlern  sinne  wird  es  von  Luther  häufig  angewendet,  es 
übersetzt,  wenn  in  der  sepluaginta  nirlu  das  hebr.  ai/.äu  stthen 
geblieben  isl,  griech.  avod,  lat.  porticus:  bawet  eine  halle  für 
den  tempel,  zwenzig  eilen  lang,  nach  der  breite  des  hauses, 
und  zehen  eilen  breit  für  dem  hause  her.  1  kün.  6,  2;  er 
bawet  auch  eine  halle  von  seulen.  7,6;  und  bawet  auch  eine 
halle  zum  lichtstuhl.  v.  7;  für  der  Ihür  am  tempel  des  herrn, 
zwischen  der  halle  und  dem  altar,  da  waren  bei  fünf  und 
zwenzig  nienner.  Hes.  8,  16;  bis  an  die  halle  am  Innern 
thor,  da  man  hineingehet.  40,  15;  (das  tbor)  hatte  sieben 
stuffen,  da  man  hinauf  gieng,  und  hatte  seine  halle  davor. 
40,  22;  und  er  inas  die  lenge  des  gebews  ...  das  war  auf 
jeder  seilen  hundert  eilen  mit  dein  Innern  tempel  und  hal- 
len im  vorhufe.  41,  15;  und  Jhesus  wandelte  im  tempel  in 
der  halle  Salomonis  (goth.  in  ubizvai  Saulaumonis,  ags.  on 
Saloniones  poilice,  bei  Behaim  in  den  schöpfen  Salomunis). 
Joh.  10,  23;  lief  alles  volk  zu  inen  in  die  halle,  die  da  heisset 
Salomonis.  ap.  gesch.  3,  11;  und  waren  alle  in  der  halle  Sa- 
lomonis einraiiliglich.  5,  12.  auch  von  den  offenen  hallen  um 
einen  heilkräßigen  teich:  es  ist  aber  zu  Jerusalem  bei  dem 
schafhause  ein  leich ,  der  heisset  auf  ehreisch  Bethhesda, 
und  hat  fünf  halle.  Joh.  5,  2.  nach  Luther  trtrd  doch  das 
wort  in  gemeiner  rede  nicht  melir  reclU  gebraucht,  Sri  euer  737, 
STEi.NB.\ca  1,  670  verzeicJmen  es  zwar,  aber,  wie  namentlich  aus 
Steisbachs  erklirung  prodomus  templi,  vestibulum  templi  herror- 
gehl,  doch  nur,  weil  sie  es  in  der  bibel  fanden.  Friscb  1,  40l' 
kennt  das  wort  nur  ah  veraltetes;  auszer  im  technischen  gebrauch 
{s.  auch  unten  3)  und  in  einigen  Zusammensetzungen  {s.  oben  l) 
mociüe  es  wol  um  1740  nicht  mehr  vorkommen. 

2)  die  erneuerung  des  worles  geschah  nach  der  2.  hälfte  des 
IS.  jahrh. ,  Basiler  in  der  etnleilung  in  die  schönen  wissiensch. 
1774,  1,  222  zählt  es  unter  den  allen  Wörtern  auf,  die  dichter 
wieder  aufnehmen:  anstatt  verdeckte  gänge  oder  vorhöfe  sagt 
ein  poet  die  halle,  änßusz  auf  das  wiedererscheinen  des  wor- 
les hal  wol  zunJdist  einerseits  das  englische  gehabt,  wo  das  worl 
in  stetem  lebendigen  gcbrauclie  war  und  ist,  andererseits  das  alt- 
nordisclie;  wenigstens  fällt  das  neue  vorkommen  von  halle  mit  der 
zeit  zusammen,  wo  man  sowol  mit  Vorliebe  den  englischen  familien- 
roman  und  0.<^i<in  in  deutschen  Übersetzungen  las,  und  wo  das 
inliresse  an  Sliakesf'Care  sich  in  reger  weise  gellend  machte,  als 
auch,  wo  man  in  l>eutschland  das  Studium  der  Edda  beli-ieb  und  aus 
dieser  den  ganzen  npparat  altnordischer  gollheUen  in  die  deutsche 

'    lilteratur  einzufültren  strebte,     aber  durch  diesen  einflusz  erlang:e 


n\ 


HALLE 


Halle— HALLEN 


n^ 


zufjMrh  daa  irort  neben  seiner  bleibenden  bedeiilung  t  (wir  sprechen 
noch  heule  in  diexeni  ainne  von  einer  offenen  halle),  die  durch  die 
autorität  der  bihelsprache  gesliUzt  tcurde,  einen  modificicrlen  sinn. 
Üas  alls.  halla ,  ays.  Iical ,  engl,  hall ,  alln.  hüll ,  halle  im 
gegen.-al:  zu  der  bed.  1  den  qroszcn,  an  den  seilen  geschlossenen 
raunt  mil  breiUm  dache  bezeichnet,  den  hauplhau  eines  hofes,  den 
raunt,  der  qroszen  rersamtnlunqen ,  bewirtungen  und  ernslen  ge- 
sch'ipen  dienle,  und  der  im  alts.  auch  seil,  seli-hus,  ahd.  sal, 
mhä.  sal  hiesz,  was  in  lelzlerem  diulerie  nicht  itnmer  streng  von 
dem  fremden  palas  geschieden  ül.  auch  auf  den  luiuptbau  eines 
yolteshofes  war  das  uurl  bezogen  norden,  ags.  lieal  heiszt  auch 
leniplum ,  eine  bedeulung ,  die  bis  ins  ahd.  hin  überreicht:  halla 
templi  Graff  4,  S59,  so  31«^  uie  alid.  sal  Icmplum  bezeichnet 
(«,  17ti).  hierauf  hin  wurde  halle  in  dem  sinne  eines  weilen  und 
groszcn,  einheitlichen  raumes  verwandt,  mochte  die  Überdachung 
desselben  gewölbt  sein  oder  aus  brellerdecke  bestehen  und  das  ge- 
bdude  heiligen  oder  profanen  zwecken  dienen :  diese  merkwür- 
digen hallen  und  pfeilcr  (des  Kölner  donts).  Götiie  2(5,287; 

wirke !  das  ist  das  grosze  gesetr,  in  der  halle 

marmor  gehauen.  Klopstock  2,  Kl: 

auT!  schon  tönet  ihr  schritt,  naht  die  vortrcITlichkeil 

in  der  halick  s.  8~ ; 

der  tempel  schwieg,  wann  dumpf  die  klock  erklang; 

gehemmt  sank  erdwärts  der  gedankcn  fing; 

der  hallen  weisze  grabsleinwänd'  enilang 

verschwand  ira  dunkel  der  vestalen  zug. 

Matthisson  ged.  (1794)  s.  58; 

wie  wenn  .  .  urplötzlich  wild, 

der  hörner  lärm,  der  bässe  rauschen 

die  halle  rüllt.  Gotter  I,  154; 

in  diesen  mauern,  diesen  hallen, 

will  mir  es  keineswegs  gefallen.    Göths  12,94; 

mit  göttern  erfüllt  sich 

die  irdische  halle.    Schiller  50'; 

freude  war  in  Trojas  hallen.    61"; 
nimmer  lausch  ich  deiner  walTcn  schalle, 
einsam  liegt  dein  eisen  in  der  halle,    niiiber  2,2; 
hier  prangte  vor  zelten  ein  lustiges  schlosz, 
das  längst  scnon  in  schult  und  in  triimmer  zerschosz. 
noch  wolhten  sich  keller  und  halle. 

DÖRCKR  l^eitardo  u.  Btandine; 
du  schauest  in  des  tcmpels  hallen.    Uhland  ged.  3; 
die  sarge  seiner  ahnen 
standen  die  hall  entlang,    s.  198; 
vernahmst  du  aus  hohen  hallen 
Saiten  und  festgesang?    2ii7; 
als  knahe  stieg  ich  in  die  hallen 
verlaszner  bürgen  oft  hinan.    22;i; 
in  der  hohen  hall  sasz  könig  SiTrid.    22b; 
die  mauern  liegen  nieder,  die  hallen  sind  zerstört.    392; 
ihre  {dfr  hiiriji'ii)  mauern  sind  verfallen, 
und  der  wind  streicht  durch  die  hallen.    Ki'gler; 
doch  wie  der  krieger  ans  dem  schalle 
des  ehrnen  fehles  still  zurück 
sich  sehnt  nach  seines  hauses  halle, 
des  lebens  heim  geblicbnem  gliick.    Rijckert  221. 

auch  von  dem  grabgewölbe,  der  gruft: 

in  des  grabes  halle 
verstummen  pllicht  und  recht.     Götter  3,  342, 

wofür  UntAND  schlumnierlialle  braucht: 

drunten  in  der  fichliimnicrhalle 
ruhen  sie  beisammen  alle.    ged.  s.  G. 

und  in  ganz  freier  anwendung : 

auf  des  moders  halle  feiert 
fruhlingsfeste  die  natur.    Salis  125. 

10  hat  sich  das  wort  vollständig  wieder  eingebitrgert  und  wird  viel- 
fach nicht  nur  von  dicldern  gebraucht,  und  zwar  in  dem  dojtpel- 
ten  sinne  eines  offenen,  nur  bedachten' raumes ,  und  dem  eines 
seülich  gesclikissenen  groszen  saalhaues ;  so  haben  wir  einerseits 
inarkthnllen,  die  dem  kaufe  und  verkaufe  dienen :  es  {die  kreuz- 
gange) .sind  bcdetkle  hallen,  meistens  mil  kiftizgcwolhen 
versehen,  im  viercck  einen  garten  oder  lie({iiiliui-pialz  uin- 
scblieszend.  LChkr  abrisz  d.  gesch  der  baukun4  (IS(>I)  s.  144; 
andrerseits  nennt  ein  Schenkwirt  der  dem  publicum  ein  geriiumiiies 
iocnl  eröffnet,  dasselbe  »eiiihiille,  hierhalle,  der  kaufmann  seinen 
yrotzen  laden  kuurhalle,  waareiihulle;  und  je  nach  den  darin 
verkauften  gegennliinden  sprirJit  man  von  einer  tiirlihalle,  Icin- 
wandhall«,  Icdcrhalle;  lurner  bezeichnen  das  gebuude,  worin  $ie 
ihre  (ibungen  anstellen,  als  lurnhalle ;  ein  groszrr  saal  für  eon- 
Cftte  heiszl  tonhallo,  für  die  ausstcUung  und  den  verkauf  von 
kiintlgegenstiindrn  kiinslhalle,  hildcrhalle;  diclilerisrh  hat  man 
uudi  ton  einem  platt,  über  dm  das  laub  hoher  bäume  sich  wölbt, 


baumhalle  gebildet,  vgl.  auch  buchenhalle  2,  471,  schon  aus  dem 
j.  1779,  wofür  etwa  gleichzeitig  auch  buchengewölhe  erscheint. 
3)  halle  der  platz  für  die  bereitung  und  aufbcwuhrung  des 
.Salzes,  man  hat  geglaubt,  dieses  halle  i'o«  deulschrm  Ursprünge 
vtillig  lösen  und  ilim  auf  grund  des  kymrisdien  hal  salz  eine 
keltische  abkunfl  zulegen  zu  müs.ien;  indes  Diicfenbach  in  Jahns 
Jahrb.  1S5S  .<f.  751  fg.  hat  uns  belehrt,  dasz  die.'^es  wort,  sowie  die 
nach  ihm  gebildeten  Ortsnamen  Halle,  Hallcin,  das  echt  deutsche 
halle  üt ,  hier  auf  den  offenen  .schuppen  in  dem  die  salzwirker 
arbeiten,  xar  t^o%^v  bezogen,  wofür  auch  die  Zusammensetzung 
salzhalle  neben  salzkoihe  (Frisch  1,401')  .spricht:  komet  onch 
eine  clage  usz  der  halle  umh  kothstete  .  .  so  sollen  die 
boincmcister  mil  den  scheppen  zcu  band  darczu  gehen  mit- 
einander. Ilallisches  Ihalrecht  aus  d.  14.  jahrh.  in  den  millhcü. 
des  thür.-sächs.  altcrthumsvereins  bd.  \l  .f.  441;  armen  knechten 
die  sich  in  der  halle  vorcibeilhet  haben,  s.  442;  vor  der  .. 
bornknechte  hänser,  die  nicht  gar  zu  weit  von  der  halle 
oder  den  lliale  gelegen  seind.  Hoiindoüf  bcschreibg.  des  salz- 
werks  zu  Halle  in  Sachsen,  neu  von  Dreviiaupt  s.  35.  in  Baiern 
und  Schwaben  steht  dafür  das  ncutr.  hall,  über  das  oben  sj).  229 
gesprochen  ist. 

HALLE  für  halde,  vgl.  sp.  221. 

HALLEBAHTE,  f.  s.  hcllebarte. 

HALLELU-IAH,  HALLELUJA,  der  hebr.  juhelruf  rT';-^VVr; 
preiset  gott,  der  ans  den  psatmen  {als  alickiia)  in  die  lateinischen 
hymnen  der  christliclten  kirche,  durdi  Luther  auch  tn  das  deutsche 
kirchenlied  übergieng : 

des  wir  sollen  frölich  sein, 

gott  loben  uiul  dankbar  sein, 

und  singen  halcluia,  haleluia.    werke  8,  359'. 

seit  dem  16.  Jahrhundert  vielfach  gebrauclä,  in  hymnen  und  andern 
stücken  religiösen  schwu7iges: 

halleluja  dem  ders  gemacht! 

halleluja  dem  ders  gegeben!    Fr.  Müller  1,  19; 

lebst  noch,  herz?  lebest,  ach  ja! 

du  lebest,  0  halleluja ! 

wer  hat  dich  errettet,  wer  dich  beschützet? 

der  aus  den  wölken  auf  verräthcr  blitzet. 

halleluja  1  3,  2o7  ; 

auch  als  substantivum : 

wenn  ich  mich  in  die  jnbelchöre.  .  .  . 

mich  in  den  ruf  der  frohen  halleluja  dränge, 

der  laut  entzückungen  ruft.    Klopstock  7,  2'.M; 

daher:  seit  der  stunde  singt  es'  durch  alle  meine  gedanken 
und  empfindungen  immer  und  immer  wie  ein  himmlisches 
halleliijali.  Immekmann  Mnnchh.  4,  136.  aber  es  ist  auch  volks- 
mdszig  geworden  und  scherzend  in  profanen  gebrauch  übergegangen , 
wer  mit  einer  schweren  arbeit  fertig  geworden,  ruß  liallehijah, 
freudiges  bewegtes  leben,  auch  in  einem  wirlshausc,  hört  man  im 
Osterlande  ein  halleliijah  nennen,  wol  nicht  ohne  dasz  die  sub- 
stantivisch gebrauchte  interjection  bailoh  (s.  unten)  hierauf  ein- 
gewirkt haben  mag;  bekannt  ist  die  triviale  rvdensart  aus  dir 
wird  nichts,  halleliijah,  die  'einem  allem  studentenliede  ent- 
stammt, und  in  der,  wie  auch  sonst  öfter  und  namentlich  in 
den  oben  von  MCi.t.ER  gegebenen  stellen  die  betonung  hulieliijah 
der  hall61ujah  yeuichen  isl. 
HALLELLJALIED,  n.; 

will  ich  mein  volles  herz 
in  hciszern  hnllelnjaliedern, 

ewiger  vnter,  vor  dir  ergieszen !    Klopstock  1,  Gl. 

HALLEN,  verh.  sonare,  eine  bildiing  aus  dem  subst.  hall,  die 
das  starke  verbum  hellen  tönen ,  mhd.  hi  llen ,  prt.  hal ,  seil 
dem  16.  jahrh.  schon  allmählich  verdrängt  hal.  obwol  das  wort 
schon  im  15.  jalirh.  auftaucht  (sonorus  Ini  halend  DitrENH.  542'), 
i.\t  es  doch  bis  ins  IS.  jahrh.  hinein  noch  in  sellencrm  gebrauch, 
vgl.  erhallen  3,  S34,  hallen  .sonare  clangere,  strqiere  Stiki.er  734; 
recht  häufig  wird  es  erst,  namentlich  in  der  dichlersprache.  seil  der 
zweiten  halfte  des  ]H.  jahrltundeits.  die  uligemeine  liedeutung  einen 
lauten,  within  schallenden  ton  von  sich  geben,  ul  in  mehrfacher 
weise  aiisgesjnvchen, 

I)  rein  pas.siv,  das  subjeel  wird  durch  fremden,  nicht  von  ihm 
ausgehenden  hall  bewegt,  den  es  aufnimmt  und  rerbirttel :  das 
berg  und  thal  davon  {ron  den  liergreien)  hallet  und  crschollel. 
Matiiksiu»  Sar.  vjrrede ; 

der  nymphen  gAtliu  singt,    die  frohen  hainn  hnllen. 
Magkdorm  2,  11* ; 
die  Ifillo 
hallen  von  reliergalopp  und  gol>«ll  dfr  »prirendfn  meui«. 

ill'NI.IR   2l(i*i 


233 


HALLEN— HAUENKffiCHE 


bXller 


234 


im  Strome  der  melodie  zum  hallenden  ocean 

der  allvollkommeoheit.        IIeroek  'in,  iil; 

bt  dir  nicht  wohl  beim  näheren  himmel? 

nicht  wohl  im  hallenden  reisen?    Stülberg  1,  105; 

im  donner  der  hallenden  Telsen.    s.  104; 

wir  schweben,  wir  wallen  auf  hallendem  raeer. 

Herder  der  ehtunz  (tolkslieder  2,  287); 

hats  nicht  gedonnert?  ja!  es  hallen  noch 
die  berge  dumpr.    Duland  litulwig  1U!>; 

vgl.  niederhallen. 

2)  actic,  der  hall  geht  vom  subjecle  aus.  wird  aus  demselben 
erzeugt;  und  zwar  ist  das  subject  ein  unbelebtes,  der  aus  ihm 
entspringende  hall  das  product  fremder  tlidligkeit ;  so  hallen  laut, 
stimme,  «fort,  lied,  tOne.  glocken,  w äffen :  ein  dumpfes  stöhnen, 
äciizen  und  todesröcheln  und  gelieul  der  Verzweiflung  hallte 
in  dein  felsen.  Ki.inger  5,  3t;f>;  er  läszt  seine  Jamben  den 
mächtigen  hallenden  gang  fortsetzen .  «ler  unserer  spräche 
eigen  ist.  Birger  140';  das  fodienlied  musz  noch  in  deinen 
ehren  murmeln,  das  deinem  valer  zu  grabe  hallte.  Scdiller 
124  (rdtj^>eT  3,  l) ; 

auf  ödem  strande, 
wo  keines  menschen  stimme  hallt.    Götter  3,  454 ; 
trauertöne  hallen 
durch  die  öde  luft.    n.  530; 
todt',  erwacht.'  die  posaun  hallt!    Klopstocx  6,274; 
fröhlich  hallte  der  pokale  läuten. 

Mvrraisso;«  ged.  (1794)  s.  31; 
unter  dem  ahorn,  an  der  felsenquelle, 
horcht  ich  sinnend  der  nachligall;  elysiscb 
hallten,  gleich  harmonikatöneo,  ihre 

silbcraccorde.  s.  4S; 

wo  der  .*ee,  mit  grüner  welle, 
dumpf  der  moosbedeckten  zelle 
schroffe  klippenwehr  umschiiumt, 
ballt  dein  nam  in  stiller  feier.    ;.  115; 
kühn  liesz  ich  durch  die  todtenstille  nacht, 
verlorne  müh  !  der  stimme  klang  erschallen, 
liesz  durch  ganz  Ilium  den  theuern  namen  hallen. 
Schiller  37; 
töne  drein,  gewölbte  leier! 
ball  am  felsen,  wiederklang.'    BL'rger  1'; 
hallend  stürzt  er  dahin,  und  über  ihm  klirrte  die  rüstung. 

•219'; 

hört,  es  hallen  herdenglocken 
auf  der  trift  am  hohen  roggen. 

Seiik  der  tag  der  heuerxtie ; 
dort,  wo  des  heiles  schlage  fallen, 
einsame  waldhornklänge  hallen.    Ublakd  ged.  296; 
klinge,  prophetischer  klang!  halle,  verfliegendes  wert! 

Ar^ot  i]ed.  (1840)  «.  189; 
man  hörte  walTen  ballen  den  beiden  an  der  band. 

Sihroce  Sibel.  1915,  ^ 

xcofüT  im   mhd.  texte   nach  der  oben  gemachten  bemerkung  noch 
das  starke  rerbum  hgllcn  steht: 

des  hört  man  wäfen  bellen  den_  beiden  an  der  hant. 
1»15,  3  Lachm. 
Eier  wird  auch  die  fftgung  mit  dem  unbeslimmlen  es  gebraucht, 
venn  man  das  hallerzeugende  subjecl  nicid  näher  bezeichnet :  es 
hallt  im  walde;  es  hallt  auf  der  strasze,  sind  das  nicht 
schritte  der  Soldaten?  oder  trenn  die  uraache  des  halls  durch 
von  noch  ausdrücklich  hervorgehoben  tcird:  es  hallt  im  walde 
vom  gesange  der  vögel. 

3)  das  subjecl  ist  ein  belebtes,  das  den  hall  in  eigner  thdligkeil 
hervorbringt : 

ihr  {der  freihrit)  nabt  ein  drommeterbeer, 
das  lauter  ballte,  denn  die  eisen 

klirrten,  und  knieend  sie  gOttin  nannte. 

Klopstoc«  7,  29; 
und  in  dem  beiligthume  hallen 
um  deinen  magischen  allar 
durch  blOihenflocken  nachtigaUen 
dem  schonen  neucebornen  jähr.    Sscig  der  mai. 

4)  hallen  vird  endlich  tramniir  verwandt,  wie  die  ähnlichen 
Wörter  brausen,  klingen,  schallen,  tönen: 

ihr  gestirn  hier  in  der  strasze  des  lichts,  ballts  feirend, 

des  erlösenden  lob!  Klopstock  R,  251 ; 

es  darf  das  lied  der  holden  nachtigaUen 

mich,  hingestreckt  auf  flaumen  oder  moos, 

wol  in  den  schlaf,  wol  aus  dem  schlafe  hallen.    Bcrger  69'; 

Laura  betet!  engelharfen  ballen 

frieden  gottes  in  ihr  krankes  herz. 

Matthissoh  ged.  (1794)  s.  124. 

HALLENGANG,  m.  bedeekler,  an  den  seilen  offener  gang,  nach 
halle  1  und  2  am  Schlüsse:  ein  breiter,  auf  der  einen  seile 
mit  pfeilern  gestützter  hallengang.  Stolberc  7.  44. 

H.XLLENKIRCHE,  f.  kirche  mit  drei  gleich  hohen  und  geräu- 
migen achiffen ;  der  name  für  diesen  doch  schon  früh  miltelalter- 


üchen  bau  ist  etn  ganz  junger,  obtrol  bereits  eingebürgert :  in- 
zwischen hatte  sich  schon  während  der  herschaft  des  rund- 
bogens  eine  merkwürdige  richtung  .  .  in  der  westfjilischen 
architectur  bahn  gebrochen,  welche  auf  eine  völlige  Umge- 
staltung des  basilikenbaues .  auf  anläge  von  gleich  hoben 
schiffen  bei  gleichen  gewölbtheilungen  ausging,  man  nennt 
diese  neue  form  am  bezeichnendsten  hallenkirche.  Lübke 
abrisi  der  gesch.  der  baukunst  (i861)  s.  150;  daneben  tritt  nun 
auch  die  hallenkirche  schon  in  frühgotbischer  zeit  auf.  s.  203. 

HALLER,  HÄLLER,  m. 

II  nunimulus,  obolus.  die  gemeine  meinung,  dasz  diese  münze 
ihren  namen  von  der  reichsstadt  Schwabbch-Hall ,  wo  sie  zuerst 
geprägt  sei,  empfangen  habe,  und  dasz  haller  elliptisch  statt  Haller 
Pfenning  stehe,  wird  dadurch  gestützt,  dasz  in  Schwäbisch- Hall 
schon  frühe  und  reichlich  münzen  nach  eigenem  wertsystem  geprägt 
wurden,  die  einer  grOszem  Verbreitung  genossen,  und  dasz  wie  es 
Haller  pfund  gab  (quadringenlas  libras  Hallenses.  Du  Gange 
t.  Henschel  3,  61S'),  so  auch  bn  Schm.  2,  168  haller  phenning 
nachgewiesen  werden ,  für  welche  bereits  um  1300  die  lateinische 
bezeidinung  Hallenses  statt  denarii  Hallenses  iMich  war.  dem 
gegenüber  haben  ältere  forscher,  namentlich  Frisch  und  Adei  cxc, 
die  ansieht  verfochten,  dasz  haller  von  halb  nicJit  zu  trennen  und 
auch  etymologüch  mit  der  gleichwertigen  münze  bclbling  {$.  d.) 
in  engen  Zusammenhang  zu  stellen  sei;  aber  diese  ansieht  fällt, 
da  haller  erweislich  eine  oberdeutsche  münze  mit  oberdeutschem 
namen  ist,  die  sich  erst  im  Ih.jahrh.  bis  nach  ^iederdeutschland 
verbreitet  (denarios  hallenses  auch  in  Friesland,  Richthofes  793*) 
und  im  oberdeutschen  halber  sich  nicht  in  haller  assimilieren 
kann,  gleicher  bildung  wie  haller  sind  Ihaler.  früher  Joachims- 
Ihaler,  das  von  Joachimsthal  kommende,  Schreckenberger,  das  aus 
der  grübe  Schreckenberg  bei  Annaberg  stammende  geldstück,  ferner 
Münchner,  Wiener,  Regenspurger,  *.  Schm.  2, 16S.  neben  der 
form  hallcr,  mhd.  hallaere  {wb.  1,  013*)  ersclieint  die  umgelautete 
form  heller,  über  die  an  ilirem  orte  weiter  gesprochen  wird,  zuerst 
im  15.  jaiirh.,  häller ,  fräs  nocft  Lessing  (3,  72)  braucht ,  etwas 
später. 

haller,  häller  kleine  münze  von  geringem  wert:  obulus  haller 
DiEFENB.  39l';  tArer  zwei  maclien  einen  Pfennig  aus:  uncia  ein 
Pfennig,  semuncia  ein  haller  Dasyp. ;  für  ein  tennen  lallen 
von  sant  Lorentzen  walde  ein  pfenning  zu  havten,  drei  heller 
zu  fueren ,  facit  5  haller.  Tucher  baumeisterbuch  74,32;  von 
einem  sleinknil  zu  schweiszen  {bekommt  der  schmid  lohn)  drei 
haller  und  2  pf.,  für  ein  lumer  ein  haller  und  ettlirh  zn 
dreien  hallern.  100.20;  wollen  im  aber  die  von  Baden  nit 
höh  geben  nach  siner  notturft  ze  husen,  so  möchte  er  selbs 
howen  zem  unschädlicheslen,  das  er  gehusote,  und  uff  yeden 
Stumpen  vier  haller  legen  und  solle  damit  dan  gebüst  haben. 
veisth.  4,  400 ; 

mancherlei  muntz,  bäller  und  pfennig. 

H.  Sachs  4,  3,  80*. 

haller  für  münze  oder  geld  iiberhaftpl: 

was  mir  dorinn  (im  dorfe)  die  bewerin 

geben  ist  lauter  guter  gwin, 

es  sei  schmalz  eier  oder  heller, 

darmit  speisz  ich  mich  armen  waller.    4,  3,  80*, 

wir  seiut  die  selben  frumen  leut, 

ob  man  uns  nimmer  haller  geit. 

McRMER  sclietmenzunft  14*. 

In  mancherlei  weise  wird  der  umstand  hervorgehoben,  dasx  der 
haller  einen  müglicltsl  kleinen  wert  hat: 

frau,  wie  gebt  ir  der  zwifal  ein  schock? 
die  zellt  mir  her  in  meim  rock! 
west  ich  neur,  das  sie  mir  bekemen, 
ich  wollt  ir  für  ein  ganzen  haller  nemen. 

faxiH.  sp.  3<>9,  29; 
ich  gib  ein  halTer  an  der  steur, 
der  ist  mir  doch  vil  zu  schwer, 
albeg  steht  mir  mein  seckcl  ler.     1350; 

namentlich  in  sprichwörtlichen  redensarten,  den  haller  nicht  haben, 
gar  nichts,  keinen  häller  bezahlen :  diesernegen  !>oll$l  du  auch 
keinen  häller  für  mich  bezahlen.  Lessinc  3,  72  {nach:  libellam 
pro  eo  argcnli  ne  duis.  IHaulus  caplivi  5,1,  v.  947); 

ja,  hastu  mir  einen  halier  da  glan  {gelassen), 
so  mues  ich  niemer  bie  binnen  kon  {Itommen). 

fasin.  sp.  840.  20, 
dann  disem  volk  ist  wo!  darmit, 
dasz  man  den  bandel  trölt  und  trjbt, 
dasz  uns  nit  ein  haller  blybt.    Mi,  7; 
und  wer  die  sach  noch  so  krumm, 
so  wiri  mir  nit  ein  haller  drumb, 
weder  iezund,  vor  und  nach.    SV9,  18,^ 


235 


HÄLLER  — HALLO 


HALLO  — HALLOR 


236 


ein  spiller  Iiei  verspillel  al  sein  güeter, 
das  er  nur  ein  hiillcr  heliielt. 

»Hci.s7ci(/(?s.  der  lierl.  hiischr.  /"o/.  23,  ho.  3.T, 

alles    bei   hinein    liallcr    verlieren,    ad   assem    vmtiia  ficrdne. 
Maaler  207'; 

was  gebt  ir  dann,  ir  schwarzen  liunt? 

sucht  CS  neur  als  herftir  zu  slunl! 

ich  liesz  euch  nit  ein  hallers  wert,    fiistn,  sp.  ISH,  24; 

in  summa,  die  wirdlin  woll  im  ein  hailer  nicht  nach  lassen 
{an  der  zeche).  Wickram  rollw.  143,  26  Kurz; 

do  hall  ich  ierlich  zweihundert  guldin  von, 

do  gut  mir  nii  ein  liallcr  ab.    N.  Mani'EI,  fastn.  302  Grün; 

sondern  du  niu«:!  mir  zaln  darneben 

mein  esel  bei  cim  häller  glat.     H.  Sachs  4,  3,  79'; 

nicht  einen  bäller  wert  sein,  gar  nichts; 

der  dieb  ist  kaum  drei  häller  wcrth.    fl.  Sacu»«  4,  3,  20"; 

zum  hiiller  gehören  sein,  zu  geringem; 
an  dir  ist  alles  frlfick  verlorn 
und  bist  zu  dem  baller  geborn, 
darumb  kompst  du  zu  keim  groseben. 

i.  AVHBR  217'  (I0S3,  23  Keller), 
weiteres  unter  heiler. 

2)  nach  der  münze  irird  auch  ein  kleines:  weiszbrol,  um  diesen 
freis  rerkauß,  ein  hiiller  genannt.  Jacobsson  2, 197*. 

HÄLLER,  ni.  assimilierte  form  für  liäller  (s.  d.),  fischbehälter : 
polt  hat  seine  groszen  teichc  und  häller,  das  mecr,  die  see- 
slröme  und  (lüsse,  da  wimmclls  ohne  zahl,  beide  grosz  und 
kleine  thiere.  Scriver  andachten  (1721)  s.  393. 

HALLEKDE,  f.  die  steinigen  thcile,  welche  sich  beim  sahbereUen 
absetzen.  Jacorsson  6,  irA 

HALLEHWEItTIG,  adj.  eines  hcllers  wert:  halt  (liiell)  im  sin 
wiitschger  (ranzen)  für.  Anaximenes  schweig  still  und  gieng 
heim,  do  sprach  Diogenes  :  was  ernstlicher  red  ist  das  gwäsen, 
das  ich  sy  mit  einer  hallcrwiirligen  tuschen  gstillet  han? 
Diogenes  (1550)  6'.  es  entspricht  die.'iem  tvort  das  bairischc  subst. 
hallerwert ,  ding  das  einen  heller  wert  ist  (Sciim.  1, 31G),  was 
auch  in  den  formen  halbert,   helbert  (Schm.  2, 169)  erscheint. 

HALLFAHRT,  f.  eine  fahrt  oder  ein  transport  salz  auf  der 
Salzach.  Schm.  2.  167. 

HALLFORST,  m  forst,  der  zu  einer  saline  gehört.  Schm.  2,107. 

HALLICHT,  adj.  .tonorus,  sonans:  hailichte  saiten,  chordae 
sonorae,  sonabiles.  Stiei.er  734. 

HALLIG,  HÄLLlG,  adj.  proclivis,  für  haldig,  baldig,  wie 
halle  sp.  221  aus  halde  wird.  Herr  Sencca  bei  Lessing  11,  624. 

HALLFAHR,  m.  im  alten  testament  jubcl-  und  fcierjahr,  das 
durch  den  hall  der  posaunen  verkündet  wurde:  und  ir  soll  das 
funfzigst  jar  heiligtn,  und  solts  ein  erlasjar  heiszen  im  lande, 
allen  die  drinnen  wonen,  denn  es  ist  ewer  halljar,  da  sol 
ein  iglicher  bei  euch  wider  zu  seiner  habe  und  zu  seinem 
geschlecht  koinen ,  denn  das  funfzigst  jar  ist  ewr  hallj/ 1. 
ir  soll  nicht  seen ,  auch  was  von  im  selber  wechst ,  nicht 
erndlen,  auch  was  on  erbeil  wechst  im  Weinberge  nicht  lesen. 
3..V0S.  25,10.  11;  las  die  pricsler  sieben  posaunen  des  hall- 
jars  nemcn.  Jos.  6, 4 ;  wenn  man  des  halljars  linrn  bleset. 
»'.5;  kund  man  abermal  nach  dein  gesctz  Mos!  solchen  kauf 
meistern,  das  man  das  halljar  in  solchen  saclien  hielte  und 
nichts  ewiglich  vcrkeuftc.  Luther  1,19s';  daher  in  freier  und 
bildlicher  Verwendung:  und  es  wird  ein  ewigs  frei  jubel-  und 
halljar  sein.  Mathesius  Sar.  04";  unter  jedem  regierenden 
genic  —  in  der  philosophic  und  in  der  dichtkunst  —  tritt 
gleichsam  ein  erlasz-  und  halljahr  ein,  wo  nicht  gesiiet  werden 
durfte  und  die  freie  ernte  den  sklaven ,  armen  und  thieren 
gehörte.  J.  Paiii.  kom.  anhang  z.  Tit.  1,102; 

wollin  des  adicrs  [itex  k4iiferK)  aufsieht  blickt, 
da  musz  disz  Jahr  ein  halljahr  heiszen. 

Gartmrr  prov.  128. 

HALLKNECHT,  m.  arlmter  im  snlzwerlce  zu  Halle  a.S.  Hohn- 
noRr  lirsrhreibung  des  salzwcrks ;  s.  hallor. 

HALLLEUTE,  plnr.  die  arbeiter  im  salzwerke  zu  Halle  a.  S. 
{renjl.  halloren) :  daher  .  .  die  hall-leule  selbige  nacht  die 
Zugänge  nach  der  halle  mit  salzkürben  verschanzten.  Drey- 
IIAI  Pf  S'ialkrrii  1,  970. 

HALLM KISTER,  m.  siedemeisler  in  einem  salzwerk. 

HALLO,  HALLOH,  latäer  antreibender  zuruf.  eine  impera- 
livische  bildung,  die  sieh  in  dojipeller  form  festgesetzt  hat,  insofern 
die  interj.  Iiulla  (.«.  d.)  nur  aU  eine  nebeuform  zu  hallo  erscheint, 
zu  gründe  liegt  du»   ulid.   rerbum   halön  ,   holöii    tGiurr  4,  H50), 

pilni     ll.llfl    unil    hl. In      tiilrti^li,      1/ ■-'    I/il/<-r    ||..1<m,    ..,„•/„„■.,,-■..■.,    ,,,,,/ 


die  eigentliche  bedeutung  erschallen  lassen,  rufen,  dann  herbeirufen 
innc  wohnt,  der  anstaut  des  Wortes  enthält  jene  mhd.  paitikel  i*i, 
die  sich  an  auderc  laut  atuigo-ufcnc  Wörter  {sowol  imperative  als 
Substantive  und  partikehi)  hängt  und  sie  dadurch  sinnlich  zu  intcr- 
jectionen  stempelt  (gramm.  3,  200).  so  ergeben  sich  zunächst  die 
formen  hali  und  liola ,  roti  denen  die  erstere  noch  jetzt  in  der 
bauernspraclie  in  Düringen  lebt,  wo  man  hälä  ruft,  wenn  man 
sich  vor  einer  thüre  meldet  und  ungehörige  des  hauses  herbeiziehen, 
will,  während  hold  als  zuruf  an  diener  und  aufwartende  bereits 
mhd.  erscheint  {gramm.  3,  306)  und  namentlich  auch  um  den  am 
andern  ufer  befindlichen  fährmann  herbeizuziehen  verwendet  wird: 
hola,  ferg!  Zarncke  univ.  im  ni/V/c/«//«- 94, 13.  unter  dem  ein- 
flusz  einer  verschieden  sich  gestaltenden  bctonung  gehen  beide  worl- 
formen  mehr  auseinander :  bei  hola,  holla  bleibt  der  ton  auf  der 
eisten  silbe,  während  er  bei  hallo  ungewis  .teil  wann  {das  düring. 
oben  genannte  halA,  hallä  ist  wie  holla  betont)  auf  die  letzte 
überspringt,  jedenfalls  deswegen,  weil  man  die  letzte  silbe  hier  beim 
lauten  ruf  lang  ausklingen  liesz ,  was  zugleich  die  Verdunkelung 
des  ursprünglichen  ä  in  6  hervorrief. 
hallo,  hailoh  steht 

1)  imperativisch ,  als  zuruf  an  entfernte:  scss  ein  man  im 
dorf  zu  Costheim  und  bette  ein  schifflin  oder  ein  nachen, 
und  sess  ein  mcntsche  hinsit  Meyns,  oder  uff  diser  sitten 
und  riff  dri  male  hallo,  hallo!  woll  der  ferge  ine  dan  nit 
halen,  so  mag  ine  dere  mit  sym  schifTelin  oder  nachen  halen. 
weislh.  1,  530  {von  1471);  so  ähnlich  die  gewöhnlichen  ausrufe 
hallo!  leute  herbei!;  hallo!  ist  niemand  hier?  dieser  gebrauch 
auch  beim  engl,  halloo,  vgl.  Sliakespears  kaufmann  von  Venedig 
5, 1,  wo  Launcelot  zwar  sola!  sola!  ruft  um  leute  herbeizuführen, 
Lorenzo  aber  antwortet:  Icave  hallooing,  man.  dann  ist  haüoh 
hetzruf  bei  der  jagd: 

der  wild-  und  rheingraf  stiesz  ins  hörn: 
bailob,  hailoh,  zu  f'usz  und  ross! 

UcRG&R  71'  (der  wilde  Jäger), 

so  z.b.  auch  an  hunde,  Gockingk  3,  18,  das  franz.  haier  haller 
hunde  anhetzen  mag  hiernach  aus  dem  deut.tchen  erborgt  sein, 
endlich  und  häu/ig  .«(e/i/  hailoh  auch  als  lauter  an-  oder  ausruf 
bei  fällen  einer  erregung,  freudiger  oder  zorniger: 

hailoh !  wach  auf,  du  fürst  von  Burgund ! 
dein  königsgeschmeide  besudelt  ein  hund ! 

BÖRCKR  33', 

'hailoh,  nun  drücke  sich,  wer  zagtl 
austritt  der  Rbeinstrom  mit  gebrause, 
schicszt  in  die  gassen  ungefragt, 
und  macht  sieb  breit  vor  jedem  hause. 

Freiligp.ath  gtiiuhcHshekennln.  221 ; 

wofür  Bürger  auch  die  erweiterte  form  halloha  braucM: 

halloba !  halloha!  werft  zu  nun,  haut  zu!    60'. 

im   ausbruch   der  freude  ist   ein  balli  balio  gewöhnlidi,   so  im 

studentcnliede : 

halli  hallo,  halli  hallo, 

bei  uiLs  gcbts  immer  so; 

halli  hallo,  balli  hallo ! 

buclibinder  sind  stets  froh.    Sciiadb  handwerkslieder  17. 

2)  hailoh  wird  substantivisch  verwandt,  für  getümmel,  ge.^chrei, 
lärm,  ähnlich  wie  ans  dem  rufe  all  arme  das  subst.  alarm,  lärm 
erwäclist  (l,20ü):  kam  von  vielen  Sachen,  um  die  .sie  anderer 
orten  ein  groszes  haiioli  erhei)en,  nichts  über  die  geniarkung 
hinaus.  Immernann  Münchh.  4,110; 

was  für  hailob,  du  teufclsweib?    IttncKR  49'; 

und  mit  hihi,  haha,  hoho 

verführ  ich  ein  beständiges  hailob.    Göthi  It,  339; 

wie  der  wilde  jitgcr 
bin  ich  zurückgekommen,  wie  der  Sturmwind, 
noch  saust  der  köpf  mir  von  dem  tollen  rennen, 
und  hinter  mir  die  beiden  mit  bailoh! 

TiKCK  kais.  Octnvian  7,  4.  nrl. 

HALLOR,  m.  arbeit^  im  salzwerke  zu  Halle  o.  d.  Saale. 

Wie  man  halle  i«  der  bedeutung  salzwerk  {sp.  232)  versucht 
hat ,  als  einen  in  Deutscidand  gebUebeuen  real  keUisrhrr  spräche 
hinzustellen,  so  führte  man  hallor  «/oic  weiteres  auf  ein  kymrisrhes 
bal-wr  salzmann,  salzbereiter ,  zurück,  abgesehen  davon,  dasz 
ein  .solches  wort  im  kymrisrhen  nicht  nacligewiesen  werden  kann 
und  thal.'iäcläicli  nicIU  existiert,  uU  sunärJisl  darauf  aufmeik.uim 
zu  niaclwn ,  dasz  hallor  rtHC  sehr  junge  erscJieinung  ist.  dir  vor 
dem  tiizlen  viertel  des  \1.  jahrh.  nicht  auftaucht,  so  zahlreich  auch 
die  notizen  über  das  salzwerk  zu  Halle  seit  dem  14.  jahrtiunderl 
sind,  so  wird  das  wort  doch  nirgends  gelirauclil.  weder  in  uikunden, 

iiiiih    III   iiisilitrliliuliru    iiiili-i-ii  ■    ilir  lliiiliinliiinii!    tili.',   ilim    14.)(l/ll/l, 


237 


HALLOR  — HALM 


HALM 


238 


braucht  dafür  salzkneclit ,  ein  name  der  sich  sehr  lange  erhält, 
daneben  geht  in  einer  aufzeichnung  von  1535  (bei  Dreybaupt 
Saalkreis  1,970)  halivolk  und  hailleute,  Oleariüs  halygraphia 
(1660)  gewährt  hallbursche  1,  369  und  Hoh.ndobfs  beschreibung 
des  sahwerks  2u  Halle  (1670)  hallknccht.  zuerst  kann  ich  das 
icort  nachweisen  in  der  beschreibung  einer  erbhuldigung  von  16SI, 
ICO  es  bereits  als  gewöhnlicher  ausdruck  erscheint:  so  sind  aucli 
die  lialloren  sr.  churfürstl.  durclil.  entgegen  gezogen.  Dret- 
HAüPT  1,510;  kam  eine  compagnie  haiJoren  und  salzknechte 
nnit  musquelen  in  iiiiem  gewülinliclien  babit.  das.;  ferner  von 
1689:  marschireten  die  balioren  mit  fliegender  fabne  und 
klingenden  spiel,  s.  521;    seil  dieser  zeit  erscheint  das  wort  oß. 

hallor  scheint,  wie  auclt  die  undeulsche  betonung  hali6r  be- 
stätigt, aus  halle  durch  anlidngung  einer  fremden  endung  gebildet, 
vian  mochte  vietleiclu  in  einem  lateinischen  gelegenheilsgedichle  der 
zeit,  was  die  gewerke  Halles  erwähnte,  neben  pistores,  tonsores 
«.  a.  auch  ein  hallores  für  die  sahsieder  oder  hallbursche  gebildet 
haben ,  was  in  die  spräche  des  gemeinen  lebens  eindrang,  die 
eigenthüm liehe  form  halloium,  die  sich  zu  ende  des  17.  und  bis 
ins  18.  jahrh.  hinein ,  wiewol  im  ganzen  selten ,  daneben  zeigt, 
sielU  wenigstens  aus  als  ob  sie  der  lateinischen  endung  des  gen. 
flur.  ihre  entstehung  verdankte,  vielleicht  dasz  halloium  öfters  als 
Iheilungsgeniiiv  jenes  vorausgesetzten  hallores  figuriert  hatte:  bei 
diesen  an  nach  der  wage  zu  hatten  sich  die  hallorum  postiret. 
Drevhaüpt  1,511  (lOfj  1681);  derselbe  gewährt  bilder  der  halloren 
mit  der  unlerschrifl :  ein  hallorum  mit  seiner  braut;  ein  hal- 
lorum salz  tragend. 

HALLUNG,  /■.  sonus,  clamor,  lonus,  clangor.   Stieler  734. 

HALLUNKE,  s.  haluuke. 

HALLVOLK,  n.  in  Halle  die  arbeiler  des  sahwerkes  (s.  halle  3 
(sp.  232) :  einige  aus  dem  halivolk.  Dreyhalpt  Saa/Areis  t,  971; 
unterdesz  tanzet  das  übrige  halivolk  nach  der  trummel  und 
pfeifen.  Houndorf  beschreib,  des  sahwerks  zu  Halle  cap.  16  s.  70. 

HALM,  m.  calamus,  culmus,  festuca,  stipula. 

Ahd.  mild,  halm,  ags.  healm,  engl,  halm,  haulm,  nl.  schwed. 
dän.  halm.  das  altnord.  halm-r  hat  die  bedeutung  stroh,  streu 
(.MüBics  161).  als  urverwandt  ist  längst  erkannt  worden  tat. 
calamus  und  culmus ,  griechisch  xälafios  röhr  und  xa/.äfcrj 
halm,  kirchenslav.  slama  halm;  sanskril  kalama-s  (Bühtl.-Roth 
2, 155)  bezeichnet  eine  reisart  und  ein  schreibrohr.  wenn  diese 
Wörter  nicht  etwa,  wie  vermutet  worden  ist,  aus  den  semilischen 
sprachen  frühe  in  die  indogermanischen  eingedrungen  sind,  so 
liegt  es  zur  ermittelung  der  ursprünglichen  bedeulung  von  halm 
nahe,  an  die  Wurzel  kal  treiben,  bewegen,  zu  denken,  der  sanskrit. 
calali  er  bewegt  sich,  kalayati  trabt,  grie'ch.  xdXleiv  treiben,  be- 
wegen, litt,  kelti  erheben,  tat.  cel-sus,  e.\-cel-lo  zufallen;  sei  es, 
dasz  man  an  die  nalie  liegende  beobachtung  anknüpfte,  wie  der 
schlanke  dünne  halm  auf  dem  felde  vom  luflzuge  in  bewegung 
gehalten  wird: 

aber  bald  wird  das  ganze  gefild  von  gebogenen  haimen 
rauschen.  Klopsiock  2,  130; 

sei  es,  dasz  man  das  emportreibende,  sprieszende  der  halme  her- 
vorheben wollte,  welchem  begri/fe  das  genannte  tat.  celsus,  excello, 
ferner  das  alls.  hol-m  erhöhung ,  hügel,  klippe,  griech.  y.o}Mvrj 
hügel  zufallen. 

Die  pluralform  von  halm  ist  eine  dreifaclie,  neben  halme  findet 
sich  schon  früh  aucli  helmer,  hälmer:  culmina  heluier  Diefe.mj. 
161';  pullulare  ufgeen  in  die  helmer  472';  Lintzenhelmer,  wald- 
rohr,  lolium  rubrum,  pliocniv  Hemsch  389;  die  hälmer  pers. 
rosenlh.  6, 1 ;  ein  jedes  körn  vom  rocken  bringet  7  oder  8 
hälmer  herfiir.  Tabeh.naem.  Aräu/erft.  585;  auch  der  p/ur.  halme 
wird  von  Stieler  7;;S  aufgeführt,  und  empfängt  durch  die  bair. 
Schwab,  pluralform  hälm  (Schm.  2,181)  seine  beslätigung ;  helme 
Keisersberg  narrensch.  75',  vergl.  die  stelle  unteti  6,  und  die 
formen  hälmmesser,  helmschneiden,  helmziehen  für  halm- 
messer  «.  s.  w.  daneben  geht  eine  schwache  form  der  halm, 
des  haimen,  plur.  die  haimen:  mit  dem  bahnen,  uriith.  1,706; 
da  sie  je  nicht  schweigen  wolt,  nam  er  ein  bahnen,  und 
legt  den  fiir  sie  und  sprach:  fraw,  dieweil  ihr  je  krieg  und 
unfriedt  haben  wollet,  so  krieget  mit  diesem  haimen.  buch 
der  liebe  %7,  4; 

(sah)  . .  seiner  scbniuer  fleisz  die  schönsten  haimen  mahn. 

Hagedorn  2,  5. 
halm  steht  in  mehrfachem  sinne. 

1)  es  bezeichnet  den  Stengel  der  grasarten,  vorzüglich  des  ge- 
treides ,  aber  im  gegensatz  zu  der  bedeulung  2  begreift  es  auch 
den  obern  theil  des  slvngels ,  die  ähre ,  kolbe  oder  lispe  in  sich, 
oder  sondert  Um  doch  zum  wenigsten  nicht  scharf  aus.     so  heiszen 


im  alid.  habirhalme  (Haupt  5, 327)  die  stengel  des  habers  mil 
der  fr  acht; 

mhJ.  ein  bulm  ist  tireftec  uude  guot: 
waj  er  uns  allen  liebes  tuoi! 
er  l'röil  vil  luanegcm  sinen  muot: 
wie  daane  umb  sineu  sämen?    Waltukr  17,31-, 

nitd.  wiltu  wider  ein  fliegend  blat  so  ernst  sein ,  und  ein 
dürren  halm  verfolgen?  Hiob  13,25;  das  land  ist  dürre,  es 
wachsen  kaum  einige  halme  darauf;  Heniscus  binizenhelmer 
oben  meint  die  ganze  pflanze,  samt  der  ri.^pe;  vgl.  auch  grashalm; 

so  webt  den  Schmetterling,  der  kaum  enthüllt, 

am  haira  der  klippe  fe.<tgeklammert  bebte, 

der  Sturm  ins  meer.    Matiuissom  ged.  (179J)  s.  55; 

begläuzt  vom  rotheii  schein  des  bimmels  bebt 

am  zarten  halm  der  thaii.        /  s.  119; 

speer  wird  der  dünne  bahn.    Arndt  ged.  (IS40)  s.  3&4. 

dichterisch  steht  halm  gern ,  niciU  sowol  auf  jedes  gras ,  als  auf 
saat,  getreide  bezogen: 

getränkte  haimen  erheben 
froh  ihre  bäupter.  E.  v.  Kleist  2,43; 

auf  halm  und  blume  läszt  geheim 
der  vater  labsal  tliaueu.    Voss  4,  271; 
gedeihn  hast  du  gesandt, 
voll  balme  grünt  das  land.    5,  12; 
und  liund  und  mann  und  ross  zerstampfte 
die  balmeu,  dasz  der  acker  dampfte. 

Bürger  der  wilde  Jäger; 
zertret  er  goldner  saaten  liälrae 
mit  flügelschnellem  Siegeslauf.    Götbe  13,278; 
seine  sichel  entfällt  hier  dem  Schnitter, 
eingesungen  von  harfengeziiter, 
träumt  er  geschnittene  halme  zu  sehn. 

Schiller  etysium  (1,97  Kurz); 
die  körner,  deren  halme  jetzt  noch  grün, 
sie  nehmet  mit  zur  aussaat  in  die  fern.    Uhlan»  ged.  3S2; 
heil  dem  frommen  geschlecbte, 
das  in  den  furchen  sein  nest  baut  und  die  haimen  bewohnt. 
Arndt  ged.  (1S40)  s.  164. 

daher  bildlich:  wann  .  .  die  reiche  ernte  der  misselhat  in 
vollen  haimen  steht.  Schiller  259.  auch  in  Baiern  werden 
die  vier  gäieidearlen,  weizen,  roggen,  gerste,  habcr,  die  vier  hälm 
genannt.  Scum.  2, 1S2,  und  die  allitterierende  formel  nach  halm 
und  heu  schlieszt  sich  hier  an ,  indem  sie  die  vollbrachte  ernte 
sowol  des  getreides  als  des  heues  bezeichnen  will:  dirre  bof  het  trü 
gedinge  alle  jar,  eins  zu  mittel  hornung,  und  eins  zu  mittel 
meigen ,  und  zu  alter  halme  und  howe.  weisth.  1,  673 ;  und 
zu  after  halme  und  howe ,  so  sol  der  kirwart  geben  eine 
gans.  s.  674 ;  —  vgl.  unten  auch  balmklauber ,  halmleser  für 
ährenteser. 

2)  halm  bezeichnet  den  stengel  des  grases  oder  getreides  ohne 
die  rispe  oder  ähre,  die  für  sich  allein  genannt  oder  doch  ver- 
standen wird:  im  treumet  abermal,  und  sähe,  das  sieben 
ehern  wuchsen  aus  einem  halm  vol  und  dicke,  l  Mos.  41,5; 
der  halm  ist  lang,  mil  knoden  und  gleichen  unterscheiden. 
Tabernaemo.nta.nl'S  517 ; 

du  kommst  auch  jetzt  zu  rechter  zeit, 

und  zeigest  wie  natur  und  lieben, 

wofern  man  nur  gut  ausgestreut, 

den  kern  der  Iruchtbarkeit  aus  guten  haimen  schieben. 

Günther  4  (1735)  .s.  79; 
er  {goll)  hebt  mit  dem  balme  die  ähr  empor, 
reifet  den  goldenen  apfel,  die  purpurtraube. 

Klopstocic  2,  103. 

dieser  bedeutung  fällt  auch  zu  die  redensart  das  getreide  auf 
dem  halme  verkaufen,  niederd.  dat  körn  upn  halm  verköpen 
(Däii.nert  169'),  insofern  nach  der  fassung  der.<elben  das  kauf- 
objecl  die  ähre  auf  dem  halme  bildet:  keinem  bauer  ist  es  er- 
laubt, seine  fruchte  auf  dem  halme  zu  verkaufen.  §  12  allg. 
preusz.  landrechl  2,  7. 

Dann  hciszt  halm  der  gras-  oder  getreidestengel ,  der  seiner 
frucht  odlecrl  und  dürre,  also  zu  siroh  geworden  ist  {wie  altnord. 
halmr),  vgl.  Strohhalm :  Waltiier  66,  5  «.  7  wendet  halm  j<;id 
stro  in  demselben  sinne  an;  es  gehören  viel  halme  zu  einem 
bund  Stroh,  multi  calami  ad  fascem  stramentorum  requiruntur 
Stieleb  738 ;  in  Baiern  hälm  die  zu  häcksel  zu  schneidenden 
Strohhalme,  aber  auch  die  stoppeln  des  getreideackers  Schm.  2,  ISI; 
ebenso  in  Schwaben  Sciimid  258 ,  daher  in  Kärnthen  haimach 
Stoppelfeld  Lexer  131.  mil  solchen  haimen  wird  rfos  dach  ge- 
deckt ,  und  an  den  umstand,  dasz  dieselben  alle  Unbilden  der 
Witterung  tragen  müssen,  ktiüpft  das  Sprichwort  an  sich  leiden 
{geduld  haben)  wie  der  halm  auf  dem  dache:  disz  {die  ver- 
schämten hausarmen)  allein  seindt  arm  leut,   die  leiden  sich 


239 


UALM 


HALM  —  IIALMENJUKGFRAU 


240 


etwa,  das  gott  wol  weisz,  wie  der  Lahn  auf  dem  tacli. 
S.  Fra>"k  sprichw.   (1541)   2,  76'. 

3)  Lahn,  auch  der  siengel  des  rolirs:  alnr  einer  llf  und  fülle 
einen  swanip  mit  ejsige  und  legile  en  unime  einen  Lahn 
(steckte  in  auf  ein  rLor  LuTiiEn),  her  gab  ime  trank.  Bckaims 
iraiig.  buch  Marc.  15,  30.  ein  solcher  halm  diente  zum  schreiben  : 
altir  di  krigescLen  büciiere  und  di  alden  Löchere,  di  nu  vil 
von  gewouLeit  latinischer  lesuiigc  ungiicL  trögen,  di  LaLe 
wir  mit  gcLejjirler  ziisamenelragnnge  alse  mit  eime  scrJbe- 
halnie  getempirt.  Behaims  ev.  buch,  l.  vorrede  bl.3;  daher  ward, 
als  man  sicli  slatl  des  halmes  zum  schreiben  der  feder  bediente, 
sein  name  noch  manchmal  auf  diese  übertragen: 

waj  aber  ich  mit  dem  hnlme, 

mit  der  vederu  meine  icli,  schribe, 

daj  holTe  icli  ei  ie  blibe 

nütze  über  manegen  tac.    ejiUog  des  heiliijenlebens. 

4)  dasz  halm  etwas  geringes,  leichtes,  wenig  wertes  ist,  spriciU 
sicIi  in  manigfachcn  Wendungen  aus:  welcL  oiinmäcLtige  made 
ist  docL  der  mensch ,  der  nicht  einen  halm  Lervorbringcn 
kann,  der  das  ganze  jalir  nur  darauf  passen  musz,  was  iLm 
die  erde  hervorbringe,  arme  mann  im  Tockenb.  324; 

zwar  nicht  garbeu  erat  ich, 
aber  duch  halme.    Klopstock  2,  214; 
dann  dorre,  arm,  zum  dürren  ast! 
dann  werd  ein  halm  dir  ceniuerlast! 

Arndt  geä.  (1810)  s.  214. 

SO  dient  auch  bei  negativen,  messenden  oder  vergleichenden  salzen 
der  Lalm  mit  seiner  geringen  breite  als  bild  der  Verneinung: 

mhd.  man  möht  mit  einem  halme 

dazwischen  oiht,  so  wxn  ich  sie  umbrähen. 

Hao.  V.  Labeh  517, 
nhil.  raiszt  alles, 

fehlet  die  breite  um  keinen  hnlm  nicht. 

Klopstock  2,  34. 

5)  ein  alles,  bei  Franken,  Baiern  und  Alemannen  in  schwänge 
gewesenes  redilssymbol  war  das  fortwerfen ,  hinschleudcrn ,  ver- 
scliieszen  eines  Lahnes  zum  zeichen  feierlicher  auflassung ,  enl- 
sagung  oder  kündigung ,  namentlich  bei  auflassung  von  yrund- 
stücken  durch  gesclienk,  verkauf  und  Verpfändung,  ein  brauch  der 
bereits  in  dem  satifchen  geselze  erscheint  tind  über  den  reclUsaller- 
thümcr  s.  121—130  ausführlich  gehandelt  ist:  wer  guter  Lat,  die 
in  den  dingLof  zins  geben  ..  wer  die  verkauft,  der  sol  sie 
mit  dem  Lahnen  ufgeben ,  als  es  gewonlich  ist ,  vor  dem 
meier  und  dem  schullheiszen.  weisth.  i,  70ü;  auch  eygcn  unde 
fryen  wir  jn  dy  Luben  als  ander  ir  gut  gehyet  unde  geeigent 
sint..  .  und  vorzyLen  uns  alles  rcLlen  mit  vorscLissung  der 
Lalrae  vur  uns  und  alle  unser  erbin.  urk.  von  1328  bei  Haltaus 
782.  die  formel  wird  auch  gegeben  mit  mnnd  und  Lalm,  wenn 
auszer  der  werfung  des  halms  die  ausdrückliche  cntsagung,  ferner 
mit  muiid,  Land  und  Lalm,  wenn  auszer  beiden  noch  das  ge- 
lobnis  durch  handschlag,  den  vertrag  zu  hallen,  hervorgehoben  wird: 
Laben  daruff  desz  genanten  iLeils  unsers  zeLends  freye  und 
lediglicL  abgelretten,  und  desz  aucL  mit  mund,  Land  und 
lialm,  als  in  diesem  land  sitten,  herkommen  und  gewonheit 
ist,  Verstössen,  verzieLen  und  enleusert,  urk.  von  1507  bei 
Haltaus  7S2. 

(i)  zur  bestimmung  durch  das  loos  wird  der  halm  in  verschie- 
dener weise  verwendet;  man  zählt  seine  knoten  oder  glicder  und 
läszt  den  letzten  knoten  eine  bejahende  oder  verneinende  entschei- 
dung  /allen,  ein  noch  jetzt  gebräuchliches  kinderspicl,  wie  es  sclion 
Wai.thkh  recht  anschaulich  beschreibt : 

midi  hat  ein  halm  gemnchct  l'rd: 

er  gitit,  ich  sül  geni'ide  vinden. 

ich  iiiii^  Aar,  selbe  kleine  htrö 

als  ich  hic  vor  ges.-irh  von  kinden. 

ml  liirret  unde  merket  oh  si^  dennc  tuo: 

'i\  tuot,  si  entuot,  si  tiiot,  si  eiitiiot,  si  tuot.' 

«wie  dicke  ich;  lete,  f>f)  was  ie  dag^  ende  guot. 

das  tra'stet  mich;  da  beeret  ouch  gcloube  zuo.    66,  5; 

oder  es  werden  unter  melireren  halme  von  ungleicher  länge  ge- 
zogen,  wer  den  langern  zieht,  für  den  fallt  die  günstige  enl- 
tchrulung  (vgl,  den  kürzern  zielten  für  unterliegen  unter  kan); 
franz.  tirer  ä  la  couric  paillc,  mhd.  grSselhi  ziehen: 

iö  ziehe  wir  zwei  grAKcliü  .  .  . 

ich  mach  ein;  kurz,  da;  aifder  lanc: 

weder;  wll  nu  ziehen  nn 

da;  leogcr,  loi  gewuiMicn  hin. 

Ln>i»titio  liertert.  1,  145; 

mocLlen  sy  aber  des  nit  eins  weiden,  so  stillen  dy  darunih 
yder  einen  Lalnien  zilien  ongevcide,  u«z  einem  dache  ader 
scUuube,  welcher  dan  Jen  Icugcsten  halmeti  zuge,  der  soidu 


die  kufe  haben,  under  den  zweyen  ye  einen  kysen  zu  einen 
obennan.  urk.  von  1403,  bei  Haltaus  782;  unser  leben  ist  uüt 
anders  dan  das  helmc  ziehen,  einer  wönt,  er  wel  ein  vast 
lang  heimle  ziehen ,  so  würt  eim  etwan  das  alh-rkurzest. 
Keiskksbekc  narrcnsch.  75*;  wir  wollen  Lalme  zieLen,  wer  der 
älteste  ist  (we'll  diaw  cuts  for  iLe  senior),  EscuEMiURC  Sliakesp. 
cumödie  der  irrungen ,  sc///«.<;;  in  Haiern  Liilnilein  ziehen, 
.•ichueiz.  das  Lülmli  zielirn  (Staldeii  2,  lö),  rnit  halmchen  von 
verschiedener  länge  das  loos  ziehen,  für  die  halme  werden  auch 
Iwlzclwn,  papierchen  und  ähnliches  verwandt,  ohne  dasz  die  bezeicii- 
nung  sich  ändert.  Schm.  2,181. 

7)  Lalm  führt  Adelung  als  den  namcn  eines  dünengrases  in 
Holstein  tind  Schleswig  auf;  das  wiid  aus  der  hclgoländer  mund- 
art  als  Lalletn  verzeichnet  (FKoaM.  3,  34*),  mag  aber  trotz  dieser 
form  nichts  anders  sein,  als  das  hier  nur  auf  ein  bestimmtes 
gewäclis  gewendete  allgemeine  Lahn,  da  das  helgoländ.  hallem 
sich  zu  halm  nicht  anders  verhält,  als  helgoländ.  hentiep  (das.) 
zu  hanf. 

HALM,  »1.  manubrium,  capulum:  halm  capulum  als  an  einer 
a.\.  Maai.er  207'.  mhd.  halm  {wb.  l,  013').  dieses  worl,  was 
sich  in  dem  alul.  compositum  joL-Lalm,  joL-LaImo  lorum,  mhd. 
giecLLalme  (wb.  1,014')  wiederfindet,  ist  vollständig  von  jenem 
oben  abgehandelten  halm  verschieden,  es  luU  vor  sänem  letzten 
buchstaben,  der  der  ableitung  zufallt,  den  auslaut  der  würzet  ein- 
gebüszl  und  steht  in  der  nächsten  Verwandtschaft  mit  half-ter, 
über  das  sp.  226  gesprochen  wurde;  unter  den  für  dii'ses  halm 
gebräuchlichem  formen  helb  und  heim  ist  noch  einmal  darauf 
zurückzukommen. 

HALMBAiNK,  f.  bank  zum  häckselschneiden,  fulterlade ,  nach 
halm  2  sp.  238,  bair.  hälmbank  (Schm.  2, 1S2): 

dein  schetikel  wern  auch  niclit  zu  lank 
zu  Stollen  in  eine  balmbnnk. 

Ayrkr  fastn.  74»  (2708,  30  Kelter). 

HALMBRACHE,  f.  das  erste  umreiszen  des  ackers  nach  der 
ernte,  so  dasz  die  stoppeln  in  die  erde  kommen  und  den  winter 
über  faulen  mögen,  öcon.  lex.  915.  2387. 

HÄLMCHEN,  n.  kleiner  halm  oder  theil  eines  halmes: 

so  singt  er  in  der  winterstunde, 

wo  nicht  ein  armes  halmchcn  grünt.    Göthe  21,  81; 

ich  risz  ihr  {dir  liäiiftiiigc)  armes  bauschen  ab, 

das  sie  nach  gastrecht  mir  vertrauet, 

lind  sich  von  moos  und  stroh  erbauet, 

zu  dem  ich  nicht  ein  halmchen  gab. 

C.  V.  Weiszk  kleine  tyr.  ged.  2  (177S)  s.  19ü. 

allgemeiner,  bild  für  eine  kkiniglwit : 

kurz,  stuhlen  nacht  für  nacht  den  ganzen  garten  leer  (roii  frücliten), 
und  Veit  behielt  kein  halmchen  mehr.    Hühger  Veit  Elirenwort. 

HÄLMELN,  verb.  in  den  speisen  herumklauben,  besonders  wenn 
die  eszlust  fehlt.  Schm.  2,  350.  es  ist  ein  bild,  hergenommen  von 
dem  sorgsamen  auflesen  einzelner  halme  oder  ähren  vom  acker, 
des.<en  volle  ernte  man  nicht  beansprucld ;  vgl.  unten  halmklauber, 
halmleser  für  ährenlescr. 

HALMEN,  verb.  tialmen  belmmmen,  in  die  halme  schieszen : 
das  bindgras  halmel  stark.  Adelung. 

HALMENDACH,  n.  Strohdach  (s.  halm  2  */>.  238): 

hier  bei  fruchten  und  milch  unter  dem  halmendach 
weil,  0  Ireundin,  bei  mir.  IIölty  (1801)  76; 

führt 
buchenstapel  auf  lautknnrrender  axe  hin 
zum  gastfreundlichen  hulniendacb.    Voss  3,  7. 

HALMENFELD,  n.  ähren feld,  Saatfeld  (s.  halm  1  jp.  238): 

mir  steht  kein  halmenfeld  im  gau, 

das  musz  dar  reite  warten.    Rückkrt  39!). 

HALMENHUT,  m.  Strohhut: 

am  hüttchen  dort  bekränzt  ich  dir,  umllossen 

villi  abendKliit, 

mit  immergrün  und  jungen  blülensprossen 

den  haliiieiihut.    Mattiiisson  tjed.  (I7ii4)  $.  131; 

wann  thau  am  grase  noch  blitzet, 

treib  ich,  weil  Hurtig  hellt, 

vom  hiilnicnhiite  besihützet, 

des  valers  hcerd  ins  leid.    Voss  4,  180. 

HALMENHCrrE,  f.  strohgedeckte  hülle: 

{wo)  ein  Inndliclistilles  gArtchen 

die  halmenhütt  umhliUit.    MArtHissOM  ged.  (l't»4)  $.  17. 

HAI.MENJLINC.FHAU,  f.: 

Kpiit,  wann  dies'  (//iV  piiltrlldittrruug)  Im  »tnubgewimmel 

laiiKsl  di.s  itiinerths  biisze  tuhll, 

«irfllil'  in  dies  pnnier  i^emiilt, 

AdonlilA,  wIn  am  himmnl 

Uwri  «üo  halju«ujuugrrau  slrablt  I    Bürgir  75'. 


241 


HALMENMEER  —  HÄLMLEIN 


HÄLMLEIN— HALS 


242 


HALMEiN.MEER,  n.: 

die  ahren  so  »licht,  so  reich,  so  schwer, 

es  wullt  und  wogt,  wie  ein  halmeumeer.    Goiue  45,  So. 

HALMENMOTTE,  f.  phalaena  culmella.  Nemsicd  ;  halmuiüttc, 
die  den  halm  diirclilüchert.  Frisch  1,  401'. 
HALMENSAAT,  f.: 

singenden  Schnittern  entgegen 

rauscht  die  wankende  haimensaat,    F.  C.  Siolbebs  1,54. 

HALMENSPIEL,  n.  spiel  viil  halmen,  bildlich  für  etwas  ijc- 
ringci,  leidiles,  rergl.  die  sUlle  aus  Absdt  unler  halra  4  sp.  239 : 

straff  sind  die  sehnen  meiner  jugendkrafl; 
ich  bin  gewandt  zu  ringen;  meinem  arm 
ist  Phöbus'  goldnes  sciiwert  ein  halmenspiel. 

BiJRGER  41*. 

HALMFRLCHT,  f.  fruclU  von  den  grasarten,  getreide;  im 
geyensalz  zu  hackfrucht,  baumfiucht. 

HALMGROSZ,  adj.  von  dem  umfange  eines  halmes:  alsz  dy 
wurmlein  halingrosz  und  vingersz  laug,  kudienmeiilerei  c}. 

HALMHACKER,  m.  der  aus  !-lroh  häckeiling  maclU ,  was 
frülter  durch  kleinhacken  yeschah,  tgl.  liäcksel  sp.  108  und  hatk- 
stroh  ij).  109: 

do  ich  heim  kam  von  uuserm  acker, 

und  heit  bestellt  ein  halmhacker.    fastn.  sp.  4SI,  iS. 

HALMICHT,  HÄLMICHT,  adj.  calaviis  abundans,  ctUmos 
referens.  Stiei  er  73S. 

HALMIG,  ad],  halme  habend,  in  halmen  aufgesdiossen :  hal- 
miges gras,     halmig  Frisch  1,  402*. 

HALMKLALBER,  w.  der  die  zurückgelassenen  ähren  eines  ab- 
geärnlclcn  /Wrfi's  an / klaubt ,  aufliest:  ein  baimclauber  spicarius 
roe.  von  1419  bei  Schm.  2,  350. 

HALMKNOTEN,  m.  der  am  Stengel  der  gräser  befindliche 
knoten:  gemVi'/Hm  halmknod  Diefe.>b.  260*,  Dastp.  ;  halmknode 
geniculum  calumi  Frisch  1,  401'. 

HÄLMLEIN.  n.  kleiner  halm  oder  stück  eines  halmes,  mhd. 
halmel,  helmel  («-6.1,613'):  hülralein  caidiculus  herbae  Frisch 
1,402";  als  ein  narr,  dem  gibt  man  ein  beliiilin  in  das  iiiaiil 
und  stoszt  das  helmlin  in  ein  spellung,  so  bleibt  er  also 
still  ston  und  wenet  er  sei  gebunden.  Keisersberg  brösamt. 
1,  33".  es  haben  sich  um  das  tcorl  verschiedene  redensarten  an- 
gesetzt. 

1)  über  ein  bälmlein  fallen ,  in  einer  kleinigkeil  etuas  ver- 
gehen: es  war  ein  edelman  der  sucht  allwegen  ursach  an 
seine  bawren ,  damit  er  sie  aufs  allcrhücbst  plagen  und 
schelten  möcbt;  es  mocht  einer  gar  leicht  über  ein  hälm- 
lin  fallen,  er  straffet  sie  aufs  aller  buchst.  Pauli  st/rimp/'UiU'. 

2)  jenes  unter  halm  6  {sp.  239)  bemerkte  loosen  mit  dem  liälm- 
lein  machte  den  zum  sieger  in  einend  Wettstreite,  dem  das  längere 
hiilmciien  zu  banden  kam ;  auf  diesem  umstände  fusz4  eine  for- 
met des  l^.jdirh.,  einem  das  hälmlein  vergönnen  oder  geben, 
Htm  den  ersten  preis,  den  vofrang  zugestehen:  wült  im  das 
helmlin  nit  bald  fergunnen.  Karslhans  aa4'; 

so  ist  es  uns  ein  grosze  schandt 
das  wir  den  wybren  dj  helmlin  landt. 

Ml'r^er  geuchm.  njj*; 
sy  müeszendt  im  all  s  hälnili  geben 
iu  l'rombkeit,  heiiger  leer  und  leben,    trag.  loh.  Evj. 

3)  einem  das  hälmlein  vorziehen ,  mhd.  daj  halmel  vor 
ziehen  (wb.  l,  bis'),  eine  im  mhd.  geläufige  redensart  für  foppen, 
teuschen ,  lehnt  sich  wol  an  eine  sptelerei  mit  jungen  katzen  an, 
vor  denen  man  einen  halm  in  langsamer  bewegung  hin  und  lier 
zietU,  um  ihn,  wenn  sie  dm  erspringen  wollen ,  schnell  empor  zu 
heben  und  so  ihre  anstrengung  ntäzios  zu  maclten;  wenigstens 
wird  im  mhd.  es  so  aufyefaszt: 

du  {wett)  ziuhest  mir  den  halm  als  einer  jungen  katzen  vor, 
diu  lÖD  ist  als  ein  richer  troum.    Br.  WER^ut:R,  .MS.  2, 163*. 

die  redensart  auch  noch  im  16.  jahrh.: 

ei,  80  zeucht  sie  mir 

das  hclmelein  zuvor,    bergreihen  124,  3. 

4)  tni  16.  u.  17.  ;a/ir/i.  erscheint  einem  ein  hälmlein  durchs 
maul  ziehen,  zunächst  für  schöne  worle  sagen,  schmeicheln; 
das  man  einander  das  helmlin  durchs  maul  zeucht,  das  süsz 
umb  die  obren  und  den  falben  hengst  streicht.  S.  Fba.ik 
sprichw.  1,105';  das  helmlin  durch  das  mul  strichen.  2,147'; 
streich  ihm  das  hälmliu  wol  durchs  maul.  Pauli  sc/nmp/'so'; 
aber  so  sie  vor  den  herren  selbst  sind,  ziehen  sie  ihnen 
das  helmlin  fein  wol  durcli  das  maul ,  können  auch  den 
fuchsschwanz  dcrmassen  streichen,  dasz  man  ire  böse  tiick 

IV.  u. 


nicht  an  ihnen  merken  kan.  wegkürzer  2l';  auch  glaubt  .  . 
nicht,  das  der  herhohen  und  heidnischer  halbgötter  glück- 
seligkeit,  die  sie  auf  dem  elisischen.  oder  elsessischein,  oder, 
«ie  etlich  wollen,  schlesischem  feld  haben,  in  geniessung 
ihres  affodillenkrauts,  arabrosien  oder  amelbrosam  und  nec- 
tar  oder  neckerwein  stehe,  .  .  sonder  nach  meiner  meinung 
auf  Verbesserung  in  gebrauch  eines  nürlingischeu  gänslins, 
und  das  heiszt  das  halmlin  durchs  maul  gestrichen,  und  nit 
das  härin  seil  durch  den  hindern  gezogen.  Garg.  139";  dem 
frommen  und  aufrichtigen  armen  landvolk  aber,  welche  sich 
mit  schaafen  und  gaisz-  oder  schweinhüten  härliglich  niihren 
müssen,  will  er  damit  {mit  dem  lob  der  vwlizudit)  das  hälm- 
lein durchs  maul  (wie  man  im  Sprichwort  redet)  ziehen, 
und  ihnen  solcher  gestalt  einen  lust  machen,  was  für  eine 
gesegnete  und  edle  nahrung  sie  haben.  Simplic.  i,  1,  2  s.  8 
(1,35  Keller);  die  redensart  ist  schwierig  zu  erklären  (was  Schm. 
2,  l&l  unter  berufung  auf  ein  bairisches  ünderspiel  sagt,  hat  keinen 
bezug  auf  die  oben  angeführte  bedeutung ,  sondern  nur  auf  die 
gleich  naddtcr  zu  erwähnende),  sie  scheint,  wenn  man  das  gleich- 
bedeutende einem  das  maul  schmieren  erwägt,  auf  dem  dar- 
reiclien  von  fetten  kckerbissen  zu  fuszen ;  vielleicU  dasz  man,  um 
sokite  zu  kosten,  mil  einem  halme  in  den  behäUer  derselben  tauchte 
und  dann  den  halm  durch  den  mund  zog.  das  hosten  auf  diese 
weise  gewahrte  wol  eine  angenehme  empßndung,  aber  ste  war 
vorübergehend  und  unbefriedigend,  dalter  konnte  sich  du  redens- 
art zu  der  bedeutung  durch  glatte  worte  teuschen,  betrügen,  ent- 
wickeln : 

bawer,  du  hast  mich  betrogen, 

das  helmlein  durch  das  maul  gezogen. 

li.  Sachs  5  (1579),  383*; 

dieser  hat  nun  den  Friesen  so  meisterlich  das  helmlein 
durchs  maul  zu  ziehen  wissen,  dasz  sie  mit  ihme  gütliche 
tageleislung  gepflogen,  dardurch  er  den  handel  so  lang  auf- 
gehalten und  verzogen,  bis  graf  Gerhard  wiederumb  zu  lande 
kommen,  uuJ  die  Friesen  gemerket,  dasz  sie  bei  der  nasen 
heruinb  gefühiet  worden.  Haxelma.m«  253 ;  ich  habe  euch  wol- 
len um  nanenseil  führen,  das  hälmlein  durchs  maul  ziehen 
und  Stroh  in  den  hart  flechten.    Cocay  Uutsdier  labyrinlh  45. 

HAL.MLESE,  f.  ährenlese.  Adeldsg. 

HALMLESER,  »i.  der  die  beim  abarnlen  des  ackers  zurück- 
gebliebenen halme  au/liest,  ältrenkser:  spicarius  halmleser,  helmer- 
leser  Diefe.nb.  54b'. 

HALMLESERIN,  f.  älirenleserin.  Adelorc. 

HALM.MESSER,  «.  messer  zum  schneiden  des  häckerlings,  nach 
halm  2  5p.  23S,  dasselbe  was  häckselmesser;  bair.  hälmmesser 
Schm.   2,  IS2. 

HALMPFEIFE,  f.  pfeife  »on  einem  slriMalm  gemacht.  Faiscu 

1.  401'. 

HALM  PFLANZE,    f.   culmifera  planta,    gramen.    Nemricu 

2,  1316. 

HAL.MRÜßE,  /.  rübe,  die  gleidi  nacli  der  ämte  in  die  stop- 
peln des  ackers  gesät  wird,  audi  Stoppelrübe.  Frisch  1,  401*. 
Adelu.ng. 

HALMSCHNEIDEN,  n.  Iiäckselschneiden,  nach  halm  3  sp.  23S. 
verboten  ist  das  helmschneiden  bei  licht  und  scbleiszeu. 
anspach-baireulh.  feuerordng.  bei  Scumeller  2,  1&2. 

HALMZIEHEN,  ».  loosen  durch  zielten  der  halme  (halm  6 
sp.  239) : 

mann,  darnach  {urotten  wir)  die  helmlein  ziehen  vorab, 

wer  unter  uns  den  vorstreich  hab. 
weih,     ich  kann  auT  deiu  helmziebeo  nicht  härm. 

U.  Sacu«  2  (159V),  4,  21' i 

wegen  des  umlauts  dieser  form  vgl.  halm  sp.  237. 

HALS,  m.  Collum,  die  nhd.  nominativform  ist  auch  die  go- 
thische,  ahd.,  mlui.,  frtes.,  nL,  dän.,  schwed.;  ags.  heals,  nord. 
hals ;  der  Engländer  hat  das  wort  zu  gunsten  von  neck  aufgegeben, 
was  Hint  nidU  nur,  wie  unser  nacken,  den  länterthetl  des  halses, 
sondern  den  ganzen  hals  bezeichnet,  ähnlich  wie  bei  uns  nacken 
in  manchen  Wendungen  einen  erweiterten  sinn   angenommen  hat: 

im  nachtgewand,  das  wie  ein  nebel  kaum 

den  schönen  leib  umwallt,  lahrt  jene  aus  den  laken, 

und  lalli  entzückt  der  amme  um  den  nacken. 

WiKLANB  Uberon  5,  13; 

oder  wie  entgegengesetzt  mhd.  k£l  für  den  ganzen  Itals  gesetzt  wird 
{tgl.  unten  I,  l).  als  pluralform  erseheint  ahd.  halsä  (GaArr 
4,  927);  das  nt/id.  helse  {frauendiensl  203,  20),  das  sich  auch 
im  friesischen  neben  halsar  geltend  macht,  sowie  wiser  plur.  halse 
weitt  auf  ein  ahd.  unbelegtes  halst  suriick.  ungewöhtilich  ist  die 
form  hälser: 

16 


243 


HALS 


HALS 


244 


von  dauneii  wollen  sie,  mit  ausgt;l)rochnen  felsern, 
mit  holz  und  kalk  und  stein,  das  sie  aut  eignen  halsern 
bin  auf  den  berg  gebracht,  den  himmcl  werfen  ein. 

KoNUKUL  InnoceiUia  (iO. 

Aus  den  urverwandten  sprachen  hat  sich  zur  verglekhuwj  nur 
geboten  das  lal.  collum,  das  wenn  es  aus  colsum  entstanden, 
narJt  lal.  celsus,  excelsus,  excello  dem  haU  die  eigentliche  be- 
deulunt)  des  einpor  ragenden  kürpertlieils  verleihen  würde. 

Bedeutung. 

I.  bals  im  eigentlichen  sinne  ist  der  zwischen  brüst  und  köpf 
gelegene  körperllieil  bei  menschen  und  Ihicren,  und  zwar  gehl  das 
Wort  sowol  auf  die  auszenseilc  (1  -  lo)  als  auf  die  innenseite  (ll) 
desselben. 

1)  schwanken  des  begriffs.  die  gegebene  bedeutung  ül  in  einigen 
fällen  erweitert,  in  einem  andern  verengert  worden.  —  Wenn  wir 
noch  heute  hören  einem  eine  an  den  hals  {d.  h.  eine  ohrfeige) 
geben;  Satban  scliiegt  im  an  haiz.    Ayrer  fasln.  21*  (2474,  6 

'Keller);  einen  an  den  hak  schlügen  colaphum  infnngere  alicui 
Frisch  1,  402",  eine  wendnng  liie  schon  im  ahd.  halsslagün 
culapliizare  (Graff  ti,  774),  mhd.  halssiagen  hervortritt,  so  ist 
damit  die  forlselzuny  der  hcüsUnie  nach  dem  ohre  hin ,  wo  hals 
und  wange  sich  berühren,  Itervorgehoben ,  und  die  bezeichnungen 
ohrfeige ,  backenstreich  betonen  tluerseits  wieder  nur  einen  von 
den  drei  körpertheilen ,  die  der  schlag  trifft,  redet  man  ferner 
von  kleidern,  die  man  am  halse  trägt:  cleider  am  halse  haben. 
Freiberyer  stadtreclU  286;  das  also  sein  kleid  teglich  an  seim 
halse  sein  mus.  Luthers,  311;  die  dem  armen  nechsten  seine 
alle  kleider  vom  Imlsz  gerissen  .  .  haben.  Schuppius  248 ;  so 
werden  unter  diesem  ausdrucke  auch  die  dem  halse  ndclisUiegcn- 
den  brüst-  und  sclttilterlhetlc  mit  begriffen,  vgl.  unten  II,  1,  ferner 
halsberge  und  halschen ;  ähnlich  ist  mhd.  den  schilt  ze  halse 
nemen  Erec  3215,  der  schild  deckt  mit  dem  halse  auch  den 
Oberkörper : 

an  dem  Schilde  er  sich  nibt  betruoc, 
der  wart  ze  halse  gehangen.    Crone  7431. 

dagegen  ist  in  der  fügung  den  hals  abschneiden,  wenn  6^e 
namentlich  von  mensclten  gebraucht  wird,  der  begriff  des  Substan- 
tivs verengt  und  nur  auf  den  vorderhals  bezogen,  sie  ist  gleich- 
bedeutend mU  die  kehle  abschneiden  5,396:  fünf  muiiale 
nachher  schnitt  sich  die  unglückliche  den  hals  ab.  daheim 
Ibli!»  s.  119*.  wenn  aber  mhd.  dichter  bei  Schilderungen  wäblicher 
Schönheit  umgekehrt  für  den  ganzen  hals  kel  setzen  (5,  395),  so 
entspringt  das  devi  umstände,  dasz  der  dichter  die  zu  schildernde 
scliönc  frau  geistig  vor  sich  sieht,  ihr  yleicitsam  ins  anllitz  schaut, 
und  daher  den  namen  des  ilim  entgegen  leuclUenden  vordern  hals- 
Iheiles  für  den  ganzen  hals  braucht;  später  werden  hals  und 
kehle  auch  zusammen  genannt: 

darzu  hat  auch  die  wolgehoren 

ein  häUlein  und  ein  kehlen  weisz.    H.  S^chs  5,  330*. 

2)  am  menschen  wird  Itervorgehoben  der  lange  hah»,  und  rfew 
kxrzen  haUe  entgegengesetzt:  sein  langer  gänsehals.  Schiller 
rnuber  4,2;  wenn  ich  einen  schönen  langen  hals  sehe,  musz 
ich  gleich  wider  willen  denken:  der  ist  gut  küpfen.  Goihe 
8,  208; 

nur  Babekan,  den  seines  nahen  falls 

kein  guter  geisi  verwarnt,  dreht  seinen  langen  hals. 

Wieland  Uberon  6,  35, 

ähnlich  heiszt  et  ein  dünner,  hagerer  hals  tm  gegensatz  zum 
fetten,  dicken,  welch  letzterer  auch  krankhaß  ist: 

tief  iu  den  höchsten  steierfelsen 
kenn  ich  ein  dörflein,  wo  man  meint: 
der  mond  wird  schuld  an  dicken  halsen, 
wenn  er  in  einen  brunnen  scheint. 

Lbnau  neue  ged.  240; 

dir  steife  hals,  entweder  die  folge  einer  krankheit,  ich  habe  einen 
steifen  hals  nagt  z.  b.  derjenige,  dessen  halsdrüsen  geschwollen 
sind;  oder  leidten  des  hochmuls:  darumb  dasz  die  töchter  Ziun 
stolz  sind,  und  gehen  mit  aufgerichlem  halse.  Jes.  3,  16;  oder 
endlich  zeidien  des  Starrsinns,  namentlich  im  Sprichwort:  er  bat 
solch  einen  steifen  hals  wie  ein  wolf.  Klein  qnadrupedum 
dupositio  60 ,  vgl.  halsstanig.  dagegen  neigt  der  demütige  und 
traurige  den  hals,  wie  sonst  er  btszl  den  köpf  hangen  (5,1753): 
Atrix  halsz  nid  sich  oder  giigen  der  erden  henken,  petere  ter- 
rani  cervia  .Maalei  207*.  ycpiiesen  vird  der  lange,  weisze,  wol- 
yerundete  halt  des  weites:  dein  haU  ist  wie  ein  olfenheinen 
tburni.  hoheliedl,*,  auch  in  dei  bihel  ron  11S3  6i.  31t';  »chnee- 
weiitzcr  halsz  niwsae  cervict»,  weiszer  glatter  halsz  wie  helfen- 
bein  eburnea  cervix ,  niveum  collum  Maalcr  207*;  ich  wollte, 
irb  konnte  den  nachtihaii  in  eiiiiern  auffassen  und  (Iher  ihren 
weiszen  hals  ausgieszen.  II.  v.  Kii.isr  Kathciien,  2.  ad  3.  > 


der  weisze  hnlsz,  das  goldgemengte  haar, 
der  roihen  lippen  ziclir.      Opitz  1,  bO, 

vgl.  alabastcrhals  1,  20U;  auch  Schwanenhals  hebt,  wenn  vom 
treibe  gebraucht ,  die  beiden  cigenschaften  der  länge  und  wcL\ze 
hervor,  die  feine  haut  des  habes  läszt  den  blutlauf  durclischim- 
mern  und  haucht  das  weisz  rosig  an,  daher  redet  man  von  einevi 
rosigen  hals  wie  von  einem  rosigen  nacken,  und  Maaler  über- 
tragt rosea  cervix  durch  hüpscher  schöner  halsz  207*.  auch 
lebhaftes  erröten  kann  noch  den  hals  ergreifen :  da  ward  das 
mannlciii  so  roth  am  hals  wie  ein  krebs  vor  zorn.  Göthe 
s,  25;  i'r  hörte  ihr  herz  klopfen  und  sah  ihren  hals  geröthct. 
Imherman.n  Mitncith.  3,  38 ; 

und  glut  ihr  plötzlich  bis  zum  hals  hinab 
das  antlitz  färbt.    II.  v.  Klkist  1,  125: 

du  schämtest  dich?  ganz  i'cclit.    auf  meinen  antrag. 

du  wardst  glutrotli  bis  an  den  hals  hinab. 

hiUhclicn  V.  llcUbr.  1,  2. 

Der  hals  wird,  wie  brüst  und  arme,  mit  wertvollem  schmucke 
verschen,  behängt,  vgl.  halsgeschineide,  halskette,  haisschmuck: 
hieiig  im  ein  gülden  keten  an  seinen  hals.  \Mos.  41,42;  denn 
solchs  ist  ein  schöner  schmuck  deinem  heubt,  und  eine  ketten 
an  deinem  halse,  spriiche  Sal.  1,9;  des  überausz  schönen  Sma- 
ragds, den  sin  am  hals  halte.  Simpl.  3,97  Kurz;  ein  anderes 
frauenziinnier  . .  tragt  die  schönste  corallen  ilm  ihren  weiszeo 
halsz.  AiiR.  A  S.  Clara  Judas  (l6&7)  1,392; 

dem  wil  die  küiiigiu  das  halspant  schenken 
und  im  das  selber  an  seinn  hals  henken. 

(astn.  sp.  763,  14; 
jetzt  band  die  wibschen  man  gelert, 
und  schmieren  sich  mit  affenschmalz, 
und  dönt  entblöszen  iren  halsz, 
vil  ring  und  grosze  ketten  dran, 
als  ob  sie  vor  sant  Lienhart  stan. 

Brant  narrensch.  4,  7, 

dieses  'den  hals  enlblöszen'  wird  durch  die  heute  übliche  fügung 
in  bloszem  halse  gehen  als  modelrachl  angedeutet,  da  in  eigent- 
lich ein  kleidungsstück  einführen  soU. 

3)  natürlich  wird  hals,  wie  vom  menschen,  auch  von  den  thie- 
ren  gebraucht:  nam  die  spangen,  die  an  irer  kamelen  helse 
waren.  ricIUer  8,21;  er  (der  Icviathan)  hat  einen  starken  hals. 
Hiob  41,  13;  der  obertheil  des  halses,  darauf  die  mahn  wächst 
{heim  Pferde).  Böckler  kriegsschule  966;  die  kupferschlange, 
auch  kreuzotter,  hat  einen  platten,  eirunden  köpf,  dünnen 
hals.  HtHEL  schalzkästl.  (I8b9)  «.  30; 

itzt  naht  sie  (die  taube)  sich  dem  groszen  spiegel,  .  .  . 
besieht  den  weiszcn  hals,  bewundert  ihre  flügel. 

Gellbrt  I,  18; 
wie  schön  der  kub  das  band  zu  halse  steht.    Scuillbb  517. 

An  dem  pferde  wird  besonders  hervorgeliüben  der  starke  hals: 
es  was  Euriolo  ain  apfelgrawes  pferd  ains  starken  ufrüstigen 
halses  mit  dickem  kampe  uff  die  rcchlcn  sytcn  geworfen 
und  ains  kleinen  houptes  sich  wol  zömcnde.  Wvle  transl. 
27,  19  heller;  ein  solcher  hals  galt  wol  ah  zeichen  der  ausdauci- 
eines  pferdes,  und  daher  scheint  starker  hals  formelhaß  für  ein 
ausdauerndes  pferd  gesetzt  zu  sein:  und  sol  der  vogt  riten  ein 
tag  und  ein  naht,  wu  den  hof  oder  das  dorf  not  an  got, 
mit  starkemc  halse,  weisth.  1,699  {von  13201. 

4)  es  haben  sich  an  hals  in  der  bedeutung  2  eine  anzahl  mehr 
oder  weniger  formelhafter  redensarten  angesetzt. 

a)  neiiißer  und  verlangen  lassen  den  hals  recken,  maclien  den 
hals  lang:  die  leute  machten  lange  hlilse,  um  den  fremden 
zu  sehen ;  die  leute  unten  auf  der  sirasze  machen  lange 
halse.  Kotzebde  werke  9, 159 ;  der  cardinai  hob  sein  haupt 
empor  und  reckte  den  hals,  daheim  t«s69  s.  114"; 

ihr  wenigen  jedoch,  die  ihr  bei  zelten 

den  hals  gestreckt  nach  jenem  himmelsbrote. 

Daniel  pitradies  von  Wim  2,  10, 
voi  altri  pochi  che  drizzasi«  'I  collo 
per  lempo  al  pan  dugli  angoli. 

6)  lebhafte  begrüszung ,  heftige  zartltchkrit  macJien,  dasz  man 
um  den  hals  fallt,  am  haUe  klebt,  hangt. 

iiinha  sinen  bals  er  im  vil, 

mit  gröjeme  jAniere  du  geschach. 

pas\ioii(it   IK'),  Ib  llnhn; 

W8D  er  von  frewdcn  weinde, 

und  fiel  im  umb  den  halsi  zu  ilund, 

und  kutte  in  dick  an  seinen  munt. 

ntid.  ifed.  *.  A>/f«r  104,  20; 

Ksiiii  aliiM  lief  im  entgegen  und  herzet  io,  und  fiel  in  umb 
den  hals  und  kUsAet  in.  t  Mos.  33,  4;  und  er  fiel  seinem 
i'""ier  Benjamin  uiub  den  hals  und   n^-mk'!      i    liminnin 


245 


HALS 


HAI.S 


246 


weinet  auch  an  seinem  halse.  45,  14 :  lief  und  fiel  im  unob 
seinen  hals  (golh.  draus  ana  hals  is).  Luc.  15,  20;  sie  sähe 
ihn  an,  öraut  fiel  sie  ihm  an  hals.  «nie.  doclor  333;  cares- 
siret  eure  braut  ein  wenig,  oder  wollet  ihr,  dasz  sie  euch 
um  den  halsz  Üiege?  Happel  acad.  roni.  41;  ich  hofte,  sie 
würde  mir  vor  freuden  um  den  hals  fallen.  Lessing  1,  2S5 ; 
er  fällt  ihr  weinend  um  den  hals.  Göthe  8,131;  ist  das  der 
sopha,  wo  ich  an  ihrem  hülse  in  wonne  schwamm?  Schiller 
Täuber  4,1;  hier,  hier  lag  er  an  meinem  halse.  4,4; 

der  bauer  Stephen  nahm  auf  öffenilicliem  plati 
die  Griete  bei  dem  liais  und  gab  ihr  einen  schmatz. 

Philasdsr  V.  D.  Li>DB  ijiitnute  'jeil.  (\'li)  <.  W. , 
yoniehmlich  must  du  dich  ihr  ganz  allein  ergeben, 
nie  aus  dem  hause  gehn,  ihr  au  dem  halsze  kleben, 
und  wo  es  jungfern'giebt,  nicht  einmal  freundlich  sehn, 
sonst  ist  es  allerdings  um  ihre  guns-i  geschehn. 

scheizliiilic  yeti.  (I7l3)  s.  15; 

wenn  mil  geivalt  an  deinen  bnis 

sich  allerliebste  mädcheu  hängen.     GöiBi  12,  15 ; 

das  madchen  bats  gesungen, 

da  klang  es  in  dem  walil, 

da  hing  an  ihrem  halse 

der  Schmucke  jager  bald.     Rüimick  /jeder  (1857)  ».  199. 

c)  aber  auch  der  gegiiei  geht  einem  an  den  hals,  will  einem 
zu  halse,  wie  sonst  geht  an  die  kehle,  an  die  gurgel;  das 
bild  ist  ößers  an  die  lietzjai.d  gelehnt ,  «o  die  lutnde  das  wüd 
am  halse  packen:  die  ru^mde  inegare  I  ist  das  nicht  der  dritte 
reichsritter .  den  sie  mir,  einem  hund  gleich,  auf  den  hals 
hetzt,  um  mir  diese  landschafl  abzujagen!  H.  v.  Kleist 
hdlhchen  v.  Hedbr.  2.  3 ;  dasz,  so  bald  wir  gleichwol  für  uns 
ausz  freiem  geist  etwas  nützliches  erfunden .  ein  jedwedes, 
Italien,  Frankreich  oder  Engelland,  uns  alsofurt  auf  den  hals 
springen  wii.  H appll  acarf.  rom.  S2;  wer  aber  jedermann  über 
den  hals  steiget,  nicht  leiden  kann,  dasz  ein  «ndrer  neben 
ilim  sein  auf-  und  auskommen  haben  soll ,  reiszt  ihm  den 
bissen  brod.  den  ihm  gott  gönnet  und  gibt,  vor  dem  munde 
weg,  der  bilde  sich  golles  segen  nur  nicht  ein.  Otho  3>>7; 
wie  sie  mir  denn  gerne  auf  den  hals  wären  gewesen.  Schwei- 
MiCHEN  1,  287;  da  man  nun  die  cammer  öffnet,  fället  der 
rasende  mensch  auch  andere  an,  und  da  er  auch  einem,  so 
ein  röhr  in  der  band,  zu  halse  ge«üll,  soll  er  von  demsel- 
ben durchschossen  worden  sein.  Eh.nst  hi^lor.  confecUafei  454 ; 
wil  mir  darumb  iemand  zu  halse,  dasz  ich  sein  abgeschmackt 
factum  erzühlel.  polii.  maidaffe,  vorrede;  sie  will  ihrem  mann 
mit  einem  messer  zu  halse  laufen  und  es  auf  die  spitze  an- 
kommen lassen.  ScRivER  seeiensch.  2,  *2S.2;  dasz  die  Universi- 
täten in  Teutschland  mir  würden  an  h;ilsz  geralhen.  Schuppics 
SuO ;  der  hjpochondrist,  . .  dem  arzl  iraiiur  zu  halse  gehend, 
der  mit  ihm  seine  liebe  noth  hat.  K.\m  in,  227;  sie  fuhr 
mir  nur  zu  bald  mit  einem:  was  belieht  ihnen  mein  herr? 
auf  den  hals.  ThChnel  reise  3, 153 ;  mein  weih  fährt  mir  mit 
ungeheurer  leidenschaft  und  mit  entselziichcm  Ouchen  auf 
den  hals,  tractirt  mich  als  Pluto.  Götiie  14,  tj2;  es  hätte 
mir  's  herz  abgefressen,  wenn  ich  ihnen  nicht  sollte  an  hals 
gekommen  sein.  42,71; 

könnt  ich  ihm  nur  an  hals,  wie  wollt  ich  ihn  zerzausen. 

7,  1U2. 

Demnach  vnrd  die  redensarl  einen  gegner,  feind,  einen  zu- 
diinglichen  sich  vom  halse  schaffen ,  laer  angelehnt  werden 
können:  es  komme  nun  allein  darauf  an,  sagte  er,  sich  den 
Dion  vom  halse  zu  schaffen.  Wielaxd  2,  304;  so  bald  man 
sich  nur  erst  den  Dion  auf  eine  oder  andere  art  vom  halse 
geschafft  haben  würde.  3,  127;  dasz  er  sich  seinen  neben- 
buhler  gern  vom  hals  geschafft  hätte,  glaub  ich  ihm  herz- 
lich gern.  Schiller  kab.  u.  liebe  1,5;  den  feind  ab  dem  halsz 
treiben,  a  ceriicibus  averlere  hostevi  .Maaler  207*;  aber  sie  wird 
auch,  namenüich  wenn  sie  von  nur  lästigen  personen  gebraucld  wird 
oder  gar  auf  dinge  gefU,  an  deti  hals  als  lasten  tragenden  anzu- 
knüpfen sein  {vgl.  unten  8, /i).  der  gegner,  der  friede  machen 
will,  läszt  vom  halse:  nun  so  wollen  wir  dir  nicht  ehe  vom 
halse  laszen,  du  thust  es  dann  {unsern  willen).  H.  J.  v.  Bhaln- 
schweic  181,  22  Holland. 

d)  die  alle  sitte,  dem  an  den  pranger  gestellten  Verbrecher  eine 
lafel  mit  der  angäbe  seiner  schuld,  dem  siechen  und  narren  ein 
warnendes  blech  an  den  hals  :u  hangen  (vgl.  kiemperlein  5, 1143) 
klingt  noch  in  redensarten  nach;  so  sagte  ein  madchen  nun  habe 
ich  die  schände  am  halse;  er  wird  einen  unnamen  am  hal<e 
haben,  ehe  er  sichs  versieht,  und  eine  christliche  geineine 
macht  ein  kreuz  vor  ihm.  Gothe  50,  224;  solt  eineu  fuchs- 
sch«\anz    an    hals    henken.    Gurg.  122%    der  fuchsschwanz  war 


zeichen  für  einen  verläumder ,  s.  4,353;  ich  musz  gestehen, 
dasz  der  himmel  mir  halbnarren  ein  schweres  blech  an  den 
hals  gehangen  hat.  A.  v.  Grü»  in  Mercks  briefs.  3,  255 ;  in 
vielen  Wendungen,  nie  schon  in  der  letzten ,  ist  das  hOchst  abge- 
blaszl,  weniger  sciiande  und  schmach,  als  allgemein  übles,  schlim- 
mes ist  das  was  man  am  halse  hat,  was  am  halse  hdnr^: 
würden  sie  mir  ihre  verwandten  an  den  hals  hängen,  welche 
einen  injurienprocess  mit  mir  würden  anfangen  wollen. 
ScBDPPics  501 .  und  die  redepsart  vermischt  sich  mit  der  unten 
8,  c  aufzufiihrenden. 

e]  verschiedene  Wendungen  heben  die  Verletzungen  des  halses  als 
lödlliche  hervor,  nainentlicli  das  brechen,  abfallen,  abstürzen  deslial- 
ses:  mhd.  ich  «ande  etweune  wie  wir  fliegende  sollen  wer- 
den, und  kloMi  üf  einen  boum:  ich  mOrhte  uen  hals  b4n 
ob  gevallen.  </.  myst.  1,295;  nhd.  seine  anderen  gesellen  er- 
schracken  des  falls  sehr  übel,  liefen  hinzu,  meinten  er  wer 
den  hals  gar  abgefallen.  Wickra«  roÜir.  170,  7  Kurz:  dann 
ich  hatte  so  wenig  im  sinn  zu  meinem  regiment  zu  gehen 
als  den  hals  abzufallen.  Simpl.  1,351  Kurz;  über  welchen  fall 
(rotn  Pferde  in  einen  graben  hinab)  er  den  hals  gestiii-zet.  Ernst 
kistor.  confecttafei  299; 

und  solt  ich  .  .  den  hals  über  ein  spindel  abrallen. 

fasin.  sp.  2t>7,  1 1 ; 
wenn  trotze  tyrannei  den  strengen  halsz  abstürzt. 

A.  GRtPuii's  iü(>3  j.  394; 
alter  bampelmann, 
im  schreien  wird  er  noch  den  hals  abstürzen. 

Tuet  kais.  Uctatiun  II,  2.  acl; 

fiel  er  zu  rück  vom  stuel  am  thor,  und  brach  seinen  hals 
entzwei ,  und  starb,  t  Sam.  4.  18 ;  hie  feilt  dieser  den  hals 
entzwei.  Lltber  3, 384 ;  A.  ich  bin  aus  dem  fenster  gesprungen. 
R.  so  wollt  ich ,  du  hättest  den  hals  gebrochen.  Kotzebge 
werke  9,196;  und  wir  haben  fast  die  halse  gebrochen.  Göthe 
14,  83 ; 

der  Junker  bricht  den  hals.    HAeutoRH  2,  144; 

auch  hals  und  hein  brechen ,  mit  dem  halse  auch  die  übrigen 
knodten:  wenn  der  strick  zurisse,  so  fiele  ich  herunter  und 
bräche  hals  und  bein.  A.  Gryphics  fet.  Squenz  6:  darin  ist 
er  klüger  als  mancher  mensch,  der  schon  hals  und  bein  ge- 
brochen hat.  Hebel  schatzkästl.  {iS59)  s.  105.  der  teufel  bricht 
bösen  den  hab :  da  ihnen  der  teufel  lange  die  halse  gebrochen. 
ScHOCH  stud.  leb.  D* ;  feinden  bricht  «lan  den  hals,  hals  und  bein  : 
das  ist  ein  gutes  Patrimonium,  welches  man  im  husen  trägt, 
wer  einem  das  nimbt ,  der  musz  einem  den  hals  brechen, 
und  alsdann  bedarf  er  kein  brodt  mehr.  Scncppics  S6;  dasz 
sie  dem  armen  David  . .  solle  den  hals  brechen,  s.  227 ;  da- 
rumb wolt  er  dem  Simei  damals  den  hals  nicht  brechen 
lassen,  s.  279 ;  so  mag  ich  ihm  den  halsz  brechen.  Chr.  Weise 
kl.  teilte  20#;  oder  meint  er.  dasz  ein  abgedankter  ofBcier 
nicht  auch  ein  officier  ist,  der  ihm  den  hals  brechen  kann? 
Lessing  l,  512; 

i-!s  recht,  dasz  man  den  eid  und  (lirsten  halse  bricht! 

A.  Gktphios  (1698)  1,  82; 

auf  dem  (dem  bnnket)  nach  langer  ebr 

er  seines  vatern  brüst  mit  eigner  Taust  durchstochen, 

und  seines  bruders  hals,  o  greuel,  hat  gebrochen.     1,  138; 

wer  nicht  gleich  accordirt,  dem  bricht  man  hals  und  bein. 

Philander  v.  d.  Limde  schtrzU.  ijed.  (1713)  s.  121. 

streitende  brechen  sich  die  halse:  es  wären  zween  fremde  ker- 
len  an  einander  gerathen ,  die  weiten  einander  die  hülse 
brechen.  Chr.  Weise  erzn.  28; 

um  ein  billet  sich  fast  die  bälse  bricht.    Götuk  12,  10. 

so  teird  endlich  von  einer  bösen,  gefältrliclien  sacke  gesagt,  dasz 
iie  einem  den  hals  bricht.  Um  ins  verderben,  in  den  Untergang 
bringt :  das  bricht  ihm  den  hals,  er  soll  erfahren  was  das 
heiszt ,  einen  Spanier  mitten  in  der  bürgerlichen  ruhe  zu 
befehden.  Göthe  10,  107;  ah,  nun  hab  ich  dich  herrchen! 
das  bricht  ihm  den  hals,  heisz  mich  einen  Schreiber,  wenn 
ich  den  buhen  nicht  in  zwei  tagen  im  gefängnisz  habe. 
10.  Sl;  wie  so  vieles  in  diesem  feldzuge,  was  ihm  den  hals 
gehrochen  haben  würde,  wenn  er  einen  groszen  feldherm 
gegen  sich  gehabt  hätte.  Niebcrr  leben  C.  fiiebulirs  1,562.  — 
Mit  anderm  verbalen  ausdruck  dreht  man^einem  feind  den  hals 
um :  komm  nur  heraus  vor  die  thür,  ich  drehe  dir  den  hals 
um.  KoTZEBCE  werke  8,218.  was  sonst  aucli  vom  teufel  gesa^ 
wird:  der  teufel  .  .  rief  ihm  nach:  das  war  dir  gerathen, 
denn  wärst  du  zurückgetreten,  hält  ich  dir  den  hals  umge- 
dreht.  Grimm  deutsche  sagen  no.  202. 


247 


HALS 


HALS 


248 


/)  der  hals  spielt  nun  in  dem  peinlichen  gerkhtsxerfahren  eme 
grosze  rolk.  da  die  lebenxstiafen  gewiihiilicli  am  halse,  durch  ent- 
haupten oder  hänyen  vulhofien  werden,  die  oberste  gerichtsbarkeit, 
die  über  das  leben  eines  unterthanen  gvwalt  hat,  wird  durch  die 
allUlerierende  formet  gericht  über  hals  und  hanpl  bezeichnet: 
die  hoisten  geiiclite  iiher  hals  und  heubt.  weisth.  1,556  note ; 
sie  bekennen  und  weisen  einen  graven  von  Wiede  in  gp- 
meltem  bezirkh  vor  einem  gewall herrn  zu  gebieten  und  ver- 
bieten, zu  richten  über  hallz  und  huubt.  i.  S33;  sollen  und 
mögen  Ihnen  richten  über  den  leib ,  halsz  und  haubt,  dieb 
und  diebin.  und  alle  andere  slraflliar  inisslhciige  menschen. 
2,153;  vgl.  das  fries.  thet  he  sines  halses  ieftha  sines  häf- 
des  scheldech  wfre.  Richthofem  12',  8.  ähnliche  furmvln  sind 
gericht  über  hals  und  halsbein,  vgl.  unten  halsbein;  gericht 
zu  hals  und  bauch.  Haltaus  784;  s.  bauch  2,  //i.  1, 1164.  eine 
andere  formet  richten  über  hals  und  band  betont  die  befugni^, 
den  Verbrecher  am  leben  zu  strafen  oder  Um  gefesselt  zu  halten  : 
daj  gerichte  si  über  hals  unde  über  hanl.  Suc/i-wns/).  3, 52,  §3; 
und  ich  in  dem  seibin  dorf  habe  czu  richlin  ubir  hals  und 
ubir  hant ,  czu  hengin  und  czu  blenden.  Maydcburger  blume 
1, 107 ;  sie  haben  so  gesunde  begriffe  von  der  gewalt  über 
hals  und  band.  Rabener  satiren  3, 118.  im  peinlichen  prozesse 
geht  daher  die  klage  für  den  misselhäter  an  den  iials :  wez,  leip 
bricht,  dej  leib  sol  bessirin.  alle  ander  sachin  ghen  an  den 
hal;,  wo  ij  abir  einr  ungerne  tet  udir  in  notwere,  der  hört 
genode  czu.  Magdeb.  blume  2,  5,  9 ; 

und  zeugen  wider  die,  die  mit  gescliminktem  schein 
auf  ihres  liönigs  hals  selbst  part  und  richter  sein. 

A.  Ghvphils  1603  s.  301. 

der  kläger  gewinnt  dem  Verbrecher  den  lials  an  (s.  angewinnen 
I,  352):  smaheit  dy  man  einem  ralmanne  tut  in  siczindim 
rate,  mag  man  vorderen  vor  einen  fredebroch,  und  mag  den 
frcdebroch  mit  seinem  eitgenosin  ubirczugin ,  und  gewint 
ime  an  seinen  halj,  ob  er  in  peinlich  dorum  anspricht. 
Magdeb.  blume  2,  2,  245  .  indem  er  für  die  Wahrheit  seiner  be- 
zicitiigung  viit  dem  eigenen  halse  haftet:  würd  es  falsch  befun- 
den ,  beulst  du  deinen  hals  der  strafe  des  mords  und  des 
ehebruchs?  Göthe  8,  loo.  der  schwere  Verbrecher  ist  auf  den 
hals  gefangen,  unter  der  aussiciU  das  leben  verwirkt  zu  haben 
(vgl.  auch  unten  g\: 

darinne  ligt  ein  Junger  knab 

aul  .«einen  hals  gelangen.     Uhiand  t'otts/.  300. 

das  beireffende  urtheil  uird  über  den  hals  gesprochen :  Jona  mus 
...  selbs  ein  urleil  über  seinen  hals  feilen,  das  sie  in  er- 
seuffen  müssen.  Lltiier  3,206'; 

musz  mein  vertroffen  blut  ja  zum  gericlit  aufstehn, 
80  lasz  den  ausispruch  nicht  aul'  iniands  hals  ergehn. 

A.  Gr»puius  HH)3  s.  353; 

ists  vrahr,  dasz  könige  noch  henkor  fürchten  müssen, 
und  dasz  ob  deinem  halsz  ein  lodesurtheil  schwelilV 

i'HiLANüKH  V.  u.  Ll^DK  ijitluiile  ijed.  (1713)  s.  15; 

Jer  rtc/i/rr  gebietet  und  verbietet  bei  dem  halse ,  wenn  auf  die 
Übertretung  sein«  befehls  lebensstrafe  stelü:  vrede  sal  man  {beim 
goUesgerichl)  deine  warve  bieden  bime  halse ,  da;  se  nieman 
erre  au  irme  kampe.  Sachsen.ip.  1,  63,  4;  auch  bei  hals  und 
wiede,  die  wiede  diente  zum  aufknüpfen  des  Verbrechers  (vergl. 
halsniede) : 

wer  dem  andern  tnot  die  hant, 

w;er  er  über  daj  drille  lant, 

der  li;ete  getriuweliclien  vride 

bi  dem  halse  und  bi  der  wide.    tivt.  chron.  4U23; 

und  die  hingäbe  des  halses  ist  die  sühne  auch  für  das  grösle 
verbrecheri ,  nach  dem  rechlssprichwort :  mit  dem  hals  bezahlt 
man  alls.   I'i^tobius  thes.  paroem.  lo,  uo.  51,  s.  1015. 

Von  disser  formelhaften  Verwendung  des  halses  in  der  rechts- 
sprache  sind  Ane  anzahl  redentarten  in  das  gemeine  leben  ge- 
drungen, so  von  der  anklage  her,  die  an  den  hals  gehl:  das 
ist  eine  biise  geschichle,  die  geht  an  den  hals;  auch  das 
geht  an  hals  und  kragen,  vergl,  kragen;  dasz  ein  Judiriuni 
turpe  .  .  eine  causa  capitis  ist ,  so  wenig  »ie  auch  an  den 
baU  ging.  NiEbUHR  1,642; 

mild,  dat  es  im  an  den  halt  gil, 

«wer  ein  kint  zu  tude  tlit.    pasnionat  M,  48  Khfike; 

von  dir  vollilrcckuny  da  urtheils  lu-r :  duinit  wir  ..  in  Unglück 
und  uuib  die  häNe  kommen.  RtUTtR  von  Spkik  *riff;.«>r(/n.  31 ; 
er  und  seine  Kühne  kamen  auf  einen  tag  umb  die  h!ll«e. 
N:HiiPMi:it  3VV;  so  dasz  sie  unvernieikt  einer  nach  dem  an- 
dern um  den   hals   kamen.   Heiima"'-  /'v  ■'    ""      1  •-   mmIcii 


möchte  anderwerts  bei  disen  weiter  einen  umb  den  halsz 
bringen.  .\.  Ghyphius  seugammel^;  wenn  jenes  durch  enthaup- 
ten geschieht,  heiszt  es  den  hals  kürzen ,  wie  sonst  einen  eines 
kopis  kürzer  machen,  vgl.  5,1751: 

ich  machen  etzelichen  den  hals  kurt, 

de  nu  levende  is  ind  gesund.    Karlmeinet  48,  27. 

gleichfalLi  aus  dem  peinlichen  rechte  sind  die  formein  an  seinen 
besten,  an  seinen  einigen  hals  aufhängen,  in  die  gemeine  rede 
aufgenommen,  formein  die  wol  nichts  wollen,  als  die  wiciüigkeit 
des  halses  für  die  vorzunehmende  execution  besonders  hervorheben : 
und  sol  in  führen  bei  einem  grünen  bäum  ,  da  soll  er  in 
ankuüplen  mit  seinem  besten  hals.  Reuter  v.  Speir  krieys- 
ordn.i';  gestalt  ihn  unser  general  alsobald  an  seinen  aller- 
besten hals  aufhengen  . .  liese.  Simpl.  l,  204  Kurz;  als  ein 
meineidiger  uberläuler  mit  seinem  allerbesten  hals  an  einen 
baiini  geknüpft  worden.  3,43;  ähnlich:  schildwacht,  gieb  wol 
aclilung  auf  deinen  poslen, ..  dasz  du  Ja  nicht  etwan  schlafest, 
sonst  kostet  es  deinen  besten  lials.  Hamlet  bei  Coltn,  Shakesp. 
in  Gennany  s.  247.  noch  Lessi.ng  braucht  sache  meines  ein- 
zigen halses  für  capilalsaclie :  ich  fieng  so  ruhig  an,  so  fest 
entschlossen,  alles  was  ich  zu  sagen  habe,  so  kalt,  so  gleich- 
güllig  zu  sagen,  als  ich  bin,  wenn  ich  auf  meinen  spazier- 
gangen vor  langer  weile  schritte  zähle,  und  ich  ende  so 
bewegt,  kann  es  so  wenig  in  abrede  sein,  dasz  ich  vieles 
so  warm,  so  theilnehmend  gesagt  habe,  als  ich  mich  schä- 
men würde,  in  einer  sache  meines  einzigen  halses  zu  sprechen. 
10, 120.  —  Wer  noch  eben  durch  klugheit  die  strafe  für  ein  ver- 
brechen von  stell  abwendet,  von  dem  sagt  man,  er  ziehe  den  hals 
aus  der  schlinge  (nämlich  des  Strickes  der  ihn  hängen  soll):  und 
der  einnehmer  wird  auch  sehen,  dasz  er  den  halsz  aus  dei 
schlinge  zeuciit.  Chr.  Weise  bdur.  Machiavell  105. 

Üie  Imifige  strafe  des  henkens  erzeugte  einen  kunstausdruck : 
der  Verbrecher  stüszt  oder  zieht  den  hals  am  galgen  ab,  da  er 
ihm  durch  den  henker ,  der  den  gehängten  an  den  beinen  zieht, 
gebrociwn  wird:  wer  nicht  alt  will  werden,  stosz  den  hals 
jung  am  galgen  ab.  Gary.  I70',  dieser  ausdruck  ward  freier 
auch  auf  einen  bezogen,  der  sich  in  quäl  und  not  ums  lehen 
bringt:  bergkarbeit  ist  ein  rossarbeit,  und  mancher  hebt  an 
schweren  berg  und  wasserhaspeln  ,  das  er  nicht  allein  blut 
auszwirft,  sondern  zeucht  oft  auch  den  halsz  gar  daran  abe. 
Matiies.  Sar.  145";  sogar  von  untauglich  werdenden  dingen:  denn 
man  wil  auch  sagen ,  das  der  magnet  seinen  halsz  abziehe 
und  kraft  verliere,  wenn  er  neben  eisen  ligt  und  schwebt 
im  compast.  142'. 

Die  furcht  vor  der  lodesstrafe  spricht  sich  in  manchen  Wendungen 
aus,  die  ein  gewisser  humor  durchzieht:  behüte  der  himmel, 
meine  beste  und  gnädige!  dem  Überbringer  müszte  der  hals 
eben    so  jucken ,    als    der  schreiberin.    Schii  leb  kab.  u.  liebe 

4,  9;  ja,  so  denkt  jeder  zuerst:  was  sollst  du  mit  deiner 
nase  voran  ?  hängt  doch  der  hals  gar  nah  damit  zusammen. 
Göthe  8,198; 

allein,  gesetzten  falls, 
ich  zeigte  mich!  ja  dann  —  es  krabbelt  mir  am  hals! 

7,  66. 

Neben  all  diesen  Wendungen  ist  der  gemeinen  spräche  bis  heute 
als  besonders  häufig  gebraucld  verblieben  das  kostet  den  haU, 
das  verbum  betont  hier  die  zu  kUtende  vergeliuny  für  etwas  ije- 
thanes,  ursprünglich  doch  als  strafe .  yleicli  ist :  das  kostet  den 
köpf,  s.  5,1869;  oft  in  ganzer  schärfe  gesetzt:  das  ist  eine  böse 
sache,  die  kann  den  hals  kosten ;  wenn  er  zu  seinem  herrn 
Saul  ftele,  so  inöchts  uns  unsern  hals  kosten,  l  cliron.  13,19; 
oft  in  milderm  sinne:  du  blutest  ja  —  was  hast  du  gemacht? 

5.  narr,  einen  spasz,  der  mich  bald  zwei  beine  und  einen 
hals  gekostet  hätte.  Scnii.i  er  niwfcer  3,2;  namentlich  dann  ab- 
tjeblaszt,  wenn  es  negativ  das  kostet  den  hals  nicht  slelU:  \vird 
dir  denn  ein  vergebener  gang  gleich  den  hals  kosten?  Lhs- 
MNC  1,  275;  das  bischen  dahlen  wird  doch  den  hals  nicht 
kosten  sollen!  RABE^•EH  satiren  3,57;  was  sogar  häufig  bei 
Preisangaben  gebraucld  wird,  um  zu  betonen,  dasz  eine  sathe 
uidU  bedeutend  tlieuer  sei:  kaufen  sie  doch  den  schiuuik,  er 
kostet  den   hals  nicht ; 

ei,  was  branrlit  man  um  glücklich  lu  teia ! 
das  wird  ja  den  lial.i  nucli  nicht  kosten. 

Ancilt  ffüt  ilrr  liunAwi-iki'i. 

der  Verlust  an  schärfe  wird,  wie  hier,  auch  noch  an  andem  wen^ 
düngen  deutlich;  eine  von  der  olien  t  (.<;*.  2 n)  gegebenen  ver- 
schiedene  rrdensart    an    den   haU  schlagen    kniipft  rigentluh  an 

den   riilhaui'lru.lfri    luul.ii    i;ii  .     cv   steht   alifi    nur    li/.^    inii.li'   um- 


249 


HALS 


Hals 


250 


Schreibung  für  umbringen:  wann  er  nur  einen  kerl  ansüLe, 
der  ihm  sein  tag  niemalii  nichts  leids  gelhan,  so  hätte  er 
ihn  gleich  an  den  hals  schlagen  mögen.  Simiil.  3,  Hb  Kurs; 
gotl  schlaget  manchmal  einen  harten  und  unvernünftigen 
Nab:il  an  den  hals,  und  machet  eine  kluge  und  tugendhafte 
Aligail  frei.  Scbi\ t.n  seeUnsdi.  2.282,  nachlSam.  25.  3S ;  ähn- 
lich hals  und  köpf  verlieren  für  umkommen:  hingegen  aber 
musten  sie  sich  auch  befleiszen  einzutragen  und  in  solcher 
arbeit  weder  tag  noch  nacht  zu  feiern ,  und  sollen  sie  hals 
und  köpf  darüber  verloren  haben.  Simfjl.  3.  84  Kurz;  noch 
verwischter  i^t :  welcher  kummer  meinen  vater  um  den  hals 
gebracht  (ei  uar  vor  kummer  gestorben).  Schweinichkn  1,2^1; 
soyar  von  dinyen  gesagt:  wann  dieser  stürm  noch  2  stunden 
wehrete,  lieget  das  schilT  am  legcrwall  und  ist  umli  den 
hals.  pers.  reisebeschr.  2,  2,  d.  h.  ist  zerstört,  unbrauchbar  ge- 
macht; dJinlich  mitd.: 


eine;  lieijet:  $inirw  die  hant. 

dd  da;  kom  in  ditziu  lant. 

dö  was  dem  retit  der  hals  abe. 


Tkichüi*  91  Karajan. 


Bemerkensuert  als  unverstandenes  füierbleibsel  eines  alten  pein- 
luhen  recläsyTundsatzes  ist  die  in  yiederdetitschland  lebende  redens- 
art  hals  geben  für  gestehen,  verraten,  ausplaudtrn : 

wenn  du  von  de  geschicliten  hals  deist  geweii, 

deuo  bew'k  kein  raulige  stuo'  in  miiien  ganzen  lenen. 

Keitkr  rei'  nach  üelliijen  260; 

nach  altem  rechte  konnte  nur  der  geständige  veibreclurr  lebensstrafe 
erleiden,  und  das  bekennlnis  der  misidhat  zog  den  verlast  des 
halses  nach  sich,  uie  es  im  sprichuvii  heiszt :  was  das  maul  sagt, 
das  musz  oft  der  hals  bezahlen.  Lehmann  201. 

g)  man  sielU  aus  dem  vorlter gehenden,  wie  der  hals  so  symbol 
des  lebens  wird,  und  dies  tritt  noch  in  mancher  äfmliclien  weise 
hervor  : 

das  ist  gar  ein  engstliclier  zol, 

den  man  beim  tials  bezalen  sol, 

seit  dai  ir  mordes  waltet. 

Dietrichs  erste  ausfahrt  144; 

derhalben  habe  ich  öfTenllich  dispuliil,  das  ist  jederman, 
hohes,  millelniesziges  und  niedriges  Stands  zu  meinem  groszeu 
Unglück,  ja  wider  meinen  hals  erregt.  Lutueb  1.  55';  derhal- 
ben gilts  uns  nu  binfurt  den  hals  an  die  freiheit  zu  setzen, 
sie  zu  erhalten.  3,  206';  so  das  sie  dennoch  mit  gewehrter 
faust  ihre  halse  nach  der  acht  Iheuer  genug  verkauft  haben. 
ScHtrrz  Freuszen  102 ;  welche  haben  für  mein  leben  ihre  helse 
dargegeben.  P,0tn.l6,A;  sein  halsz  darstrecken,  sein  laben  in 
gefaar  setzen,  ein  anderen  bei  dem  laben  zii  erhalten.  .Ma.\ler 
20S';  und  solle  mich,  so  lieb  mir  der  hals  würe,  in  keines 
andern  herrn  dienste  nicht  einlassen.  Sciiweimcuen  1,  29G; 
und  ich  war  bei  meiner  eigenen  gesellschaft  meines  halses 
nicht  sicher.  3,  61;  die  haben  sie  in  das  höchste  ungliick, 
um  ihre  Wohlfahrt,  und  ihrer  ein  theil  um  ihre  hülse  ge- 
bracht. SciicpPiLS  22S;  fechten  wir  nicht  für  hals  und  freiheit? 
Schiller  räuber  2,  3 ;  mein  ganzer  einflusz  ist  in  gefahr,  wenn 
die  partie  mit  der  lady  zuiückgeht,  und  wenn  ich  den  major 
zwinge,  mein   hals.  kab.  u.  liebe  3, 1. 

h)  ab  von  den  bisherigen  liegt  die  redensarl  hals  über  köpf, 
über  hals  und  köpf,  dänisch  over  hals  og  hoved ,  eine  siüi 
überstürzende  eile  zu  bezeichnen,  über  die  mit  manchen  ähnlichen 
unter  köpf  5,  1750  berichtet  wird,  besonders  drastisch  sciieinl 
hals  über  köpf,  es  malt,  wie  unten  hin  iicIiOiiqes  zu  oberst  er- 
scheint: stürzte  sich  hals  über  köpf  den  thurm  hinunter. 
Grijui  deutsche  sagen  no.  205;  daher  eine  verwirrende  etle:  als 
ich  zur  bestimmten  stunde  nach  seiner  wohnung  gieng,  fand 
ich  das  leere  nest;  hals  über  köpf  »var  er  abgereist.  Immer- 
«*!«."«  Münelih.  1,  170;  gebräuchlicher  ist  über  hals  und  köpf: 
dasz  ich  nicht  unbehend  auf  den  darbei  stehenden  tritt  sprang, 
aber  in  einem  hui  über  hals  und  köpf  herunter  purzelte. 
Simpl.  2,  273  Kurt;  die  (ziegen)  sprangen  über  köpf  und  hals 
mir  Tor,  dasz  ich  bald  keinen  schwänz  mehr  sah.  urMie  mann 
im  Tockenb.  34;  dasz  ich  beschlosz  über  hals  und  köpf  zu 
heirathen.  Kotzebue  weike  8,  153;  der  söhn  ..  stürzte  sich 
über  hals  und  köpf  in  das  abenteuer.  Gütue  21,  86;  damit 
ich  sie  über  hals  über  köpf  forlschicken  kann.  Weisze  kom. 
opern  l,  50; 

es  ist  hier  nicht  genug,  die  arme  rede  iwingen, 
die  sinnen  über  haUt  und  kupT  iu  reime  bringen, 
der  »orter  beokt-r  sein.  Ohti  2,  28. 

i)  andere  bilder .  von  einem  erregten  oder  erschrockenen  wird 
gesagt     ihm   <:i-hlägt  dn-^  herz  bis  an  den  hals;  gestern,  denkt. 


gingen  von  seinen  leuten  vorbei  und  sangen  lobliedchea  auf 
ihn  .  .  das  hei^  schlug  mir  bis  an  den  hals.  GöruE  ^,194; 
der  volkswitz  spottet,  es  habe  einer  studiert  bis  an  den  hals. 
so  dasz  nichts  in  den  köpf  gekommen  sei ;  wer  viel  zu  Üiun  hat, 
klagt  er  stecke  bis  an  den  hals  in  arbeit,  ähnlich  sagt  man 
von  einem  tief  verschuldeten  er  stecke  bis  an  den  hals  in  schul- 
den.  er  ragt  eben  nur  noch  mit  dem  köpfe  daraus  hervor,  so 
dasz  er  nicht  ganz  versinkt,  vgl.  eine  ähnliche  Wendung:  und 
also  fehlete  es  an  nichts  Solanden  zu  vergessen  und  die 
zu  halse  getretene  heiratb  mit  Armatim  zu  vollziehen.  polU. 
stockf.  315.  die  heiral  war  nachgerade  so  dringlich  i/eworden,  dasz 
sie  in  vergleich  zu  dem  sclion  sehr  hoch  getretenen  was>er  bei  einer 
übirsclucemmung  gesetzt  wird,  wer  in  der  hiiciisten  bedränynis 
ist,  dem  liegt  der  strick,  die  vtiede  am  halse  {sonst  das  mes- 
ser  an  der  kehlei,  ein  bild  hergenommen  von  der  thätiykeit  des 
henkers:  bei  glück  und  guten  tagen  thut  man  nicht  viel  nach 
Christo  fragen,  wenn  aber  das  wasser  über  die  körblein  gfht 
und  uns  die  wid  am  halse  ligt,  wie  man  sagt,  da  ist  nichts 
über  gottes  wort.  Otuo  979. 

h)  unsern  vorfahren  war  der  freie  hals  symbol  der  persön- 
lichen freiheit ,  und  es  bildete  sich  läernach  ein  adjectivum  ahd. 
frihals  Über,  eigentlich  freien  hals  habend,  und  ein  in  den  allen 
dialccien  weit  verbreitetes,  abstraü  gewordenes  Substantiv  yoth.  frei- 
hals freiheit,  ahd.  fries.  frihals,  ags.  freols,  altn.  frials,  was 
noch  im  scktced.  friils,  dän.  frels  fortlebt,  am  lebendigsten  ist 
die  alte  sinnliche  bedeutung  im  friesischen  gewahrt ,  und  es  geht 
hervor,  dasz  ursprünglich  nicht,  wie  4.  111  gesagt  wird,  der  freie 
hals  der  ist ,  welcher  kein  joch  auf  sich  trägt ,  sondern  der  der 
von  der  halsfessel,  der  gefangenschaß  ledig  ist,  man  le>selte  unter- 
vor/ene,  gefangene  am  halse,  und  dem  freien  halse  slelU  der  ge- 
fangene hals  gegenüber:  gefangner  halsz.  wenn  ein  gefangner 
ein   kettin  am  halsz  hat,  capltva  cercix  .Maaler20:'; 

in  das  g-efängnisz  gehn? 
den  hals  ins  eisen  stecken? 

II.  V.  Kleim  zerbrach,  krug,  11.  aufir., 

schon  tu  Cädmons  genesis  ist  der  aufrühreiisch  gewesene  und  von 
golt  wieder  unterjochte  satan  in  dieser  weise  geschlossen : 

licgad  nie  ynibütan 
heardes  Irenes  h.ite  gcslä^eue 
grindlas  sreäie,  mid  |)y  rae  god  haratf 
gebalted  be  t>am  halse'.  Usö; 

bei  Jen  Friesen  luUle  uh  lange  die  tradilion  erhalten,  dasz  sie  als 
unterjochte  des  Üänenb:nigs  Radbod  eine  hölzerne  fessel  um  den 
hals  trugen,  von  der  sie  Karl  d.  gr.  löste:  thd  lethogade  bi  ös 
fon  Redbade,  tha  deniska  kininge,  and  fon  thera  clipskelde. 
and  fon  thera  ^tszena  withtha,  liier  alle  Frisa  and  thä  hiara 
halse  drögon.  Richthofes  539*.  9;  al  deer  eefter  kaes  Magnus 
den  lettera  ker,  ende  alle  Fresen  oen  sine  ker  iechten,  dal 
ma  da  Fresen  da  holtena  witta  fan  da  hals  spaude,  ende  se 
ymmermeer  wolden  wessa  fryheren.  44ü',  23.  man  sieht  wie 
die  fesselung  des  hal-'i-^  jedes  einzelnen  zeichen  der  unlerjodiung 
eines  ganxn  volkes  i^(,  und  es  ist  ganz  sinnlich  aufzufassen, 
wenn  es  heiszt:  Ihä  urjef  fls  thi  kining  Kerl  frine  hals  and 
fria  spreka,  londriucht  and  liodkesla.  127',  2S;  indem  ihnen 
verslattel  ward ,  das  zeichen  der  unter  wer fung  abzulegen ,  verliäi 
vian  ihnen  wieder  die  reclUe  freier  männer. 

6)  der  hals  dient  dem  tragen  von  lasten :  sie  binden  aber 
schwere  und  untrügliche  bürden,  und  legen  sie  den  menschen 
auf  den  hals.  Matlh.  23,4;  ich  gang  und  trag,  das  mir  der 
hals  kracht.  Vlenspiegel  s.  II  Lappenberg;  als  er  nun  gessen 
und  trunken  hat,  nimpt  er  die  burdy  mit  den  kleidern  auf 
den  halsz.  Wicera«  toUw.  181,  23  Kurz;  er  kann  centner- 
schwere  last  auf  dem  halse  tragen,  pers.  msenlh.  2,  36;  du 
löszit  mir  ein  recht  werden ,  sintdemmüle  das  her  di  dübe 
{das  yesloldene)  öf  dem  halse  hat  iträgl).  .Voiideb.  fragen  3,  5, 1. 
biUilich:  dasz  er  . .  so  grosze  last  der  regieinug  auf  deiu  halse 
trage,  peis.  roscnth.  3, 38 ;  lieszeu  mir  die  bürde  auf  dem  hals. 

SCIMVEIMCHEN    3,  132. 

7)  das  zugthier  trä(it  ein  joch  am  halse  und  ist  durch  dasselbe 
jedes  eigenen  willens  bar ;  man  wendet  rf«  yerne  auch  auf  den 
menschen,  namentlich  in  der  bibelsf>rache :  wird  ein  eisern  joch 
auf  deinen  hals  legen.  5  Mos.  28,  48 ;  wer  seineu  hat«  nicht 
wird  unter  das  joch  des  kimigs  zu  Babel  geben,  solch  Volk 
wil  ich  heimsuchen.  Jer.  27.8;  was  versucht  ir  denn  nu  gutt 
mit  auflegen  des  jochs  auf  der  jünger  helse,  welches  weder 
unser  veter,  noch  wir  haben  mügen  tragen?  up.  yach.  15,10; 
und  es  wird  geschehen,  das  du  auch  ein  herr.  und  sein  joch 
von  deinem  halse  reiszen  wirst,    l  Mos.  27,  4u.    zu    der    zeit 


251 


HALS 


HALS 


252 


wird  seine  last  von  ileiner  schulder  weichen  müssen ,  und 
ein  joch  vun  deinem  halse.  Jes.  10,  27 ;  das  ick  sein  joch  von 
deinem  halse  zubrechen  wil.  krem.  30,8; 

die  erste  fraw  »war  warf  das  joch 

der  sünd  an  unsern  hals.    Locau  1,  37,  38. 

daher  den  hals  beugen ,  sich  unterordnen ,  demütigen,  wie  das 
llüer  sich  beugt,  wenn  Htm  das  juclt  aufgelegt  wird:  hastu  kinder 
so  zeuch  sie,  und  beuge  iren  hals  von  jugent  auf.  Sir.  7,25; 
zu  dienst  gottcs  den  hals  beugen  und  sich  neigen,  pers. 
rosenth.  6, 7. 

8)  es  erscheinen  nun  eine  grüszeie  anzahl  von  redensarlen,  die 
alle  beschwerendes,  drückendes,  hinderndes  bezeichnen  sollen;  in 
den  meisten  fallen  lassen  sidi  dieselben  ebenso  gut  an  das  laslen- 
tragen  als  an  das  jochtragen  des  halses  anknüpfen. 

a)  auf  dem  halse  liegen,  von  sachen  :  derohalben  euch  nichts 
gewissers ,  denn  gleich  urteil  auf  dem  halse  ligl.  LuTiitn 
3,  122';  das  gesetze  lag  inen  noch  aut  dorn  halse,  künden 
nicht  davon  los  «erden  und  das  gewissen  frei  machen.  26ü" ; 
das  uns  diese  sach  nicht  aliein  auf  dem  hals  ligt.  5,7*; 
dieweil  ich  achte  e.  e.  selbs  wol  wissen ,  wie  viel  mir  teg- 
lich  auf  dem  halse  ligt.  6,506';  dann  ich  sehe,  dasz  die  ver- 
lierung all  meines  guts  und  froud  mir  noch  auf  dem  halsz 
ligt.  Amadis  2s;  daher  inen  {bei  feuersbrünslen)  nicht  geringe 
gefährligkeiten  auf  dem  hals  ligcn.  KinciiiioF  milil.  discipl.  178; 
und  finde  oft,  dasz  solche  grosze  herrn  ein  creutz  auf  dem 
hals  haben  liegen.  Schuppiüs  176.  vun  lästigen  personen:  Her- 
mans  de  lyt  my  dach  und  nacht  upmc  halse,  liebesbrief  des 
15.  jahrh.,  Germ.  10,  392;  ein  regiment  knecht ,  welche  mer 
den  armen  leuten  auf  dem  halsz  ligen.  Kirchhof  milU.  discipl.  215. 

b)  auf  den  hals  legen:  gott  legt  im  imer  ein  creuz  über 
das  ander  auf  den  hals.  Lcther  4,  187'.  so  yhn  doch  dise 
macht,  etwas  auf  den  hals  zu  Icyen,  nicht  on  ursach  geben 
ist.  Frank  «'W/6.  45*.  ähnlich  sich  auf  den  hals  binden ;  ich 
weisz  im  ganzen  umfang,  was  das  heiszt:  sich  das  Schicksal 
eines  menschen  mehr  zu  den  übrigen  lasten  auf  den  hals 
binden.  Göthe  bei  Scholl  16S. 

c)  an,  auf,  über  dem  halse  haben,  tragen :  wir  haben  am 
halse  den  faulen  schelm ,  den  alten  Adam.  Luther  4,  226' ; 
so  sind  wir  doch  nimer  on  sünde ,  unsers  fleischs  halben, 
so  wir  noch  am  hals  tragen.  413*;  tragen  den  allen  Adam 
am  hals.  420";  lieber  solle  einer  tau.send  pestüenz  am  hals 
haben,  als  ewig  gebunden  sein.  Ohio  1344;  wenn  einer  dir 
goltes  wort  in  zweifei  zieht,  so  meide  ihn  mehr  als  einen 
der  die  pest  am  halse  hat.  Scriveh  seeleusch.  1,00;  gleichsam 
als  wann  ich  die  schwindsuchl  am  hals  gehabt  hätte.  Sinipl. 
4,93  Kurz;  ich  habe  da  noch  Jäckeln  iihern  halse,  der  reist 
mir  mächtig  in  beutel.  Sciiocu  slud.  leb.  H  o';  die  kanadischen 
weiber  haben  alle  häuslichen  angelegenheilen  auf  dem  halse. 
Kant  7,  438;  du  hast  das  siedende  donnerwetter  am  halse. 
Schiller  I83.  von  herangekommener  später  zeit:  barfusz,  in  dem 
hembd,  on  allen  Irost  und  lioflnung,  mit  der  nacht  auf  dem 
halsz,  in  liefern  schnee,  nicht  wuszte  wohin.  Bocc.  löSO,  1,44'; 
weil  .  .  der  winter  auf  dem  hals.  ScMEini in  briefe  31. 

d)  über,  auf  den  hals  kommen :  meine  schwere  sünde  sind 
durch  seine  strafe  erwachet ,  und  mit  hänfen  mir  auf  den 
hals  komen  ,  das  mir  alle  meine  krall  vergehet.  Idagel.  Jer. 
1,14;  wer  dem  andern  schaden  Ihun  wil,  dem  kompts  selbs 
über  seinen  hals,  das  er  nicht  weis  wo  iier.  Sir.  37,30;  sich 
mein  traun  ,  ist  uns  doch  der  abend  übern  halsz  kommen, 
ehe  wirs  gedacht  hatten.  Schoch  stud.  leb.  H6*;  von  einem 
übel  .  .  das  dir  zufällig  und  unverschuldet  über  den  hals 
kommt.  GüTiiE  15, 11; 

dnrgeeen  lest  gott  manchen  nnimmen 
tek'licnen  über  sein  halsz  kumnaen 
vil  Unglücks,  trübsal  und  anlechlung. 

H.  Sachs  3,  1,  236'. 

lästige  personen  laufen  einem  über  den  hals:  als  nun  der 
Zahlungstermin  kam,  lief  mir  der  Jude,  der  lumpenhund,  oft 
in  der  «ochen  zwei  dreimal  übern  hals.  Schuppios  582. 

t)  über  den  hals  ziehen ,  führen ,  schicken ,  bekommen 
u.  dhnl.:  sie  sollen  fragen,  ob  sie  auch  durch  eigene  schuld 
«olch  Unglück  ihnen  über  den  hals  pezopen.  Scriver  seelensch. 
2,  203;  indem  er  »ich  vielleicht  mit  huren  geschleppt  und 
dadurch  dieic  krankheit  {die  Fmmosen)  an  haU  gezogen  hab. 
ScHLPPics  l«5;  gedrückt  von  einer  schweren  s<  huldenlast, 
dir  er  »ich  durch  leichtsinnige  lebensart  .  auf  den  hals  ge- 
zogen. Klimcür  3,8;  ein  unglurk  einem  andern  auf  den  hnl« 
zicbeo.  Kant  1,136;    «ich  »orge,   neid  und  narh-'lellung  auf 


den  hals  ziehen.  4,40;  wie  leicht  künnen  sie  uns  aber  ein 
regiment  dragoner  über  den  hals  ziehen.  Gütiie  15,26;  sich 
allerlei  krankheiten  auf  den  hals  laden.  Scmuppius  237;  sie 
wird  ihnen  die  sorge  um  eine  heerde  kinder  auf  den  hals 
laden.  Lessinc  1,  260;  das  zufür  kommen  {um  das  zu  ver- 
hüten) schaffet  got  den  frommen  je  ein  unglück  über  das 
ander  auf  den  hals.  Agr.  sprichw.  (1560)  152';  es  würde  auch 
. .  ein  seltsam  ansehen  gewinnen,  wenn  i.  f.  gnaden  fremde 
doclor  über  den  hals  sollten  geführel  werden.  Scmweinichen 
3,321;  ich  wolle  ihm  einen  advocaten  über  den  halsz  führen. 
Chb.  Weise  erzn.  95;  (die  menge  von  geschaften)  die  mir  der 
minister  ..  über  den  hals  geschickt  hat.  Götter  3,  19; 

ich  will  ein  ubern  lials  dir  schicken.    [I.  Sachs  I,  525'; 

er  hat  deu  zürn  auf  ihren  halsz  geschicket.    Opitz  ps.  78,  25; 

gott  verzeihs  dem  adel,  dasz  er  uns  diese  neue  geisel  über 
den  hals  gelassen  hat.  Göthe  8,241;  einem  andern  ist  ein 
büser  engel  über  den  hals  gewiesen,  der  ihn  mit  geistlichen 
anfechtungen  ängstet.  Scriveh  seelensch.  2,  S9;  und  da  schoben 
sie  denn  nachher  jede  ähnliche  ausschwcifung  ganz  getrost 
der  frau  auf  den  hals.  Engel  Lorenz  Stark  cap.  23 ;  einen  in- 
jurienprocess  an  den  hals  bekommen.  Chr.  Weise  erzn.  4; 
sollte  ihm  gleich  ein  injurienprocess  an  den  halsz  geworfen 
werden,  causenm.  IIG.  diese  wendung  wird  auch  von  personen 
gebraucht,  die  durchaus  eine  ehe  sliflcn  oder  eingehen  wollen:  musz 
ich  nicht  jeden  augenblick  befürchten ,  dasz  irgend  ein  be- 
rühmter waldhornisl  oder  ein  geigenspieler  hier  ankommt, 
dem  dein  vater  dich  an  den  hals  wirft?  Kotzeole  werke 
23, 13 ;  wie  kannst  du  einen  jungen  mann  wie  Leotychus  . . 
verschmähen,  um  dich  einem  miszgeschaffnen  ..  Büotier  an 
den  hals  zu  werfen?  Wieland  Krales  u.  Hipp.  lO.brief;  sich 
einem  iVauenzimmer  an  den  hals  werfen.  Kmnger  1,488; 
wenn  nun  ihr  vater  stirbt,  was  will  sie  anfangen?  da  musz 
sie  sich  dem  ersten  besten  an  den  hals  werfen.  Göthe  U,  14 ; 
von  zudriniflich  liebenden  überhaupt:  ihr  seid  gewohnt,  dasz 
sich  euch  alles  an  den  hals  wirft.  Gütue  19. 131 ;  dann  in 
noch  anderer  antrnidnug:  man  wirft  jemand  ein  gesclienk  an 
den  hals,  immer  mit  der  absieht,  sich  selbst  dadurch  von  einer 
last  zu  lösen,  so  nd.  enem  en  paar  daler  an  den  hals  smiten, 
einen  mit  einem  geschenke  laufen  lassen.  Dahnekt  170*.  anders 
aber  jemandem  alles  an  den  hals  hängen,  von  reicher  be- 
sehe nkung ,  das  knüpft  an  den  schmuck  an  .  rfer  um  den  hals 
gehängt  wird,  vergl.  ohen  spalte  244.  —  Weitere  fügungcn:  ein 
hitziges  lieber  an  hals  saufen.  Mülmann  35;  daher  er  ihm 
{sich)  eine  krankheit  an  den  hals  gesoffen.  Schoch  slud.  leb. 
K3;  dasz  du  ihm  eine  so  unerliägiiche  plage  an  den  hals 
schwatzen  willst.  Lessinc  l,25i>;  sich  eine  kiankheit  an  den 
hals  ärgern ;  ich  fürchte  dasz  ich  mir  noch  die  Schwindsucht 
über  dein  plaudern  an  den  hals  ärgern  werde.  Lessinc  1,  355. 

ß  an ,  auf  den  hals  bitten ,  wünschen :  das  unglück  bat 
ihm  {sich)  der  vater  selbst  an  den  hals  bitten  müssen,  pers. 
rosenth.  7,  It;  einem  den  blitz  an  den  hals  wünschen.  Albrecht 
fluch-abc  65;  es  gibt  ehegeiiossen,  die  einem  bösen  ehepat- 
ten  alles  übel  an  den  hals  wünschen.  Scriver  seelensch.  2,'1^'i; 
die  (pest)  kriege  ich  nicht,  ich  bin  pestfesl.  in  iNmnbeig 
hat  sie  mir  meister  Sturm  jeden  tag  zwanzig  mal  auf  deu 
hals  gewünscht,  und  sie  ist  doch  nicht  gekommen.  Hiehl 
culturgesch.  novellen  Ali ;  die  beiden  allen  lluchen  dir  alle  teulel 
auf  den  hals.  Kotzebue  werke  30,49;  ironisch:  dasz  ich  den 
verwundeten  obrisl-leulnant  aus  der  hattalia  und  todsgefahr 
errettet  und  zu  den  unserigen  geführt ,  darvon  schriebe  er 
ihm  so  wenig  ehr  zu,  dasz  er  mir  meiner  mühe  nicht  allein 
mit  polz-velten  dankte,  sondern  auch,  wann  er  mich  sähe, 
mit  griszgrammenden  minen  eiröhlet,  und  mir,  wie  leicht  zu 
gedenken,  lauter  glück  und  heil  an  den  hals  wünschte.  Stmj4. 
3,  4«  Kurz. 

g)  auf   dem    halse    lassen,    vielfach    von    ihtigen   personen: 

machls  klug,    so  viel  sag  ich  euch,    dasz  ihr  mir  sie  nicht 

auf  dem  halse  laszt.  Lessinc  2, 407 ;    da    liesz    er    uns  denn 

das  mädchen  auf  dem  halse.  Kotzebuk  werke  9,165; 

der  liit.oewicht ! 

hat  mir  sie  auf  dem  halse  gelassen.    GöTii«  II,  179; 

ahnlich  am  halse  bleiben :  wäre  zwar  bald  ge'Jchelieii ,  dasz 
mir  der  Killlilzen  tochler  am  halse  wttre  geblieben.  Scnwti- 
Nirm  <  1,11)8;  das  elende  gesöfle  musz  ihm  über  dem  halse 
bleiben  {er  wird  es  nicht  los).  Chr.  Weise  erzn.  11«. 

h)  vom  halse  lösen ,  nehmen ,  schaffen  (rer;;/.  oben  4,  e), 
lassen,   wünschen:  den  andern  ward  warlegcld  gegeben,  dast 


253 


HALS 


HALS 


254 


itU  sie  i.  f.  gnaden  vom  halse  gelose.  Schweisicbe;»  1,  233 ; 
seitenmal  sie  im  zumal  viel  müh  und  angst  ab  dem  halsz 
nemen.  Amadis  43-2  ;  schafft  mir  diese  Strohmänner  vom  halse ! 
GöTBE  16,  60 ;  geschichte  schreiben  ist  eine  art,  sich  das  ver- 
gangene vom  halse  zu  schaffen.  49,45;  auf  diese  weise  hab 
ich  mir  die  betteleien  der  verliebten  vom  halse  geschafft. 
KoTZEBüE  werke  9,323;  ich  wünsche  mir  die  sache  um  jeden 
preis  vom  halse.  8,  52;  du  fragst,  ob  du  mir  meine  bücher 
schicken  sollst?  lieber,  ich  bitte  dich  um  gottes  willen, 
lasz  sie  mir  vom   halse  I  Götbe  16,10; 

ich  hab  dis  einige  kind,  ir  habt  der  zween  dabejm, 
nocb  dunkets  uns  so  gar  gut  und  so  mächtig  sein, 
wann  wir  sie  ban  zur  schulen  abgefertigt  bin,  _ 
das  wir  ir  doch  einmal  vom  bals  los  worden  sin. 

Hat!<kccics  com.  A6'; 
vom  halse  schaff  ich  mir  den  burschen  noch  vor  nacht. 

KoTZEBLK  drnm.  spiele  2,  ISO. 

i)  vom  halse  bleiben :  blos  dasz  mir  der  Schulmeister  vom 
hais  bleibt.  Fr.  Mcller  1,246;  bleib  mir  mit  den  vornehmen 
Verwandtschaften  vom  halse.  Kotzebüe  werke  9, 170 ; 
ach,  bleib  mir  mit  deiner  Weisheit  vom  halse.    8,  276. 

9)  auf  den  hals  treten,  ein  zeichen  der  Unterdrückung;  es 
weehseU  mit  auf  den  nacken  treten,  vgl.  oben  im  cingange  und 
nacken :  da  aber  die  fünf  künige  zu  im  eraus  bracht  waren, 
rief  Josua  dem  ganzen  Israel ,  und  sprach  zu  den  obersten 
des  kriegsvolkes  die  mit  im  zogen ,  korapt  erzu  und  treltet 
diesen  königen  mit  füszen  auf  die  helse.  und  sie  kamen 
erzu  und  tratten  mit  füszen  auf  ire  helse.  Josua  10,24;  auf 
ire  helse  wirstu  tretlen.  Baruch  4,25; 

die  auT  der  Unschuld  hals  einst  übermüthig  traten. 

üi  2,  21. 

10)  hals  bei  genealogischen  angaben,  das  mittelalterliche  recht, 
bei  seiner  aufzählung  der  verwandlschaß  nach  gliedern,  gestattet 
der  glieJcrung  des  menschlichen  leibes  einflusz  auf  abslufung  und 
benennung  solcher  Verwandtschaften  (rechtsalterthümer  46S) ;  wie  das 
hnupt  valer  und  mutler  darstellt,  so  der  hals  die  rechten  kinder: 
in  deme  houbete  is  bescheiden  man  unde  wiph  zu  stände, 
die  eleke  unde  echtleke  zusaraene  komen  sin.  in  des  halses 
lede  die  kindere,  die  äne  zweiunge  vater  unde  rauter  geboren 
sin.  Sachsensp.  1,3  §3;  in  dem  gelyde  dej  halsis  sten  dye 
kindere,  dy  one  czweiunge  borin  sin  {ganze  geschwister). 
Magdeb.  blume  2,  Ij  16. 

11)  hals  meint  nun  im  gegensatze  zu  dem  bisher  gegebenen 
den  innern  hals,  die  speise-  und  luftrOhre,  wie  kehle  2  und  3 
(5,396.  397): 

ich  habe  eine  tochter,  er  sprach,« 
die  lidet  raichel  ungemacb, 
wände  ir  der  hals  geswollen  ist. 

passional  161,  34  Hahn; 
auch  als  Verwünschung: 

daj  dir  der  hals  geswelle!    Dioclet.  3526; 

ich  habe  mich  müde  geschrien ,  mein  hals  ist  heisch,  ps. 
69,4;  füsze  haben  sie  und  gehen  nicht,  und  reden  nicht 
durch  iren  hals.  115,7;  der  mensch  hat  nur  zwei  tüne  im 
halse.  Kotzebüe  werke  23,33;  der  halsz  ist  mir  dürr,  arent 
fauces  Maaler  207*;  Ton  der  bräune  und  bösen  hülsen. 
Böckler  kriegsschnle  S99;  allhie  solle  man  den  hals  mit  gurgel- 
wassern und  audern  bnlzen.  s.  902;  wer  sich  erkältet,  bekommt 
einen  rauhen  hals,  oder  hat  es  im  halse  (s;>.  62  unten);  bei 
einem  streite  werden  die  zahne  in  den  hals  geschlagen :  und  wurde 
mir  von  selbigem  sträich  so  türmisch  im  köpf,  dasz  mich 
noch  wunder  gibt,  dasz  er  mir  nit  alle  zän  in  hals  geschlagen. 
Siiupl.  3,  lOS  Kurz;  ich  schlage  ihm  die  zahne  in  den  hals, 
wenn  er  noch  ein  wort  sagt.  Gothe  S,  204.  aber  Fischart 
dehnt  das  gebiet  des  halses  weiter  aus,  er  spricht  von  zahnen  im 
halse,  die  nach  dem  gewöhnlichen  sprachgebrauche  im  munde 
liegen:  wie  ihr  dann  ein  Sprichwort  von  einer  alten  pflegt  zu 
haben ,  welche ,  wiewol  sie  keinen  zan  im  halsz  hat ,  doch 
alle  morgen  bona  lux  sagt.  Garg.  125'.  und  auch  sonst  musz 
hals  noch  die  mundhOle  viit  bezeichnen:  honigseim  ist  süsz  in 
deinem  halse,  spr.  Sal.  24, 13 ;  ire  einwoner  gehen  mit  liegen 
umb,  und  haben  falsche  zungen  in  irem  halse.  MicJia  6, 12. 
das  Volk  spricht  sogar  von  einem  unrechten  halse  und  meint 
damit  die  luftröhre ,  weil  es  sich  aU  wichtigsten  und  eigentlichen 
bestandlheil  des  innern  halses  die  Speiseröhre,  den  Schlund  denkt : 
he  helt  et  in'n  unrechten  hals  kreegen,  es  ist  ihm  etwas  auf 
die  lußrölire  gefallen  SchI^e  2,  94,  ähnlich  Dähnebt  170* ;  un- 
rechte hals,  lußröhre  brem.  wb.  2,  572. 

Atich  hier  erscheinen  eine  anzahl  mehr  oder  weniger  formel- 
hafter redensarten. 


a)  an  den  bals  als  verzehrenden  lehnen  sich  an :  er  kann  den 
hals  nicht  voll  kriegen  sagt  vian  ton  einem  unmäszigen ,  vgl. 
auch  halsfüllen ;  glatte  und  wolschmeckende  speise  bleibt  nicht 
im  halse  stecken;  eine  speise  von  der  man  zuviel  genossen  hat 
oder  deren  man  überdrüssig  ist ,  steht  bis  an  den  hals ,  was 
man  nachher  auch  freier  und  bildlich  von  einer  widerwärtigen 
Sache  behauptet;  das  bild  wird  sogar  kräftig  gesteigert,  indem  man 
sagt  ich  habe  nun  jene  speise  so  oft  essen  müssen,  dasz  sie 
mir  zum  halse  heraus  hangt,  zum  halse  heraus  wächst; 
soitu  arm  sein,  so  wirt  dir  nichts  zu  gut  gedeien,  du  sorgest 
und  arbeitest  gleich  wie  vil  und  lang  du  wilt.  dann  es  hilft 
nicht  fru  aufstehen,  nit  spat  nider  gehen,  sich  abhungern 
und  vom  hals  ersparen,  .\gricola  sprichw.  (1560)  5';  ja  ja, 
bettelkerlen,  die  den  halsz  bei  uns  wollen  ernehren,  kriegen 
wir  genung  daheim.  Chb.  Weise  comüd.  310;  der  prediger 
wird  dürr  abgespeiset,  man  reichet  ihm  die  besoldung  auf 
einem  spänlein  dar,  zehlet  ihm  alle  bissen  in  den  hals. 
Otho  995; 

,  will  doch  mit  wein  erst  füllen  mein  flaschen, 
auf  dem  weg  meinen  halsz  zu  waschen. 

H.  Sachs  3,  I,  24f; 

frist  sie  mit  haut  und  haar  in  ihren  halsz  hinein.  Wesexick 
sjrielsieben  (1702)  s.  10;  und  mit  dem  nimpt  er  die  eiger  beide, 
und  schlecht  sie  uf,  und  schüttet  eins  nach  dem  andern  zu 
hals,  i'lensp.  124  Lappenb.;  nicht  zu  halse  wollen,  von  schlechter 
speise:  so  wenig  einem,  der  beständig  Zuckerbrot  und  andere 
delicatessen  genossen,  ein  haferbrei  zu  halse  will,  so  wenig 
wolte  mir  das  bäuerliche  leben  gefallen,  seltsame  avanturen 
(172S)  s.  40; 

kein  essen  wjl  nicht  gehen 
zu  halse  wie  zuvor.    Opitz  3,  207  {ps.  107,  10); 
bruder  komm  und  iesz  mit  mir;  haus  und  wirth  {nämlich  schnacken) 

soll  für  dir  stehn  : 
doch  iesz  nur  den  wirth ,   das  haus  möchte  nicht  zu  halse  gehii. 

LoGAC  2,  93,  80; 

nachdem  ich  ihnen  so  viel  tausend  reichslhaler,  und  so  viel 
fuder  wein  ihnen  durch  die  halse  gejagt  hatte.  Schuppius  231. 
vergl.  freszhais,  saufhals. 

b)  den  hals  als  sitz  der  stimme  betreffend:  köret  den  altar 
umb ,  und  schrie  von  halsz  mit  lauter  stimm.  Frank  cJtron. 
(1531)  7S';  könnt  ihr  das?  ja  wol  sprachen  sie  mit  vollem 
hals.  Otho  1350;  und  schrye  .  .  mit  vollem  halse,  pers.  rosenth. 
4.12;  mit  vollem  halse  lesen.  4,  M;  er  sprang  mit  beiden 
füszen  die  stiege  hinab,  risse  die  hauszthür  auf,  und  rief 
jenem  mit  vollem  halsz.  Happel  acad.  rom.  804;  mit  hellem 
halse  . .  schreien,  kalzenveit  (1692)  s.  67 ; 

und  wann  er  sang,  so  wars  mit  iust, 

aus  vollem  hals  und  freier  brüst.    Hacedork  2,66; 

dafür  auch  andere  Wendungen:  du  treuer  gott,  wie  schreien 
oft  gewissenhafte  prediger .  dasz  ihnen  der  hals  kracht. 
ScRivER  seelensch.  2,350;  afferre  cachinnos  omnes,  lachen  was 
einer  von  hals  vermag  Fbisius  167',  wir  sagen  heute  was  aus 
dem  halse  will;  ihr  alter  andächtiger  hals  überschreit  eine 
ganze  christliche  gemeine.  Rabeser  4,143; 

so  trillert  jedem  ohr 
sein  liederreicher  hals  ein  gassenliedchen  vor.    üz  2,  84; 

hierher  auch  ein  Jägerausdruck:  mit  hals  und  hörn  jagen,  wenn 
der  Jäger  seine  jagd  mit  rufen  und  hornklang  begleitet: 

von  bals  und  mit  dem  hörne 

jag  ich  ze  raangen  stunden 

in  sän  und  oucn  mit  zorne.    Laben  jagd  446, 

vgl.  Weimar,  jahrb.  3,  355 ;  von  einem  guten  jäger  wiii'  verlangt 
dasz  er  laut  von  halse  sei:  und  macht  dahero  die  gesunde 
und  ganze  lunge  einen  Jäger  laut  vom  halse.  Göchhalses  not. 
ven.  (1741)  b4';  als  z.  e.,  wenn  er  (der  jäger)  seine  läufer, 
holzhaucr,  zimmerleute,  oder  andere  Waldarbeiter,  item  seine 
sich  etwa  an  wildpret  verjagte  hunde.  u.  dergl.  wiederum  an 
sich  rufen  will,  da  findet  er,  wie  wohl  ihm  das  laut  voin 
halse  sein  zu  statten  kömmt,  b  5\ 

Wer  befangen  oder  sonst  beirrt  ist,  dem  bleibt  eine  rede  im 
halse  stecken,  will  nicht  heraus:  die  oration  blieb  im  halse 
stecken  und  wolte  nicht  fort.  Schcppius  34;  umgekehrt,  wer 
gut  reden  kann,  dem  stäubt  die  rede  aus  dem  halse:  je  sie 
studieren  und  zulescn  sich  immer,  dasz  ihnen  das  lateini- 
sche zum  halse  heraus  stäubt,  wie  schimlich  brodt.  ScaocH 
studentenleb.  D  6*. 

c)  vielfach  gebraucht  ist  das  lügst  du  in  deinen  hals  I  « 
soll  angedeutet  werdm ,  die  strafe  des  lügens  mnge  auf  den  hals 
iuritckfallcn  nach  dem  giundsatze,  dasz  der  mensch  an  dem  ißicdo 


255 


HALS 


HALSAB  — HALSBAND 


256 


gestraft  wird,  KOtnü  er  t^unduß;  diese  strafe  vutsi  im  erslicken 
bestehen,  denn  man  sagt  sonst:  wenn  du  an  der  ersten  liige 
erstickt  w. liest,  so  lebtest  du  längst  nicht  mehr:  herr,  sie 
liegen  alle  in  ire  hälsz.  Bocc.  (1580)  J,4l';  er  leugt  in  sein 
halsz.  WicurtAM  rollte.  4l'  (61,5  kurz);  du  leugest  in  deiiirn 
haUz  hinein  alles  was  du  sagest.  H.  J.  ?.  Braunschweig  \Vi; 
ich  lüge  entweder  in  meinen  hals,  oder  es  ist  wahr,  d.isz 
er  mich  heliogcn  hat.  A.  Gryphius  (I69S)  1,SS4;  sagt  dus/i 
alle  ..  in  ihren  hals  hinein  gelogen.  SciiititR  1105; 

das  leugsl  du,  PoU,  in  deinen  hals, 

das  leugst  ilu  al«  ein  schelm.    Lessimg  I,  16. 

dafür  sonst:  das  lügstu  dein  hals  voll,  ülensp.  s.  n  Lappcnberq. 
vgl.  lügenhals,  fluch,  reruünschung  und  lüge  gehen  am  eigrnrii 
halse  aus,  fallen  auf  den  hals  des  sie  ausspreclienJcn  ziuncli 
{s.  ausgehen  1,  S7l):  also  ein  unverdienter  flnch  trifft  iiit. 
also  ists  alles  der  Christen ,  d;  inen  auch  ire  fcind  diem-ii 
müssen,  und  in  vermaledeiung  wolsprechen  und  segnen,  und 
geht  alles  an  ihrem  hals  nusz.  FnA>K  urltb.  Il"';  wiewol  es 
an  iren  hals  ausgeet  und  man  diso  arme  Icut  nit  darum 
verrolgen  soll.  160'; 

must  an  irm  halse  ausgehen, 
kunten  mit  lügen  nicht  bestehen. 

Wagmkr  untreu)  Ev». 

d)  den  leuten  in  hals  kommen ,  machen  dj  man  von  im 
sagt,  tentre  in  sermonem  hominum  Maaler  20:';  einen  der 
weit  in  hals  hringcn,  und  zu  einem  gespölt  machen,  mittere 
aliquem  in  fabulas  et  sertiwnes  das. 

e)  foUiendcs  Sprichwort  wird  im  texte  erklärt: 

wie  im  Sprichwort,  hei  unser  zeit, 

oft  wird  gesagt,  wo  jemand  hett 

etwann  bei  nach  zuvil  gcredt, 

das  er  spricht,  das  war  gut,  dasz  ich 

ein  langen  halsz  liet,  sonsten  mich 

mein  sprach  bald  übereilet  hell, 

das  ich  zuvil  alhier  gercdl.    gnnskönig  Gii*. 

/)  ein  stinkender  hals,  dessen  atem  übehiechend  ist,  ans  dem 
halse  stinken,  animam  foelcnlem  habere  Frisch  1,402",  daher 
als  Schimpfwort  du  unllats  halsz!  H.  Sachs  3,3,8'.  in  sehr 
derber  rede  wird  von  einem  menschen ,  einer  sache  gesagt ,  dasz 
sie  einem  zum  hülse  heraus  stinke,  um  den  höchsten  grad  von 
Widerlichkeit  zu  bezeichnen. 

II.  hals  in  übertragenem  sinne. 

1)  für  das  den  hals  umschlieszende  kleidungsslück ,  gerade  wie 
kragen  beides,  den  hals  und  seine  bekleidung  bezeichnet;  schon 
ahd.:  änu  hals  sine  cucullo  (superhumeralc)  Graff  4,927; 

nihd.  diu  sper  da  schön  man  brechen  sach; 

an  bedcn  heisen  daj  geschach.    Flauend.  203,  20, 

«a$  das  kotier ,  den  den  hals  umsclilieszenden  Ihvil  der  rnstitng 
meint;  ähnlich  ist  der  nach  ADtLü>G  in  Oberdeutschland  geltende 
ausdruck  ein  hals  perlen  zu  nehmen,  er  bezeichnet  soviel  perlen 
als  zur  Umfassung  eines  halses  {zu  einer  halsscliniir)  niitig  sind, 
lolqende  falle  dagegen  sind  zweifelhaft,  wie  man  einen  heim 
köpfe  nimmt  (6,  17.S5),  so  kann  auch  heim  halse  nehmen  im 
eigentlichen  sinne  gefaszl  werden  (vergl.  oben  1,4.6  und  c);  da 
aber  das  alldeutsche  recht  die  Verhaftung  eines  Verbrechers  derge- 
stalt vorschreibt,  dasz  derselbe  beim  hnhkleide  umiefaszl  wird,  ein 
verfahren,  das  in  England  heule  so  weil  verwischt  ist,  dasz  nur 
noch  die  schütter  des  zu  verhaftenden  berührt  werden  musz ,  so 
meint  die  folgende  stelle  unter  hals  vtelteicM  das  halskleid:  heiiwt 
hee  {cm  Holzdieb)  dan  den  vcirden  hatiw,  so  sali  in  der 
»orster  myt  dem  hals  ncmen ,  und  sali  in  zo  Flamersheiin 
up  den  höeir  breiigen.  weLilh.  2,  6«*ti ;  mögUcherweise  auch  in 
folgendem  : 

ir  wftren  iwA  in  der  stuhen, 

mit  einander  »!  in  schuhen 

hin  m  mit  dem  hals.    get.  ahcnl.  2,  231,  501. 

2)  hal»,  von  halsahnliehen  gegenständen. 

a)  bals  an  (aiteninstrumenten :  hals  an  einer  laute  oder  geige, 
eoUutH  tesludtnu  vel  fidium  Frisch  1,  402'. 

h)  bals  an  etner  flasche,  einem  gefasi :  hals  an  einem  glas, 
Collum  tUreae  anipuUae  Frisch   1,  402*; 

ein  hohl  gefisie, 
dran  ein  hals  von  kleiner  grAiie.    naoc»r.^  :.  s^<k 

man  tv(t  daher  scherzend  und  mit  beiug  auf  I,  4,  d  einer  flasche 
Ana  ball  lirerhen,  ne  austrinken. 

e)  hals  in  der  baukunst:  bei  den  doritehen  und  toskanischen 
Mtulen    ut    t$    ein    schmälet ,    durch    einschnUle   begrenztet    glird 


iwischen  dem  schafte  und  dem  eapital ;  an  einem  thnrm  der  theil 
unter  dem  knöpfe:  ich  erstieg  ganz  allein  den  büchstcn  gipfcl 
des  münsterthurms,  und  sasz  in  dem  sogenannten  hals, 
unter  dem  knöpf  oder  der  kröne,  wie  mans  nennt,  wohl 
eine  Viertelstunde  lang.  Göthe  25,  252. 

dl  hals  als  technuicher  ausdruck  verscldedener  anderer  geweibe : 
hals  an  den  raketcn  ist  der  ort,  wo  sie  am  Zündloch  gebunden 
werden;  hals  am  ankcr,  der  ort  wo  die  arme  mit  der  riUe  ver- 
einigt sind;  bei  den  büUchern  ist  der  hnls  einer  tonne  der 
schmalere  Ihcil  auf  beiden  seilen  des  bauches ,  neben  dem  obern 
süwol  als  dem  unlern  boden.  Jacobsso.n  2,  rJ7' ;  die  flügel  eines 
schleusenihors  haben  einen  hals,  ein  schmales  glied  oben,  wo 
sie  befcsligt  werden,  s.  halseisen  3,  halsklammer,  halsklauc ; 
bals  eines  kellers,  vgl.  kellerhals  5,517;  hals  einer  kanonc, 
der  theil  hinter  dem  vordem  ringe:  ahmessen  mit  einem  groszeri 
gekrümmten  zirkel,  . .  damit  man  also  alle  Iheile  hinten  hei 
dem  Zündloch,  hei  der  nahen  oder  zapfen,  und  vornen  hei 
dem  halsz,  hiiilcr  dem  vordem  ring,  visirt.  Böckier  kriegs- 
sclmle  104.  7h  der  anatomie  ist  bals  das  den  gelenkkopf  mit 
dem  Schafte  des  knochens  verbindende  schmale  glied;  an  einem 
bruchsacke  der  engere  theil  desselben,  der  ähnlicIikeU  mit  dem  kaU 
einer  flasche  hat. 

3)  hals,  eine  forllaufende  schmale  anhöhe,  wofür  nach  Schm. 
2,184  iK  den  setlc  communi  ein  fem.  halse  gilt:  die  gellil•g^- 
leiitc  nennen  häufig  einen  hals  einen  mäszigen  hergrücken, 
der  quer  zwischen  hüheren  läuft  und  sie  verbindet.  Stifter 
Studien  5,  SG.     schon  mhd.,  wb.  1,617': 

durch  den  hals  s6  gienc  ein  grabe, 

einweder  halb  gescbroten  abe, 

durch  ganzen  vels  gehouwen.    Ilngrns  heldenb.  2,  173. 

hals  heiszl  auch  die  schmale  erdzunge ,  durch  die  eine  halbinsel 
mit  dem  festen  lande  verbunden  ist:  wo  sie  auf  dem  hnise  der 
halhinsel  ein  fort  anlegten.  Heilmanns  Tlmcijd.  515;  Thapsus, 
so  eine  halhinsel  an  einem  schmalen  halse  ist.  s.  898. 

4)  der  Schiffer  nennt  hals,  aber  mit  dem  plural  halsen,  taue, 
womit  man  die  untern  ecken  der  segel  spannt  und  nach  vom 
zieht:  hals  des  be/.aan'segels.  .Iacohsson  6,  16. 

HALSAK,  wie  kopfab  5,1770,  kragab  5,1915,  eigentlich  der 
befehl  hals  ab!  halsab  sive  kopfab,  Iruncatio ,  decollatio  Stie- 
ler 2;  es  heisset  halsab,  peiiculim  capitis  imminet  das.: 

leicht  her  Stangen  und  stahl 

pesscr  ist  kenipleii,  dann  hals  ab.    fasln,  sp.  509,  9, 

wie  schon  mhd.: 

ir  habt  gehört  vor  mancgcn  ziten 

bejjer  kämpf  den  bals  ab.    Teichner  25  Knrnjnn. 

HALSABSCHNEIDEB,  m.  eigmllich  decollator ;  in  derber  rede 
nennt  man  so  den  wacherer,     vgl.  kopfahschneider  5. 1770. 

HALSADER,  f.  1)  oder  am  halse:  halsader  fibra  voc.  inr. 
llteul.  hs*,  DiEFENB.  J32';  halsadcin /wac  llEnERicn  1202 ;  hals- 
ader veno  jugularis  Steinhach  1,10;  den  pferden  ,  wenn  die 
krankheit  {mandelgeschwulst)  noch  neu,  soll  man  eine  hals- 
ader öffnen,  öcon.  lex.  1507. 

2)  da  ader  der  altern  spräche  überhaupt  sehne,  nerv  bedetdet, 
so  ist  halsader  die  sehne  des  hinlern  halses,  die  diesen  aufrecht 
hält,  und  steht  für  den  naeken  überhaupt:  .<o  ahd.  halsAdaia 
posterior  cervix  Graff  1.157;  mhd.  halsader  wb.  1. 10*;  cervix 
halsader  Diefesb.  tl.">';  diirac  cen'icis  homo  einer  starken  hals- 
adern  Schm.  1,35  (2.  aufl.);  pertinax  ein  halszslarker,  ein 
harter  halszcderiger  Diefenb.  43ü'. 

HALSAB  REIT,  f  scherzhaft  für  die  pein  des  hängens:  Mar- 
colfo,  den  man  wolle  hcngken  .  .  erlangte,  das  er  selbst 
einen  bäum,  daran  er  gerne  hicng ,  erwehlen  m«~\chle;  aber 
es  war  ihm  keiner  gerecht:  errettet  sich  also  von  der  halsz- 
arbeit.   anm.  ueishrit  luslg.   lüO. 

HALSRAM),  fi.  Inrqnes,  mhd.  halsbant.  für  das  neutrale 
iieschlechl  verwenden  scItrift.-'trUer  norddeutscher  heimat  das  männ- 
liche, nach  dem  zu  band  I,  inOS  bemerkten:  tnrques  ein  gewun- 
dener halsbandl.  torqualiui  de  einen  halshandl  drecht  ChytrXus 
cnp.  42;  sie  liesz  den  heiligen  halsband  {den  kragen  nnrs 
Predigers)  fallen.  Wirrm.  lebensl.  l,  U.  dies  stimmt  zu  dem 
brauche  in  dem  millelfr,inku!chen ,  i.  b.  im  gedichte  Harlmeinet 
42, 1«.  02,  34,  «0  indes  halsbant  jenes  um  den  hals  i^eschlungene 
metallene  geflechl ,  einen  theil  der  rüstung .  be:riclnu-l ,  was  sonst 
halsbcrge'  (.«.  d.)  heiszt.  —  Per  plural  lautet  nel>en  -l.rtnder  auck 
-bände,  so  bei  Lither:  schmückt  sich  mit  stirn«pangen  uod 
halshanden.  Hos.  2,13;  vergl.  auch  unten  8.  —  Ua$  wrt  steht 
in  mehrfachem  'inne. 


257 


HALSBAND  —  HALSBERGE 


HALSBESTECKT—  HALSBCRGE 


25S 


1)  balsband  an  menschen,  vorzüglich  schmuckgegenMand  der 
frauen:  halsbant  torques,  est  ornamentum  colli  voc.  ine.  theut. 
bs';  item  mag  ein  edelfraw  an  ketten,  deszgleichen  an 
heftlin,  balsband  und  andern  kleinoten,  auszerbalb  der  ring, 
auf  zwei  hundert  gülden  werlh,  und  nicht  darüber,  an  ihr 
tragen,  refonn.  fiuter  polieey  Augsb.  1530,  xiv  §7;  das  balsz- 
band,  gwundner  balszring /or^M«,  coUare.  moniie  Maaler  20S'; 
ein  balsband  mit  perlen  und  edelgesteinen,  monile  margarilis 
et  gemtnis  conserlum  Steisbach  1,  219 ;  wer  einen  weisen  straft 
der  im  gehorcht,  das  ist  wie  ein  gülden  Stirnband  und  gülden 
balsband.  spr.  Sal.  25, 12.  im  rolksmäszigen  scherze  vird  der 
strick  an  dem  halse  eines  Verbrechers  ein  hänfenes  balsband 
genannt:  wenn  ihr  (ein  vom  galgen  abgeschnittener)  entdeckt 
werdet,  so  könnt  ihr  noch  einmal  gehenkt  werden,  und  ich 
dazu,  und  wenn  auch  nicht ,  so  habt  ihr  ein  balsband  an 
eurem  hals  getragen,  das  für  euch  und  eure  venvandten  ein 
schlechter  Staat  war.  Hebel  schatzkäsü.  (1S59)  s.  192;  denn 
als  ihm  dieser  {der  henker)  das  hänfene  balsband  hatte  an- 
gelegt. .<;.  209. 

2)  balsband,  die  eiserne  fcssel,  die  der  gefangene  am  halse 
Irä^:  cdlariuni  halsbant,  balseisen  Diefenb.  132*;  cdlare,  ein 
halszband  oder  halszeisen.  Serrancs  diel.  eS';  weg  von  der 
metze,  junge!  .  .  wenn  sie  nur  erst  das  eiserne  balsband 
um  hat,  wird  man  sie  schon  mit  steinwürfen  aufwecken. 
Schiller  kab.  «.  liäje  2,  7.     vgl.  balseisen. 

3)  balsband  an  thieren:  numella ,  ein  hülfzen  ring,  damit 
man  das  vich  an  die  kripfe  bindet,  hültzen  balsband  Dastp.  ; 
an  den  eseln ,  welche  halftern  oder  halsbande  tragen,  pers. 
rosenth.  7,  20  «.  91  anm.  1 ;  hauslhiere  tragen  es  auch  :um 
schmuck:  die  halsbande  irer  camelen.  richter  8,26;  das  bals- 
band mit  dem  glöckcben  {eines  lammes).  Weisze  kom.  opern 
1,154;  halszband  für  die  hund  millus  Däsyp.  ;  was  wirt  ver- 
gebens gelts  auf  die  zier  und  schmuck  der  hund,  auf  ge- 
stickte und  gewirkte  kappen,  leitriemen,  halsbande  .  .  . 
gewandt  I  Spangenberg  ja^ieu/'W,  theatr.  diabol.  (1569)  313 ;  E.  gib 
auf  die  deputirten  räthe  acht ,  die  groszen  goldnen  ketten 
stehen  ihnen  zu  gesiebt  —  G.  wie  dem  Schwein  das  bals- 
band.  GöTHE  8, 117. 

4)  balsband  in  der  spräche  der  geverbe:  bei  dem  bütlcher  ein 
reifen,  der  die  dauben  oben  vorläufig  zusammen  hält,  beim  stück- 
qieszer  der  vorderste  gürlel  nahe  an  der  mündung  einer  kanone. 
Jacobssox  2. 197*.  halsbänder  in  der  medizin  heiszen  die  die 
knochen  des  halses  verbindenden  haute. 

HALSBANDEN,  verb..  mit  einem  balsband  versehen:  wie  be- 
quemlich  stund  ein  gehalszhandete  kel  under  minem  bar- 
tischen antlitz.  Cteill  6/.  27. 

HALSBANDRING,  m.  millum,  annuli  numellarum  canum. 
Stieler  1649. 

HALSBANDSCHELLE,  f.  schelle  an  einem  halsbande: 

als  .  .  ein  hund  mit  bellen 
und  rasseln  vieler  balsbandschellen 
aus  einer  prennigscbenke  sprang.    Bcrgbr  32*. 

HALSBEIN,  n.  l)  hakknochen,  genick,  ahd.  halspein  coUicium 
Ghaff  3,129,  mhd.  halsbein  icb.  l,  lOt"; 

dö  trat  er  üf  einen  stein, 

und  sluog  in  an  das  halsbein, 

das  es  also  lüte  erclang.    alld.  blätler  1, 264, 43S; 

das  Tolk  ist  hertes  halspains  {durae  eerricis).   bibel  1483,49'; 
der  hals-  und  rückenbeiner  rei 
hangt  ja  noch  so  und  so  beisammen. 

A.  Grtphics  1663  s.  488. 
die  formet  richten  über  hals  und  halsbein  bezeichnet  die  oberste 
yerichtsbarkeit  über  das  leben  eines  Verbrechers:  muste  man  tedinge 
halten  von  hals  und  halsbeine.  treisih.  2.2;  oberst  grundt- 
berren  .  .  über  balsz  undt  über  halszbein ,  über  dieb  und 
diebin.  s.  162;  zu  richten  über  hals  und  halsbein.  s.  166. 

2)  halsbeine,  ossa  duo  a  collo  ad  humeros  extenso  Stieler  124, 
meint  die  Schlüsselbeine. 

HALSBEINIG,  adj.  harten  halsbeincs,  haUstarrig :  ich  sihe  das 
dis  volk  ist  halspeinig,  lasz  mich  das  mein  grimm  werd 
erzürnt  wider  sie.  bibel  1483,  48*,  nach  2  Mos.  32,  9 :  crnio  quod 
populus  iile  durae  cervicis  sit. 

HALSBENDEL,  m  binde  zum  trdrmen  des  halses:  fötale,  ein 
halsbendel,  damit  mann  ein  gute  stimm  machet,  oder  den 
mann  umb  den  hals  ihut,  wann  einer  heiser,  ist,  wann  eim 
der  wee  thnt.  Alberls  diel.  cl*. 

HALSBERGE,  f  ein  Iheil  der  rüslung,  ahd.  und  mhd.  doppellen 
qeschlechts ,    neben  dem  f.  auch  mase.,   ahd.  halspirc  und  hals- 
perga  Gbaff  3, 174,   mhd.  halsberc  und  balsbergc  vb.  1, 159*. 
IT.  II. 


Die  früher  von  Wacrernagel  vertretene  meinung,  das  mhd.  hals- 
berc aus  albere  'der  alles  bedeckt  oder  birgt'  entstanden  sei,  ist 
in  hinblick  auf  die  ahd.  form  unwahrscheinlich  und  auch  ton  ihm 
selbst  wieder  aufgegeben,  es  ist  der  theü  der  rüstung  der  mit  dem 
halse  zugleich  den  Oberkörper  deckt  (vergl.  hals  1  sp.  243),  und 
steht  ursprünglich  den  beinbergen  ocreae  {ahd.  bei  Graff  a.  a.  o.) 
als  den  den  Unterkörper  schützenden  gegenüber,  das  fcorl  erscheint 
noch  in  voce,  des  \h.  jaltrh.  als  gebräuchliches:  Ihorax  halshemde, 
halsberge,  halsberch  Diefenb.  588,  aus  einem  voeabular  von 
1482  hat  es  auch  Frisch  1,402'  aufgenommen;  spätir  icird  es 
mit  dem  abkommen  der  rüstung  ungebräuchlich  und  ist  erst  seit 
dem  18.  jahrh.,  trol  zuerst  durch  ritterromane ,  erneuert  worden, 
es  ist,  icie  begreiflich,  nur  bücherwort  geblieben,  oß  ohne  klares 
Verständnis  des  alten  sinnes  angewendet:  so  wie  vor  der  ge- 
löseten  halsberge  die  gräszliche  wunde  offenbar  ward.  Focotri 
zauberring  (1841)  3,145;  der  kämpe  hatte  seinen  köpf  unter 
die  hohe  halsberge  gezogen.  Bechstein  märchen  95. 

HALSBESTECKT,  adj.:  demnach  gerüst  mit  seilen  und 
prnstwehren  von  gedörrten,  gereucherten,  gesottenen,  gepra- 
tenen  per  omnes  casus  und  species  wursten,  halsbesteckten 
leberwursten.  Garg.  54*.  gezielt  ist  vielleicht  auf  die  form  der 
wurst,  indem  der  dorm  an  seinem  ende  in  einen  knoten,  einem 
köpfe  vergleichbar,  geschlungen  trird,  unter  dem  man  die  wurst 
speilerl,  sie  mü  einem  dünnen  holze  durchsteckt. 

HALsBEüLE.  f.  beule  am  halse:  halsbeulen,  mandeldrüsen 
adenes  Stieler  110. 

HALSBINDE,  f  1)  halszbind  ober  halszgeschmuck,  monile, 
segmen  Serrancs  synon,  92';  halsbinde  coUare  Steinbach  1,222; 
fasciola  circa  collum,  linteolum  a  collo  dependens  Frisch  1,402': 
jetzt  führte  man  mich  in  die  montirungskammer.  paszte  mir 
hosen ,  schuh  und  Stiefeletten  an  und  gab  mir  einen  hut, 
halsbinde  und  strumpfe,  arme  mann  im  Tockenburg  119 ;  zu 
gleicher  zeit  faszte  mich  der  herbergsvater  bei  der  halsbinde. 
RiEHL  cuüurgesch.  noveilen  351.  scherzweise  wird  in  Franken  und 
Düringen  eins  hinter  die  halsbinde  gieszen  orfer  schütten  ßr 
einen  trttnk  thun  gebraucht. 

2)  nne  klifffischart,  chaetodon  collare.  Nemsich  2,  987. 

HALSBR.\TE.N  m.  der  streif  wildprct  neben  dem  Schlünde  und 
der  luftrvhre.  Beulen  jagdcalechism.  254.  ahd.  hiesz  es  kelbräto, 
mhd.  kelbräte.  vgl.  kehlbraten  5, 395. 

HALSBRÄUNE,  f.  angina. 

HALSBRECHEN,  n.:  da  fieng  er  wieder  an  zu  wüten  .. 
dasz  ich  nichts  anders  als  vom  halsbrechen  und  bände  in 
blut  Wäschen  verstehen  konte.  Simpl.  1,  336  Kurz. 

HALSBRECHEND,  pari.,  ein  nach  der  redensart  den  hals 
brechen  (,<jr.  246)  gebildeler,  wie  es  scheint  junger  ausdruek  für 
gefährlich:  sich  in  halsbrechende  gefahr  zu  geben,  bärtigl. 
frauenz.  48;  dasz  er  sich  alle  augenblicke  getraute,  dieses 
halsbrechende  abenteuer  zu  nagen.  Wikland  2,  203;  ich  habe 
indessen  einen  brief  von  ihr  selbst  bekommen,  worin  hals- 
brechende Sachen  sind .  nb.  für  den  hals  meiner  modestie. 
Sophie  la  Roche  bei  Merck  briefs.  1,  31;  kopfbrechend,  wie 
mystische  grübler,  halshrechend,  wie  genies ,  oder  herz- 
brechend, wie  empfindsame  romanschreiber  dichten.  Kant 
7,200;  aber  es  wird  wohl  eine  halsbrechende  arbeit  sein, 
den  köpf  wirds  wenigstens  kosten.  Schiller  läuber  2,1;  wir 
beide  gabeln  halsbrechend  auf  dem  gelehrten  bäume  des 
erkenntnisses  herum.  J.  Pacl  Q.  Fixl.  201. 

HALSBRECHER,  m.  collum  seu  cerricem  frangens,  effringens. 
Stieleb  230. 

HALSBRUCH,  m.  homieidium,  nach  den  hals  brechen  .<!p.  246. 
Haltacs  784.   Steinbach  1, 197. 

HALSBROCHIG,  adj.  was  einem  den  hals  bricht,  zum  tode 
gereichend:  di  Undankbarkeit  ward  bei  den  Persern  hals- 
briichtig.  Gregor  Wagner  untrew  (1547)  vorrede  Bij;  im  ver- 
botenen und  balsbrücbigen  duell  ertappen  und  niedermachen. 
Wiede«.  april  1.43;  oder  sonst  halsbrüchige  rathschläge  ge- 
pflogen worden,  december  63;  so  soll  das  landgericht  ...  nicht 
des  reichen,  wann  er  gnug  geld  gibt,  oder  des  armen,  weil 
es  die  Unkosten  nicht  austragen,  in  baisbrüchigen  und  baupt- 
Bächlichen  lästern  verschonen.  Hohberg  1,  35';  halsbrüchiges 
laster.    Lohessteis  Arm.  2, 134 ; 

ch  weist,  dasz  mein  beginnen 
halsbrüchig  laster  sei.  Sophon.  31,  344. 

HALSBU.ND,  m.  der  bund  an  einem  mannshemde,  womit  man 
da.^selbe  oben  um  den  hals  hefesligl.  Jacobsson  2, 198*. 

HALSBÜRGE ,  m.  vas .  Sponsor  pro  aüero  in  re  capitali. 
Stiele«  163.     davon  halsbürgs^baft  s.  164. 

17 


259 


HALSBUSZE  —  HALSEISEN 


HALSEISEN  — HALSEN 


260 


HALSBUSZE,  f.  poena  capüis:  mit  der  halsbusze  gestraft 
werden.  Frisch  1,  402',  atu  Sigismunds  deutscher  conslil.  in 
Pieuszen. 

HÄLSCHEN,  n.  l)  kleiner  oder  zierlicher  hals:  hälsgen  coUum 
subiUe  Stieler  739;  hälschen  collulum  Steinbacr  1,672;  dieses 
kind  bat  ein  dickes  hälschen;  eine  andere  würde  sich  doch 
noch  zieren  (beim  ktisz),  ein  bischen  umstände  machen,  aber 
die  Jungfer  reckt  ihr  hälschen  selber  hin,  wie  ein  täubchen. 
KoTZEBGE  werke  9,  326 ; 

gncktest  du  nicht  stets  herum, 

würdest  inicli  nicht  sehen; 

nimm  dein  hälschen  doch  in  acht! 

wirst  es  noch  verdrehen.    Ubl\nd  ged.  31; 

iween  goldne  ringe  lieszen  sie  bereiten, 

die  man,  den  zarten  tingern  noch  zu  weit, 

an  bunten  bändern  um  die  hälschen  hieng.    s.  172. 

2)  hälschen,  ein  Ideines,  den  hals  umschliesscndes  slück  der 
kletdung,  krägelchen,  hahluch:  als  sie  aber  den  sack  meel  nicht 
hin  zum  bachtrog  tragen  konte,  denselben  auszuläeren,  un- 
angesehen sie  sich  daran  abmergelte,  dasz  sie  auch  den 
darauf  liegenden  schmierkäsz  überall  mit  dem  hälsigen  zer- 
knettet,  und  sich  ohne  ihr  wissen  damit  besudehc.  Simpl.  3,388 
Kurz;  die  kragen  (hälsichen)  werden  mit  sicifsel  (amedum, 
kraftmehl)  gestärket  (gesteifet).  Comenius  sprachenümr  von  Doce- 
Mics  §  'iSl ;  so  viel  aber  die  im  lande  geklüppelle  (spüzen) 
betrifft ,  soll  ihnen  zwar  an  halsziüchern ,  hälszgen,  hemden 
und  schürzen  dergleichen  zu  tragen  zugelassen  sein,  der  Stadt 
Le^zig  Ordnungen  s.  480. 

HALSDREHER,  m.  iynx  lorquilla,  der  Wendehals.  Nemnich 
3,  276. 

HALSDROSSELADER,  f.  vena  jugularis  {s.  drosselader 
2, 1437) :  hieb  ihm  eins  Streichs  die  halstrosseladern  sampt 
der  weinstrasz  bisz  zum  luftror  ab.  Garg.  256*. 

HALSDRÜSE,  f.  mandel  im  halse,  tonsilla:  halszfrüsen 
tonsillae  Maaler  20S\ 

HALSDüCATEN,  m.  ducalen ,  der  als  Schaumünze  am  halse 
g^ragen  wird: 

Richters  Hanne  dreht  den  halsducaten 
recht  verlegen  an  der  schwarzen  schnür. 

Fr.  Kind  gedickte. 

HALSE,  f.  1)  das  halsband  des  leilhundes,  woran  er  auf  der 
jagd  geführt  uird,  mhd.  halse  wb.  1,  618" :  (der  jdger  musz  haben) 
eine  starke  halse  und  ein  gutes  hängeseil ,  auf  das  er  dfu 
hund  daran  führen,  regieren  und  zwingen  könne.  Heppe  lett- 
hund  472. 

2)  in  oberdeutschen  gegenden  führt  das  kummet  des  Zugviehes 
den  namen  halse:  ein  halsen,  daran  die  rosz  oder  rinder 
zeuhend,  liellium  Maaler  208*. 

HÄLSEBRECHEN,  n.: 

ich  war  auch  einmal  jung,  und  auf  ein  hälsehrechen 
kam  mirs  durchaus  nicht  an.  Körner  3,  170. 

HALSEIGEN,  adj.  von  einem  hörigen,  über  dessen  leben  der 
herr  verfügt  (hals  4,  f  und  g  sp.  246.  249).  Haltaüs  785.  gegen- 
salz ist  halsherr,  s.  unten. 

HALSEISEN,  n.  1)  das  eisen  mittels  dessen  der  gefangene  am 
halse  gefesselt  ist  (vgl.  hals  5  sp.  250),  mhd.  halsisen  wb.  1,756*: 
columbar  halseisen  Diefenb.  133';  halszeisen  coUare  Dasyp.  ; 
ergibe  deine  füsze  in  ire  fessel,  und  deinen  hals  in  ire  hals- 
eisen. Sir.  6,25;  und  ire  fessel  werden  dir  ein  starker  schirm, 
and  ir  balseisen  ein  herrlich  kleid  werden,  v.  30 ; 

ze  lest  müst  wir  in  brisen 
in  ein  starke^  halsisen.    lieders.  2,235,896; 
darnach  euch  auch  der  amptmann  streit 
und  legt  euch  beid  in  die  naischeissen. 

H.  Sachs  4,  3,  27* 

(balsch-eisen  steht  hier  für  hals-eisen  und  zeugt  für  eine  t^r- 
gröberte  ausspräche  des  auslautenden  6  in  hals); 

vergl.  den  hals  erkenn  Ich 

in«  eicen  ihm,  und  weil  er  ungebührlich 
lieh  gegen  «einen  richter  hat  netragen, 
fcbmeitz  ich  ihn  in«  vergitterte  gclangni«. 

H.  V.  Klkist  terbr.  krug,  II.  auftr. 

Wurde  der  gefangene  ühellhaler  zur  warnung  iiffentlich  ausgestellt, 
so  trug  er  zum  zeichen  setner  gefangenschuß  das  halseisen,  das 
an  der  tchandsdule  gleich  befestigt  war;  daher  kommt  et  dasi 
pranger  und  halseinen  oß  in  gletrher  hedeutung  gebraucht  werden, 
und  dm  letztere  im  sinne  des  ersteren  steht:  öffentlich  an  pranger 
oder  bal.izciten  gesielt.  Carolina  \9k;  das  halszeisen  oder 
brangen,  numrllae  tertalile*,  an  das  halszeisen  oder  broiigen 


gcstelt,  nnmellis  publicis  insertus  Maaler  208';  er  mus  nicht 
dastehen,  als  ein  hübe  am  pranger  oder  balseisen  geschmidet. 
Luther  3,355;  als  an  etlichen  orten  der  brauch  ist,  das 
man  straft  mit  dem  balseisen,  lasierstein  oder  korb.  Pauli  7; 
o  galgen!  o  sträng!  o  halseisen!  o  fcuer!  A.  (jrvphius  1698 
I,  916;  ich  ersuche  sie,  den  ehrlichen  mann  für  sein  meister- 
stiickchen  ein  paar  Stündchen  ans  balseisen  stellen  zu  lassen. 
67ei;/r.  v.  Lindenberg  2,49;  dann  wollte  unser  Barthel  her- 
fallen über  ihn  mit  leibeskrafl,  und  zu  schänden  machen  deu 
mann,  der  ihn  weiland  ins  halseisen  bringen  wollte,  s.  163. 
Et«  halseisen  wird  auclt  von  einem  Verbrecher  ausserhalb  der 
gefangenschaß  oder  des  prangeis  gelragen ,  zum  zeichen  dasz  er 
sich  einer  missctiiat  schuldig  bekennt: 

wie  dasz  könig  Lucar  haben  wöll, 
dasz  er  sich  persönlich  her  stell 
anf  iinsern  saal  und  sich  purgir, 
mit  oidenlichem  recht  auszrünr, 
wariimb  er  tmsern  vatter  erschlagen, 
dicweil  soll  crs  halszeisen  tragen, 
aiil  dasz  man  ihn  kenn  desto  basz. 

Ayrkr  301*  (1520,  12  Keller); 
dasz  sich  eur  majestntt  für  ihn  stellen, 
sich  desz  todtsclilags  piirgirn  sollii, 
den  sie  an  könig  Triinipliart  than. 
die  zeit  sollt  ihr  auch  tragen  an 
an  eurem  halsz  selbst  ein   hals7.Pisoii. 

305''  (IbT,,  ö»  Keller). 

2)  halseisen,  eine  nach  dem  halbkreise  gebogene  platte  schiene, 
die  in  den  sieinniauern  einer  schleuse  befestigt  ist,  um  die  schleusen- 
thürflügel  oben  am  halse  zurück  zu  hallen.  Jacobsso.\  2, 198'. 

HALSEN,  HÄLSEN,  verh.  hrachia  injicere  collo. 

Das  ahd.  braucht,  so  viel  zu  überselien,  nur  die  schwaclie  form 
des  verbums  nach  alten  drei  conjugationsarten,  als  halsjan,  halsen 
und  halsöii  (Graff  4,  92!>),  von  denen  die  letztere  sich  formell 
zu  ags.  healsian  fJehenIlich  bülen ,  stellt,  das  mhd.  zeigt  neben 
dem  aus  halsjan  entstandenen  schwachen  helsen  ein  .ilarkes  halsen 
mit  dem  praet.  hiels.  und  dieses  prael.  erscheint  nach  Birlinceh 
schwdb.-auysb.  wb.  217'  noch  im  lö.jahrh.  in  bairischen  quelUn ; 
ein  particip  gehalsen  ist  neben  gehalst  mundartlich  noch  jetzt  in 
Kärnlhcn  üblich,  Lexkr  132.  sonst  sind  dem  nhd.  nur  noch 
schwache  formen  des  verbums  gerecht ,  das  öfter  vorkommende 
halsen  geht  auf  ahd.  halsun,  halsen,  das  seltenere  hülsen,  helsen 
auf  nhd.  halsjan  zurück,  eine  form  heischen  filr  helsen  (vgl. 
unlen  «o.  4)  zeigt  vergröberung  des  inlautenden  s.  das  worl  rer- 
scliu'indel,  wenigstens  in  seiner  einfachen  form,  seil  dem  l^.jatirh. 
aus  der  Schriftsprache,  lebt  aber  noch  mundartlich  fort,  so  auszer 
in  Kiirnlhen  in  Franken  und  Oberhessen,  halsen  Kehrein  183, 
halsen  Vilmar  146,  scliwäb.  halsen  Schmid  258,  bair.  halsen 
und  halsnen  Schm.  2, 183,  auch  niederd.  sik  halsen  .«ic/i  um- 
armen Dähnert  166'. 

halsen  steht  in  verschiedenem  sinne. 

1)  die  eigentliche  bedeutung  beim  hahe  fassen  tiilt  nhd.  noch 
manchmal  hervor: 

halsen  will  mich  eine  kette, 

soll  ich  denn  gefangen  sein? 

V.  Birkkn  osll.  torberhnin  3S8; 
disz  ist  das  eppichkraut,  das  den  zu  hoden  wirft, 
den  es  umbarmt  und  halszt.     Lohkkstkin  Ihiati.  37,372; 
der  ephcw  soll  umhrangen  nichts  so  sehr 
als  eure  arm  euch  halsen  beide,    nnm.  weish.  tuslg.  649. 

2)  das  letzte  beispiel  U^el  über  zu  der  bedeutung  sidi  kosend 
umarmen  ,  liebkosen :  und  zu  ihm  gienge  und  in  hUlsel.  Bocc. 
(1580)  1,79*;  halse  und  uinbfahe  diu  Lucrelia.  Wtle  tränst. 
51,38  Keller;  es  wer  dann  daz  ich  dich  euch  nuichl  halsen 
und  mit  minen  armen  umbfahen.  45,38;  hals  mich  doch, 
mein  freund ,  ha  so  umbfang  du  mich  für  meinen  segen. 
Garg.  240' ;  er  dankt  im  deiszigklich  und  halst  ine  durch 
grosze  lieb  i4tflion  bog.  xl;  sie  halset  die  fürsten.  daselbst; 
gleichwie  zwei  creatiiren,  die  in  groszer  liebe  sich  mit  ein- 
ander halsen  oder  würgen.  J.  BruiNK  i4uiora  {Slutlgarl  1835) 
s,  150;  ich  küsse  dich,  wie  Simeon ,  ich  halse vdich,  wie 
Maria.  Othü  1312; 

mit  di-rer  ich  sch&lzchen  und  herzchen  mich  hetsxe,  .  . . 
mit  der  ich  mich  hal«e,  mit  der  ich  mich  paare. 

LocAii  2,  12«,  34; 
reit'  weiter?   und  ich  hah  ihn  nicht  gehal.st, 
gedrückt,  geküsit,  vor  liebe  nulgcrre.-i.scn? 

TixcE  Oi-invian  2.  2.  act,  itchlutt. 

Das  halsen  auch  ausdrurk  der  bewillkommnung :  und  da  er  «ie 
kommen  sähe,  er  aliindt  auf  und  reicht  in  die  handt  und 
sprach  zu  Hejnharlen:  haben!  kein  Verwunderung  danimb 
das  ich  euch  nil  helsen ,    dann  mir  ist  fast  we.    Aimon  bog. 


261 


H.VLSEN  —  H  ALSFLOSSEB 


HALSFRAÜ  —  HALSGEKICHTSZEICHEN     262 


m  iiij ;  da  stundt  Magis  von  im  {ilem  pferd)  ab  und  hälsel 
Beinharten  gar  freundtlichen.  bog.  o;  und  ging  zu  inen,  sie 
von  liebe  freundllich  üalsent.  bog.  oj;  ward  er  seiner  büch- 
lich erfrewet  und  halsel  Beinharten  zu  yil  malen,  bog.  s  ij. 

Formelhaft  iind  oft  verbunden  halsen  und  ki,issen  ii.  ähnl.  : 
auf  stunde,  zu  im  ging,  in  halset  und  an  sein  «ang  küsset. 
Steixhöwel  100,26  Keller;  einander  zu  küssen  und  halsen. 
kriegsbüchl.  d.  frides  71;  halsen  und  küssen,  uegkiirzer  :t3';  sü 
wil  ich  dich  nit  für  die  lang  weil  halsen  und  abschmatzen, 
dasz  ein  art  hat.  Scbwabe  lintenf.  62 ; 

und  halset  und  küsset  in  an  ain  packen, 
und  ward  in  in  den  tiindern  zwacken,    fustn.  ap.  325,  4; 
ich  habs  oft  selber  gehalst  und  gekust.    733,27; 
umb  den  verwunden  herrn  er  arm  iiiul  bände  schhig, 
und  ihn  bisz  an  den  raiid  gedachten  bninnens  trug, 
er  batt  und  fängt  ihn  an  zu  halsen  uiul  zu  küssen, 
er  werde  ja  nunmehr  von  keinem  zorne  wissen? 

D.  V.  D.  Werder  .4riost  23,  171,  5; 
kommt  tretet  näher  her,  das  schöne  kind  zu  grOszen, 
zu  tragen  auf  der  band,  zu  halsen  und  zu  küssen. 

Opitz  3,  199. 

3)  dasz  halsen  auch  eine  obscöne  bedeulung  erlangt,  liegt  nahe: 
halsen,  mit  einem  weih  gfatlerlen,  coire,  fovere  aliquam  .Maa- 
LER  208';  so  auch  schwäbisch  halsen  Schmid  25s;  auch  die 
folgenden  stellen  der  faslnacMsspiele  icerden  hierher  fallen: 

ain  lippenlapp,  der  niht  kan  besinnen, 

das  frauen  lieber  helsen,  dan  spinnen.    316,  23; 

niemant  sol  si  helsen, 

wann  ich,  die  lieben  Elsen.    397,28; 

ich  mein  ir  seit  gewest  pei  edelleuten, 

die  wol  künnen  halsen  und  treuten.    66!),  17. 

4)  vielleicht  hat  halsen  auch  einen  allgemeinem  sinn  ange- 
nommen, sich  zuwenden,  anhängen :  will  ein  weih  haben,  das 
ihr  mann  ein  kind  mehr  liebe  dann  das  ander,  so  geh  sie 
iiim  zu  essen  beide  zypflin  von  den  ehren  seines  hunds,  die 
ein  heischet  [ihm?]  und  die  andere  heischet  dem  kind.  so 
sollen  sie  sich  so  iieb  haben,  das  der  ein  von  dem  andern 
nicht  soll  bleiben  können,  des  Spinnrockens  evantielia  1568  G  l'. 

5)  die  mundartlich  schwäbische  bedeutung  von  halsen,  jemand 
zum  geburtstage  glück  wünschen  (Schmid  258)  fuszt  wol  auf  der 
silte  des  um  den  hak  fallens  und  stelU  somit  zu  oben  2  in  ver~ 
bindung. 

6)  ftrn  dem  bisherigen  liegt  halsen,  ein  schiff  durch  die  halsen 
ror  den  wind  bringen  {vgl.  hals  II,  4  sp.  256) :  es  vvurde  mög- 
lich, das  schiff  westwärts  zu  halsen.  Weseizeilung ;  daher  büd- 
lich:  in  einigen  (wOrlern)  der  art,  wie  in  der  partikel  als, 
wird  es  sogar  wenigen  gelingen,  eine  kürze  herauszuhalscn, 
F.  Ä.  Wolf  Horat.  l.  salire  (1813)  19. 

HALSEN,  HÄLSEN,  n.  der  substantivisdi  gesetzte  inßnitiv  des 
vongen,  gewöhnlich  in  der  bedeutung  2:  sölich  süsz  küssen  und 
halsen.  Wyle  tränst.  52,  6  Keller;  als  aber  sy  zwüschen  halsen 
und  küsen  iren  Euriolum  recht  erkant,  redt  sy.  49,2;  da 
ist  ein  liebliches  und  heiliges  halsen,  küssen,  schmecken, 
fühlen,  hören,  sehen  und  riechen  J.  Böhme /luroro  (S/ui/j.  1S35) 
i.  159;  dasz  sie  ihn  mit  ihrem  liebkosen,  guten  werten,  hal- 
sen, henen,  doch  falschlich  betrogen  habe.  anm.  weiszheit 
lustg.  649;  diese  macht  nachmals  dem  herrn  schultheisen 
ilurch  küssen  und  halsen  eine  solche  opinion ,  dasz  der 
lienkermäszige  vor  einen  Agamemnon  und  tapfer  officierer 
gehalten  wird.  Schlppiüs  531  (not  1,501); 

denn  was  kan  doch  sie  nicht,  mit  lachen,  schimpfen,  scherzen, 
mit  ihrer  freundlicbkeit,  mit  halsen,  küssen,  herzen 
erlangen?  Ron«AS!»  tust.  poet.  77. 

Äiich  in  obscöner  bedeutung:  das  halsen,  fleischliche  gespill- 
schaft  mit  einem  weih,  coüus  venereus  Maaler  208*. 

In  Schwaben  heiszt  halsen  auch  ein  zum  geburtstage  gegebenes 
geschenk  (Scbmid  258)  nach  der  oben  5  gegebenen  bedeutung  des 
verbums. 

H.\LSENTZLNDL)NG ,  f.  entzündung  des  inneren  halses:  an 
halsentzündung  leiden.  Ehruart  viediz.-chir.  zeilg.  1828  J.  222. 

H.\LSEB,  m.  buhle,  mhd.  heiser  wh.  1,618*:  weil  du  geredt 
hast,  er  »eye  der  arbeitsamest  halser,  und  dein  rechler  ehc- 
mann.  L.  Thurneisser  nothgedrung.  ausschreib.  (I5S4)  3,  102. 

H.\LSFEDER,  f.  feder  am  halse:  halszfaderen  an  hanen, 
die  sy  im  zern  streüszend,  jubae  galUnaceorum  Maaler  2ü8'. 

HALSFESSEL,  f.  collare  ferreum,  boja.  Stieler  438. 

HALSFLOSSER,  m.  jugularis  pisds ,  ein  fisch  bei  dem  die 
bauchßossen  vor  den  bmslflossen  sitzen.  Nemnicb  3.  203.  s.  kehl- 
Ou^ser, 


HALSFRAU,  f.   herrin    über  leib   und  leben,    nach  halsherr 
i    (s.  unten)   gebildet:    unterdessen    wäre    es    genung,    dasz   sie 

meislerin  der  armenischen  grundgesetze,  und  also  ihrer  aller 

halsfrau  worden  wäre.  Lohexsteix  Arm.  1,  311 ;  den  ärzten, . . 

deren  Unwissenheit  durch  unsere  hinrichtung  sich  erfahren, 
;    ihre    Verwegenheit   aber   sich   zur  halsfrau  über  unser  leben 

macht.  I.  US. 

HALSFCLLEN,  n.  das  vollfüllen  des  halses  {vgl.  hals  L  U,  a 
'    sp.  254),  unmäszigkeit :  du  hast  dir,  wie  ich  höre,  an  deinem 
;    halsfüllen  nicht  noch  genügen  lassen.  Butsciikv  kanzl.  384. 
I        HALSGEBEI.N,  n.  genick,  knochengerüst  des  halses.  wie  hals- 
I    bein  1  [sp.  257):    trifft  es  (das  gerichtliche  verfahren)  aber  ein 

halsz  und  halszgobein,  so  wysen  sye  das  dem  hochgerichte 

zu.  weisth.  2.  77. 

HÄLSGEFÄHRLICH,  adj.  gefahrbringend  für  das  leben  (hals 

I.  4.  3  sp.  249): 

wos  halsgefährlich  ist,  da  stellt  mich  hin! 
Schiller  531. 

HALSGEHÄ.NGE,  n.  schmuck  der  um  den  hals  hängt:  ich 
begehrte  von  ihr  ..  zwei  ohrgehäng,  ein  köstlich  halsgehäng, 
das  sie  eben  anhatte,  ihren  gürtel  und  liebsten  ring.  Simpl. 
3,  135  Kurz ;  balsgehänge  von  schaupfenningen  zum  äuszern 
schmuck.  Dya  Na  Sore  2,  279 ; 

zart  edle  frau  so  ist  mein  bitt,  .  . 

mir,  eur  dabei  zu  gedenken, 

eur  balszgeheng  zu  trafen  schenken. 

Atrer  460'  (-2315  Keller); 
aber,  junker,  das  halszgbeng  mein 
das  gib  ich  euch.  itas. 

auch  in  der  form  halsgehenk:  die  morgenlufl  flosz  wie  ein 
kühles  halsgehenk  auf  seinen  beiszen  busen  umher.  J.  Paul 
Hesp.  1, 126.  —  am  halse  getragenes  amulet  wider  krankheitcn  : 
halsgehänk,  wider  krankheiten,  amuletum  Hederich   1203. 

HALSGEKRÖSE ,  n.  nannte  man  scherzend  den  vielgefalteten 
spanischen  kragen,  den  man  einem  gekrOse  verglich :  ein  Wäscherin, 
die  dergleichen  abscheuliche  halsgekröse  zu  bereiten  pflegte. 
J.  Praetorics  saturnalia  (1663)  370. 

HALSGEPRÄNGE,  n.  vioniüa.  Stieler  1474. 

HALSGEBICHT,  n.  in  zwei  bedeutungen. 

1)  die  befugnis  über  den  hals  {sp.  246)  zu  richten ,  obere  ge- 
richtsbarkeit :  daz  gerichte  über  schulde,  gulde  und  bruche, 
mit  dem  gerichte  des  bluts,  daz  man  nennet  das  halsgericht?. 
Haltads  785;  die  .\ii  tafeln  übertrugen  die  halsgerichte  an 
sie  als  die  allgemeine  nationalversammlung.   Nieburr  2,361; 

das  wollenvieb  und  hirsch  und  stiere 
gehörten  vor  sein  [des  teopnrden)  halsgericbt. 

Hageuorn  2,  130. 

2)  das  gehegte  gericht  selbst:  {Verordnung)  halszgericht  be- 
ireffend. Begensburger  reichstags-abschied  1532,  iii;  indem  aber 
Ungermann  an  das  hebe  peinliche  halszgericht  gewiesen. 
Happel  acad.  rom.  648 ; 

was  hfib  ich  nicht  vor  straf  und  sträng  und  glut  verdienet! 
ach  leider!  flel  ich  bei  dem  tollen  halsgericbt? 

A.  Grtpbics  (1663)  413; 
kein  armer  Verbrecher  fühlt  mehr  schwulität, 
der  vor  bochnotbpeinlichem  halsgericbt  steht.    Borger  66'. 

auch  in  freierer  anwendung:  was  gehen  mich  itzt  die  arm- 
seligkeiten  des  Stils  und  theaters  an,  itzt  da  ein  so  schreck- 
liches halsgericbt  über  mich  verhangen  wird?  Lessi.ng  10,175; 

.  .  feit  trewis  in  eottes  zorn 
und  in  das  ewig  balsgericht. 

B.  Ri>cwALO  taut.  wnrh.  33. 

HALSGERICHTSBARKEIT,  f.  jurisdiclio  criminaUs.  Haltads 
785. 

HALSGERICHTSHERR,  «i.  eigner  des  halsgerichts. 

HALSGERICHTSOBDNUNG,  '/".  Ordnung  eints  halsgerichts; 
tnsgcmcin  und  damit  das  gesetz  Carls  V.  über  die  handliabung  des 
peinlichen  gerichts  von  1530  und  1532  bezeichnet,  das  sich  zwar 
tm  tfxt  selbst  nur  peinlich  gerichtsordnung  nennt,  von  dem  aber 
der  tiiel  halsgerichtsordnung  sonst  ofßciell  ist:  der  halsz-  und 
peinlichen  gerichtsordnung  halben,  abschied  des  reichstags  zu 
Augsburg  1.530  §97;  nachdem  auch  die  halsz-  oder  peinlich 
gerichtsordnung  auf  jüngst  gehaltenem  reichstage  zu  Augs- 
burg für  die  hand  genoinmeu.  absch.  des  reichst,  zu  Regensburg 
1532, in;  dasz  gedachte  halszgcricbtsordnung  in  truck  gegeben 
. . .  werde.  daselb<;l. 

HALSGEBICHTSZEICHEN,  n.  abzeichen  eines  halsgerichts. 
Haltal's  785.  als  solche  dienten  stock  und  galgen ,  die  an  dem 
orte  aufi)i'rirhtet  uiirrlen     lirr  die  hnhqericht.' rirlnl   ho'a'^z. 

IT» 


263 


HALSGERINGELT  —  II ALSUEM 


ilALSHERSCIlAFT  — HALSKULLER        264 


HALSGERINGELT,  adj.  am  hdse  mit  ringeln  versehen :  Ualsz- 
geriaglete  tuub,  die  ein  schön  ringle  hat  umb  den  halsz, 
lurqauitis  palumbus  Maaler  208\ 

HALSGERUCH,  »i.  graveolentia  oris.  Stieler  1530. 

HALSGESCHMEIDE,  n.  torques.  Stieler  1880:  ein  kirsch- 
Laum,  aus  welchem  das  brüst-  und  lialsgeschnieide  eines 
blühenden  jelängerjeiieber  wie  eigne  blüthe  hing.  J.  Call 
fiegelj.  1,103. 

HALSGESCHWÄR ,  n.  l)  eüerung  der  hahdrüsen:  halsz- 
geschwär,  anliades ,  tonsülae  Dasypüü.  ;  halszgescLwür  anlias 
Serranos  synon.  92*;  anlias  halszgeschwer,  mandelgeschwer 
diction.  b3'. 

2)  bräune,  atigina.  Diefenb.  35*:  dienet  auch  wider  das 
sorgliche  halsgeschwär,  anginam.  TAiiERNAEinoNT.  448. 

HALSGESCH WULST,  f.  geschwuht  des  Halses,  sowol  des 
äuszern,  als  des  inncrn ;    halszgeschwulst  angiiia  Diefenb.  35*. 

HALSGESCHWÜR ,  n.  gescitwür  in  oder  um  halse.  Aüell'sg. 

H.\LSGEZ1ERDE,  n.  halssclimuck :  halszgezierd,  halszbaud, 
das  man  an  den  halsz  henkt,  monile  Maalek  2os'. 

HALSGICHT,  f.  giclü  und  davon  herrührende  lähmung  des 
halses.  Adelung. 

HALSGOLLER,  s.  halskoller. 

HALSGRUBE,  f.  grübe  am  ende  des  halses  nach  der  brüst: 
das  oberkleid,  das  von  der  schulten  zum  eilenbogen  herab- 
hangt, ist  unter  der  balsgrube  zusammengeheftet,  daher  die 
Schulter  eingehüllt.  Guthe  39,  23. 

HALSGÜRTEL,  m.  gürlel,  kelle  mj«  den  lials:  lorques  hals- 
gurtel,  nd.  halsgordel  Diefenb.  589'. 

HALSHAAR,  n.  mahne:  halszhaar  an  rossen  juba  Maa- 
ler 208*. 

HALSHAKEN,  «i.  plur.  die  mandeldrüsen  im  halse,  wegen 
ihrer  abhängenden  und  gebogenen  form:  hat  über  sich  an  dem 
menschen  vom  gaumen  herab  das  zäpflein  hangen ,  und  zu 
beiden  seilen  die  mandeln  (halszhacken,  tonsillas).  IL  Scuaevii 
analom.  abrisz  bei  Würtz,  wundarznei  s.  34. 

HALSHEMD ,  h.  fiemd  das  vom  hals  nur  bis  über  die  brusl 
reiclit,  wo  es  vom  mieder  zusammengeliallen  wird;  in  reicher  aus- 
slallung  schmuckgegensland  der  frauen:  auch  sollen  frowen  und 
junkfrowen,  burgerin  und  invvonerin  dieser  statt,  hinl'üro  nit 
mer  tragen  einich  halshemhd,  das  mit  gemechte  und  aller 
ander  zierde  und  zugehorung  über  zwen  guldin  cost  oder 
werdt  sei.  l^ünib.  polizeiordnung  9' ; 

auch  so  hast  du  mir  jbene  wochen 
ein  halszbembd  in  der  wesch  verlorn. 

H.  Sachs  1,  512'. 

HALSHERR,  m.  herr  über  den  hals-  oder  leibeigenen:  mit 
reisen,  sturn  (steuern),  butten  und  verholten  und  aller  pflichl, 
so  dann  ein  leibeigen  mensch  seinen  balszherren  nach  dem 
landsbrauch  schuldig  ist.  Haltaus  78C ;  sturb  er  dann  (der 
eiyenmann),  so  soll  unserm  gnädigen  herren  von  sant  Gallen 
und  sim  gotzbus  der  beslho|)tfal  werden  vor  desselben  ab- 
gangnen  halsherren.  weislh.  5, 145  (von  i4Ss) ;  hinwiederum 
vermeintend,  die  Turtaler  Schwytzer  werind  ire  landlülh,  und 
nit  halszherren.  Blllincer  2,15;  daher  spreiszlen  sie  aber- 
mals ihre  federn,  und  schärften  ihre  sebeln  wider  die  römi- 
schen landvögte,  oder  vielmehr  schärfste  hulsherrcn.  Loiien- 
stein  Arm.  2,75;  und  umb  nur  an  unsern  feinden  gütige 
halsherren  zu  haben.  2,290;  gesinde,  heuerleiile,  leibeigne 
und  solche  menschen  . .  welche  zur  zeit  der  Werbung  nicht 
frei  und  ohne  Widerspruch  eines  halsherrn  aufgefordert  werden 
können.  Moser  patr.  ylianl.  (1798)  3,255; 

der  mintte  von  dem  rolk  ist  halsherr  des  tyrannen. 

A.  GiiTPHius  (1098)  1,  79i 
kein  bebend  sclave  zittert, 
wenn  sich  aur  seine  scbuJd  sein  tiaiszhcrr  hat  erbittert, 
in  seinen  fesseln  so.  Lohcnstiin  Ibiah.  33,  170. 

m  demiUiger  ge$innung  nennen  toyar  bürger  der  freien  reiclis- 
stadl  Rolweil  den  kaiser  ihren  haLslierrn:  de.slcr  williger  und 
gewisser  wollen  mir  och  allzyt  sein,  wu  dio  kay.  ml.  unser 
allergnedigsler  natürlicher  halgzherr  und  landsfürsl  uns  zu 
schimpf  oder  ernst  gepruiichen  woll.  Mone  anz.  0,105  (v.  15U). 

Dem  iialsherrn  gehört  dir  ausübung  dir  obersten  ijerichtsbarkeil, 
er  ist  Inhaber  des  halsqericbls  (np.  202) :  dtMii  abt  als  ihrem 
recbirn  nalurlichen  erb-,  grund-,  leben-,  slap-  und  uberslcn 
halshenn.    Haltaus  780. 

Quellen  des  10.  und  M.jaltrh.  übertragen  das  fremde  lyrannus 
durch  kalsberr:  baNzherr,  wUlericb,  tyrannus  Maaleh  ios*; 
unlfideulicber  baUzhcrr  iiäuleundus  lyiannus,    eiii*^r  dt-r  ein 


halszherren  und  tyrannen  umbbringt,  tyrannicida  das.;  stock- 
meistcr,  halszherren,  wüttrich,  tyrannen,  blulhund.  Fiscuart 
gioszm.  70;  halsherr,  u/i  tyran,  tyrannus  diclionar.  (Genf  1095)  15j. 

HALSHERSCHAFT,  f.  lyrannis,  la  lyranie.  diclionar.  (Genf 
1095)   155. 

HALSHERSCHER ,  m.  tyrannus:  der  tyran  oder  halsz- 
herscher  Dionysius.  Fischart  eliezudUb.  33. 

HALSHUH.N,  n.  huhn  als  zins  eines  haheigenen  an  den  hab- 
herrn.  Haltaüs  780. 

HÄLSING,  HÄLSIG,  vi.  strick,  seil,  mhd.  helsinc  strick  zum 
hängen  wb.  1,  018':    laqueus    haising    Diefenb.  319*;    bälssing 
reslis ,  laqueus  Maaler  205';    mit    einem  bälssing  oder  strick 
erwürgen,  animam  laqueo  claudere  daselbst ; 
eh  das  solchs  weeren  kan  der  hirt, 
das  viech  vom  hälsig  ledig  wirt.    ftKBMüiN  40t). 

IIALSJOCH ,  n.  joch  was  den  ochsen  um  den  hals  gehängt 
wird:  man  hat  (vom  joch)  zweierlei  arten,  nemlich  balsjoche 
und  kopijoche.  ein  halsjoch  bestehet  aus  zwei  langen,  oben 
und  unten  mit  riegeln  zusammengefügten  holtzern ,  welches 
einem  ochsen  um  den  hals  gehänget  wird ,  also  dasz  ein 
ieder  ochse  sein  besonderes  joch  hat.  Ocon.  lex.   1131. 

HALSKAl'PE,  /■.  1)  die  kappe,  Iheil  der  menschlichen  kleidung, 
die  mit  dem  köpfe  zugleich  auch  hals  und  schultern  deckt  (s.  kappe  5, 
llieil  5,  191):  cucullus ,  cucullio  balskapp  Alberus  diel,  liij*; 
cucullus  ein  gugel  oder  halskupp  Dasyp.; 

ausz  meinem  teil  (des  luclws)  icli  mir  denn  mach 
ein  halskappen  den  winter  kalt.     II.  Sachs  5,351'; 

man  sielU  wie  die  halskappc  den  zweck  hat  gegen  die  unbilden  der 
willeniny  zu  scliülzen,  Ayrer  kann  datier  bildlich  sagen : 

ich  hab  mir  ein  gute  halszkap  an, 

das  ich  vor  im  wol  bleiben  kan.     118'  (597,  17  Keller), 

d.  Ii.   ich  weisz  mich  wol  vor  ihm  zu  wahren. 

2)  halskappe  bei  den  fferden  ein  Überwurf,  der  den  hals  vor 
den  Stichen  der  inseclen  schützen  soll.  Adelung. 

3)  halskappe  für  halssack,  x.  d.  letzlere,  offenbar  wegen  der 
sackförmigen  geslalt,  die  die  kapi>e  als  kopfbedeckung  halle. 

HALSKETTE,  /.  iMe  um  den  hals,  vorzüglich  schmuckgegen- 
sland: monile,  ein  halszband,  hulszgeschmuck,  balszketten, 
das  man  an  den  halsz  henkt.  Serranüs  diä.  pl';  du  hast 
mir  das  herz  genomen ,  meine  Schwester  liebe  braut ,  mil 
deiner  äugen  einem ,  und  mit  deiner  halskelen  eine,  hotul. 
4,  9 ;  hier  diese  halskctte,  diesen  ring,  mehr  buh  ich  nicht ; 
da  nimms !  Fr.  Müller  2,137;  ich  habe  nichts  als  die  silberne 
halsketle  von  meiner  seligen  muller.  Kotzebue  teerte  9,220; 
damit  in  der  goldenen  halsketle  der  liebe  kein  gelenk  ab- 
ginge. J.  Paul  Hesp.  4, 153.  —  diniin.  halskeltchen.  halsketllein. 

HALSKISSEN,  HALSKÜSSEN,  «..-  halskuszen  cervical  voc. 
ine.  Ik'ul.  h  s'. 

HALSKLAGE,  f  accusalio  capitalis.  Haltaus  780.  vgl.  hals 
L  4,  f  sp.  240. 

HALSKLAMMER,  f  klammer  durch  welche  die  sehleusenlhor- 
ßügel  oben  am  halse  befestigt  werden.  Jacobsson  2, 198*. 

HALSKLAMPE,  f.  klumpe  (s.  5,  942)  zur  befestigung  der  halsen 
eines  schi/fes.  Jacobsson  das. 

HALSKLAUE ,  f.  gekrümmies  eisen  am  halse  der  scldeusen- 
Ihorflügel  zum  festhalten  derselben  (Jacobsson),  dasselbe  was  hals- 
eiseii  3,  halsklaminer. 

HALSKLEID,  n.  kleid,  was  mil  dem  halse  zugleich  den  uber- 
küiper  deckt  (sp,  243),  oberlrieid .  namentlich  der  frauen :  sein 
ehewcib  in  ihrem  besten  halsklaid.  Scum.  2,  183,  wo  noch 
mehr  belege. 

HALSKNIPFEN,  n..*  das  würfelknipfcn  bringet  halsknipfeu. 
GuHPELziiAiHER  de  excrcU.  acad.  350.  die  würfet  knipfeu  hiesi 
beim  Sfiiel  sie  betrügerisch  behandeln,  s.  5,  1435,  die  form  wecItscUe 
mit  knü[ifen,  daher  das  Wortspiel,  weidies  Fisciiart  in  ähnlicher 
fassung  gewährt:  würfelknipfer ,  die  nachher  uieister  Bartel 
(der  heiikrr)  knipfct.  gioszm.  88. 

HALSKNOPF,  »i.  knöpf  in  der  halsgegend  eines  kleidet:  wenn 
signora  die  silbernen  halsknOpfe  ihres  schwarzseidenen  kleides 
eiilliäkelte.  IL  Heine  werke  2,  208. 

IIALSKNÖTLEI.N,  n.  der  knoten  oder  kröpf  des  menschliclwn 
halses,  franz.  nucud  de  la  gorge:  aus  dem  folgt  nubii,  dutz 
er  in  den  hals  kompt  und  setzt  sich  zum  krgpf,  das  ist  zum 
balsknödlcin.  I'aracklsus  op.  1  (loio)  289  c. 

HALSKOLLER,  m.  und  n.  hahkUid ,  kragen  um  hüls  und 
brusl,  eine  eigentlich  lautohyi.<iclw  zusummensetzung ,  indem  dem 
fremden  aus  collare  entstandenen  wortc  das  driilsJie  hals  zum 
bessern   Verständnis  vorgesetzt  ward,     die  form  schwankt  ucrschie- 


265 


HALSKRAGEN  —  HALSPANZER 


HALSPERLE  —  HALSSCHMUCK 


26G 


dentlich  (cergl.  koller  5,  1614):  von  einem  wollen  halskoller 
j  gr.  Letpz.  stadlordn.  1544  Bs";  des  halszküllers.  Cyriil  27; 
Lalsgüller  mammillare  Hesisch  lii7S;  epicolarium  halsgoller 
(unter  den  neugemachteii  laleiniicheii  Wörtern).  Gary.  141';  auf 
ein  ander  mal  nam  ich  darzii  der  jungfrawen  halszgolter  und 
uberuiiiter.  13(i';  nvck  jetzt  wird  im  nassauischen  der  halskoller, 
ein  waitierler  unlerwamms  mit  niedrigem  steifem  kragen,  hier  und 
da  von  bauermädchen  getragen.  Keureix  1S3. 

HALSKRAGE.N,  m.  kragen  um  den  hals,  ein  theil  der  klädung: 
halskragen  coWa/e  Steinbacu  1,924;  frülier  auch  Ifieil  der  rüslung : 
(liesz  er)  d;  zeughausz,  wie  dj  römisch  capitoli  zum  unfriden 
aufthun,  hämisch,  halszkragen,  ringkrügen,  kraut  und  lut  . .. 
ausztheilen.  Gary.  100';  hingegen  der  münch  versatzt  ihm 
mit  dem  creutzstock  so  ein  unsaubers  zwischen  den  halsz  und 
halszkragen  aufs  acromibein ,  dasz  er  ertaubet  und  schwin- 
delet. 254*.  Vögel,  fische,  Schnecken  haben  einen  halskragen,  der 
theils  durch  längere  federn ,  tlieih  durch  schuppen ,  durch  häutige 
auswüchse  u.s.w.  gebildet  wird.  Nemnich  2,1102. 

H.\LSKRAL'SE,  f  krause  die  um  den  hals  getragen  wird:  ach 
nein  nein,  da  ist  die  kappe  und  die  halszkrausze  darzu.  Cur. 
Weise  comüd.  336;  er  besieht  sich  im  spicgel,  zupft  die  hais- 
krause zurecht.  Kotzebue  werke  9,  41.  im  scherze  für  henker- 
strick,  tcie  halsband  {sp.  257):  wenn  er  (der  henker)  manns- 
und  Weibspersonen  die  bänder  ümb  die  arme,  wie  auch  die 
runden  halszkrausen  von  hanf  allzu  feste  gebunden.  Cur. 
Weise  kurztveil.  redner  (l681)  s.  79C.  —  An  einigen  orten  tragen 
lutherische  geistliche  noch  die  hohe  und  vielgefällelle  haiskrause, 
ein  Überbleibsel  der  spanisclien  tracht  aus  dem  ende  desiG.jahrh. 

HALSKR.\LT,  n.  name  mehrerer  pflanzen. 

1)  der  campanula  trachelium  oder  ceivicaria,  glockenblume  : 
halskraut,  zapfenkraut,  nackenkraut.  Oeliiafes  elench.  plantar. 
(1643)  12;  chamaedaphne ,  zapfenkraut,  halskraut,  heckenblat 
Alb.  DD  2';  halskraut  hat  seinen  namen  daher  das  es  zu  den 
weetagen  des  balses  seer  dienstlich  ist.  Fccus  hist.  stirpium 
(1542)  C.  tG4. 

2)  auch  prunella  vulgaris,  gauchlieil,  führt  den  namen  huls- 
kraut.  Nemxich  4,  IOC'. 

H.\LSLÄH.MIG,  adj.  mit  noch  lahmem  halse,  der  den  köpf 
noch  nicht  frei  bewegen  kann :  und  (die  kinder)  so  halszlamig 
ungwisz  tasten.  Fiscuart  anmanung  'i. 

HäLSLäSTER,  n.  schandlhal  die  am  leben  gestraß  wird?  vgl. 
hals  sp.  246 :  die  mit  ofifentiichen  halszlastern  beladen  sind, 
als  Zauberer,  gotslesterer,  Wucherer,  dieb,  rauber,  mörder, 
knabenschender,  kindvertrucker.  S.  Fraxk  chron.  3SS'. 

HÄLSLEIN,  ti.  kleiner  oder  zierlicher  luüs:  häislein  collulum 
Steinbacu  1,  672; 

(ien  aim  lie;  er  slifen, 

und  leite  in  under  ir  helselin. 

H.  V.  Fkkib.  Triitan  755; 
darzu  hat  auch  die  wolgeboren 
ein  tiälslein  und  eiu  kehlen  weisz.    H.  Sacus  5,  33ü*. 

H.\LSLING,  HÄLSLING,  m.  strick  der  zunächst  dem  umlegen 
um  den  hals  dient:  helszling,  strick,  iaq«e«i  Dasvp. ;  item  und 
wenn  ein  herr  ze  Constanz  wil  ziehen  über  den  Arieberg  zu 
einem  pabst,  so  sollen  Engkwiller  im  einen  süumer  khoffen 
um  fünf  pfund  pfening,  fünf  Schilling  pfening,  minder  oder 
mehr,  den  sollen  sy  ihm  geben  an  einem  halszling  ohne 
satel  und  zouni.  weislh.  l,  2S5.     s.  hälsing. 

HALS.MANTEL,  m.  kurzer,  hals  und  brusl  deckender,  mieder- 
artiger Überwurf  von  leinwand :  ein  halszmantel,  gOller,  ami- 
culum  Dasyp.  290';  halszmantel  humeralc  .Maai.er  20>';  hals- 
mantel  strophium,  amiculum  linteutn  Stieler  1226;  zu  dem 
andern  so  seind  es  die  weichen  tüchlin,  halsmentlen,  die 
sie  (die  frauen)  under  den  wullinen  rücken  tragen ,  bringen 
nutz,  dasz  die  ruhe  (rauhigkeü)  des  rocks  sie  nit  beiszet. 
Keisersberg  vom  kaufmannsschatz  96'. 

HALS.M.\RTER,  /". ;  verlibten  die  halsmarler  bald  ange- 
hangen, ist  am  rälhlichsten.  Butschkv  hd.  kanzl.  233;  dafür 
steht  nachher  der  kinder  geilheit  einen  gebisz  bei  Zeiten  ein- 
legen. Es  scheint  also  eins  jener  gebisse  gemeint  zu  sein,  welche 
der  Zügelung  junger  wilder  pferde  dienen  und  dazu,  wie  die 
kandare,  eine  kinn-  oder  haUkette  mit  verwenden. 

HALSOFEiN,  w.  stubenofen  mU  einem  halse,  vermittelst  dessen 
er  von  auszen  geheizt  wird.  Adelu.nc. 

HALSPA.NZEH,  m.  theil  der  rüstung ,  die  hals  und  schuitern 
deckt,  wie  halsberge:  derwegen  und  dieweil  ihn  Florestan 
blosz  vermerket ,  versetzt  er  ihm  zwischen  dem  heim  und 
halszbanizer  solchen  streich,  dasz  er  ihm  das  haupt  für  die 
lusz  danider  schlüge.  Amadis  430  Keller. 


H.^LSPEHLE,  /".  perle  die  an  einer  schnür  um  den  }ials  ge- 
tragen wird:  du  ..  zähltest  deine  lialsperlen.  Fr. Müller  3,32". 

H.\LSPFE1FE ,  f  leichtes  folterinstrument  mit  einem  runden 
loch,  das  eines  verbiecliers  hals  enge  umscidosz: 

daruiub  du  solst  deinem  weib  sagen, 
sie  soll  dich  hinlort  nicht  mehr  schlagen, 
.    und  dich  berr  lassen  im  hausz  sein, 
oder  mau  soll  sie  legen  eiu 
in  die  haläzpl'eilTen  oder  geigen. 

AiRER  3b6'  (1938,  26  Keller). 
HALSPOLSTER,  m.  und  n.,  gepolstertes  kummet  des  Zugviehs: 
lumex  halssbulsterlin  Diefenb.  5S7'. 

HALSPROCESS,  »i.  process  der  an  den  hals  geht  (sp.  247), 
piinlicher  process :  nach  dem,  was  ewr.  excellenz  mir  von  dem 
auftritt  in  seinem  hause  gesagt  haben ,  wird  nichts  leichter 
sein ,  als  den  vater  mit  einem  halsprocess  zu  bedrohen 
Schiller  kab.  u.  liebe  3,  t. 

H.\LSPULSADERN,  f.  plur.,  cariAides  arteriae,  die  ädern  xu 
beiden  seilen  des  Halses,  die  das  blut  dem  yelärne  zuführen.  Nem- 
Nicu  2,  S94. 

HALSRICHTER,  m.  richtet  über  den  hals  (sp.  246),  oberrichter: 
zu  einem  schultheiszen ,  welcher  sonst  genennet  wird  ein 
landtrichter,  oder  aber  ein  halsrichter.  Reuteb  v.  Speir  kriegs- 
urdnung  35. 

HALSRING,  m.  ring  um  den  hals,  mhd.  balsrinc  wb.  2, 1, 70S* 
Uieils  als  schmuck:  torques  halsring  Diefe.-^b.  589';  theils  zur 
lesselung  eines  gefangenen :  halszring  so  man  den  gefangenen 
anlegt,  collaria  Maaler  20S*; 

wand  ir  sun  gevangen  wart 

und  bevestent  vil  hart 

in  kerker  und  in  balsrinc.    yes.  abent.  3,  470,  11; 

theils  um  den  hals  von  thieren  gelegt:  halszring  so  man  den 
Jagdhunden  anlegt,  mitlum  .Maaler  das.  ein  natürticher  hals- 
ring, von  andersfarbigen  federn  gebildet ,  ist  mehreren  vogelarten, 
z.  b.  der  ringeltaube  eigen. 

HALSROHR,  n.  Schlund,  Speiseröhre:  darauf  wissen,  das 
unser  mag,  das  ist  der  erst  m»g,  um  halszroLr  hangend, 
allein  von  einander  scheidt  das  da  faulet.  Paracelsl's  upp.  i 
(1616)  s.  51  C. 

HALSROSE,  f.  heiszt  im  miltelrheinischen  und  weslerwdidischen 
eine  grosze  malve.  Kehrei.n  1S3,  es  ist  wahrscheinlich  nur  die 
umdetäschung  ihres  fremden  namens,  alcea  rosea. 

HALSSACHE,  f.  mhlssache,  die  für  den  besdiuldigten  an  den 
hals  geht  {sp.  247),  peinlicher  process:  in  haissachen,  wo  ein 
verbrechen  gegen  die  gesammte  naiion  gerügt  ward  .  .  be- 
schlossen sie  (die  centurialcomitien)  allein.  Niebchr  1,535.  audt 
freier,  sacke  von  Wichtigkeit  und  gefährlichkeit :  ich  wette,  es  ist 
eine  kleinigkeit,  und  der  alte  wird  sich  einbilden,  dasz  es 
haissachen  sind.  Lessi.ng  1, 39S. 

HALSSACK,  m.:  mantica,  ein  halszsack  oder  halszkap,  die 
foinen  und  hynden  abhangt,  wadsack.  Serranus  dict.  o  l*.  in 
der  Wetterau  gergelsuk,  gärgelsack,  zwerchsack.  der  name 
halssack  ist  offenbar  daher,  weit  er  auch  um  den  nacken  ge- 
hangen werden  kann,  so  dasz  die  beiden  endllteile  auf  beiden  seilen 
der  brüst  herabhangen,  in  der  Wetterau  hört  man  auch  der 
hintenundVornsack.     s.  auch  garge. 

H.ALSSCHELLE.  f.:  halsschelle  sive  -eisen  columbar  Stieler 
172S.     vergl.  beinschelle,  handschelle. 

HALSSCHL.\G,  m.  scfdag  an  den  hals,  backenstreich  (s.  hals 
Li  ^;).  243),  niVid.  halsslac:  halszschlag  colaphus  voc.inc.theut. 
hs';  cerrica  halszschlag  Diefenb.  115';  dö  spielen  si  Ö5  in 
sin  antlitze  und  slügin  en  mit  halslegen.  Behaims  evang.  buch, 
Matlh.  26,67;  slügen  en  mit  halslegin.  Marc.  14,65; 

die  ür  ir  minneclichin  nack 

ir  gäben  mengen  halsslac.    Martina  15,  43. 

M.ALSSCHLAGEN,  verb.  halsschläge,  backenstreiche  geben,  ahd. 
halsslagun,  mhd.  halsslagen,  halsslegen  :  colapliizare  halsslagen 
ÜiEFESB.  131";  so  ist  mir  gegeben  ein  slachel  meines  fleisches, 
der  enget  Sathanas,  daz  er  mich  halsschlag,  spiei^l  mensch- 
licher behaltnusse  (1492)  52". 

HALSSCHLEIFE,  f.  sdileife  die  zur  zieide  am  halse  gelragen 
wird. 

HALSSCHI.ITTEN,  »i..-  esseda  halsschlillin,  ein  kerchlin  das 
men  an  dem  hals  zucht.  Brack  voc.  (Diefenb.  210'). 

H.ALSSCHMERZ,  m.  schmerz  am  oder  im  halse. 

HALSSCHMUCK,  m.  sclimuck  um  den  huLi:  damit  hätte  ich 
\ielleicht  nicht  einmal  die  uhren  mit  dem  zu  jeder  gehörigen 
hals-,  köpf-  und  ohrenschmuck  bezahlen  können.  .Moser 
patr.  phanl.  (179'>)  .';.  sS ;  in  Amerika  wird  eine  schlänge  mit 


267 


HALSSCHNITT — HALSSTARRIG 


HALSSTARRIG  —  H  ALSSTEüER 


268 


rothen,  schwarz  eingefaszlen  flecken  und  citronengelben  quer- 
streifen wegen  ilirer  ausnehmenden  Schönheit  zum  Staat  als 
hulsschmucR  getragen  oder  in  die  haare  geflücüten.  Hebel 
schatzliäsll.  (lSö9)  5.29;  kroat  mit  einem  haisschmuck.  Schiller 
]\'aUensl.  lager  3.  aupr. 

HALSSCHiMTT,  m.  schniU  in  den  hals:  einen  durch  hais- 
schnitte  ermorden,  gienzboten  1846  s.  4*3. 

HALSSCHNL'R,  f.  schnür,  z.  b.  von  perlen,  die  zur  zierde  um 
den  hals  getragen  wird. 

HALSSCHWINDSLCHT,  /. 

HALSSEIFEIUN,  f.:  zu  auszgang  der  sül  des  frawenzim- 
niers  waren  die  aufbutzerin,  aufzäumerin,  liarkrauserin,  bisam- 
reucherin  ,  liendschuchbeizerin  ,  halszseiferin ,  anstreicherin, 
die  muszten  beid  mann  und  frawen ,  wann  sie  zusamen 
spaciren  wolten,  vor  zurüsten,  aufräumen  und  behobein. 
Garg.  281*. 

HALSSTARK,  adj.  s.  halsstarrig. 

HALSSTAliRE,  f.  1)  letanus:  die  halszstarre  ist  ein  krank- 
heit  dardurch  einer  musz  den  hals  auszgereckt  halten  und 
mag  in  weder  hinder  sich  noch  für  sich  bücken.  Maaler20S'; 
dafür  halsstürre  voc.  von  ICIS  bei  Sciim.  3,  C51. 

2)  übertragen  halsstarre  contumacia,  pcrtinacia  Maaler  208'. 
vgl.  das  folgende. 

HALSSTARRIG,  adj.  und  adv.,  tetaniciis;  perlinax. 

1)  die  form,  das  Kort  kommt  ahd.,  so  viel  zu  ersehen,  noch 
nicltt  vor,  und  ist  erst  aus  dem  spätem  mhd.  als  halsstarc  be- 
zeugt {mhd.  wb.  2,  2,  597*),  eine  form,  die  neben  halsstarrig  bis 
ins  16.  jahrh.  hinein  dauert,  die  berechligung  indes,  atis  derselben 
ein  von  halsstarrig  verschiedenes  adj.  halsstark  gleicher  bedeutung 
zu  folgern,  erscheint  zweifelhaft,  einerseits  will  das  wort  nicht 
einen  muskelstarken,  aufreclU  stehenden,  kräftigen  hals  bezeichnen, 
sondern  einen  dem  die  fähiykeit  abgeht  sich  zu  neigen,  für  den 
sonst  auch  der  ausdruck  steifer  hals  (sp.  243)  gebraucht  wird  oder 
den  das  adjecliv  starrhelsig  lelanicus  Dasyp.  andeutet,  andrer- 
seits konnte  ein  nach  ahd.  staren  (Ghaff  6,  701)  vorauszusetzendes 
adj.  alid.  starag  oder  starig  starr,  was  sich  von  ahd.  starah, 
mhd.  Stare  stark,  der  form  wie  der  bedeutung  nach  unterschied, 
später  eben  so  zu  stark  werden ,  wie  aus  ahd.  cliarag  die  form 
kark  sicli  enluickelle ,  neben  der  karicli ,  karig,  karrig,  karg 
gehen  (5,  2t3l.  nur  mag  zugegeben  werden,  dasz  halsstark  üfler 
und  misbräitchlich  eine  formelle  anlehnung  an  .stark  forlis  erfuhr, 
wodurch  das  auslautende  k  auch  dann  <ieschiilzt  wurde,  wenn  es 
bei  flexion  oder  comparation  in  den  inluul  trat  (ttnten  2,  b).  die 
rermittelung  zwischen  halsstark  und  halsstarrig  bildet  die  form 
halsstarg,  Liliencron  volksl.  1,178*,  s.  die  stelle  unten;  eine 
umgelautete  form  halsstarrig  ist  selten:  halszsterrig  pcrvicax 
Serranus  synon.  92'.  die  form  halsstörrig  {vgl.  halsstörrigkeit) 
stellt  sich  zum  nd.  starren  starren,  steif  sein  iSchambach  21«'), 
sturr  starr,  steif  (Schütze  4,  219). 

2)  bedeutung :  a)  halsstarrig  ist  zunächst  der,  der  die  krank- 
heil  der  halsstarre  hat  und  in  folge  dessen  seinen  hals  nicht  be- 
wegen und  beugen  kann:  lialszsiarrig,  krumlialsz,  der  die 
krankheit  (nämlich  die  halsstarre)  hat,  tetanicus  Maaleh  208*. 

b)  das  wird  auf  den  eigensinnigen ,  ungehorsamen ,  widersetz- 
lichen übertragen ,  der  seinen  luils  unter  fremden  willen  niclit  zu 
beugen  vermag  {s.sp.ihl  oben):  cervicosus  hartneckig,  haiszstark 
Serranus  diä.  d7';  pcrvicax  hartbeisz,  kyfig,  haiszstark,  hart 
s3';  hartbeisz,  pervicax,  keibig,  haistark  Dasyp.  179';  so  du 
besorgest ,  das  er  do  von  dester  halssterker  werd  und  un- 
lorchtsainer  werd.  Keiskksiiebc  liilg.  43*;  wann  didi  aber 
dünket,  er  wiird  erst  bosz,  hart,  haiszstark  darvon  (von  der 
ylrafe),  so  losz  underwegen.  212*;  dasz  sein  sun  nit  halsz- 
^lark  werd.  Sünden  des  munds  (i7';  dasz  er  den  halszstarken 
riiaiiseeru  und  gleiszner«  antworten  mag  annotat.  Homer  icr- 
druliclu  64 ;  das  sie  nicht  durch  ire  gerechtigkeit ,  sondern 
als  die  halsstarrigen  und  ungehorsamen,  das  i.st  mit  grossen 
blinden  und  unverdienst,  allein  aus  gneJi){er  verheissutigc 
gottes,  das  land  haben  eingcnonien.  I.ctheh  8,  84';  ich  sehe 
das  ein  halsstarrig  u»lk  ist.  2.Wos.  32,  9;  unser  veler  wurden 
btolz  und  haiüslarrig.  AV/i.  9,1b;  pochet  nicht  so  hoch  auf 
cwer  gewall,  redet  nicht  halsstarrig,  ps.  7.'»,  <i;  wer  wider  die 
strafe  halsilarrig  ist ,  der  wird  plot/.lich  verderben  on  alle 
hülfe,  ipr.  Sal.  29, 1 ;  aber  die  halsstarrigen  Juden  neideten. 
apoit.getch.21,:,;  derhalben  »ol  das  lialsslarrig  gesinde  wis- 
»cn ,  das  sie  den  sabbat  nit  brechen ,  wenn  sie  yren  hrrn 
atu  feierlag  helfen,  wo  Hie  merken  das  yrer  houszhern  güller 
verlürben.  Carlstad  vom  mhbal  cij*;  weil  sie  wol  vermerkt 
dasz   e»    vergebene   arbeit   und  er  ganz  buiszslarrig.    Amadis 


362 ;  dann  der  könig  war  also  halsstarrig,  dasz  er  sich  nicht 
ergeben  wolt.  Kirchhof  «endunm.  46"';  aber  die  beginen  von 
s.  Francisci  dritten  reget  . .  blieben  . .  baiszstarrig  bei  ihrem 
Wesen.  Wurstisen  Basler  chron.  (1580)  s.  207 ;  wann  ich  so 
trutzig  und  halsstarrig  dis  geringe  geld  ausschlug.  Simpl. 
3,152  Kurz;  da  ich  denn  trocken  halsstarrig  fortblieb.  Seume 
spazierg.  2,  5t ; 

von  Swarzburg  biscliof  Geiiiart 
der  hielt  sine  burger  zart 
sciirimfitig  unde  weiche; 
drumb  hob  sich  grosz  gelciche. 
sie  wurden  im  so  halsstarg, 
ir  üppikeit  sich  nit  verbarg. 

Liliencron  volkst.  1,  17S*; 

des  ward  er  bös  und  baisstark  gar. 

WicKRAM  jntger  M  3,  bt.  45; 

denk  ob  dein  weis  schon  bewriscli  sei, 
so  bis  doch  stoltz  und  frech  darbei, 
halsstarrig,  trutzig,  Irevel  gnug, 
das  alle  menschen  auf  dich  lug. 

qrobianus  (1552)  b2». 

c)  halsstarrig  von  köpf  und  herz  gesagt,  die  als  träger  mensch- 
liclien  willens  erscheinen :.  helle  einen  bösen  halszstarrigen  köpf. 
Frey  garteng.  17;  ich  habe  geglaubt,  wenn  ich  ihnen  die  lieb- 
sten wünsche  meines  herzens  aufopferte,  würde  die  gewalt, 
die  ich  mir  anthat,  mich  reize  in  einer  Verbindung  finden 
lassen ,  die  mein  halsstarriges  herz  soust  nicht  darin  fand. 
Lenz  1,  25t; 

er  {uoli)  wird  auf  ir  weisz  hend  nicht  sehen, 
sondern  in  ir  falsch  geitzig  herz, 
halsstarrig,  hart,  gleich  wie  das  erz. 

Tiscmart  i'.  S.  Domin.  G  i '. 

d)  halsstarrig  von  einer  krankhvU  die  niclit  weichen  will,  wie 
wir  ja  auch  von  einem  hartnäckigen  fieber  reden:  allen  alten 
fiebern ,  so  sich  uberjahren  und  mit  der  artzney  ubermühet 
und  zu  haiszstark  worden  sind.  I'abacels.  o/yp.  t  (t616)  i.  Ittü. 

HALSSTARRIGE,  f  l)  steifhähigkeU :  telanus  starrige  des 
hals,  oder  kiümuie  auf  ein  seit.  Dasypodius. 

2)  Widersetzlichkeit,  ungehorsam:  halszstarrige  per/inacia,  con- 
tumacia Maaler  20S*.  dafür  die  form  halsstark:  die  barfuszer, 
so  bei  den  ruhten  groszen  anhang  wuszten  .  .  gaben  ihren 
beginen,  welche  schon  bei  drithalb  jaren  verwiesen  gewesen, 
uocii  iiniiicrdar  haiszstark  (ßöszten  ihnen  widersetzliclikeil  ein). 
WuiiSTiSEN  Basler  chron.  (1580)  s.  212. 

HALSSTARRIGEN,  verb.  zur  Widerspenstigkeit  reizen  zu  dem 
sind  sie  noch  über  das  von  dem  bapst  und  dem  cardinal 
von  i>olliriugen  durch  unterschiedliche  schreiben  in  ihrem 
blutdürstigen  vornehmen  gestürkel  und  gehalsslarriget  «orden. 
Thuunus  deutsch  von  Kopf  (1621)  >■.  1082;  denn  sonst  ein  guter 
Vogel  dadurch  leichtlich  gehalsstarrigt  oder  verderbt  werden 
kann,  falconaria  von  1617  s.  11.     s.  verhalsslurrigen. 

die  nebenform  halsstiirken  des  16.  jahrh.  erscheint  duszerlich 
an  stärken  confurtare  angelehnt  (vergl.  oben  halsstarrig) :  dasz 
die  curtisanen  mit  ihrer  praklik  die  bäpst  in  ihrem  fürneh- 
men halsstärken.  Hotten  5,424  Mfnich;  ihnen  zu  keiner  mut- 
willigen . .  rechlfertigung  rathen,  noch  sie  darzn  halszsierken. 
l'rankf.  reform.  1,  5,  8  ; 

wie  man  das  am  Naso  wol  merkt, 
der  nu  su  gar  ist  gehalsterki, 
und  bat  sein  wilii  in  groszer  ehr, 
als  wenn  er  in  keirn  orden  wer. 

G.  NicRlNUs  affcnsjtiet  (1471)  f2*. 

HALSSTARRIGKEIT,/",  pcrtinacia,  contumacia:  perlinacia 
halszstarckail  Uiefenb.  430';  pervicacia  halszstarrigkeil.  Ser- 
ranus diel.  s3';  das  ich  eurn  stolz  und  halsslarrigkeit  breche. 
3  .A/cs.  26, 19;  denn  ich  kenne  deinen  ungehorsam  und  iials- 
slarngkeit.  S^/o».  31,27;  eigensinnige  halsslarrigkeit.  Lehsia.nn 
102;  diese  halsslarrigkeit  gibt  mir  keine  gute  meinung  von 
ihnen.  ScMiLLKB  jHirasit  2,4;  die  schule  mit  aller  ihrer  hals- 
stari  igkeit.   Giithk  54,  36. 

HALSSTARRIGLICH,  adv.  jH'rlinacitir.  Maaler  20S';  er  leuft 
inil  dem  köpf  au  in,  lind  ficht  !ials><tarriglich  wider  in.  Hiob 
i:>.  26;  gar  halsslarriglirh.  Lütiikb  3,  4.'>';  die  übrigen  zween 
{widertnufrr)  wolten  nicht  allein  keine  snnd  bekennen,  smidern 
verllieidiglen  auch  ihre  ding  ganz  halsslarriglich.  Kibchhuf 
ire«(/uHm.  46s'. 

HALSSTELEH,  f  Steuer  die  ivn  einem  leibeignen  an  den  hals- 
hrrrn  entridUel  und:  sy  {die  besilzer  dei  herschaft  Stein)  inogent 
oiich  den  iren  iimb  halsstür  nachjagen  uswendig  irs  ampt!« 
nach  ffewonheil.  aii/nria  1862/63.  .«.172;  ob  joch  eines  herrii 
oder  gol-lius  cigenni.inn  jar  und  tag  ver-i!/et  und  dem  nach 


269 


HALSSTÖRUIGKEIT  —  HALSUHR 


HALSÜNG  — HALT 


270 


Hier  jaren,  wenn  dann  lieinsclben  nachgejagt  wird  von  sinem 
herren ,  lat  man  ygliclien  lien  en  gegen  sinen  eignen  iüten 
«in  gerechtigkeit:  also  mil  erkennung  eines  Tasnachthuons, 
väll  und  ungenossami.  aher  dhein  hafsstiir.  s.  201. 

HALSSTÖRRIGKEIT,  f.  pertinacia,  conlumacia  {s.  5p.  267): 
des  Tolks  halszstörrigkeit.    Weckherlin  674. 

HALSSTRACK,    adj.  mil  steifem  halse,   hartnäckig,   slürrisch 

(vergl.  strack): 

halsstrack,  hartnackig,  die  nicht  erken 
was  man  ir  weist,  zeigt  oder  lert. 

TuuKNEissER  archidoxa  (1575)  7. 

HALSSTRAFE,  f.  strafe  die  am  halse  vollzogen  wird,  lebens- 
strafe.  Stieler  21S4. 

HALSSTREICH,  m.  schlag  an  den  hals,  backenstreich  (wie 
halsschlag  sp.  266) : 

unde  gäben  im  dar  nä 
mangen  smreben  halsstreich, 
daj  im  der  ougen  kraft  entweich. 

VValthbr  V.  Rheimau  16.3,53; 

colaphizare  halszsfreich  geben  Diefenb.  131;  halszstreich  cola- 
phus  Maaler  20S';  wie  sie  oft  und  dick  ir  haisstreich  zu- 
gefügt hett.  Keisebsp.erg  eschengrüdel  a7';  da  haben  sie  im 
ins  angesicht  gespien  und  im  halszsfreich  geben.  Reiszner 
Jerws.  2,110'.  Mdlich:  (eine  Schwachheit,  die)  nicht  ein  natür- 
liche schwacheit  gewesen  were,  sondern  ein  halsstreich  des 
satans.  Luther  3.402*. 

HALSSTREICHEN,  rerb.  halsslreiche  geben:  geslagen  und 
gehalsslraicht  colaphizatus  Schm.  3,678; 

und  lie  sich  halstreichin 

ir  wijin  neck  so  weichin.    Martina  54,  10.5. 

HALSSTREITIG,  adj.:  dann  wie  ein  unbendigs,  aygen- 
willigs,  halszstreitigä,  hartnägkigs  kind  nit  wol  wirt  zogen. 
S.  Frank  trunkenheil  1531  E4\  es  soll  mit  dem  vorte  der  im 
äuszersten  grade  streitsüchtige  bezeichnet  werden  ;  auf  einen  solchen 
gehl  in  Meiszen  und  koI  auch  anderwärts  die  redensart  einem 
etwas  in  den  hals  hinein  streiten,  eine  redensart,  die  zur 
erklärung  des  uorles  dienen  kann. 

HALSSTREITIGKEIT,  f:  ir  verwägene  balsstreitigkeit  macht 
sie  unüberwindlich.  S.  Frank  vioriae  encomion  4S'. 

HALSSTRE.NGE,  f  eine  bräuneart :  halszstrenge,  ein  krank- 
heit  die  einen  würgt,  cynanche  Maaler  20S'. 

HALSSTÜCK,  n.  stück  fleisch  des  untern  buges  am  halse  eines 
qcschlachteten  viehs.  Jacobsso:«  2, 198*. 

HALSSTÜRZER,  wi. ;  hihgegen  dise  daukawer,  mucken- 
kawer,  kamelschlucker,  häuserschlucker,  goldvernagelte  zungen, 
die  recht  sprechen,  nicht  recht  thun.  halszstürzer  guter  Wörter 
inn  Parira  vom  Pnteo ,  die  liebhaber  der  rubricpfenning. 
Garg.  159*.  es  werden  damit  rechlsklügler  in  ihrer  tcortverdrehenden 
Ihätigkeit  bezeichnet. 

HALSTASCHE,  f.  lasche  um  den  hah,  quersack,  vergl.  hals- 
sack, halskappe :  halstasche  pera  Stieler  2259. 

HALSTUCH,  n.  tuch  um  den  hals,  ahd.  halstuoh:  collarium 
halsthug  DiEFENB.  132";  focale  halstuch  241*.  von  beiden  ge- 
schlechter n ,  aber  in  verschiedener  weise  getragen,  bei  männern 
gewöhnlich  nur  den  hals  deckend :  den  kröpf  verbirgt  ein  künst- 
licher kragen,  halstuch  oder  Überschlag.  Simpl.  2,311  Kurz; 
dusz  er  . .  sein  seidenes  halstuch  abreiszen  und  ihr  die  bände 
damit  auf  den  rücken  binden  muszte.  Göthe  17,  324,  bei 
frauen  schultern  und  brusl  mit  verhüllend  {vgl.  brusttuch  2,451) : 
denken  sie  denn,  dasz  ich  noch  ein  junger  Student  bin,  der 
nicht  weis,  wie  er  einem  frauenzimmer  das  halstuch  stecken 
soll?  Gellert  3,282;  die  fran  aber  war  schon  im  begriff, 
den  mund  zu  öffnen  und  etwas  von  ein  paar  dutzend  gold- 
gestickten hauben,  seidenen  halstüchern  und  dergleichen  zur 
spräche  zu  bringen.  Hebel  schatzkdstl.  (1859)  s.  113;  indem 
sie  zuletzt  . .  einem  mädchen  ihren  Strohhut  und  einem  alten 
weihe  ihr  halstuch  zum  schlage  hinaus  warL  Göthe  18, 150 ; 

schaff  mir  ein  halstuch  von  ihrer  brüst, 
ein  stnimpfhand  meiner  liebeslust!     12,  136. 

HALSLBEL,  n  übler  zustand,  krankheit  des  halses:  an  einem 
halsübel  leiden.  . 

HALSLHR,  f.  uhr,  die  an  einer  halskelte  getragen  ward:  ver- 
ehrte ihm  auch  eine  schöne  schlagende  halsubr  zum  freund- 
lichen valete,  so  ich  aus  des  rittmeisters  felleisen  bekommen 
hatte.  Simpl.  1,  277  Kurz,  seil  dem  16.  jahrh.  verfertigte  man 
kleine  räderuhren,  die  in  jeder  läge,  ohne  gewicht  die  stunden 
zeigten  und  schlugen,  selbst  wenn  man  sie  in  den  busrn  oder  in 
die  lasche  deckte;  vergl.  Barfijsz,  gesch.  der  uhrmacherknnst  1856 


s.  146.  der  wachtelschlag,  der  af»  morgen  und  abend  regelmäszig 
erschallt,  wird  einer  solchen  uhr  verglichen:  gehe  mit  mir  zur 
angenehmen  Sommerszeit  ein  wenig  hinausz,  einen  günstigen 
luft  zu  schöpfen,  da  wirst  du  gleich  hören  der  nachtigall  ihr 
vielstimmiges  flötl ,  des  gimpeis  sein  abgeschmachtes  feilen, 
der  wachtl  ihr  schlagende  balszuhr.  Abr.  a  S.  Clara  Judas 
der  erzschelm  1, 11. 

HALSUNG,  f.  l)  das  umhalsen  (vgl.  halsen  sp.  260) :  halsung 
complexus  et  osculalio  Maaler  208'. 

2)  in  der  spräche  der  jäger  das  breite  lederne  halsband  des 
leithundes:  das  bängeseil  ist  ein  von  bockshaaren  oder  von 
hanf  und  haaren  gemachtes  seil ,  an  demselben  sitzt  ein 
ledernes  halsband,  welches  die  halsung  heiszel  und  dem 
leithund  umgeschnallet  wird.  Heppe  jagdlust  (1783)  1,  43. 

HALSVERBRECHLICH,  adj.:  wofern  es  nicht  halsverbrech- 
liche  Sachen  sind.  Relter  v.  Speir  kriegsordn.  49. 

HALSVERBRECHEN,  n.  verbrechen,  das  am  halse  gestraft  wird. 

HALSVERBRECHUNG,  f.  dasselbe:  das  betrifft  kein  hals- 
verbrechung.  Reuter  v.  Speir  kriegsordn.  48. 

IIALSVOGT,  m.  versitzender  des  peinlichen  gericlds:  v*as  auf 
den  höfen  und  lande  in  Adenstedt  delinquiret  wird,  musz 
der  iedesmalige  halsvogl  .  .  zu  Bettmar  einwrogen  lassen. 
Haltaüs  787. 

HALSWASSER,  n.  künstliches  wasser  zur  heilung  des  halses: 
halswasser,  arzney  vor  einem  bösen  hals.  Friscb  l,  403". 

HALSWEHE,  ni.  und  n.,  schmerzhaße  enlzündung  des  halses, 
synanche:  haisweh,  von  etlichen  das  wulchen  genannt  (an- 
gina).  WiRSLNG  arzneibuch  (1597)  s.  203;  für  den  halswehe 
ist  disz  folgende  gurgelwasser  oft  bewährt  worden.  Hobbekg 
1,  275*. 

HALSWIEDE,  f   sträng  zum  hängen: 

rise  grosze,  noch  gib  mir  dineu  fride, 
erlasz  mich  fürba;  mere  diner  halswide. 

d.  grosze  Wolfdieteiich  467  Hohm. 

HALS  WINDER,  m.  tynx  lorquilla,  der  Wendehals.  Nemsich 
3,  275. 

HALSWIRBEL,  m.  den  hals  tragender  wirbelknochen. 

HALSWURZ,  /.  campanula  trachelium,  halskraut.  Nem.nich. 

HALSZAPFEN,  m.  utula,  der  zapfen  im  hals. 

HALSZÄPFLEIN,  n.  uvula:  risz  die  kopfpfannen  aus  den 
fugen  und  angcl,  zerstiesz  ihnen  das  halszzäpflin.  Garg.  205*. 
trenn  der  halszapfen  in  folge  von  enlzündung  anschwillt  und  sich 
verlängert,  so  sagt  das  volk,  er  falle:  s.  Blasi  {plage  die  leute) 
mit  halszzäpflin  fallen.  Garg.  258* ;  und  daher  konnte  wol  der 
name  des  halszdpfleins  auch  die  halsentzündung  selbst  andeuten, 
denn  das  zäpflein  macht  sich  nur  bei  einer  solcfwn  dem  gefühic 
bemerkbar:  halszzepflein,  anjina,  si/uancAe  Serranls  synon.  92*. 

HALSZANGE,  f.  mit  einem  hake  verseliene  zange,  womü  der 
nadler  einfache  keltenglieder  festhält. 

HALSZIERDE,  f.,  ahd.  halszierida,  haisschmuck:  halszzierd 
von  grünen  edlengstein  viria,  eingschlossen  halszzierd  als 
bysemknopf,  bulla,  guldine  halszzierd  bulla  aurea,  silberin 
halszzierd  argenlea  bulla  Maaler  208*. 

HALT,  m.,  nach  dem  verbum  halten  in  mehrern  bedeutungeii. 

1)  der  begriff  des  Zusammenhalts  und  innigen  verbundensein.-. 
der  einzelnen  theüe,  der  nach  der  zu  halten  gegebenen  etymologw 
voranzustellen  isl ,  scheint  gleichwol  erst  in  der  modernen  spraciie 
häufigere  Verwendung  gefunden  zu  haben,  mit  ihm  veibindet  sich 
die  nebenbedeutung  der  festigkeit  und  stätigkeil.  so  wird  von  dem 
halt  einer  kette,  auch  eines  laues,  eines  gewebes  gesprochen,  in  dem 
die  einzelnen  fäden  fest  verbunden  sind:  wir  sehen  an  der  stelle 
des  Schlosses  eine  fünfte  schale,  um  dem  ganzen  rückgrats- 
weise halt  und  Zusammenhang  zu  geben.  Göthe  55,  327; 
bleibt  nichts  als  die  weisze  und  durchsichtige  asche.  gibst 
du  dieser  die  feuchtigkeil  und  den  halt  wieder,  so  kehren 
die  körper  in  ihren  ersten  zustand  zurück.  53, 225.  Öfter 
übertragen  auf  seelische  zustände  des  menschen :  das  Studium  der 
kunst  wie  das  der  allen  Schriftsteller  gibt  uns  einen  gewissen 
halt,  eine  befriedigung  in  uns  selbst.  Göthe  30.192;  eben 
so  nöthig  scheint  es  mir,  gewisse  gesetzt  auszusprechen  und 
den  kindern  einzuschärfen,  die  dem  leben  einen  gewissen 
halt  geben.  20,178; 

geb  er  mir  muth  und  Treudigkeit  und  halt, 
wenn  laut  und  fordernd  mich  der  tag  umscballt. 

FiEiLiGRATU  gtaubcnsbek.  34. 

2)  nahe  zum  i<OTigen  steht  die  bedeulung  des  anhalts ,  untev 
schieden  dadurch,  do-sz  die  hallende  kraß,  der  Stützpunkt,  auszer- 
halh   des  gehaltenen  suhjeäs  liegt:    halt,   sustentaculum ,    worauf 


271 


HALT 


HALT 


272 


etwas  hält  oder  steht  Frisch  1,  404*;  es  hat  keinen  halt  mehr, 
non  est  ijuod  iUud  retineat,  sustineal  dax. ;  eine  mauer  hat  keinen 
hall,  wenn  das  erdreich  unter  ihr  sich  nicht  Iragfdhig  erweist; 

der  ein  mittclpunct 
Tür  viele  tausend  wird,  ein  halt,  sich  hinstellt 
wie  eine  feste  säul,  an  die  man  sich 
mit  Inst  mag  schlieszen.     Schiller  ;^5'; 

das  zuverlässige  biid,  das  sich  ein  wohlgerathenes  kind  so 
gern  von  seinen  eitern  macht,  verschwindet ;  bei  dem  todten 
[vattr)  ist  keine  hülfe ,  und  an  der  lebendigen  {der  trieder 
rcrheiralrltn  mtUler)  kein  halt.  Göthe  19,  "4 ;  die  deutschen 
dichter  . . ,  genossen  in  der  bürgerlichen  weit  nicht  der  min- 
desten vortheiie,  sie  hatten  weder  halt,  stand  noch  ansehen. 
25,  2S9 ;  zur  erinnerung  und  um  dem  gcdächtnis  einen  halt 
zu  geben.  Niebühr  2,  4. 

3)  halt,  das  haüenbleiben,  verharren  auf  einem  platze,  nd.  häld, 

halt,  stillstand  Schambach  72': 

die  zeit,  so  wir  verschlieszen, 

pflegt  als  ein  ström  zu  flieszen, 

der  keinen  halt  nicht  weisz.    Opitz  2,  131; 

nach  Tacilus  bezeugt  Schnelligkeit  furcht,  zauderung  slch- 
muth  und  halt.  J.  Paul  dämmeningen  29;  deren  {der  Schauspiel- 
kunst) gänge  und  halte  wird  diese  Zeitschrift  nie  aus  dem 
blicke  verlieren.  Börne  3,  12S;  halt  machen  an  einem  orte 
anhalten,  Koßr  die  allere  spräche  gewöhnlich  das  fem.  halte  (s.  d.) 
verwendet:  ein  im  marsche  begriffenes  corps  trouppen  machet 
auch  . .  einen  halt  von  einer  guten  stunde,  um  die  Soldaten 
ein  wenig  ruhen  zu  lassen.  Egcers  kriegslex.  1, 1141 ;  in  Thessa- 
lonich machten  wir  halt.  Immermann  Nünchh.  2,58; 

jedoch  wir  machen, 

hier  weislich  halt.    Cl.  E.  Schmidt  poef.  bricfe  33; 

die  .letzten  gründe  alles  existirenden  und  gedachten  können 
nur  in  dem  absoluten  geiste  gottes  halt  machen,  evangcliscltc 
kirclwnzeitung  1866  s.  67'i;  daran  schlieszl  sich :  dergleichen  bc- 
trachtungen  anzustellen  versammeile  sich  eine  grosze  gescll- 
schaft,  die  überhaupt  wo  es  halt  {auf  dem  marsche)  gab,  sich  . . 
immer  zusammenfügte.  Göthe  30,  58  {campagne  in  Frankreich). 

4)  halt  gehl  daher  auch  auf  den  ort,  wo  halt  gemacht  wird 
und  man  sicii  lagert  oder  birgt,  und  ist  namentlich  der  technischen 
spräche  einer  streitbaren  trappe  eigen  [vgl.  hinterhalt):  donnerstag 
vor  trinitatis  beweiseten  sich  bei  fünfzig  Polen  auf  dem  llaber- 
berge  und  hatten  einen  halt  wol  bei  dreitausend.  Waissei. 
chron.  (1559)  267';  der  vor  dem  häufen  her  zöge,  die  strasz 
und  hält  (plur.)  zu  besichtigen.  Rihel  Liv.  625;  sie  ritten 
sämtlich  so  geschwind  und  unordentlich  in  unsern  hall,  als 
wann  ein  jeder  der  erste  hätte  sein  wollen,  die  beste  schlappe 
zu  holen.  Simpl.  1,271  Kurz;  der  feind  hielt  sich  still,  als 
wir  in  ihren  halt  kamen.  $.304; 

do  licngcn  in  die  Nürnberger  reiter  gut, 

die  hielten  auf  in  in  dem  halt.    Uhland  volksl.  350; 

und  suchten  in  [den  kOnig)  mit  gewalt 

in  zu  schlachen  us  sin  {so)  haldt. 

Lknz  Schwabenkr.  120"; 
{eine  rosthaut  klagt)  must  oft  stehn  in  eim  Unstern  wald 
tag  unde  nacht  in  einem  halt, 
bisz  er  {mein  herr)  eiwan  kaiifleut  erdappt. 
H.  Sachs  1,  500*; 
ein  reiieriknechl  redet 

ich  bin  oft  dauszen  in  den  halt 
80  ubl  erfroren  und  crkall 
dasz  mirs  herz  oft  im  leib  hat  zittert.    5,  339'; 
hier  log  er  (Cupiilo)  oft  im  halt 
mit  rosen  wol  verhägt.      Logaü  2,  64,  57. 

ein  solcher  halt  wird  geschlagen,  gesteckt,  gelegt: 

do  si  Sachen  der  lantzknechte  gewalt, 

do  schlugen  ti  bald  ein  halt.     Linz  Schteabvnkr.  40*; 

macht  der  hauhtman  ein  anschlag,  steckt  zu  mittag  einen 
halt,  nit  vnsl  weit  von  Brüssel,  liesz  darnach  für  die  stat 
rennen.   WiUr.  von  Schaumburg  S2 ; 

als  er  im  Lykierlande  gewählt  die  tapfenten  mttnncr, 
legt  er  den  halt.  Ilian  6,  ISO. 

Einen  halt  bezogen  auch  früher  die  geUilsreiler,  die  auf  straszen 
und  in  Wäldern  zur  Sicherung  der  kauflcuU  wachten:  das  furo 
alle  sampstag  die  zwen  amptman  zu  Lonsen  und  Ampstetten 
umb  zwölfe  zu  mittag  in  ir  hall  ziehen.  Ulmer  verordn.  von 
152«  6«  ScBMin  tehttdb.  wb.  2.">(i;  daher  auch  die  beuachung  der 
Inndslrasien  selbst  rtn  halt  genannt  wird:  den  hall  bereiten, 
die  unterlhancM  zur  besichtigung  der  Htranzen  im  wald  auf- 
bictben.    Krisch  l,  404';    vergl.  halt,    locus    uln   clientcs   s(^enl 


moraii  loc.  ine.  theul.  h  8*.  in  der  Schweiz  hciszt  halt  ein  jdger- 
mahl,  mahl  im  freien  (Stai.der  2, 15),  die  bezeichnung  der  stelle 
wo  das  geschieht,  ist  auf  die  Verrichtung  selbst  übertragen. 

5)  eine  ähnliche  Übertragung  hat  stattgefunden,  wenn  halt  n«n 
t'on  den  personen  gilt,  die  an  einem  solchen  orte  .tind:  der  halt 
[die  im  hinterhalte  liegende  mannschaß)  brach  auf.  Aventin  bei 
ScHM.  2,188;  wurde  ihr  versteckter  halt  in  guter  Ordnung 
herfür  brechen.  KiRcnnor  milit.  disäpl.  189. 

6)  halt  für  gehalt,  das  enthalten  einer  bestimmten  werlmenge: 
der  ander  ober  bronnen  . .  führt  in  seinem  halt  alaun  9  part., 
Schwefel  2  part,  badbeschräbung  von  1629  im  oberbair.  urrhiv, 
27.  band  s.  24;  ein  rechenmeister,  der  keine  zahl  schreiben 
wollte,  deren  halt  er  nicht  zugleich  bedächte  und  gleichsam 
an  den  fingern  abzählcte.  Leibniz  451.  namentlich  gebraucht 
von  erzen  und  münzen:  halt  der  ertz  ist,  wie  reich  der  häufen 
ertz  an  metall  sei.  Nehrinc  hist.-polil.  Jurist,  lexicon  (1736) 
anh.  46";  damit  man  ausz  einer  prob  eines  quintel  schwer 
den  halt  erfinden  kan  wider  centnerwerk  kupfer  oder  groszcr 
stück  Silber,  was  für  silber  oder  gold  drinne  ist.  Mathesius 
Sar.  143';  das  sie  {die  silberkuchrn)  ihren  gebürlichen  halt  und 
prob  haben.  .■;.  147';  die  {kette)  befandt  sich  am  golt  sehr  fein 
und  lauter,  darzu  am  halt  nicht  geringe.  Kirchhof  wendunm. 
285';  fressen  und  saufen  was  sie  finden,  bezahlen  aber  nichts, 
dann  auch  die  münz  im  halt  sehr  gering  und  ungangbar  ist 
bei  ihnen,  milit.  dm.  215;  was  halts  ist  es  {das  gold)  an  der 
gute?  Pnii.ANDER  1,225;  (münzen,  die)  nichts  in  sich  haben 
als  kupfer  am  halt.  2,154-,  an  der  münz  wird  das  gepräge 
immer  zu  zierlicher,  der  halt  aber  an  schrot  und  kern  nimmt 
abe.  ScRivER  seelensch.  1,854; 

das  erz  wollt  er  probieren, 
damit  er  recht  möcht  spüren, 
wie  reich  es  war  in  halt. 

R.  Köhler  alle  bergmttnn.üicdrr  108, 
dann  wird  von  diesem  ertz  auch  etwas  eingewogen, 
dasz  man  den  halt  erfährt,  nachdem  man  es  probiert. 

bergw.-tccicon  (1743),  vorrede. 

in  bildlicher  Verwendung:  und  ist  unsere  gute  teutsche  sprach 
diszmal  in  ein  recht  kipperjahr  gcrathen,  ein  jeder  beschneidet 
und  bcsliinnicll  dieselbe,  wie  er  will,  gibt  ihr  einen  hall  und 
Zusatz  wie  er  will ,  eben  auch  wie  es  mit  dem  münzen  zu- 
gehet. Simpl.  4,  463  Kurz. 

7)  halt,  in  der  tonkunst  das  längere  aushalten  einer  note  als 
es  der  tacl  vorschreibt,  auch  das  zeiclien  dafür  (T). 

HALT,  adv.,  in  zwei  bedenlungen. 

1)  die  ahd.  partikel  halt,  magis,  potius,  die  auch  im  alL^ächs. 
als  bald  sich  vorfindet,  im  goth.  und  allnord.  als  comparativ- 
bildung  haldis,  heldr  erscheint,  lebte  im  mhd.  in  manigfachcr 
anwendung  fort,  in  der  ursprünglichen  noch  bis  in  spätere  zeiten, 
vergl.  Schm.  2,184:  wie  men  die  ackere  solle  eren  und  hacken 
und  bereiten ,  dasz  sü  deste  halt  körn  gebent.  Königshoveh 
chron.  17;  häufig  aber  {mhd.  wb.  1,618')  in  concessivsätzen  ver- 
wandt, wo  es  auch,  wenn  auch,  ausdrückt:  gehieje  er  dir  halt 
guot,  er  mac  sin  dannoch  nihl  gelcisten.  Br.  Berthold  343,4; 

swie  halt  mir  min  dinc  ergd 

ich  wil  dem  phluoge  widersagen.    Helmbv.  570; 

ich  wil  niemer  >vlder  komcn 

ejn  si  daj  ich  in  gesehe, 

swaj  halt  mir  dar  nach  geschehe.     Wigat.  38,  6  Pf.; 

von  einer  wunden  sihte 

der  trüwei  sie  vil  wol  genesen, 

ob  sie  halt  tiefer  wser  gewesen.    Cronc  12498. 

auch  über  das  mhd.  hinaus  wird  das  uorl  in  diesem  sinne  ver- 
wendet : 

ob-  ich  halt  nimmer  wurd  erloszt, 

ich  wolt  euch  ee  mein  höchsten  trost, 

nimmermer  gesehen.    Ilältterin  186*,  251; 

P.  wie,  mainsiu.  ich  turr  nit  zu  dir  ^en? 
B.  ich  fleuch  dich  nit,  weren  hall  deiner  zwen. 
ftLslii.  sp.  37,  26; 

so  wol  an,  wir  wellen  scitlan, 

und  sol  man  uns  halt  olle  vahn.    4S7,  tl. 

2)  halt,  in  abgeblaszter ,  vielfach  blosz  füllender  Verwendung, 
etwa  durch  freilich,  eben,  wd,  ja  zu  übersetzen,  obschon  diese 
{tbersetzun<fn  den  sinn  nicht  gelreu  widergeben,  weil  ihre  bedeti- 
tung  eine  noch  zu  schhrf  umgrenzte  üt,  erstreckt  sich  durch  06er- 
deuLichland  hui  naclt  MilteldcutschUind  hinein:  mhd.  wioret  ir 
hall  zwei  jir  von  in  gewesen.  Br.  Bkhtholü  322,36; 

hall  in  allen  diutschen  riehen 
kom  mir  nl«  dehciner  zi'o, 
der  heidi«  »pAt  unde  fruo 
lA  wol  an  trinken  tilro. 

vrinfchtrelg  in  Wiicknn.  kmihii/i  (IS6I)  7.t9,  5; 


273 


HALT 


HALTBAR  —  HALTEKIND 


274 


nhd.  Harn    fiel    nacli   der    »iiidflut   und  bai;  ......     •  i..      .  .i.. 

LcTHER  4,4b';  aber  es  sind  halt  BiücardiscLe  schwindelLini. 
Fischart  grosziii.  75;    es    gieng   lialt  nacb  dem  alten  Sprich- 
wort gleich  iiud  gleich  gesell  sich  gern.  Simpl.  3,52  Kurs; 
das  mag  halt  niemant  understaD.    fastn.  sp.  SUS,  10; 
nu  wart,  wie  piii  ich  also  stei, 
das  ich  solcbs  dings  {dvr  liehe)  halt  uit  tet? 
ich  »olt  sein  halt  ungern  pßegen. 
ich  botr,  ich  sei  halt  noch  ain  raiuer  degen.    622,  S; 
ist  dirs  halt  unverborgen?    Spek  irutzn.  14. 
Dte  neuere  schripsprache  hat  halt  den  mundartai  überlassen  und 
verwendet  es  nur,  trenn  die  rede  mundartlich  anklingen  oder  eine 
trauliche  färbung  empfangen  soll:  so  wird  halt  der  gute  junge 
lang  hier  bleiben  müssen.  Mercks  briefs.  1,221;  weil  sie  mich 
nun  halt  dauerten.  \Viel4.nd  11,  GS;*  ich  babs  ihnen  ja  schon 
olt  gesagt,  ich  mag  nicht  madam  heiszen ;  ich  bin  halt  frau 
schlechtweg.  H.  L.  Waoer  Ai/irfermörrfcn«  13;  ei  sie  belieben 
halt   zu  vexiren.  17;    was  kann  ich  halt  machen!    ich  musz 
v\ohl.  62;  ihr  seid  doch  mein  goldiger  Junker  —  freilich  halt 
<ui    biszchen    locker   gewesen.   Schiller  131;   so   haben  wir 
halt  unsern  lohn.  133 ; 

ein  groszer  mann 
ist  halt  ein  mann,  der  alles  kann.    Wielasd  IS,  205; 
ist  halt,  dacht  sie,  ein  geschenkter  gaul.    Götue  12,  145; 
berr  baupimann,  seid  ibrs?  gott  sei  dank, 
haben  euch  halt  erwart't  so  Tang.    13,  b3; 
bemerk  ich  nun  das  und  sinne  darüber, 
nun,  so  spiel  ich  halt  auch  meiii  spiel.    4U,  133; 
ein  alter  bettlet  mit  der  krücke 
spricht:  kind,  hier  gibts  halt  keine  brücke. 

Fb.  Kind  gedickte; 
mir  gings  halt  wob!  zu  Wien.    Uhland  Ludwig  51; 
Th.  sie  thun  sich  alles  bittre  lierzeleid. 
>'(.   ist  tialt  nicht  recht,  sind  doch  gesippte  Treunde.    s.  53; 
nur  fünf  und  siebzig  blieben 
da  sitzen  stumm  und  trist; 
sie  wollen  halt  nicht  lieben 
und  jubeln  nicht  zur  trist,    iiladderadalsch  lSü6,  s.  162. 

Es  ist  unentschieden  geblieben,  ob  halt  in  der  bedeutung  1  und  2 
eines  Ursprunges  sei.  das  alid.  adrerb  halt,  das  sielt  dem  Ur- 
sprünge nach  vom  rerbum  halten  nicht  trennen  Idszt  und  dem 
die  Vorstellung  des  Zusammenhaltens,  geistigen  erfassens,  sowie  dih 
rich'ung  nach  etwas  begehrtem  hin,  zu  gründe  liegt,  konnte,  nenn 
es  einmal  parlikelhaß  in  concessivsätzen  gebraucht  ward,  recht  wol 
zu  jener  oben  unter  2  aiifge/ührlen ,  fast  nur  ausfüllenden  Ver- 
wendung gelangen,  und  die  in  Ostreich  gebräuchliche  neben  form 
halter,  die  auch  sonst  {iiic  haltl  in  der  schrißsprache  erscheint: 
weil  sie  balter  meint,  dasz  sie  allein  sei.  Wiela.nd  11,  221 ; 

unser  einer  bats  halter  gut  in  geistlicher  herren 
landen,  ihr  Joch  ist  sanft,  und  ihre  lasten  sind  leicht. 

ScuiLLER  xenien,  die  geislt.  flösse ; 

kann  diese  annähme  stützen ,  da  sie  sich  am  natürlichsten  als 
cum paraliv form  des  adr.  halt  fassen  und  an  golh.  baldis ,  aün. 
heldr  anlehnen  Idszt;  auch  ein  Superlativ  haltest,  bäldest  in  der 
bedeutung  ehestens,  nächstens,  alsbald,  sogleich,  erscheint  dazu, 
ScHM.  2,  1S4.  SU  hat  sich  ähnlich  ein  oberrheinisch  -  hessisch- 
düringitclies  als  (1,247),  die  kürzung  von  alles  omnino,  in  die 
nachdrucklose  bedeutung  freilich,  eben,  verloren  und  wird  vielfach 
im  sinne  von  halt  2  verwendet,  andrerseits  hat  zuerst  Schmeller 
(2, 1S6)  halt  in  der  bedeutung  2  als  ein  von  halt  1  verschiedenes 
wort  gefaszt  und  als  l.  pers.  sing,  des  verbums  halten  in  der 
bedeutung  meinen,  glauben,  genommen;  das  empfängt  bestätigung 
einmal  aus  dem  ahd.  halto  (Graf>  4,911),  das  seiner  ganzen 
anwendung  nach  als  Schwächung  der  verbalform  haltu  opinor  sich 
erweist,  sodann  durch  mundartliche  formen  wie  schles.  haldich, 
hailich,  hälich,  hach  (VVeinhold  32*),  henneberg.  heiiücb,  eilich, 
ellich  (Keinwald  1,  26),  bei  denen  das  pronominale  ich  sich  noch 
zeigt ,  und  die  daher  mit  dem  adv.  halt  nicht  vermittelt  werden 
können  {rgl.  halten  II,  u, /"  unten);  ähnlich  hat  sich  mhd.  wäne, 
wa;n  {mhd.  wb.  3,  497)  aus  wsene  ich,  Schweiz,  denkh  aus  denk 
ich,  oberpfälj.  glau  aus  glaub  ich,  ergeben,  und  das  nieder- 
deulsche  man,  das  ganz  wie  halt  2  gebraucht  wird,  kann  auch 
nur  die  1.  sg.  des  rerbums  alts.  ags.  munan  glauben  dafür  halten, 
sein,  eine  sichere  entscheidung  wird  sich  schwer  treffen  las.ien,  \ 
und  die  von  Lexer  132  vertretene  annähme  ist  die  natürlichste,  ' 
dasi  die  parlikel  halt  potius,  magis  mit  halt  aus  halt  ich  opinor 
sich  gemiscfit  habe,  eine  Weiterbildung  von  halt  ist  das  seltene 
haltig:  ich  gedenke  haltig,  berr  wolf,  dasz  ihr  wülfe  seid. 
Simpl.  1,  1,  3  s.  13  ;  wie  sich  glächmdszig  aus  halter  im  frdnkisch- 
hennebergischen  ein  balterig  entwickelt  hat.  Fromm.  3,  224. 
H.^LT,  interj.,  s.  halten  sp.  2S0. 

IV.   11. 


HALTßAK,  adj.  was  halt  hat,  ftrmus  durabüis;  nach  dem 
oubst.  halt  1  und  2  in  verschiedenem  sinne: 

a)  von  dem  inncrn  zusammenhält  der  einzelnen  theile  eines 
gegenständes:  ein  hallbares  tucb;  baltbares  leder,  papier; 
0  wenn  die  lüge  eine  so  haltbare  färbe  hat,  wie  gieng  es 
zu,  dasz  sich  kein  teufel  noch  in  das  bimmelreich  hinein 
log?  Schiller  201'. 

b)  von  dem  gesagt,  was  halt  und  stütze  von  auszen  empfängt, 
gehalten  werden  kann:  einer  dem  es  darum  zu  thun  gewesen 
wäre,  seine  schüler  mit  den  phänomenen  im  ganzen  umfang 
bekannt  zu  machen,  um  daraul  eine  ballbare  theorie  zu 
bauen.  Götme  54.  105;  in  diesen  stunden  malt  ihm  seine 
Phantasie  keine  glänzenden  bilder  vor,  noch  erlegt  ihm  der 
verstand,  der  scharfe  schütz,  einen  baltbaren  satz.  Immeünann 
Münchh.  3,  201.  Es  ist  technischer  ausdruck  im  kriegswesen :  halt- 
bar, tenahle,  wird  im  kriegswesen  von  festungen  gesagt, 
welche  im  defensionsstande  und  so  angeleget  sind,  dasz  man 
sie  verlbeidigen  kann.  Eggers  kriegslexicon  l,  1141;  als  er  sich 
überzeugt  hatte,  dasz  sie  (die  Stadt)  nichl  länger  haltbar  sei. 
ScuiLLER  S45;  jeder  nur  irgend  hallbare  ort  muste  mit  dem 
degen  geöffnet  werden.  8SS. 

Das  wort  ist,  wie  das  folgende,  ein  vcrhällnismäszig  junges, 
früher  nicht  gekannt  und  durch  hübig  isp.  94)  ersetzt  oder  durch 
dauerhaft  mit  vertreten;  erst  Stieler  742  führt  es  auf,  bezeugt 
aber,  dasz  es  selten  gebraucht  sei. 

HALTBARKEIT.  /.  .•  die  haltbarkeit  eines  zeuges;  hier  wird 
von  nun  an  um  die  haltbarkeit  oder  unhalibarkeit  des  New- 
tonischen  Systems  gekämpft.  GOtiie  54, 35. 

HALTE.  /.,  wie  das  masc.  halt,  in  mehrfacher  bedeutung. 

1)  Weideplatz  für  das  vieh:  ahd.  halta  cupla  (für  copula, 
s.  koppel  3,  theil  5,  17S6I  Graff  4,  906,  mhd.  halle  cupfd, 
pastura  wb.  1,  623",  mundartlich  noch  mehrfach  verbreitet,  so 
Schweiz,  die  halt,  Weideplatz  in  der  nähe  eines  gutes  Scav.  2,  l$l. 
kärntn.  halt,  halte,  die  handlung  des  weid'ens  und  der  weideplaiz 
Lex  ER  132;  hessisch  schon  verblaszter  der  ort,  wo  das  weidecieh 
in  der  mitlagszeit  ausruht  \u.m.\hH6;  daher  kann  auch  der  ab- 
gegrenzte platz  in  oder  an  einem  bauernhofe ,  in  dem  man  die 
gänse  hält,  eine  halte  genannt  werden :  säubert  das  taubhausz, 
das  luinerhausz  und  die  halt,  dahin  sich  die  pfauen  und 
gänsz  pflegen  zu  fügen.  M.  SEniz  feldbau  (l5S0)  s.  51. 

2)  wie  halt  3,  der  stillstand,  das  verharren  auf  einem  platze, 
namentlich  in  der  jurmel  halte  machen  (in  das  französ.  als  faire 
halle  übernommen) :  also  muszte  ich  halte  machen,  um  aus- 
zuruhen, span.  Robinson  4,  S6;  indem  er  an  öden  stellen  der 
käste  Calabriens,  wo  nichts  zu  zeichnen  war,  halte  machen 
muszte.  GöTHE  37,301; 

und  macht  an  jedem  port,  an  jeder  insel  halle.  Wielasd  23, 134; 
auch  vom  anhalten  in  einer  handlung: 

die  ursach  ich,  o  berr,  erzählen  will  hernach, 
warumb  dasz  ich  allhier  im  singen  halte  mach. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  3,  77,  8. 
GüTHE  hat  die  formet  in  noch  knapperer  weise  verwendet,  indem 
er  ihr  verbum  unterdrückte:  den  schönen  lauf,  den  ihr  söhn 
gerade  zum  geheimenrath  und  gesandten  ansetzte,  so  auf 
einmal  halte  zu  sehen.  16, 108. 

3)  halte,  wie  halt  4.  der  ort  wo  eine  kriegerische  truppe  lagert, 
Stellung  die  sie  inne  hat:  bliesz  und  schwung  die  trommet 
dreimal  uinb  den  köpf,  rilt  zu  der  halt,  und  begert  mit  dem 
könig  zu  parlauieulieren.  Garg.  214'; 

do  die  Schwyizer  waren  in  der  halt, 
so  weltens  den  kung  mit  gewalt 
augrilen.      Le.nz  Schwabeukr.  119*; 
wie  der  gtritt  punt  (Uraubünden)  wer  in  halt,    das.: 
auch  hinlerhalt :   ein  heimlich  halt  (die),  insidiae,  in  ein  halt 
legen  einen  auszzespäben,  ponere  in  insidiis  .Maaler  20"»'. 

HALTEFEST,  m.  der  fest  halten  soll,  eine  imperatirische  bil- 
durig,  gewöhnlich  bezeichnung  für  die  häscher  oder  büttel,  zunächst 
als  eigenname :  Haltfest,  der  büttel,  geht  hin.  Avrer  fasln,  luü' 
(2S42,  36  Keller); 

dort  ibut  der  Haltfest  gleich  berführn 

diesen  leichtfertigen  baurskiiabn.    lOO'  (2814,  3); 

aber  auch  als  appellalivum  gebraucht,  so  dasz  sich  sogar  ein 
plural  entwickelt:  am  andern  morgen  kamen  die  hallefeste 
und  brachten  ihn  in  gewabrsam.  Ey  harzm  irchenbuch  192.  — 
GüTHK  hat  einen  der  im  2.  theile  des  Faust  auftretenden  drei 
gewalliiien  Hallefest  genannt  41,  264.     rgl.  baltunsfest. 

HALTEKIM),  «.  kind  das  sich  in  fremder  pflege  befindet, 
Ziehkind  (vgl.  halten  H,  0,6)r  als  sogenanntes  ballekind  von 
li  i-niden   blinden  .  .  erzogen,   über  land  und  meer  1S69  s.  29-'>'. 

IS 


275 


HALTEN 


HALTEN 


276 


HALTEN,  citstodire,  teuere. 

A.  Formelles  und  etymologvtchcs. 

Das  irort  ist  allen  deiUschen  sprachen  eigen:  goth.  altnicderd. 
haldan.  fries.  halda,  ags.  healdan,  engl,  hold;  altnord.  h.ilda, 
schwed.  hälla,  dän.  holde;  ahd.  haltan,  mftd.  halten,  das  hoch- 
deutsche häü  von  allen  zeüen  her  die  inlautende  Verbindung  It 
nicht  durchaus  fest,  sondern  setzt  sie  bisucilen  in  Id  um,  nach 
der  neigung ,  das  einem  I,  r,  n  fehlende  t  in  d  zu  verändern, 
wodurch  denn  das  tcort  in  der  nicderdeiilschcn  form  ersclieint. 
wie  sich  schon  im  ahd.  seltener  haldan,  (.'ihaldan  (Giiaff  4,898. 
<»99)  neben  haltan,  gihailan  findet,  mhd.  halden: 

sime  herzen  liebe  ge.schach, 

dö  er  jenen  lialden  sach.     Iirrin  2558, 

so  dauert  dies  bis  in  die  zeilcn  des  W.jahih.  fort:  der  mensche 
von  im  selber  etwas  heldel.  llieol.  deutsch  27;  wie  es  sich  inn 
der  warheil  auch  also  lieldet.  Spai.atin  Melanchlhons  chrisll. 
erinnerung  von  den  lieben  engrln  (1536)  1;  und  hiciden  die 
pfarrer  zum  studio  und  das  volle  zur  disciplin.  Mi-xanchthon 
hriefe  an  Albrecht  ep.  14.  die  praesensformen  der  1.  und  2.  sg. 
setzen  sich  erst  im  17.  jahrh.  in  der  heutigen  gestall  du  hältst, 
er  lialt  fest,  in  den  allem  zeiten  des  nhd.  herscht  schwanken, 
indem,  wie  im  mhd.,  Iheils  der  umlaul  nicht  völlig  durchgedrungen 
i<il ,  theils  neben  volleren  formen  zusammengezogene  statt  haben, 
die  2.  sg.  erscheint  in  der  unumgclauleten  vollen  form  hallest, 
oder  in  der  umgelaulrlen  hellest,  in  dieser  namentlich  in  Luthers 
bibel,  der  sie  so  von  der  optativform  haltest  scharf  scheidet  (z.  b. 
h  Mos.  2S.  1  gegen  9),  als  haltest  bei  Rihei.  Livius  (1598)  471; 
daneben  sieht  mit  ausfall  des  flexionsvocales  hellst,  hüllst  {zahl- 
reiche beispiele  unten) ,  und  mit  ausstoszung  des  wurzclhaßcn  t 
vor  der  flexion  helsl,  eine  form,  deren  auch  Lessing  sich  noch 
bedient:  wofür  hülst  du  sie?  10,203.  Fiir  die  3.  sg.  sind  die 
formen  eben  so  wanigfach:  die  volle  unumgelautctc  dauert  bis 
ins  n.  jahrh. :  dieweil  niemand  das  geselz  rechl  haltet.  Jonas 
Im  Luther  6,  40S'; 

in  ewigkeit  sein  wort 

wahrhaftig  haltet  er.    Wkckhkbliji  231  {ps.  105,8); 

daneben  gehl  eine  um  die  bildungslaule  verkürzte,  halt:  der  es 
darfür  halt.  Agricola  spiichir.  (i560)  156",  deren  Fischart  häufig 
sich  bedient  {Garg.  43*.  48'  u.  oft,  neben  hell  51*,  haltet  61'); 
die  volle  umgelautele  form  heiszl  hellet:  er  hellet  sich  an  die 
▼erheiszung  der  gnade.  J.Jonas  bei  Lidher  6,  412';  dicselbigen 
werk  hellet  man  nicht  für  göttlich.  6,  439',  eine  form  die  noch 
in  Stein  BACHS  öfterem  häitt  (1,672 — 674)  nachklingt,  ihre  Ver- 
kürzung ist  hell,  schon  im  mhd.  seltener  aufkommend,  im  IG.jh. 
namentlich  auch  von  Lcthek  vertreten,  und  bis  ins  17.  jahrh. 
lanein  dauernd,  wo  sie  der  Schreibung  hüll  platz  macht: 

sein  irewer  liund  wird  nimmer  wanken, 

er  hell  ihn  «wig  in  gedaiiKen.    Opitz  psnlinen  s.  198; 

die  ungereclite  weit, 
die  aber  nicht  bei  dir  als  eine  schwe.ster  hell. 

Fleming  sonelle,  b.  1. 

Dem  16.  jahrh.  ül  es  eigen,  die  i.  plur.  des  indicalivs  und  impe- 
ratirs  haltet  m  halt  zu  verkürzen : 

wenn  ir  halt  fried  und  einigkeit. 

Waldis  t>op  1,  51,  19. 

Sehen  der  praeterüalform  liielt,  die  aus  ehemaligem  redupltcierten 
haihald  geworden  ist  {noch  Ki.no  geteährl  p'üiehih,  Graff  4,906, 
später  hialt,  hielt)  findet  sich  auch  weniger  häufig  im  nhd.  hielte, 
mit  anklang  an  schivaclte  conjugationsfurmen  nach  analogie  von 
sähe  für  sah,  stunde  für  stund,  liesze  für  liesz  ii.  a.  gebildet, 
eine  form,  die  bis  auf  Göthe  dauert: 

und  ich  könnt  ihn  zehren  sehn; 

hielte  mein  (.'<;fiihl  zurück, 

gönnt  ihm  keinen  holden  blick.     10,  32*^. 

.Zur  ermittrlung  der  ursprünglichen  bedeulung  des  wortes  ist  von 
FiCK  wb.  35  hingewiesen  auf  den  Zusammenhang  von  ballen, 
goth.  haldan  mit  goth.  hairda  herde ,  altind.  pardhas,  9ardha 
fchaar  {besonders  von  der  schaar  der  Marutns  gebraucht) .  und 
goth.  hairdeis  Air/,  und  da  hallen  zufrühest  in  dem  begriffe  von 
vieh  hüten  gebraucht  erscheint,  in  welchem  es  auch  heute  noch 
nicht  ausgcttorben  ist ,  so  wird  dieser  bei  anfzählung  der  maniii- 
fachen  Imleutungeu  des  Wortes  vorausgestellt  werden  müssen  und 
sind  ihm  die  andern,  als  ypntvr  entwickelte,  nachgeordnet,  hierbei 
ergeben  sich  zwei ,  dodi  nicht  völlig  scharf  geschiedene  (iruppen, 
die  eine  betont  mehr  die  örtliche  seile  des  hütens ,  den  aufenIhaU 
an  einem  orte  und  die  Ih'ltigkeit ,  die  aus  einem  solchen  sich 
erzeugt ;  die  andere  geht  von  der  reinen  handlang  m  bezuq  auf 
das  object  aus,  indem  sie  sich  auf  grund  der  bedeulung  fest  hallen 
ii'-iln  autbildri. 


B.   Bedeutung  und  gebrauch. 

1.  halten  hüten,  acht  haben,  waclien ,  —  sich  wo  verweilen. 
aufhalten. 

1)  im  golhischen  steht  haldan,  so  viel  zu  ersehen,  nur  m  dem 
sinne  von  vieh  hüten,  weiden:  insandida  ina  haijijös  seinaizös 
haldan  sveina.  Luc.  15,  15;  skalk  aigands  arjandan  ai|)jiau 
haldnndan.  17,7;  iivas  haldi})  a\c\>\  jah  miluks  |)is  av6[)jis 
ni  niatjui?  1  Cor.  9,7;  auch  durch  die  hochdeutschen  dialecte  geht 
noch  dieselbe  bedeutung ,  obschon  seltener,  weil  hallen  mehr  in 
anderm  sinne  gebrauclil  und  jener  begriff  durch  andere  verba  aus- 
gedrüclU  wird: 

ahd.    so  hiiii  tlier  tliar  heiiit  joh  sines  felies  weltit. 

Otfrid  5,  20,  32 ; 
mhd.   dö  begunde  er  halten  diu  swin, 
daj  was  diu  lipnar  sin. 

Sprachdenkmale  vdii  Karajan  49,  5; 

nhd.,  wie  es  sclieint,  auf  den  gebrauch  in  den  bairischen  mund- 
artcn  eingeschränict :  in  Baiern  die  ros  halten,  pferde  hüten 
ScHM.  2,  187 ;  in  Kärnihen  halten  pasccre ,  das  vieh  weiden 
Lexer  132 ;  in  Tirol  halta  rieh  hüten  Fromm.  3, 16. 

2)  die  alten  dialecte  übertrugen  in  naiier  wei.'se  diesen  ältesten 
sinn  von  hallen  auch  auf  die  regierung  über  menschen;  wie  im 
ags,  Bcövulf  611  der  könig  folces  hirde,  im  Heiland  5551  Pilatus 
werodes  hirdi  genannt  wird,  so  stellt  im  05,«.  öfters  healdan  /"'(/ 
ein  voll:  leiten,  regieren  : 

heöld  |)enden  lifde 
»amol  and  güd-reöv,  gläde  Scyldingas.    Bedvulfb'; 

und  auch  im  ahd.  weist  Notkers  er  haltet  gentium  greges 
(Graff  4,897)  auf  diesen  sinn  hin,  auf  grund  dessen  sich  die 
aUgemeiner-e  bedeulung  acht  haben,  hüten,  wachen,  in  mehrfacliei 
Verbindung  atisbildet. 

a)  in  absoluter  Stellung  ist  das  wort  auch  im  ahd.  gebrauclil  und 
besonders  auf  die  geistliche  hat  gewendet ,  formelhaß  ist  nament- 
lich bis  ins  frühe  mhd.  der  hallende  Crist,  Christus  als  seelcn- 
hüler:  von  diu  irsluogen  si  ir  harren,  den  haltenden  Christ. 
physiologus  in  Wackernagki.s  leseb.  (IS6I)  173,25;  auch  später 
noch  in  diesem  sinne,  in  dem  folgenden  beispiele:  und  wenn  du 
nimer  heltesl  und  schützest,  so  hilft  kein  schütz  noch  krafl. 
Luther  6, 132*. 

b)  gewöhnlich  aber  mü  praeposüionen ,  die  theils,  mil  dem 
accusativ  verbunden,  die  riclilung  der  handlung  hervorheben,  theils. 
in  der  fügung  mü  dem  dativ,  nur  die  bcziehung  eines  objecls  zur 
handlung  andeuten. 

a)  so  über  mil  dem  acc:  0  hall  über  uns,  verlasz  uns 
nicht.  A\rer  proc.  2,  8 ;  —  von  dingen  und  meinungen :  ahev 
unser  vviedersacher  halten  nur  so  hart  über  den  ehelosen 
stand.  Melanchtiion  Aug.'^b.  conf.  im  corp.  docl.  clirkt.  (|560| 
.<.  199;  mich  dünkt,  dasz  ich  ein  wenig  zu  eifrig  über  diese 
ineinung  halle.  Hoffmannswalhac  steib.  Socr.  106;  wer  e'ut 
gcselz  gicbt,  iiuisz  auch  über  solches  ballen.  I'istohius  //ir. 
paroem.  9  »10.  62;  Conrad  hielt  wie  über  andre  gute  ort! 
nungen ,  also  auch  über  den  landfricdeii  mit  groszem  eifer. 
Hahn  bist.  (1721)  2,11  note  b;  (der  diencischaft ,  die)  über 
den  arlikcl  der  ehre  noch  weil  wachsamer  zu  hallen  pllogi. 
ScHii.iEn  738;  mein  etat,  über  den  ich  hallen  niusz.  wenn 
kb  am  ende  des  Jahres  nicht  selbst  andern  Verbindlichkeiten 
haben  will.  Götiie  bei  Scholl  186;  dasz  sie  der  gemeinde  und 
ihren  veitretein  die  pflichl  auflegen ,  über  die  gesi"  •<>  7  ■ 
halten.  Stüve  «wen  w.  rcrf.  129; 

sollst  halten  über  ehr  und  recht.     Göthk  13,  126. 

ß)  über,  oh,  mit  dem  dativ:  meine  band  sol  ob  dir  halten, 
bis  ich  für  ubor  gehe.  2  Mos.  33,  22  ;  indem  brechen  fünfzig 
kürüser,  die  ob  den  iren  liinler  ainer  kirciien  gehallen  hellen, 
her  für.  Wilw.  v.  Schaumb.  »1.  das  wort  ist  hier,  in  dem  tinne 
perwaen  bewaclien.  schützen,  techniich,  nach  ball  4  .«p.  271 ;  das 
klingt  auch  in  folgendem  an: 

''Min  gott  üb  den  gerechten  holt. 

H.  RiNCWALT)  geifit.  tieder  Av*; 

rerutschter  i.-'l  die  bedeutung.  wenn  das  vcrbum  von  fiegenstanden 
und  meinungen  gilt:  und  allein  s.  Petrus,  Paulus  und  Hai- 
iiabas  über  diesem  stück  liiellen,  wider  den  ganzen  häufen 
aller  giciibigen.  I.itiier  .'..  i;j2* ;  wann  wir  .  .  über  unseren 
und  unserer  hocliseligen  viufaineii  desfalls  gcmachlcn  Ver- 
ordnungen mil  nacbdiuck  gehallcn  haben  wollen,  urk,  von 
10^5  bei  Grefe  salzdebit  der  Lünebiirgrr  .saline  s.  33;  dasz  »ie 
.lieh  darnach  gebührend  achlen  und  bei  Vermeidung  unserer 
Ungnade,  auch  schiitferer  bestrafung,  über  dessen  inhalj  mil 
nnchdruck  hallen  sollen,  urk.  von  I7I0,  ebenda  s.  41 ;  so  blieb 


HALTEN 


HALTEN 


278 


dem  folgenden  künige  nicbts  übrig,  als  mit  der  genauesten 
Sorgfalt  über  der  beoluichtung  dieser  geselze  zu  halten. 
WitLANO  7,  223;  hielt  er  standhaft  über  den  Vorrechten  seines 
Stuhls  und  seiner  kirche.  Schiller  I03S. 

y)  zweifelhaß  ob  accitfiUivische  oder  datitische  fügung  gefühll 
wird,  ist  wenn  über  in  der  Verbindung  darüber,  worüber  s(e/(/; 
{goU  hat  befohlen)  das  alle  menschen  sollen  schuldig  sein  mein 
zu  schonen,  helt  auch  drüber,  und  wo  es  nicht  geschieht, 
hat  er  das  schwert  befohlen  zur  strafe.  Lutuer  6,312*;  denn 
er  (gotl)  gibt  mir  sicher  geleit,  iieit  auch  drüber,  und  leszts 
liicht  ungestraft  ...  wo  jemand  solch  gebot  und  geleit  uber- 
trit.  312';  daiumb  haben  etliche  Völker  hart  darüber  gehalten, 
das  der  osleriag  soll  gleicher  zeit  gehalten  werden.  Melax- 
CHTHO>-  Augsb.  conf.  im  corp.  doct.  Christ.  (I5U0)  s.  104;  wenn  sie 
{die  obrigkcili  Ordnungen  macht  und  nicht  steif  und  fest  dar- 
liber  halt.  Schcppics  IM ;  statuen  . .  welche  in  der  äbnlich- 
k^?it  der  personen  und  nicht  über  Icbensgrösze  sein  muszten, 
worüber  die  richten  in  den  spielen  genau  hielten.  \Vi\rel- 
VA.NN  4,15;  denn  indem  diejenigen  blatter  und  nsclibildimgen, 
die  er  mir  zu  eigen  verehrt,  des  besten  dankes  werlh  sind, 
so  hat  er  durch  den  schätz  von  duichzeicimungen,  der  nun 
vor  mir  liegt,  das  ehreiividlste  vertrauen  bewiesen,  ich  halle 
aber  auch  darüber  auf  das  sorgfältigste.  Güiiie  an  Zelter  (iSO; 
haltet  darüber,  dasz  weder  sie  noch  ich  schaden  leiden. 
ScBiLLER  10S4;  über  einige  dinge,  worüber  ich  sie  bitte,  ge- 
meinschaftlich mit  mir  zu  halten  und  zu  wachen,  mündlich. 
(i.-i  Gölhe  S62. 

S)  für  über  tritt  auch  die  praep.  auf  ein,  die  der  heuligen 
.yrache  gewöhnlicher  ist,  als  jene:  der  kaufmann  hält  auf  gute 
waare.  wacht  darüber,  dasz  sie  stets  in  gutem  zustande  sei;  er 
hält  bei  tische  auf  ein  gutes  glas  wein;  er  hielt  auf  die 
rarsten  bücher.  Göthe  S.  201 ; 

ob  hier  ehich  nienuiiid  fast  auf  dieses  weeseii  holt, 
so  bist  liu  (loch  nocii  da,  dem  der  mein  fleisz  gefällt. 

Fleüing  93; 
Rellando  kan  vortrefTIich  tanzen, 

und  hält  besonders  auf  den  siaat.    Picaxder  2  (1734)  s.  260; 
ein  mann  der  recht  zu  wirken  denkt, 
musz  auf  das  beste  Werkzeug  halten.    Göthe  12,  12. 

mit  dem  dativ: 

wo  man  das  graue  aller  elirt. 
auf  mannerrath  und  warnung'ljört, 
und  olTenherzig  bandelt; 
auf  guten,  streiiireii  sitten  hält, 
und  nicht  die  einlalt  erster  well 
■     in  neuem  prunk  verwandelt. 

J.  M.  Miller  gedidile  195. 

Von  hier  verlieit  sich  halten  aus  dem  sinne  hüten ,  wachen, 
in  den  sinn  beharren  bei  etwas,  und  sind  die  ausläufer  dieser 
bedevtung  unten  unter  6.  7  verzrichnel.  • 

c)  das  acht  haben ,   vaclien ,   kann  auch  in  feindliche)-  absicU 
geschehen,  nicht  um  lu  schützi'n,  sondern  zu  verderben;  es  läszt 
sich   dann    durch   auflauern    umschreiben ,   und   ist    nach  halt  4 
sp.  271  zundclist  auch  technisch,  ein  reiterwort  : 
er  reit  in  eulgu^'-on  in  den  wald, 
da  iieogen  in  die  Nürnberger  reiter  gut, 
die  hielten  auf  in  in  dem  halt.    Uhlamd  cottisl.  330; 

als  er  das  erfur.  bewar  er  sich  under  dem  hofgesint  und 
hielt  mit  siben  pferden  auf  in.  W'ilw.  v.  Schaumb.  72 ;  klaget 
zu  Schotten ,  wie  er  .  .  on  alle  zuredselzuiig  unuberwundes 
rechtes  auf  in  gehalten,  s.  73;  wenn  ich  hette  gewuszt.  das 
so  viel  teufel  auf  mich  gehallen  betten,  als  ziegel  auf  den 
dechern  sind,  were  ich  dennoch  mitten  unter  sie  gesprungen 
mit  freuden.  Llther  2,  79*;  Abimelech  stund  auf  bei  der 
nacht,  und  alles  volk  das  bei  im  war,  und  hielt  auf  Sichem 
mit  vier  häufen,  richter  9.33;  errettet  uns  von  der  band  der 
feinde  und  die  auf  uns  hielten  auf  dem  wege.  Esdra  8.  3i; 
die  Phariseer,  welche  oftmals  auf  Christum  hielten.  Schlppics 
599 ;  dafür  niederdeutsch  auch  nd  enem  haldeii.  Chroniken  der 
deutschen  stddte  6. 4SS.  Von  hier  aus  kann  sich  halten  in  der 
bedeutung  zielen  entwickeln:  da  die  teufel  alle  aiigenblicke  auf 
uns  jauren,  halten  und  zielen.  .Neandek  vom  sei.  absterben^ 
Avij';  haltet  tief  und  jeder  nehme  seinen  mann  scharf  aufs* 
körn.   Ilallische  zeitung  1869   no.  71 ; 

er  tod  all  augenhiick  und  stund 
auf  uns  wart,  geiht,  horcht,  zielt  und  halt, 
und  hat  uns  in  eira  hui  gefeilt.    Ctaus  narr  1602  s,  91, 
-.lenn  nicht  ein  object  bogen,  armbrust,  gewehr  zu  dem  verbum 
zu  ergänzen  üt,  in  welchem  falle  das  letztere  einer  andern  hedett- 
tung  (5;  zufällt. 


3)  in  jener  leilung  und  hülung  der  personen  und  dinge,  wie 
sie  in  no.  2  erscheint,  liegt  die  fortdauernde  behandlung  deiselben 
eingeschlossen,  die  dann  deutlich  hervortritt,  wenn  halten  mit 
einem  die  art  und  weise  Jiiihcr  bestimmenden  zusatze  steht:  nitidus, 
v,o\  gehalten,  umb  den  es  wol  stehet,  der  gut  tag  hat.  Alb. 
uu4';  hat  er  uns  doch  gebalten  als  die  frembden.  1  Mos. 
31,15;  denn  so  sollt  man  einen  münch  halten.  Lcther  br. 
1,317;  dieweil  ich  dich  doch  nie  änderst  dann  einen  bruder 
und  nit  als  einen  gesellen  gehallen.  Galmy  43;  wenn  sie 
einen  gar  verächtlich  halten  wollen,  so  nennen  sie  ihn  einen 
poelen.  Opitz  poelerei  5 ;  darnach  das  ampt  ist,  darnach  wird 
einer  gehalten.  Lehmann  17;  wie  einer  sich  hält,  so  wird 
er  wieder  gehalten.  174 ;  es  bekümmert  mich,  dasz  ich  soll 
schimpflich  gelialien  werden.  Lokmans  fab.  4;  ihr  müst  mich 
aber  hübsch  halten,  weil  ich  ein  gelehrter  bin.  A.  Grvpuics 
IiiOS  1,  S29;  wollen  gern  sich,  ihre  weiber  und  kinder  bürger- 
lich halten.  Schlppils  7 ;  ich  bin  lange  zeit  auf  Universitäten 
gewesen,  da  ich  bin  gehalten  worden,  wie  bei  den  Soldaten 
ein  fenderich.  237;  so  lange  ich  bei  ihm  im  hause  war,  hielt 
er  mich  strenge.  Habexer  sat.  4  (1757)  s.  175;  ach,  Lisette, 
hört  er  denn  auf  deszwegen  mein  mann  zu  sein .  weil  er 
mich  übel  gehallen  hat?  Lessing  2.434;  seit  meines  vaters 
zweiler  heirath  werde  ich  zu  hause  nicht  zum  besten  ge- 
halten. GüTHE  18,  72; 

ein  ehman  sol  gedültig  sein, 

sein  weib  nicht  halten  wie  ein  schwein.    Lcther  8,  345'; 

(sie)  ehrt  ihn,  ie  mehr  er  herscht,  und  hält  gewisz  darfür, 

ie  schärfer  er  sie  hält,  ie  hulder  sei  er  ihr.     Fleximg  72 ; 

halt  mich  wehrt,  wie  ich  dich  theuer.    522; 

kein  höher  schätz  ist  in  der  grpszen  weit, 

als  nur  die  zeit,  wer  die  nach  würden  hält, 

wer  die  recht  braucht,  tiüizt  tod  und  noih. 

A.  Grtphics  169S  1,  224; 
sieh,  ich  hin  dir  gut  und  du 

hältst  mich  immer  schlechter.    J.  M.  Miller  gcdiclUe  22S; 
hallet  sie  wohl!  ihr  werdet,  so  lang  sie  der  wirthschafi  sich 

annimmt, 
nicht  die  schwester  vermissen,  noch  eure  eitern  die  tochter. 

Göthe  40,  314. 

4)  nahe  zu  der  vorigen  steht  die  bedeutung  einen  anhalten. 
be.<itimmen ,  zu  etwas  bringen;  zweck  und  richtung  einer  fort- 
dauernden behandlung  tritt  hier  hervor,  dutrh  die  praeposition  zu, 
orfer  adverbien,  wie  hin.  dahin,  angedeutet :  ej  was  in  Doringin- 
lande  gar  ein  richer  ritter,  der  hatte  gar  ein  schonij  wip. 
si  enhattin  ouch  keinen  erben  noch  kint  .  .  der  ritter  .  . 
hilt  die  frouwen  mit  gutin  wortin  dar  zu,  ab  si  von  eime 
andern  tiecbtig  mochte  werde.  Kodiz  21,30;  du  solt  deine 
tochter  nicht  zur  hurerei  halten.  3  Mos.  19,  29 ;  ich  holt  aber, 
das  auch  die  oberkeit  hie  schuldig  sei  die  unterlhanen  zu 
zwingen,  ihre  kinder  zur  schulen  zu  halten.  Lcther  5. 1S6'; 
{wenn  kai-ter  und  künige  uolUen)  in  {den  papst)  dabin  liallen, 
das  der  dem  spruch  .  .  müste  genug  thun.  S,  240*;  denn 
wo  sie  wollen  pfarrherr  haben,  ist  e.  k.  f.  g.  arapt,  sie  dahin 
zu  halten .  dasz  sie  dem  erbeiter  auch  lohnen,  briefe  3,  51 ; 
so  der  thetter  die  offen  unzweifenlichen  übelthat  freventlich 
widersprechen  wolt,  so  solt  in  der  richter  mit  peinlicher 
ernstlicher  frage  zu  bekantnusz  der  warheil  halten.  Carolinu 
art.  16;  darum  komme  ich  zu  dir,  bittende,  du  wollest  den 
Jüngling  darzu  halten,  dasz  er  anzeiget,  wo  mein  tochter  ist. 
buch  d.  liebe  22S';  so  ruffe  ich  alle  mit  unglück  betroffene 
menschen  auf  den  renpiaz  dises  laufs  der  weit,  sie  mit  den 
krüften  meines  Unglücks  dahin  zu  halten,  das  si  bekennen, 
es  sei  keiner  unglückseliger  als  ich.  Bctschky  hd.  kanzl.  65t ; 
M  eil  seine  mutier  . .  ihn  darzu  gehalten ,  ei-zogen  und  rath 
darzu  ^legeben,  dasz  er  goltlosz  worden.  Schuppics  83.  Die 
praeposition  zu  wird  auch  unterdrückt  und  »>/  zu  ergänzen:  dasz 
sie  die  leut  wollen  halten  alle  ihre  sund  zu  beichten.  Lütber 
briefe  2,416;  wahrscheinlich  aber  dasz  hier  die  Unterdrückung  die 
folge  eines  gefühles  für  wollaut  ist,  um  rin  doppeltes  zu  zu  ver- 
meiden, häufig  ist  das  ballen  dieser  bedeutung  in  passiver  fügung: 
auch  eine  jede  obrigkeit  darüber  {über  diese  gesetze)  zu  hallen, 
bei  ihren  pflichten  darzu  obligirt  und  gehallen.  Schlppics  675; 
wol,  liebes  kind,  ich  bin  gehalten,  dich  um  gottes  willen 
besser  zu  unterrichten.  Simpl.  1,29  Kurz;  er  sollte  aber  auch 
gehallen  sein  ,  auf  eigne  kosten  leute  zur  einsammlung  des 
geldes  und  zu  hesorgung  der  anslalten  zu  halten.  J.  E. 
Schlegel  3,  255 ;  so  sollen ,  zur  hemmung  des  neuen  Übels 
diejenigen,  welche  andre  in  einer  Wissenschaft,  in  der  sie 
kaum  buchstabieren  können,  zur  redehaltung  anleiten  wollen, 
gehalten  sein,  dasz  sie  zuTor  . .  .  Klopstock  12,  87, 

IS* 


279 


HALTEN 


HALTEN 


280 


i>)  wieder  sclilieszt  sich  vun  den  voriijen  nn  hallen  an,  was 
die  riclitung  eines  subjects  nach  einer  beslimniten  seile  hin  aus- 
drückt und  zwar  in  strengeiem  und  abgeblasziereni  sinne. 

a)  liallen  steht  absolut,  eine  richlung  nehmen:  Frilz  fährt  mit 
einem  Inder  heu  die  wiese  her,  und  halt  aus  allen  h'ihes- 
kräfien  auf  ebnem  boJen,  dasz  es  nicht  umwerfe,  arme  mann 
im  Tockenb.  2S6;  als  schi/ferausdruck : 

oft  hab  ich  im  ozean  dem  norde  zu 

gegen  die  Telsengestade  gel):iitoii, 

und  in  ilire  bucliten  zu  steuern  gestrebt. 

Klopstock  10,  252; 

auch  mit  der  praep.  zu,  und  in  bezug  auf  peisoncn :  er  hüll  zu 
mir,  er  hielt  zu  einer  partci;  wenn  ihr  getreulich  zu  mir 
hallet,  so  werde  ich  .so  viel  vermögen,  als  ihr  alle  zusammen 
genonmien.  \Vieland  3ö,  42;  hier  wird  auch  die  reflexive  Stellung 
des  verbums  mit  einer  leisen  schatlierung  des  sinnes  nach  dem 
intensivem  hin  viel  gebraucht ,  vergl.  unlcn  c.  die  alte  spräche 
brauchte  hier  zu  halten  mit  ciiieui.  vergl.  zuhalten  :  aber  etliche 
seien  sint  zeniäle  grob  als  daj  wajjer  unde  haltent  mit  der 
erden  zuo ,  die  miigcnl  gote  niht  gevoigon.  deutsche  mysliker 
2,  236,  auch  von  einem  concubinal  gesagt:  der  dritte  Herodes 
der  liesz  sente  Johanne.s  den  touffer  enthouplen  umbe  d;is 
her  on  strafte,  das  her  seines  bruder  weip  dem  bruder  enl- 
phurtc  unde  mit  ir  zu  hill.  Hotue  chron.  (iS;  sie  hat  lange 
«eile  mit  einie  bulin  zu  gehaltin.  437;  von  Hessin  lanfgrave 
Heinrich  .  .  der  hill  zu  mit  eime  andern  weihe  zu  Cassil.  566. 
fc)  halten  reflexiv  und  rein  iirtlich:  wo  so!  ich  mich  denn 
hin  hallen,  dasz  mir  endlich  geholfen  werde?  .Matmesius 
Sür.  is';  halt  du  dich  zum  roszstall,  so  kan  dirs  glück  auch 
dein  lüglich  kornlein  bescheren.  Schuppiüs  837.  Bei  der  be- 
schreibung  eines  weges  weist  man  den  wanderer  an,  sich  rechts, 
links  zu  halten;  halten  sie  sich  immer  linker  band,  und 
gehen  fort,  bis  sie  endlich  zu  einem  verfallenen  palast  kom- 
men.  VVlELA.ND   12, 174; 

wir  wellen  uns  wider  gen  holT  halten,    fastn.  sp.  414,  11. 

c)  in  bezug  auf  soeben  und  personcn:  sich  zu  einer  sache 
halten,  sie  angehen,  sich  ihr  zuwenden  und  sie  in  besitz  nehmen: 
auch  als  gewonheit  gewesen  ist  bei  nnsern  ellern  bis  uf  uns 
iiieher,  dasz  nach  eines  iziicben  der  vorgeschribenen  pfarrer 
lüde  unsere  amptleute  sich  gehallen  haben  zu  irer  habe  .  . 
dieselbige  habe  sie  namen  one  Widerrede  iedermänniglichen. 
Haltals  788  (von  1397).  so  sagt  man  als  ermunlerung  sich  einer 
Sache  bald  zu  bemächtigen,  hall  dich  dazu;  Klotz  bat  sich  früh 
dazu  gehallen,  die  briefe  aucii  in  seiner  biblioliiek  zu  recen- 
siren.  Lessing  12,  217.     der  gegensatz  ist  sich  davon  hallen : 

mein  lieber  söhn, 

halt  dich  davon.    Götbe  12,  123. 

ferner:  er  hüll  sich  zu  einer  person,  einer  parlei:  und  alli; 
Tolc  hill  sich  des  morgens  zu  ime  (omnis  populus  manicabal 
ad  eum]  in  dem  tempele  en  zfi  horene.  Behaims  evang.  buch, 
Luc.  21, 3S ;  allein  sähe  ich  auch  dahin ,  zu  wem  ich  mich 
hielt.  ScuHEi.MCHEN  1,  66;  die  hauptsache  aber  war.  dasz  das 
überhaupt  des  reiches,  könig  Friedrich  HI,  sich  auf  die  seile 
des  pabsles  hielt.  Hanke  reform.  1,48; 

darumb  wil  ich  mich  zu  im  halten,    fastn.  sp.  3<J2,  10; 
der  nach  tngent  stült, 

der  nit  in  pa»z  gesclsclial't  I'alt, 

und  sich  zu  Irumen  leuten  hält.    Schwarzenberc  128'; 

für  die  praeposUion  sieht  seltener  auch  der  einfache  dativ: 

wann  ein  indianiscli  mann  stirbt  und  wird  verbrennt, 
dann  wird  «eines  wcibes  tr(;w  ricliiig  dran  erkennt, 
wann  «ie  .springet  in  die  glut.    o  in  unsrer  weit 
springt  kein  weib,  dieweil  sie  sich  einem  andren  lieh. 
LoGAU  3,  l(Hi,  26, 

HO  der  sinn  von  hallen,  weil  in  gegensalz  zu  springen  gebracht, 
mit  dieser  no.  und  der  M,  1  (festballen,  anhalten)  spielt. 

G)  durch  hallen  wird  längeres  verweilen  an  einem  orte  oder 
in  einem  zustande  hervorgehoben,     die  fügungcn  sind  manigfach. 

a)  intransitiv  wird  das  verbum  häufig  gebraucht  in  dem  sinne 
von  stille  stehen,  anhalten  an  einem  punkte:  ich  wil  stille  halten 
und  schawcn  in  meinem  sitz.  Jes.  is,  4;  mitten  auf  dem  wege 
stille  hallen,  in  ipsa  via  subsidere  Steinracm  1,673;  jagte  ihn 
diesztnal  scibsl  voran,  alles  drüben  nnfzu stöbern,  damit  wir 
nicht  /u  lang  halten  dürfen,  wenn  wir  dort  ankommen. 
Fr.  MliLKR  3,0;  und  so  dünkt  mich,  ist  es  fast  immer  ge- 
gangen, wo  wir  die  alten  in  der  nähe  einer  ivaiirbeil  oder 
erflndung  halten  sehen,  die  wir  ihnen  gleiciiwohl  al)<<precbcn 
müe'-r-n,  Lfssix,  8.153:  ich  bleibe  hier  stehen  und  bullen. 
GOrnt. 


dein  leben,  mensch,  und  tod  hält  stets  auf  deiner  zungen. 
A.  Gryphius  1698  I,  23; 

hier  hält  das  opferthier  ermüdet  still.    Lessing  2,  284; 
sie  schweift  in  fernen  weiten 
und  nirgends  halt  sie  still.     Uhland  ged.  62; 

oß  gesagt  von  dem  .^till  hallen  mit  wagen  und  gescbirr :  in  dem 
sähe  der  koufman  us  dem  wagen,  da  hielten  sie  undcr  dem 
galgon.  Ulenspiegcl  s.  93  Lappenberg;  oder  mil  dem  pferde ,  wie 
sclion  häufig  mhd.,  uh.  l.oiü':  deines  bruders  son  haltet  da 
auszen  an  der  schiltwachl.  buch  d.  liebe  226';  jener  general, 
welcher  eine  feldschlacht  angeordnet  h:ilte,  und  hielt  auf 
einem  hohen  berge,  als  er  nun  sähe,  dasz  es  gute  stüsze 
gab,  da  ritte  er  davon.  Scncppius  816;  Thiebrechl  erlegte 
ihren  fürstcn,  der  noch  zu  lande  hielt,  um  die  einschiffung 
zu  decken.  Mascov  2,  51 ; 

des  ganzes  gaues  bauern  stehn  um  den  ort  geschaart, 
und  mitten  hält  zu  rosse  der  alte  Rauschebart. 

ÜHLAND  ijed.  361 ; 
häußg  von  dem  slill  hallen  eines  hecrcs  und  militärisclier  ausdruck: 
sie  giengen  hin  auf  den  hinterhall,  und  hielten  zwischen 
Bethel  und  Ai.  Jos.  8,9;  da  sie  kamen,  hielten  sie  an  der 
wassergruben.  2  kön.  18,  17;  die  könige  aber,  die  komeii 
waren,  hielten  im  Iclile  bcsoiuier.s.  l  cliivn.  10,9;  als  es  nun 
zur  offenbahren  fcklschiacht  kommen  solle  und  man  beider- 
seits darzu  in  Thüringen  allbereit  gegen  einander  hieile, 
ScuLPPius  388.  in  der  Jägersprache  sagt  man  vom  wilde  es  hält, 
wenn  es  den  jäger  nahe  herankommen  läszl ,  ohne  auszureiszen, 
BEniEN  jagdcatechismus  254; 

vom  dicliicht  rausciit  vor  Hin  ein  reh, 
un<l  linit  und  will  nicht  fliehn. 

Lenau  gid.  132  (waldeslrosl) ; 
in  obscönem  sinne:  haltet  mir  einmal,  usuram  corporis  mihi 
praesta  Stieler  740.  dann  auch  bildlich:  gleichwol  seh  ich, 
dasz,  ich  jetzt  in  einem  ganz  fremden  fclde  halte.  J.  Paüi. 
leufels  pap.  1,109;  hinter  dem  berge  halten,  an  einem  orte, 
wo  man  nicht  gesehen  werden  kann,  daher  von  leuten  ge-a;//.  die 
heimliclikeilen  nicht  kund  thun  wollen :  sie  Ihun  das  maul  nicht 
auf,  sondern  kriechen  zu  winkel,  halten  hinder  dem  berge, 
und  ziehen  die  pfeifen  ein.  Lutuer  5,369';  so  sag  heraus, 
narre!  was  hüllst  du  hinter  dem  berge?  Lenz  1,277. 

Dieser  bedeuluiig  fällt  zu  der  imperativ  hall  I  der  nicht  immer 
als  verhalform  mehr  gefühlt  wird  und  einen  plural  haltet!  (halten 
sie!  Lessing  1,594)  seltener  und  in  mehr  gemdszigter  rede  ent- 
wickelt ;  häufig  ist  er  vielmehr  zur  inlerjcciion  abgcblaszl  und 
formell  so  erstarrt,  da.iz  er  auch  mehreren  personen  zugerufen 
wird:  die  muszquetierer  giengen  auf  sie  losz  und  schrien: 
halt,  halt!  jene  aber  antworteten  mit  röhren.  Simpl.  1,49 
Kurz;  halt!  ich  will  ihn  noch  ein  wenig  zappeln  lassen. 
Lessinc  1,289;  halt!  halt!  herr  burgermeisler.  Kotzebue 
dramat.  spiele  2,313;  rief  der  alle  frohnbote  überlaut:  halt! 
Immehman."«  Münchh.  4,58; 

doch  halt!  ietzt  meri<  ich  erst  den  braten.  Picandes  2,  371. 
es  ist  militärisches  commandowort ,  zu  stille  stehen  auffordernd. 
z.  b.  sclion  bei  Bücki.er  kriegsschule  292 ;  es  wird  endlich  auch 
substantivisch  als  ncutrum  verwendet:  als  ..  dem  schieichenden 
ein  gebieterisches  halt  entgegenschallte,  gartenlaube  isaa  «.71. 
die  nachdrückliche ,  durch  angehängte  interjcction  verstärkte  form, 
mhd.  hallA: 

haldä,  raorder,  halt!  er  rief,    pas.üonal  15,  30  Köpke; 

und  haltä  du,  getriuwer  degcn.    irojun.  krieg  30304; 
dauert  noch  in  den  frülteren  zelten  des  nhd.  fort:   halla  schau, 
da  komt  qualerdausz.  Garg.  97'. 

b)  transitives  iialtcn,  soviel  wie  aufenihalt  geben,  beherbergen : 
vorfemede,  vorwisede  und  vorfunle  lüde  halden,  hiisen,  her- 
bergcn.  Urkunde  von  1453  bei  Wernrke  fehnigerichte  (lH(i\)  5.75; 
lieber  kriegszmann,  ich  habe  seer  vil  kind  und  pesindt, 
darumb  weisz  ich  dich  auf  diszmal  nit  zii  hallen.  Wickran 
rollw.  64,27  Kurz;  in  mil  ihr  in  ire  kammer  führt,  da  sie 
in  eliirhe  tog  mil  groszcm  murmeln  der  andern  nunnen  hielt. 
geschichlen  und  hislorien  (1583)  283";  und  datier  reflexives  sich 
hallen  gebraucht  von  dem  längern  aufenihalt  an  einem  orte:  es 
hall  sich  kain  jnd  in  allen  myns  gnedigen  fürslen  und  herru 
von  Wirtemiierg  landen  oder  geliielen.  Heccmlin  verslentnus  2'; 
durch  einen  Venediger,  der  ein  zrill.ir.g  allhic  und  zu  Leiitizik 
sich  gcliaiten.  Meianciitiion  r;i.  an  Albrechl 'iS ;  also  hat  sich 
in  solcher  hesziichen  wohntmg  (ron  einem  kürper  gesagt)  »<t\cl\vi 
feiner  schätz  und  Irefflicher  verstandl  gehalten.  F..  Alrerus  l'; 
der  künig  hell  sich  nit  über  zwen  tag  in  den  gemeüren, 
sunder   lü  feld  in  gezellen.    Fra.ir  wtllb.  7';    Note  Hob  für 


281 


HALTEN 


HALTEN 


282 


Pliarao,  und  hielt  sich  im  lande  Midian.  2  Mos.  2,15;  Char- 
lottens  niedeikunft  nahte  heran,  sie  hielt  sich  mehr  in  ihren 
zimmern.   Gotiie  17,298; 

haltend  sich  auf  deiner  wahrheil  pfad.    Weckiierlin  109; 
als  er  auf  seine  guter  gieng,  und  hier 
nur  einen  tag  sich  hielt,  war  er  sogleich 
Ton  dir  erfüllt.    Götuf.  10,206; 
wo  aber  hielt  er  sich?    Schiller  670. 
auch  in  freierer  anwcndung:  dis  sind  die  obersten  unter  den 
helden  David,    die    sich    redlich   mit    im    hielten    in  seinem 
königreiche  bei  ganzem  Israel,  ichron.  12,10;    hält  sich  mit 
den    Carmelitern.    Göthe  6,201;    die    bemerkung,    dasz    die 
geistlichkeit   sich   so   lange  als  möglich  mit  dem  herrscher 
halten  mag.  24,  327; 

wo  Parteien  entstehen,  hält  jeder  sich  hüben  und  drüben. 

1 ,  402 ; 
durch  einander  gleiten  sie  her,  die  schüler  und  meisler, 
und  das  gewöhnliche  volk,  das  in  der  mitte  sich  hält.    407. 

in  Oslpreuszen  heiszl  sich  mit  einem  halten  in  unerlaubtem  ge- 
scbkchllichen  verkehr  mit  jemand  stehen.  Frischbier  sprichw.  1453. 
c)  sehr  häufig  ist  sich  halten  mit  bestimmendem  zusatze  ge- 
braucht, um  dauer  eines  zustandes,  verweilen  in  einer  bestimmten 
[lösition  zu  bezeichnen ;  zunächst  von  körperlicher  haltung :  der  mann 
liiilt  sich  gerade;  der  soldat  halt  sich  stramm;  dann  auch 
mehr  geistig :  wie  man  sich  dann  mit  solcher  angeschlagender 
pfendten  halten  soll,  weisih.  1,613;  fleiszend  euch  nun,  daj  ir 
euch  von  allen  menschen  scheidend,  seliklichen  ballend  und 
mü  got  in  ewrem  herczen  zu  allen  zeiten  umbgangcnd.  Sl'so 
briefe  s.  49  Preger ;  die  16te  eigenschaft  des  bügers  ist,  das 
er  sich  vernünftig  und  behutsainlich  halte  gegen  dem  wirte. 
Keisersberc  prerf.  44';  so  haltet  er  sich  als  ein  mnter  gegen 
iren  kind.  narrensch.  75';  damit  sich  aber  richter  und  ur- 
theiler  an  den  peinlichen  gerichten,  die  der  recht  nit  gelernt 
haben,  in  solchen  feilen  dester  rechtmesziger  zu  halten  « issen. 
Carolina  art.  138 ;  lieber  meister  Peter,  ich  gebs  euch  so  gut, 
als  ichs  habe,  und  wie  ich  selber  mich  mit  beten  halte. 
Luther  6,308';  wer  sich  also  helt  am  feiertag.  der  heiliget 
den  feiertag.  311";  wie  man  sich  christlich  halten  soll,  zeit- 
lich gut  zu  erwerben  und  zu  halten,  briefe  2,  595 ;  wie  seine 
kinder  sich  scbendlich  hielten.  1  Sam.  3,13;  indem  hielten 
sich  die  Hispanier  also  ungebürlich  mit  rauben,  Stelen.  Frank 
ivdlb.  223';  dasz  ich  mich  dermaszen  in  meiner  kindheit  er- 
zeigt und  gehalten.  Götz  v.  Beri..  6;  wie  und  was  ich  mich  die 
zvveen  tag  gehalten  hett  (im  kämpfe).  SO;  sich  zu  halten  in 
reiner  keuschlieit.  Bocc.  (1580)  1,86';  und  welcher  sich  gegen 
inen  mit  fluchen ,  wüten ,  toben ,  nur  tyrannisch  gnug  kan 
halten,  der  wird  vor  den  besten  geachtet.  Fro.nsperg  kriegsb. 
1,90*;  doch  hielten  sie  sich  hierinn  also  heimlich,  dasz 
keines  dem  anderen  sein  bulerische  anfechtung  entdecket. 
Amadis  47;  hierinn  hielt  sich  das  fräuwiein  listig  und  lieb- 
lich. 362;  und  sich  so  mannlich  hielt,  dasz  der  für  den 
be-jten  ritler  ■  gehalten  war.  412;  der  feind  hielt  sich  still. 
Sinipl.  1,304  Kurz;  wir  sollen  uns  gehalten  haben,  dasz  man 
liichts  böses  von  uns  argwähnen  können.  337;  der  sich  leut- 
selig gehallen.  Schuppius  23;  ich  habe  mich  zwar  nicht  ge- 
halten in  kindlichem  gehorsam ,  wie  sichs  gebühret  hätte. 
431;  haltet  euch  wul.  H.\ppei.  acad.  rem.  86;  ich  hielte  mich 
:iuch,  dasz  ich  nicht  viel  bücher  kaufte,  als  die  nur  lustig 
zu  lesen  waren,  gefl.  ßnken  16 ;  du  hast  dich  wacker  in  den 
schulen  gehalten.  Schiller  127;  Melina  befahl  sehr  strenge, 
sie  sollten  sich  nunmehr  ordentlich  halten.  Güthe  18,262; 
man  applaudirte  sich  wechselsweise,  man  hatte  sich  selten 
so  wohl  gehalten.  19,21;  die  fuhrleute,  die  sich  noch  wegen 
ihrer  pferde  am  hartnäckigsten  gehalten  hatten,  wurden 
niedergeworfen  und  gebunden.  19,40;  mit  der  mutier  und 
den  leulen  wuszte  er  sich  gut  zu  halten,  und  so  war  er  nach 
und  nach  ein  glied  der  familie  geworden.  19,278;  halte  dich 
brav,  bräunchen !  {zu  einem  pferde  gesagt).  Immermann  Miinchh. 
J,  133; 

da?  wir  wellen 

uns  halten  brüederliche.    Engelhart  RS5; 

wie  well  wir  uns  nun  halten 

in  diser  groszen  geschieht, 

die  so  schwärlich  wider  unsern  herren  ist? 

Uhland  voUist.  482; 

Woltrost  streich  gütlich  seinen  hart, 

und  bilt  sich  nach  der  weisen  art, 

sein  antwort  was  nit  gar  in  eil.     Scbvva8ie;<bbrc  157'; 

also  helt  sich  die  schnöde  weit, 

wann  einr  sich  freundtlich  lu  ihr  helt. 

E.   AlBBHl'S   144'; 


bericht  mich,  wie  hals  ein  gestalt, 
dasz  ir  euch  so  ganz  übel  halt. 

Gr.  Waoer  untrew  Biij'; 
ir  ist  gestolen  alles  gelt, 
darumb  sie  sich  so  übel  helt.    Cj"; 
seht  ihr,  wie  die  grosze  well 
sich  nach  art  der  kleinen  hält!    Fleming  45; 
so  komm  doch,  schöner  tag, 
dasz  ich  mich  gegen  ihn  recht  dankbar  halten  mag.    98; 
den  sieg  hat  er  bei  sich,  wenn  er  sich  tapfer  hält.     109; 
wer  andern  dient,  ist  hcrr,  so  fern  er  from  sich  hält. 
LOGAC   1,  77,  S; 
frau  Schnipsen  hatte  körn  im  stroh, 
und  hielt  sich  weidlich  lecker.    Borger-, 
SO  werd  auch  ich  ja  wohl  auf  meiner  hut 
mich  mit  dir  halten  müssen?    Lessing  2,  309; 
du  sagst  mir,  so  möchte 
meinetwegen  die  menge  sich  halten  im  leben  und  lesen, 
wie  sie  könnte.  Göthe  1,341; 

so  lerne  was  rechtes,  und  halte 
dich  gftnügsam,  und  nie  blicke  nach  oben  hinauf!    402; 
ich  hab  nun  zwanzig  jähr  mit  ehren  mich  gebalten.    7,  43; 

er   begann    sich    noch  mehr  als  früher  von  den  Zusammen- 
künften   der    schloszbewohner    fern    zu    halten.     Immebhann 
I    Münchh.  2.30;  hielte  man  sich  von  einseitigkeit  frei.  Göthe 
I    52,306;  sich  bereit  halten;  dann  schwitzten  wir  jungen  frei- 
lich   an    allen    fingern,    wenn    wir   bei  einem  gebüsch   oder 
i    gehölz    vorbeimarschirten    und  uns  verfaszt  halten   muszten. 
j    urme  mann  im  Tockenb.  141.     auch  unsinnlicher  sich  allgemein 
j    halten,   in   einer   rede,   einer   darlegnng ,    wenn    man  auf  ent- 
j    Wickelung  von  einzelverhdltni^'isen  nicht  angeht. 
\        d)  ältere   quellen   brauchen  halten  in  diesem  sinne  auch  ohin' 
sich:    schantlich  halten,    turpiter  se  gerere  Dasyp. ;    halten  s» 
'    enge,    reden    so    kleine,    als   wenn  sie  die  aller  ehrlichsten 
I    wären,  engl.  com.  1,  cc2';  desgleichen  (lese  man)  Curtiuin  von 
I    den  babilonischen  Weibspersonen,  wie  sie  in  gastereien  erst- 
lich fein  züchtig  gesessen  und  sehr  enge  gehalten,  hasenjand 
1629  5.  64;    die  Jungfern  {in  der  stadt)  tragen  ja  dinger  wie 
die  weiber.    nein ,    bei  uns  musz  eine  magd  wie  eine  magd 
halten,  inteiim  355; 

das  er  so  unbedächtig  helt, 

und  in  ein  grobes  lasier  feit.    B.  Ri.ngwald  /.  w.  216; 

wenn  er  seine  zeit  ersieht, 
so  helt  er  wie  ein  bösewicht.    377. 

e)  in  gleicher  weise  steht  sich  halten  von  gegenständen ,  die 
länger  in  einem  zustande  dauern:  im  winter  hält  sich  fleisch 
lange  frisch;  speisen,  die  im  keller  aufbewahrt  wurden, 
hielten  sich  lange  schmackhaft;  er  helt  sich  selbs  feucht. 
Agricola  spr.  (1560)  16';  lästs  (das  fleisch)  also  eine  Zeitlang 
im  salz  liegen,  hengt  es  hernach  in  den  rauch  auf,  so  hält 
es  sich  lang  gut  und  Wohlgeschmack.  Böcki.er  kriegsschule  978. 
Der  bestimmende  zusatz  wird ,  als  leicht  zu  ergänzen ,  vielfach 
unterdrückt,  wir  sagen:  das  weiter  hält  sich,  das  weiter  hält 
sich  noch  immer,  verstanden  in  guter  beschaffenheit ;  das  weiter 
halt  nicht  mehr  lange.  J.  Paul  unsicJitb.  löge  3.105;  halten 
ding,  die  sich  minder  als  der  welsch  wein  über  jar  halten 
lassen.  Gary,  isg"*;  {das  brot)  wird  hart  und  Wohlgeschmack 
und  hält  sich  2  jähr.  Böckler  kriegsschule  972;  hierbei  ist  aber 
auch  zu  wissen ,  dasz  dieser  wasserwein  sich  nicht  länger 
als  drei  wochen  aufs  längste  halten  wird.  977;  die  hole  war 
zimlich  proviantieret  mit  eiern ,  welche  sich  in  derselbigen 
,  übers  jähr  halten.  Sinipl.  2.  262  Kurz ;  das  sei  wie  geräuchert 
fleisch,  speck,  mettwüiste,  bering,  bickling  und  dergleichen, 
das  könne  sich  wol  über  sommer  halten,  und  entgehe  ihm 
nicht.  ScHCPPiüs  163.  die  gleiche  fügung  von  der  dauer  eines 
Verhältnisses: 

I  früh  oder  spat,  es  konnte  sich  nicht  halten, 

1  wir  muszten  brechen  (die  freundscliaft).    Götiib  9,  197. 

j        f)  so  wird  ferner  auch  sich  halten  verwandt ,   um  stand  und 

I    beschaffenheit  einer  suche  oder  angelegenheit  zu  bezeichnen  :    quid 

j   ergo?   wie    nun?   wie    helt  sichs  denn?    Air.  uu4',    die  ge- 

I   brechen,   so  sich  halten  zwischen  .  .  cleger  und  beclagten. 

I    Haltaus  787  (fon  1499) ;    weil  es  nicht  gewis  ist ,  wie  sichs 

I    mit  den  todten  hell,  si>  kan  man  den  spruch  nicht  wol  dahin 

■    deuten.  Llther  2,367";    on  zweivel  verstehet  irs.  das  sichs 

,    also    helt.    4,  377";    aber   so   helt  sich  diefse  sache.    s.  18l'; 

:    sage  mir  wider,  wie  sichs  helt.  i  Mos.  37,14;    mit  dem  goi 

lo-en  halt  es  sich  aber  nicht  also.   Acricola  sprichw.  (1560) 

152';    mein  .Mcodeine,    es    helt    sich    mit    diser  newen  und 

gei«' liehen    gehurt,   gleich    als   wenn    du   in  einem    starken 


283 


MALTEN 


HALTEN 


284 


winde  gehest.  Mathesius  Sar.  33';  denn  mit  Gijjo»  hell  sichs 
one  zueilVl  im  gründe  also:  Giges  ist  ein  iandsasz  oder 
edelman  in  Lidicn.  I6i';  die  vergleiciiung,  conformitet,  pro- 
porz  und  ziisamnienreimung  darinn  halt  sich  also  folgender 
maszen.  Garg.  127';  aber  die  sache  hell  sich  viel  änderst. 
W  türz  practica  d.  trundarzn.  (1612)  192 ; 

ich  musz  g-en  hören  wie  sichs  heh, 
dasz  sich  ineiii  weih  su  hiirniig  stell. 

Gii.  Wagiskr  uiilrt'iL'  liiiij'; 
das  ht  die  wei.sz  in  dieser  weit, 
liu  weist,  dasz  sichs  nicht  änderst  helt. 

E.  Albbrus  löS^,- 
(ilii  liübesl)  in  dem  grund  verstanden, 
wie  sich  das  singen  halt,  auf  pfeifen,  lanten,  geigen, 
und  vilein  bftimmzeug  mehr.  Rosipler  7«, 

venß.  rerlialten.  auch  hier  trill  {wie  bei  d)  die  ßgung  ohne 
sich  auf:  wie  hält  es  denn  mit  Liseltens  ausslaltung?  Les- 
stNC   1,287; 

doch  niemand  sorget  nicht  vor  das  heqiiemst»  mittel, 
wie  es  im  ehestand  um  das  vergnügen  hult. 

PlCAiSDEIl    ■!,  IMI!), 

allein,  wie  hfdt  es  nun  mit  unsers  feindcs  haut? 

Hagedorn  2,  .iO; 
wie  hälts?  wir  sind  wohl  von  der  spur?    Göckingk  3,  17. 

g)  die  redensatt  es  läszt  sich  noch  halten  mag  hier  ange- 
schlossen  werden ,  sif  deiilet  an ,  dasz  eine  von  andrer  seile  als 
tinqewölinlick  lien'ori,chobene  sache  immer  noch  als  in  normalem 
zustande  befindlich  angesehen  werden  kann:  mache  sie  sich 
immer  nicht  so  grosz.  ich  dächte,  es  liesze  sich  mit  ihrem 
verstände  noch  hallen.  Gellert  3,  190;  es  läszt  sich  mit 
meinen  jähren  noch  wohl  halten ,  und  meines  allers  wegen 
könnte  ich  noch  lange  lehen.  s.  211;  die  neugierde  der  bc- 
wuszten  person  ii;ich  dem  mannscript  hat  sich  halten  lassen. 
er  hat  nicht  eher  wieder  daran  gedacht,  als  bis  er  mich  vor 
einigen  tagen  wieder  zu  sehen  bekam.  Lessing  12,  2S2. 

h)  verharren  und  bleiben  bei  einem  oder  etwas  bezeichnet  eine 
dir  altern  spräche  gdäußgc  fügiing  von  sich  halten  viil  dem 
geniliv,  eine  fügung  die  nach  dem  vorbilde  der  verba  des  warlens, 
p/Jegens ,  gewohnens  gebraucht  wird  (gramm.  4,  657) :  mhd.  ej 
was  oiich  in  der  kraft  Daniel  begäbet  unde  hielt  sich  gotes, 
deutsche  mystiher  2,351;  nhd.  die  sich  nun  ihrer  weiber  hielten, 
theillen  sich  nach  der  gefenknis  von  disen.  Frank  «ceW».  lOi'-, 
sich  der  kiinigen  halten,  umb  seines  nutzes  willen,  regibus  tili 
Maaler  20!)' ;  an  vier  sachen  erkennet  man  einen  menschen, 
■)b  es  räthüch  sei  sich  seiner  zu  hallen,  oder  zu  entschkigen. 
Bltsciiky  l'almvs  157;  häufig  von  sachen,  lehren,  griindsätzen 
u.  niini,  wo  durch  die  fügung  das  unwandelbare  der  gesinnumj 
hervorgehoben  wird:  mhd.  si  (die  seele)  helt  sich  des  götltchen 
gesmackes.  d.  mystiher  2,342;  si  hallet  sich  liiich  der  gäbe, 
da  mite  got  sin  aller  liebesten  friunde  begäbet  hat.  412; 
nM.  wo  nicht,  halt  ich  mich  des  Spruchs,  man  mus  got 
mehr  gehorchen,  denn  den  menschen.  LiJTnER  l,lis';  wes 
sül  ich  mich  nu  hallen,  wenn  es  so  v\idernander  dringt? 
4,120*;  wes  sich  auch  die  prieslei'  mit  dem  canon  halten 
sollen,  wissen  sie  wol.  344';  halle  dich  nur  der  schrill.  43i>'; 
die  Prediger  und  pfairherr  sollen  sich  dieser  genanter  lere 
halten.  5,243';  die  andern  haben  sich  gehallen  und  halten 
sich  noch  des  Spruchs,  s,  129';  so  sind  sie  doch  für  im 
alle  gleich  sein  lieiie  geste,  so  sich  seines  worls  und  beleihs 
halten.  2U2';  und  ich  mich  desselben  pacts  so  steifgehalten. 
briefe  i,  237;  wesz  er  sich  halten  soll,  wenn  er  . .  die  kappen 
sdll  wieder  anlegen.  3,456;  müssen  wir  uns  des  sprüchworts 
iiallen.  5,  363 ;  diszcs  seind  anzöigungen ,  deren  sich  ein 
yegklichcr  chirurgicus  halten  soll.  Gersdorf  fcldb.  d.  wund- 
urznei  21 ;  bei  dem  g  ihnen  urteil  Ideiben  und  sich  drssel- 
bigen  hallen,  in  eo  qnod  jntlicdliim  est  sture  Wkm.er  2()9';  sicii 
der  kürze  hallen  und  flei^/cn,  brcvilalem  cnslodire  'joy';  der 
sich  ihrer  {der  götter)  gebotl  helt,  und  wo  kein  hofTimng 
mehr  bei  den  menschen  zu  erholen,  so  kommen  sie  zu  liülfT. 
buch  d.  liebe  217';  wir  hallen  uns  hie  der  scbrift,  welcher 
wir  s-ichcr  glauben  können.  Matiiesics  Sar,  is';  aber  die 
königin  . .  hat  des  Dunieli.<)  nicht  vetgessen  und  sich  seiner 
lere  auch  gehallen.  S4*;  sondern  sich  seines  prlldgirlen  ter- 
mins  und  zeit  zu  hallen.  Atber  proc.  2,9;  er  v\i!  «ich  das 
«uf  seinen  reisen  unter  den  halbkrislen  gesehene  uolleben 
nicht  Terableilen  lassen ,  bondern  hillt  sich  des  vulerlandes 
und  aposloli^chcn  glaubens.  Bi  tscuky  hd.  kanzellei  44 ; 

mein  frnnr,  bis  «lAit  in  triucn. 
halt  dich  desz  gleich  von  mit 


vveisz  nicht,  wes  niirli  hiulUrter  halten. 

It.  Waldis  Emi})  4,  3,  21  ; 
das  sich  das  reich  halt  eurs  bescheidts 
und  uemh  denselbn  zum  keiser  an. 

AvRKR  I2ti'  (636,  10  Keller). 

7)  von  dem  begriffe  des  ueilens  steigert  sich  halten  zu  der 
bedeiUung  aushallen,  ausharren,  wieder  in  mancher  weise. 

a)  absolut :  halten,  bei  eim  ding  beharren  und  dem  nach- 
kommen mit  allem  treüwen.  Maaler  209';  wer  mag  die  Iftiige 
{in  die  länge)  halten?  Luther  6rie/"e  2,  64 ;  fielen  zu  rück  und 
verachteten  alles,  wie  ire  veter,  und  hielten  nicht,  gleich 
wie  ein  loser  bogen,  ps.  7S,  57;  denn  es  .sind  viele  freunde, 
weil  sie  es  genieszen  können,  aber  in  der  noih  halten  sie 
nicht.  Sirach  6,8;  es  sind  auch  etliche  lischfreunde,  und 
halten  nicht  in  der  nolh.  6,10;  omachen  sie,  dasz  mir  das 
wolkenbild  halte,  und  ich  will  meine  glühenden  arme  darum 
schlagen.  Schiller  740;  alle  diese  phrasen  werden  ..  mit 
einem  langen  haltenden  ton  auf  der  vorletzten  .  .  sylbe  aus- 
gerufen. Götue  29,  273; 

desto  fester  sei  bei  der  allgorarinen  erschüttrung, 
Oorolhea,  der  bund;  wir  wollen  halten  und  dauern. 
GÖTIIB  40,  337; 
eine  milde  wärmende 
hallende  begeisterung.    Rückert  369. 

für  ein  beharrliches  bitten  und  drangen :  hab  ich  an  m.  Philippus 
gehallen  . .  die  schrifl  zu  lesen.  Lcther  briefe  2,  491 ;  vergl. 
anhalten  1,365.  sprichwörtlich:  er  hält,  wie  der  hase  bei  der 
trummel,  animus  in  pedes  decidil  Stieler  740;  hält  wie  ein 
zerbrochener  armbrust.  Schottel  1116'.  kleider,  tuch,  schuhe 
halten,  dauern  eine  benutzung  aus;  aber  auf  die  länge  kann 
dieses  mährchen  nicht  halten.  Güthe  14, 144;  ein  kranker  hält, 
bä  einer  schmerzhaften  Operation,  das  kind  hält  sagt  man,  wenn 
es  bei  etwas  unbequemen  die  geduld  nicht  verliert;  sie  hielt  wie 
ein  lamm.  Leipz.  avant.  1,121;  er  hallt  in  der  marter  stille, 
sine  motu  corpus  praebel  cruciatiii  Steinbacii  1,  673 ;  der  herr 
hat  den  staur,  einen  gefährlichen  slaar!  er  kömmt  nicht  aus 
meinen  bänden ,  bis  ich  ihm  denselben  gestochen  habe ! 
halte  der  herr  im  guten,  oder  ich  brauche  gewall  I  Habeneb 
sat.  2   (1761)   245. 

Vielgebraucht  ist  fest  halten,  wo  fest  adverb  in  der  bedeiUung 
beständig,  tapfer  ist  {vcrgl.  3.1561):  sein  knecht  hielten  vest, 
schlugen  sich  über  in  her.   Wilw.  v.  Schaumb.  73; 

hierumh,  lieber  kaiser,  halt  fast. 

LlLIENCRON  votlisl.  2,  58"; 

ähnlich  id  hart  halten ,  standhaft ,  dann  auch  hartnäckig  aus- 
harren: were  is  sache,  das  die  von  Helfenstein  hart  hiel- 
ten, und  woklen  dem  manne  ader  tier  personen  nil  ende 
geben,  so  stille  der  herre  vom  lande  ime  ende  geben,  weisth. 
1,601;  und  meint  Wilwoll  nil  änderst  den  das  dise,  damit 
er  sich  schlagen  must ,  ungerisch  waren ,  darumb  si  vasl 
hart  hielten.  Wilwoll  von  Schautnbiirg  ~,1;  die  gliedmas  seines 
tleischs  hangen  an  einander,  und  halten  hart  an  im,  das 
er  nicht  zerfallen  kann.  Hiub  41,  14;  sie  halten  so  hart 
an  dem  falschen  goltesdieiisl ,  das  sie  sich  nicht  wollen 
abwenden  lassen.  Jer.  8,  5.  in  unpersönlicher  fügiing  hat  sich 
bei  hart  hallen  ans  dem  begriffe  des  slnndlialtens,  der  ausdauer, 
der  des  hemninisses  ergeben:  nirgends  hielt  es  härter,  als  au 
obgemellen  glatten  ort.  Simpl.  1,  :>7  Kurz;  es  wird  hart  hallen, 
den  schiisz  herauszubringen.  Immermans  Nünchh.  1,151;  fui 
hart  hallen  wird  nachher  auch  schwer  hallen  gebraucht:  es 
würde  vielleicht  nicht  schwer  gehalten  haben,  die  wiikung 
seiner  natürlichen  Unbeständigkeit  um  etliche  wucheii  zu  be- 
schleunigen. WiELAMi  3,  5s;  wo  find  ich  einen  weisen  mann 
in  Indoslan?  es  wird  schwer  hallen,  gnädigslcr  herr.  S,4lu. 

/<)  auch  unjiersönlich :  ich  wills  überwinden  und  sie  heul 
nicht  sehen,  wenn  es  hält,  bis  abend.  Götiik  an  frau  von 
Stein  1,39. 

c)  mit  i'irtlich  heslinimeniieni  zusnlee:  «erden  sie  ..  im  ganzen 
aber  immer  auf  einem  hekeiiiilnisse  hallen.  Göthk  38.  9 ;  je 
illler  wir  werden ,  je  fester,  hart  nackiger  hallen  wir  auf 
unscrn  mcinungen,  iiiaxiinen,  gewohnhrilen.  Klinuer  ll,  245 ; 
denn  bis  auf  die  zeit  hielten  ir  noch  viel  an  dem  hause  Saul. 
]  c//ron.  i:i,  20;  halten  an  der  angeboten  hofTnung.  welche 
wir  haben  als  einen  sIcIrmu  und  festen  anker  unser  secle. 
//rbr.  6.  ts;  andre  haben  in  ihrem  Unglücke  das  glücke,  das 
ihre  freunde  bestiludig  au  ihnen  hallen.  IlLiscnnY  hd.  kan-.l. 
424;  sie  hall  mit  ihr  gröszieii  dciimth  an  den  ehrbaren  silten 
ihrer  vorfahien.  Geimmt  :t.  im  -o  unüin  «n  f.st  au  ein- 
ander halten.  Gönn 


2S5 


HALTE-N 


HALTEN 


286 


drum  haltet    lest  zusammen.    Scuiller  Teil  4,  2; 
(Amor)  der  seine  lieblinge  für  ernste  proben  spart; 
doch  dem  geprüften,  dessen  heldenglaube 
fest  an  ihm  hält,  ein  weibchen  guter  art 
zum  schönsten  erbtheil  aufbewahrt.    Götter  1,  253; 
haltet  fester  nur  am  echten.    Uhland  ged.  'Jl  ; 

die  von  Augsburg  halten  fast  übel  bei  gottes  wort  und  iien 

Predigern.    Spalatix  bei  Luther  5,35';    bei    ihm    ehrlich    und 

getreu  zu  halten.  Scuiller  351; 

wijl  dem,  der  bei  ihm  {Jesus)  hält! 

A.  Grtphics  1ü9S  2,  394. 

statt  des  dativs  wird  mit  der  praep.  der  acc.  der  richtung  ver- 
bunden: auf  seinen  vorsatz  halten  {von  ihm  nicht  abwachen). 
Klinger  9,  264,  der  wol  auch  in  folgendem  gefühlt  worden  ist, 
wo  auf  einander  halten  das  beharren  bei  gemeinsamen  interessen 
an  zagt :  nachdem  die  pauren  mit  dem  kalck,  den  sie  zu  der 
stat  füren,  sere  auf  einander  halten ,  und  eiiier  des  andern 
schont,  darmit  sie  denselben  iren  kalck  auf  das  höchst 
mochten  an  werden.  Tücher  baumeisterbuch  93. 

d)  transitiv,  etwas  aushalten :  was  wirt  Abraham  in  den  hun- 
dert jaren  Unglücks  unter  äugen  gestoszen  sein ,  das  sein 
herz  manchen  harten  puff  hat  müssen  halten.  Lltber  4,136'; 
dasz  er  oft  den  tod  geschrien ,  aber  umb  jeden  schrei  vier 
streich  mit  der  karbatsche  auf  die  waden  halten  muste.  Phil- 
ander (1650)  2,583;  ohne  zu  bemerken,  wie  wenig  sie  die 
probe  hält.  Wieland  14,325;  ich  bin  fleiszig,  was  nur  mein 
köpf  halten  will.  Göthe  29,279; 

und  welches  mädchen  hält  wohl  diese  feuerprobe?  7,51. 
so  in  mehreren  formelhaft  gewordenen  redensarten ,  wie  stich 
.halten,  mit  einem  wol  vom  turnier  hergenommenen  bilde,  da  der 
ritter  von  einem  speerstiche  nicht  aus  dem  saltel  gehoben  wird: 
das  sich  solche  nicht  gern  zur  disputation  geben,  noch  einem 
richtig  unter  äugen  gehen ,  als  die  den  stich  nicht  trawen 
zu  halten.  Ldther  4,449';  wer  sie  {die  heiligkeil)  gerecht,  so 
hielt  sie  den  stich.  4S7';  der  halben  das  buch  den  stich 
nicht  halten  würde,  so  es  sollt  von  den  Widersachern  ange- 
fochten w  erden,  briefe  2,  325 ; 

doch  möcht  er  meiner  notli  vergessen, 
den  honig  gar  alleine  fressen. 
denn  damit  hält  er  keinen  stich. 

frosclimeuselnr  I  2,  11,  Lij". 

ähnlich  ist  stand  halten:  ich  wollte  den  mann  zur  rede  setzen, 
aber  er  hielt  nicht  stand,  beharrte  nicht  auf  der  stelle  wo  er 
war,  sondern  zog  sich  zurück;  allitterier.end  verbunden  ist  stand 
und  stich  halten:  hilf  mir,  dasz  meine  Atalanta  endlich  stand 
und  stich  halte,  inlerim  131;  früher  sagte  man  auch  fusz  halten: 

nun,  du  wirst  dich  noch  besinnen, 
dasz  ich  bei  dir  ganz  und  gar 
fusz  zu  halten  wfllens  war. 

Opitz  pocmalo  (1625)  176; 
kehr  um  und  halte  fusz.    Fleming  623. 

Wer  recht  fleiszig  ist,  arbeitet  was  das  zeug  halten  will,  das 
knüpft  an  die  Iragfähigkeit  und  dauer  eines  viel  benutzten  getcebes 
oder  tuches  an.  von  wasserdichten  stiefeln  wird  gesagt  sie  halten 
das  wasser  oder  halten  wasser,  bewahren  im  wasser  die  cigen- 
schaß  der  undurchdringlichkeil:  diese  Stiefel  halten  wasser,  sie 
lassen  kein  wasser  iiinein ,  in  his  ocrcis  pedes  non  madeßunt 
Frisch  1,  403'  {verschieden  davon  ein  andres  wasser  halten, 
■'S.  no.S,b);  gute  schiffe  hallen  ebenso  die  see:  konten  die  see 
nicht  hallen.  Mascov  1,109;  in  dem  seetreffen  wurden  sieben 
schiffe  auszer  stand  gesetzt,  das  wasser  zu  halten.  Heilmanx 
Thucyd.   947. 

h)  halten  hat  sich  zu  der  bedeulung  anhalten ,  zurückhalten, 
hemmen  gewendet;  es  berührt  sich  hier  mehrfach  mit  no.  6. 

a)  in  absoluter  Stellung,  mit  dem  sinne  sich  zurückhallen, 
stocken,  säumen,  ist  es  wenig  gebraucht: 

als  dem  richtcr  schon  nah,  ihr  lührer,  ein  biramlischer  jiingling: 
folge  I  noch  einmal  der  seele  gebot,  und  sie  von  des  todes 
schrecken  nun  ganz  sich  ermannete,  hielt  sie  im  schweben. 
Klopstock  6,  31  (Messias  16,  445), 
eimge  verse  später  wird  dieselbe  Situation  durch  noch  säumte  der 
todle  bezeichnet;  wann  ich  nur  länger  gehalten  hätte,  so  wäre 
ich  noch  wol  höher  ankommen.  Simpl.  2, 19  Kurz,  es  war  ihm 
line  hauptntannsstelle  angeboten  und  er  hatte  ohne  überlegen  zu- 
geschlagen; der  alhem  hielt  an  ihrem  herzen.  Klisger  5,  297. 
In    bürsenberichten   heiszl   es   Verkäufer   hallen    noch    aus  dem 
iiMrkle,   säumen   mit  dem  verkauf  der  waare  bis  auf  günstigere 
hedingungen:  haupteigner  hallen  noch  aus  dem  markle.  Weser- 
zeilnng  1S50.  4S7(i. 


b)  transitiv,  einen,  etwas  zurückhalten:  quämen  bi^  zu  ime 
und  bilden  en  {dclinebant  illurii).  daj  her  nicht  schide  von  en. 
Behaims  evang.  buch,  Luc.  4.42 ;  (der  vogt  soll)  die  {zinsen)  halten 
so  lange  bisz  er  {der  abt)  gehorsam  wird,  wästh.  1,573;  in 
bezug  auf  Verbrecher,  gefangen  halten:  suUent  in  da  nemen  und 
in  da  halden  bis  an  das  neeste  geriechte.  weislh.  2,  2(i5 ;  dann 
in  manchen  andern  fü:]ungen :  das  wer  und  hicsz  den  namen 
Ot  einen  recht  geieret ,  der  in  verstendig  machet  der  zwo 
klaren  und  deutlichen  vereuderung  oder  theil  dises  worts. 
als  nemlich  dg  er  zum  ersten  hört  den  starken  buchstaben 
{das  0),  der  alle  rosz  hell.  V.  Ickelsamer  b7;  ein  schwerl 
hält  das  andere  in  der  scheide.  Pistorics //ies.  par.  7  wo.  63; 
er  hilf  ihn  im  zäume,  eum  continebat  in  officio  Steinbacu  1,674; 
um  die  feinde  Spaniens  in  furcht  und  zäume  zu  hallen,  span. 
Robinson  i  {l'3b)  1'.»'.);  nach  endigung  des  vorigen  ahenteuers 
liesz  sich  der  baron  nicht  länger  ballen,  sondern  brach  wirk- 
lich auf.  Münchtiausens  reisen  104;  hallen  sie  mich  nicht!  ich 
lasse  mich  nicht  halten  I  Güthe  14,  1S3 :  ich  danke  für  den 
antheil  an  meinem  befinden,  auch  darüber  bitt  ich  sich  zu 
beruhigen,  denn  wir  halten  durch  keine  sorge  einen  menschen 
unter  den  lebendigen.  Giitiie  bei  Scholl  181;  es  ist  tod  in  dem. 
was  du  lachend  sagst ;  wie  mag  das  aussehen ,  was  du  an 
dich  hältst?  Schiller  199;  er  ist  nicht  mehr  zu  halten  wird 
von  einem  menschen  gesagt,  der  von  einem  gefaszlen  entschlusse 
nicht  abzubringen  ist  oder  auch,  dessen  verderben  nicht  mehr  ge- 
hemmt werden  kann; 

unsre  iegliche  kan  iren  man  wol  hallen, 
wolt  ir  all  als  ich, 
so  merkent  eben  mich, 
wir  sein  starker  beiden  drei, 
und  vor  unsren  mannen  frei,    fastn.  s;).  490,  2S; 
der  angenehme  thon  der  trillenden  fonteinen, 
und  der  gesunde  klang,  der  in  den  kühlen  heinen 
sich  von  den  westen  regt,  und  ander  süszes  thun, 
das  hielte  meinen  sinn  und  hiesz  mich  länger  ruhn. 

Flehimg  52; 
doch  des  Weinens 
stimme  hielt  sie,  und  bald  auch  wieder  den  schnelleren  athem. 

Klopstock  5,  131  (.Messias  12,  4sl)-, 
den  hält  er  in  der  mitte  seines  laufes.    Scuiller  230; 
wohntet  ihr  dem  ritterspiel  nicht  bei? 
D.  mich  hielt  mein  amt.  415; 

fromme  nonnen  hält  der  strenge  zwang.    503; 
länger  hält  die  mutier  nicht  das  zürnen.     Göthe  1,  248; 
aber  die  armen,  sie  hält  strenge  des  orkus  gewalt.    1,  273; 
wenn  ihnen  eine  tust  im  busen  brennt, 
iiält  vom  verräther  sie  kein  heilig  band.    9,  22; 
■  um  deinetwillen  halt  ich  länger  nicht 
die  menge,  die  das  opfer  dringend  fordert.    9,  24; 
ich  trete  sacht,  ich  halle  puls  und  ödem.    13,  281. 

Die  ältere  spräche  brauchte  dieses  halten  in  der  bedeutung  zurück- 
hallen mit  vor  verbunden,  vergl.  enthalten  C,b,d  theil  3,553, 
vorhalten  und  vorenthalten:  darumbe  so  were  ej  wider  gotes 
güeti,  das  ^'^  *5ch  uns  vor  hielte,  deutsche  mystiker  2,479; 
wenne  her  gab  dem  vorgenanten  gotishus  einen  walt  widder 
den  sin  vatir  dem  gotishus  manche  zit  unde  vel  jar  vor  ge- 
haldin  hatte.  Ködiz  51,  31 ; 

wser  diu  stat  so  vesie 

da;  man  in  hielte  vor  diu  tor. 

Biierolf  u.  Dietleib  71S5  Jänicke; 
bi  hielten  im  vor  burc  und  ouch  marc. 

Hagens  lieldenb.  1,  268,  S6S. 

Das  in  derber  rede  oft  gehörte  das  maul ,  den  mund  halten 
mag  hiei  angeschlossen  werden ,  es  soll  vom  plaudern  zurück 
gehalten  werden,  sonst  heiszl  es  auch  das  maul  zuhalten :  schweig 
und  halt  das  maul  zu.  richter  18,19; 

schweig,  alte,  halt  dein  waschen  zu! 

H.  Sachs  3,  3,  7»; 

lieben  kinder,  lernet  das  maul  hallen,  denn  wer  es  halt, 
der  w  ird  sich  mit  worten  nicht  vergreifen.  Sir.  23,  7 ;  hörstu 
wol,  das  du  das  maul  haltest.  H.  J.  v.  Brad.nscbweig  344 ;  er 
aber  hiesz  mich  das  maul  hallen.  Simpl.  i,  335  Kurz;  hall 
dein  maul !  Lessing  1,  289.  Göthe  k,  7 ;  so  haltet  euer  maul ! 
14,282;  halts  maul!  Lenz  1,99. 

das  wasser  hallen,  urinam  inhibere  Frisch  I,  403",  verschieden 
von  dem  oben  7,  d  angeführten ;  nach  dem  kranken ,  der  das 
wasser  nicht  halten  kann,  sagt  man  witzig  auch  von  einem  Viel- 
schreiber, er  könne  die  linle  nicht  halten. 

Unpersönlich  lieiszt  es  es  hält  einen  nicht,  wenn  er  fort  slirhf : 
es  hielt  ihn  nicht  mehr  in  dem  orte,  wo  er  so  viel  ieid 
crfabrcn;  was  hall  uns,  dasz  wir  nicht  gehen? 


287 


HALTEN 


HALTEN 


28S 


c)  das  ztirückhallen  einer  ausbrechenden  ewpfindung  wird  dttrdi 
sich  halten  oder  an  sich  halten  gegeben:  Hipjiias,  der  sich 
nun  nicht  länger  hallen  konnte,  in  ein  lautes  gelächter  aus- 
zubiec4ien.  Wieland  l,  2s4;  wenn  ihm  einer  nur  das  geringste 
in  den  weg  legt,  kan  er  sich  nicht  halten,  miuinio  lacessitus 
aul  rcrbis  aut  verberibus  excedil.  Steinbach   1,674; 

parten  sich  zum  küssen  immer, 
hüten  ohne  sicti  sich  nimmer.    Logao  3,  100; 
Maria 
Magdale  hielt  sich  nicht  mehr.    Klopstock  4,  "7; 
Ailnm  sah  ihn  um!  hielt  sich  nicht  mehr,    mit  glühender  wange, 
mit  hinlliegendem  haar,  mit  offenen  hebenden  armen 
eilt  er  hervor.  111 ; 

und  die  seraphira  hielten  sich  nicht,  und  strömten  ihr  loblied 
hin  in  den  wonnausruT  des  aul'erstandnen  ^rerechten.    5,26; 
niemand  hielt  sich  alsdann,  »nid  laut  auf  lachten  die  mädchen. 

GöTHK  40,  255; 

halt  an  dich,  nit  Schlags  kind  hisz  dir  der  zorn  vergat. 
Keisebsberg  siben  schaiden  h6';  red  selten,  halt  an  dich,  das 
du  nil  zu  allen  zelten  redest,  pred.  130';  söliche  menschen 
halten  ewigklichen  an  sich  und  lugen,  wie  sie  für  sich  sparen 
und  zusammen  sanilen  mügen.  53";  ich  war  zeuge  von  scenen 
...  die  mich  so  empörten,  dasz  ich  nicht  an  mich  halten 
konnte.  Klinger  4,225;  Wilhelm,  der  wohl  merkte,  dasz  er 
langer  an  sich  zu  hallen  nicht  im  stände  sei.  Gothe  20,241; 
ich  konnte  mich  erholen ,  meinen  vorsatz  stärken  so  lang 
als  möglich  an  mich  zn  halten.  23,170;  wie  mich  aber  die 
ältere  bei  licht  besah,  brach  sie  in  ein  lautes  gelächter  aus: 
denn  sie  konnte  wenig  an  sich  halten.  26,11;  er  hielt  an 
sich  und  stand  endlich,  um  sich  zu  verspäten,  i.  Paul  Ilexp. 
I,  164. 

II.  Besonders  häufig  hat  sich  halten  in  transitiver  fügung  und 
in  der  mehr  oder  weniger  scharf  hcrvorlrclcnden  bcdeulung  fest 
lialten ,  längere  zeit  führen  oder  haben,  entwickelt,  es  ist  bereits 
unter  haben  (sp.  50)  darauf  aufmerksam  gemacht,  dasz  wie  oft 
beide  Wörter  hallen  und  haben  sich  begrifflich  berühren  und  eins 
für  das  andere  steht,  ihre  verwandtschaß  auch  äuszerlich  durch 
eine  enge  allillerierende  Verbindung  hervorgehoben  wird:  er  hielt 
und  het  auch  stets  oder  gewfendlich  vier  oder  fünf  fürsten 
an  seim  hof,  den  er  .  .  soid  gab.  Wilw.  v.  Schaumb.  17;  es 
gezimmet  sich  nicht,  das  ich  sie  zugleich  für  eine  ehfrau 
upd  auch  eine  bulerin  halte  und  habe.  Fisciiart  ehzuclitbüchl. 
440  Sciteible.  nur  ist  der  gebrauch  von  hallen  ««  diesem  sinne 
im  mhd.  zwar  vorhanden ,  aber  doch  viel  mehr  eingeschränkt  als 
im  Tthd.,  mekt  steht  haben  dafür ,  wie  noch  jetzt  oberdeutsche 
mundarten  das  letztere  gegen  das  erstere  bevorzugen.  —  halten 
bezeichnet 

1)  sinnliches  fest  halten:  die  multer  hält  das  kind;  der 
knabe  hält  ein  buch;  die  katze  hält  den  vogel;  fidcio  ich 
habs,  i.  halts,  dasz  nit  fall  Aluerus  p2;  do  ginc  her  in  und 
hilt  ire  band  {lenuü  manum  ejus).  Bchaims  evang.  buch,  Mallh. 
!J,  25;  und  si  suchten  en  zi"i  haldeiie  {quaerenles  cum  teuere). 
21, 46 ;  das  feber  halt  den  menschen ,  der  strick  den  vogel, 
der  angel  hallet  den  fisch,  also  golt  halt  den  reichen. 
KEisEr.sBEBC  narrensch.  108*;  der  strick  wird  seine  fersen 
halten.  Wio6  IS,  9;  ich  halt  in  und  wil  in  nicht  lassen,  hohel. 
3, 4 ;  hall  was  du  hast ,  das  niemand  deine  kröne  nemc. 
o//en6.  3, 11 ;  wie  man  sich  christlich  halten  soll,  zeitlich  gut 
zu  erwerben  und  lial'cn.  Llther  briefe  2,505;  halten  ihn, 
lialten  ihn,  man  wird  mich  wol  hallen.  Garg.  04';  wer  da  gibt, 
dem  gibt  gott  «ider.  und  wer  da  hell,  der  hat.  Mathesius 
Snr.  20* ;  d;  sie  (die  alten  hunde)  mit  iren  stumpfen  zänen 
die  hasen  nicht  mehr  halten  können.  Schiltbürgcr  1599  s.  20; 
ich  habe,  sagte  sie,  meinem  Philips  das  kleine  zu  halten 
gegeben.  Göthe  16, 19; 

da.«  manche  .'■prlclit:  Heinz  hör  doch  auf, 

ec  ich  dich  hui  dem  hör  rauf, 

und  halt  dich,  pisz  du  ausz  getobst. 

fasln,  tp.  385,  30 ; 
ain  plinder  haltet  wol  ain  liechi, 
das  mancher  dabei  recht  geRJccht. 

SciiWARZRNRKHU    133'; 

will  dich  faxücn, 

»ill  dich  halten.    Götk  1,  2.30;  1 

"[>t<T  hall  ich  hier,  e«  fehlt  mir  noch  die  kröne.  < 

12.  125;  ; 

mein  biisen  drAngt 
»i(li  nach  ihm  hin, 
o  dürft  ich  r.iiiiieu 
und  hnlicn  ihn!     12,  t7H-, 
halte  Hau  ilu  gloMbiil,  ja  ichmif 
fcanz  i\n\  vollen  hitnnirl  im.     .\«iiit  i/nl.  ( l*»40)  ii". 


auch  mit  nnlerdriicklcm  objecl,  halt  einmal  .voi;/  man  zu  einem, 
dem  man  änen  gegenständ  zu  halten  hingibt :  halt  fest  {ein  ding), 
lasz  nicht  fallen ;  vergl.  auch  haltcfest  für  den  Itäscher  sp.  274. 
.'sprichwörtlich  einem  den  dauincn  halten,  favere  alicui ,  juvare 
aliqucm,  vergl.  damiw  2,848.  däumchen  2,845.  ein  jluch  ist: 
der  teufel  soll  dir  das  licht  hallen :  ertapte  ich  noch  ein- 
mal so  ein  schindhund,  der  teufel  soll  ihm  das  liecht  hallen, 
ich  will  ihn  gewisz  wieder  ängsten,  das  herz  im  leib  sol  ihn 
knacken.  Schocu  stud.  leb.  I). 

Dem  vcrbum  treten  locale  beziehungen  zu:  in  der  band,  am 
kleide,  bei  dem  ärmel  halten;  sie  hielten  aber  die  fackeln 
in  iier  linken  band  und  die  posaunen  in  irer  rechten  band. 
richler  7,20;  da  sie  aber  zu  dem  man  gottes  auf  den  berg  kam, 
hielt  sie  in  bei  seinen  füszen.  2  kön.  4,  27 ;  in  seinen  benden 
helt ,  füret  und  bewaclü,  das  inen  kein  haar  vom  haupte 
fallen  kan.  Mathesius  Sar.  3';  da  er  sein  ..  müllerhäublein 
in  der  band  hielte  und  ..  reverenze  machte.  Sciiüppids  114; 
(der  tag)  halt  die  morgenröthe  ..  schon  um  1  uhr  nachts  in 
der  band.  J.  Paul  fiegelj.  1,  27  ; 

und  halt  ich  dich  in  den  armen 

auf  freien  bergeshöbn.    Uhland  gvd.  33; 

also  helt  si  in  stets  bei  ir,  und  liebt  in  so  herzlich,  dasz 
sie  ire  augeii  ab  im  nit  ersettigen  mögen.  Amadis  402;  halt 
in  gedächtnis  Jesum  Christum.  2  Tim.  2,8;  sy  halt  in  in 
meisterschaft ,  sy  handlet  rauch  mit  im,  habet  illum  arcle 
contenti'que.  Maaler  208';  sie  hielten  die  offnen  bände  empor. 
IIabener  sat.  2  (1761)  s.  248.  unsinnlicher  wird  gesagt  jemand 
beim  worte  .  beim  veisprechen  halten ,  das  gegebene  wort  ist 
das  band,  durch  das  einer  fest  gehalten  wird, 

Locale  beziehungen,  wenn  sie  durch  an  vermitteU  werden,  treten 
entweder  in  den  daliv:  der  mörtel  hält  einen  stein  am  an- 
dern; er  hielt  seine  band  an  der  lehne;  so  auch  wenn  sich 
das  vcrbum  reflexiv  fugt:  das  kind  hält  sich  an  der  multer; 
halten  sie  sich  an  ihrem  tröste,  dasz  sie  an  alle  dem  Un- 
glück nicht  schuld  sind.  Lessi.ng  12,320;  ich  halte  mich  an 
der  billigen  forderung.  Kant  2,48s;  er  hielt  sich  an  einem 
historischen  gange.  Göthe  32, 181 ;  bei  dieser  suche  glauben 
wir  . .  ganz  richtig  zu  verfahren,  dasz  wir  uns  erst  am  ge- 
wissesten halten.  51,  287;  lebe  recht  wohl  und  halte  dich 
auch  am  lleisze.  an  Knebel  204;  daher  hält  sich  die  juristi- 
sche beurtheilung  an  den  momenten,  welche  verhältnismaszig 
die  erkennbarsten  sind.  Trendelenbliic  nalurrecht  (l862)  .v.  112; 
—  oder  richtung  und  ziel  des  fa^lhullens  werden  durch  den  accu- 
sativ  hervorgehoben,  wobei  dann  zugleich  im  verbum  der  sitm  der 
dauer  etwas  zurücktritt  und  mehr  das  momentane  des  ergreifens 
sich  gellend  macht:  das  kind  hält  sich  an  die  mutier;  um 
nicht  ins  wasser  zu  fallen,  hielt  er  sich  an  das  geländer  der 
brücke.  Übertragen  sagt  einer  ich  halle  mich  an  das  fleisch, 
an  das  geniüse,  wenn  er  seine  e.szlusl  vorzugsweise  daran  befrie- 
digen will;  freilich  musz  ich  mich  an  deine  schafe  hallen, 
wenn  mich  hungert.  Lessing  1,160;  unsie  vorfahren  hielten 
sich  an  den  Unterricht,  den  sie  in  ihrer  jugeiul  empfangen ; 
wir  aber  müssen  jelzt  alle  fünf  jähre  umlernen.  Göthe  17,48; 
allen  ansprucli  auf  erüiidung  hatte  er  aufgegeben ;  er  hielt 
sich  an  seine  umrisse.  17,216;  ich  hielt  mich  tapfer  an  u:r 
arbeil.  23,103;  der  mann  der  durch  seine  thätigkeit  glück 
befördern  sollte,  hielt  sich  au  das  traurige  .  .  geschiifl,  Un- 
glück abzuwenden.  Klinger  7,227; 

ein  Junggeselle  kann  sich  nicht 

stets  an  den  liimniel  li.ilten.    1'icamdkr  2,  313; 

im  ganzen,  haltet  euch  nn  worte.    Göthr  12,  üS. 

auch  bei  rectitsansjtrüchen  ball  man  sich  an  einen,  der  für  befrie- 
digung  derselben  einstchen  musz:  wenn  der  voigt  den  köhr  zur 
rechten  zeit  gefodert,  und  nicht  ausgeben  würde,  sol  sich 
der  herr  an  die  guter  halten,  uristli,  .i,V>:\;  dasz  dieser  sich 
an  mich  halten  könne.  Kamt  5,111;  ich  halte  mich  in  ge- 
dankeii  ofi   an  sie.  Göthe  an  Auguste  Slulberg  61. 

Genau  uie  un   verhalten  sich  andere  praepositinnen  die  :;■■•'■•■■■'■ 
dativ   und  accusativ  regieren,    namenihch  auf.    hinler,    i 
über,  unter,  vor,  zwischen,  ruhifie  dauer  der  handlang  i  , 

den  daliv,  bewegung  derselben  nach  einer  richtung  hin  dm  aceu- 
i(Uiv.  danach  ist  untnschieden :  er  hielt  die  band  hinter  dem 
rücken  oder  hinter  den  rücken;  mau  hält  ein  kind  über  die 
Iniife  {all  palhe,  von  dem  halten  ülier  das  taufwasser),  auch  über 
der  laufe;  die  fiuu  hiill  den  schirm  vor  den  äugen;  in  der 
linken  hielt  sie  ein  feriiglas,  welches  nie  aber  nicht  brauchen 
konnte,  weil  sie  blind  war;  gleichwohl  merkte  uh.  dasz  sie 


289 


HALTEN 


HALTEN 


290 


es  für  ihr  gesiebt  hielt,  um  den  mangel  der  äugen  zu  ver- 
bergen. Rabener  sal.  2  (1761)  5.  243;  wie  um  das  mädchen 
zu  schützen  hielt  er  die  band  über  sie;  und  hellest  deine 
band  über  mir.  ps.  139,5;  wo  gott  nicht  band  ob  mir  ge- 
halten hätte.  Philakder  2,38;  über  ihr  halten  schirmende 
geister  die  bände.  Immermann  Münchh.  1, 215.  denselben  ge- 
dchtspunkten  unterfallen  adverbiale  fügungen,  wie  er  hält  den 
arm  unten,  und  er  hält  den  arm  herunter;  ich  mein  nrt  das 
man  gute  Übung  underwegen  lassen  soll ,  man  soll  sich  all 
zeit  üben,  man  sol  aber  nicht  darauf  bauwen,  noch  daruff 
sich  halten.   Taller  {Basel  1522)  33*.; 

der  die  ehre  oben  hält.    Abkdt  ged.  (1840)  s.  237. 
Die  lelzleren  beispiele  zeigen  zugleich,  wie  das  festhalten  in  die 
bedeutung  schirmen,  stützen  übergreiß,  die  letztere  tritt  auch  ander- 
ueil  hervor: 

so  kommen  wir,  so  brausen  wir, 

und  schwören  rothe  räche, 

und  gott  der  herr  ist  mit  uns  hier 

und  hält  die  rechte  sache. 

Ab«dt  ged.  (1S40)  s.  234; 

so  auch  in  der  redensarl  einem  den  rücken  halten : 

gott  geb  euch  auf  die  reis  gelück, 

und  halt  euch  euer  engel  rück.    H.  Sachs  2,  2,  252"; 

und  halte  nicht  dem  böseivicbt  den  rücken. 

KoHGEUL  innocentia  56. 

Sicht  mehr  verstanden  dem  Ursprünge  nach  ist  einem  die  slange 
halten,  ihn  schützen,  seine  partei  ergreifen,  es  geht  das  von  einer 
alten  form  des  Zweikampfes  aus,  in  welchem  der  kampfwärter  dem 
an  der  erde  liegenden  überwundenen  eine  stange  vorhält,  um 
weiterem  eindringen  auf  Hin  zu  wehren,  s.  Schm.  3,648:  ich 
habe  mich  weidlich  vor  einigen  wochen  über  das  dumme 
.\Itonaer  postpferd  geärgert,  welches  noch  immer  den  hage- 
dornischen lesarten  die  stange  halten  will.    Lessing  12,  51S; 

religion  ist  auch  parthei;  und  wer 
sich  drob  auch  noch  so  unpartheiisch  glaubt, 
hält,  ohn  es  selbst  zu  wissen,  doch  nur  seiner 
die  Stange.  2,  298. 

2)  der  vorigen  bedeutung  schlieszt  sich  ein  Spielerausdruck  an, 
etwas  halten  im  spiele,  von  dem  festhalten  eines  einsalzes  gegen 
einen  andern:  er  wolle  alles  halten,  wenn  er  nur  noch  ein 
äuge  mehr  hätte  (in  der  karte).  Wesesigk  spieisiefren  (1702)  s.  103; 

2.  Spieler,  die  würfel  her.  wer  hält  diesz  klümpchen?  Faust,  ich. 

Fr.  Möller  2,  83 ; 
daher  auch  das  spiel  halten: 

denn  einer  der  sin  sl.rtekeit 

an  ein  einig  vrouwen  leit, 

und  nit  lebt  denn  wie  diu  wil, 

der  haltet  ein  verlorn  spil.    tiedersaal  1,  213,  102; 

man  hat  dir  iez  ain  wal  aufgeben, 

der  bösen  karten  so  vi), 

nun  lug  bei  leib  und  auch  bei  leben 

und  halt  kain  böses  spil.    UBLAno  rolkst.  482; 

beim  hazardspiele  die  bank  halten: 

ich  habe  niedrig  nie  gespielt, 

seit  ich  das  spiel  begonnen, 

und  wo  dem  feind  die  bank  ich  hielt, 

da  habt  ihr  stets  gewonnen.    Ri;cKERT  208; 

eins  halten,  ein  spiel:  (drei  vagabunden  ..  würfeln),  komm 
doch  Crugantino,  halt  eins.  Güthe  57,166;  ferner  ich  halts 
beim  zu-  und  wetltrinken  Scbm.  2, 186. 

Von  diesem  spielerausdrucke  scheinen  zwei  Wendungen  in  die 
gemeine  spräche  eingang  gefunden  zu  hohen. 

a)  grosze  stücke  auf  einen,  auf  etwas  halten,  gewissermaszen 
als  einsatz,  in  der  sichern  hoffnung  zu  gewinnen,  das  stück  gebt 
auf  das  geldstück:  sie  können  sich  gar  nicht  vorstellen,  herr 
Selicour,  wie  grosze  stücke  mein  söhn  auf  sie  hält.  Schiller 
parasit  1,6;  die  andern  uhus  aber  hielten  grosze  stücke  auf 
den  raben.  Eichendorff  Lucanor  122;  auch  viel,  wenig,  nichts 
auf  einen  halten  {unlerscineden  von  viel,  wenig,  nichts  von 
einem  halten ,  vergi.  11,  g,  doch  ist  bei  der  groszen  ähnlicfikeit 
beider  fügungen  und  weil  der  Ursprung  der  hier  behandelten  redens- 
arl nicht  mehr  lebendig  gefühlt  wird,  Vermischung  eingetreten,  wovon 
ein  bezeichnendes  beispiel  am  Schlüsse  dieses  abschnittes,  vergl. 
ferner  das  auch  in  der  form  hier  anklingende  auf  etwas  halten 
oben  sp.  -lil) :  ich  wil!  viel  auf  dich  halten,  wenn  du  das  thust, 
hoc  praesta  et  mihi  magnus  eris  Apollo.  Stei.nbach  1,  674 ;  er  hältt 
viel  auf  die  bäder,  magnam  adscribit  virlutem  balneis  das.; 
F.  also  wird  sie  uns  wohl  nicht  zu  tische  behalten?  L.  ich 
zweifle  sehr  daran,  sie  hält  gar  nicht  viel  auf  das  essen. 
Gellert  3,147;  beide  hielten  viel  aufeinander.  Güthe  24,182; 
dasz  sie  ein  mädchen  sei,  die  etwas  auf  sich  halte.  18,71; 
IV.  II. 


auf  das  empfindsame  volk  hab  ich  nie  was  gehalten.    1,  402; 
unsere  nacbbarn,  die  Franken,  in  ihren  früheren  zelten, 
hielten  auf  höflichkeit  viel.  40,  318. 

In  der  fügung  grosze  stücke  von  einem  halten  hat  vermiscimng 
mit  11,5  stattgefunden:  ist  das  war.  seid  ihr  herr  Florettrip, 
davon  mein  herr  Aminla  so  grosze  stücke  hell?  engl.  com. 
2,  G7. 

b)  es  mit  jemand  halten ,  das  unbestimmte  object  soll  doch 
das  spiel  bezeiclinen,  das  mit  einem  gegen  einen  andern  gehalten 
wird:  lagen  ime  zwo  stet,  namblich  Linz  und  ßeinmagen 
bei  dem  Reinstramb  (ström),  die  es  mit  herzog  Ruebrechlen 
und  herzog  Kailn  hielten ,  im  weg.  UV/«',  v.  Schaumburg  21 ; 
hieltentz  mit  denen  von  Friburg  wider  die  von  Bern.  Elterli.n 
chron.  d.  eidgen.  (1507)  27';  die  es  nit  mit  uns  halten.  Garg. 
224";  derer  ist  mehr  als  zu  vil,  welche  meinen,  indehm  sie 
gott  in  ihren  sünden  duldet,  er  halte  es  gar  mit  ihnen. 
BcTSCHKY  Patmos  781;  wer  die  tochter  haben  will,  der  musz 
es  mit  der  mutter  halten.  Pistorius  thes.  paroem.  6  no.  53 ; 

wer  das  megdlein  haben  will,  der  balt  es  mit  der  mutter. 
amanles  amenles  D8; 
der   verdacht   hat  mich  ergriffen,    hält  sies  mit  ihm?    sage, 
hat   sie   sich  von  seinem  glänz  verblenden  lassen?   Klinger 
theater  3,188;    ich    halts  mit  herrn  Tomm.    Engel  philos.  für 
die  well  21; 

het  nuhn  der  bischoff  recht  gethan, 
das  evangeli  genomen  an, 

und  hets  mit  uns  gehalten.    Hildebra;«d  volksl.  189  (r.  1534) ; 
doch  ists  ein  alter  brauch, 

wers  mit  den  weibern  hält,  der  bat  die  männer  auch. 

GöTHE  13,  23; 
sonst  hielten  wirs  mit  der  nachbarin  . . 
mit  der  hat  er  uns  auch  entzweit.    60; 
ich  halt  es  mit  dem  schlichten  sinn, 
der  aus  dem  volke  spricht.    ÜHLAnii  ged.  90. 

3)  halten  kann  auch  ein  länger  dauerndes  fest  halten  aiu- 
drücken ,  es  Idszt  sich  dann  etwa  durch  behalten,  bewaltren  um- 
schreiben. 

a)  oder  wer  wil  erzalen  die  guttheten  die  uns  bewisen  hat 
sin  gotheit?  er  hat  uns  beschaffen,  er  regiert  uns,  er  ver- 
sieht uns,  er  halt  uns  in  wesen,  er  beschirmt  uns.  Keisers- 
BERG  bilg.  49";  die  steiukolen  . .  halten  fewer  wie  die  meiler- 
kolen.  Mathesics  Sar.  57* ;  nun  wüste  ich  wohl  i.  f.  g.  brauch, 
dasz  sie  nicht  lange  zorn  halten  konnten.  Schweimchen  1,125; 
dieser  jüngere  Endymion,  welcher  biszher  in  Thüringen  ein 
gnugsamb  groszen  acker  baute,  und  seines  geschlechts  würde 
mit  bäurischer  einfalt  gehalten  hatte.  Schcppios  734 ;  sie  sind 
um  einen  hauptmann  verlegen ,  vor  dem  alles  volk  respecl 
hält.  GöTHE  S,  139;  auch  ihm  wird  die  zeit  vergehn,  der  köpf 
schwindeln,  und  die  dinge  wie  zuvor  ihren  gang  halten.  S,  219; 

dasz  nun  auch  die  spräche  herrscht,  höchlich  gilt  und  lieb- 
lich schilt, 
dieses  macht  der  tbeure  held,  welchen  altes  Anhalt  hilt. 

LoGAD  3,  105,  18  (auf  ßrst  Ludwig  von  Anhalt, 
den  Stifter  der  fruchlbr.  geseltsckaft) ; 

ohne  leben  lebt  der  weit, 

wer  nicht  gut  gewissen  hält.    3,  211; 

wenn  nur  unwandelbar  dein  herz  mir  treue  hält. 
GoTTKB  2,  375; 

und  so  haltet,  liebe  söhne, 

einzig  euch  auf  eurem  stand.    Göthk  3,  294; 
die  Zither  ist  entzwei!  an  der  ist  nichts  zu  halten.    12,  194; 
lebe  wohl,  du  nimmst  mein  herz  mit, 
denke  drauf,  wie  dus  willst  halten.    Tikck  Octarian  2,  4.  act. 

Einige  hierher  gehörige  fügungen  sind  mehr  oder  weniger  formel- 
haß ,  so  das  feld  halten ,  zunächst  von  der  behauplung  des 
Schlachtfeldes:  die  noch  das  feld  hielten.  Mascov  2,108;  wie 
Hannibal  und  die  Römer  auf  dieser  wasserlosen  brennenden 
tläche  den  sommer  hindurch  das  feld  halten  konnten,  ist . . 
unbegreiflich.  Nieblhr  3,  227 ; 

ea  fehU  an  volk,  er  kann  das  feld  nicht  halten. 
Schiller  451"; 
die  färbe  halten ,  zunächst  von  der  echten  färbe  der  garne  und 
zeuge  gesagt,  dann  auch  auf  gesinnung  und  zusage  bezogen,  zahl- 
reiche beiipiele  stehen  3,  1323:  die  Vertraulichkeit  meines  ... 
manns  verursachte,  dasz  ich  ihm  gleichwol  färb  hielte  (treu 
blieb).  Simpl.  3,  35  Kurz;  Laquinde,  welche  auch  solche  ver- 
liebte neigungen  hegte,  die  ihrem  mann  im  geringsten  nicht 
färbe  hielten.  Salinde  101; 

herr  Hüoq,  als  er  sie  gar  ehrbar  aufgehoben, 
erwiedert  ihren  d.nnk  mit  aller  höflichkeit 
der  guten  alten  ritterzeit. 
die  zwar  so  fein,  wie  unsre,  nicht  gewoben, 
doch  desto  derber  war,  und  besser  färbe  hielt. 

WiELA>D  22,  11«  (06eron  3,  39); 

19 


291 


UALTEN 


HALTEN 


292 


\Nort  halten,  versprechen  *baUen ,  von  der  beuahrung  und 
scMieszlicJten  eifüUung  einet'  gegebenen  zusage,  manchmal  noch 
gam  sinnlich  aufgefaszt:  was  ich  promitlirt  habe,  wil  ich  mit 
beiden  bänden  halten.  Happei.  acad.  rom.  93;  meine  leser 
werden  mir  verzeihen,  dasz  ich  hierinnen  mein  versprechen 
halten  musz.  Rabener  sat.  2  (1T61)  s.  239; 

der  herr  hat  wori  an  uns  gehalten, 

wie  er  verlieiszeii  hat  den  alten,    trag.  Joh.  Hj; 

nun,  verrälherisch  halt  er  sein  wort.    Götub  1,  2*8; 

an  slelle  von  vrort  erscheint  ein  unbestimmteres  object: 

und  wenig  gehalten  und  vil  versprochen. 

fasln,  sp.  727,  6 ; 
o  ir  narrischen  bauren  grob, 
pralzgraQscben  sprechen:  ich  gelob I 
was  haben  si  euch  allen  gehalten? 

LiLiENCRON  volksl.  2,  504'; 
ja  was  man  redt  und  halten  thut, 
das  kompt  zu  gutem  gelten.    Ambr.  twderb.  46,  17; 
doch  bleibet,  Tantasieii !   bleibet,  träume! 
ihr  dünne  schatten  bleibt,  die  ewig  lügen, 
doch  mehr  uns  halten  als  das  dicke  leben! 

Arndt  ged.  (1S40)  225; 

ähnlich  dem  wort  hallen  sind  andere  fügungen:  das  er  seinen 
eid  hielte,  den  er  ewren  velern  geschworen  hat.  5  Mos.  7,8; 
die  ir  uns  nach  ewerm  zusagen  und  versprechen  trew  und 
glauben  zu  halten  und  zu  leisten  schuldig  und  verbunden. 
Schillbürger  1599  s.  18;  treu  und  glauben  halten.  Butscmky 
Patmos  195;  ein  ..  gerechtigkeit  liebendes  gemiit,  das  trew 
und  glauben  haltet.  Kirchhof  tvendunm.  vorrede;  so  doch  den 
Christen  geboten  ist,  auch  feinden  ..  glauben  zu  hallen. 
LcTHER  8,27*;  schütz,  friede  holten:  wann  einer  köstliche 
haushaltungen  hat,  vil  pankete  ansteUet,  auch  heilosen  lieder- 
lichen leuten  schuz  hält.  Butschry /irf.  ftawr/,  311 ;  die  wilden 
thier  auf  dem  lande  werden  fried  mit  dir  halten.  Hiob  5,  23; 
ruhe  halten:  schweig  und  ball  ruhe!;  dasz  er  ihn  gleich  zum 
hause  hinauswerfen  werde,  wenn  er  nicht  ruhe  halte.  E.  T.  A. 
HoFF.MAX.'»  10,265;  pflichl  halten: 

und  dj  ich  Woltrost  {dat.)  halt  mein  pflicht,| 
brait  ich  sein  leer  durch  disz  gedieht. 

SCUWARZKNBERG    159*; 

sübst  eine  aussage  halten :  (zeuge)  hell  auch  solches  bei 
seinem  eide.  Reuter  v.  Speir  kriegsordn.  50;  ferner  den  ton 
halten: 

nun  kommt,  ihr  habt  den  ton  gar  brav  gehalten. 
TiECK  2,  203 ; 

reinen  mund  halten :  ich  aber  antwortet  ihm  in  gleicher 
sprach:  und  du  bist  wohl  ein  schelm,  wann  du  die  geheimnus 
dieses  stücks  nicht  verschweigst  .  .  er  versprach,  reinen  mund 
zu  hallen.  Simjil.  3,217  Kurz;  ich  bin  auch  verschwiegen; 
ich  will  es  keinem  menschen  sagen;  ich  kann  so  gut  reinen 
mund  halten,  als  du.  Cronegk  1  (nes)  s.  35;  reine  hahd  halten: 
Clifford  war  ohne  viele  mittel,  man  rechnete  es  ihm  um  so 
höber  an,  dasz  er  in  den  geldgcschäflen  reine  band  hielt. 
Raxke  engl,  gesch.  4,  391 ;  endlich  auch  die  wage  halten ,  die 
Stange  hallen  {terscliieden  von  jenem  oben  l  .i/).  289  anqcjhhrlen), 
das  gleichgeu:icht  bewahren:  seine  lugenden  und  seine  fehler 
halten  einander  die  wage;  daher  kan  man  eines  mit  dem 
andern  also  vermengen,  dasz  so  sie  einander  die  wage  hallen. 
HOUBERG  1,  361'; 

so  ist  kein  mann  der  weit, 
der  diesem  ungethüm  von  kind  die  stange  hält. 

RücKKKT  Hohlem  (ls:j»)  43'. 

6)  zum   object   Irill   ein   bestimmender  znsalz:   einen  im  ge- 

wahrsam  halten; 

acb,  io  halt  man  mich  in  meiner  klause!    Götue  1,243; 

in  gehorsam  halten : 

dei  berren  gegenwerdigkeit 

bell  in  gehorsam  knecht  und  meid. 

Schillbürger  1599  «.  13; 

in  ehren  halten:  halt  seine  (gdtes)  priester  in  allen  ehren. 
Siraeh  7,  31 ;  weh,  die  verborgen  sein  wollen  für  dem  hcrrn, 
ir  furntmen  zu  vcrhelen ,  und  ir  thun  im  (Instern  halten. 
Jes.  29,15;  dasz  viel  Icule  mich  in  verdacht  geballen,  als 
bütte  ich  das  traclätlein  gemacht.  Scnuppius  Ol.'>;  etwas  im 
Stande  halten,  in  dem  zustande  bcuahren,  in  dem  et  sich  be- 
findet, er  ball  seine  wirtbschaft  im  stände,  in  gutem  stände; 
der  ziuaiz  ist  auch  aeggelassen :  an  dem  eingangc  eines  parks, 
den  prini  Chigi,  der  besitzen,  auf  eine  wunderliche  weise 
halt,  nicht  unterhalt;  —  hier  bildet  sich  eine  wahre  wildnis. 
(»r<TiiE  28,  6,  im  gegensatze  zu  dem  unterhalten,  uas  eine  pflege 


hervorhebt,  soll  hallen  hier  nur  das  bewahren  im  zustande  eines 
parkes  überhaupt  bezeichnen; 

die  ganze  Christenheit  auf  erden 

helt  in  einem  sinn  gar  eben.    Luther  8,  362*. 

Der  bestimmende  zusalz  ist  ein  adjectiv:  ich  sprichc  mc  das  ir 
gar  lüccel  und  wennig  ist  in  diesen  serclicben  gegenwertigen 
eilen  die  das  fule  stinkende  fas  .  .  also  sufer  und  also 
schenne  hallent,  das  das  fas  noch  der  eddelcn  seilen  wrde 
smackende.  Merswin  63;  so  an  dir  hängen,  so  um  dich  sein, 
so  in  dir  leben  —  dasz  doch  mein  ganzes  leben  von  dir 
abhängt?  dasz  ich  docb  so  nichts  für  mich  übrig  hielt? 
Klinger  thealer  4,142;  etwas  bereit  halten:  weil  sie  4  sauber 
meuhlirle  zimmer  jederzeit  bereit  hielte,  cavalier  im  Irrgarten 
(1738)33;  eine  Zeichnung,  einen  characler  zart  halten;  etwas 
geheim  halten;  hieltest  die  leichen  heimlich  in  deinem  hause. 
Tob.  12,12; 

so  halt  die  ding  noch  still  ein  zeit, 

bisz  ichs  dem  König  zeige  an. 

Atrer  43'  (230,  28  Keller) ; 

einen  gefangen  halten;  die  uns  gefangen  hielten,  ps.  137,3;  da 
hielt  in  Arsaces  gefcnglicb,  und  lies  in  bewaren.  lAfacc.  14, 3; 

wie  hält  sie  meinen  sinn  gefangen!    Uhlako  ged.  25; 

furmcl  hält  uns  nicht  gebunden, 

unsre  kunst  heiszt  poesie.    40; 

wie?  hielten  schwere  träume  mich  befangen?  131; 
er  hielt  meine  knie  .  . .  fest  umschlossen.  Rabener  sal.  1 
(1757)  s.  265;  slraszen,  das  haus,  zimmer,  den  kürper  rein 
hallen ;  ihr  pharisäer  haltet  die  becher  und  Schüssel  aus- 
wendig reinlich.  Luc.  11,39;  ich  will  nur  meine  thüre  rein 
ballen.  Lessing  8,198;  Götue  hat  mit  weglassung  des  objects: 

nicht  jedes  mädchen  hält  so  rein.    12,  138; 
gclränke  kühl,  kalt  halten;    einen  munter,  rüstig,  auf  den 
beinen  halten; 

schweisz  und  masz  in  deinem  thun,  und  die  gottcsfurcht  dabei, 
dich  zu  halten  lange  frisch,  sind  genugsam  diese  drei. 

LocAU  2,  156,  187; 
aber  die  nachte  hindurch  hält  Amor  mich  anders  beschäftigt. 

GÖTHE   1,  265; 

dann  glüht  ein  lämpchen  noch  auf  dem  verdeck, 
ein  docht,  vor  windesungestüm  verwahrt, 
und  hält  dem  Steuermann  die  nadel  hell. 

Uhland  ged.  121; 
da  hielt  ich  deine  lieder  aufgeschlagen.    127; 
die  eine  hielt  den  rechten  arm  erhoben, 
hindeutend  auf  gebirg  und  ström  und  aue; 
die  andre  hielt,  damit  sie  besser  schaue, 
die  linke  band  der  sonne  vorgeschoben.    135; 
vater,  mutter  schnarchen  leise 
in  dem  nahen  schlaTgemach, 
doch  wir  beide,  selig  schwatzend, 
halten  uns  einander  wach.    II.  liBi:«E  werke  1,  60. 

so  wird  das  verbum  auch  vom  festhalten  des  körpers  oder  einzelner 
körperlheile  in  einer  bestimmten  läge,  einem  zustande  gebraucht: 
stolze  leute  halten  den  köpf  hoch;  haltet  eure  äugen  offen; 
das  mädchen  hält  den  körper  schief;  die  obren  steif  halten, 
für  unverzagt  sein,  weil  das  tliicr ,  wenn  es  kleinmütig  ist,  die 
obren  hängen  Idszl :  aber  da  kommen  sie,  nun  ballet  die  obren 
steif.  Pkltz  Ihlberg  557;  das  war  wohl  gesprochen,  sich  den 
magen  warm  zu  halten.  .'^cHlLI.KR  rduber  2,3;  wollene  strümpfi- 
hallen  die  füszc  warm ;  bei  kleidungsstücken  wird  gewöhnlich 
auch  das  object  ausgelassen :  der  pelz  hält  warm. 

Formelhaft,  wie  schon  manches  der  vorhergehenden  beispiele,  üt 
einen  kurz  halten,  ein  bild  hergenommen  von  dem  kurz  fassen 
des  Zügels  beim  pferde  und  gewendet  auf  eine  pcrson  der  man 
wenig  freiheil  gestaltet:  halten  sie  ihn  kurz,  ich  bitte  sie. 
GOthe  21,110; 

so  treibt  sies  fort  mit  spiel  und  lachen, 

es  holTt  der  oft  bctrognc  ihor; 

doch  will  er  .«ich  ein  bischen  unnütz  machen, 

hält  sie  ihn  kurz  als  wie  zuvor.    2,94; 

ferner  einen  frei  hallen,  vor  der  rtrp flichtung  bewahren,  etwas 
verzehrtes  zu  bezalden:  habe  ich  dich  nicht  jenen  abend  nur 
noch  frei  gehalten?  Lessinc  1,414;  wo  ein  mann,  der  eine 
edle  that  getban,  gleich  auf  zeitlebens  in  allem  frei  gehalten 
würde.  Göthk  14,  S9;  dafür  steht  einen  zu  gaste  bSilen:  ja 
ich  hielt  bursch  von  andern  rcgimenlern  zu  gast.  Simpl. 
1,278  Kurz;  endlich  einen  schadlos  hallen,  damnum  praeslare 
Frisch  1,022';  mOgc  doch  das  gute,  das  ihnen  aus  unserm 
freundsrhafliirben  Verhältnis  entspringen  kann ,  sie  einiger- 
maszcn  schadlos  b^ilieii  für  die  leiden,  die  sie  in  der  zwischen* 
zeit  ausgestanden  haben.  Göriie  13,  9. 


293 


HALTEN 


HALTEN 


294 


Auch  adve)-biale  Verbindung  hol  slatl:  dasz  du  mir  ..  immer 
fein  selbst  nach  deinem  rappen  siehst ,  hab  ihn  dir  darum 
geschenkt,  dasz  du  ihn  auch  wohl  hältst.  Fr.  Miller  3,42; 
hier  ist  der  mantel,  er  hat  mich  wohl  gehalten.  Göthe  an 
frau  V.  Stein  l,  70. 

c)  so  kann  diesz  halten,  von  besilzlhum  jeder  art  gebraucht, 
den  sinn  zusammenhallen,  im  besitze  bewahren,  annehmen:  der 
treffliche  mann,  kraft  und  vermögen  haltend.  Göthe  21,97; 
und  das  tritt  vorzüglich  hervor,  trenn  das  verbum  in  der  formet 
zu  rathe  halten  gesetzt  ist:  ich  hielt  das  meinige  zu  rathe; 
wer  ihr  aber  vorwirft ,  dasz  sie  das  ihrige  nicht  zu  rathe 
hält,  der  begeht  keine  geringe  Verleumdung.  Gellert  3,148. 

4)  in  ähnlicher  •u-eise  wird  halten  t«  bezug  auf  eine  uaare 
gebraucht,  der  man  einen  getvissen  preis  bewahrt:  weizen  wurde 
zu  90  thaler  der  wispel  gehallen ,  in  börsenberichten ;  an  der 
Oberweser  hört  man  nicht  selten  klagen ,  dasz  das  körn 
keinen  preis  halten  wolle.  Moser  phantas.  (17"S)  1, 307 ;  in 
dem  märtyrerbuch  des  L.  Rabi  wird  erzehlet ,  dasz  einsten 
in  Niederlande  ein  bildschnitzer  ein  künstlich  marienbild  ver- 
fertigt habe,  den  ein  mönch  gefraget  wie  hoch  ers  hielte? 
als  nun  jener  das  bild  etwas  theuer  gehalten.  Ernst  gemfits- 
ergelzlichkeiten  (1697)  s.  557;  wie  hoch  haltet  ihr  ihn  {den 
Sklaven),  mein  freund?  Wieland  1,62;  hier  erblickte  er  die 
Statue  des  Jupiters,  und  fragte  den  künstler,  wie  theuer  er 
sie  halte?  Lessing  6,427  note;  die  gerügte  und  stuhle  sind 
früher  besetzt,  obgleich  die  platze  theurer  gehalten  werden. 
Göthe  29,270;  rappsamen  ab  Eider  .  .  wird  jetzt  2  thaler 
bco.  pr.  last  höher  gehalten.   Weserzeitung  1S59,  4872 ; 

Lucinde  (wer  sie  kennt),  hält  kuss  und  scherzen  theuer. 

PiCAKDER  2,  295 ; 
du  wirst  wohl  sehn,  wie  theuer  man  es  {ein  crucipj:)  halt. 

Lessing  1,  110. 

5)  gegen  einander  gehalten  werden  dinge  bei  rergleichungen 
oder  abwägungen ,  um  ihre  eigenschaflen  zu  beurlheilen:  wenn 
man  dieses  tuch  gegen  jenes  hält,  so  erscheint  das  letztere 
besser;  deine  gründe  gegen  meine  gehalten,  magst  du  wohl 
recht  haben ;  die  abgeschrift  oder  copey  gegen  dem  rächten 
original  halten,  conferre  descriplionem  cum  tabulis  .Maaler  209'; 
die  letzten  ding  gegen  den  ersten  hallen ,  conferre  noiissima 
primis  das.;  ein  exempel  oder  beispil  gegen  dem  anderen 
halten  und  vergleichen  wölches  das  besser  oder  das  böser 
seye,  exempla  aliorum  conferre  das.;  dasz  die  plagen  und  con- 
tributionen  sehr  schwer  gewesen,  wenn  man  solche  für  sich 
allein  betrachtet,  und  nicht  gegen  andere  zeiten  und  exempel 
gehalten  werden.  Schuppics  7S3;  so  man  zwei  widerwertige 
ding  inn  ihrer  art  und  specie,  als  gut  und  bösz,  tugend  und 
lasier,  warm  und  kalt,  schwarz  und  weisz,  lust  und  schmerz, 
freud  und  leid  und  andere  widerstrebende  sachen  zusamen 
halt  und  vergleicht.  Garg.  124*.  Dagegen  aus  einander  hält 
man  dinge  die  in  keine  gegenseitige  beziehung  treten  sollen. 

6)  halten  vom  steten  be-jbaclüen ,  innehalten  der  feste,  Satzungen, 
geböte,  brauche,  u.  ähnl. :  drei  mal  soll  ir  mir  fest  halten  im 
jar.  2  Mos.  23,14;  darumb  so  haltet  meinen  sabbath.  31,13; 
haltet  meine  feiertage.  3  Mos.  19,3;  meine  feire  haltet.  30; 
und  Mose  redet  mit  den  kindern  Israel,  das  sie  das  passah 
hielten.  4  Mos.  9,4;  die  hochzeit  ward  mit  groszem  könig- 
lichen pracht  gehallen,  l  Macc.  10, 58  ;  und  begeren  ,  das  ir 
itzt  wolt  die  kirchweihe  mit  uns  hallen.  2  Macc.  1,  9 ;  da  man 
DU  das  grosze  spiel  zu  Tyro  hielt.  4, 18 ;  ich  wil  bei  dir  die 
Ostern  halten.  Malth.  26, 18 ;  wie  die  engel  alle  unsere  feste 
mit  freuden  gehalten,  also  sollen  wir  auch  tuhn.  der  engel 
Gabriel  hielt  das  fest  der  Verkündigung  Maria.  Bctscbky 
Patmos  174 ;  Weihnachten  halten.  Ranke  engl,  gesch.  2,  538 ; 

ob  gleich  beruff  und  stand  pflegt  sabath-tag  zu  halten, 
soll  dennoch  stets  sein  amt  das  christenthum  venvalten : 
den  lästern  ist  geschafft  zu  hallen  feiertag: 
der  tugend  ist  vergunt  zu  würken,  wann  sie  mag. 

LoGAU  1,  207,  59; 
wir  wollen  eine  lustge  faslnacht  halten.    Scbillkr  391 ; 

gestern  ist  meine  freitagsgesellschaft  wieder  angegangen ;  ich 
werde  sie  aber  wohl  nur  alle  vierzehn  tage  halten,  Göthe  an 
Schiller  222;  dasz  ich  .  .  in  einer  tonne  wohne,  von  höhnen 
und  wurzeln  mahlzeit  halte.  Wieland  13, 13 ; 

dem  ritter  sag, 
dasz  er  mit  uns  das  nachtmal  halt. 

hisloria  Magelond  ipilweis  Biiij; 
geh  hin  und  bit  sie  überall, 
mit  uns  in  halten  da<  abentmal.    Cviij; 


gotl  sprach  zu  Abraham ,  so  halt  nu  meinen  bund.  1  Mos. 
17,9;  meine  Satzung  soll  ir  halten.  3  Mos.  18,4;  die  wege 
des  herrn  sind  eitel  gute  und  warheit,  denen  die  seinen  bund 
und  Zeugnis  halten,  ps.  25,10;  das  alle  ander  gesetz  aufge- 
haben .  und  allein  des  herrn  gehalten  sol  werden.  2  Macc. 
2,23;  denn  die  pharisäer  und  alle  jüden  essen  nicht,  sie 
waschen  denn  die  hende  manchmal,  halten  also  die  aufsetze 
der  elteslen  .  .  und  des  dings  ist  viel ,  das  sie  zu  halten 
haben  angenommen.  Marc.  7.3.4;  wer  meine  gebot  hat  und 
hell  sie,  der  ists  der  mich  liebet.  Joh.  14,  2i  wer  mich  liebet, 
der  wird  meine  wort  halten.  23;  was  eine  mutter  den  kin- 
dern heiszet.  wil  er  (der  herr)  gehallen  haben.  Sir.  3.3;  wir 
leszen  ettüche  ding  nit  das  wir  sie  halten,  sunder  das  wir 
sie  verwerfen.  Reccblin  augensp.  ll';  darum  verordnet  die 
kirch  das  man  die  bücher  ßuffini  und  Origenis  hallen  sol. 
12';  die  apostel  haben  verboten,  blut  und  ersticktes  zu  essen, 
das  hellet  man  itzund  nicht  mehr.  Lcther  6,377';  er  hielt  was 
die  gelerten  lehren.  Garg.  45';  des  landcs  Satzungen  hallen. 
GöcKiNCR  3,154;  demnach  unser  generalfeldzeugmeister  strenge 
kriegsdisciplin  zu  halten  pflegte.  Simpl.  l,  282  Kurz; 

mhd.  er  hielt  mit  vli^e  den  orden 

an  allej  widerfehten.    twölfjähr.  mönchlein  46; 
nhd.    ein  ieder  gierig  nach  seinem  wahn. 

und  hielt  verloren  sitten.    Llther  8,  364*; 

so  wollen  wir,  was  gott  gewollt, 

mit  rechten  treuen  halten.    Arndt  ged.  (1840)  194. 

am  königlichen  hof  in  Egypten  waren  viel  böse  brauch,  allein 
Joseph  hielte  sie  nicht.  Schcppics  s.  141 ;  die  . .  Perser  halten 
den  gebrauch  in  ihren  gottesdienslen.  pers.  rosenth.  2,  13, 
anm.  b; 

wie  die  kinder  sich  begehn,  also  hält  den  brauch 
Curttus  mit  seiner  fraw:  kinder  kratzen  auch. 

Lociu  3,  233,  81 ; 

für  den  brauch  halten  wird  vielfach  kurzweg  es  halten  gesetzt: 
als  ire  vorfahren  und  eitern  daz  also  gehalten  und  . . .  her- 
pracht  hellen,  weislh.  3,368  (von  1469);  nachdem  die  erben 
verzeichnet  sein,  ob  den  welche  weren,  die  nicht  gezeichnet, 
wie  maus  dan  halten  sol?  3,280  (von  1688);  so  wurde  es 
ehemals  gehalten,  hie  oltm  mos  fuU.  Frisch  1,403*;  wann  es 
ordentlich  im  hause  gehallen  wird.  Schuppics  27;  jedoch  wer 
es  auch  in  unserer  teutschen  (spräche)  halten  wil,  und  zier- 
lich fortbringen  kan ,  der  mag  es  thun.  Weckberlin  vorrede 
zu  den  ireltlichen  gedichten; 

wills  aber  einer  anders  halten, 

so  mag  er  nach  belieben  schalten.    Göthe  2,203; 

die  Werdens  alle  ganz  anders  halten.    3,294; 

auch  keinem  hats  den  schlaf  vertrieben, 

dasz  ich  am  morgen  weiter  geh, 

sie  konntens  halten  nach  belieben, 

von  einer  aber  thut  mirs  weh.    Uhland  ged.  60; 

nur  wenige  winke,  wie  es  mit  dem  hausgeschäfle  zu  halten 
sei.  Göthe  17,66;  hör  er,  auszenmensch !  sagte  der  ehr- 
liche nachtwächter,  ich  habe  einmal  wo  gelesen,  wie  es  seine 
alten  vorfahren  mit  leuten,  wie  er  einer  ist.  gehalten  haben. 
Klopstocr  12,  300.  —  Bei  handwerkcn  wurde  das  geschenk 
gehalten,  der  brauch  beobachtet,  durchziehende  gesellen  mit  einem 
geschenke  zu  verseilen:  köntest  doch  nur  jetz  das  allerverächt- 
lichste  handwerk,  das  sein  mag,  so  fändestu  gleichwol  meister, 
die  dich  des  handwerks  halber  aufnehmen,  und  dir  das  ge- 
schenk hielten,  wann  sie  dir  gleich  keine  arbeil  geben.  Simpl. 
3,153;  die  beiden  freunde  hielten  regelmäsziger  die  stunden, 
ja  die  minuten  der  Zusammenkünfte.  Göthe  17,68;  weil  er 
tag  und  stunde  halten  und  überall  richtig  eintrefifcn  müsse. 
23,  56 ;  der  lauf  des  himmels  hält  seine  bestimmte  ordent- 
liche Veränderungen.  BüTscHKY  Paini.  7;  takt.  masz,  Ordnung, 
richtung  halten;  halte  masz  in  allen  dingen;  ich  sich  nit 
das  man  ein  maasz  halle,  fieri  modum  non  video.  Maai.er  208'; 
abher  si  wellent  der  ciistenlicher  ordenunge  nüt  halten. 
.Merswin  56;  dasz  sie  die  schranke  halten  konnten.  Dahl- 
«ANN  politik  1,  22. 

7)  hallen,  etwas  fortdauernd  führen,  in  leitung  und  aufsieht 
haben;  so  haus  halten:  so  hielt  er  auch  sonst  auf  Diogenisch 
in  der  teschen  hausz.  Garg.bb*;  mit  halben  kosten  hell  man 
auch  haus.  Schottel  1124';  *■.  eure  weiber,  halten  die  gut 
haus?  Tr.  haus  halten  sie  wol,  das  unglück  ist  nur,  dasz  das 
haus  sie  nicht  halten  kann.  Prutz  Holberg  568 ;  haus  und  hof 
hallen.  Weckherlin  233,  s.  haushaltung,  hofhaltung;  recht 
halten :  man  sagt  ein  geiziger  iandvogt  halle  gar  schlimmes 
recht,  bärt.  frauem.  18 ;  buch  halten,  ein  kaufmännischer  aus- 

19* 


295 


HALTEN 


HALTEN 


296 


druck,  vgl.  buch  6,  thcil  2,  i&S :  o  wie  lierüch,  das  solche  reiclie 
herrn  als  Fuggar  und  Medicos,  nicht  allein  stattlich  buch 
halten ,  sonder  auch  herrliche  bücher  aufhalten ,  auch  die 
gelehrten  wul  vergelten.  Garg.  275*;  dazu  die  genuesische, 
llorenzischc  und  venedisch  buchhaltung.  190'; 

Eulenspiegcl  sich  geliigct  hat 

darnach  zur  Weser  in  ein  statt  .  .  . 

und  woll  auch  schier  buch  halten  Ichrn  (lernen), 

weil  sehr  viel  kaufleut  dahin  kehrn.    Euleinp.  216". 

neben  buch  halten  geht  register  hallen:  indem  ich  alle  morgen 
das  fleisch ,  so  eingckaufct  wurde ,  sehen  und  register  dar- 
über halten  wolle,  span.  P.obitison  3  (1730)  .<t.  125. 

8)  daher  auch  etwas  ausführen,  von  einer  handlung,  die  nicht 
im  momente  beschlossen  ist,  sondern  eine  längere  lhäliijl;eH  fordert : 
eine  rede  halten,  tcofür  es  im  millelaller  hies:  eine  rede  tunn, 
hin :  der  abgeordnete  N.  hielt  heute  im  rcichsfage  eine  zwei- 
stündige rede;  mit  groszen  herrn  soll  man  nit  lange  sprach 
hallen.  .Neaxopk  23;  solches  war  der  inhalt  des  gesprSche«, 
das  ich  mit  dem  Joseph  Navarro  hielt,  span.  Robinson  1  (I7:t5) 
290;  meineslu,  dasz  ich  dieserwegen  eine  vorrede  halte? 
t'vlsenb.  \.  vorrede ;  haben  sie  collegia  gehallen,  haben  andere 
dociref.  Schupimus  787;  ufT  wyhennachten  ein  sermon,  von 
dreyerley  geburlen ,  gezogen  uff  die  drey  messen ,  die  man 
uff  denselbigen  lag  hell.  T.kvler  (Basel  lh2^)  bl.l';  da  hielten 
sie  ein  seer  grosze  und  bittere  klage.  I  Mos.  50, 10;  vers  nach 
der  Lateiner  arl,  die  sie  hallen  in  metris  trocbaicis.  P.  Reb- 
Hiirji  klag  des  armen  manns  5;  nicht  unbequem,  ein  Verän- 
derung zu  hallen,  das.;  in  einer  schlacht,  die  er  mit  den 
Indianern  gehalten.  Simpl.  1, 147  Kurz;  ich  muste  der  zeit 
erwarten,  weil  man  mir  zu  gefallen  doch  keine  schlacht  ge- 
halten. 3,  41 ;  allwo  er  auch  erfuhr,  was  ich  vor  eine  schlacht 
«ehalten,  ehe  ich  zu  ihm  kam.  3,20;  in  der  schlacht,  die 
Antonius  mit  Auguslo  gehallen.  Bctschky  Palmos  26S;  nach- 
dem er  fünfzig  feldschlachlen  gehalten,  und  allezeit  victori- 
siret.  SciilppiijS  92;  hätte  er  nun  eine  feldschlacht  mit  ihm 
gehalten,  s.  107;  andachl  halten;  nach  gehaltenem  gebet. 
Fr.  Nicolai  im  leben  desseWen  vonGückingk  s.  13;  kirche,  schule 
hallen;  wache,  obacht  hallen;  ralh,  gericht  halten;  und  der 
könig  hielt  einen  ralh  mit  seinen  obersten.  2  chron.  30,2; 
und  sie  kamen  zusamen  mit  den  ehesten,  und  hielten  einen 
rat.  MaUh.  28,12; 

da  thronen  sie  beisammen  und  halten  eifrig  rath. 
UuLANU  ged.  'HA  ; 

wer  den  hoff  inne  hat,  sal  in  der  zeit  kein  gerichte  halten. 
weisth.  3,  526  (ton  1380);  ir  haltet  das  gericht  nicht  den 
menschen,  sondern  dem  herrn.  2  chron.  19,6;  in  der  allit- 
lerierenden  formet  geding  heegen  und  hallen,  weisth.  1,581;  die 
kammer  hat  eine  silzung  gehallen;  er  selbst  wollte  nach 
Schottland  sich  begeben,  um  das  parlament  zu  hallen.  Rankk 
engl,  gesch.  2,493;  daselbst  pflegten  sie  sich  allzeit  zu  ver- 
sammeln und  gemeinde  zu  halten.  Schiltbürger  1599  s.  26 ;  ab- 
recbnung  hallen.  Rabener  sat.  4  (17.') 7)  .v.  204;  ein  spiel  hallen, 
partei  halten;  das  frauenzimmer  hielt  Elbensfeins  parlhie 
gegen  die  caraliers.  cav.  im  trrj/arlcn  (173S)  s.  37 ;  können  sie 
wohl  glauben,  dasz  ich  ihre  partei  gegen  meine  Schwester 
habe  hallen  müssen?  Lessing  1,405; 

wollen  da  auf  ihrem  {der  geliebten)  scbosz 

tafel  halten.    Göckihck  lieder  zweier  lieb.  (1779)  25; 

musik  halten,  auch  ein  lied  hallen:  denn  es  ist  kein  nea 
lied,  das  er  hell,  es  haben  viel  irriger  leut  vor  auch  gehallen. 
FcK  6«  Luther  1,14S";   miltagsruhe  hallen;  rast  halten; 

dort  steigt  der  graf  vom  rosse,  dort  hfilt  er  gute  rast. 
UuLAKD  gcd.  358, 

9)  halten  geht  über  in  die  bedeulung  längere  zeit  führen  oder 
liaben,  es  berührt  sich  hier  mit  haben  sp.  59,  nur  dasz  bei  hallen 
die  fuhrung  det  eigenthums  zu  bestimmtem  zwecke  oder  bestimmter 
rnwendung  vorausgesetzt  wird,  die  Verbindungen  sind  hur,  wie 
bei  der  vorigen  bedeulung,  zahlreich:  der  kaufmnnn  hilll  von 
dieser  naare  stets  reichen  vurrat ,  er  h.'ill  ein  lager  von 
weinen;  wir  hallen  eine  zeitung;  es  wird  fortw.'ihrcnd  feuer 
auf  dem  herde  gehallen;  ein  sciiifl"  halten;  dasz  die  fOrger 
ein  schiff  halten  sollen,  weisth.  1,020;  ferner  sollen  die  fOrger 
einen  riarheu  halten,  der  nnbefchlosscn  ist.  das.;  halte  keine 
gemeinscbaft  mit  dem  untiichligen  pöbc!  ; '-  '  ■■tmg.  9,1«; 
wir  wollen  gute  freundscliafl  hallen; 

die  mit  um  hall':,  '      ju  um  r.n  im  %inyii. 

I.OOAU  I,  205,  4H, 


die  Spanier,  welche  ein  Simulation  mit  der  andern  vertreiben 
und  disz  böse  Sprichwort  halten:  sage  ein  lügen,  und  du 
wirst  die  warheit  ergründen.  Scmuppius  763;  bei  Luther  sogar 
kosten  halten,  wie  jetzt  kosten  haben  :  herr  George  zu  Sachsen, 
der  wie  einem  löblichen  christlichen  fürslen  geziemet,  die 
dispulnlion  zugelassen,  geordnet,  und  nicht  ein  wenig  kosten 
daroh  gehalten  hat.  l,  loo'.  formelhaft  ist  einen  zum  besten 
halten ,  als  spotlzicl  haben  und  brauchen  {vcrgl.  beste  3,  theil 
1,  1662),  einen  zum  narren  hallen. 

Steht  halten  liier  in  bezug  auf  lebende  wesen ,  so  trtU  die  be- 
deulung unterhalten,  ernähren,  besonders  deuilich  hervor:  o  wollt 
gott  dasz  du  .  .  von  einer  pfrund  oder  deinem  väterlichen 
erb  dich  halten  mochtist.  Luther  briefe  l,  509 ;  reiche  leute 
hallen  viel  dienerschafi;  dasz  man  dafür  gar  reichlich  drei 
bediente  in  livrei  hallen  könnte.  Rabener  sal.  3  (1757)  s,  20; 

bald  heist  es:  gieb  mir  geld  zum  spiel, 

bald:  halte  mir  noch  mehr  gesinde.    Picander  2,  285; 

hier  werden  gaste ,    kosigängcr  gehalten ;    dargegen  soll  der 

Orden    schuldig   sein    zu  hallen  einen  stier,    ein  hier  (eher), 

ein  wider,  ein  bannen,  und  ein  stettigs  fewr  uf  dem  hoeff. 

weisth.  1,611;  ein  kind  hallen,  es  ernähren,  aufziehen,  s.  halle- 

kind  sp.2H;  huren  hallen,  scorla  ducerc  Steinbach  1,672;  der 

mann  hält  sich  ein  reilpferd;  ein  pferd  auf  der  streu  halten, 

equiim  alere  Stieler  740;  daher  wieder  ein  Steckenpferd  halten : 

und  hält  er  [der  weise)  ja  ein  slcckenprcrd, 

so  ist  es  diesz  :  der  weit  zu  lachen.    IJöcsingk  1,26; 

auch  sagt  man,  hält  er  (.4po/io)  einen  schwan.    Borger  28V 

10)  hallen  für  enthalten,  in  sich  schlieszen:  ein  scheffel  hält 
16  melzen,  ein  eimer  60  quart;  dieser  band  hält  zweihun- 
dert blätter;  gekurnis  (silber),  des  die  mark  zwölf  lot  fein 
oder  darüber  hielt.  Nürnb.  polizeiordn.  ibl;  das  fasz  hält  zwei 
eimer,  istud  dolium  duas  amphoras  conlinet.  Stieler  739;  sie 
mögen  wol  ellich  thalmud  haben,  die  kainen  sundern  schmäh 
noch  kelzerei  hallen.  Reuchlin  verstentnus  13';  das  es  {das 
herz)  ernstlich  begere,  was  die  wort  halten.  Luther  1,239*; 
das    erste  capitlel  hält  in  sich  die  naraen  derer  persohneu. 

jwrs.  reisebeschr.  2, 1 ; 

ir  feindsbrief  hält  vil  päser  wort, 
und  trat  der  Unschuld  raib  und  mort. 

ScawARZSRBERG  153'; 
ein  comedi  .  . . 
die  hell  inn  ein  historia.    U.  Sachs  5,  213'; 
in  unsrem  land  ist  alles,  ja  auch  das  nichts  geschätzt, 
wir  sind  als  alcliymisteii  in  höhern  rühm  gesetzt; 
sie  machen  gold  ausz  kupfer,  wir  aber  geben  geld 
von  dem  was  gar  kein  wesen,  kaum  einen  namen  liält. 

LooAU  3,  176,  17; 
sagt,  ob  auch  die  natur  noch  ein  solch  Stiefkind  hält? 

Gdntuer  935. 

auch  mehr  äuszerlich ,  umfassen :  diese  dramaturgie  soll  ein 
kritisches  register  von  allen  aufzuführenden  stücken  halten. 
Lessing  7,3; 

(und  dasz)  mein  katalog  der  schönen  geister 

kaum  eine  viertelseite  halt.    Götter  1,  451. 

Dieses  halten  findet  sich  auch  absolut  gebraucht,  von  schrift 
und  rede ,  in  dem  sinne  uruseres  inhalt  haben ,  lauten :  meine 
regel  hell  also.  Luther  3,  469*;  so  mus  Lucas  te.xt  nach 
Ecolampads  meinung  also  halten.  3,496';  und  schrieb  einen 
brief,  der  hielt  also,  apost.  gesch.  23,25;  und  von  dem  datum 
eines  briefes:  euer  königlichen  wird  schreiben,  des  datum  hell 
zu  Grenwick  am  zwenzigsten  tag  des  februarii,  haben  wir 
empfangen.  Luther  2,  2is'. 

11)  hallen  gehl  endlich  auf  das  geistige  erfassen  und  festhalten, 
und  gibt  meinen,  beurtheilen,  schätzen,  in  mehrfacher  weise  wieder. 

a)  mit  einfachem  oliject  im  nccusativ:  aber  die  andern  spre- 
chen, es  sei  in  die  sIjiII  Dan  gesetzt  worden,  das  haltet 
auch  sanclus  Hieronimus.  Ihank  «r//6. 17t';  was  denn  ir  guti* 
nachbarn  hallen  und  gleuben  würden.  Luther  3,33;  E.  wo 
es  dazu  kommt ,  so  mögen  darnach  auch  du  und  ich  pfaff 
werden.  //.  das  halt  ich  auch.  Hütten  5,  2«b  Münch;  bei 
disera  ersten  opfer  . , ,  wollen  es  die  geleiten  halten,  habe 
der  sone  gotles  Adam  eiserne  schlachimesscr  gezeigrt.  Ma- 
THKSIÜ9  Sar.  7*;  es  sein  zwei,  welche  ein  christlicher  mann 
hallen  und  betrachten  soll,  wie  ncmlich  er  in  diesem  und 
im  zukünftigen  leben  wol  möge  leben.  Schuppius  762.  hierher 
auch  die  bis  heute  häufige  frage  was  hallst  du  davon  ?  was  hast 
du  für  eine  meinung  wm  der  suche  {verschieden  von  dem  viel, 
wenig  von  rineni  mirr  cuviv  IiiInmi  inii.n  ,A-  \v:is  IliIihi  ihr 
davon?  GOtiik  14,  IVI 


297 


HALTEN 


HALTEN 


298 


b)   das   object   ist   näher   bestimmt:    einen    solchen    unver- 
schempten   büsen  wurm  hette  ich  e.  cardinalische  heiligkeit 
nicht  gehalten.  Luther  1,361*;  unser  schwermgeisler  ..  wollen 
noch  grosze  lerer  gehalten  sein.  4,502';  gott  will  den  nicht 
unschuldig    halten ,    der    leichtfertig    und    falsch    schwere!. 
Mathesics  Sar.  20";   die  alten  haben  diese  art  zu  schreiben 
nicht   so    gar  geringe  gehalten.   A.  Gryphius  169S  1,2;   also 
wird   er  auch  nicht  kleinmütig  werden ,   wann  er  ärger  ge- 
halten und  für  boszhaltiger  ausgeschryen  wird,  als  er  in  der 
that  ist.   ScHDPPiLS  309 ;   dasz  Christus  seinen  glauben  vor- 
zöge und  gröszer  hielte  als  aller  pfaffen.  360;    dasz  gleiche 
begierden  und  gleiche  zuneigunge  nach  unterschied  der  zeiten 
und  Personen  jetzt  lugenden,  jetzt  aber  laster  gehalten  und 
geachtet  werden.  531;  bei  denen  so  die  tugend  gering  hallen. 
561;  jetzo  auch  werden  sie  {die  handverke)  von  vielen  schmäh- 
lich  gehalten.    737;    ein   lachen,   welches   er  zum  nachtheil 
seines   Zwerchfelles   länger  zurück  zu  halten  unnüthig  hielt. 
Wieland  1, 98 ;   die    spartanischen  Jungfrauen   scheuen   sich 
nicht,   in    einem   aufzuge   gesehen   zu  werden,   wodurch  in 
.\then   die  geringste  metze  sich  entehrt  hielte.  1,148;   auch 
hielt    sich  Hippias   sehr   überzeugt,   dasz   es   so  v»eit  nicht 
kommen  würde.  1,  t7S  ;  diejenigen  unter  seinen  getreuen,  die 
er  dieser  belohnung  würdig  hielt.  8, 14 ;  Nurmahal  hielt  sich 
. . .  ihres    sieges   über   die    schwärmerische  leidenschaft  des 
Sultans  gewisz.  8,  449 ;  o  ihr  menschen,  die  ihr  euch  so  klein 
haltet ,   haltet   euch   von   der   andern    seile   nicht  so  grosz. 
Klopstock  11, 109 ;    denn    die   ganze  Stadt  des  siegers  hielte 
sich   heil   widerfahren.  Winkelma.n.n  4,16;    der  gnädige  herr 
hielt  euch  todt.  Schiller  131;  die  wir  eben  so  unveränderlich 
hielten,   als   das  haus  und  die  Stadt  selbst.    Götbe  18,104; 
liebte  sie  mit  den  knaben  die  kleider  zu  wechseln ,  ...  ob 
es  gleich  von  ihren  pflegeitern  höchst  unanständig  und  unzu- 
lässig gehalten  wurde.  20,273;  da  hielten  die  niedern  agenten 
der   rohen   gewalt   ihre  zeit  gekommen.   Sybel  geschickte  der 
revolutioiiszeil  2,  248 ; 

hält  sich  doch  nicht  geringer, 

als  der,  so  viel  gesehn.    P.  Flehisg  134; 

der  sich  entfreit  von  angst  und  ketten  hält. 

A.  Crtphius  1698  1,  51 ; 
nur  meuscheo, 
die,  den  unsterblichen  nachzuahmen,  thiere  wie  er  sind, 
hält  er  schätzbar.      Klopstock  3,  193  {Messias  4,612); 
ach,  er  hielt  es  nicht  raub,  gott  gleichen! 

5,  114  (Hess.  12,  157); 
nach  den  stunden,  der  erde  nestimmt,  ist  am  abend  die  stunde, 
welche  richtet,  gekommen-,  ihr  hieltet  wabn  sie;  sie  aber 
ist  gekommen.  6,  128  (Mess.  18,  416); 

kennst  du  ihn  denn?  ich  hab  ihn  todt  gehalten.    9,  31; 

ich  weisz,  dasz  ich  ein  trunkener  schien, 
und  so  hielten  mich  auch  die  gesellen,  schonten  den  kranken. 

GöTHB  1,  3U0; 
die  geschichtlichen  symbole  — 
tbörig,  wer  sie  wichtig  hält.    4,  379; 
doch  hielt  ichs  besser,  wenn  er  strenge  wäre.    8,209, 
du  hältst  unmöglich,  was  dir  mühe  kostet.    9,  66; 
erst  gegen  sie,  die  ich  so  heilig  hielt.    9,  8t ; 
unsittlich  wie  du  bist,  hältst  du  dich  gut.    9,  157; 
ob  alle  deine  diener  diese  that 
so  unbedeutend  halten,  zweifl'  ich  fast.    9,  163; 
du  hältst  es  recht!    9,  165; 

ich  halte  recht,  was  er  behauptet. 

Shakesp.  Heinrich  VI.,  I,  2,  4; 
ein  frei  gemüth, 
das  ehrlich  jeden  halt.    Othello  1,  3. 

c)  der  beslimmende  zusatz  tcird  durch  für  {vgL  4,  628 — 630), 
vur,  als  vermittelt:  Plato  ist  hiebevor  auf  allen  schulen  und 
Universitäten  für  den  weisesten  mann  gehalten  worden,  und 
wird  noch  von  vielen  philosophicis  vor  einen  weisen  poli- 
ticum  gehalten.  Scbl'ppius  6;  so  würden  sie  ihn  nicht  für 
ihren  freund  halten,  s.  7;  der  reiche  hielte  dem  weisen  solche 
bitte  sehr  für  übel.  pers.  rosenih.  3, 13 ;  die  welileute  sind  in 
der  that  nicht  zu  verdenken,  wenn  sie  uns  andre  für  ein 
wenig  mondsüchtig  halten.  Wieland  1,99;  so  halt  ich  mich 
von  zeit  zu  zeit  für  den  prinzenhofmeister.  J.  Paul  palingen. 
62;  er  genosz  was  die  alten  künige,  vornehmlich  jener 
Saloino,  als  die  freude  des  lebens  hielten.  Stifteb  5/i((//>;»  4,13; 
ein  andrer  musz  sich  schmiegen, 
den  er  für  schlechter  hält.    Flk.*i!4g  134; 

,{iebt  die  verblichne  frau  auf  unser  winseln  acht? 

ich  halt  es  nicht  davor.    Ch«.  UnTPaii's  poet.  teälder  2,  221 ; 

-ie  hält  e«  ihr  vor  eine  gute, 

wenn  ihr  i.'inaiid  ein  maulgen  giebt.     Picandek  2,  280; 


aus  eines  bischofs  schätz  verlor  ich  ein  smaragd, 
in  dem  ein  helles  grün  mit  reinen  färben  spielte, 
deu,  wegen  strahlenreicher  pracht, 
ein  jeder,  der  ihn  sah,  für  unvergUichlich  hielte. 
Hagsdor?!  2,  43; 
du,  der  schlagendes  leben  für  seele.  sie  erbin  des  grahs  hielt. 
Klopstock  6,  128  (Hess.  18,  422). 
statt  dessen  steht  ungewöhnlich  der  genitic:  ich  würde  es  meiner 
Obliegenheit   halten ,   durch    die   that   zu   zeigen ,   auch  das 
Sprichwort:   weise   leute   sind  starke  leute,   sei  ein  wahres 
wort.  Klopstock  12,  263. 

d)  es  folgt  ein  abhängiger  satz,  mit  oder  ohne  dasz  eingeleitet : 
sonderlich  die  eins  angefangen  lebens  sind,  die  wollen  nun 
nicht  halten,  das  sie  Sünder  sind.  Lcther  1,32';  ist  auch 
nicht  zu  hallen,  dasz  Habel  gott  gefallen  habe  des  opfers 
halben.  4,33';  widemmb  halten  sie  {die  Türken),  das  kein 
erger  volk  sei  denn  die  Christen.  484";  ich  halt,  das  noch, 
viel  leute  zu  Magdeburg  leben,  die  es  auch  gesehen  haben. 
6,10';  aber  ich  halte  es  nicht,  das  der  keiser  des  bapsts 
halben  ein  krieg  anfahen  solle,  tischred.  6';  es  halten  et- 
lich,  das  solche  bildtnus  der  buchstaben  anfenglich  nit  on 
geferde  gemacht  sein  worden.  V.  Ickelsamer  s  1 ;  halte  ich 
doch,  dasz  eure  rüstungen  zum  theile  im  teich  liegen. 
ScBWEiNiCHEx  1,  3G0 ;  ich  halle,  dasz  der  mann  seine  fordere 
Zähne  verloren  hat.  pers.  baumg.~,30;  o  gott!  ich  habe  noch 
nicht  lange  gelebet,  iedoch  halle  ich,  das  ich  alle  die  zeit 
meines  lebens,  die  ich  nicht  zu  deinem  dienste  angewendet, 
zu  vil  gelebet  habe.  Bctschky  Patm.  191;  ich  halle  wohl  dasz 
mancher  meinen  wird.  Chr.  Weise  erzn.,  vorrede.  In  der  Ver- 
bindung dafür  halten,  die  die  heutige  spräche  gern  anwendet :  bei 
einer  gegend.  welche  vor  zeiten  darfür  gehalten  worden,  dasz 
sie  dem  paradeis  gleichete.  Schcppics  723;  ich  halte  dafür, 
dasz  der  der  nöthig  zu  haben  glaubt,  vom  so  genannt«n 
pöbel  sich  zu  entfernen,  um  den  respect  zu  erhalten,  eben 
so  tadelhaft  ist  als  ein  feiger.  Göthe  16, 11 ; 
so  halt  ihrs  freilich  selbs  dafür, 
dasz  mir  das  ander  theil  gebür.  E.  .'Vlbibcs  25"; 
und  haltest  du  on  allen  spott, 

das  unser  glaiben  ist  von  gott.  Schwarzfnbibc  154', 
denn  ich  der  viel  gesehen,  bin  selbs  auch  einer  gewest,  hall 
wol,  ir  sollen  noch  viel  im  bapslum  sein.  Lctheb  S,  235' ;  die 
Essener  hielten,  nach  dem  tod  wer  ein  seligs  land.  Reiszxer 
Jerus.  2,  6S';  aber  Pirkeymerus  hell,  es  sei  on  zweifei  die 
.Mosel.  Frank  weüb.  26*;  etliche  meister  hallen,  die  lindine 
kohlen  seien  die  besten,  so  halten  etliche,  häszlin  kohlen 
seien  die  besten.  Fronsp.  kriegfb.  2,212';  ich  halt,  wer  ein 
rechter  christ  sein  will ,  der  ist  verpflichtet ,  dem  herrn 
Christo  zu  folgen.  Creidics  2,377;  ich  halt,  es  schmeckt  dir 
gut.  ScBOcH  stud.  leb.  E  ij ; 

man  helt,  es  sei  ein  solcher  man 

so  seltzam  als  ein  schwarzer  schwan.    E.  Albercs  29'; 

man  helt,  sie  bett  uns  geben  nicht 

ihre  beste  kleinot  umb  sunst.     .\trer  462'  (2321,  27  Keller). 

e)  es  folgt  acc.  c.  inf :  und  das  halt  ich  auch  wahr  sein. 
LtJTHER  6r.  1,  313;  die  philosophi  oder  weltweisen  halten  das 
spitzfindige  disputiren  höher  und  besser  sein,  als  erbar, 
weiszlich  leben.  Schcppids  534; 

das  halten  sie  für  unwahr  sein.    P.  Gerhard  26,  27; 

ich  halte  es  auch  viel  zuträglicher  zu  sein  den  unterthanen, 
ihrer  Obrigkeiten  gehcisz  und  befehl  zu  gehorsamen.  Schüppiüs 
415;  das  lieblichste  und  lauterste  wasser  hält  man  das  zu 
sein,  was  über  viel  kieselsleine  und  schroffen  sand  rieselt 
und  rauschet.  Scmser  seelensch.  2,  lio;  ich  halle  unnöthig  zu 
sein,  dasz  ich  hierbei  mich  länger  aufhalte.  2, 121. 

f)  andere  ßgungen:  kommen  nicht  die  Römer  von  geraubten 
mütern,  die  Gölten  (wie  Jornandes  helt)  von  aufhockem? 
Garg.  29*;  was  machen  sie  denn  nun?  was  thun  sie  denn, 
wenn  sie  wollen  staudenten  werden?  ich  halte,  nichts.  Schoce 
stud.  leb.  D;  dasz  wer  glauben  wolle,  dasz  der  weit  kräfte 
abnehmen,  dafür  hallen  müste,  als  wenn  die  göttliche  gewalt 
selbst  aufhörele.  Schuppids  776;  es  sind,  halte  ich,  keine 
Völker,  die  mehr  als  die  Perser  an  bunten  färben  sich  be- 
lustigen, pers.  rosenih.  7,20  s.  91  anm.c;  dasz  die  arme  tröpfin 
in  den  schönen  herrn  verschossen  ist,  das  ist,  halt  ich,  ein 
Unglück  und  keine  sünde.  Gotter  schausp.  (1795)  246; 

schaw,  sagt  er,  diesen  platz  hab  ich  schon  eingenommen, 
so  nah,  halt  ich,  wird  mir  wol  leichilich  keiner  kommen. 

D.  V.  D.  Werdkr  Ariost  5,  35,  2. 
veryl.  unter  der  parlih'l  hall  oben  sp.  273. 


299 


HALTEN 


HALTEN  — HALTER 


300 


g)  halten  uendet  sich  in  intensiver  weise  zu  der  bcdeulung 
schälzen,  achten:  er  wolle  meine  worte  eben  nicht  halten,  als 
wann  es  oracula  delphica  weren.   Schüppios  3G8 ; 

Jas  ihr  die  ehr  mehr  dan  das  gelt, 
die  Zucht  mehr  dan  ein  Idcinot  haltet. 

Wkckherlin  340; 

dasz  tugend  und  laster  mehr  noch  weiter  nichts  geltelen, 
als  nur  so  weil  und  ferne  sie  von  dem  gemeinen  manne 
gehalten  und  aestimirel  würden.  Schüppiüs  554;  diejenige 
Studenten,  welche  sich  nach  ihren  vorgeschriebenen  regeln 
verhalten,  sind  hoch  zu  halten.  IIafpel  acad.  roin.  10;  ich 
halte  sie  hoch,  aber  ich  habe  noch  keine  lust  zu  heirathen. 
Geilert  3,185;  dasz  er  euer  andenken  su  werlh  hält.  Göthe 
14,64; 

wems  herze  schlägt  in  treuer  brüst, 
und  ist  sich  reiti,  wie  icli  bewuszt, 
der  halt  mich  wohl  am  höchsten.    1,  190; 
und  der  vernünTtigste  mann  ist  wie  ein  andrer  gehalten. 

40,  287 ; 

hier  steht  auch  intransitives  halten,  mit  dem  sinne  eine  {gute) 
meinung  haben:  so  gar  hoch  helt  gott  von  dem  edeln.  Luther 
8,102'; 

das  sind  die  weisen  in  der  weit, 
kein  frommer  aber  von  in  helt.    E.  Alberus  IKt; 
von  zeichen  helt  sie  nichts:  vom  wesen  hält  sie  hoch: 
ist  vieirach  eine  Traw,  und  geht  im  kränze  doch. 

LOGAD  I,  140,  4. 

dann  nichts,  viel,  wenig  von  jemand  halten:  über  dise  ge- 
ringe sach  klagt  einmal  ..  eins  kaufmans  knecht  von  Leipzig, 
der  sagt  er  hielt  nichts  von  dir.  Ickelsamer  klag  etlicher  brlhhr 
(1525)  a4'; 

der  hier  begraben  liegt  (ein  koch],  der  hielt  sehr  viel  vom  essen. 

LoGAU  1,  7; 
sich  selbst  verachten,  ist  der  thoren  eigenthum. 
wer  von  sich  selbst  nichts  hält,  hat  niemals  was  erjagt. 

A.  Grtphics  1698  1,  6CS; 

weil  man  vom  nehmen  mehr,  als  wie  vom  eeben  hält. 

PiCANDER    2,  200. 

In:  etwas  einem  zu  gute,  zu  gnaden  halten  tritt  der  het/riff 
aclUen,  rechnen  hervor:  haltet  mir  meine  lange  schrift  zu  gut. 
Luther  5,140";  aber  gott  kan  denen  so  busze  Ihun  und  inn 
sich  selber  schlagen  ..  viel  zu  gut  halten.  Matiie.«iüs  Sar.  83'; 
halte  mir  meine  freimiithigkeit  zu  gut.  Wieland  8,252;  mit 
schmälen  und  predigen,  halfen  sie  mirs  zur  gnade,  macht 
man  euch  herren  nicht  frömmer.  Rabener  satiren  3  (1757)  38; 
halten  sie  mir  diesen  scherz  zur  gnade.  39 ;  das  war  nur  so 
meine  meinung,  herr  —  halten  zu  gnaden.  Schiller  liabule 
u.  liebe  2,  6 ; 

haltet  mirs  zu  gnaden.    Lichtwer  fnb.  2  no.  8; 
ich  sah  in  seine  äugen  —  halte  mir 
den  rückrall  in  die  Sterblichkeit  zu  gut. 

Schiller  Carlos  5,  10. 

IIL  Das  parlicip  der  Vergangenheit  gehalten  hat  sich  neben  den 
fällen,  ICO  es  in  den  bisher  angeführten  bedeutungen  des  rerbums 
gebräuchlich  ist,  auch  zu  einer  selbständigen,  adjcclivischcn  beden- 
tung  losgelöst,  die  sich  zunächst  an  1, 8  anschlicszl,  und  etwa  mit 
maszvoU,  gemessen,  zu  unuschräben  ist.  dieselbe  ist  erst  der 
neuern  spräche  eigen,  vnd  heute  vielfach  gebraucht :  je  gehallner 
und  gemeszner  sein  ganzes  wesen  ist.  Göthe  19,152;  und 
wer  un  ein  gehaltenes  kunstwerk  gewöhnt  ist ,  sieht  sich 
zuletzt  ungern  ins  gränzenlose  getrieben.  26,196;  als  einen 
mann  von  gehaltncm  Charakter,  der  auf  sich  selbst  vertraut. 
37,10;  eine  so  undurchdringliche,  so  gehaltene  Verstellung. 
ScHiiLER  1071;  schon  .\risloteles  bemerkt,  dasz  der  charaktcr 
nicht  gehalten  ist.  A.W.Schlegel  5,164; 

was  du  siehst,  versetzte  darauf  der  gehaltene  jßngliiig, 
das  ist  unsere  wobnung.  Göthe  40,  319; 

und  schaute  des  miidchens 
stillen  verdrusz  und  gehaltenen  schmerz  und  thrSnen  im  augc. 

40,  327. 

/usammemetzungen  des  verbums  sind  laldreich,  mit  untrenn- 
baren Partikeln  nur  behalten,  enthalten,  erhalten,  unterhallen, 
verhallen,  frfilur  auch  gehalten;  mit  trennbaren  abhalten,  an- 
halten, aufhalten,  ausiialten,  durchhalten,  cinhallrn,  hinler- 
ballen,  mithalten,  nachhalten,  niederhalten,  übcrhalten,  uui- 
ballen,  unlerballen,  vorhalten,  zuhalten,  zutammenrückungen 
mtt  adrerbien  finden  ebenso  häufig  statt,  wenn  sie  auch  besser 
versdimahl  biteben,  man  schreibt  aufrecbthalten ,  beisammen - 
ballen,  bevurhallen,  darhatten,  emporhalten,  entgegenhallen. 


fiuihalten,  herhallen,  herabhaltcn,  heraufhalten,  beraushalten, 
hereinhallen,  hcrvurhalteu ,  herunterhalten,  hinhalten,  inne- 
halten, weiterhalten,  zurückhalten,  zusammenhalten  u.  a. , 
aucli  für  haus  hallen,  liuf  halten  (II,  7)  ist  mit  zusammen- 
rtickung  haushalten,  hofhalten  ge^chncben  worden,  s.  d.  dojfeltc 
Partikel,  wovon  die  erstere  trennbar,  die  zweite  untrennbar,  haben 
aufbehalten,  ausbehalten,  beibehalten,  einbehnlten,  nachbe- 
halten, vorbehalten,  vorenthalten,  aberhalten,  zuerhalten. 

HALTEN,  n.  der  substantivisch  gebrauchte  infinüiv  des  vorigen, 
in  allen  bedeutungen,  die  dem  vcrbum  zukommen;  so  in  der  be- 
deutung  sich  verhallen,  sich  benehmen  (1,6,  c):  desgleichen  seines 
haldens  halben  stattliche  caution  und  burgschaft  angenomen. 
Lanz  Karl  V.,  428.488;  in  der  bedeulung  zurückhallen  (1,8): 

ist  aber  ja  kein  halten  mehr, 

so  segle  mit  geneigten  winden.    Göntder  281; 

in  der  bedeulung  halten,  bewahren  (II,  ;t):  freigebigkeil  ist  eine 
tugend  die  dem  manne  ziemt,  und  fest  halten  ist  die  tugend 
eines  weibes.  Göthe  15,286;  nac't  wort  halten  sp.  291:  schon 
die  Weisheit  auf  der  gasse  sagt  geloben  will  ein  halten  haben, 
die  geistlichen  werden  doch  nicht  den  andern  spruch  dieser 
Weisheit  bestätigen  wollen :  versprechen  ist  eins  und  halten 
ein  anderes?  ev.  kirchenzeilung  1S66  s.  741. 

HALTEPL.\TZ,  m.  platz  wo  ein  fuhrwerk  anhält:  die  Polizei- 
behörde hat  die  halteplätze  (</«•  omnibus)  allmählich  immer 
weiter  von  der  mitte  der  stadt  hin  ausgerückt,  garienlaube 
1869   S.  55'. 

HALTEPUNKT,  HALTPüNKT,  m.  punkt  der  zum  anhält  und 
zur  stütze  dient:  zunächst  besasz  es  (l'reu.izen)  Erfurt,  einen 
sehr  wichtigen  haltepunct.  Göthe  31,  247 ;  in  abgezogenem 
sinne:  in  der  kraft  des  lebendig  machenden  wortes  den 
wahren  haltpunkl  und  träger  der  völkergesammtheit  erkennen, 
welcher  von  dem  Jahrhundert  der  begriffsweisheit  im  gleich- 
gewichte  der  massen  gesucht  worden  war.  Becker  wellgesch. 
14,398.  dann  auch  punkt  wo  angehalten,  still  gehalten  wird, 
namentlich  mit  dem  eisenbahnzuge :  Kosen,  ein  hallepunkt  der 
düringischen  eisenbahn. 

HALTEK,  m.  custos,  servator,  delentor. 

ahd.  hallari  im  geistlichen  sinne,  saivator,  salutaris  (Gbaff 
4,907),  mild,  haltaere  wb.  1,623';  im  nhd.  erscheint  neben  der 
unumgelaulclen  auch  die  umgelautele  form  hälter.  diese  letztere 
form  hat  sich  einer  besondern  eingeschränkten  bedeulung  zuge- 
wendet, die  im  folgenden  artikel  abgehandelt  wird:  sie  hat  den 
sinn  eines  ycfäszcs  oder  ortes  wo  etwas  aufbewahrt  wird,  ange- 
nommen (x.  behälter),  namentlich  wird  der  außewahrungsort  von 
fischen  damit  bezeichnet,  aber  die  formelle  Scheidung  dieser  form 
hälter  von  halter  ist  nicht  all  und  noch  bis  anfang  des  vorigen 
jcdirh.  niclit  vollständig  durchgedrungen ;  toie  häller  neben  haller 
die  bewahrende,  aufsieht  habende  person  heiszl  {unten  4,  s.  haus- 
hälter tieften  haushalter),  so  steht  noch  bei  Hohberg  l,  140"  in 
fischbaltern,  wofür  es  nach  heutigem  sprachgebrauclie  nur  -hältern 
heiszen  könnte,  vergl.  ferner  kalter  5,  89  aus  gehalter,  behält- 
nis,  fisclilcaslen. 

halter  hat,  nach  seinem  verbum  halten,  verschiedene  bedeu- 
tungen, die  sowol  auf  personen,  als  auf  gerate  gehen. 

1)  hirt,  hüter,  so  bair.  halter,  viechhaller  Schj«.  2,187;  in 
Kärnthen  haltar  hirle,  haltarpue  hirtenknabe  Lexer  132 ;  so  aber 
in  einer  pfarrmcnig  kain  halter  zu  dem  viech  wer,  da  wurd 
jederman  laufen  und  schreien.  Scdmelzl  verl.  söhn  3'; 

llnrpago  schafTi  man  das  er  nnm 

das  kind  (Cijrus),  solt  es  eim  halter  gebn.    Saul  8'; 

die  andern  hnlicn  durch  die  nasen 

gnaurt,  und  wie  die  haltar  blasen.    BtuvAUKit  werke  1,93. 

2)  halter,  derjenige  der  zu  einem  hält,  anhänger:  derwegen 
wir  densclbigen  Martinus  und  alle  seine  anhengigc,  halter 
und  günstige  aus  ganzem  herzen  erinnern,  ermancn  und  in 
gott  bitten.  Luther  1,  2üü'. 

3)  halter  ist  nach  halt  sp.  271  und  halten  sp.  277  der  im 
hall  liegende,  auflaurer,  sjtälicr.  Frisch  aus  Schmter   I,  404'. 

4)  dann  auch  der  fest  haltende,  in  gefvalirsam  hallende:  also 
das  der  imgeber  {verbrechcri.^che)  mensche  alda  gehallen  sal 
werden  drij  tage  und  sechs  würben ,  und  sal  der  helder 
solchen  ungcber  menschen  ye  zu  vierziehen  tagen  an  das 
gerichl  zu  Heltheim  bringen.  icm/Är.  2,  207 ;  bcldcre  der  diebe. 
s.  205. 

5)  der  bei  etwas  beharrende,  etwas  au.iführende  (halten  x/j.  290): 
zugesagten  frieden»  (mverbrüchlirhe  balter  (udrrn  rfie  Rumer). 
Kirch  Hor  wen  dun  m    35</; 


301  HALTER— HALTIG 

merk  all  gewält  di  sen  von  gott: 

dem  haller  seiner  hailigen  pot, 

als  man  lint  vil  der  früraen  thon  {thun), 

den  wirt  gemert  die  ewig  cron.    Schwarzenberg  134*. 

6)  in  einer  reihe  von  Zusammensetzungen  hat  halten  nach  halten 
sp.  294  den  hegnff  eines  die  leitung  und  aufsieht  einer  sache 
habenden:  so  in  gasthalter,  gerichtshalter,  haushalter,  hof- 
halter, posthalter,  Statthalter,  in  Stammhalter  dagegen  be- 
zächnet  es  den,  der  zusammenhält,  stülzt  {sp.  293). 

7)  halter  ist  endlich  ein  gegenständ,  der  zum  festhallen  eines 
andern  dient;  so  im  allgemeinsten  sinne:  durch  diese  totale 
reform  . .  erhielt  zuerst  das  einheitsbaad  . .  einen  ganz  an- 
dern träger  und  halter.  Fichte  grundzüge  der  gegenw.  zeit  433. 
es  gibt  halter  für  die  Stahlfedern,  s.  federhalter,  für  gardinen, 
einen  halter  am  tcinkelhaken  der  Schriftsetzer,  der  instrumenten- 
macher  braucht  einen  halter  um  die  feinen  gerate  der  Wundärzte 
zu  schlafen  Jacobssox  2,199*;  in  komiscliem  palhos:  ich  ent- 
zündete das  feuer  des  herdes,  ich  nahm  die  herkömmüchen 
abwaschungen  der  dem  dienste  geweihten  gefäsze  vor,  ich 
setzte  die  maschine  in  gang,  mit  welcher  der  spiesz  zusam- 
menhing, des  bratens  halter;  kurz,  denn  wozu  Umschrei- 
bungen? ich  war  küchenjunge.  Immerhann  Mündih.  1,109. 

8)  halter  in  der  musik,  der  ton  der  über  den  tact  ausgehalten 
wird,  fermate  (icie  halt  7  sp.  272).  Campe. 

Von  halter  ist  weiter  gebildet  halterin  in  den  Zusammen- 
setzungen gasthalterin,  haushalterin  (-hälterin,  s.  oben  im  ein- 
ijdnge  des  artikels),  hofhalterin,  statlhalterin  u.  ähnl.;  halterei 
in  ähnlichen  compositen ,  wie  gasthalterei ,  posthalterei ,  statt- 
halterei  u.  a.,  und  halterschaft  in  Statthalterschaft. 

HALTER ,  m.  die  uingelautete  form  des  vorigen,  die  sich  na- 
mentlich in  der  bedeutung  behältnis  für  fische  festgesetzt  hat: 
etliche  schone  karpfen  wären  gefangen  worden  und  stünden 
in  hältern.  Schweiniches  1,  354;  und  war  bei  den  hältern 
niemand  als  der  teichwärter.  das.;  lieszen  i.  f.  g.  aus  den 
hältern  aufladen  allerlei  fische,  das. ;  die  fische  aus  dem 
hälter.  355;  die  bauern  ..  die  musten  in  die  hälter  steigen 
und  fischen.  359; 

sonst  geht  ihm  der  kizliche  ßscher 
schwerlich  zum  hälter  hinab.  Voss  2,  283. 

neben  hälter  steht  die  assimilierte  form  häller,  s.  sp.  235. 

HÄLTERSCHIFF ,  n.  bei  den  fischern  ein  kahn  mit  einem 
fischhälter  oder  fischkaslen,  worin  die  fische,  besonders  Seefische, 
verfahren  werden.  Jacobssos  2, 199*. 

HÄLTESEIL,  H.\LTSEIL,  n.  tau  womit  das  schiff  am  ufer 
zurückgehalten  wird,  TiQvut'riaiov: 

da  entschliefen  sie  neben  den  halteseilen  des  schiffes. 

BÜBGER  191'  (Utas) ; 
weder  ein  anker  zu  werfen  noch  anzuknüpfen  ein  haitseil. 

Odyssee  9,  137; 
lösten  darauf  vom  durchlöcherten  steine  das  haltseil.    13,  77. 

HÄLTESTELLE ,  HÄLTSTELLE ,  f.,  stelle  an  weldier  fuhr- 
werke, bahnznge,  schiffe  regelmdszig  anhalten,  um  personen,  fracht- 
gut,  briefe  u.  dergl.  aufzunehmen:  bei  der  eisenbahn  ist  eine 
neue  haltestelle  an  einem  dorfe  errichtet. 

H.VLTEVIEH,  n.  fremde  schafe,  die  man  bei  überflüssigem 
fuUer  und  dem  mangel  einer  verhältnismds-igen  herde  in  fülte- 
rung  nimmt.  Jacobsso»  6,17*. 

HÄLTHÄUER,  m.  ein  häiier  dem  die  arbeit  nach  den  gelie- 
ferten erzen,  deren  gehall,  bezahlt  wird.   Gätzschhasn  41. 

HÄLTIG.  HäLTIG,  adj.  halt  habend,  in  mehrfachem  sinne. 

1)  nach  halt  l  (sp.  270)  ausdauer  habend,  ausdauernd:  ein 
gutes  reuterpferd  . .  solle  auch  hältig,  thätig  und  auf  beiden 
seilen  k  tera  tera  hurtig,  wendig,  geschwind  und  zaumrecht 
sein.   BöCKLER  kriegsschule  960. 

2)  in  anderm  sinne,  von  dem  festhalten  eines  Spieleinsatzes  oder 
eines  Spiels  selbst  {nach  halten  II,  2  sp.  289) . 

dem  trunken  ist  nütz  ze  vil, 
es  si  haltig  oder  lassig  spil, 
es  ist  im  als  gelich.    teufets  netz  666. 

3)  nach  halt  6  {sp.  272)  gehalt  habend,  namentlich  von  erz, 
gestein,  metall ,  münzen:  haltiges  gestein  bei  den  bergleuten 
folches  das  erz  birgt,  im  gegensatze  zu  taubem:  wie  ..  der  rubel, 
bis  1700  eine  blose  gedankenmünze  geblieben,  durch  Peter  I 
eine  wahre  haltige  münze  wurde.  J.  Padl  nachdämmerungen 
*.  83;  übertragen: 

der  teufcl  stellte  sich  gewaltig, 
und  Christoph  war  an  trene  haltig. 

Arm  DT  ged.  (1840)  308. 


HALTKETTE  —  HALTSTATT 


302 


Zusammensetzungen  sind  ziemlieh  zahlreich,  in  denen  allen 
das  fehlen  des  umlauts  übeiwiegt;  der  ersten  bedeutung  fallen 
zu  probehaltig,  stichhaltig,  nachhaltig,  der  dritten  erzhaltig, 
metallhaltig,  silberhaltig,  goldhaltig,  säurehaltig  u.a.m.  von 
diesen  abgeleitete  substantiva,  prohehaltigkeit ,  nachhaltigkeit, 
goldhaltigkeit  begegnen. 

HÄLTKETTE,  f.  kurze  kette,  die  die  brusl  eines  pferdes  mit 
der  deichsei  eines  wagens  verbindet,  ücon.  lex.  916.  s.  deichsel- 
kette 2,  908. 

H.\LTLOS,  adj.  ohne  hall  (s.  sp.  270),  ein  neueres  wort,  zuerst 
von  Campe  icrzeichnet :  der  stürm  hatte  den  jungen  bäumen 
ihre  pfähle  entrissen,  sie  schwankten  haltlos;  dazu  war  ihm 
mit  der  Zuversicht  auf  sein  talent  seine  ganze  Vergangenheit 
zertrümmert ,  er  war  so  halt-  und  ratlos.  G.  zu  PciLrrz  die 
halben  s.  tl2 ;  die  eindrücke  des  Weihnachtsabends  . .  klärten 
das  haltlose  ihres  wesens,  und  zum  ersten  male  fühlte  sie 
sich  wie  in  einer  heimat.  5.140;  das  land,  geleitet  von  dem 
Stumpfsinn  der  feigheit,  eilte  haltlos  dem  verderben  entgegen. 
H.  V.  Treitschke  aufsälze  3.  aufl.  s.  50. 

HALTLOSIGKEIT,  f:  allein  die  unerwarteten  physika- 
lischen und  chemischen  entdeckungen  auswärtiger  natur- 
forscher  . .  offenbarten  schon  binnen  wenigen  jähren  die  halt- 
losigkeit  des  Systems.  Dolloger  Universitäten  (1867)  s.  20;  die 
völlige  haltlosigkeit  der  aufgestellten  behauplung.  kölnische 
Zeitung  vom  22.  märz  1869. 

HALTMACHEN,  verb.,  das  anhalten  an  einem  platze,  von 
einer  kriegstruppe  gebraucht,  nach  halt  3  sp.  271:  da  wir  diesen 
ganzen  tag  nur  ein  einzig  mal  haltmachen ,  und  stehenden 
fuszes  etwas  erfrischung  zu  uns  nehmen  durften,  arme  mann 
im  Tockenb.  139;  dann  auch  von  den  treibleuten  bei  einer  jagd: 
haltmachen  heiszt  bei  den  treibleuten  so  viel  als  stillstehen. 
Behlex  jagdcatechismus  254. 

H.ALT.\.\GEL,  m.  eiserner  nagel  an  einem  sattelwagen,  der 
hinter  der  achse  durch  den  langbaum  gesteckt  tcird,  damit  dieser 
nicht  zurückweichen  kann.  Jacobsson  2, 199*. 

HÄLTNIS,  HÄLTMS,  f.  und  n.     1)  das  festhaUen  an  einem 
orte,  außalten,  hindernis :  detentio  festunge,  haltenisse  Diefen- 
•bach  177'; 

ich  weisz  nicht  was  für  haltnüsz  doch 
der  schmeichlend  Amor  in  sich  heget, 
der  freiheit  pasz  wird  mir  verleget, 
ich  kan  ausz  seinen  zauberketten 
mich  durch  kein  einig  mittel  retten, 
60  sehr  beschweret  mich  sein  joch. 

Schwieger  geharnischte  Venus  27. 

2)  das  etwas  festhallende  inslrument,  haller:  abgesonderte 
oder  freistehende  glieder  einer  figur  wurden  . .  der  heutigen 
art  gemäsz,  durch  eine  hältnisz  (puntello)  mit  der  figur  selbst 
verbunden.  Winkelmax."«  5,103; 

als  nun  der  beide  siht,  dasz  sich  es  nicht  will  reimen, 
bei  solchem  zustand  jetzt,  das  stolze  thier  zu  zäumen, 
fast  er  am  sattelknopf  ihm  schnell  ein  hältenüs, 
und  sprang  zur  linken  band  sich  runter  auf  die  füsz. 

D.  v.  D.  Werder  Ariost  2,  7,  7; 
sein  pferd  Rinaldo  drauf  für  andern  fortbeweget, 
zum  treffen  seine  lanz  auch  in  ihr  hältnisz  leget.    16,  30,  2. 

HÄLTRITT,  m.  das  bereiten  der  landstraszen  für  die  wahrung 
der  öffentlichen  Sicherheit  (cgi.  halt  jp.  271  unten).  Frisch  1,404*. 
Haltacs  789. 

HALTRUF,  m.:  der  zug  wälzte  sich  gegen  Golos  wohnung 
zi^,  bis  er,  dem  haltrufe  Meinhoids  gehorchend,  im  schatten 
eines  hauses  stehen  blieb,  novellenzeitung  1866  s.  647.  vergl. 
halten  sp.  280. 

HäLTSAM,  adj.  tenens,  continens.  Stieleb  742.  haltsames 
zeug,  dauerhaftes,     davon  haltsamkeit,  facultas  lenendi.  das. 

HALTSTATT,  f.  1)  der  ort  wo  man  sich  birgt  um  feinden 
oder  vorüberziehenden  aufzulauern  {nach  halt  4  sp.  271),  mhd. 
haldestal  wb.  2,  2,  601" :  da  leith  ein  holz  und  ich  sagt  un- 
gefährlich zu  dem  buhen,  da  wäre  eine  guthe  haltstatt,  wann 
du  einmal  ein  reuter  wirst,  dasz  du  es  auch  wissest.  Götz 
V.  Berl.  101;  er  aber  ist  auf  der  kaufleut  wagen  gewesen, 
als  sie  nun  auf  die  hallstatt  kommen,  sind  die  reuter  herfür 
gewüscht  zum  wagen,  und  nicht  gewuszt,  dasz  der  fürst 
drauf  gesessen.  Melanchihon  oral,  von  herzog  Ernsten ,' deutsch  von 
Laüterbeck  (1563)  17 ;  wir  mögen  woll  ausz  unser  haldstat 
rucken,  denn  ich  sihe  meinen  bruder  und  Magis  kernen.  Aimon 
bog.k;  und  da  sie  ausz  irer  haldstat  ranten.  das.;  Magis  er- 
sähe, das  der  streit  am  hertesten  was,  er  randt  ausz  seiner 
haldstat.  bog.  liiij;  solche  ..  orte,  haldstätte  und  passe  genug- 
sam durch  kundschaftet  erforschet.  Kirchhof  milit.  disdpl.  101. 


303 


HALTSTÄTTE  —  H  ALTING 


HALTUNG  —  HALTUNGSLOSIGKEIT   304 


2)  tialtstatt,  der  ort  wo  die  jäger  im  walde  sich  versammeln. 
Beulen  jagdcatcchismus  254.  in  dieser  bedeutung  ist  auch  eine 
assimilierte  form  hattstatt  gebräuchlich.   Jacobsson  2,  227". 

HALTSTÄTTE,  f.  neuere,  aus  dem  plural  entwickelte  singular- 
form des  vorigen,  die  sich  ergab,  als  für  den  plural  haltslälte 
die  schwache  form  lialtstälten  sich  eingebürgert  halte:  haltslälte, 
ein  ort  des  hinterhalts ,  locus  insidiartim.  Frisch  1,404';  «ir 
sehen  die  kriegerischen  reitersmänner  die  haitstätten  wahr- 
nehmen.  Ranke  deutsche  gesch.  1, 136. 

HALTTAU,  n.  tau  zum  festhallen  eines  schi/fs  oder  schiffstheils : 

banden  ihn  (den  mast)  Test  mit  den  halttann. 
Odyssee  15,  2s9. 

HALTUNG,  f,  mhd.  haitunge  {wb.  1,  623*),  nacli  dein  verbum 
halten  m  mehreren  voschiedenen  bedeulimgen  entwickelt. 

1)  anhält,  sUllsland  (halten  I,  6,  a  sp.  279):  hatten  sie  im 
rückzug  die  feinde  auch  nur  durch  scheinbare  haltungen 
verweilet.  Dya  Na  Sore  1, 151. 

2)  nach  halten  1,  6,  b  sp.  280.  gewahrsam:  und  wer  der 
priester  ist,  der  den  brief  niiner  botschaft  hat,  und  den  niit 
enlisct  vor  dorne  volke ,  und  den  birget  in  siner  haitunge 
(in  seinem  gewahrsam  festhält,  verheimlicht),  der  ist  gottes  fienl 
und  behalte  nüt  sin  gebot.    Close.ner  chron.  92. 

3)  sehr  häußg  und  namentlich  in  der  modernen  spräche  hat 
sich  haltung  nach  halten  I,  6,  c  (sp.  281)  in  der  bedeutung  des 
rerweilens  in  einem  zustande,  einei-  bestimmten  geistigen  richtung 

■  ergeben:  man  sah  wohl,  wie  die  anständige  hallung  in  einer 
gewissen  ruhe  und  anspruchslosen  Zierlichkeit,  in  der  sich 
die  residenz  erhielt,  von  dem  hofe  ausgieng.  E.  T.  A.  Hoff- 
MANN  6, 158.     das  wort  geht  auf  personen  wie  auf  sachon. 

a)  bei  personen  bezeichnet  es  die  arl  und  weise  des  sich  rei- 
haltens,  das  gebühren  jemandes;  und  zwar  sowol  körperlich :  der 
Soldat  zeigt  eine  stramme  hallung;  die  truppen  waren  staul- 
bedeckt,  ihre  haltung  kräftig,  die  Stimmung  wohlgemuth.  volks- 
zeitung  1866,  no.  167  vom  20.  ju/i;  die  haltung  beim  tan/e 
musz  gerade  und  ungezwungen  sein ;  als  auch  sofern  es  recht 
eigentlich  das  widerspiegeln  einer  seelischen  und  gästigen  lliätigkeil 
ist:  andern  alles  nachsehend,  streng  gegen  sich,  überall  mit 
ruhiger  haltung.  ßyo  Na  Sore  (1840)  s.  94 ;  mit  seiner  gewöhn-» 
liehen  ruhigen  haltung.  Göthe  31,233;  die  eitern  schrieben 
diese  weiche  haltung  {ein  inildes,  stilles  wesen)  dem  stadtleben 
zn.  J.  Pacl  Tilan  2,230;  der  küster  verschlang  in  ernster 
haltung  ungeheuer  zu  nennende  portionen.  Immermann  Münclih. 
1,191;  keine  mariage,  mein  raeisler,  erwicderte  das  fräulein 
in  würdiger  haltung.  2,  6;  auch  in  dieser  vertrauten  hin- 
gebungsvollen stunde  blieb  er  bedienter  in  vvort,  gebärde, 
haltung.  2,16;  —  in  borsenbcridUen :  je  mehr  sich  die  indigo- 
auction  ihrem  ende  nähert,  desto  gröszer  zeigt  sich  der  be- 
gehr und  fester  die  haltung  der  eigner.   Weserzeitg.  iShi,SiOi; 

es  kann  die  rechte  haltung 

im  kleinsten  haus  nicht  sein, 

bis  ihr  erst  zur  gestaltung 

das  grosze  laszt  gedeihn.    Röceert  177. 

in  prägnantem  sinne  und  ohne  begleitendes  adjecliv  heiszt  haltung 
das  gemessene  würdige  verhalten  beim  umgange  mit  andern :  sie 
ist  eine  frau  von  haltung;  was  die  Franzosen  contenance 
nennen,  haltung  und  harmonie  im  äuszern  betragen,  gleich- 
mOthigkeit,  Vermeidung  alles  ungcstUms,  aller  leidenschaft- 
lichen ausbrüche  und  Übereilungen.  Kmgce  umg.  mit  menschen 
I,  86.     vergl.  unten  4. 

b)  von  Sachen  gesagt,  die  weise  wie  etwas  gehalten  ist  und  in 
folge  dessen  uns  erscheint;  so  ist  die  haltung  eines  gemäldes 
bestimmt  nach  der  verlheilung  von  licht  und  schatten  auf  dem- 
selben (Jacobsson  2,199');  mir  war  ge,«tall,  färbe,  hiilinng 
jener  vom  günstigsten  himinel  umschienenen  landschaft  noch 
unmittelbar  gegenwärtig.  Göthe  30,  203.  die  kaufmännische 
Sprache  braucht  das  wort  »o«  zum  verkaufe  gestellten  waaren 
häufig:  spiritus  in  steigender,  fesler,  flauer,  weichender, 
sinkender  haltung;  harz  in  guter  haltung  {d.  h.  feste  preise 
hallend).   Weserzeitung  1S53   no.  3008. 

4)  gesteigert  wird  dann  hultung  auch  (nach  hallen  I,  7  sp.  283) 
zu  dem  tinne  festes,  energisches  verhalten:  kautn  aber  würden 
»ein  (des  Columbus)  muth  und  seine  haltung  die  schiffHlcute 
länger  im  zaiim  gehalten  haben.  ItKCKER  weltgesch.  7,  21 ;  die 
regierung  Frankreichs  war  ohne  kraft  und  hallung.    11,  442. 

5)  balinng  drückt,  nach  der  zweiten  hnupllirdrutung  seines 
verbums  (sp.  287),  rin  festhalten  aus,  rntwcdn  in  aclivem  sinne, 
so  da*z  durch  das  wort  das  thdiige  des  slülzrns  und  haltens  be- 
xmchnel  wird:  ge«im«e,  die  wenig  haltung  haben  und  nicht» 


unterstützen.  Kakt  7,  39s;  oder  leidend,  ein  gehaltensein  bezeich- 
nend, so  dasz  die  hallende  kraß  auszerhalb  des  subjects  liegt  [wie 
halt  2  sp.  2701:  die  bedingungen  des  daseins  stützen  sich 
immer  wiederum  auf  andere ,  ohne  jemals  in  einem  selbst- 
ständigen dinge  als  urwesen  unbedingte  haltung  und  stütze 
zu  bekommen.  Kant  2,373;  eine  neigung  die  ohne  haltung 
und  ohne  grundsälze  ist.  7,391;  einem  ungestümen  geiste 
bestimmtere  haltung  zu  geben.  Dya  Na  Sore  l  (1840)  s.  58. 

6)  im  allem  nhd.  schlicszt  sich  haltung  vorzüglich  gern  der 
bedeutung  11,  6  seines  vcrbums  (sp.  293)  an  und  wird  von  der 
beobachtung  der  geselze ,  Satzungen  verwandt ,  wo  die  moderne 
spräche  lieber  den  substantivisch  gebrauchten  infiniliv  halten  dafür 
setzt:  unser  end  ist  der  lod,  unser  end  ist  haltung  der  ge- 
holt, unser  end  ist  das  ewig  leben,  unser  end,  ja  das  aller 
'endlichst  end  ist  gotl  der  herr.  Keisersrerg  schiff  71';  sind 
wir  Christen  nicht  mehr  an  solch  euszerliche ,  sondere  hal- 
tung gebunden.  Li;ther  8, 19c';  haltung  des  gesetzes.  Melan- 
chthon  Augsb.  conf.  im  corp.  doctr.  Christ.  (i560)  s.  59 ;  in  hal- 
tung gemeiner  christlichen  kirchensatzung  und  ceremonien. 
Augsburger  relig.  abschied  von  1548  §9;  durch  die  hallung  der 
geholt  erlangt  der  mensch  vollkommene  gerechtigkeit.  Reiszner 
Jerus.  2, 102' ;  welcher  ein  mal  zii  haltung  der  reinikeit  ein 
schlecht  gelübd  gelhon,  der  ist  zu  immerwärender  keüsch- 
heit  verbunden.  Wurstisen  ßas/er  c/iron.  (1580)  202;  man  solle 
einen  fürsicn  erkennen  bei  reiner  strasze,  guter  münize  und 
haltung  beschehener  zusage.  I'istorius  Ihes.  paroem.  1  no.  96; 
dasz  du  auf  haltung  meines  wortes  desto  böquehmer  warten 
könnest,  span.  Robinson  4,  206 ; 

also  unsciiiitzlicli  zier  hei  gotl 
find  wir  durch  haltung  seiner  pot. 

.SCUWARZENBSRG   106*; 

bleibe  stets  gelreu  der  haltung 

des  gesetzes.    Tieck  üclavian  2,  3.  act. 

7)  sodann  auch  von  dem  abhalten  der  feste,  zusammcnkünflc 
u.  ähnl. :  haltung  kirchgangen  oder  process  in  einer  leich, 
funeraria  actio  Maaler  209*;  haltung  eines  spils  mit  groszer 
versamlung  desz  volks,  celebratio  ludorum  das.;  dieser  herzog 
. .  war . .  mit  viel  graven,  herren,  rittern  und  knechten,  umb 
hallung  einer  fasznacht  in  diese  sein  pfandfschaft  kommen. 
WuRSTiSEN  Basler  chron.  (1580)  189 ;  und  in  diesem  sinne  ver- 
wendet es  auch  noch  die  moderne  spräche  nicht  ungewöhnlich: 
ejlasz,  betreffend  die  haltung  eines  allgemeinen  beltags. 
preusz.  Staatsanzeiger  1866  s.  2055;  die  haltung  des  ...  nach 
Braunscinveig  ausgeschriebenen  frauentags.  illustr.  xeitung  vom 
24.  Od.   1868  S.  278'. 

8)  10?»  unleihalten  und  ernähren  (halten  II,  9  sp.  296) :  hal- 
tung andres  wilds  und  geflügels.  Sebiz  feldbau,  inhaltsverz. ; 
unnötigkeit  der  reigerhaltung.  s.  557;  lebe  der  hoffnung,  du 
werdest  mit  selbigen  (meinen  poetischen  kindern)  nicht  allzu- 
strenge verfahren,  damit  sie  nicht  gezwungen  würden,  über 
ihrer  passionirten  Stiefmütter  allzuharte  censur  und  üble 
hallung  zu  schreien.  Amaranthes  proben  der  pnesie  (1710)  ror- 
rede ;  —  vom  stellen  und  gewältren  musikalischer  instnimente  auf 
kosten  jemandes:  daselbsten  ihnen  von  gemeiner  Stadt  wegen, 
mit  haltung  trommeln  und  pfeifen,  ein  hammel,  den  mägden 
aber  etlich  ehien  barchet  zu  verlaufen ,  und  ein  seckel  zu 
vertanzen  verehrt,  wiirlemb.  Schäfereiordnung  von  1651,  6«  BiR- 
LiNGEB  voUcslhüml.  aus  Schwaben  2,  282. 

9)  haltung  bezieht  sich  auf  den  inhalt  eines  schrißstückes  (nactt 
halten  II,  lO  s}).  296):  noch  lule  und  haldunge  des  houbt- 
brieves.  Haltals  789  {von  1405) ;  sodann  u-ird  dadurch  das 
lecltnisch-musikalische  tenor  verdeutscht:  tenor,  hallung,  haltung 
im  gesang  Diefenb.  577',  weil  bei  den  motellen  der  wesentliche 
musikalische  inhalt  des  stürLt,  die  melodie,  in  dieser  stimme  lag, 
die  andern  nur  die  figuration  davon  ausführten. 

10)  endlich  kann  hallung  auch  auf  das  bewahrende,  inne  hal- 
tende gefäsz  gehen  (wie  behältnis  1,  1.'I24) ,  und  Kt  von  den 
reliquienbehallern  gebraurhl:  kam  ich  gen  st.  Maximin,  da  man 
st.  .Maria  Magdalena  haupthaar,  eine  wunderpcrliche  pix, 
ander  vil  und  grosz  haltung  und  gar  vil  köstlichkeit  zaigl. 
gnrlle  bei  Hirmncer  srhwäb. -augsb.  wb.  217*. 

HALTlJN(;SLO.*N,  adj.  keine  hultung  habend:  anfange  standen 
sie  da,  stumm,  starr,  regungslos  . .  dann  aber  ergriflT  sie  der 
hallungsloseste  taumel,  und  sie  rannten  nach  allen  richlungrn 
riienfnlls  auseinander.  Immkrmann  Miinchh.  2,  88. 

IIALTl'.NGSLOSIGKEIT,  f:  man  erbaut  ans  weisen  maximen 
eine  mauer  um  sich,  welrhr  die  eigne  hallungslosigkeit  decken 
Bull.    Feuchterslebkn  diätetüi  der  scele,  vorrede  s.  3. 


305 


H  ALTUXSFEST — HALUNKE 


HALü>'KEREI  — HAME 


306 


HALTL'NSFEST,  m.  nnme  für  den  häscher  und  bilUel,  vergl. 
haltefest  sp.i'4:  o  laute!  rief  er,  schmeisz  doch  einer  von 
euch  das  weib  mal  so  lange  in  den  schweinekoben,  bis  der 
hultunsvest  kömmt.  J.  G.  Mcller  Siegfried  r.  Liudenb.  (1790) 
3,95;  R.  wer  untersteht  sich,  an  meinem  kammerdiener  sich 
zu  vergreifen  ?  P.  die  herren  haltunsfeste.  Kotzebce  werke 
23,  S4. 

HALTWORT,  n.  zusage  der  die  erfüllung  folgt:  halt-  und 
tahtwort,  rerbvm  euvi  effeclu  et  re.  Stieler  2578. 

HALUNKE,  m.  homo  nihüi,  ein  derbes  schimpfirort. 

Es  kann  erst  seit  dem  16.  Ja/irA.  aufgewiesen  Verden  und  zeigt 
sieh  seit  dieser  zeit  in  mehrfacher  form.  Weig.\nd  erbringt  den 
bis  jetzt  älle^ten  beleg  aus  Albercs  der  barfuszer  münche  Eulen- 
spiegel und  Alcoran,  Wittenberg  1542  no.  94  in  der  form  halluck, 
verwildert  aussehender  mensch,  dem  16.  jahrh.  noch  gehört  die 
form  halunke  an,  die  in  einem  Slraszburger  Hede  von  1592 
erseheint : 

die  frembd  welsch  halunken 

zu  harren  nemen  an.    Stöber  .ilsatia  1S5S,  $.  112, 

vnd  die  bis  jetzt  dauert,  oft  mit  doppel-l  geschrieben:  ihr  halunken 
miteinander!  Philander  2,507;  schlug  er  ihn  mit  der  linken 
band  an  hals  und  sprach,  halunke.  verrichte  du  das  deinige, 
und  lasz  dich  umb  ander  ihr  thun  unbekümmert,  unwürd. 
doetor  313;  er  hielte  ihn  vor  keinen  rechtschaffenen  medicum, 
so  lange  er  eines  unverständigen  halunkens  seine  arzenei 
approbirte.  662;  komt,  oder  ich  halle  euch  vor  einen  nichts- 
werthigen  halunken.  Schaubühne  eni;l.  u.  franz.  com.  1,  520 ; 
hast  du  denn  schon  dein  zartes  hrüderlein  gesehen ,  den 
Konrad,  den  halunken?  Arnim  kronenw.  1,472;  ich  habe  die 
ehre,  dir  dort  . .  den  h.  kirchenrath  Schäpe  . .  vorzustellen, 
einen  v\eichen  hallunken.  J.  Paul  Titan  2,31;  da  sieh  seinen 
tutelarischen  hallunken!  Sid'cnk.  1,51;  ich  sollte  dich  prü- 
geln, du  halunke.  Kotzebce  dramat.  spiele  2,294; 

«a  lustig  courage  getrunkea, 
wer  singet  ein  lustig  runda, 
laszt  trauern  die  kühlen  halunken. 

Kbil  deutsche  stuäentenlieder  des  17.  IS.jh.,  134-, 
ermorden,  erstechen, 

erschieszen  will  ich 
dich  lümoiel,  dich  vetter 

halunken  dich,  dich.    Fr.  Möller  1,  328-, 
hui  da,  was  wollt  ihr  nur?    verdammt! 
zu  mächtig  sind  mir  die  hallunken! 

pRSiLiGRATU  ylaubensbek.  171; 

auch  in  der  form  halunk:  sag,  bists  oder  bists  nicht?  halunk! 
Fritz,  v*ie  kommst  hieher?  Fr.  Müller  1,316;  das  wolle  gott. 
erwiederte  der  andere  hallunk.   Hebel  schatzkdstl.  (1&59)  69; 

was  will  der  bauer  da?  fort,  halunk! 

Schiller  Waltensi.  lager  2. 

Die  form  holunke,  hollunke  ist  neben  halunke  dem  17.  und 
18.  johrh.  eigen :  schau,  das  gehöret  einem  solchen  holunken, 
(schlägt  ihm.  A.  Gryphids  1699  l,  737;  holunk  homo  rilis, 
semissis  Stieler  850;  nicht  als  ein  holunke  in  seine  Vater- 
stadt kommen  .  .  .  mögte.  Salinde  261;  ich  verstehe  dich, 
hülunke!  Lessisc  1,423;  aus  einem  ehrlichen  mann  einen 
hollunken  zu  machen.  Schiller  räuber  i,  2,  die  spätem  aus- 
gaben ändern  in  hallunken ;  jetzt  denke  ich.  wären  gnädiger 
herr  und  hollunke  quitt.  Ficsco  3,4  in  der  ersten  ausgäbe,  später 
ebenso  in  hallunke  geändert,  eine  form  hailunke,  die  Schm. 
2,  23  aus  den  nachbam  am  Isarslrom  von  1703  beibringt,  ist  ver- 
däclUig  und  leicht  bloszer  druckfehler  für  hallunke. 

Das  Wort  gibt  sich  schon  durch  seine  bctonung  halunke,  die 
auch  das  schwanken  des  a  und  o  in  der  ersten  unbetonten  und 
dumpfer  gesprochenen  silbe  veranlaszt,  als  undeulsches  zu  erkennen, 
früher  dachte  man  zur  erklärung  des  worts  theils  in  wenig  glück- 
licher weise  an  das  isländ.  halloka  knecht  (Haldarson  1,323), 
theils  an  das  franz.  haillon  lumpen,  theils  sah  man  das  wort  als 
slavisch  an.  diesem  letzlern  fobjend  knüpß  Weicasd,  wie  es 
selieinl  mit  recht  an  an  bühm.  holomek  nackter  bcttler,  wicht, 
niditswürdiger ,  ron  bOhm.  holy  kahl,  nackt,  blosz,  arm.  für 
slavisciie  herkunß  kann  auch  sprechen,  dasz  das  wort  zuerst  aus 
einem  grenzgebiete  deutscher  und  slavischer  spräche  bezeugt  ist, 
und  wenn  jene  böhmische  bedeutung  des  nackten,  bettelhaften  sich 
im  deutschen  gebrauche  mehr  verwischt  hat,  so  tritt  sie  doch  in  dem 
ehemals  slavischen  Pommern  noch  deutlicher  hervor,  wo  hallunk, 
holunk  den  hcrumldrmenden  gassenjungen,  dann  auch  den  nuhts- 
würdigen  bedeutet,  mit  einem  davon  hergeleiteten  verbum  hallunken, 
auf  den  gössen  herum  lärmen  Dährert  169*.  vergl.  auch  ein 
ähnliches  Schimpfwort  bohumke  2,  229. 
IV.  II. 


HALUNKEREI,  f.  vilitas,  tuqjiludo:  ich  lache  über  seine 
halunkerei.  Schaubühne  engt.  u.  franz.  com.  2, 129 ;  holunkerei 
Stieler  850;  es  ist  holunkerei  mit  den  Sachen,  haec  res  in 
inanitate  versaiur.  das. 

HALUNhlSCH,  adj.  vilis ,  turpis:  sich  holunkisch  halten, 
inglorium  virere ,  in  sordibus  versari.  Stieler  850;  das  thust 
du  nicht,  das  thust  du  nicht,  du  schurkischer  hallunkischer 
Pasquale!  E.  T.  A.  Hoffmasx  4, 103. 

HAMBUCHE.  f.  carpinus  bclulus.  Nemnicb  ;  eitie  aus  hagen- 
buche  unter  einßusz  des  b  gewordene  form,  vergl.  hagebuche 
sp.  140. 

HAM BUTTE,  f.  frucht  der  hagerose,  und  der  diese  frucht  tra- 
gende Strauch  selbst,  aus  hagenbutte  entstanden,  vergl.  hagebutte 
sp.  140. 

HAME,  HAMEN,  m.  netz,  fanggarn,  ein  worl  was  seine  rechte 
heimat  in  ?\ieder-  und  Mitteldeutschland  bis  nach  Franken  hinein 
hat,  vereinzelt  auch  südlicher  reicht,  wo  sonst  dafür  büre,  beere 
(1,1127.  1244),  mhd.  ber,  oder  garn  steht;  altd.  hämo  cassis 
gloss.  trerir.  9,  20 ;  mhd.  ham : 

in  der  gunden  bamen 
sich  alle  tage  verwirret.     Marlina  122',  S. 

Es  ist  von  dem  folgenden  hamen  der  abslammung  wie  der  be- 
deutung nach  verschieden,  wenn  auch  die  Wörterbücher  eine  solche 
Scheidung  niclit  durchführen;  in  einzelnen  fällen,  wo  die  schrift- 
lichen denkmdler  allgemein  reden,  mag  sie  freilich  schwierig  sein. 
hamen  für  fangnelz  verzeichnen  oberdeutsche  Idiotiken,  «fieScHiiEL- 
LER,  Lexer,  Staldeb,  Schmid  nicht ;  wäJirend  das  nachherfolgende 
gleichlautende  wort  gerade  häufiger  aus  Oberdeutschland  belegt  wird, 
obuol  es  auch  den  nördlichen  gegenden  nicht  fremd  ist.  die  form 
scliwankt  mehrfach:  nach  mhd.  weise  stüszt  sich  das  auslautende 
e  ab  in  rele  ham  Diefenb.  495';  zugleich  mit  Wahrung  der  ur- 
sprünglichen kürze  durch  die  Schreibung  hamm ,  die  auch  noch 
später  vorkommt :  der  hamm.  pers.  rosenlh.  3,  23 ;  hierzu  begegnet 
oft  die  vollere  form  hanime,  hammen,  belege  unten,  dagegen 
wird  die  später  erfolgte  Verwandlung  der  ehemaligen  kürze  in  der 
Stammsilbe  zu  einer  länge  durch  die  .Schreibungen  hahme,  haame 
angedeutet,  am  häufigsten  aber  in  der  scJireibung  hame,  hamen 
unbezeichnet  gelassen. 

hame  drückt  aus: 

1)  ein  beuleiförmiges  netz  mit  einem  stiele  zum  fischfange,  ähn- 
lich wie  küscher  5,  24S:  wie  die  fisch  gefangen  werden  mit 
eim  schedlichen  hamen  {iv  afitpiß).r]arocti  xaxcö  SeiAuag.) 
pred.  Sal.  9, 12 ;  sie  ziehens  alles  mit  dem  hamen  (dv  auf  in 
ßhfjarQw).,  und  fahens  mit  irem  netze,  und  samlens  mit 
irem  garn.  Habakuk  x,\h;  fischharaen,  den  man  fürsetzet, 
wenn  man  in  einem  bach  wil  fische  fangen.  Luther  tischr. 
330* ;  der  störer,  damit  man  die  lisch  in  hamen  jaget,  das.; 
diese  hamen,  netze,  garn.  werke  3,239';  der  groszen  ham- 
men oder  fischbeeren  hat  man  zweierlei  sorten.  Hohberc 
2,487';  es  kahm  ein  groszer  fisch  in  eines  fischers  hamm. 
pers.  rosenlh.  3,23;  der  hamm  hat  sonst  allezeit  die  fische 
heraus  gezogen,  nun  aber  zeucht  der  fisch  den  hammen. 
das.;  man  fanget  ihn  (den  lachs)  in  groszen  fischnetzen,  auch 
zum  öftern,  in  der  Saale,  in  groszen  hahmen,  die  vor  klei- 
nere fische  eingesetzet  worden.  Göchualses  not.  ven.  340; 
die  bootsknechte  hatten  einen  haamen  mit  auf  dem  schiffe, 
sapperment !  was  fiengen  die  kerl  da  vor  zeugs  von  hechten. 
Schelmuffsky  l,  13" ; 

als  mit  still  bedächtgem  schritt, 
mit  dem  rüder,  korb  und  bamen 
Ullo  in  die  päppeln  tritt.    J.  F.  Ki:«d  gedichle. 

In  bildlicher  Verwendung:  dem  glücke  ihren  güldenen  haamen 
vorzusetzen,  und  den  fetten  lax  dieses  dienstes  einzufangea. 
colica  1S2;  nun  du  deinen  mann  in  dem  hamen  hast,  must 
dus  auch  fein  schlau  anfangen,  dasz  du  ihn  hebst.  Schiller  iis' 
{räuber  2,3);  spriciiwürllidi :  wenn  ein  mägdgen  von  iemandcn 
einen  kusz  bekommt  ohne  sich  zu  spenen  als  ein  frosch  im 
hahme ,  so  musz  sie  gleich  den  verdächtigen  namen  eines 
verliebten  dinges  führen,  das  bei  academien  lebende  frauen- 
limmer  5; 

du  mindest,  dat  da  visched  heddest, 

un  baddest  küme  den  hamen  sat. 

Zeno  543  (Bruns  t.  51); 

viel  bezeugt  ist  eine  redensart  vor  dem  hamen  fischen,  die  indes 
in  den  folgenden  beispielen  nicht  wie  3, 1683  angegeben  wird,  ein 
verkehrtes,  sinnloses  unternehmen,  sondern  ein  schlaues  gewinn- 
süclitiges  bezeichnet,  der  zug  der  fiscJie  geht  nach  dem  hamen, 
am   eingange  desselben    nimmt   sie  ein  anderer  hinweg  und  ver- 

20 


307 


HAMEN 


HÄmSCH  — HAMM 


308 


eiteU  so  des  hamenstellen  muhe:  das  hiesze  freilich  recht  für 
dem  hamen  fischen  und  gewalt  für  recht  gebraucht.  Lüthkr 
br.  3,  321;  wehre  denen,  so  heimlich  durch  den  zäun  stechen 
und  vorm  hammen  fischen.  Mathesics  Luther  179';  köndest 
du  raht  finden,  diesen  gülden  zu  bekommen  ehe  dir  ein 
ander  vor  dem  hamcn  fischte.  Kirchhof  wendunm.  64';  es 
ist  kein  geringer  schimpf,  wann  man  einem  seine  liebste 
also  vor  dem  hamen  hinweg  fischet,  das  bärligte  frauenz.  i\i ; 

ich  sorg,  das  ich  vergebens  kutnb, 

ihretithalb  ein  lecrs  stro  irisch 

und  umb  sonst  vor  dem  hamen  fisch. 

Atekr  411'  (2059,  20  Keller). 

2)  bei  den  Jägern  ist  hamen  ein  zum  hühnerfang  gAraudüer 
langer  garnsacJc,  vorn  weit,  nach  und  nach  aber  immer  enger 
zugehend  und  inwendig  mit  reifen  unterbunden.  Jacobsson  2,199'; 
rephOner  bei  tag  mit  dem  peeren  oder  hamcn  zu  fahen. 
jagtsergölzungen  2,  7. 

3)  in  Niederdeutschland  ist  hamen  die  nachgeburt  der  kuh. 
Schütze  2,  96,  Vilmar  147 ;  anderwärts  in  der  Verkleinerungsform 
hamel,  brem.  ab.  2,  574. 

hame  ist,  wie  neuerdings  wieder  in  Kuh.ns  Zeitschrift  17,239 
ausgeführt  wird ,  das  ahd.  alls.  hämo ,  ays.  hania  decke,  hülle, 
kleid  in  speeialisierter  bedeutung,  wie  z.  b.  ähnlich  das  allgemeine 
tuch  beim  jäger  den  eingeengten  sinn  stelUuch  für  die  treilijaiid 
hat.  über  seine  herkunft  von  der  wurzel  skani  bedecken  veryl. 
das  weitere  unter  henide. 

HAME,  HAMEN,  m.  in  mehreren  bedeutungen : 

1)  es  ist  eine  hölzerne  gebogene  fessel,  zum  leiten  und  festhalten 
eines  thieres:  wie  ein  metzger  ein  schwein  bei  dem  hamen 
zu  der  metzige  füret.  Keisersherg  .see/e«par.  38';  wenn  er  [der 
feind)  in  mag  erwüschen  bei  dem  hamen  der  unkeuscheil, 
so  füret  er  in  damit  zu  dem  ewigen  tod.  das.;  numella  ein 
kuwham,  kamwid,  ein  holzen  ring,  damit  man  das  vich  an 
die  krüpfe  bindet,  hülzen  halsband.  Dasypod.  155*.  360';  im 
vd.  westf.  ham  ist  der  name  auf  das  kummel  des  pferdes  gewen- 
det, wie  im  engl,  hame  kuntmel;'in  der  Eifler  mundarl  hamen 
kummel.  Frommann  6, 15. 

2)  eine  allgemeinere  bedeutung  scheint  hervor,  wenn  viminelum 
durch  hame  glossiert  wird ,  es  meint  das  schwanke  holz  wie  es 
»u  ftechtwerk  verwendet  wird,  betont  also  auch,  wie  vorher,  die 
eigenschaft  des  biegsamen  und  zu  krümmenden :  viminetum  widc- 
ham,  een  ham  van  widen  Diefenü.  Gl'.)',  aus  einem  nieJerlund. 
ylussar. 

3)  unter  vermillelung  der  vorigen  bedeutung  hat  sich  hame, 
hamen  zu  der  bedeutung  angel  losgelöst,  die,  über  Süd-  und 
Norddeutschland  gleiclimdszig  verbreitet,  den  Zusammenhang  mit 
den  beiden  ersten  nicht  ohne  weiteres  noch  klar  zeigt,  ursprüng- 
lich verschieden  von  angel,  was  zunächst  den  köderhaken  beim 
fischfange  bezeichnet,  war  hame  die  schwanke,  gebogene  anyelrutc, 
wie  atis  Graff  4,  946  liervorgdit ,  wo  calamum  durch  hamon 
übersetzt  wird;  der  name  gieng  nacldier  auf  das  ganze  instrumenl, 
den  anyelhaken  inbegriffen,  über :  kanstu  den  Leviathan  ziehen 
mit  dem  hamcn  (ii>  äyy.iaTQ(^  Sepluag.)'i  Hieb  M,iO;  so  er 
(der  fürst)  durch  ungerechte  mittel,  böse  streiche,  falsche 
hamen  und  angeln,  ein  stück  landcs  erfischet.  Butsciiky 
Patmos  524; 

auTs  glück  der  flscher  warf  sein  ham, 
gur  bald  ein  kleines  flschlin  kam, 
\vardt  mit  dem  hamen  auCgezohen. 

B.  Waldis  Esop  1,  83; 
TerDlendte  sterbliche!  die  bis  zum  nahen  grabe, 
geiz,  ehr  und  wollust  st&ts  an  eitlen  hiiraen  halt. 

Hallbr  yvd.  (l"6h)  i.  43; 
doch  stilll  was  seh  ich  dort,  vor  jenem  boot, 
im  Wasser  hin  und  wieder  fliegen? 
heim  dement!  ein  fetter  hissen  brot! 
er  {der  Itecht)  schnappt  ihn  iitif,  und  Iftszt,  dem  netze  kaum 

entgangen, 
sich  nun  durch  einen  Immen  langen.    Pfkffel. 

4)  in  der  spräche  der  fischer  Niederdeutschlands  bezeichnet  man 
durch  hamen  einen  etgentliumlich  geitaltelcn  angelhaken  aus  ztun 
oder  messtng,  in  form  eines  kleinen  ßscfies,  mit  einem  Widerhaken 
versehen  und  an  einer  scimur  hängend.  Jamm  tyn.  $.  6. 

An  eine  enllehnung  diesen  Wortes,  das,  wie  man  sieht,  mit  dem 
vorigen  hamcn  keine  Verwandtschaft  hat,  aus  tat.  liAinus  ist  schon 
atu  lurmeUen  gründen  nicht  zu  denken,  weil  das  deutsche  wort 
•m  ahd.  mhd.  kurzen  ,  da»  lat.  langen  vocal  zeigt,  alle  bedeu- 
tungen des  Wortes  führen  auf  die  Vorstellung  des  gelmgenen,  krum- 
men zurück ,  und  zrugi-n  für  eine  deutsche  wund  liiini  litegen, 
kr„mu,,„     ,.in,->,„-„     ,(, /,.,„  „Ijrinlyrtu-  ••■!>    I ■  •■    !.i>n- 


mcs  lahm,  gichlbrüchig  (Graff  4,  945)  hervortritt .  zu  der  sicher 
das  iriscite  cam  krumm,  lat.  camurus  einwärts  gebogen,  gekrümmt 
(camura  cornua  Vergil.)  verglichen  werden  können,  und  die  wul 
auch  dem  unten  folgenden  hamin ,  hanime  zu  gründe  liegt ,  in 
etwas  geänderter  bedeutung  wahrscheinlich  auch  dem  hammel ; 
eine  wcilerlnldnng  derselben,  wie  in  griech.  xä/iTiT]  bieyung ,  er- 
scheint schon  in  goth.  hamfs,  ahd.  Iiami,  alts.  hdf  handlahm; 
rergl.  unten  hampel  und  humpeln,  auffallend  berührt  sich  mit 
Itame  der  form  wie  der  bedeutung  1  nach  das  fem.  kämme, 
kanipe  5, 107,  das  dennoch  seinen  Ursprung  nur  in  einer  begii/J- 
lich  verwandten  wurzel,  aber  mit  ungleichem  anlaute,  haben  kann. 
HÄMISCH,  adj.  und  adv.  subdolus ,  zuerst  aus  dem  späten 
mhd.  als  hemisch  bezeugt  mhd.  wb.  l,  661",  seit  dem  15.  jalirh.  ak 
hämisch,  hemisch,  liiiinisch  oft  vorkommend,  insofern  das  wort 
adjectiv  zu  dem  subst.  ahd.  hämo  hülle,  decke,  kleid  {spalte  307 
oben)  ist,  ist  seine  grundbedeutung  zunächst  verhüllt,  dunkel,  heim- 
lich, der  übertritt  in  die  bedeutung  versteckt  boshaft  erfolgt,  gerade- 
wie  heimisch  und  heimlich  {s.  d.)  auch  öfter  diesen  sinn  nach- 
ahmen, oder  wie  alts.  derni,  ags.  dyrne  aus  dem  begriff  ver- 
borgen in  den  heimtückisch,  boshaft  übergeht  (Grein  1,  214),  oder 
wie  endlich  auch  lat.  nebulo  der  durchtriebene  mensch  sich  aus 
dem  begriff  des  dunkeln,  trüben  enlwiciielt.  der  Übergang  tritt 
klar  hervor,  wenn  hämisch  zunächst  eine  gedrückte,  düstere  ge- 
mütsstimmuny  bezeichnet:  nordböhm.  h-diiisch  reizbar,  empfindlich 
Petters  andeul.  28; 

mir  ist  oft  so  hämisch,  so  damisch  und  dumm. 
Fr.  Möller  1,  314. 

belege  für  hämisch,  listig,  boshaft:  hämisch,  versulus ,  astulus 
roc.  ine.  thcul.  il';  in  Tirol  hämisch,  tückisch,  boshall  Fromm. 
5,  447 ;  da  liat  er  (gott)  Adam  und  Heva  abermal  ir  gewissen 
gekützelt,  denn  die  wort  (i  Mos.  3,22)  sind  hemisch  und 
spöttisch  geredt.  Luther  4,  30';  das  sie  nicht  hemisch  oder 
neidisch  auf  einander  sind.  5,  34o';  disz  38ste  jar  ist  ein 
büsz  und  fehrlich  jar,  ein  recht  hemisch  jar,  wirt  viel  schwere 
grosze  krankheiten  bringen,  /isc/tr.  354';  alles,  alles  wird  dem 
seestädter  gelassen,  der  mit  runzelnder  stirne  und  hangenden 
iippen  die  Ungeduld  des  lanJstädters  . .  hämisch  demüthigel. 
Moser  patr.  phant.  1  (1798)  s.  10;  mich  dem  hämischen  oder 
stolzen  mitleide  meiner  nachbarinnen  blos  zu  stellen,  s.  337 ; 
der  hämischen  freude  aller  neiderinnen.  3,25;  hämische 
neugier.  s.  32;  hämische  liist  an  der  blosstellung  der  fehler 
anderer.  Kant  5,306;  die  kühnheit  der  hämischen  ST;heel- 
siclitigen.  Klopstock  12,91;  ja  er  sticht  ihn  hämisch  an,  wo 
es  ihm  am  empfindlichsten  ist.  Nicoi.'ai  an  Herder  in  des  letz- 
teren lehensbeschr.  1,  2,  311;  (die  bösen  geister)  zerknicken 
hämisch  jede  rosenknospe  des  neuen  frühlings.  H.  Heine  3, 70 ; 

falsch  und  hemisch.    Locao  3,  189,  95; 
des  glückes  hämscher  cigeosinn 
wirft  viele  scliätze  dieser  erden 
unwürdigen  besitzern  hin.    Hacioorn  2,  43; 
so  braucht  ein  arzt  das  gift, 
das  auszer  seiner  band  nur  hnmsche  morde  stifl. 

I.EssiNC  3,  346-, 
nicht  kann  verrath  und  häraischa  list 
dein  göttlich  leben  tödten.    Göthe  1,217; 
0  lassen  sie  es  länger  nicht  geschehn, 
dasz  hämische  bosheit  ihre  gute  absiebt 
durch  giftige,  verhaszte  deutung  schwfirze. 

Schiller  IHrcol.  1,  2; 
wieder  begann  zu  jenem  Melanthios,  hüter  der  geistrift: 
götter!  was  redet  er  da,  der  hund  voll  hämischer  tücke  ! 
üityisve  17,  248. 

HÄMLEIN,  Tl.  1)  kleiner  hamen,  netz:  fahen  und  schöpfen 
in  {den  bernstein)  ..  mit  gestrickten  hemlein.  Mathes.  Sar.  hl'. 

2)  tJOn  der  ähnliclikeit ,  der  klingelbeulel  in  dir  kirche:  häni- 
Icin,  eine  art  klingebeutcl,  in  der  kirche  geld  einzusammeln. 
Frisch  l,  4oT. 

HAMM,  m.  1)  «n  vorzüglich  niedersdchsisdies  und  friesisches 
Wort,  nach  dem  brem.  wörterbuche  2,473  jeden  umzäunten  oder 
gehegten  ort  bedeutend,  wiese,  wald .  haus,  meierhof ,  vunuglu-h 
aller  für  eine  eingefriedigte  ipiese  verwandt,  es  berührt  sich  dnn 
begriffe  nach  mit  kainpe  5,  134,  gerade  wie  hame  gebogene  fe^ut 
zu  kamiiip,  kampe  stand,  s.  sp.  3U7  unten,  das  altfiiesische  luit 
das  wort  nelien  dem  compositum  hain-inerke  [versetzt  in  haiii- 
rcke),  lioni-nierkc  in  der  form  hein  und  in  der  bedeutung  riv- 
gehegler  räum,  darf  iHichthofen  795)  und  es  zeiiß  die  i.'.  , 
coniotiani  in  dem  dativ  hemme,  da-iz  hier  kürze  des  slamti. 
vorliegt  und  das  wart  nicht  mit  ht'^in  —  ahd.  heim  irruritism 
werden  darf,     im  Oldent)urif.srhen  lebt  es  noch  jür  eingehciße  wiese  : 

,{,.....      ,|,,.i       I.'......,..      I .',      /,.,<..  I,. Mi     ,1,'.      Il,.rl,i  l.iil.'     iMul     <<>M' 


309 


HA3IME 


HAißffi— HAMML 


310 


strasze.  oldenburger  anscitje  1853.  auch  zu  Gieszen  ist  hamm 
/lurname,  der  einen  bezirk  von  gärten  dicht  bä  der  Stadt  bezeichnet. 

2)  dann  erscheint  bei  rheinischen  Schriftstellern  hamm  für  ufer  : 
die  Tiber  war  über  ihren  hamm  gelaufen.  Rihel  Limus  s.  5 
(159S);  dasz  wann  der  Rhein  ausgetreten  gewesen  und  sich 
wieder  gesetzt  hat  . .  man  sagen  pflege,  er  stehe  wieder  im 
Lammen.  Melrer  uasserrecht  s.  22;  und  obwol  die  altwasser 
gemeiniglich  brüche  des  Rheins  sind  und  sich  alsdann  be- 
geben ,  wann  der  Rhein  aus  dem  hammen  läuft,  s.  23.  der 
liegriff  des  eingeengten  tritt  hier  in  anderer  weise  zu  tage:  platt- 
deutsche gegenden  kennen  noch  jetzt  an  versteinertes  hamm  holln 
im  zäume  hallen  Dänneil  74';  in  Pommern  dat  het  hamm  das 
ist  verboten  zu  thun ,  das  musz  man  nicht  anrühren.  Dähnebt 
ITl';  vergl.  den  hessischen  zuruf  an  kinder  harn!  ham!  zurück! 
VlLMAR   147. 

3)  das  wort  iU  auch  als  fem.  hamme  bezeugt,  und  heiszt  in 
Dithmarsen  und  andern  sächsischen  gegenden  eine  befriedigung, 
ychege.  Adelung. 

HAMME,  f.  der  theil  vom  knie  bis  zur  hüfte,  dickbein,  lende, 
Schenkel;  ahd.  hamma  suffrago ,  poples,  mhd.  hamme,  seiner 
Wurzel  nach,  die  unter  hame  sp.  307  angeführt  ist,  das  sich 
krümmende,  biegende  glied,  im  begriff  öfter  nnt  bug  (2,  494)  sich 
berührend,  von  welchem  wonte  eine  ähnliche  grundbedeutung  be- 
hauptet wird,     es  kommt  in  mehrfachem  sinne  vor. 

1)  wie  engl,  ham  bedeutet  es,  freilich  in  derb  scherzender  rede, 
Schenkel  im  allgemeinen,  und  ist  auf  den  menschlichen  schenket 
bezogen  : 

ain  red  pringt  die  andern: 

von  übrigem  wandern 

da  werden  müd  hammen, 

doch  tot  sich  geren  sammen 

yeglichs  gleich  zu  seinem  gleich.    Hätzlerin  s.  201'. 

2)  bei  den  Jägern  heiszt  hamme  die  hinterkettle  des  rotu-ild- 
prets^  Jacobsson  2, 199',  die  bei  IS'emnich  hamel ,  hamer  ge- 
nannt wird. 

3)  gewöhnluh  ist  hamme  da-  hinterschenkel  des  Schweines, 
Schinken,  wie  mhd.,  wb.  1,625*;  schweizerisch  hamme  Fromm. 
6,414;  schiebt  er  aber  ain  klain  swin,  so  sol  er  die  ham- 
men da  mit  gen.  weisth.  1,375;  Schweine  hammen  essen. 
Keisersberg  narrensch.  109';  wie  sauer  der  essig  ist,  mit  dem 
man  iszt  die  schweine  schultern  oder  hammen.  lio' ;  da 
würstelirt  man ,  sawmagirt  man  mit  hammen  und  pachen. 
Garg.  48*;  den  dritten,  welchen  er  gehöret,  dasz  er  gerne 
bier  trinke,  schickt  er  zu  den  westphälischen  hammen  oder 
Braunschweiger  würst.  Schüppics  698 ;  was  von  dem  einge- 
salzenen fleisch ,  speck  oder  hammen  überbleibt.  Hohberg 
1,212';  item  siedet  man  rothe  ruben  in  essig  und  reibt  die 
hammen  wol  damit,  darnach  legt  mans  in  ein  schaff,  so  oft 
eine  leg  hammen,  so  oft  eine  lege  rothe  ruben.  213"; 

wenn  sie  paid  ir  faist  seu  stechen, 

so  schülens  vier  bammen  zum  wein  tragen, 

davon  so  füll  wir  all  ander  kragen, 

und  woll  wir  denn  trinken  und  essen,    fastn.  sp.  610,24; 

wir  wollend  zösamen  schlagen, 

recht  wie  man  die  bammen  zerlait.    Uhland  volksl.  307; 

pratwfirst,  jung  sew  und  bamen 

sol  man  uns  tragen  her.    610; 

pachen  und  hammen  gros  und  klein. 

.4m6r.  liederb.  142,  33; 
kesz,  ziger,  würst,  hammen  und  allerlei  war. 

N.  Mancil  fastn.  352  Grün; 
TOD  einer  wiszen  saw  ein  hammen.    «.  397; 
und  hammen  pawerszvolk  fail  bat. 

ScusELZL  lobspruch  93. 

aber  hamme  kann  auch  den  Schenkel  des  Schweines  schlechtweg 
bezeichnen:  hamm  ein  schweinener  schenke],  perna,  vorderst 
hamme  pelaso ,  die  hinderst  petasunculus.  promptuar.  von  1618 
bei  ScBM.  2. 191. 

4)  das  wort  ist  auch  schwaches  m<isc.:  diese  Steckmuschel 
solle  billicher  perna  genennt  werden,  dann  sie  sich  einem 
Schweinen  hammen  vergleicht.  Forer  fischbuch  138*; 

schlug  (die  ader)  mit  eim  westfälischem  bamen. 

H.  SiCHs  1,  529', 
nimm  da  den  sack,  thft  speisz  darein: 
ein  dürren  hammen,  broilt  und  wein. 

Berchtold  redn.  s.  55; 
der  aufTabrtslag  manchen  bewegt, 
weil  man  den  bammen  da  zerlegt. 

Spangkkberg  fangbriefe  Mv'; 
bei  ScHOTTEL  hamm  m.  perna,  jambon  1333 ;  jetzt  noch  bairisch 
der  hammen  Scbn.  2.  I9l ;   ea  bachen  und  hameu  von  der 


sau.  1,143,    wogegen    aus  Tirol   das   wort    als  fem.  hamm  ver- 
zeichnet wird  Fromm.  5,447;   Schwab,  der  hamme  Schmid  259. 
HAMME,  /■.   landschaftlicher   ausdruck  für   verschiedene  thak 
der  sense. 

1)  in  Obersachen  ist  es  der  hintere  breite  theil  der  sense,  im 
gegensatz  zur  spitze.  Jacobsson  2, 199*. 

2)  anderwärts  theile  des  sensengriffes :  so  in  der  Schweiz  die 
oberste  handhabe  am  stiel  einer  sense  Stalder  2. 16;  im  Fuldaschen 
das  querholz  am  sensenwurf,  in  welches  die  zum  fassen  der  ge- 
treidehalme  dienenden  stäbe  eingefügt  sind,  auch  das  eisen  an  der 
sense  selbst,  mittels  dessen  der  sensenwurf  an  die  sense  befestigt 
wird.  ViLMAR  147 ;  im  westfälischen  arm  oder  griff  einer  sense. 
Fbommann  5,347. 

3)  eine  männliclte  nebenform  hamen  wird  aus  Waldeck  ver- 
zeichnet: es  ist  der  theil  der  sense,  der  vermittelst  eines  ringes  an 
den  sensenbaum  befestigt  wird.  Cdrtze  469. 

Das  wort  scheint  dem  grundbegriffe  nach  identisch  mit  dem  vor- 
hergehenden ,  nur  ist  dieser  grundbegriff  in  beiden  Wörtern  ver- 
schieden specialisiert  worden. 

HAMMEL,  vervex,  multo. 

1)  der  begriff  den  wir  heute  mit  dem  warte  verbinden,  scheint  ihm 
nicht  von  alten  zeiten  her  eigen  und  noch  im  mhd.  nicht  bezeugt, 
ahd.  begegnet  das  adj.  hamal,  durch  welches  mutinus  (/.  mutilus\ 
übersetzt  wird  Gräff  4.  945,  mit  einem  compositum  hamalstat 
richlplatz,  catvaria  6,  641,  was  auch  im  mhd.  hamelstat  fortlebt, 
das  auszer  dieser  bedeutung  noch  die  des  zeirissenen.  abschüssigen 
terrains  hat;  ferner  mit  einem  verbum  pihamalijn  truncare,  mu- 
tilare,  das  auch  im  ags.  hamelian,  engl,  hamble  die  knieflcchsen 
durchschneiden  und  so  Wimen,  wiederkehrt,  ein  seilen  vorkom- 
mendes mhd.  subst.  hamei  drückt  anen  abgehauenen  stumm, 
klotz,  Stange  aus,  auf  der  ein  habicht  festgebunden  wird: 

ei  stuont  ze  einen  stunden 

ein  habech  üf  einen  bamel  gebunden, 

als  man  noch  dicke  sihet  tuon. 

Haupts  Zeitschrift  7,  356. 

vergl.  unten  das  verbum  hammein  in  der  bedeutung  1. 

2)  auf  einen  verschnittenen  und  so  verstümmelten  Schafbock 
wird  das  wort  erst,  soviel  ersichtlich,  im  spätem  mtttelalter  be- 
zogen {denn  ein  ahd.  hamal  muliones ,  was  man  in  multones 
gebessert  hat,  Graff  4,  945,  ist  verdächtig):  vervex  hammel 
DiEFENB.  615';  hamel  muto  {für  multo),  aries  castratus  voc.  ine. 
theut.  hs';  vervex  ein  verschnitner  widder,  hammel  Dasyp.  ; 
ein  hammel  wirdt  auf  teutsch  genent  der  wider  welchem  ver- 
schnitten ist.  Forer  thierb.  (I5S3)  142*;  mit  der  mehrzahl  die 
hammel:  der  widder,  der  hemel,  der  bocke,  der  ochsen. 
Hesek.39,lS;  viel  guter  feiszter  schaf  und  hammel.  Wickraji 
ro//ip.  72;  einige  hämrael  aus  einer  heerde  wegzutreiben. 
Schiller  855 ;  vorzüglich  in  der  neuern  zeit  hat  auch  die  mehr- 
zahl hammel  statt:  wenn  sie  mir  alle  hammel  von  ganz  Tibet 
versprächen.  Kotzebue  werke  18,  63. 

3)  einige  nebenformen  finden  sich  schon  früh,  so  ein  r  statt 
des  auslautenden  1:  multo  hamer  Diefenb.  371*  {niederdeutsch. 
15.  jahrh.) ;  häufig  und  namentlich  mitteldeutsclt  ist  die  umgelautete 
form  hammel  im  singidar:  vervex  hemel  Dief.  615*;  er  stahl 
einen  hammel.   Mlsäds  kinderkl.  91; 

es  gilt  meinen  besten  hänimel, 

gib  nur  einem  bauren  geld, 

der  kaum  weisz  was  disch  und  scbemmel, 

wo  ers  nicht  bringt  in  die  weit? 

Nkcmare  lustwätdchen  103. 

Die  Verlängerung  der  kurzen  Stammsilbe,  die  im  schrifUiochdeutschen 
nicht  stattfindet,  geht  durch  eine  reihe  von  mundarten,  namentlich 
durch  cäle  niederdeutschen,  so  hamel  bei  DähiNert,  Schambach, 
im  brem.  wörterb.,  haomel  und  häümel  Danneh,  77*,  im  Olden- 
biirgschen  hämel ,  homel  Fromm.  6,  82 ;  aber  auch  durch  ober- 
deutsche, henneberg.  hamel  {mit  gleidiem  plural),  am  Däringer 
walde  hffimel  4,  310. 

4)  indes  liat  sich  der  begriff  des  worles  nicht  durchgängig  in 
der  oben  2  genannten  weise  festgesetzt,  in  Baiern  heiszt  h.nmiuel 
tieften  vervex  auch  ein  männliches  schaf  das  keine  hörner  hat.  es 
sei  verschnitten  oder  nicht.  Schm.  2, 191,  wie  lat.  mutilus  zugleich 
verstümmelt  und  hörnerlos  bezeichnet;  im  Oldenburgschen  ist  das 
wort  mit  verändertem  stammvocal  huinmel  auf  hörnerloses  rind- 
vieh  bezogen  Fromm.  3.  496 ;  vergl.   huminel.  hummelbock. 

5)  hammel  wird  auch  der  unverschniltene  Schafbock,  widder 
genannt:  es  stunden  vil  schöne  grosze  zottichte  hammel,  mit 
schwarzer  woll  bedeckt,  ausz  denen  nam  ich  die  aller  ster- 
kisten  und  rauhisten.  knüpfte  ye  drei  und  drei  . .  mit  widen 
oder  pästen  aneinander,   und   under  drei  hammel  hd".d  ich 


311 


HAMÜIEL  —  HÄMMELCHEN 


HAMMELFELL  —  HAMMELSACK 


312 


alle  mal  ainen  menschen,  also  das  der  mitier  hammel  trug, 
die  cussern  zwen  auf  der  seilen  hallen  hülfen,  under  allen 
war  ain  wider,  an  lenge,  griisze,  sierke  und  schone  alle  an- 
dere iiberl reffend.  SciiAioExnKiszEn  Oi/yssfu  39'  bei  Fromm.  6,  83. 

C)  hammel  für  caslral ,  cuniich;  allein  es  blieb  dabei,  er 
wolle  kein  hammel  sein.  Chr.  Weise  erzn.  50.     vgl.  hümmling. 

7)  hammel ,  ein  Schimpfwort  für  einen  wmerlen  menschen, 
in  Tirul  für  einen  geistesschwachen  FnoHM.  5,447;  in  Nassau  für 
eine  unreinliche  person  Keiireis  183,  in  Schwaben  für  eine  gut- 
mulige,  auch  einfällige  neibsperson  Sciihid  259,  in  dem  folgenden 
aber  für  eine  ausschweifende  dirne:  und  eine  jede  dieser  gar- 
stigen hammel  zeigete  ein  paar  platte  fleischlappen  an  der 
brüst,  welche,  wann  sie  angekleidet  waren,  in  die  höhe 
gerückt  uurden,  jetzo  aber  auf  den  bauch  hinunter  hiengen. 
Happel  acad.  rom.  35. 

S)  es  wird  aber  auch  als  koseworl  verwendet,  so  in  Batern: 
du  lieber  hammel  I  Sciim.  2, 191;  namentlich  häufig  in  der  Ver- 
kleinerungsform hämmelchen,  s.  d. 

ö)  man  sagt  sprichwörtlich  er  ist  dumm  wie  ein  hammel, 
geduldig  wie  ein  hammel.  eine  rcdensart ,  mit  der  man  ein 
toiher  abgebrochenes  yesprdchsthema  wieder  aufnimmt :  um  auf 
besagten  hammel  zurück  zu  kommen,  ist  zunächst  nicfd  ein- 
heimiscli,  sondern  begegnet  am  frühesten  in  französischer  fassung 
revcnons  ä  nos  moutons ,  die  sich  nach  Littre  auf  eine  farce 
des  M.jahrh.,  l'avocat  l'alhelin  von  l'ierre  Blanchet  zurückführen 
liszt,  in  welchem  ein  process  wegen  unterschlagener  hammel  ver- 
handelt wird.  FisciiARTS  kehrt  zu  seinen  bammeln  Garg.  129', 
von  dem  knaben  Garganlua  gesagt,  der  seine  kinderslreiche  immer 
von  neuem  beginnt,  ist  mit  anklang  an  diese  redensart  gebildet 
{Babclais:  relournoit  i  ses  moutons).  aber  geläufig  und 
spiichwOrtlich  verwendete  er  sie  nicid,  denn  Rabelais'  retournans 
h  nos  moutons ,  je  dy  que  .  .  im  1.  cap.  des  Garganlua  um- 
schrieb er  frei:  aber  laszt  uns  den  wider  auf  unsere  hämel 
widerbringen,  davon  uns  der  bock  gebracht  hat.  ich  sprich 
das  .  .  Garg.  30*.  Recht  eingebürgert  in  Denlschland  scheint  die 
redensart  erst  durch  Kotzebues  luslspiel  die  deutschen  kleinstädler 
zu  sein,  wo  dieselbe  in  frischer  weise  angewendet  wird:  der  bürger- 
meister  von  Krähwinkel  erzählt  dasz  der  amimann  von  Rummels- 
burg einen  hammel  der  Krähwinkler  stadtherde  gepfändet  habe,  er 
wird  in  seiner  erzählung  unterbroclwn ,  knüpft  aber  dieselbe  mit 
den  Worten  wieder  an:  wiederum  auf  besagten  hammel  zu 
kommen,  werke  IS,  62.  in  dieser  oder  freierer  fassung  erscheint 
die  phrase  nun  öfter:  doch  um  wieder  auf  besagten  hammel 
zu  kommen ,  im  collegium  des  herrn  geheimraths  Schmalz 
hörle  ich  das  Völkerrecht.  H.  Heine  1,  247  ;  besagten  hammel 
anlangend,  hat  uns  die  Solostimme  recht  freundlich  ange- 
lächelt. Castelli  allgem.  musical.  anzeiger,  Wien  1831,  s.  127. 

10)  mundartlich  weit  verbreitet  ist  hammel  in  der  bcdeutung 
kotrand  an  einem  kleide  {rergl.  behammeln  1, 1325) ,  so  wol  in 
fiiederdeulsehtand,  brem.  wb,  2,  575,  als  auch  in  Oberdeutschland, 
SciiH.  2,  191;  im  GOUingenschen  daneben  auch  bei  tliieren  die 
klunkem  von  mist  oder  dreck,  welche  sich  der  wolle  oder  den 
haaren  anhängen.  Sciiamb.  73'.  hier  klingt  das  engl,  hem  säum, 
rand ,  einfassung  an,  das  als  eingebogener  llieil  eines  klcidungs- 
ttücks  eben  auch  auf  jenes  mehrfach  erwähnte  alle  ham  krumm 
{sp.  307)  zurückführt,  das  deutsche  hammel ,  als  uritcrbildung 
hiervon ,  berührt  sich  hiernach  mit  dem  oben  1 — 9  aufgeführten 
hammel  veriex  zwar  nach  Wurzel  und  bildungslauten ,  hat  aber 
selbflänJig  einen  weil  abliegenden  begriff  entwickelt. 

11)  im  hcnnebergitchen  fteiszl  hammel  auch  der  tannen-  und 
fichtenz'ipfen.  Fromm.  4,311. 

H.XM.MtLBHATE.N.  m.  braten  von  einem  hammel :  Altenglands 
einfach  gute  ki)Sl :  rosibeef,  hammclbraten.  H.Heine  werke 
4.139.  auch  in  uneiqentltcher  composition,  die  sich,  wie  bei  manchen 
der  folijcnden  cowposila,  neben  der  eigentlichen  festijesctzt  hat: 
nun,  da  hüben  wirs,  da  hat  mir  der  hund  den  hammels- 
brafcn   peslnh'en.  Kützeble  ircrÄc  23,40. 

HAMMKLItitCHE,  f  brühe  von  hammel  fleisch. 

HAMMELHUG,  m.  schuller  vom  hammel,  armus  verveeinus. 
Fbitii  I,  4i)7';  ilem  ferner  im  lext,  verschanzt  mit  hnm- 
men,  hindervierlheiin  vom  schups,  baraelcbug  von  Frankfurt. 
Gary    5a*. 

HAMMKLCHEN,  n.  kleiner  hammel;  gern  ein  liebkosungswort, 
$0  gegen  ein  mddchen:  ja,  mein  hamuielchen  !  Fii.idor  ver- 
meinler  prim  (Kios)  32;  rlwin.  hämmelchc,  hammeiche,  von 
ellern  gegen  ihre  kleinen  kinder  Kkiirein  1S3 ;  henneberg.  hnm- 
melr,  hcrzehommele  Fromm.  4,311,  audt  tchwäbiscU  bammele, 
tchmeidielname  für  kinder.  Schmid  259. 


HAMMELFELL,  n.  feil  des  hammeis. 

HAMMELFLEISCH,  n.  fleisch  vom  hammel:  man  möchte 
auch  zwar  sagen,  das  wann  das  schaaffleisch  nicht  so  ge- 
mein wäre,  so  würde  kein  wildprett  so  köstlich  und  angenem 
sein,  als  eben  das  hämmcineisch.  Sebiz  feldbauMb;  pastete 
von  hammclileisch,  warm  oder  kalt  zuzurichten.  ANARANTUca 
frauenzimmerlex.  (1773)  2432. 

HAMMELFRESSEU,  m.  für  den  wolf: 

endllcti  liesz  der  dirke  wald 
einen  starken  hinlerhalt 
frischer  tiammellresser  sehn. 

LiCHTWKR  fab.  3,  no.  18. 

HAMMELJÄHRLING,  m. ;  diesen  namen  (nämlich  hammel- 
lümmer)  behalten  die  junge  lämmer  {die  geschnitten  worden 
sind)  bis  um  Michaelis  auf  die  schaafrechnung,  denn  sobald 
sie  alsdenn  eingeschrieben  worden,  heiszen  sie  Lammeljühr- 
linge  oder  jiihilingshämmel.  öcon.  lex.  2133. 

HAMMELKEULE,  f.  kcule  vom  hammel:  hamelkeule  femur 
vervecinum  Frisch  1,407'.  öfter  in  der  form  hammelskeule: 
macht  eine  brühe  von  wein,  zucker,  zimmet..und  gieszt  sie 
sodann  über  die  hammelskeule.  Amaranthes  frauenzimmer- 
lex. {l''S)zlbS;  der  sitzt  ja  schon  seil  ein  paar  stunden  im 
Vorzimmer  bei  einer  hammelskeule.  Kotzebüe  werke  23,  87. 

HAMMELKNECHT,  m.  dem  die  besorgung  der  hammel  anver- 
traut ist. 

HAMMELKORN,  n.  hordcum  zeocrühon,  bartgerste,  reisgersle. 
Nemnich  3, 178. 

HAM.MELLAMM,  n.  das  geschnittene  männliche  lamm.  öcon. 
lex.  916.  2133. 

HAMMELLAüFEN,  n.  Wettlaufen  um  den  preis  eines  hammeis. 
BiRLiNGER  volkslhüml.  aus  Schwaben  2,  282. 

HAMMELMAUS,  f.  am  Rheine  die  hausgrille,  heimchen,  gryllus 
domeslicus ,  dann  auch  schmeichelwort  für  kinder.  Kehreim  183. 
der  name  wegen  ilirer  springfüsze ,  s.  unten  hammein  4;  die 
schweizerische  form  hammemauch  (Stalder  2, 16)  zeigt  die  ur- 
sprünglichere form  des  zweiten  Iheiles  des  namens,  der  mit  ahd. 
müh  heimlich,  goth.  möka-mödei  Sanftmut  zusammenzustellen  sein 
wird  {vgl.  mhd.  wb.  2,  1,  226'),  so  dasz  also  eigentlich  der  name 
ein  springimmchen  auszudrücken  hat.  das  ahd.  möhheimo  grylliu 
(Graff  2,654)  ist  eine  tautologische  composilion  die  auf  die  spring- 
fähigkeil  des  thieres  keine  rücksidd  nimmt. 

HA.MMELN,  HAMMELN,  adj.  vom  hammel:  verveeinus  häme- 
lin,  vervecina  coro  hämelin  fleisch  Dasypodiüs. 

HAMMELN,  HAMMELN,  verb.  1)  beschneiden,  verschneiden  in 
allgemeinem  sinne  (nach  hammel  l  5p. 310):  bestreich  die  hepen, 
damit  man  die  bäum  hamlet,  mit  knoblauch,  oder  henk 
knoblauch  an  die  büum,  so  thut  inen  kein  vogel  schaden. 
Herr  feldbau  92". 

2)  zu  einem  hammel  machen:  bammeln,  die  jungen  lam- 
mer männlichen  geschlechts  verschneiden.  Jacobsson  2, 199*; 
hamelen,  hemmein,  castrare  arietes  Stiei.er  748;  niederdeutsch 
hameln,  die  bücke  verschneiden.  Dähnert  17l'. 

3)  bei  Fischart  auch  in  einem  etwas  andern  sinne,  als  hammel 
leiten,  führen:  dievveil  sie  (Moscoviier,  Indier  u.s.w.)  von  den 
Romanisten  nicht  wollen  gewidert  und  gebammelt  sein,  groszm. 
131,  wollen  sie  nicht  für  ihre  leithammel  ansehen,  nach  Rabelais' 
etre  par  les  Romanistes  belinez  (belin  leithammel). 

4)  aber  ein  ganz  anderes  hammein,  das  mit  dem  vorigen  nicht 
zusammenhängt ,  braucht  eben  auch  Fischart  in  der  bedeutung 
hüpfen,  springen:  da  danzlen ,  schupften,  hupften,  lupften, 
Sprüngen,  sungen,  hunken,  reieten,  schreielen,  schwangen, 
rangen,  plöcheltcn,  fUszklöpfeten,  gumpelen,  plumpeten,  ram- 
melten, bammelten,  vollirten  . .  sie.  Carj,  82';  darnach  wann 
er  erwacht,  gumpet,  blitzet,  strabelt,  geilet,  rammelt  und 
bammelt  er  ein  weil  im  bell  herumb,  die  lebliclikeil  der 
sinn  und  müligkeil  des  geislcs  und  fleisches  etwas  aufzu- 
muntern und  zu  erfrischen.  159*.  die  Zusammenstellung  mit 
giimpen,  plumpen,  rammeln,  strabcln,  blitzen  zeigt  dasz  ein 
ungeschicktes  tliierisches  springen  mit  dem  ganzen  beine  gemeint 
vt ,  im  gegensatze  :u  dem  kunstvoll  mit  dem  fusze  ausgeführten 
tanzen ;  svmit  stellt  sich  das  uort  zu  hamme  sp.  309.  r<T>;i. 
hummclmaus,  und  das  folgende  hammclochs,  «ort«  bampci, 
hampeln,  auch  humpeln. 

IIAMMELOCHS,  m.  ochse  der  zum  bespringen  der  kühe  ge- 
hallen wird,  auclt  springochsc.  öcon.  lex.  301.  vgL  den  vorher- 
gehenden arlikrl  am  ende. 

HAMMKLSACK,  m.  scrolum  vervecinum.  SniLKR  10»8.  auch 
name  einer  groszen  birne.  NitMitica. 


313 


HAMMELSBRUST— HA.MMER 


HAJDIER 


314 


HAMMELSßRUST,  /'.  bruststück  eines  hammeis:  hammelsbrust 
zu  füllen.  AsciRANTHES  frauensimmeriex.  (n'3)  3154. 

HAMMELSCHLÄGEL,  m.  Hammelkeule :  versähe  ich  meinen 
ranzen  aus  der  kuchen  mit  einem  schunken  und  hammel- 
schlägel,  der  mit  knoblauch  gespickt  war.  Simfl.  3, 3S6  Kurz, 
in  der  form  hammelsschlägel:  haminelsschlegel ,  stockfisch- 
pläwige  eingemachte  lummel.  Garg.  53*. 

HAM.MELSCHNITT,  m.  das  auswählen  der  von  den  schaßal- 
lem für  die  erlaubnis,  auf  der  herschaßlichen  hule  zu  xceiden, 
an  die  landeshersciiaß  zu  entrichtenden  hammel.  der  name  daher, 
weil  jedesmal  der  zehnte  hammel  auf  das  kerbholz  geschnitten 
wurde.  Vh>i.ar  147. 

HAMMELSCHWANZ,  m.  cauda  verveeis,  auch  pflanzenname: 
groszer  oder  gelber  hammelschwanz ,  königskerze ,  verbascum; 
kleiner  hammelschwanz,  Odermennig,  agrimonium.  Kehbei.n  1S4. 

HAMMELSHODE.N,  f  plur.,  oder  maliasier,  werden  die  groszen 
schwarzen,  guten  wein  gebenden  trauben  einer  weinstocksart  ge- 
nannt. Nemnicb. 

HAMMELSKOLBEN,  m.  hammehkeule:  und  wann  ich  so 
über  einen  hammelskolben  kam,  der  mit  knoblauch  gespickt 
war,  und  eine  gute  kanne  hier  daneben  stehen  hatte,  so 
erquickte  ich  leib  und  seele.  Simpl.  l,  225  Kurz. 

HAM.MELSKOPF,  m.  köpf  eines  hammeis :  hammelsköpf  unter 
erlesenen  fleischwaaren  Garg.  53*. 

HAMMELSMÖHRE,  f  paslinaca  sativa.  Nemnich. 

HAMMELSSCHüLTER ,  f  Schulterstück  eines  hammeis  {cergl. 
hammelbug):  läszt  die  hammelsschulter  am  spiesze  braten. 
A»ARA5THES  frauenzimmerlex.  (1773)  3164. 

HAMMELSWANST,  f7i.  tränst  eines  hammeis.  audi  eine  apfd- 
förmige,  säuerliche  birnenart.  Nemsicb. 

HA.MMELSZUNGE ,  f  zunge  eines  hammeis:  pastete  von 
hammelszungen.  Amaramhes  frauenzimmerlex.  (1773)  2434. 

HAMMELTALG,  m.  talg  vom  hnmmel:  wenn  man  gute  ge- 
gossene lichter  machen  will,  so  nimmt  man  zur  hälfte  rinder- 
und zur  hälfte  hammeltalg.  Jacobsson  4, 367*. 

HAMMELTANZ,  m.  weltanz  um  den  preis  eines  hammeis. 
BiRLOGER  rolksthiiml.  aus  Schwaben  2,  289. 

HAMMER,  m.  malleus. 

ahd.  hamar,  mhd.  hamer;  altnd.  hamur,  fries.  homer,  n/. 
hamer ;  ags.  hamor,  engl,  hammer ;  aünord.  hamarr,  ddn.  ham- 
mer,  «cÄicerf.  hammare ;  nur  golh.  nicht  aufgewiesen,  eine  hoch- 
deutsche, zum  niedcrd.  neigende  nebenform  des  14.  15.  jaltrh.  ver- 
tauscht das  auslautende  r  mit  1  und  lautet  hamel :  cudere  mit 
dem  hamel  slahen  Diefenb.  I6l';  vgl.  auch  hammerschlag  2. 
die  pluralform  ahd.  hamarä  lebt  noch  in  dem  seltenen  nhd.  die 
hammer  (Steinbach  l,  685,  der  aber  gerade  diese  form  für  häu- 
figer ab  die  umgelautete  ausgibt),  gewühnUch  ist  seit  der  mhd. 
zeit  der  plur.  die  hömmer, 

mhd.  als  ob  tüsend  bemere 

da  klQngeo.      Engelhart  2730. 

Die  seü  lange  erkannten  etymologischen  bezüge  des  wortes  ergeben, 
dasz  dieses  uralte  deutsche  als  Handwerkszeug  wie  als  waffe  be- 
nützte gerät  ursprünglich  ein  steinernes  war.  wie  noch  aUnord. 
hamarr  neben  hammer  auch  fels,  klippe  bezeichnet,  so  ist  aus 
den  urverwandten  sprachen  verglichen  altslav.  kamen'  stein,  litt. 
akmu ,  lett.  akmins,  griech.  axucov,  sanskr.  a^man,  Wörter  die 
nur  ein  von  dem  deutschen  verscliiedenes  bildungssuf/ix  tragen  und 
der  Wurzel  skr.  a9  sich  schnell,  heßig  bewegen,  zufallen,  zu  der 
dann  ferner  skr.  a^an  stein,  wurfgeschosz ,  acjini  keil,  grieeh. 
fixtov ,  lat.  acies  fallen,  das  sanskr.  a9man  bezeicJinet  stein, 
schleuderstein,  felsstück,  dann  die  himmlische  Schleuderwaffe,  den 
donnerkeü  (Böiitl.-Roth  1,  516)  und  dem  entsprechend  war  auch 
im  deutsclien  derjenige  hammer,  den  man  dem  donnergotle  zu- 
tlteilte  {cergl.  unten  2)  üßer  und  wie  es  scheint  älter  als  keule 
oder  keil  aufgefaszt,  deutsche  mythol.  164/'.;  und  wenn  noch  nhd. 
kornhararaer  (5,1825)  für  den  dreschßegel  stellt,  so  mag  hierin 
die  älteste  keulen-  oder  schleuderähnliche  form  des  hammers  nach- 
klingen. 

hammer  ist  in  verschiedener  bedeulung  geraucht. 

1)  eigentlich,  malleus:  und  ein  iederman  quam  mit  sinen 
wergkgeczuge,  ein  ackerman  mit  siner  geiszeln,  ein  stein- 
metze  mit  siner  bicken,  ein  smed  mit  sinen  hammer.  Stolle 
bei  Haupt  8,313;  da  nam  Jael  das  weih  Heber  einen  nagel 
von  der  hülten  und  einen  hamer  in  ire  band,  richler  4,  21 ; 
das  man  kein  hamer  noch  heil,  noch  irgend  ein  eisen  gezeug 
im  bawen  börete.  l  kOn.  6,7;  es  «chmidet  einer  das  eisen 
in  der  zangen,  erbeitet  in  der  glut,  und  bereitets  mit  hem- 
mem.   Jes.  44,12;    heftet  sie  mit  negeln  und  bemmcrn.    Jcr. 


10,  4 ;  wenn  er  so  mit  dem  groszen  hammer  das  eisen  zu- 
sammen schlug.  Gbimm  deutsche  iagen  no.  556 ;  mancher  klopft 
mit  dem  hammer  an  der  wand  herum  und  glaubt  er  treBe 
jedesmal  den  nagel  auf  den  köpf.  Göthe  49,  45  {sprichwörtlich) ; 

schwingt  den  hammer,  schwingt, 

bis  die  form  zerspringt.    Schilleb  gtodu; 

ich  hör  meinen  schätz, 

den  hammer  er  schwinget.    üaLA;<D  ged.  31; 

schönes  eisen,  du  der  freien  freude, 

schmuck  der  tapfern,  köstlichstes  geschmeide, 

das  der  bammer  aus  metallea  schlug! 

Arsdt  gedickte  (1840)  512. 

Zusammen  genannt  werden  unter  den  schmiedegeräten  besonders 
oft  hammer  und  ambosz:  macheten  mit  dem  hamer  das  blech 
glat  auf  dem  ambos.  Jes.  41,7;  müssen  blasbäige,  zangen, 
ambos,  hammer  und  alles  andere  an  der  band  sein,  damit 
man  die  rechte  zeit  treffe.  Bütschky  Palm.  667;  'daj  mir, 
daj  dir',  sprach  der  hamer  zuo  dem  ambos.  Sprichwort  des 
14.  jahrh.  bei  Waciersagel  leseb.  (lS6l)  986,  20 ;  der  ambos 
erschrickt  nit  vor  dem  hammer.  Garg.  212'; 

du  musrt  herrschen  und  gewinnen, 

oder  dienen  und  verlieren, 

leiden  oder  triumphiren, 

ambosz  oder  hammer  sein.    Göthe  1,  144; 

eine  peinliche  läge  zu  bezeichnen  dient  die  redensarl  zwischen 
hammer  und  ambosz  sein,  alt  und  weit  verbieüet:  jam  quod- 
dam  est  et  apud  nationes  tritum  vulgi  sermone  proverbium, 
ut  de  bis ,  qui  anxietatibus  et  ingentibus  malis  prerauntur, 
dicant:  inter  malleum  sunt  et  incudem.  Orige:»es  in  Jeremiam 
homil.  20 ;  griech.  fiera^  tov  äxuovoi  xai  ofai^as. 

Bildlich  wird  von  einem  hammer  des  Schicksals  geredet,  wie 
sonU  das  Schicksal  scliläge  austheilt:  reine  demanten ,  die  fest 
und  glänzend  unter  dem  hammer  des  Schicksals  blieben. 
J.  Päcl  Titan  4,210;  auch  von  einem  hammer  des  (strafenden) 
gesetzes:  mein  ganzes  herz  ist  durch  den  hammer  des  ge- 
setzes  zerknirschet  und  geschlagen.  Scecppics  486;  diese 
klopfte  er  erst  von  glied  zu  glied  mit  dem  bammer  des 
gesetzes  ab.  J.  Paul  Titan  2,  47;  engl,  the  hammer  of  heresies 
(die  geiszel  der  ketzereien)  in  Hakewills  apology.  auch  die  schla- 
gende faust  heiszt  ein  hammer:  aber  soll  er  dir  einen  land- 
junker  schröpfen,  der  seine  bauren  wie  das  vieh  abschindet, 
oder  einen  schurken  mit  goldnen  borten  unter  den  hammer 
kriegen  . .  da  ist  er  dir  in  seinem  element.  Scbilleb  räuber 
2.3.  vgl.  hämmern,  der  obere  theü  eines  hammers  wird  einem 
köpfe  oder  haupte  verglichen  (s.  köpf  5, 1769,  haupt,  hammer- 
hanpt,  hammerkopf)  und  seine  einzelnen  theile  nach  thälen  des 
kopfes  benannt:  hammerauge,  hammerbacken,  hammerstirn, 
auch  hammerhaube. 

2)  der  hammer  war  das  altribut  des  deutschen  gewiltergoUes, 
des  Donar;  da  dieser  gott  zugleich  da-  das  land  segnende  und 
bewahrende  gott,  und  der  Schützer  der  reclüsgeschäße  war,  so 
diente  in  soldien  fällen  sein  hammer  als  symbol.  wie  in  der 
hädnisciten  vor  zeit  unter  diesem  zeichen  ehen  geschlossen  wurden 
irechtsalt.  163.  431,  die  ehe  war  an  kaufgeschäß),  so  wirkt,  zum 
theil  noch  in  unserer  zeit,  bei  besilznatime  und  veräuszerung  der 
hammer  mehrfach  mit. 

a)  die  beslimmung  der  grenze  eines  landstridies ,  der  nicht  durch 
zäun,  graben,  hügel  oder  anderes  fest  abgegrenzt  ist,  gescltieht  in- 
dem der  hammer  geworfen  wird,  wo  er  einfällt,  ist  der  grenz- 
punkt  {vgl.  rechtsalterth.  55—59):  so  dasz  unser  herr  von  Mentze 
daselber  uf  einem  rosse  soll  riden  in  den  Rine  als  fer  er 
mag  und  als  fer  er  mag  mit  einem  hubhammer  gewerfen  in 
den  Rine,  als  ferre  get  sin  gericht.  weisth.  1,534  (von  1324); 
die  marktfreiheit  .  gebet  an  . .  von  den  hainbuchen  bis  gen 
Erlich  in  den  Rhein,  so  weit  als  man  mit  einem  pferd  reiten 
kann  und  dannoch  mit  einem  bufhammer  fortwerfen  kann. 
1,  638  (von  1670);  statt  des  hammers  wird  mit  der  axt  geworfen: 
der  möchte  seinem  wild  also  fherne  in  den  vorgenanten  wald 
die  Fossenhelde  nachvolgen ,  alsz  derselbe  grave,  uff  einem 
ross  haltend  vor  dem  ebgenanten  walde  und  mit  einer  axe 
in  den  selben  wald  gewerfen  könte.  weisth.  1,682;  oder  auch 
mit  dem  pflugeisen.  3,  309.     vergl.  hammerwurf. 

b)  in  Niedersachsen,  Düringen  und  Franken  ist  für  den  theil- 
haber  an  einem  gemeindewalde  der  hammer  zeichen  des  mitbesitzes: 
derselbe  ist  mit  den  anfangsbuchstaben  des  namens  seines  eigen- 
Ihümers  versehen,  und  mit  ihm  werden  die  zum  fällen  bestimmten 
bäume  gezeichnet,  das  recht  einen  solchen  hammer  zu  verleihen, 
gebührt  nur  dem  obersten  vorsieher  der  mark:  es  soll  auch  der 
bolzweiser,  holzmeisler  und  forsten  nicht  macht  haben  einen 


315 


HAMÄIER 


HAMMER  —  HAMMERBACKEN 


31G 


hainmer  auszugeben  hinter  und  ohne  den  gemeinen  märker. 
Kirburqer  weisthum  in  den  rechtsaüerth.  163. 

c)  in  einigen  dürfein  Obeisachsens  beruft  ein  herumgescbickler 
hammer  die  bewohner  zum  rat  und  schütz  der  gemeinde.  Abkldrc. 

d)  (iffenükhes  ausgebol  von  gegenständen  geschieht  unter  dem 
zeichen  des  liammers,  der  durch  aufschlagen  den  meistbielendeii 
in  den  besitz  der  sache  symbolisch  einweist :  der  auctionalor  ling 
von  vorn ,  und  um  jedermann  zeit  zu  lassen ,  sich  zu  be- 
denken, mit  gedehnter  stimme  an:  einmal  vierzig  —  zum 
zweitenmal  vierzig  dukalen.  der  hammer  war  schon  aufge- 
hoben, als  aus  der  fernsten  ecke  des  zimraers  unvermuthet 
eine  helle  stimme  mit  einem  halben  dukaten  überbot.  Thüm- 
MEL  2,  114;  vergl.  Zuschlag,  zuschlagen,  daher  kommt  eine 
sache  unter  den  hammer,  wenn  sie  öffentlich  versteigert  wird, 
auch  engl,  heiszt  es  davon  go  to  the  hammer:  auf  das  büd 
zu  bieten ,  das  so  eben  unter  den  hammer  kommt,  garlen- 
laube  1S6!)  s.  Hl'. 

3)  wie  blitz,  donner,  hagel  als  kundgebungen  des  Donar  öfter 
persönliche  verv-endung  erlangen  und  für  die  gotlheit  selbst  stehen, 
so  ist  die  iraffe  des  gottes,  die  ja  zundclist  donnerkeil  ist,  für  den 
gott  selbst  bei  fluchen,  Verwünschungen ,  abgeblaszter  auch  bei 
bloszen  ausrufen  des  Staunens  genannt  {vgl.  deutsche  mythol.  106): 
dasz  dich  der  hammer  schlag!  Abele  «norcfnjiHp  4,  3;  nieder- 
deutsch dat  die  de  hamer!  dasz  dich  der  hcnker!  brem.  wb. 
2.  ."iTö;  i  vor  den  hamer!  ei  zum  henker!  das.;  di  schall  de 
hamer!  Dähnert  17l';  de  hamer  kennt  se  all,  der  henker 
mag  die  alle  kennen.  Schütze  2,  96;  verwundernd:  potz  hamer! 
ScHAMBAcu  73*;  dat  war  de  hamer!  Dähnert  17l';  den  hamer 
uk  !  brem.  wb.  2,  575 ; 

lueg  au,  er  cha  si  nid  halte,  er  ihuet  bim  hammer  na's  feischier 
uf.  CoHRODi  de  herr  viluiri  11. 

Auch  der  durchtriebene,  dräste  mensch  wird  landschaftlich  an 
hammer  genannt  {vergl.  hagel  4  .f.  144):  dat  is  en  hamer! 
brem.  wb.  2,  575 ;  mit  einem  davon  abgeleiteten  adjecliv  hamcrsk : 
en  hamersken  kerl,  ein  verzweifelter  kerl ,  einer  der  sich  an 
nichts  kehrt,  daselbst. 

4)  wie  Donar  seinen  hammer  im  streite  gegen  seine  feinde  führt, 
so  ist  der  gebraucii  dieses  geräts  als  waffe  ein  uralter,  wie  der 
des  beils,  der  axt,  vergl.  streilhammcr.  aber  er  verliert  sich 
schon  im  deutschen  allerlhum ,  so  dasz  das  schwert  an  die  stelle 
tritt,  und  ^Niederdeutsche  wie  Angelsachen  erhalten  nur  noch  den 
namen  bill  {slreithammer,  Streitaxt) ,  mü  dem  sie  nunmehr  aber 
das  schwert  bezeichnen  {Hildebrandslied  54,  Beov.  1558).  nhd.  ist 
hammer  als  waffe  in  der  bibel  gewährt:  du  bist  mein  hamer, 
mein  kriegswoffen ,  durch  dich  habe  ich  die  beiden  zu- 
schmissen, und  die  königreich  zustöret,  ier.  51,  20;  auch 
sonst :  als  waffen  der  bauern  bei  raufhändeln  werden  im  \l.jahrh. 
Steinhämmer,  achtThämmec  genannt.  Schmeixer  2,  I'J2;  sehen 
sie,  da  kehre  ich  meine  laschen  um,  und  es  ist  nichts  darin, 
weder  messen  noch  hammer,  noch  sonst  etwas,  womit  ich 
sie  erstechen  oder  erschlagen  könnte.  Immerman.n  Münclih.  4,20. 

5)  an  der  eingangslhür  änes  gebdudes  befand  .\«c/i  früher  ein 
hammer,  durch  dessen  aufschlagen  an  eine  melallplaltc  der  thiir 
man  einlasz  begehrte:  hammer  an  der  thiir,  corn'ix  Kirsch; 
vergl.  klapper  5,965;  daher  die  redensart:  wer  mit  einem  sil- 
bernen hammer  anklopft,  dem  macht  man  gleich  auf,  fccuniae 
ubediunt  omnia.  Stei.nbach  1,6S6;  in  anderer  fassung:  jener 
obrister  war  nicht  unschuldig,  dasz  er  ihm  die  pfort  der 
vestung  mit  einem  güldenen  hammer  liesz  aufschlagen.  Leh- 
mann   202;  Ual.  il  martel  d'arieiit(t  spezza  le  porte  di  ferro. 

6)  die  glocke ,  die  die  stunde  verkündet,  wird  durch  einen 
liamraer  bewegt:  zeiger,  unruhe  und  hammer  (rfpr  uhr).  Mathes. 
Sar.  ZU*,  es  heiszt  daher  neben  die  glocke  schlägt ,  auch  der 
bammer  schlägt;  der  hammer  hebt  aus  {zum  schlage); 

»cbliit;  zn'öirmal  xrlioii  des  thurineü  hammer, 
■0  stehen  wir  vor  liebrhens  haus. 

llniiNTAiio  die  tiisl.  mmikanlen  33 ^ 
da  HrOhnt  der  hammer  dumpC  imd  schwer 
zwöiTmal  vom  grauen  l<irchilinrm  her. 

lJui.4!<b  ijed.  320. 
vergl.  uhrhammer. 

7)  grusze  durch  wasser-  oder  dampfkraß  getriebene  h9mmer 
rerarbetten  in  betondern  gebduden  das  metall  zu  blechen  :  hammer, 
gro«zer  bammer,  der  durch  mühlräder  bewegt  wird,  malieus 
major  in  variit  ofßcinis  qui  machinis  regüur.  Fnisca  1, 408* ; 

die  werlie  Idappern  narlit  und  »ng, 

Im  Licin  portii  (tpr  hftnr 

und  hild>ain  von  den  i;  '  Iclien, 

DUiz  lelbit  da»  eiien  <  n. 

>cuii.i.i;b  'j-iii-j  'li'i  d.  eifrnhammer. 


lautes  foclicn  des  hcrzens  wird  einem  solchm  hammer  veigliclten: 

in  meines  herzens  kammer 
da  pocht  es  wie  ein  hammer.    C.  F.  Wrisz«; 
hier  srhiui?  Ihr,   indem  sie  im  schweisze  zerquoil, 
das  bebende  herz  wie  ein  hammer.    bÖRcss  65\ 

Dann  wird  der  name  auf  die  anstatt  seihst  übertragen,  in  der 
solche  hammer  gehen :  hammer,  ein  ort,  wo  man  eisen,  kupfer 
u.  d.  g.  zurichtet,  officina  ferraria,  aeraria  etc.  Steinbach  1.686  ; 
ej  sol  auch  nieman  kainen  hamer  haben  bei  den  zwain 
weiden.  A'ürnft.  polizeiordn.  169;  dieser  Tubal  Cain  welchen 
hernach  die  beiden  Vulcan  .  .  nenneten  .  .  und  erstlich  in 
Lemno ,  darnach  im  berg  Ethna  seinen  hammer,  esz  und 
Schmitten  setzten.  Mathesius  Sar.  7o';  da  bawet  der  alte 
Vulcanus  und  römische  meister  Loy  hemmer,  polier-  und 
Schleifmüllen,  das.;  brauhüfe,  mahlmühlen,  hammer.  Secken- 
DORFF  s.  43; 

hinaus  zum  hammer  schickt  man  mich. 

Schiller  gang  nach  d.  eisenhamnier. 

es  findet  sich  auch  hammer  für  eine  blosze  schmiede,  bei  der 
maschinenartiger  betrieh  niclit  anzunehmen  ist:  kam  in  die  Ruhia 
zu  einem  hammer  oder  waldschmiede.  Grimm  deutsche  sagen 
no.  556.     vgl.  eisenhammer,  kupferhammer,  hammei-werk. 

8)  in  den  münzwerken  diente  in  älteren  zeiten  ein  hammer 
zum  prägen  der  geldstücke,  vergl.  münzhammer;  daher  niederd. 
den  hamer  leggen,  die  münze  ruhen  lassen  Dähnert  17l';  den 
hammer  verleihen,  das  münzrecht  verleihen:  die  von  Lübeck 
verleiheten  den  hammer  und  schlugen  neue  Schillinge.  Faust 
lüb.  chron.  bei  Frisch  1,  408".  hei  den  jetzigen  prägwerken  ist 
hammer  der  zwischen  zwei  leitslangen  gehende  guszeiserne  körper, 
dessen  unleres  ende  ein  Stempel  iit. 

9)  bei  den  freimaurern  ist  der  hammer  das  zeichen  des  meisters 
vom  stuhl: 

er  (.4mor)  selbst  will  euch  jähr  aus  Jahr  ein 

der  meister  von  dem  stuhle  sein, 

und  euch  recht  sanft  regieren-, 

den  deputirten  braucht  er  nicht, 

so  längs  ihm  nicht  an  kralt  gebricht, 

den  hammer  seihst  zu  führen.     Bluhauer  werke  1,  270. 

10)  hammer  in  noch  andern  teehnüchen  bedeutungen:  am 
forlepiano  ein  hammerförmiges  hölzchen  das  an  die  saiten  schlägt 
und  sie  zum  tönen  bringt;  an  dem  gradbogen  genannten  nautischen 
meszinstrumenle  ein  auf  dem  pfeile  bewegliches  knie;  bei  grob- 
schmieden und  bildhauern  eine  art  von  stempeln  oder  meiszeln 
mit  horizontalem  stiele. 

11)  hammer,  malleolus ,  einer  von  den  vier  kleinen  gehür- 
knochen,  der  ähnlichkeit  mü  einem  hammer  hat.  Nehnich  3,494; 
ein  anderer  dieser  knocken  führt  den  namen  ambosz,  incus. 

12)  hammer,  eine  muschelart,  ostrea  malieus,  auch  polDischer 
hammer.  Nemnich  4,812. 

13)  hammer  für  hammerfisch,  squaliis  zygaena: 

schwarz  wimmelten  da  in  grausem  gemisch, 

zu  scheuszlichen  klumpen  geballt, 

der  stachlichte  röche,  der  klippenOsch, 

des  haminers  grauliche  ungestah.    Schiller  taucher. 

14)  hammer  für  ummer.  eine  vogelart,  emberiza  (l,  279):  gold- 
hammer  emberiza  ciirinella  Nemnich  2. 1477,  auch  englisch  the 
j'cilow  hammer.     rergl.  h.lmmerling  8. 

15)  hammer  ist  endlich  in  Kärnthen  auch  der  name  der  nies- 
wurz ,  veratrum  album  (Lexer  132),  die  bei  Nemnich  4,1550 
liemern,  hemcrwurz  genannt  wird. 

Die  zahlreichen  zusummenselzungen  des  wortes  bezeichnen  ent- 
weder seine  form,  haiihammer,  knlbenh.imnier,  pinnhammer, 
spilzhammer;  oder  lieben  seinen  zwecJc  und  seine  anwendung  her- 
vor: liaarhammer  (.7).  29),  bleclihammcr.  breilhammer,  deiigel- 
hamiiier,  formhamnier.  gliillhaminer.  hufhainmer,  klempner- 
haminer,  polierhaiiimer,  schiniedehaiumer ,  Streithammer, 
stimmhammer.  uhrhammer.  zurkcrhnmmer  u.  a. 

HAMMKHAMHOSZ,  m.  bei  den  kupferschmieden  der  ambosz 
wiirauf  die  groszen  slüeken  geschmiedet  werden.  Jacoiissok  2,  201*. 

HAMMKilAUBKITKH,  m.  arbeiter  auf  einem  hammerwerke. 

HAMMKHAUrip;,  n.  das  loch  in  der  slirn  des  hammers,  rer- 
mittelst  dessen  der  letztere  an  den  hammersliel  befestigt  wird, 
mineral.  lex.  284*. 

HAMMKHAXT.  f.  hammer  der  an  si^nem  haupt  zugleich  mit 
einem  meUzel  oder  einer  art  iv»«  kleimr  axt  versehen  ist  und 
zum  kalfatern  der  schiffe  gebraucht  wird,  um  werg  in  die  fugen 
zu  treiben.  Jacohsson  2.  201*.     vgl.  huiihaminer. 

HAMMK.HHACKK.N,  f.  plur.  die  seilen fldehen  des  luimmtr- 
kojifrs  bintf  ■— r'iärfe.  mineral.  lex.  2S4*. 


3r 


HAMMERBAHN  —  HÄiülERLEIN 


HÄ3ÜIERLEIN — HÄMMERLLNG 


318 


HÄMMERBAHN,  f.  das  brdtere  ende  des  hammerhopfes.  Frisch 
1,  40S'.     s.  bahn  12,  Uieil  l,  1078. 

HÄMMERBAR,  adj.  mü  dem  hammer  zu  bearbeiten. 

HÄMMERBABKEIT,  f.:  hämmerbarkeit,  malieabilität,  ist 
die  vielen  metallen  zukommende  eigenschaft  sich  unter  dem 
hammer  nach  mehreren  richlungen  zugleich  ausdehnen  zu 
lassen.   Karmarscb  2,  221. 

HAMMERBEERE,  f.  raccinium  rüis  idaea,  die  preiszelbeere. 
Nem.mcb  4, 1540. 

HÄMMERBEIL,  n.  hammer  der  an  einetn  ende  seines  hauptes 
ttie  ein  heil  gestaltet  ist;  von  den  bergleulen  bei  der  Zimmerung 
der  scIiäclUe  gebraucht,   minerat.  lex.  2S4'. 

H.äM.MEREISE.N,  n.  der  eiserne  köpf  eines  hammers. 

HAMMERER,  HÄ.MMERER,  m.  maUeator ,  ahd.  hamaräri, 
mhd.  hameraere :  hammerer.  bammerschmid  ferrarii,  malleatores 
Maaler  209';  hämmerer  mdlealor  Stieler  759. 

H.äMMERFINNE  ,  f.  die  der  bahn  gegenüber  stehende  spitze 
seile  eines  hammerkopfs,  wie  hammerpinne. 

HAMMERFISCH ,  m.  sqiialus  zygaena.  Nem.mch  4 ,  1357. 
5.  hammer  13  sp.  316. 

HAMMERFORM,  f.  form  eines  hammers. 

HAMMERFÖRMIG,  adj. 

H.\MMERGEPINK,  n.; 

mir  hat  freude  gemacht  der  feurige  glänz  {aus  einer  schmiede) 

in  dem  dunkeln, 
und  das  getcbärtge  bammergepink.    Toss  Idyll.  17,  10. 

HÄMMERGERÜST,  n.  in  einem  hammerwerke  das  gerüst, 
innerhalb  dessen  der  hammer  geht.  Jacobssos  2,  201*. 

HÄMMERHAüBE,  f.  der  hinlere  theil  des  hammerkopfs,  der 
das  hammerauge  umsdüieszt. 

HAMMERHAL'PT,  n.  der  ganze  obere,  zum  sddagen  bestimmte 
theil  des  hammers,  im  gegensatz  zum  hammerhelm,  bammer- 
sliel.     vergl.  bammerkopf. 

HAMMERHELM ,  m.  stiel  des  hammers.  Friscd  I,  408*. 
s.  heim. 

HAMMERHERR.  m.  herr  eines  hammencerks.   Fbisch  das. 

HAMMERHCTTE,  /".  hätte  in  der  ein  hammer  geht,  hammer- 
verk.  Jacobsson  2,  201*. 

HAMMERKOPF,  vi.  tras  haramerbaupt :  er  stemmte  den 
hammerkopf  zwischen  den  holzbalken  der  grabesthür  und  die 
klammer  des  Schlosses.    Silberstei.n  alpenrose  von  Ischl  2,  54. 

H.äMMERLELN.  n.  l)  klaner  hammer:  molleolus  hemerlein, 
bemmerlin  Diefexb.  344';  hämmerlin  Maai.er  203';  hämmer- 
Sein  Stieler  759;  die  allein  darinn  (in  ein  unzerbrechliches 
glas)  gefallene  bäulen  oder  buckeln  mit  einem  häramerlein 
dergestalt  mit  klopfen  ohn  einigen  risz  oder  bruch  heraus 
triebe.  Pbilander  1642  l.  450. 

2)  als  eigenname  ist  Hänimerlein  an  das  altribiU  des  donner- 
gMes  angelehnt  (oben  sp.  314)  und  eine  verblaszte  personification 
des  letzteren  {myth.  166),  die  auf  den  teufet,  aber  auch  auf  den 
henker  (tri«  der  henker  öfter  an  stelle  des  teufeis  tritt,  s.  henker) 
und  endlich  auch  auf  gauklet  übertragen  tcird.  das  dem  eigen- 
namen  stets  vorgesetzte  meister  bezeugt,  dasz  man  sich  den  Ham- 
merlein zunächst  als  obersten  der  bOsen  geister  dachte. 

a)  HSmmerlein  für  teufet:  und  sol  sich  ein  Christ  täglich 
üben  mit  seinen  herrlichen  Sprüchen,  die  er  wider  den  teufel 
und  die  sünde  brauche ,  wenn  er  einmal  sterben  sol ,  da 
meister  Hämmerlein  denn  nicht  feiern  wird.  Neakoer  menschen- 
spiegel  12';  es  musz  ein  fein  engelchen  sein,  so  in  meister 
Hämmerleins  himmel  gehöret,  k-unst  über  alle  künste  30. 

6)  bezeichnung  des  henkers:  man  musz  in  (den  Lutherschen) 
mit  meister  Hemerlin  begegnen,  der  wirt  in  wol  die  bibel 
umb  das  maul  schlagen,  neue  zeitung  1546  A4';  unlängsten 
ward  ein  Hesz  zum  sträng  venirtheilt.  als  dieser  jetzo  sein 
gebärende  hänfine  portion  von  meister  Hämmerlin  solle  be- 
kommen . .  viszbadisch  wisenbrünlein  öS ;  meister  Hummerlins 
gerüst  (der  galgen).  Pbila.iüer  1642  1,374. 

c)  werden  auch  gauklet  Hämmerlein  genannt,  so  führt  der 
name  darauf,  dasx  man  sie  steh  zunächst  als  zauberer  dachte, 
die  teufelskünste  trieben  u.  hexenmeister):  in  summa,  man  gibt 
oft  etlich  balzen  oder  stiber,  ein  meister  Hemmerlins  spil 
oder  andern  gaukelmarkt  zu  sehen,  bienk.  iso';  beitschen- 
schleger.  stengleinlaufer,  meislerhemmerlein,  affenboszier. 
groszm.  88.  spater  wird  der  name  auf  blosze  possenretszer  über- 
tragen Stieler  759.  Frisch  l,  408",  auch  auf  marionetlenspieler 
ScH«.  2, 192.  Hie  namen  eines  solchen  pwsenreiszers.  Hanswurst 
Hailekin,  als  Scheltwort  für  unverständige  leute  dienen,  so  finden 
«tr  auch  Hämmerlein  in  dieser  bedeutung  gebraucht: 


wann  aber  nit  wil  gelten      tren,  lieb  und  treglich  last, 
wie  man  dann  findet  selten      ein  holz  gerad  obo  ast, 
und  selten  companeyen,      darin  nicht  meister  sein, 
so  lernt  euch  ferner  freien      von  solchen  Hemmerlein. 

DoMA^i  lied  von  d.  kante,   bei  Gödeke, 
d.  dicht.  1,  231",  60. 
vergl.  hämmerling  4. 

3)  Hämmerlein,  der  name  eines  poUergeisles,  mag  wie  Frisch 
a.  a.  0.  anführt ,  direct  daher  entstanden  sein ,  dasz  der  geist  zu 
klopfen  pflegt  und  andres  getöse  macht,  wie  man  in  Kärnthen  den 
im  holze  boltrenden  wurm ,  dessen  klopfen  nahen  lad  verkünden 
soll,  toatenhammerle  nennt.  Lejer  132. 

4)  meister  Hämmerlein  für  den  tod  verzeichnet  Scbm.  2, 192, 
auch  sonst  wird  von  dem  tode  gesagt,  dasz  er  klopfe,  anpoche : 
der  tut,  der  böte  unsers  herren  gotes  Iciopfet  zuo  türe. 
predigten  von  Leyser  126.  doch  sciteint  der  gedanke  berechtigter, 
dasz  wie  oben  2,  a,  so  auch  hier  die  abgeblaszte  person  des 
tödtcnden  donnergottes  zu  gründe  liegt,  wie  in  der  allüterierenden 
formet  tod  und  teufel  verbunden  sind;  im  Alsfelder  passionsspiel 
bl.  24 — 26  führt  der  tod  eine  keule,  gerade  wie  der  hammer 
Donars  von  Saxo  clava  genannt  wird. 

5)  hämmerlein,  der  taumelloUh,  lolium  temulentum.  Scbh. 
2, 192. 

HÄM.MERLING,  m.  im  eigentlichen  sinne  der  änen  hammer 
habende  oder  führende,  wie  plättling  der  platteniräger ,  mönch, 
brötling  (2,  404)  der  in  brot  sldtende ,  diener ,  günstliog  der 
gunst  besitzende,  u.  a.  das  worl  steht  zunächst  (1 — 3)  als  eigen- 
name wie  das  vorige  (2 — 4) ,  zeigt  ausgang  von  denselben  Vor- 
stellungen und  im  allgemeinen  gleiche  entwickelung  der  bedeutung. 

1)  meister  Hämmerling,  der  teufel:  Hämmerling,  meister, 
ein  beiname  des  bösen  geistes.  Lessi.ng  11,  624  aus  Scberäcs 
sprachenscliuie  (1619);  wir  sind  alle  arme  sünder,  und  wenn 
wir  nicht  umkehren  und  werden  wie  die  kindlein,  so  kommt 
am  ende  meister  Hämmerling,  und  holt  die  genien  so  gut 
wie  die  gemeinen  leute.  Wielaxd  8,  89. 

2)  beiname  des  henkers:  dehne  und  strecke  das  wort  wie 
meister  Hemmerling  Buschwalpen.  räm  dich  62;  meister 
Hämmerling,  der  fürchterliche  wahrheitsforscher,  wurde  her- 
einberufen ,  durch  die  beredsamkeit  seiner  stählernen  argu- 
mente  (der  foUeruerkzeuge)  ihn  zu  vermögen ,  gott  und  der 
obrigkeit  die  ehre  anzutbun ,  sich  um  den  hals  zu  beküm- 
mern. Mdsäüs  Volksmärchen  2,65;  meister  Hämmerling.  der 
Scharfrichter.  5,  240 ;  weil  ja  seit  mehr  als  dreiszig  jähren 
unter  so  manchen  muthwilligen,  lästerlichen  und  schandbaren 
büchern  . .  meines  wissens  nur  ein  einziges,  flüchtiges,  harm- 
loses blatt  vom  meister  Hemmerling  geopfert  worden.  HAVAN.f 
4.104; 

dem  birten  und  der  klugen  Trau, 

dem  meister  Hämmerling, 

berichtete  der  erbe  schlau 

wie  kläglich  ihms  ergieng.    Job.  Fb.  Kihb  gedickte. 

H.  Heine  braucht  eine  form  meister  Hemling,  die  willkürlich 
uuÄ  Hämmerling  verstümmelt  zu  sein  scheint:  meister  Hemling, 
der  dir  dein  haupt  abschlug,  armer  Thomas  Münzer,  er  war 
in  gewisser  hinsieht  wol  berechtigt  zu  solchem  verfahren : 
denn  er  hatte  das  schwert  in  bänden  und  sein  arm  war 
stark,  über  Börne  140. 

3)  meister  Hämmerling  wird  auch  (wie  Hämmerlein  3)  ein 
gespenst,  böser  geist  genannt:  wenn  der  herr  dieses  alles  nicht 
glauben  kan,  so  gehe  er  nur  eins  über  das  schlesische 
Riesengebirge,  wo  das  berufene  gespenst,  der  RübenzabI 
genannt,  hausirt;  da  wird  er  innen  werden,  ob  dieser  meister 
Hämmerling  kein  weiter  machen  könne.  E.  Fra.xcisci  die 
lustige  schaubidme,  Mrnb.  1702,  s.  218,  wenn  der  geist  hier  niclU 
als  Zauberer  oder  hexenmeisler  bezeichnet  werden  soll,  der  «elter 
maclien  kann  (vgl.  unter  hagel  sp.  142  und  hämmerlein  2,  c). 

4)  wie  Hämmerlein  (2,  c)  als  name  auf  gaukler  und  possen- 
reiszer  übergegangen  ist,  so  verzeichnet  auch  Stieler  759  meisler 
Hämmerling  in  solchem  sinne  und  setzt  ihm  den  Hans  Wurst 
gleich;  Rist  belegt  einen  unverständigen  ladler  mit  diesem  namen: 
verhoITe  unterdessen ,  dasz  ich  sowohl  dir  meinem  freunde, 
als  meister  Hämmerling  meinem  Feinde  . .  ein  genügen  werde 
gethan  haben,  parnass  vorher.  b6; 

niemand  wird  disz  lied  verdriesren, 
als  nur  meister  Hämmerling, 
der  sehr  weit  von  solchen  sachen, 
welch  uns  überirrdisch  machen.    179; 

ein  gedieht  ist  überschrieben:  an  seinen  unverständigen  meister 
Hämmerling,  welcher  sich  einbildete,  dasz  alle  die  erdichtete 
namen  der  Schäferinnen  wahrhafte  und  von  dem  Dafnis  hoch- 
gehaltene weibesbilder  weren;  es  heiszt  darin: 


319 


HÄMMERLING— HÄMMERN 


HAMMERN  —  HAMMERWERK 


320 


Hämmerling  hat  das  ergründet, 
Uämmerling,  das  haubt  der  narren, 
der  so  gar  verstehet  nicht, 
was  nur  hetsz  ein  itunsl^edicht, 
Tril  doch  immer  mit  drein  schnarren. 

Gödeke  d.  diclit.  1,  315^  64. 

Als  appellativum  siebt  hümmerling,  oder  auck  un umgelautet 
hammerling,  in  mehrfach  anderem  sinne. 

5)  hammerling,  der  laumeUolch,  lolium  temulentum,  wie  liäm- 
merlein  5. 

6)  hammerling,  knotenhoh  der  rebstöcke ,  fächser:  fechser, 
hammerling,  scliieszling,  malleolus,  surculus  nodosus  aptus  ad 
germen  et  incisionem  vUium  generandam.  Hemsch  1027. 

7)  hammerling,  name  einer  kirschenart,  prunus  amarella,  von 
säuerlichem  geschmack;  sie  heiszl  sonst  in  Obersachseti  und  Düriiujen 
ammer,  der  name  ist  aus  dem  lateinischen  in  ziviefacher  form 
entstellt,  gerade  wie  der  rogelname  ammer  sich  auch  als  hammer 
und  hammerling  {no.  8)  findet:  wenn  man  aber  wolleben  und 
ein  gutz  müllein  haben  will,  so  thiitz  ein  scharpf  kes  und 
brod,  oder  eine  alte  berghenne  und  ein  ungemachtes  kraut 
und  gescharne  ruben  nicht,  damit  sich  die  kinder  des  Hechtes 
in  irem  elend,  wie  hernach  Elise  schüIer,  behelfen  müssen, 
nnd  oft  hemmerling.  oder  ir  obs  derren ,  es  gehören  volle 
kröpf  und  schleckerbiszlein  darzu  und  ein  gutz  trünklein. 
Mathes.  Sar.  9*.  ir  obs  kann  nicht  suum  pomum  sein,  sondern 
musz  irres  obs,  obst  das  nicht  zur  reife  gekommen,  schlechtes 
obsl,  bezeichnen,  wie  solches  oft  zum  dörren  gebraucht  wird. 

8)  hammerling  endlich  für  ämmerling  (l,  279) ,  emberiza 
cttrinella,  wie  hammer  14  sp.  316 /"ür  ammer :  pa/pu/us  hemmer- 
ling G.  ÄGRicoLA  animantium  nomina;  hammerling  dicilur  avis 
nomine  chlorion  Stieler  759; 

auch  streut  itzo  der  morgen  aus  Schneegestöbern  und  nebeln 
bunte  heerden  von  hämmerlingen  über  den  hoT  aus. 

Zachariä  tageszeilen  (1757)  s.  20; 

nur  der  güldene  hammerling  sitzt  auf  dem  haselgebüsche  ... 
und  singt  immer  sein  einTörmig  lied.  s.  40. 

HAMMERMEISTER,  m.  l)  der  besüzer  oder  auch  nur  leUer 
eines  hammcrwerh.   miner al.  lex.  284*. 

2)  6«  J.  Paul  einer  der  den  hammer  als  meisler  führt:  als 
plötzlich  der  hammermeister  des  hackbrets  (das  hackbreit  wird 
mit  einem  hammer  gerührt)  seinen  musikalischen  fäustel  auf 
die  besaitete  tenne  fallen  liesz.  TUan  l,  99. 

HAMMERMÜHLE,  f.  hammerwerk  dessen  betrieb,  wie  bei 
mühlen,  durch  flieszendes  wasser  erfolgt.  Jacobsson  6,  21*. 

HAMMERN,  HÄMMERN,  i;er6.  vialleo  contundere,  cudere, 
tnhd.  hemeren  wb.  l,  625'.  die  unumyelautele  form,  seit  dem 
Ib.  jahrh.  nachweisbar,  aber  wol  viel  älter :  hameren ,  malleare, 
malleo  perculerc  voc.inc.  theut.  il";  malleare  hemeren,  hameren, 
hemmeren,  hämmeren  Diefenb.  344',  ist  gegen  die  umgelautete 
weniger  im  gebrauch,     das  wort  steht 

1)  intransitiv  und  in  der  bedeulung 

a)  mit  einem  hammer  sddagcn :  also  ein  schmid,  der  mus 
bei  seinem  ambos  sein  und  seiner  schmitle  warten  . .  das 
hemmern  schlegt  im  die  obren  vol.  Sir.  38,30;  der  Dürr  ist 
drohen  in  der  teufelsschmied  und  hämmert,  als  sollten  heut 
noch  zwölf  paar  hufeisen  fertig  werden.  Immermann  Münchh. 
2,  44; 

auch  "sie  hört  schlag  auf  schlag 
dumpf  über  ihren  häuptern  hammern  (:  oejammern). 

TuünaEL  d.  Iteit.  KUiun  47; 
Indessen  die  Zyklopen  hier 
aus  allen  krälien  hämraern. 

Dlumaler  werke  2,  208  (.4rn.  8.  buch). 

b)  bildlich,  anhaltend  und  mit  regelmäsxigkeit  klopfen,  wie  es 
mit  einem  hammer  geschieht :  so  hümmert  der  specht,  wenn  er 
mit  seinem  schnabel  die  bäume  nach  Würmern  beklopft:  wöhrend 
der  Schwarzspecht  neidisch  jeden  genossen  von  dem  bäume 
|Ogt,  an  dem  er  hämmert.  Tschudi  tluerleben  der  Alpenwelt  S4 ; 
wer  ungestüm  und  anhaltend  an  einer  thür  um  einlasz  pocht,  von 
dem  sagt  man,  er  hümmcrt  an  der  thür;  auch  das  dauernde 
louclilagen  auf  einen  gegner  mit  stock  oder  fausl  wird  hSmmerii 
genannt: 

({relfl  der  stets  1  •  isier 

nochmals  zum  l>  'bc, 

bAmmert  auf  di>    .  >,<lxtcr.    Göthi  4,  874. 

c)  auch  rein  passiv,  wie  ein  hammer  bewegt  werden  und 
klopfenden  Ion  von  sich  geben :  eisenwerke,  maschinen,  pocb- 
werke  hämmern ;  daher  bildlich  von  herz  und  brusl,  deren  klopfen 
einem  hammer  verglichen  wird  {tp.  316):  hämmernde  brusl. 
J.  Paul  Q.  Fixlän  l&S;  hlmmernde  schlafe; 


horch!  wie  mein  herz  im  busen  hämmert!    Göckinck  2,69; 
es  (das  hert)  hftmmerl  und  klopfet  bei  tag  und  bei  nacht, 
es  hat  mich  schon  längst  um  den  schlal'  gebracht. 

11.  IIeink  buch  der  lieder  39. 

2)  transitiv,  mit  dem  hammer  bearbeiten:  der  schmid  häm- 
mert das  eisen,  vom  klempner  wird  das  blech  gehämmert; 
wol  gehämmert  malleatus  Dasyp.  ;  der  porphyr  .  .  will  mit 
pickeisen,  welche  zugespilzet  sind,  allgemach  und  mit  groszer 
geduld  gehämmert  sein.  Winkelmasn  3,134; 

rings  von  den  höhen  des  dorfes 
tönt  die  gehämmerte  sens',  als  tönete  glockengebeier. 
Voss  Idyll.  17,  4». 
auch  mit  angäbe  der  Wirkung,  die  sense  scharf  hämmern,  eisen 
zu  bleche  hämmern,  und  bildlich  (mit  bezi^'hung  auf  l,b  oben): 
er  thal  mich  zu  einem  küfcrmeister  in  die  lehre:    dem  lief 
ich    davon;    darauf  zu  einem  Schlosser:  Hlen  hätte  ich  bei- 
nahe  selbst   in    einem    streite   zu    blech  gehämmert.    Riehl 
culturgesch.  novellen  421. 

HAMMERORDNüNG,  f.  Ordnung  eines  hammerwerks.  mineral. 
lex.   284*. 

HAMMERPINNE,  f.  die  der  bahn  gegenüberstände  dünnere 
fläche  des  hammerkopfs.     s.  hammerfinne. 

HAMMERRAD,  n.  rad,  welches  im  hammerwerk  einen  hammer 
in  bewegung  setzt.  Jacobsson  2,  201". 

HAMMERSCHLAG,  m.  i)  schlag  mit  dem  hammer,  mhd. 
hamerslac  wb.  2,2,383':  wenn  die  hamraerschläge  kamen, 
schalt  er  den  herrn,  und  hiesz  ihn  hart  werden  wie  eisen. 
Grimm  deutsche  sagen  wo.  556;  nach  grade  wäre  es  mir  selber 
lieb,  wenn  ich  dem  dinge  bald  den  letzten  hammerschlag 
geben  könnte.  Kotzebue  werke  9,  319 ;  {der  schlossergesclle  sagt) 
mit  jedem  hamnierschlag  rück  ich  dem  ziele  {der  hochzeit) 
näher,  dramal.  spiele  2.  Sl ;  kettengerassel  und  hammerscblüge 
hallten  durch  das  gewülbe.  E.  T.  A.  Hoffmann  «,232;  von 
meinen  armen  mit  meines  herzens  hammerschlagen  ange- 
schmiedet. Arnim  schaub.  1, 127. 

2)  scoria,  abfall  von  dem  durch  den  hammer  bearbctleten 
melall:  fomes  zundel  oder  hamerschlag  Diefenb.  241';  scona 
hamelslach  520*;  ma/iicif/tum  hamerslag,  hamelslag  345';  spodios 
hammerslag  Trochus  L4';  bei  den  kupferschmiden  findet 
man  von  dem  rohen  und  schwarzen  kupfer  in  der  beisze 
wie  auch  in  den  seigerhütten  den  gröbsten  hammerschlag, 
und  auf  dem  ambosz  nach  dem  treiben  und  hemmern  den 
kleinen  oder  subtilen  hamraerschlag ,  welchen  man  kupfer- 
braun nennet.  Mathesiüs  5ar.  65';  man  nimmt  darzu  (zudem 
kitte)  bolus,  hammerschlag  oder  zünder,  der  vom  eisen  ßllt, 
wenn  man  es  schmiedet,  öcon.  lex.  1216.  —  Weiblich  ist  eine 
nebenform  scoria  hamerslage,  hamcrslagge,  hamerslaggen 
Diefenb.  520';  verhärteten  auslaut  zeigt  hamerslayck  das.;  latura 
illud  et  tenue,  quod  evolal  per  percussionem  a  ferro,  der 
hammerschlack.  Cur.  Encelids  de  re  metallica  (Frankf.  1551) 
s.  58.     vgl.  schlacke. 

HAMMERSCHLAGEN,  verb.  malleo  cudere:  ahd.  kehamir- 
slagöt  ward  percussus  Gbaff  6, 774 ;  wenn  man  daj  golt  hamer- 
sleht,  so  kiserl  e;  sich.   Megenberg  475, 16. 

HAMMERSCHMID,  m.  schmid  in  einem  hammerwerke.  mineral. 
lex.  285';  di  hamersmide  di  schyn  und  schar  wurkenl.  Nömft. 
polizciordn.  160;  da;  der  meisler  der  hamersmit  selber  z8  den 
heiligen  swern  sol,  da;  er  und  sein  gewalt  dhein  coln  ni;;en 
und  brennen  sol  von  beden  weiden  jenseil  und  disseil  der 
Pegnitz.  170;  die  Chalibes.  welche  «lern  stahel  und  gobertetem 
eisen  den  namen  geben  und  in  Iberia  und  Colchide  neben 
den  Mossoneken  gewonet,  sind  auch  berflmpte  hammer- 
schmide  gewesen.  Matiiesius  Sar.  78'. 

HAMMERSTIEL,  m.  .f/id  des  hammers. 

HAMMKHSTIRN,  f  die  schlagende  fläche  des  hammerkopfs. 

HAMMEUSTRAÜCH,  m.  ceslrum ,  dem  kreuzdom  verwandte 
pflanze.  Nemmch  2,981. 

HAMMEHSTUEICH,  m.  streirJi  mit  dem  hammer:  dieser  stein 
ist  seinem  nicisler  nicht  widerspenstig,  sondern  nimmt  dessen 
hammersircich  sehr  fruchtbar  und  gedeilich  an.  S&rronAaT 
academie  (1675)  1, 11. 

IIA.MMEItrNG,  f.  adus  cudendi;  sonus  el  lomu  malleorum 
ex  percussione  edilus.  Stieler  759. 

HAMMERWERK,  n.  wcrkhaus  in  dem  grosse  hdmmer  durch 
wasser-  oder  dampfkraß  bewegt  werden  (wie  hammer  7  sp.  816). 
Frisch  1,  408';  als  Lieschen  .  .  die  rrlaubnis  verlangte  auf 
dem  nächsten  bammerwrrkc  diesen  abend  zuzubringen.  GOthb 
23,192.  bildlich:  im  lärmenden  bammer-  und  inüblenwerk 
der  Stadt    J.  Paul  Hesp.  4, 16. 


321 


HAMMERWTRF  —HAMPELMANN 


HAMPELMANN — HAMSTER 


322 


*  HAMMERWURF,  m.  gienzbestimmung  durch  das  vcrfen  eines 
hamniers  {nach  hammer  2,  a  sp.  314).  Haltals  789.  redäs- 
allerth.  56 /f. 

HAMMERZANGE,  f.  bei  dem  grobschmid  eine  grosze  sänge 
mit  gekrümmten  kneipen,  icomit  die  hdmmer  feü  gehalten  werden, 
wenn  ihre  finnen  glühend  gemacht  und  geschdrß  werden  sollen. 
Jacobsso.n  2,  20l'. 

HÄMMLEIN,  n.  kleiner  hammel;  bei  Göthe,  indem  er  über 
frömmelnde  lammesverehrung  spottet: 

und  gläubige  sie  alle  zusammen 

mit  hämmleins  lämmleiiis  liebesflammen.    57,  256. 

HÄMMLING,  m.  easiratus,  eunuchus.  GorrscnED  in  seinem 
nOlhiyen  torral  1,  39  braclUe  den  ältesten  beleg  für  dieses  tcort 
bei,  aus  einer  su  Ulm  14S6  gedruclden  Übersetzung  des  eunuchus 
ron  Tcrenz ,  in  der  es  hciszt:  eunuchus,  dus  ist  in  teutscli 
hemüng;  ein  jedenfalls  ron  dem  Übersetzer  nach  hammel  2 
{sp.  310)  beliebig  gebildetes  wort,  das  sich  sonst  ireder  gleichzeitig 
noch  später  nachweisen  läszt.  durch  Gottsched  irard  das  wort 
neiler  bekannt  und  in  büehern  häufiger  verwendet,  ohne  dasz  es 
aber  mehr  als  künstlich  aufgefrischtes  bücherwort  geworden  wäre: 
der  hemling  Careslini  war.  wie  man  sagt,  eins  der  lieblich- 
sten pfeifchen,  die  das  stimmmesser  je  aus  italienischem 
röhre  geschnitten  hat.  Licbtenderg;  Schach-Gebal  winkte  ihm 
Uerhei ,  und  entledigte  sich  seines  geheimnisses  in  die  nie- 
drige seele  eines  verächtlichen  hämmlings.  Wieiand  8,414; 
meinst  du,  wir  wären  türkische  sullaninnen?  läszt  du  dich 
zum  elenden  hämling  brauchen?  Kotzebce  werke  8,192;  ein 
solcher  {starker  wille)  ist  nicht  der  Stoizismus,  welcher  blos 
über  innere  missethäter  oder  hämlinge  oder  krieggefangene 
oder  kinder  gebeut,  sondern  es  ist  jener  genialisch-energische 
geist,  der  die  gesunden  wilden  unsers  busens  dingt  und  bän- 
digt. J.  Pacl  Titan  2,22;  gekrönte,  gestirnte,  infulierte  hämm- 
linge.  uns.  löge  3,31; 

die  schwarzen  bämmlinge  muszten  den  höchsten  gipfel  be- 
steigen, 

allein  da  wollte  kein  goldnes  schlosz  sich  zeigen. 

WiBLA^D  5,  "0  (neuer  Amadis  25,  6), 
die  ertte  ausgäbe  las  noch  die  schwarzen  verschnittenen; 
und  wie  auf  glattem  eis 

sieht  man  den  imam  selbst  mit  einem  hämmliog  walzen. 

Oberon  5,  47 ; 
also  jüngst, 

da  ich  an  einem  Opernhaus  vorübergieng, 

mit  mächtigen  trillern  einen  hämmliog  hört  ich  krähn. 

Pritz  polit.  Wochenstube  R4, 
ebendaselbst   hämmlingsmelodie   ron   dem   gesange   eines  solchen 
caslraien.     H.  v.  Kleist  braucht  das  wort  in  anderm  sinne,  ganz 
wie  hammel  2  sp.  310: 

Var.  wa3  also,  sag  mir  an,  was  hab  ich 

Ton  jenem  Herrmaan  dort  mir  zu  versehen?« 
Vent.  Quintilius,  das  fasz  ich  in  zwei  worte. 

er  ist  ein  dHUtscher. 

in  einem  bämmling  ist,  der  an  der  Tiber  graset, 

mehr  lug  und  trug,  musz  ich  dir  sagen, 

als  in  dem  ganzen  volk  dem  er  gehört. 

2,  443  {Hermannsschlacht,  6.  auftr.). 

H.\MML1NGSGEKL.\TSCH,  n.:  alle  diese  fragen  haben  im 
hintergrund  lauter  hofintriguen  . .  alles  bezieht  sich  zuletzt  auf 
lauter  weiber-  und  hämmlingsgeklätsche.  H.  Heine  werke  5,38. 

HAMPEL,  m.  landschaftliches,  durch  Oberdeutschland  gehendes 
Scheltwort  fftr  einen  iölpelhaßcn  menschen:  so  in  Hessen  hampel 
einfallspinsel  Vilmar  147  mit  dem  adjectiv  harapelig  unanstellig, 
ungeschickt,  albern  im  benehmen;  in  Franken  und  der  Welterau 
hampel,  hambel:  sie  wehrn  ahner  vun  dene  gude  hambel 
vor  die  s  schad  wehr,  dasz  se  nel  glei  mit  herner  uf  die 
weit  kumme  wehrn.  Streff  des  barschen  heimkehr  115;  bair. 
haimpel,  hamballe,  guter  narr,  tropf  Scdm.  2, 197 ;  kämthnisch 
hampele,  heampele  schwachsinniger  mensch  Leier  132;  schwdb. 
hampel  tölpel  Scbmid  259. 

Es  gibt  audi  ein  fem.  die  hampel,  einfältiges  weib,  s.  dorf- 
hampel  2, 1281. 

Die  bedeutung  des  Wortes  ist  nach  hampelmann  und  hampeln 
(j.  unten)  wol  zunächst  hergenommen  ton  dem  zappelnden  und 
kindisdi  springenden  gebahren  eines  narren,  der  auch  sonst  ron 
seinem  ungeschickten  gehen  den  namen  taps,  Hans  Taps  trägt, 
wenn  im  niederdeutschen  hampel,  mit  der  Verkleinerung  häm- 
peiken  das  männliche  glicd  bezeichnet  (Fromm,  5,  347),  so  ist  hier 
das  springen  nach  der  gesdilechllichen  seile  hin  bezogen ,  s.  oben 
hammelochs. 

HAMPEL.  f.,  s.  hampfel. 

HAMPELMANN,  m.  geschnitzle  oder  pappene  puppe  mit  beweg- 
lichen durch  ziehen  zu  regierenden  gliedern,  ein  kinderspielzeug, 
IT.  II. 


das  in  Düringen  auch  zappeimann,  zappelpiippe  hei.'izt :  ich 
habe  wohl  puppen  und  auch  einen  hampelmann.  Rabener 
biicfe  48;  Cliaritas  hat  mir  ihren  hampelmann  geschenkt.  49; 
die  dürren  glieder  flogen  während  des  hämmerns  wie  die 
theile  des  kinderspielzeuges ,  welches  hampelmann  genannt 
wird.  Immebmank  Mündih.  2,  145 ; 

wie  man  das  liebe  geld  den  leuten  aus  den  sacken, 
wie  mit  dem  hampelmann  die  kinder  locken  kann. 

A14RANTUES  proben  der  poesie  (1710)  443; 
einst  gab  die  gute  mutier 
ihr  einen  hampelmann 
von  wachs  zum  beilpen  Chrisle. 

Pfefpel  poel.  vers.  5,  145. 

?ieben  der  unum geläuteten  geht  eine  umgelautete  form  hampel- 
mann, hampelmann  in  quellen  des  16.  17.  jaluh. : 

gemeine  hempelraänner, 
das  kleine  dockenwerk  wird  öliers  ehr  verkauft, 
als  das,  wornach  man  auch  in  beides  Indien  lauft. 

ScBwiEGER  geharn.  Venus,  Zuschrift  tum  sechsten  zehen. 

Der   name   der  geschnitzten  puppe  wurde  auch  auf  kubolde  i\ber- 
tragen ,    von  denen  man  fratzenhafte  bilder  auszuschnitzen  liebte, 
daher  lachen  wie  ein  hampelmann,  tgl.  deutsche  rnythol.  470.  475. 
ISarren  und  einfältige  leule  nennt  man  in  mildem  spotte  ham- 
pelmann: ja,  mein  lieber  hempelraan.  Katziporus  (1558)  L7'; 
der   hampelman  sprach.  Ls';    Wellington,    dieser  eckig  ge- 
schnitzte hampelmann,  der  sich  ganz  nach  dem  schnürchen 
bewegt,  woran  die  aristokralie  zieht.  H.  Hei.xe  teerte  3,66; 
alter  hampelmann! 
im  schreien  wird  er  noch  den  hals  abstürzen. 

TiECK  1,  268: 
Emanuel,  du  hampelmann! 
willst  du  mir  denn  nichts  sagen? 

Dbostk-IIülsuoff  ged.  228. 

HAMPELMETHODE,  f. :  es  will  schon  was  sagen,  die  ver- 
derbte sperrbeinige  Pariser  hampelmelhode  (beim  ballcUanz) 
in  sanfte  Schlangenwindungen  des  schiinen  kürpers  umzu- 
bilden. Zelter  an  GOthe  6,  401. 

HAMPELN,  terb.  zappelnd  oder  ungeschickt  sich  mit  den  füszen 
bewegen:  auf  einem  Schlittschuh  allein  laufen,  humpeln  oder 
hampeln.  Jahn  turnkunst  (1847)  1,431;  henneberg.hampela  nach- 
iässig  gehen  Fromm.  3,132;  niederd.  hampeln  sich  hin  und  her 
bewegen  {dann  aber  auch  auf  die  geschlechlsarbeit  bezogen)  b,3i' : 
engl,  himple.  lahm  gehen,  hinken;  vgl  himpelhampel.  erwägt 
man  das  gleichbedeutende  hammein  4  sp.  312,  so  scheint  hampeln 
sich  nicht  anders  dazu  zu  terhalten  wie  bammeln  zu  bpmpeln 
(l,  1095.  1096).  an  auch  in  der  bedeutung  etwas  verschiedenes 
i.mpeln  (l,  279)  darf  aber  wol  nicht  zu  dieser  reihe  herangezogen 
werden. 

HAMPFEL,  f.  quantum  manu  capilur,  entstanden  aus  hand- 
voll,  t«e  arfel  (1,563)  aus  armvoll,  mumpfel  aus  mundvoll, 
was  die  schweizerische  form  handfei,  handfeie  neben  hampfel, 
hampfeie  (Stalder  2, 16)  deullidi  zeigt,  der  ausdruck  gehl  durch 
die  ober-  und  mitteldeutschen  dialede  in  der  form  hampfel  {vgl. 
Lexer  132)  oder  bamfel  (aus  dem  Elsasz  Fromm.  6,2601;  in  Ober- 
sachsen mit  der  diniinulivbildung  hümfelchen,  ein  hömfelchen 
salz;  milleldeulsch  ist  hampel  mit  verhärteter  labialis,  z.  b.  in 
Hessen  Vilmar  147.  so  heiszt  audi  ein  kleines,  mit  der  hand  zu 
erraffendes  bündel  ihren ,  deren  mehrere  in  eine  garbe  vereinigt 
werden :  handvoll,  et  conlr.  eine  hampfel  sive  hampfel  pugillus, 
manipulus  Stieler  752; 

wie  sich  dein  froh  gesinde  bückt, 
aus  hampeln  garben  macht,  und  die  zur  .scheune  schickt. 

Wermke  266. 
s.  handvoll. 

HÄ.MPFLIG,  adj.  was  die  hand  füllt,  oder  ras  neh  mit  beiden 
hohlen  händen  fassen  läsa,  schwäz.  bampflig,  ghampflig  Stalder 
2,17; 

die  Glarner  kartend  sich  umbe, 

si  tatend  ein  widerschnall. 

s!  wurfend  mit  heropfllgen  steinen, 

dasz  in  den  berg  erhall.     Uhlaivd  volkst.  411; 

daher  auch  in  übertragener  bedeutung:  ein  hämpfeliger  junge 
in  Schmalkalden  ein  voller,  dicker,  starker  junge,  'der  eine  hand- 
toll gibt'  Vilmar  147;  in  Koburg  derb,  grob  in  der  rede  Fromm. 
2, 192.     s.  handvöllig. 

HAMSTER,  m.  mus  cricetus. 

1)  alle  quellen  bezeichnen  mit  diesem  worte  den  kornwurni, 
curculio:  alid.  hamastro,  hamistro  Graff  4,954.  auch  mit  der 
nebenform  hamelstre  gurgulio  das.  wahrscheinlich  war  das  wort 
auch  weiblich,  wofür  amstra  gurgulio  (a  a.  o.),  sowie  ein  att- 
niederdeutsdies  hamstra  gurgulio  in  den  Straszburger  glossen  zeugen. 

21 


323 


HAMSTER  —  HÄMTÜCKISCII 


HAN  — HAND 


324 


2)  später  erst  geht  der  name  auf  das  vicrfnszige,  dem  mausge- 
fchlechte  angehOrige  thier,  das  nur  in  wenigen  gegenJen  Deutschlands, 
u>ie  namentlich  in  Düritigen  und  dem  Elsasz  bekannt  ist:  ciicetus 
hamster  Diefenb.  15"',  hamstra,  liamzira  nov.  gluss.  119';  mit 
den  nebenformen  hampster  Dief.  a.  a.  o. ;  hanbester  damna 
voc.  ine.  Iheut.  hs';  hansler,  hamslel,  hemmester,  hamerster 
damma ,  dammula  Dief.  165';  istius  generis  (rirerrarHm)  est 
etiam  hamester,  quem  quidam  cricetum  nominant.  Agricola 
de  animantibus  sublerraneis  41;  das  gcschlächt  der  meüszen 
so  man  hamester  nennet,  ist  ein  klein,  gschwind,  gar  zurnig 
thier,  wonet  in  der  erden,  die  färb  desz  ruggcns  sol  sein 
wie  der  hasen.  Forer  thierb.  (1583)  Itl".  als  zorniges  und  hab- 
gieriges thier  bekannt,  dienl  der  hatmler  häufig  zu  vergleichen, 
borstig  wie  ein  hamster  wird  von  einem  heßig  aufbrausenden 
gesagt;  er  l>rnstet  wie  ein  hamster,  grunnü  more  criceti  Frisch 
1,  40S*;  gierig,  gefräszig  wie  ein  hamster  sein;  ein  geitzhais 
der  . .  über  dem  todten  metall  ärger  als  ein  hamhster  über 
seinen  eingesambleten  gelreide,  nusse  und  dergleichen  sitzt 
und  wache  hält.  unw.  doclor  201;  vergl.  hamstcraugen;  in 
Düringen  und  Obersachsen  ist  auch  ein  verbum  hamstern  gierig 
zum  munde  führen,  gebildet  worden,  was  auch  im  nassauischen 
gekannt  wird  Kehrei.n  184;  einhamstern,  tras  3,196  fehlt,  in 
dem  sinne  habsüclUig  ztisamnieu^charren,  ist  landsdtaftlich  weiter, 
wie  es  scheint,  übei-  ganz  Mitteldeutschland  verbreitet. 

Zur  etymologie  kann  nur  eine  andeutung  beigebracht  werden. 
aus  urverwandten  sprachen  bietet  .nch  zur  verglcichung  einzig  das 
allslav,  cliomestar'  animal  quoddam  (Mikiosich  lex.  palaeo-slov. 
1093'),  das  wieder  wurzelhaft  zusammenhängt  mit  ru.w.  chomiäk 
mus  cricetus.  da  slav.  ch  nach  den  geselzen  der  lautverschiebung 
nicht  deutschem  h  entspricht,  so  kann  das  wort  beiden  sprachen 
nicht  ursprünglich  gemeinsam  sein,  sondern  es  musz  enllehnung 
stattgefunden  haben,  von  wessen  seile,  wird  mit  bestimmtheil  schwer 
zu  entscheiden  sein,  wenn  man  aber  berücksichtigt,  dasz  im 
.tlaviscben  das  wart  mit  zwiefachem  ableitungssufßx  erscheint,  also 
dort  lebendig  ist,  ferner  dasz  der  hamster  einen  groszen  tlieil  des 
slavischen  gebietes,  namentlich  Ruszland,  Polen,  Böhmen,  bis  über 
Ungarn  hinein  bewohnt ,  während  er  in  Deutschland  nur  strich- 
weise auftritt,  so  wird  man  eher  annehmen,  dasz  das  wort  den 
Deutsciten  von  den  Slaven  zugekommen  sei.  wenn  sich  mit  dem- 
selben in  Deutschland  nur  der  allgemeine  begriff  eines  dem  gelreide 
schädlichen  thieres  verband,  dann  konnte  es  in  gegenden,  wo  der 
hamster  nicht  bekannt  war,  auch  wie  wir  oben  1  gesellen,  auf 
den  kornwurm  bezogen  werden.  —  Das  altslav.  ch  in  Wörtern  die 
nicht  erUlehnt  iiind,  üt  aus  einem  älteren  s  entstanden  (Schleicher 
campend.  2491,  so  dasz  choniestar'  gar  wol  mit  dem  sanskr.  sam 
mit,  ahd.  samanön  sammeln  zusammenhängen  und  sammler  be- 
deuten könnte. 

HA.MSTFKAHTIG,  adj.:  die  meisten  menschen  nun  haben 
etwas  elster-  oder  hamsterartiges  und  sammeln  gerne  schätze, 
..  die  sie  verbergen  bestmr)glich.st.  J.Gotthelf  scAu/rfenft.  «.151. 

HAMSTPJRAUGEN,  n.  plur.: 

wenn  über  meine  hüttenschwelle 

die  habsucht  ihre  hamsteraugeii  rollt. 

Kl.  E.  Schmidt  iioet.  briefe  6t. 

HAMSTERFÄNGER,  m.  der  den  hamsterfang  gewerbsmäszig 
treibt:  dasz  mancher  hamsterfönger  nur  an  dem  von  zehen 
bis  zwanzig  hamstern  eingetragenen  vonalh  sich  und  die 
«einigen  auf  den  winter  mit  brod  und  hülsenfrüchten  ver- 
gehen kan.  öcon.  lex.  918.     s.  hamstergräbcr. 

HAMSTEKFELL,  n.  pellis  criceti.  Stieler  405;  hamsteifell 
. . .  dient  zum  unterfulter  der  gewöhnlichen  frauenpelze.  Ja- 
cORSSo^r  2,  201'. 

HAMSTEHFUTTER,  n.  hamsterfell  zu  fulUr :  sehr  gut  gieng 
es  mit  hamsterfulter.  I.eipz.  messberichl  im  frankfurter  Journal 
|(!67  no.  296. 

HAMSTKRGRXRER,  m.  der  auf  den  feldern  die  Wohnungen 
der  hamster  aufgräbt  und  das  thier  tödtet.    Jacorsson  2,  20t'. 

HAMSTERLOCH,  n.:  lieber  hättet  ihr  sie  {die  brillanten) 
auf  die  »trasze  werfen,  in  ein  hamsterloch  vergraben  sollen. 
Kotzrbce  dramat.  sp.  3,  250. 

HAMSTERMÖHRE,  f.  wie  hamsterloch,  der  hau  des  hamsters 
und  lU'iang  zu  demselben. 

HAMSTERSCHRANK,  m.  nennt  man  in  gegenden  MiUel- 
deulichlandi  eintn  grosxen  schrank,  der  ahnlich  wie  der  bau  des 
hamtters  in  viele  fäeher  eingethetlt  ist  und  eine  menge  Vorräte 
fatsl. 

HÄMTCCKISCR,  aij.  teräeckl  bothaft,  t.  hSmUch  tp.  308, 
und    itickioch:    von    hlmlfickiichen   pfafTen.    Ekuktng  1,420; 


aber  so  eine  grobe ,  aus  der  hift  gegriffene ,  hämtückische 
{lüge)  ist  mir  doch  lange  nicht  vorgekommen.  8, 19". 

1I.\N,  m.  mitteldeutsche  zusammengezogene  form  für  hagen 
sp.  149,  die  sich  in  mehreren  folgenden  compositen  ßndet ,  land- 
schaftlich ,  wie  in  der  Wetterau ,  auch  selbständig  begegnet,  die 
l'inge  des  vocals  lial  auch  die  Schreibung  iiahn  ergeben,  vgl,  hahn- 
buche, hahnbutte  sp.  165.  lf>6. 

HANBREI,  m.  s.  hahnbrei  sp.  165. 

HAINBUCHE,  f  carpinus  belulus ,  aus  hagenbuche  .f.  140. 
Nem.mch  2,  895. 

HANBUTTE,  f.  aus  hagenbutte  (spalte  140),  die  frueht  der 
hagerose : 

ach,  deine  rothe  wäneelein 

die  sind  roth  wie  hanbutten  fein. 

Sacer  reime  dich  63. 

HANBUTTENGESTRÄÜCH  ,  n.   Kleist  frühling  (1754)  s.  45. 

HAND,  f.  manus. 

A.  Formelles  und  etymologisches. 

Die  älteste  deutsche  form  des  Wortes,  im  gothischen  gewährt,  ist 
handus;  dieselbe  hat  sich  am  besten  noch  im  altnordischen  hüml 
aus  liaiidu  erhalten,  in  dem  allen  niederdeutschen  sprachen  gemein- 
samen band ,  souie  in  dem  ahd.  mhd.  hant  aber  ihres  charac- 
teristischen  auslauls  ganz  entledigt,  das  wort  tritt  im  hochdeutschen 
in  die  i-declinaiion  über  und  entwickelt  daher  im  plural ,  in  der 
altern  spräche  auch  im  dat.  gen.  des  Singulars,  umlaut ,  nicht 
ohne  dasz  jedoch  von  dem  altern  declinationsverhällnisse  spuren 
bis  in  die  heutige  spräche  hinein  blähen,  die  sich  in  dem  fehlen 
des  Umlauts  an  der  betreffenden  casusform  geltend  machen,  der 
gen.  sing.,  ahd.  henti,  lautete  mhd.  hende,  woneben  sich  eine 
erstarrte,  von  dem  nom.  hant  nicht  unterschiedene  form  ausbildete, 
lue  unserer  heutigen  genitivform  zu  gründe  liegt;  daneben  steht 
indes  auch  eine  alle,  dem  goth.  handaus  verwandte,  aber  durch 
abfall  des  Casuszeichens  s  und  Schwächung  des  atislauts  zurück- 
gegangene form  hande,  bis  in  die  nhd.  zeit  hinein  dauernd,  und 
namentlich  dann  verwendet,  wenn  band  art,  weise  bedeutet,  vgl. 
unten  IV,  2.  gleiche  formen  hat  der  dat.  sing.,  neben  band  ist 
hande  (goth.  handau)  dem  altern  nhd.  nicht  ungewöhnlich: 

was  zog  er  von  seiner  hande? 

von  goid  ein  lingerlein.    Vilmar  volksl.  129,  14, 

namentlich  in  der  adverbial  gewordenen  Verbindung  zu  hande : 
zu  hande  gehorchen  {confestim  obtemperare).  Frontin  v.  Tacius 
bei  Fronsp.  3,  229' ; 

darnach  tot  man  zu  hande 

den  Hagenbachcr  .schier.    Liliencron  votk.<!l.  2,  28,  5; 

daneben  häufiger  die  form  hende,  gekürzt  hend,  die  noch  durch 
das  m.  jahrh.  hindurch  dauert:  in  der  hende.  Bocc.  1,  70'; 

was' trag  ich  auf  der  hende?    Ubland  votksl.  587; 

er  nam  sie  bei  der  hende, 

bei  Ir  schneweiszen  band, 

er  fQrt  sie  im  ein  ende, 

do  er  ein  gertlein  fand.    672; 

und  eh  ein  unglück  hat  ein  endt, 

ist  schon  ein  anders  vor  der  hendt.     H.  Sacbi  3,1,237'; 

rieht  ahn,  das  dich  potz  marter  schent! 

wil  dir  denn  nichts  gelin  ausz  der  heodt?    237'-, 

wag  hat  8ic  :m  ir  hende? 

von  gold  ein  ringelein.    GönisKB  u.  Tittmann  liedeib.  47,  19; 

die  blaterii,  die  sie  {die  sonne)  euch  nun  brennt, 
und  die  ir  schalTot  iiin  der  liend, 
werden  eucii  dienen  noch  zum  rhßm. 

FiscuART  ytfickh.  schiff  {Höileke  d.  dicht,  i,  194',  121. 

vergl.  auch  behende  1, 1336. 

Der  gewöhnliclien  form  des  nom.  acc.  ahd.  henti,  mhd.  hende. 
nhd.  bände,  bis  ins  n.  jahrh.  auch  hende  geschrieben,  gekürzt 
hend:  das  er  ihnen  unter  die  hend  .  .  gerhiet.  Garg.  131*. 
stellt  bei  Opitz  bände  vereinzelt  gegenüber,  das  er  aber  nur  in 
der  Übersetzung  von  Grotiu.i'  Wahrheit  der  chrktl.  religion  wagt, 
und  auch  nur  im  reime,  offenbar  durch  das  holländische  original 
beeinflusst : 

und  dleset  int  der  bund,  so  durch  des  Moses  handa 

darn.'ich  heiilegelt  i<t  mit  weil  mehr  andrem  pfände.    *•  387; 

von  euch  wird  fest  geelniihi,  änat  uhcr  viel  hnilande 

(oU  ein  gPMilbeter  iiurh  kiuiimen,  dcü.scn  hAiido 

euch  bringen  Holten  glück  und  fried  und  volle  huld.    x.  38S; 

wdlirend  auszerhaUi  des  reimet ,  s.  h.  t.  362.  4o6  das  ihm  auch 
tonst  allein  gereclite  umgelautete  bände  steht,  etien  auch  vereinsrll 
tst  eine  tchwache  pluralform  bänden  :  in  der  kraft  meiner  bänden. 
Ki.iNCKn  Iheater  3,111,  die  auch  sonst  zu  dem  sprarhqehrauclir 
dieses  dichtert  und  tu  dem  ebenfalls  gewagten  die  ti  lichten  3, 114, 
dir  steinen  3, 124  stimmt 


325 


HAND 


HAND 


326 


lieben  der  dalivform  häuden ,  tnhd.  henden ,  ahd.  hentin, 
hantln,  sleM ,  nocli  im  nhd.  nicht  unhäufig,  Kenn  auch  im  ge- 
brauche eingeschränkt,  das  unumgelautele  banden,  ahd.  hantum, 
hantun,  als  deutlichster  rest  der  allen  u-flexion.  es  wird  von 
den  ältesten  zeiien  des  nhd.  her  nicht  verwendet,  wenn  das  Korl 
in  ganzer  sinnlicher  kraß  steht,  und  das  bei  Opitz  gewährte, 
vereinzelte : 

der  samarit,  nicht  wert  von  Petrus  banden 
zw  werden  angerührt.      U.  Grolius  icalirheit,  s.  'Mb, 

ist  nach  dem  oben  gesagten  zu  beurtheilen;  uol  aber  in  einer 
reihe  durch  praepositionen  eingeleiteter  stehender  /onneln.  in  denen 
die  sinnliche  bedeutung  des  vortes  zurücktritt,  und  die  meislen- 
Iheils  rein  adverbial  empfunden  werden,  wie  daraus  hervorgeht, 
dasz  sie  auch  stehen,  wo  man  eine  accusalivform  erwarten  müste 
{unten  b,  d,  h).  die  umgelautele  form  bänden  ist  in  solciien  ver- 
Otndungen  die  seltenere,     es  sind: 

u)   bei  banden  (vergl.  die  zusammengerückte  form  beihanden 

1,1373): 

lug,  hab  allzeit  solch  prob  bei  banden, 
so  kömpstu  nimmermehr  zu  schänden. 

grobianus  (Erfurt  1552)  c4"; 

gern  hätten  uns  die  guten  männer  einen  abdruck  mitgegeben, 
es  war  aber  nichts  bei  banden,  was  zu  irgend  einer  art  von 
form  tauglich  gewesen  wäre.  Güthe  28, 120. 

b)  vor  banden:  als  ob  er  selbst  {der  feldherr)  vor  äugen 
und  banden  wer.  Wilw.  v.  Schaumb.  106,  es  ist  hier  noch  ganz 
sinnlicli  gedacht,  gleiclu^am  greifbar;  nicht  mehr  so  im  folgenden  : 
ich  hab  ein  gescheft  vor  banden.  Bocc.  2,  74*;  ir  unrQwig 
leut,    sind  ir  aber  vor  banden?  Wickbam  rollte.  19,23  Kurz; 

wie  er  wider  den  türken 
ein  z&g  vor  banden  hat. 

ein  christenl.  zug  leider  den  Türken  C4'; 

rerql.  unten  II,  1.  h,  und  vorhanden,  ganz  ohne  gefühl  für  den 
casus  ist  die  Verbindung  gesetzt: 

menschen  musz  stets  viel  geTabr, 

creuz  und  leid  für  banden  gehn.    Opitz  1,  2S2, 

die  so  sie  (die  poeten)  als  ein  leichtes  ding  vor  banden  zu 
nehmen  unbedacht  sich  unterstehen,  abzuhalten,  poeterei  vjr- 
rede  A  2. 

c)  ob  banden,  wie  vor  banden,  in  die  bedeutung  da,  gegen- 
wärtig, itbei gegangen,  auch  zusammengerückt  obhanden  geschrieben: 
es  muszte  länger  gekocht  werden ,  besonders  wenn  Sauer- 
kraut ob  banden  war.  J.  Gottbelf  schuldenb.  83; 

wie  manch  und  vielerlei 
blutmordspektakel  ihm  der  Juden  tyrannei 
an  dir  zu  sehn  gedacht,  schien  dir  als  gott  obhanden. 

Sci'LTKTDs  bei  Lessi.ng  8,  299, 

davon   das   adjectiv  obhanden:    die  obbandene  gefahr.   Scbm. 

2,  203. 

d)  unter  banden,  oft  zusammengerückt  unterbanden  ge- 
schrieben : 

Rüdiger  ist  mir  ab  gestanden, 

ein  andern  han  ich  unter  banden, 

der  ist  ein  stolzer  Jüngling,    fasln,  sp.  549,  4; 

indessen  aber  hatte  ich  auch  drei  doppelhaken  .  .  unter- 
banden. Simpl.  1,  25"  Kurz;  es  ist  schon  wol  zwanzig  jähr, 
.  du  hatte  man  diese  sach  auch  schon  unterbanden.  3,312; 
ich  erinnere  dich  deszjenigen.  so  du  unterbanden  hast,  mit 
bedachtem  mut  zu  tbun.  buch  der  liebe  208';  dasz  ich  die 
conlinuation  {des  buclies)  unter  banden  hab.  Schüppiüs  587. 
GöTHK  wendet  hier  die  umgelautete  form  an:  wer  seine  sacbe 
empfiehlt,  musz  sie  doch  jemand  empfehlen,  und  wem  em- 
pföhle man  sie  besser  als  dem  der  sie  unter  bänden  hat. 
26.132;  bedenke  man  zunächst,  dasz  seine  mehresten  werke 
ihm  nicht  lange  unter  bänden  waren.  37,  91.  aucti  hier,  wie 
bei  b  bleibt  die  als  adverbium  gefühlte  dativische  Verbindung,  wenn 
das  folgende  verbum  auch  einen  accusativ  verlangt :  was  ihn  {den 
wild  gewordenen  pferden)  unter  banden  kam,  rannten  sie  zu 
boden.  6uc/i  der  liebe  226';  sorgen,  so  der  liebe  gott  mir 
zugeschickt  und  unter  banden  hat  stoszen  lassen.  Schwei- 
NiciiEN  3.  242;  sorgen,  so  mir  das  vergangene  jar  unterbanden 
gestoszen.  24 1. 

e)  zu  banden,  zuhanden:  nam  seinen  spiesz  zuhanden. 
Aimonbog.b;  der  riller  ..  sein  spür  zu  banden  nam.  Galmy 
323 :  als  nun  Reymund  sabe  das  grosz  ungefell.  das  im  zu- 
handen gangen  was.  buch  d.  liebe  2^3';  das  ungefell,  das  mir 
zu  banden  gungen  ist.  264";  lieber  die  gerährlicbe  scblacbt, 
dann  den  heilsamen  Verzug  wollen  zu  banden  nemen.  Fronsp. 
kiiegsb.  3,137*;    meinen    djerichtsslab)   wider   zubanden   möcbt 


nemmen.  Kircbhof  milii.  diseipl.  227;  so  mir  auf  einmal  zu- 
gleich, neben  dem  verlangen  ihn  zu  kennen,  und  den  willen 
ihme  zu  dienen,  zu  banden  gegeben.  Bctschkt  M.  Aanii.  39 ; 
wann  alle  deutsche  für  ihr  Vaterland  sich  recht  fridlich  ver- 
einbahren möchten,  so  wirde  zweifeis  ohne  noch  wohl  etwas 
auszuncblen  und  das  entzogene  wider  zu  banden  zu  bringen 
sein.  s.  360;  wann  ich  erwege,  was  dir  noch  zuhanden  stoszen 
wird,  unwürd.  doclor  817;  denselben  morgen  aber,  da  ihr 
solches  zu  banden  gestoszen.  Grihh  deutsche  sagen  no.  176; 
nachdem  sie  die  schönen  frauen,  die  er  zum  Staate  mit  sich 
führte,  nebst  allen  kostbarkeiten ,  die  er  bei  sich  hatte,  zu 
banden  genommen.  VVielasd  6, 76;  den  gescbäften  des  fürstea 
nicht  allein ,  sondern  auch  der  erziebung  der  kinder  sollte 
nun  Schlosser  wo  nicht  vorstehen ,  doch  mit  rath  und  that 
willig  zu  banden  sein.  Götue  25,  83;  nun  aber  kam  die  kritik 
der  urtheilskraft  {Kants  buch)  mir  zu  banden.  50,52;  ver- 
schiedene bücber  sind  uns  ungeachtet  aller  bemühungen  nicht 
zu  banden  gekommen.  53,  S ;  mir  sind  nicht  alle  documente 
dieses  wichtigen  ereignisses  zu  banden  gekommen.   54,206; 

80  stöst  mir,  gott  erbarms,  das  gröste  noch  zu  banden. 

Flui:<g  116; 
kein  leid  stöszt  mir  zwar  zu  banden.    398; 
habt  ihr  doch  vielleicht  verstanden, 
was  der  Venus  gieng  zu  banden, 
da  sie  den  Adonis  liebte.    Logau  3,  99,  10; 
fünf  tausend  krönen  wären  mir  zu  banden.    Göthi  41,  69. 

In  dieser  formel  ist  das  umgelautete  bänden  nicht  so  gewöhnlich: 
es  ist  uns  ein  exemplar  unsers  dichters  (des  Logau)  zu  bänden 
gekommen,  das  sich  aus  der  Stollischen  bibliotbek  herschreibt. 
Lessing  5,108.  das  adverbiale  der  fftgung  tritt  zurück,  wenn 
ihr  ein  possessivum  oder  ein  näher  bestimmender  genitiv  beigesellt 
ist:  er  erkant  wol,  das  er  Montabon  ..  mit  gewalt  niemmer 
zu  seinen  henden  brecht.  Aimon  bog.  x  iij ;  audi  hier  wird 
indes,  selbst  von  neuern,  die  unumgelautele  dälivfarm  gesetzt: 

der  seiner  grösze  zu  des  rechtes  banden 

sich  so  entäuszert.    Shakesp.  könig  Heinrich  Ff,  2,  5,  2; 

that  would  deliver  up  his  greatness  so 

into  the  hands  of  justice; 

herr,  meine  seel 
zu  deinen  banden  ich  empfebl.    Uhla>o  ged.  415. 

/)  aus  banden :  welches  ich  als  ein  sonderbares  kleinod, 
ausz  banden  eines  groszen  und  gottsfürchtigen  reichsfürsten 
empfangen.  Scucppiüs  267;  des  berrn  vettern  rath,  dem  ich 
disz  orts  nicht  ausz  banden  gehen  . .  werde.  Simpl.  4,  41  Kurz, 
daneben  öfter  aus  bänden :  weil  dennoch  meinem  grosg.  hn. 
belibet.  solche  unreife  fruchte  (reimzeilen)  zu  kosten,  habe 
demselben  ich  nicht  entsein,  noch  aus  bänden  gehen  können. 
BcTscBKT  hd.  kanzl.  165;  so  liesz  er  keine  gelegenheit  aus 
bänden.  Bümac  1.80;  noch  die  gelegenheit  die  Römer  zu 
züchtigen,  aus  bänden  gelassen  haben.  1.147;  ich  feilschte 
schon  4  Wochen  darum,  konnte  es  aber  doch  am  ende  nicht 
aus  bänden  lassen.  Göthe  an  Voigt  369. 

g)  von  banden:  die  arbeit  gebt  ihm  schnell  von  banden; 
von  banden  lassen.  Redchl»  augensp.  13'.  auch  ab  banden, 
S-.  abbanden  t,  54. 

h)  an  banden ,  eine  von  Götbe  besonders  bevorzugte  f&gung, 
findet  sich,  entgegen  der  1.  366  geäuszerten  ansieht,  gerade  in  Ver- 
bindung mit  Verben ,  die  sonst  den  accusativ  an  die  band ,  an 
die  bände  fordern,  nämlich  mit  geben  und  gehen,  ist  also  nur 
noch  adverbial  gefühlt,  und  demnach  öfters  auch  anbanden  ge- 
sclineben :  wenn  uns  nicht  jemand  ein  sehr  genaues  und  voll- 
ständiges ideal  anbanden  geben  will.  Siegfr.  v.  Lindenb.Z,l2i 
gott  erweckt  seinen  auserwehlten  immer  herzen,  die  mit 
pQege  und  hülfe  ihnen  an  banden  geben.  Scriveb  seelenseh. 
2,  76 ;  sie  zeigte  sich  überall  thäfig  und  ging  der  mutter  in 
allem  an  banden.  Göthe  25.  346 ;  dieser  unermüdliche  kunst- 
freund  ..  bescbäfti(.'t  und  begünstigt  mehrere  sich  entwickelnde 
talente,  unter  welchen  hr.  Wendelslädt  ihm  unmittelbar  an 
banden  gebt.  43,346;  wobei  ihm  die  gebildeten  schon  als 
unterlehrer  an  banden  gingen.  352;  eine  unzählbare  menscben- 
masse,  durch  alle  grade  der  gescbicklicbkeit ,  dem  meister 
an  banden  gehend,  s.  434;  dasz  sowohl  directoren  als  custoden 
sich  wecbselsweise  . .  an  banden  gehen  und  das  nöthige  ein- 
ander mittbeilen.  55,162;  er  gesellte  sich  gar  bald  zu  uns, 
die  sich  freuten,  ihm  nn  banden  zu  gehen.  58, 94. 

i)  ähnlich  steht  in  banden ,  in  bänden  nicht  nur  in  Verbin- 
dung mit  Verben,  die  den  dativ  fordern:  in  banden  und  gewalt 
des  bapsts  stünde.  Ldther  6,328*; 

•21* 


327 


HAND 


HAND 


328 


mir  hat  die  bestfilipiin?  jenem  gerehlt, 

die  linbt  ilir  iiua  kosiiicii  in  häiiden.    Görns  1,  227; 

als  der  knabe  nach  <ler  schule 

das  pcnnal  in  liaudcu  ging.    4,  lOS; 

sondern  auch  ml  reiben ,  die  den  acc.  nach  sich  ziehen :  der 
beiT  giiits  oft  andern  mcnsciien  in  bänden,  was  zu  unser 
notliduift  dienlicli  ist.  Scuivk«  scrlensch,  2,216. 

Iiand  ist  clymolofjisch  zusanimengrtdelU  mit  dem  goth.  verbum 
bin|)an ,  icas  nur  in  den  zusummenselzuiiiit'n  fraliin|)an  und 
usbinjian  gefangen  nehmen  rorkomml,  und  als  greifende,  fassende 
gedeutet  tcorden.  allein  die  hedcutung  von  liinj)an  irird  nicht  vom 
greifen,  sondern  von  dem  gefangen  fortführen,  bergen  ausgehen, 
trie  aus  dem  gvth.  Iiiin|>-s  m'xfinXcaoia  Eph.  4,  8,  ags.  böd, 
ahd.  bunda,  mlid.  gebündc  beute  hervorgeht,  liinjian  ist  das 
sanskr.  cat  verbergen  (BouTi..-RoTn  2,  926);  ein  mit  dieser  verbal- 
u'urzel  zusarnmenhingendes  adjecliv  (fatura  schnell,  rasch,  ge- 
schickt, gewandt,  veisrhmitzl  {das.  927)  ffilirt  zunächst  auf  ein 
Substantiv  calu  {wie  mndliiira  süsz ,  honigbegabt  auf  madbu), 
«•(15  bis  auf  den  nasal  genau  zu  guth.  handu-s  stimmen  und 
dem  Worte  etwa  den  grundbcgriff  der  gewandten,  geschicIUen,  beweg- 
liclirn,  verleihen  würde. 

B.  Bedeutung. 

I.  Die  menschliche  hand;  vielfach  ausdrücklich  als  solche  durch 
composilion  oder  adjecliv  hervorgelioben,  s.  mensclienband :  dem 
anbau  {des  bodens)  duich  menscblicbe  bände.  Immermann  Münchh. 
1,172;  oß  stehen  nachdnicksvoll  possessiva  oder  das  adj.  eigfin 
dabei:  das  babe  icb  mit  meiner  band  gescbrieben;  erbeitet 
mit  ewern  eigen  benden.  i77im5.  4.  U;  sieb  mit  eigner  band 
nmbbringen.  im  selbs  den  tod  anibun,  parcre  sibi  lelhum  manu 
Maalei!  210";  bieb  zuweilen  vor  grimm  die  weicbenden  mit 
eigner  band  nieder.  Zigler  Banisc  (1700)  528; 

der  bfirger  zündet  seine  Stadt,  der  landmann 
mit  eignen  bänden  seine  saaten  an. 

iiCHiLLK»  jiingfr.  1,5; 

dem  adressafen  ein  scbreiben  zu  eignen  bänden  übergeben ; 
und  dieses  billet  soll  icb  seiner  bocbfiirsilicben  durcblaucbt 
zu  böcbsteigenen  bänden  übergeben?  Schüler  kab.u. liebe 4,9; 

in  meiner  königin  seJbsteigiie  hand 
bel'alil  sie  mir  den  brief  zu  übergeben.  > 

Maria  Stuart  2,  4 ; 

vgl.  auch  eigenbändig  3,  97.  etwas  auf  eigne  hand  sein  oder 
tbun,  s.  unten  II,  6.  i. 

1)  der  umfang  der  hand  wird  gewöhnlich  bestimmt  von  dem 
handuelenk  bis  zu  den  ßngerspilzen ,  und  die  ßnger  sind  in  dem 
begriffe  mit  eingeschlossen:  da  aber  die  sticbelworle  allzu  ge- 
meine wollen  werden,  sabe  sieb  Solande  genötigt  los  zu 
brecben  und  dem  gröszten  under  dem  baiifen  eine  hand  voll 
f)nger  auf  die  nasen  zu  werfen  {einen  schlag  ins  gesicht  zu 
geben),  pol.  siockf.  2S6,  wie  ja  die  band  auch  den  fingening  trägt: 

also  vlrts  min  vrouwe  ir  vingeride. 

d4  si  den  kruraben  reien  üt  dem  anger  trat, 

dd  wart  et  ab  ir  hant,  seht,  an  !r  danc  genomen. 

Kkiouart  bO,  'iO; 
Glnover  gap  ein  vingerlin 
Gasozein  ze  minne  pfaiit, 
dal  siie;  er  ir  an  die  hant.    cronc  13859; 
was  zog  er  von  den  benden  sein? 
von  rotem  gold  ein  viiigerlcin.    Uhlano  vutksl.  175; 

wenn  er  zehn  fingcr  an  jeder  band  gehabt  hatte,  er  hätte 
sie  alle  zwanzig  voll  ringe  gekriegt.  Lessing  1,552;  den  ring, 
den  er  noch  an  einem  linger  der  rechten  hand  trug.  Im.mer- 
»A?i.\  Münclih  4. 81 ;  ungewöhnlich  werden  die  finget  zur  hand 
uicIU  mit  ijrrechnet: 

in  wurden  die  vinger  nai 

bis  binden  zu  der  hand.    ilaitlerin  361^  168. 

2)  die  form  und  beschaffenheU  der  hand  wird  durch  adjectiva 
bestimmt,  als  hohe  Schönheit  gilt  die  wcisze,  feine,  zarte, 
»cblanke.  kleine  hand,  nicht  blosz  am  weihe:  ihrer  alabasternen 
bände.  Simpl.  4,91  Kurz;  ihre  wohlgcbililcten  bände.  Zicler 
Banint  (1700)  206; 

KAedinei  swester  Isdt, 

diu  mit  den  wijen  banden.     Tri»t.  476,3; 

die  für  mir  her  pei  ir  scbneeweiszen  hant.    {aaln.  ip.  585,  1-, 

er  nam  -'■■■  ■■'••' ''  'ipn  pdle 

pel  der  >  hand.    Uolaho  volkU.  199; 

•n  die  I  jch  preinen 

deine  klcuii    wv.^in  band.    11.  Hilf«  b.  d.  t.  217; 

trotz  aller  orbeit  war  die  band  weich  und  zart  geblieben. 
IjiMkRMANR  MüiicIJt.  a,  29 ;  auch  die  madcben  haben  «ich  für 


ihre  zarten  bände  einen  geeigneten  enverb  ausersehen.  Steub 
Tirol  119; 

bricht,  wie  glas,  durch  zarte  hfinde 

Stab  und  riegel.    Gökingk  Heiler  der  lieb.  (1779)  127; 

das  gestrickte  mit  den  nadeln  ruhte 

zwischen  den  gel'ahiien  zarten  bänden.    Götuk2,  105; 

und  wo  ich  mi*h  erkühne, 

die  woileinveiciie  linnd 

in  demuth  zu  iimiangen. 

PmilaVüer  v.  d.  Lindk  verliebte  ged.  70; 

und  deine  seidenwei-clie  hand.    Amara>ithes  10; 

ihn  streichelt  ihre  sanfte  hand.    IIagcdob:«  2,81; 


auch  beim  manne: 

svä  him  mid 

]>ä  bvitan  hondaand 


ags.  svä  him  mid  n&glum  burhdrifan  nidhycgende 
'  pä  hälgan  löt 


hd. 


16t.     CriKt  IUI; 
der  Schreiber  b(Jb  uf  sin  wisze  hand.    Uuland  volksl.  749; 


seine    bände    waren  blendend  weisz  und  icb  küszte  sie  oft. 

es    ist   mir,   als   röche   icb   noch  ihren  siiszen  duft  und  er 

dränge  mir  stechend  ins  äuge.  Heine  «erAe  4,85. 

Ihr  entgegengesetzt  ist  die  grobe,  dicke,  fette,  plumpe,  raube, 

harte,  schwielige  band: 

in  ihren  bänden, 
die  grob  durch  arbeit  sind.    Opitz  1,  138; 
das  feine,  spitze  ding,  besorg  ich  nur, 
in  meiner  plumpen  liand  zerbricht.    Lessimg  2,  270; 
diesz  feine  saiienspiel  zerbrach  in  ihrer 
metallnen  hand.    Schiller  Carlos  5,4; 

eine  dürre,  hagere,  magere,  knöcherne,  knocbicbte  band: 
sie  darf  nur  ihre  düne  band  zum  fenster  hinaus  strecken, 
so  zittert  der  ganze  bof.  Kotzebue  dram.  sp.  3,232; 

nimm  mich!    .«ie  fragt:  worauf?    auf  diese  dürre  hand: 
die  soll  uns  wohl  ernehren  müssen  (spriclit  ein  bettler). 

Lessing  1,  13; 

vergl.  jjnochenband  5, 1459 ;  in  rücksicht  auf  geschicklichkeit  wird 
von  einer  leichten,  schweren  hand  gesprochen,  namentlich  auch 
beim  wundarzte:  seine  {des  Wundarztes)  manieren  waren  mehr 
rauh  als  einnehmend,  doch  seine  band  leicht,  und  seine  hülfe 
willkommen.  Götue  19,44;  die  Operation,  welche  durch  die 
schwere  band  des  Chirurgen  peinigender  wurde  als  nöthig. 
Immermann  Münchh.  3,  22. 

Man  unterscheidet  die  äuszere  und  innere  hand ,  jene  wird 
als  rücken  der  hand  gefaszt,  s.  handrücken ,  diese  als  fläche 
derselben,  daher  die  flache,  platte  band  genannt  {auch  hand- 
teller,  s.  d.) :  flach  hand  palma  Dasyp.  ;  offne  hand,  oder  zer- 
thone  flache  hand,  manus  explicita  Maaler  209*; 

wächst  mir  ein  kornfeld  in  der  flachen  hand? 

Schiller  Jungfrau  l,  3; 
hier  diese  flache  hand,  versichr  ich  dich, 
ist  ausdrucksvoller  als  ihr  angesicht. 

IL  v.  Kleist  1,  125. 

Auf  ihr  wird  gereiclU ,  was  ein  anderer  hinnehmen  oder  be- 
schauen soll,  was  allseiligor  keniUnis  dient:  euszerliche  Satzungen, 
die  man  nicht  aufs  gewissen  schlegt,  sundern  die  allein  auf 
die  band  gelegt  {vor  andern  zur  schau  getragen)  werden.  Llther 
4, 18S';  daher  von  etwas  ohne  miihe  zu  erkennenden:  das  liegt 
auf  flacher  band,  auf  platter  band:  so  hält  er  {Göthe)  uns 
die  Schattenrisse  der  köpfe  blos  auf  der  weiszen  seile  bin  ; 
er  selber  kennt  freilich  besser  als  einer  die  schwarze  be- 
.stimmtere  des  kopfes,  die  ihm  auf  platter  hand  liegt.  J.  Paul 
kl.  bücherschau  1,4;  dafür  wird  aucli  blosz  gesagt  auf  der  bund: 
es  bedarf  keiner  erörterung,  da  die  sache  auf  der  hand  liegt ; 
es  liegt  doch  auf  der  hand,  dasz  die  . .  einericiheit  der  bc- 
ziehungcn  unter  stolTtbeilen  nur  eine  äuszcriiche  isL  evangel. 
kirchenzeilung  1806  s.  740. 

Der  gegensalz  zu  auf  der  hand  ist  unter  der  band,  was  unter 
der  hand  liegt,  ist  dadurch  verborgen  und  heimlich:  im  gegen- 
theil  biengen  und  verhetzten  sie  dieselbe  unterderhand  heim- 
lich mehr  und  mehr  wider  einander.  Happel  acad.  roman.  48; 
meine  hciiulichen  feinde  waren  weil  entfernt  meinen  masz- 
iiehmungcn  öfl'enilich  zu  widerstehen ,  aber  unter  der  band 
desto  geschäftiger,  ihren  natürlichen  erfolg  zu  hemmen 
Wieland  2,107;  Filistos  hrochle  unter  der  hand  zeugen  auf, 
die  in  dem  kabinelte  des  prinzen  verschiedene  umstünde  aus- 
«agtcn.  3,107;  was  tbun  wir  im  gründe  anders,  als  dasz  wir 
ihnen  unter  der  hand  zu  verstehen  geben,  dasz  sie  unrecht 
haben.  12,59;  weise  mDnncr  lassen  den  knahen  unter  der 
band  dasjenige  flndcii,  was  ihm  gcinäsz  ist.  GörnE  21,227; 

dai  fr&ulelii  wor  eine  der  wisibegicriiren  tcelen, 
die,  unter  iler  hnnil,  vnn  lhr(>n  iLtchrieii  no  gern 
die  anekdoten  erl'ortchen.  Wula;«»  4,  5t. 


329 


HAM) 


HAM) 


330 


Aus  den  Unten  der  hand fläche  tcird  gewahrsagt:  chiromantici 
und  dergleichen,  welche  einem  nach  dem  andern  under  sich 
die  hände  besahen  und  wahrsagten.  Philander  1642  1,395; 
gib  mir  deine  hand  ..  dasz  ich  dir  sage  die  Wahrheit,  die 
gute  wahrheil  {spricht  eine  zigeiinerin).  Götbe  42, 177 ;  sie  faszte 
mich  am  arm  und  sprach:  ich  will  euch  die  Schicksale  eurer 
Wanderschaft  prophezeien,  und  begann  in  den  linien  meiner 
hand  zu  lesen.  Riehl  euUurgesch.  norellen  360;  alles  diesz 
konnte  man  dem  römischen  reiche  auf  Jahrhunderte  aus  hand 
oder  faust  lesen.  J.  Pacl  sphinxe  154. 

Die  hand  tjf  offen  oder  geschlossen,  hohl,  gekrümmt,  ge- 
ballt ;  offne  hand  wird  dem  der  gäbe  wartenden  bettler  beigelegt  : 

hier  dränget  sieh  der  unzufriednen  stimme, 

der  uDverscbämteD  offne  hand  nicht  nach.    Göthb  9,  250, 

während  eine  krumme  hand  sowol  der  geber  macht,  der  etwas 
heimlich  zusteckt:  wäre  er  nur  ein  einziges  mal  mit  krummen 
bänden  kommen,  so  würde  er  mehr  ausgerichtet  haben,  pol. 
hofmädg.  172,  als  auch  der  die  gäbe  empfangende  oder  ihrer  war- 
tende,  daher  den  habgierigen  und  beslecJiUdien  krumme  hände 
zugeschrieben  werden:  man  wüste  nicht,  ob  die  schuitheiszen 
krumme  hände  hätten?  baurenst.  lasierprob  23.  endlich  macht 
auch  der  dieb  beim  stehlen  krumme  hände,  wie  sonst  krumme 
finger.  —  Mit  der  hohlen  hand  schöpß  man;  wasser  aus  der 
hohlen  hand  trinken. 

Die  hand  ist  blosz,  sie  wird  tom  gewande  nicht  mehr  bedeckt, 
daher  blosz  wie  eine  hand,  ganz  nackt: 

er  reit  äne  gewant, 

unde  blöj  sam  ein  hant.    Iwein  3236-, 

etwas  in  der  bloszen  hand  tragen ,  offen  und  allen  fährlich- 
fxüen  ausgesetzt:  uns  allein  allen  gefährlichkeiten  unterwerfen, 
und  so  zu  sagen  unsere  seelen  in  der  bloszen  hand  tragen 
sollen.  Felsenb.  4,  297.  der  hand  wird  als  bekleidung  der  hand- 
iclmh  gegeben,  und  es  gilt  als  unfein,  frauen  die  blosze  hand 
zu  reichen:  grobian ,  wer  wird  denn  ein  frauenzimmer  mit 
der  bloszen  hand  führen  wollen?  Lessing  1,290;  auch  bild- 
lich sagt  man  von  einer  schwierigen  und  zart  zu  beluindelnden 
Sache,  dasz  sie  nicht  mit  bloszen  bänden  angefaszt  sein  wolle; 
rergl.  unter  handschuh.  —  blosze  hand  ist  ferner  im  gegensatz 
gebracht  beim  genusz  von  nahrungsmitteln  zu  der  hierzu  mit  ge- 
schirr  versehenen  hand,  daher  essen,  trinken  aus  bloszer  hand 
[auch  von  der  hand  weg,  wie  von  der  faust),  ohne  esz-  oder 
trinkgerät : 

ein  guter  reiner  trunk  schmeckt  ja  so  wohl  aus  holz, 
und  gar  von  bloszer  hand,  als  aus  dem  tbeuern  golde. 

Fleming  93; 

wir  andern  müssen  oft  genug  aus  der  hand  speisen,  dasz 
jeder  gedeckte  tisch  uns  festlich  erscheint.  Göthe  42,374; 
aber  auch  in  gegensatz  zu  bewehrter,  bewaffneter  hand:  der 
fürst  viel  vom  land  herein  erfoddert ,  mit  gewapenter  hand, 
im  hämisch  fast  geputzt.  Luther  3,417;  Wiedereroberung  mit 
gewaffneter  hand.  volksblatt  1S66  s.  1345; 

iu  sluoc  einer  mit  blöjer  hant.  Iwein  3%; 
ferner  zu  voller  hand,  indem  durch  die  blosze  hand  die  besüz- 
losi^ieil  angedeutet  wird:  mit  voller  hand,  uberflüssigkiich, 
plena  manu  Maaler  210';  dessen  vornehme  voreitern  haben 
verlassen  . .  ihr  hab  und  gut ,  und  sind  umb  der  religion 
willen  mit  bloszen  bänden  gangen  in  ein  fremdes  land. 
ScHOPPiTis  130.  eben  das  heiszt  leere  hand :  sie  freuete  sich 
meiner  ankunft  gar  sehr,  vornehmlich  als  sie  sähe,  dasz  ich 
nicht  mit  leerer  hand  angestochen  kam.  Simpl.  3,50  Kurz; 

ich  kan  nichz  kauten  mit  lerer  hant    fastn.  sp.  7S4,  31; 

wir  kommen  auch  mit  leeren  binden  nicht.    Scbillkh  331. 

daher  einem  die  hände  füllen,  ihn  beschenken:  wer  nicht  halte 
die  hände  mit  güldinen  männlein  zu  füllen,  der  muste  unter- 
liegen. Piiii.ANDEn  2  (1043)  i.  158;  die  groszc  reiche  Hansen, 
welche  einem  die  hände  mit  reichslhalern  oder  rosenobeln 
füllen  können.  Schuppius  423. 

Eine  lange  hand  wird  reichen  und  mächtigen  bildlich  beigelegt: 
wie  dann  die  herrn  auch  lange  hände  haben,  und  einen  über 
viel  meiln  wegs  beim  haar  erwischen  und  greifen  können. 
SdtiUbärger  1599  s.  85;  grosze  herren  haben  viel  äugen,  viel 
obren  und  lange  hände.  Scbottel  1122';  herren  hand  gehl 
durchs  ganze  land,  grosze  herren  haben  lange  hände,  an 
nescis  bngas  regibus  esse  manus?  Frisch  1,409*; 

wie  (Jas  alt  sprlchwori  ihut  erkleren : 

die  L'enaltitig  fanlien  lanse  hend, 

ereiren  weit  umb  sich.    fl.  Sachs  4,  3,  45', 


wie  dem  machtlosen  eine  kurze  hand :  ein  schlimmer  und  ver- 
leumderischer kerl,  wenn  er  auch  noch  so  viel  wesens  macht, 

;   hat  doch  nur  kurze  hände,  oder  ist  ohnmächtig,  pers.  rosenth. 

■    8,  65.  —   lange   hand.    kurze   hand    als  zeitmasze,   s.  unten 

\   IV,  1,6. 

Die  reine  hand.  im  eigentlichen  sinne,  sieht  im  gegensatze  zur 

i   unreinen,  ungewaschenen,  unsaubern  hand : 

so  neraet  hovelich  da;  gewant, 
und  jucket  damit:  da;  zimt  ba; 
denn  iu  diu  hant  unsüber  wirt. 

H.41-PT  zeitschr.  6,  491 ; 

mit   gemeinen ,    das   ist  mit  ungewasschen  henden  das  brot 
:    essen.  Marc.  7,  2 ;    und  mit  anlehnung  an  diese  bibelstclle  bildet 
sich  die  redensart  aus  etwas  mit  ungewaschenen  bänden  thun, 
ohne  dazu  befugt  oder  befähigt  zu  sein;  als  wann  sie  mit  un- 
gewaschenen   bänden   ins   predigtampt   kommen.    Schlppics 
643;  ferner:  wilst  du  dasz  ..  unser  vermögen,  wie  auch  der 
saure  schweisz  meines  Leonhards  in  gemeine  bände  gerathe? 
A.  Grypbics  seugamme  s.  128.     eine  in  Düringen  gemeine  redens- 
art  von   äuszerst  derber  fassung  stelU  es  als  schimpf  hin,   wenn 
ein  viensch  seine  bände  sich  von  eines  andern  kot  besudeln  Idszt, 
darauf  spielt  eine  stelle  bei  Lcther  an:  trit  man  uns  darumb 
I   mit  füszen  und  Ihut  uns  beide  hende  vol,  das  müssen  wir 
j   für  gut  nemen,  und  nicht  wundern,  denn  es  nicht  uns,  son- 
I    dern    viel    mehr   im    geschieht.    6,  5S';    daher  in   bezug   auf 
1   menschen  die  beschimpft  und  beschämt  sind:    nun  stehen  wir 
I   hie,  als  ob  uns  in  die  hände  geschmissen  wehre.  Schiübürger 
I    1599  s.  64.  —  Bildlieh  ist  die  reine  hand  die,  die  keine  sünde 
I   gethan  hat: 

die  fahne  trag  uns  vor  in  reiner  hand. 
I  Schiller  Jungfrau  2,  4. 

j  3)  empßndungen  des  herzens  gelangen  für  die  auszenwell  durch 
j   bewegung  der  hände  zur  anschauliclikeit. 

I  a)  der  golt  im  gebet  anrufende  hebt  die  hände  empor,  faltet 
I  die  hände:  hüben  alle  Ire  hende  auf  gen  himel.  und  beteten. 
I  2  Macc.  3,  20;  so  wil  ich  nun,  das  die  menner  beten  an  allen 
I  orten,  und  aufheben  heilige  hende.  1  Tim.  2.  8 ;  welche  sam- 
1   mentlich   mit   aufgehebten    bänden  gott  um  hülf  und  barm- 

herzigkeit  anruften.  Abb.  a.  S.  Clara  Merks  Wien  (1680)  s.  119; 

wie  sie  die  hände  aufhob  und  über  sie  betete.  Götbe  16,  S5; 

beide  erhoben  vor  dem  alfare  betend  die  hände.  I]f]tEBXAN5 

Münchh.  3,  40 ; 

da  hebt  er  hoch  die  hände,  der  ritterliche  greis : 
der  flnk  hat  wieder  samen,  dem  herrn  sei  dank  und  preis! 
Uhlamd  ged.  370; 

welche  die  religion  in  äuszerlichen  dingen ,  ...  in  gebets- 
formeln ,  in  kläglichen  tönen ,  in  gefaitnen  bänden ,  in  ver- 
zagten schritten  suchten.  Gellebt  3,  mrr.  s.  3; 

was  suchen  wir  beweisr,  weil  sie  die  bände  falten 
für  geistern  die  sie  doch  für  böse  selbst  gehalten? 

Opitz  Groiius'  Wahrheit,  s.  362; 

die  mutter  faltet  die  bände, 

ihr  war,  sie  wuszte  nicht  wie; 

andächtig^  sang  sie  leise  : 

gelobt  seist  du,  Marie!    Uki«  buch  der  lieder  275. 

6)  der  segnende  legi  die  hand  auf:  und  leget  die  hende 
auf  sie,  und  segenet  sie.  Marc.  10,  16;  er  führet  sie  aber 
hinaus  bis  gen  Bethania,  und  bub  die  hende  auf  und  segenet 
sie.  Luc.  24, 50;  der  diaconus  stand  zwischen  ihnen  mit  leuch- 
tendem anllitz  und  hielt  seine  hände  segnend  auf  ihren 
scheiteln.  Immervan.n'  Münchh.  3,  40 ; 

0  blickt  mich  an,  mein  vater,  und  erbebt 

zum  segen  eure  hände  über  mich,    könig  Lear  4,  7; 

0  look  upon  me,  sir, 
and  hold  your  hands  in  beoediction  o'er  me; 
mir  ist  als  ob  ich  die  bände 
aufs  haupt  dir  legen  sollt, 
betend,  dasz  gott  dich  erhalte 
so  rein,  so  schön  und  hold.    Hbi5K  bnch  d.  lieder  215: 

so  werden  in  gebet  und  segnen  durch  auflegen  der  hände  krank- 
heiten  geheilt,  ein  biblischer  brauch:  und  sie  brachten  zu  im 
einen  tauben  der  stum  war,  und  sie  baten  in,  das  er  die 
band  auf  in  legte  {golh.  bedun  ina  ei  lagidfdi  imma  handau). 
Marc.  7,  32 ;  darnach  leget  er  abermal  die  hende  auf  seine 
äugen  {goth.  aftra  galagida  handuns  ana  ))d  auguna  is),  und 
bies  in  abennal  sehen.  3,  25 ; 

sie  {die  mutter  gottes)  beugte  sich  über  den  kranken, 

und  legte  ihre  hand 

ganz  leise  auf  sein  herze.    IIki5i  buch  d.  lieder  274, 


331 


HAND 


HAND 


332 


c)  auch  der  bittende,  flehende  streckt  die  band  empor: 

das  Vaterland 
bat  hüirios  mit  erhabner  band.    Uz  1, 165-, 

der  betller  streckt  die  liaiid  dar  nach  der  gäbe;  herr  ich  ruffe 
dich  an  teglich,  ich  breite  meine  hende  aus  zu  dir.  ps.  88,20; 

sink  ich  in  sünden  nieder, 

so  richte  du  bald  wieder 

mich  auf,  dasz  ich  die  bände 

zu  dir,  hcrr  Jesu,  wende.    Scuuppins  963; 

wie  ferner  der  besiegle  ge^en  den  sieger  die  hünde  empor  streckt, 
die  hände  faltet,  ijleiclisam  um  gnade  flehend: 

für  ir  vüeje  er  sich  bot 

mit  üf  gerahien  henden.     Wigatois  110,37; 

min  bende  leb  valde 

mit  triwen  algernde  üf  ir  füe;e. 

LicuTKNSTEiN  394,  26; 

alle  alten  hallend  die  hend  gegen  dem  keiser  auf,  oder  er- 
gabend  sich,  omnes  maiores  natu  manus  ad  Caesarcm  tendere. 
M AALER  205*;  streck  die  band  dar,  bekenn  dich  überwunden 
sein,  dede  manus.  210*.  bei  huldigungen  nach  khnrecld  faltet 
man  einem  die  hände,  rechlsalt.  139. 

d)  der  schwörende  hebt  die  band  auf,  er  deutet  damit  nach 
qoU ,  der  ilim  zeuge  sein  soll ,  ebenso  wie  er ,  wenn  in  anderer 
iveise  der  eid  durch  außegen  der  hand  auf  reliquien  oder  die  bibii 
geleistet  wird,  auf  diese  sich  sum  zeugnis  der  Wahrheit  beruft: 
es  ist  ouch  zu  wissende,  das  der  vorgenant  schoefel  ein  eide 
zuo  den  heiligen  mit  ufgehebter  band  gesworn  hett.  weislh. 
5,488; 

ir  berro,  gelobt  uns  auch  also, 

hebt  auf  die  bend  und  sprechet:  jo!    fasln,  sp.  463,  10; 

pott  der  gerechtigkeit!  ich  hebe  meine  hand  auf! 

ich  bin  an  dieser  ungeheuren  that 

nicht  schuldig.     Schiller  Wallensl.  tod  5,  11; 

beiheuernd  wird  die  band  aufs  herz,  auf  die  brüst  gelegt,  zur 
hindeutung,  wie  gedanke  und  wort  übereinstimmen  :  die  hand  aufs 
herz!  Kli.nger  1,378;  die  hand  aufs  gewissen,  redlich  ge- 
sprochen. GöTHE  36,  38 ;  mit  dieser  gebärde  leisten  frauen  einen 
eid,  rechlsalt.  897.  —  Das  handaufheben  ist  endlich  zeichen  der 
Zustimmung : 

ir  berren,  wellt  ir  all  also, 

so  recket  auf  die  hend  und  sprechet:  jol     fastn.  sp.  447,  2'); 

wer  dazu  stimmt,  erbebe  seine  bände.    Schiller  Teil  2,  2. 

e)  freude  und  wolyefallen  äuszern  sich  durch  das  reiben  der 
bände:  alle  stimmten  in  das  lob  ein  ..  und  der  wirth  zum 
weiszen  lamm  wuszte  recht  gut  sich  die  hände  reibend  zu 
verbeugen.  E.  T.  A.  Hoffma.n!«  12,215;  er  rieb  sich  vor  ver- 
gnügen die  bände.  Immermanx  Münclih.  4,39;  drücken  und 
schütteln  der  hand  ist  zeichen  freudiger  begrüszung  und  Zustim- 
mung: er  schüttelt  ihm  die  band  (und  spricht):  ihr  ehrlicher 
mann!  Kotzebue  dram.  spiele  2,  334;  ein  verdienst  für  das 
ich  ihm,  so  sehr  ich  in  theoretischer  hinsieht  sein  gegner 
bin,  . .  im  geiste  mit  wärme  die  hand  schüttle.  Lasalle  ant- 
worlsdireiben  (lS63)s.  11;  sie  umschlangen  sich  mit  den  armen, 
drückten  sich  die  hände,  dasz  mans  knacken  horte.  Hiehi. 
cuUurgesch.  nov.  254;  in  zdrlliclJxU  wird  die  band  gedrückt, 
gestreichelt: 

wart  ilit  da  friuntliche  getwungen  wijiu  hant 
von  berzeniicher  miniie,  das  ist  mir  uiibokant. 

Nib.  44,7  Zarnckc; 

ich  werde  .  .  dir  die  band  väterlich  drücken.  Rabener  sul. 
3  (1757)  35;  wie  zärtlich  drücken  Aranth  und  Javolen  ein- 
ander die  hände.  4,378; 

do  sach  ich  in  zu  snnd  Moritzen 

einer  die  hent  gur  freuniiicb  drucken,    (aün.  tp.  543,  17; 
drück  ihr  riie  hend  und  scherz  mit  ir, 
10  uberkompt  sie  lust  zu  dir.    grühiaiiut  {Erfurt  l5/i2)  C  2' ; 
drucktest  noch  so  freundiit.'b  gestern  abend 
mir  die  bände.  Gothb  2,  1U2; 

traulich  kam  die  muiter  horbci  und  kü<<zte  sie  herzlich, 
schüttelte  band  in  band;  es  «chwiegea  die  weinenden  rruueii. 

40,  334 ; 

er  setzte  sieb  am  belle  nieder  und  streichelte  die  decke,  als 
streichle  er  ihre  band.   Immerhan*!  Münchh.  4,38; 

aufirrlri^t    »iliil    ilir«.(>    ZIlllilTliaiul« 

<i'  'ii-ichlingen, 

II  irtiii 

»'.  ,:lich.    GöTMt2,  lOfl; 

vgl.  bandcdnick.  —  Das  küiRen  der  b«nd  ist  ein  Uehttteichen, 

ull    duicli    fn-adr    i.lrr    irhnirrt    herVOTgeluCkl : 


von  gröjen  freuden  kuster  dö 

siner  juncfrowen  munt, 

beude  und  ougen  tüseni$iiiiit.    [wein  'it'H; 

laszt  mich  eure  band  küssen.  Sciuller  räuber  4,3;  sie  fielen 
neben  dem  bette  nieder  im  ausdrucke  des  unbändigsten 
Schmerzes,  küszten  ihm  die  hände  und  den  mund.  Göthe 
16, 192;  in  unterwürfigem  danke  wird  die  hand  geküszt:  gnädiger 
herr,  muszt  du  rufen,  und  dich  tief,  tief  bücken,  thu  nur 
als  wenn  du  mir  die  hand  küssen  wolltest.  Rabener  sat.  S 
(1757)35;  eine  so  liebenswürdige  groszmutter  ist  werth,  dasz 
man  ihr  die  bände  küszt.  £.215;  die  zufriedene  lochter  küszt 
der  einfälligen  mutier  die  hände  dafür.  4,307; 

bab  ich  dir  darum  im  leben  so  freundlich  die  bände  gektistet? 
Zachariä  Munier  (1757)  s.  23; 

daher  handkusz  bei  einer  audieni: 

doch  einmal  noch  ist  mir  vergönnt,  die  band 

der  besten  königin  zu  küssen?    Schiller  Carlos  4,  20. 

für  das  zulassen  zum  handkusz  bei  einer  solchen  brauclU  Oleariu» 
den  knappen  ausdruck  an  die  band  kommen:  kamen  die 
pristaffen,  sagten  an:  dasz  ihre  zaarische  majestät  morgen 
den  herrn  gesanten  öffentliche  audienz  geben  wolle  ..  nacli- 
mittage  kam  der  jüngste  pristafl'  wieder  uns  zu  vergewissern, 
dasz  wir  morgen  an  ihre  zaarische  majestät  hand  kommen 
würden,  pers.  reisebeschr.  1,  7. 

/)  die  haud  wird  gegeben,  gereicht,  geboten,  ergriffen  zur 
begrüszung  und  zum  empfange  als  symbol  der  Vereinigung :  eya, 
tund  auf,  tund  uff  dem  zarten  ewer  herczen,  bietend  im  die 
hand.  Suso  briefe  35  Preger ;  zu  bofe  gibt  man  viel  hände  und 
wenig  herzen.  Schottel  1133*;  er  reichte  seinem  schwiegei- 
vater  stillschweigend  die  hand.  Immernann  Afünc/i/i.  3,  30 ;  auch 
beim  abschiedsgrusze : 

wenn  zwei  von  einander  scheiden, 

so  geben  sie  sich  die  band.    Heine  b.  d.  l.  147; 

eine  band  zuwerfen,  nur  die  gebärde  des  handreicitens  machen : 
er  warf  sich  auf  sein  pferd,  ich  lief  auf  den  balcon  und 
rief  ihm  nach;  er  kehrte  sich  um,  warf  mir  eine  hand  zu, 
entfernte  sich  eilig.  Göthe  20,  64.  ferner  zur  bekrdfligung  eines 
vcrsprecliens :  gut,  da  hast  du  meine  hand  darauf,  künftige 
mittwoche  sollt  du  zwei  stück  bekommen,  reisender  avanlüi. 
(l'ifi)  1,100;  'sei  ihre  mutter'.  ich  gab  ihr  die  hand  draul. 
'du  versprichst  viel'.  Göthe  16,85; 

doch  müszt  ihr  mir  die  hand  drauf  geben, 

dasz  weil  doch  eine  nur  die  schönste  heiszen  kann, 

der  andern  keine  mich  dcszhalb  befeinden  wolle. 

Wieland  10,  164; 

datier  gibt  man  ein  versprechen  in  die  hände  jemandes: 

der  ritter  schwört  zu  banden  ihrer  dame 
Lauretten  ewige  lieb.  Wielahd  21,  184; 

versprechen  sie  mir  dieses?    königin, 
versprechen  sie's  in  meine  band? 

Schiller  Carlos  4,  2t; 
schwur  meinen  irrthum  ab  in  seine  bAnde. 

Maria  Stuart  1,  6; 

bei  eingehung  eines  Vertrages  scidagen  die  verhandelnden  die  hande 
in  einander  zur  bekrdßigung ,  s.  handschlag,  handlreue,  dar- 
schlagen 2,789  und  kauf  i,d,  tlieil  5,317: 

ich  fürchte, 
irgend  ein  jOngling  besitzt  diesz  herz  und  die  wackere  band  hat 
eingeschlagen  und  schon  dem  glücklichen  treue  versprochen. 

GöTUB  40,  301 ; 

das  hiesz  auch  einem  in  seine  hand  greifen  Scim.  2,  204 ; 
zeugen  eines  solchen  Vertrages  achlagen  durch  die  so  gereidden 
lutnde,  um  symbolisclt  den  abschlusz  des  Vertrages  ansudeulen: 

die  mutter  weinend  lachet, 
sie  trauet  kind  und  freund,  gibt  ihrer  liehe  pfond, 
sie  schIhKt  mit  eigner  Tiiist  durch  die  gepaarte  hand, 
und  spricht  es  sei  also.  FLEamo  154. 

man  verspricht  mit  hand  und  iimnd ,  durch  wort  und  hand- 
reichung:  wie  trewlose  leut  beiszen,  die  ir  eid  und  pflicbl 
und  was  sie  mit  hand  und  mund  zugesagt,  vergessen.  Ma- 
TUEsius  Sar.  Ill*;  sie  versprach  ihm  mit  band  und  inutid. 
Engel  12,303;  der  knabe  schied,  versprach  aber  mit  band 
und  mund.  beute  abend  an  dieser  wniderke  meiner  zu  warten. 
Göthe  22,196;  daher  in  mund  und  bänden  gelreu,  seiner  Ver- 
pflichtungen eingedenk:  nebiiiet  «las  zum  andenkeii,  das/,  wer 
in  der  weit  im  mund  und  bänden  gelreu  ist ,  habe  überall 
genug,  unw.  doci.  362;  gi-Ircue  band  Iml  wiiuirr  der,  der  ici 
srmc,     i/ciubten    und   ubrniiitntiniirn   ;i//i(/(/(  ii    mclit   iastt : 


333  HAND 

itzt  trauen  dir  zu  treuen  bänden 

Zyiheris  und  ihr  junger  söhn 

der  süszea  liebe  milden  lohn, 

indem  sie  dir  disz  mensch  verpfänden.    Flesisg  369; 

durch  eine  treue  band  gelingt  es  mir, 

ihr  mein  verändert  herz  zu  offenbaren. 

Schiller  Maria  Stuart  2,  8; 

ihm  die  lande  wieder  zu  überantworten,  welche  ich  dir  zu 
getreuer  band  bevolilen  habe.  Seskeüberg  sei.  jur.  3,326;  es 
wurden  tage  gesetzt  und  sich  in  denen  dingen  bedacht,  dasz 
man  nicht  unrecht  und  zu  gutem  glauben  die  rechten  erben 
des  landes  entwehret  und  die  getreue  band  beschlossen  und 
zugehalten  hette.  334;  und  da  Magis  den  (erbetüelen,  überdies 
kaisers  seit  befindlichen  goldenen)  adler  in  getrewe  band  be- 
volhen  het.  Aimon  bog.  s  iiij ;  sprichtcörtlich  trewe  band  geht 
durch  alle  land,  untrewe  iiand  gehet  hin,  komt  aber  nicht 
herwider.   Neasder  sprichtv.  26; 

warer  mund  und  trewe  hand 

wandern  durch  alle  städt  und  land.    30; 

eine  getreue  hand  geht  durchs  land.  ttntr.  doctor  362. 
Die  hand  tcird  ferner  gegeben  bei  einem  bündnis: 

dann  reichen  sie  zum  bunde  sich  die  bände. 

Chlam)  ged.  440; 

namentlich  auch  bei  Verlöbnis  und  eheversprechen: 

und  kumt  her,  meine  liebe  kint, 

als  lieb  und  holt  ir  einander  sint, 

und  pietet  an  einander  die  hent.    fastn.  sp.  578,  2; 

wol  mir  zu  disen  stunden  i 

ich  hab  meinen  gleichen  gefunden  {einen  geliebten) 

nach  meines  herzen  gir  .  .  . 

gib  her  dein  hant,  du  edler  bort! 

ich  pin  mit  dir  hie  und  dort.    620,  8; 

desz  hab  dir  mit  gebottner  hand 

mein  ehlich  pUicht  und  treu  zu  pfand, 

darzu  den  ring  von  rotem  golt.    Atrer  195'  (071, 19  JfeHcr); 

Truffaldino  lachte,  Smeraldina  jammerte,  endlich  kam  Pan- 
talone  und  legte  ihre  bände  in  einander.  Heine  werke  2,107; 
jetzt  werden  unsre  bände  in  ewigkeit  nicht  in  einander  ge- 
legt werden.  Riebl  culturgesch.  nov.  232.  darum  heiszt  die  hand 
gehen  jemand  heiraten ,  die  hand  anbieten ,  zur  ehe  begehren  : 
mit  einem  worte,  du  bist  glücklich,  gieb  ihm  deine  hand. 
Rabexer  sat.  3,242;  ich  gebe  ihnen  meine  hand,  um  mich 
dem  jungfräulichen  zwange  zu  entreiszen,  und  als  frau  thun 
zu  können,  was  ich  will.  24S;  gieb  deine  band  dafür,  bei- 
rathe  ihn,  er  will  dich  nehmen.  Arnim  schaub.  1,312; 

eher  wollt  ich  meine  hand 
dem  Geszler  selbst,  dem  Unterdrücker  schenken, 
als  dem  naturrergesznen  söhn  der  Schweiz, 
der  sich  zu  seinem  Werkzeug  machen  kann. 

Schiller  Teil  3,  2; 
dem  duc  von  .\nJou  schenkt  sie  thron  und  hand. 

Maria  Stuart  1,  6; 
glücklich  ist  der,  dem  sogleich  die  erste  geliebte  di'e  hand  reicht. 

GöTHK  4U,  2sO; 

er  hoffe,  sie  werde  ihm  ihre  band  nicht  versagen.  18,61; 
(meine  freunde)  versichern  mir  so  viel  gutes  von  ihnen,  mein 
herr,  dasz  ich  mich  nicht  länger  bedenken  darf,  ihnen  meine 
hand  anzubieten.  Rabexer  saf.  3,251;  wollen  sie  meine  hand 
annehmen?  255;  wenn  sich  nun  aber  einer  fände,  der  es  auf 
alles  das  hin  wagen  wollte,  ihnen  seine  hand  anzubieten? 
Göthe  7, 131 ;  dasz  er  jenem  trefflichen  frauenzimmer  sein 
herz  und  seine  hand  angeboten.  20, 181.  dann  steht  band  für 
die  3u  ehelichende  person  selbst: 

ists  der  verwandten  mächiger  wille  nicht, 
der  über  eure  hand  tyrannisch  waltet? 

Schiller  Teil  2,  2,        * 

{vgl.  unten  III) ;  jemandes  hand  besitzen ,  mit  ihm  verheiratet 
fein :  Seladon  redet  von  nichts  als  von  dem  glücke,  das  er 
sich  wünscht,  die  hand  eines  so  liebenswürdigen  kindes 
ewig  zu  besitzen.  Rabeneb  sat.  4,  367;  die  hand  dieses  mannes 
ist  frei,  er  ist  nidd  oder  nicht  mehr  verheiratet;  wie  ferner  die 
durch  den  tod  gelöste  ehe  die  gebrochene  band  heiszt:  ist  da;  die 
hant  gebrochen  ist,  daj  under  zwein  ellichen  lüden  eins  ahe 
?angen  ist.  Mone  anz.  7,361;  vgl.  die  hand  verbrechen,  xur 
iweiten,  dritten  ehe  schreiten  Schm.  2,  205.    Haltads  795. 

lue  hand  wird  endlieh  als  zeichen  der  Versöhnung  gereicht: 
er  bittet  um  ihre  hand,  als  um  ein  zeichen  des  friedens. 
GßTHE  14,  209 ; 

ehrwürdger  vater,  gebt  mir  eure  hand ! 
gebt  mir  die  eurige!  -Melchthal,  auch  ihr! 
bedenkt  euch  nicht!  o,  wendet  euch  nicht  weg! 

SCHlLLFf    7."    '    -^ 


HAND 


334 


g)  ma«  winkt  mit  der  hand,  zum  grusze,  oder  audi  einen 

einzuschlagenden  weg  anzudeuten : 

ich  soll  zurückgehn,  winkt  sie  mit  der  hand. 

Heine  buch  der  lieder  159; 

das  nehmen,  fassen  bei  der  hand  ist  zeichen  der  herzlichkeit 
und  Vertraulichkeit,  man  führte  noch  lange  nach  dem  mitlelalter 
an  der  hand  zum  mahle,  zum  tanz,  su  gesellschajt ,  das  fassen 
unter  den  arm  galt  für  bäurisch: 

ie  zwischen  zwein  frowen  stuont, 

als  si  noch  bi  tanze  tuont, 

ein  ritter  an  ir  beude: 

dort  an  enem  ende 

ie  zwischen  zwein  meiden  gie 

ein  knabe  der  ir  hende  vie. 

dö  stuouden  videlsere  bi.    Helmbrecht  97—103; 

de  nam  ers  hei  der  hende, 

bei  ir  schneweiszen  hant, 

er  fürets  an  ein  ende, 

do  er  ein  Wirtshaus  lant.    Dbland  volksl.  671; 

das  kind  nem  in  pei  seiner  hand, 

unde  für  in  für  die  reine  maget. 

LiLiENCROX  tolksl.  %  20,  420. 

band  in  hand  stehen ,  gehen  u.  ähnl.  ist  so  zachen  inniges 
Verbundenseins : 

band  in  hand!  und  lipp  auf  lippe, 

liebes  mädchen,  bleibe  treu!    Göthb  1,60; 

komm  zu  mir  und  setze  dich  nieder, 

wir  kosen  band  in  hand.    Heins  b.  d.  l.  17S; 

manche  irrungen  und  verirrungen  . .  theilten  und  bestanden 
die  geschwister  hand  in  hand.  Götbe  25,22;  hand  in  hand 
müssen  genie  und  kritik  schreiben.  J.  Paul  grönl.  proc.  2,3; 

die  frühe  sich  verloren  hatten, 

begegnen  sich  im  abendschatten, 

und  gehen  hand  in  hand  zur  ruh.    Goiteb  1.  10. 

h)  bei  lebhaßent  ausbrucli  des  gefühls  werden  die  hände  zu- 
sammen geschlagen,  so  in  der  freude  und  Verwunderung:  welches 
die  alte  mit  erstaunen  und  höchster  Verwunderung,  die  arme 
kinder  aber  mit  zusammenschlagenden  bänden  und  höchsten 
freuden  annahmen.  Simpl.  3,359  Kurz;  mit  vor  freuden  zu- 
sammen geschlagenen  bänden.  Abb.  a  S.  Clara  Merks  wo/ 
Soldat  (1680)47;  ich  klatschte  in  die  hände  vor  last.  Bettine 
br.  2,  262 ;  händeschlagen ,  händeklatschen  als  beifalUäuszemng : 
machten  in  zum  könige,  und  waren  frölich,  und  schlugen 
die  hende  zusamen ,  und  sprachen ,  glück  zu  dem  könige. 
2kön.  11,12; 

die  leute  schlugen  in  die  hände, 

und  riefen  bravo  ohne  ende.    Heine  6.  d.  l.  80; 

in  aufregung,  zom,  schmerz:  da  ergrimmet  Balak  im  zom 
wider  Bileam,  und  schlug  die  hende  zusamen.  i  Mos.  24,10; 
aber  die  selben  gaben  den  Israeliten  iren  rechten  Ion,  das 
sie  endlich  die  hende  uberm  köpfe  zusammen  schlugen. 
Matbesius  Sar.  107*;  da  zu  hof  alsbald  diese  traurige  zeitung 
ankommen ,  erhebte  sich  ein  ungewöhnliches  geschrei  und 
lamentiren,  unter  andern  schlugen  die  cammerjungfrauen  ihre 
band  ober  dem  köpfe  zusammen.  Abb.  a  S.  Clara  Merks  Wien 
(1680)  s.  139.  im  höchsten  schmerz  ringt  man  die  hände: 
0  wenn  du  sehen  könntest,  mein  geliebter,  wie  ich  hier  vor 
dieser  schwelle  liege,  wie  ich  untröstlich  meine  hände  ringe. 
GöTBE  15,  65; 

sit  sach  man  schoene  vrouwen  weinen  mit  windenden  banden. 

Gvdr.  919.4; 
kalt  wehten  entsetzen  und  grausen  sie  an, 
'0  Jesu,  mein  bellend,  was  hab  ich  gethan!' 
sie  wand  sich  das  hast  von  den  bänden.    Börgb«  62*. 

0  Zorn  und  wut  läszt  die  bände  ballen: 
zer  fiuste  twanger  sus  die  hant, 
daj  de;  pluot  ujen  uagelen  schö;.    Parz.  229,  12; 
sein  herzblut  wallt,  zur  Taust  ballt  sich  die  hand: 
•ach  nur  ein  schwert,  ein  scharfes  schwert!' 

R.  Reinick  lieder  t.  227; 

der  sullan  gieng,  die  geballlen  bände  auf  den  rücken  ver- 
schränkt ,  mit  ziemlich  starken  schritten  auf  und  nieder. 
Wieland  8,409;  tw  verdrusz  heiszt  man  in  die  hand:  da  er 
nun  diesen  ausputzer,  von  dem  das  glück  gewichen  war. 
h'irete,  bisz  er  aus  verdrusz  in  seine  bände,  pers.  baumg.  2,1s. 
in  zurückgehaltenem  groll  zuckt  die  hand:  Teil  steht  in  fürch- 
terlichem kämpf,  mit  den  hünden  zuckend.  .Schiller  Tri/ 3, 3: 
in  aufregung,  schmerz  und  furcht  bebt  sie:  endlich  erbrach  sie 
das  völlige  paqvef  mit  hebender  hand.  Zigi.er  Panise  (170«) 
s.  95;  ich  hielt  mein  herz  mit  bebender  hand.  Imnebhann 
^'ünchh.  2, 13; 


335  HAND 

ihr  Gittert, 
die  band  erbebt  eucb,  eure  knie  wanken. 

Schiller  Teil  3,  3  ; 

aber  auch  der  gras  hol  zitternde,  bebende  bände: 

in  bebenden  bänden 
fühltest  du,  hungriger  greis,  schwere  verwandelte  kost. 

GöTHs  1,  374. 

A;)  sinnend  ist  der  kapf  m  die  hand  gestützt  : 

ich  saj  rtf  eime  steine, 

und  dahte  Dein  mit  beine: 

dar  itr  sazt  ich  den  eilenbogen: 

ich  bete  in  mine  hant  gesmogen 

daj  kinne  und  ein  min  wange. 

dö  dähte  ich  mir  vil  ange, 

wie  man  zer  weite  solle  leben.    Walther  8,  7; 

wenn  er  so  bei  tische  sitzt  und  den  köpf  auf  die  band 
stemmt,  niedersiebt,  und  still  ist  in  sorgen.  Göthe  7,131; 

du  lehnst  das  haupt  auf  deine  haud, 
0  schönes  mädchen,  bist  so  still. 

R.  Rein  ICK  lieder  162. 

/)  der  schweigende  legt  die  liand  auf  den  mund,  er  will  die 
Worte  darin  zuriickhallen  {s.  halten  sp.  286) :    da  die  obersten 
aufbüreten   zu   reden,    und  legten  ire  band  auf  iren  mund. 
Hiob  29,  9 ; 
aber  ich  lege  die  hand  auf  den  mund.    denn  werden  mir  auch 
morgeniöthe  die  worte,  so  fehlt  es  doch  stets  an  etwas 
dem  gedanken  von  ihm,  fehlt  dem  gefiihi,   ich  schweige. 

Klopsiock  7,  44. 

tn)  der  müszig  gehende  hat  die  bände  im  busen,  im  schosze, 
in  den  bösen,  bosentaschen:  die  hend  im  busen  haben,  am 
ofen  ston ,  das  ist  faul  und  trüg  sein ,  manum  habere  sub 
pallio  Ma.\ler  218'; 

ich  bin  ein  reicher,  ders  so  weit  gebracht, 
dasz  er  die  hand  nun  in  den  schosz  darf  legen. 

RÜCKERT  397; 

die  bände  in  den  busen  stecken,  stoszen,  faul  sein:  darunib 
musz  man  aber  nit  got  versuchen ,  die  händt  iu  busen 
stoszen,  sondern  tbun  mit  gott  und  ebrn  alles  das  wir  mögen. 
Agricola  spr.  (l.ißO)  380';  die  bände  nicht  in  den  sack  stecken, 
sich  verlheidigen.  Frisch  1,409';  frisch!  die  band  aus  den 
hosen  gethan.  arme  mann  im  Tockenb.  1S9.  der  in  der  arbeit 
ermallende  läszt  die  bände  sinken :  auch  der  beste  läszt  wohl 
einmal  die  bände  sinken,  wenn  er  beständig  einem  Sklaven 
gleich  arbeilen  soll.  Moser  palr.  ph.  2  (1798)  s.  11. 

n)  wer  etwas  dargebotenes  zu  nehmen  sich  bedenkt,  der  zieht 
die  hand  zurück,  der  geber  steckt,  drückt  die  gäbe  in  die 
band ,  das  ist  immer  entweder  aufdringend  oder  auch  verborgen 
gedacht,  im  gegensatze  zu  dem  freien  nehmen  oder  offenen  reichen 
der  gäbe:  nachdem  sie  ihm  eine  harte  kröne  in  die  hand 
gestecket.  Happel  acad.  rom.  265;  er  drückte  dem  diener 
etwas  geld  in  die  band;  sie  ..  drucken  ihm  die  rose  in  die 
hand.   Güthe  14,  209; 

da  versetzte  der  pfarrer,  und  drückt  ihm  das  geld  in  die  hand  ein: 
niemand  säume  zu  geben  in  diesen  tagen  und  niemand 
weigre  sich  anzunehmen,  was  ihm  die  milde  geboten.    40,  299. 

4)  wenn  die  hand  so  in  den  verhergehenden  bcispielen  innere 
empfindungen  für  die  kcnntnis  der  aiiszenwelt  vermitletl,  so  wird 
fie  nicht  blusz  als  einfaches,  eigenen  selbständigen  lebens  baares 
Werkzeug  menschlichen  willens  aufyefaszt,  sondern  die  spräche  legt 
ihr  allrihute  bei,  die  eigentlich  nur  dem  menschen,  dem  besüzer 
der  hand  zukommen  (vgl.  unten  111).  so  spricIU  man  von  einer 
kargen,  milden,  bedachtigen,  raschen,  kühnen,  zagen,  mäch- 
ligeo  hand; 

Willalm  bin  ich  genant, 

geirag  ich  immer  gebende  hant, 

IU  Wirt  vergolten  disiu  nar.     Wilteh.  136,  18, 

denen  (armen  und  dürßigen)  sollen  verinügende  hausmuttcr 
gerne  ihre  milde  band  auflhun.  Kotu  hausmütter AUC  G4; 
aber  anstatt  dasz  diese  .  .  ihre  müde  hand  aufthun  8olte, 
tbüt  sie  etwas  zu  streng  und  scharf  den  mund  auf.  >S'imp/. 
3,270  Kurz; 

PAtut  i«t  ear  milder  hand,  hat  er,  gibt  er  auch, 
eloen  tbeil  für  manche  hur,  andern  fflr  den  bauch. 

LocAU  3,  207,  03; 

Cnotpu»   hat  zwei  tausend  gQlden  auf  i<nin  lernen  angewand, 
wer  dafür  Ihm  fünfzehn  zahlet,  zahlet  gar  mit  reicher  band. 

3.24.6; 
•  oll  greifen  in  manches  kOnIg«  tisch 
mit  lelner  freien  hand.    UuUfto  ged.  338; 

er  w»r  der  reirh«tc  dieser  Stadt,  and  danim  merkwOrdig, 
weil   er  sieb,   mit   Ökonomischen  bänden,   die  schuhe  und 


HAND 


336 


Strümpfe  selbst  gedickt  ..  hatte.  Rabeneb  sat.  2  (l7Cl)  251; 
diebische  bände,  manus  rapaces,  furaces  Stieler  750; 

hier  grub  mich  todt,  mit  frommer  hand, 

ein  flscher  in  den  leicliten  saud.    Lsssmc  1,  14; 

war  nicht  jungfräulich  deine  band?    Uhlano  ged.  353; 

er  unterschrieb  seinen  namen  mit  fester  band;  einen  rühm- 
lichen tod  von  ihrer  gereizten  band  empfangen.  Zigler  ßa»)ise 
(174t)  s.  641 ;  ob  ihr  den  angriff  eines  so  mächtigen  feindes 
mit  lässigen  bänden  erwarten  .  .  wollet,  s.  475;  erkennet 
seine  mechtige  band  und  ausgereckten  arm.  5  Mos.  il,  2; 
sobald  er  nicht  zu  befürchten  bat,  dasz  ihm  durch  eine 
mächtige  hand  einhält  geschehe.  Moser  patr.  phant.  (1798)  2,27; 

schon  hält  ers  schwert  in  tapfrer  hand. 

Arndt  ged.  (1840)  202; 

dasz  eines  mädchens  zage  hand  mit  bliimen 

als  könig  diebus  landes  dich  bekröne.    Uuland  ged.  183; 

sie  .  .  entziehen  manchem  guten  menschen ,  dem  sie  nütz- 
lich sein  könnten,  ihre  hülfreiche  hand.  Göthe  19,341; 

dö  diu  vrowe  von  Närisön 

ir  not  überwant 

von  gehülliger  hant, 

dö  begunder  urloubcs  gern.    Iwein  3804; 

langsame  hand,  so  da  drucket  und  sottert,  hat  man  für 
unwillig,  und  geht  niemand  zu  herzen,  aber  entgegenlau- 
fende band  bhalt  den  preisz  in  allem  land.  Agricola  spricliw. 
(1560)  232*; 

arbeitlieb  und  flinke  hand 

geilte  nie  nach  siutzertnnd.    Bloaueh  werke  1,  101; 

stets  gibt  doppelt,  wer  mit  raschen 

bänden  gibt,     kladder adalsGh  ItsbO,  a.  113; 

nun  aber  fühlt  sie  sich  durch  das  grosze  freie  talent,  die 
dreiste  hand  des  künstlers  aufgeregt.  Göthe  22,141; 

die  blumen  pflücktest  du  mit  kühner  hand. 

R.  Rkinick  lieder  M^; 
auch  magstu  wol  mit  grober  handt 
ein  wüsten  bossen  an  ein  wandt 
hin  schreiben  oder  malen  dran, 
so  lacht  denn  mancher  grobian. 

grobiauus  (Erfurt  15521  H2»; 

herr,  ich  sol  billich  euch  vor  andern  heute  binden, 
und  einen  mayenkranz  in  eure  haare  winden, 
der  ich  vor  langer  zeit  durch  eurer  ^ünste  band 
euch  mich  so  hart  verknüpft,  dasz  die^e  schwache  hand 
sich  niemals  lösen  wird.  Flebing  41; 

gott  legt  ein  wichtig,  grosz  geschick 
in  eure  schwachen  bände.     Schiller  M.  Stuart  4,  11. 

Auch  hier  sind  eine  anzahl  Verbindungen  formelhaft;  so 

a)  gute  hand:  etwas  ist,  steht  in  guter  band,  ist  bei  einem 
wol  verwahrt:  unser  vermögen  ist  in  so  guter  hand,  dasz 
ich  mich  darum  gar  nicht  bekümmere.  Götue  19,155;  der 
küsler  . .  da  er  seine  sache  in  guten  bänden  sah.  Ihmeriiann 
Münchh.  3,  43 ; 

es  liegt  in  guter  hand.    gewissenhaft 
wird  es  zu  seiuer  zeit  zurückgegeben! 

Schiller  M.  Siunrt  1,  I; 

iTfr  eine  hingegebene  sache  wieder  zu  nehmen  sich  weigert,  ta^ 
höflich  sie  sei  in  guter  hand:  Eckarth  aber  wegeite  sich  solche 
(ducalen)  wider  zu  nehmen,  sagende:  sie  sind  in  guter  hand. 
unwürd.  doctor  146;  aus  einem  zugebracliten  glase  zuerst  zu  trinken 
u'trd  mit  den  warten  abgelehnt:  es  steht  in  guter  liand  (den 
zubringenden);  hie  den  Willkomm,  es  steht  in  guter  hand. 
Garg.  99".  einen  bericht ,  eine  darlegung  hol  man  au«  guter 
hqpd:  ich  musz  es  doch  zum  teufet  aus  guter  band  haben 
Lenz  1,229;  und  es  wird  sodann  die  formet  auch  mit  verben 
des  Wissens  und  hörens  verbunden,  dahinter  steht  noch  die  sinn- 
liche Vorstellung  von  der  guten  hand,  die  die  künde  gegeben,  dar- 
gereicht hat:  ich  weisz  von  guter  hand,  dasz  sie..  Wieland 
13,87; 

der  kdnig  hört  von  guter  hand, 

man  sei  voll  karapfeslusl.    Göthe  I,  l&O; 

ahnlifh:  es  ist  uns  im  sinn,  was  von  sicherer  hand  von  ihm 
gesagt  ist.  Ct.AtJDius  5, 149. 

Der  gegcnsati  ist  schlechte  band  :  das  buch  war  in  schlechten 
banden,  es  ist  nicht  gut  gehalten;  dieses  kind  ist  lange 
unter  schlechten  blinden  gewesen; 

ich  sehe  mich  In  fürchterlichen  binden. 

ScuiLLia  Ciifoi  4,  12. 

b)  freie  hund ,  macht  tu  lAun  und  tu  lassen  (s.  frei  4,  96), 
f  undc/ul  aber  angtlelint  an  dit  sinnlieke  vorttdlung  von  eintr  jedir 


337 


HAND 


OAM) 


338 


fessel  haaren  hand:  weil  dem  pöbel  ein  groszer  gefallen  ge- 
schähe, und  sich  dadurch  der  könig  freiere  hand  niacble. 
ZiGLER  Banise  (1700)  545;  er  wandte  hierzu  hauptsächlich  die 
frühen  morgcnstunden  an,  über  welche  ihm  sein  aufenthalt 
auf  dem  lande  freie  hand  liesz.  Wieland  3,  3G1;  ehe  ein  .. 
friede  mit  Polen  ihm  freie  bände  gab.  Schiller  920;  und 
somit  lassest  du  mir  freie  hand.  Götiie  10,107;  trieb  die 
menge  von  dem  dainm  herunter  . .  um  den  hülfreichen  freie 
hand  zu  geben,  welche  die  versinkenden  herauszuziehen 
suchten.  17,158;  man  hatte  freiere  hand:  man  leistete,  da 
alles  im  gange,  . .  mehr  auf  einmal,  s.  144. 

Der  gcijensatz  dazu  ist  gebundene  hand:  greif  zu,  ehe  dir 
die  bände  gebunden  werden.  Schottel  1134';  es  sind  ihm  die 
bände  gebunden,  non  potest  facere  quae  vuU,  impcdilur.  Fßiscn 
1,409';  Lucinden,  wie  uns  allen,  waren  die  bände  gebunden. 
GöTiiB  21,  IGÖ; 

drum  Lind  ich  ihm  noch  ITirder  so  die  bände, 

dasz  er  es  mühsam  oder  nie  vollende.    Uulamd  ged.  434; 

und  dieser  schritt  musz  ihr  die  bände  binden. 

ScuiLLKR  Maria  Stuart  2,  8; 

Tranim  hab  ich  Gerechtigkeit  geübt, 

■will).ür  gehaszt  mein  leben  lang,  dasz  ich 

ffir  diese  erste  uuverraeidliciie 

gewalllhat  selbst  die  bände  mir  gefesselt  I    4,  10. 

e)  stürmende  hand:  inn  welchen  landen  er  ettliche  stett 
mit  stürmender  band  gewonnen  bat.  rOm.  maj.  glück  u.  sieij 
tcider  den  herzog  ron  Clevcn  (1543)  ij ';  festung  . .  mit  stürmender 
band  anfallen.  Kirchhof  »ii/i/.  rfwc.  ISO;  derowegen  rumpelten 
wir  hinein  und  gleich  darauf  in  Manheim  mit  stürmender 
hand.  Simpl.  3,243  Kurz;  die  thraciscbc  armee  eroberte  Ido- 
mene  mit  stürmender  hand.  Heilxa^  Thucyd.  305;  ward  die 
Stadt  mit  stürmender  band  eingenommen.  N'iedüur  3,  C34; 
ähnliche  lüguwjen :  dermassen  dasz  die  clewiscben  am  ersten 
flucht  gaben,  doch  stcttigs  mit  werender  bandt.  tcarhaßige 
u.  gewisse  ncice  zeilg.  (1543)  Aiij';  also  must  wir  stets  durch 
das  land  ziehen  mit  werender  hand.  Leo  v.  Rozmital  190; 
derjenige  aber  der  mir  heute  mit  gewalt  zu  nahe  trit  und 
mit  verstärkter  band  etwas  von  mir  suchet,  poül.  stockf.  246 ; 

kcm  aber  nicmandt  der  dich  strlcf  (strafte), 
oder  mit  gwerter  bandt  nacblier, 
so  riebt  erst  allen  mutwill  an. 

Orobianus  (Erfurt  1552)  114»; 
teTQl.  mhd.  sus  kern  min  her  Gawein 
selbe  viere  in  daj  Ijnt: 
die  ruortCD  wcrlicbe  bant.     Wigalois  244,  25; 
ich  trage  noch  werliche  bant.    Parz.  093,  10. 

5)  ron  den  händen  ist  die  rechte  die  geschicktere  und  kräßigere 
und  dämm  die  berorzugtCj  sie  tcird  die  schöne,  bessere  hand. 
alis.  swidora,  fordora  hand  genannt,  niedcrd.  best  hand  Schütze 
2,  98,  uie  ja  selbst  der  ausdruck  rechte,  der  an  stelle  des  alten 
rCswd ,  golh.  taihsvü  getreten  ist ,  jene  bevoriugnng  hervorhebt, 
oft  wird  sie  nur  als  die  band  schlechtweg  aufgeftüirl ,  in  den 
zahlreichen  Verbindungen  nämlich,  vo  eine  thätigk^t  nur  als  durch 
die  rechte  luxnd  ausgeführt  gedacht  werden  kann,  icie  eine  feder 
in  der  band  halten  und  damit  schreiben;  ich  Paulus  hab  es 
geschrieben  mit  meiner  band  {golh.  gamelida  meinai  handau). 
iYdVem.  19;  die  band  zum  grusze  bieten;  bei  der  band  fassen; 
darauf  nähme  mich  der  alle  bei  der  hand,  ich  aber  volgete 
ihm.  PniLANOER  1  (1642)  s.  94;  mit  der  band  schlagen,  stechen, 
Qüben;  die  band  ans  schwert  legen; 

die  hand  am  Schwerte,  schauen  sie  sich  drohend 
von  beiden  ufern  an  seit  tausend  jähren. 

Schiller  ilaria  Stuart  1,  7; 

ferner  beim  hergmann ,  bei  dem  zur  hand  arbeiten  nach  der 
rechten  hand  zu  arbeilen  heiszt,  min.  lex.  285*;  dem  fuhrmann 
geht  das  pfcrd  von  der  hand,  d.  i.  nach  reclds,  ron  der  leitenden 
hand  weg,  und  zu  der  hand,  d.  i.  nach  links,  der  leitenden  rechten 
uifder  zu,  brem.  trb.  2,  577 ;  in  Obersacliscn  geht  das  linke  pfcrd 
unterm  sattel,  das  rechte  geht  zur  hand,  dem  im  saUel  sitzenden 
führcr  zur  rechten,  zügelfreien  hand. 

Wer  einem  andern  vesentlirhe  und  dauernde  hilfe  leistet,  der 
Kird  einer  rechten  hand  verglichen:  S.  wer  ist  der  Weisungen ? 
M.  des  bischoBs  rechte  band.  Güthe  8,5; 

und  Menrabs  hoher  peist,  des  ITirsten  rechte  hand. 
ward  mit  gemahi  und  kiod  nach  Schiras  zugesandt. 

A.  Gripuius  1(><j8  1,  110. 

Dagegen  ^t  die   linke  band  als  ungeschickt,  in  der  kinder- 
sprache   lu!iszt   sie   die   schlechte  band,   zur  begrüszung  soll  sie 
nicIU  gcrciclit  werden:  G.  Icbi   wohl,    (er  reicht  ihm  die  linke 
IV.  II. 


hand).  tl.  wanim  reicht  ihr  mir  die  linke?  bin  ich  die  ritter- 
liche rccble  nicht  werth?  Güthe  8,  IC;  trenn  auch  der  die  Unke 
einmal  reichende  zw  enlschuUiguiig  sagt,  sie  gelie  von  heaen; 
die  linke  band  gehet  von  herzen.  Pisronics  thes.  par.  5,  26. 
gclObnissc  uerden  ebenfalls  mit  der  rediten  hand  gegeben,  und  das 
mit  der  linken  geschlossene  ehererlobnis  gewährt  dem  tccibe  nicht 
die  rollen  rechte  einer  chcfrau ,  daher  die  ehe  zur  linken  hand 
nur  ein  gesetzlich  anerkannter  concubinat  ist:  eine  wollistige 
bestie  hatte  ihn  mit  eitelkeit  eingenommen,  dasz  er  von  ihr 
Ictzlich  überwunden  und  selbige  sich  an  seine  linke  band 
nechst  mir  trauen  lassen,  polil.  stockf.  326;  dasz  diese  nicht 
seine  rechte  gemalilin,  sondern  nur  seine  concubine,  welche 
er  sich  bei  der  vorigen  an  die  linke  band  vertrauen  lassen.  330. 
Dem  gebrauche  der  einen,  vorzüglich  der  rechten  hand,  steht 
der  gebrauch  beider  bände  gegenüber,  oft  als  zeichen  einer  nach- 
drücklichen kraftanueniiung,  oder  ron  liast  und  gier  hervorgehoben: 
fraszen  zu  beiden  händen  die  wassernuteln  und  käszküchlin. 
Cari;.  199";  dieser  wührete  mit  beiden  händen  von  sich.  Happel 
aead.  rom.  44;  J.  sie  mag  keinen.  Th.  keinen?  sie  ist  toll. 
sie  soll  gott  danken  und  mit  beiden  bänden  zugreifen.  Güthe 
11,13;  darauf  habe  buclibändler  Macklot  den  Vorschlag  ge- 
than,  die  deutschen  dieb  er  und  prosaisten  auf  dieses  papier 
abzudrucken  . .  mit  beiden  bänden  habe  man  dieses  ange- 
nommen. 4S,  18;  er  hätte  sicher  mit  beiden  bänden  zuge- 
griffen. Kotzebue  dram.  spiele  2,200;  nahm  ihn  mit  beiden 
bänden  beim  köpfe.  Iümermann  MünclJi.  2,85; 

und  weil  siclis  nun  einmal  so  gemacht, 

dasz  das  glück  dem  Soldaten  Inclit, 

laszts  uns  mit  beiden  b.indeu  lassen, 

lang  werden  sies  uns  niclit  so  treiben  lassen. 

ScuiLLEB  Walletist.  laijcr  11.  auftr.; 

auch  frühe  sclion  in  komischer  rede  auf  den  act  des  schwurs  an- 
gewendet, wo  die  eidlidie  versiclierung  recht  naclidrückl'idi  dargestellt 
werden  soll: 

ich  swer  mit  beiden  banden, 

da;  si  sich  niht  erkanden.    Waltuer  101,  20. 

Wiederum  wird  gegenüber  dem  kraftaufwande  mittelst  beider  hände 
etwas  leichtes  mit  nur  einer  hand  vollbracht:  der  mensch  ist 
so  scbwäcblich,  dasz  ich  ihn  mit  einer  hand  umwerfe. 

Wenn  der  sing,  band  steht  da  wo  man  eigentlich  den  plur. 
hände  erwarten  sollte,  so  ist  das  wol  collectiv  zu  fassen,  die  beiden 
hände  werden  in  gemeinsamer  thdligkät  als  ein  eng  verbundenes 
ganzes  gefaszl:  erbrach  sie  das  ..  paqvet  mit  bebender  band. 
.ZiGLER  Banise  (1700)  $.  95,  bei  einer  soldien  handlung  müssen 
beide  liände  vereint  Ihätig  sein; 

weil  deine  Jugend  lernen  mnsz, 
SU  lasz  dich  meinen  örtern  kusz 
die  menge  deiner  schätze  lehren, 
gieb  seinem  treuen  unbestand 
Stirn,  äugen,  wangen,  mund  und  hand. 
und  laszibn  jeden  reiz,  der  dich  erbebt,  verehren. 
Hagedorn  3,  93; 
so  reihn  sich  mit  vereinter  hand 
jene  süszcn  envacbencli^n.       Klopstock  2,  21S; 

namentlich  aucli  in  der  formet  mit  gesammter  band,  s.  unten 
ill,  5. 

Dem  gegenüber  steht  der  gebrauch  des  plurals,  teo  der  Singular 
erwartet  wird  und  man  sich  die  im  salze  angeführte  tliMigkeil  als 
nur  die  eine,  namenllidt  die  rechte  hand  betreffend  zu  denken 
gewöhnt  hat:  zu  Rom  war  ein  orator,  der  Potamon,  bei  dem 
küiser  Tiberio  in  so  groszen  gnaden,  dasz  als  er  einsmals 
in  sein  Vaterland  Mytilenen  reisen  wolt,  ihm  der  käiscr  einen 
pasz  schrieb  mit  eigenen  bänden.  Scdcppius  245;  es  ist  ein 
sehr  kostbarer  ring,  den  er  wohl  noch  dazu  von  lieben 
händen  bat.  Lessi.ng  1,552; 

was  zog  er  von  den  hendcn  sein? 

von  roiem  gold  ein  ringelein.    Uhusd  volksl.  175; 

nie  ginf?  die  wahre  kunst  nach  brod, 

wenn  sie  vorher  dem  eisrensinne, 

der  faulbeit  nicht  die  häude  bot.    Göktnce  2.  113; 

wie  durch  heiige  ibäler  wir 

händ  in  bände  wandelten.    Götub  56,  18; 

r^l.  auch  zu  band  und  zu  banden  kommen  u.  ähnl.,  unten  II.  i. 
C)  Stellung  oder  läge  anderer  personen  oder  gegenstände  wiid 
nach  der  band  bestimmt:  bei  hundert  ineil  von  Corfun  auf 
die  link  band  ügt  ein  inscl  Maffra.  Frank  weltb.  17';  das  grab 
Racbelis  auf  die  rechte  bandt  bei  dem  weg.  173';  es  fahre 
ler  feind  schiGTzcug  ausz  der  engen  mccrschosz  und  schlage 
Ulf  die  linke  band  gegen  dem  gestad.  Fronsp.  AnVgsZ).  3, 157* ; 
/oben    linder   diesen  räubern  sind  auf  die  rechte  handt  mit 


339 


HAND 


HAND 


340 


dem  ritter,  und  die  füof  auf  die  iiniven  mit  den  zwo  jung- 
frauwen  gezogen.  Amadis  s.  353;  icii  kehrele  mich  auf  die 
andere  band,  zur  linken.  Philander  l  (1G42)  5.359;  danuen- 
hero  er  sich  auf  die  linke  band  nach  dem  walde  schlug. 
ZiGLER  Banise  (1700)  ä.  596;  in  dativuicher  fügung:  ein  stall 
nahend  bei  dem  mör,  auf  festem  iandt,  auf  der  linken  handt 
gegen  aufgang.  Frank  weltb.  206' ;  so  du  got  und  den  lugenden 
dienst,  und  denn  wider  den  Sünden,  der  well,  und  den 
bösen  werken,  und  scbirmesl  zu  beden  benden.  Keisersberc 
bilg.  41'; 

hier  zu  der  einen  band 
durchstrahlt  desz  raannes  zier  und  königliche  stand 
mir  sinnen  und  Vernunft,  zur  andern  deine  tugend. 

Opitz  1,  9; 
schwerler  deren  klinge  an  beiden  seilen  geschliffen  kl,  werden  zu 
beiden  bänden  geführt :  deszgleicben  haben  sie  darneben 
auch  breite  und  gute  scbwerler,  die  sie  zu  beiden  bänden 
führen  und  gebrauchen.  Fro.nsp.  Ane^ifc.  3, 145' ;  in  Baiern  heiszl 
ein  baiderbander  einer  der  nach  beiden  seilen  hin  reclU  sein  will, 
achselirdger  Schm.  2,205;  vgl.  auch  beidenhändcr  theil  1,1365. 
Für  diese  Verbindungen  stehen  namenllich  in  der  modernen 
spräche  die  genüive  rechter  band,  linker  band:  er  stand  mir 
linker  band,  ad  laevum  stabat.  Steinbach  1,687;  wir  waren., 
die  landstrasze  hinan,  die  Rhone  uns  linker  band,  geritten, 
GöTBE  16,  260; 

dein  weg  ging  linker  band.    Wieland  4,  S4; 
rechter  band,  linker  band,  beides  vertauscht,    v.  Möhler. 

Entsprechend  dem  Vorzüge  der  reclüen  band  vor  der  linken  ist  der 
plalz  zur  rechten  der  ehrenplalz:  und  der  herr  ..  ward  auf- 
gehaben gen  himel  und  sitzet  zur  rechten  band  gottes.  Marc. 
16,19; 

das  er  den  küng  von  Frankrich 

setzet  zuo  der  gerechten  band  (des  papstet). 

BÜHELER  5347, 

nachher.-  den  kunig  von  Frankenrych 
setzte  er  gar  würdiclich 
über  den  babst,  als  er  in  hiesz.    5357. 

Der  plalz  zur  linken  kann  die  bedeutung  dnes  bösen  platzes  an- 
nehmen, nach  Matlh.  25,  33 :  wird  die  schafe  zu  seiner  rechten 
stellen,  und  die  bücke  zu  seiner  linken : 

der  guoten  raete  der  sint  dri : 

dri  ander  boese  sttnl  da  bi 

zer  linggen  hant.    Walther  83,32; 
den  weist  man  am  jüngsten  tag  zu  der  linken  bend, 
tief  in  den  verfluchten  bellischen  grund. 

Münchner  handschr.  cgm.  713,  bl.  167'; 

vergl.  auch  ärgere  band  unten  IH,  3.  —  In  den  genannten  Ver- 
bindungen wird  band  oft  unterdrückl  und  für  die  rechte  band, 
auf  die  rechte  band,  auf  die  linke  band  gesagt  die  rechte, 
auf  die  rechte,  auf  die  linke,  wie  für  zur  rechten  band,  zur 
linken  band  zur  rechten,  zur  linken. 

7)  mit  dem  namen  anderer  körpeilheile  formelhaft  verbunden 
erscheint  band : 

a)  band  und  mund;  ihr  müsset  sie  itzund  mit  band  und 
niund  empfangen  {zu  den  begrüszungsworten  die  hand  reichen), 
schaub.  engl.  u.  franz.  com.  1,551;  dafür:  ich  halte  mich  in 
unverdächtiger  entfernung  an  einem  alten  baumstamme  auf- 
gepflanzt und  die  rwiesprach  begann  sofort  mit  hand  und 
lippe.  Biehl  culturgesch.  nov.  303;  man  verspricht  etwas  mit 
band  und  mund,  s.  oben  3,fsp.  332;  er  hat  mirs  mit  der 
b^nd  und  mund  gesagt,  das  ist,  er  hat  mir  seinn  glauben 
und  Irew  zu  pfand  gesetzt,  Agr.  spr.  (1560)  167*;  man  dankt 
mit  hand  und  mund; 

nun  danket  alle  gott  mit  herzen,  mund  und  bänden. 
H.  Rinkhart; 

hand  und  mund  sein  für  jemand,  d.  i.  handeln  und  reden ;  der 
dienst  aber  des  gaists  ist  den  hailigen  gaisl  predigen  ,  die 
kraft  des  lebendigen  worts  treiben,  und  allain  uin  handt  und 
mundt  gölte«  sein.  Fhan«  parad.  140* ; 

wann  er  {der  rat)  als  seinen  herrn  erkennt  da«  Vaterland, 
und  ist  nur,  was  er  ist,  des  volkes  mund  imd  hand. 

I.RSHIMC  3,  341  ; 

aus  der  hand  in  den  mund  leben,  eben  das  nothige  haben,  was 
die  hand  erschafft ,  wird  vom  munde  soijleich  aufgezehrt ;  dasz 
man  im  nächsten  augenblicke  den  vorhergehenden  verspeist, 
den  lag  im  tage  verthul,  und  so  immer  aus  der  band  in  den 
mund  lebt,  ohne  irgend  etwas  vor  nicb  zu  bringen.  Göthe 
22.12'.;  seitdem  ich  die  weibnacbtsfcrien  nicht  zur  aiisar- 
bcilnng  der  Vorlesungen  .  .  armnuii,.    |>ir.   t.  |i  .mi  ...fi..>,  ...),, 


in  rücksland  geratbcn  uihl  lebe  zwischen  deu  tagen  von  der 
hand  zum  nuiiide.  Niehuhr  leb.  Nieb.  1,  509.  bei  Güthe  ist 
dann  auch  aus  der  band  zum  munde  im  sinne  von  ßüchtig, 
schnell  zu  erledigen,  gebraucht:  ein  jeder  der  die  nalurgegen- 
stünde  nur  nicht  gerade  aus  der  band  zum  mund,  wie  etwa 
der  koch,  bebandelte,  wer  nur  einigermaszen  consequent  auf- 
merksam auf  die  erscheinungen  war.  54, 77. 

//.    ich  will  nun  hin  und  bochzeit  halten. 
B.    ich  bitt  euch,  nur  gcduld  genommen; 

als  wenn  das  so  von  band  zu  munde  ging!    57,  260. 

b)  hand  und  herz: 

lange  schon  wünschte  die  mutter  daher  sich  ein  madchen  im 

hause, 
das   mit  der  band  nicht  allein,   das  auch  mit  dem  herzen  ihr 

hülfe.    Göthk  40,  308. 

beides  wird  gegeben  bei  ehcbündnissen  {oben  3,  f  sp.  333) :  mit  hand 
und  herzen  schalten  und  walten.  Kotzebue  dram.  sp.  2,  297 

sie  will  ihm  hand  und  herz  noch  diesen  abend  reichen. 

1,  181; 
wenn  einig  herz  und  bände, 
welch  frühling  ohne  ende 
hebt  da  zu  blühen  an !    R.  Reimick  lieder  s.  93. 

c)  bände  und  füszc:  wenn  man  den  narren  ziehen  wil,  so 
stellet  er  sich,  als  wolt  man  im  fcssel  an  bende  und  füsze 
legen.  Str.  21,22;  band  seine  hende  und  füsze.  apostelgesch. 
21,11;  der  verstorbene  kam  her  aus,  gebunden  mit  grab- 
tüchern  an  füszen  und  benden  {goth.  gabundans  handuns  jah 
fcMuns  faskjam  gegen  das  griech.  rovs  noSae  xal  t«s  ;^£c^ae). 
M.  11,  44;  welcher  mich  an  bänden  und  füszen  an  die  eisen 
schlosz.  Simpl.  1,212  Kurz;  wenn  der  bauer  nicht  musz,  so 
regt  er  weder  hand  noch  fusz.  Pistorius  thes.  paroem.  9,91; 

in  der  Stadt  verworrnen  gassen 

regt  sich  emsig  fusz  und  hand.    R.  Rbirick  lieder  s.i. 

regungen    des   menschlichen  herzen s ,   wenn  sie  recht  kräftig  sind, 
werden  nicht  durch  blosze  bewegungen  der  hände  {oben  3  sp.  330) 
sondern  durch  hände  und  füsze  kund  gegeben:  da  verwundert 
er  sich  mit  band  und  füszen.  Ayrer  proc.  1, 1 ; 
welcher  gern  mit  der  liebsten  scherzt, 
der  thu  zuvor  ein  räuschlein  trinken, 
in  eim  hui  wird  er  haben  platz, 
wird  ihm  mit  händ  und  füszen  winken, 
beim  wein  bekompt  man  bald  ein  schätz. 

PaiLANDBR  2  (1643),  218; 
80  wuszt  auch  Hans  vor  groszer  freude 
nicht,  wo  er  händ  und  füsze  liesz, 
als  ihn  Schulmeisters  Adelheide 
das  erste  mal  herr  scliulze  hiesz.    Gellert  I,  133; 

ich  habe  mir  die  freiheit  genommen,  ihnen  die  ehre  antragen 
zu  lassen,  meine  gemahlinn  zu  werden,  sie  müszlen  verrückt 
sein,  wenn  sie  nicht  mit  bänden  und  füszen  zugreifen  wollten 
Lessing  2,411;  ähnlich  Terent. 

conari  manibus  pedibus  noctesque  et  dies. 

Andria  4,  1,  51; 

ich  kann  nicht  fort,  bis  ich  weisz,  dasz  du  dich  hast  biichlen 
lassen,  und  das  glück  nicht  mit  bänden  und  füszen  von  dir 
gestoszen.  J.  Gotthelf  schuldenb.  9;  mit  bänden  und  fuszeii 
abwehren.  Jucundixs.  208 ;  Paulus  weret  mit  band  und  füszen 
allenthalben  der  ebiuniscben  ketzerei,  Frank  paradoxa  67'; 
der  alte  H.  wehrte  sich  mit  hand  und  fusz,  aber  die  arme 
des  privatgelebrten  hielten  ihn  wie  eine  zange  einen  nagel. 
novellen Zeitung  1866  s.  648. 

Dann  will  hände  und  füsze,  die  düstersten  theile  des  mensch- 
lichen körpers  zwammrnfas.send,  in  dieser  veibindung  den  ganzen 
leü)  bezeichnen: 

stül  und  benke  giengen  drab, 
sie  Helen  bftnd  und  füste  ab, 
man  maint  es  kam  zum  jüngsten. 

LiLiiNCRON  votkgl.  %  129,  7, 

d.  h.  sie  fielen  sich  zu  tode.  daher  etwas  hat  hände  und  füsze, 
ist  ganz,  vollkommen,  wie  es  .tein  muss  {nhnlirh  es  hat  arm  iitul 
boin):  ein  gerader  ungestümmrlter  leib  hat  sein  ait  an  banden 
und  füszen.  also  brauchen  wir  disz  wort,  es  bat  band  und 
filsz ,  was  der  thut  und  redt ,  das  ist ,  es  ist  rechtschaffen, 
es  bat  einen  bestand,  es  ist  wol  geslalt  und  wol  gelhon. 
Agr.  spricfmt.  (1560)  203*;  dise  reformatiun  bat  händ  und 
ftlsz  und  gewini  sein  glückseligen  fort-  und  auszgang.  Matiies, 
&Jr.  15:i';  wann  der  Verwalter  und  die  laqucicn  solche  ihres 
Junkern  discurs  anhören,  so  denken  sie,  es  liaU  bAnd  und 
ftlRz,  was  ihr  Junker  sage,  Scnurpics  h7;  sie  bilden  sich 
<fi'  kluirbni  r-in.  was  sie  aber  reden,  hat  oft  weder  bände 


341 


HAND 


HAND 


342 


noch  füsze.  pers.rosenlh.  7,20;  er  weis  dem  dinge  bände  und 
füsze  zu  geben.  Schottel  ins";  es  halte,  wie  man  spricht, 
alles  bände  und  füsze.  ehe  eines  marines  63;  das  ist  ein 
periodus,  der  bände  und  füsze  hat!  Matthesos  critica  muska 
(1722)  1,68; 

der  brief  hat  band  und  füsz.    Scbilleb  363. 
Namentlich   die  neuere  spräche  bevorzugt  hier  den  singular  band 
und   fusz:    eine  rede  die  band  und  fusz  bat;    was  hier  ge- 
schrieben steht,  bat  weder  band  noch  fusz;  man  braucht  hier 
die  einzalil  coUectiv  {s.  oben  sp.  338). 

8)  andere  redensarlen  und  sprichwörtliches,  etwas  offenbares 
liegt  vor  einem  icie  seine  band:  wenn  du  die  Verhältnisse  hier 
wüsztest.  die  vor  mir  liegen  wie  meine  band.  Göthe  29,141; 
das  herz  in  der  band  tragen,  gleichsam  offen,  keine  heimlichen 
gedanken  haben:  ich  trage  meine  seele  immer  in  meinen 
benden,  ps.  119, 109 ;  alle  tragen  ihr  herz  in  der  band  . . . 
jedermann  isf  redsam  und  redselig.  Göthe  45,41;  er  rede 
mit  dem  herzen  in  der  band.  E.  T.  A.  Hoffmaxs  4,100; 

ein  rechter  ritter  fromm  und  brav, 
seiu  seele  trug  er  iu  seiner  band. 

Ar>dt  ged.  (1840)  s.  205; 

tm  dunkeln  sieht  man  seine  band  vor  äugen  nicht;  keine 
band  vor  äugen  sehen  können,  irrgarten  67;  nicht  band  vor 
äugen  sehen  können.  Heil<iia5  Thucyd.  504;  etwas  mit  bänden 
greifen  können,  eine  thatsache  oder  den  beireis  für  eine  behaup- 
tung  gleichsam  körperlich  erfassen,  trie  Maaleb  sagt:  ich  glaub 
dir  nil,  ich  habe  es  dann  gerad  in  den  benden.  218';  denn 
der  gute  frome  man  . .  hat  wol  mit  äugen  gesehen  und  mit 
benden  gegriffen  und  erfaren,  wie  gar  scbendlich  sich  der 
teufel  sperret  in  der  weit  wider  den  christlichen  glauben. 
LcTHER  6,44';  mich  dünket  als  griffe  ich  es  mit  bänden. 
A.  Gryphics  169S  1,904;  denn  es  kann  jedweder  verständiger 
leser  die  abgeschmackten  thorbeiten  mit  bänden  greifen. 
Chr.  Weise  erzn.  150;  das  will  niemand  gern  glauben,  und 
mich  dünkt,  man  kann  es  mit  bänden  greifen.  Göthe  16,15; 
das  kann  man  mit  äugen  sehn,  ja  man  möchte  sagen,  mit 
bänden  greifen.  59,  69 ;  er  glaubte  den  in  der  katholischen 
kirche  allein  gegenwärtigen  gott  gleichsam  mit  bänden  zu 
greifen.  Riehl  cullurgesch.  nov.  284; 

und  maint,  er  woll  es  nit  offenberen, 

und  gel  mit  werten  doch  umbschleifen, 

man  mocht  es  mit  den  heoden  greifen,     fasln,  sp.  230,  27; 

gemüth  musz  verschleifen, 

höflichkeit  läszt  sich  mit  bänden  greifen.    Göihb  2,265; 

einem  die  band  im  sack  erwischen,  gleichsam  einen  dieb  auf 
frischer  that:  erwischte  der  so  schmerzlich  weinenden  mada- 
moisellen  mitten  im  nachtruppen  ihrer  anfechtung  die  band 
im  sack ,  als  sie  weder  den  lauf  ihrer  seufzen ,  noch  den 
flusz  ihrer  übermäszigen  zähren  hemmen  konnte.  Simpl.  4, 77 
A'ur:;  die  bände  immer  in  den  laschen,  im  beutel  haben, 
immer  geld  zaiden  müssen;  band  von  der  butte!  nicht  ange- 
rührt, s.  butte  2,  580;  sum  eilen  wird  angespornt  mit  dem  rufe 
nimm  die  beine  in  die  band ! ;  die  bände  in  die  kohlen 
schlagen,  übel  ankommen  \tcie  sieb  die  finger  verbrennen); 
denn  sie  waren  all  gerüste  leute,  also,  dasz  ich  sorg  hatte, 
ich  schlug  die  bände  in  die  kohlen,  wie  auch  geschah.  Götz 
V.  Berl.  von  Büsclting  und  Hagen  123 ;  darum  sollt  er  eben 
drauf  sehen,  wie  viel  heraus  ziehen,  und  mirs  wieder  wahr- 
•baftig  anzeigen ,  damit  wir  die  band  nicht  in  die  kohlen 
schlügen.  124;  die  bände  in  den  teig  stoszen,  etwas  arbeiten, 
thälig  sein  in  einer  sache,  ein  bild  hergenommen  von  dem  häus- 
lichen backgeschäfte :  vil  davon  lesen  und  hören,  und  die  bend 
nit  in  teig  stoszen.  Keisersbebg  mnd.  d.  munds  2,  4l';  kalte 
band  warme  liebe.  Frischbieb  spric/iit-.  1464;  ihre  bände  hatten 
die  eigenheit,  dasz  sie  oft  plötzlich  erkalteten,  was  freilich 
auf  ein  warmes  herz  deutete.  Immermann  MüncWi.  3,  63;  eine 
band  wäscht  die  andere;  ein  band  juckt  die  ander.  Agr. 
sprichw.  (1560)  315'; 

band  wird  nur  von  band  gewaschen; 

wenn  du  nehmen  willst,  so  gib.    Götbb  2,  309; 

wenn  du  also  ein  bacb  der  richtum  sibest  flieszen  vor  dinem 
husz  hin.  so  wesch  din  hend  dartisz  und  losz  das  überentzig 
furOieszen.  Keiseksberg  bilg.  112*;  die  bände  in  eines  andern 
blute  waschen .  manus  alicujus  sangttine  imbuere.  Steinbach 
1,6S7;  seine  bände  in  der  brüder  blut  zu  waschen,  sei  eine 
erspriesziiche  nothwendigkeit.  Zigler  Banise  (1700)  372.  bibksch 
ist  das  waschen  der  bände  zum  zeiclien  der  Unschuld:  ich  wasche 


meine  hende  mit  Unschuld,  und  halte  mich  herr  zn  deinem 
altar.  ps.  26,6,  nachher  auch  Matth.  27,  24,  und  jetzt  als  redensart 
fiel  gebraucht. 

Der  höfliche  und  unterwürfige  entblöszl  sein  Haupt:  personen 
die  mit  dem  hüte  in  der  band  zu  ihm  sprachen.  Happel 
acad.  rom.  28;  daher  mit  dem  hüte  in  der  band  kommt  man 
durchs  ganze  land;  hei  wie  schlugen  wir  da  drein  und  zeigten 
dem  gesindel ,  dasz  ein  deutscher  bandwerksburscbe  nicht 
blosz  mit  dem  but  in  der  band,  sondern  auch  mit  den 
fausten  fechten  kann.  Riehl  culturgesch.  nov.  351.  der  mtitige 
nimmt  das  herz  in  die  bände  {rergl.  sich  ein  herz  fassen 
3, 1346) :  fasset  widerumb  das  herz  zu  beiden  benden.  Wickram 
roUw.  16  Kurz;  ich  nahm  also  das  herz  in  beide  band,  und 
bat  den  vater  noch  desselben  abends ,  dasz  er  mir  ein  ge- 
wisses stücklein  land  abtrete,  arme  mann  im  Tockenb.  41.  ton 
zwei  eng  verbundenen  heiszt  es,  sie  sind  wie  zwei  ünger  einer 
band  :  der  wirtb  und  der  landjäger  sind  wie  zwei  finger  an 
einer  band.  J.  Gutthelf  schuldenb.  29 ;  engl,  they  are  band 
and  glove,  band  und  handschuh,  welcher  vergleich  von  neueren 
auch  in  das  deutscite  übertragen  ist:  sie  wissen  ja,  der  regie- 
rungspräsident  . .  ist  sein  onkel,  onkel  und  neffe  sind  band 
und  handschuh.  Spielhagen  hammer  u.  ambosz  (1869)  2,294; 
er  war  ehrerbietig  gegen  den  onkel,  aufmerksam  gegen  die 
tante,  voll  cbevaleresker  höflichkeit  gegen  Paula,  band  und 
handschuh  mit  den  knaben.  3.  67.  der  bestechliche  läszt  sich 
die  bände  salben,  schmieren :  die  bände  mit  geide  schmieren. 
Schottel  1116'; 

wer  mich  mit  gelt  in  der  hent  schmirt, 

es  sei  von  mannen  oder  weihen, 

die  losz  ich  do  ir  kurzweil  treiben,    fastn.  sp.  ItO,  32; 

sieb  wil  ein  altsz  weip  gen  dir  zukaufen, 

die  orenkraut  dir  allenthalben 

und  maint,  du  seit  ir  die  hend  salben.    161,  26; 

ich  bor  und  merk  an  irem  hofiren, 

das  sie  meint,  man  sol  ir  die  hend  schmirn.    164,  11; 

Tiel  bände  machen  leichte  bürde.  Schottel  1113' ;  viel  bände 
machen  bald  ende.  Frisch  1,409";  viel  bände  machen  die 
Schüssel  ledig.  Frischbier  sprichw.  1468 ;  wenn  man  dem  teufel 
einen  finger  gibt,  so  nimmt  er  die  ganze  band;  wen  das 
glück  ein  finger  reichet,  so  sol  man  die  band  bieten.  Schottel 
1119'. 

9)  glaube,    die  band,  mit  der  man  einen  frevel  begeht,  verdorrt: 

und  es  verdorre  die  band  meines  geschlechts,  die  den  tod 
schickt  auf  die  deinen  mit  blei,  und  schlingen  stellet  und  netze. 

Arndt  ged.  (1840)  164; 

die  band  die  sich  an  den  eitern  vergreift,  wächst  zum  grabe  her- 
aus: dasz  euch  die  band  nicht  aus  dem  grabe  wachse,  weil 
ihr  euch  an  der  multer  vergreift!  Bchger  im  d.museum  1776 
1,  443 ;  auch  die  band  dessen  der  gebannte  bäume  beschädigt  [vgl. 
Grimm  märchen  no.  117  und  anmerkung) : 

die  bäume  seien 
gebannt,  sagt  er,  und  wer  sie  schädige, 
dem  wachse  seine  band  heraus  zum  grabe. 

Schiller  Teil  3,  3. 

10)  aller  recktsbrauch  war  die  beatznahme  einer  sache  dadurch, 
dasz  man  seine  band  daran  oder  darauf  legte,  in  der  rede  klingt 
dieser  brauch  noch  bis  heule  nach,  wenn  auch  die  symbolische 
Handlung  längst  geschwunden  ist:  so  wollen  wir  es  künftiger 
zeit  unter  uns  halten,  wo  ein  jeder  seine  band  hinlegt,  da 
mag  er  seinen  sitz  nehmen  {bei  tafel).  unw.  doä.  800 ;  sobald 
er  etwas  findet,  so  ihm  ansteht,  wirft  er  sobald  die  band 
als  das  äuge  darauf.  Happel  acad.  rom.  3t ;  das  buch  war 
zu  verkaufen,  ich  habe  sofort  meine  band  darauf  gelegt. 

Eine  leibesstrafe  bestand  im  abhauen  der  band,  vorzüglich  der 
reclden  (recMsalt.  'Oh  f.) :  band  ab,  sub  poena  amputationis  manus 
Stieler  2 ; 

man  racb  die  muoter,  da;  man  sluoc 

im  ab  die  hant  und  einen  fuo;.    Helmbr.  1691 ; 

by  wem  man  valsche  pfenninge  vint  me  den  einen  Schilling, 
man  howt  im  dy  baut  ab.  Magdeb.  blume  2,  5,  9.  daher  bei 
band  und  wiede  verbieten,  bei  leib-  und  lebensstrafe  (wiede  ist 
der  Strang  zum  hängen,  sp.  250) : 

ir  herrn,  ich  peut  euch  allen  frid 
bei  der  band  und  pei  der  wid  {sagt  der  riehler). 
fnsln.  sp.  589,  32. 

Billlisch  t«t  das  bild  einen  in  die  hand  zeichnen  für  mcbt 
vergessen :  und  ob  sie  desselbigcn  vergesse,  so  wil  ich  doch 
dein  nicht  vergessen,  sibe,  in  die  hende  hab  ich  dich  ge- 
zeichnet. Jes.  49, 16; 

22* 


343  UAND 

du  bleibest  mein :  icli  sorge  fTir  und  fftr, 

Ifir  dich  mein  kind.    disz  sei  der  treue  pfand : 

ich  babo  dich  gezeicbaet  in  die  liund. 

A.  r.Hypiias  1Ü9S  1,  112i 
gott  der  die  seelen  die  ii)n  liehen, 
und  mich  bat  in  die  Land  geschrieben.    2,  132. 

II.  Die  vianigfaclw  titäligkeit  der  liand,  die  durch  beigesetzte 
rerba  näher  bezeichnet  u-ird,  bringt  eine  grosze  anzahl  stehender 
urbindungen  hervor,  als  formelhaft  werden  mehrere  von  ihnen 
auch  dadurch  characterisiert,  das:  der  arlikel  zwischen  jtraeposilion 
und  Substantiv  nicld  steht:  in  band  nehmen,  zu  liändcn  kom- 
men, aus  liündcn  geben,  an  band  geben  «.  a.  die  aufzäldung 
dieser  formein  erfolgt  hier  nach  gewissen,  am  cingange  jedes  ab' 
Schnittes  angegebenen  gesichtspunklen. 

1)  die  hand  als  fassende,  greifende,  in  besitz  und  gcwalt  neh- 
mende, betreffend. 

a)  in  die  band,  an  die  hand  nehmen  hat  neben  den  zahl- 
reichen fällen  reo  es  ganz  in  sinnlicher  bcdcutung  steht  und  die 
nicht  besonders  belegt  zu  tvcrden  brauchen,  auch  eine  unsinvlichere 
fnluickell ,  etwa  wie  cigrcircn  8  und  9.  Iheil  3,828.  829,  an- 
greifen 1,  35G:  ich  will  dicsz  gcschäft  selbst  in  die  hand 
nehmen;  das  rogimcnt  in  die  hand  nehmen.  Ni:irnb.  chron. 
3,133;  so  aber  der  knab  nimpt  weder  bürsten  noch  alen  in 
bant.  Keiskiisberc  sS/irf.  d.  munds  81";  will  einer  ein  banl- 
wcrk  lernen,  er  inusz  es  in  die  bant  nemcn,  er  mag  es  nit 
vom  zusehen  lernen,  pred.  22';  wie  Friedrich  der  herzogin 
zween  weg  anzeiget,  und  welchen  sie  an  die  band  nimpt. 
Galmy  278;  den  ernst  dargpgen  gebrauchen  und  an  die  band 
ncmen.  Kirchhof  «fcorfuiim.  lü2*;  sol  solcher  lelzler  weg  (über 
berge  und  durch  Schluchten)  oline  merkliche  chehaftcn  nit  an 
die  bandt  genommen  ..  werden.  milU.  discipl.  101;  das  ward 
nu  crsigemelier  maszcn  an  die  band  genommen.  Schillbürger 
1590  s.  C9;  dcrohalbcn  SO  ligt  dir  und  uns  ob,  das  ouszcrst 
an  die  hand  zu  r-emmen.  Ayrer  poc.  1,11;  eben  solche  mittel 
nahm  Salomo  an  die  hand.  Seine  weiszhcit  zu  offenbaren. 
ScucFPits  s.  112 ; 

wer  die.ser  sache  scliutz  wird  nehmen  an  die  liand, 

sol  hüben  sie  zum  weib.     D.  v.  o.  Wekoer  Ariosl  4,  CO,  4; 

an  die  hand  oder  in  die  band  nehmen  heiszl  auch  gefangen 
nehmen:  in  feste  band  genommen  und  in  engern  Verwahrsam 
gebracht  worden.  Hippel  Icbensl.  2,  300. 

b)  zur  band,  zu  banden  nehmen,  in  gieicnem  sinne  mit  dem 
vorigen,  rerschicdenc  beispiele  stehen  schon  oben  unter  den  formen 
des  dat.  pl.  sp.  325 ; 

wosz  rann  bracht  von  desz  königg  tisch, 

es  wer  gleich  fleisch,  lifisz  oder  lisch, 

das  nnnien  sie  zu  ihrer  liandt, 

das  man  des  morgens  nichts  mehr  Tand.    C.  Albercs  113; 

damit  sie  dcstcr  che  nach  ihrem  gefallen  die  Oucbt  möchten 
zu  banden  ncmen.  Fronsp.  hriegsb.  3,158';  als  wann  wir  ein 
zug  gegen  ihm  in  sein  landl  zur  bandt  nemcn.  ISO';  ich 
muszie  also  die  glatten  wort  und  das  streicheln  zur  hand 
nehmen,  a.  m.  ini  Tockenb.  25.  auch  übergehend  in  den  sinn 
für  dauernden  besitz  ergreifen,  verwahren:  das  ich  zu  Cöln  zu 
holen  bSite,  würde  mir  nicht  entlaufen,  als  welches  unser 
koslberr  zu  seinen  verwabrlicben  banden  zu  nemcn  nicht 
unterlassen  würde.  Sinipl.  i,  35"  Kurz ;  solle  . .  von  der  damen 
selbst  der  Schlüssel  zur  band  genommen  werden.  3,101. 

c)  vor  die  band  nehmen,  gesagt  von  einer  arbeit,  einem  ge- 
fclidp,  und  anrührend  an  unten  0:  bab  ich  diso  arbeil  für  die 
band  genummcn.  Frank  wellb.  3';  zum  allerersten  das  inven- 
tarium  für  die  bandt  nemincn.  Frankf  ref.  VI!.  4  §  5;  nach 
Vergebung  di^z  sireits  mit  den  drei  rillcrn  uamc  der  junkber 
Tom  niccr  die  landlslraszen  .  von  welcher  er  ein  wenig  ab- 
gewichen wardt,  widcrumi)  für  die  bandt.  Amadis  02;  wolle 
ein  ralb  die  Schätzung  vor  die  hand  nehmen.  Sciiweimcmen 
1,2:4;  zur  zeit  Cbrislians  II!.  hat  die  liingsl  verlassene  grün- 
I3ndi<<cbc  Schiffahrt  sollen  wieder  für  die  band  genommen 
«erden,  prrs.  rcii>ebet.chr.  3, 4 ;  ich  werde  kein  ander  gebet 
vor  die  liand  nehmen,  als  ich  von  meinem  meister  gelernet 
habe.  pcrs.  baumg.  2,2;  der  berr  wird  unter  euch  senden 
Unfall,  unralb  und  Unglück  .in  allem  dem  das  ihr  für  die 
bond  nehmet.  Sciicppilk  2UI;  ich  weis  gewisz,  dasz  sie  den 
nun  cr»t  auferweckten  I.,ogau  selbst  vor  die  hand  nehmen 
und  »ludiren  werden.  L^ssimc  0, 120;  als  er  ..  seine  Merope 
vor  die  liand  nahm,  und  sie  in  weniger  als  zwei  monalcn 
zu  Stande  hracble.  7,  ISO;  indem  sie  Millons  gedieht  vor  die 
bnnd  genommen.  Sf.tiif'irt  nn  ('.■.iltr  r,iT:   ui-nn  ich  ttli-  üilitut 


HAND 


344 


und  heßc)  nun  aber  nach  jähren  wieder  vor  die  band  nehme. 
GüTUE  45, 15S ; 

was  künftig  nutz  dem  Tatcrland, 
solcbs  lürdcrlicb  nehmt  für  die  band. 

Opel  und  Coun  363,  4; 
ai(f/i  unter  die  hand  nehmen:    dann    ein  guter  Werkmeister 
laszt  kein  stück  ungcarbeitct ,    er  nimmt  es  alles  unter  die 
band.  Garg.  259';  und  daher: 

denn  was  ich  berühre, 
wird  mir  unter  der  band  gleich  ein  behendes  gedieht. 

GöTui  1,  374. 

d)  in  die  hand,  zu  banden  gehen,  kommen,  stoszen,  laufen 
u.  'thni,  mhd.  in  die  bant  werden : 

dö  brach  in  dem  anger  wii 

manec  krüt  daj  mir  was  unbekant: 

mir  wart  ein;  in  niine  bani.    liedersnal  I,  211,  20; 

das  deinem  fründ  zu  banden  gangen  ist,  das  ajlen  mönschen 
zu  banden  gon  musz.  Keiskrsuerc  trostspicgcl  ÜB  ij ';  so  bringen 
mich  schünc  wciber  darzu,  deren  dicner  leb  allzeit  sein  will, 
was  mir  darumb  zu  banden  galh,  das  wil  ich  gerne  leiden. 
Hugoschapler  (Straszb.  1537)  10;  aber  was  glucks  oder  Unglücks 
ihnen  durch  jedes  alter  zubanden  geben  würde.  Fronspercer 
kriegsb.  2,34';  so  einem  etwas  krankheil  oder  trübsal  z3 
bandten  gadt.  VVickram  rollw.  10  Kurz;  da  crzalt  er  sein  gc- 
.schicht  nach  der  Icnge :  also  muszten  sy  lachen  zu  seinem 
groszen  schaden,  so  im  dann  widerfaren  und  zubanden  gangen 
was.  s.  71;  erzchlle  seinem  cameradcn  oder  wegeferten,  was 
wundcrscltzams  dings  ihm  auf  seiner  gefährlichen  reise  zu 
banden  gangen,  Simpl.  3,  410  Kurz;  fürnemlicb,  so  er  in 
solchem  stände  sitzet,  da  ihm,  ein  und  anderes  zu  pracli* 
ciren    zur  hand  gebet.  BuTscnKV  Palm.  497; 

Sintzig  gieng  In  in  hand  (wurde  genommen), 

Remagen  ward  bald  bcrant.    Liliencron  vullisl.  7,  49,  203; 

man  findt  gar  vil  gerechter  lüt, 

die  hyc  uH'  erd  hant  ubeizyt, 

und  loszi  in  gott  zu  banden  gon, 

als  oh  si  vil  sünd  betten  gthon. 

Urant  narrensch.  57,  73; 

bisz  mir  clwan  ein  kunstverständiger  an  die  band  kilme,  der 
mich  um  seine  {eines  gekauften  gegenständes)  bcscbaffdnhcit 
berichtete.  Simpl.  3,92  Kurz;  demnach  des  berrcn  schönes 
buch  mir  zu  banden  kommen.  Bütscmky  hd.  kanzl.  43 ;  ein- 
würfe,  die  mir  von  münncrn  zu  bänden  gekommen  sind. 
Kant  4,  104;  war  mir  das  buch  des  Kabus  zu  banden  ge- 
kommen. GörnE  6,224;  uns  kam  jedoch  abermals  einiges 
zur  band.  £.  242; 

auf  das  euch  nicht  mit  spot  und  tchand 
die  lauter  warhcit  kom  zu  hand. 

li.  ItiNCWALO  /.  warh.  2U0; 
der  weisz,  wie  dem  iimhs  hcrtz,  dem  Unglück  kömpt  zu  banden, 
wenn  er  auch  was  versucht,  und  Unglück  aiiszgesiundcn. 

pcrs.  rosciilli.  8,  91; 
denen,  die  da  schliefen,  ist  viel  glück  entstanden : 
dcueu,  die  da  wachen,  kümmt  das  recht  zu  banden, 
LoCAU  3,  46,  42 ; 
der  weitzcn  ist  ein  edle  (Vucht,  doch  hat  er  manchmal  hrand : 
biszw-eilen  kamt  dem  klügsten  mann  auch  ihorhcil  an  die  Itaud. 

3,  2-iÜ,  40 ; 
llcbchcn,  kommen  diese  licdor 
jemals  wieder  dir  zur  hand.    Götub  1,  115; 

ein  brief  kommt  zu  banden  des  adressaten ;  in  briefaufschriften 
wird  das  verbum  unterdrückt:  an  das  kreisgcricht  zu  N.,  zu 
bänden  des  directors.  sprichwörtlich:  der  glaube  wird  dir  nocU' 
in  die  hand  kommen,  das  jetzt  nicht  gegltitible  wird  dir  gleichsam 
körperlich  und  greißar  entgegen  treten:  die  mögen  inimerbin 
sputicn,  i)i«z  inen  zuletzt  . .  der  glaube  in  die  band  k(mimcn 
und  der  unendliche  zorn  goltes  sie ..  überfallen  wird.  It.  Hinc- 
WAi.D  Ir.  Eck.  As';  glauben  nicht  ehe,  bisz  inen  («ie  man 
sprich!)  der  glaub  in  die  bandt  kömmt.  KiRcuuor  uendunm.  81*; 

bis  dir  der  glaub  wird  in  die  hand, 
mit  spot  und  schaden  kommen. 

lliNcwtLD  evang.  C5. 

nimpis  an,  wie  ein  ander  frei  werk,  das  im  on  «ein  crwelcn 
auf  die  band  slüszet.  Luther  l,23o';  alles  was  uns  unter 
banden  stoszen  oder  im  wcgc  ligcn  kan.  4,454*;  wann  mir 
ein  glück  zu  banden  slicszc.  I.azarillo  de  Tormes  41;  die  uns 
zu  banden  stuszendc  Unglücksfalle.  IUitscmut  l'alm.  000;  wegen 
mir  unvcrhoft  zu  banden  gcsloszcncr  wichtiger  gcscbcfle. 
kamt.  115;  crzcblung  des  mir  zu  banden  gcsloszencn  vilfül- 
tigcn  Unglücks.  GtO;  olles  des  menschen  zu  banden  stoszen- 
des  elend.  C77;   wegen  eines  solches  zu  banden  sluszcnden 


345 


IIAXD 


UASJ) 


346 


Unglücks.  SCS;  ein  ungeßhr  an  die  hand  gestoszener  keis. 
cammergericlitsbotL   Wertli.  dedud.  256; 

in  Schwachheit  und  in  banden, 
und  was  mir  stoszt  zu  banden, 
so  iröstet  mich  sein  wort.    Fle«iso  289; 

der  liirsch  klaget  bei  sicli  selbst,  ach  wehe,  dasz  ich  für  den 
menseben  geflohen,  und  in  die  band  eines  stärkern  gefallen 
bin.  Lokmans  fab.  8;  in  was  für  hünde  sie  auch  gefallen  sind. 
GöTnE  11,49;  aber  es  rennt  mir  so  von  selbst  in  die  hünde. 
E.NGEL  fhil.  f.  d.  IC.  18;  wo  ein  halbschiildiger  Verbrecher  .. 
den  ewig  unerforschlichen,  unbegreiflich-folgerechten  gewallen 
in  die  bände  rennt.  Götbe  46,18;  der  landtcirt  sagt,  seine 
speisen  wachsen  ihm  in  die  bände;  da  einige  feindliche 
trupps  ihnen  in  die  bände  ritten.  Schiller  1090;  wie  wann  er 
vielleicht  wer  unsinnig  worden,  und  er  mir  jetzund  darumb 
in  die  band  gerbit,  auf  dasz  ich  ihn  wider  zu  recht  brechte? 
Carg.  20b';  in  welche  bände  bin  ich  geratbenl  Gütue  14,205. 
e)  in  die  band,  an  die  band  geben,  die  erste  Verbindung 
vill  mehr  als  das  blosze  geben  ausdrücken,  indem  sie  den  anlheil 
des  empfängers  an  der  handlang  des  gebens ,  die  aus  darreichen 
und  erfassen  besteht,  ausdrücklich  hervorhebt;  sie  steht  sowol  in 
sinnlicher  frische:  Eboli  nimmt  ein  goldnes  ordenskreuz  vom 
busen  und  gibt  es  in  die  bände  der  herzogin.  Sciiillee  Carlos 
4,20;  als  auch  in  abgeblaszter  bedeutung:  die  rechte  under- 
weisung  und  lehre,  zu  welcher  die  natur  den  grundt  und 
das  fundament  in  die  bände  giebt.  Schiltbürger  1599  j.  6;  er 
wird  dem  ersten  besten  betrieger  sich  wieder  in  die  bände 
geben.  Gütue  14,222;  er  gibt  mir  in  die  band,  dem  dom- 
berrn  durch  meine  nichle  vorzuspiegeln,  was  ich  will.  165; 
schreckliches  Verhängnis,  welches  mich  in  die  band  eines 
buben  giebt  I  IxHERMA^t.N  Münchli.  2,32;  nehmen  sie  mein  berr. 
es  ist  mein  ehrlicher  name  —  es  ist  Ferdinand  —  ist  die 
ganze  wonne  meines  lebens,  was  ich  jetzt  in  ihre  hünde  gebe. 
ScniLLER  kab.  u.  liebe  3.6;  herr  von  Augusti,  fing  sie  ernst 
an ,  bat  mir  gesagt ,  dasz  sie  eine  bitte  für  ihren  kranken 
freund  in  meine  bände  geben  wollen.  J.  Paul  Titan  4,44; 

und  sprach  zuo  ir:  ich  gab  mich  hie 

in  üwer  und  meios  herrcn  hant.    Bcueler  805. 

auch  der  glaube  wird  in  die  band  gegeben,  icie  er  in  die  band 
kommt  {oben  sp.  344) :  ich  sah  bei  ihm  den  ersten  aerolithen, 
an  welches  naturerzeugnis  der  glaube  uns  erst  vor  kurzem 
in  die  band  gegeben  ward.  Gütue  31,97;  den  glauben  in  die 
band  Ihun.  Sciiottel  1117*. 

Dieser  Verbindung  gegenüber  drückt  an  die  band  geben  iccniger 
aus,  es  Kill  das  ergreifen  des  dargereichten  in  das  belieben  des 
empfängers  stellen:  als  habe  ich  diesen  andern  sontag  desz 
advcnls  darzu  anwenden  und  armen  einfalligen  leuten  an 
band  geben  wollen ,  wie  sie  etwan  ein  paar  stündlein  am 
sontag  anwenden  ..  können.  Sculppids  42S;  er  wolle  ihnen 
die  weis  an  die  band  geben,  wie  sie  auch  möchten  den 
himmel  erwerben.  Aer.  a  S.  Clara  Merks  Wien  (l680)  s.  123; 
bisz  die  gelegenheit  würkliche  abstaUung  würde  an  die  band 
geben.  Cur.  Weise  kl.  leute  11;  nach  den  beobacbtungen,  die 
ihr  dieser  abend  bereits  an  die  band  gegeben.  Wielano  1,217; 
er  bitte,  dasz  ihm  über  die  mystik  rath  und  licht  an  band 
möge  gegeben  werden.  Claudius  1,  2.  125;  gab  ihnen  die 
besten  mittel  und  wcge  an  die  band,  wie  sie  der  forderung 
des  Staates  . .  entgehen  ..  könnten.  Immerman»  Münchh.  1,137; 

wer  lirieg  fleucht,  giebt  dem  feind  nicht  ursach  au  die  band. 
A.  GarPHiis  1698  1,  101. 

/)  ahnliche  Verbindungen:  etwas  in  die  bände  bekommen; 
weil  wir  dadurch  zwar  noch  nicht  die  Wirklichkeit  selbst, 
absr  doch  gleichsam  eine  anweisung  auf  sie  in  die  bände 
bekommen.  Nmersia^x  MünclJi.  2,38;  dasz  ich  ihnen  mein 
Schicksal  und  das  Schicksal  meines  freundes  gerne  in  die 
bände  lege.  Güthe  20,208;  glück  und  Unglück  ist  doch  zu- 
letzt in  deine  band  gelegt.    Rieiil  culturgesch.  nov.  285; 

ich  bab  es  in  der  götter  band  gelegt.    Göthe  9,  66; 

uns  beide  hab  ich  nun,  die  überbliebnen 

von  Tantals  haus,  in  deine  band  gelegt.    87; 
doch  mein  liindlich  herz 

bat  unser  ganx  geschick  in  seine  band 

gelegt.  91 ; 

und  sieh,  ich  lege  gnädig  dein  Rescliiclt 

in  deine  eigne  kunsigeübte  band.    Schiller  Teil  3,  3; 

ich  habe  noch 
ein  wichtiges  beltenntnis  alizulegen; 
in  ihre  bände  leg  ichi  ab.    Carlo*  4,21; 


sagent  dem  keiser,  das  er  uns  mit  gewalt  niemmer  zu  seinen 
banden  bring  {in  seine  gewall).  Aimon  bog.  e;  ehe  dann  er  uns 
zu  seinen  banden  bringt,  bog.  i;  bisz  er  den  schätz  glücklich 
zur  band  gebracht.  Simpl.  3,101  Kurz;  solle  er  macht  und 
recht  haben,  ihn  in  der  Justiz  hünde  zu  liefern.  Happel  acad. 
rom.  269 ;  sie  will  mich  dem  domherrn  ...  in  die  bände 
liefern.  Göthe  14.211;  überliefert  ihn  ..  bülflos  den  bänden 
seiner  beamten.  Freytag  liandschrift  2,  loi;  der  tenfel  weisi 
wol  ein  holz  zu  finden,  daraus  er  ein  creuz  macht,  man 
Solls  ihm  nicht  zu  band  scbalTen.  Lebmanx  97;  weil  ich  nun 
mein  anliegen  meiner  mutier  eröffnet,  schaffte  sie  mir  den- 
selben fendrich,  wiewohl  zur  unzeit.  an  die  band.  Simpl.  3, 80 
Kurz;  sind  dcrowegen  alsofort  allerhand  gerütbschafien  ..  an 
die  band  geschaffet,  pers.  reiscbeadir.  2,1;  könig  Christian  IV 
hat  ihm  die  grönländische  fahrt  wieder  angelegen  sein  lassen, 
einen  erfahrnen  Steuermann  an  die  band  geschaffet,  und  3 
schiffe  dahin  gesandt.  3,4;  als  der  ochse  siebet,  dasz  der 
löwe  so  viel  holz  zusammengetragen  und  gar  grosze  tupfe 
zur  band  gescbaffet,  läuft  er  danon.  Lokmans  fab.  5;  wo 
nicht  sein  anbefeblnüs  eine  übung  meiner  Schuldigkeit  an  di 
band  lifern  wird.  Bütscmky  W.  tan:/.  21 ;  so  will  uns  gebüren, 
bei  so  einem  häufen  volks  .  .  ernstlich  regiment  . .  vor  die 
handt  stellen  und  ankündigen.  Reuter  v.  Speir  Änejjordn.  32; 
es  waren  etliche  darunter,  die  ihm  vielerband  Juwelen  ... 
zur  band  stelleten.  Happel  acad.  rom.  28; 
Grangij  ward  über!;ehen 
zfl  des  von  Winenberg  band. 

LiLiE^CB0:t  totksl.  2,  66,  6, 
so  wird  er  gnädig  auch  mir  schaffen  an  die  band, 
dardurcb  mir  rath  geschieht  und  iaht  wird  zugewand. 

Fleiimc  y7; 
lauf  Amor,  suche  bald  dein  relszzeug  zu  der  band.    639; 
frauenwasser  ausz  dem  brunn,  einem  manne  nur  bekam, 
soll  ihm  Pheron,  wil  er  sehn,  würlilich  briugen  lu  der  band. 

LOGAL-  2,  l!Jü,  1. 

g)  an  die  band  gebt  {verschieden  von  oben  d  sp.  344)  der 
helfende  oder  zur  hilfe  bereite,  so  dasz  der  hilfe  suchende  die  liand 
nur  nach  Htm  auszustrecken  braucht:  die  geringere  und  nie- 
drigere den  höhern  und  mächtigern  sollen  zur  band  gehen. 
Lehmann  130;  denn  sicbs  gebüret,  freunden  wilfarig  an  die 
band  zu  geben.  BuTscnKv  hd.  kanzl.  59 ;  da  man  den  gast  so 
toll  und  foll  heim  schickt,  das  alle  gasse  zu  enge  scheinen, 
und  weder  bände  noch  füsze  recht  zur  band  gehen.  Palm.  684; 
eine  alte  frau,  welche  ihr  an  die  band  gieng.  Chr.  Weise  kl. 
leute  225;  keinen  mann  habe  ich.  der  mir  an  die  band  gienge. 
Gellert  3,  211 ;  seine  ältesten  knaben,  die  ihm  dabei  an  die 
band  gingen.  Wieland  8,345;  so  würden  wir  unserm  freunde, 
dem  berausgeber  des  damenkalenders,  gleich  an  band  gehen 
können.  Göthe  15,285;  bei  der  auswahl  der  stücke  ..  ging 
er  Melinan  eifrig  zur  band.  18,284;  sie  wollte  mir  an  die 
band  gehen  und  konnte  sich  in  nichts  schicken.  20,53;  wo 
klugbeit  und  gewandtbeit  dem  ausübenden  zur  band  geht. 
21,129;  um  dem  physiker  ernstlich  an  band  zu  gehen.  60.50; 
sollten  sie  mir  in  herrschaftlichen  auftragen,  deren  ich  in 
jener  gegend  habe,  an  band  gehen  können,  so  würde  ich 
im  falle  sein,  ihnen  auch  etwas  dafür  zu  reichen,  bei  Schnll 
173 ;  dafür  auch  die  formel  an  banden  gehen,  die  oben  sp.  326 
aufgeführt  ist, 

li)  an  der  band,  bei  der  band,  zur  band,  zu  banden  ist, 
steht  der  oder  das,  was  eine  danach  ausgestreckte  hand  schnell 
erreicht,  so  dasz  diese  fügungen  nähe  und  bereilschaß  hervorheben : 
ich  sprach  den  obristen  umb  einen  pasz  an  in  die  necbste 
reichsstadt,  die  mir  eben  an  der  hand  stunde.  &mpl.  3,47 
Kurz;  der  berr  begehret,  das  ich  di>em  menschen  ferner  mög- 
lichst an  der  band  stehen  und  wiirärig  sein  solle.  BtrscuKt 
kanzl.  414;  teten  si  imande  mee  schade  in  orem  lande,  so 
betten  si  den  kämpf  an  der  hant.  Stolle  chron.  27;  die 
erndte  ist  an  der  handt.  Frei  garteng.  58 ;  er  hat  einen  guten 
freund  an  der  band.  Schotiel  1137'; 

so  habe  wir  strit  an  der  hant 

und  bestät  uns  alle;  daj  laut.     Trist.  219,  35; 

den  vyndt  den  hant  wir  an  der  bandt. 

Bbamt  narrensch.  99,  60,- 

da  war  die  Tastnacht  an  der  baut.' 

U.  Sachs  1,  SOS»; 

haben  wir  denn  Just  zu  weine? 

Leipzig  ist  bald  an  der  hand.    Flbbi.-«»  426; 

gut  gewissen  achtet  nicht, 

was  Verleumdung  licht  und  riebt. 

warheil  «leht  ihm  an  der  hand, 

macht  teiu  Unschuld  noch  bekam.    Looao  S,  2H- 


347 


HAND 


HAND 


348 


früher  auch  den  tod  an  der  liand  haben,  ihm  nahe  oder  ver- 
fallen sein, 

mild,  sweihe  dar  geriient,  die  habent  den  tot  an  der  hant. 

Kib.  14S0,  4; 
alls.    nu  is  irö  ööS  at  hendi.    Heiland  2990  (vgl.  4780) ; 

vergl.  mythol.  377.  807,  wogegen  Wackernagel  bei  Haupt  9,  310 
geneigt  ist,  die  redensarl  auf  den  zum  tanze  gefaszten  lotl  (s.  todten- 
lanz)  :«  beziehen,  die  dann  zu  dem  .<;p.  334  gesagten  zu  stellen 
wäre.  —  /«  Hessen  gehl  die  reimende  Verbindung  an  der  Ijaiid 
und  wand  sein,  einheimisch  sein,  naclibarlich  wohnen,  daher  auch 
juristisch  erreichbar  sein,  Vilmar  147 ; 

nd.  et  is  better  en  nobwer  an  der  band, 

oss  en  fründ  öwwer  land.    Curtzk  volksüberlief.  324-, 

und  were  sach,  dat  einich  man  noth  het  und  den  mciger 
von  Schonecken  nit  bei  der  band  enfunde.  weisth.  2,  053  {von 
1476) ;  es  war  schon  eine  fackei  beibanden ,  welche  als  sie 
angezündet,  gienge  Timociee  darniit  für  ihnen  her.  Opitz 
Argenüt  1,57;  wenn  sie  nur  was  zu  seciren,  klystiren,  elec- 
trisiren  haben,  sind  sie  bei  der  band.  Göthe  11,48;  bist  du 
alle  morgen  gleich  bei  der  band  wie  sonst.  14,260;  Henriette 
dagegen  war  .  .  mit  dem  lobe  frisch  bei  der  band.  l.">,  2C1 ; 
in  der  geschicble  waren  ihr  namen  und  jabrzahlen  nicht 
gleich  bei  der  band.  17,60;  die  gelegenheit  war  so  glück- 
lich, das  Zeugnis  so  bei  der  band.  18,119;  Phiiine  war  nach 
ihrer  art  am  ersten  bei  der  band.  238;  «11/  unterdrücktem 
artikel:  weil  . .  der  Stachel  der  Ihätigkeit  hier  aber  sogleich 
bei  band  und  äuszerlich  ist.  Kant  4,  272;  wir  haben  doch  die 
beispiele  der  moralisch-urtheilenden  Vernunft  bei  band.  290; 

die  klugen  alle  sind  so  fern, 
der  thor  ist  bei  der  band.    Göthb  11,  38; 
sag  Pförtner!  ist  dein  berr  schon  bei  der  band?    Schiller  564; 

unter  denen ,  so  ihm  (dem  löwen)  stets  zur  band  und  seine 
fürnehmsten  bedienten  wären,  pcrs.  rosenlh.  1,16;  sie  sollen 
sich  nur  nicht  zu  weit  von  dem  orte  weg  machen,  dasz  er 
bei  abgelegter  expedilion  sie  also  bald  zur  band  hätte.  Chk. 
Weise  er*n.  442;  wozu  mir  denn  gegenwärlig  als  erwünschtes 
bilfsmittel  die  darstellung  zu  banden  liegt.  Götue  39,360; 
wir  legten  dazwischen ,  was  von  grund-  und  aufrissen  ähn- 
licher gebäude  zu  banden  war.  369 ;  er  bat  jeden  augenblick 
seine  sittlichen,  mystischen  und  geistigen  bctrachtungen  zur 
band.  Gervi.nls  gesch.  d.  d.  diciU.  1,78; 

er  was  gebeijen  Rümolt  und  was  ein  hell  zer  hant. 

Nib.  1458,  1; 

nur  ist  das  übermasz 

auch  gleich  zu  banden.     Göthe  5,  207; 
durch  feuerdunst  ist  dieser  fels  zu  banden.    41,  150; 
frisch,  gesellen!  seid  zur  band!    Schiller  glocke; 

früher  noch  in  der  fügung  zu  banden  bereit:  hiebei  merke 
wie  wir  chriaten  sollen  reich  sein  und  groszen  vorrahf  haben 
dieses  brots,  und  also  geübt  und  geleret  sein,  das  wir  das 
Morl  gottes  zu  banden  bereit  hellen  teglicb  in  allen  anfech- 
tiingen.    Luther  1,  80*. 

Gleich  mit  an  der  band ,  bei  der  band  ist  vor  der  band, 
manclimal  recht  anschaulich  gebraucht:  dieser  erfreuele  sich  von 
herzen  dasz  ihm  abermahl  eine  gelegenheit  vor  der  band  aui- 
gestanden,  sein  alles  leid  zu  verbüszen.  polit.  slockf.  313,  er 
brauchte  gleichsam  nur  danach  zu  greifen ;  ähnlich : 

so  meint  en  (dat  vulk),  was  ihm  nicht  steht  täglich  für  der  band, 
sei  über  die  natur.  Opitz  1,  46, 

vgl.  auch  oben  A,b  .<p.  325;  gewöhnlich  abgeblaszier  in  dem  sinne 
von  da  seiend,  auch  nahe  liegend,  bereit,  wo  die  moderne  spräche 
den  plurul  setzt,  s.  vorbanden:  wo  eine  rechte  nobiwchr  vor 
der  bandl  ist  (=  si  defensio  fuerit  necessaria  et  coacia).  Ayrkh 
proc.  1, 1,  obs.  3 ;  Uih  was  vor  der  band  und  recht,  das  künf- 
tige lasse  golt  wallen.  Butschky  l'almos  Mi;  zu  dehm  mus 
man  allezeit  dem  übel ,  welches  vor  der  band  und  am  gr- 
labrlichsten  ist,  am  ersten  begegnen.  855;  H.  was  bedeutet 
der  schall  von  pauken  und  trotnpcten?  S.  es  ist  wieder  was 
abendtheurliches  vor  der  liand.  das  bdrt.  frauenz.  21 ;  weil  die 
nacht  \nT  der  band  war.  Felsenb.  ?,  45; 

nun,  en  Nind  die  feiiid  vor  dnr  band, 

wollen  .'inKreirnM  unni'.r  land, 

deiii  w»!hret  eucn  al»  dapfer  lent. 

H.  S»c«»  3  (l.'.78),  2,219»; 

der  molir  ist  ror  der  band.    GmrMNDiR  Cid  D; 

die  not  war  vor  der  band.    Dillj, 
(  -■  U  firü  approrlioil,  Cid  4,  S).     gegemalx  ist  hinler  der  h»nd, 
etwa»  hinter  der  band  hat  der,   der  steh  einen  notpfennig  er- 


sparte, niederd.  he  hett  wat  achter  de  band,  er  hat  was  erübrigt, 
wozu  er  greifen  kann.  DXiinert  172*. 

i)  hieraus  haben  sich  drei  adverbial  gewordene  veibindungen 
ergeben,  vor  der  band,  zu  band,  nach  der  band. 

ff)  vor  der  band,  zeitlich  verwendet,  =  zunächst,  vorläufig: 
inzwischen  erkühnen  wir  uns,  euch  vor  der  band  (bessern  vor- 
schlagen unnachlbeilig)  einen  rath  zu  geben.  Wieland  2,202; 
ja  aber  vor  der  band  dächt  ich  sie  reisten.  Lenz  1,117; 
dasz  ein  mensch  mit  sich  laut  redend  betroflfen  wird,  bringt 
ihn  vor  der  band  in  verdacht,  dasz  er  eine  kleine  anwand- 
lung  von  Wahnsinn  habe.  Kant  6,382;  wenn  man  sich  gleich 
vor  der  band  keine  stütze  von  ihm  versprechen  darf.  Gotter 
3, 18;  was  überkommt  aber  denn  sonst  das  gute  arme  volk  .. 
für  ermunlerungen  zum  werthe?  so  viel  vor  der  band  frei- 
lich noch  nicht,  musz  man  antworten,  als  ein  preisschaf  und 
ein  preisrind  in  England.  J.  Paul  nachdämmertingen  82 ;  hätten 
mich  nicht  wichtige  gelühle  nach  süden  hingezogen,  so  wäre 
ich  vor  der  band  in  Trient  geblieben.  H.Heine  werke  2,76; 
ich  küsste  sie  und  sie  micli  wieder, 
und  —  vor  der  band  nichts  mehr  von  tod.     Göthe  I,  24. 

Hückert  gibt  die  Verbindung  in  einem  worle: 

und  vorderband  um  mich  sich  nicht  mehr  kümmernd.    156; 
(das  licht)  konnte  vorderband  doch  nichts  als  leuchten.    176. 
ß)  zu  band,  zur  band,  seltener  ürllich: 

du  läufst  einmal 
und  holst  mir  den  beutet  zum  spiele, 
er  liegt  zur  band 

auf  meines  tisches  rand.    Göthe  1,  221: 
zur  band  im  scbnee     starr  liegt  ein  reh, 
blutrünstig,  frisch  geschossen.    Freiligratb  ; 

gewöhnlich  zeitlich,  in  der  bedeutung  alsbald:  sieht  der  einen 
notdürftigen  armen  menschen,  der  mangel  leidet,  zu  band 
reichet  er  im  dar  von  dem  das  er  hat.  Keisersberc  seelenp.  73" ; 
darnach  zu  band  ist  der  fiscal  herfürkommen.  Luther  3,417'; 
zuband  geet  er  zu  hausz  und  thut  ym  selbs  den  todt  an. 
Frank  wellb.  17';  da  findt  man  brunnen,  was  man  dareii; 
dunkt,  das  wirl  zuband  stein.  60';  zuband  ihr  gar  eine  sub 
tile  boszbeit  erdacht,  wegkürzer  86;  wo  ein  mensch  solchen 
angreift,  so  stirbt  er  zu  handt.  Forer  fischt.  116';  fiel  er  zu 
handt  darein.  Tacius  bei  Fronsp.  3,249'; 

ich  bitt  euch  jüd,  leicht  mir  zä  band 
bargelt  auf  bürgen  oder  pfant. 

SCUWARZEMBERG    122»; 

damit  uns  sterKen  wil  zS  band.    147'; 

das  ich  darüber  starb  zu  band. 

B.  RiNGWALO  tr.  Eck.  F6'; 

und  gieng  zu  band  nach  Bethlehem,    evang.  CiiJ'; 

hat  nichts  als  unbestand  bestand, 

(0  wird  mein  ach  zu  band 

in  tust  verwand.     Flehinc  529; 
ist  ein  esel  zu  erstreiten,  ei  so  suche  dir  zur  band 
einen  ricbter,  der  nicht  selbsten  ist  dem  esel  anverwaud. 

LoGAü  2,  238,  174. 

/)  nach  der  band,  der  gegensatz  von  vor  der  band,  in  zeit- 
licher bedeutung  spdler,  nacliher,  weiterhin :  doch  gieng  nach  der 
handt  die  sage.  Kirchhof  ntt/t/.  düc.  265;  nach  der  band  kam 
der  pfarrberr.  wendunm.  297 ;  aber  nicht  desz  weniger  nach 
der  handt  scbwärlich  ist  gestraft  worden.  Fischaht  bienk.  107'; 
ich  habe  mich  bekehrt,  und  nach  der  band  keine  ungebühr- 
liche werke  mehr  verübet,  pers.  baumg.  7,8;  nach  der  band 
rüsteten  sie  eine  flotte  aus.  Heilman  TAiicyii.  328 ;  ein  stille- 
stand, welchen  anfönglicb  nur  die  Gcloer  schlössen,  worauf 
aber  nach  der  band  auch  die  übrigen  .Sicilianer  zusammen- 
traten. 528;  es  boten  sidi  mir  nach  der  band  gründe  dar. 
Kant  8,236;  ihre  nachsichtsvolle  aufmuntcrnng  erwartet  .  . 
dasz  ich  mich  bestrebe,  sie,  wenigstens  nach  der  band,  recht 
haben  zu  lassen.  Lessinc  5,356;  hält  er  für  wahrscheinlich, 
dasz  die  Veränderung  des  korpers  unten  im  morast  vorge- 
gangen sei,  und  der  bacb  ihn  nach  der  band  heraus  gespühlt 
und  nach  dem  teiche  geführl  habe.  Liciitenhkro  5  (I8ü3)  s.  l.%6; 
vor  alters  hätten  die  menschen  alle  ein  separates  es  inter- 
maxillare  gehabt,  das  sich  nach  der  band  durch  debauchcn 
und  zuiiehmenden  liixiis  der  nacbwelt  verloren.  (iöTHS  55,154; 

wenn  nun  die  golinsrnrrht  .  .  von  eun-r  criton  Jugend 
bei  (Mirh  gflundcn  ist  und  bleitit  mich  iinrh  der  hniid, 
10  seid  ihr  billig  jn  versetzt  in  digeii  stand.     Hisr  f\irn.  58. 

k)  von  der  liand  gewiesen  wird  ein  anerbieten,  ein  Vorschlag, 
den    man    nicht  ergreifen  (Hier  auf  den  man  nicht  ringrhrn  will. 

2)  ebenso  schlieazen  sieh  an  dte  liand  als  hallende  und  be- 
sitzende eine  reihe  ron  fnmieln  an,  in  denen  die  sinnliche  bedeu- 


349 


HAKD 


HAND 


350 


tung  des  iubstanlivs  zurück  triU.  dte  letztere  bleibt  aber  stets 
gewahrt,  uenn  das  dazu  gehörige  verbutn  haben ,  halten  utüer- 
drückt  wird:  besser  ein  spalz  in  der  band  dan  ein  storch 
auf  dem  dache.  Scbottel  1115*; 

besser  ein  vogel  in  der  band, 

als  xwanzig  auf  dem  land.    Pistorrs  thes.par.  8,  G4; 
und  TOD  der  anderen  seile 
trat,  ein  kind  an  jeglicher  band,  der  richter  zugleich  an. 

GöTBE  4U,  311; 
bejahrte  Trauen, 

in  braunen,  verschollnen  gewändern, 
gesangbuch  und  rosenkranz  in  der  band. 

Heine  buch  der  lieder  325 ; 

oder  durch  die  praep.  mit  ersetzt  ist:  sah  aber  ..  eine  dunkle 
gestalt,  mit  einer  überlangen  stange  in  der  band.  Imxerxann 
Münchh.  2,  2S ;  keine  galerie  ohne  ein  schock  Engländer,  die 
mit  ihrem  guide  in  der  hand  darin  umherrennen.  Hei>e  «rerAe 
2,121.     von  den  oben  erwähnten  fonneln  sind  zu  nennen: 

a)  in  bänden  haben ,  halten ,  in  händen  sein ,  fest  haben, 
hesitzen;  so  von  dingen:  sich,  alle  dinge,  die  er  hat,  sind  in 
deiner  hand.  Keisersberg  pred.  6';  es  wird  nöthig  sein,  dasz 
sie  wenigstens  tausend  tbaler  in  händen  haben.  Ragener 
sat.  3  (1757)31;  ein  ganzes  Jahrhundert,  und  darüber,  haben 
sich  die  liebhaber  mit  einer  einzigen  aufläge  dieses  dicbters 
beholfen;  in  wie  vieler  bänden  kann  er  also  noch  sein? 
Lessisg  5,  104;  wenn  der  schmuck  in  ihren  händen  ist. 
GöTHE  14,173;  ich  habe  keine  ruhe,  bis  ich  das  kleinod  in 
ihren  händen  weisz.  174;  der  den  der  kauf  reut,  wenn  er 
die  waare  in  händen  hat.  19,340; 

mein  frau  kont  sich  auch  wol  machen, 

wenn  sie  bet  pfenning  in  der  hant.    fastn.  sp.  t05,  13: 

Reinmundt  der  hat  in  seiner  band 

die  graTscbaft  Forst,  die  ich  ihm  gab. 

Atbb»  349'  (1749,  5  Kellei). 

sprickwirtlich :  in  keiner  hand  nichts  haben,  gar  kein  vermögen 
besitzen;  sie  hat  fünf  unerzogene  kinder,  und  in  keiner  hand 
nichts  als  armuth.  Gellert  3, 158 ;  das  heft  in  der  hand,  in 
händen  haben,  volle  gewalt,  tcie  der  der  das  heft  des  Schwertes  hält ; 

jetzt  sind  wir  noch  beisammen  im  land, 
wir  habens  heft  noch  in  der  hand. 

ScuiLLEB  ^Vatlenst.  l.   11.  auftr. 

von  personen:  erwachte  nicht  früher,  als  bis  er  sich  in  den 
händen  seiner  geistlichen  brüder  sah.  Götbe  20,269;  daher 
hat  man  einen  menschen  in  händen ,  wenn  er  willenlos  in 
eines  macht  gegeben  ist:  sih  er  ist  in  deiner  hand,  jedoch 
behalt  sein  sei.  bibel  1483,  250*  (ecce,  in  manu  tua  est.  Hieb 
2,  6) ;  würde  aber  der  könig  in  Frankreich  dagegen  undank- 
bar sein  und  widerumb  neue  bändel  anfangen ,  so  hätte 
der  kaiser  ewigen  rühm  davon,  dasz  er  einen  so  mächtigen 
könig  in  händen  gehabt  und  losz  gelassen  hätte.  Schüppiüs 
398 ;  werden  sies  (die  menschen)  geschehen  lassen  ?  Tr.  wir 
haben  sie  in  händen.  Göthb  14,114;  ich  bin  ganz  in  ihren 
händen.  168;  ich  dachte,  wenn  ich  will,  kann  ich  euch  in 
meiner  hand  haben,  ihr  herren  gelehrten.  Frett.'^g  hand- 
schriß  3,  250 ; 

ich  bin  ja,  herr,  in  deiner  hand.  Gbllebt  2,  212. 
ebenso  das  menschliche  herz:  mein  liebster  Hertod,  ihr  habt 
mein  herz  in  euren  händen.  Happel  acad.  rom.  331;  meiner 
alten  ihr  herze  hatte  ich  in  händen  und  sie  vertraute  mir 
mehr  als  ilu-en  kindern.  Jungfer  Robinsone  115;  verstand  er 
seine  kunst,  so  waren  alle  herzen  in  seinen  händen.  Schiller 
1027 ;  da  der  mann,  ich  wuszte  selbst  nicht  wie,  mein  herz 
in  seine  bände  bekommen  hatte.  Thümmel  reise  2,  53. 

Ähnlich  steht,  ist  etwas  in  der  hand  eines,  er  hat  es  in 
geicalt  und  die  Verfügung  darüber: 

dö  sprach  diu  schnsne  Krimhilt:  ich  hän  einen  man, 
das  eiliu  disiu  riebe  zuo  sinen  henden  sollen  stän. 

iV«6.  758,  4 ; 

so  steht  auch  jetzt  in  seiner  handt 

zu  sammt  Rom  der  Sabiaer  landt, 

dasz  regirt  er  alles  allein.    Äther  19»  (111,  13  Keller); 

die  weil  die  eine  gestalt  des  sacraments,  durch  menschliche 
Satzung,  und  beider  gestalt  desselben  in  banden  und  gewalt 
des  bapsts  stünde.  Luther  6,328*;  mein  glück  liegt  ganz  in    i 
ihrer   hand;    das   christenthum  sei  jetzt  schon  ganz  in  den 
bänden  der  Juden.  Heine  werke  2,  388 ; 

mein  leben,  heil  und  tod 
beruht  in  eurer  hand.    A.  Gitphiis  1698  1,  30; 
steht  unsre  zeit  in  dessen  hSnden, 
der  in  der  glut  die  zeit  soll  enden.    1,  48; 


doch  dein  glück  dir  selbst  zu  schaffen, 

tochter,  steht  in  deiner  hand.    Götter  1,  86; 

ich  sage  dir,  es  liegt  in  deiner  band.    Göthi  9,  66; 

wie  man  etwas,   z.  b.  geld ,  vermögen  in  die  bände  bekommt. 

in    besitz   und  freie  Verfügung:   als  mann  bekäme  ich  es  {das 

geld)  in  die  bände.    Lessisg  2,  418. 

b)  ebenso  in  der  altem  spräche  bei  händen  haben :  dero  wit 
noch  bücher  in  griechischer  sprach  by  unsern  banden  haben. 
Reccblis  augensp.  lO';  vermög  meines  bei  banden  habenden 
gewalts.  AvRER  proc.  1,  2;  darüber  gaben  sie  mir  einen  revers. 
den  ich  auch  bei  meinen  händen  habe.  Schweixiches  2,155 ; 
derjenige  kan  nicht  rechtschafifen  frölich  sein ,  der  da  ver- 
raein«t,  er  genüsse  nur  allein  dessen,  was  er  noch  bei  händen 
hat,  anschauet  und  sibet,  und  aber  das,  was  er  zuvor  gehabt, 
für  nichts  hält.  Bctscbkv  hd.  kanzl.  700;  einen  bei  händen 
behalten,  ihn  nicht  los  geben:  so  ersiehe  ich'leuth  von  uns 
hinweg  Qiehen  . .  und  erreit  zweeo,  die  behielt  ich  bei  meinen 
banden.  Götz  v.  B.  82. 

c)  darnach  etwas  in  die  bände  empfehlen :  vater,  ich  befelh 
meinen  geist  in  deine  hende.  Luc.  23,46;  so  glaube  ich,  dasz 
ich  mein  glück  in  keine  bessern  bände  als  in  die  ihrigen 
empfehlen  kann.  Rabeser  sat.  3  (1757)  28. 

d)  durch  die  bände  gehen ,  laufen ,  bei  vorübergehendem 
besitz:  das  haus  ist  seit  zehn  jähren  schon  durch  viele  bände 
gegangen ;  das  buch  ist  mir  eben  nur  durch  die  hand  ge- 
laufen, ich  habe  es  niciü  lange  gehabt;  zum  exempel  diese  venus- 
muschel,  durch  wieviel  bände  ist  sie  nicht  schon  gegangen, 
und  immer  wieder  in  die  meinigen  . . .  zurückgekommen. 
Lessixg  2,  448;  dieses  aber  bitte  ich  mir  zugleich  unter- 
thänig  aus,  dasz  alle  diejenigen  gelder,  welche  ew.  gnaden 
aufborgen,  durch  meine  bände  gehen.  Rabexer  sat.  3  (1757) 
133;  mehrere  copien,  die  er  im  kleinen,  nach  den  vorzüg- 
lichsten meisterwerken ,  die  durch  seine  bände  gegangen, 
gefertigt.  Göthe  43,  349 ;  stoflFe .  in  sich  so  grosz  . .  so  fest 
und  gewaltig,  dasz  sie  jede  neue  idee  . .  in  sich  aufnehmen,. . 
gehen  auf  diese  weise  von  hand  zu  hand,  von  Jahrhundert 
zu  Jahrhundert.  Gervixüs  gesch.  d.  d.  dicht.  1,  99 ; 

(sie)  führte  mich  von  dannen  nach  Paris, 
hier  ging  ich  durch  verschiedne  bände, 
und  meinen  reiz  besasz  am  ende 
ein  alter  wackrer  Präsident.    Borger  106». 

e)  von  hand  zu  hand  vertrauen,  dem  besitz  übergeben: 

wo  lasz  ich  aber  dich  und  deine  schöne  laute, 

herr  Klipstein,  welche  dir  von  hand  zu  hand  vertraute 

Apollo  Phöbus  selbst,  der  sie  vor  erst  erdacht, 

der  deine  schnelle  faust  ihr  griffreich  hat  gemacht? 

FLEXHiG  58; 

nimm  dieses  brieflein  an,  und  meine  hierbeineben, 

als  hätte  sie  dirs  selbst  von  band  zu  hand  gegeben.    69. 

f)  unter  händen  lassen,  in  besitz  und  gewalt:  dasz  man 
einem  fehlschützen  von  mutterleib  aus  kein  gewehr  unter 
händen  lassen  müsse.  Liixermaxx  Münchh.  l,  226. 

g)  unter  den  händen  schwinden:  alles  verschwindt  ihm 
unter  den  händen.  Garg.  68';  adieu  weit!  . .  in  deinem  hausz 
ist  das  vergangene  schon  verschwunden,  das  gegenwärtige 
verschwindet  uns  unter  den  händen.  Simpl.  2,  110  Kurz ;  im 
gegensatze  zu  unter  den  händen  wachsen :  rechte  reichtunib 
wechst  im  geben  unter  den  henden.  Fraxs  sprichw.  1,137*; 

vgl.  ahd.  so  thaj  heri  tbö  gisa;,  tha;  bröt  gisegonota{  a;, 
ij  wuahs  thar  thera  ferti  in  munde  Job  in  henti. 
Otfrid  3,  6,  36; 

alts.  it  undar  irö  handun  wöhs, 

meti  mannö  gihwemu.     Helitind  2860. 

unter  den  händen  sterben:  denn  etliche  verscheiden  denen, 
so  sie  auf  die  wagen  bringen  wollen,  under  den  händen. 
Kirchhof  milit.  discipl.  118;  aber  indem  sie  so  damit  umging 
und  uns  von  ihrem  mann  erzehlete,  starb  sie  uns  unter  den 
händen.  Simpl.  2, 40  A'urs;  seine  gesundheit  ist  nur  ein  schein, 
es  (das  kind)  wird  uns  unter  den  händen  wegsterben.  Götbe 
20,  298. 

h)  von  den  händen  fordern :  gott  wird  vieler  groszen  herren 
und   reichen    schlemmer    blut    von    euren    händen   fordern. 

SCHÜPPICS    88. 

t)  aus  den  händen  geben,  bringen,  kommen  u.  dhnL :  ich 
wurde  ihnen  ehe  alle  ding  von  bänden  geben.  Tb.  Plater 
162;  Ärsace  würde  sich  ehe  selber  tödten  lassen,  ehe  dann 
sie  die  zwei  jungen  von  handt  gebe,  buch  d.  liebe  217*; 

jud,  so  gib  das  auch  aus  der  band  (=  verzichte  auf  das  recht 
XU  klagen).    Atris  fastn.  sp.  24'  (2457,11  Keller); 


351 


HAND 


HAND 


352 


wer  will  den  schätz,  welchen  die  eitern  vom  gebet,  thrSnen 
und  seufzen  für  ihre  kinder  gesammlet  und  im  himmel  bei- 
gelegt, ihnen  veruntreuen  und  von  hünden  bringen.  Sciiiveh 
scdcnscli.  2.  2Ti ;  sehet  die  Niederlande  an  :  was  hat  dieselbige 
aus  des  künigs  in  Spanien  bänden  bracht?  Schdppiüs  384; 
sollich  {die  rabbinischen)  commentarien  kan  und  mag  die  cristen- 
lich  kirch  nit  von  banden  lassen.  Reuculin  augensp.  13';  so 
du  aber  solch  bequem  gelegenheit  deines  wollcbens  ausz  den 
henden  lassest.  Kircuiiof  tveiidutim.  Gl";  viel  gute  occasiones 
und  bequcniligkeiten  ausz  bänden  lassen  und  versäumen. 
Sciiuppiüs  105;  dasz  er  etliche  cölniscbe  kaufieute  bei  den 
köpfen  gekriegt,  die  er  nicht  ausz  bänden  lassen  wolte,  es 
sein  ihm  dann  meine  sachcn  zuvor  eingehändigt.  S(/»/)i."l,377 
Kuri ;  meinst  du  meinen  befehlen  entwachsen  zu  sein,  weil 
ich  dich  einmal  aus  meiner  band  liesz?  FnEiTAC  handsrhriß 
2,380;  dasz  er  (Logau)  in  seiner  Jugend  verliebte  gedichte 
geschrieben  habe,  die  ihm  in  den  unruhen  des  krieges  von 
bänden  gekommen  wären.  Lessinc  5, 106 ;  ich  konnte  jeden 
punkt  angeben,  auf  dem  ich  diese  und  jene  gute  eigenschalt 
wieder  fand,  die  mir,  golt  weisz  wie,  nach  und  nach  von 
der  band  gekommen  war.  TuCmmel  reise  2,  7;  mein  berr  wird 
mir  nicht  aus  banden  gehen,  wann  ich  ihn  ersuche,  euch 
einige  hülfe  zu  crtheilen.  d.  bärt.  frauenz.  ZZ;  es  könnte  den 
vater  reuen,  und  ers  (das  land)  wieder  an  sich  ziehen,  wenn 
ich  ihm  den  kaufschilling  nicht  baar  erlege,  ich  musz  um 
geld  schauen,  so  kann  er  mir  nicht  mehr  ab  der  band  gehen. 
a.  ni.  im  Tockenb.  42;  als  wir  einsprangen  und  die  ..  dirne 
ihren  bänden  entrissen,  sagten  sie,  das  schandkind  habe 
ihr  gemeines  geld  veruntreuet.  Uiehl  cuUurgesch.  nov.  376.  in 
reinispielender  Verbindung:  und  es  war  aller  weit  unmiiglich  . . 
sich  wider  ausz  des  teufeis  banden  und  banden  zu  winden. 
MATnEsii's  Sar.  113*.  —  aus  der  band  fallen,  im  spricitworl: 
es  war  einem  geistlichen  das  herz  . .  aus  der  band  gefallen, 
nehmlicb ,  er  hatte  sich  . .  in  eine  hohe  persohn  verliebet. 
pers.  rosenlli.  5,  4. 

3)  an  die  beiden  vorigen  bedeulungen  schUeszl  sich  nun  die 
band  als  symbol  des  besilzcs,  der  gewall  über  eine  sache  an: 
band  haben  bei  einem,  etwas  über  ihn  vermögen  Sciim.  2, 203; 
cardinal  von  Augsburg  hat  herzog  Heinrich  geraten ,  das  er 
das  land  in  kais.  maj.  band  stellen  sol.  Scuehtlin  fcne/e  38 ; 
er  hatte  die  band  über  den  ganzen  eidboden,  und  war  euch 
olles  in  allem.  Göthe  8,171;  die  banse,  die,  an  sich  mächtig 
genug ,  durch  den  Stralsunder  frieden  eine  band  über  die 
dänische  kröne  gewonnen  hatte.  Daulhann  dän.  gesch.  2,52; 

das  liayserliche  mayestat 

braucht  nun  sein  handt  und  gwöltig  macht. 

SoLTAü  volksl.  307  ({fi.jahrh.); 

tpriehwörllich  in  die  band  wünschen,  zum  besitz:  aber  ich  tröst 
mich  dessen,  ist  es  nicht  hie  so  ist  es  dort,  und  villcicht 
mehr,  als  ich  mir  inn  ein  band  wünschen  soll.  Garg.  30'; 
nirderd.  mannes  band  baven !  brem.  wb.  2,  680.  von  dieser 
bedeutung  geht  aus  über  die  band  wachsen :  ich  fragte  ihn, 
ob  seine  kinder  auch  alle  so  gutartig  seien  als  seine  frau? 
ja,  sagte  er,  ja,  sie  sagt,  wenn  ich  nicht  daheim  sei,  wollten 
sie  ihr  wohl  auch  oft  über  die  band  wachsen,  a.  m.  im 
Tockenb.  300;  ferner  über  band,  zusammengerückt  überband 
nehmen,  ausgehend  von  dem^mhd.,  das  die  obere,  die  höchste 
band  (wb.  1,  627')  als  bezeichnung  der  obersten  gcwalt  {vgl.  ober- 
band) vertcendel: 

rrou  Minne  nam  die  obem  bant, 

dii  sl  in  vienc  unde  hant.    twein  1537; 

tn>  im  nd.  de  Qperste  band  bem  im  hause  hcrschen  Sciiahb.  73' : 
die  Ungerechtigkeit  wirt  uberbant  ncmen.  Scmhelzl  augensp. 
13';  er  wird  die  Unordnung  über  band  nehmen  lassen.  Stüve 
trwcn  «  rer^.  2G8;  auch  in  andrer  fngung:  dieser  meisler 
(/Wriu  Lombardus)  von  iiohcn  sinnen  were  ein  groszcr  lerer 
gewesen,  wenn  er  inn  der  propbeten  und  aposteln  sciirilt 
geralhcn  were.  aber  das  bapstbumb  hatte  er  über  band 
genommen.  Matmes.  Sar.  i)2'. 

41  vicdcr  in  einigen  fügungen  soll  die  band  trachl,  schütz  und 
rertiieidigung  her  torheben,  die  durch  sie  gewiihrt  werden ;  sie  heiszl 
deüialb  bewehrte,  bcwafTnete  band  {oben  .»/>.  32fi):  hierzu  dann 
nOblig  ist  riner  bewehrten  band ,  kriegsmaclil  ond  riJstung. 
Kmciirior  niiiil.  diic.  von.,  und  sieht  auch  sonst  geradezu  in  dem 
sinne  trhuli,  schirm,  bevachung:  nachdem  es  al)cr  der  himmel 
»0  gpfüirci,  da«z  »ic  unter  meiner  band  den  tcmpcl  bewohnet. 
ZiCLER  Banise  (i7oo)  .Ml:  jirii)/  Mipinndi  aber  nebst  der  prin- 


cessin  wurden  noch  als  gefangene  unter  der  band  des  Abaxars 
verwahret.  574;  so  in  der  Verbindung  band  haben,  wenn  sie  die 
bedeutung  des  franz.  maintenir  hat  {vergl.  handhaben) :  so  dasz 
ich  nichts  von  der  kione  mehr  übrig  habe  als  dasjenige,  v\as 
mir  Ambiodorix  mit  wafTen  und  Schwertstreich  hat  ei  halten 
können,  und  meine  mutter,  welche  so  groszc  sorge  gehabt 
hat,  mir  dieselbige  band  zu  haben,  theiiet  sie  anjelzund 
fremdlingen  zum  raube  aus.  Opitz  ylrgcnis  2,  24 ;  den  frieden 
zu  versichern  und  band  zu  haben.  158.  das  rechtssprichworl 
band  musz  band  wahren.  Pistorius  thcs.  paroem.  5,  70,  betont 
die  gewähr,  die  die  gebende  der  empfangenden  .hand  zu  leisten 
schuldig  ist.  —  Von  hierfür  gehörigen  formelhaßen  Verbindungen 
sind  zu  nennen : 

a)  band  ob  jemand  halten,  ihn  schützen:  weil  er  meiner 
bedurft  und  vermerket,  dasz  i.  f.  g.  hand  über  mir  hielten. 
ScHWEiMcnEK  3,3;  dasz  man  mit  allem  ernst  ob  ihm  hand 
halte.  PniLANDER  l,  031 ;  wo  gott  nicht  band  ob  mir  gchalleo 
halte.  2,38;  über  ihr  halten  schirmende  gcister  die  bände. 
Immekma.n.n  Münchh.  1,215; 

gott  hält  ob  ihnen  hand.    Opitz  2,  14-, 

auch  von  Sachen  häufig  gebraucht:  er  hält  alle  bände  über  das 
buch,  bewahrt  es  sorgfältig;  alle  bände  über  etwas  breiten, 
es  aufs  beste  zu  bewahren  suchen.  Rüdiger  Zuwachs  2,  Sl.  — 
Anders  ist  die  fonnel  von  Heii.man  verstanden,  der  damit  züi,elung 
bezeichnen  will:  welche  denen,  die  sie  am  vernünftigsten 
fanden ,  zusprachen ,  dasz  sie  ruhig  bleiben  und  auch  über, 
die  andern  mit  band  hallen  möchten.  Thucyd.  tl50. 

b)  biblLichcn  Ursprungs  ist  jemanden  auf  den  bänden  tragen, 
nach  ps.  91, 12:  denn  er  bat  seinen  engein  bcfoihen  über  dir, 
das  sie  dich  behüten  auf  alle  deinen  wegen,  das  sie  dich 
auf  den  henden  tragen  und  du  deinen  fus  nicht  an  einen 
stein  stoszest  (wiederholt  Mallh.  4,  G) ;  es  hat  von  alters  her  ein- 
gang  in  die  gewöhnliche  spräche  gefunden: 

ß  der  unsanfte  mücse  gän, 

ü!  miner  haut  wolt  ich  in  tragen. 

minncs.  frühl.  105,  32; 

das  sie  (die  engel)  uns  gern  trügen  in  iren  henden,  ufT  das 
wir  unser  füsz  der  seien  nit  verletzten  an  dein  struehstein 
der  verzwifflung.  Keisersrerg  Wj.  33';  seinen  ellern  alle  ehre 
tbun  und  sie  auf  den  henden  tragen.  Luther  4,396';  es 
wolte  mich  aber  ein  jeder  auf  den  bänden  tragen,  die  zuvor 
mich  nicht  gerne  ansahen.  ScnwEiMciiEN  2,275;  warum  ist 
alle  weh  dem  grafen  Egmont  so  hold?  warum  trügen  wir 
ihn  alle  auf  den  bänden?  Göthe  8, 172;  und  wenn  sie  unsere 
rechte  und  freiheiten  aufrecht  erhält,  so  wollen  wir  sie  auf 
den  bänden  tragen.  199;  und  mit  andenn  ausdruck:  wäre  sie 
aber  so  glücklich  meine  person  als  frau  zu  bedienen,  so 
wolte  sie  mir  die  bände  gar  unter  die  füsze  legen,  ehe  eines 
mannes  209. 

c)  die  hand  abziehen  von  einem,  Htm  nicht  ferner  sdiutx  oder 
hilfe  angedeihen  lassen,  die  bedeutung  rührt  an  no.  b  unten:  ich 
will  ihm  schreiben ,  dasz  ich  meine  hand  von  ihm  wende. 
Schiller  räuber  i,  l ; 

keinem  hat  er  abgezogen 

seine  liand,  der  bu9Z  gcthan.    Scauppins  959; 

ich  zieh  meine  hand  von  euch  nb, 

lasse  zu  cdicrn  stcrbliclien  mich  herab.    Göthk  13,  tOS; 

mein  königliclicr  hcrr!  zieh  deine  band 

niclit  von^un.i  ah!  gib  deine  Irene  st.idt 

nicht  unter  Knglands  harte  licrschiill  liin. 

ScuiLLKR  Jungfrau  1,  5. 

5)  band  ist  auch  die  helfende,  unterstützende:  des  mund  alle- 
zeit gibt  und  hilft,-  des  bände  nicht.    Sr.norrEL  1121*.     daher 

a)  jemandem  die  band  liielen,  hiirreiche  hand  bieten:  der 
uns  so  oft  in  verzweifelten  sachen  die  handt  bat  bollen 
und  auszgeholfen.  Frank  parad.  I4l';  die  gcselze  verbinden 
mich,  bemcldler  wilweii  iiillfioiche  bände  zu  bieten,  d.  bort, 
frauenx.  25;  liülflicbc  hand  leisten,  adjumenta  subministrare 
SriELEn  751 ;  frad  von  *  bot  nach  kurzer  zeit  einer  ciurich- 
tung  selbst  die  bände,  nach  welcher  das  gute  mädchen  sich 
Thcresens  vater  hberliesz.  Götiie  20,229;  und  so  vergingen 
die  glücklichen  tage  der  roscnfarhenen  zerslreiiungen,  wo  so 
ein  lag  dem  andern  freundlich  die  band  bietet.  10,105;  der 
einflusz  solcher  hoher  geister  erstreckt  sich  bis  aufs  liand- 
wcrk,  so  dasz  die  schnöde  grcnzlinie,  welche  begann  kunst 
und  handneik  zu  trennen,  wieder  l)cinalie  ganz  verschwindet 
und  beide  sich  ali  kinder  öiner  mutler  freundlich  die  haod 
bielcii.    K.  T.  A.  IIorrMAMN   12.220; 


353  HAND 

er  beut  den  armen  hülf  und  hand. 

Gc:«TBER  bei  Stkinbach  1,  688; 

weisi  um  den  bund,  er  bietet  selbst  die  bände. 

Schiller  ilaria  Stuart  I,  6. 

niederd.  auch:  enen  ene  hand  lenen,  Dähsert  l"l'; 
die  hand  will  ich  dir  leihen,  rette  du 
den  namen,  wie  du  kannsu    Schiller  M.  Stuart  %  5; 
reich  ihr  die  hand,  der  tiefgefallenen !    2,  4. 

b)  hand  anlegen,  helfend,  in  anderm  sinne  als  unten  6,6 
und  11. a;  hand  anlegen,  damit  derselb  desto  eher  von  dannen 
queme.  ueisth.  3, 36S  (von  1469); 

helft  —  leget  hand  an  —  steht  mir  niemand  bei, 
den  scbmerzenspfeil  ihm  aus  der  brüst  zu  ziehn? 

Schiller  Teil  4,  3; 

kommt  alle,  kommt,  legt  nano  an,  männer  und  weiberl 
brecht  das  gerüste!  5.  >• 

c)  die  hand  versagen:  man  zeucht  in  den  herrenhöfen  die 
jungen  herren  darzu,  d;  sie  irer  hände  milt  sind,  und  nie- 
mand die  hand  versagen.  Agr.  tprichw.  (15C0)  167'. 

d)  daher  kann  hand  stellvertrelend  für  pflege,  abwartung,  bedie- 
nung  stehen:  als  ich  ihm  (dem  gasttrirle) . .  aüszer  der  Zahlung 
etwas  für  die  gute  hand  gab.  H.  Heise  verke  2,  9S  {ml  nach 
dem  Üal.  della  buona  mano). 

6)  die  hand  als  schaffende,  arbeitende,  vird  in  den  ipricA- 
ttörlem  gezeichnet:  wir  müssen  alle  arbeiten,  einer  mit  der 
band,  der  ander  mit  dem  verstand.  Creidics  2,  416 ; 

was  hände  bauten,  können  hände  stürzen. 

Schiller  Teil  1,  3, 

nd.  wat  hendeken  gebuwe^  baen, 

dat  können  wol  hendken  tobreken. 

UaLA:(D  tolksl.  443  i 

and  ton  hier  gehen  folgende  formein  aus: 

a)  hand  schlagen  an  ein  icerk:  wenn  wir  ablassen  vom 
nachdenken,  müssen  wir  die  hände  alsbald  ans  werk  schla- 
gen. ScRivEB  seelensch.  1,215; 

was  werden  die  (die  milverschworenen)  nicht  wagen, 
die  zweifelsohn  verpflicht,  hand  mit  ihm  anzuschlagen. 
A.  Grypbics  1695  1,  31; 

eine  geringe  arbeit  läszt  sich  leicht  von  der  hand  schlagen; 
und  schulden  einkassiren,  ist  gewisz 
auch  kein  geschalt,  das  merklich  fördert,  das 
so  von  der  hand  sieb  schlagen  läszt.    Lkssimg  2,  191.| 

6)  ebenso  hand  anlegen:  wie  sie  aber  hand  anlegen  und 
ir  gewachsen  salz  abschneiden  wollen.  Sc/i«W)ürger  1599  s.  79; 
dasz  ich  .  .  bestes  Vermögens  hand  zu  werke  lege.  Opitz 
foeterei  vorr.  A2';  sogleich  wird  hand  an  eine  neue  oper  ge- 
legt. GöTHE  29, 119 ;  ihn  zu  diesem  zwecke  wirklich  hand  an- 
legen zu  lassen.  Schiller  TBS ; 

biemit  so  stiesz  man  ab  von  land 
und  legt  an  d'ruder  maolich  hand. 

Fischart  glückh.  schiff  hei  Gödeke 
d.  äUht.  1,  192',  58; 
er  last 
erschallen  solch  ein  lied,  dasz  herz  und  seel  erreget, 
wie  wen  Amphion  den  (dann)  hand  an  die  geige  leget. 
Rist  Pam.  3u9; 

bei  todten  wird  umsonst  die  hand  zu  werk  eelegt. 

A.  Grtpbius  169S  1,  39. 

daneben  auch  die  hand  rühren:  der  rührt  keine  hand,  wenn 
er  nicht  musz,  arbeitet  nicht;  ich  wollte  keine  hand  desz- 
wegen  umwenden,  manum  non  verterim  Frisch  l.  409*. 

Der  arbeiter  legt  die  erste,  letzte  hand  an  sein  werk:  die 
letzte  hand  an  etwas  legen ,  summam  manum  alictä  rei  im- 
jKmere  Frisch  1,  408';  dort  mögen  Spinnerinnen  und  Weberin- 
nen sich  ansiedeln,  maurer,  zimmerleute  und  schmiede  sich 
und  jenen  mäszige  Werkstätten  bestellen;  alles  mag  durch 
die  erste  hand  verrichtet  werden  (gleichsam  nur  aus  dem  rohen). 
GöTHE  22, 148.  vorzüglich  auch  auf  die  llidligkeit  des  Schriftstel- 
lers bezogen:  ich  schrieb  das  Vorspiel  ungefähr  in  acht  tagen, 
die  letzte  hand  ward  in  Lauchstüdt  selbst  angelegt.  Götbe 
31,  137; 

so  leg  ich  da  mit  Sorgfalt  und  geduld 

vielleicht  die  letzte  hand  an  mein  gedieht.    9,  232; 

$0  vird  die  erste,  letzte  hand  einem  werke  gegeben,   was  wol 

üal.  dar  la  prima  mano  nachgebildet  ist:    die  erste  hand, 

e  man  zu  reden  pfleget,   wird  demselben  [dem  steine)  mit 

1  . .  gegeben ,   welche  man  subbie   nennet.   Wiskelmans 

135;  nachdem  man  den  figuren  die  erste  hand  der  glätte, 

Imlich  mit  dem  bimsteine  gegeben  hatte.  5, 103 ;  um  ihnen 

{den  Statuen)  selbst  die  letzte  hand   zu  geben,   welches  ins- 

IV.   IL 


HAND 


354 


gemein  von  demjenigen  musz  gesagt  werden,  der  sie  glättet. 
104;  einige  der  schönsten  statuen  in  marmor,  denen  die  letzte 
hand  mit  dem  eisen,  ohne  glätte,  gegeben  worden.  105. 

c)  daher  redet  man  von  der  ersten,  letzten  hand  eines  schrift- 
steUers,  eines  künstlers  m  bezug  auf  das  werk  das  er  bearbeitet: 
die  letzte  hand  des  künstlers  erwarten.  Ka.\t  6,14;  eine  aus- 
gäbe erster  hand,  letzter  hand:  der  Verfasser  der  poetischen 
und  prosaischen  werke,  die  in  gegenwärtiger  vollständiger 
ausgäbe  von  der  letzten  hand  gesammelt  erscheinen.  \Vie- 
LAXO  1,  rorr.  s.  3 ;  der  begriff  einer  ausgäbe  von  der  letzten 
hand  scjilieszt  auf  seilen  eines  Schriftstellers  die  pQicht  in 
sich,  seinen  werken  . .  in  jeder  rücksicht  die  gröszte  innere 
gute,  die  reinste  politur,  kurz  die  höchste  Vollkommenheit 
zu  geben,  die  ihm  zu  erreichen  möglich  ist.  s.  6;  Göthes 
werke,    vollständige  ausgäbe  letzter  hand. 

d)  leicht,  schwer  von  der  hand  gehen,  von  einer  arbeit  oder 
Unternehmung  gesagt:  es  war  eine  lust  zuzusehen,  wie  behend 
und  geschickt  ihm  die  arbeit  von  der  hand  ging.  Wieland 
8,272;  sonst  habe  ich  meine  stärke  ira  ernsthaften,  sonder- 
lich die  theologisch-polemisch-poetischen  sachen  laufen  mir 
gut  von  bänden.  Lessing  2,409;  gedichte  ..  die  mir  wegen 
der  bequemlichkeit  des  sylbenmaszes  und  der  leichtigkeit  des 
Inhalts  sehr  wohl  von  der  hand  gingen.  Göthe  24,225;  alles 
geht  mir  leicht  von  der  hand.  29,  79 ;  nd.  dat  flüggt  er  vac 
bänden,  sie  thut  die  arbeit  sehr  geschwind.  Däbnert  ni'; 

riebt  ahn,  das  dich  potz  marter  scheut! 
wil  dir  denn  nichts  gehn  ausz  der  hendt? 

H.  Sachs  3,  1,  237'. 

e)  jemandem  in  die  hand  arbeiten,  einen  Uieil  der  arbett 
jemandes  übernehmen:  so  weit,  sollte  ich  meinen,  hätten  sich 
die  alten  künstler  die  steine  wohl  können  in  die  hand  ar- 
beiten lassen.  Lessing  8,  126;  die  koche  .  .  arbeiteten  den 
ärzten  . .  in  die  hände.  Klisger  10, 101 ;  so  wird  gewisz  man- 
cher bildende  künstler  sich  . .  herumwenden  und  lieber  euch 
in  die  hand  arbeiten,  als  dasz  er  gegen  Überzeugung  und  ge- 
fühl  ein  widerwärtiges  handwerk  treibe.  Göthe  23,33;  wie 
allgemeiner  musz  der  nutzen  sein,  wenn  unterrichtete  men- 
schen einander  in  die  hände  arbeiten.  50,12;  alles  fand  ich 
mir  . .  dabei  in  die  hände  gearbeitet.  Schiller  768 ;  Ilse  und 
er  arbeiteten  im  stillen  einverständnis  einander  in  die  hände, 
der  frauenweit  liebenswürdiges  zu  erweisen.  Frettag  handschr. 
2,  264. 

/)  alle  hände  voll  zu  thun  haben,  arbeit  genug:  ein  jeder 
hat  einen  standt  oder  beruf,  des  warte  er,  so  wird  er  alle 
hend  voll  zu  thun  haben.  Agr.  sprichw.  (1560)  285';  da  nun 
die  römischen  kaiser  im  orient  alle  hende  vol  zu  thun  hat- 
ten. Matues.  Sar.  87*;  beide  hände  voll  zu  thun  haben.  Scbot- 
TEL  1117';  etwas  anders  ausgedrückt :  kommen  sie  zu  hause,  so 
finden  sie  schon  beide  hände  voll  arbeit  wieder.  Moser  phant. 
1  (1798),  97;  da  war  ja  noch  arbeit  alle  hände  voll.  Felder 
sondert.  2,232; 

den  ganzen  tag  hat  man  die  bände  voll!    Göthe  12, 172; 
!   in  komischer  rede:  meine  füsze  haben  alle  hände  voll  zu  thun. 
'   Schiller  Fiesko  2, 15. 

j  g)  etwas  um  die  hand  haben ,  sich  mit  etwas  beschäßigen  : 
I  er  musz  immer  etwas  um  die  band  haben,  wenn  er  sich 
!  wohl  fühlen  soll;  ebenso  unter  banden  haben,  icoron  beispide 
j   sp.  325. 

I       h)  jemandem  auf  die  hände  sehen,  einem  arbeitenden,  wir 
j   müssen  unsern  arbeitern  mehr   auf  die    hände  sehen;    auch 
I   einem   dieb   auf  die   hände   sehen,    observare  manus  furaces 
•    Frisch  1,  409*. 
j       i)  die  hände  schonen,  träge  zur  arbeit  sein: 

da  musz  ein  junger  kerl  nicht  seiner  hände  schonen. 

Philanper  V.  D.  LisDK  scherzh.  ged.  HO. 

k)  so  kann  hand  wieder  geradezu  für  arbeit  stehen :  der  sprucb, 
selig  bist  du,  der  du  das  brodt  deiner  handt  issest,  und  der 
rhum  der  arbeit  von  Paulo  gepriesen,  gilt  nicht  mehr.  Agric. 
sprichw.  (1560)  233*;  sich  in  die  hand  schicken,  ein  geschäß 
geschickt  angreifen.  Schm.  2,  203;  Nürnberger  hand  geht  durch? 
ganze  land.  Pistorids  Ihes.  par.  8  no.  38 ;  namentlich  auch  in  dem 
folgenden,  wer  sich  eine  eigene  arbeilsstdlte  gründet  und  sich  darauf 
ernähren  will,  sagt,  er  setze  sich  auf  eigne  hand:  ist  es  in 
einer  wohlbestellelen  republik  zu  dulden,  dasz  sich  ledige 
personen  dem  dienst  ihrer  berrschaften  entziehen,  und  sich  auf 
ihre  eigene  hand  setzen?  reis,  avantur.  2  (17491 14S;  denn  diese 
condition  gefällt  mir  gar  nicht,  und  ich  werde  mich  bald  auf 
meine  eigne  hand  setzen.  Ihmerkaiin  Münchh.  2,10;  irer  eins 

23 


355 


HAND 


HAND 


356 


solche  arbeilsftdlle  hat,  sitzt  auf  eigner  band:  ernehren  sich 
mit  der  liand ,  darauf  sie  sitzen,  facet.  facel.  (1645)- s.  506; 
diese  ernehrete  sich  und  ihren  mann  fleiszig  mit  der  band, 
darauf  sie  sasz.  gefl.  ßnkcn  231;  da  doch  die  bübin  keinen 
mann  halte,  sondern  sich  nur  von  dergleichen  scbelmstiicken 
und  von  ihrer  band,  darauf  sie  zu  sitzen  pfleget,  ernehrete. 
polii.  stock/,  204.  ausldufer  dieser  redeusart  ist  auf  eigne  band 
leben,  etwas  thun  u.  ähni,  es  u-ird  das  ab  arbeit,  die  auf 
eigene  rechnung  und  gefahr  geschieJil,  aitfgefaszl:  das  heiszen  sie 
in  Frani<relcb  eine  uniforme  de  goöt,  wenn  einer  auf  seine 
eigne  band  was  buntes  trägt.  Güthe  II,  11;  ich  habe  eine 
Viertelstunde  auf  meine  eigne  band  gelacht.  18,157;  ich  war 
also  eine  berrnhuthische  schwesicr  auf  meine  eigne  band. 
19,  328;  er  {ein  reiseführer)  gehörte  zu  jenen  beweglichen, 
thätig  gewandten,  welche  . .  ihre  patrone  doch  immer  wohl- 
feiler und  vergnüglicher  durchs  land  zu  führen  verstehen, 
als  diesen  auf  eigne  band  würde  gelungen  sein.  22,136;  der- 
gleichen leute,  die  auf  ihre  eigne  band  bin  und  wieder  zogen. 
26, 137 ;  Prometheus  . .  indem  er  auf  eigne  band  menschen 
bildet.  314; 

das  tieiszi,  wenn  ich  ihn  recht  verstand : 

ich  bin  ein  narr  auf  eigne  band.    "2,  292; 

das  thu  auf  deine  eigne  band.    41,  149; 

willst  du  entstehn,  entsteh  auf  eigne  band.  das. 
in  diesen  redensarlen  steht  für  band  auch  fanst,  s.  3, 1380. 1381. 
7)  mit  der  band  wird  geschrieben:  am  näbesten  hab  ich  euch 
geschrieben,  war  wol  (zwar)  durch  m.  Philipps  band,  weil 
ich  für  Schwindel  und  scbwacblieil  meines  geisles  mit  eige- 
ner handschrifl  nicht  konnte  schreiben.  Llther  br.  4,  423; 
der  ritter  von  stund  an  erkannt,  dasz  ihn  {den  brief)  sein 
allerliebste  berzogin  mit  eigner  band  geschrieben  hatte.  Galmy 
288 ;  di  traurige  zeitung  wegen  seines  Unglückes  hat  mich 
dermaszen  gekränkel,  das  ich  meine  feder  fast  nicht  an  die 
band  legen  können.  Butschry  hd.  kanzl.  675; 

das  meine  zung  viel  besser  kall  itzmal, 
als  schneller  band  kain  Schreibers  kiel  nit  mal. 
Melissus  ps.  TO"; 

einem  der  nicht  schreiben  kann,  führt  man  die  band.  —  Dahe) 

a)  mit  knaiypem  ausdrucke  eine  schone,  schlechte,  saubere, 
leserliche  band  schreiben  {für  handschriß;  vgl.  die  vorhin  ge- 
gebene stelle  aus  F^üther)  :  die  leutcben  müssen  mehr  als  eine 
band  zu  schreiben  wissen.  Lessing  1,276;  wenn  dieser  kerl 
kein  schelm  ist,  so  schreibt  der  schöpfer  keine  leserliche 
band.  Kant  10,338;  er  war  ein  so  guter  stiller  mensch,  der 
..  seine  schöne  band  schrieb.  Güthe  16,137;  meinem  vater, 
der  keine  expedite  band  schrieb.  24,  224;  in  ähnlichen  Ver- 
bindungen: er  hatte  sieb  eine  flüchtige,  leserliche  band  er- 
worben, das.;  er  verwahrte  ein  reizendes  lied  von  der  band 
der  gräfin  in  seiner  scbreibtafel.  l'J,  66;  ein  manuscript,  eine 
Übersetzung  aus  dem  französischen  von  meiner  band.  21,72; 
menschen,  unfähig  . .  die  beste  band  zu  lesen.  J.  Paul  Tit. 
3,  ISO.  eigenlhümlich  gewährt  Grimmei.suadsen  :  ich  fände  sie 
überaus  rachgierig,  . .  aus  welcher  gottlosen  neigung  sie  dann 
auch  besagtes  traclälel,  um  den  berrn  zu  verehren,  zu  ihrer 
eigenen  band  bat  schreiben  lassen.  Simpl.  3, 174  Kurz,  d.  h. 
in  der  art,  als  ob  es  von  ihr  eigenhändig  aufgezeichnet  wäre. 

b)  band  für  handschriß  in  noch  andern  wendumien:  dann  ob 
wohl  nicht  ohne,  das  er  solchen  wabn  ausz  dem  bucbleiu. 
so  e.  f.  g.  hiebevorn  underthenig^t  »iberscbickbl  wurden,  und 
des  verstorbenen  VVeigels  bandt  ist  .  .  gefasl  haben  magk. 
Opel  Weigel  358 ;  ich  wolle  dem  Juden  die  auf  mein  worl 
auszgelegle  vier  hundert  mark  wieder  geben,  allein  er  sagte 
nein,  er  habe  meine  band  über  zwei  lausend  mark.  Sciiup- 
PIÜ8  582;  du  wirst  noch  seine  band  kennen,  wiewol  die  übel 
gezogne  buchstabcn  das  zillern  der  krankbeit  verwirrt  luit. 
772;  dieses  liesz  er  durch  seinen  jungen,  der  gar  eine  feine 
band  hatte,  abschreiben,  jwl.  hofmudg.  107;  konnte  e»  nicht 
möglieb  sein,  dasz  meine  band  von  bösen  leulcn  nachgemali 
war?  RAHErtKR  werke  3.  212;  du  siehst  es  ja.  dasz  ich  den 
brief  nur  jetzt  gleich  bekommen  habe,  ich  weisz  zwar  wahr- 
haftig nicht,  »as  ich  davon  denken  soll,  die  band  meines 
advokatcn  ist  es  nicht.  Lessinc  1,275;  diese  kösllichen  zUge 
•eb  ich  vor  mir  (auf  die  papiere  deutend)  ich  erkenne  deine 
band.  Götue  14, 1C9 ;  wie  hart  würde  einer  gestraft,  der  die 
band  dcH  furstcD  in  irgend  einer  nntersrbrifl  nacbabmie.  210; 

A.  ich  httb  ein  hichcT  pluiid, 
dts  sein  «rtlhlunK  iiArkt.    11  und  wa»?    A.  dri  prinien  band! 
glaubt  ihre  majcmftl.  wan  Tliornnra«  Rfurhricbün? 

\    riKri-iiiu  )ti'»s  I,  liiT , 


mit  band  und  siegcl  versprechen,  durcli  eine  gescftriebene  und 
untersiegelte  Urkunde:  ein  jeder  versprach  mit  band  und  sigel 
dem  canizlar  eine  starke  summe  geldes.  Schuppiüs  8S3;  un- 
ter meiner  band  und  Siegel ,  sub  manu  et  sigillo  meo.  Stie- 
I.KR  752; 

wir  haben  seine  band,  sein  siegel.    Lessino  2,  304. 

8,  a)  die  band,  mit  der  dargereicht  und  gegeben  wird,  thut 
man  auf:  wenn  du  deine  liand  aufthuest,  so  werden  sie 
mit  gut  gcsetligt.  ps.  104,25;  du  thust  deine  band  auf,  und 
erfüllest,  was  lebet,  mit  wolgefallen.  145,  16;  anstatt  dasz 
diese  ..  ihre  milde  band  auflhun  solle.  Simpl.  3,270  Kurz; 
die  band,  die  nicht  geben  will,  verschlieszt  sich:  ihr  sehet, 
dasz  euere  nechste  reiche  freunde  herz  und  band  vor  euch 
zuschlieszen.  Schuppiüs  582. 

b)  der  empfangende  nimmt  daher  von  der  band  jemandes 
etwas  an :  und  weil  ich  mich  . .  bald  verheirathen  musz,  so 
werde  ich  keine  frau,  als  von  ihrer  band  annehmen.  Rabeneb 
sat.  3  (1757)  s.  33;  der  graf  von  Brucbsall  bat  das  fräulein 
enterbt ,  weil  sie  keinen  mann  von  seiner  band  annehmen 
wollte.  Lessing  1,  582. 

c)  der  verlangende  und  von  wohltlialen  abhängige  sieht  einem 
geber  in,  auf  die  bände,  zunächst  nach  biblisdiem  Sprachgebrauch: 
wie  die  äugen  der  knechte  auf  die  bende  irer  herrn  sehen, 
wie  die  äugen  der  magd  auf  die  bende  irer  frauen.  ps.  123,  2, 
ähnlich  auch  in  der  bibel  von  14S3 ,  292" ;  es  ist  besser ,  das 
deine  kinder  dein  bedürfen ,  denn  das  du  inen  müssest  in 
die  bende  sehen.  Sir.  33,  22;  dann  auch  in  die  gemeine  spräche 
übergegangen:  darumb  dasz  ich  will,  sie  {Luthers  frau)  müsse 
nicht  den  kindern,  sonder  die  kinder  ihr  in  die  bände  sehen. 
LtJTHEHS  lest,  vom  6.  jan.  1542  {werke  Erlangen  1854,  bd.  56,  s.  3) ; 
golt  lobnete  ihm  {Joseph),  machte  ihn  zu  einem  groszen  herrn 
dasz  er  nicht  allein  konte  vater  und  brüder  ernehren,  son- 
dern auch  die  äugen  des  ganzen  königreichs  Egypten  ihm 
endlich  in  die  bände  sahen.  Schuppiüs  354;  denen  knechten 
und  mägden  wünsche  ich  .  .  eine  grosze  brill ,  dasz  die 
knechte  sehen  auf  die  bände  ihrer  herren,  und  die  mägde 
auf  die  band  ihrer  frauen.  608;  ich  denke  aber  immer,  Jo- 
annes, der  in  der  irre  herum  schweifte,  seinem  eidani  in  die 
bände  sehen  und  erst  auf  dessen  hülfe  warten  inuste,  habe 
nicht  viel  zu  resigniren  gehabt.  Hah\/u5<.  (1724)  4,139,  not.  h; 
überhaupt  müssen  wir  uns  in  die  möglichste  Verfassung 
setzen ,  und  nicht  andern  auf  die  bände  sehen.  IIeilman 
Thucyd.  789; 

wie  schielt  er  nach  den  bänden !    Lessing  2,  214. 

d)  wie  das  zahme  thier  das  dargebotene  aus  der  hand  friszl. 
und  zum  danke  dafür  die  gebende  hand  leckt,  so  wird  das  bildlich 
auch  vom  menschen  gesagt:  wir  haben  an  ihm  einen  sehr  guten 
deinagogen,  der  zugleich  so  zahm  ist,  dasz  er  jeden  speichel- 
napf  beleckt,  und  aus  der  hand  friszl.  Heine  werke  2,  23; 
ihre  li  t-undliche  dankbarkeit  däuchte  mir  wie  die  eines  herren- 
losen hundes,  dem  man  brod  gegeben  bat  und  der  uns  dann 
die  hand  leckt.  Riehl  cuUurgesch.  nov.  359. 

9)  bei  kauf  und  verkauf  ist  die  band  thätig:  das  übrige 
schickte  und  verkauft  er  den  königen  der  Hethiter  und  den 
königen  in  Syrien  durch  der  kaufleute  band.  Schuppiüs  122. 
beim  abschlusse  nnes  handeis  empfängt  der  den  gegenständ  des 
Vertrags  gewährende  geld  auf  die  hand  [s.  handgeld)  als  zeichen 
des  abgeschlossenen  Vertrags:  disz  geschähe  eben,  als  ich  be- 
reits geld  auf  die  hand  empfangen  halte  {bei  der  anwerbung 
zum  Soldaten).  Siwjd.  1.432  Kurz;  da  wird  denn  das  gesinde 
bewogen ,  ihre  versprochene  dienste  wieder  aufzukündigen, 
schicken  herren  und  frauen  das  geld  wieder,  das  sie  auf  die 
band  genommen  babeu.  Schuppiüs  345;  weil  die  fügend  sel- 
ten belohnt  wird ,  musz  er  von  denen  lästern  geld  auf  die 
band  nehmen.  Cbr.  Weise  kL  leute t3i; 

das  geld  empfangen  auf  di«  band. 

H.    RlMCWALD   l.   WlVll.    15; 

{rhen  du  auch  auf  die  laust); 

i'i.  lieber  meistar,  wenn  doch  ir 
d(>r  krunkbeil  käiii  abhelfen  nilrl 
ich  wolt  euch  weil.i  redlich  lohnen, 
«ülit  hin!  nembl  auf  ili«  band  die  rronen 
und  thut  cur  kunst  un  mir  bewehren. 

Atrer  fasln,  ip.  41«  (2.S43.  30  Keller). 

In  btxug  auf  den  handelsverketir  ist  der  verferliger  einer  waare 
die  erale  band,  unterhundlrr  und  vidcrverkdufer  werden  als 
zweite,  drille  hand  beiriclinrt:  dasz  man  ..  ir  {der  Unter)  blei 
und  nngebenglcm  zeichen  so  wol  Irawet,  das  elwan  ein  far- 


357 


HAND 


HAM) 


358 


del  barchet  (mit  dem  ratssiegel)  bisz  in  die  zehendt  handl 
konipt  und  verkauft  wirt,  ehe  dann  aufgethon  und  zerschnit- 
ten. Frank  germ.  cÄron.  1538  313*;  die  grosze  menge  von  co- 
lonialwaaren  haben  den  handel  erster  band  jetzt  völlig  ver- 
nichtet, wie  es  denn  in  Amsterdam  und  Rotterdam  nur  sehr 
wenige  häuser  gibt,  die  groszhandel  treiben.  Bremer  liandeis- 
blall  1S53,  no.  99;  sodann  hat  die  maatscbappij  sich  in  Ost- 
indien sogar  den  handel  zweiter  band  zugeeignet,  das.  da- 
her befindet  sich  ein  icaarenvorral  in  erster  band .  in  der  hand 
des  producenlen,  er  trird  aus  erster  band  "verkauft;  und  dann 
icieder  in  knappem  ausdruck:  die  erste  hand  ist  völlig  geräumt 
(==  rorräle  erster  hand).  Weserzeiluttg  1S59.  4S82.  —  aus  freier 
band,  von  der  band  weg  verkaufen,  s.  unten  IV,  l,  a. 

10)  beim  spiele  tcirlU  die  hand,  die  den  einsatz,  Kürfel  und 
karten  hält  (s.  halten  II,  2,  sp.  289) :  es  mag  sein  wie  es  wolle, 
<o  wurde  die  charte  durch  die  dritte  und  vierte  band  ver- 
mischt, dasz  es  nicht  gehen  weit,  wie  es  gehen  solt.  Scgcp- 
pics  253.  daher  die  hand  in  den  karten,  die  hand  im  spiele 
haben,  bei  etwas  miturirken: 

auch  möcht  ich  in  den  karten 
der  unterwell  nicht  gern  die  bände  haben. 

Schiller  Carlos  1,  1  der  ursprüngl.  bearbeitung 
bd.  3,  s.  18  der  ausg.  ton  Kurz); 

und  ich  narr  glaubte,  sie  hätte  die  band  im  spiele  gehabt. 
Freitag  handschrifl  2,384; 

sie  liat  die  oberiiand,  sie  will  allein  regiren, 

und  alleutbalben  selbst  die  hand  im  spiele  führen. 

PuiLA>OER  T.  D.  LiMDK  scherth.  ged.  6; 

und  mit  gedrängtem  ausdruck:  hier  wuszte  sie  (ohne  dasz 
es  schien ,  dasz  sie  hand  dabei  habe),  eine  menge  gelegen- 
heilen  zu  veranstalten,  wodurch  sie  einander  seltner  wurden. 
WiELAN'D  2.  15S;  auch  hand  in  etwas  haben;  er  hat  seine 
hand  in  allem ; 

mag 
mein  naschen  nicht  in  alles  stecken-,  mag 
mein  bändchen  nicht  in  allem  haben.    Lessing  2,  296; 

ferner  jemandem  etwas  in  die,  aus  der  hand  spielen :  einem 
etwas  in  die  bände  spielen,  in  manus  alicujus  aliquid  inferre. 
Stei.nbacii  1,  657;  aber  das  musz  ich  ihnen  zeigen  .  .  dasz 
man  mit  diesen  gemeinplälzen  ihnen  jedenfalls  die  frage  aus 
der  band  spielt,  um  die  es  sich  handelt.  Lasalle  antwort- 
schrriben  (1S63)  s.  19. 

So  geht  hand  dann  auf  die  in  der  hand  gehaltenen  karten  eines 
Spieles  über:  pabst  Leo  X  ist  ein  groszer  liebhaber  des  karten- 
spiels  gewesen,  also .  dasz  er  nicht  wenig  zeit  damit  zuge- 
bracht, es  begab  sich  aber,  dasz  er  einsten  in  einem  spiele 
die  ganze  färbe  in  die  hand  bekäme ,  und  das  spiel  nicht 
verlieren  kente,  als  wegen  der  hand,  welche  sein  gegentheil 
hatte.  We«enigr  spielsieben  (f!02l  s.  103,  der  gegner  hatte  näm- 
lich auch  alle  karten  einer  andern  färbe. 

11)  an  die  hand  endlich,  die  straß  undtödlel:  darumb  must 
du  sterben  von  meinen  henden.  Stei.nhöwel  1487  '3': 

so  müszt  er  fallen  durch  des  henkers  hand. 

Schiller  Wollenst,  tod  5,  2; 
lehnen  folgende  formein  an : 

a)  die  hand  an  einen  legen  ,  zum  tödten  {versekieden  von 
oben  5,6  und  6,6),  s.  anlegen,  th.  1,396:  leg  hand  an,  yetz 
magst  du  deinen  feind  erwürgen.  Scbmelzl  Saui  3*;  die  praep. 
an  verbindet  sich  hier  auch,  aber  selten,  mü  dem  dativ:  er  er- 
kühnte sich  band  an  mir  zu  legen.  Wielasd  8,378.  in  an- 
derer fassung  ; 

lum  dritten  haben  ja  die  brüder  beide  sich 
selbselbst  auf  einen  tag  erwürget  jämmerlich, 
und  band  für  hand  zugleich  einander  aurgerieben. 
Opitz  1,  166; 

darein  schlahen ,  hand  an  hand,  mann  an  mann,  conferre 
dextras  .Maaleb  210".  auch  die  hand  gegen  einen  erheben, 
«•jf  franz.  lerer  la  main  sur  quelqu'un:  er  hat  die  hand  gegen 
den  eigenen  vater  erhoben. 

b)  auch  in  milderem  sinne,  nur  xum  züchtigen  wird  hand  an 
jemand  gelegt :  mit  solcher  ehfrüulicher  freündtlicher  red  hat 
sie  im  das  herz  abgewonnen,  das  er  ir  die  hand  gab,  und 
ir  zusaget,  er  wolt  forthin  kein  hand  mehr  an  sie  legen. 
FisCHAi'.i  ehezuchtbfichi  beiScheible  10,633;  datier  die  hand  ab- 
ziehen (verschieden  von  oben  4,  c  sp.  352),  aufhören  zu  züchtigen : 
wann  er  (gotl)  seine  hand  von  uns  abziehet,  und  aufhöret 
uns  zu  züchtigen.  Sciicppics  261;  die  band  zurück  hallen, 
vom  strafen :  er  verfluchte  sich  endlich.  da<z  er  seines  soh- 
nes  praeceptori  so  hart  gewesen,   ihm   die   bände   zu   ruck 


gehalten,  wann  er  strafen  wollen,  nicht  leiden  können,  wann 
dem  jungen  herrn  zu  hart  zugeredet.  Philander  l  (1642)  405. 
Hl.  Es  ist  schon  oben  (.<p.  335)  ertcähnt  Korden,  wie  die  hand 
gern  persönlich  gedacht  und  ihr  in  folge  davon  eigenschaßen  und 
handlungen  beigelegt  werden,  zu  deren  enlfaltung  und  ausführung 
sie  eigentlich  nur  das  Kerkzeug  ist;  und  auch  eine  anzahl  der 
unter  II  gegebenen  beispiele  rühren  hier  an.  die  Verwendung  des 
uortes  in  diesem  sinne  ist  souol  in  der  alten  als  in  der  neuern 
spräche  häufig  und  mannigfach ,  so  dasz  hand  {ebenso  wie  an- 
dere theile  des  körpers)  geradezu  als  Vertreterin  ihres  eigenthümers 
erscheint,  immer  jedoch  nur  iiuofem  als  eine  handlung  desselben 
durch  sie  vollbracht  werden  kann  {vergl.  gramm.  4,  297.  350),  x.  b. 
die  Idstung  eines  eides: 

er  sprach :  ir  sult  gedenken  was  mir  swuor  iwer  hant. 

iVi6.  562,  I; 

dö  .sprach  der  künec  zu  dem  gaste:  ir  habet  mich  rehte  ermant. 
ja  sol  nibt  meineide  werden  des  min  hant.  563,  2; 

Schenkung,  mildthätigkeil,  enceibung: 

solt  ich  den  prafTen  raten  an  den  triuwen  min, 
so  spneche  ir  hant  den  armen  zuo :  s&  daj  ist  din. 
Waltuer  10,  26; 

iu  hat  verdienet  luwer  hant 

eine  künegin  unde  ein  lant.    I»ein  2879; 

kämpf  und  krieg: 

dane  si  min  Hb  umb  unt  min  leben 

gewaget  unde  geveilet, 

swie  m>r  der  hof  erteilet, 

bant  wider  hende, 

6  ich  den  vuoj  gewende.    Trist.  251,  9; 

Til  schöne  satzte  mich  sin  hant 

hindert  ros  au  da;  lant.    Iwein  743; 

schütz,  Ulfe,  dienstbarkeit: 

si  sprach :  mit  kleinen  siden  nx  ich  üf  sin  gewant 

ein  tougenlicbe^  criu;e.    da  sol,  helt,  din  hant 

minea  man  behüeten,  so  e;  an  die  herte  gät.    >'<&.  847; 

wir  suln  vil  gerne  riten  in  Etzelen  lant; 

da  mag  wol  dienen  künige  guoter  beide  hant.    1451. 

im  nhd.  in  vielfacher  Verwendung ,  in  der  bibelspraclie  sotcol  wie 
in  profaner  rede:  er  hat  seine  hand  (x^iga  avzov  septuag.) 
gewendet  wider  mich,  klagel.  3,3;  deine  hand  schütze  das 
volk  deiner  rechten,  ps.  80,  IS ;  denn  es  mangelte  deiner 
allmechtigen  hand  nicht  (welche  hat  die  weit  geschaffen  aus 
ungestaltem  wesen)  über  sie  zu  schicken  menge  der  beeren, 
oder  freidige  lewen.  weisli.  Sal.  11, 18 ;  die  hand  so  den  eid 
aufnimmt,  kan  ihn  auch  erlassen.  Pistorius/A«.  par.  2,  no.  56; 

eur  hant  ist  gen  eer  und  milt  verspert. 

fastn.  sp.  650,  26; 
dies  lied  auch  sei  von  meiner  hand  . . 
ihr  zugesand.  Flemi.ng  530; 

Victoria !  so  sieget  meine  hand. 

Zigler  Btinise  (1700)  707; 

da  wünscht  ich  mir  einen  galten,  dessen  hand  mich  durch 
die  weit  begleitete.  Göthe  10,  165;  die  liebenden  sind  nun 
durch  prieslers  hand  verbunden ; 

so  fahrt  .  .  auTs  dorf,  und  laszt  euch  an  dem  ort, 
und  von  des  prieslers  hand,  der  mir  mein  glück  im  leben, 
mein  selig  ebweib  gab,  ganz  still  zusammen  geben. 
Gellert  1,  267; 

da  ihr  (einer  frau)  äuge,  wie  das  der  elstern,  an  allen  glän- 
zenden dingen  hing,  und  ihre  hand  besitzen  muszte,  was 
ihrem  äuge  gefiel.  Immebmann  Münctih.  l,  221 ;  sprichwörtlich  was 
seine  äugen  sehen,  das  machen  seine  bände,  von  einem' ge- 
scJnckten  arbeiter;  was  ihre  äugen  sehen,  können  ihre  bände 
machen.  Moser  phant.  l  (1798)  135 ;  denn  wenn  ich  gutes  hoffe 
und  schon  zu  genieszen  glaube,  dann  entschlüpft  es  meinen 
bänden.  Europa  186S,  s.  614; 

aber  leib  und  gebein  ist  nicht  zum  besten  verwahret, 

wenn  die  geistliche  band  der  weltlichen  zügei  sich  anmaszt. 

Göm  40,  303; 
dies  Schwert  der  höchsten  kriegsgewalt,  das  uns 
der  kronTeldherr  im  zorn  zunickgesendet, 
hat  eine  würdigere  hand  gefunden.    itcaiLLiR  jungfr.  1,  10; 

der  pfeil  musz  Siegen, 
wohin  die  hand  ihn  seines  schützen  treibt.    2,4; 
und  diese  grade  hand,  sie  ist  zu  starr, 
um  deine  neuen  tbaten  zu  versiegeln.    M.  Stuart  5,  15; 

das  will  ich  durch  die  dritte  hand  schon  stimmen  lassen 
wie  wirs  nur  wünschen  können.  Wiela.xd  19,  303 ;  in  der  Schweiz 
als  der  mehrern  band  schien,  der  mehrheil,  Stalder  2, 17,  ge- 
tris   von    der  Stimmenabgabe   durch  handauflieben  hergenommen. 

23* 


359 


HAND 


HAND 


360 


hierher  auch  die  fortnel  fremde  band:  etwas  kommt  in  fremde 
bände,  gehl  an  einen  fremden  besilzer  über  (s.  fremd  4  u.  5, 
th.  4',  126):  nu  betriibete  sieb  der  ritler  sere,  daj  sin  grojig 
gut  an  fremde  hende  gefallen  sulde.  KOdiz  21,29; 

sein  herr  läszt  sich  betriegen, 
UDd  jedes  gut  in  fremde  bände  tliegeii. 

IIagkuor!1  2,  172; 
Benz  hatte  . .  jetzt  wirklich  zeit  zu    geben ,    wenn    er  nicht 
fremde  bände  am  köpf  haben  wollte.  J.  Gottbelf  erzählungen 
4,  247; 

denn  er  kriegt  bald  fremd  band  ins  haar. 

H.  Sachs  4,  2,  90'; 
ich  habe  ein  geschenk  von  unbekannter  band  empfangen : 

damit  sie  andre  bände  nicht  erkaufe, 

biet  ich  die  meinen  an.    Scuillrr  M.  Stuart  2,  8. 

Recht  anschaulich  wird  namenllich  der  arbeitende  mensch  durch 
seine  ztcei  hände  vertreten:  wann  man  schon  daselbs  mit  acht 
henden  muszt  das  pratrad  wenden.  Garg.ho',  mit  vier  mann; 
denn  es  wurde  von  so  viel  lausend  bänden  das  nabegelegene 
bolz  fast  gänzlich  ausgerottet.  Ziglkr  fia/iise  (ITOO)  649 ;  eine 
frau  und  vier  kinder,  also  sechs  mäiiler  und  ein  dutzend 
hände  machen  meinen  haushält  aus.  aber  das  gesunde  spei- 
sen der  erstem  . .  zehrt  das  product  einer  noch  so  muntern 
arbeit  der  letzteren  beinahe  auf.  a.  m.  im  Tockenb.  214;  er  kann 
nicht  im  groszen  und  mit  vielen  bänden  arbeiten.  MöSEn  pAant. 
1(1798)24;  alle  nothwendigen  Verrichtungen  in  dieser  haus- 
haltung  (raren)  so  verknüpft,  dasz  sie  . .  mit  der  möglichsten 
ersparung  überflüssiger  hände  ...  geschehen  konnten.  46; 
darauf  begannen  sämmiliche  hände  die  Stadt  zu  verschanzen. 
Hallmche  zeitg.lHßS,  no.  120;  alle  hände  an  deck!  befehl  für 
die  scliiff$matrosen  zum  crsclieinen  auf  dem  verdeck;  ein  clavier- 
stück  für  zwei  bände,  für  vier  bände,  für  einen,  zwei  Spieler; 
wie  ja  auch  sonst  menschliche  arbeit  mit  einem  gewissen  nach- 
drucke durch  der  hände  arbeit  bezeichnet  wird:  sich  dasjenige 
durch  stehlen  und  betteln  zu  erwerben,  was  sie  sich  mit 
ihrer  hände  arbeit  nicht  verschaffen  können.  WOser  patr.  phant. 
2   (1798)  s.  6. 

Die  rechlssprache  verwendet  in  verschiedenen  formein  band  stell- 
vertretend für  die  person. 

1)  die  blutige  band,  der  mit  dem  Schwerte  lüdlet,  henker,  ge- 
wöhnlich aber  der  mürder ,  auf  den  das  rechtssprichwort  zielt: 
blutige  band  nimmt  kein  erbe,  schon  altfries.  sä  ne  mey  thiu 
blüdicb  hond  neue  läwa  fagie.  Richtiiüfen  205, 1. 

2)  lebende  band,  todte  band,  die  lebende  band  bezeichnet 
die  person ,  die  eigenlhum  bei  lebzeilen  veräuszert,  todte  band 
die  deren  eiijenthutn  durch  erbreclit  oder  Verfügungen  auf  den  todes- 
fall  in  andern  besitz  übergegangen  ist:  von  lebendiger  band  ein 
guth  haben,  per  traditionem  inier  vivos.  Haltaüs  794;  wann 
ein  gut  inn  Dinkhoff  gehörig,  es  seie  nach  todter  oder  leben- 
diger band,  verändert  und  fällig  vvird.  1793.  es  hiesz  fordern, 
klagen  nach  todter  band,  auf  grund  des  rechtsvcrhaltnisses,  das 
der  todte  vorbesitzer  einer  sache  eingegangen  war:  von  gekouflin 
erbe,  wy  man  daj  vordert  nach  totir  bant  von  de;  totin 
erbe.  Magdeb.  blume  2,  1,  9.  besitzungen  der  gcisllichen  Stifter 
werden  guter  todter  band  genannt,  nicht  darum  weil,  wie  man 
zu  erklären  liebt,  diese  gülcr  von  abgaben  frei  und  darum  für 
den  sla(U  todt  seien,  sondern  weil  sie  zurneist  in  folge  von  Ver- 
fügungen auf  den  lodesfaU  an  die  frommen  Stifter  gekommen  sind, 
wodurch  freilich  zuyleich  eine  entziehuny  der  guter  von  allem  leben- 
digen handelsverkelir  eintrat:  es  (das  haus)  gehört  einer  todten 
band  zu — dem  bospital  der  probstei.  dem  eine  andächtige 
Seele  die  einkunfle  davon  vermacht  hat.  Tuümmei.  reue  3,  40; 
daher  etwas  an  die  lodle  band  schenken,  an  geistliclie  slif- 
tuntjen:  alle  Schenkungen  von  grundstücken  an  die  todte  band 
zu  verbieten.  Daiilmamn  ddn.  gesch.  2,65.  —  Ferner  heiszt  lod\e 
band  {franz.  main  morle)  die  der  leibeignen,  die  nichts  erwerben, 
nichU  ter'iuszern  kann:  knechte  haben  eine  ewig  todle  band ; 
sie  können  nicht  fechten ,  nie  etwas  erwerben ,  nichts  ver- 
jährten und  uns  mitbin  auf  keine  art  gefährlich  werden.  Moser 
phantas.   (1798)   1,  256. 

3)  bessere,  Ärgere,  schlechtere  band  bezeichnet  eigentlich 
nichts  alt  die  rechte,  linke  haud,  s.  oben  1,6,  sp.  337.  in  der 
ehe  ittlU  der  mann  als  liaupt  zur  rechten ,  die  frau  zu  seiner 
linken,  kinder  folgen  der  bessern  band ,  wenn  sie  des  namens, 
dei  u  iirde  und  der  reclde  Vires  valert  tlieilhaftig  werden ;  sonst 
f'  i'j-  f)  sie,  namentlich  bei  unglciclien  ehen  oder  in  auszerehelichen 
ti-ihuUnitsen  der  tirgirn  band ,  grnie.tzen  nicht  mehr  rechte,  aU 
der  mutter  zuilehrn :  das  kind  gehöret  zur  ärgern  band.  Haltaus 
795;    d.ii  eniii,k;,tr,  dasz  das  kind    der  ärger-   !•■■'■•  •■  ..h- 


schlecbte.  Nierliir  2,93;  die  ungleichen  ehen,  ..  wo  denn 
das  kind  der  ärgeren  band  nachscblechlete,  1,  585. 

4)  gelreue  h;jnd,  s.  oben  1,3,  f,  sp.  332.  333. 

5)  die  gesammte  band  wird  mit  besitz  oder  reclden  belohnt, 
wenn  alle  glieder  der  familie  des  lehnsmannes  an  dem  lehn  theil 
haben  sollen;  der  ausdruck  üt  gewählt,  weil  auch  alle  familien- 
glieder  dann  den  lehnseid  schwören  {vergl.  im  eingange  diätes  ab- 
schnilles,  sp.  358).  rechlssprichwörter :  der  gesammlen  band  musz 
folge  geschehen  (simultanea  investitura  curate  observanda).  Pisto- 
Riüs  thes.  par.  5,  no.  92;  rautschierung  bricht  keine  gesamte 
band  {divisio  ad  tempus  non  infringü  simuUaneam  investituram). 
6,  no.  3.  aus  einem  solchen  lehnsverhältnisse  folgt  dann  auch  die 
heerfolge  mit  gesammler  band,  heerfolye  der  ganzen  sippe,  und 
so  wird  der  ausdruck  formelhaft  auch  freier  gebraucht,  bei  einem 
streite  mit  vereinten  kräflen: 

allda  mit  gesammelter  band 
dem  türkcn  solt  tban  widerstand. 

H.  Sachs  4,  3,  81"; 

dasz  sie  Pavia  mit  gesamter  band  belagern  wollen.  Mascoo 
2,208;  mit  gesamter  band  anzugreifen.  2,224;  die  Athenien- 
ser  eilten  mit  gesamter  band  nach  dem  Piräus.  Heilmax 
Thucyd.  298 ;  wo  die  Athenienser  mit  gesamter  band  zu  ihnen 
stieszen.  431 ;  alles,  was  die  auswärtigen  mächte  . .  sich  zu- 
geeignet, wird  ihnen  mit  gesammter  band  wieder  abgenom- 
men. Schiller  986;  dann  in  noch  andern  Wendungen:  die  her- 
ren  procuratores,  protocollislen,  notarij  und  Schreiber  stutz- 
ten gesambter  band  daher.  Philander  1  (1642)  253;  die  Seuf- 
zer und  die  tbränen  der  elenden  werden  mit  gesammter  band 
zu  gott  eindringen  und  hülfe  und  rettung  erheischen.  Scriver 
seelensch.  2,  340;  wenn  sie  ihm  sein  urtbeil  mit  gesammter 
band  abnöthigten. 'Wieland  19,71. 

IV.  Die  band  dient,  wie  arm,  fusz,  haar,  als  masz,  und  es 
entwickelt  äch  aus  dieser  bedeulung  zugleich  die  der  art,  weise, 
tnode. 

1)  band  als  masz,  und  zwar 

a)  zunäclist  für  räum  und  inhalt  eines  gegenständes,  in  den 
Verbindungen  band  voll,  band  breit,  band  hoch : 

daj  er  hinder  im  vergaj 

bi  dem  mitlsteine 

melwes  alsd  kleine, 

es  fulte  küme  eine  band.    Haupts  zeilschr.  7,347; 

eine  band  voll  gold  ist  schwerer  dan  ein  sack  voll  recht 
und  Wahrheit.  Schottel  1141* ;  hernach  nahm  jedweder  bra- 
min  oder  pfaffe  drei  hände  voll  reisz.  Zigler  Banise  (1700) 
360;  es  ist  zwar  nicht  vonnöthen,  dasz  ihr  allzeit  band  voll 
mit  geld  unter  die  arme  auszwerfet.  Schuppiüs  748;  umb  einer 
band  voll  ehre  willen.  309  ;  und  was  verbessert  mir  die  band 
voll  ehre.  Chr.  Weise  kl.  leute  348;  darauf  rief  er:  er  ver- 
wünsche den  herzog  und  uns,  er  und  wir  wären  eine  band 
voll  esel.   GöTHE  34,  222 ; 

die  band  voll  jähre  die  der  himmel  euch  nachsieht. 

A.  Grtphids  1698  1,  97  ; 

die  leichte  band  voll  jähre, 

die  uns  des  bimmels  licht  auf  dieser  erdeo  schenket. 

1,  132; 

zwar  schlaf  ich  nur  auf  einer  band  voll  streb. 

KoTZKBUK  dram.  sp.  1,  286; 

vierecket  sol  es  sein  und  zwiefach  {das  amlschildlein) ,  eine 
band  breit  sol  seine  lenge  sein ,  und  eine  bandbreit  seine 
breite.  2Afos.  28, 16;  dasz  ihre  Unterkleider  zwei  bände  breit 
nasz  waren.  Grimm  d.  sagen  no.  60 ;  bofleulen  traue  er  keine 
band  breit.  J.Paul  uns.  löge  1,108; 

op  sin  schilt  wasre  gani? 

des  enwns  niht  hende  breit  belibn.    Pur;.  3SÖ,  25; 

von  den  siiüeren  ist  e;  (da*  haar)  reit 

innertlialp  der  hilbcn, 

vollecliclie  hlinde  breit, 

»ö  ej,  beginnet  «trüben.    Niiouart  86,  21; 

die  edle  geschichtschrciberin  der  fcen  beschreibt  sie  als  eine 
kleine  frau,  einer  band  hoch.  Wieland  9,  34.  tolelu  Verbin- 
dungen sind  auch  zusammen  gerückt,  handvoll  (vergl.  hampfel), 
handbreit,  bandboch. 

Aber  die  band  als  mast  steht  genaueren  maszrn,  wie  der  eile, 
der  wage  gegenüber:  daher  ist  ein  verkauf,  eine  hingäbe  aus  der 
band  entgegengesetzt  einer  gewissenhaftem  sciultzungsari,  dem  wdgen 
oder  genauen  messen  mit  in.<itrumrntrn:  da;  man  von  der  band 
verkcyfel  {kleine  uaare).  cod.  dipl.  Brandenb.  1,23,3,  r. ;.  1253; 
alle  fisch  .  .  sollen  nicht  vor  der  band,  sondern  mit  dem 
gewicht,  und  in  dem  preisz,  welcher  in  unser  taxordnung 
»•»riiii-Mfl   i«t,  v'"-L  ...r»  -..nipu.  fiscliordng.  des  Idgr.  Georg  pun 


361 


HAND 


HAM) 


362 


Hessen;  die  armen  erhalten  auch  monatlich  ihr  theil  aaszer 
dem,  was  man  aus  der  band  weggiebt.  Niebübr  kb.  2,  316. 
hierher  verkauf  aus  freier  band,  das  heiszt  eigentlich,  dasz  die 
Schätzung  des  zu  verkaufenden  gegenständes  mit  der  freien,  durch 
kein  meszinstrument  beschwerten  band  gemacht  werden  soU,  es  ist 
aber  in  die  bedeutung  verkauf  nach  eigener  willkürlicher  schiitzung 
übergegangen:  ein  notarius  hatte  den  auftrag  von  der  direc- 
trice  erbalten  . .  in  den  verkauf  aus  freier  band  zu  willigen. 
GöTHE  18,170; 

es  stehe  nahe  bei  der  Stadt 

zum  kauf  aus  freier  band 

die  schönste  mühte  weit  und  breit. 

i.  F.  Kind  gedickte. 

dann  auch  kostbare,  wohlfeile  band,  theurer  (s.  th.  5,  1S5S), 
wohlfeiler  kauf,  aber  auch  wohlfeile  herslellung  {anrührend  an 
sp.  359  oben):  alles  dieses  fehlt  in  kleinen  Städten,  hier 
kommt  alles  auf  die  kostbare  band  an ;  der  verdienst  ist 
zu  schwach,  um  die  anschaffung  groszer  mascbinen  .  .  zu 
nutzen ,  und  so  ist  alles  hier  theurer  als  an  groszen  orten. 
Moser  patr.  phant.  (1798)  1,  189 ;  alle  arten  geringer  leute, 
welche  doch  zum  flor  der  manufakturen  und  zur  wohlfeilen 
band  so  unentbehrlich  sind.  1,  205;  man  sah  ein,  dasz  es 
dem  seestädter  an  wohlfeilen  bänden  mangelte,  l,  14.  —  Jene 
ursprünglichere,  oben  angegebene  bedeutung  von  freier  band  ist 
nocli  in  manchen  Wendungen  gewahrt,  z.  b.  aus  freier  band 
zeichnen,  im  gegensatz  zum  zeichnen  mit  lineal  und  zirkel;  von 
freier  band  schenken.  Frank  sprichw.  1, 138*,  d.  h.  ohne  ängst- 
lich abzuwägen;  aus,  von  freier  band,  sine  adminiculis  vel  ap- 
paralu.  Stieler  752.  aucli  von  der  band  weg  etwas  tbun  klingt 
läer  an,  man  handelt  nach  ungefährem,  nicht  sorgfältigem  ermes- 
sen: sein  söhn  Titus  hat  von  der  band  weg  geschrieben, 
was  ihm  beliebet  bat.  Opitz  1,  rorr.  4';  wie  dieses  drama  aus 
dem  italienischen  mehrentbeils  genommen,  also  ist  es  gleich- 
fals  auf  selbige  art,  und  heutigem  gebrauche  sieb  zu  be- 
quemen, wiewohl  auch  von  der  band  weg,  geschrieben  wor- 
den. 1,66;  der  baur  singt  von  band,  oder  wie  es  die  natur 
gibt,  fragt  keiner  kunst  nit  nach,  indocili  numero  cantat  fos- 
sor.  Maaler  210".  ein  bei  Weckherlin  begegnendes  auszhanden 
musz  hiernach  einen  ähnlichen  sinn  haben  sollen,  frisch  von  der 
hand  weg,  ohne  bedenken: 

ach  schlimmer  peist  und  leib,  die  ihr  einander  hasset, 
die  ihr  in  bosheit  nur  einander  umhgefasset. 
und  nun  in  schmerz  und  angst  (die  ener  Sünden  lohn) 
verfolget,  mördergleich,  euch  selbs  mit  hasz  und  höhn. 

verlasset  ewern  streit!  villeicht  kont  ihr  genesen, 
so  ihr  an  rew  und  busz,  wie  vor  auszhanden  gleich, 
euch  nunmehr  gegen  den  umbwendet,  welcher  euch 
kan  (gnädig)  bald  erlösen.  328. 

wie  ihr  früher  euch  ohne  zügern  gegen  euch  gewendet,  so  wendet 
euch  nun  vereint  zu  galt. 

b)  zeitmasz.  eine  recht  kurze  zeü  ist  die,  die  man  zum  um- 
kehren der  hand  braucht  {vergi  handumdrehen) :  wie  man  eine 
hand  umwendet,  ist  es  anders  mit  mir.  Göthe  16,  116;  das 
ist  ein  verzweifelt  durchschlagender  wein;  der  würzt  euch 
das  blut,  ehe  man  eine  hand  umdreht.  Shakesp.  Heinrich  IV, 
2,2,4  (it  perfumes  the  blood,  ere  one  can  say:  w  hat's  this); 
er  disputirt  gerne,  denn  er  disputirt  keck,  den  gegner  blen- 
dend, siegreich,  ehe  man  die  band  umdreht.  Riehl  culiurgesch. 
nov.  380; 

6  ich  die  hant  umb  kSrte, 

oder  ZUG  geslüege  die  brä, 

so  fuor  si  hin  und  schein  doch  da.    Erec  5172. 

auch  die  genitivischen  Verbindungen  kurzer  band,  langer  hand 
bezeichnen  eine  Zeitdauer,  ersteres  wie  lat.  brevi  manu,  letzleres 
wie  das  franz.  de  longue  main:  ich  habe  die  Verbindung  mit 
ihm  kurzer  hand  abgebrochen,  ohne  weiter  zu  zögern;  das 
Schriftstück  wurde  ihm  kurzer  hand  übergeben;  mit  kurzer 
hand  zur  Zahlung  angebalten  werden  {ohne  umstände).  Müser 
phant.  i,  301;  und  seind  solliche  schawspil  noch  im  Schwung 
gangen  zu  der  zeit  der  heidnischen  keiser,  ausz  wellichem 
ich  erachten  musz,  dasz  der  wettlauf  mit  den  rossen  also 
von  langer  hand  auch  auf  uns  gewachsen.  Secter  rossarznei 
(1599)  s.  7;  einen  anschlag  von  langer  hand  (lange  vorbereitet). 
BuTscHKY  Palm.  G92;  ein  man,  der  schon  von  langer  band  her 
sich  bei  seinen  bürgern  furchtbar  geinacbt.  Heilma»  Thucyd. 
,831;  in  dem  er  des  Tissapbernes  absiebten  schon  von  langer 
hand  her  wüste.  1140;  die  gemüther  aber  waren  schon  von 
langer  hand  erbittert.  Moser  phanl.  2, 191;  aber  das  beweist 
nur  dasz  das  ganze  aus  langer  hand  vurbereitel  wurde.  Köln, 
zeitg.  1854,  no.  6. 


2)  die  bedeutung  art,  weise,  die  dem  worte  hand  inne  wohnt, 
ist  mhd.  recht  häufig,  wb.  1,630; 

selic  si  diu  aide  hant, 

bi  der  man  triuwe  und  selde  vant: 

unselic  si  diu  niuwe  hant, 

diu  schendet  liute  unde  lant.    Benner  2094; 

auch  im  nhd.  noch  gewahrt,  wiewol  selten  in  freierer  Stellung; 

ihr  seit  von  redlichkeit,  von  groszer  streitbarer  haode. 

Gary.  39*; 
viel  gutes  thun  nach  unser  hand. 

B.  RijtGWALD  evang.  Bbiiij"; 
er  sprach :  nu  machts  nach  ewrer  handt. 

B.  Waldis  Esup  4,  66,  134 
meist  in  den  festen  forvieln  aller  hand,  mancher  band,  vieler 
hand,  gleicher  band,  auch  in  der  häufung  alleriei  hand,  s.  Ih. 
1,  225,  und  zusammengerückt  geschrieben  allerhand  (l,  224)  u.  s.  w.  ; 

wie  ich  denn  auch  nach  aller  hand 
an  meinen  brüdern  das  erkand. 

B.  RtNGWALD  tr.  Eck.  CIV»; 
die  gott  allein  nach  aller  hand 
wie  sie  sich  halten,  wol  bekand.    /.  tc.  360; 

betten  mancher  hand  anschlag  und  wünsche.  Frey  garteng.  64* ; 
an  kirnst  und  an  maisterschaft 
han  ich  maniger  hande  kraft,    fastn.  sp.  427,  14; 
hier  ist  ein  kühler  platz  voll  lieblicher  violen, 
und  blumen  vielerhand.  Opitz  1,  131; 

was  dan  wäre  krank  und  reudig 
er  dan  heilet  gleicher  handt.    Spee  trutzn.  2S5. 

in  eigenthümUcher  weite  ist  die  genilivische  natur  der  formet  man- 
cher band  nictd  meltr  erkannt,  der  letzte  theil  derselben  erscheint 
decliniert : 

da  schwatzten  sie  von  mancher  banden. 

B.  Waldis  Esop  3,  88,  9. 
hand   üi  bezug   auf  tracht   und   gesellschapliches   benehmen   ge- 
braucht,  bezeichnet   dann   auch  mode:   uf  die  alten  hant  zier- 
lich gemacht.    Götz  v,  B.  herausg.  v.  Zöpfl  s.  14; 

ich  kann  tanzen  nach  der  neuen  hant 
auf  Schwertern,  das  ist  nit  ein  mer. 

fastn.  sp.  583,  20. 
V.  hand  bd  personificalionen,  bei  lltieren,  an  geraten. 

1)  gott,  der  in  menschlicher  gestalt  gedachte,  hat  auch  hände: 
das  regiment  auf  erden  steht  in  gottes  banden.  Sir.  10,4; 
des  herrn  hand  ist  über  mich  ausgegangen.  Ruth  1,  13;  und 
die  hand  des  herrn  kam  über  Elia.  1  kön.  18,  46 ;  und  sagt 
ihnen  an  die  hand  meines  gottes,  die  gut  über  mir  war. 
Neh:  2,18;  wolt  got,  wir  weren  in  Egypten  gestorben,  durch 
des  herrn  hand.  2  Mos.  16,3;  weil  ihnen  das  gift,  die  pest, 
oder  soll  ich  sagen  die  straf,  die  band  gottes  eilfertig  ist 
nachgefolget.  Abb.  a  S.  Clara  Merks  ]Men  (leso)  117;  eine 
solche  anscbauung  der  hand  gottes  {in  der  schOpfung).  Kaxt 
6,  384.  für  hand  gottes  steht  auch  hand  des  himmels,  der 
Vorsehung,  der  allmacht;  nicht  geglaubt,  dasz  ein  äuge  im 
himmel  seie,  das  alles  siebet,  ein  ohr,  das  alles  höret,  ein 
hand,  die  alles  lenket.  Scbcppics  882;  die  höhere  hand  wollte 
mir  einen  wink  geben.  Immerxann  Münchh.  2,13; 

ich  bin  in  den  bänden 
der  alimacht.  Schiller  Carlos  5,  7. 

die  hand  gottes  wird  ferner  der  schlagflusz  genannt:  die  band 
gottes  hat  ihn  gerührt,  apoplexia  eorreptus  est.  Frisch  J.40S*; 
für  den  schlag  oder  der  hand  gottes  sich  zu  verwahren,  sol- 
len diejenigen,  so  sich  darzu  geneigt  spüren,  .  .  etwas  ge- 
brannten weins  mit  zucker  wol  gemenget,  trinken.  Sebiz 
feldbau  70;  goldwurz,  distilliert  mit  gutem  wein  .  .  bringt 
denen,  so  in  gottes  hand  gefallen  sind,  die  sprach  wider,  das. 

2)  band  bei  persönlich  aufgefaszlcn  abitraclen : 

des  Unglücks  rauhe  band.  Uz  2,  52; 
sie  hatten  freilich  die  hand  des  krieges  schwer  gefühlt.  GöTiit 
25,  128;  diejenige,  so  ihr  busz  und  poenitenz  auf  die  lange 
hank  schieben,  geralben  gemeiniglich  in  die  händ  des  höl- 
lischen erbfeind«.  Abb.  a  S.  Clara  Merks  Wien  (l680)  157; 
ja  der  tod,  welcher  mir  jetzt  die  eiskalte  hand  reicbet. 
ZiGLER  Banise  (l'OO)  675; 

wie  seelig  werd  ich  denn,  wie  überseelig  sein, 
wenn,  wie  ihr  seid  mein  haus,  so  sein  weit  auch  mein  schein, 
aus  dem  mich  auch  die  band  der  böllen  nicht  wird  reiszen. 

Flehimc  549; 

nach  den  römischen  grundsätzen  ging  dieses  {grundeigenthum) 
von  der  republik  aus;  die  welche  bürger  wurden,  trugen  es 
dem  Staat  auf  und  nahmen  es  zu  dessen  banden  zurück. 
.NiEBCiiR  t,  332;   er  trägt  das  haupt   so  hoch,  als  wenn  die 


303 


U  AND  — HANDARBEIT 


HANDARBEIT  —  HANDBEIL 


364 


hand  der  niajesiat  nicht  über  ihm  schwebte.  Götiie  8, 1S5; 
die  edle  seele  lag  in  der  gewaitigon  hand  des  fieber*.  J.  Paii. 
TU.  4,  35 ; 

die  sanfte  liaml  der  zeit  löscht  jeder  thräne  spur. 

GOITKR  2,  llHi; 

die  hand  der  zeit.  J.  Paui.  leben  Fibels  12S ;  das  jähr  1791  mit 
i-einen  365  bänden,  lit.  nachl.  -1,21$;  er  ging  ..  an  der  hand 
des  Schlafs  in  das  reich  der  träume.  Hcsp.  2,  252.  der  mensch- 
Itche  geist  tchd  persOnlicIi  ycdachl  und  mit  lidnden  begabt:  von 
des  auszerordentlichen  mannes  geistiger  hand  zuer.*!!  nur 
leicht  umrissene  stellen  finden  wir  bedächtiger  ausgeführt. 
GoTiiE  45,60;  ebenso  das  menschliche  herz: 

K.  in  deinem  haus  den  vater  nimmst  «lu  aul. 

S.  du  spottest!    K.  was!  du  weigerst  dich?    £.  in  bänden! 

io  meines  herzens  bänden  nehm  ich  ihn ! 

H.  V.  Kleist  Kälhchen  5,  11. 

3)  hand  bei  Ihieren ;  beim  äffen:  darzu  ist  der  äffen  hand, 
ilnger,  nägel,  den  menschlichen  nit  gar  ungleich,  weder  das 
sie  etwas  grübers  und  wilder  sind,  die  füsz  am  äffen  sind 
einer  sondern  art,  eben  wie  grosziechte  hende.  Forer  Ihier- 
buch  (löS3)  t';  daher  der  neuere  name  der  affenartigen  Ihiere 
vierhänder.  ganghänder,  s.  ganghand.  die  tatze  des  baren,  in 
der  gestall  einer  hand  ähnlich,  wird  so  genannt;  item  in  der 
vorgeschriben  wyttraiche  haben  die  armen  leut  im  tal  zu 
Bayerszbrunn  gerechtigkait  zu  jagen  und  zu  fahen  allerhand 
wildprett,  on  das  rottgewildt,  davon  sollen  sie  geben,  nem- 
lich  von  einem  beer  das  haubl  und  die  recht  handt  von 
einem  haw enden  schwein  den  köpf,  wästh.  1,  3S8 ; 

bist  verwägen,  so  vertrauw 
einem  gezamplen  bätzlin  raiiw. 
saugt  er  dir  gleich  hand  und  flnger, 
er  Wirt  mer  dann  vor  vil  grimmer. 

FoRKR  Ikierbuch  (1583)  15'. 

beim  falken:  bände  werden  von  den  falkenierern  die  beinc 
der  zur  jagd  abgerichteten  falken  genannt.  Behlen  jagdcate- 
chism.lbi;  wenn  dem  vogel  die  bände  geschwollen,  dasz  er 
entweder  sein  weidwerk  zu  hart  geschlagen  oder  das/,  ihn 
die  fesseln  gedruckt  hatten.  Falconariav.  1617,  .<;.  91;  die  bände 
{des  falken)  niusz  man  auch  besichtigen,  ob  sie  überall  sauber 
sind  und  keine  warzen  haben.  Heppe  jaydlust  (1783)  3,  142. 
auch  die  füsze  von  eidechsen ,  früschen,  krOlen  heiszen  bisuälen 
bände.  flache  hand  nennt  tnan  fünf  in  form  einer  hand 
ausgebrdlele  enden  am  obern  (heile  der  slangen  eines  gcweihs. 
Nem.mch. 

4)  hand  an  einem  ucgweücr :  hand  oder  stein,  die  den  wäg 
zeigend,  cipjn  Maaler210'; 

ein  hant  die  an  dem  wä^scheid  stat, 
die  zeigt  ein  weg,  den  sie  nit  gat. 

Brant  narrensch.  21,  7. 

5)  hand  an  der  uhr :  wenn  das  gewicht  vom  seiger  abge- 
nommen ist,  so  stehen  und  halten  alle  reder,  sampt  der 
hand,  zeiger,  unruhe  und  hamnier  stille.  Mathes.  Sar.  38'. 

6)  kalte  hand  heiszl  eine  eiserne  handhabe,  um  einen  heiszen, 
über  dem  [euer  hängenden  Icessel  abzuheben. 

^)  liand  uie  franz.  main  de  carosse,  die  ringe  oder  schnallen, 
worin  eine  kulsclie  hängt. 

8)  bei  den  papiermachern  heiszl  hand  der  Iheil  der  form,  den 
der  büttgesell  in  der  reclden  hand  hält.  Jacousson  6,  22". 

9)  bti  den  lapetendruckern  die  druckform  ■  da  für  jeden  neuen 
aufdrnck  die  tapele  wieder  neu  in  arbeit  genommen  werden 
und  durch  die  band  gehen  musz:  so  pflegt  man  wohl  von 
bänden  statt  druckformen  zu  sprechen  und  hiernach  die 
tapeten  ein-,  zwei-,  dreihändig  zu  nennen,  wenn  sie  mit 
einer  form,  mit  zwei,  drei  formen  vollendet  werden.  Prechtl 
eneyclop.  18,  293. 

HANDADER,  /.;  snlvalella,  hantader,  houptader,  nickadcr, 
iiiiizader.  Diefeno.  509*. 

HANDAMBOSZ,   w.  kleiner  tragbarer  ambosz. 

HANDAN'LEGUNG,  f,  das  in  angriff  nehmen  einer  thal  oder 
arbeil ,  nach  band  anlegen  II,  5,6.  b,b.  II,  a  (sp.  353.  357): 
bei  fleinziger  handanlegnng  wird  das  werk  schnell  gefördert ; 
derowegen  verhinderte  ich  ihn  an  »einem  vorhaben  {steh  ;« 
hängen)  mit  würklicher  handanlegnng.  Simpl.  3,417  Kurz. 

HANDAPFKL,  m.  bildlich  von  dem  himmrlsgewülbe,  mit  be- 
ziehung  auf  die  hallende  hand  dei  schöpfen:  dieser  unrnSszIich 
fcrosze,  hohe  und  kugelrunde  handapfel  goltes.  nurscuKY 
Palm.  849. 

HANDAKBKIT,  f  l)  arbeit  die  mU  der  hand  geschieht  (gegen- 
\^i  kopfaibeit,  1,  l""'!     i,:m,,i  i.l...ii   nrh„  M»»iEii21o';  dann 


solche  Sachen  lassen  sich  nicht  aufs  papier  malen,  das  maus 
allein  aus  dem  lesen  fassen  und  urtheilen  wult,  sondern  aus 
dein  lesen  kommet  der  bericht  und  aus  der  handarbeit  die 
erfahrung.  Erker  87";  ganz  anders  verhält  es  sich  mit  der 
gemeinen  handai'beit ,  denn  von  kunstarbeilen  ist  die  rede 
nicht.  Moser  patr.  phanl.  2  (1798)  11;  (weil)  die  gröszte  ehre 
darin  besieht,  die  längsten  nägel  an  der  rechten  band  zu 
haben,  als  einen  beweis,  dasz  man  keine  handarbeit  ver- 
richte. 156;  allein  ich  fühle  doch,  dasz  die  kinder  mehr  zur 
handarbeit  angeführet,  und  dazu  von  Jugend  auf  gewöhnet 
werden  müszten.  301;  und  bringt  wahrscheinlicher  weise  durch 
eigene  und  ihrer  tochler  handarbeit  ein  kümmerliches  leben 
durch.  Götiie  10, 161 ;  so  war  ich  dem  maschinenwesen  weniger 
günstig  als  der  unmittelbaren  handarbeit.  23,45;  er  fühlte 
den  segen  der  handarbeit  und  lernte  im  haus  und  für  das 
haus  leben.  Biehl  cullurgesch.  nor.  434.  —  handarbeit  ah 
strafe  für  ein  verbrechen:  den  kaulmann  wird  man  auf  seine 
ganze  lebenszeit  in  den  schuldlhurm  werfen,  und  den  advo- 
caten  wird  man  zu  einer  öffentlichen  handarbeit  verdammen. 
Babener  sat.  4  (1757)  379. 

2)  das  producl  der  handarbdl:  dieser  gestickte  kragen  ist 
eine  äuszerst  saubere  handarbeit;  späterhin  war  alles  was 
er  von  reisen  nach  hause  schickte,  immer  das  künstlichste, 
feinste,  zarteste  von  handarbeit.  Göthe  21, 194.  —  Von  hand- 
arbeit ist  gewöhnlich  utiterschieden  der  bände  arbeit,  was  in 
nachdrücklichem  sinne  steht,  s.  sp.  359,  doch  vergl.  auch  bande- 
arbeit un<en. 

HANDARBEITEND,  paH. :  um  sie  her  bewegt  sich  ein 
kreislauf  von  bandarbeitenden  im  reinsten  anfänglichsten  sinne. 
Göthe  22,  124. 

HANDARBEITER,  «t.  der  handarbeit  vollbringt  {verschieden 
von  handwerker,  der  ein  mechanisches  gewerbe  betreibt):  hand- 
arbeiter,  manuarius ,  meicenarius  Stieler  48;  handarbeiter, 
welche  andern  um  ein  gewisses  lagelohn  .  .  verschiedene 
dienste,  die  sie  mehrentheils  mit  der  hand  venichten,  leisten. 
Jacobsson  6,  22';  hier  (bei  der  handarbeit)  ist  weit  mehr  an-, 
strengung  nölhig,  die  arbeit  belohnt  sich  nicht  so  wie  jene 
(der  ackerbau) ,  es  wächst  dem  handarbeiter  nichts  zu ,  und 
einer  musz  die  minuten  beim  spinnrade  in  acht  nehmen, 
der  sich  davon  erhalten  will.  Moser  patr.  ph.2  (1798)  s.  11. 

HANDARBEITERIN,  /. 

HANDABZNEI,  f.,  von  Paracelsus  für  griecli.  x^^^ov^yia 
gebrauchl:  die  arzney  ist  zweifach,  leib  und  handarzney.  leib- 
arziley  lernet  alle  krankheiten  zu  verstehn,  und  handarzney 
lernet  sie  heilen,  opp.  (1616)  l,  576  B. 

HANDARZT,  m.  x^^QOvoyös:  nicht  Wundarzt,  sondern  hand- 
arzt  sollen  wir  sein.  Paracelsus  opp.  (1616)  1,  577  A. 

HANDAUFLEGUNG,  /.,  zum  segnen  und  heüen  von  krank- 
heilen {sp.  330) :  las  nicht  aus  der  acht  die  gäbe  die  dir  ge- 
geben ist  durch  die  Weissagung,  mit  handauflegung  der  elte- 
sten  (gUh.  afar  analageinai  bandive  praizbylaireins).  1  Tim.  4, 14. 

HANDAXT,  f.  kleine  leiclde  axt:  der  handhacke,  handaxt 
bedient  man  sich,  um  kleinere  und  kürzere  bolzstücke  zu 
spalten.  Prechtl  encyclopddie  1,  418. 

HANDBAD,  n.  bad  für  die  hdnde ,  wie  fuszbad  bad  für  die 
füsze:  dem  kranken  sind  vom  arzte  bandbäder  verordnet. 

HAND  BALG,  m.  kleiner  mit  der  hand  zu  bewegender  blase- 
balg  in  den  •ichrnelzhiilten.  Jacobsson  2,  202';  will  mans  (das 
metall)  aber  bald  Oieszend  haben,  so  mag  man  mit  eiin  handt- 
balg  zum  muiidtloch  hinein  unter  die  muffel  blasen,  so  fleust 
es  bald.  Erker  33*. 

HANDBALL,  m.,  follis  pugilatorius.  Hederich  1108. 

HANDBALLEN,  m.  ballen  unter  dem  daumen  der  hand:  da 
Spillen  sie  des  ballens,  sprangen  der  rock,  stieszen  der  bock, 
des  handballens.  Gary.  174* 

HANDBAND,  f:  bandband,  handbinden,  handeisen,  die 
iicnd  rill  ze  schniiden,  manicae  Maaler  210*. 

HA.NDBECKEN,  n.  gefäsz  zum  handcuaschen  von  metall,  thon 
oder  jiorzellan:  malluvium  handbeckin,  haiidbeck  DicrENB.  315"; 
trulleum,  }>ollubrum  ein  handbecken  Serraxus  dict.  bb  4*.  l  2' ; 
das  handbecke,  darüber  man  die  hend  wäscht,  polubrum, 
malluvium,  guttus  Maaler  2lü';  brachte  ein  handbecken  nebst 
gieszfasz  und  band(|uelc  zurück.  Göthe  24, 323. 

HANDBEIL,  n.  kleines  mit  der  hand  leicht  zu  regierendes  bal, 
asciola:  bandbcil  ure  schradbeil,  secum  manuaria  SriKitR  123; 
(erner  wirt  gewiesen  dem  voigl  zu,  den  Rhein  zu  schirmen, 
so  frrrc  man  mit  einem  ross  kann  ryden  und  mit  einem 
ll.'llldtlivlii'll    wi'rfcii    iiiiitf    ui'islh    1,  (•2'2. 


365 


HANDBERDE  —  HANDBREIT 


HANDBREITE  —  HÄNDCHEN 


366 


HANDBERDE,  f.  bavegung  der  hand,  beim  hindeuten,  beten, 
segnen  u.  s.  w. :  got  hat  im  das  volk  des  alten  testaments  zu 
ainem  euszerlichen,  ßgürlichem  volk  erwölet,  in  welchem  er 
hat  wollen  ain  muster  beraiten  und  mit  eüszerlic-hen  handt- 
berdten  anzaigen ,  wie  er  im  darnach  . .  wolle  haben  ain 
gaistlich  volk.  S.  Frask  paradoxa  bb' ;  Numa  Pompilius  . .  hat 
vil  fest,  gebrengt,  kirchweich,  opfer,  handtberd  des  jars  den 
Römern  vor  Christi  gehurt  aufgesetzt.  57*.    rgl.  Iiandgeberde. 

HANDBERDIG,  adj.  bewegungen  der  hände  machend,  in  der 
folgenden  stelle  als  reichen  der  aufregung  und  deszomes  (s.  sp.  331): 
dise  flaischliche  lieb  . .  wil  allain  gelert,  erüch,  schimpflich, 
freundlich  gesellen  des  lebens  umb  sich  haben,  kan  nichts 
widerwertigs,  ungestalts,  handtberdigs,  undankbars  umb  sieh 
leiden.  Fbank  parad.  145*. 

HANDBESEHEH,  m.  chiromanlicus  hantbesyer  DiEr.  123". 

HANDBESETZ,  m.  in  Oesterreich  die  einfassung  eines  hevtdes 
an  der  hand,  die  prise.  •Jacobsso»  6,  22*.  vergl.  handblatt, 
handkrause. 

HANDBEWEGÜNG,  f.:  der  professor  .  .  erklärte  etwas, 
wie  aus  seinen  handbewegungen  zu  erkennen  war,  Fbeytag 
handschriß  I,  327. 

HANDBIBEL,  f.  bibel  zum  handgebrauch,  im  kleinen  format. 

HANDBIBLIOTHEK,  f.  kleinere  bibliothek,  die  zum  gebrauch 
slels  zur  hand  sein  kann :  dasz  die  gute  fürstin  in  einer  ge- 
wissen epoche  aufgehört  hat ,  ihre  handbibliothek  zu  com- 
pletiren.  Güthe  33,  238 ;  du  hast  dir  eine  kleine  handbiblio- 
thek angeschafft.  E.  T.  A.  HoFFSAS.«r  8,  36. 

HA.NDBIETLNG,  f.  reichung  der  hand  zur  Unterstützung, 
hülfeleistung,  nach  die  hand  bieten  jp.  352:  einem  handbietung 
tuhn,  jurare  aliquem,  opüulari  alicui  Stieler  180;  gott  hat  kei- 
nem menschen  alle  gaben  gegeben,  und  wil,  das  einer  des 
andern  handbietung  dankbarlich  erkennen  solle.  BtrrscHKt 
Palm.  523;  das  er  [der  epheu)  die  beume  umfähet,  und  als 
eine  8chwachgestengelte  pQanze,  durch  ihre  handbietung 
empor  strebet.  707 ;  mit  gesamter  handbitung.  hd.  kanzl.  109. 

HANDBINSE,  f.  eine  binsenart:  marinus  juncus,  manualis 
juncus  meerbintzen,  glatbintzen,  handbintzen.  Alb.  DD  1*. 

HAND  BLATT,  n.  l)wäszer  leinener  vorstosz  an  einem  kleider- 
drmel:  handblätter,  weisze  leinene  blätter,  vorn  an  die  ermel 
zu  machen.  Frisch  1,  4l0';  auch  in  reicherer  form,  nie  das 
französ.  manchette  (s.  handkrause):  wegen  des  ungewöhnlichen 
maszes  seiner  handblätter.  Hippel  lebensl.  I,  13. 

2)  die  pflanze  fünffingerkraiU,  folentilla  reptans,  quinquefolium, 
wegen  ihrer  ähnlichkeit  mit  einer  hand.  Nemmch  4, 1053. 

HANDBLOSZ,  adj.  entblöszl  von  der  hand,  ohne  hand:  so 
eim  ein  hand  abgeschlagen  wirdt,  dasz  sein  kindt  darumb 
nit  handblosz  wirdt.  Paracelscs  opp.  (1616)  1, 125  B  {von  der 
geberung). 

HANDBLÜME,  f.  manulca. 

HANDBOCK,  m.  kleine  ramme  mit  zwei  handgriffen,  pfähle 
und  äeine  einzurammen.  Jacobsson  2,  202*. 

HANDBOGE.N,  m.  leiclüer,  mit  der  hand  zu  spannender  bogen, 
unterschieden  von  der  mit  hebet  oder  winde  aufgezogenen  arm- 
brust:  arcus  handbogen  Diefe.nb.  45*;  arcus  ein  handbog  Dasyp.  ; 
die  weil  schlugen  mich  die  andern  mit  den  handbogen. 
H.  Staden  e  iij ; 

doch  kuanen  wir  scbieszen  mit  dem  hantpogen. 

fastn.  sp.  343,  8; 
der  ein  mit  gespantem  bandtbogen.    H.  Sachs  3,3,65*. 

HANDBOHNE,  /.  viäa  faba,  auch  buffbohne,  saubohne.  Nem- 
NlCH   4,  1565. 

HANDBOHRER,  m.  kleiner  mit  der  bloszen  hand  zu  führen- 
der bohrer,  lerebeUum.  Frisch  1,  410'.  auch  beim  bergmann: 
handbührer  ist  . .  etwan  eines  daumens  stark ,  welchen  der 
bergmann  mit  einer  hand  halten,  und  mit  der  andern  ver- 
mittelst des  fdustels  zuschlagen  kan.  miner.-lex.  285*. 

HANDBRECHE,  f  viil  der  hand  zu  führende  flachsbreehe. 
Prechtl  encyclopädie  23,  82. 

HANDBREIT,  l)  adj.  tjo«  der  breite  einer  hand:  ein  hand- 
breiter spalt  in  der  mauer;  handbreit  klaffte  die  wunde. 

2)  ab  subst.  f.  wird  es,  wie  haarbreit  2,  sp.  25,  giAraucht, 
nur  iü  es  hier  nicht  compositum,  sondern  zusammenrückung  des 
subst.  hand  »7it<  deni  adj.  breit:  wie  denn  die  natur  thut, 
wenn  man  ir  eine  handbreit  lesset,  das  sie  eine  gantze  eilen 
nimt.  Luther  4,  44';  wenn  man  im  eine  bandbreit  erleubt, 
80  nimpt  er  vier  und  zwentzig  elen.  22ü'; 

^»•"'hzehn  handbreit  ragten  empor  am  haiipte  die  höroer. 

Ittil»  4,  llK«. 


HANDBnEITE,  /.  die  breite  einer  hand:  und  eine  leisten 
umb  her,  einer  handbreit  hoch.  2  Mos.  25,  25;  ein  rise  .. 
sechs  eilen  und  einer  handbreit  hoch,  l  Sam.  l",  4;  sie  drehte 
ihren  köpf  so  geschwinde  zurück,  dasz  ich  ihren  mund  um 
ein  paar  handbreiten  verfehlte.  Wieland  ll,  211.  s.  hände- 
breite. 

HANDBRET,  n.  bei  den  maurern  ein  dünnes  brel  mit  einetn 
stiele,  worauf  kleinere  mengen  kalk  zum  bequemen  gebrauclie  ge- 
legt werden.  Jacobsso.n  2,  202'. 

HANDBRIEFCHEN,  n.  kleiner,  von  der  hand  weg  {sp.  361) 
geschriebener  brief,  franz.  billel :  die  tochter  entwickelte  der 
luutter  die  beklommenen  gefühle  ihrer  seele  in  einem  hand- 
briefchen.  Thümmel  reise  3,470;  besonders  wenn  das  karten- 
blatt  selbst  eine  so  kleine  rolle  darinne  {in  dem  roman)  spielt, 
dasz  es  zu  weiter  nichts  gebraucht  wird,  als  handbriefchen 
zu  schreiben .  deren  inhalt  eben  nicht  der  klügste  bediente 
eben  so  gut  ausgerichtet  halte.  Lessixg  5, 5S. 

HANDBRIEFLEIN,  n.  dasselbe:  sein  jüngstes  handbriQein 
ist  mir  zu  recht  eingelaufen:  da  er  sich  denn  wegen  der 
darinnen  gebrauchten  kürze  so  hoch  zu  entschuldigen  nicht 
gehabt.  Bctschky  hd.  kanzl.  65. 

HANDBROT,  n.  brot  von  kleinem  format,  im  gegensatz  zu 
metzenbrot,  scheffelbrot ,  zu  dessen  herstellung  eine  metze,  ein 
Scheffel  mehl  gebraucht  wird:  aus  solchem  deigk  soll  der  becker 
recht  handbrod  gleich  dem  geprauch  und  masz  der  anstoszen- 
den  nachbarn  machen,  weisth.  5,  640  [von  1543). 

HANDBUßE,  m.  bube  der  zur  hand  gehl,  hilß,  in  der  Schweiz 
namentlich  auch  hilfsarbeiter  des  sennen.  Stalder  2,  IS :  er  .  . 
arbeitete  über  köpf  und  hals,  und  hirtete  die  kühe  selber; 
ich  war  sein  handbub ,  und  muszte  mich  brav  tummeln,  a. 
ni.  im  Tockenb.  17.  im  niederdeulsclien  handbengel ,  ein  knabe 
der  schon  handdienste  thun  kann.  brem.  wb.  2,  5S5. 

HANDBUCH,  n.  buch  ton  m-iszigem  umfang,  zum  leichten  ge- 
brauch, entweder  um  hinein  zu  schreiben  oder  darin  zu  lesen: 
hantbuoch,  manuale,  liber  qui  frequenter  manu  portatur  voc.  ine. 
theut.  il';  das  er  {der  prediger)  die  deutsche  biblia  lasz  sein 
zornal  und  teglich  handbuch  sein.  Matues.  Lutlier  145'.  in 
neuerer  zeit  häufig  verwandt  zur  bezeiclinung  eines  buches  das  in 
knapper  fassung  das  hauptsächlichste  einer  lehre  gibt:  handbuch 
der  griechischen  und  römischen  alterthümer;  handbuch  der 
Schönfärberei,  das  englische  hat  das  wc-t  als  handbook  herüber' 
genommen. 

HANDBCCHLEIN ,  n.  kleines  handbuch:  manu<.lis  hand- 
buchelein,  handbüchlin  Diefe.nb.  348*;  haudbücblin  ene/iirüyton 
AlberüstS';  handbüchlein,  eHc/(iriÄon,  hoclibelli,  qui  in  manu 
gestetur.  Serrancs  «ynoH.  93';  Stvupt  nennt  seine  Schuitzer  chro- 
nica aus  der  groszen  in  ein  handbüchle  zusamen  gezogen ; 
hat  vornen  in  sein  handbüchlein  folgende  sprüch  einge- 
schrieben. ZlNKGREF  3,  30. 

HAND  BÜCHSE,  f.  kleine  feuerwaffe,  leichter  als  die  haken- 
büchse  (sp.  ISl):  wir  warn  gefürt  zu  ainem  schönen  gezelt, 
das  stund  als  zwen  handpüchsen  schusz  von  des  kaisers  ge- 
zelt. S.  V.  Herbebsteix  (1541)  fB  fönt.  rer.  austr.  1,333;  da- 
neben eine  handbüchse,  so  am  sattel  zu  führen  ist.  Schwei- 
MCBEN  1,  56 ;  handbüchs,  sclopus  minor,  manualis,  alias  pistol. 
Stieleb  258.     vergl.  auch  faustling,  faustrohr; 


er  dät  im  mit  einer  bantbücbsz  nüt. 

Braxt  narrensch. 


76,  42. 


HANDBÜCHSENSCHCTZE,    m.:   die  von  den  reichstetten 

heltn  ob  den  3000  hantbüchsenschfltzen.  Wilw.  v.  Schaumb.  25. 

H.\NDBGFFELEI,  f.  gemeine  schwere  handarbeU,  s.  büffelei 

2,  492 :  so  dürfen  sie  sich  mit.solcher  bandpüffeley  gar  nicht 

hinbringen,  maulaffe  113. 

HANDBCSCHEL,  «i.  manipulus,  dragma.  Serbands  syn.9Z'; 
das  handbüschele,  was  ein  Schnitter  mag  erfassen,  manipu- 
lus  Maaler  210'. 

HÄ.NDCHEN,  n.  kleine  hand:  das  händchen  des  kindes; 
das  sammetne  händchen  der  geliebten;  wenn  er  auf  das  kleine 
braune  moos  trat,  so  ächzte  es  ..  und  er  sah,  wie  es  die 
behaarten  händchen  rang.  ImiEKaAN.x  .Vünclth.  3, 82  (trun<i<T 
im  Spessart); 

kniet  auch  nieder,  faltet  eure  händcbeo, 
und  betet  still  um  gottes  ewge  huld. 

KöRNKR  Itosamunde  6,  11; 
wohin  des  kiodleins  bändchen  lao^ 

Akm>t  ged.  (IMO)  s.  460. 

Es  war  vordem  $iUe,  ein  neugeborenes  kind  so  in  windeln  ein- 
zuschlagen ,   dasz  dieselben  mit  dem  leibe   auch    alle  gliedmaszen 


367   HANDCüLLATlüN  — UÄKÜEÜRÜCKEN 


HAKDEGEBEN  —  HANDEL 


368 


fest  umschlossen,  nach  neun  tagen  wurden  dem  kinde  die  Hände 
zuerst  freigelassen,  das  nannte  man  einem  kinde  die  händciien 
gelten,  ücon.  lex.  901. 

HANDCOLLATION,  f.:  handcoilation,  gastgeboth,  da  es 
oLiTeigen  setzet,  Iwsptium  pugneum  Hederich  1209.  vgl.  haar- 
coliatiün. 

HANDCUR,  f.:  wenn  aucli  diese  miltel  nicht  helfen  wol- 
len, musz  man  zu  der  handcur  schreiten,  als  die  blälterlein 
{puslulas)  mit  einer  suhtielen  nadel  eröffnen.  Uffenbacu  neues 
'ossbuch  2,  83. 

HANDDECKE,  f.  eine  kleine  decke,  welche  man  im  stall  den 
Pferden  außegt;  auch  eine  decke  troniil  man  die  handpferde  bei 
dem  ausreilen  zur  zierde  bedeckt.  Jacousson  2,  202*. 

H.\NDDEGEN,  «i.  kleiner,  bequem  zu  brauchender  degen: 
handdegen  werden  neben  raufdegen  als  ausrüstungsgegenstdnde 
ton  Soldaten  genannt.   Böckler  kriegsschulc  132. 

HANDDIENST,  vi.  frohndiensl  der  durch  handarbeil  geleislel 
wird,  entgegen  dem  Spanndienst,  der  mit  dem  Zugvieh  erfolgt. 
Frisch  l,4lo';  die  haus-  und  gartenmielhc,  die  handdienste 
und  auflagen.  Uöseü  phanl.  1(1798)350.  bildlich:  bei  solchen 
band-  und  Spanndiensten  des  glucks.  J.  Paul  Titan  l,  66. 

HANDDIENSTER,  m.  der  zu  frohndienslen  mittels  handarbeil 
verpßichlele. 

HA.NDDRUCK,  m.  druck  der  band:  der  glückliche  schwieg 
und  gab  statt  der  antwort  einen  handdruck  der  liebe.  J.  Paul 
Tüan  1,11; 

dem  banddruck,  den  du  mir  erlaubt, 
den  küssen,  die  ich  dir  geraubt. 

J.  M.  Miller  ged,  73. 
s.  händedruck. 

HANDDUUCKEREI,  f.  kleine  druckerpresse  zur  anfertigung  von 
drucksachen  geringen  umfangs.  Jacorsson  6,  22'. 

HANDüRLCKETSAM,  adj.  zum  handdruck  geeignet :  seine  .. 
holzschlägelige  bärenlapcn  sind  irem  {der  elwfrau  händchen) 
handtrucktsame  bulerdätzlein.  Gorj/.  7o'.  das  worl  zeigt  auf  ein 
fem.  handdrucket,  der  letzte  theil  gebildet  wie  ahd.  druckida 
pressura  Graff  5,  254. 

HAiNDDRUSCH,  «i.  ein  neues  worl,  das  ausdreschen  mit  der 
band,  d.  h.  mit  dem  dreschflegel,  im  gegensalze  zu  raaschinen- 
drusch,  dem  ausdreschen  durch  die  dreschmaschine. 

HÄNDEARBEIT,  f.  wie  handarbeil  (sp.  364):  die  kost  besser 
haben ,  als  ich  sie  mir  mit  meiner  händearbeit  würde  ver- 
schaffen können.  Moser  palr.  phant.  3(1798)33;  die  knelung 
{des  broUeigs  von  einer  mascliine)  wird  . .  so  gründlich  vollzogen, 
dasz  gleichmüsziger  und  inniger  mit  händearbeit  den  teig  zu 
kneten  eine  Unmöglichkeit  ist.  iib.  land  n.  meer  1869  s.  543'. 
HANDEBHEIT,  adj.:  händebreites  fett  hatte  es  {das  schwein) 
auf  dem  rücken.  Armm  scfiaub.  1,  262. 

HÄNDEBREITE,  f.:  jede  besondere  sensenform  wird  aber 
wieder  in  mehreren  gröszen  angefertigt,  wobei  man  die  länge 
der  scnse  als  anhält  nimmt,  und  die  anzubl  von  fausten  oder 
bändebreilcn  . .  als  maszstab  gewählt  hat.  Prechtl  eucijclup.  15,3. 
HÄNDKDELTLNG,  /.  chiromaulia.  .Stieler  309. 
HÄNDEDRUCK,  m.  druck  der  hände  zur  begrüszung ,  sowie 
als  zeiclien  der  zdrlliclikeil ,  freude ,  Versöhnung  (sp.  332):  sein 
händedruck  hatte  etwas  herzliches  und  belebendes.  Götue 
25,360;  aus  freundlichen  blicken,  geselligen  aufmerksain- 
keitcn  und  zwei  oder  drei  händedrücken,  wie  sie  ein  unbe- 
hingcnes  wohlwollen  giebt  und  nimmt,  war  bald  für  uns  ein 
netz  zusammengestrickt  worden,  aus  welchem  wir  schlechter- 
dings als  braut  und  bräutigam  hervorgucken  sollten.  Imnkr- 
MANN  Münchh.  1,165; 

mäniier, 
die  keinen  händedruck  erlaubt 
sich  halten.  Gockiüuk  3,  171; 

laszt  dieten  hSndedrucli  die  wunde  heilen, 
die  meine  zunge  übereilend  scliiug.    Scuillm  ^'uny/ir.  2, 2 ; 
und  geiner  rede 
zauberniis)!, 
»ein  liAiiilcilruck, 

und  acii  «ein  kujtl     Götui  12,  178; 
wann  ein«t  fromme  herzen  deutsch  sich  flnden, 
ohne  eid«  mit  dem  bänilednick 
werden  »lo  hier  treue  binden.    Abhot  ijed.  (IHIO)  244. 

HANDKDRCCKEN,  n.;    da  war  ..  ein  Kolch  hnndgebens, 

b'-  '     ''   11,  hrndtrui'kcnK.  Garg.  231)';   dasz  sie  ihm  zum 

I  mit  einem  freundlichen  händrdrücken  ihre  gcgcn- 

t-      r.  '   ••  »chenkete.  ÜAPfKi.  acad.  rom.  :i2s ; 

ihr  lArlK-ln  und  ihr  hAiidedrflcken 
wirgi  un«  mit  olTncn  äugen  ein. 

AiAtANTUU  ge,d.  (1710)  y.  ti>t, 


sie  gröszet  jeden  gast  mit  treuem  händedrücken. 

HtCKOOHN  2,  100; 
nur  eines  freundes  hSndedrQcken.    Göckinge  2,  33; 
mir  danket  dann  ihr  morgenprusz,  . .  . 
ihr  sanftes  händedrücken.      Borgkr  117'. 

HÄNDEiGEBEIS,  n. ;  die  vorderste  reihe,  welche  durch  gegen- 
seitiges händogeben  eine  kette  gebildet,  yartenlaube  1867  s.  681. 

HÄNDEGEBEND,  pari.:  {wie  freundlich  wurde  Albano  »on 
allen  empfangen)  von  der  leichtweinenden  mutter  Albine  an 
bis  zu  den  händegebenden  allen  bedienten.  J.  Paul  Tilan  2,224. 

HÄNDEGLEICH,  adv.:  bäume,  mit  händegleich  verschlun- 
genen ästen.  Götue  44,  137. 

HÄNDEHEBEN,  n.  .*  das  voik  schrie  euch  bald  nieder  in 
ausgelaszner  freude,  risz  euch  bald  vom  pferd  mit  hände- 
heben.   Klinger  Ihcaler  4, 173. 

H.\NDE1MER,  m.  kleiner  leicht  mit  der  hand  zu  fültrender 
eimer,  unlerschieden  von  dem  brunneneimer,  schiipfeimer. 

HANDEISEN,  n.  eiserne  fessel  an  der  hand:  manica  handysen, 
handeisen  Diefenb.  346';  handeisen  an  den  bänden  der  ge- 
fangenen, manicae.  Frisch   1,410'. 

HÄNDEKLATSCHEN,  n.  zusammenschlagen  der  hände,  als 
beifallszeiclien  {sp.  334):  dieser  mann  ...  welcher  in  seinen 
Jüngern  jähren  das  händeklatschen  des  parterre  und  die  be- 
wunderung  der  logen  erregte.  Rabenerso/.  2  (1761)  336;  unter- 
stützte das  allgemeine  geiächter  mit  lautem  händeklatschen. 
Wieland  19,54;  ein  allgemeines  händeklatschen  des  beifalls 
unterbrach  endlich  diese  stille,  Schiller  719';  auch  als  auf- 
fordcrung  zum  aufmerken :  als  ein  händeklatschen  von  unten 
heftig  zu  vernehmen  war.    Göthe  21, 154. 

HÄNDEKLATSCHEN,  verb.:  man  lachte  und  händeklatschle 
noch  vor  drei  monalen.   Wieland  30,  44. 

HÄNDEKLATSCHER ,  f?». ;  das  glockengeläut,  womit  er 
händeklatscher  und  künden  herbeiruft.  Sturz  1,  207. 

HÄNDEKLOPFEN,  n.,  was  händeklatschen:  so  oft  ein 
schlag  geschah,  so  oft  bezeigten  sie  durch  ein  leichtsinniges 
händeklopfen  ihren  bcifull.  Rahener  sal.  2  (1761)  s.  249. 

HÄNDEKUPPLEREI,  f.  zusammenfügung  der  hände  als  zeichen 
des  verbundensäns  (s.  kuppeln,  kupplerei): 

kein  mund  zu  munde  kehren, 
kein  händeküpicrei,  kein  dienen  fern  und  binden 
befreundet  uns  mit  uns.  Fleming  60. 

HÄNDEKÜSSEN,  n.  osculatio  manuum. 

HANDEL,  m.  res,  causa,  negotium. 

Das  wort  ist  aM.  noch  niciU  vorhanden,  mhd.  zeigt  es  sich  erst 
spät  wb.  1,  632'.  dagegen  kommt  das  verbum  handeln ,  ahd. 
hantalön ,  manu  conlingere ,  manibus  tradare,  scJion  früh  und 
häufig  vor  Graff  4,  974.  Unter  betteln  1, 1729  isl  davon  geredel, 
dasz  jenes  handeln  auf  ein  alui.  nicht  nachzuweisendes  hantal 
sich  gründe;  dem  entgegen  musz  lüer  darauf  hingewiesen  werden, 
dasz  das  Substantiv  erst  später  nach  dem  verbum  gebildet  sei.  eine 
anzahl  iteraliva  sind  dirccl  aus  verben  mittels  der  ableitung  al 
entstanden,  und  wie  ahd.  pelalün  auf  petün,  nlid.  betteln  auf 
beten,  als  widerholtes  bitte  Ihun,  zurftckgehl,  so  gründet  sich  alid. 
swintalün,  nhd.  schwindeln  au/'swindan,  schwinden,  inangalön, 
mangeln,  auf  ahd.  mungjan  deficere,  wandalon,  nhd.  wandeln 
auf  ahd.  wandjan ,  nhd.  wenden ,  und  gleiclierweise  stelU  ahd. 
hantalun,  nhd.  handeln  zu  einem  alid.  hantün  und  hantjan, 
hendan,  manibus  tradare,  prehendere,  das  noc/i  im  nhd.  in  den 
compositen  liehanden ,  behanden  (1,1326),  behenden  (1338), 
fries.  handa,  lienda,  alln.  henda  hervortritt.  Von  solcJwn  verben 
erst  kommen  subatantiva  der  bildung  wie  handel  her,  den  zustand 
der  durdt  das  verbum  bezeichnet  wird,  auszudrücken,  sie  sind, 
während  das  letzlere  im  ahd.  Iiäußg  bezeugt  isl,  dort  noch  selten, 
wuntal  nur  viermal  bezeugt,  die  jüngere  spräche  erst,  seit  der 
mhd.  periode,  verwendet  sie  häufiger,  verschieden  der  bildung 
fiflc/t  erscheinen  die  unkr  betteln  luerher  gezt^enen  verben  nageln, 
satteln,  wechseln,  vögeln,  die  denominalira  sinnlicher  begriffe 
mdnnlidien  geschlechls  nagel,  satlel,  Wechsel  negotium,  commer- 
cium, vogel  sind. 

Wie  das  nhd.  plurale  ^ron  abstractbildungen  mehr  und  n>ehr 
verschmäht ,  so  isl  auch  der  plur.  von  handel ,  der  sich  in  den 
altern  quellen  noch  h'tufiq  genug  vorfindet ,  der  neuem  spradte 
nicJU  mehr  gerecht,  mit  ausnähme  der  bedeutung  4,  wo  er,  der 
eüiinthümlirhrn  begriffsenlwickrlung  enls^wechend ,  geteüiinUch  er- 
sclieint.  dir  (»rm  ist  mit  umlaiä  gebildet,  die  unumgelauteie  selten: 
dann  in  Rokhen  handien  ist  nit  langer  inist  zu  machen. 
WickRAJi  Toliiragenb.  .'15,23  Kurz;  grosze  handel  mit  geschwin- 
(ligl.cil   srhlitszci).   Garvh  anmerk.  zu  Cic.  de  off.  budi  3,  s.  MS. 


369 


HMDEL 


HANDEL 


370 


I 


handel  bedeutet: 

1)  im  allgemeinsten  sinne,  was  mit  den  händen  betrieben  md 
ausiierichtel  wird,  dalier  arbeit,  Verrichtung  schlecldiceg,  namentlich 
sofern  es  eine  länger  andauernde  oder  oft  wiedeiholte  ist:  einem 
lessigen  gerat  sein  handel  nicht,  aber  ein  vleisziger  mensch 
wird  reich.  Sprüche  Sal.  12,2";  das  werk  lobet  den  meister, 
und  einen  weisen  fürsten  seine  hendel.  Sir.  10,24;  denn  die 
furcht  gottes  machet  weislich  thun  in  allen  sachen,  und  gottes 
gebot  leret  klüglich  faren  in  allem  handel.  19,18;  ein  haubt- 
man,  ein  ritter,  ein  edeiman,  ein  kaufman,  ein  hantwerkman, 
ieziicher  wirt  gern  von  seinem  handel  gefragt  und  freuet  sich, 
so  er  da  von  sagen  sol.  Ä.  v.  Etbe  84' ;  menschliche  hendel 
und  tbaaten,  mortalia  acta  Maaier  218*;  die  übrige  zeit  mit 
fressen  und  saufen  und  andern  unfertigen  bändeln  zubringen. 
der  Stadt  Leipzig  Ordnungen  (1701)  303;  und  versichern,  das 
bergkwerk  bawen  auch  ein  göttliche  und  ehrliche  narung  und 
handel  ist.  Mathes.  Sar.  l';  ich  thäte  dazumal  mein  bestes 
{bei  der  arbeit),  weil  es  mir  auch  nicht  schwer  ankam ,  und 
ich  solche  handel  vor  vielen  jähren  gleichfalls  getrieben  hatte. 
Simpi  2,301  Kurz;  im  schönen  bofpsalm  .  .  gedenket  der 
doctor  desz  äffen,  so  holz  spalten  wolte  und  des  keils  ver- 
gasz:  und  da  er  die  axt  auszog,  darüber  zu  schaden  kam. 
denn  wenn  sich  einer  frembder  handel  understehet,  die  er 
nicht  gelernet,  gehet  es  selten  ohne  nachtheil  ab.  Schcppics 
830;  weil  sie  (die  fabeln)  von  nützlichen  und  künstlichen 
handeln  reden.  834;  damahl  hielte  der  unvermuthliche  reuter 
still,  stieg  vom  pferd  ab,  band  es  an  einen  zweigen,  lösete 
die  hosen,  und  verrichtete  das  werk  der  natur.  Klingenfeld 
sähe  dem  handel  ein  wenig  zu.  Happel  acad.  rom.  2; 

wan  mit  gescbrei  wir  olTeDbern 

die  hendel,  damit  wir  uns  dao  nern.    fastn.  sp.  790,  5; 

ein  weibspild,  eine  hübsche  person, 

der  all  ir  hendel  wol  an  stan.    2tö,  21-, 

dem  aller  menschen  handel, 
herz  und  gedanken  kuud.  Weceusru!«  5; 

dann  auch  nur  die  art  und  weise  des  thuns,  das  thun  und  treiben : 
die  in  welschen  landen  gewöhnliche  sitten  und  handel.  Phi- 
LANDER  2  (1643)  126;  da  liesze  ich  mich  dann  gegen  ihnen  ver- 
nehmen, dasz  mir  ihr  handel  wolgefalle.  Simpl.  2,216  Kurz. — 
Vom  thun  und  treiben  der  liebe:  gedachte,  dasz  sein  weih  gegen 
im  untrewlich  führe,  und  sucht,  ob  er  ein  loch  {in  der  kam- 
merlhür)  möchte  Gnden,  dardurch  er  seines  gemahels  handel 
möchte  sehen  und  befinden,  b.  d.  liebe  273';  und  also  lebte 
ich  trefflich  glückselig  und  vergnügt,  hätte  mir  auch  meine 
tage  keinen  andern  handel  gewünscht,  wann  nur  mein  mann 
etwas  besser  beritten  gewest  wäre.  Simpi.  3,  3ö  Kurz;  erzehlet 
ihm  alle  handel  meines  weibs.  4,47;  solches  {liebesspiel)  triebe 
ich  etliche  tag  und  nacht  nacheinander,  bisz  ich  desz  han- 
deis müd  .  .  war.  4, 121; 

ein  lustiges  weih, 

schlau,  erfahren  in  Amors  bändeln. 

KoTZEBUE  werke  20,  336; 

auch  in  bezug  auf  tbiere:  da  sie  dann  (die  wilden  katzen)  zu 
rechte  kommen  und  der  handel  angehet,  und  wann  es  so 
geschehen  und  der  kater  los  lasset,  da  hauet  die  katze  mit 
den  klauen  auf  ihn  zu,  welches  gar  nicht  zum  freundlichen 
dank  anzusehen.  Tänzer  jagdgeheimnis  130. 

2)  dann  sache,  angelegenheit,  Vorgang  überhaupt:  das  sie  nit 
gottes  handel,  sunder  ir  aigene  hendel  treiben.  Reüchlis 
atigensp.  20* ;  ist  unser  handel  nicht,  stehet  uns  auch  nicht 
an,  solche  zusage  zu  ändern.  Lctber  br.  5,62;  darumb  das 
David  gethan  hatte  das  dem  herrn  wolgeGel  .  .  on  in  dem 
handel  mit  Una.  \kön.  15,5;  sind  willig  und  weise  zu  allen 
emptem,  dazu  die  fürsten  und  alles  volk  zu  allen  deinen 
bendeln.  1  c/iron.  29,  21 ;  kein  kriegsman  flicht  sich  in  hendel 
der  narung.  2  Tim.  2,  4;  meine  sachen  und  handel.  Götz 
V.  Bebl.  4;  also  stadt  der  handel,  ita  negotium  est  Maaler 
210*;  das  dienet  zum  handel,  atlinet  ad  rem  das.;  ich  weisz 
allen  handel  wie  es  gangen  ist ,  omnem  rem  scio  ul  sil  gesta 
das.;  das  man  von  diesen  wichtigen  handeln  aus  gottes  wort 
keinen  gründlichen  bericht  geben  kan.  B.  Ringwald  tr.  Eck. 
A7';  denn  an  dem  handel  ..  ist  viel  mehr  gelegen,  ,.  nem- 
lich,  was  wol  dort  oben  . .  vor  grosze  frewd  vorhanden  sei. 
B3';  niemand  hett  sich  versehen,  dasz  dem  Revmund  solcher 
handel  zu  banden  gangen  oder  widerfahren 'were  (er  hatte 
zufallig  seinen  herrn  getödtet).  b.  d.  liebe  264';  Melchisedek  hat 
diesen  handel  desz  heils  fürgebildet.  Reiszser  krus.  l,  4'; 
Joiakim    verstund    nicht  den  handel  gottes,  t.2S*:    dn«/.  ich 

IV.  II. 


den  verständigeren  anlas  gebe ,  solchen  handel  zu  erwägen. 
Rospier  v.  Löwenhalt  vorr.  s.  13 ;  ob  sie  den  handel  ver- 
standen, s.  17;  so  stund  der  pfarrer  schon  vorm  bette,  zu 
vernehmen,  wie  mirs  gangen,  und  wie  meine  handel  be- 
schaffen wären.  Simpl.  l.  118  Kurz;  er  wüste  schon  besser 
wie  mein  handel  stund  als  ich  selbst,  s.  357;  was  ich  thun 
und  wie  ich  meine  händel  anstellen  wolte,  damit  ich  wieder 
recht  grün  würde.  4,  22;  etliche  officier  ..  die  unserem  handel 
zugehöret  und  zum  tbeil  durch  einen  spalt  zugesehen  hatten. 
3,39;  alte  und  neue  historici  gedenken  wenig  von  den  meisten 
diesen  handeln.  Hahn  bist.  (I72i)  2,183;  ach  wenn  wir  doch 
auch  beim  h.  abendmahl  mit  allem  ernst  könnten  sagen :  von 
ganzem  herzen  ergebe  ich  mich  dir,  mein  Jesu,  aber  ach, 
wie  alber  und  einfältig  stellen  wir  uns  zum  handel,  wie  kalt- 
sinnig sind  unsre  herzen!  Scriver  seelensch.  1,510;  Klingen- 
feld tratt  zu  dem  letzten  vor  die  thür,  und  erzeblete  ihm 
desz  fremdlings  anligen ,  welcher  desz  handeis  von  herzen 
lachete.  Happel  acad.  rom.  526 ;  Wilhelm  fand  an  dem  ganzen 
handel  nichts  sonderlich  merkwürdig.  Götbe  18,  299;  auf 
diesen  war  der  handel  eigentlich  angelegt,  und  er  sollte  für 
manches,  was  er  gesündigt  hatte,  auf  eine  lustige  weise  be- 
straft werden.  26, 160 ; 

bald  billig  ich  mir  meinen  handel, 

bald  drauf  verklag  ich  mich  bei  mir.  '  Fleming  523; 

man  sagt :  das  ist  ein  böser,  schlimmer,  unglücklicher  handel, 
tt'ie  sonst  eine  böse  sache:  indem  begab  sich  noch  ein  böser 
handel  von  Appio  Claudio.  Livius  v.  Corbach  46;  dann  ich 
der  frawen  in  ein  solchen  schweren  handel  nicht  zu  helfen 
weisz.  Galmy  289 ;  wäre  nicht  dieser  unglückselige  handel 
dazwischen  gekommen,  so  hätte  ich  ein  himmlisches  leben 
geführt.  GöTHE  20,35;  ich  thue  euch  zu  wissen,  dasz  der 
handel,  der  mich  um  eure  ehre  besorgt  machte,  sich  zu 
eurem  vortheil  aufgekläret  bat.  Lesslng  1,  591 ;  es  wer  fürwar 
ein  armer  handel.  bienk.  202';  handel  dem  nit  wol  ze  trauwen 
ist,  non  cerlae  ßdei  res  BIaaler  21o';  den  zwischen  ihm  und 
dem  weib  vorgegangenen  ärgerlichen  handel  mit  der  öffent- 
lichen Vermählung  zu  purgiren  und  gut  zu  machen,  Happel 
acad.  rom.  53;  schändlicher  handel,  factum  improbum  Stie- 
ler 754; 

aber  wie  man  keinen  klaget, 

der  nach  losen  bändeln  ringt. 

Soltav  521  (von  1692); 

ferne)-:  das  war  nun  für  mich  ein  gewünschter  handel.  Lai. 
de  Tormes  5S;  den  Studenten  war  es  ein  gemachter  handel, 
nahmen  Drecksimons  neue  brüderschaft  williglich  an.  wiszbad. 
wisenbrünl.  55;  der  jud  dachte,  das  ist  dir  ein  gemachter 
handel.  207 ;  wir  trafen  einen  nachen  an ,  der  noch  den- 
selbigen  abend  wolte  abfahren  nach  Bingen :  disz  war  uns 
ein  gemachter  handel,  denn  es  ziemlich  theuer  zu  Mainz  war, 
geß.  finken  40.  es  heiszt:  der  versteht  den  handel,  er  weiss 
sich  in  eine  angelegenheü  zu  finden;  einen  handel  ausrichten, 
richtig  machen;  wolte  gleich  wol  mit  dem  ersten  diesen  handel 
richtig  machen.  Schütz  Preuszen  55;  und  blieb  der  handel 
unverrichtet  stecken,  das.;  sich  aus  einem  handel  ziehen, 
aus  einer  sache  loswickeln,  sie  zum  guten  ende  führen :  die  dra- 
matische poesie  überhaupt  war  sein  fach  nicht,  aber  ein 
guter  köpf  weisz  sich  überall  aus  dem  handel  zu  ziehen, 
und  so  haben  seine  beiden  stücke  . .  Schönheiten.  Lessinc 
7,  78 ;  wenn  die  absieht  ist,  wie  es  scheint,  diesen  verwegenen 
handel  im  stillen  beizulegen.  Göthe  14,  245. 

3)  auch  Stellung,  läge,  bescha/fenheil  einer  person  oder  sache, 
art  und  weise  des  beßndens  und  Verlaufs  wird  durch  bandet 
bezeichnet;  von  sachen:  das  hat  aber  ain  ander  ursach  und 
ainen  andern  handel.  Recchlin  augensp.  12';  von  personen: 
und  also  habe  ich  meinen  guten  handel ,  den  ich  in  der 
Schreibstube  hatte,  dem  gemeinen  Sprichwort  nach  auf  ein- 
mal verkerbt.  Simpl.  l,  96  Kurz;  und  ist  nicht  (nichts)  under 
der  sonnen  übler  zu  verdrieszen  dann  dasz  . .  der  arbeiter 
so  einen  bösen  taglon  und  handel  bat,  und  sich  iederman 
uf  die  hendel  (kaufgeschäfle)  legt.  S.  Frank  sprichw.  1, 174' ; 
befihlestu  got  deinen  handel,  hoffest  und  wartest  auf  in. 
Luther  3,  290. 

4)  handel  reren^t  sich  aus  der  bedeutung  2  in  den  begriff 
Streitsache,  streit,  und  zwar 

a)  gerichtliche  oder  obrigkeitliche  Verhandlung,  proeess:  es  mag 
auch  ein  notarius  gebctten  oder  gefordert  werden  zu  einem 
handel  eines  stummen,  und  schreiben  die  zeichen  oder  das 
vinken.    nolariatsordnung  von  1512  §7;    handel,    da  mar,  auf 

24 


371 


HANDEL 


HANDEL 


372 


einen  klagt,  oder  füisten,  henen  und  oberen  an  irer  wirde 
und  eeren  geschmächt  hat,  actio  niaiestatis  Maaler  2t o';  Han- 
del, ein  yeliiche  sach  und  frag  die  sich  vor  dem  gericht  zu 
tregl,  caufa,  actus,  actio  forensis  das.;  der  handel  ist  male- 
fitziscb,  er  trifft  das  laben,  agilur  de  capüe  das.;  wenn  jemand 
einen  handel  hatte,  das  er  zum  könig  für  gericlil  komen  solt. 
2Sam.  15,2;  weil  der  könig  gen  Tyro  komen  war,  lieszen 
ir  drei,  des  rats  gesandten,  den  handel  für  in  gelangen,  das 
er  darin  solt  urteil  sprechen.  2  Macc.  4,  44 ;  solche  öffentliche 
stedte  {stalten),  da  man  für  der  gemeine  öffentliche  hcndel 
ausrichtet.  Luther  5,63';  wird  denn  meine  sache  bald  zum 
berichte  reif  sein?  ich  wünsche  sehr,  dasz  ich  endlich  aus 
dem  bösen  handel  kommen  möge.  Rabener  sdt.  3(1757)  .s.  72; 
der  handel  ist  hier  die  führung  einer  rechtssache  vor  gericht. 
Käst  5,272;  der  handel,  welcher  Coriolanus  Unglück  ent- 
schied. NiKBCHR  2, 112. 

b)  auszerqeriehtlicher  streit,  zank:  jemand  unter  euch,  so  er 
einen  handel  hat  mit  einem  andern.  1  Cor.  6, 1;  bei  der  nacht, 
dasz  man  die  liechter  erlöschet,  ein  grosz  geschrei  und 
handel  ward.  b.  d.  liebe  290*;  mit  Felix  hatte  ich  einen  kleinen 
handel,  denn  er  wollte  fast  mich  nüthigen,  einen  meiner 
gut«n  Vorsätze  zu  übertreten.  Göthe  21,38;  auch  entwirrte 
sich  der  gräsziiche  handel  noch  ganz  gelinde.  28,213;  auf 
einmal  entzweien  sich  die  männer,  es  entsteht  ein  lebhafter 
Wortwechsel ,  die  frauen  mischen  sich  hinein ,  der  handel 
wird  immer  ärger.  29,  258; 

kein  handel,  ungemacb,  noch  widerwiil.    Weckherlin  719; 
das  gibt  'nen  handel : 

nur  gtit,  dasz  wir  die  herrn  zu  hause  sind.    Göthe  10,  264 ; 

einen  handel  begehen,  streit,  zwist  erregen  (nach  begehen  8, 
Uieil  1, 1286) :  weil  es  einen  notorie  offenbaren  handel  be- 
trifft, den  derselb  Pfefferkorn  an  mir  begangen  hat  wider 
got,  eer  und  recht.  Reüchlin  augensp.  4'.  —  Dann  auch  handel 
von  einevi  qerinyern  kriegerischen  zusammenslosz :  zugleich  war 
ein  ernstlicher  handel  bei  Bretzenheim,  denn  freilich  hatten 
die  Franzosen  alle  Ursache ,  uns  aus  diesem  so  nahe  gele- 
genen dorfe  zu  vertreiben.    Göthe  30,  281. 

5)  in  dieser  bedeutung  (4,  a.  b)  ist  der  plural  bändel  nicht 
nur  in  altern  quellen,  sondern  auch  bis  auf  die  Jetztzeit  recht 
gewöhnlich;  so  t'on  gericlitliclten  processen:  nachdem  sich  auch 
befunden ,  dasz  sich  die  sachen  und  händel  des  cammer- 
gerichts  fast  mehren  und  häufen,  cammergerichlsordnung  von 
1555,  t.theil,  30,  §3;  die  händel  vor  gericht  bringen,  lilem 
in  Judicium  proferre  Steinbach  1,  690;  von  auszergerichtlichem 
streit  und  zuist:  erzählte  die  händel  in  Rom.  J.  Paul  Titan 
2,  25 ;  ich  habe  es  oft  gesagt  und  w  erde  es  noch  oft  wieder- 
holen ,  die  causa  finalis  der  weit-  und  menschenhändel  ist 
die  dramatische  dichtkunst.  Göthe  an  frau  v.  Stein  3, 145 ; 

eilet  mir  nicht  nach, 
wenn  ihr  auch  lärm  und  händel  hören  solltet.    Göthe  10,229; 
ich  habe  alle  händel  dieser  erde 
bis  fast  aur  die  erinnerung  verlernt.     Schiller  Carlos  1,  4; 

von  xDiisenschafllichen  Streitigkeiten :  dem  liebbaber  dieser  händel 
zu  gefallen  (weil  doch  solche  bücher  .in  weniger  banden 
befindlich)  wil  des  .  .  Scriekkii  worte  ich  anhero  setzen. 
Schuppiüs  haubtspr.  31 ;  von  der  verlheidigung  abweichender  mei- 
nungen:  darumb  sie  {die  Juden)  auch  oit  mögen  noch  sollen 
ketzer  noch  ir  hendel  ketzerei  genennl  werden.  Reuchlin 
augensp.  4';  von  kriegshändeln :  und  man  sol  dreiszig  tausent 
man  in  Judea  welen ,  den  wil  ich  sold  geben,  wie  meinem 
andern  kriegsvolk  . . .  und  aus  inen  sollen  gcwelt  werden 
etliche,  die  der  könig  in  seinen  köhesten  hendcln,  als  ver- 
trawclc  rele  gebrauchen  wird,  l  Macc.  lo,  37. 

Man  tatjl  händel  anfangen,  beginnen,  erregen:  indem  er 
ihm  vorwarf,  dasz  er  mit  allen  leuteii  händel  unfieng.  Haitel 
acad.  Tom.  s.  7;  wie  sie  .  .  die  judenstadt  geplündert  und 
Krä.szliche  händel  erregt.  Götuk  24,235;  händel  anspinnen, 
anrichten :  nur  dem  einzigen  stünker  gilt  diese  meine  bitte 
nicht,  der  hämisch  und  klein  genug  ist,  händel  anzuspinnen, 
die  er  selbst  durchzusetzen  weder  herz  noch  kraft  hat.  Les- 
*\nc.  11,  »41;  nimm  dich  in  acht,  freund  Roche!  ich  könnte 
'  iie  händel  anrichten.  Schiller  parasit  3,2;  der  ver- 

lor soll  dir  sehr  ernsthafte  händel  anrichten.  1,2; 
li.iim.i  ii.il)tn,  machen,  sich  in  händel  verwickeln:  welche 
etliche  händel  eine»  feind»  halb  betten.  Götz  v.  Behl.  63; 
als  sie  ..  seinen  neuen  braunen  rock  über  und  über  weisz, 
als  wenn  er  mit  mUllern  händel  gehabt ,  bestäubt  und  be- 
fleckt sahen.  Göthp.  is,  297;  dcsz  ciscnfrc«ser»  linchninlh  ist 


jetzt)  gedemüthiget,  er  wird  uns  hinführo  nicht  mehr  solche 
händel  machen.  Happel  acad.  rom.  8 ;  dasz  du  dich  in  die 
gefährlichsten  und  schlimmsten  händel  verwickelt  hast.  Göthe 
24,332;  es  setzt  händel:  sie  konnten  einander  nicht  auf  der 
slrasze  begegnen,  ohne  dasz  es  händel  setzte.  24,71;  man 
bekommt  händel:  zu  vermeiden  dasz  man  mit  den  gesetzen 
keine  händel  bekommt.  Rabener  saliren  4, 378 ;  mau  sucht 
händel  an  oder  mit  einem:  die  Franzosen  scheinen  seihst  an 
den  Schweizern  händel  zu  suchen.  Göthe  43,216;  mir  will 
es  scheinen ,  als  suchten  die  Franzosen  händel  mit  den 
Schweizern,  i.  218;  händel  werden  geschlichtet,  beigelegt. — 
händel  machen  auch  von  den  Unordnungen  die  ein  fltisz  an- 
richtet: die  Rhone  macht  überhaupt  in  diesem  engen  lande 
böse  händel.  Göthe  16,  260. 

6)  handel  haszt  auch  der  böse  anschlag,  lül,  streich,  nament- 
lich im  processe:  ein  man  mit  naincn  Joseph,  ein  ratherr,  der 
war  ein  guter  fromer  man,  der  halte  nicht  bewilliget  in  Iren 
rat  und  handel  {rfj  ßovlfi  xai  ttj  n^ä^ei  avrdiv).  Luc.  23, 5t. 

7)  handel  bezogen  auf  ein  einzelnes  kauf-  oder  tauschgeschäft : 
das  niemand  zu  weit  greife  noch  verfoiteile  seinen  bruder 
im  handel  {^v  t<JJ  n^ayfiart ,  goth.  in  töja).  1  Thess,  4,  fi ; 
Lolhario  hat  uns  den  handel  um  wichtige  guter  in  unserer 
nachbarschaft  aufgetragen.  Göthe  20,119;  aus  fordern  und 
bieten   besteht  doch  der  handel.    Immermaihh  Münchh.  1, 129 ; 

ob  es  gott  geliebt,  war  der  beste  handel, 
dasz  sich  hier  in  dort  ehstes  lyölich  wandel. 

LocAU  2,  123,  21. 

auch  hier  tritt  der  plural  händel  auf:  alle  schiff  im  meer  und 
schiffleut  fand  man  bei  dir,  die  hatten  ire  hendel  in  dir. 
fl«.  27,9;  mein  kind,  stecke  dich  nicht  in  mancherlei  hendel, 
denn  wo  du  dir  mancherlei  fürnimpst ,  wirst  du  nicht  viel 
dran  gewinnen.  Sir.  11,10;  von  wucherlicben  und  jüdischen 
handeln.  Regensburger  reichstagsabschied  v.  1576,  §115;  in  der 
modernen  spräche  ungewöhnlich:  abgesehen  davon,  dasz  bei 
ungerechten  handeln ,  betrügerischen  kaufen  und  verkaufen 
viel  geld  verloren  geht.  J.  Gotthelf  schuldenb.  97. 

Es  heiszl  einen  handel  schlieszen ,  abschlieszen ,  machen; 
sie  hat  heute  den  handel  über  ein  landgut  geschlossen. 
Rabener  sal.  4,  387;  mit  feuchten  blicken  betrachtete  der 
Sammler  das  grosze,  wohlerhaltene  gefäsz.  endlich  stammelte 
er:  ist  darüber  kein  handel  zu  machen?  Immermann  Münchh. 
1,143;  auch  bildlich:  topp,  herr  Marder,  der  handel  ist  ge 
schlössen.  Kotzecue  dram.  sp.  2,341;  handeis  einig  werden 
wir  wurden  des  handeis  nach  wenig  gewechselten  worten 
bald  einig,  Happel  acad.  rowj.  505 ;  einen  handel  rückgängig, 
rückläufig,  einen  handel  fest  machen;  handel  ist  handel, 
ein  abgeschlossener  vertrag  ist  giltig;  beim  handel  wird  nicht 
gebnidert.  Frischbier  sprichw.  1475;  der  handel  gilt:  topp' 
der  handel  gilt ,  für  den  beutel  haben  sie  meinen  schatten. 
Chamisso  Schlemihl  cap.i;  einem  den  handel  verderben,  in 
den  handel  fallen ;  so  dasz  einer  dem  andern  den  handel 
durch  verkauf  oder  Vorverkauf  nicht  verderben  konnte.  Moser 
patr.  phant.  3  (1798)  167. 

8)  dann  ist  handel  in  colleetivem  sinne  fortdauernder  oder 
geuerbsmdsziger  betrieb  von  kauf-  und  tauschjcschäßen ,  ferner 
handelsverkehr  (vergl.  auch  kaufhandcl  5,  332) :  du  hast  deinen 
handel  auf  dem  meer  gehabt  und  allerlei  wahr  . .  auf  deine 
merkt  bracht.  Hes.  27,  12;  aber  es  wil  .  .  unserm  handel 
dahin  geraten ,  das  er  nichts  gelte,  aposlelgesch.  19,  27 ;  das 
bettlerhandwerk  ist  nur  ein  handel,  aber  es  gibt  viel  meister 
drauf,  sagt  man.  Otho  623 ;  durch  den  mississipischen  actien- 
handel.  neueste  nachriehten  aus  d.  Vatican  (1721)  s.  25;  der  handel 
wird  allemal  die  erste  aiifmerksamkeit  des  gcsetzgebers  ver- 
dienen. Moser  patr.  phant.  2(1798)136;  der  handel  mit  aus- 
wärtigen tüchern.  140;  der  handel  des  ganzen  landes  ist 
durch  den  krieg  vernichtet;  wenn  wir  das  Vorgebirge  haben, 
beherrschen  wir  den  handel  Indiens,  folglich  den  handel  der 
weit.  Seume  mein  leben  96 ;  jetzu  in  kurzer  zeit  hat  sich  der 
philosophische  handel  die  höchste  bedingung  seiner  frachl, 
eine  meerfreiheit  erobert,  wie  sie  bisher  niemals  in  Deutsch- 
land war.  J.  Paul  naclidiimmerungen  s.  67;  auch  hier  in  den 
lillern  quellen  der  flur.  händel :  denn  in  hendeln  pflegt  man 
Siegel  und  briel,  zeugen  und  eide  und  dergleichen  verbtlndnis 
zu  brauchen.  Luther  4,283";  in  allerlei  hendeln  und  kauf. 
403';  üb  er  gleich  alle  händel  und  handwerk  trib.  Acr.  .«pr. 
(1560)  379'.  Man  sagt  handel  treiben,  haben,  führen,  einen 
handel  anfangen ,  aufgeben ,  niederlegen ;  die  mit  schiffen 
auf  dem    iiu-im-    füren ,    und    trieben  iren  handel  in  groszen 


373 


HANDEL  — HAM)ELN 


HANDELN 


374 


wassern,  ps.  107,23;  da  du  deinen  handel  auf  dem  meer 
triebest.  Hes.  27, 33 ;  das  dein  handel  und  alle  dein  volk  in 
dir  umbkomen  ist.  34;  besonders  da  die  dortigen  sensali 
oder  mäkler  die  hausirer  genau  kennen ,  und  gegen  eine 
billige  Provision  den  ganzen  handel  führen.  Moser  patr.  phant. 
1  (1798)  s.  265;  jeder  mensch,  welcher  einea  handel  unter- 
nimmt, s.  23 ;  mit  demjenigen ,  was  sie  wohlfeil  erhalten, 
einen  handel  treiben.  5.  2S ;  sie  hätte  zuerst  die  englische 
wolle  auf  den  markt,  und  den  handel  damit  zu  einer  solchen 
höhe  gebracht.  3,168;  auszer  denselben  aber  war  kein  be- 
trächtlicher handel  anzufangen.  171;  offnen  handel  treiben; 
wenn  der  handel  offen  wäre,  das.;  den  handel  an  sich  ziehen; 
(die  Antwerpener) ,  die  zuletzt  den  ganzen  handel  an  sich 
gezogen,  s.  17S;  der  handel  blüht,  stockt:  in  Hof,  wo  der 
handel  sehr  blüht.  J.  Pavl  leben  Fibels  s.  5  ;  ihr  handel  muszte 
sofort  stocken.  Moser /)/ian/.  1  (l79S)  278.  bildlich  heiszt  es  ron 
einer  feilen  dirne,  sie  treibt  mit  ihren  reizen  handel.  Formel- 
haft ist  verbunden  handel  und  gewerbe;  handel  und  gewerbe 
blüht  im  lande,  ist  im  lande  gesunken ;  kaufmanschaft,  han- 
dele und  gewerbe.  Mone  zeitschr.  für  die  gesch.  des  Oberrheins 
9,  35  (ron  1469) ;  synen  handel  und  gewerbe  uff  dem  Ryn- 
stram  oberhalben  Covelenfz  zu  üben.  s.  38  (ron  1489);  der 
Egypter  handel  und  der  Moren  gewerbe ,  und  der  langen 
leute  zu  Seba.  werden  sich  dir  ergeben.  Jes.  45, 14;  namentlich 
ist  die  reimende  Verbindung  handel  und  wandel  beliebt  {letzleres 
VI  der  bedeulung  tauschverkehr} :  aller  euszerlicher  gerechtigkeit 
wandel  und  handel  vermag  nicht  mein  gewissen  zu  trösten. 
Luther  1,32';  was  die  menschen  tugend  nennen,  besteht, 
wie  die  münze  in  gewissen  ländern ,  in  einer  anzahi  abge- 
redeter zeichen ,  welche  man  unter  einem  gewissen  Stempel 
für  einen  gewissen  preis  in  handel  und  wandel  gelten  zu 
lassen  übereingekommen  ist.  Wieland  7, 25 ;  handel  und  wandel 
leidet  keine  freundschaft,  aber  freundschafl  leidet  auch  keinen 
handel  und  wandel.  Lessi.>-g  12,150;  allgemeine  gesetze  über 
handel  und  wandel.  .Moser  patr.  phant.  2,19;  (städte)  wohl 
gelegen ,  um  sie  [die  bürger)  durch  handel  und  wandel  zu 
bereichern.  Göthe  24, 69 ;  diesz  verwirre  aber  handel  und 
wandel  ins  unendliche.  30,145;  jetzt  unter  eigener  firma 
handel  und  wandel  treibend.  Kotzebce  dram.  sp.  2,  315. 

9)  handel  i«t  {vergl.  handeln  12,  a  und  c)  das  feilschen  und 
abdingen  an  einer  geforderten  summe:  hier  sind  feste  preise, 
da  findet  kein  handel  statt;  dasz  die  Zinsen  ohne  handel 
allemal  um  ein  bis  zwei  prozent  höher  gewesen.  Moser  pair. 
phant.  1  (1798)  231. 

10)  handel  heiszt  endlicli  auch  das  handelsobject ,  die  waare: 
sie  werden  dein  gut  rauben  und  deinen  handel  plündern. 
Hes.  26,12; 

hie  »echt  ir  gar  in  kurier  frist 

mein  kaufmanscbatz  und  mein  baodel, 

mit  dem  ich  in  dem  land  umb  wandet,    fastn.  sp.  477,  6. 

HÄNDELCHEN,  n.  kleiner  handel;  gewöhnlich  entweder  in  der 
bedeulung  kleiner  zwisl,  streit:  ich  habe  ein  kleines  bändelchen 
mit  ihm  gehabt;  oder  als  kleines  handelsgeschäft :  er  betreibt 
ein  händelchen  in  einer  nebenstrasze  der  stadf. 

H.lNDELFEIND,  m.  paciftcus.  Stieler  461. 

HA.NDELFREIHEIT, /■. /reiM/dMAau/Äandfk;  handelfreiheit 
ist  ohne  handelnsfreiheit  nichts.  J.  P.-kCL  dämmerungen  s.  46. 
s.  handelsfreiheit. 

HANDELGELD,  n.  geld  was  durch  einen  handel  gewonnen  iä: 
80  es  [dat  ketzerschweri)  doch  der  bapst  noch  fest  hell, 
wie  auch  des  Judae  handelgelt.    G.  Nicri:<cs  beschlag  S3". 

HANDELRRALT,  n.  veronica  triphyllos,  franz.  v&onique  digitee. 
Neümch   4.  1556. 

HANDELMACHER,  m.  streitsüchtiger  mensch :  für  einen  stets 
fertigen  Schläger  und  händelmacher  zu  gelten.  Fichte  6, 463 ; 
ein  ehrlicher,  williger,  guter  bursch  ..  und  das  musz  ich 
.sagen,  kein  plappermaul ,  kein  händelmacher  (no  tell-tale, 
nor  no  breed-bate).   Shakesp.  tust,  weiter  l  4 

H.\NDELMACHEREL  f. 

HANDELN,  rerb.  faeere,  agere,  negotiari. 

iber  die  bildung  des  wartet  vergl.  unter  handel  sp.  368.  mit 
vertauschung  des  ersten  n  zu  1  begegnet  eine  miUeldeutsche  form 
haldeln  in  einer  quelle  des  u.jahrh. :  da  wurden  su  zornic  und 
haldilten  su  lemerlichen.  chron.  des  Clarenklosters  zu  Weiszenfels 
in  den  mülheilungen  des  sdcJis.-dür.  alterlhumsvereins  11,395; 
doch  haldille  er  su  ieinerlichen  mit  Worten  und  mit  siegen. 
».  388,  «.  öfter,  eigenthfimlich  ist  eine  verirrung  des  Wortes  nach 
der  starken  conjugatwnsform,  die  eine  österr.  quelle  des  16.  jnhrh. 


gewährt:   darumb   si   vast  mit  mir  biendlen.  fönt.  rer.  austr. 
1, 1, 126,    was   aber   bei   ähnlichen    Wörtern   auch   sonst  begegnet, 
z.b.  strief  für  strafte  im  grobianus  {Erfurt  1552)  H4'. 
handeln  hat  folgende  bedeutungen  entwickelt. 

1)  transüiv  mä  den  händen  berühren,  betasten:  handien,  oft 
anrüren ,  pertractare ,  attrectare ,  contrectare  Maaler  211*;  der 
best  grund  ist  der  schwarz,  der  sich  gern  zwischen  den 
händen  zerreiben  laszt,  und  den  man  leicht  süsz  und  feiszt 
im  antasten  und  bandeln  fület.  Sebiz  feldb.  22;  so  man  sie 
{eine  art  fische)  lang  handlet,  so  zerschmelzen  sie  in  den 
händen  als  ein  eiszschollen.  Forer  fischb.  115';  dergleichen 
tut  man  auch  den  neugebomen  kinden ,  die  weil  sie  noch 
weich  und  zart  sind,  das  man  sie  nit  wol  mag  handelea, 
so  leit  {legt)  man  sie  etwen  zu  dem  ofen  uf  ein  küssin. 
Keisersberg  seelenp.  11*;  in  der  Schweiz  heiszt  bandeln  die 
kuhzitzen  streichen ,  bevor  sie  gemolken  werden.  Stalder  2, 18 ; 
ähnlich  engl,  handle  rieft  streicheln  um  es  zu  kirren;  vgl.  mhd.: 

er  greif  gevuocliche  dar  (nach  einem  Hündchen) 
und  streichet  es  mit  banden, 
nu  dühte  Tristanden, 

dö  er  ej  tiaodelen  began,  » 

er  griffe  palmätsiden  an, 
so  linde  was  ej  überal.    Tristan  399,  9; 
ir  gleicht  mich  zu  den  bösen  rossen, 
die  sich  on  not  nit  handeln  lassen  {d.  h.  niemals  anrühren 
lassen).    Hälzlerin  195»,  108; 

mundarlUch  heiszt  handeln  auch  nur  die  bände  heftig  bewegen, 
z.  b.  im  Osterlande:  handle  mir  nicht  so  vor  dem  gesiebte 
herum ;  in  der  Schweiz  bändeln,  Stalder  2, 19.     vgl.  hantieren. 

2)  anschlieszend  dem  sinne  fon  handel  l  mit  den  händen 
etwas  arbeiten,  handarbeit  verrichten :  so  Süllen  sich  die  obge- 
melten  hauptleüt  und  vierteilmeister  denn  von  stund  an  zu 
dem  fewT  fügen  . .  das  sölich  fewer  gelescht  und  andre  ding 
nach  notdurft  fürgenomen  und  gehandelt  werden.  Tlcber 
baumeisterb.  327,14;  in  allen  Sachen,  die  die  menschen  han- 
deln.   Luther  3,  24'. 

3)  dann  auch  allgemeiner,  awas  thun,  vollbringen,  verrichten, 
betreiben,  wobei  der  engere  sinn  der  handarbeit  zurücktritt  oder 
unlergdit : 

deswär  ir  bandeint  e;  niht  wol 

mit  iuwer  gröjen  meisterschafl.    a.  Heinrich  1136; 

alles  was  ir  gebandelt  und  wider  mich  fürgenommen  habt. 
Galmy  330;  er  handelt  was  er  wolle,  so  muszt  der  narr 
zugegen  sein.  Frey  garteng.  69';  und  zeigten  mir  alle  Wahr- 
zeichen an,  was  ich  für  einen  baubtharnisch ,  und  wie  ich 
ein  gaul  gehabt,  und  was  ich  gehandelt  hette.  Götz  v.  Bebl. 
80;  dieser  aber  bat  nichts  ungeschicktes  gehandelt.  Luc. 
23,41;  in  Italien,  alwa  beinahe  in  allen  statten  academien 
(wie  sie  es  heisen)  gefunden  werden,  deren  iede  etwas  son- 
ders handelt,  darvon  man  ehr  und  nutzen  erlangen  kan. 
Rompler  V.  Löwexhalt  gebüsch  seiner  reimgedichte,  vorrede  5.14; 
ein  Schauplatz  bat  nicht  allzeit  fröhliche,  sondern  auch 
trauerspiele.  und  also  werden  auf  dem  weltschauplatze  nicht 
allzeit  fröhliche,  sondern  offlers  traurige  Sachen  gehandelt. 
BtrrscHKT  Palm.  954;  dasz  . .  alle  die  unvorsichtig  etwas  han- 
delten, Hasii  tituliret  worden.  Schlppics  530;  die  kirchen- 
oratoria  oder  wolredenheit  wird  von  meistentheils  theologen 
entweders  versäumt,  oder  obenhin  gehandelt.  723;  die  spra- 
chen ..  und  alles  anders,  welche  die  memoriam  erfordern, 
sollen  in  undern  schulen  gehandelt  werden.  729;  alles  das 
was  wir  handien,  ist  gleich  einem  träum.  748 ;  da-  geschrie- 
bene wie  das  getbane  schrumpft  zusammen  und  wird  immer 
erst  wieder  was,  wenn  es  aufs  neue  ins  leben  aufgenommen, 
wieder  empfunden ,  gedacht  und  gehandelt  wird,  Göthe  an 
Zelter  134; 

{die  tose  rotte)  die  Torsätzlich  ohne  got 

all  ihr  thun  in  sundea  bandelt.    Roipler  227. 

4)  mit  etwas  verfahren,  etwas  handhaben:  ob  man  dasselb 
{sacrament)  in  andern  gefessen,  denn  kelchen,  in  andern 
kleidern,  denn  messgewand,  in  andern  heusem,  denn  in  der 
kirchen,  zu  handeln  macht  habe.  Luther  2,94';  das  wort 
gottes  wird  auf  zweierlei  weise  gehandelt.  4,  l';  darum  sind 
die  thore  der  gerechtigkeit  nichts  anders  denn  die  kirchspiel 
oder  bistbum,  darin  man  öffentlich  handelt  die  ampt  der 
Christenheit,  als  predigen,  gott  loben,  singen,  teufen.  5,63'; 
(gott  hat)  alle  apostel  drüber  {über  sein  wort)  verfolgen  und 
alle  Christen  drüber  zuplagen  lassen ,  und  denselbigen  be- 
fohlen dasselbige  trewiicb  zu  handeln ,  den  andern  aber 
vleiszig  zu  hören.  6,33";  und  solchen  leib  und  blut  des  sons 

24» 


375 


HANDELN 


HANDELN 


376 


gottes  Jbesu  Christi,  nicht  allein  die  heiligen  und  wirdigcn, 
sondern  auch  die  sünder  und  unwirdigen  warhaTlig  handeln 
und  empfahen  leiblich,  0, 117';  denn  uenn  die  {die  bibel) 
bleibet ,  blühet  und  recht  gehandelt  wird ,  so  stehcts  alle 
wol.  lischr.  2';  ob  auch  ein  böser  priesler  köndle  das  sacra- 
ment  handeln  und  geben?  165';  als  die  heiligen  kinder  der 
fromen  dir  opferten  im  verborgen  und  handelten  das  gött- 
liche gesetze  einträchtig,   weish.  Sal.  IS,  9 ; 

ja  die  doch  tren-lich  leben 

und  handlen  sein  gepot.    Soltaü  volksl,  274  {16. jh.)-. 

wen  nur  das  kräutlein  ist  gehandelt  nach  gebühr, 

(nach  art  der  scheidckunst) 

so  komt  ein  aqua  vit  . .  Iierfür.    Risi  Parn.  355-, 

doch  wie  er  sie  {die  ßsche)  mit  der  gäbet  handelt, 

sind  sie  —  o  wunder!  —  in  kohlen  verwandelt. 

VViELAKD  18,  199  (232) ; 

ebenso:  Ovidius  hat  die  fabel  sehr  fleiszig  gehandelt  im 
3.  buch  der  Verwandlungen.  Tscherni.nc  (1642)  s.  103;  die 
Franzosen  handeln  ihre  poesie  eben  auf  die  art,  und  laszen 
ihnen  die  länge  und  kürze  der  silben  wenig  angelegen  sein. 

HOFFMAN.NSWALDAU    VOn. 

5)  ffljl  dem  acc.  der  person  verbunden  heiszt  handeln  ferner 
in  beiug  auf  jemand  verfahren,  ihm  eine  behandhing  angedeihen 
lassen ,  kos  die  moderne  spraclie  durch  behandeln  wieder  nibt 
{vergl.  auch  mishandeln):  ach  das  er  mich  nur  allein  übel 
handelte,  und  ein  kelzer,  abtrünnigen,  übeireder,  und  nach 
aller  lust  seins  unlusts  nennet.  Luther  1,48';  auch  die  armen 
prediger  mit  füszen  trit  und  handelt  aufs  aller  schmelichste. 
6,49*;  das  ich  so  viel  unschüldiglich  gelidden,  und  so  übel 
gebandelt  bin.  54';  das  nie  kein  mürder  so  schendlich  und 
iesterlich  gehandelt  ist.  172";  wie  ire  vorfaren  unsern  herrn 
Christum  am  stillen  freitage  gehandelt  haben.  8,83";  dieser 
treib  hinderiist  mit  unserm  geschlechte,  und  handelt  unser 
veter  übel,  ap.gesch. ',i9;  die  gesellen,  die  da  waren,  schlugen 
den  priester  und  handleten  in  übel.  Pauli  schimpf  139';  we 
mir,  wie  werd  ich  als  schenilichen  gehandelt.  Aimon  bog.  b; 
ha  valter,  was  thut  ir,  das  ir  die  unsern  also  übel  handelt. 
bog.  e ;  als  IJeinhart  die  Franzosen  mit  dem  schwert  handelt. 
bog.  n;  da  sich  der  keiser  also  übel  handeln  sähe.  bog.  sij; 
der  meister  wirt  zornig,  und  handelt  die  magdt  uberausz 
übel.  Kalziporus  (1558)  D3';  das  weib  ..  handlet  den  mann 
oufs  schendtlichsfe  mit  schmeh-  und  scheltworten.  Kirchhof 
iccndunm.  114*;  ein  freund,  den  du  hart  und  unfreundlich 
handelst,  wird  dir  nicht  günstig  sein.  pers.  baumg.  2,9;  den 
verlcumbder  licsz  er  übel  handlen  und  prügeln.  7,21;  ein 
seufer  fängt  bald  an,  sein  weib  verächtlich,  ja  oft  ärger  als 
eine  magd  zu  handeln  und  zu  halten.  Scriver  seclcnsch.  2,275; 
das  gottselige  weib,  wie  sie  einmal  von  ihrem  mann  unver- 
dienter weise  übel  gehandelt  war,  nahm  die  flucht  auf  den 
boden.  2,  2S4 ; 

darumb  sült  ir  mich  handeln 

als  ain  fraw  Iren  lieben  knecht.     Hälilerin  191*,  244; 
wie,  dasz  sich  die  Fortun  so  plötzlich  hat  gewandelt? 
weil  der,  der  sie  bekam,  sie  übel  hat  gehandelt. 

LocAU  1,  26; 
die  gicht  bricht jrrob  genug,  bei  wem  sie  ankümmt,  ein, 
wil  lart  und  höflich  doch  für  sich  gehandelt  sein. 

2,  124,  25. 

6)  reflexiv  sich  handeln,  sich  benehmen:  niederd.  sik  handeln, 
iich  auffuhren,  sich  beiragen  brem.  wb.  2, 182 ; 

das  er  sich  selber  übel  handelt 
durch  seinen  bösen  kargen  muht. 

Itenner  (Frankfurter  druck)  29. 

7)  für  den  au.  der  person  sieht  die  füguttg  mit  einem  han- 
deln, umgehen,  verfahren:  schcrfer  mit  im  zu  handeln.  Lother 
3,  4ö';  du  hast  mit  mir  gehandelt,  nicht  wie  man  handeln 
lül.  t  Mos.  20,9;  sollen  sie  denn  mit  unser  schwcsler  als 
mit  einer  huren  handeln?  34,9;  handelst  widerumb  greulich 
mit  mir.  Hiob  10,16;  er  handelt  IrAtzig  mit  allen  seinen 
feinden,  pt.  10,5;  handcl  mit  deinem  knecht  nach  deiner 
gnaden.  119,124;  bandel  mit  inen  nach  deinem  zorn.  Jer. 
18,23;  und  wo  ich  ine  in  gleichem  feide  bekommen  mag, 
•0  will  ich  mit  ime  (wie  er  mir  zu  thun  vorhat)  handlen 
und  umbgeen.  Aimon  bog.  b;  mit  eim  handlen  und  gemein- 
schaft  haben ,  umb  einen  wonen ,  cum  aliquo  vcrsari ,  ayere 
cum  aliqtw.  Maaieh  2Ii';  «onslen  »vi!  ich  auf  das  ilrgest  mit 
euch  handlen,  so  mir  mllglich  ist.  Amadis  4ü6;  so  mCisz  mann 
sie  {die  narren)  mit  knülteln  und  koibcn  lausen  und  . .  grob 
mit  inen  bandeln.  Acn.  tpr.  (1500)  30*.  in  beiug  auf  sacken : 
wartwob  der  bausberr  mit  seinem  gni  bandelte  oacti  seinem 


willen.  Luther  3,49';  desselbigen  gleichen  sei  man  mit  im 
(einem  ochsen)  handeln,  wenn  er  son  oder  tocbter  stöszet. 
2  Mos.  21,  31. 

8)  in  solcher  fügung  wendet  sich  das  wort  auch  zu  der  be- 
deutung  coire,  vergl.  bandel  1  gegen  ende  sp.  369:  dann  hat 
einer  am  basten  mit  frawen  gebandelt,  so  er  leicht  und 
frülich  darnach  würt.  schachtafeln  der  gesnndh.  deutsch  v.  Herr 
(1533),  67;  es  kompt  auch  schaden  von  kaltem  wasser,  so 
man  darin  badet,  so  einer  gearbeit  hat,  mit  frawen  gehan- 
delt, gewacht,  sich  erbrochen.  71;  ihr  soll  euch  gar  absti- 
nenter halten  mit  speisz  und  trank,  und  mit  frawen  gar 
nichts  oder  fast  wenig  handien.  Paracelscs  opp.  (l616)  l,  689  B  ; 
vergl.  und  alsz  die  muter  zu  der  tocbter  kam ,  befand  sie, 
dasz  er  {ein  mOnch)  anders  mit  ir  gehandlet  hett,  dann  den 
dorn  betraf  {den  er  ihr  ausziehen  sollte).  Wickham  ro//tp.  37,  8 
Kurz. 

9)  es  heiszt  ferner  handeln  auf  jemanden,  in  bezug  auf 
einen  verfahren:  was  für  ein  vernünftiges  wesen  da  ist,  ist 
in  ihm  da;  aber  es  ist  nichts  in  ihm  auszer  zufolge  eines 
handclns  auf  sich  selbst.  Fichte  nalurrecht,  einleiluny  s,  l ;  das 
ich  selbst  ist  nichts  anderes  als  ein  handeln  auf  sich  selbst. 
das.;  das  individuum  C.  kann  nicht  auf  die  beschriebene 
weise  auf  mich  gehandelt  haben,  s.  41. 

10)  absolutes  handeln,  eine  handlang  thun,  etwas  ausführen, 
mit  einer  Ihat  vorgehen,  verfahren,  in  welcher  bedeutung  es  auch 
die  moderne  spräche  bäußg  braucht:  diese  alle  handeln  wider 
des  keisers  gebot,  apost.  gesch.  17,  7 ;  die  {obrigkeiten  sollen) 
abermals,  wie  vor,  handeln,  reform,  guter  policei,  Augsb.lbi8,3* 
§2;  desz  Syllae  Ingenium  und  weisz  zu  handlen.  Scucppius 
765;  ein  gesunder  ist  geschickt  zu  wandeln,  ein  weiser  zu 
handeln,  ein  sanftmüthiger  zu  überkommen.  Schottel  1133*; 
alle  übrige  gute  eigenschaften  musz  er  blos  handeln,  und 
nicht  zu  sehr  glänzen  lassen.  Moser  patr.  phant.  4(1798)87; 
die  Ursache  musz  angefangen  haben  zu  handeln.  Kant  3,268; 
handeln,  handeln!  ist  der  ruf,  der  zwar  von  vielen  seilen 
ertünt,  am  lautesten  aber  von  denjenigen  angestimmt  wird, 
bei  denen  es  mit  wissen  nicht  fort  will.  Scheli.inc  vorles.  üb. 
die  methode  des  acad.  slud.  18 ;  in  den  zwei  letzten  gesängen, 
wo  das  gedieht  handelnder  wird.  Götde  33,219;  er  arbeite 
alsdann  das  gedieht  nochmals  um,  vermindere  den  beschrei- 
benden theil,  erhübe  den  handelnden.  220; 

wuszt  ich  nicht, 
dasz  ich  mit  einem  weihe  handeln  ging?    9,  22; 
Irei  will  ich  sein  im  denken  und  im  dichten; 
im  handeln  schränkt  die  weit  genug  uns  ein.    *.  197; 
das  handeln,  weiszt  du,  bleibt  mir  untersagt; 
es  ziemt  mir  wohl  zu  warten  und  zu  hören.    208; 
mein  bruder  ist  gesetzt  im  handeln  und  im  reden. 

KönNER  (/.  j/rün«'  Domino,  4.  auflr. 

mit  bestimmendem  zusalze:  wo  jemand  vermessen  handlen 
würde,  das  er  dem  priester  nicht  gehorchet,  b  Mos.  17,12; 
auf  das  ir  weislich  handeln  mügct  in  alle  ewrem  thun.  29,9; 
hast  dich  zum  raub  gewand,  und  übel  gehandelt  für  den 
äugen  des  herrn.  l  Sam.  15,19;  hab  ich  unrecht  gehandelt, 
ich  wils  nicht  mehr  thun.  //io6  34,  32;  mit  iren  lungen  han- 
deln sie  trüglich.  Rom.  3,13;  ich  bitte  aber,  das  mir  nicht 
not  sei,  gegenwertig  thürstig  zu  handeln,  und  der  künheit 
zu  brauchen.  2  Cor.  10,2;  schlächtlich  und  einfalligklich 
handlen,  simplidtcr  agere  Maai.er  211';  zornigklich  handlen. 
das.;  Menabcm  .  .  gewinnet  die  statt  Tipsa,  handlet  tyran- 
nisch darinnen.  Josephus  deutsch  v.  Lautenrach  (1578)  148'; 
wirklich  handelt  der  mensch  . .  nach  der  regel,  wer  waget, 
gewinnet.  Moser  pa/r.  p/iun/.  2  (1798)  50;  das  ist  nicht  ehrlich 
und  gerade  gehandelt.  Schiller  parasit  2,8; 

ists  redlich  so  zu  handeln?    Götiik  9,  181; 
die  kühnheit  macht,  die  freiheit  den  Soldaten, 
vermocht  er  keck  lu  handeln,  dorn  er  nicht 
keck  reden  auch?      Sciiillkr  Piccul.  1,  2; 

in  komischer  rede  auch  von  einem  instrument:  die  broleowendfr 
handcicn,  als  ob  sie  närrisch  wären,  ..  die  tOpfen,  kesseln, 
pfanncn  sieden,  prüddcin  und  scheumcn  ganz  unsinnig.  kun.<.t 
üb.  alle  kdnsle  I.'>8.  —  In  der  Verbindung  bandeln  und  wandeln  ; 
handcl  und  wandele  nur  forsichlig  und  treu.  Rutsciiky  hd 
kanzl.  7:i3;  ferner  gut,  schlecht  an  einem,  gegen  einen  bau 
dein ;  er  hat  schlecht  gegen  fraii  und  kinder  grhandeli ; 
irewlich  handeln  gegen  dem  nchesten  und  gesellen.  Üir.  42,3: 
ihr  mUttcr,  übel,  übel  bandelt  ihr  an  euren  kindern ,  wann 
ihr  sie  nicht  selbst  säuget.  Scucppioi  47,1; 


377  HA^'DELN 

ihr  habt  an  mir  gehandelt,  irie  nicht  recht  ist. 

ScBiLLKR  Jfaria  Stuart  3,  4. 

mit  einem  handeln :  gnädigklich  und  gütigklich  mit  den  under- 
thonen  hondien,  agere  remisHus  cum  subjectU:  Maaler  211';  er 
{goU\  handlet  schrecklich  mit  uns.  2  Macc.  7.19;  dasz  ich 
nicht  belrieglicher  weisz  mit  dir  gehandelt  habe.  Josephus 
deutsch  V.  Lactenbach  (157«)  20*. 

tl)  handeln  tcendel  sich  zu  der  eingeschränkten  bedeutung  elitas 
abhandeln,  untersuchen,  durch  forschen  und  bespredien  erörtern, 
in  mehrfachen  beziehungen. 

a)  von  gelehrten  und  <rissenschapiichen  Untersuchungen  und 
Streitfragen;  in  der  fCigung  etwas  handeln:  diese  tödtung  han- 
deln diese  falsche  propheten  auch  nicht  recht.  Llther  3, 37 ; 
mir.  als  der  ja  auch  einer  ist  gerechnet  unter  denen,  die 
göttliche  Schrift  jetzt  auf  erden  handeln.  113*;  da  Carlstad 
und  auch  alle  andere  so  diesen  artikel  handeln.  155';  und 
sei  im  ein  thewer  angenehmer  dienst ,  wo  und  wenn  man 
sein  wort  handelt.  6,33';  damit  unser  .  .  fürbringen  und 
gebrechen  zwischen  uns  selbs  in  lieb  und  gütigkeit  gehan- 
delt . .  mügen  werde.  Melajichtbos  torr.  zur  Augsb.  conf.  B  2  ; 
das  ist  ja  eine  tröstliche  lehre  und  wirdt  an  vielen  örtern 
mehr  in  Paulo  reichlich  und  klar  gehandelt,  corp.  doctr.  christ. 
(1560)  p.  15;  nachdem  ich  hierinn  die  furnemsten  exempel 
aus  heiliger  schrift  handele.  Rebdchn  klag  d.  armen  manns  4; 
mit  beispil  handien  und  beispil  anziehen ,  eiemplis  agere 
Maaler  21 1';  ist  es  dir  gelegen,  so  wil  ich  ..  ein  kurze  dis- 
putation  mit  dir  halten,  doch  so  fern,  dasz  da  nichts  gehandlet 
werde  dann  mit  der  geschrift.  Wickram  rollw.  38,17  Kurz; 

denn  ich  kans  nicht  gleich  allzumal 
in  einem  hüchlein  handeln  wol. 

Fischart  ton  S.  Dominici  D2'; 

dann  auch  von  etwas  bandeln:  indem  ich  von  stillschweigen 
rede  und  handele,  bin  ich  selbst  allzu  schwätzhaftig.  Schcp- 
Piüs  559;  wo  man  von  frieden  handlet.  693;  leset  davon 
einen  wolgefasten  discurs  in  herrn  canzler  Reinkings  bibli- 
scher policei,  ..  darin  er  handelt,  ob  und  welcher  gestalt 
man  sich  mit  dem  Türken  und  andern  ungläubigen  verbinden 
könne.  395;  hiervon  handelt  weitläuftiger  der  jesuit  Johannes 
de  Pineda.  Happel  acad.  rom.  is ;  wider  etwas  handeln:  Carl- 
stad halte  nu  wol  gesehen,  das  wir  zu  Witteraberg  wider  die 
messe  . .  in  groszem  ernst  hatten  gehandelt.  Lcther  3,  50. 
In  solchen  fügungen  icerden  auch  sacken ,  wie  buch ,  schrift, 
tractat  persönlich  verwendet,  für  der  Verfasser  handelt  in  seiner 
schrift  vom  rechten  glauben  heiszl  es  die  schrift  des  Verfassers 
handelt  vom  rechten  glauben;  wovon  handelt  das  buch? 
Lesz  1,  86;    ähnlich: 

du  [kuckuk)  nennest  immer  deinen  namen-, 

dein  ausriiT  handelt  nur  von  dir.    Hagedorn  3,  99. 

b)  von  der  auszergerichtlichen  erürterung  einer  sa^he.  verhandeln, 
unterhandeln:  mit  eim  etwas  handien  und  radtschlagen,  com- 
municare  cum  aliquo  .Maaler  211';  nach  irem  (der  priester)  round 
sollen  alle  sachen  und  alle  scheden  gebandelt  werden.  5  }fos. 
21.5;  was  sind  das  für  rede,  die  ir  zwischen  euch  handelt 
unter  wegen?  Lue.  24, 17;  da  d.  Justus  Jonas  und  er  Ditterich 
von  Bila  zwischen  uns  handelten.  Lcther  3.46';  ich  wil  mit 
der  schrift  gegen  im  handeln.  69 ;  so  mir  doch  m.  g.  h.  kein 
befeih  gelhan  hatte,  mit  im  daraus  zu  handeln.  4.374';  das 
sie  die  sachen  unter  einander  treulich  handelten.  Schltz 
Preuszen  121;  also  handleten  die  räht  beim  bischoff  zu  Pour- 
rentrut,  und  beim  capitel  ernstlich  .  .  das  interdict  aufzu- 
heben. WuBSTiSEx  Basler  chron.  (1580)  s.  208;  warde  er  (ein 
pfaff)  von  den  bauren  auf  ein  sontag  bescheiden,  so  wollen 
ST  mit  im  handien  und  auff  die  pfarr  annemmen.  Wiceram 
rollw.  56,11  Kurz;  schickten  botschaft  zu  Juda  und  seinen 
brüdern,  vom  frieden  zu  handeln,  l  Macc.  7,10;  handelten 
von  wichtigen  sachen,  den  gemeinen  nutz,  das  vatterland,  und 
desselben  Verbesserung  belangend.  Schütbürger  (1599)  s.  57; 
will  auch  nicht  anders  mit  dir  (gott)  handeln,  denn  auf  gnade 
und  barmherzigkeit.  Schlppics  445;  ward  hierüber  hin  und 
her  gehandelt.   Götoe  2C,34; 

das  war  der  mann,  mit  dem 
ich  um  die  relterpferde  sollte  handeln. 

Schiller  Piccot.  I,  2. 

tprichwirtlich :  wer  sich  zwischen  thür  und  angel  steckt,  der 
klemmet  sich,  also  wer  freunden  und  ebeleulen  zuwider  han- 
delt {wer  zwischen  ihnen  unterhandelt,  ohne  dasz  sie  es  wollen). 
LEaMArt.f  flor.   '.  2^0. 


HANDELN 


378 


c)  hieran  schlteszt  suh  unpersönliches  es  bandelt  sich  um 
etwas,  oder  auch  {wol  in  anlehnung  cm  das  franz.  il  s'agit  de 
quch.)  von  etwas,  es  wird  Unterhandlung  deswegen  geführt,  es 
stellt  etwas  in  frage:  es  handelt  sich  hier  darum,  ob  der  be- 
richt  wahr  oder  falsch  ist;  es  handelt  sich  um  das  glück 
meiner  kinder;  es  handelt  sich  um  eine  theorie  über  das 
entstehen  eines  alten  gedichts.  Holtzma.ns  kämpf  um  d.  Nib. 
hört  (1855)  s.  9 ;  hier  handelt  sichs  vom  glück  oder  unglück 
meines  lebens.  Güthe  23,195;  sobald  es  sich  davon  handelt, 
den  allgemeinen  willen  auszudrücken.  Dahlmaxx  gesch.  d. 
franz.  revol.  316.       ♦ 

d)  handeln,  ror  gericiU  verhandeln,  einen  process  durchführen, 
ein  gerichtliches  verfahren  eingehen:  nach  laut  und  vermögen 
einer  handgeschrift  oder  verschreibung  mit  eim  handien  und 
riichlen.  ex  syngraplia  cum  aliquo  agere  Maaler  211';  sein  eigen 
sach  handien .  sich  seiner  sach  selbs  beladen ,  litem  suam 
facere  das.;  ich  .N.  schwere,  dasz  ich  soll  und  will  in  den 
Sachen  das  peinlich  gericht  betreffend,  fleiszig  aufmerken 
haben,  klag  und  antwurt,  anzeigung,  argkwon.  verdacht  oder 
beweisung,  auch  die  urgicht  des  gefangen,  und  wes  gehan- 
delt wirdef,  getrewiich  aufschreiben.  Carolina  art.  5;  so  ein 
procurator  ..  dem  widertheil  zu  gut  handelte.  ar<.  115;  ir 
soll  nicht  unrecht  handeln  am  gericht.  zMos.  19,15;  so  wegen 
Ungehorsams  gehandelt  ist .  so  ist  der  process  nicht  von 
nnwürden.  cammergerichtsordnung  v.  1507,  tit.  37,  §  11;  vom 
ersten  termin  in  zweiter  Instanz,  wie  und  was  in  demselben 
gehandelt  werden  soll,  cammerger.  ordn.  v.  1555.  3.  theil,  31; 
da  aber  nur  ein  summari  appellationklag  übergeben,  soll  der 
appellat  darauf  auch  in  andern  termin  . .  handien,  reichstags- 
abschied  v.  Speier  1570,  §  93 ;  doch  so  dieselbe  gegenparteien 
alsobald  gemeine  einrede  darwieder  vorwenden .  und  weiter 
dargegen  in  Schriften  nicht  handien  möchten,  reichst.-abseh. 
von  Regensburg  1654.  §54;  ob  wohl  sonsten  denen  weibern 
durch  ihre  curatores  oder  actores  vor  gerichte  zu  handeln 
vergönnet  ist.  der  st.  Leipzig  Ordnungen  (1701)  5.  41.  mit  ein- 
schlieszend  die  bedeutung  13:  ir  soll  nicht  ungleich  handeln, 
am  gericht,  mit  der  eilen,  mit  gewicht,  mit  mas.  Z  Mus.  19,35. 

e)  wol  auf  grund  der  bedeutung  d  nimmt  handeln  auch  den 
sinn  gerichtlich  strafen,  strafe  erkennen  an:  hat  er  ihn  darum 
gehandelt  um  4  fl.  Scrm.  2.208;  und  dann  allgemäner  ange- 
wandt: bandlen,  beschelken.  mit  worten  rauch  halten,  arguere 
Maaler  211*;  einen  handien  und  übel  halten,  rauch  empfahen, 
vehementer  acdpere  das. 

12)  handeln ,  ein  einzelnes  kaufgeschdft  untergehen,  und  zwar 
a)  intransitiv  mit  über ,  um ,  in  Verhandlung  über  etwas  zu 
kaufendes  eintreten,  was  sonst  auch  feilschen,  markten,  kaufen 
(1.6,  iheü  5,325)  heiszt:  saget  der  kaufman  den  rechten  tax 
seiner  wahr  . .  so  keret  sich  dei-  keufer  nit  dran ,  wil  mit 
ihm  auf  nürnbergisch,  umbs  halb  ab,  mit  im  handien.  Frask 
spr.  2,37';  in  dem  augenblick  vermiszte  der  vater  den  söhn 
an  seiner  seile,  er  sah  ihn  ..  mit  einem  jungen  tabulett- 
krämer  über  kleinigkeiten  eifrig  handeln  und  feilschen.  Göthe 


i   22.154; 


hier  kein  markten,  hier  kein  handeln.    4f,  37. 


b)  transitiv  einen  kauf  abschlieszen :  der  schnallen .  uhren, 
dosen,  hüte,  welche  Melina  von  dem  kammerdiener  so  glück- 
lich gehandelt  hatte.  Göthe  19.  53;  sie  waren  im  begriff, 
kirschen  zu  handeln.  21,14;  englisch-russische  anleihe  wurde 
zu  höheren  preisen  gehandelt.  UMerieiVunj  1859,  491t;  nichts 
zu  handeln?  fragt  der  handelsjude;  die  bedingungen  des  abge- 
scldossenen  kaufs  werden  durch  die  praep.  auf  vermittelt:  ich 
handele  die  waare  auf  baare  Zahlung,  auf  zwei  monat  ziel; 
wir  wollen  diesz  auf  ratenweise  Zahlung  handeln;  handeln 
auch  bei  einem  lauschgeschäße  gebraucht:  ein  pferd  handeln, 
equum  ab  aliquo  commuiare  Steinbach  1,692;  wollen  wir  auf 
die  mäntel  handeln,  commutemus  pallia.  das.; 

was  zu  Nürnberg  wird  gehandelt. 

wird  gewisz  was  gutes  sein.    Logac  2,  97,  97; 

wer  ihm  guter  handeln  wil.    2,  240,  188; 

alten  freund  für  neuen  wandeln 

heist  für  fruchte  blumen  handeln.    3,  231,  72; 

will  mich  unter  hirten  mischen, 

an  oasen  mich  erlriscben, 

wenn  mit  caravanen  wandle, 

schawl,  calTee  und  moschus  handle.    Göthi  5,4: 

etwas  an  sich  handeln,  in  gleichem  sinne  gebraucht  mü  erhan- 
deln 5.  837 :  unter  den  kostbaren  kunstwerken,  welche  Verres 
in  Sicilien  . . .  mehr   raubte   als   an  sich  handelte.    Lk^sixc 


379 


HANDELN — HANDELSACK 


HANDELSAMT  —  HANDELSEINIG 


380 


11,122.  —  Unpcrsünlkh  und  reflexiv:  bei  dem  krämer  handelt 
sichs  gut,  man  macht  bei  Htm  einen  guten  Handel  oder  kauf. 

c)  mundartlich,  und  oben  an  a  anrührend,  heiszt  handeln  an 
der  geforderten  summe  abdinijen  (wie  abhandeln  1,  54) ;  so  in 
Tirol:  mit  dem  weinhandler  isch  nix  z'machen,  er  Jaszt  nix 
handeln.  Froms.  5, 44S.  nahe  zu  dieser  bedeutung  sleM  das 
gemeindeutsche  mit  sich  handeln  lassen ,  in  eine  ermäszigung 
des  geforderten  willigen ,  dieser  kaufmann  verlangt  viel .  aber 
er  läSEt  auch  mit  sich  handeln;  dajin  auch  in  erweiterter  be- 
deutung, wenn  man  von  einer  harten  forderung  bei  äner  Pflicht- 
erfüllung absteht:  ich  will  billich  sein  und  mit  mir  handeln 
lassen,  dafür  auch  die  fügung  sich  handeln  lassen ,  nd.  ik 
lat  mi  handeln,  bin  zum  vergleich  nicht  abgeneigt,  Dähnert  173'; 
sie  irren  sich,  wenn  sie  meinen,  das  sei  eine  sache  darinnen 
golt  sich  leicht  handeln  lasse.  ScnwEH  seelen seh.  1,390;  wenn 
sie  nur  sagen,  sie  glauben  an  Christum,  so  hsse  sich,  meinen 
sie,  im  übrigen  der  liebe  golt  leicht  handeln,  s.  417;  der 
besitzer  läszt  sich  handeln,  Israenias  bekömmt  den  stein  für 
vier  denare.  Lessing  8,  69 ;  sollte  irgend  ein  groszer,  reicher 
gelehrter  . .  mir  dieses  geheimnis  abkaufen  wollen ,  so  will 
ich  es  gerne  für  19,000  thaler  kourant  abstehen :  auch  liesze 
ich  mich  handeln.  Heine  werke  l,  271. 

13)  handeln,  handel  treiben:  handien,  tractare ,  negotiari, 
mercare  Serranus  syn.  93";  ich  handel,  negocior  Ate. ;  negociari 
handien,  kauffen  Dief.  378';  dieser  foddert  zehen  seiner 
knechte  und  gab  inen  zehen  pfund,  und  sprach  zu  inen, 
handelt,  bis  das  ich  widerkome.  Luc.  19, 13 ;  die  (unterthanen), 
weil  sie  heimlich  handelten,  nothwendig  wohlfeiler  verkaufen 
muszten.  Moser  patr.  phant.  2  (179S)  45 ;  wer  lebt,  wer  denkt, 
wer  handelt  und  wer  schreibt  ohne  gewinnst?  56;  die  ganze 
handelnde  weit  fand  sich  an  demselben  (orte)  zum  kaufen  und 
verkaufen  ein.  3, 167.  Man  handelt  im  ganzen,  im  groszen, 
im  einzelverkauf,  im  ausschnitt;  man  handelt  mit  einer  waare 
oder  auch  in  einer  waare:  haben  auch  auf  deine  merkte  bracht 
eisenwerk,  casia  und  calmus,  das  du  damit  handlelest.  lies. 
27, 19 ;  Dedan  hat  mit  dir  gehandelt  mit  decken  darauf  man 
sitzet.  20;  recht  handeln  mit  zeitlichem  gut,  in  keufen  und 
verkeufen.  Sir.  42,5;  der  Schwätzer  und  advocafen  ist  so 
groszer  häuf  in  meinem  Vaterland,  dj  schier  weniger  ackers- 
leut  sein ,  weniger  die  in  kaufmanschaft  (kaufmannswaare) 
handeln  oder  die  so  inärkt  besitzen.  Schdppius  769<  die  frau 
des  Schneiders  handelt  mit  mutzen ,  saloppen  und  andern 
dergleichen  waaren.  Moser  patr.  phant.  (1798)  2,  173.  Man 
handelt  ferner  mit  einer  person ,  nach  einem  orte :  ir  solt 
nicht  Stelen,  noch  liegen,  noch  feischlich  handeln  einer  mit 
dem  andern,  z  Mos.  19,11;  kauf-  und  handelsleute,  wie  die- 
selbe unter  und  mit  einander  handeln,  der  st.  Leipzig  Ordnungen 
(1701)  s.  95;  war  ein  volk  für  sich  selb,  zu  dem  niemand 
handlet.  Frank  wellb.  220';  es  sollen  allerhand  nationen,  als 
Dänen  .  .  dahin  gehandelt  haben,  pers.  reisebeschr.  2,3;  die 
Deutschen  handeln  viel  nach  Frankreich;  endlich  handelt  man 
auf  eigene  rechiiung,  auf  eignen  verdienst:  jeder  handelt  auf 
seinen  eignen  verlusl  oder  gewinnst,  er  kann  theuer  oder 
v»'ohlfeil  verkaufen,  wie  es  iüm  beliebt.  Moser  patr.  phant. 
(1798)   3,170. 

14)  handeln,  durch  handel  erlangen,  transitiv:  Ines  er  die- 
selbigen  knechte  foddern,  welchen  er  das  geld  gegeben  hatte, 
das  er  wüste,  was  ein  jglicher  gehandelt  helle.  Luc.  19,15. 
hierher  auch  reflexives  sich  bandeln  mit  bestimmendem  ztisalze: 
wenn  die  gPRchäfle  nicht  besser  werden,  so  werde  ich  mich 
bald  arm  gehandelt  haben ;  dieser  mann  hat  sich  in  kurzer 
zeit  zum  wolhabenden  manne  gebandelt. 

15)  bandeln  in  der  turnkunsl  heiszt  sieb  auf  den  händen  im 
itülz  fortbewegen. 

HÄNDELN,  verb.  Handel  besprechen  («.  handel  6  «p.  371): 

ja,  in  der  schenke  hab  ich  auch  gesCKsen, 

mir  ward  wie  andern  zugemessen, 

ale  schwätzten,  «ehrierin,  hiindelten  von  heul, 

»u  Irob  und  traurig,  wies  der  tag  geheut.    Götuk  h,  203. 

HANDELNSFREIHEIT,  f  freiheü  des  handelns ,  verfahren 
nach  eigenem  ermessen  (nach  handeln  10  s/).  376) :  so  musz  ein 
bnndelslaat  zugleich  ein  freislaal  sein  .  .  bandelfreibeit  int 
ohne  haiidelnsfreihcil  nicht«.  J.  I'aui.  ddmmerungen  s.  4ß. 

HAiNDKLNSKHAtT,  f.  krafl  zu  Handeln  und  zu  wirken. 
Europa  imo  2,  «2. 

HANDELSACK ,  m.  tack  eines  Handelsmannes :  ein  kleider- 
jude  trug  den  hnndeinack  «einer  (rodelbiide  in  nein  hnun. 
J   Put  leben  Fibrh  u. 


HANDELSAMT,  n.  aml,  behürde  für  Handelssachen. 

HANDELSBANK,  /".  bank  als  geldinstitut,  dem  kaußandel  zur 
Hebung:  die  neulich  hier  bestätigte  internationale  handelsbank. 
Köln.  Zeitung  no.  18S  von  1869. 

HANDELSBEDIENTER,  m.  diener  in  einer  Handlung,  kauf- 
mannsdiener.   Jacobsson  2,  203*. 

HANDELSBEDRÄNGNIS,  f:  seien  es  hausliche  oder  han- 
delsbedrängnisse.  Göthe  23,  187. 

HANDELSBERICHT,  m,  bericht  über  den  stand  des  kauf- 
handels  innerlialb  einer  gewissen  zeit,  die  Zeitungen  liefern  einen 
wöchentlichen,  monatlichen  handelsbericht. 

HANDELSBEZIEHUNG,  f.:  es  hatte  die  zeit  gefehlt,  sich 
über  die  handelsbeziehungen  der  verschiedenen  deutschen 
Staaten  zu  orientiren.   preusz.  jahrb.  20, 551. 

HANDELSBLATT,  n.  blatt,  zeitung  für  die  interessen  des 
Handels:  nach  einer  berechnung  des  Bremer  handelsblattes. 
grenzboten  1868  no.  13  s.  497. 

HANDELSBRAUCH ,  m.  brauch  md  gewohnheü  bei  Mndels- 
geschäflen. 

HANDELSBRIEF,  m.  brief  in  angelegenheiten  des  kaufhandels. 

HANDELSBÜBCHEN,  n.: 

endlich  halt  ich  im  sinne,  mich  auch  zu  putzen  wie  jene 
handelsbübchen,  die  stets  am  sonntag  drüben  sich  zeigen. 

GüTHR  40,  254. 
s.  handelsjunge. 

HANDELSBUCH,  n.  buch  in  das  der  kaufmann  seine  Handels- 
geschäfte einträgt.  Jacobsson  2,203';  handelsbücher  libri  mer- 
calorum  et  contracluum  Stieler  256;  dasz  die  edition  eines 
handelsbuchs,  so  nicht  zu  Leipzig,  sondern  an  einem  andern 
orte  zu  befinden  . .  erkannt  würde  {nämliclt  die  Vorzeigung 
eines  soklien  vor  gericht).  der  sladt  Leipzig  ordn.  (1701)  s.  48. 
dafür  auch  handelbuch :  einen  sx;lilechten  (einfacften) ,  nicht 
vidimirlen  exiract  des  handelhuchs  aufzuweisen,  s.  63. 

HANDELSBÜND,  m. ;  was  ist  ferner  der  Zollverein?  offen- 
bar ein  handelsbund.    Frantz  krilik  aller  parteien  272. 

HANDELSCHAFT,  f  negotiatio,  mercatura:  damit  er  mir 
nicht  hinter  die  balzen  käme,  die  ich  noch  bei  mir  behalten, 
unser  handelschaft  damit  zu  treiben.  Simpl.  3,110  Kurz;  in 
den  handelschaften  der  kaufleute.  4,42;  ich  konte  mir  nicht 
einbilden  eine  vortheilhaftcre  handelschaft  anzutreffen ,  als 
hier.  Felsenb.  2, 529 ;  es  (das  Judenvolk)  scheinet  auch  zur 
handelschaft,  oder  deutsch  zu  reden,  zur  betrügerei  gemacht 
zu  sein.  Lessing  2,  315;  [eine  republik)  die  ihren  Wohlstand 
dem  geiste  der  handelscbalt  und  dem  frieden  zu  danken  hal. 
WiELANi)  1,156;  der  handelschaft  entsagen,  sich  den  musen 
weihen.  Göthe  33,41;  ihn  bestimmte  man  zur  handelschaft. 
37,325;  auf  reisen,  im  lager,  bei  geschäften  und  handel- 
schaften ,  und  was  sonst  den  unternehmenden  geist  der 
männer  zu  beschäftigen  pflegt.  57,203;  in  Meiningen,  Koburg, 
ßaireuth,  wo  die  handelschaft  und  folglich  die  wissenschaft- 
liche maculatur  viel  weniger  florieren.  J.  Pali.  leben  Fibels  s.  5  ; 
die  Städte  der  Langobarden  waren  die  ersten,  welche  .  .  zu 
eigener  handelschaft  mit  dem  orient  kamen.  FreiiTac  bilder  1 
(1867)  293; 

sie  kennet  ihren  sitz,  und  wird  hier  manch  oltar, 

wo  kunst  und  handelschaft  ihr  weiratich  streut,  gewahr. 

J.  E.    SCHI.KCKL  4,  57. 

Spricliwort:   handelschaft    leidet  keine  freundschaft.  Wieiano 
bei  Merk  2,  82. 

HANDELSCHAFTLICH,  adj.:  zu  handelschalllichen  aus- 
siebten . .  angewendet.  Wiei.asd  14,  307. 

HÄNDELSCHLICHTER,  m.  beileger  von  streiligkeüen :  die  an- 
dere dort  bei  ihnen  werden  friedenmacher,  bändcischlichter, 
mittelsmänner,  underbäiidler  genannt.   Philanuer  1  (1G42)  3t:i. 

HANDELSCOLLEGIIJM,  n.  geridU  der  kaufleute,  senalus  mer- 
canlium,  Judicium  commercii.  Frisch  1,  412*. 

HANDELSCOMPAGNIE,  f:  nachrichl  von  den  slreitigkeilen 
der  ehemaligen  deutschttn  und  englischen  handelskoinpagnie. 
MösEH  patr.  phant.  3  (179s)  le.'i. 

HANDELSDIENER,  m.  diener  in  einer  Handlung,  kaufmanns- 
diener :  dasz  er  allhier  oder  anderswo  bei  einem  cramer  oder 
handelsmann  ..  zwei  Jahr  für  einen  handelsdiener  geili.i.t 
der  Stadt  L'ipzig  Ordnungen  (inn)  .t.  170;  ich  war  nur  h:ii 
diener;    ich  inuszte  gehorchen,  wenn  ihr  befahlt.    Koi/mui 
dram.  sp.  2, 3:ii. 

HANDELSDUNGER,  m.  dünger  der  durch  den  Handel  bciugm 
vird,  guano,  knorhenmelJ  u.  dhnt. 

HANDELSEINIG,  adj.  einig  bei  einem  abtuschliesienden  ge- 
schdß,   (äfereinstimmend  in   betug   auf  fordern   und  gmdHren : 


381 


HANDELSEINRICHTÜNG 


flA^^)ELSMA^'^ 


382 


jeUt  Jaogten  auch  sie  bei  dem  gasthause  . .  an ,  wo  man 
bereits  wegen  der  reitthiere  für  die  frauen  handelseinig  ge- 
worden war.  ScflWEicHEL  Jura  u.  Genfersee  s.  324.  früher  ge- 
trennt handeis  einig: 

der  könig  will,  schon  ist  man  bandeis  einig, 

ich  bin  der  creatur  verkauTt.    Schiller  Carlos  2,  S. 

HANDELSEINRICHTUNG,  f. :  die  Römer  waren  ein  acker- 
bau  treibendes  volk,  und  fast  alle  handeiseinrichtungen,  die 
jetzt  herrschen,  sind  erst  lange  nach  der  römischen  zeit  ent- 
standen, ergänzungsbl.  zu  alleti  conversationslexiken  1846,  no.  73, 
s.  348. 

HANDELSEINS,  einig  im  handel,  eins  im  sinne  von  einig 
nach  3,254,  mit  vorhergehendem  geniliv  der  sacke,  der  früher 
getrennt  erscheint:  man  wurde  des  handeis  eins.  Wieland 
7,334;  heute  zusammengerückt  geschrieben:  wir  wollen  bald 
handelseins  werden. 

HANDELSFÄHRZEUG,  n.  fahrzeug  für  den  kaußandel,  na- 
mentlich zu  fluss  und  meer:  ein  solches  kleines  lechflosz  ist 
das  einzige  handelsfahrzeug  der  Augsburger  zu  wasser.  Riehl 
culturstudien  267. 

HANDELSFLOTTE,  f.: 

seine  handelsflotten  streckt  der  Britta 
gierig  wie  polypenarme  aus.    Scbiller  lOl'. 

HANDELSFR.au,  f.  negoliatrix.  Steinb.\ch  1,491. 

HANDELSFREIHEIT,  f  freifieU  des  kaußandeU :  alles  ruft 
jetzt  schwärmerisch  nach  handelsfreiheit.  .Stcbz  1, 106  {brief- 
lich aus  Paris  1768);  die  offne  handelsfreiheit  der  Stifter  (geist- 
lichen stiße).  Moser  phant.  l  (1798)  224.  im  plur.,  Vorrechte  im 
handel:  gaben  diesen  (den  Juden)  oft  schädliche  haodelsfrei- 
heiten.  Herder  ideen  (1807)  4,  279. 

HANDELSFREUND,  m.  geschäßsfreund ,  mit  dem  man  in 
handelsverbindung  steht :  zugleich  (trollte  er)  die  handelsfreunde, 
an  die  er  mit  adressen  versehen  war,  besuchen,  und  die 
ihm  aufgetragenen  geschäfte  verrichten.  Göthe  19,63;  da  er 
seinen  handelsfreund  nicht  zu  hause  fand.  18,67;  das  ist 
ein  alter  rackerl  rief  der  pferdehändler.  als  er  seinen  han- 
delsfreund nicht  mehr  sah.   Immerh&nn  Münchh.  1, 131. 

HANDELSFCRST,  m.  reicher  und  mächtiger  kaufmann:  die 
häuser  dieser  groszen  handelsfürsten  (der  Fugger  und  Weiser). 
Fre\tag  bilder  a.  d.  reform.  228. 

HANDELSGÄRTNER,  m.  gärtner  der  mit  den  erzeugnissen 
seines  gartens  handel  treibt. 

HANDELSGÄRTNEREI,  f. 

HANDELSGERCHR,  f  requisila  contractus.  Stieler  S61;  die 
handelsgebühr  erlegen,  d.  Stadt  Leipzig  Ordnungen  (l70l)  s.  137. 

HANDELSGEIST,  m.  geist  u-ie  er  zum  betriebe  des  handeis 
erfordert  wird:  der  handelsgeist,  der  mit  dem  kriege  nicht 
zusammenbestehen  kann.  Kant  5,  443 ;  reger  handelsgeist  und 
sinn  für  verwegene  Unternehmungen.  Becker  u-eltgesch.  (8.a«/I.) 
1, 109 ;  die  einwohner ,  welche  wissen ,  dasz  sie  an  einer 
groszen  handelsstrasze  liegen,  beseelt  ein  reger  handelsgeist. 
ausländ  40.  jahrg.  s.  998. 

HANDELSGENOSSE,  m.  sociui  mercaturae.  Stieleb  1353. 

HANDELSGENOSSENSCHAFT,  f 

HANDELSGERICHT,  n.  Judicium  eommercii :  und  zwar  soll 
der  Schuldner,  wenn  er  . .  mit  seinen  gläubigem  accordiren 
will,  dieselben  allerseits  tor  das  handelsgerichte  berufen 
lassen,  der  sladt  Leipzig  ordn.  (l70l)  s.  56;  die  sache  an  das 
handelsgerichte  verwiesen,  s.  55. 

HANDELSGESCHÄFT,  n.:  in  handelsgeschäflten  etwas  zu 
verrichten,    der  Stadt  Leipzig  ordn.  (1701)  s.  39. 

HANDELSGESELLE,  m.:  kaufmanns-  sive  handelsgesell, 
sodus  mercator  Stieler  2004. 

HANDELSGESELLSCHAFT,  f.  societas  mereantium.  Frisch 
1,412':  auszer  der  reichen  niederlage  des  hansebundes  waren 
hier  noch  fünfzehn  handelsgesellschaften  mit  ihren  comptoirs. 
Scbiller  782*. 

HANDELSGESETZBUCH,  n.  gesHzbuch  zur  regelung  der  han- 
deUrechU  und  pflichten,  ausgearbeäd  für  DeuUchland  zu  Nürnberg 
bis  zum  9.  febr.  1861. 

HANDELSGEWERBE,  n.  geverbe  das  säne  tcaaren  für  den 

handel  fertigt. 

HANDELSGEWICHT,  n.  leichleres,  im  kaufhandel  gebräuch- 
liches  gewicht,   im  gegensatze  zu  dem  schwereren  fleischer gewicht. 

HANDELSGEWINN,  m.:  verwendet  der  vater  nicht  jähr- 
lich einen  ansehnlichen  theil  seines  handelsgewinnes  zur  Ver- 
schönerung der  Zimmer?   GftinE  18.  7. 


HANDELSGEWOHNHEIT,  f,  was  handelsbrauch. 

HANDELSGEWÖLBE,  n.  gewölbter  kaufladen,  taberna  form- 
cata.  Fbiscb  1,412';  offene,  und  mit  allerhand  so  kostbaren 
als  gemeinen  gütern  angefüllete  handelsgewölber.  der  stadl 
Leipzig  Ordnungen  (1701)  s.  143. 

HANDELSHAUS,  n.  eigentli<^  das  haus,  in  dem  handel  ge- 
trieben wird,  dann  ein  groszes  handelsgeschäft  und  der  inhaber 
desselben  {vergl.  unter  haus):  das  grosze  handelsbaus  N.  hat 
heute  seine  Zahlungen  eingestellt. 

HÄ.NDELSHERR ,  m.  inhaber  einer  groszen  handlung,  grosz- 
händler:  compagnie  der  allervornehmsten  handelsherren.  Simpl. 
4,  3i  Kurz;  wenden  wir  uns  zu  denen  künstlern,  die  in  den 
Niederlanden  zu  anfang  des  achtzehnten  Jahrhunderts  ihr 
glück  auf  die  blumenliebe  reicher  handelsherren  gründeten. 
Göthe  39,  232.  oß  in  der  Verbindung  kauf-  und  handelsherr 
KoTZEBiE  dramat.  sp.  2,  312,  die  auch  als  titel  geht. 

HANDELSINTERESSE  ,  n. :  ihre  groszen  familien ,  durch 
häuOge  verschwägerungen  und  nicht  weniger  durch  gemein- 
same handelsinteressen  mit  einander  verbunden.  Fbeytag  bilder 
a.  d.  reformation  227;  der  zukunft  bleibt  es  vorbehalten  .. 
das  netz  der  heute  bestehenden  Vertretung  der  deutschen 
handelsinteressen  zu  vervollständigen,  preusz.  jahrb.  bd.  20 
s.  551. 

HANDELSJUDE,  m.  handel  treibender  Jude,  besonders  hau- 
sierer:  ein  armer  handelsjude  und  mäkler.  B.Goltz  die  well- 
klugheit  2,  74. 

HANDELSJUNGE,  m.  handlungslehrling :  dasz  er  (der  in  die 
tnnung  aufzunehmende  kramer)  . .  zum  wenigsten  sechs  jähr 
für  einen  handelsjungen,  und  zwei  jähr  für  einen  handels- 
diener  gedienet,    der  stadt  Leipzig  Ordnungen  (1701)  i.  177. 

HANDELSKAMMER,  f.  gerichts-  oder  verwaltungsbelürde  für 
die  inleressen  des  handeis  (nach  kammer  7,  theil  5, 114) :  in  einer 
denkschrift  der  Hamburger  handelskammcr.  grenzboten  1968 
no.  13  s.  497. 

HANDELSKASSE,  f.:  bandelscassa ,  aerarium  mereantium. 
Frisch  1,412*. 

HANDELSKUNDE,  f.  kenntnis  der  handelsgeschäße. 

HANDELSKUNDIG,  adj. 

HANDELSLEUTE,  plur.,  der  gewöhnliche  plural  zu  handels- 
mann,  in  zwei  bedeutungen: 

1)  die  einen  kaußandel  zusammen  schlieszen  (wie  kaufmann  3, 
Iheil  5,  336) :  der  erste  kauf  gehet  vor  dem  andern ,  auf  ein 
ander  mahl  können  wir  gleichwol  handelsleute  werden.  Happel 
acad.  rom.  507;  nocli  heute  gewöhnlich:  können  wir  hierüber 
nicht  handelsleute  werden  (nicht  einen  kauf  abschlieszen)^ 

2)  die  einen  kaufhandel  gewerbmäszig  treiben :  handelsleute, 
negotiatore^,  mercatores  Steixbach  1,1047;  denen  hiesigen  han- 
delsleuten  und  bürgern,  der  stadt  Leipzig  Ordnungen  (1701)  186; 
die  kauf-  und  handelsleute.  s.  95;  wir  handelsleute  fassen 
einander  gern  bei  dem  worte.  Lessing  1,  302 ;  die  messe  ist 
so  vor  der  thür,  wir  handelsleute  nehmen  selber  (geld)  auf, 
so  viel  wir  können.  Armm  Halle  u.  Jerusalem  lOO;  zumeist 
waren  es  handelsleute,  die  laut  mit  einander  feilschten,  oder 
auch  mit  sich  selber  sprechend  an  den  fingern  rechneten. 
Heise  werke  4,  34 ; 

bandelsleuten,  die  das  geld 

und  ihr  stolz  zu  rOrsten  stellt.    LessI!«g  1,  77. 

HANDELSMANN,  m.   handeltreibender,   kaufmann  im  allge- 
mänsten    sinne,   smcol   den    groszhändler  als  auch  den  kleinver- 
käufer   in  sich  schlieszend  (vergL  auch  kaufmann  1,  th.  5, 337). 
I    für  das  wort  gebrechen  uns  belege  vor  dem  17.  jahrh.,  der  ältere 
I   ausdruck  ist  kaufmann  oder  hantierer.     handelsmann,  mercator. 
j   negociator  Stieler  1235;    vielleicht  wird  aus  diesem  kind  ein 
1   vornehmer  handelsmann  werden,  der  die  waar  und  die  wahi- 
:    heit  mit  gleicher  eleu  wird  ausmessen.  Abr.  a  S.  Clara  Meiks 
I    Wien  (16S0)  5.15;   nun   stelle   dir   einmal  vor,   was  ein  an- 
gehender handelsmann,  wie  ich  dazumal  war,  für  kuminer, 
'   sorge   und   plage   hat.   wenn  er  mit  leeren  bänden  anfängt. 
I   Lessixg  1,344;  einst  erschien  unter  den  badegästen  ein  han- 
I   delsmann.  der  bankerott  gemacht  hatte,  um  sich  zu  berei- 
;   ehern.  Chamisso  4,268;  ich  wüszte  nicht,  wessen  geist  aus- 
gebreiteter wäre,  ausgebreiteter  sein  müszte,  als  der  geist  eines 
ächten  handelsmannes.  Göthe  IS,  51; 

ein  kluger  handelsmann  lieszt  sich  coosorten  aus. 

Philandsr  V.  D.  LisDK  scherzh.  ged.  140; 
und  ein  kluger  handelsmann 
ctellt  den  handel,  den  er  führet,  billig  mit  consorten  an. 

14'<; 


383 


HANDELSMARKE  —  HANDELSTAG 


H  ANDELSTUÄTIGKEIT  —  HANDELSWEISE     384 


verkauft? 
und  wiederum  verkauft?    und  wiederum 
voa  dem  berühmten  handelsmann  im  süden? 

Schiller  Carlos  '2,8; 
ein  iedweder,  so  bei  einem  kauf-  oder  handeisraanne  in 
Leipzig  waaren  auf  credit  ausznehmcn  würde,  d.  sladt  Leipzig 
Ordnungen  (I70l)  s.  59 ;  derjenige  Jude ,  der  nicht  . .  darlhun 
kann,  dasz  er  ein  liandelsmann  oder  kramer  sei.  s.  135.  — 
Der  filur.  handelsmänner  isl  selten:  noch  andere  hatten  einen 
kleinen  kram  mit  schwefeifaden  und  dergleichen  so  erweitert 
und  veredelt .  dasz  sie  nun  als  reiche  kauf-  und  handels- 
männer erschienen.  Göthe  21,  275. 

HANDELS.MARKE ,  f.  heiszt  der  auf  gewisse  bestimmte  art 
gesciäungene  »der  verzogene  natne  oder  der  zug  aus  den  anfangs- 
buchstaben  des  tauf-  und  zunamens  eines  kaufmanns.  Jacobsso.«« 
6, 25*.     s.  handelszeichen. 

HANDELSMESSE,  f.:  es  mochte  dort,  als  Latium  frei  war, 
ein  marktüecken  bestanden  haben,  dessen  Ursprung  die  mit 
solchen  Versammlungen  wie  mit  wallfahrten  verbundenen 
handelsmessen  waren.  Niebuhr  2, 36. 

HANDELSMI.MSTER,  m. ;  die  schuld  des  conflictes  lag  an 
uns,  hat  gestern  der  herr  handelsminister  betheuert,  v.  Svbel 
im  preusz.  abgeordnelenhause  den  29.  jan.  1803. 

HANDELSMINISTERIUM,  n. 

HANDELSMÖGLICHKEIT,  f  möglidilceit  zu  handeln,  etwas 
zu  thun:  ich  habe  die  kenntnis  mannigfaltiger  handelsmög- 
lichkeiten,  unter  denen  allen  . .  ich  auswählen  kann.  Fichte 
die  bestimmung  d.  m.  58. 

HANDELSMUSCHEL,  f.  eine  muschekrt,  venus  mercenaria. 
Nbmnich  4, 1549. 

HANDELSNIEDERLASSUNG,  f. 

HANDELSORT,  m. :  nun  will  ich  nicht  läugnen,  dasz  unsre 
kinder  sehr  häufig  in  die  fremde  ziehen,  und  manches  ehr- 
lichen mannes  söhn  in  den  benachbarten  handelsorten  hangen 
bleibe.  Moser  patr.  phant.  1  (1798)  242. 

HANDELSPLATZ,  wi.  viercatus:  der  ungeheure  aufwand  für 
seine  flotten  und  armeen  flosz  grösztentheils  in  die  Schatz- 
kammer der  republik,  die  mit  flämischen  und  brabantischen 
handelsplätzen  in  Verbindung  stand.  Schiller  777";  millionär- 
slraszen  in  den  handelsplätzen.  Riehl  cultursludien  272.  Frisch 
schreibt  handelplatz,  1,412*. 

HANDELSPOSTEN,  m.:  Simon  Fräser  von  der  Hudsons- 
baicompagnie  überschreitet  1806  das  felsengebirge  und  gründet 
im  Westen  den  ersten  handelsposten,  das  fort  am  Frasersee. 
HosEGGER  allg.  cuÜurgesch.  d.  neusten  zeit  1,  92. 

HANDELSRECHT,  u.  l)  recht  mit  etwas  zu  handeln,  mono- 
polium:  die  kaufmannsgilde  hatte  hier  ehedem  das  ausschliesz- 
liche  handelsrecht.  2)  recht  das  im  handel  gilt,  jus  mercalo- 
rium.  Steinbach  2,  288. 

HANDELSSACHE,  f.  den  kaupiandel  betreffende  saclie:  ia 
handelssachen  gilt  keine  freundschaft. 

HANDELSSCHIFF,  n.,  was  kauffahrer,  kauffahrteischiff. 
Jacobssox  2,  203'. 

HANDELSSCHULD,  f. :  sollen  die  Vormunden  ihren  gewe- 
senen mündlein  vor  den  deputirten  endliche  und  vollständige 
aufrechnung  ihrer  gepflogenen  Vormundschaft  . .  halben  thun, 
..  und  folgends  ihren  pflegkindern  die  guter,  baarschxift,  fahr- 
nisz,  Schuldbriefe,  handelsschuld,  jornal  und  cassabücher  .  . 
zustellen,  der  sl.  Leipzig  Ordnungen  (1701)  261. 

HANDELSSPERRE ,  f.  absperren  des  handeis :  die  handels- 
sperre  gegen  England.    Häusser  deutsche  gesch.  3,  598. 

HANDELSSTAAT,  m.  slaat  der  vorzüglich  aus  handeltreibenden 
betlehl.     J.  Pacl  hat  handelstaat,  dämmerungen  46. 

HANDELSSTADT,  f  emporium,  älter  kaufstadl  (5,346):  in 
unserer  .  .  kauf-  und  handelsstadt  Leipzig,  d.  stadt  Leipzig 
ordn.  (I70l)  14G;  nach  den  exempcin  anderer  hundelsslädte. 
209;  in  den  mchresten  groszcn  handelsslädtcn.  Mi'iser  patr. 
phant.  2  (179b)  172.     dafür  handelstadt  Frisch  l,  412'. 

HANDELS.STAND,  ni.  sta^id  der  handeltreibenden :  ein  mann 
aus  dem  handelsstande,  dann  die  gesamlheil  der  personen,  die 
zu  diaem  stände  gehören :  dem  liandelsslandu  wird  dadurch 
eine  ntifreiwiliigc  Steuer  ..  auferlegt,  grenzboten  IS68  no.  14  j.  15. 

HANDELSSTRASZE,  f.  früher  kaufsliaszc:  diese  wichtigen 
bandelsMra&j'.cii  .  .  haben  einer  ganzen  reihe  von  handels- 
-ladten  ihren  Ursprung  gegeben,  ausländ  40.  jahrg.  s.  997. 

HA.NDEL.STAG,  m.  l|  tag  an  dem  kaufhandel  getrieben  wird, 
im  gegetisatz  z.  b.  zu  den  fc^l' •"■  -r  ruht. 

2)  da$  tagen,  die  beraiun  achcn :    die  landstüdle 

•olllen  hier  . .  ihre  eigne  i  -  ,    ihre  kreisbürse  und 


ihre  Vereinigungen  haben.  Moser  poJr.  p/ian/.  l  (1798)  206;  im 
September  1820  versammelte  man  sich  zu  dem  Darmstädter 
handelstage.  Treitschke  aufsätze  (1S67)  255;  dann  auch  die  so 
beratenden  porsonen  selbst :  als  der  ausschusz  des  handelstages 
in  Berlin  versammelt  . .  war.  grenzboten  1S68  no.  13  s.  498. 

HANDELSTHÄTIGKEIT,  f. :  Osnabrück,  als  glied  der  hanse, 
finden  wir  in  der  altern  epoche  in  groszer  handelsthätigkeit. 
Göthe  26,241;  (eine  republik,  die)  an  handelsthätigkeit,  reich- 
thum  und  Weisheit  ihrer  vorgesetzten  keiner  stadt  in  Deutsch- 
land nachsteht.  47,  4S. 

HÄNDELSTII-TER,  m.  anstifter  von  zwist:  solche  flegel  und 
händclstifter  dulde  er  nicht  über  naxht  in  seinem  hause. 
RiEUL  cuUurgesch.  nov.  442. 

HANDELSTÜHL,  m.  stuhl  des  handelsmanns  : 


bald  fand  man  euch  in  Phebus  schuhl, 
und  bald  auf  einem  handelstuhJ.    Rist  Pam. 


724, 


d.  h.  bald  wäret  ihr  als  dichter,  bald  als  kaufmann  Ihätig. 

HANDELSTÜCKE,  f.: 

unbekannt  mit  bandelstücke, 

jagen  wir  nicht  nach  gewinn.    Gotikr  3,  lxvii. 

HÄNDELSUCHER,  m.  der  zank  und  Unfrieden  sucht:  auf 
einen  literarischen  händelsucher.  überschriß  eines  gedichls  bei 
BtiRGER   58". 

HÄNDELSUCHT,  f.  sucht  nach  handeln: 

allein  mir  ist  ganz  wohl  in  meiner  haut, 

und  bändeUucht  war  niemals  mein  gebrechen. 

WiKLAND    10,  17s. 

HÄNDELSÜCHTIG,  adj.:  händelsüchtig  und  auffahrend. 
Armh  schotub.  1, 101. 

HANDELSVERBINDUNG, /■..•  die  handelsverbindung  zwischen 
beiden  orten  wird  durch  die  schlechten  wege  sehr  gehemmt. 

HANDELSVEREIN,  m. ;  der  handeis-  und  gewerbeverein 
für  Rheinland  und  Westphalen.  grenzboten  1868  no.  14  s.  22. 

HA.NDELSVERHÄLTNIS,  n. :  wenige,  mit  denen  er  in  ein 
nützliches  handelsverhältnis  zu  kommen  hoffte.  Göthe  18,140. 

HANDELSVERKEHR,  hj.;  handelsverkehr  des  mittelmeers. 
Fkeytac  bilder  l  (1867)  271;  er  erwiederle  mit  der  zähen  ruhe, 
welche  der  handelsverkehr  dem  eingeweihten  gibt,  soll  und 
haben  2,  282. 

HANDELSVERTRAG,  m. ;  in  kleinen  Städten,  wo  nur 
wenige  handelsverträge  geschlossen  werden.  Garve  anm.  zu 
Cic.  off.  3,  119;  während  des  Streites  über  den  deutsch- 
französischen handelsvertrag.  grenzboten  1868  no.  13  s.  493. 

HANDELSVERWALTER,  «i.  der  änem  handelsgeschäfte  für 
einen  andern  vorsteht.   Adelung. 

HANDELSVERWANDTE,  m.  handelsfreund:  ihrer  (der  kauf- 
leide)  gesellschafter  und  handelsverwandten,  d.  stadt  Leipzig 
ordn.  (not)  s.  261. 

HANDELSVERWANDTNIS ,  n.:  handelsverwantnüsz,  comr- 
meräum  Stieler  2431. 

HANDELSVOLK,  n.:  (die  Juden)  ein  überall  verbreitetes 
handelsvolk.    Kritzler  humamtäl  u.  chrislenlh.  2, 115. 

HANDELSVORTHEIL,  «i..-  ihm  sind  die  handelsvortheile, 
welche  diese  gegend  darbietet,  nicht  entgangen.  Campe  kinder- 
schriften  18,45;  bald  dem  Wandertriebe  folgend,  bald  durch 
handelsvortheile  gelockt ,  zogen  sie  aus.  Beckers  weltgesch. 
(8.  aufl.)  1,  480. 

HANDELSWAARE,  /.  merces.  Frisch  1,  41J'.  folgendes  ge- 
dieht LoGACS  hat  die  übersduiß  der  liebe  handelsvvahrcn : 

die  süsze  liebeskrämerui,  was  führet  die  ft1r  wahren? 
sie  mucbeo  ihren  kaufmann  glat  und  freien  ihn  von  haaren. 

3,  30,42; 

aller  cram-  und  anderer  bandelswaarcn.  der  st.  Leipzig  ordn. 
(1701)  s.  225;  je  weniger  die  guter  {landgüter)  handelswaare 
sind.  Garve  anm.  zu  Cic.  uff.  3,111;  der  bernstein,  einst  die 
einzige  handelswaare ,  welche  die  Völker  der  ostsce  den 
Griechen  und  Römern  interessant  machte.  Fübiitac  büder 
1  (IS07)  283. 

HANDELSWEG,  m.:  der  kaufmann  im  deutschen  dorfe, 
der  officier  in  seiner  grenzstaticm  liälte  vieles  andere  gesehen, 
auffallende  rechtsbrüuche,  niärktu,  haudelswege,  verkehr  und 
unterscheidendes  der  slftnimc.    Freytag  bilder  1  (18671  31. 

HANDELSWEISE,  f.  art  und  weise  zu  handeln  und  zu  ver- 
faJiren:  vcrliesz  dabei  seine  nalilrliche  denk-  und  handels- 
wcisc.  Gütue  19,142;  ich  sehe  eines  jeden  gemülhsart  und 
handciswcisc.  29,108;  die  beschräukteu  hin.liKw.iMMi ,  die 
der  kurzsinnige  mensch  bcwuszlios  mit  seil  '  aus- 

übt. 33,  ISO;  fragen  sie  ihr  eigen  heral  ist  i  landel«- 


385        HANDELSWEISE  —  HÄNDEVVLNDEN 

weise  zugleich  mit  dem  handeln  ihm  eingeboren?  38,  111; 
für  einen  mann  von  strebender  deniiart  und  unternehmender 
liandelsweise.  43,137;  jedem  wer  auf  das  object  reflecliert 
und  die  handeisweise,  durch  weiche  es  entsteht,  davon  unter- 
scheidet. Fichte  nalunechl,  einleü.  s.  5. 

HANDELSWEISE,  adv.  durch  kaußandel:  etwas  handels- 
weise erwerben. 

HÄNDELSWELT,  f.  gesamtheü  der  handellreibenden. 

HANDELSZEICHEN,  n.,  tcas  handelsmarke  (sp.  383). 

HANDELSZEITÜNG,  f.  zeitung  für  die  inleressen  des  kauf- 
handels:  preuszische  handelszeitung,  seit  1826  zu  Berlin  er- 
scheinend. 

HANDELSZWEIG,  m.  zweig,  bestimmte  art  des  kaußandels: 
ein  finanzminister,  der  eine  grosze  summe  von  einer  gesell- 
schaft  kaufleute  borgte,  und  sie  mit  einem  ausschlieszenden 
handelszweig  bezahlte.  Klinger  5,161;  als  die  italienischen 
Städte  diesen  fruchtbaren  handelszweig  an  sich  rissen.  Scbillee 
'81*. 

HÄNDELTREIBEND,  part.,  negotiator: 

wir  sind  ein  handeltreibend  volk,  mein  könig. 

ScBiLLER  Jungfrau  3,  3; 
die  wenigsten  collis  können  bei  ablieferungen  nachgewogen 
werden,  weil  den  handeltreibenden  waagen  von  erforder- 
lichem umfang  fehlen,  grenzboten  1868  no.  U  s.  16.  —  Oß  in 
der  Verbindung  handel-  und  gewerblreibend :  der  handel-  und 
gewerbetreibende  theil  des  Volkes, 

HÄNDEREIBEND ,  part. :  wie  ein  reicher  kaufmann ,  der 
händereibend -vergnügt  zwischen  den  kisten,  fässera  und 
ballen  seines  waarenlagers  umherwandelt.  Heine  werke  1,  286. 
rergl.  band  I,  3,  e  sp.  331. 

HÄNDERINGEN,  n.  als  ausdruck  des  Schmerzes,  nacA  5p.  334: 
noch  denke  ich  an  Betty,  und  verstehe  nun  ihr  ängstliches 
händeringen.  Lessing  2,87; 

wie  seufzt  er  selbst  bei  meinein  händeringen! 

Hagedorn  2,  79; 
mit  nassem  blick  und  händeringen.    Gotter  1,  458; 
ihn  beugt  nicht  unser  heiszes  dringen, 
nicht  seines  enkels,  nicht  Kreusens  händeringen. 

ScBiLLEB  Zerstörung  v.  Troja  111. 

HÄNDERINGEND,  part.:  Pedrillo  kommt  ängstlich  und 
händeringend  gelaufen.  H.  Heine  Almansor  {werke,  Pkiladelpkia 
2,  282) ; 

wie  spanischer  übermutb  der  Mauren  beste 

und  edelste  geschlechter  frech  verhöhnt, 

wie  man  sie^schlau  beraubt,  und  händeringend 

und  nackt  und  hülflos  aus  der  heimat  peitscht.    274. 

das  Wort  ist  erst  neuer  gebildet,  früher  galt  dafür  mit  gerungenen 
bänden.  Lessing  2,31;  mit ..  gefalteten,  mitleidig  gerungenen 
bänden.  Göthe  17, 409. 

HÄNDERLING,  m.  ein  handförmiger  schwamm:  digilellus, 
zinderling.  zingerling,  fingerling,  henderling  Alb.  DD  3*. 

HÄNDESCBLAG,  m.,  für  handschlag: 

da  war  ein  grüszen  und  ein  händescblag, 

ein  austauscb,  ein  lebendiger  verkehr!    Ühland  Ernst  65. 

HÄNDESCHLÄGEN,  n.  ineinanderschlagen  der  hände :  ein 
solch  handgebens ,  hendschlagens ,  hendtruckens  {beim  be- 
grüszen).  Garg.  239*. 

HÄNDESCHÜTTELN,  m.  ak  xächen  freudiger  begrüszung 
(sp.  331) :  es  fand  in  ihrer  nähe  nur  etwas  mehr  freundschaft- 
liches händeschütteln  statt,  als  sich  im  ganzen  mit  der  feier- 
lichkeit  eines  balles  verträgt.  Freitag  handschr.  i,  378. 

HÄNDESPIEL,  n. .•  ein  bloszes  unbedeutendes  händespiel 
(des  Schauspielers).   Engel  mimik  (1785)  2, 183. 

HÄNDEVOLL,  zusammenrückung  von  bände  voll,  vgl.  unten 
handvoll;  händevoll  geld  wurden  auf  die  strasze  geworfen; 
Wieland  gewährt,  mit  deeliniertem  ersten  theile  der  zusammen- 
rückung, 

der  arme  mann  begann  wie  toll 
in  seiner  Verzweiflung  bei  händenToll 
die  haare  sich  aus  dem  köpfe  zu  raufen.    18,  232. 
HÄNDEWASCHEN,  n.; 

drumb  nim  dich  keins  hendwaschens  an 
das  dir  kein  kelt  schlag  in  die  glider. 

grobianus  (Erf.  1552)  F2*. 
HA.NDEWERK,  n.  werk  der  hände:  wenn  es   bei  dem  poe- 
tischen  plebs   gar   finger-   oder   händewerk   Wwi.    Klinger 
12,  261 ;    da  ich  nun  mein  händewerk  besah.  Wielasd  35,  9. 
HÄNDEWINDEN,  verb.:  über  ein  kleines   hernach  begiint 
sie  zu  seufzen,  zu  echzen,  zu  krechzen,  zu  hendwinden,  zu 
weinen,  zu  greinen,  zu  schreien.  Garg.  loa'. 
IV.  11. 


HÄiSDEWINDEN  -—  HANDFEST 


386 


HÄNDEWINDEN,  n. 


sie  klaget  jämmerlich  mit  schwachem  händewinden. 

Keumark  luslwäldchen  194. 

HÄNDEZITTERN,  n.,  zeichen  der  angst  und  furcht  {sp.  334, 
auch  der  körperlichen  schwäche): 

darauf  der  lord:  dem  glas  zum  preis 

schenk  rothen  ein  aus  Portugal! ! 

mit  händeziitern  gieszt  der  greis,    ühland  ged.  354. 

HÄNDFACKEL,  f.,  fackel,  welche  des  nachts  von  den  bedienten 
hinten  auf  den  kutschen  getragen  wurde,  um  damit  dem  kulscher 
zu  leuchten,  auch  kutschenfackel,  windlicht  genannt.  Jacobsson 
2,  526'. 

HANDFÄHNE,  f.  handluch,  nach  der  allgemeinen  bedeutung 
von  fahne  {th.  3,  1241),  mhd.  hantvane  wb.  3,  235':  mappa, 
mappula  hantfan,  hantilla  Diefenb.  348';  manipulus  hantvane, 
hantfan  347*.  als  theil  der  priesterlichen  kkidung  eines  diaconen: 
orarium  hantfano,  hantphane  399*. 

HANDFÄHRT,  f.  fahrt  auf  leitern  in  einen  schaeht,  im  gegen- 
satz  zu  der  fahrt  in  tonnen.  Jacobsson  3,  26*. 

HANDFASZ,  n.  l)  gefäsz  für  das  zum  händewaschen  nöthige 
wasser,  mhd.  hantva;;  giälurnium  hantvasz  Dief.  272';  laracrum 
hantvasz  321*;  malluvium  hantvasz  345*;  mancipium  handfas 
346';  du  solt  auch  ein  ehrn  handfas  machen  mit  eim  ehrn 
fus,  zu  wasschen.'2  3/o5.  30,18;  macht  das  handfas  von  ertz, 
und  seinen  fus  auch  von  ertz.  38,  8 ;  und  das  handfas  setzet 
er  zwisschen  der  hütten  des  stifts  und  dem  altar,  und  thet 
wasser  drein  zu  wasschen.  40,30;  so  mag  der  buchstab  auch 
lebendig  machen,  ja  der  kacheloffen  und  das  handfas  mag 
auch  also  lebendig  machen.  Luther  1,  394" ;  nirapt  ein  hand- 
fasz, . .  fürwendend,  er  wolle  sich  zu  waschen  wasser  Bohlen. 
pers.  rosenth.  2,  5 ; 

demnach  nfin  sollichs  ward  vollendt, 
gosz  man  in  wasser  auf  die  händt, 
ausz  einem  messinnen  handfas. 

WicKRAÄ  pilger  Z  4,  bl.  90. 

In  Wohnstuben  war  das  handfasz  an  der  wand  festgemadd, 
öcon.  lex.  919,  und  befand  sich  gewöhnlich  nahe  der  thür:  ein 
jaherr,  der  im  raht  oben  an,  zu  nebest  bei  dem  handfas, 
an  der  thür,  sitze.  Lcther  8,211*;  sie  hätte  sich  wollen  zu 
tische  setzen  und  zuvor  am  handfasse  gewaschen,  den  ring 
aber  erst  abgezogen  und  bei  ihr  aufs  handfasz  niedergelegt. 
GoiRSFELD  hisior.  rosengeb.  534. 

2)  in  salzwerken,  bergwerken  wie  im  gemeinen  leben  heiszt  hand- 
fasz aucli  ein  Steiner  oben  offener  zober,  oben  mit  Ohren  für  einen 
durchzusteckenden  äab ,  an  dem  das  gefäsz  von  zwei  personen 
getragen  wird.  Jacobsso.n  2,204*;  carallum,  carcillum  bantfasz, 
tiagkorb  Dief.  639*. 

HANDFÄüSTEL,  m.  Immmer,  womit  der  bergmann  auf  das 
eisen  schlägt,  miner.  lex.  286*.  sprichwörtlich  die  handfäustel 
einem  weisen,  einen  herausfordern,  entweder  zum  trunk,  oder 
zum  schlagen,  das. 

HÄNDFEILE,  f.  kleine  feile  mü  feinem  hieb,  im  gegensatz  zu 
der  schweren  armfeile,  mit  grobem  hieb.   Jacobsso.n  2,  204*. 

HANDFERTIG,  adj.  und  adv.  behend  mit  der  hand,  schnell 
in  einer  mit  der  hand  zu  vollbringenden  arbeit  {nach  fertig  10,6 
tlieil  3,1551):  handfertig,  promtus  manu,  fortis  Stieler  406; 
Schreiber  der  aufmerkende  und  der  handtfertig  sei.  Kirchhof 
müit.  discipl.  231;  dasz  sich  ein  urtheil  ..  nicht  so  schnell  und 
handfertig  fällen  läszt.  Tieck  Cerv.  1,348.  ton  einer  schlage 
gebenden  frau:  über  die  bandfertige  wehrhafte  frau  würde  er 
spotten ;  denn  eine  frau  kann  weder  schimpfen  noch  schlagen. 
Lessing  7,  253.  —  Mundartlich,  in  Ostfriesland,  bedeutet  hand- 
fertig, handfaerig  auch  was  sich  in  die  hand  schickt,  mittelgrosz. 
Fromm.  4,  227. 

H.ANDFERTIGKEIT,  f  alacritas,  fortitudo.  Stiele»  406. 

HANDFESSEL,  f.  manica  ferrea.   Frisch  1,  410*. 

HANDFEST,  adj.  und  adv.  fest  in  der  hand,  in  mdtreren 
bcziehungen. 

1)  einen  handfest  machen,  gefänglich  anziehen,  in  feste  hand 
nelunen,  nach  hand  II,  1,  a  sp.  343 :  werden  sich  nach  authen- 
tischen attestaten  umzuthun  wissen ,  damit  in  ermangelung 
deren  nicht  notbwendig,  selbige  handfest  zu  machen,  corpus 
constit.  Brandenb.-Culmb.  2, 1,  llit9;  einen  handfest  machen, 
catenas  alicui  injicere  Stieleb  471;  die  missethäter  wurden 
handfest  gemacht  und  dem  richter  übergeben.  Hebel  schatz- 
kdstl.  160. 

2)  handfest,  an  die  luind  als  schützende,  verthädigende  (II,  4 
sp.  351)  anqelehnt  und  von  personen  gesa^ ;  dem  lai.  manu  fortis 

25 


387 


UANÜFEST  —  HANDFESTE 


HANDFESTEN  —  HANDGEBEND 


388 


enlspriclU  ahd.  huntstarch,  mhd.  Iiuiitstarc,  erst  apatcr  Iritl  dafüi 
bandfest  ej«; 

dasz  wir  glauben,  ir  Römer  seit 
im  krieg  haudvcste  dapl're  leut. 

AvRER  87*  (418,28  Keller); 

neben  geübten ,  fürsichtigen ,  handtfesten  und  bewehrten 
kriegsrühten.  Kirchhof  milU.  discipl.  149;  {der  feldherr)  redet  .  . 
rilterlicben  thewren  beiden  und  andern  handt-  und  nohtlestcn 
männern  ..  trüsliicb  zu.  158;  durch  euwere  männliche  handt 
und  handtfesle  kecke  niannheit.  207;  ein  handfester  held,  licros 
invincibilis  Stieler  471.  als  titel  in  der  anrede:  ihr  ehren-  und 
handtfeste,  manhafter  beir  oberster  leutenampt,  hauptlcut, 
fähnrich.  Kirchhof  diso.  mil.  222.  daneben  geht  das  ivort  tlieils  in 
den  sinn  kampfgrimm,  wild,  unbändig  über:  handfest,  bandhaft, 
nit  ze  deminen,  indomitiis  Maai.eh  210";  acer  Turnus  der  dapfcr, 
grimra,  handtbaft  oder  handtvest  Turnus  Dasvp.  ;  tlieils  wendet 
es  sich  zu  der  bedeutung  körperlich  stark,  kräftig,  wie  nd.  band- 
fast  stark  an  kräften  Dähnert  173*:  es  ist  {des  saultirten  lochter) 
ein  zumal  fein  handfestes  mensch.  Scliiltbürger  1599  s.  121; 
doch  E^au  ist  ein  handfester  kerle.  Cur.  Weise  comOd.  172 ; 
meine  zwei  bandfesten  cameraden.  Fehenb.  2,  36ö ;  handfester 
kerl.  Pierot  3,  56 ;  da  ist  noch  ein  vorreitcr ,  auszer  einem 
handfesten  kutscher.  Lessing  2, 132 ;  da  es  ihr  allgemeines 
beste  erforderte,  dasz  jeder  bof  im  guten  stände  mit  einem 
handfesten  wirth  und  gutem  spanne  versehen  war.  Müser 
pair.p/ianf.  3  (1798)  254;  ein  ziemlich  dicker,  handfester  kerl. 
Selme  Spaziergang  1,50;  vorzüglich  schnakisch  sab  es  aus, 
wenn  .  .  eine  gruppe  zierlicher  abbaten  .  .  mit  den  hand- 
festen fubrieuten  in  ernsthafte  elbogenkollision  kamen.  96; 
ihre  alten,  bandfesten  kerle  hielten  lange  wieder.  Güthe 
8,173;  der  senior  hatte  ein  paar  bandfesten  Studenten  ge- 
winkt.  Riehl  culturgesch.  7iov.  256; 

und  Qberdiesz 
war  dieser  mensch  handfester  noch,  handgreiflicher 
als  ein  lyrolerjäger.  Platkn  301. 

3)  im  anschlusz  an  die  letztere  bedeutung  wird  bandfest  dann 
tm  sinne  von  liichlig,  kernhaft  überhaupt  gebrauchl :  ehrliche  ein- 
falt.  handfeste  tapferkeit.  Schiller  Fiesko ,  pcrs.  Verzeichnis; 
für  einen  tüchtigen,  handfesten  romanschreiber.  E.T.  A.  Hoff- 
MANN  10,307;  mit  handfester  gemütsart.  J.  Gotthelf  erzähl. 
3,234;  in  die  bedeutung  derb,  grob,  knorrig  überstreifend:  einer 
von  den  eingebildeten  handvesten  pafrioten,  . .  der  den  gc- 
scbmack  seines  Vaterlandes  mit  dem  drescbprügel  rettet. 
Schiller  (bei  Gödeke)  2, 382 ;  auch  auf  begebenheiten  bezogen, 
derb,  wo  es  gilt  den  mann  zu  zeigen:  es  führe  zwar  .  .  der 
Schulz  sehr  starke  hochtrabende  worte,  sei  aber  ein  hase, 
der  seine  frau  schicke  bei  handfesten  vorfallen ,  oder  er 
reiche  eine  lange  scbreiberei  ein.  J.  Paul  pegelj.  l,  33. 

4)  handfest,  an  band  II,  6  (sp.  353)  angeschlossen,  heiszl  aus- 
dauernd in  einer  arbeit,  fleiszig,  emsig,  anhaltend :  navus  bandt- 
fest,  emsig,  fleiszig,  oder  wissenhaft.  Dasyp. ;  handhafl,  band- 
vcst,  der  steif  auf  eim  bleibt,  firnius  accusalor  Maaler  210"; 

das  ist  hantfest  arbcitsamkcit 
und  standhaft  unverdrosscnlieit 
durch  rudern,  rimen,  stoscn,  schalten. 

FiscuART  glücklt.  schiff  29; 

von  einem  harten,  anhaltenden  kämpfe: 

si  tribcnds  aber  zlll; 
dei  ist  inen  drusz  erwachsen 
ein  sülich  liaritvc!-t  spii. 

Halbsctkr  bei  Wackcrnagel  leseb.  (1859)  1117,  12. 

5)  bandfest ,  an  die  gelobende  band  {sp.  331.  358)  angelehnt, 
heisil  unverbrüchlich:  das,  sagt  man,  bab  die  büriii  hinfür  so 
steif  gehallen,  dasz  gcschworner  eid  bei  den  menschen  kaum 
so  handtfest  geballen  werde.  Forer  thierb.  (1583)  2l'.  vergl. 
handfeste  4. 

HANDFESTE,  f  in  mehreren  bedeulungen. 

1)  handf/nff,  handhabe:  capulus  hantfeste  an  en  doere  of 
vynsler  f)iErK?(B.  99*  (rheinldnd.). 

7)  (nach  handfest  4)  gnavia  sirengheit,  handfeste,  cmsig- 
keit  Dahtp. 

3)  bestdiigung  einer  erkldrung  durch  eigenbändige  namensunter- 
tchnft  {tergl.  band  II,  7,  b  tp.  355) :  widerrufte  es  mit  seiner 
hnndfc.tle.  IUltaus  802;  in  weiterem  sinne  die  so  unterschrie- 
bene Urkunde,  handschrift ,  mhd.  hantvestc  wb.  3,275*:  chiro- 
ijrapluu  bantfeHtc  DiErENB.  123*;  namentliüi  auch  öffentliche 
Urkunde ,  ichulzbrief,  privileg ,  verbrieftes  recld  und  geuohnheil : 
der  keyier  . .  gab  darüber  ein  handife.stc  mit  einem  gilldin 
insicgel   veniegclt,   zu  Frankfort   aufgerichtet.    Frani  chrvn. 


(1538)  183 ;  iHid  fischten  nach  dem  laut  ihrer  bandfest.  Henne- 
bercer  landtafel  343 ;  so  findet  man  auch  noch  handfesten 
alda  gegeben.  499;  im  jähre  1233  ist  erstlich  die  culmiscbe 
handfeste  . .  gegeben.  Schütz  Preuszen  18 ;  ob  jemand  klagote, 
das  ihm  seine  Privilegien  oder  handvesten  verkürzet.  119; 
nacbrichten  . .  deren  ächtheit  eben  so  unbezweiielt  war  als 
die  der  .xii  tafeln,  der  handfesten,  andrer  gesetze  und  b'ünd- 
nisse  aus  jener  zeit.   Niebuhr  2,3. 

4)  handfeste  ist  auch  die  bekräftigung  eines  Vertrags  durch 
liandschlag  (.<p.  332);  so  in  Baiern  das  feierliche  eheverlöbnis  und 
das  dabei  übliche  mahl.  Schm.  1,  576. 

5)  daher  endlich  auch  fortdauernde  gcUung ,  unverbrüchlicher 
bestand:  dasz  es  ietz  und  in  künftigen  zilen  kraft  und  liand- 
vesti  bette.  Tschudi  6«  Haltaus  803. 

HANDFESTEN,  verb.  l)  {nach  handfest  l)  einen  übeühdler 
festnehmen.  Schm.  2,  205. 

2)  in  geltung  erhalten,  scliirmen  (s.  handfeste  5) :  Vormünder 
sollen  der  mündel  gercchligkeil  verthädigen  und  handfesten. 
Wirzburgcr  landger.-ordn.  von  1618,  bei  Schm.   1,  576. 

HANDFESTIGKEIT,  f.  tapferkäl,  lüchtigkeU  (s.  bandfest  2 
und  3): 

wo  ist  die  teuzschc  einigkeit, 
deins  heldenmuth  handfcstigkeit, 
die  liebe  zu  dein  selbst  hintiommen. 

tied  V.  1620  im  anzeiger  des  germ.  mus.  1S65,  55. 

HANDFESTUNG,  /".  l)  gefangennehmung,  gefängliche  Ver- 
wahrung {nach  bandfest  1  sp.  386) :  dasz  der  profosz  gemcltcn 
N.  N.  von  N.  sol  in  gehorsamer  handfestung  ncmen  und  iu 
seine  verwarung  füren.  Reuter  v.  Speir  Icriegsordn.  47. 

2)  chirographus  hantfestung  Diefenb.  123';  auch  das  urkund 
lieh  geschützle  recht:  in  dem  ubergebenen  ccssionsbrief  sich  zu 
unsz  gebührender  handfestung,  scbuz  und  schirms  getrosten 
und  undergeben  thuet.    urk.  von  1612  bei  Haltaus  2206. 

HANDFEUERWAFFE,  f  mit  der  hand  zu  führende  feuer- 
waffe  {büclise,  pistol). 

HANDFÖRMIG,  adj.  palmatus:  bandförmige  blätter,  band- 
förmige wurzeln. 

HANDFRAÜ,  f.  die  in  einem  hause  zur  hand  geht,  für  lohn 
arbeitet,  ohne  beständig  in  lohn  zu  stehen;  auch  handweib  ge- 
nannt. RijDiGER  n.  Zuwachs  2,  82. 

HANDFRIEDE,  m.  ßdes  data  utrinque  dextra  ßrmata  pro  pace 
servanda.  Haltaus  2206.    Stieler  563.     mtui.  bantvride: 

da;  her  seit  üjerhalbn  bahn, 
als  e;  schiede  mur  od  tiefe  grabn. 
des  heten  hantvridc  getan 
Gramoflanz  und  Gäwan.    Part.  691,  3. 

HANDFROHNE,  f.  frohndiensl  der  mit  der  hand  geleistet  wird, 
im  gegensalz  zur  spannfrobne.     vergl.  banddienst. 

HANDFRÖHNER,  vi.  der  solche  dietiste  leistet,  handarbeiter : 
handtfröner  Aimon  bog.  F  iij. 

HANDGAUKELEI,  f.:  diesz  war  der  ton,  in  welchem 
Tauperau  ,  nicht  unsere  deutschdenkenden  Jünglinge,  denn 
die  lieszen  so  etwas  nicht  an  sich  kommen,  sondern  unsrc 
junge  brut ,  nicht  ohne  mancherlei  gebebrdung  und  hand- 
gaukelei,  unterrichtete.  Klopstocr  12,  299. 

HANDGAUKLER,  m.  chironomus.  Stieler  G16.  davon  hand- 
gauklerei,  chironomia.  das. 

HANDGAUL,  m.  gaul  der  dem  sattelpferd  zur  rechten  an  der 
deichsei  geht.  öcon.  lex.  920;  der  henker  müszte  darin  oder 
darauf  sitzen,  wenn  ein  geschickter  bereiter  nicht  sein  traiier- 
rosz  so  zureiten  wollte,  dasz  es  sich  recht  gut  zu  einem 
handgaul  des  freudciipferdes  anstellte.  J.  Paul  Titan  1, 16. 

HANDGEBÄRDE,  /".  gebärde,  beivegung  mit  den  luindcn,  nd. 
bandgcbeer  Dähnert  173':  treiben  vil  seltzamer  handgeberd. 
Frank  weltb.  ISS';  ein  götzenpriesler  habe  aus  einem  buche 
gelesen,  und  neben  bandgeberden  etliche  wort  gesprochen. 
Olearius  beschreib,  oricnt.  insuln  (1696)  s.  150.     s.  bandbiirde. 

HANDGEBEN,  n.  als  grusz  und  ausdruck  der  freundlichkett , 
nach  sp.  332 :  so  bald  er  abgestigen  und  ins  gemach  gt-lrellrn, 
da  war  nichts  als  alle  freud,  viel  (aiisenl  willkumui,  vil  hun- 
dert guter  tag,  sitck  voll  grüsz,  ein  solch  baudgehens,  hend- 
scblagen«,  hendtnickens  . .  als  ob  alle  metziger  zu  Lins  auf 
den  viebmarkt  zusammen  kommen  wercn.  Garg.  230*;  u(T  ein 
freundlich»  anscbrn  ,  handtgebcn  ,  küssen,  facet.  facel.  42k  ; 
von  bandgeben  und  küssen  ist  nun  gar  nicht  die  rediv 
Ihmerman,'«  Munclüi.  l,  186. 

HANDtiEBEND,  part.  in  der  formet  bandgcbondc  treue, 
Versicherung  und  bekräftigung  mit  reichung  der  hand,  mich  sp.XVi, 
tijl.  auch  bandgclübde,  bandlrciie:  mit  baiidigebenden  truwen 


3S9 


HANDGEBOT  —  HANDGELÜBDE 


aha  eines  rechten  geschworen  eydt  statt,  vrk.  von  1468  hei 
AscBBACH  gesch.  der  grafen  v.  Wertheim  2,  283;  zum  ersten  habe 
ich  an  eidt  Stadt  mit  handtgebenden  treuen  angelobt  und 
zugesagt.  Urfehde  von  Josl  Pfueler  v.  1580  {archiv  zu  Büdingen) ; 
j<ener  sagts  im  bei  handtgebender  trew  zu.  Kirchdof  u-end- 
vnm.  313";  darauf  soll  auch  ein  jeder  solches  dem  feld- 
marschalk  mit  handgebenden  treuen  zusagen  und  geloben. 
BocELER  kriegsschule  (166S)  s.  3S6.     s.  handgegeben. 

HÄNDGEBOT,  n.  dariHetung  der  hand  zum  grusze:  Pelzius 
versetzte  ohne  grusz  und  handgebot  '  es  hat  nicht  noth '. 
jjvlit.  colica  155. 

HANDGEBRAUCH,  m.  gebrauch  der  bequem  und  zur  hand 
i.-t :  ein  buch  zum  handgebrauch. 

HANDGEBL'NG,  f.  das  reichen  der  hand,  zur  bekräftigung 
eines  Versprechens :  der  friede  ward  fest  gemacht  mit  hand- 
gebung,  als  damals  gewünlich  war.  denn  so  die  beiden  hand- 
gebung  theten,  brachen  sie  es  nicht.  Waissel  chron.  (1559)  8"' ; 
zur  begrüszung:  mit  der  handgebung  seine  excell.  zu  bewill- 
kommen. Simpl.  4,  63  Kurz. 

HANDGEFECHT,  n. .■  nehmet  den  Paris  aus  dem  hand- 
gefecht  mit  Menelaus.  Herder  1, 189. 

HANDGEGEBE.N,  part.,  in  der  fornid  handgegebene  treue, 
gleicher  bedeutung  icie  handgebende  treue:  darzu  haben  wir 
mit  hantgebener  truwen  gelobet,  urk.  v.  141S,  bei  Aschbach 
gesch.  der  gr.  v.  Werlheim  2, 195 ;  obwol  ich  in  ahnnemung 
der  burgkgraven  dienst  vermittelst  handtgegebener  trew  und 
geschwornen  leiblichen  evdls  zugesagt  und  versprochen.  Ur- 
fehde v.  Eckardl  Kleinschmidl  v.  ibll  (archiv  zu  ßiidingen);  und 
haben  wir  alle  mit  dem  eid  und  handgegebner  trew  zusam- 
men gelobet ,  solches  niemand!  zu  zeigen.  Amadis  245 ;  bei 
handgebener  trew.   engl.  kom.  2,  Gg6. 

HANDGEHÖRN ,  n.  .•  handgehurn  wird  bei  einem  hirsche 
dasjenige  genennet ,  welches  oben  etwas  breit  ist  und  die 
enden  daraa  herunter  oder  gleich  beieinander  stehen ,  fast 
wie  die  finger  an  der  hand,  wenn  sie  aus  gestrecket  werden. 
Heppe  jagdlust  (1783)  1, 147. 

HANDGELD ,  n.  geld  was  bei  eingehung  eines  Vertrags  dem 
sich  zu  Icistungen  und  diensten  verpflicIUenden  gegeben  wird,  das 
gleichsam  die  gelobettde  hand  empfangt  {s.  geld  auf  die  hand 
nehmen  sp.  356) :  handgeld  aes  manuariutn ,  arrha  Stei.nbach 
1,  585; 

in  diesen  krieg,  der  wenig  wittwen  macht, 

da  lasz  ich  mich  gleich  ohne  handgeld  werben. 

WiELASD  10,  178; 

da  nahm  ich  handgeld  von  den  Sachsen. 

ScaiLLER  Wallenst.  lager,  6.  auflr.; 
gutes  handgeld  ist  das,  versetzte  Reineke  munter. 
GöTBB  40,  209; 
dat  is  gude  hantgift,  sprak  Reinke  wedder.    Reineke  s.  6210; 

wenn  er  dem  satan  nicht  durchaus  verfallen  ist  mit  hand- 
geld und  reukauf  (if  the  devil  have  him  not  in  fee  simple, 
with  fine  and  recovery).  Sliakesp.  Uist.  ueiber  4,  2 ;  hier  liegt 
das  handgeld  auf  dem  tisch,  womit  du  dich  reisemäszig  aus- 
statten  sollst.  RiEHL  culturqesch.  nov.  411. 

Der  Verkäufer  nennt  handgeld  auch  den  ersten  erlös  an  einem 
tage:  handgeld,  das  erste  geld,  so  ein  krämer  löset.  Frisco 
1, 410*.     vgl.  handkauf. 

HANDGELE.NK,  n.  das  gelenk  an  der  handwurzel.  sprich- 
wörtlich etwas,  eine  arbeit  aus  dem  handgelenk  machen, 
leicht  und  zierlich,  ohne  den  arm  dazu  anzustrengen. 

HANDGELÖBNIS,  n.  gelöbnis  durch  handschlag:  an  eidts 
statt  zur  handgelübnisz  ziehen.  Kirchhof  niti.  disc.  95;  mit 
handtgelübnisz,  sich  auf  tag  und  zeit,  ihnen  bestimmet,  wider 
in  der  feinde  lüger  zu  verfügen.  179;  an  eidts  statt  handt- 
gelübtnisz  thun.  236;  lasset  er  ihm,  sie  alle  und  jeden  be- 
sonders für  sich  selbst  ja  sagen  und  mit  handtgelübtnisz  ver- 
sprechen. 231;  handgelübnusz  an  aides  statt.  Mainzer  land- 
rcrhl  (1755)  6,  §1; 

will  mir  an  eidsut  globen  an, 
dasx  du  wölst  bähen  gheim  und  still, 
wa«  ich  dir  itzund  sagen  will, 
80  sag  mirs  mit  bandglibnusz  zu. 

ÄTB8H  43'  (231,  4  Keller). 

HANDGELTE,  f.  hölzerne  gelte  mü  einer  handhabe,  vomit 
nasser  ausgeschöpft  wird.   Jacobsson  2,  204'. 

HANDGELÜBüE,  n.,  nie  handgelübnis :  darnach  sal  der 
selbe  nun  gekorn  scheffen  den  hern  vom  capitel  auch  hant- 
globde  thun.  weislli.  t,  560  (ron  1509) ;  ob  in  der  heimlichen 
Verlöbnis  gemahlschelze,  hündgelübih- .  v'nh-  ,.■!>•,   t, nicht  ge- 


HA>'DGEMÄCHT— HANDGESCHRIFT       390 

fallen  weren.  Lcther  5,243';  handgelübd  an  eidstatt  nemmen. 
Begenspurger  reiclist.-absch.  von  1577,  §  22. 
HAND  GEMA  CHT,  n.  werk  der  hand: 

(gott)  ist  äurersvoll  aur  dich  ergrimmet; 
doch  wan  du,  als  sein  handgemächt, 
zu  thun  beginst,  wie  sich  gezimmet, 
so  kan  er  auch  barmhärzig  sein.    Roxpler  169. 

H.\NDGEME1N,  adj.  vereinte  bände  habend;  selten  von  zwei 
durch  handreidtung  vereititen  liebenden:  wehe  dem  jüngling,  der 
mit  einer  dirne  handgemein  wird,  wenn  er  nicht  herzgemein 
mit  ihr  zu  werden  in  den  umständen  ist.  Hippel  lebensl. 
1,  211 ;  gewöhnlich  von  streuenden  und  balgenden : 

in  handgemeiner  schlacht  entscheide  die  bewegung. 
SiMROCK  teseb.  47 ; 

und  hier  in  der  Verbindung  handgemein  werden,  cominuspugnare, 
manus  conferre,  pugnis  inter  se  contendere ,  manus  conserere 
Frisch  1,  410'; 

sie  werden  handgemein,  die  degen  blitzen.    Schiller  504'; 
auch  von  verliebten,  unzüchtigen  balgereien :  er  sagte  ihr  einige 
anständigkeiten,  und  am  ende  wurden  sie  handgemein.  Heiüe 
werke  1, 11. 

HA.NDGE.MENGE,  adj.,  wie  handgemein:  als  mitten  unter 
dieser  handlung  ein  theil  römischer  schützen  mit  den  Gothen 
handgemenge  ward.  Mascoü  1,  297. 

HANDGEMENGE,  n.;  ins  handgemenge  gerathen,  ad  manus 
venire,  manus  conserere  Stieler  1269;  darüher  geriethen  sie 
mit  einander  ins  handgemenge.  cou^nmac/ier  107;  und  damit 
beehrten  sie  den  herrn  sprachmeister  mit  einem  handgemenge 
{sie  warfen  ihn  die  treppe  hinab),  maulaffe  246 ;  unser  bist  du, 
und  wenn  der  erzengel  Michael  mit  dem  Moloch  ins  band- 
gemeng  kommen  sollte.    Schiller  räuber  5,  2 ; 

es  wurd  der  schJusz  gemacht  zu  richten  an  ein  jagen, 
in  dem  man  diese  säu  mit  gott  könnt  niderschlagen, 
wenn  gleich  ein  guter  hirscli  ins  handgemeng  mit  kam, 
dasz  man  auch  gleiches  falls  denselbigen  mitnahm. 

Opel  u.  Cohn  27S,  45  (tun  1031); 
hier  schwang  .Schill  das  schreckliche  geschosz, 
dort  lag  der  schilTe  zahlenlos  gedränge, 
hier  tobete  das  handgemenge. 

Schiller  zerstör,  v.  Troja  5. 

HANDGERÄT,  n.  gerät  ßr  den  handgebrauch,  klänes  arbeits- 
gerdl:  behällnis,  worinnen  er  dergleichen  handgeräthe  .  . 
verwahrele.  maulaffe  19.  nd.  handgetau:  der  frawen  hand- 
getauwe,  darmit  sie  sich  heft  genert.    rechlsalt.  580. 

.HÄNDGESCHICK,  n.  gescliick  in  der  hand,  zu  einer  arbeit- 
er  {ein  architeci)  hatte  selbst  viel  handgeschick.  Göthe  17,209. 

HANDGESCHICKLICHKEiT,  f.:  es  gibt  so  gewisse  halb- 
künste,  welche  handgeschicklichkeit  und  handwerkslust  ver- 
langen.   Göthe  27,  233. 

HANDGESCHIRR,  n.  utensile ,  vas  domeäicum.  Serrasüs 
syn.  93*. 

HÄNDGESCHMEIDE,  n.  schmuck,  oder  fessel  um  die  bände, 
s.  geschmeide. 

HANDGESCHOSZ,  n.  kleines  mü  der  einfachen  hand  zu 
regierendes  schieszgewehr  (s.  handgeschülz) :  mit  falkaneticin, 
hacken  und  handgeschosz.  Dürer  befesligung  Bij'. 

H.\NDGESCHRIEBEN,  part.  manu  scriptum :  aus  des  authoris 
handgeschriLenen  büchem.  Wmrz  practica  der  wundarznei  (1612), 
tUel. 

HANDGESCHRIFT,  f.  1)  schriftzüge  der  eigenen  hand,  nament- 
lich eigene  Unterschrift  des  namens:  eigne  handgeschrift,  manus, 
autographum  Maaler  210* ;  handgeschrift  nachmachen,  chiro- 
graphum  imitari  das. ;  auch  hab  ich  ein  brieflin  darumb  von 
im  mit  sein  handgeschrift  und  mit  seim  zeichen.  Rüla.vd  3. 

2)  so  geschriebene  oder  vollzogene  Urkunde,  schuldbrief:  anta- 
poclta,  ein  gegenzedel,  ein  handgeschrift  des  Schuldners  Dasyp.  ; 
du    soll  sye  bezalen  in  dreyerley  weg  . .  zum  dritten  durch 
die  handtgeschrift  oder  schuldbrief.  Keisersberg  bilg.  2';  der 
Schuldner  oder  gelter  der  ein  umb  geliehen  galt  sein  eigne 
handgeschrift  gibt,  chirographarius  Maaler  210*;  handgeschrift 
die   nüt    mer   gilt    oder   kein    kraft  hat,   tnane  chirographum 
factum   solutione   das.;   ich   bitt  dich  das  du  dir  nemest  vih 
oder   die    dienst    {knechte)  und  geest  zu  Gabelo  in  Rages  in 
die   statt   der  .Meder   und  gebest  im  sein  handgeschrift  und 
nemest  von  im  das  gelt,  bibel  1483,235  {Tob.  9,3); 
ich  hab  den  nerhsteit  tag  vergangen 
von  unserm  Herr  vatter  empfangen 
auf  das  heimlichst  sein  handtgeschrift. 

II.  Sacbs  3,  2,  282«. 
s.   iKindsthrifl. 

25* 


391       HAM)GESCHÜTZ  — HANDGREIFLICH 

HäNDGESCHCTZ,  fi.  kleineres,  in  der  hand  zu  führendes 
geschiitz,  im  gegtnsalz  zu  dem  groben,  hakenbüclisen,  karlaunen, 
mörser  u.  a. : 

das  handgesctifitz  het  er  gar  bei  in, 

mit  sampt  zwaien  iiiiecliteD, 

scbiest  drein,  scbiest  drein,  ir  fromme  lanlzl<neclit! 

Soltau  volkst.  2'Jü  (Iti.  jahrh .) ; 
s  handgeschütz  gieng  wie  ein  lia^el. 

Körner  wlksl.  156; 

auch  die  Spanier  habe  er  zum  gebrauch  des  handgeschützes 
angeleilet.    Ranke  deutsche  gesch.   1, 236. 

HAiNDGESCCHT,  ii.  handgichl:  bantgesücht  chiragi-a  Scbm. 
3,195;  chiiagra,  bandlgesicbt.   GEn^oonr  feldb.  d.wundarzn.'j'j. 

HA>DGt\VEHU,  n.  kleinere  schieszuaffe,  wie  handgeschiilz: 
unter  dreimahliger  lösung  des  bandgewehrs  der  see  über- 
geben. Felsenb.  4, 8S;  aus  dem  handgewebr  eine  herrliche 
salve.  4.124;  vorralh  von  handgewebr.  4,126. 

H.\NDGE\VE1H,  n.  handfOrniiyes  geweih  des  Hirsches.  Beulen 
jagdcalech.  254.     vergl.  handgehiirn. 

HAiNDGEWERBE,  n.  hanäwerk:  wenn  aber  die  handgewerbe 
wo!  floriren  und  im  schwänge  gehen,  so  musz  denn  auch 
das  gemeine  wesen  in  gutem  aufnehmen  sein.  SciitppitJS  538 ; 
(der)  das  unscheinbarste  handgewerbe  mit  treue  treibt.  Fichte 
ontp.  z.  sei.  leb.  151. 

HANDGEWINN ,  n.  erlangung  eines  gegenständes  in  seine 
gewall  {vergl.  hand  II,  3  sp.  351) :  wanne  ein  man  . .  begerl 
vom  berrn  off  seinem  schollisz  dat  guidt  zo  hand  gewinnen 
ind  werven ,  dasz  sali  ime  der  herr  off  schollisz  gunnen, 
und  vur  dat  handgewin  sali  der  man  ind  vrawe,  die  op  den 
hoeven  wonnen.  geven  gelick.  weislh.  3,63;  dat  guid  zum 
handgewinn  zu  lösen.  64. 

HANDGIFT,  f.  gäbe  der  hand,  geschenk ,  verlähung,  mhd. 
hantgift  wb.  1,  510*; 

die  im  bi  gestuonden 

den  git  er  volle  plnionden 

in  siner  eigenen  stifte 

mit  leider  hantgifte.    Martina  159,  106; 

icie  handgeld,  das  erste  geld,  das  einer  in  seinem  berufe  löst: 
[ein  arzt  spricht)  dort  kiimpt  eben  ein  kranker  man, 
der  thul  an  zweien  krucken  gan, 
der  wirdt  mir  gleich  die  handgift  geben, 
er  kumbt  mir  warlich  gleich  und  eben. 

H.  Sachs  3,  2,  211'; 
auch  neujahrsgesclienk :  slrena  hantgift  Dief.  555'.  —  Ein  still- 
schweigend ohne  zu  fordern  gegebenes  geschenk  hcill  nach  dem 
Volksglauben  gewisse  krankheilen,  darauf  bezieht  sich  wol:  die  do 
glauben  an  handtgift,  new  jar,  oder  wenn  in  hasen  oder 
ichl  anders  begegen  oder  über  den  weg  laufen,  an  verworfen 
tag,  zeit  und  stern  lauf  (denen  soll  das  abendmahl  nicht  gereicht 
werden),  fasln,  sp.  14C3. 

HANDGIFTENG,  f.  reichung  der  hand  bei  einem  gelöbnis: 
welches  auch  der  rath  durch  würdige  handgiftung  angelobet, 
stet,  feste  und  unversehret  bei  kraft  und  macht  also  zu 
ballen.    Schütz  Preuszen  197. 

H.\NDGLE1CH,  n.  gelenk  an  der  hand:  aber  dasselbige  bein 
(ein  an  der  hand  ausgetretener  knochcn)  ist  nicht  mehr  ange- 
wachsen, wie  es  zuvor  gewesen,  dann  es  nach  der  beilung 
sich  allzeit  bewegen  liesz:  es  ist  aber  auch  an' demselbigen 
liandgleich  unverbinderiich  gewesen  {hat  das  handgclenk  in 
ninem  gebrauche  nicht  gehindert).  WtuTZ  wundarzn.  151. 

HANÜGHANATE,  f.  kleinere,  mit  der  hand  geworfene  granate. 
bildlich  auch  ron  geworfenem  und  beim  werfen  zerplatzendem 
pferdekol.    Siegfr.  v.  Lindenb.  (iTUO)  1, 167. 

HANÜGHEIFEICH,  adj.  und  adv.,  in  zwei  bedeulungen. 

1)  acliv  und  von  personen  gesagt,  mit  bänden  greifend,  so  bei 
IhdUichem  streite:  nach  vielem  Wortwechsel  wurden  die  Par- 
teien handgreiflich; 

und  Qberdiesz 
war  dic«er  mensch  handfester  noch,  handgreiflicher 
all  ein  lyrulerjager.  Platin  301; 

auch  in  obicünem  sinne  handgreiflich  werden. 

2)  pasnv,  was  sich  viil  Händen  greifen  laszl,  greißar :  einen 
sehr  !«icbtbaren  und  handgreiflichen  Zuwachs  von  fremdem 
gfldc,  bi  UMADER  3, 76 ;  wie  zürnte  er  ilzt  über  sich  selbst, 
dasz  er  thuricbt  genug  habe  sein  können ,  in  ein  so  sicbt- 
IniiM,  Hl)  hxadgrciflicbcs  netz  sich  verwickeln  zu  lassen. 
V»  iA?iü  2,18»;  der  aberglaubc  ist  die  pocsie  des  lebens, 
lic.le  erfirwi""  '■■'  ■  •lildclc  wesen,  und  zwischen  dem  wirk- 
lirlun,  ii.i  ihnen  sie  die  sellxamslen  beziebimgen. 
•  juTHt    45.'.                       !irikl,    il:is/    iiii   es  imkIi  um   n /.ililiinpj- 


HANDGREIFLICH — HANDGRIFF 


392 


weise  vorbringe.  M.  nur  erzählungsweise  ?  ich  dächte ,  es 
wäre  handgreitlich  genug.  14.282;  in  diese  anscheinend  geist- 
liche armut  mischt  sich  der  dem  landvolke  ureigne  zug  hin- 
ein :  dem  kurzen  und  gedrängten,  dem  markigen  und  hand- 
greiflichen überall  den  vorzug  vor  seinem  gegeiilbeil  zu  geben. 
cianyel.  kirchenzeit.  1800  s.  685;  daran  auch  bildlich,  derb,  an- 
sf/fö H/icÄ;  solche  redensarten  musz  man  nicht  würllicb  nehmen, 
da  sie  nichts  anderes  als  die  handgreifliche  bezeichnung  eines 
besouders  sichern  zuslandes  sein  sollen.  Sciii.osseh  wcUgesch. 
5,  247.  —  Besonders  häufig  aber  wird  handgreiflich  (nach  der 
formel  etwas  mit  banden  greifen  können  sp.  341)  im  sinne  von 
offenbar  gebraucht:  handgreiflich  manifeslus,  aperlus  Steinbach 
1,  039;  woraus  dann  handgreiflich  abzunehmen  gewesen,  dasz 
etwas  an  der  sache  sei.  Simil.  2, 187  Kurz;  so  viele  abgöt- 
tisclie  Völker,  welche  sieb  eben  so  handgreiflich  haben  hinter- 
geben lassen,  als  die  Scheschianer.  Wiela.nd  6,225;  die  ge- 
reimtesten und  handgreiflichsten  lügen.  4,236;  das  allegat  . , 
ist  handgreiflich  .  .  abgescbmiert.  Lessing  11,  527 ;  darum 
liesz  er  sich  mit  der  lieben  Justiz  niemals  ein,  wenn  er  nicht 
gewisz  war,  dasz  sein  sieg  auch  dem  viereckigtsten  dumm- 
kopf  handgreiflich  sein  müsse.  Siegfr.  v.  Lindenb.  2,102;  eine 
handgreifliche  miszdeulung  des  begriffs  vom  sinnlichen.  Kant 
3, 346 ;  A.  hier  ist  ein  misverstand.  Z.  ein  handgreiflicher. 
Schiller  fiwio  4,  4;  so  ist  der  irrthum  handgreiflich.  Niebüur 
2,86;  das  handgreiflich  unwahre.  Göthe  31,222;  betrog  hand- 
greiflich. ,1.  GorrnELF  erzählungen  3,329. 

HANDGREIFLICHKEIT,  f.  nach  handgreiflich  1:  wenn  der 
alte  herr  böse  wird,  und  es  käme  etwa  hier  zu  einigen  hand- 
greiflichkeiten.  Kotzebue  wcricc  20,  49. 

HANDGRIFF,  m.    l)  griff,  angreifen  mit  der  hand:  Johannes 
sorget  nur  für  seine  jünger,  wie  sie  doch  aus  ihrem  falschen 
Wahn    möchten   gebracht ,   und    von  Christo   selbst  auf  den 
handgriff  und  augenschein  geführet  werden.  Otho  35; 
haut  die  metallen  aus.    legt  eure  kunst  daran 
durch  handgritl'  und  die  glut.    Fleming  85. 

2)  die  spur  eines  solchen  griffs:  in  diesem  walde  hätten 
früherhin  wilde  leute  gehaust,  deren  handgriffe  man  noch  in 
den  steinen  sähe.  Grimm  d.  sagen  no.  167;  welche  leiter  ich 
selbst,  nicht  weniger  des  gemsensteigers  schwarze  handgriff 
auf  den  weiszen  güttern  (gittern)  der  galerei  gesehen.  Gümpelz- 
haimer  de  exerc.  acad.  306. 

3)  in  verengtem  sinne  ist  handgriff  beim  handarbeiler  und  liand- 
werker  das  angreifen  und  bearbeiten  eines  gegenständes  nach  ge- 
wissen regeln,  und  das  sich  hier  zeigende  geschick:  er  sieht  seine 
vierzig  gesellen  den  tag  über  arbeiten,  beurtheilet  dasjenige, 
was  sie  machen,  verbessert  ihre  fehler,  zeigt  ihnen  vortheile 
und  handgriffe.  Moser  patr.  phant.  l  (1799)  37;  weil  sie  sich 
meistens  nicht  über  den  begriff  mechanischer  fertigkeiten 
erheben  können,  und  denken,  wenn  sie  nur  den  handgriff 
besäszen,  so  wären  keine  weitern  Schwierigkeiten  für  sie 
vorbanden.  Göthe  44,274;  werden  blosz  auf  die  handgriffe 
angewiesen.  276. 

handgriffe  bei  den  Soldaten,  die  kunstmäszige  handhabung  des 
gewehrs:  handgriffe  mit  dem  gewebre,  maniement  des  armes, 
sind  Übungen,  zu  welchen  man  die  Soldaten  anhält,  um  ihnen 
eine  gute  Stellung  beizubringen  und  mit  dem  gewebre  wohl 
umgehen  zu  lehren.  Eggers  kriegslex.  1  (1757)  1143;  die  hand- 
griQ'e  des  Offiziers  mit  dem  sponton,  der  fahiijunker  mit  der 
fahne,  und  der  unterofficiers  mit  dem  kurzgcwebre.  1144. 

4)  daher  wieder  in  freierer  anwendung,  geschickte  Handhabung 
einer  sache,  einer  kunst  oder  arl,  und  vortheil  den  eine  solche 
gewährt:  der  aus  erfahrung  ein  ampl  verwaltet  der  ist  besser 
dann  der  es  ausz  büchern  tbut,  es  liegt  viel  am  handgriff. 
Lehmann  205 ;  durch  tausend  geschickt  verborgene  handgriffe. 
Wiei.anü  6,168;  ob  der  berühmte  handgrif  'abslraclio'  ... 
hier  nicht  zu  appliriren  wäre.  Clalüius  3,  23;  eine  verborgene 
kunst  in  den  tiefen  der  menschlichen  seelc,  deren  wahre 
hundgriffe  wir  der  naiur  schwerlich  jemals  abratben  werden. 
Kant  2,100;  ein  ökonomischer  handgriff  der  Vernunft,  um 
sich  mühe  zu  ersparen.  408;  diese  grundsälze  führen  direct 
und  nicht  blos  als  handgriff  der  metbode  ihre  empiVbluiig 
bei  sich.  .103;  dieses  ist  der  gewöhnliche  handgriff  der  Über- 
redungskunst. r>,  230;  die  polilik  blos  auf  handgriffe  der  klug- 
heit  gründen.  453,  die  handgriffe,  wonach  sich  die  menschen 
unter  einander  bebandeln.  10,9;  zwar  weisz  ich  wohl  wie 
schwer  es  hält ,  doch  müssen  sie  nach  und  nach ,  dm  eh 
nachdenken    und    übuiig,    dem    drninuli'^cben  melier  so  nIcI 

Ii.'iijiIl'iiHi'    :ilu'.'\(ji>ii.'fi      .l'iv/    ,■.>■!;<.    .,t..l   ,..\„..  • I,.,  I...  .r,,.,. 


393 


HAÄDGROB  —  HAXDH  ABE2i 


HANDHABEN 


394 


I 


mung  nicht  gerade  zu  jeder  Operation  nöthig  sind.  Göthe 
an  Schüler  820. 

5)  handgriff  für  handhabe  an  einem  gefäsz  oder  andern  dinge 
begegnet  su  frühest  niederdeutsch:  remi  manubrium  de  hantgreep 
am  reemen  Chytraeds  nom.  c.  34,  und  ist  erst  später  im  hoch- 
deutschen nachzuweisen:  handgriff  an  einem  gefäsz,  das  man 
tragen  kan,  ansa  Feisch  1,411';  handgriff  an  einer  thür  sie 
zu  zu  machen  das.;  der  handgriff  eines  degens. 

HÄNDGROB,  adj.  von  grober  handarbeit  gebraucht :  in  einigem 
knechtischem  oder  handgroben  werk.  Pbilander  (lugd.)  5, 51. 

HÄNDGUCKER,  m.  Wahrsager  aus  den  linien  der  hand  (s.  spalte 
329  oben):  der  Student  war  ein  halber  stern-  und  handgucker. 
Jucundiss.  136 ;  ich  bin  kein  chiromant  oder  handgucker,  aber 
ich  bin  ein  prosopomant  oder  gesichtsgucker.  Klopstock  12, 120. 

HANDHABE,  f.  mhd.  hanthabe, 

1)  {nach  habe  2  sp.  42)  griff,  heß,  henkel  an  einem  gegen- 
stände, womit  es  an  der  hand  gehalten  werden  kann:  capulus 
heize,  hanthaba  Prager  glossen  des  li.  jahrh.  bei  Halft  3, 4' o'; 
capulus  et  capulum,  ein  heft  oder  hanthabe  Sebranus  ditl.  d  2" ; 
capulae,  ein  geschirr  mit  handthaben  das.;  manubrium,  ein 
heft  oder  handthabe  o2';  ansa,  ansula,  capulus,  manubrium 
handhab  älberus  dict.  Al';  das  zweit  war  geweit  (gerundet) 
wie  ein  handhab  an  eim  algäuischen  körblin,  Garg.  274' ;  und 
in  dem  schlug  er  sie  mit  der  handthaben  des  spiesz  . .  auf 
das  haupt.  Amadis  266 ;  von  einer  groszen  kleidertruhen  mit 
einem  zweifachen  schlosz  und  handhaben.  Frankfurter  taxordn. 
von  1623;  handhabe  an  einem  pQuge  sliva  Stieler  723;  ob 
die  handhaben  am  sarge  überzinnt  oder  übersilbert  waren. 
Mdsäus  volksm.  (1805)  3,  28S;    handhabe,  griff  an  einer  thür: 

und  wer  do  ging  ausz  und  ein, 

es  wer  fru  oder  spet, 

das  man  mit  der  hanthab  auftet.    fastn.  sp.  101,  32. 

der  plur.  handhaben  ungewöhnlich:  ir  haut  wirt  gebraucht  zu 
den  handhaben  oder  haften  der  Schwerter.  Foreb  fischb.  81*. 
veTiji  auch  handhebe. 

2)  bildlich,  von  einer  ehefrau :  sie  ist  ein  handhab,  sein 
hauszhab,  sein  brustgeselj ,  sein  wärrapfann.  Garg.  72*;  ein 
riciiter  wird  eine  handhabe  der  gerechtigkeit  genannt;  gott 
erhalte  nur  den  schmidt  bei  guter  gesundheit,  der  die  hand- 
haben an  die  gesetz  und  Ordnungen  gottes  machet.  Schcppids 
181.  Namentlich  die  neuere  spraclie  braucht  handhabe  für  etwas, 
woran  ein  Vorschlag,  eine  Untersuchung ,  Unternehmung,  behand- 
lung  angelehnt  werden  kann,  angriffspunkt:  unfähig,  irgend  eine 
handhabe  zu  ergreifen ,  mit  denen  man  die  geschäfte  des 
gemeinen  lebens  anfaszt.  Göthe  16,151;  etwas  ungewöhn- 
liches, vielleicht  gerährliches  zu  unternehmen,  hatte  ich  zwar 
Verwegenheit  genug  ..  allein  es  mangelte  mir  die  handhabe 
es  anzugreifen  und  zu  fassen.  24,  261 ;  es  {das  stück)  übrigens 
aufs  deutsche  theater  zu  heben,  sehe  ich  noch  keine  hand- 
habe, an  Schiller  820;  und,  wenn  ich  so  sagen  darf,  jede 
handhabe  der  natur  zu  ergreifen.  Stolberg  9, 268 ;  so  ist 
dieses  seltsame  gefühl  eine  handhabe,  bei  der  man  bequem 
die  menschen  ergreifen  kann.  Tieck  7,318;  an  der  seligen 
ewigkeit  selber  ist  keine  andere  handhabe  als  der  augen- 
blick.  J.  Padl  Titan  1,17;  eine  ganze  schwere  weit  an  der 
handhabe  eines  blicks  zum  durstigen  herzen  zu  heben.  1,151; 
schmutzige  handhaben  des  eigennutzes.  nachdämmer.  80;  an 
einer  menge  schwerer  matcrien,  woran  euch  alle  handhaben 
abbrechen,  hält  blosz  die  des  scherzes  fest.  uns.  löge  2,113; 
ein  nachen  auf  dem  wasser,  ein  abendtisch,  ein  gemälde  der 
dichtkunst  an  der  wand  und  die  windharfe,  und  am  morgen 
die  morgensonne  —  an  diese  handhaben  der  kürperwelt 
werden  die  aussprüche  gehangen,  kl.  bücherschau  1,  174. 

3)  handhabe  =  handhabung,  wie  schon  mhd.  hanthabe  wb. 
1,602*:  handhabe  el  handhabung  etiam  vocant  manulenentiam 
i.  e.  defennonem.  Stieler  723. 

4)  handhabe,  m  der  analomie,  der  oberste  iheil  des  brustbeins. 
Vi  uclchem  auf  beiden  selten  eine  höhle  befindlich.  Frisch  1,411*. 

HANDHABEN,  verb.  in  mehreren  bedeutungen,  der  form  nach 
lunäclist  an  handhabe  angeschlossen,  daher  mit  dem  praH.  hand- 
habte, während  infinitiv-  und  participial formen  des  praes.  wie 
des  praet.  öfter  die  composition  auflösen  und  für  zu  handhaben 
bandzuhaben,  für  gehandhabt  handgehabt  lauten:  diesen 
meinen  letzten  willen  handzuhaben.  Lutuer  3,  421*;  uns  und 
ansere  dieneiin  handzuhaben.  Weckherlix  854;  ein  regent 
dem  di  gerechtigkeit  zu  bedinen  und  hand  zu  haben  befohlen. 
BuTSCHKT  hd.  kanzl.  294;  dasz  er  ..  die  ganz  Christenheit  mit 
aufrur  betrübt,  und  alle  meineidige,  mörder,  kirchenräuber, 


brenner  und  landschelmen  hand  gehabt,  bienk.  219';  hand- 
gehabet, lob-  u.  dankabc  23; 

2u  Joseph,  der  sein  eigen  recht  zu  deuten 
und  tiandzubaben  wetsz.    Blcxacer  I,  173. 

Die  bedeutunijen  von  handhaben  sind  manigf acher ,  als  ton 
handhabe  belegt  werden  können,     das  wort  sagt  aus 

1)  fest  fassen,  halten,  anhalten :  wäre  d;  uns  ein  kilchher  in 
disen  obgeschribnen  stucken  und  artikeln  nüt  genuog  tätt, . . 
so  möchtin  die  vorgenanten  undertanen  die  vorgeschribnen 
zehenden  handhaben  und  inn  hau  zuo  den  rechten,  weisth. 
4,355  [von  1436);  einen  handhaben  und  erwütschen,  gewallige 
hand  an  einem  legen,  intenlare  manus  alicui  Maaler  210*;  und 
hieran  schlieszt  sich:  kain  volk  uff  erden  ist,  das  sie  {die  Juden) 
mit  gröszem  fryhaiten  handthabt  und  underschleuft  dan  die 
cristen.  Reccblix  augensp.  5*;  soll  man  denselbigen  hand- 
haben und  fahen.   Haltaüs  806. 

2)  daher  ein  ding  beim  rechten  ende  anfassen ,  kunstmäsztg 
führen  und  gebrauchen:  dasz  man  ..  ieglich  ding  nach  seiner 
natur  und  beschaffenheit  tractiren  und  handhaben  soll.  Lok- 
mans  fab.  27;  das  Werkzeug,  das  er  zu  handhaben  hat,  ist 
ihm  eingehändigt.  Göthe  22,160;  sie  tadelten  den  entwurf 
als  nicht  kunstgerecht,  und  als  der  alte  einen  augenblick 
nicht  aufmerkte,  handhabten  sie  diese  säubern  blattet  als 
brouillons.  26,  20; 

s  kann  einer  ein  rechtschaffner  kavalier 

und  ehmann  sein,  und  doch  die  spitzen  dinger, 

die  räthsel,  just  nicht  handzuhaben  wissen. 

Schiller  Turandot  2,  1 ; 
mein  ganzes  leben  lang  hab  ich  den  bogen 
gebandhabt,  mich  geübt  nach  schützenregel.    Teil  4,  3, 
schnell  fertig  ist  die  Jugend  mit  dem  wort, 
das  sciiwer  sich  handhabt  wie  des  messers  schneide. 

Wollenst,  tod  2,2, 
.  .  Uarmonides  söhn,  des  künstlers,  allerlei  knnstn-erk 
handzuhaben  geübt.  Bi^RCSR  220'; 

auch  freier ,  in  bezug  auf  personen :  also  machen  es  vil  mit 
ihren  freunden;  weil  sie  sich  auf  sie,  wie  auf  einen  stab, 
steuern  können,  halten  und  handhaben  sie  selbige.  Bctschkv 
Palm.  311;  die  klugheit,  mit  welcher  man  die  narren  hand- 
haben kann.  Käst  10,301;  medisantinnen  ..  die  dergleichen 
volk  in  empfang  nehmen  und  handhaben.  J.  Paul  biogr.  belust. 
1,113;  böse  characlere  ..  werden  tapfer  gehandhabt,  flegelj. 
1,  20 ;  und  hier  auch  reflexiv  sich  handhaben  sich  führen,  sich 
bezeigen:  wenn  der  Schriftsteller  in  der  vorrede  ..  sich  sogar 
scheu  und  matt  handhaben  rausz.  uns.  löge,  vorrede  29.  — 
Eigenlhümlich  in  dem  folgenden:  es  ist  . .  eine  bekannte  sache, 
dasz  er,  als  seine  älteste  Schwester,  ihm  zum  ärger,  in  das 
bildschöne  wachslärvchen  ihrer  schon  abgetragenen  puppe 
mit  der  scheere  einstach,  er  auch  das  schwesterliche  gesiebt 
und  haar  bedeutend  handhabte  (mit  schlagen  und  raufen  bear- 
beitete), komet  1,16.  namentlich  häufig  ist  haaAhahen  gebraucht 
von  der  berufsmäszigen  führung  und  Schlichtung  der  rechtslidndel. 
von  der  rechten  ausführung  der  gesetze:  also  regiert  David  über 
das  ganz  Israel,  und  handhabet  gericht  und  gerechtigkeit  alle 
seinem  volk.  i  chron.  19,14;  das  du  recht  und  redlichkeit 
handhabest.  2  chron.  9,  8 ;  wol  aber  dem ,  der  das  gesetze 
handhabet.  Sprüche  Sal.  29,18;  fürsten  werden  herrschen,  das 
recht  zu  handhaben.  Jes.32,1;  die  gerechtigkeit  handhaben. 
Kirchhof  wendunm.  465';  damit  . .  gericht  und  recht  gehand- 
habet und  gefürdert  werde.  Sehillbürger  1599  s.  98 ;  recht  und 
gerechtigkeit  wird  der  Deutsche  allzeit  gegen  die  ausländer 
handhaben.  Klopstock  12.  86;  wie  das  recht  gehandhabet 
würde.  VVielaxd  7, 138 ;  die  gesetze  zu  handhaben  und  zu 
vollziehen.  7,194;  ähnlich:  wenn  sich  der  kirchenglaube  nur 
durch  die  regierung  zu  ihren  zwecken  gut  handhaben  läszt. 
Käst  1,251. 

3)  darum  wieder  etwas  aufrecht  erhallen ,  halten ,  ausführen : 
handhaben  praehendere,  conservare  Serrasus  syn.  93*;  ein  ge- 
machte pündtnusz  halten  und  handhaben,  foedus  iclum  obser- 
vare  Maaler  21o';  sein  ansähen  handhaben,  sein  wirde  er- 
halten und  retten,  dignilatem  teuere  das.;  einen  stand  band- 
haben, conservare  ordinem  Steisbach  1,660;  warumb  strafft  er 
dann  die  papisten  nicht,  so  der  priester  ehe  verdammen  und 
die.  hurerei  widdcr  gott  und  ehre  handhaben.  Albebcs  widder 
Jörg  Witzeln  F3';  und  sonderlich,  so  wil  ich  ,.  desz  heiligen 
reichs  peinlich  gerichtsordnung  getrewiich  geleben  und  nach 
meinem  besten  vermögen  halten  und  handhaben,  richlereid. 
Carolina  art.  3;  .also  schütte  golt  aus  jdermann  von  seinem 
hause  und  von  seiner  erbeit,  der  dis  wort  nicht  bandhabet, 
das  er  sei  ausgeschüttelt  und  leer.  Neh.  b,  13 ;  sie  sind  gottes 


395 


HANDHABEN 


HANDHABEN — H  ANDII  ABER 


396 


diener,  die  solchen  scLiitz  sollen  band  haben,  liüm.  13,6; 
es  ist  ein  ge<ing  ding,  solche  ehr  (der  rilterschaß)  zu  em- 
pfahen,  aber  sie  handziihaben ,  wie  es  sich  gebürt,  ist  be- 
schwerlicher vielleicht  dann  du  nicht  vermeinest.  Amadis  4^ ; 
damit  sie  ires  abtalls  gestrafft,  und  die  freundtschafft  . .  bisz 
in  den  todt  gehandhabt  werden.  53;  aber  gott,  der  gerechte 
allmechtige  herr.  verdrüszig  über  dieser  greuwiichkeit,  welche 
so  lange  zeit  dieser  hurenführer  zu  miszfallen  und  schaden 
vieler  ehrlicher  leut  gehandthabt.  73 ;  derowegen  ich  lausend- 
niahltäusend  danksagungen  gen  himmel  sende,  das  gott 
meines  Icbens-lauf  so  lange  zu  seinen  dienslen  zu  gebrauchen 
aufgehallcn:  so  handhabe  ich  solches  ferner  zu  meiner  Selig- 
keit. ßuTSCHKY  hd.  kanzl.  98;  welche  der  colonnen  (auf  dem 
rückzuge)  bei  der  dreifachen  kreuzung  vorangehen ,  welche 
warten  sollten ,  war  nicht  bestimmt ,  oder  wurde  in  keiner 
weise  gehandhabt.    Königeb  vCdkerschlacld  bei  Leipzig  118. 

Statt  der  transitiven  conslrudion  wird  eine  praeposition  ver- 
wendet, das  wort  ist  dann  durch  aushalten,  beharren  zu  um- 
schreiben :  ob  einer  sach  handhaben ,  und  darob  beharren, 
asseverare  de  re  aliqua  Maaler  210*. 

4)  in  eingeschränkterem  sinne,  auf  einer  ineinung  bleiben,  seine 
meinung  darthun,  in  streitigen  sqchen :  das  heilig  geistlich  recht 
sagt  ...  das  der  glaub  der  alten  bücher  musz  durch  die 
hebräisch  geschrift  gehandthabt  werden  (velenim  librorum  fides 
de  hebraeis  voluminibus  examinanda  est).  Reuchli.n  augensp.  13' ; 
wo  ir  wolt  handthaben  und  sagen,  dasz  ich  euch  zu  viel 
und  unbillich  gethan  . .  so  wil  ich  euch  also  bar  durch  den 
kämpf  das  widerspiel  beweisen.  Amadis  289;  der  hertzog  .. 
hat  meiner  blutsverwandten  einen  one  alle  ursach  und  belei- 
digung  umbgebracht.  derwegen  ich  ihm  handthaben  wil,  dasz 
er  ein  verrähter  und  böszwicht,  und  in  mit  gewaltiger  band 
dahin  dringen,  dasz  er  solches  durch  sein  eigen  mund  sagen 
und  bekennen  musz.  386;  vor  disen  übermenschlichen  Schön- 
heiten hand-zu-haben,  dasz  unser  geschlecht  dem  manlichen 
SO  weit  als  die  himmel  der  erden  vorzuziehen.  Weckherlin  851 ; 

hernach  handhab  ich  dir,  mit  waffen  in  den  händen, 
dasz  ich  die  Wahrheit  red  allzeit  an  allen  enden. 

D.  v.  D.  Werder  Ariost  30,  85,  5. 

5)  handhaben,  aufrecht  hallen,  unterhalten,  unterstützen,  zum 
bestehen  eines  beitragen :  einen  evangelischen  prediger  verschaffen 
und  denselben  handhaben.  Luther  6r.  2,396;  so  ist  ja  öffent- 
lich ,  das  die  regenten  schuldig  sind ,  schulen  anzurichten 
und  zu  handhaben.  Melanchthon  anrichtung  der  lat.  schul  (Bonn 
1543)  bl*;  ein  bettler  sagt  zum  kaiser:  und  ich  hit  euch  um 
des  heiligen  grabs  willen,  das  ir  mich  handhabent.  Aimon 
bog.  rj;  für  etwas  sorgen:  die  landgüter  handhaben,  admini- 
strare  praedia  Steiisbach  1,  660 ;  der  menschen  bestes  hand- 
haben, hominum  commoda  tueri   das.; 

ob  dein  zepier,  stab  und  crone 
vorhin  in  den  staub  verfiel; 
doch  setzt  der,  der  reich  und  throne 
handhabt,  deiner  angst  ein  ziel. 

A.  Grtphius  1698,  1,  147; 

'willst  du,  was  doch  genesene  preisen, 

das  eisen  und  handhabende  weisen 

so  ganz  entschieden  nichen  und  has.^en? 

da  gott  mir  höhere  menschheit  göimte, 

mag  ich  die  täppischen  elemcnte 

nicht  verkehrt  auf  mich  wirken  lassen.    Göthb  3,264. 

C)  am  häußgsten  in  den  altern  quellen  lieiszt  handhaben ,  in 
lezxju)  auf  personen  undreclüe,  vertlietdigen,  schützen,  scliirmen  (vgl. 
band  11,4  sp.3h\):  defendo  ich  handhab  Aluerus  dict.  Al';  so 
sol  sy  ein  herr  handhaben  und  schirmen  als  sin  eignen  lüt. 
weisth.i,i9  (von  1412):  und  sprachent  sit  des  males,  das  sie 
gesworn  bettend  des  closters  schaden  zuo  ruegende,  als  davor 
ge.schriben  stoet,  so  wollen  wir  onch  das  dosier  dabi  hand- 
haben. 5,  4'»s  {V.  1423);  sie  hallen  einen  schuUherrn,  der  sie 
\vfj|  handhaben  künde.  Luther  4, 153';  die  personen  wider  ein- 
zu.set2cn  (in  die  klöiter)  und  zu  handhaben  bei  iren  regeln. 
.•■.,  U3*;  köufern  zu  vertreten  und  bei  seinem  erkauften' gut 
zu  handhaben.  Frankf.  reform.  11,10  §2;  er  wolle  ihn  hallen 
wie  einen  pilschaftring,  sagt  ihm  gott  zu,  ..  verheiszt  ihm 
alxo,  er  wolle  ihn  kräftig  handhaben,  niemand  soll  ihn  aus 
Hpincr  band  rciszen.  Otiio  l ;  der  obrigkeit  fürncmsles  amt 
ul  . .  die  froniincn  handhaben ,  die  bit.-en  strafen.  Hcincclic 
fiiclu  (Hiiaitck  JtlJH)  *.  19;  der  gebcr  alles  guten  wolle  ihn 
darinnen  (im  amlr)  mit  seinem  machtarm  erhallen,  und  mit 
behurlirhi'ii  Klükitchikkungcn  handhaben.  fiuTHCHKV  hd.  kanzl. 
;>tu;  »Mchrl  auch  die  frcihcit  der  übrigen  slaaten  zu  band- 
luilicn.  lieiLMA»  Thucyd,  140;  billig  bandhabcl  also  der  landes- 


herr  den  ersten  miiller,  und  versaget  allen  andern  die  er- 
laubnis,  dergleichen  zum  nachtheil  des  erstem  zu  erbauen. 
.Moser  patr.  phanl.  2  (1798)  272; 

weil  ich  keinen  schütz  von  den  kan  haben 
ate  mich  sollen  itzt  vor  gwalt  handhaben. 

P.  Hebhuhn  Susanna  2,  258; 
wan  dan  mich  allzeit  zu  erlaben  .  . . 
und  sicherlich  auch  hand-zuhaben, 
du,  0  mein  got,  so  förtig  bist.    Weckherlin  13; 
der  höchste  herr  und  hersclier,  dessen  thron 
ist  ewig  vösl,  von  seinem  berg  Syon 
wöll  (segnend)  dich  und  deinen  thron  handhaben.    79. 

In  gewöhnlicher  anwendung  sind  feste  formein,  schützen  und 
handhaben,  schirmen  und  handhaben  u.a.:  wir  müssen  uns 
des  erwegen  imd  frülich  dazu  sein,  wenn,  die  uns  am  nehestcn 
sind ,  uns  feind  werden ,  die  uns  schützen  und  handhaben 
sollen.  Luther  4,36';  das  man  solle  ihr  messen  und  ander 
gottlos  wesen  handhaben  und  schützen ,  das  ist  wider  die 
obgesagten  artikel.  5,113';  mein  herr  Christus  ..  werde  .. 
mich  Wühl  schützen  und  handhaben,  br.  2,149;  er  ..  ver- 
theidinget,  schützet  und  handhabet  sie.  tisclir.  13';  das  ewer 
keiserlichen  maiestet  ampt  ist  .  .  fromme ,  rechte  prediger 
schützen  und  handhaben.  Melamchthon  apol.  Augsb.  conf.  im 
corp.  doclr.  chrisl.  (l560)  184 ;  die  frommen  handhaben  und 
schützen.  Kirchhof  wendunm.  33';  drumb  bitte  ich,  ewre 
weiszheit  wollen  ^..  mich  hei  meinem  aller  und  rechten 
schützen  und  handhaben.  Mathes.  Sar.  2l';  dasz  ich  euch 
meines  besten  Vermögens  in  allen  ehren  beschützen  und 
handhaben  wil.  Amadis  63 ;  sie  geruhen  es  (das  traädtchen) . . 
wider  alle  verläumbder  zu  schützen  und  handzuhaben.  Schup- 
pius  464 ;  fleisz  anwendet,  damit  . .  der  land-  und  baumann 
recht  gehandhabt  und  geschülzet  werde.  559;  item  ain  herr 
sol  ain  gemaind  bi  sölicher  gerechtikait  schirmen  und  hand- 
haben, weisth.  5,146  {von  14S8);  ir  seidt  unser  herr,  und 
sollent  uns  vor  mannigklichen  gewalt  beschiermen  und  handt- 
haben. Aimon  bog.  Eiij;  er  wolle  sie  bei  allen  iren  von  altem 
hergebrachten  Privilegien,  freiheiten  und  gnaden  ..  schirmen 
und  handhaben.  Schillburgei-  1599  s.  84 ;  und  wollen  in  dabei 
hanthaben,  schützen  und  schirmen,  urk.  v.  1434  bei  Aschbach, 
gesell,  der  grafen  v.  Werlhäm  2,  237 ;  das  sie  den  cleger  hanl- 
haben,  schützen,  schiermen,  schawren.  das.  s.  251  (ron  1435); 
den  käufer  bei  dem  erkauften  gut  zu  handthaben ,  zu  ver- 
theidigen.  Frankf.  ref.  11,10  §1;  verthedigen  und  handhaben. 
Zinkgrek  ap.  10,  25;  das  et  denselben  helfe  und  sie  rette  und 
handhabe.  Luther  6,70';  die  freiheit  des  volks  erhalten  und 
handhaben,  libcrtatem  poindi  conservare.  Maaler  210*. 

HANDHABEH,  vi.,  nach  handhaben  in  mehrfacher  beziehung. 

1)  durchfiihrender ,  ausübender,  gewahrender,  in  den  formein 
handhaber  des  rechts,  des  gesetzes  (vgl.  handhaben  2  sp.  394) : 
ich  kenne  auch  einen  vornehmen  herrn  .  er  ist  ein  hand- 
haber der  gerechtigkeit.  Schuppius  501 ;  ich  zweifele  auch  nicht, 
ew.  woledl.  hochw.  und  hochgel.  gunsten  werden ,  wie  in 
andern,  also  auch  in  dieser  ..  sache  Ihun,  al.^  liebhaber 
und  getreue  handhabere  der  gerechtigkeit.  622;  die  hand- 
haber der  gesetze.  Hippel  7,48;  indem  sie  den  geselzen  und 
der  religion  eines  jeden  volks ,  bei  dem  sie  sich  befinden, 
diejenige  achtung  bezeigen,  welche  sie  vor  allen  ungelegen- 
heilen  mit  den  handhabern  derselben  sichert.  Wieland  1,  ir.7; 

handhaber  der  gerechten  sach.    Weckherlin  15; 
0  der  gerechtigkeit  handhabor.    54. 

hierher  aucfi:  ich  könnte  mit  den  handhabern  des  beriich- 
tiglen  hexenhamraers  in  unangenehme  verhüllnisse  geialben. 
Wieland  38,  235. 

2)  kiler ,  ausführer  (nach  handhaben  3):  der  handhuber 
groszer  gcschäfte.    Garve  anm.  zu  Cic.  de  off.  2,240; 

/).  sucht  ihr  des  vaiorn  schuld  bei  kind  und  kinde.<ikindern? 
<;.  bui  kindern  und  dem  stamm,  dem  valor  eben  gleich, 

handhaberu   von   dem  stück  [srlirlinrnaimrU) ,    und  scucIdmi 
in  dem  reich.    \   Grtpuiis  1698    I,  5»>ii. 

3)  schirmer,  schülzer,  vertheidvjer  (handhaben  O):  ixStxo^. 
defrnsur,  hnndhaber,  verlhäidjger  Frisculim  nomencL  c.  U\9  (\yM 
s.  426);  dann  es  ist  war  das  der  tiuwfcl  ain  Stifter  und  haiidi 
haber  des  iüdischeii  falschen  glaubes  ist.  HKiiCiitm  verst.  12'; 
derseltie  hat  hundert  mann  von  der  gemeinde  bei  im,  die 
seiner  gewalt  bandthaber  seind.  Micyll.  Tor.  44t';  o  herr,  min 
Blerk,  myn  zülluchl,  hcifcr  und  bandhaber.  KKisKBSnKRC  /'i/  . 
63*;  gott  der  sliftcr  und  handhaber  des  eheslands.  Lfiimann 
158;  aU  rechte  Vormunde  und  hanlhabir    Uai.taiih  so7. 


397 


HANDHABLICH  —  HA><'DHALTEN 


UA.\DHAJLMER — HANDIG 


39S 


HANDHABLICH,  adj.  das  handliaben,  schützen,  schirmen  be- 
Ire/fend.  Haltads  8ü7. 

HANDHABUNG,  f.  l)  festnähme,  anhallung  (vergl.  hand- 
haben l):  bis  zu  handthabung  sölicher  thäter.  Haltals  S07 
{von  1516). 

2)  gdrauch  und  fükrung  eines  dinges,  administratio,  execulio: 
eine  niizliche  sache  erfinden  ist  gleichsam  eine  erschaffung 
des  menschlichen  Verstandes,  da  hingegen  die  Vermehrung 
des  erfundenen  . .  einig  und  allein  zu  erhaltung  der  hand- 
habung  dinet.  Bütscbst  Poim.  522;  die  möglichkeit  der  hand- 
babung  (manipulatio)  eines  dinges  als  einer  sache.  Kant 
5,123;  nach  solchen  magnetischen  handhabungen.  J.  Paul 
Uesp.  3,109;  dasz  nun  jedermann  in  handhabung  leidlichen 
Stils  sein  leben  erzählen  solle,  bläller  für  lit.  unlerh.  1866, 
.<:.  761.  in  bezug  auf  recht,  glauben,  lügend,  ehre :  handhabung 
des  friedens,  rechtens  und  der  Ordnung,  titel  des  Worviser 
landfriedens  wn  1495;  zu  löblicher  handhabung  der  tugend. 
Amadis  4;  zu  handthabung  ..  euwer  ehr  und  lobs.  96;  sein 
königlich  arapt . .  welches  bestehet  in  handhabung  der  beiden 
tafeln  der  zehen  gebot.  Schlppics  307;  eine  ungesäumte  hand- 
habung der  gerechtigkeit.  Moser  palr.  phant.  2  {l79S)  11;  hat 
man  solche  handhabungen  guter  sitten  und  Ordnung  bei  land- 
besitzern  nützlich  gefunden,  s.  14 ;  die  handhabung  der  ge- 
setze.  WiELAso  2,  302;  die  handhabung  des  rechts.  Ka.nt 
5, 176 ;  die  rechtliche  und  gerade  handhabung  der  religion. 
Clacdics  7,  54. 

3)  führung,  leitung ,  in  bezug  auf  personen:  das  recht  der 
eitern  zur  handhabung  und  bildung  des  kindes,  so  lange  es 
des  eigenen  gebrauchs  seiner  gliedmaszen ,  ingleichen  des 
verstandesgebrauchs  noch  nicht  mächtig  ist.  Kant  5,  S7;  er 
übergab  sich  der  ganzen  freundschaftlichen  handhabung. 
J.  Paul  Hesp.  1,  45. 

4)  reriheidigung ,  schütz,  Teilung:  IxSlxr^ots ,  rei  rindicalio, 
handhabung  eines  dings.  Friscblis  nomencl.  cap.  16S  (1594 
s.  418);  dasz  die  Stadt  Strasburg  ..  auf  ihr  begehren  und  da 
sie  sich  zu  ihrer  selbst  handhabung  und  defension  . .  nicht 
genugsam  befinden  würde ,  sich  alles  kaiserlichen  Schutzes 
zu  erfrewen  haben  solle,  erkldrung  der  kaiserl.  commissarien  von 
1621  in  H.  A  Lapide  üissert.  de  rat.  Status  in  imper.  rom.-germ. 
s.  504;  wündscbende,  dasz  gott  alle  e.  maj.  ralh  und  tahfen 
zu  götlichen  nahmens  ehre  und  der  evangelischen  religion 
handhab-  und  Vermehrung  richten,  fürdern  und  ausschlagen 
lassen  wolle.    Bdtscbey  kanzl.  544. 

HANDHAFT,  adj.,  in  bezug  auf  personen  und  dinge 

1)  persönlich,  mit  {starker)  hand  versehen,  tapfer,  streiikühn, 
vorzüglich  in  schweizerischen  quellen:  acer  Turnus,  der  dapfer, 
grimm,  handthaft  oder  handtvest  Turnus  Dasyp. ;  insonders 
die  tütschen  und  oesterrichische  hilf,  so  der  delphin  bi  im 
hatt,  warend  fürnemlich  handthaft.   Tschddi  2,424; 

von  haiithafteD  Schwuern 

ist  inen  gar  we  beschelien.    Ubla^d  rolksl.  405; 

in  äJmlicher  bedeutung:  handhaft,  handvest,  der  steif  auf  eim 
bleibt,  ßrmus  accusator  Maaler  210'. 

2)  sachlich,  an  der  hand  haflend,  in  der  formet  handhafte 
Ihat,  Ihat  die  eben  begangen  tcird,  frische  thal:  wen  man  ouch 
mit  äschrüten ,  di  man  von  den  pfenningen  und  mit  der 
schere  snidet,  an  hanthafter  tat  begrifet,  ij  get  im  an  di 
hant.  Freiberger  stadtrechl  bei  Scbott  3,  182;  frawen  und  junc- 
frawen ,  dy  noczog  clagin  in  hanthaflir  tat.  Magdeb.  blutue 
1, 41 ;  den  man  in  der  deube  in  hanthaftir  tat  vor  gerichte 
gebrocht  bot.  76;  so  man  einen  vehit  in  hanthaftir  tat. 
2,2,240;  im  falle  der  handhaften  that.  Dablnann  dän.  gesch. 
1, 194. 

HANDHAFT,  /..  mhd.  banthaft  (tp6. 1, 603*)  nach  dem  vorigen  2 
die  frische  Ihat:  einen  dieb  an  der  handhaft  begreifen  Schm. 
2,  205 ;  dann  auch  der  beweisende  gegenständ  solchen  Verbrechens, 
corpus  ddieti:  wird  ein  straszenräuber  begrififen  mit  der  hand- 
haft.   Haltaus  808. 

HANDHAFTIG,  adf.,  vte  handhaft  2:  die  taht  ist  hand- 
haftig.  reiis  in  ipso  delicto  deprehensus  est.  Stieler  753. 

HANDHALB,  adr.  auf  der  handseite ,  beim  fuhrmann,  vergl. 
hand  I,  5  sp.  337 :  ist  das  sattelross  handhalb,  und  das  hand- 
ro«s  salteihalb  crenzweis  über  einander  gefallen:  Scumeller 
■J.  175. 

ilANDHALTEN.  verb.,  uie  handhaben  6  sckirmai,  schützen, 
i-enjl.  band  ob  jemand  halten  sp.  352:  wir  sullen  und  wellen 
das  gültshus,  darzue  all  sein  ieut  und  gueter  gnedigklich 
|(.i.t('li->l>cn.   'chirmon  und  hcsrhiilzen.   H.mtacs  808  (r.  14or,); 


got  wolt  dctf  urteil  spalten, 

ist  unser  aller  beger, 

die  gerectitigkeit  hantbaltea. 

KöRSER  histor.  votksl.  107  (am  löiw). 

HANDHAMMEB,  m.  kleiner,  IdclU  zu  führender  hannner. 
Jacobsson  2,  204*. 

HANDHEBE,  f,  ansa,  nebenform  zu  handhabe,  die  auf  ein 
ahd.  unbelegtes  hanthebi  zurückführen  «ürde ,  nur  in  sinnlicher 
bedeutung:  ansa  handhebe  Dief.  36';  handheb  praehensio, 
capulus  vel  capulum,  ansa  Serraxcs  «yn.  93';  handhebe  ansa, 
manubrium  Friscblin  nomencl.  (1612)  s.  365;  an  einem  gefäsz: 
deszwegen  er  . .  das  krüglein  nicht  mehr  zu  weit  von  sich 
liesze  und  die  handhebe  stets  in  der  hand  behielte.  Laz.  de 
Tormes  16;  eine  hölzerne  trage  mit  vier  füszen  und  vier  hand- 
heben. HoRBERG  1,470'  und  sonst  oß;  an  einer  Ihür:  hand- 
heben  und  Schlösser  beschmieren,  mit  nachtwasser  begieszen, 
nächtlich  poldern  und  anklopfen.  Winkelf.  366;  an  einem 
Schilde:  handheb  ansa  clypei,  armilla  Friscbli.v  nomencl.  (1612) 
.«.  5S1. 

HANDHEBENDE,  f.  handhabe:  ein  silberne  kanten  mit 
einer  handlhebendl.  Degenfelder  inventar  ausd.  V'.jahrh.,  hand- 
scltriftl.  zu  Eybach;  indem  in  der  riesz  mit  seiner  Stangen 
schlagen  wolt,  er  solche  bei  der  handlhebende  also  antraff, 
das  selbige  zersprang  und  wenig  in  der  handt  bliebe.  Amadis 
126.  die  form  hebende  gehl  zurück  auf  ahd.  hebida  detentio 
und  hat  einschiebung  eines  nasals  erfahren. 

HANDHOCH ,  adj.  von  der  höhe  einer  hand  {s.  hand  IV,  1 
sp.  360) :  furchtbarstes  aller  wesen !  könntest  du  so  grausam 
gegen  einen  handhohen  sterblichen  sein,  und  ihm  dies  {bild) 
im  tode  nehmen?    Lenz  1,322. 

HAND1EREN\  s.  hantieren. 

HANDIG,  HÄNDIG,  adj.  in  mehreren  auseinander  liegenden 
bedeutungen. 

1)  mit  händen  versehen,  hände  habend,  hochdeutsch  nur  in  der 
umgelautelen  form  und  in  Zusammensetzungen  wie  ein-,  zwei-, 
vier-händig,  bar-,  kurz-,  lang-händig,  auch  in  abhändig,  eigen- 
händig, für  letzteres  steht  niederdeutsch  auch  bloszes  handig, 
händig,    brem.  wb.  2, 584. 

2)  diese  bedeutung  entwickelt  sich  öfter  zu  der  mü  flinken 
händen  versehen,  rasch,  flink  in  den  bewegungen ,  für  die  schon 
im  aUnord.  höndugr,  hendugr  dexler  ein  zeugnis  vorliegt;  selbst 
das  goth.  handugs  oofös  (t.  Cor.  1,20)  schänt  hieraus  entuickcU. 
in  niederdeutschen  mundarten,  z.  b.  im  handig,  händig  des  brem. 
wb.  2,584,  im  hennig  rasch,  flink  aus  Lippe  (Fromm.  6,211), 
haadig  geschickt  ScbOtze  2,  98,  sou-ie  in  Franken :  händig,  aus- 
richtsam ,  efficax,  emsig  Scbm.  2,209,  ist  jener  sinn  erhalten; 
in  Dilmarschen  erwächst  neben  ihm  auch  ein  anderer:  hennig,  flink, 
gewöhnlich  mittelgrosz.  Müllesboff  glossar  zum  QuicJäiorn; 
oslfries.  hennig,  halberuaclisen.  Fromm.  4,  227. 

3)  in  passivem  sinne,  zur  hand  liegend,  bequem,  wie  auch  das 
engl,  handy  die  bedeutungen  flink,  geschickt,  und  bequem,  zur 
hand,  zeigt;  wieder  mundartlich  in  fiiederdeutschland  gewahrt,  so 
in  Lippe:  de  gorn  {garten}  ligt  eme  hennig.  Fromm.  6,211; 
ostfries.  bannig,  für  die  hand  bequem,  leicht  zu  handhaber.. 
4,227.  Schiffer  reden  von  handigem  weiter,  wobei  die  segel 
bequem  zu  handhaben  sind;  der  fuhrmann  nennt  das  handpfcrd 
auch  handiges  pferd. 

4)  handig,  händig,  scharf,  heftig,  grob,  früher  in  groszer  Ver- 
breitung, lehnt  an  ahd.  hantac  an  (Graff  4,972),  was  seiner- 
seits, wol  zunächst  von  personen  gebraucht,  und  an  die  schlagende, 
tödtende  hand  geknüpft  («p.  357:  schweizerisch  gilt  noch  jetzt  ein 
banden  schneiden,  hauen  Stalder  2,19),  durdi  acer,  duru.s. 
ferox,  fortis ,  saevus  glossiert  wird;  die  fiersönliche  Verwendung 
auch  nhd. :  du  solt  nit  unwirsz  sein  als  etlich  handig  zornig 
menschen,  die  ir  böse  natur  nit  überwinden  mügen.  Keisers- 
BERG  granatapfel  As';  bair.  händig,  feindselig,  widerlieh,  in 
Schwaben  heftig  Scbm.  2,  209 ;  in  Kärnten  hantik,  unwillig,  böse 
Worte  gebend  Lexer  134.  —  Dann  wird  handig,  händig  namentlich 
auch  von  Sachen  gebraudd,  die  einen  sdtarfen,  zusammenziehenden 
geschmack  haben,  nebenform  ist  hantig  und  bannig  mit  doppel-n 
statt  nd:  schon  ahd.  daj  handega  waz^er  hei  Notker  (Graff 
a.a.O.),  mhd.  handec  wb.  1,627';  nhd.:  der  hantig  oder  hero 
härm  {harn).  H.  Braü.sschweic  rWrurj.  (1539)  s.  74;  wiewol  der 
ingber  sehr  räsz  und  handig  auf  der  zungen.  Rtff  tetdsch 
apolhek  (l54>>)  88';  wir  nennen  den  geschmack  eines  dings 
bannig,  darinnen  wir  eine  heftige  schärfe  befinden,  als  im 
pfeffer,  knoblauch.  z«ibel,  kresz.  Spiegel  d.  gesundh.  bei  Frisch 
1,415';  die  bayrischen  rueben  sol  man  pauen  umb  .Margerithe, 
sunst  werden  sie  hendig  und  säur,  so  man  lenger  verzeucht. 


399 


HANDIGKEIT  —  H  AKDKUNST 


UANDKÜRBIS  —  HANDLANGER 


400 


kochbüM.  ais  Tegernsee,  Germ.  9, 195 ;  L^nnigs  versalztes  blut. 
Seitz  15;  soll  man  fürnemlich  vermeiden  saure  scharpfe  ban- 
nige speisz.  Frankf.  krankcnbucli  1545  f.  67';  sein  blust  ist 
etwas  händtig  oder  bitterlechlig.  L.  Thurneisser  fcwf/jmt.  "o  ; 
so  bald  er  (der  knoblauch)  vollkommlich  gewachsen  und  mit 
den  kernen  besetzt ,  wird  er  banniger  und  schürpfer.  Bock 
kräuterb.  591;  scharfe,  bannige  ding,  als  salz,  speiskammer  29; 
{das  cypressenkraul)  ist  etwas  bannig.  Lonicerüs  krdulerb.  194'; 
der  scharpf,  bitter  und  bannig  geschmack  dieses  kraiits  {cheli- 
donium  majus).  T.\bernaeh.  124  (1687  s.  f02);  viel  süsze  ding 
werden  säur,  bandig  oder  bitler.  Paracels.  opp.  I,  899  A; 
scherzend  zutschen  persönlicher  und  sächlicher  Verwendung :  Mercy 
war  todt,  Joan  de  Werd  nicbt  mehr  unser,  und  der  boltz- 
apfel,  sonst  Melander,  den  Schweden  und  Frantzosen  nicht 
so  herb  und  handig  wie  etwan  zuvor  den  kaiseriscben ,  da 
er  noch  den  Hessen  dienete.  Simpl.  3,  250.  heute  heiszl  handig 
in  Baiern  und  Kärnten  geradezu  bitter. 

HANDIGKEIT,  f.  schärfe,  zusammenziehender  geschmack: 
durch  magnalisch  sewri,  bilteri,  häntigkeit  oder  dergleichen. 
Paracels.  1, 133  B  ;  oHc/im  der /oim  bannigk^t:  stücke,  welche 
etwan  für  sich  selbst  ihres  widerstehenden  gescbmacks  von 
bittere,  säure,  schärfe,  räsze  oder  bannigkeit  wegen,  von 
den  kranken  nit  genützt  werden  mögen.  Ryff  leutsch  apothek 
(1548)  8».'. 

HANDKAP.RE,  /.,  HANDKARREN,  ni,  karren  mü  der  hand 
zu  ziehen :  tagelübner  mit  baue  und  handkarren  begannen 
grund  zu  graben.    Freytag  handschr.  1,  3t. 

HANDKARTE,  f.  1)  Spielkarte,  die  in  einem  spiel  neben  der 
trumpf  karte  gut  zu  brauclien  ist: 

wem  schon  sonst  die  handkart  fehlet, 

wenn  er  herzentausz  nur  hat.    Kongeul  belust.  2,181. 

2)  kleine,  bequem  zu  brauchende  landkarle. 

HANDKÄSE,  m.  kleiner,  aus  freier  hand  geformier  käse :  der 
Ammerländer  handkäse  zeichnet  sich  durch  einen  eigentbüm- 
licben  pikanten  geschmack  aus.   Europa  1868  sp.  1164. 

HANDKASSE,  f.  kasse,  die  man  zur  beslreilung  der  gewöhn- 
lichen und  nöthigen  ausgaben  immer  zur  hand  hat;  bei  fürslen 
die  kasse  zur  beslreilung  der  hofhallung,  im  gegensatz  zu  der 
öffentlichen  kasse,  der  Staatskasse. 

HANDKAüF,  wi.  1)  verkauf  aus  freier  hand,  ohne  gewicht 
oder  masz.  Frisch  I,  411".  daher  auch  kleinverkauf,  im  gegen- 
salz zum  verkauf  im  groszen  und  ganzen:  bandkauf,  vendilio 
minutaria  Stiei.er  939.     vergl.  kauf  i,a,  llieil  b  s.  315. 

2)  wie  handgeld,  «nrf  nac/j  kauf  3  (//«.  5,319),  der  erste  kauf- 
preis .  der  einem  Verkäufer  an  einem  tage  auf  die  hand  gegeben 
uird,  und  der  als  Unterpfand  für  weitere  gute  einnähme  gilt  [vgl. 
band  11,9  sp.  356):  bandkauf,  prima  emlio  Stieler  939;  den 
ersten  bandkauf  geben,  primam  mercalori  solvere  pecuniam,  den 
ersten  handkauf  lösen,  primam  nundinationis  acäpere  pecuniam 
Steinbach  1,  S36.  in  Düringen  ist  die  volksmdszige  form  baiikf : 
in  ansehung  der  ersten  losung  oder  so  genannten  hanckfT. 
roekenphil.  (\101)  2, 107. 

HANDKEHRL'M,  adv.  wie  man  eine  hand  umdreht  (sp.  361), 
plötzlich,  geschwind,  in  der  Schweiz  üblich  Stalder  2,17;  auch 
tn  den  sinn  völlig,  ganz  überstreifend. 

HANDKLTTE,  f.  kette,  fessel  für  die  hand:  manica  hand- 
kelten  Dief.  346". 

HA.NDKLAPF,  m.  schlag  viit  der  hand,  als  zeichen  der  Zu- 
stimmung (sp.  334):  bandklapf  Frisius  1177';  etwas  bestäten 
mit  einem  bandklapf,  fiden^  dextra  sancire  Maaler  211'. 

HANDKLOPFEN,  verb.:  handklopfcn ,  handschlagen,  die 
band  zesammen  sclilahcn,  mit  den  henden  klopfen,  das  zu 
spött  oder  zu  fröuden  geschieht,  plaudere,  complaudere  Maai.eh 
210*.  s.  händeklopfen  sp.  368.  —  Davon  bandklopfer,  hausor 
Maaler  211'. 

HA NDK LUPPE,  f.  /tob-  oder  eisenstock  zum  heben  von  lasten, 
hrbebaum.  Jacobsso!«  2,  239*. 

HANDKNECHT,  m.  der  zur  hand  gelU.  Fischart  yrosxtn.  49. 

HANDKNOCHEL,  m.  knöchel  an  einem  gelenke  der  hand. 

HANDKNOCHEN,  m.  u'ie  handknöcbel :  bantknocben,  gau- 
iopium,  knichd  an  der  hant  voc.  ine.  theut.  il. 

HANDKÖilli,  in.  an  der  hand  zu  tragen,  ealalhus.  Stieler 
1014.     dim.  liandkOrbchen. 

HANDKKAIJSE,  f.  manchette.    Frisch  1,411*. 

HANDKHLG,  m.  kleiner,  handlicher  Icrug :  reichte  ihm  den 
tnmk  au*  »einem  «cbmiitzigen  bundkruge.  Armim  «//aiii.  1,81. 

HANDKI  NST,  f.  \)  mit  bänden  betriebene  kunst:  die  bil- 
denden   oder    di<-    '•■■■" '••      ItlnoKR  fifcfr  rfrti/jc/i«  .v;- -'- 


(werke  8, 65) ;  von  einem  kunstmäszig  betriebenen  handwerke :  si  (die 
buchdruckerei)  ist  eine  gütliche  kunst,  gröszer  als  alle  andere 
handkünste,  di  imabi  gewesen  und  noch  sein.  Butschky 
kanzl.  406. 

2)  auch  die  kunsl,  aus  der  hand  zu  wahrsagen:  cirologia, 
-manlia  hantkunst  Diefenb.  123'. 

HANDKÜRBIS,  m.  bryonia  alba,  zaunrübe,  Schwarzwurz 
Nemnich  1,  688. 

HANDKÜSS,  m.  osculatio  dextrae,  zeichen  der  hochaclilung, 
ehrerbietigen  dankes,  demütiger  höflichkeü:  Fiesko  mit  einem 
büflichen  handkuss :  ich  habe  das  vergnügen,  ihnen  beider 
gesellsciiuft  meinen  respect  zu  bezeugen.  Schiller  Ficsto  4,12; 
ich  sähe  sie  in  den  assembleen  des  adels  mit  dem  zweiten 
handkuss  der  ritter  vorlieb  nehmen.  4, 14.  der  handkuss  wird 
geleistet  als  Sinnbild  der  huldigung: 

doch  duldet  ihn 
als  exilirten  einerseits  und  überdiesz 
als  jener  tausend  einen  meine  muse  noch, 
die  ihr  den  handkuss  leisten. 

Platen  rem.  Oeilip.  1  {werke  1843,  4, 105). 

küntge,  fürslen  gewähren  den  handkuss,  lassen  den  handkuss 
zu  als  zeichen  der  huld  und  gnade:  hierauf  reichte  ihro  kayserl. 
raajestät  ihm  die  rechte  band  zu,  da  denn  der  kammerherr 
Eckartben  erinnerte,  zum  handkuss  zu  gehen,  med.  maul- 
affe  681; 

nie  stolz  von  seinem  thron  herab 
er  Judas  schriftgelehrten 
erlaubnis  zu  dem  handkuss  gab. 

ScMiLLBR  (hei  G6deke)  3,  173; 
ich  stand  dabei,  als  in  Toledos  mauern 
der  stolze  Karl  die  huldigung  empfleng, 
als  fürsten  sich  zu  seinem  handkuss  drängten. 
don  Carlos  1,  1; 
bei  beiden  majestäten 
sind  wir  zum  handkuss  zugelassen  worden.    Piccol.  2,  2. 

daran  knüpft  die  redensart  an  wenns  zum  handkuss  kommt, 
wenn  es  mild  oder  gnädig  geht:  diesmal  gebts  wieder  zuerst 
über  mich  her,  wie  allemal,  oder  wenns  zum  handkuss 
kommt,  musz  ich,  der  voigt,  wieder  vornenbin  und  angreifen. 
Hebel  schwanke  des  rheinl.  hausfreunds  (1839)  2,  72.; 

HANDLAGE,  f.  läge  der  hand,  besonders  beim  clavierspiel : 
seine  compositionen  unterscheiden  sieb  durch  allerlei  neue 
Schwierigkeiten ,  besonders  durch  weitgrilTige  begleitung, 
schwierige  handlagen,  seltsame  fingersetzungen.  leüfaden  für 
d.  unterriclU  in  der  kunstgeschichte  (Stutig.  1868)  s.  200. 

HANDLAHM,  adj.  an  der  hand  gelähmt. 

HANDLAMPE,  f.  mü  der  hand  zu  tragende  lampe,  im  gegen- 
salz zu  der  an  einer  wand ,  sdule  u.  s.  w,  befestigten :  freilich 
leuchtet  die  feststehende,  nur  eine  beschränkte  bewegung 
zulassende  gasflamme  nicbt  überall  dabin,  wo  der  setzer 
hier  und  da  zu  tbun  hat,  und  es  wird  nebst  dem  bisweilen 
eine  bandlampe  nöthig.  Franke  catecliismus  der  buchdruckcr- 
kunst  17. 

HANDLANG,  adj,  von  der  länge  einer  hand :  eine  handlange 
eidechse. 

HANDLANGEN,  verb.  zur  Imnd  gehen,  Handreichung  thun, 
vorzüglich  in  einem  handwerke:  wie  denn  ein  jeder  Schmelzer 
seinen  fürlaufer  haben  musz,  der  im  bandlanget  und  hilft. 
Mathes.  Sar.  147 ;  einer  von  den  mahlern,  die  auf  der  fabrik 
arbeiteten ,  halte  bei  dem  theater  in  der  rcsidenz  gehand- 
langt. GüTHE  18,138;  auch  freier  verwendet:  dasz  beim  ver- 
langen des  guten,  bei  abwendung  des  bösen,  das  gehöre  und 
das  gesiebte  solche  ausspüren,  die  euserlicben  glieder  allent- 
halben bandlangen  müsten.  Lohenstein  Arm.  1,1346;  vergl.: 
darum  uns  euer  gnaden  auch  nicht  verdenken  wollen ,  das 
wir  uns  unter  einander  die  band  langen.  ScuOrz  Preuszen  175. 

HANDLANGER,  m.  der  handreichung  Ihul,  helfer. 

1)  I«  gewerblicliem  sinne,  vorzüglich  bei  den  baugewerken :  ein 
handlanger,  murario  sid)minL<itrans  mortarium  Frisch  1,411*.  in 
gleidier  bedeutung  schon  in  Tuchehs  baumeiiterbuclt  64,  25.  diihrr 
bildlich:  wer  auch  nur  als  bandlanger  dabei  geholfen  {beider 
errichlung  eines  lelircfcbäudes).  Klopstock  12,48;  ich  halle  nur 
erst  die  erste  bälfte  des  plans  ausgebaut;  die  risse  und  baii- 
malerinlicn  der  zweiten  forderte  ich  dem  handlanger-rufall 
als  batifrobnc  ab.  J.  Paul  bio(jr.  belust.  1,139.  auch  allgemetnrr: 
bandlanger  opifer ,  subminutrator ,  anculus  Steinbach  I.  97J; 
gemeine  handlanger.  Schuppios  790;  die  pumpsockiglon  hand- 
langer. Chr.  Wkise  eomöd.  252;  und  scherzend:  wolbestfllier 
handlaiigei  de-i  worles  gntlcs ,  das  ist  scbrciber  und  scliul- 
•■'■•-'"■      ^    ''- '-    ''■'•■•    V,...-..,  »    12;    icii  ginubtr ,  irgend 


401 


HANDLANGER  —  HANDLEITÜNG 


HAKDLENSWEISE — HANDLICH 


402 


I 


ein  handlanger  der  natur  habe  menschen  gemacht  und  sie 
wären  ihm  nicht  geralhen  (I  habe  thought  some  of  nature's 
journeymen  had  made  man ,  and  not  made  them  weil). 
Shakesp.  Haml.  3,  2.  untergeordnete  gelehrte,  künstler  werden 
handlanger  der  Wissenschaft,  der  kunst  genannt;  aber  statt 
handlanger  zu  sein ,  will  er  doch  noch  immer  mitmeistern 
(ein  Schriftsteller).  Götue  33,  63. 

2)  in  freierer  Verwendung ,  wobei  das  gewerbliche  und  bertifs- 
mäszige  zuriicfUrUt,  helfer,  helfershelfer:  diesen  .Nectarium  Bu- 
tvrolambium  und  alle  seine  handlanger.  Schlppius  598 ;  sinds 
die  handlanger  meines  sohnes?  wollen  sie  mich  vom  Ihurme 
schleppen  zum  blocke  ?  Schüler  räuber  5,  5  (bei  Goedeke  2, 322f ; 
vertheile  du  deine  handlanger  an  den  thoren  herum,  mit  der 
Order,  auf  die  eintretenden  passagiers  ein  wachsames  äuge 
zu  haben.  Fiesko  2,  15;  um  einen  handlanger  meiner  äugen 
zu  erwarten  (änen  führer  des  blinden).    J.  Pacl  flegelj.  2,111. 

HAiNDLANGERIN.  f.  assestiix,  operaria.  Stieler  1067;  als 
..  die  blättern  ausbrachen,  hatte  sich  dieses  fräulein,  eine 
lehrerin ,  als  intelligente  handlangerin  der  ärzte  besonders 
ausgezeichnet.  Hall.  zeug.  1S69,  no.  165. 

HANDLÄ.NGERN,  rerb.  als  handlanger  Ihätig  sein:  dieser 
mann  nährte  sich  dadurch,  dasz  er  bei  den  bauten  der  Stadt 
handJangerte. 

HANDLANGülVG,  subminislralio.  Steinbach  1,  972. 

H.AN'D LATERNE,  f.  in  der  hand  zu  tragen,  im  gegcnsatz  zu 
der  groszen,  befestigten:  nach  einer  langen  und  tiefen  pause 
kommt  Miller  mit  einer  handlaterne.  Schiller  cab.u.  l.  5,1; 
darauf  zündete  Agesilaus  seine  handlaterne  an.  Inmebma.nn 
Münchh.  1, 120. 

H.ANDLAU,  adj.  lau,  dasz  man  die  hand  an  einem  so  be- 
schaffenen gegenstände  leiden  kann:  habe  aber  die  dialthaeam 
gebraucht,  so  auch  von  schleim  gesotten  ist.  hab  diese  aber 
nicht  warm,  sondern  handläw  gebraucht.  WtJiiTz  wundarzn. 
(1612)   149. 

HANDLEDER,  n.  leder  welches  handwerker  wie  Schuhmacher, 
hutmacher ,  rienier ,  satller  bei  der  arbeit  um  die  hande  tragen, 
zum  schütze  gegen  Verletzung  derselben.  Jacobsso.n  2,  20-t'. 

HANDLEDIG,  adj.  freigelassen,  manumissus.    Frisch  1,  411*; 

mild,  mac  min  her  Brandelidelfn 
ledic  sin  von  diner  hant. 
wir  sin  noch  anders  beide  phant, 
ich  unt  miner  swester  suon  : 
du  seit  an  uns  genäde  tuen.    Parz.  S6,  16. 

HANDLEHE.N,  n.  frei  und  ohne  beschrdnkung  gegebenes  lehen : 
handlähen,  das  der  lehenherr  mag  verlihen  von  einer  hand 
zur  andern  wem  er  wil.  Maaler  211';  auch  unmittelbar  vom 
lehnsherrn  empfangenes  lehen  {gegensalz  afterlehen).  Frisch  1,  411". 

HÄNDLEIN,  n.,  wie  händchen,  Verkleinerungsform  zu  hand, 
mhd.  hendelin,  handel:  reckte  ..  ihr  händlein  in  die  höhe. 
Grimh  d.  sagen  no.  354; 

ists  todt,  das  sanfte  bäodlein, 
das  rreundlicb  mich  umschlang? 

Fr.  Müller  2,  336. 

auch  in  der  Verbindung  allerhendlin  für  allerhand,  vergl.  theil 
1,  224.  225. 

H.ÄNDLEl.NBLüME,  /.  orehis  conopsea,  auc/<  bändleinwurzel, 
händeiwurzel.  Nesmch  4.  7S0. 

H.ÄNDLEINKLALBERIN,  f.  die  miiszig  an  den  Mnden  klaubt: 
händlinklauberin  und  faullenzerin.   Fischart  ehz.  545. 

HÄ.NDLEINKRALT,  n,  name  mehrerer  pflanzen :  der  reronica 
tnphyllos,  der  saxifraga  tridactylites ,  und  der  orehis  maculala. 
.Nem.mch. 

HÄNDLELNSCHWAMM,  m.  agaricus  cantharelliis ,  rehling, 
Pfifferling,  wegen  des  handartig  gezackten  kopfes. 

HANDLEISTU.NG,  f.  manüs  Opera,  adjutorium.  Stieler  1143: 
meine  meinungen  könnten  einige  nicht  unbequeme  hand- 
leistuugen  thun,  eine  der  gröszten  Spaltungen  beizulegen. 
Ka.nt  8, 17. 

HANDLEITEN,  cerb.  bei  der  hand  führen,  leiten:  manudu- 
cere  handeleyden  Diefe.nb.  34&';  nihd.  handleiten:  also  wirt 
diu  sele  gehantleitel  in  das  bekennen  der  ersten  ndtftre. 
Haupts  zeüschr.  8,  227. 

HANDLEITER,  m.;  und  von  stund  an  fiel  auf  in  tunkel- 
heil und  linslernis,  und  gieng  unibher  und  suchte  handleiter 
\y,iioaycoyovi).  ap.  gesch.  13,  4. 

HANÜLEITERIN,  /.  .•  den  genies  ..  ist  sie  eine  sichere 
handleiterinn  zu  einer  klaren  quelle.  Hebdeb  2,  58. 

HANDLEITUNG,  f.:  handleilung,  Unterricht  {manuductio), 
msl4liilio,  viformatio  Frisch  l,4tl*;    die    menschliche  Vernunft 

IV.   II. 


hat  die  Unterstützung  und  handleilung  der  göttlichen  Offen- 
barung vonnothen.  Gellert;  der  sorgfällige,  gründliche  und 
gewissenhafte  mann  gewährt  mir  so  mit  seinem  köstlichen 
nachlasz  eine  zuverlässige,  dankbar  benutzte  handleilung. 
Mörikofer  Vir.  Zwinqli,  \.bd.,  vorr.  s.'b. 

HANDLENSWEISE,  f.  art  und  weise  zu  handeln,  6«  Götue: 
bei  meiner  denk-  und  handlensweise.  5S,  153. 

HANDLER,  HÄNDLER,  m.  (die  unumgelaiäete  form  ist  wetiig 
und  nur  in  den  bedeutungen  1.  2.  3.  bezeugt),  nach  dem  verbum 
handeln  in  verschiedenem  sinne. 

1)  der  etwas  tkut,  vollbringt,  verrichtet  (handeln  3) :  und  lang 
auch  nicht,  das  er  seine  gewalt  einem  andern  gebe  über 
sich,  er  würd  anders  ein  ketzer,  als  ein  handler  wider  gött- 
lich Ordnung.  Luther  1,  274". 

2)  der  sich  mit  etwas  besclidftigt,  handhaber  (bandeln  4):  trac- 
tator  handeler  Diefemb.  591";  sihe  wi  fein  triffestu  theurer 
handler  der  heiligen  scUrift ,  gölllichs  worts  art  und  werk. 
Llther  1,  365*. 

3)  der  über  etwas  verhandelt,  Unterhändler  (handeln  11,  fc): 
hendler,  hendeler  Haltacs  816;  uns  oder  ander  ewer  k.  mt. 
hanndler.  urk.  zur  geschickte  Maximilians  I.  herausg.  v.  Chmel. 
no.  258  s.  387;  und  obgleich  ettliche  händler  diese  sach  treu- 
lich gemeint ,  so  kann  doch  der  bäpstlich  häuf  nit  anders 
Sinnes  werden.  Melascbtuok  an  Älbrecht ,  ep.  II.  ed.  Faber. 
auch  niederd.  händeler,  hendeler,  brem.  wb.  2,583  aus  einem 
recesse  von  1518. 

4)  händler,  der  ein  einzelnes  kaufgeschäß  abschlieszt  (han- 
deln 12),  und  zwar  hier  der  etwas  an  sich  handelt,  käufer : 

bei  dem  bäcker  kaufea  körn,  bei  dem  schmiede  kaufen  kohlen, 
bei  dem  Schneider  kaufen  zwirn,  hilft  dem  bändler  auf  die  seien. 

LOGAÜ  1,  17,  Is. 

5)  am  gewöhnlichsten  steht  händler  nach  handel  13  für  handel- 
treibender, kauf  mann,  nicht  blosz  in  zahlreichen  composUen,  wie 
buch-,  gewürz-,  kunst-,  leinen-,  tuch-,  Viehhändler,  grosj- 
händler,  kleinhändler,  Schleichhändler,  sondern  auch  einfach, 
und  zwar  zunächst  im  allgemeinsten  sinne,  von  jeder  art  handel- 
treibender verwendet:  zum  zeugnis,  das  er  (gott)  wolfeiler  gibt 
und  freundlicher  borget,  denn  die  Fucker  und  hendler  auf 
erden  thun.  Luther  6,  273';  deine  wahr,  kaufleute,  hendeler. 
Hes.  27,  27;  du  hast  mehr  hendler,  denn  Sternen  am  him- 
mel  sind.  Nah.  3, 16 ;  was  haben  nicht  die  jubilierer,  seiden- 
sticker,  goidschlager  und  goldschmide  für  armut  verursacht  ? 
wann  aber  die  well  witzig  wäre,  hätten  sie  billich  alle  solche 
händler  . .  sollen  hungers  sterben  lassen.  Philanoer  (1642) 
1,318;  von  den  aus-  und  inländischen  kaufleuten  und  händ- 
lern.  d.  Stadt  Leipzig  ordn.  (1701)  IIS ;  frembde  händler  und 
cramer.  186;  etzliche  vornehme  bürger  und  händeler.  261; 
welcher  auclionator.  welcher  händler  mit  allen  schwarten 
kennt  die  {alten  bibeliibersetzungen)  nicht?  Lessi.ng  11,  525;  du 
must  ein  tuchhändler  werden  . .  wenn  so  ein  händler  mit 
rechtem  eignem  Wohlgefallen  das  tuch  aufrollt.  ARy\}t  kronenw. 
1,41;  pferde,  welche  händlern  gehören.  Bann,  gesetzsammlg. 
1840  abth.  1  5.  433;  die  producenten  und  händler  sind  für 
den  Iransport  ihrer  guter  zum  groszen  Iheile  auf  eine  ein- 
zige gesellschaft  angewiesen,  grenzboten  l%6%  no.  li  s.  22; 

es  ist  ein  sondrer  pQug,  womit  die  händler  pflügen 

das  leid  der  kaufmannschaft ;  wie  heiszt  er  denn?  das  lügen. 

LOGAU  3,  174,  7; 

ich  ging,  mit  stolzem  geistsvertrauen, 

auf  dem  Jahrmarkt  micli  umzuschauen, 

die  käufer  zu  sehn  an  der  händler  gerüste.    Götue  2,  ;284; 

er  nennt  sich  einen  händler  in  Juwelen.    Uhlamo  ged.  450. 
im  gewöhnlichen  lebete  verstellt  man  jetzt  unter  händler  auch  wol 
nur  einen  kleinverkäufer. 

6)  «rjenthümlich  händler  für  änen  betheiligten  an  einem  streU- 
handel :  einer  der  händler  sprach:  wann  ihr  wüstet  was  für 
ieut  wir  wären,  und  wie  groszes  recht  wir  zu  solchem  kämpf 
hälien.  Pbilander  l,  575  (ico  aber  die  erste  ausgäbe  lb42  s.  458 
statt  händler  vielmehr  inleressenlen  liest). 

HÄ.NDLERI.N,  f.  handeltreibende,  Verkäuferin:  so  bleiben 
alle  eier  ganz  und  die  händlerio  behält  eins  im  rest.  Hebel 
sclialzkästl.  (1S59)  s.  47. 

HANDLEL'CHTER,  m.  niedriger  leuchler  mit  handhabe,  zum 
umhertragen,  öc.  lex.  920. 

H.ANDLICH,  adj.  und  ade.  in  mehreren  bedeutungen. 

1)  in  oberdeutsdien  quellen  wie  handfest,  handhafl ,  rüstig, 
tapfer,  von  der  arbeil  sowol  wie  von  der  wehr  gesagt:  ich  stu- 
diert handtlich.  stuhnd  früh  auf.  Th.  Plater  147;  herzog  Hein- 
rich   stund  künig  Lotharin.    sinpm  .;,  Iivv-m-Ii..!      li.iiislicli    bi. 


403 


H  ANDLIÜH  —  HANDLOHN 


UANDLOS — HANDLUNG 


404 


TscflüDi  1,61;  Heinrich  von  Melchlhal,  ein  wiser,  verstän- 
diger, eerbarer,  liablicber  luunii,  uucL  allweg  handlicli  da- 
ran, dasz  man  bi  des  iandes  frybeiten  blibe.  1,  234 ;  scbry 
den  knechten  zu  dasz  sie  hautiicb  zugind  {ruderten) ,  bisz 
man  für  dieselb  blatten  käme,  l,  239 ;  und  danach  Schiller  : 

schrie  ich  den  linechten,  handlich  zuzugebn, 

biü  dasz  wir  vor  die  lelsenplatte  liämen.     Teil  4,  1, 

tnU  misverständnis  des  zugind  (vgl.  Zachers  zeilschrifl  1,253); 
die  Schiitbürger  wahren  handtiich  daran  mit  ihrer  narrei, 
und  trieben  solche  so  viel,  das  sie  es  in  gewonheit  brach- 
ten. Schiltb.  \'o'J9  «.  I4t>;  ein  ding  handtiich  und  dapfer,  oder 
on  alle  forcht  auszliin  reden,  audaäer  et  libere  dicere  Maalek 
212';  handtiich  und  tröstlich  beschirmen,  defendere  audacter 
sua  decrela  das. ; 

tapfer  dran, 
und  thuond  ihn  handtiich  greifen  an. 

Berchtold  rediv.  68; 

noch  jelzt  in  der  Sdnveiz  in  dem  sinne  von  tlidlig,  arbeitsam,  ge- 
schäßig.  Stalder  2, 18. 

2)  dann  in  etwas  anderer  bedeutung,  flink,  behende,  geschickt, 
was  bis  ins  eni/l.  handily  hinüberreicht,  in  der  Sdiweiz  auch  in  : 
unruhig,  voll  bewegung,  umschlägt  (Stalüer  a.  a.  o.) :  ein  Au- 
vergnater  ist  klugsinnig,  handtiich,  ernsthaft,  kun  sich  lei- 
den, ducken  und  schmucken.  Sebiz  feldbau  40;  wer  da  hat 
roth  haar,  ist  seins  berrn  sach  zu  schützen  handlich.  Fischart 
groszm.  67 ;  er  schicket  sich  . .  zu  einer  ordentlichen  ehren- 
nehrlichen,  nachbaurlichcn,  gesindfolgigen,  gemeinnutzlichen, 
handlichen  und  wonhaftlicbea  haushaltung  und  eigenherd. 
Garg.  63'.     lüervon  auch  das  unten  folgende  handlichkeit  (1). 

3)  ueiier  in  passivem  sinne,  was  sich  gut  behandeln,  hand- 
haben Idszt,  scJtün  im  altd.  unhanllih  intractabilis  (Grakf4,  971) 
zu  tage  tretend ,  und  nicht  auf  oberdeutsche  mundarten  einge- 
schränkt: handtlicher  wysz  conlreclabilUer  Maacer  212";  »?ia- 
nualis  handelik,  hendelich  Dief.  348';  nd.  handlik  bequem 
Däh.nert  173',  jetzt  häufig  von  bequem  zu  brauclienden  saclien: 
das  formal  des  buches  ist  recht  handlich;  ein  handlicher, 
nicht  zu  derber  spazierstock;  auch  anders:  die  Voraus- 
setzung, dasz  die  kanimern  die  verbündeten  nicht  mehr  so 
bandlich  linden  würden,  fiel  dem  herzog  nicht  ein.  Gervinus 
gesch.  des  19.jaltrhunderts  l,  142. —  Von  hier  aus  erlangt  das  wort 
mundarllicli  tlieils  die  persönliche  bedeutung  freundlich,  zutraulich, 
gefallig,  so  in  der  Scliweiz  (Stalder),  in  Schwaben  händtli  freund- 
lich in  der  rede  (Fromm.  4,  97,  7  aus  einem  flugblatle  um  1633), 
aber  auch  in  Niederdeulschland :  de  mann  is  handlik  genog  ist 
so  unbillig  nicht  (hreni.  wb,  2,  584 ,  das  an  einen  'der  mit  sich 
handeln  Idszt'  denkt);  theils  die  sächliche  ziemlich,  nd.  handlig 
dür,  ziemlich  theuer,  et  is  mit  em  nog  so  handlig,  er  be/indel 
sich  nocli  so  ziemlich.  Schütze  2,  98. 

HANDLICfIKElT,  f  1)  (nach  handlich  2)  gescliickkclikeit :  es 
war  eine  wahre  freude  zu  sehen ,  mit  welcher  handlichkeit 
er  die  neuen  geschäfte  anfaszte.  Jac.  Fre\  Sdiweizerbiider  2,  lti8. 

2)  bequemlichkeil,  leichttgkeit  für  das  handhaben  (handlich  3) : 
ein  buch,  ein  gefäsz  von  groszer  handlichkeit. 

HANDLING,  m.  i)  handsdiuh.  Scun.  2,  2ü6.  vgl.  fäustling 
3,  I3d3. 

2)  ein  eszbarer  schwamm,  clavaria  coralloides,  sonst  auch 
hendeiscbwamm,  bärentatzen  genannt.    Nennicu  2,  1059. 

H.\NDLIMEiN,  f.  plur.  inoisurae  maniis.  Stieler  1139:  pro- 
phezeien dem,  80  sie  schmeicheln,  gros  glück,  machen  ilime 
aus  denen  handlinien  hoffnung  zu  groszen  ehren,  und  deu- 
ten gar  die  treume  zu  seinem  vortel  aus.  Butschky  Palm.  629. 

HÄNDLOBUiNG, /".  angelöbnis  mittels  handschlag :  versprochen 
und  ingangen  ..  durch  handjobung.  Tschuui  1,319';  er  bat, 
nicht  zu  vergessen,  was  er  mit  einer  handlobung  versprochen 
hiilte.  Hippel  kbensl.  l,  54. 

HANDLOHN,  m.  und  n. ,  l)  der  durch  handarbeÜ  verdiente 
loltn ,  arbettslohn :  ist  es  überhaupt  nocii  eine  grosze  frage, 
ob  es  besser  sei,  dasz  der  bandlohn  hoch  oder  niedrig  stehe. 
Moser  pluint.  1  (1798)  $.  106;  dasz  das  handlohn,  welches  hier 
verdienet  wird,  dem  Staate  nicht  entgehe,  das.;  ddni  der 
bandlohn  nicht  niedrig  sein  könne,  das.;  aller  handlohn. 
omabr.  yeteh.  1,  105;  auszerdeni  gehet  Jährlidi  eine  menge 
beiwohncr  nach  Holland,  welche  dtnelbsl  im  sommer  ein 
handiohn  verdienet.  ],  109. 

2)  laudtmium,  du  abgäbe  die  der  erbe  oder  käufer  fftr  über- 
lauuny  einet  (jutet  dem  tehntherrn  sohlt,  wenn  jenes  nur  auf 
tebentlany  terhthen  war.  KMiitcH  1,  411*.  ScH«.  2,  20«.  rechts- 
epncimvrt:    die  hcnnc  trägt  das  handlohn    auf  dem  schwänz 


mit  sich,  gallina  laudemium  secum  afferl  in  caada.  PisroRitis 
Ihcs.  par.  5  tio.  76. 

HANDLOS,  adj.  ohne  band:  hantloser  mancus,  qui  carel 
manu  voc.  ine.  Iheul.  il;  handlosz,  der  nur  ein  band  hat, 
einer  band  berauhet ,  mancus  Maäler  211*.  sclierzhaft  wird 
der  wind  als  handloser  mann  bezeidmel ,  z.  b.  niederdeutsch: 
wenn  der  wind  eine  thüre  aufwehet  oder  etwas  umwirft,  so 
ptlcgt  man  zu  sagen :  dat  het  de  handlose  mann  dän.  brem. 
wb.  2,589;  aber  auch  oberdeutsch,  bei  Maaler:  der  handlosz 
vvirt  für  den  wint  genommen,  bei  Schiller  handlos  von  lei- 
sen, die  keine  handhabe  zum  erklimmen  bieten: 

handlos  und  schrofT  ansteigend  starren  ihm 

die  felsen,  die  uawirthlichen,  entgegen.    Teil  4,  1. 

HANDLÖSE,  f.,  wie  handlohn  2,  laudemium,  lelienwaare. 
Adelung,     dasselbe  auch  bandlosung. 

HANDLUNG,  f.,  alui.  hanlaltinga,  mhd.  handelunge,  dem 
verbum  bandeln  entspreclu;nd,  in  mehrfacher  bedeiUung. 

1)  (nach  handeln  4)  behandlung,  handhabung  einer  saclie,  ahd. 
hantaiunga /radatio  (Graff  4,  9751:  Iractalio  handelung,  bande- 
linge  DiEFENB.  591*;  gehalten  mit  handelung  traäare  voc.  tnc. 
theul.gi;  brauch,  Übung  und  handlung  der  waffen,  armorum 
tractatio.  Maaler  2li';  die  ganze  lere  des  evangelii  ..  mit 
listiger  handlung  der  schrift  zu  verderben.  Luther  3,  35'; 
{papst  Clemens)  suchet  alle  böse  practiken  und  liste,  das  lielle 
Hecht  und  die  notdürftige  handlunge  der  religionsachen  bös- 
lich zu  fliehen.  6,  329'. 

2)  behandlung  einer  person  {nach  handeln  ä),  aufnähme,  be- 
wirtung,  ist  nüid.  häufig  {wb.  1,  633') : 

inirst  vi]  unnöt  daj  ich  durch  handelunge  iht  verre  striche. 

\Valtukr  35,  6; 
zuo  den  froweii  si  giengen, 
die  si  schöne  empliiengeii. 
da  was  diu  handelunge  guot.    Erec  2149; 
dö  häten  sich  besprochen 
di  erzürneteu  knehte, 
di  der  küiiic  hielt  unrehte 
in  swachcr  handelunge.     Lametot  103; 

kann  aber  aus  nlui.  quellen  nicilt  mehr  belegt  werden. 

3)  nach  handeln  3  und  10  im  allgemeinsten  sinm  jede  Ver- 
richtung und  kraftäuszerung  eines  wesens ,  ausfiihrung  eines  wil- 
lens oder  Vorsatzes,  thätigkeit: 

mild.  Tristan  hict  ir  so  vil  gelogen 
mit  disen  zwein  handelungen 
der  ougen  und  der  zungen, 
da;  si  sins  herzen  uiide  sin 
gewis  und  sicher  wände  sin.     Tristan  487,  5; 

nhd.  actus,  handlung,  auszrichtung  Dasyp.  ;  handlungen ,  ge- 
schichten,  acta  ders.;  handlung,  thaal,  gestio,  factum,  praxis, 
actus  Maaler  211^;  handlungen  die  ich  mein  tag  ye  gethun 
hab ,  vilac  meae  acta.  das. ;  das  sy  sich  aller  suchen  und 
handlung  miteinander  berechent  und  verainigt  haben.  Urkunde 
V.  1530  im  anz.  f.  künde  d.  vorzeit  1869,230;  ich  übernehme 
die  aufgetragene  beschäftigung  mit  willigstem  gehorsam,  und 
habe  darinnen  bereit  di  handlung  angetreten.  Butschky  hd. 
kanzlei  HO.  Lessing  gibt  begriffsbestimmungen  des  Wortes:  dem 
sprachgebrauche  nach,  heiszt  gemeiniglich  das  eine  handlung, 
was  einem  gewissen  vorsatze  zu  folge  unternommen  wird. 
5,380;  eine  reihe  von  bewegungen,  die  auf  einen  endzweck 
abzielen,  heiszet  eine  handlung.  11,144;  die  neuere  spräche 
braucht  es  häufig:  das  urtheil  ist  die  handlung,  wodurch  der 
begriff  wirklich  wird.  Kant  1,15;  wir  können  der  materie  in 
aiisehung  ihrer  unaufhörlichen  handlung,  dadurcii  sie  ihren 
räum  erfüllt,  nicht  freiheit  beilegen.  3,269;  der  gestoszene 
k()rper  flieht  alle  fernere  handlung  des  sloszenden.  8,  435; 
dazu  habe  ich  zu  viel  menschenliebe,  dasz  ich  glauben  sollte, 
die  busheit  eines  rabulislen  sei  eine  handlung,  deren  ein 
mensch  freiwillig  .  .  fähig  sein  könne  Haueneh  sat.  4  (1757) 
.V.  180;  den  beweis,  dasz  ihre  trau  liebste  so  ist,  wie  ich 
gesagt  habe ,  kann  ich  ihnen  nicht  vurinalcn.  sie  müssen 
ihn  in  ihren  handlungen  suchen.  Gellert  3,  393 ;  verrichten 
sie  alle  tage  in  diesem  Jahre  eine  gute  handlung.  Moskh 
patr.  phant.  l  (1798)286;  der  begriff  einer  romantischen  ehre, 
der  uns  noch  aus  den  ritlerzeiten  übrig  ist ,  der  sich  aber 
zu  bürgerlichen  handlungen  gar  nicht  schickt.  2, 121 ;  jeder 
schritt  in  die  zukunft  war  ihm  voll  ahniing  wichtiger  hand- 
lungen und  merkwürdiger  bcgebenheiten.  Göthk  18,136;  auf 
einmal  trat  er  an  Aureliens  puUlisch,  griff  schnell  nach  et- 
was . .  Aiirelir  bemerkte  kaum  seine  handlung,  als  sie  auf- 
fuhr i:i>z  meine  handlungen    immer  mehr  der  idce 


405 


HANDLUNG 


HANDLUNG 


406 


ähnlich  werden,  die  ich  mir  von  der  Vollkommenheit  ge- 
macht habe.  361;  die  dritte  (mora/),  versetzte  der  hofschiilze, 
ist  keine  rede,  sondern  eine  handlung  und  Verrichtung. 
Immermann  Münchh.  1,  IST ; 

die  gröszte  handlung  dieses  Jahrhunderts  sei, 
so  dacht  ich  sonst,  wie  Herkules  Friedrich 
die  keule  führte.  Klopstock  2,  102; 

etliche  gute  (verbergen)  das  heer  schwarzer  handlungen  nicht. 

158. 
elteas  wird  in  handlung  gesetzt,  in  ihätigkeil :  wie  schwer  hielt 
es,  diesen  guten  willen  der  nation  für  seine  politischen  ent- 
würfe zu  bestimmen  und  in  handlung  zu  setzen.  Schiller 
%S0;  raüszige  entwürfe  ..  in  handlung  gesetzt.  763;  ebenso 
kommt  etwas  in  handlung: 

wo  die  edlen  sinnengüter 
reeht  nur  in  die  handlung  kommen. ~  Logal-  3,  85,  48. 

handlung  von  thieren :  nach  befriedigung  des  nächsten  bedürf- 
nisses  haschen  sie  (die  nagelhiere)  demnach  sehr  lebhaft,  aber 
sie  möchten  dennoch  gern  in  sicherer  fülle  wohnen;  daher 
der  sammlertrieb  und  zunächst  gar  manche  handlung  die 
einer  überlegten  kunstfertigkeit  ganz  ähnlich  sehen  möchte. 
GöTHE  55,  322. 

4)  eine  specialisierung  der  vorigen  bedeiUung  ist  es,  wenn  man 
technisch  von  der  handlung  eines  bildes  oder  dichtwerks ,  einer 
fabel,  eines  epoi,  eines  drama  spricht  (vgl.  unten  handlungsvoll) : 
leblose  dinge  können  in  der  poesie  platz  finden  . .  aber  sie 
müssen  nur  als  zufällig  erscheinen,  und  von  andern  dingen, 
so  zu  rühren  fähiger  sind,  abhängen,  solches  sind  die  hand- 
lungen, welche  . .  gleichsam  einen  kurzen  abrisz  der  mensch- 
lichen natur  vorstellen.  Balteux  schöne  künste  übers,  v.  Bertram 
(1751)  s.  120;  eine  handlung  nenne  ich  eine  folge  von  Ver- 
änderungen ,  die  zusammen  ein  ganzes  ausmachen  .  .  folg- 
lich hat  die  fabel  eine  handlung,  wenn  das,  was  sie  erzehlt, 
eine  folge  von  Veränderungen  ist.  Lessixg  5,370;  gegenstände, 
die  auf  einander,  oder  deren  theile  auf  einander  folgen, 
heisren  überhaupt  handlungen.  folglich  sind  handlungen  der 
eigentliche  gegenständ  der  poesie.  6,  464.  zufolge  dieser  be- 
griffsbestimmung  heiszl  es  seit  dem  vorigen  Jahrhundert  gewöhnlich: 
die  handlung  des  trauerspiels  war  nicht  spannend  genug; 
die  handlung  in  dem  romane  ist  ziemlich  verwickelt;  dieses 
gemälde,  weil  es  handlung  enthielte.  Gellebt  1,  323;  es  {das 
stück)  war  voller  handlung,  aber  ohne  Schilderung  wahrer 
Charaktere.    Göthe  18,138. 

5)  aber  abgesehen  von  dieser  technischen  bedeutung  war  hand- 
lung schon  früher  in  frischerer  weise  auf  die  reihenfolge  dessen, 
was  in  einem  drama  vorgeht,  bezogen  worden:  die  ganze  hande- 
lung bildet  ab  den  letzten  lebenstag  der  königin  Catharine. 
A.  Grypbiüs  (1663)  X.  94;  und  das  erhielt  sich  fort:  die  hand- 
lung {des  trauerspiels  Dido)  währt  einen  halben  tag.  i.  E. 
Schlegel  1,  71 ;  der  ort  der  handlung  ist  Deutschland.  Schiller 
räuber  1782  {bei  Goedeke  2,  20S).  man  nahm  handlung  auch 
geradezu  für  Schauspiel:  kurz  darauf  funde  sich  eine  com- 
pagnie  vortrefflicher  comoedianten  ein,  welche  alle  tage  vor 
dem  könige  ihre  handlungen  ablegten,  polit.  stockf.  40. 

6)  wenn  im  bühnenwesen  handlung  den  aufzug  eines  Schau- 
spiels bezeichnete,  so  war  das  eine  Übersetzung  des  tat.  actus,  die 
vornehmlich  im  17.  und  18.  jahrh.  im  gebrauche  war.  während 
Gryphics,  Hoffma.n.sswaldad,  Günther  k.  a.  dafür  abhandlung 
setzen,  ist  z.  b.  die  kunst  über  alle  künste  {Shakespeares  taming 
of  the  shrewi672)  in  handlungen  eingetheiU;  auch  Klopstock 
gliedert  so  seine  dramatischen  werke,  noch  Göthe  sagt  in  einer 
recension  11 -,3 :  wenn  nicht  die  festung  gerade  in  dem  letzten 
auftritt  der  letzten  handlung  glücklich  an  die  freunde  der 
Kriegsgefangenen  übergegangen  wäre.  33,  47. 

7)  handlung  {nach  handeln  II,  a)  abhandlung,  traetal,  schriß: 
Iractatus,  beschnbung,  handlung,  leilung  Frisics;  dan  ich 
selbst  solche  einmiscliung  auszländischer  wort  in  unsern 
teulschen  Schriften  und  handlungen  fast  hasse  und  schel- 
ten thue.  Philander  2  (1643)  s.  127;  nun  haben  wir  zwar  .. 
schon  angedeutet,  dasz  unsere  handlung  vornehmlich  gerich- 
tet seie  auf  jedes  land  und  provinz  des  römischen  reichs 
teutscher  nation.   Secre^dorff  fürstenstaat  (1737)  s.  2. 

8)  tiW  häufiger  aber  und  bis  ins  18.  jh.  {nach  handeln  11,  b) 
Unterhandlung,  Verhandlung:  am  dornstag  waren  wir  in  der 
handlung,  so  der  römische  cardinal  mit  d.  .Martino  fürnam. 
l.LTHER  1,108*;  und  ob  etliche  (artikel)  noch  dunkel  wären, 
oder  verdächtig,  acht  ich,  wenns  zur  handlung  käme,  es  wäre 
wohl  alles  klar  und  gewisz  zu  machen,  br.  4,335;  erbieten 
sich  sehr  gütig  auf  handeiung.  6,  771;   summa   der  worm- 


sische  handlung.  Melänchtho>-  an  Albrecht  ep.  8  ed.  Faber ; 
nach  vielen  gehabten  handlungen  und  rathschlägen.  i^ürnb. 
reichstagsabschied  v.  1524  §  24 ;  demnach  land  und  Städte  nach 
mancherlei  getreuer  fleisziger  handelung  .  .  sich  einigten. 
Schütz  Preuszen  121 ;  ob  es  {das  fürstenthum)  durch  theilung 
und  erbfälle,  neue  handlungen  und  vergleiche  erweitert  oder 
vermindert  seie.  Seckendorff  s.  7;  mit  einigen  Galliern  in 
verdächtige  handlungen  eingelassen.  Büsaü  1,111; 

sieh!  eben  naht  sich  Eteokles  selbst 
zur  friedenshandlung.    Schiller  240. 

man  gibt  sich  in  handlung,  tritt  in  handlung,  pflegt  hand- 
lung mit  einem  :  das  sich  unterthanen  müssen  mit  irer  ober- 
keil ,  do  sie  doch  recht  suchen  und  schütz  haben  sollen, 
aller  erst  umb  recht  zu  holen  in  handlung  geben.  Lcther 
4,316*;  diese  gothische  unruhe  machte  sich  Constantinus  zu 
nutz,  um  mit  Honorio  in  handlung  zu  treten.  Mascoü  1,356; 
wenn  der  verstand,  das  gewissen  und  unsere  neigungen  sich 
entzweien ,  so  mus  man  das  urteil  dem  verstände  heimstel- 
len, welcher  am  ersten  mit  dem  gewissen  handlung  pflegen 
soll.  BcTscHKY  Pa/m.  261 ;  auch  man  gesteht  einem  handlung: 
vergönnet  eurem  herzen  nicht ,  dasz  es  sich  mit  unreinen 
fürstellungen  und  nachsinnen  belustige,  denn  hiedurch  ge- 
stehet es  dem  satan  handlung,  und  last  sich  mit  ihm  in  ein 
gespräch  ein ,  welches  denn  schon  mehr  als  halb  verlohren 
heiszt.  Scriver  seelensch.  1,  816.  handlungen  werden  abge- 
brochen :  brach  man  die  handlung  mit  den  Longobarden  ab. 
Mascoü  2,  206. 

9)  dann  auch  (handeln  11,  d)  Verhandlung,  verfahren  vor  ge- 
riciit:  oder  aber  die  schuldigen  durch  unordentliche  gefäiir- 
liche  und  verlängerliche  handlung  den  peinlichen  klägern 
und  gemeinem  nutz  zu  groszem  nachtheil  gefristet,  weg  ge- 
schoben und  erledigt  werden.  Carolina,  vorrede;  alle  Sachen, 
process  und  handlungen  im  rath ,  gericht  und  sonst,  cam- 
merger.-ordn.  v.  1555  th.  1,  9 ;  in  ihren  gerichtlichen  fürträgen, 
handlungen  und  processen.  th.  l,  23  §  U ;  so  werden  auch 
alle  euere  acta,  alle  euere  register,  alle  euere  obligationes 
verbrennen,  und  wird  dann  kein  vergleich,  keine  gütliche 
handlung  mehr  gelten.  Schuppics  321;  S.  soll  ich  das  alles 
protokolliren?  P,.  was  zur  handlung  gehört.  Göthe  8,119; 
zu  seinem  tröste  schlosz  sich  die  ganze  handlung  (verhör  vor 
dem  amimanne)  noch  ziemlich  bald.  18,75.  —  handlungen 
heiszen  auch  die  über  die  gerichtsverhandlungen  gemachten  nieder- 
schrtften ,  acta:  sollen  der  richter,  schöpfen  und  urtheiler 
alle  gerichtliche'  fürtiäg  und  handlung  für  sich  nemmen,  mit 
fleisz  besichtigen  und  erwegen.  Carolina  art.  92;  damit  man 
aller  ergangenen  urtheil  und  handlungen  im  reich  Wissens 
habe,  kaiserl.  kriegsrechl  bei  Böckler  kriegssch.  360. 

10)  hieran  reütl  sicfi  am  nächsten  die  bedeutung  der  kriegerischen 
handlung,  kämpf,  fehde,  wie  franz.  action:  dieweil  wir  in  der 
handlung  (im  gefecht)  und  arbeit  waren.  Görzv.  B.  56;  solche 
Schlacht  und  handlung  ist  geschehen  ..  15U2.  da;. ;  die  hand- 
lung und  Schlacht  für  Nürnberg.  62. 

11)  handlung  (nach  handeln  13)  andauernder  betrieb  des  kauf- 
handels,  handelst  erkehr ;  vorzugsweise  inschrißen  desl'.u.lS.  jh., 
wo  es  mit  handel  oß  abwechselnd  gebraucht  uird  (vgl.  auch  eine 
grüszere  anzahl  der  unten  folgenden  Zusammensetzungen) ,  früher 
hiesz  es  dafür  hantierung,  kauf  (s.  d.);  jetzt  ist  das  wort  zu 
gunsten  von  handel  (8  sp.  372)  ungewöhnlich  geworden :  mit  die- 
sem baisam  haben  sie  grosze  handlung  getrieben  mit  andern 
nationen.  Schuppiüs  lll ;  woferne  sie  nur  noch  würklich  hand- 
lung treiben,  d.  Stadt  Leipzig  ordn.  (1701)  x.  35;  Wechselbriefe, 
als  welche  zur  beförderung  der  handlung  erfunden  und  ein- 
geführet.  s.  €5;  indem  . .  ein  andres  (land)  zur  sciiiffahrt  und 
handlung  besser  und  bequemer  gelegen  ist.  Seckendorff  s.  18; 
die  gemeinschaft,  die  die  menschen  unter  einander  durch 
..  die  handlung  ..  haben.  KA^T  9,95;  neue  quellen  des  er- 
werbs  und  der  handlung.  Moser  patr.  phant.  1  (l798)  i.  165; 
Deutschland  hat  seine  häfen  wie  andre  reiche,  und  es  ist 
zur  handlung  so  gut  gelegen,  als  das  beste,  aliein  so  lange 
seine  gegenwärtige  regierungsverfassung  dauert,  wird  es  nie 
zu  der  grösze  in  der  handlung  gelangen,  wozu  es  nach  sei- 
nen kräflen  gelangen  könnte,  s.  259;  so  sehr  ist  das  hand- 
werk  zugleich  mit  der  handlung  gesunken,  s.  263 ;  handlung 
und  gewerbe.  2,135;  der  acker-  und  leinenbau,  die  Vieh- 
zucht, die  jagd  und  die  fischerei  bereicherten  den  landmann, 
künste,  manufacturen  und  handlung  den  Städter.  Schiller 
782';  denk  an  die  städte,  die  edeln,  das  volk,  an  die  hand- 
lung, den  feldbau,  die  gewerbe  I    Göthe  8,223;    der   stolze 

26* 


407 


HANDLUNG  —  HANDLUNGSFACH 


HANDLUNGSFÄHIG  —  HANDLUNGSSORGE  408 


französische  hof  sandte  einige  Völker  an  die  grenze  von  Genf 
und  untersagte  der  {dort  hnschenden)  partei  der  representans 
die  bandlung  mit  Frankreich.  Stolberc  6,  276;  handlung  und 
gewerbe  hatten  nach  Genf  viele  fremde  gezogen.  277.  —  Dar 
plur.  kovimt  vor  in  dem  sinne  von  handehgesdiäßen :  dann  unter 
handlungen  hat  er  sein  fröhliches  und  ernsthaftigs  gemüth 
mit  kuQst  und  embsigkeit  angefüllt.  Scbuppios  718; 

fQr  die  schwerenotb  und  krampf  wird  die  luchslilau  uns  ver- 

sclirieben, 
und  mit  ihren  balgen  werden  grosze  handlungen  getrieben. 

Brockes  y,  278. 

12)  daher  erlangt  endlich  handlung  die  engere  bedetUung  des 
tunßmäsztg  und  kunstgerecht  betriebenen  kaufmannsgewerbes,  na- 
mentlich auch  in  einer  anzahl  der  heutigen  spräche  gewöhnlichen 
füyungen:  er  erlernt  die  handlung;  er  hat  sich  der  handlung 
gewidmet;  er  gab  die  handlung  auf  und  setzte  sich  zur  ruhe; 
von  der  handlung  hattest  du  damals  keinen  begriff.  Göthe 
18,51.  hdußg  bezeichnet  es  ein  einzelnes,  so  betriebenes  geschajt: 
also,  wenn  zu  eines  leipzigischen  oder  frembden  kaufmanns 
..  vermögen  ein  concursus  creditorum  entstehet,  da  soll, 
sonderlich  wo  bei  einer  handlung  verderbliche  (dem  verderben 
ausgesetzte)  wahren  sein,  alsbald  anstalt  gemachet,  ..  die  ge- 
samte handlung  .  .  ohne  allen  verzug  inventiret  und  taxirel 
werden,  d.  Uadl  Leipzig  ordn.{VH)\)  s.  02;  bei  einer  handlung 
wie  die  seinige ,  wo  er  das  capital  wenigstens  auf  zwanzig 
pro  cent  nutzen  kam.  Rabener  «a/.  3  (1757)  s.  243  ;  der  credit, 
welcher  in  einer  handlung  so  unentbehrlich  ist.  4,  148;  das 
geld  in  die  handlung  seiner  frau  muhme  zu  legen.  Gellert 
4,  281 ;  Andreas  war  auf  das  erste  wort  willig,  ihn  in  seine 
handlung  [als  thcilhaber)  zu  nehmen.  437;  wir  streckten  ihm 
überdiesz  noch  ein  capital  in  die  handlung  vor.  das.;  er  halte 
nämlich  . .  so  viel  gewonnen,  dasz  er  eine  handlung  anfangen 
konnte.  Lessinc  3,3;  einen  ansehnlichen  theil  davon  hatte 
er  dem  alten  Werner  in  die  handlung  gegeben.  Güthe  18,  56; 
in  der  sladt  N.  blühen  nur  einige  handlungen,  die  übrigen 
kommen  in  verfall,  oß  ist  es  auch  rein  local  auf  den  ort  wo 
ein  solelies  geschdß  betrieben  wird,  bezogen  (s.  handlungsplän): 
so  bezeichnen  firtnenschilder  einen  kaufmannsladen  als  buch-, 
schnittwaaren-,  leder-,  tuch-handlung,  auch  in  Düringen  bei 
kleinverkäufern  schlechtltin  als  handlung;  dem  entspriciU  wieder 
im  gewöhnliclien  sprachgebraudie :  ich  gieng  in  die  handlung 
von  N.,  um  tabak  zu  kaufen ;  als  ich  aus  der  handlung  auf 
die  strasze  trat,  stiesz  ich  auf  einen  bekannten,  endlich  ver- 
steht man  unter  handlung  auch  die  gesamtheif  der  inhaber  eines 
kaufmannsgeschäßes :  die  handlung  A.  concurriert  mit  der 
handlung  B.  in  feinen  seidenwaaren ;  die  handlung  C.  hat 
ihre  Zahlungen  eingestellt. 

HANDLUNGSART,  f.  art  zu  verfahren,  zu  handeln:  Egmont 
halte  . .  den  monarchen  aufgefordert  . .  ihm  die  handlungs- 
art  ZU  bestimmen,  wodurch  man  ihm  gefällig  werden  könnte. 
Schiller  838;  die  handlungsart  edler  milnncr.  Klincer  8,  222. 

HANDLüNGSBEDIENTER,  m.  diener  einer  kaußiandlung  ;' 
Moses  Mendelssohn  war  jüdischer  religion  und  handlungs- 
bedienler  bei  einem  kaufmann.  Hebel  schatzkäsll.  176. 

HANDLUNGSBEFLISSENEK,  m.  kaufmann:  ein  junger 
handlungsbeOissener.    Hei.ne  werke  1,  26, 

HANDLLNGSBüCH,  n.  buch  das  über  den  geschäßsgang  einer 
kaußiandlung  geführt  wird,  gewöhnlich  im  plur. :  die  handlungs- 
bücher  des  kaufmanns  N.  wurden  heute  mit  beschlag  be- 
legt; was  wird  häufiger  geschworen  als  eidc  über  handlungs- 
bücher?  Moser  pluint.2  (1798)  142. 

HANDLUNGSBLRSCHE,  m.  bursche,  lehrling  einer  kaufhand- 
lung:  der  handlungsbursche,  der  dich  hier  anmeldete.  Engel 
12,323;  ach,  der  handlungsbursche  ist  —  bei  einem  haare 
hätte  er  ein  kraftworl  hcrausgesloszen.  324. 

HANDLUNGSCOMI'AGNIE,  f:  nun  sollen  wir  auch  sogar 
liandlungskompagniej)  ohne  naliunalunterslUtzung  errichten? 
Moser  patr.  jilianl.  1   (1798)  s.  309.     s.  handelscompagnie. 

HANDLUNGSDIENER,  m.  diener,  gehilfc  in  einer  kaußiand- 
lung.    oft  statt  dessen  handelsdiener,  sp.  380. 

HANDLIINGSERFAHRIJNG,  f.  erfahrung  die  im  kaufmannt- 
gewfrbe  erlangt  wird :  anstalten,  welche  die  lungere  handlungs- 
erfabrungals  dienliche  mittel  entdeckt  hat,  die  mannigfaltigen 
gefahren  des  handeis  zu  vermindern.  Garte  anmerk.  tu  Cic. 
de  off.  b.  3  I.  80. 

HANDLUNGSFACH,  n.  gewtrbe  de*  kaufmannt,  allgem.  liU. 
zeUg.  iHiO  «.268;  junge  leute,  die  sich  dem  handlungsfache 
widmen. 


HANDLUNGSFÄHIG,  adj.  fähig  zu  einem  verfahren,  einer 
handlung. 

HANDLUNGSFÄHIGKEIT,  f.:  wahnsinnige  und  unmündige 
haben  mit  den  juristischen  personen  die  ähnlichkeit,  dasz 
sie  rechtsHihig  sind,  daneben  aber  die  natürliche  handlungs- 
fühigkeit  entbehren ,  weshalb  ihnen  in  der  person  von  Ver- 
tretern ein  künstlicher  wille  verschafft  wird.  Savicnv  System 
2,  316. 

HANDLUNGSFREUND ,  m.  der  mü  einer  kaußuxndlung  in 
Verbindung  steht,  geschäßsfreund  (vgl.  handelsfreund):  das  ver- 
mögen und  der  gewinst  des  kaufmanns  ist  beständig  zum 
theil  in  andrer  bänden:  er  ist  immer  von  der  ehrlichkeit 
und  Pünktlichkeit  seiner  handlungsfreunde  abhängig.  Garve 
anm.  zu  Cir.  de  off.  3,  78. 

HANDLUNGSGEBRAUCH,  m.  gebrauch  wie  er  im  kaufmanns- 
gewerbe  herschl.  Garve  zu  Cic.  de  off.  3,  94. 

HANDLUNGSGEFAHR,  f.  negolialorum  casus  varii.  Stie- 
ler 402. 

HANDLÜNGSGEIST,  m.  geist  wie  ihn  der  betrieb  des  kauf- 
mannsgewerbes erheischt:  was  die  Vorstellungen  meines  arzles 
nicht  vermochten  ,  macht  hier  der  handlungsgeist  möglich. 
TntjMMEL  reise  4,459;  weil  überhaupt  ein  gewisser  edelmulh 
mit  dem  handlungsgeiste  nicht  besteht.  Stolbehg  6,  217;  nie 
hat  sich  eine  nation  ohne  blutvergieszen  und  räubereien 
unter  den  übrigen  erhoben ,  bei  der  nicht  gerechligkeit  mit 
kunstfleisz  verbunden,  wäre  im  schwänge  gewesen ,  woraus 
der  wahre  handlungsgeist  entsteht.  Garve  2u  Cic.  de  o^.  3, 117. 
s.  handelsgeist. 

HANDLUNGSGESELLSCHAFT,  f.  gesellschaß  die  sich  zum 
betriebe  des  kaufmannsgewerbes  bildet:  so  lange  seine  einbil- 
dung  von  dieser  handlungsgesellschaft  fortdauerte.  Fichte  üb. 
die  franz.  revol.  427.     häufiger  handelsgesellschaft,  s.  d. 

HANDLUNGSGESELLSCHAFTEH,  m.  thcilhaber  an  einer  hand- 
lungsgesellschaft. 

HANDLUNGSGLÜCK,  n.  glück  im  kaufmannsgeschäß :  der 
einflusz  der  redlichkeit  in  das  handlungsglüvk.  Garve  zu  Cic. 
de  off.  3, 117. 

HANDLUNGSHAUS,  n.  eigentlich  das  haus,  in  dem  eine  kauf- 
handlung  befindlich;  dann  diese  selbst  und  der  inhaber  derselben : 
das  geachtete  handlungshaus  N.     vgl.  handelshaus. 

HANDLÜNGSHERR,  m.:  kaufmann,  kaufherr,  handlungs- 
herr,  eine  person  die  handlung  treibt,  und  waaren  ein-  und 
verkauft.  Jacorsson  2,378'.  nach  handlung  11  sp.  406;  vgl. 
handelsherr. 

HANDLUNGSKASSE,  /".  kasse  eines  kaufgeschäßes.  Moser  palr. 
phant.  1  (1798)  s.  228. 

HANDLUNGSKENNTNIS,  f.  kenntnis  des  kaufmannsgewerbes. 

HANDLUNGSLADEN,  m.  kaußaden.  Jacobssox  2.378'. 

HANDLUNGSLEHRLING,  m.  leMing  in  einer  kauf  handlung : 
fortbildungscursus  für  handlungslehrjinge.  Köln,  xeilg.  1369 
no.  260. 

HANDLUNGSNEID,  m. :  jede  handelnde  nation  hat  denk- 
mäler  der  Ungerechtigkeit  und  grausamkeit  aufzuweisen ,  an 
welchen  der  handlungsneid  mehr  noch  als  der  politische 
zwist  oder  der  nationalhasz  schuld  gewesen.  Gabve  zu  Cic. 
de  off.  3,  85. 

HANDLUNGSORT,  m.:  wo  der  weg  ..  nach  einem  groszen 
handlungsorte  führet.  Moser  phant.  2  (1798)  281. 

HANDLUNGSPLAN,  m.  plan  zu  dem  gebäude  einer  kauf- 
handlung:  zu  diesem  ende  entwarf  er  einen  handlungsplan 
und  den  plan  einer  manufactur.  VVikland  8,  311. 

HANDLUNGSPLATZ,  m.  wie  handelsplatz  (sp  383);  daher 
kann  man  eine  waare  oft  wohlfeiler  in  den  groszen  hand- 
lungsplätzen,  als  in  fabrikstttdten  kaufen.  Garve  zu  Cic.  de 
off.  3,  119. 

HANDLUNGSREGEL,  f.  1)  allgemeine  regel  wonach  man  ver- 
fuhrt, handelt. 

2)  regel  für  den  betrieb  des  kaufmannsgewerbes:  so  viel  ist 
gewisz,  dasz  keine  allgemeine  handlungsregel  sein  kann,  was 
grOsztenthcils  den  liandel  vernichten  wQrde.  GARfs  tu  Cic 
de  off.  3,  112. 

HANDLUNGSREISENDER,  m.  der  für  nne  kaufhandlung  tum 
betriebe  direr  geschttße  rehl.  die  form  handelsreiseoder,  die 
dafiir  jetzt  ößer  au /tritt,  tat  tadelhaß. 

HANDLUN(;SSCHIFF,  n.  kauffahrteischiff.  Jacobssom  6,230*. 

HANDLUNGSSORGE,  f. : 

ihr  ccnincrtrhweren  handhinKiiorfr^n, 

iiiil  moinen  (ilule}  beul  iu  rulil    Sropri  l'nrnnn  l\)H. 


409      HAiNDLÜKGSSPRAGUE  —  HAKDMALER 


HANDMEHR  —  HANDPRESSE 


410 


HANDLUNGSSPRACHE,  f. :  ein  solcher  kaufraann  wird  in 
der  handlungssprache  ein  Spediteur  genannt.  Campe  kinder- 
sdtriflen  18,  74. 

HANDLUNGSSPRINGFEDER,  f.  antrieb  zum  verfahren,  han- 
deln: der  dritte  hauptabschnitt  der  von  ihm  in  fünf  einge- 
theilten  weltzeit,  welcher  nach  ihm  blos  sinnliche  antriebe 
zur  handlung-springfeder  macht.  J.  Padl  kl.  bücherschau  i,  102. 
HAiNDLL'iNGSSTADT ,  f.  wie  handelsstadt  (sp.  383) :  alle 
groszen  handlungsstädte  Europens.  Garve  anm.  zu  Cic.de  off. 
3,  118. 

HAIS'DLUNGSTRACTAT,  m.:  nachdem  ich  ..  in  meines 
groszvaters  namen  einen  handlungstractat  mit  den  streitbaren 
iranichen ,  riesen ,  zweiküpDern  .  .  et  cetera  gesciilossen, 
nahm  ich  meine  fahrt  weiter  nordwärts.  Fr.  Mijller  I,  311. 
HANDLUNGSUNFÄHIG,  adj.  tinfäldg  für  fuindlungen  im  all- 
gemeinsten sinne  (3,  sp.  404).  Savicsy  syslem  3,  22  anm.  davon 
die  handlungsunfähigkeit. 

HANDLÜNGSVERBI.NDÜNG,  f :  der  kaufmann,  dessen  spe- 
culationen  sich  über  die  handlungsverbindungen  von  ganz 
Europa  erstrecken.  Garve  zu  Cic.  de  off.  1,281;  es  steht  bei 
uns,  mit  allen  nordischen  reichen  handlungsverbindungen  zu 
»•rrichten.  Moser  patr.  phant.  1  (1799)  s.  210. 

HANDLÜNGSVERDRIESZLICHKEIT,  /".;  er  wuszte  dasz 
wegen  handlungsverdriesziichkeiten  grosze  feindschaft  zwi- 
schen ihm  und  lierrn  Stark  dem  söhne  geherrscht  hatte. 
E.NGEL  12.  46. 

HANDLUNGSVERWÄLTER,  m.:  handlungs-  sive  kramver- 
walter,  alias  faktor,  institor,  exercilor  Stieleb  2425. 

HANDLLNGSVOLL,  adj.,  nach  handlung  4  (sp.  405):  sie 
(Angelika  Kaufmann)  zeichnet  nicht  allerdings  richtig,  und 
musz  daher  reiche,  handlungsvolle  erfindnngen  meiden.  Stcrz 
1,  34;  das  bandlungsvoliste  Schauspiel.  Lichtenberg  verm. 
Schriften  (1844)  2,39. 

HA.N'DLUNGSVVEISE,  f  arl  und  weise  des  Verfahrens:  der 
alte  bat  ihn  um  das  gewehr.  dem  aber  weigerte  sich  der 
junge  mann,  indem  er  sagte,  dasz  es  ohne  gewehr  ja  gar 
keine  Überwindung  koste,  das  schieszen  zu  lassen,  und  seine 
handlungsweise  dann  alles  verdienst  einbüsze.  Immermank 
Münchh.  1, 15t.     vgl.  handelsweise,  handlensweise. 

HANDLÜNGSWELT,  f  geschäftsweit :  sich  aufmerksame  cor- 
respondenten  in  der  handlungswelt  verschaffen.  Garve  21«  Cic. 
4e  off.  3,104. 

HANDLÜNGSZWEIG,  m. ;  handelsplätze,  durch  deren  bände 
der  grosze  handlungszweig  ging,  der  auf  dem  schwarzen 
meere  getrieben  wurde.  Wieland  Horazens  epist.  1,  129;  der 
einflusz  des  risico  auf  die  moral  des  kaufmanns  zeigt  sich 
noch  deutlicher  durch  die  Verschiedenheit,  welche  es  in  der 
moral  der  verschiedenen  handl-mgszweige  hervorgebracht  hat. 
Gabve  zu  de.  de  off.  3,79;  um  diesen  handlungszweig  auf- 
recht zu  erhalten.  3,  96 ;  der  getreidehandel  ist  vor  allen  an- 
dern handlungszweigen  zufallen  vieler  art  ausgesetzt.  3,100. 
HA.NDMAL,  n.  mal,  ßcck,  zäciten  an  der  hand:  die  hand- 
male Christi;  uHe  mhd.: 

da  der  eingeborne  sune  din 

mit  straken  armSn  ans  hienc, 

dö  er  die  hantgemele  enpGenc, 

durch  die  wir  erloeset  sin.  minnes.  3,  161*  Hagen, 
dasi  das  ältere,  der  rechtssprache  angehörige  handmal,  mhd.  hant- 
mäl,  hantgemäl,  zunächst  ein  durch  die  hand  bewirktes  zeiche», 
handzeichen,  dann  das  grundslück ,  von  welchem  ein  schüffenbar 
freier  sein  handzeichen  als  hauszeichen  führt,  freies  gut,  stamm- 
gut bedeutet,  erläutert  ausführlich  Homever  in  der  acad.  abhaud- 
tung:  über  die  heimai  nadi  altdeutschem  reclit,  insbesondere  über 
das  hantqemal.  1852. 

HANDMALER,  m.  wol  maier  aus  freier  hand,  im  gegensatz  zu 
einem  mit  cirkel  und  lineal  zeichnenden  (vgl.  handzeichnen): 

und  wenn  ihr  darnach  sehen  soll 

die  handmahler,  die  es  hie  hat, 

die  auf  ein  nache  händ  (?wand?)  so  glat 

ihr  gmähl  können  in  die  hoch  lühren, 

mit  färben  und  schatten  also  schön  ziern, 

das  einer  darnach  greifen  sohl 

Atrkr  llf  (561,  13  Keller). 
Hans  Sachs  schildert  den  handnialer: 

die  kunst  der  perspeciilT  ich  pur 

bcricht  bin,  und  contrafaetur, 

dem  menschen  ich  mit  färb  kan  gebn 

sein  gstall.  als  ob  dis  bild  thu  lehn, 

statt,  Schlösser,  wasser,  berg  und  wäld, 

ein  beer,  sam  ilg  ein  fürst  zu  feld, 

kan  ich  so  elgenlllch  anzeign, 

•I«  stehe  es  da  leibhaftig  oign. 

betchreib.  aller  stand  auf  erden  (1568)  G2. 


HANDMEHR,  n.  inehheit  die  sicli  durch  aufheben  der  Hände 
lierausslelU,  in  der  Schweiz  nach  der  formet  die  mehrere  hand 
(sp.  358)  gebräuchlich:  die  landesgemeinde  hatte  nicht  weniger 
als  46  wählen  durch  das  freie  handmehr  zu  treffen  und 
brauchte  für  dieses  wahlgeschäft  keine  vollea  zwei  sttinden. 
neue  Zürcher  zeilung  1854  no.  136. 

HA.NDMESSER,  n.  messer  zum  handgebrauch  verschiedener 
Handwerker,  z.  b.  der  kammacher  und  weiszgerber,  um  damit  zu 
sdiaben.  Jacobsson  2,  205*. 

HAND.MÖRSER,  «1.  mörser  zum  werfen  von  Handgranaten. 
Eggers  kriegs-  u.  ritter-lex.  1, 1145. 

HAND.MLFF,  m.  kleiner  muff  blosz  zum  warmhalten  des  Hände. 

HANDMÜFFCHEN ,  n.  plur.  pelzene  oder  wollene  hüllen  zur 
erwdrmung  der  Handfläche  und  des  Vorderarms. 

HANDMÜHLE,  /".  mit  der  hand  zu  treibende  mühle.  Maaler 
211*;  mala  trusatilis  hanmole  Diefe.\b.  365';  zum  malen  des 
getreides:  bei  landgütern,  welche  keine  eigenen  wasser-  oder 
Windmühlen,  und  auf  andere  mühlen  weit  zu  fahren  haben, 
.  .  thun  die  handmühlen  sehr  gute  dienste;  man  hat  deren 
verschiedene  arten.  Ocon.  lex.  1659.  zum  zerkleinern  von 
Pfeffer,  senf ,  kaffe  u.  a.  isl  die  handmühle  in  wirtscJiaßen  ge- 
wöhnlich. 

HAND.MÜNZE,  f.  kleine  Scheidemünze.  Scbm.  2,  206. 

HANDNEHMEN,  verb.  schützen,  vertheidigen ,  an  die  hand  als 
behütende  (sp.  351  unten)  angelehnt:  uns  gegen  solchen  bösen 
räthen  zu  schützen  und  handzunehmen,  verhandl.  d.  schles. 
fürslen  und  stände  v.  1618  s.  168. 

HANDOCHSE,  m.  der  zur  linken  hand  am  pflüge  geht.  Nemkicb. 

HANDORGEL,  f.  drehorgel:  der  balladensänger  mit  der  hand- 
orgel,  dem  Kriscban  (in  der  Veerlander  idylle  de  winterawend) 
das  lied  abkaufte,  war  ohne  zweifei  ein  Mecklenburger.  Voss 
jffi  inhalte  seines  musenalm.  v.  1777. 

HANDPAPIER,  n.  büttenpapier,  im  gegensatze  zum  mascHinen- 
papiere. 

HAND  PASTETE,  f.  kleine  pastele ,  zum  essen  von  der  hand 
weg:  in  Paris  ..  befinden  sich  in  jeder  strasze  mehrere  rein- 
liche . .  laden ,  wo  man  frische  handpasteten  gleich  fertig 
vorfindet,  maqasin  f.  litt,  des  ausl.,  1867  s.  314. 

HANDPFAHL,  m.  beim  was-ierbau  ein  pfähl  der  ohne  ramme, 
blosz.  mit  dem  schldgcl  eingetrieben  wird.  Jacobssox  2,  205*. 

HANDPFEIFE,  f.  durch  die  hold  zusammengelegten  Hände  ge- 
bildete pfeife  und  das  pfeifen  darauf;  Stieler  verzeichnet  dies: 
in  Düringeü  volksmäszige  wort:  handpfeife  non  solum  dicUur 
ßstula,  cantalrix,  alias  eine  flöte,  sed  etiam  sibilus  acutus,  qui 
manibus  conjunctis  volas  inflando  exdlalur.  1438. 

HANDPFENNIG,  m.  pfennig  auf  die  Hand,  geld  zum  ersten 
anfange:  kurz  hernach  kam  der  mann  zu  mir  und  erzehlte 
mir  seinen  zustand,  . .  bäte  ich  wolle  doch  seiner  frauen 
bruder  ansprechen,  dasz  er  ihm  ein  tausend  reichst,  leihen 
wollen,  er  wüste  ein  mittel,  dadurch  er  verhoffe  wieder  ein 
fundament  zu  legen  in  seinem  glück,  allein  er  müste  einen 
handpfenning  haben.  Schuppiüs  581. 

HANDPFEHD,    n.  l)  resen-epferd ,    das   für   einen    möglichen 
gebrauch  sofort  zur  Hand  sein  soll:   dexlrarius  hantpfert ,  hant- 
ros  DiEFENB.  178';  handpferd  parippus,  equus  honorarius  Steix- 
BACH  2, 17" ;    das  gefolg   der    kaiserlichen    majestät    übertraf 
nunmehr  wie  billig  die  übrigen,  die  bereiter,  die  handpferde. 
die  reilzeuge,  Schabracken  und  decken  zogen  aller  äugen  auf 
i   sich.  GöTHE  24,  304.   fc/7rf/icA.-  ein  handpferd  zum  musenpferde 
1    (ein  nachsdireiber).  i.  Paul  grün.  proc.  27. 
I        2)  pferd ,   welches    dem   satlelpferd   zur   reclUen   Hand   an  der 
\    deichsei  geht.  öcon.  lex.  920;  der  fuhrmann  spannet  das  hand- 
I   pferd  an  das  sattelross,    die   fördersten   treibt   er   vor  sich 
j    her.  Comenius  sprachenthür  v.  Docemius  §  454.     5.  handgaul. 
I        HANDPFLICHT,  f.  verpfliciUung  miUels  Handschlag,  stipulalio 
\   manu   fada   Stieler  1447;    so    man    auch  rathwahl  helt  und 
die   embter   besetzt,    sollen   die   goltschmidt   zusammen  er- 
fordert und  sie  irer  bevor  gethanen  eide  erinnert,  und  wider 
uffs  new  handtpflicht  von  ihnen  genommen  werden,  welches 
man   gehorsam  thun  pflegt  zu  nennen.   Mose  zeiischr.  3,  ICl 
(16.  Jahrb.). 

HANDPLATZEN,  verb.  plaudere: 
Völker  al, 
handplatzet  mit  schal.    Melisscs  ps.  \a\ 

HANDPRESSE,  f.  kleine,  mii  der  hand  zu  bewegende  presse, 
bei  den  buchdruckem  die  ältere  durch  Handarbeit  in  bewegung  ge- 
setzte druckpresse  im  gegensalz  zu  der  neuern  Schnellpresse,  dampf- 


4 1 1        H  ANÜPRESSUNG  —  HANÜREICIIEN 


HANDREICIIEN  — HANDRICHTUNG         412 


HAND  PRESSUNG,  f.  durch  die  hand  bewirkte  yepreszle  Ver- 
zierung eines  einbandJeckels :  eine  foliobibel  in  hellbraunem 
chagiinleder  mit  blinder  handpressung.  arbeiler freund i$6'  s.  164. 

HANDPRISE,  /.  wo/ =  bandkrause,  manclielle,  vieüeiclil  nach 
franz.  briser,  fallen:  trägt  er  nicht  französische  handprisen? 
HbRHKS  Sopli.  r.  1,  12. 

HAND  PROTZWAGEN,  m.  protzwagen  der  artilierie ,  der  von 
mensclienhänden  gezogen  wird.  Jacobsson  2,  205*. 

HANDPUFFER,  m.  pistol.  Stieler  1456. 

HANDPU.MPE,  f.  kleine,  durch  die  hand  bewegte  pumpe. 

HANDQUEHLE,  f  handluch,  alid.  hantduabilla,  hantduehila 
(Gbaff  5,  268),  «i/i(/.  hanttwehele :  »nan/i/e  haiitzwehel,  hands- 
quel,  handquelle  Diefenb.  348';  bind  den  palienten  mit  einer 
handquelen  umb  den  leib.  Bartisch  augendicnst  (t5S3)  142; 
Theophrastus  hält  es  in  seinem  merkzeichen  der  sitlen  für 
die  erste  anzeigung  eines  ruchlosen  verzweifelten  menschens, 
wenn  er  , .  einen  eidt  nichts  anders  vermeinet  zu  sein,  als 
eine  bandsqvühle,  mit  welcher  man  die  täglichen  lasier  auf- 
trucknet.  Opitz  1,271;  ich  will  mich  nun  an  die  handquele 
seines  gehorsams  trucknen.  Chr.  Weise  lust.  rerfner  304;  die 
mädel  Hennen  uns  ohne  dem  eine  handquelle  zu  schänden, 
wenn  die  briider  noch  daran  kämen,  so  wäre  es  noch  ärger. 
büse  Catharinc  3, 11 ;  die  Sicilianer  brachten  Henrico  gilt  bei, 
und  Johannes  Maurus  erstickte  ihn  vollends  mit  einer  hand- 
quele, da  er  schon  mit  dem  tode  runge.  Hahn  iiist.  (1724) 
4,198,  not.  hh;  ein  handbeckcn  nebst  gieszfasz  und  hand- 
quele. GöTiiE  24,  323.  —  Als  masc.  oder  neutr. :  und  wenn  sie 
über  dem  handbecken  aus  dem  handfasz  oder  über  einem 
gieszbecken  aus  dem  gieszfasz  sich  gewaschen  und  sich  mit 
dem  handquel  abgetrocknet  haben,  setzen  sie  sich.  Comenius 
sprachenUiür  v.  Docemius  §  556.     vgl.  handzwehle. 

HANDRÄDER,  m.  längliches  sieb  mit  zwei  handhaben,  wotnit 
das  erz  geschhimmt  oder  gewaschen  wird.  Jacobsson  2,  206'. 

HANDRAMME,  f.  was  handbock,  kleine  ramme  zum  ein- 
schlagen von  pfählen  oder  befesligung  des  slraszenpflasters ,  mit 
der  hand  zu  führen. 

HANDRECHT,  n.  recht  das  mit  der  hand  erobert  wird,  fausl- 
reclil:  handrecht  gehet  oft  für  landrecht,  und  gewaget  für 
gesaget.  Fischart  groszm.  75. 

HANDRECHT,  adj.  gereclit  für  die  hand,  bequem,  handlich: 
wenn  man  ihn  {den  falken)  nun  auf  der  faust  tregt,  er  auch 
nunmehr  handrecbt  genugsam  und  nach  aller  notturft  abge- 
richtet ist.  neues  jagd-  u.  weidwerkbuch  2, 15' ;  ein  paar  hand- 
rechte kugeln  drehen,  ehe  eines  mannes  328 ;  um  den  einen 
arm  hatte  er  den  riemen  der  eselin  geschlungen,  . .  an  dem 
andern  lagen  handrecht  zwei  pistolen.  Stifter  Studien  4,  93. 
handrecbt  im  allgemeinen  sinne  pralctisch  bequem,  dem  idealen 
gegenüber  gestellt:  alle  praktischen  menschen  suchen  die  weit 
liandrecht  zu  machen,  alle  denker  wollen  sie  kopfrecbt  haben. 
Gothe  56, 142. 

HANDREGISTER,  n.  in  den  bergwerken  das  register ,  welches 
der  ichichlmeister  für  sich  zur  hand  behält,  min.  lex.  286'. 

HANÜREICH,  m.  reichung  der  helfenden  hand,  Ihdlliche  Unter- 
stützung, hilfleislung,  nach  die  hand  reichen  s/).  353:  und  wenn 
wir  die  Indianer  in  alle  dem  unterrichten ,  was  ihnen  den 
weg  zu  einem  ewigen  leben  bahnt,  so  können  wir  dafür  auch 
wol  von  ihnen  verlangen,  dasz  sie  uns  dann  und  wann  einen 
baiidreich  tliiin,  der  nicht  so  viel  ihrer  doch  wcrihlosen  zeit 
III   anspiuc.b  niniinl.    Gerstacaer    die  missimare  (1868)  1,  233. 

HANDREICHE,  tu.,  was  handreicher,  der  in  aner  arbeit  bei- 
stehende: der  liandraicli,  handlanger.  Schmelleh  3, 11. 

HANDREICHE,  f.  l)  wie  handreich  üben,  Uiälliche  beihilfe, 
mintstrutio;  sowol  mit  gaben:  mhd.  (helfen)  mit  guole,  mit  rate, 
mit  bantreicbe,  mit  gebet,  d.  inyst.  1,340,24; 

uhd.  tlict  iii<:ti  seiner  liartüel  nit  erbarmen, 

und  im  nimmer  kein  liaiidreicii  ihrt.    H.  Sach«  5,  373', 

als  mit  anderm  dienste  und  arbeil:  handreich  thun,  minisirare 
DierEXfi.  362';  handreiche  und  hilf  tbun,  fidem  et  dexirrum 
pomgere,  ferre  opem  et  salulem  Maaler211'; 

darumb  »o  will  getiurun  euch, 

Uatz  ilir  itiut  auch  ein  haiidrcich, 

il.iiiiiit,  und  wenn  ei  »ich  zutniK, 

.L-ihz  m.-in  besuchet  euch  und  micii, 

es  {■tat  frauenijemach)  dcniiuch  aur(<ebutzet  wer. 

AiNKii  KU'  (847,2  kiHiir). 

1)  handreicbe  auc/i  wie  handfasz  1  (.ip.  38C):  buntreich,  hant- 
raicli,  hanif.m  mancipmm  DitFE:<iB.  34<i*. 

HA.NDREICHEN,  verb.  l)  in  die  hand  geben,  darreichen  :  hod 
der  berrn  dieoer  einer  kombt,  bUner  zu  heben,  und  das  Mcib 


im  kindbeth  were  und  der  diener  sie  des  huns  nit  erlassen 
wolle,  soll  sie  dem  hun  den  köpf  abschneiden,  denselben 
dem  diener  haudreicben  und  sie  die  kindbetteiin  den  rümpf 
vor  sich  behalten,  weistli.  2, 210;  (die  busze)  sal  man  einem 
ineiger  von  Schonecken  handreichen  in  sein  hand.  553;  auch 
bildlich:  was  ich  übergangen  hab,  das  würt  die  yebung  der 
bailigen  gescbrift  gflugsam  handtraichen.  Melancltthon  anweisg. 
in  d.  h.  schnfl,  deutsch  v.  Spalati.n  (1523)  135. 

2)  zur  hand  gehen,  helfen,  unlerslfiizen :  Iheils  mit  persönlichem 
object:  damit  verbindet  uns  s.  Petrus,  das  wir  uns  alle 
umeinander  wie  brüder  sollen  handreichen  und  eins  sich 
des  andern  annemen.  Luther  2,399';  Iheils  ohne  object :  o  du 
hülfreicber  und  handreichender  gott.  pers.  baumg.  4,  4;  eine 
ligur,  welche  anderen  bandreichet  und  sich  die  nase  zuhält. 
WiNKELMANN  2,644;  leichtere  arbeit  aber,  als  handreichen. 
Bückler  kiiegssch.  448 ;  fand  die  säinmtliche  dienerschaft  um 
ein  groszes  . .  feuer  beschäftigt ,  den  rücken  des  Schweins 
schon  beinahe  gabr,  das  übrige  zerstückt,  zum  einpacken 
bereit,  einen  jeden  aber  tbälig  und  handreichend  um  die 
Würste  bald  zu  vollenden.    Göthe  30, 103. 

HANDREICHER,  m.  l)  der  zur  hand  geht,  dtener ,  hand- 
langer:  minister  hantraicher  Diefenb.  362'  (mit  dem  fem.  mini- 
slra  hantraicherin  das.);  handreycher,  Schlosser,  buflschmitt. 
Kirchhof  discipl.  mil.  26. 

2)  helfer:  handreicber,  helfer,  opifer  Maalkr211';  an  die 
buchstäbliche  bedeulung  des  Wortes  eng  angesciüossen :  gott  ist  ein 
vergeber,  ein  milder  handreicher,  der  die  sünde  erlasset. 
per^.  baumgarlen,  vorr. 

HANDREICHUNG,  f.  l)  darrächung  {vgl.  handreicben  l) :  die 
ämpter  der  predigt,  des  lesens,  der  handreicbung  der  sacra- 
meiite.  Luther  3,  96*. 

2)  unlerstiUzung ,  thälUclier  beistand:  opera,  ein  opermann, 
der  dem  meister  handreicbung  thfit,  ein  andeler.  Alberus  nl'; 
die  knecht  so  bantreicbung  thun,  werden  von  dem  see  ver- 
schlunden.  Micyll.  Tac.  450';  aus  weicbem  der  ganze  leib 
zusamen  gefüget  und  ein  glied  am  andern  banget,  durch 
alle  gelenke,  da  durch  eins  dem  andern  bandreichung  tbut. 
Eph.  4,16;  das  mir  dasselbige  gelinget  zur  Seligkeit  ..  durch 
handreicbung  (iniy^oQriyiai,  goih.  andstald)  des  geistes  Jbesu 
Christi.  I'ltil.  1, 19 ;  die  handreicbung  dieser  stewre  {fj  Sm- 
■xovia  Tf^ä  XeiTovQyiai  ravrrjs,  goth.  andbahti  |)is  gudjinas- 
sus).  2  Cor.  9,12;  so  sie  den  trübseligen  bandreichung  g«- 
than  hat  {Mißofu'pois  enrjoxeaev,  goth.  aglons  vinnandam 
andbahtidedi).  i  7'ini.  5,10;  wer  ibm  alsdann  mit  trost,  ge- 
bet, geschweige  der  bandreichung,  so  ihm  in  seiner  krank- 
heit  Vüunölhen  sein  würde,  zu  hülfe  und  statten  kommet» 
werde?  Üimpl.  2,261  A'ur;;  meinem  lieben  kranken  weibe 
..  mit  handreicbung  beigewohnt.  Schwei.mchen  3,246;  ihnen 
kräftige  bandreichung  zu  thun.  Felsenb.  1,420;  dasz  ihr  zu 
einem  so  nützlichen  vorhaben  alle  mögliche  bandreichung 
tbun  werdet.  J.  E.  Schlegel  5,243;  wo  der  ganze  leib  sich 
hält  an  dem  haupt  und  von  ibm  durch  alle  gelenke  und 
fugen  handreicbung  empföngt.  Claudius  8, 22  (nach  Colosser  2,  li») ; 

diisz  je  billig  ein  jederman 
sull  willige  liuiidruichuiig  than 
seiner  geliebten  ubrigkeii. 

AmiiK  150*  (749,  29  Keller); 

auch  Unterstützung  durch  gaben,  almosen:  das  volk  umb  meh- 
rer handreicbung  auf  den  canzeln  zu  vermahnen,  königl. 
Satzung  von  d.  gemeinen  pfennig,  Uorni.?  1495;  viel  andere  die 
inen  bandreichung  (baten  (St7;x6iovy  avrolä,  goth.  andbah- 
tidedun  im)  von  irer  habe.  Luc.  m,3;  das  ire  wilwen  uber- 
sflieii  wurden  in  der  teglicheii  bandreichung.  ap.  gesch.  6, 1 ; 
zu  senden  eine  bandreichung  den  lirüdern ,  die  in  Judea 
woneten.  11,29;  kamen  wider  gen  Jerusalem,  und  überant- 
worten die  bandreichung.  12,  25;  desgleichen  sollen  die  al- 
mosen  und  milde  bandreicbung  auch  in  solche  stücke  zu 
stund  gelegt  und  gewaiid  werden.  Luther  2,262';  ia  annut 
handreicbung  lliiin,  eines  anniil  ringeren,  sublevare  inojmm 
M aaler  21  i'. 

HANDREISZEN,  n.  handzeichnen :  nachdem  er  {der  sdiüler) 
sich  eine  Zeitlang  im  baiidieiszen  geUbet ,  sich  ferner  exer- 
cire  in  abbildung  erbobner  stillstehender  slückc.  Sanorart 
academie  I(i7.'i   I,  60. 

HANDRICHTUNG,  f.  hingäbe,  entrichlung  {vgl.  handrcicbrn  I): 
und  were  sach  daMZ  sieb  einer  gegen  undt  wieder  banlricb- 
tung  der  bcrlpfcnnink  und  cycr  stell  undt  die  nit  gcbca 
Ducb  cntricbleu  wuiL  weitlk.  2,252  (von  1542). 


413 


H  AW)ROHR  —  HANDSCHELLE 


HANDSCHERZ  —  H  ANDSCHLIEFER    4 1 4 


HANDROHR,  n.,  was  handbüchse  (sp.  366),'/i7«Jie /ifuer- 
waffe:  wie  man  jetzt  die  kürisz  vergüldet  und  silber  in  die 
eisenen  handrohr  schlegt  gar  künstlich.  Matbes.  Sar.  55' ;  ein 
merkliche  anzahl  guter  gewisser,  beschossener  langer  bandt- 
rohr,  jedes  mit  einem  feuwer-  und  schwammschlosz.  Kirch- 
hof mil.  disc.29;  dem  das  schieszen  mit  den  handrohern, 
wie  auch  gleichs  fahls  mit  grobem  geschütz  geliebe.  Grob 
ausreden  bei  Haupl  3,  240 ; 

weintriechter  warn  ir  Sturmhauben, 

ir  pulverflaschn  gebraten  taubn, 

ir  handrohr  krauistengel,  gleser  warn. 

H.  Sacbs  1,  543'. 

HäNDROLLE,  f.  l)  kleine  icahe  nebsl  dazu  gehörigem  bret 
mii  handhabe,  zum  rollen  der  icäsche.  Jacobsson  2,  206*. 

2)  niederdeutsch  langes  dr eilen  oder  leinenluch,  handluch  das 
an  einer  rolle  hängt.  Schütze  3,  314. 

HANDROS.S.  n.  l)  uie  handgaul,  handpferd,  ross,  das  zur 
rechten  des  sattelrosses  zieht:  handross  dextraritis  Rrack  voc. 
(Leip:^^  1491)  33';  hantros  asturto,  dextrarius  voc.  ine.  theut. il; 
ist  das  satteiross  handhalb,  und  das  handross  sattelhalb 
creuzweis  übereinander  gefallen.  Schm.  2, 175. 

2)  ein  gut  zum  handross  leihen ,  zum  handross  besitzen 
bedeutet  im  ehemals  anspaBiischen  und  eichstädtischen  gebiete  es 
als  blosses  nebengut,  zubaugut  benutzen,  ohne  es  zugleich  zu  be- 
wohnen. ScHM.  2,  206,  nach  welchem  die  formet  wol  von  der  ehe- 
maligen Verpflichtung  der  lehenmanuen  zu  kriegsdiensten  mit  dem 
tehenhenn  hergenommen  ist.  daher  auch  handrösser  (das.),  der 
ein  beigut  zum  lehen  hat. 

HANDRCCREIS,  m.  kehrseite  des  handtellers  (s.  d.),  der  flachen 
band. 

HANDRUDER ,  n.  kleines  nur  mit  der  band  zu  führendes 
rüder:  von  einem  schiffe  mit  einem  hangenden  roder,  das 
daselbs  visz  (flschet)  oder  inledet,  vunf  pfennink  colschs,  von 
einem  schiffe  mit  einem  handtroder  dry  pfennink.  weisth. 
1,  830. 

HANDRCDERN,  verb.  ruderfürmige  hewegungen  mil  den  bänden 
machen:  jauchzeten,  gigageten,  armglocketen,  hendruderten, 
armlaufeten ,  warmschnaufeten  . .  nach  den  lustigen  Schal- 
meien. Garg.  82'. 

HÄNDRÜSTER,  m.  und  f.  handhabe  am  pflüg,  pflugsterze: 
die  handrüster  linkerseits  war  abgebrochen,  wamar.  ztg.  1865. 

HANDRUTHE,  f.  der  lange  stiel  am  dreschflegel,  an  der  peitsche. 
Jäcobssos  2,  206'. 

HANDSÄGE,  f.  serra  minor  manuaria.  Frisch  1,  411'. 

HANDSALBE,  f.,  mbd.  hantsalbe,  scherzhafte  bezeichnung  der 
geschenke,  die  um  wünschen  geneigt  zu  machen  gegeben  werden, 
vgl.  die  hand  salben  sp.  342 : 

ain  richter,  der  ehe  umb  ain  guldin  kern, 

dan  das  er  zwen  zu  hantsalb  nem. 

Keller  schwanke  no.  51  s.60; 
'«eist  nit  dort  gene,  der  du  hantsalb  gabst, 
und  mit  ir  vom  tanz  zum  hause  ab  drabest.    /a«(n.  «p.  36, 14 ; 
helkuocben  und  bantsalben  vor  gericht, 
dar  mit  man  eim  armen  sein  recht  zupricht.    294,6; 

beschwichtigte  eine  weile  den  päbstlichen  zom  durch  das 
bewährte  mittel  der  handsalbe.  Treitschke  aufsdtze  (1S6")  s.  23. 

HANDSAM,  •2dj.,  wie  handlich  2,  zur  hand  seiend,  bequem, 
vol  3U  braudien:  handsam  manualis  Mose  anz.  3,49;  es  ist 
der  natur  des  menschen  nicht  handsamer,  dann  ein  offene 
gabreich  milte  haut.  S.  Frank  c/iron.  1531  110";  handsam,  zeüg- 
«am,  das  gut  ist  mit  umzgon,  trac/aWw  Maai.er  2li*;  freund- 
licher, gütiger  und  handsamer  mensch,  der  thut  was  man 
wil.  das.;  den  schonen  freundlichen  handsamen  jüngling. 
Stifter  Studien  l,  297. 

HANDSCHAFT,  f.  actus  manualis,  frische  Ihat  (vgl.  hand- 
hafte  that  sp.  397) :  wirdet  aber  ein  straszrauber  begriffen  mit 
der  handschaft.  Haltaus  812. 

HANDSCHAUFEL,  f.  pala,  fossorium.  hantscbaufel  voc.  ine. 
theut.  \2. 

HANDSCHEIBE,  f.  bei  den  tuchmachern  eine  schabe,  womit 
^(kt  tücher  aus  freier  hani  frisiert  «erden  können.  Jacobssow 
a,  207*. 

HANDSCHEIDCNG,  f. :  handscheidung  der  erze  heiszt  die 
Scheidung  mit  der  hand  und  durch  den  scheidehammer  oder 
fäustel.  Jacobsso^i  6.  29'. 

HANDSCHELLE,  f  handfessel:  und  mich  .  .  auch  an  das 
ofenbein  mit  einer  handschelle  zu  zeiten  anschlosz.  Lnpz. 
atant.  1,35;  ich  bin  der  einzige,  der  .  .  ehrenschulden  und 
bandschellen  vor  und  an  sich  sieht.  J.  Pall  Titan  l,  60. 


HÄNDSCHERZ,  m.  verliebte  handgreifliche  tdndelä: 

will  du,  dasz  dirs  zu  hofT  geling, 
so  lleuch  und  meid  drei  hose  ding: 
handscherz,  weinglasz  und  kartenspiel, 
die  richten  an  des  ubels  viel. 

Weskmgk  böse  spietsieben  (1702)  77. 

HANDSCHIRM,   m.  kleiner  feuerschirm    vor  caminen,   franz. 
ecran.  Ro.ndeau  wörterb.  (1740)  s.  2S1. 
HANDSCHLAG,  m.  schlag  mit  der  hand; 

1)  in  klagender  gebärde,  wie  ahd.  hantslac  planctus  Graff 
6,773;  planctus  hantslag,  hantslage  Dief.  440*. 

2)  strafend,  ahd.  hantslac  alapa;  colapJius  bandschlag  Stie- 
les 1812; 

sich  da,  solch  Treches  sprechen 
musz  man.  vermeszner  greis,  mit  einem  handschlag  rächen. 
Greflincer  Cid  Aviij'. 

3)  zum  gmsze:  einen  mit  grusz  und  handschlag  bewill- 
kommnen; und  wenn  die  gute  frau  Hahn  einmal  einen  hand- 
schlag von  ihr  forderte,  so  dauerte  es  lange ,  bevor  sie  die 
kleine  hand  aus  der  schürze  zog.  Fre\tag  handschr.  1,41; 

grüszten  ihn  also  mit  bandschlag.    Odyssee  18,111; 
schlosz  Ehrenburg,  die  veste, 
bespült  vom  Nahellusz, 
empling  ihn  auf  das  beste, 
mit  handschlag  und  mit  kuss. 

Freiligrath  glaubensbek.  112. 

4)  gekbend,  bei  leistuug  eines  Versprechens  irgend  welcher  arl 
(s.  sp.  332) : 

mhd.  diu  vrouwe  sprach :  die  sinne 
der  mir  unser  herre  gan, 
die  ker  ich  alle  dar  an,  .  .  . 
da;  ich  im  ir  zornmuot 
vertribe,  ob  ich  iemer  mac. 
des  enpfäh  et  minen  hantslac.    Iwein  7894; 

nhd.  morgen  geliebts  gott  soltu  ein  galantes  pferd  vor  dein 
füllen  haben,  ja,  sagte  sie,  wann  du  wahr  redest,  wenn  habe 
ich  dir  gelogen,  versetzte  er,  hiermit  nahm  er  ihre  hand, 
schlug  seine  hinein,  hier,  sprach  er,  hastu  den  handschlag. 
unw.  doclor  340;  hierauf  hätten  sie  einander  den  handschlag 
gegeben,  dasz  die  wette  solle  kräftig  sein.  Causenmacher  Wl ; 
wort  und  handschlag  w  ar  gegeben.  Riehl  culturgesch,  nov.  414 ; 

wir  sind  der  höhern  k-unst  exempel; 
die  einfalt  nahm  den  handschlag  an. 
was  lodert  itzt  ein  kluger  mann? 
verschreibung,  zeugen,  pfand  und  Stempel. 

Hagedorn  2,  63; 
Chat.  der  erzbischof 

soll  eine  hostie  theilen  zwischen  dir  und  ihm 
zum  pfand  und  sieget  redlicher  Versöhnung. 
Karl,  so  sei  mein  antheil  an  dem  ewgen  heil, 

als  herz  und  handschlag  bei  mir  einig  sind. 

ScBiuxK  Jungfrau  3,2; 
hier  ist  meine  hand! 
des  bauern  handschlag,  edter  herr,  ist  auch 
ein  manoeswort.  Teil  4,  2. 

auch  bei  eingehung  eines  eheverlöbnisses :  und  das  Jawort  von 
Dorianen  verlangete,  die  ihm  denn  sogleich  den  handschlag 
gab.  Salinde  259;  daher  denn  die  feierlidie  Verlobung  selbst  der 
handschlag  heiszt.  Schü.  2,  206;  es  war  eine  fast  alte  betagte 
magdt  . .  der  wolt  ir  vatter  einsmal  einen  mann  geben,  wie 
nun  der  tag  des  handtschlags  bestell  und  der  bräwtigamm 
mit  seinen  leüten  erschine.  Katziporus  (1558)  Q  6*. 

5)  handschlag  t»  dem  folgenden  bezeichnet  die  stelle  am  hand- 
gelenk,  wo  die  Schlagader  des  armes  gefühlt  wird:  etwen  findt 
man  ein  sychtlich  kreütz  bei  dem  end  des  tischs  der  hand 
(in  der  Chiromantie,  s.  handtisch),  unden  bei  dem  handtschlagk. 
das  bedeütt  vil  wallens,  bilgerscbaften  und  anderungen  der 
stett,  yedoch  mit  felligem  glück.  Job.  Lndagi.se  kunst  der 
chiromantzei  bei  Hacpt  3,  271. 

HANDSCHLÄGE,  f.  klotz  mit  einem  hölzernen  stiel,  zum  ein- 
schlagen von  pfählet}.  Jacobssox  6,  29*. 

HANDSCHLÄGEN,  rer6.  mit  den  bänden  zusammenschlagen, 
gewöhnlich  als  zeichen  des  beifaüs,  wie  ahd.  hantaslagun,  hant- 
slagön  plaudere  Graff  6,  674 ,  mhd.  auch  in  klagender  gebärde 
hantslagen,  irfc.  2,  2,386";  comp/aurfere  handschlahen  Diefesb. 
137';  als  zeichen  des  verwunderns  und  der  bewunderung: 

{die  braut)  trat  in   die  küch,  und  liesz  im  flatternden  schein« 

des  feuers 
ihre  schöne  gestalt  von  haupt  zu  fusze  bewundern, 
mit  handschlagendem  lob,  und  lächelte  dank  bei  den  wünschen. 

Voss  1,  170. 
HANDSCHLIEFER,    m.  muff,   in  den  man  mit  den  bänden 
schlieft,    um  sie  warm  zu  halten,   vgl.  Schm.  3,438-    der  balg 


415   HANDSCHLITTEN  — HANDSCHRIFT 


HANDSCHRIFT  —  HANDSCHUH 


416 


(des  bibeis)  wird  zu  Stutzern  {Beinlingeti)  und  handschiiefern 
in  ehren  geliyllen.   Hohbebg  2,  65l' 

HA.NDSCH LITTEN,  m.  mil  der  hand  zu  ziehender  schlitlen.  — 
Ein  mann  spricht  zu  seinem  ueibe: 

sag  mir,  pist  nur  anders  doch, 
dan  ein  handscblit,  ein  schwere  pird  und  joch? 
fasln,  sp.  265,  S. 

HANDSCHMIEDE,  f.  kleine  schmiede  im  gegensalz  zu  groszen 
hammertcerken :  eine  handsclimiede  von  drei  heerden.  Gmelik 
reise  durch  Sibirien  (1752)  4,  39L 

HANDSCHMIERUNG,  f.  nach  die  bände  schmieren,  sp.  342: 

man  flndt  der  statt  noch  me  dann  ein, 
do  man  hantschmiernng  gern  ufT  ninit, 
und  dar  durch  dät  vjl,  das  nit  zirottt.  \ 

Bramt  narreiiKch.  157,  57  Slrmjel. 

HANDSCHMITZ,  m.  rutenslreich  auf  die  hand.  Adelung,  nd. 
handsmede  Dähnert  174". 

HANDSCHRALBE,  f.  manica:  einem  handsclirauben  an- 
legen, manicis  aliqtiem  vincire,  aliquem  tnanicis  torquere  Stein- 
bach 2,  502. 

HANDSCHREIBEN,  n.  fürslliches,  mehr  privalcharacter  tra- 
gendes schreiben,  ivi  geyensalze  zu  dem  rein  geschällsmdszigen 
kanzlcischreiben  :  es  müsse  ein  königliches  handschreiben  an 
sie  unterwegens  sein.  Lessing  l,  579  ;  dieses  künigliche  hand- 
schreiben . .  habe  ich  an  sie  zu  übergeben.  589. 

HANDSCHREIBER,  wi..'  ja,  wenn  man  einen  solchen  mann 
haben  köndte,  der  . .  in  allen  stücken  just,  ein  guter  theo- 
logus,  Jurist,  medicus,  philosophus,  historicus,  politicus,  ein 
guter  latinus  und  linguist,  musicus  vocalis  et  instrumenta- 
lis,  ein  guter  handschreiber  und  arithmelicus  . .  wäre.  Piii- 
LANDER  1  (1642)  483.  gemeint  ist  einer  der  eine  gute  hand  schreibt, 
schünschreiber. 

HANDSCHRIFT,  f.  l)  schriflzüge  der  hand  {vcrgl.  handge- 
schrift  sp.  390) :  Wiederantwortschreiben  . .  welches  der  apo- 
Iheker,  weil  meinem  weib  sein  handschrift  und  petschafl 
unbekandt,  geschrieben.  Sinipl.  4,52  Kurz;  wie  wunderbar 
muszte  ihm  daher  die  ähnlichkeit  ihrer  handschriften  sein. 
GüTHE  19,  66 ;  es  ist  von  nichts  geringerem  als  nachgemach- 
ten handschriften,  falschen  testanienten,  untergeschobenen 
Schuldscheinen  und  ähnlichen  dingen  die  rede.  24,334;  ste- 
hende sächsische  handschrift.  15,132;  o  gott !  gott !  Geno- 
vefens  handschrift!  Fr.  Mt'i.iER  3,375;  Sieghert  las  die  sonst 
so  feste  handschrift ,  die  ihm  heute  schwankend  schien. 
Gutzkow  lilter  v.  g.  6,365; 

T.    sie  haben  documente  gegen  uns 

in  bänden,  die  unwidersprechlich  zeugen  — 
H'.  von  meiner  handschrift  nlciits. 

ScuiLLKR  Wallenst,  tod  1,  3. 

übertragen:  ich  hab  mil  männern  unter  diesen  lapfern  un- 
gläubigen gelebt,  die  ganz  der  handschrift  entsprechen, 
weiche  die  natur  mil  kühnen  zügcu  in  ihr  äuszres  gerissen. 
Klincer  1,  279. 

2)  daher  schrißsliick  im  allgemeinen :  der  achtbar  doctor  Eck 
hat  e.  k.  f.  g.  sein  handschrift  und  klagzeddel ,  darin  er 
unter  andern  mich  höchlich  bei  e.  k.  f.  g.  verkleint,  behen- 
den lassen.  Luther  l,  148*. 

3)  insbesondere  die  mit  eigenitdndiger  namensunterschrift  aus- 
geferligle  den  aussteUer  zu  leistungi-n  verpflichtende  Urkunde,  Schuld- 
brief: chirographus  handschrift  Diefenb.  123*;  Ihal  er  im  das- 
selbige  gelt,  und  nam  eine  handschrift  von  im.  Tob.  1,17; 
darumb  denke  wie  du  zu  im  komesl,  und  solch  geld  fod- 
derst,  und  im  seine  handschrift  wider  gebest.  4,  2t ;  dessen 
allen  er  sich  mit  einer  band.scbrift  . .  gegen  die  gläubiger 
verpflichtet.  Kirchhof  wendunm.  284';  wollen  mir  auch  eine 
handschrift  {über  geliehenes  geld)  zustellen.  Simpl.  1,200  Kurz; 
packte  ich  meinen  gefundenen  schätz  zusammen,  nam  ihn 
mit  und  gab  ihn  einem  von  den  vorncmsten  kaiifleiiten  da- 
selbst gegen  aushändigung  einer  speciflciilen  handschrift 
aufzuheben.  1,  303;  .«ie  fragte  nach  der  handschrift.  hier, 
fiagle  er,  und  zog  sie  aus  der  schreiblafel.  Hippel  lebensl. 
3,122;  der  eigenthilmcr  hat  keine  handschrift  Ober  das  de- 
positum  zurOckgelasscn.  Kant  4,120; 

hat  »ich  verschrieben  und  versprochen, 

mich  lu  bezahlen  in  vier  wochen, 

wia  das  zeiget  «ein  handschrift  an. 

Atiik  185*  (023,  1  KelUr)i 
nimm  die*««  mein  »onnet  zur  handichrift  und  zum  pfände, 
daat  ich  dein  Schuldner  bin.  Flimino  04S( 

da  bi«t  «in  ordentlicher  mann, 

dem    muit    m.iii    i.luu'    IlukUi  In  iri  Ih.i  L'.-n       r;»i  i  rar  1     |0|  ^ 


T.   ich  hab  nicht  einmal  deine  handschrift. 

*V.  ich  geh  nichts  schriftliches  von  mir,  du  weiszts. 

Schiller  Piccot.  2,  5. 
bildlich:  hat  uns  geschenkt  alle  sunde,  und  ausgetilget  die 
handschrift  so  wider  uns  war  {goth.  afsvairbands  {jus  ana  uns 
vadjabitküs).  Col.  2,14;  meinten  sie  etwa,  ich  würde  den 
empfindlichen  artikel  meines  ehbetts  preisgeben ,  wenn  mir 
meines  weibes  lugend  und  mein  eigner  wcrth  nicht  hand- 
schrift genug  ausgestellt  hätten.  Schiller  Fiesco  2, 16. 

4)  handschrift,  mantiscriptum,  geschriebenes  buch  im  gegerualze 
zu  einem  gedruckten:  dasz  sie  auch  alle  handschriften  sollten 
gekannt  haben ,  die  von  den  nehmlicheii  fabeln  hin  und 
wieder  in  bibjiolheken  annoch  verborgen  liegen.  Lessingo. S; 
die  handschrift  erst  in  die  mitte  des  dreizehnten  Jahrhun- 
derts zu  verlegen.  J.  Gri.mm  kl.  Schriften  3,40;  zur  zeit  der 
rcforination  befand  sich  eine  handschrift  des  Tacitus  im 
kloster  Rossau.  Freytag  verlorne  handschrift  l,  12.  —  In  diesem 
sinne  mehrere  Zusammensetzungen  :  handschriftenkunde,  hand- 
schriftcnlehre  (Hugo  lil.  geschiclite  lh30  s.  31),  handschriften- 
sammlung,  handschriftenveizeichnis. 

HANDSCHRIFTLICH,  adj.  l)  {nach  handschrift  3)  in  form 
eines  schuldbnefs:  er  verpflichtet  sich  handschriftlich  zur 
Zahlung.  • 

2)  als  manuscripl  {nach  handschrift  4)  im  gegensatz  zu  einem 
druckwerke:  was  hiervon  im  druck  erschienen,  vermehrte  nur 
die  bewegung  im  publicum,  und  die  neugierde  auf  den  Ver- 
fasser; was  handschriftlich  milgetheilt  wurde,  belebte  den 
nächsten  kreis.  Göthe  26,  239. 

HANDSCHUH,  m,  l)  cliirotheca,  manica. 

Neben  der  form  ahd.  mhd.  hantscuoh,  hanlschuoch  en(- 
wickeln  sich  schon  frühe  andere,  zundchst  mit  umlaul,  auf  ein 
früheres  hantiscuoh,  hentisciioh  zurückweisend,  mhd.  hent- 
schuoch  {plur.  hentschuohe  Heinzelein  »unne/eÄ;e  492),  nhd. 
hendschuh,  händschuh:  chirotlteca  ein  stauch,  hendschuch 
Alb.;  chcirotheca  ein  händschiich  Dasyp. ;  darnach  den  pasto- 
ral, die  infel,  die  hentschue  mit  allem  andern  daz  er  umb 
und  an  het  seinen  gesellen  herausgab  und  den  pischof 
nacket  in  einem  hemde  liesz.  Steinhöwel  88,  34  A>//er;  halt 
weder  kappen  noch  hendtschuch ,  dcrhalben  in  dann  gar 
hart  frieren  ward.  VVickram  rollw.  141,  15  Kurz;  das  link  ohr 
und  den  rechten  händschuch.  Fischart  groszm.^^; 

mein  rock,  mantel,  hut  und  hentzsuch. 

H.  Sachs  3,  2,  168*. 
von  dieser  form  aus  entsteht,  indem  der  zweite  vocal  des  wertes 
tonlos  wird,  durch  ein  hinschug,  henszag  cliirotheca  Dief.  123*. 
hindurch  ein  händschich,  mundartlich  weit  verbreitet,  so  in  Dü- 
rinyen ,  Obersachsen ,  Schwaben,  das  noch  weiter  in  händsche, 
hendsche  {oß  in  starker  form,  daher  auch  für  den  plural  bleibend) 
in  der  Wclterau  und  am  Rhein  gekürzt  erscheint,  zu  dieser  form 
steht  nahe  das  unumgelatUete  hansche  Dief.  123';  hansch  im 
Meisznischen.  —  Neben  der  starken  form  zeigt  aber  schon  das  ahd. 
für  den  plural  eine  schwache:  hantscuhen,  hantscun  chirothecie 
Graff  6,  419,  und  aus  ihr,  die  bereits  den  zweiten  Üieil  des  comjKi- 
situms  verkürzt  hat,  geht  äne  weitverbreitete  andere:  handschken, 
hendschken,  henschen,  in  Obersachen  handschchen.  händsch- 
chen  hervor,  ursprünglich  nur  im  plural  angewendet,  doch  ist  die 
form  jetzt  auch  für  den  singular  gebräuchlich  {z.  b.  schweiserV'Ch 
handschen  neben  händsche  Stalder2,  19;  nicderd.  handsken, 
hansken  brcm.  wb.  2, 590) ;  altmitteldeutsch  cirolece  henschen 
Germ.  9,28;  manica  handschken  Dief.  347';  es  sigen  panzer, 
hüben,  kessel ,  hüett,  hensciien,  armziig,  und  w;  harnesch 
ist  und  harnesch  heiszet.  weislh.  4,363  {schweiz.,  v.  j.  1398); 
von  streuOingeii  und  hendschken  ij  groschen  {macherlohn). 
Leipz.  stadtordn.  1.544  A3';  englische  hänschen.  Moser  patr. 
phant,  1  (1798)  27; 

spigel,  henschen  ende  gewant 

sali  du  balde  van  dir  diien. 

IIalpt  :i.  »31  {mitlelrhein.,  U.jahrh.). 
handschuhe ,  seil  den  dUeslen  zeiten  ah  schmuck  und  auszeirh- 
nung,  wie  zum  schütz  getragen,  sind  nach  sto/f  und  form  unter- 
schieden: seidene,  lederne  hnndschuhe;  halle  seine  hirsch- 
lederne winicr-occasion  händschuch  an.  Simpl.  4, 37  Kurt , 
Ivftne  wüllcnc  hantschu  unde  cn  incsgrepe  is  der  dagewerch- 
ten  bftle.  Sachsensp.  3,  4.5,  8 ; 

■uf  den  langen  kreheMchcren 

hlndschen,  «o  durch  pnrrnmirot, 

und  mil  ziobei  woll  bctchinleret. 

MitaiL  tun.  geteltieh.  (1701)  347; 
sie  btdfcktn  ah  siergegensland  auch  den  Vorderarm: 

tw^ne  nliiwr  hnniKchiioh  nr  iinz  (t(  den  alJanbogen  tAch. 

^ItTllllln   ;,'>.  13  ; 


417 


HANDSCHUH 


HA^'DSCHÜH — HAXDSP  ATEN 


41S 


eiserne  handschube  als  Iheü  der  rüsiung:  ciroteca  ferrea  ein 
ysern  hanUcbu  DitF.  123*;  nach  beschehuer  predig  namen 
die  ritter  all  ir  uaffen  auszerhalb  den  eysin  hendäcbuch  zu 
sich.  AmadinW'.  dem  mit  fingern  verselienen  handseJiuh.  finger- 
handschuh  (3,1658)  sieht  der  faustbandschub  (3, 13S3)  gegea- 
iiber,  auch  zweifingerig  genannt,  «eil  bloss  der  daumen  beson- 
ders ist,  die  übrigen  finger  eine  gemeinschaßiche  hülle  haben: 
bedarfst  ein  zwenliiigerigen  graben  fischeihäudscbucb.  Fischart 
groszm.3'.  —  handschube  werden,  wie  andere  kleiäung,  ange- 
zogen, au^esogen ;  zog  meinen  bandschuch  an.  Simpl.  3,323 
Kurz;  der  professor,  in  die  handschube  fahrend.  Fbettag 
handschr.  1, 325 ;  streifte  langsam  ihren  h  eiszen  handschuh 
von  der  band.  H.  Heine  werke  2, 16S. 

Von  der  Symbolik  die  nach  altdeutschem  rechte  dem  handschuh 
anhaßete  und  über  die  rechisalterthümer  t52 — 155  gehandelt  wird, 
til  der  neueren  zeit  wenig  geblieben,  mittelalterlicher  brauch  ist 
der  wurf  des  handschulis  als  aufforderung  zum  kämpf,  derselbe 
ist  bis  jetzt  unvergessen  : 

]asz  sehen,  n-er  er  ist,  der  sich  im  tapfero  übt, 

und  meinem  soho  Rodrig  anheilt  deo  handschuh  gibt? 

wer  wil  der  kriegsheld  sein?    wer  darf  es  sonder  zagen 

mit  meinem  sobn  Rodrig  in  einem  kämpfe  wagen? 

Greflitiger  Lid  D  vij  -, 
hier  werf  ich  ihm   vorläufig   meinen   handschuh    hin.   H.  v. 
kiEiST  Käthchen  1,  1 ; 

statt  meiner  steht  mein  handschuh  vor  gericht.    1,  2; 

und  stündet  ihr  nicht  hier  in  kaisers  namen. 

den  ich  verehre,  selbst  wo  man  ihn  schändet, 

den  handschuh  warf  ich  vor  euch  liin,  ihr  solltet 

nach  ritterlichem  brauch  mir  antwon  geben. 

Schiller  Teil  3,  3 ; 
rgl.  fehdehandschub.  —  Die  übergäbe  des  bandschuhs  als  pfand 
für  erjüllung   ton   pflichten:    da    ein    fri    Swebenne    ewet    ain 
Sv*äb,  der  ist  ain  fri  man,  da  muoj  er  im  siben  handscuohe 
han.    mitten  git  er  siben  wete  nach  dem  swäbeschen  rebte. 
MüLLENH.  «.  ScHEBER  239,  bUckl  auch  noch  in  dem  ton  Götue 
geschilderten,  aber  anders  gedeuteten  brauche  des  pfeifergericiUs  in 
Frankfurt  a.  M.  durdt:    so  brachte  auch  hier  der  abgesandte 
einen  schön  gedrechselten   hölzernen    pocal    mit   pfeffer  an- 
gefüllt,    über  demselben  lagen  ein  paar  handschube,   v^un- 
dersam    geschlitzt ,   mit    seide    besteppt    und  bequastet ,    als 
zeichen  einer  gestatteten  und  angenommenen  Vergünstigung, 
dessen   sich  wohl   der  kaiser   selbst   in    gewissen  fällen  be- 
diente. 24,  35 ;  er  denkt  an  die  Übersendung  eines  handschuhs  von 
seilen  des  kaisers  zum  zeichen  der  geuahrung:  ok  sai  die  koning 
durch  recht  sioen  bantscbo  dar  to  senden  (zu  der  statte  wo 
man  münzt),  to  bewisene  dat  il  sin  wilje  si.  Sack^ensp.  2,  26.  4. 
Redensarten  sind  manigfach.     ein  geschenk,  Innkgeld,  eine  be~ 
bhnung  wird  mit   der  formel   bezeichnet:   etwas    für   ein    paar 
handschuh.  wte  engl,  glove-money  trinkgeld,  span.  guantes  ein 
gesthenk  über  den  bedungenen  Mm,    auszeror deutliche   belohnuiig 
bedeutet;   man  weisz   den    schenkalien    gar    feine  glimpfliche 
namen  zu  geben  und  anzustreichen,  als  ein  baar  bandschuch,    ! 
ein  hut,  ein  scbärpe.    Moscherosch  bei  GumpelzJtatmer  gymn.   ; 
de  exercit.  acad.  79 ;  schweizer,  ein  paar  bändschen  geben,  ein 
gesdienk,  trinkgeld  niclit  ton  der  gemeinsten  art.    Stalüer  2, 19 ;    I 
daher  mit  der  furmel  der  nebensinn  des  bestecliens  verbunden  wird.    \ 
Sca«.  2,207:  er  bat  der  gnädigen  frauen.  durch  welche  alles    ! 
gehet,  auf  ein  paar  bandschuch  gespendiret.  Abr.  a  S.  Clara   i 
etwas  für  alle  (iti'ia)  443;  wenn  jemand  will  fortkommeD,  so 
heist  es :  mein,  seie  mir  der  herr  geneigter  als  dem  andern, 
es  gilt  was  auf  ein  baar  handschuh,    Ihut    mir  der  herr  in 
diesem  anbringe»  favorisirn,  es  gilt  was  auf  ein  baar  hand- 
schuh,   bitte  umb  einen    guten  bescheid,    es   gut   ein    baar 
handschuh;  ei  so  handschuh!  ei  so  handschuh.'    unter  die- 
sen handschuhen  wird  das  geld  verstanden.  Nei.neb  ländlmarkl 
316;    franz.  atotr    les  ganis  d'une  chose ,    en  atoir   la   premiere 
tdL^,  ou  U  m&ile,   ou  le  profit.    Littre  1, 1S27'.  —  handschuh 
machen,  in  eine  hülle  greifen ,   sie  gleichsam  als  handschuh  für 
sich  anwenden,   to  in  verliebtem  gebühren:   da    tappen    sie  mit 
blinden  henden  über  all  rumb,    und  dasz  ichs  Ireuge  sage, 
machen  hcntzschken  so  warm  sie  die  erleiden  können,    iwi 
der  le/felet  (1593)  is.  saiz;    manuura    in    sinum    immissionem 
(handschuh  machen  nostrates  vocanl).  facet.  facel.  1645  *.  4h6; 
mit  ihr  unter  der  »chürze  oder  im  busen  spielend,  welches 
wir  sonst  handschuh  machen  nennen,  herrl.  triumphwagen  60 ; 
aber  auch  um  zu  stehlen  {tgl.  handschuhniachei) : 
wir  wölln  des  kaufnians  beutel  stein, 
dem  junkherrn  musx  einmabi  auch  fehin, 
eh  und  er  ii)  von  uns  empTacht 
hab  wir  ein  bandschuch  drausi  gemacht.    II.  Stcu»  5.341'; 

IV.  u. 


das  schickt  sich  eben  wie  sechs  finger  in  ein  handschuh. 
Fisch  ABT  bienk.l'Z*;  auch  nl.  dat  sluit  als  zes  vingers  in  een 
handschoen.  Harrebonee  1,  283 ;  ton  etwas  zartem  sagt  vian, 
es  v*ill  mit  handschuhen  angefaszt  sein;  dieser  erro  et  men- 
dicus  beschämt  uns,  die  wir  mit  einem  rauhen  handschuh, 
so  zu  sagen,  uns  haben  ins  bockshorn  jagen  lassen.  Hüfeb 
die  gute  alte  3«/ (1S67)  1,287;  er  \»ar  jetzt  m  seinem  beneh- 
men gegen  sie  wie  ein  umgekehrter  handschuh  (röllig  cer- 
wandelt).  Pestalozzi  4,  377 ;  ton  Napoleon  1.  lief  das  wort  er 
regiere  mit  eiserner  band,  nur  mit  einem  sammetneu  hand- 
schuh darüber,  band  und  handschuh  sein,  vergl.  sp.  342. 
niederdeutsch  ist  he  verlüst  bot  an  hannsch  alles  was  er  hat. 
ScHi^TZE  2,  99.  ScHANB.  74*.  VI  Oberdeutschlund  sagt  man,  um 
eine  rede  abzubrechen,  weil  jemand  zugegen,  der  sie  nicht  hören 
soll,  es  liegt  ein  handschuh  hinterm  ofen,  auch  mit  dem  zu- 
salze  er  möcht  verbrennen  Scbm.  2, 207  {ähnliche  redensarten 
322.  371):  es  liegen  handschuh  hinterm  ofen.  ihr  versteht 
mich.  Meveb  gescItidUe  der  salpetrer,  herausg.  r.  Sclireiber,  s.  26. 

2)  handschuh  in  Baiern  ein  fäszchen  zu  weiszem  bier,  ohn- 
gefahr  30  masz  oder  eine  halbe  acJUel  hallend.  Schi.  2,  207. 

3)  unserer  lieben  frauen  handschuh  heiszl  der  aekelei,  aqui- 
legia  vulgaris,  glockenblume.  iSemmcb  1,  393. 

HA.NDSCH  LH  BLUME,  f.  primula  veris.  Nemmcb  4, 1060. 

HANDSCHLHLEDER ,  n.  Uder  zu  handschuhen.  es  heiszt 
zäh  wie  handscbuhleder;  was  ziehst  du  denn  die  stirn  wie 
ein  altes  handscbuhleder.  Lesz  1, 114. 

Hä.NDSCHUH.MACHER,  wi.  chirothecarius.  voc.  ine.  theut.il; 
am  allerbesten  kan  man  den  teufel  nennen  einen  hand- 
schuchmacber.  warumb?  die  handscbucbinacher  machen  band- 
schucb,  der  teufel  macht  auch  bandschuch,  ergo  ist  der  teu- 
fel ein  bandschuchmacher.  Neiner  tdndlmarkt  s.  316,  tyl.  über 
bandschuh  machen  oben  sp.  417;  trägt  er  nicht  einen  groszen 
runden  hart,  wie  eines  handscbuhmachers  schabmesser  (like 
a  glover's  paring-knif e)  ?  Sluikesp.  lusl.  weiber  l,  4 ; 

lasz  sie  gehen !  sind  Tiefenbacher, 
gevatter  Schneider  und  handschubmacher ! 
lagen  in  garuison  in  Brieg, 
wissen  viel,  was  der  brauch  ist  im  krieg. 

Schiller  Watlenst.  Uxger,  10.  auftr. 

HA.NDSCHCHiNÄHTERIN,  f.  die  handschuhe  nätd:  händ- 
schuchnäderin.  Fischart  groszm.  (1607)  E. 

HANDSCHLHSTRIChERLN,  f  handschuchstrickerinn  chiro- 
Ihecarum  reticularia  Stieler  2195. 

HANDSCHUTZ,  m.  lutela  praesens :  bandschutz  leisten,  manu 
ipsa  protegere  Stieler  1947. 

H.\NDSCHÜTZE,  f.  frei  mit  der  hand  geworfenes  Weberschiff- 
chen, im  yegensatze  zur  schnellschütze,  die  handschütze  wird 
vom  weher  in  der  hand  geführt.  Prechti.  encyclop.  20.  272. 

HA.\DSCHW.4R.MER,  m.  kleiner  Schwärmer  {rakete),  der  mü 
der  freien  hand  geworfen  wird.  Jacobssos  2,  208*. 

H.\.NDSEHEN,  n.  weissagen  aus  der  hand:  das  handseben 
der  Zigeuner.  Slraszb.  polizeiordn.  v.  1628  bei  Frisch  i,  4il'. 
mhd.  bantsehen,  tgl.  Germania  9, 368. 

HANDSEIL,  n.  kleineres  und  dünneres  seil,  im  gegensatz  zum 
tau:  2  starke  haudseiier,  so  6.  8.  10.  und  mehr  klaftern 
lang  seiiid,  damit  die  stücke  (kanonen)  fortzuziehen.  Böckler 
knegsscimle  (1668)  s.  181;  zwei  lange  handsäil.  264. 

HANDSEITE,  f.  die  seile  an  der  das  handpferd  gehl. 

HANDSICHEL,  f.:  das  gelreide  mit  einer  kleinen  hand- 
siche!  schneiden.  Canpe  kinder-  u.  jugendschr.  (iS3o)  18,  53. 

H.A.NDSIEGEL,  m.  fürstliches  pricatstegel  im  gegensatz  zu  dem 
vjjenlliclien ,  Staatssiegel  >(tgl.  handkasse,  handsclireiben) :  er 
solle  ihnen  den  Stralsunder  frieden,  den  er  bisher  blosz  mit 
seinem  bandsiegel  versehen  hatte,  unter  dem  groszen  sieget 
ausfertigen.  Dahlma.ns  dan.  gesch.  2,  46. 

HANDSOCKEN,  m. ;  das  kellerlich  eingeweid  ist  mein  freud, 
mein  deckbett,  mein  wulfsbeiz,  mein  nasenkap,  mein  hand- 
socken, und  mein  fuszsfhucb.  Gary.  97'  {der  trunkenen  litanei). 
es  ist  scherzhafte  Umdrehung  von  handschuh,  fuszsocken. 

HANDSOHLE,  f.  sohle  an  der  hand  von  Ihieren  (s.  hand  V,  i 
sp.  363):  die  haut  ist  dunkel,  auf  den  bandsohlen  ganz 
schwarz.  Brehm  illustr.  Ilaerleben  i,  loi. 

HANDSPAKE,  /■.  hebebaum  für  sthi/fer.  Jacobssün  6,30*; 
spielt  mit  den  glingstangen,  sperrbäumen,  handspacken  und 
Sperrungen.  Gory.  l!s3*.     vgl.  bandspeiche. 

HANDSPATEN,  m.  leidUer  spaten,  vom  yärtner  gdiraucht.  um 
bliimen,  zwiebeln  und  wurzeln  auszuheben  und  das  unkraiit  ui<>- 
zusieciien. 

27 


419 


HANDSPEICHE  —  H  ANÜSTREICH 


HANDSTREIT  —  HANDTREUE 


420 


HANDSPEICHE ,  f.  kleiner  hehebaum ,  der  in  eine  welle  oder 
spiUe  gesteckt  tcird,  um  dieselbe  unizudrelien ,  auch  zutn  kanten 
und  tragen  des  hohes  gebraucht.  Jacobsson  4,  204'. 

HANDSPIEL,  n.  I)  saitcnspiel:  sie  {die  rfiHime  ein«  Sängern) 
werde  entweder  durch  das  bundspiel  vermischet,  oder  uicht. 
pers.  rosenlh.  2.  t4.     mhd.  kaiitspil  üb.  2, 2,  501*. 

2)  kartenspicler  nennen  so  die  zu  einem  einzelnen  spiele  ge- 
gebene anzahl  karten,  mit  denen  man,  ohne  dasz  sie  ans<iezeicli- 
nel  seien,  doch  bequem  im  spiele  milhalten  kann:  halb-  sive 
mittelspiel,  handsjiiei,  dtarta  mediocris  Stieler  20S7. 

HANDSPIELEK,  wi.  gaukler  der  sich  durch  die  kunststücke 
seiner  hand  nälirt:  sinl  ich  in  da  nicht  vor  einen  prisler  ge- 
habit  hab,  sunder  vor  einen  orlgenosin  oder  vor  einen  bir- 
lotter  oder  vor  eine  (/.  einen)  polyan  (genosseti  einer  bcltler- 
schar)  odir  vor  einen  hantsj)eler  oder  vor  einen  cjoger. 
Magdeb.  blume  1,  104.  handspicier  beireihen  das  Würfelspiel 
{das.  2,  5,  16)  und  wnssagen  aus  der  hand:  ciromanta  liant- 
spiler,  hantspeler  Dief.  123';  daher  sie  als  zauberer  zu  den  un- 
gläubigen gereclinet  werden :  totit  sich  ein  cjwiveler  alj  ein 
hantspeler  odir  ein  ketjer  odir  welcherley  sache  ij  sy. 
Magdeb.  blume  2,  1,  81. 

HANDSPIESZ,  m.  durcli  menschenhand  bewegter  brcUspicsz,  im 
Gegensatz  zum  bratenwender. 

HANDSPRITZE,  /.  kleine,  leicht  zu  handhabende  feuersprilze : 
ein  jeder  hauszwirth  soll  eine  gewisse  anzahl  tüchtige  le- 
derne eimer,  wie  auch  handspritzen,  bei  der  hand  haben. 
der  Stadt  Leipzig  ordn.  (1701)  s.  549. 

HANDSTEIN ,  vi.  i)  stück  erz  von  mäszigem  umfange  aus 
einetn  anbruch  oder  gange,  musterstiicli  einer  bergu'crksmine:  oder 
ein  schonen  handstein  von  rotgüldigen  erz.  Matues.  Sar.  2" ; 
wenn  sie  {die  bergleule)  auskfaren ,  füren  sie  gemeiniglich 
handstein  bei  sich.  LuUier  (15S3)  99'; 

der  liesz  mich  handsteine  schawen, 
gedigen  erz,  giildig  rot.     Uhlaisd  volksl.  894; 
domit  sy  (die  heriiknappcn)  nit  sind  arm  allein, 
Stelen  sy  stüclT,  erz  und  handstein. 

Thurmeisser  archidoxa  (1575)  52. 

2)  handstein  im  bergwerk  häszl  ferner  bei  zwillergcbdudcn 
eine  gediegene  stufe,  miner.-lex.  287*. 

3)  dem  fischer  heiszt  handstein  derjenige  stein,  mit  welchem 
ein  sackförmiges  netz,  das  flock,  im  gründe  erhalten  wird.  Jacobs- 
so?t  6,  30". 

HANDSTEÜER,  f.  beisteuer,  milde  gäbe:  mit  hülfe  christ- 
glewbiger  menschen  milder  allmusen  und  hantstewer.  urk. 
V.  1505  bei  Hältaus  812. 

HANDSTRECKUNG,  f.  stipiäatio  perporreclam  manum  facta. 
Haltaus  812:  hängt  das  buch  an  den  galgen,  und  belautet 
das  gericht;  hier  ist  meine  handstreckung.  Hippel  5,306. 

HANDSTREICH,  vi.  l)  streich,  schlag  mit  der  hand:  alapa 
handstreicb,  maultascb,  husch  Dief.  2ü';  handstreich  alapa, 
colaphus,  verber  Stieler  2197;  widerrufe  alhier  es,  wil  auch 
zum  zeichen  mit  diesem  handstreich  mein  lügenhaftig  maul 
hiemit  öffentlichen  gestraft  und  gezüchtigt  haben,  widerruf 
einet  herrn  v.  Rüxleben  1576  bei  Opel   Weigel  26. 

2)  einschlagen  der  hand  zum  zeichen  eines  gegebenen  und  zu 
haltenden  Versprechens  (wie  handschlag  4  .<.p.  414):  dasz  Christus 
von  seinen  Jüngern  nie  kein  gelübdnnsz  genommen  hat, 
noch  jurament,  noch  handstreich,  noch  zusagen  bei  ihm 
zu  bleiben.  Paracelscs  opp.  2,  233  R ;  die  . .  i.  f.  gn.  mit 
einem  bandstreich  anloben  inüsten ,  i.  f.  gn.  gebürenden 
respecl  zu  erweisen.  Michalius  alles  l'umviern  5,  257 ;  und 
that  darauf  den  handstreich  herzog  Karin  als  einen  gebor- 
nen  fursten.  Schweinichen  2, 121.  vorzüglich  werden  auch  ehe- 
versprechen viittels  handstreiclies  gegeben ,  daher  die  feierliche 
Verlobung  handstreich  heiszt:  sjHjnsalia  henratsabend,  hand- 
streich. winkauf  Frisciili>  nomencl.  cap.  li>\i  (1591  .«.437);  man 
und  handstreich  hallen  und  ich  lüde  euch  auch  riarzu.  schaub. 
eugl.  u.  franz.  com.  1,  259;  wart!  nicht  eher  liandslreich 
und  rinftwechsel ,  bis  ich  wieder  zurück  bin.  Fr.  Müller 
t,320;  handslreichs- und  hochzeils-mablzeilen.  Mainzer  landr. 
1755,7  §«. 

3)  handstreich,  nach  dem  franz.  coiip  de  niain ,  plütilirher 
ttürmender  andrang  im  kriege,  Überrumpelung,  ist  vor  dem  ende 
de.*  tongen  jahrh.  nicht  angewendet :  als  Napoleon  den  Vorsatz 
au«(ilhrle,  die  kröne,  die  er  gegen  da»  bewatTiiete  Europa  zu 

^'•' 'ich  nicht  getraut  halte,  vermittelst  eine«  kühnen 

!  im  iliifte  vom  hauplc  der  Rourbonen  zu  rciszen. 

1;  ;  j'-ir/i     it    :!Ti 


HANDSTREIT,  m.  handgemengc:  darinit  erliub  sich  der 
handslreit,  darin  die  keiserschen  zu  flucht  gclriben  w  urdend. 
Stumpf  2,  335*. 

HANDSTUFE,  /.  wie  handstein  1  $/).  419:  fanden  sehr  viele 
abneichungen  desselben  gesteines,  die  wir  ..  auflasen  und 
als  handstufen  zerschlugen,  (iöthe  51, 114. 

HANDSUCIIT,  f.  gichl  in  den  händen:  hantsucht  cirogra  est 
infinnilas  mantium.  voc.  ine.  theut,  i  1;  chiragra,  hendsucht, 
zipperlin  Ai.behus  dict.  M  l*. 

HANDTAFEL,  f  Ideine  in  der  hand  zu  haltende  tafel  für 
schieUien  oder  malen ,  ahd.  hantlavala  pugiUaiis  Graff  5,  392 ; 
hantlalel  pugiUar  Dief.  471';  hauttafel  pinax  est  tabula  pictoris 
voc.  ine.  IheiU.  i  1. 

HANDTAG,  vi.  der  frohnlag  eines  handfröhners ,  zum  untci- 
scltiede  von  einevi  pferdetage.  Adelung. 

HANDTASTüNG,  f  ergreifung  der  band,  gelobend:  sie  haben 
die  handlung  mit  einer  handtastung  dem  churfürsten  zuge- 
sagt. PoMARius  Magdeb.  t/iro«.  1551  bei  Frisch  1,  4lt';  grüszend: 
mit  dreimaliger  handtastung.  Moser  patr.  plianl.  2  (1798)  123. 

HANDTÄTZLF^IN,  n.  vorslosz  am  ärmel,  handkrause:  hand- 
tälzlein,  enchiridium,  patagium  manuarium  Stieler  2260 ;  hand- 
kläppgen,  handtälzlein,  des  bouts  de  manches.  Frisch  dict.  de 
passagers  (1730)  2,  283. 

HANDTELLER,  m.  innere  handfläche:  vola  der  handleller 
Dief.  628',  nov.  gloss.  385"  (iß.jahrh.);  nim  ein  fein  slücklin 
guiiuni  arabici  und  mach  es  mit  einem  inesser  gleich  und 
glat,  alsdenn  thue  ein  wenig  eierweis  oder  eierklar  in  den 
handteller  und  reibe  das  stücklin  guinmi  darin  umbher.  Rar- 
Tiscn  augcndienst  (1583)  192;  er  öffnet  den  handteller,  die 
wohlthätige  dame  drückt  ihm  das  geldstück  hinein,  und 
schlieszt  ihm  die  faust.  E.  T.  A.  Hoffmann  12, 300.  vergl. 
kandtisch. 

^  HANDTHAT,  f.,  was  handhafte  that  sp.  397,  mhd.  hantge- 
täl  noch  in  weiterem  änne  wb.  2,  2,  147 ;  einen  an  der  hant- 
tat, au  der  warmen  hantgetat  begreifen.  Scum.  2,  207. 

HANDTHÄTEH ,  wj.  facti  manualis  perpctrator,  in  facinore 
depiehensus.  Hai.taus  813. 

HANDTHÄTIG,  adj.  l)  mit  der  hand  thdlig,  hilfe  leistend: 
da  auch  iemand  der  aigenhorigen  mit  hauen  oder  fuhren 
dazu  handthätig  sein,  den  andern  aigenhorigen  dazu  beistand 
und  hülfe  leisten  .  .  würde.  Münslerisdie  hof-spraclisarlikel  bei 
Haltaus  813. 

2)  gewaltsame  Ihat  begehend:  handtätig  vianu  fortis ,  hand- 
tätig verfahren,  via  facti  uti  Stieler  2354;  wie  wol  sie  bewehrt 
zusammen  tretten  (bei  einer  Unterredung  der  feinde)  vvirdt  doch 
allda  zu  nichts  handthätigs  griffen,  und  mit  frieden  jedem 
wider  zu  den  seinen  zu  kommen  vergönnet.  Kirchhof  milit. 
diic.  204 ;  so  mohten  der  scholteisz  und  ein  faut  gemein- 
lich oder  besunder,  wie  sie  gluste,  dem  hantdedigen  {einem 
todlscidäger)  sin  hus  zu  slieszen.  weisth.  2,217  {von  1407);  de 
in  der  handdadigen  daet  gevangen  is  {bei  ausübung  der  that). 
Haltaus  813. 

HANDTHÄTIGER,  «i.  nach  dem  vorigen  2:  so  dar  dodl- 
schlag  geschehe,  ..  so  scholen  des  todten  fründe  keinen 
roof  ümme  thun,  sondern  man  soll  den  handthätiger  vor  de 
herrschop  verklagen ,  und  der  thäter  soll  seines  leibes  un- 
lehlig  syn.  weislh.  4,  703  (v.  1439). 

HANDTHIEREN,  .-t.  hantieren. 

HANDTISCH,  m.  in  der  Chiromantie  die  durch  gewisse  Unien 
begrenzte,  an  xHereck  bildende  innere  handfläche:  die  tischlinien 
hat  iren  nainmen  dohär,  das  von  ir  eltlicher  wysz  ein  tisch 
in  der  handt  geformieret  würf.  wenn  das  feld  oder  spacium 
.so  zwüschen  der  mittelnatürlichen  linien  und  der  tischlinien 
erschynt,  ist  der  handtlisch  genannt.  Jon.  Inuacine  kunst  der 
rhiromantzei  {Straszb.  1523)  s',  angeführt  bei  Haupt  3,  271.  aucJt 
mhd.  der  tisch  in  der  haut.  Erve  8136. 

llANDTREtE,  f.  I)  versprechen,  bündnis  durch  handschlag 
(in///,  handgebende  Irene  ,vj).  3hs):  streckte  er  mir  die  band 
dar,  und  begerete,  ich  solle  ihm  mit  gegebener  handtrene 
versichern ,  dasz  ich  solches  alles  verrichten  wolle.  .Stm;»/. 
2,  205  Kurt;  du  seiest  . .  der  chrisilichcn  obrigkeit  zu  Slinsz- 
burg  mit  eid  und  handiren  zngelhan  oder  nicht.  Schuppius 
«78;  an  aidcsstBlt  gegebene  handireue.  Mainzer  landr,  1755,5 
§  4.  datier  auch  ehrverluhnis  mittels  hundgebnng :  bei  welchem 
{allar)  die  junge  fürsll.  eheleut  die  erste  eheliche  Verlöbnis 
und  handirew  ..  getlian.  Hai.taus  n14  {von  1«09);  biidlirh : 
wer  Christum  in  seinem  wuit  ergreifet  und  hiill .  der  wird 
auch  hinwieder  von  Chrialu  ergriffen    uud  gehalten,  es  gibt 


421 


HANDTREULICH  —  HANDVOLL 


HANDVOLL  —  HANDWARM 


422 


eine  Teste  handtreu,    es  setzet    kuss   um  kass,   auf  beiden 
seilen  heiszts:  ich  bin  dein,  du  mein.    Otho  410. 

2)  die  verschlungenen  liände ,  symbol  des  lierzensbündnisses  : 
den  marzapan  zierte  er  überall  mit  flammenden  herzen  and 
einem  pfeil  dardurch,  mit  handtreuen  und  dergleichen  phan- 
tastereyen.  so  die  verhebte  in  ihren  Schilden  führen.  Simpl. 
4,48  Kurz. 

3)  das  bei  eingekung  anes  Vertrags,  vorzüglich  ehererlObnisses, 
gegebene  pfand:  handtreu,  haftgeld,  mahlschatz,  orrÄa  vel  ar- 
rhabo  Haltäds  Si4. 

HA.NDTREULICH ,  adj.  und  adv.:  etwas  handtreulich  ver- 
sichern ;  handtreulicbe  angelobung  an  aidsstatt.  Mainzer  land- 
redit  1755,2  §  5. 

HANDTUCH,  «.  lueh  zum  trocknen  der  bände,  ahd.  hantöch 
mantelta  »Iraff  5,  366 ;  mhd.  hanttuoch :  viamUergium  hant- 
tuch  DiEF.  348';  hantduch  manulergium ,  gumciariutn ,  mappa 
voc.  ine.  theut.  il';  gülden  handbecken  und  gieszkanne  mit 
einem  handtuche.  pers.  reisebeschr.  l,  7;  man  machet  {aus 
heede)  nicht  allein  gute  leinwand,  sondern  auch  trill  zu  tisch- 
und  handtüchern  Ocon.  lex.  1397.  sprichirOrtlich :  sie  ist  jeder- 
manns handtuch ,  von  einer  dime  die  sich  von  allen  mdnnem 
anfassen  läszt.     s.  handquehle,  handzwehle, 

HA.NDUBERSCHL.\G,  m.  mamca  fimbriata,  reßexa,  replicata. 
Stieler  1820. 

HANDUHR,  f.  kleine  bequem  zu  handhabende  uhr,  art  taschen- 
uhr,  dim.  handuhrlein:  empfieng  er  von  jeglichem  ein  gut 
handubriein  zum  gedächtois.  pers.  reisebeschr.  l,  17. 

HANDUMDREHEN,  n.  als  bezeichnung  eines  recht  kurzen  zeit- 
maszes  naeh  band  IV,  1,6  .<p.  361 :  im  handumdrehen  veränderu. 
preusz.  Jahrb.  23,264;  im  handumdrehen  ist  das  Verhältnis 
des  inselreichs  zum  continent  verändert,  grenzboten  2ß  i.  312; 
im  handumdrehen  ist  er  reich  geworden. 

HANDUMKEHR,  adr.  schnell,  unversehens  (s.  kehram  2,  th. 
5,  428): 

doch  wenn  er  schier  gar  bynem  {bei  ihm,  seinem  schcUz)  war, 

verwacht  si  mutter  banduincber. 

Hebel  alemann.  ged.  (ISOS)  s.  36. 

HANDUMKEHREN.  n.  une  handumdrehen :  im  handumkeh- 
ren war  er  wieder  da. 

H.ANDVERGOLDUNG,  f.:  die  handvergoldung,  worauf  in 
der  buchbinderei  bisher  namentlich  der  gröszte  werth  gelegt 
wurde,  wird  immer  mehr  durch  die  pressvergoldung  verdrängt. 
arbeiterfreund  1868  s.  12. 

HANDVERKAUF,  m.  verkauf  aus  der  hand,  im  einzelnen  (s. 
von  der  hand  verkaufen  sp.  360);  so  wurde  im  18.  jh.  in 
Hamburg  der  buchhandel,  weil  er  mit  handverkauf  verbun- 
den ist,  als  kleinhandel  betrachtet.  Guhbacer  Lessing  1,  287i; 
bemerkenswerth  dürfte  es  sein,  dasz  ein  groszer  theil  des 
tleischextracls  in  den  bairischen  apotheken  im  handverkauf, 
d.  h.  ohne  ärztliche  Vorschrift  verbraucht  wird  —  ein  un- 
zweideutiges zeichen,  dasz  es  zu  einem  hausmittel  geworden 
ist.    J.  V.  Liebig  in  der  A.  a.  zeUung\S6h.  no.  47,  beil.  «.754. 

HANDVERK.ÄUFER,  m.  Verkäufer  im  änzelnen,  krämer,  Jacobs- 
soN  6,  329. 

HANDVERSCHREIBCNG,  f.  schuldverschräbung,  handschrifl: 
man  vergleiche  hiemil  den  bürgerlichen  konlrakt  von  hand- 
verschreibungen  und  zinsen.  .Moser  patr.  phant.  2  (1798)  103. 

HANDVOGEL,  m.  l)  der  falke  oderhabichl,  der  gut  zur  hand 
des  Jägers  abyericlüet  ist :  der  habicht  . .  kommt  zur  hand, 
stehet  zur  hand.  ist  ein  guter  handvogel.  Ocon.  lex.  893. 

2)  eine  schmetterlingsart,  papilio  Arion.  Nexmicb. 

H.ANDVOLL ,  f.  blosze  zusamvienrückung  ton  hand  voll 
{sp.  360) ,  daher  das  geschlechl  von  dem  ersten  theile  des  «ories, 
ron  hand,  bestimmt  icird.  gebildet  wie  armvoll  (1,  563),  mund- 
voll; viel  slädtvoll  kinder.  Sclltetls  bei  Le.-ising  8.  280.  die 
lolksmdszig  verkürzte  form  von  handvoll  ist  hampfel  (*//.  322), 
in  der  Welterau  haffel,  zu  der  auch  die  hampvolle,  ligtda  Dief. 
329*  leitH;  ihre  Verkleinerung  alemannisch  hämpieli: 

er  schickt  nier  au 
mengmo!  e  bämpreli  blumeniehl, 
mengmol  e  tröpfli  morgethau. 

Urbu.  alemann.  ged.  (ISOS)  82; 
daneben  die  häufung  hampflevoll: 

isz  hampnevoll.  so  viel  de  witt, 
si  stillen  eim  der  hunger  nit.    155. 

handvoll  als  masz  bezeichnet  so  viel  eine  hand  fassen  kann:  die 
liuodvoll,  was  man  in  ein  hand  fassen  mag,  fnanuale,  mani- 
pidus  Maaler212';  es  ist  nicht  nur  schnitterau.'idntck :  manipu- 
!'■-,  ein  handvoll  Alberos  dict.  Ml';  manipulus,  S^äyua.  desz 


Schnitters  hand  voll  Kiij*;  manipulus,  ein  hantfol,  so  vil  ein 
kornschniter  mit  der  hant  begreift  Serra.ncs  dict.  o  l' ;  auch 
in  treuer  Verbreitung,  in  strengerem  und  freierem  sinne:  da»  alles 
Volk  unter  mir  ein  handvol  davon  {vom  staube)  bringe.  1  kön. 
20,10;  dann  du  bist  ein  hantvol  ertrichs.  Cyrill.  27*;  eine 
hübsche  handvoll  münze,  a.  m.  im  Tockenburg  192;  sich  be- 
reits eine  schöne  handvoll  geid  erspart  hatte.  J.  Gotthelf 
schuldenb.  15; 

mich  billig  schämend  rief  ich  Floren, 

die  freundlichste  der  milden  hören 

um  eine  handvoll  blumen  an.    VTiela^d  9,  151 

siebst  die  baodvoU  staub,  die  erde,  nicht. 

HöLTT  63  Halm; 
eine  bandvoll  erde.    Armdt  ged.  (1840)  393; 

die  kleine  handroll  jähre. 

J.  H.  Merk,  morgenbl.  1843  no.  132} 

eine  handvol  armer  leute.  pers.  baumgarten,  vorrede;  gott  und 
himmel  vor  eine  handvoll  eitelkeit  versetzen  und  verkaufen. 
Cbr.  Weise  er;n.  91 ;  diese  handvoll  individua.  Lessisg  8, 181; 
aus  einer  handvoll  wirklicher  Verehrer.  Heise  icerke  13,  63 ; 
auszer  einer  handvoll  gensdarmen  waren  keine  Soldaten  in 
den  fürstenthümern.  Brack  vier  briefe  eines  Süddeutschen  38; 
wie  Syrien  verblich 
und  vor  der  handvoll  volk  aus  Israel  entwich. 

ScLLTETCs  bei  Lessing  8,  277; 

vgl.  mhd.  ein  hand  vol  riter.  Wolfram   Wüleh.  107,  21. 

Der  plural  dazu  ist  ih  zweierlei  art  gebräuchlich,  entweder 
ßhlt  man  noch,  dasz  das  wort  kein  eigentlicJies  compositum,  nur 
eine  zusammenrückung  ist  und  verwendet  daher  in  der  mehrzahl 
händevoll  (s.  sp.  385): 

denn  leider!  auch  nicht  eine  blume 

blieb  mir,  anstatt  der  handeroll, 

womit  ich  dich  bedienen  soll.    Wirlarb  9,  154; 

oder  handvoll  bleibt  auch  hier,  und  zwar  für  alle  formen:  trugen 
auch  der  simplicien  handvoll  zu  hausz.  Garj.  183';  ein  paar 
handvoll  erbsen  auf  die  erden  schütten.  Simpl.  3,60  Jfur:; 
mit  einigen  handvoll  schönen  grases.  J.  Gotthelf  erzdhlg.  4, 
262;  sie  warf  etliche  handvoll  haselnüsse  aus  ihrer  schurz- 
tasche  in  das  milchgeßsz.  Scheffel  Ekkehard  (lS55)  326; 
warf  handvoll  des  schimmernden  goides 
unter  die  schützen.        Ptreer  Tuneiias  5,  263; 

im  englischen  steht  sich  ähnlich  two  hands  füll  und  two  hand- 
fuls  gegenüber,  das  letüere  völlig  als  compositum  behandelt.  Koch 
histor.  gramm.  der  engl,  spräche  1,  419. 

HÄNDVÖLLIG,  adj.  die  hand  füllend,  was  sich  mit  der  hand 
gerade  bequem  fassen  läszt,  in  verkürzter  form  hämpflig  {sp.  322), 
in  Obersachsen  auch  hänflig  (hänflich  Rüdiger  Zuwachs  2,  82): 
handvollige  stein  saxa  manualia  Maaler2I2*;  gewöhnlich  ge- 
braucht von  einem  slab,  knüUel  u.  öhnL,  der  sich  gut  handhaben 
läszt:  hawt  ein  guten  handvülligen  bengel  darvon  (ron  dem 
bäume).  Pacli  schimpf  b'^;  machen  von  stro  gfit  handtvöllig 
facklen.  Frasr  weltb.  lOl';  der  feldmesserstab  soll  von  holz 
gemacht  sein,  .  .  ungershrlich  sechs  schuch  lang,  gleichwol 
zimlich  stark  und  handvöllig,  das  er  wol  träglich  sei.  und 
in  der  hand  zu  halten  und  zu  führen.  Sebiz /eiif^au  473 ;  da 
ire  herren  mit  handvöiligen  peitschen  und  ruten  gegen  ihnen 
zur  Schlacht  traten.  Garg.  220' ;  leicht  kann  nach  der  dhnlich- 
keit  auch  ein  menscbenkol  so  bezeichnet  werden :  man  soll  ihm 
das  maul  mit  eim  handvölligen  baurenkegel  wischen.  Garg. 
IQö';  dann  sie  treibens  von  eim  knebelspiesz  lang  vollkom- 
men handvölfig.  197*  —  Bei  H.  Sachs  in  freierer  bedeulung. 
stark,  zahlreich: 

mit  seinem  bandtvölligen  beer.    3,  1,  34'. 

H.ANDVÖLLIG,  n.  schaß  eines  Speeres,  was  sich  nach  dem 
vorigen  erklärt:  ein  pilum,  dessen  handvöllig  S'/j  schuh  lang 
ist,  und  das  noch  eine  eiserne  spitze  von  einem  schuh  hat. 
Rösch  eommenlar  zu  Cäsar  {Halle  l'S3)  s.  179. 

HANDVOLLWEISE,  adr..-  überantwortete  er  uns  {hanf- 
stengel)  noch  einem  strengeren  henker,  welcher  uns  hand- 
vollweisz  unter  die  preche  nahm.  Simpl.  2, 178  Kurz. 

HAND  W.ALKE,  f.  bei  den  tuchmachem  das  walken  des  ein- 
schlags  mit  der  hand,  um  ihn  dichter  zu  machen;  bei  strumpf- 
irirkem  eine  maschine,  worin  wollene  strumpfe  im  kleinen  gewalkt 
werden.  Jacobssos  2,  208. 

HANDWANNE,  f.  kleine  wanne,  in  der  der  handlanger  dem 
mawrer  wasser  zum  besprengen  des  kalks  und  der  steine  herbei 
bringt,  das. 

H.A.NDWARM,  ad],  so  warm,  dasx  es  die  hand  erleiden  mag, 
lauwarm:   handwarmes  wasser.     dn  srhmid  hezeichnet   damit 

27* 


423 


HANDWÄSCHE  —  HANDWERK 


HANDWERK 


424 


einen  geringen  grad  der  glühhitze:  sie  (die  gesdimiedeten  gegen- 
stände) werden  . .  in  einem  gelinden  holzkoblenfeuer  blosz 
kir$chbraun  glühend  (nach  dem  technischen  ausdrucke  hand- 
warm) gemacht.  Prechtl  encyclop.  13,  44. 

HANDWÄSCHE,  f.:  die  methoden  der  pelzwäschen  (beim 
Schafe)  sind  . .  die  bundwäsche  durch  knetende  bearbeituiig 
der  wolle  mit  den  bänden,  während  die  tbiere  im  wasser 
stehen.  Prechtl  encydop.  19, 15. 

HAND  WASCHEN,  n.  wasdien  der  lidnde:  Possevinus  hat  an 
diesem  handwaschen  gar  ein  miszfallen.  pers.  reisebeschr.\,~; 
so  würe  die  sache  ein  gründonnerstägiges  päpstliches  fusz- 
waschen  von  armen  gewesen ,  statt  ein  bandwaschen  von 
pinslern.  J.  Paol  koinet  3, 138.     vgl.  händewaschen  sp.  385. 

HANDWASSER,  n.  uasser  zum  tcaitchen  der  hände:  nach 
gehaltener  mahlzeit  leget  sie  jeglicher  eine  cilrone  und  mes- 
ser  vor,  indem  sie  nun  die  .cilronen  anschneiden  wollen, 
hisset  sie  den  knaben  Joseph  mit  handwasser  hinein  kom- 
men, pers.  rosenth.  l,  42  anm.  a.  es  ward  vor  und  nadi  tisdie 
gereicht,  weil  die  hände  unmiUelbarer  als  jetzt  dem  essen  dienten : 

der  Wirt  kom,  da;  wa;;er  man  dar  truoc. 

üö  sich  Gäu'än  getnuoc, 

eine  bete  er  nilit  vermeit, 

er  bat  den  wirt  gesellekeit, 

Mät  mit  mir  ejjen  dise  magt'.    Parz.  550,  tl; 

wie  wir  den  leuten  ein  wolriechend  handwasser  vor  und 
nach  dem  tisch  aufgieszen.  Mathesiüs  hislor.  v.  Jesu  Chr.  1,  Uo'; 
die  lafel  war  indessen  gedecket,  die  herrschaft  salzte  sich 
nach  genommenen  handwasser  und  verrichteten  gebet.  Ha- 
zards  lebensgesdiichle,  Cosmopoli  1706  s.  27 ;  er  {der  herzog)  be- 
fahl, als  er  zur  tafel  ging,  man  solle  mir  auch  das  hand- 
wasser reichen.  Göthk  34,  300  (BenventUo  Cellini),  daher  heiszl 
es:  das  handwasser  ist  das  süszest.  also  antwort  einer  ge- 
fraget, was  das  best  wasser  were,  dann  wan  man  die  bend 
wascht,  so  wil  man  mit  den  zeenen  danzen,  darzu  pfeilt 
das  handtwasser  auf.  S.  Frank  spriditv.  1541  l,  37*.  —  Zur 
kennzeichnung  eines  redit  niedrig  stehenden: 

wer  an  im  selber  ist  gar  nichtig 
und  zu  allem  guten  untüchtig, 
wenn  der  etwan  ein  fruinraen  sieht, 
welchen  das  Unglück  hart  anfleht, 
so  rousz  er  auch  sein  trutzen  fühlen, 
und  wil  sein  mütlia  an  im  külen, 
so  er  doch  selb  nit  so  viel  töcht, 
das  er  im  das  handtwasser  bracht. 

B.  Waldis  Esup  3,  84,  22. 

HANDWE-H,  n.  schmerz  in  der  hand,  diiragra;  in  der  fol- 
genden stelle  adjedivisch  gebraucht:  und  so  die  knecht  klingsor, 
kopfwe ,  bendwe ,  herzenwe  etc.  wie  si  genannt ,  an  irer 
arbeit  seind.  Hans  v.  Leonrodt  himelwag  [Augsb.  1517)  Piij. 

HAND  WEHR,  f.  1)  gegenwehr,  verllieidigung  hand  an  hand: 
sie  drungen  so  viel  möglich  auf  die  feindt,  dasz  sie  mit 
ihnen  zur  bandtwehr  kommen  möchten.  Fronsperg  kriegsb. 
3,  179*. 

2)  m  der  hand  zu  führende  uaffe,  sloszgewehr,  spiesz:  hand- 
sive  stoszwehr,  telum,  quo  pundim  ferimus  Stiei.er  2512;  wolle 
uns  6  malen  angreifen  . .  zum  sechsten  mit  seinen  hand- 
wären als  spieszen  und  seinem  hosten  volk  mit  vil  uinb- 
stenden.  Schertlin  briefe  7. 

HANDWEIB,  n.,  wie  handfrau,  weib  das  in  einem  hause  zur 
hand  geht,  für  lohn  arbeitet,  ohne  beständig  in  lohn  zu  stehen. 
Rüdiger  luwadis  2,  82. 

HANDWEIFE,  f  weife  zum  garnwinden  der  einfachsten  art, 
im  gegensalz  zu  der  künstlichem  schnapp-  oder  zlihlweife:  die 
sogenannte  handweife,  als  die  gemeineste  und  srhiechleste 
gattung  {der  weifen),  öcon.  lex.  2ö07. 

HANDWEIT,  adj.  spannenweit,  amplUudine  dotrantis.  Stieler 
2490. 

HANDWERK,  n.  opificinm,  ars  wanuaria.  ahd.  bantwerah 
opus  manuum ,  ag$.  bandveorc,  bandgevenrc  manu  factum, 
opus  manuum.  tm  mhd.  gehl  hantwerc  arttfictum  netien  anl- 
werc  matchine,  besonders  belagerun<ismaschtnc  her  {üb. ;),  uhh.  5S3), 
und  es  isl  unter  anlwerk  1,  607  ausfuiirlich  nachgeuiesen ,  wte 
beide  Wärter  sidi  in  der  bednitung  misdien  ,  so  dasz  hantwerc 
auch  für  antwerc  und  diese»  für  jenes  sieht,  bis  später  die  wort- 
form anlwerc  und  die  bedeutunq  macltina  erlischt,  dennoch  kliiuit 
die  Vermischung  nach,  wenn  Dasyp.  gewährt:  handtwerk  artt/i- 
aum  manuarium ,  alian  medtnnicum,  und  wenn  nach  Aoklunc 
der  rammboek  m  der  Launit  noch  handwerk  »irnannt  u^d.  — 
Von  bandwerk ,  alemann,  form  hainberch  (Hkbei  alem.  ged. 
'■  ■■''   ■   '■'  •    ■■'    '■    :l'iral  in  nllem  gwllm  nrhrn  handwerk  auch 


handwerker:  warum!)  sollen  nicht  ..  dergleichen  handwerker 
in  der  insul  Atlantide  geübt  werden?  Schuppiüs  737,  gleich 
darauf  die  Verachtung  der  handwerk;  zwingen  auch  der  ar- 
men kinder ,  handwerker  zu  erlernen.  75t ;  dasz  der  vater 
des  Sophokles  vielleicht  nur  knechte  gehalten,  die  jene  hand- 
werker treiben  müssen.  Lessing  6,  293.  seit  der  1.  hälße  des 
IS.  jnhrh.  ist  die  form  bandwerke  für  den  plural  ausschlieszlich 
gebräuchlich  worden. 
handwerk  bedeutet: 

1)  icie  händewerk  {sp.  385)  das  mit  der  hand  vollbrachte  werk, 
opus  manu  factum :  überall  der  Übergang  vom  bandwerk  zum 
niaschinenwerk.  Göthe  an  Schiller  1,203;  von  diesem  sinne  aus 
ist  auch  das  folgende  gesagt:  wer  sich  einer  strengen  kunst 
ergibt ,  inusz  sich  ihr  fürs  leben  widmen,  bisher  nannte 
man  sie  bandwerk,  ganz  angemessen  und  richtig;  die  be- 
kenner  sollten  mit  der  hand  wirken,  und  die  hand,  soll  sie 
das,  so  musz  ein  eigenes  leben  sie  beseelen,  weike  23,162; 
und  darum  wieder:  ein  gutes  kunstwerk  kann  und  wird  zwar 
moralische  folgen  haben,  aber  moralische  zwecke  vom  künst- 
ler  fordern,  heiszl  ihm  sein  handwerk  verderben.  26, 148.  — 
Dann  bezeichnet  Götiie  mit  handwerk  auch  das  rein  medianische 
einer  sache,  einer  kunst  oder  ferligkeit:  einer  {ein  fehler  von  mtr) 
ist,  dasz  ich  nie  das  handwerk  einer  sache,  die  ich  treiben 
wollte  oder  sollte,  lernen  mochte.  29,35;  die  beschwerlichen 
stufen  des  mechanismus  und  des  handwerks.  19,  343. 

2)  im  engern  sinne  ein  dauernd  betriebenes  gewerbe,  zu  dessen 
ausführung  vorzüglich  manuelle  gesddcklidüieil  erfordert  ist,  ars 
mechanica ,  unterschieden  von  der  kunst  und  von  der  niedrigen 
handarbeit:  hanlwerk  arlißcium.  opißcium,  ars  manualis  voc. 
ine.  theut  il';  die  kunst,  die  rohen  oder  schon  bearbeiteten 
naturalien  zu  verarbeiten ,  heiszt  ein  handwerk.  Reckmann 
lechnologie  (1777),  einleitg. ;  mancherlei  Werkmeister  von  aller 
banden  handtwerken.  Aimon  bog.  Fij ;  dieweil  er  gleichs  hand- 
werks war,  bleib  er  bei  inen  und  erbeitet,  sie  waren  aber 
des  handwerks  teppichmacher.  apost.  gesch.  18,3;  kein  hand- 
werksmann  einiges  handwerks  sol  mehr  in  dir  erfunden 
werden,  ojfcnb.  18,  22 ;  einer  unter  dem  häufen,  seines  hand- 
werks ein  schlotfeger.  Simpl.  2,276  Kurz;  der  verfall  der 
deutschen  bandlung  zog  den  verfall  des  handwerks  nach  sich. 
Moser  patr.  pharU.i  (1798)  31;  wie  leicht  beraubt  eine  neue 
mode  das  beste  handwerk  seines  Verdienstes?  s.  66;  nun 
treten  die  jähre  heran,  worin  die  knaben  entweder  zur  band- 
lung oder  zum  handwerk  bestimmet  werden  sollen.  3,124; 
dasz  ich  von  der  kunst,  von  dem  handwerk  des  mahlers 
wenig  verstehe.  Göthe  27,68;  es  {das  theater)  hat  einen  zwei- 
deutigen Ursprung,  den  es  nie  ganz,  weder  als  kunst  noch 
als  handwerk,  noch  als  liebhabcrei  verläugnen  kann.  22,171. 
die  das  gleiche  handwerk  betreibenden  sind  enge  und  zunpmäsztg 
vereinigt  {vgl.  unlcn  3),  das  gefiihl  dieser  Verbindung  tritt  na- 
mentlich in  der  formet  einer  vom  handwerk  liervor:  wendet 
denen  vom  handwerk  nicht  geringen  gewinst  zu.  ap.  gesch. 
19,  24;  Demelrius  und  die  mit  im  sind  vom  handwerk.  38;  — 
und  diese  formet  wird  freier  von  leuten  überhaupt  (jleichen  berufs 
verwendet:  alle  gaste  .  .  waren  vom  handwerk  {bergleule\. 
Güthe  22,177;  aus  ihren  fragen  könnt  ich  errathen,  sie  ver- 
muthe  dasz  ich  vom  handwerk  sei  {auch  ein  kaufmann).  2.1,169; 
wie  denn  auch  die  freiere  anwendung  von  handwerk  nicht  auf  die^e 
formet  beschränkt  ist,  sondern  überhaupt  menschen  trifft,  die  trgetui 
eine  besduifligunii  berulsmnszig  oder  andauernd  betreiben:  ein 
teufelischer  betrug,  dardnrch  er  zum  hcxenhandwerk  verführt 
werden  soll.  Simpl.  3,278  Kurz;  sag  ihnen,  mein  handwerk 
ist  »iedervergellung  —  räche  ist  mein  gewerbe.  Schilleci 
Täuber  2,3;  Sklaverei  ist  ein  elendes  handwe.k.  Fiesko  1.  !• : 
da  diese  ja  ein  handwerk  aus  solcher  klugen  dieberei  machte. 
polit.  slockf.  206;  Juristen  vom  handwerke.  Kant  5,450;  es 
ist  noch  die  frage ,  ob  eine  rolle  durch  einen  bloszen  lieh- 
baber  nicht  mehr  als  durch  einen  Schauspieler  von  hand- 
werk gewinne.  Schiiikr  {beHlödrke)  l.ZVi ;  gelehrte  von  hand- 
werk. Schlosser  weltg.  4,422;  wenn  man  Verstellung  als  hand- 
werk treibt.    Göthe  13,  lo; 

das  «aufen  lotiderllch,  ausz  den  doch  mitternacht 
(Ich  meine  Teutichlond  auch)  last  gar  ein  lianiltvork  macht 

Opitx  I,  II. 

In  der  strengen  bedeulung  des  <i'orte$  war  das  handwerk    friiJn 
zünftig,    renn   die  handwerker    zu    einer    zunft    rereinuit  waif 
frei,    rrnn  das  nicht  der  fall  war;  gesperrt,    wenn  es  auf  u<- 
wisse  orte  einijeschränkl  blieb;   man  lernt,    ergreift,    treibt  rm 
bandwerk : 


425  IIANDVYERK 

hat  ein  bi>ur  ein  lamen  son, 

ein  liantwerk  wil  er  in  lernen  Ion. 

Schade  sat.  u.  pasqv.  1,  174; 

welcher  nachgehends  ein  handwerk  gelernet  und  treibet,  d. 
Stadt  LeipiVi  ordn.  (1701)  s.  17S;  knaben,  welche  sich  jetzt 
zum  handwerk  begeben.  Moser  phant.  l  (1798)  42;  wenn  er 
das  strurapfweben  oder  ein  ander  gutes  handwerk  ergriffe. 
2.156;  wann  einer  zum  scherer  oder  bader  sagte:  treib  dein 
handwerk.  Zi^kgref  (1026)  1,226;  der  viele  handwerk  lernet, 
lernet  keins  recht.  Schottel  1130';  bei  alle  dem  lebt  man 
hier  in  vollkommener  Sicherheit  und  jeder  treibt  sein  hand- 
werk eben  als  wenn  nichts  gewesen  wäre.  Göthe  43,  27; 
dalier  wieder  in  freierer  anwendung:  mein  Springinsfelt  anfienge, 
allerdings  das  Junkern  handwerk  zu  treiben  (müszig  :u  gehen). 
Simpl.  3,106  Kurz;  glaubt  ihr,  dasz  ich  in  der  weit  bin,  um 
rath  zu  geben?  das  ist  das  dümmste  handwerk  das  einer 
treiben  kann.  GOthe  17,24;  das  mädel  ist  verschimpfiert  auf 
ihr  lebenlang,  bleibt  sitzen,  oder  hats  handwerk  verschmeckt, 
treibts  fort.  Scbiller  kab.  u.  liebe  1,  1 ;  man  schickt  sich  in 
ein  handwerk:  wenn  er  sehen  könnte,  wie  gut  ich  mich  in 
das  neue  handwerk  schicke.  Göthe  15,  61 ;  man  kann,  kennt, 
versteht  das  handwerk,  eben  auch  in  strengerem  und  weiterem 
sinne:  unter  hundert,  die  das  handwerk  gelernet  haben, 
findet  man  oft  nur  einen,  der  es  in  einem  vorzüglichen 
grade  versteht.  Moser  phant.2  (1798)  172;  der  bäcker  müszte 
sein  handwerk  schlecht  verstehen.  4, 149  ;  er  kau  viel  hand- 
werk, aber  bellen  ist  das  beste.  Schottel  1131";  verstünde 
der  podesta  sein  handwerk  und  wäre  der  actuar  nicht  der 
eigennützigste  der  menschen,  ihr  wäret  nicht  so  los  gekom- 
men. Götbe  27,  50; 

du.  die  comödie!  wer  wird  mehr  auT  dich  hören? 
bei  possen  klatscht  man  nur,  und  gähnt  bei  Sittenlehren, 
du  kennst  dein  handwerk  schlecht;   du  kennst  die  weit  noch 
nicht.    Cro^egk  1,  4; 

wartet,  ich  singe  die  könige  bald,  die  groszen  der  erde, 
wenn  ich  ihr  handwerk  einst  besser  begreife,  wie  jetzt. 

GöTBK  1,  362; 

OMCA  obscün:  sie  versteht  das  handwerk,  perita  est  venerei 
conftietus ,  in  palaestra  meretricia  exercitata  Serz  63  {vgl.  oben 
die  stelle  aus  kabale  u.  liebe  1, 1>;  —  man  steht,  pfuscht,  greift, 
fällt  einem  ins  handwerk:  Jupiter,  welcher  ..  vermeinte,  es 
möchte  jemand  seinen  strahl  ergriffen  haben,  ihm  ins  hand- 
werk zu  stehen.  Simp/.  4,159  Kun;  alsdann  müszt  ihr  mir 
nicht  übel  nehmen,  wenn  ich  auch  in  euer  handwerk  pfusche. 
Götbe  24,  277  ;  sieht  es  doch  aus ,  als  wollet  ihr  mir  ins 
handwerk  {als  gelegenheitsdirhter)  greifen,  und  mir  die  kund- 
schaft  entziehen.  285; 

der  vom  weine  gestern  tod,  ist  vom  tode  heute  tod ; 
dasz  ihm  wein  ins  handwerk  tiel.  hielt  der  todt  für  einen  spott. 
LoGAU  3,  133,  8U  (auf  einen  lodgesulfcnen); 

das  bandwerk  legen  oder  verbieten,  den  betrieb  eines  gewerbes 
nicht  femer  gestatten.  Jacobsson  6,31*;  soll  niemand  kein  kalb 
herein  schlachten,  es  habe  dann  24  pfund,  was  drunter  ist, 
soll  ihnen  genommen,  derjenige  auch  .  .  geslraffel  oder  ihm 
das  liandwerk  geleget  werden,  d.  Stadt  Leipzig  ordn.  (1701) 
«.432;  daher  wieder  frei:  weil  in  meiner  macht  nit  stunde, 
ihnen  das  handwerk  (außauf  von  beutestücken)  gar  niederzu- 
legen. Simpl.  3,103  Kurz; 

gafTt  nach  dem  alten  hin, 
und  sieht  auf  dessen  stirn  sich  eine  raupe  regen, 
ha!  brummt  er,  dir  will  ich  das  handwerk  zeitig  legen! 
Hagedor:«  2,  3S. 

sprichwürter :  es  heiszt  neunerlei  handwerk,  achtzehnerlei  Un- 
glück. Ll'Tber  tischr.  292';  vierzehen  handwerk,  fünfzehen  Un- 
glück. Agr.  spr.  (1560)  84";  endlich  heist  es  wie  das  Sprich- 
wort lautet:  vierzehen  handwerker,  fünfzehn  unglück,  weil 
!-ie  solcher  sacben  sich  unterfangen,  die  sie  nicht  gelernt 
haben,  Creidius  2, 274 ;  dreizehen  handwerk,  vierzehen  bettel- 
leute.  PiSTonius  thes.  par.  9,10; 

acht  handtwerk,  neunerlei  unglück. 

H.  Sachs  2,  4,  38«; 

»■in  handtwerk,  ein  täglich  gülte,  artem  quacvis  alit  terra.  Agr. 
tpr.  (1500)  12';  ein  bandwerk  hat  einn  güldin  boden.  195"; 
es  ist  ein  gut  handtwerk,  es  lohnet  aber  übel  . .  also  sagen 
wir  schertzweise  von  etwas,  dj  ein  büsz  endt  nimpt,  als 
Stelen,  rauben,  und  dergleichen  böse  stuck  üben.  203';  man 
saiil ,  dasz  nach  vielen  mislungenen  beschäßigunqen  betteln  noch 
das  beste  handwerk  sei:  in  summa,  da  war  guter  ralh  theuer, 
und  bei  mir  bedien  das  ho>\c  liandwpik.  d.i-;  irii  711  iroiben 


HANDWERK  —  HANDWERKSBCNDEL       426 

getraute.  Simpl.  3,259  Kurz;  die  des  iren  nicht  warten,  son- 
der auf  alle  seilen  auszlaufen,  solche  leulh  musz  gewisz 
das  Unglück  treöen,  das  bringt  die  erfarung,  und  tnachen 
vil  handwerk,  dasz  betteln  das  beste  ist.  Agr.  spr.S*';  wer 
das  handwerk  verstehet,  der  verräthet  den  meister  nicht. 
PiSTORiLS  thes.  par.  9,  4. 

3)  handwerk,  die  geschlossene  gesamlheit  der  ein  bestimmtes 
gewerbe  trabenden,  gilde,  zunft,  innung :  ein  geschenktes  hand- 
werk, dessen  glieder  das  geschenk,  einen  kredenzten  becher  und 
damit  symbolisch  aufnähme  in  die  enge  zunftgemeinschap  empßengen 
(s.  weim.  jalirb.  4, 253) :  ein  geschenkt  oder  nicht  geschenkt 
handwerk.  reform,  guter  polizey,  Augsb.  1530,39  §  1;  ein  ge- 
schlossenes handwerk,  wenn  die  zunß  nur  aus  einer  gewissen 
anzahl  meister  bestellen  durfte,  im  gegensatze  zum  ungeschlosse- 
nen (Beckmann-  technol.  1777  einlcUg  §  7) ;  es  heiszt  das  hand- 
werk fordern,  die  innung  zusammen  rufen,  ebenso  ein  hand- 
werk machen;  das  handwerk  läszt  ihn  fallen,  einen  gesellen, 
dem  aufgegeben  wird,  ein  besseres  meisterslück  zu  machen.  Jacobs- 
S0!<  2,  20S.  209 ;  weist  du  was  das  mir  oder  dir  oder  einem 
ganzen  ehrbaren  handwerk  zuwider  ist,  so  sage  es.  weimar. 
Jahrb.  4,  31t ;  der  fcnappmeister  wird  dem  ehrbaren  handwerk 
und  mir  zum  gefallen  die  lade  auftragen  nach  handwerks- 
gebrauch  und  gewonbeit.  313;  in  freierem  sinne:  wenn  ich 
aber  von  den  Juristen  sage,  meine  ich  nicht  allein  die  doc- 
tores,  sondern  das  ganze  handwerk.  Lutbeb  5, 180' ; 

doch  wir  gehören  ja  zum  groszen  liandwerk  nicht, 
empfmdung  gibt  den  ton  auf  unsrer  kleinen  bühne, 
mama  natur  den  Unterricht.  Gotte»  1,  77. 

4)  handwerk,  der  neuntüdter,  lanius  excubitor.  Nemnich  3,  323. 

HANDWERKER,  m.  der  ein  gewerbe  (handwerk  2)  berufs- 
mäszig  treibt;  bittet  got  umbe  alle  getreuwe  arbaitter,  alle 
gemein  hantwercher,  das  in  got  sogetän  arbait  verlihe,  da 
mit  sei  und  leib  behalten  si.  .Mullewboff  «.  Scherer  532,  12 
(14.  jahrh.);  so  weit  handwerks  gewohnheit  geht,  so  weit 
können  sich  auch  die  hindwerker  helfen.  PisroRtcs  tAes.  par. 
10,  71;  nichts  giebt  der  Stadt  London  ein  prächtigers  an- 
sehen, als  die  buden  ihrer  handwerker.  Moser  patr.  phant.  1 
(1798)  s.  30;  zunftmäszige  handwerker.  35.  t^.  handwerks- 
mann. 

HANDWERKERGILDE,  f.  handwerkennnung. 

HANDWERKERISCH,  adj.:  dise  handwerkerische  erfin- 
dungen  {magnetnadel.  buchdruckeret,  scliieszpulver).  Schüppids  768. 

HANDWERKERSTA.ND,  m. 

HANDWERKERTALENT,  «..•  der  beruf  des  lebens  fordert 
höhere  als  handwerkertalente.  Scbelling  vorles.  üb.  d.  methode 
des  acad.  sludiums  43. 

HäNDWERKERVOLK,  n..-  da  ging  es  denn  hoch  her  unter 
dem  handwcrkervoik.  Riehl  culturgesdi.  nov.  378. 

HANDWERKERZUNFT,  f. 

HANDWERKLICH,  adj.:  etwas  mechanisches,  handwerk- 
liches. Klinger  11, 140. 

HANDWERKSÄLTESTER,  m.  Vorsteher  eines  handwerks,  einer 
innung:  sonderlich  aber  werden  von  dem  handwerk  die  dem- 
selben beipflichtende  personen  handwerksältesten,  geschworne 
meister,  gesellen  und  jungen  genennet.  HObser  handlungslex. 
(1722)   850. 

HANDWERKSAMT,  n.  innungsbehürde ;  gewöhnlich  von  den 
meistern  einer  zunft  gebildet:  wenn  das  ganze  handwerksamt 
oder  zunft  zusammen  berufen  worden.  HesNER  handlungslex. 
(1722)   1030. 

HANDWERKSÄRBEIT,  f.:  von  handwerksarbeit  kam  noch 
wenig  in  seine  bände.  Riebl  culturgesch.  nov.  433. 

HANDWERKSARTIKEL,  m.  plur.,  von  der  obrigkeÜ  gegebene 
Satzungen  einer  innung. 

HANDWERKSBOTE,  m.  derjenige  der  die  meisler  einer  in- 
nung zusammen  beruft  und  fordert,  in  der  regel  der  jungmeister 
der  zunft.  Jacobsso«!  2,  209'. 

HANDWERKSBRAÜCH,  m. :  Primus  geht  wie  ein  schreiner 
ein  und  sagt 

ich  hab  ein  unglückseligs  wandern, 
ziech  von  einer  statt  zu  der  andern, 
und  doch  kein  meister  finden  mag, 
der  mir  arbeit  geh  vierzehen  tag, 
wie  es  bei  uns  ist  handwerksbrauch. 

Airkr  372*  (186«,  32  Ketler). 
s.  handwerksgebrauch. 

HANDWERKSBüNDEL,  n.  sarcina  quam  juniores  opifiees 
peregrinando  circumferunt.  Stieler  156;  handwerkbündel,  wo- 
r.'iiif  der  schläfer  ausruhte.  J.  Pacl  Titan  2. 109, 


427 


HANDWliUKSBLBGE 


HANDWERKSMANN 


428 


HANDWERKSHÜRGF. ,  m.  der  für  einen  fremden,  zugewan- 
derten gesellen  einsteht,  dasz  er  auch  uirklich  vom  handwnk  sei: 
das  schone  inädchen  stand  schon  am  platz,  bereit  den  frem- 
den zu  seinem  handwerksbürgen  zu  führen.  Riehl  cullurgescA. 
nov.  429. 

HANDWERKSBURSCH,  -BURSCHE,  m.  handteerksgesell,  be- 
sonders trandernder: 

die  haniwerkspursch  mit  uberschwal 
hab  ich  al  uiider  meinem  Innen. 

meislerl.  fol.  23,  no.  231 ; 

mit  den  bänden  und  füszen  reverenz  machte,  eben  wie  die 
handwerksbursche ,  wenn  sie  in  eine  fecbtscbuie  kommen. 
ScHLPi'iL's  lt4;  sollte  nicht  auch  ein  institut  für  die  hand- 
werksbursche ncitbig  sein?  Moser  palr.  phant.  3  (t79S)  131; 
das  fröhliche  sorgenlose  wandern  der  handwerksbursche. 
J.Paul  palingen.  1,41;  traf  ich  zusammen  mit  einem  reisen- 
den handwerksburschen.  Heine  iverkc  1,20.  —  Davon  wieder: 
handwerksbürschchen ;  handwerksbürschlein ;  handwerks- 
burschenartig:  die  meisten  reisenden  haben  doch  etwas 
handwerksburschenailiges,  und  sehen  sich  gern  nach  solchen 
Wahrzeichen  um.  Gotiie  27,  15S;  handweiksburschenhaft.  33, 
19G;  handwerksburschenlied;  handwerksburschenrechl.  Riehl 
cullurgesch.  nov.  369,  u.  a. 

HANDWERKSFAflNE,  f.  fahrte  einer  Innung.  Stieler  399. 

HANDWERKSFLEISZ,  m..- 

ein  lialter, 
mmliloser  alliagsraensch  taugt  nur  zum  handwerkslleisz. 

GOTTKH  1,  197. 

HAND  WERKSFRAU,  f.  frau  aus  dem  handicerksstande :  es 
w ar  eine  zeit ,  wo  die  hofdame  sich  räuchern  iiesz ,  wenn 
sie  mit  einer  bandwerksfraii  gesprochen  hatte.  Moser  palr. 
phant.  1  (1798)   133. 

HA.NDWERKSFüin.EREI,  f.:  meine  hausbackenen  cmpfin- 
dungen  und   handwerksfühlereien.  Tieck  ges.  nov.  3, 143. 

HANDWERKSGEBRAUCH,  m.  brauch  wie  er  bei  einer  zunß 
hcrscIU :  nach  handwerksgebrauch  und  gewohnheit.  weim.jahrb. 
4,310;  hast  mir  handwerksgebrauch  und  gewonheit  erwiesen. 
311;  wir  hielten  uns  an  allen  diesen  orten  etwas  auf,  um 
unsre  freunde  und  handwerksgenossen  nach  handwerksge- 
brauch zu  sehen  und  zu  grüszen.   Gottscuedi.n  briefe  2,  17. 

HA.NDWERKSGEIST,  m. :  die  gelehrten  nahmen  immer- 
mehr den  handwerksgeist  und  den  niedrigen  sinn  der  ge- 
ringen volksklassen  an.  Schlosser  wellqesch.  4,  571. 

HANDWERKSGEMÄSZ,  adj.:  diesem  trefflichen  werke  (Schil- 
lers glocke),  welciies  auf  eine  bewunderungswürdige  weise  sich 
zwischen  poetischer  lyrik  und  handwcrksgemäszer  prosa  hin 
und  wieder  bewegt.   Güthe  45,  78. 

HANDWERKSGENOSSE,  m.  tribulis,  ejusdem  opißcii  artifex. 
Stieler  1353;  unsre  freunde  und  handwerksgenossen.  Gott- 
schedin briefe  2, 17. 

HANDWERKSGERÄTHE,  n.  instrumenta  opificum.  Stieler 
1503;  kapital,  welches  in  den  Werkzeugen  und  verschiedenen 
handwerksgerüthcn  steckt.  Beckmann  lechnol.  (1777)  einleitg.  §  11 ; 

jedem  hat  frott  zur  band 

gcgolien  ein  liamlwerksgcrätbe-, 

wenn  mit  geschick  und  verstand 

er  stets  den  dienst  nur  tliäte.    Hückert  149. 

HAND  WERKSGERICHT,  n.  gericht  für  handwerkssnrhen : 
wurden  zur  endlichen  ausgicichiing  vors  handwerksgericht 
{zu  Augslnirg)  geladen,  weim.  jahrb.  4,338. 

HANItWKRKSGESCHAKr,  n.:  in  allen  haus-  und  band- 
«erksgescbiirien  griff  ich  tüchtig  ein.   Güthe  23,  174. 

HANDWERKStJESKI.LE,  «i.  geselle  eines  handwerks,  zu  einer 
Innung  geluirig:  den  frembden  ankommenden  handwerksge- 
sellen.  reform,  gnler  jiolicey,  Augsb.  ir)5l,37  §4;  kleidete  mich 
demnach  am  folgenden  morgen  .  .  wie  ein  handwcrksgesell. 
Happel  acad.  rom.  505;  jetzt  ist  diese  fessel  geliist,  der 
handwerksgcsclle,  der  commis ,  der  fabrikarbeiler  kann  die 
uniform  da  anziehen,  wo  er  beschüftigung  gefunden  hat. 
pieusz.  jaJirb.  20.  bd.  s.  555  ; 

i«i  iergend  ein  frumer  bandwerkugetell  hie, 
der  thu  mir  ein  rreuntlichn  bringen. 

ScHAitK  lumdwerkut.  172. 

ein  laleinincher  handwerkxResellc  wurde  ein  sludent  genannt: 
mein  rauierad,  ein  laleiniscber  bandwerkfigeKell,  Snnjit.  l,  233 
kurz:  zulelzi  besriilimsen  »ie .  ich  inüMc  ein  lateiniüchrr 
bandMrrksgenclle  »ein.  der  verirret  w.'lre,  oder  meinem  eige- 
nen vorgeben  nach  ein  fahrender  srhtiler.  2,  S5. 


IlAMlWERKSGESELLSCHAn-,  f.:  handwerksgesellschaf- 
ten curpora  opijicum  Stieler  2005. 

HANDWERhSGESINDE,  «.  die  handwerksgesellen  undlehrlinge 
in  sich  fassend,  abschied  d.  reiclist.  zu  Augsburg  1551  §  83  Über- 
schrift. 

HANDWERKSGEWOHNHEIT,  f.  opificum  statuta  et  placita. 
Stieler  2490.     ,<.  handwerksgebrauch. 

HANDWERKSGH.DE,  f:  Staaten  und  handwerksgilden 
haben  ihre  ungleichen  perioden.  Moser  patr.  phant.  1  (1798)  ,<.  t'>">. 
HANDWKRKSGRUSZ,  m.  feste  formet  mit  der  wandernde  ge- 
sellen die  glieder  ihrer  zunß  begrüszen.  der  handwerksgrusz  kommt 
bei  den  .<:teinmetzen  bereits  im  15.  jahrk.  vor.  weim.  jahrb.  4,  306 ; 
er  war  schon  bei  allen  Zunftmeistern  der  Stadt  gewesen, 
halte  ihnen  den  handwerksgrusz  geboten,  aber  bei  keinem 
arbeit  gefunden.  Riehl  cullurgesch.  nov.  439.  übertragen: 
mein  lauter  beilall  geiit  der  sclirift, 

die  mir  tjcr  autor  bringt        mein  handwerksgrusz  dem  segen 
des  bettelnden  geriichts  entgegen, 
das  auf  dem  plad  des  rubms  mit  mir  zusammen  trifft. 

TniiimEL  reise  4,  518; 
die  redlichkeit  die  kennt  man  schon, 
sie  heiszet:  contributinn. 
ihr  alle  seid  aul  gleichem  liisz : 
gib  her!  da.s  ist  der  baiidweiksgiusz.    Göthe  41,286. 

HANDWERKSHAKEN,  m..-  handwerksbaken  werden  die 
groszen  eisernen  haken  genennet,  die  gemeiniglich,  wo  gute 
leiierordnungen  sein ,  den  bandwerkern  von  dem  stadtniagi- 
slral  assigniret  werden,  dasz  sie  solche  in  Verwahrung  neh- 
men ,  und  im  fall  der  noth  gebrauchen  können.  HIjbner 
handlungslex.  (1722)  851. 

HANDWERKSHERR,  n.  der  von  der  obrigkeil  als  beisitzer  zu 
einer  zunft  verordnete  ratsherr. 

HANDWERKSINNUNG,  f  ein  handwerk  als  geschlossene  zunß. 

HANDWERKSJUNGE,  m.  Uro  opificii.  Stieler  903;  der 
schlimmste  handwerksjunge.   Chr.  Weise  erzn.  41. 

HANDWERKSKNABE,  m.  junger  handwerker: 
vor  andern  liandwcrksknaben 
liebt  man  der  sctzer  art.     Schade  liandwerksl.  32. 

HANDWERKSKNECHT,  m.  der  nicht  meisler  eines  handwerks 
ist,  gesell  oder  lehrling:  dasz  die  liandwerksknecht  und  gesellen 
den  meistern  nit  eindingen,  was  und  wievieJ  sie  ihnen  jeder- 
zeit zu  essen  und  zu  trinken  geben,  reform,  guter  policey, 
Augsb.  \ha\.,Z't  §6;  von  den  handwerksknechten,  söhnen,  ge- 
sellen und  lehrknaben.    reichstaqsabsciued  Augsb.  1551  §  83. 

HANDWERKSKRAUT,  n.  equüelum.  Nemnich. 

HANDWERKSKUNST,  f:  von  seiner  gewandlheil  alte  bil- 
der  wieder  herzustellen,  darf  ich  zu  erzählen  nicht  anfangen, 
weil  man  zugleich  die  schwere  aufgäbe  und  die  glückliche 
lösung,  womit  sich  diese  eigene  handwerkskunst  beschäf- 
tigt, entwickeln  müszte.  Göthe  28,64; 

kommt  und  helft  mir  recht  betrachten 
eine  feine  handwerkskunst  {wvOciri). 

Schade  handwerkst.  86. 

HANDWERKSr.ADE,  f.  lade  einer  zunß,  in  der  die  docu- 
menle,  das  innungsvermügen  und  innungs.wgel  aufbewalirt  werden. 
HCbner  hundlungsle.r.  (1722)  851. 

HANDWERKSLELTE,  plur.  die  ein  handwerk  betreiben:  ihr 
handwerksleut,  künstler,  kaufleut ,  krämer.  Zinrcref  (loit.) 
1,235;  was  aber  handwerksleute  sein,  die  wahr  Tcrkaufeii, 
als  schinicde,  seilcr,  becker,  lleischer,  schiister  und  der- 
gleicluMi.  i.iiH.NEvs  regierkunsl  (IG79)  2SS';  dasz  sich  die  lebr- 
liuben  der  handwerksleule  und  derogleirhen  junge  rollen 
mit  vil  lausenden  zusammen  gegeben.  A.  (iHVPHiis  Iti9s  1.312; 
denen  handwerksleuten  und  ihren  weiberii  und  töcblerii  las- 
sen wir  zu,  dasz  sie  sich  mögen  in  schainlolb,  saiieniscbke, 
parrican ,  sarge  und  andere  am  werlh  diesen  gleiche  und 
geringere  zeuge  kleiden,  d.  st.  Leipzig  ordn.  (I70|)  462;  unter 
den  handwerksleuten  galt  er  für  ein  licht  der  gelebrsamkeil. 
Riehl  cullurgesch.  nov.  311; 

ein  ^tsellciischilT  fen  vetr  dohfir, 
das  ist  von  bantwerk. litten  nchwftr. 

BnAfiT  narrpHsch.  48,  2; 
bnndwcrkileiitn  bnbeo  iiinften.  hnlien  Ordnung  und  geselle. 
du«z  nich  niemand  in  ihr  mittel,  ihr  gewerb  tu  treiben  yeite. 

I.ooAli  3,  22\  f>0 
{vergl.  die  gnnte  »teile  «n/er  hnndweriiiislOrk). 

HAMiUKIlKSf,IEI>,  fi.  lied,  wie  es  im  scJmze  eines  grwerkes 
entslanilin  nl.  Schade  gab  ISGS  eine  Sammlung:  deutsche  liand- 
werksl ieder  heraus. 

HANDWKIIKSMANN,    m.  hnndteerker :   der  hanlwerchsnian. 

wo    er    nil      Io-IIIIL-    Ih'I    (imA/v    rrikmißi)       Wilir     !■     \,/i,; um /.,/.,) 


429 


HANDWERKSMÄSZIG 


HAxNDWLRZEL 


430 


107 ;  liantwerknian  ,  hantwerker ,  mechanicus,  opifex  loc.  iiu: 
theul.  il*;  arllicher  und  künstlicher  liandwerksmanu  mecha- 
lücus  Maai-ER  212";  kein  handwerksinan  einiges  bandwerks 
sol  mehr  in  dir  erfunden  werden,  offeiib.  1S,22;  neulich  sah 
ich  einen  handwerksniann  mit  seiner  frauen  bereits  um  4 
uhr  des  morgens  in  seiner  werkstätte  an  der  arbeit.  Müser 
palr.  pluint.  1  (179S)  s.  73 ;  dreimal  so  viel  erbettelt  hatte,  als  der 
lleiszigste  handwerksmann  in  einem  tage  verdienen  kann.  75. 

HANÜWEUKS.MÄSZIG,  aJj.  u.  adv.:  ich  habe  die  rechts- 
gelehrsamkeit  niemals  anders  als  handwerksmäszig  gelernt. 
Uabener  3,143;  ein  grober,  handvverksmäsziger  ausdruck  des 
Vulkan.  J.  Paul  herbslblum.  3,  75. 

HA.NDWEUKSMEISTEH,  m.  l)  vieisler  einer  zunfl:  dieweil 
..  viel  Unruhe,  Widerwillen,  nachtheil  und  schaden  ..  zwi- 
schen derselben  {der  zunß)  handwerksraeistern  und  andern 
..  entstanden  sind,  reform,  guter  poUzey,  Augsb.  1551,37  §4; 
handwerksmeister,  arlifex  alicujiis  negotii  Maaler  212'. 

2)  auch  Vorsitzender  vieister  einer  zunß,  handwerksdUester 
(Adelung). 

HA.NDWERKSMISBRAUCH,  vi. :  was  wegen  abstellung  derer 
handwerksmiszbräuche  . .  auf  dem  reichslage  zu  Regensburg 
vorgestellet  und  geschlossen  wüiden.  A.  Fabri  europ.  slaats- 
canzlei  49  (1727)  «.  553;  der  berühmte  reicbsabschied,  wel- 
cher die  handwerksmiszbräuche  heben  sollte.  Moser  palr. 
phant.  1  (179S)  s  31. 

H.\ND\VERKS.NEID,  m. :  man  mache  nicht  den  handwerks- 
fleid  unter  diesen  leuten  rege  I  man  zieh«,  bei  gleichen  um- 
ständen, den  handwerksmann ,  der  unser  nachbar  ist ,  dem 
entfernter  wohnenden  vor!  Knigge  umg.  m.  menschen  3,  149 
(1S30  s.  139);  zuletzt  ling  man  an  zu  erzählen,  es  entstehe 
eine  art  von  handwerksneid  zwischen  ihm  und  einigen  schau- 
spielern, die  sich  auch  einbildeten,  Schriftsteller  zu  sein. 
GüTHE  18,  293; 

hier  bleibt  ^enug  pceteti  einzuweihen, 
zu  stiften  gild-  und  handwerksneid.    41,  245; 
doch  lerne  sei  die  eitelkeit, 
dasz  ich,  aus  kleinem  huudwcrksueid, 
der  mitgeselleu  [ton  dichtem  gesagt)  kränz  zerrisse. 
GoTiER  1,  454. 

HANDWERKSORDNUNG,  f.:  handwerksordnungen  slalida 
opißcum  Stieler  139S ; 

mein  stündlein  kömmt,  dasz  ich  {der  schuhknecht)  fort  in  die  weit 

nach  handwerksordnungen  wandre, 

und  drauf  als  redlicher  mann  für  mein  geld 

hier  meister  werde,  wie  andre.    Voss  musenalm.  v.  179»,  s.  199. 

HAND  WERKSPFLICHT,  f.: 

die  handwerkspflicht  ruft  uns  auf  straszen, 
packt  eure  bündel  fest  und  gut! 

ScuADJä  handwerksliedej'  125. 
HANDVVERKSRECENSENT,    m.:    so    leicht    unsre   hand- 
werksrecensenten  es  halten.  Herder  1,  214. 

HA.NDVVERbSHECHT,  n.  recht  was  in  äner  zunfl  gilt,  rechte 
und  pflidden  der  innungsmitglieder :  wollt  ihr  gesellen,  dasz 
der  lehrjunge  euch  lehre,  was  handwerksrecht  ist.  Riehl 
cuUurgescIt.  nov.  439; 

Pica  nam  ihr  einen  gärber;  selten  gärbt  er  oder  nie, 
trieb  vielmehr  als  wie  ein  bütner  stäb  und  priigel  über  sie. 
sie  besprach  das  mittel  drum,    dasz  er  handwerksrecht  nicht 

hielte, 
dasz  er  gärber  sehe  sein,  aber  als  ein  bütner  gilte. 
LoGAU  2,  125,  30. 
HANDWERKSREDLICHKEIT,  f  nennen  die  handwerker  unter 
sich  selbst  eine  solche  zunfl,  an  welcher  sie  nichts  zu  beviängeln 
haben  und  die  sich  den  handwerksregeln  gemäsz  verhält.  Jacobs- 
so» 6,  3l'. 

HANDWERKSSACHE,  /.  eine  Innung  betreffende  angelegen- 
hcU:  handwerkssachen  gehören  vor  den  rath.  Pistoriüs  Ihcs. 
par.  9,  9;  handwerkssachen,  die  selbst  der  kreis  nicht  zwingen 
kann,  und  die  durchaus  von  dem  gesammten  reiche  verbes- 
sert werden  müssen.  Moser  palr.  phanl.  l  (1798)  s.  210. 

HANDWERKSSCHREIBER,  »n.  schreiber  einer  innung:  vom 
handwerksschreiher  wurde  er  (der  neue  geselle)  sogleich  ein- 
geschrieben ,.  und  es  ward  ihm  dann  bald  darauf  sein 
lehrbrief  zugestellt,  ueim.  jahrV.  4,  258. 

HANDWERKSSIEGEL,  n.  siegel  einer  innung;  sigilhnn  opi- 
fieum  Stieleb  2019. 

HANDVVERKSSOHN,  m.  söhn  der  innerhalb  der  zunfl  steht, 
meislerssohn :  obangercgten  articul  der  policeiordnung,  von 
handwerkssöhnen,  gesellen,  knechten  und  lehrknaben  zu  er- 
tir^wcrn.  reicttslagsabsdt.  v.  Augsburg  lbb9  §76, 


IIÄNDWERKSSTAND,  «i.  stand  der  zu  einem  handuerke  ge- 
hörigen: personen  aus  dem  bürget-  und  handwerksstande, 
HANDWERhSSTÜCK,  n.: 

handwerkslcu'te  haben  zunften,  haben  Ordnung  und  gesetze. 
dasz  sich  niemand  in  ihr  mittel,  sein  gewerb  zu  treiben  setze, 
der  nicht  ehlich  ist  geboren,  ob  er  sonsten  gleich  ist  tüchtig; 
der  aucli  auszcr  seiner  ehe  nicht  gclcbet  allzurichtig, 
ob  gleich  busze  drauf  erlolgct;  welcher  einen  hund  erschlagen, 
obs  gleich  ungelehr  geschehen;  der  die  kosten  nicht  zu  tragen 
zum  gesäuf  und  zum  gefrasze;  der  nicht  meisterstücke  machet, 
macht  ihn  gleich  das  werk  zum  meister;  mehres  ist  daroh  man 

lachet, 
aber,   dasz  man  Wahrheit  meidet,   dasz  man  schindrisch  über- 
setzet, 
dasz  man  falsch  für  gut  gewehret,  dasz  man  trew  und  schwur 

versetzet : 
dieses  heist,  sich  klüglich  nähren.    lieber!  sind  es  handwcrks- 

stücke? 
sind  es  docli  nicht  chrisienwerke !  sehet  zu  wies  droben  glücke. 

LoüAU  3,  227,  5«. 
HANDWERKSTHÄTIGKEIT,  /..•  indessen  hatte  ich  durch 
meine  kenntnisse  und  handwerksthätigkeit  in  der  familic 
ziemlichen  einflusz  gewonnen,  wie  mein  vater  als  bolticher 
für  den  keller  gesorgt  hatte,  so  sorgte  ich  nun  für  dach 
und  fach,  und  verbesserte  manchen  schadhaften  theil  der 
alten  gebäude.  Güthe  21,  25;  es  könne  sich  niemand  ins 
leben  wagen,  als  wenn  er  es  im  nothfall  durch  handwerks- 
thätigkeit zu  fristen  verstehe.  23,  44. 

HA.NDWERKSTRIEB,  m. :  von  dem  geringsten  thierischen 
handwerkstriebe  bis  zur  höchsten  ausübung  der  geistigen 
kunst.  GöTME  20.  217. 

HANDWERKSUNFÄHIGKEIT,  f:  sie  stehen  beisammen, 
nehmen  autheil  an  einander,  lieben  sich,  und  das  ist  in  den 
steinen,  sogar  mit  einer  gewissen  handwerksunfähigkeit, 
allerliebst  ausgedrückt.  Göthe  27, 63. 

HANDWERKSVERWANDTER,  m.  einer  innung  angehörend: 
welcher  handwerksverw anter  den  geordneten  kerzenmeistern 
irer  gebotten  und  verholten  das  handwerk  belangend  unge- 
horsam were,  der  verfeit  zu  straf.  Mo.ve  zeitschr.  f.  gesch.  d. 
Oberrhäns  9,165  {von  1529). 

HANDWERKSVOLK,  n.  opißcum  numerus.  Stieler  2387; 
aber  das  arme  volk  und  das  ander  volk,  so  noch  übrig  war 
in  der  stad,  . .  und  das  übrige  handwerksvolk  füret  Nebur 
Adan  der  heubtman  gefangen  weg.  Jerem.  52, 15. 

HANDWERKSWAARE ,  f.  waare  die  von  den  gliedern  eines 
handwerks  gefertigt  wird.  Jacobsson  6,  3l'. 

HANDWERKSWEIB,  n.weib  aus  dem  handwerksstande :  hand- 
werksweiber ,  bürgerstöchter  sollen  die  nas  davon  lassen.. 
H.  L.  Wag.ner  kindermörderin  28. 

HANDWERKSWERK,  n.;  die  höhern  handwerks-  und 
kuTTstwerke.  Herder  l,  14. 

HANDWERKSZEUG,  n.  zur  ausübung  eines  handwerks  er- 
forderliches gerdthe:  diese  vier  {maurer  und  zimmerleute),  ihr 
handwerkszeug  sachte  niederlegend.  Göthe  23,  7.  auch  über- 
tragen: die  bücher,  das  handwerkszeug  eines  gelehrten. 

H.\NDVVERKSZUNFT,  f.  handwerksinnung :  handwerkszünfte 
sodaltlia  et  corpora  ojnßcum  seu  artißcum  curiae  Stieleh  2647. 

HANDWINDE,  /'.  kleine  winde,  womit  der  Zimmermann  zwei 
hülzer  die  er  zusammen  nageln  will,  aneinander  pressl.  Jacobs- 
SON  2,  209". 

HANDWIRKUNG,  f  x^ioovoyia :  das  dritt  buch  wird  eigent- 
lich, klar  und  heiter  alle  handwürkung,  auch  das  ampt  der 
hebammen  leeren.  J.  Rüff  trostbüchle  29*;  ist  er  {der  stein 
in  der  blase)  mit  einer  vvackhärtigkeit  {kieselharlen  Substanz) 
überzogen ,  so  kann  nichts  mehr  helfen ,  dann  die  hand- 
wirkung  mit  dem  schnitt.  Tabernaem.  563. 

HANDWÖRTERBUCH,  n.  kleineres,  bequem  zu  brauchendes 
Wörterbuch. 

H.\NDWURM,  Hl.,  surio,  cirillus  {vermis  quidam  qui  nascitur 
inier  cutem  et  carnem  in  fnanibus  oliusis).  voc.  ine.  Uieut.  i  l'. 
HANDWURZEL,  f.  der  zwischen  Vorderarm  und  miltcUiand 
{melacarpus)  liegende  theil  des  armes,  die  gegend  wo  man  den 
pulsschlag  fühlt.  Nemnich  2,  898 ;  handwurzel  carpus,  brachiale, 
jnnclura  manus  Stieler  751;  die  rechte  band  hält  das  plec- 
trum  fest  und  ragt  über  die  saiten  hin,  indessen  der  eilen- 
bogen anliegt  und  die  handwurzel  inwärts  gebeugt  ist.  Göthe 
44,  137 ;  wenn  er  die  dauinen  in  die  ärmelausschnitte  der 
weste  einkrempte,  machte  er  auch  mit  der  handwurzel  und 
mit  jedem  finger  einige  ecken.  Heine  werke  2.121;  weil  sie 
den  linienzug  bis  zur  handwurzel  verfolgen  wollte,  streifte 
sie  den  rockärmel  . .  ein  wenig  zurück.  Riehl  cuHurgesch. 
nov.  360. 


431 


HANDZEICHEN— HANF 


HANF 


432 


HANDZEICHEN,  n.  l)  diirograplium :  diesen  reversbrief  mit 
gemeioer  Stadt  secret  besiegelt  und  unserm  handzeichea  be- 
festigt. Haltaus  SI5  (von  1602) ;  ich  hab  . .  sckrirt  und  kand- 
zeichen  empfungea.  Luther  br.  4, 532.  heule  ist  das  hand- 
zeichen  der  namensuntcrschiift  streng  eulgegengeselzt ;  ein  iiand- 
zeicheD,  gewöhnlich  drei  kreuze,  setzen  ktUe  die  nicht  schreiben 
können,  an  stelle  iJires  namens  unter  eine  Urkunde. 

2)  bandzeiclien  heiszl  auch  dir  vom  kaiser  gesendete  luind- 
scltuh,  der  als  Unterpfand  der  kuiierliclien  gewahrung  gilt  {vergl. 
handscliub  sp.  417):  Ja,  dasz  solches  des  reichs  wille  sei, 
sol  der  keiser  sein  recht  bandzeichen  dessen  zu  iirkuud  auf 
die  statt  darsenden.  Haltaus  815. 

HANDZEICHNEN,  n.  das  zeichnen  aus  freier  hand. 

HANDZEICHNUNG,  f.:  von  der  vortreflichkeit  der  hand- 
zeichnungen.  Lessing  II,  134;  zu  meinen  bandzeichnungeii 
{ged{chle).  Göthe  3,137;  hierauf  brachte  er  eine  flüchtige  hand- 
zeicbnung  mit  bleistift  zu  papiere.  Immkhmann  Münclih.  2,  54. 

HANDZEUG,  n.  uerkzeug:  leicht  ist  die  schreihfedder,  das 
ist  war,  ist  auch  kein  bandzeug  under  allen  handwerken 
bas  zu  erzeugen.  Lctheh  5,  183';  denn  sein  handzeug  ist 
nicht  ein  rosenkranz,  sondern  ein  blos  schwert.  3,144'; 
1  wagen  zu  dem  handzeug.  Bückler  fenegMc/i«te  (l6CS)  s.  273. 

HANDZIPPERLELN,  n.  cinragra:  cluragra  hendzipperla  Dief. 
12l';  das  (gliedweh)  an  den  bänden  wird  das  handzipperle 
. .  genannt.  Comen.  sprachenthär  v.  Doceiäius  §  309. 

HANDZIKKEL,  »».  kleiner  einfacher  zirkel,  dem  reiszzirkel 
entgegengesetzt ;  bei  den  schi/fszimmerleuten  ein  eiserner  zirliel,  der 
an  der  spiize  jedes  fuszes  einen  Widerhaken  hol.  Jacobsson  2,  20;t'; 
beim  stückgieszen :  einen  eingebogenen  groszen  handzirkel  vun 
mössing  oder  eisen,  so  man  einen  taster  nennet,  damit  man 
den  diameter  der  kugeln  . .  abmessen  kann.  Böckler  krieys- 
schule  (166S)  s.  182. 

HANDZÜNDER,  «».  stab  mit  lunte  zum  losbrenwn  der  kano- 
nen.  Eggers  kriegslex.  (1757)  l,  1150. 

HANDZWEHLE,  f  \)handtuch.  ahd.  hantdwahila,  handdualla, 
baodwehel  Graff  5,  268 ;  mlui.  hanttwehele,  bantwei ;  gausa- 
pium  hantzwehel,  hantzwechel,  hantwci,  hantdwele  Dief.  258' ; 
manutergium  hantdueie,  hantweule,  hantzweile,  bantzwahel 
348',  mappa  banttwel,  hantzwehel  348';  mantile ,  ein  haiidl- 
zwehel  Serranus  dict.  ol';  mantik,  iiandzwehel,  servettin,  hand- 
tuch  GoLii  onomasl.  1582  319;  eines  tages  die  weiszen  han- 
tweheln  an  dj  fenster  leget.  Stei.mi üwel  fiocc.  193,33;  bände 
ym  ein  bandtzwebel  under  die  beide  arm.  Gersüork  feldb.  d. 
wundarzn.  54;  aber  es  gilt  hie  fragens,  nach  diesem  dritten 
'Stück,  ob  es  gult  also  gehciszen  und  geordnet  habe,  das 
du  sollest  greifen  an  einem  stiel  am  heil  oder  axt,  oder 
handzwebel ,  das  alsdenn  die  kuhe  müsse  milch  geben. 
Luther  6,  2St';  wer  dem  andern  zuerst  die  bend  under  dj 
bäulein  (am  handfasse,  zum  wasclien  der  bände  vor  tische)  stosz, 
die  handzwebl  halt.  Garg.  45';  dann  er  trug  es  (ein  giirtel)  auf 
die  bandzwelen  art,  wie  es  die  türken  tragen.  117';  der  fürst 
aus  Caramania  bat  ihm  die  bandtzweelen  gereicht.  Fronsp. 
3,294';  sy  nain  eilentz  ein  bandzwehlen,  wand  die  uinb  den 
köpf.  WiCRRAM  rullw.  76,17  Kurz;  risz  er  ir  die  handzwehcl 
vom  köpf.  77,  7;  hierauf  verbanden  sie  mir  den  köpf  mit  einer 
bandzweil.  Simpl.  l,  128  Kurz;  legt  die  handzwelle  um  (zum 
rasieren).  Hebel  schwanke  des  rhein.  hausfreundes  (lS39)  2,48; 

mit  handlzweheln  in  backdroi;  buiideii. 

H.  Sachs  3,  3,  75'. 

auf  dem  Vogelsberge  ist  die  volksmaszige  form  hanspel ;  vergl. 
auch  handqueble  ip.  4tl.  Maaler  hat  das  dim.  das  baiid- 
zwäbele  manliU  212*. 

2)  mit  bandzweble  wird  auch  ein  lliril  der  prieslerlichen  klei- 
dung  bezeichnet:  manipula  banlfan ,  handstull ,  hantzwehel 
Dier.  347*;  manipeln  oder  heilige  bandzwelen  und  chorrock. 
Fisch  ART  btenk.  20*. 

HANEN,  verb.  wie  ein  esel  schreien.  Nemkich;  banen,  dj  ist 
schreien  wie  ein  csel,  rudere  Maalf,r  212*. 

HANF,  cannahis.  ahd.  banaf,  banif,  haniif,  mhd.  huncf; 
n/.  bam|i,  heniiep;  «ji.  banep,  hilnep,  eng/,  henip;  a//n.  banpr, 
nhwed.  hampa,  diin.  hamp.  w  wird  jetzt  liemltch  allgemein  ange- 
nommen, dost  banf  ein  lehnwort  am  dem  grieck  lal.  xävt'nßti, 
cannabis  sei ,  welche  formen  selbst  nicht  auf  einheimischen  Ur- 
sprung deuten  und  mit  der  pßanie  aus  dem  Orient  eingewandert 
sein  mngen.  hat  nun  deulseiierseils  eine  enllehnung  .stattgefunden, 
so  muss  diese  sehr  früh  erfolgt  sein ,  da  das  wart  der  laniver- 
sdnebung  unlerworjen  ward  und  gleichmäsiig  über  alte  deuitchen 
ijial-n-  i-i VT   ■,'        tir  .shtrisrhrn :  altflar.  konopljr,  bohm. 


konop^,  poln.  konop ,    litt,  kanap^,   lell,  kanjepes)   verbreitet 
ist.  —  banf  liat  nur  selten  und  erst  neuerdings  einen  plural,  in 
der  bedeulung  hanfarten,  entwickelt :  der  frage  nach  feinen  hän- 
fen konnte  nicht  genügt  werden.   Weserzeitg.  1859. 
Das  wort  bedeutet 

1)  die  hanfpflanze,  cannabis  saliva ,  die  in  den  kurzen,  zar- 
tem, keinen  samen  tragenden  männlichen  banf,  und  den  hoher 
aufwachsenden  weihlichen  banf  mit  Samenkapseln  zerfallt,  das 
Volk  dreht  aber  dies  Verhältnis  um,  seiner  anscbauung  nach  ist 
vielmehr  der  kürzere  hanf  weihlich,  der  längere  männlich,  und  es 
nennt  den  erslern  fimniel  (3,1638),  hanfbinne,  hanfhenne, 
häntin,  den  letzteren  mäschel.  hanfbuhr,  banfhahn ,  bänlling. 
der  hanf  wird  gesäet,  gerauft,  gerostet,  gedarrt,  gebrecht, 
geschwungen,  gehechelt ;  über  alles,  was  mit  dem  hanf  vorge- 
nommen wird,  gibt  eine  drollige  Schilderung  Simpl.  2,  176 — 179 
kurz,  der  kurze  männliche  hanf  musz  eher  als  der  weibliche 
stengelu'cise  aus  den  hanßeeten  gezogen,  mit  dem  kunstausdrucke 
geflmmelt  werden:  hanirinilcn,  hunf  auszziehen.  Maaler  212'; 
dieses  ßmmeln  geschieht  mtl  einem  cigenlkümkchen ,  durch  dau- 
men  und  zeige fingei-  bewirkten  handgriffe,  auf  den  ein  mhd.  dicIUer 
anspielt : 

wil  sich  einer  in  dem  hanfe  iht  siimen, 
der  bed.arr  zer  rehien  hant  des  tiinien. 

Mü.  Ilaijen  2,  78',  1. 

zur  bewahrung  des  hanfackers  vor  vögeln,  die  den  samen  gieng 
vei zehren,  steht  daselbst  eine  Vogelscheuche,  der  bulze  (2,588): 
wan  man  hanf  segt,  so  steckt  man  einen  butzen  in  acker, 
den  macht  man  in  ein  gestall  eins  menschen,  und  ist  doch 
von  strow  oder  anderni  ding  gemacht,  wenn  denn  dye  vogel 
den  soinen  essen  went,  so  sehent  sye  den  hanfbulzen,  so 
tlihenl  sie  lerr  rfo  von.  Keisersberg  6»7j.  lüo';  daher:  lürch- 
lestu  dich  für  den  putzen  in  dem  hanf,  so  friszt  er  dich, 
füichleslu  dich  nicht,  so  thut  er  dir  nichts.  Luther  1,514'. 
der  gerauße  (geerntele)  hunf  wird  in  bündeln  (stauchen)  hii^  den 
Samenkapseln  nach  oben  zum  welken  auf  dem  ucker  aufgestellt, 
nicht  ohne  dasz  der  rachliche  same  die  vogel  anlockt,  bildlich  ist 
daher  von  einem,  der  sirlis  an  einem  orte  gefallen  laszl,  gesagt : 
er  sitzt  wie  der  vogel  im  hanfe,  oder  kurzer:  er  sitzt  im  hanfe 
(vgl.  auch  hanfsamc).  auch  noch  eine  andere  weit  verbreitete 
redensart  hat  von  hier  aus  ihren  Ursprung:  vögel  gehen  ojl  tief 
tn  die  hunfbündel ,  um  des  samens  habhaft  su  werden;  werden 
sie  plötzlich  aufgescheuclU,  so  bleiben  sie,  am  auffluge  geliemmt, 
darin  hangen:  datier  er  kann  sich  nicht  aus  dem  hanfe  lin- 
den ,  von  einem  der  aus  veitcickelter  läge  sich  nicht  heraus  zu 
finden  weisz :  du  lieber  gott.  wie  viel  mahl  musz  er  bei  lich- 
ter und  Schoppen  seine  drei  heller  init  dazu  gehen  {ein  wort 
drein  reden),  wenn  sie  sich  nicht  aus  dem  häufe  finden  kön- 
nen. Schock  sind.  leb.  Diij;  er  wusle  sich  nicht  aus  dem 
hanfe  zu  finden,  reime  dich  22;  ohne  das  franzosische  wird 
man  sich  schwerlich  aus  dem  hanfe  finden.  Lessing  7, 126. 
in  Üüringen  .tagt  man  auch  von  einem  der  schlaftrunken  noch 
kein  klares  bewusztscm  von  sich  hat:  er  kann  sich  nicht  aus 
dem  hanfe  fitzen. 

2)  die  aus  der  lianfpflanze  gewonnenen  fasern,  die  gesponnen 
und  zu  gewcben ,  stricken,  zwirn  verwandt  werden:  hanf,  die 
fasern  einer  einjährigen  pflanze ,  cannahis  saliva.  Schedel 
waarenlex.  1,497*;  aus  dein  hanfe  macht  man  tucb  ..  femer 
allerhand  seile,  stricke,  stränge,  leinen,  öcon.  lex.  923;  da 
hechelte  man  erstlich  den  gruben  kiider,  fulgends  den  spinn- 
hanf  und  zuletzt  den  schlechlen  hanf  von  mir  hinweg,  bisz 
ich  endlich  als  ein  zarter  haut'  und  feines  kaufniannsgul 
gelobt  und  zum  verkauf  zierlich  gestrichen ,  eingepackt  und 
in  einen  fenchlcn  keller  gelegt  ward,  dainil  ich  im  angriff 
desto  linder  und  am  gewicht  desto  schwerer  sein  solle. 
Simpl.  2,179.  spricliwörtltches :  wir  zwei  halten  jetzt  immer 
zusammen  wie  banf  und  harz.  Felder  Summamüllers  230; 
ich  danke  dir,  Schwester !  du  iaiinsl  mehr  als  haut  spin- 
nen ;  du  hast  einen  faden  gedreht ,  diesen  paradiesvogel  zu 
fesseln.  Gothe  8, 44.  bezuiiltrh  des  aus  hanf  gedrelUen  tum 
henken  dienenden  stricks  heisit  es  sciteizeiid:  iler  hanf  isl  dies 
Jahr  wohl  geialhen,  dasz  ein  strick  zum  henken  nicht  viel 
kostet.  Hehel  schatikäsU.  (1850)  s.  161 ; 

das  mmi  sie  Iffitt  Türm  hellen  hunfh 
am  Kruneii  bntini  im  liHiit  i^maurii. 

ü.  i(iM.nAi.t<  /.  wahrh.  48, 

rheinisch  am  hanf  sterben,  im  hanf  verstricken.  Kehrfi.'«  l'i.s; 
miincher  ictiad  int  nicht  lu  heilen  ilurcli  die  krtiiier  aller  well; 
banf  hat  viel  veriweireli  liokvi  gut  gmiachi  und  abgeilelli. 

LocAU  2,  191.  78. 


433 


HAKFACKER — HAXFEN 


HÄNFEN— HANFLEINWAND 


434 


3)  der  same  der  hanfpfianze:  den  hanf  fressen  die  vögel, 
cannabim  ares  edunt  Stei.nbach  1,  694 ;  da  diesen  h.  geistes- 
tauben {den  schultndnnern)  und  den  poetischen  Singvögeln 
(den  dicldem)  wenig  hanf  auf  die  hanfmühle  aufgeschüttet 
wird  {d.  h.  sie  schlecht  honoriert  werden).  J.  Paol  biogr.  bei.  1, 144. 

4)  verschiedene  hanfähnliche  pflanzen  führen  ebenfalls  den 
namen  hanf:  acnida  der  virginische  hanf  >'eji;«ich  1,49;  ga- 
leopsis  letrahil  wilder  hanf  3,  14 ;  ieucrium  chatnaepitys  wilder 
hanf  4. 1449 ;  canapus  silcalicus  wilde  hanf  Dief.  94*. 

HANFACKER,  ct.:  das  merkten  wir  gleich,  dasz  es  ein 
trefflicher,  fruchtbarer  erdboden  sein  müste,  weil  alles  vor 
uns  gleichsam  so  dick  wie  ein  hanfacker  mit  haschen  und 
bäumen  bewachsen  war.  Simpl.  2, 222  Kurz. 

HANFAGE.N,  f.  spreu  die  durch  das  breclien,  schwingen  und 
hecheln  des  hanfes  entfällt,  öcon.  lex.  924. 

HANFBAHR,  m.  der  vom  roUie  als  männlich  aufyefaszie, 
eigentlich  aber  weibliche  hanf  (s.  sp.  432) :  in  der  mark  Branden- 
burg heiszt  der  erste  (der  saathanf)  hanfhahn  oder  hanfljahr. 
Jacobssos  2,  209*.  bahr  ist  nichts  als  das  sonst  unter  der  form 
bär,  beier,  behr,  ber  (1,1124.  1368.  14S5)  vorkommende  mhd. 
ber,  engl,  boar  e6er,  hier  zur  bezödmung  einer  männlidten 
pflanze  verwendet, 

HANFBAU,  CT.;  der  hanfbau  ist  fünfzig  jähr  in  hiesigen 
gegenden  alt,  und  gleichwohl  jetzt  schon  überall,  wo  es  nur 
möglich  ist,  gemein.  Mösta  patr.  phant.  1  (1798)  221. 

HANFBAUER.  m.  der  hanf  baut. 

HANFBEET.  n.  beet  worauf  hanf  sUht. 

HANFBEREITER,  m.  der  aus  den  hanfstengeln  die  hanffasern 
zu  gewerbliclien  zwecken  bereitet:  darauf  wurden  wir  {hanf- 
stengel\  von  unseren  bauren  einem  hänfer  oder  hanfbereiter 
um  den  sechsten  gewinn  verkauft.  Simpl*  2, 178  Kurz. 

HANFBIN.NE,  f  der  kleine,  nicht  samen  tragende,  vom  volke 
als  weiblich  genommene  hanf,  in  der  mark  Brandenburg.  Jacobs- 
sox  2,  209*.  die  form  ist  nur  eine  verhoehdeulschung  des  niederd. 
hämpinne,  vgl.  hänfin. 

HANFBIR.NE,  f.  eine  birnenart,  pirutn  canabimtm.  Stieles  167. 

H.\NFBLEUEL,  m.  schlaget  womit  der  hanf  geklopft  wird: 
hanfplüwel  stuparius,  malleus  Maaler  212*. 

HANFBOSZE,  m.  und  f  hanßündel,  vgl.  flachsbosze:  der 
hanfboszen ,  hanfburdinen  manipulus  canabeus  Maaler  212' ; 
als  er  {ein  seiler)  mich  anstelt,  kond  ich  kum  den  hanfposzen 
ulThenkea  und  vast  wenig  träien.  Th.  Platter  {Basel  1S40)  s.  52. 

HANFBRECHE,  f.  hölzernes  gerate  zum  brechen  des  hanfes. 

HANFBÜNDEL,  n.  bündel  hanfes. 

HANFBCSCHEL,  n.  dasselbe. 

HANFBCTZE,  m.  Vogelscheuche  die  in  den  hanfacker  gestellt 
wird  (s.  hanf  1  5p.  432):  walgert  sich  allenthalben  in  den 
federn,  dasz  er  sähe  wie  ein  hanfbutz.  Fbey  jar/eng.  3 ;  hand- 
ien von  dem  tod  so  gar  schimpDich,  als  were  der  tod  nichts 
mehr  denn  ein  hanfpotzen.  Lltheb  6,  249'.  bildlich :  dz  sind 
die  hanfbutzen ,  die  die  andern  machen  ab  dem  weg  gottes 
fliehen,  so  sye  inen  das  gut  exempel  entziehen.  Keisersbebg 
bilg.  160*;  es  ist,  gott  lob  und  dank,  des  hanfpotzens  zu 
Rom  furcht  und  scheu  ein  mal  weniger  worden.  Luther 
1,501*;  aber  sind  der  zeit,  das  solche  Irenei  und  Hieronymi 
nicht  mehr  gewest .  hat  der  teufel  seinen  rattenkünig  und 
hanfputzen  so  hoch  erhöhet.  6,493*;  so  wolle  ich  mich  für 
solchen  hanfputzen  nicht  fürchten,  br.  5.  54. 

HANFDARRE,  f.  gebäude  zum  dörren  des  hanfes.  vcon.  lex. 
692.    in  Würlemberg  heiszt  es  auch  hanfdürrhaus. 

HANFEIBISCH,  m.  althea  cannabina.  Neümch  1,206. 

HÄNFEN,  HÄNFEN,  adj.  aus  hanf  gemadd ,  ahd.  hanafln, 
mhd.  hänfin,  henfln ;  canapeius  hänfen  Dief.  94';  henfin  ca- 
nabeus  voc.  ine.  Iheut.  i  i ;  hänfin  seil ,  aus  hanf  gemacht, 
torta  eannabis ,  funis  eunnabinus  .Maaler  205*;  sein  junges 
weih  aber  spanne  hänfen  tratgarn.  &mp/.  3,  402  Kurz;  hänfne 
feuereimer,  lianfne  schlauche.  Jacobsso.v  6,  32';  und  gekürzt: 
canabinus  henfe  Dief.  94';  streich  es  {das  eidotter)  auf  eine 
reisten  hanfes  werke,  und  legs  auf  die  mandtln.  Houberg 
1,275'; 

pflag  den  leuten  die  schuhe  zu  flicken, 
mit  holz  und  benfen  drat  zu  sticken. 

B.  Walbis  Esop  4,  82,  22; 
Tor  solchen  (Sirenen)  krümmte  sich  UIjsz  in  hänfnen  banden. 

GÖTHX  il,  121. 
hänfene  kleider,  ein  zeictun  der  armul: 

si  (die  bnuern)  truegen  auch  .  . 
ain  kittl  haiileiu 

und  ein  joppen  leineiri.    fastn.  sp.  440,  11; 
IV.  II. 


es  {da^  rollsaufen)  macht  täsch,  Speicher,  keller  lehr  .  . 

gibt  häiilin  kleider,  böse  schuh, 

Verachtung  und  viel  spoll  dazu.    Risüwaijj  /.  louAr/i.  70. 

zaltlreidi  ist  die  anwendung  des  adjectivs  in  fügungen ,  die  den 
strick  zum  henken  scherzhaft  umsciireiben :  mit  einem  hänüueii 
kragen  zieren  und  an  ihre  allerbeste  halse  anhängen  lassen. 
Simpl.  1,407  Kurz;  musten  darum  das  panem  propler  deuiii 
singen,  wollen  sie  entweder  weiters  fortkommen,  und  die 
händne  kragen  vermeiden,  wiszbud.  wisenbr.  34;  an  einer 
hänfinen  holzbirn  erworgen,  laqiteo  cannabino  suffocari  Stieleb 
759  (vergL  unten  hängelbeere) ;  hantln  halsband  bekommen, 
strangulari  cannabe  torta  das. ;  daher  kompts  dasz  . .  man  . . 
ihnen  mit  der  truinmel  zu  einer  recht  häffnen  (/.  hänfnen) 
bratwurst  zu  gast  rufet.  Simpl.  1685  1,  225 ;  als  ihm  dieser 
[der  henker)  das  hänfene  halsband  hatte  angelegt.  Hebel 
schatzkdsll.  (1859)  s.  209 ; 

auch  so  Ist  mir  ein  bruder  gstorben, 

an  diser  hänfen  sucht  verdorben.    H.  Sachs  5,  3öl'; 

das  ich  drab  auf  eim  beafea  pferdt.    3,  3,  29*; 

thu  auf  eim  hänfen  ross  herreiten.  5,35t*; 
durch  ein  hänfenes  fenster  sehen,  gehenkt  werden :  den  fein- 
den heimlich  nachsteilen  kan  nicht  fehlen ,  es  sehe  dann 
einer  durch  ein  hänfen  fenster  und  besteck  drinnen.  Fischart 
groszm.  56;  etliche  beiszen  sich  auch,  wenus  von  ihnen  aus- 
kompt,  mit  den  achseln  durch  ein  hänfen  fenster.  Kirchhof 
miL  diso.  121 ;  dann  es  geschiehet  nicht  wenig,  dasz  der  je- 
nige, der  gankerle  gank  spielen  und  durch  das  heufene 
fenster  sehen  soll ,  macht  ein  amor  mit  herrn  Johann  des 
oberrichters  magd  {und  kommt  dadurdi  vom  strick  frei).  Schl'P- 
pics  531 ; 

hoch  in  der  luft  ins  ewig  Hecht 

gar  schlimm  durchs  hänfen  fenster  sieht. 

B.  RiSGWAU)  l.  tcahrh.  S7. 

HÄNFER,  «1.;  einem  hänfer  oder  hanfbereiter.  Simpl.  2, 
178  A'urs;  mein  gewesener  herr,  der  hänfer.  180. 

HANFERZ.  n.  asbest. 

HANFFASFR,  /■.  faser  des  hanfes. 

HANFFELD,  n.:  an  der  Oise  finden  sich  viele  hanffelder. 
arbeiterfreund  1S68  s.  133. 

HANFFINKE,  m.  fringilla  cannabina,  h/Jnfling:  canapeus 
hanfvink  Dief.  94*;  flachsfing,  leinfing,  hänfefing,  steckfing 
linaria  He.msch  1096. 

HANFFLUCHET,  m.  oder  n.  hanfernte:  ilem  inn  der  ern, 
und  iine  houwet,  und  im  hanffiuchet,  so  mag  einer  wol  über 
ein  leren  acker  varen.  weisth.  l,  419. 

HANFGARN,  n.  aus  hanf  gesponnenes.  Jacobssojj  2,  210*. 

HANFGARTEN,  m.  canibetum,  locus  ubi  crescit  canabis.  voc. 
ine.  theut.  i  1. 

HANFGEBUTZT,  par(.  von  dem  aussehen  eines  hanßidzen 
(sp.  433) :  gleich  wie  solche  hanfgebutzle  apoteckergeschirr 
und  weinbüchsen  von  auszen  häszlich  und  gresziich  uber- 
ausz  scheinen,  und  doch  zu  innerst  mit  herrlichem  schleck 
und  confect  seind  geschicket  und  gespicket.  Garg.  19*. 

HANFGERUCH,  m.:  hat  derselbe  (hanf)  jedoch  den  natür- 
lichen starken  hanfgeruch ,  so  ist  es  ein  beweis  . .  dasz  er 
frisch  und  nicht  abgelegen  und  nur  ein  jähr  alt  ist.  Schedel 
waarenlex.  l,  498*. 

HANFHAHN,  m.  die  vom  volke  als  mdnnlidi  angeseltene, 
samen  tragende  hanfpflanze. 

HANFHEDE,  f.  der  grobe  vertcorrene  abfall  von  hanf,  welcher 
beim  liecheln  desselben  an  der  hechel  hangen  bleibt,  hanfwerg. 
Schedel  waarenlex.  1,  503*. 

HANFHEN.NE,  f.  die  nicht  samen  tragende,  kleinere  hanfpflanze. 

HÄNFIN,  f  eben  dasselbe. 

HANFKORN,  n.  Samenkorn  des  hanfes:  wer  alltäglich  drei 
oder  vier  hanfkörner  nüchtern  verschluckt,  soll  für  der  pest 
sicher  und  bewahrt  sein.  öcon.  lex.  924. 

H.\NFKRAL*T,  n.  l)  kraut,  blätter  der  hanfpflanze:  so  sie- 
den auch  die  fischer  das  hanfkraut  im  wasser,  und  gieszen 
nachher  das  gesottene  wasser  an  die  örter,  wo  die  regen- 
würraer  sich  aufhalten ,  die  dadurch  aus  der  erde  henor 
kriechen  und  alsdenn  zur  fischerei  gebrauchet  werden  können, 
öcon.  lex.  924. 

2)  hanfkraut,  antirrhinum  linaria.  Nehnich  1,359;  hanfkraut 
cannabina,  wasserhanfkraut  cannabina  aqualica   Frisch  1,413*. 

HANFLAND ,  n.  land  worauf  hanf  gebaut  werden  kann  oder 
gebaut  wird,  cannahclum.  Kirsch  cornuc. 

HANFLEINWAND ,  f.  aus  Itänfenem  garn  bereitete  leinwand. 
Jacobsso:i  2,  210*. 

28 


435 


HAINi-LiG  —  liA.MZ\\  UL\ 


'HANG 


436 


HÄ^FLiG,  i.  liämpflig  und  handvollig. 

HÄNFLING,  «1.  1)  fringilla  cannabina,  auch  hänfciiing,  in 
Baierii  henfel,  iiäiitclein,  ferner  Lanffinke,  hanfvogel  genannt: 
ranapeus  hanfeling,  henOing,  henflig,  henillein.  Dikf.  94'; 
belangend  den  hänfling,  so  ist  derselbe  von  färbe  grau- 
sprenglicbt ,  eines  schönen  gesanges ,  ist  mit  der  flöte  zu 
allerband  liedern  zu  gewübnen.  Göchhausen  nol.  venator. 
(1741)  5.  116; 

der  Strauch  der  heimat,  welcher  des  hauflings  ncüt 
mit  kühlung  deckte.    Mattuison  ged.  (17t)4)  s.  97; 

lieblicher  preifst  du  im  ernst  als  hänriinge.    Voss  Idyll.  17,  1. 

» 

2)  bänfling,  wie  banfhabn,  der  samen  tragende  hanf,  Nehnicu. 

HANFMANN,  n.  eine  sclimarolzerpfjanze ,  orobaiivhc  major, 
auch  banfmannchen.  Nehnicu  4,  796. 

HANFMEISE,  f.  eine  «imenar/,  parus  palustris. 

HANFMCHLE,  f.  mühle  zum  quetschen  des  hanfsamens.  Jacobs- 
soN  2,  210".  J.  Padl  biogr.  belusl.  1, 144. 

HANFNESSEL,  f.  galeopsis:  gelbe  hanfnessel  galeapsts  ga- 
Icobdolon,  rolbe  banfnessel  gakopsis  ladanum  Nemnich  3,  14. 

HANFÖL,  n.  aus  hanf  samen  gezogenes  öl. 

HANFl'APIER,  «.  aus  hanffasern  gefertigt,  jetzt  häußg  für 
das  papiergeld  verwendet. 

HANFPAPPEL,  f.  die  wilde  malve,  malva  sylvestris. 

HANFRÄZE,  f.  pfuhl  in  den  die  hanfstengel  zum  räsz  wer- 
den, anfaulen  gelegt  werden:  darauf  hätte  das  mannlein  ge- 
beten, er  solle  ihm  nur  erlauben,  in  seiner  banfräzen  zu 
schlafen.  Simpl.  1,47  Kurz;  auf  solche  verwilligung  hätte  sich 
das  mannlein  in  gegenwurt  des  bauren  in  die  banfräzen  be- 
geben ,  und  zwischen  das  binzecht  grasgewäcbs  im  wasser 
und  morast  hineingewühlet  wie  ein  frosch.  das.  Maaler  hol 
die  form  die  hanfrosz,.  darin  man  den  hanf  rötzt  und  ein- 
legt. 212'.     vgl.  auch  rösten. 

HANFSAAT ,  f. :  banfsaat  . .  kommt  in  menge  aus  allen 
gegendcn,  welche  hanf  anbauen,  zum  handeL  Scbedei  waarenlex. 
i,  504*. 

HANFSAME,  m.:  ein  bette  {beel)  mit  banfsomen  oder  mit 
loucbe  segen.  weisth.  4,  HS ;  in  dem  dorf  Goldscheur  . .  von 
welchem  ort  man  sagt,  dasz  der  beste  banfsamen  in  der 
weit  wachse.  Simpl.  2,176  Kurz;  da  auch  der  hanfsame  wel- 
cher dort  fällt,  ..  einen  hanf  liefert,  der  unendlich  feiner 
und  seidenhafter  verarbeitet  werden  kann  als  aller  übriger. 
Moser  patr.  phant.2  (1798)  126.  sprichwörtlich:  dann  bist  du 
geborgen  und  kannst  leben  wie  ein  vögelchen  im  banfsamen. 
J.  W.  Wolf  deutsche  mdrchen  u.  sagen  22. 

HANFSCHAÜER,  m.  obrigkeitlich  bestellter  sachverständiger  zur 
prüfung  des  zum  verkaufe  ausyebotenen  hanfes.  Simpl.  2, 180  Kurz. 

HANFSCHWINGE,  /.  gerät  zum  sdiwingen  des  hanfes.  mhd. 
hanifswinge: 

langet  swert  alsam  ein  hanifswinge, 
daj  treit  er  allej  umbe.     Keiduart  59,  10. 

HANFSEIL,  n.  funis  cannabinus,  tomex.  Kirsch  cornuc. 

HANFSPINNERIN,  f.  Stikler  2091. 

HANFSTAUCHE,  f.  hanfbündel. 

HANFSTENGEL,  m.  scapus  cannabaceus:  hanfslängel  Stie- 
ler 2134;  einen  hohen  stolzen  hanfstengel.  Simpl.  2,  \1V,  Kurz. 

HANFSTRICK,  m.  aus  hanf  verfertigter  strick:  schuhe  von 
geflochtenen  hanfstricken.  Reckers  weltgesch.  7, 54. 

HA.NFSIJPPE,  f.  suppe  aus  hanfkörnern:  hanifsuppcn  :  6  pfd. 
banif,  3  masz  wein,  l  semel,  öpfel  darein  gestoszen,  es/ig, 
ein  wenig  gilbt.  Tegernseer  kochbüchl.,  Geim.  9,  2u2.  bildlich 
hanfsuppe  essen  sich  erhangen : 

•ie  fand  ihn  an  eim  kübRtrick  hangen, 
hanrsuppen  eitsn  war  :iein  vcrlaoL'en. 

KoBNER  Itiitur.  vuUu.t.  255  [von  1583). 

HANFTUCH,  n.  hanfleinwand.  Schedei.  waar'enlex.  1,  5ü3'. 

HANFVOGEL,  m.  h'infting:  hanfvogel  oder  heufling  cono- 
beus,  est  nomen  avis.  vuc.  ine.  theut.  i  1. 

HA.NFWASSER,  n.  von  hanf  destiUtertes  wasser.  Frisch  1,413*. 

HANFWEIDF;,  /.  Salix  vimimiUs,  auch  korbweide.,  lange  haar- 
weide ,  groize  flachtweide ,  wegen  ilirer  langen  biegsamen  geilen. 
Nkmmcii  4,1203. 

HANFWEHG,  -WERK,  n.  das  beim  hecheln  des  Hanfes  ent- 
faller,'.- ' -tnrr,  hanfhede :   darnach  niinb  ein  hanfw<'rk. 

StTi  .72;  hanfwerg  Jacobsson  ti,  32*. 

Ha  -  .  l.H,  m.  eine  dem  hanfe  nachllieUige  sclimnmt-r,- 
pflanxe,  orobanclie  major.  Nümmicu  4,  7U0. 

UANF'ZWIRN,  m.  aus  hanf  gedrditer  zwirn. 


HANG,  m.  in  mehrfachem  sinne. 

1)  abiiolut  gcbraucld,  das  hangen,  angefuingt  sein  bezeichnend, 
im  späten  mhd.  durch  Wolkensteins  sein  (Christi)  kreutzlich 
liangk  wb.  1,  611*,  gewährt,  ist  selten  und  wird  von  Stieler  auf 
eng  verbundene  personen  bezogen:  es  ist  alles  ein  bang,  omnes 
iii  unum  conspirant ,  mirifice  uniti  sunt.  760;  daher  noch  bei 
Gotter:  ich  weisz  nfcht,  ob  ibr  mehr  gehört  habt,  wie 
Vetter  Adrian  zu  seiner  frau  gekommen  ist.  es  war  so  ein 
aller  hang,  scliausp.  (l795)  s.  222.  —  Bei  Schriftstellern  des  17. 
jahrh.  gelU  bang  in  der  redensarl  es  bat  einen  hang  in  die  he- 
dcutung  des  hindernisses  über,  eine  redensaii  die  gleich  mü  es  liat 
einen  haken  (sp.  179),  oder  es  haftet  (sj).  135)  gebraucht  wirdf 
daran  bat  es  einen  hang,  das  der  Schönheit  (deines  leibes) 
deine  sitteu  gar  nicht  gleichen.  Butscuky  kanzl.  477 ; 

zwar  viel  vergaiTen  sich  in  die  galanterie  .  . . 
jedoch  worern  dabei  das  beste  stücke  fehlt, 
wenn  sich  galanterie  mit  tugend  niclit  vermählt, 
da  hat  es  einen  hang,  und  wer  sich  so  vergebt, 
den  macht  die  jungefrau  in  kurzer  zeit  labet. 

PaiLAND£R  V.  o.  LiNDK  verm.  ged.  (1710)  s.  b3. 

2)  häufiger  wird  hang  mü   bestimmendem  zusatze  verwendet. 
o)  aucli  liier  kann,    nach  der  wähl  des  Zusatzes,  die  bedeutung 

des  ruhigen  hangens  gewahrt  bleiben:  docli  dieser  senkrechte 
hang  der  arme,  dieser  geschlossene  stand  der  beine ,  war 
nicht  den  aegyptischen  gottheiten  besonders,  sondern  ihren 
menschlichen  liguren  überhaupt  gemein.  Lessing  U,  149 ; 

da  kam 
der  gute  vater  selbst  gegangen  und 
0  welche  Creuden,  welch  ein  wetlelauf 
der  mutier  und  der  töchter,  welch  ein  hang 
an  seinem  hals,  an  seinem  herzen  1    Gleim  0,  175. 

b)  ein  zusatz  der  richlung  gibt  dem  warte  die  mehr  thätige  be- 
deutung des  hinwendens,  der  neigung,  die  in  der  folgenden  stelle 
Wielands  zwar  noch  weniger  hervortritt: 

und  die  erinnerung,  dasz  weder  lust  noch  schmerz 
euch  je  vom  treuen  hang  an  eure  pflicht  geschieden. 
Uberon  9,  31 ; 

dann  aber  prägnant  erscheint,  wenn  nach,  hin,  gegen  verbun- 
den wird:  der  pfähl  ist  nicht  gerade  eingerammt,  er  bat 
einen  bang  gegen  die  linke  seile;  die  sache  bat  den  hang 
dahin ,  res  eo  inclinat.  Steinbach  1,  695 ;  die  anziehung  der 
sonne  zieht  sowohl  den  östlichen  als  den  westlichen  theil 
der  erdkugel  und  verursacht  dadurch  keinen  hang  weder  nach 
der  einen,  noch  der  andern  seile.  Kant  8,  211. 

3)  an  diese  letztere  bedeutung  knüpft  sicli,  aber  erst  seil  dem 
vorigen  Jahrhundert  nachweisbar,  die  veiwendung  von  bang  für 
eine  dauernde  seelische  neigung,  trieb,  an:  unter  einem  bang 
(propensio)  verstehe  ich  den  subjecliven  grund  der  möglitih- 
keit  einer  neigung  (habituellen  begierde),  sofern  sie  für  die 
menschheit  überhaupt  zufällig  ist.  Kant  6,188;  einer  neigung 
(eheliche  liebe)  die  so  viel  einflusz  in  die  bürgerliche  tugend 
hat,  und  ohne  welche  das  menschliche  herz  leicht  einen 
bang  zur  traurigkeit  und  zum  eigenwillen  annünmt.  Gellert 
7,204;  er  ..  hatte  geschmack  und  einen  natürlichen  hang 
zimi  überflüssigen.  Moser  pa(r.  phanl.  1  (1798)  47 ;  dieser  all- 
gemeine hang  (reich  zu  werden),  s.  169 ;  der  bang  zum  leben. 
Götter  2, 7 ;  ihr  auszeichnender  hang  ist,  sich  zum  wciber- 
advocaten  aufzuwerfen.  3,  23  ;  dein  hang  nach  wollust.  Klincer 
3,  274;  du  hast  doch  immer  einen  kleinen  hang  zur  schwcr- 
muth.  TiECK  2,  277;  ein  sonderbares  ereignis  vor  seiner  ge- 
hurt mochte  ihm  die  bei  so  wenigen  erfolgen  sonst  uu be- 
greifliche neigung  (zur  jagd)  wie  ein  maal  aufgedrückt  haben, 
wenigstens  hielt  er  selbst  dafür,  dasz  aus  dieser  Signatur 
der  bang  abzuleiten  sei.  Immermann  Munchh.  1,156;  eujen- 
thümlicli  sagt  Göthe:  mir  den  hang  und  gang  dieses  auszcr- 
ordcntlichen  geisles  (Hamanns)  begreiflich  zu  machen.  25,  307 ; 

schlaf  immerhin  die  erste  seit  des  lebens! 

dir  gab  die  ginigo  naiur 

den  BÜ6zen  hang  '»r  ruhe  nicht  vargebeus.    Oottkr  1,172; 

drum  rühm  ich  kuiistlor,  fursttMi,  friiuii  und  weise, 

dem  zuge  folgend  eines  groszoii  hange«.    Platkn  102. 

I>ie  anwendung  von  hang  geschielU  von  hier  aus  auch  freier :  ein 
andrer  fehler  ist,  dasz  ich  ..  mir  erst  jede  sache  nach  ihrer 
möglichkeit  vorgestellcl ,  und  sidclie  hernach  zu  iiaiise  >ii-l- 
Icicbt  nicht  mit  genügsamer  nnparlheilichkril  gegen  die  be- 
weise grprilffl  habe,  daher  kann  einige.s  einen  scheinbaren 
hang  nach  der  liyp(»lhese  behahcn  haben.  Mose«  osn.  grich. 
1  (1798)  rorr.  4.  h;  wuidc  manchen  jungen  künsller  anweisen 
können,  srine  aufmerksamkeil  dahin  zu  wenden,  wohin  der 


437 


HANG  — HÄNGE 


HÄNGE — HÄNGEGARN 


438 


hang  der  moden,  des  geschmacks,  des  eigensinns  und  der 
Staatsbedürfnisse  mit  einem  nur  scharfen  äugen  einleuchten- 
den blicke  winket,  patr.  pliant.  1,  66;  Moses  hatte  vorherge- 
sehen . .  dasz  alle  bürgerlichen  Verfassungen  zuletzt  dahinaus- 
laufen ,  dasz  die  menge  ein  opfer  weniger  mächtigen  wird, 
diesem  fehlerhaften  aber  unwiderstehlichen  hange  setzte  er 
sein  gioszes  erlaszjahr  entgegen,  s.  144;  ein  natürlicher  hang 
der  materie.  Kam  S,  225;  nimmt  man  den  selbständigen  stoff 
an,  so  ist  ersichtlich,  dasz  seine  existenzforra  entweder  die 
ruhe  oder  die  bewegung  sein  musz.  aber  keiner  vou  beiden 
zuständen  stammt  aus  seiner  natur,  denn  in  solchem  falle 
würde  er  zu  dem  einen  oder  andern  mehr  hang  baben.  ev. 
kirchenzeitg.  1S66  s.  671. 

4)  hang  für  einen  hangenden  gegenständ,  trie  er  in  den  zu- 
sammetiselzungen  anhang,  behäng,  Umhang,  Vorhang  seil  alleren 
Zeilen  erscheint,  kann  gleichuot  als  einzelwort  nicht  belegt  werden. 
dei\n  in  den  Verbindungen  hang  eines  herges,  eines  felsen,  die 
(neben  abhang)  seit  dem  vorigen  jaltrh.  häufig  erscheinen,  verstand 
man  zufrühesl  niciU  den  hangenden  theil  eines  bcrges,  sondern, 
an  die  bedeutung  1  angeschlossen,  die  eigenschaß  des  überhangens, 
abhängende  läge:  devexitas,  hangung,  abschusz,  ein  hang  un- 
terwärts Kirsch  cornuc. ;  der  hang  eines  ortes  loci  devexitas 
Steinbach  1,  695.  erst  von  hier  aus  wird  hang  auf  die  stelle 
gncendet ,  die  eine  solche  eigenschafl  zeigt,  das  bis  jetzt  früheste 
bei^nel  hat  Fbisch  1,  415'  aus  Hackmann  de  jure  aggerum  {er- 
schien 1690) :  der  hang  oder  hank  am  teich  oder  deich,  das 
alihängige  thei!  am  auszenteich,  oder  an  der  seile  gegen  die 
see,  deäite  aggeris  versus  tnare,  vel  /luvium.  seil  der  mitte  des 
vor.  jahrh.  ist  hang  t«  diesem  sinne  ein  lieblingswort  namentlich 
der  norddeutschen  dichter  geworden,  denen  das  alle  aber  meiir  in 
büddeutschland  lebende  halde  (sp.  221)  niemals  ganz  gerecht  ward: 

einen  wanderer  der  an  Golgathas  hange 
furchtsam  hinabstieg.  Klopstock  4,  110,- 

er  sasz  an  dem  hange  des  feisen.    4,  167; 

des  Weges  gewendete  krUmmungen  zeigten 
seitwärts  jetzo  den  schattenden  hang.  5,  26ö; 

wie  ein  quell  von  dem  hange  sich  bingieszt.    6,  121; 
an  dem  schwindelnden  hang,  den  verderben  umringt, 
an  des  abgrunds  nacht,  »taunten,  schauerten  wir  nicht. 

257; 
als  unvermerkt  ein  sanft  absteigender  hang 
sie  aus  dem  waid  in  eine  gegend  brachte, 
wo  Anti^eladon  auf  einmal  halte  machte.    Wielasd  5,  68; 
des  baches  silber,  welches  vom  sanften  bang 
des  hügels  murmelnd  zwischen  vielen  rinnt.    Stolberg  1,4; 
an  dem  hange  des  felsen  lag 

der  völkerdränger  Karl  mit  starrendem  arm.    1,  88; 
am  bebuschten  hang,  wie  sonnig 
lagen  wir  auf  moosT    Voss  5,  220; 
von  der  klippe  grüubewachsenem  hange 
lauscht  ich  dem  gesang.    Fr.  Mcller  2,310; 

wie  er  tritt  an  des  felsen  hang.    Schiller  63, 
die  quelle  springt,  vereinigt  stürzen  bäche, 
und  schon  sind  Schluchten,  hänge,  matten  grün. 

GöTBE  4,281  (41,  225); 
an  jenes  felsens  andrer  seile  liegt, 
am  grünen  hang,  ein  artig  haus  versteckt.    9,249; 
hier  erheben  sich  klippen  mit  zackigem  hang.    Odyssee  12,59; 
er  spielt  mit  hirten  an  des  hügels  hang. 

Armdt  ged.  (1840)  192; 
wo  auf  sonnenfrohen  hängen 
die  tokajertraube  lacht.    Lknac  neue  ged.  24; 

ritt  so  eilig  als  der  boden  erlaubte,  den  wüsten  steinigen 
bang  hinunter.  Göthe  15,313;  am  fusze  des  steilen  banges 
einplingen  uns  zwei  fühier.  28,30;  am  hang  des  Ettersber- 
ges.  an  frau  v.  Slän  1,10;  die  Donau,  hier  noch  als  ein 
verheerender  bergstrom  über  die  hochtläche  brausend,  be- 
nagt die  felsenlosen  sandhügel ,  dass  sie  zu  steilen  hängen 
abstürzen.  Riehl  culturgesch.  nov.  41S. 

HANG.\MPEL,  HÄINGAMPEL,  /.  lychnus  pensilis.  Stieler  496. 

HA.NGBLATT,  «.  cyanella,  mit  der  meerzwiebel  verwandle 
l'/lanze.  Nehnkh  2, 1334. 

HANGDRÜSLICHT,  adj.  mü  hangenden,  weil  ausgebildeten 
drusen  (s.  drflse  1,  /ft.  2, 1458): 

des  wurd  die  gaijz  elend  und  mager 

bangdrüszlet,  laogseitet  und  hager.    H.  Sachs  2,  4,  65'; 

dürrpackei,  hangdrOselt  und  gani  bager.    17'. 

HÄNGE,  f.  1)  rill  hangendes  gerM  zum  außewahren  von 
tspeisen  und  wntschaßsycrät ,  z.  b.  in  kelierhänge  {5.  .MS),  ein 
~ derartiges   -;.'■.''     .-.,.    „„    d„,    seitenwänden    des   kellers  hängt; 


sckveiz.  hänki,  henki,  gerüst  von  seilen,  kllen,  woran  man  z.b. 
iPäsclie  lidngt.  Stalder  2,  20.  auch  in  zimmern  ist  eine  ähnliche 
zierliehe  hänge  zum  dranhängen  voti  kleidern ,  schlüsseln,  ange- 
bracht, s.  kleiderhänge  5,1080;  schlüsselhänge. 

2)  in  ^'iederdeutschland  ist  hänge  der  haken,  worin  die  thür 
hängt,  thürangel.  brem.  wb.  2,  590 ;  hierher  gehört  wol  als  formel- 
hafte redensart:  da  hat  sich  eine  solche  freude  und  solches 
jauchzen  in  der  statt  erhoben,  als  were  sie  gleichsam  ausz 
ihren  schranken  und  hengen  auszgeboben.  Rein,  fuchs  (Rostock 
1650)  s.  421.  —  hänge  auch  die  schliesze  eines  buches.  Schütze  2, 100. 

3)  hänge  in  Baiem ,  die  schiefe,  abhängige  fläche  des  bodens, 
abhang,  bergliang:  die  heng  Schm.  2,213;  der  beste  platz  "ur 
anluderung  (der  fuchse)  ist  eine  kesselartige  verliefung  in 
einem  vorholze,  die  einen  fi^eien  grund  und  niedrig  bewach- 
sene hängen  hat.  v.  Tbüngex  waidmanns  practica  126.  die 
folgende  stelle  läszl  ungewis,  ob  hänge  oder  hang  (4  sp.  437) 
vorliegt,  ßr  ersleres  spriciU  der  unisland,  dasz  hänge,  wie  eben 
gezeigt,  jägerwort  ist:  e^  füget  sich  sehr  oftmals,  dasz  ein 
weidemann  wegen  hängen  oder  dickungen  ein  thier  . .  nicht 
ansichtig  werden  kan.    Güchbalsen  not.  i-en.  (1741)  s.  263. 

4)  hange,  ohne  umlaul,  hciszt  auch  der  dürre  getrocknete,  am 
schwänz  noch  zusammenhängende  stock-  oder  klippftsch.  Schütze 
2,  100. 

HANGEBACKE,  f.  herabhangende  backe,  entweder  weil  sie  fett 
oder  auch  weil  sie  schlaff  ist :  ein  feister  mensch  mit  hänge- 
backen. 

HANGEBANK,  f.  1)  die  beiden  langen  höher  des  obersten 
geviers  eines  treibsclmchles,  über  welchen  die  kübel  ein-  und  aus- 
gelidngt  werden.  J.acobssox  2,210";  datier  auch  allgemeiner  mün- 
dung  eines  scliachles.  Gätschmann  40.  wenn  etwas  aus  der  grübe 
ist,  so  heiszt  es,  es  ist  über  die  hengebank.  min.  lex.  293*; 
wird  jemand  das  eigenthutn  an  einer  zeche  streitig  gemacht,  so 
kann  ihm  doch  das  erz  nicht  mehr  entzogen  werden,  was  alle- 
bereit über  die  hengebank  und  also  zu  tage  ausgefördert. 
das.;  weil  aber  die  Ordnung  den  gewerken  zuerkent,  da  sie 
in  andern  zechen  one  gfar  ertz  hawen,  so  es  über  die  beng- 
bank  zu  tag  ausz  kompt.  Mathes.  Sar.  2l'. 

2)  eine  an  der  wand  befestigt  bank,  welche  aufgeklappt  werden 
kann.  Adelcsg. 

HÄNGEBäUCH,  m.  dicker  herabhangender  bauch:  ein  aller 
dicker  herr  mit  einem  hängebauche.  bei  pferden  auch  kuh- 
bauch, schleppbauch  genannt.  Nemnich. 

HANGEBAUM,  m.  bawn  der  nicht  mehr  fest  in  der  erde  steltl. 
überhängt,  in  der  lex  Burgund.  arhor  jacentiva:  so  hatten  die 
freigrafen  ihre  hängebäume,  und  ihre  gerichtsfrohne  die 
eichein  und  das  laub  davon,  ohnerachtet  sie  auf  eines  an- 
dern gründe  standen.  Moser  patr.  phant.  2  (179S)  s.  338.  ein 
solcher  bäum  kam  sonst  dem  förster  zu.  rechisalt.  513. 

HÄNGEBETT,  n.  hangendes  beU ;  bei  J.  Paul  scherzhaß  für 
galgen:  diese  freitreppe  (läler)  zum  hängebette.  kom.  anhang 
z.  Tit.  2,42. 

HÄNGEBIRKE,  f.  betula  alba  ramis  propendentibus.  «/.  hang- 
berken : 

umschattet  rings  von  erl  und  hängebirk  und  hülst. 

Schmidt  von  Werneuchen  atm.  1802  s.V2i, 

flattert  drüber,  hängebirken, 

dämpft  den  tag  umher  durch  laub.    Sxus  127. 

s.  hangelbirke. 

HÄ.NGEBOLZ,  m.  der  unter  jedem  sckaße  des  wd>stuhls  an 
zwei  schnüren  hängende  stob,  dazu  dienend,  dasz  der  fuszschemel 
beim  treten  den  schafl  gleichmäszig  hinabziehe.  Jacobsson  2,  210*. 

HÄNGEBRÜCKE,  f.  frei  zwischen  den  endpfeilern  hängende 
brücke. 

HÄNGEBÜGEL,  m.  Steigbügel,  der  nicht  am  saltH  befestigt  ist, 
sondern  an  den  sallelknopf  gehängt  wird. 

HÄNGECO.MPASS,  m.:  hängcompass  ist  ein  compass,  so 
an  eine  schnür  kan  gehangen  werden,  wird  zum  markschei- 
den  gebraucht.  Nehring  hist.-polit.  lex.  (1736)  anh.  s.  46'. 

HÄNGEDOHNE,  f.  dohne  die  an  büsche  oder  bäume  beim 
Vogelfang  gehängt  wird. 

HÄNGEISEN,  n.  gekrümmies  eisen  worin  ein  balken ,  eine 
rinne  oder  ein  anderer  kürper  hängt;  bei  den  glockengieszern  der 
eiserne  ring  in  der  glocke,  woran  der  klöppel  mit  einem  riemen 
befestigt  wird.  Jacobsso."«  2,  210*. 

HÄNGEFISCH ,  m.  der  magere  dorsch,  der  in  eigens  dazu 
aufgeführten  hdusem  zum  trocknen  aufgehängt  wird.  Scbedel 
waarenlex.  1,  504*. 

HÄNGEGARN,  n.  zum  vogelfange  aufgehangenes  garn. 

•2S* 


439   HÄNGEGARTEN— HÄNGELEUCHTER 


HANGELICHT — HANGEN 


440 


HÄNGEGARTEiN,  «i.  :  die  hüngegärlen  Babels.  Brockes 
4,  13ü. 

HÄNGEKAPPE,  f.  im  bergiresen  kleiner  ring  auf  der  seile  der 
kübel ,  in  icelchem  das  quänzel,  der  seilhaller ,  hängt,  henge- 
kappen  miner.  kx.  293*. 

HÄNGEKETTE,  f.  helle  zum  anltängen  und  stehen  einer  last : 
zur  ausrüstung  zweier  geschülze  gehören  zwo  kengketten.  Böckler 
kriegssch.  264. 

HÄNGEKLl'FT,  f.  im  bergwesen  kluß  die  nicht  in  die  teufe, 
sundern   vom  tage  in  das  hangende  oder  liegende  fällt,  tageklufl. 

HANGEL,  HÄNGEL,  tn.  i)  im  allgemeinsten  sinne  instru- 
ment  zum  aufhängen,  anhängen  eines  gegenständes,  haken,  licn- 
kel:  Iiängel  uncus,  kesselliängel  ansa  sive  circulm  aheni  Stielf.r 
700;  liängel  oder  lienkel  an  etwas,  ansa,  woran  man  etwas 
liängt  oder  trägt.  Frisch  1,413';  eine  bair.  gejaid.^ordnung  v. 
1616  verslelä  unler  liengel  eine  nrt  vogelgrricht,  vielleicht  hänge- 
dohne.  Schm.  2,213;  dann  auch  nur  auf  die  Vorrichtung  bezo- 
gen, an  der  der  kessel  idier  dem  hcrdfeuer  hängt:  fcwerhal, 
liangel,  pcnsile  chylruphoruni,  senalum  camini  ferramcnlum  quo 
vllae  ad  ignem  suspendunlur  Henisch  10S4. 

2)  ein  man  aber  spannet  den  bogen  on  gefehr,  und  sclios 
den  könig  Israel  zwissclien  dem  panzer  und  hengei.  1  kün. 
22,  34.  2  chron.  18,  33.  es  ist,  wie  eine  glosse  dazu  meldet,  die 
stelle,  da  das  sciiwerl  anhängt  von  den  achseln  uberher  bis 
auf  die  büfle.  danach  gewährt  Scriver:  docli  war  es  zu  sei- 
nem tode  gnug,  dasz  der  pfeil  eine  blosze  stelle  zwischen 
dem  panzer  und  hengei  fand  und  dadurch  in  seinen  leib 
fuhr,  scelenschalz  1CS4   177.     .t.  auch  hengei,  f. 

n.\NGELAMPE,  f.  hangende  lampc :  die  magische  hänge- 
lainpc  aus  beinglas.  J.  Padi.  Tit.  4,  47 ;  hohl  oel ,  die  grosze 
hänglainp  anzufüllen.  Fn.  Müller  1,  273. 

HÄNGELATERNE,  vor  cinführung  der  gasbelcucldung'  die 
straszenlaterne ,    die    an    einem   seile  quer  fdjer  die  strasze  hicng. 

HANGELBANK,  f  was  hängebank.  Frisch  1,  414'. 

HANGELBAUM,  HÄNGELBAUM,  m.  slange  oder  balken  zum 
daranhdngen  von  gegenständen,  mhd.  liengelboum  wb.  1,  22"': 
pertica  hangelbaum  Dief.  430';  in  einem  vcrzeidmis  von  hölzern 
und  deren  preisen  steht  ein  hengelltauin  3  groschen.  Colerus 
hausb.  (1004)  6,  ,>;.  265.     s.  hangelsparre. 

HÄNGELBEEHE,  f  der  niederdeiHsche  name  einer  givszen 
birnenart  an  einem  langen  stiele,  brem.  wb.  2,  590 ,  s.  hangel- 
birne.  der  volkswitz  vergleicht  die  fruchl  einem  am  stricke  schwe- 
benden gehenkten,  und  hengelberen  eten  ist  ihm  ein  verblümter 
ausdruck  für  gehenkt  werden,  woran  an  einer  hänfenen  holz- 
birn  crworgcn  oben  sp.  434  anklingt;  der  ausdruck  geht  ins 
hochdeutsche  über,  ohne  recht  verstanden  zu  werden,  denn  der 
zweite  tlieil  des  wortes  ist  an  beere  bacca  angelehnt:  sol  ich 
hangelbeeren  fressen,  engl,  komüd.,  Tit.  Andrunicus,  Rrv;  o 
liälte  ich  mich  erstechen  lassen ,  so  dürfte  ich  ilzl  nicht 
bengeHjeeren  fressen.  Pickelhäring  bei  Cmr.  Weise  überßüss. 
gedanken  1701  s.  258;  eine  grosze  gnade  hiesz  es,  dasz  sie 
wegen  ihrer  erstaunlichen  Verwegenheit  nicht  hangelbeeren 
fressen  niuszten.  Felsenb.  2,  311 ; 

ich  bin  Hans  ohne  morgen, 
ireil  mir  die  Icute  borgen, 
und  weil  ich  noch  knn  stehlen, 
so  wird  mir  wenig  fohlen, 
■loch  vun  den  heiigclbccren 
mag  ich  nicht  gerne  hören. 

Hekantks  allcrneusle  art  zur  pocsie  tu  gel.  25. 

HANGELBEIN,  n.  bczeichnung  eines  unnützen,  mäszigen 
menschen:  vapa  liengelbein  roc.  ex  quo  v.  1432  bei  Fromm. 4,305'. 

HANGELBIHKE,  f.  betula  alba  rawis  projtendenlibus.  vcrgl. 
bängebirke. 

HÄNGELBIRNE,  /".  birne  mil  langem  stiele.  Schm.  2,  213. 

HÄNGELEI.N ,  m.  in  tiürnberg  bis  zu  anfang  dieses  jahrh. 
die  spruclisprcchir ,  gelegenheilsdichter ,  die  eine  besondere  amts- 
Iraclil,  mil  kleinen  scliildern  behangen,  trugen  {auch  iiegcl,  liege- 
lein  genannt,  s.  d.).  .Sierenkeks  maier.  zur  Nürnb.  geschichte 
699.  tie  laudien  auch  anderwärts  mil  diesem  uamen  auf:  wir 
sprechen!  ouch  ze  recht,  das  man  lien  winzeren  sol  geben 
ein  niol  inie  herbste,  gesotten»  und  gebrotens  genug,  und 
Süllen  die  winzcr  vier  henglin  bringen  mit  inen ,  dz  inanH 
inen  zc  danken  hab.  wrislh.  4, 118  {hUsatz,  1354). 

IIANGELKIN,  n.  bairnch ,  griferläpjichm ,  das  den  kindern 
umgchangen  wird;  auch  ein  rlmlcbrn.  Sciihelieh  2,212. 

HANGKLEIJCHTER,  HANGELKUCHTKR,  m.  hangender  leuch- 
ler :  bsngeleucbler  candelabrum  }>ensilc  SriELtn  1154;  bang- 
Kuchier/yrAnui  pfnrfeni  FRI8CII  1,413*;  «las  flammchen  brannte 


helle  und  schwebte  als  ein  hangeleuchler  in  der  mitte  der 
felsenhallc.  Musäüs  volksm.  (1788)  2,98;  den  besten  aus  sei- 
nen hölzernen  hängcleiichtern.  Ä.  Gryprius  1698  1,835;  me- 
tallene hängeleuchter.  GöinE  26,  288. 

HANGELICHT,  n.  hjchnuchus  pensilis.  Stieler  1153;  ein 
hangelicbt  ohne  lacht,  luctrna  uncto  expers  linteo  das. ;  herr, 
in  unserem  dorfe  brauchen  wir  keine  jehnische  leuchten, 
die  kosten  zu  viel,  wir  haben  lauter  hangelichter,  saalfet 
und  alte  baddeln  darin,  alamod.  technol.  interirn  352. 

H.ÄNGELN,  rerb.  in  hängender  läge  sein,  herabhängen,  in  der 
Schwriz  hängelen  von  srMolternden  kleidein.  Stalder  2,  20; 
schwed.  hängia  vom  schlotternden,  kraftlosen  gange,  es  wird  vom 
falken  gesagt  er  hangelt,  wenn  er  auf  einer  stelle  bleibt  und  nur 
die  schwingen  bewegt.  Nemnicii  2,1572;  auch  von  einem  sclti/fe, 
welches  von  einer  rhedc  zu  einer  andern  nahen  fährt  und  waaren 
hinbringt.  Jacobsson  2,  211'. 

HANGELSPARRE,  HANGELSPARRE,  m.  eific  sparrenarl, 
von  Colerus  im  hausbudie  (1604)  unler  andern  sparren,  ziegel- 
sparren,  schindelsparren ,  strohsparren ,  aufgezälUt:  ein  siro 
von  {lies  stro-  und)  hangelsparren  umb  3  groschen.  6,  s.  258; 
ein  aspen  hengelsparren  2  groschen.  s.  260;  ein  hangelspar- 
ren 2  groschen.  s.  264.     vgl.  hangelbaum. 

HANGELWEIDE,  f.  saUx  babylonica,  trauerweide.  Nemnich 
4,  1199. 

HÄNGEMANN,  m.  henker.  J.W.Wolf  deutsche  mährcli.  u. 
sagen  s.  25,  a«c/*.  hangemann,  hangmann:  es  erhob  sich  ein 
plötzliches  getöse  im  volk  und  einige  schrien,  man  solle 
den  bangmann  steinigen ,  weil  er  den  armen  sünder  über 
die  gebühr  martere.  Mdsäus  volksm.  (1788)  2,  84. 

HANGEMATTE,  HÄNGEMATTE,  f  das  hangende  lager  der 
malrosen  im  schiff,  ein  fremdes,  umgcdeutschtes  worl,  zunächst 
aus  dem  holl.  hangmat,  hangmak  übernommen,  das  aber  selbst 
fremden  Ursprungs  und  aus  Südamerika  stammend  ist.  Geiger 
urspr.  u.  enlw.  der  menschl.  spr.  1,  280.  die  rom.  sprachen  ha- 
ben es  in  ähnlichen  formen  entlehnt,  ilal.  aindca,  span.  hamaca 
und  amahaca,  porlug.  maca,  franz.  hainac.  Diez  1,18.  Stieler 
verzeichnet  das  wort  noch  nicht,  aber  seil  dem  ende  des  l~.  jahrh. 
erscheint  es  in  rcalwörlerbücliern,  z.  b.  als  hangmatte  in  HIjisners 
handlungslex.  (1712)  853;  die  form  hängematte  ist  jünger,  bei 
Jacobsson  2,  214*;' 

darin  sie  schwebte  wie  in  hängematten. 

RÖCKERT  177. 

HANGEMAUL,  HÄNGEMAUL ,  n.  luingendes  maul,  durch 
eine  grosze  Unterlippe  gebildet,  und  der  träger  nnes  solchen :  hange- 
maul  labeo  Hederich  1213;  hangmaul,  der  grosze  lippen 
bat,  lipj)u,  qui  ades  lippcs  pendantes  Frisch  diel,  de  pass.  {l~3i)) 
2,  284 ;  ein  hängcmaul  machen ,  als  zeichen  des  sclimollens : 
macht  er  nicht  ein  hängmaul,  wie  ein  schulknabe?  Göthe 
57,  162. 

HANGEMÖRSER,  HÄNGEMÖRSER,  wi.  et»  in  den  scJiild- 
zapfen  hängender  feuermörscr. 

HANGEN,  vcrb.,  praet.  hieng,  pari,  gehangen. 

Das  rcduplicierende  verbum  der  allen  deulsdwn    dialecte,  golh. 
hahan  mil  dem  nicht  nachgewiesenen ,    aber   siclier   crscidossenen 
praet.  haihah,  ahd.  hähan,  praet.  hiang,  hieng,  ags.  hon,  praet. 
heng,  fries.  büa,  pracl.  böng,  allnord.  banga,  praet.  hekk,  hat 
nur  den  transitiven  sinn  sus]iendere,  außängen,  der  im  golhischen 
in  die  bedeulung  hemmen,  aufhallen,  in  zueifel  lassen,  umschliitit. 
zur  seile  geht  zum  atisdruck  des  passiven  hangen,  aufgehängt  sein, 
ein  schwaches  verbum  golh.  hahan,  prael.  hühaida,  ahd.  baiigi'u, 
praet.  hangela,   ags.  hangian,   praet.  hangode,    fries.   hangia, 
praet.  bangade,  nord.  hanga,  praet.  hangda.     (iiese  beiden  Ver- 
ben werden  durchaus  au.^einander  gehallen;   erst  im  mlid.  begin- 
nen sie  sich  zu  mischen,     daselbst    gehen    noch    die  praesentialen 
formen  des  starken  transitiven  liAlien  geschieden  von  dem  pussivm 
schwachen  hangen ;  aixr  von  letzterem  sdtwindel  das  praet.  hangele, 
wofür   starkes    hie    oder    bienc    eintritt,   so   dasz  nun  die  prar- 
terilalformrn  des  .<itarken  bAlicn  sowol  in  thdtigem  als  in  Iriden- 
dem  sinne  gesetzt  werden,    nach  der  mhd.  zeit  beginnt  d  ■ 
scnliale  b/lhen  zu  verschwinden   und  rettet  sich  nur  in  < 
formen  in  das  nhd.  hinüber  (>/).  157).  und  aus  dem  »in 
sehen,  wuselbsl  dir  nasal  im  praesens  früher  auflrxll  {er  ■ 
auch  in   Hngland  schon  zeilig,  Orm  hat  hangeim  mit  dn .  , 
heng)  dringt  derselbe  nach  (tbndeutschland  vor;   in  dem  niut.t 
deutschen  erauiielirnbuche  des  Matthias  llehaim  ron  i;i4;i  stehen  Iwini 
nur  nasaliirte  prarsentiale  formen:  hangil  zu  siner  hAsvrowin 
Matib.  19,  5 ;   liengil  22,  40.     damil  i.'d  sowol  für   aclire  ah  /»n 
passive  bedeulung  das  verbum  bangen,   praet.  Iiieiig  festiKstdli . 


441 


HA.NGEiN 


HANGEN 


442 


I 


und  ein  schtcachformiges  nebenher  laufendes  prael.  hangele  in 
passivem  sinne  (icie  es  auch  nd.  als  hangede  im  Reinecke  fuchs 
201.  218  erscheinl),  pari,  gehanget  dauert  nur  ganz  spärlich  bis 
ins  17.  jahrh.  fort:  zu  dem  ersten  so  henkt  man  die  haut  in 
das  wasser,  und  wenn  si  lang  in  dem  wasser  gehanget,  so 
nimpt  man  si  ausz  dem  wasser.  Keisebsberg  lias  im  pf.  c  6* ; 
demnach  stund  sie  auf,  name  desz  königs  schwert,  welches 
neben  seinem  schilt  hanget.  Amadis  410 :  nun  waren  sie  nicht 
weit  von  einer  marberin  seul,  an  deren  ein  hom  hanget. 
403;  ein  güldene  leiren,  ein  guldener  pfeilköcher  hangele 
ihm  an  der  lenden  herab.  Schlppics  773. 

Das  ahd.  tceisl  neben  hähan  und  hangen,  koI  dired  aus  letz- 
terem gebildet,  ein  scliicachformiges  nasaliertes  causale  hangjan, 
hengan  auf,  das  im  mhd.  hengen  und  im  nhd.  hängen  hangen 
machen,  hangen  lassen,  fortdauert,  die  grosze  ähnlichkeit  der 
praesenlialen  formen  souol  icie  die  theils  übereinstimmende  be- 
dcutung  verhindert  im  nhd.  eine  scharfe  Scheidung  beider  verben, 
und  schon  frühe  selien  uir  hängen  für  hangen ,  hangen  für 
hängen  verwendet:  das  du  weilest  übber  mich  fürhengen  einen 
also  schemmelichen  leslerlichen  dot,  also  du  in  ie  über  men- 
schen fürhinge.  Mebswi.n  14 ;  zwischen  dem  schelm  der  ge- 
hangen wird,  dem  nachrichter  der  ihn  hängt  und  dem  rich- 
ter  der  ihn  hängen  läszt.  Wieijind  7,  2ö ;  so  verzeiclinet  auch 
ScHOTTEL  5S7  SU  den  praeteritalformen  hing,  gehangen  den  in- 
finiiiv  hengen  {vgl.  unten  hängen),  dieser  Vermischung  ist  nicld 
zu  wehren,  zumal  da  einzelne  formen  geradezu  zusammenfallen, 
und  die  2.  3.  sing,  praes.  des  starken  hangen  neben  du  bangst, 
er  hangt  viel  öfter  mit  umlaut  du  bängst,  er  hängt  gebildet 
wird,  ganz  gleich  den  formen  des  schwachen  hängen : 

der  an  Zeus  rubebette 

hängt,  hangen  wird  und  hing.    Ramleb  1,  26. 

Neben  ahd.  hangjan,  hengan  stelU,  vorzüglich  in  Notkebs 
schripen  bezeugt ,  ein  zueiles  sdiwaches  verbum  henchan ,  praet. 
hancta,  eine  denominativbildung  des  ahd.  nur  in  Zusammen- 
setzungen erscheinenden  hanc ,  nhd.  hang  (sp.  436) ;  es  ist  das 
mhd.  nhd.  henken,  mit  der  eigentlichen  bedeutung  an  hängen 
vollbringen ,  worüber  am  betr.  orte  näher  gesprochen  wird,  auch 
dieses  wort  ist,  in  quellen  des  16.  und  17.  jahrh.,.  für  inlransi- 
lires  hangen  verwendet  worden,  wiewol  hur  selien :  ein  poet  soll 
auf  einer  seil  am  gürtel  ein  dintenhorn,  auf  der  andern  ein 
fläsch  henken  haben.  Garg.  23'; 

schade,  dasz  du  nie  begehret, 
dasz  du  mächst  {möchtest)  am  galgen  henken. 
LoGAU  1,  Iti,  45. 

Nach  dem  gesagten  gliedert  sich  die  bedeutung  des  nhd,  hangen, 
f)raet.  hieng,  in  eine  thätige,  transitive,  und  eine  leidende,  in- 
transitive. 

I.  hangen,  transitiv. 

1)  mit  persönlichem  objed,  olme  weiteren  zusatz,  einen  auf- 
knüpfen, die  strafe  des  Stranges  leiden  lassen;  ahd.  sie  tho  rio- 
fun:  nim,  nira  inli  bäh  inan!  tho  quad  in  Pilatus:  iweran 
cuning  hähu?  Tatian  cap.  167; 

mild,  diebe  sol  man  hähen.    Vridajik  47,  19; 

tiM.  gab  sie  {die  fünf  sühne  Michal)  in  die  band  der  Gibeo- 
uiter,  die  hiengeu  sie  auf  dem  berge  für  dem  herrn.  2  Sam. 
21,9;  ich  will  gehangen  sein,  wenn  ich  es  so  büse  gemeint 
habe,  als  sie  es  aufnehmen.  Wieland  11,223;  den  2  juny 
ward  ein  bauer  aus  Obenilm  gehangen.  Gütue  30,  2S9;  spriclt- 
wörllich  mitgefangen,  milgehangen : 

ja,  se  ropen  alle,  men  schal  ene  hangen.    Rein,  fuclis  3910; 
der  Ulinger  hat  eilf  junkfrawen  ghangen. 

L'uLA<iD  tolksl.  142,  7; 
80  bitt  ich  dich,  mein  trauter  herr, 
du  wollest  mich  laszen  hangea 
in  kleidern  da  ich  in  gangen.    144,  17  (vgl.  145,  2S), 

zum  glück  für  euch  gehis  zwar  nicht  an, 

dasz  ich  den  ersten  gleich, 

der  wieder  zum  Lips  Tuilian 

an  mir  wird,  hangen  lassen  kann.    Gökinck  2,30; 
war  ich  der  fürst,  ich  liesz  euch  alle  hangen.    3,  16; 

mtl  reflexivem  sich,  sich  außnüpfen:  hätte  ich  mich  nur  bei 
Zeilen  gebangen.  Göthe  11,206; 

dasz  ich  mich,  ohne  schaden 

an  meiner  seele,  hangen  kann.    Göeinck  3,  128; 

dann  mit  örtlich  bestimntendem  zusalze:  so  er  wirt  gehangen 
»n  den  galgen.  bibd  1483,93';  (UrnEB:  wird  also  getOdt, 
das  man  in  an  ein  bolz  beneet.  i  Mo".  21.2-2);  bedächte  ich 


nicht  meine  arme  seele,  so  nahm  ich  ein  Strumpfband  und 
hinge  mich  an  diesen  bettpfosten.  Leisewitz  poet.  gespr.  s.  4. 

2)  eben  so  häufig  mit  sächlidtem  object  affigere,  appendere,  auch 
hier  tritt  Ortsbestimmung  hinzu:  hieng  im  ein  gülden  kelen  an 
seinen  hals,  l  Mos.  41,42;  hieng  den  furbang  für  die  lade 
des  Zeugnis.  '2  Mos.  40,21;  unsere  harfen  hiengen  wir  an  die 
weiden,  ps.  137,2;  die  alten  Preuszen  hiengen  auch  fleuder- 
lein  (oder  flittern)  in  die  obren.  Waissel  diron.  23';  hieng 
sie  {die  klinge)  an  seinen  gürtel.  La:,  de  Tormes',9;  indebm 
er  {der  papagei)  seiner  jungen  nest  auf  die  höchslen  und 
dünnesten  äste  der  beume  hanget.  Bütschsy  Pa/m.  760; 

he  sprak,  wolde  se  vele  Tische  vangen, 

se  scholde  den  Start  int  water  bangen. 

Rein,  fuclis  5636; 

es  het  ein  koch  ein  schwein  geschlacht, 

^iel  guter  frischer  würst  gemacht, 

dieselben  an  ein  laden  hieng. 

B.  Waldis  Esop  4,  55,  3; 
mir  ist,  als  müszt'  ich  mich  an  diese  {blitze)  bangen, 
als  sollten  sie  mich  nach  sich  ziehn.    Göei:<ck  3,  73; 

man  hieng  ein  langes,  rothes  band, 

das  haar  der  braut  zu  schmücken, 

schon  an  den  bunten  flitterkranz.    Höltt  22  Halm. 

3)  von  hier  aus  ergeben  sich  andere  bedeutungen. 

a)  sinnliches  anließen,  ankleben  an  jemand  oder  dwas  waltet 
noch  in  folgenden  Verbindungen :  die  kinder  liefen  zu  ihm, 
hingen  sich  an  ihn.  Kungeb  3,271;  das  kind  ..  hing  sich 
so  fest  an  ihn,  dasz  er  es  nur  mit  mühe  zuletzt  los  werden 
konnte.  Gütbe  18,  314; 

gleich  ist  des  baars  und  mein  gescbicke  . . . 

lest  waren  wir  an  sie  gebangen; 

wir  streichelten  die  runden  wangen.    Göthb  1,49; 

dalier  freier:  die  fürslin  hing  ein  künstlerisch-lrunknes  äuge 
an  die  schlafende  holde  gestalt.  J.  Pacl  Hesp.  2,  232. 

b)  unsinnlicher  ist  das  verbum  genotnmen,  wenn  es  in  bezug 
auf  eine  lierzensneigung  steht:  dein  herz  hieng  sich  an  die 
weiber.  Sir.  47,  21 ;  hange  dein  herz  nicht  an  die  well.  pers. 
baumg.  1,28:  wie  viel  löchler  haben  ihrer  väter  begehret, 
wie  viel  väter  sind  den  töchtern  gefolget ,  wie  viel  mfltter 
haben  sich  an  ihre  söhne  gehangen.  Ä.  Grypbius  1698  1,  851 ; 

ein  jeder  brand  ist  herr  von  meinem  gute : 
was  bieoge  sich  mein  herz  an  diesen  tand? 

GöKiKGE  tieder  zweier  lieb.  (1779)  s.  38. 

c)  niji  persönlichem  object  heiszl  es  einen  sidi  nachzidien,  zur 
folge  vermögen,  folgen  lassen:  er  were  ein  verfürer  und  helle 
das  volk  erregt  und  an  sich  gehangen.  Lctbeb  4,  216';  der- 
selb  hieng  ellich  fueszknecht  an  sich ,  rait  hin  aus  für  die 
Wagenburg.  Wilw.  v.  Schaumb.  26;  erstachen  das  fueszvolk, 
das  Veit  Schot  an  sich  gehangen,  das.;  daher  sich  an  einen 
hangen,  ihm  folgen:  die  Philister  hiengen  sich  an  Saul. 
\chron.  11,2;  Wiiwoll  ..  hieng  sich  mit  seinem  vortraben 
und  schützen  an  den  herzogen.  Hi/ir.  v.  Schaumb.  42;  als 
steler  gesellschaßer  begleiten  {s.  anhang  1,  366.  367) :  indem  er 
sich  an  etliche  leichtfertige  bursch  hieng.  Happel  acad.  rom. 
27;  Fritz  hing  sich  an  ein  lüderliches  mensch.  Lessixc  1,54«. 

d)  hangen  kann  auch  das  festmadien,  anklammern  in  bezug 
auf  reclU  oder  meinung  bedeuten:  diese  advocalen  funden  die 
praclic  so  gut,  dasz  sie  sich  nicht  zu  sehr  übereileten,  die 
parlheien  zu  einem  accord  zu  bringen,  im  gegenlheil  biengen 
und  verhetzelen  sie  dieselbe  unter  der  band  heimlich  mehr 
und  mehr  wider  einander.  Happel  acad.  rom.  48;  daher  sich 
an  etwas  hangen,  bezüglich  dwas  eine  ansieht  besonders  bdonen 
und  auf  ihr  beharren :  dem  valer  . .  der  .  .  nach  geendigtein 
stücke  sich  gleich  an  die  fehler  hing,  und  sagte,  es  wäre 
recht  artig  gewesen,  wenn  nur  diesz  oder  das  nicht  versagt 
hätte.  Göthe  18,26. 

e)  hangen  das  unmittelbare  anheften,  hinzufügen  von  Sätzen 
an  eine  uutersudiung,  besprechung,  frage:  Achemenes  sagte  zum 
Oroondates,  er  belle  sein  lebenlang  kein  hübschere  gesehen, 
verkleinert  biemit  alle  seine  {des  Oroondates)  kebsweiber, 
spräche,  du  hast  weder  hie  noch  zu  Memphi  an  schöne 
ihres  gleichen,  hieng  noch  viel  mehr  daran,  b.  d.  liebe  21A'; 
ein  mehres  gegen  dem  herrn  zu  gedänken ,  unnötig,  habe 
vielmehr  um  Verzeihung  zu  bitten ,  das  ich  dises  an  seine 
frage  gehangen.  Bl'tschky  kanzl.  497. 

4)  den  köpf,  die  obren  hangen,  herabsinken  lassen,  als 
seichen  von  müdigkeit,  nachdenken,  demut  oder  Iraurigkeü: 

sein  äugen  kuudt  nit  halten  ofTen, 
hieng  oft  den  köpf,  begert  zu  schlalTea. 

ß.-  Waldis  Esup  2,  31,  60; 


443 


HANGEN 


HANGEN 


444 


der  richtcr  . .  hieng  den  köpf,  besonne  sich  eine  weile,  pers. 
roseiilh.  7,  20;  du  hiengsl  deine  ohren  immer  demülliig. 
Rabener  4,25;  wenn  du  bei  tische  sitzest  und  den  Ivüpi 
bängst.  GöTiiE  7,  121; 

da  war  dem  fuchs  nit  wol  zu  sinn, 

mit  seiner  rotl  hieng  er  den  schwänz.    E.  Albkrus  72'; 

der  nrrae  liehling  stnnd  wie  angedonnert  da, 

und  schwieg  und  staunt  und  hing  die  oiiren. 

WlELANl)  10,  255; 

bald  hing  er  bleich  sein  haupt.  Gotter  1,  113. 
in  allen  diesen  bedeutungen  ist,  natnenüich  was  die  praesenlialen 
formen  betrifft,  uns  seil  dem  17.  jalirfi.  das  schwache  hängen 
gewöhnliclier  geworden,  leicht  hat  man  am  diese?n  umstände  die 
regel  gezogen,  dasz  hängen  hier  auch  allein  richtig  sei  und  so 
müssen  diese  reste  des  starken  Iransiliren  hangen  trotz  ihres  guten 
historischen  rechtes  einem  auf  misverslandene  Verhältnisse  gegrün- 
deten durch  die  grammatiker  rerfochtencn  spracligebrauclic  weichen. 
II.  hangen  intransitiv. 

t)  dem  transitiven  hangen  1  zur  seile  gdU  das  wort  in  der 
bedeutung  am  galgen  aufgeknüpft  sein :  sage  die  wahrheil  oder 
du  sollst  bangen.  Cronegk  1,122;  spridmürtlich  was  bangen 
soll,  ersauft  nicht,  ti'm  fatorum  nullus  casus  vincil.  Frisch 
1,  413'; 

dann  dort  an  jener  rannen 

sich  ich  aiir  scliöne  junglrüwlein  hangen. 

UuLAND  votlisl.  148,  12; 
hastu  so  lange  gesclilafen 
bei  seiner  junglrawen  stolz, 
so  soitu  morgen  hangen, 
ein  gaigen  ist  dir  bereit.    229,  4; 
Maria,  din  kind  hieng  blosze. 

Liliencron  votksl.  2,  67,  15; 
stal  immer  mehr,  bisz  er  gefangen 
verurtbeilt  wardt,  an  galgen  zhangen. 

ß.  Waldis  Esop  3,  39,  16 ; 
doch  kann  ich  es  erlangen, 
80  sollst  du  mir  nicht  lang  am  leidgen  galgen  hangen. 

GöTHK  13,  35 ; 
in  einer  stunde  seh  ich  ihn  hangen  (:  ausgegangen). 

Schiller  Wallenst.  lager,  10.  auflr. 

2)  bangen  überhaupt  pendere. 

o)  von  gegenständen,  die  an  einem  punkte  befestigt,  schroff 
nach  unteti  streben:  sie  {die  schinkcn)  waren  so  hartnäckig, 
dasz  sie  mir  zu  trotz  bangen  blieben.  Simpl.  1,235  Kurz; 

seh  ihr  gelock,  ein  spiel  der  lüftchen,  hangen. 

IIöLTT  135  Halm; 

hangendes  gesträucb,  das  abwärts  strebt :  felsen  die  mit  hangen- 
dem gesträucb  bewachsen  sind.  Stolbekg  C,  8; 
im  hangenden  eichengebüsch.    1,  105; 
verdeckt  mir  nicht,  ihr  hangenden  gestrauche, 
ihr  lächelndes  gesiebt.       Hölty  löS  Halm; 
vergl.  dori  oben  stundt  an  einer  hecken 

ein  eichen,  grosz,  gi-oh,  dick  und  fest, 
heu  viel  rauher  knorrechlcr  est, 
die  hiengen  an  die  erd  liinabcn. 

ß.  Waldis  Esop  4,  57,  15; 

gewöhnlich  viil  örtlich  bestimmendem  zusatze:  soll  in  setzen  für 
den  furhang,  der  für  der  laden  des  zcugnis  hangt.  2  Mos. 
30,6;  wie  der  thunn  David,  mit  brustwchr  gebauel,  daran 
tausend  schilde  hangen,  hohcl.  4,4;  mein  freund  ist  inirein 
büschel  myrrhen,  das  zwischen  meinen  brüsten  banget.  1,13; 
als  wenn  vier  oder  fünf  fruchte  an  den  zweigen  hangen. 
Jes.  17,6;  ir  haut  henget  nn  den  bcinen.  klagel.  4,8;  da 
biengen  weisze ,  rote  und  gele  tücher  . .  auf  inarincisculcn. 
Esther  2,6; 

ain  zimerman,  dem  die  spen  in  claidern  bangen. 

Kkllbr  sclitvänhe  s.  51; 

die  zwen  zipfci,  die  am  hüt  ab  her  hangen.    Schade  sal.  u. 

pasqu.  3, 169 ; 

ein  seckel  het  am  halse  hangen. 

U.  Waldis  Esop  4,  21,  102, 

sfirichwörtUch :  blosz  an  einem  faden  bangen,  in  der  bücbsten 

gfaar  ston.    Maaieh  212'; 

dem  musz  sein  leben  noch  an  einer  haare  bangen. 
Aiaranthks  1U9; 

ein  jeder  glaubt,  dasz  ihm  ein  cntblöszies  schwert  über  der 
»cbeilel  bange.  K.  v.  Kleist  1,162; 

der  kensel  ward  zur  glucke 

und  hieng  iit  uiiigcketirl.     IIOltt  11  Halm; 

mit  den  perlen,  die  an  ihrem  buicn 

bangen.  «.  b&; 

»ie  teilte  weinend  (ich  lufs  (T^'b, 

wo  ro»cn  iiledi-rhniigen.    «.  I>2; 


Ich  sah  den  jungen  mav: 
seiner  blumc  siibergloclien 
hingen  um  den  schlaf.     Kahler  2,  4; 
kränze  band  ich  indessen  zu  haus,  und  liosz  sie  verwelken, 
siehst  du?  da  liangen  sie  noch,  neben  dem  lierde,  für  dich. 

Gotuk  1,  311 ; 
an  ihrer  wimper  hieng 
die  thräiic  zarter  liebe.    Uuland  ged.  195; 
trühe  war  das  weiter 
und  wie  schlaffe  blatter 
mir  zur  erde  hiengen  die  gedanken. 

RücKKRT  ges.  ged.  1,257; 

auch  in  frcierei-  anwendung  von  häusern  die  dicht  an  einen  berg- 
hang gebaut  sind:  das  bauschen  hängt  am  berge;  von  Sternen, 
Wolken  u.  ähnl. ,  die  den  eindruck  machen  als  ob  sie  hiengen, 
auch  von  der  nachl,  die  als  Vorhang  gedacht  wird:  Arkturus  .. 
der  noch  unter  dem  gipfel  des  hinimels  hing.  J.  Paul  flesp. 
1,257;  es  (das  licht  des  mondes)  hing  blitzend  als  weiszes 
blülenlaub  an  den  gebüschen.  3,84;  er  hob  das  trunkne 
äuge  in  den  mit  Sternen  bcthaueten  bimmel ,  und  sah  den 
erniedrigten  mond  gelb  und  matt  in  Süden  hangen.  4,  60; 

wenn  .  .  des  meeres  Out 

sieb  mit  den  hangenden  gewölken  mischt. 

E.  y.  Kleist  2,  102; 
sie  sahen 
unter  bangenden  nachten  die  stolze  Jerusalem  liegen. 

Klopstock  4,  223  (Mess.  10,  574); 
die  nacht  die  vor  der  zukunft  hängt.    Götter  2,  229; 
der  abend  wiegte  schon  die  erde 
und  an  den  bergen  hing  die  nacht.    Göthb  1,  75; 
und  der  erste  maienschatten 
um  die  schönsten  kinder  hing.    ßöRcsR  1'; 
am  himmel  schwere,  dunkle  wölken  hangen 
und  harrend  schon  zum  walde  niederlauschen. 

Lenau  Faust  95, 
ferner  vom  lächeln  des  mundes: 

auch  hatte  sie  das  süsze  lächeln  nicht, 

das  an  dem  rande  dieses  mundes  hängt.    Raxler  2,  IS; 

t'on  der  acht,  die  wie  ein  schwert  über  jemand  scitwebt: 

des  kaisers  acht  hängt  über  ihm. 

Schiller  Wullensl.  lod  3,  23. 

In  anderen  fügungen  wird  die  richlung  des  herabluingens  be- 
tont: die  haare  hangen  ihm  auf  die  schulter;  die  fruchte 
hiengen  ihm  in  den  mund;  das  kleid  hängt  auf  die  erde; 
ich  hatte  schon  seine  hübschen  kleider ,  wie  sie  über  den 
stuhl  hingen,  längst  beneidet.  Göthe  25,  350. 

b)  hangen  dann  auch  von  körperthalen,  die  unterwärts  streben : 
es  ist  nicht  ohne  sonderbare  Ursache  geschehen,  dasz  gott 
den  müttern  ihre  brüste  nahe  ans  herz  gesetzet  hat,  den 
unvernünftigen  thieren  aber  bangen  die  eyter  \inten  am 
bauche,  es  bangen  einer  flauen  die  brüste  nahe  am  her- 
zen. Schuppius  477;  eine  jede  dieser  garstigen  hämniel  zei- 
gete  ein  paar  platte  flcischlappen  an  der  brüst ,  welche, 
wann  sie  angekleidet  waren ,  in  die  höhe  gerücket  wurden, 
jetzo  aber  auf  den  bauch  hinunter  hiengen.  Happel  acad.  rom. 
35;  (die  nase)  welche  noch  darzu  durch  eine  so  unanstän- 
dige krümme  verstellet  war,  dasz  sie  wie  ein  sebel  . .  über 
dem  maule  hieng.  Zicler  Bänke  (1700)  *.  72;  seine  wangen 
hingen  ganz  ausgetrocknet  auf  den  scharfen  knochen.  Ki.ingkh 
5,117;  ihre  arme  hingen  schlalT  herab.  Immkrmann  Münclih. 
3,08;  matt  und  kalt  hingen  die  arme  in  das  gras  hiniiiiler. 
4,  79.  hangende  bände  zeichen  des  müszigganges :  mit  bangi ü 
den  und  müszigen  hcnden.  Bocc.  2,  30* ;  zeichen  einer  iß-dniiL 
ten  gemütsstimmung  ist  es,  wenn  der  köpf  hängt,  man  den  knpf 
hangen  läszt: 

mit  hangenden  köpfen,  um  welche  zprstreiit  die  lockfii  wullion, 
die  arme  über  die  brüst  verscliiankt,  die  siirn  in  falten, 
sitzt  um  die  dainc  die  schnar  der  zufen.     Wiklanh   i    '.'<: 

nach  Frankreich  zogen  zwei  grenadier, 

die  waren  in  Kusziand  gefangen. 

und  iilü  sie  kamen  ins  deutsche  quartier, 

sie  lieszeii  die  kupfe  hangen.     Unia»  leeike  15,54; 

den  köpf  hangen  lassen,  j>endrnte  capite  incrdere  Frisch  !,4I:!', 
das  maul  haiipen  lassen,  dependente  labio  inferiore  aninnim  non 
conlentum  indicare  das. ;  äJinlidies  wird  von  thieren  gesagt  und 
hernach  auf  menschen  übertragen:  die  Hügel  hangen  lassen  aUn 
demttlert  Frisch; 

(wie)  dai  trfig«  thier  (der  e$«t)  alsdann,  benchwert  mit  neuen 

tackeu, 
die  obren  bangen  l&szi,  und  melnnchuliiich  «chleiibt. 
Uz  (170*1)  2.  2ühi 

hangende  dbri'n   drmi<:^ar  anrf  M-m'«-   "M"* 


445 


HA.>GEN 


HANGEN 


446 


c)  hangen  ueiter  in  diesem  sinne  von  lebenden  teesen:  ich 
hab  gesehen  Äbsalon  hangen  an  einer  eich,  bibel  14S3,  bl.  151*, 
tvie  2  Sam.  S,  10  :  ich  sähe  Absalom  an  einer  eichen  hangen ; 
das  kind  hangt  an  den  brüsten  der  multer; 

atbme  sQsze  himmelslust, 

hangend  an  der  mutterbrusl.    F.  L.  zu  Siolberg; 
in  den  lüften, 

zwischen  himmel,  zwischen  erde 
hangt  er,  eine  blasse  laiche 

an  des  götiersohnes  brüst.    Arndt  ged.  (1840)  s.  SOi 
als  du,  zur  leicbe  Tcrstellt,  über  die  arme  mir  hingst. 

GÖTBE  1,  31»; 
der  Schmetterling, 
der,  als  ihr  {der  rose)  reiz  begann, 
voll  lüsternheit  an  ihrem  busen  hieng, 
blickt  ihren  rest  kaum  an.    Uöltt  47  Halm; 

sein  geisl  hing  wiegend  in  seinen  schlaffen  nerven,  von  sanf- 
ten lüften  angeweht.  J.  Paul  Hesp.  4,72;  anschaulich  heiszt 
es  vom  weihe  sie  hängt  am  halse  des  mannes ;  sie  fiel  im 
umb  den  halsz,  hieng  an  im.  er  aber  stiesz  sie  von  im, 
aber  wie  sie  nicht  wolle  nachlassen,  hieng  im  noch  weiter 
an,  schmitzet  er  sie  dorthin.  6.  d.  liebe  290';  auch  vom  manne: 

das  mädcben  bats  gesungen, 
da  klang  es  in  dem  wald, 
da  bin?  an  ibrem  halse 
der  schmucke  Jäger  bald. 

R.  Reinick  lieder  (1S57)  s.  199; 

von  dem  vogel  der  in  der  luft  schuebend,  dort  zu  hangen  scheint 
{vgl.  hängein):  das  ein  thier  ist,  das  im  luft  hangt  und 
schwebt,  als  die  vögel.  Frank  u-ellb.  vorr.;  die  singende  weit 
der  luft  hing  jauchzend  in  den  morgenfarben  und  im  himmel- 
blau. J.  Pacl  Hesp.  1, 165 ; 

im  einsamen  luftraum 
hängt  nur  der  adler  und  knüplt  an  das  gewölke  die  weit. 
Schiller  77*  (Spaziergang); 

hangen  als  egel  an  der  haut.  Fbisch  1, 413'. 

3)  eigenihümlich  ist  in  einer  fügung  das  verbum  von  den 
gegenständen  die  hangen,  auf  den  räum  übertragen,  woselbst  die 
hangenden  gegenstände  befindlich  sind:  die  bäume  hangen  vol- 
ler fruchte  ist  gleich  die  fruchte  hangen  in  fülle  am  bäume, 
die  erscheinung  uirkt  so  massig  auf  das  äuge  dasz  der  räum, 
wo  sie  statt  hat,    an  ihr  theil  zu  nehmen  scheint  {vgl.  eine  ähn- 

iche  Verbindung  unter  sitzen,  stehen): 

mitd.  die  sporen  strict  er  umb  den  vuoj, 

die  hiengen  voller  schellen..  iiS.  Hagen  3,  236'; 

nhd.  der  bäum  hängt  voll  fruchte,  der  galgen  hängt  voll 
diebe.  Frisch  1,413';  die  haar  hingen  in  vol  stro  und  häw. 
Agr.  spr.  (1560)  164';  dafür  eine  andere  fügung: 

zum  himmel  blick  ich  dann  empor, 

er  hängt  mit  wölken  dicht.    UHL.4^'D  ged.  29. 

prichwörtlich  der  himmel  hängt  voller  geigen,  omnia  laeta  sunt. 
>EBz  69";  der  himmel  hängt  voller  violinen.  Heixe  werke 
12,  87 ;  er  führete  uns  durch  die  küchen ,  und  als  er  das 
nachtschlosz  an  der  starken  eichenen  thür  aufmachte  . .  da 
-ahe  ich  dasz  der  schwarze  himmel  auch  schwarz  voller  lau- 
ten, flöten  und  geigen  hieng;  ich  vermeine  aber  die  schm- 
ken,  knackwürste  und  specksaiten  die  sich  im  kamin  befan- 
den. Simpl.  1,235  Kurz; 

bort,  so  bin  ich  der  maidhofirer  .  . 
und  kan  einer  heimliche  stuck  erzeigen, 
das  sie  maint,  der  bimel  hang  vol  geigen. 

fastn.  sp.  240  21. 

4)  der  begriff  hangen  verläuft  in  den  schwächeren  neigen,  nach 
unterwärts  geneigt  sein,  hier  wieder  in  sinnlichen  und  unsinnlichen 
fngungen. 

a)  sinnlich :  eine  tischplatte  die  sich  gezogen  hat ,  hangt 
nach  der  einen  oder  andern  seile;  hangen,  als  ein  gebäude 
oder  wand,  die  fallen  will,  nulare,  inclinalum  esse,  ruinam 
minari  Frisch  1,413';  als  ein  hangende  wand  und  zurissene 
inaur.  ps.  62,4;  hangende  oder  haldeude  ort  loca  pendula 
Maaler  212';  als  Ortsname:  in  den  hangenden  weg.  weisth. 
4,36;  in  Kärnthen  die  hanginde  want  bergnamc  Le.\er  133. 

6)  liäußg  übertragen;  von  seelischen  neigungen :  ja,  sollte  man 
sein  (Leibml:iens)  urlheil  nicht  eben  darum  für  so  viel  un- 
parlheiischer  halten,  weil  er  innerlich  nach  keiner  seile 
hing,  und  weder  das  eine  noch  das  andere  glaubte?  Lessinc 
;».  2SS ;  des  adels ,  der  . .  selbst  auf  die  seite  der  neuerer 
hing.  Schiller  SlO;  es  ist  eine  art  von  trägheit.  unsere  na- 
tur  bäng^  .«ehr  dahin.  Göthe  16,45;  ihre  seele  hängt  sehr 
liüeh  diesen  ideen.  s.  84; 


nach  dem  ihr  sinn  gehangen 
von  erster  wiegen  an,  dem  schreibet  sie  sich  zu. 
Opitz  3,  198; 
so  ists  natürlich  ding 
dasz  auch  ein  fürstensinn  nach  diesem  guten  {der  freundschaft) 
hing.      LocAü  2,  122,  15. 

ö)  in  andern  fällen  tritt  der  begriff  pendere  zurück  und  der 
verwandle  haerere,  haften,  kleben,  macht  sich  mehr  geltend,  auch 
hier  steht  das  verbum  bald  sinnlicher,  bald  übertragener. 

a)  in  eigentlichem  sinne  in  manigfachen  Verbindungen :  im  spiel- 
verzeichtiLs  des  Garg.  wird  aufgezählt  ich  hang,  ich  hafte  bl.  164'; 
ich  haft,  ich  hang  16S';  sähe  einen  wider  hinder  im  in  der 
hecken  mit  seinen  hörnern  hangen.  1  Afos.  22,13;  zwo  thür 
von  tennenholz,  das  eine  jgliche  thür  zwei  blat  hatte  an 
einander  hangen  in  iren  angeln.  1  kün.  6, 34 ;  der  das  heubt 
ist,  Christus,  aus  welchem  der  ganze  leib  zusamen  gefüget, 
und  ein  glied  am  andern  hanget.  Eph.  4, 16 ;  dasz  der  Ab- 
salom selber  in  der  Schlacht  mit  den  haaren  an  einer  eiche 
were  hangen  blieben.  Schlppius  159 ;  als  er  (der  hirsch)  . . 
unter  die  bäume  und  büsche  gerieth  und  mit  dem  geweihe 
hangen  blieb.  Lokmans  fab.  2;  der  schnee  bleibet  auf  dem 
dache  hangen,  nix  in  tectis  haeret.  Steisbach  1,694;  die  stäub- 
chen  hangen  mit  einander  zusammen,  atomi  inter  se  cotiaere- 
scunt.  das.; 

dann  wo  ich  wirf  mein  kletten  an, 

die  hangen  fast,     fastn.  sp.  262,20; 

des  küsters  festperücke 

hieng,  jämmerlich  durcbnäszt, 

am  wetterhabn  des  thurmes, 

wie  man  berichtet,  fest.    Höltt  11  Halm; 

könnt  ich  ewig  dich  umfangen 

und  an  deinen  lippen  hangen! 

Siolberg  ged.  (1779)  s.  146. 

b)  von  grenznaehbarn :  an  den  Menapiis  hangen  die  Morini. 
Frank  weUb.  27*. 

c)  von  blick  und  gehör  gesagt ,  das  sich  von  etwas  nicht  los- 
reiszen  kann:  an  dem  Fiesko  hängt  itzt  sein  falkenaug.  Schil- 
ler Fiesko  1,  3 ; 

an  einem  Raphael  mit  trunknen  blicken  bangt, 

und  jede  Schönheit  fühlt,  die  nur  dem  kenner  prangt. 

Uz  2  (1768)  s.  69; 
wann  sich  der  Christen  volk  an  heiiger  stäte  drängt, 
und  ihr  begierig  ohr  an  deinen  lippen  hängt,    s.  13b ; 

zauberische  äugen !    sie  erblickten 

nie  die  morgenröthe, 

hiengen  lieber  an  der  goldnen  weste, 

als  an  frülilingsblumen.    Höltt  53  Halm; 
kommst  du  (mond)  von  den  antipoden  wieder? 
göttin  meiner  seele,  blickst  du  nieder? 
diesem  äuge,  das  nach  dir  verlangt, 
nacli  dir  an  der  ätherwüste  hangt. 

J.  H.  Merk,  morgenbl.  1843  no.  122, 
still  wars  und  jedes  ohr  hieng  an  Aeneens  munde. 

Schiller  Zerstörung  von  Troja  l; 

mein  äuge  hieng  an  deinem  angesichte, 

an  deines  himmels  harmonie  mein  ohr. 

theitung  der  erde; 

an  Daphnens  aug  und  rosenwangen 

blieb  nie  mein  äuge  sehnend  hangen.    Gotter  1,58; 

ähnlich:  und  wie  hängt  nicht  die  trunkne  jugend  trinkend, 
wie  bienen  am  blühenden  lindenhaum,  am  geiste  eines  be- 
rühmten lehrers  !  J.  Pacl  36, 135  (Levana). 

d)  gefühl  und  seelische  neigung  betonend:  darumb  wird  ein 
man  seinen  vater  und  seine  mutter  verlassen  und  an  seinem 
weibe  hangen,  t  .Vos.  2,24;  und  sein  herz  hieng  an  ir,  und 
hatte  die  dirne  lieb.  34,3;  weil  seine  seele  an  dieses  seele 
hanget.  44,  30;  an  diesen  (vOlkern)  hieng  Salomo  mit  liebe. 
l  kön.  11,2;  hiengen  an  den  unnützen  götzen.  Jereni.  2.5;  sie 
gaben  dem  guten  kinde  alle  schuld,  dasz  sie  an  dem  comö- 
dianten  und  liederlichen  weltbruder  hienge.  polit.  stockf.  294 ; 
er  hing  vielmehr  leidenschaftlich  an  der  alten  amme.  Göthe 
19,  138 ;  mit  einem  auswärtigen  freund  . .  an  dem  ihr  ganzes 
herz  hängt.  25,278;  gedanken  habe  ich  und  die  bangen  an 
der  tochter.    Ixmerma.\.n  MünctJi.  3,192; 

ich  liebe  sie  wie  es  ein  busen  gibt 

der  treu  sich  einer  gab  und  knechtisch  hängt.    Göthb  5,203; 
wie  lange  hat  sie  an  dem  kerl  gehangen!    12,  186; 
der  heneidenswerthen  stille, 
an  der  sein  herz,  wie  an  der  freundschaft,  hing. 
Gotter  1,  166. 

e)  daher  weiter  von  personen  gebraucht  und  auf  parteirerhäll- 
n/v.<e  bezogen  :  dazumal  teilet  sich  das  volk  [srael  in  zwei  teil, 
eine  helfte  hieng  an  Thibni  . . ,  die  ander  helft  aber  hieng 
an  Amri.  1  kün.  16,  21 ;    am  radt  hangen  oder  dem  radt  bei- 


447 


HANGEN 


HANGEN 


448 


ston,  adjungi  ad  autliuiUtUem  seualus  Maaler  212';  an  einaii- 
deren  hangen,  mit  einandercn  wul  eins  und  vereinliaiet  sein, 
cohaerere  das.;  alle  dieses  volk  hange  unter  sich  zusammen, 
alle  stehen  für  einen.  Schiller  '4S  ; 

Sporlin,  Lorlin,  Stediri^bc, 

an  den  hieng  ein  grosz  geböbc. 

LiLiENCRO?(  volksl.  1,  170'. 

/)  in  andern  Wendungen,  die  das  bleiben,  beharren,  nicht  los 
kommen  können  betonen;  so  von  nieinnmjen ,  die  feslgehallen 
werden :  wiewol  unser  geistcr  auf  dem  wiirtlin  machen 
hangen  und  imer  pochen.  Luther  3,38';  in  ähnlichen  fallen : 
er  bleib  hangen  an  den  sünden  Jerobeam  des  sohnes  Nebat, 
(Ter  Israel  sündigen  machet,  und  lies  nicht  davon.  2  kön.  3, 3 ; 
so  man  den  lüdenden  buchstaben  .  .  laszt  faren  und  hangt 
an  dem  geisl  der  hölltiefen  speculationen  unserer  Professo- 
ren. FisciiART  bienk.  löSS  174';  wir  könnten  noch  wol  eine 
ziemliche  anzahl  solcher  heilloser  männer  und  narren  zu- 
sammen bringen,  bei  welchen  die  gottesforcht  so  leise  hängt, 
dasz  sie  lieber  ins  trinkhaus  gehen  weder  in  das  bethaus. 
Creidiüs  2,306;  biszweilen  mit  Unterlassung  des  gcschafts 
so  den  zank  macht,  hiengen  die  patroni  in  kleinern  rech- 
ten, welche  jetzo  für  sich  selbst,  jetzo  durch  denjenigen 
Oeisz  ausz  dem  ersten  entsprungen.  Scuüppius  770;  mein 
böser  geist  hängt  mir  auf  dem  nacken.  Kli.nger  1,  54.  vom 
siege,  der  an  den  einen  der  sireilenden  tlunle  geheftet  ist: 

auf  welchem  theil  hecht  noch  der  sieg. 

H.  Sachs  3,  1,  77'; 
von  personen  die  an  einem  orte  lange  weilen  (vgl.  kleben  II,  3,  6, 
th.  5,1046):  noch  einen  ganzen  monat  nach  diesem  vorfalle 
hing  Brederode,  .     eine  last  der  katholiken,  in  Amsterdam. 
Schiller  851; 

gleich  hängt  der  alte  kriegesmann 

am  nächsten  beckerladen.    Gökinge  3,  128, 

ich  strich  von  land  zu  land, 
und  blieb  zuletzt  im  reich  Golkonde  hangen. 
BäacKR  luS*. 
hangen  bleiben  von  saclien  die  tm  gedäclUnisse  haften :  er  hatte 
in  seiner  Jugend  viel  gelernt,  aber  es  war  wenig  hangen  ge- 
blieben. 

g)  juristisch  heiszl  es  processe  hangen,  liegen  zur  Untersuchung 
und  entscheidung  vor,  sind  anhängig:  dem  richter,  vor  dem 
solche  rechtfertigung  hanget.  Carolina  art.  73 ;  in  hangendem 
rechten  {Ute  pendcnle).  Frankf.  rcf.  1,22  §5;  auch  lieszen  sie 
ihm  (dem  kaiser)  fürhringen  wie  die  vom  bunde  hellen  eine 
freiheit  ausgebracht  im  hangenden  recht.  Schütz  Preuszen 
17C;  was  im  hangenden  recht  geschehen  were,  solle  man 
widerrufen.  193.  dalier  läszt  man  einen  process,  den  man  bis 
zur  entscheidung  nicht  bringen  will,  hangen;  und  danach  heiszt 
CS  freier  (vgl.  unten  9): 

wie  wol  er  (der  könig)  krieg  hett  angefangen, 

so  liesz  er  in  also  hangen 

und  stan  alse  ze  mal  zer  stund. 

Lkmz  Schwabenkrieg  21*; 

unler  gelinder  obrigkeit,  die  alles  hangen  und  hingehen  las- 
set.  SCHUPPIIJS   527. 

Das  veibum  wird  daneben  persönlich  verwendet,  auch  der  ver- 
klagte, gegen  den  ein  process  anhängig  ist,  hangt;  sprichwürtlich 
wer  hangt  der  langt,  streckt  die  hand  nach  hilfc  aus:  etliche 
alte  und  versuchte  Soldaten  lachten  darüber  und  sagten :  wer 
hangt,  der  langt!  der  gute  gesell  gedenket  sich  losz  zu 
schwatzen!  Simpl.  1,284  Kurz;  ich  will  nach  dem  altfränki- 
schen sprüchwort  sagen:  wer  hangt,  der  langt!  4,15.  das 
spricliwort  klingt  wieder  in  einer  freieren,  nicht  persönlichen  fügung: 
ich  . .  alles,  wo  es  hanget  und  langet,  verrichten,  alle  nacht- 
lager  bestellen  und  voran  schicken  müssen.  Scmweimchen 
2,  291 ;  so  habe  ich  auch  das  hauptkommissariat  allenthalben, 
wo  es  hanget  und  langet.  3,  21. 

<i)  hangen  i-on  eigenschaßen,  die  eine  saclie  begleiten  ohne  im 
wa>en  zu  ilir  zu  gehören:  es  musz  aber  an  dem  buch  noch 
etwas  bc8ond(:res  gehangen  haben ,  unterbrach  der  doctor, 
denn  der  monch  bezeichnet  es  mit  dem  ausdiuck  ungeheuer, 
welches  etwa  unscrm  wort  unheimlich  enlsprichl.  FtibYTAG 
handschr.  1,12;  allgemein  eine  suche  und  was  daran  hängt, 
wiu  zu  ilir  ifehürl:  gegen  den  gilt  Unverschämtheit  und  alles 
wa»  dran  hängt.  GüniK  7,120;  er  hatte  mir  schon  öfters 
Min  den  drei  einheilen  des  Aristoteles,  von  der  rcgclmöszig- 
keil  der  französischen  bühne,  von  der  Wahrscheinlichkeit, 
von  der  barmunic  der  vcrsc  und  allem  was  daran  hängt  . . 
vurerzftbll.  24,  I6ö ;  der  cbrgeiz  und  die  daran  hangende  rach- 
Kicr.  CaR.  Wkise  kl.  UuleSH.   hierlter  auch:  im  anfange  hing 


die  literafur  blosz  an  den  Universitäten  (bildete  einen  anhang 
zu  ilinen).  Nicolai  GOkingks  leben  47, 

7)  hangen  an  etwas,  im  zusammenhange  damit  stehen,  daran 
haften:  sol  man  beweisen,  das  (dasz  es)  ein  iiew  sonderlich 
stück  sei,  und  hange  nicht  am  vorhergehenden.  Lutheh  3,64*; 
das  ichs  so  finde  im  text ,  wenn  mans  redet,  lieset  und 
höret,  das  es  an  einander  hange  nach  natürlicher  rede  art. 
60* ;  es  hanget  nit  ancinanderen ,  es  reimpt  sich  nit,  non 
coliaerent.  Maalek  212';  —  dann  weiter  an  etwas,  an  einem 
bangen,  ton  etwas,  jemand  abhängig  sein:  es  hangt  das  schilT 
mehr  an  den  rudern  dann  die  rudcr  am  schiff.  Frank  spr. 
l,llo';  das  es  an  niemand  als  uns  selbst,  seine  beständig- 
keit  und  gnade  zu  haben  beruhet  und  hanget.  Butschky  hd. 
kanzl.  654;  müsziggänger  vergreifen  sich  wider  das  siebende 
gebohl,  wie  denn  diebstahl  auf  gewisse  mas  an  einem  ideu 
(jeden)  müsziggangc  hanget.  Palm.  330;  zu  dehm  hanget  der 
ritterdienst,  welchen  mancher  seinem  vateilande  gelahn, 
seilen  an  ihm  aliein:  angesehen  andere  ihm  gemeiniglich 
den  anschlug  helfen  auswürkcn,  und  zuförderst  golt  glück 
und  heil  dazu  geben  mus.  723;  ein  dichter  von  so  groszen 
lalenten  (Racine  der  sich  über  die  Ungnade  Lttdwigs  XIV.  zu  tode 
gegrämt  hatte)  dessen  leben  und  tod  an  den  äugen  eines  königs 
hängt.  Göthe  18,  289 ;  sein  köpf  hängt  an  meinem  wort. 
42,214; 

doch  da  wir  mit  Vernunft  und  andacht  überlegt, 

dasz  uns  die  pdiclit  und  schuld  gar  sehr  zu  leibe  ginge, 

und  unser  rühm  zugleich  an  euren  eiiren  hinge. 

Amarantiiks  259; 

das  wohl  Aegisths 
hängt  am  geheimnis  seiner  ankunTt.    Gottgr  2,259; 
doch  glück  und  ehre  hängt  daran, 
aus  welchem  quelle,  lieber  mann, 
wir  unsre  Weisheit  schöpfen  wollen.    Gökingk  1,18, 
nach  goldc  drängt, 
am  golde  hängt 
doch  alles,    ach  wir  armen  I    Göthb  12,  143; 

stall  der  pracp.  an  tritt  aus  oder  von  auf:  denn  ein  heubt  mus 
eingeleibet  sein  seinem  corper,  und  müssen  die  gliedmas  aus 
dem  heubt  hangen,  ir  werk  und  leben  von  im  haben.  Luther 
1,269*;  wann  von  denselben  (den  geselzen)  der  öffentliche 
fride  und  die  menschliche  gesellschaft  beuget.  Butächkv  tan;/. 
495 ;  ordnete  er  andere  rahlsherren,  und  beförderte  zu  denen 
höchsten  ehrenäinlern  iieugebakkene  aus  dem  geraeinen  pöfel, 
so  von  ihme  alleine  hingen.  Patin.  919; 

dann  was  nothweodig  ist,  kan  nicht  von  andern  hangen. 

Opitz  //.  Grotius^  walirli.  291, 

von  ihrer  willkühr  hangt  der  mensciien  lebcnslauf. 

GÖNTUKR  670. 

8)  nahe  zur  vorigen  steht  die  bedeutung  enthalten ,  besddossen 
sein:  in  diesen  zweien  geboten  hange!  das  ganze  geselz  und 
die  Propheten.  Matlli.  22, 40 ,  griecli.  ökos  o  röftoe  xai  oi 
nQo<ffJTni.  x()£fiarrai,  lat.  universa  lex  pendct  et  prophetae; 
auch  Bchaims  evangeiienbuch  übersetzt  in  diseii  zwein  gebuteii 
hengit  di  cc  gancz  und  di  propheleu;  das  wort  mus  in  allen 
absolutiun  seiu,  Ja  alle  absolutioii  hangen  darinnen.  Luther 
1,64";  darumh  ist  das  nicht  war,  das  keine  ceremouieu  in 
den  zehn  gcbulcn  sind  oder  keine  judicialia.  sie  sind  und 
hangen  alle  drinnen  und  gehören  hinein.  3, 41* ;  denn  aus 
den  zehn  gebuten  llieszen  und  hangen  alle  ander  gebot  und 
der  ganze  Muse.  das. ; 

ilir  alle  ding  seit  lieben  gott 
iincli  iillzuii  halten  sein  gepol, 
und  was  du  dir  nit  gniinen  söist, 
dem  nächsten  das  vertragen  wölat. 
an  sölchuiu  hvngi  das  ganz  gescti, 
als  Christus  selbst  hi  liusz  zu  letz. 

SCMWARZBNBXRG    147'. 

9)  die  bedeulung  hangen,  haften  verläuft  endlich  in  di<  des 
Stockens,  der  hinderung  (rgl.  einen  ähnlichen  Übergang  bei  haften 
.ip.  134  unten),  eine  btdeulung,  die  auch  schon  aus  der  oben  unter 
5,  f  und  g  sp.  447  gegebenen  mit  liervorschien :  es  bleibet  alles 
hangen,  om/iiu  lentc  prucedunt.  Stieler  760;  so?  hängt  es  da 
(hegt  es  daran}'!  koTZKiiUE  dram.sji.  3,307;  in  der  perspectiv 
und  baiikiinsl  bin  ich  vorgerückt,  auch  in  der  coniposilinn 
der  landschafl.  an  den  lebendigen  creaturcn  hängls  noch,  da 
ist  ein  abgrund ,  doch  wäre  mit  ernst  und  uppltcation  hur 
auch  weiter  zu  kuminen.  Üöthe  29,  38.  —  hangen  wird  auch 
von  Schuldnern  gebraucht,  die  in  der  ablragung  ihrer  rerbtndltch- 
keilen  stocken:  er  hangt  noch  bei  ihm,  «<  »*"•  noch  schuldig; 
er  hieng  mit  einer  bedenklich  groszen  summe  b«i  scinein 
bucbhBndIcr. 


449 


HÄNGEN 


HANGEN 


450 


10)  das  pari,  praes.  hangend  mehrfach  in  technischem  sinne. 

a)  bergmännisch  begeht  ein  gang  aus  hangendem  «nd  liegen- 
dem: hangendes  ist  das  gestein,  so  über  dem  gang  lieget, 
so  gleichsam  des  ganges  dach  ist;  wenn  man  in  Schacht 
fähret ,  so  ists  das  theil ,  dahin  man  den  rücken  kehret, 
miner.  lex.  287* ;  als  da  auf  dem  Stollen  ein  Schacht  nieder- 
gefellet  und  man  will  ein  tagschacht  absinken  durch  unrer- 
schroten  feld,  der  in  all  vier  orten  und  in  hangends  und 
ligends  dem  untern  schacht  antworten  und  zutrefiFen  solle. 
MiTBES.  Sar.  143*;  aber  ein  vestern  gang  der  sich  hauen 
läszt,  auch  ein  vestes  und  noch  vesters  gestein  des  hangen- 
den gewinnen  sie  mit  stärkern  bergeisen,  nemlich  mit  dem 
fimmel  also  genant.  Bechids  Agricola  S3. 

b)  hangendes  rüder  ist  dem  sclaffer  ein  rüder  das  in  riemen 
ijpht,  im  gegensatz  zu  dem  frei  geführten  handruder :  von  einem 
schiffe  mit  einem  hangenden  roder,  das  daselbst  ausz  oder 
in  ledet,  vnnf  pfennink  cultz,  von  einem  schiffe  mit  einem 
handroder  dry  pfen.  cultz.  treisth.  1,  621 ;  ebenso  s.  SSO. 

c)  «rt  hangender  wagen  icard  früher  eine  sänfle  genannt,  im 
gegensatz  zum  fahrwagen  {dim.  fahrwägelchen  3,12661:  han- 
gende wägen  pensilia  vehicula,  camerata  relticula  Maaleb  212'; 
hangender  wagen  allenthalben  bedeckt,  rossbar,  senfle  arcera 
das.;  hangendwägele  arca  camerata  das.; 

so  spart  man  weder  ross  noch  karren, 

ja  weder  Schlitten  noch  hanget  wagen,    trag.  Joh.  Qj. 

HÄNGEN,  verb.,  praet.  hängte,  part.  gehängt,  es  ist  oben 
(sp.  441)  bemerkt,  dasz  sich  dieses  terbum  sowol  in  einzelnen 
formen,  als  auch  in  der  bedeutung  mit  starkem  hangen  gemischt 
hat,  und  dasz  in  der  2.  und  3.  sg.  praes.  nicht  erkannt  werden 
kann,  ob  die  formen  dorthin  oder  hierher  fallen. 

hängen  stellt 

I.  transitiv. 

1)  an  den  galgen  aufknüpfen,  wofür  mhd.  immer,  und  auch 
nhd.  vielfach,  meist  bei  oberdeutschen  Schriftstellern  henken  gilt: 
lies  den  könig  zu  Äi  an  einen  bäum  hengen.  Jos.  8, 29 ; 
wird  also  getödt,  das  man  in  an  ein  holz  henget.  h  Mos. 
21, 23 ;  gott  wird  seines  gebots  nicht  vergesseu  und  inen 
auch  lohnen  wie  sie  gedienet  haben,  und  hengen  nicht  an 
einen  grünen,  sondern  dürren  galgen.  Luther  4,  403* ;  kleine 
diebe  hängt  man,  grosze  läszt  man  laufen;  die  kleinen  diebe 
henget  man  an  galgen,  aber  die  groszen  diebe  gehen  in 
mardern  schauben  herein.  Luther  4,  527';  einen  an  den 
galgen  hängen,  suspendere  aliquem  in  patibulum.  Stei.nbach 
1,  695 ;  S.  er  fragt  an,  ob  er  sie  auch  wie  die  andern  soll 
hängen  lassen?  E.  ich  bin  des  hängens  müde.  GötheS,  2lü; 

0  wohl!  so  hängt  mir  sie,  nur  ohne  viel  geschwälze !  13,  27; 
spricktrörter :  bistu  gebom  zum  stehlen,  so  bistu  geboren  zum 
hengen.  ScuoTTELlhs';  wer  nicht  alt  will  werden,  lasse  sich 
jung  hängen ;  wenn  ihr  nicht  alt  werden  wolltet,  so  hättet 
ihr  euch  in  der  Jugend  sollen  hängen  lassen.  Göthe  25,  259. 
betheuenid :  giebts  noch  einen  solchen  lieuchler,  so  will  ich 
mich  hängen  lassen.  Klixgeb  1.169.  —  Reflexiv  sich  hängen, 
>tch  durch  erhängen  tödteu :  er  hat  sich  gehängt,  suspendio  vo- 
tuntario  vilam  finivü.  Steisbach  1,  695. 

2)  allgemeiner  ettcas  aufhängen,  in  hangende  läge  befestigen: 
da  wir  nu  die  mauren  gebawet  hatten,  henget  ich  die  thür. 
.NVA.  ',  1 ;  wiewol  ich  die  thüre  zu  der  zeit  noch  nicht  ge- 
benget hatte  in  den  thoren.  6, 1 ;  im  bergwesen  das  rad  hängen, 
an  sanen  gehörigen  ort  bringen,  miner.  lex.  437';  —  mit  der 
Ortsbestimmung  wohin:  da  henget  ich  ein  spangen  an  ire  stirn. 

1  Mos.  24,47;    solt  in  {den  Vorhang)    hengen    an    rier  seulen. 

2  Ifoj.  26, 32 ;  macht  man  auch  einen  nagel  draus ,  daran 
man  etwas  möge  hengen?  Bes.  15,3;  durch  den  schmuck  so 
ich  an  dich  gehengt  hatte.  16, 14 ;  henget  den  köpf  (des  Holo- 
fernes)  über  die  mauren  hinaus,  hid.  14,  2;  die  kette  henge 
man  ihm  an  den  hals.  Zinkgbef  apophth.  2  (i631)  s.  34; 

ihr  hängt  um  meine  schlafe  zackige  korallen, 

lind  perlen  in  mein  haar?    Rasleb  2,  15; 

hängte  das  schweri  um  die  schulter.    Odyssee  2,  3; 

da  hängt  Helen  in  traurigkeit, 

wohl  afs  sie  war  alleine, 

an  ihren  arm  den  kränz,    ühlaiid  ged.  235; 

Ivon  gegenständen,  die  klebend  haften:  den  staub,  der  sich  an 
uns  gehenget  hat  von  ewer  stad.  Luc.  10.  li;  kielten  hängen 
sich  an  die  kleider;  übertragen:  fürs  bleiben  hat  sie  keinen 
^egriff,  und  ihren  fluch  hat  sie  ans  stillestehen  gehängt. 
GöTBE  50,4.  — i4ttcA  sonst  freier:  er  verschonte  sie  zwar  mit 


um  in  ihr  zerrissenes  herz  nicht  neue  ziehende  quälen  zu 
hängen.  J.  Paul  Hesp.  4,86;  der  grad  des  Zusammenhanges, 
welcher  die  theilchen  an  einander  hängt.  Kant  8, 307 ;  die 
natur  hängt  durch  Zwischenglieder  die  entfernten  eigenscUaf- 
ten  mit  den  nahen  zusammen,  s.  282;  er  hängt  die  worte 
fein  an  einander,  praeclare  verba  verbis  coagmentat.  Steisbach 
1,695.     reflexiv: 

welch  eine  wölke,  die  kein  Sonnenstrahl  durchblinkt, 
hängt  sich  um  jedes  aug?  Hölty  44  Halm; 

es  hängt  gewicht  sich  an  gewicht, 
und  ihre  masse  zieht  mich  schwer  hinab. 

ScBiLLKa  Wollenst,  tod  3,  23. 

sprichwörtliches:  geld  an  jemand  hängen;  was  soll  ich  lange 
erzählen,  wie  ich  mich  ihrer  angenommen,  was  ich  für  sie 
gethan,  was  ich  an  sie  gehängt,  wie  ich  auch  in  der  ab- 
wesenheit  für  sie  gesorgt  habe.  Götüe  18,179;  einem  etwas 
an  den  hals  hängen,  s.  sp.  245;  etwas  an  den  nagel  hängen, 
in  den  rauch  hängen;  und  hengt  dien^eil  in  den  rauch  dis 
ernste  gestrenge  gebot  gottes.  Luther  4,441*;  etwas  an  die 
grosze  glocke  hängen,  aufhebens  machen;  den  mantel  nach 
dem  wind  hängen ,  quomodocunque  in  mari  rcntus  sit ,  exinde 
velum  vertere.  Sebz  95';  einem  den  brodkorb  höher  hängen; 
lassen  wir  uns  aus  einander  sprengen, 
werden  sie  uns  den  brolkorb  höher  hängen. 

ScuLLLEB  Wallensl.  tager,  11.  auftr. 

3)  hängen  von  körpertheilen,  die  man  herabhangen  läszt;  man 
hängt  den  köpf  zum  zeidien  der  traurigkeit,  das  maul  zum 
zeichen  der  Unzufriedenheit:  wie  heulen  sie,  wie  schendlich 
hengen  sie  die  köpfe.  Jerem.  48,  39 ;  die  jungfrawen  von  Jeru- 
salem hengen  ire  heubter  zur  erden,  klaget.  2,10;  derselbe 
schalk  kan  den  köpf  hengen  und  ernst  sehen.  Sir.  19,  23; 
beginnet  er  {der  hirsch)  den  köpf  zu  hängen.  Lokmans  fab.  2 ; 
drumb  sol  das  frauenzimmer  nicht  alsbald  das  maul  hängen, 
wann  sie  von  den  ihrigen  eine  abschlägige  antwort  bekom- 
men. ScBDPPiüs  16; 

man  fängt  dem  kind  die  drossel  ein, 

im  käQg  sitzt  sie  dort, 

doch  singen  will  sie  nicht  und  hängt 

ihr  köpfchen  immerfort,    ühland  ged.  s.  241 ; 

die  flügel  hängen,  bildlich  von  einem  mutlosen.  Klisgeb  12,  75 ; 

dasz  Lieszchen  musz  die  Hügel  hengen, 

die  sonst  so  munter  hat  gethan. 

was  gehts  mich  an?    Picanoeb  emgtseherth, ged.  3, 450; 

rg/.  hangflüglicht.  auch  der  demütige,  wellentsagende  und  fröm- 
melnde hängt  den  köpf,  rg/.  kopfhänger  5,1774;  solt  das  ein 
fasten  sein,  das  ich  erwelen  sol,  das  ein  mensch  seinem  leibe 
übel  thut,  oder  seinen  köpf  henge  wie  ein  schilf,  oder  auf 
eim  sack  und  in  der  asschen  liege?   Jes.  58,5; 

nur  halte  von  hängenden  köpfen  dich  fern.  Götbb  1,  138. 
anders  ist  die  redensart  den  mund,  die  nase  in  etwas  hängen, 
etwas  prüfen  und  bekritteln:  kaum  sitzt  der  herr  bei  seinen 
patienten,  gleich  sind  seine  spürhund  da,  die  selbstheiligen 
pharisäer,  hängen  ihren  rüssel  drein,  geben ^vor,  er  sei  ein 
suchen-trunk.  Otho  1379 ;  henge  die  nase  in  deinen  eigenen 
busen.  Schottel  1117*.  • 

4)  hängen  mit  persönUchem  objeet  einen  an  sieh  fesseln,  als 
a}ihang  erwerben:  Manes  machte  im  auch  jünger,  und  hengte 
viel  Volks  an  sich.  Lutheb  3, 126*;  das  dieser  rasender  mensch 
aus  lauter  ehrgeiz  die  alten  ketzereieu  . .  von  neuen  erregt, 
den  gemeinen  pofel  an  sich  hengt.  1, 279' ;  daher  sich  an 
einen  hängen,  Him  folgen,  auf  der  spur  gehen:  also  ereilet  sie 
aber  Massinissa  mit  dem  reisigen  zeug  aus  iNumidia,  der 
henget  sich  an  sie,  und  rant  sie  an,  jetz  bei  den  letzten, 
jetzo  beiseits.  Livius  von  Cobbach  148*;  —  aber  auch  dessen 
anhang  bilden:  henge  dich  nicht  an  den  pöbel.  Str.  7,7;  die 
sich  an  huren  hengen.  19, 3 ;  henget  sich  an  einen  büiger 
desselbigen  landes.  Luc.  15, 15 ;  wenn  manche  faule  magd 
der  haber  sticht  und  sie  die  guten  tage,  welche  sie  bei 
herrn  und  frauen  hat,  nicht  länger  ertragen  kan,  so  hänget 
sie  sich  an  einen  tügenichts.  Scudppiqs  341 ;  ob  auch  ein 
unterthan ,  wann  er  von  seiner  obrigkeit  gar  zu  hart  be- 
schweret wird ,  deswegen  ihr  solt  untreu  werden ,  sich  an 
eine  andere  herrschafl  hängen,  und  wider  geleistete  eid  und 
pflicht  handeln?  385;  dasz  er  sich  hinter  mein  wissen  an 
ein  leichlferlig  Weibsstück  gehängt.  Chr.  Weise  kl.  leule  lö9; 
dasz  du  dich  an  solche  menschcr  hängst.  Lenz  l,  283 ;  ich 
bedaure  den  mann,  der  sich  an  ein  mädchen  hängt.  Götbe 
10,  167; 

und  mach,  und  ricbts  nach  meinem  sinn, 
häng  dich  an  ihre  nachbarin.    12,  146; 

29 


451 


HÄNGEN 


HÄNGEN 


452 


auch  von  mehreren  sich  an  cinanJer  hängen:  weil  der  gott- 
lose Übermut  treibet,  miis  der  elende  leiden,  sie  hengen  sich 
an  einander,  und  erdenken  böse  tück.  ps.  10, 2. 

5)  (lies  persünlidte  sich  an  einen  hängen  kann  auch  sinnlich 
in  der  bedeulung  sieh  ankiaviniern,  festhalten  stehen:  die  kinder 
hängen  sich  an  den  vater  6«  der  begrüszung ; 

und  keine  kinder  mehr  ..  sich  ihm  (dvm  vater)  entgegendrängen, 
und  sich  um  seinen  k'uss  beneidend  au  ihn  hängen. 

GoTTKR  1,  135; 
wenn  mit  ge^valt  an  deinen  hals 
sich  allerliebste  mädchen  hängen.    Göthb  12,  15; 

hengen  wir  uns  nun  daran  {an  gottes  rechte  !uind)  mit  festem 
glauben.  Luther  5,60';  wer  sich  an  menschen  arm  henget 
und  tröstet  sich  der  fürsten  band,  das.;  sich  selbs  verleug- 
nen, und  an  die  rechte  band  gottes  sich  hengen.  61*. 

6)  daher  in  bezug  auf  neigung,  meinung,  grund,  ansiclit: 
warumb  ruckt  er  solch  hundert  tausent  gülden  dem  nicht 
auf,  der  noch  lebt,  und  auch  wol  darunib  weis,  und  im 
freilich  wol  antwort  gnug  geben  würde?. das  lesset  er  wol, 
er  furcht  er  möcht  ram  fahen ,  darumb  henget  er  sich  au 
den  unschuldigen  verstorben  man.  LuriiEn  (i,  3l';  darumb 
mus  man  sich  hie,  wider  alle  Vernunft  und  sinne,  allein  an 
das  wort  hengen,  vom  himel  offenbart.  67';  da  hängt  er  sich 
an  jeden  muthwillen,    der. vorbei  ist,   erinnert   an  jede  un- 

,    ruhe,  die  gestillt  ist.  Göthe  8,229;  ich  kann  mich  nicht  an 
den  rühm,  das  luftige  unding,  hängen.  Kli.nger  2, 119. 

Für  die  reflexive  eine  andere  fügung :  feilet  euch  reichthum 
zu,  so  henget  das  herz  nicht  dran.  ps.  62, 11;  an  etwas  musz 
der  mensch  seine  gedanken  hängen.  Ihherhann  Münchh.  3,192; 

nicht  an  die  guter  hänge  dein  herz, 

die  das  leben  vergänglich  zieren !    Schiller  510. 

7)  hängen,  hinzufügen  als  anhang:  ich  habe  einen  einigen 
bogen  trucken  lassen  de  adornando  memoriali  biblico ,  und 
habe  daran  gehänget  den  hundert  ein  und  fufzigslen  psalm. 
ScHL'PPius  627 ;  das  treiben  .  .  jetziger  zeit  und  politik  . . 
samt  deren  daran  gehängten  menschen.  J.  Paul  leben  Fibels, 
vorr.  s.  2;  mama  sagte  mir  das  alles  treulich  wieder,  hängte 
aber  die  wohlmeinende  erinnerung  daran,  auf  so  etwas  .. 
dürfe  man  so  sehr  nicht  achten.  Göthe  19,  2S3; 

man  nennt  uns  saurer,  hängt  an  unsre  namen 
ein  schmutzig  buiwort.      Sliakesp.  Hamlet  1,4; 
they  clepe  us  drunkards,  and  witb  swinish  phrase 
soil  cur  additiou. 

8)  das  mild,  hengen,  hangen  lassen,  besondeis  verslanden  von 
dem  Zügel  und  leüseil  des  rosses  und  hundes,  dann  bildlich  nach- 
geben, gescliehen  lassen,  ist  auch  später  nicht  ausgestorben:  bair. 
einen  hund  nach  einem  wild  hengen.  Schm.  2,  212;  inler- 
jeclionell  heng,  heng,  mille ,  laxa,  remille  prompt.  ».1018  das.; 
den  Zügel  hengen,  dare  habenas  Dasyp. ;  dazumal  vergasz 
Amadis  seiner  gewönlichen  bescheidenheit,  und  . .  hengl  sei- 
nen gelüsten  den  zäum  also  ferr,  dasz,  was  bilt  und  schwachen 
widerstand  doch  Oriana  thet,  die  sich  dennocht  nicht  freien 
möcht.  Amadis  362.  ein  nachklang  dieser  bedeulung  ist  Hippels 
sich  zur  Schwärmerei  hängen,  br.  14,  74. 

Hiervon  noch  im  bergwesen  hängen  niederlassen :  hengen  ist 
holz  oder  sonsten  was  in  die  gruben  niederlassen.  Mehhing 
hisl.-polit.  lex.  (l73C)  anh.  48*,  auch  ablassen :  henge,  rufen  die 
anschlägcr  in  der  gruben,  wenn  bcrg  und  erz  gezogen  und 
ihnen  das  seil  entzogen  wird,  ehe  der  kübcl  angemacht  wird.  4S\ 

II.  inlrans-iliv  <=  bangen. 

1)  an  den  galgen  kommen,  gehängt  werden:  in  England  ist 
das  hängen  nicht  so  schimpflich  wie  hei  uns.  Heuel  schalz- 
kdsUein  (1859)  f.  191 ; 

E.  was  gibu  denn?    M.  u  hu  hu,  ich  soll  heut  abend  hängen! 

GöTHK  13,  32; 

auch  am  galgen  aufgeknüpft  sein:  die  diebc  hängen  schon; 
He(ikl  brauclit  so  hängen  und  setzt  iJim  das  transitive  henken 
entgegen:  wenn  ihr  wollt  gehenkt  sein,  will  er  euch  henken 
lassen ;  es  hängen  zwar  schon  zwei  am  galgen ,  aber  be- 
kanntlich ist  er  dreischlälerig.  schatzkdstl.  (1859)  s.  202. 

2)  allgemeiner  pendere  (irie  hangen  sp.  443),  in  .strengerer 
und  freierer  anuendung:  das  ir  die  tiirencn  auf  ihr  gülden 
ketten  flelen  und  wie  die  perlen  dran  hengen  blieben.  Mathes. 
Sar.A^t'i  die  frauenzimnier  aber  halten  schon  heute  früh  .. 
sich  erinnert,  dasz  eine  itchöne  pekcsche  eines  vettern  im 
schrank  hange.  GOtiib  25,363;  junjou,  dieses  hängende  sie- 
ge! eines  tborcn.  J.  Paul  llesp.  2.145; 

bei  Dsebilgallpn  darf  keio  dummer  gimpel  bflngen. 

AlAKAKTUU  42 1 


die  siegeswaffen  hängen  im  saal.    Ubland  ged.  7; 

indesz  die  harte  hänget  unter  bäumen,  s.  137; 
schau,  die  steine  hängen  wie  bluten  aus  der  ewigkeit  in 
unsere  erde  herein.  3,  235 ;  der  voll  gewitter  hängende  märz- 
nchel.  biogr.  bei.  1S4;  wickelte  sie  daher  in  die  hängenden 
aufgedunsenen  priesterkleider  ein.  ans  des  leufels  pap.  1,23; 
an  den  abendhügeln  hängen  rufende  schaafe  neben  liegen- 
den lämmern.  Tit.  2,51; 

bienen  . .  hängen  glänzend  daran  wie  thau. 

E.  V.  Kleist  2,38; 
und  die  braut,  mit  jugendlust 
hängend  an  des  treuen  brüst.    Uhland  ged.  7; 

unter  sich  hängen : 

die  blumen  werden  welk  und  hengen  unter  sich. 
Flbiinc  17; 
ähnlich:  die  blumen,  die  am  abend  frisch  geblüht, 
sie  hängen  hingeweiket  dort  vom  Stengel. 

Uhland  ged.  s.  131; 

von  herabhangenden  küiperlheilen :  du  komest  mir  mit  henge- 
den  und  müszigcn  henden  zfi  hausz,  wan  du  arbeiten  sol- 
lest. Steinhöwel  416,  7 ; 

mit  langsamen  schritt 
und  trostlos  hängendem  haupt  kam  er  herbeigeritten. 

WlKLAND  4,  120; 

sjrrichwürllkh  wer  lang  hat  läszt  lang  hängen;  wer  lang  hat 
läszt  lang  hange,  hat  der  teufel  gsagt,  wie  ihm  der  schwänz 
unte  raus  guckt  hat.  Hüfer  wie  das  volk  spriciU  (1866)  s.  139. 
von  einem  dessen  kleider  schlottern,  wird  gesagt  er  hängt  in  den 
kleidern :  Wehmeier  aber  im  geräumigen  saftgrünen  Dause 
hängend.  J.  Paul  Tit.  1,104.—  Sprichwörtlich:  ich  will  dir 
meinen  advocaten  schicken,  der  weisz,  wo  die  zäume  hängen. 
Rauener  sal.  3  (1757)  s.  243. 

3)  dann  auch  hacrere,  haften,  kleben:  denen  knechten  und 
mägden  wünsche  ich  bände,  daran  kein  pech  ist,  also  dasz 
sie  an  ihres  herrn  haah  und  gut  nicht  hängen  bleiben. 
ScHüPPiüS  668;  ihr  musz  ich  diesen  Karl  aus  dem  herzen 
reiszen,  wenn  auch  ihr  halbes  leben  dran  hängen  bleiben 
sollte.  Schiller  rduber  1,1.  in  der  Jägersprache:  hängen  nennt 
man  es,  wenn  hunde,  wölfe,  fuchse  bei  der  begattung  an 
einander  hängen,  v.  Thüngen  waidm.  pract.  299.  —  In  freierer 
anwendung:  alle  verschworene  hängen  gerührt  an  ihren  Waf- 
fen. Schiller  Fiesko  5,13;  Kariös  nimmt  das  papier,  und 
hängt  voll  Ungeduld  an  ihrer  crzählung,  ohne  sich  zeit  zu 
nehmen,  es  zu  lesen.  Don  Karlos  2,  8 ;  blieb  viel  zu  lange  an 
einer  idee,  ja  mau  möchte  sagen  an  einer  sentenz  hängen. 
Göthe  19,  142;  soll  meine  seele  nicht  mehr  hängen  an  dem 
was  liebenswerth  und  gut  ist?  bei  Kästner  s.  71. 

4)  von  seelischen  und  parteineigungen :  ich  bin  nicht  unrein, 
ich  henge  nicht  an  Baaliin.  Jer.  2,  23 ;  so  nniszte  wohl  Ce- 
sara  am  heitern  duldenden  lehrer  . .  recht  innig  hängen. 
J.  Paul  Titan  I,  9 ;  mit  dem  geld  sei  es  doch  nicht  gemacht, 
und  es  sei  eine  gräuliche  sache,  wie  er  daran  hänge.  J.  Gott- 
uelf  scliuldenb.  12.  itt  anderer  Wendung:  jeder  künstler,  wie 
jeder  mensch  ist  nur  ein  einzelnes  wesen,  und  wird  immer 
nur  auf  eine  seile  hängen.  Göthe  38,58. 

5)  dem  transitiven  hängen  in  der  bedeulung  S  (sp.  451)  zur 
seile  sieht  ein  hängen  nach  etwas,  zunächst  ross  oder  hund  auf 
eine  spur  lassen,  dalter  nachjagen:  so  sali  er  ryden  tzu  dem 
Haine  in  eines  forsimeisters  husz,  da  sali  er  linden  eynen 
wiszen  bracken  mit  gedreifteu  oren  off  einer  syden  koldern 
an  einem  syden  seile,  und  sali  dem  wilde  nachhengen.  irm//i. 
1,502;  aber  nit  dester  minder  hengten  der  graff  Henne  und 
sein  rititr  Gryffon  . .  des  herzogen  Heue  diener  nach.  Aimon 
bog.c;  in  freierer  anuendung  istrcben:  wa  die  sinnlichait  hin 
wil,  da  henget  die  Vernunft  und  der  frei  wil  hinnach.  Keislrs- 
rehc  granalapfvl  (geistl.  .spinn.)  Mo';  und  hielten  den  lovein 
für  huchwcisz,  dasz  er  der  Europa,  so  und  andern  seinen 
bulschaflen  also  nach  gehengt.  Amadis  363; 

heng  du  gloichwol  stehts  nach  dorn  sig. 

Wkckiieklii«  150. 
mundartlich   auch    unpersönlich   \ind  in    etwas   anderer  füguni) 
so,  da  hängt»  hinaus  (da  wollen  deine  bedenken  hin) !  fliegenik 
bi,  bd.  51  s.  74'. 

0)  lue  bedeulung  kann  übergehen  in  Hie  den  sügel  .vliieszni 
lassen,  nachgeben  (vgl.  nachhängen):  du  hast  aber  deinem  zorn 
soviel  gehengt,  und  lässt  dein  räch  gehen  über  gut  und  hu«. 
Livius  von  CimiiAcii  37';  die  betten  wol  in  ehren  und  gut  nni 
ircn  mannen  mögen  leben ,  wo  sie  sich  ihres  gcschirchts 
nit  zu  vil  überhebt  und  der  holTart  nit  zu  vil  gebengt 
betten.  128'; 


453 


HÄNGEN  —  HÄNGESEILKÜNST 


HÄNGESTOCK—  HANGWESEN 


454 


wem  kumpt  grosz  kummer  für  di  thür, 

ob  er  hi  zeitlich  lieb  verlür, 

soll  hengen  (soll  dem  kummer  nachgeben),  kainer  wollust  spür. 

SCHWARZBNBERC    151'; 

wie  mhd. :  pei  der  vliegen  verslet  man  den  teufel,  der  hanget 
dem  menseben  tag  und  naht  an  den  orn  seins  muotes  und 
seinr  gedenk,  und  versäumt  sich  der  mensch  icht  ze  lang, 
da;  er  in  niht  absieht,  also  dag  er  im  henget  mit  gedänken 
unz  in  den  willen  und  in  den  glust,  waerleich  so  pei^t  im 
der  teufel  ain  wunden.  Megenbebg  298, 18. 

')  hängen,  ro»  gerichtsstreüigkeilen  die  anhängig  sind  und 
nielä  entschieden  werden,  stocken:  nu  ist  der  aufzug  {Verzögerung) 
die  länge  fährlich,  dasz  der  satan  durch  böse  zungen  die 
sach  auf  beiden  seilen  bitter  und  ärger  mach,  weil  es  also 
hänget.  Lcther  tr.  2,  3S0 ;  dennoch  liesz  ich  es  auch  hängen. 
ScHWEiNicBE-N  1,96;  Wenn  Leander  —  ich  will  nicht  sagen 
sich  mit  ihnen  vergliche,  denn  von  vergleichen  wollen  sie 
nichts  hören  —  sondern  ..  den  process  hängen  liesz.  Les- 
sisG  1,366;  ohne  dieses  den  process  aber  so  schlechthin 
hängen  zu  lassen,  dazu  rathe  ich  nicht.  12,  172.  freier:  ich 
liesz  die  sache  indessen  hängen,  von  der  zeit  irgend  eine  ver- 
mittelüng  erwartend.  Güthe30,217.  —  Hierher  auch  dieredensart 
mit  Läiik-en  und  würgen  von  einer  sache  die  gar  niclit  vorwärts 
*  "  Igen  und  würgen  habe  ich  es  durchgesetzt. 
tDWAGEN,  m.  vgl.  hangend,  sp.  449. 
iGE.NSWERTH,  adj.: 

-J  erst  nicht  hängeuswertli,  wenn  ihr  uns  hängen  wollt. 

GöTBK  7,  HO. 

HÄNGENSVVlJRDIG,  adj.:  es  wäre,  wenn  es  auf  Danisch- 
mends  willen  angekommen  wäre,  auf  dem  ganzen  erdboden 
kein  galgen,  kein  henker  und  kein  hängenswürdiges  menschen- 
kind  gewesen.  Wieland  S,  242. 

HÄNGENAGEL,  «j.  ein  nagel  der  zwei  theile  eines  gerMes 
oder  rades  mit  einander  verbindd,  im  bergbau  und  mühlenwesen. 

HÄNGEPFAHL,  m.  pfähl  einer  gartenthür,  in  dem  die  angel- 
haken  eingeschlagen  sind,  woran  also  die  thür  hängt.  Jacobssox 
2,  211*. 

HÄNGER,  m.  1)  in  müteldeutschen  quellen  der  henker  {vergl. 
hängen  1,1  sp.  449);  carnifex  henger,  bluetrichter  Dief.  102' 
(aus  Tbochus);  doch  sie  (die  groszen  diebe)  werden  wol  ge- 
hengt werden,  und  erschrecklicher,  denn  wenn  sie  von  dem 
henger  angeknöpft  würden.  Lltber  4,527';  fluchend  und  be- 
theuernd: geh  zum  bänger,  abi  in  malam  rem!  Steisbach 
1,095;  was  fängst  du,  zum  bänger,  für  ein  gewäsche  an, 
quas,  malum!  ambages  mihi  narrare  occipis.  das.; 

zum  henger  weg  und  lasz  uns  gehen! 

P.  Rebhun  Sw!anna  5,  119. 

2)  allgemein  der  da  Mngt,  hangen  Ids^,  in  der  Zusammen- 
setzung kopfhänger  5, 1774.  dann  auch  hängerin  (kopfhängerin), 
hängerisch  (kopfhängerisch) ,  hängerei  (köpf-  und  ohreo- 
hängerei.  J.  Pacl  TU.  2,  229). 

3)  bänger  nennt  der  sciäffer  tauenden  von  mäsäger  grüsze, 
die  an  den  brassen  herabhangen.  Jacoessor  2,  211". 

Hängerbube,  m.  es  werden  aufgezählt:  gespunnengarn- 
krämer,  lehenröszler ,  ballirjungen ,  hangerbuben,  bezirkelte 
salenbesetzer,  spitzbuben,  brenneisenschneider,  kleckstein, 
herr  sternspicius,  geburtsstundsteller  u.  s.  w.  Fischabt  groszm. 
S9.     was  ist  gemeint? 

HÄNGERIEMEN,  m.  riemen  worin  der  kosten  einer  ktdsche 
hängt. 

HÄNGERLICH,  adj.:  gestern  abend  halt  ich  rechte  hänger- 
liche und  hängenswerlhe  gedänken  auf  dem  canapee  {gedenken 
an  erhängen).  GOthe  bei  Kestner  s.  71. 

HANGESÄL'LE,  f.  an  einem  hdngewerk,  eine  der  beiden  säulen 
am  ende  des  balkens,  woran  die  strebebänder  gelegt  werden; 
hüngesäulen  im  bergwesen  zwei  säulen,  wodurch  das  unteie  kreuz 
der  korbwelle  eines  pferdegöpels  an  das  obere  geltängt  wird.  Jacobs- 

SON    2,  21l'. 

HANGESCHACHT,  m.  ein  schaclU  der  zum  hinabfördern  von 
irgenständen  in  die  grübe  am  seile  dient.  G.ät7Scbxann  40.  vgl. 
iiängen  sp.  451. 

H.^NGESCHLOSZ,  m.  .^chlosz  zum  vorhängen,  rorlegeschlosz. 

HÄ.NGESEIL,  n. ;   das  hängeseil  ist   ein  von  bockshaaren 

Ioder   von  hanf  und    haaren    gemachtes  seil,   an    demselben 
sitzt  ein  ledernes  halsband,  welches  die  halsung  heiszet  und 
dem  leithund  umgeschnallt  wird.  Hewe  jagdlustlisz  1,43. 
HÄNGESEILKÜNST,  f.  an  röhrenwerk,  worin  man  vermiUelsl 
eines  seils  und  einer  daran  hängenden  klappe  wasser  aus  der  tiefe 


HÄNGESTOCK,  m.  der  stock  der  dem  fleisciter  dazu  dient  um 
ein  geschlachtetes  stück  vieh  an  den  hinterbeinen  aufzuluingen. 

HÄNGESTRUMPF,  m.  herabhangender  strumpf,  und  scliiinpf- 
wort  für  eine  person  die  einen  solclien  an  sich  leidet :  der  schlum- 
pichte  hengestrumpf?  weder  er  noch  andere  stehen  mir  an. 
Jean  Henn,  anhang  zum  bärt.  frauenz.  s.  S6. 

HÄNGESTUHL,  «j.  stM  des  scläeferdeckers  beim  Üiurmdecken. 
0.  LcDwiG  zwischen  himmel  und  erde  72. 

HÄNGEWAGE,  f.  wasserwaye,  gradbogen  bei  den  markscheidern. 

HÄNGEWAND,  f.  wand  die  auf  einem  hängewerke  rulit. 

HÄNGEWEIDE,  f.  l)  salix  babylonica:  das  mit  hängeweiden 
und  cypressen  umgebene  gothische  gebäude.  Tuümhel  reise 
5,  415. 

2)  bei  flüszen  auf  der  Elbe  weide,  womit  die  (lösze  an  einander 
gehängt  werden.  Jacobssom  2,  214*. 

Hängewerk,  «.  balkenrerbindung  die  bestimmt  ist,  eine 
durch  Säulen  niclit  gestützte  decke,  brücke,  ein  dach  zu  tragen:^ 

das  ist  eine  ungeheure  brücke 

von  holz 

und  einem  bogen  von  hängewerk.    Götbe  14,39. 

HÄNGEWETTER,  «.  sdilechtes  weiter,  so  dasz  man  sicli  gleich- 
sam aus  Verzweiflung  erhängen  könnte:  ich  bin  des  zeitherigea 
welters  herzlich  überdrüszig  und  es  ist  ein  wahres  glück  für 
mich,  dasz  ich  zu  viel  zu  thun  habe,  um  zeit  zur  langeweile 
zu  haben,  denn  für  einen  ganz  muszigen  menschen  hätten 
wir  itzt  wahres  hängewetter.  Wielasd  bei  Böltiger,  lit.  zustände 
u.  Zeitgenossen  (1S3S)  2, 176. 

HANGFLÜGLICHT,  adj.  mit  hangenden  flügeln,  von  dem 
vogel  auf  einen  trauernden  und   verzagten  menschen   übertragen: 

mein  buler  ich  abgefertigt  hab. 
noch  geht  er  täglich  auf  und  ab 
die  gassen  und  mein  hausz  anginnt; 
er  sieht  sam  sei  er  unbesinnt,' 
hangflüglet,  einem  karpfen  eben, 
gleich  der  nur  hab  ein  kucheoleben. 

H.  Sachs  4,  3,  30*. 

HANGGABEL,  f.,  auch  zeidelgabel,  eine  gabel  die  gebrauch 
wird,  um  die  honigtafeln,  wenn  sie  aus  den  bienenstOcken  ge- 
schnitten werden,  zu  fassen  und  zu  hallen.  Jacobsso.n  4,  690'. 

HÄNGICHT,  adj.  herabhangend:  hat  so  ein  paar  hängichte 
pausebacken.  Scboch  stud.  leb.  Diij. 

HÄNGIG,  adj.  hangend:  pendulus  hangick,  hangicb,  hangig 
Dief.  422';  bängig  declivis,  proclinatus  Steinbach  1,  696;  hän- 
giges, maul  labeo,  hängiger,  zäher  wein  rinum  pendulum  SiiE- 
LER  760.  s.  abhängig,  anhängig,  fürhängig,  nachhängig,  nieder- 
hängig,  zusammenhängig.  —  Auch  in  der  rechtssprache :  hän- 
giger reichstag  prorogata  comilia  Stieleb  760.  vgl.  rechtshängig. 

HÄNGLER,  m.: 

weinzieher,  weinrufer,  beagler, 

holbuper,  koltrager,  ir  mer.    BEHAia  Wiener  311,29, 

bei  der  aufzählung  niederer  gewerbe.  vielleicht  ist  hängler  mit 
dem  Nürnberger  hängelein  spruclisprecher  (sp.  439)  eins. 

HÄNGLING,  m.  eine  Varietät  des  gemeinen  weinstocks:  be- 
steht aus  zwei  sorlen ,  wovon  die  eine  rote,  die  andere  tceisze 
beeren  gibt.  Nem.mcb;  der  gewinn,  welchen  man  aus  rebhäng- 
lingen  oder  würzlingen  verkaufen  kan  haben.  Sebiz  feldb.  505. 

HANGMATTE,  s.  hängematte. 

HANGOHR,  m.  flaccus,  auribus  flaccidis  praeditus.  Stieler  1386. 

HANGREI.M,  m.  rhythmus  appendens.  Stieler  1513. 

HäNGRIEMEN,  m.  riemen  woran  das  kleiderbündel  eines  rei- 
senden hängt:  Victor  ..  risz  den  hangriemen  der  kleider  ent- 
zwei. J.  Pacl  Uesp.  2, 14.     s.  hängeriemen. 

HANGWALD,  ni.;  er  voran  im  blitz,  wie  hunde  ..  den 
baren  durchs  dickicht  verfolgen;  sie  fallen  am  hangvvald 
hinunter.  Fb.  Müller  1, 359. 

HÄNGWEINBEERE,  f.  vUlleicIU  ist  in  der  folgenden  steUe 
darunter  die  traube  gemeint,  die  mit  dem  rebliolze  abgeschnitten 
wird,  so  dasz  ihrer  zwei  zusammenliangen ;  das  lieiszt  sonst  hengel 
(s.  d.) :  die  vertreuliche  bauleut  machen  ihnen  darbei  (bei  der 
Weinlese)  den  besten  schnitt,  dann  sie  verstehen  sich  gar 
wohl  auf  die  bängweimmer,  welche  sie  etwan  da  und  dort 
verkaufen,  damit  sie  aber  nicht  verrathen  werden ,  müssen 
die  sogenannten  Ochsenaugen  (?)  selbst  daran.  Abb.  a  S.  Clara 
etwas  f.  alle  nn  3,485. 

HANG  WESEN,  n.  zustand  des  hangens,  von  Schuldnern  ge- 
sagt, vgl.  sp.ns  unten:  es  war  immer  mit  allen  leuten,  die 
in  seinem  buch  standen ,  ein  ewiges  hangwesen.  Pestalozzi 
Umli.  V.  Gertr.  2,  30S. 

29* 


455 


HANG^\TRZ  — HANS 


HANS 


456 


HANGWLKZ,  f.  ein  name  der  pflanze  weydjreä:  puliganos 
hangwiirtz.  Gersdork  feldb.  d.  wundarzn.  104. 

HANKALIA,  et»  mit  lateinischer  endttng ,  tvie  schenkalia, 
scbmiralia  von  hang  gebUdeier  atnidruck  zur  bczcichnuny  eines 
anhängsels,  namenllich  einer  nebengebühr:  mit  allem  fleisz  vor- 
kommen ,  dasz  die  armen  unterlhanen  von  ihren  Junkern 
mit  aufsetzung  unverpflichteter  frohneu  und  dienste  . .  nicht 
beschwert,  vsie  auch  von  den  beamten  durch  gesehen ke  und 
hankalia  nicht  übernommen  . .  werden,  lestatnent  WiUielms 
des   Weiseti  von  Hessen  (i  lö92)  bei  Kohmel  Hess,  gesell.  5,  844. 

HANKE,  f.  hupe,  schenket  beim  pferde:  die  bauken  fangen 
bei  den  zwei  beinern ,  so  oben  über  den  Qanken  zunechst 
bei  der  crouppe  sind,  an,  wiewol  insgemein  der  ganze  hin- 
dere leib  eines  pferdes  durch  die  hanken  verstanden  wird. 
HoHBERG  3,  2,  76".  auch  franz.  hauche ,  allfranz.  hanke  stellt 
in  gleichem  sinne,  auszerdem  aber  in  dem  uciterm  hiifte ,  lende 
iiberhaupl;  beide  führen  auf  ahd.  ancha,  mhd.  anke  occipul  hin, 
über  das  l,  37s  gehandelt  ist  und  dem  sich,  tcic  öfters,  ein  h 
vorsdiob.  in  Tirol  tritt  die  Verkleinerungsform  henkel,  sclienkel, 
auch  stück  geräucherten  flnsclies  das  ober  dem  herde  im  rauche 
hängt,  auf.  Fromm.  6, 149. 

HÄNKEL,  s.  henkei. 

HANKEiN,  verb.  starr  und  steif  daliegen,  sich  nicht  rühren 
können : 

es  kam  ein  arzt  zu  einem  kranken, 

der  thet  von  groszer  onmacht  hankeo,    B.  Waldis  Esop  1,72,2. 

vgl.  weiteres  zu  diesem  worte  unter  hinken. 

HANMG,  s.  handig. 

HANBOSE,  f.,  für  hagenrose,  hagerose  {sp.  154),  die  blüle 
der  han-  oder  Imgcbutte,  aber  auch  der  Strauch  selbst.  Lonicerüs 
kräuterb.  61*. 

HANS,  die  volksmäszig  gekürzte  form  des  lanfnamen  Johannes. 

l)  die  Sitte,  in  der  laufe  den  namen  eines  heiligen  anzunehmen 
und  den  täuftiny  so  dessen  besonderem  schütze  zu  empfehlen,  ist 
für  Deutschland  wol  bis  ins  S.  jalirh.  hinauf  nachzuweisen,  ist 
zu  dieser  zeit  aber  der  gebrauch  überhaupt  noch  selten,  so  er- 
sciieint  der  name  Johannis  des  Täufers  als  laufname  für  laien, 
soviel  zu  ersehen ,  noch  nicht  verwandt ,  auch  geistliche  personen 
führen  ihn,  der  im  Oriente  sehr  gebräuchlich  ist,  im  ganzen  sel- 
ten ,  es  ersclieint  an  Johannes ,  abt  von  Remagen  (t  545) ,  ein 
Johannes  bischof  von  York  (+  721),  und  der  bekannte  Johannes 
Gorziensis  (i  973).  erst  später,  nach  der  zu  Jerusalem  erfolgten 
und  bald  im  Abendlande  bekannt  gewordenen  Stiftung  des  Joluinniter- 
ordens,  als  die  reliquien  Johannis  des  Täufers  aus  dem  Oriente 
nach  dem  Abendlande  kamen,  als  die  asche  des  leibes  109C  nach 
Genua,  das  Haupt  seil  dem  anfange  des  13.  jahrh.  nach  Amiens 
übergeführt  war,  zahlreiche  reliquien  auszerdem  in  Spanien,  Italien, 
Frankreich,  den  Jstederlandcn  und  Deutschland  außewahrl  und 
kirchen  liber  iJinen  gegründet  wurden,  wird  der  name  als  lauf- 
name sehr  gewöhnlicli ;  er  findet  sich  z.  b.  im  sladlbuche  zu  hiel 
von  1264 — 1268  als  häufigster  aller  dort  vorkommenden  kirch- 
lichen namen  (Weishold  pers.  7iamen  des  Kieler  studlbuciis  s.  3). 
durch  den  häufigen  gebrauch  desselben  erscheinen  gekürzte  formen : 
mit  weglassung  der  endung  und  annähme  einheimisciter  betonung 
Johann,  welcher  belonuny  sich  schon  im  altsächsisclicn  der  eigen- 
name  Jobannes  anbequemt  hat,  wo  er  slets  zu  Wörtern  auf  ] 
oder  g  allitleriert ;  mil  beibehallung  der  fremden  betonung  ioliiinn, 
eine  form  die  im  niederdeutschen  in  Jehann  mit  tunlos  geworde- 
ner  erster  silbe  (min  Jehann.  Grotu  QuicJiborn  s.  2)  verläuft ; 
und  endlich  mil  abfall  der  ersten  silbe  und  beibehallung  der  endung 
Hannes,  gekürzt  Hans,  die  letzleren  kürzungen  sind  ycwu  sehr 
all,  ersclicinen  wenigstens  in  Urkunden  aus  dem  anfange  des 
14.  Jahrhunderts  ah  gewöhnlicli,  nicht  nur  in  bezug  auf  personen 
aus  dem  büryer-,  sondern  auch  aus  edlem  stände:  eine  Urkunde 
des  grafen  Burchard  zu  Mansfeld  von  1307  (bei  Hökkh  Urkunden 
s.  73)  fuhrt  als  zeugen  auf  her  Hannes  von  HartefroJe,  her 
Hannes  von  Crendorp ;  eine  magdeburgisclie  Urkunde  von  1315 
(bei  Dhcviiaupt  Saalkreis  l,  51/".)  hal  die  namen  Hans  von  Borth 
der  güldsmede  mesler,  Hans  von  Haldesieve  der  messewerkcr 
mcistcr,  her  Hansz  und  her  Thiiecke  von  Gronenberge,  her 
Hans  burcbgreve  zu  Luubmch.  das  häufige  erscheinen  des 
namens  veranlasit,  datz  derselbe  (ähnlidi  wie  Heinz,  Hinz,  Kunz, 
vgl.  auch  die  weiblichen  namen  Grclc,  Trine),  über  den  engern 
kreu  des  nomen  proprium  Itinaustrill  und  zundclist  als  anrede, 
anruf,  beiacltnunij  männlicher  personen  gilt,  deren  specialnamen 
man  uiciu  luunl  oder  ntclU  nennen  will,  die  man  daher  mit  einem 
auf  ritte  jiertonen  (/dwndrn  namen  bezeichiiel  und  so  gewitser- 
-  ■  -■■■'   ' "    •■-■■•■  ■'■  riiall: 


sie  (die  ehebrecherische  frait)  bring  ouch  im  den  rörroub 
(lirutc)  heiii, 

sprach  zä  im,  Hans,  myn  gntter  man 

kein  liebem  will  ich,  wen  dich  han. 

Brant  narrensch.  33,  45; 
gröszeie  gruppen  gewöhnlicher  alltäglidier  menschen  werden  mit 
Hans  und  Kunz  characterisierl :  ich  bin  schon  bei  Hans  und 
kunz  herumgelaufen;  dieser  mann  hat  eigentlich  nur  das 
falsche  ansehen  eines  bekannten ,  weil  er  aussieht  wie  ein 
monsch,  und  nicht  wie  Hans  oder  Kunz.  Güthe  19,jl95. 

Von  hier  aus  tritt  Hans  fast  völlig  in  die  reihe  der  appella- 
tiva  ein  und  steht  oft  geradezu  für  mensdi,  mann  mil  verschie- 
denem nebensinne. 

a)  ein  mann  der  dem  stände  und  vermögen  nach  etwas  rech- 
tes ist,  nl.  bansen  magnales,  optimales  Kilian  470*:  das  die 
Schreiberei  so  feindselig  ist  bei  vielen  Hansen,  denn  sie 
Wissens  oder  achtens  nicht,  das  ein  göttlich  ampt  und  werk 
ist.  Luther  5,  183';  eine  bairische  redensart  Hans  haiszen  be- 
deutet vorzüglich  sein  in  seiner  art.  Schh.  2,216;  darauf  fuszl 
die  belheuerung:  ich  wolt  eh  nit  Hans  heiszen,  terra  miiä  prius 
dehiscat.  Frank  spr.  2,  37*.  etymologisch  spielend  ist  der  name 
an  die  Verbindung  der  banse  angelehnt: 

vorzeiten  wahrt  ihr  Ilänse 
benähmet  mit  der  that, 
jetzt,  sagt  man,  seyt  ihr  g&nse 
von  schlechter  tbat  und  ratb. 

Jou.  DoHAN  lied  v.  d.  teutsclien  hanse  4. 

namenllich  Itäufig  ist  im  10.  und  17.  jahrh.  die  feste  formet 
groszer  Hans,  reicher,  angesehener  mann,  wie  nl.  groote  Hans 
Itomo  dives,  grand  maistre  (Kilian  a.a.O.);  zu  ihr  wird  dann 
als  gegensalz  kleiner  Hans  gebildet,  beide  bildungen  treten  auch 
als  composila  groszhans,  kleinhans  (5,  lUo)  liervor.  die  folgen- 
den beispiele  sind  nur  eine  auslese  aus  einer  groszen  anzahl  zu 
geböte  stehender:  und  kam  auch  sonderlich  herr  Georg  von 
Bosenberg  und  herr  Georg  truchsäsz  von  der  Au ,  und  vil 
groszer  Hansen  mehr.  Götz  v.  B.  76;  die  groszen  Hansen 
und  obersten  im  lande.  Luther  3,  230' ;  w  enn  ein  fürst,  herr, 
groszer  Hans  einen  man  drückt.  298';  der  adel  und  grosze 
Hansen.  5,21';  auch  die  groszen  Hansen,  so  man  die  rehle 
zu  hofe  nennet.  180';  wie  ich  ein  mal  selbs  auch  von  einem 
groszen  Hansen  höret,  es  were  dem  evangelio  kein  mensch 
feind  auf  erden.  6,165*;  probst,  bischof,  cardinäl  und  bäpst 
. .  die  selbigen  groszen  Hansen  sieht  man  nimmer  predigen 
noch  leren  das  volk.  Schade  s(d.  u.  pasqu.  2,  6 ;  grosze  Han- 
sen, reiche  leut,  die  den  nacbdruck  haben,  lassen  ihnen  nit 
gerne  einreden.  M.\thes.  Sar.  ü' ;  sollten  die  groszen  Hansea 
(potentes  viri)  wol  sehen,  dasz  es  nicht  an  dem  baubtmana 
stund,  sondern  dasz  der  gemeine  häufe  auch  etwas  ver- 
mochte. RiHEL  Livitis  855;  wo  seindt  jetzt  die  grosen  Han- 
sen? hervor  ir  fedderhaasen,  hervor  ir  Junkern,  hervor. 
Kirchhof  mil.  disc.  153 ;  muszt  er  doch ,  weil  er  gegen  eim 
groszen  Hansen  gesündigt,  one  strafl"  nil  auszgehen.  wendunm. 
290*;  es  hat  aber  der  bauhtmann  etlich  grosz  Hansen  zegast 
geladen.  Wickram  rollw.  29,24  Kurz;  dasz  wenig  reiche  und 
wenig  grosze  Hansen  in  der  gemeind  Christi  weren.  Fiscbart 
bienk.  138* ;  die  gro.szen  Hanse  beiszen  einander  nit  gern. 
I'iiTERs  deutsch  weiszh.  (1604)  Q'n\\*;  als  im  Constanzer  con- 
cilio  die  reformation  desz  geistlichen  Stands  an  band  ge- 
nommen werden  solte,  und  . .  etliche  prülaten  sagten,  man 
soitc  den  aufang  machen  an  den  niinoriteu  oder  minder- 
brüdern :  nein,  antwortet  keiser  Sigismund,  man  inilsz  dea 
anfang  machen  an  den  majoriten  oder  groszen  Hansen.  Zink- 
GRKF  apophth.  1  (1626)  s.  60 ;  seinen  Avaruin  kleidete  er  edel- 
männiscb  und  nennete  ihn  einen  Junker,  damit  jedermann 
ihn  selbst  desto  höher  halten  und  gedenken  solle,  er  müste 
kein  kleiner  Hansz  sein,  weil  ihm  einer  von  adel  aufwartete. 
Simpl.  2, 149  Kurz;  die  grosze  reiche  Hansen,  weiche  einem 
die  blinde  mil  reichsibalern  oder  rusenobeln  füllen  können. 
Sr.HLppius  428;  einer  von  seinen  (des  königs)  griis».en  Hansen 
^agte.  pers.  rosenth.  3, 1 ;  des  groszen  Hansen  spielen,  magni- 
fice  et  splendiile  vivere.  Stielkr  765;  ich  hab  mich  nit  ein 
menschen  gebort,  arm  oder  reich,  klein  oder  grusz  Hans, 
im  ganzen  land,  der  dem  fürsten  wol  will.  iNHor^r.  54;  der 
tud  sihet  keine  person  an,  sondern  greifet  an  bald  den 
groszen  Hansz,  bald  den  kleinen.  Dutschky  l'atm.  513; 

blnsphomia  inii  mancher  weist, 
•öll  BcIn  der  groszen  Hansen  preiss. 

J.  V.  ScBWAHtlNBUiin  ir>3*; 

CS  gnht  nur  über  die  armen  knecht. 
die  groazcn  Hansen  xwingt  man  niri 

ein  chriftl.  tmj  ^  '", 


457 


HANS 


HANS 


458 


ein  jeder  lug,  was  er  schafT, 

so  grös2er  Ilans,  so  gröszer  straff.    C3*; 

es  spricht  manch  groszer  Hans,  merk  eben, 

ein  büchseaschützen  möcht  ich  geben, 

wolt  mich  gar  eben  darauf  fleiszen, 

wann  ich  nicht  müszt  die  band  bescheiszen. 

Grob  ausreden  bei  Haupt  3,  264; 

dann  tritt  ein  groser  Hans,  ein  AbitoTel,  aur. 

RoxPLBR  V.  Löwenhalt  s.  IS; 

der  muntre  Hansel  (ein  hase)  ist  zufrieden, 

und  schätzt  sich  groszen  Hansen  gleich. 

die  Sicherheit,  die  ihm  beschieden, 

vertauscht  er  um  kein  königreicb.    Hagsdorn  2,  34. 

trenn  neuere  schrißsteiler  die  formel  gebraudien,  so  zielen  sie  da- 
mit nur  auf  körperliche  grüsze,  ohne  rückerinnerung  an  die  ältere 
bedeulung:  ich  stand  da,  wie  ein  groszer  Hans  der  ich  war, 
von  dem  alten  süszen  ton  bis  in  die  tiefste  seele  durch- 
schauert. Spielhäges  liammer  n.  ambosz  4,  127;  ich  war  ein 
groszer  Hans  mit  meinen  acht  und  zwanzig  jähren.  144. 

Bei  den  Icmdsknechlen  bezeichnete  groszer  Hans,  kleiner  Hans 
die  höhere  oder  niedere  Stellung  im  heere  {ein  aitsdmck  der  sielt 
bis  ins  17.  jahrh.  hinein  erhielt),  und  uenn  unter  "kleinhans 
5, 1110  darauf  Inngewiesen  mrd,  dasz  erst  von  diesen  kreisen  aus 
die  formet  allgemeinere  verKendung  gefunden  zu  haben  scheine, 
so  Uegt  wenigstens  nichts  dem  widersprechendes  vor .  aber  auch 
niclits,  was  zwingend  für  diese  anächt  spräche:  der  hauptleut, 
fähnrich  und  sonsten  groszer  Hausen  weiber  . .  werden  zärt- 
lich und  besser,  dann  andere  gehalten.  Kirchhof  milü.  du!c. 
114;  die  hauptleut  von  adel  und  andere  grosze  Hansen.  161; 
es  soll  niemant  keinen  hüben  durch  passieren  lassen,  er 
seie  grosz  oder  klein  Hans.  Kectter  v.  Speib  kriegsordn.  s.  9 ; 
mishandJungen,  so  voller  weisz  durch  herrn.  junkem,  knecht, 
grosz-  oder  kleinhansz  geschehen,  kaiserl.  krieysieclit  bei  Böck- 
ler kriegsscliule  363 ;  er  seie  edel  oder  unedel ,  klein-  oder 
groszhans.  das.  s.  3S9;  was  aber  gemeine  knechte  {soMaten) 
waren,  die  fiengen  auch  an,  in  ihrer  liebe  und  freundschaft 
zu  wanken,  weil  es  das  ansehen  hatte ,  als  ob  ich  sie  ver- 
achte ,  indem  ich  mich  . .  zu  gröszern  Hansen  gesellete. 
Simpl.  1,  289  Kurz. 

iVocA  analogie  der  aufgefültrten  forviel  bilden  sich  ähnliche 
andere: 

vor  usz  die  hübschen  Hansen  nfin 

die  went  all  bübery  yetz  tun. 

Brjim  narrensch.  26,  55; 

das  verbum  spricht  zum  nomen 

auf  dein  stück  darfst  so  hoch  nicht  bochn, 

als  wann  allein  du  Ordnung  helst, 

wir  andern  nicht:  fiu-war  du  fehlst, 

bist  auch  noch  nicht  der  obersi  Hans.    Gilbüsiis  117; 

ein  solcher  aufgeblaszner  Hans 

Wirt  wol  genant  ein  grobe  gans.    ganskönig  Hiiij', 

ausz  so  gewalligen  Hansen  und  weitzwingem.  PnaANDER  l 
(1642)  333;  ein  hoflartiger  Hansz.  Blttschky  Palm.  50s;  hat 
ein  solchen  groszen  und  geschickten  Hansen,  die  gemein  zu 
erregen  und  aufzuwickeln ,  in  seinem  läger  zu  einem  feind 
gehabt.  Biuel  Livius  855; 

die  bilden  ihnen  dannoch  ein, 
dasz  sie  gelehrte  Hausen  sein. 

Abele  künstl.  unordn.  156. 

bei  neueren  verblassen  solche  ausdrücke: 

und  ich  fühlte  mich  ein  mannsen, 
ich  gedachte  meiner  pnichl, 
und  ich  hieb  dem  langen  Hansen 
gleich  die  schmarre  durchs  gesiebt. 

GöTHE  1,155  (t-i"r/ipr  ungeheurer  Oegel), 
verflucht  geschicV!  betroene  mausen.' 
von  Adam  her  verführte  hausen!    41,  143; 
der  grosze  Hans,  ach  wie  so  klein ! 
lag,  hingeschmolzen,  ihr  zu  füszen.    12,  140. 

b)  Hans  bekommt  aber  auch,  sicher  unter  dem  einflusse  davon, 
dasz  der  name  für  geringe  leute  und  bauern  im  schwänge  ist 
(Hans  und  Grete  vorzugsweise  als  bauern-  und  dienstbotennamen 
weist  nach  Wacheb^acel  in  der  Germ.  5,  318  f.),  einen  niedrigem 
nden-iinn,  namentlich  ist  er  in  einer  anzald  von  composilen  ver- 
wendet,  wo  die  bedeulung  'kerl'  [th.b  sp.  5S6  oben)  hervortrilt : 
so  in  fabeihans  (3, 121.5),  federhans  (3, 1400).  gafflians  gaffer, 
kalthans  schwälzer,  angeber  (5,  90),  holzhans  quacksalber  {s.  d.), 
knapphans  sp^rer  (Philander  1642  1,115);  ihr  theoretischen 
mnsikhaosen.  Göthe  an  Zelter  783;  pochhans,  prahlhaos  renom- 
mist;  polterhans;  mastbans  fresier ;  Schmalhans /lungerietrfer; 
scbabhans.  sparhans,  geizhals;  schnarchhans,  schlimiphans, 
laufbauä   u.  anderen;    vergl.   auch   dummerjaho   aus  dummer 


Johannes  2, 1519.  mundartlich  ward  dann  weiter  Hannes  auch 
auf  eine  starke,  derbe  Weibsperson  übertragen,  die  schwer  ins 
gewicht  fällt  und  dabei  keck  und  gleicJisam  männlich  auftritt,  aber 
auch  noch  jung  ist,  sie  heissl  in  Franken  ein  rechter  Hanne». 
Fromm.  3,356;  ähnlich  im  Aargau,  nur  wird  das  wort  von 
dortlier  als  femininum  gemeldet.  6, 451. 

c)  Hans  bezeichnet  auch  einen  dummkopf,  narren,  als  name 
des  narren  begegnet  Hans  seil  dem  15.  jahrh.  häußg,  2.  b.  in 
den  fastnachtsspielen  674,  ifo  der  narr  Hans,  die  närrin  Gütel 
heiszl,  im  schimpf  u.  ernst  199,  s.  Hänschen  u.  Hanswurst,  be- 
rufen war  seiner  zeit  Hans  Ciawert,  narr  des  1571  gestorbenen 
ktirfürsten  Joachim  U.  ron  Brandenburg,  neben  Hans  {vgl.  auch 
unten  Hans  von  Jene)  geht  in  den  spielen  Aybeb»  und  Hei.nb. 
Jll.  V.  Braü?;schwe!G  als  narrenname  die  fremde  form  Jan  Pos- 
set, Johan  Bouset.  auch  franz.  gilt  Jean  für  einen  einfältigen 
menschen,  namentlich  für  einen  hahnrei:  on  l'a  fait  Jean  sans 
lui  en  demander  avis.  Littre  2, 178.  damit  stimmt  das  deutsciw 
homhans  für  hahnrei,  s.  d.  auch  sonst  slelU  Hans  als  milde 
bezeichnung  für  einen  unwitzigen  menschen  mannigfach:  aus  dem 
15.  jahrh.  riJirt  die  glosse  a  a  a  Hans  für  blesus,  Stotterer  Dief. 
77';  in  Düringen  sagt  man  sprichwörtlich:  wenn  das  nicht  wahr 
ist,  so  heisz  mich  Hans,  oder  so  will  ich  Hans  heiszen,  also 
in  ganz  anderem  sinne  als  oben  (sp.  456)  eine  fast  gleich  klingende 
redensart  gegeben  wurde;  eine  Variante  des  Sprichwortes  eine  gans 
flog  aus,  ein  gickgack  kehrte  wieder  lautet:  Hans  hinüber, 
gans  herüber.  Simpl.  1  (1713)  s.  543 ;  Herkules  geschwätze  ist 
warlich  nicht  mein  gefühl.  es  ist  nur  dasz  man  die  Hansen 
bei  der  perücke  zupft  und  sachen  sagt,  die,  wie  du  sprichst, 
niemand  wort  haben  will.  Gütue  an  Lavater  20.  n»atl774; 

ihr  seid  wohl  spät  von  Rippach  aufgebrochen? 
habt  ihr  mit  herren  Hans  noch  erst  zu  nacht  gespeist? 

12,  109; 
t'^j.  unten  Hans  Arsch  von  Rippacb. 

d)  Hans  ist  auch  thiername  geworden,  er  wird  namentlich  ge- 
zähmten, sonst  wild  lebenden  thieren  gern  beigelegt;  so  Hansel 
ton  einer  zahmen  atzel  in  Arnolds  Pfingstmontag  60;  aba-  auch 
haust  hier  en  ; 

ein  kriegerisches  pferd,  die  lust  der  ritterschaft, 
war  würdig  seiner  zuchl,  und  freudig,  voller  kraft  . . . 
doch  zog  sein  zweiter  herr,  beim  ersten  ringelrennea, 
ihm  Hans,  den  klepper,  Tor.  Hagedobm  2,  144. 

2)  der  umstand,  dasz  der  tag  Johannis  des  Täufers  an  die 
stelle  des  heidnisdien  festes  der  Sommersonnenwende  getreten  ist 
und  dasz  der  name  des  heiiigen  heidnische  gebrauche  decken  musz, 
hat  denselben  viellächt,  unabhängig  von  der  unter  1  geschilderten 
Verwendung,  mit  unheimlichem  nebensinn  umgeben  {wenn  es  auch 
ebenso  möglich  ist,  dasz  man  für  die  sogleich  aufzuführenden 
personen ,  die  man  nicht  gern  beim  rechten  namen  nennt ,  einen 
gewvhnUclien  und  vertraulichen  braucht,  vergl.  unten  hansel- 
männchen  und  Hein):  mit  Hans  wird  der  teufet  bezeichnet 
(Wccke  sagen  der  mittleren  Wena  1, 120),  und  mit  anklang  an 
diese  bezeichnung  sind  die  tiroler  spoltverse  auf  den  namen  Hans 
gebUdet : 

Hansl,  Hans,  Hennamist, 

dear  de  alten  weiba  friszt.    Frosh.  3,316; 

grauhans  heiszen  die  bauern  den  wolf.  baurenst.  lasterpr.  102; 
Hans  ist  auch  der  tod,  oß  mit  nebennamen,  so  Hans  Hüne 
(Kuhn  mark,  sagen  12),  Hans  acht  sein  nicht: 

er  (der  tod)  heiszt  worlich  Hans  acht  sju  nit, 
dann  wellen  er  begrilTt  und  schütt, 
er  sy  wie  stark,  schon  oder  jung, 
den  lert  er  gar  ein  seltzen  sprung. 

Bra;«t  narrensdi.  85,  27 ; 
Hans  Knochenreich: 

ach !  wenn  docn  nur  von  biet  noch  eine  sündflutb  k&bm, 
so  hätte  man  doch  auch  noch  eine  gute  stunde, 
eh  uns  Hannsz  Knochenreich  in  seine  pfoten  nahm. 

AXARA?ITUES  510. 

häufig  ist  raeister  Hans  für  den  henker.  der  auch  sonst  mit  dem 
teufet  den  namen  lauscht  {s.  henker  und  meisten  Hämnierlein 
sp.  317) :  aber  mein  raht  were ,  wo  man  solche  fünde ,  das 
sie  der  richter  beim  köpf  neme  und  überantworte  sie  meister 
Hansen,  als  die  rechten  rautwilligen  mOrder  und  bosewich- 
ter.  Llther  3.397";  buhen  und  schclken  predigen  müssen, 
welchen  wol  billicher  richter,  Stockmeister,  oder  meister 
Hans  predigen  solle.  4.  402';  ausgezogen  meister  Hansen, 
der  seines  ampts  halben  dem  neheslen  kein  guts ,  sondern 
nur  schaden  und  böses  thut.  405';  meister  Hans  mit  dem 
Schwert.  526';  so  können  wir  keiner  Jurisdiction  von  inen 
gewarten,  on  des  meister  Hansen.  5, 114' ;   wil  er  nicht ,  so 


459 


HANS 


HANS 


460 


belelil  die  obeikeit  solchen  buben  dem  rechleu  meister,  der 
ineisler  Hans  heiszet,  das  ist  alsdcnn  sein  recht.  15"';  ja 
lieber,  man  luüszte  dirs  meister  Hansea  am  galgeii  zeigen 
lassen.  255';  zu  Hom  in  s.  Peters  münster,  nit  fern  von 
meister  Hansen  haus.  Alberus  vidJer  Witzeln  L2';  man  hat 
euch,  sprach  sie,  ja  noi  auf  eine  andere  zeit  singen  und 
tanzen  sehen ,  da  meister  Hansz  auf  eurer  hochzcit  spielcte 
(<T  hatte  den  staupensclilag  bekommen).  Happel  acad.  rom.  42; 
rickelhering  nennt  den  henker  o  meister  Hans  knüpf  auf,  knüpf 
auf!  Chr.  Weise  überfl.  gcd.  (noi)  s.  259 ; 

darumb  selie  sich  ein  jeder  vor, 
und  sich  Tür  böser  gwonheit  hüten, 
sonst  wirdts  im  meister  Hans  verbieten. 

B.  Wald»  Esup  4,  43,  34. 

3)  die  Verbindung  von  Hans  viü  einem  andern  ersonnenen  eigen- 
namen  kommt  vielfach  vor.  Hans  ist  hierbei  gewöhnlich  an  die 
bcdetäting  1,  c  {sp.  458)  angelehnt,  und  dei-  zusatz  will  nocli  eine 
besondere  eigenschafl  des  namenträyers  atiszcrdem  hervorheben, 
eine  eigenschaß  die  vielfach  die  narrlieit  nur  spccialisiert,  in  an- 
dern fallen  von  äuszern  Verhältnissen,  herkunß,  abstammung,  bei 
Hans  Supp,  Hans  Wurst  von  lielilingsspäsen  hergeleitet  ist.  eine 
Sammlung  solcher  Verbindungen  hat  Wackernagel  in  der  Germ. 
5,321//*.  gegeben;  hier  sind  folgende  zu  nennen: 

Hans  Adam: 

Hans  Adam  war  ein  erdenklos, 
den  gott  zum  menschen  machte, 
doch  bracht  er  aus  der  niutter  schoos 
noch  vieles  ungeschlachte.     Göthb  5,  14. 

Hans  Äff,  auch  zusammengerückt  Hansa£f:  und  will  mir 
auch  wie  ein  Hansaff  kepärten  (1  will  be  like  a  jack-an-apes 
also).  Shakesp.  tust,  weiber  4,  4. 

Hans  Arsch,  franz.  Jean-fesse :  wenn  der  H  , . .  A  . . .  die 
pferde  nicht  wiedernehmen  will,  so  mag  eis  bleiben  lassen. 
H.  V.  Kleist  4, 11  {Michael  Kohlliaas) ;  t«  Obersachsen  geht  Hans 
Arsch  von  Rippach  als  Schimpfwort;  in  dem  ungedruclUen  Ver- 
zeichnisse der  zu  Hanswursts  hoclizeü  eingeladenen  personen  von 
GöTBB  begegnet  Hans  Arsch  von  Rippach,  Hans  Ärscheben 
Ton  Rippacb. 

Hans  Dahinten:  und  wäre  herr  Hans  von  Plaunitz,  e.  k. 
f.  g.  hauptmann  zu  Grimm,  nicht  gewesen,  so  wäre  ich  Hans 
dahinten  gewesen,  wie  derselbe  e.  k.  f.  g.  wohl  mag  berich- 
ten. Ldtber  br.  1,  316. 

Hans  Dampf,  zusammengerückt  Hansdampf:  wo  er  eine 
klappertasche  oder  einen  Hansdampf  antraf,  bot  er  ihm  eine 
prise  tabak  und  fing  an,  mit  ihnen  zu  schwatzen.  Pestalozzi 
2,  63;  Hansdampf  will  auch  den  doclor  machen,  wurm- 
stichige erbse!  Fr.  Müller  3,196. 

Hans  Daps,  Hans  Tapps: 

ej  thut,  was  ihr  nicht  lassen  könnt, 
Tür  ein  raaas  hier  seis  euch  vergötint, 
versetzt  Hanns  Oaps  und  lachte. 

MusÄL-s  kinderklapper  (1799)  s.  19. 

Hans  Dumm:  ein  andermal  wird  der  Hansz  Tumm  wohl 
klüger  handeln.  Darbennime  219; 

es  ist  kein  scheermesser,  das  schärrer  schirt, 

als  wann  llanusz-Tuinm  comniissarius  wird.    234  i 

wenn  ich  das  sive  nur  vor  jedem  worte  gesetzt  hätte ,  so 
hätte  es  der  bekannte  Hans  Dumm  selbst  verstehen  müssen. 
J.  MATriiESO!»  das  beschützte  orclieslrc  (1717)  J.  255.  —  In  Frank- 
furt a.  U.  Hans  Dummian. 

Hans  Eseiein :  aber  siebe  da,  Hans  Hänselein,  Hans  Gänse- 
Icin,  Hans  Eseiein,  kümpst  du  schon  ans  der  schule?  ped. 
Khulf.  17. 

Hans  in  eodem :  sie  sind  nur  ärger  und  verzweifelter  wor- 
den und  also  Hans  in  eodem  oder  scbelmen  wie  vor  so 
nach  geblieben,  baurenst.  laslerpr.  UO ; 

wer  die  rut  deucht, 
und  die  arbeit  «chcucht, 
und  nichts  leiden  kan, 
und  wil  nichu  aim  «tabn, 
der  bleib  Jobanne«  in  eodem 
und  musz  hacken  und  roden. 

i'KTKR»  icuttch  ivrinh.  Eeo7'. 

Hans  Filzinaul  euclw,  Irico  Stikieh  765. 

Hans  in  allen  ecken:  zum  plaisir  ist  uns  bauptsachlicb 
der  könig  gescizet  und  nicht  zum  Hans  in  allen  ecken. 
Immeriiakk  Munchh.  4,  \\%. 

Hans  in  allm  gassea:  Hajis  in  allen  gössen,  erro,  errant, 
no).vit).ni'r^i,  al>rrrani,  fxtpoQOt,  vagam,  vagtu ,  jTfpiy>otTOS, 
VM'jabundM,  muUitugut,  palant,  arcumforaneus,  rirrulalor.  SKiin»- 


Nos  syn.  93*;  Hans  in  ollen  gassen,  ein  unrüwiger  mensch, 
der  alle  ding  zerecht  legt,  ardeUo.  Maaleb  212t;  das  klingt 
wider  die  Hansen  in  allen  gassen ,  diu  sich  on  not  viler 
heiulel  auncmen.  Frank  sprichw.  2,49';  Hans  in  allen  gassen, 
Zacbeiis  in  allen  zechen.  71*;  die  ..  Hansen  in  allen  gassen, 
die  des  sacks  wollen  fünf  zrpfel  haben.  Luther  tischr,  1S7'; 
wult  ich  danimb  nicht  Hans  in  allen  gassen  sein ,  weil 
man  im  Niderland  die  graszmuckenkünig  Jan  schilt?  Gary. 
109';  dasz  sich  ..  viel  vergeblich  einbilden,  sie  sein  allein 
witzig  und  Hanns  in  allen  gassen.  Simpl.  l  (1713)  s.  129.  ähn- 
lich Hannes  von  allen  gewerben  wird  niemals  reich,  zeilschr. 
f.  vaterl.  gesell,  u.  alterlhumsk.  {Münster  1857)  8,  9. 

Hans  Hagel  {s.  bagel  sp.  14^) :  der  forscher,  kenner  . .  des 
schönen  rausz  es  sich  gefallen  lassen,  dasz  sogar  der  ganze 
Hans  Hagel  des  vorhofs  sich  ziemlich  vornehm  . .  gegen  ihn 
geberdet.  Bürger  372';  heilige  Vernunft!  das  ist  ein  thcures 
wahres  wort,  ich  schmeichle  mir,  dasz  es  deinem  bessern 
selbst  den  sieg  über  den  ganzen  Hans  Hagel  der  Sinnlich- 
keit verschaffen  werde.  502"; 

Ilans  Ilagel  greift  nach  stein  und  koth. 

J.  F.  KiMD  gedickte. 

Hans  Hase,  lapis,  stipes,  caudex,  bardus.  Stieler  7S1. 

Hans  Hasenfusz,  feigling.  Lenz  1,  148.  193. 

Hans  mit  den  rothen  hosen :  hie  sitze  ich  Hans  mit  den 
roten  hosen  (spottend).  LtrriiER  3, 09'. 

Hans  Humm:  dann  es  weren  nichts  als  huderbulzen, 
grhidpfutzen ,  fetzglocken,  raumsfelder,  marterhansen,  Hans 
Humm ,  muffmaffen ,  baurenclementer ,  die  gar  kein  kriegs- 
weisz  wissen  als  Stelen  und  rauben.  Garg.  232*. 

Hans  von  Jene,  narrenname:  da  leuft  der  andechtige  pöbel 
zu  mit  Hansen  von  Jene.  Luther  8,  229';  vielleicht  werde 
ich  müssen  Hans  von  Jenen  gesellschaft  leisten  (zum  narren 
gehallen  werden),  br.  4,  C69 ;  d.  Caspar  Mecum  und  Menius 
sind  von  Hagenow  gen  Straszburg  spazieren  gezogen ,  Hans 
von  lehnen  zu  dienst  und  ehren.  5, 298 ;  Mono  praecursor 
sagt  im  prolog: 

dann  wo  herr  Hans  von  Gchn  nicht  ist, 
daselbst  man  aller  Trcuden  vorgist, 
es  ist  kain  spil  so  gering  oder  klein, 
in  welchem  gar  kain  nar  must  sein. 

Itisloria  Magelonae  spietweis  A  iij '. 

Hans  Koch:  du  thnst  wie  Hans  koch  ..  Hans  koch  gün- 
net  niemand  der  ehr  dann   im  selbs.   Acric.  spr.  (1560)  23". 

Hans  mit  dem  köpf  hindurch:  da  lerne  ein  jglichcr  für 
sich  selbs  das  er  sanftmütig  sei  gegen  jederman ,  das  ist 
nicht  mit  Unvernunft,  aus  hasz  oder  rachgir  mit  dem  nche- 
sten  fare  und  handle,  als  die  so  man  heiszet  Hans  mit  dem 
köpf  hindurch.  Ldtber  5, 353'. 

Hans  Küchenmeister:  Karl:  sie  kocht  weisze  rüben  und 
einen  lammsbraten.  Götz:  weiszt  dusaucb,  Hanns  küchcn- 
meister.  Göthe  8,  27. 

Hans  Liederlich: 

du  sprichst  ja  wie  Hans  Liederlich, 

der  begehrt  jede  liebe  blum  für  sich.    Götub  12,  134. 

Hans  Marter,  spollname  für  land.<:knec}ite,  s.  marterhans: 

in  kricgs  noth,  in  der  bösen  zeit, 
wenn  Hans  martcr  und  brnder  Veit 
mit  groszon  rotten  bei  im  hausen, 
durch  alle  wtnkel  beiralioli  mausen. 

Ü.  Waldis  Esup  3,  89,  34. 

Hans  hinter  der  mauer:  Hans  hinder  der  mauren,  galhn 
in  slerquilino  seu  fimeto  siw.  Stieler  765;  es  zöge  einsmals  ein 
armer  mensch,  der  das  brodt  bettelte,  einen  hund  auf  und 
nennet  ihn  Vulgus,  das  ist  Hans  Omnis  oder  Hans  hinter 
der  mauren.  Schi;ppius  404. 

Hans  Mist :  Hans  Mist  als  läcltcrlidier  bouemname.  fastn,  sy. 
342,  15; 

ich  weisz  noch  einen,  hoisit  ilana  Hytt, 

der  will  all  weit  des  Oborredon 

er  tj  zA  Norwegen  und  Scliwedeii, 

kA  Alkcjfr  gsin  und  lii  Granat, 

und  do  der  pTcITcr  wccbnit  und  «tat, 

der  doch  nye  kam  »o  verr  bin  u-iz. 

liRA>(T  narrvntch.  76,  83i 
bie  bin  ich,  hauptmao,  »prnrli  Hans  Mi«L 

MüRNEii  lulh.  narr  3274. 

Hans  Narr,  zusammengerückt  Hausnarr:  da  hat  ein  \\:\\<- 
Narr,  der  sonst  belobte  herr  PfalT  in  Kiel,  in  Widerlegung  n\<  . 
ncr,  darzuthun  gesucht,  dasz' das  reine  weisze  licht  aus  cim  i  i 
duppelgrau  bestehe.  GOtuk  an  Knebel  :I84:  du  oollst  ni<l> 
über  alles  so  läsonnioreu,  Hansnarr!  geh,  sattle  dir  ein  pfeid 


461 


HANS 


HASS  — BAISSE 


462 


und  mach  dich  fertig!  Götter  JeanneUe  2.  auf:.  I.mßr.;  ähn- 
lich Hans  Narrolt : 

ich  haisz  Hans  Narrolt  [spricht  ein  läpp) 

und  hat)  des  wirts  mait  holt,    fastn.  sii.  653,  11; 

wil  es  Hans  Narrolt, 

so  Wirt  im  di  nerrin  holt.    673,  33. 

Hans  Nau,  homo  lenax.  Stieler  1335. 

Hans  Nimmersatt:  Euclio,  das  ist  Hans  nimmer  satt,  der 
will  haben  dienstbotten  die  da  haben  hirschfüsze,  eselsohren. 
bände  ohne  pecb ,  und  ein  verschlossen  maul ,  sollen  aber 
essen  und  schlucken  nichts.  Schüppius  405. 

Hans  Ochse: 
ich  singe  wie  ich  kan,  so  fährst  du  mich  doch  an, 
lind  sprichst :  das  heist  kein  bass,  du  must  viel  gröber  singen. 
Haiinsz  Ochse!  sprech  ich  drauf,  du  wirst  mich  nicht  verschlingen, 
sag,  ob  ich  nicht  so  grob  als  du  nun  singen  kan? 

A)iAaA:«TBEs  461. 

Hans  Omnis:  vulgus,  das  ist  Hans  Omnis.  ScBt:ppics  404. 
Hans  Ohnesorge ,  Hans  ohne  sorgen :  Ucalegon .  das  ist 
Hans  ohne  sorgen,  acerra  philologica  (1711)  j>.  221;  S.  sag  ihr, 
Hans  von  Seibiz  grüsze  sie.  C.  Hans?  wie  war  es?  S.  Hans 
mit  einem  bein,  Hans  ohne  sorgen,  wie  du  willst.  Görne 
42,  2S9 ; 

ich  bin  Hans  ohne  sorgen, 
weil  mir  die  leute  borgen. 

Mk>ames  atlerneueste  arl  zur  poesie  zu  gel.  25; 
man  hat  mich  im  spott  nur 
Hans  Ohnsorge  genannt  und  mich  von  hause  vertrieben. 

GÖTHE  1,  33U. 

Hans  Pompsack,  ostentator  vanus.  Stieler  1658. 

Hans  Schenk:  Hans  Schenk  hat  gnad  zu  hofc.  Agr.  spr. 
(1560)  34".  SceoTTEL  1141'. 

Hans  Supp,  name  des  narren  in  der  comödie,  nach  dem  franz. 
Jean  Potage :  angesehen  der  weit  mehr  mit  dem  lustigen 
Jean  Potage,  oder  Hans  Suppe  als  mit  dem  traurigen  und 
ernsthaften  Cato  ist  gedienet.  Rist  die  aUeredekle  belusligung 
121;  indessen  hatte  sie  allerhand  affenspiel  vor  dem  spiegel 
. .  sie  bisse  die  leffzen  zusammen ,  formirte  bald  das  maul 
auf  andre  maniren  wie  Hans  Supp  seinen  hut.  Sinipl.  3,  350 
Kurz;  adieu  dann,  Hans  Supp.  Schattb.  engl.  u.  franz.  com. 
1,  297. 

Hans  tapp  ins  mus  {vgl.  Hans  Daps) :  wer  mehr  wissen 
will ,  kauf  sichs  träctätel  selbst ,  dasz  ich  mein  Unkosten 
bald  auszer  krieg,  sintemal  ichs  so  eingricht  hab,  dasz  kain 
gescheuter  mensch  entrathen  kan,  und  gleichwohl  wil  kainer 
gern  ein  Hansz  tapp  ins  musz  sein.  Schwabe  tinlenf.  B  s'. 

Hans  Tölpel:  und  wenn  wir  davon  hören,  das  uns  Christus 
mit  seinem  blut  erlöset  hat,  so  bewegt  es  uns  eben,  als 
wenn  Hans  tölpel  höret  das  ein  hun  eier  legt.  Lcther  5,211*. 

Hans  Ulrich,  personificalion  der  speilust,  indem  der  ztceüe  Ihe'd 
des  namens  den  beireffenden  würgenden  laut  malen  soll:  weil  sie 
sich  so  übernommen  hatten,  musten  sie  in  der  nacht  Hannsz 
Ulrichen  rufen.  Darbennime  207. 

Hans  um  und  um:  diese  waren  allenthalben,  wie 'Hansz 
umb  und  umb,  daheim.  Pbilander  1  (1642)  s.  121. 

Hans  Cnfleisz :  Hans  unflysz  und  Cuatz  onsorg.  Fbakk 
spr.  2,  59'. 

Hans  Ungelenk,  truncus,  slipes,  caudex.  Stiei.er  1146. 

Hans  Unmuth,  homo  morosus,  torvum  vidcns.  Stieler  765. 

Hans  Unvernunft:  wenn  die  männer  Hans  Unvernunft  wer- 
den und  flugs  alles  mit  schmeiszen  auf  einmal  zu  recht 
bringen  wollen.  Piora  hausmüUer  abc  Dl;  es  geht,  wann  man 
auch  klagt,  an  manchem  ort  kaltsinnig  und  langsam  gnug 
zu,  sonderiich,  wenn  Hans  Unvernunft,  der  tägliche  henker 
und  mörder  seines  weibes,  befreundet,  beschwägerl  und  be- 
gütert ist,  dasz  er  etwas  spendiren  kann.  Scriver  seelensch. 
2,  276. 

Hans  Unverstand:  mich  dünkt  immer,  hie  werde  sich 
Hans  Unverstand  hören  lassen  und  unverschampt  sprechen. 
He.s.ninc  tnischmasch  444; 

80  thut  er  wie  Hang  Unverstand.    Stopp«  Parnass  103. 

Hans  Wurm,  stuUiu,  fatuus,  capito,  obslinalus,  contumax. 
Stieler  25S4. 

Hans  Wurst,  den  ältesten  beleg  hierfür  brin^  Zarkee  w  der 
nu^';nhe  des  narrenschiffs  s.  422  bei,  er  entstammt  der  1519  er- 
•-'  ■ncnen  niederdeutschen  bearbeilung  des  genannten  tcerkes.  die 
:'■/  jung  von  wursl  zu  dem  namen  Hans  soll  einen  groben 
menschen  von  unbeholfener  figur  malen,  dessen  leibesqeslält  an 
eine  warst  erinnert,  icie  in  büringen  in  der  that  ein  solcher 
mensch  einer  wwrsl  verglichen  wird;  dasz  dis  wort,  Hans  Worst, 


nicht  mein  ist,  noch  von  mir  erfunden,  sondern  von  andern 
leuten  gebraucht  wider  die  groben  tölpel,  so  klug  sein  wol- 
len, doch  ungereimpt  und  ungeschickt  zur  sachen  reden  und 
thun.  also  hab  ichs  auch  oft  gebraucht,  sonderlich  und 
allermeist  in  der  predigt.  Luther  trider  Hans  Worst,  werke 
7,  407';  es  ist  ein  Hans  Worst  gewest,  der  solchen  canonem 
gemachet  hat,  ein  Hans  Worst  den  andern,  noch  hat  er  alle 
weit,  auch  alle  hochgelehrten  verblendet.  5,  8&';  trink  alle- 
zeit vor  dem  durst:  so  tringt  dich  kein  durst,  mein  Hans 
Wurst.  Garg.  lOl'.  als  bauernname  erscheint  Hans  Wurst  in 
Probsts  fastnachtssiiiel  vom  kranken  bauer  und  seinem  knecht 
Simon  Hempel  (1553).  die  Verwendung  dieses  namens  für  änen 
narren  in  der  comödie  geht  nach  Weinhold  in  GoscJies  jahrb.  für 
literaturgeschichle  1865  s.  3S  sufrüliest  auf  ein  scliauspiel  aus  dem 
jaJtre  1573  zurück,  redit  gemein  wird  sie  erst  gegen  ende  des 
i~.  Jahrhunderts  bis  in  die  1.  Iiälpe  des  18.,  wo  der  Hans  Wurst 
in  zaldreichen  stücken  auftritt:  einer  ausz  den  kurzweiligen  hof- 
räthen  oder  Hensel  Wursten  zunft.  wiszbad.  wisenbrünnl.  2,120; 
was  übrigens  der  edle  Hans  Wurst  in  den  komischen  tragödien. 
wovon  wir  reden,  für  eine  wichtige  rolle  zu  spielen  hatte,  wird 
vielen  unserer  leser  noch  in  frischem  andenken  sein.  Wie- 
LASD  3,  51 ;  als  seine  tracht  hat  sidi  nach  und  nach  eine  bunte, 
geckenliafte  klddung  herausgebildet:  ihre  kleidung  war  von  allen 
färben,  wie  Hansz  Wursts.  Pbilander  t  (1642)  s.  142 ; 

der  geht  wie  Hansz  von  Wurst,  hat  er  sich  bund  mundiret. 
Rachel  sat.  (17üO)  s.  155. 

Der  name  wird  schon  früh  xusammengerücki  geschrieben :  wie 
Hanswurst  also  brütet.  Frey  garleng.S;  und  durch  rorsetzung 
des  artikels  rein  als  appellativum  behandelt :  der  gute  hanswurst. 
Chr.  Weise  34t ;  vom  Charakter  des  hanswursts.  Lessing 
11,176;  indessen  ich  behauptete,  das  costum  sei  nur  noch 
zwei  (Inger  breit  vom  hanswurst.  Göthe  20,136; 

dasz  hanswurst  seine  bochzeit  hält, 

und  sich  eine  banswurstiu  zugesellt.    57,  259; 

vgl.  auch  wursthans.  allgemeiner  wird  dann  mit  hanswurst 
ein  narr,  geck  überhaupt  bezeichnet:  auch  zu  mir,  sagte  sie, 
sind  die  hanswürste  gekommen  mit  ihren  bunten  scherpen 
(franzüsisdie  commissarien),  haben  mir  befohlen  und  gedroht. 
Götue  30,325. 

4)  klingender  Hans  heiszi  das  Idusekraut,  hahnenkamm,  rlünan- 
thus  crista  galli.  Nemjiich  4, 1151. 

HA>'Sä,  s.  hanse. 

HÄNSCHEN,  die  mitleide alsche  verkleinerungs-  und  koseform 
des  namens  Hans,  der  mehr  oberdeutschen  Hassel,  Hänslein  (s.  d.) 
gegenüber:  wo  ist  denn  mein  allerliebstes  Hensichen ?  Luther 
3,  405*.  es  steht  in  allgemeiner  Verwendung  wie  Hans  1  (sp.  455) : 
was  Häuschen  nicht  lernt,  lernt  Hans  nimmermehr,  wo  es 
den  gegensalz  des  kindes  zum  manne  hervorliebt; 

und  wofern  sich  lauter  grobheit  an  dem  zarten  Hänszgen  zeigt, 
so  bleibt  Hansz  in  alten  tageu  dieser  tagend  auch  geneigt. 

PuiLA.NDER  v.  D.  LixDK  verm.  ged.  (ITlü;  ».66; 

was  Uänscheu  versäumt,  holt  Hans  nicht  mehr  ein. 

BÜRGER  67^ 

als  name  eines  narren  oder  zwerges:  siehe  Hänszgen,  hier 
schenke  ich  dir  eine  uhr,  sagte  die  herzogin  Maria  Anna  in 
Portugal  zum  zwerge.  Schmaücher  Oirl  VII  s.  45.  dalier  einen 
zum  Hänschen  haben,  zum  besten.    Germania  5,  320. 

Hanschen  im  keller  ist  eine  verblümte  redensart  für  das  kind 
im  mutterleibe,  s.  5,514;  auch  englisch  lieiszt  es  Jack  in  the 
low,  Jack  in  the  cellar; 

ihr  selber  sollt  mich  lustig  sehen, 
und  zwar,  es  wird  gewisz  geschehen, 
wann  Uännszgen  aus  dem  keller  schleicht. 
Pica;<der  3,  4S0. 

birkengretchen  und  karbatschenhänschen  für  ruüie  undpeilsche, 
s.  2,39. 

HANSE,  f.  1)  socielas  mercatorum.  goth.  hansa,  ahd.  hansa 
(Gräfe  4,976)  gilt  von  einer  streitbaren  scliaar,  ags.  hös  von 
einer  schaar,  einer  gesclilossenen  Vereinigung  schlechthin ;  als  kauf- 
männische Vereinigung  mit  bestimmten  richterlichen  befugnissen  er- 
scheint hans,  hanse  in  süddeutschen  handelsplätzen,  nach  Schm. 
2,210  in  Regensburg  seil  799,  auch  anderswo  bis  viel  später: 
die  hungerischen  wein  werden  in  und  durch  das  land  heim- 
lich gefürt,  das  awer  insonder  ainem  hannsgrafen  bevolhen, 
soihs  zu  wcrn,  wie  die  freibait  der  hanns  vermag,  der  er 
awer  kains  thut.  Chjjel  urk.  Max.  l.  245.  252.  im  Bremer 
lande  bezeichnet  es  die  gettossenschaft  der  deichgeschworenen:  auch 
die  deichgeschwornen  der  Bremer  Gehen  haben  ihre  hanse. 


463 


HANSE  — HANSEL 


HANSEL  — HÄNSELN 


464 


Stüve  wesen  u.  verf.  VM ;  in  einem  iliililhänser  Statut  des  15. 
jahrh.  heiszl  es  innung  schlechthin:  quod  mechanici  coiam  duo- 
bus  consulibus  ausas  siias  celebrabiint.  Hai.taüs  siS ;  so  dasz 
durch  diese  belege  das  wort  aJs  iiber  ganz  Deutsclüand  in  dem 
allgemeinen  sinne  Vereinigung,  genossenscliaß  verbreitet  gewesen 
bezeugt  wird;  noch  jetzt  in  Kiirnthcn  banse  neben  männlichem  hans 
geplauder,  Unterhaltung.  Lexer  133.  gewöhnlicher  ist  das  wort 
hanse  auf  jene  corporative  Vereinigung  norddeutscher ,  scehandd 
treibender  kaußeute  bezogen,  die  sich  nach  und  nacli  zu  einem  poli- 
tischen bundc  erweiterte  und  iiber  deren  entstehen  und  ausbreiluny 
Sartorius  urkundliclie  gescL  des  Ursprungs  der  deutschen  hansv 
IbSO  ausführlich  liandelt.  als  Vorläufer  dazu  erscheint  hansa  in 
einer  Urkunde  Heinriclis  III.  von  England  v.  1266  gebraucht  von  der 
Innung  der  Hamburger  kaufleute:  ad  instanciam  diicis  Bruns- 
viciensis  nieicaloribus  ipsius  ducis  de  Hamborch  concedimus 
. .  ut  habeant  hansain  suam  per  se  ipsos  per  lolum  regnum 
in  perpetunm.  Sartorius  2,  93.  gewöhnlicJt  wird  mit  dem  auf- 
blfihen  der  hanse  die  mütellateinisclie  form  hansa  oder  ansa  f» 
Urkunden;  hansa  hanse  der  coiplude  Dief.  273*  (aus  dem  Theu- 
tonista);  daneben  geht  eine  andere  form,  in  der  der  stammvocal 
a  in  e  ausgewichen:  ansa  benze  Grayf Diutiska  2,200  (13.  j/i.); 
extra  hensam  sive  comraunitatem  mercatorum.  Sartoeius 
2,  eis  {v.  136S). 

2)  hanse  ist  auch,  von  der  allgemeinen  bedeutung  äner  Ver- 
einigung, genossenschaft  ausgehend,  der  zins ,  den  eine  solclie  zu 
entrichten  hat,  kaufviannsschosz,  liandelsabgabe :  hansa  pensitatio 
pro  mercibus  exsoWi  solita.  Du  Gange  von  He.nschel  3,  623' ; 
hansam  eciam,  que  ad  nos  respectuin  babuit,  arbitrio  civium 
permisinuis.  Bremer  urk.  v.  llsl  bei  Sartorius  2,  9 ;  ad  hoc, 
ut  cum  mercibus  suis  libere  eant  et  redeanl  per  tolum  dii- 
catum  Saxonie  absque  hansa  et  absqiie  theloneo.  urk.  Fried- 
richs \.  für  Lübeck  von  1188,  das.  in  ähnlichem  sinne  verzeich- 
net das  brem.  wb.  2,  592  die  nebenform  liense  als  cd)gabe  für 
den  einlriU  in  die  oben  erwähnte  deichgenossenschaß  aus  einer 
Urkunde  von  1449. 

3)_  hanse  übertragen  von  literarischen  Vereinigungen ,  lüeralen- 
zunfi:  aber  die  anpreisenden  vorreden  und  die  nachbaue 
aus  allen  kritischen  bansen  und  gilden  scheinen  ihm  nicht 
biosz  ein  mitleidiges  lächeln,  sondern  eine  warnende  rüge  zu 
verdienen.  Voss  mythol.  br.  1,  2 ;  vorzug ,  der  mir  fast  von 
der  ganzen  schreibenden  hanse  zu  theil  geworden.  J.  Paul 
llesp.  1,190. 

HANSEAT,  VI.  mitglied  der  hanse,  gebildet  nach  dem  miltel- 
laleintschen  adjediv  hansealicus.  jetzt  auch  ein  bewohner  der  drei 
hansestädle  Bremen,  Hamburg,  Lübeck. 

HANSEATISCH,  adj.:  zur  zeit  des  hanseatischen  bundes. 
Moser  patr.  phant.l  (1798)  £.30;  beide  kompagnien,  sowohl 
die  hanseatische  . .  als  die  südliche,  s.  262. 

HANSEBKCDEK,  f?i.  soäus  fraternitalis  hansicae.  Haltaus  823. 

HANSEBÜND,  m. :  auszer  der  reichen  niederlage  des  hanse- 
bundes  waren  hier  noch  fünfzehn  handeisgescllschaften  mit 
ihren  comptoirs.  Schiller  782". 

HANSEGRAF,  m.  eigentlich  Vorsteher  einer  hanse,  genossen- 
schafl:  in  Süddeutscidand  in  der  form  hansgraf  richter  in  hau- 
delssachen ,  i.  b.  in  Regensburg,  wo  er  seit  dem  13.  jahrh.  ur- 
kundlich nachgewiesen  ist.  Senn.  2,216;  in  Bremen  sind  hänse- 
gräven  zwei  ralsherren ,  die  bauliche  Streitigkeiten  der  naclibarn 
schlichten,  brem.  wb.  2,  593. 

HANSEL,  H.^NSEL,  H.ÄNSELEIN,  koseform  des  namens 
Hans:  was  Hitnsel  nicht  lernt,  das  lernt  Hans  nimmermehr, 
quod  qui*  non  difrit  in  jurenlute  non  discet  in  senectnte.  Steiü- 
BACH  1,  698.  wie  Hans  und  Hanseben  in  verschiedenen  characte- 
ristüchen  Verwendungen. 

1)  alt  name  eines  narren:  Hansel  närrischer  mensdi.  Keh- 
REiH  186; 

awee.  Haniel,  «ol  Ich  des  mantels  enporn? 

du  pösRr  unseliger  llensel,  ganst  du  mir  nit  so  viel  eem? 

faxin.  Kj).  674,  2*i-, 
du  pöser  fchemlicher  ilensf;!!    674,  32; 
daher  fUr  einen   hansei   hallen,   einen    zum  besten  haben,   aus 
Tirol.  Fromm.  5, 448 ;    dann  weiter ,   eben  auch    appellativ  ange- 
irendei,  beieichnung  eines  lotterbuben,  umherzwhenden  lustigmachers : 

dar  usz  {nun  dem  $ludenlcn)  wart  dann  ein  liensclln. 

ÜRANT  narrrntcli.  27,  32. 

er  (Murner)  . .  gibt  auch  ein  gßlen  linnsclin.  Karslharu,  an- 
hang  zu  Mumert  lulher.  narren  100,17  Kurz;  in  der  Weiterbil- 
dung henseliner:  Crobihia  war  ein  Rifliancr,  henszclincr  und 
hßrnfQrer.  Acric.  tprichw.  (1500)  i.  148*.     FiitCH  1,  416*  fnhrt 


henseliner  als  einen  der   den  wein   verfdlsclit   und   mengt ,   aus 
Matuesius  auf. 

2)  wie  Hans  sp.  459  in  Verbindung  mit  andern  charaderisie- 
rendcn  beinamen :  dasz  sie  {die  bilder)  auf  dem  allar  prangen, 
und  von  HHnszlein  jederman  andächtigklich  angchett  werden. 
Fischart  bienk.  140';  unterwegs  kamen  zween  kerl  zn  mir; 
darvon  war  der  eine  Hannsiein  groszer  knecht,  oder  wolle 
es  wenigst  sein ,  dann  er  schnitte  auf  von  seinen  weiten 
reisen  ,  die  er  kürzlich  vollbracht  und  mit  höchster  gefahr 
überstanden  hatte.  Simpl.  3,410  Kurz. 

3)  wie  Hans  sp.  458  als  Ihiername  verwendet :  alle  leute  in 
der  nachbarscbaft  wusztcn  von  dem  Hansel  {dem  staar  von 
Segringen)  zu  erzählen.  Hebel  schatzkästL  (1859)  s.  224;  Han- 
se! selir  getvühnliche  benennung  eines  pferdes.  Schm.  2,  215 ; 

der  muntre  Häusel  (ein  Hase)  ist  zufrieden, 

und  schätzt  sicti  groszen  üanscu  gleich.    Hagedorn  2,  34. 

4)  Hansel,  Hänslein  für  penis: 

mir  lag  ein  weip  gar  hart  im  sinn, 

das  ich  ir  wolt  mein  Hensiein  geben,    fasln,  sp.  260, 22. 

5)  Hansel  am  wege,  pflanzenname :  für  den  wegetritt,  poly- 
gunum  aviculare  Nemnich  4, 1027 ,  und  in  Oesireich  auch  für 
die  taube  gcrste,  hordeum  murinum.  3, 176. 

HÄNSELBANK,  <l.  eine  zierliche  bank,  auf  weldier  der  bürslen- 
maclier  den  stiel  einer  kopfbürste  glatt  beschneidd.  Jacodsson 
2,  217".  äe  heiszl  auch  heinzelhank,  kiHcht,  wie  wiederum  der 
Stiefelknecht  mit  einem  gewöhnlichen  bauer-  oder  kneclüsnamen 
verbunden  stiefeihänsel  genannt  wird.  Schm.  2,  215. 

HÄNSELBECHER,  m.  groszer  becher ,  den  ein  neu  in  eine 
gesellschaß  aufgenommener  leeren  musz.  Adelung,    s.  hänseln  1. 

HÄNSELER,  m.  dcrisor ,  irrisor,  scurra,  cavülator,  sannio. 
Stieler  766. 

HÄNSELEI,  f.  das  foppen,  zum  nanen  haben  {s.  hänseln  i). 

HANSELMANN,  m.,  dem.  hanselmännchen,  bezeichnung  eines 
hausgeistes,  kobolds;  solche  kobolde  führen  als  vertraute  des  hau- 
ses  auch  vertrauliche  namen ,  meist  koseformen  gewöhnlicher  und 
verbreiteter,  sie  heiszen  Hinz,  Heinz,  Heinzelmann ,  Chiemke 
{aus  Joachim),  Claus  u.  ähnL  {mylhol.  471//".):  nicht  weit  von 
der  insel,  darin,  wie  die  poeten  fabuliren,  die  spiritus  fami- 
liäres oder  geheime  geisler,  die  allda  (wie  die  allen  in  ge- 
wonheit  gehabt,  sie  die  hanselmännerlein  zu  nennen),  ihre 
Wohnung  hatten.  Philander  5,  528  Lugd.  im  Fuldaischen  heiszl 
hanselmännchen  ein  sjnelzeug  aus  hollundermark  und  blei,  was 
Purzelbäume  schicszt,  anderwärts  stehaufchen  oder  auch  kolioUi, 
s.  5, 1550.  —  In  Schwaben  wurde  ehedem  ein  nicht  näiier  be- 
kanntes Ued  vom  hanselmann  gesungen: 

as  singt  an  jedas  was  as  kan, 

da  blauha  stoarka,  dan  hanselraan. 

ticU  HUI  1633  hei  Fromm.  4,  96. 

HÄ.NSELN,  verb.  l)  in  eine  geschlossene  gesellschaß  feierlich 
aufnehmen,  die  ableitung  des  Wortes  von  hanse  in  dem  weite- 
sten sinne  Vereinigung,  genossen  schaß,  die  Weigand  vertritt,  kann, 
wenn  man  die  unten  folgenden  beisjwle  und  namentlich  das  gleich- 
bedeutende bansen  {s.  u.)  erwägt,  wol  nicht  angezweifelt  werden, 
fern  davon  hält  sich  nach  form  und  bedeutung  das  obei-deutsclie 
hunzeln  manibus  tradare  sowol  wie  hiihnzeln,  versfmtten  {mnti 
vergläche  unter  diesen  Worten),  welches  letztere  Kehrein  186  mil 
hänseln  zu  unrecld  mischt,  abzulehnen  i4  die  von  Wacrer- 
NACEi.  in  Pfeiffers  Germ.  5, 320  ver.oucfUe  Verbindung  i-on  han- 
sein, hänseln  mit  dem  ägennamen  Hans,  Hansei,  dei-  sich  zwar 
die  zwrite  Itedeutung  des  verbums,  niclit  aber  die  erste  fügt,  hän- 
selen  initiari  mysieriis  societatis,  dato  symbolo  aliquem  in  .Wu/i 
tium  recipere  Stieler  766;  es  sind  auch  etliche  feldh'-mi 
nach  gesellschaflsgebrauch  {in  die  fruclübringende  gcsii 
mil  dem  Willkomm  eingenommen,  oder  wie  man  es  In- 
genennel,  gehänselt  worden,  neuspross.  palmb.  I6t).  das  lian 
sein  war  namentlich  sitte  in  der  genossenschaß  der  fiihrleute.  bn 
handwerksburscJwn.  schiffern,  reisenden;  am  Rheine  wird  rine  junge 
frau,  wenn  sie  tum  ersten  male  auf  einem  kindtaufschmause  ut/, 
gehänselt,  mil  einem  sirausse  gescIimücJa,  wofür  sie  zahlen  mtis:. 
Keiihein  1H6;  s.  auch  Viimah  149,  der  ausführlicher  dieses  au- 
Innden  mit  strausz  und  tiand  lieschreibl;  iiber  den  liraiirh  l>ei 
Studenten  vgl.  unten  hnnseii.  anlehnend  an  diese  bedeutung  saiß 
J.Paul:  zu  wichtigen  amiern  musz  di-r  sta.illiüiger  erst  gr- 
hltnsell  werden.  un.t.  löge  3, 133, 

t)  von    den  eeremonien   liei  aufnahm'  lenossrnschnli 

aus,  die  vielfach  etwas  komisches  an  sich  li  uyeti  .  wird  h.lnseln 
in  dem  rinne  zum  besten  holten,  foppen  gehraurhlich,  schon  Srir 
LKi  führt  et  to  auf:   sed  rt  bAnvelcn    in    genere  tigntfical  ait- 


465 


HÄNSELN  —  HANSWURST 


HANSWURSTEREI  —  HANTIEREN 


466 


I 


quem  pro  delectamento  habere,  didis  ludificare.  766;  bair.  hans- 
nen  und  hänseln  Schm.  2,  216 ;  in  Tir<^,  Franken  und  ander- 
teärls  hänseln;  der  mensch  läszt  sich  in  die  länge  nicht 
hänseln.  J.  Paul  flegelj.  4,  34;  demungeachtet,  ob  Zeusel 
gleich  von  Matthieu  diesmal  wieder  gehänselt  und  geprellt 
wurde.  Hesp.  3,  6 ;  man  musz  sie  gewähren  lassen,  allenfalls 
nur  sie  hänseln.  Gütbe  an  Jaeobi  238; 

bedenkt  jedoch  erneuter  Zeiten  lauf 

und  sparet  doppelsionige  worte  .  . 

ihr  hänseltet  den  guten  treuen  jungen, 

das  ist  euch  ohne  kunst  gelungen,    «erke  41,99. 

bei  Ijijiermann  intransitiv  ton  neckischen  freudenbezeugungen :  das 
springt,  bockt,  bäumt,  stöszt,  rennt  um  mich  her,  das  schüt- 
telt sich,  rüttelt  sich,  tänzelt,  schwänzelt,  hänselt,  dasz  keine 
Phantasie  . .  die  tolle  scene  . .  sich  vorzustellen  vermöchte. 
Münchh.  2,72. 

3)  ein  reflexives  sich  hänseln ,  sich  herum  hänseln ,  sich 
selbst  zum  narren  haben,  kreu:  und  quer  irrend  schweifen: 

und  ich  musz  mich  hier  im  wald  rum  hänseln. 
TXECK  2,  339. 

HÄNSELÜNG,  f.  nach  hänseln  1:  ist  von  unterschiedlichen 
übel  gedeutet ,  dasz  biszweilen  etwas  stark  bei  der  hänse- 
lung  getrunken  worden,  neuspross.  palmbaum  329.  —  Auch 
nach  hänseln  2  das  foppen,  necken,  zum  besten  haben.  Stie- 
ler 766. 

HANSEN,  rer&.  in  eine  banse,  genossenschaß ,  gesellschaß 
unter  gewissen  gebrauchen  aufnehmen,  niederd.  bansen  brem.  icb. 
2,593;  j'air.  bansen  neben  bansnen  und  hänseln  Schn.  2,216; 
miitelaü.  bansatus,  in  hansam.  id  est  societatem  admissus. 
Du  Gange  von  He.nschel  3,  623';  6«  Studenten:  daher  von 
alters  her  der  brauch  inn  schulen  . .  geblieben,  das  man  . . 
denen ,  so  die  hörner  in  der  deposition  abgeschlagen  und 
die  man  bansen  will ,  saltz  eingestrichen  hat.  Mathes.  Sar. 
132*.  eigenthümlich  war  das  bansen  in  Küln,  das  im  mitlelalter 
stapelrecht  hatte;  jeder  bürger  konnte  einen  kaufmann ,  der  mit 
seinen  waaren  Köln  umgdien  wollte,  durch  anbinden  mit  einem 
Strohhalm  oder  faden  zwingen,  säne  waare  in  Küln  zu  lagern, 
dies  anbinden  (vgl.  bei  hänseln)  hiesz  bansen,  es  war  symbol 
dasz  der  kaufmann  in  die  kölnische  gemeinschaft  aufgenommen 
sei  und  kölnisches  recht  zu  leiden  halte:  quicumque  autem  ta- 
lium  mercatorum  secus  seu  in  contrarium  facere  vel  fecisse 
ab  aliquo  cive  Coloniensi  fuerit  deprehensus ,  ab  ipso  cive 
impune  et  licite  arrestari  et  puniri  poterit  more  antiquo, 
secundum  quod  vulgo  hansin  vocatur  (es  fol^  eine  nähere 
beschreibung  des  anbindens).  urk.  von  1259  bei  Lacomblet  ur- 
kurrdenb.  2,262.  der  beschriebene  act  selbst  wird  in  mittellatei- 
nischen  qudlen  bansa,  banse  genannt.  Du  Gange  v.  Hekschel 
3,  624*. 

HANSEN,  plur.  l)  bairisch,  die  geburtstheüe  der  kuh,  audi 
ansen.  Scbm.  2,  216. 

2)  eine  nebensorte  der  fleisehtrauben.  Nemsich. 

HA.NSERECHT,  n.  die  gesetze  des  hansebundes.  Frisch  1, 415'. 

HANSESTADT,  f.  zu  dem  bündnis  der  hansc  gehörige  stadt. 
das  wort  erscheint  xufrühest  in  einer  krämerordnung  des  rats  der 
Stadt  Anclam  ton  1330,  vgl.  Sabtoriüs  1,47,  wo  die  stelle  in 
moderner  Schreibung  mitgelheilt  wird;  jeder  krieg  zwischen  den 
hansestädten  und  den  nordischen  krönen.  Moser  patr.  phant. 
1  (179*)  s.  67.  die  im  17.  jaMt.  gewöhnlidie  Schreibung  hansee- 
stadt  pe/U  ro»  dem  glatä>en  aus,  dasz  der  letzte  theil  des  wortes 
banse  mit  see  mare  in  besiehung  stünde:  die  hanseestädte. 
MicBÄLiüs  4,76;  in  einer  jeglichen  hanseestadt.  s.  77;  in  die 
banseestale.  Scbippiüs  69S. 

HANSETAG,  m.:  ist  vergangen  jähr  im  banseelag  be- 
schlossen ,  dasz  acht  städte  . .  nach  Koppenhagen  sich  er- 
heben und  nocbmalen  umb  voriges  (erneuerung  der  priviUgien) 
starke  ansucbung  thun  selten.  MicrIlios  4,  76. 

HANSISCH ,  adj.  zur  hanse  gehörig :  unsere  vorfahren  im 
hansischen  hunde.  HOser  patr.  phant.  l  (179»)  12;  unsere  ge- 
lehrten beschreiben  uns  die  hansischen  kriege,  s.  14 ;  sie  hat- 
ten ihre  Stapel  in  allen  hansischen  Städten,  und  diese  musz- 
t«n  ihnen  eben  das  recht  gestatten,  was  sie  selbst  in  ihrer 
guildhali ,  der  bunsischen  uiederlage  iu  London,  genossen. 
«.22.  I»  subslanliver  terwendung  ein  glied  der  hanse:  ein  han- 
sischer soll  mit  keinen,  der  nicht  hansisch  ist,  gesellschaft 
oder  factoryen  anstellen,  lubi^clies  recht  bei  Frisch  1,  415'; 
'nun  haben  z«ar  die  Englander  den  hansischen  so  viele 
Schwierigkeiten  gemacht.  Moser  jxrir.  phanL  1,22 

HANSWURST,  m.  5.  unter  Hans  sp.  462. 
IV.  n. 


HANSWURSTEREI,  f:  ziemt  es  denn  einer  hochcultivir- 
ten  nation ,  ...  sich  in  der  arena  der  politischen  presse 
einer  spräche  zu  bedienen ,  welche  erinnert  an  die  kurz- 
weiligen hanswurstereien  des  W  iener  palers  Abraham  a  santa 
Clara?  Braos  rier  briefe  eines  Süddeutschen  i.  15. 

HANSWÜRSTIADE,  f.  hanswurstkomOdie :  so  viel  kann  ich 
sagen,  je  gröszer  die  weit,  desto  garstiger  die  farce.  und 
icb  schwöre,  keine  zote  und  eselei  der  hanswurstiaden  ist 
so  eckelhaft  als  das  wesen  der  groszen,  mittleren  und  klei- 
nen durch  einander.  Göthe  an  frau  v.  Stein  1, 169. 

HANSWCRSTIN,  f.: 

dasz  banswurst  seine  hocbzeit  hält, 

und  sich  eine  hanswursiin  zugesellt.    Göihk  57,  259. 

HANSWCRSTJACKE,  f.  {tgl.  sp.  462):  er  bat  die  ganze  Out 
von  spott  und  höhn  verdient  und  es  ist  auch  Taubert  nicht 
gelungen,  ihm  die  hanswnrstjacke  auszuziehen,  bldtter  für  Utt. 
unterh.  1S66  s.  763. 

HANSWURSTKOMÖDIE,  f.  komödie  in  der  ein  hanswurst 
die  hauptrolle  spielt;  war  an  fang  des  torigen  jaiirhunderts  im 
schwänge. 

HANSWURSTSCENE,  f.:  gleich  die  erste  erzeblung  beim 
Poggius  könnte  eine  vortrefiTliche  hanswurstscene  geben. 
Lessisg  11.  177. 

HANSWURSTSPIEL,  n.  hanswurstkomödie. 

HANTEL,  f.  vielleicht  handhabe  zum  anfassen  einer  sache : 

also  hört  icb  all  mein  tag, 

das  gelt  und  gab  vil  vermag 

in  dem  recht  und  an  dem  ringL 

dar  umb  nolt  ich  euch  dy  baotel  smiren, 

das  ich  cham  von  der  dyeren.    fastn.  sp.  1000,30. 

das  ahd.  hantilla,  hanlella  (Ghait  4.972)  wird  mappa,  map- 
pula  glossiert,  hat  also  abweichende  bedeutung ,  es  lebt  in  dem 
spätem  handel  mappa  Dief.  348'  fort.  —  Heute  bezeichnet  bei 
den  turnern  bantel  ein  bequem  zu  fassendes  eisenstück,  das  stur 
Stärkung  der  armmuskeln  geschwungen  wird. 

HANTIER,  n.,  was  hantierung  3,  gewerbe,  handtcerk: 

ein  gsellenschiff  fert  yetz  dohär, 
das  ist  von  bantweikslüten  schwär 
von  allen  gwerben  und  bantyeren. 

ßRA>T  narrensch.  48,3; 
und  wasz  wir  hören  und  sechen, 
das  un«z  gedünkt  ein  zier, 
musz  auch  pei  unsz  geschechen, 
all  Sprech  thu  wir  verjechen, 
ob  esz  ist  ain  hanthier, 
wir  nennens  ain  manier. 

flieg,  bt.  i6,jahrh.  tom  fünoüi  der  weit. 

HANTIEREN,  verb.  negotiari,  tractare. 

Die  Schreibungen  bandlhieren,  handieren,  die  seil  dem  16. 
Jahrhundert  platz  greifen,  suchen  eine  beziehung  des  terbums  zu 
band  mani«  auch  äuszerlich  geltend  zu  machen,  allän  unrecht- 
mäsziger  weise,  da  hantieren  etymologisch  überhaupt  nichts  mit 
band  zu  thun  hat ,  und  ein  terhällnismäszig  erst  spät  aus  dem 
französischen  entlehntes  fremdwort  ist.  das  franz.  hanter  mit 
der  bedeutung  oß  besuchen,  hin  und  her  ziehen,  welches  seü  dem 
12.  jahrh.  belegt  ist  tLiiTRE  1, 197S')  und  welches  Diez  2,328 
auf  das  altnord.  heimta  fordern ,  einfordern ,  dän.  hente  holen 
zurückführt,  dringt  zunächst  in  das  miltelniederldndische  ein,  wo 
hantieren  durch  i.  Gri.hx  kl.  sehr,  l,  366  nachgewiesen  wird, 
die  bedeutung  gelit  auf  einen  kaufmann,  der  das  land  mit  seinen 
waaren  durchzieht,  wandernd  handel  treibt,  und  so  wird  das  wort 
auch  in  das  hochdeutsche  übernommen ,  wo  es  aber  vor  dem 
15.  jahrh.  nicht  nachweisbar  ist;  ton  da  aus  dringt  es  ins  dä- 
nisclie  (haandtere)  und  ins  schwedische  (handtera)  ein.  eine  er- 
veiterung  des  sinnes  lag,  da  bei  hantieren  an  band  gedacht 
tmrde,  nahe;  man  beznchnele  später  damit  den  betrieb  einer  be- 
schdfligung,  eines  gewerbes,  die  tomahme  einer  handarbeit  über- 
haupt, sofern  rfif.se  nur,  und  soweit  blickt  auch  hier  die  alte  be~ 
deulung  immer  durch,  mit  gröszerer  beweglidikeit  seitens  des  aus- 
führenden geschieht. 

Demnach  sagt  hantieren  aus 

l)  kaußandel  treiben,  handeln,  verkaufen. 

a)  intransitiv :  handthieren  ,  negotiari  Dasyp.  ;  handtieren, 
contrahere,  mercare,  tractare  mercaturam,  ne^iari.  Serhascs 
syn.  93';  negotior ,  kaufmannscbaft  und  handlung  treiben, 
handthieren,  handien,  gewerb  haben,  schachern.  Kirsch  cornuc.; 
di  stat  Collen  nit  berürn  und  inen  zu  nutze  nit  gebantirt 
werden  soll.  Mome  zalsclir.  9.40;  mit  Ortsbestimmung:  beute 
oder  morgen  wollen  wir  gehen  in  die  oder  die  stad ,  und 
wClIen  ein  jar  da  ligcn  und  hantieren   und   gewinnen   (xoi 

30 


467 


HANTlEllEiN 


HANTIEREN 


468 


ifinoQeioofted'a  xal  ye^Sr^aoftEt).  Jac.  4, 13 ;  die  augspur- 
gischen,  ins  gebirg  handierenden  kaufleule.  Scbm.  2,208; 

er  dröcknet  einen  ström  und  senget  einen  flusz, 
in  denen  man  zuvor  mit  schifTen  gehandtieret. 

Weckhbrun  252  (ps.  107). 

mil  angäbe  der  vaare,  womü  Handel  gdrieben  wird:  die  apo- 
tecker  und  ander,  so  gift  verkaufen  oder  damit  liandtieren. 
Carolina  arl.  37 ;  etliche  verkeufen  sie  {die  messe)  und  han- 
tiern  damit  für  den  stinkenden  bauch.  Lutheh  5,212";  eluas 
anders  mit  einem  um  ein  ding  handieren  {handeln,  markten). 
ScH«.  2,208;  wol  dem  menschen,  der  weisheil  findet,  und 
dem  menschen  der  verstand  bekompt.  denn  es  ist  besser 
umb  sie  hantieren  {xQeloaov  ya^  axjrrjv  ijuTtogei'sad'ai 
sepluag.)  weder  umb  silber.  spräche  3,  14.  die  person,  mit  der 
handel  getrid)en  wird,  ist  durdi  mit  rermiltcU:  dise  wähl  hat 
der  kaufer  auch,  so  er  widerkumpt,  und  findet  sein  gold 
bei  dem  salz ,  so  mag  er  mehr  hinzulegen ,  dj  es  ein  kauf 
sei  oder  sein  gold  nemmen,  und  im  sein  salz  ligcn  lassen, 
aul"  dise  weisz  handthieren  sy  miteinander  on  alle  mündt- 
liche  wort.  Frank  wettb.  213';  wer  mit  werken  wil  verdienen 
und  gewinnen,  der  denkt  freilich  nichts  umb  sonst  oder  aus 
gnaden  zu  empfahen,  sondern  wil  mit  gott  handtieren  und 
roszfeuschen.  Ldtuer  5,136';  mil  eim  handtieren,  eini  umb 
etwas  nutzes  willen  nachlaufen,  conseäari  aliqiiem  Maaler  212*; 
auc/i  durch  an,  wenn  ein  überreden  im  handel  gezeichnet  werden 
soll:  und  durch  geiz  mit  erlichten  werten  werden  sie  an 
euch  hantieren.  2Pctr.  2,  3;  und  danach:  durch  geiz  hantie- 
ren sie  an  dem  volk.  Luther  4,  298",  welche  bibelslelle  auch 
in  folgendem  angedeutet  wird: 

dan  vil  gellsirick  hat  er  (der  papst)  erdacht, 
da  mit  die  woll  von  schafen  bracht, 
und  hat  mit  den  umb  uns  hantiert, 
wie  das  sant  Petrus  melt  und  rürt. 

Schade  sat.  u,  pasqu.  2,  213. 

6)  iransüiv:  etwas  handtieren,  etwas  gewerbs  und  kauf- 
roannschatz  {Itandel,  geschäß)  treiben,  commercium  alicujus  rei 
exercere.  Maaler  212';  ab  gestc,  kaulleute  iren  kaufmann- 
schatz  ze  vil  hantiren  wollen  zu  schaden  der  Stadt  und  der 
borgen  Magdrb.  fragen  211.  ebenso  verhantieren  verhandeln, 
verkaufen ,  wol  in  öffentlicher  steiijerung :  soll  der  schullheisz 
die  pfändt  verhandtiren  mit  rath  der  scheffen.  weistli.  2, 550. 

2)  hantieren  heiszt  allgemeiner  ein  gewerbe,  eine  kunst  um 
gewinnes  willen  treiben  {vgl.  auch  hantierung):  der  häufe  die 
auf  den  schiffen  hantieren  und  schiffleute  die  auf  dem  meer 
hantieren  (t^  d'äXaaaav  i^yä^owai).  offenb.  18,17; 

nein,  vieh  zu  scLIachten  ist  nicht  mein  iiandthieren, 
die  ochsen  sind  ein  unverständig  volk.    Tieck  1,  184; 

von  der  ausübung  des  räuberltandwerks : 

der  wald  ist  unser  nachtquartier, 

bei  Sturm  und  wind  hantieren  wir, 

der  mond  ist  unsre  sonne.    Schiller  räuber  4,  5. 

3)  das  worl  verläuß  tn  den  sinn  verkehr  haben ,  verkehren : 
in  einem  bausz  handtieren  oder  wonen,  domum  alicujus  cele- 
brare.  Maai.er  212';  nd.  handieren,  verkelir  haben.  Dähnert  174'; 
im  trojanischen  kriege,  da  die  Griechen  schon  stark  zur  sce 
handthiereten,  traten  sie  zusammen.  Heilman  Thucyd.  5,  nocfc 
a)JM  xai  ravTTjv  xi]v  ar^arsiav,  ü'aXnoaT]  i/St]  za  nleito 
Xooofitvoi^  ^ffjkd'ov.,  SU  war  daselbst  {in  korinth)  von  jeher 
ein  starker  iiandcl  gewesen ,  indem  die  übrigen  Griechen 
mehr  zu  lande  als  zu  wasser  handthiereten.  s.  lO;  als  auch 
die  Griechen  nachher  mehr  zur  see  handlhierelcn.  das.  in 
gleichem  sinne  auch:  womit  einer  wachend  handieict,  damit 
pflegt  einer  gemeiniglich  auch  träumend  vexirt  zu  werden. 
Simpl.  2,128  Kurs;  freier  vom  gedankenvcrkehr :  mit  solchen 
und  dergleichen  gedanken  bandierte  ich  täglich.  2,242;  als 
ich  hiermit  in  meinen  gedanken  handthierle.  3,342;  und 
tonst  ähnlich: 

die  vom  ade!      woln  sein  obn  tadel. 
nrhtcn  sich  hoch,      so  »ie  sich  doch 
•-i'lti-t  nlcdrif;  machen,      das  sie  mit  tacheo 
itzurnl  tiantiren,      die  sie  nicht  zieren, 
<l<ik  macht,  man  thut  nicht  mehr  turniren. 

IICNMIBKIICF.II  4fi2. 

4)  an  band  angelehnt,  wendet  sich  hantieren  zu  der  bedeulnng 
ftwat  verrichten ,  Ihun ,  treiben ,  es  empfängt  nun  den  sinn  von 
bandeln  no.  2  und  :\  (.7).  374) ,  das  durch  bunliercn  in  diesem 
%inne  fatt  renlritnql  wird,  während  fiber  hnnlicrcn  in  der  «r- 
»yrünghchen  hedrutung  kaufhandel  treiben  nun  handeln  no.  13 
(tp.  370)  siegt,     die  fügung  ist  zwiefach. 


a)  inlransiliv,  mil  arbeü,  vorzüglidi  band-  und  hausarbeit  be- 
schäftigt sein,  solche  arbeil  treiben  und  zu  treiben  wissen:  also 
miist  der  pfaff  Ulenspiegel  seinem  knecht  sunder  seinen 
willen  Urlaub  geben,  doch  so  half  er  mit  den  bauren  han- 
tieren ,  wann  der  meszner  oder  sigrisl  desselben  dorfs  was 
kurzlich  tod.  Ulenspiegel  no.  11  s.  15  l.appenbcrg;  yieW  ich  sie 
nunmehr  einig  und  allein  nach  ihrem  gefallen  handthieren 
liesz.  elie  eines  mannes  72;  wann  einer  möchte  dem  andern 
zu  schaden  handthieren,  wie  er  nur  selber  wolle.  Chr.  Weise 
erin.  95;  den  andern  schalt,  dasz  er  wage  auf  seinem  acker 
zu  hantiren.  Göthe  18,148;  auf  der  wir  zurzeit  hausen  und 
hanthieren.  L.  Tieck  gcs.  nuv.  4,306;  in  der  nacht  hatte  ich 
träume  von  gütter-  und  heldengeschicbten ,  merkte  wohl, 
dasz  ich  mit  den  fausten  umher  handtbierte,  wuszle  aber 
doch  nicht,  was  ich  eigentlich  machte.  Ihmermann  Münchh. 
2,27;  unlerweges  gingen  sie  an  dem  sügebocke  des  Schul- 
meisters vorbei,  an  welchem  dieser  im  schweiszc  seines 
antlitzes  handtbierte.  s.  49;  bewegt  sah  er  (auflader  Sturm) 
in  den  hausHur  hinein  . .  manches  liebe  jähr  Itabe  ich  dort 
drinnen  hantiert;  wenn  die  ringe  an  ihren  centnern  glatt 
sind  wie  poliert,  meine  bände  haben  redlich  dazu  geholfen. 
Freytag  soll  u.  haben  3,  289. 

b)  ebenfalls  intransitiv,  von  kriegerischer  aclion :  kecke  biichsen- 
mcister  . .  die  vorm  feind  zu  handthieren  wissen.  Kirchhof 
mil.  disc.  26; 

wir  lagerten  uns  vor  Blatzenburg  das  hohe  hausz, 

die  rcuter  fielen  zw  Oulmbach  herraasz, 

mit  uns  wollten  sie  handireii.    Hildebrand  volksl.  274. 

c)  transiiiv,  etwas  hantieren,  eine  arbeit  maclien :  Asar  aber 
ist  ein  bildhauer  gewesen,  welcher  steinerne  gölzen  gemac|jet; 
des  tages  hatte  er  solche  arbeit  handthieret,  des  nachts  aber 
vor  des  künigs  kammer  das  Hecht  warten  imüssen.  pers. 
rosenlh.  7,20  5.92';  auch  brauchte  er  die  tage  nothwendig, 
seiner  braut  und  Schwestern  neue  kleider  auf  die  hocbzeit 
zu  machen ,  und  sonst  mancherlei  zu  handthieren.  H.  Stil- 
LiNG  1,27;  eine  anzahl  Soldaten  hatten  sich  in  einen  kreis 
gesetzt  und  handirten  etwas  innerhalb  desselben.  Göthe 
30,28;  was  handierest  du  jetzund?  quis  labor  tibi  est?  Stik- 
ler  753. 

d)  daran  schlieszl  sich  der  sinn  verarbeiten,  eine  arbeit  kunst- 
gemdsz  hinausführen:  ein  ungegerbet  leder  wird  nicht  wohl 
verkauft ,  weil  sichs  nicht  handthieren  läszt.  pers.  rosenth. 
8, 55 ;  von  rf«T  vtitwirkung  bei  einem  concerle :  die  Solostimmen 
drin  wird  Golo  und  mein  jung  hier  handthieren.  Fr.  Müller 
3,  110. 

5)  die  anlehnung  von  hantieren  an  band  scheint  zumal  bei 
Göthe  hervor,  wenn  er  das  verbum  in  dem  sinne  oft  die  band 
bewegen,  mit  der  hand  thälig  sein,  vei wendet:  wenn  das  thier 
ergreift  und  hanthiert,  sind  sie  {die  knochen  ulna  und  radius) 
getrennt,  mehr  oder  weniger  von  einander  entfernt  und  be- 
weglich, bis  vollendete  pronalion  und  supination  dem  men- 
schen die  vollkommen  zierlichste  und  geschickteste  bewegung 
erlauben.  55,310;  und  dann  transiiiv.  etwas  mit  der  hand  be- 
wegen, vom  maier ,  der  färben  von  der  palctte  auf  das  gemälde 
überträgl:  dann  tappt  der  künstler  herum,  hantiert  seine  färbe 
hin  und  wieder,  und  quält  sie  auf  alle  weise.  36,279;  über- 
haupt wird  die  barmonie  eines  bildes  desto  dauerhafter  sein, 
je  sichrer  der  mahler  von  der  Wirkung  seines  pinseis ,  je 
freier  sein  auftrag  war,  je  weniger  er  die  färbe  hin  und 
wieder  gehantiert  und  gequält ,  je  einfacher  und  kecker  er 
sie  angewendet,  s.  'IH'2.  die  anwendung  in  solclier  bcdeutung 
ist  eine  ganz  volksnuiszige .  in  Üüringen  hört  man  sowol  intran- 
sitiv: er  hantiert  ihm  vor  dem  angesichte,  beilegt  heftig  die 
bände;  als  auch  transiiiv:  der  knecht  hantierte  einen  balken, 
als  ob  er  ein  spazierstock  wäre,  bewegte,  hob  ifm  mit  der  hand; 
das  messer  ist  mir  zu  grosz,  das  kann  ich  nicht  hantieren, 
sagte  eine  frau.  Ahnliclt  wird  bairisches  hantieren  durch  hand- 
haben umschrieben.  Sch«.  2,  208. 

6)  hantieren  mit  gerdusch  etwas  machen,  Urmen ,  poltern, 
itnrtsehnßen :  nd.  handieren  lärmen,  unruhe  machen.  Däbkert 
174';  die  schüssel  {in  der  kiichc)  ist  herunter  gefallen,  weil 
sie  nicht  recht  gnsiellt  gewesen  ist.  wer  weisz,  wer  Ober 
der  küchc  handthieret  oder  gepocht  bat?  Gellest  3,  t.s«; 
die  kurzweil  bandtbiert  nach  auszen  und  ftffnet  thür  und 
fenntcr.  Ci.aükiu»  4. 78;  sogar  von  einem  wild  gewordenen  pferde : 
dasz  CH  mit  den  hintcrfilszcn  auszschlug  und  mit  den  forder- 
füszcn  in  die  erde  «charrcte,  auch  . .  cr»chröcklich  schnaubetc 
und  lebete  mit  springen  und  handthieren.  Happrl  acad.  rom.  «4. 


469 


HAXTIERER  —  HANTIERUNG 


HANTIERUNG  —  H  ANZELN 


470 


j 


;)  hantieren,  wie  handeln  5  und  7  (sp.  375)  mit  jemand  oder 
etwas  verfahren;  vneder  entweder  intransitiv:  du  wirst  damit 
hanthieren  wie  du  wirst  wollen,  hoc  tu  traclabis  ut  tU)i  vide- 
tur.  Stei.nbach  1,  699;  mit  einem  harte  hanthieren,  aliquem 
nimis  aspere  traclare.  das.;  mit  einem  als  ein  vieh  hanthieren, 
aUqttem  til  bestiam  traclare.  das.;  alle  die  mit  pferden  um- 
gehn  und  handthieren.  Clacdics  5,  "5;  — oder  transitiv:  die 
schaar  der  leckern  und  naseweisen  Schreiber  verdoppelte 
ihre  wuth  wider  uns,  und  handthierte  insonderheit  unsern 
Goliath  so  übel.  Liscov  80. 

HANTIERER,  m. 

1)  nach  hantieren  l  handeltreibender,  kaufmann :  handtierer, 
pragmaticus,  mercator,  negotialor,  instilor  Serraxcs  syn.  93'; 
handtierer,  negociaior  Maaleb  212" ;  also  sind  sie,  unter  wel- 
chen du  dich  bemühest  hast,  deine  hantirer  von  deiner 
jugent  auf.  Jes.  47, 15 ;  das  deine  wahr,  kaufleute,  hendeler, 
fergen,  schififherrn,  und  die  so  die  schiff  machen,  und  deine 
hantierer,  und  alle  deine  kriegsleute,  und  alles  volk  in  dir, 
mitten  auf  dem  meer  umbkomen  werden.  Hes.  27, 27 ;  das 
sie  [die  Sterngucker)  sagen  . .  wer  im  Mercurio  geborn  wird, 
der  werde  ein  guter  handtierer  werden.  Lcther  4,9';  und 
das  ich  von  gemeinen  gelerten  auch  sage,  wo  sind  noch  die 
bergwerk,  kaufleute,  hantierer?  5, 18l';  an  wackenn  leuten 
fehlet  es  nicht:  sie  schicken  sich  m  allem,  gelehrten,  Sol- 
daten, handirern  und  arbeitern.  tn/mn»  390;  die  andere 
{tochter)  habe  geheiszen  Avaritia,  Jungfrau  Geiz,  die  habe  er 
denen  kauQeuten,  bandthierern  und  parthierern  in  den  städen 
verehelicht.  Schdppics  »41; 

■Kit  sind  die  wuocherer  und  handtierer. 

trag.  Joh.  Cj. 

einseitig,  von  einem  kaufmanne,  der  nur  verkaufsgesctviße  treibt: 
das  man  die  pründ  und  lehen  verkeuft  und  leihet  auf  sol- 
chen vorteil,  das  der  verkeufer  oder  handtierer  darauf  beheJt 
den  anfall  und  Zuspruch.  Lcther  1,  296'. 

2)  hantierer,  handwerksmann ,  professionist.  Schm.  2,  208; 
cerdo,  ein  handtierer,  oder  der  umb  gewinn  etwas  handt- 
werks  treibt.  Dasyp. 

3)  hantierer  (nach  hantieren  4  u.  5)  </«•  eine  handarbeü  ver- 
richtet: handirer,  vulgo  laboralor,  manufactor.  Stieler  753. 

4)  handirer  eliam  in  malam  partem  accipitur,  ut  sit  falsarius, 
v^terator,  imposlor.  fraudator,  ardelio,  polypragmon.  Stieler  das. 

HAMIERERIN,  f.:  handthiererin  negotialrix  Hederich  1212. 

HAMIERIG,  adj.  für  den  beirieb  des  kaufhandels  geeignet: 
es  seind  streitbare  bandthierige  leut,  zu  aller  kaufmanschatz 
geschickt.  S.  Frank  iceltb.  222*. 

HANTIERLICH,  adj.  bei  Stieler  753  operosus,  taboriosus, 
dann  auch  dolosus,  faliax.  bei  neueren  im  sinne  von  bequem, 
handlich:  hübsch  und  hantierlich  um  die  Wohnungen  geord- 
net. Kohl  alpenr.  2. 107. 

HA.NTIERLNG,  f. 

1)  kaufhandel,  betrieb  der  kaußandlung :  handthierung  mit 
kaufen  und  verkaufen,  mercatus,  mercatura,  negotiatio.  Dasyp.; 
nephas  . .  unzimlich  hantyrung,  so  einer  durch  jistigkeit  ge- 
wint zytiich  guter.  Melber  varil.  92*;  die  hantierunge  und 
gewerbe,  die  vor  jaren  den  Rynstrom  hinabe  in  Nidderlandt 
gehandelt  sin.  Mone  zeitschr.  9,  38 ;  abbruch  und  Verhinderung 
der  gewerbe  und  hantirung  des  Rinstrames.  s.  40  {von  1490) ; 
ir  kaufsieg  und  hantirung  zu  triben.  s.  427  (v.  1493) ;  do  ist 
grosze  hantierung  aus  allen  landen  und  sunder  grosz  ge- 
werb über  mer.  Rozmital  190 ;  und  habest  durch  deine  grosze 
vreisheil  und  hantierung  so  grosze  macht  uberkomen.  Hes. 
28,5;  du  bist  inwendig  vol  frevels  worden,  für  deiner 
groszen  hantierung.  16;  giengen  hin,  einer  auf  seinen  acker, 
der  ander  zu  seiner  hantierung  {inl  ttjv  i^nooiav  avrov). 
Matth.  22,h;  dazu  der  bapsl  still  geschwiegen,  und  damit 
des  bischoffs^  hantierung  mit  dem  ablasz  gebillichet  hette. 
Ldtbeb  1,142';  daher  ist  die  messe  nicht  anders  worden, 
den«  eine  eigen  hantierung  und  jannarkt  dar  pfaffen.  3,270*; 
es  begab  sich,  dasz  ein  reicher  kaufmann  seiner  handtierung 
nach  durch  das  Beyerland  reit.  Wickram  rollu:  23,4  Kur:; 
zog  er  {der  kaufmann)  fürder  nach  seiner  handthierung.  Kirch- 
noF  icendunm.  iss';  bei  nacht  gieng  einer  die  straszen  nach 
Basel  . .  daselb  auffin  jarmarkt  seine  handthierung  zu  trei- 
ben. 260";  ist  viel  eben  und  sehr  fruchtbar  land,  von  des- 
sen fruchte  die  einwohner  grosze  handthierung  und  nahrung 
haben.  .Ma.ndelslou  morgenl.  reisebesckr.  l,  27;  handthierung 
mit  kohlen  treiben,  negotium  carbonariuta  exercere.  HiOEaica 

'IT-2M    1213, 


2)  auch  der  gegenständ  mit  dem  man  handelt,  gesanilheit  der 
handelswaare:  diejenigen,  welche  dem  läger  vor  und  vor  mit 
ihrer  kramerey  und  handthierung  nachziehen  wollen.  Kirch- 
hof mil.  disc.  95;  indeme  ich  ein  ganzes  jähr  in  kalt  und 
hitze,  in  regen  und  ungemach  Teutschland,  Frankreich,  Spa- 
nien, Porlugail,  Polen,  Moscau  und  andere  ort  mehr  mit 
meiner  handthierung  .  .  durchwandert  (er  trug  Zeitungen  und 
calender  feil).  Simpl.  2,  279  Kurz. 

3)  hantierung  {nach  hantieren  2)  das  geuerbe,  handtcerk: 
handthierung,  kunst,  artificiuru  Dasyp.  ;  bair.  becken-,  schreiner- 
handierung.  Senn.  2,  209;  auf  der  handierung  arbeiten,  die 
erlernte  profession  treiben,  das.;  rhein.  handiering,  handering 
handwerk,  handiersleut  handwerksleute  Kehreix  1S4;  umb  sei- 
nen gewinn ,  gewerbe  und  hantirung,  iceish.  Sal.  13, 19 ;  je 
unnützlichere  und  schlechtere  handthierung  einer  gelernet 
hat,  je  feistere  suppen  iszt  er.  Scucppics  712;  menschen  einer 
profession  und  handthierung.  756;  so  viele  besondere  zünfte, 
als  es  verschiedene  arten  der  mechanischen  künste  und 
hantierungen  giebt.  Wiela.nd  7,259  (299);  derjenige  bürger 
zu  Athen ,  weicher  mit  den  handthierungen  seiner  knechte 
wucherte.  Le^si.ng  6,293  (vorher:  knechte  ..  die  jene  hand- 
werker  treiben  müssen). 

4)  in  freierem  sinne  jede  beschäßigung,  die  um  gewinnes  oder 
lebensunterhaltes  willen  dauernd  getrieben  wird,  wobei  der  engere 
begriff  des  handwerks  zurücktritt  (vgl.  hantieren  4) :  es  soll  aber 
ein  bischoff  unstrefflich  sein,  . .  nicht  unehrliche  hantierung 
treiben,  l  Jim.  3,3;  ein  yeder  bleibt  in  seines  vatters  hand- 
thierung. Fra.ns  tce/ifc.  187';  dasz  sie  immerdar  anderer  hand- 
tierung besser  und  nützer,  denn  ir  eignen  schetzen.  Kirch- 
hof wendunm.  174*;  da  blieb  er  auch  daheim,  "wartet  seiner 
handthierung.  329*;  zu  mancherlei  arbeit  und  handtierung 
zu  gebrauchen.  397';  ein  köpf  ohne  gehirn  oder  verstand 
dienet  zu  keiner  handthierung.  pers.  rosenlh.  8,  55 ;  da  ward 
erst  mit  mir  geredet,  was  ich  vor  eine  handthierung  treiben 
und  wie  ich  die  hauszhaltung  anstellen  wolle.  Stmpl.  1, 34i 
Kurz;  er  bringet  sich  mit  schlechter  handirung  hin,  quaeslu 
sordido  viiam  tolerat.  Stieler  753 ;  sich  in  den  ackerbau  und 
in  andere  handthierung  stecken  musz.  Chr.  Weise  era/i.  86; 
der  dritte  gienge  sonst  seiner  handthierung  nach.  Jucundiss. 
145;  dasz  das  frühere  heirathen  nur  bei  handthierungen, 
wovon  bürger  und  heuerleute  leben,  möglich  sei.  Moser  patr. 
phant.  1  (i79S)  s.  99 ;  wie  ruhig  hätte  nicht  jedermann  sein 
haupt  niederlegen  oder  seiner  arbeit  warten  können,  der 
sonst  uriter  nächtlichen  sorgen  seine  gesundheit  geschwächt, 
und  seine  handthierung  mit  muthlosigkeit  getrieben  haben 
würde?  2,56;  nicht  jede  handthierung,  sondern  nur  die- 
jenige bewirkung  eines  Zweckes  heiszt  praxis ,  welche  als 
befolgung  gewisser  . .  principien  des  Verfahrens  gedacht  wird. 
Käst  5,365;  so  verächtlich  auch  die  kriegerische  politik 
jener  zeiten  auf  jede  nützliche  handthierung  heruntersah. 
Schiller  7S0";  weibern,  pfaffen  und  Schreibern  musz  man  zu 
ihren  hanthierungen  eine  sichere  statte  verschaffen.  Göthe 
42,359;  vom  räuberhandwerke :  wie  habt  ihr  gelebt  die  zeit 
über?  wie  geht  die  hanthierung?  Schiller  räiJAer  {Mannheim 
1782)  2,  ^  {bei  Güdeke  bd.  2  s.  253) ; 

ei  du  feiner  reuter,  edler  herre  mein, 
sag  mir  was  wird  doch  meine  handierunge  sein? 
'des  tages  wirst  du  sein  hei  meinem  tross, 
des  nachts  so  schlafen  wir  hinter  unserm  ross.* 

Uhla>d  tolksl.  400, 

diese  warnung  thut  mich  abweisn, 

dasz  ich  das  kuppeln  wil  lassn  bleibn, 

ein  ehrliche  handierung  treibn, 

damit  ich  mich  k'an  ehrlich  nehrn. 

Airkb  fastn.  sp.  84'  (2761,  8  Kelter). 

5)  dann  ist  hantierung  auch  die  gesamtheit  derer,  die  eine 
solche  beschäßigung  treiben,  handwerker-,  arbeiterstand:  und  so 
fanden  sich  zuletzt  philosophen  in  allen  facultäten ,  ja  in 
allen  ständen  und  hanthierungen.  Göthe  25,  95. 

6)  hantierung  für  verkehr  {nach  hantieren  3)  bezeugt  Haaler, 
wenn  er  212"  handtierung   mit   der  wält  neben   ars,   professio, 

',    artificium  auch  durch  comjiessus,  congressio  umschreibt. 
I       HANTIG,  HANTIGKEIT,  s.  handig,  handigkeil,  sp.  398.  399. 
!        HANZELN,  verb.  mit  den  händen  angreifen,  ein  oberdeutsches 
I  wort :  hantzlen,  im  henden  umbhinzieben  und  panglen,  manu 

traclare,  renlilare,  attreäare.  M aaler  212';  ßgura  manibus  tractata 
■  gehantzlet  Fhisiüs  diel.  1322;  die  wilden  thierlein  sind  viel 
'   glatter,  als  die  man  hantzlet,  die  sind  zerstrowelet.  Keisers- 

bebg  bei  Frisch  1,415';  die  JungfraueD  sollen  sich  nicht  lassen 
'  hantzlen.  da 

30* 


471 


HÄPE  — HAPERN 


HAPERN  — KAPPELN 


472 


HÄPE,  f.  meiser  für  gärlner  und  wiuzer  von  sichelarliger  ge- 
stalt.  die  form  des  wortes  schuankt  nicht  nur  im  vocale  sondern 
auch  im  inlautenden  consonanlen:  aW.  happa,  bahba  faicastrum 
ÜBAFF  4,752;  mhd.  hepe  wb.  1,661*;  nhd.  happe  fals  neben 
heppe  DiEF.  224*;  in  Franken  heben  krummes  handbeil,  kippe, 
und  heppen  gartenmesser ,  huckmessa- ,  hippe  Sch.m.  2,  141.  221; 
uestfai.  üäpe  eine  art  sichel  zum  strauclihauen.  Fromm.  5,  347 ; 
pfalhäpe  falx  silvatica  Fbischiin  ho/h.  266 ;  daruinb  dann  aucli 
etliche  sie  (die  zweige)  lieber  mit  den  bänden  abpreclien, 
dann  mit  der  Läpen  abhauen.  Sebiz  feläbau  52.  s.  heppe 
und  hippe. 

HÄPtL,  f.  kleine bäpe,  kruvimes  winzermcsser :  soll  Vorsehung 
thun,  das  er  gutes  eisenen  zeugs  schneidmesser,  hüpeln  und 
weingarthäcklin  habe,  damit  die  reben  zu  schneiden.  Sebiz 
feldbau  50.     s.  häplein. 

HAPEKICHT,  adj.  u.  adv.  piger,  segnis,  lenttts,  oscüans,  osci- 
tanler,  lenle,  pigre.  Stieler  766.  nd.  haperig:  et  geit  haperig, 
stockend.  Schambach   74'.     s.  das  folgende. 

HAPEHiN,  verb.  niciä  vorwärts  wollen,  stocken,  das  wort  scheint 
eine  üeralivbildung  aus  der  würzet  zu  sein  die  uns  in  haben 
und  haften  entyegctilritl,  bezeichnet  demnach  das  kleben,  verweilen 
an  einem  bestimntten  punkte,  es  der  form  nach  /ür  niederdeutsch 
und  erst  tn  aie  oberdeutschen  mundarten  eingedrungen  anzusehen, 
kunn  sdiwerlicti  gerecht  fertigt  werden,  sowol  weil  das  wort,  wenn 
auch  u/ter  in  der  nebenform  huppeln  (s.  d.)  über  alle  deutschen 
mundarten  yleichmdszig  verbreitet  erscheint ,  ab  auch ,  weil  das 
inlautende  p ,  das  iibrinens  mit  b  wediselt ,  hier  nach  der  ab- 
leüung  nicht  als  eigentliümlich  niederdeutsch  angesehen  werden 
kann  .  da  ja  z.  b.  bei  dem  einer  würzet  entstammenden  hubich, 
hubicht  accipiler  gerade  die  form  hapich  aus  Obcrdeulschland 
gewahrt  ist  (spalte  91 ,  vergl.  unten  happich).  hapern  ist  in 
ganz  Niederdeutschland  gewöhnlich,  auch  im  liolländ.  als  haperen, 
dun.  als  happe,  scliwed.  weist  iiappia  in  der  rede  stottern,  aber 
uudi  hapna  erslaunen,  bestürzt  werden,  auf  verwandtscliaß  liin; 
tun  mitlii-  und  obirdeulsclten  mundarten  ist  es  bezeugt  ausSctde- 
sien  iWeinhulo  3;i'),  Obersuchsen,  Üüringen,  Hessen  (Vii.mar  150), 
Franken  {als  böpern  Fromm.  1,261),  riieinisch  hapern,  habern 
htHRtiN  ls6,  karnthnisch  huppern  stocken,  nictU  vom  flecke  kom- 
men Lexer  134,  <irü/t6C/i  bappern  (Fromm.  5,448)  un(i  hapern: 
wans  selber  was  muchn  soltns ,  nacher  haperts ,  nacher 
siinkts!  Schwabe /in/^n/^  il745)  s.  11;  wans  aber  an  ein  frauen- 
zitler  habn  soll  ihr  anliegn  bringn ,  nacher  hals  bind  und 
vorn  gehaperl.  s.  55.  t«  die  schri/tspracbc  scheint  es  eist  seit  dem 
17.  jaluli.  eingedrungen,  Schottel  1333  hat  haper,  'haperen, 
hindern,  tooran  sloszen ,  impedire,  moram  causari,  er  hall  das 
Wort  für  nd.,  worin  titm  Frisch  1,416*  folgt,  bei  Stieler  766 
haperen,  wut  etnevi  subst.  der  haper  hietaus,  cunclalor,  mora- 
lor,  afterlo  ore  obtutum  in  aliqua  re  figens;  seit  dieser  zeit  führen 
es  die  wOrterbüclier  gewöhnlich  auf.  hapern  wird  in  gehobener 
rede  verschmäht,  in  traulicher  gern  verwendet,  die  construclion 
ist  melirlach: 

1)  gewöhnlich  und  in  der  scinißsprachc  ausschlieszlich  unper- 
tönlich  es  hapert,  will  nicht  /ort,  stocJd,  hol  ein  hindeinis,  nd. 
DU  happert  et,  nun  will  es  nicfit  weiter  gehen.  Däh.neut  175*. 

a)  mit  Ortsbestimmung ,  von  dem  sinnlichen  sleclcenblciben  an 
einem  flecke  ausgeliend:  es  hapert  wo,  Lei  etwas,  an  etwas; 
ich  würde  bei  ihren  lehrern  mich  erkundigen,  da  wirds 
hapern,  sagte  er,  denn  seit  einem  halben  jähre  besuch  ich 
keine  collegia  mehr.  Hehmes  Soph.  reise  1,447;  im  kleinen 
gellt  das  an ,  aber  im  groszen ,  da  haperts.  Kei^ke  Thucyd. 
viifrede ,  herr  ..  wenns  auch  wo  haperte  (im  deutschen  reiclis' 
kOrper  nämlich) ,  so  musz  ein  i%dliclier  deutscher  still  dazu 
schweigen,  wenn  er  nicht  helfen  kann.  J.  Taul  Titan  1,165; 
sie  wissen  alle,  wie  sehr  es  hier  flachscnsingischcr  seits 
haperte  und  zugleich  wieder  pressierte,  kom.  anh.  z.  TÜ.  l,bl; 
und  v>enn8  da  auch  haperte.  Tieck  14,350;  weil  es  aber  da 
eben  hapert,  so  sind  sie  Ireilicli  gezwungen,  so  viele  fremde 
herbei  zu  citiren ,  um  den  eignen  zu  verstärken,  ges.  nov, 
6,  5  i ;  nd.  hier  hapert  il,  da  stehen  die  ochsen  am  berge,  brem. 
wb.  2,  5U4;  —  aber  bei  den  ausgäiigeii  (im  sdtausptel) ,  was 
eigt-ntlicli  nur  freude  macht  und  tief  verwickelte  mannich- 
(üiiigkeit  bat,  haperts.  Heikse  Ardtnghello  1,231;  —  die  phi- 
liji>i>|t|iie  wollte  mich  jedoch  keineswegs  aufklären  . . .  von 
dem  dinge,  von  der  weit,  von  gott.  glaubte  ich  ungefähr  so 
viel  zu  wissen,  als  der  lebrcr  selbst,  und  es  schieir  mir  an 
mehr  als  einer  stelle  gewoltig  zu  hapern.  GOthe  25,  52; 
Af.  zum  neuen  gasthof  eine  neue  wirthin,  ein  neuer  wirlh ! 
das  iiesze  sich  hören.     V.  iasz  da«  gut  sein,  daran,  furcht 


ich,  mOcht  es  hapern  (an  der  erfüUung  eines  solchen  Wunsches). 
II,  288. 

b)  mit  bestimmung  des  gegenständes,  bezüglich  dessen  das  hin- 
dern, stocken,  nicht  vorwärts  wollen  eintritt,  es  hapert  mit  etwas: 
weil  es  mit  unsrer  eignen  sache  noch  immer  hapert.  Hermes 
Soph.  T.  2,511;  dasz  es  manchmal  mit  ihm  haperte.  J.  Paul 
uns.  löge  3, 129 ;  es  haperte  schon  bedeutend  mit  dem  glauben 
an  den  söhn.   Heine  werke  12,77; 

hupens  docti  mit  meiner  eiguen 
Seligkeit.  AUa  Troll  XX. 

c)  ungewöhnlich  es  hapert  einem,  es  entstellt  einem  ein  stocken, 
bedenken:  thue  ihm  dabei  folgende  zwei  bedenkliche  fragen : 
hats  auch  Inhalt,  was  du  da  liesest?  ...  haperts  dem  freund« 
bei  der  antwort  auf  die  erste  frage,  dann  ohne  anstand  und 
Säumnis  mit  dem  buche  ins  feuer!    Klopstock  12,139. 

d)  ebenso  ungewöhnlich  ist  es  hapert  sich: 

zwar  leugnen  kan  iciis  nicht,  es  wird  sieb  allzeit  hapern, 
eh   ich,    weun  ich  dich  seh,   den  doctor  kan  ercaperu  (d.  h. 
ehe  ich  Ute  anrede  doctor  an  dich  yeivulm  werden  kann). 
PiCANDER  2,  511. 

2)  mundartlich  ist  persönlidtes  hapern,  so  von  Steisbach  l,  699 
ah  silesiace  bezeugt,  ich  hapere  liaereo;  in  Holstein  he  hapert, 
stockt  im  aufsagen  der  kclion  ScHtirzE  2,103;  fränkisch- lienne- 
bergisch 

bu  wart  o  pfleg  (wo  Wartung  und  pflege)  nert  höpert. 
Fromm.  I,  -Ibl; 

ähnl.  niederdeutsch  dar  hapert  wat  an,  daran  fehlt  etwas  3,376. 
HÄPLEIN,  n.  kleine  häpe,  krummes  winzermcsser  (s.  häpel) : 

indem  die  häplein  sie  zu  wetzen  sich  bemühen. 
Wbckuerlin  772. 

HÄPPCHEN,  n.  1)  kleiner  bissen,  nd.  happken  Dähnert  175* ; 
ein  häppchen  brot,  ein  häppchen  Qeisch;  bildlich:  wie  in 
allen  W  eberschen  kompositionen  viel  gesuchtes,  gepritzeltes;, 
aus  feinen  häppchen  zusammengesetztes.  Zelter  an  GüUie 
4, 413 ;  in  Obersachsen  und  Üüringen  luiufig  zur  bildlichen  Ver- 
stärkung der  negation  verwendet:  der  finger  thut  mir  nicht  ein 
häppchen  mehr  weh,  gar  nicht. 

2)  beere: 

ist  auch  die  rothe  lippe  da 

und  iszt,  und  wärs  ein  unreif  bfippcben.    Tieck  2,  342; 

dasz  ich  es  spüren 
und  röther  würde  als  ein  häppchen.    Röcsert  144. 

HAPPE,  HAPPEN,  m.  bissen,  soviel  man  mit  einem  abbisse 
erfassen  kann;  ein  lautmalendes,  mit  den  verwandten  happen, 
häppchen  und  happig  in  Niedcrdeulschland  lieimisches  wart,  von 
dem  die  ausläufer  bis  nach  Oberdeutsciiland  reichen  und  das  auch 
spärlichen  eingang  in  die  schrißsinadte  gefunden  hat;  bei  Dähnert 
175*  happ,  mit  der  nebenform  happs,  subisz  mit  weilgeu/fueteni 
munde;  in  Holstein  happen  und  happs,  ein  gierig  gesdäudUer 
mundvoll  essen  Schütze  2,103;  im  Hildesheimsdien  happe  bissen 
Fromm.  6,  529;  im  Magdeburgschen  happen,  bissen,  kostehappen 
bissen  blosz  zum  kosten  einer  speise;  in  Halle  wird  zum  biere  im 
wirlsluiuse  ein  bierbappen,  ein  kleines  stuck  brot  und  zukost  vcr- 
abreichl;  nl.  hap;  happe,  ein  bissen,  oder  soviel  als  man  auf 
elnmahl  nimmt.  Frisch  1,  416* ;  keinen  happen  brot.  Holtei 
Lammfell  192;  erwarten  sie  einen  geschwätzigen  brief.  nehmen 
sie  sich  zeit  zum  lesen,  können  sie  den  happen  nicht  auf 
einmal  einnehmen,  theilen  sie  ihn.  Heiske  bei  Lessiiiy  13,440. 

HAPPE,  /.  sichel,  alid.  happa,  vergl.  hupe  (sp.  471):  happe 
falx  DiEF.  224*;  happe  sicitium  Stieler  7t>8. 

HAPPELN,  verb.,  der  form  nach  dasselbe  wie  hapern,  der 
bcdetUung  nach  in  den  mundarten  verscfueden :  obersdclis.  happeln 
nidtl  forlwollen,  hier  happelt  es,  hie  haerel  aqua.  Hederich  1214, 
wozu  Steinbacii  1,699  ein  persOnUclies  ich  happele,  will  nicht 
fort ,  haereo  fägl ;  dem  steht  in  der  bedeutung  zunächst ,  in  der 
form  durch  den  lang  gewordenen  und  umgelauteten  voail  ye- 
scliieden ,  das  oslerländ.  dürinyt.'iche  liäpeln,  sdtledit,  schwankend 
gehen ,  namentltch  von  kleinen  kindern  yebraudit,  die  noch  nidil 
ordentlidi  laufen,  tu  dem  wieder  das  schufi:ier.  bäpeli  schwachlinij 
Stai,1)ER  2,21  tritt,  von  hier  aus  erklart  .^ich  hessu-ches  ha|>|iilii, 
übereilt,  unordiiitlich  handeln  Vilmar  150,  mit  den  dazu  grhuiiiin 
bildunyen  der  happel  unverständiges  eilen,  einfalt,  die  h;i|ipt'l 
ober/litdiltdie  jierson,  zumal  maddien,  happelig  übereilt  handelnd, 
bildungen  wie  ahnltdic  audi  tn  Haiem  vorkommen :  iler  happelcr, 
happerdidcl  übereilter,  ndrnsdter  mensdi,  happelig,  übereilt, 
hndleritdt,  happcrdtllschig  übereilt,  ndrrisch,  das  gehappcl 
SciiM.  3,  221.  die  idmlUjtrache  hat  stell  gegen  du  mmmthclten 
formen  ainctkrtnd  vtrhalUn. 


473 


HAPPEN  —  HARDEMAN 


HÄRDER— HARFE 


474 


HAPPEN,  rerb.  emen  bissen  machen,  schnell  und  änmalig  zu- 
bäszen,  durch  ganz  Niederdeulschland  verbreüel,  theilweise  mit  der 
nebenform  hapsen  schnappen  brem.  tcb.  2,  594',  happsen  begieng 
zuschnappen  Däbnert  175*,  happern  gierig  wonach  schnappen,  um 
zu  beiszen ,  namentlich  von  sduceinen  Schambacb  14' ;  holländ. 
bappen,  ton  wo  das  franz.  happer  entlehnt  zu  sän  scheint,  das 
schon  im  13.  jahrh,,  nebst  einem  eigennamen  Hapart  für  einen 
hastig  zupackenden  belegt  ist  Littbe  1, 1979'.  auch  müleldeutsche 
dialecle  kennen  es:  schles.  happen  schnappen  VVeishold  33'; 
hess.  der  hund  happt  nach  dem  brode.  Viljjar  15ü. 

HäPPENDIENST,  ff»,  frohndienst  der  untertltanen ,  bestehend 
in   mähen    und  schneiden  {vgl.  happe  und  häpe  sichet).  Frisch 

1,  416".     happendienst  opera  manuaria  Stieler  788. 
HAPPENLEüTE,  pi.,  leute  die  solche  frohndienstethun.  ebenda, 
HAPPICH,  m.   die  form   gewährt   Keisersberg   für   habich, 

habicht  {sp.  91) ,  indem  er  die  alte  kürze  des  stammvocals  fest- 
hält: also  ouch  unser  gesind  muszt  sich  wie  der  bappicb, 
er  würft  von  im  die  alten  federn,  und  nympt  nüw  an  sich. 
bilg.  9*. 

HAPPIG,  adj.  und  adv.,  begierig,  gern  zugreifend,  aus  Nieder- 
deutscfiland  bis  nach  Kärnthen  vorgedrungen:  happiii  gierig  nach 
etwas  Leier  134;  in  Hessen  in  der  allitlerierenden  Verbindung 
hungrig  und  happig  Vilmar  150:  in  Italien  thut  man  auf  mäd- 
chen  sehr  happig  und  eifrig,  selbst  auf  feile  mädchen.  Bode 
übers,  von  Montaigne  5,  24S;  dem  weichen  viele  aus,  wahr- 
scheinlich weil  sie  auf  ihre  eigne  bekanntscbaft  nicht  sehr 
happich  sind.  Holtei  Lammfell  2, 146.  im  Osterlande  ist  happig 
in  die  bedeutung  dab ,  ungewöhnlich  stark,  ausgewichen:  eine 
happige  kälte,  eine  kälte  die  durch  ihr  ungewöhnliches  auftreten 
gleichsam  packt;  du  muszt  nicht  zu  happig  mit  ihm  verfahren. 

HAPPIGKEIT,  /".  begierde,  grosze  begierlichkeit.  brem.  wb.  1, 594. 
Däbnert  173*. 

HAR,  adv.  für  her,  wird  unter  letzterer  form  mitbehandelt, 
hier  darf  aber  schon  erwähnt  werden,  wie  har  in  der  spräche  der 
fuhrleute  interjectionell  geworden  ist,  als  zuruf  an  die  pferde  links 
zu  gehen,  sie  sollen  die  richtung  her  nach  dem  satlelpferde  zu 
nehmen:  sackerloth,  was  das  herumgeht,  rechts  und  links, 
har  und  bot,  mit  dem  liebeswagen.  Fr.  Mi^ller  1,242.  in 
der  form  här:  wort  so  die  ackerleüte  im  brauch  haben: 
fornen  dran,  ist  bot  fornen,  \iS  die  rechte  band:  jy  zu,  ist 
här,  uff  die  linke  band.  Phila.nder  2  (1643)  s.  301.  in  Ober- 
hessen wird  auch  die  Verbindung  harwist  gehört  (Viljiar  150), 
wo  wist,  aus  altem  winistar,  winster  gekürzt,  das  linkshalten 
ausdrücklich  betont. 

HÄR  BEN,  adj.  von  flachs  bereitet,  bair.  härwen ,  herbein 
ScHM.  2,  225  (s.  haar  sp.  6.  7) ;  in  gekürzter  form  härbes  für 
bärbenes,  hürbens:  die  weber  spülen  darauf  {auf  röhr)  ihr 
wollen  und  härbes  garn ,  auch  gar  die  seiden  ab.   Hobberg 

2,  74'. 

HARCH,  adj.,  für  herb,  mhd.  harewe,  herewe,  mit  wandet 
des  auslautenden  consonanten,  wie  sich  umgekehrt  zu  ahd.  sceleb, 
mhd.  schelcb  scheel  die  nebenform  schelb  (schälb  Maaler  345") 
ergibt:  vermische  diese  stück  mit  roten  harchen  wein,  und 
schütte  es  dem  gaul  ein.  Taber.naem.  614;  barg  für  harb 
ScHM.  2,  237.     s.  herb. 

HÄRCHEN,  fi.  kleines  haar:  die  bärchen  eines  kindes;  an 
pflanzen  (s.  haar  11,3  sp.  12):  es  ist  offenbar,  dasz  auch  die 
reiser,  die  härchen  und  die  biätter  dieser  pflanzen  einige 
schwärze  zeigen.  Götbe  53,  49.  bei  verglichen  {s.  haar  IH,  17 
sp  19) :  aufs  härchen  genau,  äuszerst  genau : 

zum  dritten  noch  sollst  du,  o  preis  der  prälaten, 

aufs  härchen  mir  meine  gedenken  errathen.    Bijrger  66'; 

die  negation  verstärkend: 

.         .  sie  schlug  gar  richtig  und  fehlte 

Dicht  ein  hSrchen.  sie  traf  ihm  den  köpf.    Göthk  40,  129. 
vergl.  bärlein. 

HARD,  m.  wald,  s.  hart. 

HARDE,  f  in  Schleswig- Holstein  gemeindebezirk  von  mehreren 
hüfen  oder  dörfern:  nicht  gezwungen  sein  die  vorräthe  des 
künigs  auszerhalb  der  harde  zu  führen.  Dahlmann  dän.gesch. 
1,453;  ferner-^oll  niemand  unmillelbar  vor  des  königs  thing 
und  recht  geladen  werden,  sondern  zuerst  vor  thing  und 
recht  seiner  harde.  das.  Schweiz,  entspricht  die  hard,  gemein- 
trift  Staldeb  2,  2L  der  Zusammenhang  mit  hart  wald  wird  dort 
beleuchtet. 

HARDEMAN,  m.  für  bartmonat,  janmar:  im  jenner  ..  drei 
Weisenmonat,  hardeman ,  steffaman,  kindelmonat,    Fiscbart 


groszm.  97.     vgl.  Weinbold  deutsclie  monatsnamen  (1869)  *.  40 
und  bartmonat. 

HÄRDER,  ff»,  der  nuderländische  name  des  fisches  mugil 
cephalus,  groszkopf,  meeresche  (bei  Kilian  berder),  vereinzelt  ins 
deutsche  übergegangen:  mulius  ein  harder  Alberüs  q3';  mugil 
cephalus  . .  teutsch  barder,  ist  ein  fisch,  der  sich  in  süszen 
und  salzigen  wassern  aufzuhalten  pfleget,  bat  einen  groszen 
köpf,    HüBSER  handlungslex.  (i722)  1225. 

HARDESVOGT,  m.  amimann  über  eine  harde.  Fbiscb  1.416'. 

HAREIN,  ffl.  in  der  Schweiz  eine  Windsbraut,  die  eine  schnee- 
lage  mit  sich  fortführt.  Stalder  2,  21. 

HÄREN,  adj.  von  haaren  bereitet,  gewöhnlicher  als  das  unumge- 
laulete  haaren,  die  schon  sp.  27  beigebrachten  beispiele  lassen  sich 
noch  um  einige  vermehren:  das  sie  in  herin  kleidern  gehen. 
LcTHER  5,  40S";  die  carthensermüncb  und  unser  rottenge- 
schmeis  in  iren  berin  bembden  und  grawen  rocken.  408'; 
mit  einem  bannen  seil.  Fbet  garteng.  7';  ein  härenes  kleid. 
pers.  baumgarten  6,  7;  mit  einer  pferdehärnen  decke,  irrgarten 
192;  eine  härene  decke.  193.  einen  härenen  kittel.  ehe  eines 
mannes  288.  bei  Luther  auch  die  form  bann  oArie  umlaut: 
und  solchs  alles  abermal  on  alle  unsere  werk,  denn  es 
kompt  kein  kappe  noch  platte  dazu,  kein  barin  bembd,  barfus 
geben.  6.  74*. 

HÄRENHEMD,  n.  aus  haaren  gefertigt,  wie  es  büszer  tragen : 
.vom  armesünderstuhl  des  historischen  lehrstubls  aufspringen, 
das  bärenhemd  ausziehen  und  wegwerfen.  J.  Padl  kom.  anh. 
zum  Tit.  1,3. 

HÄRENKLEID,  n.  von  haaren  gemachtes  kleid:  das  gefühl. 
der  wahre  marterkittel  und  das  härenkleid  des  leibes  und 
lebens.   J.  Pacl  kl.  bücherschau  2, 17. 

HÄRESSEN,  adj.  für  hären,  das  wort  braucht  Hobberg  in 
zweifacher  form:  die  füsze  {der  pferde)  soll  man  mit  einer 
cartätschen  oder  bärassenen  tuch  trocken  reiben.  2,138';  ein 
bäresses  sieb.  2,  411*. 

HARFE,  f.  1)  psalterium,  eilhara.  ahd.  harapba,  harpha, 
baraffa,  barffa  (Graff  4,  1031).  mhd.  barpfe,  härpfe,  herpfe; 
ags.  hearpe,  engl,  harp;  altnord.  harpa.  die  romanischen  spra- 
chen entlehnen  das  deutsche  wort:  span.  ital.  arpa,  por/u^.  harpa, 
franz.  barpe,  wo  aber  in  der  form  ein  anderes  barpe  klaue, 
haken  gleich  geworden  ist,  das  dem  lat.  harpe  hakiges  schwert, 
barpago  haken  entstammt,  von  einer  Verwandtschaft  des  deut- 
schen barfe  mit  diesen  letzteren  lat.  Wörtern,  sowie  mit  griech. 
aojt?],  aQ7iä.t,eiv,  wie,  wenn  auch  zweifelnd,  gemeint  wird,  kann 
nicht  die  rede  sän ;  die  lautgleichheit  verbietet  an  Urverwandtschaft 
zu  denken,  die  gleichmäszige  alte  Verbreitung  der  harfe  über  alle 
deutsche  stamme,  und  der  umstand,  dasz  schon  seit  den  ältesten 
Zeilen  eine  anzahl  nicht  unkünstlicher  musikalisdier  inslrumente 
mit  einheimischen  namen  erscheinen,  an  eine  entlehnung ,  die 
auszerdem  eine  unglückliche  wäre,  insofern  das  entlehnte  «ort  die 
form  des  gerdts  nicht  einmal  genau  ausdrückte,  aber  alle  alten 
deutschen  musikinstrumenle  haben  nicht  nach  ihrer  form  {wenn  wir 
von  hörn  absehen,  das  aus  leicht  begreiflichem  gründe  seinen 
namen  von  dem  thierhome  empfieng),  sondern  mit  feinem  tacte 
nach  ihrer  klangfarbe  den  namen  erhalten:  so  ahd.  swegala 
pfeife  {goth.  svigla  ist  nach  sviglja  pfeifer ,  sviglön  pfeifen 
vorauszusetzen),  von  ihrem  hellen,  scharfen  tone,  da  ags.  svegle, 
alts.  suigli  hell,  sowol  in  bezug  auf  gefiOr ,  als  auf  gesicht  be- 
deutet; ags.  bvistle,  engl,  whistle,  kleine  flöte,  das  mit  ahd. 
hwispalün  wispern  zusammenhängt;  ags.  beme,  byme  heerhorn, 
als  weithin  rufendes,  mit  griech.  ffjfiri,  lat.  fama  verwandt; 
mhd.  gige  geige,  wegen  ihres  gleitenden,  wiegenden  tones ,  altn. 
geiga  oscillieren ,  mhd.  bei  G.  v.  Neifen  (52, 13)  sind  in  ariem 
wiegenliede  wigen ,  wagen ,  gigen ,  gagen  zusammen  verwendet 
um  das  schaukeln  der  wiege  zu  malen ;  und  so  wird  auch  harfe 
nach  dem  rauschenden,  vollen  klänge,  der  noch  durch  einen  reso- 
nanzboden  verstärkt  ward,  den  namen  empfangen  haben,  und  in 
der  Wurzel  mit  hall  isp.  227)  und  ahd.  baren  clamare  überein- 
stimmen, ein  ähnliches  Saiteninstrument,  altfränk.  chrotta,  ahd. 
mhd.  rotta,  rotte,  zeigt  auch  ähnliche  etymologische  bezüge  auf 
insofern  es  mit\altind.  krand  rauschen,  dröhnen,  sdireien  (Büht- 
LixGK-RoTH  2,  475t  zusammenhängt. 

Als  deutsches  Instrument  führt  die  harfe  Venant.  Fortünätos  auf 
plaudet  tibi  barbarus  harpa.    carm.  7,8; 
und  diese  auf  niederfränkischem  laulslande   beruhende  mittellatei- 
nische form  ist  auch  in  spätem  lateinischen  gedichten,  die  in  Ober- 
deutschland entstanden,  gewahrt: 

est,  ait,  hie  harpa,  melior  qua  non  arit  ulla, 

in  qua,  dum  vixit,  meus  beros  sjmpboniavit.    Ruodlieb  S,  30, 


475 


HARFE 


HARFE  —  HARFENGEZITTEU 


476 


während  die  hochdeutsclie  form  das  inlautetide  pf  bis  über  das 
17.  jalirhundert  hinaus  hall  (das  Unglück  . .  der  harpfeu.  Schup- 
pius  695;  noch  Fbisch  gibl  nur  die  furm  harpfe  an),  wenn  schon 
inlautendes  f  sclton  frülie,  namenllich  in  milleldeulsctien  gegendvn 
überwiegt:  cilhara,  harflf,  harfe ,  harfen  Dief.  124';  vier  und 
zwenzic  eldesteu ,  und  di  bilden  ire  barfin.  Behainis  evang. 
buch,  3.  vorrede  tj';  vgl.  die  unten  folgenden  btbelslellen. 

Die  harfe,  die  im  frühen  miUelalter  in  begieilung  von  gesang 
oder  ohne  solchen  zum  tanze  lOnt  {Ruodlieb  25 /f.),  veraltet  später 
für  diesen  zweck  und  wird  namentlich  durch  die  geige  verdrängt, 
aber  zur  begieilung  des  liedes  wird  sie  vor  vne  nach  gebraucht: 

losete  säre  an  einer  stete 

eime  leicbe,  den  ein  harpher  tete. 

Trist.  b9,  29  {vergl.  die  schitderuny  einet 
harfenspids  tnit  tied  90, 27 /f.). 

in  der  nhd.  bibelsprache :  so  nam  David  die  harflfen,  und  spielet 
mit  seiner  band.  1  Sam.  16, 23 ;  zu  singen  im  bause  des  herrn 
mit  cymbeln,  psaitern  und  barffen.  1  c/tron.  26, 6 ;  sie  jaucbzen 
mit  pauken  und  barffen,  und  sind  frülicb  mit  pfeifen.  Hiob 
21,12;  meine  barffe  ist  eine  klage  worden,  und  meine  pfeiffe 
ein  weinen.  30,31;  wacb  auf,  psaller  und  barffe.  ps.  57,9; 
lobet  den  berrn  mit  barffen,  mit  barffen  und  psalmen.  98, 5 ; 
pfeiffeu  und  barffen  lauten  wol.  Sir.  40, 21 ; 

lasxt  die  harffe  klingen, 

laszt  die  laute  singen, 

stimmt  den  psalter  an.    Opitz  psalm.  s.  61; 

Israels  heiliger,  die  seilen 

der  harli'e  sollen  dir 

erklingen  für  und  für.    «.  135; 

das  16.  und  17.  jahrh.  braucht  sonst  das  wort  wenig ,  die  harfe 
sinkt  zu  einem  gemdnen  inslrument  lierumziciiender  spielleule  herab, 
auf  dem  titelholzschnitle  zu  Grihmelsbauskns  erstem  beemhduter 
(1684)  wird  von  solchen  ein  trio  durch  baszgeige,  harfe  und  flöte 
gebildel.  das  1$.  jahrh.,  das  wieder  an  unser  allertbum  anknüpft, 
denkt  sich  auch  auszcrhalb  biblischer  dichlung  die  harfe  als  gerät 
tdler  Sänger: 

gelehnt  auf  die  harfe  Walhalls 
itellt  sich  vor  Apollo  Bragor  hin.    Klopstock  1,  232; 
dich  gen  himmel  erhebst,  unter  verklärten  wallst, 
in  die  harfen  der  engel  singst.    Höltt  72  Halm; 
rosenbliXtengeruch  wehte  vom  ufer  her, 
wo  der  wechselgesang  wirbelnder  harfen  scholl.    77, 
litternd  flössen  ins  silbergewebe 
der  harfe  die  thränen  der  Sehnsucht  hinab. 

SlOLBERG  (jed.  (1779)  lOS; 
traurig  tönt  der  harfe  nachhall  wieder. 

Matthisson  ued.  (1794)  113; 
sie  {die  liehe)  klingt  der  weiten  hochgesang, 
wie  keine  harfe  klingt  noch  cither. 

Abndt  yed.  (IS4Ü)  s.  368; 
einst  zog  nach  diesem  schlösse  ein  edles  sängerpaar, 
der  ein  in  goldncn  locken,  der  andre  grau  von  haar; 
der  alte  mit  der  harfe  der  sasz  auf  schmuckem  ross, 
es  schritt  ihm  frisch  zur  seite  der  blühende  genosz. 

Uhlamd  (jvd.  390. 

Man  sagt  die  barpfen  richten ,  pcctere  citharam  Dasvp.  ;  die 
barfe  schlagen:  barpfen  .scblahen  cilbarisare  voc.  ine.  theut.  i2; 
dafür  auf  der  barpfen  sciilabcn,  incrqiare.  lyram  diyilis  Maa- 
LER  212*.  ebenso  die  barfe  spielen.  SiiELta  769  ;  barpcn  spleii 
{lies  spilen)  cilharizare  Dief.  124';  einem  jungen  mädcben,  das 
die  barfe  spielte.  Heine  2,80;  und  auf,  rnit  der  barfe  spielen: 
das  sie  einen  man  suchen,  der  auf  der  barffen  \\o\  spielen 
künde.  1  Sam.  16,16;  wir  wollen  einen  guten  sprucb  hören, 
und  ein  fein  geliebt  auf  der  barffen  spielen,  ps.  49,5;  die 
stimme  die  ich  bijret,  war  als  der  harffenspieler ,  die  auf 
iren  barffen  spielen.  o([enb.  14,  2;  sie  sollen  loben  sein<Mi 
namen  im  feigen ,  mit  pauken  tmd  barffen  sollen  sie  im 
spielen,  ps.  140,3;  —  so  fing  er  auf  der  harfe,  die  er  vor 
tiicb  genommen  hatte,  zu  prSlndiren  an.  Götue  18,203;  der 
alte  . .  that  einige  griffe  auf  der  harfe.  204 ;  sie  acconipa- 
goierte  mit  der  harfe  die  unwürdigsten  späsze  des  greisen 
Vaters.    Heine  2,  81. 

Sprichwörtlich:  gescbickl ..  als  der  esel  zur  harpfeii.  Luther 
br.  2,02. 

2)  nadt  der  ähnlichkeil  der  furm  ist  der  name  auf  teruhiedene 
andere  dinge  übergegangen. 

a)  ahd.  harfa,  harpha  vird  puteal,  statua  in  foro,  cata.üa 
ylouierl  ((jRArr  4, 1031 1,  et  ist  wol  ein  pfähl  zum  slaupeMchlag. 
nath  KvtLi^Q  war  in  Slrasiburg  im  14.  jahrh.  jemanden  an 
dei    bjr['ff:i    ütllljt'cii    oi/cr    iiiil    mllicn    slri'iih«"n   rine  arl  ton 


b)  harfe  ein  viereckiges  drahtwerk  zum  reinigen  des  kornes, 
dessen  drahte  wie  die  .^aiten  einer  harfe  liegen :  das  getraid  durcli 
die  harpfe  laufen  lassen,  preusz.  kammerordn.  von  1648  bei 
Frisch  1,  417'. 

c)  in  Kärnthen  und  Tirol  ist  harpfe  und  barpfen  ein  scbutz- 
bau  auf  dem  felde  für  die  getreidegarben  aus  aufgerichteten  baiim- 
stämmen  mit  querstangcn.  Lgxer  134.    Fromm.  6, 145. 

d)  harfe,  eine  art  von  fallbrücken ,  quer  mit  dünnen  leisten 
belegt.  Egcers  kriegslex.  1,1155.  franz.  barpe,  was  attdi  du 
kragsteine  an  einem  mauerwerk  bezeichnet.  LiriRi  1, 1986*. 

e)  barfe  eine  schneckenart,  buccinum  harpa,  auch  Davidsbarfe. 
Nemnich   1,  699. 

/)  harfe  heiszt  endlicli  aucii  eine  dreieckige  gestreifte  fläche  am 
gewölbe  des  groszen  gehirns. 

HAKFEISEN,  n.  pleclrum.   Stieler  373. 

HAKFEN,  verb.  l)  die  harfe  spielen,  mhd.  barpfen,  bei-pfen 
wb.  1,636';  cilhanzare  barpfen,  berpfen,  nd.  barpen  Dief.  124'; 
er  isset  oder  trinket  nimmer  kein  mal,  dann  vorher  trum- 
met,  gesungen  oder  gebarpfet.  Frank  wellb.  97';  es  sei  eine 
pfeiffe  oder  eine  barffe ,  wenn  sie  nicht  uulerschiedlicbe 
stimme  von  sich  geben,  wie  kan  man  v^issen,  was  gepfiffen 
oder  gebarffet  ist?  1  Cor.  14,  7;  ein  mädcben  barfte  mit. 
Spaziergang  im  kucliengarten  {Leipzig  1781)  s.  29 ; 

harphen,  videleii,  singen, 

da{  kansl  du  wol.     Trist.  95,  10; 

wan  weipliche  ere  den  himel  zirt, 

und  ist  auch  selbs  dar  inen  wirt, 

und  harpft  den  engein  do  zu  tanz,    fastn.  sp.  1149, 

barpfen,  geigen  und  lautenslahen.    1337; 

ein  finstres  gnomenheer  entsteigt 

dem  erdensclioosz  und  liarft  und  geigt. 

Mattuissom  yed.  (1802)  s.  64. 
Das  verbum  auch  transitiv: 

sine  noteo  und  sine  ursuoche, 

sine  selts<ene  grüeje 

die  harphte  er  also  süeje  .  .  . 

daj  iegelicher  dar  zuo  lief.     Trist.  91,  8. 

Das   Sprichwort :    in  der  müble  ist  übel  harfen.    Sihrock  335, 
ist  mhd.  in  groszer  Verbreitung,  wb.  1,636': 

swaj  ich  ir  gesinge  deist  gehärpfet  in  der  mül; 
si  verstet  es  ninder  wort. 

Neiduart  69,  38  {vergt.  anmerk.  s.  192). 

2)  mundartlich  harfen  in  übertragener  bedeutung:  in  Nassau 
rücheln ,  von  sterbenden  gesagt.  Kehrei.n  187;  in  Kärnthen  aber 
barpfen  zanken.  Lexer  134;  das  fuldaisclie  barpen  schellen, 
herunter  maclien,  gehört  wol  audi  hierher:  den  bab  ich  gebarpl, 
dasz  er  dran  denkt.  Vii.mar  151. 

3)  harfen  nach  barfe  2.6  und  c:  getreide  harfen  heisü  in 
?iorddeutscliland  es  auf  die  kornfege  bringeti ,  dänisch  barpe 
scliwingen,  fegen,  reinigen,  schiced.  harpa  durch  ein  dralilsub 
laufen  lassen;  dagegen  in  Tirol  troad  barpfen  getreidegarben  in 
den  schulzbau  zum  trocknen  aupiängen.  Fromm.  6, 145. 

4)  ein  bergmännisches  harfen,  aus-  und  einscJdiipfen ,  rutschen, 
was  Adelung  beibringt,  ist  vielleictd  ein  ganz  anderes  wort;  ihm 
entspridtl  bair.  bäri»lcn,  klettan.  rutschen,  dänisch  heiszt  barve 
{unterschieden  von  barpe  harfen)  eggen ,  engl,  barrow ,  was  auf 
ags.  bereve  egqe  zurückgclU.     s.  harke. 

HAllFENCHOH,  m.: 

es  folgeten,  in  lauter  linrfenchören, 

mir  engel  durch  den  hain.    Höltt  134  Halm. 

IIAKFENET,  n.  kleine  harfe  mit  der  spitze  in  die  höhe  stehend 
Jacobsson  2,214';  barpfenet  Frisch  1,417'.  dim.  harfcnett- 
chen :  unter  dem  frilhlinggelümmel  der  lebendigen  harfenett- 
( lien  und  zittern  und  lockpfeifen  und  llötenubren.  J.  Pall 
Hampanerlhal  20. 

IIAHFENUELISPEL,  n. : 

»prachs,  und  die  stimme  des  holden  erklang,  wie  hurlongelispel 
tönt  in  de«  uoiides  luuborlichl,  wenn  alleü  entzückt  horcht. 
PtrKSII   THriH.   I,  :t47. 
s.  haifenlis|)el. 

IIAIIFENGF^SANG,  m.: 

von  der  piilmenböhe,  dem  hatu  Sionas, 
kommen  wir  her,  wir  des  harfengeiaogM 
geweihte.  Klopitock  1,  214. 

HAHFfcN(;F:zirrKH,  «..- 

■eine  ilchel  enirtlll  hier  dem  lohnltMr, 
•Ingeiungeu  von  harftngeilttsr 
iriUBt  er,  ge<ebnitiene  halme  tu  ««hn. 

Schililn  Kty^inm, 


477        HARFEMEREN  — HARFENSPIELER 


HARFENSPIELERIN  —  HARKE 


478 


HARFEMEREN,  verb.  Imfe  spielen: 

einen  seh  ich!  er  sitzt  und  harfenirt  der  Verwüstung; 
aber  der  reiszende  slrom  nimmt  auch  die  lieder  hinweg. 

GÖTHE  1,  3S2. 

HARFENIST,  m.  harfenspieler :  harpfenist  fidicen  Maaler 
212';  harpfennist  der  nit  darzu  singt  ci7Aart5/o,  harpfenschJager 
oder  harpfennist,  der  darzu  singt  cüharoedus  das. ;  Apollo  der 
harffenist.  Mathes.  Sar.  14". 

HARFENISTIN,  f.  harfenspielerin :  die  kleine  harfenistin. 
Heise  werke  2,  88. 

HARFENRLANG,  m.,  mhd.  harphenkianc  (teb.  1,SU\  ags. 
hearpan  hlvn,  hearpan  sveg: 

oft 
durchfliegt  sein  rubm,  vermischt  mit  harfenklang,  den  haio, 
und  jeder  wipfei  horcht.  Hölit  45  Halm ; 

ich,  dem  sonst  hei  harrenklang 
gefübl  durch  alle  nerven  drang.    Götter  1,450, 

bei  dem  harfenklang 
von  Fingais  barden.    Matthissos  geii.  (1794)  s.  139; 

man  wies  ihn  ..  die  treppe  hinauf,  bis  auf  den  boden,  wo  ihm 
der  süsze  harfenklang  aus  einer  kammer  entgegen  schallte. 
GÖTBE  18,  217. 

HARFENLIED,  n. ;  die  24  ältesten  fallen  nieder  und  singen 
ein  neues  harpfenlied.  Otho  90; 

hohe  harfenlieder  schallen.    J.  M.  Hilleb  ged.  295. 

HARFENLISPEL,  m.: 

weht  wie  harfenlispel,  abendwinde, 
durch  die  blumen,  die  ihr  grab  gebar. 

HöLTi  öl  Halm; 
schlummere  leise,  du  kind!  liehkosende  harfenlispel 

wehn  des  frommen  geluhls  ruhe  dir !  schlummere,  kind ! 
Voss  Idyllen  'i,  37. 

HARFENMÄDCHEN ,  n.  mädchen  das  die  harfe  um  des  er- 
nerbes  uillen  spielt. 

HARFE.NMLSCHEL,  f.  eine  einscliälige  geicundene  Schnecke, 
deren  tcindungen  nicht  zu  sehen  sind,  mit  einer  weiten  und  glatten 
spalte;  wegen  einiger  cämlichkeil  in  der  gestall.  ädelü.ng. 

HARFE.XSAITE,  f.  draht-  oder  umsponnene  darmsaite  für  die 
harfe.   Jacobssos  2,  214'. 

HARFENSÄNGER,  m.  cüharoedus:  dasz  ein  fränkischer 
könig  den  Theodorich  um  einen  harfensänger  ersuchen  musz. 
Gebvikcs  gesch.  der  d.  diciU.  1,  32. 

HARFENSCHLAG,  m.: 

mit  Siegesgesang  und  harfenschlag 
verklimpern  sie  den  lieben  tag.    Götbi  13,  50. 

HARFENSCHLAGEN,  «.; 

ein  harlTenschlageo,  singen,  klingn. 

B.  Ringwald  tr.  Eck.  E8'. 

HARFENSCHLÄGER,  m.:  harpfenschlaher  citharoedus  Dis^p.; 
harpfenschJager  oder  harpfennist,  der  dazu  singt,  cüharoedus 
.Maaler  212';  der  grausambste  harpfenschläger,  der  närrische 
Nero.  ScHCPPics  768; 

wie  einem  jeden  harfenschläger 

die  langen  nägel  nöthig  sind.     Picakder  2,  401. 

HARFENSCHLÄGERIN,  f.:  harpfenschlaherin  cüharistria 
Dastp.;  harpfenschlagerin  «fAarix<r«a,  psaZ/na  Maaler  212*;  auf 
dem  rocke  der  harfenschlägerin  der  sogen,  aldobrandin.  hoch- 
zeit.  Wineelman:»  5,20;  eine  junge  harfenschlägerin.  176. 

HARFENSCHWDNG,  m.; 

leierklang  aus  paradieses  fernen, 
harfenschwung  aus  angenehmem  Sternen 
ras  ich  in  mein  trunknes  ohr  zu  ziehn. 

Schiller  enlzückung  an  Laura. 

HARFENSINGER,  m.: 

David,  der  kungklich  harpfensinger. 

Ambr.  Blaarbr  vermanung  zuom  ijesang  2. 

HARFENSPIEL,  n.  1)  spiel  auf  der  harfe:  harfenspiel  con- 
eentus  trigoni  vel  barbüi  Stieler  20S7 ; 

gjeb,  räuber,  aus  dem  felsverlicsz 

die  tochter  mir  zurück! 

ihr  harfenspiel,  ihr  lled  so  süsz 

war  meines  alters  glück.    Dblano  ged.  201. 

2)  auch  die  spielende  harfe  seWst:  harpfenspiel  ist  so  viel 
als  harpfe.  Frisch  1,417'; 

e*  ist  mein  harfenspiel  durch  deine  band  verstimmet, 
die  saiieo  sind  entzwey  (worle  Davids). 

ZiRCLER  helrienliebe  der  .ichrift  (1715)  s.  300. 

HARFENSPIELER,  m.:  eitharista  harpfenspeler,  harffspeler 

DiEf.  124";   die  stimme  die  Ich  höret,  war  als  der  harffen- 

»pieler,  die  auf  ihren  harffen  spielen,  o^enb.  14,  2 ;   als  der 


wirlh  hereintrat  und  einen  harfenspieler  anmeldete.  Göthe 
18,202;  er  glaubte  anTänglieh,  der  harfenspieler  sei  schon 
wieder  zugegen.  234; 

in  die  gesänge  der  harfenspieler.    Klopstock  1,  .57. 

HARFENSPIELERIN,  f.  psaltria,  fididna.  Heoebich  1214. 

HARFENSTLMPER,  m.: 

nüchtern  bin  ich  immerdar 

nur  ein  harfenstümper.    Borger  50'. 

HARFENSTURM,  m.: 

es  treibt  mich  rasch  zum  liede  fort, 

zum  harfensturm  hinaus.    Körper  leier  «.  schwerl  2S. 

HARFENTON,  m. :  Davids  harfenthon.  Opitz  Grot.  wahrh.  393 ; 

wie 
harfentöne  in  einander  spielen 

zu  der  himmelvcilen  barmonie.    Schiller  räuber  3, 1 ; 
auch  klingt  es  oft  wie  harfenton, 
wie  geisterOüstern  drein.    Ar.ndt  ged.  (1840)  s.  173. 

HARFENCHR,  f.  uhr  mü  einem  musikwerke ,  das  den  klang 
einer  harfe  hat:  die  beiden  Kaufmann,  vater  «od  söhn,  con- 
struiren  fluten-  und  harfenuhren.  Hosegger  allg.  culturgesch. 
der  neueslen  zeit  l.  87. 

HARFENWEIN,  m.  ein  Frankenwein  der  auf  der  Harfe,  einer 
bergkette  unweit  Würzburg,  gesogen  wird.  Voss  gibt  eine  poetische 
deutung  seines  namens: 

vertheilte  zum  nachtisch  goldenen  steinwein : 
so  vom  kellner  genannt,  doch  der  feinere  koster  benamt  ihn 
harfenwein,  denn  er  reget  dem  barfener  hellen  gesang  auf. 

Luise  l  {vergl.  seine  anmerkung 
zu  dieser  stelle). 

H.ARFER,  m.  der  die  harfe  schlägt,  harfenspieler;  ahd.  harpfsere, 
harfere,  harperi  (Gr.\ff  4. 1031),  ags.  hearpere,  m/id.  harphare, 
harpher;  f7it//WZa/.  harpator  {Riwdlieb  8,26);  harpfer  ci/Aans/a, 
cUharedus,  qui  tangit  cüharam.  toc.  ine.  theut.  i2;  eitharista 
herpfer,  herpher,  haiffer,  harper  Dief.  124";  item  1  guidein 
des  kunigs  harpfer  (geschenk  des  rats  an  den  harfenspieler  im 
gefolge  des  königs).  Nürnb.  ch^on.  3.397.9.  —  Die  form  ist  jetzt 
durch  harfner  verdrängt. 

HARFGETÖN,  n.: 

und  AmfGons  harffgetöbn 
alle  fast  hethörte. 

GöRiHG  liebesmeyenblälimlein  (1C54)  s.  57. 

HARFNEN,  rer&.  harfe  spielen,  eine  bildung  die  altes  thema- 
tisdies  n  von  harfe  (gen.  der  harfen)  gewahrt  hat,  aber  erst  atis 
jüngerer  zeit  nachgewiesen  werden  kann :  eine  aeolharfe  harfnete 
am  offnen  fenster.  J.  Pacl  palingen.  2. 120. 

HARF.NER.  m.  harfenspieler:  in  einem  der  hintersten  zim- 
mer,  . .  wozu  nur  Mignon  und  dem  harfner  der  zutritt  gerne 
verstattet  wurde.  Güthe  18,298;  der  harfner,  still  und  in 
sich  gekehrt,  trug  sein  beschädigtes  Instrument.  19, 47 ; 

war  ich  ein  harfner,  wie  sanct  Ossian, 

der  alten  und  der  neuen  harfner  meister.     Seoe  1,12; 

der  grosze  harfner,  der  die  Sphären  stimmt, 

wenn  halleluja  seine  geister  glühen,    das.; 

Fritz  Stolberg,  harfner,  der  vor  allen 

mir  stets  von  herzen  Wohlgefallen.    Bcrger  6S*; 

darf  nicht  der  harfner,  wie  in  alten  Zeiten, 

willkommen  selbst  durch  feimieslager  schreiten? 

Ubla:id  ged.  143; 
in  der  hohen  hall  sasz  könig  Sifrid: 
'ihr  harfner,  wer  weisz  mir  das  schönste  lied?'    j.  22'i. 

HARHOLZ,  »i.  prunus  padus,  die  schwarze  vogeUarsche.  Nem- 
Kicn  4, 1074.     s.  haarholz. 

HÄRICHT,  HÄRIG,  adj.,  s.  haaricht  und  haarig  sp.  30. 

HÄRING.  *.  bering. 

HARKE,  f.,  HARKE.  HARKEN,  m.  1)  rastrvm,  rastellus,  ein 
auf  den  norden  Detttschlands  beschränktes  wort,  im  süden  und 
dem  westliehen  Mitteldeutschland  durch  rechen  ersetzt;  verwandt 
erscheint  engl,  harrow,  dän.  harv  egge.  Iractula  harke  Diefenp. 
591";  niederrhein.  arjnca  herck  208';  Stieler  1570  verzeichnet 
die  hark  rastrum ,  ebenso  Steinbach  1,  700  die  harke :  jeder 
blieb  mit  seiner  harke,  oder  was  er  sonst  in  der  band  hatte, 
stehen.  Miu.tR  Siegwart  1,42;  auch  niederdeutsch  die  harke  fem. 
Dähnebt  176'.  de  hark  SchCtze  2. 104,  wonach  franz.  herque 
räteau  de  fer  (Littr^  1,  2015*)  entlehnt  ist; 

hinten  im  dörflichen  prunk  ein  unabsehl)3rer  aufzug, 
schlagend  die  sens  und  die  harke  zum  kräftigen  marscbe  der 
bläser.    Voss  Idyll.  4,  148; 

drum.  Hebe  wölke,  lass 

in  ruh  ihr  falbes  gras 

mit  harken  in  den  bänden 

die  flinken  mägdlein  wenden.    17,  88; 


479 


HARKE.X  — HÄRLEIN 


HARLEKIN— HARM 


480 


während  Göthe  nach  düringischer  weise  der  harken  brauehl: 

hab  genug  getragen  den  tveiszen  harken.  11,  117. 
Sprichwörtlich  ich  werde  dir  zeigen  was  eine  harke  ist,  spöt- 
tisch,  werde  dir  eine  an  sich  einfache  sache  klar  machen;  dem 
cntspriclU  in  Holstein  he  kennt  de  hark  nig,  von  einem  der  sich 
im  vaterlande  fremd  zu  sein  geberdet.  Schütze  2, 104  knüpft 
diese  redcnsarl  an  die  erzdhlung  von  einem  in  der  fremde  ge- 
wesenen bauerssohn  an,  der  das  so  oft  gebraucfUe  instrument  nicht 
eher  wieder  erkannte,  als  bis  es  ihm  gegen  die  nase  schlug. 

2)  harke  in  den  hüttenwerken  ein  harkenähnliches  Werkzeug, 
zum  hereinziehen  der  kohlen  in  das  schien fasz.  Jacobsso.n  2,219'; 
an  der  elektrisiermaschine  ein  ebenso  geformter  Iheil  des  conduclors. 
6,37';  in  den  Spielbanken  ein  gerät,  womit  der  einsalz  der  Spieler 
eingezoqen  wird. 

HAKKEN,  vcrb.  l)  mit  dem  harken  arbeiten,  mnd.  herken: 
bidens  ein  ding  dar  man  mcde  herket.    Diefenb.  73'; 

auch  viel  kriifliger  tönt  im  geschwirr  arbeitender  sensen 
mulbiger  mänuer  gesang  mit  dem  eiuklang  harkender  mägdlein. 

Voss  Idytl.  17,  42. 

transitiv  einen  weg  harken,  durch  harken  bearbeiten,  glätten; 
des  mannes  sat,  die  he  mit  sime  plüge  wirkt,  die  is  ver- 
denet,  als  die  egede  dar  over  gat,  iinde  die  garde  (der  garten), 
als  he  geseit  unde  geharket  is.  Sachsensp.  2,b8,2;  aber  auch 
heu  harken,  durch  harken  zusammenraffen: 

die  mägdlein,  dalderaldei! 
sie  harken  blumen  und  heu! 

Voss  tieder,  heureigen; 
sie  harken  doch 
meist  hedrich,  tresp  und  brand.    Idyll.  S,  176. 

übertragen  einen  harken ,  einem  unsanft  zusetzen ,  wie  es  sonst 
heiszl  einen  bürsten,  kämmen,  den  köpf  waschen  «.  ähnl.; 
sind  die  letzteren  beispiele  von  der  Ihäligkeit  des-  baders  herge- 
nommen, so  unseres  vom  gärtner:  ja  hell  ich  sie  (meine  tochler) 
nicht  so  mit  aller  macht  zurecht  geharkt ,  ich  hette  mir 
flugs  wollen  lassen  die  nase  abschneiden,  wenn  was  draus 
worden  wehre.  ScHocn  stud.  leb.  Diij;  recht  kräftig  auch  den 
magen  zurecht  harken :  nun  kan  ichs  der  tebelhobimer  nicht 
sagen,  was  der  frembde  vor  wesens  und  aufschneidens  von 
dem  mastixwasser  machte,  ..  wie  es  den  magen  einem  so 
brav  zu  rechte  wieder  harken  könte.  Schehnuffsky  2,  61. 

2)  mundartlicli  niederdeutsches  harken  sich  räuspern  (Dähnebt, 
Schutze)  ist  lautmalend  und  stellt  daher  vom  vorigen  harken 
völUg  d). 

HAB  KENHAUPT,  n.  der  horizontale  querriegel  des  harkens,  in 
dem  die  zahne  stecken.  Jacobsson  2,  219'. 

HAH  KENSTIEL,  m.  stiel  des  harkens. 

HARKENZAHN,  m.  dens  raslelU.    Fbiscu  1,416'. 

HAHKERIN,  f.  harkendes  weib: 

mäher  und   harkerin  drfiben  um  schwad  und  geschobertes 
grummet.     Voss  Idyll.  13, 101. 

HAHKSTROH,  n.  stipula.   Kirsch  cornuc. 

HÄRLEIN,  n.  kleines  haar:  pilus  ein  härle,  pilo  ich  gewinn 
bärlin.  Dastp. ;  härlin  in  der  nasen  vibrissi  das.;  härlin, 
welche  den  hennen  an  den  füszen  behangen,  Iricae.  das.; 
vielfach,  wenn  kopfhaare  gemeint,  tritt  die  bedeutung  feines,  zier- 
liches haar  hervor,  und  das  wori  steht  hier  so  wol  im  Singular 
coUectiv,  als  im  plural  die  härlein:  die  lustgärten,  die  allein 
von  kreutcrn  gemacht  werden,  wollen  nil  zu  mager  noch  zu 
feist  erdrich  haben ,  dasz  sie  mögen  subtile  und  zärtliche 
kreuler  gebcren  als  die  härlin,  die  das  gesichl  gar  grOszIich 
belustigen.   pflanzbüchUn  der  lustgärten  (Frankf.  1546)  4; 

dar  unter  {unter  der  kröne)  stuond  ir  harel  leis, 

geflochten  in  cinr  kellen  weis,    rimj  15',  42: 

unterm  krSnczel  wai  verwunden 

ir  harel  .«aiibfr  auT  gepunden.    15*,  12; 

Ich  f!  1  itiera  engel, 

die  i  "le  mein; 

ir  h'  ;ilii  ein  «prengel, 

ir  muaUleiii  tut  ali  ein  rubin. 

GoiiKKg  «.  TiTTMANR  liederb.  $.  25; 

ftiT  Ihn  sie  noch  ihr  hArlein  mutzt. 

Lifii  miuenalm,  1708  «.  16. 

redensarten  wie  ha  haar  (sp.tiff.):  erbleil  so  geplündert  da« 
nil  ein  hSrlein  gelassen.  Fmsciii.ii«  nomencl.  446 ;  wiewui  sie 
mit  alle  irer  kimnt  nicht  vermocht  hellen  dem  b.-ipst  ein 
einig  herlin  zu  krümmen.  Lctiikr  1,4';  nit  seines  herleins 
breidt.  Caridtadt  o.  d.  tabbal  A  iij';  blrlein  .«palten  durch  ipilt- 
findige  worte  trügen: 


wir  werdt  den  wyben  glauben  halten, 
wie  sy  uns  oft  oucb  herlyn  spalten. 

MuRNER  ijeuchm.  Ei'; 
(so  lang)  du  sy  laszt  herly  spalten, 
ein  nienlyn  ull  den  errael  machen, 
über  den'linken  zan  dir  lachen.    1*. 

unter   den   spielen  im  Gargantua   begegnet   auch   härlin  zupfen. 
no.  156,  bl.  165'. 

HARLEKIN,  m.  l)  der  name  des  narren  in  der  italienischen 
komOdie ,  Arlecchino,  gegen  ende  des  17.  jahrh.  in  das  deutsche 
luslspiel  eingedrungen,  wo  es  vielfach  und  je  später  je  mehr  den 
deutschen  narrennamen  Hanswurst  verdrängt,  das  worl  ist  ein 
altes  romanisches:  /ranz,  hierlekin,  hellequin  seit  dem  Vi.  jalirh. 
belegt  (Littre  1,194'),  später  arlequin,  harlequin,  span.  arle- 
quin,  arnequin  gliedermann ;  im  altern  franz.  getU  die  bezeich- 
nung  auf  ein  lußgebilde  kämpfender  geisler,  mylhol.  893.  danach 
ist  mylli.  S94  der  versuch  gemacht,  einen  Zusammenhang  mit  dem 
deutschen  helle  Unterwelt  herzustellen.  Lessing  schreibt  harle- 
quin 6,347  u.  öfter;  später  erst  dringt  die  Schreibung  harlekin 
durch:  als  durch  einen  gewissen  halbgeschmack  die  lustige 
person  (vom  Iheater)  vertrieben  ward,  und,  obgleich  geist- 
reiche köpfe  für  sie  einsprachen,  dennoch  weichen  muszte, 
da  sie  sich  bereits  von  der  derblieit  des  deutschen  hans- 
wursts  gegen  die  nicdlichkeit  und  Zierlichkeit  der  ilaliäni- 
schen  und  französischen  harlekine  gewendet  hatte.  Göthe 
26, 195.  übertragen  heiszl  ein  mensch  von  narrenhaflem  gebahren 
ein  harlekin,  und  man  redet  von  einetn  philosophischen,  poli- 
tischen harlekin. 

2)  harlekin  ist  thiername  geworden:  einer  kleinen  hundeart, 
canis  variegatus  Nemnicb  1,720;  einer  wanzenart,  cimex  slolidus; 
eines  kdfers,  hüHer  3, 165. 

3)  auch  das  kleine  knabenkraul,  salepwurzel,  orclds  mono  wird 
harlekin  genannt,  wegen  der  dhnlichkeit  der  blumen  mit  einer 
narrenkappe.    Nemnicb  4,  783. 

4)  harlekin  ein  englisches  wollenzeug  von  buntem  und  scheckigem 
muster.    Schedel  waarenlex.  1,  505". 

HARLEKINADE,  f.  harkkinscomödie,  freier  dann  audi  harle- 
kinsstreich. 

HARLEKININ,  f.  weiblicher  harlekin;  in  freier  Verwendung: 
und  du  wirst  darüber  —  arme  Magdalene!  —  die  harle- 
quinin  der  harmonie.    Lessing  10,  97. 

HARLEKINSENTE,  f.  anas  liistrionica.  Nemnicb  1,277;  wegen 
ihrer  bunten  Zeichnung. 

HARLEKINSJACKE,  f.  bunte  jacke,  wie  sie  ein  harlekin  trägt. 

HARLEKINSSPECHT,  m.  picus  minor,  der  kleine  buntspecht. 
Nemnicii  4,  965. 

HARLEKINSSPIEL,  n.  dramatisches  spiel,  indem  der  harlekin 
die  hauptrolle  hat. 

HARLEKINSSPINNE,  /".  aranea  vfatica,  wegspinne,  garien- 
spinne.  Nemnicii.  sie  heiszl  so  wegen  ihres  sonderbaren  ganges, 
und  wegen  ihrer  bunten  fii.tzc. 

HAKLEKINSTRACHT,  /..•  vielleicht  ist  er  in  knechtischer 
livree  oder  gar  in  harlekinsl rächt  vermummt.  Heine  werke  8.39. 

HÄRLING,  m.  1)  name  eines  ßsches,  des  weisifelclien,  sofern 
er  noch  im  ersten  jähre  ist;  auch  hilrling,  heuerling.  Nemnicu 
4, 1212. 

2)  die  Weintraube,  die  in  folge  zu  spiter  blüU  nicht  hat  reifen 
können : 

wir  sammeln  leere  spreu  statt  voller  Ähren  ein, 
die  irauben  wollen  sich  in  liurliiige  verkehren. 

Cur.  Griphii's  ]>üe(.  wätd.  1,511. 

gewöhnlicher  heerling,  herling,  s.  d. 

3)  häiling  ist  auc/i  der  name  einer  exotischen  pflanzengaltung, 
hypoxis.   Neumcu  3,  2ü3. 

HARLINSET,  n.;  den  groszen  Schweinen  rausx  man  har- 
linset  in  milch  sieden  (wenn  iJinen  die  hdlse  aufschweUen). 
HoiiHEHC  2, 314*.  gemeint  ist  vwlleuitt  dir  fruchl  des  iomei- 
kirsclibaums,  cornus  m'iscula,  die  mundarilirh  iw..i;i,,.  )...rU)(.> 
äliir  nrliz,  erlisch  (Dikk.  Ib/)  heiizt. 

HARM,  m.  in  luci  bedeutungen. 

1)  leid,  kränkung,  Verletzung,  ahd.  nUs.  härm  coniumdia,  in- 
juria, calamiias,  mhd.  hurin;  ups.  heaim,  a/Zr».  im /i/ur.  harmar, 
schimpf;  litt,  sariuala  dedecus,  bohm.  srainota,  lusammtnkdnyend, 
wie  GUS.  3(13  ausgeführt  ist,  mit  slav.  sraiiiili  dvr^ineiv,  ionskr. 
9ri  erubescere.  das  woit,  nie  es  ttberhaupt  kein  volkimillign  id, 
ist  namentlich  in  dieser  bednäung  im  nlid.  selten: 


OB   i 
IM 


Hnln 
mirli  In  mein  'iin, 

und  ciigcl  »oll'  i  sein 

Tor  Jedem  trug  und  barm.    Ainn  fML  (1840)  614« 


481 


HARM 


HÄR3I  — HÄRÜIEN 


482 


ebenso  in  der  alleren  spräche: 

so  wirstu  dir  viel  barm  bewarn. 

Bi^iGWALB  /.  w.  (1585)  115; 

und  in  der  kircb  viel  zank  und  barm 
anricbten,  das  es  gou  erbarm.    40S; 

ijeKöhnlkh  nur  in  festen  formein  gebraucht,  einem  harm  zufügen, 
einem  harm  bereiten,  auch  einem  barm  tbun,  wie  schon  ahd. 
ni  tuon  ih  tbir  harm.  Tat.  109; 

alts.    that  iru  thär  nioman  thurh  thes  neriandon 

belaga  belpa  barm  ni  gifrumidi.    Heiland  SS91; 

nhd.    was  that  icb  denn  für  barm  euch,  gute  fürstin, 
als  dasz  ich  sprach  vom  harm,  deu  andre  tbun? 

Shakesp.  könig  Johann  3,  1 , 

wbat  other  bann  bave  I,  good  lady,  done, 
but  spoke  tbe  barm  that  is  bj  others  done? 

2)  harm  für  anhauendes  leid,  kummer,  gram,  schon  durch 
ahd.  harm  aerumna  (Graff  4, 1032)  gewährt,  auch  im  ags.  hearm, 
ahn.  barmr  in  dieser  bedeulung  vorhanden,  vericendd  das  ältere 
nhd.  nur  spärlich: 

seinen  köpf  mit  harm  zubricht. 

RwcwAXD  Ir.  Eck,  L2'; 

daselbst  L  3*  der  gegensatz  freud  und  harm ;  harm  moeror, 
aegritudo,  luctus,  acerbitas  aninii  Stieler  S30 ;  den  barm  fahren 
lassen ,  aegrimoniam  abßcere  Steinbach  1, 700 ;  vorm  harm 
vergehen,  aegrüudine  conßci  das.;  seil  dem  vorigen  jalirh.  isl 
harm  vorzüglich  bei  den  dichtem  in  aufnähme  gekommen : 

verloren  ist  der  tag,  und  schändlich  sind  die  stunden, 
die,  wann  wir  fähig  sind,  bedrängten  beizustehn, 
beim  anblick  ihres  harms  uns  unempfindlich  sehn. 

Hagedorn  1,  2U, 

künstlern,  die  auf  zaubersaiten 

sorg  und  barm  durchs  ohr  bestreiten.    Lessi5G  1,19; 

barm  und  grämliches  gesiebt 

danken  unserm  geber  nicht, 

aber  freudenlieder.    J.  M.  Miller  ged.  51; 

eine  schale  des  harms,  eine  der  freuden  wo? 

gott  dem  menschengeschlecht.    Höltt  96  Halm; 

nun  such  ich  dich,  mit  harm  erfüllt, 

bald  bei  des  dorfes  linden.    129; 

rosen  auf  den  weg  gestreut, 

und  des  harms  vergessen!  .  .  . 

gebet  harm  und  grillenfang, 

gebet  ihn  den  winden.    197; 

imd  er  börts  mit  stummem  barme.    Schiller  W; 

alsbald  spannt  von  dem  langen  barme 

die  ganze  Stadt  der  Teukrier  sich  los. 

Zerstörung  von  Troja  5; 

wie  du  liebest,  macht  mir  harm.    RiJckeri  243; 

und  er  schlingt  um  den  leib  die  rechte, 

hält  ihn  traurend  in  bitterm  harm. 

Ar:«dt  ged.  (iUO)  223 

er  ruft,  in  bitterm  barme 

auf  seinen  stab  gelehnt.    Uhlakd  ged.  201. 

HARM,  m.  mustela  erminea,  die  wieselart,  die  jetzt  mit  einer 
versteinerten  und  nicht  mehr  verstandenen  Verkleinerungsform  her- 
melin  (s.  d.)  genannt  tcird.  ahd.  harmo,  haramo,  barm,  mygale 
(Graff  4,1034);  mhd.  harm  ab.  1,635'; 

(die  hdnde  waren)  weich  und  linde,  kleine,  lanc, 

und  rehte  alsam  ein  barm  blanc. 

Tristan.  90,32; 

nhd.  nur  noch  seilen:  mygale  barme,  harm  Dief.  360';  kamen 
barm,  biber,  marder,  wiesei,  eichhorn.  Simrock  1,370.  — 
j.  härmlein. 

H.\RM ,  m.  urina ,  eine  nebenform  zu  harn  (s.  d.),  nur  im 
Suffixe  abweichend,  das  bei  bar-m  als  mediales,  bei  har-Q  als 
rein  passives  ersclieint.  die  form  harm  ist  bairisch-östreichisch 
{z.b.  Siels  bei  Megexberg;  harm  Schm.  2,237;  barm,  harmb 
Leier  134),  und  gehl  durch  Franken,  Hessen,  bis  nach  Düringen, 
wo  es  LcTBER  gewöhnlich  brauclU :  das  sie  mit  euch  iren  eigen 
mist  fressen  und  iren  barm  saufen.  2  kön.  18,  27,  ebenso  Jes. 
36,12;  wer  seinen  misl  oder  barm  halten  niQste,  so  ers  doch 
nicht  kan,  was  wolt  aus  dem  werden  ?  tcerAe  2,  237' ;  ja,  sie 
sind  glieder  der  kirchen ,  gleich  wie  speichel,  rotz,  eiter, 
scbweis,  mist,  harm,  stank,  grind,  blättern,  drüse,  franzosen, 
und  alle  seuche  des  leibs  glieder  sind.  5,64';  und  lesset 
doch  von  sich  eitel  unflat,  rotz,  speichel,  putter,  scbweis, 
schweren,  blaltern  ,  grind,  gnatze,  Oflsse,  eiter,  mist  und 
harm.  6,316";  harm,  brunz,  urina  Serrancs  syn.  93*;  barem 
oder  saichet.  voc.  von  1482  6ei  Schm.  2,  237;  darnach  sammet 
sich  das  {blut)  in  den  ädern  zu  den  nyren  und  sej-het  durch 
und  Wirt  zu  bann,  versehung  eines  menschen  {Sürnberg  14S9) 
43';  als  warm  als  eines  menschen  harm  oder  prunn  isl.  47*. 
IV.  II. 


der  arzt  besieht  den  harm  eines  kranken  und  erkennt  daraus  seine 
krankheit : 

als  sie  im  betten  bescbawt  den  harm, 

einr  sprach:  er  bat  grosz  fehl  im  darm. 

B.  Walbis  Esop  2,  89,  7 ; 

berr  doctor,  mir  den  harm  besecht! 

dann  mir  ist  warhaftig  nicht  recht. 

Airer  354'  (1774,  17  Keller); 

du  must  auch  nemen  mit 

den  harm  wol  deiner  frauen. 

hsz  ihn  den  doctor  schauen! 

desselben  fasln.  ^.  150*  (308Ö,  28); 

seit  mir,  mit  Urlaub  schauen 

diesen  barm  in  den  glas.    150'  (30S2,  16) ; 

der  harm  sei  gleich  wi  er  sei, 

so  när  ich  mich  der  ärtznei.    Schwarzenberg  137*. 

der  harn  der  niclit  normal  ist  und  auf  kranklieit  hinzeigl,  wird 
wilder  harm  genanttt: 

knecht  Quenzepelsch,  das  ist  ein  wilder  harm, 
ich  wais  nit,  ob  es  im  leit  in  dem  magen  oder  im  darm. 

fastn.  sp.  63,  11 ; 
dafür:         gnediger  berr,  der  harm  ist  gar  ungesund. 

J.  Airer  354*  (1774,  22  Keller). 

HARMBALG,  »i.  balg  des  hermelins:  389  barmpelg,  das 
300  für  8  fl.  Adam  Rtse  rechnung  D  4'.  dafür  harenbalg  als 
pelziverk  script.  rer.  sUesiac.  3,  209. 

HARMBRIINNEN,  f7i.  urina;  diu  plÄse  oder  diu  pläter  ist 
ain  va;  des  barmprunnens.   Megenberg  34, 10. 

H.\RMEL,  f.  eine  rautenartige  pflanze,  peganum  harmala. 

HÄRMEL ,  H.  verklänerungsfomi  zu  harm ,  hermelin  {vergl. 
härmlein) :  jedoch  pringt  daj  härmlein  n  eijiu  härmel.  Megeh- 

BEBG    153.20. 

HÄRMELCHEN,  n.  l)  Weiner  barm,  wieselarl:  mygdale  her- 
melchen,  nd.  bermelken  Dief.  360'. 

2)  in  Meisz.en  die  kamille ,    anthemis  nobilis.    Nexnich  1,332. 
HÄR.ME.N,  verb.  gram,  kummer  machen  oder  zufügen. 

1)  gewöhnlich  reflexiv  sich  härmen : 

kind  gottes,  härme  so  dich  nicht, 
und  denk,  wie  männer  sind ! 

BORGER  briider  graurodi: 
da  hat  sich  das  arme  mädel  gebärmet, 
die  bleichen  wangen  klagten  mich  an. 

KoTZEBi'E  dramat.  sp.  1,  294; 
oftmals  wenn  ein  schön  gefühl 
mir  die  brüst  gewärmt, 
und  man  ihm  begegnet  kühl, 
hab  icb  mich  gehärmt.    Rüceert  245. 

mit  angäbe  der  Ursache,  eingeleitet  durch  die  praep.  um,  über 
oder  durch  abhängigen  salz  ausgedrückt:  und  Bachides  bermet 
sich  seer,  das  sein  anschlag  und  zug  vergeblich  war.  1  Macc. 
9,  68 ;  er  härmt  sich  nichts  darum ,  de  hac  re  non  angitur. 
Steinbach  1,  701;  icb  herme  mich  sehr  über  die  böse  zeiteo, 
tetnporum  injuriae  miserrime  maeerant  me  Stieler  829; 

da  sitz  icb  hier,  von  sorgen  abgefressen, 
und  härm  um  ihn  mich  täglich  mehr  und  mehr. 
Gleis  1,  2S1 ; 
seltener  durch  den  genitiv  vermillelt: 

desz  härmte  jener  sich.  Stolberg  14, 164. 
die  Wirkung  des  sich  liärmens  auf  den  eigenen  kürper  zächnet 
sich  abhärmen  (1,  55):  sich  nicht  dergestalt  abzuhermen. 
Plfsse  3,  63;  der  sich  am  fusze  des  bettes  um  seinen  kranken 
söhn  abhärmt.  Göthe  20, 302 ;  oder  noch  intensiver  sich  zu 
(ode  härmen :  er  hat  sich  zu  tode  gehärmt,  eum  animi  aegri- 
tudo consumsit  Steinbach  l,  700 ;  wie  icb  mich  um  sie  eben 
nicht  werde  zu  tode  gebärmet  haben.    Ptesse  3, 122. 

2)  selten  transitiv,  grämen,  kränken : 

mich  auch  härmt  das  alles,  o  trauteste.    Hias  6,441; 
in   eigenthümlicher   weise   bei  Bürger  reflexive  fügung  umschrei' 
bend,  zugleich  mit  einem  accusativ  des  erfolges  verbunden: 

nun  härm  ich  ganze  nachte  lang, 
auf  schlummerlosem  lager, 
die  leichten  glieder  matt  und  krank, 
die  vollen  wangen  hager.    7*. 

3)  intransitiv,  im  partic.  des  praesens:  hermend  moerens, 
moestus,  tristis,  eoniurbatus  Stieler  829 ; 

und  laszt  die  brüst  von  wein  mir  lieber  glühn, 
als  härmendes  gestöbn  das  herz  mir  kühlen. 

Sliakesp.  kaufm.  von  Venedig  1,  1; 
and  let  my  liver  raiber  beat  wiib  wine, 
than  my  beart  cool  wiib  mortifying  groans. 

4)  härmen,  Wenfalls  intransitiv  für  wehklagen,  jammern: 
begunte  bitterlich  zu  herinen  und  zu  schreien,  pers.  baumg. 
4,11,  berührt  sich  mit  karmen,  kärmen  5.21o.  mit  dem  es  auch 

31 


483 


HÄRMEN— HARilLOS 


HARMLOS  — HARMONIE 


484 


bei  Zesen  vabunäen  wird:  nachdem  sie  lange  genug  gekarmet 
und  sich  nun  müde  gehärmet  hatten.  Assenal  (1079)  s.  "8. 

HÄRMEN ,  n.    der  subdanlivisch  gesetzte  infinitiv  des  vorigen, 
gram,  kummer  :  machet  des  hermeus  und  trawrens  ein  masse. 
LuiHER  tischr.  231'; 
o  groszer  Hammerschmid,  was  mügen  dich  viel  neiden 
die  spöiter,  welche  doch  mit  härmen  müssen  leiden 
dasz  man  dein  edle  kunst  [die  musik)  durch  güldne  bücher  bringt 
viel  hoher,  als  wo  sonst  das  heer  der  sterne  ^pringt? 

Rist  /'am.  üb*. 
HÄRMEN,  HÄRMEN,  verb.harn  lassen,  neben  form  zu  harnen: 
urinare  barmen,  hermen  Diefenb.  630';  mejere,  prunzeln,  här- 
men Trochus  Qiij';  beifues  genütz  {geniesze)  in  wein,  macht 
wul  härmen,  versehung  eines  menschen  {Nürnberg  UHQ)  lOO'' ;  so 
waren  die  von  im  (Caracalla)  verdampt,  die  an  die  seüi  liar- 
melen.   Frans  chronica  1531  143'; 

fürt  in  hinausz  und  laszt  in  barmen, 
und  bringt  mir  den  saich  su  warmen. 

fastn.  sp.  62,  21 , 

für  schmerzen  so  viel  zäher  flössen, 
das  im  sein  angsicht  nasz  begossen, 
so  mild,  als  ob  es  wer  geharrabt, 
das  all  sein  (reundt  gar  sehr  erbarrabt. 

B.  VValdis  Eüup  2,  60,  51 ; 
eine  kue,  welche  stark  biuet  gehärmbt.  Schm.  2,  237. 
HAR.MENSTEIN,  m.  blasenstein  der  das  harnen  erschwert: 

du  wirfst  dich  umb  im  beth  allein 
als  ob  dich  reisz  der  harmenstein. 

H.  Sachs  1  (1590)  164". 
j.  harmstein,  harnstein. 

HAR.MFASZ,  n.  malula:  wenn  nu  ein  gesinde  sich  wült 
irren  lassen,  das  im  hause  nicht  eitel  silbern  becher  weren, 
sondern  fünde  irgend  ein  notstuel  oder  harmfasz.  Luther 
3, 154*.     s.  harnfasz. 

HARMGLAS,  n.  malella  medica:  geht  ein  knecht  mit  ihm, 
hat  ein  harmglas  in  eim  futter.  J.  Ayrer  353*  (1773,4  Äd/er); 

mein  herr,  wir  habens  wol  bedacht, 

und  haben  unsern  piunnen  mit  bracht, 

den  schaut  in  disem  harmglas,    fasln,  sp.  366,  4; 

ach  ir  baurn  und  ir  groben  röhling 

was  habt  ir  gemaint  mit  disem  ding, 

das  ir  euch  habt  poshait  gedissen, 

und  habt  ins  harmglas  geschissen?    684,  15. 

5.  harnglas. 

HARMHAFT,  adj.  mit  härm  behaftet,  kummervoll,  traurig: 

harmhafter  sinn  schadet  sich  selbst  am  meisten,   trisliliae  se 

dedens  sibi  ipsi  vulnera  incutit.    Stieler  829. 

HARMICHT,  HÄRMICHT,  moerens ,  moestus,  trislis,  conlur- 

bclus.    bermicht  Stieler  829. 

HARMIG,  adj.  dasselbe:  deute  die  trostrede  des  herrn  auf 

die  deinijjen,  darum  du  harmig  und  traurig  bist,  Otho1048; 

ich  mus  gen  hören  wie  sichs  helt, 
das  sich  mein  weih  so  harmig  steh. 

Gr.  Wagner  unlrew  Biiij'. 

HARMKRUG,  m.  matula.     der  mann  schilt  die  frau: 

du  leschtrog,  harmkrug,  lochrete  tasch. 

fasln,  sp.  255,  11. 

HÄR.MLEIN,  n.  kleiner  barm,  wieselart;  in  Baiern  harml 
Scuji.  2, 237,  in  Kdrnlhen  harmie  Lexer  134,  wo  durch  diese 
diminulivform  die  form  barm  ganz  verdrängt  ist;  cimlich  in 
Niederdeulschland  harmke  mustela  erminea  Nemnicb;  mygdalc 
bärmli,  hermlin,  hermlein  Diefenb.  360*;  tirerra  hermle  624*. 
—  Auch  das  zu  pelzfutter  gcbraudtte  feil  des  lidrmleins:  ainen 
samatten  rock  mit  härmel  underzogen.   Schm.  2,  238. 

HÄRMLEINWEISZ,  adj.  weisz  wie  das  feil  des  Itermelins: 

got  griisz  eur  balslein  härmleinweis, 
dasz  got  gcschafTen  hat  mit  ganzem  fleis. 

fastn.  »p.  409,  22. 

HÄRMLICH,  adj.  mit  kummer  behaßct ,  leidvoll:  heut  oder 
morgen  wird  krieg,  dann  bist  du  weder  wittwe  noch  frau, 
und  lebst  ein  härmflches  leben.  Hevcie  Julchen  Grüuthal  s.  73. 

HARMLOS,  adj.  und  adv.,  ein  neueres,  noch  von  Frisch  nicht 
verteichnetes  worl.  et  ist  erst  um  die  mille  des  vorigen  Jahr- 
hunderts, als  die  Übersetzungen  englisdier  portischer  erzeugnisse  im 
icliwamje  waren,  dem  englischen  harmicss  nachijibtldct  worden 
und  hat  schnellen  eingang  und  Verbreitung  in  Deutschland  gefunden. 
seine  bedeutung  fuszt  aber  daher  nicld  auf  dem  ileulschen,  sondern 
auf  dem  englischen  hariu,  ags.  hcarm,  scliaden,  naclUheil,  krän- 
kung ,  nuanciert  sich  aber  nuhl  ohne  einflusi  des  deutschen  be- 
yn/fet  barm,     harmlos  sagt  aus: 

1)  ohne  schaden,  olme  nachtheil,  unbeschädigt: 

deo  heim,  vcrni6gonil  gegen  alle  macht 

Too  huadert  itAdtea  harmioi  tu  besteba.    DBrcir  167*. 


2)  dann  auch  in  mehr  aclivcm  sinne,  einen  schaden  nicht  mit 
sich  fülirend,  unschädlich,  unschuldig:  dieser  harmlose  aber- 
glaube  vereiniget  sich  mit  den  übrigen  umständen  unsers 
Volkes.  Wieland  8,203; 

freier  ström  sei  meine  liebe, 

wo  ich  freier  schiffer  bini 

barmlos  wallen  seine  triebe 

wog  an  woge  dann  dahin. 

lasz  in  seiner  kraft  ihn  brausen! 

wenn  kein  dämm  ihn  unterbricht, 

müsse  dir  davor  nicht  grausen! 

denn  verheeren  wird  er  nicht.    Borger  45". 

3)  dann  von  menschen,  friedlich,  ohne  arg  und  tücke:  die 
Korinthier  oder  Athener  werden  nie  so  unfreundlich  sein, 
einem  harmlosen  menschen,  der  niemanden  im  wege  steht, 
eine  hütte,  oder  wenigstens  einen  hohlen  bäum,  zur  Woh- 
nung zu  versagen.  Wieland  13, 131 ;  sinnigem  ,  harmlosem 
Volke  in  der  stillen,  umfriedeten  heimlichkeit  seiner  niedern 
berg-  oder  waldhütlen.  H.Heine  werke  1,34;  er  war  harmlos 
wie  ein  kind.  12,  49; 

die  fürsten  seh  ich  und  die  edeln  herrn 
in  hämischen  herangezogen  kommen, 
ein  harmlos  volk  von  hirten  zu  bekriegen. 

Schiller  Teil  4,2; 
da  lebten  die  hirten,  ein  harmlos  geschlecht, 
und  brauchten  für  gar  nichts  zu  sorgen. 

die  vier  weltaticr; 

auch  von  thicren:   die  harmloseste  aller  schlangen,  die  arrne 
biindschleiche.  Tschudi  Ihierl.  d.  alpenw.  60; 

{die  kulze),  ein  harmlos  nützlich  thier.    Shakesp.  kaufm.  4,  1; 
a  harmless  necessary  cat. 

4)  von  thalen  und  beschäßigungen  solcher  menschen:  unter- 
dessen dasz  Danischmend  und  sein  filosofischer  kalender  so 
harmlos  und  so  vergeblich  über  dinge  schwatzten  die  sie 
nicht  ändern  konnten,  Wieland  8,176;  da  kommen  dann  die 
mädchen  aus  der  stadt  und  holen  wasser,  das  harmloseste 
geschält  und  das  nölhigste,  das  ehmals  die  löchter  der  könige 
selbst  verrichteten.  Göthe  16,  9;  die  rüge  der  fehler  und 
mängel  {bei  Rabener)  ist  harmlos  und  heiter.  25,  74 ; 

weil  sich  die  fürsten  gütlich  besprechen, 
wollen  auch  wir  jetzt  worte  des  friedens 
harmlos  wechseln  mit  ruhigem  blul. 

Schiller  braut  von  Messina; 

ich  lebte  still  und  harmlos  —  das  gescbosz 

war  auf  des  waides  thiere  nur  gerichtet, 

meine  gedanken  waren  rein  von  mord.    Teil  i,  3, 

5)  endlich,  an  die  hochdeutsche  bedeutung  von  barm  ange- 
schlossen, unberührt  von  kummer,  mit  innerem  frieden,  ruhig 
heiter:  sich  wechselseitig  anzusehen,  war  ihnen  ein  unaus- 
sprechliches vergnügen ,  dem  sich  ihre  harmlosen  scelen 
ganz  überlieszen,  ohne  lebhaftere  wünsche  zu  nähren,  oder 
für  irgend  eine  folge  besorgt  zu  sein.  Göthe  18,285;  dasz 
ich  mich  nach  ihr  sehne,  nach  jenen  stunden,  in  denen  wir 
gefühl  und  gedanken  harmlos  gegen  einander  austauschten. 
Bettine  briefe  1,  90. 

HARMLOSIGKEIT,  f.  harmloses  wesen. 
'  HARMONIE,  /■.  aQfiovia.  das  jetzt  so  eingebürgerte  und  fast 
unentbehrlich  gewordene  wort  begegnet  «r»  mhd.  noch  selten  als 
armonlc  bei  Fraüenlop  in  musicaliscitem  sinne,  mhd.  wb.  1,61*. 
erst  nach  Wiedererweckung  der  classicität  beginnt  es  sich  zu  ver- 
breiten, recht  eingebürgert  erscheint  es  seit  der  zweiten  hdlße  des 
vorigen  Jahrhunderts,  wo  es  namentlich  Schiller  mit  Vorliebe 
brauclit.  zunächst  ist  es  technisches  wort  der  musik  und  maierei, 
und  geht  von  hier  aus  in  freiere  anwendung  über,  die  bedeu- 
tung ist 

1)  {von  tönen  und  färben)  die  Verbindung  von  einzelnen  gleich- 
zälig  angeschlagenen  tönen  zu  einem  wolklingenden  ganzen ,  die 
wollhuendc  anordnung  der  färben  und  grujypen  eines  gemdldes: 
es  sei  kein  bessere  harmoni  oder  music,  als  wann  herz  und 
inund  übereinstimme.  Zinkcref  apoplith.  1  (1626)301;  etliche 
musicantcn  und  lauten.'ichiUgcr  sähe  man  da,  deren  intent  war, 
die  jungfrawen  mit  ihrer  harmony  zu  gewinnen.  Philander 
1  (1642)  122;  aber  weil  es  eine  harmonic  der  töne  gibt,  su 
ist  ein  duraccord  harmonisch.  Güthe  36,368;  endlich  deutet 
Diderot  auf  ein  fundament  der  harmonic,  er  will  es  im  rcgen- 
bogen  linden,  und  beruhigt  sich  dabei  was  die  französische 
tnahlcriicbulo  darüber  ausgesproclien  haben  mag.  s.  207 ; 

WaR  in  di!r  dinge  liiuf  Jetil  nibkliiiKt, 

tönet  in  ewigen  liarmoniocu.    Klupst'"-»  i    h  • 

tccicnvnllo  harmoniern  winimoln, 

ein  vvolluiitiK  niigetlium, 

uu»  den  »aiten.    Scuillkr  1,38  Kun  \l.,iiiri:  .im  \/ .: 


485 


HARMONIE  —  HARMOMENBAND 


HARMONIENFALL  —  HARMWASSER       4S6 


ach,  die  kühnste  harmonie 
wirft  das  saitenspiel  zu  trümmer. 

s.  90  {melancholie  an  Laura); 

schon  sieht  man  Schöpfungen  aus  Schöpfungen  entstehen, 
aus  harmonieen  harmonie.  «.  180  {kunsüer) ; 

nimm  einen  ton  aus  einer  harmonie. 

s.  279  (bild  zu  Sais) ; 

aber  aus  den  goldnen  saiten 

lociit  Apoll  die  harmonie.    s.  407  (eleus.  fest); 

wie  zwo  flammen  sich  ergreifen,  wie 

harfentöne  in  einander  spielen 

zu  der  himmelvollen  harmonie.    räuber  3,  I. 

übertragen  : 

ihr  leben  ist  die  schönste  harmonie.    tcerke  1, 11  Kurz; 

deine  frühesten  gefühle 

losten  schon  beim  saitenspiele 

auf  in  harmonien  sich.    Blumaüer  1,  167; 

sie  sprach  zu  mir,  da  flosz  von  ihren  lippen 

die  schönste  harmonie.      Seu««  tjed.  104. 

die  pythagoräische  Vorstellung   von  der  harmonie  der  Sphären  ist 
in  strengerem  oder  freierem  ausdruck  vielfach  von  tinsem  didüern 

gebraucht : 

der  gott  vergasz,  hei  muntern  chören, 
wann  ihm  ein  holder  mund  geflel, 
die  stolze  harmonie  der  sphären, 
doch  nicht  sein  sanftes  saitenspiel.    Hagedors  2,  75; 
und  dir  rauschen  umsonst  die  harmonien  des  Weltalls? 

Schiller  1,  268  Kurz  (tanz). 

2)  das  harmonisch  erklingende  musikstück  selbst: 

und  thränen  süszer  Sympathie, 
entlockt  durch  süsze  "harmonie, 
ihr  sprechend  aug  befeuchten. 

Schiller  1,  160  Kurz  (prieslerinnen  der  sonne); 
und  die  neuen  bürger  ziehen, 
■von  der  götter  selgem  chor 
eingeführt,  mit  harmonieen 
in  das  gastlich  offne  thor.    1,  40S  {eleus.  fest) ; 
harmonieen  hör  ich  klingen, 
töne  süszer  himmelsruh.    438  {Sehnsucht). 

3)  in  veiterer  bedeittung  zusammenstimmung,  und  zwar 

a)  in  ästhetischem,  philosophischem,  matItemaliscJiem  sinne:  die 
idee  des  Wohlwollens  bezeichnet  die  innere  harmonie  einer 
person ,  welche  mit  eignem  willen  sich  einem  von  ihr  vor- 
gestellten fremden  willen  widmet.  Herbart  enct/c  §172;  har- 
monie der  Progressionen;  harmonie  der  weit,  ist  eine  Über- 
einstimmung der  bewegung  der  planeten  und  ihrer  weite  von 
der  sonne  mit  den  stimmen  und  intervallis  oder  den  noten- 
weiten in  der  musik.  malhem.  lexicon  l  (1747)  634 ;  die  grosze 
harmonie  des  makrokosmus.  J.  Paul  uns.  löge  2, 140 ; 

wie  glücklich  sehen  sie  (die  magister)  beim  wein 

die  fugen  der  soriten  ein! 

der  wein  musz  nie  der  Wahrheit  schaden. 

der  rausch  beleuchtet  itzt  durch  sie 

die  Torbestimmte  harmonie, 

die  beste  weit  und  die  monaden.    Hagedorn  3, 126; 

Sonnenstäubchen  paart  mit  Sonnenstäubchen 

sich  in  trauter  harmonie. 

ScHrLLER  1,  33  Kurz  (phantasie  an  Laura). 

b)  in  der  gemeinen  spräche  des  lebens  zusammenstimmung,  ein- 
Irachl;  schon  in  der  Slraszburger  kleiderordnung  von  1628:  (der 
unterschied  der  stände)  ohn  welchen  auch  die  politische  har- 
mony  . .  inn  gutem  Wohlstand  sich  nimmermehr  beOnden 
wird;  dasz  er  in  harmonie  bleibe  ..  mit  den  Verhältnissen 
des  lebens.  Ixuerhann  Münchh.  4, 132 ;  ein  eheband  das  . . 
an  harmonie  und  innigkeit  mustergültig  genannt  werden  kann. 
sonntagsbl.  1869  s.  351"; 

der  du  den  kriegesgeist  in  der  geschichte  liebest, 
und  in  der  poesie, 

und  deutsche  redlichkeit  bei  wälscher  klugheit  übest, 
(die  schwerste  harmonie!)  Rasler  1,^. 

gesellige  vereine  führen  jetzt  oft  den  namen  harmonie. 

4)  harmonie  ist  in  der  anatomie  eine  Verbindung  von  knocken 
mit  fast  ganz  glatten  rändern. 

H-\RMO.NIEDDRCHTÖM,  part.: 

kleiner  punkt  im  lichtumflosznen 

barmoniedurchtöntea  räume 

seiner  gränzenlosen  schöpfiug.    Overbsck  verm.  ged.  2. 

H.\RMOMELEHRE,  f.  lehre  ton  der  Verbindung  harmonischer 
töne  in  einem  musikstück. 
HARMONIENRACH,  m.: 

wo  tausend  schrecken  auf  ibn  zielen, 

folgt  ihm  ein  harmonieenbacb.    Scbillbh  die  künstler. 

HARMONIENBAND,  n.; 

es  schwebt  mit  ihm  (dem  splidrentante),  an  harmonienbanden, 
der  hohe  weltchoral  dahin.  Bürger  79". 


HÄRMOMENFALL,  m.: 

in  Mozarts  harmonieenfall. 

SsuME  ged.  164  (aufmunterwig). 

HÄRMOMENFLÜSZ,  m.: 

mein  ohr  umtönt  ein  harmonienflusz. 

Schiller  die  ericartung, 

HARMOMENMEER,  n.: 

sein  geist  zerrinnt  im  harmonieenmeere, 
das  seine  sinne  wollustreicb  umflleszt. 

g  Schiller  die  künstter. 

HARMONIENSPIEL,  n.: 

je  weiter  sich  gedanken  und  gefühle 

dem  üppigeren  harmonieenspiele, 

dem  reichem  ström  der  Schönheit  aufgethan. 

Schiller  daselbst. 

HARMONIEREN,  verb.  zusammenstimmen,  in  technischem  und 
yeuröhnlichem  sinne:  das  harmoniert  nicht,  in  einem  musik- 
slücke,  ist  unharvionisch ;  blau  und  grün  in  dieser  Verbindung 
harmoniert  nicht;  menschen  die  sich  nicht  vertragen,  sagen  wir 
hannonieren  nicht.  Göthe  braucht  das  vort  transitiv,  in  zusam- 
menstimmung versetzen:  er  weicht  der  färbe  selbst  aus,  er 
schwächt  sie  und  glaubt  sie  dadurch  zu  harmoniren,  indem 
er  ihr  die  kraft  nimmt,  ihre  Widerwärtigkeit  gegen  eine  an- 
dere recht  lebhaft  an  den  tag  zu  legen.  36,  265. 

HARMONIKA,  f.  musikinstrument  von  se/ir  harmonischen  tönen, 
in  mehreren  arten  seit  dem  li.jaltrh.  aufgekommen,  eine  blas- 
harmonika,  Ziehharmonika;  ein  glasharmonika ,  deren  töne 
durch  glasglocken  erzeugt  icerden;  ähnlich  holz-,  stahl-,  stroh- 
harmonika. 

HARMONIKAGLOCKE,/".;  auf  den  harmonikaglocken  seiner 
phantasie  hören  die  äuszern  übelklänge  des  Schicksals  . .  in 
sanft  auffliegendem  ertönen  auf.  J.  Paul  Besp.  3, 125. 

HARMO.MKAKLANG,  m.: 

noch  tönet,  wie  leiser  harmonikaklang, 
mir  tief  in  der  seele  dein  süszer  gesang. 

Matthisso?!  ged.  (1794)  s.  68. 
vom  anklingen  der  gläser: 

kein  wohldenkender  faszt  an  den  oberen  kelch,  wenn  er  an- 
klingt ; 

nein,  an  den  fnsi!  dann  klingt  barmonikaklang  in  den  glück- 
wunschl    Voss  Luise  1. 

HARMONIKER,  m. :  ich  hatte  die  wetterharfe,  die  wie  du 
weiszt ,  sich  über  das  grosze  bassin  hinzieht ,  anspannen 
lassen,  auf  der  der  stürm  als  ein  tüchtiger  harmoniker  gar 
wacker  spielte.  E.  T.  A.  Hoffma.ns  8,  27. 

HARMONISCH,  adj.  und  adv.:  harmonische  töne;  harmo- 
nische Progressionen  in  der  mathematik;  dann  weisz  freilich 
niemand,  ob  er  ein  harmonisches  oder  disharmonisches  bild 
sieht.  Göthe  36,265;  die  färbe  blieb  auf  dem  gemählde,  wie 
auf  der  palette,  nur  stofif,  materie,  element  und  ward  nicht 
durch  eine  wahre  genialische  behandlung  in  ein  harmonisches 
ganze  organisch  verwebt.  269;  legten  die  sangvögel  ihren 
ganzen  tonmarkt  aus ,  die  sprachvögel  warfen  ins  harmo- 
nische Wettrennen  alle  schimpfworte  der  menschen.  J.  Paul 
leb.  Fibels  53; 

wenn  in  des  edelmüthigen  Geliert  harmonischem  leben 
jede  saite  verstummt.  Klopstoc«  1,29; 

auch  dein  zartester  laut  ist  dein  harmonisches  selbst. 

Schiller  das  «eibt.  ideal  (1,  307  Kurz). 

HARMPFOTEN,  f.  plur.  falten  im  gesteht,  die  durch  härm 
entstanden  sind;  sie  werden  sonst  auch  krähen füsze,  nd.  kreien- 
poten  (5,1974)  nach  der  ähnlichkeit  der  gestalt  genannt:  hab 
wohl  ehr  'n  stern  auf  einer  brüst  gesehn  und  in  dem  gesicht 
darüber  harmpfoten  und  verdrusz.  Clacdics  1  5.  xi. 

H.\RMSCHERBE,  f.  matula :  das  er  . .  als  ein  töpfcr  aus 
dem  thon  machen  möcht  eine  kacheln  oder  krug  oder  harm- 
scherben.   Luther  6,  96'. 

HARMSTEIN,  m.  blasenstein:  (petersil)  ist  guot  für  den 
harmstein.  Megenberg  413,  29;  von  dem  harmstein,  versekung 
eines  menschen  {?iürnb.  1489)  98'.     s.  harmenstein,  harnstein. 

H.ARMTOD,  m.  tod  durch  gram :  als  sie  nun  mit  der  magd 
gar  alleine  war,  raSte  darauf  .  .  auch  der  harmtod  diese 
hinweg.    Gcir-sfeld  hist.  rosengeb.  779. 

HARMVOLL,  adj.  gramerfüUt:  bis  aufs  neu  unter  meinen 
hieben  sich  der  harmvolle  niedre  schurke  bildet,  der  hier 
zu  meinen  füszen  kriecht  (icorle  des  Mephistopheles  an  Faust). 
Fr.  MtJLLER  2, 186. 

HARMWASSER,  «.  urina :  da^  wa^^er  ist  da^  pest  ze  trin- 
ken, da;  durch  vclse  fleujt  und  durch  sandigj  ertreich.  wan 

31* 


487 


HARMWLNDE  —  H  ARiNGL  AS 


HARNGHIES  —  H  ARiMSCH 


488 


da;  ist  leiht  und  . .  macht  dem  harinwa;;er  weg.  Megenberg 
104, 1.     s.  hainwasser. 

HARMWLNDE,  f.  harnstrenge,  harnzwang:  hat  aber  ein 
mensch  die  harmwinde ,  so  gib  im  dise  arzney.  versehung 
eines  menschen  (I^ürnb.  1489)  99';  das  \\  asser  hilft  für  stein, 
griesz,  kalten  seich,  barrawindt.  Thübneisser  von  wassern 
(1612)  s.  169. 

HARN,  VI.  vrina.  ein  nur  hochdeutsches  wart,  alid.  mhd.  harn 
(ni/i</.  auch  neutrutn,  ic6.  1,636').  die  würzet,  die  weiter  noch 
in  hure  (s.  d.)  erscheint,  geht  auf  allind.  ^shitr  {aus  skar)  aus- 
gieszen  zurück  und  tritt  auch  in  den  slavischen  sprachen  zu  tage, 
wenn  auch  in  eigenthümlicher  begriffsenlwickelung.  wie  das  deutsche 
misl,  goth.  maihstus  zunächst  auch  nur  urina  bedeutet,  aber  im 
ags.  engl,  mist,  altn.  mistr  in  die  bedeutung  nebei,  diciic  finsternis, 
höhenrauch  umschlägt,  weil  nebel  und  das  nass  der  walken  als 
urin  der  wollienkühe  nach  uralten  Vorstellungen  genommen  wurden : 
so  hat  in  ganz  gleicher  weise  das  deutsche  den  ursprünglichen 
sinn  des  Wortes  har-n  gewalirt ,  das  slavische  einen  jenem  engl. 
mist  verwandten  entwickelt,  der  im  niederwendischen  kuräwa  nebel, 
höhenrauch,  kur  staub,  Staubwolke,  kurisch  stäuben,  tabak  rauchen 
hervortritt,  während  in  dem  wend.  kuriza  vulva  der  alte  begriff 
der  Wurzel  kur,  deutsch  liar  noch  durcitscheint.  das  bildungs- 
suffix  von  har-n  ist  ein  passives,  während  die  nebenform  iiar-m 
(sp.  4SI)  ein  mediales  aufweist,  die  letztere  form,  die  in  aletn an- 
nischem gebiete  nicht  gehört  ward,  ist  der  erstercn  in  der  schriß- 
sprachc  seit  dem  anfange  des  17.  jahrh.  vollständig  gewichen. 
harn,  urina,  minctura,  vulg.  gseicii  voc.  ine.  theut.  il';  harn, 
brunz  urina,  lolium  Maaler  212';  blutiger  harn,  urina  cruenla, 
roter  harn,  rubcns,  rubra,  rufa  urina,  sandächter  harn,  voll 
griesz  oder  steinlinen,  urina  arenosa  das. ;  es  seint  darnach 
etlich,  die  dem  arzt  nit  sagen,  wes  der  harn  sei,  ob  er  eines 
mans  oder  einer  frauen  sei.  Keisersberg  narrensch.  85*.  daneben 
die  zerdehnte  form  baren  in  harenglas  urinale  Diefenb.  630'. 
der  harn  wird  gelassen,  getrieben,  verhalten,  angehalten:  wann 
das  pferd  den  harn  nur  tropfenweisz  oder  gar  schwerlich 
lassen  kan.  Pinter  pferdschatz  408 ;  den  harn  treiben ,  im- 
pellere  urinam  Maaler  212';  den  harn  verhalten,  urinamrelinere, 
supprimere  Stieler  769.  durch  die  besichtigung  des  harns  werden 
krankiieiten  erkannt: 

der  gat  wol  hein  mit  andern  narrn, 
wer  eim  dottkranken  bsycht  den  harrn, 
und  spricht,  wart,  bisz  ich  dir  verkünd, 
was  ich  in  mynen  biichern  fynd. 

Braist  narrensch.  55,  2; 
CS  lauft  der  arzt  nicht  hinzu,  welcher  die  pulsz  greife,  oder 
den  harn  im  venedischen  glasz  besichtige.  Schuppios  697 ; 

da  wird  des  kranken  harn  mit  stummem  ernst  besehn. 

Hagedorn  2,  97. 
HARNBESCHAUÜNG,  /"..• 

ja,  doctor,  könntest  du  finden 
durch  harnbescnhuung  meines  landes  krankheit. 

Sliakesp.  Macbeth  5,3; 

if  thou  couldst,  doctor,  cast 
the  water  of  my  land,  find  her  disease. 

HARNBLASE,  f  vesica  urinae.    Frisch  1,416', 

HARNRLATTER,  f.  hamblase  (s.  blatter  2,77):  harnhiater 
vesica  voc.  ine.  theut.  il';  die  harnblateren  eines  thieres,  t'esico 
Maaler  212*. 

HARNEN,  verb.  harn  lassen:  harnen  mingere,  urinare  voc. 
ine.  theut.  il';  schwäre  not  ze  harnen,  wen  einer  nit  wol 
iiarncn  oder  brünzlen  mag,  difßcuUas  urinae  Maaler  212'; 
fing  darauf  an  so  überflüssig  zu  harnen,  das  d;  wasser  ein 
welüche  meil  von  dannen  lief.  Garg.  238';  ängstigt  man  sie, 
so  harnen  sie  vor  schreck.  Rrehm  illustr.  thierleben  2,  37.  auch 
mit  acc.  des  objecls :  der  kranke  hui  blut  geharnt. 

IIARNFASZ,  n.  matula:  irgend  ein  notstubl  oddcr  barnfasz. 
Lcther  br.  3,  7.     s.  harmfasz. 

HAHNFLUSZ,  m.  diabetes ,  krankhaftes  abflieszen  des  harns. 
Frisch  1,410*. 

HARNGANG,  m.  l)  forlgang,  abflusz  de$  harns:  diabetes, 
harnruhr,  barnflusz,  steler  harngang.  Kirsch  cornuc. 

2)  gang  der  den  harn  aus  den  uieren  in  die  blase  teilet,  Ureter: 
lie^ze  er  sie  zuvor  zu  vilen  trinken  nijlhigen,  ihnen  hernach 
die  8.  b.  harngäng  dermaszen  vernusbickleii ,  dasz  sie  den 
urin  nicht  lanscn   kündlen.    Simpl.  3,103  Kurz. 

HARNGESCHIRR,  n.  matula: 

il  leizcn  hl«!  hBrnK'>*('hirr  dar. 

GOlir.ERs  ticiKjrnharh  ipfalfrnfp.)  s.  175,  317. 

HARNGLAS,  n.  gtai  zur  befichtujung  des  liarns :  iiarnglasz, 
banikacbel  winate  toc.  tnc.  theut.  1 1'.     s.  horroglos. 


HARNGRIES,  m.  gries  im  harn. 

HARNHAUT,  /.  1)  allantoides ,  eine  zur  nachgeburt  gehörige 
und  zwischen  dem  amnion  und  chorion  liegende  haut.  Nemmch 
1, 174. 

2)  die  haut  die  sich  auf  dem  harn  bildet,  wenn  derselbe  längere 
zeit  steht. 

HARNISCH,  m.    1)  larica,  ferrea  tunica. 

a)  herkunß,  form  und  geschlecld  des  Wortes,  harnis'ch  ist  erst 
gegen  das  13.  Jahrhundert,  das  einheimische  gescrwe  rüstung  ver- 
drängend,  in  die  deutsche  spräche  aus  den  romanischen  einge- 
drungen: ital.  arnese,  span.  portug.  provenz.  arnes,  franz.  harnois, 
harnais ,  älter  harnas.  auch  in  diesen  sprachen  hat  das  wart 
seine  heimal  nicht,  sondern  ist  nach  der  allgemeinen  annahnte 
kellischen  Ursprungs,  auf  kymr.  haiarn,  allbret.  hoiarn,  ir.  iaran 
eisen  zurückzuführen,  wovon  ein  kymr.  baiarnaez  eisengeräte, 
aus  dem  sich  möglicherweise  zuerst  das  engl,  barness ,  danach 
die  romanischen  formen  gebildet  hätten  (DiEz  1,  33).  das  deutsche 
übernimmt  das  wort  in  verschiedenen  formen:  überwiegend  ist 
zunächst  harnasch,  eine  form  die  noch  Stieler  aufführt;  daraus 
schwächt  sich  ab  das  uns  seit  dem  15.  Jahrhundert  geläufigere 
hämisch  arma  voc.  ine.  theut.  i  l',  das  noch  weiter  in  harnsch 
(Stieler  774)  zurückgeld.  ein  umgelautetes  hernisch  arma  Dief. 
48'  ist  selten,  ebenso  wie  die  dem  franz.  zunäcltst  sich  anschlieszende 
form  harnas,  harnis :  harnisz  arma  Dief.  das.,  die  in  harnist, 
barnascht  verläuft :  du  magst  auch  wol  ein  zweifach  pflasler 
auf  einandern  schlagen  mit  dicken  lumpen  gestrichen ,  so 
werden  dieselben  also  hart  auf  einandern,  dasz  es  stehet  wie 
ein  barnist.  Würtz  pract.  der  tvundarzn.  (1612)  174 ;  armarium 
harnaschtkamer  Dief.  49";  harnesthendschuch  manicae  Maa- 
ler 212'.  das  spätere  nordisch  nimmt  das  wort  mit  umdeutschung 
als  fem.  in  der  form  hardneskja  auf.  das  geschlecht  schwankt 
tm  mhd.  zwischen  masc.  und  neutr. : 

im  ist  der  schilt  unz  an  die  haut 
vil  nach  verhouwen  gar, 
sin  harnasch  aller  bluotvar.    Erec  1184; 
ich  stach  im  durch  sin  harnasch  ear 
und  durch  den  hals  die  lanzen  mm. 

frauendiensl  278,  14; 

im  nhd.  ist  das  neutrale  nur  noch  selten :  hab  ich  das  barnisch 
angellian.  Gützv.  B.44;  einmahl  gleicbwol  ist  er  durch  herzog 
Heinrich  von  Mechelnburg  . .  ins  hämisch  gebracht.  Micrä- 
lius  altes  Pommern  3,  363. 

b)  begi-iff.  unter  hämisch  im  weitesten  sinne  ist  die  gesammte 
kriegerische  ausrüsluug  des  mannes  verstanden :  armatura  die 
Waffen,  der  hämisch  Diefenb.  49*;  hämisch  arma,  vulg.  waSen 
voc.  ine.  theut.  i  l';  den  hämisch  oder  geweer  beschauwen, 
inspicere  arma  militis  Maaler  212'; 

den  (denen)  er  göt  wer  und  hämisch  geit. 

SCUWARZEriBERC   131*; 

dann  in  etwas  engerem  sinne  die  gesammte  hiegskleidung  eines 
Streiters:  unsern  harncsch  so  wir  han ,  wj  d;  ist,  es  sigen 
panzer,  hüben,  kessel,  hüelt,  henschen,  armzüg,  und  wz, 
harnesch  ist  und  harnesch  heisjet.  weisth.  4, 363 ;  ergreifet 
den  hämisch  gotles.  Eph.  6, 13  (die  theile  des  luirnisches,  krebs, 
beinstiefel,  schild  und  heim  werden  einzeln  aufgezählt  v.  14 — 17); 

wie  ein  kempfer,  welcher  allein 

gerüstet  steht  niil'  dem  kamplplalz 

mit  hnrnisch  und  scliwerd  zu  dem  hatz  .  . 

gleich  also  musz  der  weise  mann 

in  dieser  weit  gerüstet  stahn 

In  dem  harniscli  sittlicher  tugent.    11.  Sachs  2,2,85'; 

diese  gesamte  kriegskleidung  heLszt  auch  der  volle  hämisch  (Frisch 
1, 117*)  und  ihre  einzelnen  theile  werden  als  beinharnisch,  brusl- 
harnisch ,  hauptliarnisch  bezeichnet,  in  engster  bedeutung  wird 
hämisch  {ahnlich  wie  paiizei)  auch  nur  für  das  haupistück  der 
rüstung,  den  brusi-  oder  leibharnisch  verwendet,  so  mehrmals  von 
Luther  in  der  bibel:  er  zöge  in  seinem  hämisch,  wie  ein 
hell  {heSvamo  O-M^nxa  tos  yiyat  septuag.).  1  Macc.  3, 3 ; 
gülden  kleider,  hämisch  {d'MQaxsi)  und  sciiilt.  C,  2;  zeucht 
dem  wasser  gleich  ein  hämisch  an  {ms  tf'cjQaxn  ivSvaexni 
tÖ  vS(i}q  sejituag ).  Sir.  43,  22 ;  daher  denn  die  Verbindung  heim 
und  iiarnisch:  ich  glaubte  es  wäre  heim  un<i  hämisch,  der 
an  der  wand  iiieng.  Rlimauer  3, 10)>.  der  hämisch  ist  von 
mrlall:  er  wird  fliehen  für  dem  eisern  hämisch.  Hiob  20, 21; 
in  eisern  heim  und  hämisch.  1  Macc.  0,  35 ;  rculer  in  püldeni 
hämisch.  2  Macc.  5, 2 ;  der  geübet  mit  dein  pfeil  auf  ein  haar 
zu  RchieRzen  und  dasselbe  von  einander  zu  spalten,  wird  den 
hämisch  eine»  starken  .  .  .  nicht  durchlr.chern.  pers.  rosenth, 
7,18;  daher  als  bild  für  elwai  kräftig  schUttendts  gebraucht: 


489 


HABiMSCH 


HARNISCH  —  HAHMSCHKAMMER 


490 


0  groszes  won  I  o  fester  stal  I 

o  hämisch  sonder  gleichen!     Arsdt  ged.  (1S40)  501; 

er  prasselt,  klingt :  sie  faren  daher,  das  der  barnisch  brasselt. 
Jer.  46,22; 

stet  uf,  herzliebsier  vatter  mein ! 

ich  hör  die  hämisch  klingen.    UmAitD  volksl.  3S9. 

der  hämisch  gebührt  dem  manne:  die  kinder  freuen  sich  auf 
den  hämisch  der  männer,  und  diese  weinen,  dasz  sie  nim- 
mermehr kinder  sind.  Schilleb  2,352,27  Gödeke ;  darum  auch 
im  hämisch  soviel  wie  als  riUer,  im  gegensalz  zu  knabenweise 
als  knappe,  jüngling,  vergl.  knabenweise  5, 1326.  der  hämisch 
wird,  ivie  andere  kkidung ,  angele^,  abgelegt:  ziehet  an  den 
hämisch  gottes.  Eph.  6, 11 ; 

iren  hämisch  heten  sie  angelait. 

Uhla!«»  volksl.  349; 
sondern  ein  kriegsman  soll  allein 
von  wegen  seines  elaubens  rein  .  . 
in  seinen  blanken  narnisch  krauchen, 
und  sich  lan  widern  l'eind  gebrauchn. 

B.  Ri^GWALD  /.  wahrh.  (1585)  21; 
legt  auf  den  plan  den  hämisch  an, 
welchen  im  Sterops  hat  gebracht, 
ausz  zweien  kicherhülsen  gemacht,    mückenkr.  1,788; 
schaut,  wer  den  hämisch  jetzt  zu  seinem  dienst  anleg. 

A.  Grtphics  1698  1,  265, 
auf!  lege  deiner  Jugend  hämisch  an! 
und  schnalle  um  auch  deine  rittersporen ! 

Ar:«dt  ged.  (1S40)  s.  372; 

ich  wollt  den  hämisch  anschnallen.  GOthe  8,  lo. 

c)  sprichwürläches  und  redensarten.  ein  pfaff  im  hämisch, 
ein  esel  in  ehren ,  und  ein  blinder  leiter,  sind  drei  Techer- 
liche  ding.  Hemsch  419.27;  ein  kecker  mut  ist  ein  guter 
hämisch.  Fraxk  sprichw.  l,  13';  an  dieses  spric}ttcort  angeschlossen 
heiszl  den  hämisch  beweisen  sich  mulig,  mannhaft  zeigen:  als 
denn  so  laszts  gehen,  und  hawet  drein,  seid  denn  menner, 
und  beweiset  ewern  hämisch.  Lcther  3,324';  da  man  ehre 
und  preis  erstreiten  und  die  manheit  und  hämisch  beweisen 
kündte.  423'.  die  formein  im  hämisch  sein,  in  den  hämisch 
bringen  haben  zunächst  nur  den  sinn  gerüstet,  kriegsbereit  sein, 
kampfgerüslel  machen:  im  hämisch  sein,  esse  in  armis  MailIER 
212*;  die  stett  sind  wider  einanderen  auf,  oder  schon  im 
hämisch,  urbes  arma  inter  se  ferunl.  das.;  auch  die  bürger 
von  Passaw  haben  aus  befehl  des  fürsten  etiich  ir  bürger 
und  bürgers  söne  in  den  hämisch  dazu  (zu  einer  hinrichtung) 
verordnet.  Luther  3,417';  dieses  verdrösse  die  königin  in 
Bühem  ..  also  heftig,  dasz  sie  nicht  nachliesze,  bisz  sie 
ihren  herrn  aufs  newe  wider  den  keiser  in  hämisch  brachte. 
ZiNKGREF  apophlh.  1  (1626)  5.4.=);  im  hamasch  handeln,  be- 
waffnet auftreten.  Schm.  2,  238;  sie  werden  aber  schon  frühe  als 
bilder  für  einen  kampfbereiten,  kampfgrimmen,  zornigen  menschen 
gebraucht,  z.  b.  bereits  in  den  fastnachtsspielen  754  ff.,  wo  in  dem 
stücke  die  hamaschvasnacht  eine  reihe  beleidigter  und  erbitterter 
narren  auftreten,  die  ihren  zom  gegen  einzelne  frauen  und  männer 
den  Zuschauern  gegenüber  nocli  sinnlich  dadurch  ausdrücken,  dasz 
sie  harnasch  an  tragen  (755, 18),  in  hamasch  laufen  (759,  7) ; 
diese  bilder  bewahren  noch  lange  später  ihre  ganze  sinnliche  schärfe : 

so  stöst  mir,  gotl  erbarms,  das  gröste  noch  zu  banden, 
das  mich  in  hämisch  jagt  und  zu  den  wallen  ruft. 

Fleiing  116; 
der  todte  fürst  wird  fürst  und  freund  in  hämisch  jagen. 
A.  Grtphius  169S  1,  294; 

uenn  sie  auch  vielfach  abgeblaszt  verwendet  werden,  ungefähr  wie 
das  bahr,  einen  reitend  machen  für  außringen,  zornig  maclien 
(Schm.  3,162):  er  ist  bald  im  hämisch.  Acr.  spr.  (1561)  65'; 
speien,  verhöhnen  und  in  hämisch  jagen.  Kirchhof  wendunm. 
141*;  dann  wann  das  frauenzimmer  einmal  erhitzt  und  in 
hämisch  gejaget  wird.  Schuppids  576;  er  war  durch  wenige 
Worte  schon  in  hämisch  gebracht.  poW.  s/ocA/.  2S6 ;  wenn  er 
in  hämisch  gebracht  worden.  Felsenb.  4,5.53;  und  dasz  also 
lue  Franzosen  unnützerweise  in  hämisch  gesetzt  würden. 
Heine  9, 144;  mit  freierem  ausdrucke:  o  wie  betaure  ich,  dasz 
ich  den  herrn  subrector  . .  wider  alle  mein  wollen  so  in  den 
hämisch  geschrieben  habe!  Lessikg  10,233;  wie  er  denn 
einmal  einem  unter  prügeln  schreienden  hunde  im  wildesten 
hämische  zu  hülfe  lief.    J.  Paul  Titan  1,127; 

wenn  ein  tyrann  im  hämisch  ist.    GLiia  1,  412, 

doch  wo  was  rühmliches  gelingt, 

es  mich  sogleich  in  hämisch  bringt.    Götbb  41,40. 

Etgenlhümlich  in  den  hämisch  stecken  für  übertreffen,  bezwingen, 
wofür  sonst  \a  den  sack  stecken  üblich  ist: 


mit  buntem  rock  der  lenz,  der  sommer  reich  mit  gold, 
der  herbst  mit  roht  und  weisz  kiin  berg  und  thal  bedöcken: 

t"edoch  der  winter  stark  mit  silberreichem  sold 
an  (mächtiger)  sie  all  gar  in  den  hämisch  stocken. 
VVeckherlh«  7S6. 
den  hämisch  fegen  hiesz  ihn  putzen,  reinigen  {s.  harnischfeger), 
ßgürlich  auch  einem  den  hämisch  fegen  ihm  zusetzen,  ihn  ab- 
strafen, vergl.  fegen  3, 1413 : 

im  (Jesu  am  kreuz)  ist  da?  clappern  noch  nit  gelegen. 
man  dörft  im  bas  den  barnasch  fegen. 

Mo:«B  schauKpiete  des  mittelalters  2,  322; 
ich  wil  im  ouch  den  hämisch  lägen,    trag.  Joli.  cüij. 
einen  hämisch  brechen,  den  gegner  wehrlos  machen: 

Simon  ist  zu  feld  ein  mann;  schade!  dasz  im  hause  nicht 
einen  rock  er  zwingen  kan,  wie  er  einen  hämisch  bricht. 

LocAü  3,  123,  22 ; 
ebenso  den  hämisch  abziehen: 

ja,  dtirch  demut,  on  hörner,  klogen  {klauen), 

hat  er  (Christtis)  den  hämisch  uns  (teufein)  abzogen. 

FisCH.4RT  jesuiterliuilein  A3'. 

2)  hämisch,  ein  derbes  starkes  zeug:  gemein  kleider  von 
hämisch  und  parchent.  Schweisiches  1, 6S ;  hosen  mit  brau- 
nem hämisch  aufgezogen.  1,  46. 

3)  hämisch  im  bergwesen:  wenn  der  gang  gute  ablösang 
von  gestein  im  hangenden  und  liegenden  hat,  so  saget  man  : 
der  gang  führet  einen  glatten  hämisch,  min.  lex.  2S7';  der 
hämisch  und  das  gestein  neben  dem  gange  ist  oft  voller 
flitzschen  und  silberkuchen.    Mathes.  Sar.  63*. 

4)  hämisch  in  der  weberei,  die  gesamtheit  der  an  einem  Web- 
stuhl herabhangenden  scJmüre,  durch  welche  die  zur  bildung  eines 
muslers  dienenden  kellen fäden  des  zeugs  eingereihet  werden.  Ja- 
C0BSS05   2,  220'. 

HARNISCHBINDE,  f.  ein  verband  den  der  Wundarzt  dem 
Oberleib  anlegt.   Jacobssoh  6,39'. 

HARNISCHBRET,  n.  viereckiges  bret  am  Webstuhl,  zur  leiiung 
der  hamischschnüre  dienend.    Jacobsson  2.  22t'. 

H.\RIS'ISCHEN ,  verb.  mit  ünem  hämisch  versehen ,  wehrhaft 
machen:  das  wir  uns  mit  der  schrift  sollen  hämischen  und 
rüsten.  Luther  2,  328';  gefahr  harnischt  das  herze:  wer  ihr 
frisch  unter  äugen  gehet,  dem  weichet  sie.  Bütschky  Palm. 
255;  werden  wir  durch  die  Versuchung  gestälert  und  wieder 
mancherlei  unordentliche  ansprünge  der  affecten  geharnischt. 
5.  3;  harnschen,  lorica  induere,  ferro  munire  Stieler  774;  wenn 
sich  der  bischoff  harnscht.  Wiedemasn  jan.  9;  der  Verfasser 
harnischt  sich  schon  im  voraus  in  einer  anmerkung.  J.  E. 
Schlegel  3,16.  das  partic.  der  Vergangenheit  häufig  in  subslan- 
iiver  und  adjectiver  Verwendung :  da  lieszen  die  geharnischten 
die  gefangene  und  den  raub  für  den  obersten.  2  cAron.  28, 14 ; 
es  ..  zeucht  aus  den  geharnischten  entgegen.  Hiob  39,21; 
ire  geharnischten  werden  sich  nicht  wehren  können.  Jer.  51,3; 
cataphractus  ein  gewapneter  o.  geharnester  man  DiEr.  106'; 
der  gehamschte  krebs.  Wiedemann  jul.  24;  als  geharnischte 
kämpen.  H.  Hei5E  9,65; 

du  führest  die  gehamschten  schaaren. 

H.U.LER  ged.  (1768)  ».  8; 
als  aber  ihm  (Rom)  das  maasz  von  seinem  reichthum  fehlte, 
trat  der  gehamschte  nord  den  feigen  stolz  in  gr'aus.    s.  23; 
im  teich,  im  ström,  wo  schlei  und  karpe  springen, 
foreli  und  schmerl  durch  sand  und  kiesel  dringen, 
der  frösche  feind,  der  krebs,  geharnischt  leicht. 

Hagedorn  1,  73; 
RücsERTs  gehamischte  sonette. 

HARNISCHER,  m.  harnischmacher,  mhd.  hamaschaere :  lami- 
narius  ein  blatner,  harnäscher  Dasyp.  ;  harnischer  laminarius 
das.  dafür  die  form  harnischter,  harnaschter  nach  harnist, 
harnascht  für  hämisch  (sp.  488):  allen  handwerksleuten,  als 
Schuster,  Schneider,  hamischter,  satler,  sporer.  Hugoschapleri; 
sie  giengen  in  eines  harnaschters  hausz.  32. 

HARNISCHFEGER,  m.  polio:  haraischfäger  Maalek  212';  • 

ihr  vater  ist  Volcaa,  der  grosze  harnischfeger.    Opitz  1,91. 
HARNISCHFISCH,  m.  cataphracta,  der  harte  panzerfisch.  Neü- 
nich  3.  446. 

HARNISCHHAüS,  n.  zeughaus:  barnischbusz  ermamentarium, 
armaria.  voc.  ine.  theut.  i  l' ;  neben  ihm  hawele  Eser  . .  zwei 
stück  den  winkel  hin  an,  gegen  dem  harnischhaus.  JVeA.  3,19; 

wiewol  ich  nit  hab  hämisch  vil, 

ross  und  was  mir  notdurltig  ist, 

so  hoff  ich  doch,  was  mir  geprist. 

In  der  edlen  küngin  harnischhaus 

zu  finden  und  mich  rüsten  daraus.    Theuerd.  100,7. 

HARNISCHKAMMER,  f.  rüstkammer ,  zeughnus:  hamisch- 
kammer  oder  zeügbausz,  armamentarium  Dastp.  ;  Hiskia  aber 


491     HARNISCHLITZE  —  HARN  VERSTOPFUNG 

war  frölich  mit  inen  und  zeiget  inen  das  ganze  scbatzbaus  . . 
und  die  harnischkammer.  2  kön.  20, 13. 

HARNISCHLITZE,  f.  schnür  am  uebsluhl,  die  die  ketten-  und 

aufzugsfädcn  eines  zeuges  trägt,     harnischletze  Jacobsson  2, 22l'. 

HARNISCHMACHER,  ni.  faber  laminarius  sive  cataphraclarum. 

Frisch  1,417':    gerade   zu  Sparta   gab    es  ja  keine  künstler 

als  harnischmacher  und  waffenscbiniede.  Wieland  24, 169. 

HARNISCHMEISTER,  m.  aufseher  über  die  rüstkammer.  har- 
niscbmaister   Wiltc.  v.  Schaumb.  06. 

HARNISCHROCK,  m.  lederrock,  auf  brüst  md  rücken  mit 
cisenplatten  zum  scindz  vor  gesdwssen  beheftet:  harnescbrücke 
und  literücke,  die  mag  man  woi  kurz  tragen,  anz.  des  germ. 
mus.  1856,  sp.  201. 

HARNISCHTER,  s.  hämischer. 

HARNISCHWAMS,  n.    was  harniscbrock :    doch  mag  einre 
derwil  ein  harneschwambesch  dragen  unde  da  inne  gen,  so 
inie  daj  füget,   anz.  des  germ.  mus.  1856  sp.  201. 
HARNKACHEL,  f.  urinale.    voc.  ine.  Iheut.  i  l\ 
HARNKOLBE,  f.  kolbc  zum  destillieren  des  harns.  Jacobsson 
2,  22l'. 

HARNKRANK,  adj.  blasenkrank. 

HARNKRANKHEIT,  /.  krankhät  die  das  harnen  hindert, 
blasenkrankheü ;  jetzt  häufig  gehört  in  der  Verbindung  harn-  und 
geschlecbtskrankheiten. 

HARNKRAUT,  n.  name  verschiedener  harntreibender  pflanzen : 
a)  antirrhinum  linaria  harnkraut,  groszes  barnkraut.  Nemnich 
1,359.  6)  ononts  artenxis,  hainkraut,  haubechel.  4, 767.  c)reseda 
lutea  und  luleola,  harnkraut,  gelbes  harnkraut,  gemeines  harn- 
kraut. 4, 1140. 1141.  d)  herniaria  glabra  harnkraut,  Steinbrech. 
3, 139 :  harnkraut,  weiszer  Steinbruch,  osyris,  empetron,  calci- 
fraga  Maaler  212*. 

HARNKUNDIG,  adj.:  harnkündige  pulsfühler  (quacksalber). 
Mathesids  kleine  generalbaszschtile  19. 

HARNMÜS,  n.  der  salpetrige  niedcrschlag  des  harns:  wo  der 
harn  hin  kompt  und  sich  samlet,  oder  die  gemeine  statt 
machet  in  die  erden,  am  selbigen  ort  samlet  sich  ein  harn- 
musz,  heiszt  im  latein  nitrum.  Paracelsüs  chir.  Schriften 
(1618)  85  C. 

HARNPROBIEREN,  n.:  kunst  des  harnprobirens.  Thurn- 
EissER  Beßaieoais  aycovCofiov  (Berlin  1576)  litel. 

HARNPROPHET,  m.  spottend  für  einen  arzt,  der  krankheilen 
aus  dem  harn  verkündet:  ob  er  {Zimmermann)  sich  mit  dem 
krankenwärter  oder  mit  Paracelsufe,  mit  einem  hampropheten 
oder  chvmisten  balgte,  war  ihm  gleich.  Göthe  26,  343. 
HARNRÖHRE,  f.  Urethra.  Nemnich  4, 1528. 
HARNROSE,  f.  die  gemeine  rose,  chynorriiodus  flos.  Lonicerds 
bei  Frisch  1,416'. 

HARNRUHR,  f.  diabetes ,  harnflusz:  bacillenkraut  gesotten 
und  wie  ein  pflaster  über  die  schäm  und  schlosz  gelegt,  ist 
eine  gute  arzenei  wider  die  harnruhr,  diabetem.  Tabernaemon- 
TASDS  301. 

HARNRUTHE,  /".  katheter:  harnruthe  ..  eine  langlecht  aus- 
gehöhlte rulhe,  so  durch  das  männliche  oder  weibliche  glied 
in  die  blase  gestoszen  wird.  Blomcardüs  (Bern  1510)  s.  117. 

HARNSALZ,  n.  aus  dem  harn  gezogenes  salz,  flüchtiges  alkali. 
Jacobsson  6,40*. 

HARNSAND,  m.  gries  im  harn. 
HAR.NSATZ,  m.  bodensatz  des  harns. 
HARNSAUER,  od/.;  harnsaurcs  salz;  barnsaures  ammonium. 
HARNS.\URE,  f. 

HAR.NSCHNUH,  f.  urachus,  vom  gründe  der  harnblase  bis  in 
den  naiiel  ijcltend.  Nemnich  4, 1527. 

HAR.NSTEIN,  m.  blasenstein:  harnstcin  calculus  voc.  ine. 
Üieut.  il';  den  barnstein  abtreiben.  Tdcrueisser  fcesc/ireJt.  ih- 
fluenl.  uirk.  f  I'Jh)  5.  CO.     s.  harmenstein,  harmstein. 

HABNSTRENGE,  f  dysuria.  Üasyp.  stranguria,  dysuria 
Steinbach  2,740;  die  harn.strenge,  wenn  die  die  da  noth 
zum  brunzen  haben,  das  wasser  tropfenweise  lassen,  ist  der 
atif.'iMg  des  Steins.  Comenius  sprachentliür  v.  Docemius  304. 

HARNTREIRE.ND,  part.  dinrelicus:  harntreibende  arzeney, 
mi'ilicamrntum  diurelicum.    Frisch  1,416*. 

HARNU.NG,  f  das  harnen:  Pisisiratns  licsz  an  alle  cck- 
»teiiic  der  straszen  seine  moralien  und  gediegene  «entimen- 
talische  «prüchc  .setzen,  damit  diese  eckstcine  zugleich  dienten 
zum  pissen  und  wisnen,  zum  lassen  und  fassen,  zur  leerung 
und  lehr,  zur  harnung  und  warnung,  zum  wüsscrn  und  bes- 
sern.   Ka.xne  citmüä.  hum.  61. 

HA R.> VERSTOPFUNG,  f.  ischuria.  Fbisch   i    u  ' 


HARNWASSER  —  HARRE 


492 


HARNWASSER,  n.  harn:  das  im  das  harnwasser  über  den 
köpf  und  hart  abran  und  an  seinem  ganzen  leib  mit  brunz 
überschüttet.  Wickram  rollw.  94,  7  Kurz.     s.  harmwasser. 

HARNWERKZEUGE,  n.  plur.  die  den  harn  bereitenden  und 
lassenden  theile  des  thierischen  körpers. 

HARNWINDE,  f :  stranguria,  stillicidium  tirinae,  harnwinde, 
der  kaltseich.  Golii  onom.  1582  259;  harnwinden,  wann  das 
pferd  den  harn  nur  tropfenweisz  oder  gar  schwerlich  lassen 
kan,  dasz  es  sich  krümmen  und  biegen  musz.  Pinteb  pferd- 
scitatz  (1088)  408. 

HARNWINDKRAÜT,  n.  lalhyrus  sylvestris,  eine  erbsenart. 
.Nemnich  3,  344. 

HARNZWANG,  m.  dysuria,  stranguria. 

HARPE,  f,  niederdeutsche  form  von  harfe,  in  der  bedeutung 
2,  b  (sp.  470)  : 

nachher  wird  das  gctraide  dann  aufs  neu  auf  einen  häufen  bracht, 
und  durch  ein  neues  instrument,  die  harpe,  die  aus  draht  gemacht, 
(worüber  man  es  laufen  laszt)  von  spreu  geschieden  und  gesichtet. 

Brocees  7,  572. 

HARPUNE,  f.  eiserner  wurfspiesz  viil  pfeilhaken  zum  fang  von 
seelhieren ,  niederl.  harpoen ,  engl,  harpoon ,  dän.  harpun,  aus 
den  romanischen  spracfien  übernommen,  wo  es  im  franz.  als 
harpon ,  span.  arpon,  porlug.  arpäo  erscheint,  und  mit  ital. 
arpignone  groszer  haken,  arpione  thürangel  verwandt  ist.  Diez 
1,  33.     harpuhn  telum  quo  balenae  necanlur.  Frisch  1,  417' ; 

einen  treffe  die  harpune, 
Albrecht  Beiling  heiszt  der  waal. 

Arndt  ged.  (1840)  s.  384. 

bei  GüTHE  masc. :  einer  (der  delphine)  ward  mit  dem  harpun 
getroffen,  aber  nicht  herangebracht.  28,  228. 

HARPUNIER,  HARPUNIERER,  m.  der  harpunenwerfer.  auch 
der  harpunreiher,  tantalus  loculator. 

HARPUNIEREN,  verb.  die  harpune  werfen,  übertragen:  es 
hilft  kein  flehen,  kein  geschlecht,  kein  stand,  alles,  das  kind 
im  mutterleibe,  wird  ausradiert  und  harpuniert  vom  tragischen 
dolch.  J.  Paul  jubelscnior  55. 

HARPUNREIHER,  m.  tantalus  loculator.  Nemnich  4,1422. 

HA  RR  AS,  m.  l)  ein  leichtes  wollengewebe,  mhd.  arra;,  arras, 
areis,  ares  (Lexer  mhd.  wb.  1,  97),  von  der  stadt  Arras  in  den 
Niederlanden  so  genannt,  im  altern  nhd.  auch  arrasch  (Frisch 
1,  36  aus  der  rostockischen  kläderordnung  von  1585),  woraus  sich 
die  form  rasch  (s.d.)  entwickelt  hat:  harras,  aralium,  estquoddam 
genus  panni  preäosi.  voc.  ine.  theut.  i  2 ;  harrasz ,  ein  geweb 
dieses  namens,  aus  seiden,  wolle  und  leinen.  Frisch  1,417'; 
auszer  einfachem  harras  wird  auch  im  10.  jahrh.  genannt  sam- 
matien  harras  und  seiden  harras.  mittheil,  des  thür.-säclis.  alter- 
thumsvereins  11,464;  von  einem  leibrocke  von  harris  oder 
vorstad.  Leipz.  stadtordn.  1544  A4';  satin  oder  harris.  B2*; 
seine  brief  waren  mit  grekischer  seiden  ausgenehet ,  mit 
hebraisehem  harras  verbremet.  Alberüs  widder  Witzeln  G  8" ; 
item  ein  harrasz  helt  48  ein,  kost  5'/»  fl.  Adam  Rysk  rech- 
nung  C4*. 

2)  harras  in  einer  stelle  Heinrichs  von  Kleist: 
wir  treten  jetzt 
die  reise  gleich  nach  Thcmiscyra  an; 
mein  ganzer  harras  bis  dabin  ist  dein. 

Penlliesitea  15.  auftr., 
ist  wol  dem  franz.  haras  stuterei,  marstall  entlehnt. 

HARRE,  f,  mhd.  harre. 

1)  ausdauer,  beständigkeit :  den  so  die  ere  suchen  durch  die 
harr  und  bestendickeit  der  gütten  werk.  Melanchthon  hauptart. 
der  h.  Schrift  verdeiäscht  74 ;  wie  mag  die  natur  desz  glaubens 
gewisser  verstanden  werden,  dann  durch  das  wort  der  harre 
oder  bestendigkait.  anweisung  in  die  h.  schrift,  deutsch  von 
Spalatinds  110. 

2)  auch  die  ausdauer  in  bösem,  Verstocktheit:  wo  du  aber 
nicht  nachlassen  würdest,  so  ist  zu  besorgen,  er  (goll)  werde 
die  harr  mit  schweerhcit  der  pein  vergleichen.  Gkurc  von 
Sachsen  an  Luther,  dessen  werke  3, 192'. 

3)  dann  das  bleiben,  verweilen  in  einem  zustande: 

jt-doch  dacht  ich :  nit  jede  pfarr 
wird  Cur  dich  .sein  die  laiigo  harr. 

}.  V.  AnnitBAK  tvben  eines  rccblitrh.  diener»  goltes, 
m  \iL*AM  pastor.  llieol.  bl.  18«4  lieft  4. 

4)  Verschiebung,  Verzögerung,  Verzug,  hair.  harr  und  hürr. 
ScuM.  2,220;  das  leidet  kain  hürr  mh.  das.;  harr  ist  gut 
für  gfar.  Frank  sprirhw.  2,  CO';  ein  hurr  bringt  die  ander, 
aber  in  rtldleii  ist  die  harr  kostlich,  durch  harr  unii  wyl 
hat  Fabius  den  Ri'.iuern  dj  rinnisili  lyrh  wider  ufgcrichtct. 
«,  00'; 


I 


493  HARRE 

der  ist  me  dann  ein  ander  narr, 
wer  stäts  uff  nimbt  uff  borg  und  harr. 

Brast  nairensch.  25,  2 ; 

hör  lö  0  dor,  würd  witzig  narr, 
verlosz  dich  nit  uff  solche  harr.    86,  21. 

5)  der  begriff  der  dauer  und  länge  prägt  sich  seU  dem  aus- 
gange  des  ib.  jaltrh.  gewöhnlich  in  festen  formein  aus. 

a)  in  die  liarre,  auf  die  dauer,  auf  die  länge:  dann  es 
machte  syne  helfer  und  helfershelfer  in  die  harr  dester 
fraidiger  und  kecker  im  feld.  Reüchlin  augensp.  7';  sonst 
können  sie  weder  arbeit  noch  mühe  in  die  harr  leiden. 
Mygill.  Tac.  439';  doch  kont  er  sein  roik  in  die  harr  nicht 
halten,  sondern  sie  gaben  die  flucht.  Rihel  Liv.  320;  den- 
nocht  wolt  inen  der  Burgundier  gewall  und  zunemmen  in 
dharr  nit  gefallen.  Stdmpf  1,  283' ;  die  landtßknecht  fechteten 
bei  drei  stunden  mannlich,  mochten  aber  in  die  harr  nicht 
bestehen,  sonder  begaben  sich  zu  fliehen.  Wcrstisen  511; 
hat  ein  pferd  lang  hüften,  und  ist  in  der  weiche  weit,  binden 
höher  dann  vornen,  das  lauft  bald  in  die  harr,  und  hat  guten 
athem.  Albbecht  rossarznei  (1570)  S9 ;  findet  man  keine  speisz, 
die  den  menschen  in  die  harr  ernehren  und  bei  dem  leben 
erhalten  kan,  one  das  brot.  Tabernaem.  726;  kan  ich  in  die 
harr  nimmer  gedult  tragen.  Philander  2,53;  weil  mir  aber 
die  zeit  und  die  gelegenheit  in  die  harr  etwas  schwer  ward. 
773;  dieses  spiel  könte  in  die  harre  nicht  so  heimlich  ge- 
trieben werden,  dasz  es  das  übrige  hauszgesinde  nicht  soite 
merken.  Happel  acad.rom.  701;  —  auch:  sy  kriegen  in  kein 
harr,  sunder  faren  alzeit  für,  stellen  sich  als  in  die  flucht. 
Fbami  weltb.  183'; 

soi  es  in  die  harr  also  bestan. 

N.  Mancel  fastn.  351  Grün; 
gott  die  gottlosen  leut 
in  die  harr  laszt  ungestraffet  nit.    Jephthes  Biij*; 
in  die  harr  kein  übel  verborgen  blibt. 

ScHAD«  sat.  u.  pasqu.  2,  173,  293 ; 

bei  Brant  in  die  harr  am  ende,  schlieszlich: 

all  hülff  und  rott  (ra(/i)  hat  uns  verlon, 

wir  werden  in  die  harr  undergon.    narrensch.  108, 127. 

dafür  auch  nur  der  acc.  die  harre: 

wer  sich  zu  weit  darein  (in  das  scharmüttel)  begeit, 
dy  harr  gewönlich  niderleit.    Scbwakzemberg  152'; 

ein  ieklichs  reich  zerteilt  in  im 

mag  die  harre  nit  beston, 

es  mQsz  doch  zu  letst  zergon. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  2,  168,  9S. 
formelhaft  ist  auch  verbunden  in  die  harre  und  länge :  also  ist 
in  die  harr  und  leng  ir  nachfolgend  kraft  mer  dann  weibisch. 
Fbam  chronica  72';  doch  ist  der  dritt  oder  halb  theil  kugel- 
scliwer  in  gemeinem  brauch,  so  man  etwas  ernstliches  ausz- 
richten  wil ,  damit  kan  man  es  in  die  harr  und  leng  ge- 
brauchen. Froitsp.  kriegsb.  2, 174' ;  derwegen  ich  zweifei,  dasz 
euch  verdrüssig  sein  würde,  mir  in  die  harr  und  lenge  nach- 
zufolgen.  Amadis  177. 

b)  in  die  harre  kommen ,  *  ins  hintertreffen  kommen ',  ver- 
zögert werden  r 

er  hett  kein  willen  und  rennt  nun  für 

das  er  nit  kern  in  die  harr,    fastn.  sp.  1428, 

noch  jetzt  in  Leipzig,  doch  aussterbend:   wenn  das  erst  in  die 
harre  kommt,  wird  nichts  draus. 

c)  in  die  harre  spielen  u.  ähnl.,  in  die  länge  ziehen,  auf  die 
lange  bank  schieben:  du  hast  gesagt,  du  wollest  disen  handel 
in  die  harr  spilen,  jetzund  leuEfest  du  ohn  alle  Vernunft 
dahin.  Wibsung  Calistes  M2;  ich  wil  so  viel  thuen  als  ich 
kan ,  ich  wils  wol  aufziehen  und  in  die  harre  spielen ,  da 
ichs  ja  nicht  erhalten  kan  {sagt  ein  Jurist  zu  seinem  chenten). 
LüTHEB  tiscltr.  398';  man  werde  gar  nicht  abziehen,  die  sach 
in  die  harn  spielen.  Frorsp.  kriegsb.  3,201';  ab  sich  auch 
solche  unsere  wehre  gein  denselben  roubern ,  pleckern  und 
iren  vorteidingern  in  die  harre  vorczihn  würde,  urk.  v.  1446  bei 
Dreyhatjpt  Saalkreis  1,129;  dadurch  möcht  dieser  handel  in 
die  harre  aufgezogen  und  verlängt  werden.  Kresz  in  Melan- 
chthons  opp.  ed.  Bretschneider  2, 51 ;  im  fall  es  aber  mit  Bodners 
krankbeit  dermaszen  in  die  harre  sich  verweilen  wolle,  dasz 
keine  besserung  zu  hoffen.  Carpzov  jurisprud.  eccles.  169;  — 
elles  uff  die  harr  spilen ,  morae  causas  facere.  Schm.  2,  226 ; 
es  auf  die  harre  ankommen  lassen ,  durer,  attendre  avec  pa- 
tience.  Romdeau  283. 

6)  ab  von  dem  bisherigen  steht  kämt,  harre  Handgeld  (Lexe« 
134),  bair.  har  und  haar  (Schm.  2,226);  es  ist  aus  ital.  arrha 
entstellt. 

7)  harre,  in  der  bedeutung  dürrer  ast,  verzeichnet  Nemnich  wb. 


HARRE  — 11  AKREN' 


494 


HARRE,  f.  ein  seltenes,  aus  der  Schweiz  bezeugtes  wort  in  der 
bedeutung  schlinge,  Halsband;  nur  noch  in  redensarten :  in  der 
bärre  haben,  in  der  schlinge,  einen  plagen,  vexieren,  einem  in 
die  harre  laufen ,  einem  geradezu  begegnen.  Stalder  2,  21.  22. 
in  älterer  form  begegnet  das  wort  als  hären:  die  hären,  vogel- 
hären, transenna,  decipulum  Maaxer  205*;  einen  in  die  hären 
bringen,  in  tricas  aliquem  conjicere.  das. ;  er  ist  in  der  hären, 
captus  est  das.;  er  ist  selbs  in  die  hären  gefallen,  oder  in 
schlag  kommen,  impedicü  ipsus  sese  in  piagas.  das. ;  ein  meus- 
fallen,  ein  vogelschlag,  hären,  decipula  Calepincs  375;  als 
harre  oder  baren  bei  Dübel:  eine  stube  für  die  hundebursche, 
dabei  kammern,  worinne  sie  schlafen  und  auch  die  kuppeln, 
harn,  krabatten  {halsriemen  für  Hunde)  und  dergleichen  zeug 
aufheben  können,  jägerpract.  2,  8S'  bei  Fromm.  6,236.  —  Aus 
der  alten  spräche  kann  nichts  beigebracht  werden,  ah  ein  dunkles, 
aus  einer  glosse  des  10.  jahrh.  bei  Graff  4,  9S3  zweifelnd  auf- 
geführtes harra  decipula. 

HARREN,  verb.  ausdauern,  warten,  ahd.  nicht  bezeugt,  erst 
im  mhd.  als  harren  erscheinend,  die  Verwandtschaft  dieses  worls 
mit  hart  durus  ist  oft  hervorgehoben  und  durch  das  Verhältnis 
von  lat.  durare  zu  durus  gestützt  worden ;  sie  ist  indes  nach  der 
unten  bei  hart  angenommenen  etymologie  des  letzteren  mindestens 
zweifelhaft,  und  darf  am  allerwenigsten  in  dem  sinne  eines  directen 
und  unmittelbaren  Zusammenhangs  genommen  werden,  so  dasz 
etwa  das  mhd.  harren  aus  ahd.  harten  durare,  manere  (Graff 
4, 1025)  geflossen  wäre,  da  eine  assimilation  von  rt  zu  rr  im 
hochdeutschen  sonst  nicht  stattfindet,  auf  welche  frühere  laulver- 
bindung  das  inlautende  rr  von  harren  zurückfülirl ,  wird  mit 
Sicherheit  niclit  zu  sagen  sein,  am  wahrscheinlichsten  liegt  älteres 
harsen  zu  gründe  und  das  adj.  harsch  (s.  d.)  ist  der  nächste  ver- 
wandte, als  wurzelverwandt  erschdnt  griech.  xäo-ios,  x^ä-ros 
stärke,  kraft,  mut. 

harren  bedeutet: 

1)  an  einem  orte  dauernd  verweilen,  bleiben,  daselbst  verziehen : 
morart  harren  Dief.  367';  harren,  ein  zeit  lang  an  einem 
orte  wonen,  commorari,  considere  apud  aliquem  locum  Maaler 
212* ;  do  fraget  der  konig ,  wo  er  so  lang  geharret  bette  ? 
da  sprach  Wilhelmus :  ich  han  messe  gehört,  anzeiger  für 
künde  des  mittelalters  1833,  sp.  108 ;  harren  über  ein  tag  oder 
über  ein  jar,  perendinare  voc.  ine.  theut.  i  2 ;  Mose  sprach  zu 
inen  {zu  männem  die  mit  einer  frage  zu  ihm  gekommen  waren), 
harret,  ich  wil  hören,  was  euch  der  herr  gebeut.  4  Mos.  9, 8 ; 
und  auf  den  fall  gesetzt,  das  ir  ..  etwas  lustiges  ..  darinnen 
antreffen  (in  dem  buche),  musz  man  darumb  nit  an  demselben 
allein  kleben  und  schweben,  harren  und  verstarren.  Garg.  2l'; 
harren  an  einem  ort,  bei  einem.  Frisch  1,417';  auch  mit  dat. 
der  person :  harre  mir  noch  ein  wenig  {halte  stand).  Hiob  36, 2. 
niederd.  harren  aushalten,  ausdauern,  auch  transüiv:  he  kant 
bi  mi  wol  harren,  hrem.  wb.  2,  599.  dann  auch  nur  vorhanden 
sein,  da  sein:  ob  wol  die  erz  gering  sind,  so  harren  und 
bestehen  sie  doch.   Mathesics  Sar.  16", 

2)  in  einem  zustande  dauern,  beharren,  verweilen:  harrend, 
leidend  euch ,  durale  et  vosmet  rebus  servale  secundis.  Maaler 
212*;  das  ziel  dieses  dauerns  wird  auch  durch  einen  folgenden 
mit  bis  eingeleiteten  satz  gegeben:  nun  trösten  wir  uns  mit 
armut,  da;  wir  harren  bij  der  liecht  morgenstern  wirt  uffgen. 
Scso  briefe  45  Preger ;  wo  wir  das  verschweigen  und  harren, 
bis  das  liecht  morgen  wird.  2  kön.  7, 9.  daher  harrender 
streit  pertinax  cnmen  Maaler  212*,  der  nicht  weichen  will. 

3)  an  diese  bedeutung  schlieszt  skH  ein  in  der  altern  spräche 
sehr  gewöhnlicher  und  interjectwnell  gewordener  imperativ  harre, 
in  drohendem  sinne,  jetzt  durch  warte  nur  verdrängt:  ir  aber 
wollet  mir  meinen  schlaf  zurstüren,  harre  ich  wil  euch  wider- 
umb  ewren  schlaf  brechen.  Ldther  3,430';  ach  du  falsche 
rute,  hastu  mein  sünlein  gehawen,  harre  du  solt  es  nimmer 
thun,  mein  sönlin  ist  from.  4,263*;  harre  (sprichstu)  da  wil 
ich  dir  eines  geben.  322*;  harr,  gedacht  er  {der  teufel),  du 
wilt  got  vertrawen.  6,478';  waren  die  ganze  nacht  stille  und 
sprachen,  harr,  morgen  wens  liecht  wird,  wollen  wir  in  er- 
würgen. TKhter  16,2;  harre  du,  ein  andermal  komm  mehr 
und  beschmeisz  uns.  Schoch  stud.  leb.  Jiij;  harre,  ein  ander- 
mal gehe  mehr  naschen!  Kj;  harr  du  curtisan  ex  professo, 
ich  wil  dich  galanisieren  lehren  !  Chr.  Weise  überfi.  ged.  1701 
s.  238 ;  harre  du  kerl !   irrgarten  d.  liebe  405 ; 

ich  wil  dich  bald  rausz  bringeu,  harr!    H.  Sachs  3,  3,  43*; 
har,  har,  ich  nun  bab  funden  dich.    Spei  trutzn.  16. 

4)  aus  dem  begriffe  des  verweilens  flitszt  der  des  zögerns,  sau- 
derns,  in  mehrfacher  fügung. 


495 


HARREN 


HARREN— HARRIG 


496 


a)  inIransUiv:  harren  uff  zwcifel  {d.  h.  zueifelnd,  vngeivis 
was  zu  thun),  fwcunctari,  morari.  dubüare  roc.  ine.  theut.  i2; 
und  ist  zu  lange  geharret,  das  du  nu  will  allererst  bekennen 
deinen  Unwillen.  Luther  3,147";  harre  nicht  mit  bessernng 
deines  lebens  bis  in  den  tod.  Sir.  IS,  22;  hat  gepredigt  den 
geistern  im  gefengnis,  die  etwa  nicht  gleubten,  da  gutt  eins 
mals  harret,  und  geduit  hatte  zu  den  zeiten  Noe.  iPdr.  3,20; 
so  auch  bairisch:  und  nun  die  Sachen  nicht  wol  harren  er- 
leiden mögeo.    ScBK.  2,220; 

will  er  dann  lechtcii,  so  well  wir  streiten, 
will  er  dann  harren,  so  well  wir  poiten.    fasln,  sp.  208, 11 ; 
sonne,  was  harrest  du?  wandle  der  Schwester  nach, 
die  ihr  korbchen  bereits  ganz  von  Llumeu  geleert. 

IIÖLTV  ijcd.  ()U  Halm; 
Normannen  sahens;  die  harrten  nicht  allzulang  : 
sie  brachen  herein  mit  geschrei  und  mit  schilderklang. 
UuLAND  ijeil.  351. 

b)  transitiv,  etwas  verschieben,  verzögern;  in  bairischer  mundarl : 
ich  hütt  mir  schon  lang  sollen  ader  laszen,  habs  alleweil 
geharrt.  Schm.  2,  226 ;  dann  auch  in  bezug  auf  eine  forderung 
oder  schuld  etwas  nachlassen,  nachsehen:  wie  das  evangclium  .. 
saget  von  dem  knecht,  der  seinem  herrn  schuldig  war  zehen 
tausent  pfund,  und  doch  seinem  gesellen  nicht  hundert 
Pfennig  harren  wolt.    Luther  1,  283'. 

5)  harren ,  mit  bestimmter  erwartung  von  etwas  kommendem 
an  einem  orte  verwälen ,  warten,  in  welcher  bedcutung  es  auch 
jetzt  in  gewählterer  spräche  noch  häufig  verwandt  wird,  auch  hier 
sind  die  fügungen  mehrfach. 

a)  absolut:  da  harret  er  (Noa)  noch  ander  sieben  tage. 
1  Mos.  8. 10 ;  harre  hie ,  harre  da ,  hie  ein  wenig ,  da  ein 
wenig.  Jes.  28,10;  meine  seele  ist  ein  wartendes  oder  har- 
rendes ding  worden.  Lcther  3,22";  ein  festes  stetiges  harren, 
io  welchem  die  seele  nichts  emplindct,  denn  das  sie  harret 
oder  wartet,  das.;  da  ich  ein  weil  geharret,  stunde  der  doctor 
aus  dem  bette  auf.  Jonas  bei  Luther  3, 403' ;  vergeblich  harren 
an  einem  orte,  frustra  se  teuere  alicubi.  Stieler  770;  indem 
er  mich  weckte,  um  den  Sonnenaufgang  anzusehen,  auf  dem 
thurme  fand  ich  schon  einige  harrende,  die  sich  die  frierenden 
bände  rieben.  H.Heine  werke  1,100; 

er  harrte  drei  jähr  und  mondcn  drei, 
da  war  das  berumete  ziel  vorbei. 

Arndt  geri.  (1840)  289. 

b)  mit  genitiv  der  person  oder  sachc:  aber  es  ist  ein  gericht 
für  im,  harre  sein  nur.  Hiob  35,14;  ob  sie  aber  verzeucht, 
so  harre  ir,  sie  wird  gewislich  komen  und  nicht  verziehen. 
Habacuc  2,3;  wenn  ir  zusammen  komet  zu  essen,  so  harre 
einer  des  andern,  l  Cor.  11,33;  Frisch  1,417'  bezeichnet  diese 
fügung  auszer  in  der  bibel  als  veraltet,  sie  wird  aber  nach  seiner 
zeit  vorzüglich  von  den  dicIUern  wieder  häufig  gebraucht : 

er  wimmert  durch  die  luft,  wo  sein 
ein  krallenteufel  harret.    Hölty  33  Halm; 
lasz  bette,  lasz  kammer,  und  suche  den  bäum, 
den  bäum,  der  den  apfcl  der  liebe  dir  trug! 
dein  harret  was  liebes-,  nun  weiszt  du  genug.    BjSrger  33*; 
kOcblein,  zahm  wie  die  mutter,  das  perlhuhn,  picktun  der  jun^lVau 
brot  aus  der  band;  weil  ferne  der  trotzige  bahn  mit  den  weiborn 
harrte  des  wurls.  Voss  Luise; 

sie  kommen  nach  hause,  sie  setzen  den  krug 
ein  jedes  den  altern  bescheiden  genug 
und  harren  der  schlag  und  der  schelten.    Götrk  1,  227; 
dann  verschlosz  sie  den  hör,  und  harrte  der  hüire,  bewafTnet. 

40,  295. 

r)  banen  auf  Jemand,  auf  etwas:  da  harret  er  sieben  tage, 
auf  die  zeit  von  Samuel  bestimpt.  t&ini.  13,  8;  waiauf  harret 
ir?  2Macc.  7,30; 

ze  letz  ward  mir  aio  antwurt  eeben, 

die  frisict  wol  mein  peinlich  leben, 

doch  fcteckt  sy  mir  ain  Terres  zil, 

ulT  das  ich  troatlich  harren  will.     Ilatücrin  l'.t!)\  2u2; 

ich  gcc  recht  ein  oder  gee  ansz, 

•0  tuot  man  alweg  auf  mich  harren,    fasln,  sp.  335,  20; 

icblatr  auf,  paukcr,  ein  trhchita  reien  I 

lasz  aicti  die  welber  ein  weil  ermeieo  {erfrfuvn), 

wann  nie  laug  darauf  gebart  haben.    539,  32 ; 

hier  liegt  die  froraigkeit 

und  harrt  auf  jene  zeit.     Locau  3,  «.  15,  no.  60; 

ich,  junkrT  Man»,  von  sechzehn  ahnen  .  .  . 

harr  auf  die  aufentehung  hier.    Gukinck  3,  239. 

mundart/icA  auch  reflexiv:  harren  »ich  auf  clwas.  Senn.  2, 220. 

d)  unijcwöhnlicli  mit  nach :   wenn  aber  ein  l)uhc  sonst  von 

»einem  gemahl  on  dcNHelben  wissen  und  willen  hinweg  leuft.. 

das  du«  ander  Ihcil  soll  verbunden  sein,  nach  im  zu  harren, 


wie  lang  er  wolle.  Luther  5,383*;  sie  kannte  Charlottens 
ungeduldiges  harren  nach  dem  kinde.    Götue  17,300. 

e)  viil  abhängigem  salze:  ich  harre,  dasz  du  zu  mir  kom- 
mest; gewöhnlich  wird  der  endpuiikt  des  harreiis  durch  bis  betont: 
sieben  tage  soltu  harren,  bis  ich  zu  dir  komme,  l^am.  io,  8; 
da  sie  aber  so  lange  harreten,  bis  sie  sich  schemeten.  richler 
3,25;  wie  künd  ir  doch  harren,  bis  sie  gros  würden?  Ruth 
1, 13;  müssen  wir  auch  harren  bis  kund  wird.  Luther  3,55*; 
ich  habe  mit  verlangen  geharret,  bis  du  kämest,  magna  me 
tenuit  expectalio  lui.  Stieler  77o;  entsagen  würde  ich  ihm  zwar 
immer  nicht,  . .  aber  geduldig  harren,  und  zu  ihm  sprechen : 
Oswald,  harre  auch  du  in  geduld,  bis  gott  deiner  eitern  sinn 
wendet.  Immermann  Münchh.  4,133; 

harr,  bis  das  weiter  übergätt.    Uälzlerin  199',  205; 

harrend  ohne  schmerz  und  klage, 

bis  das  fensler  klang.     Schiller  05*. 

auch  in  andern  Verbindungen:  der  arme  landmann  harrt  das 
ganze  jähr,  wie  etwa  die  karten  über  den  wölken  fallen  mögen, 
ob  er  sein  paroli  gewinnt  oder  verliert.  Gothe  16,205; 

nicht  den  Telemachos  auch,  den  zürnenden,  reiztest  du  also, 
harrend,  ob  deinem  haus  ein  geschenk  darbieten  er  wolle. 

Odyssee  2,  187; 

die  {juten  stehen  ernst  und  still, 

und  harren,  was  da  werden  will.     Uulano  gcd.  73. 

C)  der  begriff  des  harrcns  verbindet  sich  mit  dem  nebensinn 
des  hoffens  und  Zutrauens,  die  Verbindungen  sind  dieselben  wie 
bei  5:  du  bist  der  gott  der  mir  hilft,  teglich  harre  ich  dein. 
ps.  25,5;  seid  getrost  und  unverzagt,  alle  die  ir  des  herrn 
harret.  31,25;  ein  bloszes  warten  und  gottes  harren.  Luther 
3,22*;  unser  seele  harret  auf  den  herrn,  er  ist  unser  hülfe 
und  Schild,  ps.  33,20;  harre  auf  den  herrn  und  halt  seinen 
weg.  37,34;  harre  auf  gott.  42,6;  sihe,  das  ist  unser  gott, 
auf  den  wir  harren,  und  er  wird  uns  helfen.   Jes.  25,  9 ; 

die  Völker  haben  dein  geharrt, 

bis  dasz  die  zeit  erfüllet  ward.    Gelleht  2,  154; 

was  ists,  dasz  ich  mich  quäle? 

harr  seiner,  meine  seele, 

harr  und  sei  unverzagt,    s.  106. 

Hierher  auch:  man  soll  nicht  harren  auf  einen  narren.  Pisto- 
Rius  Ihes.  par.  5,  no.  33.  formelhaft  ist  hoffen  und  harren  t-er- 
bunden:  ich  harre  des  herrn,  meine  seele  harret,  und  ich 
hoffe  auf  sein  vvorl.  ps.  130,5;  das  er  ein  stetes  harren, 
hoffen,  trawen,  glauben  tregct  zu  gott.  Luther  3,  22'; 

darauf  ich  holT,  stark  harr  und  beite. 

Ambraser  tiederb.  171,  18. 

Sprichwörtlich :  hoffen  und  harren  macht  manchen  zum  narren ; 

wie  man  denn  spricht  hoffen  und  harren 
das  macht  manchen  groszcn  narren. 

H.  Sachs  4,  3,  10"'. 

7)  harren  endlich  in  der  prägnanten  bedcutung  erwarten,  un- 
ausbleiblich beschieden  sein,  bevor  stehen :  gehst  du  in  einen  garten : 
häufen  der  schönsten  fruchte  harren  dort  auf  dich.  Gökingk 
3,124; 

des  tiindlers  und  des  frohen  zechers 

harret  die  klaue  des  knochenmannes.    IIöltt  S7  Halm; 

nein,  dieser  glänzende  palast, 

wo,  trotz  dem  zauberschall  der  flöten, 

die  langeweilc  ihrer  harrt.    Gotter  1,  19. 

HARRER,  m.  l)  harrender  mann:  der  hunger  ist  ein  unge- 
dultiger  harrer.  Agr.  spr.  (1560)  223*.  harrer  hiesz  auch  nach 
Frisch  1,417'  ein  bedienter  in  Slraszburg  bei  den  fertigem  und 
besichligern  der  sclii/fe ,  der  diese  förderte,  die  gefertigten  schiffe 
fahren  liesz ,  und  ihnen  also  aufwartete ,  auf  sie  und  auf  die 
schiffe  harrte. 

2)  in  Tirol  ist  harrer  der  letzte  schlag  bein^  dreschen.  Fromm. 
6, 145. 

HARREHIN,  f :  ich  bah  gottes  also  fest  geharrel,  dj  mein 
seel  ein  harrerinne  worden  ist.  Luther  1, 4t*.  dafür  har- 
rerin  3,  22*. 

HARRESSEN,  adj.  aus  harras  (sp.  i9'i)  gefertigt :  von  einem 
harrisscn  rocke.  /.W/u.  stadlordn,  1544  Bt*.  die  sp.  4Ti  unter 
häressen  gegebenen  betspicle  gehören  gleichfalls  hierher. 

UARRICHT,  adj.  ejpeclabundns,  durabilis:  die  harricble  bo- 
gicrde  wird  leicht  ungeduldig,  desiäerium  ardem  facile  offen- 
sionem  contrahit.   Stielbh  771. 

HARRIG,  adj.  wie  harricht;  bair.  \iBrrig  andauernd,  anhflrrig 
anhaltend,  andrinifend ,  unablussig  Schm.  2,227:  oder  wo  die 
Venediger  sich  der  tirhiigung  nicht  beiiugcn  woltcu  bissen, 
sy  mit  ainein  stälcn  härrigen  krieg  darzue  zu  bringen.  Ciiiu. 
urk.  Maxim.  2l.'i. 


497 


llAMUxNG — H  ARSCUÜNG 


HARSELIEREN— HART 


498 


I 


HARRüNG,  f.  das  harren:   barrung,  saumaag,  eommoralio, 

immoralio  Maaleh  212*; 

welches  ich  deiuer  macht  zu  zell, 
die  harrung  deim  heimlichen  gericht. 

FoLZ  in  den  fasln,  sp,  12S8, 

d.  h.  ich  glaube,  du  zögerst  noch  mit  deinem  fehmgcricht  (iiber 
Spieler,  von  denen  die  rede). 

HARSCH,  adj.  cruslatus,  rigidus,  durus.  das  wort  was  für 
das  nhd.  zu  frühest  SiiELEa  773  verzeichnet,  begegnet  altengl.  als 
harske,  haske,  schottisch  hars  und  harsk,  ddn.  barsk,  schwed. 
härsk,  auch  in  der  bedeutung  herbe,  ranzig;  der  grundbegriff 
scheint  nach  der  zu  barren  (sp,  494)  herangezogenen  urverwandt- 
schaß der  des  zusammenziehenden  oder  haltenden ,  haftenden  zu 
sein.     barscU  bedeutet: 

1)  hart,  rauh,  von  der  rinde  über  etwas  weichem,  ferner  von 
luft,  stimme,  ton :  barsch  coagulans  Steikbach  1, 702 ;  barsche 
rinde,  baut ,  crusta  durior,  cutis  aspera  Stieler  773 ;  barsche 
luft  ventus  adurens  das.;  ich  machte  mir  geschwind  eine  ge- 
schichte  zurecht,  von  der  ich  hoffen  konnte,  dasz  sie  das 
barsche  zwergfell  meiner  berrn  koUegen  tüchtig  erschüttern 
würde.  Thümmel  reise  3,  415 ;  die  beiden  r  in  diesen  Wörtern 
kratzen  mir  durch  die  seele,  und  es  ist  sicher  ein  barbar 
gewesen ,  der  die  sanften  ideen  von  Zärtlichkeit  mit  einem 
buchstaben  zerstöhrt  bat,  der  einzig  und  allein  für  das  rauhe, 
harsche,  harte  und  grausame  gemacht  ist.  Moser  palr.  phanl. 
4. 105 ;  femer  vom  haar,  struppig :  dicke  und  barsche  haar. 
Hainisch  276 ;  selbst  von  dem  durch  milchfülle  harten  euler : 
barsches  sive  strotzendes  euler,  über  dislentum.   Stieleh  773. 

2J  rauh,  in  bezug  auf  handlung  und  spräche :  harsche  sitten, 
mores  inculti,  rtides  Stieler;  zu  meinem  nicht  kleinen  er- 
staunen brach  die  mehrbeit  des  gesammten  ratbes  im  unge- 
bundensten zorne  wider  mich  aus.  ein  redner  erhob  sich 
um  den  andern,  nicht  zum  widerlegen,  sondern  seinem  eifer 
barsch  und  barsch  den  zügel  scbieszen  zu  lassen.  Zschokke 
selbstschau  1,  313; 

so  harsch  nicht,  lieber  Jüngling, 
gieb  mir,  woher  du  dein  vermögen  schöpfest.    Tieck  3,483. 

HARSCH,  «J.  1)  Schneekruste:  scblieszlicb  mache  ich  dar- 
auf aufmerksam,  dasz  die  suche  mit  dem  hflhnerbund,  wie 
die  aus  freier  band  beim  plattfrost ,  bei  glatleis  und  beim 
harsch  eine  vergebliche  mühe  ist,  v.  ThCkgen  weidm.praci.  105. 
bair.  harsch,  schnee  der  so  fest  gefroren  ist,  dasz  er  trägt.  ScflM. 
2,  240,  dazu  das  fränk.  adjectiv  barscbelig,  etwas  gefroren  und 
unter  dem  fusze  knarrend;  kärntn.  harsch,  harscht  schneekruste 
Lexer  134;  Schweiz,  barst  harter  schnee  der  weich  war  und  ge- 
froren ist.  Stalder  2,  22. 

2)  schaar,  häufe,  Schweiz,  barscb  und  barst  vortrab  eines 
heeres  Stalder  2.  22  {hier  fem.) ;  zu  band  brach  der  harsch 
usz,  und  griffend  die  stett  redlich  an.    Etterlin  chron.  5S'; 

hie  mit  so  wöilent  ryten.wir. 

disen  harsch  söllent'ir  by  üch  bebaben, 

wir  wöUent  unser  strasz  traben. 

sieben  weise  meister  654  Keller, 
s.  barst, 

HARSCHEN ,  verb.  harsch  werden :  harschen  et  saepiuscule 
verharschen,  rigidari,  rigescere,  indurescere,  conglaciare  Stie- 
leb  773; 

und  schnell 
harscht  der  bach.    Voss  3,  7 ; 

auch  eine  eiskrusle  erzeugen: 

jetzt  kam  graulich  die  nacht;  in  dem  stürzenden  nordwind 
harschte  der  frost,  und  gestöber  des  schnees,  gleich  duftigem  reife, 
fiel  anfrierend  herab  und  umzog  die  schilde  mit  glatteis. 

Odyssee  14.  476. 

HARSCHHORN,  n.  heerhom,  nach  dem  subst.  harsch  2:  de 
habe  inen  (den  Lucernern)  der  keyser  die  freybeit  geben,  dasz 
»y  binfür  in  allen  kriegen  die  barschhörner  mitfüren  und  sich 
deren  gebrauehcn  söllind.  dise  barschhörner  sind  noch  auf 
disen  tag  bei  inen  im  brauch,  so  sy  krieg  habend.  Stumpf 
eidgen.  beschr.  (15S6)  471* ;  die  barschhörner  und  alpenhörner 
sampt  den  trommeten.  Garg.  175*. 

HARSCHICHT,  adj.  und  adv.  duriusculus ,  aspralilis,  aspere. 
Stieler  774. 

HARSCHUNG,  f. :  ich  möchte  den  argwöhn  nicht  gern  auf 
mich  laden,  dasz  ich  die  lippcn  einer  wunde,  die  man  so 
gerne  sich  scblieszen  sähe,  aufs  neue  klaffen  zu  machen  ge- 
sucht, nachdem  so  viel  würdige  männer  beider  kircben  alles 
getban  haben,  die  barschung  durch  beftpflaster  zu  erzwingen. 
Les'inc  8,415, 
nr.  II. 


HARSELIEREN,  verb. :  barseliren  sagt  man,  wenn  der  ring 
(an  der  blute  der  primula  auricula)  mit  den  Jahren  seine  färbe 
verändert.   Nkmmich  4,1058. 

HARST,  »71.  und  f.  1)  nebenform  zu  barsch  lieer,  häufe,  so 
in  der  Schweiz,  wo  beide  formen  neben  einander  gehen  (Stalder 
2,22),  t»  Hessen  barst,  auch  harsch,  häufe,  schwärm,  von 
menschen  und  thieren  Vilmar  151;  ridender  reisiger  barst. 
Janssen  Frankfurts  reichscorresp.  l,  121 ;  unser  barst  bogen- 
schützen  bet  einen  gefangen.  Bclliscer  3, 1S7.  in  der  form 
harscht,  fenx.:  desselben  1424  jars  ..  samblet  sich  aber  ein 
frye  harscht  der  eidgnossen,  den  hertzogen  von  Meyland  ze 
schädigen,  und  zugen  durch  Livinea  nider  unz  gen  Bellentz. 

TSCHUDI    2,  156'. 

2)  häufen  buseh-  oder  pfahlwerks,  reisig:  crates  barst.  Diefesb. 
155';  auch  in  der  erde  noch  wurzelndes  buschwerk:  sie  wäblea 
hierzu  {die  säue  zu7n  lager)  vornämlich  die  kiefernen  dickungen 
oder  auch  die  trockenen  barsten  in  den  brüchen  (Sumpf- 
wiesen).  Heppe  jagdlust  1783  1, 197. 

3)  wol  hieran  lehnt  sich  schon  das  ahd.  zwiegeschlechtige  barst, 
masc.  und  barsla  fem.  crates,  rost  (Graff  4,1042)  an,  mhd. 
barst,  wegen  seiner  form: 

eiere  unde  chxse  ne  tuont  si  da  gesoten  noh  gebraten; 

got  du  mäht  in  äne  dei  elliu  sus  wole  geraten. 

si  ne  tuont  einij  nob  daj  ander  üf  deme  barste  geröstet. 

Haupts  zeitschr.  8,  153,  275; 
etwenne  ward  ich  enzündet 
üf  einem  glüejenden  harste. 

das.  5,  ISO  {Servatius  3481) ; 
frigidorium  (für  frixorium)  harst  Dief.  247*;  dann  auch  ein 
Idltenwerk  im  Schornstein,  fleisch  zu  räuchern,  was  sonst  deise 
heiszt  (2,  914) :  suspensiva  (cratis  super  ignem)  deise,  barst  Dief. 
569';  endlich  latten-  oder  sparrenwerk  zum  trocknen:  wan  ehe 
einer  grün  holz  darin  (im  walde)  bauwen  were  und  brecht 
es  beim  und  hett  es  uff  der  harst  liegen  drei  tagh  und  sechs 
Wochen,   weisth.  2,  59. 

4)  auch  das  auf  dem  roste  zu  bratende  stück  fleisch,  schmor- 
stück, heiszt  harst:  assatura  harst,  herst  Dief,  55*;  niederd. 
harst  fleisch  von  geschlachteten  thieren  Fromii.  5, 349 ;  in  den 
folgenden  stellen  ist  wol  das  lendenstück  gemeint,  das  sonst  aucli 
recht  eigentlich  braten  heiszt  (coxa  brat,  brade  Dief.  154') :  voo 
dem  hären  und  von  dem  scbwein  soll  man  unserm  hern  dem 
abbt  den  barst  geben,  weisth.  4, 1S6 ;  dat  V.  geriebt  bonre 
ind  barst,  s.  790. 

HARSTER,  m.  glied  eines  barst,  einer  schaar:  nun  waren 
etliche  von  Schweitz  durch  ihren  hauptman  Itel  Reding  zu 
blutbarsteren,  das  ist ,  freien  knechten  verordnet.  Stettleb 
annales  (1627)  149*,  blut  geht  auf  schlacht,  krieg,  wie  in  blnt- 
fahne  2,  isi. 

HARSTKNECHT,  m. :  lauffend  mit  inen  vil  redlicher  gsellen 
von  eidtgnossen ,  . . .  dero  jeder  ein  harstknecht  mit  sich 
bracht.   Tschüdi  1,  613*. 

HART.  adj.  und  adv.  durus.  der  goth.  form  hardus  mit  dem 
adv.  barduba  gegenüber  heiszt  es  in  den  jüngeren  dialeclen  nur 
noch  alis.  bard,  nd.  nl.  bard  ,  ags.  heard,  fries.  herd ,  altn. 
bard-r,  schwed.  härd,  dän.  baard ;  in  den  oberdeutschen  dialecten 
tritt  eine  doppelform  auf,  ahd.  hart  und  berti,  mhd.  hart  und 
berte,  viit  dem  adverb  barto,  später  harte,  für  die  mhd.  zeit 
kommt  die  adjectiv  form  hart  den  nördlichen,  näher  zum  nieder- 
deutschen stehenden  quellen  zu,  an  sie  scidieszt  sich  die  nhd.  form 
hart  an,  während  berte  mehr  den  bairischen,  alemannischen  und 
südfrdnkischen  quellen  gemäsz  ist.  diese  form  dauert  daher  bä 
Schriftstellern  solcher  heimat  auch  bis  ins  1' .  jahrh.  hinein :  berte 
durus  voc.  ine.  theut.  i4';  durus  hert  Serrasüs  dict.  gS';  hert, 
rauch  durus  Maaler  219';  Dasyp.  hat  hart  und  hert;  einen 
berten  dienst.  Keisersberg  bilg.  160';  es  ist  kein  richer  mau 
so  berf.   das.; 

der  hett  ein  linsenhülsen  an, 
ans  barnisch  stat,  die  war  so  hert, 
dasz  durch  sie  brechen  kund  kein  schwerdt. 
mückenkr.  1,  859; 

audi  Opitz  verwendet  einmal  härte,   es  ist  wol  die  folge  $änes 

aufenthaltes  in  Süddeutschland : 

so  geht  ingleichen  auch  der  kleine  beigerehrte 
der  groszen  herde  her,  eh  ihm  der  köpf  noch  härte 
von  nörnern  worden  ist.  1,  227; 

noch  jetzt  in  Baiern  hart  und  hert  Schä.  2,141;  in  Tirol  hert 
Fromm.  6,145;  im  Lusernischen  hart,  berte  Zi.ngerle  34';  in 
Kämlhen  berte,  hörte  Le.xer  135*;  Schweiz,  meist  hart  Stalder 
2,  22,  während  norddeutsche  mundarten  von  jeher  nur  die  un- 
umgelautctc  form   kennen,      südde^itscbe   qucllrn  verwenden  auch 

.32 


499 


HART 


HART 


500 


oß  statt  der  adverbialform  harte  die  timijelautete  adjeclivform : 
dise  fürgelegte  >vurl  von  dir  sind  zuoinal  schwer  und  herte 
zu  hören,  herzog  Ernst  235,22  Barisch;  wie  wir  so  strenge 
und  herte  gehallen  sein.  Steinhowei.  tC8, 17  Keller;  vast  und 
hert  schlaafen,  arcte  et  graviter  dormire  Maaleh  219'; 

do  «y  vollbrachtend  iren  tust, 
entscblierend  sy  gar  hert  alle  beid. 

KöRNBR  volksl.  76; 

im  fränkischen  (Kebrein  187)  und  bairisch-vslreichiscben  gilt  diese 
adverbialform  noch  neben  hart. 

Über  hcrkunß  und  ursprüngliche  bedeulung  von  hart  sind  ver- 
schiedene meinungen  geduszerl  worden,  am  wahrsclieinlichslen  ist 
die  Zusammenstellung  mit  altind.  kart  schneiden,  zerspalten,  ni- 
kart  niedermetzeln,  zerschneiden,  zcrhaueji  (Böhtl.-Roth  2, 128. 
129),  da  das  wort  in  den  ältesten  deutschen  dialeclen  vorzitglich 
vom  Schwert  und  den  krirgswaffen  gebraucht  wird,  demnach  hätten 
sich  aus  der  grundbedeulung  des  zum  zerspalten,  zerhauen  ge- 
schickten die  übrigen  bedeutungen  entwickelt,  das  der  form  nach 
mit  golh.  hardu-s  sich  deckende  altind.  adj.  katu  {aus  kartu) 
hat  zwar  nur  den  abgeschwächten  sinn  scharf,  beiszend  vom 
geschmacJi,  gerucfi,  vom  winde  und  von  der  rede,  doch  tritt  in 
der  Weiterbildung  katuka  die  ursprünglichere  bedeutting  wieder 
hervor,  insofern  es  auch  vom  heiszen  kämpfe  gebraucht  ist  (Bühtl.- 
RoTH  2,  24.  25). 

hart  wird  verwendet: 

1)  von  Schwert  und  Waffen,  vornehmlich  in  der  epischen  spräche 
der  alten  dialeäe: 

alts.  druog  negilid  sper 

bard  an  is  bandun.    Heiland  5707; 
ags.    nam  on  Ongenjiiö  Irenbyrnan, 

beard  sveord  bilted  and  is  beim  somod. 

Beövulf  29S8; 
fuhton  fiearle 
heardum  heoruvxpnum.    Judith  263; 

auch  noch  nhd.:  zu  der  zeit  wird  der  herr  heimsuchen  mit 
seim  harten,  groszen  und  starken  schwert  ..  den  Leviathan. 
ies.  27, 1 ; 

an  dem  das  bärteste  schwert  zerschellt. 

Uhlamd  ged.  353. 

2)  dann  von  metall  und  stein  überhaupt:  hartes  eisen;  harter 
stahl;  harter  fels; 

ü;  einem  herten  velse  er  manigen  vanken  sluoc. 
Gudr.  104,2; 

es  mocht  ein  herten  stein  erparmen,    fasln,  sp.  47, 18; 
er  ist  vom  wirbel  bis  zur  sohl 
in  harten  stabl  geschnallt.    Uhland  ged.  307; 

und  lies  dir  wasser  aus  dem  harten  felsen  gehen.  5  Mos. 
8, 15 ;  lies  in  honig  saugen  aus  dem  felsen,  und  ole  aus  den 
bar-ten  steinen.  32, 13 ; 

es  wird  ein  harter  stein 

von  stetem  trielen  klein.    Opitz  2,76; 

harte  quadern,  oft  benetzt  von  tbrfinen.     Bi5RGBB  95'. 

vgl.  eisenhart,  stahlhart,  felsenhart,  steinhart,  harter  kämm, 
im  bergwesen  ein  festes,  gleicfisam  verwimmcrtes  geslcin ,  welches 
sefir  schwer  zu  gewinnen  ist.  Jacobssom  2,223';  sprichwörtlich 
zwei  harte  steine  mahlen  selten  reine,  wofür  allgemeiner 

hart  gegen  hart 

nimmer  gut  ward.    Lkhma^:«  117, 

eine  formet,  die  auch  sonst  mit  anderm  nebensinne  steht:  hart 
wider  hart ,  sagte  der  teufcl  und  schmeisz  (cacavit)  wider 
einen  amhosz.  kunst  üb.  alle  künsle  36,  13;  auf  persönliche 
tapferkeit  bezogen,  s.  unten  6,  s//.  501.  ein  harter  thaler  hciszl 
der  Ihaler  der  in  einem  einzigen  silberstück  gewährt  wird,  im 
gegensalz  zu  dem  thaler  in  kleiner  münze  oder  in  papier:  er  gah 
ihr  so  gute  wort,  dasz  endlich  Grctel  ja  sagte  und  ..  einen 
harten  thalcr  von  ihm  auf  die  che  cinplieng.  Simpl.  3,321  Kurz; 
zu  wenig  harten  thalern  kommen.  Cur.  Weise  /(/.  leute  256; 

hier  hab  ich,  glaub  er  mir«,  mehr  harto  tholcr  liegen, 
aU  ich  und  er  zusammen  wiegen.    Gbllmt  1,  294. 

3)  auch  von  andern  gegenständen,  im  gegensatz  zu  weich: 
hartes  holz;  die  harte  rinde  eines  haumes;  hartes  hrut;  die 
harte  erde;  den  hutter  nach  einander  in  demselben  hüchlein 
netzte,  damit  er  fein  hard  und  frisch  hleihen  solle.  Simpl. 
3,322  Kurz;  $jirichwörtlich :  auf  einen  harten  klotz  gehört  ein 
harter  keil.  I'istohius  thes.  par.  10,  no.  3;  die  harte  schale 
einer  nu»z;  dalier  auch  harte  nusz  bildlich  für  ein  schwer  zu 
lötendes  rälul  {s.  nusz):  dis  pünctiin  hab  Irh  im  (EcJi)  zu 
Leipzig   vicluidl«   für   gehalten,   es  ist  im  aber  das  nüsziin 


allweg  zu  hart  gewesen.  Luther  1,153';  hartes  bein,  harter 
knocheu,  vergl.  beinhart,  knochenhart; 

die  magd  durchsucht  das  baus, 
zum  sieden  hartes  hulz  zu  llndea.    Gellest  1,2S6; 
so  will  ich  ruhig  denn  mich  legen 
auf  harte  erde  wie  auf  ilaum. 

Arndt  ged.  (1840)  s.  521 ; 

harter  (holpriger)  weg:  herter  scharpfer  weg,  salebra  voc.  ine. 
theul.  k';  dann  der  weg  also  hart  {ist),  bös  reulen.  Schertlin 
br.  51;  von  Iheilen  des  kürpers:  so  entblöste  ich  meinen  schnee- 
weiszen  busen  und  zeigte  dem  rittmeister  meine  anziehende 
harte  brüste.  Smpl.  3,  20  Kurz,  vergl.  auch  hartrund ; 

der  waden  nur  noch  zu  gedenken: 

sie  waren  grosz,  und  hart  wie  stein.     Lbssino  1, 115; 

harter  hals  (Opitz  2, 281) ,  harter  nacken  eigentlich  der  sich 
nicht  biegen  Idszt ,  darum  in  die  bedeulung  7,  a  {sp.  502)  über- 
greifend. —  Weiche  dinge,  der  luß  lange  ausgesetzt,  werden  durch 
trocknen  hart,  tgl.  luflhart ;  daher  sprichwörtlich:  lasse  sie  sitzen, 
bis  sie  mögen  hart  werden  {so  lange  sie  nur  wollen),  causen- 
viacher  16 ;  weiche  erde  wird  durch  das  wasser  gehärtet,  s.  wasser- 
hart ;  auch  der  frosl  verändert  weiche  gegenstände  in  harte :  die 
feldfrüchte  sind  vom  frosl  hart  geworden;  der  boden  ist 
hart  gefroren;  die  feuchtigkeit  wird  durch  die  kälte  harte, 
humor  frigore  durescil.  Steinbach  1,702;  so  6et  Ramler  hartes 
wasser  für  eis: 

dann  schweift  er 
auf  harten  wassern  laut  jauchzend  umhar, 
die  füsze  beschuhet  mit  stabl.    1, 13. 

über  harter  frost,  harte  kälte  «.  ähnl.  s.  dagegen  unten  10. 

4)  dann  ferner  von  dingen,  die  nur  einen  mindern  grad  von 
Weichheit  haben,  als  ihnen  in  normalem  zustande  zukommt:  das 
bett  ist  hart,  nicht  gut  aufgelockert;  ein  hartes  polster,  hartes 
sopba,  ein  harter  stuhl ; 

ein  psalmbuch  und  ein  wenig  brodt 
lag  neben  ihm  auf  seinem  harten  bette. 
Gellert  1,  144. 

und  dafier  adverbial  man  liegt,  sitzt  hart;  auch  von  schweren 
speisen  wird  gesagt  sie  liegen  hart  im  magen ;  hart  gehen  auf 
den  schuhen,  soleis  uli  incommodis  Frisch  1,418';  derbraten 
war  hart  und  kaum  zu  genieszcn;  alles  brot  das  sie  mit  sich 
namen ,  war  hart  und  schimlicht.  Jos.  9,5;  einem  armen 
dürren  distel,  der  auf  der  harten  weid  wechset.  Suso  briefe 
45  Preger ;  dasz  das  wachs,  so  sie  hielt,  und  durch  die  lange 
zeit  hart  worden,  entzwei  knellet.  Amadis  85;  den  kienrusz 
musz  man  in  allem,  was  von  oelfarben  ist,  vermeiden,  dann 
er  verstirbet  und  machet  andere  färben  zu  hart,  worunter  er 
gemischet  worden.  Sandrabt  academie  {l6lb)  1,73;  harte  bände 
von  der  arbeil;  sehen  sie,  wie  grosz  meine  band  dagegen  ist, 
und  wie  hart  die  haut,  das  kommt  vom  anfassen  in  der 
wirthschaft.  Freytag  handschr.  i,  321 ;  häufig  in  der  teclinisclien 
spraclie:  hartes  metall,  eine  spröde  mischung  von  kupfer  und 
messing;  hartes  blei,  das  härter  als  das  gewöhnliche  ist;  harte 
Weintrauben,  die  mit  einer  minder  weichen  sciiale  versehen  sind. 
Jacobsson  6,  43';  hartes  wasser,  welches  kalküieile  enthält; 
diesen  wein  werd  ich  vermissen  und  alles  andere  wird  mir 
sein  wie  hartes  geistloses  wasser,  dessen  man  keinen  tropfen 
mehr  verlangt,  als  man  bedarf.  Bettine  br.  1,11";  hartes 
hier,  wenn  es  anfängt  sauer  zu  werden  (Adelung);  herler  wein, 
käch  wein,  vinum  asperum  Maaler  219*;  dazu  in  Franken  das 
hürtlein,  beginnende  säure  eines  geistigen  geirdnks.  Seit«.  2. 241; 
hartes  körn ,  hart  getraid ,  weizen,  roggen,  gerste  im  gegensatze 
zu  dem  weichscliäligen  haber.  Frisco  1,418*;  s.  hartkurn;  dura 
maier,  die  dicke  oder  harte  hirnhaut.  Nemnicu  2,1453;  man 
pflegt  ihn  {den  gaumen)  einzulheilcn  in  den  harten  gaumcn  . . 
oder  in  den  weichen  oder  beweglichen  gaumen.'  4,  836. 

5)  die  bedeulung  4  wird  auch  unsiniilicher  gebraucitl:  da  alle 
nerven  und  wurzeln  seiner  secle  nackt  an  der  harten  Infi 
hiosz  lagen.  J.  I'aul  Titan  1,110;  harte  thränen  wurden  wie 
funken  aus  der  stolzen  verletzten  seele  geschlagen,  das.;  an 
sich  hab  ich  wol  jetzo  mehr  ruhe  vor  meiner  Schwieger- 
mutter, die  aus  einem  harten  gewölke  weiches  eisen  geworden. 
herbstblumine  3,213;  harte  gesichlszügc;  ich  habe  ihn,  multer, 
sagte  der  magistcr  zu  den  harten  zügen  der  frau  aufhlickemL 
Freitag  handschr.  l,  401;  tcchnisdi  harte  consonanlen;  he 
{klingt)  weicher  als  pe  und  hflrter  als  w.  GoriscnKD  kern  der 
fjrruclüiunst  (1753)  .«.2;  harto  tonleiler,  dur-tonleUer ;  der  aril 
redet  von  deni  liaricn  pulse  eines  kranken;  —  lon  dingen  die 
dem  schi'nl";!'„-f„i,!  ,  „/,„ .|   .,„,(    ,i.,c  j^  weiche,  schmicgsam$ 


501 


HART 


HART 


502 


I 


trill:  die  harte  auszsprach  unserer  sprach.  Weckherlix  vor- 
rede zu  d.  Keltl.  ged.;  dasz  die  ausländer  unsere  haublsprache 
für  hart,  schwär  und  blüiikig  halten,  wann  sie  so  viele  con- 
sonantes  und  harte  buchstaben  auf  einander  geschmiedet 
sehen.  Schottel  ISS;  also  kan  auch  einige  nicht  recht  aus- 
gebildete gliedmasze  und  zu  harte  färbe  ein  völliges  gemähl 
zernichten  und  verwerflich  machen.  Sandrart  acad.  (1675) 
1,63;  harten  geschmacks,  quod  offendit  guslu.  Frisch  1,41S'; 
hart  . .  man  sagt  es  von  einer  maierei ,  worinn  die  hellen 
färben  an  den  dunkeln  zu  nahe  stehen,  und  nicht  wohl  unter 
einander  vertrieben  sind  ...  es  ist  das  gegentheil  von  dem 
weichen  oder  sanften  und  von  dem  raarkigten.  Jacobsson 
2,222';  die  Zeichnung  war  nachdrücklich,  aber  hart,  mächtig, 
aber  ohne  gratie.  Wiskelhaxs  5,225;  die  kunst  war  strenge 
und  hart,  wie  die  gerechtigkeit  dieser  zeiten ,  die  auf  das 
geringste  verbrechen  den  tod  setzte,  das.  {spieknd  mit  der 
bedeutung  10  unlen);  handhabten  ..  diese  säubern  blätter  als 
brouillons,  und  einer  zog  mit  harten  bleistiftstrichen  seine 
Verbesserungsvorschläge  dergestalt  derb  über  das  zarte  papier, 
dasz  an  Wiederherstellung  der  ersten  reinheit  nicht  zu  denken 
war.  GöTHE  26,20;  man  lese  folgende  stelle  ..  sie  hat  viel 
hartes  nach  unserer  ilzigen  mundart  und  uns  ungewöhnliche 
Versetzungen.  Gellert  2,  87;  ein  fehlschlusz,  der  noch  härter 
ist.  Kam  8,131;  in  einem  tone,  worin  das  ziehend  weiche 
und  das  heiser  harte  schroff  abwechselte.  Heise  4,41;  ein 
harter,  sciiwarzer  morgen  !  J.  Paul  TUan  3,  71 ; 

wo,  göttin,  bleibt  dein  stolz,  die  harte  spröiligkeit? 
WiELAWD  10,  151 ; 

ein  pferd  trabt  hart,  tcenn  es  keinen  angenehmen  gang  hat; 
s.  harttraber. 

6)  die  alle  spräche  übertrug  hart  ton  den  kriegsxcaffen  auf  den 
vtann,  der  sie  führt,  das  adjediv  bezeichnete  in  ihr  auch  kräftig, 
kriegslüchiig,  tapfer: 

alts.  thö  he  gibolgan  gfing  {Petrus'), 

swi3^o  thristmöd  thegan  for  is  tbtodan  standan, 
hard  for  is  herron.  Ileliand  4S73; 

ags.  se  hearda  Higeläces  |)egn.    lieövulf  29'$; 

mhd.  der  junge  muotes  herte.    Parz.  208,  1; 

n/id.  dar  an  {am  ende  der  zeil)  wirt  gar  behende 
geporen  von  schnöder  weiplicher  art 
der  endcrist  schwind  und  liart. 

LiLiEüCRO!»  volksl.  2,  57,  577; 

wil  einen  solchen  menschen  haben  ,  der  hart  gegen  hart 
sei ,  dasz  er  sich  nichts  abschrecken  noch  überteuben,  und 
keinen  undank  noch  bosheit  der  weit  überwinden  lasse. 
Luther  5,  355*. 

Dieser  bedeutung  schlieszl  sich  an  das  alle  hart  als  zualer  Iheil 
von  eigennamen ,  tcie  ahd.  Perinharl,  Reginhart,  Meginhart, 
Wulfhart  «.  ähnl.,  eine  form,  die  später  auch  nur  ableitend  für 
männliche  u-esen  in  bösem  sinne  verwendet  vird ,  uie  im  mhd. 
nemhart,  slinchart,  nhd.  bankhart,  neidhart,  icorüber  gramm. 
2,  339.  340  handelt. 

7)  von  hier  aus  vird  hart  gebraucht: 

a)  von  körperlicher  tüchligkeit  und  ausdauer,  kraft,  gesundheil : 
die  ebreischen  weiber  sind  nicht  wie  die  egyptischen,  denn 
sie  sind  harte  weiber,  ehe  die  wehmutter  zu  inen  kompt, 
haben  sie  geborn.  2  Mos.  1,19;  denn  wiewol  euch  gott  bisher 
einen  festen  harten  leib  gegeben  und  behalten,  machet  mir 
doch  ewer  alter  zu  diesen  zeiten  sorgliche  gedanken.  Lcther 
5,12';  die  jungen  leute  durch  die  arbeit  härter  machen, 
adolescentes  labore  durare  StEnsAcn  I,  702,  vergl.  abhärten ;  ein 
hartes  (dauerhaftes)  leben ,  vivax  anima  Serz  64".  auch  von 
Ihieren:  harte  hunde  nennt  der  jäger  solche,  die  in  Strapazen  aus- 
dauern.  Jacobsson  2,  222*. 

fc)  von  fester,  strenger,  mannhafter  gesinnung:  M.  wenn  ich 
so  einen  mann  haben  sollte,  der  sich  immer  gefahren  aus- 
setzte, ich  stürbe  im  ersten  jähr.  E.  dafür  dank  ich  gott, 
dasz  er  mich  härter  zusammen  gesetzt  hat.  Göthe  S,20;  er 
{Louis  IMiif)  ist  hart  gegen  sich  selbst,  H.  Heine  9,40; 
spielend  mit  der  bedeutung  2:  landgraf  werde  hart,  landgraf 
werde  hart,  wie  dies  eisen!  Grimm  deutsche  sagen  no.  556. 
so  begegnet  hart  als  parleiname  im  gegensalze  zu  lind,  nach- 
giebig:  linde  nannte  man  nämlich  [in  einem  schweizerischen 
bauernkriege  1653)  die  zu  der  landesregierung  haltenden,  wäh- 
rend die  von  der  bauernpartei  sich  selbst  die  harten  hieszen. 
Argovia  IS02/3,  s.  14t. 

f)  hart  auch  ohne  milgefühl  und  milleid  für  andere:  es  ist 
kein  riclicr  man  so  hcrt ,  d;  er  wolt  Az,  im  sin  knecht  so 
vil   dient  und  sich  ubcrarbeit  in  sinem  dienst.   Keisersberg 


bilg.  160*;  das  herz  Pharao  r«t  hart,  er  wegert  sich  das  volk 
zu  lassen.  2  Mos.  7, 14 ;  ein  hert  rauch  herz,  das  nit  ze  be- 
wegen ist,  cor  alienum.  Maaler  219',  s.  hartherzig;  der  man 
aber  war  hart  und  boshaftig  in  seinem  thun.  iSam.  25,3; 
ich  wil  die  Egypter  übergeben  in  die  band  grausamer  herrn, 
und  ein  harter  könig  sol  über  sie  herrschen.  Jes.  19,4;  denn 
du  bist  ein  harter  mann  {golh.  unte  manna  hardus  is) ,  du 
nimpst  das  du  nicht  gelegt  hast,  und  erndtest,  das  du  nicht 
peseet  hast.  Luc.  19,  21;  Oroondates  glaubet  der  Sachen  (dasz 
seine  gemahlin  ihm  nicht  Ireu  sei)  bald,  doch  war  er  ir  darumb 
nicht  hart,  liesz  sich  auch  nichts  merken,  buch  d.  liebe  207'; 
häszlicher  mann ,  wie  konnten  sie  gegen  ihn  so  unfreund- 
lich, so  hart,  so  grausam  sein?  Lessi>jg  1,  534;  mit  anlehnung 
an  die  bedeutung  2:  ich  wil  dir  als  hart  sein  als  kein  stein 
dem  andern.   Ayrer  firoc.  1, 12 ; 

ich  truoc  iu  dö  so  herten  muot.    Gregor.  3545; 

so  hart  als  auch  der  feldherr  war, 

so  könnt  er  doch  dem  zauberischen  flehen 

der  weiber  nicht  ganz  widerstehen.    Gellert  1,  127; 

der  vater,  ein  harter  und  zorniger  mann, 

schalt  laut  die  arme  Rosette.    Bürger  61'; 

Worte  und  handlungen  die  aus  solcher  gesinnung  hervorgehen,  sind 
hart:  wer  wil  mirs  ansagen,  so  dir  dein  vater  etwas  hartes 
antwortet?  1  Sam.  20,10;  eine  linde  antwort  stillet  den  zorn, 
aber  ein  hart  wort  richtet  grim  an.  spr.  Sal.  15, 1 ;  gib  im 
nicht  böse  wort,  und  begegne  im  nicht  mit  harter  rede.  Sir. 
31,40;  wann  einer  dieser  sach  ein  harten  namen  wolle  geben. 
SCHCPPIDS   756; 

er  warf  ihm  erst  mit  manchem  harten  fluche 
die  armuth  vor.  Gellert  1,  162. 

SO  auch  hart  m  adverbialer  Stellung:  und  redet  hart  mit  inen. 
1  3/ös.  42,7;  antwortet  inen  der  könig  hart.  2  chron.  10,13; 
einen  ze  hert  oder  übel  halten,  nimis  aspere  Iractare  aliquem 
Maaler  219';  weder  sein  glück,  noch  seine  erniedrignngen, 
die  ihm  Diderot  sehr  hart  aufrechnet,  konnten  ihn  vor  dem 
untergange  schüzen.    Göthe  36, 159. 

d)  hart  gewinnt  die  bedeutung  widerspenstig,  verstockt,  hart- 
näckig: hert  am  sinn  des  gemulz,  perlinax  voc.  ine.  llieut.  i4'; 
obslinax  herte,  hart  Dief.  390*;  cervicosus  hart  115*;  ein  hart- 
starrig  ,  rauch ,  hart  volk.  b.  d.  liebe  218' ;  verflucht  sye  ir 
zorn ,  das  er  so  heftig  ist ,  und  ir  grim ,  das  er  so  hart 
(Luther:  störrig)  ist.  Züricher  bibel  1530  W.  27*  (l  .Vo5.  49. 7) ; 
so  wird  unser  herz  niederträchtig,  ..  hart  zum  mitleiden 
und  zur  menschenliebe.    Gellert  6,355; 

der  kan  wol  herten  herzen  geben 
wäre  riuwe  und  lihtej  leben.    Walther  6,  21 ; 
doch  ihr  {Juden)  seid  eisen  art,  euch  kan  doch  nichts  erweichen, 
den  demant  zwinget  blut,  den  stal  zerschmelzt  die  glut, 
kein  demant  und  kein  stal  gleicht  eurem  harten  muth. 

Fl£II.'<G  13; 

da  keine  we^e  waren, 
kein  proviant,  kein  hausz,  nichts  als  nur  wüstenei, 
hielt  er  dich,  hartes  volk,  in  speisz  und  kleidern  frei,    das.; 
die  strafe  trübt  dich  selbst,  mit  der  du  uns  belegen, 
uns  harte  sünder  must.  «.  28. 

daher  harter  sinn,  harte  stirn ,  harter  köpf,  harter  nacken, 
Umschreibungen  für  Verstocktheit:  perlinax  ein  harter  halszederiger 
Dief.  430'  (tgl.  oben  3  sp.  500);  denn  das  ganze  haus  Israel 
hat  harte  stirne  und  verstockte  herzen.  Hes.  3,7;  aber  die 
kinder,  zu  welchen  ich  dich  sende,  haben  harte  köpfe  und 
verstockte  herzen.  2,4;  werden  an  meinen  namen  gedenken, 
und  sich  von  irem  harten  nacken  und  von  iren  Sünden  keren. 
Baruch  2,33;  unverständige  harte  köpfe,  pers.  rosenlh.  4,5; 
ich  habe  aber  bei  den  harten  köpfen  nichts  verrichten  mögen. 
Schwei.mchen  3,  303 ; 

der  könig  und  die  keiserinn, 

des  langen  haders  mü4^, 

erweichten  ihren  harten  sinn, 

und  machten  endlich  friede.    Rcrgkr  13*. 

hart  adverbial:  lächelt  der  beilige  nie  himmlischer  als  auf 
dem  krankenbette,  und  der  verlorne  nie  härter  als  eben  da. 
J.  Pacl  TUan  5,  5. 

8)  hart  wurde  von  den  kriegsvaffen  und  dem  kämpfer  auch 
auf  den  kämpf  selbst  übertragen,  wo  es  strenge  und  heftigkeit 
desselben  malt,  wie  ähnlich  z.  b.  das  ags.  biter  zunächst  vom 
schneidenden  Schwerte,  dann  vom  krieger  und  dem  kriege  selbst 
gesa^  wird  (beispiele  bei  Grei.<«  1, 120) : 

ags.  nö  ic  on  niht  gefrägn 

under  heofenos  hvealf  hoardran  feohtan.    Beövulf  i'^; 

32* 


503 


HART 


HART 


504 


mhd.  TÜ  manpgem  man  do  wol  liA  sprach, 
der  65  des  lages  liet  versolt, 
mit  herter  riierscliaft  erholt,    frauenci.  76,  14; 

tthd.  käme  der  graff  von  Rama  . .  in  das  aller  hertest  des 
Streits  gcrant.  -Aimon  boq.  Biiij;  rant  in  das  liärtest  des 
Streits.  Dj;  und  gescliacii  da  eine  liarte  sclilaclit,  das  viel 
verwundet  wurden  und  umbkamen  auf  beiden  Seiten.  1  Macc. 
9,17;  es  war  alicr  ein  harter  streit  wider  die  Philister,  so 
lang  Saul  lebet.  iSam.  14,52;  und  es  erhub  sich  ein  scer 
harter  streit  des  tages.  2Sam.  2,17;  in  dem  harten  kriege, 
welchen  Alexander  Magnus  mit  dem  Daritis  .  .  .  geführet. 
ScHüPPiüs  781 ;  wie  viel  streiche,  und  wie  harte  streiche  sie 
einander  gegeben.   Puilander  2  (lG43)  276; 

mit  einem  harten  stürm 

hand  si  Lila  gewonnen.    Lilikncros  volksL  2,  66'; 

umarme  mich,  mein  söhn ! 
dir  ist  der  härtre  kämpf  gelungen. 

Schiller  kämpf  m.  d.  drachen  v.  298; 
hab  dank,  du  tapfrer  degen,  und  reit  mit  mir  nach  haus, 
dasz  wir  uns  gütlich  pflegen  nach  diesem  harten  strausz! 

UiiLAND  ged.  369; 

adverbial  hart  kämpfen,  hart  fechten :  doch  ich  fechte  nicht 
hart  umb  die  wort,  sondern  umb  die  sache.  Luther  6,20'; 
es  gieng  hart  her,  in  kämpf  und  aufregung ,  auch  freier  von 
grosser  anslrengung : 

dir  .  .  ein  grablied  jetz  zu  bringen, 

geht  hart  und  sauer  her,  mein  spiel  will  niergend  klingen. 

RoMPLER  75 ; 

dann  adj.  hart  sein,  vom  hartnäckigen  und  unsanften  verfolgen 
einer  sacke,  allitterierend  mit  heftig  verbunden:  auch  solich 
meister  mit  irem  auszbrechen  {eines  zahns) ,  solich  dinst  ze 
thun  allweg  gern  hert  und  häftig  sein.  Steinhöwel  458, 11 
Keller;  eine  ähnliche  adverbiale  fügung  niederdeutsch: 

doch  ik  heb  noch  wat  hart  un  stive  vor  mi  namen. 

Lappknbkrgs  Laureinberg  s.  117,  105. 

hart  halten,  im  kämpfe  feststehen,  ausdauern:  weil  ir  gott  lob 
so  hart  gehalten  und  fest  gestanden.  Ldther  6,  h'; 

wiewol  die  zwölf  sich  hielten  hart. 

B.  Waldis  Esop  1,  38, 10 ; 
die  beiden  hetten  auch  verschoben  diese»  streiten, 
ein  jeder  aber  hielt  doch  hart  auf  seiner  selten. 

D.  T.  D.  Werder  Artest  29,  25,  6; 
jedoch  das  man  bisz  in  den  todt 
nach  scim  gehalsz  ball  hart  in  not.     Schwarzenbero  131'; 

von  hier  aus  cntwickcll  sich  auch  unpersönliches  hart  halten, 
schwer  hallen,  s.  halten  1,7  sp.  284;  es  hält  jetzt  sehr  hart 
mit  mir,  in  anguslum  oppido  nunc  meae  coguntur  copiae.  Stib- 

LER   772. 

9)  das  letzt  gegebene  beispiel  zeigt  den  Übergang  von  hart  zu 
der  nun  folgenden  bedeutung, 

a)  zundclist  auf  widriges,  entgegenstehendes,  unglück  gewendet, 
heiszl  es  schwer,  drückend,  empfindlich;  er  ward  von  inen  mit 
harter  niderlag  inn  die  flucht  geschlagen.  Frank  germ.  chron. 
(1538)  bl.  38';  unser  leben,  spricht  Bernardus ,  achten  die 
weltlichen  nnd  fleischliche  menschen  gar  herdt  und  grusam- 
lich.  Keisersbbrg  fct/3.  3*;  was  nützet  es,  das  wir  sein  gebot 
halten  und  ein  hart  leben  für  dem  hcrrn  Zebaoth  füren? 
Maleachi  3,14;  hart  und  streng  laben,  oder  rauche  naning, 
viclus  asper  Maaler  212' ;  es  ist  .  .  Iiarle  straffe  über  uns 
komen.  i.  Macc.  2,49;  er  thüe  im  denn  also  einen  herten 
dienst,  der  über  sin  kraft  und  über  sin  vermOgen  sy.  Kei- 
sersbebg  bilg.  IGO';  die  Egypter . .  legten  einen  harten  dienst 
auf  uns.  b  Mos.  26,6;  mache  du  nu  den  harten  dienst  und 
das  schwere  joch  leichler.  iftön.  12, 4;  seine  krankheil  war  so 
scer  hart,  das  kein  ödem  mehr  in  im  bleib.  17, 17;  Simonis 
»chwiger  war  mit  einem  harten  fieber  behaft  (goth.  vas 
anahabaida  brlnn6n  mikilai).  f.uc.  4,  38;  daher  an  einer  krank- 
heit  harte  darnieder  liegen,  graritcr  aegrotare  Steinbacu  1,702; 
der  selb  gut  mann  kam  in  ein  scer  grnsze  kraiikhcit,  durch 
welche  er  lange  zeit  hart  und  übel  gekrenkt  ward.  Wickram 
roUw.  7,13  Kurz;  auf  das  ewre  bände  nicht  herter  werden. 
Jet.  28,22;  C8  Ist  ein  barter  ordcn,  der  seinen  hulcn  meiden 
musz,  und  noch  viel  hürter,  dasz  ich  disz  hoch  glasz  ausz- 
•aufen  musz.  o  wie  ein  harte  busz,  drei  glilser  mit  wein 
auf  ein  schimlich  nusz.  Garg.  02*;  schliche  ich  mit  ihr  aus 
der  cammcr,  in  deren  sie  zwar  eine  angeneme,  ich  aber  gar 
eine  harte  nacht  gehabt.  .Si'm///.  3,321  Kurz;  es  geht  ihm  hart, 
wilam  agil  duriter.  Stiei.er  772;  ein  harter  gang,  als  zum 
gaigen,  ria  terrxbilit,  horrcnda  Fniscn  l,4is';  aber  welcher  ein 
legal  gölte«  iM,  der  dein  voterlond  dii-nl,  ..  a......  i|,u.,.n  ,.il,t 


die  besoldung  kaum  das  salz,  und  aus  harter  mühe  reiszen 
sie  kaum  soviel  davon,  dasz  sie  den  hunger  stillen.  Scuup- 
Pios  712;  CS  sein  zwo  weisen,  die  gewonheit  zu  machen,  zu 
exerciren  und  zuzurichten,  eine  hebt  von  leichterem  an,  und 
führet  algemach  zu  höheren ,  die  andere  befilcht  anfangs 
härtere  sachen.  728 ;  dieser  harten  probe  ungeachtet.  Zigler 
Banise  (1700)  507  ;  das  sind  harte  bedingungen,  conditiones  sunt 
durae.  Steinbach  1, 702 ;  gegen  ihre  {frau  von  Stael)  französische 
Tolubilllät  aufzukommen,  ist  eine  zu  harte  aufgäbe.  Schiller 
an  Göthe  898 ;  es  ist  hart,  sehr  hart  für  mich ,  . .  dasz  ich 
dich  unter  meinen  feinden  sehe.  Schiller  parasit  2,4;  mir 
ist  ein  hartes  loos  gefallen;  das  ist  eine  harte  zumulhung; 
er  hat  viel  harte  entbehrungen  gelitten ;  so  hätten  sie  . .  mit 
ihr  einen  härteren  stand  bekommen.  Immsrhann  Münchh.  4, 137 ; 

mangcl  also  grö;  . . 
menschlichir  nätüre 
zu  herte  und  zu  sürc.    Jiroschw  96'; 
ja,  wenn  ich  unvorsichtig  wäre, 
da  freilich  schnitte  mich  die  schecre; 
allein  ich  hin  ja  schon  mit  ihr  bekannt, 
so  sprachs  {das  kind),  und  schnitt  sich  in  die  hand. 
die  mutter  kam.   0  welche  harte  lehre  1    Gellirt  1,289; 
von  diesen  trotzig  herrischen  gerafithern 
sich  meistern  lassen,  von  der  gnade  leben 
hochsinnig  eigenwilliger  Vasallen, 

das  ist  das  harte  für  ein  edles  herz.    ScQfLLER  jungfr.  1,6; 
wol  liegt  ihm  ein  harter  gram  auf  dem  herzen. 
Odytsee  8,  541 ; 

die  krön  ich  dir  vertraue, 

ein  herzlich  licbespfand, 

bis  ich  dich  wiederschaue 

nach  manchem  harten  stand.    Uhland  ged.  229. 

hierher  auch:  denn  mir  ist  ein  hart  gesiebt  angezeigt.  Jes. 
21,2,  äne  böse  Prophezeiung;  dann  persönlich:  ich  bin  zu  dir 
gesand  ein  harter  böte,  l  kön.  14,  6,  ein  böte  der  übles  ver- 
kündet. 

b)  auch  sonst  und  abgeblaszter  schwer,  beschwerlich;  einem 
etwas  hartes  geben,  schweres  auferlegen:  er  hat  allhier  seine 
geschicklichkeit  wol  von  nöthen,  ihr  habt  ihm  ein  hartes 
gegeben ,  dasz  er  genug  zu  thun  hat.  schaub.  engl.  u.  franz. 
com.  2,  292; 

der  Schneider  fiel  neben  die  geisz 
ein  schwinden  fall  so  harter  ding, 
dasz  im  gleich  auch  die  seel  auszgieng. 

ir.  Sachs  2,4,65'; 
zu  schlecht  war  aber  sein  verstand, 
durch  rabt  ein  harte  sach  zu  schlichten. 

Wkckhkrlin  439; 

wie  es  so  ein  blind  ding  Ist  umb  die  liebe  und  wenn  die 
angezündl  wird  und  erbrennet,  wie  hart  die  zu  erlöschen 
ist.  foriun.  As';  diser  berg  ist  gar  hoch,  deszhalb  gar  hart 
aufzusteigen.  Frank  wellb.  169';  ein  uberausz  süsz  fleisch 
haben  sie,  das  hart  zu  glauben  ist.  Forer  ßschb.  128';  je 
stärker  man  in  erfasset  oder  greift,  je  härter  man  in  be- 
halten mag.  178';  frau,  ich  habe  ein  mittel  gefunden,  ...  es 
ist  zwar  etwas  hart  und  herbe  auszzuführcn.  Happel  acad. 
rom.  341 ;  die  ameisen  sind  hart  zu  vertreiben.  Hohberg 
1,425';  die  birnen  sind  am  geschmack,  gcruch,  lorm,  grösze 
und  färbe  so  unterschieden,  dasz  es  hart,  ja  fast  unmöglich 
wäre,  ihre  namen  ..  zu  specificiren.  429';  weil  sein  {des 
suUans)  sonderbares  amt  und  die  daraus  flieszendcn  ansprüche 
und  forderungen  sich  so  hart  mit  der  philosophie  vereinigen 
lassen.  Klinger  6,  290; 

gen  borg  g6t  hart  auf  wegen  schmal, 
das  weite  strasz  lajfl  aelbst  gen  thal. 

ScnwARZSNBSRG  152*. 

in  festen  formein:  es  kommt  einem  etwas  hart  an  {s.  an- 
kommen 1,385):  und  es  kam  sie  hart  an  über  der  gehurt. 
1  Jlfoj.  35,17;  er  ist  nur  zu  wohl  von  meinen  Verbindungen 
mit  Alvarcz  unterrichtet,  und  wie  hart  es  den  aukömnil, 
etwas  übriges  zu  thun.  Lenz  1,219;  Friedrich  und  Eva  vor- 
mochten kaum  ihren  dank  in  worto  zu  fassen,  besonders 
kam  es  Friedrich  liart  an.  Ribhi.  cuUurgcsch.  nov.  200;  — 
80  CS  nun  dem  tUrkcn  zu  fcld  will  hart  liegen  und  der  feind 
zu  stark  werden.  Frank  wcUb.  105';  das  ctwan  der  teutschcn 
weibcr  für  ir  vatlerlandt  haben  gestritten,  und  den  männern, 
ols  GS  in  hart  lag,  und  jclt  der  sieg  mit  gebrochner  spitz 
In  gefnr  schwebet,  zÜKCsprungcn,  und  in  zu  hülf  kommen. 
germ.  chron.  5';  —  drnn  sie  mochten  hart  dulden,  das  der 
miust  zu  Rom  inen  gleich  sein  und  sie  gar  kein  vorteil  haben 
sollen,  livim  v.  ConnACH  49;  —  dasz  ns  ihm  nicht  hart  fallt, 
(liiiic  iiii.h  /ii  \v\u'\\,  Lessi.^c  2,37; 


505 


HART 


HART 


506 


wenn  gleich  ein  solches  wunder  dir 

fast  hart  zu  glauben  fällt.    Borger  84'; 

dem  alten  manne,  der  in  zwanzig  schlachten 

dem  tod  für  sie  entgegen  gieng,  fällt  es 

doch  hart,  sich  so  entfernt  zu  sehn.    Schiller  Karlos  4, 12. 

Aus  hart  in  diesem  sinne  enlwickcH  sich  die  bedeutung  schwer- 
lich, kaum:  do  wurden  diener  und  dienerin  so  tewer,  dasz 
man  ir  hart  bekam.  Pez  Script,  austr.  bei  Frisch  1, 4lS';  so 
wirt  CS  noch  in  xv  tagen  hart  beschehen.  Chmel  urk.  Max.  74; 
mit  dem  groszen  jungfrawenwagen  hart  durchkommen  mugen. 
das.;  nimstu  eine  hübsche,  so  begeren  sie  ander  lüt  auch 
und  ist  hart  zu  behüten,  das  vil  lüt  ir  begeren.  Keisersbebg 
narrensch,  113";  die  von  natur  bosz  seindt,  die  werdent  hart  zu 
guten  werken  bekert.  Steinhowel  (1555)  88';  und  in  prägnanter 
bedeutung  rührt  es  fast  an  den  sinn  nie: 

die  kacz  leszt  ires  mausens  hart. 

BsBAix  Wiener  S66,  2 ; 

es  ist  mein  art,     die  lasz  ich  hart. 

Ich  bin  also  erschaffen, 

dasz  mich  die  werden  frawen  zart 

machen  zu  einem  afTen.    ÜHtAno  volksl.  641. 

c)  hart  schwer,  von  organen  des  kürpers  und  gcistes ,  deren 
gebrauch  einigermaszen  gehemmt  ist:  einen  harten  leib  haben, 
s.  hartleibig;  es  geht  ihm  hart  (auf  dem  abtritt),  nitilur  et 
durum  cacat.  Serz  64' ;  dieses  öl  wird  gelobet  wider  das  harte 
gehör.  Tabernae«.  867 ;  adverbial  hart  hören ,  i.  auch  hart- 
hörig; einen  harten  köpf  haben  {unterschieden  von  l,d  sp.  502), 
schwer  von  begriffe  sein;  dafür:  er  ist  iangsamen  geistes  und 
hart  von  begriff.  Riehl  culturgesch.  nov.  253 ;  und,  wie  es  früher 
hiesz:  herte  am  sinn  der  Vernunft,  hebes,  obtusus  voc.  ine. 
theut.  i  4' ;  adverbial :  es  geht  mir  hart  ein ,  rem  non  capio. 
Frisch  l,  41S',  vergl.  hartlehrig;  fcair.  sich  hart  erinnern,  hart 
expücieren ,  hart  lernen,  mit  mühe,  sthwierigkeit ;  aitch  hart 
hausen,  sich  hart  hausen,  sich  mit  mühe  in  der  wirtschaß  fort- 
bringen. ScHM.  2,241.     s.  harfdäuig. 

10)  hart  gelangt  zu  dem  sinne  strenge,  scharf,  in  manchen 
Wendungen;  so  in  beziig  auf  weiter,  kälte,  frost:  hart  und  kalt 
weiter.  Hemsch  1275;  eine  harte  kälte,  pers.  reisebeschr.l,lb; 
ein  harter  winter;  ein  harter  frost;  adverbial  es  friert  liart, 
rührend  an  no.3  s/).  500;  von  der  zeit:  es  sind  jetzt  harte  Zeiten; 

{eine  magd  klagt)  doch  hab  ich  auch  ein  hartes  jar, 

mein  dienst  ist  sampt  in  einer  klaus, 
ich  dörft  nit  schmecken  aus  dem  haus. 
H.  Sachs  1,  510'; 
von  Worten,  gebot,  verbot:  eine  harte  rede;  ein  hartes  verbot; 
viel   nu  seiner  jünger,   die  das  höreten,   sprachen,   das  ist 
eine   harte   rede   (goth.  hardu   ist  {)ata  vaürd) ,   wer  kan  sie 
hören?  Joh.  6,10;  eure  entrüstung  . .  möchte  euch  zu  harte 
Worte  in  die  feder  werfen.   Schiller  räuber  1,1;   ihn  wegen 
einiger   im   Wortwechsel  zu  hart  ausgesprochenen  ausdrücke 
um  Verzeihung  bat.  Göthe  18,  213 ;  Liscov  erfuhr  in  Göthes 
lebensbeschreibung   ein   zu   hartes  urtheil,   so  wie  Rabener 
ein  zu  günstiges.    J.  Paul  kl.  bücherschau  2,22; 

mit  hartem  ernst  zu  inen  sprach. 

B.  Waldis  Esop  2,  54,  56 ; 

vom  herschcn^  erziehen,  strafen,  wo  der  sinn  mehrfach  nach  9,a 
{sp.  503)  Itinüberspielt :  eine  harte  regierung;  die  kinder  er- 
fuhren eine  harte  erziehung;  eine  harte,  aber  gerechte  strafe ; 
eine  harte  busze; 

kein  schermesser  das  härter  schirt, 

dann  so  ein  bettler  ein  herr  wirdt. 

Agr.  spr.  (15G0)  94»; 
adverbial :  der  man  band  uns  das  hart  ein.  1  Mos.  43,  3 ;  er 
Ledrawete  sie  hart  {goth.  filu  andbait  ins ,  griecltisch  TioXXa 
iTiexliia  axnoii) ,  das  sie  in  nicht  offenbar  machten.  Marc. 
3,  12;  zog  er  wider  zum  könig,  und  verklagte  sie  hart. 
1  Macc.  7,  25 ;  es  ligt  mir  beides  hart  an  {sterben  und  leben 
bleiben ,  griechisch  avvdxofiai  Si  ix  rcöv  Svo).  Pliil.  1, 23 ; 
und  ist  auch  aller  apostel  weise,  das  sie  also  Ihun ,  und 
der  Schrift  meinung  einfüren  on  solchen  zenkischen  ge- 
navvcn  fleis  und  fülle  des  texts ,  darumb  sie  viel  herter  zu 
fragen  weren,  denn  Mattheus  hie  umb  den  namen  Jeremia. 
Luther  4,302*;  die  peinlich  frag  soll  ...  oft  oder  wenig, 
hart   oder  linder,   nach  ermcssung  eines  guten  vernünftigen 

Irichters  fürgenommen  werden.  Carolina  art.  58;  vergl.  här- 
tiglich  fragen  geradezu  für  die  pänliche  frage  art.  39;  strenge 
und  hart  herrschet  ir  über  sie.  Hes.  43,4;  leute  werden 
hart  geplagt;  ist  deine  tochter  nicht  schamhaftig,  so  halt 
sie  hart.  Sir.  26,13;  er  hat  gute  gerechtigkeit  gehalten,  und 
hart  oh  den  kriegsleuten ,  das  sie  niemandt  gewall  ...  an- 
legten. Frani;  germ.  chron.  (1538)  3S" ;  der  herzog  von  Lauzün 


sagte:  damit  man  Prinzessinnen  zu  liebhabeiinnen  behalte, 
so  halte  man  sie  hart  und  schelte  sie  brav.  J.  Paul  Levana 
2,112;  bisz  unsere  rechnung,  worauf  er  allzuhart  dringet, 
geschlossen  sei.  Happel  acad.  rom.  334;  wenn  auch  der  Ver- 
walter ihn  hart  antreiben  wolle  {zur  arbeit).  636 ;  dts  tödten 
ist  ja  so  hart  geboten.  Luther  3,45*;  wozu  ist  denn  die 
beschneitung  nütz?  oder  warumb  hat  sie  gott  so  hart  ge- 
boten ?  8,  56' ;  es  bleibt  im  {dem  winkclpfaffen)  eben  so  hart 
nach  der  weihe  verboten,  als  davor.  6,9l';  der  Universität 
und  residenzstadt  von  Hohenfliesz,  deren  anblick  sogar  bis- 
her sein  vater  ihm  hart  verboten  hatte.  J.  Paul  Titan  1,4; 
weil,  den  nächsten  zu  beleidigen,  uns  hart  untersaget  worden. 
BüTSCHKT  Palm.  723 ; 

allein  vom  bäum,  so  mitten  stot 
im  garten,  uns  gott  hart  verbot. 

G.  WiCKRAS  bilg.  D3,  bl.  12  j 
sie  die  sich,  hart  bedroht,  als  liebende  geküsst, 
die  küssten  sich  nunmehr  erlaubt  als  ehegatten. 
Gellert  1,  ISS. 

11)  hart  gehl  in  die  bedeutung  über  derb,  gewaltig,  kräftig: 
geschähe  ein  harter  trunk.  Schweinichen  1,113;  lasset  nur 
die  satten  fliegen  sitzen,  kommen  hungerige,  die  saugen  und 
saufen  viel  härter.  Schüppiüs  833 ;  ein  harter  fall,  lapsus  gravis 
Frisch  1,418'; 

daj  {die  geometrie)  ist  eine  konst  so  herte. 

Müscateldt  s.  251,  83 ; 
ich  wil  ghorsam  sein 
und  euch  ein  horten  eid  da  schwem. 

H.  Sachs  4,3,  24'; 

schlösse  die  bände  so  hart  in  einander.  Amadis  85;  indem 
sie  {die  katze)  an  derselben  {feile)  hart  lecket.  Lokmans  fabeln 
26;  er  nahm  den  klopfer  (un  der  hauslhür)  in  die  band  und 
schlug  damit  so  harte  an,  dasz  er  die  ganze  nachbarschaft 
davon  aus  dem  schlaf  erweckete.  Darbennime  163;  und  er 
trat  ans  fenster,  drehte  es  hart  auf.  J.  Pacl  Hcsp.  2,186; 
hart  stöszt  es  {das  schiff)  auf  am  strande. 

ÜHLASD  ged.  245; 

t'om  lauten  und  kräßigen  sprechen,  lachen  u.  ähnl. :  sie  würden 
sich  auflehnen ,  und  ja  so  hart  schreien  und  rufen ,  gottes 
wort,  gottes  wort,  gottes  wort  stehet  da.  Luther  3,45';  wer 
die  nasen  hart  schneutzt,  zwingt  blut  eraus.  spr.Sal.  30,33; 
Henrich  lachte  hart.  Stillinc  jugend  (1779)  139;  er  lachte 
hai"t  (for  glück),   dess.  wanderschaß  (1778)  170; 

zurück!  rief  Charon  ziemlich  hart.  Gkllert  1,223; 
dann  auch  kräßig ,  mit  eifer  und  ausdauer,  wo  die  bedeutung 
auch  andrerseits  an  die  unter  8  gegen  ende  (sp.  503)  gegebenen 
beispiele  anknüpft:  erbaiteten  sie  mit  ganzem  ernst  bis  zu  der 
mauer  über  die  von  Neüsz,  polwerkten  und  grueben  so  hart 
herwider.  Wilw.v.Schaumb.  20;  ein  verletzt  bruder  helt  herler 
denn  eine  feste  stad,  und  zank  helt  herter,  denn  rigel  am 
pallast.  spr.  Sal.  18, 19 ;  sie  halten  so  hart  an  dem  falschen 
gottesdienst,  das  sie  sich  nicht  wollen  abwenden  lassen.  Jer. 
8,5;  so  nimpt  er  nu  zum  ersten  für  sich  gottes  gute  aufs 
herteste.  Lcther  4, 104' ;  nu  wollen  wir  am  ersten  die  historien 
handelen,  derselbigen  nach  sihestu  aber  einen  trost,  den  da 
haben  alle  gleubigen,  wie  gott  sich  irer  Sachen  so  hart  an- 
nimpt.  132*;  doch  dringen  wir  nicht  so  hart  darauf,  das  ein 
bischoff  für  seine  person  solch  bischollliche  ampt  ausrichten 
müste.  8,9*;  helphant,  die  bsunder  frembden  leütcn  hart 
zustellen.  Frank  weltb.  7';  zwinge  es  durch  ein  tuch  hart 
aus.  Tabernaem.  390 ;  auch  vom  eifrigen  zuhören :  so  hart  auch 
der  regenl  zuhörte  {der  huldigungsrede).  J.  Pacl  Titan  2,98; 
ir  {der  lugend)  loh  sol  man  erwerben  hart. 

SCHWARZESBERC   15S'; 

hab  mir  auch  furgesetzt  gar  hart. 

Wickram  bilg.  K,  bl.  33; 
inn  desz  dreht  Klotho  hart  an  unsrem  schwachen  faden, 
an  dem  disz  leben  hängt.  Fleming  106; 

ach  vaitcr,  zürne  nicht  so  hart, 

ach  halte  nicht  so  widerpart.    Rist  himl.  lieder  40. 

auf  dieser  bedeutung  fuszt  die  andauernd,  dicht  folgend,  häufig: 
sie  anhübe  ze  weinen  und  mit  dicken  hertten  zächern  {zähren) 
dem  marggraffcn  und  seiner  frawen  alle  ire  trübsal  saget. 
Steinhöwel  93, 33  Keller;  das  erdtrich,  so  tief  und  schwarz  ist, 
das  gibt  die  beständigsten  und  hertesten  wasser.  Herr  feldb.  15*. 

12)  hart,  in  adverbialer  Stellung,  in  der  bedeutung  unseres  heßig, 
sehr,  wie  ahd.  harto,  mhd.  harte:  damit  sich  etliche  martern 
und  engsten,  so  hart,  das  sie  möchten  unsinnig  werden. 
Luther  6,184*;  hat  er  das  volk  noch  herter  geplagt.  2  Mos. 
5,23;  wurden  hart  gedrenget.  richter  2.15;  sie  drungen  hart 


507 


HART 


HART 


508 


auf  den  man  Lof.  \  Mos.  19,9;  des  ersclirack  der  kOnig 
Belsazar  noch  herler.  Dan.  5,  9 ;  entsetzten  sichs  hart,  ver- 
meinten nun  sehen  sy  dondern.  Foank  «eM.  2>"*;  erschrickt 
noch  härter.  Kirchhof  «c/k/«»«!.  398';  erschrack  Moyses  über 
die  raaszen  hart.  Ayrer  proc.  1,5;  er  sagt  ihm  von  der 
Cbariciia,  die  er  also  lobet,  und  ire  schöne  so  hart  herausz 
strich,  b.  d.  liebe  214";  dadurch  derselbe  biirgcr  eines  mais 
so  hart  über  sie  erzürnet  ward.  2S8';  das  verdrosz  Romulum 
so  hart,  das  er  seinen  bruder  Remum  zu  tod  schlug,  iirius 
V.  CoRBAcn  4;  der  seine  frau  so  hart  gefürchtet,  dasz  er 
dadurch  den  todt  nam.  292*;  welche  einen  rauschenden  hahn 
und  schleichende  katze  sahen  und  sich  über  dem  leisetritt 
hart  verwunderten.  Schüppiüs  830;  wenn  er  von  seiner  obrig- 
keit  gar  zu  hart  beschweret  wird.  385;  aber  der  amtmann 
stcllete  sich  iiart  darwider.  H.vppei,  acad,  rom.  589 ;  sie  quä- 
Icten  mich  so  hart.  Simpl.  1,221  Kurz;  es  grilT  euch  hart  an. 
.Schiller  räubcr  1,1;  bildlich:  aber  der  schuh  truckte  ihn  zu 
liausz  so  hart  (er  hatte  häuslichen  kummer).  Philander  2  (1043) 
30C;  Immermanns:  zu  jenem  verderblichen,  über  den  ich 
niicli  so  hart  enttäuscht  sehe.  Münchh.  3, 118,  kann  hierher 
oder  zu  9,b  [sp.hüi)  fallen; 

ich  tnfist  mich  des  hart  schämen, 

wunl  ich  an  euch  prechen.    llätilerin  190",  190; 

das  tet  den  gecken  allen  zorn 

und  ward  sie  hart  verdrleszen.    Ubland  volksl.  509; 

dcsz  bekümmert  sich  der  Xanthus  hart.    E.  Alberus  7; 

wie  hart  thet  mich  nach  dir  verlangen 

in  meiner  hartseligen  zeiti    J.  Ayrer  351'  (1760,  28  Keller); 

fürwar,  du  hast  mich  hart  erschreckt. 

desselben  fasln,  sp.  OT  (2826,  17  Keller); 
als  er  (der  hämisch)  im  angezogen  ward, 
beklagt  er  sich,  es  drückt  in  hart,    mückenkr.  1,  204; 
kommt  auch  die  spinn,  ein  starker  feind, 
thut  nach  dem  gilt  hart  stechen.    Opel  h.  Cohn  98,  7; 
hergegen  ist  das  volk  ja  zweyfach  hart  verblendet, 
das  Wollust  lieht  und  sucht.  Roupler  151 ; 

die  geschos  der  blitzen  . .  werden  aus  den  wölken,  als  von 
einem  hartgespannen  bogen,  faren  zum  ziel.  vcish.Sal.5,22; 

so  hat  er  .  .  .  seinen  bogen  angesötzet, 
ihn  hart  zu  spannen.    Weckherlin  23. 

verstärkend  vor  einem  adjecliv  oder  anderm  adverb,  wie  mhd. 
mir  was  der  wille  harte  guot.    Iwein  759; 
dej;  ist  diu  wärheit 
harte  dicke  vor  geseit.    Martina  130',  12; 

ein  hart  merklich  wort  ist  das,  das  auszer  gottes  wort  alle 
menschenlere  so  gar  verdampt  sind,  Luther  8,309';  folgende 
nacht  werden  i.  f.  g.  gar  hart  schwach.  Schweinichen  3,128; 

ihr  band,  damit  sie  sich  hart  unzertrennlich  bundcn. 

Opel  m.  Cohn  284,  23; 

{ein  adler  klagi)  neidlich  hat  das  spansche  gesind 
gezogen  hart  mit  list  geschwind 
an  mein  schönsten  feder  ein.    23,  32. 

13)  hart,  fest,  dicht,  eng,  von  umfassen,  anliegen,  verschlieszen, 
verbinden:  hart  und  feste  umbfahen.  Harnisch  2f>G;  bezeug 
auch,  dasz  sie  (die  gcdiclile)  oft  gute  sachen  in  sich  haben ; 
icdoch  weil  dise  so  verborgen  und  hartverschlossen  darin 
stecken.  Rompler  s.  18  vorrede ;  das  es  {das  schildlein)  auf  dem 
leibrock  hart  anlag.  2  Mos.  39,  21;  die  gliedinas  seines  Heischs 
iiangcn  an  einander,  und  halten  hart  an  im.  Uiob  41,14; 
decke  und  stopfe  ja  harte  zu.   interim  536; 

do  kam  die  stolze  frowe  zart 
und  fand  die  türe  hart  besloszen. 

sieben  uwe  metster  1751; 
in  mein  kästen  beichlosz  ichs  hart. 

B.  Waldis  Esop  3,  96,  16 ; 
und  reicht  euch  hundert  gülden  dar. 
in  einem  seckcl  hart  verstrickt.    4,27,49; 
h5t  man  ycizt  also  tugend  acht, 
vil  menscrien  wiirck-n  Irum  gemacht, 
di  »üiiütnn  hahcn  w(-nlg  zucbt, 
und  ligeu  hart  in  pii.ser  sucht.    Sciiwarzenreiio  157'; 
la«i  zu  küssen  uns  einander  hart  umrungcn. 
Weckherlin  774; 
dasx  unser  mund,  brüst,  herz,  auf  mund,  brusi,  hon  hart  kleben. 

775; 
i<?in  nugen  auch  zugleich  hin  nach  dem  uTcr  kehret, 
allda  er  eine  dam  hurt  angelninden  Tand. 

D.  V.  t>.  Wrrdir  Ariost  II,  33,  7; 
»»in  manche  »chmnrhtel,  hart  gefiingcn, 
in  eine«  kerkers  dunklrm  grund !     IIiilanp  geä.  224. 

hart  vom  %rhlaf,  der  auch  sonri  als  festel  iirdnchl  vird:  in  der 
nacht,  da  rr  hart  war  entschlafen.  KiRciinor  wendunm.  3U7*; 


hart  eingeschlafen,  milit.  diso.  187;  tiefer  harter  schlaf,  buch 
d.  liebe  220*;  sie  riefen  laut,  aber  er  schlief  zu  hart,  er  hörte 
es  nicht.   Simrock  1,109; 

wie  so  gar  schändlich  sie  ihr  herr  verlassen  hatte, 
in  jener  inselu  ein,  als  sie  geschlafen  hart. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  11,  58,  3; 

von  Verbindlichkeiten,  Verpflichtungen,  Verpfändungen:  aber  sie 
will  hierin  ire  preiaten  nit  so  hart  verbinden.  Fischart  bienk. 
147";  so  seind  wir  desto  härter  verbunden,  ihre  ehr  in  unserm 
hansz  zu  beobachten.   Simpl.  4,  71  Kurz; 

und  was  ander  sehlcnband 

kont  ihn  wol  so  hart  verbinden?    WECKHEHLiit  351; 
der  ihr  vor  langer  zeit  durch  eurer  günste  band 
euch  mich  so  hart  verknüpft,  das  diese  schwache  band 
sich  niemals  lösen  wird.  Fleming  41; 

wenn  er  nicht  die  hOttc  meiden  wollte, 
die  hart  verpfändet  war.     Gellert  1,  162. 

14)  endlich  hat  hart,  an  die  vorige  bedeutung  angeschlossen,  und 
in  Verbindung  mit  den  praepositionen  an,  bei,  vor,  hinter  u.s.w., 
allgemeiner  den  sinn  ganz  nahe,  dicht  auszudrücken,  sowol  ört- 
lich als  zeillich. 

a)  örtlich:  hart  vur  deme  pallais.  Harf  90,29;  es  lauft 
ain  armb  des  Reins  . . .  hart  an  der  statmaur  hin.  Wilw. 
V.  Schaumb.  19 ;  er  gibt  für,  dis  stück  . .  gehöre  nicht  zu 
dem,  das  hart  vorher  gehet.  Luther  3,70";  hie  ist  auch  das 
kleine  heuflin,  das  sich  frewet ,  wie  hart  droben  gesagt  ist. 
175';  wonunge  in  der  wüsten  hciszt  er  dörfer  und  höfe,  was 
nicht  in  stedten  oder  hart  dabei ,  sondern  fern  und  einsam 
im  feld  ligt.  6,135*;  ein  gros  volk  wird  sich  erregen  hart  an 
unserm  lande.  Jcr.  6,  22 ;  hart  am  teutschen  borii  {zu  Halle) 
ligt  die  Meteritz.  Mathes.  Sar.  125';  er  eilet  dem  {wild  getvor- 
denen)  ochsen  nach,  war  hart  binden  an  im.  b.  d.  liebe  227'; 
er  reit  im  an  der  seilen  so  hart,  dasz  ein  haut  die  ander 
rürte.  das.;  es  wäre  ein  garten  hart  dabei.  Chr.  Weise  erzn. 
129;  ein  marktflecken  hart  am  walde.  kl.leute  180;  sie  stand 
ganz  hart  an  euer  gnaden.  Wieland  11,309;  er  reicht  ihm 
einen  zettel  und  nistet  sich  hart  an  ihn.  Schiller  Fiesco  1,9; 

und  sonderlich  liegt  hart  dabei 

die  Bummerszheimer  termenei.    E.  Alberus  140'; 

beid  dörfer  stoszen  hart  daran.    14t; 

gleich  wie  der  leim  und  eisenklammer 

zwei  hölzer  hart  zwingt  an  einander. 

Kirchhof  wendunm.  46*; 
wo  {wer)  dcsz  fVeundcs  treuen  raht,  nach  dem  auszgang  achten 

wil, 
der  musz  selbsten,  kan  es  sein,  treten  harte  bisz  ans  ziel. 

LocAD  2,  242,  no.  198; 
zu  dem  nun  pferd  und  wagen 
mit  starkem  ungestüm  hart  auf  einander  jagen.    Fleming  53; 
oftmals  eh  die  truuerglocke  sich  zur  ruh  begeben  kan, 
stimmt  man  harte  hei  dem  thurmo  zinken  und  posaunen  an. 

Chr.  W'eise  cur.  gud.  v.  vcrsm  4.1 ; 
dasz  ich  einst  einen  hund  bei  Haag  gesehen  hahe, 
hart  an  dem  weg,  wo  man  nach  Frankreich  fahrt. 
Gellert  1,  149; 
und  sein  grünendes  grab  ragt  hart  am  grabe  des  mädchens. 

llöLTT  43  llatm; 
kams,  hurre,  hurre!  nachgerannt, 
hart  hinters  rnppen  hufen.    Bürger  15'; 
da  brach  ihr  die  tas.<c  so  hart  an  dem  mund.    Göthr  1,  221; 
ich  schlich  mich  hart  am  stuhl  vorbei.    12,  134; 
herr  docior  nicht  gewichen!  frisch! 
hart  an  mich  an,  wie  ich  euch  führe.    195; 
sie  schaut  aus  ihrem  gartenhaus, 
es  stehet  hart  am  weg.    Uuland  ged.  23; 
wohl  bedurfte  der  mann  der  festen  und  staleiien  rüstung, 
welche  der  knabe  sich  schon  hart  um  den  biison  gewölbt. 
Arndt  ged.  (1840)  ls7. 

b)  seitlich:  euch  latszen  sy  {die  Griechen)  icr  kindcr  firmen 
hart  nae  der  doiifcn.  IIarf  74,32;  das  man  das  ovangcliuin 
hart  vor  der  predigt  zu  lalinisch  licsct.  Lltmer  3,58';  wa« 
ligt  denn  daran ,  oh  sie  die  {warte)  in  dem  sacrament  nicht 
hören,  wenn  sie  nur  hart  zuvor  in  der  predigt  gehöret  und 
gcfassct  haben.  59*;  da  kam  das  weih  hart  vor  morgens. 
ric/(t<T  19,  20.  sundchst  dieser  bedetäung  stellt  hart  =■  schnell, 
bald: 

erbarm  dich  hart,      ich  beit  und  wart. 

Ambr.  tietlrrb.  74,  7. 

c)  örtliche  und  zeitliche  bedeutung  ist  gemischt:  weil  sie  {die 
threnpforte) . .  hart  hinler  meinem  letzten  bedienten  cinpurzeltc. 
J.  I'adl  uns.  Inge  1,  26; 

diT  lod  enirisx  sie  meiner  band 
hart  hinterm  iriiiinUar.    IIürgkii  85*. 


509 


HART— HÄRTE 


HÄRTE— HÄRTEN 


510 


HART,  VI.  und  f.  silva.  ahd.  hart  und  haid  Graff  4,1026; 
montana  quae  dicunlur  hart.  5,  753 ;  mlid.  hart  üb.  1,  640".  das 
KoH,  in  seiner  abstammung  mil  haar  höhe,  berg  sp.  22  zusam- 
menfallmd,  und  von  alten  zeiten  her  in  orlsnamen  viel  verwendet, 
lebt  als  appellativuin  fem.  in  der  bedeutung  wald  noch  in  dürfern 
der  Rhön  (Vilmap  151),  als  masc.  in  gleicher  bedeutung  in  Tirol 
(Fromm.  6, 145),  ganz  wie  in  folgendem:  wellicher  zu  Embrach 
husen  well,  dem  soll  der  vogl  ein  ufrichty  (dachsluhl)  usz  dem 
hard  geben,  ob  er  sy  darinn  finden  kan.  u-eisth.  1, 114  {Zürich 
V.  j.  151S) ;  als  hard ,  fem.  name  vieler  berge  im  Waldeckschen 
(CüRTZE  470');  den  berg,  den  man  nennet  daz  hard.  weislh. 
1,324  (Schicarzwald) ;  während  anderwärts,  wie  in  Baiern  und 
Franken,  wo  das  wort  in  allen  drei  geschlechtern  gilt,  die  bedeu- 
tung etwas  geändert  ist:  hier  bezeichnet  es  baden  aus  sand  und 
kies  bestehend  und  nur  mit  weniger  trocknen  und  an  sich  unfrucht- 
baren dammerde  überzogen.  Schm.  2,  241.  dem  angeschlossen  be- 
zeichnet hart ,  hard  in  den  folgenden  stellen  unbebautes  land, 
beide,  das  nicht  bewaldet  zu  sein  braucht:  so  ahd.  in  der  Würz- 
burger marklbeschreibung :  dar  in  daj  houc  in  dero  heride. 
MüLLESuoFF  «.  Scherer  175,57; 

mhd.  wis  gegrüejet,  spica  nardes, 

veldes  bluome,  kie  des  bardes. 

Haupts  xeitschr.  8,  281, 198; 

nhd.  und  git  man  von  dem  erb  das  best  houpt,  das  den 
hard  buvvt.  weisth.  1,61;  wer  in  der  hart  fert,  er  sye  arm 
oder  rieh,  den  soll  nieman  pfenden.  729 ;  da  rit  Ulenspiegel 
uf  die  hart  und  stell  den  wülfen.  Ulensp.  78  Lappenberg  (der 
Kruflersche  drucke  hat  dafür  in  dem  walde,  aber  vorher  werden 
die  Wölfe  in  dem  felde  hausend  geschildert); 

darumb  er  (Seliucadneznr)  uszgestoszen  ward 
von  menseben,  triben  in  die  hard, 
und  da  byn  wilden  thieren  labt, 
byn  waldeszlen  sin  wonung  gheet. 

Dante/  1545  K'  (nach  Dan.  4,  29); 

auch  plan,  anger:  pfeif  auf.,  so  danzet  der  Liendel  mit  der 
Län  umb  die  linden  auf  der  hart.   Fischart  groszm.  74. 

Der  name  des  Harzes,  Hercynia  silva,  der  im  mittelalter  noch 
Hart  hiesz,  gehört  hierher,  die  Veränderung  des  auslautenden  t 
zu  z  ist  zu  beurlheilen  wie  im  mhd.  git,  nhd.  geiz,  auch  für 
die  Pfälzer  Haardt  begegnet  die  form  Hartz :  sein  statt  Newen- 
stadt  (Neustadt)  genant  am  Hartz.    Mones  anzeiger  8, 153. 

HARTAPFEL,  m.  eine  äpfelart:  reibet  sogenandte  hartäpfel 
auf  einem  riebeisen.  Hohberg  3,1,164*^.     vergl.  härtling. 

HARTBÄNNIG,  adj.  dem  schwer  zu  gebieten  ist:  aus  einem 
rosz,  das  man  nit  zempt,  wirt  ein  hartbäniger  ungeschlachter 
Schelm,  und  aus  einem  sun  den  man  mutwillig  erzeugt  wirt 
ein  fräfler  und  unbögiger.    Züricher  bibel  1530  643*. 

HARTBÄNNIGKEIT,  f. :  aber  sy  habend  nit  wollen  hören, 
und  darum  wirdt  der  herr  irer  hartbennigkeit  antwurten. 
Züricher  bibel  1530  33l'. 

HARTBAUM,  m.  cornus  sanguinea,  harlriegel,  heckholz.  Nem- 
NiCH  2. 1228. 

HARTBEISZ,  adj.  pervicax,  keibig,  halsstark,  herf.  Dasyp. 
das  adj.  geht  eigentlich  auf  den  hund  oder  vogel,  der  schwer  zur 
beisze,  jagd  (l,  139S)  äch  brauchen,  läszt ,  dann  im  allgemeinen 
sinne  auch  auf  den  hartnäckigen  menschen. 

HARTBESCHÄTZT,  part.: 

ob  nabrios  auch  ersterbe 
die  hartbescbatzte  Stadt.       Voss  6,  181. 

HARTBLEI,  n.  blei  was  vom  silber  geschieden  und  spröde  ist. 
Jacobsson   2,  222*. 

HARTDAUIG,  adj.  schwer  verdaulich:  diese  thier  haben  all 
ein  hartdäuvvig  fleisch.  Forer  fischb.  81';  das  brot  so  von 
altem  körn,  das  übel  schmecket  und  ersticket  ist,  gebacken 
wird,  ist  hartdäuig.    Tabernaem.  591. 

HÄRTE,  f  duritia,  ahd.  harti,  herti,  mhd.  herte ;  nach  hart 
in  mehrfachem  sinne,  selten  mit  plural. 

1)  von  Waffen,  mctall ,  stein,  holz:  die  härte  des  Stahls, 
eisens;  steinerne  härte,  duritia  lapidea  Stieler  772;  härte 
am  bauin,  nodus,  centrum  rami  das.;  dasz  die  also  körperlich 
lind  fest  gemachte  luft  . .  in  eine  solche  dichtigkeit ,  härte 
und  schwere  zu  treiben  sei,  dasz  sie  sich  vom  steine  nicht 
untersciieide.  Immehhan»  Münchh.  2,33.  die  härte  des  eisens 
kann  künstlich  vermehrt  werden,  in  diesem  falle  ist  von  härte 
«n  plural  gebräuchlich,  die  verschiedenen  grade  des  hartseins  aus- 
zudrücken: ein  Wasser  gibt  eine  hertere  und  besfendigere 
hcrle  denn  das  ander,  wie  drumb  die  Inszbrucker  hämisch 
und  kürisz  die  besten  herten  haben  sollen.  Mathe«.  Sar.  79' ; 
die  Türken  sollen  mil  dratheublut  gute  herten  macheu.  das. 


2)  von  dingen ,  die  minder  weich  sind  als  man  sie  erwartet 
(hart  4  sp.  500):  die  härte  des  lagers  erschwerte  das  schlafen; 
das  fleisch  war  saftig,  aber  wegen  seiner  härte  konnte  es 
nicht  genossen  werden;  härte  in  den  bänden,  callosilas,  callus 
Frisch  1, 41S*. 

3)  auch  unsinnlich,  nach  hart  5  sp.  500:  warum  ist  diese 
stelle,  ungeachtet  ihrer  härte,  so  schön?  Gellert2,  87;  das 
ohr  leide  bei  einer  kleinen  härte,  bei  einem  abgerisznen  e, 
bei  einem  nicht  ganz  reinen  reime,  wenn  nur  das  herz  dabei 
gewinnt,  s.  91;  in  der  musik  die  härte  einer  dissonanz;  die 
stimme  des  andern  beleidiget  uns  durch  ihre  härte,  durch 
das  hohle,  durch  das  schreiende,  durch  das  rauhe  und  grobe. 
Gellert  6,  315 ;  die  härte  einer  Zeichnung,  vgl.  Göthe  24, 183. 
auch  hier  ein  plural:  dieser  bemerkt  es  als  eine  von  den  an- 
stüszigsten  härten  der  rede,  wenn  der  nämliche  millauter 
sehr  oft  und  nahe  hinter  einander  vorkommt.  Lessing  6,361. 

4)  von  menschen,  strenge,  mangel  des  mitgefühls,  grausamkeil: 
die  härte  des  vaters  hatte  den  söhn  aus  dem  elterlichen 
hause  getrieben ;  dasz  der  professor  aus  Verzweiflung,  mich 
nicht  bekommen  zu  haben,  gar  nicht  geheiralhet  hätte,  dasz 
er  vielleicht  noch  itzt  über  meine  härte  untröstbar  sei.  Ra- 
BEXER  sat.  3  (1757)  175;  diese  härte  der  seele,  bei  äuszer- 
licher  geschmeidigkeit  und  sanfimuth.  Gotter  3,  9 ;  hier  auf 
dem  vorgrund  einer  hellen  warmen  Jugend  . .  wurde  er  zu 
weich  und  zu  warm ,  auf  dem  dorfe  widerrief  er  die  härte 
der  Stadt.  J.  Paul  Hesp.  3, 159 ;  bin  ich  nur  ungerecht,  wenn 
ich  des  andern  vermögen  kränke?  nicht  auch,  wenn  ich 
seine  ..  ruhe  durch  stolze  härte  störe?  Gellert  6,147; 

der  bimmel  weisz,  dasz  jene  zungen  lügen, 
die  mich  der  härte  zeihn  und  grausamkeit. 

Schiller  Turandot  2,4; 
härte 
gab  ich  dir  schuld,  weil  du  mir  ein  geschäft 
verweigertest,  wo  deine  Alba  glänzen?    Karlos  2,  5. 

5)  strenger,  scharfer  kämpf,  wie  mhd.  herte  wb.  1,  63S': 

sie  hiejen  mine  beide     in  einer  herte  slaben  unde  vähen. 

Guar.  130,  4; 

in  unumgelauteter  form:  dann  wann  ir  die  harte  treffen,  die 
mein  bruder  und  ich  thun  werden,  ir  soUent  euch  der  ent- 
setzen.  Aimon  bog.  i. 

6)  strenge,  bilterkeit,  vom  weiter,  von  zäten  und  lebenslagen: 
härte  des  winters,  rigor  hyemis,  gclu  Stieler  772;  die  härte 
der  Zeiten ;  härte  eines  Charakters ;  härte  des  Schicksals ; 
datier  mhd.  herte  geradezu  für  not: 

da?  si  von  größer  berte 

hern  Iweinen  nerle 

mit  ir  vil  guoten  witzen.    Iwein  2719; 

in  bezug  auf  gesetz,  strafe,  gebot:  es  liegt  viel  härte  in  dieser 
gesetzlichen  bestimmung;  die  härte  einer  strafe;  die  vielfach 
getadelte  härte  mancher  Strafbestimmungen.  Hall,  zeitung  1S70 
«0.  50;  ahd.  herti  dero  altun  eo.   Notker  bei  Graff  4,1023; 

dasz  Roboam  der  jungen  radt 
der  alten  fiirgesetzet  hat, 
und  wolt  geprauchen  grosze  herdt. 
da  fielen  von  im  auf  der  fert 
zehen  von  den  zwelf  gescblecbtern. 

SCUWARZE5BERG  108. 

HARTEHREN'RÜHRIG ,  adjectiv:  hartehrenrührige  worte. 
Bdtschky  kanzl.  314. 

HARTEICHE ,  f.  quercus  robur  pediceUis  brevibus.  Nembich 
4,  1106. 

HARTEIGEL,  m.  liguster,  sonst  hartriegel:  ligustrum  kern- 
gurt ,  beinhülzlin ,  mundholz,  harleigel.  glosse  zu  eclog.  2, 18, 
tK  Yirgil.  opp.  ed.  Egenolph  (1597)  314*.  bn  Maaler  343*  der 
sarteigel,  ligustrum. 

HÄRTELHEU,  n.  ononis  arvensis,  hauhechel.  Nemnicu  4,767. 

HARTELN,  verb.:  und  sagent  meiner  muter,  da;  sy  awf 
da;  herteln  feil  las  haben  (gefärbte  und  gemalte  eier).  A.  Dü'rer 
in  den  reliquien  von  A.  Dürer  s.  19.  es  war  und  ist  noch  heute 
in  Nürnberg  ein  osterspiel  der  kinder,  mit  gefärbten  und  gekochten 
eiern  dergestalt  ausgeführt,  dasz  einer  des  andern  ei,  und  zwar 
entweder  die  spitze  oder  das  entgegengesetzte  breitere  ende,  zu 
zerschlagen  sucht,  wobei  das  härtere  ei  das  zerschlagene  gewinnt; 
in  der  Oberjifalz  als  herten  und  herlein  gekannt,  Schm.  2,  241. 

H.\RTEMOND,  s.  harlmonat. 

HÄRTEN,  verb.,  ahd.  hartjan,  hertan,  mhd.  herten. 

l)  transitiv  hart  viadien ;  a)  im  eigentlichen  sinne :  den  stahl 
bei  yerstählten  und  schneidenden  Werkzeugen  kann  man 
glciclilalls  in  kallein  wasser  härten.  Jacobsson  2,222*;  eisen 


511 


UÄRTEN  —  HÄRTETROG 


II ARTFEÜER  —  HARTHERZIG 


512 


härten,  durare  et  purgare  fernem  Stieleb  7" 2;  nach  diesem 
härlen  des  slalils  und  eisens  liciszl  es  bildlich : 

und  schweig-end  ward  ein  bündnis  jetzt  beschworen, 

das,  lest  geiiarlet  in  des  feuers  glut, 

besiehcu  wird  in  allen  schicksalsproben.    Schiller  Teil  5, 1 ; 

die  hufen  härten,  ungulcts  durare  Steinbach  1,  703 : 

mhd.  dö  was  veit  unde  wall 
mit  snö  gar  bcvallen; 
den  het  der  frost  allen 
gehertct,  als  er  wol  kan. 

SiRiCKBR  in  Wackernaijels  lescb.  026,18. 

b)  übertragen,  und  swar  entweder  nach  hart  7,  o  und  b  sp.  501 
'fest,  kräßig  machen,  abhärten :  herten,  hert  oder  käch  machen, 

durare,  iudurare  Maaieb  219*;  alle  leibesübungen  härten  den 
körper.  Gellert  6, 294 ;  wofern  das  geinütte  in  keiner  strengen 
zueilt  und  lebensait  gehärtet,  noch  durch  gefahr  und  inüh- 
seiigkeit  verstühlert  worden.  Bdtschkt  Palm.  863;  undurch- 
brechliche  schaaren, . .  gegen  alle  demente  gehartet.  Schiller 
854;  er  wurde  darin  (in  thau  und  luß)  wie  heiszes  eisen  ge- 
liärtet.  J.  Paul  Hesp.  1,164; 

durch  manchen  held  im  kittel, 
der,  durch  dea  feldbau  stark,  gehärtet  durch  den  pflüg. 

illCEDORN  3,  27  ; 

mit  allen  kräften,  die  ihm  der  härtende  krieg  gab. 

Klopstock  5,  54; 

oder  nach  hart  7, d  sp.  502  fühllos,  verstockt  machen:  so  ge- 
horchten sie  nicht,  sondern  härteten  iren  nacken ,  wie  der 
nacke  irer  veter,  die  nicht  gieubeten  an  den  herrn  iren  gott. 
2  ftün.  17,14,  s.  hartnäckig;  jedes  wort  das  du  oder  ich  sagen, 
härtet  sie  noch  mehr  gegen  uns.  Klopstock  9,  326 ;  wenn  er 
dich  sehr  betrüge,  wenn  die  vom  hof  gehärtete  band  ein- 
mal blut  und  thrünen  wie  ein  zitronenquetscher  aus  deinem 
herzen  drückte.  J.  Paul  Hesp.  i,  86. 

c)  auch  nach  hart  9,  c  (sp.  505) :  holzbirn  härten  den  leib, 
sobra  durant  ventrem  Stieleb  772; 

da5Z  künftig  keiner  nicht,  wie  etwan  Welschland  thut, 

sich  überreden  darf,  dasz  gar  zu  kaltes  blut 

bei  unscrn  knochen  sei,  und  etwan  ein  gestirne 

vom  neuen  Zembla  her  uns  härte  das  gehirne, 

damit  es  weiter  nicht  gedenke,  dann  es  sieht.    Opitz  2,  27. 

2)  reflexiv  sich  härten:  messerklingen  härten  sich  in 
kochendem  fett;  durch  frost  härtet  sich  der  boden;  über- 
tragen: der  empfindsame  weichling  härtet  sich  zum  manne. 
Schiller  705;  auch  in  dem  sinne  sich  fühllos,  verslociU  machen: 
wie  die  slrauszen  herten  sie  sich  auch  gegen  ire  jungen, 
und  lassens  dabei  bleiben,  das  sie  die  eier  von  sich  geworfen, 
und  kinder  gezeuget  haben,  nicht  mehr  thun  sie  dazu.  Lutuer 
2,473';  ihr  habt  mir  nichts  zu  verzeihn.  ich  aber  habe  mir 
geantwortet,  dasz  ich  es  euch  nicht  verzeihn  will,  dasz  ihr 
euch  wie  felsen  härtet,  ihn  zu  verkennen.  Klopstock  9,342. 

3)  intransitiv  aushalten,  ausdauern,  wie  mhd.  herten  wb.  1,638': 
und  so  sie  schon  so  harter  säwischer  natur  weren,  dasz  sie 
ein  gute  zeit  bei  soliichen  faulen  tagen  herten  köndten. 
i.WEsrvuAL  fauüeuffel  ¥  u]';  auch  transitiv  als  aushärten, 
5.  1,882; 

ich  hoff  ich  werds  nicht  herten  ausz, 
0  herr,  was  wird  doch  werden  drausz? 

cathul.  kirchcnyesänge  {Völn  1634)  s.  611. 

HARTENACK,  m.  nanie  eines  bieres  zu  Lübeck,  zeitvertreiber 
(1668)  159.  es  wird  unter  anderen  bieren  Garg.  69'  mit  auf- 
gezählt. 

HARTENAU,  n.  hypericum  pcrforatum,  Johanniskraut,  gewöhn- 
licher harthau,  harthcu,  s.d.;  die  pflanze  dient  als  Schutzmittel 
gegen  böse  geister: 

Ui  denn  keine  junge  frau, 

die  da  räuchert  mit  hortcnau?  {tum  gchutz  gegen  gewilter). 

FiBDLER  tollisr.  u.  vutksl.  08. 

HÄRTER,  m.  der  arbeiter  einer  gcwchrfabrik,  der  klingen,  lade- 
Uücke  und  andere  gerate,  die  die  härte  erhalten  sollen,  härtet. 
Jacübsson  2,222';  schwerlich  wol  sind  solclie  leule  im  fvlgenden 
gemeint : 

hertcr,  petler  und  itcrzcr, 

riricr  und  Icdcriiwerzer.    IleiiAiii  Wiener  60,  10; 

krapfmbarhcr,  champfcr,  gauklcr, 

atiTzcr,  faurtcr  und  kadroivr  (tumpcnsammler).    812,  7; 

eher  ist  et  das  mhd.  hCrta;re  hirt. 

H Ariern,  m.  der  hartriegel,  liguttrum  vtägare,  auch  nur 
härter.  Nemxicii. 

HÄRTETR(H;,  m.  trog  in  dem  eiternes  gerat  gekartet  wird:  io 
ihrer  {der  luirter)  Werkstatt  utrht  neben  der  esse  ein  groszcr 


häitelrog  und  ein  amhosz.  . .  die  tauglichen  stücke  werden 
sogleich  einzeln  in  einem  langen  feuer  rothwarm  gemacht 
und  langsam  in  den  härtetrog  gesteckt.  Jacobsson  6,  42*. 

HARTFEDER,  f.  die  schwingfeder  des  vogels,  im  gegcnsatz  zu 
der  weichen  flaumfeder:  penna  vel  pinna,  hertfäder,  p/uniaweich- 
füder,  pflaumfäder  Dasyp.  unter  den  partes  avium;  die  hart- 
fäder,  das  grosz  gefider  eines  vogels,  pinna  Maalbr  212*. 

HARTFLEISCHIG,  adj  mit  festem  fleisch  versehen:  in  den 
hartneischigcn  gliedern.  Thubneisser  magna  alchymia  (1583) 
2,  28. 

HARTFLÜSSIG,  adj.:  so  ein  goldt  besser  und  edler,  so 
es  unschmelzsamer  oder  hartflüssiger,  daselbst  1,22;  das  zinn 
auch  harlflüssiger  zu  machen.  1, 141. 

HARTFUTTER,  n.  pferdefuUer,  das  aus  haber  mit  häckerling, 
gerste ,  roggen  oder  erbsen  besteht;  auch  kürnerfutter  genannt, 
bildlich:  dasz  er  aus  mangel  an  musze  kleine  dinge,  z.  b. 
essiggurken,  kastanien,  krehsschwänze,  blos  im  ganzen  und 
ohne  geschmack  verschluckte,  so  dasz  er  nachher  das  hart- 
futter  wie  einen  verschlungenen  Jonas  oft  drei  tage  in  der 
waidtaschc  seines  magens  herumtragen  muszte.  J.  Paul  Titan 
1, 103. 

HARTGEFROREN,  part. :  hartgefrorener  erdboden ;  über- 
tragen: der  hartgefrorne ,  auf  literarische  thoren  hackende 
spottvogel  (Liscov).   i.  Paul  kl.  bücherscliau  2,  22. 

HARTGEHERZT,  part.: 
glaub  nicht  dem  hartgeherzten  mann.    k.  Richard  11,  6,  3; 
believe  not  this  hart-hearted  man. 

HARTGEITIG,  adj.  eingenommen  von  kaller,  fühüoser  gier 
nach  besitz:  als  ob  er  (gott)  so  ruch  und  hertgiltig  und  un- 
geniiglichen  sy,  d;  er  nieman  kein  Ion  well  geben.  Keisers- 
ßERG  bilg.  160  . 

HARTGEMAULT,  part.: 

bockt  mit  ihm,  laszt  sich  hartgemault  nicht  lenken. 
TiBCK  3,  327. 
s.  hartmäulig. 

HARTGEPANZERT,  part.:  sie  legen  heimlich  dem  innern 
menschen  ein  waffenstück  nach  dem  andern  an,  bis  er  hart- 
gepanzert  da  steht  und  losschlägt.  J.  Paul  Titan  2,  203. 

HARTGESOTTEN,  part.  hart  gekocht;  hartgcsottne  eier; 
übertragen  auf  einen  verstockten  menschen:  du  bist  ein  hart- 
gesottener Sünder.    Schiller  Fiesco  1, 9. 

HARTGLÄUBIG,  adj.  schwergldubig :  habe  ichs  ihnen  nicht 
gesagt,  hartgläubiger?  \ oss  mytltol.briefe (ISIl)  1,289;  ferner 
sagt  ich  die  Witterung  voraus  . .  dem  geliebten  Herder,  welcher 
auch  täglich  hartgläubiger  werden  wollte.  J.  Paul  hcrbstblum. 
3,197;  ohne  umlaut:  der  Skeptizismus,  der  uns  statt  hart- 
glaubig  ungläubig  macht.  Hesp.  2,  223. 

HARTGRAS,  n.  fcstuca  ovina ,  scliaafgras.  Nbmnicb  2,1612. 
das  kleine  hartgras,  fcstuca  duriuscula  1010. 

HARTHAARIG,  adj.  pilos  setosos  habens.  Frisch  1,418*.  dafür 
hartharicht /lirc/jjiiui  Stieleh  767;  harthaarigte  augenbraunen. 
Klinger  theater  3, 175. 

HARTHÄDIG,  adj.  zähe,  geizig:  und  seint  geitig  und  hart- 
bäbig  oder  unmilt.  Gersdork  feldb.  d.  wundarzn.  (1528)  85. 

HARTHÄLSIG,  adj.  einen  harten  unbiegsamen  hals  habend, 
un fügsam :  harlhUlsig,  ostinalo.  caparbio,  pertinacc  Hulsius  70'; 
harthälsig  sein,  ostinarsi,  formarsi  in  un  proposito  das.;  hart- 
hälsig  cervicosus  üasyp.  ;  das  wir  so  harlhelsik  bleiben.  Kei- 

SERSIiERC   S.    d.   m.    46*. 

HARTHÄLTIG,  adj.  zähe,  geizig :  harthcltig  tenax  Difir.  577'. 

HARTHARZ,  vi.  harz  in  fester  gcstail ,  im  gegensatx  zuni 
flüssigen  und  gummVuirze.    Scuedel  waarenlex.  1,506*. 

HARTHÄUtiG,  adj.  mit  harter  haut  verschen;  harthäutige 
Weintrauben,  uvae  duracinae  Kirsch  cornuc;  ttberlragen  auf 
einen  unempfindlichen  vtensclien.    Frisch   1,418*. 

IIARTHÄUTIGKEIT,  f  densitas  cutis,  callosüas.  Stbindach 
1,  721. 

HARTHEIDE,  f.  ledum  paluslre,  sonst  wilder  rosmarin,  moUen- 
kraut.    Ni;>iMcu  3,  357. 

HARTHERZIG,  adj.  durus  corde  Stieler  831;  entweder  ofme 
den  willen  einem  andern  nachzugeben :  du  l)i»t  harlhcnig,  hart- 
näckig, dura  animo  es,  Maaler  210*;  daher  bei  GnrnB  gcradesu 
für  verstockt:  o  ihr  lilindcn !  ihr  hartherzigen!  fast  ein  jähr 
gehe  ich  mit  euch  um  . .  imd  es  geht  euch  kein  licht  ouf. 
14,194;  oder  ohne  müleid,  barmherjigkcit :  hartherzig,  unb.irm- 
hcrzig,  ferreus  Stei.^iiacu  1,744;  ein  hartherziger  glfliiliipcr. 
hiervon  bei  Maaler  219*  das  subst.  die  hartherzige,  rcuche, 
immisericordia. 


513 


HARTHERZIGKEIT  —  HÄRTIGKEIT 


IIÄRTIGKEIT  —  HÄRTIGLICH 


514 


HÄRTHERZIGKEIT,  f.,  iplli.  harduhairtei. 

HARTHEU,  ri.  hypericum  perfuralum:  harthöuw  ein  kraul, 
ein  art  von  s.  Johans  kraut,  corion  Maaler  212';  das  andere 
geschlecht  des  st.  Johanniskrauts  wirt  Jiartheu  genannt,  ist 
an  Stengeln  und  blättern  gröszer  als  das  gemeine.  Hohberg 
3.1,426';  das  hartheu  hat  weisiechte  wurzeln  in  viel  zaseln 
zertheilet.  Taber.vaem.  1250.  Nemmch  reneicJinel  auch  den 
iiamen  als  harthau,  hartau.     s.  hartenau. 

HARTHEL'MSCH,  »;i.  eine  traubenart,  von  welcher  der  name 
dann  auf  den  irein  übergeht:  hartheunisch.  ura  duraciiia  Stie- 
i.EB  2301 ;  rüsziing.  harthynsch,  klebrot.  Lo.mcerus  kiäulerb.  34, 
bei  angäbe  dasi  die  iceine  nach  arl  der  Irauben  iintersclüeden 
seien,  in  Nemhichs  «"6.  begegnet  der  name  als  hartheinst,  'eine 
abdnderung  des  ueinslocks,  trägt  schöne  grosze  trauben,  die  beeren 
sind  grttn  und  sehr  hart'. 

H.ÄRTHIRMG,  adj.  harten  sinnes  und  denkens,  unempfindlich : 
Polygnotus,  welcher  was  harlhirnig  war,  wüste  wol,  dasz  er 
dem  könig  misfiele,  dessen  aber  ungeachtet  nahm  er  sich 
vor.  hierauf  nicht  zu  sehen,  jmlit.  Stockfisch  96. 

HARTHOBEL,  m.  hobel  für  hartes  hulz,  wegen  des  steilslehenden 
hobeleisens  auch  steilhobel.    Jacocssox  2,  223". 

HÄRTHOLZ,  n.  ein  name  der  hagenbuche,  carpinus  betulus. 
•Nemmch  2.  S95. 

HARTHÖRIG,  adj.  hartes  gehör  habend,  schwerhörig:  daher 
kommt  es,  dasz  der  ein  blüdes  gesicht  hat  die  färben,  und 
ein  harthörichter  den  klang  und  die  worle  nimmermehr  recht 
zu  unterscheiden  weisz.  J.  B.  Schlppic«  rovi  Schulwesen  (1701) 
s.  122.  auch  auf  einen  bezogen,  der  nicht  hören  will:  er  ist 
gegen  meine  ermahnungen  harthörig  gewesen,  nun  musz  er 
fühlen;  contumax:  dieweil  nu  hei-zog  Ludwig.,  harthörig  .. 
worden  ist.    Haltads  828. 

HARTHÖRIGKEIT,  /".  nd.  liarthöricheit  tarditas  aurium  {als 
krankheil)  Chttraeüs  cap.  59 ;  »;i  dem  einsprechenden  capilel  seines 
Vorgängers  Golics  fehlt  das  wart  noch. 

HÄRTHUFIG,  adj.  einen  harten  huf  habend:  harlhuficht, 
durisungulis  praeditus.  Stieler  S64. 

HÄRTIG,  adj.  härte  habend,  hart,  ahd.  harlig  (Graff  4.1024) : 
etliche  machen  ausz  eim  herligen  dinge  einen  sand.  Para- 
cELSüs  opp.  1, 484A;  das  allzuhärtig  machet  schartig.  Phil- 
a.vder  1.  208. 

HÄRTIGKEIT,  f.  härte,  mhd.  hertecheit ,  in  der  modernen 
spräche  su  gunsten  von  härte  ungebräuchlich  geworden,  duritia  et 
durities  reuhe,  hertigkeit  Serranüs  rficf.  g  3*;  hartigkeit,  diffi- 
cultas,  durities  Dasvp.     das  wort  wird  gebraucht 

1)  in  bezug  auf  metall,  stein,  höh:  la  teutsch  nennet  man 
disz  gewächsz  umb  seiner  hartigkeit  willen  auch  hartriegel 
(doch  unbillich).  Bock  krduterb.  TSS;  welsch  kirschbaum  heiszt 
cornus,  wegen  seiner  horncchten  hartigkeit.  Lycosthennes  lusty. 
416;  ehe  die  sonne  ihren  schein,  die  felsen  ihre  natürliche 
hartigkeit  verlieren  sollen.  Homburg  Dulcimunda  (1643)  s.  67; 

um  des  erdreiehs  hartigkeit 

des  himmels  schmuck  sich  siröcket.    Weckherlis  257; 
die  elemente  seihst  vollffihren  ihren  streit: 
heisz  ist  dem  kalten  gram,  und  weich  der  hartigkeit. 
Opitz  1,  100; 
spUknd  mit  der  bedeutung  4  unten : 

0  hartigkeit!  ich  hleib  ein  stein, 
wenn  felsen  selbst  beweglich  sein. 

Chr.  Grtphii's  poet.  wäld.  2,  50. 

2)  in  bezug  auf  dinge,  die  niciä  den  ihnen  gewöhnlichen  grad 
von  weichheü  haben:  callositas  härle,  knorrichle  hartigkeit  (der 
haut).  KuscB  comuc;  unsinnlich  auch  ton  dingen,  die  der  zart- 
heü  anmul  entbehren:  ich  selbst  trage  über  di  Widerwärtigkeit 
und  trübsal  dises  lebens.  als  di  glükseligkeit  und  Wohlfahrt 
desselbigen,  über  armuht  ais'reichtuhm,  über  harligkeit  als 
zahrtheit.  Bltscbsy  Aanz/.  712;  in  bezug  auf  den  stil:  manche 
gute  gedichte  würden,  durch  dieses  einzige  mittel,  von  Wör- 
tern die  nicht  an  ihrem  platze  stehen,  von  fiillwörtern, 
härligkeiien,  ja  sogar  von  Sprachfehlern  gereinigt  werden. 
Wielakd  4,  vorrede  s.  12. 

3)  in  bezug  auf  menschen,  strenge,  festigkeil,  spröde  gesimiung : 
hertigkeit  asprüudo  .Maaler  219';  der  sich  auch  mehrer  hertig- 
keit gegen  seinen  sünen,  dann  die  feindt  gebrauchet.  Aimon 
rorr. ;  dasz  dein  herz  albereit  solcher  hartigkeit  . . .  fähig. 
HoMBiBc  Dulcimunda  j.63;  wegen  ihrer  schuldigen  hartigkeit 
(sie  erhurt  den  Itebhaber  nicht),    ehe  eines  weites  2S7; 

ihr  göttin  zart,  ihr  deren  herrüchkeit 

die  gottor  selbs  nicht  könden  widerstreben, 

ach  stehet  ab  von  ewrer  hartigkeit 

und  lasset  doch  den  rittern  hie  das  leben. 

>VECKHERLn    280. 

IV.  II. 


4)  öfter  auch  fühllosigkeil,  kalte  unbarmherzige  ge.iinnung  (nach 
hart  7,  c  5^.501):  tenacUas  hertigkeit  Dief.  577*;  durch  geduit 
wird  ein  fürst  versünet,  und  eine  linde  zunge  bricht  die 
hertigkeit.  spr.  25, 15 ;  sie  sprachen ,  Moses  hat  zugelassen 
einen  scheidbrief  zu  schreiben  und  sich  zu  scheiden.  Jesus 
antwortet  und  sprach  zu  inen,  umb  ewers  herzen  hartigkeit 
willen  (goth.  vij)ra  harduhairtein  izvara)  hat  er  euch  solch 
gebot  geschrieben.  Ware.  10,  4;  diese  hartigkeit  (/«»y/rauc'«  s" 
klostergelübdcn  zu  zwingen)  hat  viel  fromen  leuten  vor  dieser 
zeit  misfallen.  com/,  aug.  6«  Luther  6,373*;  durch  deine  hartig- 
keit (in  der  behandlung)  ist  mein  leib  auszgezehrel.  pers.  baum- 
garlen  4,20;  unmenschliche  hartigkeit  des  geilzes.  co/ica42; 
dasz  das  studiren  der  jungen  nicht  mit  hartigkeit  zu  schrecken, 
sondern  mit  schmeichlerischer  freude  und  züchtigem  loben 
zu  erhalten  und  anzutreiben.  Schcppiüs  743 ;  Viterbo  war  vom 
kayser,  wegen  harligkeit  seiner  bedienten ,  .  . .  abgefallen. 
Hahji  bist.  (1724)  4,173; 

vermesznen  übermuth 
und  stolze  hartigkeit  und  wilder  iüste  brut. 

Uz  2  (176S)  112; 
s  ist  seine  kalte  hartigkeit.    Herder  8,  24. 

5)  verstockllieit  (nach  hart  7,  d  sp.  502) :  hertifceit  des  geinulz, 
perlinacia  voc.  ine.  theut.  k';  sihe  nicht  an  die  hertigkeit  und 
das  gottlos  wesen  und  sünde  dis  volks.  b  Mos.  9,27;  und 
schalt  iren  Unglauben  und  ires  herzen  hertigkeit.  3/arc.  16, 14; 
wie  mag  sich  doch,  o  mein  kind,  deines  herzens  hartigkeit 
der  heiszen  thränen  enthalten,  wann  du  erkennest,  wie  oft 
und  gröblich  du  deinen  schöpfer  mit  deinen  Sünden  beleidigt 
hast.  Simpl.  4. 1S3  Kurz;  kan  sich  unsers  gegentheils  groszer 
harligkeit  nicht  gnug  verwundern.  Spalatin  bei  Luther  5,37'; 
und  werden  die  bischove  gott  rechenscliaft  für  die  Spaltung, 
so  durch  ir  harligkeit  in  der  kirclien  anhangt,  geben  müssen. 
conf.  aug.,  das.  6,377';  das  sie  in  ellichen  sichern  heuchlern 
die  Sicherheit  und  hertigkeit  Sterken.  J.Jonas,  das.  3S7';  und 
ist  eine  grosze  hartigkeit  dasz  man  lieber  will ,  dasz  die 
religion  bei  so  viel  lenten  ganz  untergehe.  Meukchthon  opp 
2,292  (ed.  Bretschneider);  o  menschlicher  herzen  tohrheit  und 
hartigkeit,  so  allein  auf  gegenv^ärtige  dinge  gedänket,  und 
nicht  das  zukünftige  betrachtet!  But.schky  kanzl.  74S;  habe 
aber  wegen  der  harligkeit  bei  ihm  nichts  verrichten  mögen. 
Schweinichen  3, 18 ; 

und  dasz  in  ihrer  hartigkeit 

sie  geltes  wort  und  gütigkeit 

Terwerfen,  steht«  vergessen.    Weckherli!«  4S. 

in  die  bedeutung  Stumpfsinn  übergieifend:  hertikeit  des  sins. 
der  verstantikeit ,  ebeludo  roc.  ine.  thettt.  k";  (die  Corsicaner) 
ein  vihisch  hertigkeit  und  thierisch  anbück  anzeigende.  Frane 
weltb.  (1567)  18*,  wo  andrerseits  nach  harl  9,  c  (sp.  505)  die  unten 
folgende  bedeutung  7  anrührt. 

6)  nach  hart  9,  a  und  b  mühseligkeit,  beschwerlichkeit :  keiner, 
er  sy  wie  arm  er  well ,  dut  sinen  rüsziin  solche  hertigkeit 
an,  dj  er  im  in  einen  lag  zu  vil  arbeil  ufif  leit.  Keisersberc 
bilg.  160';  gewehne  dich  zu  ertragen  allerlei  hartigkeit.  pers. 
baumg.  7,  23 ; 

denn  wie  mich  jetzt  die  weit  ansieht, 

ist  die  jiigent  dahin  gericht, 

das  sie  all  hertigkeit  thut  fliehen. 

B.  Waidis  Esop  4,  85,  43. 

7)  beschwerlichkeit ,  von  den  körperlichen  rerrichlungen  (harl 
9,  c):  dyspnoea,  hartigkeit  des  athems,  keichigkeit  Dasypod. 
(morborum  nomina);  tenasmus  hartigkeit  des  stulgangs  das. 

H.äRTIGLICH,  adv.  hart,  mhd.  hertecliche,  herleclichen. 

1)  harl,  mit  anstrengung,  vom  kämpfe,  widerstand:  der  streit 
ward  von  beiden  Ibeilen  harligüch  gehalten.  Aimon  bog.  9; 
wie  euch  der  hose  feind  harligüch  anficht.  Luther  fcr.  4, 415; 
hertiglich  pertinaciter  roc.  ine.  theut.  i4*;  hertigküch,  mit  kvb 
und  widersatz.  Maaler  219';  rom  arbeiten  und  ernähren:  und 
sich  mit  den  seinen  hertigküch  nehren  und  roden  und  reuten 
solle.  Mathes.  Sar.  8';  dem  frommen  und  aufrichtigen  armen 
landvolk  aber,  welche  sich  mit  schaafen  und  gaisz-  oder 
schweinhülen  harligüch  nähren  müssen.  Simpl  1,35  Keller; 
harligklich  leben,  frohere  vitam  Dastp. ;  einer  arbeitet  har- 
ligüch, und  der  ander  stilet  und  beraubet  das  land.  Simpl. 
2,  ili  Kurz;  ihr  höchstes  contentament  (musz  sein),  wann  sie 
ihr  leben  mit  schwerer  saurer  mühe  und  arbeil  verschlicszen, 
sich  bemühen  um  ein  wenig  rothe  erde,  die  sie  doch  nicht 
mitnehmen  können,  die  hölle  harligüch  erarnen.  s.  141;  die 
esel  müssen  ihr  geringes  futter  härliglich  verdienen.  Hohbebg 
2,  176*. 

33 


515 


IIÄRTIGLICH  — HARTLEIBIGKEIT 


IIÄRTLICH  —  HARTMÄULIG 


516 


2)  hart,  schwer,  mit  mühe,  kaum:  und  liarliglich  den  hunden 
und  bawren  bin  entiunnen.  Steinhüwel  (1555)  M;  obschon 
ein  guttes  bislein  lieblich  zu  dem  magen  hinab  gehet ,  so 
wii  doch  das  geld  hartiglich  vom  herze  weichen.  Butscbky 
Palmos  16*2. 

3)  hart,  streng,  scharf,  sdmer,  vom  zürnen,  strafen :  so  theten 
wir  unrecht,  und  erzürnten  den  heiligen  Auguslinum  her- 
liglich.  Carlstad  welche  bücher  biblixch  seind  aiij ';  heiszcn  alle 
diejenigen  hertigiich  straffen,  so  dawider  etwas  reden  thurslen. 
Luther  8,14';  von  der  peinlichen  frage:  dasz  man  solche  buhen 
nil  leiden,  sonder  annemen  {fest  nchvien),  hartiglich  fragen 
(•  torqtiendos'),  und  umb  ihre  niiszhäudel  mit  ernst  straffen 
soll.  Carolina  art.39.  auch  sonst  rauh,  hart,  von  der  behand- 
lung :  das  du  uns  aber  hertigiich  wider  die  Ordnung  gött- 
lichs  und  evangelischs  gcselz  angetast.  Georg  v.  Sachsen  bei 
Ldther  3,  ISO';  dasz  er  sie  mit  einer  fausi  zu  der  erden 
schlug,  und  hartiglich  mit  den  füszen  in  ihr  angesicht  tratt. 
buch  d.  liebe  28  s'. 

4)  hart ,  eng ,  von  binden ,  fesseln ,  umschlieszen :  den  grosz- 
fürsten  hertigiich  mit  fesseln  gefangen  und  gebunden.  Avrer 
proc.  2,  2;  fiel  er  {Ämadis)  ungeslüinmlich  über  Gasinan, 
welchen  er  bei  dem  leib  mit  solcher  geschwindigkeit  umb- 
fassen  thef,  dasz  er  im  nicht  weil  liesz,  dasz  er  ihn  schlagen 
möchte,  besonder  gezwungen  ward,  llugs  seine  wehre  hin- 
weg zu  werfen,  damit  er  dem  Amadis,  welcher  in  hartiglich 
drucket,  widerstehen  kundle.  Amadis  291;  mit  gewaltiger 
kriegsmacht   hartiglich  belagern.    Kist  poet.  luslgarlc  M  *. 

5)  sehr,  vor  andern  adjecliven  oder  adverbien : 

ich  glaub,  du  verschenkst  all  das  mein, 
das  mir  hertigiich  worden  säur. 

AtRER  fasln,  sp.  97*  (2825,  23  A'e«er). 

HARTIRRIG,  adj.:  zu  Vermeidung  hartirriger  misbreuche. 
BüTSCHKY  hd.  kanzl.  6t8. 

HARTKEICHIG,  adj.  .<ichucren  alem  habend,  asthmatisch: 
hartkeichig  asmalico,  che  ä  fattica  di  respirar.  Hulsius  "o'. 

HARTKEICHUNG,  f.:  asthma  engbrüstigkeit,  harlkeichung 

DASYPODtUS. 

HARTKELCH,  m.  illecebrum  verlicillalum ,  natterblümchen, 
kreuzblümdten ,  tapetenkraul ;  n/.  gekraust  hardkelk.  Nemnich 
3,  221. 

HARTKLEMMIG,  adj.  fest,  vom  gestcin  eines  bergwcriis.  Ja- 
coBsso.N  1,  223'.     s.  klammig  5,  941. 

HARTKNOCHIG,  adj.:  er  sieht  langgestreckt,  dürr  und 
harlknothig  aus.    Auerbach  dorfgesch.  4,9. 

HARTKOPF,  wi.  der  einen  harten  Impf  hat;  ftbertragen 

1)  eigensinnig,  verstockt  (s.  hart  7,  rf  sp.  502):  warten  bis  ans 
sterben,  heiszt  allzulang  geharret,  es  mochte  einem  solchen 
hartkopf  das  trumra  zu  kurz  werden,  der  tod  ihn  überfallen. 
Otho  1146. 

2)  einer  der  schwer  begreift  (hart  9,  c  «p.  505) :  der  junge  ist 
ein  hartkopf,  er  lernt  zu  langsam. 

3)  in  Pommern  führt  der  fisch  alant,  cyprinus  jeses,  den  nanien 
hartkopf,  tceyen  seines  dicken  hauptes,  ilal.  capitone.  Nemmch 
2, 1363. 

HARTKÖPFIG,  adj.  einen  harten,  entweder  eigensinnigen,  oder 
schwer  fassenden  köpf  habend;  in  Waldcck  hartküppsch,  unge- 
lehrig.   CCRIZE   470*. 

HARTKORN,  n.  das  harlkörnigc  getreide,  wetzen,  roggen,  qerste, 
im  gegensatz  zu  dem  weicIücOrnigen  hoher.  iNEMNica  wb.  s.  hart  4 
tp.  500. 

HARTKÖRNICHT,  -KÖRNIG,  adj.:  harlkörniges  geircidc; 
hartkörniger  hanf. 

HARTLÄLFER,  m.  .•  der  hart-  oder  schnelllüufcr  der  an- 
siedier am  kap  (pbacuchoerus  aelhiopicus)  ist  das  h.lszlichstc 
Ton  den  Warzenschweinen.    Brehm  illiislr.  thiert.  2,  745. 

HARTLAlTENf),  part.: 

hartlautciiil  ist  der  satz,  docli  mir  Kewishcitvoll : 
w<>r,  was  er  will,  auch  darl,  will  gelten,  wa«  er  soft. 
IIacedorm  1,  35. 

HARTLFHRIG.  adj.  indocilis.  Frisch  1,4|s*:  allein  ich  bin 
entweder  zu  barllehrig,  uiu  diese  gesetze  zu  begreifen,  oder 
CH  inUHz  »ehr  wenige  geben,  und  auch  die  wenigen  müssen 
ilUHzerst  unbestimmt  sein.    Bürger  I40'. 

HARTLEIBIG,  <utj.  1)  invulncrabilis ,  auch  parcus ,  atarus, 
lenax.  !Stiei.er  1133.     vergl.  hart  7,  a  und  c  sp.  501. 

21  diffirMme  rxcrrnens  (liai.);  dürr,  matt,  hartleibig.  Chr. 
\Vei«e  rr:n.  :\\h. 

HARTLEIBIGKEIT,  f.  l)  nach  liartteibig  l :  die  menschen 
•treicben  ".if  li  i  rrht  auf  mir  auf,  wie  auf  einem  probirstcin, 


ihre  gefalligkeit.  gleichgülligkeit,  harlleibigkeil  und  grobheil, 
eins  mit  dem  andern  rnachl  mir  spas.  Göthe  an  frau  v.  Stein 
l,  136. 

2)  nach  hartleibig  2:  an  hartleibigkeit  leiden,  übertragen: 
feinde  der  sittlichen  hartleibigkeit  Henochs.  J.  Paul  komet  1, 20. 

HÄRTLICII,  adj.  l)  ditriusculus:  hertlächt  und  käch  pfersich, 
duracina  persica  Maaler  219';  hertlächte  beere,  einer  herlen 
hiilschcn,  duracini  das. ;  er  (Christus)  ninipt  etwas  hertlichs, 
das  der  speise  ehnlich  ist,  nemlich  sein  leib,  und  etwas 
wcichlichs,  das  dem  trank  ehnlich  ist,  nemlich  sein  blul. 
Luther  3,70*;  der  braten,  den  ich  ihnen  schicke,  wird  von 
härilicher  natur  sein.  Güthe  «« /;au  «.  67em  1,369;  »irf.  hard- 
like  kost  niclit  IciclU  verdauliche  speise  brem.  wb.  2,597;  sollte 
auch  lesern  von  ziemlich  gesunder  Verdauung  nicht  oft  etwas 
härtliches  aufs  herz  stoszen?  Herder  1,35;  übertragen  zum 
scharfen,  strengen  hinneigend:  man  erlaube  mir  die  etwas  härt- 
lichen ausdrücke  des  gesetzcs  ein  wenig  zu  mildern.  Klop- 
STüCK  12,70.     mehrfach  geradezu  für  hart,  scharf,  streng  gesetzt: 

ein  kiselsteiii  musz  für  (fciier)  usztragen, 
wan  er  zu  henlicli  wurt  gesclilagcn. 

Murner  tutlier.  narr  83; 
und  wii  die  zarten  (nmmen)  licrtiich  halten.    1489. 

2)  hartlich,  ohne  uvilaut ,  in  der  bcdcutung  abgehärtet,  nicht 
vcrweichliclit ;  adverbial : 

da  die  eitern  hartlich  leben 
da  pllegis  auch  stark  kiiidcr  zu  geben. 

Imschart  ehz.  571. 

HÄRTLICHKEIT,  f  in  übertragenem  sinne  (nach  hart  4  sp.  500): 
indem  . .  die  redart  rein  und  scheinlich,  ohne  uuzeilige  härl- 
ligkeit,  selbstflieszend  in  das  gedieht  geleitet  werden  (soll). 
Schottel //autii/)r.  798 ;  seine  tichlerei  ist  siisze,  lieblich  imd 
sauber,  ohne  die  geringste  härlligkeil.  Morhof  nnterr.  241 ; 
da  kritisch  oft  auch  krilsch  ausgesprochen  wird,  so  fällt 
der  Vorwurf  einer  etwanigen  härtlichkeit  wo  nicht  weg,  doch 
zurück.   Klopstock  12,134. 

HARTLING,  ni.    l)  bezeichnung  härtlicher  fruchte, 

a)  einer  apfelart ,  pomum  duracinum,  von  hartem  fleiscn  und 
sauerm  geschmack  in  mehreren  Unterarten.  Nem.mch  wb. ;  bart- 
ünge  duracina,  alba  et  rubra.   Stieler  1378.     s.  hartapfel 

b)  einer  pfirsichart:  der  dunkelrothc  hürtling;  der  weisze 
härtling;  der  violette  muskatellerhärtling;  der  gelbe  härlling. 
Nemnicb  1,248.  249. 

c)  der  in  folge  zu  später  blütc  nicht  gereiften  Weintraube,  die 
sonst  heerling,  hcrling  heiszt,  s.  auch  härling  spalte  480.  6p» 
Weckherlin  in  bildlicher  Verwendung,  um  die  bösen  fruchte  der 
sünde  zu  malen : 

die  härtling  ihrer  sünden.    s.  245  (ps.  107,  18). 

2)  härtlinge,  im  hültcnwesen  harte  schlacken,  die  das  zinn 
spröde  machen,  miner.  lex.  287'. 

HARTLOTH,  n.  das  harte,  schwerflüssige,  aus  kupfer  und 
messing  bestehende  loth  der  mclallarbeiler. 

HARTMACHUNG,  f :  mit  seiner  strengen  zusammenzichung 
und  hartmachung  bat  der  herbe  geist  mit  der  bittern  qiia- 
lität  das  fcuer  also  heftig  erwecket.  J.  B()UME  ylnrora  (^uitg. 
1835)  s.  187. 

HARTMÄULIG,  -MÄULICHT,  adj.  duriorü  oris;  gewöhnUch 
von  Pferden  gebraucht,  deren  maul  durch  scharfe  gebme  hart  und 
unempfindlich  geworden,  die  dalier  schwer  lenkbar  sind:  er  (ein 
edelmann  der  ein  pferd  hinweggerilten)  hette  dj  pferd  nicht 
hinweg  geführet,  es  were  so  hartmäulig,  es  helle  ihn  hinweg 
geführel.  Zinkgrek  apoplith.  1  (102C)  129;  man  fJlbrl  bei  dem 
allen  mit  hartmäulig  gemachtem  pferden  schlechter  wie  mit 
iniilhigen  und  emplindlichen.  ÄiiisKR  patr.  ph.  3  (17981  120; 
bildlich:  wehe  dem  regenten,  der  iiiclit  den  zäum  Imker  hält, 
den  er  der  freiheit  anlegt,  und  nicht  immer  lürchlel,  das 
arme  gcschitpf,  das  unter  ihm  seufzet,  hurlmäulig,  slätlisch, 
kollerig  und  unbrauchbar  für  diese  und  jene  weit  zu  ent- 
lassen. TnrimEL  reise  4,  i. ;  kennst  du  die  well,  das  taube, 
hartmäulige  (hier?  Immerhann  ,Vunr/iA.  4,  tll.  dann  auch  auf 
wideraiH-nstiiie  menschen  übertragen:  harlmeulirhl,  dume  rfrvici.< 
Stikler  1256; 

ft  wird  der  gronine  mann  nur  argk, 

routwlltlg,  hertmewilg  und  n-nrh.    II.  Sahi»   >.  i    i     ', 

ir  köpf,  Ko  berdtraewliehrr  sin.    3,  3,  31'; 

den  kennt  ihr  nicht,  das  i«l  ein  hartmäuliger.  Iloirri  / 
feil  28 ;  sogar  auf  andauernde  menschliche  fehler :  ich  I. 
einen  trelflichen  eheniann,  welcher  ..  immer  mit  dem  u.   .:, 


5 1 7     HARTMÄULIGKEIT  —  HARTNÄCKIGKEIT 

seiner  frau  zusammentraf;  aber  doch  muszte  diese  über  einen 
liar(mäuligen  fehler  herbe  klagen,  den  er  sich  nicht  aLge- 
wöhnen  liesz,  nämlich  am  morgen  aus  dem  bette  an  die 
wand  zu  spucken.  J.  Paul  lebeit  Fibds  125. 

H.\RTMÄLLIGKE1T,  f. 

H.\RTMEISZEL,  ni.  ineiszil  der  sdmiiede,  um  eisensläbe  damit 
zu  durchschroten. 

HART.METALL,  n.  spröde  misekung  von  kupfer  und  messing. 
Jacobssox  6.  43*. 

HART.MO.NAT,  m.  name  für  den  november,  december  oder 
Januar,  hergenommen  'ton  der  harten  tcinterzeit ,  im  besondern 
ron  der  harten  erddecke  oder  auch  dem  schneeharst'.  Weishold 
deutsche  monalsnamen  s.  40.  41,  wo  erschöpfende  belege  für  die 
verschiedenen  formen  des  worts,  aJid.  herlimänüt ,  nihd.  herle- 
niänüt,  nhd.  hartmant,  üarlmont,  hardman,  hardeman  u.a. 
gegeben  sind,  hartmonal  auch  für  den  februar,  nie  nd.  Iiarde- 
man,  harlmänd  brem.  vb.  2,  601 : 

bald  wenn  anTengt  der  harte  uonn, 
und  rrölich  scheint  die  liebe  sonn, 
sing  ich  (die  terche).    frosclimeuseter  II,  2,  6,  ZS*. 

HARTMUTH,  adj.:  forlis ,  gravis,  magnanimus ,  vest,  ehrn- 
vest ,  hartmut  Alberus  Vi*;  magnanimus,  groszmütig,  hart- 
mut  GG3'. 

HARTMÜTHIG,  adj.  hart  gesinnt;  verstockt,  mhd.  herfmüetec 
«•6.  2,1,261":  wer  wenig  lacht,  der  ist  hertmüetig,  und  mis- 
velt  im  allez,  da;  ander  leut  tuont.  Megesberg  47.15;  die 
hartmüligen  aber,  die  noch  nicht  begeren  trosf  des  gewissen, 
haben  auch  dieselben  roarter  nie  befunden ,  den  ist  das 
sacramenl  (der  busze)  nichts  nütze.  Luther  1,65'. 

HARTMÜTHIGKEIT,  f  Verstocktheit:  hochmuetikeit,  eigen- 
wiliikeit ,  behegenlicheit  deheines  dinges  ane  got ,  hertmue- 
tikeit.  lihtvertikeit  . .  Tacler  in  Wackern.  leseh.  1025. 19. 

HARTNÄCKIG.  -NÄCKICHT,  adj.  und  adr.  mü  einem  liarten, 
unbeugsamen  nacken  versehen,  daher  unnachgibig ,  auf  seinem 
uillen  bestehend,  in  eigensinn  verharrend,  vgl.  hai't  7,  d  s]}.  502, 
hartbälsig.  und  halsstarrig  sp.  267 :  cervicosus  hartnackig,  hert- 
nackig  Dief.  lla';  ron  menschen:  mit  hartneckichten  leutcn 
und  steinern  und  eisern  herzen.  .Mathes.  Sar.  138";  der  hart- 
näckig bleibt  auf  seinem  köpf.  Lehüiasx  103;  die  eigensin- 
nige, hartnäckichte  Starrkopf.  Philander  l  (i642)  s.  292; 
zweene  weisen  werden  nicht  ein  haar  entzwei  reiszen :  eben 
so  verhält  sichs  auch  zwischen  einem  hartnäckichten  und 
einem  sanflmühtigen.  pers.  rosenth.  4,5; 

was  kann  verstockter  sein 
als  ein  harinäckichl  weib !    A.  Grtphics  1698  1,  125; 

6«  personificalionen : 

und  da  Araxes  lauft,  da  seine  ströme  sausen, 
bartneckicbt,  brückelosz,  D»it  wüstem  stürm  und  brausen. 
Opitz  poemula  (1624)  127; 

häufig  auch  in  beiug  auf  menschliche  Verrichtungen  und  eigen- 
scliaflen:  der  hartnäckige,  zermalmende  kämpf  zwischen  sein 
und  vergehen.  Schiller  fiesco  1,13;  begreifen  sie  diese  hart- 
näckige Verstocktheit,  parasil  2,5;  sind  aber  die  aufgegebnen 
gedanke.n  gar  zu  hartnäckigt,  und  wollen  sie  sich  auf  keine 
weise  verbinden  lassen.  R&bener  sat.  i  (l76l)  s.  61;  hart- 
näckige vorurtbeile.  Bettise  bricfe  1,  Zueignung; 

hartnäcki?,  grimmig  war  der  kämpf,  bis  endlich 

Macbeth  mit  unbezwinglich  tapl'erra  arm 

des  normanns  stolz  gedämpft.    ."Schiller  Mach.  3,3; 

in  adverbialer  Stellung :  Wurm,  besinn  ersieh,  dasz  ich,  wenn 
ich  einmal  glaube,  iiartnäckig  glaube,  kab.  «.  liebe  1,5;  als 
er  sich  hartnäckig  widersetzte.  Götbe  18,177;  gieng  wieder 
. .  .  nach  der  sitzstelie  im  eichenkainpe,  wo  er  nun  eben  so 
hartnäckig  in  der  nacht  ausharrte,  wie  bei  tage.  Isuiersans 
}lünrlJi.  4,  5; 

bartnückig  wird  es  weh  und  nachweit  läugnen. 
GöTDE  41,  59. 

Lbertragen  auf  dinge  und  zustände,  die  nicht  ueidien  wollen : 
eine  hartnäckige  krankheit,  ein  hartnäckiges  fieber;  dasz  sie 
...  die  röthe,  die  sie  durchs  reiben  hervorgebracht  hatte, 
für  die  hartnäckigst»  schminke  halte.  Göthe  18, 167. 

HARTNÄCKIGKEIT,  f.  pervicacia.  .Maaler  212'  (neben  hart- 
näckige, obslinatio) ;  er  ist  standhaft,  bisweilen  bis  zur  hart- 
nackigkeit. Kant  7,429;  suchte  sich  ein  angeklagter  in  vül- 
ligem  ernste,  und  mit  groszer  harlnäckigkeit  auf  diese  art 
zu  reiten.  Ki.opsto«  12,69;  und  deine  harlnäckigkeit,  dein 
trotz,  dein  wildes  ungestümes  wesen  ...  Lessing  l,  520;  was 
das  vollbringen  Letrim,  darin  hatte  mein  vater  eine  beson- 


HARTNÄCKIGLICH  — HARTSCHLECHTIG      518 

dere  harlnäckigkeit.    was  einmal  unternommen  ward ,  sollte 

ausgeführt  werden.    Güthe  24,229; 

der  ritter  fühh  sich  in  der  enge, 
was  nützte  hier  hartnackigkeit? 

L.  H.  V.  N'icoLAT  der  ritterorden. 

HARTNÄCKIGLICH,  adv.  pertinaciter,  obslinato  animo.  Fiisoi 
1,419". 

HÄRTNÄCKISCH,  adj.  wie  hartnäckig: 

dasz  man  der  trotzigen  hartnäckisch  höhnen  zäume! 

LoHENSTErs  Sophonisbe  t.  80,  j.  3. 

HÄRTNEN,  verb.  härten :  soll  du  dein  bildt  von  eisen  oder 
stahel  schneiden,  und  wie  ein  ambosz  härtnen  lassen.  Para- 
CELSüs  opp.  2,  308  C.  bair.  hertnen  ne6en  berlen ,  härten. 
Schm.  2.  241. 

HARTPFLASTER,  ri.;  hernach  legte  sie  mir  ein  hart- 
pflaster  . . ,  welches  sie  zuvor  über  kohlen  weich  machte, 
auf  das  creuz.    med.  maulaffe  426. 

HÄRTPULYER,  n.  pulver  zum  härten  der  feilen.  Jacobsson 
6,  42*. 

HARTRAUH,  adj.  sehr  rauli:  eine  hartraue  reise.  Bctschky 
hd.  kanzl.  s.  15.     hartrauer  winter.  s.  248. 

HARTRIEGEL,  m.  l)  ligustrum  vulgare,  an  busch  von  hartem 
holze,  zu  tauben  und  hecken  verwandt,  auch  hartreder.  Neiinich 
3,  409.     ligustrum  hartrigel  Dief.  329'. 

2)  auch  cornus  sanguinea,  heckholz  heiszl  hartriegel,  hartredel, 
hartrüder,  harlrötern.  N'emnich  2, 122S;  cornus  hartriegel,  kür- 
beeren Dief.  152';  ahd.  harlrugil,  haitrugula,  hartirugil,  ü«r/j 
harldrugil,  harltrugil  sanguinarius  arbor.  Graff  5,  501. 

HARTRINDIG,  udj.  eine  harte  rinde  habend:  hartrindige 
bäume;  hartrindiges  brot. 

HARTROSE,  f.  rosa  gallica,  essigrose.    Nemnich. 

HARTROTH,  adj.,  nur  von  Weinbeeren,  rot  mü  einer  harten 
schale:  der  hartrolhe  (trein)  wird  selten  reif,  wenn  auch  der 
Sommer  gut  und  warm  ist.  Jacobsson  8,173'. 

HARTRUHRE,  f.  hetze,  jagd  in  der  haH?  vergl.  über  rühre 
Haupts  zeitschr.  11.266:  wir  sprechen  ouch  das  zu  rechte, 
dasz  in  dem  walde  nyeman  hat  dekein  recht  zu  heigende 
noch  übergriff,  one  myner  fronen  willen,  wir  sprechen  ouch 
das  zu  rechte  dasz  die  hartrure  von  sancl  Rickarl  und  Bidig 
eigen  svge  des  closters  von  Andelahe.   weisth.  l,  729. 

HARTRUND,  adj.: 

dein  hartrunde  brüstelein 

hätten  dir  mein  herz  nicht  künnen 

ohn  die  braune  färb  gewinnen. 

pHttA^^DEB  2  (1643)  s.  287. 

H.ARTSAL,  f.  oder  n.  drückende  läge,  schweres  geschieh: 

desz  will  ich  gehn,  mich  selbst  erfaenken, 
mein  hartsal  nit  mehr  zu  gedenken. 

Atrer  256*  (1217,  7  Keller). 
s.  hartsei. 

HARTS.\NGER ,  m.  der  laut  sm^  (nach  hart  11,  sp.  506), 
ausgelassen  jubelt: 

im  trinken,  ein  hartsänger: 
im  hinken,  ein  scbleichg.inger. 

LoGAU  3,-250,  182  {Überschrift:  säufer). 

HARTSCH.AALIG,  HARTSCHÄLIG.  adj.  mit  harter scliale  ver- 
sehen: harlschaalig,  als  Schnecken,  eier,  durae  testae,  oder  als 
nüsse,  duri  piäaminis  Frisch  1,419";  concha,  ein  hartscheliger 
visch,  der  ein  herte  schalen  oder  gleich  ein  schneckenheusziin 
hat.  Serrancs  diä.  e5';  auch  übertragen  auf  hartnäckige,  wider- 
ständige menschen:  auf  ein  ja  bei  dem  hartschäligen  mädchen 
bestehen.  Hippel  lebensl.  2,  213. 

H.ARTSCHÄLLIG,  adj.  Iruculenter  sonorus,  horTÜ>ilis  fremitu. 
Stieler  1724. 

HARTSCHIER,  s.  halschier. 

HARTSCHL.\FE.ND,  part.  vetemosus.  Stieler  1805.  j.  harter 
schlaf  sp.  507. 

H.ARTSCHLÄGIG,  adj.  durch  zu  viel  empfangene  schlage  un- 
empfindlich geieorden,  prügelhart,  scidägefaul,  daher  auch  in  Wider- 
spenstigkeit verharrend:  sehen  was  sein  {des  oclisen)  art  seie  .. 
ob  er  harlschlägig,  forchlsain,  stotzig  ist,  das  wasser  scheuhe. 
Sebiz  feidhau  125;  mit  gar  zu  groszer  starrigkeit  harlschlägig 
gemacht.  Philander  2.  889;  der  musz  harlschlägig  sein. 
märchen  aus  d.  Odenwald  in  Wolfs  zeitsclir.  1.41. 

HARTSCHLAGLOTH ,  n.  loth  der  silberarbeiter,  aus  messing 
und  Silber  bestehend,  für  dinge  die  sehr  fest  vereinigt  werden 
müssen.  Jacobsson  2.  223". 

HARTSCHLECHTIG,  adj.,  aus  dem  nd.  hartslechlig  verderbt, 
am  hartälag  leidend,  vgl.  die  ausführungen  unter  haarschlechtig 

33* 


519 


HARTSCHNABEL  —  HAUTSPISSIG 


HARTSTARRIG  — HARZ 


520 


sp.  36:  liartscbleclitig,  herlzsclileclilig,  bauclisclileclitig  oder 
athmich.  dise  vier  krariklieiteii  ist  alles  ein  ding.  Seuter 
rossarzn.  19  {die  volle  stelle  iinler  athmich  J,5!)l);  wann  das 
pferdi   hartschlechtig  oder  schlebeuchig.  Franicf.  ref.  2,  9  §  5. 

HARTSCHNABEL,  m.  loxia  enuclealor,  der  grosze  kernbeiszer. 
NBMNicn. 

HARTSCHWARTICHT,  adj.  crustalus.  Stieler  1958. 

HARTSCHWINGEL,  m.  festuca  rubra.  Nemnich  2,1(112.  fesluca 
duriufcula,  der  härlliche  Schwingel,  der  kleine  hartschwingel. 
it>io.     .«.  harlgras. 

HARTSEL,  f.  drückende  läge,  hartes  gescliick' 

dch  Usiel,  nun  .«ag  mir  eben 

was  hartsei  wen!  wir  noch  erleben.    H.  Sachs  3,  1,  IS'; 

komb  auch  von  der  geTenknusz  nicht  ausz 

bisz  mich  erlöst  desz  todies  grausz : 

desz  hin  von  hertzen  ich  hetrübet, 

darzu  mich  mein  selb  hartscl  übet.    4,  2,  34'; 

tbet  sioh  seiner  bBrtsel  nit  erbarmen.    5,  373'. 

in  der  form  hartseid: 

mein  hariseld  ist  so  mancherlei,    fastn.  sp.  1138; 

das  er  auch  abkum  der  hartseid.    H.  Sachs  2,  2,  19'. 
'.  iiartsal. 

HARTSELIG,  adj.  mühselig,  untilücklich ,  kümmerlich:  liart- 
sälig,  ungliickhaftig,  wiiser,  miser  aninii ,  cxercilus,  miser  ex 
animo  Maai.er  212';  es  i"st  umh  sonst  das  ir  Iiiie  aufstehet, 
und  verziehet  das  sitzen,  und  esset  das  harlselige  brod. 
Luther  2,  391'  (ausleg.  des  127.  psalms,  der  späleve  lext  des 
leJzteren  hat  esset  ewer  brot  mit  sorgen);  und  ihre  Verdienste 
unter  eine  harlselige  zufriedenheil  demüthigen,  die  herrlich- 
keit  der  belohnungen  verlachen.  Birken  ostl.  lorbeerliain  200; 

soll  wir  in  erst  die  kinder  tödtcn, 

und  ertrosseln  in  dem  gepern, 

erst  wurdt  das  volk  hariselig  wern.    H.  Sachs  3,  1,  19"; 

in  meinem  hartseligen  leben.    3,2,10'; 

ei,  ei,  erst  rhewi  von  herzen  mich 

dasz  ihn  so  hart  hab  ghaltcn  ich 

olin  mein  wissen,  nun  wil  ich  eben 

ihm  mein  leibliche  tocliier  geben 

zu  einer  graalil,  darmit  vergelten 

ihm  sein  hartseling  dienst  und  schelten.    4,2,38*; 

ich  bin  der  hartseligst  man.    5,  35G'; 

umb  sunst  ist,  das  ir  früc  aufslat 

und  arbeit  lang  in  schwere, 

und  esset  das  bartselig  brot!    ders.,  der  126.  psahn; 

ich  wills  aber  mit  nicbtcn  han, 

dasz 'sie  sieb  soll  ind  ehe  begeben. 

es  ist  darinn  hartseligs  leben.    Avrf.r  191'  (951,9  Keller); 

wie  hart  thei  mich  nach  dir  verlangen 

in  meiner  hartseligen  zeit!    351'  (1760,  29). 

HARTSELIGKEIT,  f.:  harlsäligkcit,  miseria,  acrumna  Ma\- 
LER  212*;  und  wirst  einen  sun  gebären,  desz  namen  sollu 
Ismael  heiszen,  darum  das  der  herr  dein  liarlsSligkeit  (Luther: 
dein  elend)  erliort  hat.  Züricher  bibcl  1530,8'  ([  Mvs.  16,11); 
wir  klagend  unser  hartseligkeit ,  dasz,  syrmal  uns  golt  rein 
ze  leben  nit  verlilien  bot,  die  menschen  so  uninild  gegen 
uns  sind.  Zwincli  1,40;  o  ir  meine  grawen  bar,  gond  und 
fallend  ausz  zu  erzaigen  mein  harlsäligkeit.  Wirsung  Calixtiis 
VT;  anderer  knecht  weiber  hartseligkeit  ...  gehen  hoch  auf- 
gcschürzt  bisz  zun  knien ,  iiber  die  scliucli  im  dreck,  aucli 
vielmal  allerding  barfnsz.  Kirchhof  milil.  dise.  1I5;  munchen 
inuhtwilligen  schalkhaftigen  landtsknecht  vcimag  auch  sein 
eigen  hartseligkeit  von  gewolinler  bnbcrei  nicht  abhalten,  132. 
HARTSINN,  ffl.  harte,  gefühllose  Sinnesart :  der  hartsinn,  der 
cigennutz  und  die  kiirzsicliligkoit  ihrer  genossen.  Ihja  Pia  Sore 
3,350; 

geiizle  mich  des  bartslnns  tadel! 

wulke  dich  ob  meiner  cchubl 

selbst  die  slirnc  milder  liuld!    IIürcer  73*. 

HARTSINNIG,  adj.  obslinatus.  Hederich  121C:  liarlsinnig 
werden  sie  also  bei  diesem  finden  auch  nicht  werden.  Herder 
18,107. 

HARTSINNIGKEIT,  f.  Verstocktheit,  mdersi>enstigkeü :  harl- 
»innigkeit,  untentiae  obstinatio  Hedericu  1216;  kaiserliche 
inajestäl  wolle  die  geisllichkeil  von  solcher  hartsinnigkeil  uh- 
imd  dahin  weisen,  dasz  i<ie  ihre  consignatiunes  rinhriugen. 
».  ScHiChrusz  .fehles,  chron.  3,  230. 

HAHTSI'ATH.  »n    dldspath.   Nemnich. 

HARTSI'ISSKi ,  adj.  in  harte,  spröde  sj'lülern  auseinander' 
brechend,  von  metallen:  zinn  int  ein  feind  aller  inelallen, 
inacbel  »ie  unartig,  ungoschnieidii?  und  bi'rls|ii<>ii^>.  diitMudrr 


CS  kommet  im  fewr  und  schmelzen.  Paracelsus  opp.  (1616) 
1,  887  C.     ."!.  spissig. 

HARTSTARRIG,  adj.  unnachgibig ,  widerspenstig:  ein  hart- 
stariig,  rauch,  hart  volk.  b.  d.  liebe  218*. 

HARTSTICH,  m.  ein  stück  kitpfer  uclches  nach  dem  schmelzen 
mit  der  kelle  ausiiegossen  ist.    Jacobsson  2,  223*. 

HARTSTIRNICIIT,  adj.  perlinax,  contumax.  Stieler  2172. 

H.\RTSTRAIJCH,  m.  cornus  sanguinea.  Nemnicu  2, 1228. 

HARTSTÜCK ,  n.  das  bei  dem  hammergaren  des  kupfers 
sich  ergebende  guszstück.  hartstiicke  abi)ochcn,  solclu;  in  kleine 
stücke  hatten;  hartstiicke  zuschroten,  entzwei  schlagen.  Frisch 
1,  419'. 

HARTSCHWARTICHT,  adj.  crustalus.  Stieler  1958. 

HÄRTTONNE,  /".  gefäsz  der  feilenhauer  mit  wasser,  worin  die 
gehärteten  feilen  abyeüisciil  werden.  Jacobsson  2,  223'. 

HARTTRAREND,  pari. :  harttrabend  pferd,  equus  succussator, 
gradu  tolutaiio  succussans  sessorem.  Frisch  1,419*.  s.  hart  traben 
sp.  501. 

HARTTRABER,  m.  dasselbe:  da  sasz  er  auf  ein  ungesal- 
telts,  ein  gesallells,  mit  sporen,  ohn  sporen,  auf  ein  licht 
rosz,  ein  küriszpferd,  ein  harttraber,  ein  liochheber,  ein 
hochstampfer,  ein  sanftzeltner.  Garg.  176*. 

HARTTRABICHT,  adj.:  ein  harllrabichtes  pferd  schüttelt 
(stoszel)  den  reuter.  Comcnius  spraclienthür  v.  Docemius  §453. 

HÄRTUNG,  /.  ahd.  harlunga,  1)  das  hart  machen:  hürtung 
der  Werkzeuge.   Jacobsson  6,44'; 

kein  Zauber  hilft  und  keine  kunst  der  feen, 
nicht  feiaer  stahl  noch  härtung,   wo  sie  (Ualisarda,  Itüdigers 

scliwerl)  schlug. 
Gries  .Arivsl  46,  120. 

2)  das  hart  werden,  hart  sein:  wider  die  härtung  und  ver- 
scbwellung  des  railzen.  Tabernaem.  1193;  hartungen,  ent- 
ziiudungen.  geschwehr,  krebs  (der  brüst).  Neiner  tandlmarkt  67. 

HARTUNGSAPFEL ,  m.  eine  feste  und  trockene  apfHart. 
Nemnich. 

HARTVERHORNT,  ;)nr/. ;  thiere  mit  zusammengewachsenen, 
hartverhornlen  fingern  und  zehen.  Minerva  1847,  402. 

HÄRTWASSER ,  »i.  nasser  zur  ablüschung  und  hdrtutiy  des 
glühenden  slahls.    Jacobsson  2, 223'. 

HARTWF;RK,  »1.  ein  beim  zinnschmelzen  zurücldtleibender  harter 
kürper. 

ilARTWlEüE,  /".  cornus  sanguinea.    Nemnich  2, 1228. 

HARTWURM,  m.  anyuis  fragilis,  blindschleiche.  Nkhnich  1,308. 

HARTZÄUMIG,  adj.  scliuer  zu  zäumen:  hartzüuinig  rosz, 
tenax  equus  Maaler  212*. 

HARTZINN,  »1.  eine  composilion  von  zinn,  .spieszglanzkönig  und 
kupfer.  Jacobsson  6,  44'. 

HARTZÜNGLER,  m.  hacsitans  linguä.  Stieler  2655.  dazu 
liarizüngelung,  haesitantia  linguae.  das. 

HÄRUNG,  /".  das  sicii  hären,  ausgehen  der  haare.  J.  Paul  biogr 
bei  I,  173. 

HARWAND,  f.  eine  aus  fachwerk  mit  lehmfüllung  gezimmerte 
wand,  in  Hessen  zur  umfriedigung  der  bauernhöfe  häufig  vr- 
wendet.  Vilmar  152.  bar  ist  das  ahd.  horu,  mhd.  hör,  kut 
(lutum  harc  üief.  340'),  wie  es  in  haargans  sp.  27,  haarigel 
.<ip.  30  erschien. 

HARWEIH,  m.  eine  weihen art :  liarwy  milvus  Maaler  212*. 
es  scheint  nichts  als  eine  ver.'itümmelung  von  aarweih  zu  sein, 
was  1,5  nicht  aufgeführt  ist:  milvus  arwei  .i.  mollivaga  Dief. 
uov.  gloss.  253'.  im  t^assauuchen  ist  hürweih,  hilrrweih  der 
habicht.    Kehrein  187. 

HARZ,  n.  resina,  ahd.  harz  und  harza  mit  den  Weiterbildungen 
harzuch  colofonia,  pix,  harizuch  resina,  harzul  und  haicil  pix 
(Graff  4,1043),  mlid.Uari:  gimiini,  harlz,  alles  wus  aus  den 
büuincn  durch  die  rinden  dreiitl,  gummi,  resina,  liquor,  viscosus 
ex  arboribus  huniur  concrctus  Henisch  1777,43;  das  Jiartz,  die 
iilacht  füchligkeit  von  den  böumen ,  isl  zweierlei ,  d;  ein 
feucht  wie  honig,  das  ander  dick  und  trocken.  Maaler  212'; 
harlz ,  suceinum  voc.  ine.  tlieut.  i  l' ;  daneben  die  form  harsz : 
masliche,  liartz,  harsz  Dief.  350* ;  resina,  liurse,  harssc,  hersi, 
nd.  harl,  liard  494';  bei  Lessinc  harzt: 

prel.set  unscrn  prosien  nril! 
AtiT  durch  pnivcr,  pillcn,  harit 
unii  curirei.  2,  42U. 

als  sprichwörtliche  redensarl:  er  lint  harz  in  iittnden .  rr  h:il 
lang  ünger,  das  ist,  er  ist  ein  dii'b.  Maaler  212';  er  hat 
harz  unter  dem   hulc,  raput  nulii  apnit.  SrtiNRACH  1, 703. 

HARZ.   rn.    liercuiiiu   siliu     s.    iiri/rr   hart   i/i.  iütt. 


521 


HARZ— HARZHAUBE 


HARZnOLZ  —  HARZPRESSE 


522 


HARZ,  n.?  Circes  hebt  zwen  finger  auf  und  spricht: 

Ulisse,  ich  schwer  dir  eiu  hartz, 
bei  dem  hellisehem  wasser  schwarz 
Stiges,  bei  aller  götter  eid, 
das  dir  geschehen  soll  kein  leid. 

H.  Sachs  3,  2,  20». 

hartz  ist  tcol  nur  Schreibung  für  hartes  {vgl.  liertz  saUz  Schm. 
2,  241),  und  ein  hartes  schwören  scheint  zu  vergleichen  den 
formein  stein  und  bein  schwören,  kraft  schwören  5,1945; 
vergl.  ein  herlen  eid  sp.  506.  noch  Arndt  gewährt  hart,  c^er 
als  adverb  in  Verbindung  mit  schwören : 

da  schwur  er  beim  eisen  gar  zornig  und  hart. 
ijed.  (1840)  s.  283. 

HARZB.\UER,  m.  accola  sallus  Hercynii.   Stieler  774. 
HARZBAÜM,  m.  pinus  sylvestris,  kiefer,  führe.  Nemxicu  4,984; 
ein  bäum  spricht: 

ich  musz  (so  war  ich  bin  ein  ehrlich  harzbaum)  sagen, 
dasz  ewr«  gegenwart  schaff  inniglich  behagen. 

A.  Grtphiüs  1698  1,  709. 

H.\RZDORF,  «.  dorf  im  Harzgebirge :  unter  den  vielen  vogel- 
freunden, die  ich  in  meinem  harzdorfe  kennen  lernte,  war 
auch  mein  nachbar.    novellenseitung  1866,  s.  653. 

HARZECHTIG,  adj.  harzicht:  harzachtig,  voll  harz,  darausz 
vil  harz  lleüszt,  resinosus  Maaler  212*;  der  griechische  sesel 
hat  eine  zaselechtige  wurzel,  die  ist  voll  weiszes  harzechtigen 
safts.   Taberxaeh.  397. 

HARZEICHE,  f  quercus  robur  pedicellis  brevüms.  Nemnich 
4.  UDO. 

H.X^RZEICHEL,  f.  die  frucht  der  tcinler-  oder  harzeidie. 

HARZEN',  verb.  l)  mit  harz  bestreichen  oder  ausgieszen :  resino 
ich  harz  .Xlberüs  nl";  resinalus  mit  harz  bestrichen,  geherzet 
Dasyp.  ;  dar  noch  I65  in  {den  mel)  abe  in  ein  geherztej  vaj. 
Haupts  zeilschr.  5, 13 ; 

ir  harzet  vor  den  bogen,  wolt  ir  geigen. 

RosEKBLüT  bei  Jordan,  das  königthum 
Georgs  von  Podiebrad,  s.  4lß. 

2)  harz  von  den  harzführenden  bäumen  einsammeln:  harzen, 
gummata  colligere  Stieler  774 ;  harzen ,  harz  scharren ,  harz 
reiszen.  Jacobsson  2,224*;  bei  tag  soll  man  harzen,  und  zu 
nacht  darbei  spinnen,  da  kann  man  etwas  gewinnen.  Fischart 
groszm.  59;  kein  bäum  soll  öfterer  als  dreimal,  auch  nie 
zwei  jähre  nach  einander  geharzet  werden.  Jacobsson  6, 46\ 
dann  auch :  das  geharzte  holz  (holz  aus  dem  das  harz  gezogen 
ist),    daselbst. 

3)  mundartlich  in  der  Schweiz,  kleben  wie  harz  Stalder  2, 23, 
daher  übertragen,  ansichen,  nicht  fortgehen  wollen:  dieszmal 
harzete  der  winter,  wollte  gar  nicht  fort.  J.  Gotthelf  sduddenb. 
158 ;  das  ists  eben  wo  es  harzet,  erzdhlungen  3, 213.  harzen 
heiszt  auch  lang  streiten,  zanken:  sie  haben  mit  einander  ge- 
harzet. Stalder. 

HARZER,  m.  l)  der  harzeinsammler ,  harzscharrer.  Stalder 
2,23;  harzer  und  flötzer  im  schwarzwald.  ¥\sch.krt  groszm.  71; 
kiltel  von  leinwand,  welchen  der  harzer  anziehet,  wenn  er 
harz  scharret.  Jacobssox  2.  223". 

2)  nach  harzen  3  mit  dem  gelde  zurückhallender  mensch, 
knauser  (Tobleb  257'):  er  kenne  die  harzerkünge,  sagte  er, 
er  habe  oft  gesehen  ,  wie  ihnen  armen  leule  fast  die  füsze 
abkneuet  hätten  und  hätten  doch  mit  leeren  bänden  gehen 
müssen.  J.  Gotthelf  schuldenb.  259 ;  zanksücläiger  mensch.  Stal- 
der 2,23;  auch  einer  der  nicht  leicht  vom  flecke  kommt.  Tobler. 

H.\RZER,  H.\RZER,  m.  bewohner  des  Harzgebirges,  auch  in 
adjeciiviscliem.  cjebrauch:  die  harzer  canarienvögel. 

HARZFtOSZER,  m.  harzschmelzer,  harzsieder:  da;  forstwerg 
i-;t  ein  huoptbantwerg  und  . .  hat  undir  em :  holczhouwer, 
bachfloszcr  {pcchschmelzer),  harczdoszir,  koler,  aschenborner 
und  derglichin.  anz.  des  germ.  museums  1S56,  303  (verQl.  mhd. 
man  flötete  pech  unde  harz,   passion.  30,10  Köpke). 

HARZGALLE,  /.  ansammlung  von  harz  an  einer  stelle  im 
Innern  eines  harzhaü'ujen  baumes :  dasz  die  fichtenen  {bäume) 
inwendig  im  stamme  viel  harzgallen  haben,  welche  zwischen 
denen  jähren  (Jahresringen)  oft  wie  ein  thaler  grosz  verborgen 
sind.    GücHHAUsEJt  not.  ven.  (1741)  ''25 

HARZGEBIRGE,  n.; 

die  wilden  roftnner  sinds  genannt 

am  Harzgebirge  wohl  bekannt.    Göthe  41,  56. 

HARZGEFÄSZ,  n.  gefdsz  der  harzsdiarrer  zum  harzsammeln. 
Jacobsso.'«  6.  45*. 

HARZHAUBE,  f  harzkappe:  die  leilach  möchten  zusammen 
Lachen  wie  desz  kinds  harzhauben.  Fi'chart  groszm.  38 ;  da 


schor  man  den  schunken,  da  zog  man  den  küszproducten, 
dem  ferlin  die  harzhaub  ab.  Garg.  83*. 

H.\RZHOLZ,  n.  heiszt  das  flehten-,  kiefem-  und  tannenhoh. 
vcon.  lex.  92s. 

HARZHÜTTE,  f.  hülle  in  der  harz  verarbeilH  wird:  den  berg 
hinauf,  wo  die  harzbütte  steht,  die  er  selbst  errichtet  hat. 
GüTHE  25.327. 

HARZICHT,  HARZIG,  adj.  harz  haltend.  Frisch  scheidet  noch 
beide  Wörter :  harzig,  resinosus,  harziges  holz,  lignum  resinosum; 
harzicht,  resiuaceus,  klebig  wie  harz,  resinalis.  l,  420*,  wogegen 
Stieler  in  der  bedeutung  sie  mischt,  ganz  wie  die  moderne 
spradie  auch,  der  überhaupt  die  form  harzig  gerechter  ist :  harzig, 
harzicht,  gummosus,  resinosus,  resinaceus,  resinatus  "74.  harziger 
dannbaum,  teda  Dasypod. ;  harzige  pflanzen,  terebinlliinaceae 
Jacobsson  6,45*;  harziger  steinkitt.  das.; 
sie  sei  Terflucht,  die  ihn  rerführt, 
in  harzig  reis  sich  eingeschnürt.    Götbb  41,  60. 

bei  Hippel  begegnet  harzig  als  bildliche  bezeichnung  eines  ver- 
wachsenen, wol  an  die  beobachtung  angelehnt,  dasz  knotige,  höcker- 
ähnliche stellen  an  baumstJmmen  sich  vielfach  mit  harz  umkleiden: 
dasz  dergleichen  ausgewachsene  oder  hamge  sich  durch  list 
auszeichnen.  8,  9. 

HARZKAPPE,  /".  zunädist  ein  kurzer,  bis  zum  nabel  reichender 
leinwandkittel  der  harzscharrer.  Jacobsson  2, 223'.  der  name 
wird  übertragen  auf  einen  kurzen  leibrock  ohne  drmel :  harzkappe 
exomis  Stieler  nachschusz;  des  messeprieslers :  und  darüber 
noch  ein  harzkap  oder  levitenrock  oder  kasacke  on  ermel. 
Fischart  bienk.  157';  auch  später  noch  bezeichnet  er  das  geist- 
lidie  gewand:  ihr  herren  geistlichen,  ihr  habt  gut  reden,  in- 
dem ihr  auf  euren  harzkappen  das  Privilegium  habt,  dasz 
ihr  euch  nicht  wehren  dürft.  Chr.  Weise  erzn.  32;  unser 
pfarherr  wirft  die  harzkappe  weg  und  spricht :  da  liegt  der 
pfaff,  hier  stehet  der  mann.  Interim  341;  —  sprichwörtlich: 
sie  versaufen  jo  fluchs  betten  und  bibeln  und  saufen  dasz 
ihnen  die  harzkappe  und  alles  knackt  {spricht  der  bauer  Brose). 
Schoch  slud.  leb.  F.  auf  einen  Überwurf  der  frauen:  einer 
frauwen  eine  lange  harzkappe  zu  machen ,  di  sol  dritlhalbe 
eleu  lank  sein  und  sieben  elen  weit,  miltheil.  des  thür.-sächs. 
alterthumsvereins  11,471;  kurze  und  lange  harzkappen,  der  Stadt 
Erfurt  ernewerle  policey-  u.  andere  Ordnung  (1583)  bl.  iN  iij '  (lon 
kleidung  und  zierung  der  frauen  und  Jungfrauen) ;  auf  ein  kleid 
der  kleinen  kinder:  kinderkäppchen  oder  harzkappen,  auch 
flüg^elkappen,  heiszen  diejenigen  kleinen  und  langen  kappen, 
worein  die  kleinen  kinder,  so  noch  nicht  laufen ,  gekleidet 
\*erden.   J.\cobsson  6,254*. 

HARZKJVPPLEIN,  n.  kleine  harzkappe :  harzkäpplein,  exomium 
Stieler  nachschusz;  (wer  den  andern)  mit  dem  harzkäpplein 
hinder  den  tisch  zih.  Garg.  45';  also  inn  hosen  und  wam- 
mest  mit  eim  harzkäpplein  wischt  er  hinausz.  205*. 

HARZKÄSE,  m.  käse  der  im  Harzgebirge  bereitet  ist. 

H.\RZKLEE.  m.  asphaltion,  trifolium  bituminosum.  Stieler  974. 

HARZKOHLE,  f.  die  beste,  theerreiche  art  der  steinkolUen,  auch 
pechkohle,  fettkolde,  glanzkohle.  Nemnich  3,  425. 

HARZKRAUT,  n.  cressa  crelica.    Nemnich  2, 127C. 

HARZKUCHEN,  m.  ballen  oder  kuchen  aus  den  harztrebern. 
beim  peclisieden  zurückbleibend. 

H.\RZLING,  «J.  betrohner  des  Harzgebirges:  daher  haben 
meine  landsleute,  die  harzlinge,  ein  Sprichwort,  ich  habe  je 
weile  gehört,  wer  schlegt,  wird  wider  geschlagen.  Lcther 
3,  254'. 

H.\RZLÜGE,  f.  derbe  grobe  lüge,  mendacium  crelicum ,  weil 
den  bewolinern  des  Harzwaldes  die  fertigkeit  in  solchen  lügen  schuld 
gegeben  wird  (Adeldhg). 

HARZMACHER,  m.:  stehet  auf  und  versuchet  den  herr- 
lichen saurbrunn,  den  ihr  und  alle  harz-  und  holzmacher 
hinfort  in  dieser  wiidnus  meinetwegen  zu  genieszen  haben 
werdet.    Simpl.  2,  86  Kurz. 

H.\RZ.MESSER,  m.  messer  der  harzseharrer  zur  gewinnung  des 
harzes.   Jacobsson  2,223'. 

H.\RZMESTE,  f.  dütenförmiges  gefdsz  aus  pcktenrinde,  in  das 
das  abgeschabte  harz  fällt,    daselbst  224*. 

HARZMOTTE,  f.  phalaena  resinella.    Nemnich  4,  925. 

HARZPECH,  n.  pix  sicca,  das  beim  destillieren  des  terpentin- 
öles  im  kolben  zurückbleibende  pech,  oß  zu  salben  und  pflastern 
verwendet.  Jacobsson  5,692';  uimb  ungelöschten  kalch  und 
zwei  mal  so  viel  harzbech.    Selter  rossarzn.  (1599)  s.  420. 

HARZPRESSE,  f.  maschine  der  harzscharrer  xum  auspresicn 
des  harzes.  Jacobsson  G,  46*. 


523 


HARZREISE  — HASARD 


HASARD  — HASCHEN 


i24 


HARZHEISE,  f.  reise  in  das  Harzgebirge.  GuinE  45,  315. 
Heine  1,  l. 

HARZREISZEN ,  n.  das  anschälen  der  bäume  behufs  geu'in- 
nung  des  haizes:  der  lelirpursch  musz  auch  zusehen,  «us  hei 
dem  pültaschbrennen,  harzrciszen  und  dergleichen  ein  jäger 
l'iir  aufsieht  zu  führen  hahe.    Heppe  jaydlust  17S8  1,  31. 

HARZREISZER,  «i.  harzeinsammler ,  harzscliarrer ,  harzer. 
Jacobsson  2,  224".  die  Handlung  geschieht  durch  das  anreiszcn 
oder  anschälen  der  bäume. 

HARZHISZ,  »1.  dir  zur  getiinnung  des  harzes  hewirlUc  risz  in 
die  rinde  eines  baumes. 

HARZROSE,  f.:  collofania  herba  liarczrose  Dief.  nor.  gloss. 
lOl'. 

HARZRÜSSELK.\FER,  »j.  curculio  pini.  Nemnich. 

HARZSACK,  »j.  sack  zum  auspressen  des  harzes.  Jacobsson 
6,  47". 

HARZSCHARRE,  f.  l)  das  krumm  gebogene  messer  der  harz- 
scltarrer  zur  geicinnuny  des  harzes.    Jacobsso»  2,  223'. 

2)  das  harzscharren,  anschdlung  der  bäume  für  die  harzgewin- 
nung.  J.  Paul  pa/«;i^en.  1,49;  die  harzscharrc,  deren  mishrauch 
man  nach  und  noch  zu  begriinzen  suchte.    Götue  58,  87. 

HARZSCHARREN,  »i.  was  harzscharre  2:  dieses  harzschar- 
ren oder  pechhauen,    öcon.  lex.  928. 

HARZSCHARRER,  m. :  die  harzscharrer,  oder  wie  sie  an 
etlichen  orten  heiszen,  harascherer  oder  pechhauer.  ücon. 
lex.  929. 

H.\RZSCHLACKE ,  f. :  liarzschlacken  sind  die  alten  ram- 
melsbergisciie  schlacken,  so  hin  und  wider  auf  dem  Harz  zu 
finden,  »erden  zum  Vorschlag  gebraucht,  und  hallen  gleich- 
falls metall.    Nehri.\g  hisl.-polil.  lex.  (1736)  anh.  s.  47. 

HARZSEIFE,  f.  seife  die  aus  harz  tcnd  ätzender  lauge  rcr- 
fertiijl  wird.    Jacobsson  6, 47'. 

HARZTAN.NE,  f.  pinus  abies.  Nemnich  4,974;  harzlanne, 
zirlebaum,  führ.  Frischlin  nomcncl.  55;  harzdanne,  schwarz- 
dannenbaum,  feuchten,  picea,  piceaster.  Henisch  639;  er  ist 
wie  ein  harzdannen  umbbommen  ,  das  ist,  es  ist  ganz  und 
gar  aus  mit  ihm,  also  das  er  nimmermehr  wider  zu  recht 
kommen  kau.    das. 

HARZTUCH,  n.  viil  harz  gelränklcs  luch:  Nero,  der  einge- 
fleischte leufel,  liesz  die  Christen  mit  dem  hals  an  pfaiile 
binden,  in  harztiicber  einwickeln  und  lebendig  verbrennen. 
ÜTHO   312. 

HARZÜRERZUG,  m. :  auch  sucht  man  durch  einen  um  den 
baumstamm  gelegten  harzüberzug  die  insecten  abzuhalten. 
ausländ,  40.  Jahrg.,  1003. 

HARZWALD ,  m.  Ilercyuia  silva.  auch  einzelner  wald  im 
Uarzgebirge:  wie  oft  sie  sich  nach  ..  dem  traulichen  rauschen 
der  harzwiilder  zurück  sehnten.   H.  Heine  1, 115. 

HARZWURZ,  f.  nymphaea  alba.  Nemnich  3, 73C.  nymphea, 
Wasserlilien,  harzwurz,  harstiang  Ai.herus  FFT. 

HARZZAPFEN,  m.  der  zapfen  der  lanne ,  der  den  harzigen 
samen  derselben  in  sich  srhlieszl:  sy  war  ein  heszliche,  uralle 
frauw,  klopft  harlzapfcn  (»'?i  Wallis,  als  lebcnsunterhaU).  F.  Pi.at- 

TEB    183. 

HASA,  inlerj.: 

hasn!  Iiusa!  lustig!  lustig!    I'r.  I^Iüllrr  1,310. 
vergl.  Iiasi. 

HASARD,  m.  glüdissjiiel,  wagnis.  ein  französisches  worl  mil 
deutscher,  aber  den  roviauisclicn  sjirachen  früh  geläufiger  ableilung 
(hart,  hard,  s.  sj).  501).  und  ron  noch  unsicherer,  vielleicht  den 
semitischen  sjiractien  enlstammcndir  würzet  (DiEz  1,33),  das  alt- 
framüsisch  als  liasart  torkommt  und  den  gmnfieren  oder  ur- 
lierenden  wurf  beim  Würfelspiel  bezeichnet.  Haupts  zeilschr.  1,577; 
tergi  «in/.  Jiassaerl ,  asarium ,  jiotest  dici  congregulio  duorum 
punclorum  vel  Irtum  rel  undecim  rel  duodecim  suj>erius  venien- 
tium  I»  duobus  taxillis.  roc.  um  14S3  bei  Hoffmann  yloss.  Itelg.  41. 
hochdeutsch  verläuft  das  wort  folgeiidermaszen. 

1)  im  letzten  viertel  des  Vi.jalnh.  ist  rs  in  das  mhd.  ah  liast- 
harl,  hnsharl  übnnommen,  wo  es  Würfelspiel  bedeutet  (wb.  l,04o'), 
III*  auch  das  allfranz.  hazarder  dem  Würfelspiel  ergeben  sein, 
hazarl  würfelspielrr  heiszt : 

iIh  von  (li;r  arini;  xclilclie 

lip  und  si*'!!;  z<;  praiiilv 

niuo{  iictziii  ilort  niil  silinnde 

ü(  hatiühuricii  ictianze.    Martina  122,  33. 

iih  ngtnnamc  wird  Hasrliart  im  14.  und  \:>.  jahrh.  zu  Marburg 
nachgeHvwn  von  Vilmaii  1.'>3. 

2)  das  wnrt  sriutnl  nach  der  mhd.  :nl  in  vergessenlirit  tu 
kommen    und   tauclU   enl    %m    IT,  jalirh.  wieder  auf;    nun  abtr 


aufs  neue  als  frcmdworl  aus  Frankreich  eingeführt,  mit  der 
bedeutung  die  das  franz.  hasard,  hazari  seil  dem  \5.  Jahrhundert 
entwickelt  halte,  wagnis,  gefahr:  dann  ob  ich  schon  ..  laudl 
und  leute  in  hazai  t  gestellt,  brief  Christians  v.  Rralnschweig 
ron  1024  in  Sybels  histor.  zeilschr.  bd.  23 ;  unib  dasz  ich  trotz 
einem  unter  ihnen  allen  das  herz  hatte,  etwas  zu  unter- 
stehen und  ins  werk  zu  setzen ,  das  die  griiste  lapfcrkeit 
und  verwegenste  hazanle  erfordert.  Simpl.  2,46  Kurz;  es  ist 
ein  groszer  hazard ,  res  est  magni  periculi  Hederich  1231 ;  in 
Obersachsen  wird  das  wort  noch  als  adjectiv  in  diesem  sinne  ge- 
braucht: ein  hasarder  {verwegener,  derb  drauf  geltender)  manu. 

3)  neu  ist  die  bedeutung  glücksspiel,  namentlich  in  der  Ver- 
bindung hasard  spielen  geteühnlich;  vergl.  hasardspiel. 

4)  das  Volk  hat  hasard  etymologisch  an  hasz  angelehnt,  und 
braucht  es,  wol  zunächst  von  der  bedeutung  2  ausgehend,  im 
sinne  von  feindseligkeil:  so  in  Franlien  der  hassard,  die  hassar- 
digkeit,  hasz,  feindseligkeil,  mit  dem  adj.  hassardisch  feindselig. 
ScHM.  2,245;  in  Hessen:  er  bat  das  blosz  aus  hassard  gethan, 
blosz  um  seinen  gehässigen  neid  an  mir  auszulassen,  hat  er  mir 
diesen  schaden  zugefügt.  Vilmar  153. 

HASARDIEREN,  verb.  wagen,  in  gefahr  bringen,  nach  ha- 
sard 2:  auch  nie  beghert  unib  meinet  willen  landt  und  leute 
zu  hazardiren.  brief  Christians  v.  Rraünschweic  von  1G24  in 
Sybels  hislor.  zeilschr.  bd.  TS.  rheinisch  noch  hasselieren,  wagen 
mit  qefahr,  besonders  beim  kartenspiel  gebräuchlich.  Kehrein  187. 

HASARDSPIEL,  n.  nach  hasard  3: 

hasardspiel?  pfui,  dasz  mich  der  hcrr  hewalirc! 
hol  es  der  teufet  —  j.n,  d.is  sag  ich  frLsch ! 
ich  werde  morgen  meine  sechzig  jähre, 
und  trat  noch  uicmals  an  den  grünen  lisch ! 

Freiligratu  ylaubensliek,  119. 

HASCH,  inlerj.  1)  eines  sich  räuspernden:  hen,  hen,  eben, 
hasch.  Garg.ibi'';  heu,  haschehsaclikrach  gzrenhen  hasch.  155'. 

2)  die  eile  zu  malen:  hasch!  den  spiesz  ihm  zwischen  die 
rippen,  da  lag  er.  Göthe  8, 132. 

HASCHA,  inlerj.: 

hascha,  ihr  nachhawrn  und  bawreti, 
seit  lustig  und  lasi  euch  nichts  tnwruri. 

Fadingcrlicä  (lt)26)  in  Ijörrcs  hisL-put. 
blättern  33,  950 ; 
hascha,  wie  ists  heut  so  dunkel,    das.  958. 

HASCHEMANN,  in.  name  für  das  spiel  des  haschens:  ihr 
könnet  euch  indessen  einige  erdbeeren  pflücken,  oder  hasche- 
mann  spielen  auf  dem  grasigten  gestein.  E.  T.  A.  Hoffmann 
9,245. —  Dim.  haschemännchen:  die  danien  spielten  hasche- 
männchen.    ammenmärclien  (Weimar  17iil)  1,85. 

HASCHEN,  verb.  capere,  prehendere.  unter  erhaschen  3, 839 
ist ,  da  das  worl  im  ahd.  und  mhd.,  ebenso  in  oberdeuti^hen 
idiolUicn  nicht  bekannt  ist,  und  erst  siuitcr  außaucht ,  entlehunng 
aus  den  romanischen  sprachen  und  Zusammenhang  mil  ilal.  cac- 
ciare ,  franz.  chasser  angedeutet.  doch  bliHben  zwei  fei ;  und 
leenn  die  nebenform  hatschen ,  hülschen,  die  in  erhiitschen 
3, 840  erscheint,  die  ältere  ist,  aus  der  haschen  erst  verstümmelt 
ward,  so  ist  das  worl  wol  ein  echt  deutsclies,  und  führt  auf  eine 
iterativbildung  von  hassen ,  ahd.  hajön,  goth.  Iiatan,  Wiia  aJid. 
hajezan  zurück,  die  später  die  sjnruns  der  ableitungssUbe  va- 
dickle,  etwa  wie  muckschen  aus  früherem  inuckezen,  muckesen 
sich  erklärt ,  die  ursjirüngliche  bedeutung  von  liasscn  ist  ja  ver- 
folgen; s.  unten  hasz,  balz  und  iietzen.  der  abslammung  nach 
liegt  ab  kaschen   und  kiiselicr  (5,  247.  24s). 

haschen  «•»></  gebraucht: 

1)  transitiv  von  der  ergreifung  eines  zufällig  aufstoszenden  gegen- 
ständes: ich  hasch  rapio  Alreris  pl';  tut  er  aber  eines  an- 
dren mannes  arbait  und  vindet  er  den  schätz  so  von  ge- 
schihtc  {zufallig),  so  hasche  er  es  halb  und  gebe  das  ander 
halb  tail  da  es  gehurt,  richlsteig  landr.  2,  U  bei  Senkenberü 
for/i.  jur.  germ.  2,212;  noch  bei  Witi.ANii: 

indi>5sen  hAtlc  gcwisz  der  grosze  Kcmosthen 

in  dirscin  lalltt  so  gut  d(^iii  kiialieii  aliiilicli  gesohlt, 

der  liliiiucii  brach  und  eine  iiiiitrr  liaschti*, 

nU  Anindis.  4,  102  {neuer  Ainuit.  7,  24). 

2)  von  der  ergreifung  eines  gcfanijenen  nor/«  voraustiehendrr 
Verfolgung:  daruiiib  haschen,  henken,  morden,  geiszeln, 
creutzigcn  Christum  die  >Viltciubcrger,  Ldtiikh  .*),  5o';  die 
jiiden,  Ro  Christum  im  garten  wollten  hasschen.  4,  4UI*;  da 
JemiK  nu  merket ,  das  sie  koinen  würden ,  und  in  haschen 
(gnrrh.  mma^ni;  ijolh.  vilvan),  das  sie  in  zum  L<inig  marhien, 
entweich  er  aberinal.  Ju/i.  0,  ir>;  sie  haben  den  dieb  geb:i>rhl, 
deprehentui  est  für,  in  cuilodiam  miserunt  praedonem.    Stikllr 


525 


HASCHEN 


HASCHER  — HASE 


526 


778;  fliegen  haschen,  capere  muscas  das.;  eine  katze,  wie 
solche  mit  einer  von  ihr  gefangenen  mausz  spiele  ...  sie 
bald  ein  wenig  laufen  lasse,  bald  nieder  hasche.  Wesenigk 
böse  spielsieben  (1702)  s.  9 ;  haschet,  haschet  doch  jenen  grösztcn 
schelni.  Felsenb.-i,ill;  und  lieber  wollt  ich,  wie  meine  katze, 
mir  zum  frühstück  ein  paar  mause  haschen.  Kotzebce  dram. 
spiele  1,  308 ; 

auf  der  nieerfluth 
fuhren  wir  hurtig  im  schifl",  die  heilige  früh  erwartend, 
unruhvoli,  wo  wir  etwa  Telemachos  haschten  und  meuchlings 
tödtelen.  Odyssee  16,  369. 

3)  in  gleichem ,  aber  gemildertem  sinne,  so  dasz  das  erbiUerlc 
und  strenge  der  Verfolgung  wegfällt:  wir  füllen  diesen  korb  mit 
biumen,  setzen  Amorn  drauf,  und  tragen  ihn  nach  hause, 
und  sagen,  dasz  wir  ihn  unter  den  biumen  gehascht  haben. 
\AiELASD  10,  52;  Gastchen,  die  einen  Schmetterling  haschen 
will.  KoTZEBUE  dram.  sp.  l,  8i;  ich  hasche  dich  doch.  Güthk 
14,  293  ;  da  hascht  er  mich  —  und  kitzelte  mich.  s.  297 ; 

gaukelnd  hi'ipf  ich  dahin,  hasche  den  Schmetterling, 
der  am  busen  der  rose  trinkt.      Hölty  73  Halm; 
und  haschen  will  ich,  nymphe,  dich, 
im  tiefen  waldgebüsch.     Göthe  2,  187. 

ein  gesellschaftsspiel  ist  sich  untereinander  haschen,  vergl.  hasche- 
mann : 

Indes  die  Schnitter  und  mädchen 
ihre  kleider  suchten,  sich  haschten,  und  scherzten,  und  sangen. 

Hölty  40  Halm. 

4)  in  bezug  auf  dinge:  er  haechte  ihre  band  und  drückte 
einen  kuss  darauf;  er  sprang  nach  dem  garten  und  haschte 
unterwegs  nur  etwas  von  der  vorkost,  die  der  diener  für  die 
gaste  brachte.  Göthe  21,93;  wer  auf  trewme  helt,  der  greift 
nach  dem  schatten  und  wil  den  wind   hasschen.   Sir.  34,2; 

aber  sobald  aufstrebte  der  greis,   mit  den  bänden  sie  haschend 

(die  fruchte), 
schwang  ein  stürmender  wind  sie  empor  zu  den  schattigen  wölken. 

Odyssee  11,591; 
da  hasch  ich  heute 
schnell  reim  auf  reim 
für  meinen  Gleim.    GöKincK  1,  177; 

übertragen  und  unsinnlicher:  wartet  in  geduld  solche  augen- 
blicke  ab,  und  haschet  sie,  wenn  sie  kommen.  Wieland 
8,38;  dieses  bunte  lotto  des  lebens ,  worein  so  mancher 
seine  Unschuld  und  seinen  himmel  setzt,  einen  treffer  zu 
haschen.  Schiller  räuber  3,  2 ;  dein  weigern  ist  das  signal, 
das  die  provinzen  mit  einmal  zu  den  wafTen  ruft ,  das  jede 
grausamkeit  rechtfertigt,  wozu  Spanien  von  jeher  nur  gern 
den  vorwand  gehascht  hat.    Göthe  8,223; 

drum  hasch  die  freuden,  eh  sie  der  stürm  verweht. 

HöLTi  106  Halm ; 
die  weit  wird  nie  das  glück  erlauben, 
als  beute  wird  es  nur  gehascht.    Schiller  das  geheimnis; 
dasz  man  begierig  diesen  vorwand  hascht.    Piccol.  2,  7 ; 
die  mahlerei  hat  .  .  den  andern 
das  neidenswerthe  amt  hinweg  gehascht.    Röckert  65. 

5)  haschen  aucli  intransitiv,  wo  dann  das  wort  weniger  die 
ergreifung,  als  die  Verfolgung  licrvorhebt: 

und  hascht,  und  sucht  und  findet  immer, 

doch  ach !  sich  selber  findt  er  nicht. 

Arndt  gcd.  (1840)  46.5; 
mit  der  praep.  nach   verbunden:   er  haschte  nach  der  fliege, 
ohne  sie  zu  fangen;  er  hascht  vergebens  nach  dem  glücke; 
wenn    sie   nacb   entfernten   und   immer   entferntem   tropen 
haschen,  so  wird  es  baarer  unsinn.    Göthe  6, 105. 

6)  Stieler  kennt  haschen  aucli  als  euphemismus  für  stehlen, 
dam  surripere,  furari.  778;  seinem  nachbar  die  hüner  haschen, 
vicini  gallinis  insidiari  das. 

HASCHEN,  n.  dimin.  von  hase,  lepusculus.  Steinbach  1,704. 

1)  im  eigentlichen  sinne: 

sasz  ein  häsclien  in  dem  strausz, 
guckt  mit  seinen  äuglein  raus,  liinderlied; 
die  insolvente  bevölkerungszunft,  die  für  ihr  haschen  gern 
ein  gräschen  auf  fremdem  grund  und  boden  pflückt.  MusÄus 
kindeikl.  3 ;  —  namentlicli  auch  in  der  redensart :  mich  lial  ein 
haschen  geleckt,  es  iä  mir  etwas  angenehmes  widerfahren 
(s.  unten  hase  1  sp.  528). 

2)  bildlich  von  einem  jungen  midchen,  einem  närrchen  vergl. 
hase  2,b:  >      v  • 

und  nun  wird  das  gute  häsgen 

als  ein  spoii  der  stadl  ßenannt, 

well  sie  ihr  verliebtes  nasgen 

vor  der  z.-it  zu  hoch  gespannt.    Picander  3,  325. 


3)  haschen  für  narrheil  {vergl.  hase  2,  b  am  ende) :  wenn 
jemand  aus  liebe  einöden  sucht,  mit  dem  monde  im  ernst 
plaudert,  so  steckt  gewiss  das  haschen  irgendwo  im  köpf, 
denn  eine  Schwachheit  steht  selten  allein.  Lichtenberg  schißen 
1,131  {über  die  macht  der  liebe). 

4)  haschen  für  eine  lustige  anecdote,  schnurre:  ein  haschen 
erzählen,     s.  hase  3. 

HASCHER,  HÄSCHER,  m.  l)  allgemein  der  etwas  hascht: 
hascher,  captator,  interceptor,  prensans  Stieler  778 ,  mit  dem 
fem.  hascherin,  mulier  surripiens ;  es  ist  auch  gar  kein  wunder, 
wenn  der  hascher  neuer  reime  in  niedrige  regionen  geräth. 
Rürger  348*.  mit  umlaut:  der  greifende  hascher  {von  einem 
knaben  der  haschen  spielt).    J.  Paul  uns.  löge  1,  97. 

2)  die  umgelautete  form  hascher  für  büttel,  gerichtsdiener, 
Stadiknecht  {nach  haschen  2),  scheint  vor  dem  n .  jahrh.  nicitt  im 
schwänge  zu  sein:  hascher  lictor  Schottel  1334;  die  stadt- 
knechte, nicht  mehr  mit  dem  altteutschen  amtsnamen  hascher 
zufrieden,  med.  maulaffe ,  vorr.;  da  standen  plötzlich  acht 
Juden  und  sechzehn  hascher,  denn  jeder  Jude  hatte  sich 
zwei  hüscher  auf  den  leib  gcmiethet,  vor  dem  seligen  paare. 
Immermann  Münchh.  l,  61 ; 

kein  hascher,  kein  pedell  soll  deine  freude  stören. 

Zachariä  1,  53  (renommist,  2.  ges.); 
ein  junger  hascher  sprach:  berr,  ein  hocbedler  rath 
vertrauet  unserra  arm  die  Sicherheit  der  Stadt, 
wenn  die  Studenten  schrein,  und  durch  die  straszen  stürmen, 
ziehn  wir  gewafnet  aus,  die  ruhe  zu  beschirmen.    1,  128; 
ihn  schlugen  die  hascher  in  bände.    Schiller  bürgschafi . 
übertragen    der    singende    hascher    von   einem  lockvogel  bei  der 
vugelstellerei.  J.  Paul  leben  Fibels  14.     Sprichwort:  einen  zeitigen 
dieb    erleuft    ein    hinkender    hascher,    dum  piram   maluruit, 
decidit  vel  in  cocnum.    Stieler  778. 

HÄSCHEREI,  f.  die  gesamlheil  der  hascher:  da  begegnete 
mir  Crispin ,  der  bargell,  mit  seiner  ganzen  häscherei  und 
sagte :  du  bist  ein  gefangener  des  pabstes  !   Göthe  34,  305. 

HÄSCHERHAFT,  adj.  und  adv.  liclorius ,  more  liclorum. 
Frisch  l,  42 o'. 

HÄSCHERHÖHLE,  f.  lidorum  lalibulum: 

und  wenn  dein  tapfrer  arm  nichts  mehr  zu  schlagen  weis, 
so  geb  ich  dir  zum  stürm  die  häscherhöhle  preis. 

Zacuariä  1,  53; 
so  gieng  er  denn  beherzt  zur  dunklen  bäscherhöble.    1,126. 

HÄSCHERLOCH ,  n.  der  aufcnthall  der  hascher  und  ilner 
gefangenen,  wachlstube,  gefängnis :  er  gieng  um  das  bescherloch 
herum.  Chr.  Weise  kl.  leute  174. 

HÄSCHERMÄSZIG ,  adj.  und  adv.  more  liclorum.  Frisch 
1, 420'. 

HÄSCHERPACK,  n.: 

warum  sollt  ich  denn  nun  nicht  so  verwegen  sein, 
und  diesem  bäscherpack  in  eigner  wohnung  dräun? 
Zacuariä  1,  123. 

HÄSCHERROTTE,  f.  lidorum,  accensorum,  satellilum,  lora- 
riorum  decuria.   Stieler  1619. 
HÄSCHERSCHAAR,  f. : 

wo  wohnt  die  häscherschaar,  das  schrecken  aller  feigen? 

Zachariä  1,  121. 

HÄSCHERSFRAU,  f.  frau  eines  hdschers :  eine  alte  häschers- 
frau.  Chr  Weise  A7.  letäe  350. 

HÄSCHERSKIND,  n.  kind  eines  Häschers:  häschcrskinder 
sein  drüm  nicht  unehrlich,  lidorum  liberi  viles  quidem  sunt, 
sed  non  infames.    Stieler  778. 

HÄSCHERSTÜBE,  f.  wachlstube  der  hascher.  Frisch  1,  420'; 

die  häscherstube  gleicht  dem  finstern  höllenreich. 
Zachariä  1,  122. 
HÄSCHERWACHE,  f.: 

er  ist  in  sie  verliebt,    er  stürmt  zehn  bäscherwachen, 
wenn  es  ihr  mund  bcnehlt.  Zachariä  1,  101. 

HASCHUNG,  f.  das  haschen,  ergreifen :  bhi  erscheinung  der 
gelegenheit  ist  die  iiaschung  nötig,  tenenda  et  amplectenda, 
non  rcmittenda  est  occasio.    Stiei.er  778. 

HASE,  m.  lepus.  ahd.  haso,  ags.  hara,  aün.  heri,  schwed. 
dän.  engl,  hare,  nl.  haese,  haas,  mlid.  hase,  im  nhd.  auch  mit 
vertust  des  auslaules  has,  haas:  der  hasz  leptis  Maaler  212*; 
haas,  dasypus,  latine  lepus  Dasvp.  ;  nun  wüschet  der  hasz  auf 
und  lief  dahin.  Keisersbebg  has  im  pf  A7';  weitere  belege 
unten,  die  etymologisclien  bezüge  des  Wortes  sind  noch  unsiclier. 
die  Zusammenstellung  desselben  mit  der  würzet  sanskr.  939  springen, 
von  der  im  altind.  <;a<;a  und  9a(;aka  hase  stammt,  wie  trefflich 
auch  dem  sinne  nach,  entbehrt  doch  der  vollen  sic'nerhcit,  da  der 


527 


HASE 


HASE 


528 


die  sanskriltvtiizel  schlieszende  palatal  vielmehr  im  dciilschen  den 
entsprechenden  hauchlaul  verlangen  würde,  und  die  falle  nur  seilen 
und  unsicher  sind,  in  denen  im  sansIcrU  9  init  s  wechselt,  die 
cntwickelung  der  bcdeutung  könnte  i/n  itbrigen  griech.  ?,ay(öe 
sliitzen,  das  sich  ebenfalls  von  der  wurzel  lagli  springen  herleitet. 
liase  etymologisch  mit  linai'  ztisammenzuslelten  und  ihn  als  das 
haarige  thier  stt  deuten,  ist  uillkürlirJi.     das  worl  gilt 

1)  im  eigenlliclien  sinne  von  der  gattung  Icpus ,  in  mancherlei 
verschiedenen  arten,  die  nach  aufenthalt  oder  form  durch  com- 
position  unterschieden  werden,  alpeiihase,  bergliase,  liolzliase, 
feldhase,  sandhase,  suiiipHiase,  liruclihase,  ZHcrghase  «.  ähnl., 
auch  das  k/ininclien  gehört  dazu:  die  kleinesl  ardt  der  liasen 
werdend  künoly  genenipl,  ein  vast  schläckerliartig  wildtpräl. 
Forer  thierb.  (1583)  C9';  der  Läse  widerkewel  auch,  aber  er 
spaltet  die  klawen  niclil,  darumb  ist  er  euch  unrein.  3  Mos. 
11,0;  das  camel ,  der  hase,  und  caninicben ,  die  da  wider- 
kewen,  und  doch  die  klawen  nicht  spalten,  sollen  euch  un- 
rein sein.  5  Mos.  14,  7.  der  hase  wird  gejagt ,  s.  hasenjagd, 
auf  iltn  wird  gelauszt,  vergl.  hasenlausze : 

botz  hock,  heist  das  auf  hasen  lauszn? 

sie  schlalen  lein  siisz  ohne  sausn.    Giluusius  81 ; 

der  erlegte  hase  wird  gestreift ,  ihm  das  feil  abgezogen.  Frisch 
1,420';  man  musz  den  hasen  nit  ropl'en.  Keisersberg /<«.'!  tm 
pf.  Ff  5".  die  Jagdbarkeit  des  hasen  ruft  viele  weidmännische  aus- 
drücke hervor:  der  haase  ist  geschwind,  fährt,  läuft,  schreitet, 
rammlet,  setzet  (heckl,  vergl.  satzhase) :  garn  und  federgericht 
werden  ihme  gestellet :  wird  von  dem  strick  mit  hunden  ins 
garn  gehetzt,  gefangen,  gegnicket,  erwürgt,  zerrissen,  ge- 
streift, rümt,  weidet,  hat  läger,  balg,  nicht  haut,  zwei  Sprünge 
und  nicht  füsze,  das  männicin  wird  der  ramniler  genannt. 
Neuring  hist.-polit.  lex.  (1730)  anh.  s.  94';  der  hase  ..  wird 
von  denen  hunden  gerahmet,  wenn  sie  ihn  nemlich  so  ein- 
holen,  dasz  er  sich  umwenden  musz.  öcon.  lex.  (1731)  932; 
der  hase  macht  einen  ahsprung  {springt  auf  die  seile) ,  drückt 
sich  {legt  sich  auf  die  erde),  macht  ein  männchen.  das.  933 ; 
den  hasen  bestättigen,  heiszt  bei  den  Jägern  das  lager  eines 
hasen  umgehen,  dasz  er  nicht  entwischen  kan.  Frisch  1,42()'; 
seine  ohren  heiszen  löffel,  s.  haseuschule.  —  In  der  thierfabel 
eine  grosze  rolle  spielend,  sind  ihm  vom  volke  mancherlei  namen 
beigelegt,  worüber  J.  Grimm  Reinh.  fuchs  109.235.246;  wegen  des 
.^teil  empor  stehenden  Schwanzes  heiszt  er  auch  wipars.  allerh.  seltz. 
würme  89.  der  Volksglaube,  der  vielfach  mit  dem  hasen  sich 
beschäftigt  (Wuttke  der  deutsche  vollcsabcrglaube  1869  s.  69.  186), 
sagt  wenn  bei  regenwetler  erddämpfe  aufsteigen,  die  hasen  backen 
küchlein,  brot,  eier  (Kuhn  zeitschr.  15,262);  vgl.  auch  brauen  l, 
th.  2,322.  die  Ostereier  hat  der  hase  gelegt,  läuft  ein  hase 
fiber  den  weg,  so  bedeutet  es  zunächst  eine  unglückliche  reise. 
Steinbach   1,704,  dann  allgemein  Unglück: 

wann  der  liaasz  lauft  über  den  weg', 
£0  ist  Unglück  schon  auf  dem  stcg. 

PisTORius  tlies.  par.  5,  no.  71; 

mir  ahndete  schon  vorher,  dasz  mich  auf  der  jagd  ein  mis- 
geschick  treffen  würde;  ein  hase  war  mir  über  den  weg 
gelaufen.  H.  Heine  l,  161. 

Sprichwörter  und  redensarten.  man  sagt,  kurze  Ihorheit  und 
kleine  hasen  seien  die  besten.  Scuuppius  (t7ül)  291;  er  ist 
kein  heuriger  hase  mehr,  incipil  senescere.  Serz  04';  die  arbeil 
ist  kein  hase,  läuft  nicht  fort,  sagt  der  zur  arbeit  unlustige; 
da  spitzt  ich  die  ohren  wie  ein  haas.  a.  m.  im  Tockenb.  4.5; 
nun  trat  wieder  ein  schweigen  von  wohl  einer  stunde  ein, 
wahrend  welcher  zeit  ich  die  äugen  und  ohren  ofTcn  hielt, 
wie  ein  hase.  Immebnan.'«  Münchh.  2,120;  aber  jetzt  stehen 
sie  bei  ihren  berren  gleich  wie  der  hase  bei  seinen  jungen, 
wenn  die  herrn  in  einer  gelahr  sind,  so  werfen  sie  das  hasen- 
panir  auf,  und  geben  die  flucht.  I'.  Glaser  gesindteufel  (i,')C4) 
Giij";  er  stehet  bei  seinen  woricn,  wie  ein  has  bei  seinen 
jungen.  Duez  52;  wenn  Jesus  nacher  Cana  zur  hochzeit  geht, 
da  ist  er  lieb:  aber  wenn  er  am  olberg  sich  gefangen  geben 
will,  da  hält  man  bei  ihm,  wie  der  hase  bei  der  tronimel, 
da  musz  man  uns  binden  und  mit  gewalt  fortschleppen. 
Otuü  1159;  so  war  doch  Chaumigrem  wie  ein  haase  bei  der 
drumin«!  durchgegangen.   Zicler  Banise  (1700)  245; 

dann  wenn  man  tulchl  die  mesucr  aiinz, 
un<l  wil  rnit  xlreirheii  zamniüii  kommen, 
•lelie  ich  wie  der  ha.tz  vor  der  irumroen. 

Athr*  :t:i9'  (1702,  20  Kettrr); 
ir  wolt  mir  noch  all  |>ni  geslan, 
aU  die  baten  pei  den  banden  ouf  der  pan. 

fa*ln.  $p.  «38.  81 


forchtsaamer  dann  ein  haasz.  Henisch  1173,36;  er  laurel, 
er  schläft  wie  ein  has.  Frank  .ipr.  2,17*;  mit  offnen  äugen 
schlafen  wie  ein  hase,  vergl.  hasenschlaf; 

und  (loch  doch  alü  die  hasen  thCin. 

Brakt  narrensch.  56,  26; 
wie  der  hasz  furcht  den  hund.    mückenkr.  1,743; 

ein  gedächtnis  haben  wie  ein  hase,  sehr  vergeszlich  sein;  der 
hase  gilt  für  dumm,  daher:  er  ist  mit  einem  hasen  überzogen 
und  mit  einem  narren  gefüttert.  Dcez  64,  vgl.  unten  no.2,b; 
der  haasz  ist  gern,  da  er  geheckt  wird.  Garg.  2ii0";  wo  der 
haas  geheckt  ist,  da  sitzt  er  gern.  Riehl  culturgesch.  nov.  401 ; 
mich  hat  ein  hase  geleckt  sagt  man  wenn  einem  etwas  ange- 
nehmes oder  schmeiclielhapes  widerfahren  ist,  vielleicht  mit  anklang 
an  den  Volksglauben ,  dasz  der  hase  seinen  jungen  eine  zierliche 
gestalt  durch  lecken  hervorbringe  (Forer  thierb.  69*):  dieser  ver- 
meinte alsobald,  es  hätte  ihn  ein  hase  geleckt.  Lolivetta 
das  teutsche  gespenst  {Leipzig  1684)  153;  er  ritte  darauf  seine 
slrasze,  da  ich  inzwischen  dachte,  es  hätte  mich  ein  hase 
geleckt.  Darbennime  12;  wcnns  an  der  grösze  gelegen,  so 
köndte  die  kuh  einen  hasen  erjagen.  Schottel  1141';  wer 
zwei  hasen  zugleich  hetzen  will ,  der  fanget  gar  keinen. 
PisTORius  Utes.  par.  7,  26 ; 

wer  jagen  will,  und  u(T  ein  .stund 
zwen  hasen  vohcn  mit  eim  hund, 
dem  wurd  ettwan  kura  einer  wol. 

Braut  narrensch.  18,  8; 

einen  hasen  in  die  küche  jagen,  leporem  alicui  excitare,  lucri 
faciendi  facullatem  praebere ,  hierum  certum  objicere.  Sehz  64' ; 
so  dachte  ich,  ihr  albernen  leute,  wer  weisz  wo  hase  lauft, 
sie  werden  anderwerts  wohl  auch  brod  und  wasser  haben, 
als  eben  in  Gerana  unw.  doct.  358;  bei  unsern  reisecompan 
war  aber  nebenst  seiner  Ihorheit  noch  eine  vorsichtige  klug- 
heit,  und  merkte  bald,  wo  hase  liefe.  454;  noch  heule:  wir 
wollen  erst  sehen,  wo  hase  {seltener  mit  artikel:  der  hase) 
läuft,  wie  swh  die  sache  gestattet;  unter  laufübungen  der  kinder 
stellt  auch  des  hasens  laufen.  Garg.  178';  einen  hasen  erlaufen, 
fangen ,  ein  glück  erhaschen :  der  Junker  wirdt  fro,  vermeinet 
er  hab  ein  hasen  erlaufen.  Kalziporus  (1558)  k5';  wie  die 
kaufleute  sonsten  meinen ,  einen  hasen  gefangen  zu  haben, 
wann  sie  ein  musenkind  bei  einer  buhlerin  auszzuwippen 
vermögen.  Happel  acad.  rem.  330;  auch  in  bezng  auf  einen 
gemächlich  gehenden:  er  wil  keinen  haasen  erlaufen.  Schottel 
1121';  von  einem  betrogenen:  der  has  ist  im  garn.  Lehmann 
107;  ruf  nicht  haasz  er  sei  dann  gefangen.  183;  were  er 
einem  hasen  so  ähnlich,  als  eim  narren,  die  hunde  betten 
ihn  lengst  zerrissen.  Agr.  spr.  (1560)  66';  vil  hund  seind  der 
hasen  todt.  97'; 

die  zcislein  von  der  eulen  den  tod  musz  dolea, 
vil  hund  sein  der  hasen  tot.    fasln,  sp.  538,  29; 

gotl  weisz,  ob  er  nicht  gar  lateinisch  schreibt,  um  Klotzen 
wie  den  hasen  im  lager  anzugreifen.  NicoiJki  bei  Lbssinc 
13,225;  merken  wo  der  hase  liegt,  besclieid  wissen,  merken, 
wo  es  hinaus  will;  ha,  ha,  nun  merk  ich  wo  der  hase  liegt, 
für  wen  seht  ihr  mich  an  ?  A.  Grypuius  (1698)  1,  771 ;  wollte  . . 
gern  zeigen ,  dasz  er  ein  wenig  mehr  von  literatur  verstehe 
und  da  wisse,  wo  der  haase  liegt,  als  andere  Wiener.  J.  Paul 
Titan  1,128;  der  wildmeistcr,  welcher  doch  sonst,  wie  er 
sagte,  wisse,  wo  der  hase  liegt,  leb.  Fibels  174;  fürslen  müssen 
auch  . .  lunte  riechen  und  immer  wissen,  wo  der  hase  liegt. 
kämet  2,14;  sobald  unsere  avanigarde  den  erwähnten  gipfel 
erreicht  hatte,  ging  ein  entsetzlicher  musketenhagel  an,  und 
nun  merkten  wir  erst,  wo  der  has  im  siroh  lag.  a.  m.  im 
Tockenb.  149; 

wie  wol  man  ioz  den  braten  schmeck 

und  wo  der  hus  li|;  in  der  heck. 

ScHADK  sal.  H.  ptt»qu.  3,  117,  37. 

in  bezug  auf  den  zum  essen  bereiteten  hasen :  keiner  aber  weisz, 
wo  der  liaas  im  pfeQ'er  ligt,  als  der  ihn  angericht  oder  helfe 
essen.  pHiLANntR  1,516;  so  bald  er  aber  merkte,  wo  der  baat 
im  plelTcr  lag.  Simpl.  1,11s  Kurz; 

verloNxend  «ich,  dan  n\e.  ilns  recht 
wol  hUfccn,  dan  et  nii  hlib  Nchiccht, 
dI»  ob  !■»  wer  ein  wachüin  niiit, 
nil  denkend,  dasz  sy  ^ini)  der  hns, 
dor  in  der  iichriber  pfcircr  kitni  {kommt). 

IIrakt  narrvnurh.  71,  11. 

der  umstand,  dasz  mnn  pfelTcr  für  britlie,  tauce  nicht  mehr  ver- 
sltlii,  vrranlasit  eine  enliulung  der  redensart:  da  mtzl  der  hase 
im  pfcfTer,  hur  haperlt,  hängls;  ionst  henzl  es  da  liegt  der  hue 


529 


HASE 


HASE  — HASEL  AKT 


530 


im  haidel,  in  liito  est,  haeret.  Serz  64';  da  liegt  der  haas  im 
pfeffer.  Schiller  kab.  u.  liebe  l,  1 ;   dasz  ilin  {plur.)  der  köpf 
wackelt,  wie  ein  hasz  am  sattel.    Garg.  205",  gemeinl  isl  der 
erlegte  hasc,  der  am  saitel  des  ja^drosses  hängt; 
ich  will  den  hasen  im  wol  spicken, 
das  er  den  tod  daran  sol  schlicken. 

H.  Sachs  3,  1,  137". 
2)  der  hase  dient,  nacli  besonders  in  die  äugen  fallenden  eigcn- 
schaßen,  auch  als  bild  für  menschen, 
a)  für  den  muUosen,  fägling: 

ir  sint  eines  hasen  genöj.    a.  lieinr.  1133; 
gegen  den  armen  ist  er  knüj, 
und  gar  ein  hase  des  miiotes  iij. 

Haupts  zcilschr.  8,  557,  244. 
wollt  ihr  noch  nicht  anpacken,  ihr  hasen?  wie  sie  dastehn ! 
Fr.  Müller  2,107;  um  gottcswillen,  herr,  sein  sie  doch  kein 
haase  und   stoszen   sie   ihm  derb  aufs  leder.   J.  Paul  Titan 
1,126; 

allein  die  Trojer  hatten  sich 

umschauzt  bis  an  die  nasen, 
diesz  war  dem  Turnus  ärgerlich, 
drum  hiesz  er  alle  hasen. 

Blumauer  Aencis  3,  151. 
auch  in  der  zusanunenselznng  banghase:  man  musz  so  kein 
lianghase  sein,  sondern  allemahl  ein  bestendiges  standhaftes 
herz  haben,  briefc  des  Hamb.  bürgerm.  J.  Schulte  an  seinen  söhn 
(1681)  s.  22.  hase  in  der  lex  salica  ein  zu  büszendes  Schimpf- 
wort: si  quis  alterum  Jepore  clamaverit.  ed.  Merkel  17, 15. 
hierher  fällt  auch  eine  umschreibende  redcnsarl,  den  hasen  in 
den  busen  bekommen,  feig  werden:  denn  die  feinde  stunden 
auf  flüchtigem  fusz  und  bekamen  den  hasen  inn  busen. 
Mathesiüs  Sar.  22'; 

der  has  schlupft  in  in  bösen.    Soltatj  374. 
b)  für   einen   wunderlichen   menschen,   einen  albernen,   einen 
gecken  ist  hase  seil  dem  16.  jahrh.  viel  verwandt;   in  diesem  ist 
es  gebräuchlich,  moralische  gebrechen  unter  dem  bilde  eines  hasen 
vorzustellen  und  zu  geiszeln,  vergl.  Zar.>xke  einleitung  zum  narren- 
schiff 95.  114/:  {in  andenn  sinne  noch  J5«  Keisersbergs  traclat: 
ain    gaistliche    bedeütung    des    beszlins    1510    geschrieben,    in 
welchem   die  klosterleutc   viit   einem   hasen   in   den  verschiedenen 
f hasen  seines  lebens  verglichen  werden),    von  hier  aus  bilden  sich 
auch  seit  jener  zeit  die  Wörter  haserei ,    haselieren ,  haselicrer, 
die   mit   ihren   fremden   endungen   ein   gelehrtes   geu-and   tragen, 
gerade  wie  jenes  bild  vorzugsweise  in  gelehrt-satirischen  dichlungen 
ausgeführt  wurde,     er  ist  ein  rechter  hase,  stolidus  et  simplex 
est  homo.  Stieler  781;  Hans  Hase,  lapis,  stipes,  caudex,  bardus 
das.;  ei,  das  mus  ein  werklicher  hase  sein.  H.  J.  v.  Braun- 
scHWEic  519;  des  mus  ich  lachen,  das  wir  so  einen  feinen 
hasen  hier  bekommen  haben  {einen  narren).  520 ;  ich  bin  nun 
eine  gute  weile  zu  hofe  gewesen,  und  habe  manchen  wunder- 
lichen hasen  und  leimslenger  gesehen,  aber  seines  gleichen 
ist   mir   noch   nicht    vorkommen,   habe   auch   mein  lebtagc 
solche    grosze   und    schreckliche    lugen    nicht  gehöret.    548; 
ich   weisz   nicht  was  groszer  Lcrren  kinder  für  ein  sonder- 
liches Unglück  haben,  dasz  sie  gemeiniglich  pedante  zu  prae- 
ceptorn  bekommen,  welche  sie  lehren  subtile  garn  stricken 
welche  zu  nichts  anders  nütz  sind,  als  dasz  man  lateinische 
hasen    und    schulfüchs    damit  fange.    Schlppius  81;    alle  die 
unvorsichtig  etwas  handelten,  liasii  tiluliret  worden.  530;  so 
sehr  hat  sie  meine  parthei  genommen,  und  mich  wider  den 
jungen   hasen   vcrthcidigt.    Gellert  3,  310;    alle   freier,    die 
ich  gehabt  habe,   waren  Iheils  eitle  verliebte  hasen,   theils 
eigennützige  niederträchtige  seelen.  Lessing  2,  305;  ist  doch 
ein  wunderlicher  hase,  der  Schulmeister.    Fr.  Müller  1,233- 
zum  Unglück  für  unsern  guten  dramatisierenden  hasen.  J.Paul 
uns,  löge  2, 194 ; 

musz  sie  auf  diligencen,  packelbooten 

von  jedem  schulfüchs,  jedem  hasen 

kunsirichterlich  sich  mustern  lassen. 

Schiller  26  (die  berühmte  frau). 
die  bedculung  stuft  sich  ab  zu  der  schalksnarr,  schalk:  unser 
sausewind  aber,  aller  hasen  groszvater.  lUsr  friedew.  Teutsch- 
land 139.  —  Die  narrhett  umschreibende  redensarlen:  sie  merket 

na  nsch  se,l  H.  J.  v.  Braunschweig  543;  ich  glaube  es  se 
kein  inensch  ,n  der  well,  der  nicht  einen  hasen  im  busen 
habe.  &.„.;,/.  ,3  0  ^„,,.  ie,,  ^.,,  „j,,,  ^.^  schrecklich  junger 
na  dasz  ich  den  hasen  so  laufen  liesz.  ...290;  wisset  dasz 
ed.i  einen  hasen  im  busen  trage  und  nehre.  Schuppius  530; 
.ch^vermemele,    dasz    solliche   leule  entweder  gar  unsinnig 


oder  doch  zum  wenigsten  an  einem  rohen  hasen  sich  krank 
gefressen  hellen.  B.  Armati  rettung  Dviij';  die  ganze  com- 
pagnie,  so  seinen  hasen  merkte,  ermangelte  nicht,  um  ihre 
lust  mit  ihm  zu  haben,  ihr  bezeigen  darnach  einzurichten 
und  ihn  über  alle  götter  der  alten  zu  erheben,  begebenh.  derer 
heilen  officiers  auf  Werbungen  l,  51.     vgl.  auch  bönhase  2,  237. 

3)  an  die  vorige  bedeütung  angeschlossen  dient  hase  als  bild 
für  eine  schnurre,  einen  närrischen,  lustigen  streich:  Bachmann, 
dem,  von  vorigen  zeiten  her,  fast  alle  tag  hünd  und  hasen 
wieder  in  den  sinn  stiegen,  a.  m.  im  Tockenb.  157 ;  aus  furcht 
vor  der  persifllage  der  dame,  die  er  allmählich  verstehen 
lernte,  liesz  er  immer  seltner  einen  von  den  hasen  springen, 
deren  sein  köpf  voll  war.  Siegfr.  v.  Lindenb.  4, 192 ;  in  ver- 
blasztem  sinne:  sie  lieszen  einen  hasen  nach  dem  andern 
laufen  (diesz  war  unsre  sprüchwürtliche  redensart,  wenn  ein 
gespräch  sollte  unterbrochen  und  auf  einen  andern  gegen- 
ständ sollte  gelenkt  werden),  allein  es  wollte  nichts  ver- 
fangen.   Göthe  24,  253. 

4)  der  fliegende  hase,  erdhasc,  springhase,  mus  jaculus, 
springratze.  Nemnich  3,  653. 

5)  hase,  gelber  {blanker)  wein :  {der  Hausfreund)  hat  seitdem 
schon  manches  täublein  mit  ihm  verzehrt  und  schon  manches 
schöpplein  mit  ihm  herausgemacht,  fuchs  oder  has.  Hebel 
werke  (1853)  3, 133. 

6)  hase,  dachtraufe:  grunda  druppe  /.  hase  Dief.  270'. 

7)  in  Leipzig  häszl  hase  die  am  rollwagen  angebrachte  schrot- 
Iciter:  die  sogenannten  hasen,  d.  h.  die  am  hintertheile  des 
Wagens  befestigten  schrotleitern.  Leipziger  tageblatl  1855,  no.  57. 

8)  hase,  im  Elsasz,  ein  milchbrOdchcn,  welches  zu  den  kirch- 
weihen und  auf  neujahr  gebacken  wird,  auch  schneckle;  von 
der  form  so  genannt.    Fromm.  4,474. 

9)  der  gespickte  hase  war  ein  torturwcrkzeug.  Adelung. 

10)  hase  heiszt  endlich  auch  ein  Sternbild  am  südlichen  himmel: 
lepus,  der  hase,  ist  ein  gestirn  gegen  mitlag,  unter  den  knien 
des  Orions.  HCbner  handl.-lex.  (1722)  1067. 

HÄSE,  HÄS,  n.  die  vorderbldtler  des  hasen;  s.  fürhäs,  vorhäs 
und  gehäse. 

HÄSE,  f.  das  Weibchen  der  vügeL  Nemnich.  wol  aus  der 
mittel-  und  niederdeutschen  pronominalform  he  er  movicrt.  auch 
in  der  formet  häsel  (Jacobsson  l,  490'). 

HASEKUH,  f.  zunächst  das  weibliche  kaninchen,  dann  auch 
allgemein  und  ohne  geschlechtliche  bezichungen  vom  kaninchen  über- 
haupt;  so  im  Hennebergischen.  Fromm.  4,314.  Nemnich  hat  hase- 
kühle, hasekülle  für  kaninchen.     s.  hasenkühlein. 

HASEL,  f,  ahd.  basal  masc.  und  hasala  fem.,  mhd.  hasel. 

1)  die  haselstaude,  corylus :  Jacob  aber  nam  stehe  von  grünen 
papelnbawm,  haseln ,  und  castaneea,  und  schelet  weisze 
streife  daran,  l  Mos.  30,  37 ; 

wir  andern  ruhen  indesz  hier 
harmlos  unter  der  hasel,  die  voll  grosztraubiger  nüsse 
um  uns  wölbt  ihr  gezweig.  Voss  Luise  s.  8. 

bei  Stieler  auch  masc. :  wilder  hasel,  corylus  sylvestris  781 ;  in 
umgclauletcr  form  häsel: 

under  ein  heseln  sich  bgab, 
die  nüsz  daselben  aufzulesen. 

B.  Waluis  Esop  4,  88,  6. 

2)  auch  die  einzelne  gerle  einer  solchen  slaude,  liaselrule: 
mhd.  ei  (das  kind)  bringet  birche  noch  diu  hasel 

mit  siegen  nimer  da  zuo 
da?  ej  edellichen  tuo.    Ilelbling  15,  202 ; 
nlid.    da  kam  und  vertrieb  mir  das  faseln 

der  vater  mit  biegsamen  haseln.    Skuhe  ged.  s.  186. 

Die  mythischen  bezüge  der  hasel  sind  mehrfach;  sie  dient  nament- 
lich als  wünschelride  oder  springwurzel  (Kuhn  herabkunft  des 
feuers  22' fg.).  dieser  umstand  ist  geeignet,  die  etymologische  Ver- 
wandtschaft zwischen  hasel  und  hase  zu  bezeugen  und  die  zu 
letzterem  warte  sp.  520  gegebenen  etymologischen  vernnäungen  zu 
stützen,  auch  dasz  die  hasel  erotische  bedeütung  hat  (in  die 
haseln  gehen  heiszt  liebeln.  Wolfs  zeitsdir.  f  deutsche  mythol. 
3,  90)  fügt  sich  dem;  die  zu  gründe  liegende  wurzel  939  sjiringen 
wäre  dann  auf  das  geschlechtliche  bezogen. 

HASEL,  /■.  ein  fisch,  s.  Iiassel. 

HASELANT,  m.  derjenige  der  haselierl,  sich  als  narr,  geck 
prahlhans  gebärdet  {s.  hase  2,b  sp.  529):  ist  denn  wahr  .  ' 
dasz  dieses  haselanten  frau  etwas  schönes  an  sich  haben  sol  *> 
irrgarten  307;  ein  haselant  seiner  grösze.  J.  Paul  uns.  löge 
1,180;  unser  satirisches  Jagdzeug  ist  weit  weniger  für  die 
hohe  jagd,  als  für  die  niedern  der  hasen,  hasenfüszc,  hase- 

34 


im 


HASELBAUM  —  HASELHUHN 


H  ASELIEREN  —  HASELN 


532 


(iinten  und  liönhascn  cingerirhlel.  grönl.  proc.  2,  hS ;  dasz 
auch  solche  haselanten  im  hesilze  widiliger  tabrikgeheimnisse 
sciu  küniien.    Immebmann  Nüuchli.  3,  120; 

allein  der  alle, 
der  Clemens  —  wie  ein  junt;er  haselant, 
so  wie  ein  kohlenbrenncr,  wie  der  tenl'cl 
(frott  sieh  uns  hei)  aicUi  er  drinii  in  dei'  stuhe, 
gesit'lit  und  handc  giuiz  mit  rusz  gefärbt.    Tieck  1,3". 

fiir  das  17.  jahrhnvilcrl  ül  stall  dessen  dk  form  haselarius  be- 
zeugt.   Stieler   "Sl. 

IIASELHAUM,  »».  corylus: 

corutus  sit  baselboum,  fagus  buoch  tibi  signat. 

HiiiipU  zcitüchr.  ö,  415,  70; 

coriilus  haselhaum,  haselnhaum  Dief.  1ö3';  avellanus  hassel- 
banni  tHt';  liaselbauni  coiilus  vel  curulus,  .i.  avellanus  voc.inc. 
Üieul.  i  2'.  das  worl  isl  uns  im  ganzen  selten ,  weil  die  hasel 
getviihnlich  nieltl  zu  baumhnhe  und  form  lieramriichst :  liasel- 
staude  oder  haseislrauch,  welche  billich  unter  das  buschholz 
gezahlet  wird,  weil  sie  nie  zu  einem  sonderliclien  stamme 
kommet  . . .  denn  die  beiden  groszen  haselslauden  oder  vicl- 
melir  haselbäume  [zu  l'forzheim  und  Frankfurt  a.  M.)  sind  als 
wunder  der  naiur  anzuseilen  und  als  auszerordenlliche  und 
seiir  rare  exempel  hielier  nicht  zu  ziehen,  öcon.  lex.  (1731)  935. 

HASELBIRNE,  f.  eine  schlanke,  birne  von  Iwrbem  yeschmuck. 
Nemnich.     ave.-iperina  haselbir  Dief.  18', 

HASELBLATT,  n.  blall  vom  haseislrauch: 

unter  jenem  husch  erklang 

olt  ein  lied,  das  sie  mir  sang, 

und  ich  auf  dem  hasellilatte 

ilir  erst  vorgepliiren  halte.     Weisze  jnhelhochz.  89. 

HASELBOCK,  m.  eine  schwammarl ,  boletus  ramosissimus. 
Nemnich   1,  ti36. 

HASELBUSCH,»».  \)  corylus,  der  haseislrauch.  Hederich  1217. 

2)  das  mit  luiselbüschen  bestandene  erdreich,  covylelum.  Stieler 
112.    Dief.  153'; 

wie  Wirbelwind  am  haselbusch 

durch  diirre  bliitter  rasselt.     Bürger  15". 

HASELEI ,  f.  das  haselieren  {s.  unten),  ende  des  16.  jahrh. 
erschien  eine  schriß:  fragen  und  salzreden  von  der  haselei. 
rergl.  hascrei. 

HASELEICHE,  f.  quercus  robur  cum  longo  pediculo.  Nemnich 
4,  llüti;  aesculus  latifolia  Steinbach  1,318;  sie  heiszt  bei  Dief. 
210'  horseleiciie  esculus. 

HASELGEBÜSCH,  «.  buschwcrk  von  liaseln: 

nur  der  güldene  bäinnierliiig  sitzt  auf  dem  haselgebiische. 

Zacuariä  Intjuszeüen  (1757)  s.  40. 

HASELGEFLÜGEL,  n.  colkäivbezeichnuny  für  die  ha.'telhiihner. 

.\nELU.NG. 

HASELGEBTE,  f.  gerle  eines  haselsirauchs :  (dasz  der  held  der 
i;eschichle)  uachinillags  um  4  ulir  sich  allemal  eine  lange  hasel- 
geile abdrehte  und  damit  ein  ochsenjunge  wurde.  J.  Faul 
uns.  loije  l,fi2;  ich  fragte  nach  dem  iilleslen,  und  sie  hatte 
nur  kaum  gesagt,  dasz  er  sich  auf  der  wiese  mit  einem  paar 
gaiisen  herumjage,  als  er  gesprungen  kam  und  dem  zweiten 
eine  haselgerte  mitbrachte.    Gothe  lö,  20. 

HASELGESTÄUD,  «.  corykinm,  ein  ort  da  vil  haselstauden 
slon.    Maalkr  212*. 

HASELGESTKÄU("H,  »1.;  dieser  hole  iindenbanm ,  sainpt 
heiumb  siehenden  dicken  haselgeslrjiuche.  Homhurg  Ihild- 
munda  (lt.43l  s.  S2. 

HASELHAHiNCHEN,  n.  eine  käferarl ,  chrysomcla  coryli. 
Nennich. 

HAsELHECKE,  f.  hecke  aus  hasetbü.schen :  haselheckcn  coryli 
Alb.  ff 2'; 

als  ich  von  hanelhecken 

mein  |>(e,rd  mir  Hchnitt.    Sams  geil.  (m03)  s.  8. 

HASELHOLZ,  n.  holz,  wie  es  der  ha.'ieldrauch  liefert.  GrtCH- 
HAu»EN  nul.  veu.  (1741)  s.  1«7.  dir  nebenfurm  haselnholz  (Ja- 
«.oBBsoN  2,  224*)  nt  aus  zusaunnenriickung  des  adj.  hascin  mit 
hol/,   entstanden  und  steht  für  hasrines    holz. 

HASKLHIILN,  n.  tctnw  Imnasm.  Nemnich  4.  1440;  letran 
laijo/ius  weiszes  haselhuhn,  Schneehuhn  1442.  ahd.  hasilhuon, 
iiUuge ,  itjMiralus  Graff  4, 0'ifl;  altagen  haselhiin,  hasselhnn 
lliEf.  .'>ft';  liceJula  hahelhoni;  2.33*;  mullis  haselhiin,  hilsrih(ui 
37u';  tparulu»  liaseUnlti  .'>44';  haselhiin  uttega ,  aliqui  dieitnt 
urnix  iJrm.  roc.  nie.  theiil.  i  2" ;  die  verschiedenen  hüeinisclwn 
lirurimuniim  ijrtini  d(xli  immer  auf  tHiir  Ihierarl  in  mancherlei 
Kiiuialrn:  einen  langen   niillag  ...  bei  groxzeii   krebften  und 

^.1, ......     I..    ,  11. . .),,,,, I II      Tril  H*1H     I'  '•    "  ; 


so  führet  sie  ihn  heim,  und  setzt  den  tisch  bald  voll 
mit  speisen  die  sein  liofl'  und  iandgnt  selber  traget: 
ein  cier  oder  drei,  die  jetzt  erst  sein  geleget, 
die  benne  selbst  darzu,  ein  Irische.s  huselhun, 
nach  dem  die  bürger  sonst  die  finger  lecken  thun. 
Opitz  1,  13S. 

HASELIEREN,  verb.  sich  tiwricht,  geckenhaft,  auch  prahlend- 
närrisch  gebeiden.  ein  mhd.  iiaseliercn  führt  Gri.mm  kl.  scliri/ten 
1,357  an  und  stellt  es  zu  fiunz.  iiarceler,  tourmenter,  inquieler 
par  de  petites  mais  de  frequentes  altaques  (Littre  I,  1980'). 
Ihatsaclie  üt,  dasz  das  haselieren,  was  seit  ende  des  10.  oder 
dem  17.  jahrh.  erscheint,  sich  an  liase,  nair,  thor  anlehnt,  vergl. 
Jus  s;).  529  gesagte,  ferner  liäseln,  haselei,  haserei  und  basieren, 
haseliren,  nugari,  insipidum  esse,  desipere,  insanire  Stieler  781 
mit  dem  adj.  haselirisch  desipiens,  fatuus,  und  dem  suhst.  hase- 
iirung  ineptiac ,  fatuitas ,  insulsilas ;  indem  er  viele  spräche 
redete,  hierbei  aber  hasciierte  er  gar  gewaltig,  sodasz  die 
ofliciers  .  .  .  gemeiniglich  einen  narren  aus  ihm  machten. 
Irrgarten  303;  er  war  ungemein  gern  lustig  oder  auf  deutsch 
zu  .sagen,  er  haselierte  gern,  das.;  kam  Ernesli  wiederum  zu 
jenen,  und  haselirle  noch  iirger.  Salinde  69;  jedoch  war  in 
seiner  auffiihiung  ganz  nichts  pedanlisclies  oder  haselirendcs. 
Felscnb.  2,236;  dasz  leule  darum  aiige;iehin  und  wohlgelitten 
werden  konnten,  weil  sie  viel  haseliren.  J.  E.  Schlegel  3,26«; 
Mephistopheles  . . .  haseiirt  da  breit  in  den  tag  hinein.  Fr. 
Müller  2,  ll;  in  der  form  iiasilieren:  liasiliren  nugari,  »ii/-/u.v 
agcrc,  nugas  garrirc.  HEOERiCii  1217;  soii'il  kanst  du  eben  so 
put  hasiliren  auf  deutsch,  als  alle  griechische  und  lateinische 
poeten.  reime  dich  (1673)  s.  21.  von  den  possierliclien  Sprüngen 
der  hauen  gesagt: 

kaum  kaiui  der  hohe  storch  zum  froschfang  ausspazicrcn, 

kaum  können  hasen  selbst  im  busche  haseliereii, 
so  wird  auch  jener  (ein  liasu)  gleich  die  lOll'el  ängstlich  rühren. 

Hagedorn  2,  123. 
Wieland  braucht  das  wort  in  der  modificierten  bedeulung  verliebt 
tändeln:  frau  Beatrix  ist  nicht  halb  so  spröde  als  sie  aus- 
sieht, wenn  sie  schon  nicht  dergleichen  tlint,  so  hat  sies 
doch  gern,  wenn  man  ein  wenig  mit  ihr  haseiirt.  12,212;  bei 
Schiller  hetszl  es  lärm  machen,  sich  toll  geberden:  itzt  pfeil 
ich,  und  meine  Iterls  drauszen  fangen  an  zu  stürmen  und 
zu  hasselicren ,  als  kam  der  jüngste  tag,  und  hinein  mit 
bestialischem  gepolter  in  die  zellen  der  Schwestern,  raulm- 
2,3;  bei  Kehrein  hasselieren  schelten,  schimpfen  187;  Schweiz. 
haselieren  prahlen,  toben,  schwelgen.  Stalder  2,  23 ;  in  Appenzell 
haselieia,  in  groben  ausdrücken  den  Unwillen  äuszern.  Tobler 
258" ;  alles  ausläufer  der  im  einyang  gegebenen  allgemeinen  be- 
deulung. 

HÄSELING,  m.  ein  fisch,  s.  hassel  und  häszling. 

HASELRATZE,  f  blfdenkolbe  der  Imel  (s.  kiitzcheii  5, 2S0) : 
er  {der  birkenbaum)  trüget  zum  saanien  ein  laiiglichtes  gliick- 
lein ,  in  forme  der  iiaselkatzen.  Güciiiiaijsen  not.  ven.  (1741) 
175.  dimin.  Iiaselkiitzchen,  viel  häufiger  gelnauchl,  rerstiimmi-ll 
hasenkalzchen ;  haselkatzlein  jm/h.i;  Stieler  935;  lange  runde 
zäpflein,  welche  man  auch  hasenkätzleiii  nennet,  iicon.  lex.  d3r>. 

HASELKAÜZE,  /.  haselkätzrhen ;  s.  unter  kauz  5,370.  dim. 
haselkfinzlein  *  .s.  einen  beleg  unter  haselzapfen. 

HASELKOHLE,  f.  kohle  aus  haselholz ;  namentlich  zum  seidinen 
verwendet. 

HASELLÄMMCHEN,  n.  haselkätzchen.  Hermes  .So/)/i.  reiste 
3,  279. 

HASELMAUS,  f  myoxus  (in  mehreren  arten).  Nemmch  3,  6s7. 
haseimaus,  glis,  sorex  Stieler  1257;  sorex,  mus  avellanarum. 
haselmaiisz.  Forer  W//Vrft.  (1583)  llo";  bilchmausz,  zysel,  zysel- 
maiisz,  zys/mausz,  grosze  haseimaus/.  lio';  groszc  hasel- 
inausz,  glis  Maaler  212';  liaselmans,  iilis  Alb.  II 2'. 

HASELM(»TTE,  f.  phahena  coryli.    Nemnich. 

HASELN,  HASELN,  adj.  von  hasel,  «i/n/.  haselwi  (Nkihhart 
91,  3H)  und  iieselin :  junge  heseln  soinnieiladen.  »rn.W/i.  1, 527 
{V.  14H3);  kiline  ein  troinpeler  von  Ziirich  dahariyten  gegen 
dem  hiifen  und  paiinern,  der  biüchte  an  einem  hasslnien 
stoklin  5  absagbrief  an  «lie  5  ort  wisende.  berichl  von  der 
Cajijiehchlacht  (1531)  v.J.  15S3  im  gesehiehtsfrcund  7,207;  niisz 
eiin-ni  stecken  von  liHselin  holz.  Seutkr  rossarzn.  418;  hüsz- 
leiie  Spane.  IIohrerg  1,34s';  was  wird  weiler  unter  die  husch- 
hidzer  gerechnet?  das  hnselne.  Gochhahsen  nol.  ven.  (1741) 
20U;  ein  halber  Vorhang  an  einem  h.'lselnen  Ht<ickcheii  am 
fenfller.  C.  F,  Weiszk  kom.  upern  2,  211 ;  (Ings  ergriff  er  seinen 
ha»elnfn  slab,  slipsz  ihn  lief  in  den  ncker.  MusAUii  volkyni. 
303.  in  gekürzter  form :  haszie  colurnus  Dasyp.  ;  lieselcr  stuck 
coraulinus  rar.  iur.  Ihrul.   U  •>* ; 


533 


HASELN — HASELSCHOSZ 


HASELSPINNER  —  HASELZAUN 


534 


so  wil  ich  ir  die  hawt  vol  schirmen 
mit  einem  gutea  heslen  str.b. 

H.  Sachs  4,3,  11«; 
erwischt  ein  groben  heseln  stoct, 
schlug  seineu  esel  wol  zur  kühr. 

B.  Waldis  Esop  1,  90,  44. 

HASELN ,  verb.  1)  sich  närrisch  geberden ,  haseiieren :  wer 
will  es  den  verJiebten  verargen,  wenn  sie  schon  unterweilen 
ein  wenig  häseln:  sie  sind  nicht  bei  sich  selber.  Birken 
ostl.  lorbeerhain  23.  in  Schmalkalden  häsern,  scherzen,  leichten 
mulieillen  treiben.  Vilmar  154. 

2)  wie  ein  hase  knurren:  allen  diesen  thieren  {den  hasen  in 
verschiedenen  arten)  ist  ein  gewisses  knurren  eigen  . . .  dasz 
sich  mit  nachahmung  dieses  knurrens  ('häseln')  sogar  Stein- 
adler herbeilocken  lassen ,  erfuhren  wir  . .  selbst.  Tscbüdi 
thinleben  d.  Alpenwelt  (1858)  201. 

HASELNüSZ,  /'.  1)  die  fruclil  des  hasehtrauchs,  corylus.  ahd. 
basalnug  avellana,  amygdala;  mhd.  haselnuj  «-6.  2,1,424'; 
haselnusz  öi)(?//ana,  est  fruclus  avellani.  voc.inc.theul.  i2' ;  eine 
rothe  haselnusz,  nux  pontica  Steisbacu  2,144;  sy  {die  bitch- 
mduse)  sollend  der  haselnussen.  oder  eichlen  von  den  buchen 
geläben.  Forer  tliierb.  (|5S3)  111".  als  bild  des  kleinen  und 
nichtigen  viel  gebraucht:  ich  geb  dir  nitt  ein  hon  oder  ein 
has.'selnusz  umb  ein  senlenz  und  umb  ein  urteil,  wann  du 
mechtig  bist  und  hilf  hast,  der  urteil  ein  usztrack  zegeben. 
Keisersberg  ilarie  himelf.  3";  einem  liebhaber  der  den  vater 
zu  hülfe  ruft,  trau  ich  —  erlauben  sie  —  keine  hohle  hasel- 
nusz zu.  Schiller  kab.  u.  liebe  1,2; 

dann  weiwasser  und  salz  drei  haselnusz  wert. 

Berner  fasinachtssp.  v.  1522  X  iij '. 

haselnüsse  sind  aber  dem  volke  auch  ein  Sinnbild  der  fructd- 
barkeü;  gibt  es  in  einem  jähre  riel  nüsse,  so  werden  viel  kindcr 
geboren.  Lexer  135.     vergl.  oben  hasel  {sp.  530). 

2)  haselnusz  auch  der  haselnüsse  tragende  Strauch  selbst :  hasel- 
nusz und  erle,  ..  diese  beiden  bäume,  ohne  welche  kein 
heimatlicher  frühling,  kein  vaterländischer  herbst  gedacht 
werden  kann,   natur  1869,  30S'; 

unter  standen  von  haselnussen 
auf  weichem  moos  ein  grünes  zeit. 

KoTZEBDK  dram.  sp.  1,  32. 

3)  haselnusz,  eine  conchilienarl ,  cypraea  nucleus.  ISemnich 
2,1351. 

HASELNÜSZFARBE.  f.  braune  färbe,  die  aus  Vermischung 
von  gelb,  falb  tind  schwarz  entsteht.    Jacobsson  2,  224". 

HaSELNUSZÖL.  «..•  dieses  haselnuszöi,  dessen  man  von 
drei  pfund  geschälter  nüsse  ordentlich  zwei  pfund  bekommt, 
ist  süsz,  wie  mandelöl.    öcon.  lex.  (l73l)  937. 

HASELNüSZSTAÜDE,  /".  haselstaude:  die  haselmausz  wonet 
...  bei  den  haselnuszstauden.    Forer  thierb.  (1583)  un'. 

HASELNÜSZSTRACCH,  m.  haselstrauch :  der  liaselnusz- 
strauch  ist  der  freund  unsrer  kindheit,  und  sehen  wir  ihn 
und  seine  fruchte,  so  müssen  wir  ihrer  gedenken,  natur 
my.K  31  o'. 

HASELÖHRLEIN,  n.  eicitschwamm.  öcon.  lex.  (1731)  938. 
geirnhnticher  hasenöhrlein,  s.  d. 

HASELUL.  «.  oleum  heraclinum,  von  haselholz.  Frisch  1,421*. 

HASELPFEi\.\L\G ,  m.:  dar  nach  an  dem  donrestage  ze 
usgander  oslerwochen,  so  so!  ein  iegelich  nientag  geben  einen 
üaselphenning.  da  sol  der  keller  selbe  dritte  mit  den  hubern 
gau  und  sont  die  selben  phenninge  zeren.  weisth.  4,93  (Elsasz, 
14.  jalirh.).     was  ist  gemeint? 

HASKLRATTE,  -RATZE,  /".  die  grosze  haselmaus,  bilclmaus. 

HASKLRITHE,  f  virgula  ex  corylo.  Stieler  1597. 

HASELSAFT.  m.  scherzhaß  für  prügel ,  weil  die  haselruthe 
zum  züchtigen  dient:  was,  ihr  diebsgesindel !  gleich  bezahlt, 
oder  ich  wdl  euch  mit  grünem  haselsaft  waschen.  Grimm 
kinder-  «.  hausm.  1,  410;  in  der  form  häselnsaft,  die  wie  haseln- 
üolz  {sp.  531)  SU  beurlhcilen  ist : 

wenn  mans  {,lie  faulen)  mit  heselnsaft  erquickt, 

so  Werdens  zu  der  arbeit  gschickt.     R.  Waldis  Esop  4,  74,  S3. 

HASELSCHATTEN,  m.  ; 

und  Röschen,  das  auf  wiesengrun 

im  haselschatten  sasz.    Höltt  15  Halm. 

HA.SELSCHILDLAÜS,  f.  coecus  coryli.    Nemnich. 

HASELSCfH.ÄFER,  m.  die  grosze  haselmans,  bilchmans. 

HASELSi.HOSZ,  «.  scJimzling  eines  haseUtrauches :  w.ilte  das 
lach  {Vieh)  wyler  gan,  und  yeniant  das  weren  w.ilt  der  soll 
iieminen  ein  hürigs  haszieschosz  und  das  füch  darmit  wenden 
uetsth.  4,  339. 


HASELSPLN.NER,  m.  phalaena  coryli. 

H.\SELSTAIIDE,  /.  haselstrauch,  mhd.  haselstöde:  avellanus 
haselstauden  Dief.  oo*;  haselsluden  voc.  ine.  theul.  \i';  von 
den  haselstauden  werden  auch  die  Wünschelruthen,  wordurch 
man    gänge  und  erze.    schätze  und  anders  finden  will,    ge- 
schnitten, und  zwar  im  frühling  oder  herbst,  drei  tage  nach 
dem  neuen  niond.    öcon.  lex.  (1731)  937; 
was  sagt  die  weisze  taube 
auf  jener  haselstauden?    Uhland  votksl.  142; 
sein  pferdlein  das  tet  im  Sträuchen 
wol  über  ein  haselstauden.    147; 
heil  dir,  o  bach,  der  durch  die  grünen  netze, 
gewebt  von  haselstauden,  llieszt.    Hölit  125  Halm. 

redensarlen :  ich  müste  noch  weit  was  vornehmers  sein,  denn 
meine  äugen  die  hätten  mich  schon  verralhen.  dasz  ich  aus 
keiner  haselstaude  entsprungen  wäre.  Schelmuffsky  i,  50  {vgl. 
über  die  haselnusz  als  bild  des  geringen  oben  sp.  533);  sie  wollten 
heim,  die  leut  könnten  sonst  meinen,  sie  seien  stürm  und 
redeten  mit  den  haselstauden.  J.  Gotthelf  bilder  u.  sagen  5, 13. 
Mit  haselslaude  zusammengesetzt:  haselslaudenbusch  cory- 
letum  Hederich  1217;  haselstauden kätzlin.  Garg.  82*;  hasel- 
staudenkohle.  öcon.  lex.  936;  haseistaudenrütlein.  Botschky 
kanzl.  454. 

HASELSTAUDICHT,  ad}.:  ein  haselstaudicbtes  einjähriges 
junges  sprüslein.    Butschky  kauzl.  454. 

HASELSTECKE.N,  m.  stecken  von  der  hasel :  des  böhmischen 
fürsten  Priniisziai  häselslecken.    a.  weiszii.  lustg.  393. 

HASELSTOCK,  m.  stock  von  der  hasel:  sodann  bearbeitete 
er  (der  Schulmeister)  mit  der  rechten,  in  welcher  der  hasel- 
stock war,  das  örtchen  auf  welchem  man  sonst  ruhig  sitzen 
soll.    Seume  mein  leben  2ü. 

HASELSTRALCH,  m.    1)  corylus:   haselstaude  oder  hasel- 
strauch.   öcon.  lex.  (1731)  935; 
(wo  ist)  die  ruthe,  die  ich  nechst,   als  zwischen  tag  und  nacht 
die  gleiche  sonnen  stund,  aus  vielen  haselsträüchern 
mit  schwerer  müh  erkohr?  {die  wun'^chelruthc). 

A.  Grtphics  1698  1,  59. 
2)  haselstrauch,  coryletum   Stieler  2190. 
HASELSZEPTER,  n.  der  haselslock  eines  Schulmeisters:   lierr 
VVeyhrauch   mit    dem    haselzepter  cilirte  den  jungen  primus 
vor  zum  verhör  und  slandrecht.    Sedme  mein  leben  19. 

HASELTREüG,  n.  der  trockne  rücklasz  der  haselnüsse,  wenn 
öl  aus  ihnen  gepreszt  isl:  es  ist  so  eine  beschwerliche  zeit 
gewesen,  das  die  armuht  das  kaaf  von  leinsamen,  haseltreig, 
lindenknoppen  und  eichein  zu  brote  gebrauchen  muszte. 
Chronik  der  stadl  Plau  (17.  jaltrh.)  in  Lischs  jakrb.  /'.  meklenb. 
gesch.  17,  202. 

HASELWALD,  m. :  was  ich  euch  kerls  noch  will  zusammen 
wichsen  lassen!  'nen  ganzen  hasehvald!  Fr.  Mijller  3,196. 
HASELVV'ANZE.  f.  cimex  coryli.  Nem.nich. 
HASELWICKLER,  «1.  phalaena  avellana. 
HASELWÜRM,  m.    1)  eine  fabelhafte  schlänge: 
trat  zu  mir  an  ein  alter  bawr, 
und  der  listige  giftige  lawr, 
der  haselwurm,  und  schlich  daher, 
als  wenus  ein  groszer  raeerahl  wer, 
mit  einem  harten  spitzen  schnabel, 
mit  hechiszeen  und  giftzungengabel, 
oben  fahlschwarz,  unten  gelbleich, 
sähe  dem  leibhalten  teule'l  gleich. 

froschmäHseter  (1600)  Pij'; 
in  Kärnten  eine  weisze  schlänge  mit  einem  ringe  am  köpfe,  der 
zu  gelde  gelegt,  dies  nie  abnehmen  läszt.  Lexer  260,  was  an  die 
Verwendung  der  hasel  zum  schälzeheben  {sp.  530)  erinnert;  dänisch 
hsslinger  (Gründtvig  gamle  danske  minder  2,113).  boa,  ein 
lintworm  oder  basselworm.    Thochus  H  6* ; 

kurz,  lieber  hätte  sich  einer  mit  drachen 
und  haselwürmern  herum  gezaust.    VVieland  21,14. 
2)  anguis  fragilis,  blindschleiche.    Nemmch   1,308. 
HASELWURZ,  f  usarum.    alid.  hasilwurz;  mhd.  haselwurz 
wb.  3,829*;    haselwurz,   perpensa ,  asarum  Maaler  212*;    un- 
achte  haselwurz,  antirrhinum  asarina  Nemnich  1,358. 

HASELWLRZEL,  f.  asarum  europaeum.  Jacobssoi»  6,  48*. 
HASELZAPFEN,  m.   haselkätzdien :    es    stoszt  runde  gelbe 
zäpflein  herfür,  wie  die  haselzapfen.  Tabernaem.  1196.    dim. 
haselzäpflein :  weil  sie  (die  haseUtühner]  die  baselzäpfieio  oder 
küuzlein  gerne  genieszen.    öcon.  lex.  (1731)  934. 
HASELZALN,  «..; 

der  brunnenröhre  rauschen, 
die  scheur  am  haselzaun. 

Matthissok  gpti.  (1794)  s.  18. 

34* 


535 


11  ÄSEN  —  II ASENBRECHER 


HASENBROT  —  HASENFLSZ 


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HASEN,  verb.  furchtsam  sein  wie  ein  liasc,  in  der  Zusammen- 
setzung erliasen  3,  840.  dann  auch  (nach  hase  2,  h  sp.  529) 
ineptirc.  Stieler  781;  es  haset  sich  mit  ihm  ein  wenig,  von 
adeo  calliditale  valet,  hcbetiorem  eum  natura  ßnxit.    das. 

HASEN,  HASEN,  adj.  von  hasen ,  mhd.  hesln:  leporinus, 
leporeus  heesen  Diep.  324*;  häsin,  vom  hasen,  leporinus  Maa- 
I.ER  206';  häsin  mit  der  nebenfurm  hiiscin  Stieler  781;  häsin- 
fell  pellis  leporina  das.  in  rcdensarten:  und  weisz  ja  der  herr, 
dasz  er  . .  mit  einem  häsinen  pelzlappen  gefährlich  an  den 
köpf  getroffen  worden,  dasz  er  fast  alles  gehirn  drüber  ver- 
loren, kunst  über  alle  künsle  40,  24.  viel  gebraucht  tvar  im 
16.  jahrh,  in  schweizerischen  quellen  ein  häsener  käse  als  bild 
für  etwas  schwer  zu  erlangendes,  aber  auch  etwas  kostbares,  letz- 
teres wol  darum,  weil  die  hasenmilch  als  ganz  dick  galt  (Forer 
thierb.  69*): 

ja  wan  alle  rechten  das  podenkcn, 
ein  hessin  kesz  wil  ich  dir  schenken. 

Murner  lulh.  narr  2081 ; 
sichstu  dan  einen  bessern  sich, 
der  mir  nachfolgt  und  hört  mich, 
darum!)  mit  tugent  zier  sein  leben; 
einen  hesznen'kesz  wil  ich  dir  geben,    3905; 
Hans  Schroid  hat  noch  im  hals  ein  hitz  (geschmack) 
vom  häsin  käsz  den  er  Zürich  gwan. 

U.  Eckstein  concil  bei  Sclieible  8,  717; 
der  häsin  käsz  ist  dir  noch  zschwär, 
denn  du  bist  göttlicher  gschrift  lär.    s.  743. 

HASENADLER,  m.  falco  melanaetos,  schwarzer  adler.  Nemnicii 
2,  1580. 

HASENAMPFER,  m.  oxys.   Frisch  1,420'. 

HASENAPFEL,  m.  der  Borsdorfer  apfel. 

HASENART,  f.  l)  eine  arl,  gallung  innerhalb  des  hasen- 
geschlechts. 

2)  art  und  weise  der  hasen :  ist  dann  dein  gelt  hasenart, 
welche  zugleich  geberen,  andere  jünger  aufziehen,  und  sich 
wider  belaufen,  so  heiz  dich  der  Lucifer.  Garg.  191". 

HASENASSEL,  f.  scolo})endra  lagura,  pinselschwanz.  Nemmch 
4,  1257. 

HASENAUGE,  n.  1)  eine  augenkrankheil :  es  ist  eine  art  des 
uberstülpens  der  augenlicde,  welches  geschiehet  an  den  übern 
augenlieden ,  das  nennen  elzliche  erzte  hasenaugcn ,  oder 
hasenschlaf,  bei  den  gelehrten  Xaytofd'nXuia,  leporinus 
oculus  genant,  ist  eine  solche  art,  das  die  menschen  die  über 
liede  nicht  können  zulhun.     Bakti.sch  augendiensl  (I5S3)  174. 

2)  eine  pflanze,  geum  urbannm,  oculus  leporis.  Nemnich  3,44. 

HASENBALG,  m.  pellis  Iqwrina.  Stieler  85.  in  redensarlen: 
trug  den  hut  voller  strauszfedern ,  aber  ein  hasenbalg  zu 
einem  brusttuch  (d.  h.  war  furchtsam).  Wickram  roZ/w.  5l';  mit 
einem  hasenbalge  gefüttert  (rerrHcÜ,  s.  hase  2,6).  Harnisch  134; 
eine  fastnachtskappc,  eine  narrendecke  um  deinen  hasenbalg. 
willu  die  leule  zu  gecken  machen?  kunst  üb.  alle  künsle  1C3,4; 
dadurch  er  (Homer)  sich,  der  valer  der  lügen,  so  berühmt 
gemacht ,  das  ganze  slädle  sich  untereinander  gezerrel,  und 
umb  den  hasenbalg  gezankel,  nemlich,  in  welcher  er  geboren 
worden  seie.  Sciiufpiüs  544 ;  iiütlen  sie  deinen  namen  nicht 
umgewendet  wie  einen  hasenbalg.  Holtei  Lammfell  (iO. 

HASENBANNER,  n.; 

du  steckst  mit  schnellem  lauf 
da.s  hasenbuniier  auf, 
der  Winter  war  vorhanden, 

druin  flohest  du  mit  schänden.    Opei.  h.  Conn  124,22. 
s.  hasenpanier. 

HASEN RAU,  m.: 

doch  lockte  mit  gebelfer 
vielleicht,  nm  lernen  hnsenhaii, 
ein  luchs  die  srhlaucn  hullKr. 

SciiiiiiiT  V.  Wkrnkichf.!«  nlin.  1798,  .?.  08. 

ILXSE.NBEIZE,  /".  fang  der  ha.sen  mit  abgerirltleten  fulken. 
Jacobsson  2.  224*. 

HASENBÜHNE,  f,  der  buhnenfürmige  kot  eines  hasen:  so 
einer  ein  haKenliun  fmdet  imd  die  iszt ,  der  hase  mag  nil 
gexscn  werden,  er  hat  sein  llieil  auch  darvon.  der  alten  wriber 
philosoi>lieij  in  Wolfs  zeituchr.  f.  d.  mylh.  3,  310. 

HASE.NBRAHM,  m.  spartium  scoparium,  pfriemenkraul,  Nkm- 
NICII   4.  l.'i:!2. 

HASENBRATEN,  wi.   s.  beleg  unter  liasenesser. 

HASKNBRECHER,  wi.  ein  Werkzeug,  den  gebratenen  hasen  an 
den  gelenken  zu  knicken,  damit  er  leicht  vorgelegt  werden  kann: 
in  der  kiirhe  sieht  ch  noch  schöner  aus,  ein  topf  sieht  am 
andern  und  das  übrige  daneben,  »ogar  der  hascnlMechcr  und 
die  ha^en^'ihid,  7u  donen  «onti  mein  seliger  vater  die  hasen 
gc'dhoi'"        I   i 


HASENBROT,  n.  1)  eine  pflanze,  briza  media.  Nemnich 
1,679;  hasenhrod  aegilops  Frisch  1,420';  auch  juncus  cam- 
pcslris ,  harecht  cypcrgras ,  hiuimelbrod,  hasenbrod,  hunger- 
brod  ScHWENKFELD  96;  sitospcllon,aegylops,  dicilur  aveiia,  liasen- 
ürlein,  hasenbrot,  jungfrawhar.  Alberus  tt; 

herrlich,  ohne  teller, 
schmeckt  heim  abcndroth 
heidelbccr  und  hasenbrot. 

Schmidt  v.  Wernkuchen  alm.  1798,  s.  12.">. 

2)  ein  wetlerauisches  kinderwort  für  brol ,  das  der  jäger  nicht 
auf  der  jagd  verzehrt,  sondern  in  sriner  Jagdtasche  wieder  mit 
nach  hause  bringt  und  als  vom  hasen  herrührend  den  kindern 
gibt;  vcrgl.  auch  Kehrein  187.  in  etwas  anderm  sinne:  frisches 
brod  aus  neuem  körn  heiszt  hasenbrod  und  der  hase  hat 
es  im  wald  gebacken,  wenn  auf  den  bergen  nebel  liegt,  so 
ist  es  der  rauch  aus  seiner  küchc:  'der  baas  kocht'.  Grimm 
kinder-  u.  hausm.  (1812)  anhang  s.  lviii.  vgl.  unter  hase  ,«;;).  527 
und  brauen  2,  322. 

HASENEI,  n.  1)  das  gefärbte  osterei,  das  nach  dem  kinder- 
glauben  der  hase  gelegt  hat. 

2)  an  hase  2,b  (sp.  529)  angelehnt,  Umschreibung  für  narrheit: 
ich  kenne  diesen  vogel  {den  musicus)  an  dem  gesange,  oh 
er  sich  schon  mit  andern  federn  behenket,  aber  er  glaube 
nur  nicht,  dasz  er  seine  hascneicr  anbringen  werde,  kunst 
üb.  alle  künsle  101, 18. 

3)  hascnei ,  was  sonst  fuchsei  (4',  342)  der  bovist ,  staubpilz. 
als  bild  des  nichtigen:  sorge  du  dafür  gar  nicht!  7000  (in  der 
Charte)  sind  bei  gott  keine  baseneier.    Günther  998. 

HASENEINFALL,  m.  närrischer  ein  fall :  verwundernswürdige 
haseneinfälle.  wo  habt  ihr  doch  alle  diese  verständige  reden 
entlehnet?   kunst  üb.  alle  künste  75,  24. 

HASENESSER,  m.: 

und  schnitte  sich  das  Stückchen  ab, 

auf  das,  seitdem  es  hasenbraten  gab, 

die  hasenesser  stets  ein  groszus  äuge  hatten. 

Kl..  Schmidt  poeJ.  briefe  69. 

HASENFÄHRTE,  f.  fährte,  spitr  des  hasen:  jene  vier  piinkle 
sehen  wie  die  hasenfährle  im  schnee  aus.  J.Paul  /fo;*.  3, 175. 

HASENFEISZTE,  f  hasenfelt.  als  heilmiltel  gegen  Verwun- 
dungen. Forer  thierb.  (1583)  70'. 

ri  ÄSEN  FELL,  «.  pellis  leporina. 

UASENFERKEL,  m.  cai'ia  agttli,  ferkekaninchen.  Nemnich 
2,  922. 

HASENFETT,  n.  feil  des  hasen:  das  hasenfelt,  besonders 
wenn  es  alt  ist,  zeiliget  die  gcschwüre.  ücon.  lex.  (1731)  934. 
mehrfach  in  umschreilmngen  für  einen  flüchtigen,   feigling  (hase 

2,  ö  .?p.  529):  er  hat  seine  schuhe  mit  hasenfelt  geschmierel. 
DuEz  27;  oder  fftr  einen  narren  (hase  2,  ft):  der  gute  mensch 
hat  freilich  in  das  hasenfett  tief  genug  eingetütscht.  Chr. 
Weise  erzn.  41. 

HASENFLEISCH,  n.  fleisch  vom  hasen :  hasenfleisch  ist  harter 
lüuwung,  macht  ein  dick,  kalt  und  melancholisch  bliit.  Forer 
thierb.   (1583)   70*. 

HASENFUSZ,  m.    l)  im  eigentlichen  sinne  der  fusz  eines  hasen 
lagepus ,    vogel    der  hasenfusz  hat.  Dief.  316*;  Blumauer  hm. 
spielend  mit  dieser  und  der  folgenden  bedeulung: 

kaum  war  nun  auf  dem  weichen  gras 
der  tisch  zum  mnlil  gcMlecki,  so  Frasz 
ein  hasenliisz  den  andern.     Aenci.i  1,  16. 

2)  übertragen  (nach  hase  2)  zunäch.tt  in  der  redensart  einen 
hasenfusz  in  der  lasche  führen,  eine  versteckte  narrheit  haben : 
denn  oh  ich  freilich  wol  fürchte ,  dasz  der  doklor  einen 
kleinen  hasenfusz  in  der  lasche  führte,  so  könnt  er  des- 
wegen   doch    ein    sehr  guter  wiindarzt  sein.    RonE  Th.  Jone.i 

3,  |8|.  dann  dient  \\ixsciiU\»7.  als  bezeichnung  für  einen  der  gern 
flieht,  feigling  (hase  2,«  .«/).  529):  ein  franzüsischer  abhe  do- 
cierl,  Alexander  sei  ein  iiascnfusz  gewesen.  Schiller  räubrr 
1,2;  liat  ers  kourage  nicht,  so  ist  er  ein  hasenfusz.  kab.  u. 
liebe  1,2;  ein  hasenfusz,  ohne  sillen,  mit  einem  wort,  ein 
genie!  Fr.  MIU.lk.r  2,39;  als  ersonnener  eigenname :  und  so 
lloli  von  jedermann  verlassen  Erich  Hasenfusz,  so  liespöl- 
lellen  ihn  die  H(dsleiner.  Dahlmann  diin.  gesch.  1.  2:!.T  ;  iii  </<i 
Verbindung  Hans   Hasenfusz,  s.  .?;>.  460: 

was?  mir,  die  selbst  dem  donnertT 
die   lio'^i'n  woggciiomninn, 
mir  Koll  iizt  so  ein  Nicrbllrher 
lliiii!«  Iln«<'iihi'<z  i>iill>i)iiinif>n? 
mir.  i'iIh  diT  liiinin)-|ski)iii);iii, 
lAliri  «'int-  meinniM  ilurch  drn  Kinn. 

ÜLVHAUKII    Arti' 


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HASENFUSZ  —  HASENHERZ 


oder  {nach  hase  2,  b  sp.  529)  als  bezeichnung  für  einen  Urnen, 
narren,  gecken :  nichts  zu  beklagen  als  dasz  sie  einen  solchen 
haasenfusz  und  eifersüchtigen  grillenfänger  zum  manne  hätte. 
Irrgarten  307 ;  ich  füttere  den  hasenfusz,  er  verrückt  uns  allen 
die  küpfe.    Immermanx  Nünchh.  3,134; 

da  sitzt  das  abenteur  mit  weiten  ärmeln  da, 
der  könig  Hasenlusz.  Göthe  7,  42. 

3)  name  von  Ihieren,  nach  der  gestalt  ihrer  ßsze:  o)  des  canis 
{agopus,  steinfuchs.  Nemsich  2,825;  b)  tetrao  lagopus,  Schnee- 
huhn, weiszcs  birkhuhn.  4, 1442. 

4)  auch  pflanzen  führen  den  namen  hasenfusz:  a)  trifolium 
arvense,  trif.  lagopus,  sonst  auch  hasenklee,  hascnkraut:  hasen- 
fusz lagopus  Stieler  590;  hasenfusz,  galirium,  estherbaquedam. 
voc.  ine.  tlieut.  i  2".  b)  plantago  lagopus,  auch  spanischer  wegerich. 
Nemnich  4, 1000.  • 

H.\SENFÜSZIG ,  adj.  und  adv.  wie  ein  hasenfusz,  närrisch: 
da  sein  herr  das  zutrauen  zu  mir  hat,  mir  so  hasenfüszig 
m   schreiben.    Göthe  20, 221. 

HASENFÜTTER,  n.  unterfutler  von  Meidern  aus  hasenfellen. 

H.\SENGA11EL,  f.  groszc  gäbet  zum  aufnehmen  eines  ganzen 
hosen  aus  der  planne.  J.  Paul  Siebenk.  1,  30  {s.  die  stelle  unter 
hasenbrecher). 

HASENGALREI,  f.:  plur.  hasengalreien  unter  fischgerichtcn 
Garg.  50'  steht  wol  für  haselgalreien  und  bedeutet  sülzen  oder 
gallerten  aus  hassein  (s.  rf.)- 

HASENGANG,  m.:  er  geht  den  hasengang  (gefcerdef  s/c/j  wJe 
ein  hase,  narr),    schaub.  engl.  u.  franz.  com.  1,  553. 

HASENGARN,  n.  garn  oder  netz  das  bei  der  hasenjagd  ge- 
braucht wird.  Jacobsson  2,224*;  hasengarn,  rethe  leporum  voc. 
ine.  tlieut.  i  2' ; 

Silon  nimb  hin  das  hasengarn, 
und  disen  hasen,  bring  in  also 
in  Persia  hin  zu  Giro.    H.  Sachs  3  (1578)  2,  170'. 

HASENGEHEGE,  n.  rerier  im  forste,  wo  die  hasen  geschont 
werden,     hasengehäge  Frisch  1,  420*. 

HASENGEIER,  m.  vultur  cristatus.  Nemnich  4,1582;  ein 
aas-  sii'e  hasengeyer,  vultur  major,  cinereus,  aquila  leporaria. 
Stieler  644;  hasgeir  fastn.  sp.  1183. 

HASENGEIL,  n.  spartium  scoparium,  pf riemenkraut.  Nemnich 
4, 1332. 

HASENGESCHLECHT,  n..-  ich  gehöre  nicht  zum  hasen- 
geschlechte,  das  nirgends  am  liebsten  ist,  als  wo  es  geheckt 
ward.    Heinse  Ardinghello  2, 220. 

HASENGRAS,  n.  briza  media,  hasenbrod.  Nemmch. 
HASENHAAR,  n.  haar  votn  hasen:  das  hasenhaar  geröukt, 
machet  ein  ringen  auszwiirf.  Forer  Ihierb.  (1583)  71';  zum 
verfertigen  von  hüten  gebrattcld:  je  mehr  man  hasen  haare  zu 
einem  hut  nimt,  desto  schöner  wird  der  hut.  Jacobsson  2,224'. 
HASENHACKE,  /".  beim  pferde,  eine  längliche  erhabenheit  im 
untertheil  der  hintern  seite  des  Sprunggelenks;  auch  das  doppelte 
knie  genannt.    Nemmch. 

HASENHAFT,  HASENHAFTIG,  adj.  iind  adv.  in  der  weise 
eines  hasen ;  in  folgendem  übertragen  {nach  hase  2,  b)  thürichl, 
Mrtn-Kc/i/.hasenhaftig  gekleidet,    v.  Rirren  Sylvia  62. 

HASENHAFTIGKEIT,  f,  in  folgendem  übertragen  Verzagtheit 
{nach  hase  2,  a) :  die  gelehrten ,  die  wohl  das  licht  halten, 
aber  aus  hasenhaftigkeit  die  finsternis  herrschen  lieszen. 
Gervinus  gesch.  d.  nal.  litt.  (183:))  3,  131. 

HASENn.\TZE,  f.  persecutio  leporum.  Stieler  782. 
HASENHAüPTIG,    adj.,    in    folgendem    übertragen   närrisch, 
neckenhaft :    sehet    hier  den  . .  brief ,    welchen  dieser  hasen- 
iiäuptige   mon«th   an    eine    seiner   liebsten    ablaufen  lassen. 
Florid.^n  u.  Klajos  fortsetzung  der  Pegnilzschäferei  88. 

HASENHEGER,  m.  aufseher  über  ein  hasengehege;  dann  allge- 
meiner auch  Jagdaufseher,     in  der  Wettcrau. 

HASENHEIÜE,  f.  name  für  die  pflanzen  briza  media,  hasen- 
brod. hasenqras,  und  spartium  scoparium,  ha.^engeil. 
HASENHERZ^  n.  herz  eines  hasen. 

1)  int  eigentlichen  sinne:  den  schmerzen  so  von  der  muter 
kumpt,  das  hascnherz  gedert  und  klein  geschniitzlet,  sol  ze 
trinken  geben  werden.    Forer  thierb.  7l'. 

2)  übertragen  auf  menschen,  ein  feiges,  zaghaftes  herz: 
^^^L.  sohlalen  treten  auf  den  pintz, 

^^^V  gehii  nur  den  feind  hinein 

^^^^^^^  sie  haben  ja  kein  hasenherz: 

^^^^^K^  denn  stech-  schiesz-  hauen  dunkt  sie  scherz. 

^^^^^■^  GoRiNG  tiebpfmeiienhlütimlein  (1654)  «.  75. 


HASENHERZIG  — HASENKUCHEN    538 

3)  schelte  für  änen  der  ein  solcltes  herz  hat,  feigling:  nit 
bisz  eines  hasen  herze.  Keisersberg  narrensch.  94';  und  das 
schröckt  dich,  hasenherz?    Schiller  räuber  1,2. 

HASENHERZIG,  adj.:  er  musz  eine  schwache,  einfältige, 
leichtgläubige,  hasenherzige  seele  gewesen  sein.  Wieland  6,63. 
HASENHETZE,  f.  persecutio  leporum:  Junker  Wenzel  von 
Tronka,  . .  von  der  hasenhetze  kommend.  H.  v.  Kleist  Kohl- 
haas s.  10;  itzt  glaub  ich  selbst,  dasz  es  dir  leichter  ums 
herz  werden  würde,  wenn  du  so  eine  hasenhetze  vornehmen 
würdest  (bildlich  von  einer  massenrecension  im  Merkur).  Wielakd 
in  Merks  briefs.  1.402. 

HASENHODEN,  f.  plur.  l)  die  hoden  änes  hasen;  als  heil- 
miltel.    Forer  thiei-b.  7l'. 

2)  eine  pflanze:  priaspicus,  haszenhoden,  ein  krut.  Gers- 
DORF  feldb.  d.  wundarzn.  (1528)  104. 

HASENHUND,  m.  hund  zur  hasenjagd:  hasenhunt  canis  lepo- 
rarius  voc.  ine.  Ilieut.  i2'. 

HASENHÜRDE,  f.  hürde  zum  fang  von  hasen. 
HASENJAGD,  f  jagd  auf  hasen.  bildlich,  in  bezug  auf  die 
Verfolgung  von  flüchtigen:  wir  wollen  fort!  und  soll  die  hasen- 
jagd angehn.  Göthe  8, 95.  —  die  hasenjagd  hiesz  ein  1593  zuerst 
erschienenes  gedieht,  das  die  narrheilen  der  menschen  geiszelte; 
s.  hase  sp.  529. 

HASENKASTEN,  m.  kästen,  den  der  jäger  für  den  transport 
eines  lebenden  hasen  führt,    öcon.  lex.  (1731)  939. 

HASENKLEE,  m.  name  mehrerer  pflanzen,  oxalis  acetosella. 
Sauerklee;  trifolium  arvense,  katzenklee;  gelber  hasenklee,  an- 
thyllis  vulneraria;  Hans  schnitt  bei  diesen  worten  ein  gesiebt, 
als  äsze  er  Sauerampfer  oder  hasenklee,  wobei  der  magen 
sich  fünfmal  umdreht.  Vernaleken  Ostr.  kinder-  u.  hausm.  229. 
HÄSENKLEINT,  w.  das  vordertheil  des  hasens,  das  nicht  mit 
gebraten,  sondern  als  besondere  speise  zubereitet  wird  {hasenscituarz). 
öcon.  lex.  (1731)  939;  vergl.  kleinod  5,1123.  gewis  nur  aus 
hasenkleint  ist  die  spätere  form  hasenklein  (Jacobsson  6,  48') 
gekürzt. 

HASENKOHL,  m.  sonchus  oleraceus ,  gänsedistel,  saudistel. 
öcon.  lex.  (1731)  750;  hasenköl  sonchos  Maaler  213'.  —  Ein 
abend.'ichmetteriing ,  phalaena  umbratica,  kappeneule ,  heiszt  auch 
hasenkohleule. 

HASENKOPF,  m.  caput  leporinum.  l)  eigentlich:  der  hasen- 
kopf  zu  äschen  gebraut,  und  mit  baren  feiszte  oder  unschlit 
oder  mit  essich  aufgestrichen ,  erfüllt  das  abgeflossen  haar. 
Forer  Ihierb.  71', 

2)  nach  der  ähnlichkeil  heiszt  hasenkopf  der  köpf  eines  pferdes, 
wenn  er  um  die  stirne  sehr  stark,  um  das  maul  herum  sehr  dünn 
ist.  Nemnich. 

3)  im  17.  und  18.  jahrh.  ist  hasenkopf  für  einen  thörichten 
menschen,  narren,  gecken  viel  verwendet  {s.  hase  2,6  sp.  529): 
eines  groben  esels-  oder  hasenkopfs.  Sim;//.  2,  311  A'ur:;  was 
sollen  da  diese  ehrliche  männer  {Reuchlin  und  Erasmus)  an- 
ders machen  j  als  dasz  sie  diese  lateinische  hasenkopf  ver- 
lachten? Schuppics  819;  haben  denn  die  hasenköpfe  nicht 
können  einen  nachtstnhl  in  die  kammer  setzen,  unw.  doct. 
669 ;  diese  sprachen  noch  eine  geraume  zeit  von  dem  thö- 
rigten  haasenkopfe.  irrgarlen  316 ;  der  ist  ein  allfränkischer 
grillenfänger  und  melancholischer  fantast,  ein  abgeschmackter 
hasenkopf.  ped.  schulfuchs  75;  dasz  es  mir  herzlich  leid  sei. 
meinen  allerersten  ernstlichen  kämpf  mit  einem  haasenkopfe 
gethan  zu  haben.  Felsenb.  1,502;  du  bist  ein  hasenkopf,  so 
weit  als  du  warm  bist.  Thilo  Adelheid  (schauspiel  1779)  s.  57 ; 

ist  es  nicht  eines  blöden  hirns 
und  eines  hasenkopfs  merkzeichen, 
der  wol  wehrt  eines  langen  liorns, 
und  gar  nicht  wehrt  mit  uns  zu  zechen? 

Wkckherlin  534  (1641  s.  263). 

die  bedeutung  entwicJcell  sidi  {wie  bei  hasenfusz,  hasenherz)  so, 
dasz  hasenkopf  zunächst  nur  den  köpf  rines  narren  bezeichnet: 
auf  solche  ehrbare  weise  wolle  ich  einen  fürsten  agiren  und 
dörfte  deinen  hasenkopf  nicht  darzu  entlehnen,  kunst  üb.  alle 
künste  18,10;  und  der  name  dann,  als  poisessives  eompoätum 
gefaszt,  auf  den  träger  jenes  übergeht. 

4)  hasenkopf,  fischname:  des  tetrodon  lagocephalus  und  des 
gobius  lagiM-ephalns ,  hasenkopfgrundel.    Nemnich  4,1447.  3,65. 

5)  liasenkopf  hei.ozt  auch  eine  apfel-  ttnd  eine  birnenart. 
HASEN  KRAUT,  n.  trifolium  arvense,  hasenklee. 
HASENKUCHEN ,  m.   eine   gebackene  fülle   von   hasenfleisch. 

Amaranthes /"r«Hen:;-/e.r.  (1773)  1,1258;  hasenkuchen  ein  paar 
schnittchon.    1   Pvir  Ich.   Fibel-:  <:.  58. 


539         HASENKÜULELN— HASENPANIER 


HASENPANIER— II  ASENSAL  AT 


540 


HASENKLHLEIN,  n.  Iqms  ciiniculus.  Nemnicu  1,379.  s.  iiasc 
sp.  527  und  hiisekiili.  kiilik-in  vnd  die  inilcr  häsektili  aufiic- 
fülirlen  formen  külile,  külle  sitid  versliimmdunijen  von  künelein, 
ifiyt.  kaiiincben  th.  5,1(12.  von  diesen  formen  ausist  liäsekuli 
vrM  imuicdeiUd. 

HASENLAB.  tn.  coagulum  kporinum.   Stieler  1009. 

HASENLAGER,  h.  lager  oder  slälte,  wo  ein  Itase  sicli  nieder- 
lliut.  bildlich:  sich  ins  liascnlager  und  in  die  slapelstadt  der 
liebe,  in  die  andere  weit  bet^tellen  wie  auf  einen  biocksberg 
{von  schwiirmeriscii  liebenden).    J.  Paul  TUan  2,  202. 

HASENLATTICH,  m.  leonlodon  aututnnale:  basenlatlich, 
lacluca  lejiorina ,  damit  ktilen  sich  die  hasen  im  somnier. 
Albehls  EEij'.  auch  prenanthes  inuralis,  mauersalat ,  heiszt 
basenlatlich.    Nemnicu  4,1058. 

HASENLAUFT.  -LAUF,  «j.  bän  des  hasen:  basenleufle pcdes 
leporini.    Stieler  10S2. 

JJASENL.KUSZE,  /.  das  lauern  auf  hasen: 

hie  halt  die  wacht,  still  wie  ein  mausz: 

ilu  setz  dich  auf  die  hascnlausz. 

wann  etwa.«  kompt,  so  hahet  acht, 

das/,  werd  g-efell  und  mir  gebracht.    Giliiusiüs  73. 

hei  Stieler  hasenidusche,  -luscbe,  observalio  leporum  clan- 
destina.  1091.  , 

HASENLAUSZEH,  m.  der  den  hasen  außauert,  sie  auf  dem 
anstände  erk-yt.  luhd.  iiasenlüjer  vb.  l,10ül':  ein  hasenlnszer, 
oder  der  ein  iiasen  vehet  in  dem  Biidinger  vvalde  und  druml)e, 
der  bat  verwirkt  sinen  recliten  diimen.  weisth.  3, 430 ;  fisciier, 
krebser,  ha.senlewsser,  wildtscbiitzen.  (ungedruclUe)  ruyordnuiuj 
für  die  Stadt  Orlenbcrg  i.  d.  Welterau  v.  1560.  in  der  form  basen- 
iausler:  wildscbützen,  haasenlauster,  vogler,  fischer,  krebser, 
die  oliiie  «isen  und  willen  solches  thun.  ueüth.  1,490. 

H.\SENLELNE,  f.  leine  zum  virferliyen  des  hascngarus.  Frisch 
1,  4-20'. 

HASENLIPPE,  f.  liibium  leporinum.  so  nennt  man  bei  ver- 
schiedenen Ihieren  die  obere  lippe,  wenn  sie  gespalten  ist.  Nem- 
NicH  3,  377. 

HASENLÖFFEL,  ni.    1)  ohr  des  hasen;  veryl.  sp.  521. 

21  eine  pflanze,  atisma  plantago. 

HASENLLPP,  m.  KOS  basenlab,  coagulum  leporinum :  diesem 
Unfall  nun  zu  wereu,  worden  ihren  gleich  die  seitenwehr  der 
nuilter  mit  hasenlupp  Lestricbun  (in  der  geburt  des  Garganluu). 
Cuiy.  10  4". 

HASENMAOE.N,  »i.  hasenlab:  hasenmügen  Maaler  213'. 

HASENMÄNNCHEN,  n.  die  gebärde  des  hasen,  wie  er,  auf 
den  hintern  füszen  silzend ,  sich  mit  den  vordem  köpf  und  hart 
putzl.  ha.senmännchen  machen,  bildlich,  sicli  udrrisch  gehaben. 
Frisch  1.42o'. 

HASENMAIS.  f.  cavia  leporina. 

HASENMCTZE,  f.  mitra  pelle  l(portna  fimbriata.  Stieler  131C. 

HASKNNEST,  n.  hasenlager.   Jacobsson  2,  224'. 

HASEN.NETZ,  n.  netz  zum  hasen  fang,  hasengarn:  hasennelz 
plaga,  cassa,  enssis  ruc.  ine.  thenl.  i2*;  basennetz,  wird  von 
slarkem  bind  laden  gemacht.    .Iacousson  2,  224*. 

HASENOHK.  n.  l)  ohr  des  Iiasen,  oder  doch  von  gleicher 
form:  ein  briistbiid  eines  jungen  narrn  in  kälbernem  liabit 
mit  einem  paar  basenohren.    Simpl.  1,  290  Kurz; 

Liiciiide  .  .  .  hat  in  vcrj{an(;iicr  nacht 

ein  kitid  (verzeih  nilrs  (;ott.'j  mit  langen  hasenohrcn, 

ein  recht  ah^ctieulich  kinil  gebühren.     Gkllkrt  1,  153. 

die  ohren  des  pferdes  heiszen  liasenuliren ,  wenn  sie  hoch  und 
nahe  beiiamvien  slelwn.    Jacohsson   5,47«'. 

2)  pßanzenname :  des  asarum  europaeum  und  der  briza  media. 
o/iJ.  Iianinöra,  ni/((/.  basenüre,  </iJt»io.  «'&.  2,  l,  442'.  hasenohr 
hei.szl  auch  ein  eszbarer  tdiwamm.  Handscu  MalUiioli  kreulerbucU 
(Hill)  3.sß. 

3)  hasenohr,  h.^sen'ihrchen,  anführungszeichen  {„")  vor  und 
narh  cilieiten  warten.    Jacob.skon   2,  U'. 

ILVSE.NOHhLFIN.  n.  l)  pflanzenname:  des  asarum  euro- 
pitrnm.  auch  des  bupleurum,  .sonst  orlisenrip]ie ;  liaseniirlein  tlria 
Stiki.er  13S(i.  ferner  wird  ein  eszbarer  schwamm  haseuübrieiii 
ijennnul,  mit  der  nefienform   ha«elöhrlein,  s.  d. 

2)  unter  geh icknanicu  howml  (/nc/i  hasenidirlein  vor."  einzogen 
kiirclil,  pfann/ellcn,  basentiri,  kiapfen  von  ripfeifilli.  xeiiiel- 
Hlrüczel.  Tegrrnseer  kocitbuch  in  der  Germania  9,201;  3  krilpfel 
darauf  oder  ba^enorid.  205. 

ilASKN<))ntLIN(i,  f»..-  briza  minor,  das  kl^ne  ziltcrgraN, 
kb'id  h.i^iii..ltiliiig,  jungfernhaar.  Nkmnicm   1.079. 

II  NSKNPAMKli .  (I.  das  Itanner  das  der  haue  trägt :  es  ist, 
■■     t '•'  ■"  ' ''  '•■"•■'     '        ■/...,:,.•     i.„  rr  l'cim  fliehen  tn 


die  hohe  reckt,  von  dieser  anschauung  aus  in  festen  formein  auf 
den  fliehenden  angewendet:  het  er.,  das  basenl)anir  erwisclit 
und  blib  nit.  W'ilw,  v.  Schaumb.  87;  so  erwischen  sie  das 
liasenpanier  und  halten  sicli  zu  der  mause  wageiihnrg.  Lutuer 
br.  2,79;  der  grosze  fersenritter  ergriff  das  liasenpanier  gar 
bald.  5,273;  da  iimst  ich  das  baseupannir  aufwerfen,  engl, 
kovi.  2, TS;  ich  salvirte  mich  vor  ihm  mit  dem  hasenhannier. 
Vs;  der  am  tage  des  streils  das  luiscnpanier  aufgeworfen 
hat.  pers.baumg.l,3'i;  ergriffen  von  der  stunde  an  das  liasen- 
panier. Felsenb.  4,331;  so  musten  sie  aus  der  uolh  eine 
tugend  machen,  und  das  haasenpanier  ergreifen.  Sulinde  325 ; 

dem  in  aiifcchtung  reuwt  der  kauf, 
der  steckt  das  hasenpancr  auf. 

B.  Waldis  Esop  1,23; 
der  todtengrSber  sehr  erscbrack, 
das  hascnpunier  aufstak. 

ScHDBART  hausteufel  (15C8)  CV; 
das  hasenpaiiier  die  cicriscy 
bei  Zeiten  liesze  fliehen  (flieijen). 

SoLiAU  496  (lion  1032); 
manch  franzosch  cavalier 
l'olgete  dem  hnsenpanier 

und  rissen  weidlich  aus.     Opel  h.  Cohn  106,  10; 
so  nimpt  ein  faiper  mensch  gar  leichilich  das  panier, 
das  auch  eili  hase  sucht.  ÜPiiz  3,  293. 

s.   basenbanner. 

HASENF*APPEL,/'.  malva  sylvestris.  Frisch  1,420';  ud.  hasen- 
püppeln  Dähnert;  ferner  vialva  rolundifolia,  kdsepappel,  kdse- 
malve ; 

in  der  edlen  kunst  ein  bloszer  stümper  sein, 
flicht  in  den  lorberkranz  oft  hasenpappeln  ein.    Gömiier  417; 
(man  streite  nun  .  .)  mit  lanzen,  mit  federn,  oder  auch 
mit  liaseiipap|)cln,  womit,  nacb  neuestem  brauch, 
um  sicli  die  köpfe  nicht  ohne  nolh  zu  zwageii, 
die  leichten  kritischen  truppen  am  musenherge  sich  schlagen. 

Wieland  5,  I(I4. 
auch  hasenpappcinkraut.     im  Nassauischen  heiszt  auch  die  hasel- 
wurz,  asarum  europaeum,  basenpappei.   Kehrein  187. 

HASENPELZ,  m.  pclzwerk  vom  hasen:  auch  musz  man  ihm 
im  Winter  die  Stange  mit  hasenbelz  füttern,  fulconaria  von 
1G17,   S.  55. 

HASENPFAD ,  7n. :  vom  obersten  Bönnigbauszen ,  so  ge- 
meiniglich, wann  es  zum  treffen  kommen  thet,  den  baseu- 
pfad  inrilt  (/loh).  Zinkyrefs  apophth.  v.  Weiuner  (1653)  3,  51. 

HASENPFEFFER,  «j.  die  mit  einer  gewürzbriilw  und  hlut 
gekochten  vordertheile  des  hasen :  liascnpfeffer,  lepus  in  jure  niyro 
Stieler  1435.     s.  hasenschwarz  und  fürbäs. 

HASENPFEIL,  m.:  es  mangelt  ohne  dasz  seinem  (Amors) 
köcher  niciit  an  hasenpfeilen.  v.  Birken  ostl.  lorberh.  23 ;  pfeile 
die  zum  verliebten  Ihoren  machen. 

HASENPFERDLELN,  n.:  hasenpfardtlin,  lagopus,  ein  kraut 
also  genant,  et  lieh  heiszend  es  auch  henedictenwurz.  Maaler 
213'.     es  i.4  Wül  nur  entstellung  des  folgenden. 

HASENPFÖTCHEN,  -PFÖTLEIN,  «.  eigentlich  die  füsze  des 
hasen;  übertragen  pflanzenname:  trifolium  arvense,  lagopus.  Frisch 
1,420'.  auch  gnaphalium  dioicum  heiszt  so.  Nexnich  3,62,  beide 
wegen  der  wollig  behaarten  standen  und  bluten. 

HASENPH.Z,  Hl.  einepilzart:  hasenbilze,  oben  gelb,  unten 
weisz,  nicht  grosz.  niedrig  auf  einem  buhen  stiel,  im  inuos 
bei  den   reiszkeii.  Frisch  1,  420'. 

HASENRAUPE,  f.  eine  raujn:,  die  sehr  schnell  im  laufen  tst. 
eeleripes. 

HASENREIN.  adj.  heiszt  den  Jägern  ein  hund,  der  vollkommen 
für  die  hasenjagd  ahgerichlel  ist:  ein  gut  dressirler  Jagdhund, 
welcher  bühncrn  gut  steht,  gut  apporlirt  und  baseureiii  ist. 
Weimar,  tagelil.  1S04,  dec. 

HASENRENNE, /".  coagulum  lejmrinum,  mlul.  des  hasen  renne. 
Meueniierg  149,20.  Jim.  hascurennliii  als  linderungsmittel  in 
den  geburt.swehen.  Garg.  103'. 

HASENRIEI)(;RAS,  n.  cüffx  leporina.  Nemnicu  2,885. 
HASENRIJÜEH,  n..- 

dleweil  er  sieht 
vor  «einen  äugen  Kclicndlieh  llichen 
und  HM  dem  ha>iunruder  ziehen 
die  mucken,  roszlUcgeii  und  schnacken. 

muckenlii:  3,  3sf. ; 

ei(ir  redrnsart  gleicher  bedeutung  wie  das  hasenpaiiier  aufwerfen 

IIA.SKNSAFT,  wi..'  wenn  ich  betraebtete,  dasz  sieb  binnen 

HO  wellig  stunden  meine  ganze  iialiir  in  einen  .'limzersl  ver 

liebten  haasruKaft  verwandelt  hatte,  muNzle  ich  mich  !ielb>i 

niislacbeii,     Felsenb.    2,  3|S 

IIASENSALAT,  w.  sonchus  uleraceut,  gänsedisltl,  und  otuiu 


541    HASENSCHARTE— HASENSPRÜNG 


HASENSPUR  —  BASIEREN 


542 


HASEiNSCHARTE,  f.  l)  spalte  in  der  oberlippe ,  me  sie  an 
hase  zeiijl:  es  werdend  ouch  etlich  kinder  eni[ifünge[i,  su  mit 
offnem  rächen  inwendig  und  hasenscharten  an  einer  oder  an 
beiden  obern  läffzen  geschlitzt  erboren  werdend.  RtSFF  Irosl- 
biiclile  65;  er  macht  das  äuge  schielend  und  bringt  hasen- 
sicharten.  Shakesp.  Lear  3,  4  (squints  the  eye  and  makes  the 
bare  lip);  nbeiiragen :  diese  fatalen  hasenscharten  an  der 
schönen  gestalt  der  menschheit  {die  Jesuiten).  J.  Paul  attsw.  a. 
(/.  teuf.  pap.  1,  31 ;  ein  haus  zum  hasinscharte  begegnet  schon 
i:M.i  Keurein  samml.  alt-  u.  mitleld.  würler  6S'. 

2)  eine  pßanze,  heradeum  sphondylium,  sonst  schärling. 

HASENSCHEIDE,  f.  spartium  scoparium,  pfriemkiaul. 

HASE.NSCHLAF,  m.  1)  leiser  schlaf,  wie  ihn  der  hase  hat: 
mit  vermuhnung  dasz  er  nicht  meinen  solle,  dasz  alle  die 
die  äugen  zuthun,  warhaflig  schlafen,  sondern  viel  betten 
den  hasenschlaf.  Zinkgrefs  apophlh.  v.  Weidner  (1653)  3,  "3. 

2)  eine  augenkrankheit :  vom  verstarren  der  augenliede,  hasen- 
'^chlaf  genant.  Bärtisch  äugend.  (1583)  174;  s.  die  forlsetzung 
ii?r  f:lelle  unter  hasenauge  1. 

HASENSCHMALZ,  n.  schmalz  vom  hasen;  in  folgender,  die 
feigheil  andeutender  redensarl:  da  doch  wohl  (wann  man  es 
recht  beim  liecht  besiehe!)  einer  so  wenig  courage  als  der 
andere  bat,  und  beide  mit  hasenschmalz  getraufl.  Simpl. 
I,  385   Keller. 

HASE.NSCHNEE,  m.  nix  leviler  sparsa.    Stieler  1S98. 

HASE.NSCHRECKIG ,  adj.  schreckliaß ,  verzagt  vie  ein  hase: 
ich  zitier  wie  ein  backuf.  ich  bin  nicht  basenscbreckich. 
Frank  sprichw.  1,16";  der  gesund  sihet  frolich,  der  reich 
trotzig,  der  ubeltbäler  under  sich,  er  bleicht  leicht,  darf 
hasenschreckig  niemands  recht  ansehen.  Acr.  spr.  (1560)  25*. 

HASENSCHROT,  m.  und  n.  schrot  womit  man  hasen  sclneszl. 
Jacobsson  2,224*.  iibeitragen ,  namentlich  in  der  formet  mit 
liasenschrol  geschossen  sein,  einen  klaps  haben,  ein  narr  sein: 
er  ist  mit  hasenschroot  getroffen,  er  ist  ein  geborner  und 
doppelter  narr,  er  hat  einen  sparren  zu  viel  oder  wenig. 
ÜLEz  64;  es  wäre  schade  um  den  maier,  dasz  er  so  mit 
iijsenschrote  geschossen.  Darbennime  1S5 ;  auch  in  bezug  auf 
finen  feigen : 

der  ist  mit  hasenschrot  geschossen, 

der  ob  erlitlnem  ersten  stürm  will  von  der  vestung  weichen. 

Kongehl  tttönizia  5; 
ein  schön  und  nettes  kleid  ziert  freilich  den  soldnten, 
doch  macht  es  darum  nicht  von  selbsten  einen  mann, 
wann  er  mit  hasenschrot  und  zagheit  ist  beladen, 
der  sich  nicht  resolut  und  tapfer  wehren  kan. 

Simpt.  1,  439  Keller. 

HASENSCHUH,  «i.  .•  ich  werde  wol  hasenschuh  anziehen, 
wann   der  lerm  angehet  (fliehen),    d.  hart,  frauenz.  21. 

HASENSCHULE,  f.:  ohnlängst  hab  ich  mich  auch  bei  einer 
hasenjagd  befunden,  allnoch  einem  unschuldigen  Udpischen 
-^tallburschen  die  hasenschul  demiaszen  vorgezeigt  worden, 
dasz  er  mit  vielen  streichen,  britschen  und  schlagen  gelernet, 
dasz  ein  has  keine  obren,  sondern  löffel,  keine  füsz,  son- 
dern läufer,  keinen  schwänz,  sondern  blümlein  vor  die  lex 
habe,    allerh.  sellz.  wtirme  90. 

HASENSCHWANZ,  m.  l)  schwänz  eines  hasen.  in  einer  redcns- 
•nl:  der  schäker,  merkt  man  leicht,  will  nur  mich  und  den 
leser  gern  mit  hasenschwänzen  behängen  (zum  narren  haben), 
i.  Paul  Hesp.  i,  86. 

2)  lagnrus  ovalus.  sammctgras,  nl.  haazeslaart.  Nessich  3, 315. 

HASENSCHWARZ,  n.  die  mit  gewürz  und  blut  gekochten  vorder- 
Ihetle  eines  hasen,  hasenpfeffer.    ücon.  lex.  (1731)  939. 

HASENSCHWEISZ,  m.  blut  des  hasen:  der  hasenschweisz  ist 
sehr  gut  auf  ein  raude  gelegt,  denn  er  trucknet  und  heilet 
von   stund  an.    new  jag-  u.  wcidwcrkbuch  (1532)   85*. 

HASENSEGGE,  f  carex  leporina,  hasenriedgras. 

HASENSPRLNGER,  m.:  Gould  trennt  von  den  wahren 
küngnnis  eme  kleinere  art,  den  hasenspringer,  lagorchestes 
leporoides.    Brehh  illustr.  thierl.  2,50. 

HASE.N'SPRUNG,  m     i)  sprung  wie  ihn  der  hase  macht: 
er  nam  das  rösziein  bei  der  band, 
wte  bald  er  sich  inn  saitel  schwang! 
do  tei  es  manchen  hasensprung. 

Uhl  \nd  vnlkst.  381 ; 
sie  bekam  oft  den  blick  von  ihm,  den  männer  werfen,  wenn 
dl.-  htdTiiungen  oder  befürchtungen  ihrer  wciber  hasensprüngc 
wie  ordhalbmesser  thun.  J.  Paul  uns.  löge  i,  186;  gicicbwol 
war  er  nicht  im  stände,  nur  ein  ernsthaftes  wort  zu  sagen: 
f-'egen  fremde  zwang  ihn  seine  naiur  allemal  im  anfang  einige 
satirische  und  andere  h'— -,,,„, ,.p   .,,  machen.    Hesp.  1,72 


2)  ein  krummes  beinchen  im  gelenk  des  hasen:  wann  man 
einem  hasen  aus  dem  vordem  rechten  fusz  den  hasenspruug, 
welches  ein  kleines  beinlein  in  dem  knie  ist,  heraus  nimmt. 
Hohberc  2, 630'.  der  hasensprung  war  früher  officinel:  der 
hasensprung  gedert  und  in  wein  getrunken,  sol  ein  edle 
artzney  sein  für  den  stein.  Forer  Ihierb.  72*;  etliche  wyber 
haltend  vil  von  dem  hasensprung  by  inen  getragen  und  den 
selbigen  nüchtern  yngetrunken  zu  allen  tagen.  Rüff  Iroat- 
büchte  76 ;  wenn  man  hasensprünge  einem  pferd  in  den  traiik- 
eimer  wirft,  und  solches  daraus  saufen  läszt,  so  verfängt  es 
sich  nicht,    öcon.  lex.  (1731)  940. 

3)  die  hintern  oder  sinungfüsze  des  hasen  heiszen  dem  Jäger 
auch  Sprünge,  hasensprünge.  Jacobsson  2,  224'. 

4)  endlich  mrd  auch  die  fährte  des  hasen  hasensprung  ge- 
nannt,   daselbst. 

HASENSPUR,  f.  hasenfährte:  ein  Windspiel .  das  auf  ein 
hasenspur  kommt,  läszt  nicht  nach.    Lehmann  74. 

HASENSTEIG ,  m.  ganq  den  sich  der  hase  durchs  gelreide 
macht :  der  beste  platz  (zum  anstehen  auf  hasen)  ist  der  au 
einem  hasensteig,  der  am  meisten  ausgebockelt  (ton  ährcn 
abgenagt,  s.  bockschnilt)  ist.  v.  Thijngen  weidm.  pract.  100. 

HASENSTÖSZER ,  m.  stoszfalke ,  aquila  kporana.  Stieler 
2180.    Pauli  schimpf  82*. 

HASENSTRAUCH,  m.  prenanthes  purpurea,  waldlaltich,  dürre 
kenne.    Nemnich  4, 1057. 

HASE.NTANZ,  m.:  wie  die  wandelbare  Fortan  ihren  ver- 
änderlichen luiseutanz  hält.  Interim  570.     s.  hasenthier. 

HASE.NTAPPE,  f  fusz,  pfole  des  hasen:  so  dargägen  die 
harigen  hasentapen  zii  der  rücbe  der  steinen  und  spitzen 
fast  bequemlich  sind.  FonER  Ihierb.  10^;  die  hasentapen  werden 
gebraucht  an  statt  der  bäsen ,  den  staub  und  unradl  damit 
auszzi'ikeren.    das. 

HASENTHIER,  n.  der  hase: 

auch  wenn  sie  an  dem  tanze  gehn, 
da  guckt  der  hasz  erliir: 
die  beine  müssen  verschrenket  stehn, 
recht  wie  ein  hasenthier. 

hasenjachl  durch  Leporinum  Hasenkopf  (1593). 

HASENWIND,  m.  windhund  zum  hasenfangen,  mhd.  hasen- 
wint :   hasenwind,  lepriero,  veltro,  cane  venalico  HuLsius   7o'. 

HASENWOLF,  m.  lupus  leporarius,  eine  kleine  art  von  Wolfen, 
von  ungestallem  köpf  und  hals,  wie  die  booswCdfe.  Frisch  1,421*. 

HASENZÄHNCHEN,  n.  name  einer  spilzengattung :  ich  habe 
noch '  unterschiedene  (s-pitzen):  das  herzgen ,  zwei  berzgen, 
das  herzgen  mit  dem  pfeil ,  das  todenküppigen,  das  hasen- 
zänichen.  A.  Gryphius  Horrib.  s.  25. 

HASENZWIRN,  m.  l)  starker  zwirn,  wie  er  zum  hasennelze 
verwendet  wird:  grober  sive  hasenzwirn,  ßlum  crassum  Stie- 
ler 2062. 

2)  auf  einen- thoren,  narren  gewendet :  ein  erz-general-haasen- 
zwirn.  Darbennime  140. 

HASEREI,  f.  das  gebaltren  als  hase,  thor  (sp.  529):  es  ist 
aber  haserei  ein  solcher  gebrechen,  der  zu  entspringen  pflegt 
fiirnemlich  im  hirn.  da  entweder  die  witz  und  kunst  gar 
zu  schwer  oder  gar  zu  leicht  ist.  fragen  u.  satzreden  von  der 
hiselcy  (ende  des  IC.  jahrh.) ; 

letzlich  nun  folgt  die  haserei, 
genant  leichtfenigkeit. 
lasz  sein,  dasz  disz  die  letzte  sei, 
übertrifft  doch  andere  weit. 

Iiasenjacht  durcli  Leporinum  Hasenkopf  (1593). 

s.  haselei  und  basieren. 

HASI,  interj. :  dann  und  wann  bescbleich  ich  ihn  in  eifrigen 
Selbstgesprächen,  bald  lacht  er,  bald  weint  er—  aber  merkt 
er  meinen  schatten  —  hasi!  ists  aus.  Gotter  das  öffeniL 
geheim  nis  s.  59; 

hasi !  hasi !  im  augenblick, 
hu!  hui  ein  gräszlich  wunder! 

BORGER  /^rnire,  erster  druck  im  Götling. 
mmrnnlm.  1774  s.  225; 
später  verändert  in  ha  sieh. 

HASICHT,  adj.  plumbeus,  stupidus,  hebcs,  stolidus.  Stieler  7S1. 
nach   iia-;e   2,  b  sp.  529. 

BASIEREN,  HÄSIEREN,  verb.  l)  nach  hasenarl  umher- 
schweifen: die  Husern ,  .Siradiiithen  und  Dalhcrn  haben  bei 
M  meilen  vom  häufen  Iia<iert.  S.  Frank  c/iron.  1.531  246*;  da 
het  einer  wunder  gesehen,  wie  es  im  weiten  closlerhoff  zu 
Waldt  ein  umbher  hesicren  und  ain  jagen  wer  gewesen,  iez 
do,  dann  dort  hinausz;  das  auch  so  lang  hat  gewcret.  dann 
die  non  lief  so  geschwind!,  das  sie  niemands  erlaufen  koiil. 


« 


543 


HASIERLICH— HASPE 


HASPEL  — HASPELER 


544 


ZimmerUdic  cliionik  4,111.  vijl.  bair.  basier,  hausier  yeslrccIUer 
trab,  ijalopp.  Schm.  2,  249. 

2)  sich  uie  ein  hase,  nair  geberden: 

dann  der  saiigu'tnif^ch  lia^e  hat 
an  im  die  eigeii!<chafl : 
so  bald  er  einen  trunk  cmpTeht 
basieret  er  und  lacht. 

hasetijaclu  durch  Leporinum  Hascnkupf  (1593). 

meiner  halbklugen  verschamorirten  hasircnden  meinung  nach. 
Smpl.  1,496  Keiler. 

3)  basieren ,  von  einer  gawjart  des  ffcides :  das  3'"  mal 
lasz  von  unden  hinauf  auf  die  furch  hinauf  basieren ,  auf- 
gehen und  hebieren.  Revschel  hippopronia  {Slraszb.  1599)  «.17; 
da  muszl  es  (das  ross)  traben,  Ireistblagen,  rennen,  gcngen, 
anhalten,  passen,  schreiten,  hässircn,  zabclcn,  galopcn,  lufl- 
springen  . . .  Garg.  176*. 

HASIERLICH,  adj.  lächerlich,  närrisch : 

Lachrifh  lacht  so  gern:   ist  es  dann  natürlich? 
Lai'hrich  lacht  so  gern:  ist  es  wol  hasirlich? 
Lachrich  lacht  so  gern:  was  dann  solls  bedeuten? 
hohnisch  lacht  er  ausz  alles  thiin  bei  Icuten. 

LoGAU  1,  s.  236,  no.  94. 

HASIG,  adj.    1)  leporinus.  Stieler  781; 

viel  tausende  liefen  dort  hasigen  lauf. 

Arndt  ged.  (1840)  283. 

2)  ab  davon  steht  ein  bair.  häsig  glatt,  was  einem  ahd.  Iiasan 
piilitus ,  venustus ,  hasanön  polire  (Graff  4,1047)  verwandt  ist; 
veigl.  unten  hassen. 

HÄSIN,  /.  der  weibliche  hase,  wenn  das  geschlechl  ausdrücklich 
hervorgehoben  werden  soll:  Iqms  foemina  Stieler  781;  mutlcr- 
liebe  ist  im  allgemeinen  keine  lugend  der  bäsin.  TscnuDi 
thierl.  d  Alpenwelt  (1858)  202;  euer  zahn  ..  ist  so  bohl,  dasz 
eine  bäsin  drin  setzen  könnte.  Hebel  (1832)  3,225; 

sie  wandelt  trüb  im  wald  mit  bangem  tritt, 
und  hirsch  und  reh  und  hasinn  trauern  mit. 

ScuaiDT  V.  Werneuchen  alm.  1708  s.  79. 

schelle  für  eine  furchtsame:  ihr  bäsinnen!  Veit  Weber  sagen 
der  rorzett  6,  60. 

HASISCH,  adj.  und  adv.  thöriciU,  narrenhaß: 

rieht  an  ganz  lächerliche  bossn, 
wenn  er  jemand  vexiert, 
und  meint  das  alle  lachen  müssn, 
weil  er  sich  hasisch  ziert. 

haseiijachl  durch  Leporinum  Hasenhopf  (1593). 

HÄSLEIN,  n.  kleiner  hase:  häszle  lepusculus  Maaler  206'; 
also  spricht  Salomon  der  weisz  . . .  das  basziin  das  da  ist 
ain  unslark  volk ,  das  hat  gesetzt  sein  ruvvstal  oder  scblaf- 
kamer  in  dem  felsen.  bei  disem  bäsziein  wiirt  verstanden 
(als  die  glosz  spricht)  die  christenlicb  kircb.  Keisersberg  ain 
gaLstl.  bcdeulung  des  heszlins  (1510)  Aaij';  ist  mir  alle  augen- 
blicke  über  den  weg  spaziert  wie  ein  bäslein.  Kützebüe  dram. 
sp.  2,326;  es  ist  kein  häslein,  es  fmdl  sein  gräslcin,  deus 
impkt  omnr  animal  benediclionc.  Stieler  78t. 

HÄSLLNCj,  Hl.  ein  fisch,  s.  häsziing. 

HASLINGER,  ni.  l)  von  der  hasel  stammend,  haschier  stock, 
in  OberOsIrcich  Krumm.  3, 190 :  deine  nachliissigkeit  sull  nicht 
ungestraft  bleiben ,  sagte  der  vater,  nahm  einen  haslinger 
hcrvur  und  zog  ihm  tüchtig  das  ledeizeug  an.  Vernaleken 
öslr.  Idnder-  u.  bausm.  2. 

2)  ein  groszer,  .<iiiuerlicher  apfcl.   Nemnicii. 

HASPE,  f  HASPEN,  wi.  1)  du»  lliürbaud,  mittels  dessen  die 
Ihür  in  die  angeln  gehängt  wird,  auch  die  angd  selbst:  cardo 
haspe  Dief.  lOo';  lena  hasiie  577'  »ir/  der  ncbenform  häspe 
(Frisch  1,421");  hcspe:  carJo  bespc  Dief.  loO';  so  auch  nieder- 
hessisch ,  mit  Übergang  des  wortcs  in  allgemeineren  gebrauch  von 
frslen  verbindungsslüclien  überhaupt.  Yilhar  105; 

alle  Tenstcr,  alle  ihüreii  beben 

in  den  hi-s|>cn.      Güküiük  tied.  d.  lieb.  (1770)  3<i. 

ferner  die  krampe,  die  etwas  liall:  ein  tisch  mit  hcspcn  an  der 
wand.  Heriif.s  Sofib.  reise  2,65;  so  bngmdnnisch  baspcii  die 
halben  klammern  zur  befcstigung  der  fahrten,  vergl.  fahrt  haspe 
3.1266;  IUI  salzwirk  krampen  am  nutirn  tlieile  der  siedepfaiiiien : 
pfannkaspen  Hohkuorf  biscbreibung  des  saLwciLs  zu  Halle  {Mi'.i) 
j,  59 ;  —  endlich  an  der  thüre  der  klinkhaken,  wie  aijs. :  clwUella 
J.  terra  bf  puc,  loca  Haupts  zeitschr.  J),  :,[)t>' ;   uh  masc. : 

in  kniirn-t  dann  das  ti'irlcin  dein, 

iieub«rliche<i  mngdb'iii ! 

'nim  den  haspcii  in  dio  band*.    I  nr  t-<ii  imi'.m.  *>i^. 

2)  ha»pe  garnwinde:  giigillui  haspe  HiEr.  nov.  yloss.  193*. 
alid.  ist  baspa  so  viel  garn  alt  auf  einmal  grhasi>fll  wird:  Rcdecim 


haspe  lini.  Graff  4, 1061 ;  wie  m>ch  jetzt  in  dei-  Schweiz  haspe 
strähn  Stalder  2,  24 ;  alln.  bespa  ein  gespinn.  Mübils  181. 

3)  die  umgelaiitvle  form  häspe,  l\es]}e  bedeutet  kniebiig,  liamme; 
vielleicht  nach  der  ähnlichkeil  mit  haspe  1?  nl.  hespe,  hammc, 
pctaso,  pcrna  Kilian  ;  da  schar  man  den  schunken ,  da  zog 
man  den  käszproduclen ,  dem  fcriin  die  barzhaub  ab ,  da 
griff  man  den  bespen  auf  die  hauben.  Garg.  83';  den  speck 
im  kärner  erschrecken ,  dasz  die  hespon  zu  den  kämeten 
abfallen.  150".     vergl.  baspel  5. 

HASPEL,  m.  und  f,  ahd.  haspil,  mhd.  baspel: 

1)  wie  haspe  1  thürband,  thiirangel.  Frisc|i  l,42l';  kleiuer 
schlieszhaken  an  der  thiir:  baspel  an  der  tür,  pcssulus  ferreus, 
uncinulus  foris  Stieleb  784;  mach  den  baspel  auf,  emille 
patsulum  das.;  die  baspel,  welche  an  der  kammeilhür,  zu- 
kclteln.   Salinde  267. 

2)  ein  instrument  zum  tcinden^  von  verschiedener  form  und 
verschiedenem  gebrauche. 

a)  garnwinde,  weife:  alabrum  baspel  Dief.  20";  der  baspel, 
girgillus  Maaler  213";  dasz  dir  sanl  Asinus  baspel  die  darine 
zerwirr.  Garg.  149";  der  baspel  (beim  baumwollcn^pinnen)  bat. 
rad  und  zeiger,  so  dasz  sich  bei  jedesmaligem  umdrehen 
eine  feder  bebt,  welche  niederscblingl  so  oft  hundert  Umgänge 
auf  den  baspel  gekommen  sind.  Götue  23,54;  liesz  spinnrad 
und  baspel  neben  sich  stellen.  Immermann  Münclüi.  4,  14. 
redcnsarten :  mit  vilcn  andern  dergleichen  scheingriindcn  die 
sich  eben  reimen  und  schicken  wie  ein  baspel  auf  ein  lopl. 
Fischart  bienk.  143*;  reim  dich  baspel,  du  must  in  sack. 
Joannes  Nas  grosze  glocke  zu  Erfurt  31;  sacht  an,  sacht  an, 
mein  hcrr,  erzürnet  euch  nicht  so  sehr,  der  baspel  mücbt 
euch  sonst  gar  ablaufen,  d.  bärt.  frauenz.  49 ;  bildlich  in  bczuij 
auf  die  sich  abspinnenden  gcdanken: 

wann  ruht  in  meinem  köpf  die  nimmer  müde  haspel? 
Gotter  1,298. 

b)  winde  bei  verschiedenen  gewerken,  seilern,  Schiffern,  färbern, 
kupferdruckern ,  Jägern;  namentlich  im  bergwerk,  die  winde  an 
der  das  bergseil  auf  und  nieder  geht :  die  berglcut  farend  nicht 
allein  ab  den  farten  in  die  gruben ,  sondern  werden  auch 
auf  dem  knebel  oder  bort  (crales)  an  das  seil  gebunden  in 
die  gruben  mit  drei  bespeln  hinabgelassen.  Bechios  übers. 
V.  Agricdla  bergwerk  (1557)  177;  da  sind  zwen  hespel  gesetzt 
mit  zweien  wellenkainpredcrn  getrieben  wie  in  einer  mühle. 
Mathes.  Sar.  125';  ärtztrüge,  bergtrög,  wasscrseig,  baspel. 
Garg.  187". 

c)  haspel,  ein  torlurwerkzeug.    Frisch  1,421'. 

d)  baspel,  das  auf  eineni  pfähl  horizontal  liegende  kreuz,  welches 
die  fuszgänger  umdrehen  müssen,  wenn  sie  einen  weg  gehen  wollen, 
der  für  pferd  und  wagen  gesperrt  ist.    das. 

3)  in  der  Schweiz  hciszt  haspel  eine  flüchtige  person,  ein  Spring- 
insfeld. ToBi.ER  257';  in  der  Oberpfalz  hispel  alberner  mensch. 
Schm.  2,254. 

4)  haspel  eine  muschel,  arca  tortuosa.    Nemnich   l,  421. 

5)  wie  häspe  3,  mundartlich  kniebug ,  hammc:  c  scheen 
schwechlich  gesundheit  —  friszt  alle  morjend  en  schwcine- 
bascbpel  zum  Irihslick.  Malsz  bürgcrcapitain  s.  43. 

üas  Wort  entzieht  sich  noch,  wie  das  vorhergehende,  einer  sichern 
etijmologisclwn  deutung.  bemerkenswert  wird  die  Verbindung  sp 
öfter  durch  st  ersetzt:  so  neben  haspel  auch  haslel  Schm.  2,254; 
neben  haspeln  auch  basteln:  ist  ein  wein  waicb  und  so  zehe, 
dasz  man  ihn  aufliastelii  kondc.  Simpl.  3,  ISO  Kurz;  womit 
übereinstimmt:  cardo  ccli  ein  angc  ader  ein  hemel  hasto  Dief. 
100'  {für  haspe). 

HASPF^LÜAU.M  ,  m.  welle  an  einem  hasjtel,  wenn  dieser  ein 
hcbezciig  ist.    Jacobsson  2,  226*. 

HASPELBEIN,  n.  gressu  vacillans,  pedibus  tUubans.  SriKLKR 
121.     .V.  haspeln. 

HÄSPELEIN,  n.  Iiamulus,  uncintdus,  sitblUis  succula.   Stie- 

LER    7H4. 

HASPELER,  HASPELER,  m.    I)  der  garn  aufwiiul. 
pcler  gliimerali»   SriELER  7s4. 

2)  der   an   gruszen    winden   Ihntig   ist  (haspel  2,6):    verliain 

hlispeler  (Jolii  onomast.  (l.'.S2)  75;    an    dem  born  sind  .*tel/. 

acht  hasplcr,  die  einander  rnisetzen  «der  lösen.   Matmesii  •* 

Sar.  125';    ein    linker    hamplcr  (der  die  winde  von  links  drrlii) 

Garg.  230*;  im  bergwerk: 

dio  giiion  hcrkffnsnilii, 

durxii  die  bivsplcr  geincinr.     l'iii.Afio  rolkul.  ll.'i. 

3)  auch  einer  der  schlecht  geht  (haspeln  3,  c):  hasplcr,  i/ui 
ijlomerat  yressus.  Khihcii   1, 421*. 


545 


HASPELFANG  —  HASPELN 


HASPELPUMPE  —  HASSEN 


54G 


I 


HÄSPELFÄNG,  «1.  hemnivorriclüung  am  haspel  im  bergtcerk. 
}il.  haspelfeng  Garg.  187*. 

HASPELGERÜST,  n.  das  gerüsl,  worauf  der  haspel  im  berg- 
werk  ruht. 

HASPELGESTELL,  n.  dasselbe. 

HASPELHAFT,  adj.  nach  haspel  3:  in  den  haspelhaften, 
vernickleten ,  verzwickleten  und  verwirrten  köpfen.  Welleb 
annalen  2,  4S9,  iio.  1073. 

HASPELHORN.  n.  l)  eins  von  den  am  ende  der  speiclien  des 
ijarnhaspels  angemaclüen  und  etwas  gekrümmten  querhölzchen, 
worauf  das  garn  aufgewunden  wird.   Frisch  1,  42l'. 

2)  die  kurbel  am  haspel  im  bergwerke.   Jacobsson  2,  226'. 

HASPELKNECHT,  m.  bergarbeiter,  der  den  haspel  bedient, 
miner.  lex.  2SS'. 

HASPELKNOTEN,  «».  ein  eigenlhümlich  geschürzier  knoten, 
namentlich  zur  Verbindung  von  fäden,  die  gehaspelt  werden,  an- 
ijcwendet.   Jacobsson  6,  49*. 

HASPELLEUTE,  plur.  vectiarii.   Frisch  I,  421'. 

HASPELMANN,  nt.  arbeiler  am  haspel  ini  bergwerk. 

HASPELMEISTER ,  »?i.  hu  bergwerk  aufseher  am  haspel.  Ja- 
CuBSSOX   2,  226". 

HASPELN,  verb.  l)  das  garn  auf  einen  haspel  wickeln,  garn 
winden,  weifen:  girgillare  haspelen,  hesplen  Dief.  263';  die 
sorge,  dasz  guter  aufrichtiger  lein  verkauft,  dasz  garn  richtig 
gehaspelt  . .  werde.  Moser  osnabr.  gesch.  (1798)  1, 106 ;  auch 
intransitiv:  die  mutter  erzählte  ihnen  auch  wohl  eine  lehrreiche 
und  lustige  geschichte,  wenn  sie  haspelte,  patr.  phant.  l,  46 ; 

er  hascbplet  und  das  garn  uff  wandt. 

Murmer  geuclim.  miiij'; 
bildtich :    es  ist  des  tüfels  völkli  und  gsind : 

gott  gab,  wie  maus  hasple  oder  wind ! 

fustn.  sp.  S95,  2; 
lange  lange  lebrgedichte 
die  spinn  ich  recht  mit  fleisz, 
fläcbsene  heldengedichte 
die  haspl  ich  schnellerweis.    Uhlxiid  ged.  405; 

gott   windet   oder  haspelt  aller  menschen  missethat  auf  ein 
klüngeln.    Frank  spr.  2, 64*. 

2)  haspeln ,  eine  last  mit  dem  hebezeuge  haspel  bewegen. 
Jacobsson  2,  226';  «h  salzwerk:  die  soole  aus  dem  born 
haspeln.  Frisch  1,  42l';  bergmänniscli :  und  wird  der  schult 
durch  die  setzjungen  eingeladen  und  durch  die  haspelknechte 
oder  auch  mit  einem  sonderlichen  getriebe  durch  pferde  her- 
aus gehaspelt.  Seckendorff  fürstenstaat  (1737)  s.  383. 

3)  haspeln,  in  übertragener  bedeulung. 

a)  in  einander  fügen,  verbinden,  wie  die  einzelnen  theile  eines 
haspeis :  der  kunstreiche  gang  der  in  einander  gehaspelten 
riidlein  einer  uhr.    Bctschsy  Palm.  569. 

b)  intransitiv,  drehende  bewegungen  wie  der  haspelnde  machen ; 
so  mü  den  bänden:  man  hieng  biszweiln  unserm  durstgurgeler 
zu  oberst  eins  thurns  ein  grosz  camelseil  an,  das  bisz  uff 
die  erd  reichet,  an  demselben  haspelt  er  mit  beiden  bänden 
hinauf.   Garg.  1S3*; 

um  die  weisze  band  zu  zeigen, 
haspelt  er  am  halse,  seltsam 
an  die  schlaf  den  Zeigefinger, 
an  die  kehl  den  daumen  drückend. 

H.  FIei!«»  werke  18,  173. 

c)  öfters  von  drehenden,  anstrengenden  bewegungen  der  füsze: 
allwo  ich  im  saal  männer,  weiber  und  ledige  personen  so 
schnell  untereinander  hferum  haspeln  sähe  (beim  tanze),  dasz 
es  frei  wimmelte.  Simpl.  i,  109  Kurz;  es  sähe  eben  greulich 
scltzam  aus,  weil  die  köpfe  so  possierlich  durcheinander 
iiaspelten.  176  (der  beobadUer  steht  so  entfernt,  dasz  er  von  den 
tanzenden  nur  die  köpfe  sieht); 

uit  gern  stille  sitzt  noch  ruht, 
geneigt  zu  haspeln  und  zu  geigen. 

B.  Waldis  Esop  4,  67,  43; 
sobald  der  kcrl  unsere  noth  und  uns  so  kümmerlich  in  diesem 
Sturme  haspeln  sah.  Münclihatisens  reisen  85 ;  haspeln,  gehen 
wie  ein  knimmbeiniger.  Frisch  l,42l'; 

hat  sich  der  kerl,  krummbeinig  wie  er  ist, 

glock  zehn  uhr  nachu  noch  nicht  zurückgehaspelt. 

U.  V.  Klkist  zerbr.  krug,  9.  auftr. 
d}  von  mühseligem  gebahren  überhaupt: 
also  hasplends  umb  In  psalmen, 
versionds  minder  denn  die  schwalmen. 
das  schwalmengsang  vil  me  nützt 
deren  die  undcrcm  lanb  sitzt.        ' 

ScHüiBLis  ktoster  8, 839. 
e)  obscön:    das   er   wol   hasplen   künde   uf  der  betziehen. 
Zitiiutensrhe  chron.  3,  279. 
IV.  11. 


HASPELPUMPE,  f.  Wasserkunst  die  vermitlelst  eines  haspeis 
gezogen  wird.   Jacobsson  2,  226*. 

H.\SPELRAD,  n.  haspel  an  welchem  die  winden  oder  arme 
vermitlelst  eines  rades  vereinigt  sind. 

HASPELRAMME,  f.  eine  ramme  deren  bär  nicht  blosz  durch 
menschenhände ,  sondern  zugleich  vermittelsl  eines  haspeis  oder 
einer  winde  in  bewegung  gesetzt  wird.   Jacobsson  2,  226'. 

HASPELSCHLAG,  m.  ein  künstlicher  tanzschrüt  [vgl.  haspeln 
3,  c  von  tanzenden) : 

des  mag  ich  ainn  tanz  nit  getroten. 

der  krumen  haspelschleg  kan  ich  nit  treiben 

und  musz  in  cim  schlechten  lauf  lassen  pleiben. 

fastn.  sp.  5S2,  36. 

HASPELSTÜTZE,  f.  stütze  des  haspeis  im  bergwerk.  miner. 
kx.  2SS'. 

HASPEL  WINDE,  /.  l)  im  bergbau  ein  holz  im  rumibaume 
des  haspeis,  wodurch  dieser  gedreht  wird,   miner.  lex.  289". 

2)  in  der  Weberei  eine  art  von  haspel,  worauf  die  strähnen 
wolle  gelegt  und  von  derselben  auf  spulen  gewickelt  werden,  «/» 
naciJier  Idervon  die  kette  zu  einem  oder  dem  andern  zeuge  zu 
sdieren.   Jacobsson  2,  226'. 

HASPELZIEHER ,  m.  bergmännisch,  der  mü  dem  haspel  ciz 
und  gestein  aus  der  grübe  zieht,  haspelknecht :  also  kan  auch  ein 
armer  bergkmann ,  sinker,  haspelzieher,  erzpocher  . . .  selig 
werden.    Mathes.  Sar.  l'. 

HASPEN,  verb.,  «ac/*  haspe  2,  garn  winden:  girgillare haspen, 
garen  winden  Dief.  nov.  gloss.  193';  was  das  weibervolk  den 
tag  durch  gesponnen ,  das  haspele  Hans  Joggi  am  abend. 
J.  Gotthelf  Schuldenbauer  158.     s.  abhaspen. 

HASPHAXEN,  m.  haken,  worauf  sidi  eine  thür  mittels  des 
haspens  bewegt,  thürangel.   Jacobsson  2,  227*. 

HASPLER,  s.  haspeler. 

HASSEL,  m.  und  f.,  ein  ßsch,  cyprinus  dobula.  Frisch  1,422"; 
ahd.  hasela  conger  Graff  4, 1061 ;  die  haszlen ,  ganghaszlcn, 
ein  fisch,  squalus  minor  Maaler  213';  adelfelchen,  weiszfisch, 
blawling,  haszle,  läugele,  ex  genere  piscium  alborum  piscis  prac- 
pinguis,  qui  assari  solet.  Hesisch  22;  die  groszen  krassen,  die 
rothäuglen  und  hassein  das  pfund  7  creuzer.  Frankf.  tax- 
ordn.  V.  1623;  die  häszlen.  Hohberg  2,509*.  daneben  unge- 
wöhnlicher eine  form  mit  verlängertem  wurzelhaften  a:  basale, 
hasel  (schweizerisch  und  östreichisch).    Nemmch  3,1361; 

fach  hasel,  erlitz  und  die  kressen, 
rotaugen,  weiszhscb  und  die  pressen. 

H.  Sachs  1  (1590),  31S'. 

iVdcA  der  art  des  ftsches,  der  namentlich  eine  grosze  Sprung- 
fähigkeit besitzt  (öcon.  lex.  907),  ist  es  wahrscheinlich,  dasz  sein 
name  mit  hase  und  hasel  (sp.  526)  verwandt,  und  auf  die  dort 
erwähnte  würzet  zurückzuführen  sei.      vergl.  auch  häszliug. 

HASSELBODEN,  «».  boden  aus  kies,  rütlidtem  thon  und  etwas 
schwarzer  erde  bestehend:  die  höhen  der  gebirge  enthalten  meist 
flachgründigen  kalten  lehm,  auch  klaiigen,  lettigen  thon,  in 
der  muschelkalkformation  auch  kalkreichen  hasselboden.  die 
anderweite  regelung  der  grundsteuer  (Berlin  1866)  edischnilt  über 
die  prov.  Saclisen.  ■  gleiche  bedcutung  hat  in  der  Sdaceiz  basel- 
erde. Nemnich. 

HASSELN ,  verb.,  sich  hässig  benehmen ,  gereizt  reden :  ihr 
könntet  doch  wohl  auch  ein  wenig  hinein,  hässelete  die 
slubenmagd.  J.  Gotthelf  scinddenb.  30. 

HASSELNASCHE,  m.  eine  fiscJiart:  rot  fohren,  weisz  orfen 
und  gel  haselnaschen,  räumen  den  streidasgütlein  die  laschen. 
Garg.  56*. 

HASSEN,  adj.  ein  technisches  wort  der  blechhammerschmiede : 
hassen  gemacht  wird  das  eisenblech ,  wenn  durch  das  ab- 
brechen oder  das  klopfen  jedes  einzelnen  blechs  mit  dem 
hölzernen  hammer  alle  noch  daran  hängende  lose  eisen- 
häute oder  schiefer  wegfallen,  und  die  bleche  dadurch  recht 
glatt  werden.  Jacobsson  2, 226'.  das  wort  ist  nichts  als  das 
ahd.,  sonst  gewöhnlich  untergegangene  und  .iclion  mhd.  nicht  mehr 
aufgewiesene  adj.  hasan,  politus ,  venustus,  dessen  adverb  auch 
läer  in  technischem  gebrauche  erscheint:  hasano  gitän  fabrefada 
Graff  4, 1047.  das  kärnthnische  bewahrt  noch  häsen  neben  häsig, 
glatt,  schlüpfrig,  schmeichlerisch  mit  der  neben  form  käsen  aus 
gehasen.  Lexe«  135.  156.  vergl.  auch  häsig  sp.  543  und  das 
verbum  käsen  th.  5,255. 

HASSEN,  verb.  odisse.  goth.  haljan  und  hatan,  ahd.  hajßn 
und  ha;ön,  mhd.  hajjen. 

1)  die  ursprüngliche  bedeulung  feindlich  verfolgen,  die  nadi  dem 
zu  hasz  zu  bemakenden  dem  worte  eigen  ist,  und  im  ahd.  hajön 

35 


547 


HASSEN 


HASSEN  — HASSEK 


548 


aeniulari,  hatamas  lusequamur^  iiatent  inseqntiiUur  (Grafk  4, 
1071.1072),  a/ts.  hatön  naclistdlen  erscheint,  hält  sich  noch  lange  : 
s^lig  Sit  ir,  wan  üch  di  Iftte  ubele  sprechin  und  ilcli  werden 
hajjin  (vulij.  perseculi  vos  fueiint,  Luther:  verfolgen).  Behaims 
tpang.-buch,  Afa///i.  5, 11;  und  durch  diz  lia;;iten  (vulg^  pcrse- 
quebantur,  Ldtoeb:  verfolgten)  die  Juden  Jbäsuin.  Joh.  5,16; 

ein  islik  eddel  von  hogem  stam  * 

schal  tiaten  de  deve  und  schal  de  vangcn. 

Ilcincke  luchs  267, 

«firf  hat  itire  atisldufer  in  dem  mundartlichen  liaten  streiten  (in 
Pommern)  Fromm.  5.133;  in  Tirol  einen  hassen  necken,  plagen 
6,146;  hassen  auf  einen,  ihm  aufsälzig  sein.    SciiM.  2,245; 

wie  er  die  kunst  lielt  wol  gefaszt, 
hub  an  und  seinen  meister  haszt. 

B.  Waldis  Esop  4,  72,  16. 

2)  häufiger  hat  hassen,  schon  seil  der  ahd.  mhd.  zeit,  sich  in 
abgeblaszierer  bedeutung  entwickelt,  insofern  es  nicht  soivol  auf 
feindliche  thatep ,  sondern  rein  auf  feindselige  gesinnnng  gehl  : 
hassen  und  neiden,  odire,  zelare  voc.  ine.  thcut.  \2'.  die  fügung 
ist  mehrfach. 

d)  absolut,  nur  in  der  modernen  spräche:  sterben  lehrt  mich 
dein  raeineid,  aber  nicht  hassen.  Schiller  Fiesko  3,  3 ; 

einst  warst 
du  mir  so  gut  —  du  wirst  nicht  ewig  hassen 
und  wirst  nicht  unversöhnlich  sein.    Karlos  4,  15; 
wo  alles  liebt,  kann  Karl  allein  nicht  hassen.    1,  1; 
liebe  seele,  wollen  wir 
hassen  oder  lieben?    Gleis  1,88. 

b)  transitiv,  mit  persönlichem  object:  du  soll  deinen  bruder 
nicht  hassen  in  deinem  herzen.  3  Mos.  19,  17;  aber  diese 
fluche  wird  der  herr  dein  gott  alle  auf  deine  feinde  legen, 
und  auf  die  dich  hassen  und  verfolgen.  bMos.ZO,';  die  den 
herrn  hassen,  müsten  an  im  feilen,  ps.  81,16;  segnet  die 
euch  Ouchen ,  thut  wol  denen  die  euch  hassen  (goth.  vaila 
taujaij)  jiaim  haljandam  izvis).  Mallh.  5,  44 ;  ich  hasz  die  den 
Schlaftrunk  zu  morgens  tliun,  odi  memorem  compotorem.  Agr. 
spr.  (1560)  89';  wer  sich  selbst  liebt,  den  hassen  viel.  Schottel 
lllö';  sie  hassen  einander  auf  den  tod,  capitali  inter  se  dissi- 
dent  odio.  Steinbach  1,706;  fürsten  werden  ihre  schätze  bieten 
um  einen  mann,  den  sie  jetzt  hassen.  GotheS,  11;  den  ehe- 
mals gehaszten  und  nun  so  heftig  geliebten.  17,329;  hasse 
mich!  ich  müszte  fenerroth  werden  vor  schäm,  wenn  ich  an 
Karin  denke,  und  mir  eben  einfiel,  dasz  du  mich  nicht 
hassest.    Schiller  räuber  1,3; 

ich  hasse  meinen  vaier  nicht  —  doch  schauer 

und  missethäiers  bangigkeit  ergreifen 

bei  diesem  rürchterlichen  namen  mich.     Kariös  1,2; 

die  recht  thun,  eben  die  haszt  er  am  meisten.    Teil  3,  1 ; 

was  geht  der  Schwed  mich  an?  ich  hasz  ihn  wie 

den  pfuhl  der  hoUe.  Wallenst.  tod  3,  15; 

den  erklär  ich 
Tür  meinen  todfeind  und  beleiiliger 
und  werd  ihn  hassen  wie  der  hölle  pforten, 
der  den  erloschnen  funken  nnsres  streils 
aufbläst  zu  neuen  flammen,     braut  von  Messina  (494'). 

c)  mit  dinglichem  object:  der  kaufmannschatz  haszt,  dem 
kaufmannschalz  widerig  ist,  aversus  mercaturvt.  Maaler  213*; 
den  tod  hassen,  fliehen,  und  sich  darvor  cüszeren ,  alienari 
ab  interilu.  das.;  du  liebest  gerechtigkcit  und  hassest  gottlos 
wesen.  ps.  45,8;  so  du  doch  znchl  hassest,  und  wiiTesl 
meine  wort  hinder  dich.  50, 17 ;  die  ir  den  herrn  liebet, 
hasset  das  arge.  97,10;  hasset  das  arge,  hanget  dem  guten 
an  (goth.  fiandans  ubila,  hafljandans  gödamma).  Höni.  12,  9 ; 
ich  hasz  es  wie  gifl,  wer  fleicht,  wenn  man  ...  einander 
zermessern  und  zerfleischen  soll.  Garg.  242*;  daher  auch 
nicht  alle  menschen  einerlei  objecten  liehen  .  . .  eine  blume 
rieche  noch  so  lieblich :  sie  wird  doch  von  einem  oder 
dem  andern  gehast.  Butschkt  Palm.  9;  das  er  hasset,  das 
trägt  er,  Schottel  1140*  mit  anklang  an  Uiim.  7,15:  denn 
ich  thn  nicht  das  ich  wil,  sondern  das  ich  hasse,  das  tliti 
ich;  ich  flehe  nicht  um  mein  leben,  lange  hasse  ich  es. 
Kliücer  2,3t3;  ich  hasse  die  französische  spräche  von  ganzer 
Seele  (fagtc  Aurelie),  wie  kann  man  einer  spräche  fcind  sein, 
rief  Wilhelm  aus,  der  man  den  gröszten  thcil  seiner  bildung 
schuldig  ist.    GoiHE  19,239; 

mancher  haiiiict,  dnnt  er  »iehet. 

wtitr  ffooh  leiden,  daiz  e«  schlchet.    Schottel  1120'; 

l  limzt  die  weit.    IUckdoiiü   t,53; 

I  '  ein  iiuaKeleertK«  n\a*: 

1...- '-in   viil|c.,s   s<,v   '■.,?     66( 


i'in  wahrer  freund  säst  alles  frei, 

er  haszt  die  stumme  heuchelei.    lU ; 

so  süsz  auch  küsse  sind,  wenn  wir  Tihulle  hören, 

so  haszt  doch  die  natur  ein  ewig  einerlei.     Wielano  10,  160, 

des  Patrioten  muse,  mein  I'hilihert, 

hasil  eitle  Selbstsucht,  eifert  um  Vorrang  nie.    Ramler  1,103; 

izt  aber  hassen  meine  (kranken)  äugen 

deine  [der  sonne)  strahlen.    Gökinge  3,  43; 

denn  die  elemenic  hassen 

das  gebild  der  menschcnhand.    Schiller  ijlocke. 

d)  eigenthümlich  ist  der  dativ  statt  des  accusalivs  gesetzt:  wie 
auch  leret  der  spruch :  amici  vitia  noris ,  non  oderis ,  das 
ist,  ich  sol  meines  frcunds  weise  lernen,  aber  inen  (ob  es 
nicht  alles  schnurgicich  ist)  darumb  nicht  hassen.  J.  Jonas 
bei  Luther  6,  405*. 

3)  hassen  unpersönlich,  mit  persönlichem  object,  in  der  bedeu- 
tung zuwider  sein:  ein  ding  haszt  mich,  es  ist  mir  zuwider, 
schwer.  ScHM.  2,  245; 

ein  andren  hat  sein  biichs  ghasset, 
drum  dasz  er  sy  zu  stark  pelasset, 
desz  hat  der  schütz  nit  recht  sein  gang. 

Grob  au^r.  in  Haupts  zcitschr.  3, 253, 102. 

HÄSSENDLICH,  adj.  hassenswerl :  Phavorinus  sagte:  die 
menschen  waren  zum  theil  lächerlich,  zum  theil  hässentlich, 
zum  theil  elendiglich.    Lehmann  2, 141. 

HASSENSWERTH,  adj.  odio  dignum.  Frisch  1,422':  es  war 
nicht  hassenswerlh.  Göthe  17,  326  ; 

ein  Volk  das  hassens  werlh.    Opitz  1,92; 
ich  liebe,  wer  mir  gutes  thut.  und  hasse, 
wer  mich  verletzt,  und  ists  der  eigne  söhn, 
den  ich  geboren,  desto  hassensweriher. 

Schiller  Jungfrau  2,  2. 

HASSENSWÜRDIG,  adj.  dasselbe:  ich  weis,  dasz  sie  grosz 
genug  sind,  dieses  hassenswiirdige  wort  mit  gelassenheit  an- 
zuhören. Gellert  3,84;  geh!  die  natur  hat  dich  allen  Icuten 
meiner  art  hassenswürdig  gemacht.    Klinger  ttieater  3,252; 

vertraur,  unglücklicher!  dein  hassenswürdig  leben, 
und  trägst  dus  länger  nicht,  so  tödte  deinen  l'eind  I 

Lenz  im  Iculscli.  Merkur  17'ü  mut  s.  197; 
(Unzufriedenheit  und  stolz)  beherrschen  wechselsweis  dein 
hassenswürdig  herz.    Gothe  7,  15. 

HASSER,  HASSER,  m.  osor,  mhd.  haj;a;re ,  hejjer:  osor 
hasser,  hcszir,  nrf.  hater  Dief.  402';  die  unumgelaulele  form 
ist  den  mittel-  und  norddeutschen ,  die  umgelautete  den  schriß- 
slellein  oberdeutscher  heimat  geläufiger;  die  erstere  überwiegt  in 
den  bcispielen  und  ist  seit  dem  vorigen  Jahrhundert  zur  ausschtiesz- 
lichen  herrschaft  in  der  schriflspraclw  gelangt:  hasser  und  neider, 
osor,  zelalor,  emultts  voc.  ine.  theut.  i2";  er  erettet  mich  von 
meinen  starken  feinden ,  von  meinen  hassern  die  mir  zu 
meclitig  waren,  ps.  18,18;  du  gibst  mir  meine  feinde  in  die 
flucht,  das  ich  meine  hasser  verslöre.  41;  das  ich  errettet 
werde  von  meinen  hassern.  69,15;  die  schlege  des  lieb- 
liabers  meinens  recht  gut,  aber  das  küssen  des  hassers  ist 
ein  gewesch.  .ipr.  Sul.  27,  6 ;  damit  meine  hasser  desto  we- 
niger ursach  mehr  mich  anzufeinden  haben  mochten  run- 
ANDER  (1642)  1,439;  je  mehr  hasser,  je  mehr  glück,  feliätatis 
comes  invidia  est.  Stieler  785;  was  sind  Verdienste  ohne  be- 
scheidenheil? wie  oft  erwecken  sie  uns  vcrächler  oder  hasser' 
(iELLERT  6,344;  schon  in  den  briefen  aus  Petersburg  warnte 
und  schalt  er  (Stein)  Münster  zuweilen  als  einen  . . .  hasset* 
Preuszens.    Arnut  Wanderungen  33; 

wan  hillich  meiner  hasser  klag, 

wan  meines  feinds  zoru  wolgcgriindet.     Wickherlin  20; 

betrachtend  wiu  in  harten  stand 

mich  nieiiie  hasser  sötzen.    k.  32; 

wer  wil  den  nun  ein  stein, 
ein  Stiefkind  der  natui-,  ein  sich  seihst  ha.ssur  sein? 

Fleming  154; 
wer  recht  gehl,  gehe  weiter,  und  fntgn  nicliis  darnach 
ob  hasser  oder  spoticr  braucht  list,  verlaiimilung.  schmnrh. 

LOCAU  2,  37,  mi.  ;>.'> ; 
wein  ist  siArkcr  als  das  wasscr: 
dicsz  geslehii  mich  «eine  hasser.    I.issii       .  : 
der  thorhcit  hasser,  ober  auch  monschenfrcund. 

KLorsToc«  1,  9; 
ich,  kein  hasser  des  schwcigcnD,  vertraute  dir  das?    2,  ^n. . 
ich  will  eher  nicht  nihn,;  als  bis  dein  hasser  crwOrgt  i.vi 

3,  165; 
höhnend  riefen  dir  noch  xu 
da  noch  deini!  hasst'r.     7,  118; 
doch  dein  verstand  nicht  irret;  nur  dein  herz 
empöret  «ich  und  int  der  wulirhnii  hasser.    fl,  58;  ^ 

der  ni'lder  »ti'lit  uls  folin  des  fflückn, 
der  ba^M•r  l.l"'  •■-  I ,s..i,.i,  ,i.  i,|,.ii.,.M_     c.Tnr  -1   ■"i:i. 


549  HASSERIN  — HÄSSIG 

so  möcht  ich  meinen  geist  verhanchen, 

den  hasser  dieses  Sonnenlichts, 

und  mich  hinuntertauchen 

ins  öde,  Isalte  nichts.    A.  W.  Schikgel  1,  22. 

HASSERIN,  f.  femina  infensa,  infesla,  male  animata,  iniqua 
in  aliqueni.  Stieler  785; 

dich,  der  willliühr  hasserin,  freiheit. 

KtOPSTOCK  2,  150. 

KASSIEREN,  verb.,  s.  unter  basieren  sp.  543. 

HÄSSIG,  adj.  und  adv.  1)  me  mlid.  liaj;ec,  hejjec  hasz 
habend,  voll  hasz  und  feindseligkeil :  invidus  heszig,  nd.  hatich 
DiEF.  30"*;  hassig  A.  V.  Eybe,  s.  die  stelle  unten ;  hassig  odiosus, 
exosus  voc.  ine.  theut.  i2*;  hessig,  infensus  Dasyp.;  hässig,  der 
hasset,  oder  ein  hasz  tregt,  exosus  Maaler  206*;  da  hört  ich 
die  hessigen  Juden  sagen  wie  sye  nach  meinem  tod  mein 
leichnara  wollen  verbrennen.  Spiegel  menscbl.  behallnusz  (1492) 
147';  wollen  wir  gleich  ..  ein  zeddel  vol  samlen  seiner  bes- 
sigen ,  spitzigen,  verdrieslicben  wort  und  berden.  Luther 
1, 150' ;  das  wir  unser  antwort  nicht  thun  aus  hessigem  ge- 
müthe.  3, 189* ;  was  ist  denn  der  alte  mensch  ?  das  ist  er, 
so  uns  angeboren  ist  von  Adam,  zornig,  hessig,  neidisch, 
unkeusch.  4,425";  offenbart  damit  sein  hessigs,  bitters,  gif- 
tiges herz  gegen  mir.  6,  s';  bringen  mit  sich  ein  garstig,  bitter 
herz,  giftige  äugen  und  bessige  obren.  24*;  het  ich  sein 
hessig  gemut  erkant.  Aimon  bog.  aij;  mit  pfeifender  stimm, 
hässigen  äugen,  als  den  basiliscum.  kriegsbüchl.  d.  fr.  71;  vor 
ungleichen  bässigen  nachreden  zu  vertheidigen.  anni.  weiszh. 
lustg.,  torrede; 

und  dasz  er  in  {gott  den  menschen)  auch  durch  sein  gut 
vor  dem  hessigen  feind  behüt.  H.  Sachs  5,  21'; 

todtschleger,  grimm  und  hässig  lüt, 

die  ires  nächsten  achtend  niit. 

R.  Wonlich  html.  Hierusalem  (15S4),  sJr.  23; 

din  geliebt  feder  hat  dich  bessig  gemacht.  Cyrillüs  56';  du 
bist  betrübt  und  bässig,  wann  es  schön  und  heiter  ist.  2l'; 
zum  dritten,  sind  sie  . .  aufs  allerheftigst  bitter,  hessig  und 
giftig.  Luther  5,  54';  sondern  ist  neidisch,  hessig,  stolz  ge- 
west.  6, 53* ;  seines  ampts ,  berufs  trevvlich  warten ,  nicht 
bitter,  nicht  hessig  sein  (im  lat.  original  non  retinere  odia). 
J.Jonas  das.  435';  mancher  ist  so  häsig  und  neidisch,  gäbe 
ein  aug  drumb,  dasz  sein  nechster  nur  keins  bett.  Lehmann 
2,141;  —  wer  ein  frawen  lieb  bat  von  der  schön  wegen, 
der  wirt  ir  bald  hassig,  so  die  schön  vergangen  ist.  Albr. 
V.  Eybe  7';  durch  Verfügung  der  Florentiner,  die  im  mächtig 
hässig  und  aberhold  waren.  S.Frank  chronica  193';  die  weiber, 
ihren  mannen  ganz  hessig  und  gram.  wellb.lS*;  die  nachteul 
soll  auch  den  egiin  hässig  sein.  Forer  ßschb.  198';  bleib  von 
den  leien,  denn  sie  sind  den  gelehrten  ganz  hessig.  Kirchhof 
wendunm.  259";  nd.  bei  is  mek  hätig,  er  hat  einen  hasz  auf 
mich  geworfen.  Schambach  76*;  statt  des  datirs  der  genitiv:  des 
frids  hässig  und  feindselig.  Frank  chronica  119*; 

ich  sprach  junkfraw  ir  seit  mir  hessig. 

H.  FoLz,  Haupts  zeilschr.  8,  511,  37; 
der  Wahrheit  hässig  sein,  verhlümet  liebekosen, 
der  einfalt  nasen  drehn,  den  schwachen  liintergehn, 
dem  der  weit  von  uns  ist  nach  gut  und  ehren  stehn, 
disz  läszt  der  hol  bei  ihm  violen  sein  und  rosen. 

Opitz  1,  354; 

dis  wort,  nicht  werd  nachzusagen,  wil  ich  nicht  deuten,  wie 
hessig  es  gesetzt  ist.  Luther  1,128*;  welche  andern  feindscbaft 
tragen,  und  inen  bessig  nachstellen.    Steinhöwel  (1555)  44'. 

In  der  Sthtceiz  hat  das  wort  die  etwas  modificierte  bedeutung 
zornig,  ärgerlich,  aufgebracht  (Stalder  2,  24*)  angenommen :  als 
der  wirth  wieder  eintrat,  noch  hässiger  als  vorher.  J.  Gott- 
UELF  Schuldenbauer  5;  es  wäre  mancher  froh,  wenn  er  den 
ganzeil  winter  durch  deren  hätte,  antwortete  der  wirth  hässig. 
s.  l:! ;  derweilen  war  die  stubenmagd  immer  hässiger  geworden, 
besonders  gegen  den  wirth,  dem  sie  die  schnödesten  worte 
gab.  $.  30;  da  ging  Vieneli  hässig  und  trieb  mit  hässigen 
Worten  den  bei  den  keglern  stehenden  .schmollenden  Uli,  der 
anfangs  nicht  kommen  wollte,  herbei,  Uli  d.  knecht  §01.  dazu 
die  Liüssigi,  zorn.   Stalder. 

2)  auch  hasz  und  Widerwillen  erregend,  verhaszt ,  häszlich: 
hassig  odrosus ,  invidiosus ,  odibUis ,  exosus   voc.  ine.  theut.  i2*; 

I hässig,  unwerd,  unflätig,  pulidus  Maaler  2o6';  vast  hässig 
und  ungeschaffen,  insignis  ad  deformitalem  das.;  hässig  wüst 
geschrei,  clamor  absonus  das. ;  die  anuut  sei  ein  hessigs  gut. 
Albb.  t.  Eybe  18*;  weil  der  hessige  geisl  sich  so  gern  wolt 
«chöu  machen.    Luther  3,49'; 


HÄSSIGLICH  — HAST 


550 


wiwol  man  etlich  frümer  findt, 
den  solche  misbreiieh  hässig  sind. 

SCHWARZENBERG   143"; 

Til  erben  man  in  armüt  kent, 

möcht  hässig  sein,  ob  ich  si  nent.    158*; 

ir  zen  si  färben  schwarz  mit  kunst, 

haitens  für  schön,  was  hässig  sonst. 

Rebmann  gespräch  zweier  berge  (1606)  426; 
wohl  mags,  dasz  mir  der  fernste  wünsch  gelinget, 
dasz  er  erschlägt  den  hässigsten  von  allen.    Tieck  2,  113. 

HÄSSIGLICH,  adj.  und  adv.  l)  voll  feindschaß,  zornig,  grimmig: 

disen  hej^eclichen  zorn 

wil  ich  geniuwern  nimmer  m&.    g.  Gerh.  6246; 

hassiglich,  adverbium,  exose,  odiose,  invidiose  voc.  ine.  theut. 
i  2* ;  weil  ich  hassiglich  angriffen  bin.  Melanchthon  etliche 
lehr-  u.  trostreiche  Schriften  (15SS)  24. 

2)  verhaszt,  widerlich:  also  macht  das  unnütz  geschwelz 
und  klepperei  einen  menschen  hessiklich.  Keisersberg  sünd. 
d.  niunds  75*. 

HASSÜNG,  f.  das  hassen,  ahd.  hajjunga  aemulatio  Gbaff 
4,1071;  altniederfränk.  hatunga,  batega,  iracundia,  aemulatio 
{gl.  Ups.  551.  554):  verlierung  seins  lebens  und  bassung  seiner 
seel.  Frank  weltb.  123*;  dasz  die  äl  ausz  hassung  der  kälte 
auf  den  boden  herausz  schlichen.   Forer  fischb.  178'. 

HAST,  f.  ungestüm,  die. 

Das  wort  ist  ahd.  und  mhd.  nicht  bezeugt,  und  scheint  mit 
seinen  verwandten  seine  eigentliche  heimat  nicht  bei  den  südlichen 
deutschen  stammen,  sondern  bei  den  Franken  {von  denen  die 
Franzosen  ihr  haste,  bäte,  haster,  bäter  entnahmen)  und  Nieder- 
deutschen zu  haben,  und  erst  gegen  ende  der  mhd^periode  nach 
Süden  vorzudringen ;  vgl.  unten  hastlich  aus  Mainz,  15.  jaltrh.  das 
schlieszende  t  ist  der  rest  des  nomina  actionis  bildenden  Suffixes, 
ursprünglich  ti,  und  die  assimilierende  kraft  dieses  t  hat  die 
Wurzel  des  Wortes  rücksichtlich  iltres  auslautes  verdunkelt:  tele  goth. 
beis-t  Sauerteig  atts  beit-l  (verbum  beitan) ,  mhd.  glanst  glänz 
aus  glänzt  hervorgeht  und  zutn  verbum  glinzen  glänzen  tritt,  so 
ist  wol  nicht  anders  has-t  aus  ha;-t  zu  deuten ,  und  das  ahd. 
mhd.  baj ,  nhd.  hasz  ist  der  nächste  verwandte,  die  bedeutung 
dieses  letzteren  wortes  fügt  äch  dazu  ganz,  hasz  ist  ursprünglich 
die  Verfolgung  des  feindes,  der  ansturm  auf  den  feind  {vgl.  auch 
hassen  l,  sp.  547  und.vehemens  hastig,  haszig  Dief.  608'),  seine 
Wurzel  ist  das  seltene  sanskr.  kad,  kand  :  kandate  gerät  in  Ver- 
wirrung, verwirrt,  cakäda  richtete  eine  Vernichtung  an  (Böhtlingr- 
Rotb  2,  55.  47) ;  griech.  y.fjSos  sorge,  not,  Irauer,  wenn  es  hierher 
fallt,  hat  die  alte  bedeutung  abgemildert,  die  gegebenen  etymo- 
logischen beziehungen  wird  auch  das  nd.  adjeäiv  best  alacer 
(Dief.  20")  stützen,  das  von  Gbimm  RA.\  in  der  formel  mit  bestem 
mode  beigebracht  wird,  der  wieder  anderwärts  mit  zornigem  muthe 
ganz  gleich  stellt;  isländ.  hastr  trux,  immitis  B.  Haldarson  1,336*. 
vielleicht  gehört  auch  altnord.  hestr  hengst  hierher,  neben  dein  ein 
formell  ganz  gleiches  hestr  schlag  steht  (Möbiüs  182). 

hast  entbehrt  eines  plurals.     es  stellt 

1)  noch  im  änne  ungestüm  gegen  den  feind:  sollen  sie  {die 
stürmenden)  nicht  weniger  ungestüram  und  mit  einer  haszt 
herzu  dringen.  Kirchhof  miW.  rfwc.  186 ;  gleicher  weise  im  mittel- 
niederdeutschen : 

men  bant  ene  umme  eine  süle  vaste, 
unde  geiselde  ene  mit  haste. 

V.  d.  holte  des  liill.  cruzes  716  Schröder; 

were  ok,  dat  iennich  Unwille  twischen  den  oren  und  den 
unsen  uppstunde,  dar  en  schal  unser  nein  mit  haste  to 
komen ,  sunder  we  schuUen  malk  dar  twene  to  schicken, 
dede  den  Unwillen  in  fruntschap  eddir  im  richte  byleggen. 
Haltaüs  829   (p.  1433). 

2)  gewöhnlich  in  der  bedeutung  eile,  schnelles,  eilendes  gebahrpn 
als  folge  einer  innerlichen  aufregung:  das  eilen,  eilung,  für- 
derung,  hast,  festinatio,  acceleratio ,  properatio ,  prof'erantia 
Henisch  832 ;  alles  auf  der  hast  tuhn,  facere  ut  canis  e  Nilo 
bibens.  Stiele»  780;  es  geht  alles  auf  der  hast,  omnia  pro- 
perantur,  praeproperantur ,  praecipitantur.  das.;  in  solcher  hast 
ohne  vorgehabte  rabtsclilag.  Kirchhof  mit.  disc.  92 ;  denn  einen 
spies  (in  der  hast  alda  verlassen)  hatte  man  gekannt.  Henne- 
berger 256;  hast  dient  nicht.  Schottel  1334;  Werner  er- 
zählte, mit  groszer  hast,  alles  was  sich  verändert  hatte.  Gothe 
20,135;  wenn  er  gleich  das  pergament  mit  einiger  hast  auf- 
rollte, s.  142;  wenn  diese  hast  und  hatze  vorbei  ist.  an  fr  au 
V.  Sinn  2,127;  fabrikanlagen  seien  mit  der  gröszten  beson- 
nenheit  zu  gründen,  hast  und  leidenscbaft  stürze  dabei  in  das- 
jeni"»  \pr,\ovhin    v,..l,ii...;   (feficit   b<'i~7f.   iMMEUMwr    Manchh. 

35* 


551 


HAST  — HASTEN 


HÄSTER— HASZ 


552 


2,50;  hei  personififalionen :  die  weinroben  umrankten  mit  ängst- 
licher hast  das  gekreuzigte  lioizbiid.   Heine  2,62; 

Relnke  dö  (jröt  arbeit  deile: 

lie  brak  itt  de  kilo  mit  der  hast.    Reinecke  fuchs  635; 

und  makede  also  groten  lüt, 

da  Rustevil  mit  der  hast  quam  t'it.    646; 

indes  ward  der  Jäger  gefast, 

schosz  etlich  pfeil  in  groszer  hast. 

froxchmduseler  (1600)  K8"; 
es  fordert  meine  pflicht,  so  viel  ich  kann 
die  hast  zu  mäszgen,  die  dich  übel  treibt.    Göthe  9,  213; 
die  angeborne  heftigkeit  und  hast, 
die  ich  nun  eher  bändigend  l)ehcrrscbe, 
ergciff  mich  oft,  und  trieb  mich  ab  vom  ziel.    30t ; 

welche  hast 
aus  seinen  äugen  blitzt!  so  blickt  nur  der, 
der  etwas  groszes  meldet.    Schiller  Mucb.  1,3; 
what  a  haste  looks  througb  bis  eyes! 
so  should  he  look,  that  seems  to  speak  iliings  stränge; 
dort  kommt  ein  mann  in  voller  hast  gelaufen.    Teil  1,  1 ; 

das  leben  wallt  von  ort  zu  ort, 

hat  nimmer  ruh  noch  rast, 

und  treibt  im  wilden  finge  fort. 

geschnellt  durch  eigne  liast.    Arndt  i/rrf.  (IS40)  s.  516; 
und  Faust  ergreift  das  bild  mit  heiszer  hast, 
der  teufel  hals  am  andern  en<l  gefaszt.    Lenau  Faust  119; 

weil  erschlagen  er  den  bruder 

einst  in  seines  zornes  hast.    Uhland  ged.  288; 

sie  flohen  auf  des  pfades  enge 

mit  hast  und  mächtigem  gedränge.    420; 

der  j6ger  steht  —  da  knackt  ein  ast, 

der  knabe  fährt  empor  in  hast. 

Kinkel  Otto  der  nchiHz  s.  9 ; 

hält  ich  siebenmeileiisiiefel, 

lief  ich  mit  der  hast  tles  windes 

über  jene  bergesgipfel, 

nach  dem  haus  des  lieben  kindes. 

H.  Heine  werke  1,  101. 

HASTEKOPF,  m.  der  einen  hastigen,  tingestümen  köpf  hat, 
hilzkopf:  da  lialien  wir  den  hastekopf,  unterbrach  seine  lieb- 
reiche flau  geniahlin.  der  Leipziger  candidale  (nah)  s. 24.  s. unten 
hastig  1. 

HASTEL,  KÄSTELN,  s.  unter  haspel  sp.  544. 

HASTEN,  rerb.  hast  haben,  eilen,  in  mehrfacher  fügung. 

1)  intransitiv:  accelerare  hasten,  iiaesten  Dief.  7';  celerare 
haesten,  haisten  lio';  festinare  haesten,  hasten  232";  manicare 
Iiaesten  347",  aus  nieden heinischen  und  sächsischen  quellen;  hasten 
properanter  aul  raplim  agere  Schottel  1334 ;  frither  fast  immer 
auf  das  nördliche  Deutschland  beschränkt  {als  seltener  beleg  für 
Snddeutschland  folgt  unten  eine  stelle  Fischarts),  und  erst  in  der 
viodemen  spräche  weiter  twgedningen :  da  wir  hast  und  hastig 
in  der  Schriftsprache  haben,  warum  vernaciiliissigen  wir  das 
alte  hasten,  welches  ungestüme  eile  ausdrückt?  spute  dich, 
aber  haste  nicht  ist  lebendiger  gesagt,  a(s  eile  mit  weile. 
J.  H.  Voss  4,321;  die  arbeiler  hasteten  die  garben  abzuladen. 
Frevtac  handschr.  1,129; 

he  ha^tede  nacht  iindc  dach, 

bet  ho  quam  wedder  in  dal  lant 

dar  he  siiien  väder  vant. 

V.  d.  hotte  det  hill.  cruzes  277  Schröder; 

sus  hastede  he  sfir  to  bovewert.    neinecke  fiiclin  3098; 

eines  wulves  lever  van  geven  jaren  . . . 

de  schole  gi  eleu,  eile  gi  siiit  dot, 

wenle  juwe  waler  löget  al  blöl; 

dar  hnslet  mede  vor  alle  dink.    5327; 

drtnimb  wann  sie  sich  schon  vergessen 

und  euch  zu  grob  villeicht  auch  messen, 

marhts,  dasz  .sie  in  der  notheil  hasten, 

dann  not  kan  nicht  »nf  roht  vil  rasten. 

FisriiART  ßöhhalt  bei  SciiEimi!  10,  S<<7  ; 

du  mfidcben  nicht  gehastet 

mit  deiner  wassertracbt!  i.  W.  Voss  1,  '.MI , 
0  zeit  ...  in  der  ich  nicht  nach  falsrher  ^'uii>^t 
mit  eilgen  schritten  hasieic.  I'laten  Kt. 

2)  reflexiv  sich  hasten:  nd.  sek  hasten  sich  henlen  .ScnA«- 
BicH  75';  was  gehts  mich  an,  wie  er  in  die  weit  kam,  sagt 
ich,  wenn  er  sich  nur  nicht  so  hastete,  mich  hinausziiholilen. 
BoDE  Trisir.  Sh.  7,  C; 

ich  baste  mich  auf  freies  fcld  zu  fliegen. 

Kl.  Scumiiit  poel.  br.  55. 

Stieif.r  nw'lhnt  nur  diese  fügung:  »ich  mit  der  arbeit  hasten, 
aliai  spuden,  malnrarr,  accelerare  opus  1^0 ;  haste  dich  so  viel 
du  kansl ,  qunnlnm  poicri^ ,  fesliua  ,  omnis  jam  tibi  cunclalio 
ubjinfnda  nl.  da^. ;  sich  auf  der  reise  hasten,  rentis  remisque 
in    üinere   pnferare.    das.;    initirend   die   Irriroifraphen    hit    auf 

ADkl.t;RC    rfot    Wort    nl,rrli,i,i,.l    nuhl  iiU   t//,  («,/,■.;/., /„•>   ,rr-n.l,,i,i, 


3)  unpersönlich:  es  hastet  nicht,  hat  keine  eile ;  es  wil  nicht 
hasten  {vorwärts  gehen).  Schottel  1138'.  dasz  die  redensart 
hast  du  nicht,  siehst  du  nicht  u.  ähnl.  mit  anklang  an  dieses 
hasten  gebildet  sei,  ward  unter  haben  sp.  Cf)  vermutet. 

HÄSTER,  f.  Conus  pica,  ekler,  in  t^iedersaclisen.  Nemnich 
3, 1246.     Cf'fie  Verstümmelung  von  agalaster,  s.  1, 189. 

HASTIG,  adj.  und  adv.,  nach  dem  subst.  hast. 

1)  die  ältere  hedeulung  feindlich  ungestüm,  erregt,  jähzornig 
hat  sich  bis  in  die  nettzeit  erhallen:  concilus  haestich,  hastech 
Dief.  139';  nd.  hastig,  hitzig,  jachzornig,  auffahrend  DÄriNERT 
178';  recht  sollet  ihr  gebieten,  und  unrecht  verbieten,  dazu 
hastigen  muht,  schcllworfe.  Haltaüs  829,  vgl.  hastiggemüth 
Grimm  reehtsalt.  s.  4;  es  Ist  ein  hastiger  kojjf,  proclivis  ad 
iram  est,  in  iracundiam  praeceps  ferlur.  Stiele«  780,  vgl.  haste- 
kopf; noch  weniger  habe  ich  die  sitte  boshafter  betlelleute 
hiermit  nachmachen  wollen ,  die  sich  einen  hastigen  hund 
nicht  anders  vom  leibe  zu  halten  wissen,  als  dadurch,  dasz 
sie  ihn  auf  einen  andern  hetzen.  Lessing  10,165;  ich  .selber 
bitte  vielmal  um  Vergebung,  wenn  ich  sie  vorhin  etwa  durch 
ein  wort  beleidiget  haben  sollte,  ich  bin  etwas  hastig;  aber 
ich  bin  auch  gleich  wieder  gut.  (jellert  3,  311 ;  unser  Un- 
glück war  misverstündnis,  ..  meine  zu  hastigen  eigenschaft^n. 
Klincer  theater  2,370; 

er  rannt  auf  eine  binde 

so  heisz  und  hastig  vor, 

dasz  ihn  sein  jagdgcsindc 

im  wilden  forst  verlor.    Uhland  ged.  371. 

2)  häufiger  ist  nach  hast  2  die  mildere  bedeutung  unruhig, 
schnell,  eilig:  properanter  haestich  Dief.  465';  sich  liastig  auf 
den  weg  machen,  accelerare  viam  Stieler  7S0;  Dionysius, 
gewohnt  alles  nur  von  einer  seile  anzusehen,  und  alles  was 
er  wollte,  hastig  und  ungeduldig  zu  wollen,  Wieland  3,46; 
M.  hier  ist  der  liilTel!  hier!  (sie  nüthigt  ihn  zu  essen).  V.  nun, 
nnn,  nur  nicht  zu  hastig.  Götue  11,  272 ;  man  siebt  schöne 
kinder  und  erwachsen  wohlgebildete  menschen ,  alle  haben 
ein  ruhiges,  keineswegs  ein  hastiges  ansehen.  43,249;  hastig 
forderte  er  feder  und  papier  und  stellte  mit  fliegender  eile 
...  ein  unumwundenes  bekenntnis  aus.  Ihhermann  Münchh. 
1,144;  stülpte  hastig  den  Strohhalm  auf  das  überwachte, 
glühende  haupt.  2,  53  ; 

und  entreiszt  die  goldnc  urne 

hasiig  dem  erschrocknen  träger.    Ublard  ged.  274. 

H.  Heine  verwendet  hastig  gern  in  freierem  sinne,  von  dingen, 
die  dem  beschauer  einen  nervös  unruhigen  eindruck  erregen  :  wenn 
.  . .  alle  pflanzen  duften ,  und  hastige  Milze  hin  und  her 
zucken.  2,318;  er  {der  wirt)  trug  einen  hastig  grünen  leib- 
rock und  ein  vielfältig  bewegtes  gesiebt,  s.  94;  der  iiimmel 
war  schneidend  blau  und  dunkelte  hasiig.  4, 106. 

HASTIGKEIT,  f.  nach  hastig  2:  Lotte  ging  ihm  mit  einer 
verlegnen  hasligkeit  entgegen.  Güthe  16,184;  dasz  er  einmal 
in  der  Zerstreuung,  statt  seiner  goldnen  uhr,  eine  handvoll 
Würmer  aus  der  uhrtasche  zog,  und,  seinen  irrthnin  bemt-r 
kend,  mit  possierlich  ängstlicher  hastigkeit  wieder  einsteckt» 
H.  Heine  1,  55; 

noch  ist  mein  äuge  nicht  so  alterschwach, 
dasz  ihm  der  hlicke  zorn,  der  tippen  troiz 
und  jeglicher  bewegunc:  hasligkeit 
an  eucli  verborgen  bliebe. 

liiiLAND  Ernst  V.  Sclurnhen  48. 

nd.  auch  nach  hastig  1  hitz}ges  auffahren  in  warten  und  hand- 
langen. Dähnert  178'. 

HASTIGUCH,  adv.  festinanler,  repenle.  frroperr.  Stieler  780 
mhd.  hastecluhe,   hestecllche  wb.  1,  tMl'. 

HASTLICH,  adj.  und  adv.  eile  zetgend,  eilig:  reprnlinus  hast 
lieber,  zaulicber  Dief.  49:i*  {Mainzer  voe:ih.  i^.jahrh.);  hastliker 
.i.  ein  lialder  das.  {niederdeutsch)',  flde.  ;)r(»;)rrafi/er  haslelichin, 
hasleliken.   haestlirh  465'. 

HASTMUTH,  «».  animus  cnncitalu^  et  iracundus ,  vergl.  oben 
hast  sp.  550  und  hasligeu  mnlli;  nd.  injl  hastmude.  IIai.tahs 
S29;  ihr  sollt  verbieten  hastmuht  und  .Scheltwort,  weisth 
4,  fi.'iß  {yi^lirsachsen) 

HASZ,  m.  odiuni  die  golh.  form  hnts  seheint  einmal  Fph 
2, 3  im  gen.  hatis  vorzukommen  ,  gewöhnlich  ist  eine  erweitettr  . 
neutrale  halis,  gen.  halizis;  dagegen  heiszt  es  ahd.  mhd.  nur 
männlich  hn;  (bis  auf  eine  bis  jHzt  bekannte  ausnähme:  übe  dil 
da/,  ba^  dlnes  flandes  in  min  na  perheren  wellest.  Mfii  ki 
iioKK  u.  .Sc.iiERER  denkm.  206,14),  altn.  hatr,  schwed  hat,  diu. 
had  ;   alt.iärhs.  heli,  angels.  fiele;   »m   mnd.  und  «in/,  sind  wirdrt 

,1,,-       ,l„,,<„,„l.,,,l,l,;<       I. .,,„,■„      \,,l  !,',..!      ,,,,l....l..„, ,....,  ,/:,-      ,h.- 


553 


HASZ 


HASZ 


554 


ursprüngliche  bedeulung  dieses  uurks  ungestüm  gegen  den  feind, 
feindliche  Verfolgung  ist,  tvurdc  oben  unter  hast  {sp.  550)  erörtert. 

1)  diese  bedeutung  besteht  noch  mhd.: 

ein  teil  sich  dd  ze  lange      der  künec  und  sine  man 
versüraien,  daj  dö  Herwic      des  hajjes  hie  began. 
in  einer  morgenküele      er  und  siue  geste 
vür  Hetelen  burc  bekömen.      er  tele  sit  da?  aller  beste. 

Guar.  63b; 

swaj  kriuchet  unde  dinget, 

und  bein  zer  erde  biuget, 

daj  sach  ich  unde  sage  iu  daj: 

der  keinej  lebet  äne  haj. 

daj  vvilt  und  daj  gewürme 

die  stritenl  starke  stürme, 

sam  tuont  die  vogel  under  in.    Walther  8,  35; 

auslaufet  derselben  ist  die  bedeutung  zorn,  sofern  er  sich  in  Ihaten 
duszert : 

iuch  hat  rehte  gotes  haj 

da  her  gesendet  beide, 

zallem  iwerme  leide.    Iwein  6104, 

andrerseits  aber  auch  die  bedeutung  uceUeifer,  als  Verfolgung  eines 
zielei  : 

dö  si  nach  der  bei^e  riten 

unde  friuntlichen  striten, 

under  in  was  ein  bescheiden  haj: 

ieglicher  wolde  daj  da  baj 

sio  habech  geflogen  haete.    Erec  1059. 

seilen  zeigt  sich  im  nhd.  noch  hasz  j;;i  sinne  von  feindseliger  thal : 

den  ich  zuwider  bin  gesyn, 

die  bringens  mir  mit  haulen  yn, 

bezalen  mir  mit  gleicher  masz 

den  alten  schaden  und  den  hasz, 

ihun  mir  wie  ich  in  hab  gethan. 

B.  Waldis  Esop  1,  12,24; 
das  körn  du  auf  den  acker  gführt  {spricht  der  siorch) 
hab  ich  mein  lebtag  nie  berührt, 
und  isz  die  frösch  ausz  grünem  grasz. 
drumb  bitt  ich,   lasz  mich  ausz  dem  hasz  ((/tue  mir  nichts 
zu  leide).    1,  60,  20. 

2)  das  nhd.  hat  gewöhnlich  von  hasz  Jiur  die  bedeutung  fcind- 
lidie  gesinnung  {gegensatz  von  liebe)  gepflegt,  die  schon  im  ahd. 
uusschlieszlich  bezeugt  ist,  und  vihd.  viel  häufiger  als  jene  erste 
erscheint :  wan  her  wiste  da;,  daj  si  en  inie  durch  einen  haj 
(Luther  :  neid)  hatten  geantwortet.  Behaims  evang.  buch,  Malth. 
27,  IS ;  ir  werdet  zu  hajje  (Luther  :  müsset  gehasset  werden) 
allen  lulen  durch  mineu  namen.  3/a///».  10,  22 ;  sie  beweisen 
mir  büses  umb  guts ,  und  hasz  um  liebe,  ps.  109,  5 ;  hasz 
erreget  hadder,  aber  liebe  deckt  zu  alle  ubertreltunge.  Sprüche 
10,12;  voll  hasses,  mordes,  hadders,  lists.  Rom.  1,29;  etliche 
zwar  predigen  Christum,  auch  umb  hasz  und  hadders  willen, 
etliche  aber  aus  guter  meinung.  Phil.  1, 15 ; 

regiern  Treundlich  und  mit  willen 
tbüt  vil  hasz  und  hadders  stillen. 

ACR.  spr.  (1560)  120*; 
im  menschen  ist  der  hasz  der  gröste  trieb. 

LouENSTEiM  SopUonisbe  s.  IS; 
Born  mag  erbittert  sein,  mein  zepter  anstosz  kriegen, 
die  gunst  in  hasz  sich  kehrn.  $.  26; 

der  hasz,  der  endlich  noch  des  lästrers  rächer  wird. 

Gellert  2,  41 ; 
gedenke,  Schwester,  wie  mit  hasz  und  fluch 
beladen  unser  valer  starb.     Stolberc  14,  10. 

Der  plural  von  hasz  ist  selten:  um  nicht  sein  höheres  alter 
durch  theologische  hasse  vergällen  zu  lassen.  Wolf  afia- 
leklen  1,47; 

künftig  sollen  vereint 

stehen  alle  die  hasse 

als  gränzliut  gegen  ilen  feind, 

dasz  er  davor  erblasse.    Hückert  147. 

der  gegenständ  des  hasses  wird  gewöhnlich  durch  praeposilionen 
vermittelt,  hasz  gegen  einen,  auf  einen  haben,  auch  für  einen  : 

bezähme  deinen  zorn  und  tritt  das  recht 
nicht  unter  deine  fers  aus  hasz  für  ihn. 

Stolberc  M,  241; 
seltener  durch  den  genitiv: 

der  lobt  an'l.esbien  die  demuih  und  die  treu, 
und,  vor  dem  Spiegeltisch,  den  hasz  der  Schmeichelei. 
Uaceoor?(  i,  55; 
und  überall,  wohin  mein  fusz  mich  trug, 
fand  ich  den  gleichen  hasz  der  tvrannei. 

Schiller  Teil  2,  2; 
ich  stritt  aus  hasz  der  städle  imd  nicht  um  euren  dank. 
Uulano  ged.  369; 
ähnlich  vihd.: 

dem  riiier  täten  si  du  nä 

durch  sinen  haj  [aus  /lasr  gegen  ihn)  wirs  dann  e. 
Erec  5194. 


die  ältere  spräche  fügte  zu  hasz  gern  das  adjecliv  grö;,  um  die 
intensitdt  der  feindlichen  gesinnung  zu  zeichnen,  gegensatz  i.^t 
sw acher  ha;: 

ich  muo;  verdienen  swachen  haj.  Walther  83,  27 ; 
da  nun  der  hasz  und  neid  so  grosz  war.  2  Macc.  4,  3 ;  einem 
ein  groszen  hasz  machen  oder  auf  den  halsz  richten,  einen 
in  groszen  hasz  bringen,  coi.älare  magnum  odium  in  aliquem 
Maaler  213';  er  hat  ein  groszen  hasz  zu  euch,  ardens  odio 
vestri.  das.;  wenn  ich  reden  könnte,  dein  höchster  hasz  würde 
in  milleid  und  Jammer  zerschmelzen.  Göthe  8,  156; 

wie  groszer  hasz  in  meinem  busen  schlug, 
mit  dem  ich  die  vei  folgte,  die  sich  nur 
dem  recht  und  seinem  heiligthume  weihten. 

dritter  brief  an  Riese  {yedichte  3,132  Strehlke); 

schon  frühe  begegnen  auch  andere  poelisch  malende  adjeclice,  die 

in  der  modernen  spräche  sich  mehren: 

nü  wil  ich  iuch  bescheiden  daj, 
wie  herzenminne  und  bitter  haj 
ein  vil  engej  vaj  besaj.    Iwein  7042; 

mr  reden  von  einem  bittern,  grimmen,  wilden,  herben,  heiszen, 
glühenden,  unauslöschlichen,  lödtlichen  hasz;  vergl.  mordhasz, 
todthasz;  ein  bitterer  hasz,  odium  Valinianum ,  abominatio, 
execralio  Stieler  7Se  ;  tödtlicher  hasz,  odium  capitale  Ma.\ler  213- ; 

was  sich  noch  jüngst  in  blutgem  hasz  getrennet, 
das  tlieilt  entzückt  die  allgemeine  lust. 

Schiller  ywn3/"rau  4,  1; 

Don  Caesar,  die  diener  tragen  alle  schuld. 
Don  ilanuel.  die  unser  herz  in  bitterm  hasz  entfremdet. 
braut  von  Messina ; 

auf  flammt  in  meinem  herzen  des  alten  hasses  gluth. 
R.  Reinick  liedcr  219. 
der  hasz  friszt : 

denn  zu  tief  schon  hat  der  hasz  gefressen,    das.; 

er  ist  unersättlich :  unersettiger  hasz,  jejunim  odium,  inexplebile, 
insaliabile.  Maaler  213". 

Formelhaft  wird  hasz  und  neid  verbunden: 

nit  unde  haj  die  haut  sich  üf  den  wec  geleit. 

Walther  20,  20; 
si  mainen  alzeit     ir  hasz  und  neid 
und  der  soll  aincn  fürgang  hau.    Uhlasd  volkst.  39C ; 
erst  wrl  ich  dich  jieb  haben, 
dem  klalfer  zu  neid  und  hasz. 

GöuEKE  «.  TiTTiiA!«;«  liederb.  s.  57,  IG; 
wenn  ir  halt  fried  und  einigkeit, 
so  schad  euch  niemands  hasz  nodi  ncidt. 

15.  Waldis  Lsup  1,  51,  20. 
es  heiszt  hasz  erregen,  spinnen  (vergl.  haszgespinsl),  fassen,  auf 
sich  laden :  sähe  das  das  kriegsvolk  einen  hasz  w  ieder  den 
könig  Uemetriuin  gefasset  hatte,  l  Macc.  11,39; 

doch  ists  oft  dem  der  gröste  schad, 
der  neid  und  hasz  erreget  hat. 

Ü.  Waldis  Esop  1,  35,  40; 
darumb  so  soll  ein  weiser  mann 
sollichs  zu  einer  warnuiig  lian,  > 

dasz  er  thu  keinem  menschen  schaden, 
Ungunst  und  hasz  aiil  sich  zu  laden.    1,  14,  50, 

hasz  gewinnen,  bekommen,  kriegen,  legen :  darüber  gewann 
der  neidische  könig  einen  hasz.  pcrs.  baumg.  2,14;  darmiter 
nicht  hasz  und  Ungunst  desz  kriegsvolks  bekomme.  Fronsperg 
knegsb.  1,  59' ;  deszhalb  hat  meniglich  von  stund  an  ein  hasz 
auf  ihn  gelegt.  5, 137'^;  ich  hab  ehrfurcht  für  Wild  kriegt,  und 
noch  mehr  hasz  (ür  Üuschy.  Klincer  i/ica/or  2,  35();  soll  ich 
ekel  und  hasz  für  mein  kind  kriegen?  s.  36S;  —  hasz  haben, 
tragen :  hat  vorhin  keinen  hasz  auf  in  gehabt.  5  .^tos.  t9,  4 ; 
denn  du  hast  freilich  nichts  bereitet,  da  du  hasz  zu  hellest. 
ueish.  Sal.  11,25;  die  ubung  neidet  der  feind,  und  trug  inen 
beiden  hasz.  Luther  6,502';  weil  er  keinen  hasz  vor  hin  zu 
im  getragen  hat.  L  Mos.  19,  6;  wenn  aber  jemand  hasz  tregt 
wider  seinen  neheslen.  11 ;  es  ist  besser  frei  strafen,  denn  heim- 
lich hasz  tragen.  S/r.  20, 2; 

daj  ich  min  unvcrsuochte  jugent 

üf  werdekeit  unde  üf  tugent 

so  rehte  selten  geübet  hnn, 

daj  ist  vil  scrc  missetän 

und  hän  es  an  mich  selben  ha;.     Tristan  112,25; 

we  war  umlie  tuot  si  da;, 

der  min  herze  treit  vil  kleinen  haj? 

Walther  112,  34; 

sein  scbQler  di  im  trugen  hasz. 

Schwarzsnberc  113'; 

ich  hab  ewr  keinen  nie  geschlagen, 

oder  zu  euch  ie  kein  hasz  getragen. 

B.  Waldis  Esop  1,  55,  14; 

ob  gleich  die  rebe  irSgt  dem  ober  hasz. 

I.OCAU  I,  142,  13; 


555 


HÄSZ 


H  ASZBEL  ADEN — IIÄSZLICII 


556 


hasz  tragen  steld  aber  auch  passkisch,  gehaszt  werden: 
Lucretie  trug  neid  und  hasz, 
umb  lob  das  man  ir  gebea  was. 

SCHWARZBNBERG    113'; 

den  hasz  auslassen,  kühlen,  versöhnen,  ersticken,  auslöschen, 

begraben : 

ist  friedeu  stirten,  hasz 
versöhnen  ein  geschäfl  der  höUe?    Schiller  junger.  2,10; 

lasz 
mein  flieszend  blut  den  alten  hasz  versöhnen.    1,  6. 

das  inhd.  äne  haj,  ohne  feindselige  gesinnung,  ohne  fahck,  auf- 
richtig, treu,  ist  auch  mhd.  noch  bezeugt: 

herr  der  ricliter,  so  sprich  ich  das  (tirlheil), 

und  thu  das  wol  an  allen  hasz.    fastn.  sp.  780,  29; 

der  low  sprach:  wer  theilt  uns  den  raub? 

der  esel  sprach :  das  wil  ich  iliun 

on  allen  hasz  aufs  gleichest  nun. 

B.  Waldis  Esop  1,  73,  12; 

und  trinkt  in  gottes  naraen 
ein  ziemliches  glas 
on  neid  und  hasz. 

GöDEKE  H.  Tittmann  tieJerfc.  s.  144,  no.  13/. 

3)  hasz  ist  auch  der  gegenständ  feindseliger  gesinnung: 

wan  daj  ich  scheide 

die  guoten  von  den  boesen.    seht,  daj  ist  ir  haj. 

Walther  58,  3G ; 

ja !  es  ist  Sophonisb,  ein  hasz  der  leichten  götter, 

ein  ball  des  falschen  glucks,  ein  ziel  der  unglückswetter. 

Lohenstein  Soplwnisbe  s.  23; 

wir  werden  aller  menschen  hasz, 
und  thaten  keinem  was  zu  leide. 

Kl.  Schmidt  poel.  briefe  s.  13". 

lUSZ,  adj.  hassend,  feind,   vihd.  haj  wb.  1,  64l',  vmd.  hat: 
mit  miner  loggen  schalTede  ik  dat, 
dat  en  de  konnink  wart  ser  hat. 

iieinecke  fuchs  3714; 
einer   der  im  selbst  nichts  gutes  günt,  und  im  selbst  hasz 
i>t.  Faracelsos  opp.  1  (1616)  19  C. 

HÄSZ,  n.  ein  oberdeutsches,  namentlich  alemannisches  und 
schwäbiscfies  wort,  mit  langem  ä,  klcidung ;  mhd.  hajje  {wb.  l,  642'), 
welches  wort  das  collectivum  vom  vtasc.  häj  kläd,  ist. 

1)  es  bezeichnet  nicht  sowol  ein  einzelnes  kleidun gsstiick,  als  viel- 
mehr die  kleidung  sowol  eines  mannes  als  einer  frau  allgemein, 
auch  die  wasche  Stai.der  2,  23 ;  ebenso  die  betten  Tobler  258 
(anderswo  werden  bett  und  häsz  gelrennt  genannt,  s.  nachher) ; 
schue  ond  häsz  die  ganze  bekleidung  des  leibes  das.  Immederl. 
entspricIU  hes  killel.  ob  ain  hofjünger  abgienge  fraw  oder  mann, 
dem  gottshausz  werden  das  best  hopt  und  sein  häsz,  als  er 
ZUG  külchen  und  ze  hangarthen  {heimgarten)  goth,  bette  er 
aber  unberathon  sün,  die  nit  wayber  hellen,  die  sollen  desz, 
satters  häsz  beheben  von  desz  gottshausz  gnaden  wegen, 
CS  soll  auch  einem  keller  das  best  häsz  werden,  als  er  an 
aim  Sonnentag  gäbt,  weisth.  1,207  {Thurgau);  ob  aber  ain  fraw 
abging,  ..  so  ist  dem  gottshausz  gefallen  das  best  bell,  und 
ihr  häsz,  als  sy  ze  külchen  und  hangarten  gabt  an  dem 
Sonnentag;  hetti  sye  aber  unberathen  dochteren,  die  beheben 
das  bclt  und  das'  häsz  von  desz  gottshausz  gnaden,  das. ; 
trockenes  häsz.  Felder  Mmmaniüllers  7;  das  raädchen  holte 
seine  sonnlagshäs.  Auerbach  rfor/yesc/«.  1, 121; 

ich  pin  ein  paur  und  trag  an  paurs  hesz. 

fastn.  sp.  345,  11 ; 
legten  die  guten  kleidcr  ab, 
ir  alle  hrisz  wider  anlegten, 
darinn  sie  zu  arbeiten  pllegten. 

It.  Waldis  i:sop  2,  54,  77; 

weil  du  mit  goldt  gehst  umb, 
woll  ich  gern  wissen,  wie  das  kum. 
dasz  du  hast  so  zerrissen  litisz; 
bist  gar  zerhiulelt  umb»  gesäsz.    4,  38,  37  ; 
der  mann  liesz  sich  bereden  de«, 
und  legt  bald  an  der  frawen  hesz.     1.  '^l    '■'•, 
fiir  aller  wird  da«  kicidt  zerrissen, 
es  bringt  auch  madcn  in  den  kfi«, 
ei  brinKt  auih  Hrlmdm  in  das  hftsz. 

WoicK«üTH  m-wcr  llsofiui  1  (l«23)  s.  2S2; 

die  Traw  di«  sprach  mit  züchten, 

ich  acht  nicht  seidener  häsz.    Harg.  90'; 

2)  häsz  hmzt  auch  nur  da.i  hanytkleid,  oherklrid  des  mannes: 
da  huckt  sich  der  ein  nider  und  würfl  das  häsz  oder  kleidl 
binden  über  «ich  über  den  köpf.  Frank  wellb.  14«*;  und  sol 
der  spitz  nit  länger  sin  daim  zwajer  gleich  lang,  und  das 
häM,  als  ver  aincr  mit  nincr  nider  gelaHMien  band  >;i  rairhen 
mag.  wtiMh.  1,202  {»l.  Gallen.  Burgau  1169); 

»IC  u\:,n  iii-ui  ihm   .111   hiiiilit  und  liAh«. 

'    wei$th.  Iwitg,  309. 


HASZBELADEN,  pari.: 

gen  Troja?  und  zum  haszbeladnen  stamm 
des  Atreus?  Stolberg  14,  337. 

HASZERWECKER,  w».; 

dem  edlen  manne  ziemt  es  .  .  .  der  zuupe 

Stachel  zu  hemmen,  den  haszerwecker.    Stolbero  14,  o2u. 

HASZERWECKUiNG,  /'.  oM  stimulalio.     Stieler  2398, 
HASZFREI,  adj.  frei  von  feindlicher  gesinnung: 

doch  höllich  und  haszlrei  war  sie  auf  diser  fahrt. 
Weckuerlin  727; 

wer  will  haszfrei  sein  im  lieben, 

der  musz  sich  im  bergen  üben.    Fleming  5ü6. 

HASZGESPINST,  n. ;  lasset  mich  einen  augenblick  wegsehen 
von  diesem  haszgespinnste,  und  die  schönere  weit  um  mich 
mit  erquickung  anschauen  auf  meiner  insel,  vno  kein  feind. ist. 
J.  Paul  //«/).  1, 142. 

HASZGEWOHNT,  part.: 

dein  haszgewohnles  herz.    Gotter  2,  452. 

HASZGRABEN,  wi.  ruri  sunt  fossae  terminales,  quae  prohibenl, 
quominus  in  discmdias  et  odia  prorumpant  vicini.  Hai.taüs  829. 

HASZKRÄFTIG,  adj.:  bei  Milton  durfte,  dem  antiken  sinne 
gemäsz,  nach  der  haszkräfligen  scene  die  dame  nicht  wieder 
auftreten.  Güthe  an  Zeller  702. 

HÄSZLICH,  adj.  und  adv.,  mhd.  haiWch  und  hesjelich,  in 
zwei  bedeulungen. 

1)  hasz  habend,  fändselig,  feindlich,  holl.  hatelijk,  gelidssig: 

sie  licjen  üj  den  porten  gän 

und  anderhalben  in  die  schar. 

die  täten  si  her  unde  dar 

mit  hajlichem  strite.    Tristan  474,  13; 

er  redt  und  redt,  iederman  musz  im  zuhören,  damit  so  macht 
er  sich  unhollselig  das  alle  menschen  im  hesziich  werden. 
Keisersberg  s.  d.  m.  75".  in  Scliwaben  noch  jetzt  häszlich  feinJ, 
ungünstig,  aufsässig.  Schm.  2,  245.  auch  die  neuere  schriftspruch' 
hat  diese  bedeutung  noch  nicht  ganz  vergessen:  hesziich  mit  einem 
umgehen,  aliqueni  indignissime  sive  pessime  traüare.  Stieler  787 : 
Konrad  fuhr  mit  häsziichen  reden  gegen  ihn  an,  nannte  ihn 
einen  woilkratzer  und  federfuchser.  Arnim  kronenw.  \,  409; 
wenn  auch  hier  der  sinn  des  wortes  schon  nadi  2,  c  neigt ,  was 
namentlich  in  einer  fügung  Freuags  geschieht:  neulich  war  eine 
alte  frau  im  nächsten  dorfe  krank,  kein  mensch  trug  ihr  essen, 
recht  häszlich  haben  sie  sich  über  ihre  niederlage  gefreut. 
handschr.  1,  102. 

2)  weil  gewöhnlicher  ist  die  bedeutung  hassenswert,  hasz  erregend, 
die  im  mhd.  noch  selten  ist,  und  die  sich  nhd.  verschiedentlich 
abstuft. 

a)  seilen  in  voller  scMrfe:  ihr  müsset  allen  menschen  häsz- 
lich sein.  Luther  br.  2,163.  als  attribul  von  menschen,  die  mo- 
ralische gebrechen  haben,  und  solcher  gebrechen  selbst :  häszlicluM 
mann,  wie  konnten  sie  gegen  ihn  so  unfreundlich,  so  hart, 
so  grausam  sein?  Lessing  1,534;  hcszliche  sitten,  mores  dv- 
testabiles,  /bcdtxsimi  Stieler  787 ;  hcszliche  gedankcn,  fO(/i/u««ü«« 
spurcae,  lurpes  das. ;  selbst  der  sokratiscbe  faun  in  Königsberg 
kann  nicht  mit  dieser  Wahrheit  und  bittern  wärme  gegen  die 
Unterdrückung  reden  und  sie  häsziicher  darstellen,  als  si.> 
hier  in  des  Eblis  gestalt  erscheint.  Götue  33,  58. 

b)  vielfach  in  minder  scharfer  ausprägung  des  begriffes,  ein  y 
fühl  des  Widerwillens  erregend,  unlieblich,  namentlidi  von  köqn- 
lieber  gestalt  eines  menschen:  hesziich  und  ungestall.  Albr.  \ 
Evbe  7';  häszlich  und  wüst  oder  ungestall  machen,  turpai, 
Maaler  2üc';  weil  seine  gestall  heslicher  ist,  denn  ander 
leute.  Jes.  52, 14 ;  sy  war  ein  hcszliche,  uralle  franw.  F.  Platter 
183 ;  war  doch  in  Wahrheit  ein  jeder  heszlicher,  gräuszlichrr 
und  ungeschafTencr  als  der  Theisites.  Poilanuer  1  (16421  11^ ; 
ein  heszlicher  ungestalter  schelni ,  ein  zweig.  2  (1613)  307, 
eine  bäszlichgcbildetc  Schwester  erzürnt  sich  iibcr  ihren  bnidcr. 
welcher  seine  schöne  bildiing  gegen  sie  rühmt.  RaiiENEH  2,  2:i ; 
da  verräth  sichs  (das  la.<ler\  im  todtenblasscn,  eingefallenen 
gesiebt  und  dreht  die  knochen  häszlich  hervor.  Schillhi 
rättber  1,3;  nicht  wahr,  ich  sehe  liäszlich  aus?  kab.  und  /iW-.' 
2,2;  unerfreulich  häszliche  gesiebter  schneiden.  H.Heim; 
1,42;  wie  grauenhaft  wir  zu  kliiiipfeii  hatten  mit  häszlicbeu 
gespenfttern,  dumpfen  eulen  und  scheinheiligen  sündein.  2,141 ; 
im  veriiUHche  den  au.tgang  dieser  bedeutung  von  der  olifn  2,o  Iter- 
vorhebrnd:  dasz  sie  sollten  schwarz  werden,  wie  die  nacht 
und  häszlich  wie  die  süiide.  Grimm  kinder-  u.  /mhvhi.  -i.  r.r, ; 

was  an  im  selber  im  he«(lich, 
dAK  iiiiichi  die  liebe  fPiiluTlIrb. 
It.  \V,.i        f 


00  i 


HÄSZLKIH  —  HÄSZLICHKEIT 

zum  hä^zlichsien  zwerge  verschalTt  «lieh  mein  wort. 

liCRGER  59". 


HÄSZLING  —  HÄTSCHELN 


558 


von  Haergeslaüen :  sähe  er  ander  sieben  küe  aus  dem  wasser 
aufsteigen,  die  waren  besuch  und  mager,  l  Afos.  41,3; 
welch  ein  nest  voll  bäszlicher  thiere,  gröszer  und  kleiner! 
und  die  mutier  dabei,  ich  dacht  es  wäre  der  teufel. 
weit  und  grosz  ihr  maul  mit  langen  haszlichen  zahnen, 
lange  nagel  an  bänden  und  föszen  und  hinten  ein  langer 
schwänz  an  den  rücken  gesetzt;  so  was  abscheuliches  hab  ich 
nicht  im  leben  gesebn !  Gothe  40,  199. 

c)  dann  weiter  in  bezvg  auf  gebahren ,  treiben,  klädung:  ich 
bat  ihn  herzlich,  er  möge  doch  mir  gegenüber  diese  häszliche 
hülle  aufgeben  und  der  fürst  sein.  Immermann  2, 16;  man  redet 
ron  einer  haszlichen  angevvohnheit,  einer  haszlichen  krankheit, 
einem  haszlichen  husten;  heszliche  geberden,  molus  deformis, 
agrestis,  turpissimus  Stieler  187 ; 

ich  sehe  zweene  häufen 
der  weiber  auf  ihm  gehu,  und  Bassaris  auch  laufen 
mit  heszlichem  geschrei.  Opitz  1,444; 

der  pfau  schreit  häszlich,  aber  sein  geschrei 
erinnert  mich  ans  himmlische  gefieder, 
so  ist  mir  auch  sein  schreien  nicht  zuwider.    Göthe  47,4S>; 

wie  häszlicb  läszt  dir  nicht  die  leichte  gelbe  weste. 

Zachariä  1,  50  {renommist  2.  ges.); 

und  du  warfst  in  begeisterter  wuth  den  becher  hinüber, 
dasz  er  am  schädel  ihm,  häszlich  vergossen,  erklang. 

Göthe  1,  309. 
irt  bezug  auf  geruch,  gehör,  geschmack ,  gefithl :  diese  blume 
bat  einen  haszlichen  geruch;  die  speise  schmeckte  häszlich; 
wie  häszlich  fühlt  sich  eine  schlänge  an!;  das  klingt  häsz- 
lich. Sicherer  loreki  (1870)  1,18;  in  bezug  auf  dinge  die  ein 
unschönes  aussehen  gewähren:  das  ist  ein  häsziiches  haus;  ein 
häszliches  bild ;  der  marktplatz  dieser  Stadt  ist  nicht  schön, 
eher  häszlich  zu  nennen ;  wie  ist  das  gold  so  gar  vertunkelt, 
und  das  feingold  so  besuch  worden?  klaget.  4,1;  häszliche 
eingeweidt,  die  greüwlich  sind  anzesähen,  atrocia  exta.  Maaleb 

206'; 

zum  haszlichen  und  schönen 
läszt  mit  der  zeit  das  äuge  sieb  gewöhnen. 
VViELAND  4,  235; 

häszlich  soll  schön,  schön  häszlich  sein. 

Schiller  Macbeth  1,  1 ; 

fair  is  foul,  and  foul  is  fair; 
(fa/ier  audi  das  uiorl  den  sinn  unrein,  schmuzig  annimmt :  häsz- 
lich, unfläthig,  unrein,  squalidus,  foedus,  spurcus  FrisceI,U1'; 
heszliche  kleider  anhaben,  sordidis  veslibus  indulum  esse.  Stieler 
787;  häszliche  wasche,  unreine  Adelung;  übertragen:  eh  das 
herzbiut  eines  Doria  diesen  haszlichen  flecken  aus  deiner 
ehre  wäscht.  Schiller  Fiesko  1, 13 ;  die  lügen  ist  ein  bäszlicher 
Schandfleck  an  einem  menschen.  Sirach  20,  26. 

dl  die  bedeulung  von  häszlich  ändert  sich  in  der  weise,  dasz 
der  begriff  widerlich  mehr  zurücktritt  und  nur  das  unangenehme, 
arge,  böse  sich  geltend  macht;  so  in  bezug  auf  wind  und  wetter : 
es  mag  schön  oder  häszlich  weiter  sein,  meine  gewohnheit 
bleibt  auf  jeden  fall  um  fünf  uhr  abends  im  palais  royal 
spazieren  zu  gehen.  Göthe  36,3;  auch  sonst:  er  strauchelte 
und  that  einen  haszlichen  fall;  für  sein  langes  ausbleiben 
bekam  er  häszliche  vorwürfe. 

e)  an  letztere  bedeutung  angeschlossen,  stellt  häszlich  adverbial 
=  arg,  sehr:  gleichwohl  gieng  es  ihnen  auch  nicht  ohn  schaden 
ab,  dann  die  von  der  mauren  sie  heszlich  mit  geschülz  schä- 
digten. Garg.  256';  er  stach  im  damit  ein  heszlich  schlir- 
geschwär  auf,  welchs  in  . . .  heszlich  plagte.  238';  das  viel 
Irembdes  unvernünftigen  vihes  auf  den  . .  salzacker  kommen, 
denselben  sehr  geschendet  und  so  besuch  zertretten  hat. 
Sckilibürger  (i599)  s.  72;  so  excipirt  er  wider  ihn,  machet  ihn 
heszlich  aus,  bringts  für  den  richter.  äyrer  proc.  2,10;  dieweil 
sie  beide  auf  einmahl  so  häszlich  betrogen  worden.  Philander 
2  (1643)  s.  313.  mundartlich  verstärkt  häszlich  geradezu  den  be- 
iiriff  eines  nachfolgenden  adjectivs:  dal  is  häszlich  schön,  dat 
is  'n  häszlich  goden  kärl,  ein  sehr  guter  mensch,  üanneil  75'; 
ebenso  hennebergisch.  Fromm.  6, 183. 
HASZLICHEN,  verb.  häszlich  machen: 

den  schönsten  boten  unglücksboLschaft  häszlicht  ihn. 
Göthe  41,221. 
li.\SZLICHKF;iT,  f.  turpitudo.  Maaler  206';  alle  laster  suchen 
sich  wegen  ihrer  ungestalt  und  häszlichkeit ,  vom  hasz  also 
genennel,  zu  verbergen.  Bdtschky  Patrn.  974;  es  ist  eine  un- 
mittelbare häszlichkeit  in  der  [unsittlichen)  bandlung:  diese 
häszlichkeit  ist  klar,  wenn  gleich  nicht  auf  die  nachtheile 
gesehen  wird.  Kant  1,94; 

unwillkührlicb  zittert 
vor  seiner  häszlichkeit  das  laster.    Götter  2,  64. 


HÄSZLING,  «I.  cyprinus  dobula,  der  ßsch  hassel  {sp.  546): 
congrus  heslink,  heszling  Dief.  142';  nun  streichen  die  hechten, 
grundein,  persling,  lachs,  häszling,  neunaugen.  koppen.  Hoh- 
BERG  1,113';  nim  eine  schielen,  rohtaugen,  heszling,  aal  oder 
gemeinen  bachfisch.  306'.  ahd.  heselinc  congrus  Graff  4, 1061. 
der  name  begegnet  auch  als  häszlen.  ücon.  lex.  (1731)  906,  und, 
wie  für  hassel  die  form  hasel  gilt,  als  häsling.  das. 

HASZMAL,  n?  ein  dunkles  in  der  Züricher  bibel  von  1530  er- 
scheinendes wort,  an  zwei  stellen  das  TJXsxrgov  der  septuaginta 
wiedergebend:  mitten  aber  aus  den  fheur  glastet  ein  gestalt 
eines  haszmals.  Hes.  1,4  (Luther:  war  es  wie  liecht  helle); 
als  ich  hin  lugt,  sach  ich  ein  fheürine  bildnus  von  den  lenden 
an  bisz  unden  ausz:  von  den  lenden  aber  oben  ausz,  was 
es  gleich  einem  fheürinen  schein  und  dem  hasmal.  Hes.  8,  2 
(war  es  liecht  helle  Lcther). 

HASZML'TH,  m.  animus  concitatus  et  iracundus:  ihr  sollet 
verbieten  haszmuth  und. Scheltwort e.  Haltaüs  829. 

HASZSCHNAUFEND,  pari. :  diese  haszschnaufende  schrift. 
H.Heine  9,69. 

HASZVERKÜNDEND,  part. : 

tief  zerfleischte  sein  herz  voll  himmlischfer  milde  des  sehers 

haszverküudendes  wort.  Ptrker  Tunis.  1,  451. 

HASZWORT,  n.  feindselige  rede:  es  sei  wol  so  ferne  am 
tage ,  dasz  es  geschehen  möge ,  hassewort ,  Scheltwort  ver- 
bothen.  Haltaüs  829. 

HATSCH,  interj.,  in  Baiern  zur  bezeichnung  einei-  schnellen 
bewegung:  hatsch  aus,  schnell  auf  und  davon,  fort.  Schm.  2,  259; 
in  Düringen,  eine  gleitende,  schleppende  bewegung  der  fCisze  zu 
malen:  hatsch,  hatsch,  kommt  es  die  treppe  herauf,  s.  hatschen 
Stieler  782   kennt    hatsch    und   hatsch  als  clamor  venantium. 

HATSCHE,  HÄTSCHE,  f.  anas  domestica,  viittcl-  und  nieder- 
deutsch. Nemnich  1,  266 ;  du  sollst  sonst  keine  kuh  im  stalle 
und  keine  hätsche  auf  dem  miste  behalten.  Chr.  Weise  be- 
trogner  betrug  s.  9.  der  name  wird  von  dem  geschrä  der  entc 
hergeleitet:  ratsche,  hatsche,  anas  domestica,  avocerauca.  Klein 
historiae  avium  prodr.  131 ;  wahrscheinlicher  ist  er  nach  dem  eigen- 
thümlichen  gange  des  vogels  gebildet,  s.  hatschen.  in  der  Sc/iit«: 
ist  eine  hatsch  eine  in  gang  und  anzug  nachlässige  person. 
Usteri  (2.  a.)  1, 194. 

HATSCHE,  /■.  beil,  beilartiges  messer,  mhd.  hasche  und  hätsche 
aus  tat.  ascia,  wb.  1,640',  führen  Wörterbücher  des  ll.iS.jahrh. 
zur  erldärung  von  hatschier,  das  nicht  dazu  gehört,  auf:  hatsch 
et  hätschle,  culter  venalorius  aut  venabulum,  sicilis.  Stieler  782  ; 
hatsch,  /".,  mot  deprovince,  halebarde.  Rondeaü  wörterb.  (1740)  285. 

HÄTSCHEL,  m.  liebkosendes  streicheln:  wenn  die  sich  unter 
einander  fange  geben,  isis  nm-  hätschel  und  fätschel,  wobei 
keinem  die  nase  überläuft.  Fr.  Müller  2,  20. 

HÄTSCHELCHEN,  n.  das  geliebkoste,  verzärtelte  kind :  ob  sie 
gleich  denkt,  frau  mutter,  dasz  er  das  hetschelgen  ist.  frau 
Schlampampe  leben  52. 

HÄTSCHELEI,  f.  Verwöhnung  durch  liebkosungen:  die  eitern 
sind  gemeiniglich  schuld  an  der  kinder  ihrem  verderben,  sie 
versehen  es  insgemein  auf  diesen  zwo  seilen  :  entweder  durch 
allzugrosze  hätschelei  und  Verzärtelung,  oder  durch  eine  all- 
zugiosze  strengigkeit  und  erbilterung.  Rambach  überselzg.  von 
Luthers  lat.  auslegg.  der  1.  epistel  Johannis  (1743),  m  Luthers 
werken  v.   Walch  9, 1107. 

HÄTSCHELKIND,  n.  verzärteUes: 

da  möchte  manches  hätschelkind 

sich  bald  zu  tode  quälen.    Schade  handwerkst.  114. 

HÄTSCHELN,  verb.  es  ist  der  form  nach  das  diminutiv  von 
hatschen,  hatschen,  die  bedeulung  hat  sich  zum  theil  abirächend 
entwickelt,  der  stammvocal  des  Wortes  wird  gewöhnlich  lang  ge- 
sprochen,  Steinbachs  hetscheln  demulcere,  blandiliis  uti  1,746 
zeugt  aber  auch  für  kurze  au.isprache. 

1)  entsprechend  der  einen  bedeulung  von  hatschen  heiszt  hätscheln 
mit  den  füszen  gleiten,  nur  mundartlich  bezeugt :  hätscheln  nach 
einem  anlaufe  auf  dem  eise  fortglitschen  Schm.  2,  259;  hätscheln 
rutschen  auf  dem  ehe  Fromm.  4,  377,  beides  aus  der  ?iürnberger 
gegend ;  im  Haungrunde'und  stifte  Hersfeld  hätscheln  hinken,  mit 
den  beinen  schleifen,  dazu  das  siibsl.  hätschel  krüppel,  lahmer. 
Vilmar  154. 

2)  gewöhnlicher  ist  hätscheln  gebraucht  von  der  gleitenden  be- 
wegung der  hände,  es  heiszt  streicheln,  liebkosend  über  jemand  hin 
fahren ;  die  Schriftsprache  verwendet  es  seil  dem  vorigen  Jahrhundert 
nicht  unhäußg,  namentlich  in  bezug  auf  die  liebkosungen  gegen 
kinder:  da  kann  ich  aller  kindernarr  noch  in  meinen  siebziger 
Jahren  etwas  zu  tragen  und  zu  hätscheln  bekommen.  Engel 


559 


HÄTSCHELN  —  H  ATSCHIERG  ARDE 


HATTEL  — HATZE 


560 


Loren:  Stark  cap.  28 ;  und  sie  streichelt  und  hätschelt  so  lange 
his  sie  glaubt,  dasz  ich  am  einschlummern  bin.  H.  Heine 
13,59;  transitiv  ein  kind  hätscheln;  einen  knaben  hätscheln, 
denselben  freundlich  begegnen  und  küssen ,  blanJis  verbts 
pueruni  alloqtii,  amplecti  et  osculari.  Frisch  1,  42'2';  und  seltener 
mit  einem  kinde  hätscheln :  für  die  kinder  ist  es  ein  herr- 
liches leben,  sie  (die  Kosaken)  setzen  sie  auf  die  pferde  und 
hätscheln  mit  ihnen.  Niebuur  leben  1,540;  ich  trage  es  {das 
ktnd)  viel,  hätschele  mit  ihm.  2,  317. 

3)  daher  übertragen  hätscheln  lärtlich,  sorgfällig  behandeln 
(ScBM.  2,  259),  durch  liebkosungen  verwöhnen:  ioh  will  ein  schurke 
sein,  wenn  du  mit  deinem  hätscheln  etwas  kluges  aus  dem 
weibsbilde  machst.  Sturz  2, 198;  ich  war  der  hahn  im  korbe, 
abwesend  ward  ich  gleich  vermiszt;  man  hätschelte  mich. 
GoTUE  36,  24 ;  so  ist  er  der  liebling  des  ganzen  hauses,  von 
der  mutter  gehätschelt,  von  der  tochter  geschätzt.  Schilleii 
parasit  1,2;  man  musz  die  leute  bätschein,  so  lange  man 
sie  brauchen  kann.  Kotzebue  dramal.  sp.  3,  233 ; 

wer  ihn  recht  zu  hätscheln  weisz, 
eia,  kriegt  den  besten  preis. 

Fheilicraih  glaubensbekenntn.  176. 

HATSCHEN,  HÄTSCHEN,  verb.  ein  mundartlich  weU  ver- 
breitetes, lautmalendes  wort. 

1)  es  gilt  vom  sciüeifenden,  schleppenden  gange,  wie  er  namentlich 
durcli  alles  nicht  fest  an  den  füszen  sitzendes  Schuhwerk  hervor- 
gerufen wird,  so  im  gröszten  tiutile  von  Ober-  und  MUleldeutschland 
Fromm.  3, 10,  woselbst  sich  auch  ein  subst.  pl.  hätschen  alle 
abgetretene  schuhe ,  panloffeln  gebildet  hat ;  im  Meraner  dialccte 
tschltschen ,  einen  schleifenden  gang  haben,  auch  langsam  und 
leise  gelien.  s.  8 ;  ich  hätsch  ouch  mit ,  sprach  yhener  würt, 
fürt  man  in  mit  sinen  gasten  ann  galgen  zun  dürren  brüdern 
in  den  väldorden.  S.  Frank  spr.  2,101';  ich  hetsch  mit  wie 
der  schultheisz  von  Slechfelden ,  der  hieng  mit.  Garg.  228'. 
vergl.  hatsche  sp.  558. 

2)  ton  der  gleitenden ,  streichelnden  bewegung  der  hände  geht 
das  lirolisclie  hätschen  neben  häitschen  aus,  streichelnd  liebkosen. 
Fromm.  6, 146.  auch  sonst  liegt  in  dem  worte  der  begriff  des  glei- 
tenden ,  wiegenden ,  bair.  hetschen  ,  schwanken,  schaukeln,  sich 
hetschen  schaukeln,  der  hetscher,  schwankender  Sumpfboden 
ScHM.  2,  259 ;  in  Koburg  hütschein  schaukeln.  Fromm.  4,  258. 

HÄTSCHEN,  verb.  schluchzen,  s.  besehen  und  hetschen. 
H.\TSCHEPETSCH,  m.  der  bairische  und  ösUcichische  name  für 
die  hagcbutte,  rosa  canina :  von  hagenbutten  oder  hälschapetschen. 
HoUBERC  1,227*;  der  betschepetsch  Schm.  2,259. 

H.\TSCHIER,  HATSCHIEUEU,  m.  salelles.  ein  fremdwort,  aus 
dem  franz.  arcbcr  soldal  ou  chasseur  arme  de  l'arc  (Littre  1,  ISO', 
seit  dem  12.  jahrh.  bezeugt),  ilal.  arciero,  span.  archero  über- 
uotnmen.  in  Üeulschland  seit  dem  ende  des  15.  jahrh.  in  verschiedenen 
formen  belegt,  die  äUesle  ist  der  abslammung  gemäsz  hartschier, 
mü  umlaul  hertschier,  auch  erlschier,  eine  form  die  sich  lange 
erhielt:  es  waren  50  herschiercr  mit  helbparlen  uf  sein  leib 
zu  warten  verordent.  Wilw.  v.  Schaumb.  18 ;  wie  oft  sein  die 
barschier,  auch  menigclichen  zu  huf,  ja  auch  das  kricgsvolk 
mit  luech  und  seidenwar  bezalt  worden  ?  Zimmerische  chron. 
4,354,8; 

zu  rusz  ich  lüiilliuiidcrt  gleneu  fiud, 

das  alls  wol  geriist  kuri!>ser  sind, 

zäm  andern  lauscnt  crdscliicr  wul  berittun, 

als  auf  burgundisvh  und  Naptitaner  sitien. 

Denier  faslnachtsp.  v.  j.  1522  E  ij  * ; 

wie  kommeo  wir  durch  die  hartschiers  und  garden, 

die  in  dem  ionern  tiorraum  wache  .sicha? 

.ScuiLLbR  Wallciistcins  lod  5,  2. 
die  form  liatscbicr,  mit  umlaul  heischier  ist  die  jüngere,  aber 
gebräuchlichere:  hetschierc  sind  die  hundert  so  ulf  r.  k.  m.  zu 
rosz  und  zu  fusz  warten  müssen,  zu  rosz  fürcnd  sie  gicnen 
(speere),  und  zu  fusz  partisanen.  Wickham  sieb,  hauptlaster  82 ; 
hatschirer,  satelles,  sjiiculalor,  bijiennifer,  slalur,  ein  königlicher 
hdtschirer,  custos  regius  Stiele«  782;  mit  hatschiren  umgeben 
hcin,  satellUibus  !>tiiiiiri.  das.;  hiilschier,  iiatschierer,  halebardier 
ItoNüEAU  2s.'..  das  Volk  in  Baum  ehrt  das  andenken  dieser  jetzt 
faU  allgemein  verschwundenen  Irabanlenarl,  die  in  kleineren  gemem- 
wesen  auch  bitttiUiensle  verriciUele,  durch  die  redensart:  trinken 
können  wie  ein  haUchicr,  ein  redlich  masz.  Sciim.  2,  243. 

HAT.SCUIEHEiN,  terb.  wie  ein  hutschier  //iure  bätschiert  mit 
der  lialli-nparl ,  zog  daruit  wer  den  anderen  von  der  btatt 
fei*/,   (iani.  ISO*. 

IIATSCHIEHGAUÜE,  f.:  die  baLschiergardB  (des  deutschen 
kauere)  »ulbül,  in  Nchwarz.HanimIncn  lliigtlnitken,  alle  nülhc 
reich  mit  gold  jjaJonirl.   (Jöiue  24,  3U(i. 


IIATTtL,  /.  iispe  am  habcr  und  hirsen,  haber.ihre.  Nemnicb. 
bair.  haltel  und  hadel  Schm.  2,  254.  s.  badel  sp.  109. 

HATTEL,  f  ziege,  s.  heltel. 

HATTELIV,  verb.  hell  lachen,  kichern:  da  ist  kaiu  lachen, 
kitern  oder  hallen,  aber  groszer  ernst.  Keisersberg  predigen 
teiitsch  (1508)  119\  vergl.  betteln. 

HATTICH,  m.  was  attich,  sambucus  ebulus  l,  b^s :  da  sonst 
inn  andere  vvege  gegen  dem  früling  nichts  anders  dann  hederich 
hattich  und  ander  unkraut  würden  mit  der  frucht  anfwachsen. 
Sebiz  feldbau  290. 

HÄTTICH,  im  Wortspiel  vom  vogel  habich  und  hällicb  i. 
unter  habicht  sp.  92. 

HATTSTATT,  /".  ort  wo  die  jäger  im  waldc  sich  versammeln, 
s.  haltstalt  sp.  303. 

HATZ ,  m.,  das  Substantiv  zum  verbum  ahd.  hazjan ,  nhd. 
hetzen ,  gebildet  wie  satz  zu  setzen ,  der  neuern  spraclw  fremd 
geworden,     es  sagt  aus 

1)  zundclist  als  tcchnisctws  wort  das  hetzen,  helzjagd  mit  hunden  : 
die  hund  sind  auf  dem  batz.  weidw.  2,  135; 

komm  mit  mir  auf  den  platz, 

auf  den  caniiicheiitiatz.    Fleming  643. 

danach:  flohhaz,  weibertraz.   lilel  eines  gediclUes  rt»»  Fischart. 

2)  aber  auch  allgemeiner  Verfolgung  des  feindes ,  daher  streit, 
kämpf  überhaupt  (vergl.  unter  hetzen  über  den  Zusammenhang 
des  Wortes  viit  hasz) : 

da  sich  fuszknecht  und  reuterskuabn 

betten  verschanzet  und  vergrabii 

gerüstet  zu  des  krieges  haiz.    II.  Sachs  1,505'; 

ein  weisz  mau  soll  gerüstet  sein 

wie  ein  kempfcr,  welcher  allein 

gerüstet  steht  auf  dem  kempfplatz 

mit  hämisch  und  schwerd  zu  dem  hatz.    2,  2,  8-5*; 

der  Luther  hat  ghapt  manchen  hatz 

mit  dem  endchrist  und  sim  gesind. 

ScuAD«  sat.  u.  pasqu.  2,  203,  227 . 
am  andern  ort  fing  an  der  hatz.    Wickrah  irr.  bilg.  18'. 
es  heiszt  sich  in  den  hatz  legen,  ^ehen,  streit,  kämpf  beginnen : 

der  trat  mit  im  auf  jenen  platz 

und  legt  sich  mit  dem  liirsch  in  batz. 

\>.  Waldis  Esop  1,  45,  14; 
zu  einem  hauen  kam  ein  katz, 
und  legt  sich  mit  im  in  den  hatz.     1,  61,  2; 

bistu  nun  ein  beherzter  man, 
sü  tritt  hervor  auf  diesen  platz 
und  leg  dich  mit  mir  in  den  hatz, 
auf  das  es  klar  komm  an  den  tag, 
was  du  und  ich  an  slerk  vermag.     1,  82,  10; 

am  morgen  kaiuens  (noei  fechler)  auf  den  platz, 

legten  sich  zamen  in  den  hatz.    4,  72,  26; 

der  sich  zum  erst  gab  offenbar 

zu  Leipzig  mit  im  (iMher)  in  den  hatz, 

und  thct  ein  heftig  disputaz. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  'J,  120,  25; 
aus  dem  hatz  lassen :  (hcrr  Gilschart)  wolt  sich  der  sorg 
entladen,  wäre  gern  aus  dem  staub  gewichen,  aber  es  was 
ze  spaut,  die  nahe  freünlschaft  zwnschend  im  und  dem  jungen 
bischof  seinem  sun,  darzu  der  ult  gefasset  unwill  wollend  in 
nit  mer  ausz  dem  hatz  lassen.  Stumpf  2,  355'. 

3)  eifer,  Wetteifer:  besorget  er  sich,  ein  ander  sei  auch  im 
hatz,  der  daruinb  stech  (ein  milbewerber  um  ein  bisthuvt). 
S.  Frank  chron.  (1531)  517"; 

all  wyl  er  aber  ist  im  hatz, 

und  acht  sy  für  den  hodi^ten  schätz. 

.MuHnER  geuchm.  Ej*. 

HATZE,  f.  oberdeutsche  form  von  hetze,  nach  der  zumal  tm 
bairischen  und  alemannischen  (Weiniiold  bair.  gramm.  17.  alem. 
gr.  74)  beobachteten  neigung,  den  umlaul  niclU  eintreten  zu  lassen, 
seil  dein  17.  Jahrhundert  wird  hatze  im  schripdeutscJwn  hdufig 
augetroffen,  auch  in  der  geliürzten  form  hatz.     Bedeutungen: 

1)  hetze,  hctzjagd  mit  hunden  :  balze,  pervcu^w/trartim  Sti kleb 
782;  hascnbutze,  schweinshatze,  wolfshal/e.  das.;  schwein- 
halze,  aprorum  venatio  Steinbacii  1,  707;  zu  einer  balz  gehören 
vier  bis  sechs  schwere  huiide,  als  zwei  duggen  und  vier  riideii, 
ingleichcn  vier  leichte  hunde,  als  zwei  wind-  und  zwi-i  ptirscb- 
blinde,  iiiil  diesen  zehen  liiindcMi  kann  innn  das  släiksle 
Schwein  beizen.  Hei-i-e  ;(ir/i//ii.N<  (17s:t)  1,71;  balz  nennt  niun 
jede  jagd ,  wobei  das  wild  durch  hunde  eingeholt  und  fest 
gehallen   werden  soll.  v.  Tiiünckm   wridm.  pracl.  290. 

2)  Verfolgung  eines  mcnscJwn:  in  der  balze  sein,  A<M/i7<«i  üiW 

insidiis  prcmi,  secutoribus  ugitandunt  cxponi.  Stielek  782; 

au  pfahlu  fo>l,  mu»i  ich  dio  lintte  dulden. 

Sliakcnii.  l^jor  3,  7 , 

i  um  tkd  tu  tbc  klakc,  und  i  musl  >iund  (he  cour»c. 


561 


HÄTZE— HAU 


HAU  — HAUBE 


562 


von  der  Verfolgung  mit  schnöden  tcorleu :  disz  geschrci  kam  je 
länger,  je  stärker,  also  dasz  ich  gleich  merkte,  was  die  glocke 
geschlagen  .  .  ich  machte  mir  gleich  die  rechnmig,  dasz  ich 
eine  hatz  ausstehen  müste,  gedachte  aber  nicht,  dasz  es  so 
grob  hergehen  ^viirde,  wie  ich  hernach  erfuhr.  Simpl.  3,  126 
Kurz;  eine  hatze  mit  einem  haben,  ludibrio  et  derisui  atiquem 
habere.  Stieler  7S2;  in  Tirol  halz  feindseligkcil.  Fromm.  6, 146. 

3)  daJter  tumultuarisches,  wildes,  mit  jagen  und  Verwirrung  ver- 
bundenes treiben :  hinein  mit  bestialischem  gepolter  in  die  zellen 
der  Schwestern!  hahaha!  da  hättest  du  die  hatz  sehen  sollen, 
wie  die  armen  thierchen  in  der  finstere  nach  ihren  rocken 
tappten.  Schiller  räuber  2,  3;  patienten,  die  nach  dem  dokter 
winselten,  der  in  seinem  gravitätischen  trab  der  hatz  nach- 
gezogen war  (zur  hinrichlung  Rollers),  das.;  die  hatz  ist  mir 
eben  recht.  Fiesko  5,7;  sie  belachen  alles  ohne  unterschied 
wie  eine  literarische  hatze.  an  Güthe  22S;  wenn  diese  hast 
und  batze  vorbei  ist.  Güthe  an  frau  r.  Stein  2,127; 

ich  sah  der  kraftgenies  draraatischwilde  hatze. 
Gotter  1,304. 

von  einem  lauten  streite,  Wortwechsel :  ja,  wenn  sie  wüsten,  herr 
leutenant,  was  ich  mit  meinem  mann  vor  eine  hatze  gehabt 
habe!  wegen  dem  ballgehn.  H.L.  Wagser  kindermOrderin  31. 

4)  hatze,  eine  koppel  hundc  zur  hetzjagd.    Jacobsson  2,  227*. 
HÄTZE,  Y.  e/s/er.     s.  hetze. 

HÄTZEL,  n.  ein  zahm  gemachtes  lamm,  das  wie  ein  hund 
nachläuft.  Jacobsson  6,  50". 

HATZHAUS,  m,  haus,  worin  eine  liatze,  ein  jagen  slaltfindet: 
wo  die  ganze  erde  ein  hatzhaus  ist.  J.  Padl  uns.  löge  3, 135 ; 
der  pastor  wird  sein  eignes  hatzhaus,  er  weisz  nicht  zu  bleiben. 
Tit.  4,«. 

HATZHüiSD,  m.  canis  suillus,  sauri:ide.  Nemnich  1,  719. 

HATZIEREN,  verb.  einen  hatz,  Verfolgung,  anstellen:  sol  er 
seine  reisigen  viel  auf  sie  {die  feinde)  hatzieren ,  leichtlich 
zurück  treiben  lassen.     Fronsperg  kriegsb.  1,  ISl*. 

HATZLER.  HÄTZLER,  m.  der  holzhdher.  Nemxich. 

H.\TZSCH1RM ,  «J.  schirm  den  die  jäger  bei  der  sauheize 
anwenden.  Jacobsson  2,  227'. 

HATZTAG,  m.  tag  an  dem  man  gehetzt  wird:  war  der  tag 
gar  zu  toll  und  windig  —  es  gibt  für  uns  wichtc  solche  hatztage, 
wo  die  ganze  erde  ein  hatzhaus  ist  und  wo  die  plagen  wie 
spaszhaft  gehende  Wasserkünste  uns  bei  jedem  schritte  an- 
sprützen  und  einfeuchten.  J.  Paul  uns.  löge  3, 135. 

HAU,  interj.  l)  sieh,  schau,  oberdeutsch:  Schm.  2,129;  in 
Kärnlhen  sieh  da !  schau !  auch  im  Unwillen  gebraucht.  Lexer  135 ; 
scliweiz.  ein  freudiger  ausruf  der  schützen,  wenn  sie  einen  guten 
schusz  thun,  und  die  mahnung  an  den  zieler,  viele  kreise  anzukün- 
digen. Tübler  25S';  er  musz  liegen:  hau,  so  leugt  er  dann 
aus  schwäbisch  Indien.  Fischart  ^rosjm.  12 ;  hau,  wie  stimmt 
sich  der  wein  so  wol.  Garg.  86*. 

2)  das  hundegebell  nachahmend :  wie  hunde,  gehetzt  vom  jagd- 
ruf, den  hären  durchs  dickicht  verfolgen;  sie  fallen  am  hang- 
wald  hinunter,  hau!  hau!  Fr.. Müller  1,359; 

die  kühnen  hunde  fürchten  nicht 
des  ebers  raörderzahn ! 
erliitzt  und  auf  den  raub  erpicht 
fliegt  jeder  und  schlägt  an: 
hauiiau,  hautiau,  hauhau! 

C  F.  Weisze  Aorn.  opern  3,  41 ; 
so  wills  den  schuhen  dünken, 
als  schlug  ein  Jagdhund  an:  hauhau! 

Schmidt  v.  Wer?(ecchen  almanach  1798  s.  68. 

daher  in  der  kindersprache  hauhau,  masc.  der  hund.  Fromm.  1,285. 

HAU,  m.  das  stibstantiv  zum  verbum  hauen,  ahd.  nicht  bezeugt, 
mhd.  in  anehou  ambosz  (Lexer  mhd.  handwb.  1,67)  enthalten, 
scd  dem  is.  jahrh.  oft  erscheinend,  seil  dem  18.  wieder  ungewöhnlich 
geworden,  da  es  durch  die  ncubildung  hieb  zurückgedrängt  wird, 
und  nur  der  technischen  spräche  eigenthümlich  bleibt,  auszerdem 
erhält  es  sich  in  mundartcn ,  z.h.  Schweiz.  Iiau  hieb,  hieb-  oder 
srhnUtwunde.  Tobler  258',  in  den  mitteldeutschen  erscheint  der 
{oft  auch  als  sing,  gefühlte)  plural  haue,  vornehmlich  in  der  festen 
Verbindung  haue  kriegen,  schlage  empfangen,  ein  älterer  plural 
haue  mit  umlaul  wird  unten  nachgewiesen.  —  Das  wort  bezeichnet 
du-  handlang  und  den  ort  des  hauens. 

1)  hau,  idus,  rerber.  der  hauw,  schnitt,  seäio,  hauw  in  ein 
ding,  tnctsura,  hauw  der  böuinen ,  conseäio  arborum  Maaler 
2i;>  ;  Sicht  man  geen  durch  den  stich  oder  haw  die  feuch- 
ligkait.  H.  Braünschweig  chirurg.  (1539)  37;  stich  und  haw. 
Paracelsus  op,).  1,858C;  so  thut  mit  der  achst.  wie  inn  ein 
holz  ein  haw.  Sebiz  feldbau  34;  «eil  der  mann  ..  mit  einer 
IV.  II. 


axt,  ihm  den  köpf  aufzuspalten,  auf  ihn  zufuhr,  doch  ist 
der  haw  in  ein  holz  gefahren ,  und  der  bischof  unverletzet 
geblieben.  Micräliüs  a.  P.  -2.  buch,  s.  241;  worauf  sein  eidam  .. 
ihm  einen  so  tiefen  hau  in  hals  versetzte,  dasz  -er  mit  dem 
ausspritzenden  blut  und  galle  seine  seele  auszbliesz.  Lohes- 
stein /Irm.  1,113';  warum  in  dem  ersten  unvermutheten  hau 
die  axt  viel  tiefer  in  bäum  dringe,  als  hernach.  60S'. 

2)  hau  ist  fechteiausdruck :  wann  du  die  häwe  von  oben, 
überzwerch  oder  von  unden  gegen  deines  widerparts  obern 
Iheil  herführest.  J.  Sutürs  fechtbuch  37  Scheible;  daselbst  die 
composita  schedelhaw,  oberhaw,  dempfhaw,  schielhaw,  hüfthaw, 
halshaw,  füszhaw,  handhaw  u.  a.;  mit  kreuz-  und  mittel- 
häwen.  s.  34;  Fasolls  blindhaw,  den  ober-  und  unterhaw, 
mittel-  und  flügelhaw.  Garg.  iss';  geübt  in  wallen  zum  hau 
oder  wurf.    Claldios  7, 19. 

3)  hau,  ein  zungenscidag  der  trompeter  beim  vortrage  der  feld- 
stücke. 

4)  hau  im  forstwescn:  hauung,  hau,  hau,  hieb,  gehäue, 
schlag,  iiierunter  wird  verstanden  l.  der  ort  wo  man.  holz 
fällen  lassen  will,  2.  der  platz  wo  das  holz  gefället  worden, 
bei  letzterm  bleibt  der  name  hau,  gehäue  oder  schlag,  bis 
das  holz  in  Stangen  erwachsen  ist.  Heppe  wohlredender  jäger 
160;  in  dem  hauw,  so  man  zu  yder  zjt  uszgiebt  zu  hauwen. 
weisth.  1, 537  (Rheingau,  14S7). 

HAU,  n.  n'ebenform  zu  heu,  foenum,  mhd.  houwe,  hou  neben 
höuwe  und  höu:  die  wiblen  (kdfer)  fressen  inen  den  habcr 
und  die  ross  das  hau.  Schade  sat.  u.  pasqu.  3,181,25;  wo 
ist  haus,  körn,  haw,  stro,  stall  und  allerlei  narung.  Luther 
4,144";  was  an  körn,  habern,  hauw,  stroh,  fleisch  ...  nach 
der  festung  zu  führen.  Kirchhof  mil.  diso.  32.  s.  das  weitere 
unter  heu. 

HAU,  m.  «/im,  o/irf.  hüwo,  niM.  hüwe:  bubo  haw  Dief.  82'; 
bei  Steinbach  noch  in  der  form  urhaub  bubo  l,  7lo.  s.  hu 
und  huhu. 

HAUAAR,  m.  falco  milvus,  weihe,  hühnergeier.    Nemnich. 

HAUAMBOSZ,  m.  kleiner  ambosz  zum  hauen  der  feilen. 
Jacobsson  2,  227*. 

HAUBANK,  f.  truncus  in  quo  coqui  carnes  secant,  hackebank. 
Stieler  93. 

HAUBAR,  adj.  caeduus,  was  abgehauen  werden  kann.  Frisch 
1,423';  ein  haubarer  wald,  sylva  caedua,  gut  haubares  holz, 
lignum  sectile  Steinbach  1,  708. 

HAUBARKEIT,  f.:  im  forslwesen  haubarkeit  des  holzes. 
Jacobsson  6,50*. 

HÄUBCHEN,  n.  kleine  haube:  und  ich  will  paille  band  zu 
dem  häubchen  nehmen !  es  kleidet  mich  keins  besser.  Göthe 
10,109;  berührte  das  häubchen,  welches  sie  trug,  wie  um 
den  stofif  zu  prüfen.  Immermann  Münchh.  3,  3S; 

.  .  mein  liebes,  silberweiszes  täubchen; 
zarie  füszchen  hati  es  klein  und  roib, 
auf  dem  köpf  ein  mondgeformies  haubchen. 

J.  M.  Miller  rjed.  57. 

HAUBE,  f,  ahd.  hftba,  mhd.  hübe. 

1)  eine  männliclu:  kopßedeckung  von  verschiedener  form  und 
für  verschiedene  stände. 

a)  als  allgemeine  männer-  und  modetracht  im  mittelalter  und 
später: 

eins  geboren  sun,  der  truoc  ein  här, 
da;  was  reide  unde  val  ... 
in  eine  hüben  er  e;  vie, 
diu  was  von  bilden  waehe.    Helmbrecht  14; 
kleine  hüben  truogens  e:  nu  ströbet  in  der  nac. 
Neiduart  61,  13; 

er  hat  eine  vyeisze  hauben  aufgesetzt,  albenti  velatus  tempora 
vitta.  Maaler  213';  capc,  haub ,  pileus,  pileum  Henisch  584; 
die  männlichen  figuren  . . .  haben  den  köpf  entweder  mit 
einer  haube  oder  mutze  bedecket.  Winkelmann  3,  97.  von 
einer  kindcrmütze:  da  ich  in  meiner  kindheit  keine  hauben 
um  die  obren  litt.  J.  Paul  palingen.  1,23;  vergl.  haarhaube 
sp.  29.  in  Baiern  noch  jetzt  haube,  mäimermütze :  pudelhaube, 
schlafhaube,  schlägelhaube.  Schm.  2, 137. 

b)  bischofsntütze:  ahd.  hübe  thyaram  Graff  4,753;  hüben, 
müra,  hüben  uffselzeii,  milrare,  infulare  voc.  ine.  thcut.  k4*; 
allgemeiner  priesterliche  kopßedeckung :  beide  Aaron  und  auch 
sie  (soltu)  mit  gürleln  gürten,  und  inen  die  hauben  auf- 
binden ,  das  sie  das  priesterthuni  haben  zu  ewiger  weise. 
i  Mos.  29,9;  bracht  erzu  Aarons  sone  ...  und  band  inen 
hauben  auf,  wie  im  der  herr  geboten  hatte.  3  Mos.  8, 13 ;  sein 
lang  priestciiich  haar,   welches  nicht  aufgebunden  war,  wie 

36 


563 


HAUBE 


HAUBE 


564 


es  denn  die  alten  in  liauben  gebunden  hatten,  buch  d.  liebe 
208*;  ton  der  kopßcdcckung  eines  zauberets : 

lösz  aur  mein  greises  haar,  nim  dise  hauben  hin, 
und  disz  gemeine  kleid.    A.  Grtphius  1698  1,  59. 

von    den   dreieckigen   hülen  der  praedicanlen  werden  solclie  selbst 
so  angeredet: 

hie  lieben  hauben  ecket  drei. 

Dknais  drei  Jesuiten  lalein  (1607)  s.  26. 

c)  der  doclorhut,  s.  dociorbaret  2,1217  und  doctorhäublein 
1218:  sarbonische  verkaufte  doctorheublein.  Fiscoart  grosz- 
mutter  62 ; 

auch  Reymunt,  Thoraas  von  Aquin, 

der  singen  hört  die  cherubin, 

dem  man  zu  seiner  doctorhauben 

mahlt  alle  zeit  ein  wcisze  dauben.    v.  s.  Domin.  A3*. 

d)  kriegerische  kopfbedeckung  von  metall  oder  Icder ,  unter- 
schieden vom  heim,  der  von  höherer  form  ist  und  den  der  ritler 
trägt,  wältrend  die  iiaube  die  bedeckung  des  gemeinen  fuszvolks 
ist;  s.  beckelhaube,  bleclihaube,  stiinnhaube.  da  fieng  man 
auch  an,  der  spitzen  isenhüt  zu  machen,  die  man  englisch 
hüben  nempt.  Tschudi  bei  Frisch  1,422*.  übertragen  auf  die 
haubenträger,  kriegerische  mannscliaß : 

dem  kernen  wol  zwelf  hundert 
hauben  durch  der  wirde  schaw 
zu  hiir  von  dem  von  Mantaw. 

SucuENwiRT  14,  63,  s.  44'  (vgl.  9, 198,  s.  29»). 

die   ritler   führten  eine  hübe  anderer  arl  unter  dem  helme ,   zur 
abwehr  gegen  den  druck  desselben : 

durch  heim  und  durch  hüben  hiu  er  den  riiter  guot. 
Alpharts  tud  302,  1. 

bei   späteren  wird  baube  in  gleichem  sinne  mit  heim  gebraucht: 

[Geron)  beginnt  dann  stück  vor  stück 
sich  zu  entwaffnen,  nimmt  die  liaiibe  ab, 
und  schnallt  den  hämisch  von  den  schultern. 

Wieland  18,  60. 

2)  an  die  letzlere  bedeutung  lehnen  folgende  redensarten  an, 
die  ein  feindliches  eindringen  auf  jemand  zeichnen. 

a)  auf  die  haube  klopfen,  greifen:  den  baurön  auf  dem 
Schwarzwald ,  die  damals  im  ruf  waren ,  dasz  sie  den  Sol- 
daten auf  die  hauben  klopften.  Simpl.  1,443  Kurz;  darumb 
sol  die  oberkeit  solchen  auf  die  hauben  greifen,  das  sie  das 
maul  zuhalten  und  merken,  das  ernst  sei.  Luther  3,142"; 
wie  vor  zeiten  bei  den  Römern  gewesen  ist,  da  man  solchen 
{mutwilligen  handwerksleuten  und  lagelühnern)  (lugs  auf  die  hau- 
ben greif,  das  sich  andere  daran  stoszen  muszten.  4,403';  er 
(gott)  wird  im  auf  die  hauben  greifen,  das  er  also  schilt  und 
flucht,  und  seinen  namen  also  mishandelt,  er  wird  die  lenge 
nicht  zusehen,  das  man  in  also  schendet.  510* ;  gott,  wenn 
er  der  weit  wil  uff  die  hüben  gryfen ,  zücht  er  lang  umb 
den  hag  umbher.  S.  Frank  spr.  2, 30';  darumb  sollen  sie 
frisch  den  bösen  auf  die  hauben  greifen,  und  die  justitiani 
gestreng  gehn  lassen.  Agr.  spr.  (1560)  2l';  da  griff  man  den 
hespen  (hammen ,  schinken)  auf  die  hauben.  Garg.  83';  weil 
beide  kriegende  theile  vor  billich  achteten ,  einander  auf 
unserm  grund  und  boden  zu  berauben  und  nider  z«  machen, 
griffen  wir  ihnen  auch  auf  die  hauben.  Simpl.  2,38  Kurz; 
sonslen  haben  ..  die  satyrici  mit  stichcircden  grosze  macht, 
lasterhaften  personen  tapfer  auf  die  haube  zu  greifen.  Bist 
die  alleredekle  belustigung  132;  es  hat  sich  vergangen  verlauten 
lassen,  es  wäre  nichts  hinter  mir,  wenn  ein  rechter  kerl  mir 
aij  die  haube  griffe,  müste  ich  einlegen,  causenmacher  72; 
Conradus  wolle  in  Teutschland  einbrechen,  um  denen  widrig- 
gesinneten  die  spitze  zu  bieten ,  und  ihnen  mit  nachdruck 
auf  die  haube  zu  greifen.  Hahn  hisl.  (1724)  4,234; 

dem  Aolt  man  grifcn  ih  der  buhen, 

und  im  die  zacken  wol  ab  klubeo, 

und  rupfen  die  tlackfader  usz, 

der  hynder  «ich  koun  inn  syn  husz 

all*  wyo  und  körn  im  ganzen  laiid. 

Brant  narrentch.  93, 1; 

nach  dem  jetzt  die  grimmigen  lawen 

all  filier  fast  irutzen  und  bedrawt-n. 

Und  mu>i!<en  tanzen,  win  sie  preifcn, 

in  weidlich  iiuf  die  hanheri  grtiten, 

das  haut  und  har  ort  Tolgcn  nach. 

B.  Waliiis  Etop  4,  90,  28j 

»ondern  der  auch  zcen  hab  im  maul, 

und  greif  den  weidlich  auT  die  liauhen, 

die  ehr  und  recht  «ctzen  auf  kchrauhon. 

fruirhmautelcr  2.  4,  5,  6/.  Ji  llj"; 
bif  nur  einmal  ao  keck  . .  {$agt  der  liauer  zum  tnnd^knecht), 
trag  mir  ein  heniien  weg, 
•0  will  Ich  dir  »uf  die  hauben  grelTen, 
dich  lernen  »n  dem  flegel  plelfen.    Opil  m.  Cork  431,  M; 


du  warst  ein  held,  wenn  andre  vor  dir  liefen, 
liefst  aber,  wenn  sie  dir  scharf  auf  die  haube  grielfen. 

Chr.  Grtphius  poel.  tväld.  1,542. 
6)  die  haube  rücken: 

er  solt  ihn  die  hauben  so  rucken, 
das  sie  sich  müsten  für  ihm  hucken. 

froscinnäuseler  2,  5,  1,  bl.  Ji  iiij'. 

c)  auf  die  haube  gehen,  kommen,  über  die  haube  wischen: 
kamen  uns  einlzige  rauber  auf  die  hauben.  Simpl.  2,215  Aur:, 

was  kan  der  stolze  feind  dir  rauben, 

dein  liaab  und  gut  bleibt  doch  allhier. 

geh  aber  du  ihm  auf  die  hauben, 

und  brich  ihm  seinen  balsz  darfür.    Opitz  2,211; 

Fridericus  antwortet  erst  ganz  gelinde  . .  mit  der  zeit  aber 
wird  er  schon  dreister,  gehet  "dem  pabst  derbe  auf  die  haube. 
Hahn  hisl.  (1724)  4,178,  nol.  u; 

(bringt  man)  turten,  gebachens  oder  strauben, 
so  wusch  im  (luchs  über  dhauben. 

grobianus  (I'rankf.  15C8)  B6». 

auch:  dem  feind  auf  die  hauben  ziehen.  Wallensteins  frr.  44. 

rf)  einem  auf  der  haube  sitzen :  und  indem  man  hin  und 
her  Zeitung  hatte,  dasz  der  jager  ausgerissen  wäre,  sasz  ich 
denen,  die  sich  damit  kützelten,  wieder  unversehens  auf  der 
haube.  Simpl.  1,255  Kurz;  wenn  wir  ihnen  mit  uiisern  schiffen 
beständig  auf  der  haube  sitzen.   Heilman   Thucyd.  166. 

e)  auf  der  haube  sein,  haben:  wie  er  ihm  nahe  auf  der 
hauben  war.  b.  d.  l.  208';  er  eilet  dem  {wild  gewordenen)  ochsen 
nach,  war  hart  binden  an  im,  wo  er  sich  hin  wandte,  war 
er  ihm  auf  der  hauben,  weg  und  steg  eng  zu  machen.  227" ; 
weil  also  die  gute  herren  sahen,  dasz  man  ihnen  so  genauw 
auf  der  hauben  wäre.  Philander  1,306;  wir  waren  denen- 
selben  {den  schiffen)  zu  geschwinde  auf  der  haube.  Pierol  2,165; 
allein  es  {das  feindliche  schiff)  war  mir  so  genau  auf  der  haube, 
dasz  ich  ganz  gewisz  wäre  genommen  worden.  3,89;  auf 
der  haube  sein,  adesse,  custodire.    Serz  64'; 

und  wenn  ihr  weiter  geht, 
glaubt  mir,  so  haben  wir  den  kohold  auf  der  hauben. 

Wieland  22,  65  (über.  2, 15). 

Ein  nachklang  dieser  redensarten,  namentlich  der  unter  a  auf- 
geführten ist  es,  wenn  mundartlich  haube  für  ohrfeige  gilt 
(ScHRöER  67'),  vergl.  einem  etwas  auf  die  kappe  geben  ,  ihn 
schlagen ,  thcil  5, 193. 

3)  kopßedediung  für  weiber,  weiberhaubc,  wovon  Sch.m.  2, 137 
nach  form  oder  Verzierung  eine  gröszcre  anzald  arten  aufzahlt, 
redimiculum  hübe,  haube,  hub,  geziert  hub  Dief.  488';  rica 
haub  0.  rigel  497';  haub  ,  rica,  ricula,  vitta,  leniae ,  milra, 
milellum  Dasyp.  ;  rica,  ein  haub,  hülle  oder  weiberschlapp  ders. 
[vestium  notnina);  die  ketelin ,  die  armspaiigen,  die  hauben. 
Jes.  3, 19 ;  {Judith)  flöchte  ir  har  ein  und  setzet  eine  hauben 
auf.  Judith  10,3; 

das   haar   hieng  ohne  band ,    und  lag  auf  ihrer  (der  Ariadne) 

schosz, 
ilir  kleid  stund  aufgemacht,  die  brüste  waren  hiosz. 
die  baube  weit  hinweg  geworfen  von  der  stellen, 
an  der  sie  selber  sasz,  lag  bei  des  meercs  wellen. 
Opitz  I,  4:57; 
kontuschen,  strumpfe,  raieder, 
und  hauben  sonder  zahl.    IIöltt  10  Halm. 

die  hauben  werden  auch  gestrickt:  gestrickte  hauben,  reliculum 
Maaler  213';  weil  die  weniger  darvon  (t'om  sacrament)  denn 
die  geisz  vom  hauben  stricken  wissen.  Kirchhof  wendunm.  253'; 

auch  kan  ich  stricken  schicir  und  hnuben. 

J.  AvRKR  194'  ('.na,  33  Keller). 

der  verheirateten  frau  ist  die  haube  als  kopßracht  vorzüglich  eigen, 
während  die  Jungfrau  das  lange  haar  frei  herabfallend  Irdgl,  vgl. 
haar  .ip.  13.     daher  die  haube,  zrichen  der  frauenwürde:   • 

allein  hier  ist  ein  kleines  blatt, 
das  ich  indessen  (zur  hodizrii)  schicke, 
das  wünsriit  der  hraut  an  meiner  .ilatt 
zur  neuen  haube  glücke!    Picander  3,  45A; 

unter  die  haube  l)ringen,  verhriralen :  dieses  mahl  Floramenen 
mit  guten  willen  unter  die  haube  zu  bringen,  polil.  stockf.  Zi' ; 
Klärchcn   i'^t  unter  die  haube  gebracht.  ThI^mmel  rme  6,127; 

um  Dindonetton,  das  beste  mftdohen  der  weit, 
lU  reiten,  uml  rein  von  aller  makel 
elott  unter  die  haube  tu  bringen. 

WiiLANti  4,  196  (n.  Am.  8,  3.\)i 

dhnlich'    und  wenn  Ich  mit  «chcrzcn  rauhe 
Ihren  krnnt  der  itcliäferiii. 
bring  ich  Ihr  dafür  die  hauhe, 
halt  Rio  noch  ci  für  gewinn.    RticKiRT  378; 


565 


HAUBE 


HÄl  BELHENNE — HAUBENBAND 


566 


unter  die  haube  kommen,  frati  werden:  mädchen  die  sich 
stellen,  als  könnten  sie  nicht  drei  zählen,  werden  die  ärgsten, 
sobald   sie  unter  die  haube  kommen.   Gotter  Jeannelle  3,  7. 

4)  haube,  die  kopßülle  eines  zur  beize  abgerichteten  falken, 
s.  falkenhaube:  vor  den  falken  oder  vogel  aber  ..  musz  er 
{der  falkenier)  haben  eine  von  wohiausgearbeiteteni  leder  fein 
zierlich  gemachte  haube.  öco«. /ex.  (1731)  619 ;  überhaupt  band 
dieser  genius  .  . .  zuerst  die  schwingen  der  prosa  los  und 
liesz  den  falken  des  genies  ohne  faden  und  haube  steigen. 
J.  Paul  kom.  anh.  zum  Titan  1, 101. 

5)  haube,  obscOn,  praepulium : 

ich  fast  mein  degen  bei  seinr  hauben. 

fastn.  sp.  338,  24.    vergl.  259,  31. 

6)  haube,  eine  haut  t0ni  den  köpf,  die  kinder  dann  und  wann 
mit  zur  weit  bringen,  und  die  glück  anzeigen  soll;  s.  häublein  und 
glücksbaube. 

7)  haube  an  vügeln  und  pflanzen. 

a)  bei  den  vügeln  der  haubenarlige  federbusch  am  köpfe :  crista 
heiszt  eigentlich  die  haube  oder  der  federbusch  auf  dem 
köpfe  verschiedener  vögel,  z.  b.  des  wiedhopfs,  der  hauben- 
lerche.  Nemsich  2,  1280.  s.  den  letzten  beleg  zu  häubchen 
sp.  562. 

b)  umhüllende  haut  an  pflanzentheilen :  calyptra,  eine  haube, 
welche  die  Staubfäden  der  gouanie  bedeckt.  Nemnich  1,768; 
pinienkerne  gingen  gar  merkwürdig  auf,  sie  hüben  sich  wie 
in  einem  ei  eingeschlossen  empor,  warfen  aber  diese  haube 
bald  ab.    Göthe  29,  48. 

8)  auch  der  zweite  magen  der  widerkäuenden  tltiere,  reticulum, 
heiszt  die  haube :  der  magen  der  Wiederkäuer  zerfällt  in  vier 
ablheilungen ,  von  denen  die  erste  wanst  oder  pausen,  die 
zweite  netzmagen  oder  haube  heiszt.  hRB.BM  illustr.  thierl.  l,x\i. 

9)  bildlich  ist  haube  die  nebelhülle  genannt  worden,  die  den 
gipfel  eines  berges  umgibt: 

ob  ihm  (dem  Zobtenberg)  sein  haupt  behüllt  mit  einer  feuchten 

bauben, 
und  ob  er  mir  voran  zu  sagen  well  erlauben, 
ein  regen  zeucht  herauf!       Locaü  1,  193; 
der  Mythenstein  zieht  seine  haube  an, 
und  kalt  her  bläst  es  aus  dem  wetterloch; 
der  Sturm,  ich  mein,  wird  da  sein,  eh  wirs  denken. 

Schiller  Teil  1,  1; 

dann  auch  des  berges  hüchsle  gipfel  selbst : 

die  nacht  ist  noch  im  thal,  die  lamp  in  dumpfer  klause, 
das  morgenroth  umsäumt  des  berghaupts  hohe  hauben. 

RÖCKERT  338. 

10)  in  der  technischen  spräche  ist  haube  für  haubenähnliche 
gegenstände  viel  in  anwendung.  in  der  baukunst  ist  es  ein  kuppel- 
dach,  welsche  haube  ein  geschweiftes  kuppcldach;  im  bergwesen 
ein  kleines  dach  über  dem  pferdcgOpel,  zum  schütze  desselben  gegen 
die  Witterung;  am  Schmelzofen  die  innere  höhe  öder  Vertiefung  des 
Ireibherdes ;  beim  hüttenwerke  das  gewölbe  über  dem  unter  der 
erde  gebauten  messingofen;  bei  den  köhlern  die  decke  oben  auf 
dem  meiler  von  kurzem  holz,  so  dasz  derselbe  eine  eirunde  spitze 
enthält;  im  müMenbau  der  obere  theil  oder  das  dach  des  mühlen- 
gebäudes  einer  holländischen  tvindniühle;  bei  den  messerschmiden 
der  unterste  beschlag  von  blech  auf  der  schale  eines  messers;  bei 
den  grobsclimiden  der  oberste  stärkere  thäl  in  der  mitte  des  hammer- 
asens,  worin  das  äuge  zum  stiel  angebracld  ist.  Jacobsson  2, 227'. 
228*;  bei  dem  bäcker  das  gewölbe  eines  backofens.  6,50";  beiden 
Schuhmachern  eine  sog.  halbe  stülpe  oben  am  Schafte  eines  steifen 
Stiefels,  die  an  den  seilen  abfällt,  und  hinten  am  schafle  ganz 
außürl.  7, 432' ;  bei  den  glockengieszern  der  theil  der  glocke,  auf 
dem  die  henkel  stehen.  2,118';  bei  Jägern  und  fischcrn  ein  netz 
von  hauben  form,  s.  hauben  netz. 

Der  etymologische  Zusammenhang  von  haube,  ahd.  höba  zu 
haupt,  ahd.  houbit  ist  schon  seit  lange  betont  worden,  in  der 
titat  scheint  wurzeUjemeinschaft  vorzuliegen,  wenn  Kcnxs  deutung 
von  golh.  Iiaubi|)  aus  früherem  hahubi{)  richtig  ist,  die  das  wort 
zu  dem  altindi-Khen  kakubh  gipfel,  kakuha  aus  kakubha  hervor- 
ragend, stellt  {zeilschr.  l,  137),  so  wird  der  (sonst  nicht  belegten) 
Wurzel  kuhh  aufragen  aucli  unser  haube,  als  emporragender, 
höclisler  theil  der  kleidung,  zufallen,  ohne  zweifei  kann  auch  zu 
der  Verwandtschaft  sanskr.  kumha  eine  art  weiblicher  kopfputz, 
der  obere  theil,  köpf  eines  keulenförmigen  holzes  (Bühtl.-Roth 
2,340)  gezogen  werden,  so  dasz  in  diesem  falle  das  innere  b 
an  stelle  von  bh  steht;  eben  so  aus  glnchem  gründe  das  griech. 
xvßr„  erhabenheit,  köpf;  vergl.  iiaufe.  eine  etymologische  ver- 
wandtsä.aß  von  franz.  coiffe  zu  unserm  hauhe  hat  daaegen  wol 
ntcht  statt. 


HÄüBELHE.NNE,  f  poide  hup^e.   Rondead  285. 
HAUBELLEHCHE,  /". ;  cassita,  galorita.  heuhellerch,  kobel- 
lerch.    GoLii  onomast.  1582   293.     haiibellerche  Stieler  1147. 
HÄUßELMEISE,  f.  pctrus  cristalus. 
HÄUBELN,  HÄEBELN,  verb.  mit  einem  häublein  verselten. 

1)  vorzüglich  vom  falken  und  sperber  (nach  haube  4)  gebraucht: 
falken  haubelen ,  falconi  capitium  induere  Stieler  792;  der 
sperber  läszl  sich  gern  häuhlen ,  aufsetzen ,  herab  nehmen 
und  äsen.  Hohberg  2,658";  ein  guter  sperber  soll  im  fluge 
schnell,  im  fangen  geschicklich,  im  wiederkehren  willig  sein 
und  sich  gerne  häuhlen,  aufsetzen,  abnehmen  und  äsen 
lassen.  Heppe  jagdlust  (l784)  3,  20. 

2)  häubeln ,  nach  den  zu  haube  2  aufgeführten  redensarten 
verwendet :  im  Nassauischen  häubeln  an  die  haube  (bä  den  obren) 
nehmen.  Kebreix  188 ;  er  wird  die  Polen  gewis  häubeln  (ihnen 
auf  die  haube  gehen,  sie  angreifen).  Wallensteins  briefe  82; 

und  euch  [flöhe)  darnach  die  zarte  weiblin 
heraber  kläubeln  und  recht  häubeln. 

Fischart  ßöhliatz  868  Scheitle. 

vergl.  auch  bair.  haubenen,  bei  der  haube  fassen,  auf  die  haube 
schlagen.    Schm.  2,138. 

3)  häubeln,  ein  nicht  näher  bekanntes  gesellschaftsspiel.  Garj.  163'. 
HAUBEN,  verb.  mit  einer  haube  versehen, 

1)  allgemein:  wu/rare  hüben,  huwen,  hauben,  tniira/us  gehuvet 
DiEF.  364';  vittare  hüben,  nd.  huven  /.  cronen  624';  da  ich 
in  meiner  kindheil  keine  hauben  um  die  obren  litt:  so  kann 
ich  sie  gleich  einem  wilden  bewegen  und  spitzen  wie  ein 
pferd  und  höre  trefflich ,  indessen  das  gehaubte  puhlikum 
seine  obren  so  wenig,  als  wären  sie  von  silber,  falten  kann. 
J.  Paul  palingen.  1,23. 

2)  in  bezug  auf  die  dociorhaube  (sp.  563) :  gehaubte  narren 
(die  gelehrten).   Keisersberg  bei  Frisch  1,  422'. 

3)  die  braut  wird  gehaubt,  es  wird  ihr  am  hochzeilsabend  der 
kränz  genommen  und  die  haube ,  das  zeichen  der  frauenwürde 
(sp.  564)  aufgesetzt : 

vorm  jähre  war  sie  noch  geschlank 
und  hielt  vom  kränze  viel, 
doch  heuer  spricht  sie  groszen  dank, 
wenn  man  sie  hauben  wil. 

Cur.  Weise  iiberfl.  ged.  2,  220; 
welch  weib  des  Isaacs  braut  am  hochzeitabend  haubte. 

Günther  504; 
es  ist  ein  brauch  von  langen  Zeiten, 
die  braut  musz  auch  gehaubet  sein.    Picander  2,  375' 

in  Sachsen  ward  im  16.  jahrh.  gefallenen  mädchen  von  gerichts- 
wegen  der  kränz  genommen,  sie  wurden  gehaubet.  neuer  Pitaval 
34,  431. 

4)  man  haubt  oder  häubt  die  falken,  nach  haube  4:  wann 
sie  (die  falken)  gefangen ,  werden  sie  gehaubt  mit  reusch- 
hauben.  wann  man  sie  anfacht  zu  tragen ,  werden  sie  erst 
recht  gehaubt.  Sebiz  feldbau  570  ;  ich  hab  in  langer  zeit  kein 
guten  gerfalken  bekommen,  der  mir  recht  abtgemäsz  gehäupt 
auf  der  band  stund.  Garg.  243'; 

der  valk  der  ringet  auf  der  band 
siht  er,  dasz  man  in  wil  hauben. 

RosenblCt  bei  Jordan,  königlhum  Georgs 
v.  Podiebrad  403  ; 
so  musz  man  hüben  dann  die  bätzen. 

Brant  narrensch.  44,  7  {vergl.  den  comm. 
dazu  s.  379*). 
XU  einem  obscOnen  bilde  verwendet: 

ich  pult  ein  schönes  tochterlein, 

das  sie  tet  den  willen  mein, 

das  sie  mir  heubet  meinen  falken 

und  liesz  in  sitzen  auf  iren  palken.    fastn.  sp.  117,24. 

5)  in  bezug  auf  vögel,  die  mü  einer  natürlichen  haube  (sp.  565) 
versehen  sind: 

allein  die  dame  sah, 
bis  sie  vorüber  war,  zur  linken  im  gebüsche 
zwei  schönen  gehnubten  täubchen,  die  dort  sich  schuäbelten,  zu. 
WiKLAND  5,  20  {n.  Amad.  12,  26). 

H.\LBE.\ADLER,  m.  falco  coronatus. 

HAUBENALK,  f.  alca  cristatella,  der  gehäubelle  papageien- 
tauchor. 

HAUBENBAND,  n.  l)  band  an  der  haube:  ein  herrliches 
rolhes  hauhenband.  J.  Paul  Titan  l,  90. 

2)  in  Schleswig  und  Holstein  bezeichnet  es  symbolisch  eine 
gerechtigkeit  adliclier  witwen ,  das  von  ihrem  ehemanne  Itinter- 
lassene  erbgut  noch  ein  volles  jähr  in  nieszbrauch  zu  halten. 
SchCtze  2,171 ;  auch  nd.  huvenbands-gerechtigkeit.  Haltaüs  987. 

3)  haubenband  est  donatio  novae  sponsae  a  sponso  data, 
speciesque  morganaticae.   Stieler  154. 

36* 


567 


HAUBEiXBENÜEL  —  HAUBlTZRÜliR 


HÄUBLEIN  — HAUCH 


568 


HAUBENBENDEL,  «i.  binde  die  um  den  köpf  zur  haube  ga- 
faltel  wird:  viUa  haubenbendel  vel  binnhaub  erlicLer  weiber. 
Alrehus  J2';  taeniae  haubenbendel  oder  haub.  das. 

HAI  BENDRAHT,  m.  drahtgesldl  zu  einer  liaube.  Amaranthes 
frauenz.-lcx.  (1773)   1,1304. 

HAUBENDROSSEL,  f.  ampclis  garrula. 

HAUBEiNEISEN,  »i.  beim  mcsser!:chm)d  ein  rundliches  eisen, 
worauf  aus  silber-  oder  vicssingblcch  der  unterste  beschlag  oder 
die  haube  eines  messers  gebildet  wird.    Jacobsson  2,  228'. 

HAUBENENTE,  f.  anas  fuügula. 

HAUBENFALKE,  m.  falco  cirrhotus. 

HAUBENFINKE,  hi.  loxia  cardinalis. 

HAUBENFÖRMIG,  adj.:  haubenfürmige  binde  nennt  der 
Wundarzt  eine  binde  besondrer  form,  die  bei  kopfscliäden  gebraucht 
wird.   Jacobsson  6,  50*. 

HAUBENGEIER,  m.  haubenadler. 

HAUBENHÄHER,  m.  eorvus  cristatus. 

HAUBENHUHN,  »i.  phasianus,  gallus  cristatus. 

HAUBENKüNIG,  »».  molacilla  rcgiiUts,  goldhähnchen, 

HAUBENKOPF,  m.  ein  geschnitzter  köpf,  auf  dem  die  haubcn 
in  ihre  gehörige  form  gebrae^lt  werden :  es  ist  mein  baubenkopf. 
KoTzEBUE  rfram.  sp.  3, 3C4.  als  bild  für  steifes:  es  blieb  immer 
in  vergleich  des  Urbildes  ein  steifer  baubenkopf.  Müsäus 
volksm.  717. 

HAUBENKRAM,  m.  tabcrna  milrarum  sive  viltarum  venalium. 
Frisch  1,  422'. 

HAUBENLERCHE,  f  alauda  cristala. 

HAUBENMACHERLN,  /".  verfertigerin  von  hauben.  Amaranthes 
frauenz.-lcx.  (1773)  1, 1304. 

HAUBENMEISE,  /.  parus  cristatus. 

HAUBENNADEL,  f  kleine  Stecknadel,  wie  sie  zu  den  hauben 
gebraucld  wird. 

HAUBENNETZ ,  n.  bei  den  fischern  ein  groszmasclnges ,  sehr 
weites  netz,  welches  vor  den  eingang  eines  engern  netzes  gestellt 
wird.   Jacobsson  6,  .50'. 

HAUBENSPECHT,  m.  picus  principalis. 

HAUBENSTECKERIN,  f.  die  verfertigerin  von  weiberhatd)en. 
Amaranthes  frauenz.-lex.  (1773)  1,1304. 

HAUBENSTOCK,  m.  baubenkopf,  ein  rundlicher  klotz  worauf 
man  die  haube  setzt,  damit  sie  die  form  behalte.  Frisch  1,422'. 
in  bildern  für  einen  hohlkvpftgen  vicnsclien: 

er  wird  ein  schöner  klotz,  geschminket  im  gesiebt, 

ein  leerer  hanbenstock.  Zacuäriä  1,  142; 

liic  siaatsperfickc  der  manierlichkeil 

bedeckt  gewöhnlich  einen  hanbenstock.    Platen  197-, 

ein  toller  wunscli!    versetzt  der  hanbenstock   (der  prini 

'  l'ervunte).    Wieland  18,  170. 

HAUBENSTRICKEB,  »ii.  reticularius.  Diefenb.49(>'.  retiarius. 
Frisch  1,422'.  fem.  liaubenstrickerin :  summa,  wie  die  ge- 
lertcn  sagen,  ISacma  i';!  die  erste  ncteiin,  portenwirkerin, 
Seidenstickerin  und  liaubenstrickerin  gewesen.  Mathes.  Sar.  lo'. 

HAUBENSTULPE,  f  ricae  cusps.  Stiei-er  21 70. 

HAUBENTAUBE,  f  colutnba  cucullata. 

HAUBENTAUCHEIt,  hi.  colymbus  cristatus  und  mergus  caslor. 

HAUBENTBÄGER,  m.  palameda  cristala,  baslardkranich. 

HAUBENZEISIG,  «i.  pipra  cristala. 

HAUBENZIPFEL,  m.:  leniae:  haubenzipfel ,  haubenbendel 
Dasyhodiüs. 

HAUBITZE,  f.  1)  ein  yruhcs  gescliittz  zum  sdiieszen  von  gra- 
vaten  und  kartätsdien.  der  name  ist  seil  den  Hussitenkriegen  aus 
dem  bühmiarhen  liaufnice  steinscldeuder  übernunanen  und  begegnet 
iiifrühesl  in  Sfiddeutschland  in  der  form  haufnitz  Schm.  2,155; 
ehenso  in  einem  zeugregisler  der  sladl  l'assau  aus  dem  \h.jahrh. 
Verhandlungen  des  hisl.  ver.  für  fiiederbaiern  1804,  1,81;  zwii 
liaufoicze.  Behaim  iriz-ner  402, 8.  das  gescliittz  sdieinl  erst  nach 
langer  zeit  m  der  kriegskunsl  allgemeiner  bekannt  zu  werden, 
Böckler  in  der  kricgsschule  (ICOS)  beschreibt  es  noch  nicht,  Egcehs 
kriegflexicon  t  (1757)1100  nennt  baubilz  erst  von  den  neueren  an 
teile  der  kammerstücke  eingeführt;  der  name  iit  bei  ihm  mase., 
uie  bei  Friich  1,423';  Steiniiach  1,711  (jibl  die  liaubilze. 

V)  auch  das  aus  der  liaubitze  geschleuderte  gesdiosz  heisxt  so: 
feindliche  granatcn  und  haubitzcn  fallen,  einige  dicht  neben 
df-ni  Iterlincr.  Grarbe  Napoleon,  a.  r>  $c.i  (.v.  201). 

liAUIilTZ(>nANATE,  f  granate  die  aus  einer  liaubilze  ge- 
.Wio«o-ii   winl.    JaC(iii*«on   2, 220*, 

;       rr/.itomi,  «..- 

'I*  (l«rm  linnliltzrobr  leiichlktigeln,  «auicndcn  flug^«, 

■    ' '•    ' Tti  crliollen  die  srgond. 

l'iRim  Tunitiat  0,  (tii. 


HÄUBLEIN,  «.  Weine  haube,  mhd.  biubel. 

1)  als  männertracht :  über  ein  weil  kommt  Wolf,  der  keilner, 
zu  dem  alten  wucberer,  ruckt  das  beublein  (grüszend).  i.  Avrer 
fastn.sp.  23*  (2449,34  Kf//cr); 

der  lieh  licrr  sand  Matheus 

der  bringt  uns  zeitig  trewhel, 

so  legen  wir  dann  die  scliaiiphüt  hin 

und  suchen  die  rawhen  hewbel  {pelzmützen). 

fastn.  sp.  1105. 
ein  hiubel  mit  haar  ausgest</j>fl,  als  Vorläufer  da-  ptrückc  {rergl. 
baarhaube) : 

unz  im  das  hiubel  abe  swanc,  • 
da^  ime  das  houbet  blo;  beleip. 

Haupts  zeitsclir.  7,  375. 
ü/$  kriegerische  kopfbedeckung :  hut,  bauptbarnasch  und  heubel. 
Aventin  bei  Schm,  2, 138.     die  rilter^truyen   ein   hiubel  u>i/er 
dem  helme: 

dö  sluoc  er  Weisungen 

durch  einen  heimcn  riehen 

harte  krel'ticiichen 

unz  üf  ein  hiubel  guldin.    Diterotf  639. 

2)  häublein  eines  doüors:  wiszt  ihr  nit  von  jenem  pbilo- 
sopho,  der  sich  ab  eines  äffen  bossen  ge.'^und  lacht,  alsz  er 
sähe  ine  sein  doctorhäubleiu  und  uberparetlein  vom  nagel 
ziehen.  Garg.  13'. 

3)  häublein,  zeidien  der  frau: 

grün  kränzlein  darfst  du  nicht  tragen, 
sciineeweiszes  häublein  sollst  tragen, 
wie  andre  jägersfraun.     Simrock  no.  99. 

4)  häublein,  die  glückshaube  neugeborener  kinder :  dann  sie 
wissen  leider  gar  nicht ,  .  . .  mit  was  vor  pacten  und  be- 
dingungen  bei  den  geburten  der  kinder  ihre  häublein,  so  sie 
mit  auf  die  weit  bringen,  von  irgends  etlichen  alten  weibcrn 
zu  der  festigkeil  {kunst  sich  fest  zu  machen)  eniplojrel  werden. 
Simpl.  4, 189  Kurz. 

5)  redensart:  gleichwol  haben  sie  diesen  stucken  ein  anders 
häublein  aufgesetzt  (es  anders  dargestclll).  Fiscuart  bienenk.  52'. 
—  Unter  spiel  die  inns  feld  gehörten,  begegnet  auch  häubleins. 
Garg.  171*. 

HAUBLOCK,  m.  liackcklotz.  Jacobsson  2,229*.  haublocb 
truncus  Stieler  198. 

HAUBNER,  wi.  haubenmacher.   Frisch  1,422'. 

HAUBUNG,  f  das  aufsetzen  der  haube:  vitlatio  hubung, 
huvinge  Dief,  624'. 

HAUCH,  m.  ein  früher  ungewöhnliches,  erst  in  den  klzten 
Jahrhunderten  in  aufnähme  gekommenes  worl :  hauch,  flatus,  aii- 
helitus  ScHOTTEL  1334.     in  mehreren  beziehungen: 

1)  der  dem  munde  entströmende  athem:  der  blosze  hauch 
seines  mundes.  Schiller  räuber  1,  3  ;  du  sollst  mich  mit  allen 
Waffen  widerlegen,  die  du  in  deiner  gewalt  hast,  aber  ich 
blase  sie  weg  mit  dem  hauch  meines  mundes.  5, 1 ;  wo  sind 
deine  hochfiiegende  plane?  sinds  Seifenblasen  gewesen,  die 
beim  hauch  eines  weilies  zerplatzten?  5,2; 

überall  umschweb  ich  deine  spuren, 
und  mein  liauch  berührt  im  westen  dich. 

llV)7/icr  an  Lalle  1775; 

ewig  starr  an  deinem  niund  zu  hangen, 
wer  enirätbselt  dieses  wnilivcrlaiigen? 
wer  die  wollust  deinen  hauch  zu  trinken? 

Schiller  geh.  der  rcminisc.  (1,  82  Kui:); 
sie  athmet  in  lieblichem  schlummcr, 
uiMJ  15  ihnchgUihet  ihr  hauch  mir  bis  ins  ticiste  die  liriiM 

GüTUF.   1,  2t)(!, 

t'om  athem  volles: 

bis,  lielruchlet  von  Jchovahs  hauche, 

giiibcr  kreiszen.    elcij.  du/  d.  lud  r.  juiKjtings  (1,42  Ami;) 

der  letzte  hauch,  eines  sterbenden :  den  letzten  hauch  von  sich 
geben,  halitum  e.rlremum  efflare.  Steinbach  1,711;  so  wahr 
mich  gott  im  letzten  hauch  nicht  verlassen  soll!  Schiuer 
kab.  u.  liebe  2,5. 

2)  daher  im  besondern  der  athem ,  wie  er  zur  hervorbringun^ 
einzelner  sprachlaute  verwendet  wird  (s.  haurhlant):  nnimiglich. 
dasz  ein  h  oder  hauch  am  ende  hinter  einem  millaulenden 
soll  ausgesprochen  werden.  Schottel  212;  h  (»>/)  ein  dent- 
liclier  hauch.  Gottschiiü  krrn  der  sprachkunst  (1753)  .'.2;  nun 
sollten  einige  der  erstem  gniszern  urzeichen  (lidiniisclie  biidi 
slaben)  on  ihrer  stelle  gar  nichts  gelten  .  .  dann  htdileii  su 
einmal  wieder  einen  leisen  lianch ,  dann  einen  iiirln  (..l.: 
weniger  liarleii  kehllaut  andeuten.  Göthe  2l,:'ol. —  /' 

<toll  einmal,  wie  es  sdieinl,  hauch  den  ydiaiicJilen  ku»z 

(i.  unter  iiaiuhen):    o  ihr  wcibcr  ...  ihr  «eid  erschalltüi  /u 

unserem  iinhril.    euer  blick  ist  lug  und  euer  lianch  ist  Iruf 

4,174. 


569 


HAUCH 


HAUCHBLATT  —  HAUCHEN 


570 


3)  hauch,  das  wehen  der  laß : 

zephyr,  du, 
wie  denn  ihr  andern  auch, 
weht  mir  noch  einen  hauch 
von  ihnen  {fernen  freunden)  zu.    Fleming  403; 
nur  noch  der  hauch  verliebter  wesic 
belebt  das  schwanke  laub  der  äste. 

Haller  Schweiz,  ged.  (176S)  86; 
der  hauch  der  soramerluft.    Hagedorn  1,  63; 
komm,  zephyr,  lasz  in  diesen  huschen 
mich  deinen  sanften  hauch  erlHschen.    Gleim  1,  142; 

fern  droht  ein  stürm,  noch  ist  er  hauch. 

F.  Hahn  in  Millers  ged.  39; 

du  (gott)  bist  in  hauch,  in  stürm, 
in  licht,  in  flnsternis.    Glei«  7,  tili; 
über  allen  gipfeln 
ist  ruh, 

in  allen  wipfeln 
spürest  du 

kaum  einen  hauch.    Göthe  1,  109; 
nnfanss  schwebeten  beid  (adler)  einher  im  >iauche  des  windes. 

Odyssee  2,  U9 ; 
wo  im  grün 
blumen  blühn, 
und  der  hauch 

spielt  im  strauch.    Rückert  ges.  ged.  1,  264: 
ein  dufl  von  himrael,  wald  und  blütheu, 
ein  frisclier  hauch  um  meine  brüst! 

R.  Reimck  lieder  s.  30; 

sind  es  die  vögel  im  strauch  ? 
ob  des  windes'hauch?    151. 

cm  ungewülinlicher  phiral  hauche  ist  hier  :u  verzeichnen  : 

wie  frühlingshäuche  mir  entgegen  wehen. 

W.  V.  HusBOLni  ges.  werke  6,  59S. 

4)  bauch,  zunächst  vom  dunstheise: 

und  schon  deckte  der  hauch  trüber  entferuung  die  Stadt. 

GöiHE  1,  300; 
dann  in  freierer  Verwendung,  von  der  von  einem  wesen  aus- 
slrümenden  geistigen  oder  seelischen  almosphäre:  schon  verschwand 
der  winler  vor  dein  hauch  des  crstgebornen  sohnes  der  nalur. 
Kunger  4,149;  den  natuij^childerungen  darf  nicht  der  hauch 
des  lebens  entzogen  werden.  A.  v.  Humboldt  kosmos  l,  viii ; 
kleine  aufsälze  und  anmerkungen,  in  denen  man  alsbald  den 
hauch  überlegener  kenntnisse  spürt.  Güthe  45,380;  alles  war 
reinlich  und  sauber  umher  und  der  hauch  ihrer  nähe  wehte 
noch  in  dem  kleinen  zimmer.  Immermann  Münchh.  4, 38 ; 

■der  hauch  des  lenzes  weckte 

die  schlafende  natur.    Gotter  1,  26; 

klang  nicht  Dantes  junge  seele, 

von  der  liebe  hauch  durchzittert?    Uhland  ged.  278; 

weg  die  fesseln!  deines  geisies 

hab  ich  einen  hauch  verspürt.    286; 

vom  hauch  des  grahes  keine  spur.    244; 

der  du  die  blumen  auseinanderfaltest, 

0  bauch  des  lenzes,  weh  auch  uns  heran ! 

der  du  der  Völker  hcilge  knospen  spaltest, 

0  hauch  der  freiheit,  weh  auch  diese  an. 

Freiligratu  glaubensbek.  128. 

häußy  in  lebendigen  hildern,  die  das  wort  ganz  an  die  bedeutuny  1 
anlehnen:  über  Spanien  hatte  sieb  der  schwarze  dämon,  von 
den  priestern  beschworen,  niedergelassen,  der  mit  seinem 
giftigen  hauch  das  glück  eines  ganzen  Volkes  vernichten  sollte. 
Klinger  4, 149; 

da  wurde  vom  glühenden  hauche  der  tust 

die  Unschuld  zu  tode  vergiftet.    Rcrger  61*; 

unter  meiner  Sehnsucht  hauch  verdunkelt 

und  verzehrt  mein  morgenlämpcheu  sich.    99'; 

(wenn)  die  seuchen  still  durch  Stadt  und  dörfer  schleichen, 

ihr  wirthlich  dach  mit  gifigem  hauch  verpesten. 

GöTUE  II,  335. 

5)  bauch,  leichter  anfliig ,  engl,  touch:   was  wunder,  wenn 

der   schöne    bauch   der  jungfräulichen  scbambafligkeit ,    von 

dem  sie  bekleidet  sind,  bei  dem  angriffe  leidet!  C. F. VVeisze 

Itistsp.  3,  üT;    ein    gewisser    hauch    von    bescheidener  furcht-- 

samkeil  verschönerte  sie.  J.  Faul  uns.  löge  3,9.     als  bild  für 

etwas  geringes,    leichtes,   nur  andeutendes:    nur  ein  bauch  von 

Iheorie  erregle  schon  furcht.  Güthe  58,150; 

o  dieses  wen,  an  dem  ich  zweifeln  sollte, 

so  lang  ein  hauch  von  glauben  in  mir  lebt.    9,  218. 

^^^  das   woit,   gewis  ein  lautmalendes  (s.  hauchen)  scheint  mit  dem 

^^^folgenden  bauch  in  etymolvgischer  Verwandtschaft  nicht  zu  stehen. 

^^B     HAUCH,  «I.  der  zapfen  im  halse:  der  zapfen,  hauch,  beucli 

^^Boder   buch.    Amarantbes  frauen:.-lex.  (1773)  2,  3908;    uvula 

^^Kbuge  in  dem  halse,  bong  {lies  houg)  Dief.  033'.    bei  Nemnich 

^^r  '  "  liauk,  Uvula.  4,1536;  büke  uvula  CHUBAEiiS.    holt. 

I 


buig,  engl.  hock,  es  entspricht  dem  sanskr.  käkud,  käkuda 
vmndhi'jhle ,  gaumen,  käkalaka  kehlkopf,  schildknorpel  (Bübtl.- 
RoTH  2,199.  197). 

HAUCHBLATT,  n.  zapfen  im;  halse:  uva  bauchblat  /.  bueck 
DiEE.  632';  es  wird  gebraucht  zu  dem  feuchten  gefallenen 
zäpflein  und  das  feucht  aufgeschwollen  bauchblat  zu  trocknen. 
Taderxaem.  814.     s.  hockblatt. 

HAUCHEN,  verb.  halare,  anhelarc.  ein  vihd.  blieben  erscheint 
im  13.  jahrh.  nachgewiesen  (wb.  1,  724"),  doch  ist  es  ein  seltenes 
wort,  das  noch  im  IG.  jahrh.  wenig  ersdieint  (anhauchen  adßare 
Dasyp.,  stellen  aus  Luthers  bibel  s.  unten),  und  erst  im  17.  sich 
mehr  ausbreitet;  zu  dem  dichterischen  glänze,  der  haueben  »ri 
der  modernen  spräche  umgibt,  ist  es  erst  seit  dei'  2.  liälfle  des 
lii.  jahrh.  gekommen,  schon  Frisch  hebt  hervor,  das:  das  worl  ein 
lautmalendes  sei,  die  obeideutschen  verwenden  dafür,  den  hauch 
stärker  hervorhebend,  ein  kauchen,  vihd.  kochen,  und  wie  diese 
Worte  unter  einander  zusammenhängen,  ist  ausführlicli  unter 
kauchen  u/id  keichen  (5,305.  437 /f.)  besprochen."  hauchen  hat 
folgende  bedeutungen : 

1)  den  athem  dem  geöffneten  munde  entströfiicn  lassen,  einen 
hauch  ausstoszen. 

o)  intransitiv: 

ein  raädchen  wird  beim  tanz  verschönert,  rothe  wangen, 
ein  mund,  der  lächelnd  haucht.  Göthe  7,  34; 

an  die  fensterscbeibe  hauchen ;  das  kind  hauchte  in  die 
bände;  kein  schmollen,  kein  hinzögern,  kein  falscher  wider- 
stand hauchte  über  den  spiegel  dieser  komisch-anmuthigen 
seele.    Lmmer.mann  Münchh.  4,138; 

mtid.  da;;  er  die  hendc  in  den  munt 
vor  froste  beide  samt  bot, 
und  buchte  dran. 

Stricker  in  Wackernagets  leseb.  626,  29. 

in  bezug  auf  gott,  bildlich :  denn  sie  (die  uetsheil)  ist  das  baueben 
der  göttlichen  kraft,  und  ein  stral  der  berrligkeit  des  allmech- 
ligen.  weish.  Sal.  7,25;  von  dem  athem  des  heiligen  geistes:  wo 
der  bimmel  nicht  di  macht  bette,  durch  seines  einwohners 
hauchen  unsere  hekümmernüs  zu  hindern,  es  würde  mehr  ver- 
zagung bei  unserer  Schwachheit  vorlaufen.  Butschky  kanzl.  859. 
b)  transitiv,  mit  objectsaccusativ : 

mein  mund  hat  eine  zung,  ich  kan  nicht  warmes  hauchen 
und  kaltes  auch  zumal.  Logad  3,  244,  no.  145; 

er  bauchet  lauter  Schwefel  und  gift ,  nil  praeter  venena  et 
mortem  sfiirat.  Stieler  792; 

als  es  den  rächen  gähnend  theiiet 
und  von  sich  haucht  den  giftgen  wind. 

Schiller  kämpf  mit  d.  dr.  f.2l5, 
er  (der  drache)  hauchet  dampf  und  flamme. 

UuLAND  ged.  388. 

auch  mit  dem  accusaliv  der  Wirkung:  der  blosze  bauch  seines 
mundes  wird  dich  in  jenen  schwarzen,  todäbniichen  schwinde! 
bauchen,  der  den  geruch  eines  berstenden  aases  und  den 
anblick  eines  leicbenvollen  wahlplatzes  begleitet.  Schiller 
tauber  1,3;  tiäumer,  bevor  du  dalun  gelangst,  will  ich  dich 
zu  ascbe  baueben.   Klinger  5,386; 

dein  .diener,  herr  von  Dampf,  ruft:  platz  da!  vor  dir  her. 
wenn  ich  an  deiner  stelle  war, 
den  diener  wollt  ich  besser  brauchen : 
du  kannst  dir  freien  weg  ja  durchs  gedränge  —  hauchen. 

Lessing  1,  18; 
S.  was  blast  ihr -da  so  in  die  band? 
E.  seid  ihr  nicht  mit  der  kunst  bekannt? 

ich  hauch  die  lingerspitzcn  warm.     Göthe  13,80; 

vergl.  forlhaucben  4',  18: 

hauche  doch  die  sinnumdüstrung 

mir  vom  seelenspiegel  lort.    RCckert  234; 

auseinander  hauchen:  da  Viktor  sah,  wie  sehr  sein  freund 
ihre  liebe  wie  einen  zugebenden  tulpenkelch  aus  einander 
gebaucht  habe.  J.  Paul  Uesp.  3, 191. 

2)  die  vorige  bedeulung  sjtecialixiert  sich,  indem  bauchen  für 
eine  handlung  des  mundes  (sprechen,  küssen)  gebraucht  wird,  bei 
der  das  hauchen  besonders  hervortritt,  so  grammatisch :  der  laut 
b  wird  gehaucht;  dünn  poetiscli,  vom  leisen  sprechen,  singen: 
sie  nahm  ihre  Zuflucht  zum  clavier,  und  hauchte  mit  süszer, 
leiser  stimme  harmonische  laute  zu  ihrem  spiele.  Göthe 
16,134;  schlug  den  arm  um  ihren  nacken  und  hauchte  bebend 
'meine  Olga'.  Gutzkow  ritter  v.  g.  6,165;  vom  leisen  kus.^e: 
Karl  Gabriel  bauchte  einen  leiden  kuss  auf  seine  lippen. 
Imhermann  Münchh.  3,175;  von  der  in  der  enegung  gehemmten 
stimme:  eine  sanfte,  mehr  klugende,  als  empüruiig  hauchende 
stimme.  Klinger  7,  249; 


571 


Hauchen 


HAUCHEN— HAUDERN 


575 


der  laune  gaukelein,  ein  laut, 
verstümmelt  in  die  luft  gehaucht. 

Schiller  Katios  2,  8; 

so  auch  in  mancher  freiem  ßgung:  könntest  du  dem  papiere 
das  einhauchen,  was  so  voll,  so  warm  in  dir  lebt.  Güthe  16,8  ; 

sprachs,  und  hauchte  gen'altigen  muth  in  den  hirten  der  Völker. 

BÜRCKR  231'; 

und  wenn 
die  neue  ahnung  mir  Apollo  haucht.    Stolberg  4,  10; 
unsre  freuden,  unsre  schmerzen, 
hauchen  wir  ins  warme  lied.    Körner  1,236; 
du  schläfst  so  sanft!  die  stillen  züge  hauchen 
noch  deines  iebens  schöne  träume  wieder.    1,  59. 

in  einer  Umschreibung  für  sterben  : 

in  des  fflhrers  arme  sinkt  er, 

haucht  sein  leben  in  die  winde.    Uhland  ged.  269. 

3)  dann  sieht  hauchen,  mil  anklang  an  l  Mos.  2,  7  auch  für 
hauchend  formen,  schaffen:  warum  hauchte  der  Schöpfer  ein 
wesen  mil  mächtigen  kräften  ?  Wieland  32,  239. 

4)  hauchen ,  vom  uehen  der  laß  (hauch  3) :  tn  JVossot*  es 
haucht,  es  säuselt  ein  südwestwind.  Kehrein  188 ;  wo  etwa  ein 
wind  hauchet,  weish.  n,  19 ;  ein  zephyr,  nicht  stärker  als  ein 
warmer  seufzer  der  liebe,  hauchet  vor  unsern  wangen  vorbei 
unter  die  rauchenden  kornblüten.   J.  Paul  Hesp.  2,246; 

da  (im  goldnen  zeilaller)  hauchte  stets  des  l'rühlings  milde  nur. 
A.  W.  Schlegel  im  tnusenalm.  v.  1798,  s.49; 
ha!  wie  es  um  mich  haucht  und  weht  und  klingt! 

Arndt  ged.  (1840)  423; 
o  welche  rosen  blühen  in  dem  zimmer, 
o  welche  ambradüfte  hauchen  da! 

Grabbb  Napoleon  s.  70; 

der   west ,   der   die   blüthe    des   mandelbaums  auf  Fatimens 
scboosz  bauchte.    Klinger  5, 163  ; 

gaukelt  in  der  kirschenblüthe, 

zephvrn,  eure  flügel  matt, 

haucht  auf  ihre  sonnenhute 

manches  weisze  blfithenblatt.    Höltt  132  Halm; 

nicht  der  regen,  nicht  der  stürm 

haucht  ihm  schauer  übers  herz.    Göthe  2,  70. 

in  passiver  fügung: 

denn  hlutt  und  blosz  bin  ich  hieher  gebaucht  (vom  winde  her 
gewelil).    Uuland  ged.  431. 

5)  hauchen,  einen  bauch  ausströmen  (hauch  4): 

zwar  die  blätter  duften  frisch, 
und  die  knospen  hauchen, 
aber  für  den  mittagstisch 
sind  sie  nicht  zu  brauchen.    RGceert  224; 
wo  büsche  schatten,  wo  die  linde  haucht. 
Platbn  46; 
mil  dem  acc.  des  objects: 

die  linde  haucht 
mir  tiefre  schauer.    Hölty  212  Halm; 
ihre  {dci-  rose]  kindheit  hauchte  freude, 
freude  duftet  ihr  alter  einst.    Ravler  2,  G; 

balsamduft 
hauchen  wir  {lindeubliiten)  in  dünne  luft. 

Gleim  3,  28S; 
wie  manche  ros  im  thal  crröthet  ungcschn, 
haucht  ihren  duft  umsonst,  und  stirbt  vergebens  schön ! 

Götter  1,  138; 
nachtvioU,  dich  geht  man  am  blendenden  tage  vorüber;* 

doch  Bei  der  nacbtigall  schlag  bauchest  du  köstlichen  geist. 

GöTHK  I,  3U2; 

übertragen:  jene  wilde  Sanftheit,  die  aus  ihren  romanen  haucht 
FrcHTE  üb.  d,  franz.  revol.  81 ; 

nichts  ist  doch  so  eitel  und  unbeständig  auf  erden 
als  der  raenscb,  von  allem  was  leben  haucht  und  sich  reget. 

Odyssee  18,  131. 

<i)  hauclien  {nach  hauch  5)  wie  einen  zarten  duft  oder  hauch 
tluas  schaffen:  und  wenn  es  mir  nun  auch  gelänge,  dich  zug 
fiir  ziig  mit  den  wärmsten  und  geislig.stun  färben  der  liebe 
hin  zu  hauchen.  Klincer  10,12;  brustbild  des  Bachus.  arbeil, 
wie  auf  den  stein  gehaucht.    Güthe  30,260; 

die  sjlphoii  rntwallen 
des  rnnrfTPtirolh»  hallen. 
•■■'  'i.  wie  mild 

>  l>ild 

'liaucht 
in  iith.  t  ÄJi  li  taucht.     Mattuis.ooh  ged.  143. 

")  bauchen  tcird  endlich  in  gleicher  weise  lautmalend,  wie  am 
nn(iiin(ie  des  arlikeh  heivorgehnben  ,  vom  geschret  des  uhus  ge- 
lirauchl,  ton  welchem  er  seinen  namen  hau  {sp.  id'i)  trägt:  dal 
bauchen  der  iihu.    Staii>aciikr  Genovefa  180. 


HACCHEN,  verb.,  kauern,  sich  ducken,  sich  einziehen,  neben- 
form  zu  kauchen  und  theil  5,306  naclt  form  und  Verwandtschaft 
bereits  mit  besjiroclicn: 

so  hauch  darnider  in  das  grasz 

auf  alle  viere,  und  auf  das 

ich  auf  dich  sitz  und  auf  dir  reit. 

n.  Sachs  3,  2,  69'; 
wiewol  ich  im  vil  ehr  erbot, 
haucht  er  sich  nider,  wart  schamrot.    5,364*. 

a«c/i  mit  eingezogenem  körper  gehen,  scideichrn: 

der  thorheit  höchster  grad  mag  wol  in  dem  bestehen, 
wenn  man  so  weit  herumb  mit  müden  füszen  haucht, 
und  sich  des  vorthels  nicht  und  gradcn  weges  l)raucht. 
ScUERFFER  grob.  22. 

auf  dem  Weslerwalde  wird  hauchen  von  den  hühnern  gesagt, 
wenn  sie  auf  ihren  jungen  sitzen  und  sie  vül  den  flitgeln  be- 
decken. Kehrein  188. 

HAUCHEH,  Hl.  anhelator,  spirans.  Stieler  792.  in  der  neuern 
spräche  öfter  für  hauchlaut  gebraucht. 

HAUCHFORELLE,  f.  salmo  hucho,  sonst  buch,  buchen, 
beuch.  Nemnich. 

HAUCHGEFIEDER,  n.: 

da  gaukelt  um  mich  her  ein  träum 

auf  Zephyrs  hauchgefieder.    Stolberg  5,  284. 

HAUCHHAAR,  »i.;  pappus ,  der  wollichte  saamen,  liaiich- 
haare,  an  etlichen  kräutern,  die  vom  blasen  wegfliegen.  .Mat- 
TiiiÄ  lat.  dcut>:clies  lex.  1  (1761)  1001*.  Kirsch  cornuc.  hat  dafür 
gauchhaare. 

HAUCmCHT, adj, spirabilis,  anhelus,  flabilis:  hauchichte  woite, 
anhelata  verba  Stieler  793. 

HAUCHLAUT,  m.  laut  der  durch  hauchen  erzeugt  wird,  na- 
mentlich h.  als  technischer  ausdruck  den  grammatiicern  des  18. 
jahrh.,  besonders  Adelung  eigen. 

HAUCHSTEIN,  vi. :  kieselsteine  . . ,  wie  ein  halb  kJein  ei 
grosz,  gestaltet  wie  ein  knöpf  am  Schwerte,  mit  fünf  schonen 
ausgestochenen  linien,  creuzweise  gezieret,  an  der  färbe 
schwarzgrau.  werden  krölen-,  alpen-  oder  hauchsteine  ge- 
nant, sollen  fürs  bluten,  für  geschwollen  hals  etc.  gut  sein. 
Rollenhagen  wahrhafte  lügen  (1717)  409.  zu  hauch  uvula  sp.  5ü'j. 

HAUCHZEN,  verb.  oft  oder  angestrengt  hauchen:  und  mil 
irem  mund  verdecket  sy  ircin  mann  das  gesund  uug  und 
huchczet  im  so  lang  darein.  Steinhöwel  (1489)  102'; 

die  seufzen  die  mein  angst  und  quäl  genug  bezeugen, 
nicht  seufzen  sein,  weil  sich  nicht  seufzen  so  ereugen. 
die  seufzen  halten  Ja  biszweilcn  inn  und  still, 
und  von  viel  hauchzon  ich  doch  kein  erleuchirung  lühl. 

D.  v.  B.  Werüer  Ariüsl  23,  207,  4. 

HAUDEGEN,  «i.  1)  dcgen  dessen  klinge  zum  hieb  eingerichlfl 
und  daher  zweischneidig  ist ,  im  gegensalz  zum  sfoszdegen.  Ja- 
COBSSON  2,229';  mil  einem  guten  bawdegen  vor  dem  Ihoii' 
auf  dem  gewöhnlichen  platz  erscheinen  soll.  Scuocu  stiul.  Ich. 
Giij ;  verachtet  man  sie,  so  inusz  man  den  haudegen  bei  »Ion 
schwcrdfegcr  in  vorralh  bestellen.  Chr.  Weise  A7.  leutc  314; 
als  Friderici  und  Hony  mil  groszen  salindischen  schwarzen 
haudegen  kamen,  und  Ernesti  zum  andernmabl  herausfor- 
derten. Salinde  73. 

2)  übertragen  auf  den  mann ,  der  den  haudegen  gut  führt, 
krieger :  niemand  schlosz  sich  an  den  allen  haudegen  (einen 
oberstlieuteuaul)  an.  Seume  spazierg.  l;  33. 

HAUDER,  interj.,  das  geschrei  des  truthahns  nachahmend: 

wenn  sich  ein  truthan  will  auf  roihes  band  orhüs/rii, 
und  haudcr,  hauder  schreit,  was  ist  vor  noth  dabei? 

Thilandkr  v.  d.  Linde  icrw.  ijvd.  (1710)  s.  201. 

daher  der  hauderhauder,  mundartlich,  name  des  Inilhohns,  im 
Koburgschen  Fromm.  2,  85. 

HAUDERER,  m.  lohnkulscher ,  mietsfuhrmunn :  fuhr  ich  .. 
von  Leipzig  ab,  in  dem  bequemen  wagen  eines  hauderers. 
Göthe  25,192;  sich  durch  sogenaiiiite  hauderer  oder  luielh- 
kulschcr  fahren  zu  lassen.  Kniggk  umg.  m.  m.  2,  22(i ;  duil 
mielhelc  mein  valer  einen  hauderer,  der  uns  über  Scheppen 
stedl,  MngdeJiurg,  die  Wallachei  hindurch  nach  Thessalunirh 
fuhr.  Immermann  Münchh.  2,  67 ; 

und  wiedrum  in  fünriMindcri  jahr 
wcUz  der  grlehrtesle  nicht 
lu  sagen,  wiis  «in  hauderer  war, 
was  ruhriuaniis  recht  und  pflicht. 

ScuRiFKi.  ijaudenmus  100. 

HAUDERN,  verb.  in  einem  tnielwagen  fahren,  das  wart  liat 
seine  heimal  in  den  rheinuchen  ijegenden  (Kkhrkin  188)  und  in 
Franken  (Scum.  2,  152),    und   seine   bvdeutung  ist  erst  aus  einer 


573 


HAUDERN  —  HAUEISEN 


HAUEN 


574 


andern,  u-ahrscheinlich  dttrcli  voUiswitZj  übertragen,  haudern  heiszl 
sunächst  schüUern,  rfitteln,  es  ist  der  verwandle  des  nhd.  schaudern, 
engl,  shudder,  ferner  des  alls.  scuddian ,  niederl.  schudden, 
schütteln,  deren  anlautendes  s  zum  anlaute  h  jenes  worles  eben 
so  steht,  wie  das  ahd.  scama  schäm,  eigentlich  rerbergung  zu  der 
deutschen  würzet  ham  in  ahd.  hämo  hülle,  mag  das  s  als  rest 
einer  vorpartikel  erst  spdler  angetreten,  oder  mag  es  ursprünglich 
uurzelhaß  und  im  laufe  der  zelten  abgefallen  sein ,  wodurch  die 
verscliiebung  eines  ursprünglichen  k  in  h  sich  vollzog,  mund- 
artlich hat  haudern,  mit  der  nebenform  hiiddern,  huddeln,  die 
den  kurzen  grundiocal  zeigt,  die  alle  bedeutung  schütteln  gewahrt, 
so  im  Osterlande  liuddeln  rütteln,  häufig  aber  ist  es  auch  auf 
das  schütteln  durch  den  frost  bezogen :  so  tiroUsch  haudern  frösteln, 
mir  ist  hauderisch.  mich  fröstelt,  dann  auch  kränkeln  Fromm. 
6, 146 ;  niederd.  hudern,  vom  frost  geschüttelt  werden  ,  schauem 
ScHAMB.  S7*;  huddeln,  schaudern  Dähsebt  195';  huddern  das 
qefülil  der  kälte  empfinden  Dasseil  86';  andere  sinnesenlwickelung 
zeigt  Schweiz,  hudern  geschwind  und  verworren  reden,  eine  sache 
schnell  und  obenhin  thun  Stalder  2, 60,  tra5  dann  weiter  mit 
einem  andern  lindern ,  dem  hader  verwandt  ist,  sich  boührt,  s. 
hudel  und  hudern.  wenn  demnach  haudern  aus  der  grundbe- 
deulung  rütteln  in  die  mit  lohnfiJirwerk  fahren  übergieng,  so  waltet 
hierbei  dieselbe  anschauung,  aus  der  das  volk  das  fremde  omnibus 
in  rumpelpost  umdeutschte.  —  haudern  icird  gesagt : 

1)  als  lohnkulscher  einem  fahren :  dinget  mit  ihm,  dasz  er 
ihn  wolt  bisz  in  den  nechstcn  flecken  haudern.  Zinkgref 
lerm.  schulbossen  (1627)  s.  11. 

2)  mit  einen  lohn  fuhrwerk  gefahren  werden:  musi  nun  den 
schlimmen  weg  des  Nickelsberges  hinunter  haudern.  Götbe 
44,  258. 

3)  refl.  und  bildlich  sich  haudern,  sieh  bewegen  icie  mit  einem 
lohn  fuhrwerke,  langsam  und  nicht  ganz  bequem :  hier  geht  meine 
praxis  mit  meinen  kenntnissen  hand  in  band,  ich  lerne  jeden 
lag  und  haudere  mich  weiter.  Güthe  und  Werther  193. 

HAUDERN,  verb.  wie  ein  Irulhahn  schreien  (s.  oben  die  interj. 
hauder):  dein  kleiner  vetter  läszt  dich  grüszen  und  schickt 
dir  einen  türkischen  hahn  von  zucker,  wo  er  nicht  haudern 
kan  so  beisz  iiim  den  köpf  ab.  Chr.  Weise  freim.  redner  750. 

HAUE,  f.  Werkzeug  zum  hauen,  ligo;  ahd.  houwa,  mhd.  houwe. 
zunächst  zur  bearbeilung  der  erde:  how  ligo  voc.  ine.  theut.  kS'; 
fossorum  ein  hauwe  Dief.  244';  rastrum  rechhe,  houwe,  karst 
nov.  gloss.  313';  die  hauwen  oder  karst  wie  die  räbieüt 
brauchend,  pastinum ,  bipalium,  curvus  dens,  rastrum  Maaler 
215';  hauwen  mit  zwei  zinken  capreolus  215';  und  naraen 
mit  inen  hauwen  schaufeln  und  karst.  Steinhüwel  (14S7)  74'; 
mit  einer  hawen  gieng  einer  durch  einen  waldl.  Pauli  scJiimpf 
84';  mustc  ganz  Israel  hinab  ziehen  zu  den  Philistern,  wenn 
jemand  hatte  ein  pflugschar,  hawen,  beil  oder  sensen  zu 
scherfen.  1  Sam.  13, 20 ;  die  schneiten  an  den  sensen  und 
hawen  und  gabeh  und  bellen  waren  abgeerbeitet.  21;  zu 
alle  den  (ttein-)bergen ,  so  man  mit  hawen  pflegt  umb  zu. 
hacken.  Jes.  7,25;  grub  mit  der  hawen.  rfas.;  gang  heim  und 
hol  bickel ,  scbaufel  und  hawen,  damit  du  in  (einen  schätz) 
auszgrabsf.  Wickram  rollw.  60,22  Kurz;  weil  wir  zu  haus  bei 
unsern  hauen  und  pflügen  (plur.)  nicht  bleiben  konten.  Simpl. 
2,38  Kurz;  wollt  ihr  euch  mit  der  schaufei  und  haue  um 
einen  bissen  trocken  brod  abquälen?  Schiller  räuber  1,2; 
tagelohner  mit  haue  und  handkarren  begannen  grund  zu 
graben.  Freytag  handschr.  1,  31 ; 

macht  blanken  in  den  zäun,  schnitzt  flegcl,  stielt  die  hauen 
(cersiehl  sie  mit  einem  stiete).    Opitz  1,  166; 

zum  graben   eines  grabes: 

niemand  macht  znrischen  meiner  frawen 
und  mir  frid,  dann  schauTel  und  hawen. 

H.  Sachs  1,  521'. 
als  uaffe: 

viel  ext,  viel  kärst,  viel  knüttel  schwer, 

sah  man  traeen  in  diesem  beer, 

und  hawen,  helleparten,  spiesz.    E.  Alberus  50*. 

als  handwerksgerdt : 

ein  alter  Steinmetz  one  hawen. 

B.  Waldis  E$op  4,93,  144; 

6«  den  müllern  ist  haue  ein  starkes  eisen,  das  den  läufer  (den 
laufenden  mühlstein)  umwälzt;  im  bergwerk  der  wie  ein  hammer 

\^^^Kstaltete  pocher,   womü   der  eiscnstein   gepocht  tcird.  Jacobsson 

^m,  229'. 

^^H   HAUEISEN,  n.  eisen,  tcomit  der  saltler  und  riemer  Verzierungen 

^^Bi    Uder  haut,    bei   den   feilenhauern  ein  eisen,  worin  die  feilen 


als  gerät  der  Schuhmacher:  in  den  filz  haw  auch  locher,  als 
in  das  papir,  mit  einem  haweiszen.  als  die  schuster  haben. 
H.  v.  Pfolsprcndt  buch  der  bünderznei  71, 13. 

HAUEN,  verb.  c^edere. 

I.  formelles  und  etymologisches,  ahd.  hawan,  hauwan,  howan, 
houwan ;  alts.  hawan,  hauwan ;  ags.  hedvan ;  mhd.  mnl.  houwen, 
mittelengl.  hewen,  neuengl.  hew;  altn.  höggva,  schwed.  hugga, 
dän.  hugge.  bereits  unter  hacken  ttnd  hagel  ist  darauf  hin- 
gedeutet worden ,  dasz  in  den  hoch-  und  niederdeutschen  formen 
des  Wortes  die  wurzel  nicht  unverstümmelt  erseheint,  die  gothisdie 
form  entgeht  uns,  die  nordische  aber  zeigt,  wie  jene  wurzel  einsl 
eine  gutturalis  halte,  dieselbe  würde,  wenn  das  wort  im  gothischen 
aufgewiesen  werden  könnte,  dort  ebenfalls  zu  tage  treten,  und  zwar 
nach  gothisclier  eigenthümlichkcil  nasaliert,  so  dasz  für  die  infinitiv- 
form, wie  dem  ahd.  pliwan,  pliuwan  golh.  bliggvan  entspricht, 
sicher  ein  goth.  haggvan  erschlossen  werden  kann,  die  silbe  va 
in  dieser  form  ist  eine  bildungssiibe,  im  nordischen  auch  noch  rein 
von  der  Wurzelsilbe  gesdiieden,  in  den  hoch-  und  niederdeut^-chen 
dialecten  dagegen  verdrängte  sie  den  anstaut  der  wurzel  und  setzte 
ihren  labial  an  dessen  stelle,  so  dasz  nun  statt  der  altern  wurzel- 
form hag  eine  jüngere  haw,  erweitert  hauw  erschien,  aber  wie 
jene  ältere  wurzelform  an  zahlreichen  abtälungen  (hacken,  hag, 
hagel ,  hagen)  sich  erhielt ,  so  tritt  sie  mundartlich  auch  noch 
am  verbum  zu  tage,  namentlich  in  allem  oberrheinischen  quellen : 
dannän  ging  er  für  ba;  und  sach  ein  moere,  der  bieg  holz. 
predigtmärlein  in  Pfeiffers  Germania  3,412,4  {\h.  jahrh.);  ctilich 
erschussent  sü,  ctilich  hiegent  oder  stöchent  sie  übel  wunt. 
Straszhurger  urk.  in  Schilters  Königshofen  924 ;  vielleiciU  ein 
nachklang  derselben  sind  in finitiv formen  wie  haugen,  prael.  hochte, 
hauen  in  der  gra/schaft  Mark  Fromm.  3,  366,  haughen  in  IS'iedei- 
österreich  4,  45,  und  mit  Umsetzung  des  g  in  die  dentale  d : 
haudn  hauen,  peitschen  in  Tirol  3,  92,  hauden  züchtigen,  schlagen, 
daselbst  6,146. 

hauen  ist  ein  starkes,  ehemals  reduplicierendes  verbum.  für 
die  2.  und  3.  sg.  des  präsens  sind  jetzt  unumgelaulete  formen 
allgemein  durchgedrungen ,  bis  ins  17.  jahrh.  gehen  daneben  um- 
gelautele,  haust  und  haut:  denn  wo  du  in  (den  knaben)  mit 
den  ruten  hewest ,  so  darf  man  in  nicht  tödten.  spr.  Sal. 
23,13;  mag  sich  eine  axt  rhümen  wider  den,  so  damit  hewet? 
Jes.  10, 15 ;  umb  Margarethe  heugt  man  den  frauenanger. 
kalender  aus  Tegernsee,  Germ.  9, 195 ; 

hewt  und  sticht  er  das  tbier  im  halse,  dasz  es  pulft. 

D.  V.  D.  Werder  Ariosl  11,  39,  4; 
o'mensch,  du  glückesbali,  was  haust  du  aus  den  gründen, 
und  suchest  in  der  bacb,  im  sande  deine  sOnden? 

Opitz  1,  54. 
diese  formen  klingen  noch  im  fränkisclien  hebst,  hebt  für  haust, 
haut  (ScHM.  2, 141)  nach,  die  formen  des  Präteritums  waren  in 
der  allen  spräche  manigfach ,  ahd.  hin ,  hio ,  heo,  mhd.  neben 
hin  und  heu  a«c/i  mit  schütz  des  stammhaßen  w  hiuw  und 
hiew;  das  nhd.  zeigt  seil  dem  \e.  jahrh.  nur  noch  seilen  diese  form: 

das  wild  Schwein  greif  den  löwen  an 
und  hiew  ihn  mii  dem  scharpfen  zan. 

E.  Alberus  93'; 
hiewen  in  die  steine.  Philasder  1  (1642)  344;  do  läge  ain 
Schwert  neben  in,  das  nam  sy  und  hew  ihn  beyden  die  haupf 
ab,  also  gebunden,  heldenbuch  1545  L';  do  nam  der  Berner 
dj  Schwert  und  hew  sie  (Crimhilt)  in  der  mitten  entzwey. L'; 
in  verderbter  form  haw:  hawe  in  der  Jacob  Maienbron  ge- 
waltigclichen  zu  der  thur  hinausz.  Zimmerische  chron.  2,  547 ; 

die  ander  nam  den  armen  tropf, 

und  haw  im  ab  da  seinen  köpf. 

B.  Waldis  Esop  1,  76,  16; 
gewöhnlich  hat  sich  das  slammhaße  w  zu  b  verhärtet,  die  beispiek 
gehen   bereits   im  15.   jahrh.   an:   dasz   yeniandt   in  denselben 
walden  . . .  holtz  hiebe,  weüth.  2,  74  (f.  14S6) ;  hiben  sie  den 
pfafl"en  und  die  jenigen ,  so  bei  im  waren,  alle  zu  stücken. 
yVilw.  V.  Schaumb.  105;  das  er  weiter,  dann  sein  bi-auch,  über 
die    schnür    heube.  Zimm.  chron.  3, 190.    diese   Verhärtung   er- 
scheint auch  am  particip  praet.,  welches  sonst  ebenso  wie  die  prä- 
sensformen, gewöhnlich  das  slammhaße  w  nicht  wahrt: 
das  unbehaubne  knörtzel  holtz.    Etrisc  1,  787. 
eigenthümlich  hat   sich   nach  der  practeritalform  hieb  ein  parlie^ 
gellieben  für  gehauen  gebildet,  welches  Stieler  Uhrschriß  v.  d. 
Sprachkunst  s.  175  für  das  Vogtland  bezeugt,  das  aber  schon  im 
16.  jahrh.  in  Franken  häufig  begegnet  (Schm.  2,14t): 

darauf  da  sol  gehieben  sein 

unser  beider  abconterfect. 

J.  Atrer  325'  (1627,  32  Kelter), 
gleich  darauf:  in  stein  gehauen; 


575 


HAUEN 


HAUEN 


576 


ilnrein  da  scint  gehiebcn  milt 
eins  Königs  und  seins  gemahls  bilt. 

■MV  (1712,  23  Krttci); 
füsz,  band,  arm,  Finger  herab  gehiebcn. 

Fl'chs  wuckeiikr.  3,  351. 
mU  tiiefem  starken  verbtim  hat  sich  ein  schwaches  hauen ,  detio- 
viinativum  von  hau  der  schlag,  gemischt,  das  ahd.  als  liowün 
und  hoHJan  (Graff  4,70')  mit  dem  pari,  praet.  giiiowöt  und 
gihowil,  tnhd.  als  liouwen ,  pracl.  houle  {trb.  1,722')  aufiritl. 
nhd.  erscheinen  von  diesem  vcrbum  prälerilalformen  mehrfach: 
sie  hauelcn  noch  sehr  nach  einander.  Salindc  fi'J;  die  ab- 
gehaute  band.  Schuppius  3S7 ;  ^ 

da  hauelcn  männcr  mit  glühender  wuth  in  dem  blicke 
eine  der  cedern  um.  Klopstock  5,  15s; 

u-eili'rc  beisjiiele  sind  im  folgenden  verstreut. 

Eine  sichere  rerglcichting  des  verbums  mit  warten  urverwandter 
sprachen  hat  bis  jetzt  nicht  erbracht  werden  ln'mncn;  die  grund- 
bedrnlung  kann  daher  viir  vermutungsweise  dahin  feslgcslelll  werden, 
dasz  liauen  zunächst  auf  den  schlag  geht,  der  einschneidend  ver- 
letzt, und  erst  später  auch  den  nicht  einschneidenden  schlag,  das 
pn'igeln,  bezeichnet,  denn  wie  iiaiicn  in  der  alten  spräche  in  der 
letztem  bedcutung  nicht  erscheint,  so  steht  Schweiz,  hauen  geradezu 
für  schneiden.  Staldeb  2,25;  die  negel  abhawen ,  resecare 
ungues  Dasyp. ;  hauts  niesser  gut?  Hebel  schatzk.  83. 

n.  gebrauch. 

1)  hauen  vom  schneiden  und  mähen  der  frucht. 

a)  absolut:  da  er  nun  meinen  ernst  sähe,  sagte  er,  weil 
die  habersaat  fürüber ,  und  auf  dem  hof  weder  zu  hauen 
noch  zu  ernten,  weite  er  selbst  mit  mir  gehen  und  den  weg 
weisen.  Simpl.  2,  53  Kurz. 

b)  mit  dem  acc.  der  gemähten  frucht:  der  wiesenmeister  zu 
Wailerszieuben  leszt  das  grasz  hawen.  Michelsen  Mainzer 
hof  Ah;  mägde,  welche  das  gehauene  gras  dem  heu  gleich 
zu  machen  mit  ihren  rechen  bemüht  waren,  che  eines  mannes 
1R3;  nun  wissen  wir  doch,  wenn  der  landmann  sein  kern 
hauet.    Lessijig  g,  98; 

zehnmal  hat  des  Schnitters  handt 
in  dem  felde  körn  gehauen.    Opitz  1,212; 
und  das  trockene  heu,  auf  der  besten  wiese  gehauen. 
GöTHE  40,283; 

da  kommt  ein  dirnlein  schlank  und  stolz 
mit  einem  graskorb  aus  dem  bolz, 
im  scbnitterbut  mit  strnusz  und  band, 
die  blanke  sichel  in  der  band, 
sie  hat  am  Wäldchen  kicc  gehauen. 

Fr.  Ki?<d  gediclilc. 

c)  mit  dem  acc.  des  durch  hauen  zu  bearbeitenden  gruvdsliicks : 
isto  tempore,  so  guct  weler  ist,  beugt  man  die  hofwis.  ka- 
lender  aus  Tegernsee ,  Germ.  9,  195;  nach  Jacohi  iieugt  man 
albeg  die  Elmau.  das.;  der  berr  pllüge  nur  drei  läge,  dresciic 
etliche  schock  aus,   baue  eine  wise.  Butscuky  kanzl.  438. 

2)  vom  fällen  des  hohes,  intransitiv :  ob  der  herrschaft  man 
einer,  und  des  von  Staingaden  man  einer  an  einen  pnwm 
khiiment,  so  mugent  sy  pede  hawen,  jeder  zu  einer  seilen. 
weislh.  3, 653 ;  wem  in  dem  wait  erlcupt  wird  zu  bauwen. 
1,536;  ergriffen  aber  die  vorster  jemannen  vor  dem  walte 
von  dem  dorfe,  der  darinne  gehawen  bette,  dem  sollen  sie 
ein  pfandt  heisciien.  4,155;  so  ein  inmarker  ohne  laub  in 
den  wald  fahrt,  hawet  er,  rufet  er.  558;  lrnn.<:itiv  nüt  dem 
acc.:  gecnt  in  den  wald  und  hawen  darzu  {zu  stock  und 
galgen)  holz,  weisth.  2,98;  brennholz  bauen  ohne  crlaubnus. 
3,  711  ;  bouwet  er  aber  bolz.  4, 162  ;  wenn  jemand  mit  seinem 
ncheslen  in  den  wald  gienge,  holz  zu  hawen.  5  Mos.  19,5; 
nam  eine  axt  in  seine  band,  und  hieb  einen  ast  von  bewuien. 
rieht.  0,48;  befilh  nu ,  das  man  mir  cedern  aus  Libanon 
hawe.  \  kön.  5,0;  sie  hawen  im  walde  einen  bawm.  Ar.  10,  3; 
die  andern  bieben  zweige  von  den  bewnicn,  mid  slreuten  sie 
auf  den  weg.  Matth.  21,8;  hauten  gerteri  und  meycn.  (htrg. 
103*;  kombt  mit  mir  beim  und  iiauwet  mir  mein  holz.  ZiMi- 
üHF.r  apophth.  2  (ir,3l)  31;  es  fallen  keine  spaue  vnm  b.iiiin, 
man  haue  «ic  denn.  Pistorius  thcs.  par.  2,  no.  vr, ; 

de»  Libanon 
cedern  haut  Ich  und  tannen  hvrnh. 

Klopstock  (>,  242; 
drr  drille  hieb  der  zweige  kohlenden  wedel.    GtiTiiR  10,  10. 
M  der  Sprache  der  jilger  baut  der  bibcr,    trenn  er  durch  nagen 
•  tnrn  haum  /diu.  jACOBSso.f  2,  229*.  —  7.U  einem  obscOnen  bilde 
1 1  rwendH : 

ich  hab  zu  *er  Im  wald  gohnuon 

•ind  hab  an  nnckrim  pl6chrrn  (Tclinhen, 

•Ja«  mir  mein  plort  müg  nlm«r  giiraben. 

fatln.  tp.  731,  0. 


3)  an  2  angeschlossen,  voni  bearbeiten  des  hohes  durch  hauen, 
behauen:  die  zimmerlculc  hauen  balkcn ;  wannebe  dasz  der 
stock  und  galgen  gehawen  und  gemacht  seinl.  weislh.  2,98; 
wo  man  haut,  da  fallen  späne.   Riehl  cidlurgesch.  nov.  351; 

mild,  die  kneble  biej  er  bowen  dö, 
alle  die  da  wären, 
eine  rosbären.     tJrec  6308; 
nhd.    sie  baiucn  die  ccder  zum  kreuz.    Klopstock  5,159; 
(Irinnen  lag  des  kyklopen  gewaltige  keul  an  der  stallung, 
grün,  von  des  Ölbaums  stanini ;  er  haute  sie,  ki'inüig  zu  tragen, 
wann  sie  gedorrt.  üilyssee  9,320. 

das  hauen  der  balken  geschieht  von  den  zimmerleulen  nach  einem 
striche,  der  millelst  einer  gefärbten  schnür  geschlagen  wird  und 
die  richtung  des  behauens  angibt;  hiernach  hat  sich  die  redensart 
ergeben  über  die  schnür  iiaueii ,  über  das  rethle  masz  hinaus- 
gehen: aber  ich  hab  jetzt  lang  mein  selbs  iiit  eingedenk  über 
die  schnür  gehauen.  S.Frank  moriac  eucom.  76';  wann  ich 
aber  verständige  leute  vor  mir  hatte ,  so  hieb  ich  (heim  er- 
zählen) bei  weitem  nicht  so  weit  über  die  schnür.  Simjil. 
2,197  Kurz; 

und  hawt  {beim  erzählen)  dapfer  über  rlic  schnür. 

(jrobian  Frankf.  1568  Ev'  (6.  1,  cup.  ^) . 

aller  über  den  schnurschlag  bauen : 

die  mynneclichen  ich  da  halt: 

hell  ich  mit  worieii  an  chainer  statt 

den  scbniirsehlag  fiberbawen, 

das  sy  und  all  rain  frawen 

mir  wollen  das  vergeben.    Uälilcrin  $.  270',  541. 

4)  ähnlich  von  dem  bearbeilcn  eines  hohes  oder  stcins  zur  her- 
stellung  eines  kunslmdszigen  schnitz-,  bau-  oder  bildwerkes:  hawe 
dir  zwo  steinern  tafeln.  ^  Mos.  34,1;  köstliche  steine  nach 
dem  winkeleiscn  gehawen.  l  kön.  7,9;  bestellet  Steinmetzen 
stein  zu  hawen,  das  haus  golles  zu  bawen.  1  f/(ro»i.  23,2; 
und  denkt,  wolan,  ich  wil  mir  ein  gros  haus  bawen,  ..  und 
leszt  im  fenster  drein  hawen  und  mit  cedern  tefeln.  kr. 
22,14;  nam  in  ab,  wickelt  in  in  linwad,  und  leget  in  in  ein 
gehawen  grab,  darinnen  niemand  je  gelegen  war.  Lkc.  23,53; 

was  last  ihr  marmor  bauen 
mit  solcher  tbcuren  kost?    Opitz  1,60; 

eins  mans  red  ist  ein  halbe  red, 

manu  sol  die  pari  verhören  bed, 
das  findt  man  zu  Nürnberg  und  Ulm  in  und  an  den  ralh- 
beusern  gemalt  und  gehawen.  Frank  .<!/>r.  2, 68';  ein  gehauenes 
bild ,  bildsäulc :  darin  saszen  die  alten  edlen  Römer  in  ircn 
besten  klcidern  und  langen  grauen  härten  schweigend ,  als 
ob  sie  gehauen  bild  weren.  Livius  v.  Corbach  57 ;  gehawcno 
schiff  {in  stein  gehauene),  l  Macc.  13,29;  der  bauer  weisz  von 
einer  kunstreichen  scbilderei  oder  gehauenem  bilde  nicht  zu 
urtbcilen.  Scriver  .?0f/t7i5f/i.  (16S1)  48;  kein  donnerscblag  halle 
den  van  Brück  mehr  erschrecken  können  als  mons.  Günthers 
gegenwart,  er  stund  als  ein  gehauen  bild.  Pierol  1,112;  ich 
stund  da  wie  ein  gehauen  bild.  2,48; 

der  sein  gesetz  in  taflTeln  hieb. 

A.  Grtphius  (1698)  2,  215; 
eine  höhle,  . .  . 
von  nicnscbenband  gehauen  imd  gewölbt. 

WiKLAND  18,  28; 
schon  von  weitem  blickt  die  grnfin 
nach  des  heiigen  bild  hinan, 
welches  ob  der  kirchenpforie, 
grosz  in  stein  gehauen,  prangt.    Urland  ged.  260. 

5)  von  dem  gewinnen  des  crzcs  im  bergwerk  und  der  steine 
durch  abhauen:  mhd.  ist  daj  ein  bercwerc  wirdil  in  dcui 
wicbilde,  da?  ntan  . .  bowel  mit  howercn.  Frciberger  slädtr.  37, 
bei  Schott  stadl-  u.  landrechte  3,  266 ;  nhd.  ein  land  des  steine 
eisen  sind,  da  du  erlz  aus  den  bergen  bawesl.  5  3/o.<  8,  o; 
den  steinen  gleich,  die  man  aus  dem  berg  hawcl.  fiaruJi 
6,38;  bauen  im  bergwerk,  fbdcrc  in  fodinis,  effoderc  aes  Fri-i  ii 
1,  42;i*; 

oi  die  hawcr.<knnbon  »im!  hübsch  und  fein. 
.sie  bawen  dnit  .«tilber  ausz  barlem  stein. 
sin  bawen  da»  »ilbcr,  das  rote  gold, 

wolt  gol  ilasz  sie  mein  eigen  sein  »oll!    UiiLAnn  ro/t*/.  20t;, 
du  hnsi  die  weit  ergftn;.!,  ilic  crsllich  als  da«  wild 
hiit  in  den  lag  eelcbt,  mit  oirlieln  sich  gcriilll, 
getrunken  aus  der  bncb,  dos  feld  nicht  können  hanrn, 
den  wein.<itock  nicht  gokcnni,  kein  gold  gewuüt  zu  hnnen. 

Opitz  I,  ÜM. 
vergl.  bauer,  liilner. 

fi)  t'on  der  lirarbeilung  des  Weinbergs  durch  auPiauen  und  an"' 
lockern  des  bodens:  iiarb  gpwiihnlicher  wei.on  wird  ein  wnn 
herg  zu  dreien  malen  gchauel;  und  wann  der  griind  ni<  M 
allzu  Ipllicbt,   recht  vermischt  ist,   bedarf  er  desto  wenig«  • 


577 


HAUEN 


HAUEN 


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mühe,  weil  die  erden  ohne  disz  mild  und  röhricht  ist,  so 
allein  hierinnen  gesucht  und  deszwegen  das  hauen  gethan 
wird.    HOHBEBG   1,  23s'. 

7)  hauen  nennt  der  fleischer  das  kunstgerechte  zerkleinern  des 
schlachtvielts  {vgl.  aushauen  3  und  Üeischhauer) :  die  schweine 
geben  erst  speck,  wenn  sie  ins  salz  gehauen  werden,  polit. 
col.  58.  hieran  angeschlossen  ist  die  redensart  einen  zur  bank 
hauen  ,  itm  geicissermaszen  ßr  die  öffentliclie  beurlheilung  zer- 
gliedern, wie  der  fleisdier  das  gehauene  schlachlvieli  auf  der  fleisch- 
bank  öffentlich  auslegt,  daher  übles  ton  einem  reden  (s.  auch 
bank,  thcil  1, 1109) :  es  ist  disz  lasier  {das  beklatschen)  sonder- 
lich und  vil  under  den  weibern,  da  eine  die  ander  zur  bank 
hawet  und  übel  auszrichtet.  Agr.  spr.  (1560)  85*; 

nun  tregt  sich  wol  zu  mancherlei, 

liasz  fromme  unschuldige  leül 

bei  ihrer  hohen  Obrigkeit 

oft  werden  hart  zur  pank  ghauen. 

J.  Atrer  264'  (1321,  21  Keller) ; 

Chlorinde  hawt  die  leute  wol  zur  bank, 
sie  lobet  nichts  alsz  was  sie  selbst  gethan. 

TscHKRNiSG  gedichle  frvhling  351; 

die  boszheit  haut  die  Unschuld  auf  die  bank. 

L«he:istew  geistl.  gedanken  s.  55,  102S. 

S)  hauen  allgenmner,  von  jedem  schnädenden  hiebe  gesagt: 
hawe  den  fisch  von  einander.  Tob.  6, 6 ;  die  kette,  womit  der 
heilige  Bonifaz  die  deutsche  kirche  an  Rom  gefesselt,  wird 
entzwei  gehauen.  Heine  werke  5,80;  Authari  .  .  haute  die 
Streitaxt  in  den  bäum.  Klopstock  12,282;  er  hieb  in  die 
decke,  gladio  lacunar  caesim  tangebal.   Steinbach  1,  707 ; 

haueten  händ  auch  und  füsze  vom  rümpf  mit  ereiferier  seele. 

Odyssee  22,  477. 
hierher  eine  redensart:  es  ist  nicht  gehauen  und  nicht  ge- 
stochen, zur  bezeichnung  von  etwas  unbestimmten  und  unordent- 
lichen :  und  damit  beulete  sie  immer  forlh ,  also  dasz  ich 
mich  in  ihre  rede  nicht  richten  noch  begreifen  konte,  ob  es 
gehauen  oder  gestochen ,  gebrand  oder  gebort  wäre.  Simpl. 
3,  50  Kurz ;  und  das  schreibt  er  auf  gut  glück  so  hin,  unbe- 
kümmert, ob  es  gehauen  oder  gestochen  ist.  Lessi.ng  7,319; 
em  jeder  wille  darf  toll  und  halb  und  weder  gehauen  noch 
gestochen  sein,  nur  aber  der  letzte  nicht.  J.  Paul  flegelj.  l,  17 ; 
wenn  ihr  doch  eure  reden  lassen  wolltet, 
geschwäiz,  gehauen  nicht  und  nicht  gestochen. 

H.  V.  Kleist  zerbr.  krug,  9.  auftr.; 

freiheil  des  urtheils  war  ihm  die  berechtigung  für  jeden 
Stümper  und  Ignoranten,  über  alles  sein  urtheil  abzugeben, 
er  mochte  etwas  davon  verstehen  oder  nicht,  und  was  er 
vorbrachte,  mochte  gehauen  sein  oder  geschlagen.  Ficute 
Nicolais  leben  66 ; 

es  sy  gehowen  oder  gschlagen.    Brast  narrensch.  67, 56. 
9)  häufig  ist  hauen,  mit  dem  Schwerte  kämpfend  schlagen,  in 
vielvrfachen  Verbindungen. 

a)  absolut,  oder  mit  bbszer  beslimmung  der  richtung  des 
Schlages: 

frumeo  gesellen,  nu  ziehet  die  schwert! 
der  tanz  ist  wol  ains  hauens  wert,    fastn.  sp.  456,  31 ; 
!der  weit  zum  zeugnis,  dasz  ich  wahr  gesprochen ! 
bau  und  lasz  jetzt  mich  sehn,  wes  sacne  rein? 

H.  V.  Kleist  käthchen  5,  1 ; 
sie  bann  und  hauen  mit  tiegerwuth, 

bisz  schweisz  und  blut 
die  panzer  und  helme  bethauen.    B&rger  81'; 
dieser  wolt  mit  hawen  und  mit  stechen 
Seins  vatters  todt  grawsamlich  rechen. 

Fdchs  mückenkr.  1,  555; 

derhalb  auch  Wilwolt  seiner  gesellen  fechten  eben  abschätzt, 
sach ,  das  si  den  kürüsem  weder  mit  hauen  oder  stechen 
nichts  abgewinnen  mochten.  Wilw.  v.  Scimumb.  92;  da  es  dann 
bald  ..  an  ein  hawen  und  stechen  gienge,  dasz  mir  darob 
die  haare  gen  berg  stunden.  Philander  l  (1642)  344;  nicht 
mit  der  schneide,  sondern  mit  der  scheide  hauen.  Schottel 
1118';  giengen  auf  einander  losz,  und  klapperten  nur  mit 
den  klingen,  damit  sie  endlich  diesen,  welcher  meinete,  sie 
haueten  noch  sehr  nach  einander,  zufrieden  stelleten.  Salinde 
'69;  er  hieb  seinem  feinde  nach  dem  leibe,  caesim  corpus 
inimiä  peiebat.  Steinbacb  1,707;  er  haut  nach  dem  köpfe, 
caput  appelit  gladio.  das.;  so  bette  ich  ..  im  wol  mit  einer 
solchen  antwort  über  die  schnauszen  zu  hawen  gewust,  das 
im  die  lust  solcher  suchung  solt  gebüszet  worden  sein. 
LcTUER  4,533";  hauwcn  bisz  auf  das  frisch  fleisch,  conädere 
uupu  ad  Sanum  corpus.  .Maaler  215*;  und  sie  hieb  zweimal 
in  den  hals  mit  aller  macht.  Judith  13,  9 ;  sach ,  das  ainer 
IV.  u. 


vcB  leder  gewann,  da  hew  ich  darein.  Zimm.  chron.  2, 291 ; 
wacker  hieb  er  in  den  feind.  Kliscer  3,153;  er  haut  mit 
dem  Schwerte  um  sich; 

da  faszt  er  erst  sein  schwert  mit  macht: 
er  schwingt  es  auf  des  reiters  köpf, 
haut  durch  bis  auf  den  sattelknopf, 
haut  auch  den  satiel  noch  zu  stücken, 
und  tief  noch  in  des  pferdes  nicken. 

Uhla:<d  ged.  330; 
mit  diesem  {Schwerte)  grad  in  den  nacken  ihm  haut  er, 
dasz  des  redenden  baupt  mit  dem  staub  hinrollend  vermischt  ward. 

Odyssee  22,  328. 

studeiilische  aufforderung  zum  kämpfe  war  das'  hauen  in  die 
steine  des  strasz^npfiasters ,  ins  pflaster  hauen  Frisch  1,  423': 
trugen  jeder  einen  bloszen  degen  in  der  faust,  hiewen  in  die 
steine  dasz  es  funkelte.  Philander  1  (1642)  344. 

b)  vül  dem  acc.  der  Verletzung:  eine  schmarre  in  den  köpf 

hauen,  caput  ense  vulnerare  Stieier  787; 

wann  man  eine  wunde  haut,  siht  man  eher  blut  als  wunde. 
LoGAU  2,  s.  198,  no.  14; 

auch  mit  dem  acc.  des  verlazten  gliedes  oder  menschen  und  ver- 
schiedener näherer  beslimmung  der  richtung  oder  Wirkung  des 
Schlages:  einem  den  köpf  entzwei  bauen,  caput  akaijus  dis- 
secare  Steisbach  1,707; 

er  haut  ihn  nieder.    H.  v.  Kleist  Käthchen  2,8; 
Roland  ihn  bei  den  haaren  griff,, 
hieb  ihm  das  haupt  herunter,    ühlasd  ged.  342; 
darob  fingen  sy  (die  landslinechte)  darnach  an  zu  palgen, 
hautten  einander  iam  und  krum. 

meisterlieder  (Berliner  hdschr.  fol.  23)  no.  225, 

herr  marschall,  was  bann  wir  das  leder  uns  wund? 

BCRGER  81'; 

man  solde  die  knochenhouwere  durch  die  kopphe  houwe. 
FöRSTEMANN  die  alten  ges.  der  sladt  ^iordhausen  s.  185;  haute 
{mit  dem  degen)  den  von  hinten  zu  nach  ihm  schlagenden 
schäferknecht  mit  völliger  force  über  den  grind,  dasz  der 
rothe  saft  darnach  gienge.  Salinde  197;  allezeit  denjenigen, 
•der  ihn  etwas  garstiges  nennete,  ..  mit  dem  degen  hinler 
die  ohren  hiebe.  208;  Götz  haut  ihn  über  den  köpf,  dasz  er 
stürzt.  Göthe  S,  148 ;  einen  in  die  backen,  übers  ohr  hauen, 
s.  unten  f;  sie  thaten  das  ihrige  so  wohl ,  dasz  die  feinde 
geschlagen  und  mehr  gedachter  unzüchtiger  könich  von  weib- 
licher band  in  stücken  gehauen  ward.  Hofmannswaldac  hei 
Steinbach  1,707;  worfen  in  und  alle  die  mit  im  waren,  mit 
steinen  zu  tod,  darnach  hieben  sie  in  zustücken.  2Jtfaa.  1, 16; 

zu  stucken  wil  ich  dich  hawen. 

Uhland  votksl.  208; 
alsbalden  sich  ein  krieg  entspinnt, 
sind  sie  von  stund  an  desz  gesinnt, 
woUens  alles  zu  stücken  hawen.    mückenkr.  1,835; 

so  einen  zu  kochstücken  hauen,  iL  5,1564;  einen  zu  kraule 
hauen,  caedendo  aliquem  necare.  Steinbach  1, 707 ;  den  feind 
in  die  pfaane  hauen 

(die  andern)  durch  ire  arglistige  duck, 

vil  schendlich  arger  schelmensiuck 
durch  nachred  in  den  kessel  hawen. 

H.  Sachs  5,  1,  52'. 

c)  mit  dem  acc.  der  Wirkung: 

mild.  Volker  der  starke,  dö  er  daj  ersach 

da;  Sigestap  der  küene  den  bluotigen  bach 

hiu  üj'herten  ringen,  da;  was  dem  beide  zorn.    Nib.  2221 ; 

nhd.  er  hieb  sich  bahn  durch  die  feinde; 

mit  seinem  guten  Schwerte  haut  oft  der  graf  sich  bahn. 
Uhlam)  ijed.  360; 

doch  so  in  drohnden  wafTen  herzukommen, 

Jur  sich  zugreifen,  seinen  weg  sich  haun, 

nach  recht  mit  unrecht  eehn  —  es  darf  nicht  sein. 

Shakcsp.  Richard  II,  2,  4 ; 

Georg  hieb  sich  zu  mir.  Göthe  8,100; 

sie  haun  und  haun  sich  in  den  sand.    Uhlano  ged.  353. 

d)  auch  mit  dem  acc.  der  zutn  hauen  gebrauchteti  waffe: 
aber  nun  zog  der  Atreide  sein  silberbeschlagenes  schwer!  aus, 
schwang  es  und  hicbs  auf  den  kegel  des  heims.     Borger  21t'. 

e)  umgekehrt  wird  das  schwert  selbstthätig  als  hauend  gefaszl: 
wie  glintzet  es  {das  scliwert),  und  hewet  daher  zur  schlacht. 
Hos.  21,15;  {gott)  lagert  für  den  garten  Eden  den  cherubiui 
mit  einem  bloszen  hawenden  schwert.  1  Mos.  3,  24 ;  ähnlich 
er  enlQoh  mit  dem  in  den  weg  bauenden  stock.  J.  Paul 
Hesp.  3,149. 

f)  verschiedene  redenscuUen  lehnen  an  dieses  kämpfende  bauen 
an ;  sich  in  die  backen  hauen,  wie  sich  selbst  ins  gesichl  schlagen, 
vergl.   über   den   ausdruck   unter   hacken  sp.  103:   und  hawen 

37 


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HAUEN 


sich  docli  sclbs  in  die  backen  und  liigenstrafen  sich  selbs 
damit.  Lutber  3,368';  hie  soll  ich  mich  wol  sclbs  in  die 
backen  gehawen  haben.  6,154';  wie  sich  die  donatio  Con- 
stantini  selbs  in  die  backen  hewet.  492';  die  weit ..  hat  viel 
umbschweifige  rede  und  art ,  damit  sie  es  (das  worl  lügen) 
zu  umbreden  weis ,  als  ...  er  hawet  sich  in  die  backen. 
Mathesiüs  katechhm.  217;  sich  selbst  in  die  backen  hauen. 
ScHOTTEi.  1118";  —  einen  übers  ehr  hauen,  betrügen,  doch  uol 
zunächst  einen  bctrügliclien  hieb  führen,  der  nach  den  regeln  der 
fcciükunst  nicht  statt  haben  soll:  erst  neulich  hat  ein  solcher 
schuft  meine  frau  übers  ohr  geliauen.  d.  deutsche  Gilblas  152 ; 
man  thut  wohl,  mit  dem  höflichen  Juwelier  äuszerst  behutsam 
umzugehen ,  sonst  wird  man  blutig  über  das  ohr  g'ehauen. 
Hildebrandt  reise  um  die  crrfe  (IS'O)  1,56;  —  einen  zu  bahn 
hauen ,  zu  boden ,  vernichten ,  daher  auch  kein  gutes  haar  an 
einem  lassen:  die  jenige,  welche  die  zeit  also  zu  bahn  hauen. 
ScHüPPiüs  780 ;  —  über  sich  hauen  wollen ,  bild  für  etwas 
schwieriges  oder  unmügliclies :  die  sich  ires  glucks  überheben  . . 
und  über  sich  hawen  wollen.  Mathes.  Sar.  15';  ausdrücklich 
an  das  bild  des  kämpfenden  angelehnt  im  folgenden: 

swer  perne  ie  über  houbct  vaht, 

der  mohtc  desto  wirs  gesigen.     Winsbecke  33,3; 

ähnlich,  aber  mit  bezug  auf  no.2:  uberra  köpfe  wollen  spünc 

hauen.    Schottel  1118". 

10)  hauen,  von  dem  kraßvollen  einschlagen  des  gebisses  in  etwas: 

warum  ist  dieser  geist  nicht  in  einen  tiger  gefahren,  der  sein 

wüthendes  gebisz  in  menschenfleisch  haut?  Schiller  räuber 

1,2; 

schon  seh  ich  seinen  rächen  gähnen, 
es  baut  nach  mir  mit  grimmen  zahnen. 

kämpf  mit  d.  drachen  v.  236; 
wer  bist  du,  fürst,  dasz  in  mein  fleisch 
dein  Treund,  dein  Jagdhund,  uiiprebläut 
darf  klau  und  ractien  haun?    ItÖRCER  20"; 

in  derber  oder  scherzhafter  rede  auch  von  dem  einschlagen  des 
menschliclien  gebisses  in  eine  speise:  sind  die  schinken  in  er- 
träglichem zustande  angekommen,  und  haben  L.  und  F.  auch 
patriotisch  hineingehauen?  Voss  briefe  3,1,202; 

faszt  ein  tüchtig  schinkcnbein, 
haut  da  gut  taglöhucrmäszig  drein.    Göthe  2,  197. 

hauen  gilt  namentlich  auch  von  den  streichen  die  ein  wildes 
Schwein  mit  seinen  hauzähnen  ausführt  (s.  iiaucr) :  hawet  in 
{den  hund)  nun  ein  schwcin.  Kirchhof  wendunm.  55' 

doch  zuvor  kam  jener  (eher)  und  haut  ilin 
über  dem  knie,  viel  risz  er  des  fleisches  liinwpg  mit  dem  zahne, 
seitwärts  nahenden  schwungs.  Odyssee  19,449; 

als  bild  für  einen  krieger  verwendet: 

sie  riien  houwende  under  in 
als  ebere  under  schäfen.     Tristan  474,  16; 
wie  rauscht  sein  hart  im  winde  I  hei,  wie  der  eher  haut! 

ÜHLAND  gcd.  3BS  (Etierliard  liaunchehart). 

hauendes  schwein,  ausgewachsenes,  mit  jenen  zahnen  versehener 
eher:  der  driltenlai  zend  sint  hawer  oder  auszkrümler,  als 
der  hawendcn  swein  und  der  helphant  zend,  da  mit  si 
andren  tier  verhawenl.  Megenberc  14,  6;  eilf  hauend  schwein. 
Garg.  236';  einem  erzürnten  bürcn  oder  hauenden  schwein. 
ehe  eines  mannes  242;  der  brave  hund  bellt  nicht  anders  als 
wenn  er  vor  einem  hanenden  schwein  stünde.  246;  nach  der 
bninst  trennen  sich  die  starken  hauenden  schweine  von  den 
bachen  und  bleiben  wieder  allein.  IIepve  jagdlusl  MH3  1,193.  — 
Anders  aber  wird  in  [^iederhessen  hauen  gefaszt ,  hier  gilt  es 
von  der  tnuttersau,  die  nach  dem  eher  (iiauer)  verlangt.  Vilhar  15». 

hauen  von  dem  stich  eines  scorpions:  Jeronimus  spricht,  da/, 
der  scorp  ain  krump  wunden  haw.  Megenberc  283,2;  ir  quäl 
war  wie  ein  quäl  vom  scorpion ,  wenn  er  einen  menschen 
hewet  {'orav  Ttruaj]  ävO'QcoTior).  offtnb.  9,  5. 

It)  hauen,  von  meld  einschneidenden  hieben,  streichen,  prügeln : 
mit  rulen  hauwen  oder  streichen,  concidere  rirgis  Maai.f.r 
215';  rouftc  ein  man  einen  by  den  hörn  ndir  hewcu  mit 
gertyn.  Magdeb.  blume  1,120;  du  bewest  in  {den  knaben)  mit 
der  rulen ,  aber  du  errettest  seine  scele  von  der  hellen. 
tpr.  Sal.  23,14;  ein  ander,  als  er  «ich  mit  einem  gehawen, 
und  ein  Rtreich  auf  ein  liein  lirkommen.  Zlikchef  schnWossm 
(1627)23;  alles  ist  reif  für  einen  mann,  der  Juvenals  geiszel 
ergreift  und  darunter  haut.  Lichtkmrerc  6,97; 

T  »chlani;  ilir  fliegenden  hanr  uro  die  fautt; 

er  hirb  nf  niil  knoiit'i'ii  ririiiiii. 

T  In  ii  und  laut! 

rr  li 

voll  IltHi.r.ii  Ol'. 


HAUEN  — HAUENSTIEL  580 

sie  aber  trug,  trotz  gert  und  sporn, 

wie  sehr  er  hieb  und  trat, 

ihn  über  stock  und  stein  und  dorn.    25*. 

12)  hauen,  von  dem  streiciw,  den  ein  pferd  mit  seinen  füszen 
führt,  ausschlagen :  das  pferd  haut  liinten  aus  ;  ein  knecht  sagt 
mich  bat  das  pferd  gehauen ;  die  begierde ,  den  lauf  anzu- 
fangen ,  macht  sie  (die  pferde)  unbändig ,  die  gegenwart  so 
vieler  menschen  macht  sie  scheu,  sie  hauen  oft  in  die  be- 
nachbarte schranke  hinüber,  oft  über  das  seil.  Göthe  29,  262. 

13)  bauen  endlich  für  eilen,  streben,  laufen,  diese  bedeutung 
hol  wol  ihren  ausgang  von  dem  einhauen  der  sparen  in  des  rosses 
weichen : 

er  hiu  unde  sprancte 

und  lie  hin  gän  punieren.    Tristan  231,  8; 

wie  aus  ähnlichem  sinne  angestochen  kommen  und  angehauen 
kommen  hervorgegangen  ist,  vergl.  th.  1,  352.  339.  aus  dem  be- 
griffe incitarc  erwuchs  der  festinare:  darnoch  macht  er  sich 
uff  die  fart  und  houwt  weidlich  dohin ,  vollbringt  unverzagt 
sin  bilgerfart.  Keisersberc  bilg.  116";  bair.  \\auen,  sich  schnell 
bewegen,  laufen  Schm.  2, 130,  auch  mit  heispielen  aus  der  älteren 
spräche;  es  kam  auch  alsofort  ein  Jäger  voran  gehauen, 
LoHENSTEiN  Armin.  1,1278'; 

laszt  sie  nun  einher  hauen, 
das  arm  beschorn  geschlecht. 

GöDEKE  «.  TiTTMANit  ticdcrb.  259,  73 ; 
hicmit  ein  guts  seligs  neus  jar! 
und  hau  hin!  dasz  dich  got  bewar! 

Weimar,  jahrb.  2,  113; 

wir  trafen  feinde, 
die  uns  vorbei  haun.    Shakesp.  Mach.  5,  7; 

we  have  met  with  foes 
that  strike  beside  us. 

Die  angenommene  entwickelung  dieses  liauen  aus  der  grund- 
bedcutung  das  pferd  spornen  kann  die  Verbindung  dreinhauen 
eilen,  sich  dazu  hallen,  zeigen,  zunächst  in  folgender  stelle: 

der  marschalc  dö  iiit  lenger  peit. 

üf  sin  pfeit  er  dö  sclireit, 

er  reit  hin  als  wer  er  kranc. 

aber  über  unlano, 

dö  man  sin  nit  m6  raocht  gesehen, 

dö  hiew  er  drin,  das  rauoj  ich  jehen. 

Diocletian  6024; 

während  anderwärts  diesz  drein  hauen  unsinnlicher  steht:  er 
soll  weidlich  darin  houwen  (zufahren,  sich  dazu  hallen).  Keisers- 
berc bilg.  38*;  denn  bouwstu  weidlich  drin,  schnell  und 
bald  zu  der  bellen.  131";  also  ouch  der  rebinan,  wenn  die 
zit  hie  ist  zu  scbnyden,  er  bedenkt  sich  nit  lang,  er  houwet 
redlich  darin,  die  wil  er  zit  het.  133";  aber  wenn  man  in 
(menschen  unter  dem  bilde  von  hunden)  den  sack  woll  neincn, 
so  houwent  sie  vyenllich  darin,  und  bellen  und  biszcn  uiub 
sich.  143*; 

die  gemeinde  spräclient:  moisicr  min, 

mit  guotcni  willen  lioiiweiit  drin ! 

der  mcister  zuo  dem  palast  rant. 

nioctelian  4422,  vgl.  1615.  3279. 

später  hciszt  hauen  auch  nacheifern,  streben : 

wornach  wir  sollen  hawcn, 
das  kan  ich  hier  an  euch  nisz  einem  ."ipicRel  scliawen. 

TSCHERNINC    titili)    2ti; 

dein  söhn  wird  solches  schawen, 

und  kiinl'tig  mit  bcgicr 

in  deine  stalTen  hawen, 

so  lebslu  dreimal  hier.    ijediclUe  friUUing  2S0. 

IIAUENHKLM,  m.,  aus  hau  den  heim,  imperatives  comp<ui- 
tum  für  Schwert: 

n  hct  ich  jetzt  mein  hawenhelni, 
ich  sollt  dich  lühroii  daulzcn  mich, 
und  schmähen  so  fant  1,'isierlich. 

Dirk  eltefinegel  74. 

IIAUENSCIIILD,  m.,  aus  hau  den  schild,  sdielle  für  streit- 
süchtige : 

ey  5Chweig  du  wüster  hnuenscliili. 
oder  ich  schlag  dich  zu  oim  kriipixl 

II.  .Sachs  1  (i.v.to)  :tiio', 

e*  ist  ein  wfkuter  hawenschildt 

mein  wcib,  der  aller  hosest  Icufel.    2,  4,  7S*. 

HAUENSCHLAG,  wi.,  schlag  mit  der  haue:  so  manche  fahr, 
eggenzänt ,  stecken-  und  hauensching,  so  manchen  vierten- 
lialben  albus  (nls  strafe),  weislh.  3.  746. 

HALENSTILL,  m.,  stiel  an  einer  haue:  wenn  sie  eine  viertel- 
stunde  nn  ihren  hnucnslielen  geklappert  hatten.  J.  GorTHItr 
2,  42  (Uli  d.  knecht,  h.  rap.). 


5S1 


HAUER  —  HÄUERLOHN 


HAUERilEISTER — HAUFE 


582 


HAUER,  HÄUER,  ni.,  mhd.  howere,  hoiiwer,  der  da  haut. 
1  ]  aligemein :  groszer  droher,  kleiner  häiier.  Ddez  sprichu:  68. 

2)  nach  hauen  2  holzhauer,  holzfälkr:  siebenzig  tausent  treger, 
und  achzig  tausend  hawer  auf  dem  berge  {Libanon,  zum  fällen 
der  cedeni).  2  c/iron.  2,  IS ; 

{mein  laler)  dem  meine  muller  und  der  buhle  ibres  betis, 
Aegisthos,  gleich  der  eiche  unter  des  hauers  band, 
spalteten  die  scbeitel  mit  blutiger  axt.    Stolberg  13,  11. 

3)  nach  hauen  5  der  erzhauer  im  berguerk :  mhd.  ist  daj  ein 
bercwerc  wirdit  in  dem  wicbiide,  daj  man  sechte  sinket  oder 
. .  howet  mit  howeren.  Freiberger  sladlr.  37,  bei  Schott  stadt- 
und  landreclite  3,266;  nhd.  fossor,  hawer,  berghawer.  Golii 
onomast.  15S2,  col.  73; 

aufm  Euttenberg  bat  es  der  hawer  tiI. 

Uhland  volksl.  412; 
und  der  uns  diesen  reien  sang 
so  wol  gesungen  hat, 
das  haben  getan  zwen  hauer 
zu  Freiburg  in  der  Stadt. 

GöDKKK  «.  TniMAS!«  liederb.  58,  59; 

in    der  spräche  der  bergleule  ist  die  umgelaulete  form   häuer  die 
durcfiaus  gewöhnliche,  miner.  lex.  2S9'.  Gätzschmans  40. 

4)  hauer  {nach  hauen  6)  der  winzer,  so  in  Österreich.  Jacobsson 
6,52';  in  Baiern.  Schx.  2,130;  anderwärts  gewöhnlich  häcker, 
s.  sp.  105. 

5)  hauer  {nach  hauen  9)  heiszt  das  männliche  trilde  schtcein, 
der  keuler  (5, 650)  und  zicar  nach  dem  fünften  jähre :  Wild- 
schwein das  ein  hauwer  {war).  Kirchhof  wendunm.  24"'; 

kann  mau  sich  auch  ohn  gcTahr  zu  den  wilden  hauern  wagen, 
die  hier  recht  lebendig  scheinen  und  so  scharfe  wafTen  tragen? 

Brockes  6,  226; 
wird  das  beer  der  himde  hier,  oder  wird  der  hauer  siegen? 

7,411; 
tobt  kühn  herum,  wie  wilde  hauer  toben. 

E.  T.  Kleist  1,  147; 
allein,  wann  auf  dem  harz,  nun  lang  genug  gequält, 
ein  aufgebrachtes  schwein  zuletzt  den  tod  erwählt  .  .  . 
ist  diesz  kein  heldenmuth?   wer  baut  dem  hauer  säuleu? 
die  Jäger  werden  ihn  mit  ihren  hunden  theilen. 

Haller  Schweiz,  ged.  (t76S)  76. 

6)  hauer  die  hauzdhne  des  tcildschweins,  sonst  auch  waffen. 
Jacobsson  6,  52' ;  mhd.  hawer  bei  Megenberg  14,  6.  auch  die 
ähnlich  gestalteten  zahne  des  wallrosses:  oft  zerstoszen  sie  {die 
walrosse)  die  böte  mit  ihren  hauern.  Petermaxn  miltheilg.,  er- 
tidnzungsheft  IG,  s.  43.  bildlich:  scharf  standen  die  zerrissenen 
bogen  von  Neros  goldnem  hause  wie  mörderische  hauer  da- 
neben. J.  Paul  Tit.  4,  75 ;  von  menscidichen  zahnen : 

weil  ich  nicht  wollte  sehn,  wie  deine  nägel 
ausrissen  seine  armen,  alten  äugen; 
noch  wie  die  unbarmberzge  Goneril 

in  sein  gesalbtes  fleisch  die  hauer  schlage  {engt,  rash  boarish 
fangs).      Sliakesp.  Lear  3,  7. 

7)  hauer,  waffe  zum  hieb,  sdiwert,  degen,  hüflmesser.  so  im 
GvUing.  musenalm.  1777  i.  27  und  29.  5.  halbhauer  sp.  203, 
und  hieber. 

S)  hauer,  Instrument  der  gürtler  zur  herstellung  der  knopf- 
plalten  aus  blech.  Jacobsson  2, 229' ;  der  windenmacher ,  zum 
zahnen  der  windenstange.  229';  meiszel  der  klempner,  zutn  schlagen 
der  löcher  in  das  bledi.  6.  52*. 

9)  mundarllich  ist  endlich  hauer  niclit  nur  der  hauende,  und 
das  inslrument  des  hauens ,  sondern  auch  der  schlag,  hieb  selbst 
{vergl.  hacker  sp.  105).  Schm.  2,130;  hauar  streich  mit  der  haue 
Lexer  135. 

Zusammensetzungen  des  worts  haben  namentlich  da  statt,  wo 
es  die  hauende  person  {in  den  bedeutungen  von  bauen  1 — 7)  be- 
zeiclinet ;  vergL  berg-,  biid-,  feilen-,  feigen-,  fleisch-,  gras-, 
holz-,  knochen-,  schiefer,  schindel-,  steinhauer;  «6t>r  gassen- 
hauer  vergl.  an  seiner  stelle,  die  häuer  im  bergwerk  sind  ge- 
sehiedm  in  duppel-,  erb-,  gang-,  lehr-,  ort-,  schräm-,  voilhäuer. 

HAUER,  f.  miettie.  s.  heuer. 

HAÜERBEWAFFNET,  parL: 

wie  hauerbewafTnele  eher.    Odyssee  11,413. 

HAÜERGEDINGE,  n.,  die  probearbeit,  welche  die  angelernten 
lehrhauer  zu  verrichten  haben,  um  zu  doppel-  oder  vollhduein  auf- 
zurücken. Gätzschhann  40.     s.  häuerschicht. 

HAUERGELD,  n.,  geld,  was  ein  neuer  Itduer  bei  seiner  ersten 
anfahrt  ins  bergwerk  zum  besten  gibt,  mineral.  lex.  289'. 

HAUERGLOCKE ,  f,  glodie  die  die  lüuer  ins  bergwerk  ruß. 
dimin.  häuerglöcklein  min.  lex.  2S9'. 

HAÜERLÜHN,  in.  und  n.  lohn  der  häuer  auf  den  bergicerken. 
Jacübsso.n  2,  229'. 


HAUERMEISTER,  m.  aufseher  über  die  holzhauer.  Jacobsso:« 
6,  52'. 

HAUERN,  terb.  zusammengebückl  sitzen;  ein  alemanniscftes, 
bairisches  und  südfränkisclies  altes  wort,  in  der  Schriftsprache  jetzt 
durch  kauern  verdrängt,  das  wahrscheinlich  mundartliclie ,  aus 
Mitteldeutschland  stammende  nebenform  ist,  vergL  5,  315.  hauren 
deädere,  niderhocfcen  wie  die  weiber.  Maaler  214';  huren 
niderhuren  desidere  233%  die  erstere  form  gab  er  mit  gemein- 
deutschem vocal,  die  andere  mit  volksmdszig  alemannischeni ;  nodi 
jetzt  sdtweiz.  huren  kauern,  auch  kränkeln,  oline  das  bell  hüten  zu 
müssen.  Stalder  2,64;  hüra  kauern,  hürla  hocken  Tobler  2S0; 
gruben  sy  mit  einer  hawen  ein  loch,  haurten  darüber  mit 
umb  und  umb  nidergiassnen  kleidern.  S.  Frank  chronica  4S4'; 
die  man  schlagen  das  nasser  ab  haurend.  weüb.  9';  unter 
den  weibern  aber,  die  auch  im  schiff,  were  eine  auf  dem 
boden  gehauret.  Zimmerisdie  chron.  3,  500 ; 

will  es  sich  aber  anders  machen, 

so  ligst  du  under  ainem  lache, 

das  ist  genant  trauren, 

darunder  wirst  du  hauren 

in  schnee  und  auch  in  regen.    Hätzlerin  s.  154',  154; 

doch  sab  man  ganze  narrenherden 

aus  mangel  an  platz  in  wälder  ziehn, 

in  felseuklürten  und  hohlen  weiden 

hauern,  und  reim  in  bäume  schneiden. 

WlELAltD  21,  46. 

HÄUERSCHICHT,  f.  probearbeit  im  bergwerk,  die  ein  los  zu 
sprechender  häuer  thun  musz.  Jacobssox  2, 229'.   s.  bäuergedinge. 
HAUERSCHWEIN,  n. 

wie  zu  thun  dem  Jäger  oft  gefeilet, 
mit  spiesz  und  hunden  nimbt  er  einen  vortheil  ein, 
und  wartet  bisx  da  kömpt  das  grosze  hawerschwein. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  9,  72,  s. 

HAÜERSKNABE,  m.  bergknappe: 

ei  die  hawersknaben  sind  hübsch  und  fein, 
sie  hawen  das  silber  ausz  hartem  stein. 

Uhlasd  volksl.  206. 

HÄUERSTEIG,  m.  der  gewöhnliche  fuszsleig,  auf  weldiem  die 
bergleute  zur  zedie  gehen,  und  den  jeder  grundbesilzer  zu  leiden 
schtädig  ist.  Jacobsson  2,  229'. 

HAUERZEUG,  m.  Werkzeug  des  berghauers:  auch  den  hawer- 
zeug  und  sonst  Instrument ,  ärztrüge,  bergtrög,  wasserseig, 
hüspel  . . .  Garg.  187*. 

H.\UF,  s.  häufe. 

HÄUFCHEN,  n,  kleiner  häufe :  ein  häufchen  erde ;  ein  häuf- 
chen  asche;  ein  häufchen  geld;  sobald  er  ein  häufchen  ver- 
trauter Personen  um  sich  erblickte.  Güthe  19,329;  wenn 
meine  leute  faeisammen  sind,  es  wird  ein  häufchen  sein, 
dergleichen  Ivenig  fürsten  beisammen  gesehen  haben.  9,  sc ; 
häufchen  abschlagen  nennt  Gleim  ein  gesellsdiaftsspiel  : 

wenn  unsre  schäfer  lachten 
und  scherzten,  und  das  spiel  mit  Schäferinnen  machten, 
bei  dem  man  einen  bock,  mit  rosen  schön  gekrönt, 
für  den  gewinner  setzt,  so  stand  er  angelehnt 
und  lächelte  dazu!  er  glaubte  viel  zu  wagen, 
wagt  er  mit  dir  und  mir  ein  häufchen  abzuschlagen.    3,25. 

sprichwürllidi :  er  sitzt  da  wie  ein  häufchen  unglück;  nd.: 
hei  huckt  wie  en  hupke  onnglück.  Frischbier,  eupliemistisch 
steht  häufchen  für  excremente:  ein  häufchen  machen,  cacare; 
vergl.  häufe  I,  2. 

HAUFE,  HAUFEN,  m.  cumuhts,  acervus.  die  alten  sächsischen 
dialecte  kennen  nur  eine  starke  form  des  uortes:  alis.  höp,  gen. 
höpes,  ags.  heäp,  fries.  häp  {das  isldnd.  hopr  caterva  Haldarson 
1,  379,  ddn.  hob ,  hoben,  schwed.  hop  scheinen  datier  entlehnt), 
wälirend  das  alul.  mhd.  und  die  neuniederdeutsdien  dialecte  eine 
doppelform  aufwdsen:  ahd.  hufo,  gen.  höfin,  in  alemannischen 
und  bairischen  quellen,  und  houf,  gen.  houfes  vorzüglich  in 
fränkischen,  das  letztere  weniger  begegnend  (Graff  4,832.835); 
mhd.  hufe  und,  zumal  in  mittcldeutsdten  quellen,  houf- 

sie  gebeut  der  werlde  guoteu  kouf 
und  sument  lugende  großen  houf. 

Eberhard  v.  Erfurt  4612; 

nnd.  hupen  und  hoop.  auch  im  nhd.,  wo  die  beiden  formen  rück- 
sichtlidi  des  vocals  im  stamme  3u,<iammen  fallen  muszlen,  da  altes 
d  so  gut  une  ou  läer  zu  au  werden,  scheidet  sich  nodi  von  dem 
schwadien  häufe,  oder  wie  die  nominutirform  zumal  seil  dem 
vorigen  jalirh.  gewöhnlicher  heiszt,  häufen,  eine  nominativform 
häuf,  die  an  sich  zwar  als  einfache  kürzung  von  häufe  gefaszt 
werden  kann  {wie  has  für  hase,  plaff  für  pfaffe) :  häuf  cumulus 
Dasvp. ;  häuf  acervus,  aggestus,  cumulus  Maaler  213',  neben 
liaufeii  abundantia,  acervus  das. ;  während  die  seltenere  accusativ- 

37* 


583 


HAUFE 


HAUKE 


584 


xind  dativform  hanf  «c  doch  als  abkömmling  des  oben  aufgeführten 

itarkformigen  liouf  ausweist: 

beschränkt  von  diesem  bücherhauf.    Göthb  12,31; 

da  macht  sie  ihm  ein  fenster  auf, 

zeigt  ihm  drauszen  viel  bunten  häuf.    13,  127; 

rergl.  unten  (II,  4)  die  formet  zu  häufe,  eine  umgelautete  no- 
minalivform  acervus  heuffe  Dief.  9"  hat  einen  plitral  häufen 
zur  seile:  so  niusz  der  ha^el  in  die  gröszte  häufen  schlagen. 
Simpl.  3,270  Kurz. 

hüfo  und  liouf  führen  auf  eine  wurzel  huf,  niederdeutsch  luip 
zurück,  die  im  griech.  als  xvß  in  Kvßrj  erhOhung,  köpf,  xißos 
knvdiel  {hervorspringende  stelle  am  fusze,  dann  würfet)  außritt, 
und  wahrsckeinlioii  nur  ert(_'eHiTung  einer  ällern  wurzelforni  cu 
ist,  wie  sie  im  tat.  in  cu-inulus  hervorblickt,  die  erweiterung 
dieser  wurzel  zeigt  den  auslautenden  labial  nicht  auf  äner  stufe, 
das  griech.  hat  zu  xvßr,  nebenfurmen  wie  xvn^oe  und  xvfsoov 
(CüHTius  grundzüge  3.  auß.  s.  490.  491) ;  letzteres  gehört  zu  einer 
sanskr.  wurzel  kuhh  hervorragen,  die  aus  kakiibh  gipfel  bisher 
nur  erschlossen  üt  {vergl.  haube  und  iiaupt).  auch  im  deutschen 
herscht  die  unglächheit  des  wurzelsclilus^es ;  während  zu  griech. 
yvß  alls.  höp,  ahd.  Iiftfö  sowol  wie  golh.  hup-s,  ahd.  haf  hüße 
lautverschoben  genau  stimmen,  ist  goth.  haubij),  ahd.  houbit  haupt, 
sowie  hftba  haube  an  die  nebenform  der  wurzel  griech.  xvf, 
sanskr.  kubh  angelehnt,  Wörter  denen  allen  gemeinsam  der  begrijf 
des  emporragenden,  in  die  höhe  oder  hervorstehenden  innewohnt, 
so  hat  auch  ahd.  hüfo  tieften  acervus,  aggestus,  cumuhts,  cuterva 
die  glossen  strues,  agger,  tumba,  tumulus,  die  an  sanskr.  kakubh 
bergesgipfel  rühren;  mhd.  steht  höfe  für  ameisenhügel : 

so  list  du  {ameise)  in  dem  hüfen  din.    Boner  41,  27, 
und  Hoc/i  nhd.  wird  in  diesem  sinne  von  einem  mauhvurfshaufen, 
ameisenhaufen  geredet,  wiewol  gewöhnlich  durch  häufe  nur  eine 
eng  vereinigte  menge  bezeichnet  wird,  die  man  sidi  nicht  als  auf- 
gelhnrmt  zu  denken  braucht. 

Bedeutung. 

I.  1)  häufe,  eine  zusammengeschichtete  menge  von  gegenständen 
irgend  welcher  art,  selten  ohne  nähere  bczächnung:  huffen  machen, 
cumulare,  aggerere  voc.  ine.  theut.  k4';  und  dann  in  der  reget  von 
aufgei<peicherten  gutem,  erntcvorrat  und  schätzen  verstandai :  wer 
seinen  acker  vleiszig  bawet ,  der  macht  seine  häufen  gros. 
Sir.  20,20;  das  glück  ist  eine  thürin,  das  tappet  als  nach 
dem  gröszeslen  häufen,  macht  es  wie  der  teufel,  der  schmeiszet 
wo  dreck  ist  mehr  zu.  interim  377; 

ich  möchte  wissen  wie  es  käme 
dasz  gut  wo  einen  häufen  nerae?  Looau  1,166,11; 
aber,  ach!  nicht  das  sparen  allein,  um  spät  zu  geiiieszcn, 
macht  das  glück,  es  macht  nicht  das  glück  der  häufe  beim 
hänfen.  Göthk  40,  272. 
gewöhnlich  näher  bestimmt:  und  sie  namen  steine  imd  machten 
einen  häufen.  \  Mos.  31, 4G;  laszt  sie  auch  zwisschen  den 
garben  lesen,  und  beschemet  sie  nicht,  auch  von  dem  häufen 
laszt  überbleiben  und  laszl  liegen ,  das  sie  es  auflese.  Ruth 
2,10;  viel  kiirnleiu  machen  einen  häufen.  Schottel  112l' ; 
die  steine,  welche  von  einem  theile  weggebrochenen  mauer- 
werks  herrühren,  liegen  in  einigen  unordentlichen  hänfen 
in  dem  düstersten  theile  der  krypte  umher.  Immermann 
Münchh.  3,200;  die  bestimmung  geschieht  durch  ein  beigesetztes 
Substantiv ,  das  die  ältere  spraclie  gewöhnliclier  in  den  tlieilunqs- 
genitiv,  die  jüngere  in  den  nominativ  stellt:  ahd.  din  vvambu  ist 
samo  weizes  hftfo.  Willirah  1)9,22;  nhd.  huffen  sIros  oder 
gestros  tritura,  bulen  aschen  aggestus,  cumulus  cincris  voe. 
tnc.  theut.  k  4*;  häufen  kornysz  acervus,  tritura  Diek.  ".)';  die 
rotte  der  gottlosen  ist  wie  ein  häuf  wergs,  das  mit  fewer 
verzehret  wird.  Str.  21,10;  behaltet  sie  (die  lehre)  wie  einen 
groszen  häufen  golds.  51,36;  da  aber  Paulus  einen  häufen 
reiser  zusammen  raffelt,  ap.  gesch.  28,3;  häufen  gell,  acervus 
pecuniae  Maaler213';  hänfen  körn,  numerus  /ruwienf».  häufen 
«chnee,  nii«  agijeres  213";  häufen  der  schönsten  fruchte. 
tiocuNCK  3,  124;  bewegte  der  morgenwind  einen  groszen 
häufen  brauner,  gelber  und  weiszer  federn.  iMHEHMANn  Münchh. 
3,4;  den  grutzea  kaufen  garn.  Heink  7,75; 

»o  .<tuh  ein  groszer  häuf 
«andu  bl«  an  das  gewolk  hinauf,    mückenkr.  I,  80&: 

hat  der  «chmerz, 
alt  (chOtterte  der  hodcn,  da.i  gnbftude 
In  einen  graunen  häufen  nehmt  verwandelt?     fiöTii«  9.244. 

5)  häufe,  o/ine  weiteren  ziualz ,  vom  kotti:  indessen  der  eine 
einen  häufen  dorthin  hoflirte.  Simpl.  :»,  3r,'j  Kurz;  »o  ist« 
denn  eine  Iborheit,    wenn    mancher  mensch  zu  seiner  cnl- 


schuldigung  spricht:  man  sollte  mich  zufrieden  lassen,  wer 
mich  aber  reget ,  der  reget  einen  faulen  häufen.  Scrivek 
seelensch.  1,  71;  er  hat  einen  häufe«  hingesetzt,  fecit  oletum. 
Seaz  64'. 

3)  häufe,  eine  dichtgedrängte  mensclienmenge ,  schaar:  hulT 
des  Volkes  caterva  voc.  ine.  theut.  k4';  ich  wil  dich  wachsen 
lassen  und  mehren,  und  wil  dich  zum  häufen  Volkes  machen. 
1  Mos.  48,4;  der  häuf  seiner  jünger  und  eine  grosze  menge 
des  Volks  {goth.  hiuma  siponje  is  jah  hansa  mikila  manageins). 
Luc.  0, 17 ;  es  folgete  ihm  aber  nach  ein  groszer  häufe  volks 
und  weiber.  23,27;  die  weil  wir  solchen  häufen  zeugen  umb 
uns  haben.  Hebr.  12,1;  der  ganze  häufe  der  wellweisen  vor 
Leibnitz.  Kant  8,18;  unter  einem  häufen  grobe  bauern. 
Simpl.  4,411  Kurz;  indem  er  von  einer  gruppe  zur  andern 
ging,  hier  das  räthsel  aufgab:  wann  der  hase  über  die  meisten 
lüclier  laufe?  dort  einen  rothkopf  warnte,  er  solle  nicht  so 
nahe  an  die  scheune  gehen,  ..  einem  dritten  häufen  die 
geschichte  vom  prinzen  Pralle  erzahlte.  Inmermann  Münchh. 
3,  54 ;  wer  einen  reichen  kindersegen  hat,  spricht  von  dem  häufen 
seiner  kinder;  häufen  kind,  examin a  in fantium,  puerile  agmen 
Maale«  213'  {vergl.  kinderschar) ;  ein  häufen  dienstmäglen, 
famula  cohors  das.;  worzii  halt  ich  so  ein  häufen  mägd  im 
hausz,  wann  ihr  alles  selbst  thun  wollet?  Simpl.  i,  60  Kurz; 
die  römischen  vornehmen  haben  einen  ganzen  häufen  be- 
dienten im  hause.  Seume  spazierg.  2,80;  unter  einem  häufen 
Zuschauer.  Wielasd  12,84;  jezo  siehet  man  ein  häufen  ver- 
wundete hier.  Lessing  12,3; 

der  gotlosen  häuf.  Weckherlin  38  {ps.  10,14); 
was  schlägst  du  deine  brüst,  o  du  betrübter  häufen, 
ihr  Phr}ger  weibervolk?  Opitz  1,223; 

wo  Scjlhcn  und  prälaten  saufen, 
da  ist  der  gott  der  freuden  nicht  dabei; 
es  herrscht  in  ihren  wilden  häufen 
die  Zwietracht  und  die  Völlerei.    Gleim  1,  162; 
nun  freut  ein  häufen  anverwandten 
sich  auf  den  tanz.  3,  101 ;     ' 

und  thut  sie  erst  die  Schaltern  auf, 
da  kommt  das  ganze  Städtchen, 
und  feilscht  und  wirbt  mit  hellem  häuf 
ums  allerlei  im  lädchcn.     Götus  1,  37. 

häufe,  von  einer  tischgesellschafl : 

straff  was  dich  nicht  dunkt  lustig  sein, 
red  undern  ganzen  häufen  nein, 
und  wer  darwider  reden  wil, 
so  zürn  mit  ihm,  so  schweigt  er  still. 

grobianus  (Frankf.  156»)  G7*  (/*.  2,  c.  3); 
so  sitz  die  ganze  nacht  zu  saufen, 
und  lasz  ir  keinen  von  dem  häufen.    J5*  (//.  2,8). 

wie  häufe  auch  von  der  scluiar  der  todten  gilt:  da  liegen  viel 
erschlagene  und  grosze  häufen  leichnam.  Nahum  3,  3,  so 
heiszt  zu  dem  allen  häufen  gehen  sterben:  Calasiris  ist  zu 
dem  allen  häufen,  buch  d.  liebe  2ll'. 

4)  häufe,  eine  schar  der  durch  den  stand  mit  einander  ver- 
bundenen, die  gemeinde  in  politischer  und  kirchlicher  beziehumi: 
das  ist  das  vierte  dankopfer,  für  den  rechten  häufen,  nemlich 
für  die  auserwählten  kinder  goltes,  und  alle  heiligen  auf 
erden,  welches  die  wahrhaftigen  Christen  sind.  Luther  f>,  4s'; 
Lutherus  sagt  bei  einweihung  der  schloszkirchen  zu  Torgau: 
es  musz  der  christliche  häuf  einen  gewissen  ort  und  stund 
haben,  wnn  und  wo  sie  zusammen  kommen  können.  Schufpius 
62;  das  gebet  ist  nie  so  stark  und  so  kräftig,  als  wo  der 
ganze  häufe  eintrüchlig  mit  einander  betet,  das. 

5)  häufe,  ohne  weiter  bestimmendes  Substantiv,  bezeichnet  auch 
das  volk  mit  verdclUlichem  ncbcn.'^nne ,  pöbel:  er  wil  .lucli  ilen 
häufen  an  sich  henken,  und  allein  herr  sein,  darausz  kuiiipt 
dann  ein  Zerrüttung,  aufrtir,  unfrid  und  blulvergieszen.  Ach. 
spr.  (15(10)  21'; 

wenig  achtet  sie  {die  Weisheit)  der  häufe.    Göthk  11,2.v.i, 
so  lange 

der  fnsching  wflhrt,  verehren  wir  din  lüge,  .  .  . 

den  aüszen  rausch  des  hnufens  nicht  zu  stören. 

Sciiillkr  kariös  1,  9; 
häufig  mit  adjectivischer  bestimmung,  der  gemeine,  grosze  häufe: 
der  ander  gemeine  häufe,  kriimer,  sudler.  KiRciiHor  mi(. 
disc.  201 ;  ich  weis  freilich .  dasz  es  richler  giebl  die  zum 
groszen  schaden  ihrer  häuslichen  nahrimg  ganz  .Inders  ge- 
sinnt sind ,  .  .  aber  das  weis  ich  auch ,  das  der  gnis/le 
kaufe  von  ihnen  ganz  anders,  und  griindlicher  denkl.  Kaheiikr 
tat.  3(17.')')  s^■,  ich  kann  nichl  l.'iugnen ,  das/,  es  ein  m» 
trciriiches  werk  sei;  aber  ein  so  eiitliiisiaslischer  bewuiideni, 
als  der  groszic  häufen  ist,  bin  ich  nicht.  ÜCri^kr  13h'; 


585  HAUFE 

der  pöbel  ist  der  gröszte  häuf  auf  erden.    Gellert  1,  169; 

gold  kauft  die  stimme  groszer  häufen, 

kein  einzig  herz  erwirbt  es  dir.    Göthk  47,  9. 

6)  häufe   von   einer  geschlossenen   schaar  bewaffneter,  krieger  : 

mhd,  der  tumey  was  zewäre  guot. 

manc  ritter  drinne  hoch  gemuot 
mit  hurte  durch  den  hüffen  brach. 

frauendienst  87,  19 ; 

nhd.  versties  den  zeug,  das  sie  in  vier  häufen  alier  erst 
nach  sechs  orn,  da  es  heller  liechter  tag  was,  vor  der  stat 
zusamen  liamen.  Wilw.  v.  Schaumb.  88;  er  teilete  die  drei 
hundert  mann  in  drei  häufen,  richter  7, 16 ;  thaten  eine  grosze 
Schlacht,  und  Judas  mit  seinem  häufen  . .  behielt  den  sieg. 
2  Macc.  12, 11 ;  die  Andahati,  so  mit  zugethanen  äugen  streiten 
und  in  den  häufen  schlagen.  Simpl.  2,193  Kurz;  hinter  die 
geschlossenen  häufen  der  Römer.  Lohesstein  Arm.  1,42'; 
Froto  riet  selbst  durch  alle  häufen  seines  kriegsvolks.  2,  895*; 
ein  reichsstand,  der  wider  sich  selbst  stehet,  und  in  zweien 
häufen  reitet.  Bdtschry  Palm.  729 ;  es  flöhe  freund  und  feind. 
nur  du  kleiner  häuf  hieltest  mir  den  rücken  frei.  Göthe 
S,  100 ;  wir  waren  mit  hellem  w  üthigem  häuf  herum,  und  er 
oben  aufm  kirchthurn  wollt  gütlich  mit  uns  handeln.  «.137; 

auf  der  socken  folgte  geschwind! 
der  ganz  hell  haun,  das  hoffgesindt. 

mückenkr.  1,  334; 

aus  den  het  Scannacaballa  acht 

schwader  oder  häufen  gemacht.    1,  824; 
herr  graf,  es  zieht  ein  häufe  das  obre  thal  herab: 
sie  tragen  schwere  kolben;  der  bauptmann  führt  im  schild 
ein  röslein  rot  von  golde  und  einen  eher  wild. 

Ublans  ged.  359; 

nun  hielt  auf  liohenstaufen 

der  deutsche  kaiser  haus: 

der  zog  mit  heilen  häufen 

einsmals  zu  jagen  aus.    371. 

der  verlorne  häufe  lüesz  der  vortrab  eines  heeres,  der  gewaltige 
oder  grosze  häufe  das  hauplheer:  verloren  häuf,  rorarii,  feren- 
tarü  Dasyp.  ;  die  den  angriff  thun,  scharmützler,  so  geringe 
riislung  führen,  der  verlohren  häufen.  Heniscb  1738,  61 ;  laszt 
uns  mit  der  beute  gelassen  zu  dem  groszen  häufen  ziehen. 
GüTHE  8,138; 

die  Vögel  wie  ein  pfeil  zuflogen : 
der  verlorn  häuf  ward  erst  erschlagen, 
darnach  die  vögel  all  gemein 
setzten  zum  grwahigen  häufen  ein. 
die  thier  wurden  in  die  flucht  bracht: 
die  Vögel  gwunnen  also  die  schlacht. 

B.  VValdis  Esop  1,34,  Viff. 

wenn  sich  mü  diesem  häufe  der  nebensinn  der  Streitbarkeit,  kraft, 
macht  verband,  so  erklärt  sich  eine  in  Halle  a.  S.  unter  dem 
wölke  oft  gehörte  formet:  da  bin  ich  nicht  der  häufe  dazu, 
d.h.  das  vermag  ich  nicht;  ähnlich  rheinisch:  er  ist  kein  häufe, 
;  kleiner,  schwacher  mensch.  Kehreijj  1S9. 

7)  häufe   von   einer  schaar  thiere:    teileten  die  elephanten 
die  häufen.  1  3/acc.  6,35;  ein  häufen  ochsen,  armentaboum 

\KLER  213';  der  stier  der  vor  dem  häufen  gadt,  armeiüi 
X  das.;  in  einer  leeren  tonnen  findet  man  selten  ein  häufen 
ueisen.  Schottel  1145"; 

wie  nelimlich  da  herum  ein  häufen  wilde  schwein 
sich  sehen  lassen,  die  da  grosz  und  böse  sein. 

Opel  jt.  Cohu  279,  9; 
und  der  läramer  froher  häuf 
hüpfte  dreimahl  frölich  auf.    FLEEi;«a  446. 

h)  nach  gramm.  4, 195  darf  sich  mit  häufen  als  mengenbegriff, 
nmal  bei  Itinzugefüglem  gen.  plur.,   der  plur.  des  verbums  ver- 
innden,  häufig  auch  wechselt  sing,  und  plur.  des  verbums  ab  {vergl. 
namentlich  die  stelle  aus  Schuppiüs  unter  no.  4) :  und  der  ganze 
linufe   stund   auf  und   führeten  ihn  für  Pilatum.  Luc.  23, 1 ; 
■i    sind    mir  ein    häufen    freunde  gestorben,  grex  amicontm 
Hvrum  viorte  decirferun/.  Steinbach  1,  712;  in  seiner  aufregung 
in'gann  nun  der  häufen  (bauernburschen),  nachdem  er  viel  ge- 
tninken   hatte,   durch   die   gegend   zu  schwärmen    ...  sie 
-( hosscn  ihre  gewehre  ab,  luden  wieder,  lärmten  und  schrieen. 
Nkermans  Mimchh.  4,70;    da   sah  Oswald  ..    einen  häufen 
\on  wohl  zwanzig  banern ,  die  sämmtlich  mit  gewehren  be- 
waffnet waren,  s.  71; 
I^^M  ich  kann  pokäle  schnitzen, 

^■C        wo  auf  dem  rand  umlicr  ein  häufen  satyrs  sitzen, 
^^m        und  sehen  wie  man  trinkt.  Gleiv  3,  42. 

^^Bs)  vielfacli  ist  häufen  auch  unsinnlicher  und  bildlich  gebraucht, 
^V*  *»'"'  tieUieit,  fülle,  grosze  auzalil,  auch  einen  holten  grad  zu  be- 
^^fiehnen :  ein  häufen  fürderuus  oder  eer,  cumulm  commendationis 


HAUFE 


586 


Maaler  213';  gegen  Alkeyr  bringt  man  papagci,  sittich,  mör- 
katzen  und  geschwenzte  äffen  den  häufen.  Frans  weltb.  16'; 
gegen  den  gottsheüsern,  der  er  hin  und  wider  den  häufen 
bawet.  41* ;  disz  alles  hat  Lusitania  den  häufen.  7l' ;  das  acht 
und  letzt  cap.  begreift  einen  ganzen  häufen  lieblicher,  höff- 
licher,  grobianischer  hoffbüszlin.  grob.  (fran/;/".  1568)  Jv';  log 
noch  einen  solchen  häufen  dings  darzu.  Simpl.  3,  217  Kurz; 
macht  einen  ganzen  häufen  französischer  complimenten.  4,  63; 
welche  ausz  hoffart  und  damit  sie  gesehen  sein  möchten, 
einen  häufen  unteutsche  Wörter  einzumischen  pflegen.  401; 
das  ganze  pabstum  ist  voll  domine,  domine,  herr,  herr,  da 
ist  ein  häufen  wachen ,  opfern ,  seelmessen ,  walfahrt  und 
dergleichen.  Schuppils  640;  bishero  hat  die  gelegenheit  mir 
an  der  stirn  ein  häufen  haar  gezeigt,  welche  ich  versäumt 
oder  verachtet  hab.  753 ;  liebe  mutter,  der  kerl  redt  ein 
häufen  dinges ,  das  ich  nicht  versteh.  Chr.  Weise  Machiavell 
26 ;  ich  bildete  mir  ein  häufen  ein,  was  ich  an  dir  vor  einen 
wackern  cavalir  bekommen  würde.  Jucundiss.  120;  ja  wenn 
sie  nicht  sonst  noch  ein  häufen  länder  unter  ihrer  bot- 
mäszigkeit  hätten!  Heilman  Thucyd.  96;  sie  machen  ein 
häufen  aufhebens  von  ihren  Verdiensten.  102 ;  ein  häufen 
Wortwechsel  und  irrungen.  452 ;  hierüber  hatte  Theramenes 
schon  seit  geraumer  zeit  ein  häufen  redens  gemacht.  1144; 
diese  Stadt  hat  einen  häufen  thürne,  magnus  turrium  numerus 
in  hac  urbe  est.  Frisch  1,424';  das  kostet  einen  häufen  geld, 
hoc  requiril  magnam  summam  pecuniae.  das.;  die  advocaten 
kosteten  beiden  partheien  einen  häufen  geld.  Eicbesdosf 
Lucanor  82; 

wir  werden  glucks  den  häufen  han. 

Bemer  fastnachtsp.  v.  1522  Ej'; 

umb  diesen  brunnen  rumb  war  gar  ein  häufen  schatten. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  2,  34,  1 ; 
dem  folgen  allenthalben  häufen 
von  königlichen  sorgen  nach.    Gleim  5,  177. 

niederd.  sogar  en  hupen  slimm ,  sehr  schlimm.   Dähnert  200*. 

10)  landschaftlich  wird  häufe  als  masz  gebraucld,  und  bezeichnet 
eine  gewisse  quantitäl  zusammengeschic/tteter  gegenstände.  so 
machen  in  Baiem  vier  klafter  Scheitholz  einen  häufen;  der 
häufen,  nach  dem  die  dachschindeln  verkauft  werden,  besteht  aus 
sedizig  lagen  oder  schichten.  Schk.  2, 154.  auch  heu,  stroh,  kam, 
steine  werden  in  regelmäszige  häufen  geschichtet  und  so  vermessen 
und  verkauft;  nd.  höp  eine  anzahl  von  zehn  garben  getreides. 
Schambach  74';  {der  paslor  bekommt)  in  der  zinsen  wiesen 
den  fünft  hoppen  oder  haufeo  heuwes.  Hardt  Luxemburger 
weisth.  137. 

11)  häufe  an  der  nahe  des  rades:  an  der  nahe  des  rades 
unterscheidet  man  den  mittleren  und  dickeren  cylindrischen 
theil,  in  welchen  die  Speichen  eingelassen  sind,  er  heiszt 
der  busch  oder  häufen.  Kasmarsch  1,  855. 

11.  häufe  hat  sich  mit  praepositionen  zu  festen  formein  ver- 
bunden, in  denen  der  begriff  des  Substantivs  bald  mehr,  bald 
weniger  sinnlich  hervortritt. 

l)  in  häufen  zusammen,  auf  einmal,  insgemein,  mit  kommen, 
gehen,  werfen  u.  ähnl.  verbunden:  stürzten  in  häufen  nach 
dem  kleinen,  spiegelhellen  wasserschatze.  Sedme  mein  leben 
62;  denn  also  hat  auch  Christus  gelhan,  die  predigt  hat  er 
lassen  in  häufen  gehen  über  jederman.  Luther  3, 15S';  aber 
das  sacrament  sol  man  nicht  also  unter  die  leut  in  häufen 
werfen.  159* ;  in  häufen  reden :  ingemein  oder  in  häufen 
reden,  in  plenum  dicere  M.\aler  213' ;  wer  vol  ist,  der  schempt 
sich  nicht,  redet  in  häufen,  da  ist  kain  Vernunft,  kein  ralh. 
S.  Frank  trunlienheit  1531  C  iij ' ;  in  häufen  fassen,  zusammen 
fassen,  addieren;  wenn  maus  {die  arche  Noae)  nu  abmisset  nach 
dem  wie  es  hie  beschlossen  ist,  und  fassets  in  häufen,  so 
ist  es  sechsmal  lenger  denn  breit,  und  zehen  mal  lenger 
denn  hoch  gewesen.  Luther  4,47';  in  einen  häufen  schlagen, 
zusammen  werfen,  insgemein  behandeln :  ist  nun  s.  Lucas  nicht 
ein  feindseliger  man,  der  mit  eim  einigen  wort  (so  zu  reden) 
auf  einen  schlag,  so  grosze  risen  und  beiden,  beide  tutisten, 
figuristen  und  deutisten,  und  alle  schwermer  in  einen  häufen 
schlegt?  Luther  3,497*;  sol  man  für  jederman  bitten,  und 
das  gebet  in  gemein  hingehen  lassen,  und  in  einen  häufen 
schlahen  beide  feind  und  freund.  4,  ISO* ; 

das  sie  (die  qereduigkeit)  nicht  sehen  sol  noch  hören, 

ob  die  wag  recht  gebrauchet  werd, 

ob  den  schuldigen  trelT  das  schwerd, 

sondern  sol  frech  in  häufen  schlagen, 

die  nnterihan  müssens  wol  tragen,    froschm.  2,1,6,  Vij'; 

der  zornige  will  alles  wagen 

und  mit  der  faust  in  hauTen  schlagen.    2,  3,  4,  Ff  iij  \ 


587 


HAUFE 


aber  in  häufen  reiszen,  zusammenreiszen :  Sallian,  der  alle 
augenblicke  gerne  die  weit  in  häufen  risse.  Neander  vom  sei 
absterben  Avij;  älinlicli  in  einen  häufen  stoszen:  wie  das  buch 
ist,  also  ist  auch  der  glaub,  und  wie  der  glaub  ist,  also  ist 
auch  das  welter,  alles  verkehrt,  bisz  es  gult  endlich  in  einen 
häufen  stöst,  die  weit  mit  feuer  verzehrt,  und  die  ungläu- 
bige in  den  feurigen  pfui  stürzet.  Schüppiüs  614;  in  einen 
häufen  werfen:  sonst  würfe  es  (das  clirislenlhum]  der  teufel 
in  einen  häufen,  und  risse  es  alles  unib.  Lutuer  C,  47'; 
konipt  her  wider  sie,  .  .  öffenet  ire  kornheuser,  werft  sie  in 
einen  häufen,  und  verbannet  sie,  das  ir  nichts  übrig  bleibe. 
Jer.  50,  20. 

2)  mit  häufen,  in  fülk,  reicldicli,  im  gefolg  von  vorhanden 
sein  ,  kommen  ,  gehen ,  laufen  ,  überfallen ,  finden,  erlangen 
H.  a. :  wie  gott  alzeit  solchen  ungehorsam  on  alle  barm- 
herzigkeit  endlich  gestrafet,  unangesehen  auch  der  gegen- 
werligen  und  zukunftigen  drawenden  strafen,  so  mit  häufen 
vorhanden.  J.  Gretf  Lazarus,  rwr.  As';  sind  das  nicht  herr- 
liche mechtige  vcrheiszunge  gottes,  mit  häufen  heraus  geschut 
(geschiiUet)  auf  die  so  sich  der  dürftigen  annemen?  Luther 
3,  395' ;  denn  er  ist  doch  ja  ein  herzlicher,  gnediger,  fromer, 
gütiger  gott ,  der  . . .  eine  gute  über  die  ander  mit  häufen 
über  uns  ausschüttet.  5,44';  wer  es  nicht  gleuben  wil,  der 
lese  alle  historien,  ..  da  wird  maus  mit  häufen  finden.  46'; 
und  wenn  man  hieneben  die  historien  ansihet,  so  findet  sichs 
mit  häufen,  wie  gott  die  tyiannen  ..  stürzt.  158';  schrecken 
und  furcht,  angst  und  pein  {werden)  mit  häufen  erein  schlahen. 
6,63';  meine  schwere  sünde  sind  durch  seine  strafe  erwachet, 
und  mit  häufen  mir  auf  den  hals  komen.  klagel.  1,14;  das 
volk  gieng  abermal  mit  häufen  zu  im  {avfj,7ioQEvovrat  näXiv 
öx}.ot  TTooi  nvToi').  Marc.  10,1;  dasz  man  ir  mit  häufen 
lind.  FiscuART  bienk.  142';  als  er  im  yetz  endtlichen  fürsatzt, 
die  fart  und  opfer  zu  leisten ,  hat  in  die  arbeit  mit  häuf 
überfallen.  Wickram  rullw.  8,1  Kurz; 

das  UDgelück  kombt  als  mit  häufen.    H.  Sachs  3,  2,  119« ; 

w.enns  Unglück  kumpt,  so  kumpts  mit  häufen. 

J.  Greff  Lazarus  J7'; 

den  ich  zuwider  bin  gesyn, 

die  bringen  mirs  mit  hauten  yn.    B.  Waldis  Esop  1,12,22; 

diesem  tumult  kamen  mit  Haufen 

die  leut  aus  der  stadt  zugelaufen,    mückenkr.  1,  283; 

sie  kommen  dar  mit  häufen.    Soltau  volkd.  513  (i-.  163S); 

den  rebensaft  mit  häufen 

wie  Scylhen  in  sich  saufen, 

ist  nicht  für  dich  und  mich.    Tscherninc  (1042)  208; 
des  bücberschreibens  ist  so  viel,  man  schreibet  sie  mit  häufen. 

Logau  'i,  100,  nu.  26^ 

wen  nun  der  mai  kommt  auf  die  bahn, 

und  erst  die  kalt  ist  abgethan, 

den  wächst  die  lusl  mit  liaufen.    Rist  Parti.  197. 

es  lieii,zl  mit  hellem,  vollem  häufen:  von  diesem  leiden  nun, 
welches  ihn  hernach  am  ülberge  und  am  creuz  mit  hellen 
häufen  und  ganzen  lluthen  überschwemmt  und  umgeben. 
Scriver  seelensch.  2, 107 ;  zwischen  dem  .  .  abwege  des  Pa- 
schasius,  den  die  kirche  mit  vollem  häufen  einschlug.  Les- 
SINC   8,317; 

(da)  reiszt  schand  und  Üppigkeit  mit  hellem  häufen  ein. 

Opitz  1,  133; 
und  fehd  entbrannte  bald  darauf 
und  zogen  ro.sz  und  mann 
bei  Döffiiigen  mit  hellem  tiauf.    Scuiller  12; 
was  von  auszen  kuinmcn  soll,    kumm  euch  auch  mit  mildem 

hauten, 
leben,  gnfigen,  freude,  trost,  segen,  hülle,  voll  und  taufen. 

Locau  3,  80,  53. 
Janeben   beJeulet    mit    häufen  auch  tiemeinscliafllich ,   zusammen 
auf  einmal,  insgesamt:  berget  im  nichts,  es  sei  was  es  wolle, 
so  werfts  mit  häufen  eruus  für  im ,    als  wenn  ir  ewcr  herz 
eiin    guten    freunde    ganz  und  gur  eröffnet.    Lutuer  3,  2iii)'; 
darauf   singt  man  allcluia  mit  häufen.    Fisciiakt  bienk.  15u'; 
fielen  sie  auf  ihre  knie,    hüben  die  h:ind  auf,    und  lieszen 
mit  einem  häufen  ein  klügliches  heulen,  b.  d.  liebe  22o';  da 
iullt  man  mit  häufen  zu,  und  spricht:  er  hat  dennoch  das 
enathen,  er  wird  das  ander  auch  nicht  fehlen.  Schuppius  614; 
da  llicuen  Kir.h  die  vitgul  rotitüi, 
hinaunz  zu  flitigiMi  nach  Irer  .«peisz, 
wie  im  herbst  int  der  vogtl  wri.sz. 
als  lie  <lie  Nchn-alli  mit  IiiiuIüm  «ach, 
luliizlich  zu  den  vocfln  Kpriicli  .  .  . 

li.  Wai.ui«  i:^op  1.  10,31), 
wann  Kpimetbeux  iiitht 
•■in  fa«!  bAtI  aurgtUlMn,  und  an  du«  .•xiniiünlii^eht 
viel  Übel  liai  uns  kratiti  mit  h:iiif*!ti  auiiZKelatsen. 
Opiti  f,  54 1 


HAUFE  588 

frew  dich,  weltkind,  auf  das  erben  I 

deine  mutier  wird  bald  sterben; 

was  das  leuer  nicht  verzehret, 

ist  niii  häufen  dir  gewehret.    Logau  I,  154,  60; 

und  bellt  so  wOthig,  dasz  mit  hauten 

die  nachbarn  alle,  grosz  und  )>Iein 

zu  fcnsiern  und  zu  ihüreu  laufen.    Uörger  32'.     . 

3)  bei  häufen ,  gregatim  Stieler  795 ;  Simson  sprach ,  da 
ligen  sie  bei  häufen ,  durch  eins  eselskinbacken  hab  ich 
lausent  man  geschlagen,  riclit.  15,16; 

[seitdem)  hanswurste,  clausnarrn  und  arlekin  .  .  . 

mit  all  ihren  schelln  und  peitschen  bei  häufen 
nicht  hinter  den  kaiser  die  wette  mehr  laufen. 

Gleih  5,259; 
geld  hat  er  bei  häufen.    Gökingk  2,  182. 
dafür  häuf  auf  häuf,  acervalim: 

bunter  klee,  gesunder  quendel, 

kömt  gesprossen  häuf  auf  häuf.    Fleming  377. 

4)  zu  häufen ,  so  dasz  eine  schaar  oder  gemeinschaß  gebildet 
wird,  in  Verbindung  mit  fügen,  machen,  gehen,  kommen,  tragen 
u.  ähnl.:  machten  alle  sampt  einen  bund  zu  häufen.  Neh. 
4,8;  wir  wandelten  im  hause  gottes  zu  häufen,  ps.  55,15; 
welche  gott  zu  häufen  gefüget,  kan  der  mensch  nicht  son- 
dern. Georg  v.  Sacusen  bei  Luther  3,192";  und  nun  doch 
keiner  muth  genug  hatte,  in  der  Stadt  zu  bleiben ,  sondern 
jeder  sich  lieber  aufs  feld  zu  häufen  zog.  Klixger  thealei- 
4,121;  was  die  ameise  Vernunft  mühsam  zu  häufen  schleppt, 
jagt  in  einem  hui  der  wind  des  zufalls  zusammen.  Schiller 
Fiesko  2,  4 ; 

das  wasser  und  gewülk  mit  zagen 

musz  dick  und  dunkel  voll  getösz 

des  herren  stim  zu  häufen  tragen, 

darab  dan  zittert  gut  und  bösz. 

Wkckherlin  127  (ps.  29,  5); 
ein  bach,  ein  regenbach,  vom  himmel  her  gestärket  .  . . 
mischt  was  er  in  sich  hat,  treibt  was  er  führt  zu  häufen, 
dasz  fisch,  frosch,  holz  und  schlämm  hin  mit  einander  laufen. 

Logau  2,  68; 
Veit  hatte  zwar  fünf  sinnen,  doch  sind  ihm  drei  entlaufen, 
zwei  suchen  drei,  ich  zweifei,  er  bringt  sie  nicht  zu  häufen. 

3,  200,  56 ; 

und  alle  kommen  doch  zu  häufen 

ihr  ihre  waaren  abzukaufen.    Götub  13,46; 
Braun  und  Isegrim  sandten  sofort  in  manche  provinzen 
offene  briefe,  die  söldner  zu  locken:  sie  sollten  zu  häufen 
eilig  kommen.  40,  79; 

und  wenn  der  feind  zu  häufen  lag, 

und  kürass  halt  am  bauch.    RGckert  158. 

zu  häufen  rennen,  fallen,  stürzen,  so  dasz  der  fallende  einen 
häufen  bildet,  niederrennen,  niederfallen,  niederstürzen: 
mhd.  swer  im  da  zorse  vor  gesaj, 

zeime  hüfen  er  den  sluoc.     Witlehalm  388,  21 ; 

nhd.  dasz  er  ihn  desto  ehe  zuhaufen  rennet.  Amadis  290; 
ob  gleich  sie  oft  an  stücke,  steine,  stamme  und  bäume 
liefen,  und  noch  öfter  zuhaufen  fielen,  rafften  sie  ^i'  i'  •!■■'• 
geschwind  wieder  auf.  SimpL  1,171  Kurz; 

das  mir  der  oten  nit  gelag 

von  discin  ungestümen  schlag 

und  ich  nit  t^ing  zu  häufen  nider 

das  nimpt  mich  immer  wunder  sider. 

H.  Folz  in  iluiipls  zeitschr.  5,515,10.1; 
wenn  cinr  aus  Schwachheit  feilt  zu  häufen, 
den  wil  ein  jeder  überlaufen.    B.  Waldis  Esop  1,  85,  23. 

nebenform  ist  zu  häufe ,  vergl.  oben  sp.  583 :  conserere  manum 
tzuhaufe  tzyhn  Trochus  F3';  lesit  zu  huufe  des  eislin  den 
raten.  Ikhaims  evang.-buch,  Malth.  13,  30,  t-orAer  gelU  lesin  si 
zu  samenc.  r.  28;  die  ..  mit  groszein  gewalt  zu  häufe  laufen 
und  sich  rotten.  Luther  3,  lll';  steine,  die  er  im  fehle  zu 
häufe  las/e.  189';  wie  reuinet  sich  das  zu  häufe?  263';  denn 
die  zwei  gehören  zu  häufe,  glaube  und  gutl.  4,389*;  daruinh 
inusstu  auch  dis  stück  lassen  gehen  durch  alle  gebot ,  als 
die  schele  oder  böge!  im  kränz,  das  ende  und  anfang  zu 
häufe  füge,  und  alle  zusamen  halle.  408';  ihr  werdet  ihn 
plumpen  sehen,  dasz  der  schlam  über  ihn  zu  häufe  schlaget. 
Interim  24;  wozu  es  denn  ...  genutzt  habe,  da.sz  so  vieli- 
biicher  mit  so  vielen  kosten  hier  zu  häufe  gebracht  wurden. 
Lkssinc  9,2;  dnsz  sie  die  schicklichslcn  gründe  zu  häufe 
geführt.  J.  I'all  hier,  nachlasz  4,123; 

ob  wol  <*in  xcbwnrher  zäum  oft,  mitten  In  dem  laufe, 
ein  mutig»  ross  verhüll,  und  etwas  e«  zu  häufe 
zwar  zeucht.  1).  v.  o.  Wkrüir  Ariosl  II,  I,  2; 

besonders  häufig  in  der  kürzung  zu  huiif :  soUr  oplUhalmia,  wann 
einer  de«  morgens  die  aiigen  nil  nfthiln  kan,  und  scind  /u 


589 


HAUFE 


HALTE 


590 


Lauf  gebacken,  älberds  T3",  gleich  nachher  zusamen  backen; 
nd.  to  h(jp  hangen,  zusammen  hangen.  Danneil  84';  also 
stunden  auf  jeder  seilen  vor  dem  thor  vier  tissche,  das  sind 
acht  tissche  zu  häuf.  Hes.  40,  41 ;  diese  zwei,  herr  oder  herr- 
schaft,  und  arm  oder  armut ,  reime  zusamen ,  fasse  sie  mit 
deiner  Vernunft  zu  häuf.  Luther  5,  47'';  was  ich  von  werken 
find,  dj  will  ich  zuhauf  rafifen ,  alle  Sprüche  von  thun  und 
lassen  will  ich  zuhaüf  schmelzen.  Alberüs  uider  Jörg  Witzeln 
L"';  ich  hab  schon  ein  langen  catalogum  zuhauf  gesamlet. 
L4*;  wicklen  es  wol  achtfach  über  einander  «nd  neens  mit 
eitel  kelberhaar  zuhauf.  Frank  ttW/fc.  159' ;  bracht  ihm  einen 
häufen  böser  hüben  ohn  seines  vaters  willen  zu  häuf.  Hense- 
berger  390;  einer  ausz  denen,  so  die  tranksteuer  zu  häuf 
bringen.  Kirchhof  icendunm.  222";  also  dasz  beide  ein  an- 
sehenliches vermögen  zu  häuf  brachten.  Simp/.  4, 154  Kurz; 
nachdem  sie  ihre  zu  paaren  getriebene  ideen  wieder  zu  häuf 
gebracht  hatte.  Hippel  lebensl.  1,19;  man  steckt  die  köpfe 
zusammen,  rottiert  sich  zu  häuf.  Schiller  FiesAo  2, 4;  unter- 
dessen füllt  sich  die  gesellschaft.  der  baron  F . . .  der  hof- 
rath  fi...  das  kommt  zu  häuf.  Güthe  16,104;  ach  willst 
du  diesem  kind  zu  lieb  nicht  alle  diese  menschen  zu  häuf 
verlassen?   Beiti.ne  briefe  2,35; 

er  hiesz  ein  schaf  und  ander  thier, 

äz,  ir  zuhauf  warn  eben  vier, 

die  fordert  er  zu  solcher  jagt.    E.  älberus  15; 

so  weckt  er  auch  mit  im  zuhauf 

als  ein  person  die  todten  auf. 

B.  RlSGWALD  /.  narh.  200; 
jetzt  machen  sie  sich  grosz,  jetzt  ziehn  sie  sich  zu  häuf, 
jetzt  decken  sie  sich  vol,  jetzt  machen  sie  sich  auf. 

D.  T,  D.  Werder  Ariost  2,  9,  3; 
trägt  eilends  schilf  zu  häuf 
und  alles  moos  (der  noth  musz  alles  taugen) 
zur  lagerstatt.  Wielasd  23,  29  (Uberon  7,  40); 

0  leset  von  dem  gründe 

die  einzeln  hälmlein  a'uf, 

und  traget  sie  zu  bunde, 

und  traget  sie  zu  häuf.    Röckert  214; 

wenn  die  wässerlein  kämen  zu  haut, 

gab  es  wol  einen  flusz.         315; 

wollt  jagen  dort  in  Winchesters  wald, 

rief  seine  herrn  zuhauf.    Uhlakd  ged.  304 ; 

besonders  bevorzugt  diese  formet,  die  in  der  modernen  spräche 
gewöhnlich  auch  die  stelle  des  altern  mit  häufen  (xp.  587)  ein- 
genommen hat,  GöTHE: 

die  blumen,  in  den  wintertagen, 

versammeln  froh  sich  hier  zu  häuf.    4,  95; 

auf  berges  ferne  ballt  sich  auf 

ein  alpenheer  (wölken),  beeist  zu  häuf.    119; 

als  wo  man  emsig  und  zu  häuf 

macht  Vogelbauer  auf  den  kauf.    13,45; 

das  leichte,  tolle,  scheckige  ceschlecht, 

es  kam  zu  häuf,  und  immer  kam  es  recht.    140; 

die  hohen  berge  schröpfen  wir 

aus  vollen  ädern  schöpfen  wir; 

metalle  stürzen  wir  zu  häuf 

mit  grusz  getrost:  glück  auf!  glück  aufl    4I,5f.  ■ 

da  liegt  das  rothe  gold  zu  häuf, 

geschwinde  zu  und  raff  es  auf.    2S5; 

lergl.  ferner  5,  259.  41, 190.  261.  —  zu  häuf  bringen  heiszt  aber 
auch  an  einander  hetzen,  wie  zusammenbringen  oß  gleichen  sinn 
hat;  vergl.  nd.  to  hop  kaomcn  in  streit,  zank  geraten.  Dan- 
neil 84*; 

ich  hab  gebracht  in  diser  zeit 
zuo  häuf  zwei  alte  böse  weib.    hruder  Ilausch  Aij, 
nach  dem  niederd.  texte: 

ik  hcbbe  to  hope  gebrowen 

twe  aide  hose  vrowen.    weimar.  jahrh.  5,  393, 243. 

5)  auf   einem    häufen    liegen,    vom   gefallenen:    denn    wo 

menschliche   Weisheit   und   gewalt  itzt  solt  Deudschland  rc- 

.  ren,  es  lege  morgen  auf  einem  häufen.  Luther  5,47';,  -denn 

o  die  winkelmessen  sollen  fallen,  wanne  lieben  kinder,  wo 

■It   dos   bapstum   so  bald  aof  einem  häufen  ligen.    6,89'; 

if   häufen  stehen,   zusammengeschichtet:    durch  dein  blasen 

ilieten  sich  die  wasser  auf,  und  die  Üut  stunden  aufhäufen 

2  Mos.  15,  8. 

auf  einen  häufen  legen,  werfen,  sammeln,  zusammenfassen: 

das  der  gottlosen  guter.,  böse  guter  sind  und  verdamlich, 

'l.irumh  das  sie  nur  auf  häufen  gesamlet  und  nicht  den  dürf- 

::en  mitgeteilet  werden.   Luther  3,292';   wenn  man  gleich 

Her   inünche  werk  auf  einen  häufen  schlüge,   wie  köstlich 

"■   gleiszcn  mügen,   so  weren  sie  doch  nicht  so  edel  und 

it,  als  wenn  gott  ein  slrohalm  aufhübe.  4,422';  dergleichen 


unzelichen  wunder  mehr,  die  alle  in  diesem  vers  begriffen 
sind  und  in  der  Christenheit  auf  einen  häufen  gerhümet 
werden ,  mit  diesen  kurzen  worten :  ich  danke  dir,  das  du 
mich  demütigest,  aber  hilfest  mir  auch  widerumb.  5,65'; 
wilchs  Salomo  alles  auf  einen  häufen  verwirft,  br.  2,603; 
die  Christum,  sacraraent,  heiligen  und  all  unsern  glanben 
auf  einen  häufen  verspotten  und  verlachen  wissentlich.  FrXjtk 
weltb.  155'. 

6)  ob  einem  häufen ,  zusammen :  das  euch  botz  marter 
alle  mit  einander  ob  einem  häufen  sehend  I  Wickraä  roUw 
169,17  Kurz. 

7)  über  einen  häufen,  sich  über  einen  häufen  erstreckend,  die 
form  eines  haufens  bildend,  haufenweise:  die  andern  alle  über 
ein  häufen  {so  viel  ihrer  sind,  zusammen)  sint  leicht,  täglich 
und  vergebliche  Sünden.  Fischart  bienk.  104';  über  häufen 
fressen : 

du  gehest  sehr  gemach,  und  frissest  über  häufen: 
isz  mit  den  füsaen  doch,  das  maul  lasz  lieber  laufen. 

Opitz  2,  458. 

häußg  ist  dies  über  einen  häufen  mit  verben  des  werfens,  fallens, 
slürzens  verbunden,  anzudeuten  dasz  der  fallende  die  form  eines 
haufens  bildet:  er  wirft  die  gottlosen  über  einen  häufen.  Hiob 
34,26;  praecipitat  verba,  er  wirfts  übern  häufen,  dasz  man  es 
schwerlich  verstehet,  was  er  redt.  Alberds  0  4';  Ataulph 
kommt  nach  Gallien :  wirft  Jovinum  über  einen  häufen. 
Mascoc  1,326;  ihn  .  .  unversehens  über  den  häufen  in  das 
die  gasse  herabflieszende  wasserbächlein  warf.  Salinde  74; 
{welclier)  so  stark  wider  mich  gerent  ist,  dasz  er  mich  und 
mein  pferd  über  häuf  gestürzt.  Amadis  366;  einer  ritte  ihn 
übern  häufen.  Simpl.  l,  46  Kurz;  dasz  ihn  Caspari  über  den 
häufen  stiesz.  Salinde  69;  man  solle  ihn  zufrieden  lassen, 
oder  er  stiesze  einen  über  den  häufen.  119;  wo  dus  ver- 
räthst,  so  stosz  ich  dich  mit  dem  brodmesser  übern  häufen. 
Lenz  1,177;  da  sie  beiderseits  ein  wenig  berauscht  waren, 
so  taumelten  sie  gegen  einander,  und  taumelten  sich  alle 
beide  über  den  häufen.  Münchliausens  reisen  lll; 

die  felder  ligen  öd, 

wirdt  weder  gesäet  noch  geähret, 

als  über  häuf  gekehret 

von  den  kriegsleuthen  schnöd.     Soltau  470  (r.  1G22); 

darumb  müssen  sie  fallen  über  einen  häufen.  Jer.  6,15;  dabei 
oft  einer  mit  dem  andern  überhäufen  feit.  Lehmann  129 ; 
dasz  ich  mit  ihr  {der  leiter)  übern  häufen  und  endlich  gar 
die  stehen  hinunter  gefallen.  Simp/.  4,60  Äi/r:;  solcher  tollen 
unwitzigen  ding  gehen  oft  in  geheimen  canzeleien  viel  für, 
davon  ein  regiment  müste  übern  häufen  fallen ,  wann  gott 
das  böse  nicht  zum  guten  lenkt.  Schdppids  21;  dasz  sie  {Piatos 
republik)  aber,  wann  sie  jemal  gestanden,  überhäufen  gefallen 
were,  hat  Plato  selbst  wol  gesehen.  560;  sein  System  über 
den  häufen  fallen  sehen.  Kant  9,103;  ich  bin  ein  bcttler, 
wenn  die  itzige  Verfassung  nicht  übern  häufen  fällt.  Schiller 
Fiesko  1,  3;  wenn  er  endlich  nach  verschiedenen  jähren  seinen 
schaden  einsah,  so  fiel  das  werk  mit  einmal  über  den  häufen. 
GöTHE  37,269;  da  dann  die  kutscher  auf  die  pferde  weidlich 
hauen  und  ihr  kutschen  alsdenn  so  anstellen,  dasz  oft  wagen 
und  pferde  über  ein  häufen  gehen.  Neander  vom  sei.  ab- 
sterben Cij;  wil  einer  da,  der  ander  dort  hinausz,  so  musz 
das  geschirr  brechen ,  und  wagen  und  pflüg  übern  häufen 
gehen.  Creidids  1,332;  alles  schien  nun  über  einen  häufen 
zu  gehen.  Lohenstein  Armin.  2,893'; 

sie  liefen  weidlich  an, 
dasz  übern  häufen  gieng  gar  mancher  tapfer  mann 
und  würd  ertreten  wol  von  ihnen  mit  den  füszen. 

Opel  o.  Coric  279,  74; 

diesen  formein  zur  seile  steht  über  einem  häufen  mit  den  verben 
der  ruhe  liegen,  stehen,  bleiben:  es  mag  leicht  ein  Sturm- 
wind kommen,  so  ligt  die  bettelei  über  eim  häufen.  Schoppids 
242;  so  wird  sich  das  wasser,  das  von  oben  erab  fleuszt, 
im  Jordan  abreiszen,  das  über  einem  häufen  stehen  bleibe. 
Jos.  3, 13 ;  da  stund  das  wasser  das  von  oben  ernider  kam, 
aufgericht  über  einem  häufen,  v.  16 ; 

weil  ich  lebte,  kunt  ich  beine  wol  so  hoch,  als  fleisch,  ver- 
kaufen; 

wurmen  schenk  Ich  jetzt  was  fleischicht,  beine  bleiben  überm 

häufen. 
LooAü  3,238,112  {grnbschrift  eines  fleischers). 

n.VUFE,  adv.  zusammeitgezogcn  aus  hie  aufe,  hier  oben,  wie 
bauszen  aus  hie  auszen:  welle  menschen  dennc  gestont  und 
blihent  wonnende  uffe  dieseme  felse  und  huffe  crstcrbent, 
die  farent  zu  himmeile  so  es  cit  wrf.  Merswin  7S. 


591 


HAUFECHTIG— HAUFEN 


HAUFEN— HÄUFEND 


592 


HAUFECHTIG,  adj.  und  adv.  meeilerle  form  für  hauficht, 
haufemeise :  haufächtig,  beim  häufen,  beim  lotzel,  beim  tau- 
send, cumulatc,  cumulatim  Maaler  213';  haufächtig  in  einer 
roll  oder  Versammlung,  gregalim  das.;  haufächtig  zesamen 
legen,  accumulare  acerralim  das.;  der  hohen  angebornen  gnad 
nach,  welche  die  ohne  underiasz  gegen  aiiermeniglich  haulT- 
echtig  übet  und  gebraucht.  Antadis  3 ;  es  war  thor  und  feidt 
voller  leut,  liefen  haufächtig  zu.  b.  d.  liebe  20!»';  so  heuf- 
cchtig  zu  seinem  begräbnus  gekommen.  Neander  vom  sei. 
abslerb.  {£r/«rt  1588)  Cvj';  wächst  allenthalben  houfechtig  bei 
andern  Unkräutern.  Tabernaem.  101;  die  Indianer  habenden 
rcisz  in  groszer  menge  und  haufechlig.  653 ;  thate  ganz  hauf- 
echlig  salbe  darein.  WtJRTz  practica  d.  wundarzn,  244. 

HALFEL,  n.,  s.  häuflein. 

HÄUFELN,  verb.  in  häufen  bringen:  buffen  machen,  vulg. 
hulTeln,  cumulare,  aggerere  voc.inc.theut.ki';  accrvarc  houffeln 
DiEfENB.  9*;  cumulare  huffeln,  heulTeln  162'. 

1)  von  gegenständen:  thue  oft  hinzu,  so  heufeit  es  sich 
bald,  adde  parum  parvo,  el  magnutn  cumulabis  acei-vum.  Stie- 
ler 797 ;  die  da  zusammen  heüfeln  und  scharren  die  reich- 
thümer.  Melanchtho.v  2  Cor.  8 ;  die  erde  wird  über  fcldfrüclitc, 
um  den  ueinstock  gehäufelt,  als  bdufclicn  aufgeschüttet: 

bald  mit  hacke,  bald  mit  spaten,  bald  mit  häufeln,  schneiden, 

binden, 
betet  er  (der  winzer)  zu  allen  göttern,  vördersamst  zum  Sonnen- 
gott.    GöTHE  41,  248; 

häufeln,  das  heu,  wenn  es  auf  der  wiese  getrocknet  ist,  in 
kleine  häufen  setzen.  Jacobsson  6,  52' ;  so  duck  wir  in  den 
benden  sint,  hauwe  zo  wenden  off  zo  hufflen,  weisth.  3,  854 
(('.  1491) ;  häufeln  «,s(  auch  ein  geseüschaßsspiel  mit  häufchen  von 
vichl,  kleien  u.  ähnl.,  in  u-elche  geld  versteckt  wird.  Schm.  2, 154 ; 
ferner  ein  hasardspicl  mit  karten:  etliche  häufleten.  Abele 
4,268;  beim  häufeln.  Gokingk  1,157;  unter  verbotenen  karten- 
spielen  wird  aufgezählt:  häufeln  oder  schieben,  kaufmännchens. 
Weimar,  regierungsblau  1865,  s.  358. 

2)  von  personen :  huffeln  das  volk  oder  die  schar,  calervare 

voc.  ine.  theui.  k  4* ; 

schau  wie  wir  uns  umb  dich  hrümb  heufTeln. 

SiKPHANi  geisll.  aclion  (1568)  Eiiij'. 

HÄUFELPFLUG,  m. :  der  häufelpflug,  d.  h.  ein  pflüg  mit 
zweischneidigem  schar  und  doppelten  Streichbrettern.  Perels 
handb.  zur  anläge  und  konslruclion  landwirlschafll.  maschinen  2 
(1SC6)  116. 

HAUFEN,  HÄUFEN,  verb.  cumulare.  die  nicht  umgelaulele, 
in  Oberdeutschland  heimische  form  gehl  zurück  auf  ahd.  höfon 
cumulare,  acervare ,  gahoufön  accumulare  (Graff  4,834.  835), 
mhd.  hüfen ;  die  umgelautete  form,  seil  dem  17.  jahrh.  die  in  der 
schrißsprache  durcliaus  gewöhnliche,  vor  der  sich  häufen  in  die 
ntundarten  zurückgezogen  hat  (Scum.  2, 154) ,  weist  auf  ein  un- 
belegtes ahd.  höfjan,  höfan  zurück,  das  wahrscheinlich  in  der 
mhd.  praeterilalform  höfte  (pass.  74,4  Hahn)  sicli  wieder  findet, 
acervare  huffen  Dief.  a';  catervare  hauffen,  buffen,  nd.  hupen 
107*;  cuT7Ju/'jrc  huffen,  hauffen,  beiffen  102';  zusammen  häufen, 
coacervare  Dasyi>.  ;  heufen,  erschitten  aggerare  ders. ;  heufen 
acervare,  cumulare  Stieler  796;  in  verschiedenen  beziehungen 
und  fügungcn. 

0  einen  häufen  formieren,  von  gegenständen  (häufe  I,  I). 

a)  absolut,  vom  außiäufen  der  schäize:  aber  dem  sünder  gibt 
er  Unglück,  das  er  samle  und  heufe ,  und  doch  dem  geben 
werde,  der  gott  gefeit,   pred.  Sal.  2,  26. 

b)  Iransiiiv :  und  sie  hcufelen  sie  {lodte  frösche)  zusammen, 

hie  einen  häufen  und  da  einen  häufen,  und  das  land  stank 

davon.    2  Afos.  8,14;    die  erde  um  ein  gewächs  häufen,  ad- 

aiierare  humum  Frisch   1,424';    ich  wil  auch  von   dem  wipfel 

des  hohen  cedcrnhawm  nemen,  und  oben  von  seinen  zweigen 

ein  zartes  reis  brechen,  und  wils  auf  einen  hohen  geheuflen 

berg  pflanzen.  lies.  17,22; 

so  ich  ein  wenik  (müf)  auf  dio  gabel  häuf. 

fuitn.  «p.  563,  30 ; 

wir  ich  Voltaire,  warlich,  freund  I 

ich  häufte  keinen  tchatz  und  schlüge  lieiiien  feindl 

Gliib  5,  270; 
riogs  um  dio  alten  mauern  ist  holz  und  stroh  K^hSuft. 

IJllLAHD  i/erf.  :i62; 

man  häuft  ein  masz:    den  ichcffel  häufen,  cumulare  modium 
Faiscii  1,421*;  gehäuft  inasz  zu  lieferen,  weislh.  2,202; 

»V  mixtt  mir  Iriu  mit  hnllirr  )'lcii 

tiiiil  k'ilii  mir  »nrrwr  fiir  dii«  korm 

was  icli  ir  liuui,  dn«  ttrcirhi  »y  iim 
Hältlerin  ' 


ein  grabhügel  wird  gehäuft : 

aber  nachdem  wir  den  todten  verbrannt  und  die  rüstung  des 

todten 
häuften  ein  grabmal  wir  und  stelleten  oben  die  säul  auf. 

Odyssee  12,  14. 

bildlich,   wie   wir   ähnlich   thürmen   gebrauchen:    ich   wil  alles 

Unglück  über  sie  heufen.  b  Mos.  32,23;  hungert  deinen  fcind, 

so  speise  in  mit  brot  . .  denn  du  wirst  koien  auf  sein  heubt 

heufen.  spr.  Sal.  25,22; 

die  Kluth  auf  gluth  um  deinen  .«chcitel  häufen. 
GflfTHE  12,  61; 

ihr  wohl  und  weh  auf  meinen  buscn  häufen.    89; 
laszt  den  herrn  {pocten)  in  gedanken  schweifen, 
und  alle  edlen  <]ualitäten 
auf  euren  ehrenscheitel  häufen.    90. 

c)  reßexiv :  der  staub  häuft  sich  auf  der  strasze ;  der  schult 
hatte  sich  um  diese  alten  mauern  gehäuft;  bildlich:  auf  die 
caliphen  häufte  sich  ein  ungeheures  reich,  das  sie  durch 
Statthalter  muslen  regieren  lassen.  Güthe  6,  42. 

2)  selterier  nach  häufe  3 — 7  änc  schaar  bilden,  schaaren, 
transitiv  und  reßexiv:  werfet  zu  Zion  ein  panir  auf,  heufet 
euch  und  seumet  nicht.  Jer.  4,6;  und  sie  werden  komcn 
und  auf  der  höhe  zu  Zion  jauchzen ,  und  werden  sich  zu 
den  gaben  des  herrn  heufen ,  nemlich  zum  getreide ,  inosi, 
öle.  31, 12 ;  ja  wolt  got,  sie  {die  bettelklOstei-)  weren  alle  abe, 
oder  je  auf  zween  oder  drei  orden  gehaufet.  Luther  1,302'; 
sie  {die  wölfe)  sollen  sich  auch,  wann  es  grimmig  kalt  ist, 
inn  groszer  anzal  zusammen  häufen.    Sebiz  fcldbau  613 ; 

doch  er  empörte  sich  auch  zum  könige!  häufte  Judäa 
um  sich  herum.  Klopstock  4,  82. 

3)  recht  gewöhnlich  ist  häufen  {nach  häufe  9)  unsinnlicher 
gesetzt,  als  poetischer  ausdruck  für  hinzufügen,  viehren,  vermehren. 

a)  transitiv:  zu  heufen  eine  sünde  über  die  ander.  Jes. 
30, 1 ;  du  aber  nach  deinem  verstockten  und  unbusfertigen 
heizen  heufest  dir  selbst  den  zorn  auf  den  tag  des  zorns 
und  der  Offenbarung  des  gerechten  gerichtes  gottes.  Rom. 
2,  5 ;  aber  hernach  da  man  die  mesz  halt  geschetzt  für  ein 
sonderliches  opfer  für  die  sünde  und  für  allerley  not,  ... 
da  hat  man  sie  one  masz  und  ziel  gehaufet  und  ein  rechten 
jannarkt  oder  kremerei  darausz  gemacht.  Flacius  Illyricus 
Olfrid,  vorrede  ß  B;  wolan  so  rechent  sie  wol ,  wo  ihr  es 
änderst  können,  aber  ich  glaub  wol,  dasz  ehe  ihr  von  mir 
kommen,  ihr  eine  schandt  mit  der  andern  häufen  werden. 
Amadis  405 ;  ein  laster  auf  das  ander  häufen,  cumulare  scelus 
seclere  Maaler  213':  schand  auf  schand  häufen,  ein  laster 
über  das  ander  thun,  sceltu^  sceleri  ingerere  das.;  die  gehäuf- 
testen merkmale  von  ergebenheit.  Schiller  908 ;  er  fing  mit 
gehäuftem  athem  an.  J.  Paul  Hesp.  1,42;  in  dem  kleinen 
garten  hatte  er  nacheinander  die  meisten  erfindungen  ge- 
häuft, durch  welche  die  moderne  garlenkunst  die  erde  ver- 
schönert.   Freytag  handschr.  1,35; 

dieweil  mir  nach  fleischlicher  art 

alzeit  angeneml)  und  lieber  wart, 

das  menschlich  geschlechl  zu  heufen  und  mehrn, 

als  zu  verderben  in  kriegshörn. 

J.  ATR8R  408«  (2052,  23  Keller)  ; 

ihr  seid  der  väier  haar?  ihr  häuft  noch  ihre  schuld. 

FLsaiiiG  13; 
sie  läszt  bei  einer  grufl, 
wo  söhn  und  mutler  liegt,  gcliiiude  ihriineii  lliosicn. 

Chr.  Grtphius  ;>(»<•/.  wätii.  2,235; 
seht,  wie  ein  seichter  flusz,  der  voller  wirbcl  la»n, 
je  minder  tief  er  ist,  dio  kleinen  krelso  häuft! 
''  Hagedorn  1,  118; 

der  briidersidiafl  ergrimmto  lucht 

li.iuli  läßlich  die  gewohnten  lücko.    2,  28; 

dicsz  unbefangne  lierz  .  .  • 

will  dich  besäniügeu,  uud  häuft  sein  unrecht  nur. 
GoTTKR  2,  433 ; 
in  die  tiefste  meereshfthle 
»cnke  dein  gehäuftes  leid.    Hahlkr  2,  17. 

//)  reflexiv:  so  sich  marter  imil  unglück  häufet,  h.  d.  lubf 
217';  sinlemal  aber  stolz  und  frechbeil  durch  gewüiischic 
glückscligkeit  sich  pflegt  zu  häufen.  Kirchhof  McriduMm.  ni'; 
die  Soldaten  heufen  sich  im  lande,  excrcitus  augelur,  mulli 
plicalur,  legiones  csplentur.  Stiklkr  79f. ;  seine  gülcr  liciiffii 
sich,  opes  ejus  nmpltfieanlur.  das.;  dergleichen  beispielc  licszeii 
sich  ins  unendliche  li.'lulcn.  Wiklanh  11,35; 

da«  Obel  wird  sich  itets  mit  iihcin  häufen. 
GOTUB  9,  223. 

||\l  KKMt,   V,   .i)i(-T  Iciiiliila. 


>93 


HALFEMACHERIN  —  HÄUFIG 


HÄUFIG 


594 


HÄUFENMACHERIN,  f.  die  die  leute  zusammenbringt,  kupplerin 
(vergl.  zu  häufen  machen  sp.  588) :  das  du  verprent  werdest, 
du  alte  kuplerin  und  haufenmacherin,  ain  feindin  der  erber- 
kait  und  ein  fürerin  alles  Übels.  Wirsung  Calixl.  (1520)  Fiij'. 

HÄl'FENTHAL,  n.  Übersetzung  von  noXvävSoiov  der  sepluag.  : 
'.veil  man  daselbst  (in  einem  Ihale)  Gog  mit  seiner  menge 
begraben  hat,  und  sol  heiszen  Gogs  haufenthal.  Hes.  39, 11 ; 
bis  es  {menschliches  gebein)  die  todtengreber  auch  in  Gogs 
haufenthal  begraben,  v.  15. 

HAUFENWEISE,  adv.  in  häufen,  in  schaaren,  in  menge: 
liaufenvveis,  gregalim,  catervatim,  agminatim  Stieler  24S3 ;  nl. 
hoopwijse  gregatim,  calervalim,  turmatim  Kilian;  und  finden 
sich  die  fäl  und  mängel  erst  haufenweis  alle,  so  das  pferd 
gekauft  ist.  Fischart  ehz.  522  Scheible;  aber  gleichwie  mich 
(las  Unglück  haufenweisz  überfiel.  Simpl.  1,225  Kurz;  wenn 
man  sie  nicht  sonderlich  nölhig  hat,  sieht  man  die  droschken 
haufenweis  beisammen  stehen.  H.  Heine  13,  41; 

die  Weinberg  liegen  oben  strachs 

haufens  weisz.        J.  Ayrer  353*  (1770,  7  Keller). 

nach  häufe  1, 10  wird  holz,  heu,  getreide  «.  äknl.  auch  haufen- 
\ieise  verkauß. 
HAUFERLEI,  f.  grosze  anzahl: 

es  hat  Simplicius  ein  hauferlei  anstösz, 

sie  scheinen  seltzamlich,  und  so  bedünklich  bösz, 

doch  sind  sie  für  ihn  gut.      Simpl.  1,  58  Keller. 

HAUFICHT,  HÄUFICHT,  adj.  copiosus;  als  adv.  copiose,  in 
häufen :  wann  der  herr  hat  sy  (Maria)  überschvvenklich  reich 
wollen  machen  und  haufecht,  von  wölcher  reichtumb  wegen 
ist  gemeeret  worden  die  freüd  aller  gots  hailigen  und  engel. 
Keisersberg  sc/it/f  d.  jpe;M25';  haufigklich,  haufecht,  acervalim, 
catervatim,  conjunclim ,  conglobatim  Dasvp. ;  dise  seind  alle 
haufecht  hinweg  gezogen.  Frank  «eZ/f;.  28';  die  wie  die  maul- 
beer und  brombeer  haufecht  auf  ein  andern  sitzen.  Thurn- 
EiszER  magna  alchymia  (1583)  2, 106 ;  wann  das  harz  häuficht 
hcrausz  getrungen ,  scharren  sie  es  ab.  Tabernae.«.  1347; 
denn  als  . ,  die  feind  aber  in  der  nähe  herumb,  nach  ersehung 
des  feurs ,  haufecht  daselbst  hin  geritten.  Würstisen  Basler 
chron.  (1580)  188; 

de  er  (Cäsar)  den  zepter  an  sich  nam, 
syn  sorg  und  angst  im  hufTeht  kam. 

Bhast  narrensch.  56,  10; 
da  sieht  mans  haufecht  umbher  stahn, 
geschickt  in  ihrer  Ordnung  gähn. 

B.  Waldis  d.  päbstisch  reich  1,6. 

d:e  nebenform  h&nlel  unlerdrückl  die  gulluralis  der  bildungssilbe : 

dem  fuchs  sie  (rfie  hunde)  häufet  liefen  nach. 

B.  W.ALD1S  Esop  3,  91,  57 ; 
das  körn  im  veldt,  im  stall  das  viech 
gerieth  stets  wol  und  mehret  sich, 
und  schlug  als  häufet  zu  mir  zu.    3,  94,  107, 
es  seind  viel  tausent  klöster  da. 
da  ligens  häufet  ob  einander.    4,  4,  57 ; 

d:ese  form  erscheint  auch  nasaliert: 

Machomet  raitzt  der  seinen  giei 

auf  sinnlich  wollüst  als  di  thier, 

dadurch  er  heufent  seel  beschwert. 

sein  thorhait  ist  nit  antwort  wert.    Schwarze?iberg  254"; 

und  sie  wird,  nach  der  Schreibweise,  von  einigen  als  parlicip  des 
vtrbums  häufen  angesehen:  ich  hett  allen  vorrat  häufend  im 
hausz.  WiRscRG  Calist.  k2;  das  sy  häufend  niderfallen  in 
solcher  menge  . ,  Fr.\thk  weltb.  13' ;  da  findet  man  auch  häufend 
wilde  helfanten.  216';  es  sollen  aber  die  füsz  der  Vernunft 
äugen  nachgehen  . .  wo  das  ihr  sichere  fliegen  theten,  fielt 
ihr  nit  also  häufend  in  mein  netz.  ägr.  spr.  (1560)  356'. 

HÄUFIG,  adj.  und  adv.  zu  häufe,  welches  seit  dem  \l.  Jahr- 
hundert das  vorige  häuficht  für  die  Schriftsprache  verdrängt  hat. 
C'jnglobatim,  lurmalim  heufig  Alb.  gg3';  in  verschiedenem  sinne. 

1)  nach  Laufe  1  in  bezug  auf  eine  aufgeschichtete  menge  von 
(iojensländen,  in  häufen,  haufenweise,  reichlich:  an  dem  Stengel 
stehen  die  blumen  und  der  same  ganz  dick  und  häufig. 
Tabernaem.  817;  etwas  häufig  haben,  afcunrfare  a/igi/a  re  Frisch 
1,425';  doch  war  Müller  gutes  mulhes,  trug  häufige  steine 
zusammen.  Gothe  32,30; 

die  ir  acht  für  gros  sünd  und  schand 
gelt  anrüren  mit  bloszer  band, 
und  nempt  dasselbig  heufig  doch 
in  ewer  hcndschuch  immer  noch. 

Fischart  v.S.  Domin.  Gl*; 
weil  itzt  in  Ilafls  kasse  doch  das  geld 
nicht  eben  allzuhäufig  ist.    Lkssing  2,  233; 
IV.  II. 


und  wie  dem  meerpolypen,  den  einer  hervor  aus  dem  lager 
aufzog,  häufige  kiesel  {mncivai  ?.ai'yy£s)  die  ästigen  glieder 
umhangen.     Odyssee  5,  433 ; 

diesem   (dem  Ölbaum)  umher  das  gemach  erbauet  ich  bis  zur 

Vollendung, 
häufige  stein  anordnend  und  bühnete  zierlich  die  decke. 

23,  193; 

wenige  retteten  sich  aus  graulicher  fluth  ans  gestade 
schwimmend  daher,  und  häufig  umstarrt  die  gheder  das  meer- 
salz.     23,  237. 

häufig  heiszt  auch  reich  an  gütern ,  eine  fülle  gutes  habend,  wie 
häufe  ohne  weitern  zusatz  gut  und  schätze  bezeichnet  (sp.  583) : 
oopfafl"en,  sie  sein  selig,  dj  sie  in  dem  heiTcn  verstorben 
sein,  und  ir  todt  ist  kostparlich  vor  gottis  äugen,  sie  haben 
ein  ewig  leben,  und  sein  nicht  tod  vor  got  und  ir  leben  ist 
heufiger  und  volkomlicher  worden  in  irem  stand.  Carlstadt 
sermon  v.  stand  der  christglaub,  seelen  B  ij'. 

2)  nach  häufe  3  in  bezug  auf  eine  menschenschaar,  in  menge, 
in  schaaren,  haufenweise,  dicht  gedrängt:  da  kamen  die  fürsten 
und  landvögte  heufig  für  den  könig.  Z)an.  6, 6;  und  liefen 
die  teufel  heufig  zu.  Ayrer  proc.  3,1;  das  volk  geht  heufig 
zur  kirchen,  homines  innumeri  sacra  frequentant.  Stieler  796; 
da  geschähe  mitten  in  der  predigt  ein  solcher  erschreck- 
licher harter  donnerschlag  in  die  kirchen,  dasz  . .  die  leute 
häufig  ausz  der  kirchen  liefen,  und  sich  viel  in  mein  hausz 
reterierten.  Schüppios  219 ;  ich  hatte  aber  kaum  den  einen 
fusz  in  die  sfadt  gesetzet,  da  liefen  die  jungen  häufig  zu. 
Simpl.  2,270  Kurz;  man  hat  das  werk  den  äugen  der  neu- 
gierde  entziehen  wollen :  man  hat  die  gemeinen  leser,  welche 
der  name  Berengarius  zu  häufig  anlocken  dürfte,  wollen  vorbei- 
schieszen  lassen.  Lessing  8,  332  ; 

in  welcher  Stadt  es  heufich  geith 
die  aller  klügsten  handweiksleut. 

J.  Ayrer  103'  (522,  16  Keller) ; 

zu  durchstürmen  die  häufigsten  schaaren  der  fliehenden  Troer. 

Stolberg  11,  367; 
allein  ihr  habt  der  freunde  häufig, 
sie  sind  verständiger  als  ich  bin.    Göthe  12,  161. 

in  bezug  auf  schaaren  von  thieren :  häufig  zusammenfliegen, 
catervatim  et  gregatim  volare  Henisch  1149,  48 ;  auch  handelte 
ich  sogleich  mit  den  einwohnern  um  solches  gefieder  (fasanen), 
welches  sie  auch  sogleich  häufig,  getödtet ,  herbeibrachten. 
Göthe  27,171; 

die  thier  zohen  heufig  zu  feidt. 

ß.  Waldis  Esop  2,  52,  33. 

v(m  den  wogen  der  see ,  die  vom  dichter  als  feinde  und  belebt 
aufgrfaszt  sind: 

die  see  brach  häufig  ein.    das  todte  schiff  ertrank. 
P.  Fleming  82; 
die  seen  kahmen  ganz  das  schwache  schifi"  zu  decken, 
und  spielten  heufig  ein.  204. 

3)  häufig  copiosus,  über,  superßuus,  nach  häufe  9,  in  bezug 
auf  eine  Vielheit  irgend  welcher  art  oder  einen  hohen  grad:  dem 
dritten  meinem  bruder  dem  allerliebsten,  ist  desz  Untergangs 
ursach  genesen  die  gar  häufige  lieb  desz  ehrlichen  und  ge- 
meinen guls.  ScHüPPiDs  757;  ein  heufiger  regen,  iiimbus,  imber 
densissimus  Stieler  796;  heufige  kugeln  in  der  Schlacht,  imber 
plumbeus  das.;  unter  vergieszung  häufiger  thränen.  Felsenb. 
1,113;  häufigen  dank  sagen,  cumulale  gratias  a^we  Frisch 
1,  425';  einem  dinge  häufig  ein  genüge  thun,  abunde  rei  satis- 
facere  Steinbach  1,  712;  der  saame  sie  {die  gespenster)  zu  glauben, 
liegt  in  uns  allen ,  und  in  denen  am  häufigsten,  für  die  er 
(der  dramatische  dichter)  vornehmlich  dichtet.  Lessing  7, 51 ; 
in  meiner  seele  hat  es  einen  häufigen  vorrath  des  süszesten 
trostes  hinterlassen.  Weisz  die  Wiener  haupt-  und  staats- 
aclionen  175 ; 

jetzt  geht  mein  Unglück  heüfich  an. 

J.  Atrer  343''  (1722,  29  Keller) 
da  flosz 
häufig  die  thräne  vom  aug  mir  herab,  du  weintest,  ich  weinte. 

GöTOK  1,  300. 

4)  die  moderne  spräche  braucht  von  hier  aus  häufig  vielfach 
in  bezug  auf  ercignisse  und  handlungen,  die  sich  oß  wiederholen, 
und  als  adverbium  kann  es  geradezu  durch  oft  ersetzt  werden: 
seine  allzuhäufigen  besuche  bei  ihr  fielen  auf;  es  kommt 
häufig  vor,  dasz  das  ganz  unerwartete  geschieht;  sie  kamen 
sehr  häufig  in  groszer  anzahl  in  die  stadt.  Seüme  mein  leben 
70;  im  kriege  ..  sind  die  ausnahmen  häufiger,  s.  74;  da 
diese  werke  vermuthlich  sehr  gern  gelesen  und  häufig  gekauft 
werden    würden.    PCrger  331';    beschuldige   mich   nicht  der 

38 


595 


HÄUFIGKEIT  —  HAUGELD 


HAUGEWEHR  — HAUPT 


596 


anglomanie,  lieber  leser,  wenn  ich  in  diesem  bucbc  sein 
häufig  von  Engländern  spreche.  H.  Heine  2, 121 ; 

seil  du  luir  die  bibel  gegeben, 
les  ich  so  bäuüg  darin.    IIöltt  41  Hahn. 

HÄUFIGKEIT,  f.  cofia,  ahundanlia ,  a/flucnlia,  viullüudo, 
numerus:  heufigkeit  der  Icute  macht  den  markt,  frequcnlia 
hominum  nundinarum  gloria  est.  Stieler  796;  LeuQgkeit.  der 
Worte,  copia  verborum ,  alias  wortvorrat.  das.;  die  Jahreszeil 
übt  einen  sehr  deutlichen  cinflusz  auf  die  käufigkcit.  ausländ^ 
iO.  Jahrg.,  s.  991. 

BÄUFIGLICH ,  adv.  niü  liaufen,  a  greggi,  per  hranchi.  Hul- 
sios  "1*. 

HÄUFLEIN,  n.  kleiner  häufe,  mhd,  hCirelin :  huffbl,  aggcllus, 
maniiiulus,  parvus  cumulus  voc.  ine.  llieul.  k  4*. 

1)  ton  gegenständen :  Ijuffel  uff  einem  acker,  vianipulus  voc. 
ine.  theut.  ]i  i' ;  grundheüflin  auf  eim  acker,  grumus,  grumulus 
Dasvp.  ;  ein  häuflein  salz,  grumulus  salis  Fhisch  1,425*. 

2)  von  menschen :  denn  der  gottlosen  sceplcr  wird  nicht 
bleiben  über  dem  heu^in  der  gerechten,  ps.  125,3;  und  ein 
klein  heuflin  uberbleib,  und  ein  fürst  im  hause  David.  Sir. 
48, 17; 

denk,  was  das  proste  beuflin  tbut, 
das  sei  on  zweilel  recht  und  gut. 

grobianm  (Frankf.  ibüS)  DG'  (6.1,  cap.h); 

von  einer  kriegerischen  schaar :  versamleten  sich  die  kinder 
Benjamin  hinder  Abner  her,  und  wurden  ein  häuflin.  2  Sam. 
2,  25;  riefen  gott  an,  der  sein  volk  von  der  weit  her  erhalten, 
und  seinem  lieuflin  offenbarlich  geholfen  hatte.  2  3/acc.t4, 15; 

lange  harren  sie  (die  kricger)  vertniszlcr, 

docn  ihr  häuflein  wachset  nicht.    Uhland  ged.  290; 

dann  in  bezug  auf  eine  gemeinde,  ein  kleines  volle:  ein  jglichs 
heuflin  im  ganzen  Israel.  2  Mos.  12,6;  verachte  dein  heuflin 
nicht,  das  du  aus  Egypten  erlöset  hast,  slüclw  in  Esther  2,  6 ; 
fromme  Christen  nennen  sich,  niil  anlehnung  hieran,  heuflein 
gottes ,  heuflein  der  gerechten :  dieweil  aber  gott  der  herr 
gleichwol  noch  sein  heuflein  hat,  so  sind  je  das  selige  leute, 
die  auf  Christum  sehen.  Selneccer  christliche  psalmen  (1587) 
vorrede ; 

juchz,  erd !  und  hiinmel,  dich  crccil! 

die  wunder  gotts  mit  fröud  erzeli, 

die  er  hiit  hat  begangen 

an  sim  trostlosen  hüllin  klein, 

das  sasz  mit  siill  fridsam  in  ein, 

mit  b'ätt  hält  fosz  verlangen. 

A.  Hlaarer  ein  gsang  uff  den  pfingsltag; 

verzage  nicht,  o  heuflein  klein ! 

obschon  die  feinde  willens  sein 

dich  ganzlich  zu  verstören.    Fabricius  geistl.  tied. 

HÄUFLICH,  adj.:  dann  dise  sect  ward  mit  heuflicher  an- 
gebuiig  dermaszen  beschwert  . .  S.  Fban*  ehron.  133*. 
HÄUFLICHEN,  adv.: 

dorinn  der  gut  gmcln  bidcrman 
sein  schütz  und  schirm  könt  sicher  han 
vor  allem  bösen  zwang  und  gwalt, 
der  sonst  bäuflichcn  auf  uns  fallt. 

llcrchlold.  rcdiv.  111. 

HÄUFUNG,  »I.  schwavim  der  in  haufenform,  besonders  gern 
um  kieferslämmc,  wächst.  Frisch  1,425*. 

HÄUFLINGEN,  adv.,  acervalim ,  cerlalim:  heiiflingcn  zum 
thor  auszhin ^fallen,  rucre  portis  Maaler  220";  dz  volk  lauft 
heuflingen  zuhin ,  fallt  mit  groszen  häufen  zuhin ,  affluit 
muUitudo.  das.;  und  als  die  lüt  hüfflingen  zuhin  lüffind. 
I)iVx/.  Cv'. 

IIAUFNiTZ,  s.  haubilzc. 

HÄUFTIG,  adj.  in  häufen,  stall  häufig,  uol  aus  liäufetig  fitr 
liaufechlig  entstanden  {vergl.  häufet  für  hauficht  sp.  593): 
wcssentwegen  sich  dann  die  mülleinohc  hcuftig  bei  mir  ein- 
fanden. Simpl.  3, 179  Kurz. 

HÄUFUNG,  f.  acervatio,  coacervalio,  accuniulalio.  Frisch 
1,  425*. 

HAUFWEBK,  n.  das  auf  einen  häufen  vor  der  sdmclzhütle 
gcschiUlele  erx.  Vbitb  deuUches  bergwörlerbuch  1,270  {mü  alleren 
belegen). 

HAUti,  m.  ein  dünner,  im  groszen  augenuinkel  der  pferdt 
und  de>.  rindriclu  liegender  knorptel ,  besonders  ucnn  er  wider- 
naliirUdi  hervorgetrieben  f.s/  und  die  Sehkraft  hindert;  jtterijgium. 
F«i»cn  1,424'.  auch  in  der  form  bauk:  nagel  oder  hauk  in 
den  Öligen  der  pfcrde.  das.  aus  Flehincs  teuUcJietn  jdgrr. 

HAU(;ELD,  n.  gtld,  «a$  die  berghduer  für  ihr«  arbeit  be- 
kommen. 


HAUGEWEHR,  it.  die  mit  einer  kUnge  versehene,  zum  hauen 
gebrauchte  wa/fe.  Jacobsson  6,  52*. 

HAUHAMMEIt,  «i.  bei  den  bergleiden  ein  hammer ,  dessen 
köpf  auf  einer  seile  heil-  odci-  hauenarlig  gestaltet  ist.  mineral 
lex.  290*.  bei  den  feilcnhaucrn  der  hammer,  der  den  beim  hauen 
der  feilen  gebrauchten  mcisel  treibt.  Jacobsson   2,  22!)'. 

Hauhechel,  /■.  ononls  arvcusls,  das  slacMkraut.  Nemnicu 
4,  767 ;  hauwhcchel,  ononia  Maaler  215*.  das  uorl  zeigt  rück- 
sichllich  seines  ersten  Iheils  die  viilteldeulschc  form  von  heu,  hau 
auf,  ebenso  üblich  ist  die  form  heuhechel,  s.  d. 

HAUHOLZ,  «.  1)  holzslamm,  der  zum  umhauen  reif  ist. 

2)  wald,  der  gehauen  werden  kann,  silva  caedua.  Frisch  1,423'. 

3)  Iiauholz ,  splitterholz ,  arbores  quae  suceisac  ex  slirjnbus 
el  radicibus  renascuntur.  Stieler  854. 

IIAUIG ,  adj.,  mhd.  houwec,  zum  hauen  lauglich,  haubar: 
an  den  orten,  do  es  (das  holz)  hawig  ist.  Michelsen  d.  Mainzer 
hof  s.  45 ;  wann  man  ein  stuck  häuigcs  waldcs,  so  prcnnholz 
fällig,  will  zu  jucharten  abmessen.  Sebiz  feldb.  475;  das 
holz  ist  gar  nicht  iiauig,  d.i.  läszt  sich  nicht  wol  hauen, 
non  est  scissilc  lignum  istud.  Stieler  788. 

HAUK,  s.  hauch,  sp.  569  und  hang. 

HAUKLINGE ,  f.  klinge  eines  haudegens.  beim  grobschmid 
lieiszt  auch  so  ein  slitck  von  einem  alten  säbel,  tcomit  die  alten 
ndgel  und  der  abgenutzte  huf  eines  pferdes  abgenommen  werden, 
wenn  solcher  neu  beschlagen  werden  soll.     Jacobsson  2,  229'. 

HAUKLOTZ,  m.  klotz,  worauf  der  /leiscfier  das  fleisch  haut, 
haublock. 

HAUMEiSZEL,  in.  mciszel  der  windenmacher  zur  auszahnung 
der  eiserneu  windenslange, 

HAUMESSER,  n,  messcr  dir  bürsten-  und  kammacher ,  zum 
abhauen  der  borsten  oder  behauen  der  kammplatten.  Jacobsson 
2,  230*. 

HAUNE,  m.  {mhd.  hftne  neben  hiune),  der  hüne  (s.d.): 
sagt  man  hingegen  von  riscn  und  haunen.  Garg.  41*. 

HAUPT,  n.  Caput. 

A.  form  und  Verwandtschaft. 

golh.  haubiji ;  alts.  hobid,  nd.  h6vet,  hoofd;  altnfr.  houvot, 
hovit,  nicderl.  iioofd;  ags.  hoafod,  aüengl.  haved,  iieved,  ncit- 
engl.  head;  fries.  häved,  hafd,  häd;  altn.  höfud,  schwed.  hufvud, 
dän.  hoved ;  ahd.  houbit,  mhd.  houbet.  die  hochdeutschen  for- 
men verlaufen  in  zweierlei  weise,  in  den  eigentlich  oberdeutschen 
dialeclen ,  dem  alemannisclien  und  bairisch-öslrciciiischen ,  vermag 
das  alle  i  der  endsilbe  den  slammhaften  vocal  gewöhnlich  nicht 
umzulauten,  der  mhd.  form  houbet  folgt  ein  jüngeres  iioupt, 
haupl,  dessen  labialis  in  der  Schweiz  öfter  verloren  geht  (haud, 
haut  ein  haupl  Tobler  258';  ebenso  niederländisch  :  hood,  hoofi, 
Caput  Kiman),  während  in  Österreich  der  worlsddusz  eigenartig 
assimiliert  wird:  so  sol  man  in  nemen  und  sol  in  mit  dem 
haupp  setzen  in  dye  grueb.  wcislh.  3, 694  {von  1460) ;  dazu 
stimmt  die  kärnlhnische  form  happ  Lexer  134;  in  Tirol  liapp, 
liap  Fromm.  5,  448.  im  mitteldeutschen  gebiete  dagegen,  zunäcJtst 
vorzüglich  in  Franken  und  Hessen  war  eine  mit  umiaut  detstamm- 
vocals  versehene  form  sehr  gebräuchlich,  deren  ältester  beleg  noch 
in  die  ahd,  zeit  hinauf  reicht:  also  daj  hoibet  richtet  caetera 
mcmbra.  Williram  70,17  u.ö.; 

vane  vüe^in  unz  an  di;;  hoihit.  .inno  761 ; 
Caput  hcubit,  Jieubl,  heupt  Dief.  09'  {mitlelrhcin.,  Ib.  jahrh.); 
hctt  mich  der  churftirst  uberkummen ,  er  hell  mirs  henpt 
vom  hals  genumincn.  Alberus  widder  Witzeln  51  5*;  der  herr 
wirt  von  Israel  auszreulcn  häupt  und  schwänz.  Reiszner 
Jerus.  2,  V2i* ;  saufen  macht  das  huupt  schwer.  Schdppius  199 ; 
da  ihm  die  dornerno  kröne  noch  auf  dem  häuplc  sasz.  277 ; 
hals  und  heubt.  weislh.  3,332  {Hessen,  au));  hals  und  heupt. 
s.  333;  in  iHningen  und  Obersachsen  waren  die  umgelaulete  und 
unumgelautete  form  gleich  häufig  in  anwendung ,  wie  im  nd. 
hovel  und  hofd;  Luther  braucht  die  crsterc ,  und  auch  nach 
seiner  seit  erscheint  sie  bei  Schriftstellern  düringischer ,  ohersäcJi- 
siselter ,  auch  niederdeutscher  heimat:  das  häupt.  pers.  rosenth. 
5,17;  ein  weih,  das  auf  den  knicen  liegend  am  crciiz,  ihr 
hüupt  auf  seine  verwundete  füsze  legt.  Scriver  .welensch.  2,  331 ; 
nl.H  er  zu  tische  sasz,  crfeuchiet  liAuiu  und  hart 
(Ins  iiardpnwii.>tsor  dein,  der  vor  gesnibcl  ward 
zu  dem  gedritien  anipt.  Fleming  6; 

wie  t\>'n  Ailnsz  iftchlPf  joheii 
lim  di'N/  sirrnrnorhscus  hftnpt, 
wenn  sir  iiriiinini-bi'U  .slrhnn, 
und  kein  Miihvind  sie  vrrlrcilit.    335; 
dann  sieht  er  wie  o|n  hold,  «o  priuhtig  wie  zuror, 
und  hebt  sein  inpIVes  hAupt  iroti  doinem  grimm  cmpni. 

^tVMAML.  luttwalHchrt'  III, 


597 


HAUPT 


HAUPT 


59« 


aber  Jt'te  diese  form  gegen  die  unumgelaulele  bereits  selten  gebraucht 
nird,  so  verdrängt  diese  letztere  die  erslere  sät  dem  17.  jahrh. 
in  der  schriflsprache  vollständig,  bis  auf  eine  bis  jetzt  gebliebene 
spur,  die  pluralform  des  Korles  ist  nämlich  mehrfach,  enttceder 
der  unumgelauteten  singularform  gleictt:  hew  ihn  beiden  die 
haubt  ab.  heldenbuch  1545  L*;  oder  mit  antritt  der  silbe  -er, 
ahd.  -ir  gebildet,  welche  silbe  umlaut  wirkt  (häupter;  heubter 
Stiele«  791);    ungewöhnlich  ist  hier  das  fehlen  des  umlautes: 

vier  grausamlicher  wilder  tier, 

die  wollen  in  verschlicken  schier 

mit  geduckten  haubtren  gar  rorchtsaro. 

H.  Sachs  von  Gödeke  1,  130-, 

eiiie  dritte  form  von  jener  umgelauteten  singularform  herslammend 
und  ihr  glrich:  die  heubt  der  lüwen.  offenb.  9,17,  hat  sich  in 
der  festen  Verbindung  zu  häupten,  aber  bis  in  die  neueste  zeit 
erhalten :  zwei  lichter  . .  eins  zu  häupten ,  das  ander  zun 
füszen.  Wickram  rollw.  36; 

solt  Alexander  ruhn,  nnd  schlafen  mit  vergnügen, 
so  musten  buch  und  tolch  zu  seinen  häupten  liegen. 

Flejuss  223; 
er  hätte  des  Vorhangs  äuszersten  säum, 
zun  häupten,  mit  zeigetinger  und  daum 
ganz  sacht  ein  wenig  weggeschoben.    Wielasd  21,  76; 
zu  häupten  sah  er  dreizehn  Schilde  hangen.    Göthe  13,188; 

und  mir  zu  häupten  ibürmen  golden 
sich  welken  auf  in  stiller  pracbt. 

R.  Reimck  /jeder  6; 

weitere  beispiele  siehe  unten  B  1, 2, a  und  c;  ähnlich: 

lasz  die  reichen  körbe  sehen, 

die  ihr  auf  den  häupten  traget.    Göthb  41, 24, 

wie  von  der  unumgelauteten  form  mundartlich  die  labialis  ausfiel, 
so  auch  von  der  umgelauteten ;  die  bcispiele  hierfür  zeigen  das 
wort  nur  in  übertragenem  sinne  {unten  B  II),  aber  nur  des- 
wegen ,  weil  dasselbe  in  eigentlicher  bedcutung  dem  volke  nicht 
mehr  gerecht  und  durch  köpf  ersetzt  ist:  in  Hessen  häubt,  häud, 
heid  krauthaupt  Vilmar  154;  in  Koburg  haed  krauthaupt  Fromm. 
2,  278,  57 ;  in  Luxemburg  häd  kraiUkopf,  en  häd  zaiot  (salat). 
Gaxgler  193 ;  in  Dürittgen  und  Obersachsen  bald,  hed,  z.  b.  in 
krauthaid ,  krauthed ;  heut,  pflughaupt  Thaer  beschreibung  der 
nutzbarsten  neuen  ackergerdte  5.2;  rheiniscli-westfälisch : 

da  kommt  der  wind  und  häkelt  es  (das  Spinngewebe)  vom  haid. 
Droste-Hölshofp  ged.  40. 

Was  die  abstammung  des  Wortes  betrifft,  so  hat  es  Kchn"  (zeitsclir. 
für  sjirachvergleichung  1, 137)  sicher,  indem  er  goth.  haubi})  aus 
früherem  hahubij),  habuba^)  erhlärt ,  zu  dem  allind.  kakiibh 
gipfel,  kakuha  aus  kakubha  hervorragend  gestellt,  und  auf  eine 
sonst  niclit  belegte  wurzel  kubl»  emporragen  zurückgeführt ,  die 
schon  unter  haube  und  häufe  herangezogen  wurde,  mit  dem 
deutschen  haupt  kann  lat.  caput ,  griech.  y.efalrj  nur  insofern 
verwandt  sein ,  als  diese  worle  auf  eine  wurzel  kabh  hiitweisen, 
die  als  nebenform  von  kubh  anzusehen,  nichts  hindert,  da  gerade, 
wie  unter  häufe  angeführt  ist,  diese  letztere  wurzclforvi  mehrfaclt 
so  im  vocale  wie  im  schlieszenden  consonanten  Schwankungen  zeigt. 

B.  bedeutiing. 

1.  hauft  im  eigentlichen  sinne,  an  menschen  und  thieren. 

1)  die  moderne  spräche  Jiat  für  den  be^ff  caput  zwei  Worte, 
haupt  und  köpf,  das  erslere  gewöhnlich  nur  in  gehobener  rede 
verwandt,  das  letztere  der  spräche  des  gemeinen  lebens  mehr  eigen  ; 
das  erstere  zumeist  den  betreffenden  körperlheil  nur  nach  säner 
äuszern  erscheinung  bezeichnend,  das  letztere  sowol  nach  seinen 
äuszern  als  nach  seinen  innern  bezügen.  die  denkmäler  früherer 
Jahrhunderte  aber  kennen,  da  köpf  sich  erst  nach  und  nach  an 
sleUe  des  altern  haupt  eindränrß  {vergl.  th.  5, 1749),  dieseti  unter- 
schied im  gebrauche  noch  nicht,  hatipt  sieht  hier  auch  noch  in 
gewöhnlicher  redeweise,  wo  uns  jetzt  köpf  ausschlieszlich  gerecht 
wäre:  d6  jiincvrouwe  Gerderüt  also  kranc  wart  in  urme  houbte. 
Chronik  des  Ciarenklosters  zu  Weiszenfels,  neue  miitlicil.  des  dür.- 
sdchs.  nreins  11,404;  so  es  doch  alles  nach  ewern  haupt 
geen  inusz.  .Mmon  bog.  Aiij;  venTJckelt  oder  verbunden  haupt, 
imohäum  cuput,  wüst  haupt,  turpe  caput  Maaler  213';  von  dem 
haupt  ziehen  durch  eingcgübne  arznei,  deducere  de  capite  2\3' ; 
zuweilen  des^  hcubts  zu  verschonen  mit  der  gniszern  arbeit. 
LiTHER  5,43';  durch  schwacheit  meines  heubts.  0,11";  das 
sie  nichts  mehr  am  kriegsmann  hoch  achten,  dann  den 
Übergüllen  heim  uff  dem  häupt.  Ai.berus  ehbUchlm  Ei';  ein 
armer  mensch,  welcher  in  Verwirrung  des  haupts  gerathen 
war,  und  der  dolle  Johanne«  genannt  wurde.  Scbcppius  229 ; 
ine  wei;,  wie  mir  miu  dinc  stc: 
min  boubet  tuot  mir  sfire  w«.    Tritlan  320,  34; 


als  ob  nit  ouch  inn  tfitscher  art 

noch  wer  Vernunft,  sinn,  houbter  zart  ('feine  köpfe'), 

do  mit  man  wjszheit  kunst  möcbt  leren  (lernen). 

Brast  narrensch.  92,  20 ; 

so  wolt  sie  mir  das  haubt  waschen,  fastn.  sp.  756,  3; 
in  der  rechtssprache :  das  hoeste  gericht  zu  Aula  über  hals  und 
heubt.  ireis/ft.  3, 332  (r.  1419),  vergl.  unter  hals  sp.  247;  in  redens- 
arlen :  widerunib  auf  unser  seilen,  ist  der  adel  so  frech  und 
stolz,  als  wüssl  er  nicht,  ob  er  auf  dem  heubt  gehen  wolle. 
Litther  5,202';  wan  sie  ..  nit  gleich  nachkommen  können, 
brechen  sie  ihre  häupter,  und  denken  nicht,  dasz  sie  es 
betten  bleiben  lassen  sollen.  Spee  güld.  tugendbuch  C98  {vergl. 
den  köpf  brechen  th.  2,347.  5,1759);  item  als  vil  höupter  so 
vil  sinne.  S.  Braxt  bei  Steishöwel  142*,  ine  niederl.  so  menich 
hoofl,  so  menighe  sin.  .Marnix  81* ;  auf  eim  vollen  bauch  steht 
ein  frölich  haupt.  Agr.  spr.  (1560)  53';  wann  das  haupt  liegt, 
so  liegt  der  leib,  sagt  das  Sprichwort.  Cbeidics  2,399;  wie 
das  haubt,  also  der  leib.  Schottel  1124';  er  hat  ein  loch  im 
haubte.  lUS';  darum  könnte  ich  die  legation  dergestalt  auf 
mich  nicht  nehmen,  denn  es  möchte  mir  am  haupte  mangeln, 
da  ich  das  faütlein  hinsetzen  sollte.  Schweixicben  l,  226 ;  in 
der  fügung  vom  haupt  bis  zu  den  füszen :  wenn  aber  der 
aussalz  blühet  in  der  haut,  und  bedeckt  die  ganze  haut,  von 
dem  heubt  an  bis  auf  die  füsze.  3  .Vo5.  13,12;  von  der  fus- 
solen  bis  aufs  heubt  ist  nichts  gesundes  an  im.  Jes.  i,  6 ; 
vol  grewlicher  schrecklicher  goltesleslerung  vom  heubt  an 
bis   zun   füszen.    Luther  l,5S';    ähnlich    haupt  und  glieder: 

so  wie  ihr,  ihr  fürstengold, 

haupt  und  gliedern  heil  und  hold 

gabt  durch  den  vermählungsring.    Logau  2,  28, 3. 

vergl.  auch  eine  anzahl  der  unten  folgenden  composila,  hauptader, 
hauptkissen,  hauptvvehe  u.  a. 

2)  von  diesem  alten  gebrauche  des  teortes  reichen  noch  andere 
feste  formein  zum  theil  bis  in  die  heulige  spräche  hinein. 

a)  so  zum  haupte  wachsen,  übermächtig  werden,  heute  gewöhn- 
lich über  den  köpf  wachsen :  unser  missethat  ist  über  unser 
heubt  gewachsen.  Esr.  9, 6 ;  so  lesset  er  {gott)  ein  mechtigs  reich 
aufkommen  und  den  andern  zun  heupten  wachsen.  Mathes. 
Sar.  82';  summa  weil  die  greckischen  reichstedte  und  ire 
forsten  unter  einander  eins  blieben,  waren  sie  dem  persischen 
reich  zun  heupten  gewachsen.  85";  damit  sie  ihrem  gegen- 
theil  zun  häupten  wachsen.  87";  wir  sind  euch  zum  {so) 
häupten  gewachsen.  Schuppiüs  837;  dasz  sie  sie  {die  mutier 
ihre'  töclüsr)  sich  hat  lassen  zu  den  häuptern  wachsen,  frau 
Schlampampe  leben  78;  keine  macht  konnte  unbemerkt  und 
sicher  den  schwächern  zu  haupte  steigen.  Moser  patr.  phant. 
1  (lT98)  172;   noch  in  ganz  sinnlicher  tvrwendung: 

den  trägem  in  den  furchen  all 

wächst  übers  haupt  der  trauben  schwali. 

Uhlasd  ged.  320. 

b)  auf  das  haupt  schlagen,  zur  veranschaulickung  vollständiger 
verniditung ,  weil  das  haupt  der  edelste  und  wichtigste  theil  des 
ganzen  körpers  ist:  sich  völlig  so  geberdelen,  als  ob  derfilosof 
nun  aufs  haupt  geschlagen  sei  und  gar  nicht  wieder  auf- 
stehen könne.  Wiei-And  19,62;  der  feind  ist  bis  aufs  haubt 
geschlagen,  occidione  occisus  est  hostis.  Stieler  791;  da  man 
die  Midianiter  aufs  haupt  erlegt,  beuten  die  Juden  auch  blei 
aus.  Mathes.  Sar.  101* ;  hernach  erlegten  sie  den  Triarius 
aufs  haupt.  Lohe.nstein  Arm.  i,  212*. 

c)  häufig  ist  orts-  und  richtungsbeslimmung  nach  dem  haupte: 
dein  himel  der  über  deinem  heubt  ist.  5.  Mos.  28,  23 ;  ewige 
freude  wird  über  irera  heubte  sein.  Jes.  35, 10 ;  die  hoffnung 
fuhr  wie  ein  stern,  der  vom  himmel  fällt,  über  ihre  häupter 
weg.  Göthe  17,359; 

steh  mir  imm«r  am  haupt,  wenn  mich  des  morgenschlafs 
leiser  fittig  umweht,  lächelnder  wonnetraum.    H6ltt  76  f/alm  ; 

die  erde  bebt  und  über  deinem  haupte 

bricht  das  gewölb  zusammen.    Uhla?io  ged.  t87; 

siehst  du  hoch  ob  meinem  haupte 

jenen  vogel?    R.  Rkihick  lieder  170; 

namentlich  in  der  Verbindung  zu  haupt  : 

ihr  zum  haupt  nun  trat  sie.    Odyssee  4,  803; 
zu  haupt  zwei  sanfl  erglühende  (rasen), 
zwei  dunkle  niederwärts.    Ublamo  ged.  117; 
es  saust  ihm  zu  haupte  der  schwarze  wald.    s.  213; 
eine   Verbindung   die   seit   allen    zeiten    auch  iiluratisch  verwendet 
wird,   wie  zu  bänden   für  zu  band  sp.  338,  zu  köpfen  5,  nsj 
(die  pluraUsche  Verbindung  wol,  um  dadurch  die  ungefähre,  nicht 
ganz  scharf  bestimmte  ricidvng  nach  der  kopfseite  hin  anzug^en) ; 
es  gilt  zu  häupten  vnd  auch  zu  häupten,  vergl.  oben  sp.  597: 

38* 


599 


HAUPT 


HAUPT 


600 


sein  gehäsze  (kleidung)  zS  den  haupten  auf  das  pettc  leget. 
Steinhöwel  83,  38  Keller;  er  nara  einen  stein  des  orls,  und 
legt  in  zu  seinen  lieubten.  l  Mos.  28, 11 ;  der  spies  des  königs, 
und  der  wasserbecbcr,  die  zu  seinen  heubten  waren.  1  Sam. 
26, 16 ;  oben  zu  seinen  beubten  beften  sie  die  ursach  seines 
todes  besclirieben.  Mailh.  27,  37 ;  da  sab  er  sein  liebes  bonig- 
krüglin  über  im  zu  baupten  bangen.  Garj.  225';  mein  niänt- 
lein  zun  baupten.  Schweiniciien  1,111;  eine  (frau)  welcbe 
dem  scbönsten  berbsttage  glich,  den  man  sehen  kann,  sasz 
zu  seinen  baupten.  Wieland  6,98;  die  haare  vonderslirne 
des  fuchses,  wenn  man  sie  kleinen  kindern  zu  baupten  legte, 
wären  gut  gegen  das  ertrinken.  Eichendobf  Lucanor  153. 
das  pluralische  dieser  Verbindung  vollsländig  ins  licht  zu  stellen, 
heiszt  es  bei  ]Vilw.  v.  Schauviburg :  und  als  der  krank  fürst 
zu  nacht  schlafen  soll,  bette  er  auf  nichts  zu  liegenn,  den 
das  im  stroe  in  sein  kamer  geslreit  und  sein  regenmantl 
under  die  baubt  gelegt,  bis  so  lang  im  sein  betgewant  wider 
bracht  warde.  s.  191 ; 

wenn  wir  des  ktimmers  last  zu  uusren  haupten  legen. 

LoGAu  1,  4; 

denn  wie  leuchtets  ihm  zu  haupten?    Götue  41,230, 
der  sonst  die  umgelaulele  form  braucht:  so  stand  nun  der  sarg 
Ottiliens ,   zu    ihren    baupten  der  sarg  des  kiudes,  zu  ihren 
füszen  das  küfferchen.  17,  408 ; 

[wenn)  nachts  das  übermasz  der  Sterne 
prächtig  mir  zu  haupten  glüht.    47,  e9; 

trost  und  segen 
soll  er  dir  zu  haupten  legen,    s.  187. 

andere  Ortsbestimmungen:  weiszeslu  auch,  das  der  herr  wird 
deinen  herrn  heute  von  deinen  heubtch  {über  dir  hinweg) 
nehmen  ?  2  kön,  2,  5 ;  namentlich  in  bezug  auf  die  läge  des  Iwpfs 
im  belle,  wofür  auch  schon  vorher  beispicle :  sie  geht  nach  dem 
bette,  er  folgt  ihr;  sie  zieht  einen  deich  von  haupten.  Göthe 
42,  229 ; 

so  8t08Zt  in  euer  bet 

ein  messer  unter  euer  haupt. 

H.  Sachs  von  Gödeke  1,  196. 
Von  einer  richlungsbestimmung  gelU  auch  aus  das  adverbial  ge- 
wordene und  zusammengerückt  geschriebene  überhaupt ,  s.  dass., 
das  der  bedeutung  nach  aber  allerdings  an  die  kopfzahl  (unten  9,  b) 
angelehnt  ist,  es  heiszt  in  der  richtung  oder  erstreckung  über  alle, 
insgemein;  gleicher  bedeutung  ist  ein  älteres  zu  haupt:  kämen 
die  partheyen  also  weit  in  der  tbüdingh,  dasz  sie  urtheil 
sezten ,  urtheil,  welche  der  hof  weisz  were,  die  solle  er 
weiszen  ohne  wiedersprucb;  urtheil,  die  er  nicht  weisz  were, 
die  soll  er  zu  haupt  heischen  zu  Winkel  für  meines  herren 
Schöffen  auf  der  partheyen  kosten,  weisth.  2,  386  {v.  1506). 

d)  das  haupt  dient  auch  als  maszbeslimmung :  (Saul)  war  ein 
junger  feiner  man,  . .  eines  heubts  lenger,  denn  alles  voik. 
iSam.  9,2; 

und  eines  hauptes  länger  als  die  ritter  alle 
stand  er  vor  könig  Artus.    Wiki.and  18,  14. 

3)  der  neuere  und  seit  dem  häufigen  aufkommen  von  köpf 
allmälich  entstandene  gebrauch  von  haupt  weist  dieses  wort  vor- 
zugsweise der  gehobenen,  dichterischen  rede  an.  gewöhnliclier  wird 
es  nur  nach  seiner  hervorragenden  Stellung  und  äuszern  erscheinung 
gezeichnet,  seltener  als  sitz  des  dcnkcns  betont:  er  soll  itzt  einen 
rath  crthcilen,  und  sein  haupt  ist  mit  dünsten  beschweret. 
Gei.lert  C,  297 ;  der  bauch  der  vettcln  soll  plötzlich  mehr 
wissen,  als  das  haupt  und  das  herz  der  weisen.  1mhebm.\nn 
Münchh,  2,173;  {die  sonne)  erwärmte  mein  haupt,  dasz  alle 
unreife  gedanken  darin  zur  Vollreife  kamen.  11.  Heine  1,11, 
vergl.  unten  9,c; 

(du  musl  mich  wol)  für  einen  groszcn  escl  halten, 
denn  liätt  ich  auch  ein  haupt  von  kohl 
mit  sprcu  gerüllt,  so  kahler  lehren, 
zum  henkcr!  könnt  ich  doch  entbehren. 

W1EL4I1D   18,  376. 

fügungen  wie  die  folgende: 

aber  die  (tritt  bleibt  ungegleubt, 

und  Hill  mir  iiit  so  bald  zu  licupt. 

II.  Waldis  hnp  4,  84,  02, 
ttnd  jetzt  durdi  zu  köpf  verdrängt,  die  adjcciive ,  die  zu  dem 
warte  treten ,  «nd  vielfach  von  dem  haare,  als  dem  auffallendsten 
theite  det  hauptet  genommen:  sein  hcuht  aber  und  sein  bar 
war  Mcis,  wie  weisze  wolle,  als  der  scbncc.  o/fenb.  1,14; 
grauw  baupt,  cajßut  eanum  Maaler  213*;  mit  kahlem  weiszen 
baupt.  J.  I*ACL  ii/.  4, 13u;  die  junge  dnmc  war  sehr  schön, 
eine  herrliche  geslalt,  auf  dem  lurkigini  hauptc  ein  helni- 
arligcr,  schwarzer  atlasbut.  H.  Heink  1,77;  mü  kupf  wedi- 
telnd:   M.  wer   vom  kaiier  eineo  aufirag  hat,   den  sieht  es 


{das  kind)  mit  einem  schein  um  den  köpf  . ..  H.  ists  wahr, 
mein  kind?  siehst  du  einen  sdiein  um  mein  graues  haupt? 
GtiTUE  42,344; 

er  senkte 

sein  weiszes  haupt  und  schwieg.    Wieland  18,26; 

mir  beugts  das  graue  haupt.     Uuland  ged.  201; 

da  warf  er  in  den  nacken  stolz 

sein  triefend  haupt  zurück.    Frkiligrath  ged.  (1845)  120. 

studentisch  ein  bemoostes  baupt  von  allen  Studenten.  —  Von 
dieser  anschauung  her  wird  dann  gesagt  das  baupt  scheren, 
das  haupt  raufen  {lliob  1,  2o),  für  das  baupthaar. 

4)  durch  haltung  und  bctvegungen  des  hauptes  werden  etnpßn- 
dungeii  des  menschen  angedeutet. 

a)  der  mulvolle,  zuversichtliche,  freudige,  stolze,  kecke  trägt 
das  haupt  hoch,  hält  das  haupt  empor:  er  wird  trinken  vom 
bacbe  auf  dem  wege,  darumb  wird  er  das  heubt  empor  heben. 
ps.Ul,';  wenn  aber  dieses  anfehet  zu  geschehen,  so  sehet 
auf,  und  hebt  ewer  heubter  auf,  darumb,  das  sich  ewer 
erlösung  nahet.  Luc.  21,28;  aber  itzt  hat  sie  {die  walirheil) 
den  sieg,  und  tregt  das  heupt  empor.  Luther  6,496*;  er 
schritt  erhobenen  hauptes  durch  die  Versammlung;  er  trägt 
das  haupt  so  hoch ,  als  wenn  die  band  der  majestUt  nicht 
über  ihm  schwebte.  Göthe  8,185;  wem  mut  und  stolz  gegeben 
wird,  dem  wird  das  haupt  erhoben:  und  wird  nu  erhöhen 
mein  heubt,  über  meine  feinde  die  umb  mich  sind.  ps.  27,  h. 

b)  das  haupt  senkt,  beugt  der  demütige,  mutlose,  traurige, 
müde,  nachdenkliche:  der  oberamtmann  bedachte  sich,  senWe 
das  haupt.    Immermann  Münchh.  4,  50  ; 

sie  spinnt  mit  dem  gesind  indessen  um  die  wette, 
und  netzt  die  finger  wol,  bisz  sie  auch  allgemach 
das  haupt  legt  auf  die  hrust,   und  folgt  dem  maune  nach 

{zu  belle).    Opitz  1,  139 ; 
Zjthere  hing  ihr  häupt  (trauernd).    Fleming  665; 

traur  ihn,  Georgia, 
du  seine  lieblingin, 
und  rolle  einen  schleir  um  dein  gesenktes  haupt. 

Höltt  45  Halm; 
(da  zeigt  sie  ihm)  ein  holdes  mägdlein  sitzend  warten 
am  bachleia,  beim  holluuderstrauch; 
mit  abgesenktem  haupt  und  nug, 
sitzt  unter  einem  apfelbaum, 

und  spürt  die  weit  rings  um  sich  kaum.    Götue  13,  130; 
und  dieses  haupt,  das  trauernd  niederhieng, 
es  hebt  sich  in  der  blumen  frischem  schmucke. 

Uhland  ged.  18ö; 

senkt  die  lanz  als  müder  Streiter, 

neigt  das  haupt,  wie  schlummcrschwer.    249; 

er  schlummert  auf  demselben  stein 

schon  manche  hundert  jähr, 

das  haupt  gesenket  auf  die  brüst, 

mit  grauem  hart  und  haar.    307; 

er  liesz  das  rösziein  langsam  gehn, 

das  haupt  er  traurig  senkte.    345; 

du  lehnst  das  baupt  auf  deine  band. 

0  schönes  mädchen,  bist  so  still; 

dein  blick  schweift  von  der  barke  rand, 

als  ob  er  etwas  suchen  will.    R.  Rsinick  lieder  162; 

daher  heiszt   ein  so  gesenktes  haupt  auch  ein  sinnendes  baupt: 

uud  mit  sinnendem  haupt  sasz  der  kaiser  da, 
als  dächt  er  vergangener  zeiten. 

Schiller  grnf  r.  Habsburg  v.  III. 

dem  sorgenvollen  ist  das  haupt  schwer: 
du  lösest  ohne  mühe, 
wovon  das  haupt  mir  schwer.    Uhland  ged.  312; 

es  wird  im  schmerze  hin  und  her  gewendet: 
wir  verkehren  linupt  und  bände, 
und  thun  kläglich  mehr  als  sehr.    Fliiino  807. 

c)  in  Iraner  wird  das  haupt  verhüllt :  David  aber  gieiig  den 
üleberg  hin  an  und  weinet,  und  sein  heubt  war  verhüllet. 
2  Sam.  15,30;  sie  gehen  travviig  und  belrübt,  und  verhüllen 
ire  heubter.  Jer.  14,3;  der  alte  Moor  verhüllt  sein  haupt  in 
das  kissen.  Scnii.tEH  rduber  2,  2 ;  sie  verhüllte  das  haupt  und 
schwieg.  HiEHL  cullurgesch.  nov.  3C4 ;  im  hücltstcn  schmerze  wird 
es  gerauft  {vcrgt.  oben  3):  da  stund  iiiuh  auf  und  zureis  sein 
kleid  und  rauft  sein  hcubl.  lliob  1,20;  symbol  der  trauer  ist 
das  werfen  von  staub  und  asclie  auf  das  haupt  (itrgi  asch« 
theil  1,580):  Josua  aber  zureis  seine  kleidcr  ...  sampt  den 
citcsicn  Israel,  und  worfen  staub  auf  ire  beubicr.  Jos.  7, 6 ; 
warf  Tbamar  asschen  auf  ir  heubt  und  zureis  den  bunten 
rock,  den  sie  anhatte.  2  .Sam.  19,10;  und  danach: 


aacliu  lriii;i'iiil  ntil  ilcni  Imupi  (al*  btuter). 

Oai.AND  god.  187, 


601 


HAUPT 


HAUPT 


602 


(/)  der  zwäfelnJe,  verneinende,  «>itti7%e  schüttelt  das  haAipt: 
ich  wolt  auch  mit  worten  an  euch  setzen,  und  mein  heuLt 
also  über  euch  schütteln.  Hiob  16,4;  und  die  für  über  giengen, 
leslerlen  in ,  und  schüttelten  ire  heubter  (golh.  vi{)öndans 
haubida  seina).  Marc,  15,  29 ;  darum  (verzweifelnd)  winseln 
auch  die  geister  des  abgrunds,  aber  der  im  himmel  schüt- 
telt das  haupt.  ScHaLER  rättber  5,1;  es  heiszt  auch  das  haupt 
zweifelnd  wiegen ; 

ein  zechgesell,  der  keinem  glaubt, 
begrüszt  ihn,  schüttelnd  mit  dem  haupt. 

ÜHLAND  ged.  321 ; 
sie  machten  ein  groszes  wesen 
und  schüttelten  kläglich  das  haupt; 
sie  nannten  mich  den  bösen.    H.  Heine  15,  101. 

e)  das  nicken  mit  dem  haupte  ist  zeichen  des  einverständ- 
nisses  und  beifalls:  da  er  bemeriite,  dasz  der  vornehme  ihm 
verstehende  blicke  zuwarf  und  bei  einigen  stellen  (der  predigt) 
beifällig  mit  dem  haupte  nickte.  Immermann  Münchh.  3, 34 ; 
nachdem  N.  ausz  zufäll  nicht  reden  mag,  durch  mich  ge- 
fragt ,  hat  mit  zeichen  oder  winken  der  achseln  oder  desz 
haupts  verwilliget,    notariatsordn .  zu  Cöln  1512,  §  7. 

/■)  der  unterivürßye  neigt,  entbloszt  das  haupt:  der  ritus 
adorationis  war  eine  solche  ceremonie ,  da  man,  nach  dem 
unterschiede  des  Standes,  durch  tiefes  haupt-schlagen,  neigen 
des  leibes  etc.  die  ehrerbietung  an  den  tag  legte.  Hahn 
histor.  (1721)  1,64  not.  k;  ich  aber  legte  meine  arme  kreuz- 
weis auf  die  brüst,  beugte  gläubig  das  haupt.  H.Heine  1,140; 
er  durchschwärmte  Deulscliland  . .  mit  unbedecktem  haupte, 
barfusz,  und  erbettelte  sein  brod  vor  den  thüren,  Schiller 
rat(6er  2,  2 ; 

empfleng,  mit  bloszem  haupte, 
die  herren  an  der  thür.    Höltt  9  Halm; 
voran  drei  schlegelkönge,  zu  fusz,  demüthiglich, 
mit  unbedecktem  haupte,  die  äugen  unter  sich. 
Uhland  ged.  362. 
das  neigen  des  Hauptes  als  grusz: 

als  ausgefüret  wurt  der  teuer, 

sach  er  sein  lieb  im  fenster  wol, 

er  neiget  ir  sein  haubet.  H.  Sachs  von  Gödeke  1,  208. 
g)  dagegen  ist  es  das  recht  des  freien  marines  und  des  hcrsohers, 
als  zeichen  ihres  ranges  das  haupt  zu  bedecken:  sie  (die  drei 
Pfeifer  beim  Frankfurter  pfeifergerichl)  tragen  blaue  mit  gold 
verbrämte  mäntel  .  .  und  haben  das  haupt  bedeckt.  Göthe 
24,34;  der  könig  ..  betrat  den  thron,  bedeckte  sein  haupt 
mit  dem  heim  und  verlas  folgende  . .  thronrede.  volkszeitung 
vom  6.  august  1866. 

5)  beim  haupt  wird  geschworen:  auch  soitu  nicht  bei  deinem 
heubt  schweren,  denn  du  vermagst  nicht  ein  einigs  bar  weis 
und  schwarz  zu  machen.  Malth.  5,36;  wie  man  dem  ent- 
sprechend strafe,  Unglück,  verderben,  böse  folgen  auf  ein  haupt 
kommen,  fallen  läszt:  ewer  blut  sei  über  ewer  heubt,  ich 
gehe  von  nu  an  rein  zu  den  beiden,  apostelgesch.  18,  6 ; 

wenn  dennoch  eben  dieser  Schweden  ankunfl  — 

gerade  die  es  war,  die  das  verderben 

beflügelte  auf  ihr  so  sichres  haupt?    Wollenst,  tod  5,  5; 
abgeleitet  ist 

auf  das  geliebte  reine  haupt  der  blitz, 

der  mich  zerschmetternd  sollte  niederschlagen,    das. ; 
lad  ich  nicht 

auf  mein  haupt  alle  fürchterlichen  folgen?    5,  6; 

häuft  alles  leiden  sich  auf  meinem  haupt?    Teil  4,2; 
vergl.  auch  unten  9,  o  die  bezeichnungen  schuldiges,  schuldvolles 
haupt.     der  fluch  wird  von  jemandes  haupte  genommen:  ihr 
werdet  freilich  den  fluch  von  seinem  haupte  laden.  Schiller 
Täuber  1, 1, 

Hie  dat  unglück,  kommt  auch  glück  über  das  haupt: 
ihau    himmel,  heil,  und  lasz  gut  glücke  regnen 
auf  dieses  edle  haupt,  Fleming  475. 

6)  zur  ruhe  wtrd  das  haupt  niedergelegt:  sein  haubt  nicht 
sanU  Jegen.  Schottel  llis';  wenn  ich  mein  haupt  nieder- 
legen und  ruhen  AviU.  Güthe  19,12;  des  menschen  son  Iiat 
nicht,  da  er  sein  heubt  hin  lege.  Malth.  8,  20 ;  wer  nicht  hat, 
wohm  er  sem  haupt  hinlegt,  leidet  oft  kleinere  pein,  als 
dfer  nicht  hat,  wo  er  seine  —  band  hinlege.  J.  Paul  uns. 
löge  2,  95 ; 

nehmt  mein  haupt  in  euren  schosz!    H.  Heine  15,  t36. 
das  haupt  legen  für  sterben: 

nun  wer  wir  ruh  im  herzen  haben 
weil  das  kind  hat  sein  haubt  gelegt, 
das  mich  zu  trawren  hat  bewegt. 

H.  Sachs  3,  2,  225*; 


bis  mein  müdes  haupt  ich  lege 

ferne  in  ein  kühles  grab.    H.  Heins  15,  45. 

7)  einem  das  haupt  bieten ,  ihm  trotzen  (vergl  den  köpf 
bieten  theil  5, 1753J :  einem  das  haubt  bieten ,  cornua  alicui 
obverlere.  Stieler  791. 

8)  anders  das  haupt  bieten,  darstrecken,  zur  Vollziehung  der 
lodesstrafe:  sein  haupt  darstrecken  oder  darbieten  ab  ze 
schlahen,  dare  cervices  alicui  .M.\aler  213*;  worzu  ich  ..  auch 
mein  altes  haupt  willig  darstrecken  will.  -Zigler  Banise  (1700) 
s.  31;  weil  das  tOdten  durch  abschlagen  des  hauptes  bewirkt  wird : 
so  werde  mir  wie  einem  Verbrecher  das  haupt  abgeschlagen. 
Bt5RGER  332"; 

dein  haupt  rauosz  dir  über  ein  swerlklingen  hopfen. 
fasln,  sp.  297,  21; 
Roland  ihn  bei  den  haaren  griff, 
hieb  ihm  das  haupt  herunter.    Uhland  ged.  342. 

daher  das  haupt  verlieren,  getödtet  werden,  wie  mhd. 
swer  ir  minne  gerte      der  muose  äne  wanc 
driu  spil  an  gewinnen      der  vrowen  wol  geborn : 
gebrast  im  an  eime,      er  het  daj  houbet  verlorn. 
Nib.  326,  4. 

9)  vielfach  wird  haupt  für  den  ganzen  menschen  genommen 
(wie  köpf  5, 1752). 

a)  so  wird  es  zu  adjectiven  gestellt,  die  eigentlich  nur  auf  die 
menschliche  person  gehen :  um  mein  träumendes  haupt.  H.  Heine 
1,  55; 

ach  wüsztest  du, 
wer  vor  dir  steht,  und  welch  verwünschtes  haupt 
du  nährst  und  schützest.  Göthe  9,  14; 

dasz  ich  an  dir  ein  schuldvoll  haupt  beschütze.    15; 
ich  bin  Orest!  und  dieses  schuldge  haupt 
senkt  nach  der  grübe  sich  und  sucht  den  tod.    s.  49; 
wo  ist  der  alte?  dasz  ich  ihn  sehe, 
das  theure  haupt,  das  vielverehrte, 
das  mit  den  göttern  zu  rathe  sasz.    s.  58; 
welch  ein  gespräch  der  forsten  find  ich  hier! 
diesz  ist  des  königes  verehrtes  haupt!    s.  91; 
denn  rief  ich  nicht  mit  thörigem  beginnen 
gefahr  und  tod  auf  dieses  theure  haupt?    s.  313; 
und  über  seinem  schuldgen  haupte  bricht 
das  schöne  bild  der  ganzen  weit  zusammen.    19,  13; 
die  edle  Bern  erhebt  ihr  herrschend  haupt. 

Schiller  Teil  4,  2; 

hierher  namentlich  gekröntes  haupt  für  hersc/ier,  weil  das  haupt 

eines  künigs  die  kröne  trägt: 

doch  bis  die  kröne  nun,  die  goldene, 

dein  haupt  umfangen  wird.    Uhland  ged.  183; 

welches  eine  der  vornelimsten  lügenden  gekrönter  häupter 
ist.  Zigler  Banise  (noo)  s.  44;  die  diamanten  sind  spitzige 
pfriemen,  welche  gekrönten  häuptern  ihre  ruhe  verstören. 
676;  er  war  klug  genug  einzusehen,  dasz  die  gekrönten 
häupter  sein  freches  unternehmen  nicht  wohl  vermerken 
würden.  Göthe  19, 116 ; 

auch  lady  Gray  war  ein  gekröntes  haupt. 

Schiller  M.  Stuart  1,  6. 

b)  nach  häuptern  wird  die  menschenzahl  bestimmt:  das  sind 
die,  kinder  Levi  unter  irer  veter  heuser,  und  furnemsten  der 
veter  die  gerechnet  wurden  nach  der  namen  zal  bei  den 
heubtern.  l  cAron.  24,  24 ;  so  manch  heubt,  so  manch  halber 
sekel  (abgäbe).  2  Mos.  38,26;  nemet  die  summa  der  ganzen 
gemeine  der  kinder  Israel, . .  alles  was  raenlich  ist,  von  heubt 
zu  heubt.  4.V0S.  1,2;  in  die  häupter  erben  (in  capila ,  nach 
köpfen).    Mainzer  landrecht  1755,14  §7; 

er  zählt  die  häupter  seiner  lieben, 

und  sieh!  ihm  fehlt  kein  theures  haupt.    Schiller  glocke. 

c)  auch  in  andern  Verbindungen  vertritt  haupt  die  ganze  person, 
so  wenn  denken  und  wissen  derselben  betont  werden  soll:  das 
dritte  haubt  tregt  schwer,  das  einem  zu  eng,  ist  dj-eien  zu 
weit,  und  zweien  gerecht:  was  über  zwei  herze  kommet,  das 
kommet  aus.    Schottel  1121*; 

das  qualvoll  uralte  räthsel, 

worüber  schon  manche  häupter  gegrübelt. 

H.  Heins  15,  253; 
aber  auch  anderweit: 

sie  rettet  unversehrt  ihr  unerkanntes  haubt. 

Hagedorn  2,  19; 
iii  die  tage  des  flügelkleids, 
die,  im  scherzenden  tanz,  über  mein  haupt  entflohn. 

Hölit  72  Halm; 
es  ist  (Wallensiein)  ein  gar  zu  groszes  haupt. 

Schiller  Wallensl.  tod  5,  2; 
des  lebens  dunkle  decke  breitete 
die  mutter  schon  mir  um  das  zarte  haupt.    Göthe  9,  29; 


G03 


HAUPT 


HAUPT 


604 


nein,  nein,  wir  lassen  dich  nicht  wandern, 

du  wärst  ein  zu  gefährlich  haupi.    A.  W.  Schlkgel  Arion. 

graues  haiipl  {üben  sp.  600)  für  einen  alten  mann:  für  eini 
grawen  hcubt  soltn  aufslehcn ,  und  die  allen  ehren,  3  Mos. 
19,32;  0,  wie  fein  steheis  wenn  die  grawen  beuble  jveise 
und  die  alten  klug  . .  sind.  Sir.  25,  6. 

10)  tde  von  menschen,  so  tjill  haupt  nalürlich  attdi  von  Ihiercn: 
sollen  ire  hende  auf  des  farrcii  heubt  legen,  2.Vc«.  29,  10; 
die  beuble  der  rosse,  wie  die  heubt  der  liiwen,  offenb.  9, 17 ; 
sähe  ein  tbieraus  dem  meere  steigen,  das  hatte  sieben  heubtcr. 
13,1; 

das  mcndlein  (der  viper)  slöszt  vor  lieh  sein  haubt 

dem  wvihlein  iu  sein  munde,    H.  Sachs  v.  Gdileke  1,168; 

langhärtig  aus  den  zweigen 
schaut  eines  geisbocks  haupt  herab  mit  ernstem  neigen. 
Freiligrath  Qeil.  (1S45)  404. 

es  wird  namenllich  das  grosze  vieli,  rinder  und  pferde  nach 
bäuptern  gezahlt,  das  kleine  nach  stücken;  der  [hoßaner)  sol  ban 
sQben  ziechender  vihes  boupl.  neisth.  l,  438 ;  niemand  darf  . . 
auf  der  gemeindeweide  mehr  als  100  häupter  groszes ,  und 
r.00  stück  kleines  vieh  grasen  lassen.  Niebüur  3,15;  von 
jedem  haupt  groszes,  von  jedem  stück  kleines  vieh.  3,17; 
in  IJalz  war  ein  gesammt-rindviebbestand  von  392  haupt: 
davon  sind  12  getüdtet  und  3S0  haupt  sind  gerettet.  Hall, 
zeilung  18C9,  no.  225 ;  bair.  ain ,  zwei  haupt  oder  häuptlcin 
menend  (zugvieh).  Sch.m.  2, 223.  nach  dem  altdeutschen  rechte 
fällt  beim  tode  eines  eigenmannes  das  beste  baupt  an  den  lehns- 
herrn,  vergl.  RA.  364:  wanne  dasz  heupt  von  dem  haus  mit 
thoid  abgebet,  ist  die  wilwe  oder  erben  ein  best  heupt  schul- 
dig under  dem  gespaltenen  fuesz  (d.  h.  unlei-  den  rindern), 
tfcisth.  2, 123. 

II.  haupt  in  übertragenem  sinne. 

1)  nie  haupt  das  hervor  und  aufragende  glied  des  menschlichen 
körpers  ist,  so  tvird  der,  der  nach  rang  und  ansehen  sich  ans- 
zeiclinet,  ein  haupt  genannt. 

a)  allgemein  von  dem  ersten  einer  Vereinigung,  anführer,  befehls- 
hc^er,  Vorsteher:  ouch  so  besieh  ob  yergens  zwen  oder  dry 
büupt  zusamen  stoszent  und  wollen  einen  eigen  raidt  halten. 
mittelalterl.  hausb.  36,  4 ;  igolt)  hat  in  {Christum)  gesetzt  zum 
heubt  der  gemeine  über  alles.  Eph.1,22;  das  Christus  ist  eines 
jglicbcn  raannes  beubt,  der  man  aber  ist  des  weibes  heubt, 
gott  aber  ist  Christus  heubt.  1  Cor.  11,3;  berief  er  das  ganz 
Israel  und  ire  eltesten  heuhter,  richter  und  amplloute.  Jos. 
23,2;  da  nam  sie  David  an,  und  setzt  sie  zu  beubtern  über 
die  kriegsleut.  Ichron.  13,18;  sie  wurden  balstarrig  und 
würfen  ein  heupt  auf.  Neh.  9,17;  gott ..  bat  diese  nacht  der 
gottlosen  heubt  umbracht,  durch  meine  band.  Judith  13,  26 ; 
{die  Wächter)  die  unser  baubt  binausz  verordnet  bette.  Götz 
v.  B.  75 ;  wanne  dasz  heupt  von  dem  haus  mit  thoid  abgehet. 
weisth.  2,122;  das  haupt  das  die  andern  all  anrieht,  anlisics 
Maaler  213*;  die  dritte  sagt,  vielleiclit  wird  aus  diesem  kind 
ein  tapfrer  und  kühner  soldal  werden,  der  .  .  zu  einer  baupt- 
maimstelle  wird  gelangen,  dann  in  solchen  Iriumphspiel  soll 
spadi  in  buhcrem  preis  sein,  als  denari,  wordurch  mancher 
zu  einem  haupt  ^^ird,  der  einen  schlechten  köpf  bat.  Auii. 
A  S.  Clara  merks  Wien  (l6S0)  s.  15  ;  ungeachtet  Roderich  ihn 
zwar  zum  baupte  seiner  beere  gemacht.  Louknstein  Arm. 
1, 174^;  diese  zeilung  veranlaszte  eine  geheime  beratbschlagung 
unter  den  bäuptern  der  rauber.  Wieland  1,  57  ;  vielleicht  ist 
mehr  erbilterung,  rachsucht  und  eigennulz  als  wahre  Vater- 
landsliebe in  den  beweggründen  der  hüupler  der  cmpürung. 
7,  l!»2;  der  Sänger  wurde  für  seine  ergötzende  mühe  durch 
gastfreie  aufnähme  in  den  wobuungnn  der  häupter,  auf  den 
vcrsammlungsplätzcn  der  menge  belohnt,  A,  W.  Sciilegei. 
12, 3S6;  das  liaupl  dieser  familie,  Ihmerman!«  MünclJi.  I,  201 ; 

und  Wirt  nit  wol  regieret, 

W.1  vil  der  tieiibicr  siiit.    üula!<d  volktl.  012; 

zumatil  als  haupt  und  als  «oldat 

heTchlen  wol  und  wol  verrichten.    Wkceiirrlin  365; 

0  haubt  der  götter!  {Zeut).    Hagrdorn  2,  29; 
der  noih  gehorchend,  nicht  dem  eignen  trieb, 
tret  li'h,  ihr  greisen  fiaiipier  dieHer  Kliidt, 
heraus  zu  euch.      Scuili.kr  braut  v.  .UpD«ina; 
cf  «lad  die  hohen  häupter  der  srhlngelbrüderschafi. 
Uhlano  grri;  301. 

'  ■       •ritll  ron  dem  j/otilisrhrn  liersrher,  fürsten,  kiiniije,  kaiser : 

ii;iria  das  iicnbt  ixt  in  Ephraim,  so  sol  der  von   ite- 

.......u  Jas  beubl  zu  Samarla  sein.  Ut.  7,9;  gott  der  hcrr  bat 

den   ungläubigen  judcn    den  kei«cr  Neru  zum  haupt  geben. 


Reiszner  Jerus.  2,122';  Scheschian  ist  ohne  baupt;  alles 
elend  und  alle  gräuel  der  anarchie  schlagen  über  dem  un- 
glücklichen lande  zusammen.  Wieland  7,193;  der  prächtigste 
slaatswagcn,  auch  im  rücken  mit  einem  ganzen  Spiegelglas 
versehen,  . .  liesz  uns  ganz  bequem  kaiser  und  künig,  die 
längst  erwünschten  häupter,  in  aller  ihrer  herrlicbkeit  be- 
trachten. GöTHE  24,305;  der  pabst,  das  haupt  der  kirchen, 
Ernst  bilderhaus  2  {10S6)  474 ; 

als  vilcr  Völker  haupt,  lierr,  deines  knechts  person 
hast  du  das  regimcni  zu  führen  selbs  gekrönet, 

Weckuerlin  72, 

nach  ;)s.  18,  44:    machest   mich  ein  beubt  unter  den  beiden; 

du  [Karl  V.)  bist  ain  haupt  und  hcrr  auf  ertreich 
und  got  dein  herr  im  hiraelreich. 

ScuADK  sat.  u.  pasqu.  2,181,202. 

häufig  ist  hier  die  formet  hohes,  oberstes  baupt,  auch  im 
officiellen  stile:  die  röm.  kaiserl.  ..  majt.  unser  allergnädig- 
ster  heiT,  das  höchste  haupt  und  obrigkeit.  Dreviiaupt  Saal- 
kreis 1,378;  er  wisse  und  verstehe  nicht,  wie  man  mit  hoben 
bäuptern  umbgehen  solle,  wann  er  noch  ein  jähr  oder  drei 
bei  bofe  sei,  so  werde  er  es  endlich  wol  lernen.  Schuppius 
244;  dasz  man  saget,  thut  es  doch  unser  amptman ,  unser 
Junker,  unser  voigt,  unser  bürgermeister,  ja  unser  fürst, 
unser  könig,  da  meinen  die  gemeinen  leute,  was  solche 
hohe  häupter  thun,  dasz  sei  ihnen  unverbotten.  513;  der 
gärtner  leitete  die  hoben  häupter,  und  den  sich  eindringenden 
hof  zu  einer  groszen  aloestaude,  Lohenstein  i4rj)i,  1,1174*; 
ihr  wahret  ein  freies  volk,  und  durftet  niemanden  als  dem 
höchsten  baupte  zu  geböte  stehen,  unwürd.  doclor  618;  bis 
alle  und  jede  .  .  .  den  höchsten  bäuptern  ihre  aufwartung 
gemacht  und  sich  einzeln  denselben  dargestellt  ballen.  Göthe 
24,  310; 

das  vierd  ist  ir  meineid  schwern, 

das  selten  die  obersten  haubt  in  wem.    fastn.sp.  294,2; 

sag  deinem  keiser  dem  obersten  haubt, 

im  sei  recht  und  unrecht  erlaubt.    298,  4; 

diese  zwei,  disz  treue  paar, 

das  die  höchsten  iiäupter  lieben.    Fleming  478; 

von  den  mitgliedern  eines  rates:  und  ward  dieser  meyer  in 
nechstvolgender  enderung  eines  radts  deren  hohen  heupter 
eines.  Wickram  rollw.  161,  8  Kurz. 

c)  wie  lebendig  diese  bcdeutung  als  bildliche  gefühlt  wird,  davon 
zeugt  die  Zusammenstellung  von  baupt  in  dem  angegebenen  sinne 
mit  andern  gliedern  des  leibes :  er  wird  das  beubt  sein ,  und 
du  wirst  der  schwänz  sein.  5  Mos.  28,  44 ;  weil  der  grosze 
leib  des  reiches  und  so  viel  glieder  des  vulkes  nicht  ohne 
baupt  sein  ..  könte.  Lohenstein  Arm.  1,183';  das  land  lür 
sich  genommen  ist  eigentlich  . .  ein  corpus,  das  haupt  davon 
seid  ihr  selbst  ;  mich  dünkt ,  der  vergleich  ist  richtig.  Fr. 
Müller  3,313;  der  aufgerichte  fried  ..  zwischen  haupt  und 
gliedern  {des  reichs).  reichslagsabsch.  von  Regensburg  1654,  §  1 ; 
reformation  der  kirche  an  haupt  und  gliedern; 

die  höchsten  in  der  weit,  herr,  haben  abgenummen; 
dann  füsze  sind  zum  haupt,  und  haunt  zu  rüszen  kuramen. 

l.ocAu  1,  126,  41. 

bei  feststellung  der  Verwandtschaftsgrade :  eiginilichiu  cju  nenien, 
so  ist  mein  vater  und  mein  muter  ein  houbt  und  ein  stani 
alle  der  kyndcr,  dy  von  in  komen.  wen  worum?  sy  sinl  der 
ekleren  glyder  ghenanl.  Magdeb.  blume  2, 1,  21.  —  Mit  bezug 
auf  den  spruch:  der  mann  ist  des  weibes  baupt  heiszl  es: 
gleich  wie  ich  wol  weisz,  dasz  das  weib  nicht  aiu  des  manns 
baubl-,  aber  wol  aus  seiner  seilen  genommen  {habe  icli  keine 
herschyelüsle).  Simpl.  3,  38  Kurz. 

d)  haupt  i'OH  der  politisch  hervorragendsten  landschaft  oder  stadi 
eines  reiches:  ISineve,  . .  das  heubt  im  keiserlbum  zu  Assyrien. 
Luther  3,  220';  wie  Uamascus  das  heubt  ist  iu  Syiia.  Jes.  7,  8; 
Gilcad,  du  bist  mir  das  beubt  im  Libanon  Jer.  22,  C  ;  hätte  dock 
«Scipio  ..  das  baupt  Carlbago  mit  erwünschtem  ausschlage 
angefallen.  LoiiENsrKiN  Arm.  1,195*;  Erfurt  ist  das  hnubt  in 
Thüringen,  Krfordia  metropolis  Thuringiae  est.  Stikler  791; 

Tcittscliland,  hnubt  und  kaiseriii 

aller  köiiigreich  auf  erden.    HisT  Parn.  463. 

r)  dann  gelU  auch  baupt  auf  das  vorzüglichste,  hervorragendslt 

irgend  einer  art  oder  saclit:    das  haupt  tler  frage,  summa  rei, 

Status  causae   Stielkr  791;    bair.  ist  das  baupt  beim  seJietben- 

sckieszen  der  hauptpreis,  und  der  platz  wo  um  denselben  geschossen 

wird.  ScHM.  2,224; 

die  gollesfurcht,  dai  haubl  und  mutier  alUr  lachen. 
RUT  r.irH.  790, 


605 


HAITI 


HAUPT  —  HAUPTANSTIFTER 


606 


in  einem  ausgeführten  bilde:  wie  der  zu  schwach  ausgesfoszene 
aussalz  der  revolution ,  zu  oberflächlich  geheilt ,  zurücktrat 
in  herz  und  haupt  der  gesellscbaft.  Gervinl?  gesch.  des  19. 
jahrh.  S,  8S4.  in  der  angeführten  bedeutung  ist  haupt  nament- 
lich als  erster  theil  von  compositen  häufig  und  drückt  hier  ent- 
weder etwas  schkehihtn  vorzügliches,  hervorragendes  aus  (vergl. 
unten  hauplfrau ,  haupfhahn ,  hauptkerl  «.  a.,  sowie  die  adj. 
hauptgut ,  hauptschlimm) ,  orf^  das  erste  unter  mehreren  in 
rer^eich  gesetzten  gleichartigen  dingen  (haupfartikel ,  haupt- 
hegriff,  hauptsache  «.  a.) :  wenn  unser  nachsinnen  etwa  ein 
solches  vornimt,  das  als  etwas  vornehmes,  erstes,  lobwür- 
diges . .  sol  vorgestellet  werden,  findet  es  unter  anderen  die 
Wörter  haubt,  uhr,  erz,  hoch,  höchst.   Schottel  96. 

2)  haupt,  der  oberste,  anem  köpfe  verglichene  theil  irgend 
einer  pflanze  (vergl.  die  form  haid,  hed  oben  sp.  59") :  aber  der 
eher  {ähre)  der  das  haupt  gegen  dem  erdfereich  neiget,  und 
der  ast  nilt  (nieder)  sich ,  die  seint  voller  weiszen  (ueizen) 
und  öpfel.  Keisebsberg  narrensch.  137";  haupt . .  eines  baumes 
sind   oben    alle   seine   zweige   zusammen.   Jacobsson  6,52*; 

und  wie  das  müde  haupt  desz  mohnes  niedersinkt,. 

im  fall  er  olingefehr  zu  viel  von  regen  triokt.    Opitz  2,  99; 

die  tanne  fäll  ich,  drauf  die  adler  horsten  ; 

sie  kracht  zu  boden,  schnee  vom  haupte  schüttelnd. 

Fbeiligrath  geä.  (IS45)  202; 

vergl.  aucÄ  kohlhaupt,  krauthaupt,  </j.  5, 1593.  2119;  salathaupt 
u.  ähnl.     dichterisch  heiszt  der  kelch  der  blume  das  haupt : 

die  loiosblume  ängstigt 

sich  vor  der  sonne  pracht, 

und  mit  gesenktem  haupte 

erwartet  sie  träumend  die  nacht.    II.  Hei5k  15,  94. 

haupt  u-ird  aber  auch  die  zuiebelknolle  des  knoblauchs  genannt , 
und  zwei  haubt  knobelauches.  b.v.g.  speise  13,16;  überhaupt 
eine  knolle:  bol,  bolle,  haupt,  caput,  a  sphaerica  figura.  He.msch 
448,43. 

3)  haupt,  von  dem  gipfel  eines  berges:  der  Aetna  mit  seinem 
beschneiten  haupte.  Seüxe  Spaziergang  2,162;  und  drauszen 
brauste  es,  als  ob  der  alle  berg  mitsänge,  und  einige  schwan- 
kende freunde  behaupteten  sogar,  er  schüttle  freudig  sein 
kahles  haupt.  H.  Hei>e  1,93; 

ob  ihm  {dem  Zubtenberge)  sein  haupt  behüllt  mit  einer  feuchten 

hauben.    Logaü  1,  193; 

der  berfe  haupt  im  weiszen  schleier.    Göki?(gk  1,  276; 

traf  den  weitumschauenden 
Kroniden  sitzend  auf  dem  höchsten  haupt 
des  vielbewipfelten  Olymps  allein.    Bi:RGER  146"; 
wir  eilen  immer  ihrem  schatten  nach, 
der  göttergleich  in  einer  weiten  ferne 
der  berge  haupt  auf  goldnen  wölken  krönt.    Göthk  9,32; 
diese  felsen  bücken  ihre  häupter  nicht 
vor  seinem  hüte.  Schiller  Teil  4,  1. 

4)  auch  das  Vorgebirge,  cap,  hiesz  im  17.  ;a/ir/i.  bisweilen 
haupt:  ob  wir  zwar  unsere  waffen  bisz  an  das  euszerste 
nordhaupt  . .  und  zum  weiszen  meere  an  Scythien  geführet. 
LoHENSTEiK  Arm.  2,904'; 

wir  haben  erst  umbfahren 
der  guten  hoffnung  haupt.     Opitz  1,  108. 

nl.  hoofd  in  de  lee ,  Promontorium ,  mons  in  mare  prominens 
Kilian;  niederd.  hövt  eine  landspitze  Dähsert  1S9'. 

5)  haupt,  ein  theil  der  ßur ,  icol  das  nach  einer  bestimmten 
richtnng  hin  schmal  vorspringende  acker-  oder  weidestück:  wasser 
und  weide  sei  seiner  f.  gn.  wie  auch  das  haupt  hinter  der 
bürg  zu  Friedewalt,  gelegen  an  dem  Drienberge,  und  der 
acker  auf  dem  Dreienberge ,  der  zum  haupt  gehöret,  das 
ander  haupt  allernechst  gegenüber  zusambt  des  ackers  ein 
theil,  so  zum  haupt  gehöret,  sei  dero  von  Milnrode.  weisth. 
3,332  {Hessen,  1436).  vergl.  köpf  6,  /A.  5, 1770,  und  fürhaupt 
3,  Ih.  4',  744. 

6)  haupt,  die  quelle  eines  flusses,  schon  ahd.  mehrfach:  Kallen- 
bahhes  houbit;  H6riginpahes  houpit.  Förstemann  namenb. 
2,704;  nhd.  zu  latin  in  capite  Oeni,  zu  teutsch ,  am  haupt 
oder  Ursprung  des  Yns.  Srcsipr  chron.  (15S6)  570".  umgekehrt 
vird  aber  iiaupl  auch  für  die  mündung  eines  flusses  gebraucht: 
Ptolomcus  setzet  drei  heupter  oder  geng  des  Rheins,  die 
die  Latini  ostia  nennen.  Frani  wellb.  27*. 

7)  haupt,  hervorspringende  theile  an  baiäen ;  der  oberste  theil 
der  Säule:  haupt  oder  deckel  auf  der  saul,  eapitellum,  episti- 
lium  Dastpod.;  nrf.  eapitellum  dal  heuft  van  den  calumnen 
DiEF.  97';  eapitellum  hovedc  der  piler  nov.  gloss.  73";  die 
häupter  und  füsze  der  säulen.  Güthe  27,  iio;  femer:  baupt 


(Wasserbau)  ist  eben  das,  was  man  am  bieszwerken  köpf 
nennet ,  und  bestehet  in  einer  hervorragenden  dreieckigen 
spitze,  den  stromslrich  abzuweisen  (niederd.  höft).  Jacobssos 
2,269';  nl.  hoofd  aen  den  waterstroom,  mola,  sire  agger 
eminens  quo  fluminum  vis  coercetur.  Kilian  ;  häupter  oder  schlen- 
gel  heiszen  auch  geringe  wehre,  reiszen  oder  gerinne  an  den 
flüsscn ,  die  gemacht  werden,  damit  der  ablauf  keine  so  grosze 
gewalt  wie  bei  qroszen  wehren  haben  möge.  Jacobsson  3,622'; 
an  wällen  und  dämmen  LH  haupt  der  abhängige,  mit  rasen  be- 
deckte theil.  Frisch  1,425';  im  mühlenbau  jedes  von  den  beiden 
enden  des  fachbaumes ,  welches  an  der  erde  oder  dem  ufer  an 
den  seilen  des  baches  oder  flusses  zu  liegen  kommt.  Jacobss(Jn 
2,  230". 

8)  haupt ,  das  untere  stück  holz  am  pfluqe ,  an  tcelches  der 
Pflugschar  befestigt  ist.  Ocon.  lex.  (1731)  943. 

9)  haupt  heiszt  in  der  Schweiz  ein  getrisses  gemasz  flüssiger 
dinge,  vorzüglich  der  milch,  enthaltend  eine  masz  oder  an  gewicht 
vier  pfund.  Stalder  2,  26. 

10)  haupt,  der  (berste  theil  eines  Schildes,  caput  scutarium. 
Frisch  1,  425'. 

11)  haupt,  der  balken,  in  dem  die  zahne  des  harkens  befestigt 
sind,     niederd.  höft  Dan.xeil  83',  vergl.    haikenhaupt  sp.  479. 

12)  haupt,  der  köpf  des  nageis,  im  gegensalz  zur  spitze. 

13)  haupt  am  stuhl:  und  der  stuel  hatte  sechs  stuffen, 
und  das  heubt  am  stuel  war  binden  rund,  und  waren  lehnen 
auf  beiden  Seiten  umb  das  gesesze.  ikön.  lo,  19. 

14)  die  bedeutung  von  haupt  in  den  folgenden  stellen  kann 
nicht  mit  Sicherheit  gegeben  werden :  item  die  hindergerüst  in 
oder  under  der  kolekisten  (eines  schiffes)  sol  keins  verspert 
sin,  oder  kein  heupt  darfur  machen.  Mo>e  zeitschr.  f.  d.  gesch. 
des  Oberrheins  9,33,  §19;  deszglichen  in  beiszeln  (kähnen?), 
gros  oder  klein ,  sol  man  kein  heupt  machen  mit  borten 
oder  anderra.  das.  §20;  vergl.  auch  item  sollent  sie  einen 
fusz  für  den  ruh  {cajüle)  setzen,  den  luden  ir  gut  und  sich 
selbs  darin  zu  behalten,  und  in  oder  under  der  kolekisten 
mögen  sie  ir  gerust  machen  unverspicherl  und  unverheupl, 
das  der  bescher  (revisor)  darin  sehen  möge.  das.  s.  34,  §  26. 

HAÜPTABSCHIED,  m.  der  wesentlichste  theil  eines  reichstags- 
abschiedes. 

H.\UPTABSCIIMTT,  m.:  ich  hatte  in  jenen  Vorlesungen 
gezeigt,  dasz  unsere  zeit  in  dem  dritten  hauptabscbnitte  der 
gesammten  weltzeit  stehe.  Fichte  reden  an  die  deutsche  nation 
(tSOS)  s.  15. 

HAUPTABSEHEiN,  n.;  das  hauptabsehen  dieser  weitläuGgen 
Schrift  war,  mein  talent  und  das  seinige  neben  einander  zu 
stellen.  Göthe  26,  252. 

HAÜPTABSICHT,  f.  vornehmste  absicfU:  die  Schrift,  deren 
hauptabsicht  ist,  gefallne  und  sündige  menschen  zur  Seligkeit 
weise  und  geschickt  zu  machen.  Gellert  6.101;  man  wende 
nur  fleisz  und  mühe  an ,  die  stimme  auf  ihre  hauptabsiebt, 
auf  das  vernehmliche  und  deutliche  einzuschränken:  so  wird 
sie  feiten  misfallen.  315. 

HAUPTACCORD,  m.  in  der  musik,  der  dreUdang  aus  prime, 
terz  und  quinte. 

HAUPTACTION,  f.: 

und  höchstens  eine  haupt-  und  staatsaction, 

mit  trefflichen  pragmatischen  raaximen, 

wie  sie  den  puppen  wol  im  munde  ziemen.    Göthi  12,  38. 

in  militärischem  sinne:  da  es  zwar  zu  keiner  hauptaction 
kommen ,  aber  gleichwol  . .  ein  lustigen  soldaten-exercitium 
gesetzt,  worinn  ich  einen  leutenant  von  den  Hessen  gefangen. 
Simpl.  3,  248  Kurz. 

HAUPTADER,  f.  l)  tena  eephalica:  houptader  voc.  ine.  theul. 
k  3' ;  haubtader  Stieler  8.  auch  vena  salvatella  :  houptader, 
heuptader  Dief.  509',  sonst  handader,  milzader. 

2)  die  hervortrelendste  ader  unter  mehreren  verzweigten. 

H.AüPTALLEE,  /.  die  vorzüglichste  allee  eines  gartens  oder  einer 
promenade.  Jacobssox  2,  230'.  auch  als  name  einer  groszen  mit 
bäumen  bepflanzten  strasze  in  einigen  Städten  üblidt. 

HAUPTALTAR,  m.  der  vornehmste  altar  einer  kirche ,  im 
gegensats  zu  den  nebenaltären. 

HAÜPTAiNKER ,  m.  der  gröszle  und  vorxüglichste  anker  auf 
einem  schiffe. 

HAUPTANSCHLAG,  m.: 

ein  hauptanschlag  aufs  schlosz  liegt  uns  im  sinn. 
KÖR5ER  2,  289. 

HAUPTANSTIFTER,  m.:  der  hauplanstiffer  des  aufstandes. 
Schlosser  weltg.  2,  319. 


607 


HAUPTARBEIT  —  H  AlPTBEDING 


H  ALIPTBEDINGL'NG  —  H  AUPTBRET 


608 


HAUPTARBEIT,  f.  grosze,  bedeutende  arbeit:  weil  wir  aber 
lieide  dmcli  köipeiiiche  gebrechen  öfters  in  den  hanptarbeilen 
gcstüil  wurden,  so  setzte  Schiller  die  Übertragung  derPhädra, 
ich  die  des  Ranieau  fort,  wobei  nicht  eigne  production  ver- 
fangt ..  wurde.  Güine  31,190. 

HAUPTARM ,  iu. :  an  der  Spaltung  des  flusses  in  zwei 
hauptarme.  Schlosser  treltg.  2,  390.  im  bergwesen  ist  hauptarm 
eine  stange  die  an  der  seite  der  kunslradnellc  steht,  und  mit 
einem  ende  in  den  kränz  reicht.  Jacobsson  2,  230*. 

HÄUPTAR.AIEE ,  f.  der  tcesenlliche  Iheil  einer  armec ,  franz. 
le  gros  de  l'armde:  wenn  der  verlust  so  wohl  die  hauplaimee, 
ah  nur  den  vorzug  {vortrab)  belrofifen  hätte.  Zigler  Banise 
(1700)   495. 

H.\UPTART,  f.:  eine  gattung  thiere  oder  pflanzen  in  ihren 
hauptarlen  und  Unterarten;  die  beiden  hauplarten,  Streitig- 
keiten zu  endigen.   Moser  palr.  phant.  1  (1798)  300. 

HAUPTARTIKEL,  t?i.  1)  die  mchliißtc  salzung  oder  aufstellung : 
der  rächt  hauptartikel  und  grund,  cardo  causae.  Maaler  213"; 
hauptartikel  der  briefcn ,  caput  literarum.  das.;  ob  wir  aber 
noch  gebrechlich  sind ,  und  nicht  thun  so  viel  wir  gerne 
wollen,  so  halten  wir  uns  zu  jenem  heubtartikel  von  Christo, 
denn  allhie  dürfen  wir  stets  der  gnade  und  Vergebung.  Lütfjer 
6,55";    die  hauptartikel  seines  kalechismus.  H.  Heine  1,241. 

2)  neuerdings  wird  der  nichtigste  artikel  einer  zciiung  haupt- 
artikel, leilartikel  genannt. 

HAUPTARZENEI,  f.  l)  gegen  kopfleiden:  hauptarzney,  für 
das  haiipt  gut,  medicamenlum  cephalicum  Frisch  1, 425'. 

2)  grund-.  haubt-  oder  algemeine  arzeney,  panchestrum, 
panacea  Stieler  51. 

HAUPTAST,  m.  der  hervorragendste  und  stärkste  asl  eines 
baumcs.  übertragen :  der  Verfasser  sagt :  alle  unsre  leiden- 
schaflen  theilten  sich  in  zwei  hauptäsfe.  Lessinc  12,109; 
da  sie  {zuei  arten  von  musik)  sich  denn  in  wunderbaren, 
ihren  hauptästen  mehr  oder  weniger  annähernden  rami- 
ficationen  über  die  erde  verbreiteten.  Göthe  3C,  176. 

HAUPTAUFGABE,  f.:  denn  dieses  scheint  die  hauptauf- 
gabe  der  biographie  zu  sein,  den  menschen  in  seinen  zeit- 
verhältnissen  darzustellen.  Gütue  24,  7. 

HAUPTAUGENMERK,  w).  und  n.:  da  der  Übergang  aus 
einer  fluszregion  in  die  andere  immer  der  hauptaugcnmerk 
mein  des  geognosten  war.  Güthe  31, 211 ;  ein  auslangend 
bildender  Unterricht  ihrer  fürstlichen  söhne  war  das  haupt- 
augcnmerk einer  zärtlichen,  selbst  höchst  gebildeten  mutter. 
32.  239. 

HAUPTAUSDRUCK,  m.:  monsieur  le  Grand  wuszte  nur 
wenig  gebrochenes  deutsch,  nur  die  hauptausdrücke  brot, 
kuss,  ehre.  Heine  1,  244. 

HAUPTBAHN,  f.:  lasz  dich  die  oft  angenehmem  neben- 
stunden nie  zu  weit  von  deiner  hauptbahn  {im  Studium)  ab- 
leiten, so  rauh  und  mühsam  sie  auch  ist.  Gellert  5,254. 

HAUPTBALKEiN,  m.  trabs  praeäpua,  der  balken  der  den 
hausbau  vorzüglich  stützt :  wenn  im  haus  die  hauptbalken  nicht 
eingezapft  sein,  so  hat  der  baw  kein  bestand.  Lehmann  186. 

HAUPTBALSAM,  m.  baisam  für  kopßeiden,  unguenlum  ce- 
phalicum. Stieler  89. 

HAUPTBAND,  n.  redimiculum ;  houbetbant  Dief.  488*. 

HAUPTBANK,  f.  erstes,  vorzüglichstes  bankinslUul :  die  könig- 
liche hauptbank  zu  Berlin. 

HAUPTBANNER,  n.  erstes: 

er  hat  verloren  «in  obrest  gut, 
houptpaner,  büchsen,  sigel,  güldin  zeichen. 

LiLiENCRON  tutlist,  2,  77,  28. 
HAUPTBÄR,  m.  ursm  ardos.  Nemnich  4,1529;    steinbären 
im  alpgebirg ,    baupti)ären  in  Litlaw,   fischbären  in  Isziand. 
Fischart  iiroszm.  139. 

HAU'PTBAU,  m.  der  hervorragendste  und  widitigste  Iheil  eines 
baun ;  corpus  acdiftcii  Frisch  1,425*. 

HAUPTBAUM,  m.  bedeutet  im  forstuesen  einen  voltkommen  aus- 
gntachsenrn  oder  ühersländigen  bäum;  auch  obcrbaum  genannt. 
•  con.   lex.   (I7:!|)  043. 

HAUPTBEDEUTUNG,/^."  die  liauplbedculung  eines  wertes; 
(da}  Arthjias  hauptbcdculung  in  seinen  mathematischen  und 
physikalischen  Studien  lag.  Schlosser  uei/j.  2,249;  seine  haupl- 
bedruinng  iiat  jedoch  der  ort  als  sami^elplatz  der  groszcn 
k.ii.iAniic  aiiK  Westen  und  oslcn.  ausländ,  40.  jahrg.  i.  099. 
HAI  PTBEDING,  m.; 

iti  da*  der  freihtit  hauptbeding. 

Stiakef)}.  Cymbeline  5,  i; 
((•  r.r  ~-  '---  '.-rn  'f  |<  tlir  m.'iin  pnrt. 


HAUPTBEDINGUNG, /.:  die  hauptbedingung  ist  hier:  wenn 
man  das  eine  will ,  so  niusz  man  von  dem  andern  etwas 
fahren  lassen.  Bürger  355*. 

HAUPTBEDÜRFNIS,  »i.;  brod  und  kampfspiele  ward  als 
der  inbpgritr  der  hauptbedürfnisse  des  römischen  volkes 
sprichwörtlich.  Schlosser  u-eltg.  4,  306. 

HAUPTBEFAHRUNG ,  f.  die  vom  gesamten  bergamt  mit  Zu- 
ziehung des  markscheiders  und  *der  zechenvorsteher  angestellte  be- 
fahrung  und  beaugenscheinigung  eines grubenbaus.  Jacobsson  2,230*. 

HAUPTBEGRIFF,  m.:  die  herrlichkeit  solcher  haupt- und 
grundbcgrifTc.  Göthe  25,163;  ihre  verschiedensten  bildungen 
unter  einen  hauntbcgritf  zu  bringen.  55,  221. 

HAUPTBEGRLNDER,  m.:  hauptbegründer  der  monarcbie. 
Dahlmann  gesch.  d.  franz.  revol.  391. 

HAUPTBEICHTE,  f.:  wann  euch  die  zeitung  von  dieser 
meiner  haupt-  oder  general- beicht  zu  obren  kommt.  Simpl. 
3, 10  Kurz. 

HAUPTBEKENNTNIS,  n.:  das  tridentinische  concil  und  der 
römische  katechismus  sind  die  beiden  hauptbekenntnisse  der 
römischen  kirchc.  Graul  die  unterscheidungslehren  s.  15. 

HAUPTBELEHNUNG,  f.  investitura  principalis.  Stieler  1126. 

HAUPTBENDEL,  m.  redimiculum.  Maaler  213*.  a/irf.  houbit- 
bendil  sertu7n  Graff  3, 138. 

HAUPTBERICHT,  m.relatio  prinäpalis.  Frisch  1,425';  haben 
sie  die  gewogenheil  und  beschleunigen  den  hauptbericht  (in 
einer  proccsssache).  Rabener  sat.  3  (1757)  79. 

HAUPTBESITZ,  m. :  Batsch  ward  in  diesem  jähre  in  einen 
mäszigen  Iheil  des  obern  fürstengartens  zu  Jena  eingesetzt, 
da  aber  ein  dort  angestellter,  auf  nutzung  angewiesener  hof- 
gärtner  im  hauptbesitz  blieb,  so  gab  es  manche  Unannehm- 
lichkeiten.   Göthe  31,  33. 

HAUPTBESTREBEN,  n. :  wie  denn  dies  ein  hauptbestreben 
unsrer  durch  das  ausländ  angeregten  zeit  ist,  den  wissen- 
schaftlichen Stoff  nicht  mehr  blosz  .  .  in  das  gedächtnis  zu 
fassen.  Fichte  reife«  an  die  d.  nation  (1808)  214. 

HAUPTBETOSTET,  part.  ay.oöxofios: 

ihn  umstanden  die  schaaren 
hauptbetosteter  Threker,  mit  langen  spie.szen  in  bänden. 

BORGER  219». 

HAUPTBEVÖLKERUNG,  f.  der  beste  und  wesentlichste  Iheil 
der  bcvöllicrung:  in  Venaissin  dachte  die  baiiptbevölkerung 
päbstlich.  Dahlmann  gesch.  d.  franz.  rerol.  405. 

HAUPTBEWEIS,  «i.  probatio  principalis.  Frisch  1,  425*. 

HAUPTBEZUG,  m. :  (sie)  kannte  so  ziemlich  die  bewohnte 
weit  nach  hauptbezügen,  punkten  und  orten.    Güthk  21,131. 

HAUPTBILD,  n.  arlificiosissima  imago,  primum  exemplar. 
Stieler  148.  in  etwas  andcrm  sinne:  drittens  kann  man  die 
primären  bilder  auch  als  hauptbilder  ansehen  und  ihnen  die 
sccundären  als  nebcnbilder  gleichsam  anfügen,  ein  solches 
nebenbild  ist  eine  art  von  doppelbild,  nur  dasz  es  sich  von 
dem  hauptbilde  nicht  trennen  läszt.  Göthe  52, 104;  vier  grosze 
Standbilder  umgeben  weiter  das  mit  den  gestalten  seiner 
Propheten  geschmückte  hauptbild  Luthers  (zu  Worms),  theol. 
lilteraturblatt  1807,  s.  261. 

HAUPTBILDUNG,  f. :  hier  (bei  der  Icpas  poUiceps)  ist  näm- 
lich, bei  derselben  hauptbildung  (iWc  bei  der  lepas  anatifera) 
die  haut  des  Schlauches  nicht  glatt,  und  etwa  nur  runzlicht, 
wie  bei  jener,  sondern  rauh.  Göthe  r>5,  328. 

HAUPTBINDE,  f.  kopßinde:  houplbinden  tigalura  voc.  ine. 
theul.  k4*;  hauptbinden,  hauptlüchle  vilta  Maaler  213*;  eine 
lange  hauptbinden,  taenia  das.;  hauplbinden  wie  sy  vor  Zeilen 
die  künig  und  künigin  trügend,  diadema  das.;  hauplbinde  het 
den  Chirurgen,  fascia  capitalis  Frisch  1,  425*. 

HAUPTBLATT,  «.  einer  zeitung,  im  gegensalz  zum  beiblatt, 
beilage:  das  hatiptblatt  der  zeitung  wurde  von  der  Polizei- 
behörde mit  beschlag  belogt. 

HAUPTBLUME,  f.:  es  gibt  auch  maszlieben,  die  aus  der 
haublbluineti  noch  junge  kiiidlcin  uiifscizen,  wie  die  ringel- 
bluinen.   HuniiERc  1,  (!7n'. 

HAUPTBI.l  TADER,  f.  cejMica  vena.  Nemnich. 

HAUPTIttlllHEH,  ni.  chirurgisches  insirumcnt  zum  durchbohren 
der  hirnschale.    Frisch  1,425*. 

HAUPTBRET,  n.  I)  bret  am  köpfende:  da»  hauptbrätt  an 
einer  bcttslati,  pluteus,  cervical  Maaler  213*. 

1)  hauptfdchlirhes  bret:  das  hnuptbrett  zu  deines  vatert  larg 
ist  von  dir.    Schubarts  leben  2,  »1. 

8)  hauptbrott  heiszl  auch  ein  Uieil  des  fachbogent,  vomü  dtr 
hutmaeher  die  haare  schlagt.   Jacobsson  1,  630*. 


609 


HAUPTBRIEF  —  HAUPTDICllTER 


HAUPTDICKICHT  —  HAUPTFAHNE        6 1 0 


HAÜPTBRIEF,  m.  charta  principalis ,  die  über  ein  reehtsge- 
tehäß  sprecJtende  Originalurkunde,  im  gegensalz  zu  beilagen  und 
dazu  gehdrigen  abschrißen.  Haltaüs  SSO;  und  sal  auch  der 
houbtbrief  darüber  besagende  craffloysz  und  machtloysz  sin. 
nrk.  des  erzbischofs  Konrad  t.  Mainz  v.  j.  142S ;  solichen  (durch 
tauscli  abgetretenen)  acker  sullen  sie  han  unbesweret  in  aller 
maesz  wie  der  vre  vor  gewest  ist  nach  lut  yres  veisiegelten 
heubtbriefs  den  sie  dar  über  han.  !^iedenceiseler  urk.  r.  1500; 
denn  sinteraal  dis  eine  heimliche  schrifu  sein  sol ,  an  eine 
einige  person  geschrieben,  nicht  durch  den  druck  öffentlich' 
ausgangen,  noch  unter  die  ieute  geschickt  .  .  und  ich  den 
heubtbrief,  noch  desselbigen  abschrift  bei  mir  nicht  habe 
noch  hatte.  Luther  4,  533*;  solich  boten,  so  verzeichnet  sind 
mit  dem  rechten  sigel  Jesu  Christi.  .  .  die  verkünden  weder 
mer  noch  weniger  dann  inen  der  herr  bevolen  hat,  sonder 
loszens  do  bi  bliben  bim  alten  hauptbrief,  so  got  der  almech- 
tig  durch  Christum  uns  vorgehalten  hat.  Schade  sat.u.pasqu. 
3,  27,  21. 

HäüPTBRCCHEL ,  «1.  der  im  haupt  briiddg  ist,  am  köpfe 
leidet?  welches  ein  anzeigung  gibt  heuliger  unvolkommenheit, 
das  die  leut  wie  erfrorene  oder  erdörrte  früschieich ,  ross- 
nagel  und  hauptbriichel  nicht  mehr  zu  rechtzeitiger  grösze 
gelangen.  Garg.  41*. 

HAUPTBRÜCKE,  f.:  den  groszen  canal  und  die  haupt- 
brücke Rialto  (in  Venedig).    Güthe  2",  104. 

HAÜPTBRUNNE,  m.:  ich  bin  newlich  gefallen  on  geferde 
in  die  geschichte  des  concilii  zu  Constenz,  denn  ich  zuvor 
aus  andern  büchern  hab  was  ich  gewust  hab,  und  den  heubt- 
hrun  oder  grundsuppe  nicht  also  gesehen.  Luther  6,  3is'. 

HAUPTBUCH,  n.  i)  vorzüglichstes  buch:  wenn  wir  vornehm- 
lich auf  das  grosze  Bruckerische  werk ,  als  das  Hauptbuch 
in  dieser  materie  verweisen.  Gellert  6,  55. 

2)  das  wichtigste  unter  den  rechnungs-  oder  kaufmännischen 
büchern,  das  über  den  gesamlsland  des  Vermögens  oder  geschdfts 
auskunft  gibt:  hauptbuch,  dariun  allerlei  rechnung  eines  ampts 
oder  gewerbs  fein  ordentlich  eingeschrieben  werden,  labulae, 
codex.  Hesisch  547; 

ich  taug  am  hofe  nicht, 

ich  weisz  kein  X  vor  V  im  hauptbuch  anzuschreiben, 
und  wer  kan  heut  zu  tag  bei  seinem  dienslgen  bleiben, 
wer  uiclit  fein  reichlich  sticht?     Huzards  lebensi).  14. 

HAUPTBÜCHSE,  /.  eine  arl  des  groben  geschülzes:  alle  haubt- 
puchsen,  cartonen  und  ander  grosz  geschütz  uf  der  Engipurg 
abgeschossen.  Wilic.  r.  Schaumburg  9 ;  haubtpüchsen,  cartanen 
und  ander  grosze  geschütz.  s.  11; 

drie  grosze  mechtige  houbtbuchsen,  .  .  . 
da  etliche  ist  sobeozig  centener  swer. 

Stollb  bei  Haopt  8,  324. 

HAUPTBUCHSTABE,  m.  majuskel:  capitale  heubitbuchstap 
DiEF.  ö7'; 

er  lese  die  houbtbuchstabe 

von  erst  wan  an  da^  ende  herabe, 

darmite  die  verse  erhaben  siiit. 

Ebernand  V.  Erfurt  4455. 

HAUPTBUND.  m.  diadema,  fascia  capitis.  Stieler  156. 

HAUPTCAPITAL,  n..-  sie  (die  treue)  macht  das  hauptcapital 
unsers  reichlhiims  aus.    Güthe  19,  IS. 

HAUPTCHARAKTER,  »»..•  ein  frecher  barbar,  dessen  haupt- 
tharakler  ...  leichtsinniger  übermuth  ist.  Herder  zur  lil.  19 
(1S:50)  ItiS;  ohne  jedoch  aus  dem  hauptcharakter  der  Ihcile 
herauszugehen.  Güthe  55,279;  in  so  weit  die  poesie  von 
der  erdichlung  lebt,  und  aus  der  natur  schöpft,  kann  es  iiir 
nie  am  sloffe  mangeln,  einige  quellen,  die  quellen  der  haupt- 
charukiere  können  erschöpft  werden;  aber  sie  sind  bis  auf 
unsre  zeit  nicht  erschöpft  worden.    Gellert  5,  274. 

H.VüPTDECKE,  f.  1)  bedeckung  des  kopfes :  ich  hab  in  zu 
v.l  malen  gehn  Colmar  zu  markt  sehen  gon  on  ein  haubt- 
decke  oder  hut.  Wickram  rolhc.  159,  5  Kurz;  dasz  eine  haupt- 
decke von  leinen  hei  weibern  nicht  unmöglich  gewesen  sein 
musz.  Wi.^KELMASM  5,38;  haubtdecke  der  weilter,  calyptra, 
operimentum  capüis  muliebris,  plagula,  rica.  "Stieler  2S4. 

2)  itauptsächiiehe  decke:  die  sogenannte  entenmusche!  erin- 
nert uns  gleich  mit  ihren  zwei  haupldecken  an  eine  bivalve. 
GöTHE  55.  :t27 

HAUPTDEICH,  m.  der  gröszte  und  stärkste  dach,  der  das 
land  vor  der  übvrschtremmung  ton  auszen  schützt;  t\d.  höftdik, 
haffiiik.   Jacübs<on  2,  23o'. 

HAUPTUICHTER,  m.:  die  sieben  persischen  hauptdichter. 
GöTUE  .•^2,  i:n 

JV.   V. 


HAUPTDICKICHT,  n.  das  stärkste  dickicht  in  einem  vcalde, 
Korin  sich  das  wüd  vorzüglich  versteckt.    Jacobsson  2,  230'. 

HAUPTDIEB,  m.:  kleine  diebe  überliefert  man  der  stra- 
fenden gerechtigkeit,  vor  hauptdiehen  zieht  man  den  hut 
mit  ehrfurcht  ah.    Rarerer  4,  71. 

HAUPTDIENER,  ni.  minister  primarius.    Stieler  315. 

HAUPTDOST,  Hl.  clinopodium  vulgare.  Nemmch  2, 1067. 

HAUPTDRÜSE,  f.  glandula  capitis.    Frisch  1,425*. 

HAUPTEIFER,  m.:  weil  eben  in  diese  Jahrzehnte  der 
haupteifer  für  die  alte  litterafur  . . .  fallt.  Gervincs  geseh.  d. 
deutschen  dichtung  i,  92. 

HAUPTEIGE.N SCHAFT,  f  hervonagendste.  in  pleonastisciter 
fügung :  das  vergnügen  über  die  so  nahe  erreichung  dieser 
beiden  ersten  haupteigenschaften.   Bürger  356*. 

HAÜPTELNDRUCK,  «i.  .•  zwei  haupleindrücke  sind  mir  noch 
übrig.  Weber  Democrit  1,  32. 

HAUPTEINROMMEN,  h.  ;  das  haupleinkommen  flieszt  den 
russischen  mönchsklöstern  durch  das  publicum  zu.  preusz. 
Jahrb.   20,  29S. 

HAUPTELNNAHME,  f:  die  baupleinnahrae  der  herrscher 
bestand  in  dem  ertrage  der  ihnen  als  Privatpersonen  ge- 
hörenden guter.    Schlosser  Kcllg.  5,  326. 

HAUPTEINTHEILUNG ,  f:  auch  war  mir  die  haupfein- 
theilung  der  farbenlehre  in  die  drei  hauptniassen,  die  didak- 
tische, polemische  und  historische,  zuerst  ganz  klar  geworden. 
Göthe  31,  88. 

HAUPTELNWTRF,  m. :  ich  erwähnte  schon  früher  die  zwei 
haupteinwürfe,  welche  gegen  den  vertrag  gemacht  worden. 
magazin  f.  litt,  des  ausländes  1S67,  s.  311. 

HÄUPTEL,  m.  der  obere  und  beste  Iheil  des  Schlammes  beim 
schlemmen  der  erze.  miner.  lex.  291*.  die  verkürzte  form  ist 
hedel  und  hädel,  s.  sp.  109. 

HAUPTEMPFINDU.XG,  f.:  hätte  ich  doch  worte  dazu,  um 
die  einzelne  hauptempßndong,  die  also  jedes  stück  beherrscht, 
und  wie  eine  weltseele  durchströmt,  zu  bemerken.  Herder 
zur  seh.  in.  u.  kunst  20   (1830)  293. 

HAUPTEN,  verb.  das  haupt  abschneiden,  auch  bei  einer  rübe 
den  obern  Iheil  derselben  mit  dem  kraute  wegnehmen.  Schh.  2. 224 

HAUPTEXTBLÖSZUNG,  /".  .•  dazu  gehören  aber  weder  zart 
liehe  geberden  (wie  der  kuss),  noch  höfliche  (wie  die  haupt 
entblüszung).    Graul  die  unterscheidungslehren  s.  21. 

HAUPTE.NTSCHLUSZ ,  m. :  es  ist  zu  wünschen,  dasz  die 
gewerkschaft  zu  einem  hauplentschlusse  muth  haben  möge. 
Güthe  an  Knebel  97. 

HAUPTEPOCHE,  f.:  eine  hauptepoche  bildete  natürlich 
die  ausstellung  der  heiligen  garderobe  zu  Trier,  grenzboten 
2^.  Jahrg.,  2,  117. 

HAUPTERBE,  m.  heres  praedpuus.   Frisch  1,  426*. 

HAUPTERFAHRU.NG,  f.:  es  wäre  noch  eine  haupterfah- 
rung  an  den  menschen  zu  machen  . .  oh  und  wie  sie  eine 
lange  reihe  weiser,  guter,  gerechter  regenlen  ertragen  wurden? 
Klisger  II,  125. 

HAUPTERFORDERNIS,  n.:  bei  einem  neuen  lustgebände . . 
ist  das  hanpterfordernis  schatten.    Güthe  31,lu2. 

HÄUPTERKRAUT,  n.  kopßohl.  Nemxich. 

HÄUPTERN,  verb.  vom  kraut,  sich  zu  einem  haupt,  zu  häuplern 
sclilieszen.  in  der  Wetierau  heiszt  es  spriehicürtlich :  wenn  das 
körn  wächst  (im  herbste  nach  dem  aitssäen  aufgehl),  häuptert 
das  kraut. 

HAUPTERNEUÜNG,  f.:  da  hingegen  solche  (schiffe),  die 
im  Wasser  schwimmen ,  nach  sechszehn  bis  zwanzig  jähren 
eine  haupterneuimg  erfordern.    Stolberg  9,  444. 

HAUPTERSCHEINUNG,  f:  in  der  huupterscheinung  des 
Zeitalters ,  der  französischen  revolulion.  Beckers  u-eltgesch. 
13,296;  ein  geist,  der  sich  in  seiner  haupterscheinung  nicht 
manifesliren  kann.    Göthe  55, 2S3. 

H.\UPTFACH  ,  n.  das  grfiszte  oder  tridiligste  fach  eines  be- 
hdllers.  übertragen  die  vorzüglichste  beschäßigung  eines  geschäfls- 
mannes  oder  gelehrten:  geschichte  war  sein  bauptfach,  mit 
spraciien  beschäfligte  er  sich  nebenbei. 

HAUPTFADE.N,  m.:  da  nach  meinem  gefübl  dieses  dei 
hauptfaden  sein  muszte,  der  im  stillen  alles  zusammen  hält. 
Göthe  an  Schiller  240. 

HAUPTFAHNE,  m.  und  f.:  häupt-  oder  hofTfahn  ist  die 
fahne,  dorunder  desz  forsten  hoff  und  ..  ritterschaft,  von 
ihm  leben  tragend,  gehören,  ist  allezeit  gröszer  und  schöner, 
dann  der  andern  fahnen  eine,  auch  dorinn  desz  fürsten  oder 
feldthenn  wapen  und  anders  mit  goldt  und  silber  aufs  schein- 

39 


6 1 1   H  AÜPTFÄHNLEIN — HAUPTFRAGE 


HAÜPTFRAU  — HAUPTGEGENSTAND   612 


liehst  gemablel  und  zugericbt.  Kirchhof  mtl.  disc.  S5 ;  es  wart 
auch  der  staub  so  grosz,  das  niemant  den  andern  (in  einem 
Ireffen)  hoII  erkennen  oder  die  haubtfanen  sehen  inocht. 
Wilw.  V.  Schaumburg  39;  ganz  Griechenland  hatte  daselbst 
unter  der  bauptfahne  der  Athenienser  seine  kräfle  versammlet. 
LoHExsTEix  Armin.  1,  520*;  daher  den  hauptfahnen  haben, 
herr  und  meister  sein  : 

weil  du  hast  den  rechten  hauptrannen, 
so  nimb  mich  ein  und  sei  zu  rhu  (sagt  ein  mann  zu  seinem 
weibe).    U.  Sachs  2,  4,  28'. 

bauptrahne  auch  die  kriegersdiaar,  die  der  hauptfahne  zunächst 
steht:  als  er  nun  von  danncn  scheidet,  danket  er  allen 
besoldeten  knechten  ab,  ...  aaszgenouimen  etlich  von  der 
decumancohort  oder  dem  freien  hauptfanen,  die  er  sich  im 
streit  bat  mannlich  brauchen  .sehen.  Garg.  270\ 

HAL'PTFÄH.NLEIN,  n.:  er  thet  im  das  baubtfenlin  reichen 
(zum  zeichen  dasz  er  Um  über  das  ganze  hecr  setze).  Aimon  bog.  1 1. 

HAUPTFAHKT,  f.  provocatio  ad  curiam  superiorem,  rel  etiam 
ipsa  curia  superior,  ad  quam  provocatiir.   Haltaus  830. 

HAUPTFALL,  m.  l)  der  tod  des  lehnsherrn.  Frisch  1,  420*. 
lergl.  haupt  II,  1,  b  sp.  603. 

2)  der  anfall  des  besten  haupls  [sp.  603)  an,  den  lehnshenn 
beim  tode  eines  lehnsmannes.  Haltaüs  830;  wenn  ouch  desz 
vorgenanten  huses  eigen  lülb  man  oder  frowen  von  thodes 
wegen  ab  gend ,  das  denn  dem  vorgenanten  husz  Bubiken 
von  ie  dem  cltisten  man  ein  bouptfal  und  syn  kleid  das 
best  ..  werden  sol.  weislh.  1,68;  ist  och,  das  der  man  abgät, 
hett  er  unberdten  knaben,  so  sol  man  im  nüt  nemen,  denn 
ein  hoptval.  s.  100. 

3)  in  der  modernen  spräche  ein  besonders  mehliger  fall,  her- 
vorragendes ereignis. 

H.\UPTFARBE,  f.  franz.  couleur  principal,  weisz,  gelb,  rot, 
blau  und  schwarz;  an  pferden  schwarz,  braun,  rot,  weisz:  die 
Schecken  werden  also  genennel,  weilen  sie  ausz  den  vier  haupt- 
farben  durcheinander  vermenget.  Böckler  kriegssch.  (1068)  95S. 

HAUPTFASTEN,  plur.  die  groszen  vierzigtägigen  fasten. 

HAUPTFEHLER,  ?«..•  die  höchste  empfindung,  die  der 
mensch  haben  kann,  ist  die,  wenn  er  sich  von  einem  haupt- 
fehler,  ja  von  einem  verbrechen  durch  eigne  kraft  erhebt 
und  losmacht.    Götue  15, 193. 

H.VüPTFEI.ND ,  m.  inimicus  capitalis ,  hostis  infestissimus. 
Steinbach  1,  425; 

mhd.  baniere  unde  wäfen, 

diu  der  houbetvinde  waren.    Tristan  474,  19. 

HAUPTFELS,  m.  mons  altissimus.   Stieler  469. 

HAUPTFEST,  n.:  die  drei  hauptfeste  der  Christenheit, 
Weihnachten,  oslern,  pfingsten. 

HAUPTFESTUNG ,  f. :  am  stillen  freitage  haben  sie  den 
I'etershagen ,  die  hauptfestung  des  sliftes  Minden  erobert. 
LtJNTZEL  sliflsfehde  33. 

HAUPTFIGUR,  f.:  seh  ich  mich  genölhigt,  eine  kleine 
abschweifung  über  den  karakter  dieses  emirs  zu  machen,  der 
eine  hauptfigur  in  meiner  erzählung  vorstellt.  WielanüG,  Ol. 

HAUPTFINSTERN ,  n.  eine  netzartige  zeugart ,  ehemals  zutn 
hals-  und  hauptschmuck  der  frauen  verwandt.  Jacobsson  2, 231*. 

HAUPTFL.\CHE,  f.  hauptseite,  namentlich  eines  bauwcrks. 

HAUPTFLAGGE,  f  admiralsftagge :  um  die  bauptflagge  an 
dem  groszen  und  dem  besansmaste  fliegen  zu  lassen,  nmsz 
ein  admiral  zwanzig,  ein  viceadiniral  oder  schout-by-nacht 
zwölf  schiffe  unter  seinem  befehle  haben  und  commandiren. 
Eggebs  kriegslex.  1  (1757)  895. 

HAUPTFLUGEL,  m.  der  vornehmste  fliigel  bei  einer  jagd,  zum 
untersdiied  von  den  treib-  und  neben flügeln.    Jacobsso!«  2,  231*. 

HAUPTFLUSZ,  m.  l)  rheuma,  mhd.  hoiibetvluj,  »li.  lioofd- 
vloed  rheuma,  catharrus  Kilian  ;  liouptflusz,  reuma,  flegma  vcl 
ejeclio  humorum  a  capile ,  vulg.  tumpfiH  vuc.  ine.  tlieut.  k3'; 
haupiflusz,  pfnüsel  rheumatismus  Maaler  213'. 

2)  der  hervorragendste  flusz  einet  landes:  die  Donau,  der 
haupifluKz  Österreichs. 

HAUPTFORDERUNG,  f.:  die  haupiforderung  des  gläubigcis 
Ix'irug  lausend  thaler,  hierzu  kamen  noch  die  zinscn  und 
die  gerichlskoslcn;  mJ)chlen  nie  wilz  und  «polt  ..  die  haupl- 
fordpruiift  an  unsere  schriflsteller  werden!  Klinger  8,15». 

HAUI'TFLÜSSIG,  adj.  rheumaticus.  Maaler  213*. 

HAUPTFRAGE,  f.:  mciKler-  oder  haubtfrage,  ijuaestio  magt- 
tlralis,  cardo  nctjU»,  cnnomenon.  Stieler  54.) ;  die  haupifragc 
ist    ihre    (der  iktlrUe  auf  den  bildwerken  der  allen)  bedeuluiig. 

HeRDER    iUT   $ch,    tu.    U.    kunst    f»    (ISIOI    XV):    .iri.l.ill    ■Irr    riil- 


scheidung  der  hauptfrage  näher  zu  kommen.  Tnl5MMEL  reiic 
2,203;  zur  klarheit  des  ersten  {des  Verstandes)  aber  sind  zu 
erheben  zwei  hauplfragen.  Fichte  reden  an  d.  deutsche  nation 
(isos)  «.91;  ich  musz  ..  auf  ihre  hauptfrage  ein  bekenntnis 
thun.  GüTUE  23,175;  unsern  lese'rn  die  Übersicht  der  haupt- 
frage zu  erleichtern.  30,194;  dasz  die  alte  hauptfrage  sich 
erneurc,  wie  viel  unser  selbst  und  wie  viel  die  auszenwell 
zu  unserm  geistigen  dasein  beilrage.  50,  50. 
H.\UPTFRAU,  /'.  hervorragende  frau. 

1)  dem  ränge  nach,  palrona  summa  et  principalis:  die  pfarr- 
kirch  zu  Bayrrheut  .  .  darinnen  die  heilig  fraw  Maria  Mag- 
dalena haubtfraw  und  mit  andern  heiligen  gnädiglichen  rastend 
ist.  Haltads  831. 

2)  den  lugenden  nach:  eine  brafe,  wackere  thatfrau,  ent- 
schlossen und  fruchtbar,  aller  ihrer  schwerleibigkeit  unge- 
achtet, wie  wir  zu  Zürich  sagen  würden,  eine  hauptfrau, 
anstellig  und  angrifllg.  Lavater  bei  Stalder  1,  480. 

HAUPTFREIDIGKEIT,  /■.;  das  (die  berufung  auf  Christus) 
hcisze  ich  die  baubtfreidigkcit  oder  den  baubtrhum  und 
höheslen  trotz.  Luther  6,54*. 

HAUPTFREUDE,  f.:  welch  ein  geschöpf,  dem  das  haupt- 
freude  wäre!    Herder  zur  seh.  lit.  u.  kunst  19  (1830)  296. 

HAUPTFREVEL,  m.  capilalverbrechen :  was  freveln  uf  dem 
hohen  geding  zu  Biebern  gerügt  werden,  die  man  nent  haubt- 
frevel.  wchlh.  2,  191. 

HAUPTFROMM,  adj.  bonorum  princeps,  primarius.  Stieler  569. 

HAUPTFUCHSER,  m.  homo  proslitutae  libidinis.  Stieler  576. 

HAUPTFÜHRER,  m.  .•  der  hauptlührcr  der  römischen  beere. 
Schlosser  weltg.  3,391;  die  beiden  haupiführer  der  geistigen 
richtung,  Rousseau  und  Voltaire.  Beckers  wcltgesch.  11,425. 

HAUPTGANG,  «i.  hervorragendster  oder  wicittigsler  gang. 

1)  an  einem  gebäude,  einer  promenade  u.s.w.:  er  kam  den 
bauptgang  herauf;  um  ungestört  sprechen  zu  können,  ver- 
lieszen  sie  den  hauptgang  und  schlugen  einen  nebenpfad  ein. 

2)  in  einem  bcrgwerkc  die  grüszte  erzader.  Frisch  1,426"; 
baubigang  vena  principalis  Stieler  023. 

3)  übertragen:  die  entwickelung  des  menschengeschlechts 
ist  nämlich,  ihrem  hauptgange  nach,  dem  täglichen  laufe  der 
sonne  gefolgt.  Schlosser  weltg.  1,3;  was  den  bauptgang  des 
krieges  betrifft.  1,  432. 

4)  bauptgänge  sind  bä  den  schlossern  die  groszen  bogen  und 
theile  oder  das  laubwerk  der  Verzierung  an  einem  sprengwerk  oder 
künstliclwn  gitler  von  eisen,  welche  mit  nieten  im  ganzen  befestigt 
werden.  Jacobsson  2,  231*. 

HAUPTGASSE,  f.  via  principalis :  ritten  sie  gen  Dordön  ein 
durch  die  hauptgasz.  Aimon  bog.  g.  die  gesamtheit  der  bewohner 
einer  solchen  gasse:  oft  fallet  es  einem  zur  last  (wird  lästig), 
wenn  eine  ganze  schlafende  haupigasse  auf  einmal  spricht. 
J.  Paul  paling.  l,  23. 

HAUPTGATTUNG,  f.:  Urbilder  der  ode  in  ihren  beiden 
hauptgaltungen,  der  kühnen  und  zarten  ode.  Herder  zur  seh. 
Itt.  u.  kunst  20  (1830)  142. 

HAUPTGAUDIUM,  n. :  das  ist  nun  so  mein  hauptgaudium, 
neue   gegenden   zu   entdecken    und   zu   durchwandern.     Fr. 

MtJLLER    1,  298. 

HAUPTGEBÄUDE,  n.:  die  neuen  angebäude,  die  ..  mit 
dem  baupigebuude  durch  galerien  und  bedeckte  güngc  zusam- 
menhingen.   (jÖTHE   20,  0. 

HAUPTGEBIRGE,  n.  rücken  oder  kämm  eines  gebirges.  Ja- 
COBSSON    2,  31*. 

HAUPTGEROT,  «.;  es  ist  mein  will  und  urdnung  nie 
gewest,  das  einer  die  kleine  gepötlin  auszrichic,  und  unter- 
lasse die  heupigebot.  Cari.stadt  v.  d.  sabbal  Cij';  was  du 
willst,  dasz  dir  die  liMile  Ihun  sollen,  das  Ihue  ihnen  auch! 
ist  ..  das  haupt^ebot  in  der  gesellschaft.  Kli.m:kr  11,30«. 

HAUPTGEDANKE,  m.:  dasz  die  haupigcdanken  des  Ori- 
ginals ganz  einfach  mit  ihren  eigentlichsten  wortcn  ausge- 
drückt .  .  waren.  Bürger  350*;  hier  ist  wohl  der  rechte  ort 
eines  haupigedaiikeiis  zu  crwiilinen,  den  der  umsichtige  fürst 
den  weimarisciieii  kunstfrcunden  zur  Überlegung  und  aus- 
führung  gab.  Gi.niE  31,117. 

lIAUPTtiEFALLE,  n.  das  gefäüe  eines  flusses  an  dem  ort, 
wo  der  sirom  am  sciinellsten  sduestt.  JacodssoN   2,  231*. 

IIAUPTtiEtJEND,  f  eine  der  vier  himmclsgt'yendfn  ost,  süJ, 
wesl  und  nunl.    Frisch   i,  420". 

HAUPTGEGENSTAND,  wi.;  (da)  Epikiir  die  beobachtung 
und  crfonnbuiig  der  natur  zu  einem  haiipigegcnstande  der 
|ihilc<sophic   iii.K  hlc,    Si.iiiiisvi  11   inlhr    i   iin 


613 


^AUPTGEG^XR  —  H  AUPTGESLMS 


HAUPTGESTALT — H  AUPTGL  T 


614 


HAUPTGEGNER,  m.  vorzüglichster.   Kusger  9,149. 

HALPTGEHÜR.N.  n.: 

nun  ist  disz  ghiirn  (der  bixchofshul)  auch  gferiigt  ab, 

sprach  Satan,  o  dasz  es  glück  hab. 

aber  wir  haben  noch  dahinden 

das  hauptgehOrn,  darnach  wir  gründen  (die  papstkrone), 

da  trei  hörner  zusammen  gehn, 

und  trifach  auf  einander  stehn.    Fischart  Jeauilerhitllein  AS*. 

HAUPTGELD,  n.  1)  kopfsleuer,  ahd.  houbifgelt:  haubtgelt 
capitalio  Stieler  682;  diese  hülfe  und  anläge  war  auf  ein 
unterschiedliches  haupfgelt  geordnet.  Schütz  Preuszen  121 ; 
hauptgeld,  gcschosz  oder  steuergeld,  diesem  land  zu  nutz 
und  frommen.  251. 

2)  hauplsumme,  capiial,  im  gegensalz  zu  den  davon  entfallenden 
Zinsen:  des  grunds  fehrligkeit  sei  stehen  auf  des  keufers 
seilen,  das  er  seiner  zins  so  unsicher  sei,  als  jener  seins 
heubtgelts.  Luther  1,  20l';  wann  euwer  einer  gelt  hinieicht 
urab  gült ,  so  leicht  ers  nit  hinwek,  er  hab  dann  znifeltig 
gewis  pfant  darfür,  und  ist  des  gelauhen  (geliehenen)  gelts 
zwanzig,  nimpt  er  hundert  gülden  darvon.  dannoch  ist  nichts 
an  dem  hauptgell  bezalt.  Scbave  sat.u.pasqu.2,'S,dh;  schuld 
zahlen  macht  hauptgeld.  Pistorics  thes.  par.  10,  S3;  was  die 
kinder  aus  dem  von  ihren  ellern  empfangenen  geld  oder 
gütern  genommen  oder  gezogen  haben,  sollen  sie  nicht  bei- 
tragen, sonder  nur  das  empfangene  hauptgeld  oder  gut. 
Mainzer  landr.  1755,17,  §  S. 

HAUPTGELEITE,  n.  salvtis  conductus  generalis.  Stieler  1144, 

HAUPTGEMÄCHTE,  «.  opus  egregium,  excellens.  Stieler  119C. 

HAUPTGEMÄLDE,  n. .•  wir  können  zwar  nicht  läugnen. 
dasz  manche  nebenbilder,  wenn  sie  nicht  so  kurz  und  dunkel 
entworfen  wären ,  dem  hauptgemählde  mehr  licht  gegeben 
hätten.   Lessixg  3, 143. 

HAUPTGEPRÄGE,  ti.:  dies  aber  ist  ja  ein  haupigepräge 
jener  dichtungen,  dasz  sie  heimisches  und  fremdes,  .  .  . 
mythe  und  geschichte  mischen.  Gervincs  gesch.  der  deutschen 
dichtung  \,  92. 

HAUPTGESCHÄFT,  »i.;  der  landbau  und  der  kriegsdienst 
bildeten  die  hauptgeschäfte  des  Römers.  Schlosser  treltg. 
3,  253. 

HAUPTGESCHEID,  n.  Schwindel,  kopßrankheit,  mhd.  houbet- 
geschide  Renner  121S0;  verboten  ist  der  zutritt  zum  abendmahl 
allen  den  die  brief  bei  in  tragen  oder  gürtein  den  frauen 
urab  gurten,  so  sie  gepern  sullen,  von  solichem  oder  anderm 
unbekannten  worlen  figuren  und  Schriften  oder  ander  solicher 
sach,  damit  sie  siechtagen  püeszen  wollen:  hauptgescheid 
rilen  pultzen  schwertsegen  natern  und  tewfel  beschwern. 
fastn.  sp.  1463. 

HAUPTGESCHEIM,  n.  kopfueh,  schwindet,  nach  Grimm  gramm. 
1  (isioj  ,«.  176  aus  dem  vorigen  entstellt: 

und  auch  das  segen  lasset  sein 

(ur  den  pulczan  und  fuf  das  haubtgeschein. 

fastn.  sp.  1372; 
( .    0  Hans,  was  sol  das  sein? 

du  hast  das  liauptgescbein. 
U'.   das  dunkt  mich  selber  schir, 

im  haubt  ist  nicht  recht  mir. 
C.    so  leg  dich  nider  auf  die  bank, 

ich  wiis  beschweren  dir. 

J.  Atrer  fastn.  sp.  148*  (3073,  29  Keller). 

HAUPTGESCHICHTE,  f  :  die  Verfasserin  hat  ihre  charactere 
lebhaft  geschildert,  die  hauptgeschichte  genugsam  verwickelt 
und  endlich  ziemlich  glücklich  aufgelöset.  Lessixg  3, 143.  . 

HAUPTGESCHMACK,  m.:  unter  einem  volke  ...  dessen 
hauptgeschmack  auf  nichts  als  possen  ging.    Lessixg  4,304. 

HAL'PTGESCHOSZ,  n.  das  beste  geschosz  eines  hause.<t,  franz. 
bei  Aage. 

HAUPTGESCHÜTZ,  n.  grobes  ge'ichiUz:  (mit)  haubt-  und 
vellgeschülzen,  wie  solches  zum  slurmb  und  streit  gehört. 
Hi/w.  f.  Schaumburg  31;  kam  in  mit  4  lausent  knechten  und 
etlich  zu  ross,  auch  mit  seinem  haubtgeschfitz  zu  hilf.  102. 

HAUPTGESCHVVER,  n.  kopfweh,  mhd.  houbetswer:  frenesis 
hoyplgeswerDiEF.247';  hauptweh,  hauptgeschwer.  Paracelsls 
opp.   1,  655  B. 

HAUPTGtSETZ,  n.:  das  haugtgesetz  der  moral.  Gellert 
6, 19 ;  das  iiau^)tgeset2  der  dichtung.  Herder  zur  seh  lit.  u. 
hmsl  20  (1830)  39 ;  das  hauptgeselz  der  wahren  goltesfurchl. 
Klisger  0,  5. 

^  HAVTTGESICHTSPUNKT,  m.:  um  alles  bisher  gesagte  in 
einen  hauptgesichlspunkt  zusammenzufassen.  Fichte  reden  an 
die  deutsche  nalion  (ISOS)  16«(. 

HAUPTGESIMS,  n.  hypotrachelium.  Stieler  2028. 


HAUPTGESTALT,  f :  den  hexameler,  den  ich  nach  seinen 
baupfgestalten  das  orphische  und  homerische  sylbenmasz 
nennen  möchte.    Herder  zur  sdi.  lil.  u.  kunst  20  (1S30)  142. 

HAUPTGESTELL,  n.  i)  das  riemenwerk,  welches  umdieohren, 
bacJien  und  kehle  eines  pferdes  geht.    öcon.  lex.  (1731)  943. 

2)  im  jorslwesen  das  gesteil,  welches  den  gröszlen  theil  des 
forstes  durchschneidet.    Jacorssox  6, 52'. 

HAUPTGESÜCHT,  «.  kopfhrankheil,  mW.  houbetsuhl :  haupl- 
weh ,  hauptgeschwer,  hauptgesücht  und  ander  was  haupt- 
krankheiten  sind.   Paracelscs  opp.  1, 655ß. 

HAUPTGEVIER,  n.  bei  der  Verzimmerung  eines  bergschachtes 
die  Verbindung  von  vier  hölzern  nach  einem  viereck.  Jacobsson 
2,  231*. 

HAUPTGEWENDE,  n.  ein  gewende,  wo  viele  stücke  felder  der 
breite  nach  an  einander  stoszen.   das. 

HAUPTGEWINN,  m.:  auf  dem  st.  Gotthard  hatte  ich 
schöne  raineralien  gewonnen ;  der  hauptgewinn  aber  war  die 
Unterhaltung  mit  meinem  freunde  Meyer.  Güthe  31,76;  ein 
hauptgewinn  in  der  lolterie. 

HAUPTGEWINNST,  m. : 

dürft  ich  denn  zu  greifen  wagen 
nach  des  Jehens  hauptgewinst? 

RccKERT  ges.  ged.  1,  455. 

HAUPTGLANZ,  m. :  weil  eben  in  diese  Jahrzehnte  .  .  der 
hauptglanz  der  byzantisirenden  Ottonen  fällt.  Geryiscs  gesch. 
d.  deutschen  dichtung  l,  92. 

HAUPTGLÄUBIGER,  m.  der  die  gröszte  Schuldforderung  unter 
andern  hat. 

HAUPTGLEIS,  n.  das  am  meisten  befahrene  gleis  einer  eisenbahn. 

HAUPTGLIED ,  n.  1)  allgemein  membrum  principale  Stie- 
ler 670. 

2)  in  der  baukunsl  die  vorzüglichsten,  grüssten  und  wesentlichsten 
theile  oder  glieder  einer  Säulenordnung.  Jacobsson  2,  23l'. 

HAUPTGLÜCK,  n.  culmen  fortunae.  Stieler  675. 

HAUPTGÖTZE,  m. :  da  sie  {die  eigenliebe)  also  der  haupt- 
götze  eines  jeden  wird.  Klixger  11, 35. 

HAUPTGRABEN,  m.  besonders  hervorragender  graben  unter 
mehreren;  vorzüglich  aucli  hauptsächlicher  giraben  um  eine  festung. 
Eggers  kriegslex.  1  (1757)  1091. 

HAUPTGREUEL,  m.:  das  also  nicht  Christus  uns  gnade 
hab  erworben,  sondern  wir  wollen  die  gnade  selbs  erwerben 
durch  unser  werk  . .  das  ist  der  rechte  heubtgrewel  und 
griind  aller  lesterung  im  bapstum.  Luther  5,194';  wie  gar 
billich  nennet  er  am  andern  ort  solche  zeit  grewliche  und 
fehrliche  zeit,  ja  freilich  grewlich  und  über  grewiich,  darin 
solcher  heubtgrewel  überhand  gehabt.  6,  86'. 

HAUPTGRIND,  m.  kopfgrind:  weinrauten  frisch  gesotten 
heilen  den  flüssigen  hauptgrind,  wie  ein  pQaster  darüber 
gelegt.  Taberxaem.  395. 

HAUPTGROSZ,  adj.  vorzüglich  grosz:  (Maria)  beschleuszt  das 
magnificat  mit  dem  heubtgroszen  werk  aller  werk  gottes, 
das  ist  die  vermenschung  gottes  sons.  Luther  1,  497". 

HAUPTGRUBE  ,  f  schädelstäUe.  Stalder  2,  26 ;  hauptgrub 
carnißcina  Maaler  213*. 

HAUPTGRUND,  m.  hauptsächliche  Ursache:  dieweil  auch  der 
haiiptgrund  dieses  reichstags  auf  erhaltung  des  h.  glaubens 
.  .  gestellt  ist.  reichslagsabschied  v.  Augspurg  154S,   §  16. 

HAUPTGUT,  n.  1)  das  u-ichtigste  unter  mehreren  zusammen- 
gehörigen liegenden  gütern,  grundstock  eines  gülcrcomplexes :  bis 
so  lang  die  wies  oder  acker,  das  also  aus  dem  hauptgut 
verkauft  oder  verkaut  ist,  wieder  in  das  hauhtgul  kommet. 
weisth.  2,180;  wann  ein  hauptguit  gar  von  einander  in  vier, 
fünf  oder  mehr  Iheil  getheilt  würde.  1S2;  der  meiste  knack 
(schaden)  bestund  hierin,  dasz  zwei  freigüter  darneben  lagen 
. .  welche  eine  lange  rechlssache  mit  dem  hauptgute  führeten. 
jwlit.  näscher  274. 

2)  hauptgut ,  capital ,  (im  gegensatz  zu  zinsen  und  kosten), 
wie  mhd.  houbctguot  wb.  1,  59o':  liauplgut,  galt  oder  anders 
einem  diener  darmit  ze  warben  vertrauwel ,  peculium ,  sors 
Maaler  213';  hauptgul  sors  Frischlix  nomencl.  432;  die  appel- 
lalionsachen,  so  unter  fünfzig  gülden  haupiguls  weren.  cam- 
merger.-ordnung  v.  1521.  24  §  1;  ein  jud  leihet  einem  20  fl. 
4  jar  und  alle  halbe  jar  rechnet  er  den  gewinn  zum  haupt- 
gul. Adam  Ryse  rechnung  D  7';  nun  lond  vierzig  guldin  schuldig 
sein,  mer  bin  ich  nit,  so  hab  ich  dannocht  erst  all  jar  ein 
guldin  aus  dem  hauptgul  vcrlhon.  lind  doch  manchen,  so 
in  einer  wochen  oder  in  einem  tag  hundert  guldin  ans  dem 
hauptgul    verthut.    Wickram   rollw.  156, 8   Kurz;    leibgeding 

39* 


615 


UALPTGÜT — IIAUPTU  ANDLLA(. 


liAUPTH  ANÜWERK  —  HALPTlllßSCll      616 


schnindet    das  hauptgut ,  dolalUium  ubsorbet  dolcm.  Pi$toiiiu.s 
tlies.  par.  ö,  62 ; 

zur  zeit  des  zils  summ  ich  all  such, 

und  wucliergclt  zu  haupt^it  mach. 

SCUWARZENBERG    122'; 

und  so  bald  du  {ein  beltler)  ein  doil'  aiisicbst, 

so  hast  du  schon  das  hauptgnt  drin, 

was  du  erbeitelsl  ist  lauter  gwin.    H.  Sachs  2,  4,  2''; 

lies  geht  mein  (ein  krämer  spricht)  haubtgut  sanimi  dem  gwiiin 

tegiichen  mit  der  zerung  hin.      4'; 

(lasz  das  hauptgut  und  aucli  der  gwiuu 

geht  bei  uns  alle  mal  dahin. 

J.  Ayrer  fastn.  sp.  94'  (2S1I,  26  Keller); 
ein  böser  Schuldner  still  dir  hauptgnt  luid  gewinn. 

Opitz  2, 4 IS, 
nach  Martial: 

debitor  usuram  paiiter  sorternque  negabit; 

noch  hauptgut,  noch  die  Zinsen  darl  jetzt  ein  Schuldner  gelten: 

es  stehu  zwar  so  die  schulden,  der  glauben  aber  selten. 

LoGAU  2,  84,  26; 
wer  der  wollust  sich  lehnt  ausz,  wird  er  nicht  ums  hauptgut 

kommen, 
wird  er  krankhcit  haben  doch  stat  der  ziuseu  eingenommen. 

3,  154,  HO; 

scherzend  ist  dem  uorle  eine  andere  bedeiditng  {das  gute  das  im 
köpfe  steckt)  untergelegt: 

selten  wird  mit  einem  weihe  gar  viel  hauptgut  überkumnien: 
weil  das  böse  so  an  ihnen,  hat  das  haupt  gern  eingenummen. 
2,  20«,  2»  (iil)ersclirill:  weiblich  haupigul). 

HAUPTGUT,  adj.  rurzügUclt  gut:  was  uns  vergnügen  sol, 
inusz  entweder  liauptgut  oder  liauptschliin  sein.  Cur.  Weise 
abs.  com.  303;  (sie)  gibt  eine  hauplgute  wirtliin  ab  (d.h.  ist 
äne).  unw.  doctor  335;  und  ist  dises  eine  hauplgute  aiisz- 
erfindung.  485. 

HAUPTHAAR,  n.  capillus.  Maaler  213*;  wenn  einem  man 
die  heuhthar  ausfallen,  das  er  kalh  wird.  S  Mos.  13,40;  da 
ich  solchs  höret,  zureis  ich  meine  kleider  und  meinen  rock, 
und  rauft  mein  heuiithar  und  hart  aus.  Esra  9,3;  sahen  das 
das  fewr  keine  macht  am  leihe  dieser  meiiner  beweiset 
hatte,  und  ir  heublhar  nicht  versenget,  und  ire  mentel  nicht 
verseeret  waren.  Dan.  3, 27.  die  neuere  spräche  braucht  das 
tcorl  gewöhnlich  in  gehobener  rede:  ich  kannte  den  mann,  er 
schnitt  eine  locke  von  seinem  silbernen  haupthaar,  warf  sie 
hinein  in  die  schale  der  sünden.  Scuiller  räuber  5,  l ; 

bevor  diesz  haupthaar  der  reiT  {pruina)  umzieht. 

Kahler  ),  b7; 
entfesselt  rollt  ihr  haupthaar  hin. 

Freilicrath  ged.  (1845)  102; 
ihr  haupthaar  golden  wallt.    417. 
HAUPTHAFEN,   m.:   calvaria ,  olia  capitis  ist  der  haubt- 
schedel    oder   haupthafen.    Gerrdürf  feldb.  d.  wundarzn.  90. 
über  hafen  für  hirnschale  vergl.  sp.  120. 

HAUPTHAFT,  adj.  capilalis ,  mhd.  houbelhaft :  hauhthaile 
misselhat.  Haltaus  631;  sibeu  lasier  houhthafter  sunden. 
spec.  ecci.  178. 

HAUPTHAHN,  «i.  in  zwei  übertragenen  bedeutungen : 

1)  nach  liahn  3,  o  {sp.  163)  von  einem  vorzüglich  lUchligen 
menschen:  ihre  (der  Studenten)  duces,  welche  haupthühne 
heiszen.  Heine  l,  s.h;  angelehnt  an  den  eigentlichen  sinn  von 
huhn:  statt  hahnenkämpfc  haben  wir  Journale,  worin  arme 
leufel,  die  man  dafür  fültcrl,  sich  einander  den  guten  naiuen 
zerreiszen,  während  die  pbilister  freudig  ausrufen :  sieh,  das 
ist  ein  hauplhahu !  dein  dort  schwillt  der  kämm!  der  hat 
einen  sciiarien  sciinaiiel !  $.  180. 

2)  nadi  bahn  8  (.</>.  164)  der  hauptsdcltUdie  hahn  einer  kitungs- 
rohre,  Jacoh^son  2,  231* 

HAUPTHAMMKH,  m.  das  hammerbeü  der  bergleule. 

HAUPTHANDEL,  in.  status ,  caput ,  summa  rei.  Serranus 
synon.  94';  haupthandel,  hauptsach,  hau]itpun(;l,  slalus,  cuput, 
summa  rei.  Ehmel  sylva  quinqucling.  (1630)  0  7*  nucli  handel  2, 
sp.  36». 

HAUI»THANDLUNG,  f.  1)  hauplsdchliche  Handlung,  nacli 
handlung  4,  sp.  406 :  in  einem  gemiildc  musz  nur  eine  haupt- 
handlung  und  eine  hüuptlignr  sein,  und  die  übrigen  müssen 
Sbr  untergeordnet  . .  »ein,  Jacobssor  2,  231'. 

2)  nach  handlung  II  {sp.  406)  der  haujisächlicJie  zweig  des 
ftandeU:  die  baupthandlting  dieses  specereyhündier«  heKtehl 
in  arznei-  und  farbenwaaren ;  die  hauplbandlung  dei  Hol- 
Iftnder  i»t   die  oslindiscbe  handlung.  JaCiuisson   6,62'. 

i)  noch  baiiiiltuig  r^  {sp.  407)  dir  vornehmste  llicil  rinet  handels- 
gtichdftet,  »m  grgenscUs  tu  den  vun  Htm  uLhuiKiKirn  fiUaUii  titul 
eomnianäüen. 


HAUPTHANDWERK,  »..  daj  forstwerg  ist  ein  houpthanl- 
werg  und  . .  hat  undir  ein :  holzhouwer,  bachfloszer,  harcz- 
floszir,  koler,  aschcnborner  und  derglichcn.  anz.  des  germ, 
mus.  1856,303. 

HAUPTHÄNGIG ,  adj.  mit  hängendem,  demüthig  geneigtem 
hauplc : 

gebet,  wck'hs  ich,  für  si,  haubthengig  tet. 

Melissus  ])s.  Ob*. 

HAUPTHARMSCH  ,  m.  stiirmhaubc ,  heim:  das  aber  die 
raisigen  Cimhrisclien  . .  .  ir  hauptharnasch  mit  flügeln  und 
thierkiipfen  gezieret.  Zimm.  chron.  1,6,27;  achteten  keines 
eisernen  hüls  oder  hauptharnisch.  Louneys  regierkunst  (1679) 
56';  und  zeigten  mir  alle  Wahrzeichen  an,  was  ich  für  einen 
haublhainisch .  und  wie  ich  ein  gaul  gehabt.  Götz  v.  B.  80. 

HAUPTHASZ,  m.  capitale  odium,  Stikler  786.  davon  baupt- 
hasser.  -osor  acenimus  785. 

HAUPTHAUPT,  «i.  {nach  haupt  H,  1,  o  und  b,  sp.  603)  der 
hervorragendste  uutci  anführern  oder  hrrschern :  dasz  solche  re- 
gierende nebenhäupler  . .  so  gar  noch  besser  seien  als  die 
regierenden  haupthäupter.  J.  Paul  ausw.  aus  d.  teufels  pap. 
2,  277. 

HAUPTHAUS,  »1.  domiis  amplissima ,  aedes  magnißcae,  su- 
perbae.  Stieler  799.  das  hervorragendste  liaus  unter  mehreren 
3usavimengehOrigen :  (erblickten  wir)  wohl  und  anständig  ge- 
baute häuser  . .  in  das  hauplhaus  durch  den  garnhoten  ein- 
geführt und  flau  Susannen  vorgestellt,  fühlte  ich  etwas  ganz 
^igenes.  Güthe  23, 107.  solle  also  forthin  sein  und  heiszen 
des  Ordens  liau]itliaus.  Waissel  104 ;  das  liaupthaus  der 
deutschen  Ordensritter,  Marienburg.  Beckers  wellg.  6,404. 

HAUPTHEBEL,  n». ;  das  berühmte  princip  der  arbeits- 
theilung,  welches  gewis  den  baupthebel  der  modernen  oeco- 
nomie  bildet.   Frantz  krilik  aller  pavteien  s.  68. 

HAUPTHECHT,  vi.  einer  dei-  grCszten  heclite.  Nemnich;  so 
wollten  sie  eine  mandel  haupthechte  und  drei  mandel  zucht- 
hechte und  ein  schock  hauptkarpfen  nehmen.  Scuweinichen 
1,359. 

HAUPTHEEB,  m.  franz.  le  gros  de  l'armäe. 

FIAUPTHEFTEL,  m.  bei  den  Jägern  der  vornehmste  und  wich- 
tigste pßock  eines  Ireibezeuges.  Jacobsson  2,  23l'. 

HAUPTHELD,  m.:  gleich  die  haupthelden  {der  sage),  jene 
Hermunrich,  Elzel  und  Dietrich  trennen  geschichtlich  mehrere 
Jahrhunderte  von  einander.  Gervinus  gesch.  d.  deutschen  dicii- 
tung  1, 100. 

HAUPTHERD,  m.  meist  bildMi:  der  hauptherd  der  revo- 
lutionären  mntriehe. 

HAUPTHERR,  m.  der  oberste  herr; 

1)  tu  weltlicher  bezichung,  Ivhnsherr:  ist  es  anders,  das  der 
hüuhtherre  des  gutes  . .  oder  ieman  von  sinen  wegen,  der 
des  gewalt  hat ,  den  zug  voidert  und  hegeret.  weisth.  1,  730. 
der  lehnsherr  ist  der  befehlshaber  der  von  ihm  gestellten  streitbaren 
manuschaß  : 

und  köment  allesament  dar  an 

die  houbethdrren  unde  ir  man.     Tristan  475,  öi. 

auch  scliutzherr  über  eine  zunß.  Hai.taus  831 ;  gemeinsamer 
oberherr:  weil  diese  {lehnleute  und  gutsherren)  einsahen,  dasz 
es  ihre  Sicherheit  erfordere ,  sich  unter  einander  und  mit 
einem  haupt  herni  zu  verbinden.  Moser  osnabr.  gesch.  1,  twrr. 
s.  18. 

2)  übertragen  in  geistlicher  bezichung:  Jhesus  der  sun  gottes, 
dör  grosz  iiawbtherr  des  crcuzes,  der  die  schwerbeit  und 
bilterkeit  des  creulzs  in  im  selbs  gar  wol  erfaren  hat.  herz- 
muner  109*.  die  heiligen  sind  die  hanplherien  der  ihnen  ge- 
weihten kirchen  und  alldre:  einen  miwen  altar  und  vicarie  in 
unsem  stifte  sent  Merlins  kirchc  zu  Cassel  . .  des  houht- 
hcrren  und  palrunen  sin  suilen  s.  Cyriacus,  saneta  Dorothea, 
die  eilftusend  jungfruwen  und  die  unschuldige  luerleler.  urk. 
V.  1457   bei  Haltaus   S3I. 

HAUPTHIEB,  m.:  es  kamen  nun  wieder  läge  ..  wo  haupt- 
liiche  Holen.  Weher  Democril  1,21. 
HAUPTHINDERNIS,  n. 
HAUPTHINCBER,  udv.  hin  über  das  haui^: 

zoiirlmt  du,  wctUTRehftrcriu  {wollte), 
liaiipthiiiUber  mir  hcIioii. 

IIirubr  tur  tch.  Uli,  u.  kun$t  9  (1837)  114. 

IIAll'TlIIRSCH,  »I.  riri  alter,  vorzüglich  starker  und  sckiverer 
hirsch:  tun  zn  veriiehmeii  was  vor  wildpret  und  darbei  vor 
iiauplhii'Hche  rein  oder  raus  sein  (in  die  jaydumstetiung).  ocon. 
lex.    044. 


617 


HAL'PTHOF  —  HAUPTKISSEN 


HAUPTKLANG  —  HAUPTLEHRE 


618 


HAUPTHOF,  «1..-  (der  iiofschulze)  war  der  Lesitzer  eiues 
der  gröszteD  haupt-  oder  oberbüfe,  welche  in  den  dortigen 
gegenden  {Weslfalcn)  ..  liegen.  Immehmann  Münchh.  1,146. 

HAUPTHOLZ,  n.  l)  ein  balken,  da  üba  dem  obcrUtäl  einer 
Säule  wegläuft.  JicOBSSON  2,  23l'. 

2)  im  baguerk  eins  der  queihülzer  am  schacld,  icoran  die 
seilen  awieschlaqen  werden,  einstrich,  miner.  kx.  29 o'. 

HAüPTHUFE,  /'.  praedium  totale  et  dominans,  ein  (fut  von 
dem  keiner  ein  stück  hat.  Frisch  1,  426". 

HAUPTHUHN.  n.  huhn,  von  den  eigenen  leiden  als  zms  und 
als  anerkenntnis  des  hauplfalls  (sp.  611)  gegeben:  haupthüner, 
gallinae  quae  sohnintur  ab  hominibus  pr(/priis.  Stieleb  750. 

HAUPTHÜTTE,  f.  erste  unter  den  banhüllcn:  genn  Straszburg 
auf  die  haubtliiitten.  Munes  anseiger  5,497;  an  den  enden, 
die  dann  der  iiaubthütlen  zu  Straszburg  zugeteilt  sint  von 
den  alten  werklüten.  das. 

HAUPTIDEE,  f.:  es  ist  seine  (Sle/fens)  hauptidee.  Heine 
6,161 

HAUPTIG,  adj.  einen  köpf  habend,  im  prägnanten  sinne  starr- 
küpfig,  eigensinnig.  Stalder  2,  26.  in  Zusammensetzungen  ohne 
diesm  sinn  in  umgelauleter  form:  dreihäuptig,  vielhänptig. 

HAUPTINHALT,  m. :  wenn  dieses  buch  in  ansehung  des 
reicLs  Christi,  seines  hauplinhalts ,  lügt.  Herder  zur  rel.  u. 
theol.   12   (1829)  220. 

HAUPTISCH,  adj.:  wie  nun  golt  ein  haupt  der  ganzen 
weit  alles  regieret :  also  ist  auch  ein  hauplisch,  monarchisch, 
regiment  das  beste  auf  erden.  Lehmann  2, 14. 

HAUPTJAGD,  /'.  venalio  universalis.  Stieler  875;  namentlich 
auf  scliweinc  und  hirsche.  Frisch  1,  426'. 

HAUPTJAGEN,  n.  groszes  jagen,  wobei  das  wild  aus  dein 
ganzen  reriere  zusammen  getrieben  wird.  öcon.  lex.  (1731)  943. 

HAUPTJUWEL,  n.  wichtigstes  kleinod,  wertvollstes  stück,  obscün 
und  verblümt  von  einem  Iheil  des  weiblichen  kvrpers.  Thümmel 
5,289. 

HAUPTKABEL,  f  und  n.:  das  längste  ankertau  oder  die 
haupikahel.  Jacobsson  C,  17S'. 

HAUPTKAMPF,  m.:  der  hauptkampf,  den  wir  im  leben 
zu  bestehen  haben.  Klinger  5,  34. 

HAUPTKANNE,  wi.  das  wort  ist  aus  Straszburg  in  dem  sinne 
von  Schenkwirt,  gastgeber  bezeugt ;  ein  exempel  von  einem  zerer 
und  füller,  der  gern  tag  und  nacht  vol  was,  und  lieber  hört 
sagen  von  einem  guten  houbtkannen  dann  von  einem  guten 
Prediger.  Keisersberg  bilg.  48*;  allen  wirthen  ,  gastgehern, 
hauplkannen,  küchenmeistern.  Straszb.  polizeiordnung  bei  Frisch 
1,  499'. 

HAUPTKANNE,  f.  cantharus  major.  Frisch  das.  [aus  Kei- 
sersberg). 

flAUPTKARPFEN ,  m.  ««er  der  gröszien  und  besten  karpfen 
in  einem  teiche:  ein  schock  hauplkarpfen.  Schweinichen  1,  359. 

HAUPTKEGEL,  m.:  der  Ararat  bildet  eine  gewaltige  berg- 
gi-uppe,  aus  zwei  hauptkegeln  bestehend.  Westermanns  monats- 
heße,  bd.  2.  s.  47. 

HAUPTKENNZEICHEN,  «..•  das  hauptkennzeichen  der  mi 
neralkörper,  auf  das  wir  hier  gegenwärtig  rücksicht  zu  nehmen 
haben,  ist  die  gleichgültigkeit  ihrer  theiie  in  absieht  auf  ihr 
Zusammensein.  Güthe  55,270;  das  hauptkennzeichen  des 
gemischten  Charakters  der  dicbtungen  dieser  zeit  .  .  bleibt 
ihre  lateinische  abfassung.  Gervinüs  gesch.  d.  deutsclien  dich- 
tung  1,  94. 

HAUPTKERL,  m. ;  dort  vor  der  hausthür  sitzen  die  bürgers- 
leute  des  sommerabends,  und  trinken  aus  groszen  kannen, 
und  schwatzen  vertraulich ,  wie  der  wein,  gottlob !  gedeiht 
. .  und  wie  alle  menschen  gleich  sind,  und  wie  der  Gorres 
ein  hhiiptkerl  ist.  Heise  l,  219. 

HAUPTKIRCHE,  f.  ecclesia  mater ,  melropolUanum  templttm. 
Stieleh  959;  nl.  hoofdkerk  Kilias. 

HAUPTKISSEN,  -KÜSSEN,  n.  kissen  zum  daraußcqen  des 
kopfcs,  vgl.  th.  5, 852/'.  die  ersiere  form  ist  nach  der  jetzt  gemdszen 
Schreibart  angesetzt,  die  letztere  die  bis  ins  \%.]lt.  übliche:  houpt- 
ku8<in  ccrvical,  unreale,  est  pulvinar  capitis,  voc.  ine.  tliettt.  k3'; 
capitale  heubitkussen,  heuptkossen  Dief.  97*;  hauptküsse,  ;>«/- 
vinar,  pulvinus,  cervical  Maaler  214";  hauptküsz  HoLsius  71"; 
nl.  boofdkussen  cervical  Kilian;  ein  fröhliches  herze  ist  eine 
gäbe  gotles,  so  allein  den  frommen  gegeben  wird  ;  die  trau- 
rigkeit  hingegen  ist  des  teufels  hauptküssen,  rühret  her  von 
einem  bösen  gewissen,  welches  zwar  eine  Zeitlang  schlafet, 
aber  nicht  ersterben  kan.  Bütscuky  Paim.  74;  gemeiniglich 
musi  dieser  spruch  aller  frommen  sterbenden  Christen  seelcn- 


schatz,  hauptküssen  und  sterbkiltel  sein.  Schüppiüs  442; 
er  weinte  so  lange  und  so  heftig,  dasz  sein  hauptküssen 
ganz  davon  durcbnetzt  wurde.  Wieland  1,362;  an  dieses 
tröstende  bild  will  ich  mich  halten  und  mein  hauptkttssen 
damit  polstern.  ThCmmel  5,  266 ; 

drumb  wer  nutz  sucht  hinder  eim  scbalk, 
maeht  hauptküsseu  vom  i^eJsbalk. 

Kirchhof  wendunm.  78\ 

HAüPTKLANG  ,  m. :  alle  Charaktere,  stände  und  lebens- 
arten ,  so  viel  nur  fähig  und  nüthig  sind,  den  hauptklang 
seines  koncertes  zu  bilden.  Herder  zur  scli.  lU.  u.  kunst  3ü 
(1830)   s.  2S6. 

HAUPTKLEIDUNGSSTÜCK,  n..-  ein  grobes,  graues  tuch, 
künstlich  genug  um  den  kürper  gewickelt,  machte  das  haiipt- 
kleidungsstück.  Secme  mein  leben  70. 

HAUPTKNOTEN,  m.: 

darauf  zerbisz  es  den  heubtl(noten, 
damit  die  schleuf  gefasset  war. 

fro'ichmäuseter  I,  2,  24,  Rh*; 
tn   übertragener   bedetitung   als   bild  für   eine  liauptschwierigkeit : 
ein  hauplknoten ,  dessen  auflösung  mit  Schwierigkeiten  ver- 
bunden ist.  Kant  8,337;  und  so  kam  ich  denn  ganz  natür- 
lich ..  auf  den  hauptknoten  (zu  sprechen).  Thümmel  5,159. 

HAUPTKOHL.  m. :  kopfkohl,  kapipeskraut.  öcon.  lex.  944. 

HAUPTKÖRPER,  vi.  der  hervortretendste  körper  einer  gnippe : 
die  ganze  so  gewaltsame  als  kunstreiche  Stellung  des  haupt- 
körpers  {beim  Lnokoon.)  Göthe  20,  86. 

HAUPTKRAFT,  f.:  das  leitende  haupt  einer  parthey  in 
einer  republik  . .  musz  seine  hauptkräfte  in  dem  kämpfe 
mit  der  gegenparthey  gebrauchen.  Klinger  12, 152;  die  haupt- 
kraft  der  Tarentiner  bestand  in  ihrer  Seemacht.  Beckbbs. 
weltg.  2,428. 

HAUPTKRANKHEIT,  f  l)  kranklieU  des  kopfes:  hauptweh, 
bauptgeschwer ,  hauptgesücht  und  ander  was  hauptkrank- 
heiten  sind.  Paracelsus  opp.  l,  055  ß ;  ob  gleich  herr  cor- 
poral  Springinsfeld  .  .  eine  herbe  hauptkrankheit  Überstunde, 
also  dasz  ihm  auch  kein  härlein  heu  auf  der  obern  bühne 
übrig    verbliebe    {dasz   er  kahlköpfig  ward^).  Simpl.  3,  241  Kurz. 

2)  grji^ze,  hauptsächliche  krankheil,  morbus  gravissimus  et  epi- 
demicus.  Frisch  1,426";  weil  gerade  dieses  vermischen  von 
natur  und  kunst  die  hauptkrankheit  ist,  an  der  unsere  leit 
darniederliegt.  Göthe  36,  227. 

HAUPTKRÄNKüNG,  f  extrema  solliciludo.  Stieler  1026. 

HAUPTKRAUT,  n.  brassica  capitata,  kopfkohl.  Nem.mch  1,670. 

HAUPTKREUZ,  ji.  l)  arm  oder  hebel,  mit  dem  eine  welle 
bewegt  wird.  Jacobsson  2,  23l'. 

2)  hauptkreuz,  zentnerkreuz,  atrocissima  calamüas.  Stib- 
ler  1037. 

HAUPTKRIEG,  m.  groszer  krieg:  würfen  einen  Bairn  auf 
{zum  hauptmann),  der  alt  sein  tag  nie  keinen  haubtkrieg  recht 
gesehen ,  wil  geschvveigent  vil  weniger  gefürt  het.  Wüw.  v. 
Schaumburg  200;  es  sol  ime  in  kürze  durch  ain  hauptkrieg 
sein  land  und  leut  zugestelt  werden.  Schertlin  br.  38. 

HAUPTKRONE,  f:  diadema  hauptcron  Dief.  179". 

HAUPTKUNST,  /.  ars  arlitim.   Stieler  1010. 

HAUPTKÜSSEN,  n.  s.  haupikissen, 

HAUPTLADE,  f.  die  vornehmste  lade  einer  snnß  in  einem  ab- 
gegrenzten bezirke.  Jacobsson  2,23l';  der  führer  der  haupt- 
lade wird  dich  dann  auf  den  nächsten  sonntag  berufen. 
RiEUL  cullurgesch.  nov.  426. 

H.\UPTLAGER.  n.  caslra  majora  et  principalia.  Frisch  I,  426". 

HAUPTLÄRMECKE,  f. :  am  Molo,  einer  hauptlärmecke  dei- 
Stadt.  Göthe  2s,  63. 

HAUPTLASTER,  «..•  wan  frdjheit  ist  der  Sünden  houbet- 
lasler  ein;.  Br.  Berthold  515,34;  hauptlastei-,  eaput  viliorum 
aliorum ,  fons  miUtorum  sceleruni.  Frisch  1,426";  hauptlaster, 
das  eine  naiion  oder  ein  mensch  vor  andern  hat ,  vitium 
pruecipuum  et  dominans.  das. 

HAUPTLAUS,/',  kopflaus;  pediculus  Maalek  214*.  n/.  hoofd- 
luys  Kilian. 

HAUPTLEDER,  «.  das  leder  das  am  decket  eines  koffers  be- 
findlich ist  und  das  schlosz  bedeckt.  Jacobsson  ö,  53". 

HAUPTLEER,  adj.: 

hauptleer  folgte  daher  der  heim  der  nervijjen  faust  nach. 

BÖRCKR  211*. 

HAUPTLEHEN,  «.  das  hauptsächliche  lehen,  im  gegensatie  tu 
neben-,  afler-,  beilelien. 

HAUPTLEHRE,  f.  praeciptia  praeceptio  sive  doctrina  quae  ex 
aliqito  diclo  fluit.  Frisch  1,  426'. 


619 


HAUPTLEHREU  —  H  AL  PTLIED 


HAUPTLINIE  —  HAUPTMACHT 


620 


HAUPTLEHRER,«!,  hauplsächlicher  lelirer:  bei  seiaem  bange 
zu  den  schönen  Wissenschaften  wurde  bald  Geliert  sein  haupl- 
lebrer.  ThCmmels  werke  8  (1839)  1S2.  in  einigen  sLädten  heiszen 
haupllehrer  die  über  andere  Öffentliche  lehrer  gesetzten,  Oberlehrer ; 
oder  die  lehrer  an  einer  hauptschule. 

HAUPTLEIDENSCHAFT,  f. :  es  ist  wenigstens  ein  gewagter 
schlusz,  den  menschen  nach  seiner  hauplleidenschaft  .  .  be- 
urtbeilen  zu  wollen.  Kunger  12,  71. 

HÄUPTLEIN,  n.  kleines  haupl,  köpfchen:  capiluluvi  haiiptel, 
heüplin  Dief.  07';  1)  im  eigentlichen  sinne,  an  menschen  und 
Ibieren :  die  andern  {schwalben)  .  .  babcnl  diu  häuptel  von 
enander  gckert.  Mege.nherg  201,7;  ihm  ihm  (dem  manne) 
dann  das  häuptlin  weh.  Garg.  7l';  als  unser  doctor  nun 
\iel  jabr,  wie  ihr  gehört,  wider  die  niüncb  und  schwermer 
heftig  gestritten  ..  und  sehr  ein  schwaches  häuptlein  bekam. 
ScHüPPiüs  828 ;  {der  ermüdete  Schneider)  bewegte  sein  zartes 
hiiuptlein  wie  ein  betrübtes  lammcrschwänzchen.  Heine  1,22. 

2)  bei  Schätzung  des  vielus  nach  Stückzahl  (s.  haupl  sp.  603): 
ein  rekrut  . .  betrachtete  einmal  das  Schilderhaus  unten  und 
oben  und  hinten  und  vornen ,  wie  ein  forster,  wenn  einer 
einen  bäum  schätzt,  oder  ein  metzger  ein  häuptlein  vieb. 
Hebel  (1853)  2,177. 

3)  übertragen,  der  emporslchende  Iheil  an  dingen:  dag  daj 
häuptlein  an  dem  prüstel  roeter  wirt  und  auch  die  ädern 
an  dem  selben  häuptlein  werdent  roeter.  Megenberg  40,  20. 

HAUPTLEINE,  f.  die  obcrlcinc  an  dem  hohen  Jagdzeuge,  auch 
arche.  Jacübsson  2,  232'. 

HAUPTLEITER,  f:  die  tonleiler  von  c  zu  c  (c-dur,  a-moll), 
wonach  die  übrigen  gebildet  werden;  auch  Stammleiter  genannt. 
J.\C0BSSON   4.  25 1'. 

HAUPTLEITUNG,  f. :  die  hauplleitung  des  Staats.  Schlosser 
u'cUg.  I,  270. 

HAUPTLEÜTE,  plur.  1)  die  obersten  einer  geschlossenen  Ver- 
einigung, leiter,  führer ;  und  zwar 

a)  einec  gemeinde,  zunß ,  eines  bezirks:  und  soll  zu  euch 
nemen  ja  vom  geschlecbt  einen  heubtman  über  seins  vaters 
haus,  dis  sind  aber  die  namen  der  heubtleute ,  die  neben 
euch  stehen  »ollen.  iMos.  1,5;  Jhesus  aber  sprach  zu  den 
bobenpriestern  und  heublleuten  des  tempels.  L«c.  22,52; 
und  da  es  tag  ward,  sandten  die  heubtleute  (frülicre  Über- 
setzung amptleut ,  gricch.  OTQnrr^yoi,  vulg.  magistratus)  sfad- 
diener.  ap.  gesch.  lG,-35;  deszgleichen  sollen  die  bauptleut, 
imd  ihre  zugeordnete  der  zirkel  {bezirke),  mit  vollnziehung 
der  urtheil ,  so  am  cammergericbt  gesprochen,  und  in  ihre 
kraft  gangen  ..  rahten,  fiirncbmen  und  helfen,  reichslagsabschied 
V.  1512,  cinleilg.  §  10.  in  zusammensclzungen :  amts-,  berg-, 
bezirks-,  kreishauptleutc. 

b)  einer  kriegerschaar :  die  heubtleute  über  alle  sein  beer. 
2  Mos.  14,7;  das  wird  des  königs  recht  sein  ..  ewre  süne 
wird  er  nemen  zu  seinem  wagen,  und  reutern,  die  für  seinem 
wagen  her  dralicn ,  und  zu  heublleuten  über  tausent ,  und 
über  fünfzig.  1  Sam.  8,  12 ;  denn  sie  waren  alle  redliche  bei- 
den,  und  worden  heubtieut  über  das  beer.  1  c/iron.  13, 21; 
hauptleutb  und  knecht  aufzunemmen  {gegen  die  Türken),  reichs- 
lagsabsch.  v.  1524,  §  32 ; 

seine  krick'.slcut,  und  soudcilicli 

obersten,  bauptleut,  l'endcricli, 

auch  riltmeister  und  Iciiteiiampt.    muckenlir.  1,  772. 

2)  hauptlente,  eine  gattung  linspßichtiger  Icute ,  die  nämlich 
bei  getheiUen  yütern  den  zins  für  das  ganze  einzunehmen  und 
an  den  lehnshcrrn  zu  entrichten  haben  \vcrgl.  unten  bauptniann  2): 
min  dcile  des  siosz  zu  Landskrouc  ind  zu  Kuninxvelt,  mit 
.ilre  hirlicheide,  gerichten,  landen,  luden  ..  so  wa  die  ge- 
legen sint,  ind  heuflluden  wo  die  gesessen  sinl.  «rA.  «.  13!t7 
liei  Haltaus  832;  solen  sie  keiszen  {erwählen,  einen  sdwffen) 
under  den  spliszlingen  {inhabern  eines  Iheilstücks  von  einem 
iiule)  of  under  den  zinsluden  of  hcuftludcu  des  vurg.  hoifs. 
tieixlh.  2,  f>45  {Arweiler  1305). 

HAUPTLICHT,  n.:  das  licht  eines  gemäldes  wird  cinge- 
tbcilet,  crsilicb  in  das  bauptlichl  oder  das  natürliche  licht; 
zweiteng  in  das  untergeordnete  oder  zufällige  licht,  z.  b.  das 
licht  einer  brehncndcn  kerze ,  oder  des  durch  ein  kleines 
Irnsirr  fnllendcn   lages.  jAcoriHSON  2,007*. 

HAUPTLIED,  n.  beim  protestantischen  kirdiengcsange  das  un- 
tnülclbar  der  predigt  vorhergehende  lied ;  stiehl  Iclzllich  die  butlcr 
der  neichen  glatten  linupt-  und  kanzelliedcr  aus  dem  gesang- 
bucb  im«,  iitid  fettet  damit  bestens  die  schwarze  suppe  der 
predig!     I   !•        'i,j.  Fixlein  Iü6, 


HAUPTLINIE,  f.  eine  besonders  hervortretende  bnte.  meist  m 
technischem  sinne  gebraucht,  und  zwar  ist 

1)  im  bergwesen  hauptlinie  die  von  einem  gange,  welcher  nicht 
beständig  in  einer  linie  bleibt,  nach  der  stunde,  welche  er  mehren- 
theils  hall,  gezogene  sölige  linie.  Jacobsson  2,  232'. 

2)  im  kriegswesen :  die  capital-  oder  hauptlinie  ist  in  einer 
vestufig  eine  linie,  welche  von  dem  kehlpuncle  zu  dem  boli- 
werkspuncte  gezogen  wird,  und  also  das  boUwerk  in  2  halbe 
theile  Ibeilet.  HCbners  handlungslex.  (1722)  385. 

3)  genealogisch ,  nach  den  linien  auf  dem  Stammbaume :  das 
geschlecbt  ist  in  haupt-  und  neben-  (seilen-)  linien  getheilt; 
wir  können  nunmehr  das  geschlecht  der  siechen  in  zwo 
hauptlinien  tbeilen.  Gellert  5,  30. 

HAUPTLI.NEAMf^NTE,  n.  plur.:  das  gesiebt  des  greises  ist 
in  ansehung  der  haupllinoamenfe  noch  eben  das  gesiebt, 
das  der  Jüngling  gehabt  hat.  Habener  4,142. 

HÄUPTLING,  «1.  l)  Oberhaupt,  anführer.  das  wort  ist  zu- 
frühest  im  allfricsischen  bezeugt  als  bävding  und  iiävdling,  wo 
es  ein  milglied  des  friesiscJien  adels  bezeichnet  (Richtiiofen  799'. 
800') ;  in  welchem  sinne  die  hochdeutsche  form  häuptling  noch 
Adelung  (1796)  ausschlieszlich  anführt,  wenig  später  ist  das 
worl  in  allgemeinerer  bedeutung  von  den  hochdeutschen  Schriftstellern 
häufig  gebraucht:  dasz  nicht  nur  jeder  häuptling  {unter  den 
deutschen  dichtem) ,  sondern  auch  jeder  angeordnete  seine 
Selbstständigkeit  festhielt.  Gütue  31,40; 

den  Saracenen,  die  Luceras  bürg 
bewohnen,  bin  zum  häuptling  ich  gesetzt. 

UuLAHD  ged.  182. 

2)  häuptling,  vinea  capitata,  im  gegensatz  zur  armrebe,  rinea 
brachiata. 

HÄUPTLINGEN,  adv.  kopfüber,  mit  dem  haupt  voran,  nl. 
boofdeJink  praecipilanler ,  hoofdelink  afworpen ,  praecipitare, 
praecipilem  dare  Kilian  ;  da  ich  in  das  schiff  wolf  treften, 
träte  ich  darneben  und  fiel  häubtlingen  in  das  schiff.  Th. 
Plater  96. 

HÄUPTLINGS,  adv.  praecipilanler: 

hoch  in  die  bläuliche  luft  aufragte  die  herrliche  veste, 

luiil  in  die  lluth,  die,  sanft  ergossen,  im  Schimmer  des  morgens 

rulietc,  sank  ihr  bild,  doch  häuptlings  hinunter  zum  nhgrund. 

Ptrker  Tunis,  ö,  122; 
seitwärts  sprang  sein  ross,  und  er  sank,  festhaltend  den  zäum 

noch, 
häuptlings  hinab.         6,  167. 

HAUPTLIST,  /'.  fraus  inexpHcabilts.  Stieler  1168.  mhd. 
houbellist  in  anderm  sinne,  höchste  {gesanges)kunst  Tristan  121,  22. 

HAUPTLOCH ,  n.  der  (Acre  ausschnitt  eines  gewandes,  durch 
den  der  köpf  gesteckt  wird:  vihd.  houbetloch  «'6.1,1024': 

darzu  so  lasz  ich  machen  nocli 

ein  purpurkleid  on  ein  haubtioeh. 

wenn  der  köng  solichs  an  will  legen, 

so  must  du  heimlich  sein  entgegen; 

sobald  der  köng  das  kleid  angreufl, 

und  in  die  beide  crwel  schleuft, 

wenn  über  sein  haiibt  das  stürzet  er, 

rankt  nach  dem  huubtloch  hin  und  her, 

so  spring  herl'ür  on  alles  sprechen, 

imd  thu  dein  schwert  durch  in  ausz  stechen. 

H.  Sachs  3,  2,  87',  vergl.  4,  2,  3'. 

HAUPTUOCHEN,  verb.  mit  einem  hauptloch  vasehen :  das 
beste  kicil  noch  in  eins  snidersz  husz  und  ungehauptlochl. 
weisth.  1,  435. 

HAUPTLOCK,  wi..'  capillus:  hcuptlock,  liovetiock,  heupt- 
lacb  Dief.  97'.     die  jetzige  form  würde  hauptlockc  f.  sein. 

HAUPTLOS,  adj.:  ohne  haupt.  l)  im  eigenlliclien  sinne: 
hauptlosz,  das  kein  haupt  hat,  uco;</m/i«  Dasvp;  Coiopedes 
eineügig,  schwarz  und  hauptlosz  leül.  Frani»  weUb..&'; 

wa{  hiiiro,  nb  ich  slüege  dic)i 

ode  ob  dn  houbetlösen  mich 

t,rtcst  mit  der  dincn  kraft?    ItUerolf  u.  Dielleib  556. 

2)  übertragen ,  ohne  vor.^land ,  befehkhaber :  der  biszhero  so 
lange  hauptlosz  gewesene  paluiorden.  neusjnoss.  palmbaum  Kid; 

das  ist  das  kriogcshcer,  dem  überweh  goschebn, 
dnsz  OS  nun  h&uptlosz  ist.  FusnuiG  143. 

HAUPTLUST,  f.  JHcunditas  lange  maxima,  vehementer  magna. 
Stiei.er  iin7. 

HAUPT.MACIIT,  f.  I)  eine  hauptsädiliclif,  hcrvortrHende  mack: 
die  hauplinaciit  über  das  land  hatte  der  minister  N.  in 
hUnden. 

2)  übertragen  auf  eine  besonders  mächlige  slaallirhe  Vereinigung: 
PrcuRzcn  ist  die  haiiptmacbl  in  Deutschland;  die  unglückliche 
Spannung  der  deutschen  hauptinüchlc.    PECKEif"  wellgttchidiU 


621 


HAUPTMAHLZEIT  —  H  AÜPTM  AN>' 


HAUPTMA^'^'  —  HAUPTMARKT 


622 


I 


13,396.     auch  in  freierer  Verwendung:  frömmelei  und  heuchelei 
waren  die  hauptmächte,  die  damals  im  lande  lierschten. 
3)  hauptmaclit,  die  haupUruppe  eines  heeres: 

Edg.      wie  nahe  steht  der  feind? 

edelm.  nah  und  In  schnellem  anmarsch,  slündlich  kauo 
die  hauptuiacht  hier  sein.         könig  Lear  -J,  0. 

HAUPTMAHLZEIT,  f.  du  hauplsächliclisle  mahlzeit  eines  tages. 
HAUPTMANGEL,  m.:  auch  wir  sind  nicLl  blind  gegen 
die  lücken  und  mängel  dieser  Verfassung,  aber  der  haupt- 
mangel  ist  uns  vorläufig  der,  dasz  sie  nicht  auch  die  süd- 
deutschen gebiele  umfaszt.  (penzboten  -26.  jahrg.  s.  319.  haupt- 
mängel  werden  beim  rosshandcl  die  fehler  eines  pferdes  genannt, 
die  gesetzlich  einen  abgeschlossenen  kauf  riickgängig  maclien.  vcon. 
le<c.  944. 

HAÜPT^IANN,  in.  vihd.  houbetman  wb.  2,1,39',  in  ver- 
schiedenem sinne. 

l)  der  oberste  einer  veränigung  von  männern ,  einer  zunß, 
eines  bezirks,  einer  gemeinde,  eines  collegiums,  eines  Staats:  und 
der  könig  that  im  grosze  ehre,  und  lies  in  schreiben  unter 
seine  furnemeste  freunde,  und  machet  in  zum  heubtman  und 
zum  nehesten  rat.  l  Macc.  10,  G5  ;  es  war  aber  ein  heubtman 
über  das  land  Jeriho.  16,11;  als  sie  aber  zum  volk  redeten, 
tratlen  zu  inen  die  priester  und  der  heubtman  des  tempels. 
ap.  gesch:  4, 1 ;  die  hohepriester  und  der  heubtman  des  tem- 
pels. 5,  24 ;  darnach  ward  er  ein  heubtman  unter  den  slraszen- 
reivbern.  Lcther  S,  28';  ein  böhmischer  herrschaftverwalter 
oder  hauptmann,  wie  sie  daselbst  genennt  werden.  Hobberg 
1,49';  au  unsern  hauptmann  oder  bergverwalter.  Löhxeys 
regierkunst  (1679)  555';  unser  hauptmann  und  amtsverwalter. 
554';  hauptmann  und  venvalter  der  stadt  Rom.  65';  ober- 
hauptmann, President  eines  groszen  gerichts.  Frisch  1,426'; 
der  älteste  hof,  der  richthof  ward  nun  im  vorzüglichen  sinne 
hof  genannt,  womit  man  den  haupthof  oder  oberhof  in  der 
bauerschaft  und  dessen  besitzer  als  das  haupt  oder  den 
hauptmann  der  übrigen  bezeichnete.  Kindlixger  bei  Immer- 
MANN  Münchli.  1, 146 ; 

da  komen  vil  hin  {zum  lanze)  der  vilzpaureu, 

ain  unmäszige  grosze  schar. 

ir  haubtman  haist  der  Engclmair.    fastn.  sp.  416,11; 

Neithart,  uim  dich  sein  selber  an, 

pis  unter  uns  ain  hauptmau.    419,  21; 

wärlich,  ir  habt  nit  recht  gethan, 

dasz  ir  slacht  euren  haubtman, 

der  euch  stät  gab  gueten  rat 

und  was  aibegen  an  der  pesteu  stat.    457,  23. 

in  freierer  anwendung: 

spey  undern  disch  und  schem  dich  nicht, 

so  wirt  den  sewen  angricht: 

das  gfelt  den  vollen  brüdern  wol  .  .  . 

das  soll  oftmals  von  dir  geschehen, 

so  wirt  dein  alle  menschen  lachen, 

und  würst  dir  grosze  Ireundschaft  machen, 

dasz  sie  auch  raorn  gedenkea  dein, 

und  würst  der  trinker  hauptman  sein. 

ScHEiDT  grobiuntis  0  iij '. 

tt  bezug  auf  Ihiere:  wenn  si  {die  kraniche)  auf  die  erd  ge- 
vallent  durch  ej^ens  willen,  so  reckt  ir  hauptman  sein  haupt 
auf  in  die  hoech,  darumb,  daj  er  der  andern  alier  hüet. 
Megesbeeg  191, 10. 

2)  hauptmann  id  derjenige  unter  den  zinspflichligen  eines  ge- 
tlieilten  gutes,  der  den  gesummten  zins  davon  einzunehmen  und 
an  den  lehnsherrn  abzuführen  hat:  wenn  ein  empfenglich  gut 
von  einander  gestockt,  getheilt  und  verschlitzt  wurde  in  vier, 
fünf,  sechs  oder  mehr  theil  .  .  so  soll  ein  ieder  sein  Iheil, 
zu  empfangen  schuldig  sein ,  es  solle  aber  doch  bei  einem 
boderaziensz  bleiben,  undt  sollen  dieselbigen  einen  haupt- 
mann stellen,  dardurch  der  bodemziensz  jäilich  auszgericht 
werde,  wäsüi.  2, 1S3.     vergl.  hauptleute  2,  sp.  619. 

3)  hauptmann,  der  befehlsliaber  über  eine  kriegerschaar ;  -und 
zwar  seltener  der  Oberbefehlshaber :  hauptman,  Imperator,  dux, 
oberster  hauptman  nach  dem  Imperator,  Iribunus  mtbiaris, 
unweiser  hauptman,  malus  tmperator  D.\syp.  ;  ein  hauptmann 
sein  und  der  fürnembst  im  krieg,  exercilui  praeesse.  Maaler 
214';  hauptniaaa  des  zeügs  auf  dem  meer,  amiral ,  classis 
duclor  das.;  wider  den  künig  und  alle  Franzosen  in  {An- 
ghelto)  zu  ihrem  haubtman  machten.  Steinhöwel  103,  38  Keller; 
ward  ein  heubtman  der  kriegsknecht.  ikdnig.  11,24;  das 
ganze  beer  der  Chaldeer,  so  bei  dem  heubtman  war.  Jer. 
52,14;  lasse  niu-  diesen  bloszen  glauben  der  unverdienten 
Vergebung,  in  worlen  Christi  zugesagt,  vorgehen  und  heubt- 
man im  feld  bleiben.  Luther  1,65'; 


als  mein  gmahel  Agamemnon 
war  hauptmau  im  Troiauer  krieg. 

H.  Sachs  4,  2,  y  ; 
öfter  ein  unterbefeMshaber :  hauptmann  über  hundert,  cenlurio, 
hauptmann  über  tausend  c/iii/arf/ius  Maaler  214';  hauptmann, 
rottmeister  und  oberster  sein,  ordincs  ducere  das. ;  hauptmann 
der  reisigen,  hipparcinis  Dasyp.  ;  da  aber  Jhesus  eingieng  zu 
Capernaum,  trat  ein  heubtman  {griech.  e/.axövxao/oi,  goth. 
hundafaj)s)  zu  im.  Mallh.  S,  5 ;  das  Herodes  auf  seinen  jar- 
tag  ein  abendinal  gab,  den  obersten  und  heubtleuten  und 
furnemsten  in  Galilea  (griech.  yj/.idoxois,  goth.  J)usundifadim). 
Marc.  6,  21 ;  bestimmter  ein  befehlsliaber  über  eine  compagnie,  ein 
fdhnlein,  capiianeus:  houptman,  capitaneus  voc.  ine.  theut.  k4'; 
ein  jedes  fähnlein  oder  compagnie  hat  seinen  hauptmann 
oder  capilain.  Löh."«eys  regierkunst  (1679)  704';  unser  haupt- 
mann . .  diente  bei  den  Franzosen  mit  groszer  auszeiehnung. 
Inmermann  Münchh.  1,211. 

4)  hauptmann,  gewährsmann,  an  den  einem  der  reccss  zusteht: 
seinen  haublmann  benennen,  autorem  suttm  nominare  Haltaü« 
S32;  item  welch  auszman  solch  eigen  erbe  als  vorgerurt 
ist  zu  sich  ninipt ,  das  ine  der  eigenman  nicht  gewehren 
könne  nach  Inhalt  des  eigenstuls,  der  solle  alsdan  dem 
hauptman  zusprechen,  der  ime  dasselbig  gut  verkauft  oder 
versatzt  und  unredlich  darmit  umbgangen  und  sich  des  stuels 
nicht  gebraucht  bette  als  sich  geburt.  weisth.  3, 346. 

ö)  der  plural  des  wortes  ist  namentlich  in  den  bedeiäungen 
1 — 3,  selten  hauptmänner: 

dann  wir  habn  in  bestallung  schon 
über  zehen  tausent  werhafter  man, 
auch  hauptmänner  und  belelchsleut. 

i.  Ayrer  117*  (591,32  Keller); 
gewöhnlich  hauptleute,  s.  d. 

HAUPTMÄ.\NL\ ,  f.  anführerin :  trat  Chloelia  ir  haupt- 
tnenniu  vor  den  künig.  Livius  von  Corbach  27;  frau  eines 
hauptmanns,  capitdns :  ach,  meine  allerliebste  frau  haupt- 
männin. Simpl.  3,  75  Kurz. 

HAÜPTMÄN.MSCH,  adj. :  hauptmännisch,  das  einem  haupt- 
mann zugehört,  imperatorius  Maaler  214';  sein  papstköpfige 
hauptmannschaft  und  hauptmännische  papstküpfigkeit.  Fischart 
bienk.  126'. 

HAUPTMAIVNSNAME,  m.  für  verbum :  auch  sollen  disz  jähr 
mehr  dann  27  verba  anomala,  blind  hauptmansnamen  ge- 
macht werden.  Fischart  groszm.  41. 

HAUPTMAN.NSRANG,  «1.  rang  eines  hauptmanns  inderarmee. 

HAüPTMANiNSCHAFT,  /".  1)  würde  und  Stellung  eines  haupt- 
manns in  bürgerlicher  wie  in  militärischer  beziehung:  houpt- 
manschaft  capitanea  voc.  ine.  theut.  k4';  des  papsts  trotzige 
handhabung  seiner  hauptmannschaft,  Fischart  bienk.  126'; 
hauptmannschaft  centurionatus  Kirsch  cornuc. 

2)  gesamtheit  der  hauptleute,  oberherren :  aber  keinen  haben 
die  päpst  und  die  hauptmanschaft  so  schrecklich  dyrchächtet 
und  aufs  äuszerst  verfolgt.  Fischart  bienk.  128'. 

3)  die  gesamtheit  der  unter  einem  hauptmann  stehenden :  so 
heiszen  hanptmanschaften  die  unlerableitungen  des  gräfengerichts 
vom  lande  Kehdingen  (Bremen);  in  militärischem  sinne:  wegen 
der  proben  und  Verrichtungen  aller  squadronen  und  haupt- 
mannschaflen.    Happel  acad.  rom.  703; 

vielleicht  wird  itzt  mein  lied  gerathen; 

ein  neuer  aublick  giebt  ihm  kSraft: 

der  hügel  der  licentiaten, 

die  landung  einer  hauplmannschafl.    Hagedorn  3, 118. 

HAUPTMANNSCHäFTLICH,  adj.:  hacken  und  reuthen  war 
seine  disciplina  militaris,  .  .  .  ochsen  anspannen  war  sein 
hauptmannschäftliches  commando,  mist  auszführen  sein  forli- 
ficationwesen.  Simpl.  l,  ll  Kurz. 

HAU PTM ANISSSTELLE,  f.  centurionatus.  Kirsch  cornuc: 
hauptmannstelle.  Abr.  a  S.Clara  Merks  Wien  (16S0)  s.  15;  siehe 
die  stelle  unter  haupt  sp.  603. 

HAÜPTMANNSSTÜCK,  n.:  gleichwol  wolt  {der  hauptmann) 
Stummclwurst  . .  ihm  ein  haubtmannsstück  beweisen  und  ihm 
binden  zu  mit  eim  landsknechtsdegen  den  schetel  spalten. 
Garg.  23 1'. 

HAUPTMARKT,  m.  l)  hauptsächlicher  kauf  und  verkauf,  wie 
er  einen  markt  macht:  der  grosze  platz,  prato  della  valle 
genannt,  ist  ein  sehr  weiter  räum,  wo  der  hauplmarkt  im 
juni  gehalten  wird.  Göthe  27,  91;  auch  hauptzahl  der  auf  einem 
markte  handel  treibenden:  als  eben  der  hauptmarkt  sich  ver- 
sammelte,  den   man   gar  wohl  eine  messe  nennen  konnte. 

15,  300. 

2)  dei-  gröszie  und  wichtigste  marktplatz  eines  ortet. 


623         II AUPTMARSCH  — 11 AUPTPASSION 

HALPTMARSCH ,  vx.:  general-  sive  liaubtmarscli ,  tolius 
exereilus  expedilio.  Stieler  r247. 

HAIPTMASSE,  f.:  die  manniclifaltigkpit  ist  grosz,  in  der 
siel»    seine    [des  gelniudes)  lianptmasse  zugleich  mit  den  vor- 
springenden   sivulen    vor    denn    aiige    der    iimlierwandelnden    i 
Iiewegl.    GöTHE  27,  S3;    auch   war   mir    die  haupteinlheilung 
der   larbeniehre   in    die  drei  baupimassen ,   die  didaktische, 
polemische  und  historische,  zuerst  ganz  klar  geworden.  31,88. 
HALPTMEISTER,  «i.  lorzüyliclicr  : 
.ilso  lernet  Hupdieterich  bisz  in  da;  ander  jar, 
alsu  welie  (kiiHstn'icIi)  ueyen,  seil  ims  dis  IJiich  furwar. 
wa|  im  vor  entwarf  die  liohe  meisierin, 
lies  ward  er  ein  lioplraeister  zu  den  heiiden  sin. 

ri.  grosze  WolliUetcricIi  34,  4  Holltmann. 

fem.  houbetmeisteiin  mhd.: 

ich  wart  ein  houbetmeislerin 

der  buoche  ninneger  liande.    Germania  12,35,  ITS. 

HAUPTMESSE,  f.:  auf  dem  markte,  der  eben  von  einer 
hauptmesse  wimmelte.    Göthe  15, 307. 

HALPT.MITTEL ,  n.  1)  medium  piincipale.  StielEr  128S; 
gelt  ist  die  seele  und  ein  hauptmittel,  so  da  stärket  und 
erhält  die  nerven  und  sennadern  desz  krieges.  Büceler  kriegs- 
Kclnde  (1668)  68;  richtigkeit  und  Wahrheit  sind  die  haupt- 
mittel ihrer  {der  maleret)  Wirkung.  Herder  zur  scIi.  lit.  u.  kmsi 
20  (1S30)  79;  das  hauptmittel  der  rettung.  Sculosser  uellg. 
3,381;  hauptmittel  dem  übel  zu  steuern.  518;  dem  geschichl- 
schreiber  ist  diese  vergleichung  ein  hauptmittel  zum  zweck. 
Gervinus  gesell,  d.  deutschen  dieJdung  1,11. 

2)  hauptmittel ,  die  rornelmsle  zunit  der  liaiidwerhsleule. 
Frisch  1,  426'. 

HAUPT.MOMENT,  »?i..-  ich  war  zeuge  wie  ei-  (Schiller)  die 
cxposition  in  einem  Vorspiel  bald  dem  Wallensteinischen, 
bald  dem  Orleanischen  ähnlich  ausbilden  wollte,  wie  er' 
uach  und  nach  sich  ins  engere  zog,  die  hauptmomente  zu- 
sammenfaszte,  und  hie  und  da  zu  arbeiten  anfing.  Göthe 
31,193. 

HAUPTNAGEL,  ni.  l)  im  mühlenbau  der  nagel,  welclier  bei 
den  eicli-  oder  malilpßlden  in  der  mille  der  kupfernen  flaue  ein- 
gesddagen  wird.    Jacubsson  2, 232*. 

2)  name  einer  kopfkranklieil :  vor  den  Itauptnagel,  hemi- 
cranium,  netz  ein  schwammen  inn  beiluszwasser  und  legs 
also  warm  auf  das  .schmerzhaflig  ort.  Tabernaejt.  45;  wider 
den  haubtnagel ,  das  ist ,  wider  das  schmerzlich  wehethum 
des  haubis  der  einen  seilen,  so  man  hemicranium  nennet.  298. 

HALPTiNAHRUNG,  f.:  in  irgend  einer  der  gerbereien, 
welche  dem  Städtchen  die  hauptnahrung  gaben.  Immermann 
Münchh.  1.  23. 

HAUPTNAME,  in.:  man  benannte  solche  personen  mit  dem 
ehrentitel  Hafis,  und  dieser  ist  unserm  dichter  als  bezeich- 
nender hnuptname  verblieben.    Göthe  6,  64. 

HAÜPT.NARR,  «i.  slullorum  primicerius ,  antcsiguanus ,  prin- 
rff'S.  Stieleb  1330;  ein  hauptnarr.  Chr.  Weise  erzn.  358. 

HAUPTNEIGUNG,  f.:  er  wird  ..  ein  Verleumder,  ein  feiner 
räuber,  weil  es  seine  hauptneigung  {die  tvollust)  befiehlt. 
Gellert  6, 156. 

HAUPT.NENNER,  ni.  das  producl  der  nenner  mehrerer  brücke: 
da  multiplicirt  den  gröszien  nenner  mit  dem  kleinern,  welcher 
im  ersten  nicht  aufgehen  wolle,  was  kömmt,  ist  der  haupt- 
nenner.   Seriander  rechlscitrciberei  (1739)  s.  413. 

HAUPT.NOTE,  f.  die  musicalische  note,  auf  der  der  accerU 
eines  tacles  lieqt. 

HAUPTOHGAN,  n.:  die  nüchterne  aufklärungssucbt,  die 
sich  zu  Berlin  breit  machte  und  im  seligen  Nicolai  ihr  haupt- 
organ  . .  besasz.    Heine  0,  40, 

HAUPTOKT,  m.; 

der  Inndsturm  wird 
aufgeijoten,  «chnell,  im  liauptort  jede»  lande«. 
Schiller  JvU  2,  2. 

HAUPTPAAU,  n..-  die  balletlc  dagegen  sind  allerliebst,  das 
banptpaar  tanzte  eine  allemande,  dasz  man  nichts  zieriichers 
sehen  konnte.  Göthe  27,  so;  bis  sich  die  zwei  haupipaare 
(der  ichaufpiekr)  bequemten  hinter  dem  Vorhang  hervorzu- 
krierhen.  124. 

HM  P TPASS,  m.  fauces  primariac,  principales,  angiutisfimae. 

.SriKLtH    I4IS. 

•■'■'■ 'HN,  f.: 

noch  mild,  doch  emt  der  «nhn,  der  »nhn! 
•■  toilt      /.  rlii-i  ist  Juii  meine  haiiptpouion. 
'     n!«««  giiuvivnaiile  7.  aHpr. 


HALTTPASTOR—  HAUPTPUiNKT 


624 


HAUPTPASTOR,  m.  paäor  primarius:  wenn  das  der  herr 
hauplpastor  hörte!  Engel  12,255;  mein  herr  bauptpastor. 
Lessing  10. 172  u.  ö. 

HAUPTPERSON,  f.  persona  primaria,  in  einer  Zusammen- 
kunft, in  einer  comödie.  Frisch  1,426';  Aeschylus  brachte 
statt  einer  handelnden  person  zween  auf  die  bühne,  erfand 
den  begriff  der  hauptpcrson  und  verminderte  das  chormäszige. 
Herder  zur  seh.  Ut.  u.  kunst  20(ls30)274;  Münchhausen  war 
.  . .  darin  (in  einctn  freundschalllichen  zirkel  von  ofßcieren)  die 
haupiperson.   Seume  mein  leben  65; 

er  ist  in  diesem  spiel  die  haubtpcrson  allein. 

Kongehl  Innuc.  23. 

HAUPTPFAHL ,  m.  einer  unter  den  vordersten  pfählen  des 
icasseruehres.  Jacobsson  2,  232*. 

HAUPTPFARRE,  f.  paroecia  metropolilana,  supertor  cunonalus, 
oberpfarre.  Stieler  1406. 

HAUPTPFLASTER,  »i.  gegen  kopfkrankheilen :  nun  will  ich 
dich  auch  ein  überaus  köstliches  hauptpflaster  machen  lernen, 
welches  über  alle  maszen  köstlich  zu  den  hauptwunden  ist. 
Agricola  neue  feldschcerkunst  (1701)  .«.  36. 

H\UPTPFLEGE,  /. ;  bei  uns  musz  der  musiksinn  wesent- 
lich im  theater  seine  hauptpflege  empfangen,  neue  zeüschr.  für 
musik  1S66  .<!.  407. 

HAUPTPFLICHT,  f.:  da  er  das  unglück  selbst  über  die 
gezogen,  deren  glück  und  Wohlfahrt  ihm  die  natur  als  haupt- 
pflicht  auferleget  hatte.  Klinger  7,164;  dasz  es  die  haupt- 
pllicht  der  Vernunft  ist,  wenn  eine  nähere  göttliche  ent- 
deckung  der  tugend  und  unseres  glucks  vorhanden  ist,  sie 
dankbar  zu  verehren  und  anzunehmen.  Gellert  6, 106. 

HAUPTPFLOCK,  «i.  bei  den  Jägern,  der  hauptsächlichste  und 
u'icliliysle  p/lock  an  einem  treibczeuge. 

HÄUPTPFÜHL,  m.  kopfkissen:  haubipfül  pulvinar  Stiele« 
2392;  in  allerer  form  plumarium  baiiptpliil  Dief.  442';  ptUvinar 
haubtpfulbe,  hojbetpfilwe,  aW.  haubitfului  473';  hauptpfeulen, 
cappezzak  da  letto  Hulsiüs  71* ;  darumb  sollen  wir  diesen 
Spruch  lassen  unsern  heubtpfüel  und  pflaumfeddern  bette 
sein  für  unsere  seelcn.   Luther  6,  2ü3'. 

HAUPTPILLEN,  f.  plur.  pillulae  cephalicae.  Frisch  1,426'; 
solche  leute  möchten  wol  ein  wenig  hauptpillulen  schlucken 
zu  ihrer  gesundheit.    Schuppius  531. 

HAUPTPLAGE,  /".  1)  kopfschmerz :  hanbtplage  cephalalgia 
Stieler  1458.      2)  grosze  plage. 

HAUPTPLAN,  m.  l)  allgemeine,  gemeinschaftliclie  ebene:  eine 
allgemeine  beziehung  der  lixsterne  gegen  einen  bauptplan 
der  räume,  die  sie  einnehmen.   Kant  8, 251. 

2)  hauptsächlicher  plan,  anschlag:  das  kleine  project  .  .  . 
passte   zu   gut  in  diesen  seinen  hauptplan.  Wieland  8,  42S. 

HAÜPTPLANET,  m.  der  um  eine  sonne  sicti  bewegende: 
haupt-  und  nebenplaneten.   Humboldt  liosm.  l,  103. 

HAUPTPLATTE,  /".  Calvities.   Stieler  188. 

HAUPTPLATZ,  in.  l)  hanplsächlichcr  ort:  dieses  Städtchen 
war  der  hauptplatz  der  grafschaft  Hanau-Lichtenberg.  Göthe 
25,  319. 

2)  unchtigster  freier  plalz  einer  stadl:  dasz  die  hauptplätze 
(Venedigs)  in  gefahr  sind,  unter  wasser  zu  stehen.  Göthe  27, 143. 

HAUPTPOLSTER,  n.  kopfkissen:  pulvinar  houplpolster, 
houpikussin  Dief.  473*;  houplpolster,  pulrinarium ,  pulvinar, 
cervical  roc.  ine.  tlieul.  k4". 

HAUPTPROBE,  /.  hauptsächlichste  probe  vor  der  aufführung 
eines  schau-  oder  miisikslückt :  Serlo  versicherte,  dasz  er  jeder 
andern  probe,  ja  der  hauptprobe  nachsehen  wolle,  sobald 
der  leseprube  ihr  recht  widerfahren  sei.  Göthe  19,183;  die 
hauptprobe  war  vorbei,  sie  hatte  übermiiszig  lange  ge- 
dauert. 193. 

HAUPTPULVER,  h.  pulvis  ceplialicus.   Stieler  447. 

HAUPTPUiNKT,  f».  punctum  principale,  in  mehrfaehem  sinne. 

1)  haupipunci,  scheilelpunct,  zenith  Maaler  214';  ein  inagnel, 
welcher  sich  nach  dem  zcnil  oder  dem  hanpipunct  gerichtet. 
BuTSCHRir  i'a/niav  102;  hanpipuncte,  in  der  cosmographie,  die 
vier  puncta,  wo  <ler  nequalm  die  ediptic  oder  linie  des 
Sonnenlaufs  dmcbschneidet,  als  im  widdci',  krebs,  wage  und 
de»  Steinbocks.    Frisch  1, 426*. 

2)  haupt|uinct,  punctum  rw«.«,  in  der  perspeetive  der  punkt 
auf  einer  lafrl,  wo  die  linie  hinfiüll,  die  aus  dem  äuge  perpen- 
dieular  darauf  gezogen  wird.    das. 

3)  hdufig  illirrtragen :  hntiblpiuikl,  pars  sire  quae.itio  prinri- 
palis  Stieler  i486;  so  hotfe  ich  über  den  hnitptpunkt,  den 
icli  ihnen  heute  vorgeirngen,  von  ihnen  recht  wohl  verslanden 


625         HAUPTQUARTIER— HAüPTRING 

worden  zu  sein.  Fichte  reden  an  die  deiäsche  nation  (ISOS)  277; 
wo   soll   ich   unterkommen  ...?  das  ist  freilich  der  hanpt- 
punkt,  brüderchen!    Göthe  19,147;    es  gibt  gar  vieles,  das- 
ein   gesundes    äuge  im  einzelnen  richtig  bemerkt ,    ohne  im 
ganzen  zulänglich,  in  hauptpunkten  zuverlässig  zu  sein.  36,253. 

HAUPTQUARTIER,  n.  locus  ubi  dux  exerci'.us  moralur,  prae- 
torium. Frisch  1,426';  dalum  im  hauptquarticr  Moszburg  den 
3.  may,  anno  1032.  Verordnung  Gcstav  Adolfs  bei  BPcrler 
kriegsschule  110. 

HAUPTQUELLE,  f.:  ging  ich  wr  meine  hütte,  welche  zu 
nähest  an  einem  felsen  des  gebürgs  stund,  worunter  die 
hauptquelle  des  süszen  wassers,  das  vom  gebürg  durch  diese 
insul  ins  raeer  rinnet.  SimpL  2,  230  Kurz,  übertragen :  die 
geschicbtschreiber  haben  bisher  eine  hauptquelle  zur  erläu- 
terung  der  geschichte  verfehlet.  Moser  patr.phant.  1  (1798)  68; 
sie  werden  in  der  beilage  manches  bächlein  entdecken,  das 
aus  der  hanpiquelle  der  freuden  und  leiden  meines  lebens 
entsprang.   Bt^RGER  491". 

HAUPTRACE,  f.:  ob  jede  der  hanptracen  von  einem  oder 
mehreren  stammpaaren  ausgegangen,  darüber  schwanken  die 
verschiedensten  ansichten.  Westermannsvwnatsltefle,  2.bd.,  s. 48. 

HAUPTRÄTHSEL,  n. ;  weitere  fortschritte  verdank  ich  be- 
sonders Niethämmern,  der  mit  freundlichster  beharrlichkeit 
mir  dk  haupträthsel  zu  entsiegeln,  die  einzelnen  begriffe 
und  ausdrücke  zu  entwickeln  und  zu  erklären  trachtete. 
Göthe  50,  55. 

HAUPTREBE,  f.  malleolus ,  pampinaria,  palmes  vitis.  Stie- 
ler  1K09. 

HAUPTRECHN'ÜNG,  f.  hauptsächliche  rechnung;  namentlich 
die  i'chtuszrcchiiung  über  ein  geschdfl  oder  eine  gescli'ißsverbindung. 

HAUPTRECHT,  «.  das  recht  von  einem  :inspflichtigen  kopf- 
Mcner  zu  erheben,  mhd.  houbetreht  wb.  2,1,624*:  rae  ein  büttel 
sei  auch  vordem  und  saraeln  zinse  und  haübtrecht  und  velle 
dej  vorgenanten  gotzhuszes,  und  darümbe  sol  man  ime  geben 
von  einem  lebenden  haübtrecht  iiij  Ot  und  zwei  herren  broef, 
von  einem  doten  ij  -CJi  und  ij  -xX  gersten  broet ,  und  ein 
haübtrecht  daj  under  zweien  ß  ist,  da;  sol  dej  gebüttels 
sin  nach  des  gotzhusz  gnaden,  ireisth.  1,  429 ;  in  freierer  an- 
irendung:  so  oft  die  magt  {eines  pfaffen)  kinds  in  leit,  tregts 
dem  bischof  zehen  gülden;  das  heiszen  gute  leibsherren, 
das  heiszen  gute  haübtrecht.    Schade  sat.  u.  pasqu.  3,  47,  28. 

HAUPTREGEL,  f.:  die  hauptregel  ist  wohl  diese,  dasz 
man  lieber  zu  viel,  als  zu  wenig  thue.  Rabexer  sat.  3  (1757) 
s.  73;  bin  ich  aber  der  hauptregel  überall  nachgekommen? 
BcRCER  325';  am  besten  begriff  ich  das  subtrahieren,  und 
da  giebt  es  eine  sehr  praktische  hauptregel:  vier  von  drei 
geht  nicht,  da  musz  ich  eins  borgen.  H.  Heise  1,  237. 

HAUPTREGEN,  »?i.  pluvia  universalis,  auch  landregen ,  im 
gegensalz  zu  Strichregen,  pluria  localis.   Stieler  1617. 

HAUPTREICH,  adj.  vorzüglich  reich,  steinreich:  dann  die  ver- 
holTende  künftige  Schwiegermutter  ist  eine  hauptreiche  wittib, 
welche  viel  gelbe  balzen  hat.  Simpl.  3, 291  Kurz;  aber  ich 
liesze  alles  unverruckt,  weil  nicht  des  hauptreichen  Eliezers 
ßold,  Silber  und  edelgestein ,  sondern  seine  schöne  tochter 
Esther  vor  diszmal  der  schätz  war,  nach  dem  ich  ver- 
langte. 4,  97. 

HAUPTREIF .  CT.  reif  um  das  haupl.  bei  den  böttchern  der 
Aüszerste  reif  einer  tonne  oder  eines  hölzernen  gefäszes.  Jacobsson 
2,  233". 

H.\UPTRICHTCNG,  f.:  hier  war  also  ein  angenehmes  hölz- 
chen  der  nothwendige  punkt  einen  flügel  {des  gebäudes)  daran 
zu  lehnen,  für  die  hauptrichtung  entschied  sodann  eine  ober- 
halb jenes  buschwerks  hergehende  .  .  .  lindenallee;  man 
mutzte  den  flügel  xind  also  das  ganze  gebäude  rechtwinkelig 
darauf  richten.  Göthe  31,162.  auch  in  übertragenem  sinne: 
die  hauptrichtung  unserer  zeit  geht  auf  die  naturv\issen- 
schaften. 

HAUPTRIEGEL,  m.  riegel  der  hauptsächlich  etwas  befestigt: 
(iü  [Murin)  bist  der  hpilicheil  ein  .schrin 
und  ein  <^wic  hoiibptrigpl.     gotd.  Kchmiede  4S9; 
jclzl  noch  in  techniichem  sinne:    hauptriegel  heiszt  der  hölzerne 
riegel ,  wodurch  die  wände  einer  tafelte  an  der  stirnc  zusammen- 
gehallen Verden,  auch  Stirnriegel.  Ecgers  kriegslex.  2  (1757)  1008 ; 
im  Wasserbau  die  beiden  dttszersten  riegel  an  einer  arehe,  einem 
kästen  «.  dgl.   Jacobsso!«  2,  233*. 

HAUPTRING ,  m.  ring  der  zum  tragen  von  lasten  auf  den 
köpf  gelegt  wird:  hauptring  von  tüch,  strouw  oder  anderen 
dingen  gemacht,  darauf  man  etwjtrcgt,  eeOicillus.  Maaler  214*. 

IV.  H. 


IIAUPTRISZ  —  HAUPTSACHER 


626 


HAUPTRISZ,  m.  archetypus,  exemplar.  Stieler  1597;  die 
ersten  züge  eines  hauptrisses  entwerfen.   Kant  6, 15. 

HAUPTROHR,  fi..-  durch  alle  zimmer  wurden  künstliche 
röhren  gezogen,  diese  mit  einem  hauptrohr  verbunden. 
Kli?icer  6,  264. 

HAUPTROLLE,  f.  die  bedeutendste  rolle  eines  schauspiek. 
GöKiNGK  3,264:  die  Schauspieler  können  in  den  nebenrollen 
des  witzes,  des  feuers  und  der  empfindung  eben  so  wenig 
entübrigt  sein,  als  in  den  hauptrollen.   Lessisg  4,183. 

HAUPTRUHM,  m.:  das  {dasz  Christus  gesandt  ist  zur  Ver- 
söhnung für  unsre  sünden)  heisze  ich  die  heubtfreidigkeit  oder 
den  heuhirhum  und  höhesten  trotz.  Luther  6, 54*. 

HAUPTRÜHRIG,  adj.  den  köpf  oft  bewegend:  hauptFürige 
fischart,    Fischart  bienk.  127'. 

HAUPTRUNDE,  f.  der  hauptsächlichste  mndgang  zur  besich- 
ligung  militärischer  Wachtposten :  haubtrunde  ciraiitio  primaria 
Stieler  1648 ;  die  erste  ronde  nach  dem  Zapfenstreiche  wird 
die  hauptronde  genennet.  Eggers  kriegslex.  2(1757)666. 

HAUPTRÜSTUNG,  f  ein  gerüst  von  starken  Stangen  und  bret- 
lern,  wie  es  bei  dem  bau  eines  massiven  hauses  gebraucht  wird. 
Jacobsson  2,  233*. 

HAUPTSAAL,  m.  der  gröszte  saal  eines  gebäudes:  höchst 
erfreulich  und  erquicklich  fand  ich  diese  nebensäle,  desto 
schrecklicher  aber  den  hauptsaal.    Göthe  25,  234. 

HAUPTSACHE,  f.  causa  principalis. 

1)  in  der  altem  spräche  getcöhnlich  auf  einen  rechtsstreü  oder 
etn  rechtsgeschäß  bezogen:  aber  so  die  hauptsach  der  misse- 
that  mit  einem  guten  zeugen  bewiesen  würde.  Carolina  arl.  23; 
eine  halbe  beweisung,  als,  so  einer  in  der  hauptsach  die 
missethat  mit  einem  einzigen  guten,  tugentlichen  zeugen  . . 
beweiset,  ac/.  30;  so  soll  ein  iedes  gut,  so  in  diesem  gericht 
kauft,  verkauft  oder  verkaul  würd,  wenn  die  haubtsach  ein 
pfund  heller  werth  ist,  sol  sechs  pfenning  zu  weinkairf  geben. 
weisth.  2, 170 ; 

schwvgrend  und  land  die  houptsach  gan  (spricht  der  official). 

fastn.  sp.  867,  19; 

so  mösz  man  dann  vil  tag  (lermine)  anstellen, 
domit  der  tagsolt  mos  ufT  schwälien, 
und  werd  vei-ritten  und  verzert 
nie,  dann  der  boubtsach  zu  gehört. 

Brast  narrensch,  71,  28. 

2)  m  der  modernen  spräche  im  allgemeinem  sinne:  gewohnt, 
alles  ins  breite  zu  überlegen,  handelte  Ludwig  zwar  nie  un- 
bedacht, verlor  aber  darüber  stets  die  hauptsache  aus  den 
äugen.  Schlosser  weltg.  5.422;  L.  o  meiner  seele  erbarme 
dich,  gott  der  erbarmer  I  F.  das  ist  die  hauptsache.  ich  bitt 
ihn  auch  darum.  Schiller  kab.  u.  liebe  5,  7 ;  die  hauptsache 
bleibt  nur  immer,  dasz  wir  die  vortheile  der  cultur  mit  hin- 
über nehmen  und  die  nachtheile  zurück  lassen.  Göthe  23, 154; 
ihre  {der  lutherischen  kirche)  symbolische  bücher  sind  mit  einer 
behntsamkeit  abgefaszt,  welche  tausend  köpfe,  wann  sie  mit 
ihr  nur  in  der  hauptsache  einig  sind,  unter  einen  hut  zu 
bringen  sehr  geschickt  ist.  Lessisg  3, 148 ;  der  untere  grosze 
jenaische  bibliotheksaal  war  nun  in  der  hauptsache  herge- 
stellt. Göthe  32,162;  sein  leben  ist  in  der  hauptsache  ein 
fortgesetztes  martyrium  zum  besten  anderer.  Frettag  hand- 
schrift  2,52. 

HAUPTSACHER,  m.  Urheber:  principalis,  principal,  wirt 
genant  der  hauptsacher.  den  die  sach  recht  angeht  und  in 
dessen  namen  gehandelt  wirt.  formular  allerlai  schripen  .  . 
zustellen  '{Frankf.  1556)  rheloric  13';  das  Christus  ein  haubt- 
sächer  des  frydens  und  nicht  des  zorns  ist.  Melanchlh.  nn- 
wersung  in  die  h.  sehrift,  deutsch  r.  Spalati:»  S2;  sol  er  die 
aufwickler  und  hauptsächer  strafen.  Melanchlh.  oration  v.  herzog 
Johansen,  deutsch  v.  Ladterbeck  45;  Martinum  Luther  und  alle 
andere  heubtsacher  dieser  empiirung,  aufrhur  und  irrthum. 
breve  des  papsls  Adrian  bei  Lcther  2,  180*;  und  sollen  der- 
selben friedbrecher,  hauptsächer,  landläufer,  und  die  aufrüh- 
rige aufwickler  des  berührten  lasters  des  widertaufs  . .  keines- 
wegs begnadet  werden,  reichstagsabsch.  v.  Speier  1529,  §  6 ;  so 
zunächst  verschiener  bawrischen  aufnihr  anfUnger,  aufwickler, 
hauptsächer  und  besonder  förderer  gewesen,  rächstagsabschied 
von  Augsburg  1530,  §  02;  demnach  wurden  die  iiij.  haubt- 
secher  diser  wunderbarlichen  seltzamen  hisforien  ein,  d;  . . . 
Fra?»k  chronica  220";  auf  nechstfolgenden  mitwoch  worden 
eiitheuhtet  andere  sechs  von  denselben  aufrhürern,  Gregor 
Koch  der  heubtsacher  und  vornembste  unter  allen.  VVaiszel 
ekronik  (1559)  226*. 

40 


627     H  AUPTSÄCHERIN — H  AUPTSCHIESZEN 


HAUPTSCUIFF  — IIAUPTSCHMUCk         628 


HAIJPTSÄCHEHIN,  f. :  würde  nicht  allein  c.  g.  als  haupt- 
sächeiin,  sondern  auch  dero  kind  durch  disz  lands  gebrauch 
Hud  gesätz  -zum  tod  verorteilet  werden.  Amadis  27. 

HAUPTSÄCHLICH,  adj.  und  adv.  1)  die  hauplsadtc,  den 
kern  einer  saclie  betreffend:  das  zwischcnwort  (interjectio>  ist 
gleichfalls  ein  unwandelbares  wort,  und  wird  also  genant, 
weil  es  haubtsachlich  der  wortmeinung  und  der  rede  keine 
hülfe  luht,  sondern  nur  dazwischen  gesetzet,  und  dadurch 
des    redners    vorhabende    bewegung    mit    angedeutet    wird. 

SCIIÜTTEL   666. 

2)  auch  zur  bezeichnung  eines  hohen  grades  verwandt:  ich 
wollte  fast  eine  wette  drauf  thun,  es  wird  ein  hauptsäch- 
licher narr  sein.  Cnn.  Weise  frcim.  redner  S17;  demnach  sich 
aber  diese  grimmige  feinde  in  eine  hauptsächliche  flucht 
Wanten.  Sinipl.  2, 104  Kurz. 

3)  hauptsächlich  dient  gewöhnlich  zum  ausdruck  des  vorwicgcns 
eines  gegenständes,  eines  grundes,  einer  art  und  weise:  die  aller- 
wichtigst  und  hauptsachlichcst  deren  sachen ,  so  noch  für- 
getragen worden.  Fischart  ehez.  (5591)  Os';  hierausz  folget, 
dasz  man  sich  mit  genügsamer  munition  .  .  hauptsächlich 
und  insgemein  versehen  solle  auf  zweierlei  weise.  Böckler 
kricijssch.  (1668)  79;  der  oelmahler,  von  dem  hauptsächlich 
hier  die  rede  ist.  GöinE  36, 279 ;  (die  auloriläl)  ist  haupt- 
sächlich Ursache  dasz  die  menschheit  nicht  vom  flecke  kommt, 
.so,  133  ;  hauptsächlich  gibts  nun  in  dortiger  gegcnd  viele  alte 
bergscblösser  und  verstörte  klüsf er.  Fr.  Müller  1,298;  seine 
kunststücke  .  .  die  hauptsächlich  in  philosophieren,  taback- 
rauchen  und  geduld  bestanden.  H.Heine  1,86; 

das  erste  aber  und  hauptsächlichste 

bei  allem  irdsclicn  ding  ist  ort  uikI  stunde. 

Schiller  Piccol.  2,  1. 

HAUPTSÄLAT,  «1.  kopfsalat.  öcon.  lex.  (1731)  945. 

HAUPTSALBE,  f.  unguenlum  cephalicum,  narcoticum.  Stie- 
ler  1673. 

H.AUPTSATZ,  m.  der  wichtigste  und  hervorlretendsle  salz  unter 
mehreren  verbundenen,  rednerisch,  grammalisch  und  musicalisch: 
so  finde  ich  zwar  in  den  nebenideen  'bis  heute'  und  'wie 
zuvor'  crweiterungen  der  beiden  hauptsätze  des  Originals. 
BI5RGER  360';  es  gar  zum  hauptsätze  seiner  kunst  zu  machen. 
Herder  zur  seh.  litt.  u.  kunst  13  (1829)  138. 

HAUPTSCHACHT,  «j.  der  tiefste  und  bedeulendslc  unter  meh- 
reren zusanjmenliegcnden  sciulchlen. 

HAÜPTSCHÄDEL  ,  m.  hirnschale :  calvaria,  oUa  capitis  ist 
der  haubtschedel  oder  haublhafen.  Gersdorf  feldb.  d.  wund- 
arzn.  96. 

HALTTSCHALE,  f.  l)  hirnschale,  hirnschädel:  houptschal 
calvaria  voc.  ine.  theui.  k  4*. 

2)  erste  und  wichtigste  schale:  hinter  den  fünf  hauptpunkten 
der  schalenwerdung  (bei  lepas  polliceps)  entstehen  abermals 
eilige  nachschalen ,  deren  das  innere  wachsende  geschüpf, 
bei  Unzulänglichkeit  und  allzufrüher  Stockung  der  haupt- 
schalen . .  bedarf.  Gütiie  55,  328. 

HAL'PTSCHALK,  m. ;  bei  unserm  willen,  der  das  heubt 
der  bosheit  ist,  der  rechte  heubtschalk.  Lutdek  1,  7»';  dieser 
Bonifacius,  ein  heubtschalk  über  alle  schelke,  und  ein  ab- 
gefeimbter  buhe  über  alle  hüben.  6,  489*. 

HAUPTSCHAiNZE ,  f.  propugnaculum  arcis.  Stieler  1734: 
wie  mit  dem  geschütz  die  boihverken,  thürne,  pasteien, 
hauptschanzen  und  dergleichen  zu  fällen  und  niederzuwerfen 
seien.   Böckler  kriegsschule  (1668)  s.  50. 

HAUPTSCHATZ,  m.  l)  hauplgeld,  capilal:  wer  von  haubet- 
schatz  claget.  weislh.  2,5;  n/.  hoofdschat  sors^  peculium  Kilian. 

2)  vorzüglichste  koslbarkeil: 

vrow,  alle.s  giiotcs  überguot, 

und  aller  sseldcn  lioubctücliatz.    gold.  schmiede  75; 

von  seinem  hauptschatz  dem  diamant  hatte  er  (lieireus)  noch 
nicht  gesprochen.  Göthe  31, 232. 

HAUPTSCHAUPLATZ,  m.:  der  hauptschouplati  der  well- 
gesrbicke.  Bkckers  wellgescli.  14,  288. 

HAUPTSCHEINKHAUt,  n.  clinopodium.  Neknich. 

HAUPTSCHEITEL,  m.  vertex.  Hederich  1222. 

HAU'PTSCHEU,  adj.  kopfscheu:  darum  sollen  sie  ..  nit  um 
alle  ding  schelten  und  fliiclien,  sonst  wirt  das  gcsinde  haupt- 
Hchculic,  und  achtet  sein  nit.    Ach.  sj/r.  (Ihco)  h'i'. 

HAUP  f  SCHIENE,  ^  eiserne  schiene  auf  der  seile  des  pflughaupU. 

HAUITSCHIESZEN,  n.  grosies,  allgemeinet  sciueszen: 

zu  einem  haupuchletien,  nchon  mit  lutt, 
xugleicb  mii  buchten  und  armbrutt. 

FitcuAiT  gWckh.  »eh.  97; 


wolt  selbst  besehen  discre  sachen, 
was  gstaltcn  man  es  muchte  machen, 
mit  den  hauptschie&zcn  grosz  und  fein. 

Gross  ausreden  bei  Haupt  3,  242, 
so  hat  der  neiiiidt  gar  oft  gestoclien 
auf  den  hnuptschicszcn  umb  das  bcst^    247. 

HAUPTSCHIFF,  n.  erstes  schiff  einer  flotte: 

auf  (1cm  hauptschiir  hoch  der  held.     Weckherlin  613; 
auch  rüstet  er  sein  hauptschifT  seltsam  aus 
mit  purpurwimpeln,  golüucm  bildersclimuck, 
wie  einer,  der  die  braut  ineerüber  holt. 

ÜHLANU  ijed.  175. 

HAUPTSCHILD,  m.  in  der  wappenkunst  der  grosze  sddld,  der 
andre  kleine,  wie  herzsclnlde,   in  sich  hält.  Frisch  1,426'. 

HAUPTSCHIMPF ,  m.:  erz-  sitic  hauptschirapf,  contumeüa 
summa,  exlrema.  Stieler  1796. 

HAUPTSCHLACHT,  f.:  so  balden  ein  feldberr  oder  kriegs- 
general  einige  hauptschlacht  zu  wasser  oder  land  erhielte. 
Happel  acad.  rom.  703;  dessen  ungeacht  aber  wollen  die  Gal- 
lier sich  in  keine  hauptschlacht  einlassen.  Talander  Olorena 
(1694)  364. 

HAUPTSCHLAG,»»,  hauplsäcldiclwr  schlag ;  bildlich:  er  führte 
gegen  seinen  gcgner  einen  hauptschlag. 

HAUPTSCHLAGADER,  f. :  carotides  arteriae,  die  hauptschlag 
ädern,  die  halspulsadern.  Nemnich  2,  894. 

HAUPTSCHLAGEN ,  m.  hauptschlacht :  in  haubtschlahen  . . 
da  müssen  die  vordem  glider  fechten,  kombt  etwa  der  sechst 
oder  zehent  man  nimmer  zu  schlagen.   Wilw.  v.  Schaumburg  92. 

HAUPTSCHLÄGER,  m.  gladiator  audacüsimus.  Stieler  1811. 

HAÜPTSCHLEIER,  m.  kopfschleier.  Amaranthes  frauenz.lex. 
(1773)  1306. 

HAUPTSCHLEIFE,  f.  die  wicMigste  unter  viehreren :  und  dabei 
knüpfte  sie  die  hauptschleife  wohl  noch  einmal  so  fest  zu 
sammen,  als  sie  war,  da  ich  sie  aufzog.  Tut5MMEL  3,  371. 

HAUPTSCHLIMM,  adj.  in  hohem  grade  schlimm:  was  uns 
vergnügen  sol,  musz  entweder  hauptgut  oder  hauptschlim  sein. 
Chr.  Weise  abs.  com.  303 ; 

icli  weisz :  dasz  Staatssucht  oft  den  fürsten  blut  abzwinget. 
doch  sündigt  der  vieimahl,  der  ihren  schlusz  vollbringet, 
und  eines  guten  werks  hauptschlimmer  Werkzeug  ist.' 

Lohenstein  Cleopatra  s.  122,  577. 

HAUPTSCHLOSZ,  n.  arx  principalis:  deinen  bepstlichcn 
hof,  unser  haubtschlosz  und  residenz  zu  reformieren.  Schade 
sat.  u.  pasqu.  2,103. 

HAUPTSCHLUSZ,  m.  l)  dccrelum  principale,  caput  constituti. 
Stieler  1842;  der  reichsdeputationshauptschlusz  von  1803; 
der  hauptschlusz,  durch  welchen  Preuszen,  Baiern  ..  mit 
ländern  belheilt  wurden.  Beckers  weUgesch.  13, 393. 

2)  hauptsächliche  schluszfolgerung. 

HAUPTSCHLÜSSEL,  m.  clavis  generalis,  der  alle  Schlösser 
eines  hauses  aufschlicszl:  sehet,  da  habt  ihr  den  hauptschlüssel. 
II.  J.  V.  Braunscuweig  Susanne  2,1;  ich  sah  den  Schlüssel 
stracks  vor  den  hauptschlüssel  an,  weil  er  mit  vieler  band 
krümmen  und  gestirten  zügen  durchbrochen  und  sonst  zimlich 
ausgearbeit  war.  Simpl.  3, 3S2  Kurz;  wo  eine  thür  beschlossen 
war,  da  öffnete  ich  sie  mit  dem  hauptschlüssel.  das.;  nam 
darauf  meinen  hauptschlüssel  und  öffnete  damit  der  andern 
beiden  gadcndiener  schlafkaminer.  4,71.  aucJi  übertragen:  die 
festung  Mainz,  der  hauptschlüssel  zum  mittlem  Deutschland. 
in  anderer  weise:  der  postilion  that  sehr  kläglich  als  die  Strauch- 
diebe sein  postpacket  mit  des  rüm.  reichs  hauptschlüssel  er- 
öffneten (d.  h.  mit  gewatl).  Chr.  Weise  kl.  leute  05. 

HAUPTSCHMERZ,  m.  i)  kupfweh,  cej^halalgia  SxiKiRHlSGi; 
si  {die  seewurz)  pringt  sli\{  und  bcnimpt  den  hauptsmcrzcn, 
der  von  kaller  sach  kümt.  Mecenberc  411,  5. 

2)  dolor  sinqularis,  summtts,  principalL<i,  maximus.  Stielkr. 

HAUPTSCHMUCK,  «i.  1)  koiifschmuck :  der  hauptichmuck 
nach  gelegenheil  der  zeit:  im  wintcr  auf  die  französisch, 
im  nicien  auf  die  spanisch ,  im  somincr  auf  die  toscanisch 
inanier.  Gary.  281* ;  reichte  den  hauptschmuck  {eine  allomie- 
l>criicke)  seinem  herrn.  Götmk  2.%,  86;  prufcssor  Struvelius 
trat  ein  mit  zerstreutem  blick,  scharfer  nase,  schmalen  lippru, 
leider  auch  er  mit  ungewöhnlichem  hauptschmuck,  denn 
sein  haar  stand  so  struwelig  über  den  schlafen,  dasz  die  au 
iialime  wohl  berechtigt  war,  diese  kopftrachl  sei  aller  fami 
licnbesilz,  eine  erbperrückc.  Freytac  hanilschr.   I,JJ.'»2; 

nJA  rnUzt  den  hnupischtnuclc  ah,  um  stell  »ich  umzubringen, 
und  oili.  Ihr  diadcin  iiinh  um  dnn  hm»  xu  xchlinscn, 
allein  do>  schwache  band  orrQlU  ihr  wOnschnn  nicht. 

GiLLIRT   I,  05; 


629  IIAUPTSCHÖN — HAUPTSEITE 

und  wie  ein  frisches  rosenpaar 

im  lenz  ihr  ganzer  hauptschmuck  war.    Wieland  9,  175. 

bildlich:  rechnen  sie  auf  einen  andern  hauptschmuck  {hörner), 
guter  baron.  Klisger  1,  4S9. 

2)  vorzügliclier,  erster  schmuck:  keuschheit,  der  hauptschrauck 
des  weibes;  damit  der  gemeine  mann,  so  den  rechten  haupt- 
schmuck an  der  obrigkeit  nicht  verstehet  oder  sehen  kan, 
aus  den  majestätischen  kleidungen ,  scepter,  comitat  und 
dienern  abnehme,  dasz  sie  gott  auf  den  regimentstul  gesetzt 
habe.  LOdseys  regierkunst  (1679)  118', 

HAUPTSCHÖN,  adj.  vorzüglich  schön:  unterschiedne  arten 
blumen,  von  rosen,  gekrausten  tulipanen  . .  wie  auch  haupt- 
schöne, scharlachene  und  purpurfarbe  amaranthen.  unw. 
doct.  323. 

HAUPTSCHÖPFÜNG ,  f.:  die  hauptschöpfungen  der  egyp- 
tischen  kunst.  Schlosser  wellgesch.  1,  98. 

HAUPTSCHRECKEN ,  m.  lerror  panicus.  Stieler  1920. 

HAUPTSCHHIFT.  f.  besonders  hervorragende  schrift,  abhandlung. 

HAUPTSCHRIFTSTELLER,  m.:  der  charakterunterschied 
der  vier  hauptschriftstelier,  die  uns  von  dieser  gefangenschaft 
(Napoleons)  berichten.  Heine  1, 165. 

HAUPTSCHRITT,  m.:  wie  es  für  eine  nation  ein  haupt- 
schritt zur  cultur  ist,  wenn  sie  fremde  werke  in  ihre  spräche 
übersetzt.  Göthe  33,174;  im  norden  geschahen  die  haupt- 
schritte zur  Verbreitung  des  christenthums  erst  durcli  Karl 
den  groszen  und  mit  gewalt.  Gervinus  gesch.  d.  deutschen 
dichtung  1, 74. 

HAUPTSCHULD,  f.     1)  capilalverbrechen,  todsünde: 

damit  für  er  di  lesten  vart 
da  hin  zu  gotes  hulden, 
er  het  mit  eren  sich  pewart 
alhie  vor  haubelschulden.    SrcHEitwiRT  34,  108; 
der  da  woU  für  uns  unsre  hauptschuld  ablegen. 

Weckherlis  314. 

2)  hauptsächliche  Verschuldung:  dasz  ich  dessen  die  haupt- 
schulde nicht  trage.  Philaxder  1  (1642)  372. 

3)  hauptschuld,  schuldige  summen  gegenüber  den  davon  er- 
wachsenen Zinsen  und  kosten. 

HAUPTSCHULDNER,  m.  1)  der  für  eine  schuld  zuerst  ver- 
haßele,  im  gegensatz  zum  bürgen.    Mainzer  landr.  1755,  20,  §  1. 

2)  hauptsächlicher  Schuldner,  gegenüber  dem  hauptgläubiger :  ein 
amlssassiger  hauptschuldner.  J.  Pacl  jubeisen.  44. 

HAUPTSCHULE, /■.  schola  superior,  principalis.  Stieler  1722; 
gymnasium.  Hederich  1222.  übertragen :  dasz  das  leben  selbst 
eigentlich  die  hauptschule  ist ,  die  das  gelernte  erst  lichtet, 
zusammen  kittet,  brauchbar  macht.  J.  Gottbelf  11,  248. 

HAUPTSCHÜPPEN  ,  f.  plur.  abschilferungen  der  kopfhaut: 
die  hauptschüppen ,  gestaltet  wie  kleien ,  furfures  in  capite. 
Maäler  214". 

HAUPTSCHÜSSEL,  f.  xyhirnscliale :  zerknitscht  ihnen  die 
hauptschüssel.  Garg.  205*. 

2)  die  hervorragendste  Schüssel,  das  beste  gericht:  (eine  kunst- 
scliöpfung  Schadows)  die  . .  zum  geburtstag  des  künigs  die 
hauptschüssel  bei  dem  ausstellungsschmause  machen  sollte. 
Böttiger  lU.  zust.  2, 130. 

HAUPTSCHWEIN,  n.  ein  mldes  schwein  männlichen  gcschleclüs 
im  sechsten  jähre.  Ocon.  lex.  (1731)  945. 

HAUPTSCHWERE  f.  gravedo  Hederich  1222.  verschieden  von 
dem  mhd.  masc.  houbetswer,  kopfweh:  ein  hauptswer  haijjet 
emigrania.  Scuh.  3,  546. 

HAUPTSCHWIERIGKEIT,  (.  .•  die  hauptschwierigkeit  bleibt 
immer  übrig,  ob  sich  glaubiger  finden  werden,  welche  ihr 
geld  auf  diese  bedingung  hergeben  wollen.  Moser  patr.  phant. 
2  (1798)  105;  auch  scheint  die  hauptschwierigkeit  sich  ihm 
bald  offenbart  zu  haben:  denn  das  gedieht  hat  sich  nicht 
über  den  ersteni^c^ang  hinaus  erstreckt.  Göthe  25,  S2. 

HAUPTSCHWLNDEL ,  m.:  vertigo  houpswindel  Dief.  615*; 
der  hauplschwindel  oder  umbtrümblung,  als  wenn  die  trunknen 
und  auch  die  kranken  wänend,  es  gange  als  underobsich, 
der  ofen  tanze,  das  hausz  laufe  umb,  und  standend  zwei 
liechter  auf  dem  tisch,  so  doch  nur  eins  ist.     .Maaler  214*. 

HAUPTSEGEL,  n.  das  gröszte  segel  eines  Schiffes. 

HAUPTSEITE,  f.  I)  die  kopfseile  einer  münze,  auf  der  sich 
das  köpf-  oder  brustbild  eines  fürsten  befindet.  Jacobssojj  2,  223'. 

2)  die  hauptsächlichste  seite  eines  gegenständes:  die  hauptseite 
eines  gebäudes.  übertragen:  wenn  wir  uns  an  irgend  einer 
bauptseile  unserer  existenz  freundlich  berührt  fühlen.  Göthe 
19,93;  diese  {die  bildende  kunst)  war  zu  allen  zeiten  eine  der 
uuptseiten  des  griechischen  wesens.  Schlosser  «eltg.  2,  305. 


HAUPTSIECH  —  HAUPTSPRACHE 


630 


HAUPTSIECH,  adj.  kopßrank,  mW.  houbetsiechtt•6.2,2,356'.■ 
zu  hauptsiechen  frawen  geet  er  nit  und  den  menschen  macht 
er  nit  traurig,  spiegel  menschl.  behallnusse  1492  58'  {mü  bezug 
auf  Hes.  18,6);  curator  prodigi  vel  furiosi,  seind  die  ver- 
sorger oder  forstender,  so  denen,  welche  das  ir  iippigklich 
verschwenden  oder  verthun,  oder  den  hauptsiechen  und  sinn- 
losen leuten  zuverordnet  werden,  bei  den  selbigen  sorg  und 
aufsehen  zu  haben,  formular,  allerlei  schrißen  . .  zu  stellen  {lhö6), 
rhetoric  13'.  bei  pferden:  ein  pferd  das  hauptsiech  ist,  lasset 
den  köpf  nieder  hängen,  die  obren  werden  ihm  welk  und 
!app.  öcon.  lex.  (173 1)  945;  drier  ding  sal  man  geweren  an 
eime  pherde  . . :  anevang,  starbiint,  hoevtsich.  vor  hoevtsich 
v\eret  man  virzennacht.  Nordhduser  weisthümer  (14.  jahrh.)  in 
den  neuen  mülhcil.  des  dür.-säclis.  alterthumsvereins  l,  3,  32. 

HAUPTSIECHTHUM,  »7j.  kopfweh:  wenn  man  ej  {das  kraut 
belonica)  sendet  mit  wermuotsaf,  so  ist  e;  guot  für  den  haupt- 
siehtum.  Megexberg  38C,  26. 

HAUPTSIEGEL,  n. :  Karl  der  grosze  siegelte  mit  dem  degen- 
knopf;  aber  damit  drückt  man  nur  das  gegensiegel  des  frie- 
dens,  und  erst  mit  der  degenspitze  das  hauptsiegel  auf.  J.  Paul 
kom.  anh.  z.  Tit.  1,  59. 

HAUPTSINN,  f?i.  1)  besonders  hervortretender,  ausgebildeter 
sinn:  der  hauptsinn  des  hundes  ist  der  geruch,  wogegen 
das  gesiebt  nur  schwach  entwickelt  ist. 

2)  hauptsächliche  meinung:  wohin?  woher?  wozu?  waruni? 
was  ist  der  bauptsinn  davon?  {von  den  erscheinungcn  der  phy- 
sischen und  moralischen  well.)  Klinger  6,249;  was  den  haupt- 
sinn {der  bibel)  betraf,  hielt  ich  mich  an  Luthers  ausdruck. 
Göthe  26, 100;  dasz  Myrons  kuh  auf  den  münzen  Dyrrachiums 
dem  bauptsinne  nach  aufbehalten  sei.  32,138;  dasz  gewisse 
gestalten  . .  sich  auch  selbst  bei  den  gröszten  abweichungen 
immer  im  hauptsinne  gleichbleiben.  55,  282. 

HAUPTSITZ,  «I..-  die  Stadt  ist  von  dem  groszfürsten  Wo- 
lodimer  erbauet  und  von  ihm  und  folgenden  groszfürsten  als 
ein  zaarischer  sitz  gebraucht  worden,  bisz  der  groszfürst  Mi- 
chaelowitz  den  hauptsitz  nach  Muszcau  versetzet  hat.  pers. 
reisebeschr.  3,1.  übertragen:  der  hauptsitz  des  Übels;  ich  deute 
hiermit  vorzüglich  auf  Italien ,  als  den  damaligen  hauptsitz 
der  neurümischen  bildung.  Fichte  reden  an  d.  d.  nat.  (ISOS) 
S.180;  zuletzt  waren  Samos  und  Aegina  die  hauptsitze  der 
griechischen  kunst  geworden.  Schlosser  ivellg.  2,  306. 

HAUPTSOHLE,  f.  der  eiserne  beschlag  des  pflughaupts.  öcon. 
lex.  946. 

HAUPTSORGE,  f. :  1)  hauptsächliche  beunruhigung :  Wilhelm 
hatte  den  ganzen  tag  nicht  zeit  gehabt,  an  die  hauptsorge 
zu  denken,  ob  der  geist  {im  Hamlet)  auch  kommen  werde. 
Göthe  19,  203. 

2)  hauptsächliche  fürsorge:  Bamberg  aber  wandte  er  seine 
hauptsorge  zu.  volfisblalt  f.  sladl  u.  land  1867,  5. 1165. 

HAUPTSPALT,  m.:  quando  lineä  transversim  per  centrum 
ductä  in  duas  aequales  partes  scutum  secatur  . .  {heiszt  es) 
gespalten,  baec  divisio  si  centro  altior,  cephalum,  den  haupt- 
spalt,  sin  humilior  vasin  sculi,  den  fuszspalt  producit.  J.  Weber 
examen  artis  heraldicae  (1696)  s.  23. 

HAUPTSPASZ,  m.:  gestern  wäre  es  vor  euch  ein  haupt- 
spasz  gewesen,  jammerschade  dasz  ihr  in  Regensburg  sitzt 
K.  E.  Göthe  an  Cöspel  bei  Merck  147;  ich  war  auf  der  gallerie 
und  habe  Nobodys  galanterien  gegen  sie  und  seine  Imper- 
tinenzen gegen  seine  untergebene  gesehen,  es  war  ein  haupt- 
spas.  Göthe  an  frau  v.  Stein  i,  U;  als  ich  noch  auf  die  schule 
gieng,  war  es  bei  den  schlimmen  buben  ein  hauptspasz,  den 
mund  voll  wasser  zu  nehmen ,  damit  die  leute  unversehens 
anzuspritzen,  ein  recht  schmutziger  scherz.  Rlmohr  drei 
reisen  nach  Italien  56 ;  darin  aber  bestand  ja  eben  der  haupt- 
spasz, dasz  er  ein  so  ernsthaft  närrisches  gesiebt  schnitt, 
wenn  er  dasjenige  nicht  begreifen  konnte,  was  jedes  kind 
begreift.  H.  Heine  1,  51. 

HAUPTSPIEL,  n.  vorzügliches  spiel:  haubt- «r«  kern-,  treff- 
lich, herrlich,  seu  gewinnspiel,  folia  elecla,  viclricia,  Charta 
egregia,  lusus  validus  Stieler  2087. 

HAUPTSPRACHE,  f  1)  lingrua  mater  mullarum  filiarum. 
Frisch  1,426';  im  10.  und  17.  jahrh.  zunächst  von  den  beiden 
classischen  sprachen  und  der  hebräisclien :  kein  sprach  ausz  den 
hauptsprachen,  als  hebräisch,  griechisch  und  lateinisch,  redet 
von  einem  als  von  vilen,  wie  wir  Teutschen  thiln.  Agricola 
spr.  no.  540;  warumb  lehret  man  die  Jugend  dieselbige  spra- 
chen ,  darin  sie  selbs  {solche  gefährliche  künste)  beschriben 
sind,    das   sie   darnach   dieselbige  des  freier  in  den  haupt- 

40* 


631 


HAUPTSPRUCU  —  HAUPTSTADT 


HAUPTSTAMM  —  UAUPTSTEM 


632 


spracheu  lesen  mögen.  Fischart  ehezuclubüchl.  (i59l)  voir. 
iiij*  (10,  407  Sclteible) ;  die  Jrei  sogenannte  liauptspiachen,  das 
einzig  anseüenlicLe  Überbleibsel  der  Juden ,  GriecLcn  und 
llömer.  Simpl.  4,  365  Kurz,  nacliher  aber  auch  von  der  hoch- 
deutschen scitrißsprache,  im  ijegensalz  zu  den  inundarlen  ycbranchl: 
die  hocLdeutsche  hauptsprache.  Bltscuky  hd.  kanzl.  173 ;  be- 
lleisze  ich  mich,  unsere  hochdeutsche  haupt-  und  lielden- 
spracbe  ohne  fremde  Wörter  zu  schreiben.  ISO;  Scuottels 
ausführliche  arbeit  von  der  Teutschen  haublsprache. 

2)  ifi'e  spräche  des  oriyiuals ,  im  gegensalz  zu  der  spräche,  in 
der  die  Übersetzung  abgefaszt  ist:  in  der  hauptsprache  kompt 
es  (ein  in  übirsetzung  milgetheiltes  slück)  gar  zierlich,  pers.  rosen- 
thul  5, 10,  anm.  a. 

HAUPTSPUUCH,  »1.  dictum  primarium.  Frisch  1,420';  haupt- 
spruch,  ein  ansächlicher  und  vollkonimner  spruch,  ein  gesetzte 
meinung,  pronuntiatum,  enunliatio.  Maaleb  214' ;  in  reclUssachen 
der  endliche  aussprach^  senlenlia  definiliva.  Frisch  das. 

HAUPTSPÜR,  y..- 

zum  Strome,  blutlos,  ging  der  eine  faden, 

der  andre,  blutig,  schlug  sich  in  die  büsche. 

ein  einzig  ibier  nur  war  hier  abgegangen. 

der  führer  sann,  und  sagte  drauf  den  leuten  : 

lolgt  ihr  der  hauptspur  durch  das  thal  der  schlangen, 

ich  will  mit  diesem  auf  der  blutspur  reiten. 

Fbkilicratu  yeJ.  (1845)  298. 

HAUPTSTAAT,  m. :  Sparta  . .  galt  bei  Griechen  und  Nicht- 
griechen  für  den  hauptstaal  Griechenlands.  Schlosser  weltg. 
I,  296. 

HAUPTSTADT,  f.  l)  die  erste  sladt  eines  landes,  einer  pro- 
vinz,  rücksicfdlich  ihrer  grösze,  luge  und  polituchen  bedeulung; 
mild,  houbetstat: 

er  gewaii  ir  ab  die  besten 

stete  und  die  vesten, 

unz  er  si  gar  venreip, 

da;  ir  vil  lützel  ilit  beleip, 

niuwau  diu  ir  iioubetstat.    Gregorius  745; 

sin  laut  heijt  Terra  de  Labür  .  .  . 

Caps  was  sin  iioubetstat.    Parz.  656,  19; 

nhd.  führt  in  (der  erzbischof  den  kaiser)  gen  Mainz,  was  zur 
selben  zeit  die  hauptstatt  Germanie  und  Gallie.  Aventin 
chron.  42is';  starb  in  der  heubtstad,  die  heiszt  Hebron  im 
lande  Canaan.  1  Mos.  23,2;  denn  Hazor  war  vorhin  die  heubt- 
stad aller  dieser  königteich.  Jos.  11,10;  da  er  in  die  heubt- 
stad Antiochia  kam.  l  Macc.  7,2;  gen  Phiiippis ,  welche  ist 
die  heublstadt  des  landes  Macedonia.  ap.  gesch.  16,12;  als 
sie  noch  drei  tagereisen  von  der  hauptstadt  Odia  waren, 
ZiGLER  Banise  (1700)  488;  die  hauptstatt,  melropolis  Maalek 
214';  hauptstadt  in  kirchensachen ,  melropolis  Frisch  1,426'; 
inil  acht  hengslen  durch  unsere  hauptstadt  zu  fahren  !  ScuiLi.tit 
Ficsco  2,  8 ;  es  ist  eine  besondre  sache  um  uns  arme  Deut- 
schen ;  ohne  hauptstadt  sollen  wir  ein  eignes  nalionallhealer 
..  erlangen.  Moser  phant.  1  (t79s)  308; 

und  zieh  mir  mit  seim  kriegesheer  .  .  . 
tu  mein  land  und  für  mein  baubtstati, 
beger  mir  zuzufügen  schad. 

i.  Ayrer  398*  (2002,  22  Keller). 

Da  die  erste  Stadt  des  landes  gewöhnlich  der  sitz  des  landesfürstcn 
tst ,  so  uird  hauptstadt  auch  gleichbedeutend  viil  residenzstadt 
gebrauclU :  dasz  sich  niemand  auszer  der  königlichen  haupt- 
stadt >icher  zu  sein  bcdünken  liesze.  Talanuer  ülorcna 
(1C94)  364;  Mainz  ist  zwar  nicht  die  hauptstadt,  aber  doch 
die  erste  sladt  des  landes  (Hessen),  grenzbulen  1868,  uo.  14, 
s.  25.  formeliiaß  wird  haupt-  und  residenzstadt  verbunden: 
die  Vertretung  unserer  haupt-  und  residenzstadt  Derlin.  volks- 
3etlung  1803,  no.  8. 

2)  hauptstadt,  die  mullersladt,  im  gegensatze  zu  den  aus  Uir 
entsprungenen  colonien:  so  müssen  sie  wissen,  dasz  ein  Jedes 
pllanzvolk  so  lange  für  seine  hauptstadt  alle  achtung  be- 
weiset, als  diese  gut  mit  ihm  umgehet.  Heilmans  Thucyd.  41. 

3)  hauptstadt,  die  bedeutendste  sladt  unter  mehreren  rücksicht- 
luh  dessen  was  sie  erzeugt  oder  besitzt,  ist  der  modernen  spräche 
minder  gerecht  als  der  altern,  obschon  wir  sagen  können:  Solingen 
ist  unter  den  wcstfiilischen  industriestadteii  die  hauptstadt 
für  die  Verfertigung  von  stahlwaaren;  vtbd.  sanctus  Petrus, 
Tua  dein  geböte  des  heiligen  gcisles  cbom  er  ze  Küinc,  daj 
wa»  ein  houbetstat  vor  Cristes  geburt  alles  irrelnomes.  spec. 
tui.  tZ^; 

(iä  «on  Kanvol«)^      v««rr«  iit  beli«>nn«l : 

il  w  ■•:  ■■•  ••■Vi-'    r  -•;•! -,  :i  1   _  .,  .  ,11  |,,,,,„,.m.,|  benennet. 

Timret  45,  4. 


HAUPTSTAMM,  «i.  1)  der  hervorragendste  slarnm  eines  baumes, 
im  geyensatz  zu  nebenstdmmen  oder  ästen  und  zweigen:  so  wie 
dieser  (der  zweig)  einem  ast,  der  ast  ..  dem  hauptstamm 
einverleibt  ist.  Wieland  36,  323. 

2)  übertragen  auf  die  Verzweigungen  eines  geschleclUs:  die  beiden 
beschriebenen  hauptstiimme  (eines  volkcs).  Fichte  reden  an  d.  d. 
nal.  (1808)  5.  169;  durch  kauf,  beiraten,  Vermächtnisse  .. 
wurden  oft  mehrere  derselben  {der  kleinen  gebiete)  unter  einem 
hauptstammc  wieder  vereinigt.  Schiller  779';  die  huuptstämine 
der  Deutschen. 

3)  hauplstamm ,  capilal ,  im  gegensalz  zu  Zinsen  und  kosten. 
Haltaus  833;  ein  haushält  wo  man  von  dem  hauptstamm 
lebte,  ohne  sich  um  die  intcrcssen  zu  bemühen.  Göthe 
49,  120. 

HAUPTSTAMMART,  f.:  welches  als  die  eigentliche  haupt- 
stammart  aller  verschiedenen  hunderacen  betrachtet  werden 
musz    Mann,  magazin  1844,  s.  310. 

HAUPTSTAMD ,  vi.  l)  hauptsächlicher  Standort :  der  haupt- 
stand der  tuchhändler  zur  messe  ist  in  der  N.strasze;  der 
hauptstand  bei  einem  scheibenschieszen ,  der  ort  von  wo  aus 
nach  der  gröszlen  schcibe  geschossen  wird;  an  dieser  waldwiese 
haben  die  hirsche  ihren  hauptstand,  von  dem  orte,  an  dem 
ein  Standesherr  hauptsächlich  residiert:  die  grafschaften,  welche 
damals  aus  keinem  lande,  sondern  aus  einer  reichsobersten- 
stelle  über  eine  gewisse  anzahl  zur  reichsheerfolge  verpflich- 
teter wehren  bestanden,  halten  anfangs  keinen  solchen  liaupt- 
stand,  als  die  Stifter  am  orte  ihrer  münsterkirche  hallen, 
und  so  konnte  auch  keine  nach  diesem,  und  kein  graf  nach 
seiner  grafschaft   benannt  werden.  Moser  osnabr.  gesch.  1,304. 

2)  hauplablheilung  der  menschlichen  gesellschaftsklassen :  ich  hatte 
das  alphabetische  Verzeichnis  nach  den  drei  hauptständen 
(nähr-  lehr-  wchrsland)  eingethailt.  Rabener  sat.  4  (1737)  s.  62. 

HAUPTSTÄ^'DER,  m.  hauptsächliche  stütze  eines  gerüsles,  eines 
baues.  bildlich:  aber  wenn  der  grund  wegsinkt,  wenn  die 
fäulnis  tief  in  den  hauptständern  sitzt,  wenn  ein  chronisches 
übel  an  unsrer  lebenskraft  nagt,  hilft  alsdann  Hygiea  dem 
elenden  noch?  Sturz  1,196. 

H.\UPTSTÄRKE,  /.  .•  analyse  musz  die  hauptstärke  aller 
atoniislik  sein.  cv.  kirchenzcitung  1866,  s.  712. 

HAUPTSTÄRKUiNG,  f.  remedium  cephalicum,  quod  capul  for- 
li/ical.  Frisch   I.  426'. 

HAUPTSTATT,  f.,  mhd.  houbetstat, 

1)  die  Ställe  wo  der  köpf  silzt:  daj  ist  ain  slang,  diu  hdt 
zwai  haupt,  ainz  an  der  rehten  hauptstat,  daj  ander  binden 
an  dem  swanz.  MEGENiiERC  263,  9.  daher  auch  hauptstatt 
für  haupt  selbst:  ein  hübsche  hauptstatt,  decorum  capul,  ein 
hübsch  haupt.  Maaler  214*. 

2)  die  stalte  'zu  liäupten',  köpfende:  hauptstatt  am  bell,  die 
haupteten,  cervical,  pluteus  Maaler  das. 

3)  die  Stätte  wo  das  haupt  abgeschlagen  wird,  riihlstdtte:  houpt- 
stat  der  enthouptuiig,  calumen,  est  calvarie  locus  ubi  malefia 
decollanlur  liomines.  voc.  ine.  Iheut.  k4';  anger,  gelegen  bei 
der  baubtstati  zu  München,  vor  Neunhauser  lor.  Scum.  2,  221 ; 
(Ludwig  Heizer  hat)  sich  des  wegs  unwürdig  geacht,  «Icr  yhn 
zö  der  waistat  oder  hauptstalt  hinnausz  zum  schwert  tragen 
soll.  S.  Frank  cJiron.  1531  416'. 

4)  die  hervorragendste  stalte  eine*  ortes :  houptstat,  eapitolium, 
est  locus  proeminenlior   in  aüqua  civilate.  voc.  ine.  Üieul.  k4'. 

Die  ursprüngliche  yleichheil  dieses  Wortes  mil  hauptstadt  wird 
unter  stadt  und  slalt  beleuclUel  werden. 

HAUPTSTÄTTE,  f.:  hier  soll  die  hauptstütte  unsrer  po 
lilischen  tliütigkeit  sein.  ev.  kirclienzcitg.  1866,  s.  774. 

HAUPTSTEIN,  m.  der  wiciuiysle  stein,  in  melirfacltvr  bezühung, 

1)  der  edislein  eines  gebäudes:  haublstein  lapis  angulam 
Stieler  2139;  gotJi.  haubij)  vaihstins  Marc.  12,10;  ahd.  houbit 
winkiles  Tat.  124;  weil  dieser  sjiruch  ir  einiger  grund  und 
heublslein  ist,  darauf  das  ganz  bapsluui  stehet.  Luther  :>,  218*. 

2)  bei  yrenzvasleinungen:  diejenigen  steine,  welche  man  zu 
anfang  des  ackers,  waldcs  u.  8.  w.  oder  auch  zu  ende  des- 
selben, oder  in  einer  ecke,  oder  an  dem  ort  der  marknng 
setzet,  weiden  haiiplsteine,  eck-  und  ortsteine,  und  die  da- 
zwischen siebenden  läufer  gcnenncl.  Jacobssoi»  3,  6*. 

HAUPTSTELLE,  f.:  zugleich  hat  man  ..  liefe  can.1le  in 
den  sumpf  gefurcht,  damit  man  auch  zur  zeit  der  ebbe  mit 
kriegsschiireii  an  die  haupislellen  gelangen  könne.  GOthx 
27,141.'  hanptsiclli;  eines  schri/turrks :  diu  hauplslrllen  {von 
Hamlet)  wu>./le  ein  jeder  auswendig.  20,  218. 

HAUPTSTERN,  m.  üeUa  primae  magnUudtnü.  Stiklkii  316». 


633         UAUPTSTEUER— IIAUPTSTÜCK 

IIÄUPTSTEUER,  f.  kopfgeld.  Feisch  1, 426'.  tyl.  bei  Fiscbart: 
uüd  deszbalben  bereit  die  stall  und  länder  von  baupl  zu 
Laupt  eine  namhafte  geitsteur  zuschössen,  ehez.  (lööl)  Q "'. 

HAUI'TSTEUERAMT,  n.  das  erste  unUr  den  sleuerdmtein  eines 
bezirks.  dazu  hauptsleueramtsgebäude,  «.,  in  dem  sich  ein  sol- 
ches aml  befindet,  z.b.  in  Frankfurt  a.  M.,  Leipzig. 

HAUPTSTIMME,  f.  rox  prinäpalis,  zunächst  in  musicalisclier 
bezichung:  dann  wie  die  seitenspiler,  nach  dem  sie  die  rechte 
hauptslimm  haben  begriffen,  darnach  alier  erst  die  mittelste 
darnach  richten.  Fischart  ehez.  (1591)  Gä';  aber  audi  ander- 
weit: er  halte  bei  den  berathangen  eine  hauptstimrae. 

HAUl'TSTOCK,  m.  l)  der  erste  und  hetrortrelendste  stock  an 
einer  pflanze :  der  hauplstocii  dieses  sumpfgewächses.  THtJMMEL 
4,  324. 

2)  an  einem  gcbäude;  audi  einer  gebirgsmasse.    . 

3)  hauptstock,  capital ,  wie  hauptgeld,  bauplsumme :  ich 
kaufe  da  nicht  ein,  wo  ich  mit  meinem  hauptstock  bezahlen 
soll.  Klinger  12,  275. 

HÄUPTSTOLLEA,  in.  der  u-icMigste  stollen  änes  bergbezirks : 
hauptstollen  wird  geuennet,  wenn  er  vielen  zechen  zu  hülfe 
kömmt,  «an.  lex.  290*. 

HAÜPTSTOSZ,  Hl..*  das  war  mir  ein  rechter  haupt-  und 
herzeusstüsz ,  dasz  ich  vor  jederman  solche  schände  hatte. 
Jugend  eines  feuigen  Studenten  A 12*. 

HAUPTSTllAFE,  f.:  was  massen  gott  der  allmächtige  seine 
widerspenstige  auch  durch  die  allergeringste  insecta  heim- 
suchen und  züchtigen  könne,  und  deszwegen  keine  gewaltige 
haupt-  oder  landstrafen  zusenden  bedürfte.  Simpl.  3,429  Kurz; 
hauptstrafen    überschiiß   eines  epigramms  bei  Logaü  3,  234,  94. 

HAUPTSTRAHL,  m.  radius  principalis,  in  der  perspective  der 
strahl  der  aus  dem  äuge  senkrecld  auf  die  tafel  fällt.  Frisch 
1,  420*. 

HAUPTSTRANG,  m.  der  Jiauplsädilicftsle  sträng  der  schienen- 
geleise  auf  eisenbahncn. 

HAÜPTSTRASZE ,  f.  l)  'die  mcMigste  und  vornelmsle  ver- 
kehrsstrasze  eines  landes:  die  läge  ihres  Wohnorts  sei  auch 
deshalb  so  glücklich,  weil  die  nach  dem  see  hinunterführende 
hauptstrasze  etwa  nur  eine  Viertelstunde  ihres  thals  binab- 
vvärts  vorbeigehe.  Güthe  23,  ICS. 

2)  die  vornehmste  strasze  eines  orles:  item  bynnen  Alkair 
sijnt  veir  indt  zwentzich  dusent  gassen  ader  straeszen.  dae 
uuden  (darunter)  sijnt.  veir  int  zwentzich  heuftstraeszen. 
Harff  91,25;  es  war  eine  kleine  ärmliche  Stadt,  nur  die 
hauptstrasze  war  mit  schlechten  feldsteinen  gepflastert.  Frev- 
TAO  handschr.  1.  59. 

HAUPTSTRECKE,  f.  die  mehligste  und  längste  strecke  eines 
negs ,  namentlich  auch  einer  eisenbahn,  im  gegensatz  zu  einer 
uebenstrecJie.  einer  Zweigbahn. 

HAUPTSTREICH,  m.:  wenns  recht  zum  treffen  kommt, 
man  soll  mit  tod  und  teufel  den  letzten  hauptstreich  thun, 
da  siml  sie  froh,  dasz  sie  nach  Christo  greifen.  Otho  720. 

HAUPTSTREICHEN,  n.  die  richtung  eines  ganges  im  bergbau, 
die  er  seiner  ganzen  lange  nach  am  meisten  hat.  miner.  lex.  290*. 

HAUPTSTRICH,  m.  l)  die  umrisse  eines  kopfes:  die  haupl- 
strich,  die  lidmasz  eines  angesichts  und  desz  selbigen  strei- 
raen,  filum.  Maaler  214*. 

2)  der  hauptsächliche  strich  an  einer  schrift,  einer  seidmung, 
yrundsirich :  ich  möchte  das  bild  eines  solchen  lebens  in  den 
hauptstrichen  dir  zeichnen,  tlieol.  luteraturblalt  1S67,  s.  264. 

3)  die  hauplsächliclte  richtung,  hauptgrundzug :  unter  den 
Römern  . ,  ist  vor  allen  Horaz  ein  liebhaber  von  moralischen 
wesen.  von  personiücirten  abstraktis ;  diese  personendichtung 
ist  mit  ein  hauptstrich  seines  genies ,  und  hat  seine  öden 
sehr  verschönert.  Herder  zur  seh.  litt.  u.  kunst  13  (1829)  139. 

HAUPTSTÜCK,  H.  ein  widäiges,  liervorragendes  stüd:. 

1)  zufrühest  begegnet  es  ro»t  groszen,  schweren  geschütz :  item 
eirst  33  man  in  geil,  so  hait  he  zo  beiden  sijden  gar  schone 
busseu  lijgen ,  as  off  die  linke  hant  laich  ein  schoin  houft- 
stuck ,  dal  was  mijner  voesze  ein  ind  dryszich  lank.  Harff 
72,  25. 

2)  die  allgemeine  bedeulung  hauplthäl,  hauplgegenstand,  haupt- 
saclie  ist  erst  seit  jüngerer  zeit  bezeugt:  der  körper,  der  das 
hauptstück  des  planetischen  gebäudes  geworden  ist.  Kant 
s,  269;  der  centralkörper  ist  das  hauptstück  seines  Systems. 
276;  das  hauptstück  der  letzteren  {der  äsopischen  fabe'l) ,  die 
innere  nothwendigkeit  der  sache  selbst.  Herder  zur  seh.  litt. 
20  (1830)  i.  53;  diese  eigne  thiitigkeit  des  Zöglings  in  irgend 
einem    uns    bekannten    punkte    nur  erst  anzuregen ,    ist  da-; 


HAUPTSTÜCK  —  UAUPTSUMME 


G34 


erste  hauptstück  der  kunst.  Fichte  reden  an  die  d.  nalion 
(ISOS)  62;  da  die  genaue  bezeichnung  des  erben  zu  den 
hauptstücken  eines  gültigen  testaments  gehört.  Immerman« 
Münchh.  2,172; 

uiid  jetzt  das  hauptstück,  schaffe  du  den  pfarrer 
uns  in  die  kirche  zwischen  zwölf  und  eins. 

Shakesp.  tust,  weiber  4,  0 ; 

and  here  ii  rests,  —  that  you  '11  procure  the  vicar 
to  stay  for  nie  at  church  "twixt  twelve  and  one. 

3)  hervorragendes  stück,  von  einevi  musikdücke :  und  zum 
schlusz  versuchte  sich  alles  zusammen  an  Lützows  verwegener 
jagd.  . . .  nach  diesem  hauptstücke  trieb  Ilse  die  kinder  zum 
aufbruch.  Freytag  handschr.  1, 126. 

4)  eine  abhandlung ,  ein  buch  ist  in  hauptstücke,  haupl- 
abschnilte  eingetlieill :  wir  wollen  das  erste  buch  näher  zu  be- 
trachten anfangen,  es  besteht  aus  vier  hauptstücken  und 
zwei  angehängten  betrachtungen.   Lessinc  4, 177. 

5)  hauptstücke  heiszen  auch  die  hauptsächlichen  formein  der 
christlichen  lehre :  hauptstück,  capita  religionis  christianae.  Frisch 
1,426';  wie  viel  sind  hauptstücke  der  christlichen  lehre? 
SicHCPPIOS  362. 

HAUPTSTUHL,  m.  hauplbesilz,  capital,  im  gegensalz  zu  den 
davon  entfallenden  zinsen.  ein  zufrühest  im  niederdeutschen 
nachgewiesenes  wort,  wo  es  als  hovetstol,  hoevetstoel  erscheint 
(Haltaus  S33  von  1447  und  1453) ;  nl.  hoofdstoel,  boofdschat, 
sors,  capitalis  summa  Kilias  ;  von  hier  aus  ins  hochdeutsche  über- 
gdicnd,  hauptsächlich  in  quellen  die  auf  altem  nd.  gebiet  ent- 
standen sind:  dasz  ich  mein  leben  so  unnützlich  verschleu- 
dert, und  mit  dem  hauptstuhl  meiner  tage  keinen  bessern 
Wucher  gepüogen  habe.  pers.  baumgarten  4,4;  weil  solche 
{Interessen)  gleich  anfangs  mit  unter  den  hauptstuhl  gerechnet 
und  verschrieben  waren,  ehe  eines  Keibes  41;  seine  zeit  mit 
abführung  der  zinsen  hinzubringen  und  die  bezahlung  des 
hauptstuhls  seinen  nachkommen  zu  überlassen.  Moser  patr 
pliant.  2, 104 ;  wer  seine  zinsen  verzehrt ,  ohne  den  baupt- 
stuhl  anzugreifen,  ist  das  ein  Verschwender?  Hippel  lebensl. 
4,  414 ;  die  raetaphysik  hat  das  glück,  dasz  . .  sie  das  ganze 
feld  der  für  sie  gehörigen  erkenntnis  befassen  und  also  ihr 
werk  vollenden  und  für  die  uachwelt  als  einen  nie  zu  ver- 
mehrenden hauptstuhl  zum  gebrauche  niederlegen  kann.  Käst 
2,22;  kein  wunder  ..,  dasz  von  der  Vervielfachung  des  haupt- 
stuhles  durch  zugeschlagene  zinsen  als  einer  gewöhnlichen 
sache  geredet  wird.  Niebchr  1,646;  wollen  die  grafen  aber 
auf  ihren  ganzen  anlheil  verzichten,  so  zahlt  der  könig  ihnen 
jährlich  3000  mark  vom  hauptstuhle  ab.  Dahlmann  dän.  gesch. 
1,497; 

so  oft  er  einmahl  trinkt,  so  musz  er.  überschlagen, 
ob  seine  zinsen  auch  die  kosten  mag  ertragen, 
der  hauptstuhl  ist  sein  gott,  den  tastet  er  nicht  an. 

Rachel  sat.  (1700)  s.  137. 

hauptstui  capital  wird  aber  auch  in  Bayreuther  aäen  von  1722 
gewährt.  Schm.  3,  632. 

HAUPTSTURM,  m. :  weil  das  geschrei  kam,  wie  der  feind 
einen  allgemeinen  hauptsturm  wolle  anlaufen  lassen.  Zigler 
Banise  (1700)  549. 

HAUPTSTURZ  5  m.  velum  capitis  mulierum,  trauerschleier 
Stieler  2231. 

HAUPTSUCHT,  f.  liopf Krankheit,  kopfweh,  mhd.  houbetsuht : 
hauplsuht,  darvon  einem  das  haar  auszfalt.  Maaler  214';  das 
gebrandte  wasser  von  quendelblumen  stillet  die  wütende 
hauptsucht,  phrenesin.  Taberxaemont.  749.  als  krankheit  der 
pferde:  hauptsiech  wird  von  einem  pferde  gesagt,  welches 
die  hauptsucht  oder  hauptweh  hat.   öcon.  lex.  (1731)  945. 

HAUPTSCCHTIG ,  adj.:  hauptsüchtig,  so  dasz  ihm  das 
haar  ausgehet ,  alopecius  Hederich  1222.  an  pferden :  ritzig, 
hauptsichtig  oder  kranks  haupt.  ...  ein  pferdt  so  mit  diser 
krankheit  behaft,  wirft  gleichfals  vil  rotz  und  alter  ausz  der 
nasen  und  hat  einen  schweren  athem,  hat  aber  die  knipfel 
an  der  keelen  nit,  dann  dise  unreiuigkeit  kompt  ihm  von 
dem  köpf  von  oben  herab  ausz  dem  hirn,  und  wenn  es  lang 
weret,  so  «irt  es  darnach  schäbig.    Sedter  rossarznei  40. 

HAUPTSUMME,  f  l)  die  gröszte  stimme,  summa  summarum. 
Hederich  1222 ;  übertragen  der  hauptinhall,  vornehmste  inbegriff: 
las  uns  die  heubtsumma  aller  lehre  hören,  pred.  Sal.  12, 13 ; 
denn  die  heubtsumma  {griech.  xf/MS,  golk  andeis)  des  gebots 
ist  liebe  von  reinem  herzen.  1  Tim.  1, 5 ;  sermon  von  der 
heubtsumma  gottes  gcpots.  lilel  einer  schrift  Luthers  von  1526. 

2)  hauptsächliche  summe  einer  sdiuld,  capital:  sollen  ire 
schuld    vt-r-ünen  mit  der  heubtsumma  {i(eyä?.atov  septuag). 


635         IIAUPTSÜNDE  — HAUPTTREFFEN 


HAUPTTREFFER— IIAUPTURTllEIL        636 


4  Mos.  5,  7 ;  gelt  auf  zinsen  hat  eiuen  grund,  der  on  unlerlas 
weclist  und  tregt  aus  der  erden ,  on  sorge  der  vertust  an 
der  heubtsuminen.  Lutueb  1,195*;  dasz  etlich  eine  summ 
gelts,  als  acht  hundert  gülden,  hinleihen  sollen,  und  doch 
in  kaufbrief  mehr  als  tausent  gülden  setzen  lassen,  dardurch 
ihnen  mehr  dan  fünf  vom  hundert  verainset  und  im  wider- 
kauf mehr,  dann  ihr  hauptsumma  gewesen,  empfangen,  desz- 
gleichen  etliche  sein  sollen,  die  umb  ein  klein  versaumung 
der  zeit,  so  sie  der  bezahlung  zu  thun  ansetzen ,  ein  uber- 
mäszig  interesse  fordern,  und  mit  der  hauptsumma  steigen, 
und  dieseibige  umbschlagen.  reform,  guter  policey,  Augsb.  1530, 
XXVI  §  1 ;  dann  ich  brauchte  mein  gelt  . . .  den  kauf-  und 
Wechselherren  zuzeiten  beizuschicszen ,  darausz  ich  so  ein 
ehrlich  gewinngen  erhielte,  dasz  ich  ziemlich  gute  tag  davon 
haben  konte  und  nichts  von  der  haublsumma  verzehren 
dorftc.  Simpl.  3, 49  Kurz,  lauiologisck  viil  capilal  verbunden : 
leuthe,  welche  allzu  groszen  gewinn  suchen,  und  darüber 
capital  und  hauptsumme  verliehren.  Lokmans  fab,  12. 

HAUPTSÜNDE,  f.  scelus  capUale,  deleslabile,  inexpiabile. 
Stieler  2239.     mhd.  houbetsünde  wb.  2,  2,  735*. 

HAUPTTAG,  m.  hauptsächlicher  tag:  haupttag  für  das  baden 
war  beim  bürger  des  mittelalters  der  Sonnabend. 

HAÜPTTÄGLICH,  adj.:  seine  stimme  war  sehr  grob  und 
fast  unter  bassmäszig,  wie  die  haupltäglichen  schwelger  zu 
haben  pflegen,   maulaffe  152. 

HAUPTTAU,  n.  eins  unter  den  gröszten  und  stärksten  lauen 
eines  schiffes. 

HAüPTTEICH,  »1.  ßschteich  zur  ernährung  der  erwachsenen 
fische,  im  gegensalz  zu  laichteichen  und  strcckteichen,  in  denen 
die  ßsche  erzeugt  und  erzogen  werden.   Nemnich. 

HAUPTTEMPEL,  m.:  in  dem  haupttempel  des  reichs. 
ZiGLER  Banise  (1700)  540. 

HAUPTTHAL,  n.:  lud  mich  der  mann  sogleich  ein  mit 
ihm  ein  seitenthal  hinabzusteigen,  das  gerade  hier  von  dem 
hauptlhale  sich  trennte,  um  die  wasser  nach  einer  andern 
hiramelsgegend  hinzuführen.  Güthe  23,50;  nun  gelangte  er 
zum  hauptthale,  worein  die  seitenwasser  sich  ergossen.  23,3. 

HAUPTTHÄTIGKEIT,  f. :  {die  Juden)  hatten  . .  ihre  haupt- 
thäligkeit  auf  den  handel  und  die  gewerbe  geviendet.  Schlosser 
fceltg.  3,  539. 

HAÜPTTHEIL,  m.  pars  maxima  sive  melior  et  priucipalis. 
Stieler  22G8;  die  ..  zerspaltung  des  reiches  in  vier  haupt- 
theile  oder  sogenannte  praefccturen..  Schlosser  tt'f//(/.  4,  462 ; 
die  beiden  haupttheile  von  Venedig,  welche  der  grosze  canal 
trennt,  werden  durch  die  einzige  brücke  Uialto  mit  einander 
verbunden.  Gothe  27,105;  ferner  hat  man  bei  beschreibung 
des  menschlichen  körpers  schon  früher  darin  eine  grosze 
erleichlerung  gefunden ,  wenn  man  haupttheile  desselben 
untereinander,  z.  b.  obere  und  untere  extremitäten  verglich. 
55,  26S;  die  anführung  des  Zöglings,  zuerst  seine  empfiii- 
dungen ,  sodann  seine  anschauungen  sich  klar  zu  machen, 
mit  welcher  eine  folgegemäsze  kunslbildung  seines  korpers 
band  in  band  gehen  musz,  ist  der  erste  haupttheil  der  neuen 
deutschen  nationalerziehung.  Fichte  reden  an  die  deutsclie  nat. 
(180S)  311, 

HAUPTTHOR,  n. ;  alle  diese  guirlanden  überhingen  das 
Peslitzer  hauplthor  und  seine  hauslhüre.  J.  Paul  Tit.  1,162; 
nur  um  gottes  willen,  kindcr,  reiszt  das  Ihor  des  Verstandes 
nicht  ein,  weil  sein  thorsclu eiber  fehler  machte ;  es  ist  und 
soll  billig  das  einzige  und  haupttiior  zur  inenschheit  sein; 
alles  übrige  sind  nur  Schleichwege  und  binterpfürtchcn.  Herder 
zur  seh.  Uli.  C  (1S27)  334. 

HAUPTTHÜRE,  f.:  wie  sich  alles  in  der  kirche  rangirt 
iiattc  und  das  hochamt  anfing,  zogen  die  brüderschaften  zur 
haupithQrc  berein  und  zur  rechten  scitcntbüre  wieder  hinaus. 

Gi.TIlE   27,  130. 

HAUPTTOiN,  m.  die  in  einem  musilislücke  hersclicnde  tonarl; 
ferner  einer  der  sieben  lOne  der  diatonischen  tonleiler.  Jacobsson 
6,  .J5*.  in  freier  antcendung:  fleisz  und  woblanständigkcit 
Kclicinen  unter  den  meisten  der  hiesigen  Jünglinge  herrschen- 
der hauptton  zu  sein.  Campes  kindcrsdir.  18,02. 

HAUPTTRÄGER,  tn.  hauptsächlicher  träger:  der  haupttrSgcr 
einer  idc«;  die  haupttrüger  der  im  volke  herschcnden  ge- 
sinniing. 

HAUITTREFFEN,  n.;  (der  häufen)  zum  scbarmützci,  und 
also  danncriber  zum  rechten  hauptlrefTcn  gelanget.  KiHCBHur 
mii.  di^npl.  i.'iO;  weil  er  die  meisten  gallischen  Völker  in 
iiiieiu  hauptlreireu  bei  Amagetubria  erleget.  Mascou  l,tt). 


HAUPTTREFFER,  m.   groszer   gewinn  in  einem  glückssptele 

HAUPTTREIDEN ,  n.  das  letzte  ufid  gröszte  treiben  bei  einer 
haupljagd.    ücon.  lex.  (1731)  946. 

HAUPTTREPPE,  f.  die  grüszle  und  zu  den  hauplzimmern 
eines  hauses  führende  treppe,  bildlich:  dasz  dieses  zugleich  für 
mich  die  erste  stufe  der  haupttreppe  zum  hohen  tenipel  der 
giücksgöttin  gewesen  ist.  Klincer  9,  89. 

HAUPTTRIEBFEDER ,  f. :  dasz  der  hasz  gegen  ihn  die 
haupltriebfedcr  seiner  gegner  war.  Klinger  8,  239. 

HAUPTTRIUMPH,  m.:  als  sie  vor  drei  jähren  zuerst  in 
England  den  boden  Europas  betraten ,  feierte  die  geister- 
klopferei  eben  noch  ihre  haupttriumphe.  gartenlaube  18C7,  s.  679. 

HAUPTTROTZ,  m.:  erztrotz,  haubttrolz,  summa  conlumacia. 
Stieler  331. 

HAUPTTUCH,  n.  tuch  das  um  das  haupl  gewunden  wird, 
kopßuch:  ahd.  houbettuoch.  Notker  Marl.  Cap.  48;  mhd.  (sü 
der  mensche)  schönu  cleider  Ircit,  und  vehu,  unt  kosperu, 
unt  die  varwe  unt  die  gesteltnisse  daran  mer  ahtet,  denne 
den  nuz ,  mit  gefluketen  {mil  ßiegenJen  zipfeln  versehenen) 
houbetuochen ,  mit  geverweten ,  mit  bullen ,  mit  furspanc, 
vingerlin  .  .  .  {der  thut  sünde).  Mone  schausp.  des  initlcialUrs 
1,  334 ;  nhd.  amicilium  hauptduch,  houplluch,  heybtdoch,  hub, 
haupluch  DiEF.  30*;  7i/.  hoofddoeck,  bulle,  capitiu7n  Kilian. 

HAUPTTÜCHLEIN,  n.,  klnnes  kopfluch,  mhd.  h(ftibetlüechelin, 
als  traclU  klagender  weiber: 

si  zugent  sich  so  klägelich 

mit  ir  wandel  geistlicli, 

und  mit  houbcttüeclieliD, 

diu  wären  wlj  und  liiiin, 

die  end  äne  Uücke  sieht, 

als  man  klagen  sei  von  reht.    Uedersaal  2,374  111, 

das  haupttüchle,  ein  treuer,  rica,  capilal  Maaleb  214';  jetzt 
in  Baiern  das  köpf-  oder  hauptentüechlein,  weiszlinnenes,  drei- 
eckiges tüchlein ,  welches  so  um  den  köpf  gebunden  wird,  dasz 
zwei  zipfel  am  nacken  niederhangin,  ein  kopfputz  des  weibliclien 
geschlechtes  im  ünterlande.  Schm.  1,  426. 

HAUPTTUGEND,  f.  vornehmlichsle :  als  die  haupttugend  des 
deutseben  voikes  Wird  die  geduld  gepriesen ;  die  vier  haupt- 
tugenden,  fürsichtigkeit,  gerechtigkcit ,  stärk  oder  standmut, 
und  mäsigkeit.    Fischart  ehez.  (1591)  K4'. 

HAUPTÜBERZEUGUNG,  f.:  eine  hauptüberzeugung  aber, 
die  sich  immer  in  mir  erneuerte ,  war  die  Wichtigkeit  der 
alten  sprachen.   Guthe  25,38. 

HAUPTUHR,  f.  vormaluhr. 

HAUPTUMLOCKT,  pari.: 

das  beer  der  hauptumlockten  Achaier 
nun  zu  rüsten.  Stolbero  11,  40, 

nach  11.  2, 11:  xaoTjxoftocovras  y4x,aiovs.    ebenso  Bürger  194"; 

die  haupmmlocktcn  Achaier.    Odyssee  1,  90. 

HaUPTUMRISZ,  m. ;  hauptumrisse  schöner  gegenden 
Heinse  Ardinghello  1,  31. 

HAUPTUMSTAND,  m.:  wo  nicht  allein  die  Ingredienzien  in 
ungeheuren  massen,  langsam,  und  welches  wohl  ein  haupt- 
umstand ist,  entfernt  von  atmospbürischer  luft  in  ganz  andern 
mediis  behandelt  werden.   Lichtenberg  5  (1803)  s.  159. 

HAUPTUNTERHALTUNG ,  f. :  die  beste  gesellschaft  .  .  . 
wählte  zu  einer  ihrer  hauptunterballungen  die  literalur,  und 
diese  ward  dadurch  ganz  gesellschaftlich  und  vornehm.  Götub 
26,  r,9. 

HAÜPTUNTERNEHMER,  «j.    Güthe  46,336. 

HAUPTUNTERSCHIED,  m. :  betrachten  wir  nun  die  gestalt 
der  raupe  gegen  die  gestalt  des  Schmetterlings,  so  linden  wir 
folgenden  bauplunterscbicd  zwischen  beiden.  Göthe  55,274; 
welche  bauptunterschicde  sein  würden  zwischen  einem  volke, 
das  in  seiner  ursprünglichen  spräche  sich  fortgebildet ,  und 
einem  solchen,  das  eine  fremde  spräche  angenommen.  Fichtk 
reden  an  die  deutsche  nalion  (l80S)  177. 

HAIIPTURSACHE,  f:  die  gefuhr  von  auszen  und  die  ver- 
rütherci  von  innen  seind  hauplursachen ,  dardurch  manche 
vestuiig  veiiohren  wird.  Röckleh  kriegssch.  (1608)  s.  31 ;  die 
hauplursachen,  warum  wir  zu  heftig  begehren  oder  verab- 
Kclieucn,  sind  die  Sinnlichkeit,  die  gewalt  der  einbildungs- 
kraft  ...  Gellert  o,  212;  diese  hauplursachc  des  verhin- 
derten anbaues.  Moser  ;>a/r. /i/uirii.  2, 191 ;  hier  liegt  unstreitig 
eine  der  hauplursaciien  des  niisfallens,  das  so  viele  an  diesen 
dicblungen  linden.  Gkrvinus  gesrh.  d.  deutschen  dirJUung  I,  69. 

HAUPTI'RTIIEIL,  ri.  ein  urtheit,  dat  zu  einem  tchlusse  tMHnt- 
lic/i  gehört.    Ka.nt  1, 12. 


637        IIAITTVATERL  AND  — HAUPTWEG 

HAÜPTVATERLAND ,  «.;  eine  form  {der  liliengevdehse), 
deren  Laiiptvaterland  das  südliche  Africa  ist.  Göthe  33.144. 

HÄUPTVE.NTIL,  n.  reri/i7  der  tcindlade  an  der  grgel,  das  den 
ion  hervorbringen  hilß.  tcäl  es  vom  clarier  geöffnet  wird. 

HAUPTVERBRECHEN,  n.  faänus  cajiüale,  res  capilalis. 
Hederich  1223. 

HAUPTVERDIE.NST ,  n.:  nicht  dieses,  ...  dasz  er  schön 
geschrieben,  ist  sein  hauptverdienst;  nein,  sondern  dasz  er 
tugendhaft  gelebt.  Gellert  6,256;  der  präsident  legte  ihm 
sein  schweigen  als  bescheidenheit  aus :  in  seinen  äugen  das 
hauptverdienst  an  leuten  ohne  stand.   Kunger  S,  29. 

HAüPTVEREIN ,  wi.."  die  abgeordneten  der  hauptvereine 
und  sonstigen  theilnebmer  des  festes  hatten  sich  zahlreich 
eingefunden,    neue  evangel.  kirclienzeüting  1S67,  601. 

HAÜPTVERKÄUFER,  m.:  ein  herzog,  als  hauptverkaufer, 
und  etliche  seine  stett,  als  raitverkaufer,  verkaufen  ein  giilt. 
formular  allerlai  schriflen  ..  zu  stellen  (franÄ/.  1556)  rheloric  61*; 
die  hauptverkaufer  und  mitTcrkaufer.  65';  haupt-  oder  mit- 
verkaufern.  65". 

HAUPTVERMÖGEN ,  n..-  vselche  {die  reputation)  ein  ehr- 
liebender mann  für  sein  ganzes  capital  und  häuptvermögen 
halten  soll.   Laz.  de  Tormes  104. 

HAUPTVERORDNUNG,  f.  mcdicamentum  cephalicum.  Stieler 
1400,  Verordnung  einer  arznei  gegen  kopßeiden. 

HAUPT>ERRÄTHER,  m.  proditorum  caput;  magnae  forluriae 
prodilor.   Hederich  1223. 

HAUPTVERSCHIEDEiSHEIT ,  fem. :  hauplverschiedenheit 
zwischen  den  Deutschen  und  den  übrigen  Völkern  germa- 
nischer abkunft.   Fichte  reden  an  d.  deutsche  nal.  (1808)  113. 

HAUPTVERSEHEN,  n.  lapsus  summus.   Frisch  1,  426'. 

HAUPT\'ERSTA>iD,  m.  hauptsächlicher  sinn:  so  ist  doch 
dieses  der  heuptverstandt  dieses  dritten  gebots.  Melancuthon 
hauptart.  chrisll.  lelire  im  corpus  doclr.  Christ.  (1560)  491. 

HAUPTVERTRAG,  vi.  der  die  hauplbeslimmungen  eines  abge- 
schlossenen geschäßs  enthält,  im  gegensatze  zum  nebenvertrage. 
Göschen  vcrles.  2.  2, 164. 

HATJPTVERTRETUiNG,  f.:  die  mächte,  welche  Deutsch- 
lands hauptvertretung  bildeten.  Beckers  ueltg.  13,  230. 

HAUPTVERWIRKLICH,  adj.  den  köpf  kostend:  heut  zu  tag 
aber  ist  es  ein  hauptverwürkliche  schraach,  wan  man  einen 
nicht  vor  weisz  halt.   Zixkgref  apoplüh.  1  (1626)  287. 

HAUPTVIEH,  n  rind,  nach  haupt  sp.  603:  man  musz  mich 
aber  in  keinen  gänsstal!  sperren;  dann  wir  kälber  können 
solches  nicht  erdulden ,  wann  wir  anders  wachsen  und  zu 
einem   stücke   haupiviehe  werden  sollen.   Simpl.  1,134  Kurz. 

HAUPTVORTHEIL,  m.:  dasz  solche  Charaktere  und  talente 
zum  Vorschein  kommen,  wird  woh.  der  hauptvortheil  bleiben, 
welchen  unselige  zeiten  der  nachweit  überliefern.  Göthe  32,176. 

HAUPTVORWTJRF,  m.  hauplsädilicJier.   Kli.vger  9,47. 

HAUPTWACHE,  f.  vigilum  armalorum  corpus,  locus  et  con- 
venlus  excuMorum.  Frisch  1,  427*.  als  ortsbezeichnung :  meine 
gute  matter,  in  ihrem  schönen  neuen  quartiere  an  der  haupt- 
wache.  Göthe  31,  67 

HAÜPTWACHT,  f.  dasselbe:  mein  herr  trollte  selbst  mit 
dem  adjutanten ,  der  die  Schlüssel  trug ,  samt  einem  ausz- 
schusz  ¥on  der  hauplwacht  .  . .  dem  thore  zu.  Simpl.  l,  124 
Kurz,  damit  die  hauptwacht  bei  der  band  wäre,  die  allem 
Unheil,  so  sich  etwan  ereignen  mögte,  vorkäme.  1S9;  auf 
die   haupt-  und  reuterwachten    Böckler  kriegssch.  (166S)  49. 

HACPTWAFFE,  f.  ^laupisäMiche.   Klinger  10,  218. 

H.\CPT\VALL,  m.  der  uichligsle  wall  einer  festung.  Jacobsson 
2,  234'. 

HAUPTWAND,  f.:  in  der  mitte  der  hauptwände  [des  saaks) 
hoben  zwei  Charitinnen  körbe  mit  frischen  blumen  empor. 
THtlMMELs  werke  (1839)5,103;  {eine  figur),  die  in  einem  präch- 
tigen rahmen  beinahe  die  ganze  hauptwand  der  Sakristei  ein- 
nahm, s.  137.  der  Vogelfänger  nennt  die  vier  seilenwände  eines 
lerchcn/anges ,  der  mit  einem  gestrickten  hinmel  überzogen  ist, 
hauptwände.  Jacobsson  2,  234*. 

HAUPTWASSER,  n..-  und  es  gieng  aus  ton  Eden  ein  ström 
zu  wcssern  den  garten,  und  teilet  sich  da  selbs  in  vier  heubt- 
wasser.  1  Mos.  2, 10. 

HAUPTWASSERSCHEIDE,  f.:  so  ward  mir  Spaniens  ... 
grund  und  boden  auf  einmal  deutlich,  ich  zeichnete  seine  haupt- 
wasserscheide auf  meiner  charte  von  Spanien.  Göthe  32, 121. 

HAUI'TWASSERSUCHT,  f.  kopfwassersucht.  Stürz  2,  43. 

HAUPTWEG,  m.  via  principalis.  Stieler  2455;  sie  lenkten 
vom  hauptwege  ab,   um   zu  einem  wenig  besuchten  platze 


HAUPTWEH  —  HAUPTAVORT 


638 


am  see  zu  gelangen.  Göthe  17,337;  man  versäume  auch  die- 
jenigen wege  nicht,  die  in  unsem  hauptweg  einschlagen. 
Gellert  c.  341. 

HAUPTWEH,  n.  kopfweh,  mhd.  houbetwewe,wi(KC,  wb.  3,543*: 
cephalalgia,  hauptwee.  hauptwe  Dief.  113';  schwäre  hauptwee 
lyden,  groszes  hauptwee  haben,  worere  capitis  dolores  Maaler 
214';  der  hauptwee  hat  am  halben  haupt,  nur  an  einer  selten, 
hemicranicus  das.;  wie  ihn  der  Schwindel  und  hauptweh  übel 
peinige.  Kirchhof  wendunm.  116*;  einer  der  grosz  hauptwehe 
hat,  beruft  die  medicos.  Lehmann  59;  das  ist  gewisz,  dasz 
ihrer  viel  . .  mit  keinem  häupt-,  zahn-  oder  augenwehe  an- 
gefochten werden.  Rollenhagen  wunderb,  reisen  (1717)  s.  76 ;  er 
aber  hatte  eine  eifersüchtige  ader  vor  der  stirn ,  die  ihm 
leicht  Schwindel  und  hauptweh  erregte.  McsÄcs  volksm.  40S; 

mit  baubtwee  und  schwindletem  hlrn. 

H.  Sachs  2,2,80»; 

die  gichl  und   hauptweh  auch ,  so  noch   gern  urab  dich 

(Bacchus)  sein, 
und  werden  auch  gezeugt  durch  dich  und  deinen  wein. 

Opitz  1,  440. 
HAUPTWEHSALZ,  n.  sal  sacerdotale.  Stieler  1674. 
HAUPTWEHTAG,  ni.  kopfschmerz:   ceplialalgia  bauptivetag, 
siechtag  Dief.  113'. 

HAUPTVNEHTHUM ,  n.;  benimpt  das  hauptwehlhumb  Ton 
kalten  Oüssen.  Tabernaem.  (löSS)  7. 

-  HAUPT^VEI^■ .  m. :  kern-  sive  bauptwein.  falernum,  vinum 
generosum  Stieler  2477;  wann  im  vorigen  jähre  kein  haupt- 
wein gewachsen,  wachset  er  dieses  jähr.  Knacer  calendarium 
oeconomicum  (1716)  s.  23. 

HAUPTWERK,  n.  1)  erstes  hervorragendes  werk:  mensch- 
weidung  Christi  ist  das  heubtwerk  aller  werk  gottes.  Lcther 
1,497';  von  schriftstellerischen  leislungen:  Otfrieds  evangelien- 
gedicht,  das  man  als  das  hauptwerk  der  heiligen  poesie  zu 
rühmen  pflegt.  Heine  6,  25. 

2)  hauptsache,  cardo  rei.  Steinbach  2,977;  diejenigen  be- 
griffe ,  die  vor  andern  das  hauptwerk  eines  gedanken  aus- 
machen. J.E.Schlegel  3,233;  aber  vergisz  das  hauptwerk 
nicht!  vom  heiiathen.  Lessing  1,229;  viele  von  den  Römern, 
deren  hauptwerk  die  studia  doch  nicht  waren.  3,11;  die  mo- 
ralische gesinnung,  worin  das  christenthum  das  hauptwerk 
setzte.  Kant  6,  301 ;  den  glauben  einem  wesen  widmen,  das 
aus  einem  mechanischen  cultus  das  hauptwerk  macht.  303; 
wenn  das  hauptwerk  erst  genugsam  gesichert  ist.  8.174; 
überhaupt  Verhältnis  in  der  ktmst  zum  hauptwerk  machen, 
und  für  Antinous  und  Mars,  Jupiter  und  den  faun  ein  und 
dasselbe  festsetzen,  heiszt,  jedem  perioden  und  gliede  einer 
allegorie  ein  masz  vorschreiben,  oder  aus  der  algebra  musik 
komponieren.   Herder  ;«r  seh.  litt.  u.  kunst  19  (1830)  126. 

3)  hauptwerk,  der  hauptsächlichste  und  befestigtste  theil  eines 
feslungsbaues.  Jacobsson  6,  55*. 

HAUPTWERTH,  m. :  man  fing  schon  an,  auf  das  material, 
aus  welchem  ein  kunstwerk  bestand,  den  hauptwert h *zu 
legen.  Schlosser  weltg.  4,  308. 

HAUPTWESEN,  n. ;  so  entstanden  endlich  landstände  und 
landschaften,  v\ozu  man  die  Städte,  welche  damals  das  hanpt- 
wesen  ausmachten ,  auf  alle  weise  gern  zog.  Moser  osnabr. 
gesell.  1,  rorr.  s.  18;  meine  leser,  die  begierig  sind,  von  dem 
hauptwesen  gewisz  gemacht  zu  werden.  Kant  8, 173. 

HAUPTWICHTIG,  adj. :  ist  einer  in  hauptwichtiger  verhafl, 
hart  bewacht.  Bütschry  hd.  kanzellei  634. 

HAUPTWIiND ,  f?).  der  tcind  der  ditrecl  aus  einer  der  haupt- 
gegenden  ost,  süd ,  west  und  nord  weht:  die  bauptwinde,  venti 
cardinales  Frisch  1,  427*.  in  freier  anwendung :  letztes  ist  der 
punkt  und  hauptwind,  der  uns  weiter  zu  führen  hat.  J.  Pai^ 
Tit.  3.64. 

HAUPTWIRBEL,  «j.  capitis  vertex.  Steirbach  1,  999. 

HAUPTWIRBELUiVG,  f.  vertigo,  schwindet.  Stieler  2518. 

HAUPTWISSE.NSCHAFT ,  f.:  lasz  die  hauptwissenschaft, 
mit  der  du  einst  der  weit  in  einem  öffentlichen  amte  nützen 
sollst,  . .  auch  stets  das  hauptziei  deines  fleiszes  sein.  Gel- 
lert 5,  253. 

HAÜPTWITZ,  m. :  der  bauptwitz  ist  nun,  dasz  diese  zucker- 
püppchea  zuweilen  wirkliche,  allgemeia  bekannte  personen 
vorstellen.  Heine  13,  88. 

HAUPTWITZIG,  adj.:  Richelieu,  Mazarin  und  dergleichen 
hauptwitzige  statsköpfe.  Bütschky  Patm.  708. 

HAUPTWORT,  »I.  1)  im  allgemeinen  sinne  hauptsächliches, 
hervorragendes  wort :  hauptwort,  vcrhum  simplex,  princ^xife  Stik- 
LEH  2578;  die  ältere  kirche  fügte  es  also  anders,     nur  wenige 


639 


HAUPTWORT  —  H  AUPTZIER 


IIAUPTZIERDE  — HAUS 


640 


haiiptwortc  nahm  sie  aus  den  lektionen  zum  gesangc  auf, 
licsz  diese  in  antiphonien  wiederkommend  ans  herz  dringen, 
als  liauptdenkmale  der  ganzen  geschichte.  Herder  zur  fcli. 
IH.  11.  kitnsl  20  (1830)  5.  lOfi;  vor  den  häusern,  auf  treppen 
und  freibänken  saszen  gruppen,  und  zündnadel  war  das  haupt- 
wort,  das  ich  aus  allem  heraus  hören  konnte.  Aleruach 
voihkal.  für  1867  s.  151. 

2)  hauptwort  in  grammalischem  sinne,  für  Substantiv  ver- 
u enden  die  grammaliker  des  l'.  jahrb.  noch  nicht,  doch  bereitet 
Stieler  die  bezcichnung  vor,  indem  er  sagt:  das  ucnnwort  wird 
haubtsüch'ich  geteilct  in  das  selbständige  und  in  das  liei- 
ständige.  das  selbständige  nennwort  ist,  wessen  andeutung 
in  sich  selbst  bestehet  und  wodurch  ein  ding,  ohne  zutuhn 
eines  andern  worts,  vor  sich  ausgedrücket  wird,  und  solches 
ist  gleichsam  das  haubt  und  der  grund,  so  die  andere  rede- 
st ücke  enthält,  lehrschrift  v.  d.  hochdeutschen  sprachkunsl  x.  54. 
hauptwort  für  nomen  subslantivum  scheint  zuerst  durch  Gott- 
scnEn  in  die  technische  spräche  der  grammalik  eingeführt :  wenn 
ein  nennwort  für  sich  einen  völligen  gcdanken  machet,  so 
hcisze  man  selbiges  ein  hauptwort  (subslantivum).  kern  der 
deutschen  sprachkunst  (1753)  s.  77;  und  bürgert  sich  bald  all- 
gemein ein:  darauf  übersetzt  ich  ihr  erst  alle  suhstantiva  und 
und  examinierte  sie,  ob  sie  auch  ihre  bedeutung  wohl  be- 
halten, gar  bald  überschaute  sie  die  Stellung  dieser  haupt- 
und  grundworte.  Göthe  29. 128. 

HAÜPTWU.ND,  adj.  am  köpfe  verwundet: 

nlts.  he  ward'  an  that  höbid  wund.    Heiland  4879; 
nhd.  wer  da  haupt«und  würt  und  nit  durch  die  hirnschalen. 
H.  Braonschweic  chirurgia  (1539)  6. 

HAUPTWUiNDE,  f.  capitis  vulnus.  Steinbach  2,1044;  an- 
fänglichen will  ich  den  feldschercr  nnterrichten  die  haupt- 
wunden zu  curiren,  sie  sein  beinschrölig  oder  nicht,  dann  . . 
er  soll  wissen,  dasz  alle  wunden  des  haupts  geführlich  sein. 
Agricola  neue  feldschcrerkunst  (1701)  .f.  29. 

HAUPTWUNDER,  n.  miraculum  miracnlorum,  opus  non  imi- 
tabilc.  Stieler  1390. 

HAUPTWURM,  wi.  l)  auf  dem  köpfe  kriechendes  insed,  kopf- 
laus  (.?.  gewandwürmlein  für  kleiderlaus) :  (Arnolf)  starb  zu 
Eting  in  Beyern  an  der  leiiszkrankheit,  dann  die  maden  und 
hauptwürm  durchkrochen  seinen  leichnam.  S.  Frank  chron.  171'. 

2)  der  einseitige  kopfschmerz  sollte  von  wnrmern  herrühren  und 
hiesz  deswegen  hauptwurm:  cmigraneus  houptwurn,  hauptwurm 
Dief.  200*. 

HAUPTWÜRZEL,  f. :  descendens  sive  radicalis  caudex  geht 
allmäbÜR  weiter  in  den  grund  hinein  . .  dieser  niedersteigende 
theil  heiszt  die  haupt-  oder  pfahlwurzel.  Nemnich  2,920. 

HAUPTW  CTHIG,  adj.  toll  im  köpfe,  eine  pferdekrankheit,  auch 
hirnwüthip.  Sedter  rossarzn.  75. 

IIAUPTZAHL,  f.  1)  'numerus  capitum  in  hereditate :  soll . . 
nach  hauptzahl  die  Verlassenschaft  geen  und  getailet  werden. 
HaItads  833  {von  156G). 

2)  eine  hauptsächliche ,  wichtige  zahl,  hauptzahlen ,  grund- 
zahlen,  heiszen  auch  grammatisch  die  numeri  cardinales. 

HAlJI*TZEICHEN,  n.  signum  cardinale ,  principale  Stieler 
2610.  astronomisch  heiszen  sn  die  vier  himmelszeichen  {widder, 
krebs,  wage  und  Steinbock),  in  welchen  der  aequalor  die  ecliptik 
durchschneidet,  in  der  Jägersprache  die  untrüglichen  kennzeichen, 
wodurch  der  Weidmann  einen  hirsch  von  einem  Ihier  der  fiihrtc 
nach  unterscheidet.  Jacobsson   2,  23  j'. 

FIALPTZEIT,  f.  hauptsächliche,  besonders  gelegene  zeit:  die 
hauptzeit  für  den  gehrauch  der  seebäder  ist  der  hochsommer. 

HAIJPTZEITVERTREIB,  m.:  aber  was  ist  euer  hauptzcit- 
\ertrpib?  Prutz  llolherg  5C9. 

IIAUPTZEITWORT.  n.:  die  pcriodc  der  .Illeren  spräche 
ist  weniger  schleppend  als  die  lieulige;  denn  dort  steht  das 
haiiptzeitwort,  welches  die  art  iler  liandlung  in  einem  ge- 
ni.'ihlde  oder  einer  lieschreibung  anzeigt,  oder  den  verstand 
der  ganzen  periodc  bestimmt,  mchrenthcils  zu  anfang  der- 
•ielben ,  und  Hie  itbrigen  hcsfimmungen  folgen  nach.  BUr- 
r.RR  137'. 

HArPTZEUGE,  m.  testi»  locupletissimus.  Frisch  1,127". 

HAUPTZIEL,  n. .•   ein    ritterliches    kriegervolk    zu    bilden, 

war  «las  haupl/iel  der   Ijkurgischen  geselzgebung.  Sciilorser 

wfll/i.  I,2«i2;    i.hne    die    freiheit  des  pocien  kann  der  (ibcr- 

i<l,  das  der  hr.heren  treue,  nicht  erreichen. 

i-nn  werken,  bd.   9,  hU'\. 

II  t,  i  .,,J  I,.  /.  kirpffchmuck :  hie  fflilt  der  fraw  neichthumh 
alle   haiipizicr   vom    köpf.   Spaticenberg   mammons   told  B'; 


wann  ihr  vorerst  auch  seine  hauptzier  sehen  könlet  {anspie- 
lend auf  die  hörner  eines  hahnreis).  Simpl.  4,  231   Kurz. 

HAUPTZIERUE,  f.  dasselbe:  bauptzierd  oder  halszierd  der 
weihercn,  redimiculum,  anadcma  Maaler  2ll';  hauptzierd  der 
weiberen,  oder  das  falsch  haar  das  sy  für  das  natürlich 
brauchend  caliendruni  das.;  stiefeln,  sporen  und  eine  fürst- 
liche hauptzicrde  mit  einem  reigerbusch  . .  wurden  mir  dar- 
gcgebcn.  Simpl.  2,102  Kurz. 

HAUPTZLNS,  m.  census  capilum,  kopfsteuer.  Haltads  833. 

HAUPTZOLL,  n.  vcctigal  principale,  im  gegensatz  der  beizölle. 
Frisch  1,  427*. 

HAUPTZUG,  ni.  l)  hervorragender  zug,  z.  b.  eines  bildes,  eines 
Charakters:  setzen  sie  zu  dem  Charakter  des  Semnon  noch 
einen  hauptzug.  Gellert  6,41;  indessen  unterlassen  wir,  das 
bild  unserer  pflicht  unverfälscht  in  unserer  scele  zu  erhalten, 
wir  lassen  einige  von  den  hauptzügen  auslöschen,  oder  setzen 
unvermerkt  einige  dazu,  die  sieb  mit  ihnen  zu  vertragen 
scheinen.  152;  weil  die  hauptzügc  des  gesichts  nicht  fehler- 
haft sind.  312;  unter  allen  hat  vielleicht  Lessing  zu  seinem 
hauptzuge  die  meiste  catullischc  schalkheit.  Herder  zur  seh. 
litt.  u.  kunst  2  (1827)  270. 

2)  hauptzug  hnszt  im  bcrgwesen  eine  reihe  holden  tind  hingen, 
welche  nach  einander  auf  einem  hauptgange  liegen;  oder  auch 
ein  gang,  der  sich  eine  lange  strecke  bauwürdig  erwei-tt,  und  auf 
welchem  viele  berggebdudc  hinter  einander  liegen.  Jacobsson  2, 234'. 

3)  hauptzug,  die  hauptsächlkhc  richtung  eines  gebirgsstockes : 
der  hauptzug  des  Harzes. 

4)  die  hauptsächliche  richtung,  in  der  etwas  ziehendes  sich  be- 
wegt, und  das  so  ziehende  selbst:  wie  nun  der  hauptzug  der 
wölken  das  thal  herauf  an  so  eine  schlucht  kommt.  Göthb 
10,  274. 

5)  hauptzug,  im  eisenbahnwesen,  ein  auf  langer  strecke  durch- 
gehender zug,  im  gegensalz  zu  den  localzügen,  die  nur  kleinere 
strecken  befahren. 

HAUPTZWECK,  m.  scopus  principalis,  deslinatio  primaria. 
Stieler  2668  ;  der  einig,  fürnembst,  mittelst  und  endlichest 
liauptzwcck  {der  ehe).  Fischart  ehez.  (I59I)  P2';  der  haupf- 
zweck  der  geschichte  ist  nicht  verfehlet.  Herder  zur  seh.  litt. 
19  (1830)  s.  148;  wenn  anders  der  hauptzweck,  das  werk  den 
ausländem  verständlich  zu  machen ,  nicht  verfehlt  werden 
soll.  Bürger  490';  der  hauptzweck  des  fcldzugs  war  erreicht. 
Göthe  17,343;  dasz  er  sehr  gern  die  schöne  handschrift 
seiner  schüler  zum  hauptzweck  seines  Unterrichts  inachen 
möchte.  25,  206. 

HAUPTZVVECKLOS,  adj.  eines  hauplzweckes  entbehrend:  die 
reise  ist  nicht  rathsam  und  hauptzwecklos.  Hippel  br.  14,  66. 

HAUPTZVVEIG,  m.  hauptsächlicher  zweig,  im  gegensatz  zum 
nebenzweige,  bildlich:  so  ist  denn  diese  {die  diehtung)  der 
zweite  haupizweig  der  geistigen  bildung  eines  voIkcs.  Fichte 
reden  an  d.  deutsche  nat.  (1808)  156. 

HAUPTZWIEBEL,  f.  caulinus  bulbus,  stammzwiebel,  miUler- 
zwiebel.  Nemnich. 

HAURAPIER,  n.  .*  wir  hatten  uns  schon  längst  haurapiere 
von  haselstöckcn,  mit  körben  von  weiden  sauber  gellochten, 
um  die  band  zu  schützen,  zu  verschafTen  gewuszt.  Göthb  24,231. 

HAUREN,  verb.,  s.  hauern  sp.  582. 

HAUS,  n.  domus. 

I.  form  und  herkunß. 

Im  gothischrn  ivl  das  wort  nur  in  dem  einmal  vorkommenden 
compositum  gud-hfts  golteshaus ,  tempel  erhalten  und  wird  sonst 
durch  razn  ersetzt;  dagegen  findet  es  sich  in  allen  andern  alten 
dialeclen  übereinstimmend  in  neutralem  geachlecht  und  in  der  form 
b(^s,  eine  form  die  Viren  langen  vocal  zufrithest  im  miltelenglischen 
und  im  bairischen  seit  dem  14.  jahrh.  in  den  diftlilhongen  um- 
setzt, so  dasz  dort  houso,  hier  haus  enl.^leht.  auf  letzlerem  gründe 
ruht  die  nhd.  srhriftform.  das  mnl.  nnl.  wandte  sich  zur  form 
huys ,  buis.  was  die  ableitung  des  Wortes  betrifft ,  so  ist  sein 
schlieszender  consonant  als  nicht  wurzelhaßer,  als  rcst  eines  mittel 
oder  Werkzeuge  andeutenden  Suffixes  -as,  goth.  -is,  -isa  zu  nehmen, 
so  dasz  das  alte  Inl-s  zunächst  für  hft-is  steht  und  als  enger 
verwandter  ron  ahd.  hiVl,  mhd.  hau-t,  mit  anderm  suffix,  gellen 
musz ;  die  beiden  gemeinsame  würzet  tritt  in  den  deutschen  dialecten 
mit  einfachem  antaut  ii,  der  aus  älterem  k  hervorgegangen  ist,  auf, 
in  den  urverwandten  sprachen  mit  dem  verstärkten  anlaut  sk,  atl- 
ind.  skii  bedechen,  bergen,  sku-nati  er  bedeclil ,  grierh.  (rxn-ij 
kleidung ,  rUstung ,  ffKv-vioi'  nuijenbraue ,  atdi-roe  haut,  leder, 
tat.  «cA-tiim  .tf/ii/</.  hiernach  hat  haus  den  allgemeinsten  sinn 
einti   mtttcls   zum   bergen,   eines   unterschlüpft,   einen   tinn  dm 


641 


HAUS 


HAUS 


642 


tttr  auch  an  dem  gleicher  wurzel  entstammenden  hü-tte  hervor- 
treten sehen  werden. 

II.  Bedeutung. 

1)  haus,  allgemein  jedes  menschlicher  wohnung,  unterhtnft  und 
beschdßigung  dienende  gebäude.  es  heiszl  ein  altes,  neues,  groszes, 
Heines,  hohes,  niedriges,  festes,  massives,  baurälliges  haus; 
aus  den  fenstern  eines  altverfallenen  hauses.  H.  Heine  2,  337 ; 

gleich  wie  ein  wolgmaurt  bausz  verharret, 
dran  die  stein  im  kalk  sint  erstarret. 

FtscHART  ehez.  (1591)  Ä  4*; 

das  haus  wird  gegründet,  gebaut,  ausgebaut,  erweitert,  ge- 
mauert, gerichtet,  gedeckt,  abgebrochen,  niedergerissen ;  Jacob 
zog  gen  Suchoth,  und  bawet  im  ein  haus.  1  Mos.  33, 17 ;  wo 
der  herr  nicht  das  haus  bawet,  so  erbeiten  umb  sonst,  die 
dran  bawen.  ps.  127, 1 ;  des  vaters  segen  bawet  den  kindern 
heuser,  aber  der  mutter  fluch  reiszet  sie  nider.  Sir.  3,11; 
da  will  ich  mir  lassen  ein  hausz  bauen,  mit  schönen  erkern, 
mit  groszen  sälen,  mit  zierlichen  kammern.  Chr.  Weise  erzn.  93  ; 

hier  hast  du  aufgesetzet 
obn  hoffart,  nicht  oha  lust,  ein  haus  das  dich  ergetzet. 

Opitz  1,  60; 
die  räume  wachsen,  es  dehnt  sich  das  haus. 

Schiller  glocke  v.  115;' 
übermüthig  siebls  nicht  aus, 
hohes  dach  und  niedres  haus.    Göthe  47, 139, 
das  neue  haus  ist  aufgericht, 
gedeckt,  gemauert  ist  es  nicht.    Ueland  ged.  61, 

man  geht ,  zieht,  kehrt  ins  haus,  geht  aus  dem  hause,  vei- 
läszt ,  räumt  das  haus :  keret  doch  ein  zum  hause  ewers 
knechts.  1  Mos.  19,  2 ;  ich  habe  das  haus  gereumet.  24,  31 ; 
und  wann  ich  sechs  jähr  nicht  solle  aus  dem  hause  gehen. 
Chr.  Weise  erzn.  349 ; 

(wird)  ausz  dem  hause  ziehen 

das  er  gebauet  hat.    Opitz  2,  125; 

berein  zum  saal  klein  Roland  tritt, 

als  wärs  sein  eigen  haus.    Uhland  ged.  335; 

und  wie  ich  morgens  aus  dem  haus 

tret  in  die  frische  weit  hinaus.    R.  Reikick  lieder  193. 

eng  ist  verbunden  haus  und  hof,  die  allitterierende  formel  will 
mit  dem  wohnhause  eines  mannes  auch  den  gesammten  länder- 
besitzstand  desselben ,  repräsentiert  durch  den  uirlscliaßshof ,  her- 
vorheben :  oder  zft  me  hofe  oder  zö  me  hiise,  da  sie  ge- 
vangen  sin.  Sachsensp.  3,60,3;  wer  denn  weibel  ist,  der  sol 
dann  gan  zu  hus  und  zu  hof.  weisth.  i,  i2 ;  weler  {welclier) 
ein  frävenlich  jagt  in  sin  husz  und  hof,  und  im  nach  illet 
in  sin  husz.  83;  einem  sein  hausz  und  hof  geschenden  und 
plündern,  disturbare  ac  diripere  domum  alicujus.  Maaler  2u'; 
einen  in  sein  haus  und  hof  aufnemen,  recipere  aliquem  domum 
suam.  214';  gleicherweisz  soll  jederzeit  alles  veimögen,  hausz 
und  hof,  und  das  geschlecht  sampt  der  hauszhaltung  nach 
des  mannes  namen  genant  werden,  ungeacht,  das  etwa  das 
weib  das  gröszer  theil  zugebracht  hat.  Fischart  ehez.  (1591) 
Bs';  denn  seht,  eines  haus  und  hof  steht  gut,  aber  wo  soll 
baar  geid  herkommen?  Göthe  8,77;  vor  einer  zu  wilden 
gährung  der  köpfe  haus  und  hof  zu  sichern.  Gutzkow  ritler 
2,349.  diese  formel  erscheint  manigfach  in  sprichwörtlichen 
redensarten :  er  hat  ein  heiszen  magen,  hat  haus  und  hof 
verdaut.  Schottel  1125";  haus  und  hof  ist  ihm  in  wein  er- 
trunken, das.;  sie  hätte  mich  um  haus  und  hof  gebracht, 
hält  ich  das  spiel  länger  getrieben.  Lenz  l,  309 ;  etwas 
kommt  einem  zu  haus  und  hof,  zu  gute,  eine  formel  die  an 
das  haus  als  stalle  der  eigenen  Wirtschaft  anknüpft,  wie  unten  no.ß 
(jp.  648)  angefülui  wird:  wie  es  disem  frommen  herrn  auch 
zu  hausz  und  hof  kam.  M.\thes.  Sar.  22';  bald  nachher  nahm 
ich  abschied  von  einem  orte,  der  mir  einen  Jugendfreund 
in  die  arme  geführt,  meine  kenntnisse  so  erstaunlich  be- 
reichert, und  mich,  welches  dir  zu  haus  und  hof  kommt, 
so  geschwätzig  gemacht  hat,  ThCmmel  5,152;  ähnlich:  der 
amtmann  . .  lachte  heimlich  als  ein  wahrer  egoist  über  das 
ereignis,  dasz  man  so  grosze  anstalten  und  aufwand  machte, 
um  über  dem  nieer  und  im  millellande  sich  frei  und  thatig 
zu  erweisen,  und  doch  dabei  ihm,  der  auf  seiner  hufe  ganz 
ruhig  gesessen,  gerade  die  gröszten  vorlheile  zu  haus  und 
hof  bringe.  Göthe  23,  226.  die  redensart  wird  auch  ironisch, 
im  bösen  sinne  angewendH:  es  wird  dir  zu  hausz  und  hofe 
kommen,  dieses  braucht  man  zum  guten  und  bösen  wünsche. 
Schottel  113l';  es  tliut  mir,  wie  gesagt,  leid  für  ihn:  denn 
wenn  einer  der  sich  der  naturforschung  ergiebt,  und  noch 
nicht  abgelebt  ist,  dasjenige  nicht  anerkennen  will,  was  ich 
IV.  II. 


in  meiner  farbenlehre  mehr  oder  weniger  geleistet,  so  wird 
es  ihm  noch  oft  zu  haus  und  hof  kommen,  und  er  gewinnt 
moralisch  nicht  dabei.  Göthe  an  Zelter  162;  dies  aber  alles 
wild  ihm  zu  haus  und  zu  hof  kommen  und  zuletzt  wird  er 
nicht  wissen  wo  er  hinaus  soll.  269.  —  Wie  haus  und  hof 
ist  haus  und  herdstatl  ailitterierend  verbunden :  die  von  Wynön 
und  ouch  Oberw^nön  söllent  geben  jerlich  von  ieglichem 
hus  oder  herdstat  1  gart«nhun.  weislh.  1,179;  ferner  haus 
und  heim:  diewyl  Barllis  Sachen  erlicher  schulden  halben 
also  gestallen ,  das  er  syn  huob  verkoufen  und  hiemit  mit 
wyb  und  kinden  von  hus  und  heim  kommen  müsse.  Hotz 
Zürcher  urkundenb.  1,133  (ron  1560); 

Til  armer  leuten  seind  zu  klagen, 

den  man  thut  hausz  und  haim  zerschlagen. 

Zabsckes  Brant  CXXVII'; 

haus  und  habe :  mein  hausz  und  bab  Verliese.  Fiscuart  ehez. 
(1591)  E3'. 

Der  angesessene  sitzt,  wohnt  mit  hause:  die  mit  hus  da 
wonten.  Ulensp.  s.  50  Lappenb.;  sich  ze  hausz  setzen,  sedem 
capere  Maaler  214'; 

ich  und  min  böte  wir  giengen  dan 

zwo  mil  für  ein  burc  wünneclich : 

dar  üf  so  was  diu  lügende  rieh, 

min  vrowe  der  ich  nie  verga;. 

diu  guot  mit  hüs  dar  üfTe  sa;.    frauendienst  330,  4; 

von  dann  begund  man  cheren 

gen  Mergenburch  hin  für  sich  pa?. 

der  maister  da  mit  hause  saj.    Süchenwirt  4,  82. 

Andere  formein,  Sprichwörter  und  redensarten.  ost,  west,  das 
haus  am  best.  Schottel  1135* ;  es  gehen  viel  freund  in  ein 
klein  hausz.  1127'.  wer  ein  groszes  hausz  hat,  beherbergt  den 
kaiser.  Pistorius  thes.  par.  5, 49 ;  hochzeitshaus  ist  ofifen  haus. 
Ihmerxanr  Münchh.  3,8;  ein  mantel  und  ein  haus  deckt 
viel  schand.  Schottel  I12l';  wer  in  seinem  eigen  hause  be- 
schneiet oder  beregnet,  des  wil  sich  gott  auch  nicht  erbarmen. 
1140";  ihm  ist  ein  steinern  haus  durch  den  bauch  gefahren. 
1125*;  ich  wi!  erleben,  dasz  der  das  hausz  soll  von  auszen 
ansehen,  ägr.  spr.  (1560)  167*;  sein  haus  gehört  ihm  und 
andern  leuten,  habet  domum,  sed  alienis  nummis  paratam ;  ob- 
ligata  est  credilori.  Serz  64*;  ^vir  deudschen  haben  ein  Sprich- 
wort ..  ein  trunken  haus  speiet  den  wirt  aus.  Luther  3,  245*; 
und  wird  hie  auch  der  teutschen  Sprichwort  war :  ein  volles 
hausz  speiet  seinen  eigen  wirt  ausz.  Mathes.  Sar.  85*;  wir 
wollen  heute  rechtschaflen  turnieren  und  das  haus  zum  fensfer 
auswerfen ,  denn  es  heiszet  doch :  frisz,  sauf,  lebe  stets  im 
saus,  nach  dem  tode  wird  doch  nichts  daraus.  Rist  TeiAsch- 
land  25;  das  haus  soll  man  stützen,  und  das  geid  mittler 
weil  nützen.  Pistorius  thes.  par.  5,72;  es  9ol  ein  man  haben 
ein  hausz,  ein  weib,  einen  ochsen,  das  ist,  ein  narung,  damit 
er  sich  und  die  seinen  aufenthalten  künne.  Agr.  spr.  (1560)  160* ; 

ein  hausz  ist  ein  gut  Sicherheit 
ein  zuQucht  beid  zu  fräud  und  leid : 
es  ist  keim  basz  als  inn  seim  hausz. 

FrscHART  ehz.  (1591)  CT; 
inn  seim  hausz  ist  ein  jedes  frei, 
auszwendig  verlassen,  forchtsam,  scheu,     das.; 
wer  sein  hausz  wil  halten  keusch  und  rein, 
der  lasz  keine  Studenten  und  tauben  ein. 

PrsTORIDS  10,  38; 

ein  alt  haus  fragt  nichts  nach  rauch.  Lehmann  96;  das  haus 
brennt  ihn,  i.e.  er  ist  nicht  gern  daheim.  133;  des  Spötters 
haus  brent  auch  wol.  Schottel  1135*;  ein  haus,  ein  brand. 
PiSTOBios  4,78.  einen  lauten  hört  man  über  neun  häuser: 
das  gab  ein  solches  gelächter,  dasz  mans  über  das  neundfe 
haus  hörete.  Simpl.  3,185  Kurz;  so  laut,  dasz  mans  über 
drei  häuser  hörte,  kinderkl.  59;  einer  hat  einfalle  wie  ein  altes 
haus,  wo  mil  den  verschiedenen  bedeulungen  von  einfaü  (t  und  4, 
Ih.  3,170)  gespielt  wird:  er  hatte  einfalle  wie  ein  alles  haus. 
Hippel  4,117;  der  plumpe,  ungeschickte  fallt  mit  der  thür  ins 
haus: 

nicht  fallet,  wenn  ihr  jemals  freit, 

grob  mit  der  thür  ins  haus.    Götbb  11,  38. 

um  den  höchsten  grad  der  Zuverlässigkeit  zu  zeichnen,  sagt  man, 
man  baue  häuser  auf  einen  :  David  meinele,  er  habe  an  seinem 
schwiegervatfer,  dem  Saul,  einen  solchen  freund,  auf  welchen 
er  häuser  bauen  könte.  Schcppids  227;  ich  baute  grosze 
häuser  auf  dich,  und  dachte  bei  mir  selbst:  nun  hab  ich 
einen  groszen  servif eur,  der  mir  aufwarten  sol  und  musz. 
240;  ich  weisz,  und  hab  ausz  erfahrung  gelernet,  dasz  der 
jenige.  der  auf  groszer  herren  gnad,  und  auf  desz  gemeinen 

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»AUS 


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mannes  gunst.  hauser  bauen  «olle,  der  baue  nur  auf  sand, 
und  nicht  auf  einen  felsen.  2i2;  dasz  Johann  häuser  auf  ihn 
gebaut  hätte,  begebenh.  dir  Itcncn  ofßcicis  auf  Werbungen  1,  5.  — 
bei  veryk'icliungen  dient  haus  als  bild  für  groszes,  in  die  Iwlie 
ragendes:  haus  hoch,  infinite  Serz  65";  s.  auch  haustief; 

ein  kiiii)  wie  eine  niausz, 

macht  einen  hadcr  wie  ein  hausz.    Pistorius  (>,  31. 

von  haus  zu  haus  ziehen ,  gehen :  von  hausz  zu  iiaus,  von 
einem  hausz  zu  dem  andern,  duine.slicatim  Maaler  214';  von 
hausz  zu  hausz  gon  seiner  freunden,  domos  amicoruni  obire.  das.; 

und  trügt  so  mit  verdoppelter  schnelle 
singend  sein  wasser  von  haus  zu  haus. 

RCCKERT  355; 

ich  möcht  als  spicimnnn  reisen 

weit  in  die  weit  hinaus, 

und  singen  meine  weisen, 

und  gclin  von  haus  zu  haus.    Eicuenoorff. 

2)  die  bedeulung  1  verengt  sielt  in  verschiedener  tceise,  indem 
iiaus  nur  eine  bestimmte  arl  von  gebäuden  bezeichnet,  auch  auf 
hausahnüchc  behdlter  und  thierwohnungen  bezogen  wird. 

a)  haus  goltes,  haus  des  herrn,  lempel,  kirche ,  wie  golh. 
gudhüs,  ahd.  hüs  za  pctönne,  templus,  gotis  hCis  templum  dei 
r.RAFF  4,1050: 

und  truog  in  (den  söhn)  suoje,  als  ir  gczam, 
mit  ir  zem  gotes  hüse  also. 

Tristan  51,  3  (vorher  ze  kiichen  50,  39); 

wi  her  In  ginc  in  das  hüs  gotis.  Behaims  ev.  buch,  Luc.  6,  4 ; 
da  aber  die  priesicr  aus  dorn  heiligthum  gicngen,  erfüllt  ein 
wölke  das  haus  des  herrn.  ikön.  8,10;  es  stehet  geschrieben, 
mein  haus  ist  ein  bei  haus,  ir  aber  habls  gemacht  zur  mördcr- 
gruben.  Luc.  19,  46 ;  wenn  . .  die  gebeugte  niedergeschlagene 
Seele  ins  haus  gotles  eintritt.  Herder  zur  rcl.  ti.  tiieol.  8 
(1828)  32; 

weil  man  wohl,  wie  dem  hause  des  licnn ,  auch  dem  eigenen 

vorsteht.    Voss  Luise,  3.  Idylle  II ; 

ohne   den  genilivischen  zusatz:    es  wird  aber  allmählig  immer 

dunkler   im  leeren  hause,  ...  dann  und  wann  steigt  leises 

murmeln  aus  einer  scilenkapelle.  II.  Heine  2,349; 

noch  steigt  in  jedem  dörflein  ja 
dein  heilig  haus  empor; 
die  orgel  und  der  cliorgesang 
ertönet  jedem  uhr.    Uuland  ijed,  10. 

haus  goltes  aucli  von  klöstern: 

er  begunde  bescheidenlichen 
s.in  armen  friunde  riehen 
und  tröst  euch  frömde  armen, 
da?  sich  got  erbarmen 
geruochte  über  der  sele  heil : 
gotes  biusern  viel  daj  ander  teil. 

d.  arme  Heinrich  256; 

ähnlich  steht  nhd.  haus  von  einem  nicht  profanen  gebuudc :  Jacob 
war  ein  aufrichtiger  mann,  und  diener  im  hausz  der  lehre. 
Happel  ac.  rom.  13;  ron  einem  geistlichen  ordcnshausc: 

da  bricht  die  menge  tobend  aus, 

gewaliger  stürm  bewegt  das  haus, 

um  gnade  flehen  alle  brüder. 

ScuiLLER  liampf  m.  d.  drachcn  v.  200. 

b)  haus  für  adliches  schlosz,  bürg,  im  mhd.  häufig,  ragt  bis 
ins  17.  jahrh.  hinein:  mhd.  tnon  dir  kunt  da;  ich  mich  liebe 
von  dem  nähslen  mäntage  von  dem  hrtse  da  ich  alzan  üf 
bin,  und  far  hin  zc  dem  hflse  als  du  wol  weist,  frauendienst 
32,  12;  nhd.  uf  unser  hause  ze  Nürnberg,  urfc.  Karls  IV  v.  1317 
tm  ans.  f.  künde  d.  d.  rorz.  1865,92;  mein  (eines  edelmanns) 
valcr  hat  mir  sovil  baurcn  verlassen ,  die  für  mich  fronen 
und  arbeiten ,  müssen  mir  auch  körn  und  wciszen,  habern 
und  gerslen  zufüren,  . .  so  ich  auf  meinem  haus  oder  schlos 
brauchen  mag.  WrcuRAM  rollw.  I41,  2:(  Kurz; 

Frankentlial,  o  du  vcste, 

du  wol  crhuuies  hauK, 

üb  dir  Kchnn  kommen  fremd  gcstc, 

lasz  ilich  nit  treiben  drau.sz.    Willer  132; 

o  Frankcntbal,  du  werihes 

und  ni-u  crbnuien  hnUH.     133; 

Wfirternberg  halt  dich  veme, 

du  woi  gesegnete»  haui.    201; 

noch  Im  Arndt; 

drauf  siOrmtcn  »ie  Oomitz,  dn»  fexie  hau«. 

Uril.  (IHlO)   IW; 
er  riinint  lirh  und  »chirmt  sein  bau« 
mit  Hchr  an  tburmen  und  tlioren.    x.  203. 

ferner  i/iU  hau*  ron  Jen  einielncn  hauftgcbduden  schlosz-  und 
burgarlitjer  anlagen,  in  ColdUz  in  Sachten  i.  /;.  «las  fümlcnhatiü, 


saalhaus,  kellerhaus;  in  der  landesschnle  Pforte  das  fürsten- 
haus;  endlich  heiszl  auch  das  rathhaus  haus  schlechtweg,  z.  b. 
in  Nürnberg:  vcrhieszen  der  ineisler  zwen  von  der  andern 
aller  wegen  vor  Merlheiu  Holzschner  und  mir  auf  dem  haus. 
Tücher  baumeislabuch  270, 12. 

cj  haus,  das  taggebäude  eines  bergwerks,  zur  tcohnung  und  auf- 
bewahrnng  von  Sachen  dienend.  Jacübsson  2,  234';  wenn  gott 
nicht  das  hause  und  zeche  selber  bawet.  Mathes.  Sar.  40*. 

d)  haus,  Iheater:  der  Zwischenvorhang  ging  in  die  höhe 
und  er  sah  das  volle  haus  vor  sich.  Gütue  19,203;  das  haus 
war  gefüllt.  223 ; 

das  was  vor  jähren  wir  in  I.auchstädt  brachten, 
das  ist  von  euch  noch  manchen  wohlbekannt, 
und  damals  galts  ein  eng  veraltet  haus 
mit  einem  neuen  Ireicrn  zu  vertauschen.    11,  327. 

e)  haus,  das  Versammlungsgebäude  der  landboten,  dem  eng- 
lischen house  of  lords ,  house  of  commons  nachgebildet:  das 
herrenhaus,  das  abgeordnelenhaus  zu  Berlin;  die  adress- 
debatte  beginnt  im  hause  der  abgeordneten  donnerslag.  volks- 
zcitung  IS60,  «o.  196; 

indes  der  frcude  lallen 

das  ganze  haus  durchbricht. 

Ittatiderailatsch  ISGO,  no.  41,  s.  162. 

/■)  haus,  blochhaus  der  Soldaten  {vcrgl.  blochhaus  2, 136,  block- 
haus  2, 137): 

dasz  die  waginborg  vil  kostlicher  was 
von  husern  uud  von  gczclle. 

LiLiRNCROs  volksl.  2,  85'. 

g)  haus,  vom  fahrzeuge ,  schiffe:  leicht  wie  der  schwan 
schwimmen  sie  in  häusern  auf  den  gewissem.  Klincer  6,32; 

die  schilTer,  so  ihr  hausz  auf  bloszes  mcer  hinbauen, 
und  ihren  kühnen  leib  den  leichten  winden  trauen. 

Opitz  2,  S5. 

h)  haus,  vom  grabe :  zwar  alle  könige  der  beiden  ligen  doch 
mit  ehren,  ein  jeglicher  in  seinem  hause,  du  aber  bist  ver- 
worfen von  deinem  grabe.  Jes.  14,18; 

aber  wohl  dir!  köstlich  ist  dein  Schlummer, 
ruhig  schläft  sichs  in  dem  engen  haus. 

Schiller  cleijic  auf  d.  tod  eines  junglings  r. 50; 
ich  eile  von  der  schönen  erde 
hinab  in  jenes  feste  haus.    Götub  2,  119. 
i'om  sarge: 

macht  kein  stolz  gepränge 
um  des  todten  schrein, 
denn  sein  hctt  ist  enge, 
und  sein  haus  ist  klem. 

C.  Gerok  Pfingstrosen  (1866)  s.  208; 

auch  von  der  urne,  die  die  asche  eines  todten  birgt: 

0  dasz  ich  doch  geschwundner  asche  rest, 

im  kleinen  hause,  wandernd,  immer  weiter  .  .  . 

als  büszender  mit  kurzen  schritten  trüge!    Göthb  9,321. 

i)  haus  von  thierwohnungen:  caninchen  ein  schwach  volk, 
dennoch  legis  sein  haus  in  den  felsen.  si)r.  Sal.  30,26;  er 
bawet  sein  haus  wie  eine  spinne.  Iliub  27,  18;  der  jdger  nennt 
des  bibers  wuhnung  im  ströme  sein  haus.  Jacobssoi»  2,234*; 
haus  für  tauben,  enten ,  schwane;  nesl  eines  vogcls:  denn  der 
vogel  hat  ein  haus  funden,  und  die  schwalbe  ir  nest,  da  sie 
jungen  hecken,  ps.  84,4;  vogelkdßg: 

von  goldigen  sprossen  ein  nngelnnu  haus, 
und  doch  sehnt  der  vogel  ins  Trcio  sich  hinaus, 
viel  lieber  verhungert  im  wnid  und  erfroren, 
als  im  goldenen  kallg  die  l'reihcit  verloren!; 

haus  an  der  Schnecke: 

es  traget  ein  schneck  dir  und  für 
wo  sie  hingeht  ir  hawsz  mit  ihr. 

FiscHXRT  Wie:.  (1591)  C5'; 

5.  haustrügerin  und  Schneckenhaus. 

k)  haus  heiszl  auch  der  samenbehäUer  des  kemobsles,  vergl. 
keriihaus  th.  5,008. 

3)  wenn  haus  auch  nur  von  dem  hausflure  gebraucht  und  ihm 
die  Zimmer  entgegengesetzt  werden,  so  ist  das  der  nachklang  jenn 
alten  deutschen  bauweise,  die  ßur  oder  diele  ah  hauptraum,  zimmer 
als  bloszc  nebcnrdume ,  absperrungen  behandelte:  bair,  im  haus, 
in  der  hausflur,  Schm.  2,217;  diiringitrh:  geh  in  die  slube,  ich 
will  im  hause  auf  dich  w;iileu;  scldesuirh :  er  ging  in  die 
stubc,  i('li  blieb  im  hause,  abitt  in  cunclave,  rgo  in  aliin  mane- 
ham.  Steinuacii  1,'1:>;  man  begegne  jemandem  im  haus,  auf 
der  treppe,  es  sei  eine  gesellschaft  im  ziniincr  beisammen. 
(KiTUK  29,273. 

4)  der  menschliche  leih,  als  irohnung  der  teele,  wird  einem 
haute   verglichen:   «n    wi<MMi    aber,    so    unser  irdisch  haus 


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dieser  hülten  zubrochen  wird,  das  wir  einen  baw  haben  ton 
golt  erbawet,  ein  Laus,  nicht  mit  henden  gemacht,  das  ewig 
ist  im  himmel.  2  Cor.  5, 1 ; 

disz  in  der  weit  geborgtes  haus. 

RrsT  h.  lied.  4,  224. 

so  tcird  auch  in  traulicher  rede  der  mensch  nach  säner  äuszern 
ersclieinung  in  solchen  vergleich  gesetzt:  wie  geht  dirs,  altes 
haus?;    du  bist  ein  braves  haus! 

dieweil  du  ein  so  frommes  haus, 
£0  bitt  dir  eine  gnade  aus. 

A.  KoPisCH  'als  Noah  aus  dem  kaslen  viar\ 

5)  baus  ttendet  sich  zu  der  bedeulung  wohnsiätle,  heimstätte, 
die  in  einem  hause  oder  in  einem  theil  eines  hausfs  für  jemand 
vorhanden  ist:  der  kranke  hütet  das  haus;  schöne  Veiber  im 
hausz,  treibt  ir  schöne  stetz  hinaus,  aber  ungeschaflfene 
weiber  hüten  des  hauses  wol,  und  bats  nicht  schöne  kleider 
an,  so  thuts  des  weniger  auszgahn.  Fischaht  e/ie:.  (1591)  Nö'; 
^r  gibt  im  hause  Unterricht;  einen  in  sein  haus  nehmen, 
reäpere  aliquem  lecto  suo  Steinbach  1,"15;  gaste  in  anderer 
ieute  häuser  laden.  Schottel  1121*;  ich  ward  mit  meinen 
Schwestern  in  ein  gewisses  haus  gebeten,  wohin  ich  nicht 
gerne  ging.  Göthe  19,279;  der  nirgends  ein  haus  hat,  cui 
nusquam  lar  familiaris  est.  Steinbach  ;  der  vater  hat  den  eigenen 
söhn  aus  dem  hause  gestoszen ;  mein  hausz  ist  mir  verholten, 
domo  exulo.  Maaler  214';  sich  im  hause  trauen  lassen,  vgl. 
baustrauung;  das  begräbnis  des  N.  findet  vom  hause  aus 
statt;  und  ein  man  vermag  mehr  in  seinem  hause,  denn  viere 
drauszen.  Luther  4,231';  sie  sollen  haus  und  habe  mit  uns 
theilen.  Lesz  1,  24S;  ich  betrete  sein  haus  nicht  wider; 

und  sein  haus  ist  nicht  mehr  das  meine,  wenn  er  das  raädchen 
ausschlieszt,  das  ich  allein  nach  haus  zu  führen  begehrQ. 

GöTUB  40,  275. 
hier  treten  vielfach  feste  formein  auf. 

a)  zu  hause:  in  allem  was  er  hatte  zu  hause  und  zu  felde. 
t  Mos.  39,  4;  ich  esse  lieber  zu  hause  etwas  schlechtes,  als 
auszer  hause  delicatessen.  Serz  64'; 

gabs  lautes  zetermordio 

zu  haus  und  auf  den  gassen.    BGrger  25'; 

zu  hause  sein,  weilen,  bleiben: 

der  Ägarener  weiber  trugen 

aufm  haupt  ein  schucbsol,  mit  den  fugen, 

erstlich  sie  zu  erinnern  wol, 

das  ein  weib  zu  hausz  bleiben  soll. 

Fischart  ehez.  (1591)  C4'; 

der  wirl  war  nicht  zu  hause.  Schottel  lUS*;  liebstu  gemach, 
so  bleibe  zu  baus.  1130*;  ich  war  den  ganzen  tag  zu  hause 
geblieben;  ich  bin  nirgends  lieber  als  zu  hause,  nusquam 
cummodius  vivo  quam  domi.  Serz  64*;  heute  hat  sich  ein  wind 
erhoben,  der  mich  zu  hause  hält.  Göthe  29,113; 

andere  hocken  zu  haus  und  brüten  hinter  dem  ofen.    40,  260; 

ach!  sie  bleibt  gern  zu  haus  und  läszt  mich  immer  schwärmen. 

7,  104 ; 
nun  sitzt  mein  liebes  männe!ein 
zu  haus  im  canapee.    R.  Reinice  lieder  213. 

zu  hause  sein  mit  orlsbestimmendem  adverbium  heiszl  geradezu 
wohnen:  ich  bin  hier  zu  hause,  in  diesem  hause  tvohne  ich; 
ze  hausz  sein,  habitare  Maaler  214*. 

b)  die  formet  zu  hause  sein  ist  aber  auch  vielfach  in  freierer 
anvendung,  zunächst  irgendwo  heimisch  sein  (vergl.  auch  unten 
«0.  7):  ich  bin  hier  wie  zu  hause,  prope  domesticus  sum. 
Serz  65*;  Erich  neu  in  der  kröne,  Abel  seit  neun  jähren 
im  berzogthum  zu  hause.    DAHLMA^^  dän.  gesch.  1,397; 

bons  dies!  frau  gurgelschneiderin ! 

sie  isi  hier  auch  zu  hause?    Borger  4S'; 

wie  hoch  jede  wahre  neigung  zu  schätzen  sei,  in  einer  weit 
wo  gleichgülligkeit  und  abneigung  recht  eigentlich  zu  hause 
sind.  GüTBE  17,40; 

auf  den  lippen  war  die  stille  treue, 

auf  den  wangen  lleblichkeit  zu  hause.    2,  105, 

in  bezug  auf  ein  uüisen,  eine  kunst :  dasz  Hilarie  bei  ihrer  groszen 
Jugend  schon  überall  zu  bause  schien,  bei  keinem  gespräcb 
sich  fremd  erwies.  22,86;  dieser  mann  ..  war  in  seinem 
bandwerk,  in  seiner  halbkunst,  wie  man  es  nennen  will,  .. 
wohl  zu  hause.  51,217;  doch  glaub  ich,  werd  ich  in  der 
notarialkunst  noch  «o  zu  bause  sein ,  dasz  ich  als  ordent- 
licher testator  und  erblas«er  auftreten  kann.  J.  Paul  flrgrij. 
1,5.  in  bezug  auf  den  eigenen  verstand:  er  i<t  nicht  rerht  zu 
hause,  non  sanut  est.  Serz  64*; 


was  ist  dir,  freund?  du  siehst  ja  aus 

als  wärst  du  noch  nicht  recht  zu  haus?    {zu  einem  ganz  ver- 
wunderten klausner  gesagt). 
WiELAin)  18,  84. 

c)  in  gleich  freier  Verwendung  ist  zu  hause  bleiben,  fern,  weg 
bleiben  von  anderen:  ihr  graubartiger  gesel  möchtet  wohl  mit 
euren  armen  leuten  zu  haus  bleiben :  dann  ihr  ja  nicht  könnet 
einen  hund  ausz  dem  ofen  locken,  kunsl  üb.  alle  künsle  9, 17  ; 
mit  euren  einsichten  solltet  ihr  doch  zu  hause  bleiben. 
Lenz  1,91; 

was  denk  ich,  das  falsc°h  ist?  das  bringe  heraus! 
nur  bleib  mir  mit  wenn  und  mit  aber  zu  haus ! 

BÜRGER  67*. 

d)  bei  bause  sein,  im  eigenllichen  sinne,  wie  zu  hause:  der 
vogt  wuszle  dasz  der  weibel  sonst  immer  bei  hause  war  und 
nie  selber  auf  den  markt  gehe.  Pestalozzi  2  (1S19)  127. 

e)  zu  haus^,  mit  rerben  des  gehens,  bringens,  schickejis,  wie 
mild,  ze  bös  keren ,  varn ,  riten,  laden,  biten  {wb.  1,737*): 
sie  sich  zu  hausz  fügeten.  Bocc.  (1580)  1,9';  da  nu  Joseph 
zum  bause  eingieng,  brachten  sie  im  zu  hause  das  geschenk 
in  iren  henden.  l  Mos.  43,26;  desselben  gleichen  mus  er  uns 
zu  weilen  eine  plage  oder  schaden  zu  haus  schicken.  Luther 
6.123';  das  bösz  ist  von  ihm  selbs  auf  dem  plan,  mann 
darfs  nit  zu  hausz  laden.  Agr.  sf>r.  (1560)  loo';  es  ist  gut 
den  teufel  zu  hausz  laden,  aber  übel  abzukommen.  Schottel 
1126*;  der  den  teufel  zu  bause  ladet,  musz  ihm  werk  scbafl'en. 
1131*;  kaum  war  ich  zu  hause  angekommen.  Göthe  19,309; 

ietzund  kan  es  nicht  anders  sein, 

ich  muosz  zu  hausz  zum  lieblein  mein. 

failn.  sp.  1013,  15; 

also  reit  er  wider  zu  haus.    Theuerd.  45,53; 
soll  ich  zu  hause  wieder  gehn, 
die  haare  mir  zu  berge  stehn. 

J.  C.  GöRi>"G  tiebes-mayen-blühmlein  (1651)  S2; 
wenn  ich  zuvor  nach  meinem  belieben 
zu  hause  werde  gehn, 

zu  hören,  wie  man  hat  das  hochzeitwerk  getrieben, 
und  alle  Sachen  stebn. 

HoFFHANNswALDAU  gelr.  Schäfer  s.  59, 
man  bringe 
die  königin  zu  hause,    ihr  ist  übel. 

Schiller  Karlos  4,  10; 
aus  einer  grosz-en  gesellschaft  heraus 
ging  einst  ein  stiller  gelehrter  zu  haus.    Göthe2,  2S9; 
es  ist  ein  schäfer  fromm  und  gut, 
der  treibet  goldne  schafe  aus, 
er  hält  sie  wohl  in  sichrer  hut, 
und  jedes  kommt  ihm  froh  zu  baus. 

Ar:<dt  ged.  (1S40)  1S4. 

mit  einer  zum  haus  fahren,  sie  Itamführen,  heiraten,  tne  nach 
hause  führen,  unten  h : 

du  solt  mit  Elszlin  zum  hus  faren.  fastn.sp.  SS4, 19, 
vorher:  für  Elszlin  beim  und  machs  nit  lang.  8S4,6. 
zum  baus  sagen :  den  narren  boren ,  den  spiegel  zeigen, 
heiszt  eim  das  wappen  visieren ,  zum  hausz  sagen ,  das  ers 
nit  lachet ,  und  in  summa  eim  den  text  lesen,  sein  kolben 
zeigen,  und  sagen  wer  er  ist.  S. Fraxk  sprichw.  (I54l)  1,11*; 
willu  eim  jeden  zum  hausz  sagen,  wer  er  ist,  so  höre  auch 
wer  du  bist.  2, 112*. 

/)  von  hause:  ich  komme  eben  von  bause;  ich  bin  den 
ganzen  tag  von  hause  nicht  weggekommen. 

g)  von  hause  aus,  von  der  statte  aus,  wo  man  wohnt;  in 
ganz  sinnliclier  bedeutung:  der  churfürst  aus  Bayern  selbst  .  . 
war  gleichsam  unser  vatter  und  versorger,  welcher  uns  gleich- 
sam von  weitem  zusähe,  dirigirte,  und  von  haus  aus  mit 
seiner  klugen  und  vorsicbligen  feder  führte.  Stmpl.  3.  244 
Kurz;  fürstliche  diener  von  haus  aus,  solche  die  an  ihrem 
heimatsorle  bleiben,  nicht  am  hofe  leben.  Schm.  2,  247,  tergl.  auch 
Haltacs  834;  ist  mein  vater  ..  ihrer  gnaden  beslalter  ralh 
von  haus*  aus  worden.  Schweisichen  1,25;  ehebrecher  von 
hause  aus,  die  den  chebruch  nur  im  eigenen  hause  treiben :  ein 
ehebrecher  von  hause  ausz  sein ,  das  gehet  noch  wol  hin. 
allein,  wann  man  es  so  öffentlich  thun  wil,  wie  der  N.  von 
N.,  das  ist  allzu  grob.  Schcppids  466;  ihr  alter  ehebrecher 
von  hause  ausz ,  lasset  euch  jedes  graue  haar  einen  busz- 
prediger  sein  . .  werdet  ihr  dem  teufel  ferner  dienen  von 
bause  ausz ,  so  möchte  es  unversehens  kommen ,  dasz  er 
euch  von  hause  aus  holele.  das.  anders  hat  die  moderne  spräche 
diese  formet  gefaszt ,  sie  will  damit  andeuten,  dasz  etwas  eigenes 
gleichsam  aus  dem  elterlichen  hause  überkommen,  angeboren  ist: 
in  der  that  . .  mit  allei-  unsrer  angebornen  narrbeit,  hastig- 
keit ,    und  scbafmäszigen  einfalt  wären  wir  doch ,  von  haus 

41* 


647 


HAUS 


HAUS 


648 


aus,  wenn  man  uns  unverhudelt  lieszc,  ganz  gute  Icute.  Wie- 
land 8,113;  es  kommen  seelen  oder  geister  auf  diese  weit, 
die  von  haus  aus  in  einen  flor  eingehüllt  zu  sein  scheinen; 
alle  anstrengung  ganz  hell  zu  sehen  ist  für  sie  verlorne  mühe. 
Klinger  12,  84;  die  indische  lehre  taugte  von  haus  aus  nichts. 
GöTHE  6,44;  er  taugte  von  haus  ans  nichts,  war  aber  drum 
doch  ein  excellenter  Schauspieler.  14,24;  der  mensch  {d.h. 
jeder  mensch)  ist  von  hause  aus  thätig.  17,400;  als  Däne, 
als  Nordländer  ist  er  blond  von  hause  aus,  und  hat  blaue 
äugen.  19,178;  die  weiber,  sagt  man,  sind  eitel  von  hause 
aus.  22,45;  denn  auch  bei  dem  Deutschen  ist  der  Charakter 
gut  von  haus  aus.  45,  246 ;  unser  feldjäger  ist  eine  von  haus 
aus  gute  naiur.  261;  er  setzt  voraas,  der  mensch  tauge  von 
haus  aus  nichts.  56,171;  ein  frauenzimmer,  was  die  manns- 
leute  angreifen ,  pQegt  von  hause  aus  angreißsche  waare  zu 
sein.  IxMERMANH  MänchJi.  1, IST; 

du  scheinest  mir  ein  künftiger  sponsirer, 

recht  so  von  haus  aus  ein  verrünrer.    Götue  41,  43. 

h)  auszerm  hause: 

daher  soll  auch  eim  weib  sein  bang 
wann  sie  mtisz  aus  dem  hausz  sein  lang. 

Fischart  ehez.  (1591)  C5', 
des  vaters  alte  weine 
trink  ich  recht  gern;  allein  er  rückt  nicht  gern  heraus, 
er  schont  das  seinige  1  da  trink  ich  auszerm  haus ! 

GöTHK  7,  105. 

übertragen  auszerm  hause  sein,  nicld  recht  bei  sich,  wie  oben 
{sp.  645)  nicht  zu  hause: 

du  kommst  doch  über  so  viele  hinaus, 
warum  bist  du  gleich  auszerm  haus, 
warum  gleich  aus  dem  bauschen, 
wenn  einer  dir  mit  brillen  spricht?    3,  161. 

j)  nach  hause:  worauf  sie  sich  wiederum  nacher  hausz 
packen  musle.  Salinde  64;  lasz  ihn  nur  kommen ;  wir  wollen 
doch  sehen  ,  wer  den  andern  nach  hause  leuchtet.  Lessing 
12,  410  ;  geh  nach  hause,  packe  deine  farailie  und  deine  sachen 
zusammen.    Wieland  S,  439 ;    als   er  nach  hause  kam.  das. ; 

ich  weisz  den  rater  noch,  ich  will  nach  hause  kehren, 
bekennen  meine  schuld,  vergieszen  wahre  zehren. 

Opitz  3,221; 
ruhiger  wandelte  Wilhelm  nach  haus.    IIöltt  43  Halm; 
dann  kehrt  mau  abends  rroh  nach  haus, 
und  segnet  fried  und  friedenszeiten.    Götue  12,51; 
jüngst  pflückt  ich  einen  wiesenstrausz, 
trug  ibn  gedankenvoll  nach  haus.    47,  79. 

nach  hause  führen,  heimführen,  heiraten: 

wenn  er  das  mädcben 
ausschlieszt,  das  ich  allein  nach  haus  zu  führen  begehre. 

GöTHS  40,  275. 

6)  haus  ist  die  hausliallung,  das  wirtschaftlich  geordnete  heim- 

wesen.     es   lieiszt   der  herr   des   hauses  oder  vom  hause,  die 

frau  des  hauses  oder  vom  hause; 

des  hOses  tohter  wil  ich  nemen. 

Stricker  in  Wackern.  leseb.  624,  3 ; 

einer  aus  dem  hause,  der  zur  haushallung  gehört; 

0,  so  rettet  den  berrn  des  hauses. 

Herder  zur  seh.  litt.  6  (1827)  100; 

das  gibt  nen  handcl : 
nur  gut,  dasz  wir  die  berrn  zu  hause  sind. 

Göthb  lU,  264 ; 

A.  wer  nabms,  ich  bitte  siel  . .  doch  jemand  aus  dem  haus? 

7,86; 

ein  geseUschaflsspiel  war  was  schenkest  du  mir  ins  hausz? 
Wesenick  böse  spielsieben  (1702)  17;  man  hält  haus  {cergl. 
hallen  II,  7,  sp.  294):  denn  auf  ehraisch  heiszt  ein  haus  nicht 
allein  dach  und  wende,  sondern  wo  ein  hauswirt  ist,  der 
da  haus  hell,  weih,  kiiid  und  gcsinde  hat.  Luther  6,12')*; 
mit  geringer  kost  hält  man  aufs  längst  haus.  Schottel  113»'; 
haltet  gut  haus.  Göthe  14,300; 

dann  ich  weitz  nit  mehr  hausz  zu  ban, 
toll  et  in  die  harr  also  bestan. 

Hemer  fasln,  sp.  von  1622  Bl'; 

soll  abla»,  romfart  und  das  abgan, 

so  will  ich  ein  Hndeni  hausz  Ion  lian.    Bl'; 

«r  toll  ir  gehen  nin  gute  morgcngobe, 

hundert  ichlcg  nll«  \af(ii,  .  .  . 

dar  zu  liuiidort  ciclier  knottel  ungespalien. 

da»  hilft  auKZ  der  mauzen  wol  haus  lialten, 

wu  do  i»t  ein  ungeduldig  weib. 

das  man  dorait  itrcicb  Iren  leib,    fittln.  sp.  510,29, 

und  r  '       '  ,11)  dem  lilapperroark, 

da»  .  i 

wie  .1.  /.    il.  Sachs  1,521'  (I5»0  300*); 


also  soll  auch  ein  weib  voransz 
reinlich  und  sauber  halten  hausz. 

Fisch  ART  ehez.  (1591)  F2'; 
ein  übellauniger  kleiner 
boshafter  kobold  hält  in  diesem  walde  haus.    Wieland. 

übertragen  auf  das  rcgiment  goltes: 

der  alte  droben  hält  noch  haus, 
und  schirmt  den  rechten  glauben. 

Arndt  0(^-  (1840)  351. 

haus  halten  auch  in  bösem  sinne  wüsten ,  wie  hausen  (s.  das.), 
wirtschaften  ebenso  gebraucht  wird :  hieltenmit  morden,  würgen, 
erschieszen,  also  hausz,  das  (wie  dort  geschriben  steht)  ein 
so  weite  hüll  find  man  kaum,  da  all  die  toden  hettcn  räum. 
Garg.  202"; 

warlich  so  must  nicht  halten  hausz : 
sichslu  nicht  dein  grosz  ungemach? 

Fdohs  mückenhr.  1,  138; 
wir  Wissens  noch  recht  gut,  wie  er  {Satomo) 
auf  erden  haus  gehalten.         Bürger  49*. 

ein  haus  machen,  auch  ein  gutes,  groszcs  haus  machen,  seine 
Wirtschaft  auf  groszen  fusz  stellen :  die ,  um  diesen  Menippus 
in  sich  verliebt  zu  machen,  . .  ein  prächtiges  haus  gemacht 
{habe).  Wieland  27,120;  die  gasifreiheit  derjenigen,  die,  nach 
dem  üblichen  ausdrucke,  gute  häuser  machen,  bei  denen 
fremde  von  stände,  sogleich  als  sie  sich  zeigen,  zutritt  .. 
finden.  Garve  anmerk.  zu  Cic.  de  off.  2.  buch,  s.  235 ;  als  gattin 
eines  mannes,  der  ein  haus  machen  müszte.  Götbe  19,303; 
gleich  den  besten  Städtern,  die  ein  gutes  haus  machen. 
J.  Paul  ßegeij.  t,  38.  anders  ein  groszes  haus  ausmachen, 
an  bedeutendes  hämwesen  repräsentieren:  der  durch  seine  reich- 
thümer,  seine  stelle  am  hofe,  ein  groszes,  bedeutendes  haus 
ausmacht.  Klingek  4,  65.  ins  haus  bringen,  zur  führung  der 
haushallung  einbringen:  die  frau  hat  nichts  mit  ins  haus  ge- 
bracht; was  der  man  ins  hausz  brächte  und  schaffte.  Fischart 
ehez.  (1591)  F4;  so  viel  man  in  das  haus  braucht,  quantum 
ad  necessaritim  tisum  sat  est.  Serz  65";  sein  haus  bestellen, 
was  zitm  haushalte  nöthig,  anordnen:  so  bald  er  fort  ist,  eile 
ich  mein  haus  zu  bestellen ,  um  wieder  bald  bei  ihnen 
zu  sein.  Göthe  an  ScMller  454;  gewöhnlich '  auf  den  todesfall 
des  hausvorslandes  bezogen:  sein  haus  bei  Zeiten  bestellen, 
supremis  suis  mature  prospicere  Serz  64',  anknüpfend  an  die 
bibelsprachc :  bestelle  dein  haus,  denn  du  wirst  sterben. 
Jes.  38, 1 ; 

dasz  er  kurz  sein  haus  bestelle. 

Arndt  ged.  (1840)  3S6; 

fürs  haus  arbeiten,  für  den  wirtschaflsbedarf ; 

die  was  sie  inns  haus  sotten  spinnen, 
anderen  zu  verthun  gewinnen. 

Fischart  ehez.  (1691)  Hl»; 

danach  wird  freier  gesagt:  er  zeichnet,  singt,  musiciert  fürs 
haus,  wie  es  für  das  heimwesen,  nicIU  für  die  öffentlichkeit  genügt. 
ins  haus  schlachten,  für  die  bedürfnisse  der  wirlsdiaft:  ein 
guter  hausvater  . .  last  daher,  nach  erfordernden  umständen, 
selbst  so  viel  ins  haus  schlachten ,  als  er  fleisch  von  zeit 
zu  zeit  benothiget.  ücon.  lex.  (1731)  2180;  sein  vorhaben  war, 
das  frostweiter  zu  benützen ,  und  so  viel  ins  haus  einzii- 
schlachten,  als  sie  haben.  J.Paul  Qu.  Fixlein  185;  im  hause 
etwas  fertigen,  im  eigenen  haushalle,  entgegengesetzt  dem  kaufen 
der  hatishallungsbedürfiiisse:  das  garn  ist  im  hause  gesponnen  ; 
die  frau  läszt  sich  ihre  kleider  im  hause  machen,  nicht  beim 
Schneider;  vergl.  hausgesponnen,  hausschneider. 

Die  redensart  zu  hause  kommen ,  die  in  der  alUUerierenden 
formet  zu  hause  und  zu  hofe  kommen  {oben  sp.  64l)  in  er- 
weiterter geslalt  erscJiien,  gehl  von  diestr  hedeutung  der  haushaliung 
und  Wirtschaft  aus,  sie  steht  in  gutem  wie  in  bösem  sinne:  bemühe 
dich  nicht,  ihm  einiges  böses  zu  wünschen,  denn  das  wird 
ihm  ohne  disz  zu  hause  konmien.  pers.  baumg.  7,  13 ;  thaloii 
uns  eil)  häufen  schaden,  welches  ihnen  nun  wieder  zu  hau<e 
gekomnien.  Heilman  Thucyd.  303 ;  solche  dienslholcn  werden 
oft  übel  vcrheirathct  und  bekommen  einen  gottesvergessenen 
chegalten,  der  es  ihnen  wieder  zu  hause  bringet,  was  sie 
an  ihren  frommen  herren  und  fraucn  verschuldet  haben. 
ScRtvER  seelcnsch.  2,277; 

dort  komht  ein  handel  {rechlsstreit)  mir  zu  hausz  {spricht  ein 
jurutt).    H.  Sachs  .1, 1,115»; 
das  euch  dnü  nicht  zn  haaso  kom 
wa.i  Ich  hab  prophccolt.    ü.  Hinowald  l.  ».  30«. 

hieran  tehlieszt  sich  die  redensart  das  führt  zu  biisen  häuscrn, 
das  bringt  nicht  vorwärts,  sondern  ins  ungliirk,  und  zwar  tst  der 
sinn   tundchsl   an   das   wirtschaftliche   terderben    angrUhnt:    der 


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rothe  Dieter  aber  sagte  •  ich  sehe  schon,  mit  euch  kann  ichs 
nicht  zugleich  thun ,  und  wenns  einmal  zu  bösen  bäusern 
geht,  und  der  unrechte  kommt  über  uns,  so  ist  mirs  nimmer 
angst  für  euch,  aber  für  mich.  Hebel  schatskästl.  179;  so 
will  ich  ihn  {einen  iodlgeschlagenen)  . .  forttragen  in  den  wald 
und  will  ihn  dort  einscharreö,  sonst  gehts  zu  bösen  häusern. 
223;  so  führen  doch  solche  internationale  oder  richtiger  inter- 
kantonale kontroversen  über  die  lieblingsgerichte  meistens 
zu  bösen  häusern.  Bradn  6iWer  aus  d.  deutschen  kleinstaaterei 
(1869)  1,179. 

7)  der  begriff  des  hauses  ak  gebäude  trill  zurück  und  die 
Stätte  wo  das  haus  steht,  hervor;  es  bedeutet  hämatlicher  ort. 
gegend,  land  wo  man  ein  heimwesen  hol  oder  wo  man  her  ist: 
anno  1713  ..  kam  ich  zu  hause:  liesz  mich  im  febr.  trauen. 
RiCHEY  der  palriot,  3.  jähr  (1729)  s.  2S5;  nach  seiner  zuhause- 
kunft  und  glücklich  getroffenen  heirath.  s.  461;  er  ist  nirgends 
zu  hause,  homo  sine  lare.  Serz  64*;  sie  mag  in  der  gegend 
von  Mailand  zu  hause  sein,  und  ist  in  sehr  früher  Jugend  . . 
entführt  worden.  Göthe  20,  169;  diese  tage  empfand  ich 
wieder  viel  Sehnsucht  nach  hause.  29,106;  sobald  ich  nach 
hause  gelange  und  einigermaszen  zur  besinnung  komme,  an 
Sternberg  112;  fremde  gesandte  haben  . .  nach  hause  berichtet. 
Ranke  engl,  gesckichte  3,495;  der  wahre  beweggrund  darauf 
einzugehen,  lag  für  die  englische  regierung  in  den  Schwierig- 
keiten in  die  sie  zu  hause  verwickelt  zu  werden  fürchtete. 
4,263; 

als  wir  beid  im  land  von  haus 

in  die  fremd  sein  gezogen  aus. 

Opel  ti.  Coas  417,  21, 

drauszen  zu  wenig  oder  zu  viel, 

zu  hause  nur  ist  masz  und  ziel.    Göthr  2,257; 

die  freundin  war  hinausgegangen 

um  in  der  weit  sich  umzutbun, 

doch  wird  sie  bald  nach  haus  gelangen 

und  auf  gewohnte  weise  ruhn.    47,  179; 
Rupert,  du  kommst 
aus  Warwand  —  nicht?    Jeronimus.  unmittelbar  von  hause, 
doch  war  ich  kürzlich  dort.    H.  v.  Kleist /"am.  Schroffenst.  3,2; 
rremdlinge  stehn  sie  da  auf  diesem  boden, 
der  dienst  allein  ist  ihnen  haus  und  heimat. 

Schiller  Piccol.  1,  2; 

überall  bin  ich  zu  hause, 

überall  bin  ich  bekannt. 

macht  mein  glück  im  süden  pause, 

ist  der  nord  mein  Vaterland.    Studentenlied; 

mein  herz  ist  groszer  trauer  voll, 

dieweil  ich  jetzt  marschiren  soll 

und  mich  von  hause  wende.    R.  Reikick  lieder  22; 

das  ist  gewis  die  gröszte  noth, 

wer  aus  der  fremde  kommt  nach  haus, 

und  findet  seine  liebste  todt; 

da  gehn  ihm  alle  freuden  aus.    1S8. 

8)  im  freiesten  sinne  verwenden  die  dichter  haus,  es  ist  ihnen 
jede  Stätte,   die  irgendwie  einem  hause  verglichen  werden  kann: 

es  ist  zeit 
heim  zu  gehen 

in  das  hausz  der  ewigkeit.    Opitz  1,  80; 
nun  ruh  ich  ewige  zeit 
im  hause  des  ewigen  aus.    Rasler  2,  42, 
nach  ps.  23,6:    werde  bleiben  im  hause  des  herrn  imerdar; 
öffne  nie  der  süszen  träume  haus. 

Arndt  ged.  (1S40)  122; 
in  Deutschland  stand  der  Freiheit  haus, 
wir  baun  es  tapfer  wieder,    s.  234; 
und  nun  springt  er  {der  back)  hinaus 
aus  dem  still  grünen  haus  {dem  walde). 

R.  Rei;(ick  15; 
dort  in  des  schilfes  dunkelkühlem  haus.    150. 

9)  haus,  übertragen  auf  die  bewohner  eines  hauses. 
a)  allgemein: 

das  ganze  haus  greift  an,  und  schämt  sich  leer  zu  stehen, 
kein  sclavenhandwerk  ist  so  schwer  als  müsziggehen. 

Hallkr  Schweiz,  ijed.  (1768)  32; 

es  schläft  das  ganze  haus.    Göthe  7,  61 ; 

ach  nein,  das  ganze  haus  liegt  in  dem  tiefsten  schlafe,    s.  68. 

6)  nacA  haus  6  (jp.  647)  die  zu  einer  hausholtung  gehörigen, 

die  famüie:   mit   dem    höse  sint  bemeinet  die  in  deme  hüs 

sint.  Windb.  ps.  539 ;    er  wird  befelhen  seinen  kindern ,  und 

semem   hause   nach   im,    das    sie   des   herrn   wege   halten. 

iMos.  18,19;  und  war  kein  mensch  vom  gesinde  des  hauses 

dabei.  39,  II ;    sie    furcht  ires  hauses  nicht  für  dem  schnee, 

denn   ir   ganzes   haus   hat  zwifache  kleider.   spr.  Sal.  31,  21  ,' 

wenn  ein  haus  (griech.  olxla.  goth.  gards)  mit  im  selbs  unt'ern- 


ander  uneins  wird,  mag  es  nicht  bestehen.  Marc.  3,25;  gleube 
an  den  herrn  Jhesum,  so  wirstu  und  dein  haus  selig,  ap.  gesch. 
16, 31 ;  er  machte  mich  heute  am  morgen  zum  regierenden 
haupt  des  hauses.  J.  Pacl  Fislän  202 ;  die  ländliche  familie, 
der  ich  befreundet  war.  hatte  verwandte  häuser  in  der  Stadt, 
von  gutem  ansehen  und  ruf  und  in  behaglichen  Vermögens- 
umständen. Göthe  26,34;  das  ganze  Breitkopfischc  haus, 
die  Stockische  familie.  manche  andere  behandelten  mich  als 
einen  nahen  verwandten.  25, 187 ;  es  wurde  ein  familien- 
ehrenpunkt,  dasz  jedes  gute  haus  wenigstens  mit  einem 
söhne,  neffen,  Schwager  oder  vetter  muszte  prangen  können, 
der  die  nazionalschaubühne  mit  einer  komüdie  . .  beschenkt 
halte.  Wieland  19, 267 ;  junge  leute  von  gutem  hause  und 
sorgfältiger  erziehung.  Göthe  18,315;  ein  junger  mann  aus 
gutem  hause.  24,270;  er  ward  bald  der  innige  freund  unsers 
hauses.  19, 316 ;  wenn  ältere  geschwister  alsdann  für  die 
Jüngern  sorgen ,  und  das  haus  sich  in  sich  selbst  bedient 
und  aufhilft.  17,  283; 

so  erklär  ich  ihn  für  einen  propheten, 

will  ihn  mit  all  meinem  haus  anbeten.    13,73; 

ach,  des  hauses  zarte  bände 

sind  gelöst  auf  immerdar; 

denn  sie  wohnt  im  schattenlande, 

die  des  hauses  mutier  war.    Schiller  glocke. 

hierher  fällt  eine  redensart  die  rechten  häuser  finden,  ror  die 
rechte  schmiede  gehen :  ich  kenne  menschen,  die  gar  nichts  als 
ein  paar  Jahreszahlen  im  köpfe  hatten,  und  damit  in  Berlin 
die  rechten  häuser  zu  finden  wuszten,  und  jetzt  schon  ordent- 
liche Professoren  sind.  H.  Heine  1,  237. 
haus,  geschlechl,  im  genealogischen  sinne: 

so  schreiten  keine  irdschen  weiber! 
die  zeugete  kein  sterblich  haus! 

Schiller  kr.  des  Ibykus. 

c)  in  prägnantem  sinne,  edles  fürstliches  geschlecht;  es  kann 
das  mü  dem  alten  haus  für  bürg,  schlosz  (oben  sp.  643)  zu- 
sammenhängen: aus  welchen  stammen  und  geschlechtern  oder 
häusern  meine  ankunft  herDieszen.  Schweisichen  l,  21;  meine 
gegen  ewerem  churf.  haus  und  person  tragende  demüthigc 
wahre  lieb  und  trew.  Wekherlin  dedical.  zu  den  welllichen 
gediclilen;  dann  so  bald  es  dahin  kommet,  das  eine  gnadfraw, 
und  müszig  sein  will,  alsbald  fanget  das  gut  an  abzunemen, 
und  das  haus  oder  geschlecht  in  ein  verderben  zu  kommen. 
FiS£HART  ehez.  (1591)  V2';  als  der  krieg  zwischen  den  beiden 
fürstlichen  häusern,  Cassel  und  Darmstadf,  angieng.  Schcppios 
253;  der  graf . .  dankete  vor  die  sonderbahre  affeclion,  welche 
er  auf  sein  hausz  geleget.  Talander  Olorena  (1694)  485;  ich 
sah  manch  stolzes  haus,  das  die  äugen  über  deine  abkunft 
zugeblinkt  hätte.  Göthe  10,97;  jenes  grosze  reiche  haus  hatte 
vergebliche  versuche  gemacht,  einer  hoffnungsvollen  erbtochter 
unterhaltende  und  wetteifernde  gespielinnen  zu  verschaffen. 
17,374; 

er  wirt  sein  von  einem  groszen  haus 

dan  soichs  sein  tugent  weiset  aus. 

historta  Magelonae  spielweis  ßv*; 
man  weisz,  dasz  Hollstein  zwar  ein  hausz  der  beiden  ist, 
die  man  ins  sternenbuch  der  ewigkeit  musz  schreiben. 

Phila!«dbr  V.  D.  Linde  verm.  ged.  (1710)  173, 
der  Howard  und  der  Percy  edle  häuser, 
ob  ihre  häupter  gleich  gestürzt,  sind  noch 
an  beiden  reich.         Schiller  M.  Stuart  2,  8; 
sie  scheinen  mir  aus  einem  edlen  haus, 
sie  sehen  stolz  und  unzufrieden  aus.    GöTH«  12.  108; 
Konradin.  der  gepriesne  held, 

der  meinem  haus  ein  halb  Jahrhundert  lang, 
in  glück  und  noth,  mit  rath  und  that,  bedient. 

Ubland  ged,  181. 

d)  haus,  die  zuhörerschaß  eines  Uieaters: 
wie  der  Vorhang  an  der  irauerbühne 
niederrauschet  bei  der  schönsten  scene, 

fliehn  die  schatten  —  und  noch  schweigend  horcht  das  haus. 
Schiller  metancholie  an  Laura. 

e)  haus,  die  gesammtheü  der  landboten  (s.  haus  2,  e,  sp.  644) : 
die  absieht,  ein  gemischtes  System  von  wähl-  und  berufs- 
consuln  durchzuführen ,  . .  fand  durchaus  den  beifall  des 
hauses.  preusz.  jahrb.  20.  bd.  s.  551 ;  das  haus  tritt  in  die 
tagesordnong  ein;  das  haus  schreitet  zur  abstimmung;  der 
könig  hat  die  auflösung  des  hauses  verfügt. 

/)  haus ,  inhaber  und  personal  eines  groszen  Handelsgeschäfts, 
dessen  betrieb  in  einem  eigens  dafür  bestimmten  hause  geschielü 
{vergl.  handelshaus,  handlungshaus):  ein  haus  (so  nennt  der 
kaufroann  sein  comptoir).  Kant  10,354;  als  achter  klein- 
handler  steht  er  in  seiner  ausschnitlbude,  voll  von  gewerbs- 


651 


HAUS  — HAUSANZUG 


II  AUSAPOTHEKE  —  HAUSBACIvEN 


G52 


neid  gegen  alle  groszen  hüuser.,  absonderlich  gegen  das  grosze 
haus  in  Rom,  das  viele  tausend  Imchhalter  und  packknechle 
besoldet  und  seine  faktoreicn  hat  in  allen  vier  welttheilen. 
H.  Heike  2,  330.  eigens  von  dein  einzelnen  besiizer  eines  solchen 
tjcschäßs:  Jakob  Oehnnann  ist  kein  verächtlicher  mann:  er 
halte  in  Amsterdam  4  jähre  als  börsenknecht  gedient  .  . 
darauf  wurd  er  scharrend  und  schindend  ein  gutes  haus, 
indem  er  keines  machte  (spielend  mit  der  bedeutung  G  oben 
f'P.  64S),  und  stieg  zur  würde  eines  Siegelbewahrers  von  einem 
ganzen  ritterschaitlichen  siegelkabinettc,  das  auf  den  adlichen 
Schuldscheinen  zerstreuet  aufgepappt  sasz.  J.  Paüi-  Siebenk.  l,  4. 

10)  eine  nähere  beilimnning  des  hauses  rücksicldlicli  des  be- 
silzers  oder  ronlandes  yeschicld  bei  gröszeren  häusern  gern  dadurch, 
dasz  man  den  betreffenden  iiamen  in  den  nominaliv  dazu  setzt, 
um  auf  diese  weise  die  volle  abhängigkeü  des  hauses  von  seinem 
Herrn  zu  zeichnen.  —  so  wenn  haus  tn  eigentlichem  sinne  (1  und 
namentlich  2,  i>  sp.  643)  steht:  da  er  aufs  gebirge  Ephraim  kam 
zum  hause  Micha,  ric/i/er  17,  8;  sammt  den  alterthüniern  des 
hauses  Cliigi.  Herder  zur  seh.  litt.  19  (1830)  5.142;  besonders 
aber  dann,  wenn  haus  die  familie  bezeichnet:  ein  man  vom 
hause  Levi.  2  Mos.  2, 1 ;  darumb  hab  ich  dem  hause  Eli  ge- 
schworen ,  dasz  diese  missethat  des  hauses  Eli  solle  nicht 
vefsünet  werden,  l  Sam.  3,14;  zu  der  zeit  wird  das  haus 
Juda  gehen  zum  haus  Israel.  Jer.  3, 18 ;  er  liesz  das  ganze 
haus  N.  griiszen;  wenn  haus  handlungshaus  bedeutet :  das  haus 
Frege,  das  haus  Rothschild. 

11)  haus  in  der  technischen  spräche  gehäuse:  so  der  hohle  tlieil 
einer  axl,  haue,  der  den  stiel  aufnimmt.  Schh.  2,  247.  Tobler 
280'.  danach  ist  der  zweite  thcil  des  Wortes  axhosel  manubrium 
asciae ,  der  th.  1,1046  unerklärt  gelassen  ist,  aus  hüsel,  häusel 
entstellt;  ferner  der  block  oder  das  querholz,  in  dem  die  stcmm- 
leisten  am  rüslwagen  eingefügt  sind,  s.  kipfhaus  Ih.  5,  781.  bei 
den  Schiffern  das  haus  des  kompasses,  der  behältcr  in  dem  er 
sich  befindet;  vom  bcliäller  des  glühenden  erzes  beim  glockengusz: 

der  meisler  kann  die  form  zerbrechen 
mit  weiser  band  zur  rechten  zeit! 
doch  webe,  wenn  in  flarameribächen 
das  ßlübnde  erz  sich  selbst  beTreit! 
blindwüibend,  mit  des  donners  krachen 
zersprengt  es  das  geborstne  haus.    Schiller  glocke. 

12)  astrologisch:  der  himrael  wirt  von  den  alten  ausgetheilt 
in  sieben  häuser.  Herr  feldbau  9';  da  musz  man  acht  haben, 
in  welchem  haus  oder  zeichen  des  himmels  der  mon  sei.  5'; 

da  thut  es  noth,  die  sunt/eit  zu  erkmiden, 
die  rechte  sternenslunde  auszulesen, 
des  biramels  bauser  forschend  zu  durchspüren, 
ob  nicht  der  feind  des  Wachsens  und  gedeihcus 
in  seinen  ecken  schadend  sich  verberge. 

Schiller  Piccol.  2,  6. 

HAUSÄHREN,  m.  hausflur,  in  Schwaben  und  Franken.  Schm. 
1,  98 ;  in  Schlesien  hauserden.  Fromm,  4,  171.  der  letzte  Iheil 
des  Wortes,  ahd.  erin  pavimenlum,  arin  altarc  (Graff  4,  4t;3) 
gehört  mit  altnurd.  arin  fcuerherd  wol  zu  ags.  arn  domus  und 
ist  nicht  dem  Int.  area  entlehnt:  stellen  das  fäszlein  in  dein 
hausehren.  Tahernaejj.  AräH/(Tb.  1285;  als  mein  herr  in  hausz- 
ehren kam,  und  zum  saal  eingehen  wolle.  Simpl.  1,110  Kurz; 
darinn  (im  hause)  stund  unten  im  hausährn  ein  mann.  3,405; 
einige  . .  trinken  in  der  braulstuben  oder  im  hausehren  ein 
pfeiflein  tabak.  baurensl.  laslerpr.  183 ;  besinnst  du  dich  auch 
des  alten  Stickeis  und  seiner  frau,  der  reinlichen  holzkriige, 
der  wagen  mit  den  verschiedenen  gewichten  auf  dem  haus- 
ehren? J.  Grimm  /./.  schriftcn  1,23. 

H.\IISALTAR,  «1.;    du  mein  gast,    dessen  hünde  ich  bei 

dem  hausaitar  gedrückt  habe.  Klinger  2,172; 

der  für  seine  bausaltäre, 
kämpfend,  ein  beschirmer,  nel. 

ScuiLLKH  siegeslent  v.  113. 

HAUSAMMER,  f.  embcriza  familiaris.  NEMNicn. 

HAUSAMT,  n.  officium  patrisfamiHäs.  Stieler  42. 

HAUSANUACHT,  /.  andacht  die  im  kreise  der  familie  ge- 
halten wird. 

HAUSANGFLEGE.NHEIT,  f.  die  hauslialtung  betreffende:  liesz 
«ich  zu  einer  anspnirhsloKen  Unterhaltung  über  hausangelcgen- 
hcileii   hetali.   FnKTTAC  handuchr.  1,  157. 

HAUSANSTALT,  f:  wir,  die  wir  auf  der  bOhnc  höchsten» 
einen  provinzialnarrcn  bringen,  zum  allgemeinen  reichsbcslen 
dann  und  wann  eine  gute  hauRanslalt  machen.  MOser  patr. 
f>hant.  l,3flS. 

HAUSANZUG,  m.  bequeme  kleidung  vie  sie  im  hause  getragen 
vird. 


HAUSAPOTHEKE,/",  pharmacolheca  domeslica:  ein  glas  flüs- 
siges opium  fehlte  in  der  hausapotheke  des  geistlichen.  Gothe 
20,287;  gott  bewahre  einen  vor  ihrer  hausapotheke!  Gotter 
3,  402. 

HAUSARBEIT ,  f.  opcra  domestica.  Frisch  1,  428" ;  geringe 
hawsarbeit  als  spinnen  neen  und  würken.  A.  v.  Eybe  4';  zum 
bierbrauen  ,  branteweinbrennen  und  anderer  groben  haus- 
arbeit.  Felsenb.  2,185;  ubung  aber,  die  nützlich  ist,  findet 
man  vil  genug  in  der  hauszhaltung  an  allerhand  hausznrbeit. 
Fischart  ehec.  (1591)  F6';  es  war  ein  freudiger  Wettstreit 
zwischen  ihnen;  jenes  pries  den  aufgang  der  sonne,  ..  dieses 
die  abendrüthe;  ein  anderes  geschenke  an  kleidern,  büchern; 
diesz  lectionen  iin  Unterricht,  oder  an  der  hausarbeit.  Herder 
:wr  seh.  litt.  6  (1827)  259.  —  In  obscönem  sinne,   vom  coilus: 

weil  er  die  klein  hausarbeit  nicht, 
wie  sichs  gebührt,  verriebt. 

HoFFHAfCNs  gesetlscliaflsl.  153. 

HAUSARM,  adj.  l)  arrner  der  im  hause  unterstützt  wird: 
nl.  huysarme,  egcni  occulti:  qui  domi  se  tenuiter  conlinent. 
KiLiAN ;  (Stiftung)  dovon  zu  reichene  und  zu  gebene  armen 
l)ilgerimen ,  husarmen  unde  andern  armen  luten.  cod.  dipl. 
Sax.  2,2,166  v.J.  1377;  die  ander  eynhundert  mark  halt  hie 
gcwolt  man  deylen  solde  umb  gotz  willen  ghuden  fromen 
huyszarmen.  testament  von  Peter  Eickdolt  i'.  1519  im  arcltiv 
der  reform,  gemeine  zu  Elberfeld;  dasz  der  oder  die  an  ihrem 
gut  ..  gestraft,  welche  straf  auf  hauszarme  leul  oder  arme 
jungfrawen  zu  ehrlicher  auszstewer  gewendet  werden  sol. 
reform,  guter  policeij  1530,  1,  §2;  ich  musz  gestehen,  dasz  die 
hausarmen,  wie  man  sie  nennet,  welche  mit  ihrer  noth  nicht 
bekannt  sind  und  sich  des  bettelns  schämen,  die  etendestcn 
sein.  ScRivER  seelensch.  2,  223 ;  die  bürgerschaft  ernährt  ihn 
als  einen  hausarraen.  Rabener  4,  38 ;  Thienettc  ist  ein  haus 
armes,  insolventes  fräulein.  J.  Padl  Qu.  Fixlein  71;  der  haus 
arme  gibt  dem  straszenarmen ,  der  eine  lazzarone  dem  an 
dem.   Siebenkds  2,143. 

2)  bei  Maaler  m  anderm  sinne:  hauszarm,  herherglosz, 
dürftig,  inops,  indigus  214",  also  des  hauses  und  obdachs  ent- 
ratend, wie  mhd.: 

sprach  der  fuhs:  ir  tätj  durch  guot, 

als  manec  ander  man  noch  tuot, 

den  dicke  muo^  erbarmen 

eilender  und  husarmen. 

Renner  in  Wackcrnagels  leset.  1  (1839)  779,8. 

dazu   mhd.   das   neutr.  hösarmen,    heimatlosigkeit.   Reinh.  fuclis 

s.  394. 

HAUSARREST,  m.  gefangenhaltung  in  der  eigenen  wohnung. 

HAUSARZNEI, /".  medicamentum£mpiricum.  Stieler  51:  (die 
hausmuttcr)  soll  auch  die  natürliche  hausarznei  wissen  ,  den 
irrigen  und  anderen  ...  zu  rahten  und  zu  helfen.  Sebiz 
feldb.  63. 

HAUSARZT,  Hl.  arzt  einer  familie:  unser  mann  wurde  da- 
zwischen wegen  manches  lebcnsfalles  um  rath  gefragt,  ja 
sogar  inuszte  er  sich  nicht  allein  als  hausfreund,  sondern 
auch  als  hausarzt  zeigen.  Götue  23,  51 ;  wie  ihn  (den  luijinlh 
Beireis)  auch  die  gräflich  Veitheimische  familie  zu  Harbke 
als  hausarzt  willkommen  hiesz.  31,227. 

HAUSBACKEN,  f.  verb.  für  den  hausbedarf  backen :  als  auch 
von  dem  gemeinen  man  manighfeltige  und  vil  clage  an  die 
rele  gelanget,  das  die  hecken  inen  ir  melh,  so  sie  haus- 
backen lassen,  gewönlich  vorterben,  das  zuvil  ader  zuwenig 
backen,  auch  vorbrennen  und  crluften.  Leipziger  bäckerordnung 
(handschriftlich)  von  1513,  §  2. 

HAUSBACKEN,  part.,  für  den  hausbedarf  gebacken,  im  gegen- 
satz  zu  dem  für  den  verkauf  besser  und  feiner  hergerichtelen 
gebäck.  nl.  huysbacken  brood ,  huysbruod ,  panis  cibarius. 
secundarius ,  autopynis,  confusaneu.-i,  sccundus,  domesticus,  dornt 
coctus.  KiLiAN ;  grob  hauszgebachen  brot,  agelaeus,  secundaria 
panis  ex  farina  parum  bene  cribrala  constans.  Heniscii  520,30; 

«ei»,  wie  Ihm  wolle,  keine  noth, 

hauübacken,  trichlit;  ist  mein  brod.    Göthb  45,  93. 

häufig  bddlidi  verwandt:  es  ist  natürlich  dasz  eine  zeit  da/u 
gehiirte,  ehe  er  sich  aus  den  herrlichkeilen  Italiens  in  das 
hausbarkene  linden  konnte.  Siebuhrs  leben  Z,UO;  so  fehlt 
auch  zuletzt  der  narr  nicht,  dessen  hausbackener  vcixlaml, 
wenn  irgend  eine  lüuschung  auf  antheil  und  neignng  an- 
Hpruch  machen  «olltc,  sie  al.sobald  ...  zu  zerstören  droht. 
GOtuk  45,117;  wenn  er  ihnen  ihre  eigenen  hausbafkenrii 
Personen,  in  wunderbaren  Capriccio»  diese  lurtlckspicgelnd, 


653 


HAUSBÄCKER  —  HAUSBEWOHNER 


HAUSBIBEL  —  H  AUSBURSCH 


654 


zeigte.  Imnerxann  MiinMi.  1,168;  eure  moralien  klingen  zwar 
ziemlich  liausbacken,  aber  es  liegt  doch  etwas  wahres  darin. 
s.  186 ;  welch  ein  widerwärtiges  voIk ,  welch  ein  unerquick- 
liches land !  wie  steifleinen ,  wie  hausbacken ,  w  ie  selbst- 
süchtig, wie  eng,  wie  englisch!  H.Heine  3,160. 

HÄUSBACKER,  m.  bäcker  der  den  von  den  familien  gekneteten 
leig  ausbäckt.   Jacobsson  2,  234'. 

HAUSBÄLKE,  m.  groszer  balke,  tcie  er  für  den  bau  eines  hatises 
dient:  hätten  vor  lachen  zerspringen  mögen,  wie  sie  sahen 
dasz  er  {der  fuhrmann)  drei  hausbalken  quer  über  den  wagen 
gelegt,  unw.  doclor  665 ;  diese  {die  alten  Deutschen)  hatten  sich 
nehmlich  vereinigt:  dasz  sie,  wenn  einer  von  ihnen  seine 
Wohnung  durch  feuer,  oder  sein  schiflf,  verlieren  würde,  ein- 
ander mit  einem  hausbalken ,  oder  mit  einem  dielenbiocke, 
aushelfen  wollten.   J.  Moser  rerm.  Schriften  l,  373. 

HAUSBAR,  ffi.  ak  schelte  für  eine  brummige  Hausfrau.  Fischart 
gros:»).  72;  mein  hausbär,  wolte  sagen  meine  hausehie  (ehe- 
frau).    che  eines  mannes  178. 

HAUSBAU,  m.:  dasz  die  herren  Genz  und  Raabe  auf- 
gefordert wurden,  einem  Lauchstädter  hausbau  (bau  des  Lauch- 
städter Ihealerhauses)  die  gestalt  zu  verleiben.  Götbe  31,V35. 
HAUSBAÜER,  m.  aedificator.  Stieler  101. 
HAUSBAüM,  tn.  i)  laure.x  mag  ain  bauspaum  haijen,  wan 
lar  haijt  ain  haus  in  ainer  bedeütung,  dannen  kümt  daj 
wort  laurex,  sam  Isidorus  spricht,  wer  au;  des  paums  holz 
taveln  macht  und  habt  die  an  diu  haüser,  die  widertreibent 
die  flammen  von  den  haüsern.  Megenberg  328, 11. 

2)  der  balken  einer  bockwindmühle ,  der  das  rnühlcnhaus  auf 
dem  bocke  festhält.  Jacobsson  2,  235'. 

HAUSBEDARF,  m.:  ich  komme  eben  jetzt  vom  schreibe- 
pult, habe  scharf  berechnet  und  summiert  was  wir  an  haus- 
bedarf  im  ersten  jähr  verzehrt.  Kotzebde  dram.  spiele  8,125. 
HAUSBEDIENTER,  m.:  seine  brüder,  vettern,  Schwäger, 
klienten  und  hausbedienten.  Wieland  19,298;  jetzt  verdingte 
er  sich  als  hausbedienfer.  Hebel  2  (1853)  74. 
HAUSBESCHRÄNKTHEIT,  f  : 

sich  tauchen  in  der  hausbeschränktheit  kühle. 

W.  V.  Humboldt  ges.  werke  6, 603. 
HAUSBESEN,  m.  besen  zum  reinigen  der  hausräume:  (die 
besem)  werden  iederzeit  von  birkenreise  gebunden  und  ent- 
weder lang,  wo  nemlich  unmittelbahr  der  stiel  daran  mit 
eingeflochten  und  gebunden,  zu  hausbesem,  oder  kurz  zu 
stallbesem  gemacht,    öcon.  lex.  (1731)  249; 

hausbesen  und  eins  besens  mer  {bedarf  man), 
do  man  all  nacht  den  hcrd  mit  ker. 

H.  FoLZ  bei  Göz  H.  Sachs  4,  153. 
als  Spottname  für  einen  immer  5U  hause  hantierenden :  spinnen- 
stecher,  hauszbesem ,  schwätzsieder.  Fischart  jros^m.  78; 
schmollappen,  hauszbäscm,  spinnenstecher,  kammerjungen.  82. 
HAUSBESITZER,  m. :  dort  stiesz  er  auf  den  hausbesitzer 
herrn  Hummel.  Freytag  Handschrift  l,  24. 

HAUSBESTALLUNG,  f.  sold  für  die  führung  eines  haus- 
wesens:  werdet  ihr  dem  teufel  ferner  dienen  von  hause  ausz, 
so  möchte  es  einmal  unversehens  kommen ,  dasz  er  euch 
von  hause  ausz  holete,  und  euch  die  hauszbestallung  im 
ewigen  hölliscben  feuer  bezahlete.  Schdppids  466. 
HAUSBESUCH,  m.: 

herr  pater,  hausbesnche  musz 
ich  mir  im  ernst  verbitten. 

Langbein  schwanke,  Klärchen. 
HAÜSBETTLER,  m.  mendicus  qui  in  domos  venu,  vel  ostialim 
slipem  coUigü.    Frisch  1,428. 
HAUSBEWAHRER,  m. : 

docli  vaterwille  traute  dich  an  Menelas, 
den  kühnen  seedurcbstreicher,  hausbewahrer  auch. 
GöTHE  41,  194. 
HAUSBEWAHRÜNG,  f: 

dies  ist  der  lohn, 
den  mir  mein  treuer,  hochgepriesner  mann 
für  meine  lange  hausbewahrung  giebt! 

Stolberg  14,  120. 
HAUSBEWOHNEND,  part.:    der   sichere  sorgfältige  haus- 
bewohnende  ackcrsmann  (im  gegensalze  zu  den  umherziehmden 
hirten).    GciTHE  24,  214. 

HAUSBEWOHNER,  m.:  haushewohner ,  lichter  an  die 
fenstcr,  zu  ehren  des  kaisers  und  der  nation !  Grabbe  Napo- 
leon S.  115; 

markt  und  .«irasze  werden  stiller, 

um  des  liciits  gcsellge  flamme 

sammeln  sich  ilie  haosbewohner.    Schiller  qlocke. 


HAUSBIBEL,  f.  bibel  die  dem  familiengcbrauchc  dient:  dasz 
ich  im  schränkchen  des  untergegangnen  bruders  eine  alte 
bausbibel,  worin  die  jungen  buchstabieren  lernten,  mit  einem 
weiszen  bucbbinderblatte  gefunden,  auf  das  der  vater  die 
geburtjahre  seiner  kinder  geschrieben  hatte.  J.  Pacl  Qu. 
FLrlcin  208. 

HAUSBIER,  n.  cererisia  pro  familia  cocla.  Frisch  1,428*. 

HAUSBIRNE,  f.  dne  sorte  kegelförmiger  birnai  mit  plallcm 
köpfe.    Nemnich. 

HAUSBLASE,  f.  ichlhyocolla.     vcrgl.  hausenblase. 

HAUSBÖRNER,  s.  hausbrenner. 

HAUSBRAND,  m.: 

bedenkt  ihr  nicht,  wenn  eure  rechnung  voll, 
dasz  nachbars  hausbrand  euch  verzehren  soll? 
GöTHK  41,  267. 

HAUSBRAUCH,  m.  l)  bedürfnis  einer  Haushaltung,  baus- 
bedarf:  was  indessen  niemand  zu  läugnen  begehren  wird, 
ist  diesz:  dasz  es  uns  menschen  vor  der  band  noch  immer 
unmöglich  geblieben  ist,  eine  gestalt  die  uns  schöner  vor- 
käme zu  erfinden  als  die  gestalt  unsrer  eignen  gatlung.  und 
das  ist  für  unsern  hausbrauch  genug.  Wieland  24, 150. 

2)  brauch,  säte  in  einer  familie:  für  das  zchilegah  (kirchen- 
gehen)  war  im  hausbrauch  gar  kein  platz.  J.  Gotthelf  schul- 
denb.  83. 

HAUSBRENNER,  m.  l)  einer  der  ein  haus  anzündet. 
2)  der  Schröter,  feuerschröter,  Hirschkäfer,  lucanus  cerrus.  er 
soll  nach  dem  Volksglauben  auf  seinen  hörnern  glühende  kohlen 
in  gebäude  tragen  und  diese  so  in  brand  setzen;  oder  das  icetter 
schlägt  in  die  häuser,  tvorein  man  den  Schröter  getragen  hat.  vgl. 
Grimm  mythologie  167.  hauszbrenner,  Schröter,  ein  groszer 
hörnachter  kefer.  Henisch  521,35;  et  scarabeus  iste  majus- 
culus,  qui  galeatus  rubris  cornibus,  et  alis  festaceis  armatus, 
husbrenner  dicitur  in  nostra  regione.  Ldther  aliquot  nomina 
propria  Germanorum  ad  priscam  etymologiam  restituta  (1537)  A  4*. 
a«c/j  blosz  brenner  (s.  brenner  6),  welches  Luther  in  der  rand- 
bemerkung  zu  unzifer  2  3/o5.  8, 21  hat:  das  die  Griechen  heiszen 
kynomyia,  ist  alle  böse  würm,  so  da  schaden  thun  im  felde. 
raupen,  fliegen,  zwifalter,  emmeisze,  kefer,  brenner  und  der 
gleichen  geschmeis,  das  beume  und  gewechse  verderbet; 
denn  der  grosze  schwarze  hauszbömer 
schwang  die  flügel,  streckt  seine  hömer. 

froschm.  3,3,  12,  Bbbv». 
niederd.  hüsbörner  Schiller  thierb.  2, 18. 

HAUSBRIEF,  m.  kaufbrief  eines  Hauses.  Frisch  1,  428*. 
HAUSBROT,  n.  das  für  den  gewöhnlichen  Hausbedarf  zube- 
reitete, minder  feine  brot:  grob  weiszenbrot,  das  sein  kleien 
noch  hat  und  nicht  gebeutelt  ist  worden,  hausbrot,  speis- 
brot.  Henisch  520 ;  man  machet  darvon  (vom  rocken)  nur  das 
gemeine  hausbrot  vor  den  gemeinen  mann.  Tabernaem.  5S6 ; 
rockenbrot  wird  genannt  hochteutsch  hausbrot  und  speis- 
brot.  591;  (ein  krankes  pferd)  mit  heiszem  hauszbrodt  reiben. 
Pinter  Pferdschatz  (1603)  388. 

HAüSßRUNNEN,  m.:  nun  hatte  er  einen  guten  haus- 
brunnen.  J.  Gotthelf  schuldenb.  72. 

HAUSBRÜTLING,  m. :  hausbrütling,  terme  de  mepris,  casa- 
nier.  Rondeau  287;  ein  welterfahrner  liebster  wird  ihr  der- 
maleins  besser  anstehn  als  ein  elender  hausbrütling.  Chr. 
Weise  überß.  ged.  2,  261. 

HAÜSBUBE,  m.  junger  diener  in  einem  Hauswesen:  ich  hab 
...  vil  wüster  schamlicher  ding  vor  dir  gethon,  die  ich  vor 
dem  mynsten  der  husbuben  nit  gethon  hei.  Keisersberg 
bilg.  205\ 

HAUSBUCH,  n.     l)  register   der   ausgäbe   und  einnähme  im 

haus,  Über  oeconomicus.      2)  grundbucli,  cataster,  über  redituum. 

Frisch  l,  428\     3)  buch  zum  Hausgebrauch: 

auch  zur  belustigung  noch  dies  buch  von  garten-  und  baumzucht, 

aufgeklappt,  das  der  vater  dem  cidam  schenkte  zum  hausbuch. 

Voss  Luise,  3.  Idylle  IL 
HAUSBÜFFEL,  m.  der  sich  mit  der  Hausarbeit  plagt  (vergl. 
büffel  und  büffelarbcit,  Ih.  2,492):  ich  merkte  daselbst  in 
kiuzen  dasz  er  gesinnet  sei  mich  nur  zu  einem  hauspüffel 
aufzuziehen,  denn  ich  wurde  täglich  zum  bierbrauen,  branlc- 
weiubrennen  und  anderer  groben  hausarbeit  angewiesen. 
Felsenb.  2,  isö. 

HAUSBÜRDE,  f.  negotia  domeslica.   Stieler  133. 
HAUSBURSCH,  m.   ein  bei  jemandem  zur  mietHc  wofmender 
burscH,    namentlich   studenL    Adelung,      auch   studeiU,    der  mit 
einem   andern   in   demselben   hause  wohnt:    N.  ist  mein  haus- 
bursch. 


655 


HÄUSCHEN    -  H AÜSDIRNE 


HAUSDUMEL  -  HAUSEHRE 


656 


HÄUSCHEN,  n.  kleines  haus. 

1)  im  eigentUdien  sinne: 

ach  Amor  dasz  ich  mücht  als  eine  fliege  werden, 
mich  düDkt  ich  stünde  wol  am  besten  hier  auf  erden. 
ich  nrolt  ein  häuszichinn  aufliauen  bei  dem  mund 
der  jenen  die  icli  weisz,  darinn  ich  wohnen  kundt. 

Opitz  2,  145; 
die  menschen  stecktcfl  in  ihren  niedlichen,  netten  häuschen, 
die  über  der  halde  an  den  schroffsten  abhängen  und  bis 
auf  die  bergspitzen  zerstreut  liegen;  niedliche,  nette  häus- 
chen, gewöhnlich  mit  einer  langen,  balkonartigen  galerie. 
H.Heine  2,55; 

an  Reichenbachs  bröcklichte  mauer 
lehnt  sich  das  häuschen,  wo  streit  kaum  mir  ein  stübchen 
gewann.    Arndt  yed.  (1840)  246; 

in  dem  garten  steht  ein  häuschen 

still  von  linden  überdacht.    R.  Reimice  Ueder  119. 

den  plur.  häuserchen  stall  des  gewöhnlichen  bauschen  braucht 
GöTHE  als  anklang  an  die  lieimisclie  tnundarl,  die  dergleichen 
bildungen  liebt:  sehr  viele  häuserchen  stehen  unmittelbar  in 
den  canälen.  27, 107. 

2)  häuschen,  verblümt  für  abirill,  wie  englisch  Ü\e  little  house; 
so  in  Obersaclisen.  RIjdiger  neuest,  zuw.  2,  82 ;  aber  auch  ander- 
ueit,  z.  b.  in  der  Wclterau:  aufs  häuschen  gehen,    vgl.  häuslein. 

3)  die  redensarl  aus  dem  häuschen  sein ,  kommen ,  die 
fassung  verlieren,  ist  nach  dem  bei  haus  H,  5, /i  (ftp.  üil)  aus- 
geführten zu  ermessen:  Berthold  kam  in  dem  fremden  wesen 
ganz  aus  seinem  häuschen.    Arnim  kronenw.  1,  7t ; 

warum  bist  du  gleich  auszerm  haus, 

warum  gleich  aus  dem  häuschen, 

wenn  einer  dir  mit  brillen  spricht?    Göthe  3,161. 

HAUSCHLAG,  m. :  hauschläge  {nennt  der  müller)  die  aus- 
gehauenen rinnen  auf  beiden  mühlensteinen ,  die  von  dem 
mitlelpunkte  bis  zum  umfang  nach  einem  bogen  laufen. 
Jacobsson  2,  235'.     sie  sind  viit  der  haue  in  den  slän  geschlagen. 

HAUSCHWERT,  n.: 

mit  hauschwerdtern.    Götling.  musenalm.  1777  s.  29. 

HAUSDEUTSCH,  n. ;  die  kinder  wollen  hochdeutsch  lernen, 
ohne  ihr  hausdeutsch  zu  vergessen.  L.  Aürbacder  über  den 
dialecl . .  in  Volksschulen,  in  seinen  pädag.  phanlasien  München  1838. 

HAUSDIEB,  m.  l)  dieb  der  unter  den  gliedern  eines  haushaltes 
befindlich  ist:  für  die  seckelabschneider,  die  hauszdieb,  un- 
getrewe  knecht.  Fischart  chez.  (1591)  P3'; 

wer  ein  laschen  hat  grosz  und  weit, 
da  selten  ein  Pfenning  innen  Icit,  .  .  . 
und  unter  seim  gesind  ein  hauszdieb, 
und  ein  weih  das  in  nicht  hat  lieb. 

eins  freyharls  predig  (Frankf.  1563)  B6*; 

wenns  auch  ein  hausdieb  ist.  Ja,  wer  entdeckt  ihn  gleich? 

Göthe  7,  80; 

es  kann  kein  fremder  sein !  ein  hausdieb  hats  genommen ! 

s.  85; 

gegen  Viktor,  den  sobn  ihres  erbfeindes,  den  nachfahrer  des 
hausdiebes  der  fürstlichen  gunst.  J.  Paul  Hesp.  2,  45. 

2)  hausdieb,  der  Sperling,  fringilla  domestica.  Nemnich  2,1661. 

HAUSDIEBIN,  f. 

HAUSDlEßSTAHL,  m.:  welche  dem  guten  buchhändlcr  .. 
vor  dein  munde  wegzuraffen,  ein  haus-  und  kirchendiebstahl 
wäre.  i.  Paul  Nepomuk-kirche  139. 

HAUSDIENER,  m.  diener  der  zu  einem  haushalte  gehört:  der 
hausdiener,  dein  sein  lohn  in  einer  verschlechterten  raünz- 
sorte  bezahlt  wird.  Kmh  rechlslehre  {nQH)  s.xxxn;  der  kerker, 
der  ihn  (Ludwig  XVI)  empfängt,  dünkt  ihm  gegen  die  quäl 
der  letzten  tage  eine  willkommne  zullucht;  noch  sind  ihm 
ja  die  seinen  und  einige  treue  hausdiener  gelassen.  Beckers 
wellgesch.   12,270, 

HAUSDIENERSCHAFT,  f.:  unter  einer  ausjewähltcn  be- 
gleitung  eigener  bausdienerschafi  . . .  erschienen  die  wahl- 
bolschafter  so  wie  die  kurfürstcn  in  pcrsun.  Göthe  24,304; 
die  hausdienerschaft  hat  das  Privilegium  Weihrauch  zu  fubri- 
circn  und  für  rcchnung  des  bischufs  zu  verkaufen,  preusz. 
Jahrb.  bd.  20,  s.  301. 

HAUSDIENST,  m.  dienslleislung  für  die  haushaltung. 

HAUSDIENST,  f.  Jienerin  eines  hauset,  nach  dienst  7.  Iheü 
2,  IH'J:  domestica  minisleria  die  haiiszdicnsl  Dasyp. 

HAUSDIRNE,  f.  dienytmayd  eines  hautwesens :  zum  ersten  ist 
sie  bausdiernc,  nicht  die  fiuw.  Lutuer  4,  13:>*; 


.,  ,      ,.    III, n  In  II, 

iiiiii  M.ipd-n  p.irhcn. 

fatln.  tp.  9i,  5| 


hausknecht  und  hausdiern 

Eol  ain  ander  hofTiern.    401,22; 

die  köchln  oder  die  hausdieren. 

lloFFHANN  gesetlsch.  130  ; 
nl.  huysdeerne  focaria  Kilian. 
HAÜSDÜNKEL,  n.: 

viel  lieber  begeh  ich  mich  gleich  auf  die  flucht, 

und  kehr  in  das  alte  hausduukel  hinein.    Tieck  10,  363. 

HAUSE,  HAUSEN,  m.   der  fisch  acipenser  huso,  ahd.  bftso 
scarus,  esox  Graff  4,1059;  mhd.  böse: 

rumbus  sit  störe,  esax  lass,  ypotus  hüse 
lit 


und  häsen: 


Haupts  zeitschr.  5,  416,  90; 


schouwet  wie  der  hüscn  an  der  Tuonouw  gründe 
lebt  des  tröres  süeje  gar.       fruuend.  577,  15; 

nhd.  echinus  buse,  huze  Dief.  194*;  huso  ein  husz  Dasyp.; 
husz,  hausz,  ein  fisch,  antacaeus  Maaler  233';  nl.  huys,  an- 
tacetis,  esox,  exos  Kilian; 

frau,  wie  gebt  ir  des  hausen  ein  pfund? 
man  sagt,  er  sei  im  morzen  gesund. 

fasln,  sp.  370,  19. 

HAÜSECKE,  f.:  er  sab  ..  einige  mal  nach  der  feindlichen 
hausecke  hinüber,  wo  das  zimmer  des  doctors  lag.  Freytag 
handschr.  2,  6. 

HAUSEHRE,  f.  in  mehrfachem  sinne. 

1)  ansehen,  glänz,  ehre  des  hauswesens  und  seines  Vorstandes, 
mhd.  bösere  in  manigfacher  anwendung ,  mit  Übergang  der  be- 
deiUung  in  den  begriff  hauswesen  überhaupt,  worüber  Haupt  in 
seiner  Zeitschrift  6,  3S7  ff.  eine  ausführliclie  auseinanderselzung 
gegeben  hat:  die  bauszeer,  hauszhaltung  oder  hauszhab,  res 
familiaris  atque  domestica  Maaler  214';  einer  umb  dessen 
bauszeer  es  wo!  Stadt,  conslitulus  bene  de  rebus  domesticis  das. ; 
ith  dächte,  ihr  rettetet  indesz  die  bausehre  und  gäbt  uns 
was  zum  besten.    Göthe  14,  91. 

2)  die  nhd.  quellen  betonen  namentlich  bei  hausehre  das  an- 
sehen eines  hauswesens,  sofern  es  durch  die  frau,  wirtschaßlidi 
und  sittlich,  gestützt  wird:  bausehr  ligt  am  weih,  und  nit  am 
man.  Agr.  spr.  (i560)  236';  im  sprücbwort  sagt  man:  die 
hauszehr  ligt  mehr  am  weih,  dann  am  mann.  Fischart  ehez. 
(1591)  Me*; 

■vraz,  rates  man  daruff  {auf  den  tisch)  setzt, 
von  spise  und  von  Silbergeschirre, 
das  lag  alles  gar  irre 
under  dem  tische  in  der  eschen  .  .  . 
der  rilter  schämte  sich  des  gar  sere, 
er  gedacht  dis  ist  nit  kliig  huszere.    Dioclet.  3762; 
einer  hat  mir  mein  hauszer  genumen, 
und  ist  meiner  frauen  insz  flaiscbgaden  gestigen. 

fastn.  sy.  709,  20; 
der  einem  geet  zu  seinem  weih  naschen, 
und  spilt  mit  ir  in  der  untern  taschen, 
da  mit  er  im  sein  hauser  stilt 
und  schwecht  im  seiner  eren  schilt.    710,  10. 

3)  daher  wird  die  hausfrau  selbst  eine  hausehre  genannt:  sie 
(die  eliefrau)  ist  ...  sein  hauszehr,  bauszirew,  hauszfreüd, 
hauszzierd  ...  Garg.  72';  also  ist  ein  frommes  weih  eine 
hausehre  und  hauszierde.  Roth  hausmütler-ABC  Cl';  nicht 
eine  bnusmutter,  sondern  eine  hausotter,  nicht  eine  haus- 
frau oder  hausfreude,  sondern  ein  bauskreuze,  nicht  eine 
hausehre,  sondern  eine  hausbeschwere.  Js';  und  so  tritt  haus- 
elirc  geradezu  als  litel  für  die  gattin  seil  dem  16.  jahrh.  auf. 
gewis  mit  unter  anlehnung  an  die  bibelsptaclie ,  wie  die  unten 
folgende  stelle  aus  Albebus  ehbüchlin  bezeugt:  die  könige  der 
heerschaaren  sind  unlernander  freunde,  und  die  hausehre 
Iheilet  den  raub  aus.  ps.  68, 13  (xcti  lii^aioTtjTt  rov  oi'xor 
8ie)da9'ai  a>n)ka  sepluag.;  Luther  hatte  1524  dafür  noclt  hau-- 
zierde  gesetzt) ;  uff  der  gassen  sollen  die  weiber  nit  ein  lang 
concilium  iialten,  sonder  sich  bald  wider  zu  hausz  innchen, 
davon  sie  den  herlichcu  namen  in  der  heiligen  schiift  haben, 
das  sie  hnuszche  (lies  buuszehr)  bciszeii.  E.  Alberus  ehbüchlin 
G2';  sie  (tias  weib)  niusz  nit  vil  ausz  dem  hausz  spacieien 
gehn,  wo  sie  daz  nit  Ihiil,  so  ist  sie  kein  hauszehr,  sonndrr 
ein  hauszschaiid.  G3';  mit  seiner  bauszehrc,  desWolguslischen 
supcrintcndonten  d.  Jacubi  Rungii  locbter,  hat  er  sehr  wol 
gerathenc  kiiidcr  gezeuget.  Micrälius  alles  l'ummern  4,  64 ; 
mit  zugesüztcr  bcgrüszung  seiner  vilverlraulen  hauszchr'>. 
BuTscHRY /id,  A(ifi:f//fi  11 ;  das  golt  meine  lnTzlibsIc  bauseiirc 
von  discr  weit  in  die  ewige  Seligkeit  nbgefodcri.  80.".;  d"- 
der  gemeine  gullc.t  wolfürgcsetr.len  treunciszigen  pi' 
berzvicigelieble  bauszehrc.  Rist /'arn.  444;  der  piszgr.m 
hauszwirtb  nclist  seiner  ebenfalls  ciszgraucn  allen  bauszebie. 


657 


HAUSEHRE  — HAUSEN 


HAUSEN 


65S 


irrgarten  51;  indessen  glaube  ich,  tlasz  blosz,  um  die  gleich- 
heit  im  ehestande  zu  erbalten ,  einem  solcben  manne  nicht 
unrecht  geschieht,  wenn  er  eine  geschminkte  hausehre  hat. 
J.  E.  Schlegel  3,367;  dasz  seine  hausehre  für  galanlerie- 
waaren  an  krämer  und  packenlräger  300  thaler  schuldig 
wäre.  Moser  patr.  phanl.  l  (179S)  "2;  die  liebe  hausehre  des 
braven  pastors  nahm  das  ding  zwar  nicht  völlig  so.  Sicgf'r. 
V.  Lindenberg  i,  56 ;  trotz  dem  gebrumme  seiner  alten  haus- 
ehre. 1,137;  er  nüthigte  das  schwarze  genie  um  so  zuver- 
sichtlicher hinein,  da  er  wuszte,  dasz  seine  strenge  haus- 
ehre nicht  zu  hause  sei.  1,155;  wir  mögten  den  zärtlichen 
dichter,  der  so  liebliche  lieder  für  seine  hausehre  singt, 
in  vorigen  zeilen  für  sein  mädchen  haben  singen  hören. 
2,37;  erst  gegen  abend  könnt  ich  mich  entschlieszen ,  zu 
dem  groszen  werke  des  büchertransportes  zu  schreiten,  sie 
wurden  mit  hülfe  der  alten  hausehre  ausgepackt.  Schleier- 
MACHER  (a.  s.  kben  l,  339);  und  liesze  unsere  hochweise  haus- 
ehre nicht  ihre  Schlüssel  überall  stecken  und  herumliegen. 
HoLTEi  Lammfell  170;    spielend  mit  den  bedeiilungcn  2  und  3: 

noch  ungekräiikt  ist  völlig  die  hausehr  unseres  neulings; 
deim  die  bald,  nach  der  regel,  ihm  hausehr  ist  und  genannt  wird, 
hörete  nichts.  Voss  Luisej  3.  Idylle  II. 

HAÜSEID,  m.  juramentum  domeslicum,  volunlarium.  Stieler 
364;  hauszzank  und  eid,  macht  nit  grosz  leidl.  hauszeid 
soll  man  verhalten ,  nit  halten  .  .  man  heiszt  die  zorneid 
hauszeid.  Agr.  spr.  (1560)  303'. 

HÄUSEL,  H.  i.  häuslein. 

HÄUSEL,  m.  fem.  häuselin,  mielhbewohner  eines  hauses,  das- 
selbe was  hauser  1  («.  unten) : 

seine  frau  liebste  soll  auch  da  sein, 

nebst  ihren  söhnen  und  löchtern, 

nebst  ihren  knechten  und  ihren  mägden, 

wie  auch  häusel  und  häusciinnen, 

kurz,  das  ganze  hausgesinde.    weim.  jahrb.  3,  367. 

HAUSELLE,  f.  ulna  domestica.  Stieler  374. 

HÄUSELN,  verb.  einer  kleinen  hauswirtschaft  vorstehen,  wohnen ; 
auch  sparsam  sein,  in  der  Schweiz.  Stalder  2,  27 ;  anderwärts 
kinderspietc  treiben,  tändeln.  Schm.  2.  249.  —  Ab  davon  liegt  das 
pari,  gehäuselt  an  der  folgenden  stelle,  wo  es  in  felder  gelheilt, 
gewürfelt  bezeichnet  (vgl.  unten  hausung) :  seit  letztem  dienstag 
wird  ein  4'/2 jähriger  knabe,  namens  Rudolf  Baumgartner, 
aus  dem  rennweg  in  Zürich,  verraiszt.  derselbe  trägt  ein 
gehäuseltes  rückli,  gleiche  hosen  und  gürtli,  weisze  strumpfe 
und  bereits  neue  lederschühli  mit  gehäuseltem  luch  gefüttert. 
neue  Zürcher  zeilung  1S54,  «0.160. 

HAUSEN ,  rcrft.  habitare.  ahd.  hösön ,  mhd.  hösen,  in  zwei 
hauptbedeulungen ,  die  nach  intransitivei-  oder  transitiver  fügung 
sicli  bestimmen. 

\.  hausen  intransitiv. 

1)  die  älteren  quellen  geben  das  wort  in  dem  sinne  mit  einetn 
hause  sitzen,  oder  sich  häuslich  niederlassen:  gleich  wie  sich  die 
schiffenden  fräwen,  wann  sie  das  land  und  gestad  erreichen : 
also  ergefzt  die  hausenden,  wann  sie  ir  vatterland  und  erb- 
lichen sitz  antreffen,  nachdem  sie  vielleicht  geschäft  halben 
lang  danon  sint  ausz  gewesen.  Fischart  ehez.  (1591)  J3'; 
wer  auch  da  wer,  der  da  huszen  (sich  anbauen)  wült.  weisth. 
1,13S;  alle  die  da  syen  uf  des  ehgenannt  gottshuses  zu  s.  Al- 
ban  gutern,  so  die  husen  wollen,  so  mag  einer  howen  in 
denselben  hölzern  ein  ufhebi  (dacltsluhl).  327.  mit  einem 
adverb  der  richtung:  wiebald  ober  beide  vülker,  mit  gleicher 
begierd,  Galliam  zu  bewonen ,  über  Rhein  kamend  in  das 
lang  begerd  land,  und  da  jeder  Iheil  gedacht  weiter  hinein 
ze  hausen  (sich  anzusiedeln).  Stumpf  chron.  1,168';  mit  einem 
duttv  der  pcrson,  einem  ein  haus  herrichten,  bauen:  [die  bienen) 
habent  auch  die  art,  da;  sie  des  ersten  dem  volk  hausent, 
und  dar  nach  den  künegen.  Megenberg  290,  20. 

2)  oft  aber  tritt  auch  in  der  alten  spraclic  der  begriff  der  an- 
siedlung  zurück,  und  nur  der  des  wohnens ,  sä  es  im  eigenen 
oder  fremden  hause,  hervor:  alid.  (sie)  hüsont  in  himile.  Notker 
bei  Graff  4, 1059 ; 

mhd.  daj  («c/i/o«:  des  knnigs)  was  eben  undc  wit. 

besetzet  vil  höfliche 

mit  raanepem  fürsten  riche, 

die  alle  gohüsct  heieti  dar  in. 

ei  wa.s  der  peste  gewin 

da^  si  alle  unih  *re  striien.     Wigalois  10,  12; 

daseihst  (in  einem  «c/itossc)  ich  immer  hüsen  wil 

bis  an  meines  endes  zil.     Hätzlerin  153»,  |2l- 
nhd.  hausen,  loger,  elre  logd,  demeurer  Ronoeai;  287  ;  di  viende 
des   menschin   sint  sine  gehfiscten  {domeslici,  Lutuer  haus- 
IV.  II. 


gesinde,  s.  d.).  Behainis  ev,  bucli,  Matlh.  10,  36 ;  lassent  mich 
den  kranken  pilger,  der  hinnen  bei  euch  hauset,  sehen. 
Aimon  bog.  Biij ;  das  niemand  daselbs  wonen ,  noch  kein 
mensch  drinnen  hausen  sol.  Jer.  49, 18,  vergL  33 ;  i.  f.  gnaden 
losament  bestellen,  da  sie  den  winter  über  hausen  möchten. 
ScHWEi.MCUEN  1,246;  zu  hause?  seil  ehegestern  hause  ich. 
Hippel  lebensl.  3, 173 ;  die  schöne  gegend  . .  in  welcher  ich 
eine  zeit  lang  wohnen  und  hausen  durfte.  Güthe  25,225; 
in  einer  schönern  und  freundlichem  gegend  . .  wo  vorzüg- 
liche menschen  herrschen  und  hausen.  23,174;  in  der  thal- 
stadt  hausen  die  Studenten  und  die  city.  J.  Pail  Tilan  1,170; 
um  in  seinem  kinderlosen  wittwerstande  gemeinschaftlich  mit 
ihm  zu  hausen.  Tieck  4,  42 ; 

bat  sie  umb  goHswilln,  das  sie  doch 
im  nur  dieselbig  nacht  weit  günnen 
das  er  bei  ir  möcht  hausen  dinnen. 

ß.  VV ALDIS  Esop  2,98,8; 
in  dein  reich  geht  der  enge  steg, 
da  wollen  wir  frölich  hausen. 

n.  KsAüST  gnssenhawer  s.  34; 
wo  hausest  du?  wo  die  erzeuger?    Odyss.  1,171; 
wenn  des  lebens  stürme  brausen, 
feinden  sich  die  menschen  an, 
können  nicht  zusammen  hausen, 
friedlich  gehn  auf  einer  bahn.    Rückert  169; 
der  Vesuv  an  dem  wir  hausen.    296; 
und  alle  horchen  staunend  auf, 
die  in  den  ihälern  hausen.    Uula:<I)  gcd.  3S7; 
romantische  menschenfresser 
hausen  auf  jenem  scblosz.    407. 

in  bildlicher  Verwendung: 

lasz  mich  in  deins  herzen  clauscn 

hinfür  als  her  lieplich  hausen. 

neujahrswunscli  im  weim.  jahrb.  2,80; 
wie  kann  in  der  die  wuth  des  tenfels  hausen, 
in  der  die  weit  nur  einen  enget  sah?    Göeingk  1,91; 

haust  wirklich  eine  seel  in  mir?    Götee  3,115; 

ach  was  ist  das  für  ein  grausen, 

wenn  ein  maler  und  ein  dichter 

beid  in  einer  seele  hausen!    R.  Reinice  lieder  54; 

die  alten  . .  glaubten  noch  dazu ,  dasz  jeder  gott  in  seiner 
Statue  hause.  J.  Paul  Titan  1,  27 ;  Schoppe  sagte  . .  jede  noth, 
selber  die  allgemeine,  hause  doch  nur  in  einer  brüst.  3, 13S; 
dasz  zwei  sich  ganz  entgegengeselzte  dinge  in  dem  menschen 
hausen,  ein  gott  und  ein  thier.  Klinger  11, 15. 

3)  der  begriff  der  gescidossenen  Wohnung  verliert  sich  und  hausen 
beloiit  nur  noch  den  längern  aufenihall  an  einer  st4tle,  unter 
einer  geeellscliaß :  Wilhelm  erinnerte  sich  ähnlicher  scenen, 
da  er  noch  unter  den  schauspielern  hauste.  Güthe  23, 8 ; 
in  die  bände  der  in  Mittel-  und  Niederdeutschland  hausen- 
den literaturfreunde.  45,186; 

(du  beitelmann)  im  sommer  untern  zeunen  hausest. 
H.  Sachs  2,  4,  2''; 
kTirz,  lieber  hätte  sich  einer  mit  drachen 
und  haselwürmen  herum  gezaust, 
als,  wenns  ihr  die  tyrannih  zu  machen 
einfiel,  mit  Sonneniön  gehaust.    Wiklakd  21,  14; 
hier  wendet  sich  der  gast  mit  grausen: 
so  kann  ich  hier  nicht  ferner  hausen. 

Schiller  ring  des  Potykrales. 
von  thiercn  und  gegenständen: 

da  sah  man  eher  hausen 

in  tiefer  waldesnacht.    Uhland  ged.  375; 

katzen  die  im  keller  hausen.    R.  Reinice  lieder  296; 

wer  hat  den  sand  gezählet, 

welcher  im  wasser  haust?    Arndt  geft.  (1840)  478; 

vom  lieimisch  sein  in  einem  zweige  des  wissens:  buch  der  be- 
trachlungen  erweitert  sich  jeden  tag  demjenigen  der  im  Orient 
hauset.  Göthe  6, 140. 

4)  auch  in  bezug  auf  abstraete  dinge  wird  hausen  angewendet : 
mhd.  eg  het  diu  grö3;e  armuot 

zuo  im  gehüsct  in  den  glet  (hviie), 

da  seilen  fröude  bi  bestet.     ^Vi(iutoi<i  147,  1^, 

nhd.  das  recht  wird  in  der  wüsten  woncn,  und  gercchtigkeit 
auf  dem  acker  hausen.  Jes.  32,16; 

(ligyplisctic  ruinen)  wo  barbarei  und  kunst  verknüpft  zusammen 
hausen.    Rrocees  2,  699; 
hier  wandelt  noch  die  liebe, 
hier  hauset  noch  das  glück.    Götue  1,  126. 

6)  hausen   gewinnt    die   bedeutung  bleiben,  weilen,  in  der  ein 
längerer  aufenthall  {wie  bei  3  und  4)  nicht  hervorzulreleji  braucht: 
unsers  hausens  ist  also  nit. 

J.'Atrer  223»  (1110,  8  Keller); 
42 


659 


HAUSEN 


HAUSEN—  HAUSENBLATTER  - 


660 


wenn  der  scharfe  nordwind  saust, 
keine  roso  langr  haust, 
liald  ihr  stocli  daslohot 
nnitteruückt  und  roseukuhl. 

J.C.GöRiwc  licbes-meyen-blülimlem  (1654)  (i:j; 
jue:endmuth 
will  nicht  weilen  und  hnuscn.    Körner  1,239. 

fi)  liaui'eii,  bezogen  auf  das  eheliche  verhäÜnh  zimclicn  mann 
und  weih:  die  jenigen,  so  bei  liäuszliclien  weibern  liic  nicht 
wol  gchauszl  liabei).  Fisciiart  eltez.  (1501)  G  s* ;  das  or  {der 
eliemann)  fridlich  in  aller  gotlsforclit  mit  ihr  {der  frau)  banse, 
gern  arl)eite,  nnd  «einem  hause  mit  ehren  I>eger  vorzu- 
stehen. L(i";  Cato  acblele  seiner  franen,  als  er  inil  ihr  hän- 
sele, gar  wenig,  als  die  von  ihm  aber  verstoszen  nnd  einen 
andern  genommen,  liebele  er  sie  iniuünstig.  Schuppius  52t ; 
einer  ncuecrmnldten ,  der  Srlinlferin,  wird  ztigesunycn: 

wie  frisch  wird  nun  dein  .Schälfer  hausen, 

und  in  den  linslcrn  büschen  mausen.    Kist  l'arn.  550; 

die  letztere  stelle  zeigt,  wie  liansen  auf  geschlvclillielie  verliällnissc 
uberliaujil  zielen  konnte:  lassend  uns  zesamen  hausen  oder 
beüren ,  eundem  Ihalamum  ineamna.  Maalkr  214';  diszinahls 
sähe  er,  dasz  ein  besziicher  nngestaller  scheim,  ein  zwerg, 
mit  der  kiinigin  sclicrzte,  nnd  dergestalt  hänsele,  dessen  sieb 
der  könig  wohl  solle  bedacht  haben.  riiiLANDKti  2  (1043)  1^07; 

ich  sprich:  man  flndt  noch  mnngcn  man, 
wenn  in  ein  frau  sieht  gutlich  an, 
so  wil  er  i'iber  nacht  J)ei  ir  hausen. 

fiif^tii.  sp.  119,  34. 

7)  dtr  beipi/f  hausen,  wie  er  iwmentlicli  oben  unter  no,  1,2 
und  0  belegt  ist,  sclilieszt  zugleich  den-  beijrijj  liaushullen ,  wirl- 
schapcn  in  sich,  welcher  in  folgenden  stellen  besonders  deutlich 
hervor  tritt:  mancher  banset,  als  habe  er  sein  gut  gefunden 
(er  stellet  sich,  als  wenn  man  ihm  gebeten  habe  in  eil  zu 
verderben).  Scuottkl  1125";  dasz  er  mehr  als  looo  Ihaler  in 
einem  b.mm  iigen  hätte ,  aus  welchem  {gelde)  er  den  bauer 
hausen  liesze,  nnd  um  solches  nie  keine  rechnung  begehret. 
Simjil.  l,44n  Kurz;  derohalb  setzt  ich  mir  vor,  hinfiirder 
anders  zu  liansen  imd  alles  wieder  doppelt  einzubringen, 
was  ich  biszher  verliedei licht.  4,22;  potz  fickrament,  sagte 
ich,  jetzt  sehet,  frau,  was  vor  ein  geist  in  nnscrm  hnnsz 
gehet;  das  ist  schön  gchansel.  s.  70;  ich  iianse  mit  mir 
selber,  aber  weisz,  was  l'ür  einen  kleinen  hauszrath  ich  habe. 
ScHUPi'iüs  742; 

mit  vielem  läszt  sich  schmausen; 

mit  wenig  läszt  sich  liauscn.     Götiie  10,217; 

der  mann  gewinne  was  er  wöll,  halts  das  weih  nit  znsamcn 
und  hauset  im  Irewiich  inid  wol,  so  isis  umb  snnst.  Ar.n. 
sjir.  (1560)  23G';  ein  bi'ichbinder  bct  ein  frommes  ehrliches 
weih,  das  im  wol  banset.  Katziporns  V«'. 

Von  hier  aus  verläuft  das  wort  in  prägnanter  bedeutung  nach 
zuri  sräen  hin. 

s)  in  scliweiznischen  quellen  hriszt  hausen  gut  wirtscha/len, 
simrsam  sein:  er  hauset,  er  ist  Imushüllifi  Stai.üer  2,27;  hftsa 
hiiushtiUen ,  sparen  Tuiii.En  280* ;  wir'  wollen  hausen  nnd  sparen. 
Testai-ozzi  Lienh.  und  Gertr.  1,05;  ho,  sagle  der  alle,  es 
macht  sich,  man  iiansele  so  viel  man  konnte,  man  hülle 
leicht  ds  halb  mehr  bramhen  können.  J.  Gottiielf  erznhlg. 
4,204;  gerade  so  ist  es  beim  bansen  iiisbesonders,  l)eini 
besserwerden,  sich  bekehren,  im  allKi'meinen :  frnchllose  ver- 
suche, riickRille  sind  die  g»  lührliehslen  feinde.  Uli  d.knecht  t,s. 
ähnlich  in  K'irntlien : 

halt  i  zu  wenig  hier  und  wein, 

(1.1  mach  i  kiiiK-  Hausen, 

da  giesz  i  fflei  liral  wasser  drein, 

da»  muesz  mer  helfen  liausen.    I.Rxr.n  270. 

9)  andmsfits  übel  wirtsehnften ,  wüsten,  in  strengerem  und 
freierem  sinne:  mit  verkoufen  und  oncli  mit  verschenken  der- 
maszen  gi-biiset,  das  inen  . .  ire  erbreciil  genommen.  JIotz 
Ziirrhrr  urkundenbvch  1,132  (von  1505);  nicht  allein  wirdt  so 
gehaiiscl  wo  es  feindl  isi,  sondern  auch  der  freunde  wir<lt 
wenig  Tersrlioiiet.  KiRcniior  viUiJ.  disrijil.  131 ;  aber  wie  ich 
rn  rart<«z  gchauflt,  davon  «chwieg  ich  stockstill,  dann  ich 
»••rpto,  er  m<"igle  e«  zu  L.  anszkringen  nnd  mir  deszwegen 
b<i  niciitem  weih  einen  biisen  rauch  machen.  Simjd.  I,.ti>n 
liiirz;  die  sr)ldaleii  hau.^en  auf  den  diirfern,  mililes  poimUintHr 
fl'/ro«.  STEiMnAcii  1,719;  weil  eine  feinrsbninst,  obwohl  ohne 
Kchnden,  da   K''lian«el  halle,  J.  I'aim.  /legrlj.  4.  1 ; 

ilinweil  dnr  frinil  huiml  no  nn|,'fue(f 

wider  rhriiinm  unil  nein  nnnien 

und  unter  ium  rlirlmn   »INninnn. 


drunil)  wil  ich  hausen  immer  hin, 
ein  wolf  bleiben,  wie  ich  jetzt  hin. 

B.  Wauus  />(.;>  4,3,79; 
dasz  ich  auch  schcinliar  leb 
und  neinni  in  gutem  zu !  nicht  scheinbar  n<ir  von  auszen, 
wie  farisccr  tliuti,  die  haimlich  änderst  haus/cn. 

RoMPi.ER  VON  Löwenhalt  34; 
der  pursch  lärmt,  fährt  aus  und  haust. 

GÖNTilKR  bei  Slci-nlifu-h  1,  719; 
du  siehst  das  werk  der  frühen  froste: 
so  hausen  die  oktohcrwesie !    Wielanu  9,  170; 
hättet  ihr  den  fuchs  gesehen 
auf  der  llaclien  schüssel  hausen, 
neidisch  müsztct  ihr  gestehen: 
welch  ein  appctit  zum  schmausen!    Götrk  3,  ISG; 
das  reich  das  sie  beschützen  sollten, 
es  liegt  geplündert  und  verhsert. 
man  laszi  ihr  toben,  wüthend  hausen, 
schon  ist  die  halbe  weit  verthan.    41,12; 

giebt  es  keinen  gott?   was?   dürfen 
in  seiner  schöplung  konige  so  hausen? 

.Schiller  Hartos  5,  4. 

daher  im  bairischen  Sprachgebiete  liausen,  lärmen,  sdireien,  zanken. 
SciiM.  2, 249 ;  hausen  schellen,  schimpfen,  zanken,  verweis  geben 
Lexer  136;  ähnlich  von  dem  quälen  und  peiniijen  einer  person: 

(der  landsliiiecht)  hcgundt  mit  der  fraweu  zu  hausen. 

b.  Waldis  ICso])  4,  12,  13. 

II.  bansen,  transitiv  gebraucht,  mit  der  bedeutung  einen  ins 
lidus  aufnehmen,  beherbergen,  hat  die  nebenform  hausen,  die  auf 
ein  früheres  husjan  zurückweist  und  sich  an  das  nord.  Iiysa  be- 
herbergen anschlieszt:  die  so  lose  leute  heusen,  hegen,  auf- 
halten oder  koppeln,  sollen  ..  10  pfund  verbrochen  haben. 
Walter  dilm.  ehron.  (1683)  168;  doch  tritt  diese  form  gegen 
hausen,  mhd.  hfisen  sehr  zurück:  swcr  in  {einen  todlschhiger) 
bfiset  oder  bcrbergl,  der  glt  zchen  pfund  äne  gnade.  Dinkels- 
bühlcr  Statuten  in  Haupts  zeitschr.  7,06;  slet  erj  ((/«.<  «Wi)  aber 
i*i;,  und  en  bofct  noch  en  hiiset  noch  en  ejet  noch  en  trenket 
erj  nicht,  so  ist  her  unschuldic  an  deine  schaden.  Sachsensj). 
2,40,2;  daj  der  vorgenante  pi'alTe  ,.  von  etteligen  unsirn 
bürgern  gebüset  und  gehcimet  sie.  Norditäuser  weisthümer 
(14.  jahrh.)  in  den  neuen  mittheilg.  des  dür.-sächs.  allerlhums- 
vaeins  1,3,17;  housit  odir  bcgit  ein  man  dybe  odir  roup. 
Magdch.  Idunie  i,  51;  genanten  .Marlinum,  oder  seine  anhenger 
und  folger,  irgend  auf  eine  weise  hausen  oder  herbergen. 
scliriß  Ixos  X  bei  Luther  1,103';  den  vorgemelten  Martin 
Luther  nicht  hansei,  hövet,  etzt,  trenkt,  noch  enthaltet. 
kaiserl.  edict  ebenda  4Cl';  alle  schelke  kann  sie  {die  well) 
hausen ,  leiden ,  sich  ir  erbarmen  nnd  uberhelfen.  Luther 
6,194';  und  {papst  lionifacius)  lies  ein  urteil  gehen,  weil  der 
könig  {l'hilipp  von  Frankreich)  im  nicht  gehorsam  werc,  wider 
die  Coliimncser,  so  iler  heiligst  vater  Bonifacins  aus  groszcm 
mutwillen  vertrieben  halte,  sonder  dieselben  hauset  und 
unterhielt,  zum  ungehorsam  wider  seine  heiligkeil,  so  muszt 
er  im  bann  sein.  480';  so  soll  bei  leibes  strafe  verboten 
sein,  dasz  niemandes  keinen  fehder  wissentlich  hausen,  hofen 
oder  in  seinem  gebiet  wissentlich  dulden  sol.  Schickfüsz 
schles.  cluronica  3,  162;  hierauf  ward  dem  herrn  pater  injnn- 
giret,  keine  köchin  zu  bansen,  welche  nicht  von  sechs  tmd 
dreiszig  jähren  wiire.  Chr.  Weise  kl.  leute  40;  auch  wollle 
<ior  bund  nicht  leiden,  dasz  ein  unlerllian  des  slifles  einen 
auswilrtigcn  befehdete,  und  wer  es  thiile,  den  sollte  niemand 
hausen  noch  hegen.  Moser  osnabr.  gesch.  3, 204 ; 

Atlas  aber  sein  bit  veracht, 
drum  das  er  Jupiters  snn  was, 
hics  er  in  fareji  stracks  l'ürbas, 
dann  er  in  Kar  nit  hausen  woli 
und  lorcht  seiner  öpfel  von  K'old. 

WiCKRA«  pitijer  X2,  Id.  79; 

wann  wir  Christen  in  dem  sinno 
nicht  (Irr  beiden  wesen  hausten.     Logau  2,168,  17  ^ 

die  kühn  es  wagt 
den  nucbbeladneu  niaiui  zu  hausen.    Stolrrro  1.1, 19. 

UAIISKNBLASE,  f.  die  blase  des  hausen,  zum  anklHien  von 
dingen  gebraucht:  so  mnsz  man  hausenplasen  zum  .sode  neinen 
{zum  sieden  des  hechles)  . .  darvon  kleistert  oder  klebet  die 
brüe.  Mathks.  Sar.  34*.  (/«/^»r  (/(> /(»rm  hansblase,  s.  sp.  (i:<l: 
hernach  bekam  ich  elliche  bliiltcr  zart  jnnglernperganient ; 
dnR  fitrbte  ich  rolli,  gelb,  blau  und  gnln  und  richtet  v*  zu, 
dasz  ..  man  nicht  ei kennen  konle,  was  es  vor  ein  inaleri. 
ob  en  hörn  oder  hauszblascn,  pergameut  oder  eine  talchart 
gewesen,  .S'(hi;i/.  4,  lOS  Ann. 

IIALSKMtl.ATTKH, /".  hausenblase:  die  hauscnbluteren,  leA- 


661 


II AÜSENGEL  —  HAUSFLUR 


HAUSFRANZOSE  —  HAUSFREUND 


662 


HAUSENGEL,  f«.;  das  die  weiber  keine  menschen,  son- 
dern engel  sein,  nemlicL  gulte  uder  büse  bausengel.  Botscuk» 
ralin.   128. 

HALSENKOPF,  m.  das  eingetceide  des  hausen.  Nemnich. 

HAUSENHOGEN,  m.  der  rvgen  des  hausen,  cuviar.  Jacobsso» 

_,   -OJ  . 

HAUSENSTEIN,  vi.  calculus  belugae,  ein  knOdielclien  im  köpfe 
des  hausen.  Nemmch  1,  755. 

HAUSENTE,  f.  anas  domeslica. 

HAUSER.  «I.  1)  der  in  einem  hause  wohnt,  mielsmann,  zins- 
viann.  in  fiinnberg.  Scum.  2,  249. 

2)  haashdlUr,  uirtscJiaftsßhrer.  Schm.  2,  249.  auch  in  bösem 
sinne,  einer  der  schlecht  haushäU,  verschwendet.  Stieler  SOI. 

3)  beherberger:  wann  nun  ein  ieder  (befehder)  zu  kreisz 
geliracbt  wird,  soll  er  umb  seine  gesellscbaft,  bauser,  höfer, 
lieförderer  befraget  werden.  Scuickfusz  schles.  chronica  3, 104. 

HAUSEKIN,  /■-  haiisliällfrin :  hab  seiner  hanszerin  auch 
-liehen  (ijeliehen)  10  gülden.  0.  Rüland  handeUb.  22.  besonders 
Jie  haushällerin  i*i  einem  convente ,  pfarrhofe  und  deryl.  Schm. 
2,  249.     pfarrerskOcJiin  Felder  reich  und  arm  90. 

HÄUSERMARKT,  m.:  sie  haben  auf  einem  häusermarkt 
\iel  bäuser,  Iheils  aufgeseLzet,  Iheils  zerleget  stehen,  pers. 
reisebsscbr.  3,1;  obgedacbler  häusermaikt,  da  man  ein  bausz 
kaufen ,  und  inner  zween  tagesfrist  auf  eine  andere  stelle 
der  Stadt  fertig  aufgebauet  werden  kan,  weil  die  balken  all- 
bereit in  einander  gefüget,  das. 

HÄUSERN ,  verb.,  wie  hausen  H,  beherbergen :  kein  huren- 
vülk  häiisern.  snclis.  proeinzialbt.  10,  502. 

HÄUSERREHIE,  f.:  die  häuserreihe  einer  strasze,  eines 
lilatzes. 

HÄUSERSCHATTEN,  m.:  dann  wurde  der  hinunel  immer 
freundlicher  und  röther,  die  schwalben  und  die  blütenbäurae 
immer  lauter,  die  häuserschatten  breiler.  J.  Paul  Qu.  Fix- 
lein 201. 

HÄÜSERWERTH,  »j. ;  der  häuserwerth  sinkt  in  kriegszeiten. 

HALSESEL,  als  bezeichnuug  eines  ehemanns:  derhalben  ein 
mann  erstmals  dem  weih  in  disem  fal  nicht  zuvil  einräumen 
soll,  sondern  allzeit  den  zäum  bei  bänden  behalten,  sonst 
wo  es  solche  waldesel  oder  nl  meh  hauszesel  übersehen  . . 
FiscuART  ehe:.  (1591)  L  l'. 

HAUSEULE .  /■.  strix  passerina ,  der  kleine  kauz,  lodlenrogel. 
Nehmch  4,  i:HSO. 

HAUSE.\EMPEL,  n. ;  (mein)  durch  die  einheimischen  und 
hauszexempel ,  dann  durch  ausziendische  und  frembde.  Me- 
laaciUhun  declam.  v.  kaiäer  Friedrichen,  deutsch  v.  Lautekbeck 
(I5t;;i)  8. 

HAUSFARRE,  f.  färbe  eines  geschleclUs :  ein  kleines  paus- 
backiges  niannlein,  in  die  faausfarben  des  fürstcn  gekleidet. 

E.  T.  A.  HoFTMANX    S,  21. 

HAUSFEIND,  m.  feind  eines  hauses,  einer  familic,  tnimicus 
domeslicus,  Simulator.  Stieler  461 ; 

mhd.  vrirsictitekeit  und  giioier  rät 
näriuwen  ir  enweder?  hat. 
wa  iiher  der  hüsvigent  ist, 
vil  kiioi  wirt  man  vor  dem  gevrist.    edelstein  70,07. 

H.VUSFEIX ,  m.  Iiaussimpel,  Stubenhocker,  vergl.  feix  3, 1473 : 
aber  wie  kommt  der  hauszfei.x  darzu,  dasz  er  sich  in  allem 
mit  dem  valer  vergleichen  will.  Chr.  Weise  tT;/j.  (löSO)  212; 
wer  aber  ein  hausfeix  bleiben ,  den  ofen  hüten ,  und  nur 
der  katzen  abwarten  will.  C.  Scuorer  unvorgr.  discurs  (1G59). 
in  der  sdireibung  hausveix:  ein  ander,  der  sich  etliche  jähr 
in  frembden  ländern  versucht  hat,  kan  durch  seine  actiones 
leicht  darthun,  dasz  er  kein  hauszveix  sei.  Chr.  Weise  erzn. 
205  (184);  es  wUre  ein  hausveix,  ein  Spulwurm,  eine  back- 
üfenklinke,  imd  was  sonst  vor  ehrentilul  heraus  fuhren. 
pol.  ndscher  49;  maochen  penal  und  hauszveix.  ped.  schul- 
fuclui  72. 

HAUSFEST,  n. ;  wer  einigen  wohlwollenden  antheil  an  den 
kleinen  bans-  ja  sludierstubenfeslen  der  Schriftsteller  nimmt. 
J.  Paul  uns.  Unie.  vorr.  s.  29. 

IL^USFLIEGE,  f  musea  domeMica.  Nemnich. 

HAUSFLUCH,  m.:  als  in  einer  revier  Sachsenlands  das 
fluchen  vcrbotien  ward,  kamen  die  bauren  zum  schösser  oder 
amtman,  und  baten,  er  solt  ihnen  doch  einen  hauszlluch 
erlauben,  änderst  kiiiiten  sie  ihr  gesind  nicht  regiren.  Zink- 
C8EF  apophlli.  1  (lti26)  336. 

HAUSFLUR,  m.  und  f.:  auf  der  treppe,  die  vom  hausflure 
lu  dem  Wohnzimmer   führte.  Immerman"!  MimrhU.  l,  91 ;    und 


mit  drei  salzen  war  der  leichte  husar  aus  der  hausflur  durch 
dtsfl  hofraum  entschwunden.  Holtei  Lammfell  128; 

eine,  die  rasch  ein  groszes  gewand  sich 
webt  und  melodisch  singt,  dasz  ringsum  hallet  die  hausDur. 

Odyssee  10,  "227. 

HAUSFRANZOSE,  wi.  nannte  »nun  im  vorigen  Jahrhundert 
einen  in  guten  luJusern  als  hausmeister  und  sprachldirer  ange- 
stellten Franzosen,  übertragen:  dem  lustigen  um  die  sonne 
hüpfenden  Merkur,  dem  hausfranzosen  der  plaaetensystems. 
J.  Paul  Levana  2.31. 

HAUSFRANZüSIN,  f.:  weiland  hatte  sie  zu  Prag  als  haus- 
französin  oder  mamsell  in  condition  gcslantlen.  Siegfr.  von 
Lindenberg  2,192;  seine  satirischen  raujseo  und  bonnen  und 
hausfranzüsinnen.  J.  Paul  grönl.  proc.  1,  rorr.  s.  G.  die  haus- 
französin  ist  der  litel  eines  lustspiels  der  frau  Gottscheb. 

HAUSFRAU,  f.     1)  mhd.  hüsvrouwe,  die  frau  als  vorstand 

der  haushaltung,  gallin  des  hausherrn,  ehefrau:  die  hauszfrauw 

»oder  hauszmQter,  die  frauw  im  hausz,  domina.  Maaler  214*. 

a)  das  wirtschaftliche  verluiünis  betonend:  wer  ein  hausfrawen 
hat,  der  bringet  sein  gut  in  rat.  Sir.  26,26;  wo  kein  haus- 
fraw  ist,  da  gehets  dem  hauswirl,  als  gieng  er  in  der  irre. 
27;  dasz  die  leideuschaft  [eines  hnecUes)  zu  seiner  hausfrau 
sich  in  ihm  tagtäglich  vermehrt.  Götue  16,  IIS ;  was  wird 
nicht  gleich  abgestreift,  was  nicht  gleich  der  Vergessenheit 
überantuurtet,  sobald  ein  frauenzimmer  sich  im  stände  der 
hausfrau,  der  multer  beündel!  17,  2S4;  sie  hat  die  Schlüssel 
und  vertritt  von  jetzt  an  die  stelle  meiner  hausfrau.  Holtei 
Lammfell  66; 

die  räume  wachsen,  es  dehnt  sich  das  haus. 

und  drinnen  waltet 

die  züchtige  hausfrau.    Scuiller  gto(Jf:e ; 
und  es  versetzte  darauf  die  kluge,  verständige  hausfrau: 
Vater,  nicht  gerne  verschenk  ich  die  abgetragene  leintvaud. 

GoiUE  40,  234 ; 
endlich  aber  begann  die  würdige  hausfrau  und  sagte.    236. 

b)  die  älteren  quellen  nameiUlidi  lieben  durch  das  wort  auch 
nur  das  eheliche  Verhältnis  hervor:  do  er  dannocht  was  gronen 
in  der  plomen  seiner  jugende,  ward  im  zuogeaignet  ain  hailig- 
lehendige  hausfraw  mit  namen  Oltegeba.  herzog  Ernst  231,31 
Bartsch;  über  diese  rede  ward  sein  (des  Tobias)  hausfraw  zor- 
nig. Tob.  2,22;  Tobias  und  Hanna  sein  hausfraw.  10,3;  ein 
rilter  der  bette  zwo  töchter  von  zweien  hauszfrauwen.  b.  d. 
Hebe  2S5'';  oft  stund  er  (der  ehemann)  des  nachts  auf  von 
seiner  hausfrawen,  und  legt  sich  zu  denselbigen  dirnen.  2SS'; 
die  künigin  Hester,  desz  königs  von  Syrien  hauszfraw.  2SS*; 
sehet,  ich  hab  bei  meiner  hauszfraw  selig  ein  fünfzig  und 
mehr  jar  gevvont,  und  ist  mir  dasz  leiste  jar  gewesen  als 
ob  ich  noch,  wie  man  saget,  im  küssmonat  lebte.  Fiscuart 
eluz.  (1591)  Fl';  das  der  allerhöchsJgelröbnte  meine  herzliebe 
hausfrau  ihrer  bisher  getragenen  leibeshürde  allePL-i  iiillirst 
entblöset.  Bdtscuky  kanzL  609; 

ja  enist  hie  niemnu 

wan  ir  und  die  hüsfrowe  min.    Erec  4771  , 

hausfrau,  du  ze.ihest  mich  einer  sach, 

wie  ich  auf  fremder  geigen  mach,    fastn.  sp.  161,21, 

rbenso  hausfrau   als   anrede   des  mannes  an  seine  gattin  163,  l ; 

165, 12; 

deszhalb  er  (.ihrnhnni)  in  dem  selben  landt 
sein  schüue  hauszfrau  Schwester  nannt. 

SCUWARZESBEBG    156*  ; 

ja,  eure  hausfrau  lächelte  so  listig. 

Schiller  Piccul.  3,  1. 

2)  hausfrau,  die  liduslicU  gesinnte  frau:  es  ist  nichts  nalür 
lieber,  als  dasz  er  {der  bräuligam)  auch  solid  denkt,  und 
lieber  sich  eine  hausfrau,  als  der  well  eine  putzducke  zu 
bilden  wünscht.  Götue  19,287; 

also  sinil  houszlrnneu  kein  haiiszrrawen, 

sonder  auszi'ruweu,  wann  sie  drniisz  (ihm  dem  hGu.^e]  schawen. 
Fiscuart  cliez.  (1591)  Dl». 

3)  liausfrau,   casaria,   mulier  domeslica,  domus  custos.  SriE- 

LER    546. 

HAUSFRÄULEIN,  n.  irirtschafterin  in  einem  Hauswesen,  aus 

geberin.  Jacübsson   6,  57'. 
I       HAUSFREUDE,  f  luiusliche  freude.  Götter  2, 165. 
I        HAUSFREUND,  m.    freund   einer  familie ,  ein  zwar  erst  seit 
I    rongetn  jaltrhundert  für  das  hochdeutsche  helegbares  wort,  niederl. 

aber   weiter  zurückreichend:    htiysvriend  familiaris  Kilian;    der 
I    ärztliche  bausfreund  eilt  herbei.  Göthe17,  4ü3;  rath  Schnei- 


663     HAUSFREÜNDSCUAFT  —  II AUSGEBACKEJV 


HAUSGEBÄRERIN  —  HAUSGELD 


Gü4 


der,  unser  hausficund.  24, 109 ;  mein  vater  war  sehr  glorios 
über  dieses  gelingen,  und  der  gute  hausfreund,  der  eben  zu 
tische  kam,  muszte  die  freude  theilen.  22S  ;  der  rlicinlandisclie 
hausfreund  von  Hebel; 

als  den  Raphael  schenkte  der  israelitische  hausfreund. 
Voss  Luise,  2.  lilylle. 

auch  in  Keuiger  gulern  shine,  den  liebhabe)-  einer  ehefrau  be- 
zeichnend: so  glaubte  icii  herauszufinden,  dasz  die  lochler 
wohl  dem  vater,  die  beiden  andern  Jiindcr  aber  dem  haus- 
freund angehören  mochten.  Güthe  24,140;  s\c  fühlte  sich 
glücklich,  dasz  sie  ungehindert  eine  lebhafte  sinnlichkeil 
heiter  beschäftigen  durfte.  einen  hausfreund  konnte  sie 
nicht  entbehren.  15,264;  sie  nahm  den  arm  ihres  haus- 
trcundes  an.  270. 

HAUSFREUINÜSCHAFT,  f.  gesamtheit  der  freunde  eines  hauses : 

unier  der  hausrreund.«cliart,  die  gern  auch  Luise  behält,  ist 
redlicher  keiner  denn  ich !  Voss  Luise,  2.  Idylle. 

HAUSFRIEDE,  m.  l)  schütz  und  Sicherheit  im  eigenen  hause;' 
mhd.  hilsvride:  vort  hain  wir  gesichirt  bid  gudin  truin  den 
husvridin  van  unsir  bürg  Rennenberg,  dal  nieman  deme 
anderin  sin  deil  intvirrin  sal  an  eine  vreimde  hant.  Höfer 
Urkunden  19  (r.  1270);  nhd.  item  um  den  hauszfriede,  den  die 
von  Quedlinburg,  als  unsere  frau  meinet,  brechen  sollen, 
wann  sie  ihre  burger  in  ihren  häusern  greifen  und  fangen. 
(.hiedlinb.  quelle  von  1455  bei  Hai.taüs  843;  den  hausfrieden 
schirmen.  Fischart  ehez.  (1591)  kc';  vom  hausfriede.  Löhneys 
regierkunsl  (1679)  284'. 

2)  friede,  einigkcit  im  hause: 

ein  jeder  der  hauszfried  wil  lian, 
der  thu  nur  was  die  frawe  wil. 
'mit  der  geigen  da  schweiget  still, 
in  den  hausztried  schlug  wol  der  blitz.' 
GiLBUsius  57; 

der  mann  liebt  den  hausfrieden,  um  sich  in  seinen  geschäften 
nicht  behindert  zu  sehen.  Kant  10,340;  ein  verpönter  ein- 
griff in  meine  rechte  auf  ruhe  und  hausfriedjen.  TmCmmel 
3,87;  (Abraham)  findet  .«ich  ..  als  gälte  zweier  frauen,  als 
vater  zweier  söhne,  und  in  diesem  augenblick  ist  sein  haus- 
friede gestört.  GöTUE  24,211; 

alles  versüszt  ja 
uns  einniüthiger  sinn,  hausfried  und  die  Hebe  gesundheit. 
Voss  Luise,  3.  Idylle  I. 

HAUSFRIEDENSRRECHER,  m.  nach  hausfriede  1. 

HAUSFRIEDENSBRUCH,  m.:  wann  einer  den  andern  bei 
tage  oder  nacht  mit  vorsatz,  muhtwilliger  weise  sein  hausz 
aufsliesze,  und  jemands  darein  schlüge,  oder  gewalt  übete, 
solches  sol  für  ein  hausziriedbruch  erkant  . .  werden.  Löii- 
HEYS  regierl:unf:t   (1(179)  2S4'. 

HAUSFRÖ.MMIGKEIT,  f:  wir  wollen  der  hausfrömraigkeit 
das  gebührende  loh  nicht  entziehen:  ..  aber  sie  reicht  nicht 
mehr  hin,  wir  müssen  den  begriff  einer  weltfrömmigkeit 
fassen.  Göthe  22, 149. 

HAUSFUCHS,  ni.  1)  wie  bausfeix  Stubenhocker,  haussimpel: 
aber  w  ie  kommt  der  hausfux  darzu ,  dasz  er  sich  in  allem 
mit  dem  vater  vergleichen  will.  Chr.  Weise  ercn.  (I704)  239, 
wo  die  ausgäbe  von  1680  5.  2t2  bausfeix  liest. 

2)  hausfuchs  heiszt  auch  eine  geringe  arl  eierkuchen.  Ocon. 
lex.  (1731)  952. 

HAUSKÜRST,  m.  rjyovfievoe  rov  oi'xov:  erwürget  Macseia 
den  son  des  königcs,  und  Asrikani  den  hausfürsten,  und 
Elkana  den  neheslen  nach  dem  könige.  2  cliron.  28,  7.  als 
bezeichnung  eines  hausherrn :  denn  in  derselbigen  (häusHchkeit) 
erkennt  der  hauszfUrst  seines  tachtropfes  reichsgrcnzen. 
Garg.  03'. 

HAUSGANG,  «i.  gan(i  eines  hauses,  der  nach  den  zimninn 
führt,  corndor:  siehentc  sccne.  hausgang  in  Mathilden»  schlosz. 
Fh.  MGller  3,72;  zu  Bonndorf  im  Donaukieis  warf  eine  frau 
am  12.  april  1810  die  heisze  asche  in  ein  hölzernes  gefüsz, 
Rtellte  C8  auf  den  hausgang  und  dachte  an  nichts.  Hebel 
(1853)   2,  185. 

HAUSGA^S.  f.  anas  anser  domefticus.  Nehnich. 

HAUSGAHTEiN,  vi.  garten  an  einem  luiuu.  Götue  3, 13S; 
den  kleinen  hausgaiten  und  die  wirtliche  luiibe  verlassend. 
33, 193;  die  inagd  war  im  bausgartcn  beschiiftigt.  26, 3U0; 
«lieg  in  den  kleinen  hauHgarteii,  Fhevtai.  handschr.  1,24. 

HAUSGAST,  m.  luisjin  cornaculurius.  Stiei.lr  ü14. 

HAUSGKBACKEN,  pari.,  w»e  hausbacken  »p.  052;  haus- 
gebackaiies  brot.     auch  übertragen: 


welch  hausgcbackncs  volk  macht  hier  sich  breit? 

Shukesj).  sommernuclitstr.  3,  1, 

im  original  mit  einem  andein  bilde: 

wbat  hempen  home-spuns  have  we  swaggering  hcre? 

HAUSGEBÄRERIN,  f.  hausmuller,  ehefrau,  nach  mhd.  bere- 
rinue  und  bairerinne,  mutter:  benügt  sich  mit  einer,  wie  der 
hiinmel  mit  der  einigen  groszgebeuchten  schwangeren  erd, 
..  lebt  also  an  eifer,  darf  mit  keim  anderen  um  die  henn 
gübelen,  hat  sein  eigen  leibsguardi,  hauszgbiirin  (doch  kein 
Saloinous  bärin),  miittrösterin.  Garg.  69'. 

HAUSGEBÄU,  n.  das  gebäude  das  ein  hatts  bildet :  gelegenheit 
[luge)  des  hauszgebäws.  Sebiz  feldb.  26. 

HAUSGEBRAUCH,  n».   wie  hausbrauch, 

1)  bedarf  und  benulzung  im  hauswcsen:  welch  ein  unter- 
schied ist  nicht  zwischen  einem  menschen  der  sich  von  inner 
aus  auferbauen  und  einem,  der  auf  die  weit  wirken  und  sie 
zum  hausgebrauch  belehren  will!  Gothe  28,53;  wir  sind 
in  Deutschland  sehr  verstandig  und  haben  guten  willen, 
beides  für  den  hausgebrauch  ;  wenn  aber  etwas  besonderes 
zum  Vorschein  kommt,  so  wissen  wir  gar  nicht,  was  wir 
damit  anfangen  sollen.  49,182;  einzelne  capitel  {von  Kanti 
krilik  dei-  reinen  vernunß)  glaubt  ich  vor  andern  zu  verstehen 
und  gewann  gar  manches  zu  meinem  hausgebrauch.  50,52; 
denn  bisher  hatte  man  das  deutsche  nur  zum  volk.slied  und 
zum  hausgebrauche  gehabt.  Gervinus  gcsch.  d.  deutschen  dich- 
lung  1,  68. 

2)  brauch,  silte  im  hause: 

erlaubt,  dasz  ich  nach  altem  hausgebrauch 
den  t'rühtrunk  erst  mit  meinen  knechten  theile. 
Schiller  Teil  2,  1. 

HAUSGEBÜHR,  f.  administralio  domus.  Stieler  861. 

HAUSGEBÜHRLICH,  adj.:  und  ist  wie  in  dem  hauszge- 
bürlichen  A.  B.  C.  stehet,  ein  böser  anbisz,  alles  zur  raorgen- 
suppen  verschlingen.  Fischaut  gruszm.  41. 

HAUSGEFAHR,  f  dubia  securitus  rei  familiaris.  Stie/.eb  402. 

HAUSGEFÄSZ,  n.?  ajif  eine  häuslerfamilie  bezogen :  das  arme 
hausgefäsz  hingegen  seufzete  zu  gott  und  klagt  ihm  seine 
noth,  als  sie  trost  und  hülf  durch  den  unversehens  her- 
kommenen  thaler  emplingen.  iJini/)/,  3,  361  Kurz,  es  ist  jeden- 
falls ein  durch  die  atisgaben  laufender  druckfelder  für  haus- 
gesäsz,  s.  d. 

HAUSGEFIEDER,  n.  geflügel  das  in  einem  hauswenen  unter- 
hallen wird: 

lärmend  nift  das  hausgeüeder 

ihr  vom  weiher  dank  empor.    Borger  3'. 

FIAUSGEHEIMNIS,  n.  .•  kein  briefgeheimnis,  kein  haus- 
geheimnis  I  alle  diese  obsoleten  begriffe  müssen  fallen !  alles 
miisz  öffentlich  sein !  Immermann  Münclih.  2,  6. 

HAUSGEHüRIG,  adj.  domesticus,  familiaris.  Dasyp. 

HAUSGEIST,  ni.  l)  Spiritus  familiaris  Frisch  1,  42S';  haus- 
geister  lares  Stieler  038.  häußg  auf  sorgende  menschen  einer 
familie  übertragen :  dies  ist  ein  räthsel.  ihr  hausgeist  wird 
ihnen  dasselbe  auflösen  können,  frau  Gottsched  briefe  1.33; 
diesmal  bin  ich  doch  mit  den  eingebungen  ihres  treuen"  haus- 
gcistes  zufrieden.  1,  2tti;  Margarethe,  so  will  ich  meinen  sorg- 
lichen hausgeist  nennen  ,  war  mit  ihrem  manne  sehr  unzu- 
frieden. Göthe  15,  280;  die  kleinen  hausgeister  der  höfe. 
J.  I'al'l  herbstblumine  3, 100. 

2)  geiü  dtr  hduslichkeit.    J.  Gotthelf  II,  241. 

HAUSGELARM,  n.;  es  sind  mir  treiniche  erhoinngsstunden, 
wenn  ich  mich  zuweilen  der  arbeit  und  dem  hausgehirm  ent- 
ziehe, und  bei  einem  guten  freund  in  ruhe  ein  pfeifchen 
schmaurhe.    a.  mann  im  Tockenb.  261. 

HAUSGELD,  n.  l)  geld  das  für  eine  wohnung  gezahlt  wird, 
mietzins.  hausgclt,  pecunia  habitalionis  Stieler  682.  auch  die 
cntschädigung  die  einer  adlichen  udue  für  das  aufgeben  Utrei 
Wohnsitzes  im  stammschlosse  jährlich  gezahlt  wird.  Fri.sch  1,428'. 
Haltaus  845. 

2)  hausgeld  war  eine  abgäbe  die  die  kaufmannschafl  zu  Frank- 
furt a.  M.  von  jedem  in  der  stadl  aligescldosi>enen  kaufgcschdße 
erheben  durße.  Haltaus  845. 

3)  Steuer  die  von  einem  jeden  wohnhatue  tu  entrichten  iW.- 
die  kt^niglichen  Friesen  waren  freilich  nicht  . . .  mit  ihrem 
landgelde  zurück  geblieben ,  hatten  aber  .  .  .  seil  vierzehn 
jähren  das  hausgeld  nicht  mehr  entrichtet.  Üaiii.(|*rn  ddn. 
getch.  2,15;  legte  ihnen  ein  hausgeld  von  einem  pfund  eng- 
lisch . .  von  jedem  hause  auf.    dat. 


065   HAUSGELEGENHEIT— HAUSGENOSSE 

HÄUSGELEGENHEIT,  f.  läge  der  räume  eines  hauses:  du 
kennst  bei  mir  schon  hausgelegenheit  {weist  in  meinem  hause 
beschäd).   Claudius  S,  124. 

HAÜSGELEIT,  n.  schütz  den  das  haus  gewährt  (vgl.  geleil): 
uüd  gleich  wie  die  schneck  braucht  ir  hausz 
ITir  einen  schilt  in  allem  strausz, 
also  Solls  hausz  und  die  hauszhaltung 
sein  des  weibes  Zuflucht,  aufenthaltung: 
denn  auszerhalb  dem  hauszgeleit 
hat  man  kein  rechte  Sicherheit. 

FiscuART  ehez.  (lo91)  Cb*. 

HAUSGEMACH,  n.  bequeme  wohnung,  bequemlichkeÜ  die  durch 
eine  wohnung  geschaffen  wird;  mhd.  hüsgemach  nur  in  dem 
sinne  von  wohnung,  wb.  2,1,14':  eigen  rauch  und  gut  hausz- 
geraach  ist  über  alle  sach.  S.  Fbank  sprichw.  1,144  ;  haus- 
gemach ist  über  alle  sach.  Neandeb  sprichw.  ed.  Latendorf  17 ; 
seinen  erbherrn  des  jars  einmal,  das  ist,  selten  sehen,  dann 
ein  solcher  hat  frid  und  ruh,  und  gut  hauszgemach.  Agr. 
spr.  (1500)  21';  nichts  bessers  dann  gilt  hauszgemach.  ein 
hauszgemach  hat  [besitzt,  schlieszt  in  sich)  ein  zimliche  not- 
turft  und  auszkomnien,  darfür  der  hauszvater  niemand  bedarf 
rechenschaft  geben.  liT*;  ich  will  bedacht  sein,  euch  ein 
losament  aufzurichten,  darinnen  ihr  gut  hausgemach  haben 
sollet,   engl.  kam.  2,  Jis'; 

der  low  erseufzet  da  und  sprach: 

jetzt  solt  ich  haben  hauszgemach, 

und  in  meim  alter  friedlich  leben. 

B.  Waldis  1,12,  18; 

und  machen  mir  ein  leimen  nest, 

dort  oben  under  jenem  dach, 

und  haben  fried  und  hauszgemach.    1, 16,  74. 

HAUSGEMACHT,  part.:  dabei  war  die  (englische)  nation 
sehr  frugal  und  kleidete  sich,  mit  ausnähme  der  hofleute, 
in  hausgemachtem  zeuge.  Niebohr  leben  2, 132. 

HAUSGEMÄSZ,  adj.  wie  es  einer  haushallung  angemessen  ist  : 
die  reichen  ellern  ermanen  ire  kinder  zur  nüchterkeit  .  • . 
zu  hauszgemäser  Sparsamkeit.  Fiscbart  ehez.  (1591)  R4'. 

HAUSGEMEINDE,  f.  die  familie  als  gemeinde  gedacht:  die 
predigten  sind  kurz,  zum  vorlesen  in  der  hausgemeinde  ge- 
eignet,   theol.  Ittteraturbl.  1867,  s.  24S. 

HAUSGEMERK,  «.  die  cypresse  wird  so  genannt,  weil  sie  als 
merkzeichen  eines  todesfalls  in  der  familie  von  dem  grabe  empor- 
wächst : 

0  traurigs  erdgewächs!   ach  unglückseligs  zeichen 
und  leidigs  hauszgemärk!  Rompler  101. 

HAUSGEMURR,  n.  eine  bezeichnung  de)-  brummenden  ehefrau: 
was  mir  der  herr  von  der  andern  Xantippe  schreibet,  habe 
ich  meinem  hausgemurre  von  worte  zu  worte  vorgelesen. 
BüTSCHKY  kanzl.  559  ;  ein  ungelegenes  weih  und  hausgemurre. 
698 ;  ein  ungelegenes  hausgemurre  immer  zu  übertragen,  (ist) 
mehr  als  beschwerlich.  877. 

HALSGENOSSE,  m.,  ahd.  hftsginög,  hösknoj,  contubernalis, 
domeslicus,  curialis  Gbaff  2, 1126 ;  vihd.  hüsgenos  und  -genöje, 
in  mehrfachem  ^inne. 

1)  mübewohner  desselben  hauses: 

das  ist  unwende 

in  enphähe  an  des  tiuvels  wer 

allej  himelische  her 

zeinem  hüsgenöje  immer  mer. 

Haupts  zeitschr.  1,  476,  1171 ; 

da?  wäre  bluot, 
als  et,  von  Kristes  wunden  vlöj, 
macht  in  der  engel  husgenöj.    Seifr.  Helbling  2,  856; 

ein  jglich  vveib  sol  von  irer  nachbarin  und  hausgenossen 
fordern  silbern  und  gülden  gefesz  und  kleider.  2  Mos.  3,22; 
du  Fashur  solt  mit  allen  deinen  hausgenossen  gefangen  gehen 
und  gen  Babel  komen.  Jer.  20,0;  jedermann  suchte  sich  de« 
verdachtes  zu  erwehren,  es  gab  unter  den  hausgenossen  hef- 
tige scenen.  Güthe  20,  2S7 ;  wir  sahen  uns  bald  von  allen 
hausgenossen  umgeben.  24,103; 

entsetzen,  meines  mordsinns  hausgenosz. 

Shakesp.  Alacb.  5,  5, 
direness,  Tamiliar  to  my  slaughterous  thougbts; 
aucii  von  einem,  der  nur  auf  besuch  mil  andern  zusammenwohnt: 
als  hausgenosse  halle  ich  mich  neben  sie  gestellt  (bäm  be- 
uche einer  kirclw,  in  der  fremde).    Tuümmel  3, 134. 

2)  specietl  im  gegensatz  zum  bcsilzer  des  hauses,  mielsmann. 
ScuM.  2,  247;  hauszgcnosz,  tn(/ui<inuj>  Heniscii  1495, 14;  swelch 
man  zu  der  stat  gehört,  be  si  bescj^en  (luiusbesitzer)  oder  si 
hCisgeno;.  Freiburger  stadtrecht  269;  bildlich:  so  ist  auch  das 
gewissen  hauszgenosse,  welcher  sich  gar  leichtlich  beleidigen 


HAUSGENOSSE— HAUSGERÄTH    666 

last,   dasz   er   hausz  und  wohnung  des  herzens  umbkebret 
und  übern  häufen  wirft,  polit.  stockf.  187; 
er  muste  sein  geschieden 
von  freund  und  Vaterland.    Aegyptus  bauszgenosz 
ist  der,  der  alle  weit  behauszt  in  seiner  schosz.    1-lesinc  4. 
3)  die   angehörigen    eines  hauswesens ,   im  gegensatz  zum  vor- 
stände des  hauses,  dem  hausvater  und  der  hausnmtter;  nament- 
lich werden  unter  hausgenossen  die  begriffen  die  schütz  in  einem 
hause    empfangen    oder   dienste   darin    leisten:     hauszgenossen, 
domesiiä  Dasyp.;   der  bauszgenosz,  ausz  einem ^hauszgesind, 
familiaris  Maaleb  214';  der  bauszgenosz,  was  zu  dem  hausz 
dienet  oder  gehört,  domeslicus.  das.;  ein  hausgenos  und  mied- 
ling  sollen  nicht  davon  (vom  passah)  essen.  2  Mos.  12,45;  kein 
ander  sol  von  dem  heiligen  essen,  noch  des  priesters  haus- 
genos, noch  tagloner.  Z  Mos.  22,10;  dein  knecht,  deine  magd, 
dein  taglöhner,    dein  hausgenos,   dein  frembdllnger  bei  dir. 
25,  6;  das  sind  die  sechs  freistedte,  beide  den  kindern  Israel 
und    den   frembdlingen   und    den   hausgenossen  unter  euch. 
4  3/os.  35,15;  haben  sie  den  hausvater  Beelzebub  geheiszen, 
wie  viel  mehr  werden  sie  seine  hausgenossen  also  heiszen? 
Malth.  10,25;   so  seid  ir  nu  nicht  mehr  geste,  und  frembd- 
linge,   sondern   bürger  mit  den  heiligen,   und  goltes  haus- 
genossen (goth.  ingardjans  gu{)s).  Eph.  2, 19 ;  so  aber  jemand 
die  seinen,   sonderlich  seine  hausgenossen,  nicht  versorget 
(goth.  jabai  hvas  svesaim ,   Jiisbun  ingardjam ,   ni  gal)laihi{>). 
1  Tim.  5,  8 ;    wann  ausz  fahrläsigkeit  der  hauszgenossen  das 
hausz  verprinnet  oder  sonst  zu  grund  gehet.   Fischart  ehez. 
(1591)  L5*;  wo  eine  übelbestellte  hauszhaltung  ist,  da  machen 
es  die  hauszgenossen,  wann  sie  zum  tisch  oder  in  die  kirchen 
gehen  sollen,  gleich  wie  jener  Schneider  ..  Schcppiüs  110. — 
Auf  die  hörigen  eines  hofes  bezogen :  wer  denne  on  des  gotzhus 
stat  richtet,  der  sol  dien  husgenoszen  gebieten  innront  acht 
tagen  bi  der  busze,  ein  husgenos  dem  andern,  die  zesemen 
hoerent  in  den  hof.   weisth.  1,1. 

4)  hausgenossen  werden  die  viünzer  genannt,  da  die  fürst- 
liche münze  ursprünglich  im  hause  des  fürsten  selbst  war  (vergl. 
Haltaüs  846):  wan  ein  camerer  stirbt,  so  sollen  in  die  hus- 
genossen  die  uf  die  münz  gehören  zu  grab  tragen,  weisth. 
1,533  (Mainz,  lö.jahrh.);  der  voit  sol  auch  haben  alleiue  die 
Juden,  und  die  münze,  und  sol  setzen  zwelf  munzere,  die 
heijent  husgenojjen.  3,609  (Öhringen  1253). 

5)  hausgenossen,  coloni  liberi  villarum,  quae  immediale  subsunt 
imperU).  Haltaus  848. 

6)  hausgenossen,  nobiles  sibi  pares,  quibus  conlradistinguuntur 
übergenossen,    das. 

HAUSGENOSSENSCHAFT,  f.  stand  und  gesamtheü  der  haus- 
genossen. 

1)  naoA  hausgenosse  1 :  ein  groszer  schwarzer  kater,  welcher 
ihm  treu  anhing,  machte  seine  ganze  hausgenossenschaft  aus. 
I.MMERMANN  MüncMi.  1,221;  sollte  es  nicht  überall  so  sein, 
wo  ein  kreis  von  menschen  sich  zur  hausgenossenschaft  zu- 
sammenschlieszt?  Beyschlac  ev.  predigten,  1.  sammhing  s.  10. 

2)  nach  hausgenosse  4  eine  gesamtheit  der  münzei:  hCis- 
genö^schaf  in  L.4Comblets  urkundenb.  2,  263  (13.  jahrh.). 

3)  nach  hausgenosse  6: 

so  man  dem  (bauer)  ^esegent  swert, 

der  Wirt  unwert  ein  riter. 

herre,  saelic  siter! 

er  biet  in  siner  hüsgnöjschafl 

an  sinen  wiruen  besser  kraft. 

Seifr.  Helbling  8,  343;  vergl.  572. 
HAUSGENOSSIN,  f.  nach  hausgenosse  1 :  durch  diese  blicke 
ihm  dankend,  dasz  er  ihnen  solche  hausgenossin  mitgebracht. 
Holt  El  Lamvifell  52. 

HAUSGERÄTH,  m.  hausrat,  hausgcrät:  er  hatte  keinen  ein- 
zigen diener,  noch  den  geringsten  hauszgeralh  mehr.  pers. 
baumg.  2, 9 ;  weil  sie  in  hütten  gewohnet,  und  mit  geringem 
hauszgerathe  sich  beholfen  haben.  Micrälius  altes  Pommern  1,11. 
HAUSGERÄTH,  n.  geräth,  wie  es  im  hauswesen  erforderlich, 
mhd.  liösgeraete,  was  auch  auf  die  hausthiere  mit  bezogen  wird, 
vergl.  wb.  2,1,574';  nhd.  wenn  eine  hausmulter  silzt  und 
spinnet,  nehet,  läppet  oder  flicket  das  hausgerelhe.  Roth 
hausmulter  ABC  D  8 ;  wer  zwänge  uns  zu  plumpen,  barbarischen 
formen  des  hausgeriilhs,  da  wir  in  allem,  allem,  in  stuhlen 
und  tischen,  leuchtern  und  lampen,  bis  zum  kleinsten  gefäsz. 
so  reinere,  schönere  formen  vor  uns  sehen,  und  sie  nur 
nachmachen  dürfen?  Herder  zur  seh.  litt.  (1830)  s.  140;  bei 
Zacuariä  selbst  von  der  tabaksdose: 
du  hausgeräth  bei  thoren  und  bei  weisen, 
dich,  dose,  soll  die  leier  dankbar  preisen,    poet.schr.  1772,  2, 29^^ 


ÜÜ7      ilAüSGERÄÜMIGKElT  — UAÜSGESINDE 


II AUSGESINDE  —  IIAUSCOTTESDIENST     C6S 


IIAUSGEUÄUMIGKEIT,  f.:  jene  kleinen  liäuser  und  ziin- 
iner  in  Funipeji  erschienen  mir  nun  zugleich  enger  und  weiter; 
enger,  weil  ich  sie  mir  von  so  viel  würdigen  gegenständen 
vullgedrangt  dachte,  weiter  weil  gerade  diese  gegenstände 
tiicht  Llosz  als  nuthdürftig  vorhanden ,  sondern  . . .  verziert 
und  belebt ,  den  sinn  erfreuen  und  erweitern ,  wie  es  die 
gröszte  hausgcräuniigteit  nicht  thun  könnte,  üüthe  2S,  Gl. 

liAUSGESANG,  in.:  ich  schicke  ihn  vielleicht  auf  Michaelis, 
weil  er  wohl  künftigen  winter  der  auführer  meines  kleinen 
liausgesanses  werden  möchte.    Götue  an  Zelter  121. 

HAL'SGESÄSZ,  n.  die  mil  einem  hause  auijcscssene  faniilic, 
das  im  eiijenen  hause  ge/ührle  hauswesen.  AßNoi.D  pfmij.'ilmunlaii 
lli) ;  ein  dorf  von  ongevchr  24  hausgcsesz.  wie.  bei  Keukkin 
1S"J,  uu  auch  die  form  hausgesetz  angetjeben  wird;  wer  es,  dasz 
der  man  im  bauszgescsz  der  probstei  mit  todt  ubgieng.  wcislh. 
2,  litt.     .V.  unlen  hausgesessen. 

HAIJSGESCIIÄFT,  n. ;  hansgeschiift  nc(jolie  domeslice.  Hul- 
sius  71";  res  dumealica,  hausgescheft  Alu.  Ul';  tägliche  und 
gemeine  bauszgeschäft ,  m'yvUa  fatniliaria  Maaler  2U'';  also 
soll  auch  ein  manu  seiner  frawen  dise  bauszgeschäft,  die  sie 
wul  verrichten  kan ,  zu  verwalten  verlrawen.  Fiscuakt  ehez. 
(1'>'J1)  F4*;  das  auch  kein  bauszgeschäft  so  schlecht  und  ver- 
ächtlich war,  das  sie  nicht  willig  und  mit  lust  tbäte,  wann 
es  der  mann  biese.  Se';  Charlotte  gab  dem  neuen  ankömm- 
ling  nur  wenige  winke,  wie  es  mit  dem  hausgeschäfte  zu 
hallen  sei.  Götue  17,  Cli;  in  allen  haus-  und  bandvverks- 
geschäften  grifl"  ich  tüchtig  ein.  23, 174. 

HALSGESCHÄFTLICHKEIT,  f.:  das  sie  auch  ire  kinder 
ilurch  ire  e.xempel  werden  zur  hauszgeschäfllichkeit  an- 
schicken, ermahnen  und  reizen.    Fiscuakt  ehez.  (1591)  Fe'. 

IIAL'SGESCHIHH,  ?(.  hausgerälh,  mhd.  hüsgeschirre:  busz- 
geschir,  ulemile,  suj>iieUex  voc.  iuc.  Ihcut.  ks';  klein  zei^pröchlig 
hauszgeschirr  und  gerümpel  das  nit  vil  wärt  noch  nütz  ist, 
nacbgültige  gschirr  und  schlächlcr  bauszraat,  frivola.  Maa- 
1.EB  214'; 

ich  waisz  ain  orden  darin  ich  mangem  also  we, 

er  ist  vil  leuteii  wul  erkaut  und  haist:  die  e; 

der  ist  so  Litter  und  so  sctiarf, 

waim  mun  so  vil  darz&  Ledarr 

Tou  hausgeschirre.    üuland  vulUl.  718, 
in  den  darauf  folgenden  versen  wird  was  zum  liausgeschirr  gehört, 
aufgezählt ; 

i\.  ich  seh  die  wohniuig  öd  und  menschenleer. 

ü.  auch  ohne  nahrung,  ohne  hausgesuhirr? 

Stolbeho  14,  254. 
bausgeschirr  verbliiml  für  penis :  er  bat  ihm  unser  jung  füllin 
im   stall,   all  sein  hauszgescbirr  unden  am  bauch  ganz  und 
gar  abbciszen  lassen.  Fbev  garleng.  33  {geschicIUen  u.  hislorieu 
15S3  .s.  540'). 

HAESGESCnUEI,  n.; 

nun  wiinsch  icli  unscrm  hauhcrrn  ein  fett  rind, 

und  der  lieliwcrtheri  haurrati  ein  kind, 

und  der  tochtcr  zwei,  und  ihrer  inagd  drei, 

80  gibt  es  ein  ganzes  hausgeschrei. 

clliche  schöne  neue  ijewöhnliclie  Sprüche  eines 
ehrsunicn  zinunerhandwerks   (u.  o.  u.  j.)  B5. 

HAUSGESELLE,  m.  geselle,  besonders  eines  webers,  der  nicht 
beim  meisler  oder  fabrikanten,  sondern  in  seiner  eigenen  wvhnung 
arbeitel. 

HAL'SGESESSE.N,  pari,  mit  einem  hause  angesessen :  item  die 
bauszgesesscn  seint  zue  Uockenau  in  der  gemein,  der  giebt 
jeglicb  bauszgescsz  unserm  gn.  berren  jährlich  ein  fasznacht- 
hneii.  weislh.  2,10!);  worauf  aber  dieser  {der  ralh  zu  Halle) 
aiilworlele:  die  Siroharle  wären  ihre  gescbworne  hausgeses- 
sene bürger  und  dicncr,  mit  denen  sie  nach  der  willkübr 
verluhren.   DiiEvnAUJ'r  Saallcreis  1,130. 

HAL'SGESICHT ,  n.  wie  man  es  im  hause  zeigt,  aUlihjliches 
ijesiclit:  wenn  er  ausgebt,  sein  bausgesiebt  zurückläszt.  liiri-EL 
{über  die  ehe)  5, 143. 

HAIJSGE.SINÜE,  n.,  mlul.  b6sgcsinde. 
!)  die  zu  einem  haunwesen  gehörende  gesamte  dicneri'Cha/t :  das 
liaus/.gesind,  dienslvolk ,  famtlia  Maaleh  214';  wan  zQ  dem 
h:iu-/.gesind  gebort  oder  dienet,  famdiam  H  hoc  familiäre  das.; 
all  hcifi  bauH/.gonind  sull  er  einig  untereinander  beballen, 
oihI  nicht  gedulden,  dasz  sie  neid  und  husz  gegen  einander 
|i.>k;>'ii.  Seiiiz  feUb.  o:t;  »eugamnic  oder  Mutrcueii  liausgesindc. 
||--i  ii<'!.    Ghtphiuh  IGüh  1,  h39; 

r|>  und  kindfrr  und  dai  hausgiMind.     fu'iln.  ip,  210,32; 
-o  ein  ^aut  friilijc  liuriiff  wyli, 
din  sirh  d<Tm;ihZ*!M  »tätig»  Irjl» 
<6r  arbeit,  nunipt  iriri  hniiiiiKnoind. 

l-'UftkRI.M  l.ittaru»  Vi', 


ein  liausz  und  hauszgesiud  voll  trawren. 

Weckheklin  hlä, 
und  wie  sein  edles  jnngl'rüuliches  weil»  . . . 
voll  ahndnng  von  des  heldengutten  lall, 
wach  all  ihr  hausgesinde  Jammern  wird. 
ül'KGKK   103'; 

und  rief  zusammen  weih  und  kind, 
dazu  sein  ganzes  hausgesind. 

A.  Konscu  'als  Noah  aus  dem  kuslen  war.' 

2)  im  weiteren  sinne  wird  hausgesinde  für  alle  unter  einem 
haushaltungsvurslandc  vereinigten  hausangchörigen  ißselzl:  iiausz- 
gesind,  familia ,  domus  aliquundo.  Dasypod.  ;  ul.  buysghesind 
familia,  domus  Kilian  ;  ej  {das  meerrind)  ist  gar  ain  küen  licr 
und  gar  zornik  und  doch  niht  gegen  fremden  tiern ,  neur 
gegen  seim  hausgesind ,  wan  ej  vichtet  alle  zeit  mit  seiner 
frawen,  unz  ej  si  ertffif.  Megenuekc  237,13;  der  son  ver- 
acht  den  vater,  die  tochter  setzt  sich  wider  die  mutler,  die 
schnür  ist  wider  die  scbwigcr,  und  des  menschen  feinde  sind 
sein  eigen  hausgesinde  {txO'()ol  Ttftvzss  ai'Sous  ol  iv  liö 
oi'icco  avTov  septuag.).  Micha  7,6;  ich  habe  aber  auch  getauft 
des  Stephana  hausgesinde  {griecli.  rov  .^TEfavit  olxor,  gulh. 
|)ans  Staifanaus  gadaukans).  1  Cor.  1,  IG;  o  wie  viel  ruhe 
konten  ihr  {ehefrauen)  euch,  evverem  ebevogt,  imd  dem  ganzen 
hauszgesind  darmit  schaffen?  Fiscuart  ehez.  (1591)  G7';  und 
kan  bei  mir  selbs  nit  gedenken,  mit  was  gemüt  der  mann 
gegen  seinem  weih  zürnen,  oder  dieselbig  strafen  darf,  vvelclier 
sie  und  dasz  hauszgesind  mangel  leiden  laszt,  und  sein  hausz 
nicht  nach  notturft  versihet.  Yl';  wenn  ein  söhn  über  10 
jähr  alt  worden  ist,  so  musz  man  ihn  von  aller  bösen  ge- 
sellschaft  abziehen,  denn  er  würde  sonsten  in  einem  augen- 
blick  seinen  vater  und  das  ganze  bauszgesinde  zu  gründe 
richten,  pers.  baumg.  7,24.  den  hofstaal  eines  fiirslen  bezeich- 
nend :  der  margraffe  mit  seiner  fraw  en  und  tochter  auch  der 
mertcile  seines  bauszgesindes  spaciren  . .  gingen.  Steinuüwel 
96,  32  Keller,  bei  Niebdur  ist  hausgesinde  in  dem  altrvmi.Hheu 
sinne  von  familia  gebraucht:  es  war  bei  den  Lavinienseru  im 
andenken,  dasz  ihre  Stadt  unter  Albas  berrschaft  von  sechs- 
hundert dazu  ausgesandten  hausgesinden  angebaut  sei.  1,221; 
dasz  für  die  curie  hundert  hausgesinde  angenommen  wurden. 
2, 177 ;  die  dreihundert  und  sechs  Fabier  wären  mit  ihren 
hausgesinden  . .  umgekommen.  2,  219. 

HAUSGESPONNEN,  part.  zunächst  von  garn  und  kinwand: 

jetzo  ging  in  die  flur  vorhin  die  verständige  hansl'rau, 
zum  nuszbaumeuen  schranke,  dem  stattliclicu,  welcher  mil 

leinwand 
hnusgcsponnenon  garns  und  zarterer  webe  des  auslands, 
voll  von  unten  bis  oben  gedrängt  war. 

Voss  iMise,  3.  Idylle  II; 

bildlich,  um  etwas  tüchtiges,  Icernhaftes  zu  seidmen:  zwischen 
Herdern  und  mir,  seinem  weih  und  meinem  weib,  seinem 
bübcben  und  meinen  müdchen,  hat  sich  allbereits  eine  gute 
hausgesponnene  art  von  familienfrenndschaft  erwürkt,  die, 
wie  ich  bolTe,  derb  und  dauerhaft  sein  sull.  Wieland  in 
Mercks  briefs.  2,  81. 

HAUSGEWÄCHS,  n.  heimisches  gewdclis:  damit  wirblos  die 
ursprünglichen  scharfen  bausgewäcbse  Deutschlands  mit  ihren 
gewachsenen  namen  behalten:  retliche  und  bolzäpfei.  J.  Tall 
Vorschule  d.  äslh.  2,  201. 

HAÜSGEWALT,  f.  die  gewall  des  hausvaters  über  die  haus^ 
angehörigen. 

HAÜSGEWAND ,  n.  häusliche  kieidung :  sie  {germanische 
Wandervölker)  machten  es  sich  lieimallich  bc(]ueni  und  zogen 
seidene  bansgewänder  an  und  ergingen  sich  friedlich  unter 
blumen  und  cypressen.  Heine  2,100;  als  Johannes  den  ge- 
lehrten im  weitfaltigen  hausgcwand  vor  sich  sieben  sab. 
Hieiil  cullurgesch.  noo.  430. 

HAUSGIEÜEL,  «i.  acumrn  froulis  aedificii  Frisch  1,428'; 
domarium  buiszgibbil,  en  bösgevel  Dief.  189*. 

HAI'SGLÜCKE,  f.  glocJie  die  in  einem  hause  angrbraclil  ist, 
entweder  um  den  eintritt  jemandes  ins  Imus  anzuzetgeu,  oder  das 
gesinde  zusammen  zu  rufen. 

HAdSGLÜCK,  ti. .'  sie  {die  frau  dem  manne)  ist  sein  knnkel- 
gralin,  spindelscepirige  windolkönigin,  bauszglück,  bau.szdiicL, 
jiaus/schiniick.   Garg.  72*. 

llAllSCiOTT,  m.  lur;  «/.  buysgod  <(ir,  deus  dumestieus  Kilian; 
hauHZgöller,  iKuales  Maalkh  214'. 

HAISGOTTESIJIENST,  wi.  gottesdienst  der  im  hausr  verrichiil 
wird,  im  gfgensiiti  zu  dem  in  der  ktniw  abijehuUenen  genieinde- 
go(tei«dicnst :  ich  mag  gern  einen  hausgulIeüdienHt  in  dem 
saale  geUallen  seiieii ,  wo  man  zu  !<pei»eu ,  sich  gesellig  tu 


669 


HAL  SGÖTZE  —  HAUSHAGEL 


HAL. 


LTEN 


670 


versammeln,   mit  spiel  und  tanz  zu  ergötzen  pflegt.   Göthe 
17,  278. 

HAUSGÖTZE,  m. :  mancher  Merkur,  der  als  liausgötze  von 
seinem  hochaltar  über  die  hecken  blickle.  Thümmei,  6,445; 
eine  grosze  .  .  Sparbüchse,  vermuthiich  der  hausgötze  des 
schwarzen  mannes.    Lichtenberg  5  (1803)  177. 

HAUSGRENZE,  f. :  haus-  und  hofgrenze,  fincs  qui  singtilas 
domos  ac  villas  ab  aliix  vicinis  separanl.   Stieler  694. 

HAÜSGRILLE,  f.  gryllus  domcsticus.   Nemnich. 

HAUSHABE,  m.  haufbesilzer :  yetlich  huszhab,  esz  sy  man 
oder  frauwen  . .  sol  yedes  iars  dem  vogtherren  zu  Flach  ein 
fasznachthun  geben,    irästh.  1,94. 

HAÜSHABE.  f.  1)  häuslicher  besitz:  die  bauszhaab,  hausz- 
raat,  dienstvolk,  familia,  res  familiaris,  fortmae,  pecnmae,  sul>- 
stanlia.  Maaler  214'' ;  dasz  von  jeder  huszhab  . .  ein  manns- 
bild,  so  zum  sacrament  gangen,  und  kein  fraw  . ,  alda  hingan 
sölt.  TscnuDi  1.406". 

2)  tcahrscheiniich  hat  Fischart  diese  bedeulung  in  der  folgenden 
stelle,  wo  er  von  einer  guten  ehefrau  redet,  nicht  im  sinne,  son- 
dern er  u-ill  (nach  habe  1  sp.  42)  die  frau  als  stütze  des  hauscs 
zeichnen:  sie  ist  ein  handhab,  sein  (des  mannes)  hauszhab. 
Garq.  72'. 

HAUSHABEN,  n.  das  haushalten,  die  haushaltung,  hauswesen. 
ScHM.  2,  247 :  das  ein  jeglicher  mann  oder  hauszvatter  sorg- 
sam und  nachbar  seie.  alles  dasz  jhenig  so  zu  einem  ein- 
gezognen, ordenlichen  hauszhaben  von  nöthen,  zu  bekommen. 
FiscuART  c/ie;.  (1591)  Xs";  ich  hab  ein  einzige  kunst  gefasset, 
und  siehe  ich  nehre  mein  hauszhaben  ehrlich.  Scncppius  709; 
vturde  ich  von  meinen  blutsvenvandlcn  und  vormundern  er- 
innert, dasz  rechtschaffene  diener  mit  100  und  200  reichs- 
thaler  sampt  dem  hauszhaben  und  kindern  ehrlich  leben  und 
zufrieden  sein.  759. 

HAUSHABER,  m.    l)  hausvater,  dominus.   Maaler  214". 

2)  einer  der  gut  haus  hält,  ein  häuslicher:  pelican  ist  der 
cinsidel,  ein  nachful,  ein  huszhaber,  der  da  heimbleibet. 
Keisersberg  narrcnsch.  SS". 

HAUSHABIG,  -HÄBIG.  adj.  1)  nUl  einem  hause  oder  einem 
hausicesen  versehen,  ansässig,  icohnhafl,  Schweiz,  haushäbig  Stal- 
i)ER  2,27;  hushäbig  Tobler  2S1';  wer  nimmet  nicht  hier- 
ausz  ab  die  grosze  fürsorg  der  natur  für  die  hauszhäbigen? 
FiscHART  ehez.  (1591)  Ml';  ob  derselbige  Daniel  Merian  bei 
euch  gesessen,  hauszhabig  wonhaftig.  Thcrkeisser  notligedrung. 
ausschräben  (1584)  1,  40 ;  so  keiner  in  der  festung  hauszhabig 
und  wonendt  wirdt  gelitten.    Kirchhof  discipl.  miL  27; 

dann  euch  der  weg  nit  dreit  dabin, 
da  ich  haushebig  wonen  bin. 

Wickram  pilgir  03,  bl.  52. 

2)  haushäbig  auch  hausMlIcrisch ,  häuslich  (Stalder  2,27. 
ScHM.  2,247):  deszgleichen  eine  hauszhalterin  rhätlich  und 
tbällich,  sparsam,  sorgfeltig,  embsig,  sittsam  und  fridsam, 
und  hauszhabig  seie,  die  nicht  gern  auszschweife,  sonder, 
wie  man  spriclit,  den  fusz  auf  der  kugel  habe.  Sebiz  feldb.  62. 
HAUSHABIT,  m.  hausidcidung :  ztcei  junge  fräulein  haben 
gelegenheil 

durch  einen  kammerladen  sich 

im  iiaushabit  vertraut  und  nachbarlich 

zu  sebn.  Wiklaki»  21,  197. 

HAUSHABLICH,  -HÄßLICH,  adj.  ein  haus  oder  hauswesen 
licsüzend,  ansässig  (Schm.  2,  247) :  in  den  gerichten  huszhablich 
sitzet,  weislh.  1,41  {von  1468);  wer  zu  Mure  huszbablich  ist 
gesin.  s.  44  (r.  1543);  das  er  mit  seinem  gut  und  hausgesind 
in  die  Stadt  Lavinium  zog,  do  er  sein  haushäbliche  wonung 
bis  an  sein  ende  hielt.  Lirius  von  Corbach  24;  ein  bischof 
wirl  erkiest,  so  er  sin  hus  wol  regieren  kan.  so  müsz  er 
ie  hushablich  .syn.  Zwingli  2,  316 ;  Walther  von  Eschibach, 
der  sich  gen  Bern  huszhablich  gesetzt  und  da  burger  worden. 
T.SCHUDI  1,119;  ist  wol  zegedenken,  so  Sabinus  ein  römischer 
bürger  in  Helvetien  wonhafl  und  hauszhäblich  gewesen.  Stumpf 
2,262';  ich  aber  bekante  ihm  alles,  wie  meine  sache  be- 
schafTen,  wo  ich  nemHch  hauszhäblich  und  auch  als  ein  ein- 
sidler  gewöhnet.  Simpl.  2,201  Kurz;  gab  mir  den  raht,  ich 
solle  mich  aus  dem  krieg  zu  meinem  gelt  auf  Prag  oder 
auf  meines  hauptmanns  gütter  thun  und  mich  im  frieden 
hauszhäblich  und  geruhlich  ernähren.  3,  73. 

HAUSHARUNG,  f.:  huszhallung,  huszhabung,  tconomfo  voe. 
ine.  Iheul.  k  5'. 

HAUSHAGEL,  m.  .schelte  ßr  böse  veiber,  nach  hagel  4  spalte 
144:  es  sind  (unter  den  chefrauen)  auch  holzböck,  wilde  un- 
Oäter,  hauszhagel,  beltschelmen.    Fischart  ettez.  (159I)  L:'; 


sie  .  .  ist    kein  schandhi.  ..-zhagel ,    der  nach  dem 

donnern    auch    den    regen  hninzscherben    und  scheisz- 

kacheln  irem  mann  saukrati.  pfannkratz  über  den  köpf  ab- 
scbiitfet.  Garg.  75*. 

HAUSHAHN,  m.  gallus  gallinaeeus  domus.  Frisch  1,428*; 

der  phenix  rein  und  haushan  fein 
die  zwen  selten  brautfürer  sein. 

Uhlasd  vulkst.  38  {vogeihochzeit)  i 

ein  alter  haushahn  hielt  auf  einer  scheune  wache. 
Hacedor?«  2,  122. 

als  bezeichnung  des  wachsamen  hausvaters:  ach  wann  der  lieben 
cbegespielin  etwann  einmal  ir  nachtspeisiger  hausztrost, 
bauszsonn,  hauszhan ,  ehegespan,  ausz  den  äugen  kommet. 
Garg.  72'.  als  Spottname  der  netten  Studenten  (fftchse):  welche 
aufwarter  von  den  andern  gena/it  wurden,  bachantcn,  pen- 
näl,  hauszhancn,  spulwürme,  miitterkälher,  Säuglinge,  quasi- 
raodo  geniti,  junge  herren.    Philakder  1  (1642)  343. 

HAUSHALT,  n. .'  das  hauszhalt,  hauszverwaltung,  oeconomia 
Maaler  214";  wie  man,  nemlich  unter  den  leuten,  ...  ein- 
gezogen, stille,  in  ruhe,  friede  und  redligkeit  mit  lobe  leben, 
wol  seine  hauszhalt  führen  (so//).  M.  Neaivder  //crfcnAcn  (t5S2) 3S'. 

HAUSHALT,  m.  fiihrung  eines  hauswcscns,  art  des  haushaltens: 
dasz  man  an  etlichen  orten  wegen  des  schweren  hauszhalts 
und  groszen  aufgangs  wenig  verkaufen  oder  zu  gelde  machen 
kan.  Lühneys  regierkunst  (1679)  345*.  haushaltung,  hauswesen 
selbst:  der  haushält,  oeconomia,  res  familiaris,  oeconomica 
Stieler  741;  sein  haushält  ging  einen  gelassenen  und  ein- 
förmigen schritt.  Göthe  18, 57 ;  ich  betrachtete  den  länd- 
lichen haushält  zum  erstenmal  mit  freudigem  antheil.  22, 193 ; 
jedes  von  ihnen  wird  gedacht  haben,  es  sei  reif  für  einen 
eigenen  haushält.    Gotthelf  schuldenb.  16; 

allerlei  gutes  geräth  von  eisen  und  holz  für  den  neuen 
haushält.  Voss  Luise,  3.  lilytle  11; 

billig  seid  ihr,  0  freund,  zu  den  guten  wirthen  zu  zählen, 
die  mit  tüchtigen  menschen  den  haushält  zu  führen  bedacht 

sind.    Göthe  40,  313. 

häufig  in  freierem  sinne  angewendet :  der  haushält  eines  Staates; 
haushält  der  nalur;  der  haushält  einer  Stadt.  J.  Grimm  in  den 
Berliner  jahrb.  1841  no.  101  s.  801;  es  gibt  viele  berühmte  ge- 
lehrte, deren  wissenschaftliches  vermögec  eine  besondere 
kraft  ist,  fast  ohne  berührung  mit  dem  übrigen  haushält 
ihrer  seele.  Savigny  kl.  sehr.  4,  232;  meine  empfindungen 
stehen  zu  derselben  zeit  abgesondert,  gleichsam  geronnen  für 
sichj  sie  haben  keinen  verkehr  mit  der  achtung,  sie  führen 
ihren  eigenen  hausbalt.   Immerma^.n  Münchh.  2,4; 

so  spricht,  die  allen  bimmel  in  sich  trägt, 

in  der  die  wonoen  ihren  hausbalt  haben.    Tieck  2, 106. 

HAUSHALTEN,  verb. 

1)  von  dem  Substantiv  masc.  haushält,  das  nach  den  dazu 
gegebenen  belegen  seWsl  ein  hohes  alter  nicht  zu  haben  scheint, 
hat  sich  ein  neueres  denominativum  liaushalten,  praet.  haushal- 
tete,  im  sinne  von  wirtschaßen  gebildet:  dasz  der  leichtsinn, 
der  Unverstand  mit  dem  erworbenen  reichthum  übel  haus- 
haltete. E.  T.  A.  Hoffmann  2,  220;  in  der  prägnanten  bedeulung 
gut  wirtschaßen : 

haushaltet  mit  der  lebenskerze!    Götter  1,324. 

2)  gewöhnlicher  ist  haushalten  nur  eine  graphische  zusammen- 
rückung der  formet  haus  halten  (.?.  halten  11,7  .nT).  294)  in  den 
fällen  wo  die  gesetze  der  Wortstellung  die  unmittelbare  nähe  beider 
Wörter  bedingen,  im  sinne  ein  hauswesen  führen,  hausen,  wiit- 
schaßen  ^  eigentlich  und  übertragen :  das  sie  mit  hiirn  haus- 
halten. Luther  3,  525*;  so  wil  ich  nu,  das  die  jungen  widweu 
freien ,  kinder  zeugen ,  haushallen  (griech.  oty-oSeancnelv, 
goth.  garda  valdan).  1  Jim.  .5,14;  einem  haushalten,  dispen- 
satorem  alicujus  esse;  promum  condum  esse  Frisch  1,  428';  ein 
mensch,  der  übel  haushält ,  befindet  sich  in  der  dunkelheit 
sehr  wohl;  er  mag  die  posten  nicht  gerne  zusammen  rerlinen, 
die  er  schuldig  ist.  Göthe  18,51;  ich  habe  sowohl  mit  dem 
gelde  als  mit  der  zeit,  von  denen  ich  rechenschafl  zu  gel)en 
habe,  nicht  zum  besten  hausgehalten.  19,7;  wo  mau  mit 
dank  in  einem  reisewagen  haushielte  und  darin  schriebe  und 
schliefe.   J.  Paul  Titan  2, 121 ; 

.    Baumgartens  weib,  der  haushält  zu  Alzellen, 
wollt  er  zu  frecher  ungebühr  mi.sbrauchen. 

Schiller  Teil  I,  4. 

in  der  bedeulung  gtä  wirtschaften,  sparsam  win :  diese  frau  ver- 
steht nicht  bauszuhallen ;  mit  etwas  haushalten,  certo  rrditu 
fumiliam  alere.  Frisch  1. 42^';  im  sinne  von  hangen  9  (.-71.659) 


671 


HAUSHALTEN  —  IIAUSH  ALTER 


HAUSHÄLTERIN  — HAUSHALTSSAGHE  672 


übel  mit  einem  umyclteit :  es  ist  ein  elend  an/usehct),  wie  sie 
inil  diesen  leulen,  die  gewis  keine  kosten  sparen,  ihre  leser 
zu  vergnügen,  haushallen.  Liscov  560;  am  gottlosesten  frei- 
lich ,  wiss  er  wol ,  werde  mit  ihm  hausgehalten ,  falls  er 
clwan  ..  (zu  eitler  ;>»rrfiy/)  sich  einen  besondern  tag  aussteche. 
J.  P.\üL  koviel  3, 18. 

HAUSHALTEN,  n.  der  inßniliv  des  vorigen  no.  2,  das  führen 
eines  Hauswesens:  hauszhallen,  der  hauszhaab  acht  haben, 
desz  hauszhallens  pflügen,  rci  familiari  servire ,  comparcere, 
parcere ,  parsimoniam  adhiberc  Maaler  214';  durch  ordentlich 
haushalten  werden  die  kamer  vol  aller  köstlicher  lieblicher 
reichthum.  spr.  Sal.  24,4;  thu  rechnung  von  deinem  haus- 
halten (t^s  oly.otojuias  aov,  golh.  fauragaggjis  jieinis).  Luc. 
16,2;  in  der  freieren  bedcutung  eines  Übeln  wirtschaßcns ,  sich 
bOsc  gcbahrcns  : 

wir  scind  verstricket  ganz  und  gar 
ob  disz  maus  red  und  hauszhallen. 

Ayrer  .%()'  (1803,  35  Keller); 

haushalten  bezeichnet  dann  auch  den  liausliaU,  das  hauswescn 
selbst :  es  gehet  inen  (den  fürsten)  im  groszcn  haushalten  wie 
den  bürgern  im  kleinen  haushalten.  Luther  G,  145',  der 'slaals- 
haushaW  uird  dein  bürgerlichen  hauswesen  gegenüber  gestellt; 
soviel  an  in  ist,  thun  sie  nichts  anders,  denn  das  baidc, 
geistlich  und  welllich  stand  untergehen ,  und  baide,  hausz- 
hallen und  kinderzucht,  verderben,  desselben  vorrede  zur  occo- 
nomia  chrisliana  Jusli  Menü  (1529)  a3';  meine  liebste  tochler, 
du  bist  schon  bei  dem  aller,  dasz  du  einem  haushalten  vor- 
stehen kanst.  d.  bärtigte  frauenz.  83 ;  es  sind  viel  tausend 
haushalten  (famiiien)  da ,  familiarum  mulla  millia  ibi  sunt. 
Frisch  1,  428'; 

sorg  der  narung,  angst  und  noth 
ist  im  hauszhallen  täglich  brot. 

FiscnART  elicz.  (1501)  N3'; 
und  will  darin  (in  einem  neugegründeten  klostrr)  ein  clauszner  sein, 
und  rühm  ein  ruiges  hausziiniten.    Ayrer  348*  (1745,24  Keller); 
er  bat  ein  wol  angstclts  hauszhaltn. 

faHn.  73»  (2703,  2  Keller) ; 
auch  hellen  wir  gewisz 
die  buiter  und  milch  alle  tag; 
thut  ins  hauszhallen  wol, 
vil  gelis  man  mit  ersparn  mag. 

145''  (3060,  15  Keller). 

HAUSHALTER,  -  HÄLTER,  m.  1)  der  fnhrer,  vorstand  einer 
haushaltung,  und  zwar  zunächst  finer  fremden,  nd.  huyshouder, 
oeconomus ,  vir  oeconomus ,  adminislrnlor  rei  familiaris  Kilian; 
oeconomus  ..  hausbaiter,  hausvogt  Alb.  Ul';  .Joseph  befaib 
seinem  haushalter  und  sprach,  fülle  den  mennern  ire  secke 
mit  speise.  1  Mos.  44, 1 ;  wie  ein  gros  ding  isls  unib  einen 
Irewen  und  klugen  haushalter,  welchen  sein  berr  setzet  über 
sein  gesinde,  das  er  inen  zu  rechter  zeit  ir  gebür  gebe? 
Luc.  12,42;  es  war  ein  reicher  man,  der  hatte  einen  haus- 
haller.  16, 1 ;  eigem  faclor  oder  hauszhalter  eines  groszen 
herrn.  Sim^/.  2,184  Kurz;  da  fiel  nun  dieser  böser  hausbaiter 
seinem  herrn  zu  füszen.  Happel  acad.  rom.  53.  in  freierem 
sinne:  da  für  halle  uns  jederman ,  nemlicb  für  Christus 
diener,  und  baushaltcr  über  gotles  geheininis.  nu  suchet  man 
nicht  mehr  an  den  hausballern,  denn  das  sie  trew  erfunden 
werden.  1  Cor.  4,1.  2;  ein  bischofT  sol  untaddclich  sein,  als 
ein  haushallcr  golles.  Ttt.  1,7;  und  dienet  einander  ..  als 
die  guten  haushalter  der  mancherlei  gnaden  goltes.  1  felr. 
1,10;  die  priester  sind  haushalter  über  goltes  geheimnis. 
Ci-ADDIüs  9,  234. 

2)  audi  der  vorstand  der  eigenen  haushallung,  Hausvater :  haiis- 
haltcr  ..  palerfamilias  Stieler  740;  ein  haushalter,  dem  das 
haus  gehört,  pater  familias ,  lierus  qui  domum  regit.  Frisch 
1,428';  so  würde  doch  der  allmcchlige  barmherzige  goll  .. 
auch  unser  »eibcr  und  kindcr,  widwen  und  waisen,  freund- 
licher, gncdrger,  valcr  und  hausballer,  schütz  und  schirm 
nein.  LtrnER  5,8';  alle  haushüller.  Moser  phant.  2,7; 

diücr  karper  nltcr, 

ein  geiizigor  liaiiftltnlipr. 

meutenj.  der  llerliner  hdfchr.  germ.  f.  23,  »lo.  47. 

3)  in  prägnantem  sinne,  und  hin  geuOlinlich  an  no.  2  ange- 
schlotten,  einer  der  die  Haushaltung  gut  zu  führen  vcrstclU,  wirl- 
'cliaftltrh  gesinnter  mann :  wie  oft  rciszen  sich  solche  Antaug- 
lirhe  iimb  derglciclien  üniptcr  und  sUlligen  ihr  ariniil  mit 
gemeinem  (ibel.  .  .  mit  gefa.HzIem  iieid  gegen  der  hürgcr  und 
bauszhalier  glück«eligkcil.  Scn(;ppius  722;  jeder  der  nicht  zu 
f;nindc  gchru  will,  musz  ein  haushültcr  werden.  Güthe28,2C4. 


häufig  wird  diese  bedcutung  noch  durch  adjeüive  wie  gut  und 
recht,  verstdrlil:  alsdann  werden  die  gute  bauszbiiller  mit  dem 
papyr  hinauslaugen  mögen.  Simjil.  4,407  Kurz;  ich  habe  ein 
aint,  das  seinen  guten  haus'balter  nähren  kann.  Schiller  kal). 
u.bebe  1,  2;  jeder  gute  haushalter  sollte  sie  (die  doppelte  buch- 
haltung)  in  seiner  wirthschaft  einführen.    Göthe  18,51; 

sprechend  laszt  mirs  (das  kind)  gott  Icngcr  leben, 
würt  es  ein  recht  hauszhalier  geben. 

Wickram  pilgcr  0  2,  hl.  50. 

der  gegensalz  ist  lüderlichcr  haushalter:  nur  Sperlinge  nahmen 
frohlockend  besitz  von  den  kästen ,  und  lieszen  als  lüder- 
liche  hausbaiter  lange  Strohhalme  zu  den  löchern  herab- 
hängen.   Frevtac  handschr.  2.  38. 

HAUSHÄLTERIN,  -HÄLTERIN,  /".  führerin  nnes  Hauswesens, 
sowol  eines  eigenen,  ah  eines  fremden:  baiishällerinn  ,  dispen- 
salrix  Steinii.xch  1,  C76 ;  einer  der  eine  groszc  Verwaltung  hat, 
der  niusz  släts  anheims  eine  hauszhalterin  haben.  Fischart 
eliez.  (1591)  n7';  also  bette  auch  mancher  an  seinem  weib 
eine  feine  hauszbailerin,  wann  er  sie  durch  seine  unhäusz- 
liche  weise  .  .  nit  verterble.  Lö';  es  soll  auch  jede  gute 
hauszhalterin  iren  flachs,  weil  er  noch  roh  und  grün  ist, 
von  den  harlocken  . .  losz  machen.  Sebiz  feldbau  503 ;  von 
der  wirthin  im  hausz  . .  (welche  gar  eine  gute  hauszhalterin 
war).  Simpl.  2, 183  A'itrz;  ihr  seit  ein  gute  hauszbailerin,  ihr 
inüst  wahrlich  einen  mann  haben!  Philander  1  (1642)  166; 
er  liebele  seine  frau  ungemein  . . .  dann  sie  war  eine  für- 
treffliche  hauszhalterin.  Happel  arad.  rom.  603;  unter  der 
gestalt  seiner  frau  werde  ich  anders  nichts,  als  seine  spcise- 
wirthinn  und  haushälterin  ..  sein.  Gellert  3,  267;  man  ver- 
lange, dasz  wir  (die  weiber)  nur  tändelpuppen  oder  haushäl- 
terinnen  sein  sollten.    Göthe  22,  55. 

HAUSHÄLTERISCH,  adj.  und  adv.  nach  der  weise  eines  haus- 
haüers,  wirtschaftlich,  sparsam:  eine  haushälterische  frau,  Hera 
frugalis ,  uxor  occonomiae  perila  Frisch  1,428';  sie  ist  haus- 
hälterisch gekleidet,  more  bonae dispensnlricis vestita.  das.;  haus- 
hälterisch sind  sie  (fraucn)  so  viel  als  billig  ist.  Göthe  20, 135; 
die  sanften  abhänge  haushälterisch  benutzt.  23,3;  seinen 
haushälterischen  charakter.  28,  212 ;  ich  fand  sie  verständig, 
liebenswerth,  haushälterisch.  30,237;  sie  wuszten  dasz  das 
gerichl  seine  opfer  nicht  schlachtet,  nein,  mit  haushälterischer 
bosheit  in  unterirdischen  kerkern  an  fauler  vergifteter  lufl 
langsamen  tod  einathinen  läszt.  Soden  >lM)ore  oder  das  kind 
der  Hölle  (1795)  64. 

HAUSHÄLTIG,  adj.  wirtschaßlicb ,  sparsam:  eine  ehrliche 
jungfrauw,  eine  hauszheltige  treuwe  person.  L.  Tuurneisser 
nolhgedrung.  ausschreiben  (löHi)  2,  lä;  will  er  sie  haushältig,  so 
entschuldigt  sie  sich,  dasz  sie  nicht  dazu  angezogen,  einen 
so  vornehmen  besuch  anzunehmen.  J.  E.  Schlegel  3, 363 ; 
hier  gilt  es  nun  bausbältig  sein.  Göthe  28,17;  laszt  aus 
irgend  welchem  grund  ein  inädchen  die  schule  nicht  be- 
suchen, . .  und  seht  zu,  ob  es  nicht  mutierwitzig,  lebendiger 
rede  kundig,  wolgeartet  und  haushältig  werde.  J.  Grimm  ä7. 
schripen  l.  222. 

HAUSHÄLTIGKEIT,  f.:  wegen  ihrer  hausheltigkeit  und 
Heisziger  kinderzucht.  Fr.  Roth  HausmüllcrABC  K4. 

HAUSHÄLTISCH,  adj.  wirtschaftlich,  .t/iarjsani ;  zunächst  in 
bezug  auf  verfahren  und  Sinnesart:  wann  er  je  hauszhällisch 
damit  verfahren  will.  Simpl.  4,6  Kurz;  er  wolle  ihm  eine 
reiche  Iran  geben,  da  einem  «ohldenkeiiden  manne  doch 
nur  mit  einer  haiishällischen  gedient  sei.  Göthe  20,62;  die 
haushältischc  malronc.  22,193;  mit  meinem  übrigen  haiis- 
hällischen sinn.  23,191;  erweisen  sie  sich  baushiillischer  als 
die  Nordländer.  28,112;°  dasz  man  mit  geräuchertem  speck 
und  fleisch  . . .  nicht  haushüllisch  genug  verfahre.  30',  41 ; 
dann  folgen  später  hinzugesellte  gebäudc,  haushältischcr  be- 
iiutzung  des  umherliegenden  feldbesilzes  gewidmet.  00, 306 ; 
auch  habe  ich  spur  >on  einem  solchen  schätze,  der  noch 
irgendwo  vergraben  liegt,  kann  ich  ihn  beschwören,  so 
sollen  sie  ihn  auch  ei halten;  indessen  bitte  haiisbällisch 
mit  «iem  vnrralbc  umzugelin.  an  Zelter  66.  in  bezug  auf  eine 
suche  die  .mh  spari^am  abnutzt:  ja  wohl  ist  diesz  eine  rarilat 
von  eintüii  liaiiszballischen  kleide.  Chr.  Weise  nbs.  com.  30.'>. 

HAUSHALTSCiKSCHÄFT,  n.:  hausliallsgeschafle,  negtAia 
domeslira.  familiana.    Stielkr  1713. 

HAUSHALTSPLAN,  m.:  ihm  einen  hauslialtsplan  zu  ent- 
werfen. Phrtz  SUins  leben  l,i;t. 

HAUSHALTSSArHE,  f.  sachc  die  den  haushält  angeht.  Uannov. 
viagatin  1839,  5.  807. 


G73       IIAUSUALTSVERTRAG  —  HAUSHERR 


HAUSHERRLICH  —  HAUSIEREN 


674 


HAUSHALTS  VERTRAG,  m.:  in  der  ehe  sali  MiHon  einen 
Luushaltsvertrag.    Ranre  engl,  gesch.  3,  420. 

HAUSHALTUNG,  f.  1)  lührung  und  leiUing  eines  hausucscns : 
liuszLaltuug,  iiuszhabung,  «co/iomia  toc.inc.  Iheid.  ks*;  hausz- 
Laltung  adminislralio  rei  favntiaris  Maaleb  2U';  nl.  huys- 
buudiughe  oeconoiuia  KiUAX ;  auf  dasz  du  dich  ehrlich  ausz- 
bringeu,  und  mit  nötiger  underhalt  zu  menschlichem  leben 
und  hauszhaltung  dienlich  vorsehen  mögest.  Fischart  cltez. 
(1591)  R3';  \vi  eine  gutte  haushaltung  anzustellen.  Bltschky 
kanzl.  442 ;  wie  eine  glückselige  hauszhaltung  anzustellen  sei. 
ScHüPPius  ü.  vielfach  in  freiem  sinne:  ein  solcher  grundsatz.. 
ist  ein  subjeclives  gesetz  der  haushaltung  mit  dem  vorrath 
unsres  Verstandes.  Kant  2,  2S4;  der  mensch,  welchem  die 
haushaltung  des  erdbodens  anvertraut  ist.  9,27;  naturgesetze 
der  haushaltung  gottes.  Herder  seele  u.  goti  (17S7)  ISO;  das 
ganze  syslem  der  thierischen  haushaltung.  Schiller  Inst.  kril. 
ausg.  2,  362. 

2)  das  liaustcescn  selbst:  alle  sorg  der  ganzen  haushaltung 
ligt  auf  dir,  omuis  familiac  causa  consistit  tibi.  Maaler  214';- 
in  einer  recht  geordneten  haushaltung.  Fiscuart  ehe:.  (1591) 
A'*;  darauf  (auf  die  kleidung)  nicht  viel  kosten  mit  klcinolen, 
geschmeid,  oder  sonst  schmuck,  zu  abbruch  der  haushaltung, 
angewendt  werden.  E"';  wie  ein  jeglicher  sein  ampt  in  einer 
ordentlichen  wolbestaiten  haushaltung  thun  solle.  Scuuri-as  C; 

also  Solls  hausz  uud  die  hauszhaltung 

sein  des  neilis  zuUucht,  aulenlhaltuug. 

FiscHART  ehe:.  (1591)  C6'; 

könnt  unsre  hausliallung  nicht  bestehen.    Götue  13,  59. 
sprichnvrtlich :  die  haushaltung  hat  ein  grosz  maul  (kostet  viel). 
Creidius  2,  277, 

3)  die  personen  die  zu  einem  hauswesen  gehören:  wenn  eines 
haushaltung  sich  vcrgröszert,  uud  die  hausgenossen  sich  ver- 
mehren. Loknians  fab.  3;  Walters  ganze  haushaltung  kommt 
hcunt  her.  Fr.  Müller  1,273;  sieben  und  zwanzig  haushal- 
lungen  verloren  {bei  dem  brande)  wohnung  und  habe.  Hebel 
(1853)   2.185. 

HAUSHÄLTUNGSBEDÜRFMS,  fi..-  so  könnte  man  ja  fast 
alle  huushallungsbedürfnisse  . .  bestreiten.  Immermann  Mitnchh. 
1, 101. 

HAUSHALTUNGSBUCH,  h.  buch  das  die  einnahvien  und  aus- 
gaben einer  haushaltung  nachweist. 

HAUSHALTUNGSKUNST,  f.   ars  oeconomica.  Stieler  1010. 

HAUSHALTUNGSRECHNUNG,  f.:  sie  liefert  dem  vater 
imnktlich  ihre  haushaltungsrechnung.  Göthe  21,  145;  der 
Spanier  liesel  keine  haushaltungrechnung,  er  bezahlt  sie  blos. 
J,  Paul  TU.  5,  ISl. 

HAUSHALTÜNGSVORSTAND,  ni.;  die  listen  für  die  Volks- 
zählung  sind  von  jedem  haushaltungsvorstande  auszufüllen. 

HAUSHALTUNGSWEISE,  f.:  seine  Icbens-  und  haushal- 
tungsweise war  die  knappste,  die  ich  unter  studirenden  je 
kannte.  Göthe  25,  249. 

HAUSHAMMEL,  m.  1)  stallschaf  Nemnich.  2)  bezeichnung 
eines  menschen  der  sein  leben  nur  mit  besorgung  häuslicher  ge- 
schdfte  hinbringt,     in  Franken  und  Düringen. 

HAUSHEIME,  «j.  ;  gryllus  domesticus  hausheim,  gryllus  agrestis 
fcldheim.  G.  Agricola  de  animant.  unter  den  namen  der  ani- 
mant.  subterr.  —  jetzt  in  der  Verkleinerung  hausheimclien. 

HAUSHENNE,  /.  die  zahme  henne,  im  gegensatz  zu  den  wilden 
kennen. 

HAUSHERR,  m.  herus ,  patcrfamilias,  mhd.  hüsherre  wb. 
1,CC7';  patcrfamilias  husherr,  husherre  Dief.  416';  patronus 
ein  hauszherre  417';  hauszherr,  der  rneister  in  dem  hausz 
Maaler  214*;  wenn  ein  hausherr  wüste,  zu  welcher  stunde 
der  dich  kerne,  so  wachet  er,  und  lies  nicht  in  sein  haus 
brechen.  Luc.  12,  39;  der  wird  ein  geheiliget  fas  sein,  zu  den 
ehren,  dem  hausherrn  breuchlich,  und  zu  allem  guten  werk 
bereitet.  2  Tim.  2,21;  gleicher  gestalt  handeln  auch  etliche 
hausherrn  unbescheidenlich  an  ihrem  gesind.  Fischart  eliez 
11501)  L3'; 

hausherr,  frau  und  knechi  und  magd  macht  sich  auf  und  forscht 
und  zählet.    Hagedorn  2,  14; 

scheinherrschan  doch  wolle  dem  hausherrn  gönnen  die  hausfrau. 

Voss  Luise,  3.  Idylle  II. 
ttic  bet  hausfrau  {sp.  662)  Irül  die  uirlschaflliche  beziehung  des 
Kortes  zurück,  das  ehelidie  Verhältnis  in  den  Vordergrund:  welchen 
ihr  hauszherr  schilt,  den  lobt  sie  (die  frau)  gewiszlich  nicht. 
Carg.-n";  zwar  in  später  arbeil  war  ihr  hausherr  (Ilses  gälte) 
mäszig,  auch  mit  dem  weine  wuszte  er  ziemlich  bescheid. 
Frettac  handschr.  2,  41 
IV.  u. 


HAUSHERRLICH,  adj. :  die  hausheniiche  gesellschaft  (so- 
ciclas  hcrili.<}.  Kant  5,  S9. 

HAUSllINDERER,  in.  hindercr  des  hattsuesens:  unnütze 
augengrcwel,  hauszhinderer  und  haustölpel.  Garg.  273*. 

H.^USHIRT,  m.  hüter  deshauses:  ungehabte  (/mstf/«*)  vveiber 
.  sind  gule^  haushirlen.  Ledjiasn  2,  445. 

HAUSHOCH,  adj.:  hoch  uie  ein  haus:  er  verschwur  oft  nicht 
zu  trinken  ,  er  schiesz  dann  ein  aufgehenglen  engster  von 
eim  hauszhohen  stangenbaum  herab.  Garg.  iso". 

HAUSHOFMEISTER,  in.  aufseher  über  haus  und  hof ,  ver- 
ualter  des  hauswesens:  M.  ich  empfehle  dir  diesen  ehreninann, 
befördere  mir  ihn  im  dienste,  sobald  es  sein  kann,  er  ist 
es  werlh.  G.  soll  von  dieser  minule  an  haushofmcislcr  sein. 
Fr.  Müller  3,101;  ein  redlicher  mann,  hofrath  Reinhardt, 
machte  bei  dieser  unerfreulichen  tafel  den  haushofmeister, 
zu  trost  und  erbauung  sämmtlicher  gilbte.  Göthe  26,  19S. 

IIAUSHOFMEISTERIN,  f.  aufseherin  über  das  gesamte  haus- 
u-esen :  diejenige  weiber,  welche  auf  der  weit  haushoffmeiste- 
rinne  und  warterinne  gewesen  wären.  Philander  l  (1612),  235; 
die  alte  haushofmeisterin.  Simpl.  3,  66  Kurz,  auch  gattin  des 
haushofmeisters. 

HÄUSHUHN,  H.  zahmes  huhn. 

HAUSHÜLSE,  f.  liguslrum  vulgare.  Nemnich  3,409. 

HAUSHUND,  «1.  canis  domesticus.  Göthe  7,87; 

so  bald  sich  nur  der  haushund  reget. 

Hagedorn  2,  69. 

HAUSHURE,  f.  haushur,  die  nil  so  gemein  ist,  derium 
scortum.  Maaler  214'. 

HAUSHÜTER,  m.:  huszhuter,  edUis,  custos  domus  voc.  ine. 
ilieut.  kö';  hanshüter  guarJiano  di  casa  Hdlsius  7t*. 

HAUSHÜTERIN,  f.  casaria.  Dasyp. 

HAUSIEREN ,  verb.,  ein  vor  dem  15.  jh.  nicid  aufueisbares 
u-orl,  von  haus  mit  fremder  endung  gebildet,  in  melirern  bedeu- 
tungen ,  die  nur  theilwäse  mit  denen  von  hausen  (sp.  057)  zu- 
sammen treffen. 

1)  seilen  ttie  hausen  2,  icohnen,  weilen: 

verstieg  sich  anderweit  erhitzter  auf  die  zinnen, 

wo  grilner  rühm  hausirt.    Sculteius  bei  Lessimg  8, 308. 

2)  häufiger,  wie  hausen  9  sp.  659,  in  dem  sinne  übel  wirl- 
schapen ,  wüsten:  ausz  diesem  kann  man  meines  erachlens 
leichtlich  abnemraen ,  wie  sie  (die  Soldaten)  in  den  kirchen 
müssen  gehausierel  haben ,  wo  sie  in  dieselbigen  kommen. 
gesjmch  dräer  guter  freunde  vom  cardinal  von  Lothringen  (1592) 
Dl';  wir  wollen  eine  grosze  menge  Soldaten  werben,  damit 
wir  Rom  rund  umkehren,  und  wollen  also  mit  ihn  hausieren 
und  umgehen,  wie  niemals  erhöret,  engl,  comöd.  Qq. 

3)  am  gewöhnlicltsten  aber  bezeichnet  hausieren  schon  von  der 
ersten  zeit  seines  aufkommens  die  thäligkeil  des  kramers  der  mil 
seinen  verkäuflichen  waaren  von  haus  zu  haus  zieht:  einich  wul- 
lein,  seiden  oder  ander  gewandt  auszerhalb  irer  hewser,  zins 
oder  gemach  in  der  stat  umb  in  der  wirdt  oder  ander  Icwt 
hewser,  das  do  genenndl  wirdt  hawsiren ,  nit  vail  fragen. 
piürnberger  polizeiordn.  133  (15.  jahrh.) ;  es  sol  in  unserm  fursten- 
Ihumb,  landen  und  gepieten  den  sonnenkremer  oder  knap- 
secken nitt  gestadt  werden  zu  hausieren,  landgr.  riiHipsen 
(von  Hessen)  reform.  u.  Ordnung  (1526)  Bij';  dasz  etlich  krämer 
und  landfarer  im  land  uinbher  zogen  und  mit  dem  kalze- 
Ihonier  imilchstein)  hauszierten,  das  ist  von  hausz  zu  hausz 
lijgten,  wo  sy  möchten  gelt  bekommen.  Wickram  rollw.  35,  7 
Kurz;  als  er  schier  die  ganz  stadl  auszgehausziert  bette, 
und  aber  wenig  gelt  gelöszt.  35,12;  gieng  damit  hausieren. 
Stilling  1,  64 ;  was  ist  der  krämer  dagegen,  der  mit  kaffee 
und  zucker  höckcrt ,  oder  mit  mäusefallen ,  puppen  und 
schwännern  hausirt?  Moser  pa/r.  p/iaH<.  l  (1798)  30;  hausierte 
in  Karlsbad  für  grosze  herren  . .  mit  hübschen  kupferstichen. 
J.Paul  Titan  2,93;  unsere  alläre,  worauf  wir  opfern  und 
räuchern,  sind  Iragalläre,  mit  welchen  wir  in  allen  landein 
hausiren ,  um  sie  vor  beliebige  götter  hinzusetzen,  ddmme- 
rungen  41 ;  man  sagt  hausieren  gehen :  er  geht  mit  waaren 
hausiren  herum,  circumfert  merces  per  domos  Steinbach  1,719; 
etwas  hausieren  tragen:  der  selige  seckelmeister,  dem  ich 
ja  all  sein  hab  und  gut  hausieren  trug.  Sicbenk.  2,19; 

könt  cur  wahr  wol  zu  kram  vcrkaulti 
und  dörfl  sie  nicht  liausziren  tragn. 

J.  Atrer  f,isln..'i]).  Hü'  (2770,36  Keller). 

in  der  folgenden  fügung  nach  etwas  hausieren  erscheint  im 
gegensatz  zu  den  i»i.s7(cr  gegebenen  belegen  die  thäligkeit  des  um- 
ziehenden krämers  vielmehr  als  ein  einhandelnde,  kaufende:  nur 

43 


675 


HAUSIERER — HAUSKLEID 


H  AUSKLEIDUNG — H  AUSKÖMGIN 


07G 


vielleicht  das  Schicksal  unserer  philosophie ,  deren  kameele 
nicht  durch  das  nadelohr  eines  Pariser  oder  Londoner  thors 
oder  ohrs  durchgehen,  stellet  uns  von  dem  kleinstädtischen 
hausieren  nach  auslandischem  lohe  her.  J.  Faul  vorscli.  der 
dsth.  2, 187. 

4i  hausieren,  von  einer  gangart  des  pferdes:  der  Franzosen 
haubtman  nach  irer  manir  lies,  was  das  pfert  laufen  mocht, 
daher  faren;  gegen  dem  her  VVihvoit,  als  er  in  die  neheii 
kam ,  seuberlich  hausiert.  Wilw.  v.  Schaumb.  91.  es  scheint 
nidils  als  Verderbnis  von  basieren ,  basieren  zu  sein,  worüber 
sp.  543  nachzusehen. 

HAUSIERER ,  m.  circilor.  Steinbach  1, 719 ;  auch  in  der 
form  hausticrer: 

wir  ^ind  die  wuocherer  und  hausiiercr, 
(lirliöurier,  weciisler  und  bankierer.    Lrag.  Joh.  Cj. 

HAUSIERZETTEL ,  m.  obrigkeitliche  bescheinigung  über  die 
befuyius  zum  hausieren :  die  gralulanten  sollten  ordentliche 
hausierzeddel   liisen.  Rabeneb  2, 143. 

HAÜSINNE,  m.  oder  f.  ein  in  Schlesien  aufgewiesenes  worl 
zur  bezeichnung  der  miete  und  der  mielbcuuhncr  eines  hauses: 
iiat  ein  lleischer  in  der  vorstad  zu  hauszinne  gewohnet  {im 
lat.  original  conduclo  habilavil  in  suburbio).  Vechneb  ergiesz.  der 
Kalzüach  (1608)  bei  Fromm.  4,171; 

wann,  jiingrern,  eure  tlöb,  die  ibr  habt  zu  baus-innen, 
was  sie  gehört,  gescbn,  vermelden  sollen  kiiuncn. 

LocAU  1,  229,  52; 
jederman  hat  zu  hausz-innen  zwei  gar  ungegieichte  gaste. 

3,  13,  50. 

HAÜSINSCHRIFT,  f:  in  dem  Örtchen,  das  einigemal  ab- 
gebrannt war,  erregte  eine  desperate  hausinscbrift  unsere 
auimerk«:imkeit.   Göthe  31, 102. 

HAUSINVENTARIUM,  n.:  der  adresskalender  ist  eigentlich 
mein   hiiusinveiiiuiiuin.  Heine  l,2S9. 

HAUSJAMMER,  m.:  mit  seinem  herzen,  das  durch  haus- 
und  kirclienjainmer  schon  die  besten  schwülsten  wölken  um 
sich   hnite    J.  Paul  flegelj.  i,  9. 

HAUSJUiNGFER,  f  tochler  vom  hause,  ßlia  familias ;  auch 
mädchen  das  die  haushallung  führt,  virgo  dispensakix.  Friscu 
1,  42  s'. 

HAUSKAMPF,  m.  kämpf,  streit  in  einem  hauswesen:  wenn 
sich  aber  berr  Hummel  der  lioffnung  hingab,  den  schwersten 
hauskampf  als  sieger  beendet  zu  haben.  Fbeytag  handschr. 
1, 1^5. 

HAUSKAPELLE, /■.;  l)  ein  hauscapell, /orarium  Alb.  p3'; 
nd.  buscapel  lararium  Chytraeüs  cap.  4;  nl.  huyskapelle  la- 
rarium,  sacrarium  domeslicum  Kilian. 

2)  in  musicdlischem  sinne,  nach  kapelle  5,  Ih.  5,183:  nun 
halle  sich  ihm  durch  Mignon,  den  harfenspieler  und  Laertes, 
der  auf  der  violine  nicht  ungeschickt  war,  eine  wunderliche 
kleine  hauskapelle  gebildet.  Göthe  19, 139. 

HAUSKAPLAN,  m.: 

{ein  Pfeifenrohr)  aus  der  mondstadt  Konstantinopel 

mitgebracht  von  dem  freunde,  dem  liouskhpelian  der  gcsandt- 
schalt.    Voss  Luise,  2.  Idylle. 

HAUSKÄTZCHEN,  n.  als  liebkosungswort  für  ein  junges  häus- 
liches madchen:  du  bist  mein  liebes  hauskätzchcn.  Kotzebue 
dram.  spiele  2,  192. 

HAUSKATZE,  f.  felis  catus:  dasz  ..  das  gerüusch  auf  dem 
boden  von  der  bauskatze  herrührte.  H.Heine  l,5G.  als  be- 
zeichnung  eines  zu  hause  hockenden  menschen:  das  sein  die 
hauszkatzen  und  bummeln,  spieszträgcr,  birnbratcr  und  stu- 
benheizer.    Happel  acad.  rom.   855. 

HALSKAUF.  m.  emlio-vendilio  domus.  Stieler  939. 

HAUSKELLER,  m.     1)  unter  einem  hause  befindlicher  kcllcr. 

1)  nach  keller  tli.  5,  515  ccllarius  sedis  alicujus  principis  vcl 
domini.  FRi>iCn  l,  600'. 

HAUSKELLNER,  m.  was  bauskeller  2. 

HAUSKIND,  n.  ßlius  familias.  Alberus  bbl'.  auch  in 
anderm  sinne:  leibeigen  banszkind,  das  ist,  in  unserem  hausz 
geboren ,  leibeigner  mensch  oder  eigner  dienst,  verna.  Maa- 
ler   '.'14'. 

HAUSKIRCHE,  f.  1)  lararium,  sacellum  domeslicum:  die 
bi«cbof<thaiiser  »ind  keine  eigi-nllicben  kliister,  sie  werden 
indp«  zu  dieficir.gezöhlt,  du  sie  gleiche  vorrechlc  gcnieszen, 
eigne  hdu<ikirchen  besitzen  . .  und  von  einer  anzahl  mOncbe  .  . 
bewohnt  werden,  preusz.  jahrb.  20,  301. 

2)  h:iii«kirrhe,  deriilio  domettica.  hautandacht.  Friscb  1,  428". 
HAUSKLEID,  n.:  die  ehrlichen  Abderilen  sahen  sich  selbst 

zum  crtlcninabl  auf  der  fcbanbUbne  in  puris  naturalibus,  . . 


in  ihren  gewöhnlichen  bauskleidern.  Wieland  19,288;  meine 
schöne  zu  besuchen,  die  ich  wieder  in  ihrem  gewühnlichcn 
hauskleide  fand.  Göthe  2*4,  284. 

HAUSKLEIDUNG,  f :  in  der  abwescnheit  eines  vornehmen 
mannes  verkleidete  man  .  .  einen  jungen  menschen  in  die 
hauskleidung  dieses  herrn.  Göthe  19,  24'J. 

H.^USKNAPPE,  VI.,  wie  hausgeselle  {s.d.)  der  geselle  der 
Weber,  der  in  der  eignen  wohnung  arbeilcl:  von  eim  pfundt 
rauwer  wyszer  wollen  durchusz  soll  ein  ineister  einem  husz- 
knappen  zu  kemmen  geben  dry  heller.  Mone  zeilschr.  f.  d, 
gcsch.  des  Oberrheins  9,  150  {v.  148C). 

HAUSKNECHT,  m.  knecht  in  einem  hauswesen; 

1)  allgemein  einen  hausbedienten  bezeichnend:  hausknecht, 
Ordinarius  servus,  famulus  Maa-ler  214*;  (als  ob  man  fragte) 
einen  liegen  hausknecht  von  viel  gescheftcn.  Sir.  37,13;  kein 
hausknecht  {goth.  ni  ainshun  })ivel  kan  zweien  herrn  dienen. 
Luc.  16,13;  rief  er  zween  seiner  hausknechte  und  einem 
gottfürchtigen  kriegsknecht.  ap.  gesch.  10,  7 ;  nL  huysknecht . . 

•oeconomus  Kilian. 

2)  ein  diener  der  die  geringen  diensle  eines  hauswesens  ver- 
richtet: hauszknecht,  scoparius  Dasvp; 

nu,  hausknecht,  thu  die  tbur  noch  uns  zu! 

fnsln.sp.  251,15; 

hausknecht  und  hauediern.    401,  22; 

neur  warb  ich  ümb  ain  hausmeit  .  .  . 

da  lag  pei  ir  der  hausknecht.    755,  23-, 

die  Stadt  schickt  anderthalhen  man  {zum  kämpfe), 

das  ist  ein  hausknecht  und  ein  iinab, 

kein  reicher  burger  kumhi  lierab.    Soltau  232; 
sechs  schilfsessel  umstanden  den  sieintlsch,  welche  der  haus- 
knecht (drs  pfurrhofes) 
heimlich  geschnitzt.       Voss  Luise,  1.  Idylle. 

in  einer  bäuerlichen  haushallung  den  pferde-  und  ackerknechten 
gegenüber  geslelll :  der  hausknecht  ist  gleichsam  der  scher- 
wenzel  in  einer  haushallung,  und  wird  zu  haus  und  auf  dem 
felde  zu  allen  vorfallenden  Verrichtungen  gebraucht,  so  von 
denen  andern  knechten  nicht  versehen  werden  können,  öcon. 
lex.  (1731)  1237.  ab?r  in  solchen  hauswesen,  namentlich  in  der 
ScIiU'riz.  auch  der  oberste  knecht,  der  die  Oberleitung  führt :  hausz- 
knecht, der  füniembst  unter  den  knechten,  columclla  Maaler 
214'';  Hans  Joggi  sollte  eine  art  von  hausknecht  werden, 
und  alle  guter,  welche  nicht  verpachtet  waren,  besorgen  .. 
unter  dem  hausknecht  stunden  die  dienstboten,  welche  auf 
dem  lande  arbeiteten,  er  halle  sie  zu  regieren  und  auch  zu 
speisen,  entweder  auf  rechnung  des  herrn,  oder  auf  die 
eigene.  J.  Gotthelf  schuldenb.  399. 

3)  hausknecht  in  einem  gasthofc:  mediastinus  Stieler  994; 
hundert  hend  musz  ein  keller  und  hausknecht  haben,  wie 
Driareus,  auf  das  er  unaufhörlich  und  unermüdel  zupf,  schöpf, 
gewinn,  hol,  trag,  ketsch ,  biet,  stell,  gisz,  schenk,  füll. 
Garg.  lOl';  und  wie  der  hausknecht  ein  essen  krebs  auftrüge. 
Kirchhof  wendunm.  187';  sobald  ihn  der  hausknecht  {in  die 
gaststube  treten)  sähe,  wolle  er  ihn  austreiben.  Simpl.  1,451 
Kurz;  der  hausknecht  führt  sein  pferd  in  stall.  3, 3S'J;  er 
hatte  im  stiefelschmieren  eine  Virtuosität  gewonnen,  auf  die 
ein  hausknechl  hätte  reisen  können.  Rieul  culturg.  nov.  440. 

4)  hausknecht  der  castellan  des  I^ürnberger  ralhauses.  Nürnb. 
polizeiordn.  80,  Sl. 

HAUSKNECHTSCHAFT,  f. :  {der  gewesene  hausknechl  Rupperl 
sagt)  ich  habe  rn  meiner  hausknechtsschaft  einen  guten 
grund  zur  dieberei  gclegcf.  ped.  schulfuchs  239. 

HAUSKOBOLD,  »i.  ; 

gleich  dem  gescbärtigen  hauskobold,  der  nächtlicher  nrbcit 
Iroh  ist.  Voss  Luise,  2.  Idylle. 

HAUSKOCH,  m.  coquus  privalus.  Steinbacu  1,890. 
HAUSKU.MG,  Hl.  bezeichuung  des  haushcrrn:  diese  und  au- 
derc  inch  hausznötige  stück,  so  sie  dem  hauszkönig  gründ- 
lich zu  erwigen  fUrkoinmen.  Garg.  C4*;  da  macht  man  die 
thor  weil,  das  der  hauszkönig  einrent,  lauft  ihm  mit  zu- 
gelhancn  armen  entgegen ,  die  töchterlin  sitzen  ihren  auf 
dem  arm  . .  die  sönlin  henken  am  rock.  73'. 

HAUSKÜNIGIN,  f.:  {dasx  der  mann  die  frau)  in  eben- 
würdigen  thron  für  ein  hauszkönigin  aiifnimmcl  und  uobon 
ihm  cin.^etzct.  Fiscuart  Garg.  c\*  ; 

dos  man  Ir  {der  rhefrnu)  vorirawi  den  stand 

und  den  hauntucppior  utiorf^lbei, 

und  sie  sur  haiisxkönigin  belibcl.    chet.  (1591)  Dl', 

mit  der  eignen  n-uu  und  hauskönigin  in  gosellschaft  zu  leben 
und  zu  handeln,  J.  pAtjL  Levana  2, 71. 


677 


HAUSKOST  —  HAUSLAMM 


HAUSLAND  —  HÄüSLEIN 


678 


HACSKOST,  f.  eibus  famUiae  Ordinarius,  cibvs  quolidianus. 
Frisch  1,  42S'. 

HAUSKOSTEN,  f.  fdur.  kosten  des  hauswesens:  aber  jetzt, 
denk ,  sind  wir  geldlos  und  die  bauskosten  warten  nicht, 
die  laufen  zu.  J.  Gotthelf  schuldenb.  72. 

HÄCSKRAFT,  f.: 

jenen  wehr  ich 

mit  der  hauskraft, 

bis  Prometheus 

mir  das  heer  schickt.    Göthe  40,  413. 

HAUSKRÄHE,  f.  corvus  corone,  schwarze  krähe.  Nemnicb 
2, 1241. 

HAUSKREUZ,  n.  afflictio  domeslica.  Stieleb  1037;  allerlei 
gemeine  bauscreutze  hat  sie  mit  sonderlicher  gedult  ge- 
tragen. Opels  Weigel  353 ;  in  seinem  überswebren  hauskreuze. 
BoTSCHKY  kanzl.  44;  denkt  nur,  was  mir  vor  ein  hauscreulz 
gleich  den  ietzigen  abend  über  den  bals  kömmt.  Chb.  Weise 
comöd.  209;  eine  überaus  stille  niedergeschlagene  frau,  die 
irgend  ein  heimlich  buuskreuz  zur  dichtkunst  gebracht  bat. 
GoTTscHEDi.N  briefe  2,  122;  als  abends  der  gute  Moritz  herein 
reitend  den  arm  brach  . .  das  zerstörte  die  ganze  frcude, 
und  brachte  in  unsern  kleinen  cirkel  ein  böses  hauskreuz. 
GöTHE  27.239;  meinem  manne  war  in  schreck,  angst  und 
truuer  die  gicht  in  den  magen  getreten  und  er  lag  ohne 
hoffnung.     das  war  ein  hauskreuz.  Tieck  ges.  nov.  2,  45 ; 

doch  tritt  man  aus  der  flitterwoche,  so  kommt  das  hauskreuz 
nach  und  nach, 

und  kreucht  mit  sammt  dem  neuen  paare  in  kieider,  bett  und 
scblaTgemach.    Günther  427; 

gern  wird  hauskreuz  auch  von  den  leiden  gebraucht,  die  durch 
eine  böse,  namenllicli  zänkische  ehefrau  herbei  geführt  trerden  : 
hat  gott  dir  diesz  hauskreuz  zugesandt,  so  muszt  du  es  auch 
willig  aufnehmen.  Scriver  seelensch.  2,279;  unter  die  zahl 
der  gelehrten ,  welche  der  himmel  mit  bösen  weibern  ge- 
straft hat,  gehöret  auch  der  berühmte  Damis;  gleichwohl 
kann  sich  die  gelehrte  weit  nicht  über  ihn  beklugen,  dasz 
ihn  dieses  hauskreuz  nur  im  geringsten  abgehalten  hätte, 
ihr  mit  unzählbaren  gelehrten  Schriften  zu  dienen.  Lessing 
1,  232 ; 

es  ist  doch  ein  geplagter  man, 

der  sein  weib  nicht  bezäumen  kan, 

er  ist  geplagt  ob  andern  alln, 

dann  er  kan  mit  seim  weib  nit  stallo, 

nun  ist  das  hauscreuz  so  gethan, 

dasz  maus  nie  gnug  beweinen  kan. 

J.  DE  Zeter  siieculum  viliorum  et  tirtutum  33; 

die  diefrau  wird  geradezu  hauskreuz  genannt:  ja,  wenn  unser 
gemeinschaftliches  hauskreuz  uns  nicht  weggetrieben  hätte, 
wollen  wir  groszmiithig  sein,  und  ihre  gesundheit  trinken? 
Gottes  3.  4S8. 

HAUSKRIEG,  m.  häuslicher  zwist  und  Unfrieden :  hauszkrieg, 
anheimische  feyendschaft  und  unwirse,  offensiones  domeslicae 
Maaler  214*;  dasz  ich  hülf  zu  meinem  künftigen  hauszkrieg 
zu  hoffen  hätte,  dessen  ankümligung  ich  stündlich  von 
meinem  (manne)  Springinsfelt  gewärtig  war.  Simpl.  3,  107 
Kurj;  ich  musz  sehen  ob  ich  meine  mutier  auf  meine  seile 
bringen  kann,  dasz  sie  etwas  durch  den  hauskrieg  zu  meiner 
parlei  besten  erhaltet,  inlerim  123;  er  machte  ihm  vom  haus- 
kriege nur  so  viel  bekannt,  als  nölhig  war.  J.  Paul  Tit.  2,  30. 
HAUSKRONE,  f.  l)  die  krune  eines  füntenhauses ;  nament- 
lich in  Osterreich  der  nicht  erblichen  reichskrone  früher  enlgegen- 
gestelU.  Frisch  l,  42S*.  auf  die  hausmülze  eines  hausvaters  über- 
tragen :  muszte  in  der  haushültung,  wie  in  jeder,  jemand  da 
sein,  der  den  ordentlichen  hausvaler  und  ehemann  vorstellte  . . 
deshalb  setzte  er  sehr  bald  die  siegwartische  ledermülze  auf 
als  hauskrone,  J.  Pacl  leben  Fiebels  56. 

2}  bezeichnung  der  ehefrau:  mit  seiner  dritten  hauskrone, 
miss  Antonia  Cranmer,  fängt  sich  die  bekanntschaft  zwar 
auch  in  einem  garten  an.  Wielasd  Bunkliade,  in  den  werken, 
b,  supf>lemenlband  (1798)  s.  94. 

HAUSKUCHE,  /".  eulina  dumestica,  familians.  Stieler  1001. 
HAUSKLISST,  f  die  fähitikeü ,   das  hausuesen  gut  zu  leiten: 

fremder,  wilsiu  nachrichi  haben, 

wer  für  dir  hier  liegt  begraben? 

ach  !  ein  schätz,  den  sterbligkeit 

mir  verhüllte  kurze  zeit  .  .  . 

ein  rubm,  von  ehegunst: 

ein  opal  von  hausekun.st. 

LoCAC  1,  2iS,  2  (nv.tbmal  einer  redlichen  frautm). 
HAUSLAMM,  n.    ein  ganz  zahmes  lamm,  das  frei  im  hause 
ttmherkluß. 


HAUSLAND,  n.:  in  Forste  amts  Osterode  ist  mit  diesem 
(reihehause)  ein  gewisses  masz  land ,  sogenanntes  bausland 
verbunden.  StCve  wesen  u.  verf.  42. 

HAUSLÄRMEN,  m.:  es  fahet  mancher  einen  hausziärmen 
an  ,  nur  d;  etwan  ein  hölzlin  über  zwcrchs  im  hause  ligt. 
AcB.  spr.  22^'. 

HAUSLATERNE,  f.  auf  dem  flur  zur  erleuchlung  des  hauses 
hängend.  Jacobsson  2,  235*. 

HAÜSLAÜB,  n.  sempervivum,  hausirurz.  Nemsich  4, 1277. 

HAUSLAUCH,  m.  l)  senipervivum  tectorum.  Nemnich  4, 1278 
mhd  hüslouh ,  wb.  1,1044';  sempereiva  huslauch,  husloch, 
hulauch  DiEF.  526*;  barba  Joris  hauslaucb,  huszlauch  off  de 
huse  6S'  {die  pflanze  führt  auch  den  namen  donnerbarl) ;  spe- 
rima  huslauch  546*. 

2)  auch  sedum  lelepMum ,  sonst  fette  kenne.  Nessich  4.1273. 

HAUSLAUCHVOGEL,  m.  papilio  Apollo,  Nemsich. 

HAUSLEBEN .  n.  leben  wie  man  eS  im  eignen  hause  führt, 
als  übrisclirifl  eines  gedichls  bei  LoCAO  1.  I6S.  19. 

HAüSLEHEN,  n.  das  einem  bestimmten  geschlechte  zustehende 
lehen :  die  gruszen  Mirabeauschen  hausleben.  Dahlharn  gesch. 
d.  franz.  revvl.   ISö. 

HAUSLEHRE.  /".  lehre  in  bezug  auf  das  hauswesen :  die 
Sitten  und  lugenden  beweglichst  fürstellen,  die  haus-  und 
regimentslehre  mit  richtigen  lehrsätzen  beleuchten.  BciscBCi 
Palm.  380;  He.^iods  hauslehren  von  Voss. 

HAUSLEHRER ,  m.  1)  der  lehren  in  bezug  auf  das  haus- 
wesen gibt,  im  17.  jahrh.  wird  Jesus  Sirach  häufig  so  genannt: 
durch  den  getreuen  hausziehrer  Sirach.  Schcppids  623 ;  der 
hauslehrer  hat  auch  sehr  viel  zum  rühm  eines  gottseligen 
und  tugendsamen  weibs  geschrieben  z.  b.  im  26.  capitei. 
Scriver  seelensch.  2,  318. 

2)  neuer  ist  das  wort  auf  einen  lehrer  bezogen,  der  im  haust 
eines  familienvalers,  nicht  in  der  schule  unterrichtet:  er  bat  dort 
als  hauslehrer  an  mehren  orten  gelebt.  Freytag  handschr. 
2,  231. 

HAUSLEIB,  m.  groszer  leib  brot,  wie  er  für  den  hausbedarf 
geformt  wird:  bat  er  zwen  wind  (windspiele)  mit  im  traben, 
denen  söllent  sy  geben  ain  huszlaib.  weL-ih.  1,218;  wann  ein 
groszer  hauszleib  brot  auf  dem  lisch  lege.  Paracelscs  opp. 
1,8SB; 

kom  her  und  lern  mich  hausziäib  machen. 

Atrer  433«  (2179,  1  Kcllei). 

HÄÜSLEIN,  n.  aediculae,  domuncula,  ahd.  hüsili  und  hüsilin, 
mhd.  hinsei  und  hiuselin. 

1)  in  eigentlicher  bedcutung:  huszei  domuncula  voc.  ine.  theut. 
ks';  heüsziin.  aediculae,  casa  mapalia  Maaler  220*;  wie  ein 
beuslin  im  Weinberge.  Jcs.  1,8;  wie  wol  das  bäusel  ein 
kleines  hi)ffel  und  ziemliche  kammer  hatte.  Lazarillo  de  Tor- 
mes  69;  rechts  stand  ein  golhisch- lombardisch  kapriciöses 
bäuslein,  in  dessen  innern  eine  süsze,  flatterhafte  mädchen- 
stimme ..  trillerte.  H.Heine  2,  67. 

2)  gehäuse  über  oder  um  ein  schnüzwerk,  baldachin :  machet  im 
(dem  schmlzbilde)  ein  feines  heuslin.  und  setzls  an  die  wand, 
und  heftets  fest  mit  eisen,  das  nicht  falle.  weL<h.  Sal.  13,  15; 
eben  so  sind  ihre  gölzen.  wenn  man  sie  in  ire  heuslin 
setzt,  werden  sie  vol  staubs ,  von  den  füszen  dere,  die  hin 
ein  gehen.  Barueh  6, 16. 

3)  bäuslein  Jür  abtritt,  mundartlich  sehr  verbreitet  (Fftouu. 
6,147  tt.  ö.),  bei  Frisch  1,427*  aus  Keisebsbebgs  poslilie  nach- 
gewiesen; häuslein,  heimliches  gemach,  eloaea,  latrina  Kibscb 
cornuc. ; 

das  häaszie  stnond  olTa,  drein  sind  si  all  glofTa. 

scliwäb.  lied  v.  1633  bei  Frosi.  4, 94, 59. 

vielleicht  fällt  dieser  bedeulung  auch  zu:  und  sollen  auch  keine 
kandelle  (canale)  und  drauf  von  der  nachparn  dechen  und 
hausein  in  den  hoff  gefört  noch  geleidt  werden,  weisih.  2,  262 
(v.  1539). 

4)  häuslein,  grab:  sehen  den  engel  uff  dem  stein  huszen 
sitzen  vor  dem  grab  oder  hüszlin.   Keiseb<bebg  pcst    3,  4'. 

5)  häuslein  von  thierwohnungen :  wenne  man  in  (den  vogel 
galander)  gevaeht  und  in  besleujt  in  ainem  häusel.  .Mege.ibehc 
176.8;  heusziin  der  imben ,  favus  Maaler  220*;  liesz  die 
{Unten)  ausz  ittrem  loch  oder  heusziin.  Amadis2i2;  Schnecken- 
haus: 

dann  wann  vom  häus/jin  kriecht  die  schneck, 

so  Irägis  ein  jedes  kind  hinwegk, 

ja  da  uieman  steckt  in  dem  hausziin, 

sah  ich  spilen  damit  ein  mauszlin. 

FiecHART  ehet.  (1591)  C6»; 

43* 


679 


HÄÜSLEINFEGER  —  HÄUSLICH 


HÄUSLICH 


680 


von  der  fchaale  einer  srhildkrvte : 

da  ward  sie  (die  sc/ii/i/Arö/e)  crgetzt  widenim, 
sprach,  o  häuszliri,  mein  heiligmm, 
truck  tapfer  nur,  ich  trag  «lieh  gern, 
forthin  soll  mich  niciit  roch  beschwern.    D5'; 

fesludo  liaijt  ain  snek,  ilartiiTil)  . .  daj  or  mit  ainr  schaln  be- 
decket ist,  als  er  in  ainem  iiäiisel  sitz.    Mecenbero  258,  24. 

C)  häiisicin,  das  keinhaits  beim  obst,  tvie  haus  sp.  (ill;  ferner 
die  aus  dem  blütenkekhe  enlwickelle  hülse  der  Judenkirsche :  nelinict 
judeiikirsciien,  die  scliön  und  wol,  aucli  zeitig  soind,  zicliet 
ihnen  das  häuslein  ab.  Hohrerg  3, 1, 15S'. 

7)  liiiiislein,  bildlich  für  miUlerleib: 

warumb  weinet  ein  kindlin  gleich 
wann  es  von  muterleibe  weicht? 
darnmb,  das  es  sich  merket  blosz, 
und  seiner  teck  und  häuszlins  los. 

FiscuART  ehez.  (1591)  CS'. 
ebenso  für  vulra: 

dreu  jar  noch  liieih  ich  ungcwert, 

das  sie  mir  nicht  leb  das  heuslein, 

do  die  pruchmaisen  fliegen  ein.    fasln,  sp.  123,25. 

HÄÜSLEINFEGER,  m.  nach  häuslein  3 :  heusziefeger,  rau- 
mer, bernsicf her,  repurgalor,  lalrinarius.  Heni?ch  1037, 17. 

IlAl'SLEINWAND  ,  f.  aus  qarn  das  im  hause  gesponnen  isl, 
bereitet;  in  lilterer  form  noch  hausleinwad:  linteum  domesticum  . . 
hausleinwad.  Stieler  2346;  eine  floiszig  gesponnene  haus- 
leinwad,-die  man  seibs  hat  wirken  lassen.  Roth  hausmüller- 
ABC  F7;  wans  etwe  ein  stückl  hauszicinwed  zu  hcmeden, 
hosenfueller,  kotzn  und  leyiachen  brauchn  tlietn.  Schwabe 
lintenf.  40.  bildlich:  das  machwerk  (Werlhers  frcuden  von  Nicolai) 
selbst  war  aus  der  derben  hausleinwand  zugeschnitten,  welche 
recht  derb  zu  bereiten  der  menschenverstand  in  seinem  fa- 
milienkreise  sich  viel  zu  schaffen  macht.    Göthe  26,  231. 

HAISLEITEU,  f  scala.  M.valer  215'. 

HÄUSLER,  m.  1)  eintvohner  eines  dorfes,  der  nur  ein  haus, 
kein  fehl  dazu  besitzt,  entgegengesetzt  dem  gutsbcsUzer:  heuslcr, 
incola  paganus  qui  agros  non  possidct.  Stieler  801;  wo  er  als 
hausier  ansiissig  ist.  Feuerbach  aclenmäsz.  darstelt.  1,109; 
der  beleidigte  soldat  rächt  sich  am  spotte  des  häuslcrs.  Dija 
Na  Sore  4,302;  die  milglieder  des  deichbandes  haben  land 
und  leben  zu  verlieren,  wenn  der  deich  durchbricht;  nicht 
sü  die  später  gekommenen  handwciker,  hausier  oder  pächter. 
Moser  rcrtn.  schiiflen  1,  344. 

2)  dürfler  ohne  eigenes  haus,  bei  einem  andern  zur  miete  woh- 
nend. Adelung. 

HÄUSLERIN ,  f  nach  hausier  l :  einer  jeglichen  halbver- 
hungerten  häuslerin.  Holtei  Lammfell  135. 

HAUSLEUTE,  plur.  l)  allgemein  die  bewohner  eines  hauses, 
hausgenossen :  die  mörwellen  sind  die  mancherlei  hindcr- 
nussen  und  anstösz,  welche  den  hauszieuten  {es  ist  ein  schiff 
einem  hause  verglichen  worden),  die  sich  ehrlich  begeren  zu 
nehren,  widerfaren.  Fischart  eltez.  (1591)  J3';  sie  sagen, 
dasz  dieses  gcschmcisz  (bienen)  ihre  hausleute  und  nachbarn 
stechen  wird.  Freytag  handschr.  2,33. 

2)  die  mietbcHohner  eines  hauses :  die  hauszieiit,  hauszgcnosz, 
die  in  einsi  hausz  woncnd,  domeslici  .Maaler  215";  sie  hat 
ein  bequemes  hausz,  sie  Ihn  sich  nach  feinen  hauszieuten 
imi.  Chr.  Weise  liebes-alliance  12;  bauete  über  die  12  sluben, 
und  gedachte  mich  von  den  hauszleuthcn  zu  nehren.  polil. 
kiatschmaul  (IG83)  s.  12. 

3)  das  gesinde  eines  hauses:  dagegen  versprechen  sie  mir, 
dasz  sie  gegen  meine  hausleute  von  dem  zweck  ihres  hicr- 
seins  schweigen.  Freytac  handschr.  1,  79. 

4)  die  leute  des  Ihürmers,  der  liausmann  genannt  wurde  und 
zngleidi  oß  stadlmusicant  war,  hieszen  iiotisleulc:  man  liesze 
die  sogenannten  hausziculc  oder  vielmehr  stadlmusicantcn 
hohlen.   Salinde  20. 

5)  eine  gattung  bauern:  nicht  weit  von  der  bürg  zu  Holk 
wohnten  vor  lieben  langen  jähren  ein  baar  frommer  haus- 
leute, welche  den  edlen  horrn  daselbst  für  ihren  gnädigen 
gutsherm  erkannten.  .Moser  patr.  phanl.  2  (1798)  352;  die 
frage  ob  die  hiesigen  hausleute  {die  landleulc  im  Osnabrück- 
sehen) ihre  wohntingcn  nicht  bcrjnemcr  einrichten  k'innlen. 
9, 139.  im  Bremisclicn  heiszen  hausleute  bauern  die  volle  eigen- 
Ihnmer  und  niemand  als  der  landeiherrschaß  unterworfen  sind; 
$.  unter  erbexc  3,  719. 

HAUSLICH,  adj.  und  adr.  domeüieus.  frugi.  ein  hii>izlicher, 
beimücher,  domesticus  ÜiKr.  190*;  m  altern  iiuellrn  »per  ohne 
umlaul:  hatioziiche  Sparsamkeit.  Kisciiart  chez.  (1691)  Ci* 
in  mehrfacher  anwendung. 


1)  das  ngene  haiiswesen  betreffend,  den  haushall  angehend;  so 
in  bezug  auf  das  wohnen:  sich  häuslich  niederlassen,  ein  haus- 
wesen  gründen;  kein  eigen  domicilium  und  häuslich  wesen 
gehabt  hab.  Avrer  proc.  1,7;  ob  er  ..  clwan  irgends  eine 
häusliche  wohnung  hätte?  Simpl.  3,198  Kurz;  ist  klar,  wie 
heftig  die  alten  auf  die  ehrbare  zucht  unter  den  Studenten 
gesehen,  beides  in  üffentlichen  collegien,  und  häuszlichcu 
Wohnungen.  Happel  acad.  rom.  24;  gcist-  weit-  und  häus- 
licher stand  [d.  i.  der  angesessene  bürgerstand).  Oleariüs  reisen, 
auf  dem  titel ;  er  hat  diesen  namen  weder  ölTentlich  noch 
häuslich  {in  seiner  wohnung)  ausgesprochen.  Hippel  lebcnst. 
I,  198;  indesz  sich  der  dichter,  wohlverwahrt,  häuslicher 
wühnlichkeit  freut.  Göthe  33,147;  wir  richten  uns  immer 
häuslich  ein,  um  wieder  auszuziehen.  17,313; 

ihr  (einer  jungen  frau)  war  kein  ander  ohrt,  kein  andre  statt 

bewust, 
als  die,  wo  sich  ihr  mann  woit  häusziich  lassen  finden. 
Rist  Parn.  782; 

in  bezug  auf  die  führung  des  hauswesens  und  alles,  was  mit  dem 
eignen  haushält  zusammenhängt :  nit  minder  gebüret  die  eben 
und  das  häusziich  wesen  .  .  recht  zusammen  zu  ordeneii 
und  zu  reimen.  Fischart  chez.  (1591)  A2';  schöne  liäuszlichc 
lehren.  C7";  die  vielleicht  zur  häuslichen  gchültin  unter 
meiner  anleitung  am  besten  herangewachsen  wäre.  Göthe 
17,10;  ich  ..  finde  zuletzt  nichts  bequemer,  als  dasz  andre 
für  mich  bauen,  pflanzen,  und  sich  häuslich  bemühen.  3is; 

heimlich  stahl  mir  Luise  das  Vorbild  aus  dem  e:ewandscbrank 
ihres  papas,  wie  Rahel  dio  häuslichen  göitcr  des  Laban. 

Voss  Luise,  2.  Idylle; 
war  ich  ein  häusliches  weib  (eine  hausfrau),  und  hätte,  was  icli 

bedürfte, 
treu  sein  wollt  ich  und  froh,  herzen  und  küssen  den  mann. 

GöTUR  t,  307-, 

der  ursach  halb  ich  armer  man  weder  zu  weib  noch  kinden 
darf,  musz  also  von  hevvszlichen  eren  bleiben.  Chmkl  urk. 
Max.  304;  das  ich  mich  vor  meinen  gläubigem  niendert  darf 
anheim  thiin,  und  ich  von  hewsziichen  eren  kommen.  346 
{vcrgl.  hausehre  s;;.  650) ;  den  häuslichen  Wohlstand.  Herder 
z.  seh.  Uli.  19  (1S30),  llt;  der  gcnusz  der  lang  entbehrten 
häuszlichen  glückseligkeit.  Wieland  7,  ISO;  häusliche,  sitt- 
liche, literarische  Vergnügungen.  Herder  :»r  seh.  litt.  0  (1^27) 
259;  findest  dein  glück  in  einem  stillen  bürgerlichen  leben, 
in  den  ruhigen  hä:uslichen  freiulen.  Göthe  10,  103;  jede  häus- 
liche empfindung  wird  rege.  33,152;  häuslicher  friede,  häus- 
licher zank,  zwist; 

immer  ist  so  das  mädchcn  beschäftigt  und  reifet  im  siillen 
häuslicher  tugend  entgegen,  den  klugen  mann  zu  beglücken. 

Göthk  I,  313. 

in  bezug  auf  personen  die  mit  dem  hauswesen  zus(imnietih,hu)rn: 

die  häusliche  gcsellschaft;  häusliche  freunde ; 

und  drinnen  waltet 

die  züchtige  hausfrau, 

dio  mutter  der  kinder, 

und  hcrschet  weise 

im  hauslichen  kreise.    Schillkr  glocke; 

in  bezug  auf  thiere,  die  im  hauswesen  unterhalten  irtrden :  kein 
heuslich  vihe  zur  narung.  Dryander  rorrc</e  zu //.&a(/e(is /ikv/üiiij 
R2;  wie  groszes  gefallen  die  natur  oder  vi!  mehr  got  ir 
Schöpfer,  an  der  hauszhaltung  trage,  sihet  mann  daran,  das/, 
er  zu  förderung  ..  derselbigen  sonderes  zaines,  gciieimcs 
und  häusziiches  vieh  hat  gegeben.  Fischart  Wie;.  (1591)  M  l'; 
unter  den  zahmen  und  häuszlichen  thicren.  J.  1'rätorius 
Storchs  winlerqu.  PC;  die  thiere,  die  der  mensch  zu  zähmen 
und  häuslich  zu  machen  gelernt  hat.  Kant  5,438; 

mit  ihr  wohnten  in  einem  zimrncr  zwei  Ifftiisziirho  thiere, 
Cyper,  ein  flcckigtcr  kater,  und  ein  goschwatziges  papchcn. 

/.ACiiARiÄ  .Mnrner  (1757)  «.4; 
ringt  noch   freut  sieb  der  Stoppel   ein  schwärm  glattleibiger 

rinder, 
und  der  gefallenen  körnor  die  haiislicho  gons  mit  dem  feldhuhn. 

Vo.ss  Idiilleii  4,  18. 

2)  häuslich  ron  personen  gesagt,  gern  um  das  hauswesen  sich 
kümmernd,  im  hause  weilend  und  schaffend:  ein  heuslich  weib 
ist  irem  manne  eine  freude,  und  macht  im  ein  fein  rflgig 
leben.  Sir.  20,2;  das  sie  die  jungen  weibcr  leren  ..  sitlig 
sein,  keusch,  heuslich,  gütig,  Iren  mennern  unicrihan.  Tit. 
2,5;  wann  die  niänner  schon  häusziich,  geschickt,  arbeitsam, 
karg  und  sparsam  sind.  Fischart  ehez.  (1591)  G»';  als  nun 
der  kirchgaiig  lieschehcn  was,  lirng  der  gilt  jung  mann  an, 
gor    häusziich  zii  sein.    Wickran  rollic.  7«,  I  Kur:;  die  frau 


681 


HÄUSLICH  —  HÄUSLICHKEIT 


HÄÜSLICHSTttL  —  HAUSMANN 


682 


war  in  der  zeit  heuszlicli.  Frey  garleng.  88;  darumb  wenn 
die  frauwe  hernach  sich  voriger  faulheit  annam,  dröuwet  er 
ir  mit  erzehiter  arzney  zu  helfen,  dasz  sie  dennoch  etlicher 
maszen  solcher  sich  entwehrete  und  häuszlicher  begundt  zu 
werden.  Kmicubof  wendunm.  114';  häuszlicher  frommer  knächt, 
der  fleiszig  auf  den  nutz  seines  meisters  sieht,  ein  treüwer 
diener  und  redlicher  hauszknachf,  servus  bonae  frugi  Maaler 
215*;  lebte  mit  seiner  frau  arbeitsam  und  häuslich.  Hebel 
2  (IS53)  s.  110; 

werist  du  langisl  als  huslich  gsin, 

und  nit  gesessen  bi  dem  win, 

l'rüe  und  spad,  dag  und  nacht, 

het  uns  fil  me  nütz  gebracht,    fastn.sp.  S21,34; 

so  wil  ich  ein  weil  heusziich  sein, 

die  Stuben  kern  und  heizen  ein.    H.  Sachs  3, 3, 42'; 

wollt  mir  beschafTn  ein  solches  weib 

die  heüsziich  keusch  und  Trumb  beleih. 

.    ScHXELZL  hochzeit  9', 
das  man  mich  (schnecke)  gar  für  häuszlicb  hält. 

FiscHART  ehe:.  (1591)  CS'; 
es  lockt  und  reizte  licht  und  luft  den  häuslichsten  zum  aus- 
spazieren.     Brockes  7,  563; 
unterdessen  schleichet  auf  dem  gange 
hauslich  spät  die  mutter  noch  vorbei.    Göthe  1,  247; 
denn  noch  so  häuslich  im  hause, 
mögen  sie  ölTentlich  gern  als  müszige  damen  erscheinen. 

1,343; 

du  bist,  häusliches  mädcben,  gemeint.    1,391; 

drum  kommet,  damit  wir  vernehmen, 
ob  sie  gut  und  tugendhaft  sei,  ein  häusliches  mädchen. 

40,  296. 

3)  häuslich,  das  hausiresen  gut  führend,  das  seine  zu  ralhe 
haltend,  sparsam:  hauszlich,  ein  guter  hauszhaiter,  frugi,  par- 
cus  Maaler  215*;  nun  wolan ,  was  woltstu  aber  thun,  so 
durch  Circes  knnst  köntest  ausz  eim  trunkenen  mann  einen 
nüchteren  machen,  ausz  einem  schlemmer  einen  kargen, 
kündigen,  ausz  eim  unhäuszlichen  ein  häuszlichen.  Fischart 
ehez.  (1591)  Tl';  welcher  auszgäbiger  ist  in  einem:  ist  von- 
nöhten  dasz  er  mäszig,  karg  und  hauszlich  in  einem  andern 
seie.  ScHLPPiüS  739; 

vor  dem  lebnstuhl 
prunkte  mit  Dresdener  tassen  der  schön  geäderte  tbeetiscli, 
welche  die  häusliche  frau  vornehmeren  gasten  nur  anbot. 
Voss  Luise,  2.  Idylle. 

HÄUSLICHKEIT,  f  1  {nach  häuslich  1)  der  gesamle  zustand 
des  Hauswesens  und  dieses  selbst:  die  häusziiche  herrschaft 
und  herrschaftliche  häuszlichkeit.  Garg.  63';  wie  beschämen 
uns  im  punkt  der  häuslichkeit  die  altgriechischen  Wohnungen 
und  paläste !  Herder  z.  seh.  Uli.  19  (1830)  141;  der  zierliche 
topf  nimmt  manchen  Strauch,  manche  zwiebel  auf,  um  in 
winterhafter  häuslichkeit  den  sommcr  zu  heucheln.  Götbe 
33,152;  so  hoffe  ich,  sie  werden  die  einfache  treue  recht- 
lichkeit  deutscher  zustände  nicht  verschmähen,  und  mir  ver- 
zeihen,  wenn  ich  ..  kein  anmuthigeres  bild  finde,  als  wie 
sie  uns  der  deutsche  mittelstand  in  seinen  reinen  häuslich- 
keilen sehn  läszt.  21,126;  dasz  eine  wirthin  sich  sehnt, 
wieder  ungestört  in  ihrer  stillen  häuslichkeit  zu  leben.  Lmmer- 
mann  3/ünc/i/i.  4, 100;  verzeihen  sie  uns  das  unzarte  eintreten 
in  ihre  häuslichkeit.   Frettag  handschr.  1,90; 

edle  deutsche  häuslichkeit 

übers  meer  gesendet.    Göthe  47,  208. 

2)  die  liebe  zum  hauswesen  und  die  neigung  darin  zu  weilen 
und  zu  wirken  (häuslich  2):  und  {das  ueib)  inn  aller  zucht 
und  heuszlichkeit  ..  bleibet  und  verharret.  Mathes.  Sar.  7"; 
ein  rechtschaffen  weib  .  .  liebet  ir  hauszgesind,  will  nit  in 
kleidern.  sonder  in  rechter  häuszlichkeit  gesehen  sein.  Fischart 
eliez.  (1591)  LT;  aber  häusziigkeit  und  tugend  stehet  ..  wol 
neben  einander.  Lohe:<steis  >lrm.  1,199';  ohne  das  hält  ich 
des  guten  menschen  gewissenhafte  häuslichkeit  zeilher  schon 
gern  ein  Liszchen  ausgeweitet.    Göthe  7,133; 

die  Schnecken  die  hcidochsen  neiden, 
weil  sie  die  häuszlichkeit  gar  meiden, 
und  drumb  auch  nicht  der  immen  schonen, 
und  im  zerfallnen  gmnur  gern  wonen. 
also  soll  auch  ein  ehefraw  meiden, 
was  sie  von  häuszlichkeit  will  scheiden. 

FiscHA»?  ehet.  (1591)  C6'. 

3)  {nach  häuslich  3)  wirlschafllichkeil ,  sparsamkeil:  welcher 
aber  allgemach  sich  wird  herauszwickelen  {aus  den  schulden), 
der  macht  ein  gewonheit  der  häusziigkeit  und  mit  diesem 
fleisz  hilft  er  dem  gemüth  und  vermögen.   Schuppius  739; 

ein  Weibchen,  die  .  . .  was  sein  (des  mannes)  (leisz  gewinnt, 
durch  kluge  häuslichkeit  vermehret.  Cottfr  I,  254. 


HÄÜSLICHSTILL,  adj. : 
und  im  genusse  bäuslichstiller  freuden.    Gotter  i,  430. 

HAUSLIED,  n.:  hauslieder  cantus  domeslici,  oeconomici. 
Stieler  URl. 

H.\USLING,  m.  mielbetcohner  eines  hatises;  ein  eigenes  haus 
niäil  besitzend,  schulzvericandler :  der  himmlische  vater  wird 
seine  kinder  und  häuslinge  schon  wissen  zu  versorgen.  Otho 
1291;  sollen  sie  auch  unsre  mietvölker  an  sich  zu  ziehen 
versuchen ,  so  würde  doch  solches  alsdenn  nur  genihrlicU 
für  uns  sein,  wenn  wir  ihnen  nicht  samt  unsern  häuslingen 
{griech.  fisTOiy.oi)  allein  schon  gewachsen  wären.  Heilman 
thucyd.  166.  namenlUch  in  yiedersachsen :  nicht  weniger  schlimm 
steht  es  mit  dem  begriffe  des  häuslings.  in  der  regel  denkt 
rnan  unter  demselben  einen  nicht  angesessenen  einwohncr 
der  gemeinde,  der  hauptsächlich  von  lagelohn  lebt,  er  kann 
aber  auch  ein  handwerk  oder  sonstiges  kleines  gewerbe  be- 
treiben, und  durch  diese  nebenbestimmung  kommen  wir  denn 
in  eine  allmälige  reihenfolge  von  Veränderungen  hinein, 
welche  am  ende  den  arzt ,  den  advocaten ,  den  kaufmann 
etc.  ebenfalls  zum  häusling  stempeln  kann.  Stöve  uesen  u. 
verf.  56 ; 

'wo  ich  umseb,  keiner  hört  mich  an, 
häusling  oder  sassen  !     Voss  5,  3. 

hie  und  da  in  Obersachsen  vird  häusling  der  bewohner  des  armen- 
hauses  genannt. 

HAüSLOS,  adj.:  ich  suochte  dich  e,  da  du  laege  höse- 
lüsiu.  hohes  lied  35,4  Haupt;  du  würdest  ..  in  schweifendes, 
hausloses  elend  mich  verstoszen.    Göthe  57,36; 

kein  frevler  in  des  königs  jagd 
naht  bauslos  eurem  dach. 

Freiligrath  ged.  (1845)  461. 

H.XUSLÜMMEL,  m.  {terme  de  mepris)  casanier,  Rondead  287. 
Chr.  Weise  comüd.  105. 
HAUSLUST,  /■.; 

weil  unsre  hauslust  manches  trieb, 

was  kaum  und  kaum  in  schranken  blieb.    Voss  6, 202. 

HAUSMACHT,  f.  macht  über  die  ein  geschlecht  verfügt :  haus- 
macht, poteslas  dominica,  oeconomica  Stieler  1204;  jene 
schrankenlose  hausmacht  in  den  familien  des  hohen  adels. 
Dahlma:«!«  gescL  der  franz.  revol.  l%0;  Friedrich  hatte  an  dem 
falschen  freunde  . .  räche  genommen  . .  und  stand  auf  den 
frischen  trfimmern  der  weifischen  hausmacht,  dän.  gcschichlc 
1,32.1;  sie  {die  territorialfürslen)  benutzten  die  reformation, 
um  ...  die  guter  der  kirche  zur  vergröszening  ihrer  haus- 
macht zu  verwenden.  Bradn  «er  briefe  eines  süddeutschen, 
vorrede  s.  13. 

H.\ÜS.MÄDCHEN ,  n.  dienslmädchen  zur  besorgung  des  haus- 
fcesens:  Studenten  ..  erhallen  brockensträusze  von  den  haus- 
mädchcn.  H.  Heine  1,  77. 

H.VUSMAGD,  f  famula.  Maaler  215" ;  hausmagd  . .  schlie- 
szerin,  ausgebmagd.  Stieler  1210.  nl.  huysmaeght,  famula, 
ministra,  ancilla,  scoparia  Kilian; 

Marie,  die  geschäftige  hausmagd, 
welche  gehaspeltes  garn  von  der  wind  abspulte  zum  weben. 

Voss  Idyllen  16,  loL 
vergl.  hausmeid. 

HAUSMANN,  m.  l)  der  vorstand  einer  haushaltung ,  haus- 
vater:  also  gieng  der  dippel  in  sich  selb,  erkannt  seiner 
frawen  radt  für  gut  und  zoch  wider  zurück  in  sein  alte 
herberg,  lies  hinfurbas  seinen  eifer  faren  und  ward  ein  recht- 
geschaffner hausman.  Wickram  rollio.  154,3  Kurz;  ein  ehr- 
licher hauszmann,  welcher  sich  durch  seine  magd  halte  ver- 
führen lassen.  Schdppics  466;  ich  habe  langes  und  breile-s 
von  einer  sogenannten  blulliebe  schwatzen  gehört,  das  einem 
ordentlichen  hausmann  den  köpf  heisz  machen  könnte. 
Schiller  räuber  l,  l ; 

darum  so  halt  dein  gosch  du  frosch  (spriclil  die  Schnecke), 
weil  nichts  auf  häuszlichkeit  verstehst, 
wirst  auch  kein  hauszman  immer  geben, 
dann  im  hausz  soll  man  still  fein  leben. 

Fischart  ehcz.  (1591)  DI"; 
dann,  wie  man  sagt,  ein  hauszman  bawet 
nur  auf  ein  fromm  weib,  dem  man  trawet, 
aber  auf  kein  luirätlich  fraw, 
da  ist  not,  das  der  mann  selbs  schaw.    D  i'. 

2)  namentlich  der  vorstand  einer  ländlichen  haushaltung ,  an- 
tcohner  einer  dorfgemeinde :  ein  hausmann  oder  bauen  geß. 
finken  30;  dem  hausmann  sein  viehe  so  viel  möglich  ohne 
schaden  heimliefern,  weisth.  2,187;  wenn  ein  hausmann  einen 
guten  hund  hätte,  und  würde  ihm  todt  geschlagen.   3,308; 


6S3 


IIAUSMANNSCHAFT  —  HAUSMEID 


II  AUSMEIER—  II  AUSMÜTTERLICHKEIT     684 


in  den  freien  marschiändern  gilt  {für  den  vollberechtigten 
baticr)  der  ausdruclc  liausmann ,  welcher  in  allerer  zeit  den 
aligemeinen  gegensalz  gegen  hofiirann  (hovemann,  hovelüde, 
d.  i.  ritlermäsziger  mann,  diensimann,  edclmann  im  neuern 
sinne)  zu  hMen  pflegt.  Stüvk  wcsen  u.  verf.  46. 

3)  hausmann  ist  auch  der  bei  einem  andern  zur  miete  uohnt, 
mielsmann:  Lauszmann,  der  umb  zinsz  in  eines  anderen  bausz 
wonet ,  inquilinus  Maaler  215";  liauszmann,  der  eine  oder 
zwo  kamnieren  inn  hat,  coenacularius  das.; 

ein  armer  hauszman  one  sorgen. 

ü.  Waldis  £,vo/)  4,  93,  90. 

4)  bäusmann,  der  Wächter,  beschlieszer  eines  haiises.  im  mitlel- 
allcr  tcar  hüsman  {wb.  2, 1,  40')  der  burgwart  {nach  haus  »palte 
643)  der  auf  dem  tcarlthurnic  wohnte;  und  es  geht  der  name 
auch  auf  den  kirclithürmer  «p  städlcn  über:  gleich  wie  man 
nennet  ein  tburner  oder  hau.snian  auf  dem  Ihurn,  der  da 
wachen  und  über  die  stad  sehen  so!,  das  nicht  fewer  oder 
feind  schaden  thue.  Luther  1,370";  ein  solcher  bestalter 
wechter,  hausman  oder  thiirner.  F.  ^ora  hausmütler-ABC  J2^ 

HÄUSMANNSCHAFT,  f.  art  und  weise  eines  guten  hausvalers: 
wi!  ich  den  hohen  schulen  in  Teutschland  ralhen,  dasz  sie 
etliche  lehrer  der  hau^zmannschaft  halten,  welche  nit  allein 
jenes  jurisconsulti  rahtschläg  examinirten,  sondern  suchten 
die  kunst  der  hanszhaltung.   Schuppiüs  TO.'«. 

HAUSMANNSKOST.  /".  nahrung  wie  sie  ein  hausvaler  gewöhn- 
lich für  sich  und  die  seinigen  bereiten  läszt:  ein  gemeiner  soldat 
{erhält)  desz  tags  1  pfd.  fleisch,  oder  hauszmanns  kost.  Bockler 
kricgsschule  (l66S)  s.  111;  vergnügt  bei  unsrer  alltäglichen  haus- 
mannskost.  Arnim  Icronw.  1,  21;  auffallendes,  fremdartiges 
war  dem  jungen  menschen  gerade  hausmannskost.  J.  Paul 
komel  3,  "2. 

HAUSMANNSTHURM ,  wi.  kirchlhurm ,  auf  dem  der  thürmei- 
wohnt,     hausmannsturn  Frisch  1,  429". 

HAUSMÄRCHEN ,  n.  märchen  wie  es  im  häuslichen  kreise 
erzählt  wird :  kinder-  und  hauslifiärchen  gesammelt  durch  die 
brüder  Grimm,  auch  märchen  in  bezug  auf  ein  geschleclit: 
bald  sprachen  wir  von  den  wolbezeugten  geschichten  des 
hauses  von  Barliarossa  und  Konradin ,  bald  von  den  haus- 
mürchen  aus  den  zeiten  des  Attila.  Arnim  kronw.  1,  310. 

HAUSMARDER,  m.  muslcla  foina,  Steinmarder.  Nemnich  3,670. 

HAUSMARK,  n.  aelhusa  meum.  Nem.mcuI.  99;  hochteutsch 
wird  die  beerwurz  oder  der  wilde  dill  auch  hauszmark  ge- 
nannt.   Tabernaem.  kräuterb.  (1588)  233. 

HAUSMARSCHALL.  m.  marschall  einer  fürstlichen  hofhaltung, 
der  die  iKin.H'r  und  scidösser  unter  aufsiclit  hat. 

HAUS.MAST,  f. :  die  Schweinemast  ist  zweierlei,  holzmast 
und  haiismast.    öcon.  lex.  (1731)  1536. 

HAUSMASTUNG,  f.:  es  ist  aber  die  hausmastung  {der 
Schweine)  nicht  einerlei,    ebenda. 

HAUSMATTE,  f.  an  einem  hause  gelegene:  konnte  er  einen 
groszen  theil  der  hausmatte  wieder  wässern,  und  das  gru- 
nete  und  trieb,  dasz  es  eine  helle  pracht  war.  J.  Gottdelf 
schuldcnb.  72. 

HAUS.MAUER,  f.  mauer  eines  hauses  und  um  ein  haus. 
Fkeytag  Itandschr.  2,  15. 

HAUSMAUS,  f.  mus  musculus,  Nemnicu  3,654;  ein  hausz- 
inausz  lud  ein  feldmousz  zu  gast.    Acr.  spr.  (1500)  36l'. 

HAUSMAUSLELN,  n.  .■  ich  bin  in  diesem  kriege  so  neutral 
als  mein  zahmes  heimliches  bau.smiiuslein ,  das  gegenwärtig 
ein  kerzcnslümplein  von  gestern  frühstückt.  Hebel  i.  j.  1805 
brieflich  an  Zenoides.  übertragen:  ncpoles,  pronepotes  und 
abnepules  da<t  ist  hausniUusl.   Abele  3, 17. 

HAUSMEGÄRE,  /.  ; 

wenn  meine  hausmeg&re 

noch  zelintnal  scIilimDier  wäre.    Gottir  3,  562. 

HAUSMEHL,  n.  schwirzeres  mchl  für  den  gewöhnlichen  haus- 
bedarf:  hauxxniil,  das  mal  nach  dem  sirnmeimäl  gcmalel, 
ciburium  sive  iecunäaiium.  MaaLEH  215*. 

HAUSMEID,  f.  hausmagd: 

noit  ir  dann  euer  ee  icht  zuprechen, 

Bo  null  ir  in  kein  buuRmeid  zechen,    fatln.  *p.  168, 21 , 

liniimneirl,  die  alten  korb  hcrnunzl 

ir  h'-rren,  die  nlien  korb  ich  \iieit.    .172,  1«; 

lUt:  baa«m«it  wolt  ich  wo)  Tor»or({<>n.    477,  23; 

do  hon  leb,  d-"  •■■    '■  ■■  i.  .— Ti,)  bienzcn, 

•I«  «olt  ein  w  tfn.    769,24; 

<•«  I«'  I   ihm  frei, 

I    ■  ■  iMiii.l  Hei. 

llorp«»!iw  genelttehaftil.  IS7, 


HAUSMEIER,  m.  oberaufseher  über  haus  und  hof;  nl.  huys- 
meyer  oeconomus,  major  domus  Kilian.  von  den  historikern  zur 
bezeichnung  der  fränkischen  majores  dumus  verwandt:  und  der- 
selbigen  zeit  was  Pipinus  der  oberist  pfalzvogt  und  hausz- 
meyer  in  Frankreich,  den  man  nennet  maior  domus.  Stdmpf 
chron.  (I5S6)  1G5';  Pippin  von  Landen  ..  der  als  hausmeier 
für  den  unmündigen  künig  Dagobert  eine  fast  unumschränkte 
gewalt  in  Austrasien  gewann.  Giesebrecut  gesch.  der  deutschen 
kaiserzeü  1  (ISCO),  93. 

HAUSMEIERAMT,  n. .•  das  hauszmeyerampt  ist  bei  den 
Franken  gar  ansehnlich  gewesen,  und  was  ein  bauszmeyer 
so  vil ,  als  bei  unseren  tagen  bei  den  Franzosen  ein  gran- 
mäter  oder  conestabel.  Stumpf  chron.  (I58ü)  105". 

HAUSMEISTER,  m.  1)  hausherr,  hausvaler:  bauszmeister, 
lierus,  desz  ha^szmeisters,  das  dem  meister  oder  herren  zfi- 
gehört,  herilis  et  hoc  herile.  Maaler  215". 
'  2)  gewöhnlicher  der  oberaufseher  über  das  haus,  oberster  der  haus- 
dienerschaß: den  küchenzettel,  über  den  du  dich  alle  morgen 
mit  deinem  hausmeister  beralhschlägst.  Wieland  13,120; 

bausmeister,  sei  willkommen:  willst  du  was? 
TiECK  2,  17, 

HAUSMEISTERIN,  /.  nach  hausmeister  2:  der  leibarzt  .. 
wollte  eben  der  brünette  mit  dem  schonen  busen  den  an- 
trag  machen,  ob  sie  nicht  lust  hätte,  die  stelle  einer  haus- 
meisterin bei  ihm  einzunehmen.  Wieland  12,  169. 

HAUSMIETE,  f.  l)  das  mieten  eines  hauses.  2)  der  für  ein 
haus  oder  eine  wohnung  gezahlte  mielzins. 

HAUSMILBE,  f.  acarus  siro.   Nemnich  1,20. 

HAUSMILDIGKEIT,  f:  wenn  nun  jemand  eines  mannes 
hauszmildigkeit,  zucht  und  gute  auszrichtung,  gute  und  guten 
willen  .  .  rühmen  und  preisen  wil.  Schottel  1139'. 

HAUSMITTEL,  n.  medicina  domestica.  Steinbach  2, 67;  diesz, 
schöne  Lili ,  würd  ich  sagen ,  ist  mein  erstes  hausmittel. 
Wieland  6,163;  nicht  allen  ist  es  eigentlich  um  ihre  bil- 
dung  zu  thun ;  viele  wünschen  nur  so  ein  hausmittel  zum 
Wohlbefinden;  recepte  zum  reichthum  und  zu  jeder  art  von 
glückseligkeil.  Göthe  20,213;  einen  gewissen  inbegriff  theore- 
tischer hausmittel  .  . ,  bei  deren  gebrauch  er  sich  in  man- 
cherlei fällen  ganz  leidlich  befindet.  38,27;  wenn  ich  nicht 
jenes  eben  gerühmte  hausmittel  seit  geraumer  zeit  gegen 
diese  Zudringlichkeit  angewendet  . .  hätte.  60,  285. 

HAUSMOND,  m.  bild  für  die  ehcgattin :  hauszmon.  Garg.  72". 
vergl.  haussonne. 

HAUSMUSIK,  f.:  die  hausfrau  sang  doch  noch,  wenn 
hausmusik  gemacht  wurde,  und  nicht  öffentlich,  Reicuenau 
aus  unser n  vier  wänden  2, 11. 

HAUSMUTTER,  f.  1)  die  leUerin  eines  hauswesens,  hausfrau : 
hauszmuter,  malerfamilias  Dasvp.  ;  malerfamilias  ein  hansz- 
rauter  die  ein  ganz  gesind  zu  versorgen  hat.  Dief.  351";  wie 
sich  ein  ehrliches  weih,  so  eine  hauszmuter  worden,  in  dem 
chlichen  geschäft  gegen  dem  mann  verhalten  solle.  Fischart 
c/iez.  (1591)  B  3' ;  gleichwol  nicht  also,  das  darumb  ein  hansz- 
multer  nicht  soll  ernsthaft  und  zu  ihren  Sachen  etwas  rauch 
sein.  C2";  schäm  dich  ins  herz  hinein,  so  eine  schlechte 
hausmutter  zu  sein,  nicht  bessere  Ordnung  zu  halten!  H.L. 
Wagner  AJ/irfermörd.  38;  wie  ängstlich  hatte  ich  die  alte  haus- 
mutier geschi'derl  mit  dem  rocken  im  gürtel,  mit  schlüsseln 
an  der  seile,  brillen  auf  der  nase,  immer  Heiszig,  immer 
in  Unruhe,  zänkisch  und  haushälterisch,  kleinlich  und  be- 
schwerlich! Göthe  13,42. 

2)  noctua  pronuba.  ein  nachtschmctterling. 

HAUSMÜTTERCHEN,  n.  ; 

schad  um  die  kleine  Luise!  das  jugendlich  höpfende  mlgdlela 
wird  hausniütierchen  schon,  ehrbar  und  dem  manne  gehorsam. 

Voss  iMi.'^e,  3.  Idytte  l; 
heiue  ger&llst  du  mir  sehr,  hausmüiicrclicn !  (snqt  ilrr  linnstterr 
tur  liiiu.sfraH).     Idytlen  4,  1. 

hausmülterchcn    wird  auch  einem  häuslich  besorgten    mädchen 
zugerufen.    Göthk  7, 129. 

HAUSMÜTTERLICH,  adj.  und  adv.: 

abrr  dio  omfiiRe  Rnucis  enirornto  sich  oft  aus  der  kammer 
und  b«.iurgiti  den  hcrd  hau.smuitorlich,     Voss  tdytten  18,105; 

drei  inonate  treten  auf  . .  dcccmbcr,    hausmütterlich  heran- 
tretend.   (Ji'THK  4,  3. 

HAUSMÜ TTERLICHKEIT,  f. : 

anderen  wird  jn  vorgönnt  ein  nbirhiedsrelRen  mit  jungfraun, 
dasx,   wie  borousclii  \uti  lllu^ik,  bintunx  aus  der  (Teiheit  «in 

mAgdIcin 
lur  hauimOtterlichl.'  s  luisv,  3.  /dy//r  11. 


685 


H  AUSMUTZE  —  HAUSPROPHET 


H  AÜSPÜDEL  —  HAUSRÄTIGKEIT 


686 


HAÜSMCTZE,  f.  mutze  die  im  hause  herum  getragen  mrd. 
eigentkümlich  als  bezeichnung  einer  herrischen  gallin  gebraucht: 
die  hausmülze  sr.  spectabilität,  die  groszmutter,  würgte  die 
thür  auf  und  blickte  durch  ein  ritzchen.  Hippel  2, 164,  wol 
mü  anklang  an  die  Irii^iale  redensarl,  dasz  der  mann  zwar  das 
haupt  des  hauses,  die  frau  aber  das  mützclien  darauf  sei. 

HAUSNÄHRUAG,  f.  ernährung  des  haushalles:  das  anipt 
eines  hauszvatters  mit  der  hausznarung,  kinderraehrung  .  . 
verrichten.  Fischart  ehez.  (1591)  J5*. 

HAUSNÄHT,  /.  derbe,  haltbare,  aber  weniger  zierliche  naht, 
wie  sie  im  haushält  gefertigt  wird. 

HAUSNATTER,  f.  coluber  natrix  et  domesticus.  Nemnicu 
2,1120.  1114. 

HAUSNOT,  f.  necessitas  domestica,  rei  familiaris  incommoda. 
Stieler  1337. 

HÄUSNOTDÜRFT,  f:  mit  speisz  und  anderer  hausznolh- 
durft  nicht  versehen.  Lazariilo  de  Tormes  77. 

HAUSNÖTIG,  adj.:  spinnen,  nähen,  und  andere  hausz- 
nöttige  arbeit.  Fischart  ehez.  (1591)  Vi';  diese  und  andere 
meh  hausznötige  stQck,  so  sie  dem  hauszkünig  gründlich  zu 
erwigen  fürkommen.  Garg.  64*. 

HAUSNUMMER,  f.  nummer  mit  der  die  einzelnen  häuser  einer 
strasze  bezeichnet  sind:  seine  hausnummer  ist  10  {die  nummer 
des  hauses  in  dem  er  wohnt) ;  wo  man  seine  bekannten  nicht 
zu  finden  vermag,  wenn  man  ihre  hausnummer  nicht  im 
köpfe  hat.  H.Heine  1,  236;  ich  halte  es  nämlich  für  rathsam, 
alle  obskuren  autoren  mit  ihrer  hausnummer  zu  eitleren.  272. 

HAUSOFFICIANT,  m.:  die  bedienten  und  hausofficiauten 
{der  geistlichen  liurfUrslen)  schienen  unzählig.  GOthe  24,  303. 

HALSORDNUNG,  /.  dispositio  oeconomica.   Siieler  1398. 

HAUSORNAT,  m.:  nun  zieht  der  kaiser  seinen  hausornat 
an ,  .  .  eine  neue  bekleidung  nach  dem  muster  der  alten 
caroiingischen  verfertigt.    Güthe  24,317. 

HAUSOTTER,  f.  hausschlange.  fitr  eine  böse  frau:  {sie  ist) 
nicht  eine  hausmutter,  sondern  eine  hausotter.  Roth  haus- 
miUler-ABC  Jö'. 

HAUSPACHT,  «1.  /".  conduclio  domus.  Sti£Leb  1406.  auch 
das  zu  salilende  pachlgeld. 

HAÜSPACHT,  f.  unrat  des  liauses,  nadi  tn/id.  bäht,  päht 
lift.  1, 78':  ez,  sol  nieman  bi  tage  noch  bi  naht  keinen  harn 
noch  hüspäht  noch  unsüber  gespüele  .  .  her  füeren  in  die 
stat,  nocii  in  die  sträje  niht  werfen  noch  tragen,  stadirecht 
van  Heran,  bei  Haupt  6,  474. 

HAUSPENNAL,  m.  zu  hause  hockender  student  {vergl,  haus- 
fuchs): sie  sagten,  dasz  er  ein  faauspennal  wiiie.  Schcp- 
PIDS  546. 

HAUSPFLEGE,  f.:  dann  wie  könte  on  ehliche  saat  das 
land  erbawet,  . .  die  hauszpfleg  verweset  . .  werden.  Garg.  65'. 

HAUSPFLICHT,  f.  domesticitatis  juramentum.    Stieler  1447. 

HAUSPINSEL,  m.  grober,  zu  häuslichen  anstreicharbeilen  ye- 
brauchler  pinsel:  es  scheinet  als  ob  es  mit  einem  hauspensel 
zusammen  geflöszel  und  mit  einer  holzschären  beschnitten 
wer.   Fischart  bienk.  1588  150*. 

HAÜSPLAGE,  f.  naufragium  domesticum,  privata  calamilas. 
Stieler  1458.  auf  ein  böses  weib  bezogen:  au  dem  neuen 
stücke,  die  hausplage,  so  gut  es  sonst  sein  mag,  ßnde  ich 
den  titel  sehr  zu  tadeln,  als  ob  die  hausplage  nicht  eben 
so  wohl  vom  männlichen  als  weiblichen  geschiecbte  sein 
könnte!    Lessinc  12,271. 

HAUSPLAN.  m.  grundrisz  eines  hauses. 

HAUSPLATZ,  «i.  bauplatz  eines  hauses.  audi  plalz  innerhalb 
eines  hauses,  die  wate  hausßur  eines  Wirtshauses:  {hörte  jemanden) 
von  oben  herunter,  an  seiner  stube  vorbei,  nach  dem  haus- 
platze eilen.  Güthe  18,  223. 

HAUSPLUNDER,  m.  hausgeräl:  hauszplunder,  bauszradt, 
sufrpellej;  .Maaler  215*;  welche  (6ar/'«sz«"njönc/ie)deszhalb  kessel, 
häfen ,  bettgwandt  und  anderen  hauszplunder  in  ihr  dosier 
führeten.  Wdrstisen  Basler  chron.  (1580)  213. 

HAUSPOSSEN,  m.  häuslicher  Schabernack: 

welcher  helliscb  unruhig  geist 

halt  mir  den  hauszbossen  beweift?    mückenkr.  1,632. 

HAUSPOSTILLE,  f.  postilla  domi  legenda.  Frisch  1,  429". 
HAUSPREDIGT,  f.  concio  oeconomica,  domestica.  Stieler  1471. 
HAUSPRO FHET,  ni.  für  den  hahn  verwendet,  der  dem  hause 
den  morgen  und  das  weiter  verkündet  {sp.  161) : 

thier  und  menschen  scbliefen  Teste, 
selbst  der  hausprophete  schwieg. 

LiCHTWKa  fab.  1,  no.  39. 


HAUSPUDEL,  m. ;  der  knabe  suchte  und  rief  nach  seiner 
mutze,  die  ihm  endlich  der  muntere  hauspudel,  der  so  lange 
damit  gespielt ,  dienstfertig  apportirte.  E.  T.  A.  Hoffxann 
1, 165. 

HAUSRACHTUN G,  f.:  unter  Volksgebräuchen  wird  aufgezäldi 
wa  gibt  man  richtwein,  wa  ruckt  man  den  tisch,  wa  gibt 
man  die  hauszrachtung.  Garg.  52*.  es  ist  vieUeicIU  nur  mund- 
artliche form  von  hausrichlung,    und  der  richtscJimaus  gemeint. 

HAUSRÄDLEIN,  n.:  Martha,  das  hausrädlein  {so  bezeichnet 
icegen  ihrer  hurtigheit  im  hauswesen).  Yal.  Herzberger  eiangel. 
herzp.  644. 

HAUSRAT,  wi.  ratschlag  in  bezug  auf  das  hauswesen:  dann 
sie  {die  weibcr)  können  gute  hauszrhät  geben.  Garg.  74'. 

HÄUSRAT,  m.  und  n.,  hattsgeräte,  mhd.  hüsrät  wb.  2,1,576': 
suppellex  huusraet,  hawsrot  Dief.  568*;  utensile  hauszrafe, 
hueszrat  63l';  hauszraat ,  hauszplunder,  farende  haah,  sup- 
pellex, alter  hauszraat,  lumpen  und  falzen,  scruta  Maaleb 
215*;  farender  hauszraat,  wasz  nit  nüt  und  nagel  hegreift, 
ruta  cofsa,  hauszraat,  eines  yetlichen  gut  und  hab,  familiaris 
res.  das. ;  h/.  huysraed,  ulcnsilia,  supellex,  bona  mobilia  Kiliax; 
sehet  ewren  hausrat  nicht  an,  denn  die  guter  des  ganzen 
landes  Egypten  sollen  ewr  sein,  l  Mos.  45,20;  du  hast  alle 
mein  hausrat  betastet.  31,37;  darumb  ists  viel  besser.,  ein 
nützlich  hausrat  sein,  das  im  hause  nütze  ist.  Baruch  6,bS; 
es  kan  niemand  einem  starken  in  sein  haus  fallen  und  seinen 
hausrat  {goth.  kasa)  rauben.  Marc.  3,27;  wer  auf  dem  dache 
>.st  und  sein  hausrat  in  dem  hause  {goth.  jah  kasa  is  in 
razna),  der  steige  nicht  ernidder,  dasselbige  zu  holen.  Luc. 
17,31;  dieselbige  {erinnerungen  und  ermahnungeu)  als  ein  wol- 
gemeint  hocbzcitgeschenk  oder  bräutgab,  und  für  einen  klug- 
machenden hauszrhät  anzutragen  und  zu  verehren.  Fischart 
ehez.  (1591)  A2*;  sondern  vielleicht  iust  habt,  kosten  auf 
silbere  vergulte  geschin,  herrlichen  hauszraht,  unnütze  ge- 
bäw,  köstlichen  pferdzeug  anzuwenden.  Es';  viel  hauszraht 
und  kleider.  Kirchhof  wendunm.  118*;  als  sie  nun  mit  irem 
hausrat  aus  dem  flecken  füren.  Wickham  rollw.  153, 14  Aur;; 
welche  häuser,  gründ  und  boden,  gold,  silber  und  andern 
hauszrath  besitzen.  Schüppics  697 ;  verwunderen  sich  die 
Niederländer  über  die  tulipanen  oder  ihr  gemäl,  ich  meine 
letztlich  kein  schönem  hauszraht  zu  sein,  als  ein  acker  mit 
Weizen  und  anderm  körn  beschwehrt,  ein  stall  mit  schafen 
und  herden  vollgefüllt,  oder  ein  trüchlein  mit  dukatcn  und 
reiehsthalern  beladen.  701;  dasz  ich  auch,  als  ich  kein  geld 
mehr  gehabt,  meinen  eigenen  hauszrath  darfür  verpfändete. 
Happel  acad.  rom.  817 ;  der  best  hauszraht  ein  fromb  weib. 
Schottel  1141";  die  wohnung  selbst  aber,  hausrath  und  alle« 
dessen  was  man  sonst  benüthigt  ist,  erscTiien  weder  elegant 
noch  kostbar.  Göthe  30,237;  die  güterwagen  fahren  den 
hausrath  des  neuen  pfarrers  nach  Hukelum.  i.VtMi.  Qu. Fixlein 
162;  das  licht,  das  dir  der  andre  geben  kann,  zeigt,  aber 
zimmert  nicht  den  hausrath  deines  matta^  Hesp.  1,257; 

was  würd  man  mir  doch  zu  ir  {der  braut)  geben? 
ich  must  ie  auch  ein  wenig  hausrats  han? 

fasln,  sp.  70,  7 ; 
dem  wil  ich  uemeii,  was  er  hol, 
kü,  kelber  und  clainen  hausrot.    590,  5; 
zö  letzt  müst  silber  gschirr  auf  dban, 
und  hauszrat  was  sie  mochten  han. 

WicKRAM  pitger  02,  bt.  50; 

verfluchtes  dumpfes  mauerloch  !  . . » 

mit  Instrumenten  vollgepfropfl, 

Urväter  hausrath  drein  gestopft.    Göthx  12,  31. 

auch  von  dem  einzelnen  stücke  eines  hausraths:  wenn  ihm  eine 
fensterscheibe  zerbrochen  oder  ein  hausrath  verschwunden 
war.  Kant  3,299;  einen  hausrath  jenes  volkes  aus  dem  alten 
Herculanuin  in  bänden  zu  haben.  10, 166.  selbst  von  einer 
lange  dem  haushall  angehCrrigen  dienerin: 

doch,  ich  besinne  mich  —  die  ahnen  ungezählet  . .  . 
war  noch  ein  altes  stiick  von  hausrath  hier  zu  sehn, 
es  war  die  magd,  die  sich  frau  Klare  nannte. 

WiKLAJID  21,  177. 

hausrat  verblümt  ßr  pents:  von  wegen  des  übergroszen,  un- 
gefuegen  hausraths.  Zimm.  cAro/i.  2, 592, 34.     cp/.  hausgeschirr. 

HAUSRÄTIG,  adj.:  karg,  genau,  hausräthig  und  sparsam 
sein  ist  loblich  und  stehet  einem  Christen  sehr  wol  an,  aber 
gar  zu  geizig  sein  .  .  ist  eine  gräuliche  und  abscheuliche 
sündenthorheit.   Simpl.  1  (1713)  s.  352. 

HAUSRÄTIGKEIT,  f.  was  zum  hausrate  gehört,  was  den 
hausrat  ausmacht.   Sebiz  feldbau  62. 


687 


HAUSRÄTLEIN  —  IIAUSREGIJIENT 


H  AUSRINNE  —  IIAUSSCUIFF 


688 


IIAIJSRÄTLEIN,  «.  geringer  liausral:  etwas  hauaziäthleins 
das  liug  icb.  Tu.  PtATER  U4;  liesz  mein  liausziäthlcin  zu 
Basel.  149. 

HAUSRÄTLICH,  adj.  zum  bdusral  gehörig:  hausrälhlicbe 
effekteu.    Staldeb  2,  28. 

HAUSUATSTÜCK ,  ti.  .•  der  nomenclator  war  ein  iinent- 
helirliches  liausrathstück  im  hause  eines  vornehmen  Kümeis. 
Ilorazens  qiuildii  von  Wieland  (ISOl)  1, 141. 

H.\USRATTE,  f.  glis  dotneslicus :  glis  haijl  zc  düulsch  ain 
ratt  und  ist  zwaieriai:  ainj  ist  ain  hausratt,  daj  ander  ain 
xvailralt.  Mege.\berg  140,  7.     s.  das  folgende. 

UAUSRATZE,  f.  mus  ratttis.  Nemmcu  3,  656. 

HAliSRAUBER,  in. :  eins  straszraubcrs  mag  sich  einer  mit 
gewalt  erweren ;  dise  hausrauber  aber  rauben  und  miisz 
einer  still  scbwigen.  Schade  sal.  u.  pasqii.  3,  ITJ. 

UAUSRAÜCEl,  Hl.  1)  raucli  der  einetn  liattsc  entsteigt:  zwischen 
den  ptlanzungen  blühender  Obstbäume  ragten  die  strohdiicber 
geselliger  dörfer  hervor,  aus  deren  schlot  friedlicher  haus- 
raiich  in  die  luft  wirbelle.  MusXüs  volkwi.  159. 

2)  für  eigenen  herd ,  eigenen  uolinsitz  verwendet,  vergl.  das 
folgende,  von  läer  aus  wird  hausrauch  auclt  der  schmaus  ge- 
nannt, den  der  in  ein  neuerworbenes  haus  einziehende  gibt.  Rl'Diger 
neuester  zuwaclis  2,  82. 

3)  raucli,  der  sich  in  einem  hause  belästigend  verbreitet:  sie 
(die  frau)  ist  . .  kein  hauszrauch.  Garg.  75" ;  vor  solchem 
hauszcreutze  und  hausrauche  soll  sich  ein  jeder  hüten  {von 
einem  bösen  weibe  gesagt),  zeilvertreiber  1008  s.  3S9. 

HAUSRäUCHE,  f.  die  statte  des  hausrauchs,  der  eigene  herd, 
eigene  haushallung:  aber  sprechent  die  hofflüt,  dasz  je  die 
huszröichy  sol  einem  vogt  j  herbsthun  und  ein  vasznacht- 
hun.  weisth.  1,  44 ;  wer  der  ist,  der  mit  huszräuche  mit  sin 
selbs  üb,  oder  mit  seinem  gesind  sitzen  und  wuhnhaft  sin 
will  in  dekeinen  {irgend  welchen)  vorbenämpten  stelten  und 
ländern.  Tschudi  1,472';  dasz  deheiner  mit  huszrüuchi  bi 
uns  dannethin  nit  säsze.  481*. 

HAUSRAL.M,  m.  räum  den  ein  haus  einnimint  oder  der  inner- 
halb eines  hauses  vorhanden  ist:  man  folgte  der  sachte  fort- 
schreitenden menge,  die  nun  schon  einen  kreis  um  den 
künftigen  hausraum  gebildet  hatte.  Güthe  17,90;  das  local 
mag  für  den  stall  zu  Bethlehem  . .  gehalten  werden ,  denn 
in  der  tiefe  sieht  man  noch  die  beiden  bewuszten  thiere. 
auf  einem  erhühtercn  hausraum  ruht  Joseph.  39,83; 

es  lohnt  sich 
jeder  selbst,  der  sich  im  stillen  hausraum 
wohl  befleiszigi  übernomranes  lagwerks.    11,  263. 

HAUSREBE,  f.  als  bild  für  die  hausfrau:  hiemit  gott  bc- 
folhen  sampt  ewcl*  lieben  hausreben  und  drauben  {hindern). 
LoTHEß  5,462';  grüszt  mir  euer  hausreben  sampt  ihren  trau- 
ben.  br.  2,  067. 

HAUSRECHT,  n.  l)  potestas  palrisfamilias ,  dominica,  do- 
mesticitatis  jus.  Stielek  1550 ;  dem  Schriftsteller  .  . ,  der  als 
erfinder  der  gedanken  auch  zugleich  ein  gewisses  haus-  und 
herrenrecht  über  den  ausdruck  hat.  Hebde«  bei  Campe; 
Klylenmüslra  nämlich  macht  ihrem  gemahl  den  versleckten 
\orwurf,  dasz  er  die  seinigea  verlassen  habe,  um  sich  einer 
auswärtigen  Unternehmung  zu  widmen,  er  habe  sich  seiner 
liausrechle  dadurch  begeben ,  will  sie  sagen,  er  sei  ein 
fremder.  Schiller  231*  (anmcrk.  zu  Iphig.  in  Aulis); 

vier  gcgenwaris  der  trau  die  diencrinnen  scliilt, 
der  gebioiriii  bausrechl  tastet  er  vermessen  an. 
GÖTUE  41,  100. 

Das  hausrccbt  enllidU  zugleich  den  scliulz  des  hauses  vor  un- 
befugtem eindringen  oder  verweilen;  daher  sein  hausrecht  brau- 
chen, jemand  aus  dem  hause  entfernen  in  das  er  nicht  gehört: 

il.'i  werd  ich  hausrccbl  brauchen  müssen. 
I'latz!  Junker  Volaud  konmil.    Gotue  12,  210. 

2)  recld  das  in  einer  familie  gilt:  giebt  der  fürst  nicht  allen 
seinen  unlerthanen  zu  essen :  . .  gestaltet  der  valer  seinem 
lochlerchen  nicht  alle  ihre  natürliche  freiheit  . .  so  ist  der 
lursl  und  der  valer  ein  lyrann,  und  unlerlhan  und  kind 
-iriii  aller  pflicht  gegen  sie  entbunden,  herrliche»  haus-  und 
!  echt !  Wieland  Bunkliade,  in  den  werken,  !>,  sup^il.  band 
-I  .».  172. 

iL\USREi)E,  f.  termo  famiUari»,  domesticus.  Stieler  1540; 
da»  di  tdnt  'ir'iu(le)  die  unter  der  rosa  vorgehende  hausreden 
"•'gl*''  ■  ti.  BcTsciiKT  kanzl.  387. 

IIA'  --r,  n. .'  nun  i<tt  es  war,  zu  eini  hauizrcgiment 

yi-h-iri  i.i]  -.iii;'        '  Pficr  will,  dasz  die  cbrisüicbo 


wciber  sollen  sanft  sein.  Fiscuart  ehez.  (1591)  N  2* ;  wer  nach 
der  nmtlcr  lodc  das  hausrcgiment  zu  führen  haben  werde. 
HoLTEi  Clir.  Lammfell  46. . 

HAÜSRINNE,  /'.  daclirinne  ci7ies  hauses:  die  spcrlinge  an 
den  beiden  hausrinnen  traten  in  die  gemütblichslen  be- 
ziehungen.  Freytag  handschr.  l,  34. 

HAUSROCK,  ni.  bequemer  rock  wie  man  t/j»  im  eigenen  luiusc 
trägt. 

HAÜSROLLE,  f.  kleine  rolle  zum  glällen  der  wüsche  für  den 
haushallun'gsgebrauch. 

HAUSRÜTLEIN,  n.  rolscliwänzchen :  bausröthelein  ,  une  rous- 
setle,  phoenicurus  dict.  in  dreien  sprachen  {Genf  1695)  160 ;  haus- 
röthele  molacilla  phoenicurus  Nemkicu  3, 616 ;  hauszrotele,  phoeni- 
curus, rulicella  Maaler  215*. 

HAUSROTUL ,  m. :  der  bauszrodel ,  register  darein  man 
einsi  hauszraat  und  gut  aufschreibt,  oder  von  $tuck  zu  stuck 
geschriben  lindl,  invenlarium.  Maaler  215*. 

HAÜSRUTE,  f.:  bausruthcn  heiszen  die  beiden  rutben 
an  der  Windmühle,  welche  in  der  welle  ihre  befestigung  zu- 
nächst der  mühle  haben.  Jacoiisson  6,  58*. 

HAUSSASSE,  -SASSE,  vi.  der  mit  einem  luiuse  ansässtgc, 
einwohner  eines  ortes:  das,  wo  man  hundert  allar,  oder  vigilien 
hat,  nicht  einen  findet,  der  einen  tisch  voll  armer  leute 
speiset ,  oder  sonst  armen  haussessen  gebe.  Lütuer  1,  IJl*. 
als  adjectiv:  kein  lediger  knecht,  der  nicht  baussesz  und 
beweibt  sei.  Schm.  3, 286. 

HAUSSÄSSIG ,  adj.  mit  einem  hause  angesessen ,  an  einem 
orte  wohnhaft:  darvon  enlpfalien  sy  von  den  haussessigen 
üpfel ,  biren ,  nusz.  Frank  weltb.  50* ;  ein  professor ,  wenn 
er  gleich  haussässig  ist,  verreiset  mit  seinen  gedanken.  Hippel 
lebensl.  1,144; 

darumb  bringt  unser  gut  und  bnab, 
deszgleichen  unser  welb  und  kind, 
dasz  wir  darinn  (in  liom)  hauszscssig  sindt 
und  machen  grosz  das  konigreicii ! 

AvRER  18'  (105,33  Keller). 

HAUSSCEPTER,  m.:  ich  habe  alleweil  ein  gängeichen  mit 
meinem  elementischen  weibe  hallen  müssen  und  ampts  wegen 
den  hauszepter  gebrauchet,  interim  223; 

das  man  ir  (der  fran)  verirawt  den  stand, 
und  den  bauszscepter  uliergibct, 
und  das  sie  zur  hauszkönigin  belibct. 

FiscHiRT  chez.  (1591)  DI". 

HAUSSCHABE,  f.  blalla;  auch  tenebrio  mortisagus,  lodlen- 
käfer.  Nemnich. 

HAUSSCHADEN,  wi.  rei  familiaris  jaclura.  Stieler  1704. 

HAUSSCHAFFNER,  m.  hausverw alter ;  mhd.  hftsschaffier 
franend.  345,  8;   nhd.  hauszschalTner  oecoiiomus  Maaler  215*. 

HAUSSCHAFFNERIN,  f:  adroges  hiisschaffenerin  Üiek.  14*. 

HAUSSCHANDE,  f  im  gegensatz  von  hausehre  {s.d.):  wo 
sie  {das  weib)  das  nit  tluil,  so  ist  sie  kein  hauszehr,  sonnder 
ein  hauszschand.  E.  Alberus  ehbüchlin  G  3*. 

HAUSSCHATZ,  m.  l)  der  hausrat ,  insofern  er  aus  wert- 
vollen stücken  besteht:  ihnen  folgten  dromedare,  mit  dem  haus- 
schatze  des  neuen  cbepaares  wohl  bepackt,  modenzeitung 
1869,   764*. 

2)  bausschalz,  in  einer  familie  aufgehäufte  kostbarkeitvn  und 
gelder,  so  nanienllich  bei  fürsten  im  gegensatze  zum  slaalsscbal/. 

3)  als  bezcichnung  einer  hausfrau :  hinlerlasscncr  auszer- 
wehlter  bausschalz.  Risr  I'arn.  803. 

HAUSSCHELM ,  m. :  man  lindl  hauszschelmen  auf  allen 
vieren,  die  Salumon  und  Jesus  Syrach  an  vil  orten  so  übel 
auszgchn.  S.Frank  sprichw.  (1541)  2,201*. 

HAUSSCHENK,  vi.:  wollen  e.  str.  ihren  ring  dem  hausz- 
schenken  zum  warzeiclicn  schicken,  er  wird  ge^n  einen  Irunk 
salbeiwein  oder  cardebencdiclenwein  anbcru  schicken.  Schl'P- 
PIUS  100. 

HAUSSCHERE,  f.  kleine  seheie  wie  sie  in  der  hau-ihallnng 
gebraucht  wird:  man  miisz  etwa  fünf  gerad  lassen  sein,  nit 
alle  ding  beralTlen  (berupfen),  sonder  mit  der  bauszscbcr  be- 
schneiden. Ac».  spr.  228*. 

HAUSSCHIFF,  n.  l)  die  haushallung  mit  einem  schiff  «rr- 
glichen:  auf  dem  miir  regiert  allein  der  wind,  inn  der  liausz- 
hallung  goll.  iim  disem  hanszschilT  sind  die  .segel  das  vcr- 
Irawen  auf  golles  gulig  anwähen.  Fiscuart  ehe:.  (1501)  J.«'. 
dim.  baussrhilTicin :  iiichls  aber  schadet  diesem  hausscluiriin 
also  sehr  {als  nberßusz  und  wollHst).  J  2*. 

2)  im  mühlcnhau  heiszl  liausschinT  dat  eine  scki/f  der  tchiff- 
miXMe,  auf  tcclcJiem  die  mühle  ilehl,  Jacobsson  6,  58*. 


689 


HAUSSCHLACHT — HAÜSSORGE 


HAUSSPEISE — H  AUSSTEUER 


690 


HAUSSCHLACHT,  f.:  anderswo  bringt  es  die  frau  kaum 
zu  einer  kleinen  erneute,  höchstens  zu  einer  insurrektion. 
hier  aber  stehen  sich  beide  ehemächte  mit  gleichen  Streit- 
kräften gegenüber  und  liefern  ihre  entsetzlichsten  haus- 
schlachten. H.  Heixe  11, 153. 

HAUSSCHLACHTEN,  n. ;  {ein  guter  hatisvaler)  last . .  so  viel 
ins  haus  schlachten,  als  er  fleisch  von  zeit  zu  zeit  be- 
nöthiget,  welches  man  das  hansschlachten  zu  nennen  pfleget. 
öcon.  lex.  (1731)  21S0.  übertragen:  seid  ihr  denn  nicht  sämmt- 
lich  blos  luftfarbenleute,  und  nicht  einmal  hölzerne,  nur 
luftige  marionetten,  wie  sie  der  buchhändler  Nikolai  in  Ber- 
lin so  lange  um  sich  tanzen  und  reden  sah,  bis  er  ein  haus- 
schlachten dieser  menschheit  um  sich  her  vornahm.  J.  Padl 
komet  3.  213. 

HAUSSCHLÄCHTER,  m.  schldchter,  der  niclil  zum  verkauf, 
sondern  für  die  familien  vieh  schlachtet.  Jacobsson  2.  236*. 

HAUSSCHLANGE,  f.  coluber  berus ,  gemeine  viper.  Nemsich 
2, 1109 ;  wie  der  Olaus  inn  seiner  histori  von  den  hausz- 
schlangen  meldt.  Fi«chart  ehez.  (1591)  Lö*. 

HAUSSCHLANGENTHÜM,  n.  in  übertragenem  sinne:  ich 
lernte  in  diesem  hause  die  unterköthigkeit  der  höheren 
beamtenweit  und  das  hausschlangenlhum  kennen.  Harmsch 
mein  lebensmorgen  193. 

HAÜSSCHLOSZ,  n.  .•  die  hauszschlösser ,  domorum  clausa 
Maaler  215". 

HAUSSCHLÜSSEL,  m.  clavis  domus.  Frisch  1, 429*. 

HAUSSCHMUCK,  m.  cullus,  omamenta  aedium:  sie  können 
die  residenz,  die  bilderkammer,  den  hausschmuck  und  die 
terrasse  von  monseigneur  nach  aller  bequemlichkeit  besich- 
tigen. Thümmel  6,  26S.  hauszscbmuck,  bezächmtng  einer  guten 
galtin.  Garg.  '2'. 

HÄÜSSCHNECKE,  m.  u.  f.:  von  den  gemeinen  grund-  oder 
hauszschnecken.  Fischart  ehez.  (1591)  C7";  sie  (die  ehefrau) .  . 
ist  ein  hauszschneck,  trägt  das  hausz  am  halsz,  ist  sie  schon 
leiblich  drausz,  ist  sie  mit  sinnen  zu  hausz.  Garg.  75*. 

HAUSSCHNEIDER ,  m.  der  in  den  Musem  seiner  künden 
arbeitel,  sarcinator  domesticus.  Stieler  1900. 

HAUSSCHOSZ,  m.  abgäbe  von  einem  Iiause. 

HAUSSCHÖSZLEIN,  n.  scltösding  des  hauses,  von  den  hindern 
gebraucht : 

dasz  sie  {die  haustäter)  dieselben  himmelspflänzIeiD, 
ihr  hausschüszlein,  ihr  ehrenkränzlein 
ziehen  und  schmucken  zu  gottes  ehren. 

Fischart  anmanung  22. 

HAüSSCHREIBER,  m.  librarius  domesticus.  Stieler  1922. 

HAUSSCHRETZEL,  m.  gcnius  familiaris.  Stieler  1914; 
auch  etlich  glauben  haben, 
icglichs  haus  hab  ein  schreczlin :  wer 
das  ert,  dem  geb  es  gut  und  er. 

M.  Behaim  in  Wackernagels  leseb.  (1861)  1236,36. 

HAUSSCHRIFT,  /". ;  die  erzählung  ..  hat  völlig  das  an- 
sehen aus  den  hausschriften  des  Fabischen  geschlechts  zu 
stammen.  Niebchr  2,  224. 

HAUSSCHUH,  m.  für  das  bequeme  tragen  zu  hause. 

HAUSSCHULE,  f.  schola  privata.  Steixbach  2,  520. 

HAUSSCHWALBE,  f.  Iiimndo  urbica.  Nemxich  3,164.  so 
nennt  Fischart  auch  die  ehefrau:  führe  mein  Grandgauchiher 
ein  bausschwalm  heim,  die  ihm  ein  gesellin  sei  inn  der  not. 
Garg.  69'. 

HAUSSCHWAMM,  m.  polyporus  deslruclor. 

HAUSSCHWEIN,  n.  sus  scrofa.  Nemxich. 

HAUSSCHWELLE,  f.  janua  domus;  Urnen  majoris  portae 
domus.  Frisch  1,  429*. 

HAUSSEGEN,  m.:  welcher  gestall  er  mir  zu  dem  auf- 
gelragen-angelretenen  amte  allen  amis-  und  haussegen  wünd- 
schet.  Bctschry  kanzl.  53S;  und  wer  weisz,  wie  manchen 
schönen  haussegen  die  bauren ,  wann  sie  (schultheLtz  und 
bürgermeister)  die  Steuer  und  andere  anlagen  eintreiben,  oft 
auf  den  weg  geben,    baurenst.  lasterprob  31. 

HAUSSITZEND,  pari,  domo  proprio  possessionalus.  Haltaus  850. 

HAUSSOHN,  m.  filius  familias:  so  war  ich,  als  haussohn, 
dessen  casse  nicht  in  reichlichen  umständen  sein  konnte, . . 
höchst  verlegen.  Göthe  26,  204. 

HAUSSONNE,  f.:  ein  schönes  weib  wird  eine  haussonne 
genennet,  gestr.  rockenphil.  3,243.  aber  auch  als  bild  für  den 
hausvaler.  Kährend  die  hausviuller  bauszmon  heiszt.   Garg.  "2". 

HAUSSORGE,  f    cura   rei  familiaris,    sollicitudo  de  familia 
consercanda.  Frisch-  1,429*;   hussorge  domestica  cura.  voc.  ine. 
theut.  kj';  haussorge,  eura,  pensieri  de  la  famiglia.  Hülsiüs  "l'; 
corporalia,  die  erbscbafl  und  haussorg.  Alberus  Gl'; 
IV.  11. 


mhd.  ach  noetic  man,  kumst  du  zer  e, 

wan  du  küme  gwinnen  mäht  muos  uiide  bröt. 
du  komst  in  not:  hiissorge  tuot  so  we. 

Bartsch  deulfche  tiederdichter  26S,  194. 
vu't.  269,209; 
uhd.  je  mehr  einer  sich  der  haussorg  will  entschlagen ,  so 
viel  mehr  bedarf  er  eine  hauszverwäserin.  Fischart  ehe:. 
(1591)  H"';  schöne  weiber  binden  die  haussorge  unters  knie, 
dasz  sie  nicht  das  angesicht  runzeln  machen.  Lehmaxx  170; 
dasz  sie  auf  zwene  tage  von  Floramenen  abschied  nahmen 
und  die  hauszsorge  ihr  anvertrauelen.  polii.  stockf.  299 ;  dei 
muszte  entweder  verse  oder  haussorgen  im  köpfe  haben. 
Excel  pUil.  f.  d.  weit  18. 

HAUSSPEISE,  /.  obsonia  familiaria,  domestica.  Stieler  2079 ; 
das  seine  geste  auch  die  hausspeis  und  was  die  kelle  gibi 
willig  und  gern  für  gut  nemen.  Mathesics /jocAsei/pred.  Aal' 

HAUSSPERLING,  m.  fringiUa  domestica.  bei  Maaler  iiocl 
hausspar  passer  215'. 

HAÜSSPINNE,  f.  aranea  domestica.  Nemxich  1,  403. 

HAUSSPRACHE,  f.  1):  auch  die  kleinen  sprechen  nun- 
mehr geläufig  deutsch,  obgleich  das  italiänische  meist  noch 
die  haussprache  unter  uns  bleibt.  W.  v.  Humboldt  uerke  5, 294. 

2)  haussprache,  ein  gericht,  das  die  angelegcnheilen  iceslfälischei 
hausier  oder  hausgenossen  entscheidet.  Adeluxg. 

HAUSSTAND,  »i.  1)  res  familiaris,  oeconomia.  Stieler  2131 ; 
einen  hausstand  haben ,  führen ,  leiten :  eigenen  hausstand 
gründen;  wie  überswehr  mir  auch  mein  widersinnischer 
hausstand  ist.  Butschrt  kanzl.  45 ;  wenn  die  nichte  mit  ihren 
kindern  zur  tante  zöge,  mithin  die  kosten  des  hausstandes 
völlig  erspart  würden.  Segfr.  v.  Lindenberg  2,34;  zeit  und  geld 
seinen  geschäften  und  dem  hausslande  entziehen.  70;  sind 
doch  Ortsverhältnisse,  famiiienbezüge,  herkömmlichkeiten  und 
gewohnheiten  schon  abstumpfend  genug;  sie  machen  in  ge- 
schäften, im  eh-  und  hausstande,  in  geselligen  Verbindungen 
das  unerträgliche  ertragbar.  Göthe  32, 179 ;  jeder  mensch  be- 
darf einer  wohnuog.  und  insofern  er  nicht  untergeordnetes 
mitglied  eines  hausstandes  ist,  kann  er  dieses  bedürfnis  . . 
nur  durch  grundeigenthum ,  oder  durch  einen  miethvertras 
befriedigen.  Savigxy  System  4,32;  der  ordentliche  hausstand. 
übersdtrift  eines  gcdicides  bei  Hagedorx  3,  47,  im  texte  heiszt  es 
haus-  und  wirthschaftswesen ; 

solch  einen  engel      ohn  alle  mängcl 
zum  mädchen  haben:      das  hiesz  ein  mädchcn  haben?  — 
heiszt  eingesegnet  sein,  und  weib  und  hausstand  haben. 

Lessing  1,  1". 

2)  die  zu  einem  hausstand,  haushält,  gehörigen  personen,  na- 
mentlich  von  der  dienerschaß  verstanden :  seine  Vermächtnisse 
an  freunde  und  verwandte,  an  den  hausstand.  Gükixgk  im 
leben  Nicolais  106 

3)  der  stand  den  ein  mit  eigenem  haushalte  versehener  in  der 
bürgerlichen  gesellschaft  einnimmt,  stand  des  angesessenen  bürgers: 
es  tragen  die  lanam  caprinam  . .  könige,  forsten,  obrigkeiten 
und  unterthanen.  an  der  lana  caprina  ergetzen  und  erfreuen 
sich  die  münchc,  politici.  scholastici  und  oeconomici.  und 
die  im  hausstande  sich  befinden.  Schcppius  414;  ich  wil 
wiederumb  für  dich  beten,  du  magst  sein  im  geistlichen, 
im  weltlichen  oder  im  hausstand.  68. 

4)  hausstand  heiszt  in  Leipzig  ein  stand,  eine  Verkaufsstelle, 
die  in  einem  hausflur  befindlich  ist. 

HAUSSTANDSGELD,  n.  abgäbe  die  für  gründung  eines  eigenen 
hausstandes  an  die  obrigkeit  zu  erlegen  ist. 

HAUSSTATT,  m.  oder  n.  für  hausstand.  haushält:  das  gibt 
ein  gut  brot  zum  täglichen  liausstatt.  Taberxaem.  krduterb. 
(15SS)  727. 

HAUSSTERN,  m.  als  bild  für  eine  gute  gatiin.  Garg.  72*. 

HAUSSTEUER,  f.  beisleuer  zur  gründung  und  führung  eina 
eigenen  haushalts:  ich  wil  dir  geben  meine  tochter,  auch  mein 
ganz  königreich  zu  einer  hauszstewer.  h.  d.  liebe  16S* ;  so  geb 
ich  euch  meine  inumen  zu  einem  ehelichen  gemahel ,  und 
zu  hauszsteuwer  das  königreich  von  Behem.  272';  weil  er 
sehe,  dasz  ich  bei  ihm  hausen  wolle,  und  sich  leicht  ein- 
bilden könte,  dasz  es  im  anfang  mit  victualien  schiecht  be- 
stellet sei,  so  schicke  er  mir  zur  haussfeuer  neben  einem 
trunk  ein  stück  fleisch  mit  samt  dem  holz,  solches  dabei 
kochen  zu  lassen.  Simpl.  1,315  Kurz;  was  müsten  wir  ihr  [der 
tochter  die  sich  verheiraten  will)  erst  zur  haussteur  geben?  3,319; 
und  fragt  iedermann,  was  er  zu  haussteuer  wil  geben. 
fastn.  sj).  573.  14; 
namentlich  wird  haussteuer  als  zu  einer  hochzät  geschenktes 
hausratsstüdc  den  geldgeschenken  gegenüber  gestellt:   die  knechte 

44 


ß91 


H  AUSSTEÜERLICH  —  HAUST 


HAUSTAFEL  —  HAUSTHCRE 


692 


geben  (als  liochzeitsgcscJienk)  geld,  die  zottenmSgd  haussteuren. 
baurensl.  lanlerprub  184. 

HAUSSTEUERLICH,  adj.  :ur  außflfe  des  hauswesens  ge- 
eignet: welche  froikürliche,  ehrenbilliche  und  liauszsteuerliclie 
gemeinschaft  (die  ehe).  Garg.  64*. 

HAUSSTEUEUN,  rcrb.  mil  Iiniissfeuer  versehen:  damit  du 
aber  meinen  guten  willen  spürest,  will  ich  dich  mit  eim  par 
körnlein  oder  zwei  bauszsteuren.  Mätres.  Sar.  24*;  die  mit 
ihrem  goldc  das  liebe  kindlein  Jesum  und  seine  werde  multcr 
die  arme  sechswöchnerin  hauszstewretcn.  54';  etliche  haben 
kirch  und  schulgcbew  fördern  und  fromme  kinder  helfen 
hauszstewren  und  auszsetzen.  65". 

HAÜSSTOCK,  m.  der  in  einem  palrizierhause,  einer  bürg  bc- 
fmdliche  stock,  in  den  die  füsze  eines  Verbrechers  gelegt  wurden  : 
huszstock  strictarium,  Iruncus  domus.  voc.  ine.  Iheul.  k  5'. 

HAUSSTREIT,  tn.  offensiuncula  vernacula,  tricae  domesticac. 
Stieler  2208. 

HAUSSTRUDEL,  wi.  häusliche  wirren,  hauszwisl:  Sara  war 
geduldig  im  creutz ,  und  da  sie  den  hauszstrudel  hatte  mit 
ihrer  magd  der  Hagar,  welche  ihr  zun  haupten  wachsen 
wollte:  drum  klagt  sie  solches  ihrem  berrn.  CREinius  2,130. 

HAUSSTUBE,  /.  .•  understube  ,  alias  hausstube ,  sivc  stube 
unden  im  iiausc,  coenaculum  inferius  Stieler  2216. 

HAUSSTCRMER  ,  *?!..•  hauszslürmer,  der  thiiren  aufbricht 
oder  in  die  heüser  bricht  zc  stälen .  ein  dieb  der  einem 
zu  nacht  in  das  hausz  bricht,  effracinr.  Maaler  215';  baus- 
stürmer  aedium  oppugnalor  Hederich  1229.  nl.  huysstormer 
effraclor  Kilian. 

HAUSSTUTZE,/',  slülze,  icorauf  das  haus  ruht :  hausstützen, 
tibicines  Stieler  2233. 

HAUSSTÜTZLER  ,  m.:  haus-  und  stadtstützler,  censores, 
magislri  morum  observalores  in  quibvsdam  locis.  Frisch  2,  354'. 
aus  Besolds  thesaurus. 

HAUSSUCH,  m.  aufsuchung,  besuch  deshauses:  täglich,  alle 
morgen,  wird  er  in  ihren  hüttlein  baussuch  thun,  und  fragen  : 
kinder,  habt  ihr  was  zu  essen?  Otto  738. 

HAUSSUCHE.N,  verb.  an  haus  durchforschen,  haussuchung 
lliun:  houssuchit  man  um  doube  (diebe)  gemeinlichin  in  cinir 
slat,  und  vint  man  dy  doube  in  ein;  mannes  houj.  Maqdeb. 
blume  1,52;  auch  l)ei  ..  hat  die  policei  hausgesucht.  Varn- 
hagens  lagebücher  8,  275.  anders  nd.  einen  liaussucben,  einen 
in  seinem  hause  überfallen:  wey  den  andern  mit  vorsate  huis- 
socket.  und  siet  eme  binnen  siner  were.  Haltads  851. 

HAUSSUCHETE,  f.  haussuchung:  aber  . .  so  man  ain  guefe 
baussucheten  het  gethon ,  vvurd  man  selten  gefeilt  haben, 
man  het  mer  huren  im  haus,  dann  bethuecher,  gefunden. 
Zimm.  chron.  3,444,14. 

HAUSSUCHUNG,  f.  l)  durchforschung  eines  hauses  gemeiniglich 
zur  ermiUelung  eines  Verbrechens:  haussuchung  «w^Mtsi/io  furti  in 
aedibus  alicujns  Stieler  2234;  der  docior  erlanget  endlich, 
dasz  hauszsuchung  (nach  einem  gestohlenen  scl'meine)  geschehen 
möchte.  Happel  acad.  rom.  354;  man  musz  haussuchung 
Ihun  !  Güthe  14.304;  in  freierem  sinne:  wirtbaten  oft  selbst 
haussuchung  nach  den  mangeln  junger  ehe-  und  schulleute. 
J.  Paul  letif.  pap.  1,60;  Verdienste  reizen  zu  nichts  als  zur 
haussuchung  nach  Sünden,  fiep.- kirche  s.  133.  von  der  durch- 
slöberung  eines  nachla.^es  seitens  der  eiben :  als  meine  erben 
noch  mit  dieser  haussuchung  beschäfftigt  waren.  Radener 
sat.  2  (1701)  233. 

2)  für  die  alle  spräche  itt  haussucliung  das  fiberfallen  je- 
mandes im  eigenen  harne  (s.  oben  haussuchen  am  ende) ;  mhd. 
hössuochunge  vh.  2,2,12';  qiii  ..  loquendo  vulgariter  hus- 
suchiing  feccrit.  urk.  r.  1281  bei  Haltads  851. 

HAUST,  HAUSTE,  m,  häufen,  und 'zwar  nur  auf  den  im 
felde  zusammengestellten  häufen  yetreide ,  heu  u.  s.  w.  bezogen. 
ein  nur  im  frilnkiscJien  Sprachgebiete  erscheinendes  wort,  für  das 
ron  KEnRP.i:«  ISii  amzer  den  gewölmliehern  männlichen  formen 
hau<le.  huste  auch  eine  weibliche  huste  beiqebraclä  wird,  nieder- 
tindisch  huyst  van  koren,  coornhoop  Hoffmanü  gloss.  belg. 
46  (aus  dem  leullionisla) ;  das  der  iierr  V(m  s.  Nabor  dem 
meyger  jar»  »eines  ainpls  halber  ein  hauslen  hauwe»  aUo 
vil  er  mit  srrhs  pferden  gefüren  mag,  schuldig  sei.  weislh. 
2,4«;  dasz  der  meycr  von  Haldingen  sali  machen  ..  ein 
haust  hcwcs,  ..  und  derselb  baust  sali  sein  fo  grosz,  dnsz 
dn  »eil  niben  denen  lang  darüber  geworfen  hieizont  und 
datzont  uf  die  erdt  reiche,  und  der  haiiit  soll  also  weit 
«ein,  da«  ein  «eil  neun  denen  lang  darninb  geschlagen  den 
beflcbliesze,   und  den  hau«t  »ollen  zwei  kinder  (reden,   die 


ober  sieben  jähr  alt  sein.  5.  571 ;  da  sal  man  machen  sieben 
hausten  (von  dem  gemähten  gctreide),  und  wan  der  bot  das 
gedeit,  so  ist  der  hausten  ein  sein.  572. 

Der  etymologische  Zusammenhang  dic.<:es  Wortes  mit  häufe  ist 
bereits  von  Weigand  (in  dessen  wörlerb.  s.  r.)  betont  worden, 
er  ist  so  aufzufassen  dasz  in  hau-st  die  beiden  schlieszenden 
consonanten  suffixaler  nalur  sind,  und  dasz  die  würzet  in  jener 
ältesten  form,  ohne  schlicszende  labialis  außritl,  wie  in  tat.  cu- 
mulus;  vergl.  das  .<;p.  5§3  ausgeführte. 

HAUSTAFEL,  f.  1)  abschnitt  des  katechismus  der  über  die 
pflichten  des  hausstandes  handelt:  haustafel ,  als  ein  theil  des 
catechismi ,  tabula  oeconomica.  Frisch  1,429";  zum  neunten 
wirst  du  in  dem  catechismo  finden  die  hausztafel,  da  wirst 
dn  sehen,  was  lehrer  und  zuhörer,  obrigkcit  und  unter- 
thancn,  mann  und  weih,  eitern,  kinder  und  gesinde  thun 
sollen.   ScHüPPiDS  2ü9. 

2)  die  lafel  an  der  die  familie  die  mahlzeilen  einnimmt:  des 
mittags  fanden  wir  uns  alle  an  der  haustafel  zusammen. 

HAUSTAUBE,  f.    l)  columba  domeslica.    Nemnich  3,1129. 

2)  haustauben  nennen  die  hof-  und  feldtrompeter  aus  Ver- 
achtung die  thürmer  und  stadttrompelcr.  Jacobsson  6,58'; 
vergl.  hausleute  und  hausmann ;  zum  siebenden  soll  kain  ehr- 
licher trompeter  mit  gauklcrn ,  baustauben,  thürmern  nicht 
blasen,  kaiserl.  privileg.  der  trompeter  v.  1630  bei  Frisius  cere- 
monial  u.  priv.  derer  trompeter  u.  pauker  22;  weil. sich  anfangs 
dieser  kriepsempörung  unter  der  armee  viel  haustauben, 
gaukler,  und  andere  stimpler  befunden,  welche  dann  die 
ehrliche  feldtrompeter  neben  ihnen  nicht  passiren  wollen. 
brief  der  Wiener  trompeter  von  1643,  das.  s.  36. 

HAUSTAUSCH,  m.  aedium  permutatio.   Stieler  2265. 

HAUSTE,  s.  oben  haust. 

HAUSTEIN,  m.  behauener  groszer  battstein.    Harff  70,16. 

HAUSTEMPEL,  «i.  Stempel  der  gürtler  zur  herstellung  der 
knopfplatlen  aus  blech. 

•  HAUSTEN,  verb.  hauslen  fertigen,  getreide  und  heu  zu  hauslen 
aufbinden:  sollen  dasz  haw  uff  hausten,  »rm//«.  2.  113;  der- 
seibigh  sali  in  des  hern  hroel  alle  jerlichs  helfen  das  haw 
machen  und  hülsten.  254;  in  der  Eifler  mundart  hausten, 
hopfen,  das  heu  in  häufen  setzen.    Fromm.  6, 15. 

HAUSTENMACHER,  m.:  wer  ein  haustmacher  ist,  der 
soll  ein  gabel  und  rechen  milbrengen.  weisth.  2, 196 ;  ob  ein 
Sambier  oder  baustenmacher  auspliebe  undt  nit  kem ,  dar- 
durch  das  heuw  zu  schänden  kommen  möcht.  das. 

HAUSTENNE,  f.  tennc  des  hauses,  hausflur. 

HAUSTEÜFEL,  m.  1)  böser  geist  in  einem  hause:  da  un- 
züchtige Priapus-diener  ihren  sahmen  dem  teufel  aufopfern, 
aus  welchem  hernach  dieser  tausendkünstler  allerlei  bild- 
nüsse  von  wechselbülgen .  kühlkröpfen,  junge  haus-,  feld- 
und  bergteufel  machet.  Butschky  Palm.  376.  auch  in  abs- 
traclem  sinne:  wider  den  hausteufel.  wie  die  bösen  weiber 
ire  fromme  männer,  und  wie  die  bösen  leichtfertigen  buhen 
irc  fromme  weiber  plagen,  titel  einer  scliriß  von  Adam  Sciidrert 
bei  Weller  annalen  der  poet.  nal.-lil.  2,  379. 

2)  schelte  für  eine  schlimme  hausfrau :  wenn  er  (ein  fürst) 
alle  feinde  umb  und  umb  überwunden  hat  (wie  Hercules), 
so  kau  er  doch  zu  letzt  den  hausteufel,  den  einheimischen 
feind  nicht  überwinden,  sondern  das  Irawle  frewiin  und 
schöne  königin  Omphale  mit  irem  schönen  angesicht  und 
glatcn  Zungen  setzet  dem  thewren  Herculi  den  schleier  auf 
und  heiszet  in  spinnen.  Luther  6,  1.')S';  sagst  du  dann  sie 
(die  frau)  sei  embsig  und  ein  geschickte  hauszhalterin ,  so 
wird  sie  gewiszlich  ein  kleiner  hauszieufel  darbci  sein,  und 
weder  knerht  noch  m.1gd  umb  sie  bleiben  mögen.  Fiscrart 
eliez.  (ir.oi)  T7'. 

3)  hausteufel,  das  streithuhn,  tringa  pugnur.  Nemnicr  4,1486. 
HAUSTHIER ,  n.    nnimnl    mnnsuelum ,    domesiicum ,    in    den 

deutschen  Wörterbüchern  rorAnEniKC  nicht  aufgeführt :  die  pferde- 
weihe,  woran  auch  anilere  haus-  und  hoflhiere  theil  nehmen. 
GöTHK  30,247;  alle  hauslhiere  verlieren  bekanntlich  durch 
den  Umgang  mit  menschen  viel  von  ihrer  ursprünglichen 
nusslatluug;  hund  und  kalze  ...  werden  in  unsern  stuben 
kleine  glatte  «chmeichler.  Immermann  Miinchh.  1, 6.  in  der 
Sehuei:  ijill  haust  hier  eigens  vom  schweine.    Stai.der  2,28. 

IIAISTMOR,  n.  die  lltoreinfahrl  eines  hauses. 

HAUSTHOHE,  f.  thüre  die  in  ein  haus  führt ;  mW.  hAstüre 

flr  ertiuorhip  wnni  unde  w«nt, 

Ufif  ««r  die  hOpiOrn  v.inl. 

linde  flenn  nun  in  dar  tn.    Iirnn  0284, 


693 


HAUSTIEF— HAÜSÜBEL 


H  AUSÜHR — HAUSVATER 


694 


•thd.  danimb  tratten  sie  zu  Josephs  haushalter,  und  redten 
mit  im  für  der  hausthür-  1  Mos.  43, 19 ;  und  gehe  kein  mensch" 
zu  seiner  hausthür  eraus,  bis  an  den  morgen.  2  Mos.  V2,22; 
dein  volii  redet  wider  dich,  an  den  wenden  und  unter  den 
Lausthüren.  Hes.  33,  30 ;  damit  tritt  er  an  die  hauszthüre  und 
stochert  in  den  zahnen,  so  denlien  alle  bauren,  die  vorüber 
gehen,  er  hat  fleisch  gessen.  Chr.  Weise  erzn.  (leso)  34S; 
wenn  sie  (das  mädclien)  hinter  der  hauszthür  einen  rendezvous 
von  zwei  personen  anstellet,  und  mit  drei  personen  wieder 
hervor  kommet.  2S5;  die  colonne  ist  wie  an  einen  spiesz  zu 
einer  haustiiüre  hineingeschoben.  Göthe  29,  259 ;  ein  Nürn- 
berger spieszbürger,  der  . .  am  lauen  sommerabend  vor  seiner 
hausthüre  sasz.  H.  Heixe  1,47; 

und  warf  darauf  die  hausthür 

vor  ibrer  uase  zu.      Höltt  8  Halm. 

übertragen:  er  {freund  Hein)  soll  als  Schutzheiliger  und  haus- 

gott   vorn   an   der  hausthüre  des  buch»  stehen.    Claldils  I 

(/.  II.  5.  V. 

HÄUSTIEF,  adj.  und  ade. :  hier  steckt  was,  riechs  so  halb 
und  halb,  heraus  soll  mirs ,  lägs  auch  hauslief  begraben. 
Fr.  Mt^LLER   3.199. 

HAL'STISCHLER ,  m.  tischler  der  die  bezüglichen  arbeiten  in 
einem  haushalte  ständig  besorgt. 

HACSTOCK,  ««.  hackeklotz,  haublock:  ein  heszlich  weih  ist 
wie  ein  melzger  hawslock,  ob  er  schon  tag  und  nacht  auf 
den  gassen  stehet ,  so  wird  er  doch  nicht  gestohlen.  Leu- 
MASX   169. 

HÄüSTÖLPEL ,  m. :  es  wird  ein  groszer  häufen  trotten- 
scheisz  und  h"auszdülpel  von  den  savoischen  .  .  .  gebirgen 
kommen.  Fischart  groszm.  95  (il  descendra  grand  abondance 
de  miquelots  des  montagnes  de  Savoye.  Rabelais);  mann- 
lüse ,  gebrochene,  unnütze  augengrewel,  hauszhinder.er  und 
hausztölpel,  Garg.  273*. 

HÄUSTRACHT,  f.  häusliche  kleidung :  andere  {bdm  carneral) . . 
hüllen  sich  in  pelze  oder  erscheinen  in  einer  artigen  haus- 
iracht  nur  mit  gesichtsmasken.    Göthe  29,242. 

HÄUSTRÄGERIN,  f. :  erstaunte  über  die  menge  der  braunen 
Lausträgerinnen ,  der  Schnecken.  Frektac  handsdirift  1, 135. 
5.  haus  2.  i,  sp.  644. 

HäUSTRäUER,  f.  1)  trauer  einer  familie  üter  deu  lod  eines 
iurer  milglieder. 

2)  trauerldeidung  im  hause,  zum  unterschiede  von  der  öffent- 
lichen. ADELUNG. 

HäUSTRäUUNG,  f.  f riesterliche  copulation  die  im  hause, 
\icht  in  der  kirche  gescliieht,  copulatio  domestica.  Frisch  1,  429". 

HÄUSTREUE,  f. :  sie  {die  galtin)  ist  . .  sein  {des  mannes) 
hauszehr,  hausztrew,  hauszfreüd,  hauszzierd,  hauszstern, 
hauszmon.  Gar*;.  72*. 

HAÜSTROST,  m.  bezeicfinung  des  hausraters:  ach  wann  der 
lieben  ehegespilin  etwann  einmal  ir  nachtspeisiger  hausztrosl, 
hauszsonn,  hauszhao,  eheg^span,  aus  den  äugen  kommet. 
üarg.  72'. 

HAUSTRUNK,  wi.  polus  tenuis ,  cerevisia  quotidiana,  domi 
lofla,  secundaria,  lisclärunk.  Stieler  2331.  in  Weingegenden  auch 
ton»  geringeren  iceine  geltend. 

HAÜSTRUPPEN,  f.  plur.  truppen  die  einem  fürstlichen  ge- 
schleckte ah  solchem  terpflichlel  sind,  im  gegensatz  zu  den  staats- 
iruppen.  die  franzOsisdien  könige  halten  ihre  haüslrufpen ;  will 
tiüOO  königliche  haustruppen  bilden.  Dahlha^^  gesch.  d.  ftanz. 
levoL  343;  laszt  sofort  meinen  gemahl  nach  der  gegend  von 
Lyon  eilen,  Berry  ihn  mit  einem  theil  der  haustruppen  be- 
gieilen.    Grabbe  Napoleon  2.  aufz.  4.  sc.  (s.  S6). 

HAUSTUCH,  n.  hausleinuand :  linteum  domeslicum ,  usuale, 
Uviäense.  Stieler  2346; 

S.  und  warhch  bia  ich  ebrenwerih, 
so  ist  ioü  mein  haus  henr  nocli  ferd 
keio  reisten  hanfs  noch  flachs  nit  kommen; 
AI.  wo  hast  denn  so  vil  hausztuchs  gnommen? 

H.  Sachs  2,  4,  13«. 
HAUSTUGEND,  f. :  wohllhütigkeit  ist  eine  haustugend  der 
,Me>erbeerschen  familie.    H.Heine  11,244. 

HAUSTYRANN,  m.  bezeichnung  eines  herrischen  haustaters. 
HAUSTYRAN.NEI.  f. :  welches  (hersdierschwerl)  sie  {die  weiter) 
dann  gemeinlich  übel  brauchen,  und  werden  durch  ir  hausz- 
tiranney  den  männern  inen  oft  zu  nagwürmen,  die  inen  das 
herz  und  leben  abnagen.   Fischart  ehez.  (1591)  L  l*. 

HAUSÜBEL,  n.  malum  donuslicum :  hausübel  ist  von  gotles 
vaterhand  wie  ein  ander  kreuz.  Scriveh  seelensch.  2,  278  {in 
einer  predigt  über  unglückücfie  dten). 


HAUSüHR,  f.:  horologium  domeslicum.  Frisch  1,429'; 

hört  ich  es  pickern 
oben  am  quell,  ganz  leise,  wie  wenn  mir  ferne  die  bausubr 
pickerte.  Voss  Luise,  2.  Idylle; 

die  religion  nach  der  Vernunft  verbessern  kommt  mir  ebenso 
vor,  als  wenn  ich  die  sonne  nach  meiner  alten  hausuhr 
stellen  wollte.    Claldics. 

HäUSUMSTÄNDE  .  m.  plur.  stand  und  beschaffenheit  eines 
haushalts ,  einer  familie:  wenn  ich  nur  erst  HusvUds  haus- 
umstände recht  genau  wüszte!   J.E.Schlegel  2,454. 

HAUSUNG,  f.  1)  Wohnung,  unterkunjt,  bleibende  statte  in 
einem  hause,  mhd.  hösunge:  hausung,  habitatio,  habitaculum 
Dasyp.  ;  also,  das  sie  ire  leib  und  leben,  gölte  zu  ehre  und 
lobe,  aus  mangel,  notdürftiger  hausunge,  kleidung,  narunge, 
und  wartunge,  ferner  zu  krenken,  schwechen  und  verkürzen., 
verhütet  sein  mögen.  Ordnung  des  ralhs  zu  Leisnig  von  1523, 
bei  Lctheb  2,265';  vertregt  sich  der  antworler  nicht  mit  dem 
cleger  hiernoch,  so  nagelt  man  die  hawsunge  zu.  Michelsen 
Untr.  rccldsdenkm.  349;  was  gegen  mittag  gegem  Islro  ligt, 
das  hat  etwa  des  wildbrets  gelebt,  on  all  hausung,  ein  sehr 
wäldig  wild  grob  volk.    S.  Fraxk  wellbuch  (1567)  Sl' ; 

du  kehrst  in  fremder  hausuog  ein, 

und  sind  doch  alle  bimmel  dein.    P.  Gerhard  10,  7; 

nd.  hüsing  wohnung,  behausung  Dähnert  197';  kein  husung. 
titel  einer  erzählung  von  Fr.  Recter. 

2)  hausung 'an  einem  schnitzwerke,  die  Umrahmung,  die  die 
feldung  {die  felder)  umgibt:  item  die  vj  stuck  flach  geschnitten 
sol  alle  husung  vergult  und  versilbret  sin  und  die  feldung 
versilbret  und  brüniert  wie  man  dj  wil  haben  {es  betrifß  einen 
gesclinüzten  altar).  anz.  f.  künde  d.  d.  vorzeit  1S66,  273  (Basel 
von  15IS).     vergl.  häuseln  oben  sp.  657. 

3)  hausung.  die  führung  des  haushaltes,  bewirtschaftung :  man 
hält  hier  schlechte  hausung,  domum  suam  male  hie  tuentur 
homines.   Stieler  SOI. 

4)  häusung,  mit  umlaut,  bei  den  sdtiffern,  der  über  dem  rah- 
bolz  befindliclie  theil  des  schi/fes. 

ELiUSUNGLÜCK,  n.  malum  domeslicum,  miseria  domestica: 
mein  hauszunglück,  das  mich  leider  traff.  Olearics  pers 
reisebeschr.,  vorrede;  es  gerähl  wunderselten  eine  ehe  so  wohl, 
das  nicht  ein  teil  in  etwas  solle  unfriedlich  sein ;  wo  nicht 
auf  beiden  seilen,  ob  nun  rwar  solche  unbescheidene  ehe- 
Jeute  meistens  ihnen  selbst  solch  hausunglück  beizumessen 
haben,  so  . . .  Bctschry  Palm.  747. 

HÄUSUNKE,  f.  1)  name  dreier  thiere:  a)  am  gewöknliclisten 
der  hausschlange ,  coluber  berus.  Nemmch  2,  1109;  faausunke, 
serpens  domesticus,  seu  in  domibus  habüans  lacteque  bubulo  gaudens. 
Stieler  23S6;  b)  des  musteia  putorius:  iltis,  unke,  bausunk. 
Nemnich  3,676;  c)  der  rana  porlentosa :  unke,  Uausunke,  kreuz- 
kröte,  röhrling.  4, 1125. 

2)  nach  dem  thiere  1,  a,  dem  eine  grosze  anhätigüchkeit  an  das 
zum  aufenüialte  gewählte  haus  zugeschrieben  ward,  übertrug  man 
hausunke  auf  den  Stubenhocker:  nichtsdestoweniger  machet 
ihn  .seine  wahrhaftige  gottesfurchl  zu  keinem  menschenfeind 
und  betrübten  hausunken,  ehe  eines  weibes  383;  das  weib  ist 
eine  wahre  hausunke  geworden,  heiszt  es  in  Düringen  von  einer 
fr  au  die  selten  aus  dem  hause  geht. 

HAUSUNTERTHANIG,  adj. ':  immer  und  nothwendig  gehört 
die  frau  dem  hause ,  nicht  der  gemeinde  an ,  und  ist  auch 
im  hause  nothwendig  hausunterthäuig,  die  tochter  dena  vater, 
das  weib  dein  manne.   Mommsen  rOm.  gesch.  1  (lSö6)  s.  54. 

HAUSVATER,  m.  paterfamilias.  a)  gewöhnlich,  wenn  vorstand 
und  leitung  des  hauswesens  hervorgehoben  werden:  paterfamilias 
husfaler,  hauszvatter  Dief.  416';  huszvatter,  paterfamilias  voc. 
inc.theut.  kd';  zu  dem  sibenden  so  ist  der  escheogrüdel  dem 
hauszvatter  an  dem  allerliebsten,  er  niinpt  in  etwann  zu  der 
ee.  Keisersberg  brOsamlin  79';  das  aber  ein  hausvater  die 
seinen  das  wurt  goltes  leret.  Lltuer  U,  277' ;  am  zehenden 
tag  dieses  monden,  neine  ein  jglicher  ein  lamb,  Ao  ein  haus- 
vater ist,  ja  ein  lamb  zu  einem  haus.  2  3/0$.  12,3;  haben 
sie  den  hausvater  {golh.  gardavaidand)  Beelzebub  geheiszen, 
wie  viel  mehr  werden  sie  seine  hausgenossen  also  heiszen? 
Matlh.  10,  2ö ;  da  tratten  die  knechte  zu  dem  hausvater,  und 
sprachen ,  herr,  hastu  nicht  guten  samen  auf  deinen  acker 
geseet?  13,27;  und  da  sie  den  (groschen)  enipfiengen,  mur- 
relen  sie  wider  den  haus\ater.  20, 11;  es  war  ein  hausvater, 
der  pflanzet  einen  Weinberg.  21,33  ;  v\enn  ein  hausvater  wüste, 
welche  stunde  der  dieb  komen  woll,  so  würde  er  ja  wachen, 
und   nicht  io  sein  haus  brechen  lassen.   42,43;    ein  hausz- 

44* 


695 


HAUSVATER— HAUSVERTRAG 


HAUSVERWALTER  —  HAUSWEIB 


696 


valter,  der  liedeiiicb  zu  sein  Sachen  fhut.  Fiscbart  e/i«.  (l59l) 
J3*;  inn  der  hauszhaltung  ist  vielerlei  voik.  eins  gebietet 
und  herschet,  als  der  hauszvatter:  dasz  ander  gcliorsamet, 
als  das  weib:  dasz  drilt  ist  ein  anmutige  zugehülfe  desz 
geschlecbts  und  desz  hauszgesinds,  als  die  kind:  dasz  vierte 
ist  unterlhänig,  als  knechl  und  mägd.  Ks';  das  auch  ein 
solcher  hauszvatter  oder  grundherr  da  sei,  der  sich  auf  das 
feldbawwerk  versteh.  Sebiz  feUb.  35;  herr,  herr,  liaben  wir 
nicht  in  deinem  namen  viel  tbaten  gelban?  das  ist  ein  text 
für  die  hauszvatter  und  hauszmiitter.  Sciidppius  641 ;  unsre 
feine  lebensart  hat  einem  der  ersten  und  süszesten  Verhält- 
nisse, dem  Verhältnisse  zwischeti  hausvater  und  hausgenossen. 
alle  anmuth,  alle  würde  genonmien.  hausvatersrechte  und 
hausvatersfreuden  sind  grüsztentheils  verschwunden.  Kniggk 
umg,tn.vt.1,ihi;  in  betracht  dasz  wir  erst  anfangen,  legen 
wir  groszes  gewicht  auf  die  familienkreise.  den  hausvätern 
und  hausmüttern  denken  wir  grosze  Verpflichtungen  zuzu- 
tbeilen.    Göthe  23, 150; 

da  vorhin  ein  hausvatter 

het  lileidet  weib  und  kind.    ühla?id  volktl.  528,11. 

b)  seltener  das  rein  eheliche  verhällnis  betonend:  nl.  huysvadcr, 
paterfaniilias ,  maritus  Kii,ia."i;  ein  hauszvatter  het  einen  er- 
welten  son.  Steisböwel  (1555)  A  7';  alsdann  wird  sie  (</«e //««) 
ihrem  bauszvatler  alle  gebrechen,  on  einen,  übersehen.  Garij.  70'. 

c)  das  cerhällnis  als  hausbesilzer  zu  einem  mieter  hervorhebend : 
ich  dingte  mich  und  meinen  jungen  meinem  hausvatter  in  die 
kost.  Simpl.  1,317  Kurz;  mein  hausvatter  war  des  comman- 
danten  spurhund  und  mein  hüter,  maszen  ich  merkte,  dasz 
er  all  mein  thun  und  lassen  demselben  hinterbrachte.  5.  318. 

d)  in  vielen  gegenden  Norddeutschlands  heiszt  hausvater  der  leiler 
eines  gefdngnisses,  eines  arbeitshauses,  eines  spitals,  einer  herberge 
oder  sonst  eines  öffentlichen  liauses,  z.  b.  in  Leipzig  auf  dem  rat- 
hause gleicli  hausvogt. 

HAUSVÄTERCHEN,  n.  ; 

lieute  gefällst  mir  auch  du,  hausväterchen  {saijt  die  fran  zum 
manne).     Voss  Idyll.  4,5. 
HÄUSVATERLICH,  adj.  und  adv. :  dieser  milde,  gutmüthige 
und  hausväterliche  Ludwig  Philipp.   Heine  9,  45 ; 

hielt  der  redliche  pfarrer  von  Grünau  heiter  ein  gastraahl, 
seiner  Luise  zur  lust,   hausväterlich  prangend  im  Schlafrock. 

Voss   ijUtSß  s    1 

HAUSVÄTERLICHKEIT,  f. :  gerade  des  mannes  mit  dem 
ächtdeutschen  humor,  nämlich  mit  der  sich  selber  belächeln- 
den hausvälerlichkeit.  J.  Paci.  vorsch.  d.  usth.  l,  179. 

HAUSVÄTERN,  verb.:  heut  früh  bah  ich  gebausvatert,  wie 
du  mich  haben  willst.  Göthe  an  frau  r.  Sto«2,  97;  ich  hab 
denn  so  herum  gebausvatert.  an  Auguste  Slolberg ,  nach  dem 
17.  mai  1776. 

HAUSVEIX,  ä.  hausfeix. 

HAUSVERFASSUNG,  f.:  ein  mann  von  geist,  herz  und 
talenten  hatte  sich  in  der  nachbarschaft  angekauft  . .  .  wir 
stimmten  in  unsern  sitten,  hausverfassungen  und  gewohn- 
heiten  sehr  überein.    Göthe  19,315. 

HAUSVERGESSEN,  pari.:  du  gäuchbornigs  und  weicb- 
zornigs   hanszvergessen  mann  und  weibsvolk.  Garg.  17*. 

HAUSVERMEHRER,  m.  familiam  aduugens.  Stiei.eb  2373. 

HAUSVEH.MIETER,  m.  locator  aedium.   Stiei.er  1275. 

HAUSVERSTA.ND,  m.  tüchtiger  verstand,  wie  er  für  die  be- 
s(/rgung  der  hausangelegenheilen  genügt:  aber  man  soll  nicht 
aller  orten  gelehrsamkeit ,  feine  cultur  fordern,  sondern 
gesunden  bausverstand  und  gradcn  sinn  begünstigen.  Kmggb 
umg.  m.  m.  1,100;  im  allgemeinen  aber  sind  sie  {die  ueber) 
unbekannt  mit  allem,  was  die  cinbildungskraft  und  das  ge- 
fübi  erregt  und  obgleich  auf  den  bausverstand  zurückgeführt, 
doch  für  geist  und  herz  einiger  aufregender  nahrung  be- 
dürftig. GöTME  56,171;  eine  klare,  plane  darstellung  seiner 
(des  nachdrudu)  unrechtniSszigkeil  für  den  gemeinen  gesunden 
haus-  und  hofversland.  J.Paul  herbstblum.  Z,iO'.t  note ;  aber  wo 
mein  kleiner'  b.'iiisvrr»tand  ausreicht ,  da  wenigstens  möchic 
ich  ihm   nützlich  werden.    Fbeytac  handschr.  2,41. 

HALSVEHSTÄMJIG,  adj.  rtne  haushaUung  zu  leiten  verstehend: 
derwegen  beheuratel,  freiet  und  trauet  er  im,  inn  seinem 
nicht  allein  hartfehigeni,  sundern  auch  mannskräftigem  und 
h3U«z»erständigcni  alter,  da»  durcblatcrnige  honiggurgnlsame 
ffSulin  G;ir(,'.'ilmrlle.  Carg.  70". 

HAUSVKRThAG,  m.  vertrag  die  hautangelegenheUen  betreffend: 
{drr  tfufel)  beüland  ja  in  den  konkordalen  ,  die  er  mit  dem 
d.  Faufl  ab»cblatz,  sogar  auf  dem  arlikcl,  daiiz  der  doctor 
gar  nicht  beirsthen  sollte;  und  dennelben  Heparalartikei  bab 


ich   in    allen    hausverträgen    angetroffen,    die  der  satan  mit 
jungen  millionären  machte.   J.  Paul  jubeisen.  40. 

HAUSVERWALTER,  wi.  oeconomus.  Maaler  215';  geschäfts- 
träger,  hausverwalter,  küchen-  und  kellermeister.  Wielasd 
25,  C.  arci  praeposiliis ,  burgverwalter,  burgvogt.  Stieler  2425. 
im  königräch  Saclwen  werden  die  direcloren  der  zuiht-  und  arbeit^- 
hduscr  hausverwalter  i/enannt. 
HAUSVERWALTEHilN,  f.: 

die  wohlhist  ist  des  glucks  vcrschwenderinn  : 
die  freundschan  dient  ihm  treu,  als  hausvenvalterinn. 

BORGER  llü'. 

HAUSVERWALTUNG,  /.  .•  wie  liederlich  sie  {die  weiber)  der 
herrschalt  und  hauszverwaltung  sich  annemmen.  Fiscuabt 
ehe:.  (1591)  Li". 

HAUSVERWESER,  m.  leiler  eines  hauswesens  an  stelle  des 
hausherrn. 

HAUSVERWESERIN,  f. :  je  mehr  einer  sich  der  hauszsorg 
will  entschlagen,  so  viel  mehr  bedarf  er  eine  hauszverwäserin, 
die  ihn  der  hauszgeschäft  und  sorg  überhebe.  Fischart  ehez. 
(1591)  H7'. 

HAUSVERWESUNG,  f. :  das  wenige  was  mich  von  der  haus- 
verwesung  trifft,  mache  ich  ungeschickt.  Niebühr  leben  3, 151. 

H.\USVIEH,  n.  pecora  dotne^ttica,  familiaria.   Stieler  2369. 

HAUSVOGEL,  m.  vogel  als  hausthier:  huszvogel ,  allilis  rel 
altile.  voc.  ine.  theut.  ks';  hausvügel  gullinae  Nemnich. 

HAUSVOGT,  f?i.  l)  Verwalter  eines  hauswesens:  oeconomus.. 
haushalter,  hausvogt  Alberus  Ul';  hausvogt,  der  für  das 
haus  sorgt  oder  etwas  ausrichtet,  procurator  domus  Frisch 
1,420";  ich  gehe  dahin  on  kinder,  und  mein  hausvogt  hat 
einen  son.    1  Mos.  15,  2. 

2)  aufseher,  castellan  eines  fürstlichen  Schlosses  oder  einer  bürg. 

3)  castellan  eines  rathauses  (nach  haus  sp.  644),  und  als  solcher 
aufseher  über  die  städtischen  gefangenen. 

4)  im  Lüneburgschen  bilsvogt,  ein  amtsgehülfe ,  der  ehever- 
schreibungen  aufnimmt,    weim.  jahrb.  3,  364. 

HAUSVOGTEI,  f.  das  städtische  gefdngnis:  die  hausvogtei 
zu  Berlin. 

HAÜSVÖGTIN,  f.,  nach  hausvogt  l: 

{die  edelfran)  rüffet  irer  hauszvögtin, 
die  unden  am  schlosz  war  gesessen.    H.  Sachs  2,  4,  96' 

HAUSVOLK,  n.  domcstici.    Stieler  2387. 

HAUSVÖLKLEIN,  n.:  das  ir  dem  guten  herrn  und  freunde 
wollet  anzeigen,  das  er  nicht  schuldig  sei,  solche  weise  für- 
zunemen,  sich  und  sein  bausvülklin  zu  communiciren.  Ldtber 
6,  275*. 

HAUSWALTER,  m.  für  laus,  ein  worl  der  gauncrsprache . 
und  überdisz  habe  ich  noch  die  freibeit,  wenn  ich  meinen 
haiiszwaiter  in  seinem  lager  ausstäubere,  so  map  ich  ihm 
den   haisz  brechen.  Chr.  Weise  kl.  leide  204. 

HAUSWANZE,  f.  cimex  lectularius.    Nemsicu. 

HAUSWÄRME,  /'.  erwärmung  des  hauses.  so  lieiszt  die  fest- 
lichkeit  des  einzugs  in  ein  neuerbautes  haus,  in  welchem  dann 
das  erste  herdfcuer  angezündet  wird:  wie  wir  Teutschen  die 
kirchweili  und  liauszwirm  für  hauszweihe  nennen  ,  welches 
die  agenda  dedicationem  tcmpli,  und  benedictionem  domus 
nennet.  Matuesius  postilla  3, 73*.  im  der  form  hauswermet, 
wo  es  den  eimugsschmaus  bezeichnet,  bei  dem  Schlesicr  Rutschky  : 
ich  habe  in  meiner  neuen  behausung  eine  kleine  hauswermet 
gutvermögenden  freunden  zu  geben  angezilt.  kanzl.  246.  in 
gleichem  sinne  hauswürmde,  eben  falb  achlesisch.    Fromm.  4,171. 

HAUSWART,  m. :  der  hauswart,  der  in  einem  Seitenflügel 
in  dem  inneren  hofe  wohnte,  schlosz  zimmer  um  zimmer 
auf.  F.  Lewald  Stella  (1S70)  .v.  3. 

HAUSWÄSCHE,  f.  gewöhnliche  wasche  einer  Haushaltung,  roU- 
Wdsche.  der  feineren  plättwäsche  entgcgengeitetzt.   .Vueluxc. 

HAUSWEHRE,  f.  schütz  und  verlhcidigung  des  hauses:  als 
die  ofTentlichen  siraszenreuber  und  niörder,  die  den  land- 
frieden  und  hausweiue  versiilrrn.  LurnER  3,108';  schalen 
und  sclineckenheuser  waren  ir  (der  ersten  menschen)  schusseln 
und  trinkgeschirr,  ein  stecken  ir  hauszwehre.  Matiies.  Sar.  8*. 

IIAI'SWEIR,  H.  1)  hausmutter,  frau  des  Hauses:  nl.  huj«- 
wijf  niu/er/a«n7ios,  domina,  hera  domus  Kiu\s;  manches  nach- 
bars  eheliches  iiausweib.  Götue  8,59;  dast  ...  bausweibcr 
gegen  ihre  weibliche  dienerschafi  eine  härte  bewiesen  . . . 
J.  Paui.  Lcvana  2,  77  ; 

für  dicli  brennt  nun  der  gutn  hcrd  nicht  mehr; 
kein  huuiwolb  lorgt  für  deinen  obendgniii. 

SiCBK  ged.  10  {ele<iif). 
2)  bei  SrieiER  auch  femina  domus  fiufov,  domesti<,i.  2470. 


69' 


HAUSWERK  —  HAUSWIRT 


HAUSWIRT  — HAÜSZ 


698 


I 


HAÜSWERK,  n.  hduiliclte  rerrichtung:  es  ist  ein  schlecht 
werk,  das  er  {Isaac)  aus  einem  lande  ins  ander  zeucht,  aber 
er  gehet  dahin  auf  golles  wort  .  .  darumb  ist  sein  werk 
mechtig  gros,  und  doch  nur  ein  hauswerk.  Lctder  4,144*; 
die  (andere  magd)  war  nun  ihnen  {der  mutier  und  groszmuUei) 
recht,  aber  dem  vater  nicht,  weil  sie  nur  das  haus-  aber 
nicht  das  feldwerk  verstand,    a.  m.  im  Toggenb.  17. 

HAUSWESEN,  n.  res  domestica :  das  hauswesen  bestehet  in 
guter  nahrung.  in  einer  anständigen  liebste,  und  in  ordent- 
licher hauszucht.  Chr.  Weise  A7.  leute  371 ;  vater  und  mutter, 
sühne  und  töciiter,  hof  und  wohnung,  knechte  und  geräth, 
das  sind  die  natürlichen  eiemente,  aus  denen  überall  ..  das 
hauswesen  besteht.  Momsisex  rüm.  gesell,  l  (lS56)  s.  53 ;  die 
einladungen  des  diaconus ,  die  von  ihm  ohne  rücksicht  auf 
räum  und  grenzen  des  kleinen  hauswesens  ausgegangen  waren. 
Ihjiermaxs  Münchh.  4,100;  der  sennor  ordnete  sein  hausz- 
wesen  an,  erhandelte  eine  gelegene  herrschaft.  einen  schönen 
palast  und  garten,  ordnete  sein  hauszwesen  der  gestalt.  das 
er  wüste  wie  viel  die  hüner  alle  tag  eier  legen  könten.  Phil- 
A.\DER  2  (1643)  167;  da  Würde  ich  meine  frau  bald  satt  werden, 
wenn  sie  niederträchtig  genug  wäre,  sich  um  das  hauswesen 
zu  bekümmern.  Gellert  3, 2S5;  Otlilie  besorgte  das  haus- 
wesen. GüTHE  17, 29S ;  man  wird  nicht  ärmer,  wenn  man  sein 
hauswesen  zusammen  zieht.  19,  239  ;  eine  frau,  die  das  haus- 
wesen recht  zusammenhalte.  20, 6S;  in  einem  wohl  blühenden 
hauswesen,  Chb.  Weise  kl.  leule  369; 

ihr  ganzes  hans-  und  wirthschafiswesen 

ist  ordentlich  und  auserlesen.    Hagedobs  3,47; 

die  Vögel  sind  fast  alle  verstummt ,  die  kleinen  fliegen  am 
rande  des  holzes  und  suchen  reifen  samen,  denn  ihr  haus- 
wesen ist  zu  ende ,  sie  leben  jetzt  in  der  groszen  gesell- 
schaft.    Fbeyt.\g  handsclir.  l,  101. 

HACSWIESEL,  n.  muslela  vulgaris.  -JfEMMCH. 

HAUSWILD,  n.;  denn  in  derselbigen  {häuslichen  herschaß) 
erkennt  der  hauszfürst  .  .  seines  hohes  und  nideres  hausz- 
nildes  oder  vihes  sicheren  ein-  und  auszzug.  Garg.  64*. 

HAUSWIRT,  m,  hausherr,  paterfamilias,  mhd.  hüswirt :  paler- 
familias  hueszwirt,  hauswirt  Dief.  416';  huszwirt  ..  patronus, 
paterfamilias  voc.  ine.  theul.  k5';   in  mehrfachen  beziehungen. 

1)  als  besitzer  eines  hauses  in  dem  er  mit  seinen  angehürigen 
vohnt : 

mhd.  wen  list  von  einem  slangen  da^, 
dai;  er  in  einem  hüse  was 
gar  heimlich  und  gewonet  wol.  .  .  . 
da?  in  der  hüswirt  lier  genesen, 
das  'et  er  von  menschlicher  art.    edelst.  34,  6; 

ton   einem   heiligen ,    der  als  besitzer  des  ihm  zu  ehren  erbauten 

klosters  aufgefaszl  tcird: 

und  büte  ein  munster  wol  getan : 
'dar  wart  sente  Stephan 
hüswirt  der  merielere.    EBER:tA5D  v.  Erfurt  1127. 

2)  in  engem  ansddusz  an  das  vorige  sehr  häufig  als  vorstand 
der  hau.ihaltung :  kan  doch  ein  from  hauswirt  oder  bürger, 
nicht  einen  bösen  knecht  oder  magd  zu  recht  bringen. 
LcTHER  5. 143' ;  der  man  der  hauswirt  gieng  zu  inen  eraus, 
und  sprach  zu  inen,  nicht  meine  brüder,  thut  nicht  so  übel, 
nach  dem  dieser  man  in  mein  haus  komen  ist ,  thut  nicht 
eine  solche  thorheit,  rieht.  19,23;  wo  kein  hausfraw  ist,  da 
gehets  dem  hauswirt ,  als  gieng  er  in  der  irre.  Sir.  36.  27 ; 
wo  er  eingehet,  da  sprechet  zu  dem  hanswirte  {goth.  heiva- 
franjin).  Marc.  14,14;  wenn  der  hauswirt  aufgestanden  ist, 
und  die  thür  verschlossen  hat.   Luc.  13,  25 ; 

aber  es  lächelte  drauf  der'trefliiche  hauswirtb,  und  saetp. 
GöTHK  40,  234,  reryt.  240^ 

3)  in  bezug  auf  die  art,  icie  er  der  haushaltung  vorsteht:  er 
ist  ein  guter,  ein  schlechter  hauswirt ;  wer  ein  hauswirt  ist, 
wirft  auch  das  geringste  nicht  weg.  vgl.  unten  hauswirtisch, 
hauswirllich. 

4)  in  bezug  auf  seine  eheliche  Stellung :  huszwirt,  vulg.  eeman, 
marilus.  voc.  ine.  theul.  k5*;  marilus,  der  hauswirt,  ehemann. 
Alberl's  Sl';  nit  als  mein  bauszwirt,  sundern  als  mein  sun. 
Albr.  V.  EvBE  50';  da  ürias  weib  hörte,  das  ir  man  tod  war, 
trug  sie  leide  nmb  Iren  hauswirt.  2Sam.ii,26;  so  soll  auch 
die  fraw  kein  andere  götter  noch  gottes  dfenst  iren  inn 
ehren  zuhalten  fürnemmen .  dann  die  ir  bauszwirt  im  bat 
erkoren.  Fischabt  e/ies.  (l59l)  B4';  sie  unterweiset  ganz  weisz- 
lich  ihre  kind,  und  regiert  ganz  klüglich  ihr  gesind,  warnet 
ihren  bauszwirt.  K5*;  {die  frau)  dankt  beides  gott  und  den 
eitern,  die  sie  zu  eim  solchen  bauszwürt  gefüget  betten.  Se'; 


sonst  soll  sie  {die  frau)  ihres  hauszwirths  erkanntnus  nichts 
binden.    Frankf.  ref.  1,30,  §4; 

Jochebedt  so  ist  mein  nam 

mein  bauszwirt  aber  Jieisit  Ämram. 

H.  Sachs  3,  I,  2t'. 
ddier   hauswirt,    anrede   der  frau  an  ihren  mann:    sein  fraw 
sagt :  bauszwirt  wie  ist  dir  ?  Pauli  scirimpf  83' ;  die  efrau  dicit 
hauswirt,  got  geb  dir  heil  und  glück  I    fasln,  sp.  163, 13 ; 
hauswirt,  du  bist  auf  dem  rechten  weg.    167,  II. 
5)  hauswirt  als  hausbesilzer,    in  bezug  auf  sein  rerMUnis  zu 
einem  abmieter  einzelner  theile  des  hauses:    liesz  derowegen  in 
gegenwart  meines  hauswirths  meinen  knecht  vor  mich  kommen. 
Simpl.  1.315  Kurz,    in  der  heutigen  spräche  des  gemeinen  lebens  sehr 
gewohnlich;  gegenüber  der  einquartierung :  lüde  je  ein  reuter  den 
andern  auf  seines  hauszwirths  speisz  und  trank  zu  gast.  Simpl. 
3,69.  —  Auch  als  Schützer  der  bei  Uim  Unterkunft  findenden: 

den  Witwen  ist  er  auch  ein  schutzherr  und  bauszwirth. 
Weckherli!«  302. 

e)  hauswirt,  besüglich  des  Verhältnisses  zu  seinen  gasten: 

wir  selber  wollen  uns  bald  hier  bald  dort 
in  die  gesellschaft  mischen  und  das  amt 
des  aulwarisamen  hauswirths  übernehmen. 

Schiller  Macbeth  3,  8. 

HAUSWIRTIN  ,  f. :  huszwirtin  ,  patrona,  materfaniilias  voc. 
ine.  tbeut.  k  5* ;  sonst  hiesz  die  frau  eines  edelmannes  haus- 
wirlhin.  J.  Pacl  Levana  2,82;  und  nach  diesen  geschichten 
ward  des  weibs ,  seiner  hauswirtin  son  krank.    1  tön.  17, 17. 

HAUSWIRTISCH,  adj.  nach  hauswirt  3:  neulich  begieng  er 
ein  hauswirthisch  stücke  {ein  geiziger  hatte  wasser  in  ein  «ein- 
fasz  gegossen  und  etuas  brantu-ein  zugesetzt).  Chr.  Weise  er;n.  116. 

HAUSWIRTLICH,  adj.:  was  aber  hauswirthiiche  ehrliche 
weiber  sind,    rockenphil.  (1707)  2, 138. 

HAUSWIRTSCHAFT,  f.  hausuesen. 

HAUSWISCH ,  n. ;  o  selige  Rosemunda .  sei  fro,  dasz  du 
ein  solchen  mann  überkommen  hast,  ich  wolt  dj  ich  für 
mein  bauszwirt  ein  hauszwisch  genommen  het.  Fischart  ehez. 
(1591)  Sl". 

H.\USWOHNLICH.  adv.  mansionarie:  hauswöhnlich  Halt- 
ACS   S51. 

HAÜSWOHNÜNG,  f. :  huszwonung  domicilium  voc.  ine.  theut. 
k  5' ;  sedes  domestica :  da  er  oder  sin  irben  ir  huszwonunge 
betten,  urk.  von  1467  bei  Haltacs  851.  • 

HAÜSWXRZ,  f.  1)  semperrivum  lectorum.  Nemxich  4,1278. 
mild,  hüswurz  tri».  3,829;  huszwurz  semperrira,  semperdiva, 
semirita,  stirpa,  barbacina,  omnia  idem  significant.  voc.  ine.  theut. 
kö';  bei  Serraxcs  steht  hauszwurtz  dict.  y5',  dagegen  hausz- 
würfz  synon.  94*;  auch  bei  Hci.sius  7l'  hauszwurtz;  in  tüt- 
scher zunge  huswurz  oder  dunderbar,  darum  das  es  gepflanzt 
wird  uff  die  hüser  für  den  dunder.  H.  v,  Bbackschweic  deslil- 
lirung  (1505)  57. 

2)  auch  sedum  heiszt  kleine  hauswurz.  Nexnich  4,  1270; 
hauszwurz.  zoophthalmon ,  sedum,  sempervirum,  aizoon  malus 
Maaler  215';  kleine  hauszwurz  trichales  das. 

H.AUSWURZBAUM ,  m.  sempervivum  arborescens.  Nemmch 
4, 1277. 

HAUSWURZEL,  f.  sempervivum:  ein  bandvoll  bauswurzel, 
oder  wegbreitblätter  gesotten  {gegen  die  herzbräune).  Böckler 
kriegssch.  (166S)  902. 

HAUSWÜRZELSAFT,  m.  saft  der  haustciarz:  Vi  löffel  voll 
auszgedruckt  weiszrübensaft  oder  bauswurzelsaft  {gegen  die 
herzbräune).    Böceler  das. 

HAUSZ ,  adv.  extra,  foris,  zusammengezogen  aus  hie  ausz, 
mhd.  höje: 

da;  Ir  ieslicher  hüje  beleip 

und  sinen  gesellen  drin  (in  den  stall)  treip. 

Stricker  5,  17  Hahn; 

icb  blibe  6  hii;  unz  an  mioen  tot. 

Magens  heldenb.  2,  178; 

milteld.  hüje.  Adrians  mütheilungen  s.  442,106;  noch  jetzt  in 
Franken  haus.  Kehbein  1S9:  von  Göthe  mehrmals  g^aueht. 
wenn  wir  nur  einmal  aus  der  atmosphäre  bausz  sind,  wollen 
wir  sehn  wies  geht.  42,  64 ;  • 

und  reitt  in  blitz  und  wetterschein 
gemäuerwerk  entgegen, 
liindts  plerd  hausz  an  und  kriecht  hinein, 
und  duckt  sich  vor  dem  regen.    1,  182. 

bausz  lassen,  unterlassen: 


s.  hauszen. 


vil  besser  i5t<>,  du  lassists  husz ! 

RiTF  Adam  u.  Heia  1878. 


699 


HAUSZANGE  —  H  AUSZEN 


UAUSZEN  —  HAUSZL'CUT 


700 


HAUSZANGE,  f.  queihoh  bei  pfuhlroslen. 

HAL'SZANK,  m.  bellum  domeslicum :  Lauszank  webrel  uickl 
lang.    ScHOTTEL  1122'. 

HALSZEHEM,  m.  zdienl  oder  zins  von  einem  hause  dem 
yrundlierm  ahi/Cfieben. 

HAUSZEHRUNG,  f.:  wegen  geldes  und  liauszehrung  halber 
...  in  groszem  kunimer  gewesen.    Scuwkinichen  3,  230. 

HAUSZEM ,  adv.  extra,  foris,  das  adverbium  auszcn  Jure/« 
ein    damü  verschmolzenes  liie  der  richtuny  nach  näher  bestimmt. 

1)  bauszen  zeigt  auf  einen  gegenständ,  eine  person ,  dtc  mit 
dem  sprechenden  an  gleicher  stelle  steht,  es  ist  in  gegensatz  zu 
«Irinnen  gebracitt,  das  eine  entferntere  stelle  bezeichnet:  gleich 
wie  ein  bans,  das  da  kracbt  und  knackt,  schreckt  und  jagt 
den  einwoncr  aus ,  dasz  er  sich  mehr  für  dem  banse  drin- 
nen fiircbt,  denn  bauszen.  Lutueh  3,249';  wie  er  mit  Christo 
gelhan  bat,  welchen  er  in  einem  nu  aus  dem  verschlossen 
und  versigelten  grab  eraus  rucket,  das  er  zugleich  in  einem 
augenblick  drinnen  und  bauszen  war.  5,505';  das  gefengnis 
funden  wir  verschlossen  mit  allem  vleis,  und  die  büter 
bauszen  stehen  für  den  tbüren,  aber  da  wir  auftbaten,  funden 
wir  niemand  drinnen,  aposlelgesch.  5,23;  seie  ein  mann  drin- 
nen .  .  besser  dann  bauszen  vier.  Kirchhof  disc.  milil.  12; 
du  bist  drinne  fröhlich,  so  lasz  uns  bausen  fröhlich  sein. 
Grimm  deutsche  sagen  no.  232 ; 

Leipzig  liegt  hauszen  und  Leipzig  liegt  drinnen, 
also  kan  Leipzig  nicht  Leipzig'  gewinnen. 

PisiORius  llies.  par.  5,  no.  27, 

es  sind  spoUverse  auf  die  belagerung  Leipzigs  i.  j.  1547,  in  der 
belagernden  armee  waren  viele  Leipziger  Stadtkinder; 

drinnen  gefangen  ist  einer! 

bleibet  hauszen,  folg  ihm  keiner.    Götue  12,  67. 

i«  diesem  sinne  steht  hauszen  auch  in  den  folgenden  stellen,  wo  der 
gegensalz  weniger  ausdrücklich  hervorgehoben  wird:  ain  mensch, 
idas  bauszen  in  der  weit  ist,  das  thut  was  es  will.  Keisers- 
BtRC  häslein  EeC';  ain  mensch  bauszen  in  der  weit,  das 
weib  und  kind  zu  versorgen  bat.  ebenda;  da  antwortet  die 
ganze  gemeinde,  und  sprach  mit  lauter  stimme,  es  geschehe 
wie  du  uns  gesagt  hast,  aber  des  volks  ist  viel,  und  rege- 
nicbt  w  etter,  und  kan  nicht  bauszen  stehen.  Esra  10, 13 ; 
wollen  sie  (die  Juden)  nu  Moses  gesetz  genieszen,  so  müssen 
sie  zuvor  wider  ins.land  Canaan  komen  und  Moses  Juden 
werden ,  sein  gebot  halten  .  . .  weil  sie  aber  hauszen ,  und 
Mose  ungehorsam,  sind  in  frembden  landen  unter  dem  keiser, 
sollen  sie  des  keisers  recht  halten.  Luther  8,94";  saget  dasz 
ich  bausen  bin.  causenmachcr  87 ;  ich  balle  mich  mit  meiner 
[rau  itzt,  weil  ich  keinen  dienst  habe,  hauszen  in  der  kueip- 
scbenke  am  anger  auf.  Rabener  sat.  3  (1757)  s.  42;  ich  sags 
ja  immer,  wenn  man  aus  Scbwabenland  heraus  ist  unter  die 
franken  und  Sachsen  und  Polacken  gekommen ,  bort  recht 
und  gerechtigkeit  auf.  's  ist  a  wüst  volk  bauszen.  Immer- 
MANN   Münchh.   4,  49  ; 

weil  eben  ist  daselb  (in  Sdrnbery)  der  reichsztag, 

dest  thewrer  ich  es  {dns  wililprel)  geben  mag, 

brengen  das  ^eld  an  einem  hauten; 

dalür  wil  kleine  pleiuiwert  kaufen. 

die  wil  ich  hauszen  bei  den  liützen 

an  eier,  käsz  und  geh  vcrstützen. 

B.  Wüiiis  Esop  4,  &0,  69 ; 
als  Substantiv  gebrauclil : 

das  hauszen  musz  viel  besser  sein : 

ade,  ich  kum  nicht  wider  nein  [in  einen  kästen,  eine  maus 

spriciUn).    2,  32,  19. 

2)  verstärkt  ist  hier  bauszen  in  jüngeren  quellen:  die  gras- 
affen  haben  grosze  lust  das  gewitter  bei  mir  abzuwarten, 
und  hier  hauszen  zu  kainpiren.  Gotbe  a« /rau  r.  S/ci«  1.9S; 
hier  hauszen  ists  sehr  schön.  1,100;  hier  bauszen  schläft 
bicbs  trefflich.  1,231;  hier  bauszen  bin  ich  so  weit  ganz  gut. 
1,286;  es  sieht  hier  bausen  gar  artig  aus,  wenn  sie  nur 
einen  blick  au-t  meinem  fenster  Ibun  könnten,  l,  297 ;  der 
wind  bat  mich  diese  nacht  nicht  schlafen  lassen,  er  ist 
wülbend  hier  bauszen.  2,24;  diesen  winter  bleib  ich  noch 
bicr  bauszen  in  meinem  nesle,  künftig  bab  ich  auch  ein 
quartier  in  der  sladt,  da.s  hübsch  liegt  und  gerUumig  ist. 
»I   Mercks  brufs.  2,  259 ; 

hier  houszen  giebis  wölfe  zu  solchen  lArnmeni. 
KoRiKN  3.  22U; 
auch  da  bauszen :  in  uieineui  garten  sind  rusen  und  jelUngcr- 
jelicber    zweierlei    suricn  ...  da    bauszen    sind  auch  iiumer 
blumen,  gelbe  und  blaue  und  rutbe.    GuTUb  10,130; 

d.-i  liBiiszfn  tu  mir«  zu  kalt, 

ich  yeh  lu  ineincu  wald.    ilbcKiiiT  g«i.  </< 


3)  weü  häu/iyer  und  schun  in  alten  quellen  hat  bauszen  den 
scharfen  hinweis  auf  die  stelle  des  sprechenden  verloren ,  es  steht 
allgemeiner  nur  im  sinne  von  auszcn,  auszerhalb,  so  dasz  dafür 
auch  eben  so  gut  das  auf  entfernteres  zeigende  drauszen  ver- 
wendet werden  könnte :  und  sobent  das  der  stein  was  dannen 
gcwelbelet  und  sohen  den  cngel  uQ'  dem  stein  buszen  sitzen 
vor  dem  grab  oder  büszlin.  Keisersberg  fosj.  3,  4';  we  uns, 
die  ganz  ligen  in  dem  dreck  der  wollust ,  haben  allein  das 
mul  husen.  »laneHit/*.  137";  und  setzet  den  tisch  in  die  bütte 
des  Stifts  ..  bauszen  für  dem  furhang.  2Afos.  40,  22;  so  soltu 
nicht  in  sein  haus  gehen  . .  sondern  du  solt  bauszen  stehen. 
b  Mos.  24,11;  fürelen  Rabab  eraus,  sampt  iiein  valer  und 
mutier,  und  brüdern  . .  und  lieszen  sie  bauszen  auszcr  dem 
lager  Israel.  Jos.  6,  23 ;  bauszen  der  grosze  bof.  l  kön.  7,  9 ; 
das  ire  kneufe  gesehen  wurden  in  dein  beiligtbuui  für  dem 
cbor,  aber  bauszen  wurden  sie  nicht  gesehen.  8,8;  und  da 
sie  hin  ein  kamen,  opfer  und  brandopfer  zu  tbun,  bestellet 
im  Jehu  bauszen  achzig  man.  2  kön.  10,24;  die  decke  des 
sabbalhs,  die  sie  am  hause  gcbawet  hatten,  und  den  gang 
des  küuigs  bauszen.  16, 18 ;  bauszen  für  Jerusalem  im  tal 
Kidron.  23,4;  da  befalh  der  könig,  das  man  eine  lade 
machte,  uud  setzet  sie  hauszen  ins  thor  am  hause  des 
herrn.  2  chron.  24,8;  wild  und  unbendig,  das  ire  füsze  in 
irem  hause  nicht  bleiben  können,  itzt  ist  sie  hauszen,  itzt 
auf  der  gassen,  und  Jauret  an  allen  ecken,  spr,  Sal.  7,12; 
das  er  binfurt  nicht  mehr  kund  öiTentlich  in  der  stad  geben, 
sondern  er  war  hauszen  in  den  wüsten  örtern.  Marc.  1,45; 
hauszen  für  der  thür.  2,2;  es  kam  seine  mutier,  und  seine 
brüder,  und  stunden  bauszen.  3,31  (im  folgenden  verse  meldet 
das  m  hause  versammelte  volk:  deine  inutter  und  deine  brüder 
drauszen,  griech.  beide  male  i'^co,  golh.  üta);  gieng  er  in  den 
tempel  des  herrn ,  und  die  ganze  menge  des  volks  war 
bauszen.  Lmc.  1,10;  selig  sind  die  ..  zu  den  thoren  eingehen 
in  die  stad.  denn  hauszen  sind  die  hunde,  und  zeuberer. 
o/fenb.  22,15;  die  in  der  statt  wollen  die  ihren  rechen,  so 
waren  die  hauszen  eizürnt.  b.  d.  liebe  219';  ist  er  im  gestuel 
bauszen  vorm  chor  gestanden,  dieweil  das  ampt  geweret  hat. 
Zimm.  chron.  2,480,13;  ich  steckte  die  schuautze  unter  die 
decke  und  behielt  nichts  bauszen  als  die  äugen.  5imp/.  2,204 
Kurz;  bei  300  reutern  setzten  ins  dorf,  die  übrigen  aber 
hielten  davor  hauszen.  3,240;  bis  einer  kam  und  sagte:  die 
herren  predicanten  sollen  herein  trelten.  sie  folgten  alle  bis 
auf  einen,  der  bauszen  blieb.  314;  haben  wir  bauszen  zu 
Alldresden  verwartet.  Schweinicuen  1,  84 ;  ich  solle  nur 
sprechen ,  der  vornehme  mann ,  der  die  gelehrten  kinder 
macht,  wäre  hauszen.  Chr.  Weise  frcim.  redner  80t ;  dasz  ein 
liebster  und  eine  liebste  bauszen  wären ,  die  ihn  sprechen 
wollen,  causenm.  52;  es  sind  liebster  und  liebste  hauszen, 
die  begehren  audienz.  54; 

Piram.  ach  zieht  mir  aus  den  harten  pFeii, 

sonst  sterb  icit  in  geschwinder  eil.  .  .  . 
eil  ei!  ei!  ei!  wie  schmerzt  es  mich' 
Tltisbc.  geduld!  er  wird  bald  hausen  sein. 

A.  üHVPUius  Peter  Squenz  s.  25; 
einst,  ich  denk  es  noch  jetzt  mit  ^'rausen, 
stieg  er  zu  einer  durchs  fenster  hinein, 
ich  iiielt  die  leiter  uud  paszte  hauszen. 

Kurnkr  3,  217. 

liauszen  lassen ,  bleiben  lassen ,  unierlassen :  wo  ein  pfarrberr 
bubstische  mess  ballen  wollte  und  etwas  in  der  mess  were, 
das  ine  in  seinem  gewissen  bescbwerdle,  das  mag  er  bauszen 
lassen.    Schehtlin  br.  s.  00  note. 

HAL'SZIEGE,  f.  capra  hircus.    Nem.mcu. 

HAUSZIER,  /.  decus  familiae:  die  ebreisch  sprach  bat  ein 
art ,  das  sie  ein  hausinutler  oder  ehelich  weib  nennet  ein 
bauszier.  Luther  1,467';  ein  weib  und  ein  ofc  scind  ein 
bausz/ier.    Acr.  spr.  (l.soo)  345'. 

HALSZIERDE,  f  uie  bauszier.  ps.  68,13  der  ausgäbe  v.  1524. 
vgl.  unter  hausehre  sp.  650. 

HAUSZINS,  »I.  pensio  pro  habüatione  et  usu.  Stikler  2651 ; 
wenn  es  bekannt  werde,  dasz  sie  den  bauszins  nicht  zahlen 
könne,  so  nürde  man  sie  nicht  gerne  irgendwo  hinein  lassen. 
J.  GoTTUKLF  Kiithi  dte  grositnutter  1,155; 

er  »agi  vll  tu,  livit  nit  du»  miiisi, 
all  Jur  erschleicht  uns  der  bnusztlnsl, 
denn  niüii  wir  pfand  lür  bau«iiinfit  lassen. 

II.  Sachs  1  (1590)  39  f. 

HAUSZUCHT,  f    disciphnu   domeüica:    das  hausweten  be- 
bt .  .  iu  ordeullicher  hautzuchl.  Cur.  Wkisk  kl.  Itute  37L 


701 


HAUSZ\M:CK  — HAUT 


HAUT 


702 


HACSZWECK,  wi.  streck  den  ein  geschlecht  im  äuge  hat :  der 
reichswirrwarr ,  der  sich  zu  einer  anarchischen  fürstenrepu- 
blik  ausgebildet  hatte,  blieb  sich  selbst  überlassen,  konnte 
man  ihn  doch  trefflich  für  die  hauszwecke  ausbeuten.  Bbacn 
vier  briefe  eines  süddeutschen,  vorr.  s.  17. 

HAUSZWIST,  m.  jurgia  domestica,  discordia  intestina.  Stie- 
ler  26G1. 

HAUT,  f.  cutis;  corium.  ails.  hüd;  ags.  hyd,  engl,  hide; 
fries.  hüd  und  hede;  nl.  huyd,  huid;  altn.  hüd,  schved.  dän. 
hud;  ahd.  höt,  plur.  hüti  und  später  hiule,  mhd.  hüt,  plur. 
hiute.  das  vort  ist  urrencandt  dem  lat.  cu-lis  und  scu-tum, 
griech.  xii-ros  und  axv-Tos,  und  gehört,  vie  unter  haus  sp.  640 
angeführt  ist,  zur  sanskr.  Kurzel  sku  bedecken,  verhüllen,  so  dasz 
der  ursprüngliche  allgemeine  sinn  hülle,  berge  zu  gründe  liegt, 
der  vmlaut  in  der  Stammsilbe  des  Wortes,  der  im  ags.  und  fries. 
schon  in  der  nominalivform  des  sing,  sich  zeigt,  erscheint  in  den 
ältesten  quellen  des  nhd.  nur  ungewöhnlich  hier,  ist  aber  noch 
jetzt  oberpfälzisch  (Schm.  2,  255) : 

ich  merk  den  adel  tut  biszen 

die  hüi,  sie  mochten  wol  beschiszen 

die  hend  an  die  eidgenoszen. 

J.  L%-m  ^chieabenkr.  2S"; 
ebenso  ini  ace. : 

do  schetzt  man  dann  die  armen  leut, 
nimptä  hör  hinweg  und  auch  die  heut. 

Uugteii  ttuiiens  Ciij  (Schade  sal.  1,10,114); 

auch  die  andern  casus  des  sing,  haben  selten,  dem  mhd.  hiute 
entsprechend,  noch  den  umlaut: 

dergleichen  du  bub  in  der  heut  {unten  no.8) 
mit  inen  auch  hast  zügestimpt. 

Schade  tat.  «.  pasqu.  3,  126,  37 ; 
es  ist  ein  bnb  in  seiner  heut, 
der  solch  lügen  bringt  under  die  leut. 

B.  Waldis  Esop  1,  II,  27; 
wann  ich  denk  erst  in  meinem  mut, 
auf  ganzer  häwt  sei  schlafen  gut.     H.  Sachs  5,  34"'; 

gewöhnlich  tritt  in  der  Schriftsprache  der  umlaut  erst  an  den  plural- 
formen zu  tage. 

haut  bezeichnet 

I.  cutis,  cuticula,  die  haut  des  menschlichen  körpers ;  über  das 
Verhältnis  des  Wortes  zu  feil  ist  3, 1495  gehandelt. 

l)  man  redet  ton  einer  feinen,  weichen,  geschmeidigen, 
linden,  zarten,  weiszen,  glänzenden,  rauhen,  zähen,  spröden, 
harten  ,  hornichten ,  runzlichen ,  aufgesprungenen  haut ;  das 
die  haut  seines  angesichts  glentzet.  2  Afo«.  34,  29;  meine  haut 
ist  verschrumpfen  und  zu  nicht  worden.  Hiob  7,5;  meine 
haut  über  mir  ist  schwarz  worden.  30,30;  dasz  .  .  ir  (rfer 
alten  leute)  haut  alt  und  zähe  sei.  Agr.  ä/w.  (1560)  56';  einen 
ganz  schwarzen  habit  .  .  aus  welchem  meine  weisze  haut 
herTor  schien  wie  der  schnee.  Simpl.  1,365  Kurz;  die  tiefe 
narben,  so  mir  die  purpeln  ipockengeschwüre)  in  die  haut  ge- 
fressen, s.  382 ;  die  harte  haut  in  bänden  und  füszen,  callus 
manuum  et  pedum  Steij^bach  I,  719 ;  viel  arbeit  macht  harte 
haut,  nimius  labor  manibus  obducit  callum.  ebenda;  du  bist 
so  gar  vast  eraltet,  das  wol  dasz  Sprichwort  war  an  dir 
erschein!,  die  haut  die  sei  kain  türin,  sy  wisse  wol  die  zeit 
wann  sy  sich  rimpfen  sol.  Wirsd.ng  Calixstus  (1520)  Fl'; 

Wirt  denn  gehaiszen  ain  prut, 
und. hat  ain  rünzelehtiu  hut.    Süchkwwtrt  31,72; 
der  junge  schnee  der  haut  kam  zu  dem  schnee  der  haare, 
auf  dasz  mit  jenem  der  auf  eine  zeit  sich  paare. 

LoGAu  3,  &8,  61 ; 
es  nähern  sich  vom  högel 
zwei  reuter,  gelb  von  haut. 

Freiligrath  ged.  (IWö)  236. 
die  blosze  haut,  die  nicht  bekleidete;  er  trägt  auf  der  bloszen 
haut  ein  wollenes  hemd ; 

dö  truoc  der  reine  gotes  tnjt 

ze  liehe  an  siner  blöden  hüt 

ein  harte;  luoch  hsenn 

halp  und  halbe?  wüllin.    Bari.  163,  12; 

eine  dicke  haut  hol  der  unempfindliche ,  ßhlloie  und  wider- 
spenstige (s.  dickhäutig  2,10811:  unvermerkt  werden  sie  eine 
menge  von  vorurlheilen  nnd  die  dicke  haut  der  fühllosigkeif. 
die  sich  gleichsam  um  ihr  herz  gezogen  halle,  abstreifen. 
WiEiJkND  6,162;  er  hat  eine  zehe  haut,  die  seel  ist  in  ihm 
venvickelt.  Schottel  1124';  eben  so  werden  solchen  menschen 
mehrere  häule  beigelegt:  die  neunerlei  heud  einer  bösen 
frawen,  sambt  ihren  neun  eigenschaften.  H.Sachs  1,619*;  die 
weiber  haben  neun  häule  und  in  jede  ist  ein  eigen  schel- 
menstückchen  eingewickelt,  exorcist  18;  die  weiber  haben  drei 


heut  ...  erstlich  ein  hunds  haut,  das  ist,  wann  mann  sie 
schilt  oder  straft,  bellen  sie  herwider  wie  ein  hund,  hiff. 
hiff.  die  ander  haut  ist  ein  sewhaut,  da  musz  man  scharpf 
hawen,  sol  mann  hindurch  hawen,  wirt  sie  aber  getroffen 
die  sewhaut,  so  kröcht  sie,  och,  och,  wie  ein  saw.  die  dritt 
haut  ist  ein  menschenhaut,  wer  die  trifft,  der  hört  ein  solche 
stimm:  ach  herzlieber  man,  ich  wil  alles  thun  was  dir  lieb 
ist.  Ace.  spr.  (1560)  197'.  ron  ähnlicher  anschauung  aus  heuzt 
es:  der  mensch  hat  viel  häute  abzuwerfen,  bisz  er  seiner 
selbst  und  der  weltlichen  dinge  nur  einigermaszen  sicher 
wird.  GüTHE  an  Plessing.  bei  S.  Hirzel  fragm.  aus  einer  Göthe- 
bibliolhek  s.  10;  und  gieng  doch  dem  krieg  alle  tag  ain  haut 
ab;  wer  het,  der  behielt.   UiVfc.  r.  Schaumb.  55. 

2>te  redensart  eine  zu  kurze  haut  erklärt  sich  im  texte: 

des  wolt  sei  sich  do  puken, 

die  floh  ze  tot  ertruken. 

secht,  do  ward  ir  dhaut  ze  kurz, 

ir  geschach  nicht  recht,  sei  liesz  ein  furz,    ring  38,  2. 

2)  rencundungen,  schlage  treffen  zunächst  die  haut :  schmeiszt 
ihme  die  haut  voll !  Werlh.  deduci.  2, 189 ;  sie  drescheten  ihn 
derb  ab,  also,  dasz  die  haut  rauchte,  polil.  stock f-2i;  heran, 
ihr  erzberenhäuter,  ich  will  euch  die  haut  sonder  seifen 
und  baisam  einschmieren.  A.  Gryphics  Horrib.  s.  82;  (der 
kommandant  der  feste  Ziebingen]  liesz  die  kriegfestunggesetze. 
gleich  dem  zendaveste,  der  auf  1200  häute  geschrieben  worden, 
blosz  weitläuftiger  und  gröber,  doch  unleserlicher,  weil  das 
kurze  schreibrohr  ein  langes  spanisches  röhr  war.  auf  die 
kompagnien  von  häuten  schreiben  und  bringen ,  für  die  er 
zu  stehen  hatte  {er  liesz  seinen  Soldaten  die  gesetze  auf  dem 
rücken  einprügeln).  J.  Paul  ^epomukkirche  118;  dessen  fleisch 
will  ich  in  stücken  reiszen  und  hungrigen  geiern  zur  speise 
geben ,  der  ihm  nur  die  haut  ritzt  oder  ein  haar  kränkt  I 
Schiller  räuber  4,  5 ; 

und  wolt  euch  iemant  swechen  an  eurn  eern, 
dem  wolt  wir  selber  sein  haut  vol  pern. 

fasln,  sp.  627,  18; 
und  bet  im  sein  haut  darumb  volgeslagen, 
das  im  kracht  het  sein  magen.    81,3; 
seim  knecht  ward  die  haut  volgeslagen. 

LiLiE?<CRo:«  \olksl.  2,  19,  326 ; 
trug  a'so  seins  gespottes  lohn 
mit  wolgeblewter  haut  darvon.    H.  Sachs  4,  3,  69'; 
und  stoszen  denn  die  tafel  umb, 
das  jeder  baldt  von  leder  kumb, 
so  wird  manchem  zerhackt  die  haut. 

^CHEIDT  yrobian  {Frankf.  1568)  E6'; 
ron  hier  aus:  aber  da  sitzen  sie  und  heilen  sich  die  haut. 
Lessing  1,  523 ;  und  die  heile  haut  ist  zunächst  die  im  kämpfe 
unrerletzt  gebliebene,  doch  stellt  die  fügung  häufig  in  sehr  freiem 
sinne:  sie  waren  jedes  mahJ  von  den  Verehrern  der  grylli- 
schen  muse  so  übel  empfangen  w  orden ,  dasz  sie ,  um  mit 
heiler  haut  davon  zu  kommen,  für  gut  befanden,  sich  in 
Zeiten  der  majorität  zu  submittieren.  Wieland  19,299;  in 
einem  andern  noch  schlechtem  trauerspiele,  wo  eine  von 
den  hauptpersonen  ganz  aus  heiler  haut  starb.  Lessinc  7,ii; 
mit  ganzer  haut  davon  kommen,  saivo  ventre  diseedere,  latere 
tecto.  Serz  65*; 

und,  wie  das  alte  Sprichwort  lauf, 
wol  schlafen  auf  gesunder  haut. 

Ri?«GWALD  /.  ipnrh.  (1585)  119; 
der  raubt  sich  heerden,  der  ein  weib, 
kelch,  kreuz  und  leuchter  vom  altare, 
berühmt  sich  dessen  manche  jähre 
mit  heiler  haut,  mit  unverletztem  leib. 

GöTHB  41,  11. 

die  haut  wird  geschunden,  abgezogen :  die  haut  abziehen  oder 
schinden,  delrahere  pellem  alicui  Maaler  215';  als  der  heilig 
zweifbot  sant  Bartholomeus  thett,  der  liesz  sich  schinden, 
und  sin  hut  über  die  oren  abziehen.  Keisersberg  bilg.  20'; 
ir  schindet  inen  die  haut  abe,  und  das  fleisch  von  iren 
beinen.  Micha  2.2;  wenn  ir  inen  die  haut  abgezogen  habt, 
zubrecht  ir  inen  auch  die  beine.  v.  3.  über  den  bildlichen 
gebrauch  der  redensart  die  haut  über  die  obren  ziehen  sieh 
unten  H,  2. 

3)  an  die  Verwundung  der  haut  knüpfen  mancherlei  redensarten 
an,  so  jemandem  auf  die  haut  gehen,  greifen,  einem  auf  die 
haut  kommen : 

und  wirslO  für  dise  stunt 
der  rede  iemer  m4re  lui, 
ex  gät  dir  rtf  dine  hüt.    n.  lleinricli  bS8; 

dise  hetzten  ime  die  zwen  grafen  von  Lutzelstain,  gebruder, 
an   die  haut.   Zimm.  ehron.  3,410,12;    stieszen  einander  die 


703 


HAUT 


HAUT 


704 


gläser  in  das  gesiebt,  mit  den  dagcn  herausz,  und  auf  die 
haut ,  bisz  hie  und  da  einer  nider  fuie  und  liegen  bliebe. 
Philandeb  1  (1642) -342;  einen  in  die  wolle,  auf  die  haut 
greifen.  Scbottel  1118';  eine  kugel  einem  auf  die  haut  jagen. 
1112';  hatte  er  hierin  was  versehen,  sein  edelnian  würde 
ihn  trefflich  auf  die  haut  gegriffen  haben,  pol.  hofmädijcn  43 ; 
wann  der  könig  in  Schweden  sehe,  dasz  ihm  ein  jeder  auf 
einmal  auf  die  haut  tringen  wolle.  Scucppids  394;  die  iriibsal 
ist  ihm  noch  nicht  auf  sein  eigen  haut  konnnen.  lüO;  hier 
gieng  ihnen  nun  Kleon  vollends  auf  die  haut.  Heii.m.'VN"  TItucyd. 
486 ;  die  fleiszige  keller  gehen  ihren  untergebenen  hüben 
wacker  auf  die  haut,  dasz  sie  denen  gasten  geziemend  auf- 
warten. Neiner  Idndlmarkl  391;  die  schüler  ..  können  das, 
so  sie  lernen ,  wo  ihnen  ein  rechter  nieister  auf  die  haut 
trit,  nicht  verlheidigen.  Hugos  civ.  nag.  (1.  ausg.)  2,  237  aus 
Melcbior  von  Osses  poliliscltem  leslamenle; 

du  den  baren,  lowen,  drachen, 
fertig  wärest  auf  der  haut.     Spee  Irutzn.  242; 
Ursin  ist  ärgerlich  und  geht  mir  auf  die  liaut, 
dasz  ich  ihm  jüngst  mein  buch,  den  Phädon  weggenommen. 

Lkssing  1,  26; 
sich  seiner  kaut  fürchten,  seine  baut  schonen,  sparen:  sy 
forchten  ir  haut.  Keisersberg  has  im  pfeffer  Bbe";  etliche 
fürchten  auch  der  haut,  sorgen,  sie  müssen  leih  und  gut 
drüber  verlieren.  Luther  5,  I5l';  darnach  nimpt  er  die  schrift 
für  sich,  dafür  sich  seine  haut  furchte ,  und  wil  sie  bezau- 
bern, das  sie  in  nicht  ha  wen  solle.  3,63';  die  unberittene 
reuter,  die  unachtsamer  weise  ihre  pferde  verderben  lassen 
und  sich  auf  merode  begeben,  damit  sie  ihre  haut  schonen. 
Simpl.  1,408  Kurz;  wann  es  gelegenheit  gab,  bei  deren  ich 
vor  mein  person  vom  feind  etwas  zu  erschnappen  getraute, 
so  sparte  ich  meine  haut  so  wenig  als  ein  soldat.  3,37;  — 
zu  seiner  haut  sehen ,  sich  seiner  haut  wehren ,  seine  haut 
wagen ,  dran  setzen :  die  Christen  muszten  sich  ihrer  haut 
erwehren.  Schütz  Preuszen  19 ;  sein  haut  verlheidigen.  Kirch- 
hof mil.  disc.  162;  wo  nicht,  so  wollen  sie  haut  und  haar 
daran  wagen,  b.  d.  liebe  207";  wann  einer  gleich  das  seinige 
tbut,  und  die  haut  wacker  dran  streckt,  der  ander  aber  ist 
faul,  und  wil  nicht  ziehen:  so  verderbt  er  seinen  gesellen 
auch.  Cbeidius  1,  386 ;  an  den  tröster  musz  die  weit  glauben 
...  und  die  alte  haut  dran  wagen.  Claudius  8,90;  wenn 
man  seine  haut  für  die  allgemeine  glückseligkeit  dran  setzte. 
GöTHE  8,112  {dafür:  wenn  man  seine  haut  für  das  allge- 
meine wohl  darbieten  konnte.  42,377);  unsere  haut  davon 
zu  bringen,  setzen  wir  unsere  haut  dran.  8, 113;  mich  meiner 
haut  zu  wehren.  8,122;  setz  ich  nicht  meine  haut  an  an- 
derer gut  und  geld,  sollt  ich  sie  nicht  an  mein  wort  setzen? 
8,133;  Götz,  sei  unser  hauptmann,  oder  sieh  zu  deinem 
scblosz  und  deiner  haut.  8,141;  sorgt  für  unsere  haut  und 
eure,  auf!  auf!  8,147;  geschwind!  rettet  eure  haut !  42,352; 
dem  Schlendriane  nach  sollten  wir  auch  neben  andern  dingen 
fechten  und  reiten  lernen,  um  uns  gelegentlich  unserer  haut 
zu  wehren  und  zu  pferde  kein  schülerhaftes  ansehn  zu  haben. 
24,  230 ;  es  gilt  haut  um  haut ,  jus  talionis  hie  vigel ,  in  usu 
tu,  requirit.  Stieler  802; 

betz  hira,  botz  marter,  krall  und  macht! 

wir  wend  dapCer  und  frölich  wagen  die  heiit 

als  die  frommen  Teütschcn  und  ehrlichen  kriegsleüt. 

Hemer  fasln,  spiel  v.  1522,  D  iij ' ; 

kein  weg  ist  euch  zu  fern  und  krumb, 

wo  ir  ein  schleckbisziein  erschmeckt, 

dasz  ir  nicht  ewcr  haut  dran  streckt.    niücke)ikr.  1,  1S6; 

sieb  seiner  baut  gewehret.    Soltad  volksl.  476  (t>.  1626); 
der  mensch  nur  kömmt  vom  welbe 
ganz  biosz  als  wie  er  hl  mit  mutternacktem  leihe 
obn  schupp,  ohn  borst,  ohn  hörn,  bringt  nichut  nicht  an  den  tag, 
darmit  er  seiner  haut  sich  künftig  wehren  mag.    Opitz  1,99; 

dem  feinde  die  baut  hinhalten: 

der  an  die  feindt  nicht  helt  die  heut, 

dem  wirdt  nichts  von  der  auszbcui. 

B.  Waldis  llsop  1,34,  39; 
die  baut  dem  lode  nachtragen ,  dem  lade  im  kämpfe  entgegen 
ifthen:  t%  ist  im  eben  als  dein,  der  all  stundt  dem  tod  die 
haut  nachtregl.  Fro.nsferc  krieijsb.  1,90*; 

die  biiut  tragen  sie  nach  dem  tod, 
wissen  nicht  wann  er  die  wirt  holn.    3,  73'; 
dann  «r  dem  lodt  die  baut  nach  trcgt.    91*; 
mit    der    baut  zahlen ,    getüdtvl  werden ,    ursprünglich  doch  nur 
tom   fallen    im    grfechl  hergenommen:    liat   er  den  Lenzcnherg 
unversehenlich  überfallen,  cingenomen  und,  wer  sich  zu  wehr 
fttlellt,  erstochen,   unter  denen  auch  der  vom  Lenzenberg 


gewesen,  der  hat  mit  der  haut  bezallt.  Zimm.  chrun.  2,501,22; 
aber  erfar  ich  der  bösen  duck  mehr  von  dir,  so  niustu  es 
mit  der  haut  bzalen.  Pauli  schimpf  173' ;  er  luusl  zuletst 
auch  haar  lassen  und  zalet  sein  tirannei  mit  der  haut.  Frank 
wellb.  55' ;  musz  ichs  auch  mit  der  haut  bezahlen,  so  sterb 
ich  selig  in  meinem  beruf.  Otho  500;  wer  nichts  hat,  musz 
mit  der  haut  bezahlen.  Pistorius  lhes.par.b,\0;  auch  liudet 
man  leicht  den  grund,  warum  alle  fremde  anlänglich  als 
knechte  angesehen  werden,  mit  ihrer  haut  konnten  sie  da- 
mals noch  wenig  bezahlen ,  und  man  borgte  ihnen  darauf 
das  geleit  nicht,  wie  jetzt.    Moser  osnübr.  gesck  l,  28 ; 

scheid  ich  c;  gelten  mit  der  hewt.    Suchenwiht  18,442-, 

ir  maniger  ward  erschossen, 

sy  zaitens  mit  der  hewt.    Soltaü  volksl.  177; 

die  haut  geben:  und  derhalb  nit  allein  die  propheten,  Christus 
und  die  apostel  die  haut  haben  darumb  müssen  geben.  Frank 
tvcllb.  38';  einen  auf  die  haut  legen,  ihn  umbringen.  Schm. 
2,255;  mit  der  liaut  haftet  der  Schuldner,  der  im  falle  der 
zaiilungsunfdhtgkeil  Icibcsslrafe  leidet :  diese ,  denen  ich  das 
meinige  auf  ihre  blosze  haut  borge,  müssen  mir  auch  mit 
ihrer  haut  haften ;  und  sie  danken  gotl ,  dasz  ich  ihnen 
kredit  darauf  gebe.    Moser  vcrm.  schriflen  1,362; 

so  hctt  ichs  nimmer  mer  getraut, 

ich  hett  auf  in  verwettet  mein  baut,    fasln,  sp.  82, 14. 

etwas  an  eigner  haut  erfahren,  zu  eigenem  schaden : 

wenn  man  der  Jugend  reine  wahrlieit  sagt, 
die  gelben  schnäbeln  keineswegs  behagt, 
sie  aber  hinter  drein  nach  jähren 
das  alles  derb  an  eigner  liaut  erfahren, 
dann  dünkein  sie,  es  kam  aus  eignem  schöpf. 
GöiHE  41, 100. 

die  haut  verkauft  der,  der  sich  für  kriegsdienste  anwerben  l'jszl : 
die  haut  verkaufen.  Schottel  111-2";  da  kam  mir  manchmal 
der  gedanke,  meine  haut  den  Engländern  zu  verkaufen.  Rieui 
cuüurgesch.  nov.  377; 

drum  bab  ich  meine  haut  dem  kaiser  verhandelt, 
dasz  keine  sorg  mich  mehr  anwandelt. 

Schiller  Wallenst.  luger,  G.  auflr. 

4)  empßndungen  des  kitzeis,   der  furcht   und   des   schredcens 
äuszern  sich  auf  der  haut: 

ich  merk  den  adcl  tut  biszen  (jucken) 
die  hat.      J.  Lenz  Schwabenkr.  28'; 

es  juckt  ihn  die  haut,  man  musz  sie  ihm  gerben,  man  musz 
ihm  mit  eim  eichenen  flederwisch  die  leusz  abstielen.  Garg. 
194';  aber  ich  schwieg  wie  ein  weiser,  weil  mich  die  baut 
nicht  juckte.  Simpl.  3,373  Kurz;  der  alte  Fonseca  beliebte 
sich  auch  einmal  zu  netzen  (baden)  und  die  alte  baut  durch 
lauliebes  wasser  zu  kützeln.   pol.  slockßsdi  344; 

ich  weisz  dasz  dirs  recht  kerre  thut 

und  kützelt  dich  an  deiner  baut.    Mena?ites  1,221; 

ich  fürchte  mich  für  dir,  das  mir  die  haut  schawert.  ps. 
119,120;  kann  ich  lachen,  wenn  mir  die  baut  schaudert? 
Schiller  räuber  5,1;  wenn  bei  der  ballade  (die  Lenore  ist 
gemeint)  nicht  jedem  es  kalt  über  die  haut  laufen  musz,  so 
will  ich  mein  leben  lang  Hans  Casper  heiszen.  BCrger  464'; 
weil  . .  haut  und  haar  ihr  zu  berge  steigen.  Grimm  deutsche 
sagen  no.  176; 

und  wenn  ich  schmeck  ein  ölkraut, 

davor  graust  mir  all  mein  haut,    fastn.  sp.  621,  27; 

sccbt,  stet,  märki  und  patircn, 

last  eucli  die  haut  schaureii.     Liliencron  volktl.  2,504,116; 

er  {'ter  lnh)  scbleiclit  und  brummet  für  und  für, 

dasz  einem  haut  und  haare  schauert.    Picandbr  '2,  366. 

vergl.  gilnsehaul. 

5)  uie  die  haut  voll  schlagen  (oben  no.  2)  ist  gebildet  sich 
die  haut  voll  lachen,  tcol  an  den  kitzel  anknüpfend,  der  tnU 
dem  lachen  verbunden  i.st :  aber  diser  possenreiszer  lachte  ihm 
die  haut  voll  an.  Hörl  v.  WÄTTERSToiiFr  Bacdiusia  s.  330; 
daher  dann  diese  beide  ihnen  die  haut  voll  lachten.  Salinde 
51;  über  meinen  bisherigen  zeilvcrlreih  lachten  sie  sich 
die  haut  voll.  o.  mann  im  Tockenb.  37.  rergt.  unten  haulsalt. 
die  gleiche  fiigung  zeigen  andere  formein:  wann  seine  schÜlcr 
in  dem  exaininc  übel  bestehen ,  so  setzet  er  sie  von  der 
obersten  auf  die  unlerstc  bank,  schilt  ihnen  die  haut  voll. 
und  sagt:  du  cscl ,  du  schülz,  du  bürcnheulor.  Schippii  > 
054;  —  die  haut  voll  danzen,  indulgere  chorns  .Maalkr  2I:>*; 
die  baut  voll  zu  Ihun  haben:  sodann  hat  der  gute  schult 
heisz  seiner  haut  voll  zu  Ihun.  baurenü.  laslerpr,  IGT;  hin. 
liebe  Trau,  das  von  Zimmermann,  ich  hab  heut  die  haut  voll 


705 


HAUT 


HALT 


706 


zu  thun.  GöTHE  an  frau  v.  Stein  1,8;  die  baut  voll  lügen; 
dafür:  es.  existieren  nämlich  eigentliche  weiberhändler,  die., 
lügen  können,  fast  mehr  als  in  die  haut  mag.  Gotthelf 
schuldenb.  5.  eigetühümlith  hmzt  es:  dasz  alle  wachter  vor 
forcht  und  schröcken ,  was  sie  nur  ausz  der  haut  bringen 
kundten,  darvon  liefen.  Hörl  v.  Wätterstorff  Bacchusia  Sl. 
6)  andere  redensatten  und  spricItKörtlichcs :  alt  Icut,  alt  heut. 
AcRic.  sirr.  (1560)  56';  es  ist  gut  in  seiner  haut  schlafen. 
ScuLPPius  1143';  die  haut  ist  allweg  näher  als  das  hemd. 
J.  Gotthelf  schuldenb.  308;  leichtsinnige  bursche  bohren 
löcher  in  andrer  leute  haut.  Leumank  6«  Eiselei x  291;  wor- 
auf angeregter  corporal  sein  anscblag  machte,  mir  hinter  die 
haut  zu  kommen  (obscön).  Simpl.  3,  69  Keller;  ähnlich  nach 
der  haut  brauchen :  {die)  kunigia  von  Frankreich  . .  die  hat 
Studenten  und  andere,  die  ir  gefallen,  einzogen,  und  nach 
der  haut  gebraucht.  Zimm.  cAron.  1.440,  7,  rergl.  2,504,6  und 
noch  mehrfach;  sie  musten  blosz  mit  dem,  was  sie  an  der 
haut  trugen,  die  Stadt  räumen  {blosz  mit  den  kleiJern  auf  dem 
leibe),  polil.  hofmädijen  162 ;  etwas  füllt  an  blosze  haut ,  an 
linen  armen,  der  sonst  nichts  hat :  die  {zehntausend  gülden)  Helen 
u  blosze  haut,  dann  sie  der  wol  bedurften.  Zinwt.  chron. 
:.  541,  26;  der  mertail  und  insonderhait  die  ligenden  gueter 
s-ein  Heinrichen  von  Landow  zu  Lautrach  haiuigefallen ;  der 
ist  iren  ganz  notlurftig  gewesen  und  an  blose  haut  kommen. 
4,  364, 1.  um  eine  nicht  zu  entfernende  angewohnhdt  zu  kenn- 
zeichnen, sagt  man  es  ist  ihm  in  die  haut  geheilt;  das  karten- 
spielen  ist  ihm  ganz  in  die  haut  geheilt  (er  kann  es  nicht 
lassen),  in  der  Welterau;  was  in  der  haut  ist,  kann  man 
nicht  abstreifen  wie  ein  paar  hosen.  Lehmann  197;  da  könnt 
einem  ein  glück  in  die  haut  schieszen  {ironisch).  Schm.  2, 255; 
etwas  sehr  ähnliches  ist  einem  wie  aus  der  haut  geschnitten : 
er  "ist  ihm  also  ehnlich,  als  were  er  ihm  aus  der  haut  ge- 
schnitten. Schottel  113S';  er  ist  ihm  gleich,  als  wäre  er 
ihm  aus  der  haut  geschnitten.  Diez  63;  man  trinkt,  dasz  die 
haut  dampft;  man  sddägt ,  dasz  die  haut  in  fetzen  herum 
Diegt ;  die  verfluchten  spitzbuben  hätte  er  abschlagen  lassen, 
dasz  die  haut  der  wind  genommen  hätte.  J.  Gotthelf  schuldenb. 
385;  zu  einem  unuerlen  wird  gesagt:  aber  du  bist  nicht  werth, 
dasz  dich  die  haut  zusammenhält.  Gellert  lustsp.  174S  29S 
{loos  in  d.  lott.  3,4,  später  unterdrückt);  ein  maller  kann  seine 
haut  kaum  tragen: 

du  thust  als  künst  du  dhaut  kaum  trageu. 

H.  Sachs  1,  513'; 
vor  bunger  ich  die  baut  kaum  trag.    522'; 
bis  auf  die  haut  nasz  werden; 

jet2t  kommt  er  an,  bis  auT  die  haut 
einmal  recht  tüchtig  durchgewascheu. 

Schmidt  v.  Wermeuchem  alm.  179S,  s.  12; 
wir  lagen  manche  liebe  nacht 
durch Qäszt  bis  auf  die  haut.    IIoltei  manlellied. 

~)  hdtißg  ist  die  Zusammenstellung  von  haut  »ni7  andern  Iheilen 
des  körpers.  von  einem  abgemagerten  wird  gesagt,  er  sei  nur 
haut  und  bein ,  haut  und  knochen :  ir  haut  beuget  an  den 
beinen,  und  sind  so  dürr  als  ein  scheit.  klaget.  Jer.  4,8; 
mein  gebein  hanget  an  meiner  haut  und  fleisch ,  und  kan 
meine  zeene  mit  der  haut  nicht  bedecken.  Hiob  19,  20 ;  es 
ist  nicht  dann  haut  und  bein.  ägr.  spr.  (1560)  56';  unbarm- 
herzig an  ihnen  saugen ,  bis  ihnen  nur  die  haut  auf  den 
knochen  übrig  bleibt.  Wiela.nd  6, 159 ;  Luther  war  von  mitt- 
lerer gestalt  (1519),  damals  noch  sehr  hager,  haut  und 
knochen.   Ranke  reform.  1,412; 

die  mutter  die  —  nur  haut  und  knochen  — 
selbst  auf  dem  kind  erblassen  musz. 

A.  Grtpbiüs  1698   2,  283. 

man  schwört  bei  haut  und  bein :  wann  man  einen  kaufmann 
fraget,  was  dises  oder  jenes  koste?  alsdann  schweren  sie 
hei  haut  und  bein,  dasz  sie  es  selbst  so  und  so  vil  koste. 
Albertinus  narrenhatz  334. 

BesondKS  häufig  und  all  ist  die  Zusammenstellung  von  haut 
und  haar,  mhd.  hüt  unde  här  (Zingerle  alläleraliun  bei  mhd. 
diciüern  s.  26) :  füret  man  den  andern  auch  hin,  das  sie  iren 
mutwillen  mit  im  trieben ,  und  zogen  im  haut  und  bar  ab. 
2  Macc.  7,  7 ;  aber  die  kälzlein,  die  sich  so  freundlich  stellen, 
die  fornen  lecken  und  hinten  kratzen ,  die  sind  eben  die 
jenigen,  welche  . .  unserm  ganzen  geschlecht  nach  haut  und 
haar,  nach  leib  und  leben  trachten.  Scoüppids  292;  hier  gehts 
noch  um  haut  und  haar  {bei  einer  prftgelei).  Ihxermann  Münchh. 
4,24; 

IV.  D. 


und  scholt  dein  toben  wern  über  jar, 
es  behielt  mancher  weder  haut  noch  har. 

fastn.  sp.  625,8,  vergl.  629,7, 

und  scbint  die  bauten  gauz  und  gar, 
dasz  in  bleibt  weder  haut  noch  har. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  1,  9,  73 ; 
do  mit  dasz  man  mög  ursach  haben, 
uns  baut  und  bar  gar  ab  zu  schaben.    2,225,1083; 
ja,  ja,  beim  glase  wein  hört  ich  wohl  manchen  prahlen, 
er  hesze  haut  und  haar  für  meine  provinzialen. 

GöTHK  7,  44; 
als  blosze  formel  gebraucht:  verbrenten  si  sich  {an  glühenden 
spieszen),  das  in  haut  und  har  an  den  henden  abgieng.  Wilw. 
V.  Schaumb.  21 ;"  es  ist  weder  haut  noch  haar  gut  an  ihm, 
tantus  quanlus  est,  scelus  est.  Stieleb  803 ;  namenllich  in  festen 
fügungen,  von  haut  und  haar,  an  haut  und  haar:  viel  mehr 
vertrauen  die  baurcn  denen,  welche  sie  weder  von  haut  oder 
haar  angehen  oder  kennen,  als  selbigen,  die  ihnen  mit  bluls- 
freundschaft  verwandt  und  zugethan  sein,  baurenst.  lasterpr. 
173;  Judas  der  11.  zeug,  der  sonst  beides  an  haut  und  haar 
entwicht  ist,  kan  er  doch  der  wissentlichen  warheit  nicht 
zugegen  sein.    Ayrer  proc.  2,11; 

mich  ein  frau  gar  ser  heut  pal, 
dergleich  ist  nit  in  dieser  stat 
mit  schon  vou  leib,  an  baut  und  bar. 

fasln,  gp.  277,  19; 
denn  sih  er  ist  an  haut  und  haar 
durch  Adams  fall  verderbet  gar. 

RrsGWALD  /.  warh.  (1585)  11; 
dan  sie  (die  unzuchl)  verderbt  den  menschen  gar 
an  wirden,  ansehn,  baut  und  haar.  164; 

mit  haut  und  haar,  eine  formel  die  das  äuszerlichste  am  viensch- 
lichen  kürper  betonend,  etwas  als  bis  aufs  dtiszerste,  letzte  voll- 
bracht bezeichnen  will:  wenn  es  one  die  groszen  herren  were, 
so  fressen  die  kleiuen  ihre  armen  leut  mit  haut  und  har. 
Mathes.  Sar.  82';  das  (füllen)  hätte  er  angefallen  und  ge- 
fressen mit  haut  und  haar.  Grihm  deutsche  sagen  «0.214;  es 
hat  der  teufel  den  Luther  in  alle  lant  gefürt,  sie  haben  in 
mit  haut  und  har  gar  fressen.  Schade  sat.  u.  pasqu.  3, 101 ; 
ewer  sei  disz  büchlin  gar  mit  haut  und  haar.  Garg.il^;  eine 
eben  solche  beschmierte  birne  mit  haut  und  haar  aufzu- 
fressen, Chr.  Weise  erzn.  410;  als  ich  schon  spürte  dasz 
monsieur  Schmaalhans  bei  diesem  edelmann  mit  haut  und 
haar  einlogirt  war.  Jucundiss.  117 ;  w  er  mit  haut  und  haar 
gauch  ist.   Klopstock  12,137; 

und  stöst  man  einmal  sich  au  solchen  stein, 
so  geht  man  drauf  mit  haut  und  haar  und  bein. 

Schönborn  bei  A.  Gbtphius  1098  2,504; 
der  ihr  beweist, 

herr  Meffert  sei  mit  baut  und  haaren 
ein  schöner  geist.    atm.  der  deuisciten  musen  17S0,  s.  217 ; 
anbete  du  das  feuer  hundert  jähr, 
dann  fall  hinein,  dich  friszts  mit  }iaut  und  haar. 

GoTEB  4,  353; 
wir  haben  ihn! 
er  ist  mit  haut  und  haar  gefangen.    II,  152.  153. 

die  formel  haut  und  haar  in  der  reclUssprache  (für  ausstdupen 
und  haarabschneiden),  vergl.  rechtsalterthümer  7.  702  und  Haltacs 
852:  nycht,  wen  czu  hout  und  czu  höre  sol  man  richtin  über 
eine  swanger  frawe  und  ubir  einen  rechtin  torin.  Magdeb. 
blume  2,  2, 186 ;  ist  abir  dy  dube  under  dren  schillingin,  man 
richtit  czu  im  czu  hout  und  czu  bore.  234;  wer  leip  odir  haut, 
hout  odir  bor,  dy  im  um  deube  oder  valsch  odir  wanmoj 
vorteilt  wird,  mit  gelde  lojt ,  der  blybit  rechleloj.  2,3,24; 
einige  maleücanten  an  haut  und  haar  bestrafen.  Hahn  hisl.  1721 
1,258;  dasz  .  .  der  sendgraf  (missus)  hingegen  der  auszer- 
ordentliche  richter  zu  haut  und  haar  gewesen.  Moser  palr. 
phant.  (1798)  1,329;  dieses  ihr  richteraml  auch  auf  die  fölle 
zu  haut  und  haar  zu  erstrecken  suchten,  4,197; 

es  gilt  in  weder  bor  noch  heut,    fasln,  sp.  610,  16. 
an  haut  und  halse  lohn  empfangen,  getödtet  werden : 

nachdem  der  Halirrhotb  des  was»ergottes  söhn 

Alcippen  dir  befleckt;  der  billich  seinen  lohn 

von  dir  hat  mit  der  haut  und  halse  weggeu-agen.    Opitz  1,93. 

8)  die  bedeutung  von  haut  als  hülle  und  berge  tritt  namentlich 
dann  voll  hervor,  wenn  der  mensch  in  der  haut  steckend  dar- 
gestellt wird:  dann  er  der  werdest  und  anmütigest  kerles  war, 
der  in  seiner  haut  und  kappen  Stack.  Gar*;.  240*;  o  wenn  .. 
ich  doch  in  eurer  haut  stäke.  Riehl  culturgesch.  nov.  421 ;  icli 
möchte  in  deiner  haut  nicht  stecken  {möclUe  nicht  du  sein);  der 
steckt  nicht  in  seiner  eigenen  haut ,  der  vermag  und  versieht 
mehr,  aU  ein  natürliclier  mensdi  versteht  und  vermag,  es  ist  in 
ihm   eine  fremde  maclU  wirksam;   aber  aucli  er  kennl  sich  nicht 

43 


707 


HAUT 


HAUT 


708 


mehr  vor  zorn  (in  Hessen).  Yilhar  155;  in  kleiner  haut  steckeu 

giosze  leut.    Scuottel  1144"; 

allein  mir  ist  gnnz  wohl  in  meiner  haut. 

WiKLAM)  10,  f;S  (ISO); 

er  stekt  in  keiner  guten  haut.  Schottel  lllS";  er  muste  lange 
zeit  das  bett  hüten  und  die  leutc  sagten  schon  herum  daj^z 
er  in  keiner  guten  haut  stecke.  Zinceble  liausm.  2,31;  idi 
redete  darauf  einen  jungen  nebenstehenden  fremden  ati,  dem 
es  auch  .  .  nicht  ganz  wohl  in  seiner  haut  zu  sein  schien  ; 
denn  auch  er  war  verstununt.  Göthe  2S,'21S; 

(lern  ist  CS  schlecht  in  seiner  haut, 

der  in  seineu  eignen  buseii  scliuut.    4,  325; 

näbms  einer  auch  zum  rrühstück  täglich  ein, 

weder  schlimmer,  weder  hesser, 

sollts  ihm  in  seinen  hauten  sein.     U,  165 

{vergl.  über  den  plur.  oben  1  ,«7).  702);    das  die  well  doch  wil 
bleiben  wie  sie  ist,  und  lesset  ir  die  alte  haut  nicht  auszihen, 
und  nicht  besser  werden  wil  noch  kau.    Lltuek  5,534";    er 
{goU)  wil,  das  wir  den  sinn  brechen,  und  in  eine  andere  haut 
kriechen.  4,102';  dasz  man  in  eine  ander  haut  schluppe,  hilft 
nit  in  himmel.   Lehmann  6«  Eiselein  290; 
an  Witzen  histu  tnib  niul  hlinil, 
und  gar  gewisz  desz  teüfels  kind, 
zeiichstu  nit  ab  die  alten  haut.     Schwarzenbkrg  141'; 
Möchus  ward  mit  ernst  vermahnt,  in  ein  andre  haut  zu  krichen; 
als  er  dieses  nun  gcthan,  ward  er  dennoch  auszgestrichen. 

LoGAU  3,  104,  17. 

häufig  ist  der  älteren  spräche  die  redensarl  er  ist  ein  bube,  schalk, 
najT  in  der  haut ,  tvomit  ucchselt  in  der  bubenhaut  stecken 
(2,  463),  in  der  narrenhaul,  in  der  kindshaut  stecken,  veryl. 
narrenhaut  und  kindeshaut  5,  757 ; 

manch  narr  ist  der  do  bettet  stät  .  . . 

das  er  kum  von  der  narren  hut. 

Braut  narrensch.  45,  4 ; 
das  sind  heuchler  in  der  haut,  und  füren  nur  einen  schein, 
die  warheit  zu  schützen.  Lltueb  1,235";  er  ist  vermaledeicl 
und  ein  bube  in  der  haut,  gott  ist  nicht  mit  im.  4,  SOG";  ja 
das  sie  auch  mörder,  tod.schleger,  und  buben  in  der  haut 
sind.  522";  das  wir  verzweivelte  buben  in  der  haut  sind,  die 
vol  abgiitlerei  stecken,  ebenda;  die  Christen  für  kälzer  zu 
achten,  schelten  und  tüdicn,  so  sys  doch  selbst  in  der  haut 
scind.  Frank  wellb.  45' ;  die  (jiiden)  doch  alle  nichts  als  lauter 
lose  lecker  und  buben  in  der  haut  sein.  Ayreh  proc.  3,2; 
aber  ich  fände  dasz  diese  so  sich  oftmals  vor  die  aller- 
frommslen  angestellct  die  allerärgstcn  in  der  haut  waren. 
Jucundiss.  209; 

wer  etwas  von  dem  Witzel  holt 

und  sich  darumb  zu  im  gesellt 

und  seiner  falschen  lere  vertraut, 

der  ist  ein  bube  inn  seiner  haut. 

Ai-BERUs  coulrufaclur  \  4' ; 

der  ist  ein  narr  in  seiner  heut. 

H.   Sacus  4,  3,  179*; 

ein  lauser  in  der  haut.    U.  Hincwai.d  /.  w.  114; 
ein  Unflat  in  der  haut.    141; 
ein  lügner  in  der  haut.     142; 
ein  hanreb  in  der  haut.    185; 
ein  hudler  in  der  haut.    404; 
ein  bicderweib  im  angcslnht,  ein  schandsack  in  der  haut 
ist  manche;  geiles  liegt  bedeckt  und  l'rumes  wird  gescham. 

LocAu  2,  103,  21. 
aber   audi   ohne   verächtliche   beivtischung  findet  sich  ein  mann, 
ein  mensch  in  seiner  haut  sein : 

und  bett  in  meiner  menschen  haut 
das  liccbt  der  sonnen  nit  bcscbnwt. 

HiTicwAM»  /)•.  E.  G7*; 

ich  war  ein  man  in  meiner  haut, 
der  «einem  ackerbau  verirawt.    J(i'. 

es  u-ird  gesagt  einer  f^ltrt  aus  der  haut,  ist  nicht  mehr  bei  sich, 
zuufidisl  vor  verzweißumj ,  schmerz  und  wut :  mancher  pelnl 
dahin  zwenzig  jar,  hat  keinen  anstusz,  wenn  ein  mal  ein 
lielicr  kompt,  das  über  drey  tage  wehret,  so  wil  er  aus  der 
haut  farcn.  Litiier  4,  r>0(j';  wo  es  aber  ist  in  ernstlichen 
hendein  imd  Rachen ,  da  vcrzwciveln  sie  gar,  bringen  sich 
■<!l'-  ninb,  oder  wollen  sonst  ans  der  haut  farcn,  das  inen 
.uizn  weit  zu  enge  wird.  5,312';  wie  mancher  mensch 
'  '.  Htürmct  und  polleil  in  seinem  hause  über  ein  geringes 
Inn  seines  gesindcs,  als  wolt  er  an»  der  haut  fahren. 
-in  teelentch.  1,097;  D.  ich  müchic  aus  der  hanl  fahren. — 
/,.  (hun  sie  das,  und  fahren  sie  in  eine  klügere.  D.  wie 
lange  soll  ich  noch  den  beleidigiuif^en  der  iiichtswdrdigslcn 
krcalur  ausgesetzt   sein?   Le8S1!«<.   '  '  'fi^.  fasse   dich 


nur...  liiklas.  vater,  ich  fahre  aus  der  haut.  Güthe  11,105; 
0  schweig,  ich  fahre  aus  der  liaut.  Arnim  schaub.  1,100;  ich 
fahre  vor  eifersucht  aus  der  haut.  2,31;  wo  drückt  euch 
denn  der  schuh  so  stark ,  dasz  ihr  aus  der  haut  fahren 
möchtet?  RiEiiL  cullurgesch.  nov.  422;  vor  furcht:  den  nächst 
an  diesem  zimmcr  liegenden  und  ruhenden  pursch  dermaszeu 
erschreckele,  dasz  er  aus  heftiger  furcht  ...  hiitte  aus  der 
haut  fahren  mögen.  Saltnde  108;  abir  auch  aus  freude ,  ent- 
zücken: vor  freudeu  fast  aus  der  haut  fahren,  weslphäl.  lio- 
binson  1S8;  vor  allzu  groszer  freude  wusle  er  fast  in  der  haut 
sich  nicht  zu  behalten,  sondern  sprang  in  der  sliibe  herum 
und  frolockte.  polit.  hufmädgen  93;  mein  lied  an  Luther  musz 
gut  sein,  denn  sogar  \Vilm  wollte  dabei  aus  der  haut  fahren. 
Voss  briefe  1,  332 ; 

er  fuhr  aus  neuer  freud  und  lusl  schier  aus  der  haut. 
A.  Gripuics  1698  I,  061; 

for  Verwunderung:  hätte  ich  abcrmahls  vor  übcrmüsziger  Ver- 
wunderung aus  der  haut  fahren   mögen.    Felsenb.  2,344. 

9)  diese  Verwendung  von  haut  (no.  8)  fuhrt  darauf,  das  wort 
für  den  menschen  selbst  zu  brauchen  {vergl.  balg  1,1085.  1086); 
zu  frühem  vorlwmviend  als  Scheltwort: 

da;  er  si  mit  der  haut  sluoo 

also  da;  die  guolc 

vil  sere  bluote.  - 

er  sprach:  ir  ej^cnt,  übel  hüt!     Erec  6523; 

ist  dann  die  fraw  zu  lang  ausz  dem  hawsz  gewesl,  und  der 
man  zu  ir  spricht:  sag  an  du  püse  haut,  wo  ge^stu  her, 
wo  pistu  so  lang  gcwcst?  Albr.  v.  Eybe  14;  dise  verwegne 
haut  {eine  ruchlose  hausfrau)  mit  einem  guten  brügel  beeren. 
VViCKRAM  rollw.  147,  4  Kurz;  wer  mit  einer  solchen  bösen 
haut  (bösen  chefrau)  beralhcn  ist.  pers.  baumg.  7,22;  sie  ist 
eine  lose  haut,  sceleslissima  et  corruptissima  pellis  est.  Stieler 
803;  liärnln.  etwas  anders  haut  eine  arme  weibsperson  Lexer 
136 ;  mit  witziger  anlchnung  an  die  eigentliche  bedeutung  von 
haut:  das  frau  rulTeteufelin,  meine  widersacherin,  eine  böse 
haut  ist,  wie  wol  sie  40  jähr  von  krcuzherrn ,  pfafTen,  rat- 
herrn  und  kaufleutcn  gegerbt  ist ,  so  könte  ihm  doch  der 
teufel  nicht  ein  paar  schuhe  aus  der  bösen  haut  schneiden. 
IIenneberger  484; 

die  muter  spricht:  du  faigo  baut! 

ich  wolt  auch  gern  sein  ein  praut.    fa$tit.^ii.  9*s  19; 

mulier  mala  berba, 

ein  weih  ist  ein  böses  kraul, 

hüt  du  dich, 

loquitur  blanda  verba, 

red  Ireundlich, 
-  die  böse  haut, 

die  narrt  dich.  Tuomas  Elsbeth  ncwc  austerlesene 
wein,  ticder  (1599)  no.  16; 
dann  als  Scheltwort  für  männer:  kciscr  Maximilian  der  erste 
hielte  einen  edolmann  an  seinem  hofc,  der  eine  frevele  haut 
war.  Fbey  garlcng.  55;  es  ist  mir  der  zähen  haut  {einem 
geizigen)  zu  wenig  gewesen.  Kircuhof  wendunm.  ISl";  für  die 
gcsamiulhcit  der  bcwohncr  eines  dorfcs: 

Oberndorf,  du  schehigc  haut, 

du  scheust  die  l'eindt  mit  kabaskraut. 

Zimm.  cliron.  2,  310,  21. 

Die  neuere  spräche  braucht  liaut  in  viel  mihUretn  sinne,  in 
vertraulicher,  leise  komischer  redeweise:  {er  war)  zugleich  eine 
gute  haut,  der  die  ganze  zeit  auf  der  schule  zugebrachl. 
maulalfe  51;  wunderliche  haut!  Lessinc  l,  2C9;  0  der  när- 
rische herr!  ..  die  possici  liebste  haut  von  der  weit.  2,489; 
ehrliche  haut!  tröste  dich!  CiOtter  Jeannette  3,5;  eine  ehr- 
liche haut,  mein  vater;  er  starb  an  dci  auszehrung.  Fr.  MIjI.i.er 
2,175;  ihr  wiszl,  ich  bin  eine  ehrliche  haut.  Kutzeouk  (/»«im. 
.«;>.  1,13;  ein  so  braver  mann,  dasz  man  sagen  möchte  eine 
ehiliche  deutsche  iiaut.  (jötue  27,  163;  dasz  der  besagte 
legazionrath  Oefel  die  unbedenlendslc  haut  ist,  die  wir  beide 
nur  kennen.  J.  Paui.  uns.  löge  1,172;  dasz  die  ehrliche  haut 
von  einem  mann  aus  einfall  denkt,  der  jüngste  tag  sei  da 
oder  schon  vorltei.  a.  d.leuf.  pap.  \,:i;  weil  er  die  gefälligste 
haut  war,  die  je  über  die  erde  lief.  Titan  1,121;  in  der  thal, 
.vor  mancher  lustigen  haut  iiätt  er  sich  ganz  lächerlich  gr- 
niaclil,  3,  S7 ;  ich  unglückliche  haut,  ftegelj.  3,\i^;  Hamlet  ist 
die  elirlichsle  haut  von  der  well.  Mi;ink  n,  tls;  sie  giengen 
so  einfach,  so  scliliclil.  da-^z  Uinkler  nuinchinal  da»  grü-zeu 
vergasz,  was  wdl  auch  an  den  immer  schwächer  wcrdn  .!  n 
fünf  sinnen  der  allen  haut  lag,  die  noch  immer  vergrlu  mn 
auf  lieförderniig  wartete.  Gutzkow  fUter  v.  griste  7,5;  Hans 
Joggi  war  eine  gutmütbigc  haut  und  glaubte  leicht.  J.Gorr- 
HKir  tchulJenb.  361; 


709 


HAUT 


HALT  — HAUTEHRLICH 


710 


■wars  nicht  die  gtile  haut,  der  laienbnuler? 
Lessisc  2,  337 ; 
die  gjite  haut  von  inforraator, 
der  marzipan  ihr  statt  der  nahe  gab. 

MüsÄüs  kinderkl.  -IS; 

wollt  er  (Aeneas)  hei  nacht,  incognito, 

zu  schilTe  sich  begeben, 

und  wenn  die  gute  haut  (optima  DUlo,  Aen.  4, 291)  noch 

ruht, 
und  sichs  nicht  träumen  läszt,  auf  gul 
französiscli  sich  empfehlen.     Blcäaukr  Aen.  1, 160. 

lo)  auch  in  andrer  ireise  steht  liant  für  die  Persönlichkeit  selbst: 
in  der  Oberpfah  sagt  die  rnuller  zur  braut,  nachdem  sie  das 
drangeld  empfangen  'nun  bist  du  braut  und  hast  die  haut 
verkauft'.  Schünwkrth  1,57;   ebenso  si:hlesisch : 

glück  zu,  vergnügte  braut,  die  haut  ist  nun  verkauft. 

GÜSTHER  bei  Steinbach  1,  720. 

und  er  {der  arst)  möchte  auch  wieder  mit  unserer  armen 
Schwester  haut  seine  erfahrungen  erweitern.  Göthe  11,  4S; 

die  weih  kan  hurn  und  bubcn  bald 
bringen  in  ein  ander  gestalt 
und  machen  aus  in  heiige  leut, 
wenn  schon  bleiben  die  alte  heut. 

G.  NiGRiNcs  beschlag  'Ro*. 
Bei  der   haut    gottes   wird  geschiroren :   summer  botz  haut ! 
Kirchhof  wendunm.  395*;  bei  Jer  haut  gottes.  wiszbad-.  visen- 
brünnl.  2, 166. 

11.  haut  an  thieren. 

1)  es  ist  unter  feil  3  und  4  (th.  3, 1496 — 1498)  auf  den  unter- 
schied im  gebrauche  von  feil,  haut  und  balg  bereits  aufmerksam 
gemacht,  zugleich  aber  auch  darauf  liingeu^iesen  worden,  trie  man 
sich  nicM  streng  an  diese  tcrminologie  bindet  und  mit  den  aus- 
drücken wechselt,  pardus  «haijt  ain  pard.  da?  ist  ain  tier 
uianig^irbig  sam  daj  pantier  . .  wan  ej  hat  vil  fleck  an  seiner 
haut.  Megenberg  150,14;  stirbit  einem  manne  ein  pfert  odir 
ein  ander  vy,  dag  im  czu  pfände  gesalzt  were  . .  er  sol  dy 
beut  Torbrengin.  Magdeb.  bhime  1, 13S ;  und  man  sol  dem 
Itrandopfer  die  haut  abziehen.  S  Mos.  1,6;  der  natern  alle 
abgestreifte  haut,  seneclus  Maaler  215';  der  hase  hat  sechs 
häute,  lepus  sex  cutibus  tegilur.  Steixbach  1,719;  man  streifet 
erst  dem  aal  die  haut  ab.  öcon.  lex.  (1731)  5;  schneidet  {den 
Schnecken)  . .  mit  einem  scharfen  messer  die  haut  los.  220S ; 
das  schaf  Inig  am  nämlichen  tage  seine  eigene  natürliche 
«olle,  wie  sie  ihm  aus  der  haut  heraus  gewachsen  war. 
Hebel  3  (1S53)  S4; 

von  visches  hiute  iruoger  an 

ein  surköt  und  ein  bönit.    l'arz.  570,2; 

er  truoc  an  seltsxniu  cleit: 

swö  hiute  het  er  an  geleit: 

die  heter  in  niuwen  stunden 

zwein  tieren  abe  geschunden,    licein  406; 

panzer  liegt  mir  noch  am  leibe, 

Avie  dem  drachen  seine  haut.    Ühlasd  ged.  249; 

auf  eines  tigers  bunter  haut 

liegt  der  gebieter.    Freiligrath  ged.  (1S45)  102. 

2)  siirichirOrlliches  und  redensarlen.  alte  häute  dürfen  viel 
gerbens.  Schottel  1113';  was  hilft  flickens  und  plelzens  am 
pelz,  da  haut  und  haar  nicht  gut  ist.  1119";  sondern  alle 
unsere  werk  nichts  anders  sind,  denn  (mit  urlaub)  eitel  leuse 
in  einem  alten  unreinen  pelz,  da  nichts  reines  auszumachen, 
und  kurz,  da  weder  haut  noch  har  mehr  gut  ist.  Luther 
0,74';  auf  der  faulen  haut  liegen,  oliosum  esse,  rergl.  bären- 
haut  1,  112S:  damit  wir  hier  nicht  auf  der  faulen  haut  liegeu. 
Pierot  1,402; 

es  hiin  nicht,  dasz  du  dich  mit  ihren  (der  ellern)  nahmen 

deckst, 
wann  du  dich  auf  der  haut  des  müszigganges  streckst. 
Camz  ged.  (1727)  137; 

lue  haut  nicht  ehe  dann  der  beer  gefangen  seie,  verkaufen. 
Kirchhof  milit.  disc.  148;  um  die  haut  zanken,  che  der  bäer 
gestochen.  Schottel  1118';  man  verkaufet  die  haut  nicht, 
man  habe  dann  den  bär»n  gefangen,  kunst  üb.  alle  künsle 
61,2.     ton  einem  dürren  klepper  heiszt  es: 

ir  pfärt  gein  kurabcr  was  verselt: 

man  het  im  wol  durch  hi'it  gezelt 

elliu  siniu  rippe  gar.    Parz.  256,  18. 

manche  ursprünglidi  hierher  gehörige  formein  sind  auf  menschen 
übertragen,  so  heiszl  es  nach  dem  schneiden  der  riemen  aus  der 
thinhaul:  aus  eines  andern  baut  ist  gut  riemen  schneiden. 
Schottel  1113';  aus  andrer^ häule  riemen  schneiden.  1125'; 
ja  es  ist  in  ein  fremde  haut  gut  schneiden,  es  ist  leicht 
andern  gesetz  auflegen,  die  uns  nichts  angehen.  Luther 
von  dergleichen  haut  gemeinlich  alle  bäpst  geschnitten 


worden.  Kirchhof  wendunm.  368*.  von  dem  abbalgen  der  thiere 
ist  das  bild  einem  die  haut  Ober  die  ehren  ziehen ,  ihn  bei 
einer  leistung  oder  zaiilung  unbarv\herztg  behandeln,  hergenommen 
(Frisch  1,429'):  dürften  wir  nur  so  einmal  an  die  fürsten, 
die  uns  die  haut  über  die  obren  ziehen.  Göthe  8,  8 ;  ihm 
ein  güllein  zu  theucr  anzuhängen ,  um  dann  in  zwei  drei 
Jahren  ihm  die  haut  über  die  obren  zu  ziehen  und  ihn 
sammt  seinen  kindern  über  das  nest  hinauszuwerfen.  Gott- 
HELF  sdiuldenb.  7; 

Stadt  und  land  hat  viel  gestriten, 

wer  im  kriege  mehr  erlidten? 

aber  nun  liegt  an  der  thür 

wie  sich  städte  brechen  für, 

wer  also  die  haut  gefunden, 

die  dem  lande  weggescbunden.    Logac  2,138,100. 

eben  so  ist  an  den  verkauf  der  thierhaut  angelehnt  die  eigene 
haut  zu  markte  tragen :  ein  ieder  musz  seine  eigene  haut  zu 
markte  tragen,  cuique  alea  sua  subeunda  est.  Steinbach  1,719; 
{er)  brachte  immer  die  eigene  haut  zu  markte.  Heise  12, 192. 

3)  haut,  etiras  aus  der  thierhaut  bereitetes;  ein  schlauch:  und 
sie  gab  irer  niagd  eine  gepichle  haut  vol  wein.  Judith  lo, 6; 
eine  schäferhütte,  schäferzelt:  mapalia  hiute  sumerl.  42,6.  rergl. 
kalberheütle  5,55;  pergament:  hut  die  da  dun  ist  als  das 
bergamen,  membrana  voc.inc.theut.kb';  erfuhr  ich  die  Wahr- 
heit, dasz  sie  {die  goldne  bulle)  nur  eine  alte  haut  sei.  Heine 
12,  34. 

HL  haut,  eine  dünne  decke  an  Iheilen  des  thierischen  Organis- 
mus, an  pflanzen  u.  ähnl. 

1)  decke  an  innern  kürpertheilen :  hut  darin  der  ougapfel  ist, 
soletatica  voc.inc.theut.kh^;  zwischen  der  weichen  und  harten 
iiaut  des  gehirns.  Lichtenberg  5  (1803)  146;  so  hängt  er 
(gesloszcner  diamant)  sich  bei  der  Verdauung  an  die  häute  des 
magens  und  der  eingeweide.  Göthe  34,376;  rergl.  harnhaut, 
hornhaut,  jungfernhaut,  netzhaut.  älmiich  haut  im  ei:  hut  in 
dem  ay,  membranum  lenue  quod  lalet  in  ovo.  voc.  ine.  theut.  k  5'. 

2)  haut  an  pflanzen  und  fruchten:  hut  zwischen  der  schel 
und  des  kerns  in  der  nusz,  nauci.  ebenda;  haut  .  .  über 
castanien  corium ,  über  mandeikern  cortex,  corium  Frisch 
1,429'; 

hert  ist  gerstün  kornes  hüt.    Otfrid  3,  7,  25; 

im  heiszen  stübchea  eng  und  traut 

giebts  nuu  kartoffeln  mit  der  haut. 

ScH«iDT  VON  Wer:«ecchen  atm.  1798  s.  S4  ; 
nimm  und  schäle  derweil,  Amalia,  birnen  und  äpfel; 
lös  auch  nOssen  die  haut.      Voss  Lnise,  3.  Idylle  I; 

es  hat  neun  häute, 

beiszt  alle  leute.    volksrätsel  auf  die  zwiebcl. 

3)  haut  die  sich  bildende  decke  über  etwas  verdunstendem  oder 
geronnenem:  haut  auf  der  milch;  baut,  die  aus  nassen  ma- 
terien  obenher  wird,  als  aus  der  feuchligkeit  der  geschwüre, 
crusta  Frisch  1,429';  die  über  eingekochten  niaterien  wird, 
culicula  c^ducta  ebenda,  s.  harn  haut  2,  grindhaut,  milchhaul, 
auch  häulchen. 

IV.  haut,  übertragen. 

1)  die  breiter  und  planken,  womit  das  schiff  ton  auszen  be- 
kleidet ist.  Jacobsson  2,236';  das  verdeck  war  eingeschossen, 
die  bohlen  der  haut  wie  abgeschunden.  Niebdbb  leb.  Hiebuhrs 
1,  294. 

2)  haut,  in  einer  redewendung  bezüglich  eines  modelies:  so 
wurde  in  kurzer  zeit  durch  gemeine  arbeiter  dieses  unge- 
heure modell  bis  gegen  die  letzte  haut  fertig  gebracht.  Göthe 
35,  333. 

H.\UT.\RTIG,  adj.  und  adv.  nach  art  einer  haut  gebildet. 

H.\LT.VLSDC.\STüNG,  f. 

nALT.\LSSCHLAG,  m.  ansschlag  auf  der  haut. 

HAUTBEKLEIÜL.NG,  /■..•  ob  wollene  oder  linnene  haut- 
beklcidung  besser  sei.    Hlfelasd  makrobiotik  (1S23)  2,199. 

HÄL'TCHEN,  n.  kleine  oder  dünne  haut,  namentlich  im  sinne 
von  haut  HL-  pellicula  hulchin  Diefe.nb.  132*;  n/.  velchen  of 
huyighen  ebenda;  das  häuteben  im  ei;  häntcben  im  äuge; 
die  dinle  halte  sich  mit  einem  häutchen  von  schimmel  über- 
zogen; häutchen,  culicula,  so  nennen  die  cbymisten  eine 
kleine  sehr  dünne  salzartige  rinde,  welche  sich  auf  der  Ober- 
fläche der  salzauflösungen  erzeugt,  wenn  man  sie  abdampft. 
Jacobsson  C,  58*.     vergl.  häullein. 

HAUTDRÜSE,  f.  cutanea  glandula.  Neuxich. 

HAUTEHHLICH,  ad';..-  wie  oft  manch  haulehrJicher  fcerl 
auf  schmahlem  ungemächlichem  tritt  steht  . .  und  mancher 
lauskerl  (mit  verlaub  zu  reden)  einen  breiten  stuhl  hat.  Fr. 
Müller  3,  64.    nach  ehrliche  haut  {sp.  708)  gebildet. 

45* 


711 


HÄÜTELN  — HÄUTIG 


HAUTJUCKEN  —  HAUUNG 


712 


HÄLTELN,  verb.  ilerativbildung  zu  liiiuten,  einem  Itasen  die 
unter  dem  feile  liegende  zälte  haut  abnehmen :  da  man  denn 
die  hasen,  ehe  man  sie  an  den  spiesz  stecket,  vorhero  liöii- 
telt ,  das  ist  die  haut,  so  an  wildprct  klebet,  sauber  mit 
einem  scharfen  messer  herunter  sclineidet.  öcon. /ea;.  (1731)  933. 

HÄUTEN,  verb.  1)  die  haut  abziehen,  mhd.  Iiiuten,  in  tran- 
sitiver und  reflexiver  fügung :  man  häutet  wildprel;  der  bering 
wird  gehautet,  ehe  er  auf  den  tiscii  kommt;  sich  häuten, 
wie  schlangen  und  insecten.  Frisch  1,430*;  aucii  von  unsern 
schlangen  sind  manche,  zumal  wenn  sie  sich  noch  nicht 
lange  gehäutet  haben,  an  färbe  und  Zeichnungen  schön. 
Hebel  (1S53)  2,33.  nach  dem  letzleren  auch  übertragen:  denn 
will  er  (der  kanzelredner)  zuhörer,  die  {in  den  kirchenschlaf) 
hereinkommen,  um  sich  nach  acht  tagen  geistlich  zu  häuten, 
wie  der  frosch  sich  nach  eben  so  vielen  körperlich  ausbälgt. 
J.Paul  jubelsenior  122;  wenn  doch  in  der  sludierstube  eines 
gelehrten  der  glaube  desselben  sich  so  oft  verwandeln,  häu- 
ten, einspinnen,  verlarven,  verpuppen  musz,  bis  solcher  wieder 
endlich  entpuppt  ausfliegt,  friedenpredigt  52.  Infinitiv  in  sub- 
stantiver Stellung:  während  .  .  ihres  bäulens  [während  sie  sicli 
auskleidete).    Titan  3,198. 

2)  häuten,  mit  einer  (festen)  haut  umgeben  :  es  ist  uns  einer 
bekannt,  der  auch  einmal  mit  einem  bauer,  zu  gleichem 
zweck  (als  agent  für  gelderaufnahme)  nach  Bern  ging  und 
noch  nicht  recht  gehäutet  und  gestählt  war.  J.  Gotthelf 
schuldenb.  262. 

3)  die  unumgelautete  form  hauten,  die  im  l&.jahrh.  mehrfach 
erscheint,  schlieszl  sich  dem  sinne  nach  zunächst  an  die  bedeutung 
1  an,  sie  bezeichnet  einem  zu  leibe  gehen :  dann  graf  Lassla  ein 
unverträglich  man,  so  liesz  graf  Ludwig  sich  nit  hauten; 
sie  kamen  kurzlich  hernach  mit  worten  anainandern.  Zim'm. 
chron.  3,415,18;  hernach  wer  den  man  fieng,  hat  auch  sein 
haut,  daher  kompts,  dasz  man  sagt,  mit  eim  herumb  hauten, 
sein  haut  darstrecken.  Garg.  194'. 

HAUTFARBE,  f.  l)  die  färbe  der  haut:  menschen  von 
weiszer,  brauner,  roter  hautfarbe. 

2)  übertragen  auf  den  inhaber  der  hautfarbe,  den  menschen, 
insofern  er  glied  einer  race  ist:  Domingo,  wo  ein  friedlicher 
zustand  durch  die  Pariser  menschenrechte  in  ein  wechsel- 
seitiges morden  aller  hautfarben  umgeschlagen  ist.  Dahlmann 
gesch.  d.  franz.  revol.  428. 

HAUTFLATTERER,  m.  neuerer  name  für  die  gattung  fleder- 
mäuse.    Minerva  1847,  s.  400. 

HAUTFORM,  f.  buch  von  vielen  dünnen  pergamenlbldtlern, 
worin  das  gold  bis  zur  höchsten  feinheü  gesclilagen  wird,  Jacobsson 
2,  238'. 

HAUTFRESSEL,  n.  juckender  haulausschlag :  rand,  schuppen, 
hautfressel,  krelze.  Paracelsus  1,  1120. 

HAUTFRESSER,  m.  termestes  pellio,  pelzkäfer. 

HAUTFRUCHT,  f.  ulriculus.  Nemnich.  der  same  einer  solchen 
fruclit  ist  in  einer  haut  eingeschlossen. 

HAUTGEÄDER ,  n. ;  den  nenten  sy  bruder  Niciaus ,  der 
was  dürrs ,  magers  auszgeschöpfts  Icibs ,  allein  von  haut- 
geüder  und  bein  zusannnen  geschmückt.  S.Frank  c/iron.  311*. 

HAUTGESELL,  m.  üt  die  anrede  eines  baucrn  in  einem  fast- 
nachtsspiele  an  einen  andern: 

ja  sichstus,  mein  lieber  hautgesell,    fasln,  sp,  333,34. 

ts  soll  wol  darauf  hingedeutet  werden,  wie  beide  gemeinschaßlich 
in  der  narrenhaul  («;>.  707)  stecken. 

HAUTGRAN.NE,  f.  ariltus,  die  samenhaul.  Nemnich  1,4.')0. 

HÄUTICHT,  adj.  cuticularis.  Hederich  1193.  in  der  Weiter- 
bildung hautechtig:  mit  seinem  hautechtigen  haarwuchs. 
Uffenrach  neues  rossbuch  (l(i03)  1,139. 

HÄUTIG,  adj.,  mhd.  hiulec,  mit  einer  haut  versehen:  heutig, 
eoriaceus ,  eule  obduclus,  membraneus  Stieler  H03;  heutiges 
(Icisch,  caro  musculosa  das.;  das  weibcheii  {des  hokodih)  legt 
hundert  häutige  eter.  Hebel  1  (1853)  &4;  dnsz  es  in  Kwn 
und  andern  welttheileii  eidrxen  ...  gibt,  die  auf  bäumen 
leben,  wie  bei  uns  der  laubfrosch,  und  durch  liilfe  von  häu- 
tigen auswUchsen  auf  beiden  seilen  gmsze  »priinge  in  der 
luft  machen,  ebenda,  auch  in  unumgelautrtrr  form  hautig: 
die  feurigen  (äugen)  )tind  fester,  kecker  gezeichnet,  haben 
weniger  Schweifung,  gleich  dickere,  bcHchniltencre,  jedoch 
weniger  haiiligc  augcnlippen.  Lavaten  phijsiogii.  fragm.  4,4. 
ab$ehn.  3.  fragm.  ; 

Jurch  ImiiiK«  lirigel  Junger  fledermluie 

den  rfickfetognen  pr«ll  tu  «rhnHIfn.    Pn.Mflii' 


HAUTJUCKEN,  «.  prurigo. 

HAUTJUCKIG,  adj.  das  hautjueken  habend,  kilzlich,  übemiiilig 
(s.  .v;).  704):  mit  diser  weisz  ..  möcht  einer  ein  jeden  Imul- 
juckigen  vogel  für  ein  gauch  ansehen.  Garg.  122*. 

HAUTKÄFER,  vi.  terme.<:les  pellio,  pelzkäfer. 

HAUTKNECHT,  ni.  ; 

dem  lodt  ist  er  entwichen, 

dem  haut-  und  beineiiknecht.    Spee  Irutzn.  57. 

HÄUTLEIN,  n.  culicula;  alid.  hutili,  bfitcli  pellicula  Graff 
4,807;  wi/irf.  hiutel,  hiulelin ;  pellicula  InüVm  Dikf.  421*;  hulel 
cuticula,  pellicula  voc.  ine.  theut.  k5';  da^  aug  ist  gesetzt  in 
siben  rücke,  daj  siiit  siben  häutel,  da  mit  ist  diu  crislalliscli 
fäiiht  verhüllt ,  dar  an  des  gesihles  kraft  ligt.  Megenbero 
10,  10;  der  mag  hat  inwendig  vil  häutelvasen  recht  saiii 
klainen  plätlein  an  ainem  püechlein,  dar  umb,  da;  von  der- 
selben häutleiu  hitz  da;  ejjen  dester  pa;  gekocht  werd 
32,9;  da;  man  die  wunden  ..  nihl  bedecke  mit  masen  noch 
ain  häutel  dar  ob  lä;  werden.  126,36;  und  h;U  ietleich  kern 
(der  kaslanie)  ain  besunder  häutel,  da;  ist  swarz.  317,15;  {dii 
nüssc  des  weiszen  pfeffers)  habent  inwendig  niht  ain  rot  häutel 
373,34;  der  star  gieng  im  von  den  äugen,  wie  ein  lu'Utlin 
von  einem  ey.  Tob.  11,14;  subteil  heütlin,  als  in  den  granat- 
üpflen  zwüschend  den  kernen,  circu7n.  Maaler  220* ;  das 
heutlein  über  der  hirnschalc,  pericranium,  das  heutlein  über 
dem  gehirn ,  pia  mater,  meninges,  involucrum  cerebri  Stikler 
803;  das  beutlein  der  jungferschaft,  hymcn.  ebenda. 

HAUTMUSKEL,  «i.  cutaneus  musculus.  Nemnich. 

HAUTPLANKEN,  f.  plur.  die  atis  planken  bestehende  atuszen- 
bekleidung  eines  schi/fes.   Jacobsson  6,58*.     s.  haut  s/i.  710. 

HAUTRAND,  «i.;  die  hautränder  einer  gequetschten  wunde 
sind  gezackt. 

HAUTRAUDE,  f.  aspredo  cutis.   Stieler  1526. 

HAUTRINDE,  /.  ftustra  membranacea,  eine  gallung  zoophylen. 
Nemnich. 

HAUTSATT,  adv.  sehr  satt:  könig!  wenn  ihr  einmahl 
hautsatt  zu  lachen  lust  habt,  so  laszt  mich  referieren.  Fr. 
MtJLLER  2,23.  nach  der  redensart  sich  die  baut  voll  lachen 
(sp.  704)  gebildet. 

HAUTSCH,  interj.:  hautsch,  hautsch,  ist  es  so  kalt,  wey- 
kürzer  47". 

HAUTSCHNECKE,  f.  murex  ctdaceus.   Nemnich  3,  64n. 

HAUTSCHNEE,  m.: 

der  junge  scluiee  der  baut  kam  zu  dem  schnee  der  haare, 
aur  dasz  mit  jenem  der  auf  eine  zeit  sich  paare: 
das  paaren  gicng  wol  an,  doch  ward  man  zeitlich  innen, 
der  nautschnce,  der  war  glut;  der  haarschnee  muste  rinnen. 

LOGAU  3,  88,  61. 

HAUTSCHVVÄRZE,  f.:  moren-  äve  hautschwärze,  cutis 
pullula,  et  infusca.    Stieler  1950. 

HAUTSTRENGE,  f. :  bautsträng  oder  anwachsen,  spannet 
sich  die  haut  über  den  leib  wie  ein  drommel.  Pinter  pferd- 
schalz  (1688)  420. 

HAUTÜBEL,  n.:  nur  zuweilen  leide  er  an  hautübeln,  und 
dann  kuriere  er  sich  jedesmal  mit  nüchternem  speichel. 
H.Heine  1,56. 

HÄUTUNG,  f.  das  abstreifen  der  haut:  oft  sieht  man  au 
der  länge  seines  ganzen  Stammes  hin  eine  unzählige  menge 
leere  bälge,  welche  sie  (die  processionsraupen)  liei  tier  häuluiig 
hängen  lieszen.  Hebel  2  (1853)  28;  die  färbe  {der  olter)  ist, 
nach  den  verschiedenen  häutungen,  oben  grau,  olivenbraun 
oder  schwärzlich,  unten  hellgrau,  auch  bläulich,  .t.  33;  sie 
{die  Seidenraupen)  wuchsen  schnell  und  waren  nach  der  letzten 
bUutung  so  heiszhungrig,  dasz  mau  kaum  blättcr  genug 
•  herbeischaffen  konnte,  sie  zu  n.ihreu.  Göthk  24, 192.  über- 
tragen:  warum  will  denn  der  mann  nicht  ...  seine  neuen 
häutungen  zeigen,  welche  er,  wie.  die  eintagtliege  die  ihrigen, 
noch  im  flöge  vornimmt?  J.Paul  friedenpredigl  js.  53. 

HAUTWÄHZCHKN,  n.  plur.  püj>illac  ncrreae.  Nemnich  4,  «56. 

HAUTWULST,  m. ;  der  rüssel  ist  unverhftitnismäszig  breit, 
und  das  gesichl  durch  dicke  haulwüislc  venicrL  Rrkmm  iUustr. 
thierl.  2,  745. 

HAUTWUNDE,  f.  wunde  die  nur  die  haut  /n/fl;  da  si.  h 
denn  fand,  dasz  es  nur  eine  haiitwunde  war,  die  nichts  /u 
sagen  hatte.    Guthe  35,  22. 

lIAUTWrilM,  m.  ßaria  medinenm.  Nbmnich  2,  Ißin. 

HAUUNG,  f.  I)  die  litindlung  des  haiicns :  seclio  hainvuuge. 
«niduuge  Dief.  523*;  howiing,  secalio,  sculplura  vor.  ine.  thrul. 
I  •'*;    vi.   buMwiiighi',    ^rrtin,  ]<uliilio,   iinijtutiilt-  >•■••'•( 


713 


IIAinVALD  — HE 


2)  ivi  forsttcesen  ist  haiiung  auch  der  ort,  «o  holz  gefällt 
werden  kann.   Jacobsson  2,  227' ; 

wenn  der  ermattete  Jäger,  vom  mittagsstrale  getroffen, 
durch  die  brennenden  liaiden  und  weiten  hauungen  wandert. 
Zacbariä  lageszeiten  (1757)  49. 

HAUWALD,  m.  sylva  eaedua:  sylva,  ein  wald,  sonderlich 
ein  bauwald  oder  forst.  (entgegengesetzt  wird)  sylva  incediia, 
bauwald,  darinn  man  gar  nichts  darf  ahhawen.  glosse  zu  Verg. 
eclog.  1,1  in  Verg.  opp.  ed.  Egenolph  (Frankf.  1597)  312';  bau- 
wald, sylva,  bauwald  der  nit  verbannet  ist,  sylva  eaedua 
Maaler  215';  also  auch  wo  gut  holz  vorhanden  ist,  daselbst 
kau  man  auch  leicbtlicb  schöne  häuwälde,  künigiingräben, 
Stauden  und»  hecken,  item  bauholzwälde  anrichten  und  auf- 
bauen. Sebiz  feldb.  546;  solches  baumpflanzen  mag  allent- 
halben und  an  allen  solchen  orten  geschehen ,  da  man 
nit  genug  setzling  oder  junge  pflanzen  mag  überkommen . 
sonst  in  andern  landen  da  grosze  fürst  und  häuwälde  sein, 
bedarf  es  dieser  mühe  und  arbeit  noch  langwirigkeil  gar  nit. 
ebenda. 

HAUZ ,  m.  ein  gaunerwort  für  hauer,  mit  dem  beisinne  des- 
tropfes,  lölpels:  ich  halt  sie  {die  zigeuuer)  für  betler,  kundt- 
sciiafter  oder  Verräter,  welche  den  hautzen  und  die  hautzin 
besefeln  {betrügen).  Agr.  spr.  (1560)  204*.  auch  in  der  form 
huz:  die  hutzen  beseflen  und  kamesieren.  Fischart  groszm.bO; 
und  hüz;  fj'ti  landfahrer  spricht: 

die  {kleinigheitcn)  wil  ich  hauszen  bei  den  hützen 

an  eier,  käsz  und  gelt  versiützen.    B.  Waldis  Esop  4,  SO,  70. 

s.  auch  kesselhauz. 

HAUZAHN,  171.  zahn  vomil  der  eher  haut,  hauer.  Jacobsson 
'•.,  ö2'. 

HAUZIN,  f.  bäuerin.     s.  den  ersten  beleg  des  artikels  hauz. 

HAUZINN,  n.  zinnplatte,  worauf  der  gürtler  mit  dem  hauer 
die  kiwpfscheiben  aus  messingblech  aushaut.  Jacobsson  2,  239'. 

HAVARIE,  HAVEREI,  f.  jaclura,  dctmnum  in  mari,  dasselbe 
uuit  das  in  der  form  haferei  bereits  sp.  126  aufgeführt  ward, 
zur  etymologie  hier  nachzutragen  ist  die  ausführung  von  Dozi  in 
seinen  oosterlingen  {Leiden  1867),  der  das  wort  auf  das  arabische 
awär  beschädigte  waare,  auwara  schaden  leiden  zurückführt,  und 
es  durch  die  Araber  zunächst  den  Italienern,  ton  hier  aus  den 
französischen  und  deutschen  küsten  zugekommen  sein  läszt. 

HAWER,  m.  wird  bei  Neänich  als  ein  navte  des  cyprinus 
idits,  sonst  kühling,  bratfisch,  aufgeführt. 

HA.XE,  HÄXE,  s.  hechse. 

HAZARD,  m.  s.  hasard. 

HAZE,  f.  name  der  elstcr,  in  Schwaben.  Nemsich  2,1246. 
das  wort  »st  nach  dem  geschrei  des  vogels  gebildet,     vergl.  hetze. 

HäZEL,  HÄZEL,  m.  der  höher,  corvus  glandariiLt.  geirvhn- 
licher  ist  die  Zusammensetzung  baumhazel. 

HAZLER,  HÄZLER,  m.  häher,  corvus  glandarius.  Nemxich 
2, 1243.  tvrgl.  die  forvt  hatzler,  hützier  oben  sp.  561,  deren 
Schreibung  zeigt,  dasz  der  stammvocal  landschaplich  kurz  ge- 
sfirochen  wird,  während  die  hier  aufgeführte  form  ebenso  für  die 
länge  des  stammvocals  spricht. 

HE,  interj.  den  ausbruch  rerscMedenartiger  gefühle  andeutend, 
in  der  alten  spräche  noch  selten  erscheinend  und  hier  vieist  durch 
interjectionen  mit  gleichem  anlaute  aber  vollerem  vocal  ersetzt 
{vergl.  bei,  ho,  ahi,  und  ha  sp.b).  der  vocalin  he  ist  gewöhn- 
lich gedehnt,  daher  auch  die  Schreibung  heb,  die  in  mehreren  der 
unten  folgenden  beispiele  erscheint,  die  interjection  für  aus  dem 
französi.^chen  ins  deutsche  eingedrungen  zu  halten,  tcie  gramm. 
3.291  angedeutet  ist,  dazu  liegt  kein  grund  vor.  he  ist  gegen 
ha  der  gröbere  ruf,  und  sieht 

1)  als  unwillkürlicher  ausdruck  einer  kraflanstrengung ,  so  bei 
den  bergleuten:  hei  he!  schreiet  oder  hauchet  der  bergmann 
liei  jedem  schlag,  wenn  er  arbeitet,  min.  lex.  29i';  es  klinget 
.irlig  in  die  obren  eines  Zuschauers,  wenn  die  häuer  in  ihrer 
nrbeit  mit  denen  Instrumenten  ein  klippern  und  klappern  ver- 
ursachen, auch  fast  zu  jedem  schlage  hei  schreien.  Behrens 
Uercynia  euriosa  175. 

2)  als  ausdrttck  des  hehagens,  der  freude: 

he  be!  warurab  soh  Ich  trtren? 
nu  rüerei  midi  der  mci; 
schlag  schlag  schlag  üf  mit  freuden ! 
min  tn'iren  ist  enzwei. 

UnLA>iD  volksl.  106  {\S.  jahrh.) ; 
es  wolt  ein  Trau  lu  weine  gan, 
he  ro  ri  ma  to  ri, 
sie  woh  den  man  nit  mit  ir  lan. 

GöDEU  "    T.TT«,NN   i;.;l.„h.   153,  no.  154; 


HE  714 

he  ho  he, 

litz  und  letz,      guter  netz, 

rumpel  spiel      und  des  nit  viel, 

einen  frischen  freien  mm  ich  haben  wll. 

Ambr.  liederb.  236,  7; 
he,  he, 

die  weinlein,  die  wir  gieszen, 
die  soll  man  trinken, 
die  brönnlein  die  da  flieszen, 
die  sollen  schwinken.    Garg.  92*; 

des  triumphes,  der  Schadenfreude :  alle  deine  feinde  sperren  ir 
maul  auf  wider  dich,  pfeifen  dich  an,  bleckeirdie  zeene, 
und  sprechen,  heb,  wir  haben  sie  vertilget,  das  ist  der  lag, 
des  wir  haben  begert,  wir  habens  erlangt,  wir  habens  erlebt. 
klagel.  Jer.  2,  16 ;  he  be!  bad  nur  wol  aus!  Eulensp.3;  he  he 
suchen  nul  4;  schreit  dasz  es  jederman  bort,  be  du  bösz- 
wicht,  he  du  lecker,  he  be,  hab  ich  dich  überkommen,  du 
jungfrawdieb.  b.  d.  liebe  22S'.  auch  abgeblaszter,  eine  liebkosung 
begleitend:  er  kriegte  mich  beim  kinne,  und  sagte,  wie  er 
immer  ganz  spasbaft  ist:  hei  kleine  hure,  willst  du  dir  den 
Informator  . .  Rabener  sat.  3  (1757)  28. 

Verstärkt  wird  der  ausdruck  des  behagens  durch  den  vorgesetzten 
Jauchzer  juch:  juchhe,  juch  juch,  nun  hab  ich  mein  bräut- 
chen, nun  dab  ich  die  prinzessin  gewonnen !  E.  T.  A.  Horr- 
MA.^N  6,387; 

ich  liab  mein  sach  auf  nichts  gestellt. 

juchhe ! 
drum  ist«  so  wohl  mir  in  der  weh. 

juchhe!        Göthk  1,  145; 


dreht  sich  mir  alles  henim  —  juchhe! 
rund  ist  die  weit.  R.  Rkwick  tieder 


"4; 


jetzt  weisz  ich,  warum  es  mir  nirgend  gefallt, 
als  einzig  allein  in  dem  grünen  wald! 
juchheisza  juchhe,  in  dem  grünen  wald.    60; 

s.  weiter  unter  juchhe. 

3)  redupliciertes  he  malt  blödes  oder  rohes  lachen:  ei  warum 
ruhen  die  auch  nit,  behebe!  Fr.  Müller  1,302;  behebe! 
liebster,  bester  herr  Stark !  wie  sie  doch  immer  so  gerne 
spaszen !  Excel  12,  244.  ältere  quellen  haben  ha  ha  he  als 
interjection  des  lachens  {vgl.  ha) :  ba  ha  he !  iez  manest  mich, 
dasz  ich  aber  musz  lachen.  Schade  sat.  u.  pasqu.  2, 67. 

4)  he,  anrufend,  zum  aufmerken  und  zur  folge  auffordernd: 
he!  frau  zigeunerin,  unterbrach  sie  Pedrillo,  nicht  so  vor- 
witzig! WiELASD  11,228;  so  halt  doch  eure  mäuler  dort, 
kann  kein  gescheit  wort  vor  euch  reden.  Guntel,  he!  Fr, 
MtJLLER  1,  301;  wo  steckst  du  dann,  hebe!  309;  Spiegelberg! 
he,  Spiegel bergl  die  bestie  börl  nicht.  Schiller  räuber  1,2; 

was  besinnen!  —  Heinrich,  he! 
sattle  noch  den  rappen! 

GöCKiscK  tieder  d.  liebenden  (1779)  29; 
he,  mutter,  seid  so  gut,  schreit  Scherasmin  sie  an, 
und  weiset  uns  den  weg  zu  einem  han. 

WIKLA5D  22,  165  [Oberon  4,  36) ; 
ihr  himmlischen!  he!  Gotlschalk!  hilf! 

H.  T.  Kleist  Käthchen  2,  8; 
Sh.  he,  sag  ich,  Jessica!    Lam.  he,  Jessica! 
S/i.  wer  heiszt  dich  schrein?  ich  habs  dir  nicht  geheiszen. 

Shakesp.  kauf  mann  v.  Venedig  2,  5; 
why,  Jessica,  J  say !  why,  Jessica ! ; 
hc!  holla!  macht  doch  auf  geschwind ! 

RoTZBBCB  dram.  sp.  1,  291; 

mhd.  als  eingang  einer  anrede: 

h§  reine  vrouwe,  nü  lä 

allen  zwivel  wesen. 

zuo  rehter  zit  genesen 

soll  du  eines  klndes.    Diuliska  2,  37. 

der  ausruf  wird  durch  zeigendes  da  zu  he  da!  verstärkt  {rergl. 
unten  das  ztisammengerücUe  heda): 

he  da !  rief  ich,  holt  geschwind 
einen  boten.   Göckingk  1,134; 
he!  he  da!  wollt  ihr  auseinander! 

KoTZERUB  dram.  sp.  1,  27; 
he!  he  da,  gespenst!    Plate?i  265. 

auch  als  antwort  auf  einen  ruf  wird  he  gebraucht:  indem  sie 
so  saszen,  pfiff  valer  Stilling.  Mariechen  und  Heinrich  ant- 
worteten mit  einem  he!  he!   Stillisc  jugend  (1779)  134. 

5)  he,  fragend  und  die  crwartung  einer  antwort  ausdrücJcend : 
aber,  freund,  woran  fehlte  mir  es,  dasz  ich  bei  gelegenheit 
nicht  eben  so  viel  für  dich  würde  getban  haben?  he!  Les- 
sixG  1,556;  so  seht  ihr  gewisz  auch,  dasz  die  prinzessin,  die 
er  liebt,  ein  sommervogel  ist,  he?  Wieland  11,229;  diese 
narbe!  he,  wiszt  ihr  r\>»\\'>  >i>-Hiii  er  rdufrcr  4. 3;  der  lietrun- 


715 


HE— HEBAMME 


HEBAMME  —  HEB  AMMENBUCH 


716 


kene  spielmann  rief  dem  oberamtniann  gleich  entgegen: 
könnt  ihr  mir  ein  Protokoll  machen,  he?  Immeioiann  .Wrntc/i/i. 
4,49.  zugleich  uiucillen  ausdrüclietid:  he,  rief  er  crbos?^!,  was 
Ihn  ich  mit  der  feile?  E.  T.  A.  Hoffmann  3,116; 

was?  fs  wäre 
niclil  gcnkerci,  an  solchen  geckereicn 
ilie  gute  seile  dennoch  auszuspüren, 
nin  aniheil,  dieser  guten  seito  wesfcn 
an  dieser  geckerei  zu  nelimen?  lieh? 
das  nicht?  Lessinc  2,  212; 

he!  was  ist  das?     Kotzf.bük  drnm.  s;».  2,  301; 
wenn  er  dich  liebte,  he,  gäbst  du  ihm  wohl  gehör? 

GöTiiK  7,  4S. 

verstärkt  ist  die  interjeclion  lielin,  atts  hell  nu  znsamuicnoeßosscn  : 

hehn,  Georg?   hast  dein  meislor  gfunncn? 
ich  dacht,  wie  du  es  könnst  so  wol. 

Atrer  fasln,  sp.  25'  (2461,  IS  Kdlri). 

C)  he,  eine  Zustimmung,  eine  ansführung  einleitend,  wie  nun, 
wol:  aber,  sagte  Hans  Joggi,  und  dann  ds  ander  jähr  im 
Imstagc,  wo  wir  so  viel  zu  zahlen  haben  . .?  he,  antwortete 
Anne  Marei,  so  haben  wir  doch  dann  nicht  in  allen  ecken 
slünipleten  nachzuzahlen.  J.  GoTTiiEir  scliuldeub.  T.\;  hast  was 
mit  dem  freund  da ,  so  red  .  .  he ,  sagte  Hans  Joggi ,  dem 
das  ding  doch  etwas  in  alhcm  ging,  meinetwegen  kann  ich 
es  wohl  sagen.  171;  he  nun,  sagte  der  andere,  du  hast  ge- 
dient, hast  alte  nieistcr,  brave  bauern,  können  die  dir  nicht 
helfen?  hast  mit  denen  nicht  geredet?  he,  ja,  sagte  Hans 
Joggi,  von  kindsbeinen,  fast  von  mutterleib  liab  ich  gedient 
und  bei  rechten  bauern,  aber  . . .  235. 

7)  ein  anderes  he,  zur  angäbe  der  ricidung  ausgerufen,  ist 
wol  niclit  reine  interjeclion ,  sondern  fuszl  auf  einer  neben  form 
des  adverbiums  hie ,  hier,  das  sich  seinerseits  an  einen  dcmon- 
slrativstamm  anlehnt  (s.  weiteres  unter  hie) :  weil  es  mir  gar 
nicht  an  räume  fehlte,  so  spielte  ich  ihm  (dein  ßsche)  durch 
tritt  und  schritt,  durch  hopp  und  he,  gar  manchen  possen. 
MüncIJiausens  wunderb,  reisen  72  {aus  dem  zweiten  secabenteuer, 
wo  sicli  Münchhausen  in  detiKmagen  eines  fisches  befindet),  ein 
durch  zusammcnrüclatng  dieses  he  mit  der  interj,  hopp  gebildetes 
snbst.  hopphe ,  hopphei  gelU  geradezu  in  den  sinn  des  lärmens 
über  (Fro.'hm.  .5,14S.  6,212).     s.  weiteres  unter  hopphe. 

HE,  die  über  ganz  Kicderdeutschland ,  Schlesien,  Obersachsen, 
Düringcn ,  Hessen  und  Mein  franken  für  das  südlicher  heimische 
und  in  die  schrißsiirache  aufgenommene  er  verbreitete  form  des 
persönlichen  geschlechtigcn  pronomens  dritter  person  und  männ- 
lichen geschlechls.  das  worl,  von  dem  eine  weibliche  movicrie  form 
iiähc  die  .sie  bereits  sp.  157  aufgeführt  wurde,  dient  in  Nieder-  und 
Mitteldeutschland  in  substantiver  Verwendung  zur  bezeichnung  des 
viännchens  bei  lliieren:  in  Oldenburg  't  iss  en  h6,  es  ist  ein 
männchen.  Fromm.  3,501;  im  Schmalkaldischen  der  he  das  männ- 
rhen  der  vögel.  Vilmar  155;  Luther  gewährt  lüerfür  mehrfache 
belege,  er  wendet  es  auch  auf  menschen,  wie  in  Hessen  he  und 
sä  für  mann  und  frau  gilt  (vergl.  3,691):  aus  dem  spruch 
sind  wir  genis,  das  gotl  die  menschen  in  die  zwei  teil  ge- 
leilet hat,  das  es  man  und  weih,  oder  ein  he  und  sie  sein 
soll.  2,163";  parden  habe  ich  nicht  gesehen,  die  landfarer 
aber  schreiben ,  es  sei  ein  thier,  das  viel  flecken  auf  dem 
feil  habe,  und  die  sie  sind  grewiicher  denn  die  hee.  3,234"; 
in  derselben  gemeine  {die  christliche  kircite  itt  der  archc  Noac 
verglichen)  sind  allerlei  thier,  sie  und  hee.  4,49";  zu  dem  hat 
gott  den  menschen  zur  gcselschaft,  nicht  zur  cinsamkcit, 
geschaffen,  welchs  ausweiset,  das  er  beiderlei  gcschlecht  der 
vernünftigen  und  unvernünftigen  thiercr,  ein  mcnicin  und 
frewlein ,  oder  ein  he  oder  sie  geschaffen  hat.  6,  270*.  bei 
ihm  wccIiscU  übrigens  diese  form ,  die  ihm  mundartlich  heimisch 
war,  mit  dem  streng  hochdeutschen  eine  sie,  ein  er  (4, 19'.  20*), 
das  in  solchen  quellen  häufig  ■genug  erscheint,  vergl.  3,690^. 

HKAII,  interj.:  darumb  das  ir  nhcr  meinheiligthum  sprecht, 
heah,  CS  ist  entheiliget  und  über  das  land  Israel,  es  ist  ver- 
wüst, lies.  25,  3 ;  darumb,  das  Tyrus  spricht  ul»er  Jeru.salem, 
heah,  die  pforlen  der  Völker  sind  zcbrociicn.  2G,  2;  darumb 
das  der  feind  uher  euch  rhümet,  heah,  die  ewigen  höhen 
Kind  nu  unser  erbe  worden.  30,  2.  die  interjeclion  ist  keine 
druliche ,  lumdern  dem  in  diesen  lUeUcn  im  hebräischen  texte 
rrsclieinenilrn  ^I^^!7  nacJigelnldet, 

HF.HAMMK,  f.  obttelrix.  die  ältesten  begegnenden  belege  dieses 
nur  h  '  '  '  ;  unrte.%  sind  ahd.  in  folgenden  formen  iiber- 
liffrri  , .    hefiianna    ohttelrix   (Insyf  4.  «57  {alemau' 

Ttt'rl.  ".irn  l't,  ^.  jiltrfi  ),    lirv.innftn  o/)S/r/r-       '    "■  " 


das  inlautende  h  der  beiden  ersten  beispiele  wird  eine  etymologische 
geltung  nicht  beanspruchen  kCmnen,  sondern  steht,  wie  auch  sonst 
in  den  alten  quellen  üpers  (Weinbold  alem.  gramm.  s.  199, 
bair.  s.  197)  übcrfliissig  eingeschoben,  als  echte  form  des  wortes 
bleibt  demnach  helianna,  hevanuä.  sie  ist  ak  compositum  ge- 
faszl  und  zur  erkldrung  des  letzten  tlieils  desselben  Iheils  altnord. 
önn  arbeil,  tlieils  golh.  anno  jahrgeld,  dienslgeld  bei  angezogen 
worden,  doch  ist  diese  heranzieliung  hinfällig,  da  das  alln.  worl 
auf  ahd.  ando  rifer,  viübe  zurückführt,  in  der  form  also  absieht, 
und  das  golh.  annö  ein  aus  dem  römischen  lagcr  entlehntes  nur 
gßlhi.'iches  fremdworl  kl.  wenn,  wie  wahrscheinlich,  eine  zu.iam- 
mcnselzung  vorliegt,  so  wird  man  aus  anderen  bezeichnungen 
dieser  niUzlichen  frau,  wie  hadcmutter,  kindermutter,  püppel- 
mutter,  weise  mutier,  hchcmutter,  nl.  hevemoeder,  hevel- 
moeder  obsletrix  (Kii.ian)  darauf  geleitet,  in  jenem  -annä  den 
nächsten  weiblichen  verwandten  des  ahd.  mannesnamens  Anno  zu 
sehen,  der  seinerseits  nur  eine  Weiterbildung  des  ahd.  ano,  mhd. 
ane,  mit  dem  fem.  ahd.  an;\,  mhd.  ane,  nhd.  der  und  die 
ahne  ist  und  ohne  zweifei  früher  vater  bedeutete,  so  dasz  das 
ahd.  hev-annä  im  sinne  ganz  genau  mil  dem  angeführten  hehe- 
mutler  sich  declde.  da  der  letzte  theil  des  wortes  dem  sinne  nach 
frühe  dunkel  wird,  so  treten  verschiedene  enlarlungen  der  worl- 
form  auf:  &air.  hebanginn  Schm.  2, 140;  hernach  wurden  die 
Personen  ab-  aus-  und  umgewechslet ,  und  kamen  anstatt 
deroscihcn  die  hcbwang,  die  macht  bang,  und  drei  wackere 
starke  woibcr,  welche  {bei  einer  entbindung)  die  mauer  vor 
dem  einfallen  hielten.  Abele  künstl.  unordn.  2,239;  hefang, 
hefanginn,  in  den  seile  comm.  höufing,  höbing  Schm.  2,155; 
hebänkele  obsletrix  Dief.  390*.  die  umdeulung  des  letzten  worl- 
theils  auf  amme  beginnt  schon  früh:  hevammen,  obstelrices 
Graff  1,  251  (12.  Jahrhundert),  und  setzt  sich  im  mhd.  und 
nhd.  fest: 

den  hefamracn  er  geböl, 
daj  si  täten  daj  mort 
mit  michelen  siinden 
an  den  ebreisken  chindcn. 

cxodus  in  den  ftinilijrnhcn  1,  '«T,  11  ; 

siu  gebot  dem  man  zehante 
dai  er  sinen  lli?  wauie 
heveammen  ze  l)rlngen. 

Wernhkrs  Maria,  das.  2,  116,  3; 

obsletrix  hebam,  hcbamme,  höbamnic  Dief.  390";  obstelnx 
heffam  nov.  glos.<t.  26S';  nachdem  aber  etliche  leibärzt  sagen, 
dasz  ausz  etlichen  natürlichen  Ursachen  etwan  eine,  die 
kein  kind  getragen,  milch  in  brüsten  haben  mög,  darumb, 
so  sich  ein  dirn  in  diesen  fällen  also  entschuldiget,  sol  desz- 
halben  durch  die  hcbammen  oder  sonsten  weiter  erfahrung 
geschehen.  Carolina  ur<.  35;  da  dann  die  hebamm  all  ir  vor- 
bcreitne  rüstung  darzu  {zu  der  geburl)  dienlich,  nutzlich  und 
gut,  bereit  sol  haben,  als  den  kindslul,  schürli,  schwumm, 
nadlen  und  faden.  Hiff /ros//n"«:/i/e  (1.551)  32";  alsbald  ich  auf 
diese  weit  gehohren  hin,  hab  ich  auf  der  erden  herum  ge- 
sprungen, ich  habe  meines  vatern  degen  von  der  maur  her- 
unter gezogen  und  damit  so  ritterlich  herum  geschwermet, 
dasz  ich  der  hcbammen  den  köpf  und  der  kindermagd  den 
leib  entzwei  gehauen.  A.  Gryphius //oni/>.  s.  36;  durch  Unge- 
schicklichkeit der  hebamme  kam  ich  für  todi  auf  die  well. 
GöTiiE  24,11.  —  Übertragen:  wann  es  wol  gerät h ,  so  seind 
es  alle  hebammen,  in  tranguillo  quilibet  gubrrnator  est.  Hemscii 
65;  ward  {Wieland)  aber  bald  nach  Zürich  zu  Bodmern  ge- 
zogen, den  man  in  Süddeulschland,  wie  Gleimen  nachher  in 
Norddeutschland,  die  hcbamme  des  genies  nennen  konnte. 
Göthe  32, 23S ;  sie  {die  kritik)  verbessert  den  autor,  indem 
sie  sein  kind  verbessert,  und  macht  das  erste  buch  zur  heii- 
ammc  des  andern.  J.  I'aui.  (/rön/.  pror.  2, 5 ;  die  hcbamme  von 
Hullens  geistc  war  der  zorn.  Strausz  Hüllen  1,  67. 

HF.IIAMMENA.MT,  n.  niHHH.'!  ü/».</rinViHm.  Frisch  1,430*;  alle 
diejenige  hobannnen,  welche  in  allliicsiger  Stadt  zeilhero  das 
hehammenamt  getrieben.  Straszburger  hebammen-ordnung  (172^1 
.V.  9 ;  dem  hebanuuenaint  zu  des  allgemeinen  wescns  nutzen, 
getreulich  vorzustehen,  s.  16. 

HEHAMMENAHIJKIT,  f  labor  obstctricius.  Frisch  1,430*. 

HEHAMMENAII/T,  m.  geburtshelfer :  herr  Oslander  ist  aN 
einer  der  ersten  heliammenär/le  allgemein  erkannt.  Hkvnk'< 
briefe  an  1.  v.  Miiller  109. 

IIEHAMMKNUIJCH,  «.  buch  sur  helehrung  der  heiiammen : 
dasz  er  {der  liebammenmeister)  ausz  denen  an  der  zahl  zwar 
ühcrdüssigcn  und  weilliiuftigen,  an  getreuem  Unterricht  ai)er 

'  ■     "iflrn   hebaunnenbiichern  einen  solchen  nuszug 


717 


UEBAJiJIENDx^NST  —  HEBDREMEL 


HEBE— UEBEG  ABEL 


71S 


mache,*.  .  wekber  alles  dasjenige,  was  einer  hebanimen  aJs 
hebammen  zu  erlernen  und  zu  wissen  nüthig  und  nützlich 
ist,  in  sich  fasse  und  begreife.  Slraszburger  hcbammen-ordnung 
(172S)  s.o. 

HEBAMME.\DIE>ST,  »i.;  hebammendienste  verrichten. 
E.  T.  A.  HoFFMA.Nx  11,120;  in  einein  bilde:  es  wird  vielleicht 
eine  misgeburt  zur  weit  kommen,  aber  Deutschland  wird 
gebären,  nur  müssen  wir  ims  der  geschwätzigen  alten  weiber 
entledigen,  die  sich  herandrängen  und  ihren  hebammendienst 
anbieten.  H.  Heine  12,  ut. 

HEßAMME.NEX.\MEN ,  n.:  {eine  frau  soll  nicht)  das  heb- 
ammenaml  in  oder  auszerhalb  der  Stadt  treiben ,  sie  habe 
dann  vorher  das  gewohnliche  hebammenexamen  . .  gebührend 
ausgestanden.   Slraszburqcr  hebammen-ordnung  (I72S)  5. 15. 

HEBAMMENGESCHÄFT ,  n. .'  die  zu  denen  hebammen- 
geschäften  abgeordnete  henen  {ralsmitglieder  surbeaufsiduiguny). 
ebenda  s.  3. 

HEBAMMENKUNST,  /.;  die  ganze  hebammenkunst,  und 
derer  lehrsätze  von  stück  zu  stück,  durch  gründlichen  Unter- 
richt erkläre,  ebenda  s.  5.  übertragen :  wer  nicht  die  kunst 
versteht,  seine  schüler  zu  dem  gesagten  oder  nur  angedeu- 
teten vieles  selbst  hinzuerfinden  zu  lassen ,  ist  kein  guter 
lehrer.  hierauf  gründet  sich  alle  socratische  hebammenkunst. 
Kästner  in  Böltigers  lit.  zust.  1,  40. 

HEBAMMENLOHX,  tn.  und  n.  viaeotrum.  Faiscu  1,  430*. 

HEßAMMENMEISTER,  «i.  aufseher  und  lehrer  der  vereidigten 
hebammen  in  der  stadl  Stras:iburg.  Straszb.  h^ammen-ordnung 
s.  iff. 

HEBAMMENORDNÜNG ,  f.:  revidirle,  vermehrt  und  ver- 
besserte hebammenordnung  (der  stadl  Slraszburg  ton  1728); 
eine  andre  (Verordnung),  unter  dem  namen  hebammenord- 
nung, hat  gefährliche  misbräuche  ausgerottet.  Stcez  2,129. 
hebamordniingbüchlein  Garg.  7S'. 

HEBAMMENPFETZ,  m.  einer  der  bei  seiner  geburt  von  der 
hebamme  gepfetzt,  durch  ungeschickten  griff  beschädigt  ist:  so 
wiszt  ihr  nun,  das  er  nichts  hielt  auf  die  heimdückische 
gestolene,  nachtdiebische  kitzelfreud  . .  dann  es  gibt  gcsto- 
lene  kind,  liffkindecken,  eilwerk,  ungehewre  krippel,  spani- 
sche hechizos,  unzeitling,  ehezeitig  geburt,  unzeili^  erstickt 
obs,  bebammenpfetz.  Garg.  63'. 

HEBAM.MENSCHILD,  m.  schild  an  der  icohnung  der  hebamme : 
den  gewohnlichen  hebammenschild  oder  tafel,  mit  der  Stadt 
Wappen  versehen,  öffentlich  auszuhenkcn.  Straszb.  hebammen- 
ordnung s.  13. 

HEBAMMENSCHULE,  f.  fachschule  für  hebammen :  der  heb- 
ammenmeister  soll  schwühren  . .  nicht  nur  allein  die  heb- 
ammenschuhl  ehestens  zu  eröffnen  und  in  gehörig  nutzlichen 
gang  zu  bringen,  sondern  auch  dieselbe  darinnen  . .  bestän- 
dig zu  unterhalten,   ebenda  s.  4. 

HEBA.MMENSTUHL ,  »«.  stuhl  den  die  hebammen  bei  ent- 
bindungcn  anwenden,  gebärsluhl.    ebenda  5.7. 

HEßAMMENUNTERRICHT,  m.:  indem  mein  groszvater  .. 
anlasz  nahm,  dasz  ein  geburtshelfer  angestellt,  und  der  heb- 
ammenunterricht  eingeführt  oder  erneuert  wurde.  Göthe  24,12. 

HEBAMMENWESEN,  «.;  das  allhiesige  hebammenwesen 
in  besser  und  volkomneren  stand  zu  setzen.  Straszb.  hebam- 
menordn.  s.  3. 

HEBAM.MLICH,  adj.:  von  hebamlicher  besicbtigung  des 
schwangern  schweren  leibs.  Garg.  7S'. 

HEBARM,  HEBEARM,  m.  in  einer  uelle  eingezapftes  holz, 
welches  bei  pochwerlien ,  slampfmülden  und  hammertrerken  die 
Stempel,  Stampfer  oder  hümmer  an  ihren  düumlingcn  hebt.  i\- 
COBSSON  2,  239'.  in  den  kupferhütten  ist  der  hebearm  eine 
Stange,  womit  die  saigerstücken  aus  den  frischpfannen  gehoben 
werden,   ebenda. 

HEBARZT,  wi.  geburtshelfer:  ich  stelle  ihnen  diese  kleine 
geburt  meiner  muse  vor,  weil  ich  sie  als  den  hebarzt  davon 
ansehen  kann.    RCoigeb  neuester  Zuwachs  4,  4. 

HEBBEDIENTER,  «i.  abgaben  erhebender  bedienter:  was  ist 
aber  vom  konsistorialsportulbolen  Viktor  zu  erzählen?  dieser 
kirchliche  hebbedionter  setzte  alle  pfarrherren  durch  seinen 
spasz  . .  in  erstaunen.  J.  Paul  Ilr.<q>.  2,  07. 

HEBDREMEL,  HEBEDREMEL,  vi.  hebebaum,  s.  dremel  3, 
th.  2,1399:  hebdrcinel  rcclis  Friscuun  nomencl.  bei  Dief.  OOS'; 
heebdremblcn  und  hcebeisen.  Schm.  1, 4S9;  denn  wenn  der 
teufel  einmal  den  hebdrcmcl  unter  eine  seule  bringet,  und 
rücket  sie  ausz  dem  blei,  wirft  sie  umb  und  bringet  sie  ins  '< 
Weizen.  MATUEsits  hh:.  i:  Jcs.  Christo  1,  S3";   wann  man  das   i 


stück  (geschütz)  auszladen  wil,  so  stöst  man  den  hebdremrael 
vorn  in  die  mündung,  und  bückt  damit  das  stück  gegen  der 
erdo.    Böckler  kriegsschule  (166S)  s.  204. 

HEBE,  /'.  in  mehreren  bedeutungen,  dem  verschiedenen  sinne 
des  verbums  heben  entsprechend. 

1)  anhält,  stütze:  aber  sie  würzend  nicht  im  bimmel,  stehend 
unter  dem  himmel  fix  ohn  alle  heb  und  anhang.  Pahacels. 
2,  71-. 

2)  instrumenl  zum  anhalten  und  fassen,  griff,  henkel:  ansa 
handhebe  Dief.  36',  vergl.  handhebe  sp.  39S;  die  beiden  an- 
dern sind  bruslbilder  von  der  ganz  alten  form,  und  haben 
auf  den  Seiten  zween  hervorgehende  bewegliche  balken  oder 
heben  von  metall  zum  tragen.  Winselman.n  2,  54. 

3)  hebe,  ein  theil  des  müJdenmechanismus :  funden  das  der 
boum  in  der  steinmol  zcu  fil  Vorteils  hatte  und  gebrech  an 
der  hebe  an  beiden  mollen.  Michelsen  thür.  rechtsdenkm.  134. 

4)  hebe,  die  handlang  des  empor-  oder  aufhebens,  ahd.  hevi 
Graff  4,  S24;  nl.  heve,  hef,  elevatio  KaIA-^;  nhd.  hebe,  kvatio, 
elevatio  Steinbach  1,  760 ; 

ich  trag  ain  pürd  swerlicher  heb  (</.  /i.  die  schwer  zu  fassen 
und  zu  hatten  ist).    Wolkemsueis  87,2,21. 

5)  hebe,  die  erhebung  von  leistungen  an  zins  und  frohne,  und 
diese  selbst  {vgl.  unten  hebung),  ein  altgebräuchlicltes  wort,  das 
noch  in  dem  nassauischen  hebehager,  hebhager  für  hebehauer, 
handfröhner  (Keurei.n  190),  sowie  in  hebekorn  (s.  unten)  zu 
tage  tritt: 

blüh,  theurer  ScbalTgotsch !  blüh  und  lebe, 

kein  fall  ersteig  dein  grafTenhausz ; 

das  glücke  zollt  dir  zins  und  hebe.    Gcstheb  952. 

Luther  brauchte  das  wort  für  eine  arl  jüdischen  opfers:  das  er 
aber  aus  dem  ebreischen  zeuget  die  zwei  wort,  tnupha  und 
thruma,  welchs  webeopfer  und  hebeopfer,  oder  hebe  und 
webe  durch  mich  verdeudscht  sind.  3,57';  der  reiche  sol 
nicht  mehr  geben  und  der  arme  nicht  weniger  an  dem  halben 
sekel,  den  man  dem  herrn  zur  hebe  gibt,  für  die  versünung 
irer  seelen.  2  Mos.  30,15;  sol  einen  {kucJien)  von  den  allen 
dem  herrn  zur  hebe  opfern.  3  Mos.  7,14;  die  rechte  schul- 
dein sollen  sie  dem  priesler  geben  zur  hebe  von  ihren  dank- 
opfern, v.  32;  wenn  aber  des  priesters  tochter  eines  frembden 
weib  wird,  die  sol  nicht  von  der  heiligen  hebe  essen.  22, 12 ; 
alles  golds  hebe,  das  sie  dem  herrn  hüben,  war  sechzehen 
tausent  und  sieben  hundert  und  fünfzig  sekel.  4  3/os.  31,  52; 
du  magst  aber  nicht  essen  in  deinen  thoren  vom  zehenden 
deines  getreids  ..  oder  von  deiner  band  hebe.  5  JUos.  12,17; 
wer  eine  arme  hebe  vermag.  Jes.  40,  20. 

6)  mundartlich  in  der  Wctterau  steht  hebe  für  hefe  fermentum; 
in  Franken  ist  hebe  ein  krummes  messer  oder  handbeil ,  hippe 
(ScuM.  2, 141) ;  über  diese  formen  unter  hefe  und  hippe  weiteres. 

HEßEB.\LKEN,  vi.  balken  über  einer  Zugbrücke  zum  aufziehen 
derselben.   Jacobsson  2,  239*. 

HEBEBAUM,  m.  vectis:  hebebaum,  hebestangen  vedis  He- 
MscH  215;  hebebaum  ist  eine  dicke  .  .  stange  von  gutem 
harten  holze,  welche  in  gemeinen  leben  zu  fortbringung 
groszer  lasten  . .  gebrauchet  werden  kan.  öcon.  lex.  (l73l)  965. 
in  der  altern  spräche  häufig  auch  die  form  hebbaum :  mit  Stangen 
und  hebbäumen.  Harnisch  Ul;  S  hebbäumen.  Böckler  Än><;j5c/t. 
(1668)  s.  267.  —  Übertragen ;  natürlicher  weise  war  ihm  also 
ein  Schwiegersohn  jetzt  am  meisten  erwünscht,  da  ihm  etwan 
die  tochter  gar  mit  tode  abgehen  könnte,  ohne  dasz  er  sie 
noch  zu  einem  springstab  und  hebebaum  seines  leibes  ge- 
braucht hätte.  J.  Paul  Hesp.  4,24;  sann  nach,  aus  was  für 
absiebten  ich  der  wohlthäter  von  lausenden  und  der  hebe- 
baum der  ganzen  erde  geworden  ?  teuf.  pap.  2,  3S ;  war  der 
preszbengel  der  hebebaum  von  Völkern,  so  ist  er  auch  das 
Schwungbrett  tMnes  mannes.    ddmmerungen  102. 

HEBEBOCK,  m.  holzgerüst  zum  heben  von  lasten:  l  hebbock 
complet.    Böckleb  kriegssch.  (l66S)  271. 

HEBEDAU.MEN,  m.  hebarm  bei  poch-  und  hammerwcrken. 
Jacobsson  2,  239*. 

HEBEDEHE,  inlerj.: 

wol  von  dem  pfafTcn  von  Wisentbai, 
und  was  er  hat  gethan. 


pi  pa  pu  pe, 
d.-is  hcbedehe. 


Garg.  49'. 


HEBEGABEL,  f.  kleiner  eiserner  hebel  mit  einem  stiel,  ge- 
braucht bei  dem  zeugjagen,  um  die  tücher  oder  garne  damit  auf 
die  forkcl-  und  slellstangcn  lu  lieben.  Jacobsson  2,  239'. 


719 


HEBEGEBÜIIR— HEBEL 


HEBEL  — HEBEMUTTER 


720 


HEBEGEBÜHU,  f.  yehuhr  für  das  crltcbcn  von  abgaben  und 
lasten. 

HEBEGERÜST,  «.  geiüst  zum  heben  von  lasten,  hebebock. 
Jacobsson  2,  239'. 

HEBEGESCHlUIl,  n. ;  man  nennt  solches  (hebezciti]  aus 
einetn  schraubensalz  bestehend)  auch  ein  hebegeschine,  es  dienet 
zu  eihebung  eines  ganzes  gebäudes,  einer  gluciic  aus  ihicni 
!>luhl.   Jacobsson  4,42'. 

HEBEISEN,  »1.  1)  vihd.  hebisen,  eiserner  b&gel,  in  den  man 
die  frauen  treten  licsz,  wenn  sie  vom  pferdc  stiegen  : 

die  vrowen  hiej  man  dö  ab  heben, 

icli  l)at  mir  da;  hebisen  geben : 

ich  huob  die  vrowen  ab  vil  gar.    fraucnd.  37,  (i; 

daj  hebisen  ich  dar  truoc. 

si  sprach  'ir  sit  niht  starc  genuoc : 

ir  müct  mich  abegeheben  niht: 

ir  sit  Krane  dar  ziio  enwihl.' 

des  Schimpfes  wart  gelachet  da. 

dö  trals  üt  da;  hebisen  sä. 

dö  si  her  von  dem  satel  sleif, 

bi  minein  bar  si  mich  begreil'.    37,  13/f. 

2)  eiserner  stift  zum  festhalten  der  aufgeschlagenen  blätler  eines 
buches:  tenaculum  liebysen,  bebholzlin  {scriploris)  Diek.  577*. 

3)  cisenstange  zum  heben  von  lasten :  lieber,  hebeisen,  allerlei 
zeug  oder  instrunient ,  dannit  man  etwas  hebt ,  relinaculum, 
vectis  Maaler  215';  hebeisen  veüis  Stieler  373;  hebeisen, 
brecbeisen  veclis  ferreus  Friscu  1,  430* ;  kommen  Rumor  und 
Sutor,  zwen  dieb ,  tragen  ein  latern ,  etliche  bebeisen  und 
bickel.  AvRER  fastn.sp.  3°  (2351, 10  Keller),  indem  das  malerial 
aus  dem  das  inslrumenl  geferügl  ist  zuriicklriU  und  nur  noch  auf 
seine  benulzung  gesehen  wird,  braucht  man  Jiebeisen  allgetnein 
uie  bebebauin  oder  bebel  und  uendet,  wenn  das  malerial  aus- 
drücklich liervorgehoben  werden  soll,  die  Verbindung  eisernes 
bebeisen  an:  9  eiserne  bebeisen.  Bückler  kricgssch.  (lOGS) 
seile  275. 

4)  hebeisen,  elcvalorium,  bei  den  Wundärzten  ein  kleiner  und 
feiner  stählerner  hebet,  womit  die  zerquetschten  stellen  eines 
hirnschädels  wiedei-  in  gehörige  läge  gebracht  werden,  Jacobsson 
2,  239'. 

HEBEKÄSCHER,  m.  fischergarn,  das  bei  trübem  wasser  auf 
den  grund  gelegt  und  nach  einer  weile  wieder  gehoben  wird. 
Jacobsson  4,141*. 

HEBEKOPF,  m.  hebarm  an  einem  pocliwerke.  min.  lex.  29l'. 
bei  Frisch  1.  430'  bebkopf. 

HEBEKOBB,  m.  flacher  korb  der  zu  beiden  seilen  heben  hat, 
woran  er  getragen  wird:  hiermit  setzte  die  frau  einen  unter 
dem  manlel  habenden  bebekorb  auf  den  boden.  Felsenb.  3,431. 

HEBEKORN,  n.  körn  ah  zins  oder  abgäbe:  den  bauern  die 
äcker  um  bebekorn  austhun.  Frisch  1, 43ü'  aus  einer  mär- 
kischen quelle  von  1050  und  1672. 

HEBEKRAHN,  «i.  grosze  hebemascliine.  Jacobsson  2,239'. 

HEBEL,  m.  l)  veclis,  inslrumenl  zum  heben,  seit  dem  16.  jh. 
bezeugt:  hebel,  veclis  Alber.  x4'.  k2',  Dasvp.*"  Fischart  im 
Garg.  will  mit  dem  compositum  bauernhebel  den  hebel  in  seiner 
etnfaciislen  geslalt  als  hebebaum,  wie  ihn  die  bauern  brauchen, 
schildern,  der  aucli  als  waffe  dienl:  wie  mit  zweien  rapiren 
zu  schirmen,  wie  die  knebcispiesz  underzulaufen,  die  baurcn- 
liebel  abzuweisen.  177';  ferner  lange  stämmige  bauein  einem 
solclien  hebel  vergleichen :  er  dorfl  nicht  wie  jener  baurenhebel 
ein  gänskrag  drein  stecken.  115";  nebenform  ist  Maalers  heber 
. .  reell«  215';  drei  oder  vier  starke  bebel,  von  gutem  zehem 
bolz  uhngefcbr  7  schue  lang,  so  zu  dem  richten  der  stücke 
fein  glatt  und  bequem  gemacht.  Bückler  kriegsschule  (iGUs) 
181;  als  waffe: 

titcbl  minder  krättig  schlug 
der  alte  zu  mit  seinem  schweren  hcbei. 

Wieland  '12,  5!l  {Dbvrun  2,  6,  iior/»cr 
knitiel  genannt  1,  72); 

bildlich :  zur  crreicbung  seines  vorhaben»  setzte  er  alle  hebel 
ein;  und  ist  das  herz  nicht  der  grosze  bebel  unsers  lebens? 
KLiNCCfi  12,118;  bei  den  westphülischen  friedensunlerhand- 
lungcn  sahen  die  versammelten  tüchtigen  inllnner  wohl  ein, 
was  für  »in  hebel  erfordert  wurde,  um  eine  sisyphische  last 
vom  platze  zu  bewegen.  Gütue  26,128;  da  blos  der  basz 
gegen  einen  stand ,  den  der  geliebte  pllegesuhn  ergiilTen, 
der  einzige  hebel  ist,  welcher  eine  neue  und  auserlesene 
tragik  der  bandlung  in  bewegang  setzen  könnte.  E.  T.  A. 
livrriiA!i!<i  12, 104; 

dm  «laaibau»  RründlicbiteD  bebel, 

deu  degeo  oder  dco  itbel.     RGckiiiit  149. 


2)  anders  hat  sich  die  grundbedeulung  des  worles  in  der  altern 
Sprache  sjiecialisierl :  ahd.  bevilo  fermenlum,  bevil  zima  Ghafk 
4,829;  später  fermenlum  bebel  Dief.  230';  azymus  brot  an 
hebel  64';  bebel,  bet'cl,  zyme .  fermenlum  Dasvp. ;  deiszem, 
bebel,  böfeie,  uhrhacb  (lies  »nhab),  saurleig,  fermenlum  He- 
nisch  67t;  fermentnm  liocbdcntscb  Sauerteig,  deiszam  büfel, 
urhab,  bebel  und  hölel.  Tabernaem.  kräulerb.  652; 

dasz  der  hebel  Vfie  vor  und  e 
Wirt  sauren  ie  leiiger  und  mc, 
also  das  brot  gcbachen  werd 
z&  nutz  uns  armen  hie  aiiT  erd. 

ScuAUE  sat.  u.  j/UM^K.  1,  'Ai,  177. 

das  innere  b  wird  durch  v  («ic  schon  im  ahd.)  oder  f  ersetzt: 
fermenluni^he\e\ ,  befel,  heffel  Dief.  230';  zyma  boefel,  sur 
liefel,  sur  heO'el  635';  nl,  hevel,  befdcegh /crwicM/wm  Kilian; 
befel,  fermenlum  Stieler  fe06;  /;air.  hefel ,  befling  sauerleig 
ScuM.  2, 155 ;  oder  was  teig  man  mit  hefel  oder  pyer  oder 
bopfwasser  macht,  dy  muszman  alle  laszen  aufgeen.  kuclten- 
meislerd  ciij;  wenig  befels  vervvust  ain  ganzen  laig.  Reucblin 
versl.  '';  das  ist  der  befel  der  gleichsznerei,  vor  dem  sieb 
alle  inenscben  bieten  sollen,  als  der  beir  Cristus  Jesus  seinen 
jungern  selbs  geholten  halt,  da  er  sprach:  hielten  eüwcb 
vor  dem  hefel  der  abgeschaidnen.  Keisersberg  predigen  (1508) 
79*;  bulen  iich  und  sehend  ücb  fiir  von  dem  hefel  der 
phariseier  und  saduceicr.  Schade  sat,  u.  pasqu.  3,  8,  37 ;  dan 
do  verstanden  die  junger,  dasz  er  nil  den  hefel  des  liblicben 
brots,  suiider  vermeint,  si  sich  zu  hüten  von  der  leer  und 
predig  der  phariseier  und  saduceier.  3,  9,  7 ;  hüt  dich  vor 
dem  hölel  der  pharisecr.  S.  Frank  citron.  1531  431*;  jetz  ist 
disz  land  mit  dem  macbometischen  hefel  eingeseürt.  weltb.h'i'; 
ein  hefel  den  man  nit  unter  das  osterbrol  musze  lassen 
koinmeu.  kricgsb.  d,  fr.  155;  das  pcstilenzgeschwäi'  zu  offenen, 
nemmct  süudullen  und  saurleig  oder  büfel  vom  rocken.  Sebiz 
feldb.  65. 

HEBELADE,  f.  winde  womit  namentlich  starke  bäume  auf 
einen  wagen  gehoben  werden.    Jacobsson  2,  239*. 

HEBELARM,  m.  arm  eines  hebeis.  in  freier  anwendung :  der 
balglreter  stieg,  gleich  einem  baromeler  vor  dauerhaftem 
weiter,  langsam  hinauf  und  brachte  sich  uud  den  zurück- 
gelangten zeltel ,  trotz  alles  obern  vvinkens,  mit  seinen 
hebelanuen  keine  ininute  früher  auf  den  tburm.  J.  I'all 
Ilesp,  1,55. 

HEBELATTE,  f.  hebarm  bei  poch-  und  hültenweiken,  Jacobsson 
2   239*. 
'  HEBELBAUM,  m.  hebebaum: 

Runcus  ist  gewaltig  stark,  gebe  haurcn  groszcu  nutz 
künten  ihn  zum  hebelbauin  brauchen  Inr  das  gröste  klotz. 

LoGAU  3,  153,  95. 

HEBELEITER,  /".  winde,  hebelade  der  fuhrleute.  Jacobsson 
2,  240". 

HEBELMASCHINE,  f,  maschine  womit  das  wasser  aus  den 
gruben  und  gangen  eines  bergwerlcs  gehobm  wird.  Jacobsson  das, 

HEBELN,  verb.  nach  den  beiden  bedeulungen  von  hebel. 

1)  mit  einem  hebet  empor  heben,  auch  in  übertragenem  sinne: 
der  eine  behelt  den  üudern  in  die  höhe.  Gutzkow  Blasedow 
u.  s.  söhne  1,  38. 

2)  mii  sauerleig  versehen,  säiu-rn;  nebenfonn  befein:  heblen, 
seüren  ,  fermcnlare,  gchebiet  oder  geseiirl  fcrmcnlatus,  nnge- 
hebiet,  ungeseüret,  azymus  Dasyp.  ;  fermentare  hefeln  Ditr. 
230';  azymus  nit  gebefeil  64';  befeien  fermentare  Stieler  806; 
nl.  hevelen  fermentare,  fermento  iniscere,  fcrmenta  incremenlum 
dare  Kilian;  seuret  den  teig  mit  hefel  von  anderem  lockcnem 
inehl,  liesz  es  also  heflen  und  über  nacht  stehii.  L.  TuuRN- 
tissER  bcsclir.  influenl,  Wirkungen  78. 

HEBELZEUG,  u.  Werkzeug  womit  man  wurzeln  aus  der  erde 
rehzl.  Jacobsson  2,  240*. 

HEBEMAHL,  ti.  gaslmahl  das  den  zimmerleuten  beim  heben 
oder  riclUen  eines  gebäudes  gegeben  wird,  Adellnc. 

HEBEMASCHINE,  f  maschine  zum  heben  von  la.<:len.  bildlicli: 
sie  (</ie  inuller)  sainmlete  alle  ihre  inülterlicben  anziehung- 
kiafle  und  bebemaschiunen  auf  L'inen  puiikl  zum  stürze  der 
stillen,  grünen  inyrihe.  J.  I'all  Titan  3,74. 

HEBEMISKEL,  m.  elevatur  musculus ,  t.  b.  an  den  augen- 
luli'in.  den  Uiqieu.     auch  musculus  cremaster.    Nkmnicb. 

HEBEMUTTER,  f  hebamme:  ol^letrtx  bebmnlcr,  nd.  bevc- 
moder  DiEr.  3'Jo*.  veryl.  oben  behainme  sp.  710.  auch  eine 
unlcrletbskrankhrtt  heuzl  so:  coltca  hevemoder,  hevcn-,  lief-, 
heb-,  bebe-,  halTtnuler  Dief.  13l';  ein  kuldc  hebemnier  ebenda, 
vagl.  bUrmultcr  und  LUrvaler  theil  1,  sp.  1I3U  u.  lUti. 


721 


HEBEN 


HEBEN 


722 


HEBEN,  verb.,  capere,  tollere. 

I.  Formelles. 

golh.  hafjan,  fraet.  ]i()l\  allsädis.  hebbian,  buf;  mnd.  nnd. 
beven,  bof;  altniederfr.  bevan,  buof;  niederl.  beffen,  bief; 
fries.  beva,  büf;  angels.  bebban,  böf;  engl,  bcave,  bove  md 
beaved;  allnord.  beQa,  bof;  scltued.  bäfva,  dän.  bäve  mü  nur 
sclucacltem  prael.  (bäfvade,  bävede);  ahd.  befifan  und  bevan, 
praet.  buob,  inlid.  beben  und  beven,  piaei.  buop.  die  formen 
schuanken  manigfacli. 

1)  das  verbum  von  der  tvurzel  deulsch  bab,  lat.  cap  ausgehendj 
wie  bereits  sp.  46  eröiiert  ist,  bildet  seine  praesentialen  formen 
millels  eines  m  den  deiUsclien  sprachen  wenig  gebräucblicben  determi- 
nierenden dementes  ja,  so  dasz  im  golliischen  der  infinitiv  baf-ja-n, 
tft  jüngeren  dialecten  unter  assimilätion  und  umlautung  des  wurzel- 
vocals  bebbian,  bebban,  beffan  entsteht,  der  unter  Vereinfachung 
der  so  entstandenen  doppelconsonanz  zu  beven,  beben  verläuft 
{die  ältere  form  zeigt  sich  dem  gegenüber  im  altern  nhd.  nur  noch 
selten:  was  ist  der  andere  giose  bücke,  doniittbe  der  bese 
geist  diese  raenscben  bebbeudeist?  Merswin  lü7;  oder  alluin 
etwas  zu  beffen  und  an  das  radt  zu  greifen.  S.  Frank  spr. 
2, 103).  daneben  finden  sich  vereinzelt  spuren,  dasz  die  praesen- 
tialen formen  in  der  gewöhnlichen  weise  eines  starken  verbums 
gebildet  sind,  ahd.  also  inf  baf-a-n:  eletare  arbafen  im  voc. 
sti.Galli  bei  Hattemer  1,14';  praes.iupor  arbafit  anhelal  Graff 
4,  S20;  mild,  man  sal  in  haben  von  der  stat  dö  ber  umbil- 
llcben  iiget.  d.  mysl.  1, 154, 16  (nachher  21 :  man  sal  in  beben 
von  der  stat); 

sun,  habe  da;  du  getragen  mabt; 

das  dir  ze  swa;re  si,  lä  ligen.    JUS.  Hagen  1,  367* 

(Winsbecke  33,1,  Haupl  liest  mit  einer  handschriß  bebe);  nbd. 
erliaben,  efferre,  bocblicb  loben.  Maaler  lll';  erhabende,  der 
erbebt,  efferens  das.  seit  der  mhd.  periode  ist  so  formelle  gleich- 
lieit  mit  einzelnen  bildungen  des  schwachen  verbums  haben  erzielt, 
welches  bei  der  wurzelgemeinsdiaß  auch  begrifflich  tlieilweise  an- 
rührt {vergl.  unten  beben  II,  1  m.  2  mit  haben  sp.  50),  wie  haben 
auch  sonst  formen  von  heben  angenommen  hat  (sp.  49.  50),  und 
wiederum  der  inf  heben  für  haben  steht: 

almüsen  sei  man  denen  geben, 
die  gar  nichts  übernächtigs  heben. 

Schade  sal.  u.  pasqu.  1,35,302. 

2)  das  praet.  goth.  hof,  ahd.  mhd.  buob  buop,  wallet  als  hub 
m  den  älteren  nhd.  quellen  uneingeschränkt,  wie  die  unten  folgenden 
beispiele  reichlich  ergeben,  die  praeterilalform  hob ,  die  wol  nur 
nach  falscher  analogie  von  quelle  qoll ,  oder  schere  schor  ge- 
bildet ist,  und  als  deren  frühester  anfang  unten  das  praeteiilal- 
particip  gehoben  neben  dem  eigentlich  allein  bereclitiglen  gehaben 
schon  aus  dem  16.  Jahrhundert  nachgewiesen  wird,  ist  von  gramma- 
tikern  und  lexicographen  des  l'.jalirh.,  namentlich  Schottel  und 
Stieler,  noch  gar  nicht  aufgeführt,  erst  Steinbach  verzeichnet 
sie,  aber  aucii  ausschlieszlich,  so  dasz  hub  bei  ihm  nicht  erscheint. 
hob  war  in  Schlesien  langst  volksmaszig  gebräuchlich  gewesen 
(obschon  die  dichter  der  ersten  schlesisclien  schule,  und  sjtäler  noch 
Günther  es  vermeiden):  also  dasz  sich  sein  Schreiber  der 
nutzung  des  gutes  anmaszle,  mit  den  gärtnern  aufhob.  Scuwei- 
NicHEN  2,146;  die  ..  Semnonen  hoben  auf  diese  zeitung  als- 
bald die  belägerung  der  Stadt  Clusium  auf.  Lohenstein  Arm. 
1,  74S' ;  drang  aber  bei  den  Schriftstellern  anderer  Heimat  noch 
niclit  durth,  bis  endlich  nach  der  mitte  des  18.  jaftrh.  die  autorität 
der  grammatiker  (Gottsched  kern  der  sprachkunsl  1753  s.  156) 
die  form  hob  die  vorwiegend  gebräuchliche  werden  liesz,  so  dasz 
Adelung  hub  nur  noch  für  dialeclisch,  für  'oberdeutsch'  erklärte, 
dennoch  dauert  hub  bis  in  die  neueste  zeit  neben  hob: 

die  wölke  hub  sich.    Stolbesc  3,  325; 

und  als  die  sichel  zu  Telde  ging, 

hubs  an  sich  zu  regen  und  strecken.    Borger  61'; 

so  will  ich  für  Hektorn  zeugen, 

hub  der  söhn  des  Tvdeus  an. 

Schiller  siegesfest  r.  111-, 
mein  schwesterlcin  klein 
huh  auf  die  bein.    Götue  12,  237; 
Nereideusiimnieu  erhüben  das  lied.    Platb»  135'; 
er  hub  zu  rosz  das  schöne  weih. 

Uhla:<d  gcit.  208  (und  öfter,  neben  erhob  $.  113). 

eben  so  lange  wie  hub  hält  sich  der  oplaliv  hübe  (jetzt  höbe  nach 
dem  dominierenden  hob),  für  den  einigemal  die  an  das  nieder- 
ländische practeritum  hief  anklingende  form  hiebe  begegnet :  ob  er 
nicht  wisse,  dasz  die  dünste,  welche  .«ich  zur  sonne  crhiebcn, 
von  ihren  stialen  zerstreuet  würdet)?  Lessing  7,2&a; 
IV.  II. 


wenn  wir  erhieben  den  grabstein. 

•AiR£R  fastn.sp.  4*  (2352,  31  Keller), 

eine  form  die  die  eben  gemachte  vergleichung  mit  dem  niederl. 
nach  analogie  reduplicierender  verben  gebildeten  bief  um  so  mehr 
zuläszl,  als  die  Zimm.  chron.  auch  die  indicativform  hieb  neben 
hub  «Md  hueb  gewährt:  es  gebieb  sich  sein,  des  knaben, 
muelter  ganz  übel.  1, 434,  S ;  der  gebieb  sich  innigclichen 
übel.  4,  29S,  8.  —  lieben  der  starken  form  hat  sich  (schon  mhd., 
wb.  1,643*)  die  schwache  hebte  ausgebildet:  letzlich  bebte  ein 
schulnieisler  .  .  .  also  au.  Schlppils  699;  wir  hebten  aber 
unsere  herzen  und  stimmen  zu  gott  in  den  bimrael.  714; 
letztlich  aber  die  obren  hinzu  hebet,  hörte  ich  diese  wort. 
772;  wofür  aucli  mit  rückumlaut  babte:  deszwegen  erbabl  er 
sich  viel  leichllicber  auf,  dann  Galpan.    Amadis  77. 

3)  die  eigentliche  starke  form  des  part.  praet.  ist  gehaben,  eine 
form  die  im  16.  jahrh.  noch  die  durchaus  gewöhnliclie  ist,  im 
17.  jahrh.  unterzugehen  beginnt,  alber  noch  in  reuen  bis  in  die 
zweite  lnüfte  des  IS.  sich  hält: 

in  ihrem  anschäun  glücklich  zu  sein, 
ist  einem  einzgen  aufgehaben  (:  haben). 
WiELAMD  21,  68. 

jetzt  dauert  sie  noch  in  dem  adjecliv  gewordenen  parlicip  erhaben 
fort,  vergl.  die  ausführungcn  bd.  3,  832.  die  form  gehoben,  an 
der  der  Übergang  des  verbums  in  eine  andere  ablautreihe  sieh  vor- 
zubereiten beginnt,  erscheint  bereits  bei  Lcther,  allerdings  als 
ungewöhnliche  neben  gehaben,  und  nur  in  einer  reimenden  formet: 
wie  auch  heraog  George  für  andern  allen  gehoben  und  ge- 
schoben hat.  6, 15*  (die  volle  stelle  unten  II,  9).  belege  für  das 
aufkommen  von  gehoben  im  17.  jahrh.  s.  unter  erheben  bd. 
3,  841.  neben  der  starken  form  ist  die  schwache  gehebt  alt  und 
häufig  (mhd.  s.  Ben.-MIjller  a.  a.  o.) :  weren  sie  menschen 
und  in  ihrer  ersten  Unschuld  blieben  oder  durch  Christum 
wider  in  ihre  erste  Unschuld  und  menschbeit  gehabt,  kriegsb. 
d.  fr.  36 ;  durch  Christum  also  wider  in  die  erst ,  ya  ein 
bessere  natur  und  Unschuld  gebäht,  das.;  solt  nicht  in  das 
land  komen ,  darüber  ich  meine  band  gebebt  habe.  4  Mos. 
14,30;  darnach  der  benger  .  .  (einen  körper)  widerumb  an  der 
Stange  auf  den  rost  gehebt.  Luther  3,419';  mit  aufgeheblen 
arm.    Amadis  90; 

ist  alles  leidens  überhebt. 

Wickrah  irr  reit,  bitger  4*. 

noch  jetzt  ist  sie  in  Oberdeutscldand  volksmaszig  in  mancherlei 
schattiei'ungen :  bair.  gebebt  und  gehabt  neben  gehoben ,  ge- 
haben und  geheben  Schm.  2, 13S;  kärnln.  höbat,  gihop  und 
gibouben  Lexer  136;  in  Scitwaben  und  in  der  Sdiweiz  gehebt. 

II.  Bedeutung. 

Als  erste  bedeutung  von  heben  musi  nach  dem  als  urverwandt 
hingestellten  lat.  capere,  capulum,  griech.  xcoTirj  die  des  fesl- 
fassens,  haltens  gelten,  woraus  sich  die  des  aufrectU  oder  empor- 
haltens  modificiert. 

1)  beben  =  hallen,  festhalten,  hat  sich  jetzt  nur  bei  den  süd- 
lichen Hochdeutschen,  Alemannen  und  Baiern  erhalten,  wo  es  volks- 
maszig ist  und  sich  mit  haben  (sp.  50)  mischt,  während  es  in 
fränkischen  landstrichen  selten  (Kehrein  190),  in  den  andern 
mittel-  und  den  niederdeutschen  gegenden  nicht  begegnet,  die  belege 
aus  älterer  zeit  stehen  übeihaupt  an  zahl  gegen  die  der  zwdten 
hauplbedeutung  zurück. 

mhd.  da  mit  (mit  einem  ringe)  was  ze  der  selben  zit 

der  Saphir  üf  den  sarc  gehaben.     Wigatois  212,  30; 

nhd.  zunächst  öfter  mit  einfachem  objectsaccusativ :  der  ein  hocke 
(haken)  domitle  der  bese  geist  diese  menschen  hebbct. 
Merswin  107;  Theagenes  kniet  ihm  (seinem  gegner  beim  ringen) 
mit  den  knien  zwischen  die  Schenkel  auf  die  gemecht,  hub 
ihn  also  stark,  dasz  er  sich  nicht  regen  kundt.  b.  d.  liebe  227* ; 
was  inen  in  die  scheren  gebebt  wirt,  fassen  und  heben  sie 
stark.  Forer  fischb.  121";  Galoar  gab  sein  rosz  den  Jungfrauen 
zu  beben.  Amadis  273;  der  meister  befalb  den  knechten,  sy 
sollen  in  heben  (einen  jungen  mann,  zum  zahnausziehen). 
Wickram  rollw.  118,12  Kurz;  der  veifolgete  einen  dieb  mit 
lautem  nachschreien,  hebt  den  dieb!  Pbilandeb  1  (1642)  s.68; 

nemmen  den  kevben  grangklich  an, 

beben  in  stark,  lood  in  nil  gon.      Daniel  1545,  Hiij'; 

diewcil  es  aber  dozumal  noch  ain  ncwe  badstuben  und  die 
bilz  nit  wol  hueb,  hett  das  frölin  so  übel  im  badt  gefroren, 
das  man  ime  ain  beiz  hat  muescn  ins  badt  tragen.  Zimm. 
clnon.  2,452,18;  lieber  hall  oder  beb  mich  das  ich  nit  fall, 
retine  me  obsecro.  Maaler  215*;  wie  noch  jetzt  im  volksmunde 
hubet-a  haltet  ihn  (und  nehmet  ihn  fest),  in  Ai)penzell.  Tobler  248*. 

46 


723 


HEBEN 


HEBEN 


724 


allitlerierend  ist  heben  und  liabeti  verbunden  (iw;//.  Iialten  und 
haben  sp.  50) :  hol  ein  man  seinem  weibe  gebin  sein  gut 
gancz  odir  gar,  cju  hebin  und  cju  habin  nach  seinem  lode. 
Magdeb.  blume  2,  2, 118. 

Dem  object  treten  ortsbestmmnngen  hinzu,  entweder  im  daliv 
oder  accusativ:  fromme  lent  heben  siel»  nur  am  liimmel, 
drumb  haben  sie  kein  glück  aufm  boden.  Lehmann  1,242; 

ßlüende  brand  sie  hranclien, 

liebens  ihm  an  den  leib.    Körner  hiat.  t'o/fcs/.  331 ; 

auch:  {da  ieh)  letztlich  aber  die  obren  hinzu  heltet ,  hörte 
ich  diese  wort.  Schuppics  772.  diese  richtunysbhlimmung  tritt 
auch  in  dem  intransitiven  Schweiz,  of  ncbes  liei)a ,  nach  etwas 
zielen  (Tobler  24S')  hervor. 

2)  transitives  heben  wendet  sich  zur  bcdeutung  aushallen,  er- 
tragen :  musz  doch  schauen  ,  ob  das  kürbchcn  auch  einen 
krach  hebt,  daclite  er  sich,  nahm  einen  tüchtigen  stein  und 
legte  ihn  in  das  kürbchen.  Zingerle  kinder-  n.  hausm.  aus 
Südd.  89.  in  bezug  auf  eine  ertragungs fähige  viitlelmäszigkeit  an 
personen :  er  laszt  sich  wo!  heben,  viediocriter  doctus  est,  haud 
excellit.  prompt,  von  1618,  bei  Schm.  2, 139. 

3)  lieben,  intransitiv,  in  mehreren  Schattierungen  der  bedeuinng. 

a)  haften,  von  gegenständen:  in  summa,  es  war  allda  ein 
solch  einreiiten  von  wein  zur  ächszt  und  scliiflf,  als  vil  all 
berge  trauben  geben,  wie  vil  kornär  an  stengelein  heben. 
Garg.  59";  weil  ein  ganz  land  an  im  gehebt  hat.  lio';  du 
plünderst  deinem  manne  haus  und  bof  ab,  bis  ihm  kein 
hemd  mehr  am  leibe  hebt.    Scdiller  rduber  2,  3. 

b)  aushalten,  ausdauern,  in  bezug  auf  personen  und  gegen- 
stände: bair.  guele  arbeil  hebt  lang,  nahrhafte  kost  hebt  lang 
her.  Schm.  2, 13S;  Schweiz,  s  weiter  habet.  Tobler  248";  von 
personen  er  mos  hUba  {herhalten,  für  jemand  zahlen).  248'. 
hierher  die  reimende  formet  leben  und  heben,  deren  letztes  glied 
das  längere  verweilen  in  einem  orte  oder  zustande  betonen  will: 
und  forthin  mit  euch  friedlicher  leben  und  heben  wolle. 
Abele  ktinstl.  unordn.  1,  82 ; 

er  lebt  noch !  lebt  noch  und  liebt  noch, 
doch  frag  mich  keiner:  wie? 

Scheffel  gaiideamus  s.  8S. 

c)  anhalten,  still  halten,  zögern:  er  {Jesus)  reit  für  sich  zu 
der  stat  in  zu  sinem  tod,  er  hub  nit  still.  Keisersberg 
bilg.  174*; 

do  nam  ers  in  der  mitte, 

er  let  ir  ich  waisz  nit  wie, 

der  man  wo!  auf  der  dillen  scbrai : 

ei  beba,  ich  bin  nocli  hie, 

ich  bin  noch  nit  im  hew.    Uhland  volkxl.  729; 

der  drite  .«sprach:  heb,  schüz,  nun  beit! 
wfinscli,  das  wir  nit  verderben. 

GöDEKE  H.  Tittmann  liederb.  372,  119; 
und  breit  dich  ausz,  und  brang  dahin, 
und  nimb  die  halben  gassen  in, 
und  siosz  ein  andern  an  ein  seilen, 
sprich  iandsmaiin,  bebali,  gib  mir  weilen. 

(jrubiaiiHs  (l'raukf.  15(j8)  D4'  (b.  1,  cap.  5). 

in  der  Verbindung  anheben  {was  l,  370  nicht  erwähnt  ward):  heb 
an,  Unflat,  ich  han  dichs  gheiszen  versuchen,  nit  gar  frässen. 
Üiog.  Cij'; 

anheb !  wenn  ich  im  noch  techt  {(lachte)  .  .  . 
fasln,  sp.  836,  21. 

d)  auch  der  begriff  des  hindernüses  tritt  hervor:  wo  hebts 
denn  {woran  liegt  es?)  da  hebts.  Schm.  2,139;  es  hebt  hert, 
sie  bleiben  bei  einander.    Pauli  38. 

4)  reicher  gegen  die  vorigen  bcdeutungen  ist  lieben,  in  die  höhe 
fassen,  emporheben  {der  gegensalz  von  senken)  entwickelt,  zunächst 
mit  dem  aec.  des  objects,  dem  vielfach  riciUungsbeslimniungen  hin- 
zutreten: was  du  nicht  heben  kansl  das  las  ligen  {sprichworl). 
Luther  0,140*;  er  hob  drohend  den  stock;  der  wind  hebt 
den  staub,  venlus  pulverem  in  sublime  fert.  Fri.«ch  l,43o';  es 
{das  Wasser)  trug  ihn,  und  der  geschickte  Schwimmer  be- 
herrschte es.  bald  hatte  er  die  vor  ihm  fortgerissene  schöne 
erreicht;  er  fa.izte  sie,  wuszic  sie  zu  heben  und  zu  trafen. 
17,331;  jede«  blatt  das  vom  winde  gehoben  wird.  Detti.'ve 
taget.  31 ; 

ohne  stock  und  utein  zu  heben.     Dörorr  32'; 

wie  »in  ihn  erblicld. 

hflit  nie  die  erKcliricIit, 

mit  crtiatinen  rino  wcitzc  band.     GAtiii  l,2t3i 

kein  »inrlilicher,  naffl  «le. 
rückt  dieien  icbleicr,  bt«  ich  Kcllmt  Ihn  höbe. 

.ScHlLl.Kii  bitä  tu  iiiii 
icn  nnh«  mich  mit  »hiizem  bnnK<>n, 
*le  äUnr  bfht  d«n  urhlcier  Icichl.     UHt.«Nn  ijrä.  V 


der  dritte  hub  ihn  (den  sclilcier)  wieder  sogleich 

lyid  küsste  sie  auf  den  mund  so  bleicli.    238; 

klein  Roland  bebt  die  äugen  hell.    338; 

nur  des  waldes  höchste  eiche 

hebt  nicht  mehr  die  stolzen  wipfel.     257; 

heben  in  die  höhe,  levare  Dasyp.;  das  sie  die  hörner  der 
beiden  abstoszen ,  welche  das  hörn  haben  über  das  land 
Juda  gehaben.  Such.  1,2t;  in  das  land,  darüber  ich  habe 
meine  band  gehaben,  das  ichs  gebe  Abiahain,  Isaac  und 
Jacob.  2  Mos.  0,8;  ich  wil  meine  band  in  den  himel  heben. 
5  3/o.«.  32,  40;  hebet  cwer  äugen  in  die  höhe  und  sehet.  Jvs. 
40,  26  {vergl.  auch  emporheben) ;  liub  derowegen  mein  gesiebt 
gen  bimmel.  Fhilander  1  (1042)  538;  seine  reiter  iuiben  ihn 
aufs  pferd.  Göthe  8,94;  bildlich:  es  {ein  schausinel\  übrigens 
aufs  deutsche  theater  zu  heben,  sehe  ich  noch  keine  hand- 
habe, an  Schiller  820;  sie  konnte  nichts  aus  der  froh  be- 
schwerten brüst  auf  die  lippen  heben ,  als  die  dcmüthigen 
Worte  ...  J.  Paul  Hesp.  1,110; 

forschend  übersieht  dein  blick 
eine  groszgemcssne  weite, 
hebe  micli  an  deine  seile!     Götue  1,  52; 
aber  nach  Bacchus,   dem  weichen,   dem  träumenden  ,   hebet 

Cythere 
blicke  der  süszen  bcgier,  selbst  in  dem  niarmor  noch  feucht. 

274. 
der  schreiben  wollende  hebt  die  fcder: 

und  da  die  volksgesebichte 

den  griffet  wartend  hebt.     Uhland  ged.  96; 

der  trinker  hebt  das  glas: 

ein  neigicin  noch  drin  ist, 
du  ein  fauler  zecher  bist, 
heb  hinten  übersieh  das  glas!    Uhland  votkst.  592, 

rcrgl.  auch  aufheben,  das  object  wird  hier  vielfach  kurzer  Hand 
unlfidrückt ; 

alrest  huob  er  unde  tranc 
vil  manig  ungclüegen  slunt. 

weinscimelg  in  Wackernacels  leseb,  734,11; 
es  läszl  sich  keiner  scherzen, 
wenns  der  gesundheit  gilt,  er  hebt  von  ganzem  herzen 
und  leert  die  schale  wol.  Fleming  90,82  Lappenberg; 

der  stolze  hebt  das  liaupt,  den  köpf;  also  wurden  die  Midia- 
niler  gedemütiget  für  den  kindern  Israel,  und  hüben  ircii 
köpf  nicht  mehr  empor,  rieht.  8,28;  er  wird  trinken  vom 
baclie  auf  dem  wcge ,  darum!)  wird  er  das  hcubt  empor 
heben,  ps.  110,7;  der  betende  und  schwörende  hebt  die  band; 
hub  sie  die  bände  gen  himinci ,  dankte  herzinniglich  gott. 
unw.  doct.  540 ; 

sie  wärun  irö  licnti      zi  goto  helTcnli.     Otfrid  1,4,  I«; 

ein  färber  kömmt,  der  schwören  soll. 

der  l'nrber  liebt  die  blaue  band.     Lessing  1,  16; 

warum  besuchen  wir  die  heiigen  h.nuser 

und  lieben  zu  dem  himmel  Iroinnie  bände? 

Schiller  511  (hraul  v.  Messimi) ; 
er  sprachs,  und  jener  bösewichl,  gewandt 
in  jeder  list,  l'elasgcr  im  betrügen, 
hebt  himmelan  die  losgobundne  band. 

zcrstörumj  von  Troja  26; 
da  hebt  er  hoch  die  bände,  der  rilterlicbe  greis: 
der  flnk  hat  wieder  samcn,  dem  Herrn  sei  dank  und  preis! 

Uhland  ged.  370; 
da  hohen  sie  zu  ihrem  hciligtbum, 
dem  specr  des  Mavors,  flehend  blick  und  band.    379; 

der  hämpfer  hebt  den  arm ,  das  schwort ,  der  sieger  hebt  die 
fahne : 

ein  etwas  isis,  wofür  den  arin  ihr  hebet.    RGckrrt  131 ; 
wir  waren  berzensfreuiide,  wnITenbrüder, 
für  eine  saclie  hoben  wir  den  nrm. 

Schiller  junijfrnu  3,  t ; 
68  hebt  ilie  frolheit  siegend  ihre  fahnc.    Tett  4,  2; 

der  tanzende  hebt  den  fusz: 

wln  »irh  leise  der  knhn  sriiaukelt  auf  silberner  niil, 
liiipit  der  gühtlirige  lusz  nut  dcK  tocls  niclodischer  wo(fC; 
sauDPliides  saitengetoii  hobt  den  utberistlien  leili. 

Schiller  tarn; 

mit  ausgelassenem  olijecl  das  pferd  hebt  schöne,  equus  gresius 
glomeral  .««/»er/io.t  Stikler  805;  technisch  ein  haus  wird  ge- 
holien ,  gerichtet  {vergl.  hebemahl,  hehcschinaus) ;  der  reilcr 
wird  in  den  satlel  gehoben;  mit  der  andern  {hand)  hub  er 
ihn  in  sattel.  Philander  I  (1042)  332;  davon  übertragen  auf 
einen,  dem  man  die  mittel  zum  fortkommen  reicht:  zweitens  Jiiib 
er  keine  vetlern  in  den  sattel.  J.  Paul  Hesp.  1,35;  ein  kOnig. 
anfuhrer  wird  auf  den   schild   gehi'beii ; 


725 


HEBEX 


HEBEN 


726 


wer  hub  dich  auf  den  thron? 

A.  Grtphik  i69S  1,21, 
atliem ,   seufzer   heben  die  brüst;    athem  der  die  brusl  hebl. 
Bettise  lageb.  50; 

seufzer  werden  ihren  busen  heben, 
thränen  über  ihre  wangea  beben. 

J.  M.  Miller  ged.  S5; 

hebt  den  busen 
nicht  ein  mitleidiger  seufzer  für  mich? 
Ramlir  1,  14; 

ein  kuss  auf  deines  mädchens  wange, 

oder  auf. ihren  gehobnen  busen.    Uöltt  106  Halm; 

noch  mit  liedern  ihren  busen 

hüben  nicht  die  weichen  musen, 

nie  mit  saitenbarmonie. 

Schiller  triumph  der  liebe  v.  19-, 

die  brüst  von  leisem  drang  gehoben. 

ÜHLASD  ged.  14. 
on  stelle  der  rein  transiliven  erscheinl  häutig  reflexive  fugung: 
als  hübe  sich  ein  adler  in  die  lüfte.    Lessisg  1,  96; 
doch  als  ihr  (einer  schlänge)  frost  uud  noth  entwich, 
erbohlte,  regt  und  hub  sie  sich, 
und  lohnte  dem  mit  bisz  und  stich, 
den  ihre  retiung  so  bemühte.     Hageborn  2,  29; 

und  von  ihrem  goit  ergriffen 

hub  sich  jetzt  die  seherin.    Schiller ^leffes/fs/  v.  146; 

da  hebt  sich  aus  dem  gründe 
■    ein  riiter  jung  und  fein.     Uhlasd  ged.  177; 
und  der  jOogling  sank  vom  rosse, 
konnte  kaum  sich  wieder  heben.    219, 
jener  hub  sich  in  den  bügeln, 
wuthvoU  seine  lanze  schwingend.     277; 

ton  gegensländen ,  denen  dadurch  der  schein  von  selbsllhäliykeit 
verliehen  irird:  die  bäume  heben  sich  in  die  luft;  die  winde 
hoben  sich  und  brausten  dahin.  Bettine  lageb.  117; 

eine  schale  des  harms,  eine  der  freuden  wog 
gott  dem  menschengeschlecht;  aber  der  lastende 
kummer  senket  die  schale, 
immer  hebet  die  andre  sich.    Höltt  96  Ualin; 
da,  wo  rings  um  die  wand  sich  polster  schwellend  heben. 

WiELASD  22,  219  (Oberon  5,  53); 

seufzend  hub  sich  ihr  busen.    Stolberc  1,  139; 
ich  sehe  dich,  wenn  auf  dem  fernen  wege 
der  staub  sich  hebt.  Götue  1,  65; 

da  hebt  sich  aus  der  tiefe 
'ne  haind  wie  elfenbein.    Uhla!«d  ged.  177; 
und  dieses  haupt,  das  trauernd  niederhieng, 
es  hebt  sich  in  der  blumen  Irischem  schmucke.    1S5; 
schon  hüben  sich  die  bleichen  augenlieder, 
ihr  äuge  schmachtete  zu  mir  empor.    143; 
blumen  heben  sich  und  bäume 
sind  erfrischet  vom  gewitter.    256; 
der  Vorhang  hebt  sich  über  einer  weit, 
die  längst  hinab  ist  in  der  Zeiten  ström.     101 ; 
zum  dritten  mal  hebt  sich  die  sonne.    239; 
bezüglich  des  emporragens  eines  gegenständes  über  einen  andern : 

aber  eh 
Per^'onte  noch  das  letzte  wort  vollendet, 
hebt  ein  palast  vor  ihm  sich  lultig  in  die  höh. 
WiELASD  IS,  163; 

schau  hin,  dort  hebt  «ich  Rheims  mit  seinen  thürmen. 
Schiller  jung  fr.  3,  9; 

hier  ist  das  felsenrilT,  drauf  Teil  aus  der  barke  gesprungen; 
sieh!  ein  ewiges  mal  hebet  dem  kühnen  sich  hier. 

UuLAHD  ged.  111; 

auf  schroffem  steine, 
dem  man  die  bürg  gebrochen,  hebt  sich  neu 
ein  wolkenscblosz,  ein  zauberhaft  gebäu.    119; 

dort  in  der  fruchlbaren  ebene  heben  sich  die  grünea  Saat- 
felder; 

wo  hoch  und  golden  sich  die  ernte  hebt, 
mit  rotben,  blauen  blumen  hell  durchwebt. 

Uhlasd  ged.  115. 
bei  parlicipialconstruclion  urird  das  reflexivum  unierdrückt :  so 
hatten  mich  ihre  behenden  sichern  füsze  nie  entzückt,  und 
nie  so  ihre  braunen  hebenden  lockfen  über  den  schönen 
weiszen  hals,  sammt  aller  ihrer  kleidung.  Heinse  Ardinghello  1 
(ISSS)  s.  149;  ein  hebender  busen.  Klikger  3,88;  die  hebende 
brüst  drückte  das  gewand  von  ihrem  busen.  4, 99 ;  die  lieb- 
lichen äugen,  den  hebenden  busen.  Tieck  Sternb.  2, 147 ;  der 
Icbensbeschreiber  liegt  hier  .  .  .  auf  dem  hebenden  grase. 
J.  Paul  uns.  löge  3,  98. 

5)  in  anlehnung  an  die  bedeutung  A  wird  beben  vielfach  un- 
sinnliclter  verwendet,     so 

a)  vom  schalle,  Hede,  gesange: 
o  lerche,  dein  sang, 
er  bebt  sich,  er  schwingt  sich  in  woune.     Ublamd  ged.  33. 


b)  in  bezug  auf  seelenslimmungen.  das  fortleben  des  mhd.  so 
häufigen  unhü  heben  für  gering,  unurichtig  achten: 

da;  ein  richer  bebt  unbö, 

da;  machet  einen  armen  frö.    Freidahk  43,  2; 

mich  huop  die  wunde  vil  unhö.     frauend.  74,  2t; 
Idsxt  sich  für  die  spdlere  spräche  durch  beispiele  nicht  nachweisen, 
erst  die  neuere  zeit  braucJit  heben  in  einigermaszen  andern  sinne, 
nämlich  vom  aufragen  der  seele  über  die  gewöhnliclte  Stimmung: 

ohne  leben  lebt  der  weit, 

wer  nicht  gut  gewissen  hält; 

gut  gewissen  in  der  zeit 

hebt  schon  an  die  ewigkeit.    Logac  3,211; 
wahre  freuden  fliehn 
mit  ihr  (der  Unschuld),  und  jedes  mächtige  gefübl, 
das  deine  seele  hub.  Stolberg  3,7; 

unsre  seelen  hüben  sich  auf  der  liebe  seufzer.    1,  150; 
sie  [die  liebe)  .  .  hebet  uns  auf  eine  bimmelsleiter, 
wo  wir  den  glänz  der  gottheit  schaun.    Uöltt  20O  Halm ; 

(wann)  mich  zum  gipfel  der  gefuhle 

deine  silberstimme  hebt.    Gotter  1, 165; 

Bacchus  becher  hebt  den  muth.    265; 
was  nennt  man  grosz?  was  hebt  die  seele  schaudernd 
dem  immer  wiederholenden  erzähler?    Götbe  9,  86; 

des  herzeus  andacht  hebt  sich  frei  zu  gott. 

Schiller  M.  Stuart  5,  7; 

wie  ich  auf  einmal  so  leicht ,  so  gehoben  mich  fühle ! 
ScBiLLER  kab.  u.  liebe  4,  8 ;  wenn  die  natur  alle  röhren  des 
lebensstromes  öffnete,  und  wenn  alle  ihre  Springbrunnen  auf- 
stiegen und  brennend  in  einander  spielten  von  der  sonne 
übermalt:  dann  wurde  Viktor  .  .  .  von  ihnen  gehoben  und 
erweicht.  J.  Paul  Hesp.  1, 161 ;  als  Viktor  seine  seele  hob  an 
den  hohen  weiszen  säulen  des  vom  lord  entworfenen  parkes. 
260 ;  strömte  vor  meinem  gesiebt  eine  ätherische  morgenluft 
vorüber,  sie  drückte  mich  nicht  mit  dem  schwülen  west 
eines  trauerfächers,  sondern  hob  mich  mit  dem  wehen  einer 
freiheitfahne.  uns.  löge  vorr.  21 ;  eine  gereinigte  hebende  maien- 
luft.  3,  65. 

Als  folge  einer  solchen  seelenslimmung  erscheint  die  gehobene 
rede,  die  gehobene  spräche,  der  gehobene  stil;  auch  der 
gehobene  gang: 

Satan  verliesz  das  gebirg,  und  ging  mit  gehobenem  schritte 
über  Jerusalem  her.  Klopstock  3,  150. 

c)  in  bezug  auf  lob  und  preis:  das  heist  warlich  hoch  an- 
gefangen, die  liebe  treEFlich  gepreiset  und  gehaben.  Lutheb 
6,46*;  heben  einen  bisz  in  den  himmel,  das  ist,  sehr  loben, 
in  coelum  ferre  Frisch  1,  430* ; 

und  darum  hueb  er  auch  den  Wilhelm,  den  geehrten 
von  Rappoltstein,  so  hoch.  Roxpler  106; 

es  nähret  auch  der  Elbestrand 

in  schönen  leibern  kluge  sinnen, 

die  billig  sind  sehr  hoch  zu  heben.    Rist  Parn.  339. 

rf)  in  bezug  auf  rang,  ansehen,  würde:  die  vermögensver- 
hältnisse  dieses  mannes  haben  sich  gehoben;  die  revolution 
hob  leute  niedrigen  herkommens,  liesz  alle  geschlechter 
sinken ;  einen  aus  einem  niedrigen  stand  heben,  exaüare,  ad 
dignitalem  promovere  Frisch  1,  430';  hebe  in  darnach,  und 
sihe  durch  die  finger.  Luther  1,559';  das  er  des  brots  ge- 
stalt  {beim  abendmahle)  so  hoch  hebe,  das  wir  des  gedechtnis 
des  herm  vergessen.  3,  so';  jeder  dachte  daran,  sich  zu 
heben,  die  umstände  zu  nutzen,  zu  regieren.  L.  Tieck  ges. 
nov.  4,10;  Christian  von  Wolf,  der  die  Universität  .Marburg 
so  sehr  hob.  Hugo  civ.  mag.  5,  59 ;  hebt  sich  jetzt  der  bauer 
aus  seiner  erniedrigung.  H.  Hei.ne  13,141;  cavaliere  und  ad- 
julanten  ertrugen  die  geheimen  dornen  ihrer  Stellung  ohne 
die  laute  krilik,  welche  sonst  wohl  von  der  Umgebung  sou- 
veräner herren  ausgeht  .  .  denn  der  fürst  verstand  es,  sie 
vor  fremden  zu  heben.   Freytag  handschr.  2,331; 

wenn  unsre  thaten  uns  nicht  aus  dem  dunkeln  heben. 
J.  E.  Schlegel  1,  224; 

J.   man  tadelt  den  der  seine  thaten  wägt. 
lt.  auch  den,  der  wahren  werth  zu  stolz  nicht  achtet, 
wie  den,  der  falschen  werth  zu  eitel  hebt.    Götue  9,  9 : 

sich  über  einen  heben: 

stürzt  der  rüstigste  läufer  der  bahn,  so  lacht  man  am  Ufer, 
wie  man  bei  hier  und  taback  über  besiegte  sich  hebt. 
Götbe  1,  40»; 
vergl.  überheben. 

e)  auch  anderweit,  bezüglidi  gegenständen,  die  vor  andern 
hervortreten,  sich  von  ihnen  abheben:  das  dunkle  gewand  hob 
die  weisze  ihres  halses;  durch  den  seidenen  schuh  wurde 
die  Zierlichkeit  des  fuszes  gehoben ;    die  dunkle  wandfläche 

46* 


727 


HEBEN 


HEBEN 


728 


hebt  die  an  ihr  befestigten  marmorbüsten ;  alle  diese  stücke, 
kleinere  und  grüszere,  die  in  der  jetzigen  ausgäbe  korrekt, 
rein  und  schon  dastehen,  sind  lyrische  gedichte,  d.  i.  gesang. 
also  erhebe  man  die  stimme  und  lese  sie  vor,  auch  wenn 
man  sie  sich  selbst  lieset.  so  heben  sie  sich  vom  blatt  und 
werden  nicht  nur  verständlich,  sondern  lebendig.  Herder 
j.  sck.  HU.  20  (1S30)  324;  er  trat  auf  den  von  fünf  einzelnen 
tannenbüumen  gehobnen  berg.  J.Paul  Hesp,  3,  t4t; 

siehe,  wie  rings  um  den  rand  die  netten  bänke  sich  dehnen, 
wie  von  buntem  gestein  scliimmernd  der  estricli  sicli  liebll 
ScuiLLER  I'onippji  u.  llvrcitl.  r.  24; 
da  tritt  mit  eins  im  vollen  faclielschein 
des  Hacchus  göttlich  niarmorbild  hervor  ... 
in  jugendlülle  tiebt  sich  die  gesialt.     Uhland  ged.  315. 

f)  endlich  auch  in  bezug  auf  eine  die  secle  drfickende  last: 
mir  wäre  es  auch  ein  trost ,  einen  repräsentanlen  meiner 
iieigung  und  herzlichen  theilnahme  bei  ihnen  zu  wissen; 
doch  auch  das  soll  nicht  sein ,  und  gerade  trifft  das  alles 
zusammen  in  einer  zeit  wo  icii  auch  mancherlei  zu  lieben 
und  zu  schleppen   habe.    Güthe  an  Zelter  85. 

(?)  metrisch:  der  viermal  gehobene  vers;  verql.  hebung  2; 
doch  hebt  der  accent  bei  uns  in  gewissen  Tällen  auch  kurze 
sylben,  zuweilen  bis  zur  schcinlänge,  wie  er  öfter  bei  längen 
niedersinkt  oder  gänzlich  fehlt.  F.  A.  Wolf  kl.  sehr,  (herausg. 
V.  Benihardy)  s.  9:i(). 

6)  mehrfach  trird  lieben  nicht  sowol  vom  eigentlichen  aclc  des 
emporhebens  gebraucht,  als  von  der  fähigkeit  dazu:  ein  starker 
mensch  hebt  mit  leichtigkeit  zwei  centner;  die  wage  hebt 
lausend  pfund.   Adelung. 

7)  lu'mfig  ist  heben  im  sinne  von  anheben,  anfangen,  6e- 
ginnen;  zwar  nicht  gerade  mit  transitivem  accusaliv,  eine  fitgung, 
die  nach  dem  mhd.  erst  wieder  bei  neueren  beobachlel  wird: 

tnhd.  so  diu  katre  vrijjet  vi), 

zehaiit  so  hebet  si  ir  spil.    lieein  824; 
dö  niemen  durch  .si  dö  nilit  tete, 
dö  liuop  si  ein  schelten,     u.  Heinrich  1319; 
dö  huob  er  eine  wise,  diu  was  von  Amile. 

Gudrun  397,  1 ; 
nhd.  auffahrend,  hebt  er 

neuen  gesang.  Voss  3,  70; 

sie  findi  die  todeswunden  zwei: 
da  hebt  sie  wildes  Klaggeschrei.     Uhi.and  ged.  353; 
da  hebt  den  flötenden  wonnescball 
aus  duftigen  büschen  die  t\aclitigall.    Lenau  F(ii/.'i(  51; 
und  die  zofen  und  eunuchen 
hüben  wieder  ihre  lache.     II.  Heine  18,  22; 

uol  aber  in  reflexiver  fügung:  ahd.  heve  sih  ouh  wig  gagen 
mir.    NoTKER  ps.  20,3; 

tnhd.   die  virkörten  sich  in  diu  doleheit, 

dannin  bübin  sich  diu  leit.     AtmoUed  50; 
hie  hevei  sich  ein  ina»re.    klage  1; 
dö  huob  sich  der  jaden  leit.    Waltuer  15,37; 
nhd.  hiemit  da  höh  e.s  sich, 

es  ward  oin  stürm  und  ain  dosz.     Hätzlerin  2C3,  310; 

da  hub  sich  ein  donnern  und  blilzcn.  2  3fo$.  19,  IG;  hub  sich 
der  streit  im  walde  Ephraim.  2Satti.  18,  0;  da  selbs  hub  sich 
ein  gros  freudcngcschrei.  //«.  23,  42;  und  hub  sich  ein  gros 
nngewitter  auf  dem  meerc.  Jona  t,4;  da  hebt  sich  denn  das 
schmeichlcn  und  lieb  reden.  Luther  1,255';  da  gehet  ein 
new  weiter  her.  ich  hatte  mich  schier  zu  rüge  geslellel,  und 
meinet,  es  wcre  ansgestritlen,  so  hebt  siclis  aller  erst.  3,35'; 
CS  würde  eben  ein  solch  angst  und  not  sich  heben  über 
diesem  erkenlnis  und  gedechtnis,  wie  sich  erhaben  bat  bis- 
her über  dem,  das  man  Chiistus  leib  wirdiglicli  empiängen 
woltc.  83*;  da  hebt  sichs  denn,  da  geheis,  plitz,  platz,  wer 
da  ligt  der  ligt.  185';  hie  hebt  sich  nii  die  frage,  ob  Jona 
auch  gesündiget  habe?  200';  aber  nach  den  vierzig  lagen, 
da  er  sähe,  das  die  bestimpte  zeit  f(W-übcr  war,  bebt  sich 
sein  zorn.  22ü';  wenn  wir  sehen,  das  der  schimpf  aus  ist, 
und  sich  der  ernst  hebt.  4,132';  itzl  hebt  sichs  auch  hin 
und  wider  in  landen,  nachdem  das  evangeliiim  wider  aiif- 
komen  ist,  das  jederman  anhebt  zu  klagen.  115*;  was  ist» 
aber,  da»  zuvor  eine  thewrung  ins  land  kompt?  da«  isis, 
wenn  das  erangelium  recht  angehet,  muH  sich  zuvor  ein 
bunger  und  kummer  heben  im  gewissen.  118';  da  wird  sich 
oin  schlachten  und  opfern  heben.  201*;  da  wird  sich  trübsal 
heben.  29»i";  weil  sich  liie  der  zank  über  diesem  heublstück 
buh.  s,  :i*;  darüber  sich  auch  der  zank  gehalten  hat,  dosz 
man  ihnen  nicht  bat  pruviant  zuführen  lassen,  lischr.  432*; 
da  sip  da*  sahen,  ImiIi  '.j.  Ii  ein  j.lmmerlich  geschrei.  buch  d. 


liebe  219';  hebt  sich  ein  grosz  geschrei  und  gelümmel  unter 
dem  Volk.  227';  da  hub  sich  ein  schönes  gestech.  2(>6';  da 
hübe  sich  ein  groszer  schrecken  von  dem  volk.  209"; 

weil  sich  als  {alles)  Unglück  heben  wil. 

V.  Rebhuhn  klag  d.  a.  vi.  7; 
da  wirt  sich  heben  iamer  und  not. 

bist.  Magelonae  spielweix  Dij'; 
sich  soll  bait  hebn  der  bettlerstanz. 

AtRKR  fasln,  fip.  80*  (2775,  18  Jieller) ; 
erst  thet  der  bettlers  danz  sich  heben. 

mi'ukenkr.  1,  543; 
nie,  rief  Hermann,  du  bliebest  zurück,  und  nah  an  Karthago 
bebt  sich  der  kämpf,  und  tönet  des  schimmernden  leides  getosc? 

l'vRKER  Tniiisias  2,  I4U; 
und  es  hebt  sich  flötcngesäusci.    Platen  259; 
zu  Speier  im  saale  da  hebt  sich  ein  klingen. 
Uhland  ged.  327. 

8)  die  bedeulung  von  heben  modificiert  sich  aus  der  des  reinen 
etnpor,  in  die  höhe  hebcns  zu  der  wegheben,  davonheben.  dies  zeigt 
sich  zunäciisl ,  wenn  rirhlungsbeslitnmungcn  dem  verbum  hinzu- 
treten, die  kranke  wurde  aus  dem  bell  gehoben;  er  hob  das 
kind  vom  pferd  herab ; 

daj  phert  mit  dem  zoume      zucken  si  began, 
und  bat  sich  snelleclichcn      von  dem  satele  heben  dan. 

iVi/;.  1251,4; 

die  levitcn  aber  hüben  die  lade  des  herrn  er  ab.  1  Sam.  0, 15 ; 
reumet  den  weg,  hebt  die  anstösze  aus  den  wegen  meines 
Volks.  Jes.  57,14;  Rega  hub  sogleich  ein  bret  von  der  kiste. 
<jöthe  29,335;  fischer  hüben  ihr  netz  aus  dem  (liisse; 

wenn  dann,  wie  gehoben  aus  den  nchsen 
zwei  gestirn,  in  körper  körper  wachsen. 

Schiller  1,  46  Kurz; 
er  bebt  eine  schüssel  von  tisches.milt 
und  trügt  sie  stumm  hinaus.     Uhland  ged.  335; 
hub  er  gleich  sich  oft  vom  lager.    281 ; 
auch  ohne  richlungsbeslimmung ,  namentlich  in  technischer  spräche : 
der  fuchs  oder  wolf  hebt  die  lockspeise  (Adelung);  mit  knap\mn 
ausdrucke:    einen    graben    heben,    den  schlämm  aus  demselben 
weglieben,  ihn  räumen:  dergleichen  graben  {auf  feuclilcn  ackern 
und   wiesen)    sollen    alle  jähr    im    februario  oder  martio  .  . . 
gehoben,  das  ist  geräumet  und  ausgeworfen,  oder  sonst  nur 
allezeit  reine  gehalten  werden,    vcon.  lex.  (1731)  847;    ähnlich 
bergmännisch  einen  Stollen  heben,  ihn  ausräumen;  stolln  aul- 
heben, wiiiier.  lex.  543".     vergl.  ferner  unten  no.  12. 

9)  lieben  in  der  vorigen  bedeulung  üt  vielfaclt  unsinnlicher 
oder  bildlich  verwendet:  es  wird  sich  freilich  fragen,  ob  wir 
hierin  recht  und  fug  gehabt  haben,  wider  des  capitels  freie 
walh  . .  einen  andern  bischoff  zu  welen,  und  damit  sie  irer 
freien  walh  zu  entsetzen  und  aus  der  gewebr  zu  heben. 
Luther  8,  l';  in  der  formel  gehoben  und  geschoben,  auf  das 
wegräumen  der  hindernissc  zielend:  denn  ich  habs  selbs  zu 
Wormbs  gesehen,  und  itzt  zu  Augsburg  erfaren,  wie  auch 
herzog  George  für  andern  allen  gehoben  und  geschoben  hat, 
und  gerne  ein  Unglück  und  hlutvergieszen  angerichl  bette. 
0,15';  so  aber  eins  stirbt,  so  loben  sy  gott,  das  discr  von 
allem  unglück  und  übel  gehebt  und  erlöset  sei.  Frank  wellb. 
86';  wendete  alle  seine  macht  wider  die  Wandalicr,  dasz  er 
sie  aus  Hispanien  heben  möchte.  Micrälius  1,70;  gute  arz- 
neien,  die  nach  dem  ersten  gebrauch  das  siechthum  eher  zu 
vermehren  scheinen,  das  sie  doch,  wenn  lleiszig  fortgenommen 
wird,  am  ende  wirklich  aus  der  wiirzel  heben.  J.  Paul  6iogr. 
belusl.  1,147;  seine  flöte  hob  das  herz  aus  dem  schlagenden 
lieberblut  sanft  in  den  beruhigten  äther  des  himmels  im 
träume  hinüber,  //c.«;).  1,250;  der  eigendünkel  eines  halb- 
klugen egoislen  bebt  ihn  über  alle  menschen  hinweg.  Guthb 
14,188;  über  vieles,  was  ich  begehrte  und  nicht  erlangte, 
hast  du  mich  hinweg  gehoben.    Bettinb  briefe  1,194; 

die  ewigen  gofiililo 

liehen  mich,  hoch  und  hehr, 

au.s  iniischem  ginvühlo.    (iorns  1,  99; 

dich  hier  zu  linden,  h.-it  mir  da.s  gefühl 

von  iirbmerz  und  tod  inüt  meiner  hrusl  gehoben.     10,  310. 

im  ritterlichen  kämpfe  wurde  dir  gegner  von  dem  .Hegenden  aus 
dem  satlel  geiioben;  dies  wird  ülierlragen  auf  besiegte,  in  irgend 
welrJier  weite  unterliegende :  er  sasz  in  schönen  umsländen,  der 
mann;  alter  wie  gesagt!  die  einzige  verdammte  redensart  hoii 
ihn  glatt  aus  dem  sattel.  Kncel  phil.  f.  d.  well  (1775)  1,72; 
zweitens  hob  er  keine  vettern  in  den  sattel,  sondern  Hchlimine 
daraus.  J.  Padl  Hesp.  1,36.  ähnlich  ml  einen  aus  der  stille 
heben : 


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730 


dasz  man  führt  bei  hof  ein  spiel:  wie  gefällt  dir  dein  geselle? 
scliiciit  sich   recht;   man   hebt  daselbst  einen  gern  ausz  seiner 
stelle.     LoGAD  3,  1^,  6ö. 

die  redensart  ein  kind  aus  der  taufe  heben,  fathenateUe  bei  ihm 
vertreten ,  miitellat.  lerare  de  sacro  fönte ,  fuszt  auf  dem  alt- 
chrisüiehen  brauche  ^  dasz  der  taufzeuge  den  täufling  aus  dem 
taufbrunnen  erhob  und  ihn  in  die  kirche  einführte,  ein  brauch 
der  seil  außommen  der  kindertaufe  sich  verlieren  muste,  während 
der  ausdrtick  sich  hielt: 

gie  zuo  der  muoter  sin 
und  zuo  der  edeln  künegin, 
diu  het  in  üj  der  toufe  erhaben.     Wigalois  37,  25; 

der  ein  hebt  in  ausz  dem  tauf,  der  ander  zu  dank  ins  grab. 
Garg.lio';  als  landgraf  Philips  hertzog  Heinrichen-dem  jungen 
zu  Wolfenbutel  ein  söhn  ausz  der  tauf  hebte.  Zi>kgref 
apoplUh.  1, 167 ;  der  dolmetscher,  dem  sie  .  .  .  ein  kind  aus 
der  taufe  gehoben  hatte.  Güthe  24, 134.  gekürzt  heiszt  das 
auch  nur  das  kind  heben:  ich  bitte  aber.,  alle  diejenigen, 
so  da  teufen ,  kinder  heben  und  dabei  stehen ,  weiten  zu 
herzen  nemen  das  trefflich  werk  und  den  groszen  ernst,  der 
hierinnen  ist.  Llther  2,249*;  frau  Charlotte  wird  das  kind 
heben.   Schiller  an  Goihe  1S9; 

da?  kind  biej  er  ze  toufe  tragen, 

er  huop  ej  selbe  und  hiej  ej  sus 

nach  sinem  namen  Gregorjus.    Hart«a:<  Gregor.  9C3; 
r.  da  kam  zu  mir  nit  weit  Ton  binnen 

Jesus  und  woU  mein  gfatter  sein. 
U.  woll  er  dir  hebn  das  kindlein  dein? 

ey,  ey,  du  seist  in  gwonnen  han. 

Atrer  fastn.  sp.  2S»  (2476,  33  Keller) ; 

(weil)  mein  weib  ist  eins  kindts  genessn, 

das  biszher  ist  ein  held  gewessn, 

so  bit  ich  euch  durch  gott,  das  ihr 

solches  mein  kind  wolt  heben  mir 

und  machen  einen  Christen  drausz. 

29'  (24S0,  11  Keller). 

verschieden  von  diesem  ist  ein  kind  heben,  es  zur  well  fördern, 
bezüglich  der  hebammen  gesagt. 

10)  all  und  häufig  ist  reflexives  heben  von  personen  und  perso- 
nificationen,  zur  bezeichnung  der  Veränderung  eines  früheren  platzeSj 
des  hinzu-  oder  fortgeliens: 

ahd.    denne  hevit  sih  mit  imo    herjö  meista.    MuspUli  75; 
rn'irf.   an  jenem  morgen  fruo  huoben  si  sich  dan.    Nib.  476,  1 ; 

die  snellen  Bürgenden  sich  üj  huoben.    1462,  1; 

Ludewic  und  Hartmuot  sich  huoben  mit  ir  schar 

mit  vanen  üf  gerihlet  vil  zorneclichen  dar.    Gudr.  777,  1; 

mit  grisgramenden  zenden  ze  hant  huop  er  sich  dar. 

1510,  2; 

zuozim  huop  er  balde  sich.     Barlaam  37,  38; 
nhd.    wolauf,  lieber  herr  Pinkenpank, 

die  drei  böse  weib  nemen  dasz  vich  an  meinen  dank. 

dar  umb  heb  dich  schnell  dar  zue.    fastn.  jp.  491,  24;  ~ 

ganz  ungewöhnlich  ist  geworden  J. Pauls:  die  pfarrleute  hoben 
sich  endlich  in  den  belaubten  concertsaal.  Hesp.  2,  95,  denn 
die  fügung  hat  seil  der  feslselzung  des  nhd.  gemeinhin  nicbl  den 
sinn  des  .<tieh  länzu  begebens,  sondern  den  des  fortbegebens  be- 
halten: wir  wollen  gerne  leiden  und  zusehen,  das  ir  mit  dem 
wort  fechtet ,  das  die  rechte  lere  bewerd  werde ,  aber  die 
faust  haltet  stille  . .  oder  hebt  euch  zum  lande  aus.  Luther 
2,  459* ;  hebt  euch  aus  dieser  gemeine.  4  Mos.  16,  45 ;  heb 
dich  an  deinen  ort.  24,11;  da  sprach  Jhesus  zu  im,  heb 
dich  weg  von  mir  (griech.  vTtaye  öniaot  uov).  Matth.  4,  lo; 
wer  zu  diesem  berge  spreche,  heb  dich  und  wirf  dich  ins 
ineer  {griech.  än&r,Ti  aal  ßkijdT^Ti  eis  rrjf  &('daaoai',  golh. 
ushafei  J)uk  jab  vairp  |)us  in  marein).  Marc.  U,  23;  heb  dich 
hin  aus  und  gehe  von  hinnen  {t%s).d'e  vcat  no^avov  iiTev&sy). 
Luc.  13,32;  und  der  herr  sprach  zu  Abram:  heb  dich  aus 
deinem  heimat  und  von  deiner  fründtschaft  und  aus  deines 
Vaters  haus,  in  ein  land,  das  ich  dir  zeigen  wil.  Züricher 
bibel  1530  6'  (1  Mos.  12, 1 ;  gehe  aus  deinem  Vaterland  6c« 
Luther);  vor  im  fleucht  und  hebt  sich  das  erdtrich,  der  ganz 
umbkreis  mit  allen  denen  die  darauf  wonend.  435  {Sahum  1,5) ; 
heb  dich  an  galgen ,  i  in  crucem!  Maaler  215';  gedenket, 
dasz  ir  euch  von  dannen  hebt,  denn  sollt  ihr  euch  ein  weil 
hie  enthalten,  es  müszt  euch  den  leib  kosten,  b.  d.  liebe  273' ; 
heb  dich  weg  von  mir,  der  du  unwissend  .  .  .  bist.  pers. 
baumg.  10,  5; 

wir  haben  zu  laufen  ferr  und  weil. 

heben  wir  uns,  es  ist  wol  zeit,     fasln,  sp.  419,  28; 

so  hebe  dich  mir  aus  den  äugen  geschwind.     BBrcer  Ol'; 

Ycrruchterl  bebe  dich  von  hinnen!     Gmthe  12,  174; 


0  himmel,  welch  gefühl  ergreift  mich  nun,  ^ 

da  sich  die  nacht  von  berg  und  tbälern  hebt! 
bin  ich  es  selbst?    bin  ich  hierher  gekommen? 
es  weicht  die  finsternis  ...  10,  277. 

11)  nahe  hierzu  tritt  den  fusz  heben  für  fortgehen: 

hub  ruhig  weiter  fusz  und  slab.    BCrger  32'; 
eigenthümlich  ist    den   tritt    heben   ßr   tritte  hebend  formieren, 
gehen  : 

du  hebst  den  tritt  der  unsterblicben, 
und  gehest  hoch  vor  vielen  landen  her.     Klopstock  1,  252. 

12)  heben,  weglieben,  erheben,  entnehmen,  in  bezug  auf  geld 
und  geldeswert,  steuern  und  abgaben :  und  dieweil  er  (der  müUer) 
nun  die  freiheit  hat,  dasz  esz  frei  mühle  ist,  und  die  nach- 
barn  ihme  den  dienst  thun,  soll  er  mahlen  umb  halben 
molter,  doch  also,  er  soll  heben  von  dem  malter  zwei  fasz. 
weislh.  2,  289 ;  einer  freier  banmölle,  die  also  steet,  soll  han 
zween  trinnen  weisz  und  rocken ,  und  soll  mollen  geleich 
nach  seinem  werdt  und  davon  molter  heben.  30S;  dag  nye- 
mands  andern  enden  dann  bei  ew  traid  heben  und  anschütten 
solle.  Chmel  urk.  Max.  VIS;  es  seie  dann,  dasz  der  mann 
aus  solchen  meliorationen  schon  so  viel  gehoben,  als  sie  ihn 
gekostet.  Mainzer  landr.  (1755)  I  §  6 ;  ich  habe  Johann  in  die 
Stadt  geschickt,  einen  Wechsel  für  mich  zu  heben.  Thünnel 
2,  287 ;  sie  stimmten  alle  darin  überein,  dasz  das  geld,  was 
sie  höben,  blos  zu  Unterhaltung  der  wege  angewandt  würde. 
Moser  palr.  phant.  2  (179S)  289 ;  sie,  deren  gesetz  die  münze 
verbannte,  hüben  jetzt  jährlich  tausend  talente.  Stolberg  9,57; 
durften  keine  kriege  geführt,  keine  steuern  gehoben  werden. 
Schiller  780;  Natalie  ist  dein,  ich  bin  der  zauberer,  der 
diesen  schätz  gehoben  hat.  Güthe  20,  3j06  ;  Zahlungen  aus 
der  casse  heben,  an  Voigt  396;  einen  vorrath  von  Urkunden 
heben.  J.  Griüm  in  den  Bert.  Jahrbüchern  1841,  no.  101,  s.  801 ; 

der  niemals  geld  vom  wucher  hebt. 

Opitz  psalmen  s.  31 ; 
und  gein  samen  sol  das  land 
als  ein  rechtes  erbtheil  heben,    s.  49; 
wann  der  fürst  nur  einen  liebet 
und  die  andern  übergibet, 
wird  in  vielen  viel  vergeben 

was,  nur  einer,  nicht  kau  heben.     Locau  2,  90,  64; 
Obrigkeiten  heiszen  gölter,  soUn  den  menschen  wolfahrt  geben: 
wollen  aber  meistens  Selbsten  von  den  menschen  wolfahrt  heben. 

3,  63,  36 ; 
schaw,  wie  wir  oft  Ton  einem  jetzt  nutx,  jetzt  schaden  heben. 

3,  240,  124. 

ähnlich :  und  im  fall ,  wo  es  nicht  sein  wil ,  bei  dem  unge- 
lenken man,  und  nicht  zu  heben  ist  ein  zeugnis  von  h(erjog) 
G(<"orgen)  ewres  redlichen  wandeis,  sa  habt  ir  daran  mehr 
denn  gnug,  das  beide  gott  und  die  weit  ..  zeugen,  das  ir 
christlich  und  allein  um  Christus  willen  solchs  thut  und 
leidet.   Luther  5,508'; 

man  diene  gott,  mit  mäszig  leben, 
doch  so,  dasz  man  nicht  mangel  leide, 
das  ist  dem  höchsten  keine  freude, 
wer  damit  wolt  den  himmel  heben. 

Simpl.  1,  82  Keller; 
du  hast  den  weinstock  sampt  den  reben 
weit  aus  Egypten  wollen  heben. 

Opitz  psalmen  s.  156 ; 
diesz  Siegel  nur  kann  nichts  zerreiszen. 
du  schwaches  gefäsz  von  fleisch  und  blu», 
du  hobst  es.  Wielamd  18,  226; 

nun  du  deinen  mann  in  dem  hamen  hast,  must  dus  auch 
fein  schlau  anfangen,  dasz  du  ihn  hebst.  Schiller  räuber  2,3. 

13)  hieran  knüpß  die  formet  heben  und  legen,  eigentlich  ein- 
künße  erheben  und  steuern  oder  lasten  erlegen ,  daher  rorthetle 
und  lasten  tragen  (Schm.  2, 13S) :  darby  er  dann  nit  anders 
finden  . .  könnte,  dann  das  sy  in  begerlind  under  ze  trucken, 
also  das  er  allein  irem  zwang  ergeben  sin,  und  mit  inen 
weder  heben  noch  leggen  solle.  Hotz  Züricher  urkundenbuch 
1,58  (r.  1548) ;  dieweil  dann  alle  drey  regiment  (reuter,  fusz- 
volk,  arkelley)  zusammen  gehören,  so  ist  billich,  das  sie  raht 
und  kriegssachen  mit  einander  besehlieszen,  auch  sonst  mit 
einander  heben  und  legen.  Froxsperg  tneysfc.  1,67";  sie  ver- 
sprechen als  fromme  unterlhanen  und  bürger  sich  zu  hallen, 
mit  uns  zu  heben  und  zu  legen,  und  in  wasser  und  feuers- 
nolh  der  ganzen  lieben  gemeine  treulich  beizustehen.  Chr. 
Weise  com.  265.  so  deutet  die  formet  auch  das  gesamtrerhallen 
eines  in  einem  bestimmten  trirkungskreise  an:  wie  viel  sie  ihnen 
[die  lehrer  den  sehülem)  sonsten,  auch  dem  leibe  nach,  mit 
rennen  und  laufen,  mit  wachen  und  leiten,  mit  versorge  und 
Wartung,    mit    heben    und    legen,    in  allem  ihrem  anliegm, 


731 


HEBEN— IIERENIIOLZ 


IIEBENSTREIT  —  IIEBESEIL 


732 


sonderlich  in  krankiieileii  und  dergleichen ,  gutes  getlian 
haben.  Pdilander  1  (1042)  502;  u-eitcr  die  gesamlc  ausfitliruiiti 
einer  sadie:  das  alte  testanient  .  .  da  sie  (die  Juden)  Moses 
und  die  propheten  inne  heben  und  legen.  Luther  8, 122", 
uorin  sie  nur  Moses  und  die  jirophcten  kennen ,  das  ihnen  viit 
diesen  besclilossen  isl;  icii  hatte  zwar  die  liebste  im  arm,  hin- 
gegen aber  tausenderlei  gedanken  im  köpf,  wie  ich  meine 
Sache  heben  und  legen  wolle.  Simpl.  l,  338  Kurz,  in  Tirol 
heiszl  heben  und  legen  cinetn  kranken  alle  hilfe  angedcihcn  lassen. 
Fromm.  C,  147. 

14)  heben  als  Icchniscber  ausdruck  in  der  rechenkunst,  .cov\- 
jtensare:  zehn  gegen  zehn  hebt  sich;  gegenseitige  fodcrungen, 
insofern  sie  auf  denselben  gegenständ  gehen,  wirken  als  ein- 
ander gegenseitig  bebend  (compensation).  Hugo  heul.  rOtn.  recht 
(IS26)  302; 

ihr  Wille  gegen  meinen ! 

eins  gegen  eins, 

mich  dünkt  es  hebt  sich !     Göthe  33,  243. 

15)  heben  geht  endlich  aus  dem  begriffe  des  wegbcbens  in  den 
des  besciligcns,  enlfernens  über:  will  man  nun  sagen,  trösten 
hiesze ,  die  schmerzen  der  seelen  vertreiben ,  oder  lindern, 
die  aus  dem  leiden  des  leibes  bei  einem  siechen  menschen 
entspringen :  so  fragt  sichs  nur,  wie  man  diese  verriugern 
oder  heben  kann,  wenn  man  jene  nicht  vermindert  oder  weg- 
schafft? Gellert  5,31;  einen  Widerspruch  heben.  Kant  4,  85; 
es  ist  geschehen  i  gehoben  das  furchtbare  hindernis !  Schiller 
kab.  u.  liebe  4,  8  ;  (Mittler)  war  der  mann  alle  sorgen  zu  heben 
und  alle  augenblicklichen  hindernisse  bei  seile  zu  bringen. 
GöTBE  17,299;  das  hindernis  ist  gehoben.  20,188; 

und  hübe  deine  rede  jeden  zweifei.    9,  95; 

in  einem  augenlilicke  soll  entstehn, 

was  jiihre  lang  bereitet  werden  sollte, 

in  einem  augenblick  gehoben  sein, 

was  mühe  kaum  in  jähren  lösen  könnte.    189; 

E.  entgegen  treibt  mich  dir  die  höchste  noth. 

G.  ist  sie  zu  heben  möglich,  sei  mirs  pflicht.    3G1; 
am  ende,  freund,  ists  nichts  als  atonie  der  seele, 
die  leicht  zu  heben  ist.      Wieland  18,  180; 
und  das  band  der  länder  ist  gehoben, 
und  die  alten  formen  stürzen  ein.     Schiller  101'. 

16)  nur  biblisch  ist  heben,  ein  hebopfer  bringen,  und  von  Luther 
nach  hebe  5  (sp.  718)  verwendet:  desselben  speisopfer  heben 
zum  gedcchtnis ,  und  anzünden  auf  dem  altar.  Z  Mos.  2,9; 
alles  fett  des  sündopfers  sol  er  heben.  4,8;  wie  eis  hebt 
vom  ochsen  im  dankopfcr.  v.  10;  es  sol  einer  heben  seine 
iiand  vol  semelmelhs  vom  speisopfer,  und  des  öles,  und  den 
ganzen  wcirauch  der  auf  dem  speisopfer  ligt,  und  sols  an- 
zünden auf  dem  allar.  6,15;  auf  das  sie  nicht  entheiligen 
das  heilige  der  kinder  [srael ,  das  sie  dem  herrn  heben. 
22,15;  den.  zehenden  der  kinder  Israel,  den  sie  dem  herrn 
heben.  4  Mos.  18, 24 ;  alles  golds  hebe ,  das  sie  dem  herrn 
hüben.  31,52;  das  sol  nu  das  hebopfer  sein,  das  ir  heben 
sollet.    lies.  45, 13. 

17)  vergl.  abheben,  aufheben,  ausheben,  beheben,  davon- 
heben  (2,865),  cinheben,  emporheben,  entheben,  entgegen- 
heben, erheben,  forlheben,  geheben,  herheben,  heianheben, 
herausheben,  herunterheben,  hiniieben ,  hinwegheben,  los- 
lieben  ,  nachheben ,  niederheben ,  überheben,  verheben,  vor- 
heben, wegheben,  ziirückhebcn. 

HKBENAGEJ. ,  m,  stiß  im  Schlagwerke  einer  uhr,  um  den 
liammcr  desselben  zu  heben.    Jacobsson   2,  240*. 

IIEHENUIG,  adj.  fc.slliallend ,  besitzend,  vom  parlic.  hebend 
ijebiUUi  (vgl.  über  ähnliche  bildtinyen  gramm.  2,301):  wa;  giilles 
der  keiscr  yn  gegeben  liait  .  .  daj  sie  da;  mogent  virerbcn 
oder  virlihen  als  recht  ist,  wem  sie  wollen,  da/,  man  daran 
vesle  unde  hebendig  ist.  weislh.  4, 593  (14.  und  15.  jahrh.). 
heU'iie  ans  hrssiachcn  Urkunden  des  U.  jahrh.  bei  Vii.mah   156. 

ItKItE.NilOLZ ,  n.  vbeuum ,  nebenform  zu  ebenholz  (3,15), 
riick.\iflitlich  des  schwankenden  anlanls  bereits  an  dem  tat.  ebciuiui 
und  liebeuum  ein  Vorbild  habend,  im  16.  und  il.jahrU.  vielfach 
iiebrauclil:  die  üchifTe  llirum,  die  guld  aus  Ophir  fürelun, 
brachten  «teer  viel  hebenholz  und  cdelgesteine.  l  kbn.  10,11; 
Salomo  lies  au«  dem  hebenliolz  treppen  im  haune  des  herrn 
und  im  hause  des  königs  machen ,  und  harfen  und  praller 
für  die  «enger,  idiron.  »,  II;  die  haben  dir  elfenbein  und 
hcbcnholz  verkauft.  //«.  27,15;  er  giiil  eben  für  eibenholi. 
dann  eben  oder  hcbenholz  gibt  einen  lieblichen  gpsundcn 
geriich:  eibcnholz  einen  schcdliclicn.  anm.  uriszh.  lusln.  628; 
ja  Indien  lirinid  un*  nll'- 
Ja»  >chwrtfrxc  liflii'iih»! 


HEDENSHIEIT,  m.  für  heb  den  streit,  fang  den  streit  an, 
eine  imperaliimche  bildung  wie  oben  hauenhclm,  hauenschild 
(sp.  580).  als  schelte  für  ein  streitsüchtiges  weih : 
du  kupplerin,  gcitiger  sclilunt  und  nasenrinipf, 
du  spulnapf,  hehenstreit,  wcntenschimpf.  fustn..<;p.  255,  18.  ' 
als  eigennaine  steht  HebenstrU  bereits  in  einem  uneciiten  Hede 
Neidharts : 

her  Hcbenstrit  von  Hohenvels  der  junge. 

Haupts  Neidliart  xxxix,  3. 
HEDER,  «i.  in  mehreren  bcdeutungen. 

1)  persönlich,  der  etwas  hebt,  emporhebt: 

musz  er  ewiger-  heber 
wie  Sisyphus  des  steins  schon  sein.    Interim  14; 

auch  in  uneigentlichem  sinne  (nach  heben  5,  d) :  lieber,  fautor, 
promolor,  patronus,  adjutor,  propugnator,  auxiliaritis  Stieler  805; 
und,  nach  der  formet  lieben  und  legen  (sp.  730):  heber  und 
leger  sein ,  dispensatorem  et  primarium  in  domo  esse.  Frisch 
1,  430'. 

2)  verschiedene  Instrumente  lieiszen  heber. 

a)  bei  Maaler  215'  heber,  hebeisen,  allerlei  zeug  oder  in- 
slrument  darmit  man  etwas  hebt,  relinaculum,  veclis;  sonst 
hebel  (sp.  719). 

b)  lieber,  elevalorium,  ein  chirurgisches  Instrument  zum  empor- 
heben eingedrückter  stellen  eines  lürnschädels.  Frisch  1,430';  sonst 
liebeisen  (sp.  719). 

c)  heber,  der  hebearm  in  pochwerken ,  Stampfmühlen  und 
hammerwerkcn.    Jacobsson  2,  239*. 

d)  heber,  ein  Werkzeug  der  gärtner  zum  ausheben  von  pflanzen 
aus  der  erde;  bildlich:  ist  diese  blume  mit  dem  melonenheber 
des  todes  oder  Schicksals  aus  meinen  biographischen  beeten 
ausgestochen  und  versetzt.    J.  Paul  Hesp.  3, 24. 

e)  heber  lieiszen  dem  borlenwiricer  die  zwei  schnüre,  welche 
wiler  alle  eingelesencn  wellcnkorlen  eines  bortenwirker Stuhls  unter- 
zogen werden.  Jacobsson  2,  241*. 

f)  a/zi  gewöhnlichsten  heiszl  heber  ein  Werkzeug  zum  heben  von 
flüssigkeilen  atis  dem  fasse:  heber,  sipho,  tubulus  doliaris  Stie- 
ler 805. 

3)  der  analom  nennt  heber  den  elevalor  musculus,  den  hebe- 
muskel  der  tippen,  der  augenlieder  u.  a. 

HEUERAD,  n.  rad  zum  heben  einer  last,  am  brunnen  zum 
heben    des  eimers ;   in  Schlaguhren  rad  zur  hebung  des  hammers. 

IIEBEREGISTER,  m.  rcgister  über  zu  hebende  steuern  und 
gefalle. 

HEBEREI,  f.  wiederholtes  heben,  in  verdchllichem  sinne :  denn 
was  ist  die  ganze  heberei  der  gebirge  (d.  h.  die  lehre  davon) 
zuletzt  als  ein  mechanisches  mittel,  ohne  dem  verstand  irgend 
eine  möglichkeil,  der  cinbildnngskraft  irgend  eine  thunlich- 
keit  zu  verleihen  ?  Göthe  51, 182. 

HEBERIEGEL,  «i.  hebebanm,  hebel:  ein  fudcr  bucher 
(buchener)  hebriegel.    Tücher  baumeiiterbuch  76,36. 

HEBEBIEMEN,  «i.  Werne»  der  zum  heben  einer  last  dient. 
heberiemen  am  pfeil,  amentum  Stieler  1610. 

HEBEBIN,  f.  zu  heber  (vgl.  heben  15  «p.  731):  gottes  guad 
ist  nicht  eine  hegeriii ,  sondern  heberin  der  Sünde.  IIeinr. 
MiJLiKR  erquickst,  s.  15. 

IIKBEKLEIN,  n.  kleiner  lieber,  siphunculus.  Stieler  805. 

HKBEBLING,  «i.  .•  iezundt  ist  man  nur  zuvil  wilzig  und  ist 
doch  selbige  witz  mit  aim  rohen  beberling  versigelt.  Zinim. 
chron.  1,460,34.     «'«5  isl  gemeint? 

HEBEBÜLLE,  f.  rolle  in  der  zu  erhebende  abgaben  verzeichnet 
sind:  eine  gleichmiiszigere  verlheilung  der  steuern  und  eine 
verbesserte  heberolle.    Dahlmann  ge.<tch.  d.  franz.  rev.  30. 

HEBEBSTANGE,  /".  mcrtie  slange,  über  der  der  klempnrr  die 
röhren  zu  einem  lieber  biegt.    Jacobsson   2,241*. 

IIKBKSCHIENE,  f.  eisen,  wodurch  in  einem  mfihlenbau  du- 
tragbank  und  das  ijanzc  lager,  sammt  allem  was  daran  unii 
darauf  ist.  erhoben  und  niedergelassen  wird.    Jacobsson  das. 

IIEBEStMIMAUS,  Hl.  schmaus,  der  zur  feier  des  liebens  ein< 
hauses  (sp.  724)  (legehen  wird,  richtschmaiu.    s.  hebemalil  .v;i.  72(i. 

1IEBES(,'III)LTEB.  f  die  schulter  eines  zum  hebopfer  gebracliliu 
thieres.  nur  in  Luthers  bibeliiber.\et:ung:  und  soll  also  heiligen 
die  webcbrust,  und  die  hebeschulder,  die  gewebel  und  gc 
hebel  itind  von  dem  wider  der  fülle  Aarons  und  seiner  »önc. 
2  Mos.  29, 27 ;  die  wcbcbrust  und  die  hebeschiildor.  3  Mck 
10,14. 

IIEBESEIL,  n.  teil  tum  ziehen  des  scitwrren  i/rschütses  oder 
des  Schiffes  stroniaufwdils ;  auch  »iinUi'ü  ,iru,iiiul.  Jacobssom 
»,  2(iU'. 


733 


HEBESPIEGEL  —  IIEBIG 


IlEBiÜlvEiT  —  llElUUi'ZE 


734 


HEBESPIEGEL,  m.  discus  lijneus  in  morlario  me  lormeiUo 
bellica,  cui  imjionuntur  pyroboli.    Frisch  1,  430'. 

HEBESTANGE,  f.  staiige  zum  bewegen  von  lasten,  phalanga. 
Alb.  bei  Fbisch  1,  430'. 

HEBESTADT,  f.  civilas  in  qua  coUecla  imperialis  ejcigitur. 
Frisch  das. 

HEBESTELLE,  f.  stelle  an  der  äne  abgäbe,  namentlich  Wege- 
geld, erhoben  trird. 

HEBETATZE,  /.  der  hebearm  in  poch-  und  hammerwerken 
und  Stampfmühlen. 

HEBETUCH,  «.  lach  das  man  auf-  und  niederlassen  kann 
und  das  bei  dem  stellen  einer  jagd  dazu  dient,  dem  uilde  freien 
ausgang  zu  verschaffen.   Jacobsson  2,  241*. 

HEBEWEBK,  n.  complicierte  Vorrichtung  zum  heben  einer  last, 
hebezeug,  hcbemascltine :  inwendig  am  ende  {einer  lafctte)  wird 
ein  eisern  ring  fest  angemacht,  umb  mit  zug-  oder  heb- 
iverk  dardurch  in  der  notli  zu  gebrauclien.  Bückler  kriegssch. 
(16ti8)  177. 

HEBEWINDE,  f.  icinde  zum  emporheben  und  aufladen  starker 
bihime,  licbelade. 

HEBEZANGE,  f.  zange  auf  hammencerkcn ,  zum  heben  von 
eisen  in  das  frischfeuer  und  unter  den  hammer. 

HEBEZAPFEN,  m.  der  hebearm  in  poch-  und  hammerwerken 
und  Stampfmühlen.  Jacobsson  2, 239*.  —  Bei  Fischart  unter 
gdrtnergeräten  aufgezählt :  mit  haciiengraben,  schaufeien,  siche- 
len,  karstien,  rattenkloen,  spaden,  hebzapfen,  jettauen,  grab- 
stickeln  . . .  Garg.  183'. 

HEBEZEUG,  HEBZEUG,  m.  und  v.  Werkzeug  zum  heben  von 
lasten :  das  ist  ein  wunderbarlichs  instrument,  ein  hebzeug, 
damit  man  schwere  last  erbeben  oder  fort  schieben  kau. 
Thdrneiszer  magna  alchymia  2, 15 ;  hüben  darauf  mit  einem 
hebzeug  grosze  gewaltige  feisen  und  steine.  Kirchhof  mit. 
rfwc.  104;  hebezeug  ist  eine' winde,  damit  die  kunsträder  (im 
bergwerk)  aufgehoben  werden,  min.  lex.  292';  durch  solches 
mittel  rückte  man  diese  steine  dicht  an  einander  ohne  alle 
hebezeuge.  Winkelmann  1,306;  den  hebezeug  meiner  kürper- 
maschine  in  bewegung  setzen.  Kant  3,55;  bildlich:  Babette 
fand  endlich  ein  hebezeug,  den  glänzenden  und  doch  trauten 
bruder  aus  dem  gastzimmer  in  ihres  ..  aufzuwinden.  J.Paul 
Titan  5,  8  ;  und  mit  welchem  hebezeug  wollt  ihr  vollends  die 
verarmende  menge  aus  dem  schmutzigen  eigennutze  aufreiszen 
und  gegen  die  sonne  heben?   nacluiämmerungen  84. 

HEBHEü,  ffl.  n.  epheu,  mit  vortretendem  h  zunächst  aus  der 
form  ebheu  entstanden,  über  die  3,678  gesprochen  wird:  wie 
solt  weibern  solch  natürliche  geschicklichkeit  dem  man  zu 
dienen,  und  on  ine  weniger  dann  ein  hebheu  ohn  das  hausz 
zu  bestehen,  umbsonst  zugestanden  sein?  Garg.  66'. 

HEBIG,  adj.  haltend,  haftend,  zähe,  nach  heben  l  bis  Z 
{sp.  722).  ahd.  hebig  und  heflg  »»  der  etwas  modificierten  be- 
deutung  gravis,  molestus,  arduus,  praeclarus  (Graff  4, 825),  von 
dem  nicht  umlautfähigen  habig  continuus,  haftend,  der  form  nach 
völlig  getrennt,  auch  im  mhd.  als  hebec  theilweise  noch  von  dem 
unumgelanteten  habec  abliegend,  bis  mit  dem  eindringen  des 
Umlauts  in  dieses  letztere  wort  beide  Wörter,  ohnehin  begrifflich  und 
nach  abslammung  nahe  verwandte,  sich  mischen,  und  namentlich 
für  die  zeit  des  16.  jahrh.,  in  welchem  die  gewöhnlichsten  belege 
begegnen,  nicht  entschieden  werden  kann,  ob  unter  hebig  nicht 
vielmehr  das  sp.  94  aufgeführte  häbig  gemeint  ist;  wie  beispiels- 
weise auch  Maaler  215'  hebig  und  häbig  avarus,  parcus,  lenax 
vereint  aufführt. 
hebig  sagt  aus 

1)  hallend,  festhaltend:  vor  allen  dingen  sol  er  vast  hebig 
sin  der  evangelischen  leer.   Leo  Jüo  Titus  BB'; 

dann  je  ein  Christ  soll  hebig  sein 

am  gringcn,  weil  er  hat  herein 

in  dweli  nichts  braclit,  musz  leer  hinausz. 

BiRK  tloiiprlspilcr  125. 
vasthebig,   dem   man  nichts  ausz  den  henden  nemmen  und 
reiszen  mag,  pertinax  Maaler  215';  noch  bairisch  hebig,  beheb, 
behebig,   haltend,   fest,   stark, {auch  karg),   mit  der  neben  form 
gehibig,  cedere  nescius  aus  einem  prom/>/.  t;.  16JS.  Scnm.  2,  MO. 

2)  karg,  zäh:  bist  du  von  art  oder  gewonheit  karg,  ein 
zucher  und  hebig,  so  thun  dir  gewalt  an,  gib  allinilsen. 
Keisehsberg  irrig  schaf  {ibU)  7';  hebig,  parcus  Hederich  1231. 

3)  hebig,  wolhabend,  reich,  kann  entgegen  den  beiden  vorigen 
bedeutungen,  der  nachten  abslammung  nach  nicht  zweifelhaft  sein, 
es  hat  zu  heben  keine  bcziehung,  sondern  ist  nur  andere  Schreibung 
für  häbig  {no.  3,  sp.  94):  ain  woJerbawne  und  hebige  stat. 
Zimm.  chron.  1,517.  ' 


HEBIGKEIT,  f.  lenacitas.  Maaler  215'.  vergl.  häbigkeit 
5p.  94. 

HEBLICH,  adj.  und  adv.,  quod  tollt,  sustolli  et  auferri  polest, 
nur  von  Stieler  805  als  einfaches  wort  aufgeführt,  obwol  hierfür 
sonstige  belege  gebrechen;  in  den  Zusammensetzungen  erheblich 
(3,  846),  unerheblich  ist  es  häufig,  ein  anderes  heblich  ist  nur 
frühere  Schreibung  für  hüblich  {sp.  95) :  wo  die  klage  dinglich 
oder  heblich  ist,  im  rechten  realis  genannt,  brandenburgische 
kammerger.-ordn.  von  1516. 

HEBLING  ,  «1.  1)  der  hebearm  in  poch-  und  hammerwerken 
und  Stampfmühlen.   Jacobsson  2,  239". 

2)  mundartlich  in  der  Wetterau  der  Sauerteig,  auch  hefling. 
vergl.  hebel,  hefel  sp.  720. 

HEBOPFER,  HEBEOPFER,  n.  in  der  bibelsprache  eine  art 
jüdischen  opfers,  vergl.  hebe  7  sp.  718:  sage  den  kindern  Israel, 
das  sie  mir  ein  hebopfer  geben.  2  Mos.  25,  2 ;  denn  es  ist 
ein  hebopfer,  und  die  hebopfer  sollen  des  berrn  sein,  von 
den  kindern  Israel  an  Iren  dankopfern  und  hebopfern.  29,28 
{frühere  ausgaben  des  alten  lest,  haben  hier  licbung) ;  geht  unter 
euch  hebeopfer  dem  herrn,  also  das  das  hebeopfer  des  herrn 
ein  iglicher  williglich  bringe,  gold,  silber,  crz  .  . .  35,5;  also 
solt  auch  ir  das  hebopfer  dem  herrn  geben  von  allen  ewrn 
zehenden,  die  ir  nempt  von  den  kindern  Israel,  das  ir  solcbs 
hebeopfer  des  herrn  dem  priester  Aaron  gebet.  4  3/os.  18,28; 
ir  berge  zu  Gilboa ,  es  müsse  weder  thawen  noch  regenen 
auf  euch,  noch  acker  sein,  da  hebopfer  von  komen.  2  Sam. 
1,21;  daselbs  wil  ich  ewr  hebopfer  und  ersllinge  ewr  opfer 
foddern,  mit  allem  das  ir  mir  heiliget.  Hes.  20,40;  wo  mil 
teuschen  wir  dich?  am  zehenden  und  hebopfer.  Maleachi  3,8. 
in  anlehnung  an  die  bibelsprache  bei  Brockes: 

lasz  gott  heb-geb-opfer  rauchen.    1,  95. 

HEBRÄELN ,  verb.,  jüdeln,  jüdisch  sprechen :  es  ist  gefähr- 
iich  mit  den  Juden  zu  handeln,  wann  sie  miteinander  an- 
fahen  zu  hebräeln ,  wie  viel  mehr  mit  dem  leidigen  teufel, 
wann  man  mit  ihm  in  einer  unverständlichen  sprach  con- 
trahirt.  Simpl.  4, 190  Kurz. 

HEBBÄER.  ff»,  hebraeus,  Jude:  ein  gewerke  und  bergmann 
musz  ein  guter  Hebräer  sein  und  das  a  b  c  von  hinten,  nehm- 
lich  mit  z  als  zubusze  anfangen,  und  bisz  aufs  a  als  aus- 
beute fortbuchstabiren.  miner.  lex.  29l'.  als  bezeichnung  eines 
handelsjuden  in  der  neben  form  Ebräer  Is.  d.  folg.):  haben  sie 
etwas  zu  schachern,  schrie  der  Ebräer  gewaltig  hinein,  dasz 
die  fenster  erklangen.    Thümmel  werke  1  (1820)  s.  134. 

HEBBÄISCH,  adj.  und  adv.  hebraicus,  hebraice,  ahd.  hebrcisk 
neben  ebreisc,  ebräisc  (Graff  4,  760),  mhd.  ebreisch,  eine  form 
die  Luther  immer  braucht:  meine  ebreische  spräche  leret 
mich  also.  3,57';  der  ebreische  knecht,  den  du  uns  herein 
gebracht  hast.  1  Mos.  39,17;  ein  teich  der  heiszet  auf  ebreisch 
Bethhesda.  Joh.  5,2;  trie  er  auch  statt  Hebräer  stets  Ebrcer 
schreibt:  sie  sind  Ebreer,  ich  auch  {golh.  Haibraieis  sind, 
jah  ik).  2  Cor.  11,22;  ein  Ebreer  aus  den  Ebreern  {goth. 
Haibraius  us  Haibraium).  Phil.  3,  5.  eine  witzige  redensart 
hebräisch  lernen,  auf  dinge  bezogen,  die  bei  einem  Juden  ver- 
kauft oder  versetzt  werden,  läuft  schon  seit  dem  i6.  Jahrhundert : 
sammt  und  seide  zureist  und  verschleist  endlich,  und  wer 
des  zu  viel  hat,  dem  kommen  die  motten  drein,  geredts 
wol,  so  müssen  hauben  und  schauben  hebreisch  lernen  oder 
gar  an  trüdelmarkt  und  pranger  gesielt  . .  werden.  Mathes. 
Sar.  (1562)  69';  es  geschieht  biszw eilen,  dasz  darnach  die- 
selbe newe  kleider  hebräisch  lernen  müssen,  wann  man  sie 
kaum  ein  oder  zwei  mahl  getragen  hat.  Cbeidiüs  1,232;  sie 
hat  noch  etwas  von  göldnen  ketten  und  perlen ,  das  musz 
hebraeisch  lernen.  A.  Gryphius  (1698)  i,  820;  unser  Interesse 
erfodert  es,  dasz  beides  knöpfe  und  tressen  ebräisch  lernen. 
Hazards  lebensg.  15Z ;  aber  ich  konnte  es  doch  im  hebräischen 
nicht  so  weit  bringen  wie  meine  taschenuhr,  die  viel  intimen 
Umgang  mit  pfandverleihern  halte  und  ..  die  heilige  spräche 
lernte.  H.  Heinb  1,  239. 

IIEBRITZE,  f.  einer  der  mehrfach  variierenden  namen  dei 
sorbus  aucuparia,  die  sonst  j^beresche,  eberesche,  eibischbeere, 
eibrischbeere,  ebritzbeere ,^  ebritze ,  ebreis,  ebenreis  (3,  üi) 
heiszt.  der  umstand,  dasz  man  die  beeren  dieser  pflanze  zu 
dühnen  verwendet,  läszt  hcbi  itze  für  dohne  selbst  gesetzt  werden : 
ja  vatter,  sagt  diser  son  {nämlich  ein  junger  sperling  zum  alten), 
wenn  aber  die  stalljungen  hebrifzen  machen  und  ir  maschen 
und  schlingen  ins  stro  binden,  da  bleibt  auch  mancher 
{sj^erling)  behenken,  wo  hastu  das  gesehen,  sagt  der  all?  'zu 
hof  bein  rosobuben'.    Mathesius  Luther  (l.'83)  99'. 


735 


HEBTREMEL  — HECHEL 


HECHEL 


736 


HEBTREMEL,  ni.  uebcnform  zu  hehdreiuel ,  hebedieiucl 
sp.  '17 :  mit  . . .  spritzen,  legeisen,  hebtremeln,  walhölzcrn, 
hebzeug.  Garg.  201";  ein  wagen  mit  lelinseilern,  lahnniigein, 
heblranuiiei ,  die  räder  an  den  bergen  mit  zu  huiumcn. 
BücKi-ER  kriegsscli.  503. 

HEBUMG,  f.  mhd.  bcbungc,  j»  comiiosilen  die  die  riciUung  des 
hebens  näher  bezeichnen  (üfüebunge  mhd.  üb.  1,  ü4ü',  enlhelningc 
Lexer  1,571),  wie  auch  die  altere  nhd.  spräche  das  teorl  in  ein- 
faclier  gestall  nur  tingeuölinlich  braucld  (no.  (i).  die  bedcutnmj 
ist  nach  dem  verbuvt  lieben  verschieden  urlig  cnltrickell. 

1)  das  heben  in  die  höhe  {nach  beben  4) :  liebung  sublalio 
Steinbach  l,  760;  durcb  liebung  der  band  wurde  abgestimmt; 
nach  bebuug  des  ankers  segelt  das  schiff  ab;  hcbung  des 
kopfes ;  hebung  des  fuszes  beim  tanzen,  schreiten ;  hebnng,  sivc 
hub  der  pferde,  viollis  cruruin  glovieratio.  Stiei.er  SOh.  in  bezug 
auf  bodenverhdllnisse :  horizontal  liegende  flötze,  welclie  sich 
an  steilen  felswänden  oberhalb  fortsetzen ,  werden  durch 
hebungen  einer  solchen  bergwand  erklärt.   Göthe  51, 178. 

2)  hebung  ist  nicht  nur  die  handlung  des  hebens,  auch  das 
gehobene  selbst :  hebung  der  kähue,  dte  gerundete  erhebung  oder 
erhöhung  atn  hinter-  und  voi-derlheil  eines  groszen  kahns  oder 
fluszschiffes  in  dessen  bodcn.  Jacobsson  2,  242' ;  die  gegend  ist 
durchaus  nicht ,  was  man  eine  schone  nennt ,  denn  sie  be- 
steht lediglich  aus  wellenden  hebungen  und  Senkungen  des 
erdreichs.    Immermann  Miinchh.  1,171. 

3)  hebung,  in  unsinnliclier  Verwendung  (nach  heben  5) :  der 
redner  sprach  zuerst  leise,  dann  aber  mit  hebung  der  stimme; 
für  die  hebung  der  untern  volksklassen  geschah  unter  dieser 
regierung  so  gut  wie  nichts;  hebung,  promolio ,  exallatio, 
auxilium ,  adjuinentum ,  adminiculuin,  subsidinm.  Stieler  805. 
in  bezug  auf  das  abheben,  hervortreten  eines  gejenslandes  vor  dem 
andern  (s.  sp.  726) :  aus  den  regeln  der  brechung  und  hebung 
(der  färben).  Göthe  52,141.  in  der  mctrik  ist  seil  dem  ende  des 
vorigen  Jahrhunderts  für  a^ais  und  S'saie  hebung  und  Senkung 
aufgekommen:  wo  der  grammatische  accent  hier  mit  der  quan- 
tität  der  sylben,  da  mit  der  bebung  des  verses  . .  in  einen 
widerstreit  gerälh.  F.  A.  Wolf  kl.  schriften  {ed.  Bernhard]/)  949. 

4)  hebung,  das  wegheben,  davonhebcn  (heben  9  spalte  72S): 
hebung  aus  der  tauf,  levatio  de  fönte  sacro  Frisch  1,  430'. 

5)  hebung,  entnähme  von  steuern,  gefallen,  einkünften,  scluttzen 
(heben  12): 

nur  immer  alle  sieben  jähr 

liiszt  sich  (bei  einem  xckaize)  ein  Däramchen  sehn. 

dann  mag  ein  l)Ock,  kohlschwarz  von  haar, 

die  hebung  wohl  bestehn.       Bürger  24'; 

seine  gröszteniheils  nur  in  hebungen  und  rechnungsfiihrung 
bestehenden  amtsgeschäfte.  Niebuhr  kl.  sehr.  1,  69.  aucli  die 
erhobene  Steuer  selbst:  denn  wir  könnten  auch  jetzt  eine  haupt- 
steuerkasse  entbehren,  wenn  der  obersteuereinnehnier  jedem 
empfänger  seine  hebung  in  bänden  liesze,  und  sich  begnügte, 
aoweisungen  darauf  zu  ertheilen.  Moser  pa(r.  ;t/ia»<.  3,  94;  es 
schickte  sich  so  wenig  für  die  pfarrer,  die  hebung  zu  haben, 
als  man  solche  einem  gemeinen  manu  so  leicht  anvertrauen 
konnte,  s.üb;  1000  thaler  cour.  an  hebungen.  Weserzeitung  l>it>3 
no.  3022. 

6)  Luther  brauclde  in  den  einzelausgaben  seines  alten  tesla- 
menls  (1523 — 152S)  hebung  für  Opfer  {nach  heben  10):  es  ist 
ein  hebung  und  die  hebung  sollen  des  herrn  sein.  2  Mos. 
29,  28,  neben  bebopfer  {sp.  734),  wahrend  in  den  spätem  gesaml- 
ausgaben  der  Ijibel  überall  das  letztere  worl  gesetzt  wird. 

HEBUNGSBEDIENTER ,  m.  angestellter  für  erhebung  von 
gefallen:  der  treue  hebungbedientc  und  generalkonlrolleiu- 
der  ganzen  scbnldenniassc.  J.  Paul  a.  d.  teuf  pap.  2,  24o.  — 
fem.  hebungsbedientc :  eine  solche  zizerone  {jührerin  eines 
blinden  bettlers),  du  sie  dessen  regle  und  hebungbediente  ist. 
biogr.  bei.   1, 154. 

HEBüNGSKHAFT,  f.:  hebungskraft  dcH  wassers.  /lan nur. 
mmtazin   1843,  »,  21*. 

KEBUNGSTAG,  m.  der  tag  an  dem  abgaben  erhoben  werden, 
Siegfr.  v.  Ltndenbery  (1784)  1,87. 

HECilEL,  f.  pecten  ferreus;  arisla,  ahd.  mhd.  Iiachele, 
liethclc,  niederd.  nirdrri  heknl ,  engl,  hatchel  und  liackle, 
%chued.  Iittckla,  d<in.  hegle.  die  allgemein  angenommene  mcinung. 
doii  dieses  wart  in  ctymologixrhcm  zusammenhange  mit  haken 
»/Wie,  kann  nach  dem,  wui  über  haken  sjmlte  177  bemerkt  ist, 
nicht  fjcthnU  werden;  bediel  scheint  vielmehr  eine  itrnttivbildung 
lu  dem  ahd.  trrbum  hcclian,  becchan  üerJien;  und  dir  eigentliche 
bfdailung  slacJiel  xetgl  souol  der  name  der  vnonis  arvensu,   der 


beim  Volke  sowol  hechelkraut  als  stachelkraut  {sonst  hauhecliel, 
heuhechcl)  ist,  als  auch  der  unten  no.  2  aufgeführte  name  des 
stichlings. 

hcchel  bezeichnet 

l)  ein  gerät  mit  scharfen  drahtspitzen,  zum  durchziehen  und 
reinigen  des  ftaclises  oder  hanfes:  rixale  hechel ,  nd.  heckele, 
liekele,  hekel  pro  lino  Dief.  499*;  die  hächlen,  darmit  man 
werch,  flachs  hächiet,  pecten,  hamiis  Maaler204';  nachdem 
brechen  wird  {der  flachs)  .  .  erstlich  durch  eine  grobe,  her- 
nach durch  eine  mittelmäszigc,  und  endlich  durch  eine  klare 
hechel  gezogen ,  von  dem  wcrck  oder  heede  abgesondert. 
öcon.  lex.  (1731)  690; 


von  der  hösuii  hcchel  itzt, 

scharll'espitzi, 

wirsi  ciu  (//ndis)  durchgcpeinigl. 


Voss  4, 139. 


dieses  durch  die  hcchel  ziehen  ist  übertragen  worden  auf  das 
ziehen  eines  guten  namens  durch  scharfe  zungen,  auf  die  scharfe 
beurlheilung  der  person ,  der  worlc  oVer  der  thaten  jemandes: 
wolan ,  da  ist  nichts  mehr  zu  marlern  an  dem  tcxl ,  denn 
das  würlliu  mein  das  wil  ich  durch  der  schvvermer  hechel 
ziehen ,  auf  das  ja  kein  bein  an  dem  text  ganz  und  unge- 
niartert  bleibe,  und  wollen  niemand  etwas  mehr  daran  zu 
schwermen  lassen.  Luther  3,346';  er  sei  denn  wohl  ver- 
sucht und  durch  die  hechel  gezogen,  tischr.  134'.  220';  nicht 
allein,  weil  ich  abwesend,  sondern  auch  nu  mehr  je  lenger 
je  schwecher  werde ,  und  durch  die  hechel  inn  der  weit 
mehr  gezogen,  denn  mau  vieleicht  wissen  kan,  und  fast 
abgemergelt  bin.  Selneccer  christl.  psalmen  {Leipzig  1587)  ror- 
redc ;  etliche  alte  weinbeiszer  und  betagte  mütterlein ,  die 
sitzen  blieben,  davon  jene  von  ihren  bauerswesen  und  allen 
geschichten  . .  discurirten,  diese  aber  . .  allerlei  leut,  ledige 
und  verheirathe,  ihres  geschlechts  art  durch  die  hechel  zogen 
und  andelen,  dasz  sich  das  eine  theil  zu  köstlich,  das  ander 
aber  zu  schlecht  gegen  seinem  vermögen  in  kleidung  herfür 
gethan  und  erzeigt  hätte.  Simpl.  3,345  Kurz;  gemeiniglich  di 
liderlichsten  pflegen  am  meisten  andere  durch  di  hechel  zu 
zihen.  Butschky  kanzl.  403 ;  ob  du  schon  ein  wenig  grob  und 
schlecht  bist,  so  wird  man  dich  schon  über  die  hechel  ziehen 
und  durch  den  Strudel  laufen,  schleifen  und  hohlen  lassen, 
bisz  du  gar  bald  ein  vollkommener  hofmann  worden.  Cocay 
teulscher  labyrinth  79 ;  wer  hat  sie  denn  darzu  gesetzet,  dasz 
sie  hierher  kommen,  und  unsere  einwohner  durch  die  hechel 
ziehen  sollen?  I'lesse  1, 118;  dasz  sie  den  bürgern  so  verächt- 
lich begegnet,  und  durch  die  hechel  gezogen.  119; 

dusz  ich  irre,  bleibt  gewis,   allilicwcil  ein  mensch  ich  hin ; 
der  nun  mehr  ist  als  ein  mensch,  niiig  mich  durch  die  hechel 

ziehn.    Logau  2,  103,  23; 
greif  erst  die  fehler  an,  die  du  selbst  an  dir  ziehst, 
uh  du  der  andern  thun  durch  deine  hechel  ziehst. 

Caniz  ged.  96; 

danach  durch  die  hechel  gehn,  bemängelt,  getadelt  werden: 

da  musz  sogar  im  kirchenstande  die  pfarrfrau  durch  die  hechel 
gehii.     GÖI4TUER  429. 

die  hcchel  in  bildern  und  redensarten  für  böses,  martervolles: 
einen  solchen  (elirbrccliri)  nrleil  ich  in  di  schul, 
ein  hechel  sol  sein  sein  sitzstnl, 
ain  igelshiiut  sol  sein  sein  rok, 
sein  pruch  die  sei  ain  nesselstok.    fastn.sp.  710,27; 

gar  dick  der  hachlen  er  cnipryndi 

wer  stäies  zanket,  wie  ein  kiiiilt 

und  meint  diu  worheit  mncluMi  hlyiidt. 

IIrant  narroHSch.  71 ; 
mancher  will  ous  allen  sachen 
KJvirh  process  und  hadcr  luauhen, 
glaulil  (las  rocht  zu  machen  hlliid : 
üiilche.  leurels-niil-gcsüllt'n 
Mtltn  man  auf  hecheln  Hiellcii, 
lausen  wul  den  norrengriixl. 

ulierarhoiliing  der  vorigen  sielte, 
».  Zarnckes  nH.iijiiltr  s.  70*; 
lierr  Koreas  stand  indi'Nsen  an  suinein  haum  allein. 
HO  unbehaglich  iils  stund  er  auf  schurr  ge.vpiizteii  hecheln. 

WiKLAnn  4,  205  (n.  .4m.  »,  12). 

andere  redensarten:  sie  hieben  sich  in  ihrer  licrrlicbkcit  wie 
ein  frosch  auf  der  hechel.  baurensl.  la.<lerfirob  21 ;  ich  habe 
ihn  bei  unserer  ersten  bekannlschaft  sclilecbl ,  ja,  ich  darf 
wohl  sagen,  mit  der  hechel  Irisiil  ((/.  h.  heim  frisieren  ttichtig 
gerauft).    Güthk  20,223; 

der  iluKki  mich  nyii  ein  redlich  man 

und  diitll  ein  liecliel  giyteii  uii.     Mt;li!<i(li  ijrurhm.  Clj', 

diT  iin'i.'X  oucli  liechlc'ii  lecken  kiinneii.     m  iiij  *. 


737 


HECHEL  —  HECHELN 


HECHELN  — HECHSE 


738 


die   hechel    als   bild  für   eine    scharfe   zunge  (nach  dem  oWjen 

durch  die  hechej  ziehen): 

wie  scharf  ist  öfters  eure  (der  Jungfern)  hechel, 
wenn  ihr  von  Junggesellen  sprecht?    Picamjer  3,  405. 

im  dänisclien  heiszl  mil  rüchieht  hierauf  ein  alles  zäniäsches  tceib 
en  gammel  hegle;  dann  als  bild  des  scharfen,  schwieriges  ent- 
wirrenden Sinnes: 

den  knoten  ich  entstricken  wil  mit  mines  sinnes  hechel. 

meistert,  der  Kolmarer  hdschr.  28,  82. 

2)  hechel .  name  eines  kleinen  slachliclHen  fisches ,  slichling, 
gaslerosteus :  dentex  hechele,  hechein,  niederd.  hecfcel  Dief.  173'. 

3)  hechel,  arifta,  hart,  granne  am  getreide.  rgl.  auch  hachel 
sp.  9S.  und  achel  1, 162. 

HECHEL,  adj.,  s.  häckel  sp.  101. 

HECHELBANK,   f.    bank   worauf   die   hediel   befestig   wird. 

JACOB?SOX    2,242'. 

HECHELB.VRT.  f».  slacJdicher  bart,  einer  hechel  vergleiclibar : 
>ein  hechelbart  ist  ihr  wie  wollen.  Garg.  72*. 

HECHELBARTIG,  adj.:  hör  mein  hechelbartiger  kund, 
kanst  auch  durch  den  knebelbart  pfeifen?  Fischart  groszm.  74. 

HECHELEL  f.  das  hedieln  ;  im  übertragenen  sinne  nach  durch 
die  hechel  ziehen  oben:  sich  von  hecheleien  herauskommender 
Schriften  nähren.  Saiffart  bei  Campe  .«.  r.  neidgift. 

HECHELFRAU,  f.  frau  die  aus  dem  hecheln  des  flachses  oder 
hanfes  ein  geuTfbe  macht. 

HECHELHAAR,  m.   imperativisches   composüum    hechel    das 
haar,  hat  Fischaet  ah  flohname  gebraucht: 
auch  Pluikropf,  Zanhak,  Hechelhor, 
der  BuckelspruDg,  und  Jungfrauspor.     flolihatt  1707  Kurz. 

HECHELICHT,  adj.  und  adv.  stachlidil  nach  art  der  hechel; 
auch  in  übertragener  bedeutung:  hechelichte  reden,  eariila,  verba 
ambigua,  convicia,  scommala,  dicteria.    Stieler  731. 

HECHELJUBILIERER,  m.  sdterzhaße  bezeicJmung  eines  hechel- 
machers,  der  einem  juwelierer  verglichen  irird ,  da  er,  wie  dieser 
das  gold  mit  edelsteinen,  so  das  holz  mit  hecheln  besetzt: 
ihr  nagelneue  herrn,  ihr  hecheljubilierer, 
du  mausfall-inausfallmann,  und  ihr  carainspazierer. 
Opel  u.  Coin  264,  IM. 
HECHELRAMM,  m.  scandix  pecten  Veneris,  nadelkerbel.  Nem- 
NiCH  4.1233. 

HECHELKERBEL,  m.  dieselbe  pflanze. 
HECHELKRÄMER,  m.:  schon  in  meiner  frühen  jugend  halt 
ich  oft  von  den  schlauen  Venetianern  gehört,  die  alljährlich 
aus    ihrer    heimat   als    inäusefailen-  und  hechelkrämer  nach 
Deutschlands  gehirgen  reiseten.   d.  deutsche  Gilblas  143. 

HECHELMACHER,  m.  qui  ferreos pectines  facit.  Frisch  l,39l'; 
da  ein  hechelmacher  sich  bei  einem  burgersmann  zu  München 
aufgehalten,  allda  seine  hecherle  und  mausfalln  yerfertigt. 
piegenwedel  28.  sprichwörtlich  aufpassen  wie  ein  hechelmacher, 
sehr  genau:  die  scharfen  äugen  der  kälzer,  die  da  ärger 
spannen  als  die  hechelnmacher,  sehen  doch  herdurch.  interim 
.536;  der  alte  Hildebrand  passte  auf  wie  ein  hechelmacher, 
ob  er  Luther  zuerst  nannte  oder  Zwingli.  Riehl  cuUurgesch. 
nor.  342. 

HECHELMANN.  m.  der  hecheln  fertigt  oder  feil  hat: 
daselbst  sich  versamblet  han 
die  naauszfallenkrämmer, 
nicht  sich  zu  wehrn  sondern  zu  zebm, 
wie  auch  die  hechelmänner. 

Soltau  vidksl.  495  {v.  1632). 
nach  dem  ruf,  mit  dem  sie  in  mangelhaßem  deutsch  ihre  waare 
anbieten,  verzeichnet  Stieler  1235  auch  iliren  namen  als  hekel- 
mausefall ;  heckelemeusefallenmacher.  Philander  (/«grf.)  3,35. 
HECHELN,  verb.  J)  mit  der  hechel  flachs  oder  hanf  bearbeiten: 
carminare  hecheln,  carminalio  das  hercheln  (mil  der  nebenform 
carminare,  tzokken,  heckein  in  hortu  aus  Trocbvs)  DiEr.  102"; 
stimuloTC  hecheilen,  nd.  heckein  (nach  stimula  hechel,  hebel. 
hekele  neben  flachszschwinge)  553";  hächlen.  durch  die  bächel 
ziehen,  siupam  pectere,  carminare  Maaler  204';  da  hechelte 
man  (der  hanf  erzäliü)  erstlich  den  groben  kuder,  folgends  den 
spinnhanf  und  zuletzt  den  schlechten  banf  von  mir  hinweg. 
Simjd.  2,179  Kurz; 

disiu  blou,  disiu  dahs, 

disiu  hachelte  vlahs, 

dise  spunnen,  dise  näten.     Iwein  6204. 

2)  liecheln  bildlich  in  mehrerlei  beziehung. 

a)  nach  dem  bilde  einen  durch  die  hechel  ziehen  (oben 
«p.  "36)  heisit  hecheln  herb  tadeln,  mit  spitzen  reden  verhöhnen : 
Sinngedichte  verfertigt  er  (Kästner),  die  aber  unmöglich  ans 
einer  poetischen  ader  geflossen  sind,  sondern  ihren  Ursprung 
in    des   Verfassers    hang  zum    sticheln   und   hecheln    haben 

IV.  11. 


müssen.  (Schclz)  almanach  der  bellettristen  für  1782,  s.  90;  sie 
gewöhnen  sich  ans  hecheln  und  medisiren.  Hermes  Sophiens 
reise  4,162;  der  musz  sich  dann  auch  nicht  wuudern,  wenn 
die  weite  weit  ein  wenig  klatscht,  ein  wenig  spöttelt,  ein 
wenig  hechelt.  Korzi.BtE  die  Stricknadeln  a.  3,  sc.Z;  nun  gieng 
sie  auf  die  geschichte  der  commandanten.  majoren  und  haupt- 
leute  und  diejenigen  ihrer  weiber  über,  und  hiechelte  endlich 
die  ganze  bände.  J.  Gotthelf  schuldenb.  253;  Börne  machte 
sich  über  diesen  unglücklichen  beständig  lustig,  und  beson- 
ders hechelte  er  ihn  wegen  der  mundfaulen  und  kauder- 
wäläcben  art,  wie  er  das  französische  aussprach.  H.  Heihe 
12, 125.  vergl.  aushecheln  .  durchhecheln ;  niederd.  up  ^nem 
hekeln  un  mäkeln.  Schütze  2,120.  Keisersberg  hat  das  büd 
in  anderer  weise  ausgeführt:  und  wolt  dir  ein  abc  gemacht 
haben,  in  dem  ich  dir  den  flachs  gehächelt  wolt  haben 
und  den  staub  und  den  selben  blunder  daraus  geschüttelt. 
Spinnerin  1510  a6'. 

b)  anders  ist  einem  den  rücken  hecheln,  ihn  geiszeln ,  in 
einem  bilde: 

swer  freuntlich  lechelt 
gen  uns,  und  uns  den  rucke  hechelt 
mit  manger  untreuwe  hagdorn.    Kenner  15049; 

noch  jetzt  mundartlich  (oberüslreichisch)  hecheln  prügeln  Fromm. 

3,190. 

c)  hecheln,  cotre;  mögtest  du  aber  hechlen?  Zimm.  ekron. 
4,279,7. 

HECHELSCHERZ,  m.  spottender,  geiszelnder  scherz:  was  wir 
empfinden  und  wissen,  fast  alles  kann,  auf  unterschiedene 
art,  den  inhalt  eines  liedes  abgeben,  folglich  auch  der  hechel- 
scherz.   Hagedors  3,  xv; 

der  könig,  der  ihn  (den  schützen  .ister)  nicht  so  fürchterlich 

geglaubet, 
bereut  den  hechelscherz,  der  ihm  sein  äuge  raubet.    2,  60; 
ein  feiner  spott,  ein  hechelscherz 
war  sonst  bei  hole  zugelassen.    Götz  3,  187. 

HECHELSCHBIFT,  f.  satyra,  spotudtriß,  einen  durchzuziehen. 
Frisch  1,  39l'. 

HECHELSTUHL,  m.  gestell,  worauf  die  hecheln  beim  hecheln 
des  flachses  oder  hanfes  befestigt  werden.    Jacobsson  J,  242'. 

HECHELTRÄGER,  m.  herumziehender  hechelverkdufer :  ei  sehet 
doch  die  schöne  könige.und  fürsten ,  welche  wie  die  fast- 
nachbutzen  oder  wie  die  hechlenträger  und  Schornsteinfeger 
herein  tretten.  Rist  friedewünsch.  Teutschl.  37;  unter  unsern 
•bauern.  hirten.  Jägern,  bergleuten.  handwerksburschen,  kessel- 
führern,  bechelträgern,  bothsknechten.  fuhrleuten,  trutscheln, 
Tvrolern.  undTyrolerinnen  cursiret  wirklich  eine  erstaunliche 
menge  von  liedern ,  worunter  nicht  leicht  eins  sein  wird, 
woraus  der  dichter  fürs  volk  nicht  wenigstens  etwas  lernen 
könnte.  Bürger  32l'.  mit  bezug  darauf  dasz  viele  solche  hau- 
sierer  aus  Italien  kommen:  eben  so  wenig,  wie  Ciceros  geist 
seinen  enkel  hechellräger  für  den  seinigen  erkennen  weite. 
(ScHCLz)  almanach  der  belleltristen  für  1782  s.  89. 

HECHELUNG,  f.  carminalio.   Stei:<bach  1,721. 

HECHELZAHN,  m.  zahn,  stächet  einer  bediel:  auf  der  mitte 
dieses  brettes  (der  hechel)  ist  eine  vierkantige  erhühung  von 
breiter  zusammengesetzt,  auf  deren  Oberfläche  . . .  viele  ge- 
spitzte drahtstifte  oder  hechelzähne  senkrecht  stehen.  Jacobs- 
so>-  2.  242'.  übertragen  heiszen  auch  die  spitzen  zahne  einzelner 
groszen  fischarten  hechelzähne. 

HECHELZAHNMÄSZIG ,  adj.:  keiner  kan  glauben,  wie 
stachelhaftig  und  hechelzahnmäszig  weh  einem  das  schrepfen 
auf  den  Schienbeinen  kitzelt,  so  fern  ers  nicht  selbst  erfahren. 
Simpl.  4, 15  Kurz. 

HECHEN,  verb.  keuchen,  ein  lautmalendes  wort,  öfter  in  der 
ilerativfonn  hechzen  (s.  d.)  begegnend,  mundartlich  über  Mittel- 
deutschland verbreitet;  hächen  Schütz  siegl.  id.  2;  im  Osterlande 
hechen  schnell  und  kurz  alem  holen,  wie  nach  angestrengtem 
laufe:  er  kam  herangehecht,  herangekeucht;  auch  in  Nieder- 
deulschland  hechen  keuchen  Woeste  volksüberlief.  99. 

HECHLER,  m.  pedinans ,  slrigilans,  auch  in  übertragenem 
sinne.  Stieler  731. 

HECHLERLN,  f.  pedinalrix:  hächlerin  Frisch  1,391*. 

HECHSE,  f.  1)  kniebug  an  den  hinlerßszen  der  thiere,  mhd. 
hahse.  hähse,  hehse  und  mit  assimilation  der  inlaiäenden  con- 
sonanlen  hasse  (mhd.  wb.  1,  612').  das  wort  hat  seine  heimat  t/n 
bairischen  und  fränkischen  spradigebiet,  reicht  auch  nach  fiieder- 
deutschland;  die  formen  variieren:  bcür.  hächsen  Scbm.  2,147; 
poblex  hechsze  Dief.  443*  (aus  einem  Mmb.  voc.);  henneberg. 
hächse  und  hasse  Reinwald  1,56.  61;  niederl.  hesene.  heisene, 

47 


i39 


HECHSE  — HECHT 


HECHT  — HECHTKRAUT 


740 


hese  das.;  niederd.  hesse  br.  wh.  2,626;  hösse  Schamb.  81* ; 
dänisch  im  plur.  haser  die  sehnen  oder  bänder  im  kniegelenk; 
erweitert  sind  die  formen  ags.  höhsene ,  fries.  hoxene ,  huxne 
kniekehle,  was  wieder  mit  ags.  hüli,  ho  calx,  calcaneum  in  Ver- 
bindung steht,  und  alle  die  bisher  genannten  formen  als  verwandle 
zu  golh.  hahan  hangen,  hingen  tind  zu  hake,  haken  (sp.  177) 
stellt,  wozu  auch  das  golh.  hölia  pflüg  {seiner  form  wegen,  sp.  i'S) 
gehört.  Nemnich  stellt  die  rnanigfachen  formen  des  wortes  zu- 
sammen: poples  . .  der  auswärts  gehogene  theil  an  den  hinter- 
fiiszen ,  in  verschiedenen  deutschen  provinzen :  die  häkse, 
hächse,  hachse,  haxe,  hexe.  4,1043;  hechsse  oder  hesse 
heiszet  das  hinterste  hein  an  den  schöps-  oder  andern  keulen, 
so  von  einigen  auch  flegeikappe  genennet  wird,  weil  es  mit 
dieser  einige  ähnlichkeit.    Ocwi.  lex.  (l"31)  966. 

2)  hechse  bezeichnet  nachher  auch  den  ganzen  theil  eines  tbier- 
beines,  welcher  sich  zwischen  dem  eigenllichen  fusz  und  dem  schlegH 
oder  oberbein  befindet.  Schm.  2,147;  so  einem  rosz  die  hüll 
oder  heeszen  seindt  aufgelaufen.  Tabernaemont.  kräuterb. 
(158S)  743.  auf  mensclten  übertragen  lieiszt  es  das  bein  über- 
haupt, meist  in  verächtlichem  sinne:  ich  lauf  mir  d'  häxen  halb 
ab  um  dich.  Schwabe  lintenf.  61;  daher  in  Kärnten  hackse, 
haxe,  mit  dem  dim.  haxel  mehr  das  magere  oder  krumme  bein 
bezeichnet.  Lexer  130;  in  Augsburg  hachsen  krumme  beine 
ScHMiD  Schwab,  wb.  252;  aber  auch  ohne  solchen  nebensinn:  ein 
haar  häxerl  hat  die  gehrt  Jungfer  wie  ein  drexlerdocken. 
Schwabe  lintenf.  59. 

3)  hechse,  ein  krummes  messer  der  gärtner,  wird  nach  der 
ähnlichkeit  mit  1  den  namen  haben:  die  wurzeln  des  hopfens 
mit  einer  hexe  oder  sonst  scharfem  messer  abschneiden, 
CoLERüs  hausb.  bei  Frisch  1,  450\ 

HECHSEL,  m.,  s.  häcksel  sji.  lOS. 

HECHSNEN ,  verb.  die  ßechsen  des  kniebuges  durchschneiden, 
ahd.  hahsinön ,  hasinön,  subnervare ,  nervös  abscidere  (Graff 
4,  SOO),  niAd.  hahsenen,  hähsenen  (?/)ö.  l,  612'):  item  wer  dem 
andern  sein  vieh  bei  nacht  ertödte  oder  hächsenete.  bair. 
landtagshandlungen  des  15.  jahrh.  bei  Schm.  2, 147.  auch  in  der 
gekürzten  form  hechsen,  assimiliert  hessen,  gedehnt  heesen  (vgl. 
unien  an  seiner  stelle),     s.  einhechsen  3,197. 

HECHT,  wi.  1)  esox  lucius.  ahd.  hachit,  hechit,  heched ; 
mhd.  hechet,  hecht;  ags.  hacod;  niederl.  heket  lupus  piscis 
Kilian  ;  genui  .mnes  Stachelgebisses  wegen  so  genannt  {vgl.  hechel 
sp.  735),  wie  auch  der  scliwedisclie  nante  güdda,  dän.  giedde  auf 
gadd  Stachel,  der  englische  pike  auf  pike  spitze,  Stachel,  dorn, 
auch  der  franz.  brochet  auf  broche  spiesz,  brocher  durch- 
stechen, der  niederwendische  schczipei  auf  schczipasch  stechen, 
beiszen  zurückführt,  lucius  heget,  hecht,  höcht,  nrf.  heket, 
heckte  Dief.  33S';  lupus  hecht  340';  einen  blamenser  (^o/Zei/) 
von  einem  hechede.    buch  v.  guter  speise  2; 

karpfen,  forhen,  hecht  und  ruppen 
die  i.sz  ich  lieber,  denn  ölsuppen.    fasln,  sp.  726,2; 
hier  (am  strande  mich  einem  fisclifnnqp)  sah  man  aal  und  welsz 

und  auszerlesiie  Schmerlen, 
und  perszken,  meine  lust,  und  köstlich«  rorcllen, 
auch  karpfen,  liarben,  hechi,  und  laclis,  die  zier  der  tisch. 

A.  Ghypuius  i  (ItWs)  (>4; 
öfter  noch,   wenn  es  dem  iiebchen  gefallt  und  linde  die  luft 

wellt, 
stoszen  den  nachen  wir  ab  hoch  au!  die  wallende  nuth,. 
werleo   das   netz   nach  dem  barsch  und  stellen  dem  aale  die 

reuKcii, 
ködern  die  angel  dem  hecht,  spieszen  bei  Inckuln  ihn  auf. 
Arihdt  ijrd.  (IS4())  s.  i(,'i. 
sjiriehw örtlich :   von    kleinen    fisclili'in  werden  die  hecht  gros. 
ScHOTTEL  1125*;  die  hechle  werden  um  deszwegen  in  die  teiche 
gesetzt,  damit  die  andern  tische  nicht  faul  werden.  I'istorius 
Ihn.  par.  5,  no.  73 ;  wie  der  hecht  als  hersclier  des  teiches  gilt : 
ein  hecht  ref^iert  ein  lange  zeit 
in  einem  wasser  Kruxz  und  weil; 
all  viüclie  Hetzen  ilin  da  walten, 
ward  lür  ein  berrn  und  koniK  Khalten. 

II.  VValdis  I^koji  3,  S; 
nn  Unruhe  und  sehrecken  erregender  mensch  wird  einem  hecht 
im  karpfenteiche  verglichen;  so  trifft  meine  beirierkmig  hier 
ein,  dasz  ein  guter  filoii  immer  der  motivierende  iiedit  wird, 
der  den  frommen  karpfensalz  der  Klillen  im  —  reiche  ztim 
schwimmen  bringt.  J.  I*aul  Tüan  2, 27.  —  Hnchxrlülich  des 
hechte*  al»  speise  wird  unlencliieden  fridcher  oder  grüner,  gc- 
^alzner,  gesottncr,  gebratncr  hecht;  durch  das  sieden  werden 
die  uhupf-en  de*  fi'chn  blau ; 
»Ic  ■  li  (Inf he, 

ml' '  ■  in  vniner  hecht. 

mm.  r  mann,  mein  nigel,  int  mir  recht: 

»o  i>t  <!•  r  h.  I]  tij'hi  Kar  zu  bluu  gftkotten.     Cbli.irt  \,:<^. 


der  redensart  faule  fische  machen,  lügen,  erdichtete  nachrichlen, 
erlogene  entschuldigungen  vorbringen,  sclwinl  sich  zur  seile  zu 
stellen  einen  faulen  hecht  reiszen: 

hast  neulich  hinter  meinem  wissn 
mir  einen  faulen  beclit  frerissn. 

H.  Hingwald  laut.  warh.  368. 

2)  hecht,  übertragen  auf  einen  menschen,  zunächst  einen  raub - 
süchligen,  was  schon  in  frühen  werken  angedeutet  erscheint:  pei 
dem  hecht  versten  ich  all  wüetreici»,  die  arm  laut  frejjenl 
und  auch  ir  aigen  mag  und  freunt  verderbent.  Mecenberc 
254,14;  dis  ist  ein  schimpflich  gelichnus  der  vische  ..  ein 
hecht  ein  riiuber.  fischbüchlein  aus  dem  auf.  des  16.  jahrh.  im 
anz.  des  germ.  mus.  1S57,  sp.  363 ;  sind  das  nicht  gestohlene 
Sachen?  schon  gut,  dasz  wir  euch  hecht  erwischt  haben. 
d.  d.  Gilblas  176 ;  dann  abgeblaszier ,  in  der  bedeutung  wie  kerl, 
biirsche:  verbrennt  diesen  brief,  damit  es  nicht  dermaleinst 
ofl'enhar  werde,  was  für  drollige  hechte  wir  sind.  BCrcer 
an  F.  L.  W.Meyer  den  l.  »nirz  1789;  der  medikus,  der  keinen 
narren  in  der  weit  zum  narren  haben  konnte,  . .  steckte  dem 
dünnen  hecht  {dem  apolbcker  Zeusler)  die  raufe  voll  wahrheit- 
futter.  J.Paul  Hesp.  2,40;  der  arme  hecht  im  parterre  wird 
zu  sich  selber  sagen:  solche  witze  kann  ich  auch  machen. 
H.  Heine  lt,435; 

kurz,  dame  Vastola,  von  ihrem  schönheitsthrone 

herab  gestürzt,  der  unwirthharen  see 

in  einer  tonne  preis  gegeben  .  .  . 

gesperrt  zu  einem  solchen  hechte! 

und  diesen  feinen  Seladon 

(das  ideal  von  einem  besenbinder) 

so  olTentlich  zum  vater  ihrer  kiiuier 

erklärt!  Wieland  18,  151; 

wird  auch  so  ein  hecht  wie  andre  sein, 

die  wenig  sich  kümmern  um  ihre  frauen.    Kotzkbvr; 
reiche  hechte  (unter  den  batiern),  die  das  geld  nicht  sparen, 
schmausen  ihn  {den  getrockneten  bering)  zu  schnaps  und  hier. 

J.  F.  Kind  ijeduUte; 
in  Baiern  hecht  mensch,  loser  vogel  Schm.  2, 148. 

3)  hecht,  in  der  Studentensprache,  der  beiszende  rauch,  nament- 
lich des  tabaks:  die  stuhe  ist  voll  hecht;  kerle,  ihr  habt  einen 
furchtbaren  hecht  in  die  stuhe  gemacht! 

HECHT,  adj.,  ein  seemännisches  wort,  vom  schiffe  gebraucht, 
das  kein  wasser  durchläszt:  der  kahn  ist  hecht; 

und  wellen  hoch  und  wild,  hurrah ! 
die  barke  hecht  und  schier  — 
die  wasserweit  ist  unser  haus 
und  lusige  kerls  sind  wir. 

Freiligrath  zwischen  den  garben  (1849)  s.  169. 

es  ist  mundartlich  niederdeutsche  form  des  adj.  haft  sp.  132. 

HECHTAPFEL,  m.  eine  apfelart,  hellgrün  mit  dunleelroten 
streifen.  Nehnich. 

HECHTBARSCH,  m.  perca  lucioperca,  der  zander.  IVemnich 
4,907. 

HECHTBAUCH,  HECHTSBAUCH,  m.  bauch  eines  heclUes. 
übertragen  auch  der  bauch  eines  pferdes,  wenn  er  von  den  rippen 
an  auf  einmal  eingezogen,  und  so  dem  bauche  eines  hechtes  ähn- 
lich ist. 

HECHTGRAU,  adj.  grau  wie  der  hedU  an  .<ieinen  seitentheilen : 
er  trug  ein  hechtgraues  kleid,  mit  rotiien  aufschlagen.  Les- 
sing 1,233;  in  einem  kleide,  wie  ich  es  nie  getragen:  es 
war  hechtgrau  mit  etwas  gold.    Gothe  2«,  83. 

HECHThlEFER,  m.  f:  hechtkieler,  backenzähne  des  hechls, 
mandibula  lucii.  Frisch  1,432*.  als  arzneimittel  gegen  selten^ 
stechen  verwandt,    öcon.  lex.  (1731)  968. 

HECHTKOI'F,  «I.    1)  köpf  eines  hechtes: 

derselb  als  sie  wol  wirdig  war, 

legt  ihr  (Oeim  i/iislindlilv)  ein  schönen  heclitknpr  dar. 

ijioliiiinus  (Fruiikf.  l.MiS)  II  ij«  (>.  I,.  4.  cnp.); 

aus  denen  beinen  des  hechtkopfs  wollen  etliche  curieuse  laute 
die  vornehmsten  Werkzeuge,  so  bei  der  creu/.igung  Christi  vor- 
gekommen, heraus  bringen,  öcon.  lex.  9(i8,  mü  besag  darauf: 
er  sah  lieher  Ninetten  an  und  lauschte  auf  jede  mimische 
woge,  die  um  jede  llschreuse  spielte,  in  die  er  einfahren, 
auf  jede  schwiuimfeder  eines  angelhakens,  der  für  seinen 
herhtkupf  ein  passioniiistrumenl  werden  könnte.  J.  Faul  heimt. 
klai/el.  5. 

2)  nach  der  ähnlichkeit  hechtkopf  an  pfcrden :  hechtkopf, 
lAle  de  lirochet  .  . .  {uilrhei)  gemeiniglich  mehr  ilick  nl«  leicht 
ist,  eine  breite  stirn  ,  und  den  vcudertheil  eingebogen  hat, 
welche»  ihm  einige  Ähnlichkeit  mit  einem  hechlkopfe  gieht. 
Jacobsso?»  »1.  flo*.      hechtskopf  Nrmnicii  wb. 

HECHTKRAUT,  n.  samenhaul,  polamogelon  rersrliiedener  arten, 
irrt/  die  lierhte  gern  darauf  Irirlien. 


741 


HECHTKREUZ  — HECK 


HECKÄPFEL  —HECKE 


r42 


HECHTKKEUZ,  n.  ein  kreusförmiger  knocken  des  Hechtes,  als 
arzneimUtd  verwandt :  nimb  chelidoniam .  schweinsbein  und 
hechtcreutz,  mnch  das  zu  pulver.    Seuteb  rossarzn.  424. 

HECHTLACHE,  /.  potamogeton  senatum,  eine  w asser pßanse, 
zwischen  deren  kraute  sich  gern  die  jungen  hechte  aufhallen, 
s.  hechf«tuhl. 

HECHTLEBER,  f.  jecur  lucii.  an  sie  knüpft  der  leberreim 
(s.  d.)  an. 

HECHTLEICH.  m.  ova  luciorum. 

HECHTLELN,  n.  kleiner  hecht: 

iirr  in  des  meres  gründe 

da  schwimmt  ein  hechteiein.    Uhlamo  voVul.  72. 

HECHTREISZER.  m.  müglied  einer  eigenen,  namentlich  in  der 
mark  Brandenburg  bestandenen  fifcherzunfl ,  die  hechte  einsalzte 
und  verschickte.    Jacobssoji  2, 242*. 

HECHTSATZ.  m.  heiszen  junge  hechte,  bis  «c  drei  jähre  alt  sind. 

HECHTSAUGE,  n.  äuge  vom  hecld:  ein  wolfsaug,  oder  hechls- 
aug,  oder  die  steinlin,  die  man  in  der  schwalben  leib  findet, 
lialien  gleiclimäszige  kraft  (gegen  die  hüze  in  den  äugen).  Sebiz 
felilb.  75. 

HECHTSCHIMMEL,  m.  pferd  von  hechtgrauer  färbe. 

HECHTSLEDER,  n. ;  der  zog  aus  wie  hechtsleder  [entfloh). 
Arm«  schaul).  2,266. 

HECHTSTIRNE,  f.  heiszt  die  stirne  eines  pferdes,  wenn  sie  zu 
schmal  und  eingebogen  ist.    Nemsich. 

HECHTSTÜHL.  m.  polaviogeton  serratum,  eine  Wasserpflanze, 
weil  die  jungen  hechte  gern  zwischen  ihrem  schwimmenden  kraule 
stehen,     s.  bechtlache. 

HECHTTEICH,  vi.  lach  in  dem  hechle  gezogen  werden,  öcon. 
lex.   fl731)   977. 

HECHTWASSER,  n.  wasser  worin  der  hecht  schwimmt  und  jagt, 
bildlich:  Everard  wurde  durch  Firmians  entfernung  erst  in  sein 
elemenf,  sein  rechtes  hechtwasser  gesetzt.  i.PkVL  Siebenk.i.nd. 

HECHTZAHIN,  «I.  zahn  vom  hechte:  luciodontes  ..  verstei- 
nerte hechtzähne.  Nemnich  3,  458.  auf  räuberische  menschen 
übertragen  :  der  ihnen  den  raub  aus  den  hechtzähnen  zu  ziehen 
drohte.  J.  ?\xsl  Titan  3,146. 

HECHZEN,  verb.  schluchzen,  ein  lautmalendes  wort,  wie  besehen 
und  hetschen:  bair.  hechezen,  hichezen.  keuchen,  schluchzen, 
vom  pferde  auch  wiehern  Schm.  2,143;  rheinisch  hechzen,  am 
fiiederrhein  hechten  Kehreis  190;  tn  Hessen  hechzen  keuchen 
Vn.MAR  156;  singuUare  hichezen  Dief.  nov.  gloss.  340';  auch 
Schwab,  hiechzen  schluchzen  Schmid  277 ;  in  Kärnten  hahazen 
ächzen,  keuchen  Lexer  130. 

HECK,  n.  product  des  hackens,  gehack:  das  hack  dein  und 
schlag  aier  in  schusseln  . . .  wirf  das  heck  darein,  kuchen- 
meisterei  ciij. 

HECK,  n.  das  collectivum  zu  hag  sp.  137,  in  zwei  bedeulungen. 

l)  dorngebüsch ,  geslrüpp  aus  dornichten  sträuchem :  dumus 
hegk,  hekcb  Dief.  192';  dumus  heck  o.  stait  (sfuH)  do  vi! 
bnsz  in  Stent,  nov.  gloss.  142';  heg,  hechk  das.;  repres  hegg 
37b';  heck,  vepres,  dumus,  rubus,  inde  labrusca  idem  voc.  ine. 
theut.  i2;  audi  vom  einzelnen  dornstrauche : 

gleich  wie  ein  dorn  und  heck  uns  unversehens  ritzet. 

Wese»»ick  spielsieben  (17u2)  32. 

3)  in  fiiedersacluen  heiszt  heck  die  aus  reisem  geflochtene  oder 
aus  latten  zusammen  geschlagene  thür,  welche  den  eingany  und 
ausgang  eines  dorfes  der  ganzen  breite  des  fahrwegs  nach  ver- 
sciilieszt.  Schmidt  v.  VVernelche.n  ged.  s.  10.  17;  in  Holstein  hek 
die  thüre  eines  zaunes  oder  geheges  dem  vieh  den  durchgang  zu 
wehren.  ScHiJTZE  2, 12S ;  ähnlich  niederl.  heck  neben  hecke  Kilia:«  ; 
engl,  halch,  </if<r,  luke,  auch  die  halbe  thür  der  breite  nach  an 
den  Ivlusern  der  landleute ;  schwed.  hack  raufe,  hack  pa  en 
vagn ,  leiter  eines  wagens ,  wie  ähnlich  im  Waldeckschen  heck, 
hawerheck  das  hölzerne  gitterartige  gestell  einer  sense  beim  haber- 
mähen genannt  wird  (Ccrtze  470*>;  indem  sie  das  heck  öffnete, 
sang  sie.  Hippel  {lebensl.)  3,215;  die  bäuerin  eilt  ans  heck. 
W.Alexis  ruhe  ist  die  erste  bürgerpflictU  1  (1S52)  s.  123 ; 

und  rief  im  ilorf  dem  ersten  knecht, 

der  mir  am  heck  bciregnei. 

ScHüiDT  V.  Wem.  almanacli  1798,  s.  31-, 
einyang  und  ausgang  einer  schonung: 

trotz  der  warnunKstarel 

schlüpft  der  mariier,  keck, 

seitwärts  durch  der  schonung  heck.    124. 

3)  heck,  der  hinterste  Iheil  eines  scitiffes ,  'oltngefäkr  von  der 
Oberkante  des  lunteisten  endes  des  untersten  barkJiolzes  bis  zum 
bfirä.'  Jacobsso«»  «.  60*.  —  In  dm  hedeutungen  1  und  2  wecliselt 
au»  wart  mtl  dem  wcibltciieii  hecke,  s.  d. 


HECKAPFEL,  ni.  pyrus  malus  fruleseens,  staudenapfel,  Johan- 
nisapfel. 

HECKRÄLKEN,  m.  der  obere  letzte  balken  im  hinlertheile  eines 
Schilfes,  welcher  über  das  ganze  sclüff  reicht,  in  der  mitte  auf  den 
hintersteren  und  mit  den  enden  auf  den  randhülzem  rulit.    s.  heck  3. 

HECKBAUER ,  m.  bauer  der  zugleich  als  vogelhecke  dient, 
foetura  avium  in  cavea:  dasz  ein  solcher  grüner  schlummer- 
käfig  wie  ein  vergröszerter  kanarien  -  heckbauer  aussieht. 
J.  Paul  Siebenk.  2,  8. 

HECKRAUM,  m.  liguslrum  vulgare,  haTtriegel,^  zaunriegel.  vgl. 
heckenhaum. 

HECKRL\DER,  m.  operarius  qui  colliqat  sentes  et  dumos  sepis; 
qui  dumeluni  sepis  vinculis  constringit.  Frisch  1,  395'. 

HECKRUCHE,  f  carpinus  belulus,  hagebuche.  Nemnich  2, 895. 

HECKDORN,  m.  hagedorn ,  Crataegus  oxyacantha.  Nemnich 
2,1270.  auch  der  schwarzdorn,  prunusspinosa.  i,lQ'i&.  schwarze 
heckdornen  {werden  anstatt  Stecknadeln  gebraucht).  Happel  acad. 
rom.  783. 

HECKDRÜSE,  f  s.  unter  begedrüse. 

HECKE,  f.  sepimentum;  foetura;  wie  hag  sp.  137  eine  bildung 
von  der  würzet  hag  hauen ,  stechen ,  wobei  der  wurzelbegriff  auf 
stechendes,  dornichtes  gebüsch  specialisiert  erscheint  {s.  unten  die 
bedeulungen  1 — 8).  der  begriff  foetura  entwickelt  sich,  urie  unten 
gezeigt  wird,  zunächst  aus  dem  örtliclien  sinne  des  gebüsches.  die 
älteren  formen  des  wortes  ergeben  rücksichllich  der  den  stamm 
schlieszenden  gutturalen  dasselbe  schwanken  innerhalb  der  drei 
stufen  des  lautes,  icie  es  bei  haken  sp.  103  zu  verzeichnen  war: 
ahd.  hegga  (Graff  4,  762)  mit  der  nebenform  hecka  «n  hecke- 
mi'ire  maceriae  (2,  841);  mhd.  hegge  (Neidhart  xxi.  11)  und 
hecke ;  sp<i/er  noch  vepres  hegge,  hecke  Dief.  6tl';  dumus  hekch 
192';  auch  im  englischen  zeigen  die  verschiedenen  formen  altes 
schwanken  der  gutturalen  an,  hedge  weist  auf  älteres  hecge  {icie 
edge  aus  ags.  ecg  entstanden  ist,  hegge  Sachsenchron.  z.j.  547), 
hatch  geht  auf  ags.  häcce  zurück.  —  hecke  drückt  aus: 

1)  den  stechenden  dornstrauch ,  vorzüglich  die  galtung  rubus, 
brombeere  und  ihre  verwandte:  dumus,  hecke,  stöde  in  dem 
wolde  Dief.  nov.  gloss.  142';  wenn  der  herr  Sebah  und  Zal- 
muna  in  meine  band  gibt,  wil  ich  ewr  fleisch  mit  dornen 
aus  der  wüsten,  und  mit  hecken  zudreschen.  richter  S.l;  er 
nam  die  ehesten  der  stad  und  dornen  aus  der  wüsten  und 
hecken,  und  lies  es  die  leute  zu  Sucotb  fülen.  ».16;  da 
werden  dornen  und  hecken  sein  (eis  yjoaov  eaovrat,  xai 
eis  axav&av  septuag.)  Jes.  7,  23 ;  denn  es  werden  auf  dem 
acker  meines  volk?  dornen  und  hecken  wachsen  (^  y^  tov 
Äaav  ftov,  axav&a  xai  xooros  avaß^aerai  sept.).  32,13; 
seet  nicht  unter  die  hecken  (urj  aTteior^re  in  äxavd'ats 
sept.).  Jer.  4,3;  man  lieset  nicht  feigen  von  den  dornen, 
auch  so  lieset  man  nicht  drauben  von  den  hecken  (ov  yk^ 
i^  axavd'cä-v  avXjJyovaiv  dvxa,  ovSs  ix  ßarov  XQvyöiatv 
arafvXrjv,  goth.  ni  auk  us  })aurnura  lisanda  smakkans,  nih 
})an  US  aihvatundjai  trndanda  veinabasja).    Luc.  6,44; 

wir  irren  ohne  ruh.    wenn  wir  den  leib  ausstrecken, 
verkehrt  das  küssen  sich  in  allzeit  Trische  hecken. 

A.  Grtphiüs  (1698)  1,45. 

2)  viel  häufiger  im  allgemeinen  sinne,  niedriges,  domiges  und 
stachliches  gebüsch:  spinetum  hecke  Dief.  547';  /r«/ex  gestreiisz 
von  bolz,  hecken  249';  beckwald,  ein  ort  da  vil  dornhecken 
wachsen ,  dumetum ,  spinetum  Dasvp.  ;  hecken ,  dorngesteüd, 
senticetum  Maaler  215';  hacke,  pro  dornpusch,  dumetum  Steih- 
BACu  1,  666 ;  sepimenta,  hecken  die  man  setzt,  dasz  ein  zäun 
darausz  w  erde.  Alb.  ;  hecke  ist  ein  wildes  und  von  sich  selbst 
auf  den  feldern  und  wiesen,  an  den  wegen  und  hölzern  ge- 
wachsenes ungeschlachtes  gebüsche,  aus  allerhand  doru- 
sträuchern  und  andern  buschholz  .  .  .  bestehend,  öcon.  lex. 
(1731)  978;  sähe  einen  wider  hinder  im,  in  der  hecken  mit 
seinen  hörnern  hangen,  l  Mos.  22.13;  das  sie  komen  und 
alle  sich  legen  an  die  trocken  beche,  und  in  die  Steinklüfte, 
und  in  alle  hecken,  und  in  alle  püssche.  Jes.  7, 19;  es  feret 
daher  der  lewe  aus  seiner  hecke  (ix  Trjs  fiärS^as  ai/rov 
«7»/.).  Jer.  4,7;  und  wie  eine  hecken  im  garten  ist,  darauf 
allerlei  vogel  nisten.  Baruch  6,70;  zu  Quintin  lieszen  sich 
die  ratten  zwen  monat  nit  sehen,  und  starben  vor  schrecken, 
und  die  hasen  liefen  im  land  Lützelhurg  ausz  den  hecken. 
Garg.lSI*;  und  hiebst  um  dich  herum?  da  wirds  den  hecken 
und  dornen  gut  gegangen  sein.  Göthe  8,  lü;  jeder  bäum, 
jede  hecke  ist  ein  strausz  von  blüthen.  16,6; 

und  alles,  das  dem  leib  sanft  ihut, 

das  wil  mich  ntraer  dünken  gut, 

und  künweilen  uotern  hecken, 

das  wil  mir  alles  uimt.i'  schmecken,    fasln,  fp.  720  37/ 

47* 


743 


HECKE 


HECKE  — HECKELKRAUT 


744 


es  mag  gar  licht  ein  wind  har  fegen 
er  döt  den  Crowen  die  stürz  ab  wegen 
die  hangen  an  den  nächsten  hecken. 

Brani  narrensch.  HO',  100; 
wo  dir  geliebt,  in  ungeheuren  hecken 
durch  zeichen,  durch  gesteht,  durch  licht  uns  zu  erschrecken. 
A.  Grtpuius  I69S   1,  IJU; 
ttzt  wird  da  kaum  geschaut 
ein  altes  mauerwerk  und  unter  den  gebeinen, 
uiit  hecken  ganz  Terschrenkt.    Opitz  I,  r^9; 
wie,  wann  des  müllers  brauner  stecken, 
den  esel,  welcher  ledig  zeucht,  .  .  . 
vielleicht  Ton  distelreichen  hecken 
gehietherisch  verscheucht.     Uz  2,268; 
herr  Goldmar  geht  durch  hecken, 
er  rauschet  durch  das  grün,    ühland  ged.  227; 
aus  den  hecken,  bang  und  scheue, 
bricht  hervor  ein  zartes  reh.     R.  Reinicc  Ucder  156. 

in  den  hecken  reiten,  slrauchdieberei  treiben  (s.  heckenreiter): 

wan  ir  in  hecken  reiten, 

so  hallen  ir  euch  Teucht. 

ir  nementz  den  kauHeuten, 

das  hond  ir  noch  nit  beicht.     Soltau  226  (v.  1519). 

spricliwürtliches :  sollen  wir  zu  inen  tretten,  so  müssen  sie 
warlich  solche  ergernis  der  Uneinigkeit  wegthun ,  und  des 
texls  und  Verstands  zuvor  eins  und  gewis  werden,  sonst 
schewen  wir  uns  ganz  billich,  und  sagen,  der  teufel  ist  in 
der  hecken.  Luther  3,  44o';  wider  die  kleinmütigen  und  ver- 
zagten sagt  er,  wer  alle  hecken  schewen  wolle,  werde  nimmer 
zu  keinem  wald  kommen.  Zinkgref  apoplith  l  (1626)  219 ;  wann 
du  jede  hecken  fürchten  wilst,  so  wirstu  dein  lebtag  in  keinen 
wald  kommen.    Simpl.  3, 199  Kurz; 

E.  der  blitz,  der  stamm  erschellt, 
zermalmt  die  schwachen  äst.    S.  er  schont  der  kleinen  hecken, 
wenn  er  die  zedern  trifft.         Lohknstein  Sophon.  s.  91,  441. 

3)  wie  hag  4  und  hagen  5  {sp.  138.  151)  gewinnt  auch  hecke 
die  erweiterte  bedeutung  gehOh,  kleiner  wald:  haben  auch  solche 
hecken  begangen,  weisth.  l,  595 ;  aus  des  mannes  eigenem 
gehölz  und  bäumen,  so  in  seinen  eigenen  hecken  gewachsen 
sein.  605;  die  sonslen  ander  gehölze  in  anderer  leutlie  rüder 
und  hecken  hinweg  genommen,  das.;  die  hecke  eine.t  einzelnen 
kann  ein  llieil  eines  der  ganzen  gemeinde  zustehenden  tvaldes  sein: 
ilein ,  im  gemeinen  wald  aus  anderer  leuthe  hecken  reife- 
slangen, tiudern,  Stangen,  gärten,  und  dergleichen  abgeholet. 
tlu.selbst. 

4)  von  dem  gdrlner  wird  eine  vornehmlich  durch  strauchobsl 
gebildete  wand  in  einem  garten  eine  hecke  genannt:  in  den 
gärlen  werden  dagegen  hecken  mit  lleisz  gezogen  . . .  diese 
hecken  setzt  man  zum  theil  frei,  zum  theil  werden  sie  an 
geländern  und  bindwerk  gezogen  und  zierlich  unter  der  schere 
gehallen.    Jacobsson  2,243*; 

sehn  von  weitem  schon  im  garten  dich 
deine  hecken  stutzen,  bäume  kappen. 

Schmidt  v.  Wermeucher  ged.  lOS. 

6)  gewöhnlicher  aber  heiszt  hecke  die  einfriedigung  eines  gartens 
oder  feldes  durch  niedriges  geslrduch,  schon  ahd.:  heggo  vallo 
Graff  4,762;  häufig  seit  der  neuern  zeit:  hecke  sepes  Stieler 
727 ;  lebendige  hecke  sepes  sylvestris,  naturalis,  gemachte  hecke 
lepes  structilis.  das.;  man  kann  jeden  bauer  nicht  zwingen, 
eine  mauer  oder  eine  lebendige  hecke  um  seine  gründe  zu 
halten,  und  eine  (odle  hecke  (eine  hecke  von  dürrem  geslrducli), 
oder  ein  graben  rückt  leicht  unvermerkt  fort.  Moser  osn. 
grsch.  1,120;  kommen  mir  für  wie  die  hecken,  die  meine 
bauren  gar  schlau  um  ihre  feldcr  herumführen,  dasz  ja  kein 
hase  drüber  setzt.  Scbiller  rduber  1, 1 ;  diese  drei  oder  vier 
waren  über  die  hecke  gestiegen,  polil.  slockf.  284;  aus  einer 
ecke  des  gartens,  zunächst  der  einfassenden  hecke.  Imnek- 
MANN  Münclih.  1,  86; 

umzäunt  von  grüner  hecko 

blüht  blume,  Lohn  und  Frucht.    Voss; 

zäun  und  Lecke  werden  oft  verbunden  gebraucht,  da  der  begriff 
beider  Wörter  in  einander  üherflieszt:  wo  man  einen  oder  mehr 
kranke  und  lahme  leiiiciiweber  auf  dem  markt,  in  hfluseru 
und  hinter  den  zäunen  und  hecken  anIralT.  Simpl.  l,ioa  Kurz; 

ein  höl/.cni  männlein,  wunderlich  ge.iclimückt, 
l«t  aulKeAtelli  Vor  all  den  kOlinen  rurki'ii, 
ein  niAnnleJD,  In  die  Rtnlluiig  hingebiir.kt, 
die  hinter  zäunen  heiniiicb  Ist  und  hecken. 

l'utA:<i>  yed.  437. 

ahnluh:  wffiiii  Hf-riiiann  der  befreier  nicht  gewesen  wäre,  so 
»atzet  Ihr  nicht  so  breit  hier  twiicben  euren  hecken  und 
pfiblen.  imiERiiAnN  Munchh.  t,ui.     iprichwöTÜKh:  was  die  ege 


bestrichen  und  die  hecke  bedecket,  das  folget  dem  erbe  (es 
ist  feld  und  garten  als  zugehvr  zum  hause  gemeint).  Pistorids  thes. 
par.  3, 86;  hinter  der  hecke  hallen,  jemand  auflauern:  so  läsle 
•  sich  der  teufel  nicht  von  jedermans  geschrei  erschräcken : 
er  hält  lang  hinder  der  hecken.  J.  Nas  der  warnungsengel  138 ; 
wo  die  hecke  am  niedrigsten  isl,  da  steigt  man  über;  hinter 
der  hecke  sind  auch  Icule,  summa  saepe  ingenia  in  occulto 
latent.   Serz  65'. 

6)  hecke,  wie  heck  2  (sp.  741)  das  eine  dorßrasze  versper- 
rende gatter  (engl,  halch  gatter,  einfalirt ,  auch  Schraffierung): 
es  soll  ein  jeder  im  ein-  und  ausgehen  oder  fahren ,  die 
hecke  vor  dem  ende  des  dorfes  zutiiachen.  Ordnung  von  Rügen- 
walde,  bei  Frisch  1,395*;  im  Gütlingischen  isl  hi^ke,  büke  eine 
vor  der  eigentlichen  hausthür  befindliche  halbe  gatterlhür,  welche, 
während  die  hausthür  selbst  zurückgelehnt  isl,  den  eingang  ins 
haus  versperrt  und,  wenn  sie  geöffnet  ist,  von  selbst  wieder  zu- 
fällt. Schambach  77';  vergl.  auch  hake  sp.  179.  ein  hieran  an- 
lehnendes nd.  Sprichwort  en  up  der  büke  sitlen  ihm  hinterher 
sän,  findet  sich  ähnlich  auch  im  obern  Deutschland :  er  ist  gleich 
bei  der  hecke,  ad  omnia  paralus  et  expeditus,  statim  se  offert, 
promlus  manu.  Serz  65*. 

7)  hecke,  der  aus  reisig  geflochlene  schanzkorb: 

vor  Toreneck       in  einer  heck 

hat  man  ein  scharpl'e  metz  (eine  knnone)  gesehn. 

UlLDEBRAHO   votkst.   93,  3. 

8)  hecke,  eine  art  falle  zum  fang  jagdbarer  thiere,  wol  davon 
so  genannt,  das  sie  mit  reisigem  holz  bedeckt  ist:  das  nyemanl 
in  demselben  wiltbanne  jagen  sali,  dann  ein  keiser  und  eiu 
faudt  von  Minzenberg,  der  sali  jagen  äne  hecken  und  Äne 
garn  tzu  zocken ;  were  darüber  jagt  tzu  der  hecken  und  be- 
griffen wirt,  der  hat  ein  hant  verloren,  weisth.  1, 498  (v.  133S). 
vergl.  das  bair.  gehägel:  hasen  in  schnüren,  gchägeln,  träten 
oder  fallen  zu  fahen.  Schm.  2,162;  ferner  gehag,  eine  art  von 
un  weidmännischem  jagen  in  Baiern,  gehägte,  eben  dergleichen  art 
beim  hasenfangen.  Frisch  1,396";  hecken,  eine  art  von  unweid- 
männischem jagen  395'.  die  hecke  scheint  der  drauche  (2,1342) 
nahe  verwandt,  da  drflher  und  heckenjeger  zusammen  genannt 
werden,     s.  nachher  heckenjäger. 

9)  hecke,  foetura  und  tempus  foeturae  scheint  von  dem  bis- 
herigen abzuliegen,  und  ist  doch  nichts  als  der  unter  2  und  3 
entwickelte  örtliche  sinn  auf  den  Vorgang  übertragen,  der  gebüsch 
und  ifald  voraussetzt;  das  hierzu  gehörige  verbum  hecken,  früher 
reflexiv  sich  hecken  Iteiszt  zunächst  sich  in  einer  hecke  festsetzen, 
sich  einnisten,  vergl.  unten  hecken  2;  in  ganz  ähnlicher  weise 
hat  auch  hagen  die  bedeutung  aviarium  entwickelt,  sp.  151.  hecke, 
vorzugsweise  von  vögeln,  auch  in  zweiler  knie  von  zalimen  im 
zimmer  gehaltenen,  gesagt,  drückt  aus: 

a)  den  ort  des  heckens :  hacke,  ornithotrophium,  locus  ubi  ani- 
malia  ad  procreandas  soboles  asservantur.  Steinbach  1,666;  daher 
pflegt  inan  z.  e.  von  den  canarienvügeln  zu  sagen:  man  habe 
sie  in  die  hecke  geworfen ,  wenn  man  sie  nemlich  in  ein 
freies  und  geraumes  behällnis  (zum  begatten)  gebracht,  öcon. 
lex.  (1731)  982;  übertragen: 

und  ach!  was  ist  die  weit?  der  schnöden  Unzucht  hecke. 

PuiLANDBR  v.  D.  LiNDE  galante  ged.  (I71Ü)  s.  67. 

b)  den  act  und  die  zeit  des  ausbrütens:  der  vogel  ist  von 
der  ersten  oder  zweiten  hecke.  Jacobssom  6,61";  bildlieh: 
aber  er  (der  name  Achatonyx)  ist  bei  den  alten  ganz  uner- 
hört, und  selbst  die  spätem  Schriftsteller  .  .  .  kennen  ihn 
nicht,  so  dasz  er  aus  einer  ganz  neuen  hecke  sein  musz. 
Lessing  8,81. 

c)  die  junge  brut  selbst:  wie  mögen  sie  ihr  (der  natur)  wohl 
vürschreil)en ,  wie  sie  das  all?  ob  sies  einzeln,  oder  paar- 
weise? oder  die  ganze  hecke  auf  ein  mal  ausfliegen  lassen 
soll?  BCrgeh  319*. 

10)  als  erstes  glied  einiger  composita  entwickelt  hecke  den  begriff 
des  hcimlicltcn,  nicht  legitimen,  vergl.  heckeiuünie,  bcckenarzi, 
heckenjäger,  bcckoiiwirl,  hcrkgroschen  u.a. 

UKCKEGHUSCIltN.  IlECKtiltOSCIlEN,  ni.  l)  yrosciien  wn 
falschem  oder  unerlaubtem  gejirdge;  vergl.  heckeinünze. 

2)  yroschen  der  nacli  dem  Volksglauben  andere  hcckl  (s.  heck- 
pfennig):  hier  ist  eine  (mtime)  davon,  ein  schöner  Schweden- 
thalcr.  der  oheiin  gab  mir  ihn  bei  der  einsegnung  als  het  k- 
gruschen  und  ich  trage  ihn  seil  der  zeit  in  der  bOnie.  Fbeytac 
handsdir.  1 ,  Wl. 

HECKFLKHAIJT,  n,  unmis  arvtnsis,  hauhechrl,  und  scandix 

pecten    Vencrts  ,   ion\l    liiilutknmm  ;    miutiis  ,    lnwlicckel  ,    liii  kr! 

kraut.  Al»krus. 


745 


HECKEMÄNNCHEN--  HECKEN 


HECKEN 


746 


HECKEMLNNCHEN,  HECKMÄNNCHEN,  f.  die  aWaune,  die 
mit  der  kraß  geld  zu  hecken  begabt  gedacht  wird,  sprichicörtlich 
häszt  es  von  einem,  dessen  gut  sich  in  auffallender  ueise  mehrt. 
er  musz  eia  heckemännchen  haben;  das  heckmännclien  aller 
männer  und  zeiten.  J.  Pacl  leb.  Fibels  s.  27.  im  Göttingischen 
ist  heckemänneken  auf  ein  geldstücJc  übertragen,  was  immer 
neues  qeld  hervorbringt.    Schajcbach  78*. 

HECKEMÜNZE,  HECKMLNZE,  f.  monela  vUior,  nullius 
auäoritatis.  Fkisch  1,675*;  dieweil  man  mit  groszen  schaden 
erfahren ,  dasz  die  heckenmünzen  hin  und  wider  in  den 
kreiszen  auszgebreitet ,  gemeinem  besten  Loch  schädlich. 
abschied  des  reichst,  v.  Speier  1570,  §  133 ;  heckenmünze,  mon-  ! 
noie  defendue;  fabrique  de  fausse  monnoie;  monnoie  fausse,  qui 
n'est  pas  loiale.  Rondead  diel.  2S9 ;  maszen  niemals  kein  dieb- 
slal  Ton  einiger  importanz,  keine  heckmünze,  kein  falsches 
gepräge  würde  klagbar  geworden  sein,  wobei  nicht  ein  Jude 
solle  interessirt  gewesen  sein.  Hasards  lebensgesch.  235.  auch 
die  anstaU  in  der  soldie  münzen  geprägt  werden :  beckenmünze, 
monetarium  privatum,  jus  monetae  cudendae  non  habens.  Stie- 
I.ER   1310. 

HECKEMÜNZER,  HECKENMCNZER  ,  m.  falschmünzer  : 
heckenmünzer,  faux  monnoieur.  Rosdead  289. 

HECKEMÜNZMEISTER,  m. :  das  gepräge,  was  er  trägt,  ist 
nicht  das  werk  eines  heckemünzmeisters,  sondern  des  red- 
lichen gemeinen  wesens.    .Moser  patr.  phant.  3  (1798)  194. 

HECKEMLTTER,  HECKMLTTER,  /.;  es  ist  eine  gute  heck- 
mutter,  felix  et  foecunda  est  puerpera.  Stieler  728.  vgl.  unten 
hecken  2,  c.  im  Götlingischen  heckmoime  für  eine  frau  die  viele 
Idnder  geboren  hat.    Schambach  78*. 

HECKEN,  verb.  in  zwei  völlig  gesciäedenen  bedeutungen. 

1)  hecken  ist ,  wie  hacken ,  eine  itilensirbildung  zur  wurzel 
hag,  die  in  dem  verbum  hauen  mit  abgeworfener  schlieszender 
gulturalis  hervortritt  (sp.  574).  die  intensivbildung  hat  nach  viel- 
fach gebräuchlicher  weise  den  wurzelschlusz  verstärkt,  und  theils 
unumgelautele ,  theils  umgelautele  form  entwickelt  {wie  die  ganz 
glcicJien  bildungen  schmucken  und  schmücken  von  schmiegen, 
zucken  und  zücken  ton  ziehen  u.  a.),  nur  dasz  in  beiden  ver- 
schiedene selten  der  Wurzelbedeutung  zum  ausdruck  gelangt  sind: 
wenn  hacken  auf  das  intensive  schlagen  zielt,  so  geht  hecken 
vielmehr  auf  beiszen  und  stechen,  nach  bedeutungen  von  hauen 
die  sp.  579  aufgeführt  sind.  ahd.  hekchan ,  hecchan ,  hechan 
mordere  Graff  4,762;  mhd.  hecken  hauen,  stechen  (tc6. 1,607'); 
nl.  hecken  mordere  Kiliax  ;  nhd.  hecken ,  stupfen ,  pungere, 
slimulare  Maaler  215';  gift,  das  ..  zuletzt  wie  ein  schlang  und 
scorpio  beiszt  oder  heckt.  S.  Fr.ink  sprichw.  2,23*;  welches 
{scharfe  hörn)  es  in  seinen  rächen  heckt.  Forer  fischb.  38*; 
so  ein  ross  geheckt  wird,  es  sei  von  was  vergiftem  thier  es 
wolle.  Secter  rossarzn.  122;  haemorrhois, ..  ein  schlang  welches 
bis  oder  hecken  machet  das  blut  auszflieszen.  Dasyp.  ; 

beimlicb  zu  im  her  kriechen  was 

ein  grosze  schlang  die  mein  sobn  becket. 

H.  Sachs  3,  1,  188'; 
untrewe  art     hell  widerpart, 
spür  ich  in  meinen  sachen, 
wer  weis  wie  lang      mich  heckt  die  schlang, 
das  ich  sein  auch  würd  lachen. 

Ambr.  liederb.  no.  194, 11; 
übertragen  im  sinne  von  plagen: 

unfal  thet  st  ser  hecken, 

verluren  leib  und  gfit.    Soltau  218  (».  1516); 

noch  b(ar.  Lecken  stechen,  von  bleuen,  mucken,  scorpionen, 
schlangen  Schm.  2,149;  in  Kärnten  hacken  siechen,  verwunden, 
besonders  von  we.<ipen-  und  bienenstichen  Lexer  136 ;  im  Luser- 
nischen  hocken  Ziscerle  34';  Schweiz.  Lecken  Stalder  2,29; 
in  Appenz.'ll  hecka  mit  gift,  namentlich  von  krölen,  besprengen, 
dann  übertragen  plagen,  necken.  Tobler  260*;  in  Tirol  ist  hecken 
auf  ein  spiel  gewendet,  in  dem  man  eier  auf  einander  schlägt, 
was  sonst  auch  pecken  {schlagen,  klopfen)  genannt  wird.  Fromm. 
6, 148  {dasselbe  spiel  heitzl  in  fiürnberg  härtein,  sp.  510).  dieser 
bedeutung  füll  aucii  zu,  wenn  hecken  vom  durchbrechen  der  ersten 
zäline  bä  kindern  gebraucht  wird :  rfen/io  zahne  bekommen,  zahne 
hecken.  Kirscb  comuc;  vergl.  häckerchen  sp.  105. 

2)  ein  ganz  anderes  wort  ist  hecken  im  gegensalz  zu  dem 
vorigen  oberdeutsdien  von  müteldetitscher  heimat  und  in  der  be- 
deutung parere,  nämlich  ein  denominativ  von  hecke  in  der  bedeu- 
tung 2  und  3  (sp.  743).  es  ist  ganz  gleich  wie  Lausen  {sp.  657) 
von  Laus  gebildet,  und  sagt  zunächst  nur  aus  in  einer  hecke 
sitzen,  dort  nisten,  der  Übergang  in  die  heutige  bedeutung  wird 
durch  die  folgenden  beispiele  anschaulich. 


a)  die  älteste  fügung  ist  die  reflexive,  zunächst  in  bezug  auf 
vügel,  dann  aber  auch  in  freierer  anwendung: 

ander  rogele  hecken 

sich  möjen  von  der  alten  kraft 

daj  sie  werden  libhaft. 

H.  T.  Krolewitz  Vaterunser  4345 
(vorher  4340  nisten); 
die  barbarei  hat  dort  ein  rauchaltar. 
auf  selben  hecken  sich  die  ungeschickten  (holen. 

Che.  Gbtphics  poet.  wäld.  2,  421- 
der  sorgenwurm  heckt  sich  in  seidenwurms  geweben. 

LoHENSTKl5  .4rmin.  1,  557*; 
es  kann  sich  keine  schneck  im  meere  sicher  hecken. 
WlEDMASS  dec.  90; 
solche  bastart  und  gothisch  rott 
sich  lang  bei  uns  gehecket  hat.    Opel  u.  Cotn  338,22; 
nun  sich  die  sünde  mehrt 
und  mancher  widerchrist  in  gottes  tempel  lehrt, 
und  schwere  ketzerei  sich  heckt  in  allen  landen. 

A.  Grtphics  1698  2,  424. 

b)  Lecken,  intransitiv,  in  der  hecke  weilen,  mäen,  von  vögeln 
und  anderm  gethier: 

Melis  hatte  sich  gestrecket 
ohngefehr  auf  seinen  bauch 
hinter  einen  baselstraucb, 
da  so  mancher  vogel  hecket. 

FLEmn«c  1.  366  Lappenb.  {Od.  4,  28) ; 
wiewol  du  uns  hast  wollen  stecken 
in  örter,  wo  die  drachen  hecken. 

Opitz  psalmen  s.  ST ; 
sie  irrten,  wenn  der  mondenschein 
den  wald  mit  silber  deckte, 
vertraulich  durch  den  myrthenhain, 
wo  mancher  voget  heckte.    Höltt  27  Halm. 

c)  von  hier  aus  entfallet  transitives  hecken  den  sinn  sidi  be- 
gatten, junge  zeugen,  Mas  worl  gehl  auszer  auf  vögel  auch  auf 
kleinere  fruchtbare  säugethiere:  denn  der  vogel  hat  ein  haus 
funden,  und  die  schwalbe  ir  nest,  da  sie  junge  hecken, 
ps.  84, 4;  solche  wolthaten  gottes  geniesze  er  auch  von  dem 
geflügel,  so  von  einer  zeit  zu  der  andern  sich  bei  ihm  nieder- 
lieszen,  entweder  zu  ruhen  und  sicL  zu  speisen  oder  eier 
zu  legen  und  junge  zu  Lecken.  Simpl.  2,  261  Kurz;  von  einer 
gattung  Vögel ,  die  zu  derselben  zeit  ankommen  und  junge 
Lecken.  262;  eine  frembde  cjprische  katz  die  wol  mausen  kan, 
ist  einem  hauszvater  nützlicher,  als  alle  in  seinem  hause 
geheckete  einheimische  ratten  und  mause.  Schüppics  56 ;  keine 
atzel  heckt  eine  taube.  Pistoriüs  thes.  par.  4,  90 ;  es  hecket 
keine  taube  einen  sperber,  fortes  creantur  forlibus  et  bonis, 
neque  imbellem  feroces  progenerant  aquilae  columbam.  Stieler  728 ; 
dann  der  baasz  ist  gern,  da  er  geheckt  wird.  Garg.  260* ; 

wo  der  storch  auf  hohem  sitze 

friedlich  seine  jungen  heckt.    Saus  j/ed.  (1803)  s.  84. 

oft  ist  das  objed  zu  ergänzen:  item,  so  hegget  und  tregt  ein 
jglich  thier  und  allerlei  vogel  zu  seinerzeit.  LtrrnER  6, 134'; 
die  caninicLen  fangen  an  zu  Lecken,  wenn  sie  secLs  monat 
alt  sind.  öcon.  lex.  (1731)  429; 

ich  geh  und  will  den  bahn  (der  amsel)  zur  sie  in  bauer  stecken ; 
die  jungen  bring  ich  dir,  sobald  die  alten  hecken. 

Gellkrt  3,  461 ; 
setzet  eure  vorhnt  dabin, 
wo  die  Wölfe  nistend  hecken.    Göthe  3,  221; 
der  k'ukuk,  der  der  grasemück 
so  gern  ins  nestcheo  heckt. 

Shakesp.  sommernachstraum  3,  1; 

seWst  scherzhaft  von  fruchtbaren  menschen  (vergl.  heckemutter) : 
doch  es  ist  gut  für  die  nation,  dasz  es  auch  leute  giebl,  die 
hecken,  mein  bruder  mästet  sich  mit  ehelicher  liebe,  und  ist 
schon  am  duzend  kinder.  Stcrz  1,  27.  in  noch  freierer  anwen- 
dung: gelt  sei  oft  unfruchtbare  wahr,  trage  und  Lecke  nicht 
wider  gelt  {ausspruch  Luthers).  Zi5kgref  apophth.  1  (1626)  254 ; 

ja  ist  ein  Sprichwort  worden  draus, 
der  neid  werd  zu  holt  ghecket  aus. 
aber  in  klöstem  werd  erzogen. 

Fischart  r.  St.  Dominici  leben  D  1*  (v.  670  Hurz): 
dasz  todtes  Pferdefleisch  den  schwarzen  kefer  heckt, 
ein  krebs  den  scorpion,  der  kotb  den  frosch  erweckt. 

Opitz  1,  47; 
der  himmel  hat  gezürnt,  das  feuer  uns  verzehret, 
die  luft  auch  pest  geheckt.  2,97; 

itzt  heckt  die  faule  luft  geschwinde  pestilenzen. 

A.  Grtpbios  1698  1,  18; 
und  sprach :  mein  bruder  schau,  heckt  auch  die  höllsche  weh 
so  «ine  grimme  pest?  «.  141: 


747 


HECKEN — HECKENJÄGER 


HECKENIvÄFER  —  UECKENWINDE 


748 


gib  acluung,  bitt  ich  dich,  wie  unsre  licder  scbullea, 
uod  was  tur  eine  briu  man  allentlialbeii  heckt, 
so  >vuii  sieb  dus  gebiet  des  teutschen  bodens  streckt. 

Camz  ged.  ytj; 
wo  mir  das  brot  am  beszten  schmeckt, 
und  wo  mein  pfeunig  junge  bäckt, 
da  ruhet  mein  vertriebner  sinn. 

Stoppe  bei  Steimbach  1,  C(>6. 

d)  hecken,  in  scherzhaftem  oder  halb  veräclUlichent  sinne  über- 
trayen  auf  das  hervorbringen  von  gedanken ,  planen  und  an- 
schlagen: wenn  der  köpf  eines  Spielers  wie  des  miltonschen 
leufels  seiner  täglich  eine  grosze  sünde  hecket.  J.  Paul  teuf, 
pap.  1,70;  dieses  jämmerliche  Wortspiel  heckte  ..  ich.  *.  hl; 
verse  ohne  allen  reim  und  metrum,  dergleichen  ich  1000  in 
einer  stunde  hecke,  wenns  sein  musz.   ßegelj.  1,7(5; 

der  wünsch  der  Zärtlichkeit,  der  wünsche  widerspiel, 
die  olt  der  ebstand  heckt,  erreicht  sein  edles  ziel. 

Hageoohn  2,  103; 
wer  tücke  heckt,  musz  nüchtern  sein.    3,  125; 
hinterm  oTen  sitzt  und  heckt 
Schelmerei  die  streiche.    Ovkrbbck  ged.  241; 
er  ist  ein  taugenichts,  der  voller  thorheit  steckt, 
spielt,  säurt  und  tabak  raucht,  und  tolle  streiche  heckt. 

GöTUK  7,  41. 
vergl.  aushecken. 

3)  hecken  in  folgendem: 

der  grose  Uololern  heckt  seinen  heldenmuth 
an  diesz  zwar  zierliches,  doch  gleichwol  Icindlichs  blut. 

Opitz  3,  79, 
tsl  vol  nur  druckfehler  für  henken. 

HECKENAMMER,  f.  emberiia  cirlus,  gefleckte  ammer.  Nemnicu 
2,1477. 

HECKENAPFEL,  m.  pyrus  malus  frulescens,  slaudenapfel, 
Johannisapfel.  Nemnicu;  heckenapfel  spineolus  Dasvp.  vergl. 
heckapfel.  i 

HECKENARZT,  m.  ärztlicher  pfuscher  (vgl.  iiecke  10  sp.  744) : 
solche  gemeine  bartscherer,  heckenärzt,  henkersbuben.  Taber- 
NAEMONTANüs  kräulerb.  (l5bs)  4ö2. 

HECKENBAUM,  m.  bäum  der  sich  zum  ziehen  in  hecken  eignet, 
namentlich  hciszl  so  cornus  sangtunea ,  der  hartriegel  (Nemnicu 
•.:,  1228).  und  liqustrum  vulgare  (3,  409). 

HECKEN  BEERE,  f.  ribes  uva  crispa,  wilde  Stachelbeere.  Nem- 
nicu 4,  MUO. 

HECKE.N'BINDER ,  m.  arbeiter  der  dornenbecken  zu  zäunen 
bindet  und  zubereitet.  Frisch  1, 395'. 

HECKENDARM,  m.  cucubalus  baccifera,  der  grosze  schwarze 
hühnerdarm ,   änc  pflanze  die  vorzüglich  zwischen  hecken  wächst. 

HECKENDIEB ,  vi.  Strauchdieb,  auch  heckdieb  latro  He- 
:<iscH  U91. 

HECKENFEUER,  HECKFEüER,  n.  kleingewehrfeuer  der  infan- 
tcrie ,  das  nur  von  einzelnen  aus  dem  gliede  hervortretenden  ab- 
gegeben wird:  ein  gespräch,  das  wie  ein  heckenfeuer  licraiil- 
sprang,  und  wobei  mir  viel  entging.  Hippel  1,340;  nicht 
mehr  einzeln,  sondern  wie  heckenfeuer  flogen  die  schmähen- 
den Worte  und  forderungen  hin  und  her.  Frevtag  handsclir. 
2,  239 ;  das  y-anen  lief  von  dorf  zu  dorf  wie  ein  heckfeuer 
umher.  D.  Quixote  iibers.  von  Soltau  3,  257  (2.  aufi). 

HECKENFISCHER ,  m.  Strauchdieb :  mit  ganz  anderen  ge- 
fühlen  blickt  der  freie  bewohner  des  {Bündner)  landes  zu 
diesen  vestcn  auf.  meist  der  geschichtc  unkundig  sieht  er 
sie  nur  als  ketlenhäuser  und  Zwingburgen  der  vorzeit  an,  als 
die  horste  schuldbelastetcr  Wegelagerer,  gewaltlhlitiger  zwing- 
herrcn  und  ritterlicher  misscthüter,  schnupiihähnc ,  hecken- 
(isclier.  staudenreiter.  Koul  Aljtenreisen  2  (11549)  120. 

HECKE.NFLAGGE,  f.  flagge  auf  dem  schiff,  die  den  wind 
iinzeigt.  auch  nur  Iiecke  genannt.  Keurei.n  190.     s.  heck  3  sp.  741. 

HECKEN  GANG,  m.  verbindungs-  oder  Spaziergang  zwischen 
zwei  hecken. 

HECKENHOPFEN,  m.  wilder,  in  domhecken  und  gebüsch 
waduender  hopfen.    Ocon.  lex.  (1731)  982;  beckbopfen  humulus. 

NtMNICB. 

HECKENHURE,  f  Jie  im  gebüsch  ihr  wescn  treibt:  der  war 
ein  hiertc  und  pfcifcr,  lliat  seinem  fromen  weihe  wenig  gnts, 
hcngcl  hich  an  heckenhuren.  Jon.  RnouK  lugends.  weibersptrgcl 
(csd)  Po'. 

HECKENIGEL,  m.  der  gemeine  iget,  crinaceus. 

HECKENISOP,  m.  graliola  officinalit,  das  gnadenkraut.  Nen- 
.1100  3.  77 

HECKEN  JÄGER,  m.  der  in  einer  hecke  (&  sp.  744)  jagdbare 
Ihure  fangt:  wo  mau  einen  dröbcr  (fallentteUer,  $.  draucbc 
theil  7, 1342)  begriffe  oder  eicca  beckcnjrger,  dem  lall  manu 


iglicheiu  die  rechten  hant  abcslugcn.  weisth.  1,  49»  (v.  133b). 
auch  einer,  der  zur  ungewöhnlichen  zeit  und  unerlaubt  jagt.  vgl. 
heckjagen. 

HECKENKÄFER,  m.  nieloe  proscarabaeus.    Nemnicu. 

HECKENKAPER,  f.  capparis  sepiaria ,  eine  art  des  kapem- 
strauchs. 

HECKENKERBEL,  m.  Undylium  anlhriscus,  heckenkörfel. 
Nemnicu  4,1465. 

HECKENKIRSCHE ,  f.  lonicera  xylosteum.  Nemmicu  3,  443. 
auch  die  azalea  hciszl  so. 

HECKENKRIEG,  vi.  kleiner  krieg,  bei  dem  der  angreifer  hinter 
hecken  lauert:  der  heckenkrieg  (gen.  plur)  von  verdorbenen 
edelleuten  und  stiaszraubern  nit  zu  reden,  kriegsb.  d.  fr.  \90. 

HECKENLESER,  m.  reishulzleser :  qui  coUigit  ramos  tenuiores 
ul  fasciculos  faciat.    Friscu  1,  395*. 

HECKENMÜNZE,  f.  s.  heckemünze. 

HECKENNESSEL,  f.  stachys  silvatica,  grosze  sünknessel.  Nem- 
nicu 4,1361. 

HECKENNUSZ,  n.  äne  art  von  haselnüssen:  darnach  seind 
(von  den  haselnüssen)  auch  gemein  die  langlechte  waid-  und 
hecken nüsse.    anm.  weiszh.  luslg.  391. 

HECKENPFRIEME,  f.  spartium  sepium,  eine  art  des  pfriemen- 
krautcs. 

HECKENREITER ,  vi.  busdiklepper,  Strauchdieb ,  wie  busch- 
reiter  2, 5G2:  reuber  die  sich  usz  dem  Stegreif  ernerend  als 
die  heckenrüter.  S.  FKANk  spr.  2, 105* ;  (ein  adliclier  der)  für 
einen  oflfnen  straszrauber  und  heckenreuter  beruft  und  ver- 
mert  vvere.  Germ,  chron.  (153s)  95";  wie  bei  uns  etliche  hecken- 
leiter  sich  im  Stegreif  nehren.  weltbuch  (ibti')  16*;  jetzt  werden 
die  reichen  Fugger  höher  geachtet  als  tausend  adlige  heckcn- 
leiter.   AasiM  kronenw,  1,202; 

ir  heckenreuter,  tönt  gemach, 

schiest  die  flilerling  nit  zu  hoch 

in  dem  grünen  Unstern  halte!    Ohland  volkst.  497; 

Hans  Quitzow  schaut  von  seiner  veste 

rings,  wie  der  falk  aus  hohem  neste, 

dem  bischof  und  der  acht  zu  trutz 

holt  er  der  heckenreiter  schütz. 

SCUMIUI  V.   WüHNEUCllKN  ulm.   179S  s.  lOU. 

im  Nassauischen  bezeichnet  das  fem.  heckenreitersche,  hecken- 
reiterin,  eine  herumziehende,  hinter  den  hecken,  zäunen  sich  auf- 
hallende schlechte  Weibsperson.    Keurein  190. 

HECKENROSE,  /.  rosa  canina,  sonst  hagerose  (sp.  154) : 

manch  plätzchen  traut,  wo  wilde  nelken  dütten, 
wo  tbymian  und  heckeiirose  lacht. 

Schmidt  v.  Werneücuen  atm.  179S  s.  79; 

heckrose  Lonicerüs  kräuterb.  61*. 

HECKENSAME,  HECKSAME,  m.  ulcx  europacus,  eine  ginsterart 

HECKENSCHERE,  f.  eine  grosze  und  mit  langen  griffen  ver- 
sehene schere,  mit  der  der  gdrtner  die  hecken  verschneidet.  Jacobs- 
soN  2,  243*. 

HECKENSCHIESZER,  vi.  die  eidechsc,  die  in  den  hecken  umher 
fahrt,     im  Nassouischm.    Keurein   190. 

HECKENSCHLEHE,  HECKSCilLEHE,  f.  prunus  spinosa, 
heck-  und  herbslschlehn,  prunus  silvestris.  Stieler  1S32, 

HECKENSCHMÄTZER,  m.  heiszen  zwei  vögel:  die  grasmückc, 
motacilla  curruca  (Nemnicu  3,  ülO),  aber  auch  der  neunlOdter, 
lanius  excubilor  (3,323);  diminutiv:  das  heckenschmetzcric. 
cselliöniii  223.     verql.  dorngiitzer  2, 1297. 

HECKENSCHNAKRE,  f.  rallus  crex,  dir  Wachtelkönig,  heck- 
schnarr Nemmcu  4,1117;  heckschnari'c,  eine  art  Wasserhühner. 
Frisch  t.  395'. 

HECKENSCHWEIN,  m.  erinaceus  europaeus,  der  iget,  englisch 
iiedgc-iiog.    NtMMCH  2, 1520. 

HECKENSPINNEB,  tm.  pfialaenu  dumeti. 

HECKENVOGEL,  m.,  was  hcckcnschmätzcr. 

HECKENVOLL,  adj.  mit  dornbüsctien  erfüllt: 

denn  Tnllt  mich  Morpheus  an:  und  reist  mich  hin  und  wieder 
durch  bcckenvdllo  berg,  in  ein  i-ypresseiithal 
und  uiibewuhntes  teld,  und  luahlt  die  rauhe  quaal 
vi-rlii^liiiT  si'cleii  ab !       A.  (JRrpiiius  IG9S  1,  210. 

HECKENWALD,  m.  spinetum,  dunutum.  Maaler  215*;  heck- 
wald,  ein  ort  da  vi!  dum  hecken  wachsen,  dumelum,  sptnetum. 
Da.sypouiuh. 

HECKENWANZE,  f  amex  dumosus. 

HECKENWELSZLING,  m.  papiUo  cralatgL 

HECKENVVEN/EL,  m.  moluctUa  campestrit. 

HECKENWICKE,  jf.  vicia  dumtlorun.. 

HECKENWINüE,  f.  i^nvulmMa  teyMH, 


749 


HECKEIN^MRT  —  IIECKICHT 


HECKI^'G  —  HEDELSCIILICH 


750 


HECKENWIRT,  m.  der  eine  Kinkelschenke  unterhält  r  o  wie 
mancher  rabenvatter  verkreucht  sich  ein  und  alle  tag  in  die 
heimbliche  schlupfninkel  zu  den  heckenwirten ,  und  macht 
sich  da  lustig  mit  seines  gleichen  halunken,  er  denkt  aber 
nicht  an  sein  arm  weih  und  kinder.  Creidics  2,  24S.  mhd. 
heckwirt  und  heckenwirt  (Lexer  mhd.  üb.  1,  1202).  —  Am 
Rheine  heiszt  heckenwirt,  auch  strauszwirt  der  wirt.  der  seinen 
nelbstgezogenen  wein  verzapß  und  zum  zeichen  gewöhnlich  einen 
fichlen-  oder  tannenzweig  ans  haus  steckt,  ein  solcher  wirt  darf 
nicht  das  ganze  jähr  hindurch  Wirtschaft  treiben.  Kehrein  190. 

HECKEPFENNIG,  HECKPFENNIG,  m.  l)  ein  pfennig  von 
falschem  oder  unerlaubtem  gepräge  (rergl.  heckemiinze). 

2)  ein  Pfennig ,  der  nach  dem  Volksglauben  andere  zu  hecken 
vermag  {vgl.  geld  hecken  sp.  746) :  ohne  die  vermutheten  eigen- 
schaften  eines  heckpfennigs  zu  entdecken.  Mlsäcs  volksm. 
(17SS)   2,  193. 

HECKER,  m.  l)  nach  hecken  1  sp.  745.  der  da  stiehl,  beiszt: 
hecker,  beiszer,  verietzer,  als  ein  beiszenderhund.  ein  heckende 
schlang.  Thcrneisser  magna  alchym.  (l593)  2, 127.  <j«c/j  über- 
tragen anreizer,  auflietzer:  fried  und  zu  friden  handeln  laszt 
euch  all  befohlen  sein :  von  denselbigen  steht  nichts  prae- 
figuriert,  allein  von  den  heckern  und  anreitzern.  Paracei.s. 
opp.  2, 633*.  in  der  Schweiz  heiszt  hecker  das  reisholz.  Stalder 
2,29,  gewii  unter  anlehnung  an  den  stechenden  dornstrauch;  das 
fem.  die  heckere  bezeichnet  die  wespe.  ibid. 

2)  hecker,  winzer,  ist  niclits  als  die  im  15.  16.jahrh.  gewöhn- 
liche Schreibweise  für  das  jetzt  gewöhnliche  häcker  {sp.  105) :  das 
ein  ackerman  dry  halb  tag  sol  fronen  mit  einem  pflüg,  und 
ein  hecker  dry  halb  tage  mit  einer  hepen.   weislh.  4,599; 

einsmals  ein  armer  hecker  was 
im  Frankenland,  derselbig  sasz 
in  eim  dorf,  heiszet  Wintershausen.    H.  Sachs  5, 373''. 

3)  hecker  für  den  eher  (Nejc.mch  4, 1406)  ist  ebenfalls  nur 
aus  hacker  umgelautele  form  und  steht  begrifflich  nahe  zu  hacksch 
{sp.  107)  und  hauend  schwein  {sp.  579).  im  Göttingischen  be- 
zeichnet das  fem.  dazu  hecke  ein  venchniltnes  schwein.  Jacobs- 
SON   6,  61*. 

HECKETHALER,  HECKTHALER.  m.  l)  Ihaler  von  uner- 
laubtem oder  falschem  gepräge.     vergl.  heckemiinze. 

2)  thaler  der  andere  heckt  {vergl.  Grimm  myth.  572):  hecke- 
thaler  vermehren  das  geld.  Ccrtze419;  in  dem  zweiten  dieser 
gesetze  wird  von  den  goldstücken  gesagt,  dasz  sie  wahre 
heckethaler  wären.  Klopstock  12,39;  die  weiber  halten  ohne- 
hin einen  ehemann  für  den  lebendigen  teufel.  dem  sie  ihre 
seele  —  oft  ihr  kind  —  verschreiben,  damit  der  böse  ihnen 
heckthaler  und  eszwaare  zutrage.  J.Paul  Siebenk.  1,26;  wie 
im  zimmer  das  weiter,  so  ist  im  freien  die  schöne  natur  der 
nothpfennig  und  heckthaler  des  gesprächs.  flegelj.  2, 134. 

HECKEZEIT,  HECKZEIT.  f.  zeit  in  der  die  Ihiere  hecken: 
Rogar  die  heck-  und  wurfzeiten  jedes  viehes  müssen  stets  in 
die  monate  seines  reichlichem  futters  fallen.  J.  Paul  biogr. 
belust.  1. 157. 

HECKHAFT,  adj.  foecundus,  bei  Stieler:  tauben  und  hasen 
sind  vor  anderen  tieren  heckbaft,  columbae  et  lepores  foecun- 
diora  sunt  animalia.  72S- 

HECKHERBERGE,  f  geringes  und  verdächtiges  Wirtshaus,  an 
ungewöhnlichen  slraszen  und  wäldern.  Frisch  1,  395'.  vergl. 
heckenwirt. 

HECKHOLZ,  n.  l)  heckenbaum,  cornus  sangmnea  und  ligu- 
ürum  vulgare. 

2)  ein  joch  von  kurzem  holze,  einem  schweine  umgehangen,  um 
es  von  dem  einbrechen  in  gärten  abzuhalten:  dasz  die  Suppli- 
kanten zwar  ilife  schweine  den  winter  über,  wie  bisher,  ohne 
hirten  laufen  zu  lassen  berechtigt  seien ,  selbige  aber  doch 
des  nachts  aufstallen  und  bewahren,  auch  den  übersteigenden 
Schweinen  sogenannte  heckhölzer  umhangen.,  sollten.  .Moser 
palr.  phanl.  3  (l79S)  s.  202  {vorher  s.  201  jochhecke  genannt). 

HECKHOPFEN,  s.  heckenhopfen. 

HECKICHT,  adj.  viil  hecken  bestanden,  sendosus ,  dumosus. 
Stieler  727 ;  in  der  Weiterbildung  heckechtig  dumosus.  spinosus 
Dasyp.;  heckächtig  dumomis  Maaler  215*;  wir  geriethen  auch 
an  einem  beckichten  und  wüsten  orth  zu  einem  see.  Opitz 
2,  2S6 ; 

sie  stampfen 

um  sich  den  heckigten  wald  und  reiszen  ihn  bis  zu  den  wurreln. 

HoDüER  Homer  1,  190. 

HECKICHT,  n.  dorngebüsch,  dieseWe  bildung  wie  domicht 
t,  129S:  arbustum  heckechl  Dief.  45';   in  schlechter  Schreibung 


heckig,   dwmetum,   tel  dumetium  idem,  est  locus  ubi  creseunt 
plures  vepres.    voc.  inc.  theut.  i2'. 

HECKING,  m.  rana  bufo,  die  kröte,  in  Ostreich.  Nemsich 
4,1123.  sie  ist  so  genannt,  weil  das  volk  glaubt,  sie  verwunde 
durch  bisz  menschen ;  vergl.  der  kroten  pij  ist  sü  unrain,  daj 
man  in  selten  gehauen  mag.  Megenberg  296,17;  und  hecken 
von  kröten  sp.  745. 

HECKJAGEN,  n.  1)  das  jagen  an  unerlaubten  orten  oder  zu 
verbotenen  zälen.    Jacobsson  2.  243*. 

2)  ein  treibjagen,  welches  durch  vorhölzer  und  hecken  ange- 
stellt wird,  um  das  daselbst  befindliche  wild  gleichfalls  herbei  zu 
treiben,    daselbst. 

HECKKIRSCHE,  f  s.  heckenkirsche. 

HECKKNIE,  n.  kniehöher  am  heckbalken  zur  Verbindung  des 
hinlerschiffs.  J-vcobsso"«  6,  61*. 

HECKL.\UGE,  f.  die  lauge,  welche  in  den  wachsgefäszen  nach 
dem  anschieszen  oder  krystalltsieren  des  Salpeters  zurück  bleibt  und 
abgezapft  wird :    auch  mutterlauge  genannt.   Jacobsso."*  2,  243". 

HECKNATTER,  f.  die  viper,  wegen  ihres  bisses  so  genannt 
{vgL  hecken  l  sp.  745) :  nater,  hecknater,  schlangen  geschlächt, 
vipera.  Maaler  303*. 

HECRNOT.\R,  m. :  hecknotarien,  so  ohne  approbation  creirt 
worden,  unwürdig  und  untüchtig  dazu  sind.  Jülichsche  rechls- 
ordnung  bei  Frisch  1.  395'. 

HECKOTTER,  f  die  giftige  otter,  viper  {s.  hecknatter):  von 
der  natter  oder  heckotter.  Hohberc  3,  2,  374*. 

HECKPFAHL,  m.  pfähl,  woran  das  heck  {no.  2  spalte  741) 
befestigt  ist. 

HECKROSE,  f,  s.  heckenrose. 

HECKS.^.ME.  m.  s.  heckensame. 

HECKSCHLANGE,  f.  vipera,  was  hecknatter,  heckotter. 
heckenschlang  Frischlin  nomencl.  bei  Frisch  1.395*. 

HECKSCHCLMEISTER,  m.  magister  pergulanus.  Serz  65'. 

HECKSEL  für  häcksel  häckerling  sp.  lOS.  heckselkasten 
Klamer  Schmidt  kom.  dicht.  1S6. 

HECKSTAPEL,  m.  pfähl,  woran  das  heck  befestigt  ist.  s.  heck- 
pfahl. 

HECKSTCTZEN,  f.  plur.  die  das  heck  eines  schiffes  stützenden 
balkcn.  Jacobsson  6,  61*. 

HECKUNG,  f.  progeneratio ,  exclusio  pullorum .  nidulorum 
exstructio ,  vulgo  nidificatio,  foetura,  foecundüas.  Stieler  72S. 
heckung  der  zahne  nach  zahne  hecken  sp.  "45:  nunmehro  ge- 
lange ich  an  einen  zufall,  welcher  denen  kindern  am  schmerz- 
haftesten fällt,  . . .  nemlich  die  heckung  der  zahne.  Ettner 
hehamme  873. 

HECKWEIDE,  f.  salix  helix,  bachweide,  niedrige  buschweide. 
Nemnich  4, 1201.     vergl.  hageweide. 

HECKWERK,  n.  heckenanlagen.  Behrens  Hercynia  curiosa. 
164.   165.  167. 

HED.\ ,  die  tnterjection  he  da  {sp.  714)  zusammengerückt  ge- 
schrieben: heda,  herr  von  Brandeis,  pst!  psti  kommt  schnell  I 
Arnim  schaub.  1,  24;  heda!  was  wollt  ihr  damit  sagen? 
Kotzebüe  dram.  sp.  1,  307 ;  heda  he !  was  soIi  das  sein  ?  2, 261. 

HEDE,  f.  siuppa,  werg,  ein  niederdeutsches  wort,  von  dem  aber 
auch  die  hochdeutsche  form  sich  vereinzelt  findet:  stuppa  beide, 
held,  hede  Dief.  55S';  shtppa  heyden,  hede  nov.  gloss.  35l'; 
stuppa ,  hede  /.  werck  Breslauer  vocab.  {manuscr.)  15.  jh. ;  stupa 
das  werck  oder  heden  Trochüs  R3*;  mancher  ...  gedenkt 
sein  bischen  hede  besser  zu  nutzen.  Moser  palr.  phanl.  l  (1798) 
116:  ist  es  ihnen  unbekannt  geblieben,  dasz  jährlich  über 
hundert  centner  hede  zu  chignons  verbraucht  werden?  2,72; 
wie  ein  bund  hehde.  Soph.  reuen  l,  411 ;  alifries.  hede  werg 
RiCHTHOFEN  802';  1«  iViedprAfssen  hede.  Vilmar  156.  etymo- 
logisch hat  hede,  beide  zu  beide  loca  incuUa ,  silva  keine  be- 
ziehung ;  es  geht  vielmehr,  indem  es  sich  dem  sinne  nach  mit  werg, 
ahd.  äwirchi ,  später  ewerch,  abwerg  (Kirsch  eornuc.)  als  vom 
flachse  durch  arbeiten  entferntes,  gesondertes,  deckt,  auf  eine 
einfachere  form  der  wurzel  skid,  goih.  skaidan ,  ahd.  sceidan 
scheiden  zurück,  die  das  erste  element  des  anlauts  nicht  zeigt  {wie 
ahd.  skama  und  hämo  wurzclhaß  zusammengehören),  hede, 
hochd.  beide  heiszt  demnach  eigentlich  die  abscheidung,  und  kehrt 
mit  diesem  grundbegriffe,  nur  anders  gewendet,  im  bairischen  wieder: 
die  haid.  unrat,  abfall,  auskehricht,  unreinigkeit.  Schm.  2, 151. 

HEDEL,  m.  der  obere  thcil  des  Schlammes  beim  scldemmen  der 
erze.  miner.  lex.  291".     vgl.  hädel  sp.  109,  und  häuptel  sp.  610. 

HEDELHERD.  m.  herd  zum  waschen  der  erze.  Jacobsson  6, 6l'. 

HEDELSCHLICH,  wj.  der  oberste,  6«te  sddich  beim  wasciten 
und  schlemmen  der  erze. 


751 


HEDEN  — HEER 


HEER 


752 


HEDEN,  adj.  aus  hede,  werg ,  gefertigt:  hedene  leinwand. 
Jacobsson  2,  213'. 

HEDERER,  m.,  s.  haderer. 

HEDERICH,  m.  und  n.  1)  erysimum  ofßcinale,  wilder  senf, 
eine  in  rispen  wachsende  pflanze  (der  name  erscheint  in  folge 
dessen  an  liader  angelehnt,  vergl.  sp.  112  und  hadel  sp.  109). 
es  erscheint  als  Unkraut  auf  ackern :  hedericli  ist  ein  kraul, 
welches  auf  den  ackern  . . .  sonderlich  aber  auf  denen  mit 
haber  besäeten  feldern  inanchnial  in  solcher  menge  wachset, 
dasz  man  von  ferne  nicht  änderst  denken  solle,  als  es  seie 
der  acker  über  und  über  mit  riebsen  besäet.  Ocon.  lex.  (l"3l) 
9S3;  da  sonst  in  andere  wege  gegen  dem  früling  nichts  an- 
ders dann  hederich,  hattich  und  ander  unkraut  würden  mit 
der  frucht  aufwachsen.  Sebiz  feldb.  290;  Christus  wolt  nicht 
das  hedderich  ausrotten  lassen,  das  nicht  auch  der  weilzen 
mit  ausgerottet  würde.  Luther  1, 492'.  erysimon  hederich, 
wegsenf  Dief.  208';  wegesenf,  erysimon,  et  verbcna  foeminae, 
alias  hederich.  Stieleb  2011.  als  name  ähnlicher  pflanzen: 
erysimum  alliaria,  knoblauchhederich;  erysimum  cheiranthoides, 
der  levkojenarlige  hederich,  schotendolter;  sinapis  arvensis, 
gelber  falscher  hederich,  ackersenf;  raphamis  raphanislrum, 
weiszer  hederich,  auch  heidenrettich,  heiderich,  ackerrettich; 
rumar  acutus,  rother  hederich.  in  f^iedersachsen  führt  auch 
glecoma  hederacea,  der  gundermann,  den  namen  hederik,  hede- 
rich ,  huderich ;  noch  anderswo  endlich  heiszt  hederich  tlUaspi 
arvense,  der  batiernsenf.    Nemnicq. 

2)  sluppa  hederick  Dief.  558".  aus  einem  niedersächs.  glossar 
des  lt.  jahrh.  ist  wol  nichts  als  vereinzelte  Weiterbildung  von  hede. 

HEDERISCH,  adj.,  die  umgelautele  form  von  haderisch,  streit- 
süchtig, zanksüchtig,  vergl.  sp.  114: 

umb  das  ir  seit  so  hedrisch  leut.    fastn.  sp.  222,  25. 

HEDERLE,  interj.  in  einem  fuhrmannsliede,  wol  an  den  aus- 
ruf  he,  wie  ihn  der  fuhrmann  braucht,  verkleinernd  angelehnt, 
während  das  damit  verbundene  zum  fitz  und  federle  an  das 
klatschen  mit  der  peitsche  erinnern  soll,  vergl.  3,1694  unten: 

es  wolt  ein  furman  ins  Elsasz  faren, 
er  wolt  ein  Inder  wein  aufladen, 
darzu  den  aller  —  bederle 

zum  fitz  und  federle ! 
darzu  den  allerbesten.     Uhla;*d  volksl.  "34-, 

der  ruf  ist  als  refrain  in  allen  versen  des  liedcs.  angebracht. 

HEEL,  adj.,  andere  Schreibung  für  hähl ,  glatt,  schlüpfrig, 
sp.  158 :  doch  die  mühlstein  recht  einzurichten ,  rnusz  man 
die  beede  steine,  wann  sie  etwan  gar  zu  heel  und  schlipfrig 
worden,  fein  klein  und  schränket  hauen.  Hohbebg  2,  81*.  in 
übertragener  bedeutung: 

mit  schönen,  helen,  glatten  worten. 

H.  Sachs  2,  2,  44'. 

HEER ,  n.  exercüus.  golh.  harjis ;  alts.  altnfr.  heri ;  fries. 
hiri  und  here;  nd.  hör;  ags.  here;  altn.  herr,  schwed.  här, 
Jdn.  haer;  ahd.  hari  und  heri,  mhd.  her.  das  wart,  über  alte 
deutschen  dialectc  gleichmäszig  ausgebreitet,  ist  seiner  etymologisclien 
belüge  und  seiner  ersten  bedeutung  nach  noch  dunkel,  da  sichere 
vergleiche  mit  den  urverwandten  sprachen  fehlen;  nur  zweifelnd 
ist  es  mit  sanskr.  kula  lierde,  schwärm,  menge,  geschlecht,  ge- 
nossenschaß  (Röhtl.-Rotb  2,351)  zusammengestellt  worden,  beer 
wird  gebraudil: 

1)  von  einer  geschlossenen  kriegerischen  schaar:  ahd.  hari 
fxercUus ,  heri  müitia,  agmen ,  acics ,  ala,  miles,  hostis  Graff 
4,983; 

dannin  wuhitln  sint  vreinkischi  heri, 

dl  wurden  Cesari  al  unterdan.     Annolied  394; 
mihd.  die  wellent  zuo  iu  riten  mit  her  in  dize  lant.     Nib.  823,  3; 

des  wart  das  hiunische  her 

getnungcn  vi!  s£re.    Hiterolf  u.  Dielt.  1394; 

zuo  dem  her«  breit.     Alphart»  toii  35,  2; 
dd  lacb  er  her  daz  gröze,  daz  üf  dem  vehie  lac. 
Kib.  180,1; 
von  kreujfahrern : 

«Ich  irhar  Ton  roanegen  landen 

des  beiligeisles  her.    Walther  76,3; 
wir  nhd.    da  must  er  mit  dem  frommen  beer 

durch  ein  gebirge  wüst  und  leer.     UHtAHD  ged.  328; 

fxereitu* ,  ein  here  fulckcs  DiEF.  216*;  her,  exercitus ,  vutg. 
geordent  her  voc.  ine.  Iheul.  i4*;  mit  rossen  und  wagen  und 
allem  beer  des  Pharao.  2  Mos.  14,0;  mehre  dein  beer  und 
zeuch  au«,  ridtt.  9,29;  auch  kamen  alle  tage  etliche  zu  David 
im  zu  helfen,  bis  das  ein  gros  beer  ward,  wie  ein  beer 
gottes.  ichron.  13,32;  alle  zu  rosse,  ein  groszer  häufe,  und 
ein  mecbiiges  beer.   Hes.  38, 1&;   dagegen  bracht  Apollonius 


ein  gros  beer  zusamen.  iMacc.  3,10;  der  kOnig  mit  seinem 
unüberwindlichen  beere.  2  Macc.  1, 13 ;  werden  in  helfen  ver- 
derben, und  sein  beer  unterdrücken.  Dan.  11, 2C;  hierauf 
führt  er  sein  beer  ins  feld.  Garg.  265";  mit  einem  leichten 
beer  von  dreiszig  tausend  zu  rosse  und  siebenzig  lausend 
zu  fusze.  Zicler  Banise  (noo)  607;  dem  worle  als  massen- 
begriffc  kann  auch  eine  plurale  filgung  folgen:  es  sei  die  nach- 
richt  angekommen ,  das  französische  beer  ziehe  sich  von 
st.  Menehould  auf  Chalons,  der  könig  wolle  sie  nicht  ent- 
wischen lassen  und  habe  daher  bcfehl  zum  aufbruche  ge- 
geben.   GuTHE  30,  61 ; 

seiner  heldentbat 
rühmt  sich  dein  groszes  beer.    Gleix  4,  144; 
beere,  lager,  scenter,  kröne 
schützen  den  Verbrecher  nicht.    Uz  1,297; 
ein  sieghaft  beer  umgab  mit  jauchzendem  getöne 
den  groszen  Scipio.  2,  44; 

ein  beer  von  beiden  wird  durch  Üppigkeit  geschwäcbt. 

».  60; 
die  losung  braust  von  beer  zu  beer,   , 

Schiller  1,  52  Kurt; 
mit  trommelwirbel,  trommetenschall, 
so  zieht  das  beer  zum  stürme,     üuland  ged.  68; 
bei,  sausende  pfeile,  klirrender  schwerterschlag 
bis  Harald  fiel  und  sein  trotziges  beer  erlag.    351. 

im  beer  liegen,  als  glicd  eines  heeres  zu  felde  liegen,  streiten: 
also  sol  sich  niemand  entsetzen,  sondern  nur  frülich  sein, 
ob  wir  sehen,  wie  schendlich  das  evangelium  verfolget  wird, 
denn  es  ist  so  zuvor  gesagt,  das  wir  uns  des  trösten  und 
frisch  drauf  wagen ,  man  mus  hie  im  beer  ligen.  Luther 
4,  97" ;  zu  beere  gehen,  sich  schaaren,  sich  sammeln ;  übertragen 
auf  den  plötzlichen  einbruch  der  nactU:  alsbald  die  nacht  zu 
here  gieng,  ingruente  nocte.  Frisch  1,  432',  aus  einer  quelle  des 
16.  jahrh.  über  die  allilterierende  formet  beer  und  hagel  vergl. 
sp.  142. 

Der  beisinn  des  gewaltigen,  überwältigenden,  den  beer  im  mhd. 
entwickelt,  und  der  namentlich  in  den  formein  eins  her  sin, 
werden  (wb.  1,  66l')  jemand  überkommen,  hervortritt,  läszt  sich 
für  die  spätere  spräche  durch  beispiele  niclit  belegen ;  et»  nachklang 
aber  daher  ist,  wenn  heerkuh  (s.  d.)  schweizerisch  die  kuh  heiszt, 
die  der  herde  als  mcister  vorangeht. 

2)  auf  biblischer  anschauung  beruht  es,  die  engcl  als  streitbares 
Heer  golles  hinzustellen,  wie  als  gegensatz  dazu  auch  der  teufet 
sein  heer  böser  gcister  zur  Verfügung  hat:  ahd.  thö  sliumo  ward 
thär  mit  themo  engile  menigl  himilisches  heres  {lat.  mulli- 
tudo  militiae  caelestis).   Tatian  6,  3 ; 

so  quimit  ein  heri      fona  himilzungalon, 

da:;  andar  fona  pebbe:      dar  pägant  siu  umbi  {die  seete). 

Muspitli  4; 
mhd.  so  müei^et  ir  gesegent  sin 

von  allem  bimelischen  her.     Tristan  374,27: 

durch  alle;  bimeliscbes  her 
hilf  mir  da;  ich  die  s^le  erner,    Frbidane; 
nhd.    wolber,  wolher,  wolher, 
alles  teufelisches  beer, 
aus  beeben  und  aus  brüchicb, 
aus  wiesen  und  aus  rorich.    fastn.sp.  900,  14; 

ich  sähe  den  herrn  sitzen  auf  seinem  sluel  und  alles  hime- 
lisch    heer   neben    im  stehen  zu  seiner  rechten  und  linken. 
lAön.  22, 19;  im  folgele  nach  das  beer  im  himel  auf  weiszon 
pferden.  o^rnft.  19, 14;  den  christon  wolle  er  (der  /eu/el)  gern 
durch  sein  hüllischcs  beer  abbruch  thun.   Schdppids  338; 
all  engcl  und  bimels  beer, 
und  was  dienet  «lniner  ehr, 
auch  Cherubim  und  suraphim, 
singen  imcr  mit  hoher  stim.    Luther  8,  367*; 
des  frevlers  fluch  fällt  auf  sein  haubt, 
der  goties  beeren  buhn  gesprochen.    Hagedorn  I,  •>. 

3)  das  gefolge  des  wilden  Jägers  heiszt  das  wilde,  wülhende  heer : 

das  i.it  des  wildnn  becrcs  Jagd, 

die  bis  zum  jüngsten  tage  wAbrU    BHrcrr  71'. 

die  formet  wird  für  vergleiche  verwendet:  es  schien,  als  wenn 
das  ganze  alte  schlusz  vom  wüthenden  beere  besessen  sei. 
Güthe  18,263;  auch  auf  eine  lärmende,  wilde  scfiaar  übertragen: 
indem  er  auf  einmal  in  diese  stille,  in  der  sie  einsam  und 
unbesrhlifligt  zu  >ersinkcn  schien ,  ein  wildes  beer  hcrciu- 
brachte.  17,  22«, 

4|  heer,  auch  von  einer  sehr  gros zen  Hicht  kriegtrisdun  tehaai , 
menschcnhaufe : 

v(in  liuten  was  der  luolouf 
*d  grA(  d»{  er  bt  goie  jach 
i»l  er  Die  gr(»ter  ner  ftstoh.    gut.  Gerhard  1308; 


753 


HEER 


HEER  — HEEREN 


754 


ob  in  saj  frouwen  ein  her 

in  den  venstern  üf  dem  palas 

und  sähen  kämpf  der  vor  in  was.    Parz.  541,  20; 

haltet  ob  dem  ungesewrten  brot,  denn  eben  an  dem  selben 
tage  hab  ich  ewr  beer  aus  Egypteniande  gefüret ,  darunib 
soll  ir  diesen  tag  hallen.  2  Mos.  12, 1" ;  da  kam  ödem  in  sie, 
und  wurden  wider  lebendig,  und  richten  sich  auf  ire  füsze. 
und  ir  war  ein  seer  gros  beer.  Hes.  37,10; 

weh  aber  dem  verstockten  beer, 

das  sich  hier  selbst  verblendet.    P.  Gerhard  1,  6; 

das  schreib  dir  in  dein  herze, 

du  herzbetrübtes  beer, 

bei  denen  gram  und  schmerze.    3,  (>. 
'mich  dürstet  sehr.' 

das  alles  hört  der  Juden  beer, 

und  weisz  nicht,  was  er  meine.    26,  22; 
ich  dräng  im  geiste  mich  zum  tempel  der  Cythere, 
durch  schwärmender  verliebten  beere.      Uz  2,  2S3. 

beer  ist  die  Steigerung  von  häufe  und  schaar: 

häufen  schauten;  allein  bald  wurden  die  häufen  zu  schaaren, 
bald  die  schaaren  zu  beeren.  Klopstock  6,  2öS. 

heute  hört  man  sehr  häufig  ein  beer  von  müsziggängerns    ein 
.  beer  von  gläubigem  bedrängt  ihn. 

5)  beer,  eine  schaar  von  thieren:  und  teilet  das  volk  das 
bei  im  war,  und  die  schafe,  und  die  rinder,  und  die  kamel, 
in  zwei  beere,  l  Mos.  32,  7;  ein  beer  der  heuschrecken,  locu- 
starum  muüitudo.  Fbisch  1,  432';  auf  eisschollen  sanft  gewiegt, 
schlummerte  ein  beer  von  walrossen.  Peterman."«  millheilungen, 
ergänzungsheft  16,  s.  42 ; 

der  bienen  beer.    Gökiüce  1,  177; 

der  Vögel  buntgefiedert  beer 

singt  morgen  mir  vielleicht  nicht  mehr,    üz  1,  292; 

gestirn  und  erd  und  blaue  fluten 
und  ihr  oevölkernd  beer.  2,  lüO; 

liebe  tönt  der  sänger  beer 
von  den  zweigen  nieder.    Götter  1,  73-, 
drei  tage  lag  er  blutig,  und  drei  näcbte  so, 
umflattert  von  der  raben  beer.     Stolbesg  1,89. 
tbierheer  Bbockes  7,720;  raupenheer  2,461. 

6)  beer  von  einer  eng  verbundenen  menge  gegenständen ,  und 
von  abstracten  begriffen,  trenn  sie  personificiert  gedacht  uerden. 

a)  die  bibelsprache  nennt  in  solcher  art  die  gestirne  beer  des 
bimmeis :  sehest  die  sonne  und  den  mond,  und  die  sterne, 
das  ganze  beer  des  himels.  5  Mos.  4, 19 ;  und  hin  gehet  und 
dienet  andern  göttern  ,  und  betet  sie  an,  es  sei  sonn  oder 
mond,  oder  irgend  ein  beer  des  himels.  17,3;  bettet  an 
allerlei  beer  am  himel.  2kön.  21,3;  bawet  allen  beeren  am 
himel  altar.  5;  du  hast  gemacht  den  himel  und  aller  himel 
himel,  mit  alle  irem  beer.  Pieh.  9,  6 ;  der  ausdruck  wird  nachher 
auch  mehr  oder  weniger  frei  von  andern  Schriftstellern  gebraucht: 
und  bezeuget  es  das  unzehlig  himmlisch  beer,  also  nenne 
ich  hie  das  gestirn  am  firmament.  Kirchuof  f?iü.  disc.  91 ; 

wer  ruft  dem  beer  der  sterne?    Gellert  2,  145; 

und  ringsumher  die  sterne, 
das  beer  des  himmels,  machtest  du!      Vz  1,342; 
der  sonnen  zahllos  beer,  die  ihrem  schöpfer  sangen.    343. 

b)  beer  in  bezug  auf  andere  dinge  und  abstracta:  nun  aber 
trat  auf  einmal  ein  neues  beer  von  kleinen  bucbstäbchea 
und  zeichen  benor,  von  punkten  und  stricheichen  aller  art, 
welche  eigentlich  die  vocale  vorstellen  sollten  [im  hebräischen 
alpliabete).  Göthe  24,  200 ;  mit  dem  ganzen  beer  ihrer  reize. 
J.  Paul  mumien  3, 19 ;  ein  beer  von  krankheiten ; 

und  meiner  sünden  beer,  mit  mir  in  stehter  schlacht. 

WECKUERLn«    18; 

so  bricht  aus  tiefer  höhlen  schoosz 

das  beer  der  winde  brüllend  los.    Hagedorn  3,130; 

ein  heer  von  schönen  duften. 

Zachariä  poet.  Schriften  2,  290; 
und  von  der  seufzer  heer  darin  {in  der  weit) 
wünscht  ich  so  viele  nur  zu  hören, 
als  ich  in  lächeln  umzukehren 

fähig  bin.     Gökitigk  I,  215; 

und  schwarzer  sorgen  heer 
siieg  wolkicht  vor  ihm  auf,  wie  staub  am  rothen  meer. 

Uz  2,  34 ; 
doch  wenn  ich  wieder  sie  ein  heer  verliebter  schwöre, 
(!as  rauschende  geschwätz  und  süsien  unsinn  führe,     j.  157; 
was  ist  und  war, 
in  himmel,  erd  und  meere, 
das  kennet  gott,  und  seiner  werke  beere 
sind  ewig  vor  ihm  offenbar.     Gbllbrt  2,  159-, 
die  leichten  beere  schöner  empiindungen. 

Stolbeic  1,  415; 
jener  küsse  heer.     Gotter  1,  326; 
IV   u. 


mit  beeren,  in  schaaren,  mit  häufen: 

küssten  immer  in  die  wette, 
bisz  es  Venus  so  verfügte, 
dasz  die  küsse  flügel  nahmen, 
hin  und  her  mit  beeren  kamen. 

Logad  3, 100  {ur.tprung  der  biene). 
HEER,  adj.  s.  hehr. 

HEER,  m.,  so  ist  für  bäber  {sp.  158)  bei  Logad  2,  68  ge- 
schrieben. 

HEERBAHN,  f.  weg  für  das  heer,  heerstras^,  in  eigentlichem 
vie  in  freierem  sinne,  breite  strasze  überhaupt:  herban,  herrn- 
strasz,  landstrasz,  herrenweg,  via  mililaris,  via  publica,  prae- 
toria  He5iscb  180;  n/.  herbane,  heyrbane,  ria  militaris,  via 
pubUca,  et  via  basilica,  regia,  consularis,  praetoria  Eilian  ;  nach 
allem  wird  der  ausländische  genius  die  betretenen  heerbahnen 
des  alterlhums  mit  blumen  bestreuen.  Fichte  reden  an  die 
deutsche  nation  (ISOS)  s.  167 ; 

die  heerbahn  lallt  zu  weit,  der  Tuszpfad  lauft  geschwinder. 
A.  GRTPaas  1698   1,  54a. 

HEERBANN,  m.  l)  aufgebut  der  waffenfähigen  freien  in  einem 
bezirk  eigentlich  zu  allen  öffentlichen  angeleyenheiten ,  später  be- 
sonders nur  zum  kriegsdiensle,  miltellat.  heribannus,  mhd.  herban 
{tcb.  1,  80') ;  vgl.  über  das  tcort  und  seine  enlwickelung  rechtsalt. 
295 /f.  nhd.  nur  noch  bücheniort:  in  der  zweiten  periode,  wie 
der  lehndienst  den  heerbann  verdrungen  hatte.  Moser  osn. 
gesch.  1,  37; 

sie  folgen  alle 
dem  heerbann  des  gewaltig  herrschenden 
Burgund  und  wollen  Orleans  bezwingen. 

ScaaLBR  Jungfrau  prolug  3.  sc. ; 
in  alterthümelnder  form: 

sie  folgten,  wenn  der  heribann  ergieng, 

dem  reichspanier  und  schlugen  seine  schlachten.     Teil  2,2. 

2)  die   durch  solches  aufgebot  zusammengebrachte  mannsehafl : 

mhd.  durch  da;  si  beten  herban, 
die  knehte  sanden  si  dd  dan, 
daj  si  die  beide  guote 
suochten  üj  dem  bluoie.     Biterolf  u.  üielteib  9539; 

nhd.  unsre  vorfahren  hatten  den  hauptmann  im  beerbann  oder 
den  spätem  gerichtsherm  zum  advokaten  und  Syndikus  seiner 
ihm  untergebenen  gemeinen  geordnet.  Moser  patr.  phant.  l 
(179S)  294;  solche  personen  aber,  welche  nicht  zum  heer- 
bann gehörten,  oder  um  nach  dem  jetzigen  styl  zu  sprechen, 
ieute,  die  nicht  amtsäszig  waren,  hatten  ihre  erwählten  ad- 
vokaten, dergleichen  den  heerbannalislen  oder  amt- 
sassen  nicht  gestattet  wurden,    das. 

3)  heerbann ,  die  Steuer  der  freien  zu  den  gemeinen  landes- 
und  verlheidigungsbediirfnissen,  vgl.  rechtsalt.  298.  sie  war  beer- 
scbilling  {alts.  heriscilling),  trenn  sie  in  gcld,  heermalter  (alts. 
herimaldar).  trenn  sie  in  cerealien  geleistet  ward. 

HEERBIENE,  f.  raubbiene.  Nexmcb.     vergl.  beeren. 
HEERBRAND,  »n.    kriegsßamme ,   als   poetisches  bild  für  den 
dahinraffenden  krieg : 

her  vür  er  un  näh  jaginta, 

witini  slahinta, 

unz  in  Egypti  lant; 

so  michil  wart  der  berebrant.    Annoiied  434, 

wird  sich  für  die  neuere  spräche  kaum  nachweisen  lassen,  jitzt 
bezeichnet  heerbrand  eine  art  von  feuerkugeln  oder  Sternschnuppen. 

HEERD,  m.  5.  herd. 

HEERDE,  f.  s.  herde. 

HEERDIENER,  m.  diener  für  das  heer:  welcher  ...  jeden 
Staatdiener  für  einen  heerdiener  ansehen  musz.  J.  Paol  nsch- 
dämmer.  s.  90. 

HEERDIENST,  m.  dienst  im  Heere:  beer-  und  seedienst. 
Becker  weltiiesch.  9.  498. 

HEERDRCSE,  f.  aus  hegedrüse  entstellt?  lähmung  der 
glider,  der  gleichen  schwindung,  geschwellung,  heerdrüsen. 
Paracelsus  chir.  schrißen  173'. 

HEEREBEWEGEND,  part. : 

jetzo   nach  wirbel  und  schlag  der  heerebewegenden  trommel 
nahten  sie  all  in  gemessenem  schritt.    Ptrkkr  Tunis.  4,  26. 

HEEREN ,  verb.  mit  kriegsvolk  übeiziehen ,  dann  auch  ver- 
wüsten, rauben,  ahd.  hariön,  heriön,  berron  vastare,  grassari, 
populäre,  praedari,  deripere  Graff  4, 986,  mhd.  berjen  und  hern ; 
ags.  hergian;  altn.  herja  krieg  führen,  einen  raubzug  unter- 
nehmen, plündern ;  dän.  haerje  und  haerge  verheeren,  verwüsten : 
schwed.  härja,  härja  med  eld  och  svärd,  mit  feuer  und  schwert 
verwüsten,  nur  das  ältere  nhd.  braucht  das  verbum  noch  in  der 
einfallen  form,  die  neuere  Schriftsprache  im  compos.  verheeren. 

4S 


755  HEERESABTHEILÜNG  —  HEERESORDNUNG 


HEERESRICHTER  — HEERFÜHRER    756 


mit  der  seltenem  nebenform  verbergen  (Zinkgref  apojMi.  l  1626 
s.  100),  in  der  das  ableitende  j  zu  g  verhärtet  mit  der  ursprüng- 
lichen vocalkürze  erhalten  ist;  vergl.  auch  auslieeren  1,885. 
vastare  heren  Diek.  607*;  beeren,  pro  quo  plerumque  dicunt 
bergen,  vastare.  Stieler  814,  als  nicht  mehr  häufiges  wart; 

er  zog  fein  leise 

von  Hall  in  Meisen 

mit  Ffirstenbergen, 

thät  sengn  und  bergen.    Soltad  485  (».  1631). 

in  Franken  noch  jetzt  beren,  übel  wirtschapen,  übel,  schonungs- 
los verfahren.  Schm.  2,229;  bair.  bergen,  verbergen,  verheeren, 
nüt  dem  subsl.  hergcr,  verheerer,  auf  die  raubhiene  bezogen,  s.  237. 

HEERESABTHEILÜNG,  f.  abtheilung  eines  heeres.  Daiilmann 
gesch.  der  franz.  rev.  453;  gewisse  heeresabtheiliingen  (sind 
zur  erbschaß  berufen),  wenn  ein  dazu  geliöriger  soidat  obne 
erben  stirbt.  MChlenrrüch  lehrb.  des  pandectenrechls  (3.  auß.) 
3,  242. 

HEERESEINRICHTÜNG,  f.:  die  Umänderung  der  beeres- 
einricbtungen  ...  ist  überall  in  arbeit,  grenzbolen,  26.  jahrg. 
s.  316. 

HEERESFOLGE,  f.  Verpflichtung  mit  dem  hcerc  zu  ziehen, 
einen  kriegszug  zu  unternehmen:  beersfoige,  sequela  post  luslra- 
lionem  Stieler  534;  die  bevölkerung  auszer  der  beeresfolge 
im  kriege  ibm  keine  dienste  leistete.  Schlosser  weltg.  2, 19 ; 
ibre  einzige  verpilicbtung  gegen  den  oberberrn  bestand  in 
der  beeresfolge  und  in  einem  jäbriicben  tribut.  4,  522.  — 
Dann  auch  die  so  verpflichtete  mannschaß  und  der  zug  selbst: 
heersfolge ,  expedilio  Steinbach  -1,  4SI ;  beersfolge ,  expcditio 
bellica,  feldzug  Frisch  1,  432'.     vergl.  beerfolge. 

HEERESHAUFE,  m.  häufe,  abtheilung  eines  heeres:  bis  wobin 
Attila  könig  der  Hunnen  mit  seinen  ungebeuren  beereshaufen 
...  gelangle.    Güthe  30,93.     vergl.  beerbaufe. 

HEERESKÖRPER,  m.:  im  allgemeinen  sind  solcbe  con- 
centrationen  groszer  beereskürper  vor  ilireni  definitiven  tran.«- 
port  nicbt  anzuratben.  der  feldzug  von  1866  in  Deutschland  {rm 
der  kriegsqeschichtl.  abtheil,  des  preusz.  groszen  generalstabs)  s.  28. 

HEERESKRAFT,  f.  menge  von  kriegern ,  groszes  heer,  vergl. 
kraft  H,  12,  Ih.  5,  sp.  1942  oben:  agmen  zögende  beres  kraft 
DiEr.  18";  zog  aber  wider  sie  aus  ...  mit  einer  beerskraft. 
2  c/ifOH.  14,  9 ;  in  beerskraft  zu  belfen  dem  könige  wider  die 
feinde.  26,13;  komen  mit  bcers  kraft.  Jer.  46,22;  er  wird 
seine  macbt  und  sein  berz  wider  den  künig  gegen  mittag 
erregen,  mit  groszer  beerskraft.  Dan.  li,  25;  trotzete  auf  seine 
macbt,  und  grosze  beerskraft.  Judith  1,4;  von  dannen  ist 
key.  may.  mit  bereskraft  für  Venlo  gezogen,  rüm.  kais.  maj. 
glück  und  sieg  wider  den  herzog  von  Cleven  (1543)  ij ' ;  keyscr 
Ludwig  der  zweite  ward  in  seiner  Jugend  von  seinem  vatter 
mit  beerskraft  gebn  Rom  gesandt.  Zinkgref  apophth.  l  (1620) 
s.  18;  dasz  sie  seine  undertbanen  mit  beerskraft  zu  annem- 
mung  desz  interims  zwingen  wollen.  «.95;  als  Gelinier,  der 
Wenden  künig,  von  Belisario  mit  bereskraft  überzogen. 
BüTSCHKT  Pa/m.  797;  was  ballen  sie  ibnen  {die  Cananiler  den 
Israeliten)  für  ursacb  geben,  sie  mit  beerskraft  zu  überzieben, 
und  ibr  hausz  und  bof  in  brand  zu  stecken?  Schuppius  362; 
diese  machen  sieb  auf  mit  groszeni  gefolg  und  iieereskraft. 
GöTHE  45,193;  er  {ein  bäum)  steht  hinter  mauern  und  be- 
festigungen  von  riegeln  und  sclilössern  wohl  verwahrt,  aucii 
mit  heercskraft  bewacht,  s.  202;  kriegerische  rausik,  durcb- 
marscb  gewalliger  bcereskraft.  41,221; 

bewafTncn  soll  er  ganz  die  hcereskrafl 

der  langbebaarten  Danacr  zum  streit.    BKrckr  149'. 

s.  beerkrafl. 

HEERES.MACHT,  f,  nie  heerkraft:  will  hernach  einen,  wer 

der    auch    sei,    mit    heeres    macbt   lassen  vor  mein  scblosz 

kommen.  Zimcbep  apophth.  i  (1626)  120; 

der  flotten  «cheuterung,  der  länder  ihr  verterben. 
der  heeresmacht  verlust  kränkt  mein  gcmüthe  nicht. 

LoHKNSTBiN  htumen  i.  .'><); 
wie  maiiprbrecher  brechen  wir 
in  ihre  heeresmacht, 
in  ihr«  Kiolzen  grenadier, 
die  beiden  ihrer  ichlacht.    Gleim  4,  125; 
Almanzor.  der  mohrcnkAnIg, 
kommt  mit  groszer  heeresmacht 
von  Cordova  hergezogen,  - 
zu  erstOrmen  jene  itadt.    Uilanb  ged,  257. 
I.  heermacht. 

HEEKESORDNUNG,  f.:  der  anfang  einer  neuen  heere«- 
ordnung,  einer  neuen  xtrstegie  xchlost  «ich  bald  an  dieses 
frile  gelingen.    0aiilmaN5  getch.  d.  frant.  rerol.  459. 


HEERESRICHTER,  wi. ;   in  folge  eines  Spruchs  der  persi- 
schen heeresricbter.    Schlosser  weltg.  1,76. 
HEERESSCHAR,  f.: 

wer  ihn  erlegt  und  wie  man  ihn  erschlagen, 
ob  in  den  schranken,  ob  in  heeresscbaur. 

Gries  Ariosl  36,  69. 
s.  beerschar. 

HEERESSCHAU,  f: 

ein  weites  felJ,  nicht  fern  von  Gazas  ihoren, 
hat  der  raonarch  zur  beeresschau  erkoren. 

Gries  Tasao  17,  9. 
s.  beerschau. 

HEERESSTELLUNG,  f.:  der  beitritt  Ocsireicbs  verschaffte 
der  coalilion  nicbt  blosz  eine  grosze  masse  von  streilkriiflen, 
sondern  auch,  nach  den  räumlichen  Verhältnissen  des  kriegs- 
scbauplatzes,  eine  sehr  vorlheilbafte  heeresstellung.  Beckers 
weltgesch.  14,  293. 

HEERESVOLK,  n. ;    viillig  im  urältesten  slyl  ruft  er  sein 
ganzes    beeresvolk    in    die  flächen  von  Aderbijan  zusammen. 
Göthe  0, 199.     s.  heervolk. 
HEERESVORTRAB,  m.  rorarii: 

er  holTte, 
zum  heeresvortrab  noch  versetzt  zu  werden. 

Körner  Zritiy  2,  5. 

HEERESWEG,  m.  heerstrasze,  in  engerem  und  freierem  sinne: 
mit  der  naturwissenschaft  ging  es  langsamer,  bis  sie  den 
beeresweg  der  Wissenschaft  traf.  Kant  2, 15.     s.  beerweg. 

HEERES  WOGE,  f.  die  ein  kriegsheer  bildende  vunge  unlir 
dem  bilde  einer  woge: 

drum  hab  ich  euch,  ihr  wiszts,  auch  ehrenvoll 
stets  unterschieden  in  der  lieereswoge. 

ScniLLER  Wallensteins  loa  3,  15. 

HEERESZUG,  m.  l)  expeditio  bellica:  auf  dessen  (lebenl- 
liches  anrufen  richtet  Carl  der  grosze  seinen  heereszug  nach 
Italien.    Gütue  38,  307. 

2)  das  ziehende  heer  selbst:  nach  alter  reichsstädliscber  sitle 
posaunte  der  tbürmer  des  hauptthurms  so  oft  fruppen  an- 
rückten, und  an  diesem  neujabrslage  wollte  er  gar  nicbt  auf- 
hören ,  welches  ein  zeichen  war,  dasz  gröszere  heereszüge 
von  mehreren  seilen  in  bewegung  seien.   Güthe  24,130; 

so  blieb  er  bald  ein  gutes  stück 
hinter  dem  heereszug  zurück.    Uhland  ged.  329. 
5.  heerzufr. 

HEEREVERSAMMELND,  part.: 

dräuend  dem  küstenvolk  und  den  heercvcrsammelnden  schilTen. 

PvRKKR  Tunis.  1 ,  39. 

HEERFAHNE,  f.,  früher  m.,  die  hauptfahne  des  ganzen  heeres, 
mhd.  bervane  {wb.  3,  235') ; 

den  herfan  land  si  (die  fürsten)  denn  fliegen. 

teuf  eis  ueli  7247; 

beer-,  kriegs-  und  reichsfabnc,  vexillum  praetorium  Stieler  309. 
HEERFAHRT,  f.  1)  expeditio  mililaris;  ahd.  herivart  expe- 
dilio vel  praeparatio  belli  Graff  3,  584;  mhd.  bervart  üb.  3,252'; 
expeditio  heryait,  hervacrt  üief.  218';  «/.  bervaerd,  beyrvaerd, 
expedilio,  profectio  mililaris,  expedilio  bellica  Kilian  ;  wenn 
jemand  newiich  ein  weih  genomen  bat,  der  sol  nicht  in  die 
beerfart  ziehen.  5  Mos.  24,  5.  dazu  heerfahrtswagen,  plausira 
militaria  Frisch  1,  432*. 

2)  audi  das  heer  selbst :  eje/ci/t«  berefart,  hervaert  Dief.  216*. 

3)  Steuer  zu  einer  heerfahrt :  beerfahrt,  expedilio  hostilLi,  item 
pecunia  sire  tributum  pro  expeditione  facienda.  Stieler  404. 

HEERFAHRTEN,  verb.  eine  heerfahrt  machen,  mhd.  hcrvertcn 
(tt'fr.  3,257'): 

sie  mögen  nu  wol  deste  ha-./ 
herfarten  unde  krigeii. 

Lif.i«?<CRo;»  volksl.  2,  S7'  (v.  1476). 

HEERFLÜCHTIG,  adj.  desertor,  perfuga :  heernüchlig  werden. 
desererc  exercitum,  rulg.  desertiren.  Frisch  1, 432*. 

HEERFOLGE,  f.  dem  beere  zu  leistende  folge:  von  jedem 
iünderbesilz  war  die  Verbindlichkeit  unzertrennlich,  hcerfolgo 
zu  leisten.  Schiller  1034.     s.  beeresfolge. 

HEERFOIIREND,  pari.:  fand  sie  eine  bcrubigting  in  dem 
befliich  des  groszen  heerführenden  könig«  {Fnedrichs  II.  ro»i 
Vreuszen).    Göthk  32,220. 

HEERFOHRKR,  wi.  dux  belli,  mhd.  hcrvücrer  vb.  S,  263': 
heerfiirer,  bauplleut  und  nirgcsetztc  eine»  zeug»,  imperntores. 
Maaler  2I.'>';  unser  fürstlicher  heerführer  kam  an  und  nahm 
quartier  im  klostcr  rI.  Maxiinin.  GöthkSO,  170;  welcher  vor 
Iheil  für  lien   heerführer  und  »ein  volk  I  0,170; 


757       HEERFÜHRERSCHAFT  —  HEERHORN 

dich  erhört  Roms 
heerführer.  Klopstock  6,  250; 

in  stahl  gehüllt,  erscheint  nunmehr  der  Franken 
heerführer  dort,  von  edlem  zorn  entbrannt. 

Gries  Tusso  11,  78. 

HEERFÜHRERSCHÄFT,  f.  auch  in  freierem  sinne,  führung 
einer  gesellschaß:  es  war  seine  verunglückte  heerführerschaftj 
an  die  er  ohne  verdrusz  nicht  denken  konnte.  Güthe  19,69. 
HEERFÜRST,  m.  befehlshaber  eines  heeres:  sandte  seine  heer- 
fürsten  {tovs  ao^ovras  t^»  Svväuecos  avxo~  septuag.)  wider 
die  siedle  IsraeL  2  cAron.  16,  4 ;  Sopher  den  beerfiirsten  (to^- 
yon/uftarea  zcüv  Swä/nscov  sept.)  der  das  landvolk  zu  mustern 
pflegt.  Jer.  S'i,  25. 

HEERGÄNS,  f.  1)  der  gemeine  reiber,  ardea  cinerea.  Nem- 
NicH  1,433;  der  grünen,  heergans,  schwan,  reiger  und  tauben- 
fliegenden . . .  Venus.  Fischart  groszm.  81.  das  tiort  scheint 
nichts  als  eine  umdeutschung  des  griech.  iqcoSiös;  franz.  heron. 
2)  auch  der  schwarze  taucher,  eine  art  Wasserhuhn,  wird  heer- 
gans genannt:  fulica  hergans  Dief.  250'.  rj/.  baargans  sp. 28. 
HEERGEBOT,  n.: 

da  leuchten  Moskaus  flammen 

ein  freudig  morgenroth; 

die  von  Thiiiskon  stammen, 

verstehn  solch  heergebot.    M.  v.  Schenke>dorf  414. 

HEER  GEFOLGE,  n,; 

vor  seinem  heergefolge  ritt 

der  kühne  held  Harald,    ühlasd  ged.  306. 

HEERGELD,  n.  pecunia  sive  tributum  alendo  exerälui  colla- 
tum,  aufläge  zur  Unterhaltung  des  kriegsrolks.  Frisch  1,432'. 

HEERGELEITE,  n.  ; 

aus  war  der  zug,  als,  wider  aller  meinung, 

Armida  kam  mit  ihrem  heergeleit.    Gbies  Tusso  17,  33. 

HEERGERÄTHE,  n.  ausrüstung  für  den  heereszug:  heer- 
gerätbe,  suppellex  castrensis,  res  ad  expeditionem  militarem  per- 
linentes,  was  dem  Soldaten  im  felde  nötig  ist.  Frisch  1,432';  für 
die  bescbauung  seines  teich-  oder  beergeräthes  das  beste 
pfand  liefern.   Moser  palr.  phant.  1  (1798)  s.  332 ; 

geh  und  lasz 
mein  heergeräth  einschilTen.    ScmLiER  Jungfrau  1,6; 

übertragen :  das  gemeine  tragische  heergerätbe  und  dicbter- 
service,  thron,  zepter,  dolcb,  blume,  tempel,  scblacbtopfer, 
und  einige  flammen  und  go!d.  J.  Paul  rorsch.  d.  ästhetik  2,S0. 

HEERGESETZGEBUNG,  f:  die  preuszische  heerrerfassung 
und  beergesetzgebung.  Becker  weltg.  14,54. 

HEERGEWETTE,  n.  die  bcstandtheile  einer  kriegsrüstung ;  sie 
sind  gegenständ  specieller  erbredillicher  bestimmungen ,  da  sie  auf 
den  sahn  vererben,  worüber  RA.  567/".  gehandelt  ist.  mhd.  her- 
gewaete  «'6.  3,  778';  berwete  Magdeh.  blume  1, 150  u.ü.  Sachsen- 
spiegel 1,22,4;  feodalicium  berwede  Dief.  230*;  Henricus  ver- 
ordnete, dasz  allezeit  der  erstgebobrne  sobn  dem  krieg  ge- 
widmet sein,  und  in  solcher  betracbtung  aus  der  väterlichen 
erbschaft  das  beergewette  zum  voraus  haben  solle.  Hahss 
/)«/.  (1721)  2,37;  ein  beweis  mehr  ursprünglicber  freibeit  der 
landbewobner  liegt  auch  in  der  einricbtung,  dasz  sowohl 
unter  unadeiicben  wie  unter  adelicben  in  hiesigen  landen  ein 
beergewette  gezogen  {erblich  erlangt)  wird.  v.  Kobbe  Bremen 
V.  Verden  1,  309.  Moser  braucht  die  niederdeutsche  form  beer- 
gewede  {osn.  gesch.  1,  64)  neben  der  hochdeutschen  beergewette 
1,  66;  viit  wechselndem  geschlecht:  wir  finden  bierin  sofort  den 
grund,  warum  sieb  im  bausgcnossenrecbte  eine  beergewedde, 
worunter  Stiefel  und  sporn ,  im  leibeigenthura  nach  ritter- 
recbte  hingegen  dergleichen  nicht  findet,  denn  das  beer- 
gewedde der  letztern  steckt  in  dem  barnische,  wodurch  zwölf 
inansi  dispensiret  waren,  ein  eignes  beergewedde  zu  haben. 
patr.  phant.  3  (179S)  s.  258. 

HEERHEUSCHRECKE,  f  gryllus  migralorius.  Nemnich  3, 83. 

HEERHOLZ ,  m.  landschaftliche  bezeichnung  des  holzhähers. 
Adelung,     berbolz  corvus  glandarius.  Nem.mch  2, 1242. 

HEERHORN,  n.  hörn  das  im  heereszug  geblasen  wird,  schlacht- 
posaune, ahd.  berihorn,  herhorn  classicum,  lituus,  tuba  Graff 
4,1037;  mhd.  bereborn,  herhorn  trfc.  1,715';  buccina  herhorn 
Dief.  83';  börborn, /«fca  Dasyp.  ;  heerhorn,  tuba,  buccina,  lüuus 
Maaler  215*;  heerhorn,  tuba  militaris  Stieler  775;  denn  umb 
in  Wirt  frölicben  heilen  mein  pluotigs  herhorn.  herzog  Ernst 
1^6,6  Bartsch;  liesz  drommeten  und  beerbörner  blasen.  Aimon 
bog.  hiij;   pfeifen  und  beerbörner.  Lohenstei«  Arm.  2,171"; 

wan  das  herhorn  schallt  und  ihm  {dem  mutigen  liengsie)  in 
ehren  klinget.    Roxplkr  126; 


.     HEERHÜRE  — HEERMANN  758 

hui!  sasz  er  selber  auf  und  schlun^ 

sein  heerhorn  um  den  nacken.     Bürger  53'. 

herbornbloser  tubicinus,  tubicina,  licinator  voc.  ine.  theut.  i4'. 

HEERHURE,  /".  populi  prostibulum :  berhur  lena,  est  publica 
meretrix  et  impudica.  voc.  ine.  theut.  i4';  (famula)  quae  erat 
von  dem  groszen  gescblecht  huren  und  buhen,  cognomine 
optime  merito  ein  heerhur  appellata.   de  fide  concub.  117 ; 

du  mürfellier,  du  herhur,  du  lasterschubel!    fasln.  sp.2oh,\6; 
du  wärest  gmeinlich  die  heerhuor  genennt.    866,  27. 

HEERKARCH,  m.  karren  für  ein  glied  des  heeres,  fahrbare 
barocke:  weiszt  kein  seszbaft  beusziich  wobnung,  wie  die 
tarlarische  beerkärcb.  Garg.  68". 

HEERKÖNTG,  m.:  die  fübrer  nannten  sich,  je  nachdem 
sie  ihre  züge  zu  land  oder  zu  wasser  machten ,  beerkönige 
oder  seekönige.  Schlosser  weltg.  5,214.  im  gegensatz  zu  volks- 
könig:  Gustav  HI  (ton  Schweden)  wurde  nicht  volksfürst, 
sondern  bof-  und  beerkönig.  Bülau  neue  jahrb.  1846,  10.  hefl, 
s.  371. 

HEERKRAFT ,  f.  menge  eiius  heeres ,  gewaltiges  heer :  und 
Assa  hatte  ein  heerkraft  die  scbild  und  spies  trugen,  2  chron. 
14, 8.     s.  beereskraft. 

HEERKUH,  f.  eine  starke  kuh.  Nemmch.  ex  ist  in  der  Schweiz 
die  kuh,  die  in  einer  herde  den  meister  spielt  und  die  glocke  trägt. 
Tobler  264'.     vergl.  beer  sp.  752. 

HEERKUTSCHE,  f.  landschaßlich  name  einer  landkutsche, 
welche  nur  personen  führt,  weil  sie  deren  viele  fortbringen  kann. 
Adelung. 

HEERLAGER,  n.  castra,  in  oberdeutscher  form  heerleger  nach 
wj/id.  leger:  castra  ein  kriegszläger,  hörläger  Dasyp. ;  das  beer- 
läger  castra  Maaler  215*; 

ainsmals  in  dem  schlaurafTenland 
ich  ein  gwaltiges  heerleger  fand 
von  eynem  vollen  groszen  heer.     H.  Sachs  1,  543. 

die  mitteldeutsche  form  beerlager,  in  Luthers  bibelübersetzung 
mehrfach  vertreten ,  ist  allein  der  Schriftsprache  geblieben :  sie 
wurden  geschlagen  für  dem  berrn  und  für  seinem  beerlager. 
2  chron.  14, 13 ;  ich  lies  den  stank  von  ewrem  beerlager  in 
ewre  nasen  geben.  j4nios4, 10;  sie  traten  auf  die  breite  der 
erden ,  und  umbringeten  das  beerlager  der  heiligen,  offenb. 
20,9;  die  ubralten  Teutschen,  ehe  sie  stäte  und  vestungen 
gehabt,  haben  ihren  sitz  und  bleibungsort  ihr  lager  genant; 
...  da  die  ganze  heermacht  sich  aufhielt,  war  das  beerlager. 
Schottel  haubtspr.  254.  —  beerlager  gilt  auch  von  den  insassen 
desselben,  dem  ganzen  heer:  da  kamen  zu  häuf  und  zogen  hin- 
auf die  fünf  konige  der  Amoriter  .  .  mit  alle  ircm  beerlager. 
Jos.  10, 5;  dabei  sich  dann  im  angesicht  beider  beerlager  ein 
sonderbarer  Zweikampf . .  zutrüge.  Talander  Olorena  (1694)  s.  62. 
HEERLING,  m.  Weintraube  die  in  folge  zu  später  blute  nicht 
hat  reifen  können ,  sonst  bürling  {sp.  480) ,  bartling  {sp.  516) ; 
vielleicht  ist  die  letztere  die  ächte  form,  die  andern  Verstümmelungen 
davon :  und  wartet  das  er  (der  weinberg)  drauben  brecbte,  aber 
er  brachte  beerlinge.  Jes.  5,  2 ;  warum  hat  er  denn  beerlinge 
gebracht,  da  ich  wartet  das  er  drauben  brecbte.  v.  4;  zur 
selbigen  zeit  wird  man  nicht  mehr  sagen ,  die  veter  haben 
beerlinge  gessen,  und  der  kinder  zeene  sind  stumpf  worden, 
sondern  ein  jglicher  wird  umb  seiner  missetbat  willen  sterben, 
und  welcher  mensch  beerlinge  isset,  dem  sollen  seine  zeene 
stumpf  werden.  Jer.  31,29.  30; 

doch  trefft  (ihr  hliize)  nur  dieses  Weinbergs  spitze, 

und  macht,  dasz  dieser  theil  der  weit, 

den  diese  pflanze  recht  verstellt, 

nicht  ferner  beerlinge  so  schlimmer  art  besitze! 

Hagedorn  3,  46. 

HEERMACHT,  f.  was  heeresmachl:  und  da  da«  jar  umb 
war  . . .  füret  Joab  die  heermacht  und  verderbt  der  kinder 
Ammon  land.  i  chron.  21,1;  und  unter  irer  band  die  beer- 
macht drei  hundert  tausent  und  sieben  tausent  und  fünf 
hundert  zum  streit  geschickt.  2  chron.  26, 13 ; 

wer  solch  ein  herz  an  seinen  busen  drückt, 
der  knnn  für  herd  und  hof  mit  freuden  fechten, 
und  keines  königs  beermacbt  fürchtet  er. 

Schiller  Tett  1,  2. 

'  HEERMAN.N,  m.  zum  heerdienst  verpflichteter  freier,  ahd. 
bariman  ,  heriman  ,  mhd.  hereman ,  berman  ,  ags.  hereman, 
aUn.  hermadr,  vgl.  rechtsaü.  292;  Herman,  den  die  Lateiner 
übel  verkeren,  und  Arminium  nennen,  beiszt  aber  ein  heer- 
man,  dux  belli,  der  zum  heer  und  streit  tüchtig  ist,  die  seinen 
zu  retten  und  fern  an  zii  geben,  sein  leib  und  leben  drüber 
wagen.    Litheb  5,154'.      die   stelle   beiceist,    dasz  das  wort  im 

48* 


759        HEERMÄNNCHEN  —  HEERPREDIGER 


HEERPREDIGT  —  HEERSTEIER 


760 


16.  jahrh.  nicht  eu)enüich  mehr  lebt;  künstliche  aiiffiischung  hat 
es  zu  unserer  zeit  hie  und  da  erfahren,  tihertragen  und  land- 
schaftlich wird  durch  heermann  der  leithammel  bezrichnel. 

HEERMÄNNCHEN,  n.  mustela  vulgaris,  uiesel.  Nejinich 
3^  67S.  der  name  scheint  nur  verslfimmclt  aus  der  Verkleinerungs- 
form von  liarm  mustela  erminca,  härmcben,  nd.  heimken. 

HEEHMÄSSE,  f.:  die  zahllosen,  aus  oslen  und  westen  her- 
bt'igeiufcnen  Leermassen.    Beckers  weltg.  u,  39. 

HEERM.\ÜS,  f.  mus  silvaticus ,  grosse  feldmaus.  Nemnich 
3,  659. 

HEER.MEISTER ,  m.  oberster  über  das  Heer,  Oberbefehlshaber, 
der  heermeister  des  kaisers  tritt  auf  Gütbe  41,12;  rilterorden 
haben  ihre  heermeister:  sie  steillen  nämlich,  mit  geist  und 
raunterkeit,  eine  ritterlafel  vor.  obenan  sasz  der  heermeister, 
zur  Seite  desselben  der  canzler,  sodann  die  wichtigsten 
Staatsbeamten,  nun  folgten  die  ritten  26,136.  als  deutsche 
Umschreibung  des  römischen  magister  equitum :  zu  Rom  Ward 
Q.  Fabius  zum  dictalor  und  von  ihm  Q.  Aulius  zum  heer- 
meister ernannt.  Niebühr  3,266;  seine  schöne  erzählung,  in 
der  diciator  und  heermeister  persönlich  so  entscheidend  auf- 
treten. 232. 

HEERMIGE,  f.  malricaria  chamomilla,  die  kamille.  wol  nur 
verderbt  aus  dem  griechischen  y^afiaiurjXov.  eine  andere  versUim- 
melung  oder  umdculschung  derselben  pflanze  ist  heermünze,  heer- 
münzel,  7uit  anlehnung  an  die  minzenarlen. 

HEERMOOS,  n.  equiselum  arvense,  schaßheu. 

HEERMCDE,  adj.,  nach  mhd.  hermüedc,  vom  heercszuge 
ermüdet,  wieder  aufgefrischt:  die  heermüden  heldinnen.  Grimm 
deutsche  sagen  no.  -160. 

HEERFAIJKE,  f.  lympanum  aeneum.  das  ahd.  heri-pouhhan 
beicichncle,  der  ursprünglichen  bedeulung  des  letzten  compositions- 
theiles  gemdsz ,  überhaupt  ein  zeichen  für  das  heer,  das  für  das 
äuge  durch  ein  banner,  für  das  ohr  durch  einen  weithin  dringenden 
ton  gegeben  -  ward ,  daher  hcripauchan  vexülum ,  während  eine 
vulgataslellc  cum  significalionibus  cccinerunt  tubis  posl  eos  eben 
auch  mit  der  glosse  heripouhhanum  versehen  wird,  anderwärts 
heripauhhan  geradezu  sonus  vocis  ausdrückt  (Graff  3, 14).  als 
pauke,  mhd.  bouke,  älter  boiiken  im  neutrum  (noch  im  voc. 
ine.  Iheut.  baucken  tympanum  bä")  auf  das  bekannte  für  die 
feldmusik  häufig  verwendvlc  inslrumcnt  bezogen  tvard  {s.  1, 1186), 
tni«/e  auch  hcerpauke  diesen  eingeschränkten  sinn  annehmen; 
seil  wann  ist  näher  nicht  nachzuweisen ,  eben  so  wenig,  ob  das 
ahd.  wort  in  spätem  zeilen  fortgelebt  hat,  oder  ob  iieerpauke  erst 
als  verhältnismäszig  spätes  wurt  nach  pauke  wieder  neu  gebildet 
ist;  die  belege  gehen  ins  16.  jahrh.  hinauf,  wo  die  form  licer- 
paukel  (s.  baukel  1,1186)  begegnet:  liesz  er  selbs  vor  im  her 
umb  die  statt  die  spil  gehen,  tromelen  und  hörpaukeien. 
Garg.  200';  heerpuuke  oder  keszelpauke ,  lympanum  aeneum 
Stieler  107;  lasset  die  personen  alle  auf  den  hof  fordern, 
und  unterdessen  die  heerpauken  und  drompeten  erschallen. 
A.  Grypbius  (1698)  1,  831;  die  heerpauke  schlagen,  pulsare  tym- 
panum geminum  Frisch  1,433';  er  wuszte  vielleicht,  was  er 
die  Vesta  tragen  sähe,  nicht  besser  zu  nennen,  als  ein  tym- 
panum ;  oder  hörte  es  ein  lympanum  nennen,  und  konnte  sich 
nichts  anders  dabei  gedenken,  als  das  Instrument  welches  wir 
eine  heerpauke  nennen.  Lessing  0,441  notc ;  wir,  die  Carbos, 
Cassius,  Scaurus,  Cüpios  und  Manlius  Icgiunen  durch  trom- 
mel  und  heerpauke,  als  keimcr  der  kiiegskunst,  schreckten. 
Klopstock  12, 2!)3.  in  einem  bilde:  wilde  männerfesle,  die  das 
spbärcnecho  der  frcude  auf  der  heerpauke  vortragen  wollen. 
J.  Fall  Ttlan  3,  \hb. 

HEERPAUKE,  m.  nebenform  zu  heerpauker:  und  waren  von 
der  strasze  an  bi.sz  an  die  graden  über  sechsmal  trompeter 
und  heerpauken ,  die  bei  annahung  aus  denen  crkern  der 
häuser  sich  hören  lieszen.  unw.  doctor  648. 

HEERPAUKER,  m.  acneator.  Stieler  107:  diesen  folgten 
fünf  trompeter  und  ein  heerpauker.  Talander  Olorena  (16i)4) 
13 ;  hupft  geschrcnJit  mit  den  füszcn  luif  den  zwcn  Sattel- 
bogen bin  und  wider,  wie  die  hccrbaukcner  mit  den 
bcndcn  Irommcn  schlagen,  dann  mit  den  füszen  hab  ichs 
noch  nicht  gesehen.  Garg.  23o'. 

HEERPAUKISCH ,  adv,  nach  art  eina  heerpauhers:  (houn) 
auf  sp.inHi-h  und  hOrpaukiHcb.  Garg.  137'. 

HEERPFCHL,  m.  ein  feldbette:  dar  nflh  sal  sie  gebn  einen 
berphule,  da?  ist  ein  belle  und  ein  küssen.  Sachtenitp.  \,i2,i; 
heirpfoil  mtid.  wb.  2,1,516*;  »eine  tägliche  kleider  und  beer- 
pfiil.  da«  int  ein  bette.    Stible«  2i0e. 

jlf  I  ,,!,., 1  i..,|  ..     .^    feldprrdiger.   Mathk-.   I.ullnr  II'.*. 


HEERPREDIGT,  f.  feldpredigl:  und  {Paulus  im  letzten  capitel 
des  Epheseibricf;^)  thut  wie  ein  fromcr  rechter  feldheubimaii, 
der  seinem  volk,  in  der  Schlachtordnung  gerichtet,  eine  felil- 
predigt  thul,  und  vermanet,  das  sie  fest  stehen  und  sich 
kecklich  und  getrost  wehren  sollen,  das  es  wol  mag  heiszen, 
eine  heerpredigt  für  die  Christen.  Luther  5,  510";  eine  heer- 
predigt wider  den  Türken.  4,472";  dasz  ein  Jesuit  in  Litauen 
eine  heerpredigt  gethan,  als  das  polnische  kriegsvolk  aus- 
gezogen. Ernst  gcmüL^ergetzligkeilen  s.  550. 

HEERRAUCH,  m.  hOhenrauch:  beim  heerrauch  ..  erscheint 
die  sonne  rubinrotb.  Gotue  52,75.     vergl.  hägerauch  sp.  153. 

HEERRAUPE,  f.  eine  in  dichten  schaaren  ziehende  madenarl, 
heerwurm. 

HEERRÜF,  m.: 

also  lenkte  zum  meeres  Strand  die  tapferen  Völker 
Eberslcins  heerruf.  Ptrker  Tunis.  3,  144. 

HEERSCHAR,  f.  schar  von  der  ausdehnung  eines  heeres,  grosze 
menge,  heer;  mhd.  hereschar,  herschar:  exercthis  ein  herscher 
Dief.  nor.  g/oM.  161*;  die  könige  der  heerscharen  sind  unler- 
nander  freunde,  ps.  68,13;  lobet  den  herrn  alle  seine  heer- 
scbaren,  seine  diener,  die  ir  seinen  willen  thut.  103,21;  alle 
heerscharen  des  hcrrn,  lobet  den  herrn.  gesang  der  drei  mdnner 
62;  als  bald  ward  da  bei  dem  engcl  die  menge  der  hime- 
lischen  heerscharen  (golh.  managei  harjis  himinakundis),  die 
lobten  gott.    Luc.  2, 13; 

got,  der  harr  der  iieerscharen.     Wkckherlin  169; 
ehre  dem  wunderbaren, 

der  unzählbare  weiten  in  den  ozean  der  Unendlichkeit  aussSle, 
und  sie  fulleto  mit  heerschaarcn  unstcrhlictier! 

Klopstock  1,  195; 
sie  taumelten  hin  vor  dem  schwert, 
zu  der  heerschaar  der  erschlagnen!    6,  249. 

von  den  sternen  {anlehnend  an  heer  sp.  753) :  diesz  darfst  du  vor 
diesen  himmlischen  hecrschaaren  bekennen.  Göthe  21,  182. 
vergl.  heeresschar. 

HEERSCHATZ,  «i.  laudemium,  was  ehrschalz.   Adelung. 

HEERSCHAU,/",  lustralio  exerätus,  musleruvg.  Frisch  1,433'; 
dcrohalben  verordnete  auch  käyser  Heinrich,  alle  jähr  heer- 
schaue zu  thun ,  das  volk  zu  mustern.  Löhnets  regierkunsl 
(1679)  79'.  J.  Paul  hielt  das  wort,  das  in  der  technischen  spräche 
noch  heute  vor  dem  fremden  revue  zwücktrill,  für  ein  zu  seiner 
zeit  neu  gebildetes:  noch  gedeihlicher  und  weiter  pflanzen 
zeitungsblätter  neue  Wörter  (unblutige  ncuigkeiten)  fort,  z.  b. 
heerschau,  statt  revue.  vorsch.  d.  äith.  2, 193.     s.  heeresschau. 

HEERSCHIFF,  n.  kriegsschi/f : 

sehnest  du  dich   schon   heut  nach  dem  räum  Karthago,   des 
heerschills.    Ptrker  Tunis.  4,  66. 

HEERSCHILD,  m.  clypeus  militaris,  mhd.  hereschilt,  herschilt: 

der  heerschild  ist  erklungen, 

der  ruf:  fürs  Vaterland !     Uuland  ged.  70. 

der  heerschild  als  symbol  der  kriegspfiicht  und'  der  Standesehre 
des  adels  {vgl.  mhd.  wb.  2,  2,  130'):  nach  den  salischen  siben 
heerschiltcn.  Garg.  271*;  da  ein  fürst  jetzt  seines  mitfürsten 
färbe  tragen  kann ,  ohne  seinen  heerschild  zu  erniedrigen. 
Moser  patr.  phanl.  (1798)  2,  62. 

HEERSCHINEPFE,  f.  scolopax  galtinago,  vergl.  haarschnepfc 
spalte  37. 

HEERSCHREIER,  m.  ausrufet  in  einem  heere.  als  aufforäerer 
zur  Übergabe,  Parlamentär,  fungierend:  haben  sy  den  herschreyer 
oder  parsifandten  mit  einem  trummeter  gegen  Pü.\berg  ge- 
schickt (um  das  schlosz  zur  Übergabe  auffordern  zu  lassen),  anz. 
des  germ.  mus.  1866,  sp.  41  (v.  1523);  demselben  parsifandten 
oder  heerschreyer.  das.  sprichwOrllicJi :  er  schreiet  wie  ein 
heerschreier.    DOkz  sprüchw.  13. 

HEERSCHULD,  f.  abgäbe  für  das  heer :  das  reicbsgelt,  so  man 
selbige  zeit  heerschuldl  oder  königsteuwr  nennet.  Fionsperg 
kriegsb.  3,  205*. 

HEERSPITZE,  f.  in  sddaclUordnung  gestelUer  heerhaufe:  wer 
ist  die  erfür  bricht,  wie  die  inorgenröle,  schön  wie  der  inond, 
auszerwelet  wie  die  sonne,  hchrecklirh  wie  die  bcerspilzen. 
liohet.  0,  9;  auf  das  man  die  reine  ciiristliche  lere  und  rechten 
verstand  davon  erhalle,  wider  des  leufels  hi-irvpiiüiMi,  so  n 
dagegen  gerichtet  hat.   Luther  6,301*; 

wie  cnchröcklich  itt  ir  heerspitii. 

il.  Sachs  3.  1.  :ii». 

HEEKSTEUER,  f.  abgäbe  zur  Unterhaltung  des  lieeres ,  ahd. 
beri^liuro,  herstiiira,  m/id.  hersliiire;  hecrsleur,  trihulum  quod 
ad   bellum    <]rrendum    dalur,   pecunia    alendo   erercilui  coHalum. 


761 


HEERSTR  ASZE  —  HEERWAGEN 


HEERWEG  — HEESEN 


762 


HEERSTRASZE,  f.  1)  slrasze  für  das  heer,' breite  landslrasze, 
ahd.  beristräja,  ags.  herestraet:  via  regia  ein  hehrstrasz  Tbochls 
T4';  auf  eine  grosze  heerstrasze.  Felsenb.  1,115;  dasz  man 
in  Wesiphaien  an  der  heerslrasze  kaum  ein  haus,  und  noch 
seltener  ein  dorf  sehe.  Moser  patr.  phant.  l  (i:9S)  24S;  ins- 
gemein glaubt  ein  richter  oder  beamter,  er  leiste  dem  Staat 
einen  nichtigen  dienst,  wenn  er  einen  land-  oder  dorfweg 
zur  zoll-  oder  heerslrasze  adelt.  2,  279 ;  da  wir  in  dieselbe 
heerslrasze  fielen,  auf  der  wir  mit  so  viel  muth  und  hoffnung 
ins  land  eingetreten  waren.  GOthe  30, 126.  —  Bemerkensuerl 
tcird  in  einer  quelle  ron  1464  noch  ittUerscIiieden  zirischen  heer- 
slrasze {ROmerslrasze)  und  landslrasze,  letztere  als  die  strasze 
genommen,  die  mehrere  orte  des  engem  landes  unter  einander  ver- 
bindet: zwüschenl  der  heerstrausz  und  lanlstrausz.  ein  acker 
nebent  der  heerstrausz  und  nebenl  der  lanlstrausz  hinuf. 
Mo5E  tirgesch.  des  bad.  landes  1  (1S45)  s.  141,  vgl.  s.  154.  dieser 
unterschied  tritt  später  überall  nicht  hervor. 

2)  auch  die  milchstrasze  heiszl  heerslrasze:  wir  sehen  oft 
an  dem  himel  ainen  prallen  halben  krai;  wei;  und  klär  reht 
sam  ain  kläreu  straj.  der  krai;  haijt  von  den  laien  die 
hersträ;.  Megesberg  TS,  16;  herslrasze  galaxia  voc.  ine.  theut. 
14';  galaxia  die  herslrasze  in  celo  Biet.  255';  ßr  die  gegen- 
trarl  ist  der  natne  noch  aus  Schwaben  (Meier  schtcäb.  sagen  137) 
und  dem  Waldeckschen  (Clrtze  244)  bezeugt. 

HEERSTROM,  m.  breiter  ström,  hauf-tstrom  des  landes: 
des  landes  heerstrom  wuchs  und  schwoll.     Bcrcer  36". 

HEERTROMMEL,  f.  die  jüngere  form  zu  heerlrumme,  s.  den 
ziceitfolgenden  artikel.  in  alten  orgeln  fülrrte  ein  paukenzug  den 
namen  heertrommel.  Jacobssoh  4,  464*. 

HEERTROMPETER,  m.  buccinalor  bellicus,  qui  titba  Signum 
in  belle  dat.  Frisch  1. 433*. 

HEERTRUMME,  HEERDRUMME,  f.  Irommel  die  von  dem 
beere  gerührt  tcird:  hörtrumme,  lympanum  Dasip.; 

trummeten  thet  man  lut  erschellen, 
die  börtrummen  hört  man  lut  erknelien. 

LlLlE?(CRO!«  volkst.  2,  547,  136  (r.  1504); 

so  baldt  sie  hören  di  beertrommen. 

H.  >:achs  3,  1,  34»; 
blast  lärmen  und  schlagt  die  beerdrummen ! 
der  feiod  ist  uns  gar  nahent  kommen. 

J.  Atrer  296'  (14S2,  16  Keller). 
REERVERDERBER,  m.: 

der  kaiser  hat  Soldaten,  keinen  feldberrn, 
denn  dieser  könig  Ferdinand  von  Ungarn 
versteht  den  krieg  nicht  —  Gallas?  hat  kein  glück, 
und  war  von  jeher  nur  ein  heerverderber. 

Schiller  Watlensleins  tod  4,  7. 

HEERVERFASSüNG ,  f. :  die  preuszische  heerverfassung. 
Beckers  iceltgesch.  14.  54. 

HEERVERSAMMLCNG.  f.:  eine  ansehnliche  heerversamni- 
liing  in  Galizien  zeigte,  dasz  das  cabinel  die  Wichtigkeit  des 
inomentes  kannte.  Beckers  irellg.  14,  40. 

HEERVOGEL,  m.  upupa,  der  tciedehopf.  Nemxich.  auch  dän. 
hserfugl.  der  erste  tlieil  des  wortes  ist  uol  entsteUung  des  ahd. 
horu,  mhd.  bor  kot.     vergl.  heergans  und  haargans  sp.  28. 

HEERVOLK,  n.  kriegsvolk,  mhd.  hervolc  (wb.  3,365'):  Saul 
lag  in  der  Wagenburg,  und  das  heervolk  umb  in  her.  l  Sam. 
26,5;  und  mit  inen  unter  irem  geschlecht  im  hause  irer 
veter  waren  gerüst  heervolk  zum  streit  sechs  und  dreiszig 
tausent.  Ichron.  S,  i;  die  schild  seiner  starken  sind  rot,  sein 
heervolk  sihet  wie  pui-pur.  .VaA.  2,  4;  sollen  wol  durch  solch 
grosz  geschrei  und  gerücht  unser  fürsten  und  hervolk,  so 
im  teglichen  streit  erbeilen,  verzagt  worden  sein.  Schade  sat. 
u.  pasqu.  2, 103.  35  (r.  1527).  vergl.  exercitus  ein  here  tulkes 
DiEF.  216'.     f.  heeresvolk. 

HEERWAGEN,  m.  l)  tragen,  trie  er  in  einem  kriegszuge  ver- 
wendet wird,  theils  als  eigentlicher  Streitwagen,  theils  zum  heran- 
führen von  munition  und  proriant,  mhd.  herwagen : 

darnach  hept  sich  denn  ain  sirit. 
das  der  ainer  undcr,  der  ander  obnan  lit 
in  dem  selben  vehten 
von  den  riuer  und  den  knehten. 
so  sitzend  denn  die  ITirsten, 
die  da  sind  die  dürsten, 
ulT  ainen  herwagen, 
der  ist  mit  isen  umbslagen. 
,  den  luond  si  durch  das  her  jagen 
und  die  baner  enbar  tragen,      leufels  nel:  7213; 
darumb  bedarf  man  des  herwagen, 
der  da  si  wol  besJagen, 
das  er  die  fürsien  und  herren  tüg  tracen. 
da  sind  verdeckt!  rosi  vor, 
die  trettend  die  vigind  ins  hör.     "253; 


das  ieglicli  hove  bestellen  soll  drey  gewapnete,  und  drey 
hove  drey  herwagen,  weisth.  1,612  (r.  1403);  item  zweyhundert 
grobes  geschützes,  zwey  und  zwenzig  tausent  schanzbauren 
und  sechätausent  leichter  pferd ,  alle  bandeweisz  und  inn 
fäfilin  gemustert,  sowol  mit  ihren  hönvagen,  sampt  dem  hauen 
(als Wappen)  darauf,  und  mit  vorrath  von  gurgelprovision,  auch 
schmiden  und  sattlern,  und  anderm  nötigem  anhang  versehen. 
Garg.  263";  er  ward  eines  kulschers  auf  einem  heerwagen 
gewahr,  so  körn  nacher  Paris  fübrele.  polit.  stockßch  219 ;  es 
gab  grosze  höfe ,  die  den  heerwagen  zur  fortbringung  der 
artillerie  stellen  muszten.    Moser  patr.  phanl.  3  (1798)  s.  95; 

derhalben  auch  mich  die  heerwagen 
zum  krieg  für  knecht  und  reuter  tragen. 

froschmeuseler  1,  2,  9,  bl.  Kv*. 

2)  heerwagen  heiszt  auch  an  bezirk  von  gewissen  dorfschaften 
oder  unterthanen ,  welche  in  kriegszeiten  einen  heerwagen  stellen 
und  unterhalten  müssen.   Adelcxg. 

3)  heerwagen,  von  dem  geslirn,  das  sonst  himmelswagen,  groszer 
bär  genannt  mrd:  arcturus  der  hörwagen  Dief.  45*;  arctos, 
latine  ursa  ein  bär ,  oder  hörwagen  am  himel ,  oder  siben 
gestirn  gegen  milnacht.  Dasyp.  ;  der  kleine  bär,  cynosura,  heiszt 
kleiner  heerwagen.  Stieler  252S. 

HEER  WEG,  m.  heerslrasze,  breite  landslrasze,  mhd.  herwec: 
heerweg,  via  mililaris,  regia,  pifblica  Stieler. 2455;  es  ist  nicht 
unmöglich,  ein  kleines  land  dermaszen  mit  beerwegen  zu 
belegen,  dasz  dessen  einwohner  keine  andere  Schätzung,  als 
deren  Unterhaltung  tragen  können.  MösERpair.  p/ian/.  2  (179S) 
279 ;  nachdem  ich  in  der  locanda  reale,  einem  groszen  statt- 
lichen hause  an  dem  heerwege  vor  der  Stadt ,  quartier  ge- 
macht hatte.  Secme  Spaziergang  1, 121 ; 

als  plötzlich  von  dem  heerweg  ein  getrabe 
zu  meinem  bangen  obre  tönt.    Alii?(ger  Dootin  2,36; 
weil  er  alle  mit  lieb  herbergete,  wohnend  am  heerweg. 

Utas  6,  15; 
StaufTachers  haus  verbirgt  sich  nicht,    zu  äuszerst 
am  offnen  heerweg  stehts,  ein  wirthlich  dach 
für  alle  wandrer,  die  des  weges  fahren. 

ScHiLLjsR  Teil  1,  2. 
Über  einen  früheren  unterschied  zwisclien  heerweg  und  land- 
slrasze vergl.  unter  heerslrasze. 

HEERWESE.N,  n.  Ordnung  und  ausrüslung  eines  heeres.  Dahx- 
iiA>"?i  gesch.  d.  franz.  rev.  159. 

HEERWURM,  m.  i)  das  beer  einem  wurme  oder  einer  schlänge 
verglichen:  eine  strecke  die  nicht  einmal  hinreicht,  dasz  sich 
efn  solcher  ungeheurer  heerwurm  (der  zug  der  Israeliten)  in 
bewegung  setzen  könnte.  Göthe6,  179;  seil  10  uhr  vormittag 
ting  die  ungeheure  bagage  an  zu  retiriren  .  .  .  vrenigstens 
10,000  mann  schlenderten  zur  bedeckung  dieses  gewaltigen 
heerwurms,  dessen  schwänz  sich  noch  um  4  uhr  nicht  ganz 
durch  Weimar  gewunden  hatte,  nebenher,  statt  in  reih  und 
glied  zu  fechten.  Ferxow  in  Böttgers  lUler.  zusl.  2,  267. 

2)  heerwurra  heiszt  eine  in  diclüen  schaaren  zidiende  art  von 
maden.     vergl.  heerraupe. 

HEERZEÜG,  m.  madtinae  bellicae,  apparatus  bellicus.  Frisch 
1,  433'.  auch  persönlich:  welciie  (wall/ische)  den  heerzeug  desz 
groszen  Alexanders  erschreckt  haben.    Foreb  fischb.  87'. 

HEERZüG,  «1.  1)  expeditio  bellica:  auf  welche  zeit  und 
wesz  orts  solcher  beharrlicher  heerzug  gegen  den  Türken  für- 
zunemmen  und  zu  vollnziehen  sei.  abschied  des  reichstags  zu 
Augsburg  1530,  §102;  unser  herr  und  heiland  Jesus  Christus 
wird  d;  haupt  und  der  feldoberst  dieses  so  herrlichen,  hei- 
ligen und  löblichen  heerzugs  sein.  Zinegref  apophth.  l  (1626) 
93;  wolle  doch  seinen  jungem  sehn  desz  heerzugs  befreien. 
ScHCPPIOS  405. 

2)  aucli  das  ziehende  heer  selbst: 

ebenso  laut  dort  hallte  der  grund  von  der  kommenden  Völker 
mächtigem  gang;  denn  in  eile  durchzog  das  getilde  der  heerzug. 

Itias  2,  7S5; 
also  entstrablt  auch  jetzt  dem  prangenden  erze  des  heerzugs 
lufierheliender  glänz.  Borger  20«'; 

ihm  folet  der  Polen  leicht  berittne  schaar, 
sammt  einem  heerzug  donischer  kosaken. 

Schiller  üemetr.,  2.  auft.  (670»); 
und  zogen  aus,  webklagend,  männer  und  weiber, 
ein  groszer  heerzug,  nach  der  mitiagsonne,  •■ 
mit  dem  schwert  sich  schlagend  durch  das  deutsche  land. 

Teil  2,  2. 
HEESEN,  verb.  die  sehnen  an  den  füszen  durchschneiden,  ein 
Jägerausdruck,  aus  bechsen  (jp.  739)  entstanden:  beesen  ein 
wild,  wenn  man  einem  nicht  ganz  todtgeschossenen  wilde  die 
grosze  flecbse  über  dem  knie  des  hinterlaufes  abschneidet, 
so  nennt  man  dies:  heesen.  v.  Tat^xcEx  waidm.  piort.  -^oo. 


763 


HEFE 


HEFE 


764 


HEFE,  f.  und  m.  faex. 

ahd.  nur  als  masc.  gebraucld:  ahd.  heffe  fex ,  hephen  feces 
Graff  4, 828,  aus  früherem  hafjo,  hefjo  emporheber  von  haljan, 
beffan  entstanden;  mhd.  hebe,  hefe,  hepbe  {masc.  und  fem.) 
Lkxeb  mhd.  handuürterb.  1, 1198.  die  geschlechtsschwankungen  bei 
diesem  worte  beginnen  früh,  vielleicht  durch  den  umstand  hervor- 
gerufen, dasz  der  sing,  im  gebrauclte  gegen  den  plur.  sehr  zurück- 
steht, das  alte  männliche  geschlecht  tritt  an  mehrfachen  beispielen 
bis  auf  unsere  tage  hervor:  und  ist  ein  überflusz,  wie  der  beff 
im  wein.  Paracelsüs  opp.  1,825';  es  blieb  kein  hefen  von 
bedenklicbkeiten  übrig.  Hippel  8,60;  denn  allgemein  genom- 
men ist  der  cbarakter  der  nation  hier  der  unertrfiglichste 
am  ganzen  mittelländischen  meer.  hier  ist  der  hefen  von 
Spanien.  Lenz  1,224; 

wein,  den  die  bosheit  ausgedacht  .  .  . 
in  dem  des  liefens  aurruhr  tobt.    Hagedorn  3,  46; 
wenn  nun  mit  dem  taumelkelche  der  räche 
gott  kommt,  und,  bis  zum  heTen  hinab,  sie  ihn  trinken,  und 
sterben!     Klopstock  5,  154; 
nach  der  letzten  öhlung  soll 
bereu  mich  noch  färben. 

BORGER  120'  (Variante  v.  1789  zum  zeclilicde) ; 

während  wiederum  hefe  als  femininum,  wie  es  jetzt  ausschliesz- 
lich  gebraucht  ist,  schon  früh  nachgewiesen  werden  kann:  die 
beff  und  der  gesamelt  unflat  alles  menschlichs  geschlechts, 
die  Hünen,  deutsche  städtechron.  3,52,19  (15.  Jahrhundert) ;  fex, 
trusen,  häpffe,  . .  feculenlus  vol  hepfe  oder  trusen,  unsauber. 
Dasyp.  ;  die  trusen,  bäpfen  faex  Maaler  411';  die  hefe,  fex 
Stieler  805;  von  wein,  darinne  keine  hefen  ist.  Jes.  25,6; 
die  häfen  slöszt  auf,  fermentum  protrudil  spumam,  den  wein 
von  der  häfen  abziehen,  vinum  defaecare.  Frisch  1,  393'. 
hefe  bezeichnet 

1)  durch  gährung  entstehende  absonderung  einer  flüssigkeit, 
namentlich  an  wein  und  hier,  die  mundartlich  auch  banne 
(1,  1134),  drusen  (2,  1461),  gest,  gerbe,  habe  {sp.  45)  genannt 
wird:  fex  heben,  heven,  heve,  hefen,  heffe,  heff,  heffen, 
häpfen,  hove  Dief.  232";  nl.  heffe,  hevel,  faex,  scdimentum, 
et  cremor  sive  flos  ccrevisiae,  fermentum  cerevisiarium  Kilian; 
ags.  bezeichnet  häfe  den  Sauerteig:  lociad,  and  warniad  fram 
Pharisea  and  Herodes  häfe.  Marc.  9, 15,  was  zum  niederl.  heffe, 
heve  fermentum  (Kilian)  tritt,  während  hierfür  hochdeutsch  hebe!, 
hefel  {sp.  720)  statt  hat;  es  wiederholt  sich  dieser  Wechsel  in  der 
bedeutung  an  altn.  kvikur,  dän.  kväger,  norw.  kveik ,  schwcd. 
kvikka  hefe,  bair.  öslreichisch  keck,  kick,  kikel  Sauerteig,  vergl. 
theil  5,  376.  {ein  teig)  mit  pyerhefen  erhaben  oder  mit  medt- 
befen.  kuchenmeisterei  ciiij;  wie  essig  aus  den  weinhefen  zu 
machen.  Hohberg  1,  384 ;  frische  hefen ,  faex  rccens  Stein- 
bach 1,722;  hefen  einrühren,  in  einen  teig,  zum  gähren; 

do  ich  an  irem  pelt  entslief, 

die  trau  zu  eim  pirpreuen  lief 

und  pracht  ein  gellen  vor  dies  vol)  heffen;  .  .  . 

die  hefTen  gosz  sie  unter  mich, 

dasz  ich  darinn  lag  lesterlich.     fasln,  sp.  116,  17. 

hefen  brennen,  branntuein  aus  ihnen  bereiten  {vgl.  unten  hefen- 
branntwein):  von  jedem  tag,  so  er  solicbe  heffen  geprennt 
oder  den  vermeinten  wein  davon  verkauft  hat.  Nürnb.  poliz.- 
ordn.  270.  unterscheidet  man  rücksichtlich  des  getränkes  in  dem 
die  hefe  sich  bildet ,  weinliefe,  bierhefe  (wciszbierhefc,  braun- 
bierhefe),  melhhefc,  cyderhefc,  brannlweinhefe,  so  kennt  man 
in  bezug  auf  den  ort,  wo  die  hefe  gefunden  wird,  oberhcfe  {auf 
dem  hier  schwimmend),  untcrhcfe,  spundhefe  {am  spundloch 
eines  fasses),  fasz-,  grund-  oder  bodenbefe;  nachdem  gebrauch 
den  man  von  der  hefe  macht,  stellhefe  {dem  biere  zum  bessern 
gältren  zugesetzt),  preszhefe. 

2)  uneigentlich  heiszt  auch  der  bodensatz  beim  auspressen  des 
Öles  hefe,  s.  ölhefe;  ferner:  iiepffc  der  salb  magma  Dasyp.; 
hefe  beim  tliran ,  der  unterste,  zälteste  theil  desselben,  s.  hefen- 
Ihran ;  in  ähnlicJiem  sinne  von  dem  bodensalze  des  kaffces:  jetzt 
nach  vier  uhr  tritt  er  aus  dem  banse  voll  kaffce,  den  er  in 
Hnkclum  nur  der  inultcr  wegen  trank,  die  diesen  weiblichen 
wein  noch  zwei  tage  darauf  über  die  hefen  des  bodcnsatzes 
ai>/og.  J.  Paul  Qu.  Fixlein  137. 

3)  liefe  ist  in  ausgedehnter  bildlicher  Verwendung. 

o)  an  die  hefe  als  guhrungsmittel  lehnen  an:  sie  war  zu  heftig 
ereifert,  nur  wandte  sich  jetzt  ihr  zorn  gegen  ihre  Schwester, 
die  zu  deinxclben  eigentlich  die  hefen  eingerührt  hatte.  Arnim 

krntirnir.    1,  ri^5; 

■       ""«)  herz,  von  hefen  rein, 

Mier. 

vpiclelt  durch  die  daucr.    Vom  poft.  werke  (1835)  204»; 


und  so  war  Weyermann ;  und  ich  gönnte  ihm  gern  die  hefe 
(die  gerichthallerei),  die  seinen  ganzen  teig  aufhob  und  über 
den  backtrog  trieb.  J.?\vl  biogr.  belust.  1,12';  indesz  werden 
(in  mehr  als  einem  sinne)  deutsche  hefe  und  französischer 
schäum  bald  sich  senken,  und  das  geistige  ungetrübt  nach- 
lassen, friedenpr.  45. 

b)  weit   mehr  bilder  knüpfen  sich  an  den  umstand,   dasx  die 
hefe  vielfach  als  bodensatz  einer  flüssigkeit  erscheint : 

des  lebens  wein  ist  abgezogen, 
und  nur  die  hefe  blieb  der  weit  zurück. 

Schiller  Macbeth  2,9; 
einen  kelch  bis  auf  die  hefen  leeren ;  denn  der  herr  hat 
einen  becher  in  der  band ,  und  mit  starken  wein  vol  ein- 
geschenkt, und  schenkt  aus  demselben,  aber  die  gottlosen 
müssen  alle  trinken,  und  die  hefen  aussaufen.  |)s.  75, 9;  stehe 
auf,  Jerusalem,  die  du  von  der  band  des  herrn  den  kelch 
seines  grimmes  getrunken  hast,  die  hefen  des  daumelkelchs 
hastu  ausgetrunken,  und  die  tropfen  geleckt.  Jes.  51,17;  ich 
neme  den  daumelkelch  von  deiner  band  sampt  den  hefen  des 
kelchs  meins  grimmes,  du  soll  in  nicht  mehr  trinken,  v.22; 

weil  sie  denn  also  ganz  noch  erfahren  nicht  ist  die  crfahrung, 

ganz  ihr  bitterer  kelch 
bis  zu  den  hefen  hinab  noch  nicht  getrunken. 

Klopstock  2,  159; 
du  dachtest  an  uns,  barmherziger,  als  wir 
hatten  bis  zu  den  hefen  den  kelch  des  todes  getrunken!    5,45; 
geusz  auch  ihnen,  vergelter!  der  räche  taumelkelch  voll! 
lasz  sie  bis  zu  den  hefen  hinab  ihn  trinken,  und  sterben! 

5.  124; 
vielleicht,  weltrichter,  haben  sie, 
in  ihrer  stolzen,  bangen  müh, 
den  taumelkelch  bald  ausgeleert, 
bis  auf  die  heefen  ausgeleert!    7,  137; 
leidig  ist  ihr  trost,  denn  ach!  sie  nippten 
nur  vom  licbeskelch,  und  tranken  nicht, 
tranken  nicht,  wie  ich,  mit  süszem  beben 
ganz  ihn  leer,  bis  auf  den  hefen  ganz! 

Schmidt  v.  Werneuchk!«  alin.  1798  s.  64; 
die  letzte  hefe  soll  ich  noch  genieszen 
im  schmerzensbecher.      Plate«  104-, 

erst  als  die  lust  gehetzt  bis  zur  entseelung, 
der  freudenkelch  geleert  bis  auf  die  hefe. 

Uhland  ged.  435; 
um  die  einförmigen  freuden  einer  einzigen,  mit  romanhafter 
treue  in  gerader  linie  sich  fortschleppenden  leidenschaft  bis 
auf  die  hefen  zu  erschöpfen.  Wieland  2,175; 

bereit,  bis  auf  die  hefen  sein  ritterlich  blut  zu  verspritzen. 

4,87  (t02); 
auch  sein  spotteten  sie,  und  gaben  ihm,  als  er  in  durste 
rufte,  nicht  galle  nur,  sie  gaben  die  untersten  hefen 
ihres  hohnes  ihm  auch  in  seineu  quälen!     Klopstock  5,  124; 

auf  die  hefen  kommen,  gehen,  zur  neige  gehen:  wer  den  wein 
hat  getrunken ,  der  sol  auch  vor  gut  haben ,  wann  es  auf 
die  hefen  kommt.  Lehmann  172;  wenn  ein  ding  zu  end  ist 
kommen  ,  so  sagt  man ,  es  gehet  auf  die  häfen.  19S ;  man 
belleiszt  sich  insgemein  in  allem  thun  dasz  der  anfang  gut 
sei,  darnach  gehets  auf  die  hefen.  24 ;  das  sie  {die  stiße)  zu- 
letzt, wie  sie  wirdig  sind,  komen  auf  die  hefen.  Luther 
1,308*;  es  ist  mit  dem  endcchrist  auf  die  hefen  kumcn, 
und  Christus  wil  sein  ein  ende  machen.  4,352';  da  es  nu 
mit  Rom  und  welschem  lande  auf  die  hefen  und  todte 
neigen  komen  war.  8,  24o';  denn  die  weit  mit  ihren  kindern, 
sonderlich  in  itzigen  hefen  und  grundsuppen ,  do  es  alles 
auf  die  neige  kommen  ist,  hat  ihre  eigene  weise  und  regel. 
Roth  hausmütter  abc  (J ;  herwiderunib  so  wer  das  bistumb 
zu  Wurms  in  abnemen  bisz  auf  die  heffen.  deutsche  städte- 
chron. 3,117,22;  unterdessen  .  .  .  ist  sein  söhn  hier  guter 
dinge,  der  wird  zwar  nun  wohl  auch  allinählig  auf  die  hefen 
gekommen  sein ;  aber  es  ist  schon  recht,  ein  sainmicr  will 
einen  zerstrciicr  haben.  Lessing  1,502;  er  sitzt  auf  der  hefe, 
in  summa  calamitate  est.  Serz  65*;  mein  Franzose  kam,  und 
es  fand  sich,  dasz  der  arme  Icufcl  mit  seiner  bürsc  auf  den 
hefen  war.  Skumb  Spaziergang  t,  121.  —  hefe  als  symbol  des 
unreinen,  widritjen :  aber  höre  ..  wo  du  dein  hier  getrunken, 
muszt  du  auch  deine  hefen  vergicszen;  du  betrinkst  dich  an 
fremden  orten  und  dann  kommst  du  zu  mir  und  machst 
Spektakel.  IMiur/.  Ilolbrrg  39» ;  hört,  mein  herr,  wo  ihr,  euer 
hier  getrunken  habt,  da  vorschüttet  auch  eure  hefu^  462;  der 
wascht  sich  mit  hefen  («■  isla  ihmo  unrecht ,  so  ist  mirs 
nicht  unrecht).  Lehrann  203;  sich  mit  dreck  wcschcn.  den 
hindern  mit  btifen  wüschen,  sich  mit  kolcn  weisz  machen, 
wann  ein  undat  sich  mit  dem  andern  wil  schön  machen. 
Acr.  »pr,  (1560)  lo'.     als  hild  für  trübes,  in  einer  redensart: 


765  HEFE  — HEFENWUST 

im  traum  ich  heinte  hab  gesebn 
einen  kochtopf  zerbrochen  siehn, 
der  war  nicht  wie  er  gestern  war, 
was  bdeuts,  sagt  mirs  ohn  befen  klar. 

Wellkr  30;ä/ir.  krieg  s.  70  (v.  1620). 

auf  seinen  hefen  liegen:  Moab  ist  von  seiner  jugent  auf 
sicher  gewest ,  und  auf  seinen  hefen  still  gelegen,  und  ist 
nie  aus  einem  fas  ins  ander  gegossen,  und  nie  ins  gefengnis 
gezogen,  darumb  ist  sein  geschmack  im  blieben,  und  sein 
gerucb  nicht  verendert  worden.  Jer.  48, 11;  zur  selbigen  zeit, 
wil  ich  Jerusalem  mit  laternen  durchsuchen,  und  wil  heim- 
suchen die  leute,  die  auf  iren  hefen  llgen,  und  sprechen  in 
irem  herzen,  der  herr  wird  weder  guts  noch  büses  thun. 
Zephanja  1, 12. 

Die  hefe  als  bild  für  das  unterste,  gemeinste  einer  gesellsckafls- 
classe  (uie  lal.  faex  plebis,  faex  civitatis) :  da  fiel  der  geist  der 
geitigkeit  durch  die  äugen  ein  in  das  herz  der  weinbuben, 
tabernierer,  füller,  spiler,  gaszenlretter,  freiheiter,  jaufkinder, 
gaigenschwenkel,  luderer,  und  was  solcher  heffen  was.  deutsche 
städtechron.  3, 142,21  (lö.  jahrli.) ;  kerl,  den  man  mit  recht  den 
schäum  und  die  hefen  des  gesamten  adels  nennen  konnte. 
ehe  eines  tceibes  77;  die  hefe  des  volkes.  Platen  302;  suche 
dir  ein  weib  aus  der  hefe  des  volks.  F.  Lewald  Stdla  361 ; 
jetzt  leider  scheint  man  in  beiden  Städten  {Ulm  und  Nürnberg) 
das  fasz  des  Staats,  weil  der  obere  bierhahn  sauers  gesüff 
herausliesz,  unten  einen  zoll  hoch  über  der  hefe  des  pöbeis 
angezapft  zu  haben.  J.Pall  Sieb.  1,75;  die  hefe  vom  menschen- 
geschlecht.  Fr.  Müller  2,10;  das  häsziiche  teufeis- und  hexen- 
wesen,  das  nur  in  düstern  ängstlichen  zeitläufen  aus  verwor- 
rener einbilduDgskraft  sich  entwickein  und  in  der  hefe  mensch- 
licher natur  seine  nahrung  finden  konnte.  Göthe  46,133; 

bedenk  doch  herr,  dasz  du  uns,  wir  dir  tbewer, 
bedenk  dein  wort,  volk,  bausz, 

und  wendend  deine  band  von  uns,  wirf  nu  dein  fewer, 
und  geusz  die  hoffen  ausz.  Weckuerlis  326. 

hefe,  das  letzte,  der  resl,  in  bezug  auf  zeit :  ob  nu  aber  wol 
in  diesen  trüben  letzten  hefen  der  "weit  nicht  mehr  viel  leute 
sind,  die  mit  solchen  äugen  die  jünger  und  diener  Christi 
anschauen.  Selseccer  chrisll.  psalmen  (1587)  rorr.;  die  hefe  des 
winters  ..  auf  dem  lande  genossen.  Herders  lebensb.  1,2,246. 

HEFEL,  m.  s.  hebel  2  sp.  720. 

HEFE.NALAUN,  hi.  alumen  faecis,  eine  arl  künstlichen  alauns, 
auch  drusenalaun.  Nemsich. 

HEFEiNBÄCKER,  m.  bäcker  feinerer  waare,  deren  teig  durch 
hefen  bereitet  u-iid,  u-eiszbäcker,  kuchenbäcker. 

HEFENBÄ.CKEREI,  f.  das  geschäft  eines  hefenbdckers. 

HEFENBRANMWEI.N ,  «i.  brannttcein  'der  aus  weinhefen 
destilliert  wird. 

HEFENBROT,  n.  roggenbrot,  dessen  teig  mit  hefen  anstatt  des 
Sauerteigs  zum  aufgehen  oder  gähren  gebracht  wird.  Jacobsso."« 
2,  246'. 

HEFEiNBRÖTCHEN,  n.  kleines  weianbrci  mit  hefen  gebacken, 
milchbrOtchen,  franzbrölcheh. 

HEFENER,  HEFTER,  m.  außäufer  von  hefen,  um  diese  zu 
gewerblichen  zwecken  weiter  zu  verwenden :  es  gepewt  ein  erber 
rath,  das  . .  die  heffner,  die  die  heffen  oder  einich  verdorben 
hier  von  den  bierprewen  oder  bierschenken  hie  in  dieser  stat 
kauffen  oder  nemen ,  dasselbig  hier  und  alles  das ,  so  sie 
ausz  derselben  heffen  zwingen,  noten  oder  bringen,  widerumb 
für  hier  mit  einicher  hilflf  oder  gemechf ,  wie  man  die  er- 
denken mag,  nit  sollen  machen.  AYirnfe.  polizei-ordnung  270. 
hefner,  in  liürnberg  die  essigmadter.   Jacobsson  6,  62*. 

HEFENKUCHEN,  m.  kuchen  dessen  teig  mit  bierhefe  zum  auf- 
gehen oder  zur  gahre  gebracht  ist.  dimin.  hefenküchlein  in 
I^ürnberg  pfann-  oder  eierkucfien. 

HEFENSTÜCK ,  n.  ein  vorläufig  in  kleinem  masze  mit  hefen 
gemachler  weizentcig ,  der  bei  dem  semmelteig  die  gahre  befördert 
und  die  hefen  zum  theil  erspart.    Jacobsson  2,  246*. 

HEFE.NTEIG,  m.  teig  aus  ireiienihehl,  der  mit  liefen  zur  gahre 
gcbraclil  wird. 

HEFE.MHRÄN,  m.  bodensalz  des  thrans:  schwarzen  oder 
hefenthran.  den  man  zu  Wagenschmiere  nutzt.  Jacobsson  7,538". 

HEFE.NWEIN,  m.  nicht  abgezogener,  trüber  wein :  hepfwein 
sive  hefenwein,  vinum  fecatum,  non  depuratum.   Stieler  2477. 

HEFENWL'ST,  m.  : 

ile  hatt  ihm  hundertmal  den  degen  allbereit 
gestoszen,  bisz  ans  hert,  in  rücken  und  die  seit, 
als  sie  den  unflabt  nun  bat  aus  der  weit  gereumet, 
und  solchen  hefenwust  einmal  recht  weg  gescbeumet, 
so  wand  sie  sich.     D.  v.  d.  Wbudbr  .iriost  22,  94,  6. 


HEFICHT  —  HEFT 


r66 


HEFICHT,  adj.  und  adv.  hefenarlig,  hefenähnlich:  feculentus 
heeffich,  nd.  heficke  Dief.  228';  heücht  waszer,  aqua  feculenta, 
limosa,  spurca  Stieler  806 ;  faeculentia  hefichtes  wesen  Kirsch 
cornue. ; 

sie  (die  bremse)  leckte  von  dem  heiszen  schäume, 

der  heeflcht  am  gebisse  (des  pferdes)  flosz.     Gellkrt  1,46. 

HEFIG,  adj.  hefen  habend:  feculentus  hevik  Dief.  nov.gloss. 
169;  heftger  wein,  heflges  hier. 

HEFT,  n.  u.  m.  manubrium;  capulus;  fibula;  charlae  junctae. 

ahd.  hefli,  mhd.  hefte,  nur  neutralen  geschlecltts,  abgeleitet  als 
instrumentale  und  handlungsbildung  von  der  würzet  hab  fassen, 
halten  (sp.  46.  721),  und  nah  verwandt  dem  masc.  haft,  das 
gleiche  würzet  und  verwandtes  suffix  zeigt,  das  maseuline  ge- 
schlecht am  Worte,  das  neben  dem  ursprünglich  allein  berechtigten 
neutralen  sich  entwickelt  hat,  erscheint  schwankend  in  der  bedeu- 
tung  5  zusammengeheftetes  papier,  eine  junge  bedeutung,  ungefähr 
gleichzeitig  mit  band  volumen  (l,  1098)  aufgekommen  und  viel- 
leicht diesem  warte  rücksichtlich  des  genus-verhältnisses  angeglichen, 
auszerdem  in  der  bedeutung  3,  /(i>r  wahrschHnlich  ebenfalls  durch 
Verwechselung  mit  haft  (sp.  128)  gleicher  bedeutung  entstanden ; 
selten  in  der  bedeutung  2  schwertgriff  in  mitleldeutsclien  quellen,  wo 
das  wort  überhaupt  ursprünglich  nicht  heimisch  sciteint,  6ei  Stieler 
der  heft,  degenheft  capulus  ensis  723,  und  bei  Lessixg:  viel- 
leicht hätte  er  es  (das  schwer!)  mir  gelassen,  aber  gold  war 
der  heft.  2, 106. 

heft  bezeichnet 

!)  handhabe,  griff  an  einem  gerate  überhau]4:  ahd.  hefte  r. 
halbe,  manubrium  Graff  4,744;  manubrium  hefte,  heft,  ein 
heft  an  eirae  meszer,  nd.  hecht,  .t.  stel  Dief.  348*;  niedert. 
hecht,  hef,  manubrium,  capulus,  fibula  Kilia.n  ;  so  der  stil  eines 
teils:  heft  am  bell,  manubrium  securis ,  asciae  Stieleh  723; 
das  bell  hat  kein  heft.  bricf  Uhlasds  in  L.  Uhland.  eine  gäbe 
für  freunde  s.  28S;  handhabe  eines  jaches:  das  hefte,  woran  es 
joch  seyge,  manubrium,  ein  halm.  Maaleb  215*;  heft,  die 
handhabe,  der  griff  eines  gewehrs  oder  Instruments.  Frisch 
1.432*.  mehrfach  in  der  spräche  der  handwerker:  heft,  der 
oberste  theil  eines  bergbohrers.  Jacobsson  2,  246*;  der  schaft 
oder  das  heft  des  diamants  (beim  glaser).  1,236';  beim  schiffer 
heft  das  seil,  das  den  kahn  am  xifer  hall:  heft  remulcum  (narts) 
voc.  ine.  theut.  i  2* ;  schiffheft,  remullum,  dicitur  funis  quo  ligalur 
navis  ad  portum  s  7* ;  in  komischer  rede  am  Rhein  heft  eine 
starke  nase,  die  einer  handhabe  verglichen  wird.  Kehrein  191 ; 
ebenso  schlesisch.  sprichwörllidi  eine  sache  am  rechten  hefte 
anfassen : 

es  fehlt  euch  nicht,  faszt  ihrs  am  rechten  hefte. 
ÜHLAKD  ged.  448; 

bildlich:  dadurch  griff  nun  Ninetle  in  das  heft  und  die  hand- 
habe seines  lebens  und  herzens  und  hielt  ihn  an  seinem 
fehler  fest  —  aus  räche  und  aus  eitelkeit.  J.  Paul  heiml. 
klaget.  15;  hier  ist  heft  als  handhabe  eines  gefäszes  gedacht. 

2)  im  engern  sinne  ist  heft  der  griff  einer  waffe,  eines  sehwertes, 
dolches:  ahd.  hefti,  helza,  capulum  Graff  4,744;  capulus  heft 
an  eime  swerte  o.  messer.  Dief.  99*;  heft  manubrium  defen- 
diculi  voc.  ine.  theut.  i2';  hefte,  manubrium,  capulus  vel  capulum 
Dasyp.  ;  nam  das  schwert  von  seiner  rechten  hüft,  und  stiesz 
im  in  seinen  bauch,  das  auch  das  heft  der  schneiten  nach 
hinein  für,  und  das  fette  das  heft  verschlos.  Hehler  3,22; 
grosze  köstliche  Qschzeen,  darausz  man  allerlei  kostliche  heft 
an  die  wor  macht.    Frane  weltb.  30*; 

sie  halt  ihm  hundertmal  den  degen  allbereit 
gestoszen,  bis  an»  heft,  in  rücken  und  die  seit. 

D.  T.  D.  Werder  Ariost  22,  94,  6-, 

und  stosze  tief  ihm  ins  gekröse, 
nachbohrend  bis  ans  helt,  den  stahl. 

Schiller  kämpf  m.  d.  drachen  245, 

bis  ans  heft 
bohrt  ich  mein  schwert  in  deine  stolze  brüst. 
Platkw  231. 

anstatt  des  ganzen  Schwertes  ist  heft  gesetzt: 

braucht,  tapfren  siegcrl  braucht  das  heft.    Gcsther  124. 

An  dieses  heft  als  griff  der  waffe  und  als  symbol  der  gewalt 
lehnen  manche  bildliche  redensarten  an:  als  zwei  junge  leulh- 
lein  . .  mit  einander  hochzeil  gehalten  betten,  begäbe  sichs 
nach  auszgang  der  (litterwochen,  dasz  die  fraw  das  schwerdt 
bei  dem  heft  zu  fassen  sich  . .  beflisse.  Kirchhof  wendunm. 
328';  das  heft  ergreifen,  haben,  halten:  man  wird  ihm  bei- 
stimmen wenn  es  ihn  verdrieszt,  dasz  dergleichen  influenzen 
sich  nach  Deutschland  erstrecken,  und  verrückte,,  ja  unwür- 


767 


HEFT 


IIEFTCUEN  — HEFTEN 


768 


dige  Personen  das  beft  ergreifen.  Göthe  31,  24;  damit  er  das 
heft  aileine  in  die  hiinde  bekommen  .  .  .  möchte.  Mascou 
2,55;  er  war  actuarius  beim  pupillencollegium  und  balle 
freilieb  daselbst,  wie  der  perpeluirlicbe  secretär  einer  aka- 
demie,  eigenllicb  das  beft  in  banden.  GOtue  25,24t;  sü  lange 
die  democratiscbe  repräsentation  nocb  nirgend  das  beft  in 
der  band  bat.    Frantz  In  Utk  aller  pwteien  s.  131 ; 

und  ob  gleich  krönen,  gut  und  leben, 

ihm  zu  beherrschen  sein  vom  bimniel  übergehen, 

geschieht  niclit,  dasz  der  frau  das  hell  niclit  auch  gehört. 

iloFKiiAMNswALUAf  ijclf.  scliäfcr  s.  105; 
jetzt  sind  wir  nocli  beisammen  im  land, 
wir  habens  beft  noch  in  der  band. 

Schiller  Walteitsl.  Imjcr,  M.uitftr.; 

das  bild  ist  an  das  lieft  eines  messers  angeknüpß: 

behalt  das  messerbeft  in  deiner  band! 

du  bist  der  recht  natürlich  herr 

übers  würtembergisch  land.     Uhland  vulksl.  483; 

einem  das  beft  in  die  band  spielen :  hieraus  entspannen  sieb 
die  innerlichen  kriege ,  welche  dem  kiiiser  Julius  das  beft 
allein  in  die  band  spielten.  Lohenstein  ylrm««.  1,5";  das  beft 
in  liänden  lassen:  und  ihr  das  beft  in  bänden  lassen.  Mascou 
2,91;  das  bäft  aus  den  bänden  lassen,  poteslalem  suatii  alii 
tradere  Steinbach  1,  CGI ;  das  beft  niclit  aus  den  bänden  lassen, 
non  omillere  capitl  rei,  iwn  cedere  possessione  rci.  Serz  G5';  das 
heft  aus  den  bänden  geben:  so  bedauert  er  es  am  ende 
docii  wohl  selbst,  dasz  er  das  heft  aus  den  bänden  gegeben. 
Lessing  12,264;  einem  das  beft  aus  den  bänden  drehen, 
paranli  facerc  quippiam  exlorquere  pcragenli  facultatcm.  Serz  65*. 

3)  in  vielireren  bedeulungen  berührt  sicli  beft  genau  mit  dem 
masc.  hafl  (l,  b  und  3  ip.  129.  130)  und  dieser  engen  berührung 
mögen  die  geschlechlsschwankungen  zunächst  entspringen. 

a)  beft,  die  naht,  der  stich  der  eine  naht  macht:  soitu  die 
darme  (eines  verletzten  hundcs)  vorbin  inn  ire  alle  statt  siltig- 
licb  einlegen,  und  ein  stuck  speck  in  das  loch  stecken,  und 
darnach  den  schaden  zusamen  heften :  du  must  aber  nach 
einem  jeden  hefl  den  faden  mit  einem  knöpflein  zusamen 
binden,  und  jedesmal  den  faden  abschneiden.  Sebiz  fddbau 
580;  worauf  sie  (die  haare  bei  Verfertigung  eines  haarpinscls)  oben 
den  ersten  und  hinten  her  den  zweiten  beft  erbalten,  der 
beft  macht  die  bauptsacbc  bei  der  arbeit  aus.  Jacobsson  G,  3'; 

jetzt  reist  mit  allen  kraCten 
der  furcht  für  gotl  wol  gar  er  eiidiicii  aus  den  Ijcftcn. 

LoGAU  3,  216. 

b)  beft  fibula,  spange,  haller  am  kleide  oder  luche :  concinna- 
bulum  .i.  ßbula  ein  beft  Dief.  138';  mit  beft  und  schlinge 
wird  ein  kleid  zugemacht;  zuweilen  war  anstatt  des  knopfes 
ein  spitziger  beft,  und  die  weiber  zu  Argos  und  Aegina 
trugen  dergleichen  hefte  gröszer  als  zu  Alben.  \Vinkel.mann 
5,17;  anstatt  des  knotens  waren  zwo  zipfel  ...  unter  der 
brüst  vermittelst  eines  befles  {Tze^ovis)  zusammengebängef. 
5,33.  nach  der  Schreibweise  des  id.  jahrh.  Idszt  sich  nicht  genau 
entscheiden,  ob  die  plurale  form  dem  neulr.  beft  oder  dem  masc. 
baft  {sp.  130)  zufalle,  obschon  bei  letzlerem  der  schwache  plur. 
haften  Jas  gewöhnliche  ist:  soll  fünfzig  güldene  hefte  machen 
da  mit  man  die  leppiche  zusamen  hefte.  2  Mus.  20,6;  soll 
fünfzig  cbcrne  hefte  machen,  und  die  hefte  in  die  scbleuflin 
tbun.  11;  Süll  den  furhang  mit  heften  anheften.  33;  belle, 
ührrinken,  ringe  und  Spangen,  und  allerlei  gülden  gerethe. 
35,22;  die  hefte,  die  spangea.  Jes.3,lH;  die  hefte,  gpangen, 
kellein.  Mathes.  Sar.  50*.  —  heft  ist  auch  ein  ring  an  einem 
balken  zum  daranbinden  eines  gegenständes,  krampe :  stell  es  (das 
pferd)  ein  stund  vor  tags  an  ein  heft  under  ein  ladt,  damit 
es  weder  lecken  nocb  naschen  möge.  Seuteb  rossarzn.  8. 

4)  bcfl,  verblümt  für  penis:  das  er,  wie  man  sagt,  lain  im 
lieft  war.   Zimmer,  chron.  1,  ISO,  18. 

.'))  bell  von  einer  mdszigen  anzahl  verbundener  papicrbogcn ; 
eine  bedeulung  die  in  den  Wörterbüchern  vor  AoELtJNC  nicht  an- 
gegeben ist,  aber  doch  tchon  in  einem  gedichle  Haceührn«  t'o» 
I'IO  ersclieinl: 

wa«  ihn  bembht,  verherrlich!  »inH  erpct/i. 


Rind  weder  pracht,  noch  l.i 
ei  int  ein  buch,  da«  er  ncir 
CK  ist  ein  schätz  von  ihm  I  ' 


iilsgcscIiiiMU': 

Mfle.     1,57; 

rfoi  bcfl  kann  bttchrieben,  bedruck  setn ;  eine  zeil.^chrifl,  ein  buch 
metieinl  in  heften ,  deren  eine  antahl  einen  band  bilden ;  lieft 
eine«  »cbülertt ,  rinc«  Htudcnlcn,  in  dai  er  den  Vortrag  des 
ItkrfTt  einlrii(it ;  hefl  des  pnifefmon*,  nach  dem  er  ttinen  Vortrag 
hall:    ein    Miik   auf   den    beuligen    bcfl  meiner  hund»cbrift. 


ThCm.mel  C,  333;  dasz  man  ihr  irgend  einen  hefl  milgelbeilt, 
aus  dem  sie  sieb ,  was  ihr  gemütblicb  war,  ausgeschrieben. 
Göthe  17, 23S ;  dieser  hatte  seine  akademischen  hefte  mit 
groszer  Sorgfalt  geschrieben.  24,224;  durch  andre  unter  meines 
Vaters  francofurtensien  befindliche  bücher  und  hefte.  234;  sie 
erhalten  auch  endlich  wieder  einmal  einen  beitrag  von  mir 
und  zwar  einen  ziemlich  starken  hefl  Cellini.  an  .Sc/iiWer  267 ; 
wenn  man  kein  bcslimmtes  gehalt  dafür  bezieht,  dasz  man 
die  allen  geschicblcn  alle  halbe  jähre  vom  hefte  abliest  (als 
Professor).  H.  Heine  2,  426. 

HEFTCHEN,  n.  kleines  ließ:  beflgen ,  undnulus ,  hatnulus 
Hederich  1233.     auch  in  der  bedeulung  h :  ein  beflchcn  papier. 

HEFTÜECKEL,  m.  einbanddcckel  eines  heßes  (no.  5):  sand 
läszt  er  (ein  spielender  knabe)  als  Wasserfälle  über  alle  befl- 
deckel  rinnen.  Reicuenau  aus  unsern  vier  wänden  1,  25. 

HEFTE,  /".  handlang  und  zeit  des  beftens  (unten  sp.  7C9)  6c« 
den  Winzern:  es  wird  aber  dieses  heften  in  die  erste  und 
andere  hefte  eingctbeilel.  die  erste  hefte  gnschiebet  gleich 
nach  der  breche  im  junio  und  ist  sonslen  die  zwölfte  arbeil 
im  Weinberge,  öcon.  lex.  (1731)  986. 

HEFTEISEN ,  n.  in  den  glashütten  ein  eisen,  an  das  bei  der 
Verfertigung  der  gläser  diese  letzteren  mit  den  boden  vermöi/e  etwas 
glasmasse  geheftet  werden ,  um  sie  um  obern  theile  zu  vollenden. 
Jacohsson  2,  216'. 

HEFTEL,  «1.  und  n.,  im  ersleren  falle  diminutiv  zu  bai"!,  mit 
der  nebenform  liaflel,  bäflel  (sp.  132),  im  letzteren  diminuliv  zu 
beft  (2,  fc),  oM  beflili  (Graff  4,744);-  die  bedeulung  ist  dieselbe. 
befiel  bedeutet  ein  häkchen  am  kleide ,  zum  zuhaken  desselben : 
der  befiel  greift  in  die  schlinge  oder  ose;  früher  war  befiel 
ai(c/t  eine  gespaltene  spangennadel ,  womit  die  kleidungsslücke 
zusammengeheftet  wurden,  in  kostbarer  ausfülirung  ein  weiblicher 
Schmuckgegenstand,  von  diesen  spangennadeln  aus  ist  der  name 
befiel  in  Oberdeulschland  auf  geu-Ohnliche  Stecknadeln  übertragen 
worden.  Jacobsson  2,246';  befiel,  bei  den  Jägern  der  spann- 
pflock ,  bei  den  fischern  ein  pfähl  zur  befestigung  der  netze,  vgl. 
häftel  .<;;).  133:  hierauf  hat  man  an  den  zwei  seilen  des  ersten 
reifs  beim  eingang  des  garns  zwei  befiel  von  ohngefehr  ander- 
halb schuh  lang,  damit  der  aufgezogene  beern  recht  gerad 
dardurch  erhallen  werde,  fest  zu  machen,  jagls-eryützungen 
1,  45.  befiel  heiszen  endlich  auch  die  langen  gewundenen  faden, 
mit  denen  sich  pflanzen  aufranken,  cirrlii.  Nemnich  2, 1048.  vgl. 
hefl  lein. 

HEFTELFABRIK,  f: 

er  hat  auch  eine  beftelfabrik.    GöruB  13,  52. 

HEFTELGELD,  n.  trinkgeld  für  weibliche  dienersdiaß,  franz. 
poiir  les  epingles:  einer  jeden  zubringerin  .  .  .  eine  gewisse 
besoldung  für  das  häflelgeld  oder  leikauf.  mägdelob  37. 

HEFTELMACHER,  «i.  verfertiger  von  hefleln.  der  beftel- 
macher  sagt  von  sich: 

ich  mach  steckheft  ausz  messingdrat, 
lein  auszgebiilzt,  rund,  sauber,  glatt, 
mit  runden  kiiupllein  gut  und  scharpf, 
aller  art  wie  man  der  bedarf, 
auch  mach  ich  hacken  und  schlcifleiii  gut 
g.schwcrzt  und  geziert,  darmit  man  thut 
sich  eliibrüsten  weib  und  auch  mann, 
dasz  die  kleider  glatt  ligen  an. 

II.  Sachs  bfyclirmh.  aller  ttände  auf 
erden  (156S)  d2; 

heflclmacher,  acicularius  Stieler  1193.  sprichwörtlich  in  Üüringen, 
aufpassen  wie  ein  heflclmacher,  genau  achtung  geben. 

HEFTELN,  verb.  durclt  hcftel  schlieszen,  mit  ließet n  befestigen: 
ich  iiäflele  fibulo  Steinbacu  1,661;  der  alte  in  dem  seltsam 
piäcbligen  inantcl,  vorn  mit  eiocm  rolheu  steine  zugebeftcll. 
Arnim  kroncnw.  1,  45. 

HEFTEN,  verb.  figere,  ligare;  a/id.  heflan,  m/iJ.  heften ;  eine 
denominulivbildung  von  dem  sp.  132  aufgeführten  adj.  baft  vinctus, 
zunächst  mil  dem  allgemeinsten  sinne  verhaßet  machen,  befestigen, 
der  sich  in  verschiedenen  Wendungen  sinnlicher  oder  unsinnlicher 
ausspricht. 

1)  lran.<<ilivet  hefleii  etwas  fest  anfügen,  befestigen,  von  personen 
und  gtgenMndai ;  alid.  in  einem  bilde:  sie  heflenl  mullitu- 
dinem  audiluriim  in  uiiitateni  tidei,  alsc  diu  binta  zesamcne 
duinget  die  meiiige  derü  lokko.  Wiliirah  30,12; 

nllt.  thiin  sprnk  iherA  innnnd  l^(Tcr 

an  tiicro  hiMiKinnn,  tliAr  hie  giliilild  Htuod, 
wnn  wundcrquAln.  Ililiiiml  5V.U  ; 

mhit.    »f  hntte  zeiiiem  ostc 

diu  picrt  hcidlu  vasto.     Iwtin  3400; 

'  ri  wurcn  da  gchaft.    /.Va«'.  200; 


reo 


HEFTEN 


HEFTEN 


770 


diu  ander  sacli  ist,  Jaj  diu  ziuig  geheft  ist  in  den  munf. 
Megenberc  15,9;  got  ist  Christus  der  gemachit  ist  ii?  einem 
wibe,  . .  der  geborn  i«t  üj  der  juncvrowen,  der  geliden  bat 
in  dem  vleische,  der  hat  al  geheftit  an  dem  cruce.  Behaims 
ev.-buch  s.  '  Beckstein,  das  nhd.  hat  den  begriff  geicihnlich  so 
verengt,  dasz  das  befestigen  durch  nügel ,  nadeln  oder  eine  naiit 
geschieht :  an  ein  crcuz  heften  oder  schlahen,  an  gaigen  henken, 
suffigere  cmci.  Maaleb  Sis' ;  soll  sie  (die  steine)  auf  die  schul- 
tern des  leihrocks  heften.  2  Mos.  2S,  12;  das  du  die  selben 
zween  ringe  heftest  an  zwo  ecken  des  schiltlins.  t>.  23;  und 
macht  ja  fünfzig  schleuflin  an  jgiichen  teppich  am  ort,  da 
mit  sie  zusamen  geheftet  würden.  36, 17 ;  bunden  eine  gele 
schnür  dran ,  das  sie  an  den  hut  von  oben  her  geheftet 
würde.  39,31;  seinen  schedel  heften  sie  ans  haus  Dagon. 
Ichron.  11.10;  der  zimerman  nam  den  goldscTimid  zu  sich, 
und  macheten  mit  dem  hamer  das  blech  glat  auf  dem  ambos 
. .  .  und  heflens  mit  nageln,  das  es  nicht  seit  wackeln.  Jes. 
41,7;  macht  ihm  ein  feins  heuslin,  und  setzts  an  die  wand, 
und  heflets  fest  mit  eisen,  weish.  13,15;  oben  zu  seinen  heubten 
heften  sie  die  ursach  seines  todes,  beschrieben,  nemiich,  das 
i«t  Jhesus  der  Juden  könig.  Matlh.  27,37;  ausgetilget  die 
hondschrift  so  wider  uns  war,  welche  durch  Satzung  entstund 
und  uns  entgegen  war,  und  hat  sie  aus  dem  mittel  gethan, 
und  an  das  creuz  geheftet  (golh.  ganagljands  ita  du  galgin). 
Col.  2. 14;  sie  nimmt  eine  von  ihren  schleifen  ab,  die  sie  dem 
prinzen  überliefert,  und  heftet  die  seinige  an  ihren  busen. 
Schiller  Dom  Kariös  urspr.  bearb.  (3,  93  Kurz) ;  rotn  befestigen 
durch  hefte,  fibulae:  fibulare  heften  Dief.  233';  nicht  mehr  das 
haar  mit  goldnen  spangen  geheftet.  Lessing  6,434; 

dazu  den  mantel  wählt,  von  glänzender 

seide  gewebt,  in  bleichem  purpur  schimmernd; 

über  der  achsel  hefl  ihn  (fas^e  ihn  zusammen)  eine  goldne 

cicade  {als  spange).         Schiller  4%  (braut  v.  iJessina). 

seltener  steht  heften  bei  den  neuern  auch  in  dem  sinne  durch 
binden  befestigen :  es  finden  sich  noch  eherne  ringe  im  fusz- 
boden,  woran  man  die  stiere  geheftet.  Güthe  60,  191 ;  bair. 
ein  schiff,  einen  flosz  heften,  am  ufer  festbinden  Schm.  2,162; 
mit  unterdrücktem  object:  in  nöten  weiszt  sy  (die  uell)  nit,  wa 
sy  soll  heften  oder  yhren  anker  einwerfen.  Frank  tce//ft.  158*; 
bei  den  tcinzern  v^einreben  heften,  mit  stroh  an  die  pfähle  binden, 
öcon.  lex.  9S6;  dafür  nassauisch  den  weinberg  heften,  oder  blosz 
heften  (ohne  acc),  rebschOszlinge  binden.  Kebreix  191 ;  durch 
leim  fest  machen :  etwaran  heften  oder  kleiben,  agglutinare  ad 
aliquid  Maaler  215'. 

In  der  technischen  spräche  icird  heften  viel  verwandt:  der 
tischler  heftet  eine  leiste,  befestigt  sie  mit  nageln,  bevor  sie  an- 
geleimt wird;  der  buchbinder  heftet  die  bogen  aneinander,  heftet 
ein  buch;  die  acten  einer  behürde werden  geheftet;  der  Schneider, 
die  nähcrin  heftet  stücke  zeugs  mit  groszen  Stichen  an  einander, 
um  sie  danach  durch  eine  sorgfältig  ausgeführte  naht  enger  zu  ver- 
binden; rfertfundarsi  heftet  eine  wunde:  heften,  ein  haft  gäben, 
wie  einer  wunden.  Maaler  215*;  weliche  wunden  meiszelns 
oder  heftens  notdürftig  weren  oder  wurden.  Nürnb.  polizei- 
ordn.  s.  44;  wunden  und  strimen  und  eiterbeulen,  die  nicht 
geheftet  noch  verbunden ,  noch  mit  öle  gelindert  sind.  Jes. 
1.6;  dasz  man  diese  wunden  gemeiniglich  heften  musz,  und 
zwar  fein  fest  und  eng  zusammen.  Acricola  neue  feldscherkunst 
(1701)  121. 

Sprichwörtlich  einem  etwas  auf  den  ermel  heften,  ihm  schimpf 
anthun ,  eine  redensart  die  an  die  mittelalterliclie  silte  anknüpft, 
rechtlose,  blödsinnige,  Juden  durch  eigenthümliche  streifen  auf  ihrer 
kleidung  der  öffentlichen  kenntnis  und  Verachtung  preis  zu  geben: 
etwas  auf  den  ärmel  heften,  crimen  affigere  Kirsch  cornuc; 
denn  es  kunte  kein  mensch  mit  frieden  vor  ihren  hause 
Torbei  gehen,  dem  sie  nicht  allemahl  was  auf  den  errael 
hefteten.  Schelmuffsky  2,48;  wir  wollen  ihm  bei  der  herzogin 
wieder  etwas  auf  den  ermel  heften  und  die  narrenkappe 
vollends  zuschneiden,  d.  bärligle  frauenz.  7 ;  einem  ein  ge- 
heimnis  auf  die  nase  heften,  es  seiner  kenntnis  preis  geben: 
dem  musz  man  so  was  an  die  nase  heften,  wenns  morgen 
am  marktbrunnen  ausgeschellt  sein  soll.  Schiller  kubale  u. 
liebe  1.2. 

2)  an  die  bedeutung  1  schliesst  sich  transitives  heften  in  der 
rechlssjtrachc ,  mit  bes'chlag  belegen,  ron  sachen ,  verhaften,  von 
personen:  wer  derselb  aincm  hcrren  oder  jemand  schuldig  zu 
Rickenbach,  darumb  möcht  man  inn  und  das  sin  wol  heften, 
bisz  er  die  schulden  abtrag.  weisth.  1,211  (st.  Gallen  r.  1495); 
soll  man  die  personn,  so  die  ansprach  hat,  heften  und  in 
IV.  n. 


tiüslong  lumen.  1,40  (Zürich  v.  146S);  deszhalb  sy  zu  zitten 
üwer  münch,  ettwen  die  couversen,  ouch  Qwer  fich  . .  fräven- 
lich  anfallend,  pfendent  und  heftend.  Oheix  chron.v.  Reichenau 
140,  4.     vgl.  haften  8  sp.  135. 

3)  transitives  heften  unsinnlicher  und  übertragen:  denn  er 
(gott)  hat  sein  wort  und  seinen  willen  an  sie  (die  obrigkeit) 
geheft  und  gebunden,  da  er  spricht,  gebet  dem  keiser,  was 
des  keisers  ist.  Lcther  3,329*;  nu  ist  das  nicht  unnütze, 
sondern  seliglich ,  was  den  glauben  hebt ,  tregt  und  heftet. 
377';  aber  euszerlich  ding  mit  gottes  wort  gefasset,  ist  heil 
und  Seligkeit,  darumb,  das  es  im  wort  hanget,  und  den 
glauben  heftet ,  wie  ich  itzt  von  Isagc  und  dem  regenbogcn 
gesagt  habe,  welche  beide  euszerliche  leibliche  ding  sind, 
aber  weil  sie  ins  wort  gefasset  sind,  muszte  Abraham  seinen 
glauben  heften  an  den  zukünftigen  Isaac.  37i';  da  er  das 
gute  thun  wird,  weil  es  das  gute  ist,  nicht  weil  willkührliche 
belohnungen  darauf  gesetzt  sind,  die  seinen  flatterhaften 
blick  ehedem  blos  heften  und  stärken  sollten ,  die  Innern 
bessern  belohnungen  desselben  zu  erkennen.  Lessing  10,327; 
die  begierden ,  wodurch  wir  an  gewisse  naturdinge  geheftet 
unfähig  gemacht  w  erden  . . .  Kä.nt  7, 313 ;  Carlos  musz  alles 
rührende  seiner  läge  aufbieten  . .  ihn  (den  marquis)  auf  seinen 
eigenen  traurigen  zustand  zu  heften.  Schiller  763;  die  mit 
dem  besitze  ihrer  klöster  und  prälaturen  auch  die  stimme  auf 
dem  reichstage  beibehalten,  die  an  jene  geheftet  ist.  801;  da 
die  menschen  in  groszen  Staaten  und  die  bienen  in  groszen 
stücken  muth  und  warme  eiobüszen :  so  heftet  man  jetzt 
an  kleine  länder  andre  kleine  länder,  wie  an  bienenstücke 
koloniestücke.  J.  P.\ul  Ilesp.  2, 123 ;  falle  willig,  stein  in  die  luft 
der  erde  geheftet.  250;  die  theologie  nimmt  die  Offenbarung 
gewöhnlich  als  ein  zeitliches  produkt  nach  der  Schöpfung  an, 
und  heftet  das  produkt  an  einzelne  Völker,  kl.  bücherschau 
1,193; 

(lebrl)  wie  eintracbt,  treu  und  muth,  mit  unzerirennten  kräften, 
an  eine  kleine  macht  des  glückes  Dügel  heften. 

Haller  schicei:.  ged.  (1768)  35; 
(der)  dicht  an  unsere  fersen 
heftete  seine  verderben.  Klopstock  3,  277; 

hnußg  die  gedanken ,  blicke ,  äugen  auf  etwas  heften :  auf 
das,  was  in  seiner  seele  vorging,  geheftet,  schien  er  weder 
zu  sehen  noch  zu  hören.  Wieland  l,  70;  als  ich  den  letzten 
blick  auf  die  bezauberten  haine  heftete,  s.  45;  traurig  stand 
sie ,  und  heftete  blicke  auf  ihn ,  die  ihm  das  herz  durch- 
bohrten. 5.361;  indem  sie  äugen  voll  mitleidender  liebe  auf 
ihn  heftete.  374;  der  blick,  den  sie  diesen  abend  auf  mich 
geheftet  hatte.  2,49;  den  glänz  der  berühmtesten  männer  vor 
ihm  zu  verdunkeln,  die  äugen  der  weit  auf  sich  zu  heften. 
326;  diese  (reßexion)  aber  scheint  mir  im  munde  der  Kly- 
temnestra,  die  zu  sehr  auf  ihr  gegenwärtiges  leiden  geheftet 
ist,  um  solchen  allgemeinen  betrachtungen  räum  geben  zu 
können,  nicht  ganz  schicklich  zu  sein.  Schiller  235;  Alba 
heftet  einen  fragenden  blick  auf  den  könig.  Dom  Karlos,  urspr. 
bearb.  (3.  56  Kurz) ;  seine  äugen  heftete  er  wieder  in  ein  buch. 
J.  Paul //esp.  2, 13 ;  (Viclor)  so  aus  allen  gegenständen  seiner 
liebe  herausgeschleudert,  so  auf  nichts  geheftet  als  auf  eine 
von  weitem  donnernde  zukunft.  4,22;  gutes  mutterland.  ich 
will  dicb  noch  einmal  mit  deinen  bergen  und  wäldern  über- 
schauen und  dein  bild  in  die  unsterbliche  seele  heften.  4,125; 
indesz  sie  den  köpf  wie  eine  muse  vorsenkte,  den  blick 
empor,  ihn  in  eine  träumerische  weite  heftend.  Titan  2,  69 ; 
Albana  war  in  sprachloser  rührung  auf  das  geliebte  ange- 
sicht  geheftet.  4,162; 

Philo  und  Kaipbas  hefteten  grimmig 
itiren  blick  auf  die  erde.  Klopstock  4,  18; 

wenn  er  um  mittemacht 

die  seele  auf  das  wohl  der  menschbeit  heftete, 
und  manchen  plan  entwarf.  Höltt  45  Halm; 

ganz  auf  den  strahlenden  tempel  der  kunst  das  äuge  geheftet. 

Railer  1,  31. 
mit  gehefteten  äugen,  oculis  fixis; 

er  sprach  mit  geheftetem  blicke.    Klopstock  4,  SS; 
sein  geheftetes  äuge  verliesz  des  versöhnenden  blick  nicht. 

4,  93; 

er  findet  Johannes, 
und  begleitet  des  Jüngers  blick  mit  geheftetem  äuge.    4,  ITS . 
schaute  zur  erde  binab  mit  gehefteten  äugen.    Jlias  3,  217. 

ron  hier  atis  konnte  gesagt  werden :  da  er  nun  seinem  armen 
freunde  ..  offen  und  heftend  in  das  feste  angesicht  schaltete. 
J.  Paul  Hesp.  2,  5  (mit  unterdrücktem  object,  etwa  den  blick). 

49 


771 


HEFTEN  — HEFTIG 


HEFTIG 


772 


4)  reflexives  heften,  tri  sinnlicher  und  übertragener  bcdeulung; 
alid.  noch  ze  unrehto  farenten  ne  gän  ih.  ih  ne  wile  mih 
sär  heften  ze  in.  Notker  ps.  25,  bei  llallcmer  2,88'; 

mhd.  die  dri  krefte  hänt  mit  kraft 

gebettet  sich  in  einen  liatt.    g.  Gerhard  322; 

nlid.  die  weinrüb  heft  oder  henkt  sich  an  mit  iren  gäbelinen» 
an  allein  so  sy  erwütscht,  conipkdilur  vitis  suis  claviculii  quic- 
quid  esl  nacta.  Maaler  215'';  vergl.  heftsteciien ;  von  jiersonen: 
do  keiten  sich  die  von  sant  Gallen  von  den  stetlen  und  haften 
sich  an  die  Appenzeller.  Justingers  Berner  cliron.  s.  190  Sluder. 
die  neuere  spradie  braucht  sich  heften  t?ie/(r  im  gewählter  oder 
gehobener  rede: 

warum  verfolgst  du  mich  und  heftest  dich 
so  wutheutbraunt  an  meine  fersen? 

Schiller  Jungfrau  3,  9; 
wir  heften  uns  an  seine  sohlen, 
das  furchtbare  geschlecht  der  nacht. 

kruniche  des  Ibykun  v.  127; 

du  hättest  wenigstens  .  .  .  etwas  gehabt,  woran  sich  deine 
sorgen  und  dein  schmerz  geheftet  hatten.  Gothe  7,  125;  seine 
seele  heftete  sich  nun  an  den  nachflor  seiner  liebe,  an  die 
von  Zeusein  besprützle  Agnola.  J.  Paul  Hesp.  3,  23 ;  eine 
klostersage ,  die  sich  daran  {an  ein  buch)  geheftet  hatte. 
Fbeytag  handsdtr.  1, 12. 

5)  ine  haften  {sp.  135)  einigemal  transitiv  für  heften  gebraucht 
vird,  so  steht  umgekehrt  bisweilen  intransitives  heften  für  haften: 
wird  es  doch  bei  keinem  nicht  heften  noch  durchdringen, 
pcrs.  rosenthal  2,  32; 

bleibe  nicht  am  boden  heften, 
fiisch  pewagt  und  frisch  hinaus, 
kopl  und  arm  mit  heitern  krallen 
überall  sind  sie  zu  haus.    Göthe  23,  15. 
nd.  alsobald  quam  dar  ein  man, 

de  had'le  ein  grol  tollicket  wams  an, 
keine  lues  koute  hechten  up  siner  kappe. 

Lal'remberc  schal  zgeil.  4,  47. 

es  folgt  eine  den  accusativ  regierende  praeposition  (veryl.  das  zu 
haften  2  sp.  134  bemerkte) :  wenn  ihre  äugen  auf  mich  heften. 
Klinoer  2,  208, 

HEFTEB.  m.  der  etwas  heftet,  so  wie  der  hefte  (3,b  sp.  707) 
rerjeititit:  hcfter  ßbularius,  alligator  Stieler  815,  mit  dem  fem. 
hi'fteriiin.  fibuiana.  an  einem  sattelbaum  führen  die  zwei  kleinen 
stürlie.  die  die  beiden  vorderlhvile  verbinden,  den  namen  hefter. 
Jaciir«si>n    7.  ITl'. 

flEFTFADE.X,  m.  faden  zum  heßen  oder  binden:  nadel,  heft- 
fadfMi ,  kreiden,  «nch<  und  piruiete  (pergamentene)  zeti,  an 
yedt's  derselben  zetleiein  ein  lium  beftladens  gepiinden  sei. 
pinriib.  polizeiurdn.  17ü;  primeten  zettel,  daran  heftfaden  ge- 
piinden  i<i.    das. 

HEFTHAKE.N,  m.  haken  an  der  hefllade  der  buchbinder,  um 
die  (liinile  zum  heften  der  bogen  aufzuspannen.  Jacobsson  2,247'. 

HEKTHÄKLEI.N  .  n.  kleinere  gekrümmte  nadel  zum  zunähen 
von  wunden:  hernach  sol  man  die  hefthecklein  hinweg  neni- 
men  und  die  wundt  wol  mit  warmen  wasser  beben.  Zeuen- 
DuBFER   zwei  bücher  von  gebrechen  der  ross  {ib'l)  2,14. 

HEFTIG,  adj.  und  adv    vehemvns,  vehementer. 

Das  mild,  noch  selten  geliräucldiche  hahec,  lieftec  («•&.  1,604'), 
das  in  der  unumgelautelen  form,  wie  noch  in  der  heuligen  spräche, 
ali  zweiler  llieil  von  cömpositen  erscheint  {über  eine  ahd.  form 
$.  unter  heftigliclien),  geht  vom  subst.  halt  {.sp.  I2b)  aus,  und  hat 
zunächst  die  bcdeulung  halt  habend,  festigkrit,  duuer  zeigend,  eine 
bcdeulunii   die    gegen  andere  spater  entwickelte  die  seltenere  wird. 

li  hellig  für  sinnliches  halt,  festigkeit  habend,  im  bairiichen 
Sprachgebiete  SciiM.  2. 162;  der  biscbol  ward  in  einen  heftigen 
Ihnrn  gefangen  gelegt.  AvEjrTirc  chron.  das.;  vgl.  mhd.  heftig 
»nii  beschlag  belegt  Lexer  mhd.  handwörterb.  1, 1203. 

2)  hellig  für  beharrlich,  ausdauernd:  htlftiger  ackermann, 
aratur  durui  Maaler  2ü5*;  iiilftig  und  lleiszig  etwas  vermeiden, 
acuter  aliquid  cavere  204*;  er  ist  hUftig  daran  ge\vü«en,  miiltus 
in  eo  fuü.  20&':  in  der  ganzen  epistel  an  die  Romer  und 
ü:iliiler  . . .  treibt  s.  Paulus  diesen  orlicul  {dasz  der  mensch 
allein  durch  glauben  selig  werde)  iilT»  allerheftigst.  Albehüi  widder 
Hi/jr/«  l)b';  zu  einem  der  unlustig  war  über  die  armen,  das 
»ie  «0  liefiig  »or  seiner  lliur  saszen  und  auf  almosen  war- 
icirn.  ZiKkCiiEF  ajrtjplith.  1  (l(i2<l)  i.  3*t3;  wenn  «ie  heftig  und 
kiäfiig  bcicn.  xrhiagl  eine  tlirünc  die  andere.  Scriveb  »er/e/Mc/i. 
2.  243  diff  bedeulung  klingt  noch  bu  in  die  neue  zeit  nach: 
nachbarn  bezeugen»  häufig,  die  nach  milleriiaibt  den  liasi- 
»clien  klirper  am  «chreibptiil  heftig  schreiben  sahen*.  J.  Pall 
uuswaht  a.  d.  teufrls  pap.  I,  aviso  i.  xu. 


3)  daher  heftig  grosz,  schwer,  wichtig,  gewaltig,  arg  {mhd.  Iieftic, 
hüftig  Lexer  a.a.o.):  daj  die  sache  also  mechteg  und  also 
hefteg  sy,  dag  wir  me  hülfe  notdurftig  sin.  Janssen  Frankf. 
reicliscorr.  1  (1863)  s.  21  {v.  1386) ;  wann  die  alten  bedechten 
das  sie  junk  gewesen  wern  und  eins  andern  sünde  pey  den 
iren  wollen  messen  .  .  so  wer  es  nindert  so  häftig  noch  so 
schwere.  Steinhöwel  100,13  Keller;  und  ist  {das  vaterunser) 
fürwar  aus  der  maszen  ein  heftig,  herzlich  gebete,  darin  er 
den  abgrund  seines  herznis ,  beide  gegen  uns  und  seinem 
vater  eröfTnet  und  ganz  erausschüttet.  Luther  6,170';  heftige 
und  uszrichtliche  argumentcn  wider  die  Juden.  Reuchlin 
augensp.  ix';  das  argument  und  die  ursach  wäre  heftig,  xv'; 
haftige  und  vast  wichtige  ursach  zu  beschälten,  vehemens  causa 
ad  objurgandum.  Maaler  205';  häftiger  träffenlicher  reder,  der 
streng  und  gewaltig  ist,  und  redt  das  zu  der  sach  dienet, 
nervosus  orator.  das.;  darüber  er  dann  allemal  einen  heftigen 
Seufzer  liesz.  Philander  1  (1642)  2S2;  dem  wirth  . .  der  dann 
die  gefahr  noch  heftiger  machte.  Simpl.  2,299  Kurz;  man 
sagt,  sie  haben  bei  900  gueler  edler  ritler  und  knecht  da 
gefangen  und  erstochen;  es  ist,  ob  got  will,  nit  so  heftig. 
d.  slädlecliron.  5,288,10; 

ich  gelaub  und  torst  wol  bringen  bei, 
das  mein  klag  noch  die  heftigst  sei. 

fasln,  sp.  387,  6; 
düsselbig  rieht  gepen  ihr  ausz, 
und  mach  die  sach  heftig  und  schwer, 
das  solchs  des  königs  licielcli  wer. 

J.  Atrkr  389«  (1954,  35  Keller). 

4)  hieran  schlieszt  sich  heftig  in  adverbialer  Stellung,  überam, 
sehr,  schwer:  es  verwundert  mich  nit  häftig,  »lon  magnopere 
miror.  Maaler  206";  sich  häftig  klagen,  graviler  queri  das.; 
solchen  soll  er  zum  heftigsten  undersagen.  Kirchhof  »?u7i7. 
disc.  230;  diser  argvvon  naine  bei  ime  teglichs  so  heftig  zu. 
Z/mm.  c/iron.  1,  340,  2;  dessen  ein  teufel  heftig  lachete.  Phil- 
ander 1  (1642)  263;  dann  die  amptleute  in  der  hüllen  ganz 
zollfrei,  sehr  gern  aufgenommen,  und  heftig  respectirt  werden, 
s.  302;  sollet  ihr  meinen,  das  der  hase  allber  und  ein  unver- 
stlindiges  thier  seye,  werdet  ihr  von  der  opinion  und  ein- 
bildung  heftig  betrogen.  Schuppius  529;  lernen  auf  dem  sterb- 
beltlein  erkennen,  dasz  sie  tboren  gewesen,  und  der  rechten 
weiszheit  heftig  verfehlet  haben.  Brandts  bericht  vom  leben 
Taubmanns  s.  76;  aber,  wie  alles  bei  den  Franzosen  aufs  hef- 
tigste übertrieben  und  karrikatur  wird.  H.Heine  11,150; 

doch  sottest  gleiclnvol  du  erkennen  meine  sinnen, 
du  würdest  diel)  pewisz  leibhaftig  scheu  können-, 
dann  nisz,-  ich  bilde  dich  mir  da  so  heftig  ein, 
dasz  du  dir  auch  selbselbst  nicht  kanst  so  ähnlich  sein. 

Opitz  2,  236; 
weil  mich  der  feind  mit  schreien  jaget, 
und  der  gottlose  heftig  plaget,     psutuien  104; 
lasz  ihn  stets  unl)eknnnt,  lasz  ihn  verachtet  bleiben: 
straf  ihn  noch  heiliger!  Croneck  1,5. 

namentlich  auch,  wenn  heftig  verstärkend  vor  ein  adjecliv  tritt: 
denn  sie  wollen  mir  einen  tück  beweisen,  und  sind  mir 
heftig  gram.  ps.  55,4;  hUftig  ernsthaft  und  fleiszig,  valdc 
Studiosus  ac  diligens  Maaler  204*;  häftig  heisz,  brulig  heisz, 
sol  nimius,  hüftig  schwör  und  wichtig,  pergravis  das.;  einem 
hüftig  oder  überansz  günstig  sein,  validissime  favere  alicui  205*; 
ich  bin  hüftig  bekümmert,  aegre  est.  das.;  (alles)  zu  thun  heftig 
verpllicht  und  schuldig  sein.  Fhünsperger  kriegsb.  1,38*;  sie 
hat  die  Griechen  heftig  lieb.  b.  d.  liebe  210';  dasz  er  in  von 
derselben  {der  sünde)  wegen  heftig  hart  hallen  wolt.  Avrer 
fjroc.  2,10;  es  isl  so  heftig  thewer.  engl,  komöd.  l,  KS;  die 
bitte  liegt  mir  heftig  schwer  auf  dem  herzen.  S8;  auch:  heftig 
sehr  verliebt.  T4';  so  stehet  es  auch  zum  heftigsten  unsauber, 
wenn  allerlei  lateinische,  französische,  spannische  und  welsche 
Wörter  in  dem  lext  unserer  rede  gedickt  werden.  Opitz poeierei 
s.  2»; 

ach  goil,  es  ihnt  mir  heftig  weh, 

doKZ  ich  so  sclinndlich  Inr  dir  sieb 

und  mit  .lu  l:iulcii  schaden 

der  »eclen  bin  beladen.    Rist  himl.  lieder  8. 

5)  der  begriff  der  dauer,  beharrtichkeil ,  sdtwere  wendet  sich, 
und  in  der  modernen  spräche  häufiger  als  in  der  dltern.  zu  drnt 
der  schliefe,  des  ungcstums :  vehemens  liaftig,  heftik  DiEF.  608*; 
so  von  i>ersonen:  als  ein  heftiger  kriegsnian.  «cis/i.  Sal.  18,15; 
denn  die  creulnr,  so  dir,  als  dem  schepfor.  dienet,  ist  heftig 
zur  plage  über  die  ungerechten.  16,21;  büftige  und  scharpfc 
zeugen,  die  .streng  auf  ein  sach  Iringend,  und  die  e«  einem 
in  hart  habend  (/iu/(en),  tesles  acerrtmi.  Maaler  2i).i';  hüftiger, 
raucher  und  strenger  berr,  dominus  acer  das.;    häftiger  oder 


F3 


HEFTIG 


HEFTIG  — HEFTKORN 


774 


gewaltiger  buler,  amalor  acer  das.;  raucher,  häftiger  Wider- 
sacher, adversarius  acerrimus  das.;  der  Jüngling  ist  meistens 
von  natur  in  seinen  wünschen  und  Unternehmungen  kühn, 
heftig  und  unbeständig.  Gellebt  7,  26S.  ton  gemülseigen- 
schaflen  und  bewegungen :  verflucht  sei  ir  zorn,  das  er  so  heftig 
ist.  l3/o5.  49, 7;  ein  heimliche  gäbe  stillet  den  zorn,  und  ein 
geschenk  im  schos  den  heftigen  grim.  spr.  Sal.  21,14;  wenn 
die  leute  reich  sind,  wird  der  zorn  deste  heftiger.  Sir.  28,12; 
häftig  und  hitzig  herz,  cor  acre  Maaler  204*;  gar  zehaftig 
über  gut.  nimis  allentus  das.;  häftige  grosze  sorg,  cura  acris 
205';  häftige  und  einbrünstige  begird,  cupidilas  acerrima  et 
forlissima.  das.;  ich  habe  ein  so  häftiges  gemüthe  nicht  ge- 
sehen, tale  vehemens  el  impolens  ingenium  non  observavi.  Stein- 
bach 1,601;  mein  geblüt  kam  in  ein  heftiges  wallen,  ich  ward 
unruhig.  Rabe.ner  sat.  1  (1761)  s.  110;  so  oft  sie  einen  dürf- 
tigen, der  um  eine  geringe  gäbe  bat,  mit  dem  heftigsten  eifer 
über  seine  faulheit  ..  von  sich  stiesz.  s.  114;  nun  brach  die 
furie  des  haupimanns  und  um  desto  heftiger  los,  als  er  in 
der  Zwischenzeit  noch  eine  flasche  wein  beinahe  ganz  allein 
ausgetrunken  hatte.  Göthe  25.262;  ich  faszte  in  der  wuth 
meines  schmerzens  tausend  heftige  entschlieszungen.  Wieland 
2,70;  die  heftige  begierde,  womit  ich  wünschte,  dasz  dieses 
briefchen  von  Psyche  geschrieben  sein  möchte,  s.  72; 

es  nagt  ein  heftig  brand  an  ädern  und  gebeinen, 
der  kiczel  stiebt  mein  fleisch,  die  geilheit  regt  mein  herz. 
LoHE?<STEi?i  bliimen  s.  5S; 
doch  in  des  kampfes  hertigster  erbittrung 
gedachtest  du  mit  würde  deines  bnulers. 

Schiller  braut  v.  ilessina  (493'). 

m  bezug  auf  slunn,  geteilter,  feuer,  regengüsse,  kämpf,  schladil: 
wie  ein  heis  wasser  vom  heftigen  fewr  versendet.  Jes.  64,2; 
als  nu  die  Schlacht  am  heftigsten  war.  2  Macc.  10,  29 ;  der 
kämpf  wirdt  ye  häftiger  und  grimmer,  impensius  accendunlur 
certamina.  Maaler  205*;  darnach  ward  der  krieg  heftiger  denne 
vor.  JusTiSGERS  Benier  chron.  s.  190  Studer;  er  befindet  sich 
auf  der  see,  wo  ihn  ein  heftiger  stürm  von  der  groszten 
höhe  in  den  tiefsten  abgrund  wirft.  Rabexer  5fj/.  l  (1761)  HS ; 
am  abend  des  sechsten  tages  erhob  sich  ein  heftiger  stürm. 
Wieland  1,52;  ein  heftiger  gewitterregen  durchnäszte  mich; 
die  truppen  des  feindes  wichen  zurück  vor  dem  heftigen 
feuer  unserer  artillerie;  in  beziq  auf  kranklieit,  schmerzen:  ein 
heftiger  fieberanfall;  der  kranke  leidet  heftige  schmerzen; 
1»  bezug  auf  andere  dinge:  so  viel  wir  nur  in  so  heftiger  eile 
finden  konlen.  Felsenb.4,i\3;  als  die  heftigen  tanze  angingen, 
die  ich  meinem  vater  zu  liebe  . .  zu  vermeiden  pflegte.  Göthe 
19,276;  allen  diesen  mangeln  suchte  ich  abzuhelfen,  und 
zwar,  weil  ich  keine  zeit  verlieren  wollte,  auf  eine  etwas 
heftige  weise.  25,251; 

so  that  der  geist  des  Widerspruchs 
mehr  Wirkung,  als  die  kralt  des  heftigsten  geruchs. 
Gellert  1,  57. 

entsprechend  allen  diesen  bezügen  sieht  nun  heftig  auch  adverbial: 
die  ströme  werden  sich  mit  einander  heftig  ergieszen.  tveish. 
5,  23 ;  er  straft  in  mit  schmerzen  auf  seinem  bette,  und  alle 
seine  gebeine  heftig.  Hiob  33, 19 ;  stürmet  die  stad  heftig. 
1  Macc.  15,25;  habt  euch  wider  mich  gerhümbt,  und  heftig 
wider  mich  geredt.  //e»\35, 13;  sollen  ..  zu  gott  rufen  heftig. 
Jona  3,8;  und  es  kam,  das  er  mit  dem  tode  rang,  und  betet 
heftiger.  Luc.  22,44;  die  erschrack  aber  ob  solichem  angreifen 
so  heftig  . . .  das  sie  überlaut  anfieng  zu  schreien.  Zimmer, 
chron.  1,466,2;  in  dem  ich  mich  nun  ab  aller  dieser  er- 
schröcklichen  gestalt  so  heftig  entsetzete.  Philander  1  (1642) 
399;  heftig  bitten,  obsecrare  Stieler  175;  die  haaptursachen, 
warum  wir  zu  heftig  begehren  oder  verabscheuen.  Gellert 
6,212;  von  der  Schönheit  der  person,  die  er  heftig  liebt. 
222;  es  ist  eine  menschliche  Schwachheit,  sich  dasjenige 
leicht  überreden  zu  lassen.  Was  man  heftig  wünscht.  Lessi.-sg 
1,455;  dann  ergreift  sie  ihn  heftig  bei  der  band.  Schiller 
Jungfrau  4, 13; 

die  menschen  sind  wo!  narren,  die  neid  so  heffig  (/.  heftig)  treibt, 
dasz  sie  sich  selbst  verfolgen  um  das  was  keinem  bleibt. 

LocAD  3,  \>>0,  41; 
dasz  meine  liebe  selbst,  die  ich  euch  zeige, 
nur  eures  hasses  flammen  hefiger  schüre. 

Schiller  492"  (braut  v.  Mesfina); 
tu  heftig  braust  das  blut  in  deinen  adem, 
du  würdest  nur  zerstören       Karlos  2,  2. 

in  betug  auf  ungestüme  ausführung  einer  handlunq:  es  geht 
jetzt  etwas  heftig  mit  der  recrntirung.  Götbe  11,309. 


6)  eigenlhümlich  ist  auch  heftig  im  sinne  von  schwer,  gefähr- 
lich verwendet:  häftige  und  rauche  reisz  oder  zug,  miiitia  acris. 
Maaler  205*. 

7)  an  die  bedeulunq  5  angeschlossen  und  von  personen  gesagt 
heiszt  heftig  zunächst  zornmütig,  feindselig,  so  bairisch  Schm. 
2,162;  einem  feind  und  heftig  werden.  Avesti.'jcs  daselbst: 
kärntn.  haffik  böse,  erzürnt  Lexer  130;  der  vater,  der  sein 
gut  und  habe  übel  auszgibet  und  verzert,  den  sune  des  zu 
berauben,  der  thut  wider  das  gesetze  der  nature  und  ist  zu 
heftig  und  ungütig  seinem  sune.  A.  v.  Etb  21";  ein  biene  ist 
so  ein  zornigs,  hefligs  thierlin.  Luther  5,55*;  wenn  man 
die  heftigen  und  nasweisen,  den  niemand  recht  kan  thun  .  . 
zu  ämptern  nimpt,  so  hat  man  sie  geschweigt.  Fba.xk  parad. 
(1558)  197'; 

wie  du  der  frawen  sprachst  ir  lob  (ironisch), 

sie  wer  karg,  heftig  und  sehr  grob.    H.  Sachs  1,  513'. 

die  moderne  spräche  braucht  heftig  im  sinne  von  außrausend, 
plötzlich  aupauchenden  zorn  nicht  beherscliend,  das  gegentheil  von 
gelassen:  man  kann  mit  ihm  nicht  ruhig  reden,  er  wird  zu 
leicht  heftig;  mein  vater  ist  ein  strenger  und  heftiger  ..  mann. 
C.  F.  Weisze /i«/s/).  1,141;  er  {Hölderlin)  bat  eine  heftige  sub- 
jectivität.  Schiller  an  Göthe  329;  sonst  ruhig  und  gelassen  ist 
er  jetzt  heftig  und  aufgeregt.  Besedix  dram.  werke  23, 231 ;  auch 
von  Worten  und  thaten ,  die  dieser  gemütsstimmung  entspringen : 
du  hast  heute  einen  so  seltsamen  heftigen  oder  spitzigen  ton. 
s.  309 ;  nicht  wahr,  Luise ,  du  bekanntest  nur,  weil  ich  zu 
heftig  fragte?  Schiller  kab.u.  liebe  5,2;  heftige  worte  fielen 
zwischen  den  beiden  gegnern ;  er  stiesz  einen  heftigen  fluch 
aus ;  er  schlug  heftig  auf  den  tisch. 

HEFTIGKEIT,  f.  nach  den  verschiedenen  beieulungen  von 
heftig:  heftigkeit  vehementia  Dasyp. ;  n/.  heftigheyd  vehemcnlia 
KiLiAS;  häfligkeit ,  groszer  ernst  und  anhaltung,  vehemenlia 
Maaler  205';  man  wird  bei  seiner  regierungszeit  keiner  be- 
stürzung  noch  seufzer  über  die  heftigkeit  seiner  gewait  gewahr. 
pers.  baumgarten,  vorrede;  die  häftigkeit  des  zornes,  irae  vehe- 
mentia Steinbach  1,661;  seine  häfligkeit  im  lieben  zu  er- 
kennen geben,  vehementiam  amoris  oslendere.  das.;  davon  ist  im 
rathe  mit  groszer  häftigkeit  gesprochen  worden,  de  Ulis  magna 
contenlione  in  senalu  aclunt  est.  das.;  mit  grosza'  häfligkeit 
schlagen,  ingeuli  vi  conßigere  das.;  da  es  mit  der  groszten 
heftigkeit  dasjenige  verlangte,  was  ihm  einfiel,  und  mit  bänden 
und  füszen  seinen  Unwillen  bezeugte,  wenn  jemand  so  unbe- 
dachtsam war,  und  ihm  widersprach.  Rabener  sal.  1  (1761) 
s.  116;  so  hat  sie  mir  gestern  abend  noch  mit  groszer  heftig- 
keit erklärt,  dasz  sie  dieszmal  gewisz  sterben  würde.  Göthe 
25,281;  sie  sprang  auf  und  ging  auf  mich  los,  aber  nicht 
mit  heftigkeit.  285;  alles  was  dem  stoCfund  dem  sinne  nach 
bei  mir  ähnliches  verwahrt  und  gehegt  worden ,  fhat  sich 
hervor,  und  diesz  mit  um  so  mehr  heftigkeit  als  ich  höchst 
nöthig  fühlte,  mich  aus  der  wirklichen  weit  ..  in  eine  ideelle 
zu  flüchten.  32,92;  Karlos  spricht  mit  abscheu  und  heftig- 
keit von  diesem  gericht.  Schiller  dorn  Karlos,  urspr.  bearb. 
(3,51  Kurz).  _ 

IIEFTIGKCHN,  adj.:  nun  bethäligt  er.,  einen  heftigkübnen 
und  muthigen  charakter.   Göthe  6,212. 

HEFTIGLICH,  adv.  vehementer,  mhd.  heftecliche  Lexer  1, 1204 : 
heftigklich  vehementer  Dasyp.;  diser  abt,  als  er  wz  {d.i.  was) 
eins  bescheidnen  sinnes,  macht  sich  uff  und  volsireckt  heflig- 
lich  dy  gescheffl  des  künigs.  Keisersberc  Jtfarie  himrlfarl  lü'; 
zankten  »ich  mit  im  hefligiich.  richler  s,l;  eine  gififührende 
Schlange,  di  alle  menschen  mit  ihren  zahnen  heftigltch  ver- 
wupdet.  Bdtschky  Palm.  69 ; 

so  häftiglich  entbrant.    Weckberli:i  721. 

HEFTIGLICHEN,  adv.  vehementer,  die  ahd.  form  heiflich- 
iichen:  gegröjlichet  bis  du  heiflichlichen,  maijnificalus  es  vehe- 
menter Windberger  ps.  103,1,  zeigt,  wie  ein  später  belegtes  adj. 
heifte  vehemens  (Lexer  mhd.  üb.  1, 1210  neben  hefte)  unechtes 
ei  und  steht  für  hefiichlichen  ifie  heinde  für  hende,  leifel  für 
lefil  (Wei.nhold  bair.gramm.  83;  alem.  gramm.  55.1031,  trelche 
annähme  zugleich  frühere  etymologische  ansicliten  über  das  adj. 
heftig,  als  ob  es  mit  altn.  heipt,  gvth.  haifsts  zorn  zusammen- 
hienge,  beseitigt ;  mhd.  hefteclichen,heftenklkhen  (Lexeb  1,1204); 
nhd.  was  hülfe  denselben  {künig),  so  er  im  ganzen  lande  heftig- 
lieben  anhielte,  goltesdienst ,  worl  und  ehre  zu  fördern? 
Luther  6.144*. 

HEFTKORN,  n.  beim  rotgieszer  kleine  zapfen  am  manlel  einer 
thönernen  form,  dazu  dienend,  beide  hälften  des  mantels  mit  ein- 
ander zu  vereinigen.  Jacob'^^ix   2.  2IT'. 

49* 


775 


HEFTLADE  — HEGE 


HEGE  — HEGEGRABEN 


776 


HEFTLADE,  f.  beim  buchbinder  ein  ladenarliycs  geslcll.  tcor- 
auf  bücher  gehe/ld  werden:  in  fonn  einer  buchbinder-liefllade. 
J.  Paul  bioqr.  belust.  1,117. 

HEFTLEIN,  n.  kleine  spange ,  nadel,  zum  zusammenhalten 
eines  kleides,  dim.  von  haft  und  heft  {vergl.  liäftiein  x;?.  136) ; 
mild,  hefteiin:  aäcula  heflie,  haflle,  guffen  Dief.  9*;  fibuUi  ein 
hiusthcfllin  233';  acicula  liäfllein,  guffen  Goui  onomasl.  (1582) 
214;  liefllein,  parva  ßbula,  acicula,  uncinulus  Stieler  815;  ein 
durchlociiert  oder  mit  groszen  glufen  (oder  heftlein)  zer- 
stoclienes  papier.  Hohberc  2,  42o';  o/J  in  kostbarer  ausführung : 
der  preiit  vergüller  gürtel  und  gülden  hefllein  gestunden 
58  gülden,  d.  städtechron.  2,6,  anm.  3;  in  einem  merderein 
mantel,  der  mit  seiden  purpur  ein  Überzug  het,  und  hei  gar 
küstiich  heftlein.  3,69,4; 

auch  hab  ich  nadeln,  pursten  und  kern, 
linp'erhuot,  laschen  und  nestel  vil, 
helticin  und  hcklein,  wie  inansz  wil. 

fasln,  sp.  477,  27  ; 
ihr  kinder,  bringt  hadcrlumpen  mir! 
ich  gib  euch  schön  gmahlt  brief  darfQr, 
Stecknadel,  hertlein  und  schleiren. 

Ayrer  105'  (532,  13  Keller). 

HEFTLER,  m.  befiel- oder  spangenmacher :  papirenhutmacher, 
heftler.  Fiscuart  groszm.  78. 

HEFTLLNG,  m.  im  nasscrbau  eine  gewisse  art  faschinen. 

HEFT.NABEL,  ni.  die  stelle  in  der  mitte  am  baden  änes  glas- 
kelchs,  tco  der  glasmacher  das  heßeisen  abbricht.  Jacobsson  2,247'. 

HEFT.NADEL,  f.  nadel  zum  hcßen:  umb  grosz  heftnadel 
iij  dl.  (kaufpreis).  ^iirnb.  poUzeiordn.  186.  der  wundarzt  bedarf 
einer  heflnadel  zum  nähen  der  wutiden. 

HEFTNAHT,  f.  bei  riemern  und  saltlern  eine  halb  zusammen- 
geffigte  naht,  die  mit  zwirn  oder  bindfaden  gemacht  ist.  Jacobsson 
6,  62'. 

HEFTPFLASTER ,  n.  pflasler  das  die  rdnder  einer  wunde 
zusammenschlieszi.  in  freierer  und  übertragener  bedeutung :  kenner 
sagen,  jedes  geheimnis,  das  man  einer  schönen  sage,  sei  ein 
heflpdaster.  das  mit  ihr  zusammenleime.  J.  Paul  Hesp.  2,  tO. 

HEFTPULVER,  n,.-  es  sind  etliche  heftpulfer,  heftwasser, 
die  ein  wunden  zusammen  ziehend.  Paracelsus  c/hV.  sc//r.  14". 
in  freierem  qebrauclie :  der  nachmittag  lief  wie  eine  liciite 
quelle  über  bunte  kleinigkeiten  wie  über  goldsand  hinüber,  ., 
über  den  blumenstaub  wohlwollender  feinlieiten ,  der  das 
beste  heftpulver  der  herzen  ist.  J.  Paul  Hesp.  3,  227. 

HEFTSCHARTE,  f.  schale  oder  griff  des  winzermcssers ;  beim 
böUcher  ein  wädenes  band,  womit  die  gesjmllenen  faszbänder  oder 
reifen  zum  austrocknen  nmd  an  beiden  enden  zusammengebunden 
werden.   Jacobsson  2,  247'. 

HEFTSCHNUR ,  f.  der  bindfaden ,  woran  der  buchbinder  die 
einzelnen  bogen  eines  bvches  beim  anbinden  heftet. 

HEFTSEIDE,  f.  seidenfaden  zum  heften:  umb  heftseiden 
xxiiij   dl.  {kaufpreis).    fiürnb.  poUzeiordn.  186. 

HEFTSPAN,  «I.,  die  heflscharle  bei  den  bOltchcrn. 

HEFTSTECKEiV .  m.  sleclcen  woran  pflanzen  {reben,  bolinen) 
.^ich  anranken,  anheften,  bildlich:  indem  ich  kein  verbleib- 
lichen und  bestandigen  heftstecken  als  das  wirihshaus  . . . 
gehabt  hab.    Abele  künsll.  unordn.  2, 260. 

HEFTSTIFT,  m.  slift  an  der  heßlade  der  buchbinder  zum  fest- 
halten der  heflschnüre. 

HEFTSTRICK,  m.  ein  stück  vom  haspeheil,  holz  damit  zusam- 
mcnzu.%chnüren ,  das  man  in  eine  bergwerksyrube  hinablassen  will, 
hergw.-lex.  292*. 

HEFTWASSER,  h. .'  heftwasser  {plur.)  die  ein  wunden  zu- 
»ammcn/iebend.  Paracelsus  c/iir.  sehr.  14*. 

HEFTWEISE,  adv.  in  ließen  (nach  heft  5  sp.  767):  das  werk 
wird  heflwcise  iierausgegcben.  bildlich:  um  mich  (als  fürst- 
lichen leichnam)  in  mehre  ganze  zerfüllt,  gleichsam  heftweise 
in  mehre  kirchen  beizusetzen.  J.Paul  kumet  2,55. 

HEFTWUNDE,  f.  wunde  die  geheßct  werden  musz :  vcrwonl 
einer  den  andern,  das  nicht  iieftwondeu  wern,  ist  die  inillelKt 
bues.  weisth.  5,266  (v.  1475);  das  es  schwerlichen  heft-  und 
dotlirh  wonden  wem.  das. 

HF^FTZWIRN,  m.  zwirn  zum  ließen  eines  buches :  {ein  perga- 
menlitreifen)  war  etwa  vor  zweihundert  jähren  von  einem 
buchbinder  auf  die  rückseile  eines  dicken  Landes  geklebt 
worden,  um  die  dauer  de«  hcfizwirni  zu  vcrsinrken.  Frevtac 
liandichr.   1,  359. 

HEGE,  f.  in  mehrfachem  sinne,  im  ganzen  wenig  begegnend. 

1)  wie  bog  und  hcrke,  zäun,  einzdunung,  ahd.  hegt  GRArr 
4,701,  mhd.  hege :  durc  wa»  zcsl&rel  liäsln  hegen  ire,  «/  quid 


de.itnixisU  maccriam  ejus.  ps.  79, 13  im  cod.  Trevir.  (ed.  Grafjf 
5.381);  noch  jetzt  im  ?lassauisclien :  heege.  hege,  dialectfurm  für 
hecke.  Kehrein  HU;  ebenso  koburgisch  heg  Fromm.  2, 428', 99; 
und  niederdeutsch  hege  neben  M^e  hecke  Schambacu  71";  beide 
parthien  solent  die  hege  und  gel)ucke  nil  vergenglich  werden 
iaiszen.  nassauusche  urk.  von  1469,  .<;.  Lexer  mhd.  wb.  1,  763 ; 
Schweiz.:  diser  vogel  (eine  art  erdliühnlein)  wirt  von  unsern 
weidleulen  . .  heggschilr  genennt,  darumb  dasz  er  scharweisz 
bei  den  hegen  lunbharlanft.  Heuszlin  i'y(;d6.  (15S2)  106*.  über- 
tragen auf  den  pferch,  innerhalb  dessen  thiere  weiden  (wie  hag, 
vergl.  sp.  13S) :  mandra  ein  heg  oder  gczeun  . ,  ostium  vici  vel 
flexus,  ein  schlag  an  der  hege.  Alb.  Ee4'. 

2)  Schonung,  geschonter  wald:  kein  anderer  hätte  die  helfte 
davon  (von  bauliolz)  umb  gcld  bekommen,  weil  die  hege  gar 
sehr  in  acht  genommen  wird,  intcrim  213. 

3)  Schonung  des  wildes,  Schonzeit:  otter  und  biber  haben 
keine  häge.  Pisiobius  thes.  par.  1,  no.  70,  s.  93. 

4)  allgemeiner  unterhalt,  schütz  und  schirm  (vergl.  hegen 
HO.  5) :  so  wird  durch  den  gerichtsvoigt  auf  erkäntnis  der 
schöpfen  dem  käufer  und  seinen  crl)cn  über  das  verkaufte 
guth  hege  und  friede  gewirket.  Haltaus  776.  einen  in  hege 
und  pflege  haben;  es  musz  die  heg-  und  pflege  des  mensch- 
lichen geschlechts  von  der  wiegen  an  eben  so  wohl,  als  aller 
andern  wachsenden  dingen  mit  groszer  Sorgfalt  beobachlet 
werden.  Barclais  Spiegel  menschl.  gemütsneigungen  verdeutscht 
(1660)  s.  1;  verblümt  in  geschlcchtlicliem  sinne:  wann  ein  ehe- 
mann  seiner  frauen  ihre  hege  und  pflege  nicht  thun  künte. 
Wendliager  baurenrecbl  bei  Grimm  rechtsdll.  445. 

5)  ab  davon  steht  hege,  der  sclilägel,  hölzerner  hammer,  ncben- 
form  zu  hage  (sp.  140),  auch  mit  erweichter  gutturalis  heie  (nd.) 
genannt;  bei  den  salzwirkern:  klopfet  mit  einem  kleinen  eisernen 
liammer  . . .  ingleichen  einer  kleinen  hölzernen  hege ,  oder 
hammergen,  auf  die  seilen  oder  pörle  an  der  pfaunen,  dasz 
das  angelegte,  von  feuer  aber  mürbe  gebrante  salz  oder 
scheep  abfället.  Hohndorf  beschreibiing  des  salzwerks  zu  Halle 
in  Sachsen  (1749)  s.  60. 

HEGE,  adj.  dürr,  trocken,  s.  hei. 

HEGEBEREITER ,  m.  berittener  forstbedienter,  aufseher  über 
holz  und  wild  einer  wnldung  (der  zugleich  polizeiliche  befugnisse 
ausübt):  hegebereiter  und  beltelvögte.  J.Vwi  biogr.  bei.  \,lbi. 

HEGEBUSZE,  f.  busze  die  für  die  Verletzung  einer  einfrie- 
digung  zu  entrichten  ist:  der  {schultheisz)  sol  ine  gebieten  .. 
gehorsam  zu  sin;  wolen  sie  des  nit  thun,  so  sol  er  zweii 
scheffen  nemen,  ein  faden  vor  sin  huszdore  legen,  und  als 
dicke  der  oder  sin  gesynne  durch  die  dore  gehnt,  den  fadem 
brechen  oder  die  segele  swechen ,  als  dick  verlusel  er  die 
hegebusze,  daj  ist  zelien  margke  . . .  weisth.  2,  225. 

HEGEDORN,  m.  Crataegus  oxyacantha,  hagedorn.  Nemnich 
2,  1270. 

HEGEDRÜSE,  f.  l)  der  alte  name  für  inguen,  scltamüieile, 
hoden,  ahd.  hegadrösi  inguen,  hegidruosi  vcrenda,  hegedrousa 
inguina,  pudenda  corporis  (Graff  5,  263),  mhd.  hegedruose.  der 
erste  thcil  des  worls  fuszl  wol  auf  der  Verwendung  der  würzet  hag 
schlagen,  stechen  in  geschlechtlicher  bezichung,  vergl.  unter  hagen 
tauriis  sp.  151.  die  form  schwanld  manigfach :  neben  hegedrüse 
geht  hagedrhse,  heidruse,  heudrusse,  heuwedruse  inguen  Diek. 
298',  entstellt  auch  beide-  /.  heildrusz ,  her-drusz ,  hardrdsz, 
hadrisze  das.;  inguen  hagedros,  hageldruse,  heckdrusz  nov. 
g/o.?.«.  276*;  habdrusz  vel  hegdrus  voc.  ine.  theut.  hs';  tesliculus 
heck-/,  heydrusz  Dief.  5Sl'.  noch  jetzt  in  Oberhessen  heidruse, 
heidrüssen,  weiche,  leiste,  schamseile,  auch  pudenda.  Vilmar  157. 

2)  das  wort  wird  auf  eine  ge.Kcliwulst ,  ein  geschwür  gewendet 
(nach  drUse  2  Iheil  2,1458);  und  zwar  zunächst  auf  eine  ge- 
scliwulsl  an  den  schamtheilen :  habdrusz ,  ingwen ,  est  quedum 
pestis  circa  genitalia,  vel  hegdrus.  voc.inc.lheul.  hS';  krebsartiges 
geschwür,  karfunkel:  anllirax  hegedrüse  Dikf.  39*;  kropfge- 
schwulst:  Struma  hagdrüssen  am  hals  557*;  paradiola,  .i.  globus 
qui  nascitur  in  aure  l.  juxta  aurem,  ein  hcid  drusze,  heidiüs 
411';  hagdrüsc  nennen  einige  ein  gewächs  am  hals,  struma. 
Frisch  394*;  herkdritse,  kropfgcschwulst.  Nemnich  wb. ;  sol- 
cher präslen  (der  frifel  det  pferik)  ist  den  heidruscn  oder 
kröpfen  nicht  fnsl  ungleich.  Seriz  feldb.  153;  und  luachl 
gleich  ein  wehlug ,  als  werc  es  ein  hegcdrusz.  Paracelsus 
opp.  1,  768*. 

nKGF^GRAHEN,  m.  graben  um  eine  Schonung:  bis  ich  eines 
tage»  über  die  frischbesäle  wnidblösze  kam  und  nn  dem 
rande  de-*  lirKegrabens  eine  weibliche  geslnll  sitzend  . .  fand, 

GöTIll        ' 


in 


HEGEHEIDE  — HEGEN 


HEGEN 


778 


HEGEHEIDE,  f.:  auch  die  freie  beide,  darzu  die  hegeheide 
und  die  hegeholze;  cod.  dipl.  Brand.  1,  23,  209  (v.  143S). 

HEGEHOLZ,  n.  geschonter  tcald,  Schonung:  hain-,  hege-  d 
gehegeholz,  syka  incidua  Stieler  S54;  wenn  ein  schwärm 
ibienen)  kernt  an  das  hegholz,  der  soll  da  bleiben,  tceislh. 
3,  S98 ;  hägeholz.  wird  ein  stücke  wald  oder  bolz  genennet, 
so  geschonet  wird.  vcon.  lex.  (1731)  897. 

HEGEL ,  ni.  l)  slier,  zudilstier,  tergl.  unter  bagen  taurus 
sp.  151.     Schweiz,  hegi  zucfilstier  Töbler  260*. 

2)  narr,  querkopf,  Schweiz,  hegel,  baurenhegel  grobian  Stalder 
2,30;  im  Aargau  uird  der  eigenname  Heinrich  in  den  Spott- 
namen Heichel,  Zürih-Hegel  'querkopf  umgesetzt.  Rochholz  bei 
Fromm.  6,  45S';  es  rührt  das  mundartliche  rerbum  hcgeln,  ^her- 
nehmen, mit  warten  oder  schlagen,  auf  eine  niedrige  art  foppen 
(Stalder  a.  a.  o.),  bair.  begeln  zum  besten  haben,  aufziehen, 
necken  (Schm.  2,164),  schwdb.  hegen  plagen  (Schmid  26S)  an; 
als  die  den  begel  gefoppet  {ofßciere  einen  neuen  ehemann),  er 
würde  mir  {der  frau)  die  hosen  lassen  müssen.  Simpl.  3,  40 
Kurz. 

3)  vielleichl  hieran  anschlieszend  wurden  in  Nürnberg  die  öffent- 
lichen sprttchsprecher,  gelegenheilsdichler  der  niedrigäen  arl  hegel, 
hegelein  genannt  (neben  hängelein  sp.  439):  noch  auch  unge- 
pcten  nyemant  zu  essen  geben  sollen,  dann  pfeifern,  hegein 
lind  pu^awnern ,  die  inn  auf  dieselben  zeit  zu  dem  tanz 
hofieren  und  dienen.  Tiürnb.  poltzäordn.  90;  dem  hegelein, 
der  zum  tanz  ledt.  s.  79;  dem  hegelin.  s.  9L 

4)  hegel,  Schweiz,  auch  eine  schlechte  art  zulegemesser,  mit 
hölzernem  griff.  Stalder  2,  30.    Tobler  260'. 

HEGELING,  m.  l)  hügeling,  fichtenslämmchen,  das  zu  einem 
zaunstiß  dienen  kann.  Schm.  2, 163. 

2)  auch  ein  kleiner  iceiszfisch,  albula  minima,  in  der  Schweiz ; 
hägling,  tnilling,  leucisci  lacuslres  minimi,  sind  kleine  wysze 
braatfischle.  Maaleb  205'.     s.  hägling  sp.  156. 

HEGE.MAHL.  n.  gehegtes  gericht.   Haltaus  776. 

HEGEMARKE,  f.  geschonter  gemeindewalä :  auch  heuwet  ein 
walpode  oder  die  synen  in  der  hegemerg,  so  sal  der  lanl- 
man  nit  buszen,  ob  er  darafler  auch  dannne  heuwet.  heuwet 
aber  ein  walpode  in  der  gebückten  {durch  einen  zäun,  knick 
bezeichneten)  hegemarg,  so  sal  er  als  wole  buszen  als  der 
lantman ,  und  der  lantman  als  der  walpode.  weiith.  3, 48S 
OVetterau  1401).     dafür  hagmarch  ueisth.  1,212  {Scliweiz  1495). 

HEGEN,  rerb.,  ahd.  he^an  in  mnpi  pihekit  circumseptus, 
untarhekit  v.  untarzönit  intersepta  (Graff  4,  76l),  mhd.  hegen ; 
aqs.  hegian,  engl,  hedge,  fries.  heia,  ul.  heghen  ujid  hegenen 
(Killan). 

l)  mü  einem  hag  oder  einer  hege  umgeben,  umzäunen  :  hägen, 
hegen,  sepire,  obsepire,  munire  sepimento  Stieler  726 ;  vortmer 
so  hant  die  bubener  reicht  in  mins  herren  walt  von  Colne 
da;  si  hegessal  {zaunstecken)  suUent  hauwen ,  da;  si  unser 
herren  garten  hegen  sullent.  weisth.  2,221;  niederdeutsch  in 
bezug  auf  eine  bürg,  nach  hag  2,  a  spalte  138:  de  borch  be- 
beilt und  hegede  keiser  Heinrik.  deulsclie  städtedtron.  7,  8, 15 
{Magdeb.  schöppenchron.) ;  in  bezug  auf  tciesen :  etliche  wiesen 
haben  heureclit,  die  . .  müssen,  wenn  sie  gemähet,  zur  hut 
und  trifft  offen  bleiben ;  andere  haben  garlenrecht,  die  mögen 
nach  belieben  gehäget  werden.  Ocon.  lex.  (1731)  2673.  das 
hegen  der  wiesen  geschieht  gewöhnlich  nur  bildlich,  indem  statt 
des  vollen  um  die  wiese  gezogenen  zaunes  eine  stange  mit  dom- 
geslrüpp  oder  stroh  am  eingange  der  wiese  aufgesteckt  wird,  tergl. 
hegewiscb.  —  hegen  sepire  sonst  in  bildlicher  Verwendung  ; 

liebliche  hügel  heget 
das  angenehmste  thal.     Wi£LA!<d  5, 140  (n.  .imad.  17, 17). 

'j)  der  kampfplatz  wird  gehegt,    abgegrenzt  und  eingefriedigt: 
der  ritter  sachen  nun  durch  waffen  auszzuiragen, 
so  wurden  also  bald  die  schranken  aufgeschlagen, 
und  Viereck»  abgeiheilt,  der  kampfplatz  ward  gehegt, 
zwo  weite  pforlen  auch  gebawet,  nie  man  pflegt. 

D.  V.  D.  Werder  .\riost  26,  38,  3. 

Gleicherweise  grenzte  man  ab  und  befriedigte  die  unter  freiem 
himmel  gelegene  gerichtsslälte,  von  welchem  ältesten  gebrauche,  auch 
nachdem  dieser  längst  sich  verloren  halle,  die  reclUsausdrücke 
gericht  hegen,  ding  hegen  (2,  1165),  bank,  gerichtsbank,  ding- 
bank  (1,  nos),  urtheil,  recht  hegen  in  anwendung  blieben  {mhd. 
beispiele  bei  Lexer  mhd.  wb.  1,1205. 1206),  die  um  so  eher  in  den 
bloszen  sinn  von  gericht  halten,  ding  halten  aufgehen  konnten, 
als  hegen  auch  sonst  begrifflich  dem  hallen  sich  manigfach  nähert 
{vgl.  unten  no.  6.  7  und  namentlich  10) :  und  fragt  den  schult- 
heiszen,  were  es  zit  das  gericht  zu  haldi'n.  iI.kz  her  es  dan 


anhübe?  do  wart  gewiset,  es  were  zit.  also  heget  der  schult- 
heisz  das  gericht  von  siner  hern  von  Frankfurt  wegen,  weisth. 
3,486  (p.  1441);  von  wegen  meines  gn.  herrn  von  Hanau  .. 
hege  ich  disz  markergeding  und  recht.  490  (r.  1493);  bei  irer 
oberkeit  die  das  selbig  peinlich  gericht  fürnemlich  und  on 
alle  mittel  zu  bannen  und  zu  hegen  macht  hat.  Carolina 
art.  219  {der  der  ausdruck  sonst  fremd;  spätere  ausgaben  haben 
den  durchgehenden  druckfehler  bauen  und  heben) ;  gott  hat  in 
dem  menschlichen  herzen  ein  innerlich  geheimes  gericht  ge- 
hegef,  das  ist  das  gewissen.  Otho  992;  sollten  ihn  abbitte., 
vor  der  gehegten  dingebank  thun  lassen,  maulaffe  228;  hof- 
schulze,  sagte  der  bauer, . .  kommt  also  nur  immerhin  zum 
stuhl,  denn  das  gericht  musz  gehegt  werden  auch  ohne  dieses 
{das  vermiszle  schwert  des  freigrafen).  Immermann  Afönc/i/i.  4, 52 ; 
in  der  tautologisch  gewordenen  Verbindung  hegen  und  halten : 
damit  sie  nicht  der  menschen,  sondern  gottes  gericht  hegeten 
und  hielten.    Mathes.  Sar.  22*; 

nach  vieler  meinung  ruckt  der  grosze  tag  herbei, 
au  dem  der  böcbste  vogt  soll  recht  und  urtheil  hegen. 

Opitz  1,33; 
wann  dasz  dein  scharfer  spruch  ergeht, 
und  du  das  recht  im  himmel  hegst, 
so  musz  der  erdenbaw  erschrecken. 

psalmen  s.  145  {nach  ps.  76,  9:  wenn  du  das 
urtheil  lassest  hören  vom  himel); 
es  ist  der  herr,  der  urtheil  hegt 
dem  Volke  dasz  die  erde  trägt,    s.  12; 

vermumtes  unrecht  sitzt 
nun  auf  gehegter  bank. 

E.  Hasma."»:«,  ari.li.  zu  Opi't:'  poeterei  s,  237 ; 
doch  darf  man  in  der  Stadt  kein  offen  blutrecht  hegen. 

A.  Grtphics  1698  1,32; 
M.    das  recht  ist  vor  das  volk,  auf  fürsten  schleitt  mau  degen. 
Th.  die  werden  über  dich  zuletzt  auch  urtheil  hegen.     1,  82; 
da  sollt  ihr  meinetwegen 
vor  zwölf  geschlechtern  Israels 
bericht  (l.  gericht)  und  urtheil  hegen.    Gcmher  28. 

nach  diesen  formein  heiszt  es  auch:  sothanen  frieden  nun  banne 
und  bege  ich  euch.  Halt  aus  774;  recht  und  gerechtigkeit 
hegen  und  handhaben.  Schm.  2, 163  {v.  1746) ; 

dennoch  hegst  du  kaiserrecht 

über  deinen  treuen  knecht.     Bürger  51". 

3)  hegen  {nach  hege  2  u,  3)  von  der  Schonung  des  forstes, 
sowie  des  ftschwassers  und  der  darin  sich  außiallenden  Ihiere.  zu 
gründe  liegt  die  Vorstellung,  dasz  die  Schonung  ursprünglich  durdi 
das'  umgeben  der  gesdwnten  örtlidikeit  mit  einem  hag  geschielU  {vgl. 
hagen  l  sp.  152) :  diese  gerechtigkeit  zu  bagen  ist  gröszer  als 
die  gerechtigkeit  zu  jagen,  indem  in  diesem  letztern  fall  das 
wild  in  seiner  freiheit  gelassen  wird,  zu  gehen  wo  es  will; 
wenn  aber  der  wald  durch  niederhauung  der  bäume  oder 
sonsten  gehäget  und  geschlossen  wird,  kan  durch  hemmung 
des  wildprets  denen  benachbarten  . .  ein  schaden  zuwachsen. 
vcon.  lex.  (1731)  897;  confovere  futren,  hegen  Dief.  141';  c;u 
eine,  der  wilde  tyr  hegit.  Magdeb.  blume  1,24;  er  bett  die 
krebs  im  gehegten  und  verbotnen  bach  der  edlen  frawen  zu 
Tornaw  ..  heimlich  gefangen.  Kircuhof  wendunm.  102';  ein 
fiscber  welcher  . . .  den  fischreichen  flusz  zu  hegen  und  zu 
fischen  hatte,  maulaffe  151 ;  wild  aller  art  ...  zu  hegen  und 
zu  pflegen.  Bradn  bilder  aus  d.  deutsch,  kleinstaaterei  2  (1869)  231 ; 

das  ist  der  will  des  herren  mein, 

das  ich  im  hag  vil  birsch  und  schwein. 

SCHWARZE^BERG    138^; 

sein  trinken  führt  der  bach;  der  wilde  Forst,  der  hägt 
ihm  was  auf  seinen  tisch.     Fleming  130,  70  Lappenberg; 

in  einem  bilde: 

wünsch  ist  ein  armer  Jäger, 
ein  unglückhafler  hager, 
hägt  stets,  doch  ohne  fang. 

Scu>ÜFFis  mirant.  flöllein  (1682)  s.  25. 

4)  von  hier  aus  wird  hegen  audi  gesagt: 

a)  vom  unterhalt  und  pflege  von  hausthieren :  er  hägt  hunde, 
canes  alit.  Steisbach  1,667;  ihr  wünscht  allein  zu  sein  und 
tauben  zu  hegen.  Scheffel  Ekkehard  {[S6S)  s.  105; 

(ein  huD  ,  .)  mit  guter  gersten  gar  wol  hegt. 

B.  Waldis  Esop  4,  53,  3; 
das  wild,  das  hausvieh  so  man  hegt. 

Opitz  psalmen  270; 

und  daran  anknüpfend,  bildlich  und  spridiwürtlich :  er  heget 
eine  schlänge  im  busen ,  anguem  in  sinu  fovet.   Stieler  720. 

b)  von  der  pflege  eines  gartcns,  einer  anläge,  und  der  pflanzen 
darin:  der  gottselige  fürsalz,  den  wir  itzl  haben  im  herzen, 
ist  eine  ausländische,  rare  blume,  welche  es  gleichsam  «ider 


779 


HEGEN 


HEGEN 


780 


sfinen  willen  häget  und  traget,  die  bösen  lüsle  aber  sind 
seine  natürlicbe  gewächse.  Scriver  seeletisch.  1,79;  möge  .  . 
eine  löbliche  bürgerscliaft  von  Bingen  diese  anlöge  schirmen, 
durch  eifriges  nachpflanzen  und  sorgfältiges  hegen  ihr,  zu 
nutz  und  freude  so  vieler  tausende ,  nach  und  nach  in  die 
höhe  helfen.  Göthe  43,281; 

wir  haben  nun  vernotnmen, 
was  für  ein  giildnes  land  du  hier  hast  überk-ommen, 
das  Ceres  düngt  und  baut,  Pomona  liebt  und  hegt. 

Fleming  171,  11  Lappenhenj; 
.  .  .  garten  zier  und  pracht, 
die  tausend  lilumen  hegt.      Rist  Parn.  4$S; 
dieser  arten 

blumen  sinds,  die  ich  will  hegen 
in  dem  garten.        Rückert  3S5. 

bildlich:  ew.  durchlaucht  haben  seit  jener  zeit  so  viel  nütz- 
liches und  angenehmes  gepflanzt  und  gehegt.  Götue  37,  5. 

c)  häufig  in  neueien  quellen  von  der  pflege  und  dem  sorg- 
fälligen unlerhall  einer  person :  also  sei  ein  fürst  ein  Ludewig 
sein ,  das  ist ,  Irost  und  Zuflucht  der  leute.  item ,  heger, 
darumb,  das  er  sol  hegen,  befrieden,  schützen,  und  behüten, 
sein  land  und  leute.  Luther  5,154'; 

dasz  sie  so  schwer  am  vater  sich  vergingeu, 
ihn  durrten  sie  in  diesem  berge  hegen 
bis  er  gestorben.  Tieck  13,  145; 

in  der  Verbindung  hegen  und  wegen ,  niederdeutsch :  dat  kind 
heegen  un  weegen,  für  das  land  in  alle  wege  sorgen.  Schütze 
2,119;  hochdeutsch  hegen  und  pflegen:  einen  armen,  alten, 
schwachen  ehekrüppel  musz  ich  schon  mehrere  jähre  nur  so 
hegen  und  pflegen.  Götue  11,309;  darum  hatte  frau  Hadwig 
den  alten  herzog  in  Schwaben  genommen ,  ihrem  vater  zu 
gefallen,  hatte  ihn  auch  gehegt  und  gepflegt,  wie  es  einem 
grauen  haupt  zukam.  Scheffel  Ekkehard  (18C8)  s.  3;  wiewohl . . 
Berchta  ihn  in  der  gefangenschafl  hegte  und  pflegte  wie  ihren 
herrn.  s.  75; 

das  pfafllein,  das  wuszte  sich  besser  zu  hegen, 

und  weidlich  am  tisch  und  im  bette  zu  pflegen.    Borger  G6'; 

sie  hegt  und  pflegte  mich;  sie  putzte  mich  heraus.    106'-, 

mein  altes  glück  .  .  . 

mich  hats  von  Jugend  auf  gehegt,  gepflegt.    Göthe  9,  341 ; 

auch  in  der  Verbindung  hegen  und  fordern ,  nicht  auf  leibliche 
pflege,  sondern  auf  die  der  gesellschaßlichen  beziehuugen  ange- 
wendet: durch  gesellige  Verbindungen  wuszte  man  sich  zu 
hegen  und  zu  fördern.  30,196;  in  welcher  bedeutung  auch  hegen 
in  folgender  stelle: 

bat  eine  sich  den  beiden  nun 
beinah  herangepflegt, 
so  kann  die  nachl)arin  nicht  ruhn, 
die  ihn  gesellig  hegt.     Göthe  1,  150. 

d)  abstracler,  von  der  pflege  guter  oder  böser  eigenschaften :  man 
soll  das  böse  nicht  hegen,  mala  non  sunt  fovenda.  Stieler  ^6; 
man  musz  der  knahen  hoszheit  nicht  hegen,  in  nialiliis  puero- 
rum  connitendum  non  est.  das.;  die  schwache  seile  des  liehen 
Vaters  zu  hegen.  Göthe  2f>,17;  bei  seinen  groszen  Verdiensten 
liegte  und  pflegte  es  {das  18.  Jahrhundert)  manche  möngel. 
53.  162;  älter  auch  von  der  fOrderung  und  Unterstützung  eines 
aufruhrs:  die  selben  die  den  auflauf  gemacliet  und  geheget 
haben,    d.  städtechron.  3,  333,  5  (urk.  Karls  ]V  von  1349). 

5)  hegen  niclU  sowol  auf  pflege  und  unterhalt,  als  auf  ge- 
U'ährung  einer  herberge  bezogen :  hcgit  ein  man  roubir,  so  da; 
sy  von  im  und  czu  im  reilin.  Magdeb.blume  1,53;  hegit  und 
houjil  ymant  einen  notzcog.  1,54;  da;  er  dy  rouber  houjit 
und  hegit.  1.115;  die  so  lose  leute  hausen,  hegen,  aufhallen 
oder  koppeln.  Walter  ditm.  chron.  (1083)  s.  108;  auch  \*'olltc 
der  bund  nicht  leiden,  dasz  ein  uutcrihan  des  stifics  einen 
auswürligen  befehdete,  und  wer  es  thtite,  den  sollte  niemand 
hausen  noch  liegen.  Moser  osn.gesch.3,2{H;  ich  könnte  nicht 
so  viel  leute  um  mich  hiigcn ,  non  amo  conversationem  tot 
hominum.  Steinbacu  1.  C67  ;  wer  diebcsgcsindel  seines  nutzeng 
wegen   hegt.    allg.  preutx.  landrecht  Iheil  2,  fif.  20,  §  1223. 

C)  daher  hegen  in  sich  schlieszen,  entitallen,  bergen : 

dann  unter  land  r*t  durch  und  durch  verheeret: 
et  heget  nicht*  all  ichrccken  der  »lets  wehret. 

Opitz  ptalmen  s.  113, 
alle»  bat  »ich  ichon  gcicgct, 
wag  wBid,  lun  uud  wniter  heget. 
•He«  braucht  «ich  «einer  ruh. 

Flibino  2tK).  no  l  ,n,„r„i.  ,• 

von  allem,  was  die  innei  heget, 
Ui  dic*8r  ring  mrlii  höchiiet  ftu. 

SrillLLIta   ririr;   -i,  •   l'oii/Matc»  ; 


siehst  du  eine  hütte  im  wulde  Trci, 

weiszt  nicht  ob  sie  dir  ein  liebchen  hegt.    Göthp  ri,  7(I; 

ich  bring  ihn  {den  krug)  zu  und  wünsche  laut, 

dasz  er  nicht  nur  den  durst  euch  stillt; 

die  zahl  der  tropfen,  die  er  hegt, 

sei  euren  lagen  zugelegt.     12,  50; 
trauteste,  weil  ja  im  räum  das  schiff  noch  speis  und  getraiik  uns 
hegt,  sein  hier  uns  die  rinder  verscluini.      Odyssee  12,  321  ; 

und  dennoch  wohl  uns,  wenn  die  asche  treu 

den  funken  lic^'t,  wenn  das  gelauschte  herz 

nicht  müde  winl,  von  neuem  zu  erglühn! 

Uhland  (jed.  119. 

von  gefühleji  und  anschauungen :  woUust  hegt  unlust.  Schot- 
tel  ins'; 

wie  grosz  wird  dort  {im  jenseits)  die  wollust  sein, 
die  gabr  nichts  eitles  heget.       Rist  turnt,  lied.  5,  339  j 
was  auf  erden,  was  in  lüften 
lebensodem  in  sich  hegt.    Bürger  1*; 
hoffart  heget  nicht  Vernunft;  wer  aus  hofTart  wen  veracbt, 
dessen  lacht  man,  wie  es  brauch,  das  man  eines  narren  lacht. 

LocAD  3,  23U,  66; 
Vernunft  und  liebe  hegen  jedes  glück, 
uud  jeden  Unfall  mildert  ihre  band.    Götub  9,  348; 
was  dir  an  freuden  hegte  dieser  ort, 
das  hast  du,  mein  ich,  ziemlich  ausgekostet. 

Lenau  Fuusl  118. 
hierlier  auch: 

ihm  (goll)  ziemt?,  die  weit  im  Innern  zu  bewegen, 

natur  in  sich,  sich  in  natur  zu  hegen, 

so  dasz,  was  in  ihm  lebt  und  webt  und  ist, 

nie  seine  kraft,  nie  seinen  geist  vermiszt.    Göthe  i,  228. 

7)  die  enlu'ickelung  der  bedeutung  lange  zeit  führen  oder  haben, 
bewahren,  von  persönlichem  subjecl  gebraucht,  wird  schon  für  das 
mild,  durch  zahlreiche  beispiele  belegt  (Le.xer  1, 1206);  den  begriff- 
lichen Zusammenhang  mit  halten  (II,  3  sp.  290)  betont  die  allU- 
terierende  Verbindung  halten  und  hegen :  warum  freust  du  dich 
nicht  auch  einmal  mit  freunden ,  die  frieden  halten  und 
hegen?  Göthe  17,106;  zugleich  aber  ist  jedem  geboten  für 
sich  zu  behalten  und  zu  hegen  was  man  ihm  als  bescheid 
zu  ertheilen  für  gut  findet.  22,  b ;  ähnlich  haben  und  hegen: 
das  ist  die  wahre  liebe,  und  die  habe  und  hege  ich  im 
herzen  zu  dir,  mein  Oswald,  wie  sie  nur  ein  mädchen  haben 
und  hegen  kann  . .  und  habe  sie  gehabt  und  gehegt  immer- 
dar. Immermann  Minichh.  4, 80.  die  anuendung  des  verbums 
in  diesem  sinne  geschieht  gewöhnlich  in  bezug  auf  kostbarkeiten : 
ich  habe  einen  jungen  mann  gekannt ,  der  eine  Stecknadel 
dem  geliebten  mädchen,  abschied  nehmend,  entwendete  . . . 
und  diesen  gehegten  und  gepflegten  schätz  von  einer  groszen, 
mehrjährigen  fahrt  wieder  zurückbrachte.  Göthe  21, 222;  ferner 
in  bezug  auf  lelircn,  wissen,  gefühle,  tugend  und  laster:  der- 
gleichen müsziggang  heget  nur  laster.  Butscbry  Patmos  594; 

wer  Übels  übet  oder  hägt, 

desz  gleiche  schuld  ir  jeder  tregt. 

Scuwarzenberg  122'; 

es  sind  warhaftigc  dinge,  so  ich  crzchle,  welche,  wie  sie 
klar  und  gewis,  also  hegen  {liewahren  im  gedächtnis)  sie  wenig 
diejenige,  die  hie  irrwegig  erfunden  werden.  Schuppiüs  777; 
dasz  man  nicht  allein  . .  die  lehre  verdammte,  sondern  zu- 
gleich mit  eins  den,  der  sie  liägte,  ohne  die  geringste  ab- 
mahnung,  in  den  bann  ihal?  Lessinc  8,372;  hast  ihre  (</it 
multer)  märchen  und  anekdolen  wiederholt  vernommen,  und 
trägst  und  hegst  alles  in  fiischem  belebenden  gcdUchlnis. 
Göthe  in  Bettinens  briefen  2,230; 

schawt  desz  ihr  disi  im  herzen  heget.    Üpitz  ps.  s.  10; 

das  alles  hegt  in  feinem  berxcnl    Gütus  11,324; 
ulier  der  säiiger  hascht  im  Ougo  die  zartesten  siralilen. 
eint,  und  bogt  sie  In  treuer  brüst  und  retiot  mit  liebe 
sie  noch  dem  fernsten  geschleclit  in  ewig  Ifbendcn  tönen. 

l'TRKKR    7'l(ni>.   '.K  4(1'): 

hegst  im  herzen  du  diu  stunden 
uusrcr  kindhcii  noch,  die  ir.lume? 

Chaiiisko  ijed.  188  {dm   muv  Anufini; 

friede,  Sorgfalt;  frcudc,  Wohlgefallen,  bewundernng  hegen : 

hinweg  mit  allen  freuden, 
die  man  in  disem  leben  hegt. 

Ri>T  himt.  Iteder  5,  331 ; 
liebe  bogt  den  fried  und  friede  mehrt  dn»  lleboa. 

Parn.  48»; 
aie  dOrfcn  hond  an  dicto  legen, 
di«  rt-|«d«  doch  mit  ihnen  bogen. 

Opitz  ptatmen  i.  105; 

irh  hege  alle  hochnrhtung  für  die  Verdienste  dcR  Tboinasius. 
Hacedübü  1,112  uiim. ;  ich  erkenne  mit  dcmüthigem  danke 
dir  snodc,  wclrlu-   ~ir  liri  dieser  gclegmlieit  auf  eine  so  M)r- 


781 


HEGEN 


HEGEN  — HEGER 


782 


sichtige  (unisi^ige)  art  gegen  mich  hegen.  Habeseb  sat.  3 
(1757)  s.  33;  liein  volk  hegt  mehr  anhanglichkeit  für  seine 
fürsten  (als  die  Deutschen).  H.Heine  6,50;  hegte  sie  (RaJul) 
doch  die  gröszte  bewunderung  für  jenen  besonnenen  bildner 
des  Wortes.  12,10;  sehn  sie  denu  nicht,  dasz  ich  die  zärt- 
lichste Sorgfalt  für  ihre  gesundheit  hege?  Kotzebce  d^r  trirr- 
«arr  a.  1.  sc.  6 ; 

noch  kenn  ich  jeden  bäum, 

wo  ich  vor  so  viel  jähren 

gehegt  den  jugendtraum, 

der  scheu  dahin  gefahren.    Lenaü  neue  ged.  116; 

gesinnung,  meinung,  ansieht,  vermuthung,  hofifnung,  wünsch, 
zweifei  hegen ;  hoffnung  hägen,  alere  spem  Steisbach  1, 667 ; 
welche  hoffnung  magst  du  hegen  von  einem  menschen,  dessen 
köpf  das  herz  verschlungen  hat?  Kotzebce  tUlwisser  a.  2, 
sc.  2;  die  wenigen  zweifei,  die  meine  freundin  noch  hegte. 
GöTHE  20, 1S2;  drum  ist  mir  sehr  vonnöthen,  dasz  ihr  eine 
gute  meinung  von  mir  heget  und  behaltet.  Imnerxanx  Münchh. 
4,  62; 

der  so  viel  herz  in  seiner  brüst, 

als  Julius  sein  vater  heget, 

mehr  sanltmuth  aber  bei  sich  trüget. 

Lohenstein  .-Irw.  2,  511'; 

dein  liebster  war  ein  junges  blut, 

und  junges  blut  hegt  wanlselmuth, 

wie  die  aprillenzeit.        ßÜBCER  47' ; 

ihr  feinde  zittert!  unser  beer 

hat  kriegeskunst  unii  muth, 

ist  schneller  mit  dem  mordgewehr 

und  hegt  der  väter  blut.      Kahler  1,  105; 

wer  einen  j^ugendfunken 

noch  hegt  in  seiner  brüst.     Uhland  ged.  409; 

sie  hegen  zwischen  sich  den  zweifei, 

ihr  miszgestaltet  zwitterkind.      Göthb  41,  15; 

zorn,  groll,  hasz,  abscheu,  mistrauen  hegen :  sie  hügen  zorn 
mit  einander,  ira  est  inter  illos.  Sieinbach  1,667;  hasz  gegen 
einen  hägen,  odium  habere  in  aliquem.  das.;  so  möchte  ich 
ihnen  denn  doch  . .  etwas  von  dem  thurme  erzählen,  gegen 
den  sie  ein  groszes  misztrauen  zu  hegen  scheinen.  Göthe 
20,209;  so  hegte  er  doch  einen  unergründlichen  groll  gegen 
die  reichen.  Hei.\e  12,37; 

die  uacbbarn  hegen  zank  und  strausz. 

Opitz  psalmen  s.  156; 
da  der  herr  (gott)  noch  hegte  zorn.    Logad  2,141,7; 
wie  seelig  lebt  ein  frei  gemüthe, 
das  weder  list  noch  rachgier  hägt. 

GcNTiiER  beC  STErNBACH  o.  n.  o.  ; 
häget  des  muthigen  volkes  bort  den  nagenden  unmuth 
auch  in  der  tapferen  brüst?  Ptrker  Tunis.  10,  23; 

liebe ,  Zuneigung  hegen :  mein  iiebes-feur,  das  ich  hegte. 
Simpl.  3,18  Kurz; 

lieben  bat  selten  viel  flammen  geheget, 
so  sich  ausz  ascbe  des  alters  erreget. 

LoGAO  3,  2S,  29; 
dann  wilder  thiere  zunfl 
hegt  nur  zu  mancher  zeit  der  süszen  liebe  brunft.    3,  33,  64; 
wir  hegen  lieb  und  glauben 
einfältig  gleich  den  tauben. 

Voss  poel.  iterke  (1835)  168; 

sogar  einen  eid  hegen,  ihn  aufrecht,  heilig  halten: 

des  eides  krafl  wird  stets  geheget 

den  er  dem  Isaac  abgeleget.    Opitz  psalmen  «.198. 

8)  anknüpfend  an  diese  bedeulung  ron  hegen  (7)  steht  das 
vort  bei  GöTBE  mehrfach  freier;  so  von  liebenden  die  gegenseitig 
bild  und  andenken  im  herzen  bewahren: 

sie  hegten  einander  im  herzen.    1,  222; 

nun  aber  die  schöne. 

die  dich  am  herzen  hegte?    3,  156; 

und  trol  unter  anlehnung  an  Gotheschen  Sprachgebrauch  bei  Cha5«isso  : 
suchst  redlich  du  die  Wahrheit,  die  vielen  so  verhaszt, 
80  sei  dem  gleichgesinnten  ein  liebgehegier  gast! 

gedickte  242; 

vom  haften  lassen  der. blicke  an  einem  gegenstände: 
der  küDstler  froh  die  stillen  blicke  hegt, 
wo  leben  sich  zum  leben  freundlich  regt.    Göthb  3,  138; 

auch  vom  festhalten,  nicht  wanken  einer  ptrson  an  einem  gegen- 
stände : 

ihr  hegt  euch  an  verderbtem  herzen.    41,  16; 
untereinander  gemischt  standen  bergbewohner,  die  zwischen 
felsen ,    flehten    und    föhren    ihre    stillen    Wohnsitze    hegten, 
flachländer  von  bügeln,  auen  und  wiesen  her,  gewerbslcute 
der   kleinen   städte   und    was   sich   alles   versammelt   hatte. 


15, 308;  ejnc  rerwendung,  zu  der  eine  äknlickc  schon  des  ll.jahrh. 
gestellt  werden  k-ann : 

weil  go'ites   bott  dich  bütl,  und  gar  auf  bänden  trägt, 
wann  nur  dein  wandel  sich  in  rechten  wegen  hägt. 

J.   RoaPLER    V.   LÖWENBALT  31. 

9)  im  niederdeutschen  Sprachgebiete  wendete  sich  hegen  zu  der 
bedeulung  beisammen  halten,  zu  rate  hallen,  sparen :  sprichtrOrt- 
lich  de  wat  heget,  de  hell  wat.  Richev  (1754)  s.  92;  ebenso 
Schütze  2,119;  ähnlich  auch  einmal  bei  A.  Gbtpbics: 

man  sagt,  wer  hält,  der  hegt.    2,  67. 
men  mot  de  grüschens  bi  enander  hegen  (einen  zum  andern 
legen,   sparen).   Schambach  77*;    auch   te    räe  hegen,    zu  rate 
halten,  das.;   im  Waldeckschen :  wei  den  groschken  nit  heget, 
de  is  des  dälers  nit  werth.  Ccrtze  339 ; 

sobald  ein  tausend  mark  zusammen  ist  geheget, 
uud  tausend  noch  dazu,  der  grund  (zum  reichtlium)  ist  schon 
geleget.     Rachel  sut.  (1677)  s.  33. 

an  diese  bedeulung  rührt  an  der  gebrauch  von  hegen  bei  B.Waldis, 
in  dem  sinne  aufsparen,  zusammenlegen : 

(die  dattelkeme)  all  auf  einen  häufen  hegt, 
auf  sein  altar  zum  opfer  legt,     tsop  3,  3S,  17. 

10)  trie  sehr  hegen  seiner  bedeulung  nach  sich  halten  genähert 
hat,  zeigen  namentlich  die  scMesischen  dichter  des  l~.  jahrh.,  die 
es  bisweilen  ganz  gleich  mit  dem  letzleren  warte  setzen  und  es 
namentlich  vom  abhalten  von  festlichkaten,  tanz,  spiel  und  mahl 
brauchen  (s.  halten  H,  6  sp.  293):  nach  dem  diese  (tafel)  auf- 
gehoben war,  hegten  sie  zu  uns  allerhand  geile  tanze  mit 
denen  unverschämtesten  Stellungen.  Lohesstei5  j4rm.  1.456*; 
hegten  zusammen  unib  diese  Hermanns-seule  einen  artlichen 
tanz.  1404*;  zu  diesem  Hede  hegten  umb  den  wagen  des 
krieges  die  drei  verwandelten  Jungfrauen  .  .  .  auf  allerhand 
arten  künstliche  tanze.  2,  Sil'; 

ihr  nymfen  windet  kränze, 
hegt  schöne  lobe-länze.     Oprrz  1,  7t ; 
auf  das  der  musen  rei  um  dich  [ßchte)  heg  ihren  tanz. 

LoGAC  1,  193; 
er  (CJiri.stHs)  ist  um  uns  zu  dienen 
in  knechts  gestalt  erschienen, 
und  als  das  maal  geheget, 

hat  er  sich  abgeleget  (enlkteidet,  zum  fuszwaschi^n). 
A.  Grtpbies  1698  2,  198. 

anderweit  wird  hegen  im  sinne  von  halten  n,8  sf. 295  gewährt: 

im  himmel  wirst  du,  lieber  Christ, 
erst  ein  gespräch,  dasz  freudig  ist, 
mit  disen  männem  hegen.    Rist  sabb.  seeienlust  7$; 

weUer  im  sinne  von  halten  U,  11  sp.  296 : 

weil  forsten  menschen  sind,  die  doch  der  menschheit  bestes, 
die  freundschaft,  kennen  nicht,  weil  herrschaft  nicht  viel  Testes 
von  bund  und  treuen  hegt.  Logac  2,  122,  15. 

11)  hege,  conjunctit  statt  heige,  habe:  wir  die  gnossen  süllent 
och  dem  gotshuse  ze  Lucern  trühundert  eiger  und  ein  osler- 
lam,  dl  hörn  und  har  und  hoden  heg.  weisth.  i^ZTi  {Luzern 
14.  jahrh.).     s.  beige. 

12)  über  das  vcrlidltnis  von  hegen  zu  heien  vgl.  das  letzte  wort. 
HEGENER,  ni.    l)  ein  fisch,  eyprinus  phoxinus,  elritze;  s.hi- 

gener  sp.  152. 

2)  in  der  Schweiz  der  angelfischer,  nach  dem  verbum  begenen, 
mit  der  angel  fischen,  angeln.  Stalder  2,  30. 

HEGER,  m.  nach  verschiedenen  beJeulungen  des  verbums  hegen. 

1)  (nach  hegen  3)  beamteter  der  über  eine  Schonung  gesetzt  ist, 
forstaufseher :  lucarius  heger  Dief.  337'; 

förster  und  Jäger, 
amtleut  und  liäger, 
redner  und  pfleger  . . . 
haben  nicht  groszen  lohn, 
werden  doch  bald  reich  davon. 

Chr.  LEUMAN5  in  Uo/fmanns  spenden  1,75,- 
was  wünsch  ich  aber  lang! 
wünsch  ist  ein  armer  Jäger, 
ein  unglückhafier  hager, 
hägt  stets,  doch  ohne  Tang. 

Scu^DFFis  mirant.  flöttein  (1682)  s.  24. 

2)  in  allgemeinerem  sinne  (nach  hegen  4)  Schützer,  pfleger, 
Unterhalter:  heger,  propugnator,  defensor,  protector  mit  dem  fem. 
hegerinn  adjulrix  Stieler  726;  heger  (soll  ein  fürst  sein)  da- 
rumb,  das  er  sei  hegen,  befrieden,  schützen,  und  behüten, 
sein  land  und  seine  leute.   Lituer  5, 154*; 

David  war  ein  fromer  birte :  Nimrod  ein  gewaltsam  Jäger: 
fürsten  sollen  sein  des  volkes,  nicht  zersireuer,  sondern  hager. 

Logad  2,  44,  63. 


7S3 


HEGER— HEGERLING 


HEGERMANN— HEGGE 


3)  lieger,  helder,  herberge  gewährender,  nach  hegen  5 :  diebs- 
heger,  receptor,  receptalor  furum  Stieler  726. 

4)  heger,  sparer,  schöner  (hegen  9):  nach  groszem  heger 
kommt  ein  groszer  feger.  Simrock  sprichw.  s.  237;  das  Sprich- 
wort ist  über  ganz  ?<iederdeulschland  verbreilel: 

nan  goden  lieeger 

kumi  en  goden  feeger.    Schütze  2,  119; 

nö  den  heger  kiinimf  en  ft'ger.  Frdmm.  6,211;  nah'n  hördor 
kuniml  'n  riilirder,  nah'n  lieper  kiimmt  'n  feger.  Köster  aUerlh., 
gesell,  u.  sagen  der  herzogth.  Brmen  u.  Verden  254 ;  ein  wortipiel 
mil  lieger  hdher  einßechlend:  upn  heeger  kiimt  en  verteerer. 
dem  is  de  heeger  wegllagen.  Schütze  2, 119;  mehr  rerdunkell 
ist  das  Wortspiel  bei  Schambach  :  den  is  de  heger  owcr  den 
bürg  elögen,  von  dem  ist  die  sparsüinkeit  gewichen.  77*. 

5)  anders  ist  zu  nehmen  heger,  hager  in  der  allem  rechis- 
sptache  eine  art  kleiner  Ichnsleule ,  wol  als  inimbcr  eines  hags 
(na.  3  sp.  138,  vergl.  auch  hagen  4  sp.  I5l):  hagere,  hegeri, 
hegermanni  coloni  vocanlnr  in  terrls  Brunsnic.  et  Luneb.  qui 
mansos  et  praedia  sua  beneficiali  lege  accipiunl.  Haltaus  777. 

6)  heger  heiszen  in  der  grafschaß  Ziegenhain  blaltläuse  und 
ähnliches  Ungeziefer  (käferlarven)  nebst  dem  sogenannten  mchllliau, 
welches  sich  am  kraule  {brassica  oleracea)  findet,  wodurch  das 
zusammenziehen  der  krautblälter  bewirkt  und  das  kraul  unbrauchbar 
gemacht  wird.  Yilmar  156. 

HEGER,  «1,  sandhügel  in  den  strömen,  vergl.  hüger  sp.  152: 
(die  qercdüsame  der  landeslierren  bestehen)  in  der  Zueignung  der 
in  den  öffentlichen  Aussen  neuentstandenen  heger,  werder 
und  inseln.  Hadbold  sächs.  privatrecht  {\S20)  §231;  die  anhal- 
tische regierung  bietet  durch  bekannlmachung  vom  12.  oclbr.  1864 
die  verpaclitung  der  domäne  Burow  bei  Co.'iwig  aus,  zu  welcher 
u.a.  auch  gehören  20  morgen  eibwall  und  weidenheger. 

HEGER,  m.  niederdeutsche  form  von  häher  (sp.  158 ;  vgl.  auch 
hägert  s/j.  154);  ags.  higora,  mnd.  hegger  (Reinecke  Fuclis  15); 
auch  mitleldeuUch  garrulus  heger  Trochus  bei  Dief.  258';  heger, 
häher,  holzsclireier,  garrulus  glandaiius  Schamb.  77*;  in  England. . 
lebt  man  wie  in  einem  groszen  waide,  wo  man  den  löwen 
brüllen,  den  hengst  wiehern,  die  krähe  krächzen,  den  heger 
schreien  und  den  frosch  quacken  iäszt.  Moser  palr.  phant.  3 
(1798)  s.  91. 

HEGERBUBE,  m.  hübe  zur  hilfeleislung  für  einen  heger,  forsl- 
warl:  die  personen  zum  weidwerk  und  jagen  gehörig,  ..  als 
forsimeister,  Jägermeister,  meisterjäger,  windmeister,  bürsch- 
meisler,  forstknecht,  Wildschützen,  holzwart,  jägerknecht, 
hägerbuhen   oder  hundsbuhen.  Sebiz  fcldbau  563. 

HEGERDING,  n.  gericht  für  die  lieger  (no.  b):  die  Verbin- 
dung der  lalhufen  mil  einem  oberhofe,  die  hier  (in  ISieder- 
sachsen)  nicht  minder  als  in  Westphalen  ..  durch  das  haus- 
genossenrecht, durch  latengerichte,  meierdinge,  probsldinge, 
bägerdinge  etc.  zusammengehalten  wurde,  Stüvk  wesen  u.  verf 
teile  38. 

HEGEREIS,  «.  junger  schlanker  bäum  oder  sogen,  slange,  die 
man  auf  den  jungen  schlagen  oder  hauen  stehen  Idszt.  Jacobsson 
2, 187'. 

HEGEREITER,  m.  was  hegebereiter  spalte  776:  hägreiter 
Sophiens  reise  6,494;  Panlalon  befiehlt  dem  barlequin,  den 
hegereitern  des  marquis  zu  sagen,  dasz  sie  aufs  geschwin- 
deste einen  vorralh  von  wildpret  auf  das  schlosz  bringen 
sollen.  Lessinc  4,  436  ; 

hier  holet  mich  kein  hegereuter  ein.    Güntuer  1038. 

HEGERGERICHT,  n.  was  hegerding.   Haltaus  777. 

HEGERGRU.NÜ,  m.  seltr  fester  grund  im  wasser,  auch  risen- 
grund  genannt.  Jacobsson  6, 6."}*.  wol  nach  heger,  hüger,  sand- 
hügel in  den  strömen,  als  Untergrund  worauf  diese  sich  anlegen. 

HEGERGLT,  n.  fundut  emphyleulicus,  bcgermannsgut.  Halt- 
Aü«  777. 

HEGERHERR,  m.:  hegerhcrren,  nobiles,  cmphyteularum 
domini,  quorum  jussu  et  auloritale  eolonaria  illa  judicia  exer- 
rrnlur.  Haltaus  das. 

HEGERHUFE,  f  mansus  haegericus :  hcgerhufe  ist  ein  stück 
f<ld,  welches  ßo  morgen  hat,  und  4  hackenhufen  begreift. 
Jacobsson  0,63",  vgl.  auch  baltijicite  Studien  15,  s.  75;  von  der 

'" '•• -f  ■]  ..  zwei  gülden  (steuert,  das.  s.  n  (r.  1026):    vicl- 

'h  die  hier  (amt  Lauenstein)  vorkommende  b.'igcr- 
•  ',  ^o  wie  da»  in  Meklenburg  der  fall  i»t,    wo  sie 

eine  dopppjip  ».,'irhnische  hufc  enthalt.  Stüve  uesen  u.  verf  36. 

HEGERJUNKER,  m.  hegerherr. 

HEGERLING,  m.  caneer  squilla,  bctrenkrebs.  NEiifric»  I,ä04. 


784 


HEGERMANN,  m.  der  heger  (no.  5  spalte  7S^.  vergl.  unUr 
begergut. 

HEGERN,  verb.  beger,  sandhügel  im  ströme,  ansetzen,  vergl. 
anhügern  1,364. 

HEGERRECHT,  n.  recht  was  für  die  heger  (no.  5)  gilt  Halt- 
aus 777. 

HEGERT,  m.  gibt  Nemmch  wb.  als  name  für  die  dohle,  corvus 
munedula. 

HEGESAL,  w.  was  zur  ein  friedigung  dient:  vortmer  so  bant 
die  bubener  reicht  in  mins  herren  walt  von  Colne  daj  si 
hegessall  sullent  hauwen,  daj  si  unser  herren  jiarten  hegen 
sullent.  weisth.  2,221  (von  Bacharach);  der  mach  auch  houlz 
dariime  hauwen  zo  zünen  und  hegcsall.  222.  auch  in  der 
form  heisei  Lexer  mhd.  wb.  1,1206  (rhein.,  \h.  jahrh.). 

HEGESCHÄR ,  «».  eine  art  von  erdhühnlcin :  von  den  erd- 
hünlinen ,  und  erstlich  von  denen  so  gmeinlich  heggeschär 
genennt  werdend  .  .  trochilus  terresfris.  diser  vogcl  wirt  von 
unseren  weidieülen  eggenschär,  anderschwo  heggeschär,  oder 
heggschär  genennf,  darumb  dasz  er  scharweisz  bei  den  hegen 
umbhärlauft,  da  man  in  dann  nach  dem  höuwet  tindt. 
Heuszlin  vogelbuch  (1582)  106';  Fischart  zählt  unter  einer  menge 
von  vögeln  auf:  hegeschär,  mattkern,  kopprigerle,  meben, 
mistler,  schneehüner,  bolbrot  und  sonst  ein  geschwader 
merchen  und  lerchen.  Garg.  237. 

HEGESCHAUB,  m.  hegewisch;  verderbt  auch  hegescheibe,  f 
HEGESCHLAG,  m.  ein  gehegter  schlag,  d.i.  theil  eines  gehölzes 
der  nicht  verletzt  werden  darf    Jacobsson  2, 187*. 

HEGESEULE,  f  seule,  um  die  grenzen  eines  geheges  zu  be- 
zeichnen. Jacobsson  2,187";  hegeseule  terminus  venationum,  et 
juris  lignandi  vel  pascendi.  Stieler  1693;  inmaszen  er  auch  in 
wenig  stunden  dahin  zog  und  von  dem  Crescenlio  bisz  an 
die  hegeseulen  vor  dem  dorfe  begleitet  ward.  Chr.  Weise  pcJ. 
näscher  85. 

HEGETAUBE,  /".  Waldtaube:  palumbus  hegitube,  auch  ha-, 
heitube  Dief.  408".     vergl.  auch  heidentaube. 

HEGEWALD,  m.  gehegter,  geschonter  wald  (vgl.  auch  hag^vald 
i/).  157):  lucus,  ein  hegwalt,  non  est  caeduu.t.  Alb.  Eei^;  was 
schaden  in  iren  heegwalden  gescheen.  weislh.  4,546  (l6.jahrh.); 
nach  disem  (aufruf  des  büttels)  tretten  jedes  Hecken  under- 
thonen  besonder  ab,  zelen  umb,  ob  die  nachparn  auch  alle 
erschienen,  und  rügen  förster  aus  den  heegwelden.  dise 
försler  seind  sonderlich  jedem  flecken  zugeordnet,  die  först 
gect  under  inen  umb,  das  alle  tage  einer  im  hccgwald  forsten 
musz.  das.;  er  muste  (von  dem  bekannten  gebrauche  bei  den 
Semnoncn  ist  die  rede)  seinen  eigenen  leib  selbsten,  also  ligend, 
widerum  ausz  dem  geheiligten  hegewald  oder  hain  walzen! 
anm.  Weisheit  luslgarlen  6.  der  vielfach  begegnende  eigenname 
Hegewald  gehört  wol  nicht  hierher,  sondern  ist  aus  der  impera- 
tivisclien  Zusammensetzung  Hegenwald  =  heg  den  wald  ent- 
standen. 

HEGEWASSER,  n.  wasser  worin  fische  gehegt  werden,    bildlich: 
wo  änderst  diese  bergkleut  gott  nit  inn  sein  hcgwasser  und 
wildbann  gefallen  sein.    Mathes.  Sar.  9*. 
HEGEWEIDE,  f  weide,  triß  die  gehegt  wird: 

harten  streit 
im  sommer  umb  die  hepeweid. 

ü.  HiNcwALD  /ot</.  ivarh.  332. 
HEGEWIESE,  f  eine  wiese  welche  gartenrecht  hat  und  gehegt 
wird,  so  dasz  ohne  des  eigenthümers  willen  niemand  darauf  weiden 
darf.  öcon.  lex.  (1731)  899; 

auf  der  hägewlese  zle^  und  kuh. 

ScHBiDT  v.  Wkr?(kucukn  ahn.  1798  ,«.  2. 
HEGEWISCH,  m.  ein  wLich  stroh  oder  bündel  reisholi  an  einer 
Stange,  rinen  gehegten  acker  oder  wald  zu  bezeichnen.  Jacobsson 
2,187'. 

HEGEZEIT,  /■.  zeit  im  sommer,  in  der  jagdbare  vögel ,  will 
und  fische  geschont  werden: 

dort  hauset  er,  bricht  und  entweiht 

die  grftiiien  und  die  hegcieit.     TueaiiEL  2,  294. 

IIEGGE,  f  für  hecke,  dornstrauch,  dornicliles  unkraut,  schreibt 
auch  die  Zürcher  bibel  v.  1530:  ich  wil  in  (den  rebgarten)  wiist 
legen,  diij  er  weder  geschnitten  noch  gehackt  wird  sondern 
dorn  und  heggen  tragen  (vulg.  ascendent  veprcs  et  spinoe; 
Li'THER  distrln  und  dornen  drauf  wachsen).  Jes.  5,6;  zur 
selben  zeit  werdend  alle  wciiigurlen,  ob  gleich  in  eiin  lausenl 
lilbcn  ninb  tausent  halbörller  erknufl  sind,  zu  heggen  und 
dornen  (Luther:  dornen  und  hecken).  Jet.  7,23;  also  wirdl 
das  ganz  land  zu  heggen  und  dornen.  24.     -hegge  spinelum, 


7S5 


HEGLICH  — HEHL 


HEHL  — HEULEN 


786 


uie  hecke  2  sp.lil:  was  ain  feintlich  gestreusz  und  ain  hegge 
mit  raucQ  doren  umb  das  schlosz.  d.  städkchron.  5, 107, 18 
{Augsburg). 

HEGLICH,  adj.: 

von  gottes  gut      fleust  dein  gemüth 
ergetzung  beglich. 

dem  solst  bierob      mit  preisz  und  lob 
danksagen  täglich. 

Melisscs  bei  Opitz  herausg.  v.  Zinkgref  171. 

sieht  heglich  hier  in  dem  sinne  von  hegend,  in  sich  schlieszend, 
bergend  ? 

HEGRICHT,  adj.:  bleich  hegricht  zieht  der  tag  zögernd 
mit  erstem  Schimmer  herauf.  Brachvogel  in  der  beilage  zur 
neuen  preusz.  zeilung  no.  174  lom  2S.  juli  1867.  es  berührt  sicli 
das  uort  mit  bair.  gehayig,  gehaigig,  gehaiwig  trocken  neblig 
(ScHM.  2, 127)  und  gehört  zu  hege,  hei  düir,  trocken ,  s.  unten 
das  letztere  tcorl. 

HEGCNG,  /".  nach  den  verschiedenen  bedeutungen  des  verbums 
hegen. 

1)  nach  hegen  2 :  nach  gethaoer  hegung  (des  markergedinges). 
ucislh.  3,  490. 

2)  nach  hegen  3:  {der  hegereiler  ist  verbunden)  vornemlich 
auf  die  hägung  des  holz-  und  wildes  .  .  .  bedacht  zu  sein, 
öcon.  lex.  (1731)  898;  hägung  fotus  Steixbach  1,667. 

3)  nach  hegen  4:  hegung  eines  gartens;  hegung  und  pflege 
einer  kranken  person ;  nacA  hegen  4,  d :  hegung  verschlimmert 
alles,  omnes  deteriores  sumus  licenlia.    Stieler  726. 

4)  nach  hegen  5:  hegung  von  dieben,  Verbrechern;  hegung, 
receplio,  receptaculum ,  defensio,  prvteclio,  munimcnlum  Stieler. 

5)  nach  hegen  7 :  spreche  ich  über  euch  wegen  hegung  heid- 
nischen aberglaubens  und  nächtlichen  götzendienstes  die  Ver- 
weisung aus  haus  und  hof,  und  gau  und  iand  aus.  Scheffel 
Ekkchard  (1S68)  s.  145. 

HEH.  interj.  vergl.  unter  he  sp.  713. 

HEHEM ,  interj. :  hebern ,  da  leg  alsdann  ....  Fischart 
bienk.13';  hehem:  dem:  schlemm:  recht :  eh  dich  der  schelm 
schlecht.  102*; 

hehem,  das  heist  ein  guter  trank, 
jetzt  bin  ich  gsundt.  vor  war  ich  krank. 

ScHEiDT  grobianus  (156S)  A2',  danach  Garg.  23*. 

HEHER,  m.  corvus  glandarius,  s.  häher  sp.  158. 

HEHL,  früheres  zu  einem  subst.  masc.  und  netär.  gewordenes 
adjecliv,  verborgen,  geheim;  mhd.  hffile,  dem  ein  fem.  haele  ter- 
heimlichung  zur  seite  stellt  (Lexer  mhd.  tfb.  1, 114S).  das  trort 
ist  eine  intensivbildung  zur  würzet  hal,  mhd.  heln  verhehlen,  ver- 
bergen ,  in  dem  frühere  reduplication  sich  in  eine  einfache  länge 
zusammengezogen  hat  (hsele  entspringt  aus  allem  hahali,  uie 
mhd.  maere  berühmt  aus  altem  mamari,  lat.  memor) ;  die  schon 
seit  der  mhd.  periode  fast  ausschlieszltch  erfolgte  formelhafte  Ver- 
wendung untergräbt  den  freieren  adjedirischen  gebrauch  und  formt 
das  wort  zum  subst.  um,  doch  nicht  olme  dasz  adjectivische  Ver- 
wendung in  reclä  sinnlicher  bedeutung  daneben  mundartlich  fort- 
dauere: hal,  subübscurus  Alb.;  in  der  Schweiz  hähl,  hehl,  hei 
umwölkt,  bedeckt  Stalder  2,11;  occuUus  haal  Dikfe.^b.  392* 
{niederd.  15.  jaJirh.). 

Die  formein,  in  denen  hehl  im  nhd.  erscheint,  sind: 

1)  in  den  altern  quellen  unpersönlich  mich  hat  ein  ding,  etwas 
hehl,  ich  verhehle,  verheimliche  es  (vgl.  mich  hat  fremd,  mich 
hat  unbillich  unter  haben  sp.  5S) :  so  wil  ich  auch  sampt  den 

meinen  nicht  feiren  mit  beten  und  flehen  zu  gott und 

unser  gebet  sei  uns  nicht  heel  haben,  woUens  anzeigen  öffent- 
lich. Luther  5,  276*;  für  einem  frembden  thu  nicht,  das  dich 
heel  hat,  denn  du  weiszest  nicht,  was  draus  komen  möcht. 
6ir.  8,  21 ;  was  dich  heel  hat,  das  schreibe  nicht.  M.  Neasder 
sylloge  locutionum  s.  6.  dieser  ßgung  gegenüber  fehlen  für  das 
fortleben  des  mhd.  mich  hat  hale  eines  dinges  (Leier  a.a.o.) 
alle  belege. 

2)  ebenso  mich  nimmt  hehl: 

der  Wirt  sprach  aber  wider  lim : 

nimts  iuch  niht  hael,  gern  ich  vernim 

waj  ir  kumbers  unde  Sünden  bat.     Parz.  467,  20; 

venraw  unter  tauset  kaum  eim, 

was  dich  hei  nimpt,  behalt  in  gheim. 

Tu.  BiKK  doppelspiler  51. 

3)  aus  der  vorwiegend  negativen  Verwendung  der  formet  l  ent- 
springt, die  Substantive  Stellung  von  hehl,  in  dem  die  einfache 
negation  nicht  durch  kein  ersetzt  wird:  wie  sie  im  sinn  haben 
die  lutherischen  mit  gcwalt  zu  dempfen,  wo  sie  es  nur  thun 
kündten,  und  das  hat  sie  auch  kein  heel.  Llther  5, 304*; 
das    habe   ich    gern   nachgelassen    und  hat  mich  kein'  hehl' 

IV.  li. 


dasz  ein  fürst  und  regent  sei  eine  weltliche  person.  tischr. 
393*;  ir  wesen  hat  sie  kein  heel,  und  rhümen  Ire  sünde, 
wie  die  zu  Sodom,  und  verbergen  sie  nicht.  Jes.  3,  9;  ir  wesea 
hat  sie  kein  heel.  saußeufel  (1552)  A  2'.  hierbei  ist  hehl  als 
masc.  gedacht:  es  hat  mich  keinen  häl,  libere  profiteor,  con- 
fiteor,  pro  mysterio  non  habeo,  non  diffiteor.    Stieler  734. 

4)  dem  unpersönlichen  gebrauche  steht  für  die  neuere  zeit  als 
gewöhnlicher  die  persönliche  fügung  ich  habe  einer  sache  oder 
ich  habe  es  {dessen)  nicht  hehl  gegenüber,  eine  fügung  für  die 
es  schon  frühe  beispiele  gibt  {aufgezählt  theil  3,1128;  vergl.  auch 
gramm.  4,  247) :  die  lasier,  die  ihrer  gar  nicht  hehl  haben. 
Kakt  6,194.  in  prägnant  adjeclivischer  Stellung,  mit  accusatio 
anstatt  des  genitivs:  man  kan  nichts  häl  vor  ihm  haben,  nihil 

polest  dam  illum  haberi.   Stieler  734 ;    ich werde  unsere 

freundschaft  nie  hehl  haben.  Niebchr  leben  2,  21. 

5)  auch  hier  ist  der  Substantive  gebrauch  von  hehl  bevorzugt; 
und  zwar  erscheint  hehl 

a)  in  der  mehrzahl  der  fälle  als  neutrum:  und  welche  Unge- 
rechtigkeit würde  es  auch  nicht  gewesen  sein,  wenn  man 
die  guten  ehrlichen  knechte,  die  es  kein  hehl  hatten,  wie  in 
ihren  Schriften  und  sonst  offenbar  am  tage  lag,  so  hätte  ver- 
stoszen  wollen.  Klopstock  12, 19 ;  was  sollen  wir  es  hehl 
haben,  dasz  die  meisten  der  groszen  Altfranken  sind;  sie 
haben  es  ja  selbst  kein  hehl.  j.  170;  Klärchen  hatte  es  kein 
hehl,  dasz  sie  den  kniegürtel  der  Jungfrau  schon  als  ein 
stück  ihrer  toilette  betrachtete.  ThCjijiel  3,  2S2 ;  wenn  ich 
dessen  kein  hehl  habe.  Holtei  Lammfell  il. 

b)  weniger  oft  als  masc:  ich  habe  des  keinen  hehl.  Jacobi 
Woldemar  32;  ich  habe  meiner  reue  keinen  hehl.  Gotter  3,407; 

gehorsam  jeglichem  befehl, 

und  seinem  eigeosinn, 

hab  ichs  sonst  aber  keinen  behl, 

dasz  ich  ihm  böse  bin.     Gleix  4,217; 
er  hat  es  keinen  hehl,  dasz  wir  um  seinetwillen 
hieher  berufen  sind.         Schiller  Piccol.  5,  1. 

6)  neu  ist  die  fügung  aus  etwas  kein  hehl  machen :  er  macht 
aus  seiner  abneigung  gegen  die  liberalen  grundsätze  gar  kein 
hehl;  ich  mache  gar  kein  hehl  daraus,  dasz  ich  ihn  nicht 
leiden  mag;  die  hofdienerschaft  machte  gar  kein  hehl  daraus, 
dasz  im  falle  des  .  .  .  sieges  Nassau  sich  auf  dem  rechten 
Rheinufer  abwärts  bis  nach  Deutz  ausdehnen  werde.  Bbacn 
bilder  aus  d.  deutschen  kleinstaaterei  2  (1869)  x.  242. 

.7)  die  unter  5  tind  6  aufgezählten  beispiele  lassen  erkennen, 
wie  hehl  auch  zu  freierer  substantiver  Verwendung  in  der  bedeu- 
tung Verheimlichung,  heimlichkeit  gelangen  konnte:  äuszerungen, 
wobei  kein  hehl  und  nichts  arges  ist.  Kant  10, 122 ; 

und  wo  dein  (des  weines)  reiner  nektar  llieszt, 

da  schwindet  arg  und  hehl  und  list.    Blcmaue»  1,  34. 

tn  Basel  wird  rücksichtlich  der  Verhandlungen  in  geheimer  süzung 
des  rats  hehl  geboten,  Verschwiegenheit  auferlegt;  ähnlich  nieder- 
deutsch in  dem  hale  wesen,  im  geheimnis  sein,  in  häle  im 
geheimen,  auch  in  officiellcr  spräche,  vergl.  unten  hehlen  2,  a. 
S)  die  mhd.  formet  sunder  haäle,  in  der  haele  gewöhnlich,  ciber 
wol  zu  unrecht,  als  substantives  fem.  aufgefaszt  wird,  ist  auch 
nhd.  noch  gebraucitt: 

geselle,  ich  sag  dir  sunder  hol, 

vor  die  wärheil  daj  vernim.     Helbling  8, 102; 

swie  ofle  du  die  sünde  tuest, 

als  orte  du  sie  büejeu  muosü 

hie  mit  dem  übe  sunder  hei 

oder  dort  an  der  sei.      9, 17; 

ich  bit  dich  pilger  sag  mir  on  häle  warumb  hastu  mich  als 
fast  angesehen.   Aimon  bog.  rl. 

9)  woher  kommt  es,  dasz  es  jetzo  so  kunter  bunt,  über  hei 
und  bei  in  der  weit  ..  hergehet?  Rein.  Fuchs  {Rostock  1650)  414. 
trenn  in  dieser,  sonst  nicht  weiter  zu  belegenden  rcdensart  hcl 
hierher  gehört,  so  würde  der  gegensalz  bei  zu  bellen  schreien, 
lärmen  (l,  1452)  fallen  und  die  formet  das  verborgene  und  laut 
verkündete  betonen. 

10)  ab  von  hehl  steht  der  bedeutung  wie  höchst  wahrscheinlich 
auch  dem  Ursprünge  nach  das  adj.  hahl,  hähl,  auch  hehl,  hei 
geschrieben,  über  das  sp.  158  zu  vergleichen. 

HEHLEN,  verb.  oceuUare. 

1)  formelles,  die  alten  dialecte  haben  in  häufiger  vertcendung 
ein  starkes  verbum,  ahd.  helan,  praet.  hal,  pari,  holan,  mhd. 
heln,  praet.  hal,  pari,  geholn,  alts.  ags.  helan,  fries.  heia,  urrer- 
wandt  dem  lat.  occulcre,  celare,  griech.  MafÄmreiv;  daneben 
erscheint  weniger  oft  belegt  auch  eine  schwache  bildung,  ahd.  haljan 
heljan  velare,  tegere,  biheljan  velare,  munire,  mhd.  entheln,  aus 

50 


rs7 


HLULEN  — HEHLEREI 


HEHLERIN  -  HEHLLICH 


78S 


der  veibuigenlieit  nehmen,  veiheln  verbergen,  alls.  ags.  liehelian 
xelare,  oc^tiUarc.  das  im  li.jaltrh.  noch  häufige  slarlic  hcln  wird 
nach  dieser  zeit  in  seiner  einfachen  form  (nicht  in  der  Zusammen- 
setzung verheln,  nhd.  verhehlen,  die  bis  heute  häufig  angewendet 
ist  und  nadi  ihrem  übcrtrilt  in  die  schwaclie  conjugation  sich  doch 
das  pari,  verholileii  als  adj.  gcrcltel  hat)  selten,  und  es  ist  wahr- 
scheinlicli,  dasz  mit  dem  zurückdringen  des  Wortes  auch  die  starken 
conjugationsformen  in  venjessenhcil ,  die  schwachen  in  allgemeine 
Verwendung  kommen  {ein  praes.  hclet  aus  dem  ib.jahrh.  s.  unten), 
wie  lange  neben  den  letzteren  starke  formen  sich  noch  liallen,  kann 
durch  belege  nidit  dargethan  werden;  mundartlich  geht  noch' jetzt 
in  Diiringen  ein  starkes  praes.  hielt  in  der  reimenden  formel: 
wer  iiielt,  der  stielt,  grammaliker  und  Wörterbücher  des  10.  17. 
jahrh.  führen  kein  praet.  hal,  part.  geholen  mehr  auf;  Stieler 
"33,  der  das  einfache  verbum  überhaupt  als  seltenes  gibt,  schreibt 
liüieu,  gchälet. 

2)  bedeutung.  ofcu/tre  helen,  occi/Z/are  helen  Dief.  392';  celare 
lielen,  hellen,  helii  HO*;  velare  decken  .i.  heleu,  helu,  heylen 
609";  hehlen,  hälen,  helen  celare,  dissimulare  Schottel  1335; 
hehlen  occultare  Heüebich  1234;  nl.  helen  celare,  occuUare, 
tacere,  silere  Kilian  ;  in  mehrfachem  gebrauche. 

a)  verheimliclien,  verbergen,  in  bczug  auf  ein  wmen,  eine  er- 
fahr uny ;  mit  dem  acc.  der  suche:  helen  daj  wir  czu  rechte 
iielen  sullen  und  melden  dag  wir  czu  rechte  melden  sullen. 
eid  der  ratsmitylieder  in  ISordhauscn  (l5.  jahrh.),  in  den  neuen 
mittheil.  des  dür.-sächs.  veräns  3,4,47;  den  rath  (ratsverhandlung) 
hälen  als  wir  zu  recht  sollen.  Haltaus  872  {aus  Erfurt) ;  der 
ding  weij  oder  mit  lielet.  Magdeb.  blume  2,  3,  71.  auch  mit 
dativ  der  person  oder  entsprechender  pracpositionaler  fügung:  icli 
kann  es  dir  nicht  hehlen,  ich  kann  es  vor  dir  nicht  hehlen; 
ich  kan  auch  e.  k.  f.  g.  nicht  hehlen  ,  das  mir  viel  genanter 
d.  Eck  ...  ketzerische  bücher  ailegirt.  Luther  1,148'; 

wer  bürgt  uns 
ilafür,  dasz  wir  nicht  opler  der  Itcschlüsse  sind, 
die  man  vor  uns  zu  hehlen  nöihig  achtet? 

ScuiLLER  Wallensteins  tod  1,5; 
IM  bezug  auf  empfindungen  : 

sie  sprach :  gesell  ich  kan 

mein  lieb  nit  lenger  helen.    Zimm.  chron.  4,321,1; 

ach,  's  ist  doch  hart,  so  einsam  sein, 

des  lebens  lust,  des  lebens  pein 

im  eignen  buscn  hehlen. 

Siegfried  Sciimioi  in  Scitillers  musenalm.  1798  s.  31; 

hehlen  intransitiv:  sollte  ich  damit  zurückhalten  und  hehlen? 

ClAUUILS    7,  IV. 

//)  verheimlichen,  vcibergen,  in  bezug  auf  eine  sachc  oder  eine 
person:  eine  gestohlene  sache  bei  sich  hehlen;  diebe,  rauher 
helilen ;  einen  bei  sich  hehlen ,  occultare  aliqucm  apud  sc. 
Hederich  1234.     s.  hehlcr. 

HtHLE.N,  t'crfc.  consentire,  s.  hellen. 

HEHLER,  m.  nach  liehlen  2,  verberger  gestohlenen  gutes,  lier- 
herger  von  verbrectiern.  zumeist  im  Sprichworte:  der  ist  so  wol 
ein  dieb  der  die  leiter  hclt  als  der  da  stilt :  der  hehler  ist 
wie  der  steler.  He.mscu  093 ;  heier  und  steler  ist  ein  dieb 
wie  der  ander.  C94;  siehler  und  hehler  ist  einer  so  gut  als 
der  ander.  Lehmann  137;  der  heier  ist  eben  wie  der  stcler. 
ScHoTTEL  1127";  der  hehlcr  ist  so  gut  als  der  Stehler.  Pisto- 
Kius  Uies.  par.  5,  74 ; 

schuldig  ist  der  lelbig  häler 

widerkerung  gleich  dem  staler.    Scuwarzenberg  119^; 

wann  nicht  war  d«r  hohler, 

so  war  auch  nicht  der  »tchler.     Pistoriu»  10,37; 

der  hehler  wie  der  Stehler.  Platen  261 ; 
hehler  der  slraszcnräuber,  occuUaior  el  recqttor  latronum.  He- 
DEBicM  1234;  er  war  sein  mitschuldiger  und  hehlcr  ..  der  ihm 
zu  seinen  taschenspicicrstückclicn  und  dicbereien  behuiriich 
gewesen  und  seinen  raub  mit  ihm  gcthcilt  hat.  Scuiller  gcister- 
srher  {lust.-krit.  au5</.  4,219);  wer  seines  vorlhcils  wegen  sich 
einer  begünstigung  {von  diebstuhlen)  schuldig  macht,  wird  als 
liehlcf  bestraft,  ürafgetetzhuch  für  d.  norddeiäschen  bund  $  'iUH ; 

eiii'  '    ,  i.'iiicn  itchlor, 

eil  einen  liulcr,  .  .  . 

all'  ii>  n  thtttcr 

hat  iri  i!i'in  man  zu  erkennen, 
den  man  kan  versoffen  nennen.     Looau  l,22t,M. 
1.  dicbshehler. 

HEMLEKEI,  /. .    hehlcrei,  verliergung  einer  als  Verbrecher 

K<knnn»fti  j>prson  oder  sonstige  Unterstützung,  um  «ic  gericht- 

I  schlingen    zu  entziehen.   Aükcu  Uhrb.  d.  üraf- 

/<  (IH36)  j.  592;  bcblcrei  iii  bcziehung  auf  vrr- 

'i'''  '       rigcnlhum.    criminal<jt$ctzhuch  f.  d.  kunig- 


relch  Sachsen  von  1S38,  arl.  239 ;    wer    die    hehlcrei   gewohn- 
lieitsmiiszig  betreibt,  preusz.  Strafgesetzbuch  von  1851,  §  239. 
HEHLEHIN,  f.: 

wenn  sich  die  majestät 
zur  hehlerin  erniedrigt  —  hinler  unserra  rücken 
mit  uiisern  schlimmsten  feinden  sich  versteht. 

Schiller  Karlos  5,  10. 

HEHLERISCH,  adj.  wnd  adv.  dissimulans,  occultans,  arcanus, 
clandestinus,  abditus,  latenter,  obscure,  capliose.  Stieler  734;  ein 
hälerischer  mensch,  homo  arcanus,  secretus ,  balerischer  ort, 
anyulus  rcconditus,  locus  ab  arbitris  remolus.  das. 

HEHLKASZ,  n.  .•  taciturnus,  der  schweigen  kan,  ein  heelfusz 
vocant  nostrates,  .i.  vas  ininime  perfluum.  Ai.b.  3'. 

HEHLHEIT,  f.  diebische  verMmlichung ,  Verfälschung.  SeuM. 
2,170  aus  einer  bair.  quelle  von  1332. 

HEHLIG,  s.  unter  behling  und  hehllich. 

HEHLING,  «I.  geheimnis ,  mhd.  hajiinc:  wo  wir  nun  den 
herzogen  den  argwon  nicht  auszreden,  wirdt  der  ritter  meinen, 
wir  hüben  den  heling  offenbar  gemacht.  Galmy  339;  narren, 
kiindt,  volle  leut,  die  reden  die  warheit  und  ist  kain  heling 
huiider  {hinter)  sie  zu  legen  {d.  h.  bei  ihnen  zu  hinterlegen). 
Zimm.  chron.  2,204,5;  derhalben  hat  sie  den  heling  länger 
in  ir  selbs  nit  behalten  oder  verschweigen  kinden.  3,  72, 1 ; 
do  faade  er  ain  vetter,  der  im  ganz  wol  bekannt  und  ver- 
trawt  .  .  .  dem  sagt  er  allen  häling  und  die  ursach  seiner 
ankunft.  3,109,37;  damit  wurden  die  folia  Sibillae  und  der 
grosz  heling  geoffenbaret.  3,522,28;  solchs  ist  im  ganzen 
künigreich  kein  heling.  3,540,21; 

nun  sag  ich  dir  mein  hälung  ganz. 

Gengenbacu  histf.ners  Jacobsbr.  3C2 
{bei  Götlekc  s.  240). 

tu  der  formel  den  hehling  kalten,  oder  auch  nur  hehling  halten, 
das  geheimnis  bewahren  {vergl.  auch  unten  beim  adj.  hehling): 
doch  nam  er  sie  do  in  eid  ein  heling  ze  halten.  Bundsch.  113 
{Gödckes  Genyenbach  s.  31) ;  so  ferr  und  er  ein  hüling  hallen 
wolt.  14;  so  du  aber  mir  hälig  zu  halten  verhciszeu  will. 
Wetzel  Giaffers  söhne  {Basel  1583)  270 ; 

ich  thäte  dir  das  alhie  khunitt, 

wo  häling  halten  khöndt  din  mundt. 

DiRCK  Su,sannn  (1532)  aiij*; 
häling  ich  dir  will  halten  wol.     das. 

HEHLING,  adj.  heimlich,  heimtückisdi : 

der  selbe  hat  bctwungen  mich 

gar  äno  ha:lingcn  slicb.    Part.  222,4; 

und  alsz  sie  disz  sagt,  sähe  sie  sich  allenthalben  nach  desz 
königs  wehr  umb,  welches  sie  bählinger  weise  entfüret. 
Amadis  23;  bair.  heelig  und  hälig  Schm.  2,  171.  als  adv.: 
süiiiclis  wardt  von  inen  b:iiden  so  heling  gehalten,  das  hie- 
von  niemandts,  Wissens  trug.  Zimm.  chron.  4,362,21. 

HEHLINGEN,  adv.  heimlich,  ahd.  halingun,  mhd.  hajüngcn  : 
clani  hehlingen  Ald.  bei  Frisch  1,  434*;  wie  nun  das  {töctderlcin) 
ersieht  den  herren  am  backen  und  hart  streichen,  sprucht 
es  helingen  zu  dem  frawenzimmer:  dieser  man  hat  leus  im 
hart.  Zimm.  chron.  4,  3G9, 19.  schwdb.  helingen  und  heligen 
heimlich,  leise  Scümid  272. 

HEHLINGS,  adv.  heimlich:  es  war  fast  wunderbar,  wie  das 
so   hchlings  geschehen  konnte.  Aueiibacii  dorfgesch.  1,113. 

HEHLKÄIM'LEIN ,  n.  unsichtbar  machemU:  hülle,  mutze,  hui, 
m/i(<.  helkappc  und  helkeppelin  (Lexer  »i/iJ.  tW\  1,123t.  1232): 
denn  die  bepste  haltens  nie  mit  ernst  im  sinn,  das  sie  wider 
deii  Türken  kriegen  wollen ,  sondern  brauchten  des  türki- 
schen kriegs  zum  hüllin,  darunter  sie  spieleten,  und  das  gelt 
mit  ablas  aus  deudscben  landen  raubeten  . . .  also  vcrdamplen 
sie  meinen  arlikcl ,  nicht  dariimb ,  das  er  dem  türkischen 
krieg  wehret,  sondern  das  er  solch  belekeplin  abreis,  und 
dem  gelt  gen  Rom  die  strasze  legt.  Luther  4,  432*. 

HEHLLICH,  adj. und  adv.  heimlich,  verborgen:  heilich, hclleich 
SciiN.  2,170;  hetlicb  und  on  sein  wiszen.  171;  gewöhnlich  in 
der  schretbung  hchlich  ,  <it(f/*  hehlig:  die  lehcngüter  kimiien 
unverbcst  der  herrn  ausz  einer  liandt  in  die  ander  kommen 
mit  einem  uh  ichligen  kauf  oder  hchlich.  weislh.  2,  201 ;  hel- 
liger weisz.  Bambergensis  art.wn;  man  sich  erkundigen  mag, 
das/,  er  kürzlich  vor  dem  brandl  hdicher  und  verdllchllirher 
weisz  mit  ungowönlichen,  vcrdJlchllichcn,  gefährlichen  fcuer- 
wcrken,  damit  man  heimlich  zu  brennen  pllegt,  umbgangeu 
ist.  eandina  ort.  41;  belicher,  ungewöhnlicher  und  gefährlicher 
weisz  {'clandestino,  insolUo  et  noxtomodo').  urj.  42;  welcher  aber 
in  eines  ändern  huiz  heligcr  und  verbullcner  weisz  hauwrl. 
art.  ICH. 


789 


HEHLSCHLEICHER — HEHR 


HEHR 


790 


HEHLSCHLEICHER,  m.  leiseschlacber,  dttckmätiser :  die  arme 
heelschleicher  reden  wol  leis,  und  machens  heimlich,  Jesus 
aber  lU.ets  bald.  Otho  1375. 

HEHLU.NG,  f.:  hälung,  dissimulatw ,  occuliatw ,  absconsio, 
receptio.  Stieler  734; 

die  hehluug  schmerzt  mich,  tochter.    Siolbkrg  4,  212. 

HEHR,  adj.  praestans ,  magnus ,  aUus,  sanclus ,  ein  nur  in 
den  continentalen  ländern  des  deutschen  Sprachgebietes  übliches  icort, 
ahd.  mhd.  her,  aÜs.  mütelniederd.  her,  nl.  beer  in  heerlick  magni- 
ficus  (Kilian).  Die  venrandtscliafllichen  Verhältnisse  des  trortes 
genau  festzustellen,  fällt  schwer,  als  yrundbegri/f  hat  man  fast 
allgemein  leuchtend,  glänzend  angenommen,  und  das  golhische, 
nur  einmal  begegnende  hais  leuchte  (dat.  pl.  haizam  /usra  ).au- 
TidScov  loh.  18,  3)  herangezogen,  so  dasz  das  r  im  auslaute  von 
her  auf  früheres  s  zurückgienge.  indes  ist  das  goth.  hais  selbst 
ein  etymologisch  dunkles  uort ,  das  aber  wahrscheinlich  nicht  von 
seiner  u-irkung,  sondern  von  der  form  den  namen  trägt,  das  tcie 
goth.  niais  {mehr)  eine  innere  Zerrüttung  erfahren  hat  und  dessen 
auslaut  suffixaler  nalur  ist,  so  dasz  eine  Verwandtschaft  zwischen 
beiden  Wörtern  anzunehmen  bedenklich  fällt,  eher  möchte  her 
{und  dann  mit  ursprünglichem  auslatäenden  r)  mit  sanskr.  kil  sich 
freuen,  spielen,  tändeln,  kila,  spiel,  tändelt,  kilakilä  freuden- 
geschrei,  keli  belustigung,  spiel,  liebesspiel,  tändelei  (Böhtl.-Roth 
2,292.293.42s)  zu  vermitteln  sein,  Wörter,  deren  sinn  auf  der 
grundanschauung  des  behagens  und  des  gehobenen  fuszt.  diese 
grundanscfiauung  zeigt  sich  auch  beim  deutschen  hehr  deutlich, 
wenn  es  freudig,  stolz  auszudrücken  hat,  eine  bedeutung,  die  ob- 
schon  ahd.  nicht  bezeugt,  doch  die  ursprünglichste  zu  sein  scheint. 

Bedeutung  und  gebrauch. 

1)  gehoben,  stolz,  freudig,  mhd.  nicht  unhäufig: 

ich  was  mines  muotes  ie  sd  her 

daj  ich  in  gedanken  dicke  schöne  lac. 

minnes.  frühting  ISO,  1; 
das  si  im  entrunoen,      des  wären  si  vil  her.     Nib.  1474,  3; 
der  rede  was  dö  Hagne      in  sime  herzen  her.    147S,  1; 

swelch  man  wirt  äne  muot  ze  rieh, 

wil  er  ze  sere  striusen  sich 

üf  sine  richheit,  so  wirt  er  ze  here.    Walihkr  81,25. 

nhd.  noch  in  einer  formet  nachzuweisen: 

sie  thäten  mich  bald  fragen, 
ob  ich  der  Schreiber  war, 
das  sollt  ich  kurzum  sagen; 

darzu  ward  mir  nicht  hehr  (=  dabei  ward  mir  niclit 
wol).    des  linaben  wumterhorn  2,25«. 

2)  überwiegender  wird  hehr  gebraucht  vom  hervorragen  rücksicht- 
lich der  gesellschaftlichen  Stellung  und  des  ansehens,  eine  bedeutung 
die  noch  jetzt  in  dem  verdunkelten  comparativ  herr  (s.  d.)  dominiert, 
die  auch  in  den  unten  folgenden  composilen  hehrfroh,  hehrgut 
zu  tage  tritt :  ahd.  heren  proceres,  herero,  heriro,  heruro,  prae- 
stantior,  senior,  prior,  major,  heröslo  primus,  princcps  Graff 
4, 9SS;  Lysianuse  heristen  in  theru  steti  tbiu  Abilina  was 
heijjan,  untar  then  heriston  biscolun  Anna  in  Caipha  (Lysania 
lelrarcha  Abilinae,  siJ)  principibus  sacerdotum  Anna  et  Caipha). 
Tatian  13,1; 

er  was  heröro  man.    Hüdebrandslied  7; 
manige  bischof  also  herin, 
die  dir  ceichin  haftig  wärin.    Annolied  101; 
atis.  sia  quädun  that  sia  kuning  ödran 

ne  habdin  undar  irö  heriskipie,  newau  thcna  heran  kSsar 
fan  Kumu-burg.  Hetiamt  5377; 

mhd.  Philippe,  künec  here.    Waxtber  16,  36; 
owe  wa;  lob  ich  tumber  man? 
macti  ich  mir  si  ze  her  (cilielie  ich  sie  zu  hoch), 
vil  lihte  wirt  mins  mundes  lop  mins  herzen  ser.    54,  5; 
gistu  mir  din  swester,      so  wil  ich  e;  tuon, 
die  schoenen  Kriemhilde,      ein  küniginne  hör.    Nib.  332,3; 
daj  ich  ir  ere, 

reht  als  ein  wunder      so  sunder      so  sere 
minn  und  meine,      si  reine,      si  s*lic,  si  höre. 

frauendienst  394,  20 ; 
mild,   so  stolt  is  nicht  noch  so  hör 

ein  vrouwe,  ik  vieige  an  er  lör  {wnjige). 

niederd.  Äsop  v.  Hoffmann  3,  21 ; 

die  moderne  Schriftsprache  ist  zu  dem  gebrauche  von  hehr  in  diesem 
sinne  erst  seit  dem  wieder  bekannt  werden  der  mhd.  dichtungen 
i/dangt  (cergl.  über  den  neuem  gebrauch  von  hehr  unten  no.  6) : 

ich  sah  noch  nie  solch  einen  hehren  kreis. 

ScHiLLKR  Dcmetrius  1,  1; 
den  hehren  despoten  lieb  ich  im  krieg.    Götue  4,322; 
ü  könig  Karl,  mein  bruder  huhr, 
o  dasz  ich  floh  tod  dir!      Ubl^nd  ijed.  333. 


3)  doch  ist  hehr  auch  in  der  volksmäszigen  .<;prache  des  17.  —  IS. 
jahrh.  in  der  bedeutung  2  bezeugt,  in  der  formet  nämlich  einen 
hehr  halten ,  einen  hoch  ansehen ,  schätzen :  weil  er  seines 
schlauen  kopfs  wegen  von  der  ganzen  gemeine  schrecklich 
hehr  gehallen  wird.  Scboch  stud.-leben  Dij ;  ebenso  hehr  thun, 
hohe  absieht  haben :  sie  verwarf  alle  Spekulationen  wohlmei- 
nender basen  und  tanlen ,  die  auf  eine  ehestiftung  zielten, 
und  that  mit  der  fräulein  tochter  so  hehr,  dasz  sich  kein 
Junker  an  sie  wagte.    Musäds  volksm.  513  {die  enlführung). 

4)  hehr  bezogen  auf  personen  und  gegenstände  des  cuUus,  auf 
gotl,  Christus,  die  heiligen,  wunder,  die  bibel  u.s.w.:  ahd.  ih  ne 
eroti  noh  ne  gewirdota  . .  daj  hera  heilictuom,  neheina  goles 
wiha,  fastataga,  firtaga,  andera  hera  dultaga.  Mi^lle^uoff  «. 
Scheuer  220,100; 

atts.  bädun  alo-waldon, 

heran  hetcn-kuning.    Heliand  691 ; 
mhd.  da;  ein  magt  ein  kint  gebar 

here  übr  aller  engel  schar.     Walther  J5,  10; 

here  frouwe!  {ausruf  an  die  Jungfrau  Maria).    39,24; 

daj  here  {gelobte)  laut  vil  reine.    78,  12; 

Christ  herre !  du  bist  gut, 

nu  hiir  uns  durch  din  reines  plüt, 

durch  dine  heren  wunden.    Uhlamd  volksl.  797; 

da;  diser  segen  werde  voliebräht 
in  der  h^ren  uamen  drin 
di  ein  wärer  gel  sin.     815; 

nhd.  hehr  sacrosandus,  solennis,  auguslus  Alb.  cc3';  heilig  und 
hehr  ist  sein  name.  ps.  111,9;  vgl.  die  auslegung  dieser  stelle: 
das  wort  terribile  heisze  ich  auf  mein  deudsch,  hehr,  das 
man  zu  latein  meluendum,  reverendum  heiszl.  als  wenn  man 
ein  bilde,  kirche,  fest,  heiligthum  oder  dergleichen,  schon 
und  hehr  helf,  und  gleich  mit  sorgen  und  ernst  sich  dagegen 
stellt,  also  ist  der  name  des  herrn  nicht  allein  heilig  an 
sich  selbs,  sondern  auch  hehr  und  hoch  gehalten  von  den 
menschen.  Lcther  5,  206';  das  beer  und  werde  Hecht  des 
evangelii.  Mathesiüs  Sar.  61'; 

nachdem  die  glock  grosz  und  schwer, 
und  die  stet  heilig,  kostlich,  beer. 

B.  Waldis  d.  pabstl.  reich  1,  16; 

mit  bezog  auf  das  feiern  von  festen :  und  {hat)  die  heidnischen 
orgia  und  Mertens  tage  alle  wochen  hehr  und  heilig  gehalten. 
Mathes.  Sar.  15". 

Bei  neuern  steht  hehr  {vergl.  unten  6)  auch  von  heidnischen 
gottheiten,  oder  von  personificalionen  im  getvande  der  gottheü: 

dort  wo  Kalypso 
wohnt,  die  scböngelockte,  die  hehre  melodische  gottin, 
die  mich  gepflegt  und  erquickt.        Odyssee  12,4-19; 
fragt  den  forscher,  wo  die  Wahrheit  wohnt ; 
aber  sieh!  der  himmel  ist  verschlossen, 
wo  die  hehre  göttin  thront.      Tiedgb  Urania  1 ; 

und  so  haben 

mich,  im  stillen,  .  .  . 

hehre  musen  auferzogen.    Götob  2,  23; 
wenn  gottheit  Camarupa,  hoch  und  hehr, 
durch  lüfte  schwankend  wandelt  leicht  und  schwer.    3,  104. 

5)  die  ältere  spräche  braucht  tiehr,  zunächst  wieder  an  die  Be- 
deutung 2  angesdibssen ,  weiter  von  profanen  dingen,  die  sich 
auszeichnen,  hervorsiechen:  äl66  mit  allen  den  heresten  salboii. 
Williram  38, 10; 

dere  gesiebte  däre  quam  wilin  ere 

von  Armßnie  der  herin, 

da  Nöe  ü;  der  arkin  ging.     Annotied  308; 

schccniu  laut  rieh  und  here.    Walther  15,  6; 

dar  ist  ein  mile  oder  mer, 

da;  ich  gesach  nie  burc  so  hör 

mit  aller  slachte  richheit.      Parz.  250,  14. 

in  diesem  sinne  noch  im  16.  17.  jaftrh.:  so  habe  mau  di^cn 
nusz  für  ein  beer  und  heilig,  oder  köstlich  herrnwasser  ge- 
ballen. Matuesils  in   Wcu:kernagcls  leseb.  3,1,425; 

soll  wol  Bireno  sie  gesehen  nacket  haben, 

ihr  heere  zarte  haut  und  schönste  leibes  gaben. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  2,  69,  2. 

6)  spiUer,  nach  dem  17.  jahrh.,  ist  hehr  tn  diesem  sinne  ver- 
schollen,  und  lebt  überhaupt  {auszer  in  den  formein  3)  nur  in 
der  bedeutung  4,  in  der  man  «  aus  Lcthers  bibel  kennt,  in 
der  2.  Iiälfle  des  18.  jahrh.  kommt  es  wieder  in  häufige  aniren- 
dung.  Wieland  bezeichnet  es  in  einem  aufsalze  vom  jähre  I7i(2 
über  die  Borussias  von  Jemscii  als  ein  'veraltetes,  aber  aus  Luthers 
bibel  bekanntes'  wart,  dessen  Wiederbelebung  er  empfielill:  nur 
düucht  mich  sollte  es  nicht  pro  lubitu  statt  eines  andern 
uhnlicben ,   sondern  nur  als  die  stärkste  poetische  färbe  in 


791 


HEHR— HEHRFROH 


HEHRGUT— HET 


792 


der  ganzen  schattiriing,  zu  der  es  gehört  (ehrwürdig,  ernst, 
erhüben,  furchtbar,  majestätisch,  heilig,  hehr),  und  also  sehr 
sparsam  gebrauciit  werden,  werke  in  der  Göschenschen  ausgäbe 
36,  69.  aber  er  hatte  sich  selbst  nicht  an  diese  reyel  gebunden, 
hehr  vielmehr  schon  1776  freier  verwendet: 


der  gnnie  hof  iu  kurzer  Frist 
gestielelt  unil  beritten  ist. 
ein  hehl  er  zug ! 

mnlermärclien  (werke  18,  179 


s.  243). 


genauer  im  geiste  der  Wielandschen  Vorschrift  nahm  Klopstock 
hehr  in  die  letzte  ausgäbe  seines  Messias  d'bO)  auf: 

denn  es  hielt  noch  immer  der  solin  aus  der  fülle  der  seele 
n.it  ilcm  viiier  ge^prnche  des  schiciisalenthiillenden  Inhalts 
heilig,  und  lurchthar  und  hehr.  icccke  :<,  2>,  altnlich  s.  15 

(H./c/i  nicIU  in  der  au.yijabe  des  Messias  von  1751). 

es  wird  nun  hehr  wieder  häufig  im  sinne  von  erhaben,  ehrfurcht- 
gebietend gebraucht;  so  vom  menschen,  von  dessen  gefüläen,  blicken, 
aussprüchen : 

sieh,  schlecht  und  recht,  ein  hauersmann 
am  wanderstiibe  schritt  daher, 
mit  probem  kittel  angethan, 

an  wuchs  und  anllitz  hoch  und  hehr.    Borger  37'; 
rieht,  ob  ich  recht,  ob  unrecht  that;  auf  dich 
beruf  ich  mich,  dein  spruch  wird  hehr  mir  .sein! 
Stolbkrc  15,  216; 

die  ewigen  geffihle 
heben  mich,  hoch  und  hehr, 
aus  irdiscbem.^evvijhle.    Göthe  1,98; 
wenn  du  von  Laura  wahres  hast  gesungen, 
von  hehrem  blick,  Ton  himmlischer  geberde. 

UuLAno  ged.  126; 

von  der  nalur,  dem  himmel,  den  sternen: 

sanft  umsauselten  mich  und  hehr  die  nächtlichen  schauer. 
Stolberc  tjediciile  (1779)  162; 
natur,  so  hehr!  so  wunderbar!     183, 

die  bezüglichen  gedicfile  sind  von  1776;  ein  wundersamer  zu- 
stand bei  hehrem  mondenschein  brachte  mir  das  lied  '  um 
mitternacht'.  Götbb  32,138; 

gen  himmel  blickt  ich,  er  war  hell  und  hehr.    1,  6-, 
nur  immer  zu!  euch  ist  die  weit  erschlossen, 
die  erde  weit,  der  himmel  hehr  und  grosz.    3,  29; 
die  hehre  weit,  wie  schwindet  sie  den  sinnen!    s.  30; 
die  weit  sie  ist  so  grosz  und  breit, 
der  himmel  auch  so  hehr  und  weit.    s.  103« 
der  tempel  steht,  dem  höchsten  sinn  geweiht, 
auf  felsengrund  in  hehrer  einsamkeit.    s.  139; 
{das  schtosz)  erleuchtet  auszen  hehr  vom  sonnengold.    47,156; 
selbst  von  gebäuden: 

es  stand  in  alten  Zeiten  ein  schlosz  so  hoch  und  hehr. 
UuLAND  ijed.  390. 

7)  hehr  heiszt  mundartlich  auch  fein,  dünn,  schmal,  von  der 
druckschrift,  vom  garn,  hclllönender  stimme.  Kehrein  191.  Schmidt 
ueslerw.  idiotikon  72;   hehr  geriebenes  ))rül.  Vilmar  157. 

HEHHAL'CH,  m.,  vergl.  hägerauch  sp.  153:  wenn  abendrüte 
oder  hehrauch  ist,  so  versihet  man  sich  schön  weiter.  Ma- 
th esius  postille  3,  38*. 

HEHRE,  f.  stolze  Schönheit  (nach  hehr  5):  ob  wo!  die  newc 
und  künftige  weit  auch  nicht  leere  und  üde  sein,  sondern  ir 
liehr  und  schmuclv  von  allerlei  newen  creaturen  hal>en  wird. 
Mathesios  Sar.  53'. 

HKHHEN,  verb.  1)  sich  zieren,  schmücken  (nacli  hehr  5),  tnlid. 
hÄren,  verwendet  Voss,  wol  nur  eine  reminiscenz  seiner  altdcut- 
trJien  Studien: 

ei !  seht  mir,  ei ! 

wie  hold  der  mal 

die  lult  aus  wölken  kJfiret, 

das!  wald  und  au 

mit  bunter  schau 

und  vogelsang  sich  hebrct.    4,  Vi. 

1)  ganz  anders  ist  ein  bei  Luther  vorkommendes  heitren  zu 
nehmen,  et  ist  nebenform  zu  eiiren  ackern  (3,57,  veryl.  ereii 
3,  7%7,  ähren  1,198,  {Iren  1,515),  mit  vorgetretenem  h:  das  weis 
ich  wol,  das  viel  götllicher  were,  ackerwerk  iiieluen  und 
kaufmanschaft  mindern ,  und  die  viel  besiicr  thun ,  die  der 
Schrift  nach,  die  erden  crheiten,  und  ir  nariing  draus  snriien 
...  es  ist  noch  viel  land,  das  nicht  umbtricben  und  geherei 
i»t.   1.314'. 

IIEHitFHOH,  adj.  autzerordenllieh,  vorziiglich  froh,  im  sdchs. 
Kriiirbir(je  üblich:  die  frembden  sind  beer  fro,  imd  nemen  die 
piophrirn  mit  freuden  auf.  Mathesius  in  Wackeruaijels  Irsrti. 
.4;  auch  im  SrlimalkaldiscJicn.  Vilmar   I.'.7. 


HEHRGÜT,  adj.  vorz^Hch  gut:  so  vil  an  dir  ist,  köndestu 
alles  überkommen,  und  in  {den  armen)  auch  die  sonnen  nemen 
und  einsperren,  du  seszest  in  für  das  liechl,  damit  du  allein 
ein  her  gut  leben   bettest.  Frank  sprichw.  2, 175*. 

HEHRLICH,  adj.,  .«.  herlich. 

HEHRMESSE,  f.  missa  solemnis.  Frisch  1,434*. 

HEHRTHUM,  n.  das  venerabile  in  der  monstranz.  Frisch  1,434*. 

HEI,  interj.,  in  manigfacher  Verwendung. 

1)  die  altern  cpen  beleben  durch  hei  den  gang  der  erzdhlung 
und  die  aufmerksamkeit  des  hörers  für  gehobene  stellen: 

der  bere  von  dem  schalle      durch  die  kuche  geriet: 
ffey  waj  er  kuchenknebte      von  dem  viwer  schiel! 
vil  ke^^cle  wait  geriieret,      zerföeret  maiiic  brani: 
hei  waj  man  guoter  spise      in  dem  ascben  ligen  vant ! 

A'(/(.  900; 

dö  körnen  ouch  die  geste      imd  erboijten  sä  zehant: 
hey  wa;  man  gröjer  zühie      an  den  Ton  Durgonden  vant! 

1602,4; 

bei  was  *r  tiefer  wunden      durch  die  helme  sluoc  !    1882,  2; 
hei  wie  vor  dem  gesinde      der  alle  Wate  reitl    Cudr.  1668,2; 

hei  wie  Biterolfes  haot 

half  da  sinem  kinde!    Biterolf  ii.  Dietleib  10666; 

ähnlich  auch  anderweit: 

wer  sol  nu  üf  Steinberc 

wurken  Wernbaries  werc? 

hei  wie  er  gab  iiiide  lech!    minnes.  frühling  25,29; 

hey,  was  du  genäden  leist 

an  die  sündesiechen! 

KoNR.  V.  WÜRZBüRC  347,  77  Bartsch. 

nach  diesen  Vorbildern  verwenden  neue  dichter  hei  wieder: 

als  kriegsruf  erklang, 
bei !  wie  der  weisze  Jüngling  (Btiiclier)  in  n  sattel  sich  schwang ! 

Arndt  ged.  (Iij40)  283; 

hei,  sausende  pfeile,  klirrender  schwerterschlag! 
bis  Harald  fiel  und  sein  trotziges  beer  erlag. 

Uhland  ged.  351; 
und  als  das  frübroth  leuchtet  und  als  der  nebel  sinkt, 
hei,  wie  es  da  von  Speeren  und  morgensternen  blinkt!    361; 
bei,  wie  der  löwe  Ulrich  so  grimmig  tobt  und  würgt!    368; 
bei,  wie  das  leid  durcbmälist  du,  Walthari,  tapfrer  schnilter! 
Scheffel  VVatlltaritied  im  Elilielutrd  (186S>)  s.  448. 

2)  oft  ist  auch  hei  ausdruck  der  freude,  des  jauchzens ,  ein- 
leilung  eines  freudig  ausgesprochenen  wunsclies: 

mhd.  wol  dem  manne,  der  mit  wibe 
disen  sumer  so  veriribe, 
daj  er  liebes  wirt  gewert! 
hey,  wie  dem  sin  leii  verswindet! 

KoNR.  V.  WÖRZBURG  355,  14  Barisch : 
bort  der  Niblunge      besloj^en  hat  sin  haut, 
hey  solder  immer      konicn  in  Burgonden  lant!    JVt/,'.  717,  4; 
hey  wa;re  ich  dort! 
bi  der  wolgeiänen  la}ge  ich  gerne  an  minem  röme. 

Neidhart  12,  24; 
nhd.    bei,  die  that,  sie  ist  gethan! 

schaut,  was  unser  zaubcr  kann!     BBrcer  297'; 
wohl  schwitz  ich  von  dem  schweren  druck: 
bei,  bairisch  hier,  ein  guter  schluck, 
sollt  mir  gar  köstlich  luuiuleu.    Uhland  ged.  345; 
er  sprang  vom  schiffe,  da  fiel  er  auf  die  band: 
hei,  riel  er,  ich  fas?  und  orgreile  dich,  Engelland!    350; 
hei,  spricht  der  wolf  mit  lachen,  gefiel  euch  dieser  schwank? 

369; 
und  mit  heissahei  und  ahermal  hei 
die  liebe  sie  spielet  frisch.     Arndt  ged.  (1840)  s.  110; 
hei,  die  pbilisterroädel,  wie  hab  ich  sie  geschreckt! 
hei,  die  philisterbuben,  was  hatten  sie  respekt! 

H.  Keinick  tiider  218; 

im  gefolge  anderer  interjeclionen  {vergl.  auch  die  engivrbundenen 
heida,  heidi,  heisa,  heia,  heiahoh  »rirf  juchhei):  hey  sa !  rief 
er,  indem  er  die  Hasche  in  die  Imhe  hielt,  es  leben  die  feeii 
und  die  liezauberlen  prin/.essiiineii !  Wieland  11,214;  hey  sa! 
der  henker  hole  die  grillen!  lustig  weil  wir  ledig  sind !  das.: 
hey  SU !  auf  gesuiidheit  unserer  prinzessin !  249;  hey  sa, 
gnädiger  herr,  rief  er,  freude  über  freude!  374;  hey  sa!  da 
wirds  zugehen !  da  wird  der  himmel  voller  geigen  hUngen ! 
12,21. 

3)  hei,  eine  ermunlerung  einleitend,  vie  auf!  nun!  wolan! 
hei  wolan,  liats  die  meinung,  so  laszl  uns  inn  ein  eck  beim 
ramin  scbniuben.  (itirij.  22(i';  der  pfaff  spricht:  ich  darls 
nicht  wol  vor  eucli  sagen,  die  fraw  antwortet:  hey,  lieber 
lierr,  sagendH,  es  schadet  nichts.  Wickraii  ro/dr.  139, 12  A'urz; 

schwvaiern,  nun  zum  tnnz  heran  I 
bvl!  wuhloni        Bürger  297'; 

auch  nur  einen  schnell  aufsteigenden  gedanken  einführend:  weiidl 
sich   mit   guten   uurlun  wider  zu  rück  und  sagt:    hey,    ich 


793 


HEI 


HEI  — HEIA 


r94 


Bihe  w  il,  dasz  ist  ein  lantzkneclit  lierberg;  habt  mir  niclil 
zu  ur.j'ut.  WiCKRAM  io//jr.  04. 12  Aur:;  was  gefult  eucli?  roter 
ode--  weiszer?  hey  nasser,  so  steubls  nicht.  Gary.  ST*;  schneid 
icD  ehr  oder  esz  ich  ehr?  hei,  ich  will  erst  essen.  Grimm 
kinder-  u.  Iiausm.  VIS. 

4)  hei,  als  einfacher  zuruf;  bah.  hau  so  viel  als  he!  Iiorrh!; 
mit  hai  gibt  auch  ein  yeru/ener  kund,  dasz  er  den  rvf  renovimen. 
ScHM.  2.  127;  schueiz.  hai  zuruf  an  d'is  vieh.  auch  an  menschen, 
um  zum  gehen  zu  ermuntern,  um  sie  vor  sich  hin  zutreiben.  Tobleb 
252*;  hev  hay.  hotta.  ein  geschrei  eines  karrennianns.  Maa- 
LER  220*";  hey  gemach  lährt  man  den  berg  auf.  Garg.  86*; 
hey  weckt  es,  dann  es  ist  weckens  zeit.  SC'; 

her,  wölt  ir  mich  lahn  fahren  mit. 

H.  Sachs  3,  1,  157'. 

in  Verbindung  mit  da  {vgl.  auch  heida):  hey  da!  groszmutter . . 
ihr  könnt  ja  wahrsagen,  nicht  so?  Wieiji.nd  11,229;  hey  da, 
groszmutter,  wir  wollen  von  was  anderm  reden.  234. 

5)  hei,  als  einleilung  zu  einer  Zustimmung:  hei  ja,  es  ist 
billich,  beim  risenwadel,  ich  will  ihnen  den  wein  schenken. 
Garg.  148'.     in  der  Schweiz  hei  jo,  ei  ja.  Tobler  260'. 

6)  Keil  öfter  aber  ist  hei  einleilung  zu  einem  Widerspruch,  einer 
abtcehr: 

•hey  sin  Hp  iu  wol  gevellet. 

ir  habt  iuch  zim  gesellet". 

dö  sprach  si  'nune  welle  got".    Parz.  133,  21, 

hey ,  sagt  der  roller,  dunkt  er  (der  wagen)  euch  dann  nit 
geladen  sein?  Wickram  rollw.  68,6  Kurz;  hey,  wolt  ir  darumb 
aufston?  93,24;  hey,  nit  also,  ..  ir  müst  ein  wenig  gmach 
traben.  158,18;  hey  nein,  wir  schälk  sitzen  hie  bei  from- 
men leuten.  Garg.  89';  hey,  ist  ein  stimm  anzeigende  dasz 
man  eines  dings  voll  nnd  maszleidig  ist,  hey  es  ist  sj  {sein, 
dessen)  gnug,  ohe  jam  satis  est.  Maaler  220*;  hei,  sobald 
jemand  anders  was  will,  kommt  euch  der  hunger  wieder 
an.  werdet  böse,  thut  als  ob  ihr  noch  nichts  hättet.  J.  Gott- 
HELF  schuldenb.  s.  6; 

da  sprach  der  schwan:  hey,  bruder,  nein! 

warumb  solt  ich  jetzt  traurig  sein  ? 

B.  Waldis  Esop  2,  44,  13; 

acht  auch  nicht  ob  dein  herr  schon  sag, 

der  gut  gsell  nimmer  trinken  mag. 

hay  lieber,  sprich,  laszt  mir  in  sitzen, 

wir  wollen  im  noch  basz  zu  spitzen. 

ScHEiDT  grobianus  [Frkf.  1568)  D  vij  *  (ö.  1,  eap.  7). 

7)  hei,  ausrxif  eines  unwilli(ien,  zornigen:  hei  das  ihnen  der 
teufel  das  hinder  theil  gesegene.  Garg.  33';  hey  du  schalk, 
gastu  noch  da  und  ich  meint,  du  wärest  gestorben  ?  Wickram 
ro//if.  42,28  Kurz;  hey  dasz  dich  gott  sehend!  45,16;  hey, 
köpf,  wollest  dich  der  meisterschaft  annemmen  und  meiner 
frawen  ..  wee  thun?  77,9;  hey,  du  schandlicher  jüdischer 
hund !  87, 12 ;  fragte,  was  ich  schreiben  solle,  der  general- 
auditor  (welcher  vielleicht  unwillig  war,  weil  sich  mein  examen 
tief  in  die  nacht  hinein  verzog)  antwortete:  hey!  schreib: 
deine  mutier,  die  hure!  Simpl.  i,  215  Kurz. 

8)  hei,  Oper  ausruf  der  klage,  des  Jammers: 

bei  wa;  ich  größer  sorge      dike  umb  Stfriden  bän! 

Aifc.  843.4; 
öwe  unde  heiä  hei 
da;  ich  dinen  vater  ie  gesacb.    Parz.  496,  22-, 

hey,  ein  geschrei  eines  weinenden,  ah,  ah.  Maaler  220*;  hei 
wie  vil  bluls  ist  umb  dise  stat  vergossen  worden?  Fra^k 
chronica  1531  189';  hey  ihr  unsterblichen  gütter,  verkürzet  mir 
doch  mein  leben ,  auf  dasz  mein  herzleid  ein  ende  nehme. 
engl.  comCd.  LI;  hev  ho!  welch  ein  trauriges  loos!  Klisger 
3,141; 

hei  waren  wir  selbs  ruwig  gsin, 

so  wer  es  uns  nit  darzö  kon  {gekommen).    Daniel  Sij'; 
hei  schwere  busi    Melissds  psatm.  üb'; 
hey  schaden!  dasz  mir  nicht  die  mühle  werden  soll. 
Rachel  sul.  (1677)  34. 

9)  hei  beim  einschläfern  der  kinder:  wir  ziehn  die  gardinen 
vor  und  wünschen  ihr  eine  angeneme  ruh!  hey,  ey,  o!  po- 
peyo  I  (Schulz)  oAmanach  der  beltettr.  1782  s.  75 ; 

sie  herzten  und  drückten 
*  und  wiegten  ihn  ein. 

hei  ei  o  1  popeio  '.     Göthk  8,  53. 

vtrgL  heiopopeio,  und  das  verbum  heien  wiegen. 

HEI,  m.  gehegter  wald,  srhonung;  ein  vorzüglich  m  Baiern, 
Schwaben,  Franken  und  Hessen  gebrauchtes  worl,  das  dem  sinne 
und  der  abstammung  nach  mil  hag  und  hagen  ursprünglich 
identisdi,  auf  eine  seltr  alte  nebenform  zurückgelit,  in  der  itilau^ 


lende  gulluralis  erweicht  worden  ist:  schon  das  langobardische 
wOrterbuch  im  codex  Carensis  bringt  gajo  id  est  silra  regis  {Haupts 
zeilsdir.  i.  .ö54*)  als  zusammenzieiiung  von  gahagio ;  daneben  läuft 
ein  als  fem.  behandeltes  latinisirtes  haja  (Graft  4.761);  haia 
militaris  vallus  Du  Ca.nge  r.  Henlschel  3.  614';  dieser  form  schUeszl 
sich  auch  im  gesclilechte  mhd.  heie,  hei.  gehegter  wald  {wb.  1, 649*) 
an.  bairisch  i.4  hai  masc,  in  erweiterter  bedeulung  Schonung, 
hegung.  Vermehrung;  scliwäb.  hei  befriedigter  wald  ScHMiD  268; 
hoy  in  der  Oberpfalz :  dazu  {zum  verbum  hoya  in  der  bedeutung 
einplanken)  stimmt  auch  der  name  jedes  waldes,  der  so  ge- 
hütet wird:  hoy  =  hag,  der  eingehegte  befriedete  wald. 
ScHöNWERTH  aus  der  Oherpfalz  2  (18581  s.  337;  hay,  m.  ein 
buschiger,  gehegter  wald  Fai^^CH  1,395';  in  Hessen  he  als  neulr., 
eingepifdigter  bezirk,  zumal  waldbezirk  Vilmar  156 ;  im  hai  liegen, 
oder  in  den  hai  legen  (ron  hölzern,  wiesen,  wässern)  cor  be- 
schädigung,  besonders  durch  viehtrieb,  verwahrt  sein  oder  verwahren 
ScBM,  2.128;  man  sol  auch  in  yeder  hutt  {forstbezirk)  einen 
loh  \buschholzbestand)  in  hay  legen  .  .  und  man  sol  auch  in 
einer  meil  von  der  stat  und  auch  in  den  lohen,  die  man  in 
hay  legt,  nicht  hawen.  Nürnb.  polizeiordn.  305 ;  ebenso  einen  hei 
hegen,  eine  Schonung  durch  einfriedigen  anlegen  {nach  hegen  3 
s/).  778):  item  weisen  wir,  dasz  iedes  dorf  der  vier  gemeiod 
alle  jähr  drei  junge  haye  von  dem  hirten  und  vihe  solle 
geheget  werden,  dessen  gehet  alle  jähr  einer  aus,  der  ander 
an,  und  soll  ein  iedes  dorf  seine  haye  zeichnen.  treis/A.  2,185 
(Hundsrück,  von  1608).  hier  wechselt  die  form  hei  mU  hag 
(s.  hag  4  sp.  138) :  dahe  sichs  begäbe,  dasz  ein  hirt  mit  dem 
strich  auf  einem  gehegten  haye  kommen  thäte,  soll  er  an 
einem  ort  und  ende  dardurch  treiben ;  so  aber  ein  hirt  in 
einem  verbotenen  hag  zu  weiden,  wenden  und  kehren  triebe 
{gibt  er  strafe),  das.  s.  185.  186.  —  Entsprechend  dieser  bedeutung 
von  hei  haben  die  bairischen  composita  heiholz,  heireis,  heiscbiag, 
heiwiese  dieselbe  bedeulung  wie  hegeholz  u.  s.  w.  oben,  vergl. 
auch  heien  für  hegen. 

HEI,  adj.  trocken,  dürr,  ein  in  der  form  manigfach  wechselndes 
wort,     die  älteste  nachweisliche  form  ist  ahd.   hei  uridum  Gbaff 

4,  709  {aus  den  Itrabanschen  glossen),  sie  scheint  nicht  ganz  unver- 
slümmelt  zu  sein,  sondern  etwa  für  heii  (ron  einem  stamme  heija) 
zu  stehen,  worauf  die  spätere  form  heie  und  beige  {mit  g  aus 
j  vergröbert)  hinweist,  die  sich  wied^  mil  ahd.  arheigetun  aeslua- 
verunl,  erhegetemo  winte  venlo  urente  (Graff  4,710)  berührt, 
das  wort  gehl  vorzüglich  über  das  bairische ,  fränkische,  hessische 
Sprachgebiet:  kärntn.  kaig  mit  hOhenrauch  bedeckt,  koig  schwül 
mit  dem  subsl.  hai,  kai  {für  gehail  höhenrauch  (Lexeb  130), 
kaig  aus  ge-heige;  bair.  hai  als  subst.  in  haidampf,  hainebel, 
hairauch  trockner  dampf  oder  nebel  in  der  atmosphäre  zu  heiszer 
Sommerszeit  Schm.  2, 127,  ron  ahd.  bei  uredo  ausgehend ;  hessisch 
{zumal  in  Oberhessen)  hei,  heie.  beige,  hege  'der  feuchtigkeit, 
des  Wassers  ermangelnd,  mithin  dem  sinne  unseres  trocken  ziem- 
lich, weniger  dem  begriffe  dürr  entsprechend'.  Vilmab  157;  heige 
zeit,  trock-ne  Jahreszeit,  hages  wasser  seichtes  wasser  das.;  im 
fiassauischen  ist  die  heiezeit  die  heisze  Sommerzeit,  in  weldier  der 
hammer  {in  eisenwerken)  eine  zeit  lang  ruht.  Kehbeik  192;  auch 
in  Schwaben  findet  sich  gehai.  kai,  koi.  rffirr,  ausgetrocknet, 
dunstig  bei  warmem  weiter  ohne  nebel,  ruhig ^  von  der  luft  bei 
warmem  weiter.  ScHMin  254;  war  gar  ein  trocken  jähr,  hege 
zeit,  so  dasz  in  der  Stadt  kein  wasser  war.  Frankenberg,  chron. 
bei  Frisch  1,396';  es  kunte  niemand  dem  feur  steuren,  dann 
die  zeit  war  trocken  und  hege.  das.     s.  auch  gehei  und  kei 

5,  429. 

HEIA,  interj.,  verstärktes  bei. 

1)  ausdruck  des  jauchzens,  der  freude:    heia,  o,  ein  früiich 
geschrei,  juheya,  o,  io,  gestienlis  particula.  Maaler  215*; 

heia,  Flurtanüssel, 

mein  herr  schlecht  mein  frau  umb  den  drüssel. 

zwar  er  thuot  ir  gar  recht, 

darumb  bin  ich  ain  frölicher  knecht.    fastn.  fp.  511,  7. 

in  der  Verbindung  ju  heia,  juchheia  {vergl.  die  eben  angeführte 
stelle  aus  Maaler): 

sonst  kommen  wir  nach  kurzer  reit, 

ju  heva !  brüder  all  bereit, 

und  hohlen  die  intressea.    Fr.  M!}llsr  2,  95; 

heisa,  juchheia!  dudeldumdei! 

das  gehl  ja  hoch  her.    bin  auch  dabei! 

Schiller  Wattensl.  tager,  8.  auflr. 

2)  die  erveilerung  heia  ho,  heiaho  steht  häufig  als  refrain  zu 
gesellschaftsliedern  des  le.jahrh.: 

gen  diser  sumerzeite 

do  fallen  die  külen  tawe, 

düs  heia  ho!    Uhla;id  vcilksl.  577; 


79r 


HEICIIEN  — HEIDE 


HEinE 


796 


wa'!  ich  (larinn  (in  einem  lande)  gesehen  hab, 
will  ich  euch  machen  kund, 

heia  ho!  C33; 

der  reich  man  was  geritten  ausz, 
ein  betler  kam  im  für  das  haus, 

das  heia  ho!  737; 

das  lied  meint  Fischart,  wenn  er  unter  andern  aufzählt:  der 
beller  heyaho.  Garg.  2S".  —  Scltwäbisch  ist  heiekuh  in  den  sinn 
des  geschreis,  Idrtnens  übergegangen.  Schmid  255. 

HEICHEN,  verb.  anhelare;  die  verwandlscbaß  zu  keiclicn  wird 
5, 438  ausführlich  besprochen,  keicher,  fmlmonarius.  keichig, 
engbrüstig,  heieben  Schottel  1343; 

meins  gemüts  durchschneidend  heichen 
mit  viel  keichen.        Melissvs  psalm.  Q4\ 

s.  beuchen. 

HEIDA ,   interj.,   aus  hei  und  da  zusammengeflossen ;    betont 

liüida  und  beidä. 

1)  ah  zuruf  zum  anhalten,  still  hallen  {vergl.  hei  da  unter 
bei  4  sp.  793):  heyda!  wo  wollte  ich  in  meinem  vorigen  bin? 
Lessing  10,  239; 

heida!  feins  liebchen,  nun  kehr  um! 

bleib  hier  und  tröste  dich!    Borger  47*; 

heida!  halt  an,  du  kecker  wicht!    Uuland  ijed.  335. 

2)  als  ausruf  der  freude:  heida  I  nun  gehn  wir  dem  friih- 
linge  mit  starken  schritten  entgegen.  Voss  briefe  1,237. 

3)  aber  auch  ausruf  des  Schmerzes  {vgl.  hei  8  sjk  793): 

rasende,  zähme  dich  doch!  heida,  ein  puff  auf  den  rücken! 
wehe,  der  fusz !  und  wieder  die  hand !     Voss  Idyllen  14,63. 

HEIDBEERE,  f.,  früher  n.,  vaccinium,  ahd.  heitperi,  mlid. 
beilber:  vaccinium  heidber,  haidbcr,  baidper  Dief.  604";  aber 
zur  abendzech  muszlen  sie  sich  mit  beidbüren  bebelfeii : 
daher  noch  auf  den  beutigen  tag  die  jungherrn  des  laiids 
heidbür  unterzechen ,  und  befindens  bei  ihrem  guten  wein 
sehr  gut,  und  speien  nur  des  besser  darvon.  Garg.  14S*. 
geuvhnliclter  in  der  form  heidelbeere,  s.  d. 

HEIBIJTZEL,  m.  Verkleinerungsform  zu  hagebutz  sp.  141,  mit 
erweichung  der  lautgruppe  hage-  zu  hei-:  heibutzel  oder  ha- 
butzeibaum  cornus  voc.  ine.  teut.  i2'. 

HEIDE,  f.  ager,  campus. 

golh.  haij)i,  gen.  hai|)jos ;  ahd.  heida,  fi«r  in  der  bedeutung  4 
unlen;  «i/id.  beide;  ogs.  baed,  eny/.  beath ;  a//n.  beidr  «//(Z  heidi, 
schwcd.  bed,  dän.  liede.  der  begriff  der  dem  worte  zu  gründe 
liegt,  ist  der  der  weilen  landstreckc ,  des  aiisyedehnten  feldes ,  es 
stimmt  (abgesehen  von  den  suffixalen  dementen)  zu  sanskr.  kshetra 
yrund  und  boden,  feld,  gegend ,  plalz,  land  (von  kshi  weilen, 
wohnen  Böhtl.-Roth  2,571);  griech.  xoitt]  lagcr  hat  eine  ver- 
engte bedeutung  entwickeil.  im  deutschen  verläuft  der  begriff  von 
beide  folgendermaszen. 

l)  beide  bildet  den  gegensatz  zu  dem  für  haushallung  und 
Wirtschaft  urbar  gemachten,  der  wohnung  zunächst  liegenden  stück 
garten  oder  feld,  bezeichnet  also  etwa  unser  gefilde,  feld  und  fliur 
vn  weitesten  sinne:  go//i.  gakunnaij)  blomans  baijijös  (t«  x^iin 
roll  dy^ov).  Nallh.  C,  28 ;  insandida  ina  hai{)jüs  seinaizus  (eii 
Tuiis  dyoovs  avtov)  haidan  sveina.  Luc.  15, 15.  mhd.  schlieszt 
lieide  den  walt  ai«,  wisc,  anger,  ouwe  sind  ihr  niclil  entgegen- 
gesetzt, weiden  aber  als  besundire  sich  ablu-bcnde  Iheile  der  flur 
'•II  iirhen  der  beide  ausdrücklich  hervorgehoben: 

seht,  wie  heid  und  anger  Itt, 

und  wie  der  walt  in  tüften  slät. 

mmnes.  1 ,  05*  Ilagen ; 
weih  ein  kleit      treit 
litiidu  und  anger,  di  b!  schouwct  sumcrouwen.    1,  lOV; 

\i:\\  und  nnger  stöt  bekleil, 

bluomen  breit 

kiht  man  üf  den  beiden.     1,  tu9'i 

witi((artpn,  buume,  gesa-iej  velt, 

al  die  wisen  unt  die  h(!i<Je. 

Wolfram  Willchalm  250,  25. 

drr  \tall  wird  der  beide  tn  manchen  Wendungen  atadrücklich 
rnlgfgenge seilt  (vgl.  unter  den  vorhergehenden  beispirlcn  das  erste): 

ich  nach  vil  liebte  varwe  hün 

die  ht-idc  und  al  den  );''*>*'')<'"  walt. 

diu  siut  nu  beide  worden  val.      minn<$.  frühl.  Ut),  30; 

beide  und«  wall  »int  beide  nü  val.     Waltuir  39,2; 

'■I,  ^njonel  wol  diu  beide, 

ijiit  niuwem  loiibe  stäl  der  walt. 

NiiDUART  II,  b  llaujtl ; 
In  dem  walde  sO«{e  d'pno 
•iriK'^ni  rieinlu  voKelin. 
•n  der  beide  bluonien  ichinnc 
blAeJfnt  gegen  dr«  naairii  »rbln.    fiaurndiii.^i  T .  II; 


was  aber  bäum-  und  buschbeslund  der  Iwide  nicht  ausschlieszt : 

under  der  linden 

an  der  beide.     Waltukr  39,  12. 

namentlich  ist  charaklerislischer  scfimuck  der  lieide  der  wilde  rosen- 
slrauch : 

kernen  ist  uns  ein  liehtiu  ougenweide: 
man  sihl  der  rösen  wunder  üf  der  beide. 

Neidhart  24, 19  Haupl ;  vgl.  18,  7 ;  25, 26 ; 
und  diu  beide  wol  gestalt 
schöne  lil  gerwsel. 

K.  V.  Wörzburg  lieder  11,31  (s.  363  Bartsch). 

hervorgehoben  wird  besonders  der  blumen-  und  grasschmuck  der 
lieide  durch  die  stehenden  beiwörter  liehtiu,  rötiu,  griieniu  beide; 

diu  beide  röt,  der  grüenc  wall.    Waltber  122,33; 
diu  beide  in  Hehler  varwe  lit 
von  des  meien  blüete. 

K.  v.  WÖRZBüRC  lieder  7,  5  (s.  858  Bartsch) ; 

nu  siht  man  die  beide      geblQemei  wol.     9,  15  (s.  361), 
beide  hat  ir  lieht  gewant.    Neiduart  6,12  Haupt; 
ich  wände  daj  ich  iemer  bluomen  röt 
gesxhe  an  grüener  beide.    Walther  114,  33; 
Alphari  der  junge      gap  Witegen  einen  slac, 
das  *•"  üf  der  beide  g-rüene      vor  im  gestrecket  lac. 

Alpharls  toä  301,  2; 
von  der  beide  grüene      soliestu  geriten  hän.    23,  4; 
sumervar 
ist  nu  gar 
beide,  velt, 
anger,  walt, 
hie  um  da, 
wij,  röt,  blä, 
gel,  brün,  grüen, 
wol  gestalt.      frauendienst  431,  21. 

ebenso  heiszl  sie  wegen  ihrer  ausdchnung  diu  breite  beide ,  wie 
wir  ähnlich  vom  breiten  felde,  von  weiter  flur  reden : 

üf  eine  grüene  beide 
kwämen  si  ze  abenlzit, 
diu  was  breit  unde  wit. 

gesamtalienteuer  1,  396,  74  (nachher 
anger  wit  genannt  80); 
sagt,  hßrre,  wer  ir  sii 
daj  ir  alterseine  ritent      üf  der  beide  wit, 

AlpUarls  toä  147,  2 ; 

so  halient  uj  den  vanden      durch  iuwer  degenheil, 
ül  dem  gesinde      uf  die  beide  breit  I  150,2. 

diese  Verhältnisse  dauern  auch  für  dcts  nhd. :  die  lieid ,  grosz 
weyt  läld,  campus  Maaleh  215";  die  heid  facht  an  ze  grünen, 
redeunl  campis  gramina.  das. ;  (schwämme  die)  auf  den  beiden 
oder  druseben  gern  wachsen.  Bock  kreuterbuch  (1565)  s.  347*, 
s.  auch  driesch  2, 14oS ; 

ihr  gärten,  Weinberg,  försl,  ihr  &cker,  halden,  bayden. 

Weckuerlin  3üü  (nach  ps.  148,  9); 
alle  Vögel  in  den  lüften 
hört  man  singen  weil  und  breit, 
alle  nymphcn  in  der  heid 
sieht  man  newu  heirath  stiften. 

Opitz  v.  Zinkf/ref  s.  S4  {in  der  FellniheUchen 
ausg.  2,200  ist  der  vers  vurdiidvil), 
wie  sie  so  lieblich  blickt 
über  die  breite  beiden, 
die  in  dem  Keinthal  ligt.    Zinkgref  das.  s.  172; 

grosz  ist  das  schluszgeb.iudc 
in  EhrenbuTK;  nuf  einer  schonen  beide 
liegls  uuszerlialb  der  Stadt.     A1.XINCKR  üovltn  4, 'Ji>. 

vammllick  im  volksmäszigen  liede: 

liebstu  mich,      so  lieb  ich  dich, 

rösleln  auf  der  beiden!    IIhland  volkitl.  112, 

als  er  da  kam  auf  grüne  heid.    244; 

dein  belebt  soll  du  biu  aufgeben 

auf  diser  haide  grün.         334; 

ich  bnii  uf  diser  beide  breit 

güi  rilter  und  oucb  knochl.     40C; 

kuinl  mir  ewr  brudt'r  auf  breiter  heid.    434; 

das  pluuilt;  aiil  der  haide, 

das  uin  ist  weisz,  das  ander  plaw, 

der  färb  ist  niancberlai«.    4SU; 

dl«  biiidun  die  Ich  doch  mainc  .  .  . 

»ie  ist  im  tiimolreirb ; 

darin  da  plui  «in  plümlein, 

da»  gibt  ain  liecbteii  schein.    Mi5; 

die  heid  itt  worden  griienc. 

LlLlKNCRUI«  lolksl.  2,  00,  2; 
ilor  kaUer  wiri  dich  »elbst  noch  iScbcn  {feindlitA  angreifen) 
Ulf  mancher  grieiinr  bnyde.  8oltau  357  (run  t.ViO). 

wann  Ich  lofirh  tilittr  grüne  heid. 

(iic^ci:KPti:ii  Sollh.  \Tl'-'\ 


797 


HEIDE 


IIEIDE 


798 


<!0  lans:  bisz  ich  (im  kämpfe)  aufreibe 
dich  auf  der  grünen  heid. 

HiLDEBRAitD  volksl.  3S0  (f.  1631) ; 

im  wähl  und  auf  der  heide 
da  such  ich  meine  freude, 
ich  bin  ein  jägersmaun. 

volksl.  aus  dem  \9.jahih.  nach  Borssba?«!« 
{tijl.  Hoffmann  ge-^elhch.  lieder  s.  bS); 

neuere  didiler,  die  dch  dem  volkslone  anscblies:en ,  brauchen  heide 

vuch  ganz  in  diesem  sinne: 

sah  ein  knab  ein  röslein  stehn, 

röslein  auf  der  beiden.     Götue  1,  17; 

pOngsten  war,  das  fest  der  freude, 

das  da  feiern  wald  und  beide.     ühlat<d  ged.  218; 

es  gieng  wohl  über  die  heide 

zur  allen  kapell  empor 

ein  greis  in  waffengescbmeide.     19?. 

Fesle  formein  haben  sich  an  heide  seil  der  mhd.  zeit  angeschlossen, 
namenllich  über  die  heide  gehen,  zieheo,  reiten,  in  dem  sinne 
icie  über  feld  gehen  (3,1475.  1476),  über  land  ziehen: 
mir  iroumte  bint  leide,      wie  iuch  rwei  wildiu  swin 
jageten  über  heide.  Aift.  S64,  3 ; 

ach  goit,  wie  we  tut  scheiden! 

hat  mir  mein  herz  verwundi; 

so  trab  ich  über  die  beiden, 

und  traur  zu  aller  stund,    ühlasd  volksl.  129; 

und  als  sie  über  die  beide  kamen, 

hörten  sie  ein  glöcklein  läuten.     222; 

dann  reitens  frölich  uberd  heyd. 

narrensch.  s.  51'  Zarncke ; 

nrf.  we  is,  de  varen  der  over  de  beide, 
nu  Reinke  alsus  de  strate  beiecht? 

lleiiieke  Fuchi^  3318. 
über   heid  und  über  wies  eilen.   Frisch  1,434*;    flohen  und 
stoben    sie  über  die  heid  hinüber.    Garg.  23S'.     um  die  Ver- 
bannung aus  einer  Stadt  auszudrücken,  heiszl  es: 

mancher  zu  meisierschaft  sich  kert, 

der  nye  das  hantwerk  hat  geleri  (gelernt), 

einer  dem  andern  werkt  zu  leid, 

und  tribt  sich  selbs  dick  über  die  heid. 

Brast  narrensch.  4S,  12. 

(trner :  was  macht  dein  herr,  dasz  er  sich  so  verschanzer? 
wil  er  nicht  einmal  ins  feld  ziehen?  ich  möchte  ihn  gern 
einmal  auf  einer  grünen  heide  sehen.  Schuppics  809;  denn 
auf  der  heide  wird  die  feldschlacht  geschlagen,  hier  sammeln  sich 
die  heere: 

die  hielten  üf  der  beide,      die  ritter  unverzaget. 

Atpharts  lod  114,  3; 
der  schönste  tod  auf  dieser  weit 
ist,  wer  auf  grüner  heide  fällt.    R.  Reisick  lieder  23; 

vgl.  auch  einen  Iheil  der  belege  oben  unter  grüner,  breiter  beide. 
syiricImörHich :  wanns  den  dieben  kompt  zum  eid,  und  dem 
wolf  zur  heid,  so  kommen  sie  beide  darvon.  Hemsch  695,24; 
ähnlich  bei  Pistorius  :  wann  es  dem  wolf  zur  heide  und  dem 
dieb  zum  eide  kommt,  so  haben  sie  gewonnen  spiel,  thes. 
par.  8,27;  auf  grüner  heide  fischen.    Scuottel  1116*. 

Die  bedeutung  1  tritt  ferner  noch  in  mancher  der  unten  folgenden 
Zusammensetzungen  hervor ;  s.  heidehopfen,  heidelerche,  heidcn- 
flachs,  heidenlilie,  heidenmeise,  heidenelke,  heidenelster, 
heidenrose. 

2)  aus  dem  gegensalze,  den  heide  zu  den  einem  wohnhause 
zunächst  liegenden  fruchttragenden  grundstücken  bildel,  flieszt  die 
rnrstcliung  eines  nicht  urbar  zu  machenden,  unfruchtbaren  landes; 
diese  Vorstellung  musz  zwar  frühe  entwickelt  sein,  worauf  der  alte 
name  heide  für  heidekraut  {unten  i)  so  wie  die  bedeutung  des 
ujs.  hjed  campus  incuUus,  locus  desertus,  tesqua,  ericetum  (Grei!« 
2,1b)  hinweist,  kommt  aber  erst  später  zu  gröszerer  geltung ;  in 
Ober-  wie  in  Kederdeutschland  werden  mit  dem  namen  heide 
ßache  trockene  landstrecken  belegt,  deren  Untergrund  Sandboden 
iil,  worauf  eine  dünne  erdschicht  liegt; 

meilenlang  einöde,  nur  heid  und  aschiger  flugsand; 

kaum  em  gezirp,  kaum  fern  dürftiger  schoucken  geblöck. 

freundlich  ergosz  ihr  ürochen  die  kleine  najad';  und  am  bächlein 

hub  sich,  freundlich  und  klein,  dieses  bewirtende  haus. 

Voss  6,  311  {mit  der  Überschrift  das  haus 
in  der  beide); 
laut  klirrt  und  klafft  es,  fi-ei  vom  koppcl, 
durch  kern  und  dorn,  durch  heid  und  Stoppel. 
Borger  69'. 

niederdeutsch  vird  in  der  reimenden  formet  heide  unde  weide 
das  fette  grasland  der  trocknen  heide  gegenüber  gestellt  {die  formet 
erlangt  aiuh  den  allgemeinen  sinn  alles  zusammen,  alles  mit- 
einander, hamburg.  hey  un  wey  Hichey  92);  die  heide  macht 
ihre  bewohner  (leiszig,  und  diente  vordem  mehr  zur  schaaf- 
und  bieneuzucbl,  als  jetzt.  Müser  osn.  gach.  l,9i.     am  bekann- 


tesleii  und  ausgedehntesten  üi  unter  solchen  landslrecken  die  Liine- 
burger  heide:  also  das  es  forthin  da  weder  holz  noch  rosz- 
mucken  hat,  sonder  die  ganze  gegene  ist  seither  zu  einer 
feinen  ebene  worden,  wie  die  Lunenburger  heid.  Garj.  14"'; 

in  zwei  und  dreiszik  stunden 

reit  er  auf  Cassel  zu 

wol  über  die  lünneburgischen  beiden. 

L'hlasb  volksl.  550; 

sie  dient  manigfach  als  bild  für  dürres,  ödes :  in  der  Lüneburger 

heide    des    geschäftlebens.    J.  P.vcl  kl.  büchersckau  1, 19 ;    das 

gesiebt  {einer  frau)  nur  ein  mund  zwischen  zwei  obren,  die 

brüst  trostlos  öde,  wie  die  Lüneburger  heide.  H.  Hei:*e  1,13. 

Luther  braucht  so  heide  für  ödes  land:  David  war  in  der 

wüsten  Siph,  in  der  heide.  iSam.  23, 15;  gieng  hin  zu  David 

in  die  heide.  v.  16 ;  ist  nicht  David  bei  uns  verborgen  in  der 

bürg  in  der  heide  auf  dem  hügel  Hachila,   der  zur  rechten 

iigt   an    der   wüsten?   v.  19;   wie  der  lew  das  wüd  friszt  in 

der  heide.  Sir.  13,  23 ;  «/.  heyde,  ericelum,  locus  cofiosus  erica 

Kilian;  dichter  nennen  sie  dürre,  wilde,  wüste  heide: 

auf  dürrer  haid      such  ich  mein  waid. 

Ublatcd  volksl.  395; 

auf  wilder  heid      such  in  mein  weid.    396; 

in  Wüstung  und  auf  wilder  bayd. 

SCHWAKZESBEBG    156'; 

allbier  in  dieser  wüsten  heid 

ist  gar  kein  mensch  nicht  weil  und  breit.    Opitz  2, 201; 
wo  du  {teufet)  was  künftig  ofl  erklärt, 
in  einer  jungfraun  eingeweide, 
die  durch  des  eignen  vaters  schwerdt 
geopfert  in  der  wüsten  heide.    Ä.  Gryphids  169S  1,60; 
wenn  der  ermattete  Jäger,  vom  mittagsstrale  getroffen, 
durch  die  brennenden  haiden  und  weiten  hauungen  wandert; 
wie  erquickt  dann  sein  durstiges  herz  nicht  die  schatiichie  wiese. 
Zachariä  tagesteiten  (1757)  s.  49; 

warum 
verweilet  ihr  auf  dieser  dürren  heide 
durch  solch  prophetisch  grOszen  unsern  zug? 

Schiller  Macbeth  l,  5,  nach.- 

why 
upon  this  blasted  heath  you  stop  cur  way 
with  such  prophetic  greeting?; 
ich  sag  es  dir:  ein  kerl,  der  speculin, 
ist  wie  ein  thier,  auf  dürrer  heide 
von  einem  bösen  geist  im  kreis  herum  geführt, 
und  rings  umher  liegt  schöne  grüne  weide.    Göthe  12,91; 
bedenk  ich  dann,  wie  manches  jähr 
sich  schon  mein  sinn  erschlieszet, 
wie  er,  wo  dürre  heide  war, 
nur  freudenquell  genieszet.    2,  191. 

der  landschaßliche  reiz  der  heide  trtrd  erst  seit  dem  bekannt- 
werden der  gesänge  Ossians  geschildert:  Ossian  hat  in  meinem 
herzen  den  Homer  verdrängt,  welch  eine  weit,  in  die  der 
herrliche  mich  führt !  zu  wandern  über  die  heide,  umsaust 
vom  Sturmwinde,  der  in  dampfenden  nebeln  die  geister  der 
Väter,  im  dänmiernden  lichte  des  mondes  hinführt.  Götbe 
16, 126. 

3)  beide  für  wald  in  den  norddeutschen  bezirken,  fuszt  auf  der 
bedeutung  2,  es  ist  gewöhnlich  der  mit  nadelholz  bestandene  heide- 
boden:  heide  heiszet  eigentlich  ein  groszer  wilder  mit  tangel- 
oder  schwarzem  holze  bewachsener  wald.  öcon.  lex.  (1731)  9S7; 
heide,  lucus,  sylva,  sallus  Steisbach  1,722;  heide  waldigles 
land  zur  wildbahn  und  zum  holzfällen  Schütze  2, 126 ;  so  heiszen 
in  der  Mark  alle  wälder  beiden,  bei  Halle  a.  S.  ein  ausgedehnter 
nadelwald,  der  auch  laubholz  enthält,  die  Dölauer  heide,  bei 
Düben  in  der  preusz.  provinz  Sachen  liegt  die  Dübener,  oder 
dübische  heide;  doch  sint  dri  heide  binnen  Sachsen,  di  den 
wilden  tieren  nede  geworcht  ist  bi  kunges  banne,  sunder 
beren  unde  wolfen  und  vuchsen;  da5  beigen  banvorste.  dag 
eine  ist  die  heide  zu  Kovne;  da;  andere  der  Harcz;  daj 
dirte  die  Magetheide.   Sachsensp.  2,  61,  §  2.     Schiller  nimmt 

heide  für  bergwald: 

so  stürzt  der  weiterbach 
sich  rauschend  nieder  von  des  berges  beide. 

Zerstörung  von  Troja  54; 

so,  wenn  der  pdüger  schaar  auf  hoher  bergesheide 

der  äite  mörderische  schneide 

auf  den  bejahrten  stamm  der  wilden  esche  löckt.    107; 

zerreiszt  der  erde  brüllend  eingeweide 

und  zieht  den  eiehbaum  von  des  berges  beide.    Dido  89; 

jetzt  liebt  sie  noch,  zu  wohnen  auf  den  bergen, 

und  von  der  freien  heide  fürchtet  sie 

herabzusteigen  in  das  niedre  dach 

der  menschen.       Jungfrau,  protog,  8.  auflr. ; 

ofl  vernahm  sie  {die  stimme  des  lüfthorns)  mein  obr  mit  freudea 

auf  des  hochlands  bergigten  beiden, 

weuu  die  tobende  Jagd  erscholl.    3J.  Stuart  3,  1. 


799 


HEIDE 


HEIDE 


800 


4)  beide  als  name  mehrerer  pflanzen,  dieaufheidcbodentcacbsen. 

a)  die  erica,  schon  ahd.  heida  Ihymus,  myrice  Graff4,S09; 
mW.  beide  Lexer  vihd.  üb.  1,1207;  beid,  ein  kraut,  erice, 
sisara,  tamarix  Maaler  215*;  in  Baiern  die  bald  und  der  hoiden 
ScHMELLER  2, 150 ;  7i/.  bcjdc,  l.  heydkruyd  erica,  brya  silvestris 
Kilian;  nd.  heie  erica  Scuambach  '?';  auch  nicderrhein.  hey 
vierica  Dief.  35S*  (15.  jahrh.);  der  wird  sein,  wie  die  beide  in 
der  wüsten  (i'arai  a>s  tj  nyQiofiv^ixT]  iv  rrj  iQrjfiCü  septuag.) 
ier.  1",  6,  vergl.  48,  6 ;  wer  bayd  im  wald  mebet  oder  mit 
eisern  reeben  oder  kreuln  rechet,  der  ist  verfallen  zwei  pfund 
neuer  heller,    marggr.  nürnb.  waldordnung  Diij*. 

b)  beide  oder  beiden  als  masc.  sparlium  scoparium,  pfriemen- 
kraut.  ScHN.  2, 151. 

c)  empelrum  nigrum,  die  beide  mit  schwarzen  beeren.  Nem- 

NICB    2,  1486. 

d)  ledum  pahislre,  weisze  beide,  hartheide.  Nemsich  3,357. 

e)  beide,  buchweizen:  bucbweitzen,  oder,  wie  man  ihn  im 
südlichen  Deutschland  allgemein  nennt,  die  beide.  Sartori 
neueste  reise  durch  Öslerreich  (1812)  2,389.  beide  ül  erst  jüngere 
form  für  das  masc.  beiden  und  beidenkorn,  dessen  name  viel- 
viehr  mit  beide,  beiden  paganus  zusammenhangt. 

5)  beide,  seeheide,  benennung  einer  corallenarl,  gorgonia 
flacomus.  • 

HEIDE,  m.  paganus. 

Das  tcorl  {in  der  ällern  form  beiden)  ist  ursprünglich  ein 
adjecliv  zu  beide  {in  der  bedeulung  l),  nach  der  einführung  des 
chrislenthums  dem  lat.  paganus,  bewohner  des  platten  landes  und 
gegenüber  der  christlichen  lehre  altgläubiger,  nachgebildet,  wie  be- 
reits Adelung  ausgeführt  hat;  die  nachbildung  musz  bei  den- 
jenigen deutschen  stammen  erfolgt  sein,  die  nähere  berührung  mit 
Rom,  tind  kenntnis  der  römischen  kirchenväter,  welche  das  wort 
paganus  in  der  zuletzt  angeführten  bedcutung  seit  dem  4.  jahrh. 
brauchen,  halten,  die  Gothen  richten  sich  beim  ausdruch  des  begriffs 
heide,  heidnisch  nach  dem  griechischen  sprachgebrauche  und  geben 
id'vixol  durch  })ai  |)iud6  {Matlli.  5, 46.  6, 7),  das  adv.  dd'vixm 
durch  Jjiudiskü  {Gal.  2, 14)  wieder;  und  nur  einmal  begegnet  das 
adj.  bai|)ns  in  der  schwachen  femininform  haij)n6 :  vasu{)-J)an 
s6  qinö  hai})nö  {rjv  Se  jj  yvvrj  'EX).T;vis).  Marc.  7, 26,  wo 
aber  gefragt  werden  darf,  ob  das  wort  hier  schon  von  Ulfilas 
gebraucht  ist  oder  nicht  vielmehr  erst  aus  der  späteren  aufenlhalts- 
zeit  der  Gothen  in  Italien  stammt,  wo  es  von  einem  abschreiber 
in  den  text  gesetzt  ward,  allen  deutschen  stammen  auszer  den 
Gothen  ist  das  wort  gemeinsam:  ahd.  beidan,  mhd.  beiden, 
alls.  bMin,  ags.  haeden,  fries.  bethin,  bethen,  altn.  heidinn ; 
und  zwar  zunächst  immer  in  adjeäivisclier  Verbindung :  ahd.  eno 
ni  tuont  tba;  beidan!  man  (nonne  et  ethnici  hoc  faciunt)t 
Talian  32,  7 ; 

atts.    hwand  he  gehalöda  mit  thiu      h6(Tina  liudi, 
werös  an  is  willeon.  Heliand  4169; 

agt.  genam  ])ä  I>one  hxdenan  mannan 

faste  be  feaxe  sinum.  Judith  98; 

mhd.  dd  der  bädine  man 

so  Terra  warih  gehörsam. 

Haupts  zeitschr.  3,  522,  129  (lli.  jahrh.); 

doch  gehen  die  spuren  substantivischen  gebrauchs  bis  ins  8.  jahrh. 
hinauf:  ahd.  heidano,  beidbeno  lieide  Graff  4,811;  altn  fr.  Ihm 
herelikere  endi  thia  hötbinua  {haerelicos  et  paganos).  Werdener 
psalmencomm.  68 ; 

agt.  svylc  väs  I)eäv  hyra, 

haeffenra  hyht.  bvövutf  179; 

im  mhd.  ist  der  substantivische  gebrauch  des  wertes  bereits  der 
durcliaiu  gewöhnliclie  geworden;  im  nhd.  Idszt  sich  dennoch  eine 
spur  aöjectivischer  fügung  nachweisen: 

wiwol  er  (liiob)  was  ain  haiden  man. 

SCUWARZEMBERC    15Q*. 

die  form  beiden,  mit  schUeszendem  n  im  uominaliv,  die  im  mhd. 

wallet,  hält  sich  zum  theü  noch  bis  ins  17.  jalirhundert :    beiden 

paganus,  gtntilis ,  elhnieus.  roc.  ine.  theut.  12*;  gentilu  heuden 

Dief.  260*;  paganus  beyden  40&'; 

wem  (tedrt)  ir  von  art  ein  beiden, 

ir  uiusient  mich  erbarmen.    AtUwert  134,  1-, 

darinn  {in  Britannien)  sus  sin  künig,  biesz  Lucius,  ain  haiden. 
deutsche  ttüdtcchron.  4,  2%ü,  22;  dieser  (Nereus)  wird  auch  für 
das  meer  bcy  den  beydenen  genommen.  Omtz  1,3'J  {sie  klingt 
noch  jHzl  im  adjecliv  bcideniscii,  heidnisch  nach);  seil  dem 
15.  jahrh.  aber  dringt  das  bestreben  mehr  und  mehr  durch,  das 
ichlutiende  n  de*  worlei  abzuwerfen  und  die  dfclinationsvrrlullt- 
niti«  nach  analogie  von  Jude,  mit  dem  et  häufig  verbunden  er- 


scheint, zu  regeln  {vergl.  auch  die  verkehrung  von  Christen  tri 
Christ  thcil  2,620;  jenes  bestreben  geht  in  seinen  anfangen  >a 
frühe  Zeiten  zurück,  schon  ahd.  ist  dafür  die  Verkürzung  des  Oiij. 
beidanise  zu  beidisc  zeuge,  im  U.jalirh.  begegnet  der  ortsnane 
beidacker  für  heidenacker  Mone  urgesch.  des  bad.  landes  l,  221) : 
gentilis  beid  Dief.  26o';  ein  beid,  ein  ungloubiger.  Keiskrs- 
iiERC  bilg.  7«';  da  ward  er  wider  ein  heydt,  wolt  kein  chiist 
mehr  sein.  Frank  chron.  (1538)  46';  so  aber  jemand  die  seinen, 
sonderlich  seine  bausgenossen,  nicht  versorget,  der  bat  den 
glauben  verleugnet,  und  ist  erger  denn  ein  beide,  ifim.  5, 8; 
die  form  beide  kann  im  16.  jahrh.  als  die  allgemein  übliche  an- 
gesehen werden. 
Bedeulung. 

1)  in  der  bibelsprache  des  alten  testamenls  bildet  beide  den 
gegensatz  zu  dem  allein  auserwähllen  voUie ,  den  Juden;  da  sich 
in  dieser  beziehung  die  Christen  als  die  nachfolger  der  Juden  be- 
trachten ,  so  prägt  sich  nach  dem  neuen  teslamente  der  gegensalz 
der  Christen  und  Juden  gegen  die  beiden  aus:  denn  wo  ist 
ein  volk  auf  erden,  wie  dein  volk  Israel?  ..  welchs  du  dir 
erlöset  hast  von  Egypten,  von  den  beiden  und  iren  güttern. 
2  Sam.  7,23;  beissche  von  mir,  so  wil  ich  dir  die  beiden 
zum  erbe  geben,  und  der  weit  ende  zum  eigenthum.  ps.  2,  8; 
er  thut  grosze  zeichen  und  wunder  unter  den  beiden,  denn 
er  bat  allezeit  unterscheid  gebalten,  zwisschen  seinem  volk 
und  den  beiden,  stücke  in  Esther  9,6;  wenn  ir  betet,  soll  ir 
nicht  viel  plappern,  wie  die  beiden,  denn  sie  meinen,  sie 
werden  erhöret,  wenn  sie  viel  wort  machen,  darumb  solt  ir 
euch  inen  nicht  gleichen,  ewer  vater  weis,  was  ir  bedürfet, 
ehe  denn  ir  in  bittet.  Malth.  6,  7 ;  wurden  mit  uns  eins,  das 
wir  unter  die  beiden ,  sie  aber  unter  die  beschneitung  pre- 
digeten.  Gal.  2,  9  ;  auf  das  der  segen  Abrahe  unter  die  beiden 
kerne,  in  Christo  Jhesu ,  und  wir  also  den  verheiszen  geist 
empfiengen,  durch  den  glauben.  3,14.  auf  grund  dieser  bibli- 
schen anschäuungen  werden  rücksichtlich  des  glaubens  Juden, 
Christen,  beiden  unterschieden: 

kristen,  Juden  und  die  beiden 
jehent  daj  diz  ir  erbe  si.    VValthkr  16,29; 
im  dienent  kristen,  Juden  unde  beiden, 
der  elliu  lebenden  wunder  nert.    22,  16. 

Mohamedaner  sind  den  beiden  ausdrücklich  beigezählt,  und  oft 
wird  sogar  unter  beiden  geradezu  nur  der  sarazene  gemeint: 
sarracenus  beydan,  heyden  Dief.  513";  verpot  inen  bei  ver- 
lierung der  ritterschaft ,  das  kainer  under  inen  gesellscbaft, 
frid,  pact  oder  ainigung  mit  den  tnrken,  saracenen  oder 
baiden  machen  oder  aufrichten  solt.  Zimm.  diron.  1,478,2; 
aufs  ander  jar  kommen  die  beiden.  Garg.26*; 

einen  wartman  er  haiden  sacb, 
itl  der  beiden  ber  aldar  geritn. 
dane  wart  tjostieren  niht  vermitn  .  . . 
dö  muost  ein  sölich  tjost  geschehen, 
des  der  Franzoys  und  der  Sarnzin 
beide  geprisel  müejen  sin.    Wolfriii  Willeh.  333,17-, 
das  sag  wir  euch,  wir  türkischer  beiden  (spricht  der  tiiikischc 
kiiiser).    fasln,  sp.  3U3,  4  ; 
denn  schon  sind  alle  beiden  aut  dem  zuge, 
des  sultans  machtgc  flotte  ist  gelandet. 

TiKCK  kaiser  Uctavian  s.  241; 

doch  werden  auch,  und  im  neuem  Sprachgebrauch  gewöhnlich,  die 
bekenner  des  islams  als  monotheisten  von  den  heiden  abgeholnn  : 
in  solcher  weis  wurden  {würden)  alle  mcntschen  letsllich,  es 
weren  gleich  Juden ,  baiden ,  turken  oder  Christen  seeiig, 
niemands  uszgenommcn.    Zimm.  chron.  3,  302,  28 ; 

allerhöchster  rex,  allcrmtichti^stur  imncrator, 
und  aller  türken,  seraphei,  beiden  guLcrnator. 

fiisln.  sp.  301,  13; 
kein  türk,  tyrann  noch  heide 
CS  örger  machen  künnt.    Opxl  u.  Court  218,  6. 

2)  abgesehen  von  diesem  unterschied  zwischen  den  drei  religioncn 
heiszl  beide  im  mhd.  jeder,  der  noch  nicht  oder  nicht  mehr  den 
orthodoxen  glauben  an  Christum  hegt: 

ein  heiden  was  der  irste  man 
den  got  niarbfii  hogan. 
DU  Relouht  ilu;;  Kllas  unde  Enoch 
fOr  lieiileii  Nim  hcholtcii  noch. 
liöA  oucb  eil)  bciilrii  was, 
der  in  der  arkiMi  gniias. 
Jop  liir  wAr  uln  huidcii  hieit, 
di'ii  gut  dar  iiiiihu  niht  vpi>iir|;. 
nii  iiPiiil  oiich  drier  kiiiiogo  war, 
diT  hflitnl  ciiior  Ka.ipnr, 
Mrlcliiur  uml  llalthas:'iii  : 
die  mucio  wir  lür  beiden  hdu. 

WoLFBAi  Willehatm  307,  i  ff. , 


801 


HEIDE 


HEIDE  — HEIDELATTICH 


802 


dalier  heiszen  lieiden  auch  die  Völker  des  classischen  alterthums: 
die  alten  haiden  (die  Griechen).  Mecenberg  312,  l ;  es  ist  auch 
meins  erachtens  die  recht,  grundtlich  warhait,  wie  sollichs 
auch  vor  vil  jaren  die  gclerten  und  erfarnen  heiden  gehalten 
uml  der  poet  Martiaiis  ein  soliichs  guet  leben  auch  beschreibt. 
Zirnm.  cliron.  3,479,32; 

Sarkophagen  und  urnen  verzierte  der  beide  mit  leben, 
faunen  taiiz«n  umher,  mit  der  bacchantinnen  chor 
machen  sie  bunte  reihe.  Göthe  1,347; 

ferner  die  noch  unficlauften  kinder ;  so  sagt  der  bairische  bauer 
zum  Pfarrer :  mach  mer  aus  n  häden  en  Christen  ,  «renn  er 
ihm  ein  kind  zum  laufen  bringt.  Schm.  2, 151 ; 

getoufl  wib  den  heiden  treit, 

swic  dej  liiot  der  touf  hab  umbeleit. 

Wolfram  WiUehalm  307,21; 

endlich  auch  die  Merodoitn  angehörigen  der  christlichen  gemeine: 

swelch  kristen  kristentuomes  gibt 
an  werten  und  an  werken  nibt, 
der  ist  wo)  balp  ein  heiden.    Waither  7,  13; 
nicht  diesen  heiden  [den  Schweden)  überliefrc  dich, 
die  krieg  mit  unsrer  beiigen  kircbe  füliren. 

Schiller  Wullenslcins  tod  5,5; 

so  spilzl  sich  der  gegensatz  zu  zwischen  Christen  (gläubigen)  und 
heiden  (ungläubigen) :  er  lebt  wie  ein  beide,  expers  est  oninis 
religionis,  atheus  est.  Stieler  St7;  heyde,  ungläubiger,  a  sacris 
chiistianis  alienus  {neben  elhnicus,  gentilis)  Hederich  12S2;  wie 
gott  recht  zu  ehren  sei,  ist  den  beiden  unbewusi,  uns  Christen 
aher  geofifenbaret.  Löh.veys  regicrkunsl  (1679)  4*;  nein!  aus 
diesem  Wirrwarr  helfe  sich  ein  christ,  dem  heiden  ist  das 
rathsel  zu  spitzig.    Scuiller  Ficsko  3,7; 

du  bist  noch  ein  heiden 
mit  zouberlicbcn  listen, 
und  er  ein  reiner  kristen.    Barlaam  278,  12; 
er  war  ein  beid,  ihr  schien  des  glaubens  licht. 

Alxingeb  Dootin  4,  1 ; 

und  gegenüber  den  glaubenserleuehleten  ekristen  heiszen  die  heiden 
blind: 

Homerus  selbst,  obwohl  ein  Winder  beide.  7,  49. 
leule  die  sich  von  christlicher  anscfiauung  entfernt  und  der  an- 
schauung  des  classischen  alterthums  genähert  haben,  erfahren  die 
hiei-  golind  tadelnde  bezeichnung  heiden:  der  grosze  beide  ist 
nämlich  der  name,  den  man  in  Deutschland  dem  Göthe  bei- 
legt. H.  Heine  5,  228. 

3)  nacA  dem  ersten  erscheinen  der  zigeuner  im  iö.  Jahrhundert 
wurden  dieselben  heiden  genannt: 

beschlüsz  den  spiclier  und  duo  die  büener  in,  ... 
dan  die  heiden  sind  in  dem  land.    fastn.  sp.  821,26; 

diser  zeginer  oder  heit, 

er  kan  mir  geben  rechten  bscheit.    823,  9. 

noch  heute  haben  «c  mundartlich  den  namen  behalten :  in  der 
Schweiz  heid  zigeuner  Stalder  2,30;  ebenso  beide  im  Elsasz 
Fromm.  3, 4S3;  und  in  Tirol  Fromm.  6,373;  n/.  heyd-lieden, 
leugitani,  nubiani,  ringari,  assyrii,  cilices,  aegyptii,  et  id  genus 
hominum  vilissimum,  utriusque  sexus,  incerlis  sedUius  vagabundum, 
in  omnes  orbis  partes  diffusum,  mendicatione,  dtiromantia  et  furtis 
clandestinis  se  cxercens.  Kilias;  daher  im  heutigen  hoWindisch 
heiden ,  fem.  heidin  und  heidinne  gleichbedeutend  mit  land- 
streicher;  vergl.  auch  beidenvolk. 

4)  auch  herumzieitende  kaußeute  maurischer  und  sicilisdier  heimat 
hieszen  in  Deutschland  heiden :  also  sagt  man  auch  und  findt 
geschriben,  das  ainest  ain  inwoner  zu  Marie,  unfer  von 
Siraszburg,  ain  holen,  groszen  stein  in  seinem  Weingarten 
gefunden  {geffdtt  mit  einer  materie  die  kupßr  in  gold  verwan- 
delt) ...  wie  er  nun  das  nit  gekennt  oder  geachtet,  auch 
weiter  zu  Straszburg  bei  den  goldschmiden ,  die  gleicbfals 
seinen  geprauch  nit  gewisst  oder  verstanden,  erkundiget,  was 
es  doch  seie,  do  hab  ers  doch  zu  letst  gegen  aim  haiden 
umb  sechzig  mark  silhers  verkauft.  Zimm.  chron.  4,  235,  24. 

5)  sprichwörtlich:  er  schwöret  und  fluchet  wie  ein  hayd. 
D(5ez  38;  da  fuhr  ihn  der  amtsschreiber  wie  ein  betrunkener 
beide  an.  Hebkl  2  (1353)  s.  240;  denn  mit  dem  heiden  ver- 
bindet sich  die  Vorstellung  des  wilden,  schrecklichen  und  bösen 
{vgl.  au€fi  heidenbeesl,  heidenbrosl  und  vorzüglich  heidnisch  3): 

dann  wer  ich  ain  wilder  haid, 
ir  sollt  euch  mein  erbarmen. 

Zimmer,  chron.  4,315,33; 
der  wilde  beide  flog  voraus,  erbittert. 

Gries  Tasso  3,  34 ; 
nnd  mehr,  mehr  als  den  tod,  dräut  mir  ein  böser  beide. 
Alxi5GB>  Dootin  3,  7; 

JV.    H. 


er  riefs  mii  einer  miene 
und  einem  blick,  der  beiden  zur  gebühr 
genölbigt  hält.     Wikla«d  22,  2'.>  (Oberon  l,45)i 
und    auch    die   wilden    riesen    der  sagen  werden  als  heiden  be- 
zeichnet : 

wie  ihn  der  beide  siebet, 
schreit  er  ihn  grimmig  an. 

s.  114  (Oft.  3,  31,  vorher  riese). 

6)  beide  als  erstes  glied  von  composilen  dient  in  der  spradie 
des  gemeinen  Icbens  als  Verstärkung,  vergl.  beidenangsl,  heiden- 
geld,  beidenmäszig  u.  a.  die  Vorstellung  des  sdirccMichen,  Un- 
geheuern ,  die  sich  an  beide  knüpß  {vergl.  unter  5)  wendet  sich 
zu  der  in  hohem  grade,  überaus,  ähnlich  wie  z.b.  bei  fürchter- 
lich Iheil  4,  1  sp.  706. 

HEIDE,  f.  hochdeutsche  form  für  hede,  stuppa,  s.  sp.  750. 

HEIDEBEREITER,  m.  berittener  forslaufseher  {nach  beide  3 
(.«;>.  79S).     y.  heidereiter. 

HEIDEBESEN,  m.  besen  von  heidekraut. 

HEIDEBIEiNE ,  f.  biene  die  ihren  honig  aus  dem  heidekraute 
einsammelt.  Jacobssos  2,  248*. 

HEIDEBIE.NKR.\UT ,  n.  ledum  paluslre,  eine  heidepflanze. 
Nemxich  3,  357. 

HEIDEBÖCKCHEN,  n.  häufen  von  abgemähtem  heidekorn,  auf 
dem  felde  lagernd,  damit  die  körner  besser  trocknen,  in  Ober- 
sachsen.   Adelüsg. 

HEIDEBODE.N.  «i.  trockner  boden  der  beide  (2  sp.  797). 

HEIDEBRAND,  m.    brand  einer  beide  oder  eines  nadelwaldes. 

HEIDEBUSCH,  m.  buscIJiolz  das  auf  der  beide  {2  sp.  797) 
wächst. 

HEIDECHSE,  f.  für  eidechse,  vergl.  theil  3,83:  eydechs, 
eglesz  oder  heydechs.  Enceliüs  de  re  metallica  219;  wo  ihr 
euch  schon  besser  verbürget,  als  eine  heidechse.  Harniscli  51. 

HEIDECKERiN,  n.  tormenlilla:  inn  Sachsen  wirdt  die  tor- 
mentiil  beideckern  genannt.  Tabernaem.  kräuterb.  (I5SS)  447. 
nd.  heideckere,  tormenlilla  erecia  Schamb.  77*.     s.  eckein  3,24. 

HEIDEDEICH .  m.  kleiner  niedriger  dämm ,  in  unfruchtbaren 
gegenden  angelegt,  dasz  das  aus  ihnen  herab flieszende  wasser  da- 
selbst stehen  bleibe  und  sich  verliere,  nicht  aber  die  frvcfitbaren 
gegenden  verderbe.  Jacobssojj  2,  248*. 

HEIDEDROSSEL,/!  turdus  iliacus.  Nemmch  4, 1809;  beide-, 
pfeif-,  bcrg-  oder  zippdroszel,  turdus  minor  Stieler  329. 

HEIDEENTE,  f.  anas  mediocris.    Nemnich. 

HEIDEERDE,  f.  humus pauperata,  weniger  fruchtbar  und  leiditer 
als.  gartcnerdc.   Jacobsson  6,  63*. 

HEIDEFENCH,  m.  polygonum  fagopyrum,  heidenkorn,  buch- 
weizen.  Nem.nich  4, 1029.  5.  beidel,  beidelpfennig  und  heiden- 
korn. 

HEIDEFLECHTE,  f.:  liehen  encetorum,  die  weisze  heidc- 
flechtc.  Nem.mch  3,  396. 

HEIDEFUTTER ,  n.  futler,  welches  auf  dürren  unfrudübaren 
heiden  wächst. 

HEIDEGRAS,  n.  üdiea  islandicus. 

HEIDEGßÜTZE,  f.  grütze  von  heidenkorn:  andere  ..  nehmen 
wienerischen  oder  andern  griesz,  gcrsten-  oder  heydegrütze 
{zu  brei  für  kinder).  Ettner  hebamme  825.  die  bessere  form 
beidengrütze  ist  nicht  zu  belegen. 

HEIDEHONIG,  m.  honig  von  Mdebienen. 
HEIDEHOPFE.N,  ni.  humulus  lupulus,  wilder  hopfen,  wie  er 
auf  der  flur  (beide  1  sp.  795)  wächst.  Nemrich  3, 183. 

HEIDEKNECHT,  m.  geringer  forstbedienter,     vgl  heideläufer. 
HEIDEKOLK,  m.  sumpflodi  in  einer  beide: 

fort  grasen  sie  {die  rinder)  bis  zu  dem  baidekolke. 

AnsKTTE  V.  Droste  ged.  43. 
vergl.  kolk  theil  5, 1613. 

HEIDEKORN,  n.  polygonum  fagopynim,  buchweizen.  s.  liei- 
denkorn. 

HEIDEKRAUT,  n.  erica  vulgaris;  merica  heidecrawt,  beide- 
krut  DiEF.  358*. 

HEIDEKRESSE,  f.  iberis  nudicaulis.  Nemmch  3,213. 
HEIDEL ,  m.  polygonum  fagopyrum ,  der  buchwäzen,  heiden- 
korn: panicnm  heydel  Dief.  409*;  panicum  butzenwcizcn.  heydel 
GoLii  onomast.  (1582)379;  trägt  nit  der  sand  umb  Nürnberg 
dest  mehr  heydel,  je  mehr  beydelfresser  da  aufslebn  ?  Garg.  65*. 
spridncörtlich :  er  ist  in  den  haidel  gehupft,  se  ipse  indicavit. 
Serz  6l'.  vergl.  heiden  und  heidenkorn. 
HEIDELAND,  n.  nach  beide  2  «p.  797: 

und  rings  statt  duftger  gärten  ein  ödes  beideland. 
UoLAno  ged.  392. 
HEIDELATTICH,  m.   lactuca  perennis,  blauer  heidelatticb. 
Nemnicd  3,  309. 

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HEIDELÄUFER  —  HElDEx\ 


HEIDEN  —  HEIDENGOTT 


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HEIDELÄDFER,  m.  niederer  forslbedieiiter  {nacli  beide  3,  spalte 
■398),  der  sein  waldreiuer  uiilersiuheiid  begehl,     in  !\orddeulschland. 
HEIDELBEERE,  f.,   früher  n.,    die  jütujere  form  von  heid- 
beere  (sj).  795),   aus   heiden-beere    (die   auf  der  heide  wäclisl) 
eutslanden,  uic  mhd.  oiigen-weide  sich  in  ougel-weide  verderbt, 
rergl.  grainm.  2, 540,   und   heidelkorn    für   beidenkorn  unten, 
die  form  kann  seit  dem  u.jaJtrh.  nachgewiesen  werden: 
der  pfalTe  nxra  ein  heidelber 
für  sin  opfer  in  disen  noeten.    Renner  8922. 

der  name  giit 

1)  von  der  schwaribeere  und  ihrem  Strauche,  vaccinium  myr- 
lillus.  Nem.mch  4, 1537 ;  heidelbere  vacäniuni,  vulg.  scbwarzber 
voc.inc.theul.ii*;  weil  wir  nicbls  als  piize  und  heidelbeeren 
zu  essen  halten.  Schweimcben  1,352;  ihr  (einer  zigeunerin) 
hemt  war  schneeweis,  . .  woraus  sie  hervor  schiene  wie  eine 
heidelbeer  in  einer  milch.  Simpl.  3,108  Kurz;  man  bereitet 
ein  mahl  von  hundßeisch  in  bärentalg  gesotten  mit  heidel- 
beeren, wobei  jeder  tapfer  zulangen  musz.  Lichtenberg  5 
(1803)  s.  138; 

ich  suchte  heidelbeeren 
in  dieses  thals  gebüsch.        Voss  2,  246. 

2)  auch  von  der  brombeere:  moradumi,  moradumum ,  mora- 
dium  heidelber,  heidelper  Dief.  192';  heidelber,  ru/g.  braniber, 
moradumi,  est  fruclus  niger  crescens  in  dumis.  voc.  ine.  theul.  i  2*. 

3)  rott  andern  ähnliehen  pflanzen :  vaccinium  vilis  idaea  die 
Preiselbeere,  rolhe  heidelbeere  Nemnicu  4,1540;  vaccinium 
utiginosum,  moosheidelbeere,  grosze  heidelbeere  1539 ;  arbutus 
uva  ursi,  mehlbeere,  spanische  heidelbeere  1, 412;  royena  glabra, 
africanische  heidelbeere  5,  238. 

HEIDELBEERBAUM,   m.  vaccinium  arcloslaphylos.  Nemnicu. 
HE1DELBEERK.\MM,  m.  kämm  um  die  heidelbeeren  von  ihren 
sträuchern  abzustreifen,    öcon.  lex.  (1731)   991. 

HEIDELBEERMYRTE,  f.  myrica  gale.   Nemnich  3,  6S9. 
HEIDELBEERSTAUDE,  f.:    dumus,   dilinus   heidelberstud 
DiEF.  19.J';   heidelbereslauden  myrlelum  Maaler  220'. 

HEIDELBEERSTRAüCH,  m.  an  dem  die  heidelbeeren  wachsen. 
HEIDELBLATT,  m.    woi   blalt   des   heidelbeerslrauchs :    man 
nimpt  dürre  niyrlhcn  oder  heidelhlälter.  Uffenbach  neues  ross- 
buch (1003)  2, 22C.     vgl.  unten  heidelstaude  für  heidelbeerslaude. 
HEIDELBLU.ME,  /".  gnaphalium  arenarium,   gelbes  ruhrkraul, 
gelbe  Strohblume. 

HEIDELBREI,  m.  brei  aus  heidel,  buchweizcn :  bair.  haiden- 
brein,  brei  oder  griitze  von  heidekorn.  Sciim.  2,151;  gries,  gersten, 
baberkorn,  hirs  und  heidenprein.  Hohberg  1,194*;  was  soll 
man  . . .  mit  viel  häberen  hechten ,  gsathaber,  graupen  und 
heidelbrei  den  magen  verwollstopfen.  Garg.  45'; 
nichts  gessen  denn  ein  hcidelprel. 

H.  Sachs  2,4,  13'; 
uns  beed  ein  kesz  und  brot  woi  kleckt, 
etwan  darzu  ein  heidelbrei. 

J.  Atrk»  275«  (1374,  34  Keller). 

davon:  gumpostsieder,  abergläubische  mörleut,  heidelbrei- 
fressige  Iretler.    Fischart  groszm.  94. 

HEIDELERUHE,  f.  alauda  arborca ,  auch  alauda  campestris 
und  crmtala.  ^"esinich  1,139.142.143;  bei  Stieler  1147  beidel- 
lercbe,  sanglerche,  alauda  campestiis,  vel  canora; 

dürft  ich  mit  der  schwalbe  ziehen, 
mit  der  heidelerche  fliehen. 

Kotzebu«  drarn.  spiele  2,  250. 

tprichwörtlich  singea  wie  eine  heidelerche;  singt  sie  nicht  artig, 
frau  nachbarinn,  wahrhaftig,  wie  eine  heidelerche  su  schön! 
C.  F.  WiiszE  kom.  opern  2,  130  (tust,  tchtister  1,  l.t). 

HEIDELFRESSER,  m.  Garg.  65*.  s.  die  ttelle  unter  heidel 
sp.  802. 

HEIDELGRIES,  m.  gries  aus  heidel,  buchweizen, 

HEIDELHAHiN,  m.  tetrao  tetrix,  der  birkhahn. 

HEIDELKORN,  n.  buchunzen :  cirrr  heidelkorn  DiEF.  117*. 
f.  heidenknrn. 

HEIDELKHAUT. 

HEIDELFFE.NMt, ,  m.  pamanii  uniiciim ,  uelacher  pfennig, 
wfUchrr  hirsen.  Nejij<ich  4,840;  heidclfench,  hcidelpennich 
pafucum  Dief.  iw*.     veiyl.  heidcfench. 

HEIDELSTAl  DE,  f  für  hcideibeerstDudc.  Schm.  2,151. 

HEIDELVVINDE,  f.  potygonum  convulrulus.  wildes  hndckorn, 
Nkm.iich  4, 102«. 

HEIDEN,  m.  paganut,  t.  heide. 

HEIDEN,  ni.  i)  ptlygonum  fagupyrum,  buchuenen,  hadenkorn, 
die  form  beiden  iW  wo/  nichste  kürtung  aus  beidenkorn,  t.d.; 
iie  tfrandfrl  tich  zu  heidel  (»p.  902)  und  mit  anlehnung  an  beide 


ericetum,  tesqua  zu  heide  (sp.  799).  das  wort  ist  dem  hair. 
Sprachgebiete  ägen :  haiden  und  haidel  Schm.  2, 151 ;  in  Kärnten 
baden  Lkxer  137;  sa.  (summa)  des  heidens  und  der  kuchen- 
speis 26Va  sunier.  städtechron.  2,  319,  27. 

2)  gcnista  pilosa ,  der  harige  giiister,  klein  beiden.  Nem- 
MCH  3,  31. 

HEIDEN,  »I.  schmale  lange  axt  der  zimmerleute ,  in  Baiern 
ScuH.  2, 151;  Kärnten  Lexer  131  und  Tirol  Fromm.  5,445;  man 
unterscheidet  die  haiden  nach  ihrer  form  in  schwäbische, 
halbschwäbische  und  deutsche.  Schm.  a.  a.  o. 

HEIDEN,  rerb.  für  heien,  schützen,  hegen:  die  hölzer  werden, 
so  viel  miigiich ,  verfriedet ,  und  vor  dem  geisz-viehe  ver- 
wahret, die  jungen  bolzungen  ebenmäszig  woi  gehcidet.  Hoh- 
berg 1,  79'. 

HEIDENA.NGST,  /".  übermäszige  angst  (nach  heide  G  sp.hOi): 
er  hat  eine  heidenangst  vor  dem  tode. 

HEIDENANGST,  adj.:  mir  ist  heidenangst. 

HEIDENARTIG,  adv.:  ein  kind  heidenartig  aufwachsen 
lassen.  A.  Lafontaine  der  nalurmensch  (1801)  s.  130. 

HEIDENAUGE,  n..- 

so  steinern  ist  so  gar  ein  heidenauge  nicht, 
dasz  es  soluli  einem  leid  der  thränen  zoll  versagte. 
Alxinger  Doolin  4,  24. 

HEIDENBEEST,  n.  Schimpfwort  für  einen  menschen,  der  utld 
in  den  lag  hinein  lebt  (vergl.  heide  5  s/j.  801).  Schütze  2,126; 
hcidenbchst.    Hermes  Soph.  reisen  0,  433. 

HEIDEN  BEKEHRER,  w.  der  den  Iwiden  das  evani)elium  ver- 
kündet, missionar.  fem.  heidenbekehrerin:  wollt  ihr  durch 
nuisen  die  religion,  wie  Sokiates  die  philosophie,  von  ihrem 
himmel  auf  die  erde  bringen  und  pflanzen:  so  eifert  jenem 
nuister  nach,  näiniich  Herdern!  oder  einem  Klopslock,  oder 
überhaupt  den  dichtem  älterer  zeiten.  solche  musen  allein 
können  die  heidenbekehrerinnen  so  vieler  groszen  werden. 
J.  Paul  dämmerungeu  142. 

HEIDENBILD,  n.  sculplilia  gentium  idololatrica.  Stieler  14-5. 

HEIDENBLÜMLEIN,  n.  daphne  cneorum.  um  München.  Schm. 
2,151. 

HEIDENBREIN,  m.  brei  und  grülze  von  Iteidtkorn;  auch  das 
heidekorn  seihst;  bairisch.     s.  heidelbrei. 

HEIDENBRUST,  f.,  nach  heide  5  sp.  801 : 

das  mädcben  seiner  lieb  und  tust 

in  angst  und  pein  zu  sehn, 

ist  von  der  ärgsten  heidenbrust 

wohl  schwerlich  auszustchn.    ÜBrcer  103'. 

HEIDENCHRIST,  m. :  die  Christen  der  ältesten  kirche  waren 
Judenchristen  oder  heidenchristen  (j'c  nachdem  sie  geborene  Juden 
oder  heidrn  waren). 

HEIDENCHRISTLICH,  adj.:  weder  judenchristliche,  noch 
heidenchristliche  färbung  sei  in  dem  hirtcn  wahrzunehmen. 
Hauck  theol.  Jahresbericht,  2.  Jahrg.,  s.  544. 

HEIDENDAMPF,  m.  evaporatio  campestris.  Stieler  276.  woi 
für  heidumpf;  vergl.  unten  heidenrauch  und  beiderauch. 

HEIDENDRECK,  m.  /itjxojiiov,  der  erste  auswarf  neuge- 
borener kinder,  kindcspech,  erbkot. 

HEIDENELKE,  f.  dianthus  delloides ,  kriediende  feldnelke. 
Nemnich  2, 1404. 

HEIDENELSTER,  f  coracias  garrula,  mandelkrähe. 

HEIDENFEIND,  m.: 

ein  jünger  sankt  Basils,  ein  groszcr  heidenfeind. 

WiKLAND  22,  262  (Oberun  6,  27). 
vergl.  heidcnhasser. 

IlEIDKNFELD,  n.  ericetum.   Stieler  464. 

HF^IDENFLACHS,  fn.  antirrhinum  linaria,  flachskratU.  Nemnich 
1,  359. 

HEIDENFRAU,  f.  heidnisches  weih.  Happel  aead.  rom.  1 1. 
in  bexug  auf  die  frau  Venus  des  Tannhäusrrliedes :  ixt  also  dieser 
alte  dichter  so  frei  und  grosz  gesinnt ,  dasz  er  auch  noch 
die  rückkehr  zur  heidenfrau  für  verzeihlich  hält?  Freytac 
handschr.  2, 19.'>. 

HEIDEN(;ELI),  n.  1)  grld  welfhes  für  das  betreiben  der  feldtr 
mit  dem  viehe  entrielitel  wird,  tnßgeld.    Adelung. 

2)  (nach  beide  0  .</).  802),  übermässig  nW  geld:  ein  haiden- 
geid,  sehr  viel  geld  Scnii.  2,161;  er  verbraucht  ein  heiden- 
geld,  wahre  iinsummen. 

HEIDENGLAUBE,  m.  genlilimu$.   Stiele«  6«5. 

HEIDEN(;()TT,  m.  deus  falstu: 

kein  licidongol  noch  götlln.     Wickhirlin  677; 
(la«z   •lertdiche    bei    den  allen  hcidengOttcro  im  innern  der 
berge  weilen.    Freytac  handschr.  2, 100. 


805 


HEffiENGR  AB  —  HEIPENKCNST 


HEIDE>XAND  —  HEIDENSCHAFT 


806 


HEIDENGRÄB,  n.  tuniulus  pagani.  so  heiszen  dem  volke  die 
grablu'igel  allgermanisclien  Ursprungs,  in  SüddeulscMand  auch  die 
römischen  grabslätlen.  ■  der  name  ist  alt,  sclion  im  capit.  Pader- 
brunnense  22  steht  die  latänische  Umschreibung:  jubemus  ut 
Corpora  christianorum  Saxanorum  aJ  cimiteria  ecclesiae  defe- 
rantur,  et  non  ad  tumulus  paganorum.  Pertz  mon.  3,49,  und 
begegnet  auch  als  Ortsname:  zen  heidengrebern  (von  1392).  im 
Brand  zen  haidengrebern  {von  1475).  Mone  urgesch.  des  bad. 
landes  1.  215. 

HEIDENGRAUPEX,  /".  plur.  cremor  panici.  Stieler  69S, 
graupen  aus  heidenkorn  gefertigt. 

HEIDE.NHAAR,  n.  gfuOhnlich  im  plur.  heidenhaare,  die  haare 
die  die  kinder  vüt  auf  die  weit  bringen,  nach  der  dhnlichkeü  auch 
die  federn  junger  tauben,  so  lange  sie  haaren  gleichen. 

HEIDE.NHASSER,  m.: 

der  mächtige  Circasser 
blieb  selbst  nicht  sicher  vor  dem  heidenhasser. 
Gries  Tusso  3,  44. 
s.  heidenfeind. 

HEIDENHAUT,  f.  unreinigkeit,  die  neugeborene  kinder  auf  den 
köpfen  mit  zur  irell  bringen  und  die  sich  nachher  in  geslall  einer 
rinde  oder  hatit  löst.    Adelung. 

HEIDEAHO.MG,  HEIDEHOMG.  m.  honig  den  die  bienen  von 
den  heidepflanzen  einsammeln ;  heidhonig  J.acobsson  2,  24&'. 
auch  die  hauptsächlich  den  heidehonig  gebende  erica  heiszt  so: 

ha!  ein  dunkler,  romantischer  hain  voll  rissiger  eichen, 
heidenhonig  und  ginst  und  Wespennester  und  hirschbrunst. 
Schmidt  v.  Wermeochbn  ged.  121. 

HEIDEMSCH,  adj.  s.  heidnisch. 

HEIDE.MSOP,  m.  cistus  helianthemum ,  erdepheu.  Nehnich 
2,1031.     s.  heidenschmuck. 

HEIDE.NKI.ND,  n.  heidnisches  kind,  mhd.  heiden-kint: 

dir  anlasz  geben,  dasz  du  gern  von  neun 
und  durchs  ganze  leben  wirst  des  herren  sein: 
denn  wenn  heidenkinder  ihn  gern  lieb  wolln  kriegen, 
Solls  euch  wohl  nicht  minder  am  herzen  liegen, 
die  ihr  winzig  kleine  schon  dem  herrn  geweiht 
und  bei  der  gemeine  in  der  pflege  seid.      Göihb  4",  109. 

HEIDENKIRCHE,  f.  gotteshaus  der  heiden :  (Lysias)  zog  wider 
die  jiiden,  der  meinung,  das  er  heiden  in  die  stad  setzen, 
und  den  tempel  zu  seinem  jerlichen  nutz  braueben  wolt,  wie 
ander  heidenkirchen,  und  das  priesterthum  jerlich  verleihen. 
2  Macc.  11.  3. 

HEIDENKLANG,  m.  heidnischer  klang: 

fort  heidenklang!  verklinge! 

verkling  uraltes  weh ! 

komm,  Christenlerche,  singe 

ein  lied  aus  höhrer  höh.    Arndt  ged.  (1S40)  579. 

HEIDENKORN,  n.  1)  pdygonum  fagopyrum,  huchtceizen,  In- 
licum  saiacenicum,  franz.  ble  sarrasin,  alt  bied  turchique,  bühm. 
pohanka  {von  pohan  paganus)  und  talarka,  auch  ehstn.  tattar, 
ftnn.  tattarwehna.  alle  diese  namen  deuten  auf  die  einführung 
dieses  gelreides  aus  südüsllichen  gegenden  hin,  vgl.  auch  die  aus- 
führungen  bei  Schm.  2,151.  vihd.  heidenkorn;  cicer  heiden- 
korn DiEP.  117";  nierfia  heidenkorn  353";  heidenkorn,  ocj/mum 
Alberus  SS  8*;  panicuvx,  sei  das  recht  heidenkorn  sein,  das.; 
an  heidenkorn  und  kuchenspeis  29  sumer.  deutsche  städlechron. 
2,  318,  24.  die  form  schwankt  manigfach  in  heidelkorn  {s.  d.) 
und  heidekorn,  jetzt  die  gewöhnliche:  heidekorn  Schnorr  kunst- 
haus- u.  wunderbuch  (1644)  s.  228  unter  den  pflanzen  des  juni; 
um  Ingpruck  bauen  sie  viel  türkisch-  und  haidekorn,  das  sie 
blende  nennen.  Göthe  27,22;  ich  glaube  die  Ursache  dieses 
krankhaften  zustandes  in  dem  häufigen  gebrauch  des  tür- 
kischen und  haidekorns  zu  flnden.  .«.  55;  buchweizen  (fago- 
pyrum esculentura),  auch  heidekorn,  haden,  blende,  griken 
genannt.  Masids  lesebudt  2  (3.  aufl.)  s.  3.  g^ürzt  sind  die  formen 
heiden,  heidel  {sp.  802.  S03)  und  endlieh  beide,  mit  verän- 
dertem geschlecht,  sp.  799. 

2)  polygonum  conruhulus,  wildes  heidekorn.  Nehnicq  4,1029. 

HEIDENKOST,  f  barbarorum  cibus: 

und  heidenkost  strömt  neuen  segen 
auf  länder.  ThEmmel  3,  30. 

HEIDENKOTH,  m.  fit^xciriof.     rergl.  heidendreck. 
HEIDENKUNST,  f.  kunsl  der  heidniscJten  {arabischen)  aslrologen : 

eim  kristen  menschen  nit  zfl  stat 

das  er  mit  heiden  kunst  umh  gat, 

und  merk  ulT  der  planetcn  louf, 

ob  dvser  tag  sy  gfit  zöra  koul, 

zQ  buwen,  krieg,  machung  der  ee, 

ifl  fräntschaft  und  des  glrchen  me. 

DiiA:«T  narremch.  65,  22. 


HEIDENLA.ND,  11.  land  der  heiden,  mhd.  heidenlant  Lexer 
1, 1208 :  und  kämen  die  meisten  aus  heidenländern,  wo  man 
kinder  fresse  und  ander  lüt.  J.  Gotthelf  crzäldungen  4,18; 

schlimm  genug,  dasz  in  den  heidenlanden 
die  schöne  spräche  von  Ok  was  unerhörtes  war. 

\ViEi.A>D  22,  10  (Öfteren  1, 12!. 

HEIDENL.ÄRM,  m.  überaus  grosser  lärm:  die  kinder  machten 
einen   heidenlärm. 

HEIDENLASTER,  n.  peccata  gentilium.   Stieler  1059. 

HEIDENLEBEN,  n.  gentilismus,  paganismus.  Stieler  1098. 
jetzt  mit  tadelndem  sinne  {nach  beide  5  sp.  SOI):  er  führt  ein 
heidenleben,  lebt  wild  und  in  den  tag  hinein; 

das  schreibt  -sich  her  von  euern  lästern  und  sünden, 

von  dem  gräuel  und  heidenleben, 

dem  sich  officier  und  Soldaten  ergeben. 

Schiller  Waltensteins  lager,  8.  aufir. 

HEIDENLILIE,  f.  UHum  martagon,  feldlilie.  auch  umgedeutet 
in  heidnische  lilie. 

HEIDENMANN,  wi. ;  nicht  ziemts  einer  cbristenfrau,  einen 
heidenmann  zu  nehmen.  Grimm  deutsche  sagen  2,  no.  430. 

HEIDENMÄSZIG,  adv.  l)  nach  ort  eines  heiden :  heidenmäszig 
leben. 

2)  als  verstärkendes  adv.  {vgl.  beide  6  sp.  802),  überaus,  höchst: 
wir  haben   heidenmäszig  viel  geld. 

HEIDE.NMEISE,  f.  parus  crislatus,  haubenmeise.  Nem.x.  4, 868. 

HEIDENNATüR,  f :  der  grosze  beide  ist  nämlich  der  name, 
den  man  in  Deutschland  dem  Götbe  beilegt,  doch  ist  dieser 
name  nicht  ganz  passend,  das  heidenthum  des  Göthe  ist 
wunderbar  modernisiert,  seine  starke  heidennatur  bekundet 
sich  in  dem  klaren ,  scharfen  auffassen  aller  äuszeren  er- 
scbeinungen,  aller  färben  und  gestallen;  aber  das  christen- 
thum  hat  ihn  zu  gleicher  zeit  mit  einer  tieferen  Verständnis 
begabt.  H.  Heixe  5,228. 

HEIDENPOET,  m.: 

ein  dorfpredikant, 
der  vom  alten  Homer  im  vorbeigehn  etwa  gehört  bat, 

dasz  der  heidenpoet  Satanas  küche  bewohnt.    Voss  3,  143. 

HEIDENRAUCH,  m.  wol  umgedeutet  aus  heiraucb,  vgl.  beim 
adj.  hei  sp.  794:  in  diesem  monat  war  eine  Zeitlang  grosze 
hitze  und  dürrunge,  im  felde  war  es  allenthalben  wie  heiden - 
rauch  anzusehen.  V.  Rcdolph  zeitbüchlein  {Erfurt  1586)  Mij'. 
s.  auch  heiderauch. 

HEIDE.NREICH,  n.  heidnisches  reich,  land  der  heiden:  paga- 
nisvius  haidenreich  Dief.  405*. 

HEIDENREICH,  m.  Ihlaspi  arrense  und  campestre,  bauemsenf; 
wol  nur  verderbung  von  bederich  sp.  751.  dieselbe  verderbung 
scheint  aucli  zu  walten  in 

HEIDENRETTICH,  m.  raphanus  raphanistrum  und  tlüaspt 
campestre.    Nemnicb. 

HEIDENRIEGEL,  m..- 

manch  Brockenstückchen  wäre  durchzuproben, 

doch  heidenriegel  find  ich  vorgeschoben. 

das  Griechenvolk  es  taugte  nie  reeht  Tiel!     Göthb  41,110. 

HEIDENROSE.  f.  rosa  canina,  heckenrose,  feldrose. 
HEIDENRÖSLEIN,  n.    dim.  zum    vorigen,      es   ist  die  Über- 
schrift zum  Hede 

sah  ein  knab  ein  röslein  stebn, 

röslein  auf  der  beiden.     Göthe  1,  17. 

HEIDENSCHAFT,  f.,  aiid.  heidanskaft,  mhd.  heidenschaft, 
geiüilitas. 

1)  zustand  eines  heiden : 

der  toufoaph  wart  geneiget 

ein  «enec  geinme  gräle. 

vol  wajjers  an  dem  male 

wart  er,  ze  warm  noch  ze  kalt. 

dö  stuont  ein  gräwer  priesier  alt, 

der  ä;  heidenschaft  manc  kindelin 

och  gestoben  bete  drin.      Part.  8!7,  9; 

wann  es  die  heiden  tbäten,  muste  man  denken,  ihre  heiden- 
schaft bringe  nichts  anders  mit  sieb.   Schuppids  390. 

2)  weil  häufiger,  wie  schon  mhd.  (Leier  wb.  1, 1209)  gesamt- 
heil  heidnischer  Völker,  auch  land  derselben: 

dö  reit  er  in  die  heidenschaft 
verre  hin  bij  an  daj  mer. 

gesamtahenteuer  1,  417,  1050; 
A|  heidenschaft  ge\-uor  nie  man 
üf  toufpflegeaden  landen  .  .  .    Parz.  766,  26; 
dö  beleip  der  heidenschaft  genuoc 
tot  von  Rennewartes  hant.     Wittehalm  388,  22; 

du  scholt  auch  wijjen,  da;  all  die  maistcr,  die  in  der  Zauber- 
kunst ISrent,  daj  sprechent,  daj  die  götter  und  diegaist.. 
die  zaubrser  dester  6  erhoernt,  wenn  si  in  wairach  opfernt. 

51* 


807 


HEIDENSCHAFT  —  HEIDENTHUM 


IIEIDENVIEH  —  HEIDERICH 


808 


daj  ist  aiii  inung  in  der.  haidenscliaft.  Megenbehg  377,26,- 
er  wird  ein  ricliler  sein  in  der  hcidenscliaft.  Luther  1,  S9' 
{ps.  UO,  6,  später:  er  wird  richten  unter  den  beiden);  zu- 
hricht  und  zustöret  das  jüdcnihum  zu  gründe,  und  bawet  die 
heidenschaft  zu  seinem  reich ,  so  •weil  die  weit  ist.  3, 183' ; 
abet  ich  {Paulus)  habe  durch  dieseibige  (gnade)  das  evon- 
gelium  durch  die  ganze  heidenschaft  bracht ,  und  seer  viel 
leule  bekeref,  wie  er  anderswo  sogt,  das  er  von  Asia  bis  in 
Welschland  alles  mit  dem  cvangelio  erfüllet  habe.  C,  22l'; 
s.  Paulus  ward  mit  Barnaba  ausgesondert  . .  das  sie  sollen 
in  die  heidenschaft  durch  alle  weit  ziehen.  222*;  es  werden 
auch  one  zweifel  am  letzten  geriebt  vor  Christo  und  aller 
weit  viel  hundert  tausent  verlorne  menschen  schreien  und 
klagen  über  die  oberkeit  in  aller  weit,  die  solchen  dienst  ver- 
sewml  haben,  von  anfang  her  der  heidnischaft.  Melanchthon 
anriclitg.  der  lat.  schul  {Bonn  1543)  hl*;  es  waren  zu  Jerusalem 
männer  aus  aller  heidenschaft  underm  himmel.  Reiszneü  Jeius. 
1, 122';  nicht  ohne  nachdenken  hat  die  alle  heidenschaft  ihrem 
Jupiter  den  scharfsichtigen  adlcr  zum  feldzeichen  gegeben. 
BüTSCHKT  PalmOS  90;  das  wurde  verkündet  in  der  ganzen 
heidenschaft.    Sinhoce  2,  29C ; 

also  auf  weise  gleich 
hat  er  regentn  und  reich 
untr  seiner  nügel  schütz 

der  heidenschaft  zu  trotz.     Opel  u.  Coun  399,74; 
disz  haben  aufgemerkt  als  unerhörte  sachen 
die  bei  der  heidenschaft  des  hinimels  lauf  kund  machen. 

Opitz  Grolius^  Wahrheit  s,  353. 
in  die  heidenschaft  ziehen ,  fahren  hiesx  zunächst  nach  dem 
Morgenlande  reisen : 

wer  in  die  heidenschaft  will  fahrn, 

der  soll  sich  hie  ind  leng  nit  sparn  (safit  ein  schiffspatron  ein- 
ladend).   J.  Atrkr  20S'  (1037,  9  Keller) ; 

wir  wollen  in  die  heidenschaft  hin, 

dem  türkischen  kaiser  wahrn  bringn.    208*  (1038,6); 

aber   es  wird  auch  allgemeiner  für  das  reisen  in  fremde,    unbe- 
kannte, weit  entlegene  Idnder  gebraucht:    damit  zoch  er  darvon 
in  fremlide  landf,  in  die  haidenschaft.  Zimm.chron.  1,281,19. 
HEIDENSCHMERZ,  m.    l)  schmerz  eines  heiden: 

und  es  klagt  {seit  der  auferslühung  Jesu)  hei  keiner  leiche 

nimmermehr  der  kalte,  bleiche 

gottveilaszne  hcidenschmerz.     M.  v.  Sche!4eendorf  444  Hagen. 

2)  auszcrordentlich  groszer  schmerz  (nach  beide  6  sp.  802). 
HEIUE.NSCHMUCK,  m.    decus   campi,   ist   der   name  zwäer 
pflanzen:  des  cistus  helianthemum,  Sonnenröschen,  erdcphcu  Nem- 
wiCH  2, 1052,    und  der  serratula  tinctoria,  schartenkraul,  wiesen- 
scliarle  4,  1288. 

HEIDENSCHWAMM,  f».  fungus  campestris.  Stieler  1952. 
HEIDE.NSCHWER,  adj.  überaus  schwer  (nach  beide  6  sp.  802): 
heiden^chwer,  verdammt,  vernucht  schwer.  Fromm.  5, 12. 
HEIDE.NSITTE,  f.  mos  paganorum. 
HEIDE.NSTAÜT,  f.  urbs  genlilis.    Stieler  2113. 
HElüEiNSTH.\SZE,  f.  als  name  für  eine  heerslraszc  führt  Frisch 
1,435'  an.     es   ist   die  noch  von  den  Römern  angelegte  strasze; 
leryl.  beide  2  sp.  801  oben. 
HEIDENSTÜCK,  n..- 

und  so,  Torm  keuschen  blick 
des  tages,  im  kostüm  der  heldenzeit  zu  schimmern  {nackt), 
däucht  ihm  ein  wahres  heidenstück. 

WiKLAXD  22,  113  {Oberon  3,  29). 

HEIDENTAUBE,  f  wilde  taube,  waidtaube:  heidentul)en,pü/um- 
bus,  est  ciilumba  silveslris.  voc.  ine.  Iheut.  i  2';  palumbus  ha-  /.  heid- 
tube  DiEF.  40s';  ptttumbus  haidtaub  nov.  yloss.  278*. 

HEIDEMK.MI'EL,  m.  tcmpcl  der  heiden;  bidental  Stieler  2350. 

HLIDE.NTHUM,  fi.  ahd.  heidantuom,  mhd.  heidentuom,  pa^i- 
nilas,  rjenttlitat. 

1)  zustand,  art,  leben  eines  heiden.  neuere  definieren  den  begriff: 
beidentbuin  fpaganisinus)  ist  der  worlerklUrung  nach  der  reli- 
giöse aberglaube  des  Volkes  in  waldein  (haidcn)  d.  h.  einer 
menge,  deren  religionsglaube  noch  ohne  alle  kirchliche  Ver- 
fassung ist.  Kant  1,219;  heidenthum  ist  derjenige  glaube, 
der  das  wesentliche  aller  Verehrung  gotles  nicht  in  die  mora- 
liliit  setzt.  248;  heidenthum  nennen  wir  ...  olle  vorchrist- 
liche, irdisch  iiatOrliche  cntfallung  des  menschen-  und  Völker- 
lebens. Kritzi  er  humauital  u.  christenthum  2,  97,  wobei  die  ver- 
schiedenen auffassunijen  des  worts  beide  (l  und  2  sp.  80ü)  zu 
gründe  gelegt  und;  ahd.  ist  bereit»  aus  dem  begriffe  heidnische  art 
oder  lehre  der  weitere  goltlosiykeii  geflossen:  Jicidantuum  sacri- 
tegium  GRArr  4,hi2  (rrrj/.   heidnisch  3); 

»ie  hntlcn  iill.«,irn(it  .l.-i»  li' llfiilhumb  gesogen 

I"  ürotiut'  wahih.  «.930; 


denn  ach !  das  arme  kind  lag  noch  im  heidenthum, 
und  glaubt'  an'Mahomcd,  unwissend  zwar  warum. 

WiELiWD  22,  2(iü  [Oberon  6,  23) ; 
Uambald,  der  bald  nachhdr  vom  frommen 
dienst  unsers  licrrii  zum  lieiilcnihurae  sank. 

Gribs  Tusso  5,  75  ; 
mit  den  gebcinen  der  heiligen  ward  ein  misbrauch  gelrieben, 
der  die  christliche  religion  in  ein  förmliches  heidenihum  ver- 
wandelte. Schlosser  wcltg.  4,  500.  der  plur.  hcidcnthümer  15/ 
.teilen:  das  ganze  nullelaller  hatte  einen  groszen  vorralh  des- 
selben {des  glaubens  an  Vorzeichen)  aus  seinen  verschiedenen 
heidcnlhüinern  ererbt.  J.  Burcihardt  cultur  der  renaissance 
(1869)  s.  420. 

2)  («iie  heidenschaft  2),  land,  Völker  der  heiden: 

dasz  bei  dem  heidenthumb  durch  wollust  böser  bitten 
die  angebohrne  kraft  der  sinnen  ward  bestritten 
vei wunder  ich  mich  nicht.      Opitz  Grulius'  wahrh.  ».323; 
ihr  tanzt  dem  türken  hurtig  vor, 
ihr  thuet  ihm  auf  die  thür  und  thor 
TU  stürzen  gottes  sehn  : 
das  heidenihum  tanzt  auch  darauf, 
0  liebes  Deutschland,  schau,  pasz  auf, 
sonst  wirst  du  untergan.      Opel  h.  Cod?«  143,  15; 
und  was  er  {llüon)  glaubt,  beschwört  er  hoch  und  theuer, 
erbötig,  dessen  richtigkeit 

dem  ganzen  heidenthum  mit  seinem  blanken  eisen 
zu  waseer  und  zu  land  handgreiflich  zu  erweisen. 

Wieland  22,  26t  {Uberun  6,  25); 

Mohr,  so  will  ich  ein  christ  werden  !  Fiesko.  die  kirche  bedankt 
sich  für  die  blättern  des  heidenihums.  Scdiller  Fiesko  5, 10. 
HEIDENVIEH,  m.  Schimpfwort,  wie  hcidcnbeest  {.ip.  801). 
HEIDENVOLK,  n.    1)  heidnisches  volk: 
das  heiden  volk  so  doch  die  Christen  pflegt  zu  hassen. 

Opitz  Grotiiis'  Wahrheit  s.  345 ; 
der  mit  dem  heidenvolk  für  ihre  sache  fleht. 

Alxincer  üoolin  4,  58, 
er  {Turpin)  hat  das  christenlhura  mit  mund  und  faust  verfochten, 
viel  heidenvolks  getauft  und  viel  ins  gras  gestreckt.       7,  9. 

2)  volk  von  zigeunern  oder  landstreichern,  gesindel  {s.  beide  j 
sp.  801):  es  wäre  gut,  wenn  du  einmal  hinausgingst  und  nach- 
sähest: ich  traue  dem  heidenvolk,  das  in  den  letzten  tagen 
hier  herumstrich,  nicht,  daheim  1866,  s.  507*. 

HEIDENVORHOF,  m.  vorhof  des  jüdischen  tempels ,  in  dem 
die  heiden  weilen  durften.  J.  Paul  hat  das  wort  mehrfach  bild- 
lich verwendet:  er  lächelte  im  chore  (d.h.  auf  der  emporkirchc), 
diesem  freihaven  und  heidenvorhof  ausländischer  kirchen- 
gänger.  Qu.  Fixlein  70 ;  da  der  heidenvorhof  seines  herzens 
so  voll  weiber  wurde,  indesz  im  allerhciligsten  desselben 
nichts  war  als  ein  stummes  dunkel.  Hcsp.  2, 194 ;  so  viele 
fehltritle  thut  der  gute  schon  im  heidenvorhofe  der  liebe;  wie 
soll  er  im  weibervorhofe  bestehen,  oder  im  fmstern  allcr- 
heiligslen  fuszen?  Titan  1,185;  die  predigt  des  kandidalen 
musz  zum  gewöhnlichen  eingangc  noch  einen  zweiten  haben, 
den  man  denn  hier  anstöszt  als  heidenvorhof.    komet  3,  240. 

HEIDENWEG ,  m.  Rümerstrasze ;  als  name  eines  aüen  weges 
über  den  Naszfelder  oder  Korntauern  Senn.  1, 1052  I'rommann. 
vcrgl.  hcidensirasze. 

HEIDENVVL'LLKRAUT,  n.  verbascum  lyclmitU.  Neun.  4,1551. 

HEIDENWL'HZ,  f.,  nüid.  heidenwurz  aggericum  Lexes  wb. 
l,120',i:  niinb  dan  nigranwurz,  haidenwurz.  Seuter  rossar:n.393. 

HEIDENZEIT,  f.: 

ein  böses  wcsen 
hat  seinen  wohnsiiz  unter  diesem  bäum 
schon  seil  der  alten  grauen  heidcnzcit. 

Schiller  Jungfrau,  prolog,  2.  auftr. 

HEIOENZEN,  verb.  zur  heidenarl  hinneigen:  wäre  gut ,  es 
wären  allein  die  heidenzende  Juden  solche  greuliche  Icute 
gewesen.  Damhawer  calechismusmilch  (Siraszburg  1666)  8,  822. 
I.  judenzen, 

HEIDKPFRIEME,  f.  spartium  scoparium,  pfriemenkraut,  besen- 
kraut,  kleine  heidcpfrienien,  genista  pilosa,  der  haarige  gmster. 
Nkunich  3,31. 

HEIDEOl'ENDEL,  m.  tliymus  ser}iytlum,  feldquendel. 

HEIDEHAUCII,  m.:  die  donnerwolkc  zerllosz  in  einen 
«anfien  heideraurh.  MusXus  volhsm,  2(l7ss)  n.    s.  heidenrauch. 

HEIDEHKITEH,  m.:  in  dieser  schule  halle  mein  vater  eitie 
tüchtige  rcchneiikunst  und  eine  vorziiglichüle  handschrifl  ge- 
wonnen,  »0  dasz  sein  herr,  der  grnf,  ihn  zu  einem  heidc- 
relter,  wie  man  sie  damals  in  Rügen  nannte,  oder  einem 
kleinen  fr.r5ter  besliminle.    Arndt  leben  4.     t.  heideheiciler. 

HEIDEHICH,  m.    1)  unuteutung  von  hcdcrich  sp.  7.M. 

2)  name  de%  heiderlings,  heideschwammu,  agarieus  camptsliu. 


S09 


HEIDERLLNG  — HEIDI 


HEIDERLING,  m.  agaricus  campestris,  heideschwantm .  cham- 
yignon :  solche  {schvämme)  nennt  man  zu  teulsch  lieidei üng 
oder  druschling  dariimb  das  sie  auf  den  beiden  oder  druschen 
gern  wachsen.  Bock  heulerbuch  (l565)  347*;  heideriing,  sorle 
de  champignvn  Roxdeaü  290;  heideriing  oder  träuschiing,  sind 
oben  bieichfarb  und  unten  braun;  diese  werden  gieichfals 
geschület  und  alsdann  mit  gewürz  und  butter  zubereitet. 
HoHBEBG  3, 1,  405*.     vergl.  druschling  2, 1461. 

HEIDEROSE,  f.  rosa  canina.     s.  heidenrose. 

HEIDESAND.  m.  zerfallener  granil.  NESsicn. 

HEIDESCHAF,  n.  schaf  das  auf  einer  beide  getceidel  wird, 
s.  heidschnucke. 

HEIDESCHNEPFE,  f.  scolopax  arquala.  Neäüich  4, 1-252. 

HEIDESCHWAMM,  »i.  agaricus  campestris,  heideriing:  heider- 
iing oder  heideschwamm.  Stosch  A7.  beilr.  1,  64. 

HEIDESCHWÄRM,  HEIDSCHWARM,  m.  schwärm  von  heide- 
bknen,  der  ausfliegt,  wenn  die  heide  zu  blühen  anfängt.  Jacobs- 
so>-   6,  64". 

HEIDESEGGE,  f  earex  globularis. 

HEIDESENF,  m.  sisymbrium  arenosum. 

HEIDESIEBT,  n.  siebt  oder  kleine  sense,  das  heidekraut  damit 
abzumähen,     in  ?iiedersachsen.  Jacobsso.n  2,  24S'. 

HEIDESTEIN,  m.  der  yranit.    Nemsicb  wb. 

HEIDETÄUBLING,  m.  agaricus  virescens ,  grüner  blälter- 
schuamm.  Nesmch  1, 116. 

HEIDETORF,  m.  eine  torfart:  wurzellorf,  auch  heide- und 
rasentorf,  . .  ist  mit  unvermoderter  heide,  laub,  gras,  zarten 
wurzeln  und  blättern  durchwebt.  Jacobsson  ?,  232*. 

HEIDEWICKE,  f.  vicia  satita,  fulterwicke,  feldwicke.  Nemsich 
4.1505. 

HEIDEWIND,  »»..• 

tu  öd  und  irauriff  selbst  den  haidewinden 
sind  diese  wiüterlichen  einsamkeiten. 

Lesau  neuere  geil.  (1843)  . .  . 

HEIDEZIEMER,  m.  lurdus  iliacus,  heidedrossei  Nem.i.  4, 1509. 

HEIDFEÜER,  n.  .•  die  zitlermäler,  heidfeurer  oder  andere 
bijäe  um  sich  fressende  aber  doch  nicht  tief  in  die  haut 
beis/iende  oder  sich  einsenkende  rauden.  Thcrneiszer  beschreib, 
influenl.  Wirkungen  (I57S)  120.  es  ist  wol  lepra  alba,  das  wilde 
feuer  (3, 15SG)  gemeint,  und  das  erste  glied  der  Zusammensetzung 
lehnt  an  heide  5  (sp.  SOI)  an. 

HEIDHOLZ,  n.  jedes  der  beiden  hölzer,  welche  behufs  aus- 
zimmerung  eines  vierseitigen  Schachts  an  den  baden  kurzen  selten 
wagerecht  angebracht  werden,  heidhölzer  ausscheren ,  die  Ver- 
zapfung der  heidhölzer  anfertigen.  Jacobsson  2,  24S".  auch  in 
der  form  haidholz,  haitholz,  helholz  Veitu  bergwörterbuch  (IS'O) 
257.  —  heid-  ist  hier  Verstümmelung  von  haupt,  vgl.  sp.  596.  597. 

HEIDI,  interj.,  betont  heidi  und  heidi. 

1)  zum  ausdruck  lauter,  ausbrechender  lust:  heidi,  fröhlich!; 
heidi,  laszt  uns  lustig  sein!;  in  Holstein  heidi,  lustig!  ausruf 
des  frohsein s  Schütze  2,  126. 

2)  zur  bezeichnung  eines  schnellen  komniens  und  gehens:  in 
Kärnthen  heidi!  schnell,  so  schnell  als  möglich!  Le.teh  137;  in 
meiner  Westentasche  habe  ich  den  blitz  (ein  Zündhölzchen  ist 
gemeint)  und  in  einem  halben  hui!  schlägt  er  ein,  wo  ich 
will,  und  heidi!  hast  mich  gesehen!  Auerbach  der  wahrspruch 
(1859)  s.  62. 

3)  an  diese  bedeutung  lehnt  sich  die  durch  ganz  Deutschland 
verbreitete  redensart  heidi  sein ,  heidi  gehen ,  im  umsehen  ver- 
loren gehen;  dat  geld  is  heidi.  Scni^TZK  2,126;  sin  geld  is 
heidi.  Scdaxb.  77' ;  in  Hessen  er  ist  heidi,  es  ist  aus  mit  ihm, 
er  is/  dem  tode  verfallen.  Vilmar  157;  ähnlieh  in  Nassau  Keor- 
ei»  191,  in  ßaiern  Scnji.  2,  152,  und  anderswo:  ich  führte  zu 
hause,  so  lange  ich  geld  hatte,  gute  wirthschaft,  wie  aber 
mein  geldgen  heidi  war  . .  so  reiste  ich  selbst  nach  Dresden. 
Lipziger  candidate  s.  9;  ich  sehe  dasz  er  recht  hat,  und  der 
hart  soll  noch  heut  diesen  abend  heidi  gehn.  Siegfr.  v.  l.indenb. 
4,  204 ;  den  andern  lag  liesz  ich  den  feldscherer  holen,  und 
der  sagte  mir,  dasz  das  äuge  heidi  sei.  Ijuierma.'«!»  Münchh.- 
4,  25 ; 

Tergeblich!  Hie  freude 

ist  diesmal  hejdi! 

itir  ihat  wer  zu  leide, 

entflogen  ist  sie.     Oterbick  ged.  207; 

und  nun  gieng  ich  heidi!  verlassen  in  der  noth. 

KoTiKBUt  dram.  »piete  1,  315. 

4)  erweileiungen  von  heidi, 

a)  als  ausdruck  der  lusl :  in  Holstein  beidideidum,  ausruf  des 
frok'eins  SchCtzb  2,126; 


ebenso  heididei 


HEIDI  — HEIDNISCH  810 

auf,  musikanten,  auf!  herbei! 
ihr  wiszi  mein  leibstück  schon: 
'beidideidum,  heidideldei, 
ich  denk  ans  uachbars  söhn!' 

J.  M.  MiLLKR  ged.  77. 

juchhei !  biümelein ! 

dnrie  und  blühe! 

stecke  alle  blättctien  aus, 

wachse  bis  zum  himmel  naus. 

iuchhei  I  heididei! 
dümlein  und  blühe!    Arsdt  ged.  (1S40)  28!. 

b)  als  ausdruck  schneller  bewegung  ist  namentlich  heidipritscb, 
heidebritsch  riei  in  gebrauch,  so  elsässisch: 

nein,  nein,  herr  Langbein,  heidebritsch! 

schlupft  s  (die  eidechse  rorm  storche)  dief  ins  gras  nin  ime  witsch. 
A.  Stöbkr  bei  Pro»«.  4,  115, 
gebn  sie  als,  baidebritsch,  zue's  Prechters. 

AS50I.D  jfingstmoning  (1850)  22'; 

bair.  heidibripridsch.  Sch».  2, 152 ;  im  weslerwäldschen  heidi- 
pritscb, heideprilsch,  auch  nur  pritsch :  mein  geld  ist  pritscb, 
heidepritsch.  Schkidt  weslerw.  idiotikon  146. 

Man  hat  zur  erkldrung  des  einfachen  heidi  sowol  als  nament- 
lich der  erweiterung  heidipritscb  slavische  oder  englische  rede- 
formeln  herangezogen  und  fremden  Ursprung  der  interjectionen 
behauptet  (Stosch  Weine  beitrage  l,  t09  daclite  sogar  an  franz. 
adieu ,  indem  er  gehört  haben  wollte ,  dasz  beidi  trie  adieu  als 
absehiedsformel  verwendet  würde:  ich  will  heidie  gehen;  na 
heidie  u.  dergl.,  eine  nachricht  die  von  anderer  seile  her  keine 
bestdtigung  gefunden  hat).  —  Was  zunächst  einfaches  beidi  6c- 
triffl ,  so  widerlegt  die  gleichmäszige  Verbreitung  des  Wortes  über 
ganz  Ober-  und  Niederdeutschland,  sowie  erweiterungen  zu  heidi- 
deldei ,  beidideidum ,  heididei ,  die  nichts  als  naturlaute  sind, 
den  gedanken  an  ein  anschleppen  von  fremder  seile  her.  heidi- 
pritscb angehend,  so  wird  man  wol  nicht  fehl  greifen,  wenn  man 
dessen  entstehung  in  der  hanstcurslcomödie  sucht  und  den  letzten 
theil  des  wortes  mit  dem  ständigen  attribute  des  hanswursts ,  der 
pritsche,  in  Verbindung  bringt;  man  musz  sich  hierbei  erinnern, 
wie  der  hanswurst  jeden  wilz ,  jeden  ausfall  gegen  seine  gegner 
mit  einem  pritschensehlagc  begleitete. 

HEIDIQHT,  adj.  ericis  obsitus ,  sleriHs,  incuUus:  beidichter 
ort,  ericelum  Stieler  S17. 

HEIDIN,  f.  heidnisches  weib;  mhd.  beideninne,  beideotn, 
heidenin  Lexer  mhd.  wb.  l,  I20S ; 

-    ach,  der  mann  ist  sein  freund,  so  dachte  die  heidin. 

Klopstock  4,  25. 

HEIDISCH,  adj.  gentilis,  elhnicus,  die  seltenere  form  für  heid- 
nisch, schon  ahd.  bezeugt,  hier  in  substantivischem  gebrauche:  föne 
dien  die  sih  in  martyrio  (jihlungo)  geloubton,  und  ad  paga- 
nismum  (ze  heidescun)  irwunden.  Notker  ps.  43,  bei  Hallemer 
2,153";  mhd.  heidisch  Lexer  wb.  1,1209;  vergL  über  die  form 
bei  heide  sp.  800  oben,  den  Sarracenen  und  andern  heideschen 
lülen.  d.  städtechron.  8,112,12;  (Cäsar)  dankete  dem  apgotte 
Mcrcurius  sines  glückes  und  gesiges  noch  heidcschem  sitten. 
s.  331,  5;  Wilhelm,  ein  heidesch  künig  von  Normandye.  4.33, 13; 
so  es  nichts  ist  denn  nur  ir  (der  bischöfe)  beidischer  bracht, 
geiz  und  falscher  erdichter  gewalt  und  tirannei.  Schade  sat. 
u.  pasqu.  3.  135,  20. 

HEIDNISCH,  adj.  und  adv.  gentilis,  ethnicus,  ahd.  beidaoisc, 
mhd.  heideniscb,  gebraucht 

1)  von  personen,  die  dem  heidenthume  (s.  heide  l — 4  sp.  800. 
801)  angehören: 

wie  ob  da?  heidenische  her 

mit  vil  krefteclicher  wer 

üf  uns  kumi  geriten  her.    gesamlabent.  1,399,393; 

sust  sprach  der  heidenische  man.    403,519; 

umbe  da;  heidenische  wip 

er  hete  gerne  sinen  lip 

dem  grimmen  tot  gegeben.     419,  1091; 

ouch  ban  ich  über  Och  gesant  da;  beidensche  volke.  deutsche 
stddtccliron.  8,112,22;  das  nuwe  Babilonie,  do  herre  ist  der 
beidensche  keiser,  genant  der  soldan  von  Babilonie.  249,28; 
(Jovianus  sprach)  er  were  crislen,  er  wolle  nüt  ein  herre  sin 
über  die  beiden,  do  «chruwent  die  beidenschen  rilter,  sü 
wollent  durch  sinen  willen  crislen  werden.  369,22;  Socratcs 
ein  beidenscher  natürlicher  wyser  meisler.  Kekersberc  bilg. 
76';  biesz  heidnische  speher  darein  (in  das  schlosz)  legen,  die 
des  tburns  und  schlosz  lagwächler  waren,  b.  d.  liebe  267*; 
ich  erinnere  mich,  wie  die  erbaren  heidnischen  regenlen 
(herscher  aus  dem  altirüiume)  dieses  lasier  {den  ehcbruch)  mit 
so  groszem  ernst  und  eifer  gestraft  haben.  Schlppics  513 ; 


811 


HEIDNISCH 


IIEIDOCHS  — HEIE 


812 


der  türkische  kaiarr  Dpricht 

wann  ir  zuo  uns  kompt  in  unser  gepiet, 

so  muosz  all  unser  huidnische  diet 

euch  grosz  er  und  reverenz  erzeigen,    /'as/n.sj).  302, 21. 

2)  vom  lande,  den  silten ,  gebrauchen,  zeUen,  arbeiten  der 
lieiden:  die  heidnisch  Gulilea.  Mallh.  4,15;  das  under  ainem 
perg,  nit  weit  von  Ulm  gelegen,  .  .  vor  und  ehe  das  iandt 
zu  Schwaben  zu  Christenglauben  genzlich  bekert,  ain  baidt- 
nischer  tempel  gestanden  sei.  Zimm.  chron.  4,  331,  21 ; 

ze  sinen  friwcnden  er  dö  nam 

zwelf  schärpliu  sper  von  Angram, 

Stare  roprine  schefte  drin 

von  Graste  Gentesin 

Ü5  einem  heidenschen  muor.    Parz.  335,  23; 

da  nun  Achior  sähe,  das  der  gott  Israel  geholfen  hatte,  ver- 
lies er  die  heidnische  weise,  und  gleubte  an  gott,  und  lies 
sich  beschneiten.  JudUh  14.6;  der  befalh  inen  heidnische 
weise  an  zufaben.  da  richten  sie  zu  Jerusalem  heidnische 
Spielheuser  an,  und  hielten  die  beschneitung  nicht  mehr. 
l  Macc.  1.14.  15;  lieszen  also  irer  vcler  sitten  faren ,  und 
hielten  die  heidnische  für  köstlich.  2  Macc.  4,15;  das  heid- 
nische Wesen  nam  ..  überhand.  1. 13;  von  dem  heidnischen 
opfer.  7,  42 ;  das  ich  keine  freude  habe  an  der  ehre,  die  ich 
bei  den  gottlosen  habe,  auch  keine  lust  an  der  heidnischen 
und  frembden  heirat.  slücke  in  Esther  3,11;  so  du,  der  du 
ein  Jude  bist,  heidnisch  lebst  {goth.  jabai  pu  ludaius  visands 
J)iudisku  libais).  Gal.  2, 14 ;  heidnisch  leben,  paganisare,  indc 
paganismus  est  ejus  vUa.  voc.  ine.  theiU.  i2*;  ein  fast  mehr  als 
heidnischer  aberglaube.  Kant  6, 386;  — die  entdeckung  zweier 
gedichte.  deren  abfassung  über  die  christliche  zeit  unsers 
vaterländischen  alterthiims  weg  noch  in  die  heidnische  zurück- 
weicht. J.  Grimm  Id.  Schriften  2,  1. 

heidnische  arbeit,  heidnisches  werk  nannte  man  arbeilen  in 
Weberei,  Stickerei  und  schmiedekunsl  von  morgcnhindischem  {byzan- 
tinischem) Ursprünge,  sowie  die  im  lande  gefertigten  nachahmungen 
derselben  : 

ein  brönne  hdt  er  an  geleit 

über  einen  wijen  halsberc. 

daj  was  heideniscbej  werc 

von  breiten  blechen  hürnin: 

mit  golde  wären  geleit  dar  in 

rubin  und  manic  edel  stein.     Wigalots  189,  29; 

auleum  heidcnnisch  werk,  aulea  heidnische  gewürkte  tücher 
DiEFENB.  6l';  heidnische  decke  tapetum  Maaler  220";  wie  ein 
junkfrow  tbut  die  vor  einem  bildner  {muster)  sitzt,  und  hei- 
densch  werk  wirkt,  die  den  bildner  stetigs  ansieht  und  noch 
im  wirkt.  Keisersberg  6(7,9. 159';  igcwandwirken)  die  heidnisch 
arbeit  genampt,  die  nit  gar  briiechiich  zun  selben  zeit  war. 
Argovia  1862/3,  s.  25;  der  saal,  darin  man  speisen  solte,  war 
über  alle  maszen  lustig  accomodirt,  die  sessel  mit  samraet 
beschlagen,  mit  polstern  und  stulküssen  von  schöner  aus- 
genähter,  so  neuer  als  alter  heidnischer  arbeit  belegt.  Simpl. 
3,  348  Kurz,  heidnische  kleider  waren  kleider  wie  man  sie  sich 
im  Morgcnlande  getragen  dachte:  in  einem  so  schlechten  zu- 
stande auch  die  geklecksten  decorationen  waren,  so  wenig 
scheinbar  auch  türkische  und  heidnische  kleider  (einer  theater- 
garderobe)  .  .  .  sein  mochten.  Güthe  18, 170.  im  mitldalter 
wurden  heidenische  kuochen  bereitet.  Haupts  zeilschr.  5,12;  auch 
eine  erbsspeise ,  die  heidnische  oder  böhmische  hiesz:  behem- 
mische  oder  heidenische  crweisz.  buch  v.  guter  speise  no.  63. 
die  heidnische  spiache  war  die  arabische,  nach  der  bedeutuug 
von  beide  als  sarazen,  sp.  800 : 

sibcn  Sterne  si  dö  nanie 

heidenich  (auf  arabisch).    Part.  782,  2; 

vergl.  in  heidenischer  schrifte.  Parz.  453,13;  in  hcidensch 
grüejcn.  g.  Gerh.  1345. 

3)  der  qegensatz  des  chrislenthums  gegen  das  heidenlhum  Idszt 
mü  dem  be<iriff  heidnisch  den  nebensinn  des  bösen ,  hassens- 
würdtgen  verbunden  erscheinen :  das  wir  die  vergangen  zeit  des 
leben»  zugebracht  haben  nach  heidnischen  willen ,  da  wir 
wandelten  in  unzucbt,  liistcn,  Irunkenheit,  fresserei,  seiiferoi 
und  grcwlichen  abgöltercien.  l  l'etr.  4,3;  daher:  {der  feld- 
,.i„.,li  <„;/  ,i,r  ,.<,irr  ermahnen)  dasz  die  Ordnung,    gehorsam, 

'  unter  ihnen  erhalten,  sich  christlicher  lieb, 

lier  silten  oder  goilseligkcit  imd  rcdliclikril 

In  ll<  i'i^cD,  das  gegenüpiel,  nemlich  olle  heidnische  unadeiiche 

't'ti'-ri,   wie   christlichen  und  ritlernia*zigen  leulen  gebührt, 

wollen,    reuterbcttallung  von  Speier  1570,    rem  heslellung 

/«-  und  reutcrrccJitens  {  3.     au  wird  lieidnisch  uie  schreck- 

n-'i,  arg  gibnueht: 


doch  endlich  kam  die  sache  vor  gericht. 
da  muszte  sicbs  denn  ofTenbaren, 
warum  sie  seit  so  vielen  jähren 
so  heidnisch  unversöhnlich  waren. 

Gellert  1,  137  (die  beiden  Wächter); 

der  gereizte  feind  kam  über  den  Rhein  und  hauste  heidnisch 
mit  den  leulen.  Hebel  3  (1853)  41. 

4)  heidnisch  als  beiname  von  pflanzen :  heidnisches  wund- 
kraut, soWago  lirjaurfa  Nemnich  4,  1323;  das  heidnische  wund- 
kraut .  . .  heilet  die  wunden,  alle  offene  schaden  und  Suszer- 
liche  fisteln.  Sebiz  fcldbau  211 ;  heidnische  blume  oder  heid- 
nische lilie ,  lilium  martagon ,  ihre  verscliiedenen  benennungen 
führt  Sebiz  auf:  feldlilien ,  oder  goldwurz,  oder  heidnisch- 
))lum,  oder  lilien  von  der  schedelstat.  s.  58,  auch  holl.  lelietjes 
van  Kalvarie;  end/tcA  heidnisch  bieneiikraut ,  ledum  pahtstre 
Nemmch  3,  357. 

HEIDOCHS,  m.  für  eidechse  th.  3,83;  das  geschlecht  hat  sich 
unter  anlehnung  an  ochse  ins  männliche  umgesetzt:  dieser  fisch 
ist  dem  irdischen  heydox  gleich.  Forer  fisclib.ib*;  von  einer 
anderen  frömbden  art  der  beidocbsen.  thierb.  (1583)  165';  au 
anderer  stelle  dafür  so  man  einen  egochs  entzwei  schneidl. 
161';  plur.  heidochsen  Garg.  33';  grüner  heidochs,  ist  doch 
groszer  dann  der  gmein  bei  uns,  lacerla,  laccrtus.  Maaler  22o'. 

HEIDSCHNÜCKE,  f.  kleine  art  von  schafeu  vorzüglich  in  der 
Lüneburger  heide.  Jacobsson  6,  63*.  auch  in  der  form  heidc- 
schnacke :  die  kleinesten  (schüfe)  sind  die  sogenannten  heidc- 
scbnacken  in  dem  Lüneburgischen,  öcon.  lex.  (1731)  2134. 

HEIDSCHNUCKISCH ,  adj.:  von  den  heidschnuckiscben 
bauern  konte  man  nichts  habhaft  werden.  Leiermatz  (166S) 
no.  298. 

HEIDUCK,  ffi.  gewöhnlich  betont  heiduck,  dagegen  plur.  hei- 
ducken  sowol  als  heidücken,  in  Ungarn  heimischer  vollcsstamm, 
der  in  seiner  nationallracht  vornehmlich  am  hofe  von  Ungarn  und 
Polen  kriegsdienste  leistete:  husaren  und  beyduckcn  in  Ungarn. 
Fischart  groszm.  72;  wann  er  {der  könig  von  Polen)  nun  reut, 
beschicht  es  mitt  grosen  trionph,  herligkeit  und  pracht,  reit- 
ten  vor  und  nach  ime  vil  stattlicher  herrn,  ritter  und  adels- 
personen,  neben  seinen  guardi,  wülche  uf  beden  seilen  der 
straszen  .  .  stunde,  das  sein  husar  und  heuducken,  mechtig 
bös  volkh.  S.  KiECHEL  reisen  s.  100.  als  votksname  statt  der 
Ungarn : 

die  Böhmen  und  Heyducken, 
viel  Türken  auch  zugleich, 
aus  Engelland  viel  ducken 
versprachen  ihm  (pfalzgraf  Friedrich)  das  reich. 
Opel  «.  Cohn  72,  4. 
seü  dem  iS.  Jahrhundert  hat  man  auch  bediente,  die  man  in  die 
nationalirachl   der    heidücken  kleidete,   so  genannt:    man  lacht 
über  den  narrn,  und  läszt  ihn  durch  die  heyducken  als  einen 
wahnwitzigen    kerl    hinausstoszen.     Rabener  saliren  i  (1757) 
s.  41 ;  dasz  ihre  antischamber  von  heidücken  und  pagen  wim- 
melt. Schiller /rat.  «. /ie/;c  4,  6 ;  unmittelbar  hinter  Kurmainz 
kündigten    zehn    kaiserliche    laufer.   ein  und  vierzig  lakeycn 
und  acht  heidücken  die  majestülen  selbst  an.  Güthe  24,304; 
er  hatte  keinen  kammerdiener  und  keinen  heiduck.  Hebel  2 
(1853)  184; 

das  wimmeln  einer  heeresschar 
von  ^roszen  zierlichen  und  .schmucken 
leibdienem  aller  art,  von  laul'ern  und  heidücken. 
Wieland  18,  190. 

HEIDUCKENADLER,  wi.  falco  harpyia.   Neiixicr. 

HEIDUCKENTANZ,  m.  Slavorum  saltatio.  Stieler  2256. 

HEIE,  f.  Schlägel,  hölzerner  hammer,  nebenform  zu  hege 
{sp.  776);  mhd.  heie,  hei  Lexer  wb.  1,1209;  bair.  die  hai, 
haien,  der  haior,  rammen  Senn.  2,128;  nl.  heye,  heyblock 
fisluca  Kilian;  fisluca  heyen  Dief.  237';  malleus  ligneus,  siegel 
oder  beige  Trochus  R2';  oder  wenn  ich  leugnete,  das 
gottes  son  mensch  were  worden,  imd  jemand  hielte  mir  für 
Job.  1.  das  wort  ist  fleisch  worden,  wolt  ich  also  sagen, 
wort  heisze  ein  krnmpholz,  fleisch  heisze  ein  heien ,  und 
intlszt  der  text  nii  su  lauten ,  das  krumphulz  ist  zur  heien 
worden  {ah  beispirl  einer  unsinnigen  Übersetzung).  Luther  3,342'; 
beyen,  bfllz,  hund.  oder  schlogicr,  damit  man  die  pfal  oder 
srhwircn  in  die  crd  treibt ,  und  so  man  brugkcn  machl, 
schlecht  man  die  pfill  mit  sülicher  rüslung  in  d;  wasser. 
zeucht  .»y  wider  auf  mit  seylen,  und  laszt  sy  darnach  hllrab 
füllen  oder  schnellen,  fistuca.  Maaled  220*;  noch  jetU  $chweii. 
huja  ramvie,  rammblock  Tobler  279*.  mit  dem  vrrbum  huja 
und  heija  rammen;  bei  Stalder  2,31  ist  heye,  heien  ein  livts. 
das  die  timmerleute  zwischen  den  srhl.igel  und  das  breit  oder  den 
balken  halten,  welche  tie  tusamvienfchlagen  wollen,  um  die  ürricht 


813 


HEIE  — HEIEN 


HEIER  — HEIGERLEIS 


814 


gleich  zu  verüiälen  und  den  beulen  vorzubeugen.  —  Für  heie 
begegnet  auch  das  masc.  heier:  trusorium  haüer,  haier.  hoyer 
do  mit  man  die  pfel  stoszet.  Dief.  600';  hajer  o.  stoszei,  dy 
man  für  dy  pfeyl  slost.  nov.  gloss.  373*. 

HEIE,  m.  hüter,  Schützer,  tcart,  mhd.  heie;  vergl.  escbheie 
3,  1142,  holzheie,  und  Schm.  l,  1022  Fromm. 

HEIE,  ffl.  squaius ,  haifisch,  hat  schon  Fischart  einmal  tcol 
aus  den  nordisdien  sprachen  herübergenommen ,  wonach  sich  die 
:u  hai  sp.  172  gemachte  bemerkung  modificierl:  item  schwenz  von 
heyen  und  rochen:  darvon  die  heutig  form  der  güldenen  und 
silbern  zansteurer,  so  man  anhenket,  heriiommet.  Garg.  163'. 

HEIEN,  lerb.  sepire,  munire,  tueri,  begrifflich  sich  tnil  hegen 
sp.  777  berührend,  mit  dem  eine  nicht  mehr  gefühlte  tcurzelgemein- 
schafl  vorliegt,  während  hegen  als  denominativ  von  hag  oder 
hege  erscheint,  hat  sich  zu  der  schon  früh  begegnenden  nebenform 
hei  {sp.  793)  nun  ebenso  die  denominativform  heien  gebildet, 
mhd.  neben  hegen  in  ausgebreiteter  Verwendung  {wb.  1, 649.  Lexer 
1, 1209).  von  der  auch  ein  starkes  pari,  praet.  geheien  {neben 
geheiet)  mehrmals  auftaucht: 

vor  dem  walde  ist  rösen  vil  geheien.    Neidhart  27,  10. 
für    heien    steht  auch  heigen ,    eine  form  deren  gutturalis  für  j 
geschrieben   ist,   das   sich   seinerseits  wieder  aus  dem  unmittelbar 
roraufgehenden  i  entu-ickelt :  und  heigetent  in  etliche  herren  uf 
künige  Rudolfe  zu  leide,  d.  städtechron.  S,iäO,lß  (Königshofen); 

pfaffen  unde  leijen, 

wer  da|  boumelin  bete  geheijen, 

die  kwamen  dar  und  besähen  wol  .  .  . 

ein  reines  gotes  wunder,     gesamlabenteuer  3,459,164. 

i;;i  nhd.  steht  heien ,  nur  auf  oberdeutsches  Sprachgebiet  einge- 
schränkt, 

\)  ton  der  ein  friedigung  und  hut  einer  Schonung  (hei  sp.  793): 
tn  der  Ober}>fal:  hoya  einplanken,  einhegen  Schö.xwerth  aus  d. 
Oberpfalz  2  (iSöS)  s.  337 ;  bair.  einen  esch  (feld),  eine  fluer, 
ein  holz,  einen  wisplatz,  ein  fischwasser  haien,  durch  be- 
uachung,  sicherslellung  vor  schaden  zu  gehörigem  ertrag  zu  bringen 
suchen.  Schm.  2, 12S ;  so  ist  uns  an  dem  wüdpann,  den  der- 
selb  hayen  sol,  merklichen  gelegen.  Cbmel  urk.  }Iax.  26 ;  das 
er  das  (eibene  holz)  hayen  und  nicht  mehr  abschlahen  laszen 
welle.  170;  auch  von  hut  und  Schonung  eines  steinbruclis :  nach- 
dem man  etllich  fels  und  v\ent  am  perg  lange  zeit  geheit 
und  behalten  hat  zu  der  stat  nottorft.  Tccher  baumeislerb. 
81,2;  hat  die  fels  ...  geheiet  und  vor  behalten,  ob  etwas 
furfiell,  das  man  zu  not  stein  bedorft.  Sl,  9.  daher  sich  der 
sinn  sparen,  auPieben  entwickelt:  wir  haien  und  beben  disz 
allain  auf,  wie  fein  goldt.  S.  FBAMi  ...  3,124. 

2)  von  dem  schütz,  der  hut  einer  person :  {ein  betrüger  sprach) 
er  were  keiser  Friderich  . .  und  hieltent  in  ouch  etlich  herren 
deruf  und  heieten  in,  kunig  Rudolf  zu  leide.  Closexer  in  d. 
deutschen  städtechron.  8, 45,  IS;  mit  allen  ehren  haben  sie  sy 
{die  falschen  prophelen)  gehaiet  und  auf  den  bänden  tragen. 
Frank  paradoxa  (1539)  140'.  weniger  den  schütz  als  die  pflege 
betonend:  eine  person  haigen  und  nähren  Schm.  2, 12S;  kämtn. 
hcin,  haijen,  heigen,  schonend  behandeln,  pflegen,  lieben  Lexer 
137;  nie  thiirlich  thond  wir  nun,  das  flaisch  also  hayen  und 
zärtlin.  Fra.nk  laster  bj ;  bair.  auch  sich  haien ,  sich  gütlich 
Ihun,  sichs  wol  sein  lassen.  Schm.  ;  weiter  einen  heien,  ihn  zum 
nachtheile  eines  andern  bevorzugen :  es  soll  nicht  ein  unterthan 
für  den  andern  gehaiet  werden,  das.;  schwäb.  heien,  in  Ulm 
holen,  schonen,  verzärteln.  Schmid  268. 

3)  heien,  in  weiterem  sinne  pflegen,  wahren,  aufrecht  erhalten, 
so  recht  und  frid  haien,  aber  auch  übel  und  missetat  haien 
Schm.;  in  Tirol  haien,  säubern,  pflegen,  reinigen,  hegen,  ein  gut 
haje  oder  moare,  den  acker  bestellen.  Fromm.  5,445. 

HEIE.N,  verb.  schlagen,  sloszen,  in  näclisier  Verwandtschaft  mit 
heie  schlägel  oben,-  selten  in  der  einfachen  form  erscheinend, 
schwäb.  heien,  huien,  hegen  {neben  geheien  und  keien)  schlagen, 
werfen  Schmid  269  ;  tirol.  heien  {neben  geheien  und  keien)  werfen, 
fallen  lassen.  Fromm.  6,148;  gewöhnlich  in  Zusammensetzungen 
geheien,  verheien,  und  liier  in  die  bedeutung  plagen,  ärgern 
(soll  sich  von  jedermann  lassen  vexieren  und  geheien.  Luther 
liscJir.  180'),  auch  betrügen  übergeJiend.  das  weitere  s.  unter  ge- 
heien, verheien,  ungeheit ;  vergl.  auch  keien  5,  440. 

HEIE.N,  verb.  uxorein  ducere,  dann  coire,  das  mhd.  hiwen 
und  hien  (wb.  1,  694')  oberdeutsch  in  geheien  noch  lebend,  s.  d. 
und  keien  5,  441  oben. 

HEIEN,  verb.  kinder  wiegen,  einsehldfern ,  ein  lautmalendes, 
mundartlich ,  namentlich  im  bairischen  und  fränkischen  Sprach- 
gebiete sehr  verbreitetes  worl:   kämt,  heien  u-iegen,   einschläfern,   i 


mit  aia  und  haia  bett ,  wiege  in  der  kindersprache  Lexeb  4; 
bair.  heieln,  heielen ,  heia  popaia  singen,  schlafen,  mit  heie- 
bettel,  heiel  bell  Schm.  2,133;  ebenso  im  Sassauisclien  heieln 
wiegen,  heio  wiege  Kehreis  192;  im  Fichtelgebiige  und  ander- 
wärts heia  kinderbettchen ,  wiege  Fromm.  4,  25S.  6, 130.  veigl. 
hei  beim  einschläfern  der  kinder  sp.  793. 

Ein  anderes  heien  gibt  Stieler  als  nebenform  von  eien,  blan- 
diri ,  kindliche  liebkosungen  maclien.  31;  das  ist  in  Tirol  haien. 
haiuien,  haiele  machen,  von  kindern,  liebkosen,  streicheln,  herzen, 
haiele.  haidel  liebkosung,  kuss.  Fromm.  5, 445. 

HEIER,  tn.    l)  Schlägel,  ramme;  s.  heie  sp.  812. 

2)  nach  heien  2  sp.  813  Schützer,  hört:  so  spricht  das  omb- 
stoud  volk  {in  Kärnten  bei  erwdhlung  eines  fürsten) :  der  fürst 
dis  lands  kumpt.  so  spricht  der  paur,  ist  er  auch  ein  ge- 
rechter richter  und  liebhaber  des  heils  uusers  lands  ..?  ist 
er  auch  ein  heyer  und  auszer  {äuszerer,  kundgAer)  des  christ- 
lichen glaubens?  so  schreien  sy  all,  ja  er  ists  und  wirts. 
Frank  weltb.  90'. 

3)  betrüger,  scherer,  nach  heien   vexieren,  betrügen,  oben : 

sie  oams,  und  gab  im  fünr  mattheier. 

da  lacht  derselbig  leutgeheier, 

sprach,  sibe  wol,  solt  mir  sonst  nit  glücken, 

wenn  ich  die  bawrn  nit  könt  berücken. 

WoLGKMCTH  uewer  Esopus  (1623)  2,  407 ; 

Johannes  Faber,  nach  dem  rechten  namen  nebulo  oder  uf 
tütsch  heyerli  genannt.  Zwixgli  deutsehe  Schriften  3, 14. 

HEIGE,  der  conjunctiv  des  praesens  vom  verbum  haben,  in  der 
Schweiz  und  im  obern  Elsasz,  sowie  im  südlichsten  Schwaben  ge- 
bräuchlich,  und,  wie  Weixhold  alem.  gramm.  s.  3S6  vermutet, 
aus  der  erweiterten  form  liabege  entstanden  {für  habje ,  hebje 
stehend  und  einen  Infinitiv  habjan,  hebjan  neben  haben  voraus- 
setzend, eine  Voraussetzung  die  durch  ?iotkersche  formen  wie  hebis 
du  hast,  habint  sie  haben,  habita  er  hatte  gestützt  wird,  vergl. 
über  das  schwanken  von  haben  in  der  conjugationsart  sp.  46.  4S). 
durch  den  bei  haben  gewöhnlichen  ausfall  der  inlautenden  labialis 
wird  heige  aus  habege,  hebege,  wie  indicatives  schwaz.  hein 
aus  habin,  hebin  sie  haben  hervorgeht,  seit  dem  IS.jahrh.  nach- 
weisbar, steht  die  form  heige  soiroi  als  verbales  vollwort,  wie  in 
der  function  eines  hilfsverbums. 

1)  als  verbales  vollwort,  und  hier  in  dem  sinne  von  haben 
erhalten ,  besitzen  II  sp.  55  ff.,  während  in  der  bedeutung  haben 
=  hallen  nie  die  conjunctiv  form  beige,  sondern  habe  oder  hebe 
eintritt:  darnach  lät  man  an  recht,  was  ein  vogt  rechtz  heig 
in  dem  hof  ze  Wecgis.  weisth.  i,  161  {anf.  des  u.jahrh.);  von 
dem  drillen  teile  heige  zerunge  der  voget.  4, 478  {Thiengen 
bei  Waldshut  von  1301);  swer  och  len  heige,  der  sol  drufe 
sizzen.  479;  die  da  säga,  mir  heiga  nit  de  rechta  glauba. 
Tobler  alte  dialeclproben  aus  d.  Schweiz  23  {Zürich  il.jahrh.); 
si  heige  keis  bämpfeli  daheim.  J.  Gotthelf  erzäldungen  4,145; 

und  spricht  grad  unverholen 

er  heige  gwalt.      Udlawd  votkut.  897 ; 

in  der  form  hege :  ein  osterlam,  dg  hörn  und  har  und  hoden 
heg.  weisth.  4,377  {Luzern  li.jahrh.);  a/5  beheige:  er  beheig 
es  {das  zinskorn)  denne  mit  des  vogtes  willen.  375. 

2)  als  hilfszeilwort :  si  heige  gester  welle  reiche,  aber  d  frau 
heig  ds  monetgeld  noh  nit  gha  vom  herr,  und  e  krüzer,  syg 
e  krüzer,  wo  si  noh  gha  heig.  J.  Gotthelf  erzdA/un^n  4,145; 

und  ander  rromrn  eidgnossen, 
die  heigend  vil  wunden  ghan. 

N.  Manuel  405  Grüneisen; 
du  hast  oft  angezogen  , 

im  lied  das  du  hast  gmacht, 
erstunken  und  erlogen, 
wir  heigend  gotl  veracht.    406. 

3)  ein  indicatives  heigen  bei  Notker  :  wir  ne  beigen  nebeln 
lieht  föne  uns  selben,  ps.  11  {Hattemer  2,  %6') ;  löse  mich  gol 
minero  heili.  dia  wir  noh  ne  heigen.  ps.  50  (2, 181'),  ist  schwer- 
lich mit  den  vorstehend  1  u.  2  aufgeführten  formen  zusammen- 
zustellen, sondern  stcld  wol  für  eigen  mit  vorgetretenem  h,  ebenso 
wie  desselben  conjunclives  heigin :  et  non  insultent  in  me  ini- 
mici  mei.  unde  mih  ze  buhe  ne  heigin  mine  flenda.  ps.  34 
(2, 121'). 

HEIGER,  n».  reiher,  mhd.  beiger,  ahd.  heigir:  aicedo  haiger 
Dief.  21";  ardea  baigir,  heigher  46';  caladrius  halgir  88";  gar- 
culus  beiger  /.  richard  257*. 

HEIGERLEIS,  m.  ein  reihentanz,  mhd.  heierleis,  heierles  und 
heijerleis  {uol  so  genannt  nach  dem  dabei  ertönenden  rufe  hei, 
heiä  hei)  Lexer  mhd.  wb.  1,1210;  nit  moegent  ir  dienen  gott 
und  dem  rychtuomb,   als  ir  gedenken,  und  in  üwerem  an- 


815 


HEIIGKEIT  — HEIL 


HEIL 


816 


schlagk  haben,  und  meinent,  ir  können  zuo  beiden  henden. 
als  do  man  ein  heigerleisz  macht,  und  könnent  gotl  ein  handt 
bieten,  und  der  rychtuomb  die  ander  hand,  und  also  umbhär 
danzen.  Keisersberg  postillc  in  Wackcrnagels  leaebucli  3, 1,  5C. 

HEIIGKEIT,  /■.  trockene  Itilze ,  dilirung  (s.  hei  sp.  794):  ob 
es  sach  wer  das  sich  heygkeit  oder  fruslwetlcr  ynsliind  {als 
hindernd  für  den  betrieb  einer  mühle.).  weislh.  2, 167  (1552,  vom 
Uundsrück);  da  ein  heyigkeit  oder  frost  käme,  solle  der  lehen- 
man  also  zeitlich  zu  der  mühlcn  fahren ,  dasz  der  mülner 
warten  mag  drei  tag,  so  sol  der  mülner  mahlen  dem  lehen- 
man  also ,  dasz  er  sich  des  hungers  crwühren  magh.  s.  390 
(1506,  ton  der  Untermoscl). 

HEIJÜM,  interj. :  nun  hotta  Bläszle  heijum,  dasz  man  noch 
ferner  kum.  Fisgdart  groszm.  Gl. 

HEIKEL,  adj.  1)  zart,  delical,  udhlerisch,  dasselbe  was  hackel, 
häckel,  vergl.  spalte  102,  wo  die  form  Ijcikel  schon  besprechutig 
erfahren  hat:  wann  du  gesund  bist,  brauche  den  leib,  und 
seie  nicht  zu  haiggel.  Scnumcs  "G8;  was  wunderst  du  dich, 
dasz  die  haigglere  {heikleren,  coniparativ)  wanderer  biszweilen 
miid ,  und  der  arbeit  halber  ungeduldig ,  in  die  Wirtshäuser 
kommen  sein?  741;  äuszerst  heikel  in  der  wähl  seines  Um- 
gangs. Stilling  2,47;  wenn  du  einen  braven  mann  kriegen 
kannst ,  muszt  du  nicht  zu  heikel  sein.   Auerbach  dorfgesch. 

1,309. 

2)  im  16.  jahrh.  in  der  etwas  modificierten  bedeutung  empfind- 
lich, besorgt:  sein  sehr  heikel,  wie  man  stettes  erfehrt  {d.h. 
empfindlich  und  besorgt,  dasz  ihre  sünde  cnldeclU  und  bestraft 
icerdc).  Jon.  Nas  der  warmingsengel  102. 

HEIKEL,  m.  ekel,  bedenklichkeil:  keinen  heikel  haben  Scum. 
2,  165. 

HEIKELKRAUT,  n.  hauhechcl,  dasselbe  was  hcckelkraut  spalte 
744 :  resta  bovis,  heickelkraut.  Gersdorf  104. 

HEIKLICH,  adj.  für  heikellich,  wählemch,  zart,  ekel:  die 
jetzige  heikliche  weit.  AnELE  tinordn.  1,283;  der  schätz  der 
jungfrauschaft  ist  so  haiklich  als  ein  spiegel ,  der  von  ge- 
ringstem athem  verdunkelt  wird.  A.  a  s.  Claha  Judas  2, 132 ; 
ist  demnach  weit  besser,  wann  die  Jungfrauen  haiklich  seind, 
dann  {die  begriffe)  haiklich  und  heilig  seind  zwei  blutsver- 
wandte. 133;  ich  habe,  wie  sie  wissen,  in  angelegenhciten 
der  musik  und  oper  so  wenig  compefenz  und  einsieht,  dasz 
ich  ihnen  mit  meinem  besten  willen  und  vermögen  bei  dieser 
gelegenheit  wenig  taugen  werde;  besonders  da  man  es  in 
opernsachen  mit  sehr  heiklichen  leuten  zu  thun  hat.  Schiller 
an  Güthe  763;  als  Napoleon  in  Erfurt  war,  wünschte  er  ich 
möchte  ein  trauerspicl  Brutus  schreiben,  der  groszherzog 
schickte  deshalb  eine  eslafette  an  mich,  der  gegenständ  war 
mir  zu  heikelich,  daher  unterliesz  ich  es.  Göthe  im  bricf- 
fcechscl  zwischen  Htm  u.  dem  rathc  Grüner  {Leipzig  1853)  86. 

HEIL,  adj.  samis,  sanatus ,  salvus.  golh.  hails;  alts.  mnd. 
\ii\ ;  allnfr.  nieder/,  heil ;  ags.  hdl ;  fries.  hei ;  altn,  heill,  dän. 
heel,  schwcd.  hei ;  ahd.  mhd.  heil,  es  ist  allgemein  anerkannt, 
dasz  die  goth.  form  hails  aus  älterem  halja-s  entsprungen  sei, 
und  SU  sanskr.  kalya-s  gesund,  angenehm,  griech.  xaXö-e  in 
verwandtschaß  steht  (Curtil's  i.  131).     heil  bedeutet: 

1)  unverletzt,  frei  von  krankheil  oder  wunden:  ahd.  ni  hab6nt 
nütthurfti  thie  hcilon  läches,  ouh  thie  ubil  habent  {non  necesse 
babenl  sani  medicum,  sed  qui  male  habent).  Talian  56,4;  non 
est  sanilas  in  carne  mea.  min  lichamo  no  ist  heil.  Notker 
ps.  37  (2,131*  Haltcmer); 

mhd.  (lä  wart  von  sinetn  munde 
der  heile  unt  der  wunde 

minncclich  gcgriic;;«.    Wolfrai  Willeh.  227,24. 
nhd.    ein  jeder  «ein  sehrcchcn  hat. 
niemandt  ist  allcnlhalhcn  heil, 
denn  ich  hab  auch  ein  sondern  feil  {fehler). 

II.  Waldis  Imp  4,  74,  23; 
ist  gleich  mein  ganzes  fleisch  nicht  heil, 
Tcrschraachiet  schon  die  scelc  mir. 

Opitz  psalmcn       i  i  i 
heute,  da  wir  alle  hluten, 
MIna,  blielisl  du  unberührt. 

ganz  und  heil  ist  uns  der  rctier.    Unlaku  </«>'.  2'.M ; 
ja  bringst  du  ans  licht  die  ersehnte,  di«  rrucht,   grndlieinig, 
mit  hallen  KcloJiiinn. 
l'iii'TZ  polil.  teocliuntlube  (1947)  45, 
auch  freier: 

uml  (Ing  die  vollcniN  nii  zu  ihrer  liiier  tu  singen, 
d.iriri  war  r.%  «oKar  für  einen  «tniker  hart, 
«ein  herz  ganz  heil  davon  zu  l.ringon. 

Wliii.AND  /),  135  (n.  Amiiii.  17,  !l). 
dieum    tinne    von  heil  uhlieszrn  sich  die  gangbaren  formrln  an 
„  ,1    !.„,i,.r    i..„i    .1.,,..,.    I .,     I  .;i  ...   |,^„,   ,(,.,|„.n, 


.<;.  beispiele  unter  haut  sp.  702;  mit  heiler  haut  davon  kam. 
Münchh.  31 ;  ai(f/i  aus  heiler  haut  einen  schaden  bekommen ; 
der  lahme  Paul  meldete.  Greif  habe  in  heiler  haut  eine  lahme 
pfote  I)ekommen.  Sicgfr.  v.  Lindenb.  2, 170. 

In  demselben  sinne  bildete  heil  ferner  von  den  dllcslen  zeilen 
her  eine  wünsch-  und  grusz formet;  vergl.  über  das  goth.  haiis 
beim  zubringen  eines  bechcis  Grimm  gesch.  d.  deulsclien  spräche 
454;  hails  [liudan  Judaie!  Marc.  15,18;  ahd.  heil  wis  Ihn, 
gebonö  follu  (havc  gratia  plcna)  l  Tatian3,2;  weitere  ags.,  alln., 
ahil.  und  mhd.  beispiele  s.  gramm.  4,298,  mhd.  wb.  1,050*; 
später  ausgestorben  und  jetzt  durch  das  subst.  heil  ersetzt. 

2)  heil  bedeutet  weiter  geheill,  hergestelll  von  leibesschäden :  fand 
then  scalc,  thie  thär  sioh  was,  hcilan  {invenit  servum,  qm 
langueral,  sanum).    Talian  47,9; 

mines  lierzcn  tiefiu  wunde 

die  muoj  iemer  oITcn  slön,  sin  werde  heil  von  IHlicgunde. 

Waltiieh  74, 18; 
nhd.  fast  immer  nur  in  praedicativer  Stellung  und  in  festen  for- 
mein, heil  sein,  heil  werden,  heil  machen:  so  ist  der  grind 
heil.  3  3/os.  13,37;  der  hcrr  wird  dich  schlahen  mit  drüsen 
Egypti,  mit  feigwarzen,  mit  grind  und  kretz,  das  du  nicht 
kanst  heil  werden.  5  Mos.  28,  27 ;  da  das  ganze  volk  be- 
schnitten war,  blieben  sie  an  ircm  ort  im  lagcr,  bis  sie  heil 
worden.  JosuaS,  8;  wir  hoffeten,  wir  sollen  heil  werden,  aber 
sihc,  so  ist  mehr  Schadens  da.  Jer.  14,19;  heile  mich  herr, 
so  werde  ich  heil.  17,14;  es  ist  umb  sonst,  das  du  viel 
erzneiest,  du  wirst  doch  nicht  heil.  46,11;  nemct  auch  salben 
zu  iren  wunden,  ob  sie  vieleicht  mücht  heil  werden.  51,  S; 
durch  welches  wunden  ir  seid  heil  worden.  iPe/r.  2,  24;  seine 
tüdtliche  wunde  ward  heil,  offcnb.  13,3;  als  nun  Galmy  der 
ritter  von  seiner  empfangenen  wunde  ganz  heil  worden  war. 
Galmy  176;  mit  solchem  wasser  wasche  man  den  schaden, 
davon  wird  der  schaden  heil.  Tabernaem.  828 ;  er  zeigt  uns 
das  ächte  gut  und  macht  die  herzen  heil.  Wieland  31,403; 

blift  dat  oge  denne  wecii,  und  werde  gi  hol, 

so  isset  ju  doch  ein  gröt  vordel, 

gi  dorven  men  ein  venster  tosluten.     Hein.  I-\chs  6437; 

kein  besser  kraut  für  diesen  feil, 

denn  das  man  mit  gedult  mach  heil. 

B.  Waldis  Esojt  I,  6,  50; 
war  mein  herz  heil  und  trügest  du  das  wunde! 

Freilicratu  ges.  diclituiigen  6,  203. 

nicht  blosz  rücksicMich  der  leibesschäden,  auch  in  bezug  auf  innere 
kranklieiten  tiiVd  heil  gebraucht:  eben  wollt  ich  dir  schreiben 
und  dich  wo  möglich  um  gute  nachricht  bitten,  ich  habe 
keine  frohe  stunde,  bis  du  wieder  heil  bist.  Güthe  an  frau 
V.  Stein  2,  73.  —  Früher  noch  freier,  heil  machen  retten  aus 
einer  gefahr :  und  her  sach  einen  gröjiu  wint,  her  vorchle 
sich  und  do  her  begunde  zu  sinken,  do  rufte  her  und  sprach: 
herre,  mache  mich  heil!  Behaims  evang.-buch,  Matth.  14,30. 

3)  heil  übertragen,  rücksichtlich  des  erlösens  der  seele  ron  der 
Sünde:  oba  ij  arloubit  s!  in  sambajtag  wola  tuon  odaubilo. 
s61a  heila  tuon  oda  furliosan  {animatn  salvam  facere  an  pcrdcreiJ 
Talian  69,4;  her  sal  Iieil  machen  sin  volk  von  iren  sünden. 

■  Behaivis  evang.-buch,  Maith.  1,2t; 

wüst  du  nini,  da.sz  er  hand  anleg 
auf  dasz  du  ewig  hau  mögst  werden. 

ROIPLER  V.    I.ÖWRNnAF.T  40. 

4)  stchl  in  den  bisher  aufgeführten  bvispiekn  heil  nur  von 
personen  und  gliedern  des  leilu's,  so  wird  zumal  im  niederdeutschen 
sprach^bicle  das  adjectiv  auch  von  gegenständen  t^ovcndet,  im  sinne 
von  ganz,  vollständig,  unzerrissen;  schon  in  aUer  zeit: 

alts.  that  feha  lakan  tehrast 

an  middion  an  twi^,  that  i^r  managan  dag 
an  lliemo  wilie  innan  wiui<lron  gi.iiriiiniil 
hol  hangöda.  Ilctiaml  im'.l; 

miut.    dat  (/io{;)  blöf  nicht  al  M\ : 

men  höw  dAr  af  dat  dniddc  dAl. 

i'.  d.  Iioltc  des  hilliijen  cru:cs  729  Schrddcr ; 

de  des  middagcs  upstcil,  de  cn  slopt  nicht  den  hclen  dach, 
non  sterlil  lotam,  media  qui  luce  rcsurgil.  Tunnich;»  419//o//>m., 
eine  nyneghe  {keine  einzige)  heile  mark  geldes.  d.  stndlechron. 
<(,  142,  20  ;  volksmäszig  in  niederdeutschen  gegenden  i.<:t  er  hat  kein 
licileg  hemd  auf  dem  leibe;  auch  auf  dem  \Vei:lerwaUle :  de 
h.'ilo  lag,  do  ganze  hMc  tag  ScnMior  we.<iterv>.  idiot.  71;  delt 
gras  stellt  noch  UM  {ist  noch  nidil  gesehnilkn).  das. ;  rhrin- 
frdnkisch : 

(Vau  Holla  trirkt  op  Ihrer  bahn, 

klemmt  np  don  wagnn  moi  hnren  hespnnni 

un  Talirt  wirk  (htw)  dnr  ilnl  hälc  lAnd. 

W  V   \Vu  nnsOill.  rliingxrhtr  kinnf  {im<J)  <   1 1S. 


817 


HEIL 


HEIL 


818 


hiernach  nehmen  schriflsleUer  nördlicher  heimat  heil  in  die  Schrift- 
sprache auf: 

wie  schiffe  sanken,  weil  ihr  bord 

Zuflucht  gewährte  einem  sehlechteu: 

so  weht  das  meine  heil  zum  port, 

dir  zu  gefallen,  der  gerechten! 

Freiligrath  ijlatibcnsbck.  iSö. 

foimelhafl  vcrbindel  sich  half  und  hei,  so  im  sjirichworte  dat  is 
nich  half  nich  hei,  ganz  und  gar  nichts;  tautologisch  steht  hei 
und  all,  hei  und  ganz:  heel  un  all,  ganz  und  gar  Schütze 
2,121; 

se  tugcden  over  Reinken  hei  unde  ganz 

schuldich  to  wesen  in  der  missedät.    Rein,  fuchs  1S14. 

lieil  in  adverbialer  Stellung  heiszt  ganz,  völlig,  und  war  in  diesem 
sinne  und  in  nicderdailsclier  form  im  16.  jahrh.  ata  meisten  aus 
einem  Irinkliede  bekannt: 

es  flog  ein  vögelein  über  deu  Rhein, 

hei  ut,  hei  ut,  hei  ut! 

ein  gleslein  mit  külem  wein, 

es  musz  getrunken  sein ! 

GöDEKE  u.  TiTTMANN  Hcderb.  133   8; 

danach  freiFiscuART:  nun  ist  bibendum,  nun  pede  libero  zu 
trappelen  telliis,  und  zu  läppelen  häl  us.  Garg.  95';  veryl. 

so  fangen  se  an,  ere  dröge  kele  to  salven 
und  supen  herum  bi  hclen  und  bi  halven. 

Laurehberg  4,  30S  Lappcnb. 

doch  crstreclU  sich  der  adverbiale  gebrauch  von  heil  auch  noc/t 
auf  mitteldeutsche  gegcnden ,  Düringen ,  Hessen,  Franken,  wo  es 
vornehmlich  zur  Verstärkung  von  adjectiven  dient,  vgl.  unten  heil- 
froh; in  Hessen  heillang:  den  ganzen  heillangen  tag  hindurch. 
ViLMAR  159;  in  Franken  heilwohl  zufrieden.  Fromm.  2,26"; 

heil  gut,  heil  gut,  laszt  uns  nun  gehn, 
dasz  wir  jetzt  nicht  die  schanz  versehn. 

WiTTEL  Zelotypia  (1571)  G6'. 

hterher  fällt  auch  das  alte  mord-  und  rettungsgeschrei  heil  alle ! 
mit  starker  cllipse  =  alle  ganz  und  gar  {mögen  zu  hilfe  kommen), 
vcrgl.  Grimm  rechtsalt.  877. 

HEIL,  n.,  Salus,     ahd.  mhd.  heil,  t>»  verschiedenem  sinne. 

1)  nach  dem  adj.  heil  1  u.  2,  gesundheil,  namentlich  befreiung, 
geitesiing  von  krankheit : 

heil  erfolgte  durch  die  wunde, 

krankheit  diente  zum  gesunde.    Logau  1,  73,  96-, 

den  arzt  der  jede  pflanze  nennt, 

die  wurzeln  bis  ins  tiefste  kennt, 

dem  kranken  heil,  dem  wunden  lindrung  schafft, 

umarm  ich  hier  in  geist-  und  körperkraft.    Göthe4I,128; 

dem  widerspenstigen  kranken  die  mittel  seines  heils  auf- 
dringen. Gotter  3,  74. 

2)  vielfach  ist  die  vm-ige  bedeutung  zu  dem  allgemeinen  begriffe 
wolfahrl,  wolergehen,  wolbeßnden  in  bczug  auf  körperliche  Verhält- 
nisse nicht  nur,  sondern  auch  in  bezug  auf  vermögen,  stand, 
sociale  Stellung  u.  älinl.  erweitert  worden :  heil,  gsundlieit,  salus, 
nutz,  wolstand.  Maaler  215'';  an  seinem  heil  und  wolstand 
verzagen,  desperare  salutem.  das.;  die  ding  wüssen  ist  der 
Jünglingen  nutz  und  heil ,  nosse  omnia  haec  salus  est  adole- 
sccnlulis.  das.;  seines  heils  kein  rechnung  nit  haben,  sein  heil 
versäumen  und  übersähen  oder  übergäben,  sein  heil  in  die 
schanz  schlahen ,  deserere  salutem.  das. ;  du  hast  solch  gros 
heil  gegeben,  durch  die  band  deines  knechts.  richter  15, 18 ; 
es  sol  auf  diesen  tag  niemand  sterben ,  denn  der  herr  hat 
heute  heil  gegeben  in  Israel.  1  Sam.  11, 13 ;  gott  ist  mein 
bort,  auf  den  ich  trawc,  mein  schilt  und  hörn  meines  heils. 
2  Sam.  22,  3 ;  durch  in  gab  der  herr  heil  in  Syrien.  2  kön.  5, 1; 
der  seinem  könige  gros  heil  beweiset  und  wolthut  seinem 
gesalbten,  ps.  18,51;  prediget  einen  lag  am  andern  sein  heil 
(das  heil  das  von  ihm,  gott,  ausgeht).  96,2;  die  erde  thue  sich 
auf,  und  bringe  heil.  /es.  45,  8;  bis  das  ire  gerechtigkeit  auf- 
gehe wie  ein  glänz,  und  ir  heil  entbrenne  wie  eine  fackel. 
62,1;  die  furcht  des  herrn  ..  gibt  reichen  frieden  und  heil. 
Sir.  1,  23 ;  welche  die  ehre  gottes,  und  desz  gemeinen  nutzen 
heil  befürdercn  werden.  Scuuppids  726;  das  heil  des  Staates, 
worunter  man  nicht  das  wohl  der  Staatsbürger  und  ihre  glück- 
seligkeit  verstehen  musz  . . ,  sondern  den  zustand  der  grösten 
Übereinstimmung  der  Verfassung  mit  rechtsprincipien.  Kant 
5,151; 

da  war  es  hohe  zeit  sich  an  das  land  zu  machen,         ^ 
da  saht  für  euer  heil  ihr  recht  den  bimmel  wachen. 

Flbbikg  169,  106  Lappenberg; 
der  fürs  gemeine  heil  zu  sorgen  war  gebohren. 

LouKNsiEiN  hyacinthen  «.  53; 
sie  {die  liebe)  wacht  für  unser  heil,  sie  lindert  unsern  kummer. 
IIaller  "icfiwciz.  ijcd.  (1768)  s.  134: 
IV.  II, 


das  wort,  das  unsern  buud  gesi.hurzet, 

das  heil,  das  uns  kein  teufel  raubt 

und  kein  tyrannentrug  uns  kürzet, 

das  sei  gehalten  uud  geglaubt!    Arndt  ged.  (1840)  302; 

alles  heil  soll  dich  umschweben. 

A.  W.  Schlegel  1,  32; 
die  mutter  starb  dir  frühe; 
man  sah  an  dem  vertust, 
dasz  dir  kein  heil  erblühe 
von  einer  irdschen  brüst.    Uhiahd  ged.  42; 
in  solchem  angedeuken 
des  laudes  heil  erneun.    96. 

sprichwörtlich:  der  wölfe  tod  ist  der  schaafe  heil.  Pistorius 
thcs.  par.  8,  ho.  30. 

heil  in  dieser  allgevieinen  bedeutung  berührt  sich  begrifflich  mit 
glück ,  und  diese  berührung  wird  sowol  durch  die  tautologischen 
vabindungen  glück  und  heil,  heil  und  segen ,  als  durch  die 
weiter  folgenden  formein  hervorgehoben. 

a)  Verbindungen  von  glück  und  heil :  zeit  hat  glück  und 
heil.  ScHOTTEL  1128';  ahd.  hei  unde  sälda,  bona  fortuna  Gkaff 
4,  S64; 

liej  er  sich  vollecliche  bi  der  mäze  wern, 
so  möht  ime  gelücke  heil  uud  sa;lde  und  ere  üf  riscu. 
Walther  29,  31 ; 

ich  wynsch  dem  reich  gelück  und  alles  hail. 

ÜULAND  volksl.  426; 
heil  und  segen : 

drum  rufen  wir  zum  meisler  der  weit, 

er  wolle  von  dem  himmelszelt 

nur  heil  und  segen  gieszeu  aus 

hier  über  dieses  offne  haus.    Uhland  ged.  62; 

heil  und  wolfahrt: 

der  allerhöchste  gott,  der  woll  euch  langes  leben 
in  glück  und  Unglück  heil  und  alle  wolfahrt  geben! 

Fleming  15S,  18  Lappcnberq. 

b)  heil  wünschen: 

si  wünschten  im  alle  heiles  nach.    Wigulois  51,  20; 

und  got  vüege  iu  heil  und  ere, 

gesehe  ich  iuch  nimraer  möre.    Iwcin  1991; 

wir  Juden,  ewre  brüder,  so  zu  Jerusalem  . .  sind,  wündschen 
euch  Juden,  unsern  brüdcrn,  so  in  Egypteu  sind,  glück  und 
heil.  «  Macc.  1, 1 ; 

gott  geb  euch  heil  und  frieden.     Bürger  52*. 
daher  als  zuruf,  glückwunsch,  heil !  heil  dir !  heil  sei  dir ! : 

wie  oft  hat  dich  dein  vatterland, 

wan  du  von  meinen  groszen  printzen 

in  vil  ferr-ligende  provintzen 

lohwürdig  wärest  auszgesant, 

zumahl  voll  trawrigkeit  und  fraid 

mit  heil,  glückwünschung,  grusz  geehret! 

Weckherlin  382. 

seit  dem  IS.jaltrh.  sehr  gebräuchlich  geworden: 

heil  sei  dir!  denn  du  hast  mein  leben, 

die  seele  mir  gerettet;  du!    Gellert  2,  230; 

heil  dir,  mein  .theurer  freund!    Klopstock  1,50; 
heil  dir,  Macbeth!    heil  dir,  than  von  Glamis! 

Schiller  Macbeth  1,5; 
all  hail,  iVIacbeth!  hau  to  thee,  thanc  of  Glamis!; 

heil  dir,  o  Jungfrau, 

liebliche  herrscherin !    br.  v.  Messina  (499*); 

dreifaches  heil  dir!     das.; 
heil  ihnen  über  diese  frage!    rief  der  abbe.   Göthe  20,127; 

heil  fester  stein  vom  festen  steine! 
heil  stolzer  freier  deutscher  manu! 

Arndt  ged.  (1840)  287; 
da  rief  der  könig  frohgemuth : 
heil  Milon  von  Anglanle!    Uuland  <jcd.  ZiC. 

aber  auch  sdion  im  frühen  vihd.  bekannt: 

heil  dir,  sprah  er,  sune  min ! 
mih  dunkit,  du  salt  kuninc  sin. 

Lamprecbts  Alexander  398. 

turnerisclier  grusz  ist  gut  heil!  wie  gutes  glück!  guter  erfolg!; 

mitü.  giuj  üf  den  stein,  der  da  stö, 

da  mite  {mit  einem  becken)  des  brunncn  ein  teil: 
zwäre,  so  hästü  girot  heil, 
gescheidestü  mit  ßren  dan.    Iwein  5%; 
nd.  he  rep :  gut  heil,  eddel  vogcl!    Rcinecke  fuchs  943. 

c)  sein  heil  versuchen :  an  dem  hof  waren  vill  hüpschcr 
frauen  und  junkfrauen ,  lust  zu  solichem  ritterspill  gebent, 
den  sich  VVilwold  genau  tet ,  sein  hail  versuecht ,  dasz  die 
ab  ime  gefallen  truegen  und  er  lieb  von  in  gehalten  werden 
möcht.  Wiltv.  V.  Schaumburg  33;  der  erst  und  mannlichst  held, 
so  mir  heut  zu  gesiebt  kommet,  mit  dem  wil  ich  mein  heil 
versuchen.  6'a/»jy  67;  dasz  wir  beide  unser  heil  gegen  ein- 
ander versuchen.  14S;    sein  heil  versuchen,   vulg.  versuchen 

62 


819 


HEIL 


HEIL  — HülLANl) 


820 


was  man  ausrichten  könne,  loilare,  quid  valeaiit  humeri ,  an 
velil  procedere,  omnem  lapidein  movcic.  Frisch  I,  435'; 

wir,  die  wir  unser  heil  noch  ferner  mit  euch  wagen, 
was  traf  auch  uns  vor  angst!     Fleming  168,  Cl  Lapjwnb. 

d)  zum  heile  ausschlagen:  diese  that  ist  ihm  nicht  zum 
heile  ausgeschlagen; 

mhd.  als  in  ir  liinc  ze  heile  sluoc, 

so  brjaglcn  si  vil  küme  daj  hröt.      Wignlois  137,  31. 

f)  mit  heil,  mil  glück,  mil  erfolg: 

kain  arzt  purgiert  so  gar  mit  hau, 
er  ninipt  desz  guten  auch  ain  thail. 

SCHWARZENBERG    13"'; 

wann  ruilt  ein  mensch  inn  dieTe  höll, 
den  man  mit  stricken  ziehen  soll, 
er  halt  dann  Tast  dasselbij^  sail, 
siinst  habt  der  ober  nit  mit  hail.    155'. 

mit  heil,  mil  ellipse  eines  verbums,  etwa  gesclwlicii ,  wird  wie 
franz.  ä  la  lionne  heure  gebraucht:  will  du  mich  zalen,  mit 
heil !  wo  nit,  will  ich  mich  den  nächsten  zu  meins  gnadigen 
fürslen  und  heiren  von  München  secretarien  verfügen ,  der 
selbig  wirt  mir  wol  weg  und  steg  anzeigen,  da  mit  ich  zait 
werd.  L'hi-AND  rolksl.  621 ;  wilt  du  gutwillig  ausz  meinem  palast 
gehen,  mit  heil,  wo  nicht,  so  lug  dasz  du  sicher  Ipndelest, 
dasz  du  nicht  mit  Unwillen  weichen  müssest,  buch  d.  liebe  215'. 
Die  rorslellung  des  künpigcn  glucks  und  crfolgs,  die  heil  in 
diesen  formein  innewohnt,  läszl  im  mhd.  üf  ein  heil  geradezu 
die  bedcutung  aufs  geraleieol  annehmen : 

der  besten  Küren  bleib  ein  teil 

mit  den  bruodern  üf  ein  heil,    tidänd.  chron.  2416. 

3)  auch  in  anderer  weise  verallgemeinert  sich  der  begriff  1, 
heil  heiszl  rctlung  aus  irgend  welcher  gefahr  oder  not:  denn  im 
menschen  ist  kein  heil,  sagt  der  146.  psalm.  aber  mein  sieg 
und  heil  ist  der  herr,  der  hilft  und  kan  helfen,  heil  sol 
man  hie  verstehen,  sieg  oder  hülfe,  das  uns  gott  leszt ,  in 
seinem  namen  und  wort,  endlich  den  sieg  behalten,  und 
hilft  uns,  das  wir  obligen.  Luther  5,58',  herr,  ich  warte  auf 
dein  heil.  1  Mos.  49,  IS ;  sehet  zu,  was  fnr  ein  heil  der  herr 
heule  an  euch  thun  wird,  denn  diese  Egypter,  die  ir  heule 
sehet,  werdet  ir  nimmermehr  sehen  ewiglich.  2  Mos.  14,13; 
soll  Jonathan  sterben  der  ein  solch  heil  in  Israel  gelhan  hat? 
2  Sam.  14,45; 

zum  buhle  da  rettet  euch!  harret  derweil! 

gleich  kehr  ich  zurück,  uns  allen  ist  heil.    Göthe  2,  3S ; 
G.  entferne  dich 

aus  meiner  enge  reingezognem  kreis. 
//.  den  eben  such  ich  auf!  da  dring  ich  hin! 

dort  holf  ich  heil!  du  wirst  mich  nicht  versloszen.     9,331. 

4)  heil,  freisein  oder  erlösung  der  seele  vom  zustande  der  sünde 
{vgl.  das  adj.  heil  no.  3):  mhd.  da;  ewige  heil.  Ködiz  56,2; 
nhd.  heute  ist  diesem  hause  heil  widerfaren ,  sinleuial  er 
{Zacchäus)  auch  Abrahams  son  ist.  denn  des  menschen  son 
ist  komen  zu  suchen  und  selig  zu  machen,  das  verloren  ist. 
Luc.  19, 10;  jene  frommen  seelen,  die  das  heil  den  Völkern  zu 
bringen  sich  durcli  alle  weltllieile  zerstreuen,  (jüthe  23, 124; 

valschen  samen  bat  er  gesät, 

der  seien  hail  ganz  hin  gewiit.    Uhland  volksl.  426; 

die  predig  seines  hcils.    Wkckherlin  97; 

dein  heil,  o  Christ,  nicht  zu  verscherzen, 

sei  wach  und  niichiern  zum  gebet!    Gellrrt  2,  9S; 
bedenke,  dasz  dicsz  wort  das  heil  der  ganzen  weit, 
den  rath  der  Seligkeit,  den  geist  aus  goli  enthalt.     192; 

er  ((juU)  reinigt  dich  wie  gold  im  feuor, 

macht  dir  das  heil  der  seelc  tbcncr.    217; 
mich,  spricht  er,  der  mit  solchem  ernst  inul  lleisze 
«ein  {ei'jiucs)  heil  ges(ha(Tl.         VVrKLANn  IS,  7S; 

euch  will  i('h  meine  letzte  beichIc  thun, 

und  euer  mund  soll  mir  das  heil  verkiniden. 

Schiller  U.  Stuart  5,  7 ; 

denn  Jesus  Christus  ist  {geboren, 

es  scheint  das  lichte  heil  gewis.    Arnut  ■•'■'i  'i-nn  ',s:,. 

mil  dem  ungewöhnlichen  plur.  heile: 

sehr  bin  ich  begnadiget  worden,  habe  der  bnl., 
glitte«  viel  empinngen  und  diiiiko  weinend  dem  geber. 

Kl.ypsTocK  6,194  (,M('M.   19,  .'.s.'). 

.'.)  eine  gewisse  personilicalion  von  heil  tritt  hervor,  wenn  der 
wnlftihrl ,  Teilung  bringende  so  bezeichnet  wird,  nicht  häufig  im 
trclllidien  sinne;  als  anrede  an  die  geliebte: 

lart  höchste»  hail,  bewciüzt  onch  mlll! 

Hillilrnn  \:X)',  IM; 

aber  im  ycullichen  sinne,  von  gott  und  Chri.\lus,  (leniihnUrh :  «lar 
imimc  fk|>racli  licr  Sjmeöu:   lierre,  l;V/   (liricii   kmlil   in  xiidc. 


wanne  niine  ougen  haben  gesehen  din  heil,  da;  hedötit: 
herre,  lä;  mich  sterben  . .  und  la;  mich  künden  . .  da;  ich 
in  minen  armen  han  gchabit  der  si  erlösen  sal.  d.  myst. 
1,80,18;  er  (goU)  wird  ja  mein  heil  sein.  Uiob  13,16;  thu 
nicht  von  mir  die  band  ab,  gott  mein  heil.  ps.  27,0;  er- 
höre uns  nach  der  wunderlichen  gcrechtigkcit ,  gott  unser 
heil.  65,6;  der  du  unser  heil  und  siegman  bist.  Luther 
6,130'; 

das  er  (üirislus)  sei  das  leben, 

und  heil  in  not  und  .«tcrbcn.    8,  369'; 

er  sprach  zu  seinem  lieben  son, 

die  zeit  ist  hie  zurbarmen, 

far  hin  meins  herzen  werde  krön, 

und  sei  das  heil  dem  armen.    366'; 

herr  Jesus  Christ  der  heiland 

ist  unser  heil  und  trost.    Uhland  volksl.  8-10; 
Jesus  Christ,  - 

der  unser  heil  und  fürsprech  ist. 

'(»Clin  wir  in  liüchstcn  nölen  sein'  v,  4; 

mein  herr  und  heil.     Weckuerli'v  "*; 

ich  lege  mich, 

mein  heil,  auf  dich, 

und  ruh  in  deinen  wunden.    A.  üRYi-nius  1698  2,277; 

da  sandte  gott  von  seinem  ibrop 

das  heil  der  weit,  dich  seinen  söhn.    Gellert  2,  151 : 

du,  unser  heil  und  höchstes  gut, 

vereinest  dich  mit  fleisch  und  blui.     155; 

heil  und  leben, 

lehr  mich  schweben 

durch  das  grauen  zweifeln  beben 

deinem  frommen  vater  zu.     Arndt  ged.  (1810)  557. 

6)  Pflanzennamen,  a)  heil  aller  schaden,  genliana  cruciala, 
kreuzwurz;  auch  viscum  album ,  inislel;  ferner  veronica  ofßci- 
nalis,  grundheil,  und  achiUea  millefolium,  Schafgarbe,  vgl.  heil 
allen  schaden  unter  heilen. 

b)  heil  aller  weit,  veronica  offtcinalis,  grundheil;  agrimonia, 
Odermennig ;  anagallis  arvensis,  gauchlicil;  geum  urbanum,  nelken- 
kraul. 

c)  heil  aller  wunden,  sedum  tekphium,  fette  lienne. 

d)  heil  über  alles,  scnecio  saracenicus,  lieidnisches  wundkraul. 
Nemnich. 

HEILAND,  HI.  salvalor,  das  parlicipium  pracs.  von  iieilen  in 
noch  aller  form,  wie  die  Golhcn  das  nach  neuleslamentlichcm 
sprachgebrauche  auf  Christus  gewendete  griech.  ocottjo  durch  das 
pari,  nasjands  von  nasjan  rc//c»t  wiedergaben,  so  überselzlen 
die  von  der  römischen  kirche  abhängigen  allhochdeulschen  und 
niederdeutschen  stamme  das,  in  gleichem  .sinne  gebräuchliche  lat. 
salvator  in  derselben  weise  durch  ahd.  heilant ,  heiland ,  alts. 
heliand ,  atlnfr.  holand ,  ags.  luelcnd,  eine  übersclzung,  die  oft 
den  characler  eines  eiyenuamens  annahm:  siu  gibiril  sun,  inti 
thfi  ginemnis  sinan  namon  Heilant,  bilhiu  wanta  her  sina; 
folc  heila;  tuot  fon  irö  sunlon.  Tatian  5,8;  dicnso  ags.:  |»u 
nemst  hys  namen  Hjelend:  he  södlice  hys  folc  häl  gedcd 
frain  hyra  synnum.  Malth.  1,21; 

skalt  thana  magu  födcan 
thes  höhon  hetiankuningcs;  tlie  skal  lleliand  tc  namon 
cgan  mit  eldiun.  Heiland  266. 

indem  so  das  parlicipium  zu  einem  festen  nominalbegriffe  sich 
veränderte,  blieb  die  sprachliche  form  {wie  bei  den  zu  eigennamen 
gefvordenen  parlicipien  Wieland,  Wigand  u.  n.,  veryl.  grannn. 
4,255)  (Zi((/i  «6(T  die  zeit  hinaus  unangetastet,  wo  die  sfirache 
vollere  vorale  der  ableilungssilben  in  tonloses  e  umsetzte,  mhd. 
heilant : 

dö  half  in  unser  heilant 

da^  si  in  den  stunden 

ir  not  wol  (iberwnnden.     /icr:u<;  Ernst  4442  Itartsclt; 

nu  ist  die  bctevart  so  bor, 

Crisl  reit  selber  gen  Jcnisaleni, 

er  fürt  ein  krnze  an  siner  haut;' 

nu  hell  uns  der  heilant!     Umland  votkut.  824; 

«ii(/  hob  sich  dadurch  von  der  ijewölinlichen  und  m  tmiiuifunlrni 
fjvbrauche  stehenden  form  heilend  ab. 

Itas  nhd.  verwendet  heiland  foliiendermaszeu . 

I)  «'IC  die  alte  sftrache ,  von  ('JirL<itus:  hcilunl  aller  well, 
salvator  nosler  Jhesus  .V/u  {Christus),  voc.  ine.  theut.  i2';  liAle 
ixl  uns  gcborn  der  heilant  der  da  ist  Christus  der  herre  in 
der  8lat  Dävidis.  lichainis  cv.-buch,  l.uc.  2,11;  alles  lleisrh 
wir«*  den  heiland  giiltcs  sehen.  LurriER  /.uc.  3,  6;  wir  liaben 
selber  gehiini  und  eikennel,  das  dieser  ist  warlich  Thrislus, 
der  Mclt  liriiand.  Job.  4,42;  gleich  wie  auch  ('lui^lii«  dnx 
lieiilil  hl  der  gemeine,  tind  er  ist  seines  leibes  hrilainl.  h'ph. 
.'>.  23:  unser  wanilel   aber  ist  im  liimel,  von  dannen  wir  auch 


821 


HEILAND 


HEILAND  —  HEILBRINGEND 


S22 


k 


warten  des  beilands  Jliesu  Christi  des  heim.  Phil.  3,  20 ;  auch 
Luc.  2,  30:  meine  äugen  haben  deinen  heiiand  gesehen,  gegen 
das  griech.  ort  slSov  ol  ofd'uXuoi  itov  to  atorrjoiöv  oov, 
golh.  ])ande  sehvun  augüna  nieina  naseia  J)eina;  von  Christo 
uBserm  heiiand.  Schlppils  696;  so  wenig  Jesus  zweifelt  oder 
zweifeln  kann ,  dasz  gott  sein  vater  sei ,  so  wenig  zweifeln 
sie  {die  yläubigen),  dasz  er  der  söhn  gottes  und  ihr  heiiand 
sei.  Er^esti  predigten  (1768)166;  ob  er  gehörig  an  den  heiiand 
glaubt?  HoLTEi  Lammfell  71; 

tierr  Jesus  Christ  der  heiiand 

ist  unser  heil  und  irost.    Uhlajcd  volksl.  &40; 

DU  kom  der  beiden  heiiand.    Lithek  S,  357*; 

Jesus  Christus  unser  heiiand, 

der  den  tod  uLerwand.     359"; 

mein  heiiand  !   was  werd  ich  heginnen  ! 

ich  ganz  mit  lästern  überhäuft.  " 

A.  Grt?hics  169S  2,  2S6; 
auf,  schicke  dich, 
recht  feierlich 
des  heilands  fest  mit  danken  zu  begehen! 

Gellert  2,  1S6  [Keihnadüilied); 
es  wäre 
so  unerhört  doch  nicht,  dasz  uns  der  heiiand 
auf  wegen  zu  sich  zöge,  die  der  kluge 
von  selbst  nicht  leicht  betreten  würde. 

Lessisg  2,  191 ; 
du  süszer  heiiand  Jesus  Christ. 

Arndt  ged.  (1&40)  533; 
weinet  nicht,  mein  süszes  heil, 
meinen  heiiand  hab  ich  funden.      535. 

«6«-  eine«  von  Luther  gewagten  gegensatz  ron  heiiand  zu  feiland 
rergl.  beim  letzteren  icorte,  theil  3, 144S. 

Mit  der  annifung  des  heilands  werden  atisbrüche  des  Schmerzes 
und  klagen  eingeführt  {vergl.  gramm.  3,  297) : 

kalt  wehten  entsetzen  und  grausen  sie  an. 

'o  Jesu,  mein  heiiand,  was  hab  ich  gethan?' 

sie  wand  sich  das  hast  von  den  bänden.    Borger  62*. 

2)  Llther  Kandte  in  der  bibeliiberselzung  heiiand  auch  auf  gott, 
so  im  alten  testamente,  uo  die  LXX  gewöhnlich  oonr^ia  geben : 
gott  ist  mein  bort  .  .  mein  heiiand  der  du  mir  hilfst  vom 
frevel.  2Sam.  22, 3;  hilf  uns  gott  unser  heiiand.  l  cAron.  17,35; 
gott  der  du  mein  gott  und  heiiand  bist.  p^.  51,16;  herr  gott 
mein  heiiand,  ich  schreie  tag  und  nacht  für  dir.  SS,  2;  ich 
bin  der  herr,  und  ist  auszer  mir  kein  heiiand  {y.ai  ovy.  e<ni 
Txnos^  iuov  ao}^iov).  Jes.  43, 11.  ferner  im  neuen  lestamenle, 
wo  acoTJ,o  bisweilen  auch  auf  gott  geht:  mein  geist  frewet  sich 
gottes  meines  heilandes.  Luc.  1, 47  {auch  schon  bei  Behaim : 
min  geist  hat  sich  irhaben  in  gote  mime  heilande,  vulg. 
txullavit  Spiritus  mens  in  deo  salutari  meo);  das  wir  auf  den 
lebendigen  gott  gehoffet  haben,  welcher  ist  der  heiiand  aller 
menschen,  sonderiich  aber  der  gleubigen.  iTim.  4,10;  dem 
gott,  der  allein  weise  ist,  unserm  heiiand.  Judae  25.  hiernach 
steht  auch  anderweit  heiiand  im  gleichem  bezuge: 

mein  herr,  mein  heiler,  mein  heiiand.    Weckherlis  8; 
gott  der  du  stets  mein  gott  und  frischer  heiiand  bist. 

FLE«t5G  8,  35  Lappenberg. 

3)  heiiand,  ron  menschen,  die  ron  eineni  schweren  und  allge- 
meinen übel  befreien  und  heil  bringen;  zunächst  wieder  in  der 
bibelsprache :  da  schrien  die  kinder  Israel  zu  dem  herrn,  und 
der  herr  erwecket  inen  einen  heiiand  {aojrrj^a  septuag.),  der 
sie  eriöset,  Athniel,  den  son  Renas,  rieht.  3,9;  und  der  herr 
gab  Israel  einen  heiiand  {acoTr^giav),  der  sie  aus  der  gewalt 
der  Syrer  füret.  2*0«.  13,5;  und  werden  heilande  {nvaato- 
^ouevoi)  her  auf  komen  auf  den  berg  Zion,  das  gebirge 
Esau  zu  richten.  Obadja  21.  danadi  vielfach  auch  anderweil: 
>on  der  obrigkeit  sagte  er  {Luther):  sie  sollen  diese  drei 
ainpfer  und  naramen  führen:  das  sie  solten  helfen,  nehren 
und  wehren,  und  also  heiszen  heiländ,  vätter  und  rctter. 
Zi.NKCREF  apopliUi.  1  (1626)  252;  disz  ist  Jothams  fabel,  desz 
weisen  mannes  und  groszen  regenten ,  und  lieblichen  hei- 
landes in  Israel,  Gideons  söhn.  Scncppius  S2S;  er  war  dazu- 
mal mein  heiiand,  asylum,  rcfugium  meum  tunc  temporis  erat. 
Stieler  818;  der  heiiand  des  landes.  Klinger ///ea/er  4,124; 
würde  nun  einem  Staate  in  den  gehörigen  Zeiträumen  ein 
solcher  heiiand  (irie  Cäsar,  Friedrich,  l^apoleon)  beschieden: 
so  wäre  dem  slaal  jedes  stehende  beer  durch  das  im  heiiand 
schlafende  erspart  und  er  brauchte  für  nichts  zu  sorgen  als 
für  den  frieden.  J,  Fall  friedenpr.  7; 

nun  frewt  euch  lieben  hcrren  mein, 
der  Saul  wirdi  ewer  heiiand  sein. 

SCBMELZL  Haut  29^ 


Wallenst.  sie  haben  ihren  letzten  schlusz  gefaszt 

in  Wien,  mir  den  nachfolger  schon  gegeben. 

der  Ungarn  könig  ists,  der  Ferdinand, 

des  kaisers  söhnlein,  der  isi  jetzt  ihr  heiiand, 

das  neu  aufgehende  gestiru !    Schiller  Piccol.  2,  5. 

«ifi  ausdrücklicher  beziehung  auf  no.  1:  bei  dem  gallerieinspeklor. 
den  er  für  einen  wahren  kunstesel  oder  palmesel  erkläre, 
auf  dem  ein  heiiand  der  kunst  mit  mühe  in  das  Jerusalem 
der  gallerie  einreite,  am  ende  mehr  zum  gekreuzigtwerden, 
als  zum  königwerden.  J.  Paul  komel  3,109;  denke  nur  nie- 
mand, dasz  man  auf  ihn  als  den  heiiand  gewartet  habe. 
GöTHE  56, 131. 

4)  heiiand  nennen  die  bauren  uff  den  Schwarzwalt  und  im 
Preiszgau  den  mon,  wenn  sie  ihn  ehreriietig  nennen  wollen. 
Simpl.  calender  60. 

5)  heiiand,  die  pflanze  sambucus  ebulus,  allich,  Nekmcb 
4, 1217. 

6)  heiiand,  eine  binde  ßr  wunden,  rergl.  heilend. 
HEILANDIN,  f,  nach  heiiand  3:  wen  unter  diesen  Herodes- 

bescbirapfungen  seiner  heilandin  nicht  einmal  der  stolz  auf- 
richtete. J.  Paul  uns.  löge  2, 123. 

HEILANSTALT,  f.  anstatt  zum  heilen  von  krankheiien. 
HEILARM,  m. :  heilarm,  hülfarm,  rettarm,  schulzarm,  suppe- 
tiae,  auxilia,  brachia,  quibus  fidere  possumus,  manus  auxiliaris. 
Stieler  54. 

HEILART,  /•.  art  krankheilen  zu  Iteilen. 
HEILAUSSCHUSZ,  m.:  es  ist  der  söhn  jenes  tugendhaften 
kriegers,  der  im  heilausschusz  sasz  und  den  sieg  organisierte, 
es  ist  Hippolyt  Carnot.  heilausschusz  I  comite  du  salut  pu- 
blic !  das  wort  klingt  noch  weit  erschütternder  als  der  name 
Napoleon  Bonaparte.  H.Heine  9,119. 

HEILBAD ,  n.   bad  zu   heilzwecken :     gesundbäder,    Ihermae 
salutares,  melallicae,  alias  heilbäder.  Stieler  77; 
der  einst  hier  für  das  zipperlein 
dies  warme  heilbad  brauchen  sollte, 
und  dessen  eminenz  hier  in  Gasiein 
so  wie  in  Salzburg  residiren  wollte.    Blcxacer  1, 192. 

HEILBALSÄM,  m.  baisam  zur  heilung  von  wunden,  auch 
übertragen:  der  glaube,  der  heilbalsam  der  heutigen  Philo- 
sophie. Klixcer  3,  viii. 

HEILBAR,  adj.  in  zwei  bedeutungen,  activ  und  passiv. 

1)  in  der  älteren  ^ache,  wie  im  mhd.  heilbaere,  glück,  heil 
bringend,  gewöhnlidi  auf  das  geistliche  heil  bezogen :  in  dem  er 
(Christus)  dir  hat  ein  ebenpild  haylperer  undertenigkeyt  vor- 
getragen, lurzmaner  79';  o  du  sueszerund  haylper  nam  Jhesu, 
der  allen  sewchen  hailf.  2o';  die  werden  verfürt ,  die  da 
gleuben,  das  der  ablas  heilbar  und  zu  frucht  des  geists  nütz 
und  dienstlich  sei.  Luther  l,  25S'. 

2)  jünger  ist  die  passive  bedeutung  was  geheilt  werden  kann, 
sanabiUs  {und  wahrscheinlich  nicht  wie  die  erste  rom  subsl.  heil, 
sondern  rom  rerbum  heilen  hergeleitet,  rgL  über  die  ableitungs- 
silbe  bar  th.  1,1120. 1121):  eine  heilbare  wunde,  rulnus  sanabile, 
das  ist  noch  eine  heilbare  krankheit,  morbus  adhuc  sanabilis 
est.  Steixbacb  1,  723 ;  was  an  dem  leibe  noch  heilbar,  quod 
in  corpore  medicabUe.  das. ;  eine  blasse  färbe,  die  . .  auf  eine 
heilbare  krankheit  deutet.  Göthe  16,206;  er  versicherte,  dasz 
es  der  einzige  weg  sei,  sie  zu  heilen,  wenn  sie  heilbar  wären. 
20,  215;  heilbare  nichtigkeiten  im  gerichtlichen  verfahren. 
Martin  procesz  -(ISOO)  s.  261. 

HEILBARLICH,  adv.  medicabiHter.  Steikbach  1,  723. 

HEILBERTIG  s.  heilwärfig. 

HEILßlNDE,  f  :  die  fiirstin  hatte  zwei  Verhüllungen,  wovon 
er  die  eine  sehr  liebte  und  die  andre  sehr  hasztc.  die  ge- 
liebte war  ein  schleier,  der  für  ihre  wunden  äugen  eine  heil- 
binde war.  J.  Paul  Ilesp.  3,  29. 

HEILBLATT,  n.  l)  thalicirum  ßavum  und  thalictrum  minus, 
Wiesenraule.  Nem.mcu  4,1452;  die  Wiesenrauten  oder  heilblat 
wirdt  heutiges  tags  sehr  gepriesen  und  gelobt.  Tabernaem. 
kräuterb.  (töSS)  147. 

2)  ai<f/i  aristolochia  clemalitis,  gemeine  Osterluzei,  heiszl  heil- 
blatt.  Nemmcu  1,458. 

HEILBOCK,  m.  verschnittener  bock.  Nevxich  2^818;  heil- 
bock caf<!r  Maaler  215*;  caper,  ein  heilbock,  oder  ein  bock, 
dem  verschnitten  ist.  glosse  in  Vergil.  ojtp.  ed.  Egenolph  {Frankf 
1597)  312'.     vergL  unten  heilen  für  verschneiden. 

HEILBRINGEND,  part.:  und  nun  ist  ja  in  der  that  es 
würdig,  recht  und  heilbringend,  mit  den  waffen  mensch- 
licher Wissenschaft  die  apostolicität  des  ganzen  neuen  lesta- 
ments  nachzuweisen,  evangel.  kirchenseitung  1867  s.  546. 


823 


TIEILBRINGER  —  HEILEN 


HEILEN 


824 


HEILBRINGER,  m. :  Jesus  . .  hciland,  heilbringer,  seelig- 
inachor.  eihaller.    Stiei.er  886. 

HKILBRDNNEN,  vi.  brunnen  der  heilung  bewirkt,  gesnnd- 
bruniien  :  gcsundlieits-  oder  hcilbrunn ,  fons  medicalus ,  salu- 
taris,  dkinus.  Stieier  253;  meine  meinung  wäre  (sintemal  er 
alle  brunnenquellen  in  der  weit  zu  dirigiren  bäflc)  von  ihm 
einen  gesundbrunnen  auf  meinen  bof  zu  begehren  .  .  .  der 
fürst  oder  rcgent  über  das  stille  meer  und  dessen  hülen  ant- 
wortete ...  so  hätten  jedoch  dergleichen  heiihrunnen  in  die 
♦iinge  keinen  bestand.  Simpl.  2,77  Kurz;  die  jenige  wundcr- 
barlichc  würkung,  die  man  an  solchen  neuen  heilbrünnen 
sihet.  das.  bildlich:  gott  der  herr  ist  meine  Sterke,  und  mein 
psalm ,  und  ist  mein  heil,  ir  werdet  mit  frcuden  wasser 
schepfen,  aus  den  heiihrunnen.  Jos.  12,3; 

rtie  scitc  {Christi)  voller  bohl  läszt  sich  den  staiil  diirchstcchcn, 
die  aller  iin.«!chuid  silz,  der  liehe  hcilhrunn  war. 

LonKNSTKiN  geisll.  qcdankon  19. 

HEILBUTT,  »7».  pleuronccles  hippoglossus,  ein  groszer  plallßsch ; 
auch  heiligebutt.  Nemnich  4,  lOOS;  den  besten  geschinack 
haben  die  heilbütte  von  40  bis  10  pfund.  1009.  auch  fem.: 
da  wo  man  die  grosze  heilbütte  fängt,  und  ihre  flössen,  raft 
genannt,  gesalzen  versendet.   Dahlmann  ddn.  gcsch.  2,  77. 

HEILDIEiNEK,  m.  wird  neuerdings  in  Preuszcn  ein  gehilfc 
genannt ,  der  in  lazareten  und  anderswo  niedere  chirurgische 
dienslc  leLttd. 

HEILDRÜSE,  f. :  panus,  panicula,  humor  in  inguinibus  maxime, 
sed  alia  quoque  mevibra  infesta,  heildrüs.  Ai.berus  diel,  k  4*. 
isl  es  nur  eine  entarlung  von  hegedrüse,  heidrüse  sj).  776? 

HEILE,  f.  heilung,  genesung ;  ahd.  heili  in  geistlichem  sinne : 
quadrigae  tuac  salvatio  . .  .  dine  reita  sint  dien  heilt  die  an 
dih  keloubent.  Hattemer  dcnkm.  2,  512';  später  in  niedici- 
nüchcm :  die  üll  .  .  sinth  auch  gulh  zu  der  heil.  H.  v.  Pfols- 
PRCNDT  buch  der  bünd-ertznei  26,4;  das  leinöl  ist  das  beste 
zu  aller  heil.  26,  8, •'so  nimestu  an  der  heile  kein  schaden. 
28, 16. 

HEILEBART,  m.  in  Braunscliweig  benennung  des  slorches, 
Nemicich  1,431.     aus  adcbär  verderbt;  vergl.  1,176. 

HEILE.N  ,  vcrb.  heil  machen  und  heil  werden,  bade  begriffe 
sind  im  ahd.  noch  durch  die  form  geschieden:  heilan  sanare, 
heilen  sanescere;  im  mhd.  aber  sind  sie  bereits  in  der  einen  form 
heilen  zusammengeflossen ,  die  nun  sowol  activ  als  passiv  nach 
den  verschiedenen  bedeulungen  des  adj.  heil  steht. 

l.  heilen  activ  und  transitiv. 

1)  mit  dem  acc.  der  person ,  einen  von  einer  krankheit  oder 
einem  Icibesschaden  herstellen :  ahd.  bat  inan ,  tha;  her  nidar- 
stigi  inti  heilti  sinan  sun,  ther  bigan  tho  sterban.  Tat.  55, 2; 

mlid.  Liulgast  peheilet  siner  wunden  was.  Nib.  311,  1; 
nhd.  her  gap  en  craft  und  gewalt  ubir  alle  töfelc,  und  da; 
si  die  soeben  heiletcn.  Dehaims  ev.-buch,  Luc.  9,1;  da  heiletc 
gott  Abimclech  und  sein  weih  und  seine  megde,  das  sie 
kindcr  gebaren.  Luther  \  Mos.  20,1";  ach  gott,  heile  sie. 
A  Mos.  12,13;  der  herr  wird  dich  schlahcn  mit  einer  bösen 
drüs  an  den  knien  und  waden,  das  du  nicht  kanst  gehcilet 
werden.  5  Mos.  28,  35 ;  da  kcrct  Joram  der  künig  umb,  das 
er  sich  heilen  liesze  zu  Israel  von  den  schlegen.  2  kön.  8, 29  ; 
sihe,  ich  wil  sie  heilen  und  gesund  machen.  Jer.  33,  6;  dein 
schaden  ist  gros,  wie  ein  meer,  wer  kan  dich  heilen?  klaget. 
2,13;  da  ward  ein  besessener  zu  im  bracht,  der  war  blind 
und  stum,  und  er  heilet  in.  Matth.  12,22;  rürel  sein  ohr 
an,  und  heilet  in.  Luc.  22,51;  sie  hielten  sich  für  geheilt. 
GöTHE  20,279; 

zwccn  rrommc  wundcrlh&ter  . . . 
verbannten  manchen  kobold, 
und  manchen  liösen  alp, 
und  h(!ilt(!n  manchen  Junker 
und  manches  kranke  kalb.     IIöi.tt  8  Halm; 
be.sser  wiir«, 
wenn  wir  ihn   (den  am  fusze  bcncMdiiUcn  freuml)  hcilrn 

konnten,  lieber  gleich 
aur  treuen  rath  des  nrztcs  eine  cur 
versuchten,  dann  mit  dem  Kohcilien  froh 
den  neuen  weg  deit  rriKChnn  Icbenfi  gingen.    GAthr  0, 114  i 
im  Wlldbad  will  er  reiten,  wo  hcisz  ein  quell  entspringt, 
der  sieche  hellt  und  krül'iigt,  der  greise  wieder  jflngt. 
IIULAKD  ijcil.  358. 

r«  hei»zt  einen  von  einer  krankheit  heilen :  als  ob  ich  ihn 
davon  (com  Wahnsinn)  heilen  konnte!  Abkken  Grrifensec  (IHdi) 
2,  18, 

2)  ttall  der  penton  vird  dn  kranke  leibealml  in  den  ace.  gr- 
tetU :  wenne  man  si  (Imsenlunqr)  /rreibel  ..  so  haill  si  mücd 
f"         '^  i,    ■    '  11,17   einem   von  adcl 


damit    einen  halsz  geheilet,    welchem  unterschiedene  lücher 
hinein  gefaulet.  Acricoi.a  neue  feldscherkunsl  (1701)  73; 
ja  er  heilt  Malchus  ohr  der  um  ihn  stricke  flicht. 

LoHEKSTEifl  geisll.  gcdanken  77. 

3)  heilen  mit  dem  acc.  des  zu  entfernenden  leibesschadens : 
ahd.  der  alle  dine  siecheitc  heilet.  Notker  ps.  102  {Hattemer 
2,364'');  mhd.  des  selben  rindcs  milch  ..  haill  frische  wunden. 
Mecenberc  123,15;  sein  gall  ..  hailt  der  wunden  mSjcn  und 
bailt  auch  der  urn  smerzen.  das.; 

arzte  jrewan  her  GAwein, 
Im  sell)en  undc  in  zwcin, 
ze  hcilennc  ir  wimden.     Iwcin  7775; 

nhd.  und  nach  dem  allen,  plaget  in  der  herr  in  seinem  cin- 
gewcide  mit  solcher  krankheit,  die  nicht  zu  heilen  war.  2  chron. 
21,18;  damit  heilet  er  und  vertreibt  die  schmerzen.  Str.  38^7; 
heilet  allerlei  seuchc  und  krankheit  im  volk.  Matth.  4,23; 
weil  die  heiligen  keine  krankheit  mehr  heilclen,  suchten  die 
Icut  die  ärzt  wieder.  Zinkgref  apoplilh.  i  (102C)  276;  da  bc- 
guntc  ihm  der  geheilete  schaden  zu  schmerzen.  Acricola  neue 
feldscherkunsl  (l701)21;  mit  diesem  pflaster  wirst  du  alle  haupt- 
wunden glücklich  heilen.  42;  eine  wunde,  nachdem  sie  schon 
eine  geraume  zeit  geheilet.  56.  nicht  blosz  personen,  auch  medi- 
camente  werden  so  heilend  gedacht;  das  pflaster  heilt  die  wunde; 

CS  ist  ein  heilsam  arzt,  der  solche  salb  erthcilt, 
die  alle  wunden  schmiert,  nie  aber  keine  heilt. 

LOCAU  3,  217; 

ach  I  solche  laugen  heilt  den  alleriirgsten  grind. 

Rachkl  sat.  (1677)  21. 

hierher  auch  das  imperativischc  compositum  heil  allen  schaden 
als  pflanzenname,  gcntiana  cruciata,  kreuzenzian.  Nemnich3,35; 
veronica  offiänalis,  grundheil.  4,1555;  achillca  millefolium,  Schaf- 
garbe (in  Slraszburg).  1,36.  in  der  Allmark :  heilt  allen  schaoden, 
viscum  album.  Schiller  z.  tider-  u.  kräulabuchc  3,  37*.  vergl. 
das  subst.  heil  6,  sp.  820. 

4)  heilen,  übertragen  auf  das  erlösen  von  der  sünde  {vgl.  das 
adj.  heil  3,  sp.  SIC):  des  menschin  sun  ist  kumen  zu  hcilene 
da;  vertorbin  was.  Bchaims  ev.-buch,  Malth.  18, 11  {bei  Lutukii 
selig  zu  machen,  das  verloren  ist);  die  Übertragung  ist  oft  aus- 
drücklich an  die  vorigen  bcdeutungen  angelehnt:  herr,  sei  mir 
gnädig,  denn  ich  bin  schwach,  heile  mich  herr,  denn  meine 
gebeine  sind  erschrocken,  ps.  6,3;  heile  meine  seele,  denn 
ich  habe  an  dir  gesündigt.  41,5;  der  dir  alle  deine  sündr 
vergibt,  und  heilet  alle  deine  gebrechen.  103,3;  so  keret  im 
wider,  ir  abtrünnige  kinder,  so  wil  ich  euch  heilen  von  ewreni 
ungehorsam.  Jer.  3,  22;  ir  sünd  damit  zu  büszcn,  und  ir  ver 
wundt  gewissen  zu  heilen.  S.Frank  sprichw.  2,192; 

di  schlang  erhöhet  an  dem  pfal, 
verwundter  menschen  hailt  on  zal. 

SCHWARZENRERG   154*; 

dasz  dein  blut,  so  von  dir  flcuszt, 

ein  bewehrter  baisam  heiszt, 

der  die  alte  sündenbeulcn 

kan  mit  einem  tropfen  heilen.    Caniz  gcd.  (1727)  21. 

5)  heilen  wird,  namentlich  in  der  neuern  spräche,  auch  bild- 
lich  von  dem  befreien  geistiger  und  seelischer  laden  und  unvoll- 
kommenhciten  gebraucht:  die  zeit  heilt  den  kumincr;  so  wil 
ich  ir  abtretlen  wider  heilen.  Ilosea  14,5;  alle  meine  furchl 
ist  geheilt.  Kmnger  1,257;  selbst  meine  gewandlheit  heilte 
nicht  alle  seine  zwcifel.  9,182;  einen  von  vorurtheilen  heilen. 
11,131;  wir  können  uns  von  dem  krebsschaden  der  vonir- 
theilc  vieler  Jahrtausende  noch  niclit  heilen.  !lEiNSE/lr(/ifi/)/if//() 
2  (1787)  51 ;  der  lange  schlaf  des  todes  schlieszt  unsere  narben 
zu,  und  der  kurze  des  lebcns  unsere  wunden,  der  schlaf  ist 
die  hülfte  der  zeit,  die  uns  heilt.  J.  Paul  Ucsp.  2,116; 

drum  liAngc  Doolin  auch  gerechter  rachgier  nach. 

znmahl,  da  sie  dorn  ji'inglitig  allgemach 

die  scelcnnundcn  heilt,  die  Weichlichkeit  verscheuchet. 

A1.XINGER  Doolin  9v  4; 
lastt  diesen  hftndedruck  die  wunde  heilen, 
die  meine  zunge  fthcrcilcnd  schlug.    Scmit.ntL  jiingfr.  ?.  .'; 

sollte  denn 
von  allen  riltcrn  dieses  hol»  nicht  einer,, 
von  allen  damen  keine  —  sie  zu  heilen  {irlirdig  sein)'/ 

Ol  r/o«  2,  »i 
wie  den  bezauberten  von  rnu.och  tmd  wahn 
der  goitheii  nAlie  leicht  und  willig  heilt; 
sn  war  auch  ich  %'on  aller  phanliiüir, 
von  Jeder  sucht,  von  jedem  rnUrhon  triebe 
mit  <Unnm  blick  in  deinen  blick  geheilt.    G6m  0,  n>>. 

ol  sprich  es  aus, 
ein  hohes  wort,  dos  mich  »u  heilen  iflne.    342. 


825 


HEILEN 


HEn.EM)  —  HEILERSCHREIEN 


826 


(;)  seilen  liciszt  heilen,  will  sächlichem  object,  aus  einer  gefahr 
reiten  [vergl.  das  sitbst.  heil  3,  sp.  819) : 

sein  hauptlewt  und  befehlslewt  gut 

ir  leben  heilten  in  gueter  huet.    Soliac  417  (i-.  1564). 

7)  heilen,  ganz  machen,  von  dingen  gebraucht,  schlieszt  sich  der 
nieder-  und  millcldeulschen  bedculung  des  adj.  heil  (4,  sp.  819) 
an :  da  alles  voIk  zu  im  trat,  heilet  er  den  altar  des  herin 
der  zubrochen  war.  ikijn.  18,30;  wenn  ich  den  himel  zu- 
schliesze  das  nicht  regent,  oder  heisze  die  hevrschrecken  das 
land  fressen  . .  und  sie  betten  und  mein  angesicht  suchen,- 
und  sich  von  iren  bösen  wegen  bekeren  weiden,  so  wil  ich 
vom  himel  hören,  und  ire  sünde  vergeben,  und  ir  land  heilen. 
2  chron.  1, 14 ;  der  du  die  erde  bewegt  und  zurissen  hast, 
heile  ire  brüche,  die  so  zurschellet  ist.  ps.  60,  4 ;  noch  heute 
in  Düringen  volkstnäszig :  die  risse  in  einem  Stiefel  heilen; 
die  schaden  eines  gebäudes  heilen;  wie  audi  das  folgende 
sprichtcort  sowol  in  dieser,  als  auch  in  der  bedeutung  3  gebraucht 
nird:  alte  schaden  sind  bös  heilen.    Simrock  sprichu:  s.  475. 

Dagegen  sind  der  modernen  gewäldten  spräche  angehörige  formein, 
uic :  einen  risz  in  der  freundscbaft  heilen :  aber  noch  blieb 
mir  etwas  übrig,  womit  ich  die  beleidigte  gesetze  versöhnen 
und  die  miszhandelte  Ordnung  wiederum  heilen  kann.  Schiller 
räuber  5,  2 ; 

laszt  mich  diesen  risz 
schnell  heilend  schlieszen,  eh  er  ewig  wird,    jungfr.  2,  2, 

nur  bilder,  von  der  bedeutung  1  w.  3  auf  gegenstände  und  ein- 
riclUungen  übertragen. 

8)  oft  ist  in  den  bedeulungen  1 — 5  das  persönliche  oder  sächliche 
f'hjcct  unterdrückt:  ahd.  salbutun  mit  olu  manage  inti  heiltun. 
Tatian  44,  29 ;  mhd.  und  nhd.  und  si  gingen  üj  .  . .  heilinde 
allinthalbin.  Behaims  cv.-buch,  Luc.  9,6; 

diu  guote  wundet  unde  heilet, 

der  ich  vor  in  allen  dienen  sei.    Waither  98,  34; 

ich  kan  schlagen  oder  heilen.  5  Mos.  32,  39 ;  die  schrift- 
gelerten  und  phariseer  hielten  auf  in,  ob  er  auch  heilen 
würde  am  sabbath.  Luc.  6,7; 

wenn  das  vertrauen  heilt,  so  heil  ich  bald.    Göthe  9,  178; 

nur  heilen  will  er  {der  quell)  künftig,  nicht  erschrecken. 

13,  257. 
so   steht   auch   der  sid>slanlivisch  gebrauchte  inf.  heilen  mehrfach 
absolut:    bis  der  grim  des  herrn  über  sein  volk  wuchs,  das 
kein  heilen  mehr  da  war.  5  Mos.  32, 39 ; 

0  wort  der  schrecken  und  der  freuden, 
zum  heilen  mächtig  und  zerschneiden ! 

Ar:idt  geil.  (1810)  559. 

9)  eigenthümlich  ist  einigemal  heilen  mit  dem  dat.  stall  des  acc. 
K'rhunden,  eine  icol  dem  lat.  mederi  nachgebildete  construclion : 
o  du  sueszer  und  hailper  nam  Jhesu,  der  allen  sewchen  hailt. 
herzmaner  20*;  s.  Johann  und  s.  Valentin  heiin  ..  den  fal- 
lenden siechtagen.  Fischart  bienk.  184*. 

IL  heilen  passiv  und  intransitiv. 

1)  heil  werden,  von  personen :  des  hagdorns  sam  . .  ist  den 
kinden  guot,  diu  ir  ärmel  oben  verlaidigt  habent  an  der 
wegung:  wenn  si  den  sämen  trinkent,  su  hailent  si.  Megen- 
BERG316, 12;  gewöhnlicher  von  Icibesschäden  und  wunden :  wenn 
in  jemands  Heisch  an  der  haut  eine  drüs  wird,  und  wider 
heilet.  3  Mos.  13,18;  du  menschenkind,  ich  wil  den  arm 
Pharao  des  königes  von  Egypten  zubrechen,  und  sihe,  er  sol 
nicht  verbunden  werden,  das  er  heilen  möge.  A/es.  30,  21;  es 
begiebt  sich  oftermahls,  das  von  wegen  einer  leibesschwach- 
heit  keine  wunden  heilen  will.  Agricola  neue  feldscherkunst 
(1701)  X.  5;  es  heilet  eine  wunde  viel  besser  ungeheftet.  82; 
•der  stich  fängt  an  zu  heilen,  vulnus  ex  idu  consanescit,  coire 
videtur.  Stieler  819;  die  schlage  heilen,  consanantur  plagae. 
Steinbach  1,  724 ;  es  heilte  glücklich  bis  auf  die  wüste  narbe. 
Schiller  räuber  4,  3. 

2)  in  bezug  auf  seelenleiden : 

brecht  auf,  ihr  wunden  meiner  seele, 
und  heilet  nie!         Raxler  2,  35. 

HEILEN,  verb.  castrieren,  verschneiden:  castrare  heilen,  nrf, 
heien,  also  mau  dcme  quecke  doif.  Dief.  105';  eunuchus  ge- 
helit  man  213';  heilen,  verschneiden,  auszschneiden,  evirarc, 
evirare  corpnis,  castrare  Maaler  216";  heilen,  ..  porcos  castrare 
Stieler  81S ;  in  Vorarlberg  hüla  castrieren  (widder,  stier,  hengst) 
Fromm.  5,  486 ;  doch  wellicher  under  inen  den  huobern  gc- 
meinklich  oder  sonderlich  under  siner  zal  galtvech  zwen 
geheilel  slier  hette,  der  möge  mit  denselben  ouch  wol  zum 
zugvech    zc  weid  faren  .  .  .  aber  under  dem  galtvech  damit 


man  zuo  den  kügen  zuo  weide  fart,  soll  dhein  geheilter  stier 
sein.  Hotz  Zürcher  urkundenb.  1, 142  (von  1576). 

Es  fehlt  jeder  anhält  dafür,  dasz  das  verbum  mit  dem  vorigen 
heilen  sanare  ursprünglich  identisch  sei,  wenn  auch  ein  siclierer 
aufschlusz  Hber  etymologische  verhällnisse  niclü  gegeben  werden 
kann,     auffallend  klingt  an  das  irische  caillira,  verderbe,  castriere. 

HEILEND,  n.  eine  binde  wie  sie  der  Wundarzt  braucht:  du 
soll  auch  allwegen  die  arm  oder  die  bein  mit  häylenden 
binden,  wo  dann  die  wund  ist.  Gersdorf  feldb.  d.  wundarzn. 
(152S)  35;  so  nim  ein  heylandt  von  einem  tuch,  damit  man 
einen  bindet  dem  man  ader  laszt.  das.;  dorumb  gobent  sye 
im  uff  ein  solichs  geleilt,  ein  gehürnte  frog,  eine  gabelechte 
frog.  alsz  die  böszen  knaben  thund.  man  spricht  gemein- 
lich, hut  dich  vor  den  geteilten,  die  mit  dem  lotterholz  geben 
eim  das  selb  holz  zwischen  beide  hend ,  und  machent  ein 
heilant  dorumb ,  und  wettent  mit  eim,  ob  es  härab  gang, 
oder  nit.  welches  er  denn  erwelet,  so  ist  es  verloren.  Keisers- 
BERG  postill  (1522)    2,  74'. 

HEILER,  m.  der  heil  macht. 

1)  allgemein,  der  wunden  heilt:  alid.  dir  irbaront  sie  iru 
vulnera  (wundiin),  wanda  du  iro  sanator  (heilarc)  bist.  Notker 
ps.  68  (Hattemer  2,  234') ;  mhd.  her  sal  heilen  Jesus,  da;  dütit 
ein  heilere,  wan  her  sal  uns  heilen  von  tätlichen  wunden. 
d.  myst.  1,111,19; 

wände  ejn  wart  ze  der  stat 

nie  bähest  mS  gesät 

der  baj  ein  heiisere 

der  sele  wunden  wsere.    Gregor.  3621; 

nhd.  heiler  mit  der  enenei,  curator,  remediator.  voc.  ine.  Uteut. 
i2';  sanator,  heiler,  arzt  Kirsch  comuc;  die  heiler  sind  nicht 
alle  heiler,  medicantes  non  semper  sunt  medentes.  Stieler  818. 

2)  heiler,  salvator,  wie  heilant  als  stehende  bczeichnung  Christi : 
aAd.  heilari ;  aftn/ranA.  likhamon  thes  helires.  Werdener  psalm- 
commentar  61 ;  mhd.  heilaere  Lexer  wb.  1, 1211 ;  nhd.  heiliger 
und  barmherziger  heiler,  ewiger  gott.  Basler  plenarium  von 
1514,  l';  in  der  nacht  da  Maria  Christum  den  heiler  gebahr. 
Praetoriüs  salurnalia  1663  s.  364. 

HEILER,  m.  junges  verschnittenes  pferd  oder  rind  (nach  Scbuei- 
lers  deutung,  das  noch  nicht  oder  noch  nicht  seit  langem  wieder 
ganz  geheilt  ist).  Schh.  2,169.  vgl  heilpferd.  —  In  Düringen 
hciszt  heiler  der  schwänschneider.  Stieler  818. 

HEILERBE,  m.  erbe  des  heiU : 

es  sing  ihm  der  heilerb,  und  cherub! 

Klopsiock  6,  2S6;  vergl.  289. 

HEILERGESCHREI,  n.,  in  älterer  form  heilalgeschrei,  der 
ruf  um  hilfe,  nach  den  warten  heil  alle !  (sp.  817)  gebildet,  vgl. 
rechtsall.  877;  dann  in  weiterer  bedeutung  klagegeschrei ,  belei- 
digender, herausfordernder,  zum  aufruhr  reizender  ruf  die  forvi 
wechselt  mehrfach,  das  wort  ist  als  juristische  bezäcitnung  des  mord- 
geschreis  noch  in  anwendung  gewesen,  als  der  ruf,  der  dieser 
bezeichnung  zu  gründe  lag,  nicht  mehr  angewendet  wurde;  woraus 
die  manigfachc  verderbnis  des  Wortes  sich  erklärt:  Herman  Lore 
hat  zu  Bergkheym  obir  den  schynder  eyn  heylergeschrey 
gemacht,  ungedrucktes  buszregister  der  grafschaft  Büdingen  von 
1475 — 82;  Henn  Raezkoph-hat  by  nacht  eyn  heilergeschrey 
gemacht,  das.;  dafür  heilgeschrei :  das  jhene,  das  an  das 
landtgeiicht  gehöret  ghein  Oberrambstadt,  nemblich  diepstall, 
mordt,  heilgeschrei  und  nachtbrandt.  weislh.  4,  541 ;  heiliger- 
geschrei:  item  wer  es  sach,  daj  einer  solich  .  .  frebel  ver- 
brochen bette,  und  ein  amptman  adir  schollcsz  angriffe  und 
hiesz  ym  bürgen  off  der  scheffen  sprach,  und  eyner  queme 
mit  wirhafliger  band  und  understünde  dem  amptman  adir 
dem  scholteszen  den  zu  entweldigen  usz  der  friheyt,  und 
auch  der  selbe  ein  heiligergeschrei  mecht,  der  darf  unszers 
herren  genade  wol.  2,229;  andere  formen:  heilachgeschrei. 
Lexer  jc6. 1, 1211 ;  heilawcgeschrei.  Haltaus  904;  heuer- oder 
mordtgeschrei.  905.  die  belege  sind  den  hesäschcn  gegenden  zu- 
gehörig; vergl.  aucli  Vilmar  158.  5.  heiierschreien. 
HEILERIN,  /■.; 

du  bist  der  krankheit  heilerin.    WECKnERn:«  764. 

HEILERSCHREIEN,  verb.,  ein  hciUrgeschrei  ausstoszen:  Pedcr 
Hulks  frauwe  hat  snyder  Henchisz  frauwen  ein  stule  genomen 
dar  uff  se  sasz  und  hat  se  da  mit  geslan  das  se  heylcr- 
schrey.  ungedruckies  biiszregisler  der  grafschaft  Büdingen  von 
1475—82;  Henn  Keiser  hat  Elszcn  geslagcn  mit  eim  knoltel 
das  se  gcheilerschrit  hat.  das.  aucfi  transitiv:  der  selbe  hat 
Anna  geheilerschreit  und  hat  se  auch  inn  das  wasser  ge- 
wnrf'Mi   und   gp=lncen.   ebenda. 


827 


IIEILFELS  — HEILIG 


HEILIG 


828 


HEILFELS.  r».  refugiuvi,  petra  salulis.  Steinbach  1,  43t. 

HEILFEHTIG,  adj.  salutifer,  utilis,  santis.  Stieler  40G.  da- 
selbst heilfertigkeil,  ulilitas,  coiiimodum,  sanilas. 

HEILF1{AU ,  f.  ärzlin :  zu  Honi  lebe  eine  berühmte  licil- 
frau,  die  diesem  siechthiira  abhelfen  könne.  Gälmm  deutsche 
sagen  2,  no.  442.     rergl.  heilmann. 

HEILFROH,  adj.  und  adv.  in  vollem  masze,  ganz  und  gar  froh 
{vgl.  heil  4,  sp.  817):  ich  war  heilfroh,  als  der  erschütternde 
psalm  zu  ende  war.  Tiiümmel  3,  58 ;  wie  heilfroh  blickte  ich 
an  den  blauen  himmel  hinauf,  als  ich  den  klosterhof  zehn 
schritte  hinter  mir  hatte!  5,384;  ich  bin  heilfroh.  Guthe 
an  Zelter  463 ;  sie  hat  sich  immer  wunder  wieviel  auf  ihr 
hübsches  mäskchen  eingebildet ..  das  soll  sie  nun  wol  bleiben 
lassen  und  kann  heilfroh  sein,  wenn  ich  sie  hinterher  noch 
nehme.  Spielhac^n  die  dorfcoqnettc  (1869)  s.  106. 

HEILGEHILFE,  m.  kos  heildicner. 

HEILGESANG,  m.: 

doch,  0  forsten,  hört, 
den  heilgesang  des  volks.      Stolberg  4,  219. 

HEILGESCHÄFT,  n,  geschdß  des  arzles.  bldller  für  lit.  unler- 
hillung  1S46  s.  567. 

HEILGICHEN,  m.  ah  diminutiv  zu  heilig,  in  ironischem  sinne : 
{ich  weisz  dasz  die  gemeine  sachc  ist)  Christi  und  gottes  selber, 
welche  nicht  also  erblaszt  irer  sünde  halben,  wie  ich  einzeles 
heilgichen  erblassen  und  zittern  mus.  Luther  5,  42'. 
HEILGIEßIG,  adj.  begierig  nach  dem  {ewigen)  heil: 
und  immerdar  bereit 
mit  lieb  und  ohne  forcht  die  wältlicti  eutelkeit, 
so  bald  nur  goit  gebicth,  lieilgiirig  aurzugeben. 

ROMPLER  112. 

HEILGIFT,  n.  aconitum  anlhora ,  heilsamer  sturmhut,  eine 
giftpflanze.  Nemnich  1,  50. 

HEILGÜRKE,  f.  momordica  balsamina,  balsamapfel. 

HEILHACKER,  m.  scolopax  arquata,  eine  schnepfenart. 

HEILHOLDER,  m.  sambucus  ebulus,  altich.  Nemnich  4,1217. 
vergl.  heiland. 

HEILHORN,  »j.  nach  der  biblischen  form  hörn  des  heils, 
vergl.  unter  heil  sp.  817 : 

er  hat  uns  ulTgricht  sin  heilhorn 

in  sins  kinds  Davids  hiisz  erkorn.     trag.  Joh.  Av. 

HEILIG,  adj.  und  adv.  sanctus,  sancte. 

Ahd.  heilag,  mhd.  heilec;  ahn  fr.  heilig;  alts.  helag;  fries. 
hrlich ;  ags.  haiig,  engl,  holy;  ahn.  heilagr.  goth.  mangelt  das 
uort  und  wird  durcli  veihs  vertreten,  das  vielgebrauchte  adjecliv 
hat  in  eigenthümlicher  weise  eine  vocalverkilrzung  seiner  Stamm- 
silbe erfahren,  die,  sicA  weil  bin  erstreckend,  nach  verschiedenen 
dialecten  verschieden  zu  tage  tritt,  im  wind,  wurde  ahes  helag, 
heiig  zu  hillig,  hilg: 

se  scholde  it  ok  an  den  hilligen  dagen 
10  pinxien  in  dat  munsler  dragen.  Zeno  169  Liibben; 
den  rechten  wech  na  dem  hijgen  grave.  lieinecke  fuclis  2'SO ; 
eine  form  die  sich  auch  zum  theil  im  friesischen  findet:  also 
helpe  thi  god  and  sin  hilge  moder  sente  Maria.  Richthofen 
245',  1.  anderswo  trat  heilig  zu  heiig,  helg  zurück:  so  im  alt- 
nord.  wo  neben  heilagr  sich  schwaches  helgi ,  Jielga  entwickelt, 
auch  acc.  dat.  helgan,  hcigum  vorkommt,  nach  welchen  letzteren 
ddn.  heilig,  schwed.  heiig  gebildet  ist;  ganz  gleich  in  mittel-  und 
oberdeutschen  dialecten :  der  heiig  Joannes.  Zwinch  vom  touf 
i2';  ich  touf  dich  im  namen  des  vatters  und  suns  und  lie- 
ligen  geists.  i  3*,  neben  heilig  geisl  daselbst; 

all  beigen  stet  wirt  er  verschmähen. 

Gejigehbacu  Nültlt.  763 ; 

ward  (iir  in  bracht  ein  beiger  man. 

104C  {neben  di«  lieilig  erden;  vergl. 
ferner  im.  137.  418); 
der  heiig  gei«te  (Tomen  «ol, 
der  mag  das  wol  voihringcn. 

Uhla!«»  votkst.  871  {vergl.  410.  4M); 
zumal  auch  dann ,  wenn  das  adj.  in  snbstantivem  gebrauch  er- 
scheint: patronus  hclig  der  kirchen  Dief.  417'  {rhein.,  \{).jahrh.); 
l-atronus  . .  ein  helge  von  der  kirchen.  voc.  opt.  Leipzig  1501 
15*;  bair.  hälling.  Sch«.  1,107S  Frommann; 

m.inchcr  «pricht  er  hab  hilf  von  beigen  envorbcn. 
SOLTAU  I,  2.'):i, 
daR  gotzwori  bet  ty  Juda«  giert, 
dar  ilürcli  verrÄiery  wirt  gemert, 
•'iMl  hPis  kein  bellig  geitclirilirn. 

•i,  143.  5  {Sutolhurn  1.'.3.1). 
in    der    Scliwriz   jetzt    helge    hnluienbtld ,    dann    bild   überliaufil. 
Stai.IiKR  2.36;  im  fiatsaui.'-rhrn  hclli»;n  fahncn  mit  bililcm  von, 
'■■■•'' ^iMi ••■" •  .'    :"i/fn  3,  rf. 


Die  eigentliche  bedeutung  des  adjedivs,  heil  habend,  mit  sich 
führend,  erscheint  von  allem  an  fang  an  auf  das  gcislliclie  lieil, 
die  erlüsung  von  der  sünde  {no.  4,  sp.  819)  bezogen,  wahrschein- 
lich dasz  heilig,  da  es  so  ausschlieszlich  cultuswort  ist,  fd)erftaupt 
cr.'it  zur  zeit  der  7mssion  in  den  angelsäclisischen  nnd  westdeutschen 
landen  gebildet  wurde,  es  tritt  als  cpilheton  zundclisl  des  retlung 
bringenden  citristengoltes ,  der  personen  der  trinität,  der  vuitter 
gottes  und  der  heiligen  auf  und  erlangt  dann  freiere  Verwendung. 

1)  heilig,  bezogen  auf  die  göttlichen  personen :  aM.  cot  heilac. 
W'cssobr.  gebet  8 ;  unser  herro  der  heilige  Christ.  MCllenhoff 
u.  Scherer  210,4,4;  inphieng  thö  antwurti  fon  Ihemo  beilegen 
gciste.  Tatian  7,  4 ;  an  der  hciligun  trinemmid«  gloubich. 
MtjLi.ENH.  u.  Scherer  222,8;  mhd.  also  werdent  ouch  die 
siben  gäbe  des  heiligen  geistes  übernätiurlich  der  sele  in 
gegojjen.  J.  myst.  2, 328, 2 ;  in  dem  muote  der  ein  bilde  der 
heiligen  drivaltikeit  in  der  sele  ist.  359,26; 

diu  aller  megde  spiegel  ist, 

diu  den  vil  heiligen  Krist, 

aller  keiser  keiser,  truoc.     g.  Gerh.  2240; 

nu  hiien  wir  den  heiligen  geist 

umb  den  rehten  glouben  allermeist; 

nhd.  ir  künd  dem  herrn  nicht  dienen,  denn  er  ist  ein  heiliger 
gotf.  Jos.  24,19;  verwirf  mich  nicht  von  deinem  angesichle 
und  nim  deinen  heiligen  geist  nicht  von  mir.  ps.  51,13;  heilig, 
heilig,  heilig  ist  der  herr  zebaoth.  Jes.  0,3;  sendest  deinen 
heiligen  geist  aus  der  höhe,  weish.  Sal.  9, 17 ;  erfand  sichs 
das  sie  schwanger  war  von  dem  heiligen  geist.  Matlh.  1,18; 
heiliger  vater,  erhalt  sie  in  deinem  namen.  Jos.  17,11;  sie 
haben  sich  versamlet  über  dein  heiliges  kind  Jhesu.  apostel- 
gesch.  4,  27 ;  ob  {über)  im  erschyncn  ist  gott  der  heilig  geist 
in  gestalt  einer  tuben.  Keisersberg  postill  (1522)  2,13';  von 
dem  heiligen  aller  heiligen,  von  Christo  Jesu.  117"; 

so  bitten  wir  den  vil  heiligen  Crist 

der  alle  der  weite  gewaltig  ist.    Uhland  votksl.  825; 

kom  heiliger  geist,  herre  gott.    Luther  8,  360'; 

du  lieber  tieilger  frommer  Christ, 

der  für  uns  kinder  kommen  ist.     liindcrlied; 
weltricbter!  schrecklicher!  hör  unser  jammernd  flehnl 
lasz  uns  nicht  ganz  vor  dir,  du  heiliger,  vcrgehn ! 

Klopstock  7,  216. 

auch  thcile,  eigenschaßen ,  altribute ,  handlungen  der  göttlichen 
personen  hciszcn  heilig :  ich  gloubo  daj  diu  sin  heiligosta  sCIa 
do  vone  demo  lichaman  zi  helle  nider  vuor  mit  der  siner 
golelichun  krei'te.  MCllenh.  «.  Scherer  223,  51 ;  sundcriichen 
sali  du  mich  (Christum)  biten,  daj  ich  dich  teilhaftig  mache 
mines  heiligen  lidenes  und  ininer  heiligen  werke  di  ich  habe 
getan  üf  ertliche,  d.  myst.  1,4,30;  gott  dein  weg  ist  heilig. 
ps.  77,14;  sage  Aaion  und  seinen  sönen,  das  sie  .,  meinen 
heiligen  namen  nicht  entheiligen ,  denn  ich  bin  der  herr. 
i  Mos.  22,2;  heilig  und  hehr  ist  sein  name.  ps.  111,9;  {der 
herr)  sieget  mit  seiner  rechten,  und  mit  seinem  heiligen  arm. 
9S,  1; 

die  hcilgen  schlafe  (Clirisli)  stebn  von  tausend  kreilen  ofTeu. 
Lohenstein  gcisll.  ged.  s.  17. 

als  ausruf  des  erstauncns  und  Schreckens  dient  heiliger  gott!; 
hilf,  heiliger  gott!  Schiller  räutec  4,  2;  wofür  verblaszter  auch 
heiliger  himmel  steht: 

0  heiliger  himmel!  verzeih  mir  die  süiid!  Borger  36". 
der  heilige  Christ  ist  auch  auf  die  weihnachlsgesclienke  überlra-gen 
worden,  weil  man  sich  Christus  ab  gesehen kgcber  denkt  [s.  Christ- 
kind, christkindchen  theil  2,  62.>):  einem  den  heiligen  Christ 
geben,  munus  natalilium  offene  alicui.  Stieler  206;  ein  statt- 
licher heiliger  Christ,  amplissimum  donum,  lectissima  munera 
nalalitia  Christi,  das. 

2)  heilig  gehl  ferner  auf  die  enget,  die  Jungfrau  Maria,  die 
aposlel,  väler  und  mdrtirer  der  kirdie ,  sowie  auf  die  projJirten 
und  erzvdler  des  ahen  tcstaments:  cz,  ist  ze  wijjen ,  daj  sanl 
Jcroniiniiä  von  ciinc  heiligen  vatcr  schrlbet,  der  Isiläk  hie;. 
(/.  myst.  2,  359,  23 ; 

krist  herre  .  .  pilic  min  wol  dur  diner  muotor  Are. 

.tI.h  Ir  der  heilig  ongfl  pfla-gf 

und  din,  (16  du  in  der  kripjicii  I.Tgo.    Walturr  24,24; 
nun  liiit  Irli  (lii^h,  n  du  liallige  inAier  Ann.i, 
mit  Joacliiiii  driiH'iii  li(irli|,M'liipii'ii  iiKinne 
und  mit  ollem  liuiligeii  go9(  hloclitc  dein. 

Urlano  voUuL  839) 
et  gingen  drei  bellgo  frawon 
t»  morgenR  in  dem  tnwe.    8.32; 

die  heiligen  drei  könige;  der  heiligen  dry  kflnig  lag.  Kiisiai» 

BKRO    jmstlll    (<■<■"     <     ?'i'; 


829 


HEILIG 


HEILIG 


830 


die  beiigen  drei  könig  mit  ihrem  stern.  Göthe  1,  164; 
als  ausruf:  hilf,  heilige  niutter  gottes  I  seid  ihrs,  gestrenger 
herre?  Schiller  räuber  5,1;  die  heilige  faniilie  {auch  über- 
tragen auf  ein  bild,  das  diese  darstelll);  wie  nl  me  denn  sol 
der  schraoch  ^otts  und  seiner  heiligen  hefliglicher  gestroft 
werden,  weder  der  schmoch  dermenschen.  Keisersberg postill 
(1522)  2,15';  meinen  heiligen  apostelen.  4S';  alle  seien  der 
heiligen  allväUer.  3,2';  wir  begont  hüt  den  tag  des  groszen 
heiligen  sancti  Johannis  des  töufers.  4,  3" ;  der  heilige  Kaphael, 
der  engel  des  herrn.  Tob.  3,25;  wenn  aber  des  menschen 
son  komen  wird,  in  seiner  herrligkeit,  und  alle  heilige  engel 
mit  im.  Matth.  25,  31 ;  als  es  nu  offenbart  ist  seinen  heiligen 
aposteln  und  propheten.  Eph.3,ö;  durch  die  band  des  hei- 
ligen Propheten,  weish.  Sal.  11,1;  das  die  nachkommen  ein 
e.xempel  der  gedult  hätten,  wie  an  dem  heiligen  Hiob.  Tob. 
2, 12 ;  wie  die  heiligen  patriarchen.  6,  21 ;  den  heiligen  man 
Mosen.  Sir.  45,1;  die  heiligen  veter.  v.  2;  durch  den  mund 
seiner  heiligen  propheten.  Luc.  1,10 ;  der  heilige  Athanasius. 
Abele  gerichtsh.  2  (1661)  28S; 

und  wenn  sie  sang,  so  klangs  so  sfisz, 

als  sang  ein  heilger  engel.     IIöltt  20  Halm; 

hier  ruht  der  staub  des  heiigen  Ludewig. 

Schiller  Jungfrau,  prolog,  3.  auftr. ; 
da  trat  die  heilige  (Jungfrau)  zu  mir.    1,  10; 
J.  heiige  Jungfrau!    L.  warum  nennst  du 
die  beiige !  sie  weisz  nichts  von  dir.    3,  10. 

bemerkenswert  ist  die  häufung  des  deutschen  heilig  und  des  ftemden 
sanct  tor  heiligennamen,  uamentlicli  im  volkstnunde: 

hailiger  sant  Wolfgange ! 
du  bist  ain  hailiger  man.    Uhland  tolkil.  812; 
heiliger  st.  Castulus  un.i  unser  liele  frau  I    Sch«.  2, 169. 

ebenso  gehl  {nie  bei  l)  heilig  auf  glieder,  eigenschaften ,  hand- 
hingen der  betreffenden  heiligen  personen:  diu  sunne  der  geieh- 
tikeit  hat  si  umbegeben  {die  Jungfrau  Maria)  und  hat  geschinen 
in  ir  heiligen  lichamen.  d.  f«j,$/.  2,  342,^8;  dai  her  {Johannes) 
Kristum  ouch  rurete  mit  sinen  heiligen  banden  und  in  toufte. 
1,144,38;  deszglichen  ist  er  (JcAuhh«)  ein  maiteier  ...  wann 
er  ist  der,  der  do  sin  heiliges  blut  vergossen  hat  umb  der 
geiechtigkeil  und  warheit  willen.  Keisebsbebg  postill  (1522) 
4,6';  die  scheu  Ottiliens,  sich  jener  heiligen  gestalt  {der 
tnutter  gotles)  anzumaszen.  Güthe  17,271;  die  heiligen  gebeine 
der  märtirer. 

Endlich  werden  auch  der  papst  und  die  bischöfe  der  christlichen 
kirche  heilig  genannt:  heiliger  vater,  anrede  an  den  papst;  ich 
höre ,  heiligster  vater,  das  gar  ein  böse  gerücbt  über  mich 
gehe.  Luther  1,56";  allerheiligister  vater,  heiligen  hochwür- 
digen herren,  und  andere  unser  in  gemein  mithelfer.  Schabe 
sat.  u.  pasqu.  3,90,34;  s.  allerheiligst  1,224; 

den  zorn  zu  sühnen 
des  heiigen  vaters,  der  den  bann  dir  schleudert. 

Uhlasd  ged.  186; 
hier  in  dem  angesichte  meines  königs 
und  dieses  heiigen  bischofs  reich  ich  ihr 
die  band  als  meiner  fürstlichen  gemahlin. 

Schiller  Jungfrau  3,  4. 

die  kirche  spricht  heilig,  setzt  einzelne  ihrer  glieder  unter  die 
heiligen;  das  ehrwürdige  ansehn,  das  sie  {Sperata)  in  ihrem 
leben  genosz,  verwandelte  sich  nach  ihrem  tode  schnell  in 
den  gedanken,  dasz  man  sie  sogleich  für  selig,  ja  für  heilig 
halten  müsse.  Göthe  20,279;  einen  in  die  zaal  oder  geinein- 
schaft  der  heiligen  setzen  oder  ordnen,  allegare  aliquem  coelo. 
Maaler  216*. 

3)  nach  der  bedeutung  2  wird  nun  heilig  in  substantiver  Stellung 
und  gewöhnlich  in  schwacher  form  der  heilige,  die  heiligen  von 
canonisierlen  und  angebeteten  gliedern  der  kirche  gebraucht,  wobei 
mancJte  freiheil  sich  ausbildet,     der  gebrauch  findet  nämlich  statt: 

a)  rein  in  bezug  auf  solche  personen: 

Christe  ginädö!  kyrie  eleison. 

heir^n  uns  alld  heiligen!   kyrie  eleison. 

MBllenboff  u.  Scberer  s.  51 ; 
da;  ist  da?  minneklich  bild  Jhesu  Christi ,  ...  da  hat  man 
den,  der  alle  heiligen  hat  geheiliget.  Suso  briefe  84  Preger; 
Christus  ist  unser  einiger  mittler,  nicht  Maria,  noch  die 
heiligen.  Luther  2,322';  also  haben  wir  Christen  alle  ein 
bruderschaft  in  der  tauf  uberkomen,  da  hat  kein  heilige  mehr 
von,  denn  ich  und  du.  denn  eben  als  thewer  jener  erkauft 
ist,  so  thewer  bin  ich  auch  erkauft,  gott  hat  eben  so  viel 
an  mich  gewendt,  als  an  den  grösten  heiligen.  336';  das 
äind  die  rechten  güldenen  legenden,  darinne  uns  gott  leret, 


wie  er  seine  heiligen  kocht  und  bret,  und  so  mit  inen  spielt, 
als  sei  es  alles  erlogen,  was  er  inen  verheiszet.  4,195';  auf 
die  Zukunft  unsers  herrn  Jhesu  Christi  sampt  allen  seinen 
heiligen,  l  Thess.  3, 13 ;  es  seie  dieser  {der  h.  Antonius)  gleich 
verachtet  und  verlassen  worden ,  so  bald  ihm  ein  newer 
heilig,  der  Rochus,  succedirt  sei.  Zi.nkgref  apophth.  1  (1626)  5; 
ich  sehe  gleichwol  wenig  heiligen,  die  eine  grosze  profession 
von  Vergebung  und  Verzeihung  der  ihnen  zugefügten  injurien 
gemacht  habeu.  Schuppius  306 ;  unsere  apostel  und  heiligen. 
Seume  Spaziergang  1,  27 ;  da  haben  uns  die  lieben  heiligen 
gerettet.  2,  44; 

ernstvoll  ist  der  kämpf  der  sündea ! 

und  der  heilige  nur  singt 

an  dem  ziele  siegeslieder!     Klopstock  7,  255. 

zu  den  heiligen ,  d.  h.  zu  dem  orte  wo  sie  verehrt  werden,  und 
wo  man  sie  sich  gegenwärtig  denkt,  wird  gew  all  fahrtet,  und  dieser 
umstand  ist  zu  einer  obscönen  anspielung  benutzt: 

sie  maint,  sie  weil  irem  man  abfallen 

und  well  zu  lebendigen  heiligen  wallen, 

die  ir  mer  ablasz  geben  dann  er, 

und  der  ir  albeg  erfüll  ir  ger.    fasln,  sp.  160, 15. 

die  heiligen  werden  angerufen,  daher  in  Tirol  alle  hailing  an- 
rüefen ,  in  groszer  not  sein  {scherzwäse  auch  sich  erbrechen). 
Fromm.  5,446;  wie  man  die  körper  der  heiligen  zu  ehren 
pflegt.  Göthe  20,  278 ;  die  heiligen  vereeren ,  colere  coelestes 
Maaler  216';  nicht  nur  im  gebet,  auch  im  ängstlichen  flehen 
gegenüber  menschen: 

den  brief! 
im  namen  aller  heiligen !    ScaaLER  Carlos  2,  S. 

mit  anspielung  auf  Maria  Magdalena: 

alle  schönen  Sünderinnen, 

die  zu  heiligen  sich  geweint.     Göthe  2,  286. 

oft  in  Sprüchwörtern  und  redensarten:  das  gemeiniglich  aller  frevel 
an  heiligen  dingen  begangen ,  sei  flugs  und  bald  gerochen, 
daher  das  Sprichwort  kompt,  es  ist  mit  heiligen  nicht  gut 
scherzen,  sie  zeichen  gerne.  Ll'Ther  3,  247' ;  wer  schlechten 
heiligen  dient,  der  ist  leicht  so  werth  als  sie.  Lehma!<x  143; 
wie  der  heilig  so  der  dienen  das. ;  der  allen  heiligen  dient, 
der  dient  niemand.  145;  die  allen  heiligen  dienen  haben  kalte 
küche.  das. ;  die  heiligen  hohlen  ihr  wachs  wieder  ...  die 
schätz  der  kirchen  nimmt  man  hin,  das  wird  ihnen  bringen 
kein  gewinn.  Pistorils  thes.par.  5,75;  der  himmel  führt  seine 
heiligen  wunderlich.  E.  v.  Kleist  werke  (1803)  1,  91.  wer  nicht 
ausführlich  erzählen  u-ill  sagt:  ich  will  dir  nicht  alle  heiligen 
hertragen.  Eiselein  295,  grosze  herren  dürfen  mit  heiligen 
scherzen.  Simrock  spricAtr.  237;  wenn  gott  nicht  hilft,  so  ziehn 
auch  die  heiligen  keinen  sträng  an.  238 ;  wie  der  heilige,  so 
der  feiertag.  das.  eine  formet  der  vemänung  ist  der  heilige 
heiszt  nicht  also: 

aht.  jetzt  komt  mein  wagn,  ich  wil  drauf  sitzen 

und  ^ol'*^nd  in  das  wildbad  fabrn, 
mein  junkherr,  gott  wöll  euch  bewarn. 

edelmann.  nein  herr,  der  heilig  beist  nii  also, 
kehrt  umb,  ir  mOst  mit  mir  alldo 
heimfahren  jetzt  auf  mein  berghausz. 

H.  Sachs  5,340». 

Von  einem  schlechten,  lächtsinnigcn  oder  lebenslustigen  menschen 
wird  gesagt  er  ist  kein  heiliger:  höre  den  Taubmannum, 
welcher  uff  der  rostockischen  Universität  zwar  nicht  unter 
die  heiligen  gezehlet  wird.  Schcppius  741;  bei  allen  euren 
gräueln  seid  ihr  noch  ein  heiliger  gegen  den  Vatermörder. 
Schiller  räuber  5,1.  nach  dem  ungewöhnlichen  gebahren,  das 
die  legenden  oft  von  den  heiligen  berichten ,  heiszt  es  von  einem 
sonderbaren  menschen  er  ist  ein  wunderlicher  heiliger:  ein 
wunderlicher  heiliger,  miriftcus  mortalis.  Serz  65";  der  land- 
graf  ist  ein  wunderlicher  heiliger.  Ar.mm  schaub.  l,  179 ;  mon- 
sieur  Tscherning  hat  mir  oft  bekant ,  wie  er  unterweilens 
leuten ,  w  eiche  ihn  ausz  miszgönstigen  herzen  von  meiner 
person  gefraget,  einen  aufgebunden  habe.  . .  allein  ich  merke 
endlich ,  dasz  tolle  heiligen  gefunden  werden ,  welche  ver- 
meinen, dasz  das  sein  ernst  gewesen  sei.  Schuppius  634. 

6)  heilige  werden  die  reliquien  der  heiligen  genannt,  auf  sie 
wird  der  cid  abgelegt,  reclUsalterth.  896:  swenne  der  vrine  böte 
von  deme  richtere  und  von  den  schephen  gekorn  wirt,  sft 
sal  her  deme  künge  hulde  tAn  ndch  vrles  mannes  rechte; 
sti.  sal  in  der  richter  nemen  bie  der  hant  unde  secze  in  üf 
ein  küssen  unde  dl  einen  stöl  gein  sich ,  und  sal  ime  di 
heiligen  in  den  schüj  tön.  Saclisensp.  3,  56,  §  1 ;  tar  er  selb 
dritte  geweren  uf  den  heiligin ,  daj  er  nicht  darvon  gewusi 


831 


HEILIG 


heilk; 


832 


habe.  Maydcb.  blume  2, 220 ;  als  er  (ein  beklagkr)  sich  mit 
ciden  lojin  sol ,  cjcut  der  cleger  yenen  geweldiciichiii  von 
den  heiligin  und  nurt  (ihn  irrt)  an  seinem  cide.  S9  (tnil  der 
überschriß:  ob  ein  man  dem  anderen  seine  vingcr  cjoge  von 
den  heiligin);  die  person  des  oder  der  heiliyen  steht  hierbei  initiier 
im  hinlergrunde ,  der  scitwöreiide  ruft  sie  ttnter  devi  sichtbaren 
zeichen  ihrer  relu]uien  an ,  und  die  eidesfurmel  ist  so  helfe  mir 
gütt  und  die  heiligen;  so  muj  der  cleger  aller  first  ftf  in 
sweren,  daj  her  der  lät  schuldic  sie  dar  urabe  her  vervestet 
sl,  daj  ime  got  so  helfe  und  die  heiligen.  Sac/isensp.  3, 88,  §3; 

denn  _^so  er  (der  kdniij)  tritt  ins  regimcnt, 

so  musz  er  recken  auf  sein  hendt, 

zö  gott,  und  seinen  hcgien  (/.  hclgen)  schwern, 

das  er  das  recht  nit  wel  verkern. 

Thurnkiszer  archidoxa  (1575)  31. 
verijl.  heiligenschrein. 

c)  da  der  heilige  patron  und  eigcnlhümer  einer  ihm  geweililen 
Stiftung  ist:  patronus  ein  heilig  der  kirchen.  Dief.  417',  so  steht 
in  gewissen  Wendungen  der  heilige  für  die  entsprechende  Stiftung, 
namentlich  gut  und  vermögen  derselben  (vgl.  unten  heiligenkiix, 
heiligenmeier,  heiligenmeisler,  heiligenpllegcr):  der  slift  zu 
Möszkirch  gibt  järlich  dem  hailigen  zu  Pfaltenhofen  zehen 
schiUing  heller.  Zimm.  chron.  2,73,12;  sollich  gelt  (was  von 
einer  wallfahrt  einkam)  wolt  der  pfarrer  zu  Möszkirch  .  .  zum 
halbtheil  ansprechen  und  also  mit  dem  hailigen  theilen. 
480,23;  wenn  die  baukoslen  weder  der  heilige  noch  die 
gemein  zu  tragen  vermag.  Wirzb.  verordn.  von  1687  bei  Scum. 
2,170;  herren  und  heiligen  gehen  über  alles  (d.  h.  fiscus  und 
fromme  Stifter  haben  den  Vorzug  bei  schuld fordcrungen).  Fistohius 
thes.  par.  10,  29 ;  arme  leute  machen  reiche  heilige,  unselige 
leute  machen  die  heiligen  reich.  Simrock  sprichw.  238 ;  des 
heiligen  rechnung,  rationes  redituum  ecclcsiae  Stieler  887;  in 
anderer  fiigung  auch  heilige  guter,  bona  ecclesiaslica.  das.;  hei- 
lige kuxe,  s.  unter  hciligenkux.  —  Mundartlich  (in  Franken) 
ist  für  heilige  die  nasalierte  form  heiling  üblich:  der  heiling, 
sacrum  aerarium  Serz  65*. 

d)  heilige  endlich  sind  bilder  der  heiligen,  namentlich  jene 
kleinen  gezeichneten  oder  gedruckten  bilder,  die  das  volk  an  Wall- 
fahrtsorten bekommt,  vergl.  Scum.  1,1078  Frommatm;  in  Tirol 
der  hailing,  bildnis  eines  heiligen  Fromm.  5,  446 ;  Martin,  warte! 
(zieht  ein  gebetbuch  hervor  und  gibt  dem  hüben  einen  hei- 
ligen). GüTHE  8,18;  aber  auch  das  geschnitzte  oder  sleingehaume 
slatidbild  : 

auf  der  Bidassoabrücke 

steht  ein  heiiger  allergrau.     Uhland  gcd.  289. 

die  ursj)rüngliclic  bedeulung  verflacht  sich  schon  früh  zu  der  bildnis, 
bildchen  überhaupt,  wobei  an  darstellung  aus  der  geschichle  der 
heiligen  niclU  viehr  gedacht  wird:  rocke  oder  schapperone,  gür- 
telc  oder  messere,  büechclln  oder  heilgelin  oder  des  gelich  . . 
das  jufige  Hute  gerne  h/int.  Nie.  v.  Basel  ed.  Schmidt  s.  70; 
ist  etwan  ain  thoreter  hailglin  oder  sunst  etwas,  wenn  man 
dirs  niinpt,  so  kan  dich  niemant  getrosten.  Keisersberg  geistl, 
Spinnerin  (1511)  o  l';  nd.  billigen  bilder  in  den  büchcrn  Hichey  95 ; 
in  Schwaben  helgle,  illuminiertes  bildchen  in  holz  geschnitten  oder 
in  kupfer  gestochen,  würtcmbergisch  plur.  holgen  Schmiü  271; 
Schweiz,  der  beigen  kupferslich,  gemäldc  überhaupt  Stalder  2,36, 
in  Appenzell  helgeli  Todler  201";  cinsidlcr.  weist  du  nichts  von 
unserm  herrn  gott?  Simpl.  ja,  er  ist  daheim  an  unsrer  stubcn- 
thür  gestanden  auf  dem  helgen.  mein  meüder  hat  ihn  von 
der  kürbe  mitgebracht  und  hingckleibt.  Sim;*/.  1,31  Kurz;  ver- 
traute er  ihnen  anfangs  nur  schlechte,  alsdann  immer  bessere 
kupferstiche  und  helgen  an,  um  damit  einen  kleinen  haiidcl 
zu  treiben.  Heuel  2  (1853)  85. 

In  Uaiern  heiszl  seinen  heiligen  kriegen  ausgescholten  werden, 
einen  verweis  (einen  'denkzeltcl')  bekommen.  Schm.  2,170. 

c)  wie  es  böse  cngel  qibt,  so  auch  heilige  des  teufeis:  eitel 
inerterer  und  heiligen  des  teufcis  in  der  helle.  Luther  0,22*. 

4)  heilig  find  die  statten,  zeiten,  gegenstände,  vernchtnngen, 
ili\amthcd  des  chrutlic/icn  cullus ,  in  der  altteslamcntlicben  bibrl- 
sjirache  auch  des  jüdischen ,  so  wie  religiöse  lehren ,  glaube :  daj 
diu  heiliga  hfis  wundcriih  ist  in  rchte.  INotkkr  pi.ci  (llaltemer 
2,217');  beiligA  sunnAntagA  inli  heiliga  inissa  inti  thcn  hci- 
ligoii  wij7,od  ni  erita ,  so  ih  mit  rehlu  scolta.  MCllenh.  «. 
S<:iiehk»  is.t,  II;  einem  heiligen,  des  lac  man  hiute  begftl  in 
der  lirjligen  kristcnheit.  d.  mysl.  2, 2ü5, 1 ;  ob  du  alle  die 
heilige  geschrifl  niht  ergründen  inaht.  354,2; 

de*  beiliren  kriuzei  krafl 

prüet«  dich  mit  freuilen  »Igoh.-in 

au  mentchllcbcr  »xlckclt.    (/.  Gvrh.  2787; 


der  siebende  tag  aber  ist  der  grosze  heilige  sabbalh.  3  Mos. 
23,  3 ;  hallet  meinen  sabbath,  denn  er  sol  euch  heilig  sein. 
2  Mos.  31,14;  den  siebenden  tag  aber  soit  ir  heilig  halten. 
35,  2;  da  werdet  ir  singen,  wie  zu  nacht  eines  heiligen  festes. 
Jcs.  30,  29 ;  wenn  er  in  das  heilige  (des  tempel!)  gehet.  2  Mos. 
28,29;  für  dem  furhang  im  heiligen.  3  Mos.  4,6;  Christus 
ist  nicht  eingegangen  in  das  heilige,  so  mit  henden  gemacht 
ist.  Uebr.  9,  24 ;  der  hcrr  ist  in  seinem  heiligen  tempel.  ps. 
11,4;  das  gebe  ich  zum  heiligen  hause  goltes.  l  c/iron.  30, 4 ; 
du  soll  aber  nemen  den  widder  der  füllung,  und  sein  fleisch 
an  eim  heiligen  ort  kochen.  2  il/os.  29,  31 ;  das  sie  mich  leiten 
und  brengcn  zu  deinem  heiligen  berg.  ps.  43,  3;  gen  Jerusalem 
in  die  heilige  stad.  iVe/».  U,  1;  der  herr  wird  Juda  erben  für 
sein  thcil  in  dem  heiligen  lande.  Süc/iarja  2, 12 ;  er  (der  lu:rr) 
sprach,  trit  nicht  herzu,  zeuch  deine  schuh  aus  von  deinen 
füszen,  denn  der  ort,  da  du  aufstehest,  ist  ein  heilig  land. 
2  Mos.  3,  5  ;  soll  Aaron  deinem  bruder  heilige  kleider  machen. 
28,2;  die  heilige  krön  an  den  hut  (des  priesters).  29,6;  mache 
ein  heiliges  salböle.  30,25;  des  heiligen  wassers  nemen  in 
ein  erden  gefesz.  4  3/os.  5, 17;  betet  den  herrn  an  in  heiligem 
schmuck,  i  chron.  17,29;  das  man  ...  die  heiligen  gefesz 
gottes  ins  haus  bringe.  23,19;  ein  schön  weih,  das  from 
bleibt ,  ist  wie  die  helle  lampen  auf  dem  heiligen  leuchter. 
Sir.  26,22;  wir  wissen  das  recht  ist,  und  haben  die  heilige 
Schrift  für  uns.  Jer.  8,  8 ;  ich  wil  nu  preisen  des  herrn  werk, 
aus  der  heiligen  schrift.  Sir.  42,15;  weil  du  von  kind  auf 
die  heilige  schrift  weiszest.  2  Tim.  3,15;  wer  heilige  lehre 
heiliglich  behelt.  wcish.  6, 11 ;  gedenket  an  Mosen  . .  der  nicht 
mit  dem  schwert,  sondern  mit  heiligem  gebet  den  Amalech 
schlttge.  Judith  4, 12 ;  das  heilige  lestern.  spr.  Sal.  20, 25 ;  heilige 
ding,  gegenstände  und  handlungen  des  cuUus :  heilige  ding  thun, 
machen  oder  wurken ,  sancüßcare ,  sacrificare.  voc.  ine.  theul. 
i  3' ;  heilige  ding  verkaufen ,  simonisare.  das. ;  der  verstand 
leret  was  heilig  ist  (Variante  verstand  ist  erkentnis  heiliger 
dinge),  spr.  Sal.  9,10;  das  heilig  evangelium.  Keisersuerc 
postill  (1522)  1,25';  heilig  zyt  und  tag  die  gefallen  seind  in 
diszer  künftigen  wochen.  2,112";  heilig  olung,  sacra  unäio, 
est  umcm  de  seplcm  sacramentis.  voc.  ine.  theut.  i'i*;  sacrarium, 
sacramenthusziin  /.  heiliger  schrin  Dief.  50o';  das  heilige 
abendmahl;  die  heilige  taufe;  der  heilige  glaube  der  Christen; 
die  heilige  christliche  iirche;  die  heilige  geschichle;  obgleich 
die  epische  poesie  des  mittclalters  in  heilige  und  profane 
geschieden  war.  IL  Heine  6,23;  der  heilige  kusz,  das  heilige 
liebeszeichen ;  grüszet  euch  unternander  mit  dem  heiligen 
kus.  1  Cor.  16,20;  der  heilige  brunnen,  Weihwasser;  es  ist., 
kein  brunn  so  heilig  oder  gesalzen ,  wenn  auch  die  oster- 
kerzen  darinn  gestanden  und  alles  heillhumb  darinn  gesenkt 
were,  und  wenn  es  der  bapsl  selbst  am  guten  frcilag  geölel 
und  gemachet  bette,  das  uns  von  sündcn  rein  machen  ... 
könne.  MATUES.Sar.l2o';  der  heilige  abend,  der  abend,  dann 
auch  der  ganze  tag  vor  einem  hohen  kirchlichen  feste; 
die  hiiuptcr,  die  cristcnliait  regiern, 

und  die  den  liailgcn  glauben  .sultcii  zicrn. 

Uhland  votksl.  i'Ü, 

er  wolt  ziehen  zum  heiligen  grabe.    784; 

wol  würdig  ist  der  römschen  krön, 

dem  kumlit  on  znif'cl  inn  sin  handt 

die  lißilig  crd,  und  das  glul>to  landl. 

ItRANT  varrvii^'''    "''   '■  ' . 

icli  liab  ein  beiz,  der  ist  zerrissen, 

durchausz  gcschmirct  und  beschissen, 

dasz  er  sieht  wie  die  beilig  erd.     il.  (iA(  ii.s  .'>,  ^if>s>. 

die    lieilige    erde  ist  aber  auch  die  geueihte  erde  des  begrabnü- 
plalzes  : 

als  des  gerechten  sarg  mit  heiliger  erde  bedeckt  war. 
UULAMD  (jed.  II t; 
hciligs  holz.  0  das  du  trögest 
den  der  dich  und  alles  triigt! 

LOUENSTBIN  (jciilt.  ijed.  s.  139; 
ein  beiligii«  gebet,  d^  nach  dem  geiz  nicht  scbincckel. 
sticht  liunderl  ochsen  aus.  Hacukl  su(.  <lfl77)  41, 

or  lus  in  der  poslillo, 
sie  snsz  um  ii.ilicr.ihm. 
diinij  /('L'c  II  iliru  wongcn 
de  Hirnen  blick 

villi  i'poltcr 

dr  IIS  zurück.    Holt»  12  llnlm; 

Jaiicliii,  liiinmel,  dio  ihr  ihn  erfuhrt, 
den  tog  der  liolliggion  geburk     Gkllirt  },  166; 
liiüz  diilnoii  weg  mich  wieder  Trendig  wnllun," 
und  Itiliro  Hiich  dein  heilig  reiht.      Isi^ 
war   vom  hohen  werilir  der  lieiliccii  «rlirifteii  durchdrungen. 

GOTUB  40,  237  i 


833 


HEILIG 


HEILIG 


834 


wahrlich  unsere  zeit  vergleicht  sich  dea  seltensten  Zeiten, 
die  die  geschichte  bemerkt,  die  heilige  wie  die  gemeine. 

2S7; 
langst  hätt  ich  diesen  hof 
verlassen,  diese  weh  verlassen,  halte 
in  hejigen  mauern  mich  begraben. 

ScHlLLE«  Carlos  2,  S; 
und  vor  dem  dorf,  wo  ich  geboren,  steht 
ein  uralt  muttergoltesbild,  .  . . 
und  eine  heiige  eiche  steht  dameben, 
durch  vieler  wunder  segenskrafl  berühmt,    jungfr.  1, 10; 
als  bräche  sie  {die  hand)  in  eines  tempels  heiigen  bau.    2,  S; 
die  slirne  meines  herren  ist  noch  nicht 
gekrönt,  das  heiige  öl  hat  seine  scheitet 
noch  nicht  benetzt.  3,  4; 

o  ^ebenedeites, 
beiliges  getön, 
wenn  des  grabgeläutes 
dumpfe  halle  wehn.'     Voss  5,230; 
als  kaiser  Rothbart  lobesam 

zum  heiigen  land  gezogen  kam.      Uhukd  ged.  32S: 
und  der  ritter  kniet  betend 
vor  dem  heiligen  altar.    2öb; 
auf  Galiciens  Telsenstrande 
ragt  ein  heiiger  gnadenort.    2S6. 

das  zeichen  des  heiligen  kreazes  machen ; 

und  als  sie  mit  beiligem  kreuz  sich  versehn : 

'goti  helfe  mir  gnädiglicb,  amen!' 

da  wagte  sies  zitternd  zum  stalle  zu  gebn.     BEReE«  63*. 

der  heilige  sagen : 

wurd  uns  [Christuf]  seinen  balligen  segen  geben. 

Schade  sal.  u.  pasqu.  2, 186, 374. 
es  ist  auch  die  formet  des  exorcismus: 

die  fraw  fing  an  den  beilling  segen 
und  sprach  dw  pös  gespenst  albegen 
hast  an  der  pinztag  nacht  dein  räum. 

Berliner  meislerl.  hdschr.  f.  73,  wo.  211. 
das  heilige  amt,  die  inqirisition  : 

gleich  einem  ketxer  vor  dem  beiigen  amt. 

SCHOXER  Curtos  2,  5; 
heilige  bände,  eheliche  {nach  dem  sacramenl  der  ehe): 

beschlossen  sie,  die  theuern  sprösziinge 
dereinst  durch  heiige  bände  zu  verknüpfen. 
Uaiji?iD  ged.  172. 

heilige  zeit  hiesz  auch  die  zeit  einer  kirchliehen  Jubelfeier,  in  der 
ablasi  gespendet  ward;  da  eine  solche  nur  in  langen  und  unge- 
tcissen  Zwischenräumen  vorkam,  so  dient  die  formet  zur  hezäch- 
nung  eines  langen  und  ungerrissen  zeitabschnilles :  der.,  darum 
auch  nicht  creditactien  zu  kaufen  braucht,  die  alle  heilige 
zeit  einmal  eine  kleine  dividende  zahlen  können.  Haltische 
Zeitung  no.  19  von  1S6S. 

5)  wenn  bisher  heilig  nur  in  bezug  auf  solche  personen,  gegen- 
stände und  Zeiten  stand,  die  in  directer  beziehung  zu  den  heil 
spendenden  gnadenmitteln  der  Kirche  sind,  so  wird  das  adjeciiv 
Vielfach  auch  freier  gebraucht,  es  gehl  zunächst  auf  personen, 
die  sich  in  denken  und  Ihun  den  Vorschriften  der  religion  streng 
unterordnen,  von  sünde  frei  und  in  folge  desseti  verehntngswürdig 
sind,  sowie  deren  leben  und  wirken :  heiliger,  fromer,  redlicher 
mann,  n>  sanciissimus  Maaler  216*;  heilig,  andechtig  und 
gollich,  t'o<irus,  devolus  voc.  ine.  theut.  i3';  heilig  heiszt,  das 
abgesondert,  goU  zugeeigent  ist,  das  niemand  angreifen  und 
bellecken  sol,  sondern  in  ehren  halten  sol.  Lcther  1,4S9'; 
das  wörtlin  heilig,  heiszt  das  goltes  eigen  ist  und  im  allein 
gebürt,  das  wir  auf  deudsch  heiszen  geweihet,  also  sagt  nu 
Petrus,  ir  habt  euch  nu  got  zu  eigen  geben,  darumb  sehet 
zu,  das  ir  euch  nicht  lasset  widerumb  fiiren  in  die  weltliche 
lüste  .  .  so  seid  ir  heilig,  wie  er  heilig  ist.  2,  33l';  sie  {die 
söhne  Aarons)  sollen  irem  got  heilig  sein.  3  Mos.  21,6;  darumb 
soitu  in  (den  priester)  heilig  halten,  v.  S ;  das  du  dem  herrn 
deinem  gott  ein  heilig  volk  seiest.  5  Mos.  26, 19 ;  darumb  soll 
ir  euch  heiligen,  das  ir  heilig  seid,  denn  ich  bin  heilig, 
und  solt  nicht  ewer  seelen  verunreinigen.  3  3fos.  11,  44;  hei- 
liget euch  und  seid  heilig,  denn  ich  bin  der  herr  ewr  gotf. 
20, 7 ;  der  tod  seiner  heiligen  ist  werd  gehalten ,  für  dem 
herrn.  ps.  116,15;  bitte  für  uns  zum  herrn,  .denn  du  bist  ein 
heilig,  gottfürchlig  weih.  Judith  8,24;  wo  man  aber  die  gebot 
hell,  da  ist  ein  heilig  lebeii  gewis,  wer  aber  ein  heilig  leben 
füret,  der  ist  gott  nahe,  weish.  6, 19.  20;  Herodes  aber  furchte 
Jobannem,  denn  er  wüste,  das  er  ein  fromer  und  heiliger 
man  war.  iVarc.  6,20;  ein  bischof  sol  untaddelich  sein,  .. 
gastfrei,  gütig,  züchtig,  gerecht,  heilig,  keusch.  TU.i,S;  das 
ungläubige  weib  wird  geheiliget  durch  den  man,  sonst  weren 
ewre  kinder  unrein,  nu  aber  sind  sie  heilig,  i  Cor.  7, 14 ;  das 
IV.  u. 


die  menner  beten  an  allen  orten,  und  aufheben  heilige  hende, 
on  zorn  und  zweivel.  l7'jm.2,  8;  in  einem  bilde:  ist  der  an- 
bruch  heilig,  so  ist  auch  der  leig  heilig,  und  su  die  tvurzel 
heilig  ist,  so  sind  auch  die  zweige  heilig.  Rom.  11,16;  herr 
gott  himlischer  vater,  der  du  heiligen  mut,  guten  raht,  und 
rechte  werk  schaffest.  Luther  S,366";  wir  sollen  ihn  {den 
Sonntag)  heiligen,  das  ist,  mit  heiligen  gedanken.  mit  heiligen 
Worten,  mit  heiligen  werken  sollen  wir  nicht  nur  den  sontags 
morgen,  sondern  den  ganzen  sontag  zubringen.  Schcppics  191 ; 
ein  heiliger  pilger.  Seche  Spaziergang  2, 4S ;  die  heiligsten, 
gelehrtesten,  erfahrensten  männer  aller  zeiten.  Gütbe  16, 294. 
sprichwörtlich :  heilig  leut ,  heilige  werk.  Acr.  sprich«.  (1560) 
310*;  es  sind  nicht  alle  heilige,  die  in  aller  heiligen  kirchen 
gehen.  Simrock  sprichw.  23S; 

dar  gegen  fyndt  man  narren  dick 

die  zu  all  sächen  hand  vil  glück 

und  in  irn  Sünden  sindt  so  frr, 

ab  ob  ir  werk  ganz  beilig  sy.'  Brant  narrens<A.  57,78; 

lieb  ihn  (goti)  weil  du  ihn  ehren  must, 

und  lasz  dich  nicht  gewalt  noch  lust 

von  diesem  heiigen  vorsatz  trennen.    Casiz  ged.  13; 

und  dasz  nun  solch  begehren 
als  heilig  und  gerecht  der  himmel  mag  erhören. 

RACHEt'^sa/.  (1677)  4ö; 
bet  oft;  durchschau  mit  beilgem  muthe 
die  herzliche  barmberzigkeit  (Christi).    Gklleri  2,  100; 
dort  werd  ich,  heilig  und  verklärt, 
der  tugend  ganzen  wertb  empfinden.    229; 
ein  herz,  das  nur  das  gute  liebt, 
und  rein  und  heilig  ist.      L'z  1,  295; 

heilige  einfalt !  dieser  nach  einem  warte  von  Busz  gebUdele  aus- 
ruf  wird  auch  frei  verwendet:  Juliane  dagegen  Ist  die  liebe, 
heilige  einfalt.  Lessing  1,395; 

verzeihe,  heiiger  mann  [anrede  an  einen  lilausner). 
WiKLAKD  IS,  S4; 

wer  bist  du,  heilig  wunderbares  mädcben? 

Schiller  Jungfrau  1,  10; 
das  heiige  mädcben 
liebt  nicht  die  ruhe  eines  müszgen  hofs.    3,  3; 
sie  (Domingo)  sind  ein  beilger  mann.    Carlos  1,  1. 

tn  bezug  auf  Ktopslock: 

wo  ein  beld  und  beiliger  starb,  wo  ein  dichter  gesungen. 

GüTBX  2,  140. 

lA  adverbialer  Stellung  heilig  leben,  heilig  wandeln : 

gib  nur  gnade,  gib  nur  segen, 
dasz  ich  noch  in  deinen  wegen 
heilig  wandle.  Schdppics  967. 

6)  heilig  heiszt  aber  dann  auch  der,  der  stcJi  nur  den  schein 
eines  heiligen  (5)  zu  geben  weisz:  Lucas  der  berühmte  maier 
zu  Witteberg  hat  .  .  .  pQegen  zu  sagen :  die  heilige  schälk 
seien  die  allerärgste.  Schcppics  144;  gefärbte,  sire  schein- 
heiligen, hypocritae  SiiELEK  887;  er  macht  eine  heilige  miene; 
das  ist  die  ganze  hexerei,  die  ihr  in  einen  heiligen  nebel 
verschleiert,  unsere  furchtsamkeit  zu  misbrauchen.  Schiller 
räuber  l,  l ; 

es  ist  am  tag.    er  wird  erhört,    sie  liebt! 

beim  himmel,  diese  heilige  empfindet!     Carlos  2,9. 

namentlich  auch  in  den  formetn  sich  heilig  machen,  heilig  thun: 
wan  die  für  uns  ruhmrähtig  sich 
selbs  beilig  machen,  schändend  dich. 

Weckherlin  14  (ps.  5,  7) ; 
er  mochte  noch  so  heilig  thun,  sah  man  den  sparren  doch  von 
vorne.    Gcmher  bei  Steiiihach  I,  723. 

vom  Volke  in  Sehwaben  werden  heilige  die  pielisten  genannt  (Schhid 
270),  tn  der  gegend  ton  Einbeck  de  bilgen  Wiedertäufer  Scham- 
bach  82*.  vgl.  die  composila  fleischheilig  |B.  Rixgwald  ecang. 
Evi*),  maulheilig  {Ir.  Eck.  Avii). 

7)  sehr  frei  stetil  heilig,  trenn  «  ron  verehrten  welüiclten  per- 
sonen, oder  scherzhafter  weise  gar  von  personificationen  gebraucht 
wird:  beim  heiligen  Milz.  Garg.  158'; 

ein  ouwer  hellig  heiszt  Grobian, 

den  will  yetz  fyren  yederman.     Brast  narrensch.  72, 1; 

will  in  hadern  und  in  schenken 

heiiger  Hafis  dein  gedenken.    Götbs  5,  4. 

es  gehl  auch  auf  heidnische  gottheilen: 

eine  götiin  erblickt  er,  vor  allen  die  herrlichste  schöne, 
Venus  Urania  wars,  und  er  entbrannte  für  sie. 

achl  die  heilige  selbst,  sie  widerstand  nicht  dem  werben, 
und  der  verwegene  hielt  fest  sie  im  arme  bestrickt.    2,  139; 

sowie  auf  statten  und  gerate  des  heidnischen  cultus:  heilig  ge- 
büsch,  lucus  Stieler  112; 

53 


835 


HEILIG 


HEILIG 


836 


0  Venus  Urania !  bracht  icli  nur  dir  .  .  . 

im  hain,  am  ufer,  auf  höhen,  auf  wiesen, 

wo  nur  ein  heiiger  stein,  wo  nur  ein  rasen  war, 

das  erste  weihrauchopfer  dar.  Raiiler  2,  21; 

wie  fiber  dem  furchtbaren  Rhein  in  den  heiligen  wäldern 

wiithe  die  flamme  des  gerechten  zorns.         Klopstock  S,  111; 

in  eure  schalten,  rege  wipfel 
des  alten,  heiigen,  dichtbelaubten  haines.     Göthe  9,3; 
so  hält  mich  Thoas  hier,  ein  edler  mann, 
in  ernsten,  heiigen  sklavenbanden  fest.    s.  4; 
wie  von  honig  schwärmts  und  von  most  ringsum, 
und  von  heiligem  rankengewimmel!    Voss  5,86  ((iilhyrambus). 

S)  auch  in  bezug  auf  dinge  wird  heilig  frei  gchrauchl,  es  sind 
solche,  die  audi  ohne  näheren  bezug  auf  den  christlichen  cuUus 
uns  verehrungswürdig,  unverlelzlich  sind: 

was  ist  heilig?  das  isls,  was  viele  seelen  zusammen 

bindet;  band  es  auch  nur  leicht,  wie  die  binse  den  kränz, 
was  ist  das  heiligste?  das  was  heut  und  ewig  die  geister 
tiefer  und  tiefer  gefühlt,  immer  nur  einiger  macht. 
GöTHK  1,  403; 
all  ist  die  bezeichnung  das  heilige  römische  reich ,    dem  schon 
riimischen  sacrum  iniperiuni  roinanum  nachgebildet;  unser  und 
desz    heiligen    reichs    underlhanen.     Friedrichs  III  reform,  zu 
Frankfurt  von  1442,  eingang; 

das  liebe  heiige  römsche  reich, 

wie  hälis  nur  noch  zusammen?    Göthe  12,  144; 

mit  bezug  hierauf : 

zu  Aachen  in  seiner  kaiserpracht, 

im  alterthümlichen  saale, 

sasz  könig  Rudolphs  heilige  macht. 

Schiller  grof  v.  Habsburg; 
übertragen : 

es  ist  das  königthum,  das  nie  veraltet, 

das  heiige  reich  des  wahren,  guten,  schönen. 

ÜHLAND  geil.  121 ; 

die  heilige  allianz;  der  heilige  bund.  Beckers  weltgesch.  14,397  ; 
die  Seelen  derer,  die  ich  erdrosselte  im  (aumel  der  liebe, 
derer,  die  ich  zerschmellerle  im  heiligen  schlaf.  Schiller 
räuber  5,2;  die  heilige  natur; 

süsze  heilige  natur, 

lasz  mich  gehn  auf  deiner  spur.    Stolberg; 
der  edle  Jüngling  nahm  das  heiige  schwerl 
mit  nassem  aug  aus  seines  sterbenden 
pflegvaters  band.  Wieland  18,  32; 

doit  stand  der  alte  zecher, 
trank  letzte  lebensgluth, 
und  warf  den  heiigen  becher 
hinunter  in  die  Huth.    Göthe  12,  142; 
als  das  heilige  blatt  von  Maros  grabe  getrennt  ward  {ein  blatl 
vom  grabe  Virgils).    ausg.  v.  Hempel  3,204; 
dem  dunkeln  schoosz  der  heiigen  erde 
vertrauen  wir  der  bände  that.    Schiller  glocke  235; 
heiige  Ordnung,  segenreiche 
himraelstochter.  300; 

heilig  ist  die  Jugendzeit.    Uhland  ged.  11; 
doch  möcht  ich  eins  erringen 
in  diesem  heiigen  krieg.      70; 
lasz  du  mir  ungeschwächt 
der  Väter  fromme  sitte, 
des  bauses  heilig  recht!    95; 
zween  männer  ernst  und  sinnig, 
vereint  durch  hcilge  bände.     397. 

adverbial:  die  Jalousiefenster  streueten  gebrochne  lichter,  grüne 
zitternde  schalten  aus  und  es  dämmerte  heilig  wie  in  hainen 
um  tempel.  J.  Paul  TÜan  2,  211 ; 

sein  ehrlich  fromm  gesiebt,  sein  heilig  graues  haar. 
Gellert  I,  142; 
nach  solchen  opfern,  heilig  groszen, 
was  gälten  diese  lieder  dir?    Uiilamd  ged.  74. 

9)  oft  wird  heilig  in  dem  vorigen  sinne  in  bezug  auf  eigen- 
ychaften ,  gefühle  und  gesinnungen  gesetzt:  ein  heiliger  wille, 
d.  h.  ein  solcher,  der  keiner  dem  moralischen  gesetzc  wider- 
streitenden maximc  fähig  wäre.  Kant  4,133;  das  reine  silten- 
gcsetz,  welches  darum  selbst  heilig  heiszi.  das.;  der  wille, 
dessen  maximen  notliwendig  mit  den  gesetzen  der  aiiltmomie 
zusammenstimmen,  ist  ein  heiliger,  schlechterdings  guter  wille. 
f-'>;  o  siel  nocl»  immer  zauberin,  heilige  bcweglichkrit,  iin- 
aufhOrlicher  wirbel  aller  reize I  Lenz  1,24t;  endlich  sprang 
«ie  wie  begeistert  auf  und  rief  mit  heiliger  freude:  ja,  sie 
bat  mir  vergehen!  Göthb  17,408;  und  dorh  empfand  ich 
eine  gewisse  heilige  scheu.  E.  T.  A.  HorraANN  8,35;  noch 
heute  fühle  ich  den  heiligen  schauer,  der  durch  meine  seele 
zog,  wenn  ich  vor  seinem  (SdilegrU)  kolbedcr  stand  und  ihn 


sprechen  hörte.  H.Heine  werke  6,128;  heilige  gefühle  {der 
liebe).  Gott  er  l,  253; 

geuszt  ein  engel  heiliges  entzücken 
durch  mein  zitterndes  gebein?    Höltt  159  Halm; 
von  seines  auges  mildem  blick  entbrennet 
ein  heilig  feuer,  das  uns  nie  entweicht.    Göthe  13,257; 
gieb  dasz  ich  mich  an  herz  und  sinn 
zum  heiligen  bekehre.         Borger  103'; 
doch  was  der  frauen  mund  betheuert, 
ist  mir  zu  glauben  heiige  pflicbt.     Umland  ijihI.  64. 

in  den  formein  heilig  sein,  heilig  halten:  eine  sache  heilig 
halten,  summa  religionc  aliquid  colerc  Steinbach  1,723; 

ich  schwöre  bei  dem  glänz,  mit  dem  du  bist  umgeben, 

dein  an^edenken  soll  in  mir  so  lange  leben, 

und  gleichsam  heilig  sein,  bisz  rtasz  ich  folgen  darf. 

Caniz  gedickte  (1727)  s.  1S3; 
(eine  frau  die)  nicht  stunden,  die  der  küche  heilig  sind, 
im  sopha  beim  roman  verträumt.  Gotter  1,254; 

sei  mir  heilig,  o  Hur,  wo  Michaelis  schläft, 

von  den  edlen  beklagt.  Höltt  57  llulm; 

er,  der  gesetze  heilig  hielt, 

und  ihren  strafen  nicht  entrann, 

auch  wenn  die  strafen  ungerecht.    Ra,>iler  2,  40; 

Jugend,  frübling,  festpokal, 

mädchen  in  der  holden  biüthe, 

beilig  sein  sie  allzumahl 

unsrem  ernsteren  gemüthe  I     Uuland  ged.  12; 

beilig  achten  wir  die  geister, 

aber  uaraen  sind  uns  dunst.     40. 

10)  der  sinn  von  heilig  =  unvcilclzlich  tritt  vorziiglich  dann 
hervor,  wenn  das  adjcctiv  in  bezug  auf  ein  versprechen ,  einen 
schwur  steht,  wobei  man  allerdings  von  der  religiiiscn  Vorstellung 
betreffs  der  unvcrbriichlichkeil  eines  beim  heiligen  namen  geleisteten 
eides  ausgehl: 

aber  ich  sage  dir  an  und  mit  heiligem  eide  beschwör  ichs. 

Itias  t,223; 

ein  heiliges  versprechen;  mein  wort  ist  mir  heilig;  der  letzte 
wille  des  verstorbenen  soll  uns  heilig  sein;  adverbial:  die 
heilige  Jungfrau  ist  bekanntlich  die  vorzüglichste  patronin 
der  Messinesen,  und  du  kannst  nicht  glauben,  wie  fest  und 
heilig  sie  noch  auf  ihren  schulzbrief  halten.  Seüjje  s-paziergang 
2,  37 ;  sie  verspricht  heilig,  um  neun  ulir  zu  hause  zu  sein. 
Göthe  23, 135; 

und  wie  sie  (die  verliebten)  .  .  . 

sich  täglich  heiliger  verbanden, 

je  mehr  sie  Schwierigkeiten  sahn.    Gotter  I,  43; 

genug,  ich  bin  dir  heilig  dafür  gut.    Gökimgk  2,200. 

fernei-  in  bezug  auf  einen  schütz,  schirm,  Schonung :  es  ist  dein 
vater!  er  hat  dir  das  leben  gegeben,  du  bist  sein  fleisch, 
sein  blut  —  also  sei  er  dir  heilig!  Schiller  rduber  1,1; 

ich  sibe  ein  obe;  hangen, 

ej  habe  här  ode  horste, 

in  einem  heiligen  vorste 

zc  Düringcn  noch  ze  Sahsen 

enkunde  niht  gewahsen 

bejjer  obej  üf  rise.      Iteinh.  fiiclis  s.  302; 

meister  rührt  sich  und  geselle 

in  der  freiheit  hcilgem  schütz.      Schiller  i.il'x'ke  315; 

nichts  heiliges  ist  mehr,  es  lösen 

sich  alle  bände  frommer  scheu.    370; 
nicht  Unschuld,  nicht  der  klösterliche  Schleier, 
nichts  heiliges  ist  meiner  wilden  gier, 
die  trotzig  alle  schranken  übtrspringt.    Mncbrili  4,6, 

der  deutsche  ehrt  zu  allen  Zeiten 

der  forsten  heiligen  beruf.     I^hland  i/ed.  83. 

11)  deni  gebrauche  von  heilig  in  bezug  auf  schwur  und  ver- 
sfn-cchen  scläieszt  sich  der  folgende  an,  in  dem  sinne  von  unver- 
brüchlich, gewLi:  mit  der  bitte  völliger  heiliger  Verschwiegen- 
heit meines  namens.  Herder  brief  vom  <<.  od.  177t  (Wcinhuld 
Buie  ."!.  tSO);  adverbial:  da  lies  ein  bl.'illgen  und  sende  inirs 
heilig  wieder!  Göthe  an  Kestwr  'i\.  uov.  1774  [GOlhe  n.  Werther 
232)  ;  und  kurz  und  gut,  madam,  verlieren  sie  keine  worle. 
Wilhclminc  heuratet  lieilig  keinen  cdclmann ,  s<i  lange  Rrav 
lebt.  Nenke  hieben  l'.ninthal  (17S4)  .<.  23; 

diis  Rchäkernde  mädrhcn,  doi  liebend  mich  neckt. 

hat  «irhcr  und  heilig  darin  (in  der  lanne)  sich  veri<tockl. 

LA;«r,BKiM  fchiFdnke,  klitrctirn. 

volkiniilsifg  in  llaiern  hailig ,  höchst  wahrscheinlich,  gewis :  des 
gscliihht  hAli,  das  wird  gewis  geschehen;  des  is  hAli  drlogen, 
das  ist  gewis  erlogen ,  hAli  und  gewis,  so  hili  als  betet,  so  h.Ali 
»Is  amen,  ganz  gewis,  unfehlbar.  Sch«.  2, 169.  im  Fuldaitchen 
l.^t    hellig  vcrslitrkend  geworden :   heilig  schön ,   ganz  besondert, 


837 


HEILIG— HEILIGEN 


HEU.IGEN 


838 


ausgezeichnet  schön.  Vilmar  163,  ebenso  heiig  in  der  düringisch- 
hennebergischen  mundart.  Fromm.  6,515,8;  in  ähnlichem  sinne: 
dasz  gott  der  herr  unterweilens  seine  heilige  Ursachen  habe, 
warumb  er  einem  frommen  weih  einen  bösen  mann,  und  einem 
bösen  mann  ein  frommes  weib  gebe,  gott  henge  gemeiniglich 
den  knüppel  bei  dem  hund.  Schüppius  147. 

12)  heilig  bei  benennung  von  knocken,  thieren,  pflanzen,  krank- 
heiten. 

a)  das  heilige  bein,  os  sacnm,  kreuzbein,  ein  Iheil  des  mensch- 
lichen beckens.  Nemxich  4, 1193. 

6)  heiliger  fisch,  labrus  anthias,  aus  der  gallung  der  Upppsche. 

c)  heilig  heu,  medicago  sativa,  die  lueerne;  ferner  hedysarum 
onobrychis,  esparselle,  und  viscum  album,  mistel. 

d)  heilige  pflanze,  santolina  chamae-cyparissvs,  cypressenkrcuit. 

e)  des  heiligen  geistes  wurzel,  angelica  archangelica,  engelwurz. 

f)  heilig  holz ,  Franzosenholz,  engl,  holy  wood,  franz.  bois 
Saint:  das  heilig  holz,  lignum  sanctum ,  ein  americanisches 
holz,  welches  wegen  vieler  kraft  in  der  arznei  so  genannt 
wird.    Frisch  1,  436*. 

g)  das  heilige  ding,  das  heilige  gut,  ein  carbunkelgeschu-iir : 
carfunkel  oder  bletterlin ,  ist  die  schöne,  schon  röte,  das 
heilig  ding,  sonst  heilig  gut,  freiszgut ,  wildfeuwer,  pruna, 
ignis  persicus  und  ärd'^a^  genandt.  entstehet  vom  groben 
geblüt  und  verderbten  humore.  Thcrseiszer  magna  alchymia 
(1583)  2, 144.  in  Siederdeulschland  ist  das  heilige  ding  der  rot- 
lauf,  die  rose:  hillige  ding,  die  rose,  erysipelas.  Richey  95; 
das  heilige  ding  war  eine  volksthümliche  benennung  für  die 
rose.  Rosenkranz  in  Prulz'  museum  1851,  heß  13,  s.  9,  vo  auch 
ein  Spruch  die  rose  zu  bannen,  milgelheill  wird: 

mutter  Maria  und  hillige  ding 
stritten  sich  um  en  golden  ring, 
mutter  .Maria  gewand, 
dat  hilge  ding  verschwand. 

im  Gotlingischen  dient  dafür  die  bezeichnung  det  hilge  wark, 
det  hilge  fiier,  oder  det  hilge  schlechthin.  Schambach  S2";  auch 
bei  Stieler  das  heilige  feuer,  erysipelas,  morbus  887.  die 
Eibschiffer  dagegen  nennen  dat  hillige  füer  'ein  bekanntes  an- 
zeirhen  von  Veränderung  der  luft  nach  ungewitter' .  Schütze  2, 138. 
HEILIG,  n.  der  lobgesang  sancltis,  nach  der  steUe  Jes.  6,3: 
man  singt  das  heilig; 

da  werd  ich  zu  dem  throne  dringen, 

wo  gott,  mein  heil,  sich  offenbart; 

ein  heilig,  heilig,  heilig  singen 

dem  lamme,  das  erwürget  ward.    Gkllert  2,  229. 

HEILIGBAR,  adj.  das  heilige  in  sich  tragend:  wie  dann  auch 
der  mehr  ist,  der  do  heiliget,  dann  der  do  geheiliget  vvirt, 
so  ist  der  heiligbar  sabbat  mehr,  dann  ein  geheiligete  sele. 
Carlstad  vom  sabbat  ciiij*. 

HEILIGEN,  verb.  sacripcare,  consecrare,  ahd.  heilagön,  mhd. 
heiligen  ;  nach  verschiedenen  bedeulungen  des  adjectivs  beilig  enl- 
uickelt. 

1)  heilig  halten,  als  heilig  verehren,  in  bezug  auf  die  gültlichen 
peisonen,  propitelen,  mdrlirer:  daselbs  (in  der  stißshülte)  wil  ich 
den  kindern  Israel  erkandt  und  geheiligt  werden  in  meiner 
herrligkeit.  2  Mos.  29,  43 ;  darumb,  das  ir  euch  an  mir  ver- 
sündigt habt  . .  das  ir  mich  nicht  heiligetet  unter  den  kin- 
dern Israel.  5  Mos.  32,  51 ;  (dasz)  gott  der  heilige  geheiliget 
werde  in  gerechtigkeit.  Jes.  5,16;  heiliget  aber  gott  den  herrn 
in  ewrem  herzen,  l  Petr.  3, 15.  in  bezug  auf  den  götllichen 
namen :  unser  vater  in  dem  himel.  dein  name  werde  gehei- 
liget. Matth.  6,  9 ; 

weit  über  unser  stammeln  weit 

i;eht  deines  namens  herrlichkeit! 

ihn  heilige,  von  lieb  entbrennt, 

wer  deinen  groszen  namen  kennt.     Klopstock  7,257; 

durch  Hieremiam  den  heiligelen.  Schade  sat.  u.pasqu.  3,28,27. 
auch  von  dem  canonisationsacle  der  kirche:  Luittoldus  bischoff 
zu  Augspurg,  der  pracht  zu  Rom  zu  wegen  von  dem  bapst, 
das  man  sant  Ulrich  hailiget.  d.  slädtechron.  4,298,7. 

2)  ebenso  in  bezug  auf  dinge  des  cultus  und  feste:  gedenke 
des  sabbaths  tags,  das  du  in  heiligest.  2  Mos.  20,  8 ;  das  sie 
kemen  und  hütten  der  thor,  zu  heiligen  den  sabbathtag. 
AV/i.  13,  22.  mhd.  und  uns  allen  geboten  bat,  daj  man  den 
ruowetac  heiligen  sol.  Er.  Bebthold  268,  38,  gegen :  du  soll 
dinen  ruowetac  heilig  machen.  268,1;  das  er  den  feiertag 
nicht  allein  gebeut  zu  halten ,  sondern  auch  heiligen,  oder 
heilig  achten.  Luther  1,244'; 

du  solt  heiigen  den  siebend  tag, 

das  du  und  dein  haus  rügen  mag.     8,  361». 


auch  in  bezug  auf  heidnische  feste:  heiliget  dem  Baal  das  fest. 
2  kön.  10,  20 ;  oder  auf  andere  dinge  des  heidnischen  cultus :  dise 
{schlangen)  heiligt  man  zu  Calicut  und  darf  yha  bei  leib  nie- 
mandt  leids  thun.  Frask  ueltb.  203". 

3)  in  bezug  auf  opfer  und  gaben  die  gott  dargebracht  verden, 
erlangt  heiligen  den  sinn  weihen ,  als  zeichen  der  Verehrung 
spenden :  heilige  mir  alle  erstgeburt.  2  Mos.  13,  2 ;  ich  hab 
das  geld  dem  herrn  geheiliget,  rictit.  17,3;  alle  hebopfer  die 
die  kinder  Israel  heiligen  dem  herrn.  4  Mos.  18, 19 ;  alles 
Silber  und  gold ,  sampt  dem  ehrnen  und  eisern  gerete  sol 
dem  herrn  geheiliget  sein,  das  {dasz  es)  zu  des  herrn  schätz 
kome.  Josua  6,19;  wenn  jemand  sein  haus  heiliget,  das 
{dasz  es)  dem  herrn  heilig  sei.  3  Mus.  17, 14.  Chrislus  wird  als 
Opfergabe  gedacht: 

ach,  unsere  kinder  tödten, 
den,  der  für  sie  sich  heiliget,  tödten  sie.     Klopstock  4,  157. 

eine  kirche  heiligen,  sie  zur  stalte  gottes  bestimmen  :  heiligen, 
sanclificare,  dedicare,  videlicet  ecclesiam.  voc.  ine.  Iheut.  i3';  ein 
bild  heiligen,  dedicare,  consecrare  simulacrum  Stieler  887;  sie 
haben  die  heidnischen  teinpel  dem  wahren  gott  geheiliget, 
templa  ethnicorum  deo  vero  dedicacerunl.  Steinbach  1,  724. 

4)  heiligen  von  personen  die  sich  g(4t  zu  eigen  geben  und  ihr 
denken  und  thun  nach  seinen  geselzen  regeln  {vergl.  heilig  5, 
sp.  833) ;  in  verschiedenen  beziehungen. 

a)  in  der  bibelsprache  heiligt  der  priester  das  volk ,  damit  es 
würdig  ein  göttliches  fest  begehe:  gehe  hin  zum  volk,  und  heilige 
sie  heute  und  morgen.  2  .Vos.  19,10;  stehe  auf  und  heilige 
das  volk,  und  sprich,  heiliget  euch  auf  morgen.  Josua  7,13; 
versamlet  das  volk,  heiliget  die  gemeine.  Joel  2,16.  ebenso 
reflexiv  sich  heiligen :  denn  ich  bin  der  herr  ewr  gott ,  da- 
rumb solt  ir  euch  heiligen,  das  ir  heilig  seid,  denn  ich  bin 
heilig.  3  .Vo5.  11,44;  also  heiligeten  sich  die  priester  und 
leviten.  l  chron.  16, 14. 

b)  anders  aber  ist  reflexives  heiligen  vüt  dem  dativ  der  person  : 
sich  gott  heiligen,  sich  ihm  ganz  zu  eigen  geben;  die  keuschen 
nonnen,  welche  sich  gott  dem  herrn  geheiliget,  sein  heilige 
gefäsze.  Butschky  Patmos  232;  ähnlich:  wenn  ihr  bei  belei- 
digungen  gottes  . .  eure  bände  aufhebet,  sie  zu  hindern,  so 
heiliget  ihr  eure  bände  gott.  Nicolai  Gökingks  leben  114  {aus 
einer  Jesuitenpredigt). 

c)  gott  heiligt  menschen,  erhebt  sie  atts  dem  zustande  der  Sünde: 
heilige  sie  in  deiner  Wahrheit.  Joh.  17, 17 ;  nach  dem  geist, 
der  da  heiliget.  Rom.  1,4;  der  gott  des  friedes  heilige  euch 
durch  und  durch,  l  Thess.  5,  23 ;  gottes  wort  ist  heilig  und 
heiliget  alles,  das  an  im  und  in  im  ist.  Lctuer  3,  ölt*,  ebenso 
der  glaube: 

der  glaube  heiligt  dich.    Gkllert  2,  173. 

daher  das  particip  geheiligt,  rän,  von  Sünden  frei: 

ein  herz,  von  eigeuliebe  fern,  .  .  . 

geheiligt  durch  die  furcht  des  herrn.    Gellert  2,  143 ; 

gott  vernahm  der  frommen  angst  gebeie, 

und  geheiligt  ging  sie  ein  zur  ruh.    Borger  100*; 

nichts  ist  verwerflich,  das  mit  danksagung  empfangen  wird, 
denn  es  wird  geheiliget  durch  das  wort  gottes  und  gebet. 
1  Tim.  4,  5. 

5)  heiligen  von  etwas ,  gehl  in  den  sinn  reinigen,  von  etwas 
befreien  über:  sol  mit  seinem  finger  vom  blut  drauf  (au/" der» 
dltar)  sprengen  sieben  mal ,  und  ihn  reinigen  und  heiligen 
von  der  unreinigkeit  der  kinder  Israel.  3  Mos.  16, 19. 

6)  abgesehen  von  diesen  der  bibelsprache  und  der  sich  ihr  an- 
schlieszenden  sprechart  angehörigen  bedeulungen  steht  heiligen, 
zunächst  mit  dem  aec.  des  objects  und  dat.  der  person,  in  freiem 
sinne  (nach  heilig  S)  in  bezug  auf  dinge  die  einen  würdigen  oder 
erhabenen  zweck  haben,  einer  guten  bestimmung  geweUit  werden: 
wolan,  ihr  edlen  Jünglinge  . .  diese  meine  bände,  diese  meine 
brüst,  dieses  mein  gemüth  hab  ich  euch  geheiliget,  ihr  möget 
mir  nun  folgen,  oder  zuvor  laufen.  Schuppics  851 ; 

er  heiligte,  bei  der  gescbäfte  meu^e, 

den  tag  dem  Staat  und  seinem  wem  die  nacht. 

Hacedor?!  3,  44 ; 
wie  meinst  du,  dasz  Canut  nun  von  mir  fodern  darf, 
die  pQlcht  zu  hintergehn,  der  ich  mich  unterwarf, 
und  aus  strarbarem  basz  für  UlTos  übelthaten, 
ihn,  dem  ich  meine  treu  geheiligt,  zu  verrathen? 

J.  E.  Schlegel  1,  227; 
vor  dem  herannabn,  und  dem  ausspruch  der  freien, 
die  sich  dem  tode  gelassener  heiligen,  entQiehn  sie ! 
Klopstock  1,  192; 
den  Jüngling,  der  sein  ganzes  leben 
dir  und  der  lächelnden  Weisheit  heiligt. 

F.  L.  Stolberg  I,  3. 

53* 


839 


HEILIGEX  —  HEIUOENEHRE 


IIEILIGENFEST  —  HEILIOENPFLEGER       840 


auch  ohne  dativ : 

»u(  dem  nahlplatz  heiligten  die  alinen 

ihrer  eichen  stolze  riesciipraclit.    Körner  1,  (>1. 

")' heiligen,  von  dingen,  die  durch  geßhl  und  anschauung  als 
erhaben,  rerehruiigswürdig  bezeichnet  u'crden :  die  durch  Cor- 
m-iile,  Racine  und  Voltaire  geheiligle  theorie.  Gotter  2,  v  ; 
ein  schreckliches  loos,  nur  darum  der  erste  (d.  h.  könig)  zu 
sein,  um  von  ..  der  prieslerwuth  ersonnene  verbrechen  zu 
heiligen.  Klinger  4,216;  Lavatern  besonders  konnte  man 
zum  rühme  nachsagen,  dasz  er  wirklich  höhere  zwecke  halte 
und,  wenn  er  weltklug  handelte,  wohl  glauben  durfte,  der 
zweck  heilige  die  mittel.  Güthe  26,296; 

er  {der  weise)  stirbt  getrost :  er  segnet  seine  Zeiten, 

imd  heiliget  sein  theil  der  ewigiieiteii.    Hagedorn  1,  13; 
ach!  die  Treundin  hier  und  dort! 
deren  nam  uns  diesen  ort 
heiligt  und  verschönet!     Voss  5,202; 

du  willst  die  macht, 
die  ruhig,  sicher  thronende,  erschijttern, 
die  in  verjährt  geheiligtem  besitz, 
in  der  gewohnheit  festgegründet  ruht. 

Schiller  W'ullensteins  lod  1,4; 

weh  dem,  der  an  den  würdig  alten  hausrath 

ihm  rührt,  das  iheure  erbstück  seiner  ahnen) 

das  jähr  übt  eine  heiligende  kraft; 

was  grau  Tür  alter  ist,  das  ist  ihm  göttlich,    das.; 

ich  räche  eines  vaiers  blutgen  mord, 

die  fromme  sohnspdicht  heiligt  meine  wafTen.    Jungfrau  2,2; 

entfernt  sich  die  verehrte,  heiligt  er 

den  pfad,  den  leis  ihr  schöner  fusz  betrat.    Götiie  9,  108; 
nachahmend  heiliget  ein  ganzes  volk 
die  edle  ihat  der  herrscher  zum  gesetz.    93. 

in  bezug  auf  schulz  und  schirm  stehend  heiszl  heiligen  itnverletz- 
lich  machen  (s.  heilig  10,  sp.  836):  die  person  des  fürsten  ist 
geheiligt;  das  geheiligte  gastrecbt. 

HEILIGENÄMT,  n.  Verwaltung  des  kircbenvermögens  {vergl. 
heilig  3,  c  sp.  831):  eine  last  des  heiligen -ainpts.  baurenst. 
luslerpr.  59. 

HEILIGENBEERE,  f.:  vilis  alba,  heiligenberen,  eszelsrüben. 
Gersdorf  feldb.  d.  wundarzn.  105. 

HEILIGEN  BEUTEL,  m.  kiingelbeulel,  in  dem  die  spende  für  die 
kiiche  beim  gottesdienst  eingesammelt  wird:  welcher  den  heiligen- 
litiitel  in  der  kirchen   herum  trägt,  baurenst.  laslerpr.  59. 

HEILIGENBILD,  h..-  in  den  bänden  hielt  er  ein  papiernes 
heiligenbild.  H.  Heine  werke  2,93.     ein  mädchen  bezeichnend: 

da  schaut  ich  eine  schöne  maid, 
die  emsig  wusch  ein  weiszes  kleid. 
die  wänglein  süsz,  die  äuglein  mild, 
ein  blondgelocktes  heilgeiibild.     15,  22. 

HEILIGENBILDCHEN,  n.  dim.:  die  allgläubigen,  die  ortho- 
doxen ärgerten  sich,  dasz  in  dem  stamme  des  gioszen  bau- 
nies keine  nische  mit  einem  heiligenbildchen  befindlich  war. 
H.  Hei.ne  6,72;  ein  hübsches  heiligenbildciien  von  wachs. 
I,  309. 

HEILIGENBLENDE,  f.  blende  in  der  ein  heiligenbild  steht: 
heilgciiblenden,  wo  die  ganze  nacht 
Christus  braut  mit  ihren  Irommeii  sorgen 
zu  gebeten  und  gcüängen  wacht.      Borger  95'. 

HEILIGENDIEB,  m.  der  kirchenvermOgen  stiehlt  (s.  heilig  3,  c 
sp.  831) :  da  er  sich  doch  wohl  (6«  der  wähl  eines  heiliqen- 
pßegers)  auf  das  allerbeste  bedacht,  und  nicht  gemeinel,  dasz 
diesem  oder  jenem ,  so  ein  groszer  schelin ,  schinder  oder 
unheiliger  heiiigendicbe  in  denen  herzen  und  gedanken  stecken 
vNürde.  baurenst.  laslerpr.  57.     als  Scheltwort: 

ei  sag  du  mir  du  heilingdieb, 

was  darfst  frolocken  der  geschieht?    H. Sachs  5,222'. 

HEILIGENDIENST,  ni.  unbetung  und  Verehrung  der  heiligen: 
wenn  nur  der  misbrauch  der  heiligendiensl  und  abgiitlcrei 
Nf-rmiddcn  bliebe.  Luther  6,76';  ah  wa.s  wirstu  hie  zu  denken 
kriegen,  wie  viel  abgOtterei  du  hiewieder  geübt  hast,  mit  so 
viel  iir,!  imd  unzclichen  eigen  werken,  die  solcher 

Tlofturi,  ,1    hüben.   314*. 

HEIi^lwi.. ,1.1  .,-.]',  m.:  ganz  erfüllt  von  der  herrlichkcit 
de«t  dichlers  (liolhet)  gegenüber  seinen  von  erborgtem  heiligi-n- 
dun«ic  aufgeblasenen  anklagern  und  bemiiklern.  H.  Stieglitz 
iflbUbuiqr.   154 

HEILIGENEHHE,  f. :  de«  Zwingiis  geist  sonderlich,  der  viel 
mit  einmengcl  von  bilden,  fegfewer,  hciligcnchre,  Schlüssel, 
erbsünd,  und  wpij<  nicht  was  mehr  seiner  newen  tollen  leren. 
Llthla        I   -' 


HEILIGENFEST,  n. .•  die  drillen  feiertage  der  groszen 
kirchenfesle  und  einige  aus  der  katholischen  zeit  übrig  ge- 
bliebene heiligenfeste  wurden  aufgehoben.  Beckers  weligesch. 
11,119. 

HEILIGENFRESSER  ,  m.  spotlname  für  den  frümmler.  als 
der  die  heiligenbilder,  wenn  er  sie  veiehrcnd  küsst ,  vor  inbrunst 
gleiclisam  anhekzl  (vergl.  fressen  2,  theil  4',  133) :  gleichwol  seit 
ir.  frater  Jan,  nit  also,  ir  seit  kein  heiligen fresser,  kein 
hinimelsnister.  Garg.  240*;  wollen  sich  fromme  herzen  der 
well  nicht  gleich  steilen,  da  rufet  man  sie  für  simpel  und 
heiligenfresser,  für  Sonderling  und  sauerseher  aus.  Otho  673; 
konle  mich  nicht  gnugsam  verwundern  über  den  küchen- 
meister,  welcher  ein  groszer  heiligenfresser  sein  wolle,  und., 
fleiszig  in  der  bibel  läse.  Schupi'IUS  505;  es  sind,  wie  ich 
höre,  noch  einige  pfälTerchcn  auf  dem  lande,  welche  auch 
wollen  zu  naseweis  werden  :  denen  heiligenfressern  will  ich 
bei  instehender  Visitation  ein  gebisz  anlegen  oder  was  anders 
zu  käuen  für  geben,  inlerim  274. 

HEILIGENFRESSERIN,  f. :  zumal  sie  von  ihr  gehört  hatte, 
dasz  sie  eine  rechte  hciligenfresserin  wäre  und  täglichen  be- 
such von  geistlichen  hätte,  begebenheilen  derer  herren  ofßciers 
auf  Werbungen  (1741)  1,  79. 

HEILIGENFRESSERISCH,  adj.:  solche  gebrauche,  die  nicht 
jeder  heiligenfresserische  narr  verstehet,   interim  167. 

HEILIGENGABE,  f. :  für  Wörter,  die  aus  dem  latein-  oder 
griechischen  entlöhnt  und  dannenher  aigenllich  unteülsch 
sein,  hab  ich  bisweil  versuechl,  ganz-teülsche  zugebrauchen, 
da  ich  nämlich  schulen  und  kirchen  lähr-  und  bäl-häuszer 
nänn,  das  opfer  eine  hailgen-gab.  Rompler  v.  Löwenhalt  vor- 
rede X.  20. 

HEILIGENGELD,  n.  geld  was  einer  kirchlichen  Stiftung  zu- 
gehört: (der  Pfarrer  beabsichtigt)  das  gefallen  hailgengell  zu 
seiner  gelegenheit  zu  erheben  und  zu  erholen.  Zimm.  chron. 
2,480,32;  das  dem  planer  das  hailigengelt  nil  zustünde. 
481,  9. 

HEILIGENGESTALT,  f:  (damil  wir  ein  bild)  wie  heiligeu- 
gestaiten  in  der  leidenwoche  hinter  dem  Schleier  hängen 
sehen.  J.  Paul  Titan  t,  I35. 

HEILIGENGÖTZE,  m.  büd,  schnilzbild  eines  heiligen,  das  volk 
nennt  die  weiszpappcl,  aus  deren  holz  solche  gefertigt  werden, 
heiligengötzenholz.   Wagner  «.  Hebig  botan.  forsthandb.,  reghter7 

HEILIGENHAUS,  n.  haus,  behalter  einer  heiligen figur.  über- 
tragen: statt  des  vorigen  pianoforles  stand  ein  gläsernes  hei- 
ligenhaus der  tonmuse  du ,  eine  harmonika.  J.  Paul  Tüan 
2, 185.  in  der  form  belgenhaus  (s.  heilig  sp.  827):  die  auszen- 
deichgründe  mit  dem  helgenhause.  Weserzeilung  l%hZ  «0.2941. 
dim.  helgenhäuslein:  gib  acht  auf  die  bildstöck,  helgen- 
häuslein  und  creuz  an  den  wegen.  Simpl.  3,  305  Kurz. 

HEILIGENHOLZ,  n.  populus  alba,  weiszpappel.  Nbmnich 
4, 1043.     vergl.  unter  heiligengölze. 

HEILIGEN  KUX,  m.  kux  der  einer  lärche  zu  gule  gebaut  wird, 
miner.  lex.  292".  stall  dessen  auch  heiliger  kux.  Veith  berg- 
wörterbuch  310. 

HEILIGENMEIER,  w.  Verwalter  des  kirchenvermügens  (s.  heilig 
3,  c  .s;i.  831):  der  schultheisz,  heimburg,  heiligen  mayer,  und 
rechncr.   Frey  garleng.  49. 

HEILIGENMEISTER,  m.  dasselbe.  Vilmar  158:  der  soge- 
nannte heiligenmeister  mit  dem  klingelbeutelslah.  J.Pavl  leben 
Fibels  s.  25. 

HEILIGENMÖRDER,  m.:  dis  ist  der  aller  ergesl  und  ver- 
drieslichsl  vers,  den  lyrannen  und  heiligenmiudern  ...  der 
bapsl  hat  Juhannem  Husz,  und  viel  heiligen  verbrand.  Luther 
5,62';  aber  viel  mehr  ist  (rior/i  päpstlicher  lehre)  verflucht 
8.  Petrus,  der  sie  (die  faischen  lehrrr)  2.  Pet.  2  nennet,  schände 
und  lasier  der  heiligen  kirche,  wenn  er  noch  lebete,  der 
tcufel   würde  in  betretten  ,   bei  diesen   heiligeinnördern.    64'. 

HEILUiENNISCHE,  f  was  heiligenblende:  nur  die  hei- 
ligennischen  an  den  enden  werden  wieder  aufgebaut.  Seunb 
spastergang  2,  37  ;  die  fromme  sieinkrone  einer  heiligennische. 
H.  Heine  2,  60. 

HKILIGENPFENNING.  m  :  heiligenpfenninge,  pfaffenpf.n 
niiige  als  name  für  i/ie  nummi  lintcteatt  bei  Frisch   1,  436*. 

IIEILIGENPFLEtiER,  w».  r«M(i//tT  des  ktrclwnvermögens  («k 
heiligeniiieier,  heiligenmeister,  vergl.  heilig  3,  e  sf.  831):  die 
von  Irigersheiin  sollen  iinder  ine  orden  (ordnen)  geswurn 
undergenger,  inesscr,  Steinsetzer,  dorfmeisler,  Schulzen,  hirlen. 
auch  hriligeiipfleger,  die  frnm  sind,  weislh.  4,520  (wn  1481); 
ei  lol  mich  ein  ieder,  der  den  [dann)  luo  dien  zuo  kilcben- 


84 1        HEILIGENSCHEIN  —  IIEILIGH  ALTUNG 


HEILIGHOCH  —  HEILIGKEIT 


842 


meiger  oder  lieiligenpfleger  geordenf  oder  gesatz  werden,  den 
lieiligen  und  der  kilclien  bi  sinem  geswornen  eido  daj  ir 
getruwelicli  handln  und  inpringen  und  ale  jor,  uan  man  daj 
an  in  begerl,  darumb  erber  rechnung  thuon.  5,  355  (r.  144S) ; 
aber  die  baiiigenpfleger  daselbs  namen  sich  seiner  predig 
nichs  an.  Zimm.  chron.  2,  4SJ,16;  von  den  kircheiiiilleslen, 
kirchenvätern  oder  heil  igpf  legem,  bauieiist.  lastet pr.  56; 
nicht  ohn  ists,  wo  ein  piarrer  rechtschaffne  heiligenpfleger 
hat ,  dasz  er  ein  desto  glückseligerer  mann  sei ,  denn  das 
kirchenwesen  blühet  und  däuet,  wo  gute  Ordnung  gehalten 
und  gehandhabt  wird.  58. 

HEILIGENSCHEl.N,  »n.  l)  schein  nie  man  Hin  sich  um  das 
haupt  der  gOlUichen  }iersonen  und  der  heiligen  denkt ,  nimbtis, 
aurcole;  ein  erst  in  der  2.  hälfte  des  rangen  jahrh.  in  gebrauch 
gekommenes ,  von  den  u-örlerbüchern  bis  mit  Adelung  ?iif/i/  ver- 
zeiclineles  uort ,  auf  das  Kirsch  comuc.  vorbereitet :  nimbus  . . 
ein  strahl  oder  schein  um  das  haupt,  wie  die  heiligen  pflegen 
abgebildet  zu  werden; 

die  höchsie  tugend,  wie  ein  heiligenscheio, 
umgibt  des  baisers  tiaupt.  Götue  41,  10; 

ein  glänzender  dampf  umflosz  wie  ein  heiligenschein  den 
erdenrand.  J.  Paul  Titan  2, 57 ;  das  wunderbare  ist  der  hei- 
ligenschein eines  geliebten  hauptes.  222;  schwer  und  schlum- 
mernd schwamm  die  sonne  auf  ihrem  meer,  es  zog  sie  hin- 
unter, ihr  goldner  heiligenschein  glühte  fort  im  leeren  blau. 
flegelj.  1,104. 

2)  schein,  anschein  eines  heiligen  wandels : 

jenen  heilgenschein, 
in  den  so  gern  sich  manctier  grosze  hüllet. 

Alxit«ger  Doolin  7,  13. 

HEILIGENSCHREIN,  m.  schrein  in  dem  gebeine,  reliquien 
von  heiligen  außeuahrt  werden :  heilgenschrein  sacrarium,  arca 
voc.  ine.  Iheut.  i  3'. 

HEILIGENSOLE,  f.  sole  die  vom  salzwerk  an  klöster  und 
kirchen  entrichtet  wird  is.  heilig  3,c  sp.SM):  sechs  und  zwanzig 
zciber  heiligensole.  Hohsdohf  beschreibung  des  salzwerks  zu  Halle 
(1749)  s.  21. 

HEILIGENSTAB,  vt.  commentaculum  quo  agri  metiunlur 
etiam  ein  heyigen  stab.  Trochls  R  2'  {im  cap.  de  rusticis  in- 
strum).  der  name  dieses  ineszinstrumentes  geht  sicher  von  dem 
richterlichen  stabe  aus  (rechtsalterth.  761),  der  bei  eidesleistungen 
I.V.  heilig  3,  b  sp.  S30)  diente,  und  der  für  streitige  fälle  zugleich 
den  Charakter  eines  maszes  gehabt  zu  haben  scheint. 

HEILIGENSTOCR,  m.  stock  mit  einem  heiligenbild,  bildstock: 
ein  heilgenstock  stund  auch  dabei  {bei  dem  neuen  kreuze). 
Alberus  E!:op  (1550)  Ä.  83; 

als  wir  um  eine  ecke  herum  kamen  und  bei  einem  heiligen- 
slock  ausruhten.  Güthe  16,265. 

HEILIGENSTÜRMER,  m.  der  gegen  die  Verehrung  der  heiligen 
und  ihrer  bilder  stürmt. 

HEILIGENSTÜRMEREI,  /.;  den  Franzosen  während  der 
revolution  .  .  welche  in  den  lagen  ihrer  titanischen  heiligen- 
stürmerei  an  allen  Pariser  häusern  das  st.  oder  saint  aus- 
kratzen lieszen.  J.  Paul  doppelwörter  14. 

HEILIGENTRACHT,  /".  das  umlragen  der  heiligenbilder :  man 
trug  auch  einige  markgötler  bei  einer  jährlichen  Versamm- 
lung auf  den  gränzen  der  mark  herum,  und  im  christenthum 
kam  die  heiligenlracht  an  ihre  stelle.  Moser  osn.gesch.  1,56. 

HEILIGENVEREHRUNG,  f:  um  weder  in  die  heiligen- 
verehrung  {Luthers)  der  allzueifrigen  Lutheraner  ..  zu  fallen. 
Th.  Abbt  I,  77. 

HEILIGENZIRKEL,  m.  wie  heiligenschein,  der  nimbus  um 
die  köpfe  der  heiligen.  J.  Paul  braucht  das  wort  scherzhaft  von 
einem  rothen  streifen,  der  durch  den  druck  eines  Indes  auf  der 
stirne  entstanden  ist:  es  war  einer  der  neuesten  trefflichsten 
aber  engsten  hüte,  welcher  seine  stirne  .  .  mit  einem  artigen 
heiligenzirkel  oder  rothen  schnitt  geändert  {lies  gerändert) 
hatte,  leben  Fibels  132. 

HEILIGER,  v\.  hedigmacher,  geisilidier  relter: 
preis  dem  heiliger  der  sünder! 

Klomtock  7,  247.  268. 

HEILIGFROH,  adv.  in  heiligkeit  froh: 

im  himmel  nicht  also, 

da  wird  man  nicht  emphnden 

das  strenge  gitt  der  Sünden, 

da  lebt  man  heilig-froh.     Rist  himml.  tieder  5,326. 

HEILIGHALTUNG,  f  heilighaitung  der  religjon.  Beckers 
weltgesch.  14,  213. 


HEILIGHOCH,  arf;.;  das  heilig-hobe  band  (rf/e  efte),  welches 
I   zum    vorbilde   der  geistlichen  Vermählung  mit  Christo  fürge- 
I   stellet  zu  «erden  gewürdiget  ist.  Bütschry  Patm.  694; 
I  er  ist  nnd  bleibt  gott  jederzeit 

im  lieilig-hohen  sitze.     Opitz  psolmen  s.  124. 

HEILIGHOLZ,  n.  guajacum  sanctum,  Franzosenholz,  rergl. 
heilig  12,  f  sp.  837. 

HEILIGI.N,  f.  eine  heilige:  da  ich  nun  meine  sach  so  weit 
gebracht ,  dasz  man  mich  schier  vor  eine  halbe  heiliginne 
hielte.  Simpl.  3,60  Kurz;  chor  der  heiligen  und  der  hei- 
liginnen.   RCCKERT  61. 

HEILIGKEIT,  f.  ahd.  heilicheit,  mhd.  heilecheit,  heilekeit, 
heilkeit;  in  zwei  hauptbedeulungen. 

I)  das  heiligsein ,  die  eigenscfiaft  und  Persönlichkeit ,  zustand 
des  heiligen :  heiligkeit  sanctitas,  sanctimonia  Dasyp. 

a)  nach  dem  adj.  heilig  1  und  2  {sp.  S2S)  ro?i  den  göttlichen 
personen,  der  Jungfrau  Maria,  den  erzrätern,  märtirern  der  kirche : 
die  heiligkeit  des  herrn.  2  .Vos.  28,36;  ir  heiligen  lobsingel 
dem  herrn,  danket  und  preiset  seine  heiligkeit.  ps.  30,5; 
ich  {gott)  habe  einst  geschworen  bei  meiner  heiligkeit.  89,36; 
er  {goll)  wird  heiligkeit  nemen  zum  unüberwindlichen  schilde. 
weish.  Sal.  5,20;  in  heiligkeit  der  engel  einher  gehen,  in 
sanctitate  angelorum  ambulare.  Steinb.icu  1,723;  dieses  thut 
ihr  {der  heil.  Clara)  in  ihrer  heiligkeit  weiter  keinen  schaden. 
Secme  Spaziergang  1,132; 

sich  begunden  über  al 

die  glocken  selbe  liuten  .  .  . 

dö  kos  wip  unde  man 

sine  {des  lieil.  Gregor)  heilecheit  dar  an.    Gregor. 3592, 

bei  gottes  heiligkeit.    Opitz  psalmen  s.  250; 
lernt  von  Marien  auch  wodurch  man  gott  behagt, 
die  seine  mutter  ist,  und  nennt  sich  doch  nur  magd. 
sie  ist  voll  heiligkeit.  werke  3,  199. 

heiligkeit  ist  der  titel  des  papsles:  es  sollen  ewer  heiligkeit 
und  geistlichkeit  {Paul  111)  obren  und  nasen  sich  nicht  ver- 
wundern, das  ich  verdampter,  verfluchter,  unreiner,  stinken- 
der ketzer,  für  ewer  heiligen  reinigkeit,  mit  solcher  meiner 
unfletigen  stinkenden  schrift  mich  unterstehe  zu  komen,  denn 
ewer  heiligkeit  wissen,  das  s.  Paulus  spricht,  den  reinen  ist 
alles  rein.  Luther  6,499';  auch  cardinäle  werden  so  angeredet : 
aber  einen  solchen  unverschempten  bösen  wurm  bette  ich  e. 
(eure)  cardinalische  heiligkeit  nicht  gehalten.  6,361*.  scherzhaft 
hat  diesen  <j7e/ Secme  auch  auf  Standbilder  von  heiligen  gewendet: 
im  hintergmnde  der  krjpte  stehen  noch  ein  paar  weibliche 
heiligkeiten ,  deren  namen  ich  vergessen  habe,  deren  blut 
aber  noch  beständig  flieszt.  Spaziergang  2,  63. 

b)  nach  heilig  4  {sp.  83l)  ron  den  statten,  geraten,  zeiten  des 
cultus ;  schon  ahd.:  domum  luam  decet  sanctitudo  ...  dinero 
aecciesiae  gezimet  heiligheit  in  ewigheite.  Notker  ps.  92  {Hattemer 
2,337');  dein  wort  ist  eine  rechte  lere,  heiligkeit  ist  die  zierde 
deines  hauses  ewiglich,  ps.  93,5;  der  berg  des  herrn  Zebaoth, 
ein  berg  oer  heiligkeit.  Sacharja  8,  3 ;  die  heiligkeit  des  sonn- 
tags soll  durch  weltliche  arbeit  nicht  gestört  werden; 

wie  ist  dein  hausz  gezieret  weit  und  breit, 
ohn  zeit  und  ziel  mit  aller  heiligkeit! 

Opitz  psalmen  178. 
auch  von  heidnischen : 

des  tempels  heiligkeit 
hat  ein  befleckter  mensch  durch  seinen  blick  entweiht. 
i.  E.  Schlegel  1,  57. 

von  den  sacramenten,  lehren,  gebrauchen,  einrichtungen  der  kirche: 
die  heiligkeit  der  taufe;  mit  speisze  und  trank,  und  mancherlei 
taufe  und  äuszerlicher  heiligkeit.  Hebr.  9,  lO;  die  heiligkeit  des 
eides;    die   heiligkeit  der  ehe  darf  nicht  angetastet  werden. 

c)  nach  heilig  5  {sp.  833)  t'O«  menscJien  ,  die  einen  heiligen, 
gottseligen  wandet  führen :  das  er  (der  mensch)  die  weit  regieren 
soll,  mit  heiligkeit,  und  gerechtigkeit.  weish.  Sal.  9,3;  das 
wir  . .  im  dieneten  on  furcht  unser  lebelang,  in  heiligkeit  und 
gerechtigkeit,  die  im  gefeilig  ist.  Luc.  l,  75  {auch  in  Behaims 
evang.-buche  in  heilikeit  und  girechlikeit);  ziehet  den  newen 
menschen  an,  der  nach  gott  geschaffen  ist,  in  rechtschaffener 
heiligkeit  und  gerechtigkeit.  £]p/i.  4,  24;  das  ewre  herzen  ge- 
sterkt  und  unstrefflich  seien ,  in  der  heiligkeit  für  gott  und 
unserro  vater.  1  Täm-s.  3, 13;  das  noch  nicht  geoffenbart  were 
der  weg  zur  heiligkeit.  We6r.  9,  8;  auf  das  sie  nicht  Ursache 
nemen  ..  ire  heiligkeit  zu  preisen.  Luther  3,382'; 

er  hat  uns  auch  zur  heiligkeit, 

die  für  ihm  bleibet  jederzeit, 

erzeuget  und  aufs  neu  erkohren.    Oprrz  3,123; 

so  sollt  ihr  euer  ganzes  leben 

der  wahren  heiligkeit  ergeben.    1^; 


843 


HEILIGKEIT  —  HEILIGSBRUCH 


HEILIGSBRUCIIIG  -  HEILIGTHUM 


S44 


danirnb  das  volk  der  tieiligkeii 
dir  rufen  sol  zur  rechten  zeit.     156; 
dann  werden  wir  in  deinen  teinpel  gehn, 
und  dein  gebot  in  hciligkeit  betracliten. 

Caniz  gcri.  30. 
auch  ana  lieidnischer  anscliauuiig  lieratis: 

es  ist  genug,  dasz  man  aus  blinder  heiligkeit 
der  groszen  göttinn  sitz  durch  griechisch  blut  entweiht. 
i.  E.  Schlegel  1,  32. 

d)  nach  heilig  6  (sp.  S34)  von  menschen  mit  dem  bloszen  schein 
des  heiligen,  und  ihrem  Ihiin :  die  heiligkeil  seiner  iniene  halle 
uns  getäuscht; 

eh  noch  der  stände  unterscheid 

aus  brüdern  iiebenbuhler  machte, 

und  gleisznerische  heiligkeit 

das  höchste  gut  der  Sterblichkeit, 

den  frohen  sinn,  um  seine  Unschuld  brachte. 

WlELANI)   10,  136. 

f)  endlich  (nach  heilig  8—10  sp.  S35)  roti  maximen,  gefühlen, 
einnchluiigen .  schütz,  im  sinne  von  höchster  ehrwürdigkeil,  ttnver- 
lelzlichk^'it :  die  heiligkeit  der  maximen  in  befolgung  seiner 
pGicht.  Kant  6,209;  da  man  gezwungen  wird,  zeuge  zu  sein, 
so  ist  ein  zwang,  seine  Urkunden  zu  zeigen,  wohl  auch  ge- 
denkbar, die  heiligkeil  der  briefschaften  hat  doch  wohl  nicht 
mehr  für  sich,  als  die  heiligkeit  des  gedächtnisses.  Hugo 
iialurrecht  (1SI9)  s.  500  anm. ;  die  heiligkeit  des  gastrechts; 
sie  erstechen  sich  unter  einander  bei  der  geringsten  veran- 
lassung, .  .  .  aber  ein  fremder  ist  heilig,  ich  möchte  mich 
freilich  nicht  zu  sehr  auf  meine  fremde  heiligkeil  verlassen. 
Seüme  Spaziergang  2,54;    heiligkeit    einer  fürstlichen  person. 

2)  die  ältere  spräche  hat  neben  den  vorigen  abstracten  bedeti- 
tungen  auch  eine  concrete  des  ivortes  entwickelt,  sie  bezeichnet 
damit  zunächst  das  venerabile,  das  'hochwürdigsle  gut' :  dar  umbe 
sol  man  den  kor  in  der  kirchen  aber  flijeclicher  eren  danne 
die  kirchen,  wanne  da  wonet  diu  heilikeil  aller  heiligen 
(heilikeit?)  inne.  Br.  Berthold  446,38;  man  gab  uns  baiden 
unsern  herrn  und  die  hailigkait  {abendmald).  d.  städlechron. 
5,13",  11;  ej  wser  niht  tugenlleich  getan,  der  die  hailichail 
für  die  hunt  würfe.  Megenberg  380,23  {mit  anklang  an  Matth. 
7,  6).  dann  auch  andere  geiveihte  gegenstände,  sowie  handlungen, 
sacramente:  dar  umb  prinnent  die  poesen  Christen  vast  in 
der  hell,  die  da;  hailig  öl  und  die  andern  haiiichait  unwir- 
dicleich  enpfangen  habent.  336,20;  pallcn  iren  pfarrer  vor- 
genant, das  er  in  die  kirchen  geen  und  das  sacrament  und 
ander  heiligkeit  darusz  tragen  und  die  bewaren  wolt.  deutsche 
slädtediron.  2,  221  anm.  l ;  reliquien  : 

wä  beslüj  ie  maget  bort  so  gröjen? 
dir  sxlden  kefs  vol  heilikeit  gestoben 
kan  niht  gcnöjen  [Maria  ist  an(ieri'dcl). 

S.  Holbtinij  11,53. 
tH  bezug  auf  cuUusgegenstände  der  Juden :  so  die  Juden  sehent 
das    man    inen    sollichen    Irang    und  gewalt  an  ir  heiligkait 
thete  {nämlich  ihre  bücher  wegnähme).  Beuchlin  augensp.  xix'. 

HEILIGKHAIJT,  n.  rerbena  offtcinalis,  eisenkraut.  Nemnich 
4, 1553. 

HKILIGLEBENDIG,  adj.  ein  heiliges  leben  führend :  ward  im 
ziiogeaignel  ain  hailiglebendig  bausfraw.  herz.  Ernst  231, 31 
bartsch. 

HEILIGLICH,  adj.  und  adv.,  mhd.  heileclich,  adv.  heile- 
I  liehe:  die  ehe  rein  und  heiliglich  Italien.  Luther  6,353'; 
sagen  uns  darnach,  man  müsse  der  alten  veler  Ordnung 
heiliglicli  Italien.  458';  als  denn  wirstu  on  heiichelei,  recht 
und  lieiliglich  schweren.  Jer.  4, 2;  wer  heilige  lere  heiliglich 
behelt,  der  wird   heilig  gehalten,  weish.  6,  II. 

HEILIGLICHEN,  adv.:  da  ward  er  gar  reich,  und  lebet 
tngnntliclien  und  heiliglichen.  Luther  6,  60t'. 

HK.ILIGMACHEH ,  m.  heiliger,  befreier  von  der  sünde:  berr 
du  woltcsl  (/.  wollest)  beide  ein  hciligmacher  und  behüler 
deines  Volks  sein.  G.  Wicelius  p.va/<es  efc/<'.vi(Js<(CMS  (1550)  132'; 
(Mürdest  du  sehen,  dasz)  Christus  zwar  dein  lieiligmacher 
i»l.   :ibrr  Moses  dein   klüger.    Schuppius  7C5. 

HEILI(iMA(JilL.NG,  f.:  Inichlmachiing  oder  heiligninchiing 
..  fructißcatw  vel  saticlificatio.   voe.  1482  i5*;    heiligmachung 
tuHctificdlto  Hasvp. 

HEILIG.MONAT,  m.  december.  Weinhoi.d  deiäsclie  monatnamen 
d«»««)  ».41;   im  ,.  heiligmnnat.  Kikchart  groszm.  121. 

HKILUJHOTH,  adj.: 

die  ro»«  von  Saron. 
dii-  heiligroihe,  prophetengereierip.     II.  IIcimk  I.'>,  i)-». 

HEILKiSHHLCII ,  m.  mrrilegium:    «ie  .  .  .  begiengen  ausz 

Icwfii.rt,..,    Piii^iircrbiifii-  ' !■  f< tIi*  -If  l:iinftirrti  gericbl>i 


den  allergroszien  hailligsprucli  {indem  sie  Chrislo  bei  der  kreu- 
zigung  die  kleider  nahmen),  herzmaner  125*. 

hEILIGSBBUCHIG,  adj.  sacrilegus:  danksage  dir  ...  uinb 
die  turstigen  angreifung  der  heilligspruchigen  hendeder  jhenen, 
die  dich  suchten  zehalten,  herzmaner  60';  o  du  uberfraszige 
.  .  .  geitzgirigkeit  der  groben  lotterpucben,  die  sich  nicht  ge- 
schämt haben,  das  klain  und  gering  gewendlein  oder  klaid- 
lein  des  armen  nackenden  Jhesu  mit  beilligpruchiger  geitzig- 
keit  zezerreiszen.  124*. 

HEFLIGSCHAUERND,  adj. : 

ja  Schöpfer!  ich  empfmde  hciligschnuernd 
dich  gegenwartig!         Wikland  sup/il.  2,  199. 

HEILIGSCHÖN,  adj.:  so  heilig-schön  sah  er  das  mädchen 
liegen.  J.  Paul  flegelj.  3,  23. 

HEILIGSPRECHUNG,  f.:  canonisalio  heiiigsprechung,  erhe- 
bung  unter  die  heiligen.  Kirsch  cornuc. ;  in  freiem  sinne:  zur 
heiiigsprechung  Lianens.  J.  Paul  Titan  1, 136. 

HEILIGSCSZ,  adj.: 

in  purer  lieb  und  heilig-süszer  brunst. 

Weckherlin  700. 

HEILIGTAG,  m.  feierlag:  im  newen  lestarnent  ligt  der  sab- 
balh  nider,  nach  der  groben  euszerlichen  weise,  denn  es  ist 
alle  tag  heiligtag.   Luther  3,107". 

HEILIGTHUM,  n.,  ahd.  heilictuom,  mhd.  heilecluoni,  in 
mehrfachem  sinne,  der  plural  ist  in  der  allem  spräche  dem  sing, 
gleich,  erst  die  neuere  braucht  heiligthünier. 

1)  zustand  der  heiligkeil : 

gesundheit  war  in  leib,  Vergnügung  in  die  herzen, 
der  Unschuld  heiligthum  gepflanzt  der  seele  ein. 

Lohenstein  geislt.  gedanken  s.  48. 

übertragen  auf  die  person:  das  niemand  in  das  haus  des  herrn 
gehe,  on  die  priester  und  leviten  die  da  dienen,  die  sollen 
hin  ein  gehen,  denn  sie  sind  heiligthum.  2  c/iron.  23,  6 ;  noch 
leiden  wir  nichts,  sondern  gehen  auf  rosen,  und  sind  schelter 
und  beiszer,  sie  aber  sind  eitel  heiligthum.  Luther  3,382"; 
also  wer  vater  und  mutier  ist,  haus  wol  regirt,  und  kinder 
zeucht  zu  gotlesdicnst,  ist  auch  eitel  heiligthum  und  heilig 
werk  und  heiliger  orden.  511". 

2)  gewöhnlicher  bedeutet  heiligthum  einen  heiligen  ort  oder  ein 
heiliges  ding. 

a)  in  der  bibelsprache  gotteshaus ,  tcmpel:  sanctuarium  dei, 
gotes  heiligtuom.  Notker  ;w.  89  (//u//cmer  2,  327') ;  sie  sollen 
mir  ein  heiligthum  machen,  das  ich  unter  inen  wone.  2  Mos. 
25,  8 ;  aus  den  hundert  centnern  Silbers  gos  man  die  füsze 
des  heiliglhums  {der  slißshütle).  38,27;  sage  deinem  briider 
Aaron,  das  er  nicht  allerlei  zeit  in  das  inwendige  heiligihuni 
gehe  binder  dem  furhang.  3  3/os.  16, 2;  bawet  gott  dem  herrn 
ein  heiligthum.  l  c//ioh.  23,  29 ;  das  du  ein  haus  bawesl  zum 
heiligthum.  29,10;  hebet  ewre  liende  auf  im  iieiligthum  und 
lobet  den  herrn.  /w.  134,  2;  erbarm  dich  der  stad  Jerusalem, 
da  dein  heiligthum  ist,  und  da  du  wonest.  Sir.  36,  15; 

sie  (Jerusfl/eni)  hat  gesehn  die  beiden 
gehn  in  ihr  heiligthum.  Opitz  3,  31 ; 

ach !  soll  man  den  prophcten 
und  priester  deines  volks  im  heiligthumb«  tödtcn?    36; 
aus  gottes  throne  dieszt 
ein  Strom,  der  sich  ergieszt, 
durchs  heiligthum.    Klopstück  7,147  {am  pftiuisl feste). 

freier  von  anderem  aufenthallsorte  goltes:  da  Israel  aus  Egypten 
zoch  . .  da  ward  Jtida  sein  heiligthum.  ps.  114,  2;  rom  liimmel: 
er  (gott)  sende  ihr  hülf  von  seinem  heiligtiiumb.  Schuppius  3; 

am  grab  hlfr,  sollen  wir  nur  fern 

des  ewigweisen  rathschlusz  sehn ! 

vom  weilen  siehn, 

und  noch  ins  hciligtlium  nicht  gehn!     Klopsto(  w  7   '« . 

von  einer  der  heil.  Jungfrau  geweihten  capelle: 

dn,  in  ihrem  heiligthuine, 

wirkt  sie  (die  multer  gttttes)  wunder  mancher  art. 

Uuland  ijed.  287. 

auch  von  heidnivhen  cuUussIdtten: 

der  k6nig  und  nicht  du  herrtchl  in  dem  hoiligthiim. 

i.  K.  ScHLKGiL  t,  58  {Urest  u.  /Vi"''    ) . 
heraus  in  eure  srhniten,  rege  wipfel 
de»  iilten,  liellgeii,  dii'hllieliuibti'u  li;iiiies, 
wii!  Iii  der  gutliu  i^tilleii  heiliglliuin, 
tret  ich  noch  jetzt  mit  Rchauderndem  gefiilil.     fifiiHK  !».  :i. 

'  I  rme  heilige,  gottgeweihte  sache  im  allgemeinen :  ir  soll  das 
heiliglhuni  (rö  nyiov)  tiichl  den  htindrn  geben.  Malth.  7,  6 
(bei  lirhaim    ir    sull    nicht    geben    das    heilige  den  hunden); 

(l.iiiinili    l:iv    drill     diliikel    und     fillen     f.iieii  .     und    l^-iiic    \-"' 


S45 


HEILIGTHÜM 


HEILIGTHL  MSCHÄNDER  —  HEILKRAUT       846 


dieser  schrift ,  als  von  dem  allerhühesten ,  edlesten  heilig- 
thum,  als  von  der  alleneicbsten  fundgruben,  die  ninier  mehr 
gniig  ausgegründet  w  erden  mag.  Bindseils  bibel  7, 304  (vor- 
rede Z:  alt.  test.) ;  daher  plumpt  mein  Carlsfad  herein  wie  eine 
saw,  die  nu  die  perlen  fressen,  und  wie  ein  hund,  der  das 
heiligthum  verschlungen  hat.  Luther  3,  6i'; 

die  ihr  des  lebens  tacht  brennt  zu  gedächtnüs-kerzen, 
und  euch  ein  heiligthum  laszt  ihre  leichen  sein. 

LoHENSTEis  hyaciiilhen  s.  51. 

aprkhuürllich :  der  sein  selbst  heiligthum  ist,  ist  anderer  leut 
greuel.  Schottel  1114".  etuas  uerttolles  hebt  man  wie  ein 
heiligthum  auf,  in  welcher  redensart  sich  die  bedeutung  mit  unten 
d  berührt:  er  hält  es  vor  ein  heiligthum,  rem  sanctam  habet. 
Steinbach  1,724;  aus  der  sache  ein  heiligthum  machen,  rem 
sancte  ctistodirc.  das. 

Von  gegenständen  des  heidnisclien  cultus: 

ich  wollt  ein  heiligthum  (das  bild  der  Diana)  aus  mord  und 
gräul  entführen.     J.  E.  Schlegel  1,63; 

die  heiligthümer  Latiens  .  .  .  freventlich  zu  entweihen.   Ra- 

BE.NER  sat.  2  (1761)  256; 

da  hoben  sie  {die  Lalinei')  zu  ihrem  heiligthum, 
dem  speer  des  Ma»ors,  flehend  blick  undhand. 

Uhlasd  ged.  379. 

c)  anslail  einer  heiligen  sache  ist  eine  lieilige  handluhg ,  ein 
heiliger  zustand  im  allgemeinen  durch  heiligthum  bezeichnet: 
damit  er  anzeigt,  das  nicht  köstlicher  ding  sei,  denn  leiden, 
sterben,  und  allerlei  unglück,  denn  sie  sind  heiligthum,  und 
heiligen  den  menschen  von  seinen  werken  zu  goltes  werken 
. . .  darumb  sei  er  sie  auch  erkennen  für  heiligthumb ,  fro 
werden  und  gott  danken,  so  sie  im  komen.  Lltuer  1,  244'. 
.NoTKER  gab  sacramenta  durch  heiligtuom  wieder :  daj  chit  spen- 
dön  ih  sacramenta  corporis  mei  et  sanguinis,  diu  heilichluoiii 
mines  lichamin  unde  bluofes.  ps.  2f  (Hallemer  2,  81"). 

d)  besonders  häufig  ist  seit  dem  mittelalter  die  specielle  bedeu- 
tung reliquien  eines  heiligen  geivorden,  wobei  das  worl  im  singular 
als  collectivbegriff  steht :  daj  hera  heilicluom  .  .  nehän  ih  so 
geeret  s6  ih  mit  rehfa  scolla.  Müllenh.  u.  Scbeber  220,100; 

ein  kefsen  nam  er  an  der  stet, 

diu  was  heiictuoraes  vol.     Wigalois  115,  10; 

die  ander  pristerschaft  .  .  kamen  auch  da  in  iren  korrocken 
und  chorcappen  mit  yrem  heiligtum.  d.  stddlechron.  3,302,1; 
ain  trüchlin  mit  vil  hailgtumbs.  4,304,6;  nach  fisch  gein 
aubent  bestrich  er  alle  krank  leut  auch  auf  dem  hof  mit 
sant  Bernharts  hailgtumb.  325, 24 ;  merke  wie  wir  narren 
sind  gewesen,  wenn  man  uns  sagte,  da  ligt  s.  Peter,  s.  Jacob, 
das  heilige  grab ,  diese  oder  jene  heiligen,  ...  so  bald  wir 
das  geschrei  gehöret  haben ,  sind  wir  zugefallen  als  blinde 
und  törichte  leute,  und  haben  mit  häufen  kirchen  gestiftet, 
ja  wenn  wir  einen  finger  oder  heubtschedel  vom  heiligtum 
überkomen  kundten,  rieht  man  so  bald  altar  und  capellen 
auf.  LoTBER  4, 15S';  ein  güldenes  creufzlein  mit  diamanten 
besetzt  und  mit  heiligthum  gefüllt.  Simpl.  3,  i'Q  Kurz ;  heilig- 
tum an  gebeinen ,  reliquiae  sanclorum ,  i.  e.  cineres  et  ossa 
Stieler  887;  heiligthumskästlein,  lipsanolluca  Frisch  1,436*; 
eine  feine  monstranz  darinn  wenig  heiligthumb  zu  finden. 
Agricola  neue  feldscherkunst  (1701)  5.77; 

wir  küszten  es  (ein  gewand)  gleich  einem  heiligthum. 
Uhlasd  ged.  180. 

vergl.  heilthum.  über  solche  heiligthümer  wurden  kirchen  ge- 
sttflcl  (s.  die  eben  angeführte  stelle  Luthers)  als  gutes  und  von 
Sünde  befreiendes  werk;  daher  eine  redensart  heiligthümer  stiften 
schlechthin  für  gutes  thun :  ein  mancher,  welcher  auch  nicht 
viel  gutes  im  Schilde  führet  und  die  tage  seines  lebens  wenig 
heiligthümer  gestiftet  hat.  Sinipl.  (1684)  1,  247. 

e)  heiligthum  hieszen  auch  die  insignien  des  heiligen  römischen 
reiches:  ich  Jörg  Pfinczing  zoch  mit  dem  Sigmunt  Stromer 
gen  Offen,  und  der  aller  durchleüchtigister  künig  Sigmund 
gab  uns  das  grosz  heiligtum:  das  sper  und  das  heilig  krewcz 
und  ander  heillums  vil,  das  zu  dem  newen  spital  ist.  das 
probt  wir  gen  Nüremberg.  d.  slädlechron.  2,42,26,  vgl.  341,14; 
unser  herr  rex  {Friedrich  III)  der  vorderte,  da;  man  im  ant- 
wurfen  solfe  da;  wirdig  heiligtum,  da;  heilige  speer  und  alle 
andere  stuck ,  die  dan  bei  keiser  Sigmunds  lobleicher  ge- 
dechtnus  zeiten  in  befolhen  wurden,  und  gab  zu  versleen, 
sein  gnade  wer  nu  zum  reiche  erwelet  und  gecronet  und 
sein  vorfaren  am  reiche  romische  keiser  und  kunige  hatten 
sulch  heiligfumclennet  alzeit  in  ir  gewalf  gehatt.  3,380,2; 
von  dem  hochwirdigen  heiligthumb.  Ticber  125,  26.     der  tag 


an  dem  die  reiclisin^gnien  dem  rotte  3«  Nürnberg  öffentlich  gezeigt 
wurden,  hicsz  des  heiligtumbs  Weisung  tag.  127,  30,  oder  kürzer 
das  heiligthumb.  127,34.  das  gerüst,  auf  dem  die  kleinodien 
gezeigt  wurden,  war  der  heiligthumssful.  126, 14. 

f)  die  moderne  spräche  verwendet  heiligthum  frei,  aber  mit 
anlehnung  an  die  bedeutung  i.a:  denn  der  edle  Jüngling  neben 
ihm  war  zu  blöde  und  zu  fest ,  dem  verwandten  der  ge- 
liebten . . .  das  heiligthum  seiner  wünsche  aufzuschlieszen. 
J.  Paul  Titan  2,  tlS;  ich  würde  sündig  an  seiner  unsterb- 
lichen seele,  zugäbe  ich,  dasz  ihm  ein  name,  ein  wappen 
werfher  sei,  als  das  heiligthum  seiner  empfindungen.  Immer- 
mann Münchh.  4, 132; 

wann  aber  um  das  heiligthum  (das  abendlicht) 
die  dunkeln  wölken  niederrollen.     Uhla.'«d  ged.  3; 
durch  thüren  wandl  ich,  die  mir  sonst  verriegelt, 
bis  zu  der  Schönheit  stillem  heiligthume.      132. 

HEILIGTHUMSCHÄNDER,  m. : 

gebeut  ihr  (der  Faste),  dem  beiligthumschäDder 
ganz  das  Ireveinde  herz  zu  durchglühn. 

Voss  Ovid  nr.  3>,  55  (metamurph.  8,  792). 

heiliglhumsschänder.  Heilman  Thucyd.  144.  159. 

HEILIGTHLMSFAHRT.  f  wallfahrt  nach  ausgestellten  reliquien. 

HEILIGUNG,  /.  die  handlung  des  heiligcns;  ahd.  heiligunga 
sanctificatio  {auch  opfer,  sacrificium  bei  Noteer  ps.  106,  Hatlemer 
2,  390'),  mhd.  heiligunge. 

1)  nach  heiligen  1 — 3  (sp.  837)  das  heilig  machen  oder  hallen, 
als  heilig  verehren;  von  der  erhebung  einer  heiligen  person:  den 
lag  irre  (Maria)  heiligunge  enwi;;e  wir  nif.  d.  mj/sf.  1,17, 23 ; 
heiligung  oder  heiligmachung,  sanctificatio  Frisch  1,436';  dann 
von  der  weihe  eines  golleshauses :  heiligung,  heiligmachung,  con- 
seeratio,  sanäificatio  Maaler  216";  die  heiligung  oder  weihung, 
consecratio,  sacratio  Frisch  a.a.O.;  von  der  strengen  feier  der 
christlichen  feste:  die  heiligung  des  feiertags;  in  Basel  hat  sich 
jüngst  eine  gesellschaft  für  sonntagsheiligung  gebildet. 

2)  öfter  nach  heiligen  4  {sp.  838)  befreiung  von  der  sünde 
und  leben  in  gott:  in  Christo  Jesu,  welcher  uns  gemacht  ist 
von  gott  zur  Weisheit ,  und  zur  gerechfigkeit ,  und  zur  hei- 
ligung, und  zur  erlösung.  l  Cor.  1,30;  lasset  uns  von  aller 
beQeckuug  des  fleischs  und  des  geistes  uns  reinigen  und  fort 
faren  mit  der  heiligung.  2  Cor.  7,1;  das  ist  der  wille  gottes, 
ewer  heiligung.  1  Thess.  4,  3 ;  gott  hat  uns  nicht  berufen  zur 
unreinigkeif,  sondern  zur  heiligung.  7;  das  euch  gott  erwelet 
hat  von  anfang  zur  Seligkeit,  in  der  heiligung  des  geistes, 
und  im  glauben  der  Wahrheit.  -2  Thess.  2,13;  so  sie  bleiben 
im  glauben,  und  in  der  liebe,  und  in  der  heiligung,  sampt 
der  zucht.  1  Tim.  2, 15 ;  jaget  nach  dem  friede  gegen  jeder- 
man,  und  der  heiligung,  on  welche  wird  niemand  den  herrn 
sehen.  Hebr.  i2,H;  es  ist  auch  allhie  eine  heiligung  von  den 
übrigen  Sünden,  das  uns  die  übrigen  Sünden  nicht  schaden. 
Luther  3,  433"; 

dasz  nach  der  heiligung  hier  aur  der  erde 
den  gläubigen  ein  ewig  leben  werde. 

Lohe:«stei>-  geistl.  gedankcn  104; 
du  wirst  die  kraft 
zur  heiligung  mir  schenken.    Gellert  2,  133; 
soll  dein  verderbtes  herz  zur  heiligung  genesen, 
Christ,  so  versäume  nicht,  das  wort  des  herrn  zu  lesen.    192; 
die  heiligung  errordert  müh, 
du  wirkst  sie  nicht,  gott  wirket  sie.     222. 

HEILIGÜNGSKRAFT,  f:  in  dem  sinne  der  kirchlichen 
lehre,  ihrer  erfahrungsvollen  geschichte,  ihrer  heiligungskräffe 
und  erleuchtung.  evangel.  kirchenzeitung  1S6G  s.  763. 

HEILIGVERZERRT,  adj. :  eine  heiligverzerrte  miene.  Ra- 
bener  2,  166. 

HEILIGVVERTH,  adj.; 

von  deiner  heiligwerthen  Stadt.     Opitz  psalmen  128. 

HEILIXG.  m.  s.  unter  heilig  3,  c  sp.  831. 

HEILKELCH,  w».  gesundheit  bringender  kelch : 

dir  reichten  umsonst  die  nymfen  den  heilkelch. 

Neubeck  der  ijpsundbninnen  79. 

HEILKR.\FT,  f  kraft  zu  heilen:  es  fragte  sich,  wie  man 
der  innern  jugendlichen  heiikraft  zu  hülfe  käme?  Göthe 
25,  9 ;  gewisse  pflanzen  haben  heilkräfte. 

HEILKRÄFTIG,  adj.:  heilkräftige  kräuler;  heilkräftige 
bäder; 

wie  er  dem  boden  der  llur  heilkräftige  wurzeln  entwühlend, 
achtend  nicht  auf  den  durt,  noch  auf  den  farbigen  glänz. 

RÖCKERT  279. 

HEILKRADT,  n.  l)  im  allgemeinen  sinne  kraiä  mit  heil- 
kräflen :  grosze  strecken  mit  Iieilkräutern  bestellt  .  .  übersah 


847 


IIEILKRÄÜTCHEN  —  HEILLOS 


IIEILLO  SE  —  HEILPFUSCHER 


848 


er.  GuTHE  21,  69 ;  giflkiäuter  wachsen  auf  dem  einen,  üeil- 
kräuter  treibt  der  andere  griind.  J.  Gotthklf  Uli  derpdclUer  12. 

2)  name  verscliiedeiter  pflanzen :  licracleitm  spliondylium,  bäirn- 
hlau,  OHc/i /loWäiid.  heilkruid.  Nemmch  3, 13-1 ;  seneciosaracenuus, 
heidnisches  wundkiaul.  4, 1279;  anayallis  aivensis,  gauchheil,  giund- 
lieil.  1.  256 ;  arislolocliiu  clemalilis,  Osterluzei.  1,  45S. 

HEILKRÄL'TCHEiN,  n.  ajmja  leptuns.  I;rirrheiiitir  'linifi'!.   Nem- 

MCU    1.  131. 

HEILKUNDE,  f.   ars  tnedendi. 

HEILKUiNST,  /.  ars  niedendi:  (der  walirai)  wird  in  der  lieil- 
kiinst  verscliiedenllicli,  so  wohl  innerlich  in  verschiedener 
form,  als  auch  äuszeriich  in  pflastern  gebraucht.  Lichtenberg 
5  (1803)  14C;  etliche  ärzte  sind  der  meinuiig,  die  menschen 
hätten  die  heilkunsl  vom  lieben  vieb  gelernt.  Riebl  cuUiir- 
gescli.  nov.  406. 

HEILKÜNSTLER,  wi.  .•  überhaupt  wird  der  kluge  politische 
heilkünstler  sich  am  wenigsten  von  dem  guten  arzte  unter- 
scheiden. J.  Pacl  doppelte örler  53. 

HEILLANG,  adj.  ganz  lang,  vullig  lang,  in  Hessen:  den 
ganzen  heiliangen  lag  hindurch.  Vilmar  159.  vergl.  heilfroh, 
beilwohl. 

HEILLOS,  adj.  und  adv.,  nach  dem  subsl.  hei!  in  wehr- 
facliem  sinne. 

1)  olme  gesundhcü ,  körperlich  gebrecldich  (heil  1  spalte  817) : 
wann  ich  doch  nit  mehr  dann  ein  wenig  ein  behelf  bette, 
es  were  gleich  eine  eiserne  band  ...  so  wolt  ich  dennoch 
mit  gottes  gnad  und  hülf  im  feld  noch  irgend  so  gut  sein 
als  sonsten  ein  heilloser  mensch.  Götz  v.  B.  81;  bair.  haillos 
unlüclUig ,  unbrauchbar,  schlecht  im  physischen  verslande:  mein 
vater  ist  ganz  haillos,  ziemlich  kränklich,  entkräßet.  Scbm.  2, 170; 
auch  auf  dinge  übertragen :  ain  bailloser  strick,  slrick  der  nicht 
Italt ,  nicht  zu  brauchen  ist.  das.;  fiäilis  schwätzig  /.  unnütz 
l.  heiiosz  DiEF.  254'. 

2)  im  I6.jahrh.  häufiger  ohne  wolfahrt  in  bczug  aufstand  und 
vermögen  (heil  2  sp.  Sil),  arm,  elend,  niedrig:  qui.<quilia  beilosz 
/.  liederlichs  volk  Dief.  480';  beillosz  leüt ,  nicht  sollend, 
liederlich  und  veraCht  leüt,  guisquiliae  Maaler  216';  heillose 
verarmte  kind,  unglück  bat  euch  überwunden.  Aimon  bog.  g; 
gott  verstecket  seine  gaben  wunderbarlicb ,  und  ist  hohen 
tilteln  menschlicher  weiszbeit  gar  feindt,  sihet  in  die  tiefe, 
in  das  heiiosz,  nider,  demut ,  mit  disen  theilet  der  beilig 
geist  sein  gnad.  Agr.  -fr.  (1560)  99'; 

und  reut  zö  Zeiten  iimb  ain  peüt, 

das  whören  etlich  bailosz  leüt.    Schwarzenberg  138' ; 

weil  ich  hab  weder  Trcudt  nocl)  muth 

bei  meinem  weib  all  mein  lebtag, 

ich  bei  ir  gar  nicht  leben  mag. 

8ie  maciit  mich  heiiosz  und  verdrossn. 

i.  Ayrer  56*  (294,  !t  Keller); 
wo  man  heillo8Z  gesindlein  find, 
da  merkt  man  wobt  dasz  sie  nicht  sind 
vom  adei  her  der  göttcr  kind.      Lehmann  157; 
und  dasz  ich  nicht  hilllo.sz  und  beillosz  bleib. 

Weckbkrlin  111   (;)S.  25,21). 

3)  lieillos.  ohne  rettung,  ohne  hilfe  (nach  heil  3  spalte  819): 
ihr  Verhältnis  heillos  zerrütten,  ja  gänzlich  zerstören.  Spiel- 
HACEN   Röschen  vom  liofe  (1864)  5.  170. 

4)  heillos  endlich  vielfach  in  moralischem  sinne  (heil  4  s/i.  819). 
a)  streng  genommtn ,  böse,  abscheulich:    heillos,    vialedictus, 

rxecrabilis  Stieler  1178;  er  ist  ein  heiloser  man,  dem  nie- 
mand etwas  sagen  thar.  1  Ä'ani.  25,  t7;  mein  herr  setze  nicht 
sein  herz  wider  diesen  Nabal  den  heiloscn  man.  25 ;  es  war 
daselbs  ein  herümblcr  heilloser  man.  2  Sam.  20,1;  wiewull 
er  all  sein  tag  für  ein  redlichen  kneclit,  must  er  nun  furan 
für  einen  heillr)sen  man  gehallen  werden.  Wtlw.  v.  Schaum- 
'lurg  67;  ein  heilloser  mensch,  homo  sceleiatus  Steiniiacii 
1,  1075;  die.ser  Vorligcrn  ..  war  ein  luilloser  mann.  Stoi,1)Kmg 
10,  .'1;  alle  drei  lirudcr  waien  iieillose  mcnsclien,  kaum  einer 
besser  als  der  andere.  Dahi.hann  ddn,  gesch.  1,436; 

au«  der  heilloiton  Rchul.     Weckhkrlin  634; 
llere  nun  fconiitc  den  zorn  im  herzen  nicht  borgen,  und  nagte: 
wcicti  ein  wort,  heillo»cr  Krunide,  ba»t  ihi  gc»pro(linn V 

lieRCKR  212'. 

>n  bttug  auf  mmsdäiche  lehren,  handlungen:  unter  der  dirmunge 
'/)  füret  «r  dis  hciius,  ungeschickt  gebet  mit  ein,  diiH 
<h  nirgent  zur  messe  reimet.   Luther  2,  .'iUO';    u  Ae» 

M.1I..-.II  canons,    nnn  sihet  fein,  wie  er  zusainen  getragen 

und  gcrafTt   iil ,  von   ungelerlen  lollen  pfaffen.   dat.    {nachher 

in   dem  verfluchten  canun.  607*). 


b)  aucli  in  verbluszlerem  sinne  böse,  arg,  schlimm:  ach!  sagt 
sie,  da  sie  ihn  (den  söhn)  eiblickle,  du  beilloser  vogel.  was 
macbstu  mir  vor  creuz  und  herzenleid?  Simpl.  4,330  Kurz; 
0  du  lieilloser,  erbärmlicher  prahlhansl  Scii im  er  rautcr  1.2; 
aber  ich  wcisz  selbst  nicht  recht,  woran  ich  bin,  und  die 
heillose  foppt  mich.  Hei.nse /ln/iH<y/(p//y  2,  58.  von  gegenständen 
und  handlungen :  es  ist  ein  beilloses  leben.  Seume  spazierg. 
2.64;  und  da  ereigneten  sieb  gar  beillose  misgriOTe.  H.Heine 
12,60.  sogar  nur  zur  Verstärkung  gebraucht :  das  kostet  heillos 
viel  geld,  oder:  das  kostet  ein   heilloses  geld. 

HEILLOSE.  /".  vuniias,  negligentia.  Maaler  216*. 

HEILLOSIEREN,  rerb.  sich  beillos  («o.  4)  geberden?:  die 
Rennen  und  Schotten  beillosieren  und  schlemmen  oder  haben 
sonst   kein  fried.   Fronsperg  kriegsb.  1, 171". 

HEILLO.SIG,  adj.: 

.loannes  der  heilosig  man  .  .  . 

der  lig  in  starken  banden  gl'angen.     trag.  Juh.  Lvij. 

HEILLOSIGKEIT,  f,  nach  heillos  2,  mangel  an  pflege,  Ver- 
wahrlosung: das  schlosz  Ziraber  ist  uszer  groszer  bailosget 
und  liederlicher  haushaltung  also  verwarluset  worden.  Zimm. 
chron.  2,79,1;  den  {faden)  soll  ein  junkiraw  bei  der  grefin 
uszer  hailoskait  mit  eim  Hecht  haben  abbrennt  und  der  faden 
ins  trüclilin  gebronnen  haben.  80,2;  diser  grälin  ist  ..  ain 
grosze  untrew  in  ainer  apoleke  zu  Frankfort  widerfareu, 
gleichwol  solchs  mer  uszer  groszer  hailos-  und  liderlichkait, 
dann  anderer  gestalt,  beschehen.  385,  5;  ist  das  schlosz 
Ochsenstain  .  . .  uszer  hailoskait  und  verwarlosung  des  ge- 
sinds  uf  dem  berdt,  wie  man  sprucht,  verbronnen.   430,33. 

HEILMACHEND ,  part. :  so  du  im  geiste  wandelst ,  und 
wilst  deinen  werken ,  mit  innerlicher  andacht ,  ein  höheres 
leben  geben,  so  werden  alle  deine  tage  foll  gutter  Verdienste 
sein,  die  sonne  dieses  tages  ist  die  heilmachende  gnade  in 
der  sele.   Bütschky  Palm.   S47. 

HEILMACHER,  m.  l)  heilender  arzt,  in  allgemeinem  sinne: 
heilmacber  medicus  Dasyp. 

2)  fifer  rettung  aus  der  sünde  beuirkl ,  auf  Christus  bezogen 
{vgl.  heiland,  heiler,  heiligmacher) :  heiliger  und  barmherziger 
heilmacber,  ewiger  gott.  Üasler  plenarium  v.  t51S,  l'  {die  aus- 
gäbe V.  1514  liest  heiler);  so  ist  doch  die  rechtvertigung  nit 
geben  worden  den  füszen,  als  dem  punischrich,  sunder  dem 
haubt,  das  ist  Christo  Jesu  unserm  heilmacber.  Gödekes  Gengen- 
bach 392, 11 ;  welche  auch  yn  verkündten  geboren  sein  den 
heilmacber  der  weit.  Frank  wellb.  173';  {die  zeit  in  welcher) 
der  heilmacber  in  seiner  majestat  künRig  ist.  c/iron.  1531 
523';  beut  ist  auch  geboren  der  heilinacher,  welcher  ist 
Christus.  Reiszner  Jcrtis.  2,43". 

HEILMACHIG,  adj.  medicus,  salubris.  Dasyp. 

HEILMACHUNG,  f:  solche  heilmacbung  hat  gott  durch 
mancherlei  geschiebten  erinnert.  Reiszner  Jerus.  2,  7'. 

HEILMANN,  m.  l)  Iwilbringender  mann :  Alexander  ist  auch 
so  vil  gesagt  {nämlich  ah  Ludwig  a/.e^ixnxo^)  i.  e.  helfmann, 
heilmann.  E.  Alberus  Wörterbuch,  daher  =  arzt:  theils  be- 
schränkte er  {graf  Harrach)  sich  auf  die  Schilderung  seiner  prak- 
tischen thäligkeil ,  ärztlicher  Verhältnisse,  merkwürdiger  be- 
rührungen  und  einllüsse,  die  eine  person  der  art  als  Standes-, 
weit-  und   heilmann  erlebt.  Götiik  32, 151.     vergl.  heilfrau. 

2)  in  I^itrnberg  wird  beilmann  ein  irrschniltencs  junges  pferd 
genannt.  Scum.  2, 169.     vergl.  heilen  castruren  sp.  825. 

HEILMITTEL,  n.  heilendes  mittel  im  allgemeinen  sinne:  ein 
hcilmitlcl  wider  das  lieber.     «nfer.vc/iie(/e/i  ro«  heilsmillel,  s.d. 

HEILNACIIT,  f  nox  salutifera,  poetisch  für  chridnacht.  Stie- 
ler 1322. 

HEILORT,  »I.  1)  ort  wo  der  kranke  heil  findet:  die  vei- 
schiedeiien  vulkerschaRen,  welche  an  einem  solchen  beilorl 
{(Karlsbad)  zusamnienIrcITen.  Göthe  32,34;  in  freierem  sinne: 
kann  ich  in  ihren  armen  eine  moglichkeil  fühlen,  mich  vun 
ihr  zu  trennen?  und  doch,  ich  werde  fern  von  ihr  sein, 
werde  einen  beilorl  für  unsere  liehe  suchen,  und  vicrde  sie 
immer  mit  mir  haben.   Is,  110. 

2)  heil-  Schulz    und  nncblorl,  asylum.  Stieler  1305. 

HKILI'FKRI),   »I.   vnsrhniltenes  junges  pferd.  Scim.  2,10«. 

HEILI'FLASTKU,  n,  heilendes  pflaster :  sie  machen  es  wie 
ein  rasender  patieiit,  welcher  un  stall  eines  heilpllaslers 
spanische  lliegen  auf  seinen  schaden  begehret,  interim  182. 
Stiei.er  meint  unter  lieilpflaster  das  rmplastrum  opodeldoch 
l'ararrlsi,  il.  ntrinum,  49». 

HKILPFISCHKH,  m.  ärztlicher  pfu*chrr:  der  proloniedikiK 
b'.lt   .l.p   I iM'.ii.i.i-.hcr.  J.  Raul  Stebenko*  4,75. 


849 


HEILPROFEZEIER — HEILSAM 


HEILSAM  —  HEILSTÄTTE 


850 


I 


HEILPROFEZEIER,  m.: 

0  dichtergenosse,  profetischer  vogel  {schwan), 
sei  heute  dem  dichter  ein  heilprofezeier! 

RccKERT  ges.  ged.  1,  476. 

HEILQüELL,  m.  hälender  quell :  heilquell,  fons  salutis  Stie- 
ler 1493;  wie  die  kranken  zum  heilquell  steigen.  Hölderlin 
Hyperion  2  (1799)  120. 

HEILQUELLE./',  dasselbe:  sie  (di>  J«u/"W)  vergiften  die  neuen 
hcüquellen.  H.  Heixe  3,  70. 
HEU.REICH,  adj.: 

des  herren  wort  ist  wahr,  und  sein  heilreiche  red 
ist  ewiglich  gewis  zu  wehren.    Weckherlik  6S; 
der  hailreich  höllyerstöhrer.     Ro»pler  40. 

HEILROSS,  n.  verschnittenes  junges  pferd.  Schm.  2, 169. 

HEILSALRE,  f. :  heil-  sive  wundsalbe,  balsamus  vulnerarius. 
Stieler  1673. 

HEILSAM,  adj.  und  adv.  salutaris,  salulariler,  ahd.  heilsam 
und  heilesam,  mhd.  heilsam. 

1)  heilbringend,  heilend,  ton  personen:  ein  gottloser  böte 
bringet  unglück,  aber  ein  Ireiier  werber  ist  heilsam,  spr.  Sal. 
13,17;  einem  helfen  oder  heilsam  sein,  saluti  esse  alicui. 
Maaleb  216*; 

alles  was  heilsam,  was  löblich  sich  nennet, 
was  sich  selbst  herrlich  und  witzig  bekennet, 
kumme  mit  eile  den  fehler  zu  büszen, 
lege  der  fürstin  sich  nieder  zu  füszen.    Locad  3,  212; 
es  ist  ein  heilsam  arzt,  der  solche  salb  ertbeilt.    217; 
die  ihr  felsen  und  bäume  bewohnt,  o  heilsame  nympben, 
gebet  jeglichem  gern,  was  er  Im  stillen  begehrt. 
GÖTBB  2,  130. 

ton  menschlichen  körperlheilen :  heilsame  bände,  manus  medicae 
Steinb.\ch  1, 724  {etwa  eines  arztes) ;  bildlich,  in  bezug  auf  seelen- 
ivunden:  wer  unvorsichtig  er  aus  feret,  sticht  wie  ein  schwert, 
aber  die  zunge  der  weisen  ist  heilsam,  spr.  Sal.  12,18;  eine 
beilsame  zunge  ist  ein  bawm  des  lebens.  15,  4. 

2)  von  arzneimitteln,  genesung  betiirkenden  dingen :  Marcianus 
spricht,  daj  der  stern  (Jupiter)  zuo  allen  dingen  heilsam  sei 
und  tcEtleichen  dingen  gesuntheit  pring.  MEfiEXBERG  57,19; 
sein  {des  auerrindes)  gall  ist  auch  hailsam.  123,16;  da?  da; 
tier  mit  seinem  smalz  heilsam  ist.  134,2;  heilsames  kraut, 
herba  medicinalis  Maaler  216';  aber  was  ist  disz  für  ein  spe- 
cies  der  medicin ,  wann  einer  am  haupt  krank  were,  und 
wolle  die  füsz  unten  her  mit  heilsamen  oel  bestreichen? 
ScHDPPiDs  747;  ich  will  dich  nicht  umsonst  aus  meines  bru- 
ders  doctorkästchen  gestohlen  haben,  heilsames  gift!  GOthe 
8,197; 

da  in  der  püchsen  bah  ich  ein  hailsame  salben. 
fastn.  sp.  768,  21 ; 
möchte  mir  [gotl] 
ein  heilsam  kraut  entdecken.       Göthe  9,235; 
wo  heimlich,  seit  urjabren  unermüdet, 
heilsam  gewässer  durch  die  klüfte  schleicht.    13,  255; 

adverbial: 

weil  mit  heilsam  beiszer  schale 
die  genesung  ihm  begegnet.    241. 

bildlich:  ich  will  den  beilsamen  kelch  nemen.  p£.  116, 13;  den 
heilsamen  unerschöpflichen  brunn  deiner  göttlichen  barm- 
herzigkeit.  Scbüppiüs  444. 

3)  heilsam  von  einem  ort  an  dem  heilung  zu  erlangen  ist: 

so  vielen  segen  nimm  mit  fort 

von  dem  heilsamen  schönen  ort  {Carlsbad).     Göthe  56,44. 

4)  heilsam  in  geistlichem  und  moralischem  sinne,  von  lehren, 
ratschlagen,  einrichtungen  u.  dhnl.:  wesen  ungesceiden  an  so 
heiUamemo  wercbe.  Notker  ps.  33  [Hattemer  2.113");  heil- 
sammer  und  nützlicher  raat,  consilium  salubre  Maaler  216"; 
heilsamme,  trostliche  uad  kreflige  wort  darvon  ein  krankner 
gsund,  und  ein  todter  auferweckt  wirt,  verba  salubria.  das.; 
er  hat  in  (der  vater  den  verlorenen  söhn)  heilsam  oder  gnedig- 
lichen  empfangen.  Keisersberg  pos/«7i  (1522)  2,50*;  lere  mich 
heilsame  sillen  und  erkentnis.  ps.  119.66;  die  lippen  der 
gerechten  leren  heilsam  ding.  Sprüche  Sal.  10,32;  denn  sie 
halten  ein  heilsam  zeichen ,  auf  das  sie  gedecbten  an  das 
gebot  in  deinem  gesetze.  veish.  Sal.  16,6;  ein  gottfürchtiger 
redet  allezeit  das  heilsam  ist.  Sir.  27,12;  so  etwas  mehr  der 
heilsamen  lere  wider  ist.  \Tim.  l,  lO;  bei  den  heilsamen 
Worten  unsers  herrn  Jhesu  Christi.  6,3;  halt  an  dem  fur- 
bilde  der  heilsamen  wort,  die  du  von  mir  gebort  hast.  2  Tim. 
1,  13;  es  ist  erschienen  die  heilsame  gnade  gottes  allen 
menschen.  Tit.  2, 11 ;  ich  glaub  dasz  mit  diesem  gedieht  das 
BpitzQndige  geschlecht  der  poeten  die  potentatea  habe  wollen 

IV.  n. 


ermanen,  wie  sicher  und  heilsam  es  ihnen  seie  desz  pöfels 
gemeinschaft  zu  bekommen  und  zu  behalten.  Schcppids  747; 
für  Sultane  sind  diesz  heilsame  bilder,  um  sie  zuweilen  an 
ihre  menschlichkeit  zu  erinnerH.  Hei.nse  4rding/ieWo  2,  S8 ;  den 
Versprechungen  heilsame  schranken  setzen.  Gotter  3,64;  sie 
(die  katholische  veltansicht)  war  notwendig,  als  eine  heilsame 
reaktion  gegen  den  grauenhaft  kolossalen  materialismus. 
H.  Hei.ne  6,  21 ; 

der  heilsame  verstand,  dasz  einer  züchtig  lebe, 
niemanden  schaden  tbu,  und  jedem  gleiches  gebe, 
ist  nöthig  als  wol  was:  doch  steht  es  gleichwol  frei 
zu  setzen  kunst  und  witz  durch  die  poeterei. 

LoGAU  1, '' 


i; 


gott  ist  der  herr,  und  seinen  segen 
veriheilt  er  stets  mit  weiser  band ; 


nicht  so,  wie  wirs  zu  wünschen  pflegen, 

doch  so,  wie  ers  uns  heilsam  fand.    Gellert  2,172; 

musz  ich  denn  wieder  diesen  schmerz  als  gut 

und  heilsam  preisen?  Göthe  9,  175. 

adverbial :  haben  den  für  einen  grewel ,  der  heilsam  leret. 
Arnos  5, 10. 

5)  heilsam  endlich  in  passivem  sinne,  was  zu  heilen  tst :  heil- 
sam, zu  heilen  und  zu  gneeren  leicht  und  kommiich,  sana- 
bilis  Maaler  216*;  ungern  heilsame  geschwär  zu  heilen.  Sebiz 
feldbau  95;  unheilsame  krankheit,  morbus  desperatus  Stieler  S18. 

HEILSA.ME, /■. /i«7eni/e /cra/1 ;  die  heilsame,  die  im  menschen 
ist,  heilet  allein.  Paracelsds  Chirurg,  sclirißen  (1618)  3.  mlid. 
heilsame  heilung  Lexer  1, 1214. 

HEILSAME.N.  rerft. ;  durch  deinen  samen  sollend  alle  Völker 
geheilsamet  (Lother:  gesegenet,  vulg.  benedicentur)  werden. 
Zürcher  hibel  1530  14*  (l  Afos.  26,14). 

HEILSAMIGKEIT,  f.  salubritas:  wiewol  alle  erzney  sein  er- 
funden worden  zu  heilsamigkeit  der  menschen.  A.  v.  Eybe  44*. 

HEILSA.MKEIT,  f.  salubritas.  Dastp.  ;  salvatio  heilsamkeit 
Dief.  509';  sanclilas  heilsamkeit  510'; 

dasz  anders  gar  nit  ist  dann  die 
kraft  goies  die  uns  armen  hie 
ein  heilsamkeit  eim  ieden  ist. 

Schade  tat,  u.  pasqu.  1,  21,  55; 
0  du  quell  der  beilsamkeit, 
du  berühmbter  arzt  der  glieder. 

Opitz  2, 14  (vum  Warmbrunn  in  Schlesien). 

HEILSAMLICH,  adj.  und  adv.  salubris ,  salubrüer  Maaler 
216*;  es  mag  auch  das  kraut  nützlich  und  heilsamlich  zu  den 
wundtränken  gebrauchet  werden.  Tabersaem.  122;  es  mögen 
auch  junge  kinder  diesen  zucker  heilsamlich  gebrauchen.  451; 
das  er  gotles  gegenwart  heilsamlich  betrachten  und  sich 
dardurch  trösten  kan.  Bdtschkt  Palm.  503 ;  Cäsarn  schössen 
für  griram  hierüber  die  thränen  aus  den  äugen,  und  er  wüste 
nicht  vernünftig  zu  entschlüssen,  was  er  heilsamlich  thun 
solle.  Lohenstein  Arm.  1,1006; 

das  zwergfeil  heilsamlich  erschüttern.     Gotter  1,418. 
Dastp.  schreibt  heilsamklich  salubriter,  vas  auf  eine  nebenform 
heilsamiglich  iceist. 

HEILSANEIGNÜNG,  f.  in  christlichem  sinne:  nicht  die  kirche 
kann  dir  unmittelbar  das  heil  aneignen,  sondern  das  einzige 
Organ  der  heilsaneignung  ist  der  glaube,  evangel.  kirchenzeitung 
1867   s.  547. 

HEILSANSTALT,  f.:  die  universelle  tendenz  der  christ- 
lichen heilsanstalt.  Winer  bibl.  realicörlerb.  (2.  aufl.)  1,  84. 

HEILSCHÜLE,  f :  heilschule  für  pferde  nnd  andere  haus- 
thiere.  Göthes  briefe  an  Voigt  367. 

HE1LS.MITTEL,  n.  im  christlichen  sinne,  mittel  zu  dem  einen 
ewigen  heil,  gnadenmiltel :  daran  aber  hängt  wiederum  die  lehre 
von  den  heilsmitleln,  wort  und  sacrament.  Gradl  die  unler- 
scheidunqslehren  s.  12. 

HEILSORDNDNG,  f.  Ordnung  für  das  evige  heil:  diese 
Schwierigkeit  kann  nur  durch  anhaltende  eingewöhnung  in 
die  heilsordnung  .  .  .  überwunden  werden,  evangel.  kirchen- 
zeitung 1866  s.  749.  t'i»  freiem  sinne:  es  hat  ...  diese  heils- 
ordnung, dasz  sich  mädchen  bei  uns  allemal  wie  gesuche 
bei  fürsten  in  duplikaten  einreichen  müssen ,  offenbar  die 
absiebt,  sie  alle  an  einander  zu  gewöhnen.  J.  Pacl  Hesp. 
3,  192. 

HEILSTATT,  f.:  heil-  nw  zuflachtstatt ,  asylum.  Stieler 
2113; 

sie  suchen  hellstet  pey  den  Juden,     fastn.  $p.  1320. 

HEILSTÄTTE,  f.  stalte  zur  genesung  oder  retlung:  daher  sie 

auch ,   wenn    sie    angefochten  und  gedrungen  werden ,    kein 

I   besser  Zuflucht   und   heilstete   haben,    denn  diese  sprfiche. 

54 


851 


HEILSTREICHEND  —  HEILTHUM 


HEILTHUM  — HEILUNG 


852 


Ldtheb  1.59',  man  sa(jl  von  einfm  kranken,  er  suche  heil- 
stä  leii.  wenn  er  kurx  vor  dem  tode  unruhig  wird  und  auf  eine 
andere   stalle   yebiaclU   sein   wiUj   tco  er  sich  besser  zu  befinden 

hu/p.    AOEI.I-NG. 

IIEILSTKELCHEND,  part  :  etliche  gelerlen,  so  wegen  ihrer 
slixiKt  eiuas  iicidiger  und  heilstreichender  seind  dann  an- 
dere eiiiliillige  und  wolmeinende  personen.  Thdrneiszer  nol- 
gedr.  aus.-clneilien  (töS4)  vorr.  s,  2.     vergl.  dtis  folgende. 

HEILSTKEICHER ,  m. ;  dieser  heilsireicher,  falscher  ver- 
reitei.  Thürnei<zer  a.a.O.  2,68.  mü  dem  adjeäiv  heilstrei- 
chen<ch:  deihnlb  er  mich  heilstreicherischer  weisz  goheten, 
1,  'S.  —  heil  scheint  nicids  als  rerslüninieluny  von  hehl,  und  heil- 
streuhtT  Infi  im  sinnr  mit  hehlschleicher  sp.  7S9  zusammen. 

HEILSVEHKUNDIÜÜNG.  /.  Verkündigung  des  (ewigen)  heils: 
güiips  strulmihiil  in  der  genesis  ist  golles  erste  heilsver- 
kü[iili)!iiriß.   Kritzleb  humaniläl  u.  dtrulenlhum  2,  94. 

HEILSWEG,  m.  weg  des  (ewigen)  heils:  der  glaube  an  die 
hilifl  als  gdites  vvort  entsteht  erst  dadurch  in  mir,  dasz  sie 
denselhen  heilsweg  bezeugt,  der  in  meiner  persönlichen  er- 
falnung  sich  als  der  wahre  bewährt  hat.  evangel.  kirclien- 
ieitiiiiii   t8<>T   S.  539. 

HEILTHÄTIG.  adj.  Ihilig  zur  genesung:  die  natur  des  kranken 
bewit'-;  sii  h  riclh<t   als   heillliätig. 

HEILTH.\T1GKEIT,  f.:  die  heillhätigkeit  des  Organismus 
in   kiiinUifiien,  Jenaer  Hl.  zeilunq  18-15  i.  lO.iö, 

HEILTHUM.  n.  ll  reliquie  (der  nach  dem  kalholischen  glauben 
heil  ünngcnde  kraß  inwuhnt).  gewöhnlich  ist  das  worl  callecliv 
gebraucht  : 

mild,  er  hie;  mit  riüchea  siten 
in  der  selben  stat  enmiten 
gote  ein  münster  maclien  .  ,  . 
daz  bicj  er  mit  heihuonie 
woi  zieren  unde  wilien  sä.     Bnrlaam  340,  10; 
ein  knppelle,  da  man  inne  sanc, 
mit  heiituom  wol  beraten,      virginal  127,  6, 

nhd.  neben  dem  eigenllichen  auch  in  freiem  sinne:  das  creuz  ist 
biisz.  so  es  aber  erkandt,  recht  gefaszt  und  gcküszt  wirt, 
ists  ei'el  heilthumb,  das  den  menschen  golt  behaglich,  zum 
ewigen  leben  einfiirt.  Acr.  spr.  135*;  also  ist  einem  Christen 
die  ganze  well  eitel  heillhum,  reinigiieit,  nutz  und  frumen, 
Lcther  2,  3ü9*;  (die  päpsle  und  bischüfe  würden)  wo  etwa  ein 
stuiikhart  inen  aus  dorn  bauch  entfüre,  oder  ire  stinkende 
füsz  und  schuch,  uns  für  heiltuin  zu  küssen  geben,  wie  sie 
mit  der  todten  gebeine  und  unfletigen  hoddeln  zuvor  geihan 
haben.  6,324*;  rhümen  und  tragen  sich  mit  den  heuiitern 
Peiri  und  Pauli,  weisen  die,  und  hallen  sie  für  gros  heil- 
Ihnni.  8.276';  aber  das  ist  das  recht  heillhum,  das  wir  nicht 
allein  Paulum  und  seine  episteln,  sondern  auch  die  pro- 
pheten  und  apostel ,  ja  den  herrn  Christum  selbs  haben  in 
der  Schrift,  das.;  die  da  s.  Pauli  episteln  hören  oder  lesen, 
die  briren  und  sehen  den  heiligen  apostel  Paulum  selbs,  das 
ist  recht  heillhum,  das  ist  mir  lieber,  denn  das  beinen  oder 
hüitzene  heilllinm.  welches  vom  teufel  erdacht  und  erfunden 
ist  ...  ich  wil  wol  sagen,  das  es  nicht  heiligen,  sondern 
pferde  bcin,  irgend  von  einem  schindeleich  sind,  das.,  vergl. 
die  weiteren  ausführunyen  277';  heillhum,  das  man  am  hals 
tragt,  amulelum,  bulla.  voc.  von  1735  bei  Schm.  2,170; 

werft  das  heilthumb  und  die  perlein 
nicht  IQr  die  buiide  und  die  scinvein. 

H.  Sachs  4,  1,  78"; 
all  ein  bochgeweihtäs  hcilthum. 

TiECK  ijes.  no».  10,  291. 

auf  das  beilthum  iiird  geschworen  (vgl.  heilig  3,  d  sp.  831) :  soll  er 
schweren  zu  gotl  und  uf  sanct  Pirmans  heilthumb.  icm(/i.5,000; 

li  biM  ir  herze  unde  ir  hant 

TOrhtlirlie,  als  e{  Ir  was  gewant, 

dem  heiltuome  und  <lem  eide.     Tri»lan  394,  3. 

heillhum  ist  auch  die  gewHhle  hoslie  in  der  monsiranz:  darnach 
haben  sie  uns  (beim  abendmohl)  die  eine  geslnit  deit  wein« 
gar  genomen  ,  .  ,  mit  der  weise  möchten  sie  uns  auch  die 
andere  geMail  nemen.  und  die  ledige  mnnstranzen  für  hcil- 
Ihnm  zu  küssen  geben.  Lother  1,338';  von  hislorien  sagt  er 
(S  Fiank),  nie  seien  in  die  poeiereien  gefasset  wie  ein  hetl- 
Ihiinib  in  ein  monstranz.  Zinkcref  apophlh.  I,  2(J7. 

heillhum  hritzen  ferntr  geyemtnnde  heidnischer  Verehrung:  sie 
Inigen  die  bilder  der  güller  und  bciithuinb  mit  inen,  buch 
der  liebe  22n'; 

{■Irr  TUrka  »prichi)  was  teitlu  mir  vom  alchorao, 
nutrhii  liAtb  Ich  gaiii  für  bellum  hnn, 
dann  Macbomet  liui  en  unn  geben, 

P.  Ctncynkiu   107    !i:,4   r.Mi*i> ; 


nachdem  du  hast  bei  tag  und  nacht 
die  gniter  dir  zuwidcrn  gmacht,  .  .  . 
und  ir  heiiihumh  gar  olt  entwicht, 
davor  leid,  was  dir  jetzt  geschieht. 

B.  Waldis  Esop  1,  15,  19. 
s.  heiligthum  2,  b  sp.  845. 

2)  heillhum  werden  die  reichskleinodien  genannt,  sofern  sie  aus 
reliqiiien  bestehen  (s.  heiligthum  2,e  spBih):  dieser  Cunral  hett 
grosze  andacht  zu  dem  allerwirdigsten  hohen  und  kaiser- 
lichem heiltnmb,  das  von  alter  allweg  ein  römischer  kaiser 
mit  im  zu  einer  besondern  beschirmung  des  reichs  füeret, 
zu  dem  creuz,  zu  der  lanzen  oder  sper,  zu  dem  nagel  und 
andern  groszen  stucken,  d.  slddlechron.  3.  92,  IG;  die  fürsten 
waren  milier  und  tedingten ,  dasz  sie  (kniser  Ludwigs  söhne) 
sollen  das  hailtumh  anlwurlen  gen  Nurenbcrg  in  dem  negsten 
aprillen.  also  brachten  sie  dasselb  das  ist:  krön,  dorn,  sper, 
nagel  und  das  lebenhaflig  creuz  mit  andern  stucken,  die  von 
aller  ein  kaiser  bei  im  gehabt  het  an  seiner  seilen.  155,  5, 
auch  der  tag,  an  dem  diese  kleinodien  jährlich  dem  volke  gezeigt 
wurden,  hicsz  heillhum:  am  monlag  vor  dem  heillum.  2,213,8; 
am  sunlag  nach  dem  heillum.  216, 1.  das  yerüst,  auf  dem  die 
kleinodien  bei  der  Schaustellung  lagen,  war  der  heillhuinstuhl: 
wenn  sie  den  heillumslull  wider  abprechen  auf  dem  uiarkt. 
TucHERs  baumeisterb.  43,28;  das  gehülz  zu  dem  heillum  stull. 
126,  27. 

3)  heillhum  für  das  stift,  in  dem  die  gebeine  des  heiligen 
verwahrt  werden  und  dem  es  geweiht  ist  (s.  heilig  3,  c  sp.  831): 
als  bald  ain  kint  gebairin  (/.  geboren)  wirt,  so  ist  es  dem 
haillon  und  dem  golzhus  schuldig  truw  und  warhait.  wcislh. 
4,490  ist.  Blasien  v.  1383);  sie  sont  dem  haillon,  aim  apl 
und  dem  golzhus  gehorsam,  gelruvv  und  hold  sin.  491. 

HEILTHLMFÜHRER,  m.  reliquienhändler : 

des  glychen  dönt  die  heiltöm  fürer, 
stürnenstoszer,  stazionierer, 
die  nyenant  liein  liirchwih  verligen, 
uf  der  sie  nit  ölTlich  usz  scbrigen 
wie  das  sie  füren  in  dem  sacl< 
das  bew,  das  tief  vergraben  lagk 
under  der  kripf  zu  Betilehein,  u.s.w. 

Brant  narrensch.  63,  ll  ff. 

HEILTHUMHAUS,  n.  sacristei,  sacrarium.  Maaleb  221'. 

HEILTHL'MKASTEN,  »i.  lipsanotheca.  voc.  von  1735  6e»  Schm. 
2,  170. 

HEILTHUMZEIGER,  vi.  hierophanla.  Dasyp, 

HEILTHLMZEIGÜNG,  f.  sciiaustelluag  von  reliquien.  Schm. 
2, 170. 

HEILTRANK,  f?i.  heilender,  genesung  fördernder  trank: 

auch  von  dem  beiltrank, 
welchen  am  boffnungscap  die  tropische  sonne  gekeltert. 

Kosegarten  Jucunde  (180S)  93; 
auf  dem  tische  stand  ein  kühler 
beiltrank,  standen  arzeneien.    Scqeffju.  trompeter  187. 

HEILTROPFEN,  «i.  arznei  in  tropfen:  den  bittern  heil- 
troplen.  J.  Paul  dämmerungen  99. 

HEILTRÜNK,  «!..•  der  könig  zohe  herzog  Gotlwalden  und 
mich  zu  seiner  und  der  rcichsrälhe  tafel,  er  trank  aber  nicht 
ehe,  als  bisz  der  oberste  priester  kam,  und  aus  dreien 
güldenen  hörnern,  darauf  allerhand  sinnenbildcr  nusgeetzl 
waren,  dem  könige  den  ersten  trank  in  weine,  zu  ehren 
des  segnenden  Thor,  den  andern  des  die  feinde  stürzenden 
Othin,  den  diidcn  der  fruchtbaren  Freja  zutrank,  denn 
dieses  waren  ...  die  nothwendigsten  heil  trinke.  Loben- 
stein ylrni.  2,  884'. 

HEILUNG,  f.  sanatio.  curatio,  mhd.  beilunge  (I.exer  t,12l5), 
nach  den  ver.Khiedenen  bedeutungen  von  heilen  in  verscliicdenem 
Minne  entwickelt. 

1)  befreiung  von  körperlichen  leiden:  heilung,  das  oriniii, 
medicalio  Maaler  22l';  es  köuipt  auch  oft  durch  (Ihle  hei- 
lung, dasz  eine  wunde,  nachdem  sie  schon  eine  geraume 
zeit  geheilet,  wieder  schmerzen  macht.  Agricoi.a  neue  feld- 
fcherkunsl  (\'0\)hh\  die  heilung  eines  kranken  vom  flcber  ist 
oft  schwielig;  die  heilung  der  krebsgeschwürc  glückt  selten ; 

hat  er  jene  weiiiheit  erfunden,  die  Mose«  verachten, 
und,  durch  sündiger  kranken  heilung,  den  »obhath  enlwoihn 
lehn.     KLorsTO«  4, IM; 
■ch  I  loll  Ihm,  vielleicht, 
dar  edlen  glleiier  gransume  vfrsiummlung. 
verlud  »laii  heilung,  angekündigt  werden?    GAthi  0,342. 

I.BssiNC  will  heilung  nur  in  beschninktetn  sinne  anyewrndä  wissen : 
beilung  kann  nur  von  ttuszerlichen  scbfldeo  getagt  werden. 
5.  805. 


853 


HEIL13G  —  HEILÜXGSMITTEL 


HEILÜNGSSAFT  —  HEILWÄRTIG 


854 


2)  heilung  auch  das  mülel  womit  ein  leiden  geheilt  icird: 
heilung  remedium  {neben  curalio)  Dastp. ;  ein  gut  remedi  für 
den  durst?  ist  ein  gute  heilung  für  den  hundsbisz,  lauf 
allzeit  nach  dem  bund,  so  beiszet  er  dich  nimmer  wund. 
Garg.  10l\ 

3)  heilung,  das  erlösen  von  der  sünde:  sahatio  beilunge 
DiEF.  509'. 

4)  heilung,  befreiung  von  seelischen  leiden:  ich  bitte  dich, 
lege  den  kummer  dieses  mannes  meinem  herzen  nicht  gar 
zu  nahe,  da  ich  ihm  doch  nicht  helfen  kann,  könnte  ich 
diesz,  so  möchtest  du  ihn  immer  noch  quälender  schildern, 
denn  in  seiner  heilung  fände  ich  ja  wiederum  linderung. 
Ki.i56£B  7,131; 

und  für  die  kränkungen  der  Trirklichkeit 
sucht  man  sieb  beilung  in  des  dichters  träumen. 
Uhla:«o  ged.  1U3. 

5)  heilung ,  rcltung  cor  gefahr  und  widrigen  äuszeren  Ver- 
hältnissen : 

wie  meine  trübsal  sie  ergötzet, 

wie  meine  beilung  sie  verletzet.     Weckheriit«  154, 

6)  nach  dem  intransitiven  heilen  {sp.  825)  hat  heilung  oß  auch 
den  passiven  sinn  des  hcilwerdens,  der  genesung  von  körperlichen 
oder  seelischen  leiden  :  heilung  oder  zuwacbsung  der  wunden, 
glutinalio  vulneris  Maaler  221* ;  will  vonnöthen  sein,  dasz  man 
die  wunden  auch  durch  einen  gebührlichen  wundtrank  säu- 
bere, und  zur  heilung  befördere.  Acricolä  neue  feUscherkunst 
(1701)  s.  184;  die  wunde  zu  keiner  beilung  kommen  lassen. 
199 ;  die  heilung  schritt  rasch  genug  vor.  Holtei  Lamm- 
fell 24. 

HEILUNG,  f.  rerschneidung,  eviraüo,  caslratio.  Maaler  216*. 
veryl.   heilen  sp.  825. 

HEILUNGSART,  /. .■  die  krankheit  rieb  alle  ohne  unter- 
schied der  naturen  und  der  heilungsarten  auf.  Heilmax 
Thucyd.  238. 

HEILÜNGSARZT,  m.: 

ist  ein  zauberkundiger,  ist  ein  heilungsarzt, 
der  ohne  die  hülle  Zeus  zu  mildern  vermag 
meine  quälen?  Stolberg  14, 144. 

HEILUNGSHAND,  f.: 

in  die  heilungshand  der  göttersöbne  dich 
zu  werfen.  14,  335. 

HE1LU"NGSR0STEN,  pl:  ein  verwundeter  kann  beilungs- 
kosten   fordern.  Hopf.ners  commentar  (1818)  764. 

HEILUNGSKRAFT,  f.:  groszen  dank  verdient  die  natur, 
dasz  sie  in  die  exi«(enz  eines  jeden  lebenden  wesens  auch 
so  viel  heilungskraft  gelegt  hat,  dasz  es  sich,  wenn  es  an 
dem  einen  oder  dem  andern  ende  zerrissen  wird,  selbst 
wieder  zusammenflicken  kann,  und  was  sind  die  tausend- 
fälligen religionen  anders  als  tausendfache  äuszerungen  dieser 
heilungskraft?  Göthe  an  Lavaler  152;  er  merkte  aber  bald, 
dasz  nicht  seine  lippen  offizinell  wären,  sondern  seine  band, 
deren  heilungfcräfte  durch  berühren  einwirkten.  J.  Pacl  6»«^. 
belust.  1,  52 ;  der  glaube  an  heilungkrafl  der  krieggifle.  däm- 
merungen  64; 

durch  die  beilungskraft  der  zeit 
von  allen  regungen  der  eifersucbl  befreit. 

Hageoor:«  2,  lUO; 
minnesold  hat  aller  leiden, 
aller  leiden  heilungskraft.      Borger  17*. 

HEILüNGSKUNDE,  f.  ars  medendi.  Escheäbchg  handb.  der 
class.  liUeratur  (1:92)   236. 
HEILUNGSRUNST,  f.: 

um  dem  Hippocrates  getreulich  nachzuleben, 
rausi  keine  neuerung  die  heilungskunst  entweihn 
Hagedors  2,  97; 
die  in  der  heilnngskunst  gewandt, 
sind  andrer  meinung,  als  Purgant.     107. 

HEILL^'GSLABSAL,  n.: 

du  wärst  mir  zwar  ein  becher, 

Ton  heilungslabsal  voll.    Bürger  120*. 

HEILüNGSLEHRE,  f.  lehre  von  der  heilung  der  Krankheiten. 

HEILUNGSMITTEL,  n.:  alle  heilungsmittel  eines  Hippo- 
krates  sind  vergeblich,  wo  die  natur  sich  nicht  selbst  hilft. 
HfitisB  Ardinghello  2,  289 ; 

mochte  mir  (goti) 
ein  beilsam  kraut  entdecken,  einen  trank, 
der  deinem  sinne  frieden  brächte,  frieden  un«! 
das  treuste  wori,  das  von  der  lippe  Oiesit, 
das  schone  beiluiigsmittel  wirkt  nicht  mebr.    Götbb  9,  236. 


HEILUNGSSAFT,  ro.; 

und  (der  enget)  träufelt  unsichtbar  die  fiüssgen  kräfte 

iu  ein  gefäsz  voll  edler  heilungssäfle.       Gries  Tisso  11,73. 

HEILVERRCNDERIN,  f.  verkünderin  des  (ewigen)  heiU: 

tninkne  blicke,  die  entzückune  straien, 
danken  dir,  o  beilverkünderin! 

MATTHisso:f  ged.  122  (in  Laura,  aU  sie 
Klop>locks  auferstehuiigstied  tang). 

HEILYERSÄÜMT,  pari.: 

vergebens  ich  verzehre 
die  heilversaumbte  zeit. 

ScB^ÖFFls  mirant.  ftötlein  (16S2)  25, 14. 

HEIL  WAG,  m.  heilbringendes  wasser ;  es  ist  das  wasser,  was 
zu  heiligen  zeilen  um  mitternacht  gesciurpfl  wird,  tergi  mylhol. 
551/'.  mhd.  heilawäc,  heihväc,  heilwEege  Leier  l,  1212;  dasz 
Dieszend  brunnenwasser,  so  man  in  der  h.  weinacht  so  lang 
die  glock  zwolfe  schlägt  samlet ,  und  beilwag  genant  wird, 
ist  gut  wider  das  nabelwehe.  Philander  l,  483. 

HEIL  WÄRT,  adj.  auf  das  heil  zielend,  zum  heile  gereichend, 
heilsam:  das  heilwert  kreuz  gegen  die  Türken  beschiroMiL 
Regensb.  chron.  bei  Scan.  2, 170 ; 

Heilwärt.Ädelwebrt  sind  namen, 

die  ror  lürsten  löblich  kamen. 

ist  recht  christenthum  dabei, 

weisz  ich  nicht,  was  schöner  sei. 

LoGAU  3,71,81  (ron  einem  jungen  prinsen, 
Chiistiun  Albrechien). 
hJußger  ist  die  erweüerte  form 

HEILWÄRTIG,  adj.  in  demselben  sinne,  namentlich  im  15.  16. 
l'.jahrh.  viel  gebraucht:  salubris  hailwertig  Dief.  nw.  gloss.  325*; 
beihvertig.  salcus,  salutaris  voc.  ine.  leul.  i2';  heilwärtig  salu- 
taris  Stieler  2439;  von  personen :  ein  frommer  mann  ist  an 
viel  orten  beilwerdig.  Lehmann  2,110;  ton  dingen:  in  derzeit 
der  Sicherheit  beilwertige  arzneien  bereiten.  Lcther  1, 2i4*; 
gewöhnlich  von  den  göttlichen  gnadenmilleln :  {ein  wunder)  ver- 
kündend die  heilwertig  gnad,  allen  menschen  erscbinen. 
S.  Frank  cliron.  1331  126*;  es  ist  viel  besser,  das  man  menschen 
Stiftung  und  Satzung  veracbt,  .  .  .  denn  das  man  sich  an 
diesem  heilwertigen  sacrament  der  göttlichen  majeslet  ver- 
greifet. LcTHER  2,48*;  mein  sönlein  unter  meinem  herzen 
fület  auch  seine  beilwertige  band.  Mathesids  Mst.  von  Jesu 
Christo  1,31*;  damit  nu  jederman  dise  beilwertige  lere  an- 
neme.  Sarepla  65*;  s.  Paul  hat  zuvor  gesehen,  dj  es  dahin 
komen  würd  das  wir  hindan  gesetzt  die  hailwertigen  baubt- 
artikel.  Melanchlhons  anweisung  in  die  heil,  schriß  deutsch  von 
Spalatincs  (1523)  6;  wer  diesz  ..  allerheilwärligst  gebot  ver- 
schmächl.  LcTHEB  6r.  1,409;  das  beilwertige  wort,  tischreden 
292';  von  wegen  seines  beilwärligen  gottesworts.  citurf.  Joh. 
Friedrich  in  MelancJiUwns  werken  (v.  Breischneider)  5,747;  gottes 
beihvertiges  wort  hette  er  gern  aus  der  weit  getrieben,  ein 
lustig  gesprech  der  teufet  (1542)  b  l';  dasselbige  beilwertige  gottes 
wort  und  liebe  evangelium.  J.  Greff  Lazarus,  vorreden'; 
aber  die  weil  gotl  sein  wort  daruff  wirfet,  nemlich  das  (wer 
die  schlänge  wirdt  ansehen ,  der  würdt  gesund  werden)  da 
machet  das  wort  aus  der  ehernen  schlangen  ein  geistliche 
beilwertige  schlangen.  Agricola  136  gem.  fragstucke  (1528)  d7*; 
Jesus  ist  das  heilwartige  kräutlein  caryopbyllata,  sonsten 
sanamunda  genannt,  welches  alle  gebrechen  heilet.  Otho  103; 
der  tag  der  beilwärligen  geburt  Jesu  Christi.  Bctschkt  Pat- 
fnos  51;  er  kan  geistliche  waffen  und  beilwertige  speise  daraus 
{aus  dem  gebetbüchlein)  nehmen,  hochd.  kanzellei  738;  beilwer- 
tige reliquia.  Schm.  2,170; 

gottes  heilwertiges  wort  bette  er  gern  ausz  der  weit  getriben. 
Schade  sat.  u.  pasqu.  1, 62, 248. 

heilwertig  machen,  salvare  voc.  ine.  theuL  i2';  der  sabbat 
machet  heilwertig.  S.  Frank  wellb.  123\  adverbial  heilwärtig 
anschauen,  so  dasz  es  zum  heil  gereicht: 

gönne  [es  ist  ein  gebet  an  die  Themis)  dasz  ich  dir  zo  ehren  . . 

mein  nicht  schuldig  blut  vergiesze. 

und  (wo  ich  was  bitten  kan) 

schau  disz  reich  heilwertig  an!    A.  Grtpbtds  1698  1,451. 

entstellungen  von  heilwSrlig  sind  heiihertig:  weil  viel  blöder 
gewissen  sich  erholet  und  erquickt  haben  disser  heilbertigen 
1er  {des  ecangeliums).  Albercs  widder  Jörg  Witzeln  F5';  und 
ifoi  auch  heilwürdig  {vergL  Schm.  4,161.163):  beilwürdig  salu- 
taiis  SiiELEB  2509;  zu  erbauung  desz  heilwurdigen  taberoa- 
culs.  ScatPPics  724.  ferner  heil  wirtig,  in. passiver  bedeutung 
{wie  heihvärlig  machen,  oben,  und  heilsam  sp.  85o):  bisz  heil- 
wirtig.  gesund  oder  gegrüszt,  salve.  Altenstaig  voc  07*  6« 

54* 


855 


HEIL  WÄRTIGKEIT  —  HEIM 


HEIM 


856 


Fri«cu  1,435*;  dein  glaub  hat  dich  beilwirtig  gemacht.  Keisebs- 
BERG  }iOfl.  daselhsl. 

HEILWÄHTIGKEIT,  f.:  hcilwertigkeit ,  salubritas .  sahalio 
toc.  iiic.  Iheul.  i2';  in  unseim  sahbal  ist  forclit  und  arheit. 
seinleiiiül  wir  uns  füiselien  und  surgleltiglicb  bewaren  müssen, 
d;  uir  an  nichts  iileben  oder  anliungen,  d;  uns  in  der  beil- 
wei  tilieil  hindern  mög,  sondern  vor  alle  den  (lilien  niög,  das 
wider  die  heilickeit  sein  möchte.  Carlstad  vom  sabbal  dij*; 
dafür  h  eil  b  ert  i  kei  t  irer  sele.  Schm.  2,170;  umb  hail- 
wünißknit  unser  vorvordern  und   nachkommen,  das. 

HEILWÄRTIGLICH,  adv.:  heÜMerliglich  salubnler  voc.  ine. 
theiit.  i  2'. 

HEILWIRKUNG,  f.:  ein  mittel,  dessen  beriihrung  allein 
zur  {niedicintschen)  beilwirkung  hinreicht.  Gersdobfs  rcpertorium 
1840  5.  28. 

HEILWIRTIG.  adj.  s.  oben  unter  heilwärlig. 

HEILVVISSENSCHAFT.  f.  ars  medendi. 

HEILWOHL,  adv.  ganz,  völlig  wohl:  heilwohl  zufrieden. 
Fbomm.  2.  2H7.  22  {aus  Franken),     vergl.  heilfroh. 

HEILWORDIG,  s.  heilwärtig. 

HEILWL'RZ,  f.  name  mehrerer  pftamen :  pastinaca  opopanax. 
Nemnicb  4,  873;  panax  quinquefolia.  840;  althaea  of/icinalis. 
1,  207 ;  tormenlilla  erccla,  rotlie  lieilwurz.  4, 1465. 

HEILWURZEL,  f.  panax  quinquefolia.  Nemnich  4,  840. 

HEI.M,  n.  domicilium,  domus. 

l.  Formelles  und  etymologisches,  goth.  haims,  fem.;  allnord. 
beimr,  masc;  alls.  hem  ma.ic.  und  neulr.;  ags.  hüm,  masc; 
fries.  h^m ,  masc.  und  fem.;  ahd.  heim,  masc;  mbd.  heim, 
neulr.  das  neutrale  geschleclU  dauert  auch  für  die  nhd.  periode 
in  der  scliriftsprache  uneingeschränkt  fort;  im  bairischen  dagegen 
gilt  der  und  das  haim.  Schm.  2,192;  ebenso  im  kärntnischen. 
Lexer  138 ;  im  niederdeutschen  erscheint  eine  weibliche  form  : 

des  togen  dun  di  Tursten  van  ein 
ein  iderman  na  siner  heim. 

LiLiENCRON  volktl.  1,  225' ; 
dat  wl  weren  bleven  to  der  heim 
und  nu  nich  utgetogen, 
dat  duchte  mi  wo!  gude!     2,154'; 

voller  aber: 

jedoch  6t  he  tor  heime„quain. 

niederd.  Asop  v.  Uoffmann  s.  73, 12), 

die  sich  hierdurch  zu  dem  mhd.  fem.  heime  heimat  {wb.  I,  655) 
stellt ,  s.  unten  heime.  vorzüglich  dem  alemannischen  Sprach- 
gebiete eigenlhümlich  ist  die  nebenform  hein  für  heim  in  dem 
falle  wenn  das  wort  adverbial  sieht  {unten  II,  2) ;  schon  im  spätem 
mhd.,  vergl.  Le.xeh  1,I2IC;  do  er  hain  kom.  d.  städlechron. 
4,  257, 16 ;  80  sol  si  ietweders  mals  ein  garben  mit  ir  hein 
tragen  ungevarlich.  weisth.  I,  367  (Scitwarzwald,  um  1500) ; 

damit  kartens  wider  hein  zu  land. 

Lenz  Scliwabenkr.  60*. 

heim  gehurt  der  abstammung  nach  als  eine  mediale  bildung  zur 
Wurzel  sanskr.  kshi  (aus  ski,  der  anlaul  s  ist  auch  in  den  urver- 
wandten sprachen ,  wie  anderwärts  oft,  zum  Iheil  untergegangen) 
sidi  aufhallen  ,  wohnen ,  bewohnen ,  und  ist  dieselbe  bildung  wie 
dat  tanskr.  masc.  kihima  aufenthall,  rast  (Büutl.-Rütii  2,  57G); 
litauisch  berührt  sich  kemas  dorf,  kaim^nas  nachhar,  szeim^na 
familie,  wogegen  die  verwandlschaß  mit  griech.  xiöfirj  dorf  wegen 
des  völlig  verschiedenen  wurzelvocals  sehr  sweifelhaß  ersciteint. 

U.  Bedeutung. 

1)  heim  als  substatitiv.  es  bezeichnet  das  haus,  in  das  man 
gehört:  so  in  Appenzell  h£m  haus,  stallung  und  das  dazu  gehörige 
grundstück,  der  ganze  gutsbesilz  Tobler  259*;  sonst  lieim  um- 
zäunter  platz  auf  dem  die  wohnung  mit  einigen  morgen  landes 
steht,  haus,  wohnstalle  Stalder  2,32;  bair.  haim,  elterliches  haus, 
heimat  Scun.  2,192;  in  Karnthen  bdm ,  hoam  elterliches  haus 
Lexer  138;  hess.  Uiai  heimat  Vilmab  159.  die  ältere  icliriß- 
sprache  braucht  beim  als  subst.  im  ganzen  selten,  so  in  der  be- 
deulung  wohnung,  elterliches  haus: 

auch  k6ni  man  an  dem  heim  (einer  Jungfrau)  paiiirn, 

ihr  singen  und  »cliOn  musiclrn 

und  alle  kurzweil  fangen  un.    J.  Atrer  393'  (1976,24  Ketter); 

dann  auch  in  der  weiteren  bedeuiung  stdtle  wo  man  hin  gehört, 
htimalUcher  ort,  namentlich  in  der  allitterierenden  formel  haus 
ood  beim : 

dM  er  muot<  kon  roD  hua  und  heim. 

fa$ln.  fp.  893,  30; 
Ich  mutz  dir  »on  unterm  regt  klagen. 
der  wil  nich  trüten  Ton  hum  und  heim. 

»pil  V.  WiUi.  netten  A  6. 


nach  dem  16.  jahrh.  ist  der  gebrauch  von  heim  als  subst.  nur 
in  so  weit  bekannt,  als  es  den  zweiten  theil  einer  groszen  anzahl 
zusammengesetzter  Ortsnamen  bildet;  die  erneuerung  des  worts 
geschieht  in  der  2.  hälfte  des  18.  jahrh.,  wahrscheinlich  dasz  bei 
dem  damaligen  einflusz  der  englischen  liUeratur  das  engl,  so  oft 
gebrauchte  home  eingewirkt  hat : 

dein  genius, 
der  im  goldnen  ntlier  der  empflndung 
schwebete,  seinem  heim.  Siolbkro  2,  228; 

einsam  sciilummert  sie  hier  .  .  . 
.  .  vom  landliclien  heim  ihres  geliebten  entfernt.    301) 
wo  dünkelsnurm  die  keime 
benagt  im  innern  heime.    5,258;' 
das  herz  das  nie  vergasz  das  traute  heim  der  ahnen, 
wo  Rügens  lieblichkeit  das  blaue  meer  umschlingt. 

Anyot  ijed.  (IS4U)  344; 

wer  ein  heim  hatte  oder  einen  guten  freund.  Gotthelf  11,230; 
so  alleine  auf  der  weit,  nirgends  mehr  ein  beim.  218;  es  wird 
in  der  neuesten  zeit  namentlich  im  zcilungsstil  mit  Vorliebe  ge- 
braucht: anschaulich  vveisz  uns  Freytag  den  deutschen  bauer 
in  seinem  lieim  und  auf  seinen  ziigen  vorzuführen,  deutsches 
museum  v.  Prutz  1866,  712;  unser  heim  ist  zu  einem  blühenden 
ort  geworden.  Frankfurter  Journal  1869  no.  27. 

2)  ausgedehnter  ist  der  adverbiale  gebrauch  von  heim,  und  es 
sind  besonders  einige  casus  des  Singulars,  die  so  verwendet  werden. 

a)  selten  und  verhältnismdszig  spät  der  geniliv:  zog  icli  wieder 
nach  heims.  Schweinichen  2,136;  bin  also  ..  von  heims  auf- 
gewesen. 206;  wieder  heims  gezogen.  3,54.    tg/.  anheims  1,373. 

b)  dativ  und  accusaliv  erscheinen  häufig,  schon  ahd.  ist  dat. 
heime  domi,  rurc,  heim  domum  (Graff  4, 947.  948),  ebenso  mhd.: 

swer  ej  ze  rehte  haben  wii 

der  muoj  diu  dicker  heime  sin.    Iwein  2853; 

mit  urloube  er  dö  danne  schiet 

von  dem  künege  Artuse, 

ze  varne  heim  ze  hüse.    Erec  9978; 

nhd.  do  wir  den  regken  nicht  heime  funden.  altd.  bl.  1,122 
(16.  ;aiir/i.) ;  noch  jetzt  volksmäszig  in  Düringen  ich  bin  heime 
gegen  ich  gehe  heim ;  ei ,  was  a  wüster  gseil  I  . . .  hast  nit 
heime  finden  können?  Immermann  Münchh.  3,100;  damit  er 
wider  heim  mücht  zerung  haben  {für  den  heimweg).  Wickrak 
ro//K'.  29,  16  Kurz,  nicht  immer  aber  werden  die  casus  aus  ein- 
ander gehalten,  für  den  dativ  heime  tritt  heim  auf:  die  dann 
hie  haim  in  der  stat  ze  Augspurg  sint.  d.  5/äd/ec//ron.  4,130,5; 
hie  haim  in  der  stat.  6,  133, 1;  das  heiszen  wir  nirgend  heim, 
auf  der  schuckel  und  woge  sitzen,  keinen  gewissen  fus  noch 
räum  haben.  Luther  8,  12i';  heim  erzogen  kindt,  ist  bei 
leuten  wie  ein  rindt.  Agr.  spr.  8l';  ich  komme  von  heim, 
domo  venio.  Stieler   820; 

sagt  eurem  herren  haim, 
dasz  er  sich  sol  bewaren 
des  besten  so  er  kan.    Udlakd  volkst.  461; 

in  neueren  quellen  (wo  sonst  für  heim  gewöhnlich  daheim  steht, 
s.  2,677):  drei  leben  friedlich,  wenn  zwei  niclit  heim  sind 
(sprichwori).  Lessing  11,386; 

heim  bauen  die  weiber  und  kindcr  den  beerd.    BBrcer  60'; 
heim  lauern  die  hunde  am  spülenden  teich.    daf.; 

mein  vater  heim  ist  nn  kleinndien, 

ist  reich  an  erz  und  gold.     169'; 

doch  heim  erschosz  die  bogenspannerin 

Diana  sie  {ilie  inuilcr).  174'; 

ich  bin  nicht  der  fremde  kind, 

ich  bin  heim  geboren.     Röckert  353. 

ebenso  wird  statt  des  acc.  heim  die  dativform  heime  gesetzt: 
wölt  ir  disz  jar  mein  sclilarhul  sein, 
80  ziehet  mit  mir  heimo!    Uuland  volktl.  250; 
10  get  er  An  alle  sorg  wider  heime. 

fastn.  $p.  378,  1; 
nd.  te  tette  dat  kint  dAr  nedder 

unde  gink  hönie  wodder.     van  tunte  Marinen  182. 

weitere  beispiele  sind  in  dem  folgenden  verstreut. 

3)  die  adverbialen  casus  heime,  lieim  treten  meist  in  Verbin- 
dung mä  Verben  einerseits  des  bleibens,  seins,  der  ruhe,  anderer- 
seits der  bewegung  auf.  ritcksichlUch  der  sclireibweise  in  den 
fällen,  wo  adverbium  und  vrrbum  unmittelbar  neben  einander  zu 
stehen  kommen ,  zeigt  sich  in  allem  wie  in  jungem  quellen  das 
gröste  scitwanken ,  indem  Iheils  das  odrerbium  ab  casus  eines 
Substantivs  nocli  gefühlt  und  vom  verbum  getrennt  gehalten,  thrils 
aber  auch,  gerade  entgrgrngesetit,  mit  dem  lelsirren  als  ein  wurt 
ytehrieben  wird,  im  allgemeinen  kann  beobachtet  werden  ,  dasz 
der  erstere  fall  gewölmlicJi  dann  eitHiitt ,  wo  das  adverbium  mit 
voller  sinnlicher  kraft  steht,  inJhrend  im  letzteren  falle  jenes  eine 


857 


HEIM 


HEßl 


858 


schon  mehr  ahgeblaszie  bedeulung  cntu-kkelt  hat.  die  bezüglichen 
verben  werden  hier  in  alphalwliicher  reihe  aufgeführt ,  wobei  zu 
bemerken,  dasz  nur  bei  heim  suchen  (s.  unten)  der  versuch 
gemaclU  worden  ist,  das  wort  als  eigentliches  compositum  zu  be- 
handeln. 

A.  veibunden  mit  dem  dativ  heime,  heim: 

besuchen:  anstatt  des  unibmeiens  im  garten,  pflegten 
sie  heimzubesuchen  die  specereiläden.  Garg.  188'.  vgl.  heim 
suchen. 

bleiben : 

ringsum  hast  und  getös  die  heimgebliebenen  aufregt. 
Pthker  Tunis.  9,  154. 

finden: 

dieweil  der  herr  .  .  . 

die  spoiter  wol  in  ihren  sünden 

einmal  wird  wissen  heim  2u  finden. 

B.  RncwALD  tr.  Eck.  K8*; 

wach  auf!  die  zeit 

ist  allbereit, 

da  gott  dich  heim  wird  finden.    Möhlpfort  64. 

lassen: 

ich  hab  'nen  treuen  dienstmann  heimgelassen, 
der  mir  mein  schlosz  und  theures  weib  beschirmt. 
TiECK  2,  33. 

sein:  er  sprach  zu  im:  kum  do  ich  heim  bin.  Keisers- 
BERG  postill  (1522)  3,  lOS*.  übertragen  bewandert  sein,  künde 
haben : 

und  alles,  was  die  Zeichnung  sähe, 

wärs  auch  nur  halb  in  deinem  herzen  heim, 

das  sollte  rufen  :  vater  Gleim  ! 

Kl.  Schmidt  poet.  briefe  110. 

suchen,  diese  vielgebrauchte  Wortverbindung  tcird,  wie  oben 
bemerkt,  manchmal  zur  eigentlichen  composilion :  steig  ab  und 
haimsuch  die  heiligen  vetter  in  der  vorhell,  herzmaner  170  ; 
Paulus  heimsuchet  die  christgläubigen.  Reiszner  Jerus.  1,103'; 
flammen  und  schwert  heimsuchten  diese  vom  blute  der  Völker 
dreier  welttheile  trunkne  konigin  der  städte.  Stolberg  10,33. 
die  bedeulung  ist : 

1)  einen  daheim  aufsuchen,  besuchen : 

da;  sin  geselle  Dieterich 

üf  gnäde  in  heime  suochte.    Engelh.  56S5; 

heimsuch  mich  einmal,  revise  ad  me.  Maaler  217*;  ichs  zu 
wegen  bringen  will  (wo  mir  änderst  die  fraw  bekannt  ist) 
sie  selbst  mit  mund  und  ihrem  trost  dich  heimsuchen  musz. 
Galmy  22;  bitten  wil,  ihr  wollet  so  demüiig  sein,  und  in 
in  seiner  schweren  krankheit  heimsuchen.  27;  als  die  zeit 
herzu  kam,  dasz  der  bauch  anfieng  grosz  zu  werden,  bedacht 
sie  sich,  zur  verhäligung  dieser  ihrer  handlung,  irer  basen 
ein  heimzusuchen.  Amadis  411;  das  dijenigen,  di  vor  der  zeit 
ohne  ihrer  {der  unglücklich  gewordenen)  geselschaft  fast  nicht 
zu  leben  gewust,  si  nicht  einmal  heimzusuchen  gewürdiget, 
BoTSCHKT  hd.  kanzl.  674;  ich  habe  dir,  mein  theurer,  lange 
nicht  geschrieben ;  es  ist  aber  freilich  jetzt  die  zeit  nicht, 
seine  freunde  heimzusuchen ,  weder  in  person ,  noch  brief- 
lich. GöTHK  an  Knebel  407; 

dieselbig  {stadt  Zürich)  wolt  auch  nicht  erlosen 

die  glegenheit,  ir  aufgestosen, 

ir  uralt  freund  und  nachbarleut 

heimzusuchen  in  freuden  weit. 

Fischart  glückh.  schiff  136. 

2)  speciell  von  gott. 

a)  in  gnädigem  sinne,  segnend:  und  der  herr  sucht  heim 
Sara.  iMos.  21, 1;  es  ist  ein  groszer  prophet  unter  uns  auf- 
gestanden, und  gott  hat  sein  volk  heim  gesucht.  Luc.  7,16; 
das  du  nicht  erkennet  hast  die  zeit  darinnen  du  heimgesucht 
bist.  19,44;  Simon  bat  erzelet  wie  aufs  erst  gott  heimgesucht 
hat  und  angenomen  ein  volk  aus  den  beiden  zu  seinem 
namen.  apostelgesch.  15,14;  was  ist  der  mensch,  das  du  sein 
gedenkest?  und  des  menschen  son  das  du  in  heimsuchest? 
Hebr.  2,  6  (nach  ps.  8,  5);  gottes  gute,  mit  «elcher  er  das  land 
heimsuchet  und  es  sehr  reich  machet.  Bctschst  Palmas  221. 

6)  strafend:  suche  heim  alle  beiden,  sei  der  keinem  gnedig. 
px.  59, 6;  ich  will  euch  heimsuchen  mit  schrecken,  schwulst 
und  fieber.  SMos.  26, 16;  ich  wil  den  erdboden  heimsuchen, 
umb  seiner  bosheit  willen.  Jes.  13,  lt.  daher  heim  suchen  den 
sinn  strafen  annimmt:  ich  werde  ire  sünde  wol  heimsuchen, 
wenn  mein  zeit  kompt  heim  zu  suchen.  2  Mos.  32, 14 ;  bin 
ein  eiveriger  gott,  der  da  heimsucht  der  veter  roisselhat  an 
den  kindern.  20,5;  dasz  er  (goll)  die,  welche  er  lieb  hat,  .. 
mit  creuz  und  leiden  ..  heimsucht.  Kirchhof  wendunm.  251'; 
da   hast  mich  mit  dieser  krankheit  heimgesucht.   Schcppics 


431;  denn  ich  müste  befürchten,  dasz  gott  ..  die  mishand- 
lung  meiner  ellern  an  mir  heimsuchte,  Felsenb.  1,397;  ich 
sterbe,  und  vergeh  es  der  band,  durch  die  mich  gott  heim- 
sucht. Lessing  2S7; 

drumb  thfit  uns  got  auch  suchen  haim 
mit  seinem  zoru.  Schmelzl  David  25*. 

auch  von  andern  als  galt  wird  heim  suchen  im  sinne  ton  strafen 
gesagt:  ist  ein  ausrufer,  oder  ankündiger,  oder  gar  ein 
scribent  wegen  einer  solchen  anpreisung  eines  solchen  buchs 
verdienter  maszen  heimgesucht  worden.  Klopstock  12,224; 
so  werden  sie  als  aufwiegier  und  meutmacber  angesehn, 
und  . . .  mit  der  fünfzehnjährigen  landesverweisung  heimge- 
sucht. 276. 

3)  der  letztgegebenen  bedeulung  des  Wortes  angeschlossen,  können 
auch  übel,  plagen  heim  suchen:  die  furcht  des  herrn  fordert 
zum  leben ,  und  wird  sat  bleiben ,  das  kein  übel  sie  heim- 
suchen wird,  spräche  Sal.  19,  23. 

4)  heim  suchen,  prüfend  besuchen,  untersuchen:  gott  ist  zu 
hoch  in  seiner  kraft  . .  wer  wil  aber  in  heimsuchen  seinen 
weg?  Hiob  36,23. 

5)  die  allere  rechtssprache  kennt  namentlich  heim  suchen  tn 
zwei  bedeutungen. 

a)  einen  in  seinem  wohnhause  überfallen,  feindlich  den  Haus- 
frieden brechen  {vgl.  haussuchen  sp.  691) :  swilch  man  den  da- 
heime  süchit,  i;  si  nacht  oder  tac,  mit  unrechter  gewalt. 
Statuten  v.  Mülhausen  bei  Haltaüs  868;  heim  suchit  ein  man 
den  andern  mit  unrechtir  gewalt.  Magdeb.  blume  1,57;  bair. 
haimsuechen,  jemanden  in  dessen  eigenem  hause  aufsuchen  um 
ihn  zu  mishandeln.  Schm.  2, 193.  daher  freier  einen  feindlich 
überfallen :  das  sie  niemandt  als  ihre  feindt  heimgesucht  und 
beleidigt  haben.  Redter  v.  Speir  kriegsordn.  vorrede;  Rusilio 
fragte  den  wirth,  was  für  ein  krieg  in  der  küche  gewesen? 
der  wirth  antwortete,  der  knecht  hat  die  köchin  einmahl 
heimgesucht,  unw.  doct.  751 ; 

einst  wüthet  eine  pest  durch  Europas  nord, 
genannt  der  schwarze  tod.    wenn  der  schwärzere, 
die  sittliche,  mit  der  ihr  (revolulinnsmänner)  heimsucht, 
sich  nur  nicht  auch  zu  dem  norden  hinwölkt. 

Klopstock  7,  12. 

6)  Haussuchung  hallen,  zur  erforschung  eines  Verbrechens  (rechts- 
alterlh.  639) :  alle  tafernen  und  andere  spielhäuser  und  ver- 
dächtige Wohnungen  visitiren  und  heimsuchen.   Sch».  2,193. 

6)  heim  suchen  trie  ansuchen,  begeltren : 

dasz  man  Lipzig  furbasz  eren  schol, 
hat  das  conzili  auch  haim  gesucht. 

LiLiBTicRon  volkst.  1,  233*,  245. 

B.  verbunden  mit  dem  ace.  heim : 

sich  begeben:  wir  wollen  uns  nun  heim  begeben;  die 
ganze  gesellschafl  begab  sich  heim, 
bergen: 

wiederum  miss  ich  jetzt  unter  den  heimgeborgenen  Troern 
meine  beiden  söhne.  Borger  254'. 

berufen:  von  dem  wäg  widerumb  heim  berflfen,  exüinere 
revocare  Maaler  216*. 

betteln:  wäre  der  alte  noch  länger  lebendig  blieben,  so 
hätte  ich  endlich  heim  bettlen  müssen  {betteln  um  heim  zu 
kommen).  SimpL  2,160  Kurz,  jetzt  reflexiv:  er  bettelte  sich 
heim. 

b  e  u  g e n,  ein  landwirtschaftlicher  atisdruek:  (man  soll  im  oclober) 
das  wipfelfutter  aus  den  Weingärten  heirabeugen  und  streifen, 
ist  im  Winter  den  kälberkühen  . . .  sehr  dienlich.  Hohberc 
1, 135*. 

bringen:  mich  mit  frieden  wider  heim  zu  meinem  vater 
bringen.  1  jVos.  28,21;  bringet  heim  was  ir  gekauft  habt  für 
den  hunger.  42,19;  vol  zoch  ich  aus,  aber  leer  hat  mich 
der  herr  wider  heim  bracht.  Ruth  l,2l;  einen  triumph  oder 
sig  mit  im  heim  bringen,  deportare  triumphum  Maaler  216'; 
einen  widerumb  heim  bringen ,  reducem  facere.  das.  in  der 
bedeulung  hinbringen,  zubringen:  dazu  er  auch  seinen  heiligen 
geist  geben  hat,  der  uns  solchs  {reich  gottes)  heimbrechte. 
Luther  4,41"';  das  er  seinen  lieben  son  für  dich  gibt,  und 
durchs  evangelium  dir  heimbringt,  aus  allem  jamer  und  not 
zu  helfen.  6,  4S';  durch  das  worl  und  die  taufe  mus  es  uns 
heimgebracht  werden.  354*;  die  sachen  erstlich  gott  heim 
gebracht  und  befohlen.    Kirchhof  mil.  dise.  21. 

deihen  (theil  2,909):  so  betten  wir  ...  kein  not  dörfen 
leiden,  noch  den  Wucherern  heimgedigen  sein.  S.  Frank  chron. 
251';  über  das  deicht  disen  anklagern  der  ganz  last  des  ge- 
richts  heim.  455*. 


859 


HEIM 


HEIM 


860 


eilen: 

eilt  er  froh  mit  dem  gerins^en  lohne 
heim  zu  seinen  tief  verdeckten  Horden. 

Seuhk  ged.  60  (der  wilde). 

sich  erinnern: 

da  ich  euch  wieder  sehe,  eure  stimme 

vernehme,  den  geliebten  ton,  mich  heim 

erinnre  an  die  vaterliche  flur.    Schiller  yun^/'r.  4,9. 

erwachsen,  dem  ursprünglichen  besitzer  zufallen:  solich 
gelend  und  äcker  so  bald  uns  und  unserm  dosier  wiederum 
heim  erwachsen  . .  sollen.  Haltaüs  859. 

fahren:  liesz  mich  dann  heimfahren  (ziehen).  Th.  Plater 
63;  also  ist  sye  widerumb  heim  gefaren  mit  Iren  dienern  in 
ir  land.  Keisersberg  poslill  (1522)  2,19'; 

und  kommt  denn  abgedankt  und  arm,  nach  wenig  jähren, 
in  kläglichem  triumpb,  als  krüppel  heimgefahren. 

Caniz  ged.  91. 

heim  fahren,  in  das  ewige  leben  eingehen  (s.  unlen  heim  gehen) : 

wenn  wir  heimfarn  aus  diesem  elende.    Luther  8,  360'. 

fallen,  dahin  fallen,  wovon  etwas  ausgegangen  ist:  sol  als 
denn  {ein  geschenk)  dem  fürsten  wider  heim  fallen.  Afes.  46, 17; 
sein' gut  ist  dem  keiser  heimgefallen.  Reiszner  Jerus.  2,94*; 
das  heurathsgiit  .  . .  fallet  nach  der  frauen  tod  ihren  erben 
wieder  heim.  Mainzer  landr.  (1755)  I,  §3; 

könig.   sagt  dem  canzler,  unser  will  sei, 

dasz  er  Jann  Panser,  unserm  raht  .  .  . 
die  nächst  beimlalln  herrschaft  verschreib. 

J.  Atrkr  fastn.  öö'  (2620,  24  Keller). 

freier  zufallen,  verfallen:  von  rechtswegen  hätten  die  zehnten, 
weiche  die  mission  . .  hie  und  da  erlangt  hatte,  den  bischöfen 
heirafalien  sollen.  Moser  osn.  gesch.  1,321;  war  des  landes 
verwiesen ,  und  alle  seine  guter  dem  fiscus  heimgefallen. 
SCBIUEB   859; 

was  seh  ich?  götter! 

ist  Pluto  heimgefallen  die  ganze  weit? 

Fr.  Möller  2,  289. 

fergen  (3, 1530):  einen  heimfergken,  in  sein  hausz  jagen 
oder  treiben,  domum  conjicere  aliquem  Maaler  216'; 

und  also  din  vertruwen  Sterken, 

bis  dich  din  stündle  wirt  heim  ferken, 

da  alles  truren  ist  vertust. 

A.  BuiABER  vermaming  zuom  gesang  str.  8. 

fertigen:  der  ehgenante  unser  sweher  sol  uns  auch  die 
vorgen.  sine  fochter  beimvertigen  nach  sinen  eren  {mit  an- 
gemessener aussteuer  zuscliidien).  Haltaüs  859 ;  euch  ganz  Irucken 
ausz  dem  bad  auszgezwagen  und  abgeriben  heimzufertigen. 
Garg.22';  das  holz  ward  ihm  von  der  zunft  der  kärchelzieher 
heim  gefärliget.  157*. 

sich  finden:  ich  finde  mich  heim,  erreiche  suchend  meine 
Wohnung;  in  anderm  sinne,  sich  heimisch  fühlen: 

ein  schönes  herz  hat  bald  sich  heim  gefunden. 

Schiller  554  {huldigung  der  künsle). 

folgen:  was  sy  irer  hab  zu  im  pracht  hat  (eine  geschie- 
dene ehefrau)  das  sol  ir  haimfoigen.  Haltaüs  860. 

führen:  füre  in  wider  mit  dir  beim.  Xkön.  13,18;  wil 
dich  des  wegs  wider  heimfüren  des  du  komen  bist.  Jes.  37,29; 

der  köni^  kert  sich  nit  daran, 

er  fQrt  sie  (die.  Jungfrau)  mit  im  heim. 

Uhlano  volksl.  457 ; 
den  pock  will  ich  an  ain  rebsail  schnüren 
und  will  in  iez  mit  mir  heim  füeren.    fus(n.sp.  353,7; 
heimziifriliren  die  der  Phrygier  geraubt, 
Helena  vom  ufer  der  barb'aren. 

Schiller  Iphigenie  in  Aulis  v,  190. 

eine  braut  heim  führen,  uxorem  ducere:  ich  bin  gekommen 
meine  braut  heim  zu  führen.  Kotzebue  dram.  sp.  2,323; 

dann  führ  ich  als  meine  braut  sie  heim.    2H4. 
anders   als  brautfiihrer  die  braut  heim  führen ,    sie  in  die  neue 
heimtiaUe  geleiten :  einem  die  braut  nach  allem  brauch  heim 
füren,  deducere  sponsam  marito  vel  ad  marüum.   Maaler  216'; 

als  marggraf  Fridcrich 

kont  hillich  triumllercn. 

weil  man  Ihm  pr.ichiiglirh 

weit  sein  gemahl  heim  führen.    Wickbbrlin  358; 

tpriehwartiich:  wer  das  glfick  hat,  führt  die  braut  beim; 

der  deme  das  glück  gi^nnet  wol, 
da«  er  die  braut  heimlulirrn  «oll. 

J.  Athür  369«  (1852,  2  Kelltr). 

dm  leib  beim  führen,  ihn  begraben : 

lu  San-Pcdro  de  Cardcna  .  .  . 

wird  mi^ln  körper  helmfrenihrt.    Hirdir  Cid  65. 


einen  heim  führen,  abführen,  abfertigen :  in  dieser  absieht  that 
er  (Germanicus)  verschiedene  feldzüge,  . .  ohne  jedoch  seine 
völlige  absieht  zu  erreichen ,  indem  er  einigemal  gar  übel 
heimgeführt,  und  auch  durch  seine  vortheile  nicht  verbessert 
wurde.    Moser  osn.  gesch.  1, 151. 

geben,  in  mehrfachem  sinne: 

a)  ins  haus  geben,  zu  eigen  geben: 

vil  narrecliter  ist  der  verdöt 

mit  üppikeit  und  lichtem  mät 

das  so  im  got  hat  geben  hein.    Brant  narrensch.  3, 7. 

6)  anheim  geben,  anlwitn  stellen:  zum  ersten  die  Sachen  gott 
heim  geben.  Luther  3,125';  golt  alles  heimgeben  und  be- 
fehlen. 403';  es  sei  nu  der  garten  (das  paradies\  wie  und  wo 
er  wolle,  geben  wir  gott  heim.  4,  n';  welches  alles  ich  weder 
besteligen  noch  verwerfen  will,  sonder  einem  jeden  heim- 
geben haben.  Micvllüs  Tac.  439*. 

c)  znrückiicben,  so  zunächst  von  leiten:  als  verfallene  heim- 
gebne  und  uffgeboe  lehen.  Haltaüs  860;  in  bezug  auf  anderes, 
wieder  geben: 

land  guot  nöw  mel  zem  beken  tragen, 

80  git  er  dir  brot  wider  hain, 

das  altotat  und  ist  klain.    leufels  netz  9355; 

erwiedern:  er  (Voigt)  halte  mir  eine  visite  heimzugeben.  Schiller 
an  Kürner  2,137;  mit  dem  nebensinne  des  strafenden  vergellens : 
Europa  gab  jetzt  dem  südwestlichen  Asien  die  völkerschwarrae 
und  Verheerungen  heim,  die  es  siebenhundert  jähre  vorher 
von  dem  norden  dieses  welttbeils  empfangen.  Schiller  1030; 
überdiesz  kann  er  mit  nächstem  die  freude  haben,  seinem 
nebenbuhler  den  spott  auf  die  schönste  art  heimzugeben. 
kab.  n.  liebe  1,5;  bezahlen  sie  ihn  mit  gleicher  münze  — 
geben  sies  ihm  heim!  neffe  als  onkel  2,8;  ich  denke  aber,  wir 
haben  es  ihm  damals  heimgegeben,  dem  armen  schlucker. 
TiECK  nov.-kranz  3,  315. 

gedenken:  heim  gedenken,  domum  speclare,  cupere  redwe 
ad  suos.  Frisch  1, 436'. 

gehen:  vado  domum  ich  gen  heim.  voc.  ine.  theut.  i2*; 
gieng  mit  im  heim ,  und  asz  mit  im.  Keisersberg  postill 
(1522)  3,105";  las  uns  wider  heim  gehen.  iSam.  9,5;  Saul 
gieng  auch  heim  gen  Gibea.  10,26;  gieng  er  heim  in  sein 
haus.  Luc.  1,23;  wenn  es  zeit  ist,  musz  man  die  gedanken 
lassen  heim  gehen.  Lebmann  133; 


nun  wil  ich  heim  gdn  landwerts  ein 

zu  einer  wunderschönen  frawen.     Uhlano  volksl. 


208. 


heim  gehen  für  sterben  (s.  heim  fahren  oben):  als  er  diesz 
gesagt  hatte,  sank  er  zurück  mit  himmlischem  lächeln  und 
war  heimgegangen.  Güthk  23,194;  dasz  er  nun  gern  zu  seiner 
frau  heimgehen  wollte,  wenn  ihn  gott  abriefe.  NtSBUHR  kl. 
sehr.  1,  75 ; 

und  wenn  einst  am  Rhein  der  letzte 
sprosz  germanischen  getilütes 
heimgegangen  zu  den  vatern. 

ScHEKFEL  Irompeter  s.  69. 

bair.  heiszt  haim  g£n  sich  zurückziehen,  und  sterben.  Scbm. 
2,193.  —  anders  heim  gehen,  in  bezug  anfein  sächliches  subject. 
zufallen,  verfallen:  5  Schillinge,  die  dem  gerichte  heimgingen. 
Haltaus  861. 

geigen:  einen  heim  geigen,  in  volksrnd-tziger  rede,  ihn  ab- 
führen, zurechtweisen,  ein  bild,  hergenommen  von  den  bauren- 
burschen ,  die  sich  nach  tanzbelustigungen  von  den  aufspielenden 
musikern  heim  bringen  la.^sen. 

geleiten:  heim  geleiten,  deducere  domum  Dastp.: 

Pferd  und  wagen  .  .  . 

die  sicher  nach  ffeilbronn  dich  hoimgeleiten. 

Kleist  KäiUcIten  v.  Heilbr.  3,  6. 

haben,  zurück  haben:   es  haben  nun  e.  k.  f.  g.  die  drei 
praebenden  . .  widderumb  heim.  Luther  br.  2,  52». 
hinken: 

das  ich  an  den  wendlen  heim  bin  ghunken. 

H.  Sachs  3,  I,  194'. 
holen: 

gott  hat  dir  disos  kin<l  nur  löhnungsweist  gegeben, 
drtiiii  holt  er  wider  hnim,  was  vor  «ein  eigen  war. 
RoüPLin  im; 

heirotuholen,  die  in  rftubers  arm« 
des  genohuen  Hymen«  freuden  trug. 

Schiller  //i/ayt-nic  tu  Aiilm  f.  2W. 

ein  weib  heim  holen,  uxorem  ducere:  welclier  ein  weih  ver- 
trawet  bat,  und  hat  sie  noch  nicht  heim  geholet.  tMos.20,1; 
aU  Maria  .  .  .  dem  Joseph  vertrnwet  war,  ehe  er  aie  heim 
holet.  Malth.  l.  is. 


861 


HEIM 


HEIM 


862 


I 


kehren:    wir  wollen   nicht  heim  keren,  bis  die  kioder 
Israel    einnemen   ein  jglicher   sein  erbe.   4  Mos.  32,  IS ;    ein 
jgiicber  keie  wider  heim  mit  frieden.  1  kün.  22,  1" ; 
mattblökend  kehrt  das  vieh  in  langsam  schwerem  trabe 
heim  von  der  au.  Götter  1,  132; 

mfiszig  kehrten  zu  dem  dichterlande 
heim  die  götter.      Schiller  gölter  Griechenlands; 
durchroiszt  die  weit  am  wandcrstobe, 
fremd  kehrt  er  heim  ins  Vaterhaus,     glocke  v.  61 ; 
kehr  des  weges  heim,  woher  du  kamst. 

Kleist  Kätkchen  v.  Heilbr.  3,  6  ; 

endlich  heimgekehrt, 

grüjz  ich  athmend  meinen  heerd.     Voss  5,  248. 

auch  reflexiv:  sich  heim  keeren,  conrerlere  se  domum  Maäler 
216';  das  sich  ein  jglicher  zu  seinem  volk  heimkeren,  und 
ein  jgiicber  in  sein  iand  fliehen  wird.  Jes.  13, 14.  —  heim 
kehren  {wie  heim  geben),  vom  sterben: 

nun  bist  du  heimgekehret, 

wo  man  ambrosia  speist.     Uhland  ged.  43. 

kommen:  wenn  die  fiawen  ruszen  (lärmen),  so  ist  es 
ein  zeicben  das  der  man  nit  dobeim  ist ,  und  so  er  wider 
beim  kurapt ,  so  hören  sie  denn  ufif  ruszen.  Keisersberg 
poslill  (1522)4,40";  da  er  wider  heim  kam.  2S(jm.  12,  20;  da 
lies  Jhesus  das  volk  von  sich,  und  kam  heim.  Matlh.  li,ZG; 
wenn  er  beim  kompt  vom  felde.  Luc.  17,7;  dasz  sie  bei 
berzunabender  nacbt  sieb  nicht  getraueten,  selbigen  abend 
wieder  beim  zu  kommen,  pers,  rosenlhal  3,1.  freier:  dem 
deutschen  leser,  .  .  .  wenn  er  aus  dem  buche  heimkommt. 
J.  Pacl  kl.  büclterschau  1,174;  von  umgekommenen  lieiszl  es: 

und  ach !  sie  kamen  dieszmahl  nicht 
von  ihrer  arbeit  heim.       Gotter  1,  312; 

sprichwörllick :  wer  nie  ausz  kam,  der  kam  nie  heim.  Katzipo- 

rus  C  7 ; 

ihr  wist,  lieber  her  vaier  mein, 

wer  nie  auscjuam,  der  quam  nie  heim, 

der  lernet  nichts,  das  ist  je  war. 

lüsloria  Magelonae  spielweis  13. 

einem  heim  kommen ,  verqoUen  uerden  (s.  kommen  5, 1644). 
ScHM.  2, 193;  wahrscheinlich  wird  ihnen  (den  Engländern)  alles 
heimkommen,  was  sie  zu  lande  und  wasser  treiben.  Kunger 
9,228; 

es  kommt  euch  jetzo  heim.    GEntqer  1023. 

heim  kommen,  von  gülern  und  leiten,  dem  vorigen  besitzer  oder 
dem  lehnsherrn  wieder  zukommen.   Haltacs  861. 

lassen,  mit  ellipse  eines  andern  verbums  der  beuegung: 

wölt  mir  mein  falsche  frawen 

widerumb  laszen  heim.    Uhlasd  volksl.  323. 

laufen:  heimlaufen,  domum  currere.  Frisch  1,436'; 
so  tuot  er  (der  fturliüier)  och  dick  hain  loufen, 
und  lat  die  rinder  das  körn  beslioufen.     teufe.ls  netz  12432. 

legen,  anheim  stellen:  dasz  du  deine  pflicbt  so  weit  ver- 
gessen hast,  die  gesetze,  deren  räcber  du  sein  sollst,  aus 
liebe  zu  deinem  bruder  zu  verletzen,  diesz  . .  lege  ich  deinem 
gew  issen  beim.  Klinger  7, 173. 

leiten:  so  man  aine  bröt  hainlailet,  so  siebt  man  den 
sumer  vor  ir  unde  gigot  und  sweglol  unde  vidlot  engegin  ir. 
MoNE  anz.  4,369. 

leuchten:  der  rhodisehe  kolossus,  der  nach  den  Zeug- 
nissen der  alten  mit  einer  laterne  die  schiffe  beimleucbtete. 
J.  Paul  biogr.bel.  1,38.  übertragen  einen  heim  leuchten,  einem 
den  Standpunkt  klar  machen,  ihn  zurechl  weisen:  gleichwohl  ver- 
drosz  mich  seine  schleichende  feindseligkeit,  und  ich  tränkte 
sie  ihm  in  der  vorrede  . .  ein ;  wo  ich  ihn  zwar  nicht  nannte, 
aber  hesziich  abmalte  und  heimleuchtete.  Reisrens  lebens- 
beschr.  117. 

sich   machen:   sich   heim   machen,   capessere  se  domum 
Maaleb  216';  da  war  ihres  bleibens  nicht  langer,  macht  sich 
heim  und  sagt  zu  ihrem  manne  . . .  E.  Alberds  8 ; 
mit  Woltrost  ler  macht  ich  mich  heim. 

SCHWARZEMBERG   159*; 

dsBZ  nach  vollbrachten  sachen 
sich  der  gesandt  enlschleust  nach  Reuszen  heim  zu  machen. 
A.  Grtphiis  1698   1,  171. 
reden:    wir  müssen  mehr  gehrauch  von  dem  wort  heim 
machen,  es  ist  sehr  stark,    beimreden  ist,  in  die  sele  reden, 
höchste    Überzeugung  verbunden  mit  der  schaam  sie  zu  ge- 
stebn  bewirken.  Lichtenberg  lerm.  sehr.  (1844)  1,  318.    vergl. 
beim  geigen,  beim  leuchten,  in  der  fiberlragenen  bedeutung. 

reisen:  da  nu  der  könig  alle  sachen  in  Cilicia  verrichtet 
hatte,  und  wider  heim  reisete.  2  Macc.  4, 36. 


reiten:  in  finstrer  nacht  waren  wir  heim  geritten;  beim 
heimreiten  überlegte  er  den  seinigen  (plan).  Immermann  Münchh. 
1,179. 

rudern,  nach  hause  rudern.  Klikgeb  7,252. 

schicken:  er  schicket  in  heim.  Marc.  8,26;  freier:  übel 
heim  schicken,  male  accipere.  Serz  65*;  jcb  wollte  dich  schön 
heimschicken,  ego  te  magnißce  tractare  possem.  das.;  die  feinde 
wurden  mit  blutigen  küpfen  beim  geschickt;  machte  . .  den 
Schulmeister  blos  lächerlich  und  verächtlich ,  und  hetzt  ihn 
blos  im  allgemeinen  so  gut  ab,  und  schickt  ihn  beim.  J.  Paul 
leben  Fibels  187 ; 

bald  bätt  ich  lust  dich  wehrlos  heimzuschicken, 

und,  weil  der  flug  dich  (.4mor)  nur  zur  Schelmerei  verführt, 

dir  deine  schwingen  auszupQücken.         \Vielaj(d  10,  145. 

schieben:  den  eid  einem  beim  schieben,  zuschieben,  zttrück- 
schieben.  Haltacs  866.     vergl.  beim  weisen. 

schiffen,  renavigare  in  patriam.  Frisch  1,436*. 

schlagen:  sieb  .  ..  ihrer  eignen  baab  und  guter  zuent- 
euszern  und  den  gläubigem  beiinzuschlagen.  Haltaüs  867 ; 
haim  schlagen  dem  verfertiger  eine  arbeit,  sie  ilim  wieder  zu- 
stellen, weil  sie  nicht  nach  verlangen  gemacht  ist.  Schm.  2,193. 

schreiben,  zuschreiben,  beimessen:  er  hielte  die  für  grosze 
thoren,  welche,  wann  sie  ihre  sachen  selbst  verfahrlest  oder 
übel  angestelt ,  es  gottes  nothwendiger  versehung  schuld 
geben ,  oder  dem  glücke  heiraschreiben  wollen.  Zivkgref 
apophth.  1, 112. 

schwärmen:  wenn  er  des  abends  betrunken  heime 
schwärmt.    Tiecr  2,  334. 

sich  sehnen:  das  kind  sehnt  sich  heim; 

mit  heiszen  thränen  wirst  du  dich  dereinst 
heim  sehnen  nach  den  väterlichen  bergen. 

ScuiLLER  fett  2,  1. 

seilen,  am  seile  zu  sich  ziehen,  verlocken:  (Crobilus)  faet  zwo 
schöne  hurn,  dero  er  sich  neret,  und  vil  jüngling  . .  einzohe 
und  beimsailt.  S.  Frank  sprichw.  2, 131*. 

sein,  mit  ausgelassenem  zweiten  verb  der  bewegung;  aber  weil 
der  Türk  wider  beim  ist  (gezogen).  Luther  3,  320*. 

senden:  als  nu  nach  etlichen  jaren  Nehemias  ...  vom 
könige  beim  gesand  ward.  2  Macc.  1,  20. 

setzen,  anheim  geben,  überlassen:  als  nu  die  genanten  dem 
rate  sulcbs  beim  salzten,  d.  slädlechron.  3, 377,  2 ;  darzu  sol 
man  dem  wilden  vielköpfigen  böfel  nichts  zu  reformieren 
heimsetzen,  kriegbüchl.  d.  fr.  168;  lasset  uns  gott  bitten  umb 
Vergebung  unser  sünde  und  ims  heimsetzen ,  er  wird  alles 
fein  nach  seinem  willen  und  lobe  schicken.  Luther  2,515'; 
es  gehört  mir  nicht  zu  von  den  sachen  zu  disputiren,  ich 
setz  den  bocbweisen  heim.  3,413*;  ich  will  es  aber  einem 
ieden  heimgesetzt  haben ,  damit  umbzugebeu  nach  seinem 
gefallen.  Fronsperg  kriegsb.  2,173*;  ich  wil  des  brn.  bitten 
fortbin  nicht  mehr  stat  geben,  sondern  alles  seinem  befeh- 
licb  beimsäzzen.  Bdtschky  hd.  kanzl.  133; 

ich  hab  es  dem  glück  heimgesetzt, 

es  ficht  mich  eben  nichtsen  an.    H.  Sachs  3,2,167'; 

derhalben  ist  noch  mein  beger, 

dasz  darumb  werd  gestrafTet  er, 

das  setz  ich  euch,  herr  richter,  heim.    5,363'. 

in  der  Verbindung  beleblen  und  heim  setzen :  aber  das  (geschenk) 
bevelhen  der  priorin  und  ir  haim  setzen ,  das  sy  es  geh 
deiner  tocbter  oder  ainer  andern  die  sein  notdürftiger  war. 
Keisersberg  has  impf.EeS*;  biemit  auch  von  diesem  gnug, 
und  biemit  das  urtheil  dem  verstendigen  leser  heim  gesetzet 
und  befohlen.  WtiRTz  pract.  der  wundarxn.  349. 

spielen:  (gott)  dem  wir  all  unser  anligende  not  bilUch 
selten  heimspilen.  S.  Frank  chron.  247*. 

sprechen:  einem  etwas  haim  sprechen,  es  ihm  zusprechen, 
als  sein  erklären.  Schm.  2, 193  (aus  Avkrtin)  ;  adjudicare  baim- 
sprecben  Dief.  13*. 

stehen,  sich  angemessen  stellen,  entsprechen:  nnd  all  ihr 
gewinnens  wirdt  beim  stehen  ihrer  Vernunft:  wie  sie  die- 
selbige  werden  richten,  dermaszen  werden  sie  glück  oder 
Unglück  empfahen.  Pabacelsds  opp.  2,  652*. 

stellen,  zunächst  in  der  folgenden  stelle  zugehen  lassen,  über- 
mitteln :  wir  haben  auch  vleiszig  umb  d.  ürbanum  Begium 
geschrieben ,  und  heften  in  gern  euch  wider  heimgestellet, 
aber  er  ist  nicht  zu  erheben  gewest,  bei  dem  fromen  fürsten. 
Lcther  6,  325' ;  gewöhnlicher  anheim  stellen,  überlassen  :  er  stellet 
es  aber  dem  heim,  der  da  recht  richtet.  iPe/r.  2,  23;  ich  wil 
gott  die  Sache  heimstellen.  Luther  3, 119*;  derhalben  was  die 
ursach  hie  gewesen  ist,   das  s.  Paulus  verbindert  ist,   mus 


863 


HEIM 


HEIM  — HEIMAT 


864 


man  gott  heimstellen.  267*;  da  sie  nu  die  sache  dem  dritten 
beimstellelen  zu  urteilen.  473*;  ob  nun  solches  ein  gleichnus 
habe  mit  der  bestellung  der  bergkbülten  . .  stelle  ich  einem 
jeden  heim  bei  sich  zubedenken.  Mathes.  Sar.  153';  so  wolt 
ers  ihrem  gutachten  haben  heimgestellt,  ob  nicht  . .  Zinkgref 
apophlh.  1,37;  {habe)  alles  dieser  sache  .  .  seinem  hochver- 
nünftigen judicio  heimgestellet.  Schuppius  625;  stelle  es  ledig- 
lich ihrer  klugheit  und  billigkeit  heim.  Gotter  3, 377 ; 

du  richten  aller  weit, 
dir  hab  ichs  heimgestellt, 
wasz  mir  in  disen  Jahren 

von  menschen  wiederfahren.    Rist  himl.  lieder  2,107; 
es  ist  des  herren  band,  ich  stell  ihm  alles  heim. 

Chr.  Grypuius  jioeJ.  wälder  1,329; 
dir  sei  es  gänzlich  heimgestellt, 
wie,  wo,  und  wenn  ich  scheide.     Cakiz  ged.  46; 
war  denn  diese  (lammenliebe 
treier  willkür  heimgestellt?     BiSacER  44'; 

ach,  es  ist  doch  besser, 
ich  stells  dem  himmel  heim. 

Schiller  Wallensteins  tod  5, 6. 

fortneln :  weder  gefangen  nemen ,  noch  schlagen  dörfen  sie, 
sonder  dasselbig  ist  den  priestern  allein  zugelassen  und  heim- 
gestelt.  MicYLL.  jTac.  440* ;  wollet  diese  verdriesliche  sache  .. 
dem  heimstellen  und  lassen,  der  da  recht  richtet.  Lütuer 
3,390*;  wollen  wir  im  die  sach  heimstellen  und  befehlen. 
420*;  habe  mir  keine  andere  (worte)  draus  (aus  goUes  worlen) 
machen  wollen  noch  machen  lassen ,  sondern  dir  befohlen 
und  heimgestellet,  ob  etwas  finster  darinnen  were.  489*. 

sterben,  durch  sterbe  fall  zukommen,  anheim  fallen:  das, 
so  der  besitzer  stirbt,  das  leben  frei  wider  heim  sterbe  dem 
der  es  vorhin  verkauft.  Luther  1,296*;  oft  schätzten  sich 
die  verwundeten  glücklich,  wenn  sie  gefangen  wurden,  um 
nicht  den  messern  und  piilen  ihrer  landsmännischen  medi- 
cinalraelzgerknechte  heimzusterbeu.  reichsanzeiger  bei  Campe 
s.  V.  landsmännisch. 

steuern,  in  zwei  ganz  verschiedenen  bedeutungen :  a)  das 
schiff  nach  der  heimal  lenken:  als  wir  lange  genug  ausgewesen, 
steuerten  v*'ir  wieder  heim,  b)  heim  steuern,  eine  person,  ihr 
eine  heimsleuer  geben.  Adelung. 

sumsen: 

bienchen,  schwer  von  honigseim, 
sumsen  goidgeOügelt  heim. 

Voss  poet.  werke  (1835)  160'. 

theidingen:  den  sun  widerum  heimtädigen ,  reconciliare 
^ium  donium.  Maai.er  217*. 

thun:  einen  haim  tuen,  bildlich,  t/m  übertreffen,  zwingen; 
umbringen,  besonders  wenn  es  heimlich  geschicIU.  Schm.  2, 193. 

tragen. 

es  wxr  wol  das  ainr  wurd  geslagen, 
das  man  (man  ihn)  hain  müs  tragen,      teufeis  netz  4292; 
dort  trägt  man  ßsch  und  vögel  heim.    Voss  5,  19; 
gehäuß  heim  bin  tragen  (vergl.  jedoch  heimhin,  heimzu): 

euer  urtail  will  ich  haim  hin  tragen 

und  will  sie  meinem  man  eben  sagen,    fastn.  sp.  312, 17. 

in  freierem  sinne  zutragen,  überweisen:  aber  die  ehre  sol  nie- 
mand annenien ,  als  im  geschehen ,  oder  auf  im  bleiben 
lassen,  sondern  sie  heiligen  und  gotte  beim  tragen,  des  sie 
ist.  Luther  1, 489*. 

treiben,  domuni  compellere.  Frisch  1,436*;  der  iiirt  treibt 
die  herde  heim,     übertragen  heisxt  es  meislern.  Schm.  2,193. 

trop  fen: 

'    tropf  heim  wie  ein  getaufte  mausz. 

J.  Athbr  fasln,  sp.  105«  (2867, 22  Xe//er). 

verlangen:  das  kiiid  «erlangte  heim  zu  seinen  ellern; 

bimmel  an  scholl  das  gesclirei  der  heimverinngenden  Völker. 

Uürcer  V»)'. 

rertbcilcn,  lulheütn:  sy  (die  ttadt  Aecon)  ward  wol  heim 
verteilet  dem  geschiccht  Äser,  aber  die  selben  Asarite  be- 
saszen  sie  nie.    Fraxi  uellb.   164*. 

wallen,  eioentlich:  die  pilger  wallen  heim;  übertragen  (wte 
heidi  fahren,  gehen)  sterben: 

zeuch  der  groszen  heimgewallten 

geider  zum  feste  der  tocliier  herab!    BCRCgR  78V 

wandeln:  wir  wandelten  im  abendlichle  beim. 

wandern:  nach  hause  tire  heimwandern,  regredi,  pedem 
rttro  fetre,  domiun  revenire.  SrieiER  2.^02. 

watscheln:  nyniphen,  die  um  milternacbt  heiinwatscbeln 
oboe  latcrne.  Fa.  MCller  3,114. 


weisen,  zuweisen:  welche  es  aber  nicht  lernen  wollen, 
das  man  denselbigen  sage,  wie  sie  Christum  verleugnen,  und 
keine  Christen  sind,  sollen  auch  nicht  zum  sacrament  ge- 
lassen werden,  . .  sondern  dem  bapst  und  seinen  oflicialen, 
dazu  dem  teufel  selbs  heimgeweiset  sein.  Luther  8,  346*. 
zurückweisen,  zurückschieben :  den  angebotten  eidt  dem  anbieter 
heim  weisen.  Vrankf.  ref  I  39  §  14. 

werfen:  so  der  aigenberr  den  erteilten  aid  oder  betewrung 
dem  erbman  haimwerfen  wolle.  Haltads  870.  s.  heim  schieben. 

wollen,  mit  Unterdrückung  eines  zweiten  verbums  der  be- 
wegung :  komm,  wir  wollen  nun  heim. 

zahlen,  zurückzahlen,  vergelten:  eine  schuld  heim  zahlen; 
jetzt  kam  die  stunde,  wo  das  Schicksal  dem  drüben  heim- 
zahlte, dasz  er  herrn  Hummel  durch  sein  dasein  gekränkt 
hatte.  Frevtag  handsclir.  3,  6. 

zetteln:  wann  er  also  nun  die  zeit  hat  zugebracht,  nnd 
sich  getrocknet,  geriben,  gewischt,  gefrischt,  und  die  kleider 
geendet,  zettelt  er  allgemach  wider  heim.  Garg.  183'. 

ziehen:  David  bleib  in  der  beide,  aber  Jonathan  zoch 
wider  heim.  1  Sam.  23, 18 ;  zog  heim  in  seine  stad.  2  Sam. 
17,23;  das  er  wider  heim  zihe  in  sein  land.  Jes.  37,  7;  darnach 
zog  er  wider  heim  gen  Jerusalem.  \Macc.  11,7;  pleon astisch : 
und  zeucht  ein  yeder  wider  beim  zu  hausz.  Frank  wellb.  152'; 

zart  frewlein,  laszt  von  evvrem  zorn, 
zieciit  wider  heim  zu  lande!    Uhland  votksl.  299; 
die  Schweden  ziehen  heim;  daheime  wann  sie  blieben, 
war  Deutschland  auch  daheim,  und  nicht  wie  jetzt  vertrieben. 
LoGAU  2,  63,  54  (der  Scliweden  austug 
anno  50); 
und  jedes  beer,  mit  sing  und  sang  .  .  . 
zog  beim  zu  seinen  bäusern.    Bürger  13'; 
blockend  ziehen  heim  die  schafe. 

Schiller  gtocke  v.  277. 

zittern:  wenn  ein  dieb  oder  mörder  sich  in  der  nacht 
dem  dunkel  dieses  waldes  nähert,  so  gehe  ein  beiliger  schauer 
von  dieser  stelle  aus,  der  sie  erschrecke,  dasz  sie  heim- 
zittern, nachdenken  und  busze  thun  über  ihre  schändliche 
werke.  Stillinc  gesch.  des  herrn  v.  Morgenlhau  1,98. 

zügeln: 

so  klar  die  luft,  mich  dünkt  ich  seh  den  hlrten 
heimzügeln  von  der  duftbesäumten  höh. 

A.  V.  Oroste  ged.  90. 

zünden: 

lug  jeder  wi  er  find  sein  hausz, 

so  mag  im  denn  der  tag  heim  zünden, 

und  kan  das  hausz  on  iacklen  finden. 

ScuBiDT  grob.  (1568)  J5'  (2,7). 
Übertragen,  wie  heim  leuchten,  abfertigen.  Fromm.  6,120,61. 

HEIMARBEITER,  m.  arbeiter,  die  nicht  in  eineni  local  ihres 
arbeitgebers,  sondern  in  eigener  wohnung  arbeiten,  in  Nürnberg. 
Fromm.  2,  247. 

HEIMAT,  f  pairia,  domiciUum. 

ahd.  heiinöli,  mhd.  beimöte  und  heimuote  neben  heimut  und 
heimuot ;  das  golh.  weist  eine  enveiterung  haimö|)li,  plur.  haim- 
ü|)lja  (ayQovs  Marc.  10, 29.  30)  auf,  die  sich  auch  ahd.  als 
heiniüdili  (Graff  4,  951)  wieder  findet,  das  wort  zeigt,  wie 
armut,  kleinod  und  monat,  vor  dem  suffixalen,  zustands-  und 
orlsbildenden  t  ableitenden  ursprünglich  langen  vocal ,  der  sich 
aucli,  nachdem  im  allgemeinen  solche  vocale  zu  tonlosem  c  zurück- 
gegangen waren,  ausnahmsweise  erhielt,  freilich  nicht  ohne  schwanken, 
die  mild,  gewöhnliche  Verbreiterung  iieimuote,  iiciinuol  Idszt  sehen, 
wie  man  das  wort  misierstdndlich  mit  muot  zusammcnbnichte 
(wie  man  kleinod  in  kleiniieit  umdeutete  5,  1122),  klar  zeigt  sich 
dieses  zusammenbringen  in  der  form  hcinmuot  Lexer  wb.  1,1221; 
welcher  tod  dich  füret  zu  der  heinmiit  dins  vatterlands  der 
ewigen  seligkeil.  Keisersberg  bilg.  73*;  sicher  kummen  zu  dem 
rechten  woren  heinmud  und  vatterland  der  ewigen  Seligkeit. 
82';  heimmiit  pairia  DiEF.  nor.  gloss.  283*  (l!>.  jahrh.) ;  heiinSl, 
heimut  dauert  auch  noch  später  fort;  der  mit  (lysz  und  ylent 
sucht  sin  zillich  heimut.  Keisersberg  bilg.,  lilelblatt; 

wenn  elnr  aiist  rrcmlnlcn  landen  kümpt 
zu  den  seinen  in  sein  heimut. 

B.  Walois  Esop  3,  29,  9. 

in  dem  heule  autsehliesilich  schrißgemdszen  iieiinat  H  die  w- 
sprüngliche  abl<-Hungssill)e  -6t  durch  at  verdrängt,  ganz  so  wie 
zu  mhd.  mänüt  .'■ich  niAnüt,  ebenso  tu  kleinst  scJion  im  H.jahrh. 
die  nrbenform  kleinflt  findet  (5, 1121 ;  der  froiiwen  klcin.1l. 
biterolf  12 174  Martin).  Iieiinat  ist  seil  dem  15.  jahrh.  aus  ver- 
tchtedcnen  gegendrn  nacliwcubar :  patria  das  hnyinat  DiRf.  nov. 
glost.  2s:i'  (augsburgiscJi),  Luther  braucJU  diese  form  (s.  unten), 
ebenso  kennt  sw  Maaikr:    aus  unserem  heimat,  linder  l.inds- 


865 


HEIMAT 


HEIMAT  —  HEIMATLICH 


866 


i 


mann,  consors  pairiae  216',  tcie  sie  denn  im  t^.jahrh.  schon  ent- 
sclueden  überwiegt,  aus  ihr  enlspringea  zwei  neben  formen ;  eine 
mit  nasal  verseltene  heimant:  das  iieimandt,  Vaterland,  patria 
Maaler  a.  a.  o. ;  nach  dem  nasal  fdlÜ  der  schlieszende  consonant 
ab:  die  herberg  und  heimen ,  darin  wir  hie  in  zyt  wonend. 
ZwiNGLi  2,  208;  JM  formelhaftem  gebrauche  ohne  artikel:  desz- 
mals  brachen  die  Golhier  von  heimant  auszgetriben  in  Traciam. 
S.  Frank  chron,  1531  153';  und  eine  abgeschwächle :  heimet, 
vatteriand  palria  Dasyp.  ;  wiewol  sy  die  zeit  in  ainem  fremb- 
den  iand  und  nit  in  iiem  haimet  waren.  Melascrthon  haupt- 
artikel  d.  h.  schriß  verdeutscht  fol.  6S ;  sich  in  irer  heimet  nit 
wüsten  weiter  zu  betragen  oder  zu  erneren.  Zimm.  chron. 
4, 304,  t5 ;  gaben  sich  widerumb  auf  die  flucht  nach  irem 
heimet.  H.  Stade»  l4;  in  meiner  hcimeth.  Simpl.  i,lbi  Kurz; 

der  hecht  thet  sich  von  dannen  machen 
und  wider  in  sein  heimet  fliehen. 

ß.  Waldis  Esop  3,  8,  17; 
ohne  artikel: 

sich  wend  nach  heimet  unverzaget. 

B.  RiNCWALD  ev.  Hh  3* ; 

eine  form ,  die  sich  in  den  süddeutschen  mundarten  bis  heute 
erhalten  hat,  und  der  sich  mitteldeutsches  (dür.,  obersächs.)  heimde, 
hemde  {patria  heimede  Dief.  416',  Ib.jahrh.)  anschheszt. 

Das  geschlecht  des  ivortes  ist  ursprünglich  nur  neutrales  getcesen, 
bereits  im  viltd.  aber  entwickelt  sich  daneben  das  weibliche  und 
erscheint  bald  gleich  häufig  {gleiche  geschlechlsschwankung  bei  arjnut, 
s.  1,  561).  wenn  für  die  heutige  Schriftsprache  heimat  als  fem. 
ausschlieszlich  gilt,  so  ist  es  im  16.  jahrh.  als  neutrum  noch  häufig 
(beispiele  s.  oben),  im  17.  jaftrh.  wenigstens  noch  gebräuchlich :  bei 
einnemung  ihres  heimats.  Simpl.'i,  254  Kurz;  wie  es  in  meinem 
heimeth  zu  gehen  pflegte.  4,  83 ;  noch  jetzt  ist  das  neutrale 
geschlecht  nntndarllich  vielfach  ausschlieszlich  üblich,  so  z.  b.  in 
Hessen  das  heimed,  heraed  Vilmar  159,  bair.  das  haimät,  plur. 
die  haimater  Schx.  2, 193 ;  ebenso  in  Kärnthen  hämat  Le-KEr  13S. 

Bedeutung. 

1)  heimat,  das  Iand  oder  auch  nur  der  landstridi,  in  dem 
man  geboren  ist  oder  bleibenden  aufenthalt  hat:  der  got  des 
himels,  der  mich  von  meines  vaters  hause  genomen  hat,  und 
von  meiner  heimat.  l  Mos.  24,  7 ;  in  seiner  heimath  {Deutsch- 
land). Zisrgref  apophlh.  l,  425 ;  wie  ich  in  mein  heimat  wider 
kommen  bin.  Schuppius  760 ;  ee  ist  entweder  faulheit  oder 
Ungeschicklichkeit,  oder  aber  eine  schwere  Steuer,  die  sie 
{die  emigranlett)  aus  ihrer  heimath  treibt.  Moser  pa/r.  pAan/.  l 
(1798)  345 ;  manche  deutsche  flüchtlinge  haben  in  der  Schweiz 
eine  zweite  heimat  gefunden ;  famiiien  ziehen  über  die  see, 
um  sich  in  Amerika  eine  neue  heimat  zu  gründen; 

leider  ist  die  heimat 
zur  fremde  dir  geworden.       Schiller  Teil  2,  1; 
eingedenk  der  heimat,  gleitet 

er  {der  schiffer)  im  wogensturz  daher.    Voss  4,  153; 
da  weiszt  ja,  in  der  deutschen  heimath  blieb 
die  junge  gattin  mir,  kaum  anvermählt. 

Uhland  ged.  185; 
schon  führt  er  zu  der  heimath  strande, 
von  golde  schwer,  den  eignen  mast.    il2; 
wo  so  mancher  von  der  heimath 
scheidet  ohne  widerkebr.    290; 

mir  aber  ist 
die  heimath  längst  verloren.    385; 
sei  mir  gegrüszt,  du  ewiges  meer, 
wie  spräche  der  heimat  rauscht  mir  dein  wasser. 
H.  Heise  15,  241. 

in  bezug  auf  pflanzen,  thiere:  die  heimath  dieser  pflanze  {Sola- 
num pseudocapsicum)  ist  ungewis.  Nemsich  4, 1319 ;  und  vögel 
flogen  nach  diesen  und  jenen  richlungen  wie  nach  verschie- 
denen heimathen.  A.  Stifter  Studien  5,  79. 

2)  heimat,  der  geburtsort  oder  ständige  wohnort:  wan  .  .  die 
mergker  einen  uszman  {aus  einem  andern  dorfe)  betreden,  der 
sich  nicht  phenden  laiszen  woilde,  dem  solle  er  {nämlich 
ein  mdrker)  nachgehen  wisz  in  syn  haimaide,  und  dan  den 
darumb  furdern  und  anlangen,  weisth.  3,32^  {Hessen  tJ.  f440); 
solche  vermächtnns  hinderlägten  wir  ...  in  meines  manns 
heimath  in  Hochdeutschland.  Simpl.  3,57  Kurz; 

traute  heimat  meiner  lieben!      Salis; 

doch  vor  der  heimath  thoren  am  altar 

da  harrten  schon  zum  festlichen  empfang 

der  frauen  und  der  jungfraun  helle  schaar.    Uhland  gcd.  379. 

3)  selbst  das  cUerliclie  haus  und  besitzlhum  heiszt  so,  in  Baiern. 
ScHM.  2,193  {vcrgl.  auch  unten  heimathaus),  woraus  der  .nnn 
haus  und  hof,  besüzlhum  überliaupt  sich  ausbildet,  auszer  in 
Baiern  namentlich  auch  in  der  Schweiz:  die  hemel,  hämet  mtl 

IV.  11. 


dem  plur.  hemeta,  hämeta,  auch  in  der  formet  hös  ond  hemet 
Tobler  259;  das  heimath  sieht  nicht  am  besten  aus,  selb 
ist  wahr,  aber  das  Iand  ist  gut.  J.  Gotthelf  schuldenb.  S ;  er 
nimmt  zum  maasstab  seinen  erlös  aus  dem  verbesserten  heim- 
wesen.  das  neue  heimath  kostet  ihn  wohl  10,000  gülden... 
5.  19.  dim.  heimathli :  es  geht  um  ein  heimathli.  das  also 
hättet  ihr  gerne  gehabt,  s.  6. 
4)  heimat  in  freierer  anwendung. 

a)  dem  Christen  ist  der  himmel  die  heimat,  «ni  gegensatz  zur 
erde,  auf  der  er  als  gast  oder  fremdling  weilt: 

wann,  friedensbothe,  der  du  das  paradies 

dem  müden  erdenpilger  enischlieszest,  tod, 

wann  führst  du  mich  mit  deiucm  goldnen 

Stabe  gen  himmel,  zu  meiner  heimath?    Höltt  84  Halm; 

ein  zarter  fremdling  auf  der  rauhen  erde, 

der  bald  zur  heimath  sich  zurückgeschwungen. 

Uhlasd  ged.  126; 
fremdling  bin  ich  nur  im  staube, 
meine  heimat  such  ich  wieder, 
meine  grüne  himmelslaube.    Ar^dt  ged.  (1840)  486. 

b)  diciüerisch: 

der  entrückt  nun  den  gefahren, 
wie  ülyss  nach  zwanzig  jähren, 
in  der  wünsche  heimath  ruht.     Borger  72'. 

c)  redensarten.  in  Baiern  haszl  ein  zweckloses,  ungegründetes 
geschwälz  ein  scbmaz,  der  keine  heimat  hat.  Schh.  2,193; 
etwas  kommt  einem  von  heimat  aus,  aus  sich  selbst; 

drum  flickt  er  da  und  dort 
mit  frömbden  lumpen  zu,  wan  nämlich  teütsche  wort 
dem  ungeschickten  köpf  von  haimatausz  nicht  kommen. 

Rohpler  114. 
HEI.MATFLÜR,  f.: 

0  du  heimatflur!     Röckert  ged.  317. 
HEIMATFORST,  «i.  ; 

so  führt  die  wilde  löwion  ihre  jungen,  .  .  . 
und  macht  durch  beispiel  frühe  sie  zum  graun 
des  Jägers,  wenn  er  stört  die  heimatforste. 

Gries  Tassos  befr.  Jerus.  9, 29. 
HEIMATGEGEND,  f: 

du  rufst  in  heimatgegenden  mich  zurück. 

Plate»  an  \V.  Genih. 

HEIMATGEVVÄSSER,  »i. ;  ein  revolutionärer  frosch,  welcher 
sich  gern  aus  dem  dicken  heimatgewässer  erhübe.  H.Heine 
11, 155. 

HEIMATHAUS,  n.  elterliches,  geburtshaus  (heimat  3  oben): 

beschleichend  fieber  brachte  dir  verderben, 
du  wurdest  bei  der  eitern  weheklagen 
aus  deiuem  heimathhause  hingetragen 
zur  Stätte,  die  nicht  blut,  nur  blumen  färben. 
Uhlasd  ged.  128. 
HEIMATHÜTTE,  f.: 

munter  fördert  seine  schritte 

fern  im  wilden  forsl  der  wandrer 

nach  der  lieben  heimathütte.     Schiller  gloclte  v.  276. 

HEIMATKLA.NG,  «i.: 

die  todtenglocke  tönte  mir 

so  traurig  sonst,  so  bang; 

seit  euch  geläutet  ward  von  ihr, 

ist  sie  mir  heimathklang.    Uhlakd  ged.  117. 

HEIMATKREIS,  m.:  der  heimatkreis  des  säugethiers  ist 
beschränkter  als  der  eines  vogels  oder  fisches.  Brehm  iUustr. 
thierleben  1,  xxviir. 

HEI.MATLAND,  n.:  sein  rühm  ging  durch  ganz  Schwaben, 
sein  heiiualland.  Riehl  cuUurgesch.  nov.  407; 

iosonders  werth  ist  mir  so  edler  gast, 

der  aus  dem  nordseben  heimathlande  kommt. 

UaLA><i>  ged.  170; 
das  deutsche  heimaüand  verschmähten  sie.    187; 

vom  himmel: 

lösen  sich  die  irdschen  bände? 
wird  auch  mir  die  schwinge  frei, 
dasz  ich  in  dem  heimathlande, 
freundin,  dir  vereinigt  sei?     47. 

HEIMATLICH,  adj.  1)  der  heimat  angehörig,  in  bezug  zu  ihr 
stehetid:  es  ist  mir  alles  aus  einer  jugenderinnrung  bekannt, 
wie  die  hcimalhliche  ferne,  deren  man  sich  {deutlich  bewuszt 
fühlt,  obscbon  man  sie  schon  lange  vergessen  bat.  Guthe 
{Beltine  briefe  1,229);  sein  söhn  Hakon,  dem  er  die  heimat- 
liche macht  übergeben.  Dablüann  dän.  gesch.l,iO';  obgleich 
er  {Börne),  ebenso  wie  Göthe,  den  heimatlichen  dialekt  nie 
ganz  verleugnen  konnte.  Heine  12,  31 ; 

und  als  ich  kam  ins  heimatliche  thal.    Scbillir  Teil  2,  2; 

ein  heiraathlicher  schatten  wehet  hier.     Uhland  ged.  116. 

55 


S6- 


IIEIMATLICHKEIT—  HEIMBÜRGE 


HEIMBÜRGE  —  HEIMCHENGEZIRP 


868 


2)  schweizerüch,  nach  heimat  3,  das  besilzthum  pflegend :  die 
Schweizer  .  . .  sind  sonst  ein  haushalte)  isclie?,  heimatliches 
volk.  J.  V.  Müller  werke  (1817)  24, 196. 

HEIMATLICHKEIT,  f. 

HEIMATLIEDCHEN,  n.: 

so  heiszt  sie  ihn  die  griechsche  zither  schlagen, 

und  heimnthliedchen  singen  in  die  saiten.      Uhland  gcd.  439. 

HEIMATLOS,  adj.  ohne  heimal :  wie  er  . .  auf  ungebahnten 
straszen  hinziehe,  mit  gefahr  und  noih  zu  felde  liege ,  und 
bei  so  viel  unbestand  und  wagnis  sich  gewöhne  heimalhlos 
und  freundlos  zu  sein.    Güthe  17,321; 

als  noch  im  hau.«e  lag  die  hieiclie  hi'ille, 

da  wuszi  ich  nicht,  wohin  nach  ihr  mich  wenden; 

sie  schien  mir,  heimalhlos,  mit  klaggebcrde 

zu  schweben  zwischen  bimmel  hin  und  erde. 

Uhlakd  gcd.  142; 
die  heimath  blosz  macht  heimalhlos 
die  kinder  ihres  dichters. 

Freiligratb  ges.  dichiungen  3,  203. 

im  pulizeistile :  der  heimatlose  Verbrecher  N.,  der  nirgends  orts- 
amichörig  ist. 

HEIMATLOSIGKEIT,  f. 

HEIMATLl  FT,  /.  ; 

das  ist  ja  meine  heimatlurt! 

die  glühende  wange  empfand  es.     H.  Heine  17,  146. 

HEIMATPFORTE,  f.: 

entblöszt  sind  von  veriheidigern  die  mauern  (von  Oiipnns), 
denn  rastlos  fechtend  fällt  die  mannschaft  aus; 
doch  wenge  sehn  die  heimatpforte  wieder. 

Schiller  Jungfrau  1,  3. 

HEIMATSCHEIN,  «i.  obrigkeitliche  bescheinigung  über  die  orls- 
angehorigkrit  jemandes. 
HEIMATSHERD,  m.:. 

die  .  .  .  siebern  wobnsitz  gibt  am  heimatsberde. 

W.  V.  UuMBOLDT  ges.  werke  6, 629. 
HEIMATSTRAND,  m.  ; 

so  wächsest  du  [pflanze)  am  heimathstrande. 
UuLAND  ged,  «4 ; 

in  jener  urne,  die  vom  heimathstrande 
ich  hergebracht.  125. 

HEIMATSÜCHTIG,  adj. :  Theseus  mit  seinen  heftig  rudern- 
den Athenern  gewinnt  schon,  heiinaihsiichtig,  das  hohe  mecr. 
GuTHE  39,  32.  das  hierzu  gehörige  subst.  heimatsucht  ist  ohne 
beleg:  vergl.  aber  unten  heimsuclit  für  heimiveh. 

HEIMATVERLANGEND,  pari.: 

wie  einst  dich  {mper)  begrüszten 
zehntausend  griechen heizen, 
ungliinklickaniplcnde,  heimalverlangende, 
wellhenihmte  griechenherzen.     II.  Heine  15,240. 

HEIMATVVALD,  m  . 

die  käfer  flatterten  eilig  fort. 

sie  suchen  feucr,  und  lassen  bald 

weit  hinter  sich  den  heimalwald.     H.  Heinf.  IS,  2.56. 

HEIMATW.\RTS,  adv.  : 

wie  ich  aus  euch  mich  sehnte  beimotwärts, 
so  wird  nach  euch  sich  sehnen  nun  mein  herz. 
RÜCKERT  2^>h. 

HEI. MBA  CK  HAUS,  n.  gemeinsames  backhaus  für  einen  bestimmten 
stadttheil,  mit  bannrecht,  in  fiorddnringen ;  im  sondershäusischen 
landtag  wurde  am  7.  juli  1868  verhandelt  über  entsch.ldignng 
für  aufgehobene  hcimbackhriuser. 

HKIMI5ERGE,  s.  heimhürge. 

HKIMREUtJTHU.M ,  n.  verwaUungs-  oder  aufsichtsbezirk  eines 
heimbürgen,  neislh.  4,  517.  .518. 

HEI.MBLEIBIG,  adj.:  {eine  fromme  frau)  ist  schamhaft, 
züchtig,  heimpieibig.  Fischabt  ehez.  543. 

HF^I.MHRI.NGEIK,  m.  der  andere  heim  bringt,  nach  hanse  ge- 
leitet: wenn  auch  100  mädchcn  zu  tanze  gehen,  kriegen  nur 
7  einen  hcimhringer.  Weserzeilting  1853  no.  3015  {aus  Sord- 
frieüand). 

HEIMBÜHGE,  m.  aufsrher,  Verwalter  einer  gemeinde,  gemeinde- 
rorstrher ;  ahd.  hcimhurgo  Iribunu»  Graff  3,177;  mhd.  heim- 
biirge  Lbxer  1, 12t«.  die  form  des  oft  gebrauchten  Wortes  srliwanlU : 
die  ilfllung  des  heimhürgeii  tsl  Ihcils  unter  dem  schuUheisz,  llieili 
Iritt  er  für  und  stall  des  letzteren  auf,  vgl.  Haltaus  85«/.;  im 
Eluuz  waren  die  hcimbiirgen  tlieils  riciUer,  Iheiis  auch  aufseher 
Über  maasze,  gewichte,  wege  und  siege,  und  einsammler  der  steuern. 
Strastburifir  gössen-  und  hdusernamen  im  nütlelalter  {Straszburg 
1871)  f. 7.'i.  70,  wo  eine  heimbiirgcngagsc  nachgewiesen  ist:  de« 
bcrren  ro«»  «oll  der  gcmelt  hei  in  borg  gclien  einen  sedier 
babern.  weitlh.  '  -■<  ir--  -■•-■■■-,■  ,it„,,-  ,),.„   ^,.|h,.n   «:ilt   sinf 


ierlichä  förstere  der  heimburg  zu  Liehtenowe,  der  schulteisz 
zu  Swartzach  und  der  gerichlsbolt  zu  Ulme.  4,517  {Schwarz- 
wald); der  schullheisz,  heimburg,  heiligen  mayer,  und  rechner. 
Frey  garteng.  49;  ober  schult  rieht  ein  heimborge,  weislh. 
3, 325  (ff««en) ;  die  heimburger.  1,524  (frantoi);  derheim- 
biirger  oder  berr  schullheisz  des  orts.  gepß.  finken  17;  in 
Hessen  heimburger  vorstand  eines  dorfes ,  dorfrichter,  jetzt  als 
amtsbezeichnung  ausgestorben,  noch  aber  sprichwörllich  auf  einen 
menschen  gewendet,  der  sich  der  angelegenheil  anderer  annimmt 
und  dafür  eine  gewisse  auctorität  in  anspruch  nimmt.  Vilmar  159; 
endlich  fiigete  sichs  nun,  dasz  der  heimbiirgel  das  freie 
pferd  bei  den  obren  crdappele.  maulaffc  in2 ;  wir  . . .  deli- 
berirten  nicht  anders  als  wenn  wir  heimbiirgel  wären,  welche 
die  gemeine  zusammen  rufen  sollen.  120;  in  dem  dorf  zu 
Cappel,  gelegen  by  dem  schlosz  Rodeck,  sol  sin  ein  heim- 
herg  und  zwölf  lichter  an  dem  buren  gericlite  gemeinlicb. 
weislh.  \,\\1  {Schwarzwald,  die  fortselzung  des  textes  gewährt  ab- 
wechselnd heimburge  und  heimburger);  heim  berger  hiesz 
{und  heiszl  hier  und  da  noch)  in  den  alloranischen  Ihcilcn  ISassaus 
der  bürgermeisler,  in  trierschen  Ihcilen  heimerich.  Kehrein  192; 
dem  hei mri eben  oder  gemeinde,  weislh.  2, blO  (Untermoscl); 
der  schullheisz  und  die  heinbrich.  tceislh.G, ^-2  {Franken). — 
In  Dresden  waren  heimbürgen  beim  begrdhnisu  esen :  zu  grahe- 
bittern  und  grabebilterinnon ,  auch  denen  heimbürgen  vor 
den  thoren  zu  Dresden  sollen  ehrliche,  vernünftige,  des 
lesens  und  Schreibens  wohl  erfahrne  leute  gebrauchet  werden. 
Dresdner  leichenordnung  von  1686  hei  Schmieder  Sachsens  polizei- 
verfassung  (1774)  s.  37;  leichenträger  und  amtsheimbürgen. 
rescript  von  1773,  das.  s.  39.  mit  einem  fem.  heimbürgin: 
denen  von  dem  stadirath  in  der  residenz  Dresden,  Neustadt 
bei  Dresden,  ingleiclien  vor  den  thoren  angeordneten  Icichen- 
billerinnen ,  oder  leichenwascherinnen  und  hcimbürginnen 
wird  kein  zwangs-  oder  verbielhungsrccht  gegen  einander 
zugestanden,  vielmehr  bleibt  es  eines  jeden  willkühr  über- 
lassen ,  welche  von  diesen  leichenwascherinnen  und  beim- 
bürginnen  ein  jeder  wegen  beschickung  seiner  .  . .  verslor- 
fiencn  personen  gehrauchen  will,  rescript  v.  1773,  das.  s.  38. 
HEIMCHEN,  w.  grgllus  domeslicus.  wir  fühlen  das  worl  einzig 
als  diininutivuni  von  heime  gryllus  {s.  d.),  doch  hat  es  sich  aus 
einem  verdunkelten  compositum  gebildet,  das  ahd.  hatte  für  das 
tliicr  den  taulologischcn  namen  miihheimo  {vgl.  unter  hammel- 
maus sp.3l2),  später  mucheim  cicada  (Dief. lli"),  grillus  mucha- 
haim  {nov.gloss.  19S'),  umgesetzt  {männlichen  geschlechls)  heimoch, 
heimuch  {für  heimmuch)  cicada  Dief.  117';  grillus  heimamuch, 
hcumugg,  heimenmiig  270";  gryllus  ein  heimenmuck  Dastp.; 
der  heimuch,  porcus,  gryllus  Maaler  217";  diese  letzleren  formen 
giengen  weiter  zurück:  gryllus  ein  grill,  heymch  Alb.  Xx  2*; 
niederd.  cicada  hiemk,  hemeke  Dief.  lli',  und  hieran  anleh- 
nend, konnte  sich  das  wort  als  diminulivum  neulrum  ausbilden, 
so  dasz  formen  wie  heimcbin,  heimicbin,  iieiingin,  heumchin 
bei  Dief.  aufgeführt  werden;  auch  grillus  heinunelichen  nov. 
gloss.  198'.  jenes  hcimgen  das  war  einem  kleinen  kindigen 
in  seine  wiege  gekrochen  und  wolle  das  kindigen  mit  seinein 
singen  nicht  schlafen  lassen,  da  kam  das  schwestergen  des 
kindigens  in  der  wiegen  und  fieng  das  heimgen.  Cnn.  A. 
RoTHENS  131  lehrgediclite  {ICOS)  14;  und  alles  ist  so  still  dasz 
ich  die  fröschc  in  dem  Rhein,  die  heimeben  auf  der  wiese 
höre  singen.  Arnim  schaub.  1,157;  beim  gesange  der  heim- 
chen.   GöTHE  20,  237; 

nur  dasz  hier  im  alternden  gemäucr. 

melancholisch  noch  ein  hciiurheii  zirpt. 

Mattiiisso^  grd.  (1794)  .'c.29; 
{wenn  ein  nmdelien)  nach  dem  mondn  nur  blicket, 
nur  verpiszmeinnirhl  pflücket, 
und  mit  nächtlichen  hiümrhrn  zirpt.    Voss  4,73; 

grillen,  beiracben  ziitertönig 

spielen  auf  von  fern  und  nah.    Rückbrt  1S5. 

der  gesang  des  heimchens  gilt  als  todverkündend: 

das  heimeilen  zirpte  klAglicb, 

das  lange  nicht  gezirpt. 

gelt,  sagten  alle  liaiiern, 

gelt,  unser  Pfarrer  stirbt.     lloi.Tr  13  llntm : 

fin  mpianchnjisch  hcimchen  zirpt 

vor  Ihrer  kiininifrihur; 

ilas  leirlihiibn  schreit,    ach  gott!  sie  stirbt, 

<lo»  dorfes  heste  zierl  .'.  IH. 

hei  SrieLKH  heimchen  in  übertragener  bedeulung:  heiinke  (niedn- 
deutsche  form)  sive  heimlein  cliam  dicitur  mulier  doini  laieii-» 
cl   lantans.  sio. 

HFIMrfIK\(if7M!P.  rr    — -•  -'"  '••• '•'•v<. 


869 


HEIMCHENGREIFER — HEIMEN 


HEIMEN  —  HEIMFL  HRUNG 


870 


I 


HEIMCHE.NGREIFER,  »i.  aufstöberer  von  kleinigkeiten,  kleintg- 
keitskrämer :  ju  das  ist  der  alte  heimchengreifer,  der  kluge 
hinterdrein.  Tiecr  3.  bi.     lergl.  lieimchensucher. 

HEIMCHE.NMUSIK,  f.  gesang  ton  heimelten :  eine  heimchen- 
rausik  hob  an.    Grimm  deutsche  sagen  no.  31. 

HEIMCHENSüCHER,  «i.  «ie  heimchengreifer :  duckinäuser, 
hcimchensiicher!  Arsim  schaub.  1,40. 

HEIMCHENSUCHEREI,  f.:  deine  alten  traumbücher,  die 
alte  heimchensucherei  und  glaubensstreitigkeit.  ebenda  2,153. 

UEIMDIRNE,  f.  dirne  oder  magd  die  zu  hause  bleibt,  im 
gegensatz  derjenigen  die  mit  dem  vieh  auf  die  ^Ipe  gesendet  icirrf. 
ScHM.  2,192;  die  heimdirne  hatte  ihre  arge  noth  mit  den 
unruliigen  thieren.    Silberstein  die  alpenrose  von  Ischl  2,172. 

HEIME,  f.  heimat,  mhd.  heime  {wb.  1,655'):  wii-  varin  üj 
dem  eilende  dirre  zerganclichun  welle  in  die  Tatirhaimi.  Moke 
anz.  4,369; 

aus  ihrer  ewgen  heime.     Röckert  jerf. -2, 93. 
auch  niederdeutsch  vorhanden,  vergl.  bei  heim  sp.  S55. 

HEIME,  m.  ttnd  f.  yryllus  domesticus,  ahd.  hemo,  mhd.he'ime, 
nur  männlichen  geschlechls :  cicada  heime  Dief.  117";  grillus 
heime,  heiraen  270*;  die  heime,  grytlus  domesticus  Stieler  S20; 
wir  heiszeus  {die  thierc)  hewschrecken ,  es  sind  aber  nicht 
hewschrecken,  sondern  den  hewschrecken  oder  heimen  gleich, 
es  ist  ein  gemein  thier  in  morgenlendern.  Lltuer  3,313'; 
er  gehet  nach  hause ,  fängt  in  der  kuchen  eine  gnlle  oder 
heime.  Glirsfeld  hist.  rosengeb.  640 ;  in  dem  kleinen  garten- 
zinimer,  worin  wir  nachbarskinder  uns  versammeln,  ist  auch 
das  gezische  einer  heime  empfindlich.  Moser  pa/r.  p/iant.  3, 91; 

diu  ameije  uiit  der  heim.    Renner  5616; 
auszer  dasz  er  {der  fuchs)  feldmäus,  heimen, 
maulwürr,  (rösch  und  Schnecken  friszt. 

Brocses  9,  255; 
es  zirpten  grillen  und  heimen.     Höltt  162  Halm ; 
von  kräutern,  büschen  und  bäumen 
ertönet  um  und  um 
gesang  der  vögel  und  heimen, 
des  bienenvolks  gesumm.     Voss  4,  ISI ; 
vor  diesem  grabgesang  der  beimen. 

ScaxioT  v.  Wernecchen  almanach  1798  s.  118. 
veryl.  heimchen. 

HEIMEL,  ti.  gryUusdomeslicus,  verkkinerungsform  zum  vorigen  : 
cicada  heimel.  auch  heimilin,  heimelin,  heimlin  Dief.  117*. 

HEIMELDIXGER,  ni.  eine  apfelsorte.  Nemsich.  bei  Frisch 
1,  43S*  ist  heimelling  eine  art  frucht-  und  pfersichbäume ,  aus 
tnelocotanea  verderbt. 

HElMELMÄUSCHEiN,  n.  gryllus  domesttcus.  Nemnich  :  heimel- 
luusz  cicada  Dief.  117*.  es  ist  Verstümmelung  von  devi  untei- 
heimchen  aufgeführten  heimenmuck ,  heimuch.  vergl.  auch 
bammelmaus. 

HEI.MELN,  verb.  heimatliche,  vertraute  gefühle  erregen,  ein 
schweizerisches  wort:  es  heimelet  mich,  es  ist' mir  so  als  war 
kh  hier  daheim;  dieser  mensch  heimelet  mich,  zieht  mich  mit 
geheimem  zauber  an  sich.  Stalder  2,  33.  in  der  Verbindung  an- 
heimeln hat  das  wort  allgemänen  eingang  in  die  Schriftsprache 
gefunden:  alles  heimelte  den  knaben  an,  als  er  aus  der 
fremde  nach  hause  kam.  Alerbach  dorfgesch.  1,236;  ein  Vor- 
zug des  deutschen  wesens,  der  in  dem  deutschen  herzen  der 
Elsässer  bald  anheimeln  und  erkennbar  werden  wird.  Fürst 
RisMARCK  im  deutschen  reichstage  den  2.  mai  1871. 

Ein  anderes  heimeln,  mit  der  bedeulung  abscondere,  aä  se  in 
piira/um  domum  revocare,  bringt  Stieler  820. 

HEIMEN,  udv.,  der  form  nach  das  ahd.  ortsadverbium  heimina, 
heiminan  ron  hause,  von  der  heimat  (Graff  4,  951,  vgl.  gramm. 
3,205),  aber  in  etwas  anderer  bedeulung: 

1)  zu  hause,  in  der  heimat;  meist  in  veibindung  hie  heiraen, 
da  heimen  (2,678):  der  an  de;  ratz  urloub  hie  hainian  belibe. 
d.  stddtechron.  4, 145,  29 ; 

do  hörnen  ist  es  gar  geheim.     Eyri^c  2,  2 ; 
ferner  nach  heimen,  von  heimen:  von  solchem  fall  dermaszen 
geletzet  dasz  ihn  seine  diener  nach  heimen  fuhren  muszten. 
Kirchhof  wendunm.  lo';   machet   er  sich  auf  den  weg  Dach 
heimen  zu  reisen.  120*; 

laufestu  iez  von  haimen  her, 

so  sag  mir  wie  es  umb  dich  stee.    fasln,  sp.  356,  6. 

2)  nach  haitse,  in  die  heimat: 

sie  schwngen  die  frawen  auf  ein  pfert. 
der  her  lost  selbs  ir  auf  die  paot, 
und  pracbt  sie  heimen  in  sein  lant. 

RosK^BLCT  in  den  fastn.sp.  1143. 


HEI-MEN,  verb.,  mhd.  heimen  (Leser  wb.  1,1219)  in  mehr- 
fachem sinne. 

1)  »n  sein  haus  aufnehmen,  heimat,  herberge  gewähren:  da; 
der  vorgenante  pfaffe  . .  von  etteligen  unsirn  burgern  gehöset 
und  geheimet  sie.  fs'ordhäuser  ueisth.  {li.jahrh.)  in  den  neuen 
mittheil,  des  dür.-sächs.  alterthumsvereins  1,3,11;  darnach  baimet 
er  bös  liit  gen  Wellenburg.  d.  städtechr.  4,47,14,  vgl.  5,16,3; 
eine  frau  heimen,  heimführen  Frisch  1,436'.  ton  galt,  in  den 
himmel  aufnehmen :  als  nun  goll  den  fursten  well  heimen. 
ScH.«.  2, 194. 

2)  fest  nehmen,  verhaften :  als  alle  stete  ir  Juden  uff  einen 
genanten  tag  haimen  werden,  d.  stddtechron.  1,114,29;  die 
solch  fremd  Juden  haimten  und  troffen  betten.  30. 

3)  hehlen :  sich  eines  gestolnen  und  entwendeten  guetes 
UBderwmden  und  haimen.  Schm.  2, 194. 

4)  I«  bezug  auf  gegenstände  der  ernte,  einbringen  {vgl.  heimsen): 
beimen  ,  messem  facere,  fniges  succidere,  fruges  in  horrea  con- 
vehere  Stieler  820 ;  wer  nusz ,  eppel ,  und  beren ,  geheimpt 
obsz  nympt  im  tage  {bei  tage  stiehlt),  ^ioye.  zeitschr.  f.  d.  gesch. 
des  Oberrheins  2,  63 ;  item  gemein  obsz  ungeheimpt.  das. 

5)  auch  allgemeiner  von  gegenständen  an  sich  nehmen,  ein- 
nehmen, z.  b.  vom  zehnten.  Schm.  a.  a.  o. 

6)  heimen.  heimisch,  vertraut  machen;  s.  einheimen  /A.  3, 197. 

HEIMENGESCHWIRR,  n. : 

heimengeschwirr  ringsum,   und  surrende  bienen  im  schauer. 
Voss  2,  244  (läylt.  14,  70). 

HEIMER,  adv.  aus  dem  mhd.  heimwert,  ahd.  heimort,  heim- 
wärts, nach  hause:  die  sie  von  dannen  heimer  mit  in  bringen. 
Hütten  5,199  Münch; 

und  do  ich  wider  heimer  kam.    Uhlakd  volksl.  752.  753; 
als  nun  die  rautter  heimer  kam 
und  solcbs  vom  töchterlein  vernam.    Etring  1,  45; 
der  pfair  sich  eilend  heimer  macht.    392; 
all  ungeheiszen  heimer  gingen.     393. 
HEIMER,  «1.  besitzer   änes   heims  (l,  sp.  855),   baurenguts- 
besitzer.  weisth.  2, 198. 
HEIMET,  *.  heimat. 
HEIMFAHRT,  f,  mhd.  heimvart. 

l)  allgemein  zug  nach  der  heimat,  zug  nach  hause:  die  heim- 
fart  domum  reditio  Maaler  216';  da  ist  ein  frölicbe  beimfart 
{aus  dem  kriege}.  Luther  3, 176'.  jetzt  in  verengtem  sinne,  fahrt 
zu  wagen  nach  hause. 

.2)  die  heimkehr  des  eben  verehlichten  mit  seiner  braut  in  das 
eigene  haus  und  die  deswegen  veranstaltete  festlichkeit  hiesz  heim- 
fahrt: so  hab  ich  auch  nu,  aus  begeren  meines  lieben  vaters, 
mich  verehelicht . .  bin  willens  auf  dinstag  über  acht  ta^e  . . 
eine  kleine  frewde  und  heimfart  zu  machen.  Llther  3, 150'; 

herzallerliebste,  dicweiln  wir 

wider  zu  hausz  seind  glanget  schier, 

so  wollen  wir  mit  jung  und  alten 

ino  unserm  scblosz  die  heimfahrt  halten 

und  die  soll  wern  vierzehen  tag. 

J.  Ayrer  214*  (1064,  4  Keller); 
liesz  hochzeit  noch  beimbfahrt  so  frölieh  nicht  abgeben. 

Weckherlh«  663. 
3)  heimfahrt,  vom  tode:  wir  mugin  uns  vrouwen  uf  die 
hainvart.  wan  wir  varin  ü;  dem  eilende  dirre  zerganclichun 
weite  in  die  vatirhainii.  .Mone  0112.  4,369;  denn  es  sollt  ja 
nunmehr  die  zeit  da  sein  meiner  heimifahrt  und  ruhe.  Lctber 
br.  5,  674 ; 

ich  vermahn  euch,  Reineke,  rief  sie.   bedenket!  die  lange 
heimfahrt  steht  euch  bevor,  entladet  reuig  die  seele. 

GöTHE  40,  70. 
HEIMFAHRTSMAHLZEIT,  f.: 

mit  jungen  und  mit  alten 
die  beimfartsmalzeit  jetzt  zu  halten. 

J.  Ayber  261'  (1306,  20  KeUer). 

HEIMFALL,  ni.  das  zurückfallen  von  gut  oder  lehn  an  den 
früheren  besitzer;  heimfall,  hereditas,  successio,  acquisitio,  conso- 
lidatio.  Stieler  422. 

HEIMFÄLLIG,  adj.  heim  faltend,  zurück  fallend:  beimrällig 
sein.  Mainzer  landr.  1755,  28,  §  6;  beimfällige  guter,  guter  so 
vergeben  werden  kuuoeu,  ledige  guter,  bona  vacantia.  Frisch 
1,  437*. 

HEIMFALLSRECHT,  n.  Schiller  780*. 

HEIMFELD,  n.  feld  das  in  des  eigenen  dorfes  flur  liegt. 

HEIMFÜHRÜNG,  f.  führung  nach  hause,  besonders  das  feier- 
liche geleilen  der  braut  nach  ihrer  neuen  heimat  und  das  bei 
dieser  gelegenheit  veranstaltete  fest:  die  haimfierung.  Zimm.  ehr. 
1,  423,  34 ;  über  die  heimfübrung  frawen  Barbara,  marggrätia 

65* 


871 


HEIMGANG  —  HEIMIIÜFENER 


HEIMISCH 


872 


zu  Baden.  Weckherlin  358 ;  die  fürslen  in  Schlesien  auf  die 
heimführung  einzuladen.  Schweinichen  2,293;  am  28.  april 
habe  ich  meine  hochzeitliche  freude  und  ehrenfest  gehabt  . . 
und  war  die  heimfülirung  hernach  den  2.  juny.  zeitsdtr.  des 
Vereins  f.  d.  gescliichte  Schlesiens  C,  275. 

HEIMGANG,  m.  das  gelien  nach  hause:  die  fiihrcr  aller  Ver- 
bindungen traten  zusammen,  erklärten  den  coramers  für  auf- 
gehoben und  forderten  ruhigen  heimgang  der  stamme.  Fbeytag 
handschr.  2,  240.  —  t'bertrogen  vom  sterben  (s.  heim  gehen 
sp.  860) :  der  heimgang  unsers  vaters  hat  uns  in  tiefe  traucr 
versetzt. 

HEIMGARTEN ,  ni.  l)  gcmeindegarlcn ,  der  vor  einem  heim 
{sp.  855)  gelegene,  mit  bäumen  bestandene  platz,  auf  den  sich  die 
gemeindeglieder  zu  spiel,  unterliallung  und  Zwiesprache  einzufinden 
pflegten,  schon  ahd.  wird  daher  forum  durch  heimgart  übersetzt 
(Graff  4,  249) ;  heingarte  compitum,  .i.  locus  ubi  nustici  diebus 
festivis  conveniunl  ad  jocandum.  Dief.  13"'.  als  ortsname:  im 
Haimgarteu  (also  wurd  der  lindengart,  dorin  das  hofgericht 
iedes  mals  angefangen  und  geendet  wart,  genannt).  Zimmer, 
chron.  2,  350, 4  (vorher  vor  der  statt  under  den  linden). 

2)  daher  in  Oberdeutschland  trauliclw  zusammenkunß ,  plau- 
deret, besuch,  Unterhaltung,  «i/irf.  heinigarte  (Lexer  it't.  1,1219); 
haingarten,  convenUculum  amicorum  seu  vicinorum,  sie  sein  im 
haingarten,  conventum  agunt  familiärem,  prompt,  von  1618  bei 
ScHN.  2, 67.  das  tvort  ist  in  diesem  sinne  noch  jetzt  über  das  ganze 
aleviannische  und  bairisclie  Sprachgebiet  verbreitet,  als  hangerfe, 
hungerte,  hungert  bei  Stalder  2,  20 ;  heimgarten  besuchgesell- 
schaft  ScHMiD  Schwab,  wb.  221;  haimgart,  hainigarten  Schm. 
a.a.O.;  kärntnisch  haingart,  hangart,  hangarst,  hagarst  Lexeb 
109.  vielfach  in  den  weisthümern  in  wechselnder  form :  ihre 
kleider,  als  sie  am  sontag  zu  kirchen  und  hongurten  goht. 
1,251  {Thurgau);  die  kleider,  wie  er  an  den  fyrtagen  zue  der 
kirchen  und  zue  hangerten  gangen  ist.  16i{das.);  alsz  er 
ze  kilchen  oder  haingarten  gaet.  4,  293  (Züric/j) ;  sin  best 
gewant ,  dag  er  an  dem  sunnentag  ze  kilchen  treit  und  ze 
baingarten.  482  {Schwarzwald);  zu  kircheu  und  hain guten. 
5, 145  (st.  Gallen). 

3)  modern  ist  beimgarten  für  kirchhof:  der  selten  besuchte 
kircbbof  konnte  sehr  wohl  den  stummen  versprengten  ver- 
bergen, sogar  vor  dem  todlengräber,  der  seine  gange  in  dem 
ihm  anvertrauten  heimgarten  nicht  gern  weiter  ausdehnte, 
als  er  eben  muszte.    yarlenlaube  1S66,  s.  671. 

HEIM  GARTEN,  verb.  besuch  machen,  in  gesellschaß  gehen  oder 
sein,  auch  traulich  kosen,  plaudern,  in  Baiern  tind  Schwaben. 
ScBM.  2,68.   ScHMiD  221.    Fromm.  2,515. 

HEIMGEßACKEN,  pari. :  nu  ist  es  woll  war,  ...  das  ein 
ieglich  frau  . .  wolgefallen  zu  menlichen,  unerschrocken  und 
kecken  ernsthaften  mannen  tragen,  gedenkend,  das  dieselbig 
ehr  oder  dapferlicher  etwas  von  frauen  wegen  wagen  oder 
tun  dürfen,  den  heirabgebacken  oder  weibisch  raenner.  Wilw. 
r.  Schaumb.  60. 

HEIMGEDING,  n.  dorfgerichl.  weisth.  5,090. 
IIEIMGEWÄCHS,  n,  auf  eigener  flur  geivachsene  rebe:  das/, 
sie  den  gesten  ausz  keinem  andern  hausz  oder  keller  noch 
eigenem  heimbgewechs  kein  wein,  er  seye  dann  bevor  orden- 
lich verzeichnet  und  angekerbt,  fürstellen.  Mone  zeitschr.  f. 
d.  ijesch.  des  Oberrheins  3,  282. 

HEIMGEZOGEN ,  part. :  ein  heimgezogen  kindt ,  das  inn 
seinem  eigen  willen  ist  auferzogen  und  erwachsen.  Agricola 
spr.  83*; 

manec  heimzogen  knabe. 

jiinijtimj  237  {bei  Ilaupi  8,  057). 

HEIMGRAS,  n.    gras  das  auf  dem  heimgrund  wächst:    wie 

die   Schwaiger   ausz   ainem   andern    gericht    ein    nemen  aul 

bainigrasz  schaff  und  schwein,  ueiX/i.  3,  732  {Tirol,  ib.  jahrli.). 

HEI.MGRLND,  m.  grund  der  in  der  dorfsflur  lie^,  im  yegen- 

talz  der  alpgründe.  .Schm.  2, 193. 

HEIMHI.N,  adv.  nach  hause  (rergl.  heimzu): 

ci  lieber  last  micli  tiaimliin  suppen.    il.  Sachi  1,468'; 
iiini  wir  un<i  lieirnhlii  rürJt-rn  wulln.    4,3,  18'; 
mit  blutigen  küiifeii  liaimhiii  jagen.    3,  1,71*; 
bin  icb  docb  vor  zu  ;ill<>ii  miililn 
aiiiiz  der  flau  wider  liHimbitikoiiiinei), 
bab  wol  Ott  mehr  nriii  zu  mir  f^iioiniiiKii. 

J.  Araiiii  fmln.yp.  W*  (2041,  27  KtUer) 

HKIMliOI.Z,  n.  waddparcelle  eines  particularen ,  im  gtgmuti 
dkf  «i.ini'tvtaldungeN.  Schm.  2, 1»3. 

HMMHl  i-  K,  f.  hufe  die  in  einei  dorfts  eigener  qemarkung  liegt. 
HLIVHI  i- KNKH,  m    bexilier  eturr  saUlien  hufe. 


HEIMISCH,  adj.,  mhd.  heimisch,  domeslicus;  in  mehrfachem 
sinne. 

1)  von  personen,  eine  lieimat  habend,  an  einem  orte  angesessen, 
wohnend:  von  wem  nimpt  man  den  zoll?  niniiit  man  in  von 
den  heimischen,  oder  nimpt  man  in  von  den  frömbden? 
Keisersberg  yw.«//// (1522)  2,  59*;  wolle  aber  ein  frümder  man 
einen  heimschcn  da  (ijericiülich)  angrifen,  so  mag  der  heimsch 
den  frömdcn  wol  stellen  nach  des  hofs  recht.  weu^Ut.  5,  81 ; 
dasz  die  andern  heiniischen  auf  der  stuben  vcrdriszen  thet. 
Frey  garteng.  45;  fremd  und  heimisch  (leule).  Simpl.  2,174 
Kurz,  in  einer  abgeschwächten  form :  welcher  man  desz  ge- 
brauchen will,  er  sei  heims  oder  frembd.  wei,sllL2,t)l3{Eifel, 
von  1547);  vergl.  jedoch  hierzu  anheims  und  anhcimsch  1,373. 
in  diesem  sinne  ist  das  einfurhe  heimisch  mehr  und  mehr  durch 
einheimisch  (3, 197)  ersetzt  worden,  etwas  anders  ist  heimisch 
in  der  formet  heimische  arme  gefaszt,  nämlich  zu  hause  weilend, 
sich  im  eigenen  hause  verbergend :  aber  die  sondere  heimischen 
arme  leuth,  die  nit  auf  alle  kirchweihe  laufen,  und  eim  jeden 
für  die  thür  kommen.  Acr.  spr.  (1560)  69*.  hieran  streifend 
kennt  auch  die  moderne  spräche  heimisch  noch  im  änne  von  zu 
hause  anwesend,  in  haus  oder  heimat  weilend: 

Reinekc  trat  in  die  wohnung  der  frauen  und  Tand  sie  nicht 
iieiniisch.     Götbe  40,  41 ; 
ich  bleibe  nicht  wie  ihr,  so  heimisch,  still 
auf  einem  flecke  sitzen.        Tieck  3,  27. 

2)  an  die  vorige  bedeutung  schlieszt  sich  der  sinn  vertraut, 
heimalgewohnt,  vertraulich:  um  dem  Tourenne  zu  wehren,  dasz 
er  sich  in  unserm  gau,  in  Schwaben  und  Franken  . .  nicht 
zu  heimisch  und  gemein  machen  solle.  Simpl.  3,245  Kurz; 
weil  in  der  nühe  die  wohlgewogenheit  sich  in  eine  majestät 
verändert,  und  die  heimische  gesellschaft  in  eine  Verachtung. 
BuTSCHKY  I'atm,  419; 

da  bist  du  nun,  graflein,  da  bist  du  zu  haus, 

das  heimische  llndest  du  schlimmer!      Göthe  1,  195. 

in  den  Verbindungen  heimisch  sein ,  werden ,  wohnen ,  sich 
heimisch  fühlen:  icb  fühle  mich  hier  ganz  heimisch; 

liier,  wo  die  alle  treue  heimisch  wohnt. 

Schiller  Teil  3,  2 ; 
Jüngling,    fesseln  möchten  wir  sie  gerne 

an  das  neue  vaterland. 
genius.       darum  grabt  ihr  diesen  bäum 
mit  den  wurzeln  in  die  erde, 
dasz  die  hohe  heimisch  werde 

in  dem  neuen  vaterland?    Iiutdigung  der  künsic  (hhi') ; 
so  lang  icb  micb  noch  fühle  solin  der  erde, 
ist  heimisch  mir  die  irdische  beschwerde. 

Lenau  Fausl  146. 

3)  heimisch,  der  heimat  angehörig  oder  ihr  gemäsz,  von  dingen 
und  einrichtungen : 

vattcr  und  milter  sie  nit  ehren 

kein  heimsch  noch  frembdi  straff  nit  hören. 

Wickrah  pilijer  M3  bl.  44. 

erst  in  der  modernen  spräche  vielgebraucht:  freund  Meyer,  seinen 
beimischen  dialekt  nie  völlig  verläugnend.  Göthes  hriefe  an 
helvetische  freunde  .«.15;  die  bezüge  auf  die  beimische  biihne 
nicht  auszer  äugen  lassen.  H.  Heime  11,134;  in  heimischer 
wirlhschaflstracht.   Freytac  hand.ichr.  1,115; 

{liarden)  die  ihr  von  Saroiis  pnlraen  und  von 

heimischen  eichen  euch  kränze  wandet.    Höltt  85  llatm ; 
des  heimischen  gelildes  räum.    Voss  5,  61 ; 
jetzt  mit  herzlicher  freude  betrat  er  das  beimische  ufer. 

Itdgssee  4,  521 ; 
lern  auf  der  rhede  ruft  iler  pilot,  es  warten  die  Holten, 
die  iu  der  fremdliuge  laiul  tragen  den  heimischen  lleisz. 
Schiller  spaiienjany  v.  112; 
so,  wenn  Apoll  zu  Delos  heiinscbem  herd 
von  seinem  wintersilz  am  Xanibus  wiederkehrt.    Dido  27; 

nach  so  langer  irenniinK  wieder 
gekommen  in  dein  heimi.sch  land.     lliiini zierinnen  (238); 

jedweden  eidam 
zuriickzufiihren  in  sein  heimi.sch  reich,    das.  (240); 
wir  lagen  noch  immer  im  heimi^tchen  bell.    II.  IIkins  17,252; 
es  tlleK  am  heimischen  himmul 
die  andere  loiinc  schon  aul.    Chamisso  ged.  85; 
vemi'iiiKchle  gier,  die  inis  nach  l'reinilcm  KPornt, 
indesz  »rhmachvoll  dan  heiinische  venllrbl!    IIhland  ped.  1S7. 

in  freierem  sinne  (wie  zu  hause  sp.  045) : 

ein  mtnnlein,  in  die  .■ilelliuiK  hingeburkt, 

die  hinter  zäunen  heimisch  ist  und  hecken.    Uhland  j/nf.  4:>7. 

4)  beimiscli  ron  den  zahmen  oder  hau Mertn :  heimsch,  hcitn- 
licb,  ricMr  Maai.er  216';  dises  wind  die  heimschcn  liahich  .. 


873 


HEDnSCII  — UEDILICU 


HEIMLICH 


874 


anders  ist  es  mit  den  wilden  habichen.  Keisersbmg  bilg.n'; 
anno  tausent  sechs  und  achtzig  flohen  die  heimischen  thier, 
als  gens,  enten,  hennen  .  .  als  wild  in  die  wäld  und  berg. 
S.  Frank  chron.  1531  305';  kam  darauf  ein  übergroszer  sterben 
über  die  menschen  ,  heimische  und  wilde  thier.  Germaniae 
cAror».  1538  172';  Trajanus  hat  schauwspiel  gehalten,  darinn  vil 
tausent  wilde  und  heimische  thier  getödtet  worden.  Reiszner 
Jerus.  2,160';  an  etlichen  orten  sollen  die  ael  heimisch  ge- 
macht werden,  also  dasz  sie  speis  empfahen  ausz  den  bänden 
der  menschen.  Fober  ßschb.  178';  nicht  allein  von  solchen 
wilden  thieren,  sonder  auch  von  den  heimischen  vieh  zu  ver- 
stehen ist ,  als  capaunen ,  vogel ,  gensz ,  enten.  Paracelsls 
opp.  301* ;  von  dem  haimischen  eher.  Mecenberg  122,  2 ;  als 
magstu  auch  einen  heimischen  schweins  köpf  machen,  koch- 
buch  bei  Haupt  9,371;  dann  auch  von  im  hause  lebenden,  nicht 
eigentlich  zahmen  thieren:  die  feldmausz  kroch  in  die  statt, 
käme  zur  heimischen  mausz  in  einn  keller.  Agr.  spr.  (1560) 
362*.  ebenso  von  pflanzen:  daj  kraut  (sen/)  ist  zwaierlai:  daj 
ain  ist  wild  und  daj  ander  haimisch.  Megexrerg  398, 33 ; 
calamus  aromaticus,  heimischer  zitwan  Dief.  88';  wilden  und 
heimischen  lauch.  Zechendorfer  gebrechen  der  ross  (1571)  66. 
5)  heimisch  in  dem  sinne  von  tückisch,  boshap,  entwickelt  sich 
aus  der  Vorstellung  des  häuslich  verborgenen,  gelieimen,  irie  hämisch 
{sp.  30S)  einen  ähnlichen  Übergang  erfaJiren  hat :  sind  sunst  ein 
heimisch  dückisch  volk.  Frank  ueltb.  136';  so  war  er  doch 
nicht  sittig,  nicht  redlich  noch  aufrichtig,  sondern  es  war 
ein  heimische,  spitzbübische  list  in  ime.  Melanchthons  prophet 
Daniel  ausgelegt,  deu/scÄ  roH  Jonas  (1546)  147;  wie  fleiszig  aber 
und  hinderlistig,  mit  was  heimischen  herzen  und  schilenden 
äugen  der  eheteufel,  als  ein  erbfeind  gottes,  auf  solches  alles 
sehe.  A.  Musculus  eheteufel  (FranA/.  1564)  Av'; 

ein  heimisch  schlagenden  gaul.    H.  Sachs  5,  123'; 

er  ist  ein  schalk,  helmischer  duck.    360'; 

ach  ir  heimischen  bösewicht  .  .  . 

allzeit  habt  ir  gebraucht  solch  stück, 

heimische  böse  neue  tück. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  1,90,380.385; 

kirchen  beraubung  und  darbei 

bös  heimisch  tück  und  grosz  untreu.    1,123,456; 
wann  einer  heimisch  schalkhaft  ist, 
from  scheint  und  doch  voll  scbalks  und  list.    Etring  2,  71 ; 

item  tinanzer  heimisch  gsellen 

die  stets  nach  rrembden  gute  steilen,    das. 

HEIMKEHR,  f.  rückkehr  nach  hause,  ein  neues,  nach  heim 
kehren  {sp.  860)  gebildetes  wort ;  über  die  form  vgl.  unter  kehr 
theü  5,  400.  der  die  weite  weit  durchlaufen  hatte,  und  nun 
auf  seiner  heimkehr  war.  Klisger  6,20; 

wenn  einst  ein  gott  aus  diesem  krieg 
siegreiche  heimkehr  mir  gewährte. 

Schiller  Zerstörung  von  Troja  16; 
denn  nicht  den  tag  der  frohen  heimkehr  werd  ich  sehn. 

Jungfrau  2,  7; 
io  dem  trüben,  kalten,  traurigen  hause, 
wo  meine  mutter  am  eiogang  kaurt, 
und  auf  des  sohnes  heimkehr  laurt.    U.  Heine  15,56; 
auch  geschenke  gab  er  ihm,  .  .  . 
und  das  zehrgeld  für  die  heimkehr.     18,203; 

freunde,  die  mir  vorwürfe  machten  über  dieses  zurückfallen 
in  den  alten  aberglauben ,  wie  sie  meine  heimkehr  zu  gott 
zu  nennen  beliebten.  18,  9. 

HEIMREHKLNG,  f.  domum  redUio.  Steinbach  1,  846. 

HEl.MKNECHT,  m.  knecht  für  das  liauswesen ;  der  heim- 
knecht  sal  im  winther  holz  vor  alle  Stuben  ,  die  man  in- 
heiszel,  tragen.  Michelsen  Mainzer  hof  s.  40,  vergl.  auch  s.  18. 

HEIMKÖMMLLNG,  m.  redux.  Dablmann  gesch.  v.  Dänem.  1,4. 

HEIMkUH,  f.  knh  die  im  dorfe,  zu  hause  bleibt,  wältrend  die 
andern  den  hodisommer  über  auf  die  alpe  ziehen,  im  Bregenzer 
ualde.     vergl.  heiinvieh. 

HEIMKUNFT,  f.  domum  reditio:  wenn  ich  dessen  heimkunft- 
abwarten  künte.  ehe  eines  mannes  169. 

HEI.MLANÜ,  n.  heimatliches  land:  der  fünfte  sagte:  wann 
er  in  Holland  nichts  anders  als  läusz  und  einen  magern  leib 
hat  holen  wollen ,  so  hätte  er  besser  gethan ,  er  wäre  in 
einem  vollen  zu  heiniland  blieben.  Simpl.  4,345  Kurz. 

HEIMLEITE,  f.  heimführung  der  braut :  ir  sunt  varin  als  ain 
brut  ze  haiulaiti.  so  man  aine  brut  hainlaitet,  so  sieht  man 
den  sunier  vor  ir  unde  gigot  und  sweglot  und  vidlot  engegin 
ir.  Mose  anz.  4,369. 

HEI.MLICH,  adj.  und  ad«,  vernaculus,  occuUus;  mhd.  heime- 
licli,    heimlich,   beinlich,     dem  sinne  nach  sich  mü  dem  adj. 


heimisch  berührend,  ist  heimlich  im  allgemeinen  von  jeher  mehr 
in  anwendung  geivesen  und  daher  auch  begrifflich  reicher  aut- 
gebildet worden,     es  bedeutet 

1)  zunächst  von  personen  einheimisch,  an  einem  bestimmten  orie 
zu  hause,  gegensatz  zu  fremd : 


blt  in  da?  er  die  geste 

und  die  heinlichen  habe  wert. 


Pars.  345,  9; 


ich  Tuor  von  lande  über  mer 

mit  einem  heimelichen  her.    Tristan  162,  2; 

an  aim  fremden  menschen  sam  an  aim  haimleichen.  Megen- 
berg  483,3;  die  heimlichen  geschlechter  zu  Freyburg  ver- 
sagten noch  in  unsrer  väter  tagen  dem  adel  ehren  und 
regiment.  Niebuhr  2, 142 ;  und  die  schwäbische  braut  {musle) 
einen  andern  wittwensitz,  als  die  sächsische  bekommen,  da 
jene  auf  waffen  und  pferd,  diese  aber  auf  ein  landgut  heim- 
lich geführt  wurde.  Moser  osn.  gesch.  1, 10. 

2)  ron  thieren,  im  hause  lebend,  zahm,  gegensatz  zu  wild: 
und  ist  kain  wildej  tier,  da;  sö  schier  haimleich  werd  und 
den  läuten  undertän  {als  der  elephant).  Megenberg  134, 16 ; 
heimlicher  schweineber,  i-erre^,  est  porcus  domesticus  non  ca- 
stratus.  voc.  ine.  theut.  i  3* ;  wann  man  die  wilden  enten  fahen, 
und  heimlich  oder  zam  machen  will.  Sebiz  feldb.  112;  die 
wilden  {schwanen)  sind  in  unsern  landen  ungemein,  sind  aber 
etwas  kleiner  als  die  heimlichen.  Hohberg  2,53S';  Bellonius 
schreibt,  man  könne  den  bieber  zahm  und  heimlich  machen. 
549'; 

ja,  wir  wölln  hasn  und  merkatzn  fangen, 
und  wölln  wilt  afTen  ausznemen, 
sie  heimlich  machen  und  zemen. 

J.  Atrer  455'  (2287,  17  Keller) ; 

es  war  so  heimlich  und  so  zahm.    Brockes  6,253; 

und  das  alte  wild  oder  rech  mit  ihr  so  heimlich  war  als  die 
jungen  waren.  Bocc.  (1580)  1,  72*.  auch  von  pflanzen :  heim- 
licher zitwan,  calamus  aromaticus,  est  nomen  euiusdam  herbae. 
voc.  ine.  theut.  i3*  {vergl.  heimisch  4  am  Schlüsse). 

3)  aus  der  bedeutung  des  heimatlichen  und  häuslichen  flieszt 
die  Vorstellung  des  traulichen  und  vertraiäen. 

a)  von  einem  orte,  einer  zeit,  einem  dinge,  und  den  daran 
sich  bildenden  gefühlen,  in  welchem  sinne  das  adjecliv  vorzüglich 
im  bair.  und  alemannischen  Sprachgebiete  volksmdszig  ist  (Schm. 
2, 194.  ScHMiD  270.  Stalder  2, 34) :  zwei  linden  die  mit  ihren 
ausgebreiteten  ästen  den  kleinen  platz  vor  der  kirche  be- 
decken ,  der  ringsum  mit  bauerhöfen ,  scheuern  und  höfen 
eingeschlossen  ist.  so  vertraulich,  so  heimlich  hab  ich  nicht 
leicht  einplätzchen  gefunden.  Göthe  16,17;  die  warme  stube, 
der  heimelige  nachmittag.  J.  Gottbelf  schuldenb.  127 ; 

dasz  desz  geflögels  beer  sich  also  frölich  stellt, 
dasz  durch  sein  singen  saat  und  beiden  heimlich  werden. 

Opitz  2,  10; 
noch  harrte  im  heimlichen  dämmerlicht 
die  weit  dem  morgen  entgegen.    Körner  1,286; 

ich  fühle  es  noch,  wie  heimlich  mirs  war,  als  ich  zum  ersten- 
male  an  einem  hohen  mittag  hinein  {in  ein  von  bäumen  ge- 
schlossenes plätzcheny  trat.  Göthe  16,82;  wir  dachten  es  uns 
so  bequem,  so  artig,  so  gemüthlich  und  heimlich,  die  weit, 
die  wir  zusammen  nicht  sehen  sollten,  in  der  erinnerung 
zu  durchreisen.  17,11.  substantivisch:  das  ist  das  wahre  hei- 
melig, wenn  der  mensch  so  von  herzen  fühlt,  wie  wenig  er 
ist ,  wie  grosz  der  herr  ist ,  und  dabei  ihm  so  wohl  ums 
herz  wird,  als  wäre  er  halbers  schon  im  himmel.  J.  Gotthelf 
schuldenb.  147. 

In  etwas  anderem  sinne  es  ist  mir  heimlich,  wold,  frei  ton 
furclit:  dem  von  Seckendorf  war  hiebei  nit  hainilich,  dann 
er  nit  wissen  mögt,  was  das  für  ein  wesen.  Zimmer,  chron. 
4,  221,  33,  welche  Verbindung  den  Übergang  zu  der  folgenden  be- 
deutung bildet. 

b)  heimlich  ist  auch  der  von  gespensterhaftem  freie  ort :  es  ist 
im  hause  heimlich,  domus  o  spedris  non  infestatur.  Steinbacb 
1,728;  es  musz  in  diesem  gebüsch  nicht  gar  heimlich  sein, 
wer  weisz,  was  vor  ein  geist  uns  verführen  will.  G.  Hoffhann 
Eviana  {Leipz.  1696)  157.     veigl.  unheimlich. 

c)  ton  menschen,  in  verschiedenen  abstufungen. 

a)  häuslich  bequem,  ohne  sich  zwang  anzuthun :  nun  aber 
fangen  wir  an  uns  zu  schämen,  dasz  wir  so  lange  für  schick- 
lich gefunden,  ihn  (licri  geist  im  Hamlet)  auch  im  innersten 
gemach  der  künigin  geharnischt  auftreten  zu  sehen,  wie  viel 
heimlicher,  häuslicher,  furchtbarer  tritt  er  jetzt  nun  auch 
hier  auf,  in  derselben  gcslalt  nie  er  sonst  hier  zu  verweilen 


875 


HEIMLICH 


HEIMLICH 


876 


pQegte,  im  hauskleide,  im  nacbirock,  barmlos,  ohne  wehr. 

GöTBB   45,  t)2. 

ß)  vertraut,  freundlich,  zutraulich:  (das  leben  des  heil.  Ludwig) 
das  besclirebiu  bat  er  Berit,  sin  cappellan,  der  im  beimeiicb 
gewesl  ist  von  jügeut  bis  an  sinen  tod.  KüDiz  1,15;  slugen 
zu  tod  ein  purger  . .  und  slaiften  und  tüten  ein  . .  di  waren 
dem  piscbolT  heimleicben.  d.  stddtechron.  1,  57,  c  ;  der  Ireip  sin 
wip  von  im,  darumbe  da;  sü  eime  biscbove  zu  heimeiich 
waj.  8,  34, 14 ;  die  zu  dem  rate  bürent  und  ime  heimlich  sint. 
9, 1016, 23 ;  was  bringt  etwan  me  Verachtung,  dann  zuvil  heim- 
lich sein  den  underlhonen?  J.  Pauli  30;  es  ist  leichtfertiger 
leut  art,  dasz  sie  mit  eim  jeden  leichtlich  kundtschalt  machen 
und  werden  ihm  baldl  heimlich.  Acr.  spr.  (1560)8*;  sie  war 
mit  uns  schon  so  heimlich,  dasz  ichs  wagt,  und  ihres  namens 
begert.  Andreae  f/it/m. /joc/i;.  1,3, 68;  mein  vater  hat  sie  recht 
heimlich  gemacht,  bis  sie  ihm  alles  verschrieben  hat.  Hörn 
Schtniedejacob  2,05;  bair.  gegen  jemand  heimlich  werden. 
ScBM.  2, 194; 

der  herreii  kneclit 

und  ander  die  r3  hoff  gont  schlecken 

und  heimlich  bi  den  herren  stecken. 

Braist  narrenscli,  100,  4. 
/)  friedfertig,  still,  so  baimch  (Schm.  a.a.O.);  heimlich  und 
still  gemül,  alla  mens  et  placida  Maaleb  216';  adverbial: 

sie  {itie  schlnnije)  spracli :  wir  haben  Leid  nit  räum, 

kan  micli  allein  behelTen  kaum. 

er  {der  iijiU)  sprach:  ich  will  mich  gar  wol  schicken, 

heimlich  in  einen  winket  drücken 

und  halten  wie  ein  frommer  east. 

B.  Waldis  Esop  2,  98,  12. 

d)  in  Schlesien  braucht  man  heimlich  im  sinne  von  freund- 
lich, heiter  bezüglich  des  wellers:  wir  werden  heute  heimliches 
weiter  haben,  habebinnis  liodie  siidum  coelum.  Steinbach  1, 728  ; 
ein  heimlicher  abend  trockne  die  pfützen  eines  schlüpfrigen 
tages  auf.  Lohenstein  Arm.  1,76*;  ein  mann  stehet  unbe- 
weget:  es  ist  allzeit  hell,  allzeit  heimlichs  weiter  in  seinem 
gemüte.    Opitz  2,305. 

,..  4)  aus  dem  heimatlichen,  häuslichen  entmckelt  sich  weiter  der 
begriff  des  fremden  äugen  entzogenen,  verborgenen,  geheimen,  eben 
auch  in  mehrfaclier  bezithung  ausgebildet. 

a)  das  adjecliv  ist  näher  an  einen  gegenständ  angeschlossen, 
und  bedeutet  mehr  passiv  verborgen  gelegen  oder  gehalten ,  ver- 
steckt, in  bezug  auf  orte,  dinge,  kräfte:  wenne  seiner  prünften 
zeit  ist,  dag  ej  unkäuschen  wil,  so  suocht  ej  im  haimleich 
stet,  daj  ej  die  laut  iht  sehent.  Megeniierg  124,21;  feur- 
pfeil  . .  oder  heimliche  feur  (griechisches),  deutsche  stddtechron. 
2,  290,  23 ; 

si  wist  in  heinliche  wege.     Pars.  100,  2; 

die  heimliche  schetze,  und  die  verborgen  kleinot.  Jes.  45,  3 ; 
sie  hatten  einen  heimlichen  gang  unter  dem  tisch  gemacht. 
Bei  zu  Babel  12 ;  heimlicher  uszgang  under  der  erden,  cunits, 
via  et  foramen  sub  terra,  voc.  ine.  theut.  i3';  heimlich  buch, 
in  Straszburg  das  yelieimbuch  für  aufzeichnung  von  ratsbeschlüssen 
und  Straferkenntnissen,  d.  slädtechr.  9,  lo\9,  9;  durch  eine  heim- 
liche thür  hinein  tratle.  Amadis  44;  sol  er  auch  seine  heim- 
liche halten  (hinterhalte)  also  artlich  verschmückt  haben. 
Fronsperc  kriegsb.  1,177';  was  ich  aber  dir  von  bepstlicber 
heiligkeit  geschrieben  habe,  ist  noch  heimlich,  ich  vertraw 
dirs  aber  als  meinein  lieben  bruder,  beballs  bei  dir.  Albercs 
neice  zeüung  (1541)  6;  den  Schlüssel  zu  i.  f.  g.  heimlichsten 
Sachen  anvertraut.  Schueinichen  1,145;  da  ich  dich  so  oft 
im  heimlichen  bade  ..  überrascht  habe.  Kmnger  10,11;  ihre 
heimliche  surplus-kasse.  J.  Pacl  herbstbl.  3,  245.  etwas  heim- 
lich halten,  versteck!;  etwas  vor  einem  heimlich  haben,  oder 
vor  im  verbergen,  occultare  rem  aliquant  alicui.  Maaler  210'; 
wann  einer  gefangene  heimlich  hUlt.  Carolina  art.  41;  eine 
sacbe  heimlich  halten.  Hahns /(i,v(.  1721,  2, 272,  not.dd;  wann 
CS  nur  heimlich  bleibe,  sei  es  keine  Sünde.  Schuppius  509; 
ein  verleumbder  verrhel  was  er  heimlich  weis.  spr.Sal.  11,13; 

wann  laub  und  gra.'iz  durch  wintem  pein 
stirbt  gänzlich  vor  den  aiigcn  dein, 
wi  haimlich  bleibt  ir  wachscnt  kral't, 
erscheint  durch  sunimers  aiKctiKcliaCi. 

SCUWARZK.TIIIKMC    151'; 

du  zeigest  mir  den  weg,  der  zu  dei   wclslifii  fuhrt, 
der  auch  sonst  heimlich  ist,  den  nie  kein  beide  spürt. 

ri.KMiMG  H,  15  Lappenh.: 
■la.  1.1,1. ,  i...„  (.,...  i..,^f)  jm  gpfei  j,j,»z  heimlich  und  tief. 

ÜOicEii  33'; 
es  zog  Ihn  entlang, 
iieim  .t  ruirim.r  di^  länipchens,  den  heimlichen  gang.    33', 
horch!  horch!  da  knarrte  die  heimliche  thür.    36'; 


links  am  see  .  .  . 
liegt  eine  matte  heimlich  im  gehölz. 

Schiller  Tett  1,  4; 

versammelt  bah  ich 
in  heimlicher  kapeile  die  gefährlen.      M,  Stuart  3,6; 
ewge  kräfie,  zeit  und  ferne, 
heimlich  wie  die  kraft  der  slerne, 
wiegen  dieses  hlui  zur  ruh.    Götue  1,  50; 
und  ich  fühle  dieser  schmerzen, 
still  im  herzen, 
heimlich  bildende  gewalt.    101. 

//■('(  und  /ur  den  modernen  Sprachgebrauch  ungewöhnlich: 
wenn  die  alle  ernster  und  leiser 
zu  sprechen  begann  und  vom  Rothbart  sprach, 
von  unserem  heimlichen  kaiser  .  .  . 
er  hause  versteckt  in  einem  berg.     II.  Heine  17,  163. 

heimlich  ist  zu  einem  vcrbuni  des  verbergens  gestellt:  er  verbirget 
mich  heimlich  in  seinem  gezell.  ps.  27,5;  du  verbirgest  sie 
heimlich  bei  dir  für  jedermans  trotz.  31,21;  als  er  die  leiche 
heimlich  versteckt  hatte.  Tob.  2,  4 ;  wir  reden  von  der  heim- 
lichen verborgenen  Weisheit  goltes.  l  Cor.  2,  7.  heimliche 
orte  am  menschlichen  kürper,  pudenda:  soll  die  (verbrecherin) 
durch  verständige  frawen  an  heimlichen  statten  .  .  besichligt 
werden.  Carolina  art.  35;  welche  leule  nicht  stürben  die  wurden 
geschlagen  an  heimlichen  orten,  l  Sam.  5,12;  die  krankhcilen 
hieran  heiszen  heimliche:  schlug  die  Icute  in  der  slad,  beide 
klein  und  gros,  und  kriegten  heimliche  plage  an  heimlichen 
ürten.  1  Sam.  5,  9; 

der  hab  das  heimlich  leiden!    Garg.  86'; 

doch  steht  heimlich  leiden  vielfach  auch  in  ganz  anderem  sinne: 
das  heimlich  leiden,  heimlicher  und  verborgener  schmerz, 
dolor  lacitus  Maaler  216';  sy  tregt  in  irem  herzen  ein  heim- 
lich leiden  oder  knmber,  mente  tacila  gerit  vulnus.  das.;  denn 
er  (Paulus)  gibt  das  brennen  schlecht  allen,  die  on  gnade  in 
der  keuscheit  sind,  und  zeigt  kein  ander  erznei,  denn  die 
ehe.  wo  es  nun  nicht  so  gemein  ding,  oder  ein  ander  raht 
dazu  were,  bette  er  ja  nicht  die  ehe  fürgeschlagen,  wiewol 
man  es  auf  deudsch  heiszt,  das  heimlich  leiden,  welchs 
Sprichwort  doch  auch  nicht  so  gemein  were,  wo  es  ein 
recht,  heimlich  übel  were.  Luther  2,  306*. 

heimlich  gmach,  latrina.  Maaler  216'';  zubrachen  die  seule 
Baal ,  sampt  der  kirchen  Baal  und  machten  ein  heimlich 
gemach  draus.  2  iö/i.  10,  27 ;  peto  secessum,  ich  wil  uffs  heim- 
lich gmach  gehn.  Alb.;  der  andere.,  wüntscble  sich  glück- 
seelig  zu  sein ,  wann  er  dasz  breit  auf  dem  heimlichen 
gemach  were,  damit  er  seiner  liebsten  je  zu  zeilen,  mochte 
den  leib  berühren.  Puilander  1  (1642)  s.  123;  heimlich  zu  der 
nalur,  cloaca,  priveta,  latrina.  voc.  ine.  theut.  i3"; 

Simplex  noch  weiter  am  heimlichen  ort 
seine  red  mit  dem  scheermesser  führt  fort. 

Simpt.  2,  180  Kurz. 

b)  von  rat,  anschlügen,  Verhandlungen:  sü  bettend  ouch  eine 
gesetzede,  daj  sü  pfalTen  möhlent  under  in  han,  aber  ir 
keiner  solle  meister  under  in  sine  noch  an  Iren  heimelicben 
rot  gon.  d.  städtechr.  8,106,27;  haslu  gottes  heimlichen  rat 
gehört?  Iliob  lb,S;  heimliche  ralhscliläge,  consilia  clandestina 
Steinbach  1,  727 ;  da  huob  die  fraw  an ,  ich  enwaisz  von 
was  haimlicher  oft'cnbarung,  als  ob  si  künftige  ding  weste. 
herz.  Ernst  233,1  Bartsch;  liesz  sie  die  nüchslen  freunde  des 
Scherfenberger  kommen,  die  muszicn  ihn  heimlich  nehmen 
und  um  seinen  vursalz  fragen.  Grimm  deutsdie  sagen  »ly,  29; 
zu  üirenbaren   heimliche  vertruwete  rede.  i>V.  42, 29;  ich  hab 

0  künig  dir  was  heimlichs  zu  sagen,  richter 'i,  ]0 ;  redet  jnit 
David  heimlich,  l  Sam.  18,22;  das  heimliche  mehr  (geheime 
abslimmung).  Bluntschli  2,  IS ;  reformation  konig  Maximilians, 
die  freischüpfen  und  das  heimlich  geriebt  zu  Westphalen 
betreffend,  aus  Worms  von  1495;  wir  ricbler  des  hohen  heim- 
lichen gerichts.  Kleist  Kdthchcn  1,|;  ricbler  des  heimlichen 
gerichts.  Gothe  8, 159. 

c)  beamtete  die  wichtige  und  geheim  zu  haltende  ralschlJge  in 
»laatssachen  erlheilen,  heiszen  heimliche  rülhe,  das  adjecliv  isl 
nach  heutiiß-m  s])rachgebrauch  durch  geheim  (s.d.)  ersetil:  heim- 
licher lalgebc,  secrctarius,  secrelus  coUiUiarius  ivc.  ine.  theut.  ii'; 
Carolu  von  Millitz,  unserm  nuncio  und  heimlichen  camerer. 
Luthkr  1, 137';  (liiarao)  ncnnel  in  (Joseph)  den  heimlichen  ratb. 

1  Mos.  41,45;  David  machte  in  zum  heimlichen  rat.  3  JKim. 
23,23;  sie  (die  weistteit)  ist  der  heimlicher  rat  hn  crkcnlni« 
gottes.  weish.  Sal.  8,  4.  —  heimliche  freiHchöffen,  dte  bmilter 
di's  hnmiuhen  yenchts.   /.immer,  chron    l,  4t>i»,  24. 


S77 


HEIMLICH 


HE1>U.ICH 


878 


d)  häufiger  sieht  heimlich  eng  angeschlossen  an  den  sdtaffenden. 
thäligen  menschen,  sein  thun,  denken,  fühlen:  seine  heimliche 
Sünde.  Biob  20,11;  zu  mir  ist  komen  ein  heimlich  wort. 
4,12;  heimliche  gespräch  mit  dem  feind,  coUoquia  clandeslina 
cum  hostibus  Maaler  216*;  daran  sich  anschlies:end :  die  von 
Angspurg  . . .  haben  in  bestell  auf  ir  feind  zu  ainem  baim- 
licben  knecht  (der  ihnen  im  geheimen  Spionen-  und  banditen- 
dienste  leistet),  d.slddlechr.ö,  32-2,  li;  von  misirauen,  arg^vohn. 
falschen  freunden ,  heimlichen  laurern  und  lächelnden  ver- 
räthern  umgeben  zu  sein.  Wielasd  8.  303;  ein  heimliche  gäbe 
stillet  den  zorn.  spr.  Sal.  21,14;  wer  aber  mit  heimlichen 
tiicken  urabgehet.  Sir.  13,32;  wenn  ein  arme  beurin  etwas 
heimlichs  gethon  het  .  .  .  und  in  der  fasten  irem  pfairer 
beicht,  der  selb  wil  si  umb  heimliche  sünd  nit  heimlich 
uszrichten  und  absolvieren.  Schade  sa/.  «.pas/;«.  3, 177;  wann 
einer  eins  heimlichen  brands  {heimlicher  brandsiipung)  verdacht 
oder  beklagt  würde.  Carolina  art.  41 ;  so  einer  erstlichen  ge- 
stolen  hat,  unter  fünf  gülden  wehrt,  und  der  dieb  mit  solchem 
diebslal,  ehe  er  damit  in  sein  gewahrsam  fcompt,  nicht  be- 
schrien, berüchtigt  oder  betretten  würde  . .  ist  ein  heimlicher 
und  geringer  diebstal.  ort.  157;  verborgenen  heimlichen  hasz 
auszstoszen,  occlusum  odium  effundere.  Maaler  216';  was  wir 
versprechen,  geschihet  mit  dem  heimlichen  bedinge:  wann 
kein  hinternis  die  möglichkeit  verhindert.  Bctscbky  hochd. 
kanzl.  105;  die  gefährlichsten  heimlichen  Zusammenkünfte. 
GöTHE  S,  1S6;  bemerktet  ihrs  nicht  selbst  mit  heimlicher 
freude?  192;  ich  weisz  selbst  nicht  aus  welcher  heimlichen 
ahndung  ich  nach  der  Übersetzung  ...  zu  allererst  sähe. 
Lessixg  6, 198;  heimliche  verlöbnüsz  stiften  keine  ehe.  Pisto- 
Rics  Ihes.  jmr.  1, 91 ;  heimliche  begierden .  occultae  et  lectae 
cupidilales  Steisbach  1,  727;  heimliche  kunst ,  Zauberkunst; 
bette  einen  tüfel  für  sich  betwungen ,  zu  ervarende  an  ime 
heimliche  sache.  d.  stJdtechr.  8, 149,  22 ;  leider  dauerte  dieser 
heimliche  emerb  nicht  lange.    Göthe  20, 111 ; 

kein  feuer,  keine  kohle  kann  brennen  so  heisz, 
als  heimliche  liebe,  von  der  niemand  nichts  weisz. 

tülkslied. 

in  adverbialer  Stellung:  warumb  hastu  heimlich  geflohen? 
1  ^os.  31,27;  ich  bin  aus  dem  lande  der  Ebreer  heimlich 
gestolen.  40,15;  wenn  dich  dein  bnider  . .  überreden  würde 
heimlich.  5  Mos.  13, 6 ;  verflucht  sei ,  wer  seinen  nechsten 
heimlich  schlegt.  27,  24 ;  hatte  zween  kundschafl"er  heimlich 
ausgesand.  Jos.  2, 1 ;  sandte  botschaft  zu  AbiMelech  heimlich. 
ruht.  9,31;  er  wird  euch  strafen,  wo  ihr  person  ansehet 
heimlich.  Hiob  13,10;  so  raus  meine  seele  doch  heimlich 
weinen.  Jer.  13,17;  derwegen  er  daselbsten  (zu  London)  auf 
das  aller  heimlichest,  so  ihm  müglich  einritte.  Amadis  379; 
so  leugnet  er  nun  die  ganze  schuld,  und  lodert  beweis  über 
das,  was  ich  ihme  zu  gulle,  auf  sein  wort  heimlich  und  in 
treuen  vorgeliehen.  Bctschkt  hd.  kanzl.  249  ;  einer  liebte  heim- 
lich und  im  sinn,  wie  die  arme  Juden  wucheren,  ein  an- 
derer ofl'entlich  und  ohne  schew.  Philaxder  1  (1642)  124;  dasz 
oftmals  kinder  und  gesinde  ihre  eitern  und  herren  heimlich 
bestehlen.  Schdppics  200;  heimlich  aber  befahl  er  ihr.  Simpl. 
1,300  Kurz;  heimlich  einen  sehen;  heimlich  lieben,  hassen; 
in  einer  verstärkenden  Verbindung:  ja  frei  geordnet  heimlich 
under  dem  hütle  in  disem  seinem  gotshausz  seiner  abgöttin 
Veneri  zu  dienen.  Fbask  trellb.  122"; 


ich  stflnd  an  einem  morgen 

heimlich  an  einem  ort.    Uhlüto  rolksl. 


133; 


ist  euch  cur  ratter  und  möter  so  gram, 

oder  habt  ir  heimlich  einen  man?    264; 

den  (hasen)  hat  mir  heimlich  bracht  ein  bawr. 

grobian  (1568)  J4"  [b.  2,  cap.  7); 
«an  heimlich  ich  in  meinem  eingeweid 
von  schwerer  pein  und  leid 
gequälet.  Wecebksli;«  53  {ps.  16,  7) ; 

noch  weiter  flndet  sich  ein  unbefugtes  klagen, 
dasz  manche  {frau)  schläppisch  geh,  und  kaum  in  viencho 

,  .  ^  ^3?en 

die  Stuben  emmal  kehr,  und  dasz  sie  heimlich  nasch. 

Rachel  sai.  (16771  23; 
so  lang  es  gott  gefält,  so  lange  der  noch  schweigt, 
der  alles  heimlich  sieht  und  olTenbarlich  zeigt.    40; 

bis  dasi  der  grosze  held 
rem  heimlich  aus  der  sladt  sich  gibt  ins  basenfeld.    67 ; 
ob  die  groszen  in  Berlin 
von  mir  hören?    an  mich  denken? 
solle  das  mich  heimlich  kränken?     GöKt?«»  1,64; 
du  willst  dich  heimlich  aus  Karthago  stehlen? 

ScuiXKa  Diäo  57,  tgl.  63; 


heimlich  musz  ich  immer  weinen, 
aber  freundlich  kann  ich  scheinen.     Göthe  1,  102; 
heimlich  in  mein  zimmerchen  verschlossen,    s.  79; 
ich  .  .  .  winkle  heimlich  nieder, 
nur  mit  der  band.  Voss  4,  245; 

.        heimlich  im  grausamen  bunde  verschworen. 

H.  Heise  15,  43 ; 
aber  nachts  im  thalesgrunde, 
wandelts  heimlich,  wunderbar.    51 ; 
dem  könig  wards  heimlich  im  busen  bang.    64. 

mit  äner  praepos.  verbunden:  heimlich  vor  mir,  und  heimlich 
vor  dir,  dam  me,  dam  te  est.  Maaler  216'; 

denn  fürst  Anchises  stahl  von  ihrer  art, 
und  führte,  heimlich  vor  Laomedou, 
die  Stuten  vor.  Bürger  161'. 

heimlich  thun,  geheimnisroll  thun,  die  absieht  zu  verbergen  haben : 
ich  will  nicht  heimlich  thun  mit  meinem  Wohlgefallen, 
das  Siegel  meiner  königlichen  gunst 
soll  hell  und  weit  auf  eurer  stirne  leuchten. 

ScBrLLER  Carlos  4,  12. 

5)  heimlich,  in  bezug  auf  das  ohr,  a)  leise,  still:  wa?  man 
lud  aus  dem  marstal,  daj  ging  gar  behent  und  haimlich  zu. 
d.  ifarftecAr.  2,  306,  3 ;  sagt  zu  seinem  gesellen  heimlich  in  ein 
ohr.  Wickram  roWif.  12,10  A'iirj;  sprichestu  hie  heimlich,  mein 
leser,  was  sol  dise  bildnus  ..?  Frask  chron.  1536  1,156"; 

er  schlich  gar  heimlich  durch  das  haus. 

B.  Walbis  EiOp  i.  ^1.  T' : 
hub  an  und  sprach:  fraw,  seit  ir  da? 
der  mann  antwort  heimlich,  sprach:  ja!    82; 
es  führt  ihn  allmählich  mit  heimlichem  tritt. 
Bürger  33'; 

die  heimliche  laute  (die  bei  vollem  diore  unhürbare).  Mattbesos 
kl.  generalbaszschule  46. 

b)  aber  auch  nidit  aussprechend,  nicht  ausdrücklich  anerken- 
nend:  der  von  Rafenstein  het  etwo  vill  der  mechtigisten 
stett ,  die  seiner  bartei  waren .  in  Flandern.  ...  die  wollen 
des  beimbiich  und  on  wort  sein ;  man  nest  aber  ir  meinung. 
Wilw.  V.  Schaumb.  95. 

6)  heimlich  für  die  erkenntnis,  mystisch,  allegorisch:  heim- 
liche bedeitung,  mysticus,  divinus,  occultus,  figuratus,  quod  in 
se  habet  secretam  occullaiionem  intelligentiae.  voe.  ine.  theut.  i  3' ; 
die  heimliche  Offenbarung  Johannis,  apocalypsis  Stieler  67; 
darumb  zwingt  dieser  text,  das  eben  dasselbige  königreich, 
welchs  David  hat  leiblich  und  zeitlich  gehabt,  solle  unter 
diesem  könige  geistlich  und  ewig  werden  . .  sihe  so  heimlich 
und  so  gewalliglich  beweiset  die  schrift,  das  alle  menschen 
müssen  von  todten  auferstehen.  Luther  3, 1S8";  diese  weise 
zu  lehren,  dasz  man  durch  allegorien  und  Ireimliche  deutung 
der  historien,  die  articul  des  glaubens  den  kindern  und  albern 
erkläret  Schüppics  840 ;  gleichnüsse  geben  uns  unsere  flecken, 
gebrechen  und  mängel  heimlich  zu  erkennen.  Bitschkt  Palm. 
932;  den  heimlichen  sinn  (der  formet  für  die  fehme).  Inner- 
MASif  Münchh.  4,  57. 

7)  anders  vt  heimlich  im  folgenden,  der  erkenntnis  entzogen, 
unbeKuszt : 

eine  ranstat  ist  die  well,  drinnen  fast  ein  jedes  haus 
heimlich  doch,  wo  wisziich  nicht,  hat  nnd  heget  einen  Claus. 
LoGAü  3, 16, 63  {der  well  thorheit). 
nu  ist  das  gewis  und  hat  keinen  zweivel,  das  solch  bücblin 
der  könig  selbs  nicht  hat  gemacht,  und  sol  ganz  heimlich 
sein,  wer  es  habe  gemacht,  doch  also  das  man  den  meister 
greifen  solle  in  seinen  Worten ,   wer  er  sei.    Lcther  3.  33o'. 

8)  heimlich,  rersehtciegen :  der  gouch  ist  heimlich  und  kan 
sin  heimlicheit  still  halten  und  verbergen,  es  soll  einer  ein 
künigreich  hinder  in  legen  und  verbergen.  Mcr:ver  geuchmaU 
925  Scheible.  hieran  rührt  sächliches  heimlich,  im  sinne  von  zu 
verschweigendes,  geheimnis: 

von  nun  an,  will  ich.  sei  nichts  heimliches 
mehr  unter  uns.       Schiller  Carlot  5,11; 

ein  heimliches  gesiebt,  ein  geheimnisvolles:  und  die  schöne 
Johanna  sah  mich  an  so  seltsam,  so  heimlich,  so  räthsel- 
hafl  traulich,  als  gehörte  sie  selbst  zu  den  märchen.  wovon 
sie  eben  erz3hlte.  H.  He!?ie  1,221; 

mein  herr,  begann  der  schwager  Matx 

mit  heimlichem  gesiebt, 

war  mir  beschert  dort  jener  .schätz. 

führ  ich  den  herrn  wohl  nicht.    Borger  24*. 

dann  aber  ist  heimlich  auc/i  verschlossen,  undurchdringlich  in 
bezug  auf  erforschung:  inmitt^st  führte  mich  sowohl  auf  dem 
schiffe   als   auch    an    andern  orten  dermaszen  sparsam  und 


879 


HEIMLICH  —  HEIMLICHKEIT 


HEIMLICHKEIT 


880 


heimlich  auf,  dasz  ein  jeder  glauben  muszte,  ich  hätte  nicht 
10  gülden  in  meinem  ganzen  leben.  Felsenb.  1,35;  Oranien 
sinnt  nichts  gutes,  seine  gedanken  reichen  in  die  ferne,  er 
ist  heimlich,  scheint  alles  anzunehmen,  widerspricht  nie,  und 
in  tiefster  ehrfurcht,  mit  grüszter  vorsieht  thut  er  was  ihm 
beliebt.  Güthe  8, 1S5; 

merkst  du  wohl?   sie  trauen  uns  niclit, 
rürchtcn  des  Friedlanders  heimlich  gesteht. 

Schiller  Wullcnst.  lager,  2.  auflv. 

9)  die  bedeutung  des  versleckten,  gefährlichen,  die  in  der  vorigen 
no.  hervortritt,  enltiickcll  sich  nocli  treuer,  so  dasz  heimlich  den 
sinn  empfangt,  den  sonst  unheimlich  (gebildet  nach  heimlich 
3,6  ^.  S74)  hat:  mir  ist  zu  Zeiten  wie  dem  menschen,  der 
in  nacht  wandelt,  und  an  gespcnster  glaubt,  jeder  winkcl 
ist  ihm  heimlich  und  schauerhaft.  Kli.nger  titealer  3,  298. 

10)  heimlich  endlich  {wie  heimisch  5,  sp.  873)  hciszt  iteim- 
tückisch,  boshaft: 

vi]  practicken  und  haimlich  rhet 

yebten  sy  manigfali.    Soltau  volksl.  363  (IQ.jahrh.). 

abgeschwächter  auch  nur  listig:  was  woltestu  die  uffschneider 
vertragen,  diesen  oder  jenen  ctaminiren  und  heimlich  fangen, 
wo  oder  in  welchem  wirtshause  er  logiret  gewesen ,  was 
diese  oder  jenige  Stadt  vor  ein  sonderliches  ken-  und  merk- 
zeichen,  wo  man  in  die  stad  gicnge?  Schuppius  547. 

HEIMLICHEN ,  adv.  im  gdieimen ,  geheim ;  heimlichen  be- 
griffen, surripere,  latenter  rapere,  heimlichen  dienen,  submini- 
slrare,  subinferre.  voc.  ine.  thcut.  i3';  heimlichen  schiffen  oder 
heimlichen  uff  dem  wasser  faren,  subnavigare,  occulle  narigare. 
das.;  heimlich,  verborgenlich ,  heimlichen,  in  gheim.  Maa- 
LER  216*. 

HEIMLICHER,  wi.  geheimer  ratgeber,  geheimer  rat,  mhd.  heim- 
iichaere  Lexer  wb.  1, 1217 :  unser  lieben  gelrüwen  und  heim- 
licheren-und  anderer  frumer  lüte  gnug.  Gersdorf  cod.  dipl. 
Sax.  2,1,386,  vgl.  389.416.420;  Ernfrid  von  Seckendorff,  der 
unsers  herren  kunigs  heimlicher  was.  d.  städlechr.  3,  348, 13 ; 
unser  lieb  heimlicher  und  rat.  Schm.  2, 195  (wo/t  1365) ;  heim- 
licher, mitglieder  des  raihs  zu  Zürich  zwisdien  1375  und  1395. 
Blumtschii  1,337. 

HEIMLICHKEIT,  f,  mhd.  heimelicheit,  heunlicheit,  nach 
dem  adj.  heimlich  in  mehrfacher  bedeutung. 

1)  Vertraulichkeit,  vertrautes  Verhältnis  (nacli  heimlich  3,  c, /9 
sp.  874) :  zu  disem  bobeste  bette  sant  Jeronimus  vil  heime- 
licheit. deutsche  städtechron.  0,b20,  20;  sant  Arbogast  und  sant 
Florencie  ...  die  hettent  vil  heimelicheit  und  wonunge  bi 
den  brüdern  zu  sant  Thoraan  iren  landslüten.  728,  27. 

2)  Verborgenheit,  verborgener  ort:  sinnigem,  harmlosem  volke 
in  der  stillen,  umfriedeten  heimlichkeit  seiner  niedern  berg- 
und  waldbütten.  H.Heine  1,34; 

in  stiller  heimlichkeit,  umzieh  mit  engen  schranken, 
berncht  eine  andre  lehr,  und  wohnt  in  den  gedanken, 
ihr  folget,  wer  allein  auf  eigne  weiszheit  baut. 

Ualler  scliweii.  ged.  (1768)  56; 
allein  mit  kühnem  aug  ins  hciligthum  zu  blicken, 
wo  die  natiir  im  werk,  bemüht  mit  meistcrstücken, 
bei  dunkler  heimlichkeit,  der  ewgen  riclitschnur  treu, 
zu  unserm  rüthsel  wird,  und  kunst  ihr  kommt  nicht  bei. 

Lessimc  1,  175; 
«ag  an,  wo  du  sie  (die  hraul)  fandest,  wo  verbirgst, 
in  welches  orts  verschwiegner  heimlichkeit? 

Schiller  495*  (braut  v.  Messma); 
jetzt  kein  gedanke  mehr,  in  scheuer  heimlichkeit 
des  herzens  glut  der  neugier  zu  entrücken, 
der  ehe  heiiger  name  wird  entweiht.      Dido  32. 

3)  daher  (vergl.  heimlich  4,  a  am  Schlüsse  sp.  870)  von  den 
geheimen  orten  am  memchlichen  kürper :  die  wurzcl  zum  z.lpfle 
gemacht  und  in  der  weiber  lieimlichkeitcn  gcllian,  zeucht 
ihre  gemeine  flüsz  heraus.  Taiiernaem.  1025;  ferner  von  leiden: 
der  kriechen  waj'^er  bringt  den  frawen  ir  hainilichait ,  diu 
mensiruum  hai7,t.  Megenberg  342,14;  —  endlich  auch  vom 
ablriU:  cloaca  ein  heimlichkeit  Dief.  128';  ein  jode  ..  vel  in 
ein  priveten  oder  heimlicheil.  d.  stddtccliron.  7,155,16;  er  .. 
versichere  sich,  dasz  mein  gr.  (gnädtger)  lierr  und  Trau  auch 
das  geringste,  so  ihnen  zu  dienst  gcschihet,  nil  nnbclont 
lassen,  und  solle  ihnen  einer  nur  auf  die  hviinlicbkcit  mit 
einem  liccht  vorgehen.    Simpl.  3, 152  Kurz. 

4)  auch  vom  heimlichen  gcncht :  er  eizlihltc,  der  fremde  habe 
die  bcinilirhkeit  droben  am  frcislublc  in  Unordnung  gebracht. 
ImiiaiiANM  Munclili.  4,70. 

6)  heimlichkeit,  geheimnii.    dp  mg.  $tthl  oft  in  colUcliveni 


a)  in  allgetneiner  bedeutung:  damit  sie  (die  procuratores)  die 
heimlichkeit  der  canzlei ,  den  parlheien  zu  nachtheil ,  nicht 
sehen  oder  erfahren,  reform,  des  cammergcnctUs  v.  1531,  §  41 ; 
das  etwann  durch  tiunkcnhcit  die  heimlicbkeitcn,  so  billich 
verschwiegen ,  offenbart  werden,  ivform.  guter  policei,  Augsb. 
1530,  VIH,  §  1;  sei  unverworren  mit  dem  der  heimligkeil  offen- 
bart. spr.Sal.  20,19;  odenbar  nicht  eins  andern  heimligkeil. 
25,  9 ;  der  künige  und  fürsten  rat  und  heimligkeil  sol  man 
verschweigen,  aber  goltes  werk  sol  man  herrlich  preisen  und 
offenbaren.  Tob.  12,  8;.  (rffr  herr)  verstehet  alle  heimligkeil, 
und  ist  im  keine  sache  verborgen.  Sir.  42,20;  verriet  den 
feinden  alle  heimligkeil.  2  Jl/occ.  13,  21 ;  herr  ewiger  gott,  du 
kennest  alle  heimligkeil.  Shs.  42;  ich  wil  meinen  mund  auf- 
thun ,  und  wil  aussprechen  die  heimligkeil  von  anfang  der 
weit.  Matlh.  13, 35 ;  wem  er  mücht  ctwan  die  heimlichkeit 
sines  herzens  öffnen.  Cvrillus  n';  herr  vertrawet  mir  was 
ir  vvölt,  nur  kein  heimligkeil.  Agricola  spr.i'i*;  (es)  ist  den 
weibern  wol  heimlichkeit  zu  vcilrawen,  dann  sie  verschweigen 
alles  was  sie  nicht  wissen.  Fischart  groszm.  Sfi;  so  du  ein 
heimlichkeit,  die  ich  dir  sagen  werd,  zu  halten  will  schweren. 
bienk.  113";  mancher  erzehlcte  dem  andern  seine  heimlich- 
keit. I'iiiLANDER  1(1642)122;  die  sich  in  alle  bände!  mischen, 
alle  heimlichkeiteil  auszförschlcn.  s.  141 ;  weil  er  bereits  vor- 
längst meine  heimlichkeit  gewust  und  mich  gleichsam  in-  und 
auswendig  gekanl.  Simpl.  \,i9i  Kurz;  du  verräthst  sonst  unsre 
heimlichkeit.  Fr.  MCller  3,  326 ;  fürchten  sie  (die  fische)  grau- 
same ahndung,  wenn  sie  die  heimlichkeiten  des  stillen  wasser- 
reiches verriethen?  H.Heine  7,4S; 

gib  niir  guten  bscheidt, 
doch  sag  im  nit  dein  heimlichkeit. 

WiCKBAM  pilg.  H2,  bl.  26; 
doch  zu  was  end  will  hie  mein  mund 
dir  meine  Unschuld  und  gefahren 
und  heimlichkeiten  offenbaren, 
wan  dir  schon  vorhin  alles  kund?    Weckherlin  55; 
wer  weisz  so  wol  als  ihr  die  heimligkeil  der  erden, 
und  alle  lügenden,  die  hier  gefunden  werden?    Opitz  1,134; 
nichts  kleines  war  es,  solche  heimlichkeit 
verhüllt  zu  tragen  diese  hingen  jähre, 
den  mann  zu  täuschen. 

ScHn-LKR  508  (braut  von  ilessina); 
du  weiszt  nun  meine  heimlichkeit, 
so  halte  den  mund  und  sei  gescheit! 

CuAMisso  ijcd.  202; 
von  den  geheimnissen  des  freigericMs:  so  bleibt  alles  in  der 
heimlichkeit,  Immerhann  Münddi.  4,14;  welche  Versicherung 
begehrt  ihr  von  mir,  dasz  ich  eure  heimlichkeit  nicht  aus- 
bringe? 62;  wer  dergleichen  absonderliche  heimlichkeit  er- 
fuhr, der  verräth  sie  auch  an  seinen  freund.   63. 

b)  in  erhabenem  sinne,  von  den  gclieitnnissen  gotlcs ,  des  ge- 
wissens,  der  natur:  seine  gericht  und  heimlicheil  hall  er  (gott) 
inen  nil  geüffnel.  Keisersberg /)o$/(7/ (1522)  2,  7t';  deszhalben 
zimt  es  sich  gar  nit,  dasz  wir  in  sölichen  dingen  die  heim- 
ligkeil goltes  urleilen  wellend  und  richten.  Zwincli  1,I3I; 
frowe,  wissest  das  der  engel  Gabriel  dicke  mit  mir  redet  und 
das  ich  von  sinre  schöne  erschricke  und  vcrzuckel  wurde 
also  lange,  bitz  er  mir  sine  heimelicheit  gescit.  d.  städlechron. 
0,533,27; 

kein  phnntasey  soll  haben  stall 
zu  gründen  goltes  haimligkait. 
ir  dief  und  hoch  ist  ungesnit.     Schwarzenberg  1.')5'; 
wer  gottos  heimligkeil 
vcrmcssentlich  erforscht,  der  segelt  gar  zu  weit, 
und  schifl't  in  einer  sec,  durch  die  er  nicht  kan  kommen. 

OriT/  H,  322; 
nu  aber  herzog  Georg  auch  sich  unicrslehet,  die  heimligkeil 
des  gewissens  zu  erforschen.  Luther  0,4';  sie  aber  faren 
daher,  und  forschen  auch  die  heimligkeil  der  herzen  und 
gewissen.  12';  die  heimlichkeit  der  natur  hat  an  ir  dasz  sie 
gegen  seinem  lleisch  und  blut  mit  liobc  beweget  wirf.  b.  d. 
liebe  221*;  wenn  wir  uns  alle  ihrer  (der  natur)  heimligkeilen 
kundig  und  versichert  bediinkeu  lassen ,  so  hat  dennoch 
diese  grosze  künstlerin  vil  meistcrsireichc  für  sich  behalten, 
die  sie  niclit  entdeckt,  [{itscuky  l'alm.  57«;  es  gab  zu  allen 
Zeiten  eine  hcimlirhkeil  der  well,  mehr  wcrlh  in  höhe  und 
tiefe  der  Weisheit  und  liisl,  als  alles,  was  in  der  geschicbto 
laut  geworden.  Arnim  knmw.  1,7; 

und  nich  hat  ewrct  fleiiic«  »pur 

der  hcinilichkriirn  der  notiir. 

di«  jnmnhl  wdrdlglirh  vermeiirri, 

gcwchrct  bald,  und  ganz  orklilret.     Wecuhrrmi  547. 

c)  aber  auch  umgekehrt,  heimlichkeil  ul  weniger  als  gelieimnix ; 
Lessinc  definiert  den  unlerichied:  Falk,  man  hat  lange  genug 


881 


HEDILICHKEIT  —  HEIMSCHNAT 


HEIMSELIGREIT  —  HEIMSICHE 


882 


aus  heimlichkeiten  das  geheimnis  gemacht.  Ernst,  wie  ver- 
stehst du  das?  F.  das  gelieimnis  der  freimaurerei  ..  ist  das, 
was  der  freimaurer  nicht  über  seine  lippen  bringen  kann, 
wenn  es  auch  möglich  wäre,  dasz  er  es  wollte,  aber  heim- 
liehkeiten  sind  dinge,  die  sich  wohl  sagen  lassen,  und  die 
man  nur  zu  gewissen  zeiten ,  in  gewissen  ländern ,  theils 
aus  neid  verhehlte,  theils  aus  furcht  verbisz,  theils  aus  klug- 
heit  verschwieg.  10,292.  in  diesem  sinne  die  folgende  stelle: 
sie  ifürsten)  schonen  des  mannes,  der  um  ihre  heimlichkeiten 
weisz,  nur  so  lange,  als  sie  seiner  unumgänglich  bedürfen. 
KüiGCE  umg.  m.  menschen  3,  II. 

5)  heimlichkeit,  leises,  geräuschloses  wesen  {nach  heimlich  5 
sp.  87S):  als  schon  die  dammerung  hereinbrach,  und  die 
bunten  waldlieder  allmählig  verstummten  und  die  bäume 
immer  ernsthafter  rauschten,  eine  erhabene  heimlichkeit  und 
innige  feier  zog,  wie  der  ödem  gottes,  durch  die  verklärte 
stille.  H.Heise  2,328. 

6)  heimlichkeit  (nach  heimlich  6  sp.  S'S),  viysterium,  ge- 
heimer sinn,  geheime  bedeulung:  heimlichkeit  mysterium  voc. 
tnc.  Iheut.  i3';  die  hohe  haimlichait  der  reden  und  Wörter 
die  sie  heiszent  cabala.  Recchüs  augensp.  l';  ist  es  euch 
genehm  und  zum  behagen,  dasz  mein  eidam  . .  wissend  ge- 
macht werde  auf  rother  offener  erde,  fahe  losung  und  heim- 
lichkeit, wie  kaiser  Carolus  gesetzt  zu  seiner  zeit?  Iuxebmann 
Münchh.  4,  56  {nachher  den  heimlichen  sinn.  57) ; 

die  heimlichkeit  der  träum  verstobn.    H.  Sachs  4,2,42'. 
")  heimlichkeit  (nach  heimlich  8),  geheimhaüung,  verschicie- 
genheH  : 

zu  meiner  zeit 

beflisz  man  sich  der  heimlichkeit. 

genosz  der  Jüngling  ein  vergnügen, 

so  war  er  dankbar  und  verschwiegen.     Hagedor!«  3,  "2. 

8)  aber  auch  nur  heimlichlhuerei,  geheimniskrämerei :  man  zeigt 
natürlich  allen  fremden  noch  mit  vieler  heimlichkeit  das 
fenster,  wo  die  verschworenen  .  .  .  lauerten.  Seüme  mein 
Sommer  126;  der  (baron)  musz  es  doch  vor  allen  dingen 
wissen  und  die  heimlichkeit  und  das  gepuschele  unter  der 
band  gefällt  gnädigem  fräulein  nicht  mehr.  Imxerma.nn  Münchh. 
3, 149. 

HEI.MLICHS,  adv.:  da  kam  herzog  Ludwig  der  schwarz, 
erstig  vor  tags  heimlichs  die  statt.  S.  Franc  chronica  209*. 

HEIMLICHSELIG,  adj. ;  menschen  . .  welche  mit  mehr  als 
einer  dinte  schreiben,  sind  heimlich-selige  käuze  und  finden 
bei  jeder  einkehr  in  sich  schon  den  tisch  gedeckt  und  lustige 
gesellschaft.  J.  Padl  leben  Fibels  81. 

HEIMLICHTCCKISCH,  adj. :  heimlich-tückische,  böse  leute, 
Bltschky  Palm.  811. 

HEIMLISTIGKEIT,  (.:  da  einer  das  weibliche  geschlecht 
wegen  ihrer  lieblichkeit  lobete,  der  ander  wegen  ihrer  heim- 
listigkeit  tadelte.  Philander  2  (1643)  290. 

HEIMLOS ,  adj.  ohne  haus  und  heim :  sie  hatte  bei  an- 
gehndem  winter  soviel  heimlose  kinder  aufgegriffen,  dasz  sie 
um  herbeischaffung  so  vielen  kostgelds  in  groszem  kummer 
war.  Hermes  Soph.  reise  6,37.  auclt  in  elicas  anderem  sinne: 
in  den  unbekannten  wegen  eines  heimlosen  forstes  (d.h.  in 
dem  kein  haus  anzutreffen).  Dya  A'a  Sore  1,213. 

HEIMMEIER,  m.  Vorsteher  einer  gemeinde,  dorfmeier :  die 
gemein  mit  irem  heinmeiger.  tieislh.  2,  51. 

UEI.MMUCKEL,  n.:  gryllus,  heimenmuck,  grill,  heimmuckeL 
Goi.ii  onomast.  (1582)  306.     vergl.  unter  heimchen. 

HEIMRATH,  «j.  geschworene  des  deichgerichUs  im  cleveschen. 
Haltaus  866. 

HEIMREISE,  f.  üio  domum: 
diu  Hilden  heimreise  mit  Hctelen  geschach.    Gudr.  M",  1 ; 
welch  vergnügen  dann  am  abend  meiner  heerde  auf  meinem 
hörn  zur  heimreise  zu  blasen !  a.  m.  im  Tockenb.  29. 

HEIMRICH,  wi.  für  heimburge,  s.d. 

HEIMHITT,  f».  equitatio  domum. 

HEIMRUFLNG,  f.  vocaiio  domum: 

die  heimrufung  der 
verbannten  freunde.      Shakesp.  Macbeth  5,  7. 

HEIMRUTHE,  f.  viasz  für  die  breite  einer  dorfstrasze:  item 
hait  der  scheffen  gewiset,  das  die  heynrude  sechzehen  bchuwe 
lang  sin  sal.  weiüh.  2,33. 

HEIMS,  s.  heim  sp.  856,  und  heimisch  1,  sp.  872. 

HEI.MSCHAR,  /■.  in  Niederdeutschland,  bezirk  einer  dorfschaft. 

HEIMSCH.NAT,  f:  heimschnat  ist  insgemein  in  der  ge- 
meinen mark  ein  strich,  welcher  zwar  zur  Viehweide  allen 
iv.  1,, 


genossen  offen  ist,  zum  plaggenmalt  aber  einem  dorfe  oder 
einer  bauerschaft  allein  gehöret.  Moser  osn.  gesch.  1,  20. 

HEI.MSELIGKEIT ,  /. ;  weiche  paradisische  heimseligkeit  I 
Tieck  j.  tischt.  2, 108. 

HEIMSEiS' ,  verb.  nach  hause  führen ,  heim  bringen,  in  der 
form  schwankend ;  ein  mhd.  heimsen  heimbringen,  an  sieh  nehmen 
ueisl  Le-XEr  wb.  1, 1220  auf;  Schm.  1, 198  scJireibt  haimszen, 
einhaimszen  heimführen,  heimbringen,  feldfrüchle,  ernte;  ander- 
tcett  wird  der  sibilant  verbreitert,  vgl.  einheimschen  3,198;  ein 
jeder  . .  die  solche  weg,  ir  gut  zu  heimschen  fürnemmen  (es 
ist  von  der  einbringung  ton  feldfrüchien  die  rede).  JIo.ie  zeitschr. 
f.  d.  gesch.  des  Oberrheins  3, 185 ;  beheimschen  und  zueigenen. 
ScHOTTEL  624';  Stieler  gibt  auch  heimischen  me.-isem  facere, 
fruges  succidere  neben  einheimsen  colligere,  percipere  fruges  820. 
heimszen  entspricht  altn.  heimta  fordern,  holen,  schwed.  hemta, 
während  zu  heimsen  und  seiner  Verbreiterung  heimschen  ein  von 
Aasen  beigd)racJUes  norweg.  hemsa  neben  hemta  beeren  sammeln 
stimmt : 

.  .  .  die  goldbamstere,  die  viel  zusammen  beimsea. 
v.  BiSEE}«  (jed.  166; 

wann  die  heisere  cicade 

zu  der  beiszeu  arbeit  mahnt, 

heimst  der  sommer  seine  scbwade, 

weil  er  schon  den  winter  ahuu     Rücxeit  242. 

HEIMSEX,  m.  s.  beimzen. 

HEI.MSIGEX,  rerb.  refl.  sich  nach  hause  begeben,  eine  bildung 
vom  adv.  heims  sp.  856 :  da  bettend  sy  dasmahls  lassen  fragen, 
sindemahls  niemandt  käme,  wie  sy  doch  hinfüio  sich  halten 
sollten,  damit  sy  recht  und  nicht  unrecht  thäten  ..?  wurde 
inen  befohlen  und  gehaiszen,  dasz  sy  sich  haimsigen  sollten, 
und  ihr  allmendt  innhaben,  nuzen  und  nieszen  hin  als  her. 
weislh.  1,  39S  (Schwarzwald,  von  1487). 

HEIMSTÄTTE,  f.  das  eigene  haus,  überhaupt  das  haus  in 
welchem  man  wohnungsberechtigt  ist.  auch  übertragen:  die  Uni- 
versität, eine  heimstätte  wahrer  bildung. 

HEIMSTELLU.NG,  f.  deditio.  Stieler  2147:  oberwehnte  unter- 
thänigste  heimstellung.  abschied  des  reidisl.  zu  Augsburg  1548, 
§  28  ;  in  kraft  hochgedachter  römischer  kaiserlichen  mayestat 
uns  gegebener  vollmacht  und  heimstellung.  reichsrecess  v.  1555 
bei  H.  A  Lapide  diss.  de  rat.  stat.  68 ;  also  sollen  wir  auch 
vom  compromiss  sagen,  und  wissen  doch  auch  nit,  ob  wirs  zu 
einer  heinistellung  oder  hindergaug  bei  Jesu  bringen  können, 
dann  einmahl  ist  wahr,  dasz  er  es  unsern  teufein  keinem  zu 
gefallen  thue.  Ayrer  proc.  3, 1,  s.  697. 

HEIMSTEL'ER.  f.  aussleuer,  mitgift,  mhd.  heimstiare,  hein- 
stiure.  Lexeb  wb.  1,1220:  heimstür,  so  das  weih  zum  mann 
bringt ,  dos.  Maaler  217* ;  Abraham  aber  gab  all  sein  guot 
Isaac.  aber  den  kindern,  die  er  von  den  kebsweibern  hatte, 
gab  er  heimsteur,  und  liesz  sie  von  seinem  sun  Isaac  ziehen 
Züricher  bibel  1530  13*  (l  .Mos.  2ö,  6 ;  Luther:  geschenke,  vulg. 
munera);  schenket  es  von  stund  an  der  juukfrawen  (braut) 
zu  einer  heimsteuer.  Kirchhof  wendunm.  29*;  bracht  alles 
was  im  sein  vatter  zur  heimsteur  geben  hatte  mit  frischem 
inut  und  guten  gesellen  durch.  I7ü*;  mit  verheiszung  einer 
reichlichen  heimsteur.  Wickram  roUw.  16,  26  Kurz;  die  selbigen 
(zwei  Schwestern)  bat  mein  vatter  selig  allein  darumb  in  das 
kloster  getban ,  das  ich  mein  stat  dester  bas  mag  erhalten, 
sunst  hett  er  in  vil  zur  heimsteur  geben  müssen.  145,6; 
seiner  hauszfrauen  zugebrachte  heimsteuwer.  Frankfurter  ref. 
11,19,  §5;  was  das  vor  eiuer  sein  müste,  so  der  Esther  als 
einer  abtrünnigen  Jüdin  gelt  ...  zu  ihrer  heimsteuer  geben 
würde?  Simpl.  4,143  Kurz;  das  burggrafthum  Altenburg,  das 
der  keiser  Fridericus  II  seiner  tochter  zur  heimsteuer  gegeben. 
Hahns  At^.  (1742)  5,148; 

das  leiiach  ist  je  sein  heimstewr. 

H.  Sacbs  3,  3,  83'. 

HEIMSTEüERRÜHMIG,  adj.:   (äne  gute  frau)  ist  nit  räsz- 
züngig,  . .  .  heimsteurruhmig.  Garg.  75*. 
HEIMSTRASZE,  f.  slrasze,  weg  nach  hause: 

die  stett  mit  iren  geuoszen 

körten  uf  die  bcimsiroszeii.     Lemz  Scliwabenkrieg  53'. 

HEIMSTRAUCH,  m.  oxymt/rsine,  myrtus  acuta.  Alb. 

HEIMSUCHE,  f.  eindringen  in  ein  Itaus  in  friedbrecherischer 
absieht  (s.sp.  848,  «o.  5,a):  daj  ir  irkennen  soll,  welche  sachin 
peinlichin  sein,  dy  sint  deube,  roup,  mort,  mortbrant,  ... 
heimsuche.  Magdd>.blume  i,lbl;  tut  yinant  den  anderen  unge- 
richtc  mit  heimsuche.  2,2,275;  drü  ding,  das  sint  flieszend 
wnden,  dieb  und  heimsuchen,  du  sol  ein  vogt  richten,  weislh. 
1,  307  (Schwarzwald,  15.  jahrh.) ;    swer  in  der  stat  ze  Gewiler 

5G 


883 


HEIMSUCHEN  —  HEIMWÄRTS 


HEIMWEG  — HEIMZEN 


884 


{Gebweikr)  .  .  die  heinsücUe  tuut  oder  den  pluolschlag  tuot 
äne  den  tod,  der  het  des  aptz  von  Murbach  uuhuld  beschul- 
diget. 5,  344  (r.  1310) ;  dise  pöge  sol  halbe  werden  der  slat 
und  halbe  jenem  {dem  bcscliädiglen)  für  die  haimsuche.  Nürnb. 
polizeiordn.  37. 

HEIMSUCHEN,  verb.  s.  unter  heim  sp.  857. 

HEIMSUCHEN,  n.  besuchen,  aufsuchen  im  eigenen  hause: 
scbaw,  mein  herr,  ob  ain  sollichs  gnugsam  sei  für  das  erst 
haimsuchen.  Wirsüng  Calixtus  (1520)  Hiij';  aber  lassen  wir 
die  red,  wann  es  spat  ist,  und  sag  mir  die  ursach  deines 
haimsuchens.  Jiiij'. 

HEIMSUCHER,  «i.  invisens,  visitans,  visüator.  Stieler  2236. 
mhd.  heirasuocher,  verletzer  des  Hausfriedens,  wb.  2,  2, 12'. 

HEIMSUCHT,  f.  heimweh:  seine  äugen  waren  roth  und 
feucht  von  den  quälen  der  heimsucht.  J.Paul  uns.  löge  \, 49. 

HEIMSUCHT,  f.  invasio  violetUa,  irruptio  in  aedes  altcujus 
cum  armis.  Stieleb  2235. 

HEIMSUCHUNG,  f.  nach  den  verschiedenen  bedetUungen  von 
heim  suchen, 

1)  besuch:  heimsuchung,  congressus ,  visitalio  Maaler  217*; 
heimsuchung  visitalio  Stieler  2235 ;  das  fest  der  heimsuchung 
der  Jungfrau  Maria,  da  sie  die  Elisabeth  besuchet.  Kirsch 
cornuc;  bedankte  mich  aber  der  treuherzigen  heimsuchung. 
.\bele  künstl.  unordn.  vorr.  s.  4. 

2)  von  gott  [nach  heim  suchen  sp.Söl)  in  gnädigem,  freund- 
lichem sinne:  gottes  gnädige  heimsuchung.  Bütschky  Palm.  221. 

3)  öfter  heimsuchung  besuch  des  strafenden  gottes,  so  dasz 
das  wort  geradezu  in  die  bedeulung  strafe,  Strafgericht  übergehl: 
was  wolt  ir  Ihun  am  tage  der  heimsuchunge  und  des  Un- 
glücks, das  von  ferne  kompt?  Jes.  10,3;  ich  wil  Unglück 
über  sie  komen  lassen,  das  jar  irer  heimsuchung.  Jer,  23,12; 
der  tag  ires  unfals  wird  über  sie  komen,  nemlicb,  die  zeit 
irer  heimsuchung.  46,  21 ;  sihe,  du  stolzer,  ich  wil  an  dich, 
spricht  der  herr  herr  Zebaoth,  denn  dein  tag  ist  komen,  die 
zeit  deiner  heimsuchung.  50,31;  laszt  erzu  komen,  die  heim- 
suchung  der  stad,  und  ein  jglicher  habe  ein  mürdlich  woffen 
in  seiner  band.  Hes.  9, 1 ;  ob  sie  sich  dann  nicht  der  gött- 
lichen heimsuchung  fürchteten,  maulaffe  Hl;  die  fürchterlichen 
Werkzeuge  der  heimsuchung  des  menschlichen  geschlechls. 
Käst  9,  27 ;  zweitens  müssen  die  irrthümer,  mit  deren  iieim- 
suchung  ich  (der  teufet)  mich  befassen  soll,  ganz  unerheblich 
sein,  einen  atheisten  .  .  feind  ich  niemals  au.  J.  Paul  aus- 
wahl  aus  d.  teufeis  pap.  2,  l. 

4)  heimsuchung,  eindringen  in  ein  haus  als  friedensbrecher. 
Haltaüs  868 ;  von  clage  wider  den ,  der  heimsuchunge  tut 
an  eines  mannes  leib  und  gut.  Magdeb.  blume  i,  57. 

HEIMTKAGER,  m.:  gleichfals  ist  auch  nicht  unwissend, 
dasz  diejenigen  weidlich  bei  denen  bauren  herhalten  müssen, 
die  es  mit  dem  pfarrer  halten,  den  solchen  geben  sie  aller- 
hand schandnahmen ,  heiszen  sie  verräther,  dankverdiener, 
fuchsschwänzer,  heimtrager  u.  d.  g.  baurenst.  lastej-pr.  46. 

HEI.MTÜCKE,  f.  heimliche,  bösartige  hinterlisl :  die  scholiasten 
regten  sich  mit  besondrer  heimtücke  dawider,  die  nachrichl 
von  ihren  damaligen  ranken  füllt  viele  blätler  der  Jahrbücher. 
Klopstock  12,42;  sie  fechten  mit  erbitterung,  mit  heimtücke, 
mit  Verzweiflung.    Schiller  1002. 

HEIMTÜCKER,  m. :  derjenige,  der  körperkraft,  wenn  sie 
auch  noch  so  gering  ist,  besitzt,  ist  wenigstens  selten  ein 
heimtücker.  novellcnzeüung  1866,  s.  598. 

HEIMTÜCKISCH,  adj.  und  adv.,  subdolus,  subdole,  fallaciter. 
Stieler  2348;  so  wiszl  ihr  nun,  das  er  nichts  hielt  auf  die 
heimdückische  gestolene,  nachtdiebische  kitzelfreud,  da  sich 
einer  in  dachmarter  und  gespensl  verstellen  musz.  Gorg.  63"; 
also  bracht  er  beimduckisch  mit  seim  supponieren  und  abs- 
irahirn,  den  blunder  heim.  158*;  der  mann  gefällt  mir  nicht, 
—  er  hat  so  was  heimtückisches  in  den  augcn  !  Wieland  8,  284 ; 
die  pest  über  dich,  schwarzer  heimtückischer  beuchter! 
Schiller  Fmko  4, 13. 

HEIMÜBEL,  n.  gryllut:  leimen,  so  gleich  nach  dem  new- 
mond  gegraben  und  in  die  gebüw , .  verbraucht  wird,  erzeuget 
grillen  oder  hcimübel.  Simpl.  calender  84.  das  worl  ul  verderbt 
aut  hcimuiuckcl  sp.  881,   vgl.  weiteres  unter  beimchen  sji.  868. 

HKIMIJT,  I.  heimat. 

HKIMVIEH,  n.  vieh  welches  nichl  auf  die  alpenweide  kommt. 
ScHN    i.  lo:t. 

HEIM\V.\HTS,  adv.  dotnum  versus;  ahd.  heimwartes,  heiin- 
ortc»,  und  ohne  genilivtetclun  heiiiiort  {üHKry  4,951.050);  mhd. 
heimwart,   beiinwert:    der  Leiter  auch  beimwerls  gen  Paris 


keret.  Aimon  bog.  c;  im  beimwerls  reiten,  bog.  h;  gingenl 
wider  beimwerls.  bog.  F;  damit  zog  er  wider  sein  slrasz 
beimwertz  zu.  Wickbam  rollw.  9, 16  Kurz;  zog  er  zu  fusz  über 
feld  beimwertz.  47,  23 ;  da  ich  heimwärts  gieng.  Simpl.  4,  31 
Kurz; 

und  heimwärts  schlägt  der  sanfte  Fried ensmarsch. 

Scuillgr  Pic.cot.  1,  4 ; 
die  vorm  ihorc 
werden  schleunig  heimwärts  tanzen. 

Scueffel  trompeter  175. 

HEIMWEG,  m.  weg  nach  hause,  mhd.  heimwec:  es  waren 
ihm  aber  ein  paar  knotten  ...  in  die  schuhe  gefallen ,  die 
drückten  ihn  auf  dem  heimweg.  Grimm  deutsche  sagen  «o.  10. 
HEI.MWEH ,  n.  desiderium  patriae,  von  Steinbach  2,  957 
zuerst  aufgeführt,  er  hatte  das  worl  wol  aus  Scheuchzers  selt- 
samer nalurgeschichten  des  Schweizerlandes  wöchentliche  erzehlung, 
einem  auch  in  Deutschland  viel  gelesenen  Journale,  kennen  gelernt, 
wo  in  no.  15,  s.  57  vom  20.  mai  1705  unter  dem  tilel  von  dem 
heimwehe  diese  'uns  Schweizeren  besondere  krankheit'  be- 
schrieben und  mittel  zur  heilung  deiselben  vorgeschlagen  wurden, 
das  wort  hat  sich  rasch  in  der  schrißsprache  eingebürgert:  doch 
ists  mir  als  hält  ich  eine  art  heimweh.  Claudius  1 «.  2,  s.x; 
ich  bin  nachtwächter  und  astronom  hier  geworden,  um  nur 
die  Stadt  bei  tage  nicht  zu  sehen ,  zu  der  mich  das  heim- 
weh zurücktrieb;  ich  kann  dir  versichern,  ich  habe  ordent- 
lich oft  wieder  eine  art  von  hinausweh  empfunden.  Brentano 
die  tust,  musikanten  30;  das  gefühl,  das  sie  für  heimweh  nach 
der  katholischen  mutterkirche  hielten.  H.  Heine  5,230;  da 
lernen  wir  leute  kennen  ,  welche  bei  unruhigen  zeiten  zu- 
nächst ihre  einnahmen,  dann  auch  ihre  stellen  verlieren  . . 
andere,  welche  pfründen  annehmen  und  in  melancholischem 
heimweh  nach  der  früheren  freiheit  dahin  siechen.  J.  Burck- 
hardt  cultur  der  renaissance  (1869)  217 ; 

und  wenn  endlich  doch  das  heimweh  nach  dem  himmel 
dich  besiegt,  so  nimm  aus  diesem  weltgeiummel, 
nimm  uns,  wenn  du  aufUiegst,  alle  mit!    Wieland  9,172; 
das  röslein,  das  du  mir  geschickt, 
von  deiner  lieben  hand  geptlückt, 
es  lebte  kaum  zum  abendroth, 

das  heimweh  gab  ihm  Irühcn  tod.     Uhlano  ged.  114; 
es  ging  mir  äuszerlich  ziemlich  gut  (in  Frankreich), 
doch  innerlich  war  ich  beklommen, 
und  die  bcklemmung  täglich  wuchs  — 
ich  hatte  das  heimweh  bekommen.    H.  Heine  17,  196. 

HEIM  WEIDE,  f.  weide  in  der  nächsten  dorfßur;  gegensatz  zu 
alpenweide.  Schm.  2, 193. 

HEIMWESEN,  ii.  l)  hauswesen,  wohnung,  «lAd.  heimwesen : 
heimwesen,  mansio,  habitaculum,  domus  voc.  ine.  tlieut.  i3"; 
das  heimwäsen,  stäte  wonung,  domicilium  Maaler  217';  {die 
geschworenen  boten  sollen)  die  gerichtsbrief  der  jenigen,  die 
sie  berühren  .  .  in  ihr  gewöhnliche  behausung  oder  heim- 
wesen .  .  getrewlich  einantworten,  cammergerichtsordnung  von 
1521,  XVIII  §1;  sind  züchtig  und  blybend  in  üwren  klösteren, 
bis  dasz  ir  .  .  .  eerbre  heimwesen  und  wonungen  mögend 
haben.  Zwingli  2,  382 ;  er  nimmt  zum  maasstab  seinen  erlös 
aus  dem  verbesserten  heimwesen.  J.  Gotthelf  schuldenb.  19; 
Laura  richtete  sich  ihr  kleines  heimwesen  zu  einem  feen- 
schlosz  ein.  Frevtac  handschr.  1,41. 

2)  auch  nur  unlerkunß,  herberge:  zu  demselbigen  kam  ains- 
mals  ain  pulvermacher  und  schütz  .  .  het  hievor  vil  haim- 
wesens  bei  iine  gesucht.  Zimmer,  chron.  2,  594,  5. 

HEIMWISE,  f.:  do  mich  nieman  kent,  do  ich  keinen 
fründ  noch  kein  heiinwise  habe,  noch  kein  blybende  stat. 
Keisersberg  bilg.  168*.  das  wort  ist  verderbt  aus  ahd.  heim 
wist  domicilium  Gbaff  1, 1062 ;  mhd.  heimwist  und  heinwisl 
Lexer  wb.  1.  1222. 

HEIMWOHNUNG,  f.  domicilium,  scdes  domeslica.  Haltaus  871 
(t'o»i  1516);  weiter  gibt  den  immen  die  natur,  dasz  sie  ihre 
spcisz  auch  tragen  gedewt  in  ihre  heimwonung.  Paracelsos 
opp.   1, 1067*. 

HEIMZAHLUNG,  f  rückiahlung:  oft  sind  mit  den  staats- 
papieren lütlcrien  verbunden,  um  die  rinsen  oder  auch  die 
heim/ahlungen  danach  zu  bestimmen.  Huco  encyclop.  1835  s.  202. 

HEIMZEN,  ni.  obersaclmsches  gelreidemas: ,  niederd.  himten 
(.?.  (f.):  nach  dem  so  genannten  allen  oder  Leipziger  maa» 
hält  ein  srheffel  vier  sip-maas  oder  viertel  . .  ein  heimbzen 
ist  ein  halber  scheffel.  öcon.  lex.  (1731)  1407;  nach  Adelln«; 
werden  5  heimzcn  für  4  Dresdener  scheffel  gcrcchnei.  fi  <'" 
form  heimsen : 

ein  haibor  hoiroien  körn  war  meinoi  rater»  bro.li 

llüiNia  poal.  handbuch  U^'-')  >''> 


885 


HEIMZU  — HEIN 


HEIN— HEEVRICH 


886 


HEIMZU,   adv.  heimwärts,   nach  hause,   trie  heimhin,  oben 

sp.  871 : 

bisz  das  der  abend  herein  trung, 
das  ider  f'rolich  heimzu  guns. 

FisCHARi  gluckh.  schiff  1132, 

vergl.  wir  wollen  heime  zu.  Garg.  93*. 

HEIMZUG,  m.  zug  nach  hause,  heimreise,  heimfahrt:  so  ists 
mit  dieses  königs  reise,  und  wider  heimzuge,  gangen.  2  Macc. 
13,26;  kauften  sy  umb  yren  sold  am  heimzug  eitel  wein 
und  w  eiber.  Frank  wellb.  6S';  im  heimzug  (des  kreuzfahrer- 
heers).   chron.  1538  146'; 

man  must  auf  sein  begehren 
ihm  eilend  fünfmal  zehn  der  edelsten  gewehren, 
den  er,  nach  dem  sie  sich  aufs  euszerste  verpDich!, 
den  heimzug  stracks  erlaubt.     A.  Grtphius  1698   1,  144; 
laszt  mit  jauchzen-vollem  lachen 
uns  des  heimzugs  anfang  machen.    147; 
alle  nicht,  die  wieder  kehren, 
mögen  sich  des  heimzugs  freun. 

Schiller  53*  (siegesfesl). 
HEIN,  interj.: 

halt  ich  wil  dir  dein  maul  verstecken, 

hain,  hain  hain  hain,  wer  dich  du  schalt, 

ich  wil  dir  blewen  deinen  balk.      H.Sachs  3,3,8'; 

hein !  ists  nit  gnue,  dasz  mer  enk  weisn  thuet,  wie  es  machen 
mueszt.  Schwabe  tinlenf.ll;  auch  fragend:  hein,  wer  hat  ein- 
ander übern  gänsztreck  gführt,  wir  die  Leipziger  oder  die 
Leipziger  uns?  5.17;  hein,  sehn  dan  die  kerl  auch  wie  andre 
menschen  aus?  51;  in  der  erweiterten  form  heinz:  heinz,  habt 
es  nit  in  zeitungsblädeln  ..  glesn?  15;  heinz,  mögt  ein  oder 
der  ander  sagn ,  von  dem  lintnfassl  kriegt  mer  itze  schon 
die  vierdt  proportion,  und  dennester  ists  noch  alleweil  voll- 
eiugschankt.  53.     s.  unten  das  verbum  heinen. 

HEIN,  n».  tri  der  formet  freund  Hein,  der  lad,  seit  der  2.  hälpe 
des  vorigen  Jahrhunderts  aufgekommen. 

Hein  ist  kürzung  von  Heine  (s.  d.),  neben  Heinz  und  Hinz 
einer  hypocoristischen  form  von  Heinrich,  wie  ähnlich  Johannes 
in  Hannes,  Hans  zurück  gieng.  beide  verglichene  namen  haben 
auch  das  mit  einander  gemein,  dasz  sie  ungemein  häufig  erscheinen, 
in  folge  dessen  ihre  schärfe  als  eigennamen  verlieren  und  mehr 
allgemein  als  bezeichnung  männlicher  personen  angewendet  werden, 
deren  eigentlichen  namen  man  niclU  kennt  oder  nennen  will;  wie 
durch  Hans  und  Kunz  gröszere  gruppen  alltäglicher  menschen 
characterisiert  werden  (sp.  456),  so  in  ganz  gleicher  weise  auch 
durch  Heinz  und  Kunz,  Hinz  und  Kunz;  Heinz,  Hinz  sagen 
dasselbe  aus  wie  etwa  Dingsda  (theil  2, 1177),  und  in  ebender- 
selben allgemeinen  bedeiäung  braucht  Hagedor.n  auch  die  andere 
koseform  Hein : 

mein!  sage  mir,  warum  die  fürsten  fechten? 

fragt  Görgel  den  gevatter  Hein. 

der  lacht  und  spricht:  wenn  sie,  wie  wir  gedächten; 

sie  stellten  alle  händel  ein. 

wenn  sie,  wie  wir,  nur  oft  zusammen  zechten; 

sie  würden  freund  und  brüder  sein.      3,47. 

Heinrich  und  seine  koseformen  treten  nun  auch  als  namen  für 
solche  gefürchtete  wesen  ein ,  deren  eigentlichen  namen  man  zu 
nennen  sich  scheut,  gerade  wie  Hans  für  teufet,  tod,  wolf  und 
henker  verwendet  wird  (sp.  458).  Heinrich ,  Heinz  sind  kobold- 
namen.  Grijim  mythol.  471;  Hein  für  den  teufet.  Lexer  1,1222 
(aus  bruder  Hans  Marienliedern) ;  er  sihet  eben  als  hab  er  holz- 
öpfel  gessen,  ..  wie  Henn  der  teufel.  Agr.  spr.  (1560)322"; 
und  so  mochte  auch  Hein  für  den  tod  in  I^iederdeulscldand, 
namentlich  um  Hamburg,  wo  ohnedem  die  koseform  Hein  für 
Heinrich  sehr  im  schwänge  gieng  (vergl.  Laürembergs  Lappen- 
berg 138,  95.  99.  139, 117)  eine  volksmdszige  bezeichnung  sein,  die 
Claudios  in  seinen  werken  anwendete,  mit  worten,  die  auf  eine 
entlehnung  vom  volke  hinzudeuten  scheinen :  die  alten  solln  ihn 
(den  tod)  anders  gebildet  haben  ...  s  ist  das  wirklich  ein 
gutes  bild  vom  Hain ;  bin  aber  doch  lieber  beim  knochen- 
mann  geblieben,  so  steht  er  in  unsrer  kirch,  und  so  hab 
ichn  mir  immer  von  klein  auf  vorgestellt  dasz  er  aufm  kirch- 
hof  über  die  gräber  hinschreite,  wenn  eins  von  uns  kindern 
s  abends  zusammenschauern  that,  und  die  mutier  denn  sagte: 
der  tod  sei  übers  grab  gangen,  werke  l  «.  2,  xii  (von  1774). 
die  seitgenossen  nahmen  Claudius  als  erftnder  des  Wortes :  bei  der 
armuth  der  teulschen  spräche  an  synonymischen  ausdrücken 
für  das  allegorische  ideal  des  todes,  hat  sich  der  Verfasser 
erlaubt,  die  jokose  benennung  von  freund  Hein,  die  der  er- 
findsame  Asmus  bekanntermaszen,  nicht  eben  als  ein  Schau- 
stück, sondern  nur  als  eine  bequeme  Scheidemünze  oder 
wohl  gar  als  nothmünze  ausgeprägt  hat,  und  die  schon  hin 


und  wieder  vor  voll  angenommen  wird  .  .  auch  seines  orts 
in  Umlauf  zu  sezen :  denn  er  gestehet  gern  und  willig,  dasz 
dieser  ausdruck  ihm  ein  wahrer  gewinn  und  bei  gegenwärtiger 
arbeit  ganz  unentbehrlich  gewesen  ist.  MusÄcs  in  der  vor- 
rede zu  freund  Heins  erscheinungen  in  Holbeins  manier  von  J.  R. 
Schellenberg  (Winterthur  1785)  s.  6.  trenn  Lessing  den  aus- 
druck schon  im  jähre  1778  in  einem  briefe  an  Claudius  braucht: 
bei  gott,  lieber  Claudius,  freund  Hein  fängt  auch  unter 
meinen  freunden  an,  die  oberstelle  zu  gewinnen.  12,  505,  so 
will  er  gewis  dem  einführer  desselben  in  die  scliripsprache  nur 
andeuten,  welches  gefallen  auch  er.  Lessing,  daran  habe;  bald 
aber  ist  der  ausdruck  populär  geworden :  bis  mir  freund  Hain 
sein  allgütiges  nichtweiter  zuruft.  RCdiger  neuester  Zuwachs  1 
(1782)  2 ;  da  wäre  ihnen  der  abruf  freund  Hains  dazwischen 
gekommen.  4  (1785)  5;  wir  sagen  das  nicht  um  des  armen 
Schelms  willen,  denn  freund  Hain  hat  ihn  bereits  weggesichelt. 
Siegfr.  v.  Lindenberg  (1783)  3,  66 ;  der  freund  Hain  sitzt  auf 
seinem  pürschwagen.  J.  Paul  Tit.  2,106;  die  kunst  gelassen 
und  weise  zu  sterben,  du  weiszt,  dasz  ich  den  freund  Hain 
niemals  gesucht  habe.  Schleiermacher  briefe  4,42; 

und  dasz,  wenn  endlich  spät  die  allgemeine  pause 
für  ihn  beginnt,  freund  Haio  ihm  sanft  die  kolbe  lause. 

Gotter  3,  Lxxrv; 

da  flucht  ich  den  weibern  und  reichen  halunken, 
und  mischte  mir  teufelskraut  in  den  wein, 
und  hab  mit  dem  tode  schmollis  getrunken, 
der  sprach :  flducit,  ich  heisze  freund  Hein  I 

H.  Heise  15,  37. 
HEIN  für  hin,  s.  das  letztere. 

HEINACHT,  adv.  diese  nacht,  mhd.  hinaht,  ahd.  hinaht,  ent- 
standen aus  einer  alten  accusativform  hia  naht  hanc  noclem,  vgL 
gramm.  3,  139;  Schweiz,  hinecht,  hienacht  Tobler  268*;  in 
andern  mundarten  zu  heint  und  hint  (s.  d.)  herabgesunken. 
heinacht  weist 

1)  auf  gegenwärtige  zeit: 

das  fräwlin  gund  erseüfzen  ser, 

mit  wainen  sy  da  sprach  : 

nu  hebt  sich  heinnacht  alles  wee, 

meins  herzen  ungemach.     Hdlzterin  s.  10*,  11,21. 

2)  auf  die  nächste  Vergangenheit:  heinacht  tat  ich  .  .  .  die 
pforl  auf.   Aimon  bog.  V ; 

wir  danken  dir,  du  höchstes  gflt, 
das  du  uns  heinacht  hast  behät. 

das  gros  kircliengesangbuch  (Slrastb.  1560)  241. 

3)  auf  die  zukunfl:  nement  ewer  ruwe  noch  heinacht,  und 
morgen  wollen  wir  streiten.  Aimon  bog.  Biiij;  darumbbedunkt 
mich  gut  sein  dasz  wir  noch  heinacht  zu  Parisz  benachtend. 
bog.  Rij; 

wir  wellen  heinacht  von  hinnan  nit  schaiden. 
fastn.  sp.  4>3,  27. 

4)  pleonastisch :  heinacht  abends.  Schertlix  br.  70.  71 ;  wie 
sclion  mhd.:  ir  werdent  alle  noch  hinaht  an  dirre  naht  an 
mir  ergerunge  lidende  und  dultende.  Mone  schausp.  des  mittel- 
allers  1,  63. 

HEINDIG,  s.  heintig. 

HEINE,  ni.  koseform  für  Heinrich,  in  der  allgemeinen  bedeu- 
tung  kerl,  bursch  verwendet  (vergl.  die  ausführungen  bei  Hein 
o6eri) :  iren  lieben  pfetterman  künig  Heinrich ,  welcher  wol 
hat  ein  groszer  Haine  müssen  werden.  Garg.  110*. 

HEINEN,  verb.  weinen,  pfälzisch  und  schwäbisch.  Schmid270; 
ftaiV.  hüenen,  hienen,  hinnen  Schm.  2,202;  von  hunden  fietilen  : 

die  wilden  schwein  die  hört  wir  greinen, 
die  hund  peilen,  bellen  und  heinen. 

H.  Sachs  1  (1590)  313'. 

HEINEN ,  verb.  aus  hegenen ,  einer  erweilerung  von  hegen, 
schützen,  hüten?: 

wird  eim  ein  predicatur  beschert, 
so  musz  er  heinen  ir  gefert. 

Schade  sat.  ti.  pasqu,  1,  29,  94. 

HEININGSAPFEL,  m.  eine  apfelart,  säuerlich  von  geschmack. 
.Nemnich. 

HEINRICH,  m.  der  eigenname  wird  mit  adjectivischen  beisdtzen 
verschieden  verwendet. 

1)  als  bezeichnung  von  personen,  in  der  allgemeinen  bedeutung 
mensch,  bursch  (wie  Hans  sp.  456) :  so  niederd.  knökern  Hinrek 
ein  magerer  mensch,  isern  Hinnerk  ein  starker  muthiger  mensch, 
holten  Hinrek  klotziger  mensch.  Schütze  2,139.140;  im  Oster- 
lande  ein  sanfter  Heinrich,  ein  gutmüthiger,  sich  viel  gefallen 
lassender  mensch. 

56* 


8S7 


HEINRICH  — HEINT 


HEINT 


2)  ah  ppanzenname.  es  hl  das  zu  erklären  'aus  den  Vor- 
stellungen von  elben  und  kobolden,  die  gern  Heinz  oder  Heinrich 
heiszen ,  was  hernach  auf  teufet  und  hexen  tibergieng.  solchen 
dämonischen  wesen  sclnrieb  man  die  heiikrafl  des  krqules  zu.' 
Grixx  mythol.  UM. 

0)  groszer  Heinrich,  inula  helenium,  alantwurz.  Nemnich 
3,  242. 

b)  guter  Heinrich,  chenopodiuni  bonus  Henricus,  der  gemeine 
gänsefusz.  2,1014;  der  wilde  und  auch  niderigwachsende  giiter- 
heinrich.  Sebiz  feldb.  457 ;  der  gute  oder  stolze  Heinrich, 
sonsten  auch  schmieriger  mangolt  oder  schmerbel  genannt, 
öcon. /er.  (1731)  992;  in  der  Schweiz  der  heinerli  Stalder  2,35; 
verderbt  die  lieimele.  34.  auch  chenofmiium  vulvaria,  stinkender 
gänsefusz,  schamkraut,  heiszt  so:  atriplcx  canina  vel  faetida,  gut 
Heinrich,  stolz  Heinrich,  kiihwurz.  Alb.  CC4';  ferner  der  Sauer- 
ampfer: rumex  heist  auch  der  gut  Heinrich.  FF  3*. 

f)  stolzer  Heinrich,  chenopodiuni  bonus  Henricus  und  chenop. 
vulvaria.  s.  unter  b;  ferner  senecio  vulgaris,  kreuzwurz.  Nemnich. 

d)  böser  Heinrich ,  orobanchc  major,  erbsenwürgei',  Sommer- 
wurz. INemnich  4, 796 ;  zum  unterschied  des  büsen  Heinrichs, 
welches  ein  schädlich  kraut  ist ,  und  von  den  bauren  die 
böse  blume  geheiszen  wird.  Ocon.  lex.  992. 

e)  rother  Heinrich,  wildei-  Sauerampfer,  niederd.  roen  Hinrik. 
Fromm.  5, 147. 

f)  wilder  Heinrich,  phxjteuma  spicala,  rapunzel.  schweizerisch 
wilde  heimele.  Stai.der  2,34. 

3)  fauler  Heinrich,  name  eines  destillierofens :  einen  faulen 
Heinrich  oder  Heinzen ;  ist  eine  sonderliche  art  eines  destil- 
lierofens, da  mit  einem  feuer  unterschiedliche  wärme  in  be- 
liebigem maas  kan  erbalten  werden,  öcon.  lex.  390.  s.  unten 
Heinz. 

4)  stolzer  Heinrich ,  nd.  stolten  Hinrik  heiszt  ein  mit  einer 
fhllung  zugerichteter  yänsehals;  auch  eine  grosze  bhUwurst.  Schiller 
zum  meklenb.  Ihier-  u.  kräuterb.  2,  32*. 

5)  sanfter  Heinrich ,  im  Oslerlande  ein  in  weicliem  rhythmus 
dahin  gleitender  tanz,  namentlich  ein  langsamer  walzcr.  einen 
sanften  Heinrich  aufspielen  lassen,  nach  Wackernagel  (Ger- 
mania 5, 334)  lieiszl  in  Berlin  sanfter  Heinrich  eine  besondere 
brantweinnikchung. 

HEINSCHKRAUT,  n.  gnaphalium  slocchas,  moltenkrajtt.  NiEMN. 

HEINSKKAIJT,  n. ;  hedera  cilicia,  amaradukis,  ie  lenger  ie 
lieber,  heinskraut,  hünstkraut.  Alberus  EEl". 

HEINT,  adv.  die  weitere  kürzung  aus  heinacht,  diese  nacht, 
sp.  886.  die  kürzung  läszl  sich  durch  zwischenformen  stufenweise 
verfolgen,  an  heinacht  riihrl  noch  nahe  heinett,  heinet:  heinett 
Ubland  volksl.  31S  (vgl.  die  stelle  unten  3);  wir  wollen  deine 
antwort  noch  heinet  haben.  Th.  Münder  bei  Luther  3,134*; 
die  form  heinte  ist  wahrsdieinlirh  aus  heinet  nur  umgesetzt: 
dasz  du  mich  diesen  tag  gnediglich  behütet  hast  und  bitte 
dich,  du  wollest  mich  auch  heinte  diese  nacht  gnediglich 
behüten.  Alberus  Jesusbüchlein  (ißOS)  B2'.  dadurch  dasz  man 
bei  heim  an  das  der  Zusammensetzung  nach  theilweise  verwandle 
heule  daclUe,  das  auch  begrifflich  anrührt,  indem  heint  mehrfach 
in  die  bedcutung  hodie  übergeht  (unten  3),  konnte  die  nebenform 
heunt  entstehen:  heunt,  hac  nocte  Stieler  836;  heunt  nacht, 
wenn  wir  alle  schlafen.  L.  I'h.  Hahn  d.  aufruhr  zu  IHsa  28; 
auch  heunte  :  ihr  könnt  hcunte  kein  hier  mehr  kriegen.  Schoch 
slud.-leb.  K;  heunte  gebrauche  sie  nichts,  unw.  docior  396; 
heunte  noch.  453.  —  Die  äuszersle  kürzung  von  heinaclit,  heint 
t.«/  hint,  s.d.;  vergl.  auch  hinnarht. 

Bedeutung. 

1)  heint,  hac  nocte.  Alb.;  ü)  bezogen  auf  die  gegenwärtige 
nachl :  gut  nacht  doctor,  schlaf  und  befehl  dich  nur  golt 
woi,  oder  ich  trag  dich  lieunt  zum  leufcl.  l'liit.  Lugd.  4,  241 ; 
ich  will  einmal  wissen,  wu  heint  mein  Frilz  steckt.  Simpl. 
4,71  Kurz; 

heint  ist  gleich  die  andre  nncht, 
dasz  man  hochzcit  <la  gt-mnclii. 

Flkmin»  .'t42,  251  lAjppenberg. 

b)  auf  die  letztvergangene  nadd  bezogen,  $o  in  Hessen  stets, 
vo  für  die  nächstkommende  nadd  schcier  tchier  gebraucht  wird. 
''iLMAR  DiO;  mir  ist  heiiit  etwas  kiuid  gethan  worden  ..  es 
tot  ein  «eliger  man  zu  Hom,  der  hat  eine  gute  frawen,  die 
ist  heint  einen  kindes  Kchwanger  wurden.  Ldtiikr  6,  .'>()()'; 
uod  mich  heint  uinb  zwei  faHt  sehr  (mit  lulaub)  gebrochen. 
br,  b,  330  ;  lieher  juiik«'r  (fragt  der  ductor,  der  morgens  kommt) 
wie  ist»  euch  heint  gangen?  KiRCHUur  wendunm.  122';  das/, 
mir  heiol  getriluml,  ich  hab  getroxchen.  Simpl.  4, 224  Kurz : 


der  heint  hat  diesen  man  er.«tochen. 

H.  Sachs  3,  2,  g*; 
ein  weib  hat  heint  betrogen  mich. 

B.'VValdis  Esop  I,  86,  36; 
ach  hört,  wa.s  mir  eetraumet  heint 
von  dem  Herodes,  Jesu  Teind. 

Pötzigcr  leeilinaclussiiiel  in  den  neuen  mtllheil.  des 
sächs.-dür.  altertliumsvereins,  bil.  10,  «.251; 
wir  (Uamadriaden)  lieszen  unsre  rind  blosz,   heint  auch,  wie 

ihr  wiszt, 
dasz  man  euch  seh  und  ehrt  und  mit  dem  handliusz  griiszt. 
A.  Grvphius  169S    I,  708. 

f)  auf  die  nacht zukünßige  nacht  zeigend:  ir  sollent  das  nachl- 
feldt  heint  hie  bei  uns  nemen.  Aimon  bog.  Tiiij;  du  wirst 
vielleicht  heint  wider  bei  deinem  waltbruder  bleiben.  Schade 
sat.  «.  pasqu.  2,72,14;  wir  wollen  es  heint  beschlafen.  Aoh. 
spr.  (1560)  74*; 

ein  weiblein,  dem  die  äugen  Fenstern  .  .  . 

die  nem  ich  für  mein  nachtmol  heint.    fastn.  sp.  265,8; 

wen  wir  heint  nit  Irölich  fünden.    718,  21; 

die  sprach  zu  mir:  noch  heint  so  kiimm!     1009,  10: 

komm  heint  um  halber  mitternacht! 

so  wil  ich  dich  lassen  ein.      Uhland  votl^st.  179; 

so  kum  ich  heint  herwider  ein, 

die  weil  so  entschläft  mein  vater 

tind  die  muter  mein.  196; 

ich  weis  ein  frewlein  hübsch  und  fein, 
weit  gotl  ich  solt  heint  bei  ir  sein. 

Ambr.  tiederb.  no.  59,  ».55; 
Cunz  Zwerg  der  sagt  ims  bald  zu, 
heint  hab  bei  mir  dein  ruh.       no.  139,  42,  s.  172; 
ich  furcht  wir  müssen  ober  nacht 

heint  bleiben  in  dem  wüsten  wald.     11.  Sachs  3,2,141'; 
gott  geh  ir  heint  die  ewig  rhew  [rulie). 

li.  Waldis  Esop  2,80,  32; 
ich  will  meinen  lieben  gesten 

heinte  geben  was  zum  besten.     Fleming  314,  78  Lappenb.; 
0  raondes  silber  stirn !    o  wo  dir  ist  bewust 
wo  der  halbgölter  schaar  auf  heint  sucht  ilire  lusl; 
so  lehne  mir  dein  licht!  A.  Gryphius  1098   1,704; 

hüt  auch  heinte  meine  sachen 

und  bestelle  selbst  die  wachen.      Wiedehann  mai  45; 

ich  war  den  tag  in  deiner  hut, 

hehüt  auch  heint  mich,  vater  gut. 

E.  M.  Arndt  ged.  (1840)  475. 

2)  heint  wird  durch  Zusätze  wie  diese,  vergangene  nacht 
sciürfer  bestimmt  (vergl.  auch  heinacht  sp.  886  und  das  zusam- 
mengerückte heintnacht  unten):  heint  vergangner  nacht  liin 
ich  dahinden  bei  einem  waltbruder  gelegen.  Schade  sat.  u. 
pasqu.  2,01,  24;  was  sie  (die  mause)  uns  heint  diese  nacht  an 
unserm  brodt  für  einen  schaden  gethan.  hLst.  v.  Lazaritlu  de 
Tormes  51 ;  wir  haben  hier  heint  nacht  illumination  gehabt. 
Claudius  1  u.  2,  221 ; 

heint  in  diser  vergangen  nacht.    II.  Sachs  3,  Itl-SO*; 

ich  bin  die  nacht  heint  schier  erdürst.     3,  3,40*; 
ähnlich  heint  abend:  selbigen  (hosen)  heint  auf  den  abend  ver- 
zehren. Butschky /»d.  Aanc/.  370  ;  das  soll  der  schelme  heinte 
den  abend  noch  wissen.  Chr.  Weise  betrog,  betrug  55 ; 
zu  publiciern  heint  abends  spat.     II.  Sachs  3,1,132*. 

3)  heint  in  der  bedeulung  heute,  hodie.  dic.<:elbe  konnte  sich 
um  so  leicIUer  entwickeln ,  als  abgesehen  von  nahe  liegenda-  Ver- 
wechselung beider  begrifflich  und  lautlich  nahe  stehender  Wörter, 
die  alle  ziildung  nach  nachten  statt  nach  tagen  (Tacit.  Germ.  II) 
noch  lange  fortlebt,  und  in  der  reciUssjirache  wie  in  der  poetLicIien 
angewendet  wird  (Grein  ags.  wb.  2,285;  lleliand  1053.  1994; 
mhd.  wb.  2,1,299';  Hichthufen  94o'):  bair.  heint  heute  Schm. 
2,217;  kärntn.  ebenso,  guolen  heunt  guten  tag  als  gruszformel. 
Lkxkr  140;  so  küiiibt  . .  der  erzhischof  von  Trier  mit  seinem 
Volk  auf  heint  gen  der  Nefinstai,  .  .  .  und  versehenlicb  auf 
morgen  zu  uns.  d.  slndtechron.  2,48,14;  man  solle  heint  die 
Schriften  und  arlikeln  herr  Leonharten  in  den  kerker  zu- 
stellen. Luther  3,417';  lasset  uns  heint  nit  weise  sein,  ein 
jeder  spare  sein  weiszheit  I>isz  morgen.  Agb.  .tfir.  (isoo)  74*; 
mag  aber  heinte  diesen  ehrentag  mit  ufTentlicher  Uneinigkeit 
nicht  vcninehren.  polit.  stock  f.  2i:>; 

ich  bitt  euch,  lielx-r  vattor, 

blolbont  heiiiett  herhaim !     IIhlano  voIIuI,  318; 

de»  glückü  woll  wir  dn  warten  tfln, 

PH  kum  heim  oder  morfreii.     .V2>'i; 

wt'i.H  mir  ein  moKdlnin  hülisrh  uiul  fein, 

mit  ditr  irli  wilU  golt  heint 

Miii  linrieii  frulich  icin, 

III  riiii  w(iri({erleleln, 

»liaricron,      umbniren, 

d«n  liflbea  langen  lag.    Ambr.  liederb.  no.  tOH,  «.  Ii6. 


SS9 


HEINTIG— HEINZ 


HEINZ  —  UEINZELMANN 


890 


HEINTIG.  aJjecihbUdung  aus  dem  vorigen,  wte  heutig  aus 
heute;   in  doppelter  bedeutung. 

1)  nach  heint  l :  heuntig  ad  sttperiorem  noclevi  nftectans  Stie- 
ler 836;  kan  sie  dan  ihres  eheliebsten  diese  heintige  nacht 
nicht  entbehren?  Siwpl.  4,41  Kurz; 

du  eiinst  mir  euts  die  beintig  naclit. 

H.  Sachs  3,2,  \&; 

mir  ge<cliach  so  weh  die  beindig  nacbt. 

Ambr.  liederb.  no.  130,63,  s.  155. 

2)  nach  heint  3 :  heintig  heulig  Schm.  2,  217 ;  heintige  zeit 
sein,  von  zeilpunkten  vor  der  thür,  gleich  da  sein.  das. 

HEINTNACHT,  aus  heint  nacht  (s.  heint  2  (Aen)  zusammen- 
gerückt: hofier  wir  ir  heintnaciit.  Wirsü.ng  Calixtus  (1520)  Cs|; 
mich  hat  heintnacht  ein  trut  getnickt.  Paracels.  opp.  2,292'; 

da  ich  heintnacht  mein  «onung  hat. 

M.MoNTASUS  Tilus  u.  Gisippns  Diüj. 

HEIISZ,  «i..  koseform  des  äyennamens  Heinrich,  wie  Hans 
{sp.  455)  über  den  engen  kreis  des  eigennamens  hinausgetreten 
und  allgemeiner  veruendet ,  vergl.  die  ausfübrungen  unter  Hein 
sp.  885. 

1)  Heinz  uird  hingestellt  als  häufig  vorkommender  name  für 
bauren,  kneclüe,  gemeine  leute  (vergl.  Wacrernacel  in  der  Germ. 

5,  333) : 

reiter  Heinz.      Schade  sal.  «.  pasqu.  2,  42,  14; 

die  lieb  beilig  vasznacbt 

die  macbt  uns  tu  der  narren, 

so  Wirt  dann  Heinz  und  Conz  und  Metz 

bei  einander  beharren, 

so  gibt  der  Heinz  der  Metzen  einen  smutz. 
fastn.  sp.  1107; 

ein  ring  mit  einem  blawen  stein 

wil  Heinz  der  Metzen  kaufen.      Uhlawd  volksl.  640; 
Tboms  liebet  .Mieken  (so  beiszts  in  einer  alten  ballade), 
allein  sein  unstern  will,  dasz  Micke  für  Heinzen  glüht, 
für  Heinzen,  der  all  sein  glück  in  Rösens  äugen  sieht. 

Wieland  5,  163  (h.  Amadis  18,  S) ; 

daher  namentlich  die  formet  Heinz  und  Cunz  allgemein  ßr  nicht 
näher  bezeichnete  menschen,  für  'den  und  jenen  gebraucht  icird: 
lauft  Cunz  weg.  so  kommt  Heinz  wieder.  Pistobils  thcs.  par. 
5,23;  die  herren  sagen  oft  lauft  Kunz  weg,  so  kommt  Heinz 
wieder,  es  geschieht  aber  wenn  es  Kunz  dem  Heinzen  sagt, 
so  bleiben  sie  beide  drauszen.  Lehmann  141;  wann  arme 
leute  kommen,  und  sie  um  eine  nachtheiberg  ansprechen, 
oder  nur  in  der  scheur  liegen  wollen,  da  ist  vielmals  weder 
Heinz  oder  Kunz  daheim,  baurensl.  lasterprob  144;  ebenso  Heinz 
und  Benz: 

da  lept  Hainz  und  Benz  im  saus. 

Zimmer,  chron.  4,  316,  41. 
rorgl.  Hinz. 

2)  Heinz  gelU  in  den  appellaliven  sinn  bursch,  menscli  über;  so 
heiszen  arbeiter  beim  städtischen  röhrenwesen  in  Nürnberg  röhren- 
heinzen.  Tccber  6a«<meis/fTi(.  242,  It;  häufig  jedodi  mit  verächt- 
lichem nebensinne  kerl:  Eutropius,  ein  verschnittener,  war 
mechtig  an  des  kaisers  Arcadius  hof.  diser  Hainz  was  auch 
ein  geltnarr.  Aventin  bei  Schm.  2,  220;  waldheinz  nennen  die 
bewohner  der  fränkischen  thäler  den  Düringer  wäldler.  Fromm. 
4, 315 ; 

merk,  baur!  du  bist  ein  grober  Heinz. 

Uhland  volkst.  699 ; 
ein  treger  scbelm  und  fauler  Henz, 
der  sich  stets  stechen  leszt  den  glenz. 

B.  Waldis  3,  48,  15. 

ihärfer  narr,  thöriciUer  mensch:  wer  wolt  ein  solcher  narr 
Hill  Heinz  sein,  der  solchs  thät  (sich  auch  das  grusle  unrecht 
:■■  fallen  liesze).  nun  ist  disz  warlich  Christus,  Christus  ist 
'in  solcher  Heinz  und  Siemann,  der  kompt  zu  uns  herab, 
iin  herr  aller  herren.  S.  Frank  pararfora  9S*;  also  hab  ich., 
dieweil  lassen  doctor  Saw,  Witzel,  Tölpel,  Schmid,  Rotzleffel, 
Tellerlecker,  Brunzscherbcn,  Heinz,  Meinz,  und  wer  sie  mehr 
^ind,  iiner  hin  bellen,  belvern,  fluchen  und  zürnen.  Lltuer 
^,  7';  ihr  tabacksheinzen.  Hn«r.  doct.  355.  schwäbisch  Heinz 
^ubenhocker.  Scbmid  271 ;  Heinz  der  faule  oder  ungehorsame 
rlifiler,  s.  unten  beinzenbank ; 

ijch  Hainz  narr  red  on  gefer.     fasln,  sp.  653,  fi ; 
Hainz  nar  ist  die  insdirift  des  bildes  zu  Brants  narrensch.  cap.  5; 
der  herzog  Heinrich  von  Braunschweig  wird  in  einem  gediciäe  des 
\e>.  jahrh.  so  genannt: 

jo  SOS  nicht  reim  {reimt),  lieber  Heinz  narr, 
was  wilt  du  nier  thun?  sag  ausgar! 

Schabe  s.ir.'i/.  ;«(it(^u.  2, 84, 142,  vnl  "!.'■''< 


3)  Heinz  ist  thiername  {uie  Hans  i.d  sp.  45S);  so  für  den 
kaier;  im  Nassauischen  Heinsch.  Kehreis  192;  für  den  Zug- 
ochsen. Frisch  1,  43S';  im  fränkisch-liennebergischen  aber  auch 
für  das  männchen  der  kaninchen.  Fromm.  4.  314.  315.  Adelung 
gibt  für  feldbienen  den  namen  waldheinzen.  vgl.  unten  Heinzel 
und  Hinz. 

4)  wol  dem  umstände,  dasz  Heinz  der  geschäftige,  die  haus- 
arbeiien  ohne  mühe  für  hausbewolwer  besorgende  kobold  heiszt 
(mythol.  471),  ist  es  zuzuschreiben,  dasz  der  name  auch  auf  gerate 
übertragen  wird,  die  bei  bequemer  handhabung  gute  arbeit  leisten. 

a)  Heinz,  eine  wasserhebemaschine  des  altern  berghaues.  Veith 
bergwörterb.  s.  271;  hell  er  das  wasser  mit  wasserknechten, 
oder  beugt  seine  künste,  pumpen,  heinzen,  bulgen ,  oder 
groszen  zeuge.  Math  es.  Sar.  64';  da  man  bei  uns  mit  groszen 
künsten  ,  heinzen ,  taschhespeln .  pumpen  das  wasser  hebet 
oder  herausz  zeucht.  125'.     s.  heinzenkunst. 

b)  fauler  Heinz ,  bei  Chemikern  und  apothekern  ein  sparsam 
brennender  und  gute  hilze  gebender  ofen.  Frisch  1,43S'. 

c)  fauler  Heinz  ist  auch  ein  gebäck:  gebachenes,  so  man 
den  faulen  Heinzen  nennet.  Hohberg  3, 3,  94*. 

d)  Heinz,  vorriclUung  zum  tragen,  hallen  u.  dergl. :  stifelhainz 
stiefelzieher ,  heuhainz  im  Allgäu  pßock  mit  querhülzern,  dienlich 
heu  zu  trocknen.  Schm.  2,220;  der  letzlere  heiszt  in  Schwaben 
und  der  Schweiz  weiblich  heinze.  Schmid  271.  Stalder  2, 35 ; 
in  Hessen  heiszt  heinz  die  köze,  ein  rückenkoib  mit  tragbändern. 
Vilmar  160.  221. 

HELNZ,  interj.,  s.  hein  sp.  885. 

HEINZEL ,  m.  Verkleinerungsform  zu  Heinz ,  in  mehrfache! 
bedeutung. 

1)  wie  Heinz  3,  ihiemame;  für  ein  junges  pferd  Schm.  2,220; 
heinsei  ein  junges  pferd,  heinzel  ».  q.  füllen  Nemnich  ;  verderbt 
auch  heiszerl  das.;  schweizerisch  he'izel  junges  stierkalb  Stalder 
2,36;  auch  die  waldmöre ,  sterna  hirundo,  heiszt  am  Würmsee 
heinzel.  Schm.     s.  heinzlein. 

2)  der  koboldname  Heinzel  (vgl.  oben  Heinz  4  und  Heinzel- 
männchen) gieng  auf  die  marionette  über,  der  man  allerhand 
schreckgestaU  zu  geben  liebte,  auch  auf  das  pujfenspiel.  Wackeb- 
nacel  in  der  Germania  5,334;  Schm.  2,220;  hainzi,  gaukel- 
männlein  ,  hainzi  spilen ,  ludere  larvam  masculam ,  atellar.as 
dare  Schönsledeb;  dcJier  mit  einem  den  heinzel  spielen,  sein 
spiel  mit  Htm  treiben :  selten  sie,  sprach  er,  die  frembden  der- 
gestalten  für  narren  umbziehen  und  mit  höchster  leib  und 
lebens  gefahr  also  den  hainzel  mit  ihnen  spilen?  Hörl  ton 
\V.\tterstorff  Bacchusia  409. 

3)  heinzel  als  gerät,  namentlich  ab  Vorrichtung  zum  tragen, 
halten  u.s.w.  (vgl.  Heinz  4,  d);  stifelhainzi  stiefelzieher  Schm. 
2,  220. 

4)  heinzel  heiszt  auch  ein  scldechles  bieTj  nachbier.  Schm.  1,301. 
s.  unten  Heinzlein. 

HEINZELBAN'K,  f.  schnitzbank,  drehbank.  Schm.  a.  a.  o.  vgl. 
das  vorhergehende  und  hänselbank  sp.  464. 

HEINZELER,  m.  frachtf uhrmann,  der  mit  einem  gescJiirr  und 
pferde  fährt;  zu  Frankfurt,  das  wort  ist  aus  einzeler  /A.  3,350 
verderbt:  hatten  abermal  24  starke  heinzler  oder  lastträger 
mit  eisernen  winden,  seilen,  ketten  und  leitern  zu  schicken 
und  zu  schaffen  gehabt,  bisz  sie  ihn  (einen  ungeheuren  sack) 
auf  den  wagen  bringen  mögen ,  den  hernach  acht  grosze 
heinzlers-gäule,  vollends  hinunder  zur  gehörigen  stelle  ziehen 
müssen.  Pliil.  Lugd.  3, 134. 

HELNZELMANN,  HEI>ZELM.\NNCHEN,  m.  l)  name  für 
einen  kobold,  hausgeisl  (s.  Heinz  4,  vergl.  auch  kobold  Hl.  4. 
thal  5,1551):  faunus ,  ein  feldgeist,  beinzelman.  Alb.  BB3'". 
lamia,  kobolt,  schretlin,  heinzelmencben.  das. ; 

wie  war  zu  Colin  es  doch  vordem 

mit  beinzelmännchen  so  bequem  ! 

denn,  war  man  fuul,  man  legte  sich 

bin  auf  die  bank  und  pflegte  sich: 

da  kamen  bei  nacht,      ehe  maus  gedacht, 

die  männlein  und  schwärmten,     und  klappten  und  lärmten  . . . 

und  eh  ein  faulpelz  noch  erwacht, 

war  all  sein  tagewerk  bereits  gemacht. 

A.  KoPiscu  tceike  {Bert.  1^56)  1,  123. 
auch  die  alraunwurzel  heiszt  so :  die  botanischen  namen  und 
medizinischen  Wirkungen  der  atropa  mondragora  hängen  genau 
mit  diesen  verschiedenen  sagen  des  aberglaubens  zusammen, 
sie  wird  alrun,  alninke,  hundsapfel,  schlafapfel ,  galgen- 
männlein,  heinzelmännlein  und  pissedieb  genannt.  Cl.  Bren- 
tano ges.  Schriften  (Frankf  1852)  6,  431  anm. 

2)  in  Hessen  die  frucht  des  Crataegus  oryacanlha.  Vilmar  lOn. 
«.  heinzerleinsdorn. 


891 


HEINZELN— HEIRATH 


HEIRATII 


892 


HEINZELN,  rerb.  sein  ffiel  mil  jen) and  treiben.  Schi*.  2,220. 
nach  Heinzel  2  oben. 

HEINZEN,  rerb.  nach  Heinz  4.  d  sp.  890,  heu  auf  pßücken 
trocbien  oder  mm  dörren  darauf  bringen.  Schm.  2,220.  Schmid 
271 ;  aus  dem  Allgäu  und  dem  obern  Schwaben,  auch  Schweiz. 
auflieinzpn.  heti  auf  die  heinze  legen.  Stalder  2,35. 

HEINZENBANK,  f.  Schulbank^  auf  der  faule  und  ungehorsame 
Schiller  sitzen  müssen  (Heinz  2  sp.  889) :  die  mitschuler  inuszten 
vor  ihm  fliehen,  seine  gesellschafl  meiden,  er  wurde  aus  der 
classe  gezogen  und  auf  die  heinzenbank  gesetzet.  unw.docl.b^S. 

HEINZENKUNST,  f.  wasserhebem aschine  des  dUern  bergbaues. 
Veith  bcrgwörlerbuch  271.     vergl.  Heinz  4,  a  sp.  890. 

HEINZENROCK,  s.  unten  heinzrucker. 

HEINZENSEIL,  n.  seil  an  der  heinzenkunsl ;  dann  auch  die 
kette  unter  dem  schemel  des  gOpeh,  woran  die  wage  hängt;  end- 
lich die  kette,  womit  die  blasebdlge  auf  den  hütlenwerken  gezogen 
werden.  Jacobsson  2.  248*. 

HEINZERLEINSDORN,  m.  hagedorn,  Crataegus  oxyacanlha. 
Nemxich  2. 1270. 

HEINZERN,  verb.  wiehern,  wol  nach  Heinzel  als  name  für 
ein  junges  pferd  gebildet.     Nemnich  wb.  schreibt  heinsern. 

HEI.NZLEIN,  m.  wie  Heinzel  Verkleinerungsform  zu  Heinz. 
neben  der  Verwendung  als  eigenname  für  menschen  sieht  die  form 
auch  freier. 

1)  namentlich  als  thiername;  so  für  das  pferd:  wenn  ein 
roJler  etwan  ein  pferd  hat  und  spricht  heinzlin  hotta,  husta 
heinziin.  Keisersberg  sünden  d.  m.  .35' ;  gewöhnlicher  für  schwein : 
die  eher  zu  den  jungen  heinzlin ,  welche  man  abgewöhnet 
hat  [in  einen  stall  sperre).  Sebiz  feldb.  131 ;  wolt  darumb  der 
könig  inn  Frankreich  {Heinrich  III  ist  gemeint)  all  esellreiber 
henken ,  weil  sie  den  eseln  Herri  rufen ,  und  die  feutsche 
sauhirten  all  ertrenken ,  weil  sie  die  seu  heinzlin  heiszen? 
Garg.  109*;  das  ist  wol  war,  dasz  man  der  s.  Margareten 
und  des  s.  Gregorii  drachen  sampt  des  s.  Anthonii  heinzlin 
eben  so  wol  anbellet  . .  als  die  h.  selbst,  bienk.  142'. 

2)  beinzlein  nachbier,  wie  heinzel  4:  kofenl,  frisch  bier, 
beinslein.  Rädlein  553';  nd.  war  armer  Heinke  name  für  eine 
geringe  bierarl : 

de  kernen  de  von  groten  Scbeppenstide 
und  brochten  obren  armen  Heinken  medde. 

Hildebrand  volltsl.  23,  15. 

HEINZLER,  s.  heinzeler. 

HEINZLUNGENESSER,  «i. .'  sunt  deinde  alii,  qui  fiunt 
vulgo  schafslrunken  . .  das  seind  die  albern  schaaf,  weich- 
herzige, weibische,  mütterliche,  kindische,  forcbtsame  läppen, 
löffelmäuler,  sewlüffel,  gänsziüffel,  löffelgänsz,  leuszmichel, 
heinzlungenesser,  raütehu,  schudip.  de  generib.  cbriosbr.  16. 

HEINZRUCKER,  m.  name  eines  geringen  weins ,  gemeint  ist 
wol  ein  solcher,  der  selbst  einen  Heinz,  bauer.  Unecht  'herum- 
reüzt':  seifwein,  treifwein,  tropfwein,  pfaffendorfer  ..  heinz- 
rucker, ruck  den  Heinzen.  Garg.  5S'.  einige  zälen  weiter  be- 
gegnet noch  einmal  heinzenrock. 

HEIOPOPEIO,  n.:  Cldrchcn  (singt)  ...  mutter.  lasz  das 
lieiopopeio.  Clärdien.  schellet  niirs  nicht;  es  ist  ein  kräftig 
lied.  hab  ich  doch  schon  manchmal  ein  groszes  kind  damit 
schlafen  gewiegt.  Göthe  8,232.     s.  hei  9  «p.  793. 

HEIRASPELN,  verb.  komische  enlsteUung  von  heirathen:  sie 
will  ihn  wol  gar  heiraspeln?  Thilo  Adelheid  {schauspel  1119)  (il ; 
voUisniäszig  in  milleldeutschen  gegenden. 

HEIRATH,  m.  und  f.  malrimonium,  connubium. 

1.  Die  formen,  das  wort  ist  nur  im  hochdeutschen  und  attszer- 
dem  im  ags.  Sprachgebiete  bezeugt:  ahd.  mhd.  lilrät,  ags.  liirfid, 
hjrfid  mit  der  neben  form  hivraeden  und  mit  der  vom  oberdeutschen 
abweichenden  bedeutung  familia.  beide  bedeutungen  aber,  sowol 
connubium  als  familia  sind  aus  einer  ursprünglicheren  und  allge- 
meineren specialisierl.  hl-rül,  als  compositum  im  ersten  tlieik  mit 
goth.  heiv  familie,  haus  sowie  mil  alid.  hiwo  familiaris.  conjux, 
hiHunga  contubernium,  malrimonium  zusammenhängend ,  drückt 
zunächst  die  besorgung ,  einrichluny ,  Ordnung  eines  hausslandes 
aus,  dat  ags.  wendet  dies  auf  das  geordnete  und  gegliederte  haus- 
wesen  überhaupt,  das  hochdeutsche  auf  einen  bedeutsamen  schritt 
dazu,  auf  die  schlieszung  einer  ehe.  das  yeschledü  des  wertes  ist 
(nur  im  hnchdeiüschen)  schwankend  geworden,  das  nach  dem 
zweiten  worlgliede  rät  allbercchliglc  masciäinum,  das  im  ahd.  bei 
Will  IRAN  bezeugt  ist:  ou  siu  btrates  scal  gegruojet  nerdan. 
eben  so  im  mhd. : 

nii  hegunilen  im  die  witen 

rAtfn  linde  priien 

umb  Glichen  Alr6i.    a.  Heinrick  1463, 


erscheint  noch  im  IC.  jahrh.  als  gewöhnliches,  im  17.  als  gebräuch- 
liches, bei  Luther  wiegt  es  bedeutend  vor,  s.  beispiele  unten ;  als 
der  heirath  zwischen  ihr  und  herr  Johannsen  Wernhern  ab- 
geredt.  Zimmer,  chron.  1,423,29;  blulscliandllicher  heirath. 
Frischun  nomencl.  383;  aus  einem  solchen  heirath.  Laz.  de 
Tormes  121;  der  heirabt  erreichte  seinen  fortgang.  122;  der 
mir  zu  diesem  heirath  geholfen.  Philander  1  (1642)  158 ;  zum 
heirath  geben.  Schlppius  719;  noch  jetzt  bair.  der  heirath 
ehevertrag  (unterschieden  von  der  copulalion).  Schm.  2, 130.  diesem 
geschleclUe  gemäsz  ist  der  allerdings  seltene  plnral  heiräthe  gebildet : 
warumb  thnn  die  männer  büse  heiräbte.  J.  Cocay  teutscher 
labyrinth  {Colin  1650)  26.  schon  im  ahd.  aber  beginnt  das  fem. 
am  Worte  einzutreten ,  gewis  unter  einflusz  der  mehr  abstracten 
bedeutung,  die  sich  entwickelt  hat:  dia  hirät  {acc.)  connubium. 
Notker  bei  Graff  4, 1066;  mhd.  diu  hirat  wb.  2, 1,576';  (habe) 
keine  lust  an  der  heidnischen  und  frembden  heirat.  stücke  in 
Esther  3,11;  es  erlangt  .mt  ende  des  17.  jahrh.  in  der  Schrift- 
sprache die  ausschlieszliche  herschaft,  die  nebenform  der  {und 
die)  heuralh ,  seil  dem  16.  jahrh.  belegbar,  deutet  auf  ein  mhd. 
bis  jetzt  nicht  nachgewiesenes  hiurät,  das  den  labial  des  ersten 
composüionsgliedes ,  der  in  ags.  hlv-raeden  noch  erhalten  war, 
vocalisiert  zeigte,  diese  form  ist  besonders  im  17.  und  18.  jahrh. 
im  schwänge,  einer  etymologischen  grille  zu  liebe,  der  zufolge  man 
das  wort  mit  heuren,  miethen,  kaufen  (s.d.)  zusammenbrachte: 
der  heürat,  das  mannen.  Maaler  220';  durch  disen  heurat. 
Zimm.  chron.  1,179,5;  von  wegen  disz  heuraths.  j4imon  bog. 
Jiiij;  seit  dem  heurat.  rfos.;  den  heuralh.  Giaffers  söhne  {ibSZ) 
129 ;  die  heurat,  malrimonium,  connubium,  conjugium,  vinculum 
jugale.  Stieler  833;  das  geheimnis  von  meines  vaters  heu- 
ralh. Cronegk  1,  87. 

II.  Bedeutung. 

1)  heirath,  die  schlieszung,  eingehung  einer  ehe,  verehelichung : 
heirat,  desponsatio,  uxoratio,  malrimonium.  voc.  ine.  theut.  is'; 
die  liebe  ist  ein  fieber,  von  dem  man  nur  durch  die  heirath 
geheilt  wird,  die  ehe  ist  dann  der  zustand  der  gesundheit, 
des  behaglichen  glucks.  Benedix  dramat.  werke  11,11;  Weis- 
ungen und  der  bischof  seien  ausgesühnt,  und  man  redete 
viel  von  einer  heirath  mit  der  wilwe  des  von  Walldorf.  Göthk 
8,  69 ;  doch  sind  die  misheirathen  viel  gewöhnlicher  als  die 
heirathen.  20,  69.  es  hciszt  eine  gute,  böse,  glückliche,  un- 
glückliche, standesgemäsze,  vorlheilhafle,  unvorlheilhafte 
heirath:  weiter  findet  man  auch  solche  grobe  leute,  die  ire 
tüchtcr  schlecht  nicht  wollen  vergeben,  ob  gleich  das  kind 
gerne  wolt ,  und  der  maszen  heirat  fürhanden  ist ,  der  im 
ehrlich  und  nützlich  were.  Luther  5, 253' ;  das  der  heirat 
dem  kinde  ehrlich  und  nützlich  ist.  253';  und  damit  einen 
heirat  abschlegl,  der  doch  im  löblich  und  ehrlich  were.  das.; 
anfänglich  seind  alle  heirahten  über  die  maszen  gut.  Cocay 
teutscher  labyrinth  (1650)  29 ;  könne  er  sich  dennoch  zu  einem 
ehrlichen  heirath  nicht  entschlieszen,  sondern  die  hure  regiere 
in  seinem  herzen.  Schüppius  462;  eine  stattliche  heurat,  matri- 
monium  felix,  plenum  dignilatis  et  concordiae,  unglückliche  heiirat, 
infauslum,  in  felix  connubium.  Stieler  833;  er  hat  so  eine 
mitlelmäszige  heurat  getroffen ,  nja/nnionii/m  mediocre  inivit. 
das.;  mein  valer  fühlte  es  selbst,  wie  ungleich  diese  heirath 
sei ,  und  befahl  mir,  eine  abschlägige  anlwort  {auf  die  be- 
werbung)  zu  ertheilen.  Rabener  «ai.  3  (1757)  159.  eine  vorlheil- 
hafle heirath  ist  gewöhnlich  auch  eine  solche,  bei  der  die  braut 
eine  grosze  ausstcner  empfängt:  auch  der  ältere  hruder  bat  hier 
eine  sehr  vorlheilhafle  heirath  von  wenigstens  loooo  thlrn. 
gethan.  Lessing  12,  23;  eben  das  hevizl  auch  eine  reiche  heiralh; 

die  weil  nun  lieber  rrci'iiiJ.  golt  itürunil  der  gesiailcn 
nurh  lang  geliiiblcr  mi'ili,  dich  «Midlich  auch  erquickt, 
mit  guter  dienstes-stall  und  heuratli  dich  beglückt, 

HOMPt.ER   V.    LöWKNHALT    153. 

man  vollzieht,  macht,  thut,  trilTt,  stiftet  eine  beiratb,  gebt 
eine  heirath  ein :  er  wolt  zu  im  gen  Ptolemais  komen ,  da 
wollen  sie  einander  selbs  ansprechen ,  und  den  heirat  vol- 
ziehen.  1  Warf.  10,56;  sie  war  glücklich,  als  die  heirath  .. 
nicht  vollzogen  wurde.  Gothe  20.  68;  grave  Gebhart  von 
Furstcnberg,  durch  den  diser  bcurat  zuwegcn  bracht.  Zimm. 
chrnn.  1,17h,  II ;  als  der  heirat  zwischen  ir  und  berrn  Johannsen 
Wernhern  abgeredl.  423.29;  nachdem  berr  Johanns  Wernher 
der  Böcklinen  den  heirat  abgeschriben.  2, 150,  21 :  die  Wid- 
mann, Fiiggrr, ..  mit  welchen  könig  und  kaiscr  selbst  heiralh 
und  freundschaft  zu  treffen  nicht  zweifle».  Schdppiü»  719;  wie 
ich  den  beurath  nicht  gemacht  habe.  Elisabeth  Charlotte 
».  Orleans  brirft  s.  26»  Menzel;  sie  wissen  wohl  noch  nicht . . 


893 


HEIRATH  —  HEIRATHEN 


dasz  sich  indessen  auch  unter  uns  eine  heirath  gemacht  hat? 

GöTHE  20,  91 ;  ist  . .  im  begriff  eine  heirath  zu  thun.  Schiller 

685 ;  eine  heurath  stiften,  sponsalia  conlrahere  SiEmBACH  2, 221 ; 

so  iäszt  er  auch  nicht  von  der  liebhaberei,  manchmal  eine 

heirath  zu  stiften.  Göthe  20,  22ü; 

Ists  aber  ietzo  zeit  durch  heirat  sich  zu  binden? 

Flemimg  65,  237  Lappenberg. 

bUdlich: 

der  weinstock  pfleget  sich  nicht  mit  gewDit  zu  zwingen 
umb  seinen  ulmeDstamm,  die  liebe  macht  allein, 
dasz  er  sich  umb  ihn  schlägt,  geht  seine  heirath  ein, 
und  breitet  sich  bäum  an.  Opitz  1,  12; 

vian  geht  auf  die  heirath:  auf  die  heurath  gehen,  nuptias 
iniendere  Steinbach  2,  221 ;  mein  vater  lag  mir  (seiner  tochler) 
alle  tage  in  den  obren,  und  er  hätte,  glaube  ich,  lieber  ge- 
sehen, ich  wäre  selbst  auf  die  heirath  ausgegangen.  Raben  er 
sat.  3  (1T57)  156 ;  eine  heirath  wird  vorgeschlagen :  als  diesem 
fürsten  zuvor  .  .  eine  beurat  mit  könig  Sigmunds  in  Polen 
tochter  vorgeschlagen.  Zinkgref  apophth.  i  (1626)  llT ;  die  hei- 
rath geht  vor  sich,  geschieht,  geht  zurück:  das  sie  unser 
lieben  frawen  neunzig  tausent  ave  Maria  zu  betten  verhiesz, 
damit  der  beurat  nit  firgieng.  Zimm.  chron.  1,180,14;  mitler 
weil  geschach  der  heirat  zwischen  graf  Jörgen  von  Lupfen 
und  weilunt  berr  Hainrichs  von  Stofeln  seiligen  nachgelaszne 
witib.  2,  272,  27 ;  die  alte  . . .  besorgte,  ihre  tochter  möchte 
vielleicht  deszwegen  unlustig  werden,  und  der  bevorstehende 
ansehenliche  heirath  zurucke  gehen.  Simpl.  3,301  Kurz;  du 
weiszt  wohl  noch  nicht,  Sophie,  dasz  ein  unglücklicher  zufall 
deine  heirath  getrennt  hat?  (zu  einer  braut  gesprochen).  Schiller 
ne/fe  als  onkel  1,  7 ; 

er,  wie  mirs  kurz  hernach  durch  einen  freund  entdeckt: 
ward  von  der  heirath  durch  mein  rasen  abgeschreckt. 

A.  Grtphius  1698  1,  194; 

eine  heirath  haben,  für  die  verehelichung  versprochen  sän:  der 
heurath  wirt  vorhanden  sein,  man  wirts  vermächlen,  despon- 
debüur.  Maaler  220*; 

und  so  eine  {Jungfrau)  ein  heirat  hat, 

so  wöll  wir  sie  an  kindes  statt 

auszsteurn  und  reichlich  begabn. 

J.  Atrer  134'  (675,  29  Keller). 

sprichwörtlich:   übereilte   heirat   fällt  selten  gut  aus.    Simrock 

sprichw.  s.  239;  heirat  ist  ein  verdeckt  essen,  das.; 

botz  creuz !  wie  ist  .  .  . 

der  heurat  ein  verdöcktes  essen!    Weckherlih  804; 

ihr  kennet  das  gemeine  Sprichwort :  der  tod  und  heirath  ent- 
decken alle  dinge.  A.  Gryphids  1698  1,801; 

heirat  ins  blut 

thut  selten  gut.    Simrock  sprichio.  239; 

die  erste  heirat  ist  ein  eh, 

die  zweite  ein  weh, 

die  dritte  nichts  meh.    das. 

2)  heirath,  die  person,  welche  sich  erklärter  massen  mit  einer 
andern  ehelich  verbinden  will,  in  bezug  auf  diese,  geliebter,  ge- 
liebte. ScHM.  2,131;  im  Allgäu  der  heirath,  bräutigam,  braut. 
Schmid  271.  der  Übergang  aus  der  vorigen  bedeutung  in  diese  ist 
derselbe  wie  bei  dienst,  s.  theil  2, 1119. 

HEIEIATH-  t»  compositen,  s.  heiraths-. 

HEIRATHEN ,  verb.  eine  heirat  vollziehen ,  sich  verehelichen ; 
mhd.  hiräten  wb.  2,1,576*;  das  vom  compositum  hirdt  gebildete 
wort  verdrängt  das  einfache  biwen,  gehien,  ahd.  hiwan  sich  ver- 
mählen, heiraten,  desponsare,  uxorare,  matrimonium  convehere. 
voc.  ine.  theul.  iZ* ;  heüraten  oder  verheüraten,  conlrahere,  inire, 
sortiri  matrimonium,  ducere  iu:orem,  nubere  viro,  copulari,  iungi 
maliimonio,  vinculis  jugalibus  sese  innectere.  Maaler  220'.  in 
mehrfacher  fügung. 

1)  intransitiv:  er  will  nicht  länger  ledig  bleiben,  er  will 
heirathen;  wer  heirathet  thut  wohl,  wer  ledig  bleibt,  thut 
besser.  Simrocs  sprichw.  239;  ich  stellte  mir  es  als  etwas  sehr 
mögliches  vor,  dasz  der  professor  aus  Verzweiflung,  mich  nicht 
bekommen  zu  haben,  gar  nicht  geheirathet  hätte.  Radener 
sat.Z  (1757)  175; 

es  lüstet  sie  alle  zu  heiraten 

wie  den  hund  nach  osterbraten.     Siirock  a.  a.  o. 

»n»  substantivisch  gesetzten  infiniliv:  was  soll  ich  thun?  das 
heirathen  ist  eine  freude  und  ist  auch  eine  quäl.  Grimm 
Idnder-  u.  hausmärchen  (1857)  1,  70;  aufs  heurathen  gehen, 
procare  et  ambire  nuptias  Serz  69';  das  mensch  ist  reif  zum 
heuraten,  haec  virgo  est  nufrite.  Stieler  S33;  andere  tropfen 
Uit'i^haber)  sagten  mir  viel  vom  heurathen.  Simpl.  3,52  Kurz; 


HEIRATHEN  — HEIRATHSANTRAG   894 

ah>  spiel:  wir  hatten  uns  in  abwechselnden  spielen  erschöpft, 
als  wir  endlich  aufs  heurathen  fielen,  das  als  spiel  lustig 
genug  ist  {folgt  die  beschretbung).  Göthe  16, 207.  Sprichwörter : 
das  heuraten  gerät  nicht  allemal,  matrimoniorum  eventus  dubius 
est.  Stieler  833;  heirathen  ist  nicht  kappentauschen;  hei- 
rathen ist  lotterie;  heirathen  ist  leicht,  haushalten  schwer; 

zum  heirathen  und  seefahren 
musz  mau  die  worte  sparen; 
heirathen  in  eile 
bereut  man  mit  weile. 

2)  mit  praepositionen.  zu  jemand  heiraten:  schämen  sich 
zu  einer  burgerin  zu  beiraten ,  sy  fliehen  auch  der  burger 
gesellschaft.  Fra?<k  «-e/ifr.  46' ;  bald  fingen  wir  an  zu  den  ein- 
wonern  diser  insel  zu  heirathen.  223';  ebenso  an  jemand  hei- 
rathen :  dasz  sie  an  gemelten  freiherren  heirathen  solle.  Spee 
güld.  tr.  440;  in  eine  familie ,  in  ein  haus  heirathen,  vergl. 
einheirathen  3,198;  nach  einer  Stadt,  einem dorfe  heirathen; 
sprichwörtlich : 

beirathe  über  den  mist, 
so  weiszt  du  wer  sie  ist; 

mit  praep.  der  Ursache  und  der  absieht :  um  geld ,  nach  gelde 
heirathen ;  nach  neigung,  nach  liebe,  nach  Standesrücksichten 
heirathen ; 

sölchs  alle  menschen  nempt  zu  mut 

und  heirat  nit  nach  päsem  gut. 

Scuwarzemberg  132". 

3)  heirathen  transitiv,  sotcol  vom  manne  als  vom  weihe  ge- 
sagt :  ein  stück,  worin  der  held  . .  seine  leibliche  scbwester 
heirathet.  Wieland  19,283;  da  wird  nichts  draus,  Jungfer 
Schmergelina !  . .  wenn  du  ja  geheirathet  sein  willst,  so  lasz 
dich  den  zwerg  Migonnet  heirathen.  11,128;  das  will  ich  doch 
sehn,  wer  mich  zwingen  soll,  ein  mensch  zu  heirathen,  das 
mich  vor  fünf  jähren  auf  eine  so  spröde  art  von  sich  ge- 
wiesen hat!  Rabener  sat.  3  (1757)  187;  entschlieszt  ihr  euch 
eine  verlaszne  zu  heirathen?  Göthe  8,83;  Climene.  ich  ge- 
horche ihnen,  ich  bin  bereit,  Timanten  zu  heurathen.  Cho.negk 
1, 80 ;  sie  heurathen  einander,  nuptüs  inter  se  junguntur.  Stein- 
bach  2,221. 

4)  heirathen ,  mit  sächlichem  object ,  spottend  oder  verächtlich 
von  eigennidzigem  heirathen:  hier  hat  ein  geldsack  den  andern 
geheirathet ;  er  hat  das  geld  geheurathet,  nicht  die  person, 
sellam  aut  strata  emit,  non  equum.  Serz  69'. 

5)  heirathen,  transitiv,  bildlich:  das  kupfer  wird  zu  groszen 
ehren  kommen,  dann  man  es  in  viel  münzhütten  zum  silber 
heiraten  wird.  Fischart  groszm.  125. 

6)  passives  geheirathet  sein,  eine  ehe  geschlossen  haben,  ver- 
heirathet  sein:  weiter  ist  ein  gelehrter  entweder  geheurathet, 
oder  ungeheurathet,  hat  kinder  gezeuget  oder  keine.  J.  J. 
Moser  beitrag  zu  e.  lexico  der  theologen  (1740)  i-orr.  §2;  sie  ist 
schon  geheirathet.  Hermes  Soph.  rnsen  1,241; 

macht  das  ir  vil  ungheirat  pleibn. 

ScHMELZL  hochzeil  22*. 

7)  heirathen  verblümt  für  coire.  Schm.  2, 131. 

S)  die  bedeutung  von  heirathen  schwächt  sich  auch  ab  (wie  bei 
freien  theil  4',  sp.  107),  es  heiszl  nur  werben:  indem  ein  ge- 
wisser guter  freund ,  welcher  umb  ein  reich  wittweibchen 
heurathete,  heute  abend  willens  wäre  ihr  mit  einer  galanten 
nachtmusic  aufzuwarten,  unw.  doct.  295. 

HEIRATHER,  m.  der  eine  ehe  schlieszen  ivill,  bräutigam: 
heurater  sponsus  Stieler  833;  das  tägliche  zureden  ihrer  ver- 
wandten und  Armatims ,  des  neuen  heirathers  groszes  ver- 
mögen setzte  Floramenens  gemütbe  nicht  weniger  zu.  polil. 
stockf.  314 ;  weniger  geld ,  Jungfer  Fanferlüschin ,  und  mehr 
Schönheit,  oder  sucht  eure  heirather  anderswo.  Wieland 
11, 128. 

HEIRATHERIN,  f.:  heuraterinn,  sponsa  Stieler  833. 

HEIRATHLICH,  adj.:  heirathliche  freundschaft.  Rihel  Liv. 
(1598)  11;  beiratliche  abrede,  heiratliche  Sprüche.  Schm.  2,131. 

HEIRATHSABEND,  m.  sponsalia.  Frischlin  nomencl.  430. 

HEIRATHSABREDE,  f. :  ist  hochermelter  herzog  Sigmundt 
...  verursacht,  herrn  Johannsen  Wörnhern  von  Zimbern  ... 
eilendts  zu  kaiscr  Friderichen  in  das  IS'iderlant  umb  ain  be- 
schliesliche  heiratsabred  zu  schicken.  Zimm.  chron.  1,494,13. 

HEIRATHSÄCHTER ,  m.  der  die  heiral  in  die  acht  thut,  sie 
verschmäht:  solche  ehverächter  und  beurbatsächter.  Fischart 
ehz.  499. 

HEIRATHSANTRAG  ,  m.  antrag  auf  verehelichung :  einen 
heirathsantrag  stellen,  machen  ;  mit  heiratbsanträgen  geplagt. 
Klingbr   1.  413. 


895 


HEIRATHSBINDÜNG 


HEISCH 


896 


HEIRATIISBINDUNG,  f.  copulalio  ecciesiashca.   Stieler  ir.s. 

HEIKATIISBRIEF,  vi.  Urkunde  über  eine  eheschlmzung ;  der- 
selbe elxret  die  schrift  reclil,  der  sie  mit  solclien  äugen,  mit 
denen  ein  treues  weil)  ihre  vermorgengabung  oder  heiiralbs- 
brief  . . .  ansiebet.  Brandt  berichl  von  dem  leben  TatJjmanns 
(1075)  s.  03. 

HEIRATHSCONTRACT,  m.  ehcverlrag.  Frisch  1,440'. 

HEIRATIISFEST,  n.  fest  der  verehelickung  : 

Msz  dasz  ihr  heurnthfest  (o  trüber  lag!)  anbrach. 

Ji.  Grvpuius  lüitS   1,  201. 

HEIRATHSGÜT,  bis  zum  18.  jalirh.  HEIRATHGUT,  n.  (jul 
was  die  frau  in  die  vlic  bringt,  milgiß,  aussleuer:  geit  ir  der 
man  ir  morgengab  mit  sambt  dem  hciratguüt.  Wacre«nagei. 
leset.  934, 15 ;  ist  gewonlich  und  gemein  das  im  die  fraw 
zubringt  und  gibt  ein  beiratgut.  A.v.  E\ue  lä';  {es  ward  ein 
vertrag  gemacht)  das  herzog  Karl  von  Burgundi  .  .  sein  eiicbe 
dochter  frauen  Maria  kaiserlicher  majestat  son ,  herzogen 
Maximiiiano  von  Österreich,  zu  einem  eclichen  gemahel  und 
ime  darzue  alle  Nidcrlant,  so  der  herzog  inhet  . .  zu  heirat- 
guet  geben  solde.  Wilw.  v.  Schaumb.  26  ;  nam  papst  Celestinns 
der  3.  des  oftgedachten  herzog  Wilhelms  einige  tochter  Con- 
stantiam,  so  ein  nonn,  ausz  dem  klosler  und  gab  sie  zur 
ehe  keisern  Heinrichen  dem  sechsten ,  eim  herzogen  von 
Schwaben ,  mit  befehl ,  an  statt  des  heiirhatguts  die  reich 
heider  Siciiien  zu  holen.  Fischart  bienk.  128*;  gab  seinem 
tochterman  10  goldgulden  zum  heurathgut.  Zinkgref  apopidh. 
1  (1626)  349 ;  es  war  also  bald  ausgemacht ,  dasz  der  herr 
Melina  die  tochter  heirathen  sollte,  dagegen  sollte  sie  wegen 
ihrer  unart  kein  heirathsgut  mitnehmen.  Göthe  18,83; 

C.  wir  waren  gleich  am  stand,  wir  waren  eins  von  sinnen : 
P.  kein  ander  beirathgut  hab  ich  ie  schätzen  kiinnen. 

A.  Grvphius  1Ö9S  1,  194; 
er  musz,  spricht  dieser  greis,  vor  ollen  andern  dingen 
der  braut  ein  heirathgut  von  fünfzig  dörfern  bringen. 

Hagedorn  2,  13; 
das  heirathsgut  der  fräulein  tochter.    Gökingk  2,  169. 

tprichwort:  eine  schöne  Jungfrau  trägt  ihr  heiratsgut  im  an- 
gesicht.  Lehmann  169;  es  trägt  manche  ihr  heirathsgut  unter 
den  äugen.    Simrock  spricltw.  239. 

HEIRATHSJAHR,  n.  annus  nuptialis.  Stieler  879. 

HEIRATHSLEUTE ,  plur.:  heiratleute  paranimphi.  voc.  iiic. 
thettl.  i  3*. 

HEIRATHSLUST,  f. :  die  heirathslust  kommt  wie  ein  dieb 
in  der  nacht.   Götter  schausp.  (1795)  287. 

HEIRATHSLUSTIG,  adj. 

HEIRATHS.MAHL,  n. :  eim  ein  heüratraal  geben,  sponsalia 
alieui  praebere.  Maaler  220*. 

HEIRATHSMANN,  m.  der  eine  heir(U  zu  stände  bringt,  lieirats- 
stißer:  iieiratzman  paranimphus  voc.  ine.  theut.  is';  da  kumpt 
dann  der  heirathsmann,  der  sy  zusammen  geben  halt.  Frank 
vellb.  152". 

HEIUATHSNOTUL,  f.  pactum  dotale.  Kirsch  cornuc. 

HEIRATHSPUiN'CT,  m.  bestimmung  wegen  der  verehelichung: 
die  heuratspuncten  waren  diese,  dasz  ich  ihm  1000  reichs- 
thaier  pargelt  zubringen,  er  aber  hingegen  mich  in  Teutsch- 
land zu  seinem  beimath  um  dieselbige  versichern  solte.  Simpl. 
3,53  Kurz. 

HEIRATHSREGELN,  plur.  Icges  matrimoniales.  Stieler  1576. 

HKIKATHSSACHE,  HEIRATHSACHE,  f. :  das  ist  bei  den 
Fersern  der  gebrauch  in  heirath-  und  ehesacben,  dasz  nicht 
die  eitern  der  braut  dolem  geben,  sondern  der  hr:ititigamb 
musz  solches  thun.  pers.  rosenlhal  5,14';  das  sollte  dir  lieb 
sein,  dasz  ich  schweigen  kann,  und  besonders  von  beiraths- 
sacben.  Lessinc  1,  245; 

(de*  hAchiten  aug)  blickt  auch  in  lieirathKsaclien. 
zwei  «eelen  können  ja  hier  ein  verbiindnug  niachcn. 

A.  Urtphius  Kim   I,  210; 
df>r  ganze  lerin  betrifTi  nur  heirathsachen.    IIacedoiii«  2,  i:<. 

HEIHATHSSCHEU,  f.  scheu  vor  vei ehelichung. 
HKIRATHSSCHEU,  adj.  eine  verehelichung  scheuend :  ein  bei- 
Talllx^(:heller  alter  Junggeselle. 

HKIRATHSSCHLUSZ,  wi.  tcldieszung  eines  eheveHrags : 

wie  manchen  liciraths-RrhlUKZ  zcrroiizl  itzt  briinsl  und  rciK-, 
nun  man  lie  aiifn  papi^r.  nicht  mehr  in«  h<'rz<!  »rhrf-ibi. 

LOHEHITKIN  in  llolfmnnnuwatilaun  u.  u. 
ausertes.  ged.  6,  13; 

er  liebet  tie,  «ie  ihn,  dictt  macht  den  heiralh-ichluDZ. 

IIallm  schweii,  ged.  (1*68)  'il. 


HEIRATIISSEGEN,  m.  für  ehcsegen  (vergl.  das  folgende): 
goit  wolle  lieiner  fort  mit  langen  jähren  pflegen, 
und  dich  beseligen  mit  reichem  heiraths-segen. 
Opitz  1,  46b. 
HEIRATHSSTAND,  «i.  ungut  für  ehesiand: 
hast  den  klugen  sinn  gewand 
auf  den  fruchiharn  heiraths  stand.     Opitz  2,  62. 

HEIRATHSSTERN,  »».  heurahtstern,  felicilas  conjugii.  Stie- 
ler 2150. 

HEIRATHSSTIFTEN,  n.:  in  gewissen  jähren  geben  sich  die 
flauen  mit  nichts  lieber,  als  mit  heiralhsstiften  ab.  Gotter 
3,357. 

HEIRATHSSTIFTER,  m.:  ein  keuratstifler,  e»ncilial»r  nvp- 
liarum.  Frisch  1,  449*. 

HEIRATHSSTIFTUNG,  f  cnncilialio  nupttarum.  Frisch  1,44«'. 

HEIRATHSTAG,  m.  lag  der  verehelichung: 

ja  d^sz  ihr  hcirathstag  bestimmt  und  angesetzt. 

A.  Grvphius  169S    I,  200. 

HEIRATHSVERSAMMLUNG,  f.  Versammlung  zum  zweck  einer 
ehcschlieszung :  er  ist  uf  ain  zeit  in  seiner  jugendt  in  ainer 
heiratsversamlung  etlicher  vom  adel  in  ainer  stall  etliche  lag 
gewest.  Zimm.  chron.  2,243,3. 

HEIRATHSVEUSPRECHEN,  n.:  er  hat  ihr  ein  heiralhs- 
versprechen  gethan. 

HEIRATHSVERSI'RECHÜNG ,  f  sponsalia.  Kirsch  cornuc; 
bekenne  dasz..  ich  mademoiselle  von  Beaumarchais ..  durch 
hundertfältig -wiederholte  heirathsversprechungen  betrogen 
habe.  Göthe  10,  78. 

HEIRATHSVORSCHLAG,  m.;  plagt  er  mich  nicht  seit  einem 
jähre  mit  heirathsvorschlägen?  Klinger  1,376. 

HEIRATHSVVAPPEN,  n.  ein  wapfjen  welches  vian  durch  eine 
hciralh  erlangt.   Adelung. 

HEIRATHSWEISE,  adv.  per  inodum  matrimonii.  Stieler  833. 

HEIRATHSZEIT ,  f. :  heurahtzeit ,  tempus  conjugio  aptum, 
pubertas.   Stieler  2620; 

er  lag  für  sie  gestreckt,  beklagt  sein  hcrzcleidt, 
der  fräulein  schweren  fall  (i/iren  tod)  für  ihre  heurathzeit. 

Opitz  J,  19S. 

HEIRATHSZEITE,  adj.  reif  zum  heiraten:  mein  tochter  ist 
heuratszeit,  ich  gib  ir  einen  mann.  Garg.  86'. 

HEIRATHUNG,  f.  verehelichung:  die  heuratung,  coniractus 
matrimonii  Stieler  833;  eine  heuratung  verhindern,  dislurbare 
nuptias,  das.;  derwegen  wir  wol  sagen  kündten ,  dasz  nicht 
die  menschen ,  sonder  allein  gott  diese  ehe  (wie  auch  alle 
andere  ehrliche  zusammen  heuratung)  zusammen  gefüget. 
Amadis  320. 

HEIREN,  verb.  für  heirathen:  ich  möchte  keinen  Jäger 
heiren.  Auerhach  dorfgesch.  1,  91.  vgl.  weiteres  über  diese  form 
unter  beuren. 

HEIRIRARUM,  intcrj.: 

du  denkest  nun  :  heiricrarum, 

wer  scliieret  sich  nun  was  darum!    Menantes  1,220. 

HEIS,  m.  schluchzen,  ein  lautmalendes  wort;  singultus  heisz 
ader  da;  kriszen  in  der  kein  Dief.  53G*.     vgl.  hesch  und  hick 

HEIS,  adj.  heiser,  s.  heisch. 

HEIS.\,  au.truf  des  jubeis  und  des  triumplies,  zusammengerückt 
aus  bei  sa,  s.  hei  2,  sp.Tj'i:  heissa  lustig  über  und  über! 
M.  Schuster  bestraße  Verleumdung  (Slraszb.  1668)  s.  56 ;  heisa ! 
so  machen  wirs,  wenn  wir  lustig  sein.  Chr.  Weise  comö(i.  25; 
was  gedrucktes  von  meinem  Carl?  heisa  victoria!  Fr.  Müller 
1,321;  Sdiweizer  (mit  einem  Sprung),  heisa!  heisa!  so  ist  ja 
imscr  Roller  zebnbundcrtfacii  vergütet!  Schiller  rdiifter  3,  2; 
l;eisa,  heisa!  ein  fang,  ein  süperber  fang!  5,2;  heisa  Jörge 
heisa!  Wall  die  beiden  billets  3;  heisa!  heisa!  so  ists  recht, 
die  tochter  machte  ich  dir  zur  hur,  den  jungen  zu  brei,  und 
dich  mach  ich  nun  zimicht!  Inmi-rmann  Miinchh.  4,  3o; 

heisa  und  hopsaiia!  lasit  nur  das  tanzen  bleiben! 

KoTZKRUH  dram.  .«)).  1,  213; 
heisa!  ich  folge  deg  FriedlünHrrs  fahn  ! 

ScillLLKR  Witttensl    I  7    -;""• 

schon  um  die  lindn  war  4>s  voll. 

und  nllcN  tanzte  schon  wie  toll. 

jnrlih«' !  juchhe! 

ju('lilit<isn  !  hci.ia  I  hn  ! 

SU  gi<!ii),'  iler  llfdelbngcn.     Götiir  12,  5t. 

HEISCH,  m.  forderung,  verlangen,  nebcnform  su  ei«ch  8,36.« 
mit  vurydretenem  li  {vgl.  unten  das  verhum  bcisclien);  .«e  irird 
aus  dem  10.  jaiirh.  bezeugt  hei  ScM«.  2,253.  I.KXFR  mhd.  wh. 
1, 1223.  du  folgenden  stellen  .sind  aus  dem  17.  jahrh.  und,  mU 
einci  attsnahmc,  von  schlcsiichcn  diciAem: 


897 


HEISCH  — HEISCHEN 


HEISCHEN 


898 


gott  hat  diäz  nicht  geschafft,  noch  diesen  heisch  gepriesen 
(die  furiieiuny  der  Gibfouiter  menschen  zu  oi'fein). 
A.  Grtphiüs  Iö98    1,5(51; 
sagt:  dasz  sein  kaiser  nichts  in  Siebenbürgen  lian 
eniliengen  unserm  iieisch.     Lohenstein  Ibndi.  19,  499; 
wie  dasz  aufs  vatern  heisch  sie  nicht  den  sultan  liebt? 

3s,  ^3.i ; 

der  aiisgang  wird  entdecken 
wie  weit  sich  unsre  macht,  des  kaisers  heisch  erstrecken. 

Aijiippina  7s,  120; 

(er)  schlägt  sein  letztes  heil  mit's  kaisers  heisch  in  wind. 

Lleupalia  25,  i>"4; 
ihr  nymfen  .  .  . 
gehorchet  der  naiur  und  ihrem  heisch.    Wernickk  257. 

HEISCH,  adj.  rauh,  heiser,  von  der  slimme.  ahd.  heis  und 
beisi,  (iiis.  Iiäs,  mlid.  heis  und  heise;  yeicühnlichei-  ist  liier  schon 
die  treilcibildung  heiser  (s.  unlen  iieiscber  und  heiser),  die 
foim  lieis  und  heise  lebt  bis  ins  Iß.jahrh.:  rauctis  heise,  heisz' 
nd.  hes,  heesz  Djef.  Abb'; 

(Äso^,)  stamlet  mit  heiszer,  böser  sprach. 

6.  \V ALDIS  leben  Esopi  39. 

die  rnbreitei'ung  des  auslauts  s  in  seh  (wie  in  kirscbe  für  kirse, 
barnisch  für  harnüs)  beijinnt  schon  im  ii.jahrh.,  am  frühesten 
in  Schlesien  und  durch  niederdeutsche  vocabularien  bezeugt:  iieisch 
raticus  inleilinearversion  der  psalmen  v.  Petrus  v.  Patschkau  von 
1340,  fcei  HuFFMANN /"«nrff/r.  1,  376*;  raucus  hesch,  heescli  Dief. 
a.  a.  0.,  nov.  yloss.  314' ;  seit  dem  16.  jahrh.  scheint  nur  heisch 
noch  vorzukommen,  velches  wieder  nebst  der  erweiterten  form 
heischer  nach  der  tnille  des  IH.  jahrh.  in  der  Schriftsprache  dem 
edleren  heiser  gewichen  ist  und  nur  in  den  mundarten  {nament- 
lich ii  den  mitteldeutschen ,  schlesisch ,  obersäclisisdi ,  düringisch, 
auch  hessnch  Vilmar  160)  sich  gehalten  hat»:  ich  habe  mich 
müde  geschrien,  mein  halsz  ist  heisch,  ps.  69,  4 ;  das  ers  ja 
üiciit  hesser  maclie,  denn  David,  und  solch  lied  ja  nicht 
bOlier  singe,  er  wird  sonst  gewislich  iieisch  werden.  Luther 
6,140';  fuichlsaine  seele!  gut,  rede  mit  ihr,  bis  du  heisch 
wirst,  ich  will  des  todes  sein,  nenn  sie  einen  pfifferling  auf 
dein  gescbwätze  giebt.    Stürz  2,202; 

mein  scbäTer  glaub  es  mir,  da&z  ich  itzund  nicht  kaa 
mit  dir,  weil  ich  ganz  heisch,  ein  liedchen  stimmen  an. 

scitaub.  enijl.  u.  franz.  cum.  1,542; 
macht  unser  fleisz  kein  grosz  geräiisch, 
und  schreien  wir  bei  warmen  tagen  .  .  . 
uns  nicht,  wie  du  im  neste,  heisch.    Gellert  1,  70. 

Jifan  hat  heisch,  ahd.  heis  etymologisch  vermitteln  wollen  mit 
sanskr.  käs,  Irtt.  käset  husten;  zu  unrecht,  da  die  vocale  völlig 
andere  sind  und  die  würzet  käs  schon  ihren  regelrechten  Vertreter 
in  ahd.  huoslo,  ags.  hvüsla  husten  hat,  beis  stimmt  den  lauten 
nach  zu  sanskr.  kesara  mahne,  haar,  lat.  caesaries ,  auch  die 
bedeutungen  liegen  nicht  so  weit  aus  einander^  als  es  auf  den 
ersten  blick  scheinen  möchte;  das  starrende,  gestrüppte  was  sich 
mit  dem  begriffe  der  mahne  verbindet,  ist  auf  jenes  gefühl  im 
halse  übei tragen,  was  mit  einem  ähnlichen  bilde  auch  raub  ge- 
nannt wird. 

HEISCHBRIEF,  m.  forderungsbrief  der  obrigkeil  an  die  unler- 
thancn  zu  listHiiq  einer  pflicht.  Frisch  1,  438*. 

HEISCHEFOR.M,  f.  so  haben  neuere  grammaliker  für  imperativ 
gesetzt. 

HEISCHEN,  verb.  begehren,  bitten,  fordern;  neben  form  von 
eischen ,  ahd.  eisctin  ,  mit  vorgetretenem  b.  «6er  das  formelle 
des  woiles  vergl.  thcil  3,863;  die  dort  ausgesprochene  vermuthung, 
dasz  die  nähe  von  beiszen  jubere  auf  die  verderbung  von  eischen 
in  heischen  mitgewirkt  habe,  findet  best'itigung  in  der  mehrfach 
beobachteten  Verwechselung  beider  Wörter;  so  braucht  man  an  der 
Blies  heischen  für  heiszen.  Schm.  2, 253;  da  lit  (liegt)  guet,  das 
da  heischet  hoifgoit.  tceis7/i.  6,547  {Obermonel) ;  sieben  rode- 
flure.  der  iist  ..  heiszet  die  Fylegiobe,  der  ander  heischet 
oin  Bennans  groibe.  das.;  der  best  beiszet  'cueszbolz',  der 
siebent  heischet  'der  jonge  besehe',  s.  54S ;  umgekehrt  slelU 
heiszen  für  heischen :  barfuszig  und  armgklich  gckieidt,  brol 
heiszenl.  Aimon  bog.  A  {vergl.  unten  heiszen  I,  3).  Schweizer 
und  Elsasser  schreiben  auch  heuschen:  höuschen ,  forderen 
adimcere  Maaler  228*  neben  das  schuldig  heischen  poscere 
das.;  bette  er  mir  ein  guten  brenntenwein  gehöiscbet,  ich 
wolt  im  wol  ein  ban  geben.  Wickram  rollw.  50,9  Kurz; 
die  {fiärttp)  all  wurden  abgeheuschen  (mifiirfnrdert)  zu  stund, 
sich  zu  kereu  vom  Swiizer  punt.  Lenz  Schwubeiikr.  17'. 
heischen  iü  wie  eiscben  im  praet.  doppelformig :  dem  althochd. 
eiscün,  eiscöla  gemdsz  iit  nur  eischte  heischte,  geeischt  ge- 
heischt, formen  die  die  heutige  sclirißsprache  auch  fast  ausscliliesz- 
lich  brauclil;  daneben  hat  sich,  in  der  tnhd,  ztU,  nach  analogie 
IV.  II. 


der  reduplicierenden  praeterita ,  ein  iesch  hiescb ,  geeischen 
gebeischen  herausgebildet,  das  auch  im  nitd.  in  zahlreichen  beleiien 
(s.  unlen)  vuriianden  ist  und  nodt  im  pari,  gebeischen  bei  GüThe 
8, 149  dauert. 

Die  bedeulung  von  heischen  isl  iunächsl  die  allgemeine  ver- 
langen,  begehren,  wie  urverwandte  wOrler  darlliun:  sanskr.  is 
wünsclien,  begehren,  nach  etwas  streben,  alts.  iskati  quaerere,  litt. 
jgszküli,  rt/ss.  iskat',  6ö/im.  jiskati.  diese  bedeutung  trill  »tilder 
oder  heftiger  hervor. 

1)  heischen  verlangen  in  bittender  weise:  danimbe  getorslen 
sü  (die  geiszier)  nieiiian  {dal.,  bei  niemanden)  lieischen  noch 
fordein  noch  in  kein  bus  kiiinmeii.  so  sii  zum  ersten  iiiole 
in  ein  slat  oder  in  ein  dorf  koraent ,  man  lüde  sii  daime 
und  fürt  sü  one  ir  heischen  drin.  Closener.  d.  slddtvchron. 
8,106.16;  lieben  fiünt  {sagt  kaiser  Titiis)  icli  h;ilie  liisi-n  dag 
verlorn,  wan  nieinan  het  mir  büie  üt  \ctwas)  gebeischen  noch 
von  n\k  üt  enpfangen.  346,24;  des  kam  der  hol  Alirahams 
kiiecht  zij  Rebecca  bei  einen  briinnen  im  hiscb  von  ir  trinken. 
Spiegel  menscht,  beltaltnusse  (1492)  17";  beissclie  von  mir,  sn  wil 
ich  dir  die  beiden  zum  erbe  gehen,  und  der  weit  ende  zum 
eigentbum.  ps.  2,  8;  die  jungen  kinder  heischen  biot,  und  ist 
niemand  ders  inen  breche,  klaget.  4.4;  wie  Alexander  ..  ze 
trinken  hiescb  Hercuüs  trunk, ..gab  im  Jolla  flugs  des  wassers 
im  trunk.  Forer //»>r&.  46*;  ein  gutherziger  mann  bekam  das 
fieher,  und  wurde  ihm  geralben,  von  einem  gewissen  mann 
Zucker  zu  heischen,  pers.  baumg.  6, 9 ;  diesz  ist  der  prinz 
Pallagonia  . .  welcher  von  zeit  zu  zeit  durch  die  Stadt  geht 
und  für  die  in  der  Barbarei  gefangenen  Sklaven  ein  iösegeld 
zusammen  heischt.   Göthe  2S,  125 ; 

er  hiesch  ein  tal'len,  schreib  darin 

Joannes  sol  sin  nammen  sin.     trag.  Job.  Av; 

da  er  zuletzt  nun  sterben  solt, 

hiesch  den  plarrherrn  und  beichten  wolt. 

B.  Waldis  Esvp  4,  46,  8; 
ich  heische  deinen  Unterricht  in  ganz 
was  anderm.  Lessing  2,  274; 

(ich)  wünschte  viel,  und  hoffte  wenig, 
und  heischte  nichts  —  froh  wie  ein  könig, 
wenn  meine  spröde  mich  nur  litt.    Gottek  1,  443; 
in  dörfern  erquickt  man  den  Sänger, 
so  schreitet  und  heischt  er  umlcnkliche  zeit, 
der  hart  wächst  ihm  länger  und  lauger.     Göms  3,  4; 
all  er  zum  kräftgen  jiinglins  nun  erstarkt, 
da  heischt  er  schiffe  von  dem  vaier.    Uuland  ged.  175; 
stellt  zuerst  sich  ein  ein  püppchen, 
heischt  er  gleich  ein  kindersüppchen.    RItckert  227. 

2)  namentlich  steht  heischen  ron  dem  geringen  betller:  der  arm 
man  der  bedler  macht  sich  widder  uff  dye  strosz,  als  den 
(denn)  dveselben  darafler  gon  heischen  und  bellen.  Keisers- 
BERG  bilg.  l'ü";  nim  wider  ain  geleicbnus  V(m  ainem  beeller, 
der  da  sitzet  vor  der  kirchen,  der  selb  haischet  nit  mit  dem 
mund,  sonder  sein  groszen  wunden  und  geschundne  beia, 
die  schreien  und  baischen  für  in.  has  impf  bl';  mein  biot 
mit  heischen  zu  gewinnen.  Aimon  bog.  B;  dasz  sie  {die  betller) 
allein  on  allen  mangel  durch  heischen  reichlich  erneit  werden. 
Agr.  sfr.  11560)  67';  betteln  und  brot  heischen  gehet  in  einen 
sack.  Lehmann  SO;  an  einem  abend  kam  vor  ihre  thür,  umb 
ein  bisziein  essen  zu  heischen,  ein  mann.  pers.  baumg.  2,9; 
ein  bedürlliger  mann  heischte  von  einem  frommen  manne 
etwas,  der  eben  damabis  kein  geld  bei  sich  hatte.  4,12;  es 
schicket  sich  nicht  vor  einen  betller,  der  heischen  gehet, 
dasz  er  boffärtig  sei.  8,12;  gosz  ihm  seinen  bafen  voll,  eh 
er  hiesch.  Simpl.  I,  451  Kurz;  alle  waren  angeregt  zur  theil- 
nahme,  dergestalt,  dasz  er  {ein  alter  belteljude)  ohne  irgend  zu 
fordern  oder  zu  heischen,  mit  reichlichen  gaben  zur  wege- 
zehrung  beglückt  wurde.  Göthe  48,33; 

im  snmmer  bättlens  er  sich  nert, 
und  raösz  lyden  manch  übel  zyt, 
und  heischt  vil,  wenig  man  im  gytl. 

Brant  uarrensch.  70,  30 ; 
und  wer  hi  haisch  das  petel  proi, 
der  werd  auch  dorthin  leiden  not. 

SCUWARZENBERC   145'; 

noch  ist  ein  an  von  nassen  knaben, 
die  wöId  ein  siiodern  orden  haben, 
heischen  von  der  heiligen  wegen. 

MuRNER  sdtdmeniunft  34'; 
ton  hunden : 

bistu  sein  herr,  so  bschirm  in  auch, 
du  werst  sonst  mit  dem  hund  ein  gaucb, 
gib  im  darzn  das  beste  Qelsch, 
das  er  dir  nicht  vergebens  heisch. 

ScuEiDT  grub,  (ib^)  FT  (6.  2,  cap.  8); 

57 


899 


HEISCHEN 


HEISCHEN  — HEISCHER 


900 


aber  aucii  von  fahrenden  scliüleni :  als  wier  gan  Ulm  kamen, 
liiesz  niicli  Paulus  mit  dem  {geschrnhten)  tudi  umhher  gan, 
den  maclierlon  darzu  heischen.  Tn.  Platter  2C;  also  zugen 
wir  zum  land  aus,  da  muszt  ich  vor  mir  anliin  heischen.  3("i; 
dieweil  gieng  ich  gen  heischen.  37;  ferner  berechtigte  das 
sechzehnte  jaiirhundert  zu  einem  etwas  kriifligeren  lieischen 
auf  ihren  stromartigen  Wanderungen  die  wilden  sludircndon. 
GöTHE  45,250.  von  handwerL^burscIien :  im  verlauf  der  zeit 
bemerkte  ich ,  besonders  auch  auf  reisen ,  vorüberziehende 
handwerker,  nicht  grüszend  wie  sonst,  noch  weniger  eine 
milde  gäbe  heischend.  251.     von  andern  hilfsbedürfligen : 

noch  nicht  bin  ich  gewohnt,  vom  fremden  die  gäbe  zu  heischen, 
die  er  oft  ungern  gibt,  um  los  zu  werden  den  armen.     40,245. 

licisclien  auch  durch  betteln  erlangen,  zusammenbetteln:  eiste 
Zigeunerin,  hast  du  brav  geheischen?  zweite,  wenig  genug.  8,140. 

3)  heischen  fordernd  begehren,  verlangen  was  gewährt  werden 
musz:  die  von  Nürmberg  ..  heischen  an  mir,  da;  ich  in  die 
slüsz  wider  geben  solle,  die  ich  mit  dem  swert  gewunnen 
han.  d.  städlechr.  2,411,35;  so  heischen  die  von  Nürmberg 
die  slosz  wider  gar  umbsust.  412,  4;  fordert  nur  getrost  von 
mir  mojgengabe  und  geschenk,  ich  wils  geben,  wie  ir  heis- 
schet ,  gebt  mir  nur  die  dirne  zum  weihe.  1  Mos.  34,12; 
auszerdem  aber  musztc  jeder  fremder,  wenn  er  bürger  wurde, 
dem  burrichter  drei  Schillinge  bezahlen;  eines  bürgers  söhn 
hingegen  konnte  das  bürgerrecht  mit  einem  pfennig  heischen. 
Moser  osn.  gesch.  3,  72.  in  älteren  quellen  öfter  mit  dem  daliv 
der  person,  von  jemand  fordern:  wie  künde  dirre  koufman  so 
geturstig  sin ,  daj  er  dir  solle  heischen  des  er  dir  nut  be- 
valch.  d.  städte-chron.  8,54,18;  so  gingent  biderbe  lüte  und 
hieschent  an  dem  ringe  den  lüten,  da;  sü  die  bruder  (geiszler) 
stürtent  zu  kerzen  und  zu  vanen.  111,18; 

drum  heisch  und  erfordre  du.    Wkckherlin  5; 
er  {der  mal),  der  freund  der  liehcsgötter, 
heischet  opter  und  gesang.     Hölty  131  Halm; 
der  held  der  dreimal  frieden  heischt.     Ramler  1,63; 
des  Patrioten  rause  .  .  . 
stolz  auf  des  Vaterlandes  ehre, 
heischet  sie  kränze  für  ihre  Schwestern.    103; 
oder  ich  heische 
selber  von  ihm  das  schiff,  hölfsvoik  aus  den  bergen  von  Cabesch 
ihm  zu  schafTcn,  wo  mir  die  tapfern  bewohner  noch  treu  sind. 

Pyrker  Tunis.  2,  223 ; 
in  der  altern  form  eischen : 

man  aischt  von  dir  ein  groszes  gut 

für  des  jungen  Hütten  leib.      Uhland  volksl,  484. 

von  dem  fordern  eines  kavfpreises,  eines  honorars;  so  schweizei'isch 
was  iieisrlit  der  kaufmann  für  seine  waare?;  dasz  der  rom. 
hof  mit  allem  kein  gelt  soll  heischen  für  einige  bestätlignng. 
Fisch A RT  tJcH/c.  45*;  darnach  hiesch  im  der  fürsprech  die  vier 
gülden  {gebühren).  Wickram  ruUw.  59, 22  Kurz,  von  der  for- 
derung  einer  schuld: 

canz  mitten  in  der  räch  erweiszt  er  sein  erbarmen : 

naischt  uns  die  schuld  und  zahlt  sich  seihstcn  für  uns  armen. 

HOMPLEK    V.    LÖWEPIIULT  25 ; 

daher  heischen  geradezu  für  mahnen :  denn  die  anderen  {glän- 
biger)  die  eim  nicht  heuschen,  machen  einen  hinlässig.  Tu. 
Platter  195. 

4)  lieischen,  fordern  vor  gerichl.  Haltaus  871 ;  vor  gericht 
heischen,  citare  ad  judicem,  in  jus  vocare.  Stieler  825;  einen 
richtcr  heischen ,  postularc  judicem.  das. ;  sol  man  nergent 
anderswo  recht  nemen  und  geben,  dan  vor  den  hubern  zuo 
dem  huphof.  und  welcher  erbe  anderswohin  hiesche  oder 
klegtc,  der  sol  sin  erbschaft  und  beslentnis  verlorn  bau. 
wekth.  5,570;  seid  ihr  anders  als  gehörig  geheischen  und 
geladen  worden?  Ihmernank  Münchh.  S,H;  dagegen  kam  ein 
kerl ,  der  der  frohnbot  hiesz ,  von  wegen  des  dings  {heim- 
lichen gerichts)  droben  unter  den  drei  linden ,  und  sagte  ich 
sei  geheischen  und  geladen  zum  stuhl.  4,25; 

bald  wir  lie  wolln  heischen  Innsen. 

ItEBHeN  X.  22,  US  Patm. 

rbenfo  hcinchen  fordern  zum  kämpfe:  und  hiesch  sü  Agamemnon 
dicke  henis  zu   slrile.  d.  stddlerhr,  8,  2i)G,  2. 

5)  heischen,  fordern,  in  bezug  auf  rigensrhaflen ,  leistungrn ; 
iiiin  Hlat  {%land)  heischet  d;  ich  sol  lang  cleider  bysz  uff  die 
lüsz  tragen.  KeisKRsnERC  61/9.  Itl';  was  im  nutz  und  gilt  ist, 
d;  »ein  leih  heischt.  Kbask  ueUb.  T; 

hai  er  an  cim  pfundt  fleUch 
nit  RnuK  zumal,  da«  er  mehr  heUch  (/iir  $eine  ernältrung 

ni'tllinj  Ulli), 
*o  »(>|>i  im  mehr.  I!    'v <         ■■   ■•■•    •-.•; 


disz  al)er  ist  das  aller  meist 

das  gott  heischt  ein  willigen  geist. 

WicKRAM  pitg.  3,  4,  hl.  89; 
dos  käisers  wohlfarlh  heischt  und  billicht  was  ich  thu. 

A.  fiRYPUius  lü<js   1,  14; 
dasz  der  verbundne  leib  zu  viel  vom  geistc  heischt. 

Hau-ir  it/iiieü.  geä.  (1768)  130; 
der  tod  der  fliege  heiszt  mich  dichten; 
der  tod  der  mücke  heischt  mein  lied.    Gellert  1, 161 ; 
solche  thaten  heiseiien  finstcrnis.    Gotter  2,509; 
doch  wenn  das  mächtige,  das  uns  regiert, 
ein  groszes  opfcr  heischt,  wir  bringcns  doch 
mit  blutendem  gefühl  der  noth  zuletzt.    Göthe  9,  281 ; 
scharf  ahndet  der  gerechte  richtcr  die  verbrechen, 
wenn  seines  volkes  Sicherheit 
es  heischet.  Kahler  2,29; 

auch  der  mutter 
—  kommts  nun  zur  trennung  —  wird  es  thränen  kosten, 
und  ohne  dein  erinnern  —  doch  die  ordnunj^ 
und  deiner  tochter  jähre  heischen  sie.    Schiller  Jphig.  3,4; 
wie  anders!  da  des  muthes  freier  trieb 
zur  kühnen  that  mich  zog,  die  rauh  pebietcnd 
die  noth  jetzt,  die  erhaltung  von  mir  heischt. 

^yallfHüleins  tod  1,4; 
die  rauhe  sturmhewegte  zeit 
heischt  einen  kraftbcgabtnrn  Steuermann,    juwjfr.  1,5; 

bald  spielle  er  den  heuchler,  bald  den  spaszmacber,  wie  es 
die  zeit  heischte,  parasit  1,2;  ihre  (der  fürsten)  gewalt  sei 
mehr  oder  minder  ausgedehnt,  je  nachdem  der  besondere 
vortheil  jedes  volks  es  heische.  Beckers  wcltgesch.  (6.  ausg.) 
14,383.     in  bezug  auf  heilmittel: 

schaipf  laugen  heischt  bösr  grinde. 

Soltau  497  [von  1632). 

6)  heischen  tu  bezug  auf  die  geliote  der  siltlichkeit,  der  vicnschen- 
liebe : 

ein  äuge,  das  sich  schlieszt,  ein  haihgebrochnes  herz, 
heischt  eine  thräne  doch,  und  eines  freundes  schmerz. 

Gotter  1,  141 ; 
gib  ihn  der  strafe  preis,  die  sein  verbrechen  heischet.    2,464; 
schwach  ist  ihr  herz,  doch  rein;   und  Schwachheit  heischt 

geduld.      427; 
doch  Lila  hörte  nichts,  als  was  die  mutler  {die  mullerpfticht) 

heischte. 
Wieland  17,  86  {Idris  2,  28) ; 
verkenne  meinen  guten  willen  nicht, 
dich  zu  erinnern  heischt  oft  meine  pflicht.    Lk?iad  Faust  143. 

.7)  reflexives  heischen  erforderlich  sein,  erfordert  werden :  i.  f. 
gnaden  hätten  wohl  Ursachen  . .  das  bei  der  sachen  zu  thun, 
was  sich  heischte.  Schweimchen  2, 19. 

HEISCHER,  m.  postulans,  depioscens,  petilor,  rogator,  flagitalor. 
Stieler  825;  höuscher,  forderer,  stipulator  Maaler  SCS';  nach 
den  verschiedenen  bcdeutungcn  von  heischen. 

1)  nach  heischen  2,  bettler:  ein  bedürftiger  mann  heischte 
von  einem  frommen  manne  etwas,  der  eben  damahls  kein 
gcld  bei  sich  hatte,  der  heischer  gieng  mit  einem  sauern 
gesiebte  von  dannen.  pers.  baumg.  i,  ii  ;  es  wird  ein  heuscher 
sein,  und  der  kann  warten.  J.  Gotthelf  schutdenh.  161. 

2)  nach  heischen  4,  der  forderer,  kläger :  wan  der  heischer 
will,  so  musz  der  Schuldner  triu  an  eidsstalt  geben,  das  er 
dhein  barschaft  hab.  weislh.  6,  316 ;  aber  auch  der  gericidsbote, 
bültel:  aus  furcht,  die  heischer  und  landknechte  möchten 
hinten  nach  kommen.  Chr.  Weise  erzn.  35. 

HEISCHER,  adj.  und  adv.  rauh,  belegt,  von  stimme  und  ton, 
erweiterte  form  von  heiscli  .ijmitc  897 :  wann  sich  die  kinder 
heischer  geschrien  haben.  Tabernaemont.  kräulerb.  6S5;  er 
redete  mit  mir  ganz  heischer.  Aiiele  2,  :i27 ;  als  er  . . .  im 
fortgehen  mit  einer  heiscbern  stimme  einige  vcrse  sang. 
Rarener  sat.  2(1761)238;  was  ist  gemeiner  als  die  spräche 
der  dichter,  welche  über  ihr  heischres  röhr  seufzen?  321; 
ich  habe,  wie  sie  hören,  einen  heiscbern  hals.  Leskinc  I.1:i|; 
die  heischere  kehle  wird  durch  einen  guten  trunk  «odanii 
gelabel.  Moser  patr.  ptianl.  1  (179S)  s.  372;  sie  ist  hei>!(her, 
sag  ich  ihnen  —  sie  könnte  sich  {durch  das  singen)  schaden 
thun.  (iotter  Jeannette  \.aufz.  i.  aufir, ; 

bald  kommt  er  {Marcrtls  gvixl)  mir  durrhnrtit  mit  blut  und 

thraiiiMi  vor, 
ruft  heiicher  und  verweist,  dasz  ich  nun  »elhst  verlnssen  (hin). 

A.  Grtphiiii  I(>9S    I,  -ilU; 
Marccil,  dein  bloMer  mund,  doln  rauh  und  hoisrhre  nimm. 

'.MS; 

OK  «nng  die  heinchrA  KrillA 

die  gnnio  Homniorzcit.    lUcinoRN  2,  i\'>; 

welrh«  Niimme.  rauh  und  heiücliorl    l/Htixn  i/cd.  I'i'; 

o  fiii-r\ti>'*  i;nwUbl  («rlumpirr  knnben, 

barlii-i/iTr  mruIrliCTi,   licisclirpr  Kriihli  iml  -  •> '     '' 


901 


HEISCHERKEIT  —  HEISCHUXG 


HEISER  — HEISERLICH 


902 


lasse  du  den  heischren  freier! 

hier  bin  ich  der  singen  kann.    REckert  1; 

in  bezug  auf  ftul,  quelle: 

es  hemmen  seinen  lauf  nicht  hluhmenvolle  fcliler, 
durch  die  ein  lautrer  bach  mit  heischerm  murmeln  schleicht. 

Uz  1  (neS)  92; 

murmelt  ihr,  wann  alles  ruht, 
murmelt,  saiiftbewegte  bäume, 
bei  dem  sprudeln  heischrer  fluth, 
mich  in  woUusr^olIe  träume!    150; 
ach  dein  so  zartes  klagen 
rührt  alles,  fräuelein, 
schwellt  auf  die  heischre  quelle, 
erweicht  den  kiesclstein.     Fr.  MjJller  2,  329. 
5.  heiser. 

HEISCHERKEIT,  f.: 

er  stimmt  die  lügenden  der  spröden  sängerinn, 
trotz  aller  heischerkeit,  trotz  allem  eigensinn. 

Hagjsdorn  1,  22. 

s    heiserkeit. 

HEISCHESATZ,  tn.  postulatum.  der  aiisdruck  tcar  zu  anfang 
des  lS.;/i.  in  der  mathematik  üblich:  podulaluvi,  ein  geheischter 
salz.  RiRsca  cornuc;  postulatum,  ein  heischesatz,  wird  ins- 
gemein ein  satz  genennet,  den  man  ohne  beweis  zu  geben 
von  einem  andern  fordern  kann.  fna/Aema/. /ex.  (1747)  1,1032. 
Cur.  V.  Wolf  rerpflanzte  das  tcort  mit  etwas  geänderter  bedeutung 
in  die  philusophie :  die  erwegungs-sätze,  welche  aus  einer  er- 
klärung  hergeleitet  werden,  nenne  ich  grund-sätze;  die  übungs- 
sätze,  welche  man  aus  einer  erklärung  schlieszet,  heische- 
sätze.  Vernunft,  gedanken  v.  d.  Iiräßen  des  mensM.  Verstandes 
(5.  uu/J.  1727)  s.  79;  und  seither  erscheint  es  mehrfach  ange- 
wendet: was  ich  hier  blosz  postuliere  (nämtich  die  annähme, 
es  habe  eine  sehr  frühe  Sammlung  von  nacitrichlen  über  Christi 
leben  eicistirt)  wird  sich  in  der  folge  zeigen,  dasz  es  wirklich 
so  gewesen,  man  müszie  gar  nicht  wissen,  wie  neugierig 
die  menge  nach  allem  ist,  was  einen  groszen  mann  betrift, 
für  den  sie  einmal  sich  einnehmen  lassen ,  wenn  man  mir 
diesen  heischesatz  streitig  machen  wollte.  Lessing  11, 496 ; 
ich  nehme  dieses  als  einen  heischesatz  an,  dasz  die  Vor- 
stellungskraft der  seele  sich  nach  läge  der  körper  richtet. 
Kabenek  su^.  2  (1761)  27S ;  frevelt  man  aber  mit  einem  Philo- 
sophen, so  erbittert  man  gewis  ein  ganzes  beer  junger  schrift- 
steiler, welche  das  lehrgebäude  ihres  abgotts  durch  heische- 
satze,  lehrsätze,  grundsätze,  und  aufgaben,  vertheidigen.  293; 
ein  ernsthafter,  nüchterner,  förmlicher,  strenger  mann,  der  . . 
den  köpf  voll  defiuizionen,  Ichrsätze,  heischesätze  und  korol- 
larien  hatte.  Wielard  15,172;  heischesätze,  apopbthegmen, 
pUiiosopheme  . .  ersinn  ich  in  einer  woche  unzählige.  J.Paul 
Titan  2,1. 

HEISCHHEIT,  f  raucedo.  Dief.  485'. 

HEISCHIG,  adj.  supfdex,  flagitans,  petens.  Stieleb  825 ;  (ej» 
treues  ueib  lärd)  nicht  zu  viel  keischig  noch  beiszig  sein. 
Garg.  70*.  —  anheischig  hat  zu  diesem  warte  keinen  bezug, 
vergl.  Iheil  1.373. 

HEISCHIGKEIT,  f.  ravis,  raucedo,  rauälas.  Stieler  826. 

HEISCHRLLNGE.ND,  part.  raucisonus.  HEDERicn  1239. 

HEISCHUNG,  f.  forderung,  mhd.  eischunge.  Lexeb  icb.  1.533; 
lieischung ,  begerung  oder  forderung ,  postulatio ,  desideratio. 
voc.  ine.  theut.  i3';  hetschung,  forderung,  exactio.  Dasypod.  ; 
böuschung  eines  begärten  aings,  stipulatio,  stipulatus.  Maai.er 
228*;  unverschämte  heischung,  inverecunda  postulatio  Stieler 
825;  in  verschiedener  ausprägung  des  begiiffs. 

1)  nach  heischen  2,  beitel,  betteki:  mendicabulum,  mendicatio, 
bettlerei ,  heischung.  Dasypod.;  in  der  Zusammensetzung  ab- 
heischung:  darinnen  allerhandt  ungebürliche  händel  gegen 
die  underthonen  doselbsten  mit  abheischung  brodt,  fleisch, 
eier  und  anders  verüben  helfen,  urfehde  v.  Johann  Waldschmidt 
tum  j.  1599,  liandschrißl.  im  Büdinger  arcltiv. 

2)  rechtnviszige  forderung  {nadi  heischen  3):  wolt  ich  ein 
rock  nemen  bitz  an  dye  waden  tragen,  so  spottet  man  myn, 
ich  trüg  nit  cleider  noch  {nach)  heischung  niyns  stats,  min 
slat  heischet  dj  ich  sol  lang  cleider  bysz  uflf  die  fSsz  tragen. 
Keisersberc  W«;.  lll';  indessen  wurde  aus  seinem  gesprache 
mit  den  nachbarn  klar,  dasz  diese  bauern  sich  den  heischungen 
des  Staats  zum  öfTentJicben  nutzen  gegenüber  im  zustttnde 
des  krieges  glaubten.  InMERSiA.tN  Münchh.  i,  137. 

3)  nadi  heischen  4,  forderung  vor  gtrichl :  gerichtsheischung 
ciiatiu  Stieler  825;  solche  heischung  geschieht  am  ersten, 
andern  und  dritten  rechtstag.  Kirchhof  niiii/.  dtsc.  247 ;  antrag 
des  klägers :  ii(T  den  selbigen  termin  sal  und  musz  ich  durch 
LiiMliütiL'  ili«  r' •.•(T<:  ricillcn  und  proccdirn.  fehmyericlitsurk. 


v.  1509,  handschriftl.  im  Büdinger  archiv;  beischung  heiszt  aber 
auch  die  gericlälich  bewilligte  zeit,  um  sich  über  etwas  rats  su 
erholen  oder  um  eine  thatsache  genau  in  erfahrung  zu  bringen, 
frist,  bedenkzeit:  mögen  wol  haiscbuug  und  bedacht  begeren 
drei  vierzehen  tag.  Schm.  1, 123. 

HEISER,  adj.  und  adv.  rauft,  unrein,  nicht  hell,  von  stimme 
und  ton.  es  hat  sich  in  der  form  des  mhd.  heiser  erhalten,  einer 
Weiterbildung  von  heis ,  und  gilt  jetzt  allein  noch  für  zulässig 
in  der  seliriftsprache ,  während  die  breiteren  formen  heisch  und 
heischer  (sp.  900)  vom  15.  bis  in  dieses  Jahrhundert  nebenher 
liefen:  raucus  heiser,  heiszer  Dief.  485';  heiser,  raucus,  vulg. 
ruch  im  halsz.  voc.  ine.  theut.  i3';  heiser  sein  oder  werden, 
raucere ,  raucescere,  raucare.  das.;  wenig  heiser,  raviscellus 
Dasypod.;  heiser,  raueus ,  raucidulus ,  heiserlächt,  ein  wenig 
heiser,  subraucus  Maaleb  217";  heiser  von  vielen  fragen  werden, 
raucum  rogilando  fieri  Steixbach  1, 728 ;  seine  helle  stimm 
mit  der  feiszten  suppen  heiser  gemacht.  Kirchhof  wendunm. 
439';  ich  sagte  dasz  ich  vom  schlafe  noch  ganz  heiser  wäre. 
Jucundiss.  168 ;  ihre  {der  kühe)  heisere  schellen  klangen  wieder- 
hallend hin  und  her.  Stilli.ng  Jugend  2,  29;  der  satan  schrie 
sich  in  ihm  heiszer.  J.  Paul  Hesp.  3, 109 ;  ich  kann  dir  das 
wort  oder  den  laut  nicht  beschreiben,  mein  geliebter!  der 
gesang  der  nachtigall  klingt  heiser  gegen  seine  süszigkeit. 
Immerma.n.n  Münclih.  3,  91 ; 

berr,  nimb  doch  zu  den  obren 
mein  heiser  notgeschrei!      Flksimg  7,  51  Lappenb.; 
da  unbesorgt  der  hirte  lieb  und  freude 
auf  heiserm  röhr  den  öden  leisen  sagt. 

Zacuarul  2,  298 ; 

der  ziegengefiiszete  pausback 
zwingt  den  heiseren  ton  wild  aus  dem  schmetternden  hörn. 

Göthe  1,  347; 
das  ist  der  ewige  gesang, 
der  jedem  an  die  obren  klingt, 
den,  unser  ganzes  leben  lang, 
uns  heiser  jede  stunde  singt.    12,  80; 
auf  weit  verbreitet  öden  eisesfeldem, 
wo  nur  der  heisre  lämmergeier  krächzt. 

Schiller  Teil  2,2; 
heisere  grillen  umschwirrten  sie. 

Voss  1,  19  {Luise  1,  111); 

wann  die  heisere  cicade 

zu  der  heiszen  arbeit  mahnt.    Rcccert  242; 

so  heiszer  auch  die  geigen  tönen.     Lei^vau  Faust  174; 

sie  sollen  ihn  nicht  haben, 

den  freien  deutschen  Rhein, 

ob  sie,  wie  gierge  raben, 

sich  heiser  darnach  schrein.      N.  Becexr  riheinlied. 

heiser  bedeutet  auch  leise,  flüsternd:  ich  zischelte  meine  com- 
plimente  so  heiser  zu.  Chr.  Weise  erzn.  345. 

HEISERE,  f.  heiserkeit:  heisere,  raris,  raucitas  Maaler  217*; 
raucedo  heisere  Golii  üHomas/.  (1582)  254;  die  heiszere  in  der 
stimm  und  red.  Gebsdorf  feldb.  der  wundarzn.  (lö28)S4;  aus 
dem  gemeinen  kühl  wird  für  die  kinder,  ihnen  die  heisere 
zu  vertreiben,  ein  herrliche  brustlatwerge  gemachet.    Taber- 

SAEHONT.   789. 

HEISEREI.  f.  heiserkeit.     mitd.  heiserie   Leser  wb.  1,1223: 
ein    arth    {offener   sclidden ,   gegen  die  ein  gewisser  baisam  nicht 
hilß)  . .  kompt  ausz  haiserei.  Paracelsus  chir.  schriß.  (I6ls)  83*. 
HEISERHARSCH,  adj.  heiser  und  rauh: 

recht  widerlich 
drang  mir  ins  ehr  ihr  {der  eulen)  heiserharsches  schrillen. 

U.  Hei:«k  16,  45. 

HEISERIG,  HEISRIG,  adj.  heiser:  raucus  heiszrig  Dief.485*j 
dies  erweckt  ihr  grose  müh, 
drum  sie  sich  gar  heisricb  schrie. 

Hein,  fuchs  (Hostock  1650)  101. 

bei  Stieler  heisericht:  heiserichtschreiend  usque  ad  ravim 
cljimans  1933. 

HEISERIGKEIT,  f.  heiserkeit.  in  komisclier  verkehrung  des 
Sinnes:  hesser  ein  klein  geläut  denn  kein  getaut,  ich  hörs 
doch  lieber  grosz,  das  macht  mein  heiszerigkeit  inn  om. 
Garg.   154*. 

HEISERKEIT,  f.  raucedo,  raucitas,  ravis.  Dasyp.  ;  so  macht 
er  (der  stein  calophanus)  im  ain  süeje  oder  ain  helle  stimm 
und  behüett  die  keleu  vor  baiserhait.  Mege.\b£rg  440,30; 
wenn  man  die  erste  ungesalzene  brühe  vom  braunen  kohl 
mit  etwas  zucker  versüszt,  vertreibt  solche  den  husten,  heiser- 
keit und  engbrüstigkeit.  öcon.  lex.  (1731)  1254 ;  im  trinken  soll 
mich  die  heiserkeit  nicht  hindern.  Holtei  Lammfell  184. 

HEISERLICH,  adv.:  rduce  heiäzerlich  Dief.  485';  da;  eisen 
doent  haiserleichen.  Mege.'^berc  479,  26. 


903 


HEISERN— HEISZ 


HEISZ 


904 


HEISERN,  verb.  heiser,  gedampft  rufen;  impersonal  gebraucht: 

Evclicn,  licisert  es. 
wer  ist  da?   friif;  ich. 

Kleist  zfihr.  krtiq,  «.  157  Her  erflen  nmg. 

HEFSIEREN.  rerb.  hin  und  her  ziehen  oder  laufen,  dasselbe 
was  hasiei eil  sp.  bAA  und  haiisieien  4  sp.  b75 : 

hon  mnn  die  triimon  niren. 

sy  rtirkieii  niiszhiii,  pur  hald 

slicli  man  den  vt>iiii  hcisicren. 

heisieren  vor  dem  wnld.     Soltaü  177  {v.  1502). 

dai  mhd  liei^lieien  eiii-n  [nachgetrirsen  bei  Grimm  kl,  scJiripen 
i,'As:)  irird  tuil  ullfranz.  h.istier  ziisamniengnlvlU. 

HEISOCKE,  f  Überkleid,  tiiaulrl.  die  geiröhn liehe  form  ist 
hiiseik«'.  s.  d. :  nin  schwarze  pinfnclie  schaniltilleiu'  lieisdckcn 
mit  diiiiiMSchkiiten  einiel .  nier  »in  schwarze  scliomlnttene 
heisDcken.  Ihuilitng  hm.  iVillib.  Pirkhuimers  veilassener  liah,  in : 
zum  andenken  W.  Piikhaimcrs  (iV«;n&.  1828)  s.  49 ;  ain  scbelters 
hei*iirkli'in   on   enncl.  das. 

HEISTER,  m.  junger  tratdbaum ,  buche.  Vilmar  161.  auch 
qnerciis  robur  cum  longo  pcdiculu ,  Sommereiche ,  gemeine  eiche. 
Nkmnich   4.  1106. 

HEISTER.  /".  und  m.  ebler,  corvus  pica.  in  ?iorddeulschland. 
Nemmch  •-'.  I2jr,. 

HEISTERKOPF,  in  der  nordd.  redemtarl  heislerkopfschieszen, 
einen  ifurzribaiim  schlaf/en.     rergl    kopfheisler  ///.  5.  1775. 

HEISTERSCHNEPFE,  f.  harmalopus.  meerelster.  Nemnich. 

HEISZ.  adj.  und  udv.  fervidus,  culidus.  golh.  unbclcgl,  doch 
erscheint  im  subsl.  licilo  fieber  ein  verwandter;  alls.  fries.  viederd. 
bei;  altniederfränk.  iicit,  nirderl.  hei;  ags.  UM,  engl,  hot ;  all- 
nord.  heilr.  schued.  iift ,  ddn.  iu'd;  ahd.  mhd.  heij.  die  be- 
zirhunuen  des  uorts  zu  hei  trocken ,  dürr  spalte  794  erscheinen 
ZKcifvllüS ,  ohne  dasz  jedoch  weitere  etymologische  ausführungen 
gevaiß  werden  können.  —   heisz  steht 

1)  von  dem  feuer,  der  flamme,  der  glul : 

ahd.    dai  er  .  ._  hellä  fiiir      harlo  piwise, 
pelilieü  pina  :  dar  piiitil  Sataiin; 
der  altisiö  heijjan  laue.     Jiiiv/ii</(  23; 
attt.  werpan  it  an  biiar  ilur, 

Utan  it  thär  haiöian      h^ta  lögna.    Hetiand  2574; 
mhd.  er  müj  immer  .«in  geimnden 
in  der  haij^en  fiures  flamme. 

II.  V.  Melk  crinnernngen  91  Heimel; 
bowel  üj  den  helmen  den  hcijen  fiures  sciiin. 

Gudrun  1388,  2 ; 
nhd.    ach  herre,  lieber  herre  mein, 
wem  liel'eiet  ir  euer  schlosz? 

'leb  belils  den  beiszen  Icuersflammen.'    Uhland  t)ot/i.<:2.  289 ; 
du  sollest  d.-ihaime  bleiben 
und  haben  ^ut  bausKemach 

ob  einer  haiszen  gluie  (dns  Itprdfeuer  ist  gemeint).    331 ; 
zuhandt  im  einer  veikiin<len  ihnt. 
sprach  :  dein  bausz  brendt  in  beiszer  glut. 

li.  Wald  IS  t:sop  3,  36,  9; 
so  wird  das  schöne  gold  durch  heisze  glut  bewehrt  {bewährt). 
A.  Grtphius  1698  2,  458; 
meint  ihr,  dasz  in  den  heiszen  gluthcn 
die  zeit,  ein  pbönix,  sich  erneut?     üiilatid  ged.  93. 

2)  ron  dingen  denen  durch  das  feuer  ein  hoher  grad  von  vdrme 
mitgetheilt  üt :  heisze  plallen,  ein  beiszer  ofen.  heiszcs  wosser, 
hei.sze  speisen;  köre  den  mörser  dicke  umme  gen  dem  fiur, 
d;i5  er  gelich  heij  habe.  b.  v.  guter  speise  II;  setzt  sie  mit 
dem  bloszen  arsz  uf  die  beisz  escli  {asche).  Ulensp.  84,  s.  123 
Lappenbcry ;  aus  seiner  nase  gehet  raucli,  wie  von  heiszen 
tiipfen  und  kesseln.  Hiob  41,11;  ich  seiic  ein  beis  siedend 
topfen.  Jer.  1,13;  lege  auch  den  tupf  lehr  auf  die  glut,  auf 
das  er  Iieis  «erde,  und  sein  crz  entbrenne.  //«.  24,  II;  wie 
ein  hei«  wasser  vom  iiefligen  feuer  versendet.  Jes.  04,  2;  und 
befalh,  man  Bulle  den  ofen  sieben  mal  hriszer  machen,  denn 
man  sonst  zu  thun  pQegle.  Üan.  3, 19;  unsere  kiicben  buchen 
wir  in  beiszer  a-icbe.  Simpl.  l,39  Kurz;  also  warm  und  beisz, 
wie  man  die  paslellin  friszi.  Garg.  l4o';  die  Römer  lieb- 
kotten  den  sinn  des  gefllbls  mit  baden  .  .  sie  fingen  vom 
beiszeti  an  und  gingen  alsdenn  alle  grade  der  wdrme  durch 

..  bis  zum  kalten.  Heinse  Ardingh.  2,124; 

das  lor  hsnds  auTgehawen, 

da*selbig  der  Gecken  verderben  «ras, 

man  scbuti  in  beisi  wasser  und'r  die  äugen. 

UULAfip   Vutk><l.   Wi. 

iprichicOrÜich :  das  ist  wie  ein  tropfen  auf  einen  beiszen  tlcio; 
ich  trink  Im  allertiermc'i  zog, 
und  di-nnoch  «Ird  ralrs  nie  g'nug. 
lallt  wie  auf  bsisiau  aMln.    Uhlai«o  Qtd.  M; 


man  musz  das  eisen  schmieden,  weil  es  heisz  ist,  die  lierren 
j.iciiliiner  sind  seit  einem  halben  jnhre  um  mich  lieiuin  gc- 
schiiihen,  wie  die  katze  um  den  heiszen  brei  I  Guthe  U,  2(i6; 
etwas  zu  heisz  kuchen ;  ich  hnbe  keine  lust  wachend  dafür 
zu  büszen,  wenn  ihnen  ein  zwerg  im  tranine  was  zu  heisz 
gekocht  hat.  Wiei.and  11,200;  es  ist  keine  suppe  so  heisz 
gegessen  wie  gekocht;  bildlich  etwas  fällt  einem  beisz  ein, 
hergenommen  roii  der  eben  gekurhten ,  noch  dumpfenden  speise: 
unterdessen  fält  mir  alleweil  ein  exempel  liei.'sz  ein,  welches 
dem  vorigen  nicht  ungleich,  gepß.  ßnken  72;  mir  fiel  beisz 
hierbei  ein,  dasz  ...  Heinse  Ardingh.  1,133;  diesz  ist  eine 
posse  .  .  die  wir  bei.sz  durch  die  kammeijiingfer  erfuhren. 
2,293.  anders  etwas  heisz  machen,  bedeutend,  arg:  wer  seinen 
nechsten  lobet  mit  groszem  geschrei  .  .  der  ist  zu  achten 
wie  ein  lesterer,  denn  er  macht  die  sach  verdechlig,  das 
jederman  denkt,  er  wolle  ein  bOse  sach  schmücken,  das  ers 
so  heis  machet.  Luther  l,  487'.  —  einem  die  iiölle  heisz 
machen  {mit  bezichung  auf  die  bedvutung  A.b  unten)  aliquem  in 
peiturbationcs  cunjicere.  Stieler  822,  i.  hülle;  ähnlich  einem 
das  hemd  heisz  machen :  dann  es  war  nichts  anders  mit 
mir,  als  dasz  ich  meinem  mann  oder  gegentbeii.  wann  einer 
mit  mir  zu  thnn  bekommen,  das  bemd  rechtscIialTen  heisz 
machen,  also  dasz  ich  woi  vor  einen  einfachen  guten  Soldaten 
passiren  hätte  können.  Simpl.  1,293  Kurz;  das  bad  beisz 
machen ; 

Benedict  tet  dem  Ilauser  kund : 
das  bad  war  im  zu  heisze  {iiri  einer  hplngerung). 
ÜHLAMD  volttst.  473. 

heisze  quellen;  heisze  Strudel,  die  heisz  aus  der  erde  kommen , 

ins  wililbad  will  er  reiten,  wo  beisz  ein  quell  entspringt, 
der  sieche  heilt  und  kraltigt,  der  ftrcise  wieder  jungt. 
Unland  ijeU.  35»; 
wo  aus  dem  fel.<!en,<!palt 
am  bcigzesten  und  vollsten  der  edle  sprudel  wallt,    dat. 

technisch:  der  probierofen  gehet  heisz,  wenn  das  feuer  verstärkt 
ist.  Jacobsson  2,249';  der  Schmelzofen  einer  glashülte  wird  heisz 
geschult,  das. ;  die  erze  werden  bei  den  proben  beisz  getban, 
zum  sch7i;clzen  cihitzt.  250*. 

heii^ze  dämpfe,  die  von  heisz  gemachten  flüssigkeiten  aufsteigen: 

es  sasz  an  einem  tisch  der  knecbt  auch  mit  den  seinen, 
der  grosze  breiiopf  stund  und  gab  den  beiszen  rauch. 

Rachel  sat.  (1677)  s.  35. 

das  heisze  eisen  bei  gottesurtheilen,  s.  theil  3.  365. 

3)  im  engen  anschlusz  an  die  vorigen  Verwendungen  steht  heisz 
von  der  sonne  tcnd  das  durch  sie  heisz  gemachte:  diu  heijja 
sunna  bat  mir  mine  scune  henoman.  Williram  viii,  9;  hitzige, 
heisze  und  stächende  sonn,  assus  sol.  Maaler  217';  wenn  aber 
die  sonne  heis  schien.  2  Mos.  10,  21 ;  morgen  sol  euch  hitife 
geschehen,  wenn  die  sonne  beginnet  heis  zu  scheinen.  1  Sam. 
11,9;  man  sol  die  Ihor  Jerusalem  nicht  aufthun.  bis  das  die 
sonne  heis  werde.  Neh.  7,3;  heisz  beisz  wie  sticht  die  sono. 
Garg.  100*; 

hier  macht  (scheint)  die  sonne  bei.<z,  hier  blendt  der  Schimmer 

von  mannigraltgen  lichtem  meinen  blick. 

Imhermanm  drumen  (IS43)  s.  102; 

bald  steigt  die  sonne  drückend  beisz.  Uhland  ged.  317; 
der  seine  cier  auf  der  erden  leszt,  und  leszt  sie  die  heiszen 
erden  ausbrüen.  ///oft  39,14;  da  der  tag  am  heiszesicn  war. 
l  Mos.  18.1;  da  der  lag  am  heislen  war.  2  Sawi.  4,5;  wenn 
sie  die  iiitze  drücken  wird,  weiden  sie  verschmachten,  und 
wenn  es  heis  wird,  werden  sie  vergeben.  Hivb  6,17;  wenn 
ir  sehet  den  sudwind  wehen ,  so  sprecht  ir,  es  wird  heis 
werden.  Luc.  12,65;  den  menschen  ward  heis  für  groszer 
hilze.  o^rnd.  16,  9;  eine  billte  wider  den  iieiszen  millag.  Sir. 
34,19;  die  sonne  .  .  macbels  beiszer  denn  viel  ofen.  43,4; 
ein  beiszer  siimer,  aeslas  calida.  Maaler  217';  ein  beisz  oder 
hitzig  land,  plaga  arens.  das.;  den  8. Juli  1707  nach  dem  allen 
calender,  den  die  Engelländer  nudi  haben,  war  eine  so  un- 
erträgliche liilze  in  Eugelland  ..  dasz  verschiedene  peisonen, 
die  auf  dem  fehle  zu  lliim  h.itlen,  starben  .  .  datier  man 
auch  denselben  tag  holluesday  oder  den  beiszen  dienslag 
genennel.  Chr.  Wulf  remünß.  gedanken  v.  den  Wirkungen  der 
natur  299;  an  einem  heiszen  luge,  den  uns  die  sonne  und 
der  feind  beisz  macbic.  Lessinc  1,555;  heisze  winde; 

das  jabr  ist  niemals  gleich,  bald  l^t  os  kalt,  bald  heisi. 
FLKai>o  115,7  (.•i;i/»-ii6. ; 

(da  die  muie)  am  kapitol  in  den  licisten  »nml  trat. 

Klop-tock  I,  101  i 

noch  iChnlTen  im  belsian  gclilde  die  unmmcnden  bicnen. 

l'nn?iD  !/((/.  2.m. 


905 


DEISZ 


HEISZ 


906 


Von  den  ionnmstrahlen  übertragen:  die  heiszen  strohIeD  die 
Ciiciliens  scliünheit  von  sich  warf.  Heixse  Ardinglullo  l,12l; 
wie  heisz  die  äugen  in  inicU  sonnten  1  21S.  spicIiwOrtlicIi  es 
isl  hier  ein  lieiszes  pDaster,  es  nl  unbehaglich,  une  auf  dem 
von  der  sonne  duiclthitzten  pßaster ;  der  stein  weg  ist  heisz  .. 
also  ist  der  steinweg  heisz,  da  Ihewre  zerung  ist,  und  gehet 
Til  auf,  man  veizeret  vi!,  zu  Nürnberg  ist  ein  heiszer  stein- 
weg, zu  Biuunschweig  ist  er  nil  also  heisz,  dj  ist.  zu  Braun- 
schweig ist  leichler  zeren,  denn  zu  Nürnberg,  ägricola  spr. 
(löbO)  •24-2\ 

4)  heisz,  von  einem  hohen  grade  innerer  wärme  bei  menschen 
und  thieren;  in  verschiedener  ausprdgung. 

a\  bcsNylich   der   arbeit,    anslrent^ung :    eine   schwere  arbeit 
macht  heisz;  heisz  und  blutig  vom  einhauen  setzten  wir  uns 
zu  den  würfeln.  Immermasn  dramen  (1S43)  227; 
das  sie  sich  speisen  nicht  vom  wort, 
sonilern  von  jeder  lecker  speis, 
das  sie  sich  fressen  drüber  heis. 

Fischart  v.  s.  Domin.  3500  Kurz; 

mit  der  britannischen 
sah  ich  im  streitlduf  Deutschlands  muse 
heisz  zu  den  krönenden  zielen  fliegen. 

Klopstock  1,  100; 

daher:   bei  der  arbeit  gieng  es  heisz  her,    es  wurde  tüchtig 
geschaETl; 

wenn  ein  wackrer  mann 
mit  heiszer  stirn  von  saurer  arbeit  kommt.     Göthe  9,  184; 
von  der  siirne  heisz 
rinnen  musz  der  schweisz, 
soll  das  werk  den  meister  loben.    Schiller  glocke; 

daher  die  arbeit  selbst  heisz  genannt  wird;  das  heisze  lagwerk. 
Brentano  lust.  musik.  25; 


wann  die  heisere  cicade 

zu  der  heiszen  arbeit  mahnt. 


RiJCKERT  242 


I 


ebenso  wie  kämpf,  Schlacht:  jagt  geschwind  herum  und  sucht 
noch  reiler  aufzutreiben  ...  es  fangt  an  heisz  zu  werden. 
GuTBE  8,101;  diese  Schlacht  war  heisz!  Klopstock  8, 1S3; 

all  disen  heiszen  stürm  und  brennendes  biulbad. 

Weckherlin  1ö4; 
doch  wo  man  nach  der  heiszen  schlacht 
nicht  wieder  von  sich  selbst  erwacht.     Wielasd  10,  189; 
an  der  Katzbach  auch  hatt  es  gar  heiszen  strausz. 

Arsdt  ged.  (IMO)  279; 
(hnllpv)  vereint  bestanden  manch  (urchtbaren  stürm, 
manch  heisze  schlacht  zur  see  und  am  gestad. 

L'hla^d  yed.  172; 
fehlest  du  dem  christenheere 
heut,  an  diesem  heiszen  tag?     25S. 

b)  heisz  vird  der  von  affecicn ,  leidenscliaflen  betregte:  ihr 
müät  ein  wenig  gmach  traben  [nicht  so  eifrig  auf  eurer  meinung 
bei^teheu),  wie  kent  ir  so  ein  heiszen  köpf  liaben?  Wickram 
ro/iif.  158, 20  Kurz;  heisz  vor  der  stirn  sein,  riilg.  leicht  zornig 
werden,  facile  irasci,  exaesluare  ira.  Frisch  1.439';  heiszes  blut 
ballen,  tgl.  heiszbintig;  unter  dieser  Schilderung  sehnte  sich 
Viktor  wieder  so  bewegt  nach  ihm ,  als  wären  sie  ein  jähr 
auseinander  gewesen;  daher  legte  er  sich  im  abendrothe 
unter  birkenhiätter,  dem  stifte  gegenüber,  um  ihn  sogleich  mit 
heiszen  armen  in  verhaft  zu  nehmen.  J.  Paul  Hesp.  1,260; 

der  wein  stieg  im  hinauf  ins  ehirn, 
wardt  roih  und  heisz  vor  seiner  stirn. 

B.  VValdis  Esop  3,  93,  180; 
ich  musz  mit  der  goldenen  locke  zuvor 
trocknen  meine  heisze  waoge, 
ehe  ich  singe  den  groszten  der  söhne  Manas. 

Klopstock  1,  246; 
ob  ich,  mein  fürst,  ob  dieser  heisze  köpf 
den  streit  zuerst  begonnen?     Gotue  9.  Ibl; 
indessen  klopft  vermisclit  mit  banger  lust 
ein  tüszer  schmerz  in  ihrer  heiszen  biust. 

\Viela;»d  10,  150; 
woher,  du  »fiszes  schmachten,  frommes  wnhnen, 
die  sich  mit  inl>riin<t  auf  gen  himmel  ilrnngen, 
die  mir  die  heisze  brüst  wie  ströme  sprengen? 

Arkdt  ijeä.  231 ; 
bei  heiszem  herzen 
und  Innern  lebeus  voll.     Lula^d  ged.  46; 
dasi  ich  mit  dem  heiszen  blute 
meine  schmerzen  niederschrieb,    n.  IIei^k  15,45; 

▼erlasse  am  bufc  die  geliebte  seele  nicht  —  sei  ihr  einziger, 
hei-izesler  freund.  J.  Faijl  Hrsp.  2.115;  es  wird  einem  mann 
überhaupt  liei  einer  ganz  vernünftigen  fron  nie  recht  wohl, 
sondern  hei  einer  l.losz  feinen ,  phantasierenden ,  heiszen, 
launeuhaflen.  isl  er  erst  zu  hause,  s.  8 ; 


disz  ist  die  sfisze  lust,  die  aus  dem  himmel  brachte 
den  heiszen  Jupiter,  die  iün  zum  stiere  niaclae. 

Fle3Ii?(c  e2,  154  L^ippenb.; 


welche  die  angst  und  der  wütlieiide  liunger 
grab  niclit  gestürzt  liat, 
und   zerschmeitern  ihr  zartes  gebeiu 


noch  in  das  grab  niclit  gestürzt  liat,  ergreifen  lieiszere  kricger. 
[aries  eebeiu  an  Jerusalems  trümmerD: 


KL0P^T0CK  4,  91 ; 
so  erschrickt  ein  heiszer  verbrechet 
vor  der  vollendeten  ihat.  .«.  9) ; 

so  sciiweig  in  mir,  du  heiszer  frager,  herz!     10,  53. 
etwas  macht  einem  oder  einen  heisz,  setzt  Um  in  aufregunp: 

dem  macht  das  getümmel 
dieser  weit  nicht  lieisz, 
wer  getrost  zum  himmel 
auizuschauen  weisz.    Overbece  rerm.  ged.  7 
heisz  vor  erwartung 
dessen  was  kommen  werde,  genosz  er  so  mächtiger  Freuden. 

Klopstock  a,  3s; 
doch  wenn  dich,  jüngling,  andere  sorg  entflammt, 
und  dirs  zu  lieisz  wird,   dasz  du  der  harden  guug 
im  haine  noch  nicht  gingst.  1,  114; 

sprichwörtlich : 

was  ich  nicht  weisz, 
macht  mir  nicht  heisz. 

Weiszb  kom.  opern  (1768)  2,  130; 

was  ich  nicht  weisz 

macht  mich  niclit  lieisz. 

und  was  ich  weisz 

machte  mich  heisz, 

wenn  ich  nicht  wüszte, 

wies  werden  müszie.    Götbb  2,  259; 

namenllich  die  angst  macht  heisz,  auch  abwechselnd  lieisz  und 
kalt:  mich  überläuft  es  heisz  bei  diesen  fürchleriichen  ge- 
danken;  eim  heisz  machen,  das  ist  treiben,  vexieren,  angst 
machen.  Maaler  217*; 

erst  will  ich  sagen  was  ich  waisz 

und  dir  vor  engsten  machen  haisz.     U.  Sacus  1,  514*. 

aber  auch  die  liebe: 

welche  frau  sich  hübschlich  ausz  kan  sprenzen  .  .  . 

die  macht  manchem  man  haisz  und  kalt,     fnsln.sp.  693,9; 

die  liebe  steckt  im  herzen  . . . 
wir  zweifeln  wie  uns  sei;  letzt  ist  uns  heisz,  letzt  kalt, 
und  wissen  nicht  wohin.  Opitz  2,  (i6. 

nach  alle  dem  werden  die  bewegenden  leidenschopen  selbst,  sowie 
ihre    ausbräche  und   die   durch   sie   bewirkten   handlunyen  heisz 
genannt:    so   jemerlich    betrogen,    das  were  zu  heis  und  zu 
i    hart.  Llther  6,  tos';  ir  hei-z  ist  in  heiszer  andachl.  Hos.  6,6; 
I    meine  heisze  threnen  und  gebet.  Tofr.  7, 13;  derowegen  halte 
j    ich  davor,  dasz  die  erste  liehe  die  heiszeste  ist.  Scu»eikichen 
1,74;  unter  . .  heiszen  wollustküssen.  Hei.\>e  Ardinyhetlo  1. 123; 
alle  heisze  werte  meiner  begeisterung.  j.  Pai:l  Hrsp.  rorr.  xi; 
wir    schwuren  bei  Thuiskon ,    dasz  wir  einen  adicr  nehmen 
wollten !    da    nun    mein  sechster  bnider  auch  todl  war,    da 
wurde  die  räche  so  heisz  bei  mir,  als  der  schwur!  Klupstock 
S,  185;   jähre  schon,  lange  jähre,  hab  ich  dich,  heisze.  ge- 
rechte,   wiedervpigeltende  räche  beschlossen!   s.  35;    heisze 
neugier.  Gotter  2,  69; 

man  sach  vil  heiszer  trehem 

ausz  Iren  euglin  gen.     L'hlasd  tolkxl.  457; 

wird  seine  deemiiht  schwach  und  knit 

sein  muhtwill  aber  heisz  und  prächtig.    Weckherlin  35; 

mit  heiszem  sehnen  meiner  schien.    297; 

gibt  blosz,  nur  mir  zu  trotz,  Lysandern  ihre  hand, 

Lvsandern  auf  den  sie  aus  heiszer  räch  erzittert. 

A.   Grtphils   Iti9>>    1,  199; 
die  rachlust  ist  sehr  kurz,  gehls  schon  wie  sichs  gehört, 
wird  doch  die  heisze  räch  mit  nachreu  stets  versehrt.    561; 
Assisens  engel  löscht  im  schnee  die  wilde  hitze, 
sein  heiszer  eifer  tilgt,  bis  in  der  geilheit  sitze, 
des  Übels  Werkzeug  aus.      IIaller  sclitcriz.  ije-l.  (1768)  «.66; 

und  ist  noch  irgenil  ein  groszrer, 
neiszerer  fluch,  der  siebenfältig  Verwünschungen  hinströmt. 

Klopstock  4,  22; 

neiszer  erwartung  voll.    6,42; 

zu  heisz  sei  die  Versuchung  nicht.    7,  253: 
ach,  hciszres  feuers,  liebt  ich  ein  sterblich  weih 
als  meinen  mittler.  IIoltt  Uu  ll»lm; 

würde  mein  heiszer  .«eelenwunsch  erlüllung.    98; 

nur  vom  tnchtgen  will  ich  wissen, 

heiszem  äugleii,  derben  küssen.     Göthe  2,287: 

ihre  liefgebrochnen  seiifzer  wehen 

ihrer  aiiiiacht  heiszes,  heiszes  flehen 

bin  zum  opierweihrauch. 

SEcae  qed.  23ii  {ilie  6e(«rin); 

auch  schwör  ich  heiszen  billigen  basz 

und  tiefen  zorii  ohn  imterl.isz 

dem  Iraiizmaan  und  dem  Iraiiüchen  tnnd. 

kKiot  yed.  (1!>40)  213; 


007 


HEISZ 


IIEISZ— HEISZEN 


90S 


unil  dem  jünglinp,  dem  die  liebe 
bciszes  sehneu  aiifgcweckt.     ühland  ged,  5; 
nie  kommt  das  wort,  ihr  treuen  väier, 
dem  beiszen  hcrzeusdauke  gleich.    tA; 
liest  darin  so  manche  stunde, 
ach,  und  oft  mit  lieiszcn  tbrunen.    2G9. 
und  dennoch  brachte  keiner  dieser  boten 
der  heiszgeliebten  meine  beiszen  grüsze. 

H.  Heine  lU,  46. 

bcisz  dem  cntsfpredtcnd  in  adverbialer  Stellung :  hegan  sie  heisz 
zu  weinen.  Aimon  bog.  d;  da  du  so  heisz  vveinetest  und  belest. 
7'()6.12, 12;  so  heis  ist  er  mit  hasz  und  grini  über  initli  be- 
gossen. Llther  6,  g';  so  eben  fällt  mir  der  zweifcl  heisz  auf 
das  herz.  Leisewitz  briefe  255;  presset  die  klopfenden  ver- 
gänglichen herzen  heisz  an  einander.  J.  Paul //«/).  2,1  OG;  sie 
sagte  heisz  und  leise:  comment?  3,37;  da  trieb  ein  Ideines 
wehen  die  entfliegenden  laute  hciszer  und  näher  an  ihr  herz. 
239;  eine  gute  neue  richtanstalt  dieser  art  (eine  liltcratur- 
zeilung),  nur  als  ein  frucht-  und  stachelzweig  einer  neuen 
heisz  vortreibenden  zeit  entstanden,  rorscli.  der  äslliel.  3,48; 
seinem  alleinigen  fache  hciszer  sich  weihend,  ßegclj.  1,77; 

sie  hub  beis  an  zu  weinen  sehr. 

Ambr.  lieilcrb.  227,  St,  s.  331  ; 

die  fieng  heis  an  zu  weinen  und  klagen, 

ir  bände  ob  dem  haupte  zusammen  schlagen.    241,25,  s.'ü'J; 

heiszcr  liehe  durch  dich  enkcl  und  cnkclin 

gott  und  seine  uatur.      IIöltv  95  Huhn; 

der  mcislcr  jeder  kuust  liihlt  tief,  begehret  heisz. 

Gotter  1,  197; 

er  rannt  auf  eine  binde 

so  heisz  und  hastig  vor.    Uuland  ged.  371.. 

c)  heisz  ist  der  kranke,  namentlich  der  fiebernde :  eine  fieber- 
heisze  stirne;  seine  band  war  heisz,  sein  puls  schlug  fiebernd. 

Pantelon,  sein  {des  kranken  Phylax)  bester  freund, 
leckt  ihm  an  dem  beiszen  munde.         Gellert  1,  37. 

dann  heiszt  das  ficbcr  selbst  heisz :  wie  einer  von  den  giftigsten 
Ottern  gestochen  wird,  oder  ein  heisz  schwind  fiber  oder 
peslilenz  kriegt.  Lutueu  6,  27o';  als  dies  gefiihi  mich,  mücht 
ich    doch   sagen ,   w  ie  ein  heiszes  fieber  befiel.    Tieck  werke 

l(i,  lt>9; 

wie  wenn  die  hciszc  macht 
der  Seuchen  uns  besiegt.      A.  Grypuius  1699    1,  2t0; 
gar  mancher  steht  lebendig  hier, 
den  euer  vaior  noch  zuletzt 
der  beiszen  lieberwuth  cntrisz.    Götue  12,  5G; 

auch  der  fiebernde  schlaf:  das  leben  ist  ein  schlaf,  ein  ge- 
drückter beiszer  schlaf.  J.  I'all  llesp.  4,  83. 

d)  heisz  von  dingen,  die  durch  Ihierische  wärme  einen  hohen 
iednnegrad  erlangt  haben:  schmeisle  eine  schwalbe  aus  irem 
ncst ,  das  fiel  im  also  heis  in  die  äugen ,  davon  ward  er 
blind.  Tob.  2,11;  ein   beiszen  scheisz.  Carg.  lOü' ; 

sie  {die  bremse)  leckte  von  dem  beiszen  schäume 

der  heclicbt  am  gchissc  {des  iiferdcs)  llosz.    Geli.ert  1,  45. 

5)  heisz,  von  der  bedeutung  4  ausgehend,  heiszt  stark  ver- 
langend, hochgradig,  in  bczug  auf  hunger  und  durst  {vgl.  beisz- 

bunger)  : 

so  ist  er  doch 
wohl  noch  nicht  ganz  gestillt,  der  heisze  hunger. 
Lessing  2,  2U8; 
von  beiszem  durste  glühn 
mir  Schlund  und  gaumcn.     Almkceh  Uoolin  4,  7G; 

die  glühnden  lippen  saugen 
mit  bciszem  dural  den  ihnii  der  liehe  auf. 

Wieland  21,  14  {(Iheron  7,  15); 

damit  in  bezidtung  stehend  ein  Sprichwort:  er  hat  einen  beiszen 
inagen,  hat  haus  und  bof  vcrdeuel.  Sciiottei.  1125*. 

»;)  heisz  von  dingen,  die  liilze  im  körpcr  erzeugen:  heisze 
weine,    ball.  st.  15,120; 

ach!  was  isis  ein  gro^zcr  Jammer, 
im  fall  ein  beUzcr  gift  beschicichl  ko  manche  kammer, 
erwürget  jung  und  alt.  Kist  l'unt.  5'J2; 

die  armen  socien  bri>izrn 
der  liebe  «fiizes  glTt.    nie  wiihli  sein  heLtzer  braod 
io  ihrem  bluil        Wieland  23,  II  {Obermt  7,  II). 

7)  juriitiich  auf  bciszem  fuszc  verfolgen,  während  die  fusj- 
ipur  des  rerbrediert  noch  warm  ist,  auf  frücher  that :  also  sollen 
unsere  bcanilc  was  angcIrolTen  und  flüchtig  wird,  auf  heiszeiii 
fuszc  verfolgen.  cmTnu  comtit.  Brand.-Culmb.  2,1,  f.  tllG. 

8)  bviitz  übertragen  von  färben  und  lildeni:  ein  gcmUldc  in 
li'ix/'ii,  ».:!iilii  ii>1c;ii  färben;  insgemein  braucht  die  lyrische 
1  •-  '  .'i!)  In  I  /•■  bilder  und  bricht  sie  ineisicn«  kurz  ab,  um 
liotL  uiiitit  .:.uu  geben  zu  kriiinen.  J.  (Ihimm  'iltd  walder  1,21. 


9)  im  miltclalter  und  bis  auf  die  neuere  zeit  herab  wurden 
menschen  und  dinge  ihrer  complexion  nach  bcisz,  kalt,  trocken 
oder  dürr,  feucht  oder  uasz  genannt;  vergl.  die  ausführliche  dar- 
legung  unter  kalt  llieil  5,  78 /f.  Sanguiniker  galten  für  bcisz  und 
feucht  (Mecenuerg  373,17),  daher:  heisz  und  wunsam  oder 
frolich,  hilaris.  toc.  ine.  tiieut.  i  3'.  cholerilier  werden  als  heisz 
und  trocken  gedacht :  colericus  trucken  und  heisz  Uief.  13l', 
und  so  berührt  sich  diese  bedeutung  viit  der  oben  4,  b.  vergl. 
auch  bilzig. 

HEISZ,  n.  hilzc: 
so  ölTncn  wir  das  licht  durch  freundlich  gegenschauen, 
erleuchten  seinen  sinn,  entzünden  ihm  ein  heisz 
dadurch  in  ihm  zerschmelzt  der  zagheit  kaltes  eisz. 

LoGAU   2,  11. 

HEISZ,  HJ.  geheuiz,  befehl:  von  dcj  rats  bcij;.  deutsclie 
slädtechron.  4, 148,  2 ; 

es  ist  des  divans  schlusz, 
der  janitscharcn  heisz  disz,  was  er  reden  musz. 

Lüuenstein  Ibrali.  90,  66; 
der  auf  der  obcrn  heisz  musz  böser  böte  sein.     103,  489; 
ich  will  des  kaisers  heisz  unweigerlich  erfüllen. 
Agriignna  4S,  ivl. 

HEISZADEH,  f.:  alii  in  pollice  venam  vulgo  dictam  die 
heiszader  iu  pluthoricis  secaudain  coiumendant.  Ürügühann 
ep.  iliuerar.  xiv. 

llElSZBLUTEiN'D,  pari.: 

hciszblutend,  todt  sahst  du,  heiliger,  dich 
ewig  her,  vom  beginn  an.     Klopstock  6,  228. 

HEISZBLÜTIG,  adj.  1)  Iwiszes  blut  habend,  in  bezug  auf 
sdugcthiere  gegenüber  fischen,  amphibien:  das  schwein  ist  ein 
heiszblüligcs  thier.   hannov.  magazin  1844,  s.  306. 

2)  nach  heisz  4,  b,  unruhiges,  von  Icidcnschaflen  leicht  erregtes 
blut  habend:  die  Italiener,  ein  heiszblütiges  volk. 

HEISZE,  f.  idtze:  heisze  ardor  Steinbacu  1,  729;  nach 
heisz  8 :  linker  seile  des  ^eniäldes  geht  alles  in  flucht,  nackt 
und  bekleidet,  von  der  heisze  des  lichts  geblendet.  Hei.nse 
in  den  bricfen  zwischen  Gleim,  llcinse  u.  Müller  hoausg.  v.  Kürte 
{Zürich  isüG)  1,  348.     vergl.  das  adj.  beiszig  unten. 

IIEISZELWOUT,  n.  ein  von  Zwingli  gebildeter  ausdruck,  den 
LuTUER  3,445'  anführt  und  kritisiert:  aufs  vicrde  kömpt  er 
(Zwingli)  auf  die  wort  im  abendmal ,  und  teilet  dieselbigen 
in  zwei  thcil.  aus  etlichen  macht  er  befehl,  die  uns  etwas 
beiszen  thun  oder  befehlen,  als  diese  (nemet,  esset),  aus 
etlichen  macht  er  rede  oder  gespieche,  die  uns  schlecht  sagen, 
was  geschehe,  aber  ich  mus  hie  seines  lilzichten,  feindseligen 
deudsches  brauchen,  welchs  im  doch  viel  bas  gefellet,  denn 
dem  storke  sein  klappern ,  wiewol  einer  schwitzen  mücht, 
che  crs  verstehet,  er  wil  so  viel  gestammelt  oder  gehustet 
(ich  soll  sagen)  geredl  haben,  wo  golt  gebeut,  da  sind  heiszel- 
wort,  als  du  soll  kein  ander  güttcr  haben,  wo  er  aber  etwas 
thut,  da  sind  thallich  wort,  als  gcu.  1.  es  werde  lieclil.  der 
ausdruck  wird  noch  mehrmals  angezogen,  vgl.  445'.  446'.  447'.  484*. 

HEISZEN ,  verb.  I)  heisz  machen ,  mlid.  hcijen :  beiszen, 
heizen,  calcfacere,  inflammare  SriEim  s22;  der  hcimknecbt  sal 
im  winther  bolz  vor  alle  sluben,  die  mau  inheiszet,  tragen. 
MiciitLSEN  Mainzer  hof  s.  40.     vergl.  heizen. 

2)  heisz  sein  (ahd.  beijcu) :  esluare  beiszen ,  nrf.  beilca  .«. 
harnen  Uief.   211";  von  der  Siedehitze:  beiszen  scatcre  517*. 

HEISZEN,  verb.  jubere,  vocare ;  vocan,  nominari. 

A.  Formelles,  golh.  hailan ;  alls.  betau ;  altnfr.  beilan,  nl. 
helcn;  ays.  hiilan ;  a/Z/'nes.  bei a;  u//h.  heila,  schwed.  heia,  dän. 
hcJde;  ahd.  heijan,  mhd.  bcijcn.  gemäsz  den  alten  flcxions- 
vcrhällnissen  des  Wortes,  das  sein  practeritum  redupliciercnd  bildete: 
goth.  baihait,  part.  haitans,  ags.  hebt  und  bei,  pari,  gchäten, 
ahd.  mhd.  biaj,  hiej,  part,  guhcijan,  gebcijcn,  ist  im  nhd.  in 
der  schriß.<:prache  wol  bis  jetzt  uneingeschränkt  das  praet.  bicsz, 
pari,  geheiszen  gebrauctU  worden,  mitteldeutsdie  mundarlen  aber 
liaben  das  bestreben,  das  verbum  nach  analogic  von  scheiden  in 
den  formen  zu  verderben  und  bilden  neben  dem  pari,  geheiszen 
auch  mit  Vorliebe  gebicszcn.  • —  In  Verbindung  mit  dem  hilfs- 
verbum  haben  leidel  (/as  ;m;7ici/*  geheiszen  Verkürzung  zu  beiszen  : 
gut  bat  sie  nil  besiclt,  oder  haiszcn  reden.  S.  Frank  parad. 
Km';  habe  ich  doch  den  narren  nicht  kuiumcn  beiszen. 
Lkhsikc  1,223; 

bat  dich  mit  steter  acht  zu  ehruu  nuszcrkohreD,  .  .  . 
dir  lii'ilig  heiscon  sein  das  schone  wundorfold 
so  deinen  namoii  liihrt.  Opitz  1,  94. 

vergl.  die  ausfühningrn  bei  halten  s]>.  74. 

ktymolcgtsch  tsl  beiszen  an  sanskr.  kfla  auffordrrung ,    ein- 

iiitiiiui,    /.--.r/, ;,•;).    ifrlauijcn,  absieht,   kelaiia  uuffiirdening,  eitt' 


909 


HEISZEN 


HEISZEN 


010 


Iddung,  kvla^aü  er  fordert  auf,  /adf<«n  (Böhtlisgk-Roth  2,423) 
angelehnt  vorden,  nicht  ohne  tcahrscheinlichkeit  trotz  der  im  aus- 
laiil  der  trurzel  gestörten  lautverschiebung.  venn  danach  aus  der 
ersten  bcdeutung  des  Wortes  auffordern  sich  später  eine  zweite 
•rennen,  benennen  entwickelte,  so  konnte  das  gotfrische  für  den 
begriff  ich  werde  genannt,  nenne  mich,  noch  die  passive  form 
haitada  verwenden,  die  in  dem  ags.  halte  rocor,  nominor  (Grein 
2,  IT),  vielleicht  auch  im  altnord.  heiti  (Scherer  zur  gesch.  d.  d. 
spr.  197)  noch  nachklingt;  nach  dem  frühen  Untergang  des  pas- 
sivums  in  den  deutschen  sprachen  wurde  die  letztgenannte  passive 
bedeutung  auf  die  einzig  gebliibene  activform  übertragen,  so  dasz 
seit  der  ahd.  zeit  heiszen  die  begriffe  auffordern,  nennen  und 
genannt  werden  auszudrücken  hat. 

B.  Bedeutung. 

I.  heiszen  activ. 

1)  der  begriff  auffordern,  fordern,  befehlen,  IriU  in  mehrfacher 
fügung  auf 

a)  mit  dem  acc.  der  person :  der  sigrist  thets,  wie  sie  ihn 
hiesz.  b.  d.  liebe  2Hi' ;  anch  vertilgeten  sie  die  Völker  nicht,  wie 
sie  doch  der  herr  geheiszen  hatte,  ps.  106,34;  sich  heiszen, 
weisen  und  lenken  lassen.  Recter  v.  Speir  kriegsordn.  31; 

sin  swpster  bede  wo!  gevar 
Gäwän  zuo  zim  sitzen  lieg: 
iewedriu  tat  als  er  si  hiej.    Parz.  636,30. 

vielfach  mit  einem  bestimmenden  zusatze,  wobei  es  nicht  nüthig 
ist,  ellipse  eines  rerbums  der  bewegung  (gehen,  kommen)  anzu- 
nehmen :  so  soll  der  schultheisz  alle  gcrichtsleut  und  recht- 
beisilzer  vor  sich  heiszen.  Recter  v.  Speir  kriegsordn.  52 ;  ich 
fluchte  also  und  hiesz  den  kerl  und  sein  fuhrwerk  zu  allen 
teufein.  F.  Jacobi  j;j  Mercks  briefs.  2,123; 

alsbald  die  priesier  für  sich  hiesz. 

B.  Ri^iGWALD  er.  F  6" ; 
die  hofjUDkfrau  mich  zu  euch  hiesz. 

i.  Äther  95«  (4S2,  7  Keller) ; 
letzt  aber  soltu  berein  heiszen 
den  absolvierten  graf  Reinmundt, 
das  er  gleich  zu  uns  komb  jetzund.    34S'  (1745,10); 
kamerfrau,  heist  die  Jungfrau  rein !    422*  (2123, 24). 

b)  mit  dem  acc.  der  sache:  ich  thü  alles,  das  man  heiszet. 
lilensp.  64,  s.  94  Lappenb. ; 

tu,  was  der  himmel  heiszet! 
nimm  der  bequemheil  war,  eh  sie  sich  dir  entreiszet! 

Flkmikg  129,  33  Lappenb.; 
dafür  steht  ein  infinitiv:  da  Jhesus  viel  volks  umb  sich  sähe, 
hies  er  hinüber  jenseid  des  meers  faren.  Matth.  8,18; 

was  hciszt  der  himmel  dann,  wann  er  nicht  liehen  heiszt? 
IIaller  Schweiz,  ged,  (176S)  75. 

c)  steht  der  inßnitiv  heiszen  substantiiisch,  so  wird  das  object 
unterdrückt:  nach  ewerm  heiszen  und  gebot.  Aimon  bog.  f; 
ein  sonderlicher  wind,  der  nicht  von  natur,  sondern  aus 
goltes  heiszen  und  sprechen  schnee  und  eisz  zu  wasser 
macht,  so  bald  und  so  leichtlich.  Luther  5,  470*;  selbst  thufs 
gar,  heiszen  die  helft,  bitten  ist  umsonst.  Schottel  1120';  die 
Obrigkeit  hat  das  heiszen  und  gebieten,  die  unterthanen  das 
thun  und  lassen.  Pistohiüs  thes.  par.  8,  ho.  36. 

d)  heiszen  mit  persönlichem  und  sächlichem  acc.j  eine  sehr 
häufige  fügung,  wenn  die  sache  allgemeiner  durch  ein  pronomen 
bezeichnet  werden  kann ;  so  höre  nu  mein  son  meine  stimme, 
was  ich  dich  heisze.  l  Mos.  27,  8 ;  ich  habs  euch  geheiszen. 
2  Sam.  13,28;  wenn  dich  der  prophet  etwas  groszes  bette 
geheiszen,  soltestu  es  nicht  thun  ?  2  kön.  5, 13 ;  das  du  thu.st 
alles  was  ich  dich  heisze.  2fAron.  7, 17;  was  eine  mutter  die 
kinder  beiszeL  Sir.  3,3;  wie  und  was  gott  ain  iedes  ding 
haiszt,  das  ist  sein  wille  und  natur;  als  wan  er  hiesz  ain 
stain  emporschweben,  so  machet  er  mit  diesem  haiszen  und 
wollen,  dasz  disz  sein  natur  were.  S.  Frank  .  .  . ;  gott  hat 
nicht  zu  ihn  geredt,  noch  sie  etwas  gehaiszen.  parad.  106'; 
wie  er  das  geredt  hatte,  da  gieng  Theagenes,  und  thet  was 
er  in  hiesz.  b.  d.  liebe  210";  hast  du  im  sinne  das  zu  thun, 
so  kan  ich  dich  es  nicht  heiszen ,  kan  es  auch  nicht  wol 
wehren.  212*;  mein  Schwester  sol  das  jenige  thun,  was  du 
sie  heiszest.  213' ;  ich  befihle  dir,  was  ich  dich  heisze,  das 
es  geschehe.  288";  dasz  ich  es  so  öffentlich  sagen  sol,  das 
werdet  ihr  mich  nicht  heiszen.  Schlppics  11;  liebe  Laura! 
Hu  kannst  mich  das  heiszen?  Klirger  theater  2,136; 

der  dritt  thut  seilen,  was  man  in  haiszt.    fasln,  sp.  730,  21 ; 

alle»,  was  ich  dich  heisz  das  thu.    E.  Albercs  s.  11; 

was  er  dich  heist,  das  wiltu  thun.    11'; 

ich  will  ja  singen,  gott  der  taumelnden  Mänadc, 

was  deine  trunkne  wut  mich  heiszt.    RAat.iR. 


c)  das  sächliche  object,  das  meist  einen  zustand  oder  eine  that 
ausdrückt,  wird  nicM  durch  ein  nomen ,  sondern  durch  einen 
infinitiv  bezeichnet,  diese  fügung  wird  vielfach  als  acc.  cj(m  inf. 
bezeichnet,  sie  ist  indes  damit  so  wenig  zu  vergleichen,  wie  etwa 
die  Verbindung  ich  lehre  ein  kind  lesen ;  denn  ich  heisze  dich 
eilen  steht  nur  für  idi  heisze  dich,  oder  befehle  dir  das  eilen; 
goth.  haihait  galei})an  sipönjans  hindar  marein.   }Iaiih.  8.  is; 

mhd.  des  bewag  er  sich  zehant 

und  begunde  bögen  an  die  want: 

er  hiej  sich  läjen  dar  in.    d.  arme  ücinrich  1259, 

nhd.  er  hies  in  hin  aus  gehen.  1  Mos.  15, 5 ;  da  nu  die  morgen- 
röte  aufgieng,  hieszen  die  engel  den  Lot  eilen.  19,15;  da 
mich  aber  gott  aus  meines  vaters  hause  wandern  hies.  20,13; 
sol  in  der  richter  heiszen  niderfallen.  5  .Mos.  25,  2 ;  heis  in 
aufstehen.  2  kön.  9,2;  sie  baten  in,  das  er  sie  nicht  hiesze 
in  die  tiefe  faren,  Luc.  8,  31 ;  dasz  er  sein  weih  wolt  heiszen 
ins  becken  springen,  b.  d.  liebe  2S%';  anlwort  ihm  der  keiser, 
und  hiesz  ihn  stillschweigen.  Zinkgref  apophth.  l  (1626)  50; 
ich  wollte  also  lieber  warten,  bis  mich  der,  der  mich  ver- 
steckt hatte,  selbst  wieder  hervorkommen  hiesz.  Lessing 
1,253;  und  habe  also  den  reim  an  galgen  heiszen  gehen. 
3,377;  Olivie  hiesz  mich  ihr  nachlaufen  und  sie  festhalten. 
Göthe  25,361; 

er  hiesz  in  so  fräflichen  liegen  (lügen) 

wol  zu  der  selbigen  stund.    Uhland  volkst.  306; 

und  Flora  heiszet  es  zweimal  hier  frühling  sein.    Opitz  1,27; 

in  summa  was  in  sich  luft,  see  und  erde  hält, 

das  heiszt  uns  lieben  jetzt  und  mitte  sein  gesellt. 

FLK»n<c  62,  144  iMppenherg; 
mag  anch  ein  schöner  tag  gefunden  werden  können 
wol  durch  das  ganze  jähr,  der  unsre  mut  und  sinnen 
durch  sich  selbst  mehr  vergniigt  und  heiszt  uns  frölich  sein? 

148,3; 
auch  den  söhn,  der  eher  starb,  eh  er  anfing  hier  zu  leben, 
der  mit  finstrer  nacht  beringt  sich  zum  grabe  vor  gegeben, 
eh  er  sich  ans  licht  begab,  hiesz  der  herr  gehn  nahe  vor. 

LoGAC  2,  47 ; 
{in  der  stadl)  war  ein  poet,  der  die  Verdienste  pries, 
die  lugend  durch  sein  lied  belohnte, 
und  durch  sein  lied  unsterblich  werden  hiesz. 

Gellert  1,  179; 
Elmire  kömmt,  und  heiszt,  vom  zorn  bewegt, 
die  mäurer  aus  einander  gehen.  180; 

du  hast  aus  nichts  den  himmel  und  die  erden, 
und  alles,  was  darinn  ist,  heiszen  werden!    Klopsiock  7,230; 
wer  biess  die  millionen  lichter  {sterne)  brennen? 

Gotter  1,  401; 
komm,  schöpfe  wieder  ruh !  heisz  deine  sorgen  schwinden !  ' 

2,34; 
und  er  hiesz  mich  freundlich  trinken.     Göthe  1,  199; 
heisz  mich  nicht  reden,  heisz  mich  schweigen.    19,  262; 
er  hiesz  ins  schiff  sie  treten.    Ubland  gcd.  247. 

Die  Infinitive  tran.^liver  rerben  können  hierbei  iJirerseits  wieder 
einen  objcctsaccusativ  nach  sich  ziehen,  so  dasz,  da  die  infinitiv 
form  selbst  als  accusatir  angesehen  werden  musz ,  ein  satz  drei 
accusative  enthält,  von  denen  zwei  vom  verbum  heiszen  abhängig 
sind,  der  dritte  zu  dem  sächlichen  object,  dem  infinitiv,  gehört: 
hieszen  Ulenspiegel  die  pferd  anspannen.  Ulcnsp.  64,  s.  93 
Lappenb.;  \r  hieszen  mich  das  hus  räumen.  5.94;  man  will, 
ich  sei  eines  der  schönsten  gcschöpfe,  womit  du  die  weit 
gezieret,  und  meine  eigenliebe  heiszt  mich  es  glauben.  Les- 
sixc  1,132;  das  heiszt  leiite  vexieren.  292; 

mtid.  dö  greif  er  ellenthafte  zuo 

und  bieg  si  {dir  todte  Kric/nbitd)  schiere  baren 
die  liute  die  da  wären.  klage  397: 

n/irf.    hiesz  gott  den  vaiter  {.Abraham)  tödten  in. 

Schwarze>'berg  102*; 
ein  fürst  kann  andern  wol,  nachdem  er  will,  gebieten; 
du  dir  und  der  natur,  du  heisrest  dich  kein  wüten 
empfinden,  welches  dich  die  du  es  heist,  verzehrt. 

A.  Grtphics  1698  2,  458; 
auch  hat  er  Stadt  und  land  schon  manchen  heiszen  meiden. 
IIaller  scUwei:.  gcd.  (1768)  113; 
denn  sonst  errathen  sie,  woran  es  ihm  gebricht, 
und  heiszen  ihn  die  zeitung  lesen.    Gellert  1,  102. 

das  object  wird  nur  verstanden : 

der  pri«ster  bringt  den  kelch;  man  wirft  die  ioose  drein; 
rings  um  ihn  her  liegt  alles  aul  den  knieen; 
er  murmelt  ein  gebet,  und  heiszt  nun  jeden  ziehen  {das  Inns). 
Wiela:<p  23,  IS  (O&cion  7,22). 
bei  Infinitiven  reflextter  verben  kann  diese  ßgung  hart  klingen : 
ein  starker  lasier  heiszt  dich,  schwächern  dich  entziehn. 

IIaller  schwelt,  ged.  (17tiS)  77. 


911 


HEISZEN 


HEISZEN 


912 


ß  der  inßnitiv  tcird,  bei  sonst  der  voriqen  gleicher  ßgung, 
durch  zu  venuillell,  ein  namenlUch  von  Güthe  bei'OiziniU'r  brauch 
{es  ist  u'ul  die  anulogie  von  liillen,  üufroidein  cnlscheidcnd  ye- 
Kcsen):  als  er  eiwas  lieiindliclies  gesprucLen  und  mich  zu 
blcibi-a  gebeiszen  liatle.  '^5,355; 

hoch  anl  dem  alten  thurmo  steht 

des  hehlen  edler  ceist. 

der  wie  das  scliiff  vorübergeht 

es  »Olli  {II  1.11  ren  hei:>zt.    i,  106; 

um!  das  vergiingne 

hfis7t  mit  veiuuiien 

vorunrls  zu  schauen, 

scbniicii  zurück.      119; 

ich  folge  jenem  trieb,  der  mir 
schon  lani.'  den  »eg  zur  llucht  gezeigt,  schon  lange 
miLh  deiiiLT  ijruniiei  aul  ewig  zu 
entziehen  liiesz.  lu.  'iu'i ; 

Jcpinpn  {aw.eiihlicl;),  an  dem  nuMn  herz  mich  gphpi«zen  liölle 
iliiii-n  zu  stiiroilieii.  IC,  9s;  li;il  dich  denn  dein  hi'iz  gelic.iszen 
auch  nur  jctnals  das  geringste  für  ihn  zu  liiuii?  2(i.  140. 

y)  stuU  des  inf.  fuliß  ein  abhiinyiiier  salz:  nüid.  so  hie;  er  si 
dnj  si  sich  ouj^iin  dien  »'«iiilon.  Wackernacel  lesrb.'ili.2i; 
d«')  wart  der  richlcr  zornig  und  bij  einen  slnen  kuechl  duj 
her  djr  ging.  d.  myst.  1,  21,  3« ; 

nü  h''\i  ander  dine  süne 

d;ii  si  sich  mit  ilem  plluoge  müen.    Helmbrecht  Z%i ; 
n/id.  Iiollmeisier,  ich  heis/.e  da  dich 
diis  du  thuest  beseiiden  i:ar 
niein»  suns  von  Kngellaiit  schar, 
(las  sie  dit  zuo  mir  her  tretteii. 

üüiiELER  7326  Mertdorf; 

do  was  ein  wirlin,  die  liiesz  mich,  ich  soll  in  bringen  {den 
kianki-n  in  ihr  huus).  Th.  I'latter  TS;  auch  ohne  acc.  der  pcrson : 
tuid  Jesaia  hies,  man  solle  ein  pQasler  von  feigen  nenien. 
Jes.  38.  21. 

//)  seit  dem  vorigen  Jahrhundert  nachweisbar  ist  das  setzen  eines 
fiersünlichcn  datiis  für  den  aUbervchiiijlen  accusaliv:  E.  weswegen 
Soll  ich  mich  freuen?  //.  weil  ich  dirs  heisze.  Lessing  :u<)6; 
er  findet  in  dem  zimmer  des  Leiio  ein  kleid  der  Silvia, 
weiches  ihr  Mario  ablegen  hei-^zen.  4,363;  wer  heiszt  es  nun 
dem  bi'rrn  Dusch,  auf  die  recbnung  der  astronomen  in  einem 
so  patbelischen  lone  so  greulich  zu  lügen?  6.100;  denn 
wer  hie>z  ihm,  die  ganze  i  Omisclie  peschichle  auf  ein  scliild 
bringen?  4h2  nole ;  der  eine  will  dem  andern  etwas  sagen, 
und  dieser  iieiszt  ihm,  es  bis  nach  lische  zu  versparen. 
11.432;  sie  beiszen  mir  das  l.ite  baupisiück  der  aristole- 
lischen  dicbikunsl  .  .,.  nachlesen.  Mendelssohn  bei  Lessing 
13.48:  wer  heiszt  ihnen  nun  die  scbiinheit  dieses  groszen 
eindrucks  ...  anfecblen?  Moser /»a/r.  p/iü/ii.  1  (1798)  113;  tliun 
sie  es  nicht!  sagte  sie;  denken  sie  an  Lullen!  denken! 
sagie  ich,  bniucben  sie  mir  das  zu  heiszen?  Göthe  16,131; 
der  herr  hals  ihm  gebeiszen.  Schiller  räuber  1,1; 

nichts  als  die  «teile  von  dem  eid  hlicb  weg, 
wie  deine  excellenz  es  mir  peheiszeii.     I'iccolomini  4,2; 
wann  liiesz  ich  dir  die  schrift  an  nurlcigh  geben? 
M.  SLihirt  b,  14. 

i)  im  grgensalze  zu  \,e  sieht  der  von  heiszen  abhängige  in- 
finitic  im  passirni  sinne,  riß.  die  ausfuhrungen  gramm.  i,6\.  G2: 
du  ich  hie;  npheriin  agnnm  iinmaculatum  (ungeflecbol  lamb). 
NuTüEa  ps.  39  {llallcmer  2,  l4o'); 

er  bie{  die  brüke  nider  l&n.    lieein  4978, 

SO  soll  er  die  steine  heiszen  ausbrechen,  i  Mos.  14,40;  da 
er  wider  heim  kam,  liics  er  im  brot  auftragen,  und  asz. 
iSani.  12,20;  Jehu  aber  jagt  im  nach,  und  hies  in  auch 
»chlahen.  7  kön.  9,27;  hies  ich  die  Ibür  znscblieszen.  A'c/i. 
13.1«;  da  die  wort  Esther  wurden  Mardachai  angesagt,  hies 
Mardachai  Esther  wider  sagen  ...  £»7//cr  4,12;  hies  die  chro- 
nica und  die  iiistorien  bringen.  6,1;  da  ward  der  könig  seer 
fro.  und  hies  Daniel  aus  dem  graben  ziehen,  ßon.  6,  23;  gab 
das  heiilit  Huloferni»  irer  magd,  und  hies  es  in  einen  sack 
flos/en.  Judith  13.10;  darnach  hies  Haguel  einen  scheps 
schlachten,  und  da»  mal  bereiten.  Tob.  7,9;  da  crs  nicht 
bitte  zu  bezalen,  hie«  der  herr  vcrkeufen  in  und  sein  weih 
und  »eine  kindcr,  und  olles  was  er  hatte.  Mallh.  i%,2!>\  und 
er  hirs  den  wagen  ballen,  aposlrlgescli,  8,38;  sitzeslu  und 
richte«!  mich  nach  dem  gescize.  und  beiozesi  mich  schlaben 
wider  do"«  genelze?  23.3;  Alexander  verwundeil  »ich  de» 
n)eii«rben  kiinheit,  und  hiest  ihn  under  die  ritterschafl  zelen. 
*-:"     '/r.  (liOü)   10*; 


den  hastu  allen  Türgestelt 

mit  groszen  giunlen, 

zu  seinem  reich  die  ganze  weit 

heiszen  laden.         Luthrr  H,  359"; 

sie  |p;il)en  slahlpewanil  begehrt, 

und  liieszeii  satteln  ilire  piurd.    Uiiland  qed.  339. 

k)  für  einen  solchen  inßnitiv  vrrwendfn  fiUere  quellen  auch  das 
pari,  proet.  (m/irf.  irfo.  1,  6.5»'):  daruinh  haben  wir  disen  brieve 
heijjen  gemacht  und  geschriben.  deutsche  slädlrrhron.  4,133.6, 
vgl.  138.33;  darnmb  daj  e;  fiirba;  also  stet  belibe,  haben 
wir  dis  zedel  in  unser  stalpnch  hei;5en  geleil.  159,32.  mit 
wechselndem  inf.  und  pari.:  darumb  haben  wir  disen  brief 
haij^en  schiiben   und  gemachet.   131,14. 

2)  besonders  hervorzuheben  i.sl  eine  stehende  formel :  wer  heiszt 
dich  das  thun?  tio  heiszen  in  der  bedeulung  1,  aber  ironisch 
.•ilrhl.  und  ein  unhefugtes  thun  kenn  zeichnen  uilt :  wer  heiszt  ihn 
denn  ausgehen,  gleich  da  ich  ihn  bniucbe?  Le<sisg  1.342; 
imverscli.-iinlerl  s:igle  Loiliaiio,  wer  heiszt  dich  buichen ! 
wer  heiszt  sie  sich  cinscblieszen !  versetzte  Friedrich.  Götue 
20,306; 

ein  altes  m.thrchen  endet  so, 
wer  Iieiszt  sies  deuten?    12,  "239 j 
m;iii  hat  gesagt:  sie  haben  es  verdient! 
wer  hat  sie  rebelliren  denn  gebeiszen? 

Freiligratu  i/e«.  dicht.  3,  142. 

statt  des  persönlichen  acc.  sieht  auch  hier  ein  dativ ;  vgl.  beispiele 
unter  1,  h  oben, 

3)  heiszen  in  dem  milderen  sinne  bitten,  begehren,  berührt  sich 
mit  heischen  {sp.  8971:  da  tbet  er  den  mnnd  uf  und  beist 
den  ganzen  rat  zfi  im  und  bat  in  gar  demnliglicben,  da;  sie 
im  wollen  ein  bet  {bitte)  geweren.  UUnsp.  58,  s.  85  Lappenb. ; 
habe  ich  meinen  freund  beleidiget ,  so  lasse  er,  heisze  ich 
bilselig,  vermittels  der  wohlneigung,  di  Verzeihung  darüber 
ein  Iriumffest  anstellen.  Butschky  hd.  kanzellei  57; 

das  bottenbrot  das  du  heisi  mir  (von  mir). 

IIÜHKLER  Hi31  Mertdorf, 

gegen:    ein  bottenbrot  das  heische  ich.    1610. 

4)  aus  der  bedeutung  des  mündlichen  befehlens  und  nament- 
lichen auffurderns  konnte  sich  leicht  der  sinn  rufen,  nennen, 
benennen  entwickeln,  auch  hier  gibt  es  verschiedene  füyungen  und 
scliallierungcn  der  bedeutung. 

a)  nennen,  rufen  in  bezug  auf  einen  namen,  sei  er  individuell 
oder  allgemeiner,  tilel,  würde :  gnih.  jali  haitais  namo  is  Johannen. 
Luc.  1,13;  ahd.  er  gesamenöt  chiistianos  in  ajcclesia,  dia  er 
ulrem  (uderbalch)  beijet.  Notker  ps.  32  {llattenier  2.109*); 
mhd.  da;  klaget  ouch  sente  Johannes  in  apocalipsi  über  di 
di  sich  Juden  bei;en  und  nicht  Juden  sin,  und  krislen  heijen 
und  nicht  krislen  sin.  d.  myst.  1,7,33;  nhd.  sclinff  sie  ein 
menlin  und  frewlin,  und  segenet  sie,  und  hies  iren  namen 
mensch.  1  Mos.b,2;  des  namen  sollu  Ismael  heiszen.  16,11;  ir 
soll  das  funfzigst  jar  heiligen,  und  solts  ein  erlasjar  heiszen 
im  lande.  3  3/os.  25,  10;  denn  die  man  itzt  propheten  heiszt, 
die  hies  man  vorzeiten  scher.  1  Suhl  9,9;  Absalom  ober 
hatte  im  eine  senic  aufgerichl  . . .  und  hies  die  seule  nach 
seinem  namen.  2  So»».  18, 18;  die  verwesimg  heis  ich  meinen 
vater.  Hiob  17,14;  niemand  kann  Jhesum  einen  herrn  heiszen, 
on  durch  den  heiligen  geist.  1  Cor.  12,3;  Jüngling,  lasz  dich 
entweder  nicht  mehr  Alexander  heiszen,  oder  wenn  du  ja  so 
heiszen  wilst,  wie  ich,  so  befleiszige  dich  auch  der  lugend. 
ScHUPi'ius  277;  wie  meint  er  nun  wohl,  herr  Till,  dasz  die 
leute  den  bieszen?  wie?  —  einen  liefsinnigen  köpf,  ja 
warum  nicht  gar?  einen  narren!  Engel  philos.  f.  d.  weit  1 
(1775)  66; 

er  beiszt  oie  in  der  angst  wol  gor  die  Zauberin, 

die  ihm  durch  acharlon  gifl  verlabme  krnll  und  sinn. 

Flemimg  (h),  195  Lappenb.t 

die  weit,  die  musz  uns  herrcn  heiszen.     113,  61; 

mit  derer  icli  ncli&izchen  und  herrchen  mich  heisze. 
Lor.*u  2,  12«,  34; 

»io  erblickten  das  bild  der  schön  erwachsenen  jungfVau 

und  die  lieblicbeu  madcbon,  noch  eher  kinder  in  heiszen. 

GOTii«  40,  •;i»4 ; 

nch  nllm !  slAbnt  einst  ein  ritler:  ihn  traf  des  mAnler«  itoft ; 

allmtichigerl  wollt  er  rufen:  man  bictz  davon  da«  xhlotz. 

(JuLAND  ijiit.  365; 

in  der  allilterierenden  Verbindung  heiszen  und  halten:  tag  es 
deinen  milbrddern  von  mir,  wiewo!  sie  mich  ein  heuchler 
und  oblrinnigen  heiszen  und  halten  werden.  H.^acos  dtal 
75,  18. 

b)  bei  dieser  bedeutung  ist  auch  das  profdicat  nicht  in  den  acc. 

»nii(/crn    iii    tirti   iimii    nr\,l:l  liiramin.  i.  ä!I'.'K    der  dann  nls  rncatiV 


913 


HEISZEN 


HEISZEX 


914 


fungiert,  die  fälle  sind  nur  da  erkennbar,  wo  ace.  und  nom.  in 
der  form  geschieden  sind.  golh.  aj)j)an  hva  mik  haitid  frauja, 
frauja?  Lue.  6,46;  ahd.  mhd.  ir  heijent  mich  meister  und 
herro.  Waceer.nagels  leseb.  (1S61)  320, 16 ; 

sin  name  heidenscb  was  so  her 

daj  man  in  hicj  der  bäruc.    Parz.  13,  21 D; 

nhd.  was  heiszt  ir  mich  aber  herr,  herr?  Luc.  6, 46;  sie  wird 
einen  son  gebaren,  des  namen  sollu  Jhesus  heiszen.  Mallh.  1,21; 
kamen  sie  zu  beschneiten  das  kindlin  und  hieszen  in  nach 
seinem  vater  Zacharias.  Luc.  1,59;  als  ich  dieses  gehöret, 
Säumete  ich  nicht  ihn  herr  doctor  zu  heiszen.  Schcppics  545; 
sie  hieszen  sich  einander  du.  E.  Albercs  111'; 
ich  hiesz  ihn,  mein  Montan;  er  mich,  mein  herz,  mein  leben. 

Gellebt  3,  450. 

c)  für  eine  rein  passive  ßgung  er  wird  geheiszen ,  er  ist 
geheiszen  sieht  reflexives  ich  heisze  mich  (wie  ich  nenne  mich 
gegen  ich  bin  genannt): 

Th.  zum  ersten  rede  du,  und  sprich:  wie  nennst  du  dich? 
0.    ich  heisze  mich  Orest.  J.  E.  Schlegel  1,66; 

der  fuhrmann  —  er  hiesz  sich  Wertheimer.  Höfer  in  Wesler- 
manns  monatsheflen,  febr.  1866,  s.  452. 

d)  heiszen,  bezüglich  einer  begri/fsbestimmung ,  etwas  unter 
einer  bezeichnung  verstehen  :  der  nem  fünf  piilulas  .  .  .  und 
nem  die  in  kseswazjer  oder  in  molken ,  da;  haig  ich  all; 
ain;  {beides  ist  ein  begriff).  Megenberg  90,5;  seele  aber  heiszet 
er  nach  der  schrift  spräche,  nicht  wie  wir,  ein  abgeson- 
dert wesen  vom  leibe,  sondern  den  ganzen  menschen.  Lcther 
6, '8*;  dann  Christum,  die  gnad,  das  new  testament,  das 
evangelium  predigen ,  heiszt  die  schrift  den  heiligen  geisl 
predigen.  S.  Frank  parad.  lOS";  der  begriff  einer  Ursache, 
welchen  wir.,  seinen  empirischen  Charakter  heiszen  können. 
Käst  2,42";  M.  du  willst,  ich  soll  meinen  söhn  verfluchen? 
Fr.  nicht  doch!  nicht  dochl  ..  was  heiszt  ihr  euren  söhn? 
dem  ihr  das  leben  gegeben  habt ,  wenn  er  sich  auch  alle 
ersinnliche  mühe  giebt,  das  eurige  zu  verkürzen  ?  Schiller 
räuber  1,1;  siehst  du,  das  heisz  ich  ehrlich  sein,  das  heisz 
ich  ein  würdiges  Werkzeug  in  der  band  der  Vorsehung  ab- 
geben. 1,2;  unsere  grundsätze  heiszt  man  das.  Göthe  14,  271; 

so  thut  das  vorurtheil,  es  zeigt  uns  alle  Sachen, 
nicht  wie  sie  selber  sind,  nur  so  wie  wir  sie  machen, 
legt  den  begriffen  selbst  sein  eigen  wesen  bei, 
heiszt  gleiszen  frömmigkeit,  und  andacht  heuchelei. 

Haller  scUweiz.  ged.  (1768)  70; 
der  boszheit  einfalt  nennt,  und  heucheln  andacht  heiszt.    101; 
levte.  was  ist  der  sogenannte  geist? 

was  man  so  geist  gewöhnlich  heiszt, 
antwortet,  aber  fragt  nicht.     Göihe  3,  116; 
erkläre  mir,  was  glücklich  heiszt?     das. 

manchmal  in  prägnantem  sinne:  nun  das  heisz  ich  ein  ge- 
päcke!  der  ganze  hof  ist  voll  kisten,  kästen,  mantelsäcke  und 
ungeheurer  verschlage.  Göthe  14,15;  das  heisze  ich  ein  atta- 
chement!  86;  das  heisz  ich  einen  kindersinn!  107.  manchmal 
auch  verächtlich: 

Wagner,  allein  die  weit!  des  menschen  herz  und  geist! 

roöcht  jeglicher  doch  was  davon  erkennen. 
Faust,      ja  was  man  so  erkennen  heiszt! 

wer  darf  das  kind  beim  rechten  namen  nennen? 

12.  38. 

e)  heiszen,  beiüglieh  einer  eigenschaß,  mit  acc.  des  objects 
und  praedieativem  adjectiv: 

an  wibe  lobe  stöt  wol  daj  man  si  heije  scboene. 
Walther  35,  27 ; 

was  heiszest  du  mich  gut?  Marc.  10,18;  dis  sind  aber  die 
feste  des  herrn,  die  ir  heilig  und  meine  feste  heiszen  soll. 
^  Mos.  23,2;  eines  andern  meinung  gut  heiszen,  sententiam 
alicujus  approbare  Steinbach  1,  730;  wir  müssen  es  sogar  noch 
gut  heiszen,  wenn  der  tüncher  die  spur  unserer  {der  maurer) 
bände  völlig  auslöscht  und  sich  unser  werk  zueignet,  indem 
er  es  überzieht,  glättet  und  färbt.  Göthe  17,98;  Serlo  ist 
wirklich  mit  der  schönen  Elmire  öffentlich  getraut,  da  der 
vater  ihre  heimliche  Vertraulichkeit  nicht  gut  heiszen  wollte. 
20,  91 ;  wurden  dort  herkömmlich  begrüszt  und  willkommen 
geheiszen.  24,  301; 

man  heiszt  dich  spröd  und  grob.    Göntbkh  527; 

die  noth  heiszt  alles  gut.    Lbssikc  3,  341 ; 

und  nähern  freundlich  sich,  und  heiszen 

willkommen  dich  in  ihrem  stillen  reich.    WreLA:«D  9,  161. 

ß  heiszen.  mit  persönlichem  object  und  inßnitiv  nennen,  an- 
geben, sagen  dasx  etwas  ist,  zeihen:  das  heiszen  gottwillkommen 

IV.  I,. 


sein,  gratulatio  Maaler  217*;  von  einem  pfarrherrn,  der  seine 
underthanen  strafet ,  sy  sollen  einander  nit  so  fräfenlich 
heiszen  liegen.  Wickram  rollw.  26, 10  Kurs;  hab  euch  yetz 
ein  lange  zeit  gewert  das  fluchen ,  schweren ,  heiszen  ein- 
ander liegen,  schlahen  und  raufen.  21 ;  wie  mhd. : 

getörst  ich  heilen  liegen  aUus  edeln  lip, 

so  hei  ir  tievellichen  an  Rüedeger  gelogen.    Nib.  2167,  2. 

g)  eine  formet  hat  zum  persönlichen  object  adverbialen  zusatz 
gefügt:  einen  kurz  und  lang  heiszen,  Um  mit  Schimpfwörtern 
aller  arl  belegen; 

die  hiesz  mich  kurz  und  lang, 
und  jene  steckten  mir  die  nadeln  vor  die  nase. 
Gcmhir  528. 

5)  einfaches  heiszen  in  der  bedetilung  geloben,  versprechen  kann 
nicht  belegt  werden;  man  vergl.  aber  geheiszen,  verheiszen. 
IL  heiszen  intransitiv  und  passiv. 

1)  genannt  werden,  einen  eigennamen  führen: 

ahd.    dat  Hiltibrant  hätti     min  fater :  in  beittu  Hadubrant. 

Hildebrandstieä  17 ; 

mhd.  sin  name  was  gar  erkennelich, 
und  hie;  der  berre  Heinrich, 
und  was  von  Ouwe  geborn.    a.  UeinriA  48; 

nhd.  es  ist  ein  pfaff,  der  heiszt  her  Heinrich  Hamenstede. 
Ulensp.  64,  s.  93  Lappenb. ;  wonet  in  der  stad,  die  da  heiszt 
Nazareth.  Mallh.  2,  23  ;  Simon  ,  der  da  heiszt  Petrus.  4, 18 ; 
der  darauf  sasz,  des  name  hies  tod.  offenb.  6,  8 ;  sein  name 
heiszt  gottes  wort.  19,  13 ;  unsers  klosters  custor,  , . .  hiesz 
Clemens.  Garj.  251':  von  den  weinreben  sagt  er:  sie  tragen 
dreierlei  trauben,  der  erst  heisze  wollust,  der  ander  trunken- 
heit,  der  dritte  unlust.  Ziskgbef  apophth.  1(1626)323; 

und  Sextus  hies  des  täters  nam.    Scbwajize!<berg  113'; 
Hans  vermut  auch  mein  namen  haiszt.    151*: 
wir  singen  von  einem  edelman, 

der  heiszt  Schmid  von  der  Linden.    Ubland  volksl.  361; 
mit  namen  baiszet  er  Kunz  Schott.    3t>4; 
und  welche  (Jungfrau)  wird  zuletzt  nach  deinem  namen  heiszen? 

Rachel  sat.  (1677)  47i 
hier  lieget,  die  Beate  heiszen  sollte, 
und  lieber  sein  als  heiszen  wollte.    Lssst^iG  1,27; 
war  ich  besonnen,  hiesz  ich  nicht  der  Teil. 

Schiller  Tetl  3,  3 ; 
zu  Weinsberg,  der  gepriesnen  Stadt, 
die  von  dem  wein  den  namen  hat  .  .  . 
und  wo  die  bürg  heiszt  Weibertreu.    ünLA!«D  ged.  319; 

wie  heiszt  sein  name?  2  3/os.  3,13;  da  sagten  wir  inen  wie 
die  menner  hieszen.  Esra  5, 4 ;  auch  fragten  wir,  wie  sie 
hieszen.  10;  seine  mutier  antwortet  ...  er  sol  Johannes 
heiszen.  und  sie  sprachen  zu  ir,  ist  doch  niemand  in  deiner 
freundschaft,  der  also  heisze.  und  sie  winkten  seinem  vater, 
wie  er  in  w  olt  heiszen  lassen.  Luc.  1,  60 — 62 ;  wie  sie  (die 
edelleule)  geschlechts  und  nahmens  wegen  heiszen.  Secken- 
DORFF  22;  sie  macht  es  wie  die  schöne  Aspasia  —  oder  wie 
hiesz  die  prinzessiu  in  dem  dicken  romane?  Lessing  1,240; 
alle  sind  sie  auf  dem  falschen  wege  gewesen,  Clostermeier, 
Schmid,  und  wie  sie  heiszen  mögen,  die  darüber  geschrieben 
haben!  Ixmerman!«  Münchli.  l,  139; 

nur  dasz  Europa  bald  erfahre, 
dasz  einer  lebt,  der  heiszt  wie  ihr. 

Haller  schweiz.  ged.  (1768)  9; 
wie  heiszt  das  ding,  das  wenge  schätzen, 
doch  zierts  des  gröszten  kaisers  band. 

Schiller  Tiirandot  2,  4; 

aber  niemand  mocht  erkunden, 

wie  sie  hiesze,  wo  sie  lebte.     Ubla:«d  ged.  267. 

betheuernd:  wir  gelangen  heute  gerade  zu  guten  und  geschickten 
leulen,  und  ich  will  nicht  Geschirrfasser  heiszen,  wenn  ihr 
nicht  sogleich  das  handwerk  so  gut  fassen  sollt ,  wie  ich 
selbst.  GöTBE  23,  61 ;  wenn  der  ihn  mit  seiner  Unterhandlung 
aus  dem  oberhofe  fortbringt,  so  will  ich  nicht  Jochem  heiszen. 
Lmmerxann  Münchii.  4,48.  über  die  beUieuerungsformel :  ich  will 
Hans  heiszen  vgl.  sp.  458;  wenn  bei  der  bailade  (die  Lenore 
ist  gemeint)  nicht  jedem  es  kalt  über  die  haut  laufen  musz, 
so  will  ich  mein  leben  lang  Hans  Casper  heiszen.  BCrger  464\ 
ähnlich:  da  will  ich  ein  schelm  heiszen,  wenn  ich  das  thue; 
ich  will  Matz  heiszen,  wenn  es  nicht  wahr  ist. 

2)  heiszen  lauten,  von  einem  Spruch,  einem  eüate:  cautius 
sanguinc  viperino?  ja,  das  ist  noch  latein.  aber  wie  heiszt 
die  ganze  stelle?  Lessing  1,  21S;  also  heiszt  dein  erster  vers: 
Ubercdle  feitigk^it  u.  s.  w.  294. 

58 


915 


HEISZEN 


IIEISZEN 


916 


3)  heiszen,  genannt  trerden,  von  einer  würde,  einer  eigenschaft : 

ich  lieije  ein  rilr  und  liän  den  sin 

da?  ich  siiochende  liie 

einen  man  der  mit  mir  sliite.     Iwein  530; 

der  stolz  und  vermessen  ist ,  hciszt  ein  loser  mensch,  spr. 
Sal.  21.24;  darumh  nius  ir  trotzen  köstlich  ding  sein,  und 
ir  frevel  mus  wol  gelhan  heiszen  ps.  73,6;  wer  da  wird  .. 
nherhieihen  zu  Jerusalem,  der  wird  heilig  heiszen.  Je.s,  4,  3; 
da<  ire  herrn  heiszen  müssen  hcrrn  on  land.  34.12;  so  wirds 
ein  lustiger  sabbalh  heiszen.  5S,  13 ;  darumh  setzen  wir  dich 
zum  hühenpriesier  uher  dein  volk,  und  soll  des  kiinigs  freund 
hei<zen.  l  Macc.  10.20;  wer  nu  eines  von  diesen  kleinesten 
gehiiien  aufloset,  und  leret  die  leute  also,  der  wird  der  klei- 
nesi  heiszen  im  himelreich.  wer  es  ahcr  thnt  und  leret,  der 
wird  pro*  heiszen  im  hnnclreich.  Matth  5.19;  mein  haus  sul 
ein  lielhaus  heiszen.  21.13;  bin  fort  nicht  mehr  werd,  das 
ich  (lein  son  heisze.  Luc  15.19;  sihe  aber  zu,  du  heiszest 
ein  jiide.  ROm.i,ll;  der  der  rechte  vater  ist  über  alles  was 
da  kinder  heiszet  £/)/i.  3, 15;  ermanet  euch  selbs,  alle  tage, 
so  lange  es  heute  heiszet.  Hebr.  3,13;  da  die  Schreiber  nit 
mehr  srhreiber  heiszen  mögen,  weil  es  gar  zu  teutsch  ist. 
ZiNkc.REF  o//of)/i//i.  1,12;  und  warum  sollte  es  ein  Sinngedicht 
iiei-/en.  wenn  es  etwas  weil  besseres  heiszen  kann?  Lessing 
X  1  •' ;  ich  befinde  mich  seit  einigen  tagen  recht  sehr  übel. 
-  -oll  zwar  nur  ein  flnszfieber  sein,  aber  ich  habe  den 
II.'  kei  davon,  wie  die  dinge  heiszen,  die  uns  das  leben  so 
in  .iiigei'elim  machen!  an  Eschenburg,  bei  Heinemann  zur  cr- 
itiiirning  an  Lessing  (1S70)  i.  20;  wie  muszt  dus  denn  machen, 
■  in   k  iig  zu  heiszen?  Engel  philos.  f.  d.  weit  1  (1775)  68; 

noch  raus  solch  zanken,  reiszen,  heiszen 
der  Iriedsam  freist  bei  inen  heiszen, 
heist  alles  nur  cathollsch  sehr, 
wenn  es  schon  kaizenwollisch  wer. 

FiscuART  r.  St.  Dom.  576  Kurz; 
worauf  des  menschen  muth 
am  meisten  sieht  und  denkt,  das  heist  sein  bestes  gut. 

Opitz  1,  54; 
so  lange  Cynthius  der  laiiterfinder  heiszt. 

Fleming  124,  68  Lappenberg; 
und  wir  zanken,  weil  wir  leider  Christen  niclit  sind,  sondern 
heiszen.     A.  GRYruius  I69H  2,457; 

sieh  auf  den  starken  trieb,  der  uns  zur  wollust  reiszet, 
im  freien  wilde  brunst,  im  menschen  liebe  heiszet. 

Uz  1,  126; 

Lorchen  heiszt  noch  eine  Jungfer,   wisset,  die  ihrs  noch  nicht 

wiszt : 
so  heiszt  Lucifer  ein  enge),  ob  er  gleich  gefallen  ist. 

Lessing  1,  22; 
formet  hält  uns  nicht  gebunden, 
unsre  kunst  heiszt  poesie.    Uhland  gcd.  40; 
dasz  die  Türs  Vaterland  am  reinsten  glübn, 
gebrandmarkt  werden  als  des  lands  verrather 
und,  die  noch  jüngst  des  landes  retter  bicszen, 
sieb  flüthten  müssen  an  des  fremden  herd.     102; 
euch  heiszt  der  wein  der  unart  zunder, 
und  Iremder  Völker  trinklied  tand.      Hagedorn  3,  96; 
und  hiesz  dem  frommen  volk  ein  söhn  der  sonne. 

Ramler  1,  53-, 
nimm  alles  vor,  es  sei  so  toll  es  will, 
heisz  anfangs  närrisch,  wie  Cotlll; 
dein  beifall  ist  drum  nicht  verloren.     Gellert  1,  199. 

4)  heiszen  benannt  werden,  bedeuten. 

a)  bei  lestslellung  einer  spraditiclien  bedcutung :  ciconia  liaijt 
ain  storch  und  hai^t  in  anderr  düutsch  ain  ödbär.  Mecen- 
BERC  175.0;  das  wort  Jcsse  heiszet  ein  brant  und  Inbrunst. 
Ksi>eR>BERG  bilg.  Mb*;  Joses  aber  mit  dem  zunamen  von  den 
apo>iieln  genant  Barnaba».  das  heiszet  ein  sun  des  trosts. 
afxistfl'iesch  4.30;  denn  das  griechisch  worl,  so  allhic  stehet, 
heiszet  fürnemlich  ..  verendern.  Luther  6,269";  (leiscii  und 
blut  heiszet  eigentlich,  der  alle  mensch  noch  seiner  Vernunft, 
wie  er  von  fleisch  und  blut  kompl  26S';  grandis  momcnli. 
heilt  eine  «ache  von  Wichtigkeit.  A.  Guyphius  1698  1,770; 
Anton,  aggressor?  was  ist  das  für  ein  ding?  UamLi.  so  heiszt 
der.  welcher  ausschlügt.  Lessinc  1,  251 ;  der  kubold  müszte 
mirs  eiiigeblascn  haben,  wenn  ich  wüszte,  was  die  kauder- 
welschen Worte  heinzcn  sollen.  292;  heiszt  denn  ein  Alide 
blos  ein  nachkomme  des  Ali,  oder  bedeut  es  auch  einen, 
welcher  des  Ali  parlhei  hSit?  9,205;  lehren  heiszt  unter- 
riebt geben,  lernen  das  heiszt  Unterricht  empfangen  und 
annehmen.  Hebkl  9  (IH53)  96; 
bei  In  hell«  alliance  — 
heim  Bur  deuuch  der  ichAne  bund. 

AMDT  g-H.  (IMO)  304. 


b)  auch  anderweit  bet  einer  begriffsbestinimung  :  {Paulus)  machet 
aus  dem  tod  und  grab  nichts  anders,  denn  das  es  heisze, 
einen  allen  zerissen  rock  ausgezogen  und  weggeworfen,  und 
die  auferstehung  heisze,  einen  schönen  newen  rock  ange- 
zogen ,  welcher  heiszt  immortalilas  ,  unverweslich  oder  Un- 
sterblichkeit. Luther  6,  270';  wer  sich  mit  seiner  erbeit 
neeret,  und  leszt  im  genügen,  der  hat  ein  fein  rügig  leben, 
das  heiszt  einen  schätz  über  alle  scbetze  finden.  Sir.  40, 18; 

wol  .  .  .  sterben  heiszt, 
wenn  man  mitbist,  ohn  schmerz,  uml  bald  sein  blut  vergeusl. 
Fleming  114,20  iMpprnb.; 

er  lebet,    wie  gar  viel  scblieszt  dieses  wort  nicht  ein! 
ihr  weisen,  saget  mir,  heiszt  leben  mehr,  als  sein? 
Hagedorn  2,  54; 

von  liebe  nur  im  schlaf  zu  sprechen 

hiesz  bei  Dianen  schon  ein  siralbares  verbrechen. 

Wieland  10,  142; 

ich    flieh,  um  öfter  noch  zu  streiten ! 
rief  F"ix,  der  kern  von  tapfern  leuten. 
das  biesz:  (so  übersetz  ich  ihn) 
ich  Hlch,  um  öfter  noch  zu  tlichn.     Lessing  1,7; 
im  sturmo  scheitern  und  ersaufen, 

hiesz  mir  unglücklichen,  mit  stürm  in  bafen  laufen.     14; 
ihr  möchtet  gutes  stiften. 

wie  ihr  es  stiftet,  kann  dem  parioicn 

dem  weisen  gleich  viel  heiszen. 

ScuiLLER  Cartos  3,  10. 

c)  hierher  mehrere  feste  formein,  zum  Iheil  im  prägnanten  sinne 
{entsprechend  dem  transitiven  heiszen  l,  4,  d  sp.  913). 

rt)  das  will  etwas  heiszen,  das  will  nicht  viel,  nichts 
heiszen:  schon  zu  anfang  des  Jahres  konnte  die  zauherflöle 
gegeben  werden,  ...  und  diesz  wollte  zu  jener  zeit,  unter 
den  gegebenen  umständen,  schon  etwas  heiszen.  Göthe  31,30; 
so  müszte  man  allenfalls  den  ersten  paragraphen  nennen, 
wenn  er  etwas  heiszen  sollle.  30,214;  nnd  so  habe  ich  es 
{ein  gedieht)  . . .  fort-  und  durchgelesen,  welches  etwas  heiszen 
will;  denn,  in  zehn  gesänge  cingetheilt,  enthält  es  über 
sechzehnhundert  stanzen.  45,225;  an  der  legende  selbst  ist 
schon  nicht  viel ;  denn  dasz  ein  sullan  ein  mädchen  ver- 
schenkt, will  wohl  nichts  heiszen.  an  Schiller  492;  wegen  der 
fcslgedichte  muszt  du  dich  noch  gedulden;  sie  wollen  theil- 
weise  nichts  heiszen.  an  Zelter  323; 

ich  habe  nichts  zu  thun;  was  heiszen  tausend  schritte? 
im  geben,  glauben  sies,  bin  ich  ein  rechter  britte 

Hagedorn  1,  62. 

ß)  das  heiszt,  das  bedetäet,  das  nennt  7nan  mit  recht;  es 
folgt  ein  infinitiv  oder  ein  particip.  praet.  {gramm.  4,  947) :  es 
ist  auch  in  der  that  besonders,  mit  einem  stolzen  ich  an- 
zufangen, und  alsdann  die  muscn  anzurufen,  nachdem  man 
schon  alles  auf  die  eignen  hörner  genommen  hat.  das  heiszt 
anklopfen,  wenn  man  die  thüre  schon  aufgemacht  hat.  Les- 
sing 3,316;  das  heiszt,  als  ein  mann  von  ehre  gesprochen. 
Schiller  parasil  5,8;  um  gottes  willen,  mein  vater!  ..  das 
hieszc  die  ganze  sache  verderben.  Göthe  22,63; 

einwohner  in  planetcn  setzen, 

eh  man  aus  sichern  grimdcn  scblieszt, 

das  nein  in  den  planelen  ist: 

das  beiszt  zu  früh  bevölkern.    Lbssino  1,51; 

das  heiszt  dem  Staate  trefriich  dienen!     Gellert  1,  151; 

die  freibeit  in  der  tugend  finden, 

das  heiszt,  um  frei  zu  sein,  sich  erst  an  ketten  binden.    169; 

schöne  kinder  tragt  ihr,  und  siebt  mit  verdeckten  gesiebtem, 
hettelt:  das  heiszt  mit  macht  reden  ans  männliche  heri. 

1,355; 
dieses  heiszt  die  zeit  verlieren.    Ubland  ged.  149; 

fragend:  heist  das  die  kirchc  erbaut,  oder  heist  es  dicselbige 
geiirgert?  Scnui'Pius  593;  fraii  Cyrilla!  heist  dieses  spitzen 
verkauft?  A.  Gnvi'Hius  1698  1,782;  was  sagen  sie?  bri<zl  d.is 
nicht  flx  gearbeitet?  Wieland  10,274; 

heist  das  In  arniut  hie  gewandelt? 

FisciiART  von  fl.  Ihmin.  II.VI  kiiv:; 
solch  einen  engcl 
ohn  alle  maiiKcl 
zum  niadclien  haben  : 
dm  hicRZ  ein  niadcbnn  haben? 
beiütt  eingesegnet  sein,  und  wellt  und  hausstand 
babon.      LinsiNr.  I,  17; 

so,  «chAner  herr,  holstl  dai  blosi  kO.^nrn?    212; 
kind,  ich  eritaun«  gani.    beim  die»,  du  haM  mich  lieh? 

Gellert  3,  457 ; 

neb  lichrhon,  hci.'ixt  das  moldrn, 

wi>nn  iniiM  «Ich  hcr«l  und  liiL-üil' 

nch  linlir.hcn,  heimt  <la<i  urliniden, 

wenn  man  «ich  fest  umtchiiedl?     ('hland  ijed.  y,  . 


917 


UEISZEN 


liEISZERPICHT  —  HEISZHUNGER 


918 


t«  andern  Verbindungen:  V.  das  Liesz  ein  fang!  iV.  der  beste 

im  ganzen  jähr.  Göthe  11,  98  ; 

man  billt  den  coniiapunct,  man  heuh  den  alt  hervor, 

man  brummt  den  tiefen  basi,  und  wann  es  wol  soll  klingen, 

so  klingt  es  ohne  wort,  wil  keine  meinung  bringen; 

man  weisz  nicht  ob  es  dank,  man  weisz  nicht  ob  es  preis, 

man  weisz  nicht  obs  gebet,  und  was  es  sonsten  heisz. 

LocAU  2, 106, 39  {misbrauch  der  singekunst) ; 

dis,  dis,  heist  wahre  lust  zu  sein, 

die  auf  die  tugeud  körnt  nach  vieler  noth  nnd  pein. 

HoFFJANKswALDAu  geir.  Schäfer  192; 

welch   ein  mädchen  ich  wünsche  zu  haben?    ihr  fragt  mich. 

ich  hab  sie, 
wie  ich  sie  wünsche,  das  heiszt,  dünkt  mich,  mit  wenigem 

viel.      GöTUB  1,  355; 

das  soll  ein  anstand  heiszen !    4,  314; 

die  alten  namen  nennen 

nicht  anders  als  zum  scherz: 

das  heiszt,  ich  darfs  bekennen, 

für  unser  volk  kein  herz.    Uhland  ged.  96. 

y)  die  foruiel  das  heiszt  leitet  einen  vorbehält,  eine  nähere 
erörterung,  eine  ausführuny  ein,  kommt  in  volksmäsziger  spräche 
auch  zu  heiszt  das  umgesetzt  vor  (Vilmar  161)  und  hol  etwa 
den  adverbialen  sinn  wolverstanden ,  nämlich  angenommen:  ich 
komme  heute  abend,  das  heiszt  wenn  ich  kann ;  mache  du 
doch  plane,  so  viel  du  willst,  und  führe  sie  aus,  so  gut  du 
kannst,  und  würde  aus  diesen  etwas,  so  wollte  ich  dir  von 
herzen  gratulieren  —  heiszt  das ,  wenn  Constanze  lust  hat 
auf  deine  intientionen  ebensoviel  einzugehen  wie  auf  ihre 
eigenen.  Höfer  in  Weslermanns  monalsheßen,  januar  1866,  s.  341. 

S)  fragend:  was  soll  das  heiszen?  was  heiszt  das?  wie 
deute  ich  mir  das?:  was  soll  das  heiszen,  dasz  du  gar  nicht 
kommst?;  was  soll  das  heiszen?  .  .  .  verfluchter  verräther, 
wo  hast  du  dieses  blatt  her?  Lessinc  1,295;  was  heiszt  es 
mit  den  weltlichen  bildern  in  der  kirche,  quid  mundanae 
imagines  in  templo  volunl?  Steinbach  1,730; 

was  hiesz  denn  das,  dasz  ihr  so  knall  und  fall 
euch  aus  dem  staube  machtet?       Lessi<<g  2,  290; 
Sophie  (aufgebracftt).   was  soll  das  heiszen,  herr? 
GöTUK  7,  100. 

e)  irotiisclies  das  heiszt:  das  heiszt  nun  gearbeitet!  man 
nennt  es  so,  ohne  beiechtigung;  das  soll  ein  berg  heiszen?; 

das  ist  deine  weit!  das  heiszt  eine  weit!    Götue  12,  31; 
schon  mhd.  ähnliches: 

es  heijent  alle;  degeae,  und  sint  geliche  niht  gemuot. 

Nib.  1759,  4. 
?)  volksmäszig  ist  auch  die  Wendung  dasz  es  nur  so  heiszt, 
dasz  man  eine  sache  eben  noch  so  benennt:  wir  machen  etwas 
feuer  in  die  stube,  dasz  es  nur  so  heiszt,  dasz  es  nur  niclU 
ganz  fehlt  und  man  davon  nocli  reden  kann. 

5)  von  der  vorigen  bcdetUung  aus  berührt  sich  heiszen  dem 
begriffe  nach  mit  sein :  weil  eben  der  putz  in  nichts  als  in 
einigem  puder  bestand,  womit  er  sich  sonnlaglich  besäete. 
sah  er  so  weisz  aus,  so  schmeckt  er  freilich  so  gut  als  der 
fürst ,  was  sowol  sonntage  heiszen  als  putz.  J.  Paul  flegelj. 
1,142; 

die  schlimmsten  stellt  man  an  die  spitzen, 
oder  vermengts,  das  man  nicht  weisz, 
welcher  koch  oder  kcllner  heisz.    froschm.  ZI"; 
da  sich  die  pesi  der  weit,  der  Mars,  pflegt  auszubreiten, 
so  weit  die  luft  umarmt  was  land  und  wasser  heiszt. 

Fleüinc  117,3  Lappenberg; 
versöhnt  ist  alles,  wenn  sie  gattin  heiszt.    Götue  9,332; 
glücklich  fühl  ich  mich  jetzt;  ich  möcht  um  vieles  nicht  heute 
Tater  heiszen  und  nicht  Tür  frau  und  kinder  besorgt  sein. 

40,  248. 

C)  für  persönliches  ich  heisze  werde  genannt,  steht  in  Hessen 
unpersönliches  wie  heiszt  dich?  es  heiszt  mich  Johannes;  nur 
auf  den  taufnamen  bezogen,  da  der  zuname  ausschlieszlich  durch 
sich  schreiben  eingeführt  wird.  Vilmar  161 ;  eine  ähnliche  fügung 
im  sinne  bedeuten :  »eil  Gallus  auch  einen  Franzosen  heiszet. 
I'ltU.  Lugd.  4,  311. 

7)  anderes  unpersönliches  es  heiszt  in  mehreren  bedeulungen, 
a)  entsprechend  dem  transitiven  heiszen  befehlen,  fordern,  es 
uird  befohlen,  aufgefordert,  verfügt:  im  krieg  disputiert  man 
nicht  viel,  sondern  es  heiszet:  knüpfe  auf.  Pistorils  thes. 
par.  5,8;  es  heiszl  zu  pferde,  und  zu  tische!  beides  eine 
schöne  einladung.  Göthe  14,14; 

von  brüderii,  die  du  itzt  mit  deinem  fett  gespeist, 

wird  keiner  sein  ,   der  mir  {Ueincm  söhnt)  des  lebens  noht- 

durfl  weist. 
da  wird  es  heiszen:  geh!  du  hast  mir  längst  verdrossen. 

ro<TFi.   \\illrlu:id  s.  222  (S,  043). 


b)  das  hat  sich  ausgebildet  zu  dem  sinne  es  gilt ,  man  musz : 
bei  viel  kindern  und  knappem  verdienst  da  heiszt  es  sich 
plagen,  spricfU  der  arbeiter;  der  berg  ist  hoch  und  der  weg 
schlipfrig,  es  mag  mit  einem  just  (anlauf)  nit  ergahent  werden, 
ej  heiszet  aber  und  aber,  unz  ej  ervochten  wirt.  Suso  briefe 
29  Preger. 

c)  nach  tranätivem  heiszen  nennen,  es  wird  gesagt,  man  sagt: 
ich  rede  von  solchen  newlingen,  von  denen  es  heiszet,  astra 
necessitant.  Philander  2  (1643)  149 ;  zwei  tausend  thaler  mehr 
würden  alles  gut  machen ;  aber  diese  will  man  ersparen : 
man  musz  sich  behelfen ,  heiszt  es.  Wieland  7,  346  (300) ; 
wann  es  auch  nach  seinem  tode  heiszen  sollte :  unter  die- 
jenigen gelehrten  die  zum  teufel  gefahren  sind,  gehört  auch 
der  berühmte  Damis!  was  schadet  das!  Lessing  l.  232; 
Spiegelberg,  wird  es  heiszen,  kannst  du  hexen,  Spiegelberg? 
Schiller  räuber  1,2;  und  Spiegelberg  wird  es  heiszen  in 
Osten  und  westen,  und  in  den  koth  mit  euch,  ihr  meinmen. 
das.;  ja  es  hiesz,  dasz  der  graf  ...  das  gut  verlassen  und 
wieder  nach  der  Stadt  zurückkehren  werde.  Göthe  18,319. 

HEISZERPICHT,  part.: 

aber  gesondert  im  kreis,  kaum  achtend  des  mahles  und  trunkes, 
oder  des  herzerfreuenden  worts,  ergaben  die  einen, 
heiszerpicht  auf  gewinn,  sich  der  Würfel  trüglicher  kurzweil. 

PiRKER  Tunis.  6,  421. 
HEISZFLA.M.\IEND,  part. : 

doch  wo  der  tag  heiszOaramend  niederglüht. 

KÖR?iER  2,  117. 

HEISZGELIEBT,  part. :  der  söhn  der  ersten  heiszgeliebten 
meines  freundes.  Bettine  briefe  1,130; 

sasz  die  Jungfrau,  einsam  grauend. 
Dach  Abydos  küste  schauend, 
wo  der  heiszgeliebte  wohnt. 

Schiller  Uero  u.  Leander; 
wohl  vernahm  die  heiszgeliebte 
ihres  treuen  sängers  klagen.     Uhland  ged.  276; 
und  dennoch  brachte  keiner  dieser  boten 
der  heiszgeliebten  meine  heiszen  grüsze ! 

H.  Heine  16,  46. 
HEISZGERUNGEN,  part. : 

ihre  heiszgerungnen  bände  heben. 

Secme  ged.  235  (die  belcrin). 

HEISZGESOTTEN ,  pari. :  heiszgesottner  visch.  H.  Sachs 
2,  4.  97'. 

HEISZGEWEINT,  part. : 

ich  musz  vergehn  mit  Magdalcn 
in  heisz-geweinten  thränen. 

L.  v.  ScHNÖFFis  mirant.  flötlein  43. 

HEISZGIERIG,  adj.:  der  heisgierige  tod.  Bütschky  hochd. 
kanzellei  s.  6S2. 

HEISZGIESZEL,  m. :  heiszgieszel  . . .  sind  bei  der  gegos- 
senen waare  von  zinn  stellen,  worinn  kleine  löcher  in  groszer 
anzahl  beisammen  sind,  welches  daher  entstehet,  wenn  die 
form,  worinn  gegossen  wird,  zu  heisz  gemacht  ist.  Jacobsson 
2,  249'. 

HEISZGRÄ.TIG,  adj.  im  heiszen  zustande  spitzen  oder  stadieln 
gebend  {nach  gradtig  spinosus  Dief.  547').  ei  wird  zunächst 
gebraucht  von  erzen ,  die  strengßüssig  sind  und  viel  ofenbrücite 
und  schlacken  machen:  heiszgrälig  oder  heiszgrädig  ..  ist  so 
viel  wie  wild,  rauch,  unartig,  niinera/. /ex.  292';  weil  bei  uns 
solche  arme  erz,  oftmals  speiszig,  heiszgrelig  sein.  Matues. 
Sar.  28*.  dann  im  Ilennebergischen  von  einem  dürren  unfruclU- 
baren  lande;  endlich  übertragen  vom  menschen:  lieiszgiälig, 
cholerisch,  in  der  mundarl  von  Scincäbisch-Hall.  Rl'digeb  neuester 
Zuwachs  5,  206. 

HEISZHIRMG,  adj.:  das  hündlin  ist  zu  hitzig  in  dem 
houpt  . .  warumb  geschieht  es  me,  du  best  den  hunt  zu  viil 
by  dem  für  lygcn  .  .  darümb  ist  er  so  beiszhirnig  und  so 
bald  bereit  crfür  zu  faren.  Keisebsberg  bilg.  146*. 

HEISZHÖLLENÄNGST.  adj.:  bei  meiner  treu  es  Ihet  mir 
heiszhöllenangst  sein.  Schwabe  lintenf.  a3'. 

HEISZHUNGER,  m.  groszer  gieriger  hunger.  vor  Adelung  in 
de;»  Wörterbüchern  nicht  gewährt,  während  das  adjectiv  heisz- 
hungrig  seil  Opitz  unten  belegt  wird  {vgl.  heiszcr  hunger  unter 
heisz  5  sp.  907).  das  wort  sUehl  in  eigentlicher  und  übertragener 
bedeutung:  so  hast  du  sie  deiner  kehle,  deinem  unersättlichen 
hciszhunger  hingegeben?  Götue  20,96;  freute  er  sich  an 
meinem  heiszhunger  nach  kennlnissen,  der  sich  nun  bei  der 
krankhaften  reizbarkeit  völlig  fieberhaft  auszerte.  25, 1">7: 
wenn  dieser  nicht  fortgeritten  wäre  aus  hciszhunger  nach 
der  Stadt.  J.  Pall  Tilan  1,77;  er  halle  der  unreinen  mimik 


919 


HEISZHUNGER  — HEIT 


HEIT 


920 


des  hund-  und  heiszbungers  gemeiner  weltlierzen  zuschauen 
und  sich  verhaszt  und  verworren  seilen  müssen,  flegelj.  1,120; 
wissenscliaflliclier  heiszhunger.  E.  T.  A.  Hoffhann  8,35. 
HEISZHUNGER,  adj..\ 

0  bange  angst,  hetszhungre  schmerzen.    Tieck  2,  71. 

HEISZHUNGRIG,  adj.  edacior,  nimis  esuriens,  cibi  calidioris 
avidus.  Steinbach  1,795;  heisziiungrige  leute.  maula/fe  289; 
weiche  gallung  von  empfindnissen  .  .  .  wohl  den  flor  des 
lebens  am  grimmigsten  anfeinden?  zorn?  dieser  heiszhungrige 
wolf  friszt  sich  zu  schnell  satt.  Schiller  rduber  2,1;  ich 
läugne  auch  nicht,  die  Juden  sind  ein  heiszhungrigcs  unbe- 
scheidenes Volk.  Bettink  bhefe  1,218; 

auf  disz  sie  an  den  tisch  heiszhungrig  nieilersitzen, 
und  essen,  dasz  sie  mehr  als  vor  zu  Telde  schwitzen. 

Opitz  I,  157; 
heiszhungriger,  als  ein  heuschreckenheer.     Gleim  4,67; 
stets  nach  speis  und  getränk  hciszhungerig.     Odyssee  18,3. 
vergl.  auch  bungerheisz. 

HEISZIG,  adj.  hilze  habend,  heisz  (vom  subst.  heisze  sp.  908 
gebildet  wie  hitzig  von  hilze):  fervidus  heiszig  Dief.  231';  wenn 
man  einen  menseben  brennen  will ,  und  man  sin  schonen 
will  und  in  sanft  brennen ,  das  in  nit  fast  wee  geschehe, 
so  brent  man  in  nit  mit  ysen ,  Sünder  mit  heiszigem  gold. 
Keisersrerg  bilg.  Üb*. 

HEISZKOPF,  m.  der  einen  heiszen  köpf  (heisz  4,  6  sp.  905) 
hat,  leicht  aufbraust :  mit  obrist  von  Massenbach,  dem  heisz- 
kopfe.  balle  ich  eine  wunderliche  scene.    Göthe  31,  273. 

HEISZKÖPFIG,  adj.:  ein  junger  heiszköpfiger  edelmann, 
b.  d.  liebe  287*. 

HEISZLICH.  adj.  und  adv.  heisz:  heiszlich,  subfervefaclus, 
aliquanlum  calidus  Stieler  822: 

und  do  sie  auf  der  sldel  sasz 

gar  heiszlich  tet  sie  weinen.    Uhland  volksl.  676. 

HEISZLUFTMASCHINE,  f.  so  hat  man  die  calorische  maschine 
übertragen. 

HEISZSPORN,  »?i.  bildlich  für  einen  hitzig  andringenden 
vienschen.  es  ist  aus  Shakespeares  Heinrich  IV,  1.  theil,  der  unter 
den  personen  den  Henry  Percy,  surnamed  Hotspur  auftreten 
läszl,  durch  Schlegels  Übersetzung  bekannt  und  beliebt  worden, 
jetzt  viel  verwendet:  unsere  junkerlichen  heiszsporne;  einer 
der  heiszsporne  dieser  radicalen  partei. 

HEISZSPORNIG.  adj. 

HEISZSTÜRZEND,  pari.:  aber  es  waren  nicht  mehr  die 
beiszsliirzenden   Ihränen.  Tieck  8,318. 

HEISZTHEILNEHMEND,  part.: 

auch  ich  siand  auf  einem  der  hohen  felsengestade, 
schauete  heisztheilnehmend  hinab.      Klopstoce  2,  192. 

HEISZÜNG,  f.  1)  befehl,  verlangen:  jussio  heiszunge  Dief. 
312';  von  haisunge  wegen  unsers  gn.  b.  von  Mentze.  weislh. 
6,16  (von  1422);  heiszung  gottes,  fatum  Dasyp.  ;  on  heiszung 
diner  Vernunft.    Keisersrerg  biig.  146". 

2)  heiszung,  nomiuatio,  vocatio,  nuncupalio,  appellalio,  nomen- 
clatio.  tUulus  Stieler  824. 

HEISZWECKE,  f  ein  zur  fastenzeit  bereitetes  weiszbrot,  das 
mit  einem  aufyusz  von  heiszer  milch  gegessen  wird,  in  Pommern 
und  Mrklenburg.  nal.-zetlung  1861,  no.  409. 

HEISZWEIiNE.ND,  pari.:  da  blickte  sie  heiszweinend  auf 
zu  goii.  J.  Paul  Titan  3,  81. 

HEISZWCTHEND,  pari.: 

ei  hat  halt  die  heiizwüttend  lieb 
in  meim  herzen  so  starken  trib, 
wo  irh  eur  lieh  nicht  thu  erwerbn 
•0  musz  vor  herzenleid  ich  sterhn. 

J.  ArnER  95'  (483,  5  Kelter). 

HEISZZORMG,  adj.:  da  wurde  sie  beiszzornig  auf  sich 
selbst  und  auf  ihn.  Freytac  handschr.  1,  43. 

HEIT,  feminine  endung  für  die  bildung  abslrader  Substantive 
aus  Substantiven,  adjectiven  und  parlicipien. 

Et  war  frülier  ein  selbsl'Sndiges  worl ,  masculinen  geschlccIUs: 
ijolh.  haidus  art ,  weise  (l'hil.  1,18.  2  7'«m.  3,8),  genau  enl- 
tprtchend  dem  sanskr.  k^-lu-s  ersclmnung ,  bild ,  gestall,  würde, 
hervorragende  person  (BOhtl. -Roth  2,  424);  alts.  hed  stand, 
würde;  ags.  hid  persona,  sexus ,  ordo ,  genus ,  specics ,  moduy 
(Grein  2,3);  altnord.  heidr  Itunor,  dignitas ;  ahd.  beit  in  dem- 
selben stnne.  auch  mhd.  lebt  das  worl  selbständig  weiter,  jedoch 
als  fem.  fn  der  bedeulung  art,  beschaffenheil ,  weilte  (mhd.  wb 
I,  05«*;  Lexer  1, 1224): 


daj  kinne  (Jesu)  und  euch  ein  teil  der  wangen 

het  ein  schnener  hart  hevangen, 

der  was  hrün  unde  reit, 

ze  mäjen  lanc  in  schoener  heit. 

Br.  Philipps  Marienleben  5055. 

der  allgemeine  sinn  des  worles  läszt  dasselbe  gern  als  zweites  ghed 
von  compositen  verwendet  werden,  es  dient,  wie  die  fast  gläcli- 
bedeutenden  subst.  ahd.  tuom,  und  ahd.  scaf  modus  für  zuslands- 
bildungen.  die  anwendting  des  Wortes  in  solcher  weise  gehl  durch 
das  alt-  und  miltelhochdeulsche,  das  altsdchs.,  fries.  und  ags.  mit 
den  lOchlersprachen,  während  sie  im  altnord.  {wie  im  gothischen) 
unbekannt  ist  und  die  neunord.  sprachen  Wörter  wie  schwed.  bitler- 
het,  lik-het  gleichheit,  dän.  mörk-hed  dunkelheil  erst  unter  ein- 
flusz  des  niederdeutschen  bildeten. 

Bei  solchen  zusammenselzungen  änderte  sich  das  geschlecht  des 
Wortes,  nicht  im  ags.,  wo  es  auch  als  zweites  glied  von  com- 
positen masc.  blieb;  schwankend  im  alls.,  wo  die  wenigen  beleg- 
baren, hierhergehörenden  bildungen  theils  masc,  theils  fem.  sind; 
durchgängig  im  friesischen,  wo  keine  solche  masculine  bildung 
nachzuweisen  ist.  das  ahd.  bewahrt  das  männliche  geschlccht  noch 
an  biscofbeit  sacerdotium ,  das  mhd.  an  ebenheit  genösse  (wb. 
1,  656*),  in  andern  fällen  Irill  das  weibliche  ein,  unter  dem  ein- 
flusse  davon,  dasz  die  mit  beit  zusammen  gesetzten  worte  grösten- 
theils  abstracto,  zustandshildungen  sind,  wie  ja  auch  im  mhd.  heit 
da,  wo  es  auszer  der  composüion  steht,  sich  durchgängig  diesem 
geschlcchle  zugewendet  hat.  auch  da ,  wo  compostta  persönliclie 
begriffe  ausdrücken,  hat  das  fem.  statt,  wie  in  ahd.  cristanheit 
ecclesia,  mhd.  kristenheit;  mhd.  goteheit,  menscheit. 

heit  bindet  sich  mit  Substantiven,  wie  im  ahd.  dioheit  humi- 
litas ,  deganheit  virtus ,  knehlbeit  forlitudo,  mhd.  degenheit, 
dörperheit ,  magelheit,  wipheit;  nhd.  Christenheit,  kindheit, 
menschheit,  gotlheit,  narrheit,  thorheit;  in  einer  gröszeren 
anzahl  von  fällen  mit  adjectiven ,  ahd.  bittarheit ,  bösbeit,  frl- 
heil,  heilagheil,  tumbheit,  wisheit,  mhd.  kuonheit,  lösheit, 
bösheit,  stolzheit,  smäheif,  nhd.  derbheit,  dummheit,  fauiheit, 
feigheit,  kühnheit,  reinheit,  triigheit,  tollheit,  gewisbeit  und 
vielen  andern,  auch  mit  parlicipien ;  ahd.  farloranheit,  farmejan- 
beit,  trunkanbeit,  mhd.  gelegenheit,  beworrenheit,  nhd.  trun- 
kenheit,  ergebenheit,  Verlegenheit,  gelehrtheit,  verschwiegen- 
heil,  Verzagtheit  u.a.  im  allgemeinen  hat  das  nhd.  -beit  da 
zur  bildung  von  warten  verwendet,  wo  die  alte  ableitung  -i,  mhd. 
e  in  abgang  gekommen  ist,  so  dasz  wo  diese  ableitung  fortdauert 
wie  in  grösze,  länge,  liebe,  formen  wie  groszheil ,  langheit, 
liebheit  nicht  vcnvendet  werden  (gramm.  2, 643),  doch  eilaubl 
sich  hier  individueller  Sprachgebrauch  manche  ausnahmen,  wie 
z.  b.  Dief.  gloss.  breit  heit  latitudo  320'  für  breite,  tief  heit  pro- 
fundilas  463'  für  tiefe  aufzeigt,  Melissus  in  den  psalmen  treu- 
bait  für  treue  {N6*,  R  6'),  strenghait  für  strenge  (Rl'),  auch 
stolzliait  für  das  masc.  stolz  (G  7')  geicdhrl,  und  nocli  jetzt 
lindheit  und  lindigkeit  neben  linde  lenilas ,  Weichheit  neben 
weiche  mollitia  hergehen  (mollitia  weiche  Kirsch  cornuc;  eine 
angenehme  Weichheit.  Göthe  25, 23).  in  andern  fällen  ist  bet 
fortbestand  beider  formen  sonderung  der  begriffe  eingetreten ,  wie 
uns  höbe  etwas' anderes  als  hoheil,  faule  etwas  anderes  als  faui- 
heit ausdrückt;  in  noch  andern  endlich  dient  bei  sonst  gleidiem 
sinne  die  eine  form  mehr  der  edlen,  die  andere  auf  -heit  mehr 
der  gewöhnlichen  spräche,  so  dasz  nach  dieser  seile  hin  schöne 
von  Schönheit,  reine  von  reinheit,  kleine  von  kleinheit  sich 
scheidet. 

Was  die  bedeulung  von  lieit  in  solchen  Musammensetzungen 
betrifft,  so  ist  sie  gramm.  2,544  dahin  bestimmt  worden,  dasz 
heil,  Schaft  und  flium  einander  zwar  gewissermaszen  vertreten, 
'doch  bestehen  feine,  zum  theil  dialectische  unterschiede:  thum 
bezeichnet  mehr  die  würde,  das  gut,  heil  den  blossen  namen, 
Schaft  den  bloszen  zustand.'  da  die  ursjirüngliche  abstracte  be- 
deulung ton  heit  die  nactiweislich  ältere  iit ,  so  sind  concrete 
begriffe  wie  gottheit,  Christenheit,  menschheit  als  erst  später 
aus  der  abstraclen  bedeulung  hervorgegangen  aufzufassen ,  niclil 
umgekehrt. 

Einfaches  beit,  in  der  bedeulung  zustand,  art,  in  älteren  nhd. 
quellen  selten : 

was  thO  ich  nur,  wo  denk  ich  hin 
dieweil  ich  txUo  nackend  hin. 
loli  ich  zum  vater  in  solcher  haidl, 
noio,  wOrdt  im  machen  grosxeii  laidi. 

SciiiELZL  Verl,  söhn  'IT; 

findet  sich  nofb  bair.  die  halt  das  sein,  die  art  zu  sein,  der 
zustand:  von  bloszer  halt,  freier  holt,  aus  freien  stücken,  *on 
junger  hait  auf,  von  jugend  auf,  lediger  hail,  im  unverhriratcleu 


921 


HEITER 


HEITER 


922 


Stande;  auch  adverbial  lödigahait  in  ledigem  stände,  jungähait, 
junghait  in  jungen  jähren.  Schm.  1, 11S6  Frommann. 

Ober  die  verkehrung  von  heit  in  keit  ist  5,500^.  ausführlieh 
gehandelt. 

HEITER,  adj.  serenus.  a/irf.  heilar,  f/iArf.  heiter;  ato.  hedar; 
nl.  beyder  clarus ,  coruscus ,  resplendcns  Kilian;  ags.  hädor; 
a//n.  lieidr;  mit  dem  vorigen  worte  wurzelhaß  zusammenhängend, 
auszer  dem  schon  angeführten  ketu  erscheinung,  klarheit,  ist  als 
verwandt  noch  cetas  glänzende  erscheinung ,  aussehen  (Bühtl.- 
RoTH  2,1051),  dilra  sicidbar,  hell,  licht  (1015)  aufzuführen,  wo- 
gegen äne  nahe  Verwandtschaft  mit  griech.  y.ad'a^os  jedenfalls 
nicht  vorliegt,  in  dem  ganzen  deutschen  Sprachgebiete  tritt  dem- 
gemäsz  auch  an  heiter  nicht  sowol  der  begriff  der  reinheü,  als 
vielmehr  des  glanzes  und  der  helle  in  verschiedenen  abstufungen 
zu  tage,     es  wird  gesagt 

1)  von  der  sonne,  dem  himmel  und  seinem  glänze,  dem  tage: 
ahd.  heilariu  sunna.  Graff  4,  813 ;  heitarer  tagastern,  clarus 
lucifer  Schm.  2,  255 ; 

alts.    so  thiio  gisegid  ward     sedle  nihor 

heilra  sunna.  Heliand  5710; 

ags.     svä  of  hefene      hädre  scinetT 

rodorcs  camiel.  Beövulf  ib'ti; 

mhd.  liie  mit  disen  sachen 

begunde  ej  werden  lieht, 

sich  begunde  der  nebel  üf  machen  . . . 

vil  heiter  schein  diu  sunne.    rabenschtacht  374; 

nhd.  die  klar  heiler  sonn,  sol  purus.  Mäaleb  217*;  vast  hei- 
terer mon ,  praenitens  luna.  217';  heiter  monschein,  da  gar 
kein  gwüik  nit  ist,  luna  pura  221'; 

bei  heitrem  rollmondglanze.    Uhlaisd  ged.  401 ; 

es  war  im  heitern  Sonnenschein.     Chamisso  ged.  200; 

der  heitere  himmel,  ein  heiterer  tag,  an  dem  die  sonne  glänzend 
scheint,  verschieden  von  dem  blosz  hellen  himmel,  hellen  tage: 
heiterer  himmel,  hüpsch  und  schön,  apertum  coelum  Maaler 
217';  unsre  seelen,  klar  wie  über  uns  das  heitere  blau  des 
himmels.  Schiller  Fieslco  4, 14 ;  nur  die  hohen  gebirgsketlen 
waren  unter  einem  klaren  und  heitern  himmel  sichtbar,  alle 
niedern  gegenden  mit  einem  weiszen  wolkigen  nebelmeer 
überdeckt  (der  Standpunkt  ist  auf  einem  hohen  berge).  Göthe 
16,230; 
jener  ort,  der  dich  hält,  wo  ist  er?  wo  (lieszet  der  himmel, 
welcher  dein  aug  umwölbt,  heiter  und  lächelnd  vorbei? 

Klopstock  1,  22; 
schaue  des  himmels 
heitere  bläue.  2,  212; 

seht  den  himmel,  wie  heiter!     Voss  4,  71; 

der  tag  was  heiter  und  schön.  Aimon  bog.  c;  hfipscher  hei- 
terer oder  schöner  lag,  dies  candidus,  clarus  Maaler  217'; 

das  licht  des  tages  ist 
EU  heiter  ...  die  sonne  zu  lieblich.    Gotter  2,  509; 
glutroth  sinket  die  sonn,  und  der  mond  am  dunkelen  himmel 
schwebt  wie  ein  silberner  kahn,  und  verkündiget  heitere  pfingsten. 

Voss  2,  22  (Idytt.  3,  2). 

m  der  Verbindung  heiter  heller  tag  rührt  es  an  die  bedeutung 
HO.  4  unten:  ich  habs  nicht  gehört  verlesen,  dasz  es  verboten 
sei.  mit  deinem  meilschi  zu  reden,  und  noch  dazu  am  heiler 
hellen  tage.  J.  Gotihelf  erzählungen  4,  231. 

2)  heiler  ist  die  luft,  das  weiter,  die  gegend,  die  vom  sonnen- 
oder  Sternenglanze  durclistrahlt  mrd:  heitere  luft,  heiter  weiter, 
serenum  Stieler  823;   heitere  nachte,  noctes  sublustres  das.; 

vernimm  denn,  was  in  heitrer  mondnacht  jüngst 

ein  schilTsgenosz  auf  dem  verdeck  erzählt!    Uhlahd  ged.  171 ; 

ein  heiteres  dörfchen  lag  in  einiger  entfernung.  Göthe  20,6; 
man  sieht  über  die  reichen  baumwiesen  in  eine  heitere 
ferne.  17,  4; 

sie  (etfen)  bemalten  die  Dur  mit  dem  heitersten  grün. 
HöLTT  69  Hiitm; 
im  warmen  heiteren  weiter 
glänzet  fruchtbar  die  gegend;  mir  bringen  liebliche  lüfte 
über  die  wallende  (luth  süsz  dultende  kühlung  herüber, 
und  dem  lieitern  erscheint  die  weh  auch  heiter. 

Göthe  1,  336; 
der  heitere  garten, 
wo  ich  und  Marthe  deiner  warten.    12,  240. 

dann  auch  von  personen  und  gegenständen,  die  uns  in  glänzender 
ersclieinung  entgegen  treten:  ein  sichtbar  oder  heiter  gemäl, 
dj  vil  liechts  bat,  coUustrata  pictura  Maaler  217';  man  liesz 
den  knaben  eine  arl  von  heitrer  montining  machen.  Göthe 


17,178;  da  sie  sich  denn  in  ihren  heitern  reinlichen  uni- 
formen, mit  gesetzlichen  bewegungen  und  einem  natürlichen 
lebhaften  wesen,  sehr  gut  ausnahmen.  278 ;  die  übrigen  flächen 
der  wände  und  des  gewölbes  sah  man  regelmäszig  abgelheilt, 
und  zwischen  heitern  und  mannichfaltigen  einfassungen, 
kränzen  und  zierrathen  heitere  und  bedeutende  gestalten  in 
feldern  von  verschiedener  grösze  gemalt.  20, 19S ;  er  verhei- 
rathete  ihm  seine  tochter,  ein  frauenzimmer  von  der  heiter- 
sten Schönheit.   23,137; 

frei  und  heiter  zeigt  sich  des  kopfes  zierliches  eirund. 

40,  2S5. 

3)  heiter,  hell  leuchtend,  vom  flammenden,  nicht  blosz  glim- 
menden feuer :  uf  ein  heiters  kolfürle  oder  glütlin.  RCff  trost- 
büchle  40* ;  du  siehst  wol  an  einem  Hecht,  dj  es  glych  als 
heiter  brent,  so  es  schier  kein  doch  {dockt)  me  hat,  oder  so 
es  schier  am  ende  ist  als  an  der  ersten,  jo  etwan  schint  es 
heiterer  am  letzten  weder  am  anfang.  Keisersberg  ii/j.  150'; 
der  ratt  wirl  bei  der  nacht  mit  heiterem  schein  des  liechts 
gebleut .  dermaszen  dasz  er  bei  heiterem  liecht  nit  fliehen 
kann.  Forer  thierb.  109* ;  ferner  vom  blinkenden  metall  und  glas: 

aus  heiterm  silber  ward  der  schwarze  trank  (liaffee)  geschenkt. 
Zachariä  1,211  (Schnupftuch); 
der  Spiegel  läuft  darauf  von  seinem  hauchen  an, 
und  zeigt  itzt  keinen  äffen  weiter, 
das  dacht  ich,  rief  er  sehr  erfreut, 
die  schuld  liegt  nicht  an  meiner  häsziichkeit; 
nein,  junger  herr,  der  spiegel  war  nicht  heiter! 

Gellert  1,  281. 
vom  klaren,  glänzenden  wasser: 

kömmt  bald  an  einen  born,  der  tief  und  heiter  war. 
Hagedorn  2,  137. 

übertragen,  vom  berühmten  namen,  der  ja  auch  'glänzt' : 

oft  ist  der  rühm,  der  schriftverfasser  hebt, 
ursprünglich  schwach;  doch  hilft  die  kunst  ihm  weiter, 
der  gönner  huld,  nach  der  die  Zuschrift  strebt, 
macht  kleine  grosz,  und  dunkle  namen  heiter. 

IIagedorh  1,  58. 

4)  heiter  schwächt  sich  von  dem  begriffe  des  glanzes,  zu  dem 
des  blosz  hellen,  lichten  ab,  so  dasz  ab  sein  gegensatz  nicht  sowol 
wie  bei  den  vorigen  bedeutungen  trübe  und  düster,  vielmehr  wie 
beim  letzten  beispiele,  welches  den  Übergang  zeigt,  dunkel  hin- 
gestellt werden  musz :  es  facht  an  'heiter  tag  werden ,  albescä 
lux.  Maaler  217';  heiter  gewülk,  nubes  serena  221*;  heitere 
wölken,  sudae  nubes  Steinbach  1,732;  aber  hei  allen  kindern 
Israels  was  es  heiter  in  iren  wonungen.  Züricher  bibel  1530 
33*  {Ldther:  liecht  2  3/oä.  1 0,  23) ;  soll  wir  dir  ein  kerze  an- 
zünden? nein,  sprach  er,  es  ist  heiter,  ich  gesihe  noch  genug. 
Frey  garteng.  11;  die  färb  des  baraesters  ist  bei  seit  heiler 
rot.  Forer  thierb.  111*;  die  flossfeder  auf  dem  rucken  heiter 
rot.  ßschb.  15*;  heiter  läberfarb,  fulvus  Maaler  217',  vgl.  unten 
heitergrau;  da  observierte  ich  wie  die  iiellglänzende  sonne .. 
ihre  stralen  durch  dieselbige  {see)  bisz  in  diese  schröckliche 
tiefe  hinunter  warf,  also  dasz  es  diesen  sylphis  niemal  an 
keinem  liecht  nicht  mangelte,  man  sähe  sie  in  diesem  ab- 
grund  so  heiter  wie  auf  dem  erdboden  leuchten.  Simpl.2,'9 
Kurz;  die  rundelle  (laterne)  lösche  er  nicht,  die  hatte  man 
dafür,  um  heiter  zu  machen,  wo  es  dunkel  sei.  J.  Gotthelf 
bilder  und  sagen  4, 15 ; 

der  tag  ist  hier  verbannt,  kaum  macht  der  todte  schein 
von  einer  larope  noch  den  finstern  zugang  heiter. 

WlELASD  17,  96  [Idr.  u.  Zen.  2,44); 
den  ganzen  speisesahl 
sah  ich  in  finsternis  zerrinnen;  .  .  . 
ich  tappte  nun  so  gut  ich  konnte  weiter, 
und  fand  zuletzt  ein  zimmer  wieder  heiter.    192  (3,  111); 
der  Vollmond  macht  nunmehr  die  ganze  gegend  heiter. 

220  (4,  -29). 

in  der  Schweiz  volksmäszig  die  hausflur,  ein  vorsaal  ist  nicht 
heiter,  hat  zu  wenig  licht,     bildlich: 

ihm  {dem  säuqliri(i)  ruhen  noch  im  zeitenschoosze 
die  schwarzen  und  die  heitern  loose. 

Schiller  tied  von  der  gtocke  v.  54. 
heitere  wand  als  bergname: 

etliche  {hcnjknnppen)  komcn  mit  iren  secken, 
schnereif,  fuseisen  und  perkstecken, 
sagent  wie  sey  (si>)  hart  gearlieit  band 
in  Gaflein,  und  der  haitern  ^and. 

TuuRNBiszER  archid.  (1575)  51. 

5)  heiter  übertragen  auf  das  gehör,  klar,  deutlich :  clarus,  das 
heiter  und  hall  tönt,  das  man  heiter  und  klar  hört.  Fris. 
232*,  danach  Maaler  217';  sie  sahen  die  liechter  in  der  statt 
und  im  schlosz,  horten  auch  ganz  haiter  die  uren  schlagen» 


923 


HEITER 


HEITER 


924 


stunden  uszruefcn  und  die  troinmcu  schlugen  im  scblosz. 
Zimm.  chron.  3,  43S;  noch  bei  Göthe: 

lieiier  klangen  sogleich  die  gläser  des  wiithcs  und  pfarrers. 

40,241; 

daher  auch  eine  heitere  stimme,  welche  uichl  heiser  oder  rauh 
ist.   Adelung. 

6)  lieiter  auf  erkenntnis  und  auffassung  durch  gcsicht  und 
verstand  übertragen  {vergi  klar  10,  th.  5,992);  den  ausgang  von 
110.  i  zeigt  die  formet  das  liegt  heiter  am  tage;  was  dann,  wo 
maus  änderst  verstehen  wil,  ganz  heiter  am  tag  ligt.  Galtny 
273;  wann  der  geist  und  sinn  Christi  im  huchstabeu  heiler 
herausz  am  weg  lege ,  so  mücht  den  schätz  .  .  .  auch  ein 
jeder  gottloser  finden.  S.  Frank  verbülschirt  buch  (1559)  rorr. 
bl.  *ij*;  die  sach  ligt  heiter  am  tag,  wie  der  paur  an  der 
sonnen,  aj)erta  res  et  simplex,  apparet  aperte.  M aaler  217';  die 
sach  ist  heiter  und  offenbar,  ligt  am  tag,  res  clara,  celeber- 
ritna  H  notissima.  217*; 

das  lit  heiter  am  tag. 

N.  Manl'el  fastn.  396  Grüneisen ; 
desgleichen  dem  Albitio 
bschechen  ist,  wie  das  am  lag 
ligl  heiter. 

Thurneiszer  crlildrung  der  archid.  (1575)  77 , 

dalier  etwas  heiter  sagen,  anzeigen,  mit  heitern  Worten  sagen: 
ordo  lucidus,  ein  feine  Ordnung  die  einer  im  reden  halt,  dar- 
mil  und  er  dester  heiterer  und  klarer  rede.  Fris.  789";  (eine 
Öffnung)  von  einem  artikel  an  den  andren  heiter  und  luter 
vorgelesen,  weislh.  i,b6;  inen  selbs  vermog  darumb  ufgerichtcr 
biief  und  siglen  under  andcrra  heiter  bedingt  und  vorbehalten. 
e2;  (uie)  es  die  marchslein  clarlich  und  heiler  uswysent. 
Hotz  Züricher  urkundenb.  1, 131  {v.  1524) ;  dievvyl  des  gestifts 
zum  groszen  münsler  oönung  .  .  .  gar  heiler  uswyst.  142 
{v.  157(j);  heiter,  öffentlich  liqtiido  Dasyp.  ;  conspicuus,  heiter, 
klar,  sichtbar  Fris.  312';  cvidens,  augenscheinlich,  heiter  und 
klar  4S7*;  heiterer,  verstendiger,  und  verrümpter  scribent, 
author  luculcntus  Maaler  22l';  dj  jemand  sagen  dürf  wider 
so  heitern  bescheid  Christi,  kriegb.  d.  fr.  C3;  mit  heiterem 
herichl ,  wie  yeder  form  (der  geburl)  zum  kummlichesten  zu 
lielfen  sye.  Hüff  trostbüchlc  A  iij ;  wie  oben  gesagt  und  heiter 
durch  die  conlrafactur  anzeigt  ist.  ll';  heiter,  klarlich  und 
ougenschyniich  fürgestellet  und  eröffnet.  16';  das  drill  buch 
win  eigentlich,  klar  und  heiter  alle  handwürkung,  auch  das 
ampt  der  hebammen  leeren.  29';  so  hab  ihr  mayest.  frei 
Laiter  bekandt,  sie  wolle  hinfür  darauf  bedacht  sein.  Fronsk 
kriegsb.  3,140';  darby  mocht  ich  heiter  sahen,  das  diser  un- 
schuldig war.  Maaler  217';  ich  merks  oder  Verstands  heiler, 
clarel  mUii.  das.;  ein  ding  heiler  auszIegen,  explicare  aperte. 
das.;  habend  von  denselben  goltzhüscrn  heiler  vcrsiglele  brief. 
Tsciiubi  I,  226;  heilere  Wahrheit,  veritas  aperla,  manifesta,  ipsis- 
sima  veritas  Stieler  823;  heiterer  Leweis,  probalio  ipso  sole 
nieridiano  clarior.  824; 

hast  mit  heiteren  wortcn  gseit 
CS  syg  von  sant  Cornelius  kommen,    fastn,  sp.  871,  23; 
der  glychnus  gab  Christus  vil  on  zai, 
tlarbv  wir  heiler  wüssend  zvcrslan, 
wio  lieh  er  arm  sündcr  hat  gehan.    886,  13; 
dasz  wir  arme  Evakind 
nüt  anders,  dann  arm  sündcr,  sind, 
das  magst  du  nun  heiter  grylcn  und  sehen.    38; 
die  antwort  die  Christus  heiter  gii. 

N.  Manuel  fasln.  355  Grfineisen; 
dann  dise  gschicht  zaigt  baidtcr  an 
den  schweren  träum.      S.  IIirk  lli:cl  (1539)  I>ij'; 
was  ist  nun  wyicr  zihuon  vorhanden, 
zeigs  heiler  an,  verhall  uns  nüi.    trag.  Juh.  Dij; 
das  sag  uns  heiter  allen  sant.    Fij; 
desz  er  gar  heiter  glougnel  hat.    Fv. 

auch  GOtiie  hat  noch  in  diesem  sinne,  zunächst  in  bczug  auf 
den  blick,  gesicfäskreis : 

mit  jedem  schrill  wird  weiter 

die  rasche  lehenshahn, 

und  lieiter,  immer  heiler  {comparativ  für  heiterer) 

•lelgl  unser  hlick  hinan.  1,  131; 

wir  setzen  den  bezeichneten  inaszstab,  vielleicht  nicht  ganz 
volUltindig  und  freilich  nicht  methodisch  genug  gereiht,  zu 
heiterer  Übersicht  hicher.  3G,  20b;  ein  blick  auf  die  umMünde, 
unter  welchen  beide  inünncr  gelebt,  gibt  zu  einer  heitern 
^crglcK  hung  arilanz.  fi.l,  1C1 ;  ferner:  diene  geistreich  heitern, 
durcbdringciidrn,  obgleich  nicht  einem  Jeden  gleich  cingtlng- 


lichen  worte  (Hegels),  an  Reinhard  no.  103,  i.  198;  wie  er  auch 
andcrtceil  heiler  für  klar,  sich  seiner  werke  und  ziele  bewust, 
braucht;  da  wir  denn  ungestört  hier  allein  sind.,  und  ganz 
ruhigen  heiteren  sinnes.  17,5;  vielerlei  fragen,  die  durch 
heilere  liberalilät  wohl  aufzulösen  sind,  an  Voigt  s.  221;  mein 
vater  war  ein  wohlhabender  edelmann  dieser  provinz,  ein 
heilerer,  klarer,  thätiger,  wackrer  mann,  werke  20, 46.  ein 
gebrauchtes  bild  knüpft  ausdrücklich  an  die  bcdeutung  4  an:  keine 
spur  von  Schiefheit,  falscher  anforderung,  dunkler  Selbst- 
genügsamkeit, sondern  alles  klar,  heiler  und  rein,  wie  ein 
glas  Wasser.  33,179; 

frisch  gewagt  imd  frisch  hinaus, 
köpf  und  ann  mit  heitern  kr&t]t^n 
überall  sind  sie  zu  haus.     23,  15. 

Keisersbbrg  schon  setzt  heiter  «'jc  ruhig,  von  leidensdtaft  frei: 
halt  an  dich,  nit  Schlags  kind  bisz  dir  der  zorn  vergat,  denn 
straf  mit  ainem  haileren  herzen  nach  Vernunft,  alle  die  weil 
dirs  herz  klopfet,  so  lang  gang  müszig  (des  strafens).  siben 
schaidcn  h  6*. 

7)  heiter,  übertragen  auf  die  ruhig  frühliche,  von  trübem  freie 
gemütsslimmung,  verzeichnet  zuerst  Frisch  :  ain  hailercs  gemüth, 
animus  scrcnus  1,  397'.  den  ausgang  dieser  bedeutung  von  der 
oben  1  zeichnen  manche  der  unten  folgenden  beispiele,  besonders 
mich  Schiller  im  Wallenstcin  bei  der  beschreibung  der  planeten- 
bdder : 

ganz  in  der  mitte  glänzte  silberhell 

ein  heitrer  mann  mit  einer  königsslirn, 

das  sei  der  Jupiter,  des  vaters  stern.    Piccol.  3,  4; 

und  beispiele  unter  heitern  1,  c  zeigen,  wie  die  übertragene  bedeu- 
tung des  adjcctivs  wenigstens  seil  dem  17.  Jahrhundert  vorbereitet 
ist.  wir  sagen  ein  heilerer  mulh;  ein  heiterer  mensch;  ver- 
gisz  der  sorgen  und  sei  heiter;  die  heitern  Giiechen.  Heinsk 
Ardingli.  1,120;  dabei  war  sie  ruhig  und  heiler.  Gotue  17,178; 
man  kehrte  zufrieden  und  heiler  zurück.  31 ;  der  hauptmanu 
. . .  halle  einen  sehr  versländigen  brief  vorausgeschickt,  der 
Charlotten  völlig  beruhigte,  so  viel  deullichkeit  über  sich 
selbst ,  so  viel  klarheil  über  seinen  eigenen  zustand ,  über 
den  zustand  seiner  freunde,  gab  eine  heilere  und  fröhliche 
aussieht.  28 ; 

der  du  dort  wandelst,  ernstvoll  und  heiter  doch. 

Klopstock  1,  15; 
mich  scheucht  ein  trüber  gedanke  vom  blinkenden  weine 
lief  in  die  mclancholci! 

ach  du  redest  umsonst,  vordem  gewaltiges  kelchglas, 
heitre  gedaiikcn  mir  zu!  s.  27; 

du  starbst,  wie  du  gelebt: 

so  heiter,  wie  dein  Socrates.    Uamlbr  2,  40; 

ein  west,  wie  du  so  heiler, 

spielt  um  dein  blundes  haar.     Gotter  1,27; 
er  ist  nicht  heiter,    warum  ist  ers  nicht? 
ihr,  lantc,  habt  mir  ihn  so  schwer  gemacht! 
war  er  doch  ein  ganz  andrer  auf  der  reise ! 
so  ruhig;  hell!  so  froh  bei'eilt!     Schiller  Piccul.  3,4; 
wenn  der  tag  nicht  hell  ist,  sei  du  heiter.     Rückert  325; 
ihr  heitern  {müdchcn),  kommt  zu  lanzes  feier, 
laszt  wehn  das  rosige  gewand  !     Uhlanu  yeä.  224 ; 

doch  den  heitern  pilgern  Tolgen 

andre  baiTusz  und  bestaubt.  287; 
ich  mochte  gern  mein  heitres  lebenslicht, 
mein  schönes  lieb,  alliiberall  umschweben.     II.  IIbine  15,  S4 ; 

es  wird  auch  gesagt  heilere  fieude,  als  mehr  ruhige,  im  gegen- 
salz zur  heftigen,  wilden,  ausgelassenen  ficudc: 

die  hohe  schwiirmcrei  laugt  meiner  scelo  nicht  .  .  . 
mein  Clement  ist  heitre,  sanTie  freude.    Wieland  9,  9.'i; 
da  kömmt  er;  kömmt  mit  hast;  gliilit  heitre  Treude. 
I.KSSINC  2,  285; 
schon  da  gab  dir,  den  du  nicht  kanntest, 
heilere  Treuden,  mir  aber  lliranen ! 

Klopstock  1,51. 

heiter  gehl  sodann  auf  gcsicht  und  minen,  die  eine  solche  gemüts- 
slimmung wiederspiegcln :  ein  haiters  gesiebt,  ein  vergnügtes 
gesiebt,  frons  oder  vullus  Iranquillus  et  serenus.  Frisch  1.387'; 
beidor  äugen,  bcsiuiders  der  madonna,  lilicklen  heiler  schein, 
in  einpllndung  Rchwimniend.  IIeinsk  Ardingh.  1,78;  sie  er- 
ziihllc  ihre  beschwerlichen  Wanderungen  mit  heitrem  munde. 
Immkrmann   Münchh.  1,135; 

kein  niige  war  im  dörrdien 

1(1  lii'ltcr  und  üu  blnii  I    fliii-TT  12  Halm; 

die  «lernen  unter  sich, 

Hrhant  er  in  eine  well,  die  er  bcseeliete, 

nll  heiurm  blick  herab.  Vj; 


925 


HEITER 


HEITERE 


926 


beseelt  kein  feuriger  wünsch 
dein  heitres  äuge?         Raxler  1,  14; 
und  sein  baupt,  mit  heiterm  antlitz, 
beugt  Almansor  ben  Abdullah 
über  den  gezierten  taufstein.    H.  Heink  15,  101. 

ferner  auf  zeiten ,  in  denen  etne  iiettere  geniütsstimmung  tcallel: 
sei  thälig  und  gefällig,  und  lasz  dir  die  gegenwart  heiter 
sein.  GöTBE  20, 19; 

sich  sehen,  Sympathie  empfinden, 

in  einem  heitern  augenblick 

aul  ewigkeiten  sich  verbinden, 

diesz  ist  der  menschheit  erstes  glück.    Gotter  1,  7 ; 

das  jähr  ist  hingeschwunden, 
wie  schäum  im  wilden  bach. 
denkt  seinen  heitern  stunden, 
denkt  seinen  trüben  nach.    Voss  4,  100; 

endlich  auf  dinge,  handlungen,  zustände,  die  eine  solche  gemüls- 
slimmung  erzeugen:  in  heilerer  gesellschaft.  Göthe  31,127; 
ein  . .  orientalisches  mährchenbuch,  woraus  er  auf  der  stelle 
ein  heiteres  geschichtchen  las.  130 ;  hatte  die  jenaische  ge- 
selligkeit  nichts  von  ihrem  heitern  Charakter  verloren.  140 ; 
hofrath  Bluinenbach  gönnte  seinen  weimarisch- und  jenaischen 
freunden  einige  tage,  und  auch  dieszmai  wie  immer  verlieh 
seine  gegenwart  den  heitersten  Unterricht.  143 ;  das  erste  was 
wir  thun  sollten  . .  wäre,  dasz  ich  die  gegend  mit  der  magnet- 
nadel  aufnähme,  es  ist  das  ein  leichtes  heileres  geschäft. 
17.32;  der  graf  und  die  baronesse  begegneten  sich  mit  dem 
heitern  behagen,  das  ein  paar  liebende  empfinden.  133 ;  die 
angenehmsten  gesellschaften  sind  die,  in  welchen  eine  heitere 
ehreibietung  der  glieder  gegen  einander  obwaltet.  240;  gott 
bekehre  dich  zu  dem  heitern  christenthume  eines  Herder, 
Jacobi,  Kant.  J.  Fall;  wie  froh-murmelnde  frühlingwasser 
Oosz  den  ganzen  heiligen  abend  heiteres  geschwätz  des  sohnes 
und  der  mutter  durch  stube  und  Stubenkammer,  leben  Fibels 
22;  als  sich  nach  dem  heilern  abendesscn  die  übrigen  gaste 
entfernten.  Tieck  16,  1S2  (Sternbalds  tranderunqen);  die  er- 
neuerte liebe  zur  heiter  griechischen  kunst.  H.  Heixe  6,53; 
eine  ausschlieszlichkeit  bei  allen  mittheilungen,  wogegen  die 
hemmnisse  der  deutschen  censur  nur  wie  heitere  rosenkelfen 
erscheinen  dürften.  9,98; 

komm,  und  lehre  mein  lied  jugendlich  heiter  sein. 
Klopstock  1,  69; 
flnslrer  ernst  und  trauriges  entsagen 
war  aus  eurem  heitern  dienst  verbannt 

Schiller  götler  Griechenlands; 

ja,  danket  ihrs  (der  muse),  dasz  sie  das  düstre  bild 

der  Wahrheit  in  das  heitre  reich  der  kunst 

hinüberspielt,  die  täuschung,  die  sie  schafft, 

aufrichtig  selbst  zerstört  und  ihren  schein 

der  Wahrheit  nicht  betrüglich  unterschiebt : 

erust  ist  das  leben,  heiter  ist  die  kunst. 

^yaUens^ein,  prolog ; 

das  spiel  des  lebens  sieht  sich  heiter  an.    Piccol.  3,  4; 

welch  heitrer  anblick !  welche  schöne  auen !    Demetrius  2, 2 ; 

gelockt  auf  seligem  grund  zu  wohnen, 

du  flüchtetest  ins  heiterste  geschicki     Göthe  41,226; 

wann  ward  der  heitre  tanz  erfunden 

und  wann  das  lose  Pfänderspiel?     Uhlajcd  ged.  76; 

man  rettet  gern  aus  trüber  gegenwart 

sich  in  das  heitere  gebiet  der  kunst.    103; 

mit  satyrlarven  und  mit  blumenkränzen 

umkleidete  das  alterthum  den  sarg, 

der  heiter  die  verglühte  asche  barg.    120. 

vergl.  frühlingsheiter. 

8)  heiter  ist  von  froh  unterschieden,  indem  ersteres  als  von 
äuszeren  begebenheiten  unabhängige  gemülsstimmung ,  letzteres  als 
m  folge  von  ereignissen  eingetreten  gezeichnet  trtrd; 

eins  verjüngte  mein  alter,  durchrann,  wie  der  tränkende  bach 
,      .    ,.       ,  rinnt 

durch  die  wiese,  mein  hen,  machte  den  heiteren  froh, 

war  mir  wonne.  Klopstock  2,  135; 

andencärls  tritt  dieser  untersctäed  nicht  hervor,  vergl.  namentlich 
froh  1,  theil  4',  222. 

9)  anlehnend  an  die  bedeutung  7  ictrd  heiter  in  der  getrOhn- 
lichen  spräche  des  lebens  auch  ironisch  veneendel:  eine  heitere 
gcschichte!;  das  ist  eine  heitere  Verwirrung' 

HEITER,  n.  helligkeü,  glani: 
ich  wünsche  dasx  die  nacht  {aoc.)  lertreib  ein  helles  heiter, 
A.  Grtpbius  1698  1,  332. 
in  schwacher  form: 

feölTnet  ist  die  weit,  uns  alle  lockt 
ie  neue  lust  aus  enger  klosterzelle 
ins  otTne  heitre  der  verjüngten  nur. 

ScHiLLKR  Demetrius  2,  I. 


HEITERE,  HEITRE,  /".  klarheit,  glänz,  helligkeit,  mhd.  heitere, 
heiter  (Lexer  1, 1225),  nach  den  verschiedenen  bedeutungen  von 
heiter. 

1)  klarheU,  glam,  der  sonne  und  des  himmels : 

als  diu  heiter  durch  da;  glas 

glestet  von  der  sunnen, 

so  mühte  man  erkunnen 

sine  tugent  der  er  pblac.    Serrafiiw  296  (HaMp/5,  S7); 

daher  auch  die  scfiönheit  eines  sonnigen  tages,  einer  mondglinzenden 
nacht:  serenitas  luftes  heitere  o.  schöni  Dief.  nov.gloss.3ib*; 

mit  welcher  hoheit  blick  wird  auf  uns  herabsehn, 
wen  die  heitre  labt  des  goldenen  tages!    Klopstock  2,  39; 
welche  nachte,  wenn  nun  der  mond  mit  der  heitre  des  himmels, 
um  der  Schönheit  preis,  siegend  stritt,  und  besiegt.     243; 
gott  sei  dank  für  den  herrlichen  tag,  und  den  herrlichen  abend, 
der  uns  morgende  heitre  verkündiget!        Voss  Luise  1,  590; 
aber  sie  {die  sonne)  hauchte  noch  lang,  mit  sanftverglühendem 

antlitz, 
purpurröthlichen  duft  nach  Osten;  des  kommenden  morgens 
heitre  verkündend.  Ptrker  runi-s.  S,  75. 

2)  Klopstock  brauchte  heitre  auch  trie  at&rjo,  erst  in  den 
ausgaben  des  Messias  seit  1773 : 

ein  Strom  der  himmelsheitre. 

werke  3,  lö  (Hess,  1,  205;  erste  ausgaben 
ein  verklärter  ätherischer  ström); 
ein  schwebender  leib  aus  heitre  gebildet. 

3,33  (l,4S5,  früher  hellleuchtend 
gebildet); 
sähe  sie  dasz  aus  wehendem  staube  sich  engel  erhoben! 
und  der  leib  der  heitre  den  neugeschaffnen  verklärte! 

5,85  (11,1280,  früher  den  ätherischen  leib); 
als  sie  .  .  .  die  stille  heitre  des  himmels 
näher  den  nicht  begleiteten  sonnen,  erscbwebten. 

6,25  (16,345); 
ach,  dann  komm  bald  im  weiszen  kleide, 
wallend  im  lieblichen  strahl  der  heitre.    1,  52  (öden); 
gleich  einer  lichten  wölke  mit  goldnem  säum, 
erschwebt  die  dichtkunst  jene  gewölbte  höh 
der  heitre.  2,  25 ; 

die  bläuliche  heitre 
lächelt.  112. 

3)  der  geicühnlichen  und  volksmäszigen  spräche  war  heilere 
meist  nur  in  der  schwächeren  bedeutung  helligkeit  gerecht  {nach 
heiter  4  sp.  922),  namentlictt  in  bezug  auf  das  lageslicht:  alle 
Tänster  aufthun ,  dasz  die  heitere  einher  scheine,  admittcre 
lucem  in  thalamos  totis  fenestris.  Maaler  22i';  mich,  so  bald 
mir  die  heitere  des  tags  nur  ein  wenig  leuchtet ,  aus  dem 
staub  machte.  Siwipi.  3,  416  Kurz;  so  dasz  ihnen,  den  sylphis 
{in  den  abgründen  des  meeres)  die  see  wie  taglöcher  oder  fenster 
taugten,  durch  welches  sie  beides,  helle  und  wärme  empfingen; 
und  wann  sich  solches  nicht  überall  schickte,  weil  etliche 
Seen  gar  krum  hinum  gingen,  ward  solches  durch  die  reflesion 
ersetzt,  weil  die  natur  hin  und  wieder  in  die  winkel  ganze 
felsen  von  crjstall,  diamanten  und  carfunklen  geordnet,  so 
die  hellung  und  heitere  hinunter  fertigten.  2,  79.  so  noch 
Schweiz,  tagheiteri,  der  anbrechende  tag:  da  können  wir  ein 
ganzes  jähr  arbeiten ,  von  einer  tagheiteri  zur  andere ,  wir 
verdienen  nicht  so  viel.  J.  Gotthelf  schuldenb.  204. 

Besonders  bezeichnet  heitere  auch  das  aufhellen  und  klar  werden 
der  Witterung  nach  einem  stürme,  wo  auch  die  bedeutung  1  ««- 
greift:  und  {Jesus)  trüwet  und  überboldret  den  windt  und 
die  ungestümigkeit  des  wassres  .  .  und  von  stund  an  gclag 
der  windt,  und  ward  gemacht  ein  grosze  heilere  und  stille, 
welle  heitere  und  stille  dem  wüten  und  der  ungestüme 
nimmerme  stracks  von  natur  nachgefolget  möcht  sein.  Kei- 
SERSBERG  postHl  1,  2s' ;  von  stundan  gesasz  die  ungestüme 
und  ward  ein  schöne  heitere  und  stille  uff  dem  meer.  Marie 
himelfart  16*; 

wohl  mir!   entflohn  bin   ich   endlich  dem  wüst  unholder  er- 

scheinung; 
und  des  gewühls  aufruhr  schweiget,  ein  stürm,  der  verballt! 
wieder  erkenn  ich  und  höre  mich  selbst,  und  die  stimme  ver- 
sagt nicht; 
klar  in  der  heitere  ward  jeglicher  laut  melodie.   Voss  3, 125. 

4)  heitere,  übertragen  auf  helligkeü  und  klarheit  des  gesichls, 
erkenntnisvermügens,  Verstandes  {nach  heiter  6  sp.  923):  heitere 
und  scharpfe  der  gesiebt,  claritas  oculonim  Maaler  217';  die 
heitere,  cvidentia,  claritas.  das.;  die  Übertragung  ist  ausdrücklich 
an  die  sinnlichen  bedeutungen  (t  und  3)  angeknüpft:  wenn  ain 
mensch  ausz  der  tunkle  seins  gemütes  kumpt,  das  die  haitere 
aigner  erkantnus  geratet  in  der  cellen  seiner  verstentnus  aus- 


927 


HEITERGRAU  —  HEITERKEIT 


HEITERLICH— HEITERN 


928 


hrechen ,  denn  sieht  er  in  welchem  neliel  und  blinthait  er 
ist  genesen.  Keisersberg  siben  liauptsüiiden  (1510)  cc4'; 

0  reines  licht,  durchläutre 

mich  ganz  mit  deiner  heitre. 

zu  schaun,  was  wahr  ist,  schön  und  gut! 

Voss  5, '-!Ü6  (fibenclirieben  'die  morgenheitre'). 

5)  heitere,  frohe  gemülsstimmttng  {nach  heiter  7  sp.  924) : 

dieser  ist  Philippus.    die  menschenfreundliche  heitre 
bildet  die  züge  des  stillen  gesichts.     Klopstock  3,  120; 

es  saszen  umher,  mit  silberhaarigem  iiaupte 
Bartholomäus,  Lebbäus  gelehnt  aul  ein  rüder,  mit  vollem 
freudeglanzenden  blicke  der  Zwilling,  mit  lächelnder  heitre 
seihst  Nuihanael.  0,  175; 

ah,  wenn  sie  blieb,  die  sie  war, 
als  sie  erschien,  so  durchwallt  heitre,  durchströmt 
froheres  ihn.  7,  10. 

HEITERGRAU,  adj.  lichtgrau,  hellgrau :  (der  habidä)  bat  ein 
heilergrauwen  köpf.  Stumpf  560. 

HEITERICHT,  adj.  serenus,  nitidus,  coruscus ;  der  heiterichte 
früling,  i'er  sudum  Stieler  S24. 

HEITERKEIT,  f.,  mlid.  heiterkeit  (Lexer  1, 1225). 

1)  glänz,  strahlende  klarheit  der  sonne,  der  sterne,  des  htmmcls, 
des  tages:  heiterkeit  des  lages,  serenum,  heiterkeit  der  luft, 
sudum  Stieler  824; 

beglückte  nacht!  die  uns  den  schönsten  tag  gebiehret, 
für  welchem  keiner  hat  gehabt  mehr  heiterkeit. 

LouKNsTEiN  himmelschlüssel  s.  44. 

in  bezug  auf  orte  die  von  der  sonne  bestrahlt  werden,  'lachende 
Auren'  (heiter  2  sp.  921) : 

und  ruh  und  freude  labt  dein  herz 

in  gegeuden  voll  heiterkeit.    E.  v.  Kleist  1,  56. 

2)  heiterkeit  =  tielle  (heiter  4) :  das  schlimmste  war,  dasz 
sich  . .  der  himmel  mit  wölken  zu  bedecken  anfing,  welche 
ihnen  kaum  so  viel  heiterkeit  übrig  lieszen,  dasz  sie  einen 
weg  in  dem  gehülze  finden  konnten.  Wieland  U,  162. 

3)  heiterkeit  klarheil  für  das  sehen,  erkennen,  auffassen: 
heilerkeit  der  rede,  jperspicuitas  se) mortis,  orationis  claritas. 
Stieler  824. 

4)  heilerkeit,  die  frohe  gemiitsstimmung :  eine  wunderbare 
heiterkeit  hat  meine  ganze  seele  eingenommen,  gleich  den 
süszen  frühiingsmorgen  die  ich  mit  ganzem  herzen  geniesze. 
GöTHE  16,7;  was  das  handwerk  hervorbringen  kann ,  das 
keine  schönen  Verhältnisse  kennt,  aber  für  bedürfnis,  dauer 
und  heilerkeit  arbeitet.  20,43;  die  thüre  selbst  war  auf 
iigyplische  weise  oben  ein  wenig  enger  als  unten,  und  ihre 
ehernen  flügel  bereiteten  zu  einem  ernsthaften,  ja  zu  einem 
schauerlichen  anblick  vor.  wie  angenehm  ward  man  daher 
übeirascht ,  als  diese  erwartung  sich  in  die  reinste  heiter- 
keit auflöste.  197; 

der  pöbel  sieht  erstaunt  des  weisen  angesicht, 

sieht  seine  heiterkeit,  doch  ihre  quelle  nicht.    Uz  2,  48. 

auch  der  ausdruck  dieser  gemülsstimmung:  der  reichstag  hörte 
die  rede  des  hcrrn  N.  mit  vieler  heiterkeit  an  ; 

lispl  ihm  trost  in  die  brüst,  heiterkeit  in  den  blick. 

Hölty  68  Hittm; 
tritt  sie  die  schwester  an  mit  falscher  heiterkeit, 
jäszt  im  verstellten  aug  der  hotriiung  strahlen  blitzen. 

Scuiller  Dido  87. 
im  Wechsel  mit  der  bedeulung  1 : 

heiterkeit  athmei  die  llur  und  heiterkeit  garten  und  waldung, 
heilerkeit  vieh  und  gevügel  und  keck  arbeitendes  landvulk; 
mehr  der  menschliche  wirt,  der  mit  heiterkeit  alles  beseelet, 
auch  mich  schwelgenden  gast.       Voss  2,193  (Idyll.  12,1). 

man  tprield  von  heftiger  heiterkeil:  so  herrschte  in  der  ganzen 
zeit  eines  längeren  Zusammenseins  eine  aufgeregte  inuntcr- 
lieit ,  eine  heftige  heiterkeit,  die  kein  stillstehen  duldete. 
GüTHE  31,200;  sogar  von  ernster  iieiterkeit  (wie  andererseits 
von  lächelndem  ernst.  IIeinse  Ardingh.  1,81):  es  war  ehcn- 
niäszig  bei  einem  lodesfalle  ..  dasz  in  ernster  Iieiterkeit  der 
schönen  freundin  {der  gestorbenen  Corona  Schröder)  gedacht 
wurde.  Götiie  31,131.  paradox  ist  die  düstere  heiterkeit:  in 
diesen  liedern  (den  Volksliedern)  füiilt  man  den  iierzschlag  des 
deutschen  Volks,  hier  ofreniiart  sicii  all  <ieine  düstere  heiter- 
keit, all  »ieiue  nürrisclie  Vernunft.  H.  Heine  6,192. 

hl  heile; keil  endlich,  das  was  die  hriinc  (femhtsstimmung 
hrrvoTTuH  oder  wecken  soll,  Vergnügung:  indessen  fehlte  es 
nicht  on  unterhaltender  heiterkeit.  Göthe  31.110;  hierein 
plural  beilerkciten :  (dasx  der  mann)  durch  orinnerung  nn 
liiiViere  beilerkeiteo  den  trüben  sugenhlick  zu  erhellen  wnszie. 


25,186;  solchen  Zerstreuungen  und  heiterkeiten  gab  ich  mich 
um  so  lieber  und  zwar  bis  zur  trunkenheit  hin.  26,  80. 

HEITERLICH,  adv.  illuminale.   Maaler  217*. 

HEITEKLING,  m.  der  heilerluit  hingegeben,  gebildet  nach  witz- 
ling:  das  ist  so  die  philosophie  der  bonvivanls  und  seichten 
heilerlinge  in  der  nusz.  R.  Goltz  kneipen  u.  kneipgenies  47. 

HEITERN,  verb.  in  zwei  bedeutungen. 

1)  wie  ahd.  heitaran,  mhd.  heitern,  heüer  machen;  transitiv 
und  reflexiv. 

a)  in  bezug  auf  Sonnenlicht  und  tageshelle;  in  einem  bilde: 

es  schäumt  der  nahe  lieJlt  aus  freuden  seine  wellen, 
dasz  sich  um  mitternacht  der  künste  sonn  erhellen 
und  prachtig  heilern  soll.  Möhlpfort  78; 

du,  die  vom  göttlichen  blick  die  ernste  gcrechtigkeit  lernte, 
aber  auch  Ihren  vertrautcu  mit  süszer  freundlichkcit  lächelt, 
heitre  die  seele,  die  noch,  umringt  von  dem  graun  der  gesiebte, 
innerlich  bebt,  mit  himmlischem  licht.      Klopstock  3,  1U8; 

a«c/j  in  nur  abgeschwächlerer  bedeutung  liell  machen,  erhellen: 

im  trüben  tag,  den  nur  ein  Irrlicht  heitert. 

II aller  Schweiz,  ged.  (1768)  s.  59; 

bildlich: 

der  spräche  horizont  durch  die  criiik  zu  heitern. 
Rost  verm.  ged.  86. 

b)  übertragen,  ätherisch  umbilden,  läutern  (vgl.  oben  beilere  2): 

dasz  auch  wir  mit  seligem  erbeben 
himmelwärts  die  nassen  blicke  heben, 
wo  dein  geist,  vom  irdischen  geläutert, 
sich  zum  engel  heitert.      Voss  4,  63. 

c)  am  häufigsten  in  bezug  auf  die  heilerkeit  der  seele  und  den 
ausdruck  derselben :  si  heitere  ihr  angesichte  mit  der  hofnung 
künftiger  freudenbegebenheit.  Rutscuky  kanzl.  847;  des  mis- 
muthigen  antlitz  heiterte  sich.  Scueffel  Ekkeh.  23; 

aber  was  ist  es  denn, 
das  mich  heitert?       Klopstock  1,84; 
dort  schuf  sie  der  herr!  hier  dem  staub  näher  den  mond, 
so  (welclier),  genosz  schweigender  kühler  nacht,  sanft  schimmernd 
die  erdulder  des  Strahls  heitert!  Ib6; 

wer,  was  die  Schöpfung,  und  was  er  selbst  sei,  forscht, 
anbetend  forscht,  was  gott  sei,  den  heitert,  stärkt 
genusz  des  geistes.  7,  35; 

soust  konnte  deine  seele 
der  Sänger  heitern,  und  des  sanfteu  liedes 
begleiterin,  die  leise  goldne  saite.        9,77; 
treib,  o  selige,  treibe 
im  beginne  des  werks  uns  schwarze  sorgen  und  nebel 
lerne  zurück!  wie  der  glänz  am  morgen,  so  heitre  der  eingang 
unsere  stirn,  wie  der  glänz  am  abend,  der  fröhliche  ausgang. 
Herder  zur  seil.  tili.  u.  kunst  10,229; 
kein  blick  der  hoffnung  heitert  die  seele  mir, 
kein  blick  der  freude!      Höltv  78  Hutm; 

komm,  du  engel  gottes, 
komm,  meiu  leben  zu  heitern!    112; 
trockne  deines  Jammers  thränen, 
heitre  deinen  blick.  Voss  4,  83; 

doch  das  eng  verschlossne  haus 
heitert  warm  und  froher  schmaus.    5,214; 
nun  seid  ihr  entkräftet  und  muthlos, 
stets  mühseliger  irren  nur  eingedenk;  und  es  heitert 
nie  euch  Ireude  den  muth.  Udystee  10,464; 

drum  lieh  ich,  heitre  dein  gcsicht, 
ich  scheue  holl  und  himmel  nicht, 
bleibt  mir  dein  äuge  ollen. 

Lenz  an  itiniia,  in  Voss  musenalm.  1778,  «.  47; 
0  welch  eiü  mahl !    die  grazie 
der  freundlichkcit,  die  suada,  gieng 
zu  tische  mit  und  heiterte 
das  fröstelnde  gespräch,  so  bald  es  grillen  tieng! 

Kl.  Schmidt  /met.  bv.  147. 
«)//  ausgelassenem  objecl: 

aus  seiner  (des  dichten)  hellen  schule,  so  scheinis,  ergieszt 
sich  nur,  was  heitert.  Klopstock  2,  26. 

d)  ungewöhnlicher  ist  den  kunnner  heitern ,  ihn  in  freude 
verkehren  : 

und  sie  blickten  hinab,  und  sahn  den  göitliclicn  wandeln, 
sahn  die  jünger  ihm  folgen  mit  hnlhgeheiiertem  kuminer. 

Klopstock  U,  221 : 
0  so  komm  denni  heitre  das  betrübtet    BCngkr  08*. 

e)  Zusammensetzungen,  vergl.  aufheitern,  ausheitern,  durch- 
bcilcrn,  erheitern,  anheitern  gehört  zu  c  oben  und  drückt  tni 
pait.  praet.  verblümt  einen  vtdszigen  rausch  aus:  er  ist  etwas 
ongehcilerl. 

2)  heilern,  intraniitiv,  heiter  sein;  zunddul  in  beiug  auf  luft 
und  weiter :  das  weiter  hcilerl,  klirt  sich;  gewöhnlich  unpersün- 
Uch  es  heitert :  aber  als  es  am  hefligslen  donnerte,  heiterte 
pH  schon  von  hinten.  J.  (lOTTiiKi.r  schuldenb.  56; 


920  HEITERNESSEL  —  HEIZER\M:IB 

und  wenn  bei  stillem  dämmerlicht 

ein  allerliebstes  treugesichl 

auf  holder  schwelle  dir  begegnet, 

weiszt  du  obs  heitert?  ob  es  regnet?    Gqthk  4,UJ, 

auch  in  bezug  auf  den  ausdruck  innerer  häteikeit: 
hier  ist  das  Wohlbehagen  erblich, 
die  wange  heitert  wie  der  mund.    41,  ilb. 
HEITERNESSEL,  f.  urtica  urens,  vgl.  eitei  nessel  th.  3,  393 : 
Urtica  granata,  Leiternesszel  Gersdorf  fddb.  d.  wundarzn.  105 ; 
atasilia,  beilernesszel  100 ;  die  heilernesseln  werden  also  ge- 
nennt ihres  bitzigea  brands  wegen.  Tabebnaemont.  920;  weil 
an  der  Boyneburg  schöne  heiternesseln  wachsen,  wollte  sie 
davon  zum  futter  abschneiden.  Grimm  d.  sagen  1  no.  10. 
HEITERÜNG.  /.  radiatio.  Stieler  S24. 
HEITSCHEFFEL ,  m.  flächenmasz  in  Schleswig  von  144  oder 
240  quadralruten.  Jacobsso.n  2,  250  . 
HEIZ.  «i.  lormenülla  erecla.  Nemnicu. 
HElZß.\R,  adj.  zu  lieizm:    eine  wohnung  von  sechs  heiz- 
baren zimmern. 
HEIZBARKEIT,  f. 

HEIZBÜRDE,  f.  fascis  virguUomm.  Maaler  217  . 
HEIZEL,  m.  als  name  für  an  junges  Ihier,  aus  heinzel  ent- 
standen, s.  sp.  890.      xN'emsich  nennt  so  das  junge  schwein;   tn 
derselben   bedeutung   heizlin    bei  Fiscuart:    sechts  also  gehets 
auch  mit  . . .  s.  Anthonii  heizlin  zu.  bienk.  142'. 

HEIZEN,  verb.  calefacere ,  ahd.  beijan,  mlul.  heijen.  die 
geschärfte  dentalis  des  von  heisz  unniillelbar  ausgehenden  verbums, 
das  die  nebenform  heiszea  (sp.  90S)  fast  gänzlich  verdrängt  hat, 
ist  eingetreten  wie  in  nhd.  beizen  für  altes  beijen,  reizen  für 
alles  reijen,  weizen  für  mhd.  weije;  sie  ist  seit  dem  lö.jahrh. 
naclizuweisen,  s.  unten,     heizen  wird  gebraucht 

1)  von  dem  heisz  machen  eines  ofens:  gleich  wie  ein  back- 
ofen  den  der  becker  heizet.  Hos.  1,4;  der  ofen  ist  zu  stark 
geheizt;  reflexiv:  der  ofen  heizt  sich  gut,  leicht,  schlecht, 
schwer;  mit  ausgelassenem  objed:  man  heizt  mit  holz,  mit 
kohleo; 

die  Muszkünn  wirt  in  noch  leern, 
das  er  musz  spüln,  haizen  und  kern  (als  haw^arbeU). 
fasln,  sp.  786,  21. 
von  Itier  aus  heiszt  es  uneigentlich  eine  stube  heizen,  sie  durch 
heizen    des   ofens  erwärmen :     eine  stube  heizen ,    hypocauslum 
calefacere  Stieler  S»22  ;  der  saal  läszt  sich  wegen  seiner  grösze 
nicht  gut  heizen;  ein  gutgeheiztes  zimmer;  das  kleine  zimmer 
heizt  sich  gut;  eine  badstube  heizen;  und  danach  wieder  e'ia 
bad  heizen,  auch  sprichwörtlich,  wie  einem  warm  machen  (vgl. 
einheizen  theil  3,199): 

nur  sachte !  ruft  der  Greiner,  euch  wird  das  bad  geheizt : 
aufdampfen  solls  und  qualmen,  dasz  euchs  die  äugen  beizt. 

Ubllasd  geU.  362. 

2)  technisch  beim  Schiffsbau :  heizen  . .  bei  kalfaterung  der 
fahrzeuge,  wenn  die  fugen  mit  werg  gut  verstopft  sind,  mit 
angezündeten  an  einem  stocke  angebundenen  holzbüscheln 
die  verstopften  stellen  erheizen,  und,  wenn  selbige  genugsam 
erwärmet  sind,  mit  der  betheerung  darüber  fahren,  um  die 
kaJfaterung  zu  vollenden.  Jacobsson  2,  250'. 

3)  übertragen: 

wird  auch  das  feuer,  womit  Götz  (von  Berlichingen  ist  gemeint) 
die  busen  heizet,  ihn  envärmen?  Gökisgk  3,230; 

die  drei  küpfe  heizten  sich  immer  wärmer.  J.  Pacl  leb.  Fibels 
65 ;  ich  drückte  das  sybillinische  blatt  in  ihre  von  der  arbeit 
geheizte  band,  jubeisen,  139. 

4)  heizen,  intransitiv,  hitze  geben:  der  ofen  heizt  gut.  vgl. 
bitzen. 

HEIZEN,  verb.  liebkosen,  streicMn,  küssen.  ROdiger  neuester 
zuwaclis  2,  83.  in  Mäteldeulschland.  es  ist  erweiterte  form  von 
dem  sp.  814  oben  aufgeführten  heien  liebkosen. 

HEIZER,  m.  calefactor.  Stieler  822.  beizer  einer  dampf- 
maschine;  heizer  auf  der  locomotive;  heizer  in  der  ziegel- 
sclieune  Jacobsson  2,  250*.  aucii  apparat  zum  heizen  an  einer 
mascliine:  das  kochende  wasser  befindet  sich  in  der  mitte 
zwischen  einem  heizer  und  einem  abkühler.  Licutenberg  5 
(180:!)  326. 

HEIZERIN.  f.  furnaria.  Steirbach  1,730. 
HEIZERLICH,  adj.    aplus  ad  calefaciendum :    die  stube  ist 
gar  nicht  heizerlicb,  Imc  conclave  nuUis  ignibus  calefieri  polest. 
Stieler  822. 

HEIZERWEIB,  n.  heizerin: 
drauf  mit  zorniger  stimm  antwortete  Iros,  der  bettler: 
wunder,  wi«  rasch  der  fresser  mit  fliegender  zungc  da  plappert, 
recht  wie  ein  hcuerweibi  Odyssee  IS,  27. 

iV,   ;i. 


HEIZKRAFT  — HELD 


930 


HEIZKRAFT,  f.  kraft  zu  heizen,  hitze  zu  geben :  buchenholz 
hat  mehr  heizkraft  als  tannenes;  die  grosze  heizkraft  der 
Steinkohlen. 

HEIZKRÄFTIG,  adj. 

HEIZUNG,  f.  calefactio,  calefactus.  Stieler  822;  nach  be- 
schehener  heizung  des  backofens.  öcon.  lex.  (1731)  sp.  1781; 
heizung  mit  holz,  mit  kohlen,  mit  torf ;  oder  als  compos.  holz-, 
kohlen-,  torf-heizung. 

HEKELN,  verb.  bei  Güthe  für  häkeln  t  sp.180: 

am  flusse  kannst  du  stemmen  und  hekeln; 
Überschwemmung  läszt  sich  nicht  mäkeln.    2,  240. 

HEL.  adj.  s.  hähl  sp.  158  und  hehl  sp.  785. 
HELB.  m.  und  n.  stiel,  griff  an  axl  und  bell,  mhd.  halp  und 
help  (Lexer  wh.  1, 1151) :  helb,  vulg.  stil  an  der  hacken  oder 
biel,  cassidolabrum,  est  manubriim  securis  et  bipennis.  voc.  ine. 
theut.  h&';  liastile  ein  helf  oder  stele,  ut  in  securi  Trocbus 
R2';  in  Baiern  noch  halb  und  helb,  auch  helben  {masc.  und 
fem.)  ScHM.  2,175;  in  Kärnlhcn  help  und  hölp,  masc.  Lexep 
138;  Schweiz,  helb  neben  halra  Stalder  2,14;  niederdeutsch  im 
Götlingenschen  helf  und  helft  neiär.  Schambach  78*;  ebenso  helf 
neutr.  im  Lippeschen  Fromm.  6,  211,  und  in  Siebenbürgen  4,194; 

ein  hawr  gegangen  kam  in  waldt, 

und  grüszt  die  beume  manigfalt, 

bat,  sie  i«  wollen  geben  selb 

zu  seiner  axt  ein  newes  helb.    B.Waldis  Esop  1,39,6, 

dein  arm  geben  zwen  trüschelDegl 

oder  zwei  helb  an  zwen  holzschlegl. 

J.  ÄTRER  fastn.  sp.  74»  (2708,  24  Keller). 

sprichwörtlich : 

zu  seiner  axt  fand  er  kein  helb  (ein  abt,  der  ihm  auf- 
gegebene fragen  nicht  lösen  kann). 
B.  \V ALDIS  Esop  3,92,70; 

das  heiszt,  wo  man  stets  zusieht  selb, 

das  in  der  axt  recht  steht  der  helb, 

so  gdeien  pferd  und  alles  viech.    94,  282. 

Auf  den  wurzelhaflen  Zusammenhang  zwischen  helb  und  half-ter 
ist  sp.  226  hingewiesen,  vgl.  auch  halm  sp.  240  und  unten  heim. 
HELBE,  f.  spreu;  ahd.  hölawa,  mhd.  helewe.  helwe,  hilwe 
(Lexer  1,1245),  einer  würzet  mit  hülse;  in  der  nhd.  periode 
nur  noch  seilen  erscheinend:  palea  helwe  Dief.  406";  palea, 
palia  helwen,  heliwin ,  helw  nov.  gloss.  276';  helbe,  hülse, 
haferbälglein  Nemnich.  mü  abfall  des  Suffixes :  hei  corlex,  vulg. 
schale  roc.  ine.  theut.  i3';  hei  an  dem  getraid  teca  das.;  in 
Oberhessen  noch  jetzt  die  Weiterbildung  das  held  spreu  (aus  älterem 
helwede)  Vilmab  162.  Maaler  verzeichnet  eine  ableilung  von 
helbe:  der  helber,  spreüwersack ,  wie  maus  braucht  in  die 
kiudswiegen.  217*. 

HELBLING,  m.  l)  halbpfennig,  münzstück  im  halben  werte 
eines  jeweiligen  Pfennings;  mhd.  helbeling,  helbling,  helberling 
(Lexer  1, 1228) :  helbling  obulus,  dicitur  dimidius  denarius  voc. 
ine.  theut.  i3';  so  mögend  sie  den  fal  (erbfall)  wider  lösen 
umb  einen  helbling  und  drie  pfunt.  weisth.i.i;  der  ..  bes- 
sert dritzsig  Schillinge  und  einen  helbeling.  159;  der  kaiser 
warf  im  darein  (einem  bettler  in  einen  groszen  sack}  einen  helb- 
ling oder  örtlein  oder  haller.  d.  städlechron.  3, 110,  25,  venjl. 
die  anmerk.  dazu  s.  430';  daj  nach  dem,  als  der  her  im 
evangelio  spricht,  nit  ein  spetzlin,  deren  man  doch  zwei  umb 
einen  helbling  kaufft,  tiff  dj  ertreich  fall  on  gott.  Keisers- 
bebg  irrig  schaf  83'.  mittel-  und  niederdeutsch  ist  die  assimi- 
lierte sciwn  früh  vorkommende  form  helling,  halling:  helling 
Obolus,  hallingas  obolos  Graff  4,  SSO;  fries.  halling  für  halv- 
ling  Richthofes  793*;  stips  hellinck,  hallinck  Dief.  553'  (nieder- 
rheinisch);  zwenzig  Schillinge  und  sechs  phenninge  und  ein 
helling  ist  der  läjen  böge.  Sachsensp.  3,  45,  7. 

2)  helbling ,  ein  halber,  scliwanlicnder  mensch  (vgl.  halb  2,  d 
sp.  192):  gott  foddert  den  ganzen  menschen,  und  mag  der 
helbling  und  heuchier  nicht.  Lotuer  3,  2is'. 

HELBüTT,  m.  pleuronectes  h^i^Ktglossus,  was  heilbutt  sp.  S23. 
Nemnich  4,1008. 

HELD,  frt.  heros,  vir  fortis. 

alid.  heJid,  mhd.  hell;  alls.  helid,  mnd.  tiL  held;  ags.  häled; 
goth.  fries.  nidit  belegt,  der  altnord.  spräche  abgeliend,  ddn.  hell, 
schwed.  hjelte  ist  aus  dem  deutsdien  eingedrungen,  die  abwand- 
lung  des  Wortes  geschali  ini  aftd.  mhd.  nur  nacJi  der  starken 
declination,  und  wie  die  Schriftsprache  noch  jetzt  als  nachklang 
dieses  terltällnisses  den  nom.  nur  ab  held  (meld  beide)  brauclU, 
so  hallen  sicli  andere  casus  in  starker  form  neben  den  später  auf- 
gekommenen scIiwacJien  bis  in  den  ausgang  des  IB.jahrk;  so  der 
acc.  sing.:  ich  habe  einen  helt  erweckt  der  helfen  sol.  ps. 
>s9, 20;    wenn  das  geschick  dem  lieblinge  den  held  versagt, 

59 


931 


HELD 


HELD 


932 


Lessing  1,207  {tieben  den  Leiden  das.);  diesen  ehrwürdigen 
held.  Schiller  7,  472  Kurz  (gesell,  der  unrulien  in  Frankreich) ; 

der  herr  baron  verpasz  bei  seinem  grossen  schätz 

(ieu  Staatsmann  und  den  held.  Gellert  1,  100; 

auch  manchen  mann,  auch  manchen  held, 

im  frieden  gut  und  stark  im  Feld, 

gebar  das  Schwabenland.     Schiller  Elicrhard  der  Greiner ; 

für  den  held  und  dichter  sprieszet  lorbeer. 

Herder  zur  seh.  litt.  6,  41 ; 

dat.  sing,  helde:    ich   war   einsmals    hoffprediger    bei  einem 
dapfern  und  groszmüligen  helde.  Schüppiüs  514;  gekürzl  held: 
jedoch  neigt  alsobald  sich  sein  gemüth  und  sinn 
zum  held.  D.  v.  d.  Werder  Aritisi  11,17,8; 

so  würdest  du  wohl  manchem  held, 
und  manchem  weisen  beigesellt.    Gellert  1,307, 

doch  tadelt  er  318  diese  form:  manchem  held  ist  wider  die 
grammalik  (auch  Wieland  macht  bei  gleicher  gelegenheil  dieselbe 
anmerkung  in  den  nolen  zur  Musarion,  3.  buch,  th.  9,  s.  118); 
gen.  beides:  di  eigenschaft  eines  rechtschaffenen  beides. 
BüTscHKY  kanzl.  310 ;  gedänkzettel  zu  entwerfung  eines  recht- 
schaffenen beides.  311 ; 

lang  also  war  und  treu 
des  helds  bericnt.         Alxinger  Doolin  3,  53; 

doch  dessen  (des  wurfspieszes)  irre  spitze 
trifft,  statt  des  helds,  Flandrin«n.  4,  ti2 ; 

ebenso  «t  die  pluralform  für  nom.  und  aec.  wenigstens  im  M.jahrh. 
noch  dann  und  wann  beide:  ihr  septentrionalische  helde. 
ScHDPPics  390;  die  weiseste  kaiser  und  kriegshelde.  393; 

da  er  nun  aber  vernommen, 
dasz  die  helde  angekommen, 
mit  ihm  kühnlich  zu  fechten.    Opel  u.  Cohn  247, 5. 

Die  scliwachen  von  held  gebildeten  casus,  die  sich  seit  dem 
H.jahrh.  vereinzelt  nachweisen  lassen: 

die  beiden  wunderbalde. 

lied  von  der  schlacht  bei  Sempuch  in 
Wackersagels  leseb.  1114,29, 

Überwiegen  schon  zu  an  fang  des  16.  jahrh.  gegen  die  bis  dahin 
starken:  des  beiden.  r/ie!ierrf.  30, 41 ;  zum  beiden.  43,8,  gegen 
des  helds.  30,36;  die  beiden  der  beiden.  Jes.  45, 2ü;  wir 
sind  die  beiden  und  die  rechte  kriegsleute.  Jer.  48,14;  das 
herz  der  beiden  in  Moab.  41;  eines  tapferen  berulischen 
beldens.  Micbäliüs  altes  Pommern  i,  103 ;  nur  die  nominaliv- 
form  beide,  die  consequenter  weise  versucht  worden  ist: 

churfürst  Philips  der  helde.    Opel  «.  Cohn  122,5, 
hat  sich  nicht  wollen  einbürgern. 

Die  beziehungen  von  held  zur  würzet  hal,  ahd.  belan  decken, 
bergen ,  hehlen  sind  längst  erkannt,  nur  wird  man  die  grund- 
bedeutung  des  Substantivs  nicht  activ ,  als  deckender,  schützender 
nehmen  dürfen,  sondern  da  das  sufßx  passiv-begriffe  bildet,  als 
bedeckter,  mit  der  rüslung  bekleideter  krieger,  worauf  schon  Kemble 
(glossar  zum  Beovulf  s.  v.)  hinwies,  alln.  hal-r,  ags.  bäle  mann 
ist  wurzelhaft  und  nach  der  begrifflichen  entwickelung  verwandt 
und  aus  der  bedeutung  krieger  zu  der  mann  verallgemeineii ;  vgl. 
eine  ähnliche  erscheinung  bei  held  unten  5. 
Bedeutung. 

1)  lield,  der  durch  tapferkeil  und  kampfgewandtheil  hervor- 
ragende krieger:  held  robuslus  homo  voc.  ine.  theut.  i4*;  die 
edieslen  in  Israel  sind  auf  deiner  hübe  erschlagen,  wie  sind 
die  beiden  gefallen?  iSam.  1,19;  gurte  dein  schwert  an 
deine  seilen  du  belt.  ps.  45,  4;  bei  dem  volk  werde  ich  gütig 
erfunden,  und  im  krieg  ein  belt.  weish.H,lh;  sieben  beiden, 
in  groszer  gravität  und  starke  desz  leibs.  Fuilander  2  (lU43) 
63;  jedermann  erstaunte  in  dem  beiden  und  heerführer  zu- 
gleich den  gefälligsten  hofmann  zu  erblicken.  Gütue  18,282; 
in  diesem  {yedicfile)  ist  nicht  Joseph  der  held,  sondern  Joseph 
der  vater,  der  »teurer  des  mangels,  besungen.  33,  74;  es  gibt, 
sagt  man,  für  den  kammerdiener  keinen  beiden,  das  konniit 
aber  blos  daher,  weil  der  held  nur  vom  beiden  anerkannt 
werden  kann.  17,  262; 

ein  held  von  ehren 

begehrt  dia  eitelkeit  und  wollutt  nicht  zu  hAren. 
Opitz  I,  1U3; 

ein  held  fall  ich;  noch  sterbend  droht 

mein  lobel  in  der  haiid! 

uritierblich  niaclit  der  beiden  tod, 

dfr  lod  fürt  Vaterland  1      Gliih  4,2; 

wir  kommen,  unser  nicReggotl, 

held  Friedrich,  Int  voran  I     «.  15; 

dtt  i»t  der  lindwurm,  kommt  und  «rhniit, 

der  hirt  und  het^rdun  hat  vemchlunKvn  I 

d*«  itt  der  held,  lirr  ihn  Iküwiiiikcii  ! 

c. .......   1  -ni/^f  nül  il.  ilrnrhrn  : 


tili  lianl  als  hold  gethan ; 
der  muih  ists,  der  den  riiter  ehret.      das. ; 
wenn  heut  ein  geist  herniedersiiege, 
zugleich  ein  sänger  und  ein  held.    Uhlanp  gcd.  91; 
der  held  im  streite,    s.  233. 
held   ist  namentlich  auch  der  durch  die  sagen  der  vorzeü  wegen 
seiner   tapferkeit   und   kriegslhalen   gefeierte   mann  edler  abkunft, 
vergl.    unlen   die   composita  beldenaller,    beldenbuch ,    helden- 
einfalt,  beldcnfabel,  beldenfahrt,  heldengeschichtc,  helden- 
lied,  heldenzeit  «.  a.; 

was  der  held  Jason  thät  erlangen. 

Fischart  gliickli.  schiff  1146; 
es  fochten  nicht  mit  gröszrer  wuth 
um  ein  entlaufnes  weih  die  beiden  am  Skamander. 
VVikland  17,  43. 
es  heiszt  der   kühne,    mutbige ,    tapfre,   fromme,   streitbare, 
starke,  redliche,  junge,  greise  held; 
mUd.  von  beiden  lobeba;ren.     Nib.  1,2; 

sus  riten  zuo  der  bürge      die  helde  kOene  unde  guot. 

387,4; 
des  wurden  snelle  helde  missevare.    1530,2; 
die  stolzen  helde  ma;re.    Gudr.  1354,4; 
nu  zuo,  ir  majren  helde.    1465,  1 : 
die  helde  unwandelbaere.     g.  Gerli.  2708. 
nhd.  der  herr  mit  dir,  du  streitbarer  belt.  richter  6,12;  starke 
beiden    und   kriegsleute.    Ichron.  13,8;    sie  waren  alle  red- 
liche beiden.  21;   die  starken  beiden.  Hes.  32,21;    die  doch 
auch    gefurchte    beiden    waren  in  der  ganzen  weit.  27;    der 
alle  redliche  teütsche  held  Sebastian  Schertel  Ton  Bnrtenbach. 
Puii-ANDER   2  (1643)357; 

den  werden  thewren  beiden  {Zriny) 

klagt  man  durch  alle  land.     Körner  hislor.  volksl.  223: 

umgurt  mit  beides  dapCerkaite.    Melissus  ps.  Sl'; 

von  Leipzig  aus  manch  Irischer  held 

auch  da  erschien  im  feld.    Opel  u.  Cohn  40,9; 

drum  frommer  held  Betlehem  Gabor 

hilf  mir  unterdruckten  empor!    34,21; 

zwo  grosze  armada  wol  bestellt, 

darunter  war  manch  tapfer  held.    65,  4; 

es  sah  ihn  jedermann 
als  den  berühmtsten  held  und  besten  könig  an. 

PosTEL  Willekind  s.  80  (4, 342) ; 
wir,  alle  beiden,  stolz  und  kühn.    Glsim  4,  112; 
es  war  einmal  ein  groszer  held, 
der  sich  Äneas  nannte.      Blumauer  2,  3; 
erliegt  doch  rechts,  erliegt  doch  links 
so  mancher  tapfre  held!       Bürger  112'; 

der  treue 
mitgefährt  des  wackern  beiden 
in  so  mancher,  mancher  schlacht.    Herder  Cid  67; 
ein  edler  held  ist,  der  fürs  vaterland, 
ein  edlerer,  der  für  des  landes  wohl, 
der  edelste,  der  für  die  menschheit  kämpft. 

zur  seit.  liU.  6,  34 ; 
treuer,  deutscher,  biedrer  held!     Arndt  ged.  (1840)  237; 
da  liegen  sterbend  auf  dem  leichenfeld 
der  scnöne  Sven  und  Ulf,  der  graue  held. 

Uhlano  ged.  190 ; 
nur  er,  der  beste,  blieb  zurücs, 
der  kühne  held  Harald.     307; 
in  groszer  trauer  rilt  von  dann 
der  stolze  held  Harald,    das.; 
zur  schmiede  gieng  ein  junger  held, 
er  halt  ein  gutes  .schweri  bestellt.    331; 
da  sprach  herr  Karl,  der  starke  hold.    339; 
sie  sprach:  dort  reitet,  bei  gott,  ein  starkor  held.    350; 
da  ritt  aus  Stuttgarts  tlioren  ein  held  von  stolzer  an.    358. 
sprichwörtlich:    beiden    zeugen  selten  wieder  beiden,    heroum 
filii  noxae.  Frisch  1,439*;  hat  einer  gcld,  so  ist  er  ein  held, 
und   der  mit  güldenen  üpfcln  werfen  kan,    behält  das  feld. 
l'isTOHiüs  thes.  par.  9,  no.  76 ;    held  hinderin  ofcn,  mües  stne 
animo  Stieler  888.     übertragen  und  mit  anklang  an  die  bedeti- 
lung  3  unten: 

douiHche  freihell,  deutscher  gott, 

dcuiücher  plaubu  ohne  spott, 

deutsche«  licrx  und  deuischor  stal 

sind  vier  beiden  allzumal.     Arndt  ged.  (1840)  242. 

2)  held  im  geistlichen  sinne,     Christus  heisxt  so,  er  hni  hntli'. 
und  lod  besiegt: 

or  gieng  aus  der  knmor  sein, 

dein  königlichen  saal  so  rein, 

goU  von  an  und  moiisch  ein  held.    l.irrHBR  R,  357* . 

rnth,  kraft,  und  friodcfürst  und  hcldl 

In  flnlscli  und  bliit  gokleid«!, 

wirst  du  dos  opler  lur  4II11  weit. 

Gillirt  2,  130,  «argt.  187: 


933 


HELD 


HELD  —  HELDE 


934 


freiwillig,  als  der  heiden  held, 
trägst  du,  aus  liebe  lür  die  weit, 
den  tod,  der  uns  gebühret.     132; 
er  fährt  gen  himmel,  als  ein  held.    188. 
ferner   die   engel,   die    das  streitbare  heer  goltes  sind  (s.  lieei-  2 

sp.  752) : 

wach  auf,  erhebe  dich  zu  ihm, 

um  dessen  majestät 

das  heer  der  frommen  Cherubim, 

ein  heer  von  heiden  !  steht.    Glei»  4,  144 ; 

auch  gotl  selbst: 

der  alte  gott,  der  starke  held, 

der  erd  und  himmel  hingestellt. 

Armdt  ueii.  (I%40)  150. 
endlich  heiszen  held«n  märlyrer  und  andere  menschen,  als  hervor- 
ragende glieder  der  'streitbaren  kirche' :  Luther,  der  gottesmann 
und  held;  rergl.  auch  gottesheld. 

3)  held  überträgt  sich  auf  einen,  der  in  irgend  einem  gebiete 
ettcas  ausgezeichnetes,  hervorragendes  leistet,  so  im  guten  und 
nützlichen:  neulich  war  ich  dabei,  als  sich  ein  sprachheld 
bei  einem  vornehmen  obristen  umb  dienst  anmeldet.  Simpl. 
4,357  Kurz;  es  gibt  gelegenheiten  und  umstände  im  handel, 
wo  die  Versuchung,  durch  den  schaden  anderer  sich  zu  be- 
reichern ,  so  grosz  wird ,  dasz  nur  die  alierredlichsten ,  die 
heiden  der  gerechtigkeit,  ihr  widerstehen  können.  Garve 
anmerk.  zum  'i.  buche  von  Cic.  de  off.  s.  85;  {baron  von  l'lotho) 
war  vom  siebenjährigen  kriege  her  als  diplomatischer  held 
berühmt.   Göthe  24,290; 

zuvor  bin  ich  ir  trost  und  held, 

ir  heubtman  und  ir  got  gezelt. 

zwar  iezunt  denken  sie:  du  bist  nicht  wert, 

dasz  dich  vor  uns  treget  die  erd. 

Schade  sat,  v.  pasqu.  1,74,209; 

Teutschland,  haubt  und  kaiserin 

aller  königreich  auf  erden, 

nim  dein  edle  sprachkunst  hin, 

welche  neu  gedrukt  last  werden, 

Schotlei  dein  berühmter  held.     Risi  Pam.  463; 

schon  das  mhd.  braucht  helt  in  diesem  sinne  und  setzt  die  eigen- 
schaß  in  der  einer  hervorragt,  in  den  geniliv,  vgl.  gramm.  4, 727 : 

der  alles  dinges  was  ein  helt, 

des  man  ze  frümekeite  darf.     troj.  fcr.  6875; 

diese  fügung  dauert  auch  im  allem  nhd.  noch: 
Straszburg  liesz  sich  wol  erkennen, 
es  nimt  sich  der  sachen  ein  held. 

LiLiEt<CR0>'  volksl.  2,  97,  11 ; 

gewöhnlich  aber  ivird  der  genitiv  durch  praepositionen  umschrieben : 

Englmar,  du  waist  dasz  wol, 

dasz  ich  es  {das  liränzel)  niemant  geben  sol, 

er  sei  dan  au  springen  ain  helt. 

und  an  tanzen  auszerwelt.    fastn.  sp.  454,  27; 

an  demuth  grosz,  an  lieb  ein  held.    Gellert  2,205; 

jeder  dummkopf  unsrer  Zeiten 

will  ein  held  im  schreiben  sein. 

ÄBR.  GOTTB.  KÄSTNER  wevtie  1,118. 

held  hervorragend  im  schlimmen:  weh  denen,  so  heiden  sind 
wein  zu  saufen,  und  krieger  in  fullerei.  Jes.  5,22; 

so  sie  sint  guoter  spise  vol, 
dennoch  CKent  sie  doch  wol 
biro,  kumpost  und  rüebelin. 
nu,  helde,  mac  niht  mere  hinin 
des  iuch  gelüste  .  .  .      Henner  9799; 
wer  nur  am  meisten  gsaufen  kan, 
den  preist  man  für  ein  heiden.     Uhlahd  volksl.  611, 
veigl.  kannenritter  5, 168,  und  hierheld  1, 1824 ; 

der  teufel  ist  ihr  apt  und  held. 

Fischart  dichtungen  2,  366, 1346  Kurz ; 

ein  berühmter  held  im  fressen.    Hagedorn  2,  150; 

der  grosze  beld  in  der  verstellungskunst. 
GöKtNGK  3,  257 ; 

im  wuchern  einst  ein  held.  294. 
held  ironisch:  hie  solle  der  trotzige  helt  {Zwingli)  antworten, 
so  fladdert  er  furüber.  Lctber  3,469*;  ein  mann  zu  Amster- 
dam, welcher  bei  den  groszen  grammaticalischen  heiden  so 
verachtet  war.  dasz  ich  seinen  namen  fast  nicht  nennen  darf. 
ScHCPPiüs  267;  es  stiegen  diese  logische  heiden  ein  wenig 
iiber  meinen  horizont.  816;  ich  komme  aber  widerumb  auf 
unsere  sprachhelden.  i>jmp/.4,398  Kurz;  das  allerbeste  (deutsch) 
. . .  wird  hin  und  wider  in  den  fürstlichen  canzleien  gefunden, 
allwo  man  einen  weit  andern  und  ansehenlicheren  stylum 
findet  als  bei  etlichen  sprachhelden,  die  zwar  davor  gehalten 
werden  wollen,  als  wisten  sie  aHein  die  teutsche  sprach  zu 
reformirn.  404;  unter  den  griechischen  knnstlern  wird  es  auch 
inittelmäszige    heiden ,    wie    unter   ihren    scribenten  gegeben 


haben.  Winkeljc.\sn  5,  282;  es  sieht  im  sinne  des  neueren  haupt- 

keri   (sp.  617): 

woher  hastu,  o  held,  den  Ursprung  doch  genommen? 
du  bist  der  muiter  (traun)  nicht  aus  der  nasenkommen, 
wie  ein  gemeiner  rotz.  Rachel  sat.  il677)  50. 

warnend  oder  spottend  sagt  man  im  gemeinen  leben :  du  bist 
auch  kein  groszer  held  an  gesundheit,  nicht  eben  kerngesund. 
4)  held,  der  den  mittelpunkt  einer  begebenheit,  einer  handlang 
bildende  mann,  zunächst  in  der  dichtersprache.  es  musz  diese 
bedeutung  auf  jene  litteraturepoche  zurückgehen,  in  der  die  haupt- 
person  eines  dramas  oder  epos  ein  held  sein  muszte,  icie  Opitz 
formuliert:  in  wichtigen  sachen,  da  von  güttern ,  heiden, 
königen,  fürsten,  Städten,  und  dergleichen  gehandelt  wird. 
poeterei  41.  es  heiszt  der  held  des  romans ,  des  Schauspiels, 
ein  tragischer,  komischer  held;  durch  ein  stück,  worin  der 
held  gleich  in  der  ersten  scene  des  ersten  akts  seinen  vater 
ermordet.  Wieland  19,  283 ;  der  held  {des  dramas)  war  ein 
vornehmer,  tugendhafter,  groszmüthiger,  und  dabei  verkannter 
und  verfolgter  mann.  Göthe  18,245;  da  in  dem  stücke  selbst 
sehr  viel  getrunken  und  angesloszen  wurde,  so  war  nichts 
natüHicher,  als  dasz  die  gesellschaft  bei  jedem  solchen  falle 
sich  lebhaft  an  den  platz  der  heiden  versetzte,  gleichfalls 
nnklingte  und  die  günstlinge  unter  den  handelnden  personen 
hoch  leben  liesz.  198;  hier  wird  der  Charakter  des  heiden 
mit  den  schönsten  zügen  geschildert.  272;  die  herriichen 
reden  des  vortrefflichen  heiden,  dessen  rolle  ihm  zugefallen 
war.  292;  kurz,  ich  stellte  bei  der  ganzen  sache  den  heiden 
einer  ziemlich  lustigen  novelle  dar.  Immermanj«  3/«)ic/i/i.  1,166. 
die  bedeutung  u-^ird  nun  freier  gestaltet;  ist  der  Schauspieler,  der 
den  heiden  eines  Stückes  agiert,  ein  bühnenheld  (2,511),  so  bildet 
der,  uelcher  das  inleresse  einer  gesellscliaft  hauptsächlich  oder  aus- 
schlieszlich  auf  sich  zu  lenken  iceisz  oder  erfährt,  den  heiden 
der  gesellschaft,  des  gesprächs,  der  Unterhaltung;  mit  un- 
glaublicher gewandtheit  wuszte  sie  den  major  zum  heiden 
dieses  abends  zu  machen.  Göthe  22,57;  N.  ist  der  held  des 

tages ; 

einst,  als  du  noch  das  nymplienvolk  bekriegtest, 
ein  held  des  karnevals,  den  deutschen  wirbel  flogst. 

;<CHiLLER  an  einen  moralisten  (1,65  Kurt). 

5)  held,  in  der  altern  spräche  verallgemeinert  zu  dem  begriff 
mann  überhaupt,  entsprungen  aus  der  anschauung  der  allgemeinen 
wehrhafligkeit ;  gerade  so  braucht  das  fries.  wigand  (pugnator) 
für.  söhn  Richthofen  1148'.  der  Heiland  gewährt  heiidö  harn, 
lielidö  folk  für  menschenkinder,  menschenscMar  (4332.  3567), 
helidü  kunni  für  menschengeschlecld ,  parallel  mit  leuie  (1684), 
helidö  man  heiszt  einer  der  männer,  irgend  wer  (2640);  äAn- 
licher  gebrauch  im  mhd.,  wo  zunäclist  der  begriff  streitbarer  mann 
noch  im  Vordergründe  steht: 

den  jungen  niuwen  heiden  sä  (rfie  schteert  genommen  hatten), 
gurten  stolze  riter  wert 

umbe  nach  ir  rehte  ir  swert.    g.  Ger/i.3600  {nachher  die  ellent- 
haften  jungen  3631) ; 
in  andern  stellen  nicht: 

kan  einer  weder  singen  noch  sagen 
den  hei^t  man  einen  swa^ren  helt. 

tiedersaat  3,  422,  49; 

während  wieder  eine  anzahl  andere  beispiele,  bis  ins  nhd.  reichend, 
den  gröbern  sinn  geselle,  bursehe,  kerl  ausprägen: 

er  chod :  ja  ir  helede, 

wie  getätet  ir  so  ubile, 

da?  ir  miiieme  herren  so  habet  gelönet, 

daj  irme  sinen  chopf  siälet? 

genesis  in  d.  fundgruben  2,  67 ; 

die  fünft  die  sprach,  ein  junger  held 

het  mich  zum  bulen  auszerwelt.     H.  Sachs  1,508'; 

kurioser  held.  J.  Gotthelf  2,  305.    von  thieren;  wie  schon  mhd. 
helede  von  kröten  {mhd.  üb.  i,^-^'},  so  nhd.  in  bezug  auf  einen 

Sperling : 

da  sasz  ich  als  ein  armer  held 
beim  fahrweg,  auf  einer  dornhecken. 

RoLLENHAGEN  bei  Gödeke,  eilf  bücher 
''  deutsclier  dichtung  1,119^,9. 

6)  bemerkenswert  eine  adjectivische  fügung  von  held: 

die  dry  houptlut  uszerwelt 
waren  irs  gemutz  wol  held. 

J.  Lenz  Schwabenkrieg  65', 

trenn  hier  nicht  etwa  held  kürzung  des  plurals  helde  ist. 

HELDE,  f.  fessel ,  nd.  und  md.  form,  die  auf  halten,  nd. 
balden  zurückgehl  und  mit  halde  sp.  221  verwandt  ist ;  die  mhd. 
form  ist  halte.  Haltacs  878;  wil  her  in  (den  nicht  zahlungs- 
fähigen Schuldner)  spannen  mit  einer  heiden,  daj  mag  her  fön. 
S^uiisensp.  3,39,1;    da    satzt    sie    mich  wider  in  den  kerker, 

59* 


935 


HELDEN  —  HELDENBILD 


HELDENBLICK — HELDENDICHTUNG   936 


und  lies  mir  die  beine  in  eisern  beiden  legen,  also  sas  ich 
nahend  einen  tag  und  nacht,  da  lies  sie  mich  von  den  beiden. 
ein  geschieht ,  wie  goU  einer  erbaren  kloster Jungfrau  ausgebo^ev 
hat,  bei  Lutber  2,384';  da  sie  nun  nicht  genug  stocke  und 
beiden  hetten,  die  Seeräuber  drinnen  zuverwahren.  Micrälius 
ö//e^  l'ommern  3,  413. 

HELDEN,  verb.  neigen:  sich  beiden,  etwar  gegen  hengen, 
acctinare,  verqere.  Maaler  217'.     s.  hälden  sj>.  222. 

HELDENAHNEN,  ftlur. :  dieses  volk  (die  Griechen),  mit  seinen 
göttern  schöner  und  näher  befreundet  als  irgend  eines,  von 
seiner  heroischen  vorzeit  an,  wo  sich  wie  auf  einem  hohen 
Vorgebirge  stehend  seine  heldenahnen  unter  die  götter  ver- 
loren. J.  Paul  vorsch.  d.  äslh.  1,  S9. 

HELDENALTEK,  n.  tempora  heroica:  freilich  war  diese  Öffent- 
lichkeit den  Sitten  des  heldenalters,  wie  wir  sie  aus  dem 
Homer  kennen  lernen,  nicht  eben  angemessen.  A.W.  Schlegel 
rortes.   über  dram.  knnst  u.  litt.  s.  114. 

HELDENANGESICHT,  n.: 

der  thräiien  stelle  nahm  ein  glühend  roth 
im  heldenangesicht.  Gleik  4,  7U. 

HELDENANTLITZ,  n.; 

wenn  nicht  ein  janitscharensäbel  ihm 

das  heldenantlitz  wild  zerrissen  hatte.    Körner  2,  165; 

ach,  es  war  das  wohlbekannte 

heldenantlitz.  H.  Heine  18,  113. 

HELDEN  APPETIT,  m.:  der  brave  norde  ..  ruht  dann,  sein 
glas  hier  mit  heldenappetit  auszechend,  neben  vater  Odin 
auf  der  bank.  Göthe  33,  86. 

HELDENARBEIT,  f.: 

setze  dich  auf  diesen  sessel  hier, 
denn  deine  kraft  griff  heldenarbeit  an.    BISrger  173*. 

HELDENARM,  m.  vir  fortüs,  manus  victrix,  vis  heroica.  Stie- 
ler 54: 

bis  dasz  durch  kriegeslist, 
doch  nicht  durch  heldenarm,  er  überwunden  ist. 

PosTEL  Wittekind  s.  138  (6,  348) ; 
doch  hoffst  du  rettung  noch  von  deinen  heldenarmen, 
so  bleit)  und  schütze  diesen  ort! 

Schiller  Zerstörung  von  Troia  114* 

verlasset  nicht  die  allgemeine  sache 

in  diesem  augenblick,  da  wir,  aufs  neu 

bedränget,  eures  heldenarms  bedürfen.    Jungfrau  5,7. 

HELDENART,  f.    1)  heldengeschkchl : 

fürstin,  von  den  Obotriten  einer  deutschen  lieldenart 
hergesippt,  gerechtem  stamme,  von  Piastus  zugepaart. 

LocAü  3,  70,  79. 

2)  arl  und  weise  änes  beiden,  heldenmäszige  art:  gedichte  in 
der  heldenahrt,  in  der  gemeinen  ahrt,  in  der  wechselahrt 
und  in  klingreimen  und  sonnetten.  Rist  Parn.,  vorbericIU; 

und  schlägt  den  löwen  in  den  hart, 
dasz  todt  er  niederstürzet, 
das  war  ein  streich  nach  heldenart, 
mit  heidenkraft  gewürzet. 

Bau»  pipin  der  kurze  str.  16. 
HELDENAUGE,  n.; 

{Friedrich)  sähe  starr 
mit  heldenaugen,  fähig  durchzusehn, 
was  götteraugen  sonst  nur  sichtbar  ist, 
nach  dir,  du  lager  der  barbarcn,  hin.     Clrim  4,  71  ; 
gar  wunderbar  begeistert  und  entflammt 
hat  mir  dein  heldenauge  zugeleurhtft.     K()Rner  2,  154. 

HELDENBAHN,  f.  : 

der  knnig  lebe!  denn  er  gebt 

auf  seiner  heldenliahn 

mit  so  bescheidner  majestfit, 

als  hätt  er  nichu  geihan!    Grim  4,  119; 

Aleid  betrat  die  heldenbahn,  wie  ich.    GoTnR4,287. 

HELDENBEDECKEND,  part.: 

nachdem  er  {der  itpeer) 
beide  Scheiben  durchfahren  des  heldenbederkendon  Schildes 
{noTtlSoe  afifpißpÖTT;«). 
BCrgkr  233»  {Iliu»),  tergl.  \m\ 

HELDENBEWEGUNG,  f.:   wie   spannt  alle  deine  nerven 
beldenbewegung.    Fh.  MI^LLER    I,  360. 
HELDENBILD,  n.  UM  eines  beiden: 

du  slchitt  vom  hohen  bergetrficken 

e«  (r/tiK  Klitnui)  fiolz  Im  sonnensirohlc  blicken,     .  . 

voll  licldnnbilder  aller  orte.      Umland  geä.  21Mt; 

so  ticht  man  auch  die  thftrm  und  m>iiiern 

mit  ihren  lieldenbildürn  dauern.        2U7, 

auch  der  held  xeWiU  nach  seiner  äuszrrn  ersciieinung : 

•oll  werden  «einem  kAnIg  gleich 
ein  hohe*  hclUenbild.       33^. 


HELDENBLICK,  m.: 

es  war  die  männlichkeit  in  seinen  (l/'/i/sscs)  lieldenblicken. 

Hagedorn  2,  117. 
vergl.  heldenauge. 

HELDENBLUME,  f.  held  einer  blume  verglichen: 

blühend  blieb  mir  im  gedächlnis 

diese  schlanke  hcldenblume; 

nie  vergcss  ich  dieses  schöne 

träumerische  Jünglingsantlitz.     II.  Heine  18,  109. 

HELDENBLUT,  n.  l)  blut  eines  beiden:  wenn  noch  ein 
tropfen  deutschen  heldenblutes  in  euren  adcrn  rinnt.  Schiller 
rduber  1,  2 ; 

herrlich  hat  er  ihn  {den  xtreil)  geweiht 
mit  dem  tlieuren  heldenblut: 
allen  taplern  ranns  zum  pfände, 
dasz  erliegen  wird  die  schände. 

Arndt  ged.  (1840)  236; 

doch  heldenblut  ist  dir  geflossen, 

dir  sank  der  Jugend  schönste  zier.    Uhland  ged.  74. 

2)  heldenart: 

so  lang  nach  teutschem  heldenblut 
die  nacbwelt  schöpfen  wird  den  mut, 
wird  auch  dein  name  klingen. 

M.  Abele  fierichtshändel  (1681)  1,580; 

heldenstamm :  aus  heldenblut  geboren. 

3)  auch  held  selbst  {vergl.  blut  8,  theil  2,173): 

so  erlischt  nicht  kühner  muth, 
so  erbleicht  nicht  heldenblut. 

Arndt  ged.  (18-10)  s.  179. 

HELDENBRAUT,  f.: 

he!  warst  du  der,  als  du  gefährten  warbst,  .  .  . 

keck  unter  fremdes  volk  dich  nisteltest, 

und  eine  schöne,  eine  heldenbraut, 

hinweg  dem  apischen  geülde  stahlst?    Borger  151'; 

du  muszt  das  weiche  herz  bezwingen  lernen, 

wenn  dich  als  eine  würdge  heldenbraut 

nach  dieses  lebens  raschem  kränz  gelüstet. 

Körner  2,128; 
der  freibeit  lasz  ich  nun  erschallen 
mein  zweites  wort,  mein  kühnstes  Med, 
der  heldenbraut,  die  von  den  hallen 
des  Sternendoms  hernieder  sieht. 

M.  V.  Schenkendorf  397. 

HELDENBRIEF,  wi.  poetischer  brief,  darstellung  einer  geschicht- 
lich berühmten  liebesbegebenheit :  diese  ..  in  der  weit  allzuwol 
bekante  liebesgeschicbte  ist  in  sechs  folgenden  helden-briefen 
entworfen.  Louenstein  blumen  29. 

HELDENBRUÜER,  m. :  und  doch  ist  jede  dieser  dichtungen 
voll  eigenen  kräftigen  lebens,  wie  zwei  heldenbrüder.  Uhlanu 
in  den  musen  1812,  3.  quarlal  s.  73 ; 

hier,  heldenbrüder,  bind  er  an  {der  feind) !    Gleix  4,  28. 

HELDENBRUST,  f.: 

0  mischte  nur  der  tod  so  mancher  heldonbrust 
nicht  Unglück  in  das  glück,  und  tliräncn  in  die  lust! 
J.  E.  Schlegel  I,  3s2; 

hat  denn  zur  unerhörten  that  der  mann 

allein  das  recht?    drückt  denn  unmögliches 

nur  är  an  die  gewaltge  heldenbrust?     Göthe  9,  86; 

der  innre  grimm  der  heldenbrust.    Körner  2,  186; 

schreckt  denn  der  tod  auch  eine  heldenbrust?    194. 

HELDENBUCH,  n.  liber  vironim  forlium ,  in  quo  priscorum 
heroum  germanicorum  facta  rhyllnnis  eT})ressa  sunt.  Stieler  256, 
der  name  war  seit  den  gesamtdrucicen  der  heiüglichen  sagen  im 
Ih.  Jahrb.  angeumdet  worden,  in  altgemeinerer  bedeutung :  mein 
gefübl,  das  allerdings  verarmt,  wenn  sich  ihm  das  ganze 
heldenbucb  der  urhistorischen  lebensweit  in  einen  dünnen 
kalender  verwandelt.  J.Paul  /./.  bücherschau  1,25; 

des  königs  namen  meldet  kein  lied,  kein  heldenbucb. 
UuLAND  ged.  'M2. 
HELDENBUSEN,  m..- 

edle  lust,  der  lohn  der  lugend,  dehnt 
den  heldenbusen  aus  und  macht  di«!  äugen  ihauon. 

WlKLAND    17,  79; 

wie  mancher  leunier  auch  den  heldenbusen  dehnt. 
SCIULLER  i)i</o  73. 

HELDENDICHTER,  m.:  gleirbwobl  fiel  es  mir  ein,  dasz 
ich  aus  den  beispielen  des  Hutners  und  Viigils  brnierkl  zu 
haben  glaubte,  ein  heldendichter  pflege  in  dem  eingange 
seine«  gedichts  die  ganze  einiicbtung  desselben  nicht  uinliMii- 
licb  zu  verralhen.  Lkssing  3,  Mll ;  eine  neigung  zu  den  soge- 
nannlen  ininnesingern  und   heldendirhtern.  G'trnr  2«,  4s. 

HELDKMIICHTUNG,  f.:  einige  theile  der  alten  heldensage 
und  beldendichtung.  Vilmar  lilt.-gfsch.  (1856)  305. 


93 


HELDENDING  —  HELDENTUNKE 


HELDENDING,  n.: 

die  alten  konten  frölich  singen 

von  tapfern  deutschen  heldens-dingen, 

die  ihre  väter  auszgeübet.     Logau  1,  22,  71. 

HELDENEHRE,  f.: 

walTenruhm  und  heldenehre 

hätten  zeitig  ihm  geblüht,    ühlahd  ged.  292. 

HELDENEHREND,  jxirl.: 

also  ralTt  er  sich  auf  zur  heldenehrenden  feldschlacht. 

BÜRGER  215'. 

HELDENEICHE,  f.: 

doch  anders  ist  es  in  des  weibes  brüst, 

die  ihrer  liebe  zarte  epheuranke 

um  eine  kiihne  heldeneiche  webt.    Kör:«ir  2,  128; 

doch  ewig  ist  der  segen,  ist  das  leben, 

die  schützend  um  die  heldeneiche  schweben.    3,  67. 

HELDENEINFÄLT,  f.:  in  allen  diesen  gedichten  athmct 
menschliches  gefühl,  Patriotismus,  hasz  des  lasters  und  der 
Weichlichkeit,  und  liebe  der  heldeneinfalt.  Güthe  33,  76. 

HELDENENDE,  n.: 

er  sucht  im  Schlachtgewühl  ein  beldenende. 

Schiller  Zerstörung  o.  Troja  71. 
HELDENENKEL,  m.: 

sah  die  heldenenkel  fallen.     Stolberg  1,  92. 

HELDENFADEL,  f.:  die  beiden fabel  hingegen  trat  immer 
aus  einer  gewissen  ferne  und  im  liebte  des  wunderbaren 
bervor.  A.  W.  Schlegel  vorles.  über  dram.  kunsl  u.  litt.  119. 

HELDENFACKEL,  f. : 

groszer  Wilhelm,  theurer  fürst,  heldenfackel  dieser  zelten. 
neuspross.  palmbuum  333. 

HELDENFAHNE,  f.  fahne  die  ein  held  trägt: 

aus  Verehrung 
gegen  diese  heldenfahne.     Herder  Cid  70. 

HELDENFAHRT,  f.: 

mit  heldenfahrten  und  mit  festestänzen, 

mit  satvrlar^ea  und  mit  biumenkränzen 

umkleidete  das  alterthum  den  sarg, 

der  heiter  die  verglühte  asche  barg.    Uhlanb  ged.  120. 

HELDENFAMILIE,/'.;  republikanisirten  sie  gewissermaszen 
jene  beldenfaraiiien  (des  altertliums).  A.W.Schlegel  ror/es.  fiter 
dram.  kutisl  u.  litt.  114. 

HELDENFAÜST,  f.: 

nicht  heldenfaust,  nicht  beldenstamm,  geliebte, 

verehrte  fremde,  weisz  ich  dir  zu  bieten ! 

allein  des  bürgers  hohen  sicherstand.    Göthe  9,  349. 

HELDENFEDER,  f.:  das  band,  welches  di  abwesenden 
(freunde)  zu  befangen  pfleget,  ist  di  güldene  kette  Herkulis, 
weiche  nicht  aus  dises  beiden  munde,  sondern  aus  der 
beldenfeder  fleust,  solche  verknipfel  und  fesselt  unsere  frei- 
heit  mit  gewaltsamer  freundiichkeit ,  indehm  kein  tahl  so 
lif,  da  dise  brifketle  nicht  durchzihen,  und  kein  berg  so 
hoch,  da  si  nicht  überkommen  soite.   Botschky  kanzellei  79. 

HELDENFEST,  n.: 

dann  feiern  wir  ein  heldenfest 
bei  bischoff,  punsch  und  wein. 

Bürger  112»  (feldiägerlied). 
HEI.DENFEÜER,  n.; 

habt  ihr,  entflammt  von  heldenfeuer, 
gesuchet,  ja  wohl  gar  bestanden  abenteuer? 

Alxinger  Doolin  1,  46; 
den  ihr,  als  schoD  in  euch  diesi  heldenfeur  gelodert, 
das  jetzt  so  mächtig  flammt,  zum  Zweikampf  aufgefodert. 

6,  20; 
nur  in  den  äugen  glüht  noch  heldenfeuer.    Körner  2,  165. 

HELDENFLüSZ,  m.: 

die  beiden  herzen  flieszen 

in  eins,  ein  heldenDusz.     M.  v.  Schejikesdorp  414. 

HLLDENFRAü,  f.  virilis  animi  foeviina,  heroina,  virago. 
Stieler  540. 

HELDENFREUDIGKEIT,  f.: 

welche  heldenfreudigkeit  der  liebe, 
welche  stärke  mutbigen  entsagens. 

RücKBRT  ges.  ged.  1,  369. 
HELDENFÜHRER,  m..- 

erfahren  soll  er  was  ein  heldenbaufe 
vermag,  beseelt  von  einem  heldenfuhrer. 

„^.     ^  Schiller  Wallenst.  tod  5,  5. 

BELPENFLNKE,  m.: 

auch  meines  volks  erstorbner  muth 
glimmt  aaf  in  manchem  heldenfunken. 

ScHaLER  Zerstörung  von  Troja  65. 


HELDENFÜRST  — HELDENGESTALT   938 

HELDENFÜRST,  m. :  Montaigne  bemerkte,  dasz  alle  helden- 
fürsten  stets  einen  besondern  schriftsteiler  liebgewannen, 
Alexander  den  Homer,  Scipio  Afrikanus  den  Xenophon.  J.  Pacl 
ddmmerungen  s.  100. 

HELDENFÜTTER,  n..- 

ich  sag  ihm  von  vater  und  mutter 

und  von  des  unsterns  nacht, 

das  ist  ein  heldenfutter, 

was  stählern  die  herzen  macht.    ARmn  werke  19,  58. 

HELDENGANG,  m.  gang,  lauf  ivie  ihn  der  held  thut,  krteg, 
kämpf:  die  freuden  die  der  lohn  des  beldenganges  sind. 
Claldius  1  u.  2, 16.     auch  gang,  schritt  eines  helden. 

HELDENGATTE,  m.: 

sein  edles,  jungfräuliches  weih  .  .  . 
voll  ahndung  von  des  heldengatten  fall.    Borger  163". 

HELDENGEBIETER,  m.: 

herr,  von  Mendoza  gesandt,  dem  tapferen  heldengebiethcr, 
komm  ich,  geflügelten  schritt«.       I>trker  Tunis.  1,  35. 

HELDENGEDICHT,  n.  gedieht  über  sagenhafte  helden:  die 
unvergleichliche  Arcadia,  aus  deren  ich  die  wolredenheit 
lernen  wolle,  war  das  erste  stück,  das  mich  von  den  rechten 
historien  zu  den  liebebüchern  und  von  den  warhaften  ge- 
schichten  zu  den  heldengedicbten  zog.  Simpl.  l,  32t  Kurz; 
man  weis ,  dasz  der  eingang  eines  beldengedichts  aus  dem 
innhalte  und  aus  der  anrufung  besteht.  Lessins  3,312.  über- 
haupt gröszeres  episches  gedieht: 

lange  lange  lehrgedichte 

die  spinn  ich  recht  mit  fleisz; 

flächsene  heldengedichte 

die  haspl  ich  schnellerweis,     ühlasd  ged.  405. 

HELDENGEIST,™.  l)heldenmul;  heldengeist spiri/t« fi«-oicj« 
Stieler  638; 

ist  nur  diesz  zu  erlangen 
von  deinem  heldengeist,  dasz  du  dich  unterfangen 
wtllt  unsers  landes  heils.  und  stehn  uns  treulich  bei. 

PosTEL  Wiltekind  s.  119  (5,558)", 
prüft  auch  der  thor  der  Wahrheit  ewge  sätze, 
des  weisen  glück,  den  echten  heldengeist?    Uagedor?)  t,  11 ! 
der  könig  lebe!  denn  er  heiszt: 
der  6ine  grosze  mann, 
dem  jeder  seineu  heldengeist 
im  äuge  sehen  kann !    Gleis  4,  118. 

2)  geist  eines  verstorbenen  helden: 

wohl  bah  ich  euer  grüszen, 
ihr  heldengeister,  gehört. 

UoLA!«)  ged.  199  {die  tätergruft). 

HELDENGEMÜT,  n.  gemülsart,  gesinnung  eines  helden: 
inaszen  denn  aus  seinem  angesichte  ein  heldengemühte  leicht 
zu  erkennen.  Bdtschkt  kansl.  361.  auch  der  so  gesinnte  held 
selbst :  {die  dankbarkät)  die  bei  den  heldengemüttern  mehr  Ver- 
wunderung, als  nachfolge  verursachet.  Patmos  119. 

HELDENGESANG,  m.:  Homers  heldengesang.  Bürger  177"; 
Kreuznach ,  Kreuznach !  deinen  edelsten  söhn  will  ich  be- 
singen, schliesz  auf.  grotte  der  vorzeit,  heldengesang  hervor, 
geharnischt  im  stähle,  dasz  männlich  ertöne  meine  seele  im 
lobe  des  starken.  Fr.  Miller  l,  358. 

HELDENGESCHICHTE,  f.  res  gestae  heroum  et  fortium  virorum. 
Stieler  1747:  die  Vorstellungen  der  griechischen  künstler 
waren  aus  ihrer  eigenen  fabel  und  heldengeschichte  genom- 
men. Winkelmann  3,  iv;  in  der  dunkeln  mythologie  und  in 
der  heldengeschichte.  x.«i;  so  eine  liebe  wie  Brackenburgs 
hab  ich  nie  gesehen ,  ich  glaubte  sie  sei  nur  in  heldcn- 
geschichten.  Göthe  8,231; 

nach  hergebrachter  sitte  vom  ritler,  seinem  herrn, 

die  beiden-  und  liebesgsscbichtc  vertraulich  zu  erzählen. 

Wieland  4,57  (n.  Amadix  3,1). 
HELDENGESCHLECHT,  n. : 

des  heldengeschlechls  enkel.     Stolberg  1,7. 

HELDENGESINNUNG,  f.:  der  dichter  selbst  setzt  sich 
lieber  in  die  zeiten  der  sittenunscbuld  und  der  starken  helden- 
gesinnung  zurück,  als  dasz  er  unsere  tändlenden  zeiten  be- 
sänge. GüTHE  33,72. 

HELDENGESTALT,  f:  (Hamlet)  hoffte,  in  gesellschaft  seiner 
hinterlassenen  edlen  mutter  die  heldengestalt  jenes  groszen 
abgeschiednen  zu  verehren.  Göthe  19,  74 ; 

nicht  aus  stein  ist  das  bild  [Teils),  noch  von  erz,  nicht  arbeit 
der  bände, 
nur  dem  geistigen  blick  freier  erscheinet  es  klar; 
und  je  wilder  der  stiirm,  je  höher  brauset  die  brandung, 
um  so  mächtiger  nur  hebt  sich  die  heldengestalt. 

Uhlano  ged.  111. 


939        HELDENGEWCRGE  —  HELOENHRRZ 

HELDENGEWÜRGE,  .... 

wohl  sind  mir  die  kämpfe  belianiit  iiiid  lieldeiittewurge 
{a>'8()0-/:Taoiae). 
Stolbero  11.  239  (//.  ',  237). 
HELDENGLAUBE,  «».; 

(.4mo))  der  seine  lieblinge  für  ernste  proben  spart; 

doch  dem  geprfilten,  dessen  hehlenglauhe 

fest  an  ihm  hält,  ein  weibchen  guter  art 

lum  schönsten  erbiheil  anllipwaliri.      Götter  1,  2r)3. 

HELDENGLEICH,  adj.: 

mit  heldengleichera  fleisz.  Weckuerlin  660; 
der  ritter  Tordo  liesz,  als  sein  (eind  wollt  entlliehen, 
in  heldengicicher  glüht  so  scbilV  als  ineuschen  glühen  (vrr- 

braniUii  «te). 
PosTEL  ^yiltekind  s.  92  (4,  724). 
HELDENGLÜCK,  n.: 

o  eroszer  tag!  o  altes  heldenglöck! 

kommt  wiederum,  doch  nur  lür  ihn  (den  kämpfenden  (lelehrlen) 
zurück.      Hagedorn  1,  00; 
denn  beldenglück 
ist  wandelbar.  Bürger  173'. 

HLXDENGLUTH,  f. :  ha  das;  ist  heldengluth,  die  auf  deinen 

uanpen  hrennt!  Klincer  tliealer  3,346. 

HELDENGREIS,  «».: 

da  schüttelt  die  silberlocken  der  hohe  heldengreis. 

FoLLEN  tiarfcngiiisze  {Ziiricli  1823)  s.  5. 

HELDENGRIMM,  m.: 

förderte  im  heldengrimme 

meines  ungestümes  lauf.     Thömmel  2,96; 

das  däucht  dem  edlen  Oörnberg  schlimm, 

er  rüstet  sich  im  heldengrimm, 

den  buhen  will  er  schlagen.     Arndt  ged.  (1840)  202. 

HELDENGRÖSZE,  f.: 

doch  Vastolas  erhabner  fürstensinn 
zeigt  just  im  Unglück,  wo  die  blösze 
gemeiner  seelen  sich  am  schnellsten  ofTenbart, 
die  raajestät  der  angestammten  art 
in  ihrer  ganzen  lieldengrösze.      Wikland  18,  152; 
trug  mit  mannesgeTühl  die  heldengrösze  des  weibes. 
GöTHE  41,  320. 

HELDENHAFT,  adj.  nach  arl  eines  helden,  heldenmäszii] :  sich 
heldenhaft  im  kriege  erweisen ,  rem  bellicam  slrenue  tradare, 
animi  vim  et  magnitudincm  in  proeliis  oslendere.   Stieler  888 ; 

man  bringe  mir  die  alten 
und  auch  die  neuen  her,  die  umb  das  schöne  laub 
des  edlen  lorbeer-baums  so  heldenhaft  gekampfet. 

Chr.  Grtphiüs  ;joet.  wäld.  1,737; 
und  nun  halten  die  gerichte 
den  behenden  ritter  auf. 
o  verteufelte  geschichte! 
heldenhafter  lebenslauf !     Göthb  1,  194. 

HELDENHAND,  f.  bracbium  forte,  generosum.  Stiele«  752: 

wollet  uns  bei  dem  Vaterland 
schirmen  mit  eurer  iielden-hand. 

Opel  u.  Cohn  36,  82; 
halt  ihm  der  heiige  greis  den  stahl  entwunden, 
den  mannhaft  noch  die  heldenhand  umschlosz. 

Griss  Tassos  bcfr.  Jeru».  8,  34. 
vergl.  heldenarm. 

HELDENHAUFE,  m.   häufe,    schaar   von   tapfern   männern. 
Schiller   Wollenst,  tod  5,  f>.     s.  die  stelle  unter  heldenführer. 
HELDENHAUPT,  «.; 

nun  hab  ich  dich  gesehen, 
du  hohes  heldenhaupt. 

M.  V.  Schenkzndorp  89  {an  Göihe). 
HELDENHEER,  n..- 

alt  Joabs  heldenheer  die  kinder  Ammon  schreckte. 

IIaorporn  2,  ö; 
und  tage«  drauf,  mit  Sonnenaufgang,  ging 
»ein  (l-riedncht)  heldenheer  still  iiuer  deinen  ström, 
du  Uder!  Clrim  4,  71. 

HELDENHELM,  n..- 

dort  ist  mein  hirten-  und  heldenheliD,  da  sind  die  Schweizer- 
lande .' 
FoLun  harfmgritite  (Züriclt  1823)  «.  4. 
HELDENHER U,  m.: 

ging«!  du  etwa,  dem  wunderbaren  heldenherrn 
mith  anzukündigen.  Gothr  41,  208. 

HKLDENHERZ.  n.  Iapfrr%  hrrx:  heldfnherze  f«/«.«  herofcum, 
unimoiiim  SrikLKR   S30; 

wie  die  tlu*^  in  das  meer  sich  ohn  zunehmen  gieazen, 
wl«  aunz  d»m  mc«T  ili«»  (10«»  auch  ohn  abnehmen  nieiien, 
al«o  i'i  ILr        ■'       •    ,U  nlielt  dein  heldenher*. 

WaeanuRLii  fi2'>; 


HELDENJAHR  —  HELDENLEBEX 


940 


dein  Friederich  August, 
an  dessen  helden-herz,  an  dessen  felseu-brust 
das  glücke,  wenn  es  auch  die  wellen  nocli  so  tliürinet, 
mit  samt  der  raserei  sich  stets  zu  schänden  stürmet. 

Günther  729; 
hoch  schlägt  sein  heldenherz.    Wikland  22,209  (06.  5,32); 
dem  muthigen  Ulysses,  der  die  that 

von  fern  gesehn,  entschwoll  das  heldenherz.    Borger  166"; 
wo  zarte  minne  herrschte,  wo  die  liebe 
der  ritter  grosze  heldenherzen  hob.    Schiller  jungfr.  1,  2. 

auch   die  per-ion   selbst,   die   ein   solches   herz   trägt,   heiszt  eia 
heldenherz: 

es  bleibt  nicht  unbelohnt  diesz  ächte  heldenherz! 
Wieland  23,  63 ; 
im  glänz  der  waffen  sprengen 
die  reisigen  voran, 
und  heldenherzen  drängen 
sich  frisch  zum  kämpf  heran.     Arndt  ged.  (18-10)  63. 

HELDENJAHR,  n.: 

doch  gab  ich  rühm  und  banner,  zu  dank  dem  ewgen  hcrrn, 
und  neunzig  heldenjahre  um  diese  stunde  gern. 

Follen  harfengrüste  s.  7. 

HELDENJUGEND,  f.  l)  zustand  der  jugend  mit  heldenmul 
(jepaarl,  das  jung  und  tapfer  sein. 

2)  gesamtlieit  heldetimütiger  Jünglinge:  der  französischeo 
heldenjugend.  Lessing  6,398; 

Wandrer!  sags  den  kinderlosen  eitern, 
dasz  fürs  Vaterland  auf  diesen  feldern 
Spartas  kühne  heldenjugend  sank. 

Körner  leier  u.  schwert  9. 

HELDENJÜNGLING,  vi.:  männliche  und  weibliche  kraff- 
geslalten ,  in  gewaltsamen  Stellungen,  erinnerten  an  jenes 
herrliche  gefecht  zwischen  heldenjünglingen  und  amazonen, 
wo  hasz  und  feindseligkeit  zuletzt  sich  in  wechselseitig- 
traulichen  beistand  auflöst,  /^öthe  22,165; 

und  wenn  du  deinen  heldenjüngling  liebst 
als  heldenbraut,  wies  Zrinys  tocbter  zukommt. 
Körner  2,  129. 
HELDENKAMPF,  m.  ; 

rasch,  mit  ernst  und  kraft  zu  ringen, 
hat  sie  nun  sich  aufgeralTt, 
und  den  lieldenkampf  vollbringen 
will  ihr  ernst  und  ihre  kraft. 

Bürger  44'  (als  Molly  sich  losreixzen  ivollle). 

HELDENKIND,  n.  kind  eines  helden,  und  dahei-  mit  der  an- 
läge zmn  helden  geboren:  der  knabe,  indem  er  säugt,  blickt 
nach  dem  vater  hinauf,  er  ist  schon  halbwüchsig,  ein  helden- 
kind,  nicht  bewusztlos.  Göthe  39,68; 

ach,  in  ihrem  keuschen  schoosze 

starb  mit  ihr  ein  heldenkind !    Stolberc  1,  90. 

auch  sprosz  eines  helden,  und  selbst  ein  held: 

im  harst  von  Unterwaiden  da  ragt  ein  heldenkind 
hochhaubtig  über  alle  die  selbst  gewaltig  sind. 

Follen  litnfenyrusie  (/.iirich  1823)  35. 

HELDENKÖNIG,  m.  held  tindkönig;  auch  könig  über  helden. 
HELDENKÖNIGIN,  f:  jetzt  werden  wir  wissen  ..  ob  sie 
todt,  die  heldeiikiinigin.  Fr.  MCller  2,  255. 

HELDENKRAFT,  f  vis  heroica.  Steinbacu  1,923: 

aus  tippen  soll  man  liehe  saugen, 

und  aus  dem  weine  heldcnkraft.     Hagedorn  3,  102; 

mit  jugendlicher  heldenkraft 

urgnlf  sie  {diu  haiid  Schwerins)  eine  fnhn.      Glrim  4,  19; 

und  er  wanderte  hin;  und  fand  die  Kadineier  in  menge 

schmausend  in  der  bürg  der  heldenkraft  Eieokles. 

BtSRGRR  217'; 
um  seiner  heldenkrSfle  kühnen  muth 
in  den  versiegten  ädern  zu  verjüngen.    KArnkr  2,  I70; 
des  lebens  ewig  junge  heldenkraft 
belebt  des  alten  stanimes  starke  fasern.    3,  (W. 

HELDENKRÄFTIG,  adj.: 
ein  mtinnllrh  nntliir,  ktihn  und  heldenkrftnig.     Körnin  2,  l)>5; 
Hirhard  ist  offen  zwar  und  heldenkrAftig.    3,  23. 

HELDENKUNDE,  f  künde  von  einem  helden: 

wandeln  wird  die  heldenkund« 

nach  der  müllerlichen  Stadt.    M.  v.  ScaiNiiNDoar  203. 

HELDENLAUF,  m.: 

uns  gebe  die  erinnrung  schAner  zeit 

lu  frischem  heldunlaul«  neu«  krafl.    GOrnt  0,  3U. 

HELDENLEREN,  n..-  wie  ale  dieae  börgerlichkeit  alt 
pliilialerhafte  kleinmia^^p  penifflierten,  und  dagegen  beitän- 


941 


HELDENLEIB— HELDENMÄSZIG 


HELDEMIENGE  —  HELDENREDE 


042 


dig   das    grosze   heldenleben  des  feudalistischen  miltelalters   i 
gerühmt  und  gefeiert.  H.Heine  6,122; 

wollt  ich  mein  groszes,  schönes  heldenjeben 
so  eleml  enden.  Körskr  2,  i'l; 

[gilt  ihm)  nichts  dies  heldenleben? 
dies  eine,  grosze  heldenleben  nichts?    175; 
man  lispelt  leichte  liedchen,  man  spitzt  manch  Sinngedicht, 
man  höhnt  die  holden  frauen,  des  alten  liedes  licht: 
wo  rüstig  heldenleben  längst  auf  heschwörung  lauscht, 
da  trippelt  man  verüber  und  schauert,  wenn  es  rauscht. 
Uhlasd  ged.  357. 

HELDENLEIB,  vi.:    heldenleib   mit   allen  in-  und  euser- 
lichen  lügenden  ausgezirt.   Bdtschky  kanzl.  362; 
seinen  heldenleib  und  wolgesialte  glieder. 

Weceherliü  610. 
HELDENLEICHE,  f. 
HELDENLEICHEMLCH,  n..- 

eure  heldenleichentücher, 

was  bei  Kulm  und  Leipzig  fiel, 

eure  Scharnhorst,  Gneisenau,  Blücher 

sind  sie  schon  ein  labelspiel?    Ar>dt  ged.  (1S4Ö)  420. 

HELDENLEIDEN,  n.;  die  heldenleiden  des  göttlichen  Ramo 
bewegen  mein  herz  wie  ein  bekanntes  weh.  H. Heise  1,216. 
HELDENLELTE,  pl.:    Römer,    Griechen  und  andere  für- 
bündige heldenleute.  Bctschry  Palm.  501. 

HELDENLICHT,  n.:  legt  man  den  Plutarch  oder  den 
Tacitus  gestärkter,  begeisterter  weg?  und  wie  würde  erst  das 
heroum  des  erstem  mächtig  und  strahlend  vor  uns  stehen, 
hätte  der  grosze  geist  eines  Tacitus  sein  heldenlicht  auf  die 
beiden  geworfen  I  J.  Pacl  vorsch.  d.  äslh.  2,  74. 

HELDE^NLIED,  n.  carmen  heroicum,  versus  epopaei.  Stieler 
1161: 

und  manch  ein  alterthümlich  beldenlied 
ertönt  wie  schwertgeklirr  und  schildesklang. 
ÜHLA^iD  ged.  171. 

HELDENLOB,  n.  laus  palmaris.  Stieler  1171 : 

dein  wilder  muth  ist  nichts,  als  durst  nach  heloenlob. 
Gotter  2,  477. 
HELDENLOCKE,  f.: 
auch  eines  kaisers  heldenlocke  bleicht.    Kokses  2, 104. 


HELDENLOOS,  n.; 

es  ist  dasselbe  heldenloos, 

es  sind  dieselben  alten  mähren. 


H.  Hewe  18,162. 


HELDENLÖWE,  m.:  als  der  unvergleichliche  mitternäch- 
fische  heldenlöwe  Gustavus  Adolphus  vor  Lützen  schlagen 
solt.  Otho  110. 

HELDENLüST,  f.  heroica  cvpiditas.  Stieler  1187: 

schwingt  zu  ross  sich,  schwereerüstet, 

glüht  von  edler  heldenlust.     Chla?(d  ged.  264; 

und  was  ist  noch  geblieben 

von  deutscher  heldenlust?    M.  v.  ScBE!rKE<fDORF  324. 

HELDENMACHT,  f.  virtus  heroica.  Stieler  1204. 

HELDENMÄDCHEN,  n.  .•  das  heldenmädchen  gelobt  oft  im 
taumel  heiliger  andacht,  die  Sünden  all  hinweg  za  beten. 
Fr.  MCller  1,  9; 

ich  spotte  dieser  Weichlinge,    wir  haben' 

sie  vor  uns  her  gescheucht  in  zwanzig  schlachten, 

eh  dieses  heldenmädchen  für  sie  stritt! 

Schiller  Jungfrau  5,  10. 

HELDENMÄHL,  n.  mahlzeü  der  helden  {in  Walhalla): 

iwöir  richter  thronen,  hoch  und  schauerlich, 
die  wertheu  nicht  des  heldenmahles  mich. 

Uhlawd  ged.  200. 

HELDENMAL,  n.  denkmal  der  helden:  Rom  ist  herrlich, 
und  ich  nahte  voll  ehrfurcht  den  alten  heldenmalen.  Eichen- 
noRFF  tcerke  3  (1841)  77 ; 

sehntest  dich  nimmer  ru  schaun  die  heldenmahle  der  vorweit. 

Ptrker  Junis.  2,  141. 

HELDENMANN,  m. :  Carmagnola,  der  sich  als  heldenmann 
rüstig  fühlt.   GöTHE  38,267; 

nicht  knabe  mehr!    ein  kühner  heldenmann 
umfaszt  er  sie,  die  kaum  sich  wehren  kann.    41,  90. 

HELDENM.\SZIG,  adj.  und  adv.  heroicus,  ammo  heroico. 
Frisch  1,439";  heldenmäszige  thaten.  Chr.  Weise  erzn.  195; 
mit  heldenmäszigen  königsaugen  angesehen,  comöd.  4; 

worauf  er  alsofort 
rächt  heldenmSszig  sprach. 

Postbl  Wittekind  s.  55  (3,  325) ; 
ihr  {der  glaubenshelden)  glaube 
schien  freilich  mir  das  heldcnmäszigste 
an  ihnen  nie.  Lissme  2,  262. 


HELDENMENGE,  f.: 

schon  umstand  den  baldachin 
des  groszen  Carl  solch  eine  heldenmenge, 
als  man  noch  niemals  sah  und  niemals  sehen  wird. 
Alxi?iger  Dooiiu  7,  34. 
HELDENMENSCH,  m.: 
für  tugend,  menschenrecht  und  menschenfreiheit  sterben, 
ist  höchst  erhabner  muth,  ist  welterlöser-tod; 
denn  nur  die  göttlichsten  der  heldenraenschen  färben 
dafür  den  panzerrock  mit  ihrem  herzblut  roth.     BCrger  101'. 

HELDENMIENE,  f.: 

diese  kühne 

heldenmiene.    Gotter  3,520; 
und  nahm  so  grosze  heldenmiene  an. 

Shakesp.  Lear  2,  2; 
and  put  upon  him  such  a  deal  of  man. 
HELDENMÜHE,  f.  Wielakd  natur  der  dinge  2, 172. 
HELDENMUTH,  m.  virtus  sive  mens  heroica.   Stieler  1299: 
{dasz  dr.  Andreae)  teufel,  weit,  misgunst.  verläumbdung  und 
andere  Widerwärtigkeiten  mit  groszem  heldenmuth  überwunden 
und  gleichsam  mit  füszen  getreten  hab.  Schcppics  267;   die 
leutseligkeit  der  bourbonischen  prinzen,  die  alle  beschwerden 
dieses    feldzugs  theilten  und  frühzeitige  proben  des  helden- 
rauths  ablegten.  Scüiller  geschickte  der  unruhen  in  Frankreich 
(7,467  Kwz); 

der  zornig  bock  drumb  solches  ihut 
das  er  disz  lob  erwürb : 
der  hat  ein  freien  helden  muth 
und  frisset  käsekörb.      Hasenjagd  14; 
es  lacht  ein  heldenmuht  um  seufzer  und  um  zähren. 

PosTEL   WiUekind  s.  229  (8,  876) ; 

Franzose,  nicht  an  mann  und  pferd, 

an  heldenmuth  gebrichts. 

was  hilft  dir  denn  dein  langes  schwert, 

und  groszer  Stiefel?  nichts!     Glei«  4,  36; 

die  männer  haben  heldenmuth, 

verströmen  patriotenblut.     Höltt  159  Halm: 
der  wilde  gleicht  dem  kind  an  unerfahrenheit, 
erreicht  an  heldenmuth,  beschämt  an  menschlicbkeit 
uns  Christen.  Gotter  2,  327 ; 

in  der  traube  goldnem  blut 

trinken  sanftmuth  kannibalen, 

die  Verzweiflung  heldenmuth. 

Schiller  lied  an  die  freude. 

HELDENMÜTHIG,  adj.  und  adv.  f'.renuus,  slrenue.  Stieler 
1300: 

darum  von  allers  her  ihr  (der  Deutschen)  einziges  vergnügen 
und  höchste  wollust  war,  durch  heldenmüthigs  kriegen 
verewiget  zu  sein.  Postel  WiUekind  t.  125  (6,  78) ; 

Sancbo,  könig  in  Navarra, 
zugenannt  der  heldenmüthge.    Herder  Cid  70; 

den  heldenmüthigen  Verfechter  ihrer  kirche.  Schiller  gesch. 
der  unrnhen  in  Frankreich  (7,  438  Kurz) ;  nur  so  lange  wir  kleiu 
sind,  sind  wir  ganz  uneigennützig,  ganz  heldeurnüthig,  ganz 
heroisch.  H.  Heine  12,  33. 

HELDENMÜTTER,  f.   Fr.  Müller  2,  367. 

HELDENNAME,  m.: 

fürst  Carl,  der  von  dem  hammer 
den  heldennamen  trägt.        Postel  Wittekind  s.  143  (6,  459). 

HELDENODE,  f.:  verschiedene  Sinngedichte  und  helden- 
oden.  Rabeser  2, 109. 

HELDENOPER,  f.  in  welcher  helden  die  handelnden  sind. 
EscHESBCRG  thcorie  der  schönen  icissensch.  (1789)  254. 

HELDENPAAR,  n.: 

wie  dieses  heldenpar  sich  löwen  ähnlich  wies. 

Postel  Wiiiekind  249  (9,  483) ; 
das  liebenswürdge  beldenpaar  {Hüon  und  üezia). 

WIELA5D  23,  5  (Oberon  7,  1) ; 
und  Rektors  arm  erschlug  ein  beldenpaar, 
Menesthes  und  Anchialus.  Börcbr  16&\ 

HELDENPROBE,  f.  specimen  virlutis,  riUerprvbe.  Stieler  1483 
HELDENRATH,  m.     l)  heldenhafter  ratgtber: 

es  wird  mit  waffenklange 

ein  heldenrath  geehrt.    M.  v.  ScHE;<n!n>ORF  259. 

2)  auch  ratsversamlung  und  ratschlusz  von  helden. 
HELDENHAST,  f.   ScnEKKEnooBF  230. 
HELDENRECHT,  n.; 

neu  gerüstet  mit  den  götterwafTen, 

die  er  mit  gestähltem  arme  führt, 

wird  er  sich  nach  heldenrecht  verschalTen, 

was  sein  wünsch  bedarf  und  ihm  gebührt.    Böbcer  S7'. 

HELDENREDE,  f.:  komme  mir  doch  nur  einmal  einer, 
und  versuch  es  an  einer  homerischen  heldenrede  mit  hexa- 
roeternl  BCrger  180'. 


943 


HELDENTIEICII  —  IIELDENSCUERZ 


HELDENSCHÖN  —  HELDENSPIEL 


944 


HELÜENKEICH,  «.  ; 

der  löwe  brüllt  erxürnt :  ein  solcher  rath  entehrt 
mich  und  mein  heldenreich.      IIagsdoiin  2,  129. 

HELDENREICH,  adj.: 

icii  bin  ein  alter  mann;  wen  durch  ein  halb  Jahrhundert 

diesz  heldenreiche  land  bewundert, 

den  sah  ich.  Alxinger  Dooliii  7,  1&. 

HELDENREIHE,  f.: 

drei  hundert  Sparter  ziehn  in  dieser  heldenreihc 

durchs  thor  der  ewigkeit  den  übrigen  voran.     BCkcEh  101'. 

IIELDENREIM,  «».  gemts  (carminum)  Iieroicum,  sivc  alexan- 
drinum.   Stieler  1513. 
HELDENREISE,  f.: 

0  Jüngling  (Alexander  ist  gemeint),  rufte  jener  weise, 
was  macht,  dasz  deine  heldcnreise 
sich  in  Aurorens  bette  wagt. 

Haller  Schweiz,  ged.  (1768)  s.  9. 
HELDENREST,  m.: 

dasz  noch  ein  heldenrest  in  Deutschland  übrig  bleibe. 
J.  E.  ScuLECEL  1,  372. 

HELDENROLLE,  f.  rolle  des  beiden  in  einem  drama. 
HELDENRÖTHE,  f.: 

und  des  blutes  deutsche  heldenröthe 
jubelt  von  der  freiheit  morgenroth. 

Körner  leier  «.  schwert  77. 
HELDENRUHM,  m.: 

entehrte  Scipio  mit  tanzen 

den  heldenruhm  und  seine  zeit?    Hagedorn  3,96; 
wie  könnt  ichs  wagen,  prinz,  mein  schwach  verdienst 
mit  eures  namens  heldenruhm  zu  messen? 

ScmuMR  Jungfrau  3,  1. 

HELDENRÜHMLICH,  adj.  xvSiävsi^a: 

{Achill)  kam  zur  heldenrühmlichen 
Versammlung  nicht.       BSrger  148*. 

HELDENSAAL,  m.  atrium  heroum.  Stieler  1672. 

HELDENSÄREL,  m.: 

der  Niklas  Zriny,  der  gefürchtete, 

ist  jetzt  in  Wien,  wie  meine  boten  melden; 

leicht  überrumpeln  wir  das  stolze  Sigeth, 

wenn  dieser  heldensäbel  feiern  musz.    Körner  2, 110. 

HELDENSAGE,  f.:  Herder  ..  machte  mich  mit  den  helden- 
sagen  mehr  bekannt.  Göthe  26,143;  Fierabras  und  andere 
ähnliche  heldensagen  und  gedichte,  könig  Rolher,  Tristan 
und  Isolde.  32,45;  die  deutsche,  die  griechische  heldensage. 
HELDENSAME,  tn. :  euch  ist  ein  löwe,  ein  löwe  gebohren, 
ganz  euer  gepräge !  o  seh  eure  hobelt  das  derbe  gewundne 
gemächtchen,  wie  es  den  heldensaamen  verkündigt!  Heinse 
Ardingh.  2,  292, 

HELDENSÄNGER,  m. ;  ja  nicht  einmal  bios  unter  einem 
dache  sollte  der  heldensänger  mit  seinem  beiden  sich  auf- 
halten, sondern  sogar  unter  einer  hirnschaie,  wodurch,  da 
nur  einer  darunter  platz  hat,  natürlich  der  held  und  sein 
Sänger  in  eines  zusammen  fallen.  J.  Paul  lä).  Fibels  195. 

HELDENSCHAFT,  f.  l)  zustand,  Ihdligkeit  eines  helden: 
heldenschaft  beweisen. 

2)  gcsamtheit  von  helden:  deshalb  ist  die  ganze  helden- 
schaft aufgeregt,  ihm  [dem  Jason)  ergeben  und  untergeben. 
Göthe  39,  36. 

HELDE.NSCHAR,  f.: 

die  tapfre  heldentchaar.     Postel  Witlekind  s.  8  (1,219); 
wie  der  Rhein  von  j.ihcn  felsen  herab 
seine  donner  stürzet  und  ewigen  schäum  .  .  . 
so  die  heldenschaar  auf  den  staunenden  felnd. 
Stolberc  1,  91. 
HELDENSCHATTEN,  m.: 

und  all  ihr  deutschen  freien  heldenscbattcn, 
mit  uns,  mit  uns,  und  unsrer  fahnen  llug. 

KöRfCER  Icicr  H.  fchwcrt  3!). 

HELÜENSCHATZ,  m.    1)  schätz  von  heldensagen,  heldenbuch  : 
wie    im    hcldciischatz   eines   {ein   schwerl)   beschrieben  wird. 
Simjil.  1,  450  Kurz. 
2)  Iheiirer  held: 

nimm  denn  auch  auf  deinem  throne, 
thcurer,  höchster  heldonschatz, 
angethan  mit  goldner  krune, 
Deutschland,  wieder  deinen  platz. 

M.  V.  ScuiNKiNDOKr  247. 

HELDKNSCHAL'SPIEL,  n.  in  welchem  helden  die  handelnden 
yerwnen  und.  Klikcer   12,  lOS. 

HELDENS«  HERZ,  m. ;  ein«  erzablung,  in  welcher  nndacbt 
und  df-rbf-r  helilciischerz  iiuf  die  wundcrlichsle  weise  vcr- 
Muben  sind.  tuLAMb  in  den  muten  1812,  Z.quarlal,  .«.74. 


HELDENSCHÖN,  adj.:  kan  gar  wul  aus  einem  ungestalten 
leibe  ein  heldenschönes  geiuütte  kommen.  Rutscbky  kanzl.  484. 
HELDENSCHÖNE,  f.: 

wo  Rom  in  ernster  heldenschöne, 
indes  der  weltkreis  ahnend  schwieg, 
im  walTenschimmer,  wie  Athene, 
verhängnisvoll  der  nacht  entstieg. 

Mattuisson  ged.  237. 

HELDENSCHRITT,  ffi. ;  der  Grieche  tanzet  heldcntanz ;  der 
Deutsche,  der  das  nicht  kann,  schreitet  dafür  heldenschrill. 
Bürger  176'; 

(,Scharnhorst)  der  nie  wankend  ab  und  an 

ging  den  festen  heldenscliritt.    Arndt  ged.  (1840)236; 

wo  ist  der  heldenschritt  gewaltiger  Oltonen? 

geh,  suche  ihren  staub,  den  längst  der  wind  zerblios.    IUI. 

HELDENSCHUH,  m.  collmrnus.  Stieler  1938. 
HELDENSCHWARM,  m.  ; 

drum  hangen  wir  so  treu  und  warm 
am  grafen,  unsern  herrn. 
allein  ist  er  ein  heldenschwarm, 
der  donner  rast  in  seinem  arm. 

Schiller  graf  Eberhard  der  Greiner. 
HELDENSCHWEISZ,  m.: 

ihr  gräber  voller  leichen 

und  tapferm  heldenschweisz. 

Paul  Gerhardt  lied:  gottlob  nun  ist  erschollen  ; 
wischt  nur  den  heldenschweisz  von  euern  schönen  wangen 
und  ruhet  aus.  Wieland  17,  44 ; 

es  glühte  der  mittag;  es  rann 

heldenschweisz  auf  zertrctnes  gras.    Siolberg  1,91. 

HELDENSCHWERT,  n.  ensis  Marlius.  Stieler  195S. 
HELDENSCHWESTER,   f.:     Antigone.    heldenschwester ! 
Göthe  39,  20. 

HELDENSCHWUNG,  m. :  nur  dem  heldenschwunge  eines 
solchen  urkräftigen  geistes,  wie  Jesus  ihn  besasz,  konnte  es 
gelingen,  sich  über  dieses  eingefleischte  und  festgcstarrte 
buchstabenwesen  der  jüdischen  religion  und  Sittlichkeit  kühn 
zu  erheben,  hannov.  mag.  1846,  s.  420. 
HELDENSEELE,  f.: 

durch  Zrinys  heldenseele.     Körner  2,  154; 
klanglos  ist  der  tod  der  matten, 
doch  die  heldenseelen  wallen 
herrlich  fort  ins  reich  der  schatten. 

Arndt  ged.  (1840)  s.  23. 

HELDENSINN,  m.  alliludo,  magniludo  animi,  mens  heroica. 
Stieler  2031:  rührende  kindlichkeit  und  mächtiger  helden- 
sinn  sind  darin  {im  allfranz.  gedieht  von  den  Haimonskindern) 
auf  die  eigenste  weise  verbunden.  Uhland  in  den  musen  1812, 
3.  Quartal,  s.  72 ; 

uubiegsam  bleibt  doch  immerdar  dein  {Heklors)  herz, 
der  axt  des  manns,  der  schilTholz  zimmert,  gleich, 
die  tief  einhaut,  und  noch  die  schu-ungkraft  mehrt, 
so  unzertrümmerlich  hält  auch  in  dir 
dein  heldensinn.  Bürger  151'; 

wenn  ich  der  Ungern  heldensinn  nicht  kennt«. 

Körner  2,  ItiU; 
(so  hoch)  als  sich  der  groszo  iohannitcrmcister 
durch  heldensinn  und  heldenUrafl  geschwungen.    168. 

HELDENSITZ,  m.; 

(Friedrich)  sprang  auf  von  seinem  heldensitz.    Gleih  i,  (>. 

HELDENSOHN,  m.  söhn  eines  helden,  daher  selbst  heldenJiaß : 

empfiehl,  o  Ruddenbrock,  mir  nicht  die  heldensöhnc 
von  Sparta,  Rom,  Athen.  Ra«ler  1,84; 

so  weit  die  erde  hcldensöhne  nShrt.    Göthe  9,93; 
umwälzen  wirst  du  seines  glückes  rad, 
CN'eitung  bringen  Frankreiths  heldensöhncn. 

Scuii.LKn  yi(H!;/'r.  prolog,  4.  aufli.; 

{Ich  war  es  die)  euren  tapfern  Iwldensöhnon 
den  tag  der  frohen  wicderkelir  geraubt!    5,6; 
der  beere  vorDcbritt  macht  die  erde  dröhnen, 
und  wie  die  ström'  au.s  ihren  ufern  brausen, 
so  wogt  es  weil  von  DcutschL-inds  heldcn.iöhncn. 

Ubland  ged.  146; 
brich  denn  aus  deinem  sarge,  steig  aus  dem  «lüstern  chnr 
mit  deinem  heldensohno,  du  Rauschebart,  hervor  I     357. 

HELDENSPIEL,  m.    1)  kampfspiel  der  helden: 

begehe  die  erflehte  Wiederkehr 

mit  hekatomben,  schmnuson,  heldenspicion. 

Götter  2,  211; 
euch  verherrlichte  das  heldensniel 
nn  Aon  iNlIimUK  kmoptiroirlirn  inalen, 
und  dl«  wagen  donnorien  tum  siel. 

Scuillib  gOilgr  Ünechrnlamts. 


945   HELDENSPIELER  — HELDENSTÜCK 


HELDENTANZ  —  HELDENTRAUM 


946 


2)  ddier  schlaclil: 

preis  dir,  o  Wellington, 

trugst  einen  iiranz  davon 

blutig  und  roth. 

schlugest  im  lieldenspiel, 

scl)luges.t  wo  Roland  liel, 

schlugest  der  Franzen  viel 

blutig  und  tod.      M.  v.  Schesiewdorf  117. 

3)  dramatisches  spiel,  dessen  handelnde  personen  helden  sind: 
aa  trauer-  und  heldenspielen.  Güthe  31,202; 

denn  bald  wird  selbst  das  hohe  heldenspiel, 
der  alten  kunst  und  würde  völlig  eingedenk, 
von  uns  kotburn  und  maskc  willig  leiben.     11,  315. 

6«  Stieler  2fl87  heldenspiel  poema  epicum. 

HELDE.N'SPIELER ,  m.  der  die  haiiptrolle  in  einem  helden- 
spicle  (3)  durch/ iihrl. 

HELDENSPRACHE,  f.  so  wurde  im  17.  jalirh.  die  deutsche 
spräche  lobend  genannt:  die  teutsclie  beldensprache,  lingua 
Tenionitm  viclrix  Stieler  2102;  also  ist  mir  hingegen  unmög- 
liih,  das  lachen  zu  verhalten,  wie  hochtrabend  ein  teutscher 
herein  tritt,  so  bald  er  nur  ein  wenig  von  unserer  nachbarn 
zusammen  geflickten  sprachen  verstehen  und  daher  lallen  kan, 
ob  sie  gleich  unserer  vollkommenen  in,  an,  und  vor  sich 
selbst  bestehenden  teutschen  heldensprach  weder  an  gute 
noch  allerthumb  das  wasser  nit  zu  bieten  vermögen.  Sinipl. 
4,360  Kurz;  da  werden  wir  dann  mit  dem  reichlhum  und 
adel  unserer  heldensprach  prangen.  407;  befleisze  ich  mich, 
unsere  hochdeutsche  haupt-  und  beldensprache  ohne  fremde 
Wörter  zu  schreiben.  BcTScnKV  kanzl.  ISO.  auch  noch  im 
18.  jalirh.:  dasz  sein  Jambus,  vor  allen  andern  versarten, 
dergestalt  mit  der  uranloge  unserer  beldensprache  überein 
stimme,  dasz  Homers  heldengesang  in  keine  andere  versart 
natürlicher,  leichter  und  ungezwungener  sich  fügen  lasse. 
BtjRCER  177'; 

in  jener  beldensprache  singt, 

die  stolz  den  rang  der  ersten  in  der  weit  sich  weissagt. 

Raxler  2,  33. 
HELDEiNSTAB,  f?i.  fcldherrnstab : 

der  junge  graf  voll  löwengrimra 

Schwung  seinen  beldenstub.    Scbiller  graf  Eberhard. 

HELDENSTAMM,  m. :  der  dieses  land  beherrschende  helden- 
stamm.  Campe  kinderschriflen  18,  48 ;  mich,  den  letzten  zweig 
des  heldenstamms.  Klincer  4,212; 

tochter  eines  beldenstammes.    Herder  Cid  48; 
dde  trauren  um  die  sprosse 
seines  edlen  beldenstammes 
Remlings  anmuilisvolle  thale 
und  das  alternde  kästelt.    Stolberc  1,90; 
er  sitzt  zunächst  gelassen  an  der  flamme, 
die  markige  gestalt  aus  altem  heldenstamme.    Göthk  2,147; 
Dicht  heidenraust,  nicht  heldenstamra,  geliebte 
verehrte  (remdc,  weisz  ich  dir  zu  bieten! 
allein  des  bürgers  hohen  sichersland.    9,349; 
und  wollen  unsern  heldenstamm  bewähren.    2,  220. 

HELDE.NSTÄRK ,    adj.    magnanimus ,    valentissimus ,   pugna- 
cissimus.  unimo  et  viribus  praevalidus.  Stieler  2123. 
HELDENSTÄRKE,  f.: 

berr,  erlülle  sie  {ilie  Georqia  Auqustn)  mit  Weisheit, 

adle  sie,  o  berr,  durch  Schönheit, 

rüste  sie  mit  heldenstärkc.      Bürger  77'; 

weinet  um  mich,  die  ihr  nie  gefallen, 

denen  noch  der  Unschuld  liljen  binbn, 

denen  zu  dem  weichen  bnsenwallen 

beldenstarke  die  natur  verliehn  !    Schiller  kindesmörderin ; 

mich  lasz  errötben,  mich,  die  neben  dir 

so  klein  sich  liibli,  zu  deiner  beldenstarke  sich, 

zu  deiner  boheit  nicht  erbeben  kann!    Jungfrau  4,2; 

die  Ott  geprülte  beldenstarke.    Körner  2,  110. 

HELDENSTARRSLNN,  m. : 
mach  das  unmögliche  zu  deinem  ziel, 
die  zeit  wird  deinen  heldenstarrsinn  ehren, 
und  reiszt  dich  nicht  aus  deiner  siegerbahn.     KöR!«er  2,  105. 

HELDENSTIRN,  f.  frons  martia,  ferox.  Stieler  2172: 
und  seine  bcldcnstirn  ein  neuer  lorbeer  schmückte. 

ZacuariX  poel.  schliß.  (1772)  1,  167; 
auch  deckt  er  seine  schöne  heldenstirn 
mit  einem  blank  polirten  rossbnscbhelm.     Borger  154'. 

HELDENSTÜCK,  n.    l)  hcldenmdszige  that: 

alda  mit  wunder  er  vollbracht  ein  heldenstück. 

Weckhkrlin  620; 
die  Schlacht  vor  Jabes  war  sein  erstes  heldenstück. 
A.  Gbtpuius  1698   I,  591. 
iV.  II. 


in  der  tadelnden  formet  das  ist  kein  heldenstück,  nichts  groszes 
oder  zu  lobendes:  es  sei  sogar  ein  schlechtes  heldenstück  sie 
{die  Offenbarung)  vollends  zu  gründe  zu  richten.  Ficute  kr.  d. 
offenb.  240; 

das  war  kein  heldenstück,  Octavio! 

Schiller  W'allenst.  tod  3,  9; 
was  isis  am  ende  für  ein  heldenstück 
ein  mädchen  zu  vergessen.       Plate:i  231. 

2)  Schauspiel  dessen  handelnde  personen  helden  sind. 

HELDENTANZ,  th.  Bürger  17ü'  (s.  die  stelle  unter  helden- 
schritt); 

Terpsichore  tanzt,  in  walTen,  im  scbleier, 

den  beldentanz  und  bocbzeiitanz.     Rahler  1,6. 

HELDENTENOR,  m.  tenorstimmc  um  heldenrollen  in  einer 
aper  zu  sinqen.     auch  der  inhaber  einer  solchen  stimme. 

HELDE.N'THAT,  f.  facinus  nobile,  memorandum ,  incndibile. 
Stieler  2353:  wan  das  darzu  kommet,  das  solcher  geborne 
adel,  literis  et  armis,  durch  kunst,  tugend,  erfahrenheit  und 
ritterliche  heldenthalen  gezieret  wird,  so  ist  er  desto  höher 
zu  achten.  Philander  2  (IG4;!)  355;  ist  nicht  ausübung  der 
pflicht,  wenn  ein  sieg  über  uns,  unsre  leidenschaften  ... 
vorausgeht,  eine  beldenihat?  Kli.ncer  11,23; 

zu  einer  heldentbat  den  anlasz  zu  verpassen 

war  seine  saclie  nicht.        VVieland  17,  35  {Uris  1,  44); 

sie  wünschen  seine  heldenthalen, 

wiewohl  sie  sclmn  der  rul  der  ganzen  weit  verralhen, 

aus  seinem  round  zu  hören.      Alxocer  Duulin  7,  24. 

auch  ironisch:  das  ist  nun  eine  rechte  heldentbat!;  seht  doch 
diesen  kühnen,  unternehmenden  köpf,  wie  er  plane  schmiedet 
und  ausführt,  vor  denen  die  iieldenlhalen  eines  Caitouches 
und  Howards  verschwinden!  Schiller  räuiier  1,1;  man  führt 
den  künig  im  triumphe  nach  Paris,  wo  seine  gegenwart  dem 
fanatischen  eifer  der  kalholiken  die  losung  gibt,  sich  gegen 
die  reformierten  alles  zu  erlauben,  alle  ihre  versammluiigs- 
plälze  werden  von  dem  wülhenden  pöbel  gestürmt,  die  ihüren 
eingesprengt  ...;  der  kronfeldherr  von  Frankreich,  der  ehr- 
würdige greis  Montmorency,  war  es,  der  diese  heldentbat 
vollführle.  gesch.  d.  unruhen  in  Frankreich  (7,439   Kurz). 

HELDENTHIER.  n.:  voran  gingen  die  beldentkicre,  zuerst 
der  stolze  löwe.  Fr.  .MtiLLER  1,  20. 

HELDENTHUM,  m.  zustand  und  betragen  als  hcld: 

als  aus  des  hains  mäandrischen  gewindeu 

ihm  etwas  in  die  aiigen  lallt, 

das  seinem  heliientliurei  und  allen  weishcitsgründen 

der  stoa  selbst  die  wage  hält.     \Viela>-d  n,  3U7; 

vortrefflich!  rief  sie  aus:  das  nenn  ich  heldentbum 

und  etwas  mehr!  9,  15; 

du,  frühe  schon  zum  beldenthum  eingeweiht. 

Rasiler  I,  115; 
ein  böses  beldenthum,  wenn  gegen  mensch 
der  mensch  zu  leide  zieht.      Herder  2111-  sch.  tiit.  6,33; 
dich  drängt  es,  eine  Hermannsschlacht  zu  schafTeo, 
ein  sinnig  denkmal  deutschen  bebleiiihumcs. 

UuLAND  yed.  128; 

doch  schön  ist  noch  dem  groszen 

das  schlichte  beldenthum.     395; 

links  stand  ein  alter  pallazzo,  . .  auf  dessen  terra.<ise  einige 
grau    ösireichische    Soldaten    zum    beldenlbume   abgerichtet 
wurden.  H.  Heine  2.67. 
HELDENTOCHTER,  f.: 

die  heldentocbter  sei  des  beiden  werth.     Körper  2,  119. 

HELDENTOD,  «».  wiors  gloriosa,  heroica.  Stieler  2291: 

söhn,  so  du  sterben  wilst,  so  stirb  den  heblentod. 
Greflimger  Cid  Dj*; 

heldentode  .  .  •  schaust  du.     Stolberg  14,  160; 

wir  wollen  heut  uns  mann  für  mann 

zum  heldentode  mahnen.     Ar?(DT  ged.  (1840)  195; 

in  dieser  zeit,  so  reich  an  schönem  slerlien, 

an  heldeiuod  in  frühen  jugendtagen.    Uulano  ged.  128; 

wohl  wieget  eines  viele  thaien  auf  .  .  . 

das  ist  um  deines  Vaterlandes  noih 

der  heldentod.  2ul. 

HELDENTRACHT,  f. :  die  erste  actrice  (in  einem  lustspiek) 
war  allerliebst ,  viel  besser  als  neuiicb  in  heldentracUt  und 
leidenschafl.   Götiie  27, 149. 

HELDENTRAÜM,  m.; 

auf  weicbgeschwollnem  eiderflaum, 
wo  Wollust  unter  rosen  lauert, 
da  träumen  sie  den  heldentraum 
von  dem,  was  durch  die  zelten  dauert. 

Arndt  geä.  (1840)  239. 

60 


947 


IIELDENTREUE  —  H'ELDENAVORT 


IlELDEmVÜRGEND  —  HELDIN 


948 


HELDEiNTREUE,  f.: 

erst  dank  euch  allen  für  die  licldentrcuc, 

mit  der  ihr  diesen  kämpf  bestanden  habt.    Körner  2, 22G. 

HELDENTRIEB,  r«.  ; 

sind  dieses  heldentriebc, 
die  von  dem  thron  entstehn?  lohnst  du  mit  gunst  und  liebe 
Verachtung,  sclimach  und  spoti? 

I'osTEL  WiUekind  s.  201  (7,  1441). 
HELDENTROST,  m.  ; 

du  edler  heldentrost  (.Uais).     Opitz  1,  88. 
HELDENTRUTZ,  «...• 

doch  jetzt  erscheint  ein  rittersmann  .  .  . ; 

ihm  flammt«  vom  äuge,  heldcntriitz 

umwölket  seine  stirne.       Alxinckr  Doolin  G,  75. 

HELDENTUGEND,  /.  virtus  heroica.  Stieler  272: 

Kwei  trelTliche  bewerber, 
an  heldentugeud  gleich  und  kriegesruhm ! 

Schiller  juiujlrau  3,  4; 

dich  liebt  graT  Dunois.    sein  edles  herz, 
dem  rühm  nur  ollen  und  der  lieldentugcnd, 
es  glüht  l'ür  dich  in  heiligem  gefühl.     4,  2. 

unter  ankhnuiig  an  held  3  sp,  933:  warlich  rechte  lielden- 
tugenden,  wenn  man  das  gelt  unter  die  leut  laszt  kommen, 
den  Schimmel  davon  treibt,  und  des  gclls  ein  ineistcr  ist. 
Garg.  104*. 

HELDENÜBUNG,  f. :  secht  ihr  meine  knabatzen,  waren  das 
(es  ist  ton  knabenslrckhen  geredet]  nicht  herrliche  herhohischc 
magenpulferigc  heldenübungen?  Garg.bi'. 
HELDENUNGLÜCK,  n.; 

heldenunglück  rührt  die  weiber.     H.  Heine  17,  07. 
HELDENVATERLÄND,  «.  : 

mein  land,  mein  heldenvaterland.    M.v.  Schenkendorf  396. 
HELDENVOLK,  n.; 

die  spräche  des  heldenvolks  (die  deutsche).    Rahler  1,110. 

HELDENWANGE,  f.: 

hierauf  nam  eine  llut  von  kummerreichen  zären 

die  hcldenwangen  ein.         Postel  Wittcliind  s.  öl  (3,  554) ; 

heldcnwangen  blühen 

schöner  auf  im  tod.      M.v.  ScHEfiKENDORF  60. 

HELDENWEG,  m.: 

worauf  sein  Ruodi  fröhlich  den  heldenweg  betrat. 

FoLLEN  liarfengvüsze  (1823)  12. 

HELDENWEIB,  n.  heroina,  virilis  animi  focmina.  Stieler 
2470:  Evadne;  heldenweib,  dem  erschlagenen  geniahl  im 
(lammentode  folgend.    Gütiie  39,8; 

stirb,  heldenweib!  dir  tod  heiszt  ewig  leben! 
Körner  2,  228. 
HELDENWEHIE,  f.: 

[der  goit  der)  dein  ungeübtes  schwerd  im  ersten  kämpfe  lenkte, 
und  init  Plisthenens  blut  zur  bcldenweihe  tränkte. 

Götter  2,  36. 

HELDENWEISE,  f.  1)  arl  eines  Mden  zu  handeln  und  sich 
ztt  gebaliren. 

2)  melodie  zn  einem  heldenliede: 

hört  vergnügt  die  bcldcnwcisen 

klingen  weithin  durch  das  thal.     Lknau  >icuc  gcd,  24. 

HELDENWELT,  f.:  tnit  welcher  überirdischen  empfindung 
ciildecklc  ich,  dasz  darin  {in  einem  kästen)  meine  beiden-  und 
lieudcnwelt  aufeinander  gepackt  sei  {die  figuren  zu  eUteni 
heroischen  Puppenspiele).  Gütiie  18,23;  sie  {die  poenie)  kehrte 
•ler  jüngeren  zeit  den  rücken,  um  die  ideale  gestalt,  die  sie 
jener  heidenwell  abgewonnen ,  höchstens  in  den  reiz  der 
grlijdetcn  Spruche  späterer  Zeiten  zu  kleiden.  Gervinus  gesch. 
der  deutschen  dichtung  1, 100 

HELDENWESEN,  «.;  wir  sahen  nun  nicht  inelvr  in  jenen 
;;tiiichten  {Homers)  ein  angespanntes  und  aufgedunsenes 
Ih-Idenwesen,  sondern  die  abgeHpiegellc  wahrhnit  einer  m- 
ailcn  gegenwarl.  Götiie  20,146;  jenes  urkiüflige  lieldenwcsen, 
lUm  in  späteren  gedichtcii  so  leicht  . .  in  den  cliaractcr  des 
ri>ciifres8crischeii  übergeht,  tritt  hier  in  schmiicLloser  rein- 
liril   und  würde  auf.  Gt!.n\iKVfi  gesch.  ä.  deutschen  dichlung  l,a2. 

IIKI.IiKNWH.LE,  »I.; 

•i.i^  Mliiik4.ul  kann  diu  hclüonbruit  zentchmcticrn, 

(loi  h  i'iiK-n  heldenwillen  beugt  ei  nichll     Körnkr  2,215. 

HELDEN  WORT,  n.; 

wem  wohllUKt  nie  den  nncken  bog, 

und  der  gf-aundlicit  innrk  entnog, 

di-in  »ichi  «in  »lolzes  «vurt  wohl  nn, 

da«  heldonwort:  ich  bin  ein  monn !     RCrckr  '>\*. 


HELDENWÜRGEND,  part.: 

und  als  sie  zum  gemächlichen  paltast 
des  hcldcnw'ürgcnden  gemahls  {llelUors)  gelangt. 
ItÖRGKR    175". 

HELDENWÜRGER,  ni.  : 

wann  dereinst 
vom  heldcnwürger  Rektor  sie  [die  Acluier)  in  meii^' 
ermordet  stürzen  werden.  Uüruer  144'. 

HELDENWUTH,  f. :  eine  heldenwuth,  wie  der  norde  sie 
berserkeiwuth   benennt.  Gütue  48,89. 

HELÜENZEICHEN,  «.;  noch  hat  derselb  {Achilles)  im  ain 
rum  geachtet,  nicht  allein  äiiserlich  gegen  den  feinden  sich 
manlich,  sonder  innerhalb  seinen  glidern  gegen  dem  an- 
mutigen podagra  auch  ehrerbilig  zu  eizaigen ,  und  es  an 
seinem  heldenleib  als  ain  heldenzaichen  sliits  mit  zu  tragen, 
auch  im  zu  zeilen  mit  seinem  seitenspil  zu  hofircn.  Fischart 
podagr.  troslh.  bei  Schciblc  10,  678. 

HELDENZEIT,  f.  zeit  der  sagenhaßen  beiden:  die  männer 
der  heldenzcit  sind  aus  der  weit  geschieden.  Niebüiir  1.620; 
das  alterthum  der  Stadt  Abdera  in  Thracieii  verliert  sich  in 
der  fabelhaften  heldenzeit.  Wieland  19.3;. 

vorm  keuschen  blick 
des  tages,  im  kostüm  der  heldenzeit  zu  schimmern, 
dnucht  ihm  ein  wahres  heidenstück. 

WiELAisn  22,  113  {Obcron  3,  20). 
auch  zeit    in  der  viele  beiden  sich  finden,    heldenhaße  zeit:    die 
heldenzeit  von  1813; 

die  heldenzeit  ist  jetzt.      Logau  2,  13. 
HELDENZEITALTER,  n. 

IIELDENZUCHT,  f.  1)  beldengescbleclit :  mit  der  armada  gien«; 
.    der  kern  der  spanischen  heldenzucht  unter.  Scnii.i.ER  770* ; 

und  habe  noch  zuleizt  mehr  teufel  liergeflucht, 
als  je  ein  adjutanl  von  Dessaus  heldenzucht. 

Zachariä  poet.  sclirift.  (1772)  I,  182, 
so  sah  die  heldenzucht  der  alten, 
so  sahn  die  Omfales,  die  Dejaniren  aus, 
die  eines  Herkules  umarmung  auszuhalten 
vermochten.  Wieland  18,  125. 

2)  mannszucht  eines  beiden. 

HELDENZUG,  m.    1)  kriegszug  von  Helden,    auch  die  ziehenden 
beiden  selbst.  J.  Paul  Tttan  2, 129. 
2)  heldenhaßer  charakterzug. 
HELDENZUNFT,  f.: 

ich  wil  allein  beschwehren 
die  grosze  heldenzunft,  sie  müg  auf  mein  hegehren 
dasz  unterthänigst  heist,  ihr  hohe  Wissenschaft 
itzt  geben  an  den  tag.  Rist  l^arn.  A7*. 

HELDENZUNGE,  f. :  der  deutsche  palmbaum  hat  den  deut- 
schen sprachgarten  beschattet,  die  barbarische  freund-  {lies 
fremd-)  girigkeit  entfernet ,  und  di  angebohrne  heldenzunge 
mit  ihren  liblüblichen  fruchten  erfreulichst  geheget,  Bctscoky 
kanzl.  173. 

HELDENZUSCHNITT,  m. :  könig  Friedrich  II  von  Prouszen 
trug  etwas  von  dem  antiken  charaktertypus  und  helden- 
zuschnitt  an  sich.  Augsburger  allgcm.  zeitung  1846  s.  286. 

HELDENZUVERSICHT,  f.:  heldenzuversicht,  welche  die 
last  einer  weit  auf  sich  nimmt.  Vabnhagen  v.  Ensb  biogr.  denk- 
mäler  3,  604. 

HELDENZWINGER,  m..- 

so  schien  es  schier,  als  kShm  Achilles  selbs  herein, 
und  wolle  noch  einmal  der  holdenzwinger  sein. 
ROMPLER   11t ; 

kleiner  beldeiizwinger  {liebesgolt).  höre  mich  I 

Karschin  in  Voss  muscnalm.  1798  s.  96. 

HELDER,  m. ;  vivarium,  thiergarten,  fischwcyer,  hcldrr. 
Goi.ii  onomast.  (1582)  316.     es  steht  für  hiilter  sp.  30t. 

HELDIG,  adj.  Iteldenhaß:  heldige  tbatcn.  bei  Stieier  ««^^ 
helllicht  heroicHs,  fortis. 

HELDIN,  f.  virago,  heroina.  Stiei.er  887:  ob  sich  gleich 
nebst  den  güttinnen  auch  hcldinnen  abgebildet  finden.  Winkei.- 

MANN   4,  110; 

holdinn  [Maria  Theresia),  dön  bezwingst  du  nicht  I 

Clki«  4,  61 ; 

sin  {die  muxr)  singt,  dorn  neide  willig  verborgen,  bnld 

die  groszmuth  Joseph<i,  bald  der  gerucbiigkeii 

und  gnade  liinidiiis  in  der  weisen 

heldinn  Itullieniens,  Deutschlands  tochtcr.      Rahlir  1,  t03 , 

hupft  der  heldin  noch  diom  herz  entgegen? 

trink  ich.  adicr,  noch  den  (Innimenregen 

ihre»  nugc-i,  da«  verniehieiid  brennt? 

SciliLi.KR  Mii leur/' (III  l.iiura  (1,73  Am;), 

nach  held  4:  die  heldin  eines  Schauspiels,  eines  romans. 
einer  geschichic,  einer  hcgchcnhcit;  »ie  war  die  heldin  dci 
abends; 


949 


HELDIMENTRITT  —  HELFEN 


HELFEN 


950 


seit  Pope  in  seiner  geraubten  locke 
bei  seiner  heldin  Unterrocke 
nicht  minder  als  fünfzig  seifen  auf  einmahl  angestellt. 

WiELAWD  4, 196  (n.  Amadis  8, 35). 

von  einer  Schauspielerin  die  heldenrollen  gibt:  als  sie  bei  der 
Wohnung  der  Schauspielerin  vorbeikamen ,  sahen  beide  den 
freund  am  fenster  der  heldin  stehen.  Freytag  handschr.  2,209. 

HELDIl^^E^TRITT,  m. :  sie  verachtet  die  Pariser  theater- 
grimassen ,  das  vviegen  der  arme ,  und  den  heldinnentritt. 
Stürz  l.  93. 

HELDISCH,  adj.  heldenhaft:  dein  stolzes,  heldisch  gemüth. 
Hütten  5,160  Manch; 

sein  heldisch  herz.     Gkeflisger  Cid  Bviij. 

HELDREICH,  adj.  mächtig,  kraftvoll  me  ein  held,  tapfer:  der 
mit  seiner  heidtreichen  handt  dem  teufel  seine  hell  zerstören 
kan.  Ayrer  proc.  2, 10. 

HELDüiNG,  f.  u-ol  nach  häiden  spalte  222,  neigunq,  niederl. 
heldinghe,  inclinalio,  declivitas,  propensio  Kilian  ;  in  übertragenem 
sinne  beliebung:  sein  leib  und  gut  so!  einem  rath,  Inhalts 
der  järlichen,  und  weit  über  menschen  gedenken  eingefurter 
heldung,  heimgefallen  sein.  Erfurter  stadtordn.  Qij'. 

HELDVÄTERLA.ND,  n.  land  der  heldenväier: 

welche  berhümte  Türuchiner 
zu  Cäsars  Zeiten  waren  küner 
als  andre  im  heldvätterland. 

Fischart  gltickh.  schiff  113. 

HELDWALLEN,  m.  plur,  von  Fiscbart  versuchte  Umbildung 
von  Helvetier: 

Turich,  ein  könig  der  Heldwalleo 
und  balgerhelden.     glückli.  schiff  105. 

HELENENFEUER,  n.  elmsfeuer.   s.    helmenfeuer. 

HELENENKRAUT,  n.  inula  helenium,  alantwurz.  Nemnich 
3,  242. 

HELE.NENVVÜRZEL,  f.  cyperus  americanus.  Neh.mch. 

HELFA.MME,  f.  eine  umdeutung  von  hebamme,  vgl.  sp.'il^: 
gepot  deszhalb  den  helfammen ,  so  ein  israelisch  kneblin 
geporn  wurde  . .  .  S.  Frane  chronica  43".  zur  enlslehung  der 
umdeutung  vergl.  helfen  in  der  gehurt,  obstetricare  Dasyp. 

HELFANT,  m.  die  mhd.  und  bis  über  das  16.  jahrh.  reichende 
form  von  elefant,  vergl.  theil  3,  403 :  seine  helfanten  mit  den 
thürnen,  darinn  moren  wol  geriist  waren,  b.  d.  liebe  220'; 

und  fijrten  in  herum  im  land 
gleichwie  die  moren  den  beifand. 

FiscuARi  flöhatz  3134  Kurz. 

HELFANTENHAUT.  f.  pellü  elephantina.  Maaler  217'. 

HELFANTSCHNOTZEN,  f.  manus,  proboscis,  promuscis.  das. 

HELFANTWAL.  m.  von  einer  grossen  ualßschart :  den  wal- 
fisch.  rauschor  oder  helfantwal.    Fischart  ehzuchl  548. 

HELFARM,  m.  im  bergwerk  ein  eisen,  das  an  die  kunststange 
angeschraubt  wird  und  den  krums  hall;  ebenso  eine  stange,  die 
von  der  welle  des  kunstrades  bis  zum  kränz  schief  über  den  haupt- 
arm  geht  und  zur  befestiqung  des  rades  dient.  Jacobssos  2, 250'. 

HELFBAR,  adj.  auxilianus,  juvans.   Stieler  S37. 

HELFBEIN,  n.,  s.  helfenbein. 

HELFBRIEF,  m.  decretum  executionis  sive  immissionis.  Halt- 
Aüs  ST5.     s.  unten  helfen  1, 4. 

HELFCHEN,  «.  im  Osnabrückschen  an  masz,  das  den  sech- 
zehnten theil  einer  kanne  oder  eines  maszes  hält.  Jacobsso.n  2. 250*. 

HELFE,  f.  hilfe,  ahd.  helfa,  mhd.  helfe:  umb  di  helf  die 
die  hern  von  Bairn  den  von  Augspurg  gen  dem  Buttrich  und 
umb  ander  helf  tun  sullent.  deutsche  slädtechron.  4, 179,  anm.  1. 
s.  hilfe  und  hülfe. 

HELFEN,  verb.  juvare. 

goth.  hilpan;  alts.  ags.  helpan,  mnd.  nl.  helpen,  engl,  help; 
fries.  helpa;  altn.  hialpa,  schwed.  hjelpa,  dän.  hjelpe;  alid. 
helfan,  vihd.  helfen,  die  etymologischen  bezüge  des  wortes  werden 
verschieden  aufgefaszt,  und  zur  vergleichung  theils  herangezogen 
sanskr.  (jaranam,  Zuflucht,  sdiulz,  liiife,  griech.  i-ni-xovQos  [aus 
-xoQ^os)  beisteher,  helfer,  theils,  und  wol  mit  besserer  berech- 
ti'/ung  sanskr.  kalp.  kalpate  sich  wozu  fügen,  passen,  wozu  dienen, 
helfen,  kalpayati  wozu  verhelfen;  lal.  culpa  schuld  (veranlassung 
eines  Schadens);  litt,  szelpiü,  szilpti  helfen  (Fick  vergl.  Wörter- 
buch der  indogerm.  spr.  s.  39). 

Wie  andere  Wörter  derselben  reihe  hat  auch  helfen  namentlich 
in  den  ablauirerhältnissen  des  praeleritums  scftwanken  erfahren, 
zu  dem  sing,  half  steht  gesetzmäszig  der  plur.  hülfen,  der  wie 
er  mhd.  durchaus  wallet,  noch  in  zaidreiehen  beispielen  über  das 
10.  jahrh.  Innaus  au/lritt ,   z.  b.  oft  bei  Luther:    sahens  gern. 


hulfens  treiben  und  handhaben.  6,96*;  zur  messe  hülfen. 
104';  atich  in  der  getrübten  form  holfen:  an  stricken  und  seilen, 
welche  inen  die  heiligen  veter  . . .  heraus  werfen  und  inen 
holfen,  das  sie  nicht  ersofifen.  9*;  sie  holfen  David  wider  die 
'kriegsleut.  Ichron.  13,12;  wogegen  die  nach  dem  stammvocale 
des  sing,  gerichtete  pluralform  halfen,  die  für  das  11.  Jahrhundert 
bereits  ziemlich  allgemein  gilt,  schon  im  16.  ihre  Vertreter  hat: 
ir  halft  mir  nicht  aus  iren  henden.  rieht.  12, 2 ;  viel  auch 
under  dem  häufen  halfen  zu  kupplerei.  Würstise.x  Basler  chron. 
(1580)  s.  201.  weniger  oft  wird  die  alte  singularform  half  zu 
hulf  gewandelt,  z.  b.  bis  heute  in  düringiscfter  tmd  obersächsischer 
mundart;  Stieleh  giebt  neben  ich  half  auch  ich  holf  830. 
selten  ist  das  prael.  hielf,  nach  art  der  reduplicierenden  verben 
gebildet : 

derjegen  aber  ander  warn, 

die  hielfen  schauhen  an  dem  kam. 

hess.  reimchron.  in  Adrians  mittheil.  229. 

die   aüberechtigte   conjunctivform  hülfe  findet  sich  bis  auf  unsere 
zeit   zahlreich  gebraucht,   war  namentlich  im  vorigen  Jahrhundert 
noch  gewöhnlich:  nur  möchte  ich  gern,  dasz  ..  du  ihm  seine 
erste  bekanntschaften  machen  hülfest.  Lessinc  12,494; 
was  hülf  mir  geld  und  ehr?    Claudius  1  u.  2,98; 
ho,  ho!  kam  ich  auch  wieder  hier, 
du  närrcheu  du!  was  hülf  es  dir?     Bürger  29'; 
was  hülf  es,  meine  beste,  wenn  ich  dir 
von  möglichkeiten  spräche!      Göthe  9,243; 

dafür  hilfe:  der  ihme  darausz  hilfe.  Fischart  bienk.  lOb*,  und 
ohne  umlaut,  in  quellen  des  Iß.  jahrh.  hülfe:  hulf  mir  nur  sant 
Christoffel  ans  land,  ich  weit  mich  wol  mit  im  vertragen. 
Wickram  rollw.  12,10  Kurz;  so  verne  er  im  ausz  der  sach 
hülfe.  59, 11 ; 

wenn  ich  trueg  ain  groszen  berk 
in  ain  tiefes  thal,  es  hulf  mich  nit. 

Zimmer,  chron.  4,  329,  9. 

die  conj.  form  hälfe  erscheint  erst  im  18.  jahrh. :  was  half  es 
uns,  meine  freunde,  wenn  wir  uns  selbst  betrügen  wollten? 
WiELA.ND  2, 239  (und  noch  öfter,  z.  b.  3, 427) ;  noch  heute  macht 
ich  mich  auf  den  weg  nach  America  und  half  für  die  frei- 
heit  streiten.  H.  L.  Wagner  kindermörderin  60;  das  hälfe  dem 
papa  nichts,  der  wolthäl.  unbekannte  13.  das  pari,  praet.  ge- 
holfen wird  durch  helfen  ersetzt,  nach  den  ausführungen  bei  haben 
sp.  74:  gott  hat  euch  sechs  tage  helfen  arbeiten.  Schüppics 
184;  voll  von  dergleichen  neugemachten  bürgern  war,  die  den 
arginusischen  sieg  mit  erfechten  helfen.  Lkssing  6, 329.  selten 
bleibt  hier  geholfen : 

sie  sind  die  ersten  die  do  band 
mich  gbolfen  triben  ausz  meim  land. 

Gengenbach  18,  235  Gödeke. 

für  die  imperativ  form  hilf  steht  beif.  Klisger  lliealer  4,  259 ; 
gehe  nur  hinunter!  helfe  dem  alten  dasz  er  fertig  wird! 
Göthe  11,116. 

Die  bedeutung  von  helfen,  der  die  allgemeine  Vorstellung  nützen, 
dienen  zu  gründe  liegt,  gliedert  sich  je  nachdem  das  verbum  mit 
einem  persönlichen  oder  einem  unpersönlichen  subject  steht,  in 
jenem  falle  hebt  helfen  einen  bewusten ,  thutigen  beistand ,  äne 
Unterstützung  hervor,  in  diesem  nur  einen  nutzen,  eine  förderung. 
in  beiden  Schattierungen  der  hauptbedeutung  ist  die  syntactische 
Stellung  von  helfen  manigfach. 

1.  helfen  mit  persönlichvn  subject. 

l)  das  verbum  steld  absolut: 

mhd.  mäc  hilfet  wol,  friunt  verre  baj.    Walther  79,  24, 
mit  weinenden  ougen      si  ir  vater  umbeslö;: 
hilfä,  künic  here  !  Gudrun  686,  2; 

nhd.  da  ich  nun  sähe,  das  ir  nicht  helfen  wollet,  rieht.  12,3; 
es  ist  dem  herrn  nicht  schweer,  durch  viel  oder  wenig  helfen. 
1  Sam.  14,  6 ;  das  der  herr  nicht  durch  schwert  noch  spies 
hilft.  17,  47 ;  schreien  zu  dir  in  unser  not,  so  woltestu  hören 
und  helfen.  2  cltrun.  20,  9 ;  seine  (gottes)  rechte  band  hilft  ge- 
waltiglich.  ps.  20,  7;  wir  haben  einen  gott  der  da  hilft.  68,21; 
ich  habe  einen  hell  erweckt  der  helfen  sol.  89,  20;  sie  können 
weder  helfen  noch  schaden  thun.  Jer.l0,b;  der  herr..  hilft 
in  der  not.  Sir.  2, 13 ;  hilf  bei  zeit,  eh  es  komt  weit.  Schottel 
1123';  wan  gott  helfen  wil,  so  machet  er  auch  aus  feinden 
freunde.  1126";  hier  kann  kein  irdischer  lebensmensch  mehr 
helfen.  H.  Heine  2, 250.  in  den  imperatirischen  und  con- 
junctivisclien  formein  hilf  gult,  helfe  gott:  hilf  herr.  der  könig 
erhöre  uns,  wenn  wir  rufen,  ps.  20,1«;  o  herr  hilf,  o  herr 
las  wol  gelingen.  118,25.  als  ansruf  stehend :  hilf  gott,  welches 
lärmen ! 

60* 


951  HELFEN 

hiir  Jesu,  Marie  sone!    Ubland  tolkd.  t44; 

liilf,  reicher  Christ  vom  himoiel  hoch!    2G1; 

biir  iiimmel!  weis  ist  ilisz?    A   Grtpuius  lUUS   1,  21; 

der  knnijj  ruft  mit  einem  mal: 

liiirhimraell  seh  icli  reciii?     Uuland  <jed.  337; 

miisz  man  den  miind  doch,  icli  sollte  meinen, 

nicht  weiter  auriiiachen  zu  einem  helf  gon, 

als  zu  einem  krcuzsackerlot.      Scuillkr  325*. 

in  Baiem  ist  liclf  golt  abiceisitiigsformpl  grgen  einen  bclller,  dem 
man  nichts  geben  kann  oder  uill,  ferner  fromme  inlerjeclion,  bei 
erträlniung  eines  uns  naliegewesenen  verstorbenen :  mein  ver- 
slorhener  mann,  liclf  golt  oder  lielf  ihm  gott;  auch  inler- 
jeclion  bei  einer  droliung :  liclf  gotl !  wenn  ich  dicli  derwiscli ! 
ScHM.  2.  l'O;  liilf  goll,  intirj.  admirand.,  bone  deiisJ  Stieleh 
837;  alliemein  ist  der  wumcli  hell  goll  beim  niesen;  helfe  gott, 
prosit!  Steindacu  1,774.     vergl.  nachher  2. 

2)  hellen    niil   einem   dativ   der  person :    wis    karo    mir  ze 
helfenoe.    Nütker  ps.  39  (2,142*  Hallemer); 

so  klage  ich  dir  min  herzcleit 

ür  alle  dine  sa<leclieit: 

dune  helles  mir,  so  bin  ich  tot.     Tristan  32,25; 

Ton  deines  vaters  golt  ist  dir  geholfen,  i  Mos.  49,25;  betet 
an  und  sprach,  hilf  mir  könig.  2  Sam.  14,4;  auch  kamen 
alle  tage  etliche  zu  David  im  zu  helfen,  l  chron.  13,22;  hilf 
mir  goll  durch  deinen  namen.  ps.  54,3;  der  herr  wird  mir 
helfen.  55,17;  S(»ll  ich  ihr  helfen,  Jungfer?  sagte  ich.  Göthe 
16,11;  bair.  einem  kind  helfen  (ndm/ic/j  sur  cAe),  es  autstalten, 
versorgen.  Schm.  2,  ISO; 

geister  alle  nah  und  ferne, 
nelU  mir,  ölTnet  mir  die  pforte 
tu  dem  grausam  strengen  herzen. 

Arndt  yeä.  (1840)  145. 

Oper  in  prägnantem  sinne,  so  dasz  das  verbum  nicht  nur  den 
bloszen,  sondern  den  vollendet  u-irksamen  beistand  gegen  ein  übel 
ausdri(rJä  {vergl.  eine  hier  anrührende  bcdeuliing  von  helfen  unten 
no.  0):  und  er  half  vielen  kranken  die  mit  mancherlei  seuchen 
beladen  waren.  A/urc.  l,  34;  wem  nicht  zu  ralben,  dem  stehet 
auch  nicht  zu  helfen.  Pistoriüs  thes.  par,  b,  Z' ;  ich  erinnere 
mich,  einen  armen  schelm  gesprochen  zu  haben  . .  der  im 
taglohn  arbeitet  und  eilf  lebendige  kinder  hat  —  man  hat 
tausend  louisdore  geboten,  wer  den  groszen  rüuber  lebendig 
liefert,  dem  manne  kann  geholfen  werden.  Schiller  rduber 
6,  2.     als  u:unsch-  und  billformcl : 

Crist  uns  genädel  kyrie  eleison. 

die  beilegen  alle  bellen  uns!  kyrie  eleison. 

MiJLLEISUOFF  U.   SCHERKR  S.  51; 

ach  richer  Christ  von  himmel 

unil  Maria,  reine  magd ! 

wellend  ir  uns  hellen 

to  sind  wir  iinverzat,n.     Ubla!«d  volksl.  410; 

ach  got,  nun  hilf  du  mir,  ach  herri    77S; 

hilf  uns,  lieber  berre  goit!     Lltuer  8,368*. 

als  wunscliformel  beim  niesen  (vergl.  oben  l):  habt  ihr  wol  ge- 
niest? so  helf  euch  golt.   I'ischaiit  bienk.  (15SS)  129*; 

und  wenn  es  an  ein  niesen  geht, 
dem  nechsten  zu  der  hei  dir  steht, 
tolt  husten  in  sein  ancesicht, 
damit  er  auch,  goit  hell  dir,  spricht. 

ScuKiuT  .'y'o6.  (1568)  AT*(b.  1,  cap.2), 

ironisch,  aU  drohung:  wartet  ich  will  euch  helfen,  quosego!; 
mit  folgendem  infiniliü  {unten  3,  c):  ich  will  dir  lachen  helfen! 
putt  risum  hunc  plorabis,  desine  rulcre.  Frisch  I,  440*.  der  name 
L.'izartis  !><  Helfdirgutt  übersetzt  norden,  mit  besug  auf  die  sitte 
dem  bettler  helf  goll  (».  ol>en  l)  oder  helf  dir  gott  zuzurufen: 
Lazarus  der  fromme  Hclf-dir-golt.  Otiio  C24; 

ein  armer  men«ch  mit  schmerzen  lag, 
liiesz  lleir-dir-gott  mit  nahmen. 

11.  Iti>iG«vALO  ev,  K  IT*. 

belhtueruni)t-  und  schwurformrl  ist  so  helfe  mir  golt;  so  wahr 
mir  goll  helfe,  mit  beiwi  auf  den  beistand  gottet  zur  erlantjung 
der  ririi/cn  trUgkfit :  des  dich  diire  sciildcgit,  de»  Itislur  iiii- 
«rhiildic.  so  dir  got  helfe,  Ei  furter  judrnrid  bei  MülLEnuarr  u. 
Scherer  240, 1;  also  helf  mir  golt  und  die  heiligen  evangclia. 
tittetformrl  in  der  Carolina  art.  3 ; 

auch  hirnrh  ich  Och  dos  botieiibrot 
In  dem  briel  also  belT  mir  polt. 

lliJHiLiR  2015  Mertdorf: 

also  helf  mir  goll,  ila  riram.  Maaleh  217*. 

S)  et  Irrten  nttUer  beüimmende  znullie  hinzu. 

a)  praefioiüionen    die   die   riclitung   des   livlfvnt ,    au»  vtlchetn 
iuttanät  oder   nadt   vtlchetn  zielt  hirvorMen,   oder  auch  nur, 


HELFEN 


952 


local  und  ruhend,  den  zustand  an  sich  bezeichnen,  in  dem  geholfen 
wird;  so  an:  ich  versprach  dir  an  der  absrhrift  zu  helfen 
{bei  Verfertigung  einer  solchen).  GöinE  17,11.  auf:  eine  band 
rüret  mich  an,  und  half  mir  auf  die  knie  und  auf  die  heude. 
Dan.  10,10; 

ach,  lieben  fVeunt,  ich  weit  gern  schelszen : 
bellt  mir  doch  pald  auf  den  kiibel!    jnstii.  vp.  1057,  14; 
als  eingesclirielien  sein  in  frevlen  rauhe-huml, 
der  durch  gebrauchten  trotz  der  well  billt  aiii'  den  gruad. 

LüGAU  1,  U7; 

liege  nun  im  grase  quer, 

wer  billt  mir  aul  die  beiae?    Göthi  12,  230; 

s.  auflielfen.  aus:  aus  schwürer  sorg  helfen,  die  sorg  nh- 
nemmen,  curis  eripere  aliquem  Maaler  217*;  half  inen  aus  irer 
feinde  band,  rieht.  2,  IS;  golt  ...  der  euch  aus  alle  ewrein 
Unglück  und  Irübsal  gehoilen  hal.  1  Sam.  10, 19;  hilf  mir  aus 
dem  rächen  des  lewen.  ;)s.  22.  22;  und  er  inen  half  aus  in-n 
engsten.  107,13;  dank  müsse  sie  hüben,  das  sie  mir  aus 
irer  mordgruben,  mit  iretn  zorn  geholfen.  Lütuer  0,15*,  vgl. 
aushelfen; 

wir  wonden  alle  sie  wercn  tot, 

gntt  liell'ü  in  noch  uszcr  not 

und  sein  heilitrc  triiiitut.     Uüukler  3071  Merzdorf; 

kanst  mir  mein  Trawen  zaigen, 

so  hill'  du  mir  ausz  not!    Diiland  t'o//:^/.  321. 

bei:  er  hilft  mir  bei  der  arbeit;  es  wird  mir  unmöglich, 
schwere  gedanken  los  zu  werden ,  sprach  Ilse  leise,  armes 
kind,  rief  der  landwirlh,  dabei  dir  zu  helfen,  geht  über 
meinen  verstand.  Frevtac  handschr.  2, 115;  (es  konnte  geschehen) 
dasz  ein  geborner  Abderit  menschenversland  bekam,  aber 
wenigstens  musz  man  gestehen,  wenn  sich  so  etwas  begab, 
so  halle  Abdera  nichts  dabei  geholfen.  Wieland  19,  24.  in 
mit  dem  dat.:  wer  hilft  mir  in  der  noih?;  mit  dem  acc,  das 
ziel  des  beistandes  angebend :  welle  sie  kiusche  geloben,  s6 
helfet  ir  in  ein  klöster.  Bn.  Berthold  334,35;  Clirislus  helfe 
uns  in  sein  reich.  Luther  0, 35l';  hilf  mir  wider  in  das 
ampt,  das  du  mir  befolhen  hast.  ps.  7,7;  dasz  ich  sie  ... 
bilten  musz,  es  ja  keiner  christcnseele  wissen  zu  lassen, 
dasz  meine  frau  durch  ihre  fcder  solchem  gehakschc  in  die 
weit  geholfen  hat.  Keiske  bei  Lessing  13,447; 

und  hilf  zuletz  uns  armen 

in  die  ewige  Seligkeit!    Uhland  volksl,  531; 

hilf,  Ximene,  hilf  mir  in  die  walTen.     Herder  Cid  63. 

über:  einer  hilft  dem  andern  über  den  zäun.  Simrock  spricJiw. 
239.  von:  mein  heiland,  der  du  mir  hilfst  vom  frevel.  iSam. 
22,3;  mein  gott,  hilf  mir  von  allen  meinen  Verfolgern,  und 
errette  mich.  ps.  7,2;  du  hilfesl  im  von  aller  seiner  krank- 
heit.  41,4;  er  stehet  dem  armen  zur  rechten,  das  er  im 
helfe  von  denen,  die  sein  leben  verurteilen.  109,31;  lasset 
euch  helfen  von  diesen  unartigen  leulen.  afyostelgesch.  2,40; 
einem  vom  brod  helfen,  vulg.  aus  dein  weg  riiumen,  e  media 
tollere  aliquem.  Frisch  1,44ü';  dem  lieben  gott  von  inaachein 
lästigen  kostgünger  helfen.  Schiller  rduber  l,  2 ; 

Maria  mAter,  raine  maid, 

nun  hill  mir  von  den  weihen!     Uhland  votksl.  703. 

vor:  alter  hilft  vor  Ihorheit  nicht.  Pistorius  thes.par.  2,18. 
wider,  gegen:  im  müsse  wider  seine  feinde  geholfen  werden. 
5  3/os.  33,  7;  wider  die  feinde  zu  helfen.  Esra  8,22;  und  ist 
keiner  der  mir  hilft  wider  jene.  Z^a«.  8,  20.     zu: 

mirn  hülfe  nicman  wider  ze  wepe, 
er  bete  min  dienest  unde  ouch  mich. 

miitius.  fiuhl.  182,  12; 

gcfellet  sie  aber  irem  bcrrn  nicht,  und  wil  ir  nicht  zur  ehe 
helfen.  2  Afo5.  21,8;  hilf  mir  zu  meim  rechten,  klagel.  3.  bü ; 
hal  mir  zu  diesem  weihe  geholfen.  7'o6.  12,  3;  hal  dir  wider 
gehollen  zu  deinem  gesiclile.  e.  4 ;  da  kamen  auch  die  zwcen 
elleslen,  vul  falscher  lisl  wider  Susanna,  das  sie  ir  zum  tod 
hülfen  {beifrügen).  Siis.  2S ;  die  kinder  werden  sich  empören 
wider  ire  ellern,  und  inen  zum  lode  helfen.  Multh.  to,  21; 
als  er  niemand  meh  iimb  sidi  hei,  der  ihm  zu  pferd  luilT. 
(Jan;.  266*;  jetzt  habe  ich  dem  verspollelcn  ...  wieder  zu 
seiner  ehre  geholfen.  E.  v.  Kleist  2,171.  oline  den  duliv  der 
person :  helfen  mit  gclil  war  niehl  seine  saclic  . .  eher  h.llle 
er  zu  geld  helfen  können,  wenn  gio«/er  piofil  sichtlicU  im 
Vordergrund   gelegen   wilrr.  J.  GoTTHELr  schnldenb.  3in. 

b)  anstatt  der  pracpos.  stehen  adeeibien :  ich  wil  dir  davon 
helfen,  das  du  nicht  durch»  schweit  füllest.  Jer.  3U,  18;  so 
ein    roeoscb  etwa  von  einem  feil  übereilet  würde,    so  helft 


953 


HELFEN 


HELFEN 


954 


im   wider  zu   recht.    Gal.  0. 1 ;    der   lierr  Jhesu«  helfe  euch 

frisch  und  gesund  wider  heim.  Luther  5, 14'*;  meinem  manlel 

zurecht  helfen  {ausbessern).    Happel  acad.  rom.  47;    daus  esz 

hat  nichts,  sechs  zink  giebt  nichts,  qualuor  drei  helfen  frei. 

PisTOBics  tlies.  par.  1, 28 ;    wer    böses    hindern    und    wehren 

kan,  und  thut  es  nicht,  der  hilft  dazu.  6,19;  hilf  mir  darauf, 

inteiprelare  memoriae  meae.   Sebz  66*;    um    den  des  Originals 

unkundigen  leser  einiger  maszen  wieder  in  den  homerischen 

ton  hinein  zu  helfen.  ßtJRGER  ISö"; 

darzö  hilft  uns  die  goteshand. 

LiLiE^CRON  volksl.  1,  102',  14; 

der  mächtig  goit  leit  sie  fori  an! 
der  inen  so  weit  gbolfeii  hat, 
der  helf  in  weiter  zu  der  statt. 

Fischart  tjlückh.  schiff  517. 

c)  es  Irin  ein  ohjeclsinßnUiv  an  :  helfest  uns  streiten  wider 
die  kinder  Ammon.  riclil.  11,8;  half  inen  das  joch  an  irem 
hals  trugen.  Hos.  11,4;  wenn  sie  erwürget  wurden,  half  ich 
das  urtheil  sprechen,  aposlelgesch.  26, 10 ;  darnach  wil  ich  auch 
reuchern,  die  luft  helfen  fegen.  Luther  3,  396';  ddsz  sie  ihm 
wider  den  Hieb  streiten  hülfen.  Schuppiüs  157 ;  du  hast  mir 
nun  sechs  tage  helfen  arbeiten.  194;  die  gewohnheit,  in  den 
melankülischen  stunden  der  guten  frau  ihr  trauern  und  weinen 
zu  helfen.  Wieland  12,53;  ich  kenne  nur  eine  tragüdie,  an 
der  die  liebe  selbst  arbeiten  helfen;  und  das  ist  Romeu  und 
Juliet,  vom  Shakespear.  Lessisg  7,  67 ;  er  nähert  sich  ihm, 
reicht  ihm  die  band  und  hilft  ihm  sich  aufrichten.  Schiller 
Carlos  5,4;  junger  tbaler!  welche  Schicksale  erwarten  dich  I 
. . .  wie  wirst  du  schwelgen ,  kuppeln ,  lügen  und  morden 
helfen!  H.  Heine  1,27; 

si  disz  land  diu  eigen 

so  hilfs  uns  mit  eren  bhan  (belinlten). 

ÜHLASD  vulksl.  410; 
es  stet  ein  lind  in  disem  tal, 
ach  gott!  was  tfit  sie  da? 
sie  will  mir  helfen  trauren, 
dasz  ich  kein  bulen  hab.     68, 

vergl.  über  die  alle  Verpflichtung  beim  klagen  zu  helfen  Hilde- 
BBi,N0  in  der  Germania  10,137 — 143; 

helft  den  gemeinen  feiiid  mir  niederhalten, 
das  schöne  grenzland  kann  euch  nicht  enigehn. 

Schiller  Wallensieins  tod  1,5. 

d)  der  inßniliv  wird  durch  zu  vermiUell  oder  durch  einen  ab- 
hängigen salz  vertreten :  hilf  imo  ze  gewerenne,  als6  er  gote 
geswuor  unde  geantheijuta.  Notker  ps.  131  {2,  Ad^' Hallemer) ; 

der  selbe  half  daj  Anfortas 

wart  gesunt  und  wol  genas.     Parz.  796,  3; 

nu  helfet  mir,  ir  zwene, 

und  ouch  du,  friundin  ßene, 

daj  der  künc  her  zuo  mir  rite.    719,  1; 

got  helfe  mir  deij  wol  erge, 

das  ich  üj  ir  hulden  kome  niemer  m£. 

miiines.  frülit.  155,  36; 

beistehen  und  helfen  mit  aller  macht,  den  Galileer  mit  seinen 
lutherischen  ausz  zurotten  und  zu  vertilgen.  Schade  sat.  u. 
pasqu.  2,104,26;  indem  er  einer  anzahl  Sklaven  ..  die  frei- 
heit  unter  der  bedingung  schenkte,  dasz  sie  ihm  helfen 
eolllen  diese  öden  gegenden  anzubauen.  Wieland  7,126;  hat 
sie  (die  leidenschaß)  dazu  geholfen,  seinem  freunde  diesen 
beilsamen  schwung  zu  geben.  Schiller  764; 

so  helf  uns  got,  dasz  wir  besion. 

LiLiENCRON  volksl.  102',  14; 
Maria^hilf  uns,  dasz  in  kurzen  stunden 
ein  guter  frid  werd  funden!      102',  15; 
die  lose  sklavin  hilft  des  weisen  lüsternheit 
durch  listige  gescliaftigkeit 
mit  jedem  augenblick  lebhafter  anzufachen. 

\VlELA>(D  9,  7(j. 

e)  auch  ein  allgemeines  object  nimmt  helfen  zu  sich:  was  kann 
ich  dir  helfen?;  du  kannst  mir  nichts  helfen;  ein  dienst- 
müdclien  das  ihr  gefüsz  auf  die  unterste  treppe  gesetzt  hatte 
und  sich  umsah,  ob  keine  kamerädin  kommen  wollte,  ihr 
es  auf  dt-n  köpf  zu  helfen.  Göthe  16,  II. 

f)  die  ältere  spräche  stellte  zu  iielfen  einen  genitiv  der  sache, 
in  dem  sinne  beistand  für  etwas  leisten,  einem  zu  etwas  helfen: 
so  wa;  sie  luon  wellen,  unde  ir  fater  diabolus  (der  tiefal), 
des  lielfent  in  filii  diffidentiac.  Notker  ps.  82  (2, 298*  Ihllemer) ; 
hcMTo  fater  min,  wurche  sament  mir,  hilf  mines  werches. 
108  (2,398'); 

und  helfet  mir  der  reise      in  Burgonden  laot. 
Ntti.  63i,  1 ; 


daj  wir  niemant  schuldig  sein  dej  unrehten  ze  helfen,  d. 
städtechron.  1, 162,  40 ;  nd.  he  hadde  gelovet  gode,  er  he  stri- 
dent  began ,  he  wolde  to  Magdeburg  ein  erzebischopdom 
stiebten,  hulpe  om  god  des  scges.  7,48,18;  er  kere  denn 
umb  von  seiner  lesterlichen  lere  . .  des  helfe  im  und  allen 
Christus  unser  herr.  Luther  3,470';  desz  wir  ihren  gnaden 
gern  helfen  wollen,  sofern  wir  das  mit  dem  leib  und  gut 
vermögen,  buch  d.  liebe  271'; 

des  helf  üch  got  der  herr! 

LiLiE>CR0S  volksl.  2,  102',  15. 

4)  Pflicht  des  richters  tear,  rechtes  zu  helfen ,  beistand  zur 
erlanyung  rechtens  zu  gewähren ;  versuchte,  ob  uns  der  von 
Jera  recblz  wolt  helfen,  d.  städtechron.  2,  86,  21 ;  sagten,  das 
sie  des  Wallenfelsers  dyner,  die  do  gefangen  legen  betten, 
ledig  gelassen  und  das  man  uns  nicht  rechtz  woit  zu  in 
helfen.  87,13;  bedarf  unser  deheiner  ze  keiner  sache,  da 
Süllen  wir  im  des  rehten  helfen,  weisth.  1, 330 ; 

ain  kaiser  rechtes  helfen  schol.  fasln,  sp.  644,  8; 
queme  ein  richter  odir  sein  böte  vor  eins  mans  houj,  und 
solde  einem  pfandes  helfin  umschult.  Magdeb.blume  2,2,212. 
Pflicht  der  zeugen  war  einer  parlci  mit  dem  eide  rechtes  zu 
helfen.  Haltaüs  873,  vergl.  eidesbelfer;  eim  im  rechten  bei- 
ston  und  helfen,  adjumento  esse  in  causis.  Maaler  217*. 

5)  reflexives  helfen :  andern  hat  er  geholfen,  und  kan  im 
selber  nicht  helfen.  Uallh.  27,42;  arzt  hilf  dir  selber.  Luc. 
4,23;  im  selbs  ausz  dem  kaat  helfen,  evellere  sese  ex  cocno. 
Maaler  217*;  mensch  hilf  dir  selbst,  so  hilfet  gott  mit. 
Schottel  1123*;  wer  ihm  lassen  helfen  wil,  dem  ist  gut  zu 
helfen.  1146*;  dasz  sie  ..  sich  nicht  anders  zu  helfen  wuszte, 
als  ihn  wieder  so  freundlich  anzusehen  als  sie  nur  immer 
konnte.  Wieland  12,  62;  er  kann  sich  nicht  helfen  bei  schnellen 
vorfallen,  re  subita  consilia  ejus  torpenl,  aestuat.  Serz  60*;  wenn 
ich  überhaupt  die  worte  frisch  lese  ...  so  kann  ich  mir 
nicht  helfen,  ich  kann  sie  nicht  anders  verstehen,  als  ... 
Heyne  bei  Lessisg  13,152;  es  war  eine  folge  des  mangels 
an  praktischer  Ordnung,  dasz  man  sich  ohne  bedenken  half, 
so  wie  man  konnte.  Nicolai  das.  161  note;  ein  tischler,  ein 
tapezirer,  ein  mahler,  der  mit  patronen  und  leichter  Ver- 
goldung sich  zu  helfen  wuszte,  nur  dieser  bedurfte  man. 
GüTHE  17,314;  ich  half  mir  mit  pappe,  färbe  und  papier. 
18,  27 ; 

zu  haus  und  in  dem  kriege  herrscht  der  mann 

und  in  der  fremde  weisz  er  sich  zu  helfen.    9,  4; 

ein  bienchen  trank  und  fiel  in  bach. 

dies  sah  von  oben  eine  taube, 

und  brach  ein  hlättchen  von  der  laube, 

und  warfs  ihr  zu.    das  bienchen  schwamm  darnach 

und  half  dadurch  sich  gliicklich  aus  dem  bacb. 

Michaelis  im  Leipz.  ulin.  der  deutschen 
musen  1779,  s.  267. 

6)  helfen  nach  einem  persönlichen  subjecte  wird  seilen  mit 
aec.  statt  des  dalivs  verbunden  {gegen  helfen  II,  6  unten) :  in  die 
judicü  löset  in  got,  so  hilfet  in,  daj  er  an  imo  ne  fcrstiej. 
Notker  ps.  40  (2,143*  Haltemer);  {er  soll  schwüren)  daj  her 
unschuldic  si,  daj  in  got  so  helfe  zu  irme  kamphe.  Sachsensp. 
1,63,4;  herr,  du  hilfest  beide,  menschen  und  vibe.  ps.'iS.l; 
ein  geraten  man  kan  viel  tausent  helfen.  Luther  6,2*;  das 
gott  nicht  wolle,  das  jemandt  sündige,  noch  jemands  willen 
reize  und  treibe  zu  Sünden,  noch  die  sünde  helfe  oder  ein 
gefallen  an  ihr  habe.  Melanchtbon  im  corp.  doctr.  christ.  (1560) 
918;  der  einen  armen  hilft,  der  gedenket  an  sich  selbst. 
Schottel  1126*; 

so  dich  der  selb  nit  helfen  mag 

so  bengst  dich  an  den  dürken. 

Gekgenbach  18,  222  Gödeke; 

lieber  pappe,  ich  helfe  dich  (:  küch).    Götuk  13,149. 
diese  conslruclion  ist  enreitert:    sagt  von  dieser  weise  was  ihr 
wollt:  sie  hat  ihn  sein  ziel  erreichen  helfen.  Lessing  7,222. 

7)  aus  der  unter  6  angeführten  weise  aber  ist  die  passive  fügung 
ich  werde  geholfen  hervorgegangen :  wenn  ich  ..  bei  den  lieiden 
doctors  stünde,  und  gerne  geholfen  sein  wollte.  Claudius 
3,65;  ohne  von  einem  sterblichen  menschen  beklagt  oder 
geholfen  zu  werden.  Moser  phant.  2  (1798)  52;  Klylemnestra 
hat,  geholfen  von  Aegisth ,  den  Agamemnon  am  tag  der 
rückkehr  umgebracht.  Göthe  67,55; 

und  gingen  alle  alsohald 

gehollen  wieder  licim.    Claudius  6,  71. 

hierher  auch:  der  landfricd  soll  auf  ihn  geholfen  sein.  Frisch 
1,440*.  aus  Tolners  cod.  dipl.  102.  nach  des  ersteren  deutung: 
sie   sollen   den  stührer  des  landfriedens  alle  strafen  helfen* 


955 


HELFEN 


HELFEN 


956 


8)  helfun  geld  aus  der  bedeulung  beistehen  zu  der  handreichung 
vnd  dienste  Ihttn  über:  acolytus  hies,  adinissus  oder  licen- 
tiatus,  der  zu  gelassen  war  urab  den  allar,  dem  priesler  zu 
dienen,  als  die  den  altar  zurichteten,  iiecbt  und  kerzen  an- 
zündeten, und  zur  messe  hülfen.  Luther  C,  104';  sie  waren 
auch  unter  den  beiden  die  zum  streit  hülfen,  und  mit  bogen 
geschickt  waren  zu  beiden  henden ,  auf  steine ,  pfeile  und 
bogen.  1  chron.  13, 1 ;  einem  in  der  leich  helfen ,  ein  leich 
lielfen  bestatten  oder  zu  der  begrebnus  tragen,  adjtUare  funus. 
Maaler  217*. 

9)  helfen,  mit  Jativ  eines  Übels,  gebrechen s ,  heiszt  abhelfen, 
viedeii:  helft  den  verdruckten,  schaffet  dem  waisen  recht, 
und  helfet  der  widwen  Sachen.  Jes.  1, 1" ;  hilf  du  diesem 
unfal.  3,6;  wie  ist  der  sache  zu  helfen,  quodnam  remedium 
rei?  Steinbach  1,774;  es  könne  andern  gebrechen  des  leibes 
noch  etwan  geholfen  werden,  allein ,  ein  hur  könne  keine 
Jungfer  wieder  werden.  Schuppius  250;  ob  auch  einer  ihme 
einbilden  wolde,  dasz  er  durch  traurig  betrübte  gedanken 
seinem  künftigen  zustand  helfen  wolle,  wird  er  sich  weit 
irrend  und  betrogen  finden ,  dann  ist  dein  zustand  recht- 
meszig,  ist  die  furcht  vergeblich,  ist  er  unrecbtmäszig  und 
unzulässig,  würdest  du  dir  nur  das  Unglück  schwerer  und 
verdoppelt  machen.  525;  unterdessen  steckt  doch  die  wurzel 
der  krankheit  im  geblüt,  und  kan  ihr  {der  krankheil)  durch 
arznei  geholfen  werden.  584; 

diesz  sah  er  seufzend  an :  nur  dürft  er  es  nicht  wagen, 

bei  kriegesrüstun^'en  den  frieden  vorzuschlagen. 

doch  seines  suhans  huld  half  dieser  blödigkeit, 

und  gab  auf  einer  jagd  hierzu  gelegenheit.     Hagedorn  2,  11; 

dem  ist  leichter  geholfen,  versetz  ich,  als  wohl  ein  andrer 
denken  möchte.  Göthe  1,  341. 

auch  mit  acc:  H.  ach  Thusnelda  kommt  wieder!  ich  bin 
noch  immer  auszer  mir !  aber  die  armen  verwundeten  leiden 
darunter.  Kr.  das  sollten  sie  nicht!  H.  kann  ich  es  helfen? 
ich  weisz  vor  freude  nicht,  wo  ich  bin,  und  was  ich  thue. 
Klopstock  10, 199. 

IL  helfen  7nit  sächlichem  subject. 

1)  absolut:  das  hilft;  das  mittel  will  nicht  helfen;  waz 
half  do,  daj  ib  ij  fore  sageta  in  prophetis?  Notker  ps.  68 
(2, 238*  Hatlemer) ;  sihe,  wenn  er  zubricht,  so  hilft  kein  bawen. 
Ihob  12,14;  rosse  helfen  auch  nicht,  und  ire  grosze  Sterke 
errettet  nicht,  ps.  33, 17 ;  unrecht  gut  hilft  nicht,  aber  gerech- 
tigkeit  errettet  vom  tode.  spr.  Sal.  10,  2 ;  meid,  hilfts  nicht, 
so  leid.  Schottel  1126*;  da  half  nicht  bitten,  nicht  beten. 
Hebel  2  (1853)  177;  hilfts  nicht,  so  schadts  nicht.  Simrock 
sprirJtw.  240 ;  es  hilft  kein  bad  an  einem  mohren  oder  raben. 
das. ; 

die  ret  spracliendt:  das  hilft  nicht,  i 

ob  man  uns  vil  weinen  sieht, 
so  muosz  es  doch  zuoletzt  sein. 

ÜÖUELER  2235  Merzdorf; 

hilft  hier  kein  flehen,  hilft  kein  sagen, 

so  wag  ichs  dich  hinweg  zu  tragen.    Götub  12,  245 ; 

schwerdter  sollen  helfen,  meinst  du  stolzer? 

Arsdi  ged.  (1840)  160. 

mit  näher  bestimmendem  zusalze:  es  hilft  keine  Weisheit,  kein 
verstand,  kein  rat,  wider  den  herrn.  spr.  Sal.  21,30;  weis- 
heil ist  gut  mit  einem  erbgut,  und  hilft,  das  sich  einer  der 
sonnen  frewcn  kan.  pred.  Sal.  7,12;  wider  den  tod  hilft 
keine  arzenei,  contra  vim  mortis  non  est  medicamen  in  hortis. 
Stieler  837;  geduld  hilft  vor  den  schmerz,  dolori  remedium 
est  paticntia.  Steiniiach  1,175,  über  helfen  für  s.  für  f/i«74',C3!»; 
als  kein  zittern  vor  dem  frosl  half.  Salinde  79;  wann  ein 
ding  sein  sol,  so  hilft  nicht«  dafür.  Schottel  1120*;  wer  sich 
mit  wurlen  nicht  ziehen  lest,  an  dem  helfen  auch  keine 
schlüge.  1138';  was  lüge  daran,  wenn  der  Vorschlag  in  l'ohlen 
und  Ungarn  nicht  hülfe?  er  hülfe  doch  vors  erste  in  Deutsch- 
land, gewisz.  er  hülfe?  kann  ein  Vorschlag  helfen,  der  weder 
ihuiich,  noch  billig  ...  ist?  Lessinc  10,185. 

2)  mit  acc.  des  objecU:  ein  niiltcl  hilft  nichts,  viel,  etwas; 
dieses  iniltel  hilft  auch  etwas.  'Von. /ex.  (1731)  732;  was  bilfts, 
oh  ich  mich  on  sündc  mache?  liiob  35,3;  es  hilft  nichts, 
wir  inüixcn  uns  drein  geben;  W3<i  kann  das  warten  helfen? 
f;rhcii  wir;  wan  hilftx.  fiiiiMi  güldenen  galgeii  biibcn ,  und 
il.ii.iii  henken  müssen.  I'istoriuk  thes.  paT.\,'i' ;  iiml  es  würde 

\ie\  hrirni,  wenn  an  naine  und  faiiiilie  des  lieulnnant 
■'  I  mIIp-i  d.i«  Hii.rende  ge.'indcrt  würde?  Kkeytag  hand- 
,lu,;i    ■  •  ■ 


noch  bitte  ich  si  daj  si  mir  liebes  ende  gebe, 
waj  hilfet  daj?  ich  weij  wol  da;  siej  niht  entuot. 

minnes.  friihl.  157,  37  ; 
was  hilft  dein  stechen  und  dein  tanz? 

UuLANU  volksl.  338; 
was  hillt  es  feind,  dasz  grosz  gcschütz 
steht  um  dich  her  gepflanzt? 
was  hilft  es,  dasz  mit  kunst  und  witz 
dein  lager  steht  unischanzt?     Gleih  4,  16; 
sein  planer  las  ihm  oft  den  text, 
mit  vielem  ernst,  darüber, 
was  halfs?    Narcisz,  der  Starrkopf,  blieb 
bei  seinen  sieben  sinnen.      Uölty  6  Halm; 
was  hilft  es  Hiehn?    Göthb  12,244; 

des  ungeisilichen  losen  geschwetzes  entscblahe  dich,  denn 
es  hilft  viel  zum  ungiitliichen  wesen.  2  Tun.  2, 16. 

3)  anstatt  dieses  sächlichen  objects  steht  zu,  luil  dem  dal.  eines 
folgenden  Substantivs:  dein  warten  hilft  zu  nichts;  zu  was 
kann  das  klagen  helfen?;  zum  streit  hilft  nicht  stark  sein, 
zum  reichthum  hilft  nicht  klug  sein.  pred.  Sal.  9,  il;  nd.  dat 
men  nein  dicker  beir  scholde  bruwen  wenn  ein  stoveken 
umme  einen  penning  . .  dat  halp  sere  to  brotkorn.  deutsche 
slddlechron.  7, 143,  5. 

4)  helfen  mit  einem  dativ  der  person  (vergl.  unten  6) : 

im  half  diu  hitze  unde  der  slanc, 
da;  er  den  lewen  des  betwanc, 
da;  er  al  IQie  schre.     livein  3sl3; 

eim  könige  hilft  nicht  seine  grosze  macht,  ps.  33,16;  das 
stehen  hilft  uns  nichts ,  lasset  uns  unsere  ürter  wiederum 
einnehmen ,  wie  wir  sie  zuvor  besessen  haben.  Salinde  18 ; 
was  hilft  es  dem  niörder  also,  das  corpus  delicti  Aeggebrachl 
zu  haben?  Lessing  7,228;  das  hilft  einem,  die  manner  lieb 
und  v<jrtraulich  zu  machen.  Freytag  handschr.  2,127; 

was  hilft  dir  nun  dein  langes  schwert, 
und  groszer  stielel?  nichts!     Gleih  4,36. 

5)  aber  auch  mit  einem  dativ  der  saclie ,  im  sinne  von  vor- 
tvdrts  bringen,  befördern: 

sah  nicht  ein  Socraies  aufs  menschliche  geschlecht, 
und  bat  er  etwa  nicht  bei  seiner  streiifte  recht, 
die  von  der  Wissenschaft  der  steriie  nichts  behielte, 
als  was  dem  feldbau  half,  und  auf  die  Schiffahrt  zielte? 

Hagedorn  1,  18. 

diese  bedeutung  tritt  auch  in  anderer  fügung  hervor:  diese  einzige 
unze  (gehirn)  hatte  dem  pavian  noch  vollends  zum  luenschea 
geholfen.  Schiller  kab.  u.  liebe  4, 3. 

6)  anstatt  der  unter  4  erwähnten  dalivischen  fügung  ersclteinl 
bis  auf  dieses  Jahrhundert  ein  acc.  der  person  (vergl.  helfen  L  6 
oben);  er  ist,  wie  die  folgenden  zahlreichen  beispiele  beweisen,  in 
den  altern  quellen  häufiger  als  jene,  und  voll  bereclUigl,  insofern 
als  er  ziel  und  resultai  des  niitzens  und  förderns  zur  anschauung 
bringen  will:  waj  hilfet  sie  ij?  Notker  ps.H'i  {2,'dli* Uattemer); 

sta-lc  hilfet  da  si  niac. 

da;  ist  mir  ein  spei :  siu  half  mich  nie. 

minnes.  frülU.  172,  38; 
ich  wil  dir  gehen  zwei  hemdelin, 
diu  sini  vil  un-se  ha'rin, 
diu  soltü  ze  stiurc  liän  :  .  .  . 
doch  hellent  sie  vil  kleine  dich.     Bart.  122,27; 

daj  mocht  sie  alles  nit  helfen,  d.  städtechron.  2,137,10;  daj 
half  sie  als  nit.  200,22;  und  nim  dann  die  ruten  mit  dem 
öle,  und  leg  das  ufl'  die  geschwulst,  so  hilft  es  dich  bald. 
(iERSDORF  fcldb.  d.  wundurzu.  49 ;  wann  ihn  {den  gaul)  disz 
nit  hilft.  Seuter  ro»ur:n.  73;  denn  das  er  {Christus)  im  hiinel 
sitzet,  oder  unter  des  brots  geslalt  ist,  was  hilft  dich  das? 
Luther  1,82*;  dein  wirdigkeit  hilft  dich  nicht,  dein  unwirdig- 
keit  bindert  dich  nicht.  172*;  denn  das  Augustinus  durch 
der  ketzer  widerstreiten  je  geierler  und  liesser  v\ard,  hat 
die  ketzer  daruinb  nichts  geholfen.  517*;  aber  was  hilft  sie 
ir  wüten  und  loben?  530*;  brachlen  auch  bei  frawen  Mar- 
garctten  drawhrieve  aus,  . . .  hat  aber  alles  sie  nicht  hellen 
mögen.  3,31*;  brauche  der  eiznei,  nim  zu  dir  was  dich  hellen 
kan.  396*;  Ja  was  helle  es  auch  in  geliulfen,  wo  ers  nicht 
gcgieubl  helle?  4,255*;  wiewol  sie  vicieicht  dieser  bricf  auch 
nicht  hellen  wird.  6,116*;  nu  halt  ichs  versucht  und  erfareii 
das  mich  mein  orden  und  streng  leben  geholfen  hui  und 
gen  iiiniel  frirderl.  2IS*.  dal.  und  acc.  wrchcln :  denn  was 
ist  mir  damit  geholfen?  ich  werde  dadurch  nicht  fröiner, 
und  mache  in  nur  erger.  aber  das  hilft  mick,  das  ich  iiu 
»lies  gut»  gönne,  beweise  und  erzeig».  36*;  was  hülfs  den 
iiiensrheii,  su  er  die  ganze  well  gcwilnne,  und  nem«*  doch 
schaden  an  seiner  serle?    Matlh.  l«,  26;    was  hilft  es  mich, 


957 


HELFEN 


HELFENBEIN  — HELFER 


958 


dasz  ich  Jebe?  b.  d.  liebe  210'';  ein  ding  möchte  sie  helfen 
und  retten.  223';  gib  dich  nit  und  sei  frisch,  so  fleucht  der 
unfal  wie  ein  fisch  . .  es  hilft  dich  nit,  wann  du  dich  gleich 
an  todt  legst.  Agr.  spr.  (1560)  59';  mich  wird  er  [ein  segen 
gegen  das  geschülz)  nit  helfen,  dann  ich  setz  kein  glauben 
drauf.  Garg.  251*;  wie  wol  mich  dasselbige  nicht  viel  helfe. 
Laz.  de  Tormes  44;  es  hilft  mich  nichts  zu  meiner  Seligkeit, 
ob  ichs  wisse,  oder  nicht  wisse.  Schüppiüs  156;  was  hilft 
mich  mein  opfern?  158;  was  hilft  raichs,  ob  diese  beiden 
frembdiinge  verhindern,  dasz  ich  nicht  unter  Herrmanns  joch 
gerathe,  wenn  sie  selbst  meinen  willen  beherschen  wollen ? 
Lohenstein  Arm.  2,  1517*;  wiewol  ihn  dergleichen  künste 
wenig  halfen.  Ha.hns  bist.  (1721)  1,26  not.  o;  und  was  hiifts 
ihn,  herr  wirth?  Lessing  1,511;  wenn  er  sie  nicht  gewinnen 
kann,  was  hilft  es  ihn,  sie  zu  zwingen?  7,203  (gegen:  was 
hilft  es  nun  also  dem  dichter  ...  das.);  all  ihr  verstellen 
wird  sie  hier  nicht  helfen.  Klinger  theater  2,  205;  was  helfen 
mich  tausend  beszre  empfindungen,  wo  ich  nur  Wallungen 
löschen  darf?  Schiller  kab.  «.  liebe  2,1;  ja  was  hilft  micii 
das?  GöTHE  11,  96;  was  hilft  michs,  dasz  ich  jetzt  mit  jedem 
Schulknaben  nachsagen  kann,  dasz  sie  {die  erde)  rund  sei? 
16,112;  was  hilft  michs,  dasz  sie  in  der  weit  sind,  dasz  sie 
an  mich  denken,  an  frau  v.  Stein  1,  44 ; 

was  hülf  dich,  das  der  lib  kam  hoch, 

und  für  die  sei  ins  hellen  loch. 

Bhawt  narrensch.  24,25; 

die  sei  hilft  nüt  ein  kostlich  grab, 

oder  das  man  grosz  marmel  hab.    S5,  127; 

si  half  nit  ir  Übermut.    Liliejicron  vnlksl.  2,98,18; 

was  hilft  mich  euer  roter  mund? 

er  ist  mir  gar  unraiire.    Uhla>d  volksl.  762; 

dyn  gschrei  das  hilft  dich  nit.    Birk  Sus.  (1532)  6"; 

was  half  es  da  die  lleddermausz, 

dasz  sie  sich  dräht  von  vögeln  ausz.    E.  .\lberus  114; 

was  hilft  es  mich,  blind,  taub  und  stum 

an  groszer  herren  böff  zu  wohnen, 

und  durch  gesundheit  und  wilkora 

des  geists  und  leibs  ni«ht  zu  verschonen? 
Weckherlin  415; 
was  hilft  die  söhne  mehr  als  wann  der  vater  blühet, 
den  vater,  als  wann  er  der  söhne  wolfart  siehet? 

Opitz  1,  1^4; 
und  sagte :  liebes  kind,  was  hilft  dich  doch  das  klagen, 
und  sehnliches  geschrei?  437; 

was  hilft  michs  durch  viel  ungemach 

und  müh  ein  handvoll  ehre  kriegen?    2,204; 

das  wündschen  hilft  mich  nichts. 

FLEJUJiC  27,437  Lappenberg; 
erscheint,  erscheint  mir  doch,  ihr  funkelnden  laternen, 
ihr  brüder  Helene,  und  zeigt  mir  euer  licht! 
wo  nicht,  so  hilfet  mich  ganz  keine  flamme  nicht.    495,8,13; 
bemühe  seine  {des  arztes)  band,  er  schreibt  dir  ganz  geneiget 
zum  labsall  was  dich  hilft.  TscHERsiTic  {1U42)  228; 

was  hilft  es  sie!  ihr  herr  ist  einmal  hin.    Rospler  120; 
was  ist,  wie  lange  wehrts?  was  war,  was  hilft  michs  wol? 
was  werden  wird,  wer  weisz,  obs  mir,  und  wem  es  sol? 

LoGAü  1,  135,  81 ; 
was  hilft  es  einen  dieb,  der  morgen  henken  sol, 
ob  er  mit  speisz  und  trank  versorgt  ist  heute  wol? 
den  Sünder  hilft  es  nicht,  den  hölle  soll  verschlingen, 
wenn  er  gleich  in  der  weit  lebt  stets  bei  guten  dingen. 

3,  14,  53; 

du  blindes  glück!  machst  mich  zum  könig; 

doch  hilft  mich  deine  wohlthat  wenig. 

LoHE?<sTEiN  Arm.  2,  1641*; 

was  hülfe  doch  den  leuen  seine  stärke, 

legi  er  sie  nicht  zu  seinem  besten  an? 

IIoFFBANNswALDAü  fjetT,  scMfer  85; 
was  hilft  es  mich,  ein  landeskind  zu  ehren, 
das  von  dem  hofe  weicht,  wenn  es  mich  schützen  soll. 

Caniz  114; 
dein  entdecken  [das  entdecken  deiner  liebe)  hilft  dich  nicht, 
weil  bereits  die  schöne  taube 
einem  andern  sich  verspricht.    GiJsiHER  254; 
was  hilft  es  dich,  o  thor,  umringt  von  dornenspitzen, 
von  emer  Irei  zu  sein,  wenn  dich  die  andern  ritzen? 

WlELAKD  ; 

was  hilft  dichs?  magst  dus  ihm  auch  heut  noch  einmal  sagen, 
er  wird  beruhigt  gehn,  und  morgen  wieder  klagen. 

GöTHE  7,  13; 
ja,  was  hilft  dichs  der  beste  zu  sein,  es  bleiben  die  besten 
doch  nicht  unberedet  in  diesen  zeiten  vom  volke.    40,  133. 

7)  schweizerisch  ist  namentlich  der  conj.  praet.  es  hülfe  in  dem 
sinne  es  sei  die  rechte  zeit,  man  müsse,  gebräuchlich;  es  hülf 
essen,  länger  zwartc  trag  nüt  ab.  i.  Gotthelf  schuldenb.  148. 
auch  mit  persönlichem  stibjecl:  aber  was  will  man  ohne  mist? 


aufbrechen  und  nicht  misten,  macht  das  land  nur  magerer, 
ich  hülf  auch  nicht  mist  kaufen ,  sagte  Anne  Marei.  ich 
kann  nicht  helfen ,  aber  ich  habe  immer  kummer  auf  den 
hustage,  wo  wir  so  viel  zahlen  müssen  ...  bis  der  vorüber 
ist,  hülfe  ich  das  geld  zusammenhalten,  so  gut  man  kann, 
im  hustage  hülf  ich  brav  haber  säen ,  der  braucht  keinen 
mist.  110;  er  hülf  dann  nicht  zu  lange  bleiben.  262. 

8)  compoäta  von  helfen,  s.  ab-,  an-,  auf-,  aus-,  bei-,  durch-, 
ein-,    empor-,   ent-,   fort-,  ge-,  her-,  hin-,  los-,  mit-,  nach-, 
über-,  unter-,  ver-,  zuheilen. 
HELFENBEIN,  n.  ebur,  für  elfenbein,  s.  theil  3,413: 
schöner  ist  ja  helfenbein 
als  der  leimen  pflegt  zu  sein.    Rist  Parn.  468; 
spricht  dasz  die  zarte  haut  sei  nicht  zu  unterscheiden 
vom  schönsten  helfenbein  und  von  der  weiszen  kreiden. 
Rachel  (1677)  s.  73; 
im  munde  sah  man  prangen 
das  schönste  helfenbein  (zahne). 

PosTBL  Wittekind  s.  16; 
aus  nachahmendem  silber 
und  aus  indischem  helfenbein.    Ramler  1,  SO. 

dafür;  helfbein  ebur  voc.  ine.  theiit.  is'.  —  Wortspielend:  (das 
u-eib  ist  des  mannes)  gehülfe  oder  helfenbein.  Mathes.  hochzcit- 
pred.  19'. 

HELFENBEINDRECHSLER,  m.  eborarius.  Kirsch  cornuc. 

HELFENBEINEN,  adj.  eburneus;  helfenbeinin  Maaler  218*: 

ich  hoff  über  ein  jar  und  noch  vil  ee 

werd  ich  dir  noch  so  lieb  und  werd, 

dasz  du  kein  wyb  ulT  diser  erd 

für  mich  zuon  eeren  wollest  bgeren, 

und  wenn  sy  helfenbeinin  weren.    fastn.sp.  882,3. 

s.  elfenbeinen. 

HELFENBEINERN ,  adj.  dasselbe:  helfenbein erne  nestel- 
nadel ,  discerniculum  eburneum  Stieler  125 ;  helfenbeinerner 
tron.  solium  eburneum  2308. 

HELFENBELMG,  adj.  eburneus.   voc.  ine.  theut.  i  3' 

HELFENSTEIN,  m.  s.  helfestein. 

HELFENTHIER,  «i.  elephas.   voc.  ine.  theiä.  i  4*. 

HELFER,  m.  adjutor,  mhd.  helfaere,  in  verschiedenem  sinne. 

1)  gchilfe,  genösse  in  einer  sache  oder  beschäftigung ;  der  helfer 
oder  ein  gehilf,  adjutor,  servator,  administer  Maaler  218*;  gott 
hat  gesetzet  in  der  gemeine  . .  helfer,  regierer  (uvriXriipEts, 
xvßegWjoeig).  1  Cor.  12,  28.     so  im  streite ; 

dö  er  dort  her  zogen  sach 

Ermriches  helfsere.    rabenschtacht  473; 

wart  er  sein  (eines  herzogs)  veint  und  Wilwolt  sein  helfen. 
Wilw.  v.  Schaumburg  58;  indem  macht  sich  Schirtinger  mit 
etlicher  seiner  geselschaft  auf,  hinweg  zu  reiten,  stund  Wilwolt 
vor  der  tür  seiner  herwerg ,  den  uberrant  Schirtinger,  aber 
Wilwolt  entweich  im  und  seinen  heifern  umb  einen  wagen, 
der  vor  dem  haus  stunt.  68;  und  samleten  sich  mit  allem 
irem  volk  und  helfren  und  wen  sie  han  mochten.  Etterlin  48. 
aber  auch  in  einem  handwerk:  beckenhelfer,  bäckergehilfe,  ein 
eigenes  gewerbe  in  München.  Schmeller  2,180;  gehilfe,  kneclit 
in  einer  mülile:  fünf  heller  und  vor  zwen  pfenning  semmein 
den  eseltreibern  und  heifern  zu  treiben  {soll  der  müUer  geben). 
Leipz.  stadtordn.  1544  ET;  von  einem  scheffel  zu  malhen  dem 
helfer  iiij  pfenning  und  ein  pfenningbrot ,  so  es  der  esel- 
treiber  heim  treibet,  das.  auch  beistand  in  einer  gelehrten  an- 
gelegeuheit :  aber  mein  meister  noch  helfer  sol  er  nimer  mehr 
werden ,  ob  got  wil ,  er  kere  denn  umb  von  seiner  lester- 
lichen  lere.   Luther  3, 470*. 

2)  helfer  war  Übersetzung  von  Staxovos  im  geistlichen  sinne: 
so  in  Baiern.  Schm.  2, 180,  nocA  jetzt  in  Schwaben  tind  der 
Schweiz.  Stalder  2,36;  so  Göthe  in  bezug  auf  Lavater. 

zwischen  Lavater  und  Basedow 

sasz  ich  bei  tisch  des  lehens  froh. 

herr  helfer,  der  war  gar  nicht  laul  ...    2,  282; 

wenn  als  diese  {kirchlichen)  bcamten  Vorsteher  oder  älteste, 
helfer  oder  diakonen  und  pfarrer  bezeichnet  werden,  tlieol. 
lUteraturblatt  1867  s.  246. 

3)  helfer  in  rechtlicliem  sinne  (helfen  1, 4  sp.  954)  adjutor 
ad  execulionem  sentenliae.  Haltaus  874.  auch  coadjutor  das.; 
ferner  beistand  des  angeklagten  zu  erwahrung  seiner  Unschuld 
(s.  eideshelfer) :  ist  abir  der  antworter  do  . .  und  bittet  in 
eime  rechtin  urteil  c;u  irvaren,  wy  ich  mein  unscholt  be- 
weisin sulle  c;u  rechte,  so  vint  man:  selb  dritte,  hot  er 
denne  der  helferr  nicht,  so  spricht  er:  herre  her  richterl 
ich  byn  so  cnelede,  da;  ich  keine  helfir  gehabin  mag,  da; 


959 


HELFER  —  HELFERKNECHT 


HELFERSATZ  —  HELFWURZ 


960 


ich  beweisin  wil ,  wy  luirs  ein  recht  irteilt.  Magdd).  blume 
i,  159. 

4)  in  der  edlen  spräche  ist  helfer  der  beistand  und  rcller  in, 
gefalir  und  not:  und  kein  helfer  war  in  Lsrael.  2  kün.  14,iO; 
ich  errettet  den  armen  der  da  schrei ,  und  den  waisen  der 
keinen  helfer  hatte.  Hiob  29,12;  sie  rufen,  aber  da  ist  kein 
helfer.  ps.  18,  42 ; 

ich  kann  dem  kranken  hülT  ertheilen, 

spatt,  kröpf,  geschwulst  und  alles  heilen, 

dem  andrer  heller  rath  gebricht.    Hagedorn  2,  22; 

arme,  weint  um  euren  retterl 

waiseu,  klagt  um  euren  heller!    Ramler  2,40; 

namentlich  von  gott  und  Christus^  auch  den  heiligen  (vergl.  nol- 
belfer):  der  gott  meins  vaters  ist  mein  helfer,  und  hat  inich 
Ton  der  band  Pliarao  errettet.  2  Mos.  2,  22;  du  bist  der  waisen 
helfer.  ps.  10,14;  herr  sei  mein  helfer.  30,11;  du  bist  mein 
helfer  und  erretter,  mein  gott  verzeuch  nicht.  40,18;  be- 
weisestu  unsern  feinden,  das  du  bist  der  helfer  aus  allem 
übel,  trcish.  16,  8 ;  der  name  Jhesus  . .  das  heiszt  einen  helfer 
oder  heiland.   Lltuer  5,68"; 

komm,  Davids  kind  und  herr,  gott,  helfer  in  der  noth 
und  zarter  mcnschensohn !     A.  Grtpiiius  2  (1098)  s.  391; 

gar  manche  leiche  Irug  man  fort, 

ihr  aher  kamt  gesund  heraus, 

bestandet  manche  harte  proben ; 

dem  heller  half  der  heller  droben.    Göthb  12,  56; 

so,  deutscher  mann,      so,  freier  mann, 

mit  goit  dem  Herrn  zum  krieg! 

denn  gott  allein      mag  heller  sein, 

Ton  gott  kommt  glück  und  sieg. 

Arndt  ged.  (1840)  270. 

6)  aber  auch  in  anderm  sinne,  beistand,  thätiger  theilnehmer 
an  irgend  etwas: 

in  der  liebe  mag  man  nie 

heller  und  gesellen.    Göthe  5,100; 

an  feindlichem  und  bösem  {vergl.  unten  helfershelfer): 

kein  fcind  bedränget  Engelland,  dem  nicht 
der  Schotte  sich  zum  heller  zugesellte. 

ScuiLLBR  Maria  Stuart  1,7; 
wo  sind  die  blutgen  helfer  deines  mords? 

Willi.  Telt  5,  2. 

6)  helfer  von  helfenden,  fordernden  Werkzeugen  und  geistes- 
gaben : 

thun  viele  helfen  Wunderwerke? 

0  nein,    der  löwe  hat  nur  drei: 

den  muth,  <lie  Wachsamkeit,  die  stärke, 

und  siegreich  stelin  ihm  diese  bei. 

ilAGEDORN  2,  132; 

so  haue  mein  feind  mir  das  haupt  ab, 
werf  ich  nicht  diesen  bogen,  von  meinen  hiinJen  zerbrochen, 
stracks  in   die  lichteste   gluth;   denn   er  ist  mir  ein  leidiger 
helfer.    Bürger  223*. 
HELFERAMT,  n.: 

freund  Harlekin  ruft  wohl  alsdann 

vor  langer  weile  Roms  monarclien, 

den  Marc  Aurel,  um  hTilf  und  beistand  an, 

um  —  desto  sanfter  einzusclinarchen. 

allein  bei  mir  mag,  wenn  sie  kaim, 

Golkondens  köfiiginn  das  helferamt  verwalten, 

mich  wach  und  munter  zu  erhalten.    Uürger  104^ 

in  geistlichem  sinne:  möchten  wir  höchstens  in  kleineren, 
besonders  landgemcindcn,  das  besondere  helferamt  als  einen 
überdiisz  ansehen,  tlieoL  litter aturblatt  1807  i.  240. 

HFXFEREI,  f.  1)  das  helfen,  in  geringem  oder  verächtlichem 
sinne.  2)  die  amtsuohnnng  des  helfers  (no.  2  sp.  958),  z.  b. 
in  Z 11  rieh. 

HELFEHHAND,  f: 

er  fühlt  die  helferband,  er  horcht  umher. 

Gries  Tusso  12,  74. 

HELFERIN,  f.  mhd.  helfxrinne,  adjutrix;  in  dem  verschie- 
denen sinne  von  helfer:  helferin,  die  eim  hilft,  adjutrix,  ser- 
vatrix  Maaleb  218*;  helferin  zur  üppigkeil  und  bösen,  adjutrix 
tctlerum  dat.;  helferin,  gchülfln  Stieler  837;  in  dieser  zeit 
nur  sei  ihr  die  gcgcnwurt  einer  so  lieben  frcundia  und  hel- 
ferin unentbehrlich  gewesen.  GAthe  17,289; 

doch  sie  geleif!"  I!'"^-    '!"•  ("Iforin  war  dem  Jason. 

üdyuee  12, 72. 
von  Maria: 

und  Maria  <\\p.  i'i\c\  KiiniKin 
die  woll  unier  helfern  xln. 

LiLicficRon  volktl.  2,  30,  185. 

HELFERKNECHT,  m.  bergarbriler,  uelclier  dem  kunststeiger 
bei  der  vcruiryung  des  kunslgaeuge^  jn  die  hand  gehl.  Jacübssom 
2,  250*. 


HELFERSATZ,  f?i.  im  bergwerk  ein  pumpsatz,  der  neben  dem 
gewöhnlichen  satz  am  feldgestdnge  angebaut  ist,  utn  sich  seiner, 
wenn  der  gewöhnliche  wandelbar  ist,  zu  bi^icnen.  das. 

HELFERSGENOSZ,  ni.  milhclfer.  Weller  lieder  des  ZOjähr. 
kricqs  180. 

HELFERSGESELL,  m.  administer,  socienus,  adminiculator. 
Stieler  2004.     s.  helfershelfer. 

HELFERSHELFER,  m.  genösse  eines  gehilfen,  mithelfer.  zu- 
nächst ab  streilgenosse  in  einer  fehde  aus  dem  15.  jahrh.  nach- 
gewiesen Haltaüs  874.  ScHM.  2,180;  dann  in  allgemeinerem 
sinne:  asciscunt  sibi  socios,  quos  vocant  helfer  und  helfers- 
helfer. fac.  facet.  (lü45)  366;  einem  baumeister  helfen  die 
gesellen,  die  handlanger  aber  sind  helfershelfer.  Stei.nbacb 
1,770;  in  Kleinfelsenburg  aber  ohnedem  helfershelfer  genug 
anzutreffen  waren.  Felsenb.  3,309;  da  das  heillose  zeug  {ein 
gespinst  von  abenteuern ,  handeln ,  erbilterungen  u.  s.  w.)  durch 
die  unbesonnene  iiilze  der  helfer  und  helfershelfer  nun  gar 
in  flammen  gerieth,  Wieland  20,4;  aber  soll  denn  der  grosz- 
onkel  und  helfershelfer  keine  umarmung  haben?  Gotter 
3,417; 

nie  war  der  rühm  des  Britten  glänzender, 
als  da  er,  seinem  guten  scbwert  allein 
vertrauend,  ohne  hellersheller  focht. 

Schiller  Jungfrau  2,  1. 

in  üblem  sinne:  helfershelfer  complices  Stieler  837;  helfers- 
helfer gregales,  participes  consilii  et  criminis  Serz  66*;  durch 
list  und  rünke,  Vorspieglung  und  tUuschung,  lug  und  trug, 
helfer  und  helfershelfer.  Klopstock  12,84; 

Mephistoph.  sonst  hält  ich  es  allein  gethan  {die  seele  gehoti), 
jetzt  musz  ich  helfershelfer  holen. 

GöiuE  41,323. 

HELFESTEIN,  m. :  demnach  auch  Samuel  . .  richtet  einen 
stein  auf,  und  hies  in  helfestein.  Luther  3,  39';  {Christus  ist) 
feste  bürg  und  rechter  helfenslein.   Mathes.  postilla  I,  42*. 

HELFESTÜiNDLEIN,  n.;  unter  den  jaren  oder  unter  der 
zeit,  trifft  er  die  stunde,  wenn  er  helfen  sol,  gleich  wie  ich 
sage,  die  sonne  ist  unter  den  stcrnen,  nicht  gleich  im  mittel 
der  Sterne,  sondern  unter  ander  slerne  auch  gemenget,  also 
ist  das  helfestündlin  auch  mitten  in  den  jaren.  Lltuer  3,255*. 

HELFGELD,  n.  abgäbe  an  den  richter  für  gerichtliche  hilfe: 
klagrecht ,  das  man  auch  nennet  helfgelt.  Ortloff  rechts- 
quell. 2,  169 

HELFGERICHT,  n.  jurisdiclio  inferior:  andere  gericht  zu 
Seinszheim,  die  man  klein  helfgeiicht  nennet.  Haltaus  877 
{von  1591). 

HELFGESCHREI,  n.  ruf  um  hilfe:  item  weisen  die  scheffen 
u.  gn.  h.  von  Trier  zu  Masterhusen  ein  glockengeleuth  und 
heifgeschrci.    wcisth.  2, 198. 

HELFGEVIERE,  n.  ein  nur  vorläufig  gelegtes  geviere,  welches 
hinter  das  ansleckgevicrc  zu  liegen  kommt,  gewöhnlich  etwas  gröszcr 
als  dieses,  und  dazu  bestimmt  ist,  die  riclilunq  der  pfähle  nach 
auszen  zu  erhallen;  auch  hülfs-  und  mittelgcviere  genannt. 
Veith  bergwörlerb.  238. 

HELFIO,  inteij.  eines  hilfe  rufenden:  hoschiannal  hülff  am 
tag  der  letzten  crlüsung:  hülf  hie  helfio!  hülf  hie  ausz  noth 
und  todt.    Danhauer  ev.  memor.  12;    luordio,    helHo,  rettiol 

PUILANDER    1,  572. 

HELFKRAUT,  «.  marrubium  vulgare,  gemeiner  oder  weiszer 
andorn.  Nemnich  3,514. 

HELFLICH,  adj.  auxiliarius,  juvans,  adjuvans.  Stieler  837: 
helfliche  Widerrede,  exceptio  impcdimenli  legiltmi.  Haltaus  875. 

HELFMANN,  »i..°  Alexander  ist  auch  so  vil  gesagt  {als 
Ludwig  nke^ixaMoe)  i.  e.  helfinann ,  heilmann.  E.  Albebus 
Wörterbuch. 

HELFRECHT,  n.  das  recht,  die  gepfändeten  Sachen  eines 
Schuldners  an  den  meislbielenden  zu  verkaufen,  im  llenneberg- 
schen.  Adelung. 

HELFREDE,  f.  exceptio  in  jure,  sive  vera  um  ßda.  Haltad« 
877:  ist  dem  antworler  hclferede  gcleilt,  brcngit  er  der  nicht 
cz,ii  rechlir  C2;eil.  Magdeb.  blume  2,2,125;  man  sol  in  be- 
scheiden iif  sein  helfred  von  rechtis  wegen.  \2\. 

HELFSTEMPtL,  «i.  Stempel  eines  hclflhürslocks  im  berg- 
werk. Veith  bergwörlerb.  461. 

HELFT,  m.  alehemüla  vulgaru,  gemeiner  sinau ,  silberkraui 
Nemnich  1. 102. 

HELFIJNG,  f,   mhd.  helfunge,  opilulolio.   Stbinracb  t,  77C. 

HELFWURZ,  f.  allium  vic4orialis,  allcrmannsliarntsch.  i.  hUlf- 
vMirz. 


961 


HELGE— HELL 


HELL 


962 


HELGE,  wi.  s.  unter  beilig  3,  d  sp.  831. 

HELGE.NHAUS,  ».  vergl.  iieiligenliaus  sp.  840. 

HELHOLZ,  11.  liguslrum  vulgare.  Nem.mch  3,  409. 

HELKEN ,  twfc.  necken,  foppen :  es  war  eben  eine  . .  per- 
söiilicbkeit,  vor  der  man  eine  art  respect  bat  und  doch,  so 
oft  man  sie  siebt,  lacben  musz  und  lust  verspürt,  sie  zu 
beliien  oder  zum  besten  zu  halten.  J.  Gotthelf  erzihlg.  4,  25S. 
es  sieht  für  helligen,  s.  d. 

HELL ,  adj.  und  adv.  sonorus,  clartis.  altJ.  ga-helli,  später 
belli,  mhd.  hei,  von  der  wttrzel  hall,  inf  hellen  hallen  ausgehend, 
und  im  ahd.  ausscldicszlich,  im  mhd.  noch  vorzugsweise  auf  sliiniue 
und  ton  bezogen,  bis  sich  eine  crueileruug  der  bedeutung  auf  da^; 
durchdringen  des  lichtes  gellend  macht  und  im  jetzigen  nlid.  sogar 
den  altern  sinn  mehr  in  den  liintcnjrund  drängt. 

1)  hell,  hallend,  laut,  durchdnngend  von  der  slitnnie: 

dö  gehörten  sie  schiere, 
in  heller  süejer  stimme     üf  rötvarwer  vert  nach  wundem  tiere 
ein  bracko  kom  höchlutes  zuo  zin  jagende. 

Wolfram  TU.  132,3; 

canorus  helle  Dief.  9ä';  sonorus  lüde,  hei,  belle  542*;  helle 
luten  oder  thonen  sonare.  voc.  ine.  theut.  i4*;  balle  und  hohe 
stimm,  vox  acuta  Maaler  205*;  bund  die  hall  und  laut  ballend, 
canes  arguli  das.;  schrei  der  pfaff  heiler  und  sterker  denn 
ander  leut.  Pauli  schimpf  I3l';  liefen  sie  mit  Iiellem  geschrei 
der  abtei  zu.  Garg.  202';  der  bawer  schruw  {schrie)  mit  heller 
stimm.  WiCKRASi  rollw.  23,  S  Kurz;  macht  mit  heller  stimm 
ein  solch  zettergeschrei.  Kirchhof  uendunm.  219' ;  schrye  also 
mit  beller  stimm:  Jesus,  Jesus.  Schlppius  752;  von  hellem 
hals  {erfordernis  eines  Jägers).  Becher  47,  vergl.  laut  von  halse 
sp.  254; 

es  {das  fräulein)  sang  von  heller  stimme, 
dasz  in  dem  garten  erschal.      Ubla?ii)  volksl.  104; 
die  lerch  tut  sich  erschwingen 
mit  irem  hellen  schal,     s.  113; 
die  klare  Bacbara  grüszt  uns  aus  heller  zungen. 

Fleming  1S7,  100  Lappenb.; 
«in  steiler  felsen  steht,  ob  sciion  die  schnelle  bach 
hell  rauschend  um  ihn  scheust.    A.  Gripuils  169S  1,  446; 
heller  wirbelt  der  hain  (der  togelgesnng  dort). 

HöLTt  05  Halm ; 
helle  morgenmusik 
strömt  vom  wiplel.     s.  137 ; 
{die  wachtet  die)  ihren  silberschlag  so  hell  gellend  anschlug. 

Hamler  1,  18; 
eben  nie  mädchenstimm  umscholl  ein  helles  gekreisch  mich. 

Odyssee  6,  122 ; 
hell  vfiehene  der  hippogryph. 

Schiller  Pegasus  imjoche; 
denn  niemand  wagt  es,  diesen  oder  den 
zu  küren  mit  dem  hellen  rut  der  wähl. 

UuLAND  Ernst  v.  Schteaben  s.  07 ; 
drunten  singt  bei  wies  und  quelle 
froh  und  bell  der  birtenknab.    ged.  13; 
da  sprach  das  schweigen  über  allen 
mehr  als  der  hellste  jubellaut.    85; 
oft  sasz  er  zwischen  uns  vergnügt  und  lachend, 
nur  lacht  er  gar  zu  hell.      H.  Heihb  10,  117. 

von  einer  knarrenden  Ihüre: 

der  kühne  graf  erreicht  das  zimmer  seiner  schöne, 
und  hemmet  voller  list  der  thürc  helle  töne. 

Zachariä  1,  222. 

hell  tt-ird  rtamentlich  auch  gesagt  in  bezug  auf  den  ton  der  aus 
metall  verfertigten  musicalischen  inslrumenle:  trummet  die  ball 
gadt  und  in  die  gell ,  tuba  clara  Maaler  205' ;  mit  ehernen 
cymbeln  belle  zu  klingen,  l  chron.  IG,  19 ; 

zwei  glöcklein  klangen  helle.     Uula?(d  ged.  214; 

die  leier,  die  so  bell  erschollen.    243; 

er  greifet  in  sein  saitenspiel; 

das  ist  gar  hell  erklungen.    389; 
welch  tiefes  summen,  welch  ein  heller  ton 
zieht  mit  gewalt  das  glas  von  meinem  munde? 
GöTHE  12,  44; 

mit  psalter,  harfen  und  hellen  cymbeln.  Ichron.  10,16;  gott 
feret  auf  mit  jauchzen,  und  der  herr  mit  heller  posaunen. 
ps.  47,6;  er  wird  senden  seine  engel  mit  hellen  posaunen. 
Malüi.  24,31; 

wenn  die  hellen  kirchenglocken 

laden  zu  des  festes  glänz.    Schillbr  glocke  p.  90; 
horchend  uraringten 

diese  das  helle  klavier.    Voss  1,  121  {Luise  3,  21). 

wn  der  laut  schmetternden  nachligall: 

wen  seine  mutter  unter  den  zärtlichen 
gesänget)  beller  nachtigallchör  empfing.    Rahlbr  I,  55. 
IV.  u. 


der  gegensatz  von  hell  in  dieser  bedeutung  ist  dumpf,  th.  2, 1523 : 

dann  strömte  himmlisch  helle  des  Jünglings  stimme  vor, 
des  allen  sang  dazwischen  wie  dumpfer  geisterchor. 

Uhlasd  ijed.  390. 

In  Obersacbsen  nennt  man  eine  helle  frau  eine  solche^  die  laut 
und  scharf  befiehlt  und  schilt. 

2)  mit  hell  verbindet  sich,  icenn  es  von  tcorten  gesagt  wird, 
zu  der  bedeutung  laut  der  nebensinn  deutlich:  evarofiia,  ein  gul 
auszsprechens,  ein  belle  sprach.  Albercs  G  3' ;  und  folgends 
.  . .  durch  Hans  Mühlnern  den  jungen  das  schüffen  weisz- 
thum  öffentlich  mit  heller  stimm  lesen  lassen,  u-dsth.  2,330. 

3)  hell  überträgt  sich  von  dem  gehör  auf  das  gesicht  und  gilt 

a)  von  den  durchdringenden  strahlen  des  lichtes  und  feuers : 

doch  wer  metaphysik  studiert, 

der  weisz,  dasz  wer  verbrennt  nicht  friert, 

weisz,  dasz  das  nasse  feuchtet, 

und  dasz  das  helle  leuchtet.     Schiller  97^ 

der  gegensatz  ist  dunkel  oder  finster,  in  dieser  bedeutung  er- 
scheint hell  nachweislich  seit  detn  anfange  des  iS.jahrh.,  wahr- 
scheinlich aber  schon  viel  früher,  da  die  bedeutung  3,  b  unten  die 
eben  getiannle  zur  Voraussetzung  hat.  was  ist  beller  denn  die 
sonne?  Str.  17,30;  da  die  sonne  schein  und  helle  ward. 
St.  in  Esther  9,  3;  sein  angesichte  leuchtet  wie  die  belle  sonne. 
offenb.  1,16;  die  hellen  sterne  zieren  die  himel.  Sir.  43,9; 
ich  bin  . .  ein  heller  morgenstein,  offenb.  22, 16 ;  hab  ich  das 
liecbt  angesehen,  wenn  es  helle  leuchtet?  /7io6  31,26;  mitten 
in  dem  selben  fewr  war  es  wie  Hecht  helle.  lies.  1,4;  wird 
dich  erleuchten  wie  ein  heller  blitz.  Luc.  11,36;  mit  einem 
hellen  fewr.  ps.  78,14;  die  hellen  flammen  der  sterne.  tceish. 
17,  5;  die  helle  lampen  auf  dem  heiligen  leuchter.  Sir.  26,  22; 
du  wirst  wie  ein  heller  glänz  leuchten.  Tot.  13,12;  heller 
denn  der  sonnen  glänz,  ap.  gesch.  26, 13 ;  über  die  da  wonen 
im  finstern  lande,  scheinet  es  helle.  Jes.  9,2;  die  sterne  am 
himel  und  sein  Orion  scheinen  nicht  helle,  die  sonne  gehet 
finster  auf,  und  der  mond  scheinet  dunkel.  13, 10;  die  dicken 
wölken  scheiden  sich,  das  helle  werde.  Hiob  37, 11 ;  so  wird 
es  helle,  wo  es  tunkel  ist.  ps.  68, 15;  die  drei  männer  saszen 
wieder  da  und  kreideten  . .  bei  einer  bellen  lampe  auf  dem 
tisch ,  als  hätten  sie  eine  wichtige  rechnung  zu  schlieszen. 
Grimm  deutsche  sagen  l,  no.  15;  da  sprühten  die  hellen  schmiede- 
funken mir  vor  dem  gesicht  umher.  Imuerm ann  Münchh.  2, 147 ; 

schein  uns,  du  liebe  sonne, 

gib  uns  ein  hellen  schein!    Uhlamd  volksl.  75; 

auf  get  sie  mir  im  herzen 

gleich  wie  die  helle  sonn.    120; 

er  ist  der  morgensterne, 

er  ieucht  mit  hellem  schein.    164; 

der  mond  der  scheint  so  helle 

zu  liebes  fenslerleln  ein.    228; 
drauf  kam  der  belle  schein  (des  lichls),  liesz  nichts  nicht  mehr 

verborgen 
auf  gottes  anbefehl.      Opitz  3,  211 ; 

der  mond  ist  aufgegangen, 

die  goldnen  sternlein  prangen 

am  hiramel  hell  und  klar.    Claudius  4,  91 ; 

sie  freuten  sich  der  schönen  glut, 

die,  wie  ein  helles  osterfeur, 

gen  himmel  flog.      Höltt  37  Halm; 
Henning,  es  blizt!  hell  zuckte  zum  abendsterne  die  leuchtung 
unten  vom  bläulichen  dult!  Voss  2,  96  (Idyll.  5,  238); 

Hespers  heller  kerze 

gleicht  ihr  aug.  Raslbr  1,  SS; 

und  in  immer  tiefre  ferne 

lieh  ich  helle  götterbahn.    Uhl.asd  ged.  55; 

hat  er  tapfer  sich  geschlagen, 

dasz  die  hellen  funken  stoben.    254. 

b)  hell  ist  das,  was  die  strahlen  des  licldes  und  feuers  wieder- 
spiegelt, in  ihnen  glänzt,  hier  berührt  sich  das  wort  mit  heiler 
(2  und  3  sp.  921.  922),  und  sein  gegensatz  ist  wie  bei  der  fol- 
genden bedeutung  trübe,  hell  wird  scfton  im  13.  jahrh.  in  dem 
angegebenen  sinne  von  einem  säubern  melallgefäsze  gebraucht: 

äö  nam  ich  her  für  den  napf  min : 

der  künde  heiler  niht  gesin.    frauend.  331,22; 

auch  weiterhin  von  erz,  Schwertern  (vergl.  hellgescbliffeo) :  glin- 
reten  wie  ein  bell  glat  erz.  lies.  1,7;  . 

hell  funkelten  im  morgenroth 

die  damascener-klingen.    BCrgsr  54*; 

helle  schwerler  klirren  wild.    If.  Hbixe  15,  50; 
von    andern,   glänzenden  gegenständen:    ein    heller    edelstein; 
helles  Silber;  wie  ein  Spiegelglas  so  hell;  und  seine  kleider 
wurden  helle  und  seer  weis,  wie  der  schnee  {xal  xa  Iftaxta 

61 


963 


HELL 


HELL 


964 


avTOv  fyivsTO  aTÜ.ßoi'xa,  kevxa  ).iav  cos  x^^*')-  Marc.  9,  3, 
Ulßlas  hat  glilmunjaDdeins;  ein  man  in  einem  hellen  kleid 
(4f  iad'Tfti  /.afiTiQci).  ap.  gesch.  10,  30 ; 

sähe  des  thals  grau  ziehenden  duft,  und  des  plätschernden 

helle  Out.  Voss  1,  110  (Luise  2,  298), 

ja,  ja,  der  wein,  das  ist  mein  elenieut! 
in  seinen  ßoldig  hellen  liebesOuthen 
will  ich  gesund  die  kranke  seelc  baden. 

II.  Heine  16,  ~,S; 
prachtgebäude  und  paläste 
schimmern  hell  im  glänz  der  sonne.    15,58; 
dies  kicinod,  hell  wie  Sonnenschein, 
ein  riese  trägts  im  Schilde  sein.    Uhland  ged.  33ii; 

von  der  strdtleiiden  schönlieil  der  nalur  und  der  guten  Jahreszeit : 
liellscheinende  blelter  (des  wein stociis).  Spangenberc  Ifwfp.  130; 

kumt  der  helle  summer.    Uiiland  vulksl.  703; 

wo  hoch  und  golden  sich  die  ernte  hebt, 

mit  rothen,  blauen  blumen  hell  durchweht,    ged.  115; 

seid  ihr  bei  den  güldnen  blünilein, 

die  auT  lieblich  grimer  aue 

lunkeln  hell  im  morgentliaue?    II.  IIkine  15,71; 

vielfach  auch  von  der  glänzenden  schOnheil  eines  menschen,  von 
herrlicJien  abschnitten  seiner  lebenszeit:  darausz  sie  denn  (es  ist 
nicht  zu  sagen,  wie  schün  sie  würden  an  allen  gliedern)  so 
schön  und  helle  allen  anzuschauen  wären.  Schüppids  418; 
die  heilige  engel  sind  geister  zum  ebenbild  goUes,  gerecht, 
verständig,  frei,  keusch,  hell,  schon,  klar,  ..  erschaffen. 
Simpl.  2,60  Kurz;  auf  dem  vorgrund  einer  hellen  wannen 
Jugend.  J.  Paul  Hesfierus  3,159;  die  helle  kinderzeit,  die  ja 
allen  menschen  einerlei  Eden  vcrheiszet.  flegelj.  1, 114;  während 
zwischen  dem  professor  und  dem  doctor  eine  helle  frauen- 
gestalt  aufstieg.  Freytag  handschr.  1,171; 

sein  angcsicht  war  freundlich  gar, 
sein  ganzer  leib  war  hell  und  klar. 

aus  Herders  naclilasz  1,  171; 
nächtlich  stille,  hell  im  dunkel, 
also  kommt,  so  herrscht  der  held  (Cliristns). 

Herder  zur  scIi.  litt.  4,  111; 

übertragen  ferner  helle  thaten,  glänzende,  strahlende: 

keine  ewig  helle  that 

hebt  dich  aus  der  nacht  der  grüfte.    Uhland  ged.  0. 

helle  äugen ,  glänxnde,  klare :  das  die  äugen  des  herrn  viel 
heller  sind,  denn  die  sonne.  Sir.  23,28;  helle,  klare  äugen, 
ocüU  clari,  nitentcs,  fulgentes  Frisch  1,441"; 

sie  dürft  aus  deinen  hellen  äugen 
den  glänz  der  himmel  in  sich  saugen. 

L'hland  ged.  19; 
klein  Roland  hebt  die  augcn  hell, 
den  öhm  begrüszt  er  laut.    338. 

c)  auch  in  den  formein  heller  tag,  heller  morgen,  heller 
liimroel  «.  ähnl.  schlieszt  sich  das  adjectiv  noch  der  gegebenen 
l'cdeiäung  an,  obwul  hier  seine  abschwächung  zu  der  bedeulung  4 
bereils  vorbereitet  wird,  denn  während  helle  sonne  und  heitere 
•^onnc  im  begriffe  identisch  sind,  bezeichnet  heller  tag  weniger 
wie  heilerer  tag  [vergl.  sp.  021):  vvil  ich  die  sonnen  am  init- 
tage  untergehen  lassen,  und  das  land  am  hellen  tage  lassen 
finster  werden.  Arnos  8,  9 ;  am  hellen  läge,  auf  breiler  strasze 
inusz  man  dahin  wandeln.  Kotzedle  dramat.  sp.  2,197;  so- 
fern das  weiter  nur  einigermaszen  hell  war.  Inmermann  Münchh. 
2,139;  eine  helle  nacht;  die  hellen  näclite  des  hohen  nor- 
deng; spridiwörtlich  das  liegt  am  iicllen  tage,  ist  offenbar; 
atitologisch  auch  am  hellen  lichten  tage,  vergl.  unten  helllichl ; 

der  wechter  an  der  zinncn  . .  . 

den  hellen  tag  anblies.    Uuland  volksl.  177; 

und  als  der  helle  morgen  anbrach, 

da  bub  sie  an  zu  «einen.    220; 

ach!  ihr  güldenoii  dukaten  .  . . 

lächelt  nicht  am  himmel  hell.    H.  Uiini  16,  72. 

4)  hell  ti(  in  der  bedeulung  abgeschwächt  von  dem  glänzenden, 

leuchtenden  zu  dem  blosz  Hellten,  erleuchteten;  als  gegensatz  tritt, 

wte  bet  3,  a,  dunkel    oder   finster   auf     ein    heller  saal ;    ein 

helles  zimiiicr;  ein   heller  park;  in  einem  gar  hallen  zinimer 

wohnen,  in  bene  ültitlri  conclave  habilarc  Steinbacu  1,009;  in 

dem    orte    ist    es  halle,    hie   clarus  et  illustris  est  locus,  dat.; 

da»   ganze   lagcr    wird  vom  feuer  liälle,  castra  omnia  magno 

ignu  fulgore  collucebant.  dat.;  wie  sehr  verwundert  mtl'^zle  er 

aber   «cio  , .  nur   drei  frauenzimmer ,    die  baronin,  Ililaricn 

'    '  ■■*  kammcrmfidchen  in  hellen  zimtnern  zwischen  klaren 

,  neben  freundlichem  hausralh,  durchaus  erwUmit  und 

fhagiich.   zu   crhiicktrti.    ÜOtbk  22,93;    das   haus    war  für 


eine  privatwohnung  geräumig  genug,  durchaus  hell  und  heiler. 
24,  37;  wo  eine  helle  gränze  über  die  dunkle  Umgebung  hinaus- 
tritt. 62,109;  eine  unterirdische  treppe,  welche  aber  ganz 
hell  schien.  Grimm  deutsche  sagen  1,  no.  15; 

ein  dunkler  todtendimraer  macht 

indcsz  die  feilster  helle.    Höltt  35  Halm. 

helle  Wälder,  solche  die  'gelichtet'  sind;  der  wald  wird  hell» 
wenn  gegen  den  ausgang  die  bäume  weniger  dicht  stehen  und  das 
licht  herein  lassen;  bildlich  in  einer  redensart:  glück  zu  Franz! 
weg  ist  das  schooszkind  —  der  wald  ist  heller.  Schiller 
räuber  1, 1. 

5)  hell  zugleich  mit  dem  nebensinne  retn ,  so  namentlich  in 
beziig  auf  wasser,  glas:  dieses  wasser  ist  nicht  ganz  hell;  ein 
hiilles  glas,  vitrum  nitcns  Steinbach  1,669;  helle  fenster- 
schciben,  solche  die  sauber  geputzt  sind; 

mein  vater,  euer  ström  musz  hell  und  sauber  flieszen. 
A.  Grtphiüs  1698   1,  711 ; 
ihm  wird  ein  glasz  gereichet,  .  . 
ein  helles  cristallin.  Opitz  I,  62; 

da  rieselt  so  helle 
vom  leisen  die  quelle.    Uhland  ged.  317; 

.  .  .  gieng  zu  einem  quelle: 
da  wusch  er  sich  von  staub  und  biut 
gewand  und  walTen  helle.       342. 

6)  an  diese  bedeulttng  reiht  sich  der  häufige  gebrauch  von  hell 
als  rein  in  weniger  concrelem  sinne,  vielmehr  rein,  offenbar,  pttr, 
nichts  als.  wenn  es  heiszt:  das  wir  sein  heiliges  wort  und  die 
heilige  biblia  hell  und  lauter  in  die  deudsche  spräche  bracht 
haben.  Luthers  bibel  von  1548,  Warnung,  so  wird  die  bedeulung 
von  hell  hier  noch  ganz  sinnlich  empfunden;  ebenso  in  späteren 
beispielen:  die  reinste  und  hellste  menschheil,  die  sich  nicht 
schämt,  weil  sie  sich  nicht  zu  schämen  braucht.  Tieck  Slernb. 
2,351,  wo  rein  und  hell  eben  so  zu  einander  stehen,  wie  oben 
hell  und  lauter; 

will  sie  auch  für  euch  all  begrüe&zen 
mit  einem  lied  wahr,  bell  und  rein. 

AVeckukrlin  339; 

in  andern  belegen  aber  ist  der  concreto  sinn  verdunkelt  (vergl. 
einen  ähnlichen  Übergang  von  klar  th.  5,  989) :  die  helle  dürre 
vvarheit  an  den  lag  bringen,  ß.  Armati  rettung  der  edlen  teut- 
schcn  hauptspr.  C';  er  habe  nur  die  teutsche  helle  warheil 
der  weit  reveliret.  B';  aus  der  hellen  erfahrung  vergewissert. 
Chr.  Weise  erzn.  32;  die  helle  einfalt.  Hermes  Soph.  reise 
4,166;  nachbars  Daniel  wolle  das  gute  Suschen  aus  heller 
bosheit . .  in  den  bach  herunter  stoszen.  MusXus  kinderkl.  89  ; 
nun  müszle  einer  aber  gewisz  sehr  übler  laune  sein,  wenn 
er  diese  art,  der  einbildung  oder  dem  gcdächlnisse  zu  hülfe 
zu  kommen,  für  den  hellen  weg  zum  aberglauben  erklären 
...  wollte.  Moser  rerm.  sf/ir«/<cn  l,  333;  dasz  helles  blut  aus 
der  wunde  sprilzle.  Beckers  wellgesch.  1,  271 ; 

das  blut  zur  stirn  usz  ran, 
mit  hellen  tropfen  tbet  es  uszher  brächen. 

P.  Gewge«BACU  41,74  Gödrke; 

so  an  einer  Steigerung  kömmt  man  oft  um  hellen  spotl  zu 
Sachen,  die  man  lange  gern  gehabt  hätte.  J.  Gottuelf  sc/iu/(/en&. 
296;  wo  wir  um  acht  uhr  (abends)  bei  hellem  regen  anlangten. 
Sicherer  Lorelei  (1870)  1,30;  adverbial:  diese  leligion  hilft 
ihren  Irügern  im  ungiück  hell  nichls.  J.  GoTTHELF;cyit(/<frn2).  45; 
vergl.  auch  hellauf; 

sie  l'rugt  in  heller  Unschuld:  was? 

was  loh  wohl  von  ihr  wollte?    Uürgkr  30'; 

helle  Ihränen  ,  deutliche,  ausgebildete  thränen :  dasz  . .  ihr  die 
hellen  zäher  in  die  äugen  schössen.  Amadis  92; 

beredter  als  ein  Deniosthen 
.>:prach  unser  huld,  nicht  ohne  helle  z&bren 
zu  weinen.  Wibland  10,  296; 

helle  thränen  uns  vom  äuge  flieszen. 

i.  M.  Miller  ged.  59; 
trocknet  mit  dem  weiszen  Icichentuche 
sich  die  hellen  thränen  ab.     Höltt  61  Halm; 

von  heller  haut  lachen ,  stark  ladien ,  wol  so  dasz  das  lachen 
über  den  ganzen  leib  zu  gehen  scheint: 

der  (eufel  lacht  von  heller  haut  (auf  eine  frage). 

FisciiART  r.  s.  Dom,  3521  Kur: , 

in  einem  andern  beispiel  aber  seheint  et  nie  von  heller  haut 
{sji.  815)  zu  stehen : 

iiui'li  liii'h  zu  (Qil«n  ubciluut. 
Oll  all  iirsacli  vnii  heller  haut, 
dnt  tiicmnndii  wciiz  wii«  das  badeut. 

.ScilRiKT  ijrob.  Rl  (h.  I,  cii;i.  2i. 


965 


HELL 


HELL 


966 


7)  die  lelzlen  bäspielc  zeigen,  tcie  hell  zu  seinem  Substantiv 
schon  fast  als  rein  verstärkendes  adjecliv  in  beziehung  tritt;  das 
wird  auch  anderweit  beobachtet:  er  läuft  in  hellem  Sprunge. 
Meiseet  Kuhländchen  229,  d.  h.  läuft  in  tücliligem,  derbem  spninge; 
namentlich  in  der  formet  der  helle  häufe,  die  schon  früh  sich 
ausgebildet  hat  {vergl.  auch  häufe  5p.  585);  es  wird  damit  eigent- 
lich der  kern  des  hecres,  die  beste  Streitmacht  {im  gegensalze  zu 
vortrab  und  nachlrab)  bezeichnet: 

do  nimb  zweilausend,  zeuch  hinauf, 

das  im  lager  bleib  der  hell  häuf.    IL  Sachs  3, 1,26'; 

woneben  es  in  freiere  Verwendung  kommt :  und  bedanket  sich 
gegen  dem  gemeinen  mann  und  dem  ganzen  hellen  häufen. 
Redter  V.  SpEia  kriegsordn.  69 ;  erinnerung  an  den  ganzen 
hellen  häufen.  Kirchhof  mil.  rfwc.  63;  wünschet  dem  ganzen 
hellen  häufen  viel  heil.  s.  70;  feldherr  beschauwet  und  er- 
mahnet den  hellen  häufen  vor  dem  angriff.  158;  disen  ganzen 
hellen  häufen  (800,000  mann)  hat  diser  fundgrübner  zu  gast 
gebeten  und  reichlich  bewirtet.  Mathes.  Sar.  14';  es  was  auch 
schon  dahin  kommen,  dasi  der  ganz,  hall  hdiUi  {der  aussiehenden 
Juden)  von  durst  dahin  fiel.  Forer  thierb.  4"';  dasz  er  als  ein 
.  . .  Goliat  dem  hellen  häufen  der  lulberischen  .  .  hon  spricht. 
Fischart  bienk.  66";  der  ganze  helle  häuf.  Werth.  Ded.  1,260; 

der  helle  häufe  dringet 
sich  umb  das  ufer  her.      Opitz  1,  247; 

namentlich  bilden  sich  die  fügungen  mit,  in  hellen  häufen  immer 
mehr  zu  festen  formein  aus:  es  lagen  s.  f.  g.  der  pfalzgraf 
allda  . .  mit  dem  ganzen  hellen  häufen  herum  bis  an  tl  tage 
stille.  Schwei.mchen  1,271;  darurab  begab  sich  könig  Gense- 
rich . .  in  Äfricam  . .  mit  hellem  häufen.  Micrälics  alt.  Pom- 
mern 1,62;  dasz  sie  drauf  mit  hellem  häufen  die  Sachsen 
angefallen  betten.  2,198;  die  Hunnen  brachen  mit  hellen  häufen 
an  2  verschiedenen  orten  ein.  Hahns  hisl.  1721  1,45;  nun- 
raehro  ging  die  ganze  flotte  mit  hellem  häufen  auf  die  Athe- 
nienser  los.  Heilman  Thucyd.  413 ;  die  landvülker  folgten 
mit  hellem  häufen  nach.  635;  o  ja,  o  ja!  schnatterten  die 
Abderilinnen,  und  nun  liefen  sie  in  hellem  häufen  auf  den 
Euripides  zu.  Wielasd  19,  347  (306); 

als  er  mit  seinem  hellen  häuf 
reit  einen  hohen  berg  hinauf.    Uhlasd  volksl.  277; 
hernach  kam  Stapbylus,  der  meister  in  dem  saufen, 
der  kahle  Botrus  auch  mit  ganzem  hellen  bauten. 

Opitz  1,  437; 
Rom  war  nie  besser  auf,  als  wie  die  hohen  sinnen 
ein  niedrig  dach  bewohnt:  so  balde  sie  beginnen 
an  schlechter  einfalt  klein  und  bawen  grosz  zu  sein, 
reist  scband  und  Üppigkeit  mit  hellem  haulen  ein. 

werke  {Straszb.  1624)  231 ; 
allein  man  schrie  mit  hellem  häufen : 
was  denkt  der  thor  von  uusrer  stadt? 

Merk  briefs.  1,  lii  ; 
da  kommt  das  ganze  Städtchen 
und  feilscht  und  wirbt  mit  hellem  häuf 
ums  allerlei  im  lädchen.      GOthb  I,  37. 

nach  dem  hellen  häufen  bilden  sich  ähnliche  formein:  die  ganze 
helle  bände  der  räuber.  Bechstein  märchenb.  Hl; 

die  göltin  {Venus)  setzt  sich  auf 
und  fährt  also  davon :  die  helle  zunft  folgt  drauf. 

Fleüing  69,  36  Lappeub. ; 
trottiren  und  stäuben  zu  nellen  schaaren.    Göthe  13,3; 
sie  möchten  gerne  mit  hellen  schaaren 
aus  ihren  eignen  häuten  fahren,    s.  51; 
führen  wir  mit  hellem  beere 
eilig  zum  ägäischen  meere, 
würd  uns  jede  lust  zu  theil.     41,  135; 
da  harrten  schon  zum  festlichen  empfang 
die  frauen  und  der  juugfraun  helle  schaar. 
L"uLA5D  ged.  379. 
s)  noch  in   anderer  weise   verläuft  die  bedeutung  von  hell  4 
(sp.  963),  so  dasz  der  begriff  des  glanzes  niciu  mehr  hervortritt ;  es 
gilt  von  färben,  die  sich  dem  weisz  nähern  :    helle  färben ;    ein 
helles  blau,  helles  braun,  v(jl.  unten  hellblau,  hellbraun  w.  a.; 
so  helle  wölken,  weisze,  im  gegensatz  zu  schwarzen,  dunkeln  wölken: 
wenn  hoch  obenhin 
die  hellen  frühlingswolken  ziebn.    Uulaso  ged.  36; 
ein  heller  rock,   ein  helles  kleid;  die  helle  haut;  die  färbe 
ihres  haares  war  ein  helles  blond; 

wandte  sich  weg,  und  streifte  der  baumwoll  helle»  gewirk  ob 

(den  sirumpß. 
Voss  1,  138  {Luise  3,  160); 
sie  \Nuscli  sich  heftig  die  äugen  aus, 
und  helle 

ward  aug  und  gesiebt,  und  weisz  und  klar 
stellt  sich  die  schöne  mQllerin  dar.    Göthi  1,216; 


schwarze  kleider  machen  die  personen  viel  schmäler  aus- 
sehen, als  helle.  52,20;  das  rothe  ist  verhältnismäszig  gegen 
das  schwarze  viel  heller  als  das  blaue.  117. 

9)  helle  äugen  {abweichend  von  oben  3,  b),  solche,  die  volle 
Sehkraft  haben,  das  licht  aufzufassen  vermögen,  während  i,egen- 
sätzlich  dazu  dunkele  äugen  blöde,  der  sehkraß  beraubte  sind 
(Ih.  2, 1534)  : 

ach  war  dein  äuge  helle!    E.  v.  Kleist  1,  112; 
und  rieb  die  äugeichen  sich  hell.    Gotter  1,  90. 

10)  hell  in  bezug  auf  erkenntnis  und  verstehen ;  in  mehrfacher 
Wendung,  und  mit  dem  allgemeinen  begriffe  klar,  deutlich. 

a)  er  ist  ein  heller  köpf,  ein  heller  geist;  er  hat  einen 
hellen  blick;  ein  helles  äuge  für  die  erfordernisse  der  zeit; 
unter  einem  hellen  köpfe  denkt  man  sich  das  talent  einer 
lichtvollen ,  der  fassungskraft  des  gemeinen  Verstandes  an- 
gemessenen darstellung  ahstracfer  und  gründlicher  kenntnisse. 
Käst  1,390;  ich  habe  ihn  als  einen  hellen  forschenden  mann 
gekannt.  Clacdids  5,138;  er  ist  ein  malhematiker  und  also 
hartnäckig,  ein  heller  geist  und  also  ungläubig.  Göthe  23,  221 ; 
es  war  {meine  frau)  ein  heller  gast.  Moser  vcrm.  sehr.  2,  33 ; 
der  mann  wuszte  noch  nicht  völlig  wie  schwer  es  sei  mit 
köpfen  umzugehen,  in  denen  es  nicht  hell  ist.  Siegfr.  v.  Lin- 
denberg 1,96;  als  ich  einen  augenblick  nachdachte,  wurde  es 
auf  einmal  helle  in  meinem  köpf.  Lichtenberg  5  (1803)  172 ; 
präs.  damit  nun  der  fürst  im  netz  meiner  familie  bleibe,  soll 
mein  Ferdinand  die  Milford  heirathen  • — ist  ihm  das  helle? 
Wurm,  dasz  mich  die  äugen  beiszen.  Schiller  Aa6.  «. //efie  l,  5 ; 
helle  Verständigkeit  und  blinder  glaube.  AasmATOHen«'.  1,246; 
rege  und  helle  bedachtsamkeit.  Niebuhr  kl.  sehr.  1,22; 

und  im  geiste  ward  mirs  helle.    Rückert  289; 

darumb  ist  es  hell  gnug,  das  Moses  der  Juden  gesetzgeber 
ist.  und  nicht  der  beiden.  Luther  3,167';  denn  der  unter- 
schied zwischen  beiden  dichtarten  ist  hell.  J.  Padl  vorsch.  d. 
ästh.  2,89;  das  schöne  bild  seiner  phantasie  stand  bald  ganz 
hell  vor  ihm,  bald  rückte  es  tief  in  den  hinfergruud  hinab. 
TiECK  26,184;  ein  fieberkranker,  ein  irrsinniger  hat  helle  augen- 
blicke,  in  denen  er  klar  denkt  und  versteht. 

b)  helle  worte :  damit  er  einen  nebel  und  wölken  macht, 
das  man  diese  helle  wort  nicht  sehen  solle.  Luther  3,  61'; 
das  er  helle  klare  wort  beide  aus  den  äugen  und  obren 
reiszen  wil.  64*;  es  sollen  dürre  helle  sprüche  und  text  da 
sein,  die  mit  klarem  verstand  uns  zwingen.  05";  hieszen  das 
sacrament  nicht  messe,  sondern  auf  helle  deudsch,  ein  opfer. 
52";  da  stehen  unser  helle,  dürre,  freie  wort,  on  alles  tun- 
keln  und  mausen.  6,108";  dieses  sind  Pauli  helle,  gewisse 
wort  und  klare  sprüche.  J.  Jo.xas  daselbst  383';  darumb  hat 
ein  jeder  fromer  christ  wichtige,  nöthige,  und  helle  Ursachen 
gnug,  das  er  dem  bapst  nicht  gehorsam  leiste,  von  der  ge- 
walt  und  oberkeil  des  bapsts,  das.  527';  wie  sy  von  uns  ein 
hall  wort  {bibelstelle)  erfordrend,  darinn  stände  man  sol  kinder 
toufen.  ZwiNGLi  vom  touf  {Zürich  1525)  nl';  nicht  desz  we- 
niger haben  wir  helle  beweisung  in  der  schrift  darvon. 
Fischart  bienk.  so';  weil  denn  diese  zeit  von  Weihnachten 
an  bisz  daher  die  höchsten  articul  von  Christi  geburt,  leiden, 
sterben  und  auferstehung  aus  hellen  und  klaren  texten  sind 
gehandelt.  Schuppids  841;  er  glaubte  den  hellen  wink  des 
Schicksals  zu  verstehen,  das  ihm  durch  Marianen  die  band 
reichte,  sich  aus  dem  stockenden  . .  leben  heraus  zu  reiszen. 
Göthe  18,  46. 

c)  hell  adverbial:  s.  Paulus  .  .  spricht  frei  und  helle.  Ldtber 
3,41*;  der  heilige  geist  kan  fein  hell,  ordentlich  und  deut- 
lich reden.  50";  das  wir  unsere  christliche  fieiheit  verteidingen 
und  heiler  verstehen.  5S";  hell,  teutsch  und  klar  genug. 
B.  Armati  reitung  der  edlen  teulschen  hauptspr.  D  iiij ;  eine  hell 
eingesehene  Unmöglichkeit.  Schiller  731;  ich  musz  in  dieser 
Sache  erst  hell  sehen,  ehe  ich  urtheilen  kann ; 

ein  jeder  rür  im  selbst  die  schell, 
so  merkt  er  seine  thorheit  hell. 

Fiscdart  naclitrab  2916; 
so  viel  aiphabet  (druckboijen) 
voll  weisheil,  hell  erklärt,  und  keitenweis  bewiesen, 
jähr  aus,  jabr  ein,  gedruckt,  und  monatlich  gepriesen. 

Gbllibt  2,  54 ; 
ich  fühle  klar  und  belle,  was 
mir  ewig,  ewig  dunkel  bleiben  sollte. 

ScuiixEB  don  Carlos  1,5; 
du  bist  so  weise? 
willtt  heller  sehn  als  deine  «dein  Täter?    Teil  2. 1 

61* 


967 


HELL  —  IIELLDÄMMERUNG 


HELLDUNKEL  —  HELLE 


968 


11)  hell  in  bezug  auf  slimmung  und  genntt,  soviii  wie  ruhig 
klar  und  heiler:  dnsz  er  seine  beiden  hände  unter  das  Schurz- 
fell steckte,  und  dieses  lustig  in  die  hohe  schnelJIc,  und  uns 
ungemein  verschmitzt  anhlicklc.  ich  henutzle  und  erhiilile 
seine  hellere  slimmung.  J.  Paul  herbstblum.  3,  81 ; 

er  ist  nichi  liciler.    warum  ist  ers  nicht?  .  .  . 
war  er  doch  ein  ganz  andrer  auf  der  reise  1 
so  ruhig  liell !  so  froli  Lereilt !    Scuii.t.KR  l'iccoloin.  3,1; 
klärt  eure  finstcrn  blicke  auf,  seid  lieitcr 
und  hell  heul  alienti  unter  euren  gasten!    Stacbclh  3,5; 
wie  anders  ist  mirs  nicht?  wie  heller  seit  der  zeit? 

GöTiiB  7,  75 ; 

iheurer  freund,  du  bist  verliebt, 

und  dich  quälen  neue  schmerzen; 

dunkler  wird  es  dir  im  köpf, 

heller  wird  es  dir  im  herzen.    H.  Heine  15, 1G"2. 

auch  von  gesichl  und  minen ,  die  die  stimmuiuj  uiderspicgcln : 
seine  finstern  minen  wurden  helle. 

12)  hell  im  subslantiren  gebrauch,  es  heiszl  gewöhnlich  das 
helle,  seltener  und  meist  poelisch  das  hell :  dasz  zur  erzeugnng 
der  farhe  licht  und  finsternis,  helles  und  dunkles  . .  gefordert 
werde.  Gütre  52,8;  aus  dem  heilen  ins  dämmernde,  s.  17; 
das  höchste  nicht  blendende  helle  wirkt  neben  dem  völlig 
dunkeln,  s.  19; 

der  mond  der  hat  alles  ins  helle  gebracht, 
der  kirchliof  er  liegt  wie  am  tage.    1,  229; 
bitillich:  doch  lerne  früh  das  lob  entbehren, 
das  hier  die  Scheelsucht  vorenthält, 
gnug,  wann  versetzt  in  liöhre  Sphären, 
ein  iiachkomm  uns  ins  helle  stellt!    Lgssing  1,98; 

ragten  zerstreute  gebäude  aus  ihrem  stillen  letzten  hell  in  die 
dunkle  gegend.  Dya  Na  Sore  2,324.  —  ohne  artikel:  wie  sich 
die  nclzhaut  gegen  hell  und  dunkel  verhall.    Götiie  52, 19. 

HELLAUF,  das  adverb  auf  mit  vorgetretenem  verstärkenden 
hell  (fio.  6  sp.  964).  es  wird  betont  hellauf,  in  adverbialer 
Stellung:  er  jauchzte,  jubelte,  schrie,  lachte  hellauf;  hellauf 
leben,  lustig,  flott,  tnil  klang  und  sang.  Schm.  2, 172 ;  vergnügt 
und  hellauf.  J.  Gottiielf  erzählg.  3,283;  üi(c/t  getrennt  ge- 
schrieben: Anne  Marei  war  ganz  hell  auf,  ja  es  tliat  manch- 
mal, als  wolle  es  singen,  schuldenb.  82.  als  zuruf:  aber  nun 
hell  auf,  freund  Hassan!  in  ein  weinhaus  zuerst!  Schiller 
Fiesko  2,15;  hellauf  Tyrol !  grüsz  dich  gott  mein  liebes  herr- 
liches Tyrol!  Auerbach  A.  Ilofer  26.  substantivisch:  da  luden 
sie  mich  zum  traulichen  gastmahic  und  weideten  sich  an 
meinem  hellauf,  wie  ich  mich  an  ihrer  urdeutschen  bidcr- 
hcrzlichkeit.  Sciiubahts  leben  und  gesinnungen  2,  5. 

IIELLAUFPLÄTSCHEKNÜ,  part : 

hellaufplätschernd  klang  ihr  fall  dort. 

Scheffel  trompetcr  117. 

HELLAÜFSTRAHLEND,  part.: 

stiesz  ihn  ans  hellaufslrahlendem  glänze 
täuschenden  erdenglücks  in  die  nacht  endloser  verzweillung. 

Ptrker  Tunis.  3,  375. 

HELLÄUGIG,  adj.  mit  glänzenden,  strahlenden  äugen  ver- 
sehen (hell  3,b  sp.  963):  der  helläugige  luchs.  Fr.  Müller 
1,23;  junge,  frische  helläugige  dirnchen.  312. 

HELLBANK,  s.  hüllbank. 

HELLBELAUBT,  pari.: 

an  hellbelaubten  ästen.    Voss  4,  193. 

HELLBLAU,  adj.  coeruleum  dilutunu.  Fri.«ch  l,44l';  die  hell- 
blauen bairischen  uniformen ;  hellblaue  äugen. 

HELLBLAUÄLGIG,  adj. 

klar  auch  blickt  sie  umher,  aU  hellblauftucigcs  glückskind. 
Voss  2,  110  (lUjll.  t;,  124). 

HELLBLAUGRAU,  adj.:  in  seiner  hellblaugraucn  vollstän- 
digen  kleidung.   Göthe  31,  225. 
HELLBLINKEND,  pari: 

vom  gomurmd  au«  den  bächen, 
die  licllliliiikend  um  die  höhn 

grüner  flnslcriiif,  durch  flächen, 
ur  und  gärten  wfiiiaernd  gehn. 

GOlting.  musvnatm.  1777,  ».  3; 
dat  wctterfahnchen,  .  .  . 
«0  »Ich,  wie  nur  ein  liiltrh«»  wühtc, 
hcllblinkcnd  hin  und  her  im  mondiMiKclicinc  drehte. 

ALXI5CKH    Itniilill   4,  75. 

HELLBRAUN,  adj.  fmcum  dilulius.   Frisch   1,441*. 

HKLLBUTT.  m.  plcuronecles  hip^toglimus,  ein  plattfisch;  das- 
lelbf  Uli:   hcillinit  ip.  823. 

HELLDAMMEHUNG,  ^;  durch  umringende  hflldüunncrung 
geblendet.  J.  Paul  um   löge  3, 17. 


HELLDUNKEL,  »i.  dem  framösischen  clair-obscur  nacligebildet : 
das  heildunkel,  clair-ohscur,  nennen  wir  die  erscheinung 
körperlicher  gegenstände,  wenn  an  denselben  nur  die  wiikung 
des  lichtes  und  Schaltens  betrachtet  wird,  im  engern  sinne 
wird  auch  manchmal  eine  schatlcnpartie,  welche  durch  rellexe 
beleuchtet  wird,  so  genannt.  Götue  52,337;  die  Zaubereien 
vom  hclldunkel  sind  ihm  {liufacl)  fremd.  Heinsk  Ardingh. 
2,25.  ini  nicht  technisclien  sinne:  sie  {die  Schwärmerei)  gewöhnt 
ihr  äuge  an  ein  magisches  helldunkel,  worin  ihm  das  volle 
licht  der  Vernunft  nach  und  nach  unertriiglich  wird.  Wieland 
3,  494  (411) ;  das  licht  (der  pliilosophie  ist)  viel  zu  helle,  als  dasz 
es  die  blosz  an  helldunkel  gewöhnten  äugen  der  menschen 
ertragen  könnten.  Klinger  5,398;  nur  wenn  ein  Schwärmer 
auftritt,  .  .  erhebt  sie  (die  geschicIUe)  sich  über  den  zeitungs- 
ton  —  dann  nur  springen  kraft,  leben  und  helldunkel  her- 
vor. 11,241;  die  gcschichte  der  Johanna  von  Orleans  thut 
eine  gleiche  wiikung,  nur  dasz  sie  in  der  entfernung  meh- 
rerer Jahrhunderte  noch  ein  gewisses  abenteuerliches  hell- 
dunkel gewinnt.   Göthe  32, 176. 

HELLDUNKEL,  adj.:  die  netzhaut  befindet  sich  bei  dem, 
was  wir  sehen  heiszen,  zu  gleicher  zeit  in  verschiedenen,  ja 
in  entgegengesetzten  zuständen,  das  höchste  nicht  blendende 
helle  wirkt  neben  dem  völlig  dunkeln,  zugleich  werden  wir 
alle  mittelstnfen  des  heildunkeln  und  alle  farbenbestimmungen 
gewahr.  Göthe  52,19;  (in  Leipzig,  wo  Christ)  durch  Vortrag 
besser  als  durch  seine  heildunkeln  Schriften  wirkte.  37,86; 
in  den  helldunkeln  wald.  J.Paul /cftcn  fibcis  13;  drauszen  fand 
er  das  dorf  so  voll  dämmerung,  dasz  ihm  war  als  steck  er 
selber  wieder  in  der  heildunkeln  kinderzeit.  flegelj.  1,57; 
helldunkel  sahn  wir  abendgewölk  verglühn.    Voss  3,  83. 

HELLDURCHSICHTIG,  adj.: 

das  fcrkel  im  helldurchsichtigen  gallert. 

Voss  2,  223  (Idyll.  13,  137). 

HELLE,  f.,  mhd.  helle,  in  verschiedenen  bedeutungen  von  hell. 

1)  nach  hell  1,  klarheil,  durchdringende  reinheü  destones:  die 
helle  ihrer  stimme. 

2)  viel  iifter  nach  bell  3,  glänz,  licht,  in  bezug  auf  sonne, 
mond,  feucr,  tag,  morgen:  halle,  claritas,  claritudo  Maaler  205*; 
helle  des  tages  serenitas  diei  Stieler  8S8;  sternenhelle,  astro- 
rum  jubar  das. ;  fenster  . .  .  durch  welche  sie  beides ,  helle 
und  wärme,  empfingen.  Sinip^  2,  79  Kurz;  dasz  bei  der  auf- 
lodernden helle  unsere  feinde  sich  einander  beschauen.  Hei.nb 
12, 148; 

von  der  helle  des  unbewölkten  mondcs  umgeben. 

Klopstoce  6,  80; 
drum  rasch  bei  der  mondlichen  helle 
ins  bett,  in  das  stroh,  ins  gestcllo.     Göins  I,  195; 
des  jungen  morgens  helle.     Gotter  I,  225. 
auch  in  bezug  auf  anderes:    die  helle  des  wassers,  limpitudo, 
eines    durchsichtigen    dings,    pellucidilas ,    eines    glänzenden 
dings,  nitor,  splendor  Frisch  1,441*; 

doch  so  verwirrte  mich  des  blickes  helle.    Ublano  gcd.  134; 

herr  Milon  hatte  sich  gewandt, 

sali  staunend  all  die  hello  (des  ktcinods  im  scliilde).    346. 

3)  bisweilen  hat  helle  schwächere  bedeiäung  als  licht: 

aber  du  slcisrst,  die  ewigkeit  durch,  von  stufe  zu  stufe, 
stets  von  licllu  zu  licht,  von  frendc  zu  wonno  I 

Klopstock  G,  10. 
so  die  erste  helle,  der  eben  anbrechende  morgen: 

auch  täglich  schlich  bei  erster  hello 

aus  einer  lioiniliclien  kapclle 

ein  Jüngling.        L.  II.  v.  Niculat  grd.  1  (tT92)  131; 

und  durch  die  nacht  zuckt  Ungewisse  helle. 

SciiiLLKR  Wdllenst.  tod  5,  3. 

4)  helle,  nach  hell  10,  klarheil  in  bezug  auf  erkennlnis  und 
verstehen:  biegsainkeit  der  gedanken,  helle  im  ausdruck.  Hippel 
6,191;  er  (COlhe)  liebt  in  allen  dingen  helle  und  klarheil, 
seihst  im  kleinen  seiner  politischen  geschäfte.  Sciiiii.er  an 
Kiirner  1,137;  wir  werden  es  aber  mehrfach  bestüligt  linden, 
dasz  der  norden  alles  gerne  ins  grausame,  geheimnisvolle 
und  raihselhafte  zieht,  was  in  Deutschland  mehr  im  kreis 
der  Wahrscheinlichkeit  und  historischen  helle  liegt.  Gkrvinus 
gesch.  der  deutschen  dichtung  1,20;  als  der  prinz  AntiocIiUH 
Kantemir  .  .  seine  erste  satyrc  wider  den  russischen  pöbel, 
der  sich  gegen  die  neue  helle  sperrte,  ausgearbeitet  hatte. 
J.  Paul  biogr.  brlusl.  I,  US. 

5)  helle,  beim  maier  die  partie  eines  gemdldes,  die  mehr  lieht 
iurückwirß ,  und  <«<'  h'.h-r,,  „,„i  i-i.iuifinn  färben  .n-malt  i>i 
Jacobsson   2,  2.M 


969 


HELLE  — HELLEN 


HELLEN 


970 


6)  helle,  beim  goldschmied  ein  pulver  um  dem  golde  einen 
erhöhten  glänz  zu  geben.  Jacobsson  das. 

7)  helle,  im  forstwesen,  der  starke  aßerschlag;  untersehieden 
vom  zopßolze  oder  dem  dünnen  aperschlage.  Adelung. 

HELLE,  f.  s.  hölle. 

HELLEBARTE,  f.    l)  harte  mit  einem  heim,  d.i.  stiel,  slich- 
und   hiebwaffc    des  13.  bis  17.  jahrh. ;   rergl.  harte  theil  1,1143. 
die   ursprfingliche   form    des    tcortcs   ist  helmbnite  (Lexer  mhd. 
würterb.  1,1241);  dolabrum,  belembait,   helpait  Dief.  1S9'; 
ich  wil  mit  meiner  helraparten 
sclilahen,  wunden  und  scharten,    fasln. sp.  589,16; 

diese  form  ist  rersdiiedenarlig  verändert:  dann  sie  schliiegen  in 
die  ross  mit  helnparicn.  d.  städleehr.  5,278,16;  der  vierd 
steck  oder  stab  den  der  tiifel  einem  mensciien  dar  stelt, 
ist  die  breite  liellenbart.  Keisersberc  bilg.  3S';  mit  halla- 
parten.  N.  Manüei.  fasln.  361  Grüneisen;  halliparten.  384;  ich 
erwülscht  auch  in  des  Myconii  haus  ein  halleparlen.  Th. 
Plater  164;  erwül«elit  mein  hallebarten.  165; 

ir  scharpfen  halenharten.    Liliemcrok  fo/As/.  2,  25, 14; 

den  hellenbarten  was  so  not, 

damit  sh'ig  man  si  vast  zu  tod, 

die  armen  und  die  riehen.    2,93,18; 

vi!  harnasch  han  wir  und  vi!  pferd, 

vil  hallenbarten  und  auch  schwcn. 

kiaqred  Itutlens  Fiij; 

wo  hast  dein  hallenpart  gelan, 
dein  läderhut  und  auch  den  tagen. 

Ge!<gesbac[I  gnuchm.  733  Göitctie. 

als  vorwiegende  form  hat  sich  hellebarte  ergeben ,  wofür  neuere 
misbrdnchlich  auch  hellebarde  schreiben:  nim  dein  belleparten 
auf  dein  achsel.  Pauli  schimpf  33* ;  name  ein  hellebart  in  die 
band.  pREy  garteng.  75';  halten  auch  den  herzog  selbsten 
mit  einer  belleparten  erschlagen.  MiCRÄr  jus  a.  P.  3,  459 ;  wägen 
mit  piquen  und  belleparten.  Böckler  kricgsschule  564; 

si  brachten  büchsen  one  zai, 
TÜ  hellebarten  breit  und  smal, 
von  spieszen  sach  man  ein  walde. 

LlLiENCRO«  ro/ti/.  2,92'; 

herr  Jörg  ein  edler  riiter  fest 

stondt  da  mit  seiner  belleparten.    Soltau  291  (i-.  1525) ; 

die  wache  hält  ihm  an  der  schwelle 

kreuzweis  die  hellebarden  vor.    Göibk  41,9; 

zwei  riesen  schlafend  lagen 

wol  vor  dem  säulenthor; 

die  hielten,  ins  kreuz  geschlagen, 

die  hellebarden  vor.      Uhlasd  ged.  408. 

sprichwörllich ;  vater,  ich  will  bleiben  und  des  endes  erwarten, 
und  solte  es  auch  belleparten  regnen.  Simpl.  2,54  Kurz; 

weit  lieber  da,  wos  hellebarden  regnet, 

als  hier  im  schimpf!     Göthe  das  tagebnch  16. 

2)  hellebarte,  eine  schneckenart,  slrombus  pes  pelicani,  pelican- 
fusz.  Nemnich  4. 1387. 

HELLEBARTENGATTER,  n.  gatler ,  an  dem  das  ende  der 
Stangen  nicht  die  gewöhnlichere  flammenform,  sondern  die  piken- 
form hat.  Jacobsson  6.  66'. 

HELLEBARTENHIEB,  m..- 

dasz  ein  zweiter  helleparthieb 
euch  die  erste  narb  durchkreuzte. 

Scheffel  trompeler  192. 

HELLEBARTENKRAUT,  n.  coronilla  sccuridaca,  beilkraut. 
Nemsich. 

HELLEBARTIERER,  m.  krieger  der  eine  hellebarte  führt: 

wil  er  ein  belleparten  ffihrn, 

l)edeut,  dasz  er  ist  ein  bellpartirer.    Gilhusiis  114; 

einer  von  den  hellcbardirern,  ein  junger  frischer  kerl.  Simpl. 
3.  282  Kurz. 

HELLEN,  verb.  sonare,  ahd.  hellan,  praet.  hal.  mhd.  bellen, 
prael.  hal,  nur  im  dllern  nhd.  noch  fortlebend,  im  Jüngern  zu 
gunsten  von  Italien  {rergl.  sp.  232)  untergegangen,  soweit  es  nicht 
dinleclisch  noch  fortlebt  (bair.  kdrnthn.  hellen  Schm.  2, 171.  Lexer 
13^1.     die  bedeutung  ist  verschiedenartig  ausgebildet. 

1)  intransitiv  klingen,  tönen:  /onarr  hellen  Dief.  587*;  sonare 
bellen  542";  resonare  hellen  494'; 

wie  jeder  vor  dem  wald  in  bilt, 

des  glich  im  allzyi  widerhilt.    Braut  narrensch.  69,  6. 

2)  transitiv  erklingen ,  erschallen  lassen,  im  folgenden  belege 
ist  das  wort,  wie  vielfach  unten  3,  in  die  schwache  conjugation 
übergetreten : 

der  gutzgauch  frei 

sein  molodci 

bellt  über  bcrg  und  liefe  la'      Fnt  .v„  ,    n.;    573. 


■3)  hellen  übereinstimmen,  consenlire.  es  geht  von  der  sinn- 
lichen bedeutung  'die  stimme  gleich  erschallen  lassen'  aus,  und 
findet  sich  dcmgemäsz  auch  zunächst.in  den  formein  gleich  bellen. 
in  ein  hellen : 

Michel  Schonknecht,  Hans  Franke 
gleich  bullen  mit  dem  klanke. 

M.  Bbhaim  Wiener  12,  26 ; 

wann  die  stat  und  die  Aunsorgen  gar  ungelich  bullen  mit 
ainander.  d.  slädtechron.  4,103,32;  der  hobest  und  kunig 
Ludewig  von  Frankrieb  hüllen  gar  in  ein.  8,66,27.  spiiter 
ist  dieser  sinnliche  hinlergrund  vergessen,  das  wort  wendet  sich  zur 
schwachen  conjugation  und  dehnt  Iheilweise  seinen  stammvocal;  es 
lebt  übrigens  in  dieser  form  lange  fort,  noch  Moser  braucht  es:  das 
sy  alle  ins  laster  bälleten.  Züricher  bibel  1530  625*  (tcnsA.  10, 5); 
es  ist  nicht  ein  gemein  mandat,  so  vom  ganzen  reich  be- 
willigt und  auszgangen  were.  denn  viel  fürslen  und  stende 
haben  nicht  darein  gehehlet.  Luther  tischr.  301* ;  wollen  doch 
Danielis  gesellen  in  ires  königes  abgöttisch  gebot  nicht  belen 
oder  willigen.  Matoes.  Sar.  83";  damit  sie  nit  mit  dein  volke 
belleten ,  und  dem  zu  willen  wurden.  S.  Frank  chron.  299* ; 
di  {die  amtieute)  nnterwundent  etlich  pursliit  in  Appenzell 
bert  ze  halten ,  von  der  vergangnen  pündtnus  wegen,  die 
darinnen  gehellet  haltend.  Tschudi  1,  610;  schuhen  die  schuld 
uff  etlich  der  raten,  die  inen  gehellet  haltend.  626;  in  des 
gegentheil  protestalion  gehehlen.  Wirzb.  landger.  Ordnung  v. 
1618,  bei  ScHM.  2,171;  wo  man  sich  darauf  verlassen  mochte, 
dasz  dasjenige,  worin  alle  geheelten,  dem  gemeinen  wesen 
nicht  sonderlich  schädlich  sein  mochte.  Moser  patr.  phant. 
2   (1798)   194. 

HELLEN,  verb.  hell  machen  und  hell  werden;  mhd.  hellen 
nur  in  letzterer  bedeutung  (Lexer  wb.  l,  1236). 

1)  transitiv,  hell  machen,  erhellen,  erleuchten;  belege  erst  aus 
der  2.  hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts,  wo  das  worl  dichterisch  an 
stelle  des  altern  aufliellen,  erhellen  erscheint: 

dem  blicke  gehellt  bis  zum  kiesel  ist  {der  ström). 

Klopstock  2,  89 ; 
sein  geist  stand  jetzt  vor  dem  richter,  besann  sich 
kaum  noch,  was  jene  wölken,  von  vollem  monde  gehellet, 
wären,  was  wäre  jenes  gestirn,  so  die  wölken  ihm  hellte. 

6,20; 

helle  den  rasen,  lieber  glühwurm,  helle 

diese  wankenden  blumen.    IIöltt  1(MJ  Halm; 
{der  morgen)  hellte  des  alkovs  grüne  gardinen. 

Voss  1,  77  (Luise  2,  3); 

ein  fernes  hirtenfeuer, 

am  grauen  flchtenhain, 

hellt  matt  der  dämmrung  schleier, 

wie  leichenfackelschein.    Mattutsson  ged.  121 ; 

bestrahlt  die  düstern  eiben 

der  kleinen  meierei, 

und  hellt  die  bunten  Scheiben 

der  gothischen  abtei.    142; 
heflte  die  nacht,   und  warf  urschnell  forlrollenden  Schimmer 
über  die  schwankende  flulh  des  raeers.    Ptbker  Tunis.  5,57. 

übertragen  nach  hell  10  (sp.  966) : 

nacht  deckt  die  zukoinft;  aber  es  hellt  aucb  wohl 

ein  wenig  schimmer  halb  das  verborgene.    Klopstocic  7,33; 

und  gab  es  dunkle  stellen, 

SO  ruf  den  Amor  her! 

der  wird  den  sinn  uns  hellen.' 

ein  kleiner  Brunk  ist  er! 

Klader  Schmidt  neue  poel.  briefe  93; 

die  zeit  mag  was  wir  fürchten,  hellen. 

Slwkesp.  Cymbetine  4,  3, 

all  olher  doubts  by  tirae  let  them  be  clear'd. 

nach  hell  11  {sp.  966)  in  bezug  auf  gefühl  und  Stimmung,  sowie 
deren  ausdruck: 

und  doch  lockt  ihm  das  haar  die  Schönheit, 
hellt  ihm  mit  lächeln  den  blick.    Klopstock  2,  49; 


göttliches  lächeln 
tirn.  3.190; 


hellte  die  seeljge  stirn. 

helle  deinen  ihränenblick!     IföLTi  141  Halm; 
und  verklärend  bellte  des  bessern  lebens 

holTnung  ihr  äuge.     Mattuisso:«  ged.  8; 
phantasie!  mit  deinem  roscnglanze 
helle  zauberisch  der  wehmuih  flor.    148. 

2)  hellen,  reflexiv : 
nun  hellt  sich  der  morgen,  die  well  ist  so  weit.    Göthb  S,  4: 

wenn  Jehovahs 
wolkiger  thron  aus  der  nacht  sich  hellet.     Voss  3,  3; 

jugendlich  hellt  sich  des  greises 
Mirk  und  dankt!  Klopstock  1,257; 


971 


HELLEN  —  HELLER 


HELLERBEUTEL  — HELLGLÄNZEND        972 


hellet  der  kennenden  blick  lächelnd  dem  sclinuenden  sich, 
«euu  sein  gesang  sich  von  ihr  (der  Schönheit)  trunken  ergicszt. 

',  10; 

zermalmt  linht  ihr  die  fremden  horden, 

doch  innen  hat  sich  nichts  gehellt 

und  freie  seid  ihr  nicht  geworden.     Uhland  ged.  92. 

3)  hellen,  intransitiv,  hell  werden:  hellen  pro  hell  werden, 
clarere,  lucescere,  diescere  Stieler  888 ; 

welch  feuriges  wunder  verklärt  uns  die  wellen, 
die  gegeneinander  sich  funkelnd  zerschellen'^ 
so  leucbtets  und  schwanket  und  hellet  hinan. 

GöTHE  41,  178. 

4)  hellen,  technisch  bei  den  goldfchmieden ,  das  gold  helle 
sieden  {vergl.  helle  6,  .</i.  969):  wenn  nämlich  das  gold  ..  noch 
eine  schönere  färbe  bekommen  soll,  so  niusz  man  es  noch 
weiter  hellen,  A.  i.  heller  an  färbe  sieden.  Jacobsson  2,  25l'. 

HELLEN,  vcrb.  neigen;  assimilierte  form  von  hülden  sp.  222. 
vergi.  uulen  helling  2,  und  liclhveg  2. 

HELLEiNDE,  n.  das  dünnere  ende  eines  baumstammes ;  vergl. 
helle  7. 

HELLER,  «J.  obolus;  die  seit  dem  15.  Jahrhundert  gebräuch- 
liclie  umgelaulele  form  für  haller,  sp.  234,  die  sich  immer  mehr 
festgesetzt  und  auch  die  Schreibung  liüller  verdrängt  hat.  über 
die  müme  selbst  und  ihren  eigentlichen  wert  rcrgl.  a.  a.  o.,  aus- 
gifrägt  wurde  sie  bis  auf  unsere  zeit  mehrfach ,  z.  h.  in  dem 
ehemaligen  kurhessmhen  gebiet,  ihr  name  war  und  ist  noch 
jetzt  in  sprichwörtlichen  redensarten  viel  gebraucht,  so  dient  heller 
ah  bezeichnung  des  kleinen,  geringen:  eins  hellers  wert  nit 
lassen.  Aimon  bog.  b;  wir  achten  sein  trauen  nicht  eins 
heliers  wert.  bog.  e;  welchen  Verlust  ich  doch  nicht  dreier 
heller  wehrt  schätzte.  Simpl.  3,22  Kurz;  da  hätte  ich  vor 
mein  leben  nicht  drei  heller  gegeben.  Cur.  Weise  erzn.  69 ; 
nur  ich  empfange  keinen  heller  davon.  Kotzebue  dram.  sp. 
3,315;  dieser  trunk,  der  einer  kaiserlichen  tafei  wohl  ge- 
standen hätte,  kostete  ihn  keinen  heller.  Grimm  deutsclie  sagen 
I,  no.  15;  namentlich  in  der  Verstärkung  rother  heller,  weil  von 
kupfer  ausgeprägt:  obgleich  einmal  drei  lustige  Studenten  auf 
einer  reise  keinen  rothen  heller  mehr  in  der  tasche  hatten. 
Hebel  2  (1S53)  59;  es  hat  mir  vergnügen  gemacht,  dasz 
mein  köpf  bei  euch  noch  etwas  gilt,  denn  ich  kann  euch 
versichern ,  für  den  eurigen  güb  ich  keinen  rothen  heller. 
108;  dafür  blutiger  heller:  keinen  blutigen  heller  im  leben 
hatte  ich.  Schelmufsky  1,154; 

kein  heller  in  die  apotecken  ich  geben  wil. 

fasln,  sp.  217,  24; 
all  trost  sliend  {stand)  auf  sein  grosz  geschütz, 
es  war  im  nit  ains  hellers  nutz. 

SoLTAü  volksl.  371  (von  1547). 

bis  zum  letzten  heller,  bis  zum  äuszersten ,  vollständig:  ich 
sage  dir,  warlich,  du  wirst  nicht  von  dannen  eraus  komen, 
bis  du  auch  den  letzten  heller  bezallest.  Mallh.  5,20;  da 
wird  ..  auf  den  nehesten  heller  alles  wider  gefodcrt,  und 
keine  strafe  nachgelassen.  Lutber  3,233';  bezahlte  bis  auf 
den  letzten  heller.  Lessing  1,220; 

dann  sollt  ihr  mir  sagen,  ein  treuer  wardein, 
wie  viel  ich  wohl  wenh  bis  zum  heller  mag  sein? 

BÖRCEB  oC; 

zusammenäellung  von  heller  und  pfenning :  welches  ich  jetzt, 
da  alles  durch  meine  bände  gegangen,  tjci  heller  tmd  pfcnnig 
berechnen  kann.  SciiruER  an  Götlie  23fl;  wie  wir  nun  auch 
die  gemeine  baarschafl  bei  heller  und  pfcnnig  zusammen- 
zählen mochten,  kamen  doch  niemals  mehr  als  drei  rcichs- 
thalcr  heraus.  Hiehl  cuUurgesch.  nov.  309; 

hat  er  dann  ohn  geld  «ein  bcgierd, 
ihn  beidn  heller  noch  pfennig  wird. 

Opel  m.  Cook  400,  HO. 

anderes  fprichwörlUches.  würfe  der  ain  heller  auf  ainen,  doch 
es  Helen  zween  wider  herab  (so  viel  glück  hat  er).  S.  F'rank 
paradoxa  29;  es  ist  ein  b<iser  iicller,  der  einem  ein  pfund 
schadet.  Keisersberc  bei  Frisch  l,44l';  zween  bOse  heller 
linden  sich  gemeiniglich  in  einem  beute!.  Otiio  005;  er  hübe 
nicht  einen  heller  um  den  andern  auf.  Schottel  1121*;  wer 
einen  heller  erbet,  musz  einen  thalcr  bezahlen.  Pistorius 
Ihei.  par.  3,  87 ;  heller  stehe  auf,  und  lasz  den  kreuzer  niedcr- 
silzen,  quum  %i»  namu,  cede,  da  locum  meliori.  Serz  06^  wer 
auf  keinen  heller  siebt ,  kommt  auf  keinen  kreuzer,  ntajora 
perdtt ,  parva  ni  tervaveris.  dat.;  viel  heller  machen  auch 
geld;  ein  ungerechter  beller  friszt  einen  thalcr;  es  ist  ein 
guter  heller,  »n  einen  (haier  bringt;  wer  zum  heller  gemünzt 
ist.  wird  iilt  crotichen; 


wer  den  heller  nicht  ehrt, 

ist  des  guldens  nicht  werth.     Simrock  sp-ichw.  240; 

er  (der  dichter)  ist  reicher  als  die  . .  goldgcwaltigen  der  weit, 
wenn  auch  in  seiner  tasclic  oftmals  der  pfennig  mit  dem 
heller  betrüblich  hochzcit  feiert.  Scheffel  Ekkeli.  (1855)  345. 
seine  drei  heller  mit  dazu  geben,  als  bUd  für  die  thcilnahme 
an  einer  ratschlagung :  du  lieber  golt,  wie  viel  mahl  musz  er 
bei  richter  und  schöppcn  seine  drei  heller  mit  dazu  geben, 
wenn  sie  sich  nicht  aus  dem  hanfc  finden  können  oder  sonst 
was  necksches  fürgangen.  ScHocn  stud.  leben  D  iij. 

iieller   für   münze  oder  geld  überhaupt  (wie  hallcr,  sp.  234) : 

gott  der  geh  euch  (eincyn  jungen  ehepaare)  brod  und  heller, 

kleider,  gahrten,  horr  und  haiisz, 

er  gesegn  euch  küch  und  keller  .  .  .    Rist  l'arn.  785. 

HELLERBEUTEL,  »i.; 

das  quinilein  salfran  tregcst  du 

in  einem  hällerbcutel  wol.    H.  Sachs  5,  350*. 

HELLERBIRNE,  f.  eine  längliche,  nicht  gar  grosn  frühbirne. 
Nemnich. 

HELLERFUNSE,  f.  geringe  lampe  (vergl.  funse): 

du  wurdest  jederzeit  vor  andern  wohl  empfangen, 
wir  steckten  fremden  nur  die  hellerfuntzen  an ; 
dir  aber  muste  stets  der  tisch  mit  kerzen  prangen. 
GiiMHER  1100. 

HELLERHURE,  f.  meretrix  Iriobolaris,  quadranlaria.  Stie- 
I.ER   ^34. 

HELLER  KRAUT,  n.  obolaria.  Nemnich. 

HELLERLEIN,  n.  aercolus,  uncia.  Stieler  738. 

IIELLERLEUCHTET,  part.:  hellerleuchteter  saal.  Klinger 
3,251;  eine  hellerleuchtete  wölke.  10,194. 

HELLBHlLICHT,  n.  licht  für  einen  heller,  geriüges  licht:  die 
ungeistlichen  geistlichen,  leuchtend  wie  das  grOste  heller- 
liclit  mitten  in  den  hundstagen.  v.  Butschkv  Palm.  284;  wan 
so  ein  schwarz  haar  pechfackerl  auf  eim  liebäugeln,  so  mögt 
man  ja  für  liebsangst  anbrinnen  wie  ein  hallcrlichtl.  Schwabe 
lintcnf.  Bl'. 

HELLERLICHT,  adj.  s.  hellicht. 

HELLERMANN,  m.  moechus,  scortalor,  ein  hurer.  Math,  bei 
Frisch  l,  44l'. 

HELLERSWERTH,  adj. : 

und  fürwahr  nicht  hellerswerth  verloren 

hat  an  mich  das  goldheschwerte  glück.    ü6iger  OSV 

HELLERTÖNEND,  pari. : 

herolde  mit  hellertönender  stimme.     Stolberg  11,02. 

HELLERWAGEN,  m.  geringer  wagen,  vehiculum  vilius.  Frisch 
1,441'. 

HELLERWEISE,  adv. :  so  will  ich  . .  ihr  die  kriegskosten 
wieder  abjagen,  müszt  ich  sie  umkehren  und  Ihr  den  betrag 
hellerweise  aus  den  laschen  herausschütteln.  H.v.  Kleist 
Käthchen  v.  Heilbr.  3,  2. 

HELLERZINS,  «i.  zins  der  von  krämcrn ,  laden,  brotbdnken 
u.  s.  w.  als  Standgeld  gegeben  wird.  Frisch  1,  44l'. 

HELLFARBIG,  adj. :  hellfarbige  kleider;  hellfarbige  mauern  ; 
die  däinoncn  in  euren  fabliaux  und  zauberromanen,  wie  hell- 
farbig und  besonders  wie  reinlich  sind  sie  in  vergleichung 
mit  unserer  grauen  und  sehr  oft  unfläthigen  geisterkanaille. 
H.  Heine  5,  50. 

HELLFRISCH,  adj.: 

ich  hab  ein  licbchcn  lieb  recht  von  herzen, 
helllrische  äugen  hats  wie  zwei  kerzen. 

EicHKNDORFr  ged,  258. 
HELLFUCHS,  «i.  pferd  von  heller  fuchsfarbe. 
HELLGEAUGT,  part.: 

zum  chor  der  hellgeaugten  cherubim. 

Sliakesp.  kiiufmitiin  von  Venedig  b,  I, 
still  quiring  to  the  joung-ey'd  chorubins. 
HELLGEFORMT,  part.: 

der  hcllgeformie  Widerschein.    Krockis  7,  290. 
HELLGELB,  adj.:    (das   meer  hat)    tiefen    lehmboden  auf- 
gchUuft.     er   ist    hellgelb    und    leicht    zu  verarbeiten.  GOrnB 
27,179;  die  blondine  hat  zu  violett  und  hellgelb,  die  brünette 
zu  blau  und  gelbrolh   neigung.  53,334. 
HELLGESCHLIFFEN,  part. : 

ah  mit  neuem  volk 
und  htillgCftnlililTnen  waffen  könig  Suono, 
Norwegen«  horrschor,  auf  den  knmpflilaiz  trat. 

ScilILLKH   Mdclirlh   I,  2. 

HELLGLÄNZEND,  part.:  die  hellplilnziMide  sonne.  Simpl. 
2, 79  Kurz; 

doch  mit  liclIglAiiiendem  pnnicr 

itlog  welihelt  wieder  von  d«m  hlmmel.     Qoni«  1,  4S0. 


973 


HELLGOLDEN  — HELLIG 


HELLIG— HELLIGKEIT 


974 


HELLGOLDEN,  adj.: 

erschlossen  ist  des  bimmels  stille  pracbt; 
hellgoldne  schwingen  tragen  mich  hinauf. 

H.  H£i!*E  16,  60. 

HELLGRAU,  adj.: 

den  einen  münch  graw  wie  ein  spatz, 
den  andern  hellgraw  wie  ein  katz. 

Fischart  r.  S.  Dominici  782  Kurz. 

HELLGRÜM,  adj.  viride  pallens.  Frisch  1,441;  als  icli  .. 
auf  den  gondelrändern  die  gondoliere,  leicht  schwebend,  bunt- 
bekleidet ,  rudernd  betrachtete ,  wie  sie  auf  der  hellgrünen 
fläche  sich  in  der  blauen  luft  zeichneten.  Göthe  27,135; 

noch  wuchert,  voliierhalter,  dir 

lieligrünes  elchenlaub.     Voss  3,  26. 

HELLHAFEN,  s.  höllhafen. 

HELLHAUFE,  m.  für  heller  häufe,  sp.  965:  ob  disem  gleich 
der  ganze  helihaufeder  grammaticorum  wiederspricht.  Schlp- 
pios  413. 

HELLHEIT,  f.  claritas. 

HELLIG,  adj.  und  adv.  l)  müde,  matt,  mhd.  hellic,  hellec; 
uol  der  nachte  verwandle  zu  dem  sp.  159  aufgeführten,  meist 
niederdeutschen  hahl  oder  hähl,  düir,  trocken,  denn  es  bezeichnet 
in  den  dialecten,  wo  es  noch  lebt,  die  körperliche  abspannung  durch 
hunger  und  durst;  Schweiz,  hellig,  hällig  kraftlos,  lechzend, 
helliger  hunger,  lechzender  Staider  2,  37 ;  elsässisch  hellig  vde 
im  magen;  schwäb.  ballig,  hellig,  höllig  lechzend,  matt  Schmid 
25S ;  bair.  hellig ,  müde,  abgemattet,  mit  leerem.  Müdem  magen, 
Imngrig  und  durstig  SciiM.  2,172;  fränkisch  hellig  malt,  an  der 
Eifel  haliig  trocken  im  hahe  Fromm.  6, 15 ;  hess.  helch  und 
hclk,  ton  hitze  und  durst  abgemattet,  dürr,  welk  Vilmar  163; 
dar.  heilig  trocken,  durstig,  auch  bei  Luther  :  unser  deudscher 
teufel  wird  ein  guter  weinsehlauch  sein,  und  mus  Sauf  heiszen, 
das  er  so  dürstig  und  hellig  ist,  der  mit  so  groszcn  saufen 
weins  und  biers  nicht  kan  gekület  werden.  6,163";  nd.  hellig 
ausgedörrt  von  der  kehle  und  vom  erdboden  Schambach  7S'; 
hellig  durstig  Ricuey  93.  die  ältere  scitriflsprache  bis  ins  18.;/». 
braucht  das  wort  oft,  und  vielfach  mit  müde  verbunden:  zum 
driten  musz  er  haben  etwas,  das  in  sterk  und  kreftig,  und 
daran  er  sich  erlaben  raüg,  wenn  er  hellig,  hungerig  und 
durstig  ist,  und  swach  oder  müd  syg  worden  uff  dem  weg. 
Keisersberc  bilg.  16';  wenn  er  was  abkumen  und  müd  wor- 
den, darzu  hellig  vom  gon.  postill  2,56';  wir  kommen  also 
gemüdigt,  höllig  und  aller  freuden  losz.  Wirsüsg  Calislus  2; 
disz  Volk  mäsz  allzeit  zu  saufen  haben,  sunst  ist  es  hellig 
und  nicht  werd,  voll  seindt  sy  aber  gut  kriegsleüt.  Frank 
weltb.  43';  damit  warn  die  Rhömer  betobt,  und  hellig  ge- 
raachet ,  dj  sy  die  statt  nicht  lenger  mochten  aufhalten. 
chronica  160*;  lieber  halt  doch,  und  lauf  dich  nicht  so 
hellig.  Jer.  2,25;  wenn  nun  doctor  Luther  sich  müde  und 
hellig  gearbeit,  war  er  am  tische  frölich.  Matbesius  Luther 
146;  Abraham,  als  er  von  der  Schlacht  der  künigen  wider- 
keert,  was  er  hellig  und  müd.  Zwingli  1,  511;  si  hettind 
uff  den  tag  sig  und  eeren  gnug  ingelegt,  wärind  auch  müd 
und  hellig,  und  stundi  ir  ding  wol.  Tschddi  2,423;  hellig 
und  müd,  lassus  Maaler  218*;  da  nun  könig  Ludwig  solchen 
groszen  sieg  erlangete,  sein  volk,  das  den  ganzen  tag  ge- 
stritten, sich  abgezabelt  hatte,  scblemig  (abgespannt),  hungerig 
und  hellig  war,  schuf  er,  dasz  man  das  volk  auf  der  wahl- 
statt  mit  essen  und  trinken  labet.  Ave.^tix  chron.  487;  wie- 
wol  sie  von  schlegen ,  hunger  und  marter  hellig  waren. 
b.  d.  liebe  217';  der  weite  weg  . .  halte  ilns  hungerig  und 
hellig  gemacht.  Simp/.  2,  53  Kurz;  einen  trunk,  damit  er  sein 
hellig  herz  erquikke  und  seine  dürre  zunge  netze,  ped.  schul- 
fuchs 240;  (den  wein)  den  er  mit  seinem  guten  freunde  als 
von  der  jagd  ermüdete,  hellig  und  durstige  begierig  ein- 
scbluckte.  irrgarten  114;  man  sah,  dasz  sie  recht  hellig  war. 
Hermes  Soph.  reisen  i,  092;  essen  und  trinken  hatten  sie  auch 
nötig,  wollten  sie  nicht  höllig  zur  ruh  aufs  stroh  gehen. 
Et  harzmärchenbuch  189; 

der  held  ganz  müd  und  bellig  was.    Theuerdank  86,  18; 

gieng  daher  heiig,  mtid  und  scbwacb.    H.  Sachs  2,4,40*; 

mein  berr,  ich  bin  so  müd  und  hellig.    3,2,28'; 

und  werden  heilig,  müdt  und  madt.    231«; 

wann  ich  bin  gar  müdt,  matt  und  hellig.    3,  3,26'; 

weil  sie  müssen  zu  fuszen  laufen, 

so  werden  sie  müd,  matt  und  heilig.    5,241*; 

dasz  wir,  von  der  reis  und  der  schlacht 

bellig,  hungrig  und  müdt  gemacht, 

uns  ein  wenig  wider  erquicken. 

J.  ArtiB  122'  (617,  11  Kelter). 


2)  01«  der  vorigen  bedeuiung  hat  sich  auch  bisweilen  die  schwie- 
rig, aufsäizig ,  böse  ergeben:  so  würdestu  ee  schellig  und 
hellig  denn  heilig,  und  würdest  ee  zu  einem  narren,  dann 
dj  du  lügend  überkompst.  Keisersbebg  bilg.  56';  ward  das 
volk  aber  hellig  und  unwillig.  Frank  weltb.  162';  ob  schon 
der  scorpion  am  hiramel  versalzt  und  unter  die  sterne  ge- 
rechnet ist,  so  behält  er  doch  seine  boshafligkeit :  ja,  sie 
ist  allda  vil  helliger,  als  wenn  er  alhir  auf  erden  wehre, 
denn  also  streckt  sich  seine  vergifte  kraft  weiter  und  breiler 
über  die  erden  aus.  Bltscusy  Palm.  872.  heilich  in  der  graf- 
schaft  Mark  wird  (neben  heik)  von  geplagten  thieren  gebraucht,  die 
wütend  werden  oder  ausreiszen.  Fromm.  5,  358.     vgl.  heiliglichen. 

HELLIG,  adj.  und  adv.  laut,  hallend,  Weiterbildung  von  hell 
1,  sp.  961:  hellig,  sonilus,  sonosus,  vulg.  lut  vast  loc.  ine.  theut. 
\  i' ;  so  geht  denn  auch  die  sage:  dasz  Hans  Joggi  und  sein 
Anne  Marei,  nebst  zwei  andern  weibern,  die  sie  aufgeladen 
auf  dem  heimweg,  haupt  hellige  gesungen  hätten,  dasz  es 
den  zaunstecken  thränen  ausgetrieben.  J.  Gotthelf  schuldenb. 
145.  in  Baiern  heiszt  hellig  geständig,  zugestanden,  auch  offen- 
bar:  ein  helligs  wunder;  das  hellig  bluet.  Schm.  2, 172;  ebenso 
in  Hessen :  hellig  schön.  Vilmar  163,  berührt  sicti  also  dem 
sinne  nach  mit  hell  6  sp.  964.  rg/.  anhellig,  einhellig  und  unten 
helligen. 

HELLIGEN,  verb.,  mhd.  beilegen  und  hellen  (Lexer  wb. 
1,1233.  1236),  plagen,  peinigen,  zunächst  von  hunger  und  durst : 
der  wolf  spricIU  zum  hund  warum  bistu  so  dürr  worden  von 
megry  (magerkeit)'!  als  mich  bedunkt,  so  helligt  dich  der 
hunger,  so  dein  herr  als  übrig  karg  ist.  STEi.NHöwEL(t4S7)  56; 
dann  auch  allgemeinermüde,  abgemattet  machen,  quälen:  hellgen, 
müdmachen,  fatigare  M.iALER  21&';  sich  selbs  mit  sinnen 
hellgen,  agitare  secum.  das.;  also  das  ihn  der  flusz  des  bluttes 
helliget  und  blüde  machet ,  so  gebürt  dir  das  bifit  zu  ver- 
stellen. H.  Braunschweig  chirurgia  (1539)  17 ;  als  die  ersten 
yehent  (sagen)  die  da  wasser  und  brot  nieszen,  dasz  sie  da- 
durch gehelliget  und  geblödiget  werden,  das  ire  gelider  vonn 
natürlicher  kraft  kummen.  34 ;  (er  soll)  under  solchem  schein 
den  feind  . .  lang  aufziehen,  und  zuletzt  in  helligen.  Fronsperg 
kriegsb.  1, 176'.  endlich  geht  helligen  in  den  sinn  über  belästigen, 
stören:  das  gericht  helligen,  vergl.  Haltaos  S77;  item  man 
sali  niemantz  in  der  puuten  zu  Remych ,  in  der  moellen  zu 
Beche,  noch  in  der  sieben  scheffen  huszer  kcemeren,  ayn- 
griffen,  heyigen  noch  phenden.  weisth.  2,  244  (Obermosel  v.  1477); 
woraus  sich  die  bedeutung  vexieren,  foppen  entwickelt :  dasz  diese 
Unterhandlung  vergebenlich  und  unfruchtbar  wäre  und  sich 
zu  beederseits  nur  damit  aufzügen  und  heiligten.  Baumgärtner 
in  Melanchthons  opp.  ed.  Bretschneider  2, 367 ;  eine  bedeutung, 
die  schweizerisch  helgen ,  helken  (Stalder  2,  37)  noch  bewaht. 
s.  helken  oben  sp.  961,  und  vergl.  ausheiligen  (l,  886,  wo  als 
bedeutung  aushungern  anzunehmen  ist),  behelligen ;  abbelligen, 
durch  anstrengung  und  mangel  an  nainung  zu  gründe  richten, 
und  erhelligen,  ermatten,  bringt  Schm.  2, 173  bei. 

Auf  ein  intransitives  helligen ,  viüde,  maU  werden,  wird  hin- 
gewiesen durch  das  in  der  Eifler  rnundart  vorkommende  balgen, 
bei  groszer  ermüdung  schnell  den  athem  ziehen  Fromm.  6, 15, 
sowie  die  nassauische  Weiterbildung  hellgern,  hullgern,  kränkeln, 
und  sich  dabei  bald  da  bald  dorthin  setzen.  Keurein  193. 

HELLIGEN,  verb.  einhellig  werden,  einwilligen  (vgl.  oben  das 
zweite  hellig  auf  dieser  spalte  und  die  begriffseutwickelung  von 
hellen  3  sp.  970):  und  nach  viel  unterreden,  und  sonderlich 
des  sacraments,  unsers  herrn  Jhesu  Christu  leib  und  blut 
halben  (darin  ich  sie  fast  verdächtig  gehabt  hatte)  fand  ich 
sie  (die  Waldenser)  ..  im  gründe  mit  uns  helligen,  und  gleu- 
ben,  das  im  sacrament  der  wahrhaftige  leib  und  blut  Christi 
empfangen  werde.  Luther  6,113";  dasz  Pfalz,  Brandenburg 
und  Jülich,  so  auf  jenem  theil  saszen,  mit  uns  zu  stimmen 
helligen  würden.  Melanchthon  opp.  4,  83  Bretschneider. 

HELLIGKEIT,  f  lux,  serenitas,  claritas.  Dasvp.  ;  die  hällig- 
keit  der  sonne,  solis  claritas  Steinbach  1,670;  die  helligkeit 
an  einem  klaren  himniel  bei  Sonnenaufgang  dicht  um  die 
sonne  herum  oder  vor  der  sonne  her,  kann  so  grosz  sein, 
dasz  wir  sie  kaum  ertragen  können.  Göthe  52,368;  vor- 
züglich trugen  grosze  Spiegelscheiben  das  ihrige  zu  einer 
vollkommenen  helligkeit  bei,  die  in  dem  alten  hause  . .  ge- 
fehlt halte.  24,41. 

HELLIGKEIT,/",  mühe,  beschwernis:  des  (rerreniens)  zaichen 
seind  au  etlichen  enden  ungemainliche  höhung  und  an  andern 
enden  helligkeit  und  schmerzen  des  bewegens.  H.Bracnscbweig 
Chirurg.  (1539)  107. 


975 


HELLIGKEIT—  HELLSILBERN 


HELLSONNIG  — HELM 


976 


HELLIGKEIT,  f.,  s.  ein-,  iiiis-liL-lligkeit. 

HELIJGLICHEN,  adv.  schwierig  {vgl.  hellig  2  sp.  974) :  wurt 
aiiier  gestochen  inn  den  leih,  ilas  ist  gar  helleiilichen  zu 
juilicieren  ob  es  ain  tüdiiche  wund  sei,  oder  ob  sie  grosz 
oder  klain  sei.  H.  Biiaunsciiweic  chiruig.  (lS3it)  9 ;  und  gar 
heiliglichen  mit  (einer  koitfwinitlv)  uuib  zu  geen  ist.  37. 

HELLING,  «1.  1)  die  asüriiiliciie  furm  von  helbling  (.tp.  93ü), 
lialbpfenuing ,  viillel-  und  niedeideulscli.  der  wert  des  hellings 
und  des  hellers  ist  der  gleiche,  verwecfisclungen  kumtnen  daher 
vor:  hallensis  ein  hellincii,  vocahular  der  rilleracadentie  zu  Litne- 
burg  von  14S8  (luindschnftl.),  MSS.  82.  ein  jielling  seinniel, 
et;i  kleines  semmelbrol  in  einer  reihe  semmein  (zum  preise  eines 
hellings).  Jacoüsson   2, 197*. 

2)  helling  im  Schiffbau:  die  helJinge  d.  h.  unterlagen  au! 
denen  die  schilTe  erbaut  werden.  Weserzeihtng  1S54  nv.'A.uo. 
geuöhnlich  zusammengezogen  beigen  genannt;  tc/ Jacoiisson  C,(j()' 
hellung.  da  diese  unterläge  sich  ins  wasser  neigt,  so  ist  wol 
Zusammenhang  mit  lieldeu,  liülden   [sp.  gnö.  222)  anzunelwien. 

3)  lielling,  fimmel,  ßmtnelhunf.  Nemnich. 

HELLKALT,  adj.  hell  und  kalt,  vom  himmel  und  weiter:  ein 
hellkalter  winlertag;  mislicb  ist  allerdings  die  zeit  und  iieii- 
kait  für  die  religion.  J.  Paul  ddmvi.  147. 

HELLKLINGEND,  pari. : 

nachts  tönt  Rhodope  rings  vom  geklirr  hclIkÜDgenden   erzes. 

Voss  üviä  no.  30,  lü7. 
HELLKHEISCHEND,  pari. : 

ilaim  in  diis  uaclispiel  tönet  nach  lust  hellkreischender  jubcl, 
eigenes  erntegelöii.  Voss  2,  89  {liiijll.  5,  144). 

HELLKUCHEN.  -KÜCHLEIN,  s.  hollkuchen,  -küchlein. 
HELLLEUCHTEND,  part. : 

sich !  von  des  kuaben  scheitel  quillt 
hellleuchteud  eine  feiierflocke. 

Schiller  Zerstörung  von  Troja  115. 

HELLLICHT,  adj.  ganz,  durchaus  licht.  Fromm.  1, 231,  mit 
der  veiterbildung  helllicliterloh.  in  Düringen  und  Obersachsen 
bellerlichterloh. 

HELLPFEIFE,  f.  beitn  Orgelbauer  eine  offene  flölenstimme  von 
acht  fuaz  ton.    Jacobsson   2,252*. 

HELLHOTH,  adj.:  eine  hellrothe  färbe;  hellrother  lack. 
Jacoussok  (i.  6g';  mein  begleiter  enöthete  tiefer,  je  näher  er 
trat;  seine  wangen  liefen  vom  hellrotben  ins  dunkelroihe  .. 
an.  Hauff  mrm.  d.  sal.  2,  s.  138. 

HELLSCHI.MMERND.  part. : 

doch  wo  die  Isar  im  laur,  hcllscbimmernd ,  München  ereilet. 

PfRKER  Twiis.  3,  90. 

HELLSCH HEIER,  m.  loxia  pyrrhula,  dompfaff.  Nemnich  3,455. 

HELLSEHEN,  n.  das  klar  und  deuUick  sehen  (vcrgl.  hell  10 
sj>.  9<i6);  auch  das  niciU  natürliche  sehen  verborgener  dinge:  dabei 
bin  ich  mit  einem  wunderbaren  bellsehen  begabt,  was  mir 
die  gedanken  einnimmt,  sehe  ich  einen  wald,  so  wird  mein 
geist  auch  alle  basen  und  hirsche  gewahr,  die  drin  herum- 
springen, und  hör  ich  die  nachtigall,  so  weisz  ich  gleich  was 
der  kalte  mord  an  ihr  verschuldet  hat.  Bettine  iru/e  1,223. 

HELLSEHEND,  part.:  l)  klar,  deutlicli  erkennend:  der  von 
naiur  hellseiiendste  und  bestgearlele  mensch.  Garve  anm. 
zu  Cie.  de  off.  2,  st ;  die  hellsehenden  waren  so  ehrlich,  sich 
dies  selbst  zu  sagen.  Gküvinus  yMc/i.  J«  19.  ja/ir/i.  1,34;  sich 
mit  hellsehenden  äugen  in  eine  gefahr  stürzend.  Klincer 
1,  434. 

2)  mit  der  gäbe  des  (magnelisclien)  hellsehens  ausgerüstet. 

HELLSEHER,  m.  l)  nach  hellsehend  1,  der  etwas  klar  und 
deutlich  erlu:nnt  und  beurtheill. 

2)  nach  hellsehend  2:  ich  kan  auch  erkennen,  fuhr  dieser 
hellscher  fort,  ob  man  ein  gesunde»  oder  krankes  herz  habe? 
ob  es  gelbe  von  neid  oder  schwarz  von  bösen  thaten  sei? 
GoTTscHLiNC  B.  Gfactant  crilicon,  aus  der  franz.  spräche  in  die 
teulsche  über».  (I7t0)  3,  103. 

HELLSEHEREI,  f.:  bring  ich  ihn  {den  leser)  ungKlcklicher- 
weise  in  jene  liistorische  liellseheroi,  wo  er  nichts  mehr 
hört  und  siebt,  als  meine  mit  ihm  in  rapport  gesetzte  per- 
»onen.  J.  |»au(.  fletp.  J,  90. 

HELLSEHERIN,  /. ;    in    den    stuhen    umher   saszcn    und 

schliefen    sechs    bis    sieben    hellseherinnen ,    ich    wurde  mit 

''"" "    "I    1  "'i'orl    gesetzt    und    erhielt    die  wichtigsten  auf- 

die  geheimsten  dinge.  IMMi{RNA^N  Miinchh.2,ii2. 

'  NG,  f.  das  hellidun. 

llhLL.MLIlKRN.  adj.: 

■la  b(.t  di«  iiriiizi-miliiii  ein  ftpri-lrlitin  r.u 

aU4  llireiu  liitllij'l '    •'-'f,  jIk,,  ,)  ,,       ,  ,  •■  ;■ 


HELLSONNIG,  adj.:  süszes  stilles  helUonniges  morgen- 
land!  Heine  12,  07. 

HELLSTIMMIG,  adj.:  wolgelahiter,  vielgescliwinder  und 
hellslimmiger  niester  Lollinger,  leiuwebcr  und  mestersänger. 
A.  Gbyphius  1098  1, 719; 

tliörichler  schwSizer  Thersites,  obgleich  hellslimmiger  redner! 

ltia$  2,  240. 

HELLSTRAHLEND,  pari.: 

ein  Hellt,  aus  meinem  geist  hellstralend  ausgellüssen. 
Gellkbt  2,  54 ; 
er  schätzte  sie  höher  als  zeptcr  und  krön, 
und  iiöher  als  seinen  hellstruhlunden  thron. 

UiJRGKR  33'  (s.  35*  ijeireunl  liell  strahlenden). 
HELLUNG,  f.  in  mehrfachem  sinne. 

1)  laut,  inhalt:  nach  hcllunge  des  briefs.  Mone  Zeitschrift 
17,  337   {von   1384). 

2)  erleuchtung:  gibt  man  demselben  (dem  räume)  aber  die 
erforderliche  heilung.    Göthe  43, 330. 

3)  gewöhnlich  wie  helle,  licht,  hclligkeit:  weil  die  natur  hin 
und  wieder  in  die  winkel  ganze  felsen  von  cryslall,  diamanten 
luid  carfunklen  geordnet,  so  die  hellung  und  heitere  hinunter 
(in  die  see)  fertigten.  Simpl.  2,79  Kurz;  in  dem  diistern  ge- 
wölbc  gab  das  tageslicht  durch  einen  eingang  so  viel  hel- 
lung, dasz  ...  MüsÄus  1,21;  deren  zweite  Öffnung,  ehe  wir 
sie  sahen,  durch  hineinleuchtende  heilung  verrafhen  ward. 
Stolberg  0,21;  dein  geist  greift  durch  dunkle  zukunft  nach 
hellnng.  Ki.inger  Iheater  4,  IHb ;  lichter  und  lanipen  brannten 
und  eine  ganz  unendliche  heilung  umgab  sie  (Ollilien).  Götuk 
17,274;  der  himmel  stand  voller  steine,  und  die  hellnng  war 
sehr  grosz.  34.  93;  man  sieht  vor  lauter  bellung  keinen  korper. 
54,  74 ;  dasz  die  verschiedenen  färben  des  spectrums  an  bel- 
lung ungleich  sind.  59,100; 

wir  fanden  uns  bei  allzugroszer  hellung 

in  sehr  gedrängter  unbequemer  Stellung.    41,253; 

von  des  tages  erster  hellung 

bis  zum  letzten  abcndstral.    ROckert  ges.  ged.  1,379. 

4)  bellung  für  helling,  5.  d. 

HELLWEG,  m.  i)  mhd.  helwec,  hellewec  landslrasze,  heer- 
weg ,  in  Westfalen  (ursprünglich  der  weg,  auf  dem  die  leiehen 
gefahren  wurden ,  vcrgl.  viylhol.  701) :  wie  weit  ein  gemeiner 
hellweg  mit  zeunen  und  graben  zu  reumen  sei?  der  soll  so 
weit  und  so  breit  sein,  dasz  ein  mann  mit  einem  wescbaum 
zwerch  dadurch  reiten  kann.  «mZ/j.  3,  lOG;  die  crbaltung  der 
wcge,  bei  der  man  die  alten  unterschiede  von  künigsslraszen, 
helwcgen,  jochwegen  etc.  fallen  liesz.  Stüve  ucien  «.  rtT/".  132 ; 
so  habe  ich  damals  anno  zwölf  die  ganze  nis.<ische  armee 
über  den  hellweg  ziehen  sehen.  Immermann  Münchh.  4, 15. 

2)  ein  auf  der  seile  abhängig  gemachler  weg,  damit  das  wasser 
ablaufen  könne  {für  heldweg,  vgl.  hälden  «.  beiden  sp.  222.  935). 
Adelung. 

HELLWEISZ,  adj. :  heiivveisze  färbe,  scbneeweisz,  ist  die 
eigentliche  reine  weisze  färbe,  ohne  beimischung  einer  an- 
dern.  Jacousson  G,  Cü'. 

HELLWEIT,  adj.: 

da  Most;  es  oben  blau  daher 

hoch  iibenn  alten  ocean, 

und  zwischen  ward  hellweite  bahn, 

diu  nunnt  der  schopTer  aller  weit 

den  himmel.        Hkhukr  zur  stliön.  litt.  4,  99. 

HELM ,  ni.  galea,  cassis.  golh.  hilm-s,  ahd.  mhd.  alls.  ags. 
heim,  alln.  hialm-r,  medialbildung  zu  würzet  hal  bergen,  lieläen, 
mit  der  allgemeinen  bedeutung  bergender,  schützender.  heim, 
galea,  cassis,  et  dicitur  quasi  tegens  caput.    voc.  ine.  Iheut.  i  4*. 

1)  beliii,  der  alleinheimische  kopflheil  der  ritterlichen  rüstung, 
unterschieden  von  der  gemeinern  baube  (spalte  503).  i«  dieser 
bedeutung  lebt  das  wort  eigentlich  im  aiillelalter  bis  ins  \'.jahrh. 
hinein,  wo  die  suche  untergclU,  und  der  name  nur  in  bezug  auf 
gewesenes  fortlebt;  bis  im  l{).  jahrh.  die  preiiszifche  armee  den 
beim  in  geänderter  form,  aU  kopfbcdeckung  der  Soldaten,  unter 
der  alten  beseirhnung  wieder  einführt,  auszerdcm  ist  äds  wort 
auf  die  antike  kopfrü.'itiing  bezogen. 

Per  heim  ist  ehern,  eisern,  sLIhlern :  hatte  ein  ehern  heim 
auf  seinem  hcubt,  und  ein  schttppicht  panzer  an.  iSam. 
17,6;  lausent  man  zu  fusz,  in  eisern  heim  und  haroiich. 
1  Macc.  e,  35 ; 

ein  (olchcti  hat  der  liimmol  mir  vcrheiiian, 
er  »endfit  mir  ilnn  h«lm,  it  kommt  von  ihre, 
mit  gotlorkroU  berühr«!  mich  toln  oiicn. 

.Sciim.lir  jutnifr.,  piol-  4.  amftr.i 
•lieh  deckt  er  aolno  achono  hclileniiirii 
mit  «Intm  blank  pulirien  roaibuschhalm.    Ilöacia   lt>i\; 


977 


HELM 


HELM  — HELMRLEINOD 


978 


wie  «cbiramcrt  so  der  heim  von  gold, 
des  ritter>pieles  dank!    Uulaivd  yed.  'i05. 

der  heim  ist  offen,  oder  geschlossen,  tcenn  sein  visier  herab- 
gelassen ist,  daher  mit  offnem,  geschlossenem  helme  kämpfen, 
auch  bildlich:  denn  auch  ihm  war  freie  Wahrheit  der  offne 
heim  des  seelenadels.  J.  Paul  Titan  3, 17.  der  heim  wird  auf- 
gesetzt, abgesetzt,  abgebunden,  aufgeschlossen,  aufgebunden: 
setzt  die  heim  auf,  und  scherR  die  spiesze,  und  ziehet  panzer 
an.  Jer.  46,  4 ; 

ur  band  sie  im  sein  blanken  heim. 

UnLA^D  volksl.  209; 

er  schlosz  im  auf  sein  güldin  hjelm 

und  kust  im  an  sein  munt.    334; 

er  schnallt  vom  haupte  sich  den  heim.    ged.  307; 

sie  band  den  beim  dem  ritter  los.    208. 
im  kämpfe  tcird  der  heim  zerhauen: 

da  wer  noch  meng  heim  zerspalten! 

LiLiEScaoN  votksl.  2,  78,  29. 
bildlieh:  denn  er  zeucht  gerechtigkeit  an  wie  ein  panzer,  und 
setzt  einen  heim  des  heils  aufsein  heubt.  Jes.  59, 17;  nemet 
den  heim  des  heils,  und  das  schwert  des  geistes.  Eph.  6, ii; 
angethan  ...  mit  dem  heim  der  hoffnung  zur  Seligkeit. 
1  Thess.  5,  8. 

2)  heim  in  der  Wappenkunde:  heim  heiszt  in  der  wappen- 
kunst  der  zierrath,  welcher  oben  auf  den  schild  gesetzet 
wird,  er  wird  geschlossen  oder  offen  gefiihret.  die  geschlos- 
senen sind  vor  Zeiten  ohne  unterschied  geführet  worden, 
heut  zu  tage  bleiben  sie  dem  bürgerstande  allein.  Eggers 
kriegsUx.  i  (1757)  1181.  daher  der  offene  heim,  zeichen  adliehen 
herkommens :  dasz  der  redliche  Siniplicissimus  nicht  stolz  ge- 
wesen, noch  sich  von  hohem  herkommen  berühmet,  oder  seine 
geschlechlsahnen  trefflich  herauszgestrichen ,  und  mit  dem 
offnen  heim  an  laden  geleget.  Simpl.  l  (1713)  s.  4;  (mancher 
würde  sich)  mit  seinem  erworbenen  offnen  heim,  wie  ein  frosch 
in  der  laich  geblähet  und  grosz  gemacht  haben,  s.  9. 

3)  heim,  der  mit  heim  versehene,  der  gewa/fnete  krieger:  auch 
hat  man  geteidingt  mit  den  soldenern,  daj  man  iedem  heim 
daj  jar  geben  sol  fünfzig  pfunt  haller  ze  solde.  d.  städtechron. 
1, 173, 14 ;  und  warent  die  von  Bern  also  von  mengklichen 
verlassen  in  iranligenden  grossen  not,  uszgenomen  von  denen 
von  Solotorn,  die  schicktent  in  achtzig  heim,  die  bedürften 
nit  mer  volks  von  ir  statt  schicken  von  forcht  wegen  der 
herren.  Ettebun  Chiron,  der  eidgenossen  (1507)  25*. 

4)  heim,  ton  helmartigen  gegenständen  (vergl.  haube  sp.  565). 

a)  bei  thieren :  galea ,  ein  heim  . . .  eine  flechsichte  Ver- 
einigung des  hinterhaupt-  und  stirnmuskels :  sie  breitet  sich 
aus  über  die  ganze  hirnschale  in  gestalt  eines  heims  oder 
einer  haube.  Nemnich  3, 12. 

b)  heim,  das  obere  runde  dach  an  den  ürcltthürmen.  Fbisch 
1,441';  heim,  die  obersten  spitz  an  kilchen  turnen,  pyramis. 
Mäaler  218*.     vergl.  helmhaus. 

c)  oberer  theil,  Wölbung  der  branlweinblase  (vergl.  blasenhut 
2,  70).  ist  diese  Wölbung  nichl  mit  einer  röhre  zum  ablaufen  der 
destillierten  flüssigkeit  versehen,  so  heiszt  sie  blinder  heim.  öcon. 
lex.  (1731)  993.  bildlich:  und  ist  keiner,  der  die  quintam 
essentiam  davon  (vom  geldmangcl)  durch  den  heim  des  Ver- 
standes auszuzihen  nicht  vermeinete.  Bctschky  Palm.  736. 

d)  eine  kappe  von  drahl,  als  schütz  gegen  bienenstiche  über  den 
köpf  zu  ziehen. 

e)  heim,  die  obere  Uppe  einer  raehenförmigen  Mumenkrone;  die 
untere  heiszt  der  hart. 

/)  heim,  das  bälglein  das  einige  kinder  um  den  köpf  auf  die 
weit  bringen,  pileus,  peüicula  infantium  nascenlium.  Frisch  1,441*. 
g)  heim  im  Schiffbau :  heim,  h^aume,  heiszt  auf  den  scliiffcn 
der  knöpf,  der  am  griffe  des  Steuerruders  befestiget  ist.  es 
wird  auch  für  den  ganzen  griff  genommen.  Eggers  kriegslex. 
1,1182; 

ich  will  wie  an  dem  heim  im  schiffe, 
am  alles  tröstenden  begriffe 
von  dir  [gou]  und  deioer  weisen  gute  stehn. 
Seübi  ged.  49. 
h)  heim,  eine  schneckenart ,  bucänum  galea,  helmschnecke. 
Neünich  1,  C97. 

HELM,  m.  und  n.,  manubrium,  sliel  an  axt,  beil,  hammer 
u.  s.  w.  ein  von  dem  vorigen  ganz  verschiedenes  wort ,  das  vor 
dem  bddungssuffixe  abfall  des  wurzelauslautes  erfahren  hat,  vgl. 
belb  ip.  930  und  halm  ^p.  240.  manubrium  heim  Dief.  34S'; 
heim  capulus  Stieler  738 ;  heim  wird  auch  der  sliel  an  einer 
axt  genennel.  Ocon.  lex.  (17311  993.  jechhelm  aus  jochhelm 
ist  in  der  Schweiz  ein  langer  lederner  nemen,  womit  den  stieren 
IV.  II. 


das  jxli  aufgebunden  wird.  Staldeb  2, 75.  s.  axtbelm,  bammer- 
helm.  karslbelm. 

HELM,  ni.  arundo  arenaria,  sandhafer.  Nehmch  1.  485.  über 
Kiederdeutscitland  und  Holland  veitreitet.  —  Nebenform  zu  halm  7 
sp.  240. 

HELMÄRTIG,  adj. :  auf  dem  lockigen  haupte  (einer  dame) 
ein  helmartiger  schwarzer  atlashut,  mit  dessen  weiszen  federn 
die  winde  spielten.  H.  Heise  1,  77. 

HELMBARTE,  s.  heliebarte. 

HELMBEFIEDERT,  pari.: 

es  umstanden  ihn  die  helmbefiederten  (axQovoftot)  Thraker. 

Stolbekg  11,  141. 

HELMBIENE,  f  dröhne.  Nemnich. 

HELMBINDE,  f  laevia  (heraldisch).  Hederich  1244. 

HEL.MBLSCH,  m.  federbusch  auf  dem  helme: 
der  helmbusch  winkt.    KöR!«er  1,  187; 
ilir  riiter,  die  ihr  haust  in  euren  forsten, 
ist  euch  der  helmbusch  von  dem  haupi  gefallen? 

RccuBT  12ö; 
mit  dem  helmbusch  spielen  lüflchen, 
sonne  spiegelt  sich  im  schild.    ühlasd  ged.  264. 

HELMBUSCHSCHÜTTELND,  pari,  y.oov&aiolos: 

der  helmbuschschüitelnde  Hekior. 

Bcrger  2U5"  (II.  2.816,  tgl.  207',230»). 

HELMDACH,  n.  dach  eines  thurmes,  nach  heim  4,  o  5p.  977. 

HELMDECKE,  f.  in  der  wappenkunst ,  gekräuselte  zierraten, 
die  von  dem  helme  an  beiden  selten  des  Wappens  herunterhängen. 
Eggers  kriegslex.  1, 1182. 

HELMEISEN,  n.  keilförmiges  eisen  zum  sdimieden  des  helm- 
lochs  oder  auges  an  einer  axt  oder  einem  belle.  Jacobssok  2, 252*. 

HELMEN,  verb.  in  verschiedenen  bedeutungen. 

1)  nach  heim  galea  (.<p.  976)  mit  einem  heim  versehen :  galeare 
helmen  Dief.  256";  helinen  sive  heim  aufsetzen  galeare  Stie- 
LEB  SS9;  gewöhnlicti  im  particip  gehelmt:  die  zwei  söhne  des 
Atreus  sind  auch  gehelmt.  Göthe  44,99;  ein  gehelmter  held, 
dessen  schild  an  der  seile  steht.  «.215; 

sind  sie  gehelraie  hasen, 
und  kommen  fersengeld  zu  geben  in  den  krieg? 
Opitz  2,  31 ; 

sollte  man  bei  so  etwas  wichtigem  Vorbereitungen  machen, 
und  gehelmte  vorreden  (praefationes  galeatas)  und  juristische 
kriegbefestigungen.  J.  Pacl  herbstblum.  3,  256. 

2)  helmen  bildlich: 

ei  das  euch,  schwarze  erzscbantschelmen, 
der  henker  müs  aiumal  noch  lielmen! 

FiscHART  flölihaz  1640  Kurt; 
lestert  sie  sehr,  biesz  dieb  und  Schelmen, 
und  wünscht  der  henker  solt  sie  helmen. 

bearbeit.  dess.  in  Fischarts  ges.  dicht. 
2,  402,  576  Kurz. 

es  ist  hier  helmen  wol  in  dem  sinne  von  angreifen,  packen  ge- 
nommen, wofür  sonst  das  ähnliche  bild  auf  die  haube  greifen, 
und  das  verbum  häubeln  (2  .<^.  56G)  verwendet  wird. 

3)  helmen,  ron  heim  manubrium,  mit  einem  sliel  versehen: 
eine  axi  helmen.     vergl.  anhelinen  theil  1.374. 

HELMENFEUER,  n.  das  elmsfeuer,  irrlichlähnliche  flammen 
die  sich  namentlich  an  den  spitzen  der  mästen  zeigen;  auch 
helenenfeuer,  s.  d. 

HELMFENSTER,  n.,  mhd.  helmvenster,  gUterwerk  am  vordem 
Iheile  des  heims,  visier.  Frisch  1,  441*. 

HELMFÖRMIG,  adj.  die  form  eines  heims  habend. 
HELMGEFIEDER,  n.  helmbusch: 

die  rechte  {des  ritlers)  läszt  den  grusz  ergebn, 
sein  helmgelieder  wankt.      Uhlasd  ged.  205. 

HELMGEWÖLBE,  n.  gewOlbe  in  gestall  eines  heims  oder  einer 
halben  kugel.  Jacobsson  2,  252*. 

HELMGITTER,  n.  gUterwerk  am  vordertheil  des  heims,  visier. 

HELMHAL'S,  n.:  helmhausz,  ein  schöpf  oder  kedeckt  ort, 
da  man  zusamen  kumpt  sich  ze  ersprachen,  und  die  leüt 
auszzerichten,  praestega.  Maaleb  218'.  der  name  wird  aber  nicht 
von  der  helmförmigen  gestalt  des  daches  kommen,  sondern  datier, 
dasz  ein  soldies  haus  mit  halmen  oder  stroh  gedeckt  war.  vergl. 
halm  2  sp.  23S  und  halmendach  sp.  240. 

HELMISIER,  n.  bucula  (backentheil  des  heims).  Dastp.  ;  häl- 
misier,  der  hart  an  einem  hälm,  buccula  Maaler  205*. 

HEL.MKAMM,  m.  crista,   federbusch  auf  dem  helme.    Dastp. 

HELMKLELNOD,  n.  zierral  auf  dem  helme;  in  der  heraldik 
jeder  schmuck  des  Itelmes  mit  krönen ,  tcülslen ,  thieren  u.  s.  ir. 
EccEBS  kriegslex.  1, 1183. 

62 


979 


HELMKÖRBELN  — HEM 


HEM— HEMD 


980 


HELMKÖRBELN,  verb.:  weil  das  scliiff-galecnrecht  ver- 
mag, dasz  man  keinen  frembden  passagier  aufnimpt,  es  sei 
dann  allerdings  geladen,  gebodemet,  vergiirbel,  begordet,  ver- 
dennet,  beschnarret,  aufgebuselt,  geschnalzeit,  berudert,  umb- 
dostet,  verstrupfel,  gelaseiet,  bepfompfet,  geheimkörbelet, 
bemastet  . . .  Garg.  79*.  das  verbum  gehl  auf  ein  subsl.  helm- 
kurbel  zurück,  iromil  Fischart  den  kiwpf  des  Steuerruders,  der 
sunsl  auch  nur  heim  {sp.  977)  heiszt,  meint. 

HELM  KRANICH,  m.  mycleria  americana,  brasilianischer  reiher. 
Nemmch  3.  684. 

HELMKRANZ,  «». ;  sein  heim,  die  bürg  des  hauptes,  war 
oben  mit  einem  helmkranz  umgeben,  um  die  schneide  des 
Schwerts  abzuhalten.  Schlosser  ueltg.  5,299. 

HELMKRAUT,  n.  scutellaria  galciiculata ,  auch  schildkraut. 
Nemmch  4,  1266.  ebenso  ulricularia  vulgaris,  icasserscidauch, 
wasseriiaibe.  4,  1535. 

HEL.MKÜHLER,  m.  kiihlgefäsi,  angebracht  an  dem  helme  eines 
brennzeiiges,  sonst  kühlschlange.  Jacobsson  6,  66'.  366*. 

HELMLEHEN,  n.  feudutn  galealum,  rUlerlehen.  auch  ein  zu 
lehen  gegebenes  Wappen.  pRiscn   1,  44l'. 

HELMLEIN,  «.    l)  kleiner  beim: 

mit  eim  schwert,  helmblein  und  schildt. 

H.  Sachs  3,  2,  238*. 

2)  unlerlheil  des  heims,  visier  und  backenschutz.  Frisch  1,441*; 
mit  guten  helnielinen  oder  hauptharnischen.  die  wol  schlieszen. 
Fronsp.  kriegsb.  1,37';  wie,  antwort  der  ritler,  seid  ihr  der, 
so  wir  auf  seinem  heimlin  liegen  gefunden?  Amadis  271 
(vorher:  dasz  er  wider  sein  willen  den  heim  und  schilt  hin- 
weg legen  must,  auf  welchem  er  sich  denn  so  gar  vergessen 
und  entschlaffen.  267). 

HELMLOS,  adj.:  darvon  Constans  helmlosz  wart  (seinen 
heim  verlor).  Aimon  bog.  E. 

HELMFFLANZE,  f. :  corydales,  helmpflanzen,  . .  pflanzen 
mit  unregrimaszigen  blumen,  die  mit  einem  heim  etwas  ähn- 
lichkeit   haben.  Nemsich  2,1248. 

HELMPFLANZEN,  n.  das  pflanzen  von  heim,  Strandhafer: 
die  daselbst  (in  Wange\oge)  nahe  am  kirchthurme  beim  helm- 
pflanzen beschäftigten  arbeiter.  Frankf.  conversalionsblalt  vom 
23.  jiini   1S58. 

HELMPÜCKE,  f.  lepas  galeala,  eine  muschelart.  Nemn.  3,  371. 

HELMRAUTE,  f.  scruphularia  canina ,  hundsraute.  Nem.mch 
4, 1265. 

HELMREIF,  m.  clatltri  galeae.   Frisch  1,  441". 

HELMROST,  m.  visier. 

HEL.MSCHMUCK,  m.  schmuck  auf  der  spitze  des  heims. 

HELMSFITZE.  f.  der  oberste  llicil  des  heims,  an  dem  der 
federbunch  be/csHyt  ist;  cassis  helmspilze  Dief.  104*;  conus  der 
hehn«pitz    IJa<yp. 

HEL.MSTANGE,  f.  Stange  auf  dem  helme  eines  daches,  an  der 
sich  knupl  oder  fahne  beßndet:  morgen  knüpft  Apollonius  (ein 
Schieferdecker)  seine  leiler  an  die  heimsl;inge,  dann  das  lau 
mit  iluschcnzügen  und  fahrzeug.  0.  Ludwig  zwischen  himmcl 
u.  erde  s.  X^h. 

HELMSTOCK,  ni.  griff  eines  Steuerruders. 

HEL.MSTURZ.  «i.  visier  des  lietms:  er  iFriedrich)  will  zu 
neui'iii  uiigrill  abziehn.  Adalram,  in  der  kiiniglichen  riislnng, 
mit  ge«rhlo'<i'eiiem  helmsiurz,  hereinstürmend,  vertritt  ihm 
den   we^'.  Uiii.and  Ludwig  83. 

HEL.MSTUTZ,  ni.  stütz,  zierde  am  helme.  Ecgers  kriegslex, 
l,lis;(. 

HELMTAl'RE,  f.  eoliimba  galeala.  Neünich  2,  1130. 

HtLMMSIER.  «.  der  das  gesiehl  beiltckende  theil  des  heim  es. 

HELMVOtiLL,  ni.  buceros  fialealus.  Nehpcich;  die  prücliligen 
hcliii\iig)-l  zeigen  sich  iiicr  in  reicher  eotwicklung.  Wesler- 
maiint  moiiatsliefle .  bd.  2,  5.  59. 

HELMWEIDERICH,  m.  epilubiam,  fdmkraul.   Nejinich. 

HtL.MWLUZ.  f.  fnmaria  bulbusn,  knolliger  erdrauch.  Nennicu 
2,  l'Ai 

HELMZEICHEN,  n.  zeichen  auf  dem  helme:  apex  Iielm- 
znihcMi  ÜiEF.  :M(*;  eattis  ein  helinzeichen  104*;  crisla  helm- 
czriclifd  \W\  namentlich  aucli  in  der  heraldik:  fehlet  dir  ein 
hrluufit  hon.  kaufe  ein  paar  liOrner.  I'isturius  (//m.  ;i<ir.  4.37. 

HF.LMZIERDE.  f  hrlmschmuck :  crisla  helmziert  Disr.  l&S*. 

HEM.  iiilrij.    t)  eines  räuspernden: 

nun.  hochgeehrte  (TAfie, 

merkt  auf:  nun  kommt  da«  beit«. 

t'"fii '  ' :  '   ■      f'uij  iiei  eifi'ntlirlifii  rorlraai). 

Büaei«  23'; 


bei  MuRSER,  der  daraus  auch  eine  vcrbalform  bildet  und  auszer- 
dem  auf  eine  nebenform  von  hcmd  (unten  sp.QSü)  anspielt: 

und  sprach,  do  sy  mich  hat  bschüt: 

wer  bislu  docli?    ich  ken  dich  nil. 

ich  sprach :  hem  hem,  thu  iill',  es  gilt. 

Sf  sprach:  hem  hiti,  so  lang  du  wiit, 

nit  ein  bruch  ich  gescinvig  das  hcmbd, 

du  und  dein  rüspern  sindt  mir  l'rembd. 

geuclimuU  in  ScIteUiles  kloster  8,1100. 
s.  ben  und  bm. 

2)  eines  bedenklichen,  misbilligenden :  dasz  die  frau  rath  .. 
mitten  im  stück  nach  ein  paar  hem  hems  auf  und  davon 
lief.  GüTHES  viuttcr  an  Unzelmann ,  bei  Vorow  reminisc.  157; 
Wurm  (macht  falsche  äugen),  sonst  irgendwo!  schönen  dank! 
schönen  dank!  hem!  hem!  hem!  Schiller  kab.  u.  liebe  1,2. 
vergl.  hm  und  das  verbum  hemsen. 

HEM,    adj.,    dem  zusammenhange  nach  feindlich,    aufsätzig: 
wann  es  was  ain  minister  (gcislliclier),  dem  warn  diese  Wiener 
gram  und  hem.  Beuaim  Wiener  202, 14.     vgl.  hamm  2  sp.  309. 
HEMD,  HEMDE,  n.  indusium. 

ahd.  hemidi ,  mhd.  hemede ,  hemde ,  fries.  hemeihe  und 
hamede.  neben  der  nlid.  gewöhnlichen  form  begegnet  die  gedehnte 
hemmat,  hemmet:  wiewol  er  nun  nit  hekiaidt,  allain  das 
hemmal  anhet.  Zimmer,  chron.  4,208,27;  dasz  er  ihme  ein 
hemmet  entfremdet  habe.  Abele  künstl.  unordn.  5;  liärntn. 
hömat  Lexer  139 ;  und  eine  assimilicrle  hemb,  hemp,  die  noch 
in  Schwaben  (Schmid  272)  und  in  der  Schweiz  (Tübler  20l')  gilt: 
dasz  sie  ...  im  ein  frisch  hemb  lange.  Fischart  Garg.  72* 
(kurz  darauf  hembd);  diese  form  ist  zu  Uennn  zurückgegangen : 

sie  wil  haben  da.s  hem  zum  rock.    IF.  Sacus  3,  3,  24'; 

sich  dort  von  ferr  laufen  zwen  mann, 

der  bnider  tault  nur  in  eim  hemm, 

und  schreiet  immer,  halt  auf  dem.    5,  359'. 

der  gesetzmäszige  plural  ist  hemde  (noch  Stieler  S2l):  so  wil 
ich  euch  dreiszig  hembde  geben,  und  dieiszig  feierkleider. 
ricliter  14,12;  ö/ter  jedoch  heinder,  der  sich  noch  jetzt  mund- 
artlich durch  Obcideulschland  findet  (Schm.  2, 195),  in  der  Schrift- 
sprache durch  heinden  verdrängt  ist:  ich  hab  dir  lainen  geben 
rock,  leibrück,  hemder  ye  zway  und  zway.  Wirsl'NG  Culixstus 
Qij';  es  sollen  auch  henibder  daraus  gemacht  werden.  Tader- 
naem.  1082;  einen  groszen  vorrath  von  allerhand  leinen  ge- 
rath,  hembdern,  leilachen.  Sinipl.  3,382  Kurz; 

rock,  mentel,  hembder  und  brustdßch. 

ÜRANT  narrenscli.  4,  17; 
noch  bei  Schiller: 

der  icufel  soll  die  dichterel 

beim  hemderwaschen  hohlen.    4,  18  Gödeke. 

Bedeutung. 

1)  hemd,  ahd.  heinidi,  eine  collectivbildung  zu  ahd.  hämo, 
ags.  homa  hnlle,  kleid,  ist  zunächst  vcilinientuni  im  allgemeinen : 
ein  veslinientuin  (heinide).  Notker  ;«.  21  (Ualtemer  2,  7U*) ; 
bezeichnet  aber  nameiillich  das  laniß,  faltige  Unterkleid,  im  grgen- 
satz  zu  dem  oberkleide,  dem  nianlel,  daher  es  lunica  übersetzt: 
uinbe  intiia  lunicain  (heinide),  die  ih  ze  liehe  truug  ..  würfen 
sie  löj.  NuTKEH  a.  a.  o. ; 

ich  "ils  eim  freien  gesellen, 

dersell)  der  wiibi  um  mich, 

er  tregt  ein  seldiii  heinmui  an, 

daieiu  80  preist  er  sich.    L'hland  volktl.  58; 

es  ist  das  hausklcid  des  mannes,  auch  des  u-cibes: 

swuiiiic  icli  siiiii  aicine 

in  uiiiiciii  liumede.    miniiet.  frdlil.  8,  18. 

auf  grund  dieser  allen  bedeulung  erscheint  noch  bis  auf  heule 
hemd  als  falliges,  dem  alten  fcbnitl  sich  nälirrndes  gewand  i.  b, 
in  kurbelnd  (.'i,  l8o<i),  möiichshemd ,  pfalTeuhemd:  die  car- 
theusermüiich  und  unser  iolleiigesclimei>i  in  iren  heriii  heinb- 
den  und  grauen  rücken.  Luther  5,  40S^  vtrgl.  auch  tudten- 
bemd,  »tcrbehemd,  panzerhcuut ; 

(;ii7i/('>)  angethon  mit  hArnen  hemden.    Urlakd  ged.  287; 
den  r.'iden  weih  iler  fiollj^rhen  macht, 
drau»  web  ein  hemde  luiii;  und  »eiti 
da«  wahret  mich  im  blutigen  htrell.    3:>2 ; 

der  faltige  (iberteurf  von  uriszer  oder  gefttibter  leinwand,  den 
bauern ,  fnbileule  und  arbeiter  in  allen  grgenden  Ue.iticidand* 
tragen,  hn.Kt  hemd  (son.sl  killel  5.  si;:»,  slmibkillel ,  nilieils- 
killel,  r;;/.  Klaubheind);  sind  bekleidet  wie  beigleute  mit  einer 
weixzrn  hniipikappe  am  heimi  und  einem  leder  hiiilen.  Grimm 
d.  sagen  I,  iio.  37;  bair.  ist  hemed  ein  mannmick,  jucke,  an  den 
Alpen  gewOlinlich  von  grobem  braunen ,  bei  den  uürnlmgisdien 
gtbirgsbauem  von  rotliem  wotlentuelie  Scum.  3,195;   in  hiirnllu* 


981 


HEMD 


HEMD— HEMDEIOIÖSE 


982 


hörnat  ein  gewöhnlicher  baurenrock  Lexer  139;  schmb.  hemp, 
Unterrock,  ein  wullen  hemp,  ein  rolher  wollener  Unterrock,  auch 
ein  mannsrock  Scbjiid  272.  • 

2)  zumeist  ist  hemd  das  unterste,  rümpf,  Schenkel  und  arme 
bedeckende  kleidungsstück  der  männer  und  weiber,  unmillelbar  auf 
dem  leibe  getragen :  bemithi  caniisa  Graft  4,  938 ;  hemde  ca- 
misia,  sindun  toc.  ine.  theut.  i4*;  wann  er  wüste,  das  sein 
eigen  hembd,  das  ibm  am  nächsten  am  leib  lege,  seinen 
anschlag  wissen  solte,  wolt  er  es  also  bald  ausztbun.  Zist- 
es£r  apopläh.  l  (162G)  146 ; 

und  warn  ir  in  den  stunden 

die  hende  gebunden, 

ir  cleiiler  von  ir  getan, 

und  niuwan  ir  liemde  an  verlän.    Iwein  5154. 

man  hat  leinene,  baumwollene  (Steinbach  1, '33),  wollene, 
seidene,  härene  bemden;  ein  grobes,  feines,  klares  hemd; 
weisze,  reine,  frische,  ganze,  zerrissene  schmutzige,  schwarze 
bemden;  das  hemd  wird  angelegt,  angezogen,  ausgezogen, 
abgestreift,  gewechselt:  die« eil  er  gar  ain  kurz  hemmet  an- 
bei, das  dannochl  aller  zerrissen  und  voller  löcher  war. 
Zimm.  chron.  1,425,7;  ein  schwarz  grob  zerlumbd  bembde. 
ScaocH  sltid.  leben  C  3 ;  haben  kragen  und  bembder  an  wie 
die  Schornsteinfeger,  die  federn  sind  nicht  ausz  den  haaren 
gekemmet.  Schuppiüs  107;  sobald  ich  ..  ein  weisz  bembde 
angezogen  balle.  Schclmuffsky  2,28;  ich  hab  mich  satt  ge- 
fressen und  immer  ein  gutes  hemd  auf  dem  leib  gehabt. 
Schiller  kab.  u.  liebe  1,1;  man  kann  den  glauben  nicht 
wechseln  wie  das  hemd; 

legten  newgewaschne  hemder  an. 

meislenjis.  ms.  germ.  berat,  fol.  23,  no.  3$; 
ansi  zog  er  bald  sein  hemmet  weisi, 
druciit  irs  in  die  wunden  mit  fleisz, 
das  hemmet  wurd  mit  blut  so  rot, 
als  ob  mans  drausz  genaschen  bat. 

Uhland  tolksl.  277. 

die  kleider  werden  abgelegt  bis  aufs  hemd,  man  ist  dann  im 
bloszen  hemd,  auch  nur  im  hemd :  es  war  nicht  genug,  dasz 
sich  ein  jeder  bis  auf  seine  drei  bemder  ausziehen  muste, 
sondern  sie  wurden  auch  (ton  räubern)  gezwungen,  zwei  von 
denselbigen  auszuziehen  und  nur  eins  anzubehullen.  Simpl. 
3,342  Kurz;  nachdem  ich  aber  alles  hinweg  genommen  wor- 
mit  sie  icine  Iciclie)  angezogen ,  auch  nicht  des  bemdes  ver- 
schonet, sondern  dasselbige  abgezogen,  sie  so  nackend  als 
sie  gebohren  verlassen.  A.  Gryphius  1698  1,187;  ehe  wir 
hinein  traten,  ward  uns  befohlen,  die  schuhe  auszuziehen 
und  in  hioszem  hemde,  strumpfen  und  Unterkleidern  zu  er- 
scheinen.  Schiller  4,214  Godcke  {geisterscher); 

auf  einem  bärnen  kissen  lagst  du  da, 

das  Letttucli  weisz,  die  wollne  decke  roth? 

...  im  bloszen  leichten  hemdchen? 

U.  V.  Kleist  Kälhchen  4,  2. 
der  Spieler  kann  seine  sacken  bis  aufs  hemd  verlieren:  spielt 
ein  man  umb  wein  oder  zu  losen  in  einem  leiibaus  hincz 
ainem  pfantner,  und  hat  dem  pfantner  zu  leczt  nicht  zu  ge- 
wern ,  so  sol  im  der  pfantner  alles  das  abcziehen  das  er 
hat  uncz  an  das  hemde  und  ledig  sich  damit  selber.  Wiener 
stadtrechl  v.  1434,  bei  Haupt  zeilschr.  11,56;  ich  verspielte  nicht 
allein  mein  geld,  sondern  auch  meinen  rock,  rolhe  binden, 
elc.  bisz  auf  iiosen  und  bembde.  Simpl.  2, 302  Kurz,  auf 
spiel  und  beraubuny  weisen  daher  zunächst  die  redensarlen  einen 
bis  aufs  hemd  ausziehen ,  ganz  arm  machen,  seine  Sachen 
bis  aufs  hemd  verlieren  oder  einbüszen,  ganz  arm  werden: 
wer  den  andern  bebamlel,  der  beraubt  in  bis  ans  hemd. 
Fabers  pilyerb.  S94;  du  plünderst  deinem  manne  haus  und 
hof  ab,  bis  ihm  kein  hemd  mehr  am  leibe  bebt.  Schiller 
Täuber  2,3;  wenn  man  in  feuers  noht  ist,  und  einem  haus 
und  hoff  abbrent,  und  man  kan  in  einem  bloszen  üembd 
davon  kommen,  so  dankt  man  goll.  Schüppids  161. 

Andere  redensarlen  und  sprichwörtliches,  er  bat  kein  ganzes 
hemd  auf  dem  leibe,  ist  ganz  arm;  er  gibt  sein  letztes  hemd 
hin,  ist  äuszcrsl  aufopfernd;  bis  aufs  hemd  nasz  werden, 
ganz  durchnäszl;  das  iiembd  liegt  keinem  so  hart  an,  er  kanns 
ablegen  wann  er  will.  Lehmann  198;  salvirct  eure  baut  und 
lasset  das  hemd  dahinten.  Otbo  I053;  das  hembd  ligt  eira 
näher  an  dann  der  rock.  Acr.  .«pr.  13';  das  hemd  lieget  immer 
näher  als  der  rock,  l'ierot  3,  411 ; 

der  rock  so  nach  nit  ist  als  hembd. 

iraii.  Juh.  Gv; 
man  könne  es  nicht  erwehren,  dasz  die  baut  näher  sei  als 
das  bcrad,  das  werde  halt  so  in  der  natur  sein.  J.  Gottuelf 


erzähl.  3,340;  ho,  sagte  dieser,  wenn  ich  in  ewrem  beinbd 
steckte  {an  eurer  stelle  wäre)  ich  wiszt  mich  wol  zu  halten. 
Wickrah  rollw.  75;  wann  ich  in  deinem  hembd  verborgen 
Stacke,  so  schlug  ich  sie,  bisz  sie  mir  parirte.  Simpl.  3, 106 
Kurz;  weil  aber  der  junge  berzbruder  meinem  obristen  gar 
ins  hemd  gepacken  war  und  mir  vorgezogen  ward,  trachtete 
ich,  ihn  aus  dem  weg  zu  räumen.  Simpl.  1,433  Kurz;  den 
anschlag  soll  man  dem  eignen  hemd  nicht  entdecken,  kriegs- 
manual  s.  88;  ich  habe  ein  gutes  französisches  Wörterbuch 
wie  ein  hemd  nüthig.  Hama.ns  an  Herder,  Herders  lebensbeschr. 
1,  2,  308 ;  wer  keine  bemden  machen  kann,  musz  die  alten 
flicken.  Simrock  sprichw.  240.  —  einem  das  hemd  heisz  machen, 
üim  zusetzen,  ihn  ängstigen,  gründet  sich  darauf,  dasz  ein  an- 
gezündetes hemd  als  gottesurlheil  angewendet  ward,  rergl.  reclilsalt. 
912:  man  hat  im  das  hembdie  heisz  gemacht,  adductus  est 
in  summas  anguslias.  Maaler  218*;  dasz  ich  meinem  mann 
oder  gegentheil,  wann  einer  mit  mir  zu  thun  bekommen, 
dasz  hemd  rechtschaffen  heisz  machen ,  also  dasz  ich  wol 
vor  «inen  einfachen  guten  Soldaten  passiren  hätte  köunen. 
Simpl.  1,  293  Kurz. 

Die  silte,  beim  schlafen  im  bett  sich  auch  des  hemdes  tu  ent- 
duszern,  war  bis  ins  l'.jahrh.  altgemein, 

neulich  lag  ich  an  eim  morgen 

in  mein  schlalTbet,  ganz  toI  sorgen,  .  . . 

zu  schlafTen  hett  ich  keinen  tust, 

gar  bald  ich  da  mein  hembd  erwuscht, 

das  warf  ich  über  meinen  leib. 

Adrun  miltheil.  402  (IS.jahrh.); 

auf  sie  bezieht  sich  auch  das  folgende:  wenn  einer  sich  des 
abends  schlafen  legt,  so  wickelt  er  (wie  d.  Jac.  Andrea  von 
sich  zu  sagen  pflegte)  alle  sorgen  ins  hemd  hinein,  steckts 
unter  das  küssen,  und  schläft  in  gottes  namen  bin.  Otho1027. 
Das  hemd  in  obscöner  phrase:  das  sie  . .  im  {die  frau  dem 
ehemann)  ein  frisch  hemb  lange,  weil  er  ihr  zum  ersten  das 
hembd  aufhub.  Garg.  73'. 

3)  hemd,  der  träger  eines  hemdes: 

die  trommel  gieng,  die  glocke  klang  {bei  feuersbrumt), 

der  wäcliter  stiesz  ins  röhr, 

aus  jeder  ibür  und  fenster  sprang 

ein  bloszes  hemd  hervor. 

Göau:4GK  lieder  zweier  lieb.  (1779)  83. 

vergl.  kittel  3,  Ih.  5,  864. 

4)  hemd,  bei  den  gieszern,  die  das  zu  gieszende  stück  zunächst 
umschlieszende  lehmsciiicht,  vor  dem  eigentlichen  mantel. 

5)  die  leinene  hülle,  in  der  schniltwaaren  verpackt  werden. 

6)  getränktes  Segeltuch,  um  schiffe  in  brand  zu  stecken ,  heiszt 
geschwefeltes  hemd.  brandhemd  (2.  298),  feuerhemd  (3, 1594). 

HEMDÄRMEL.  HEMDSÄRMEL,  vi.  ärmel  eines  hemdes.  in 
bemdsärmeln  geben ,  oltne  rock,  so  dasz  die  ärmel  des  hemdes 
gesehen  werden;  Raschke  hatte  ruhig  den  Schlafrock  über 
das  katbeder  gehängt  und  in  hemdsärmeln  gelesen.  Fbeytag 
handschr.  2.  40. 

HEMDÄR.MELIG,  adj.  und  adv.  in  hemdärmeln:  es  that  ihm 
webe ,  dasz  er  nicht  hemdärmelig  über  die  strasze  gehen 
konnte.  Auerbach  dorfg.  l,  7. 

HEMDRIESEL,  m.  besatz  oder  torstosz  am  ärviel  eines  hemdes. 
in  Ö.'^lerreich.  Jacobssos  6,  66*. 

HEMDCHE.N,  n.  kleines  oder  kurzes  hemd: 

weist  du,  was  hier  das  volk.  so  sehr  du  immer  pnut, 
bei  deinem  beitelstaat  und  falbalkleidern  (raget? 
ob  du  ein  ganzes  bembdgen  hast. 

AVARANTUES  jjroben  d.  poesie  (1710)  515; 
streift  ihr  keck  das  seidne  hemdchen  auT. 

Schiller  I,  18$  Cödike  {Venutieagen) ; 
ich  la^  im  hemdchen  auf  der  erde  da, 
und  die  Mariane  spottete  micli  aus. 

II.  y.  Kleist  Källichen  4,  2. 

HEMDEKNOPF,  HEMDKNOPF,  «1.  knöpf  zum  susammen- 
hallen  cinis  hemdes:  benideknopf  s^iinther  Stieler  998. 

HEMDEKRAGEN,  HEMDKRAGEN,  m.  kragen  eines  hemdes: 
bemdekragen,  patarjium  indusii  Stieler  1023;  ein  schöner 
hemptkrage  oder  iiberschlag,  darauf  seiner  ganzen  landschaft 
wapen  gar  künstlich  ausgenehet.  Mestz  stambuch  u.  kurze 
erzehlung  Q  \y,  den  leichten  Strohhut  auf  dem  lockenkopf,  den 
bemdekragen  und  das  hemde  weit  über  der  jungen  kräftigen 
brüst  geöffnet.  F.  Lewald  Stella  s.  58. 

HEMDEKRAUSE,  HEMDKRAUSE,  f  krause  an  einem  hemd. 
s.  d.  folgende. 

HEMDEKRÖSE,  HEMDKRÖSE,  f.  der  vielgefdUelte  hemde- 
kragen ,  wie  er  seit  der  2.  hälße  des  10.  jahrh.  nach  spanischer 
Sitte  gelragen  wurde:   wolan    so    secbt  wol  zu,  dasz  es  nicht 

62* 


983 


HEJIDEL  AKEN  —  HEMMEN 


HEMMEN  — HEMMNIS 


gs4 


ausz  den  falten  kom, . .  macht  eh  eigene  wachtelbülzer  darzu, 
wie  zu  den   hemdkiüsen  Garg.  116'. 

HEMDELAhEiN,  n.  geurble  leinwand  zu  hevjden:  so  fiele 
eilen   licinde-  und  woilenlaken.  Moser  palr.  phanl.  91. 

IIEMDE.NMACHER,  vi.  indusiarius.  Hederich  1244;  hemd- 
mucher  Stieler  I103. 

HE.MDENSCHEISZER,  m.  als  Schimpfwort,  in  älterer  form 
hemderschciszer: 

das  so!,  sprach  er,  die  zart  nit  wissen, 
das  ich  ein  hembderscheisier  bin. 

MusNER  (jeuchm.,  Scheible  10,  1038. 

HEMDKORB,  m.  ein  oben  geicölbt  geflochtener  korb,  worein 
man  ein  kohlenbecken  setzt,  um  darüber  das  zum  einwindeln 
junger  kinder  nvüiige  zeug  xu  erwärmen;  auc/t  warmkorb.  Jacobs- 
SON    6,  G7\ 

HEMDLEIN,  n.  intenda,  parvum  indusium,  indusiolum.  Stik- 
LER  822;  ist  es  dann  ein  meidelein,  ein  kleins  meidlein,  so 
musz  er  lehrnen  nehen ,  den  schlemmern  ir  hemraetlein,  ja 
hemmellcin.  Garg.  92'  (der  trunkenen  lilanei); 

es  solt  ein  medlcn  waschen  gan 

ir  hemdleu  weisz,  ir  euglin  klar.    Uhland  volksl.  252; 

es  wolt  ein  raegdlein  waszer  holn 

bei  einem  kt'ilea  Lrunnen, 

ein  schneweisz  hemdiein  het  sie  an, 

dardurch  schein  ir  die  sunne.    256. 

HEMDRING,  m.  fibula  indusii.  Stieler  1649. 

HE.MDSCHILLING,  m.  pecunia  pro  redemtione  indusii  nuptialis. 
Haltacs  S78. 

HEMDSCHLITZ,  tn.  pator  et  ßssura  indusii,  sive  incisura  in- 
terulae.  Stieler  1839. 

HE.MERN,  f.  reratrum  album,  vieszwurz.  Nemnich  4,1550. 
mhd.  hemere,  hemer,  Lexer  wb.  1,1246.  vergl.  hammer  15, 
sp.  316. 

HEMERWURZ,  f.,  was  hemern.  Nemnich  o.  a.  o. 

HEMME,  f:  relinaculum,  eine  hemme,  zurückhalter.  Chr. 
Cellabius  lalinilalis  über  memorialis  {Merseb.  1711)  215. 

HEM. MEISEN,  n,  am  göpel  ein  spitzes  eisen,  um  die  ganze 
maschine  in  der  bewegung  zu  hemmen;  auch  göpcleisen.  Jacobs- 
SOR  2,252'. 

HEMMEN,  terb.  in  der  bewegung  zurückhaüen. 

1)  von  dem  alid.  adjectiv  ham  lahm,  gichlbrüchiy  ausgehend, 
das  unter  hame  sp.  307  aufgeführt  ward,  finden  sich  in  der 
altern  spräche  zwei  seilen  gebrauchte  verbalbildungen.  eine  ein- 
fache hamen  in  dem  schon  verblaszten  sinne  aufhallen,  hindern, 
hemmen  (Lexer  wb.  1, 11G3),  die  als  hämen  noch  bei  Keisers- 
BEBC  vorkommt:  wann  ein  pfert  ledig  wirt  von  dem  barn, 
so  es  sich  schon  wol  von  dem  barn  abzerret,  nichts  dest- 
minder  kegt  (schleppt)  im  die  hallter  hindennach  und  mag 
leicht  hämen,  so  fachet  man  es  wider,  geistl.  Spinnerin,  Z.pred., 
M3';  und  eine  Weiterbildung  hamnen  (Ben.-Müller  1,625") 
gleiclier  bedeutung,  die  namentlich  in  mitteldeutschen  quellen  zu 
hemmen  assimiliert  erscheint  (Haltacs  879  von  1401  und  1479), 
und  in  dieser  form  im  16.  jahrh.  auch  bei  Fischart  sich  findet: 
solche  schlupferige  kutteißsch  und  mural  mus  man  nur  häm- 
men  und  klemmen,  wie  die  mörkrebs  mit  iren  kerfechten 
schüren  den  langen  möral,  wie  sehr  er  sich  mit  seim  selt- 
samen krummen  winden  gedenkt  auszuwinden.  ehz.  550  Scheible. 
vergl.  behemmen  und  behümmen  1, 1335.  1325. 

2)  häufiger  erscheint  das  verbum  erst  seil  dem  M.  jahrh.,  zu- 
ndelist  im  technischen  gebrauche:  ein  rad  hemmen,  rolam  suf- 
flaminare, einen  wagen  hemmen,  currum  sustinere  Steinbach 
1,  734,  in  welcher  bedeutung  das  wort  längst  gebräuchlich  sein 
tnus/r,  vergl.  unten  heminketlc  sc//un  bei  Alrerus  ;  den  ilusz 
hemmen,  impedire  cursum  fluminis  Steinb.  ;  einen  kahn  hem- 
men, Uta  anhalten  zum  aussteigen;  und  mit  unterdrücktem 
objeet : 

athmend  harrten  ile  nun,  bis  der  rauschende  kahn  an  dem  uTcr 
laniJeic:  und  willkonimeii  erscholl«,  willkotnmeM  im  cniiicn  ! 
hialen  neminte  der  knechi,  an  der  er!  im  wasser  aicli  lialieiid. 
Voss  1,  33  (Luise  1,  233); 

einen  gnpel  hemmeo.  Jacobsson  2,252',  vergl.  hemmeisen; 
dann  aber  mehr  und  mehr  als  edles  und  dichterisches  wort  ßr 
turücliliallrn ,  hindern,  in  transitiver  fugung:  so  hemmte  an- 
fänglich auch  nicht  wenig  den  ungcstUmmcn  und  geluhrlichcn 
8u»bruch  meiner  liebe,  dasz  mein  liebster  von  einem  edlen 
und  namiioltrn  geschlecht  geboren  uar.  Simpl.  3,18  kurz; 
eine  lache  hemmen ,  objicere  difficuUatem  alicui  rei,  cursum 
alieujut  negulti  imprdire.  SiiBLEH  748;  einen  hemmen,  dnsz 
er   nicht   fortkommen  kann,  a  progreuu  arcere,  tardare  das.; 


die  anschlage  eines  andern  hemmen,  impedire  consilia  alicujus. 
Steinbach  1,734;  das  hemmet  seine  kühnheit,  hoc  inkibet 
audaciam  ejus,  das.;  die  krankheit  hemmt  mein  vorhaben, 
morbus  proposito  meo  moram  adfert.  das.;  es  hemmet  keine 
schuld  die  andere,  vel  es  bull  keine  schuld  die  andere  auf. 
PisToRius  Ihes.  par.  7,  C5;  er  weisz  von  selbst,  dasz  das  genie 
seinen  eigensinn  hat ;  dasz  es  den  regeln  seilen  mit  vorsatz 
folget;  und  dasz  diese  seine  wollüstigen  auswüchse  zwar 
beschneiden,  aber  nicht  hemmen  sollen.  Lessing  5,  357;  wie 
die  folgerungen  flieszen,  so  lasz  sie  flieszen.  hemme  ihren 
Strom  nicht;  lenke  ihn  nicht.  11,65;  mit  in  der  brüst  ge- 
hemmtem athem.  Klinger  6,  45;  meine  vom  sUszen  bewundern 
gehemmte  zunge.  10,12; 

kein  knöpf,  kein  fäserchen,  kein  Stengel  und  kein  blatt 
war,  welches  nicht  {im  qetiüsch) 
durch  das  gehemmte  sonnenlictit 

sich  auf  dem  boden  selbst  gezeichnet  hatt.    Brockss  1,  95; 
sein  anblick  selbst  erquickt,  die  schwermuth  hemmt  sein  scherz. 

Hagedor:«  1,  85; 
(icli  den)  kein  bach,  kein  sumpf  und  kein  gebüsch  voll  dornen 
auf  seinen  Wanderungen  hemmt.  Göckinci  2,  lö; 

dasz  nichts  den  eindusz  deines  ansehns  hemmt. 

GoTTBR  1,  170; 
wer  hemmt  den  flug  der  stunden?  sie  rauschen  hin, 
wie  pfeile  gottes.  Höltt  106  Halm; 

hemme  den  schmerz  deiner  dich  rufenden 
Schwester.  RahlerI,  95; 

den  hart  befleckt,  der  locken  schönes  wallen 
gehemmt  von  blutgem  leime,  stand  er  da  (Hekiors  Schattenbild). 
Schiller  Zerstörung  »on  Troja  48; 
eine  mauer 
aus  meinen  eignen  werken  baut  sich  aur, 
die  mir  die  umkehr  thürmend  hemmt.     Wallenst.  tod  1,  4; 
was  hältst  du  meinen  aufgehobnen  arm, 
und  hemmst  des  Schwertes  blutige  entscheidung?  jungfr.2, 10; 
übermäszig  füllt  er  sich  an;  da  hemmte  gewaltig 
den  geschwollenen  leib  und  seine  rückkehr  die  spalte. 

GöTHE  40,  50; 
halt  ein,  verwegner,  und  hemme  den  streich!    Körner  1,110; 
hemmeten  nicht  hohlweg  und  versclineiete  gründe  die  durch- 
fahrt, 
sicherlich  kämen  sie  beide.     Voss  2,  270  (Id.  16,  26) ; 
wie,  wer  von  einem  berge  kam  gesprungen, 
umsonst,  den  lauf  zu  hemmen,  sich  bemühet. 

UuLAND  ged.  139; 
seine  band,  zur  brüst  gehalten, 
hemmt  nicht  mehr  des  blutes  lauf.    291; 
doch  er  hemmte  die  betrachtung. 

Scheffel  trompeter  189. 

3)  hemmen  reflexiv:  das  feuer  hemmte  sich  nicht  unter 
meiner  brüst,  wie  jetzt.  Klinger  thealer  3,392; 

und  nunmehr  ist  es  aus:  ich  kann  mich  nicht  mehr  hemmen. 
brecht,  thränen,  brecht  hervor! 

Chr.  Grtphics  poet.  wäld.  2,  96; 
aber  nachdem  sie  die  pfähle  hindurch  und  den  graben  geeilet 
fliehendes  laufs,  und  mancher  gestürzt  von  der  Danaer  banden, 
jetzo  hemmten  jene  sich  dort,  bei  den  wagen  beharrend. 

Utas  15,  3. 

4)  ungewöhnlich  ist  hemmen  mit  persönlichem  accus,  und  der 
praep.  von,  von  etwas  abhallen: 

Lustig    (der  liund)  allein  schon  hemmt  die  getfiderien  pferde 

vom  kornfeld.    Voss  2,23  (/d.  3,9); 
traun,  dein  böser  betrug,  arglistig«,  tückische  Ilere, 
hemmte  den  göttlichen  licktor  vom  streit.     It.  15,  15. 

GitTHE  wagt  hemmen  zu  ..,  durch  hemmung  zu  etwas  aus- 
bilden : 

die  sonne  droben 
saugt  an  unserm  (der  gewiner)  blut;  ein  hügel 
hemmet  uns  zum  teiche !  2,  56. 

HEMMKETTE,  f.  kette  zum  Iwmmen  eines  rades:  sufflamen, 
ein  ralsperr,  bemmkctien ,  die  das  rtit  hellt.  Alberus  dict. 
e2';  im  Sprichwort  und  bildlich:  eine  hemmkelte  entzwei  liegen 
(lügen)  Scbottel  1114';  mit  den  kriegen  sind  die  stärksten 
hemmkcllen  der  Wissenschaften  obgeschnitten.  J.  Paul  Hesp. 
2,227;  ich  will,  so  ohne  alle  vcrzilgcriiche  einreden,  so  ohne 
alle  hemmketlen  und  gedankcn  durch  Europa  f.ihrcn.  a.  d. 
teuf.  pap.  1,1;  furcht  hingegen  ..  ist  . .  wahres  lühmgifl  für 
muskeln  und  haut,  hemmkelte  des  umlaufenden  bluts.  Katzenb. 
badrr.  2,  tl. 

HEMMKRAFT,  f:  wahrend  unter  dem  acheine,  die  natio- 
nalrechte zu  bcschillzen ,  die  (unter  Ludwig  XV!)  den  parla- 
mentern inwohneiidc  hemmkrafl  zunnhin,  versank  die  regir 
rung  in  die    kläglichste    ohnmarht.    Ueckers  ueltgesch.  12, 67. 

HEMMNIS,  n    tmpedtmentum. 


985 


HEMMSCHUH  — HENGST 


HENGST 


986 


HEMMSCHUH,  n.  schuhähnliches  gerät  2um  hemmen  eines  ge- 
fährles:  hpmrascbuh  sut/?amen  Steinbach  2,  619 ;  bildlich:  dasz 
der  alle  forsimann  sicli  als  liemniketle  und  hemmscbuh  aus 
Starrsinn  dem  brautwogen  heider  liebenden  anschnallte.  J.  Paul 
leben  Fibels  103;  zuweilen  bab  ich  solche  neider  eines  musen- 
pferd-reiters  gern  den  bunden  verglichen,  welche  einem  pferde, 
je  schneller  es  durch  die  gassen  fliegt,  desto  heftiger  nach- 
fahren und  nachbellen,  aber  wahrlich  ihr  fehdehandscliuh 
ist  kein  hemmschuh.  188;  ich  bin  heute  sehr  verdrieszlich, 
mürrisch,  ärgerlich,  reizbar;  der  raisrauth  hat  der  phantasie 
den  hemmschuh  angelegt.  H.  Heink  13,  51. 

HEMMUNG,   f.     1)  die   handlung  des   hemmens:   hemmung 
praepcdimentum,  impedilio ,  remora,  relardatio  Stieler  748;  die 
hemraung  der  krüfte.  Kunger  10,  200. 
2)  das  tcas  hemml: 

■wie  jede  hemmung  in  der  liebe  bahn 

die  liebe  nur  entOammt. 

Skakesp.  ende  gut  alles  gut  5,  3, 

as  all  impediments  in  fancy's  course 

are  motives  of  more  fancy; 

hemmung  in  einer  uhr,  eine  Vorrichtung,  tcodurch  der  schwung 
der  Unruhe  oder  des  perpendikels  zu  einer  gkichmäszigen  beicegung 
genötigt  tcird.  Jacobsson  2, 253'. 

HEMPEL,  m.,  was  hampel  sp.  321:  so  grobe  hempel  sind 
sie,  das  sie  nicht  sehen,  wie  dis  fleisch  ist  ein  unvergenglich, 
unsterblich,  unverweselich  fleisch.  Lcther  3,374";  wie  grobe 
hempel  unser  schwermer  sind.  460';  es  sind  mir  doch  ja 
grobe  ungelerte  hempel  in  diesen  sachen,  wollen  viel  leren, 
und  verstehen  die  wort  nicht,  die  sie  reden.  465*. 

HEMPELMÄNN,  m.  vergl.  bampelmann  sp.  322. 

HEMSEN,  verb.  hem  sagen:  das  war  eine  bittere  pille,  die 
der  alte  schlucken  muszte.  er  hemste  nur  ein  paar  mal  . . 
HoRN  spinnstube  1867,  s.  166. 

HEN ,  interj. :  auf  mein  brinnend  sei ,  es  ist  nichts  als 
daffete  wein,  und  besser  als  fin  englisch,  darumb  führt  ein 
tafl"eten  mut :  mit  carmesin  verbrämet,  hen,  ben,  er  ist  erz- 
ländisch,  er  tüchelet  recht  wol.  Garg.  102';  namentlich  eines 
räuspernden:  hen,  hen,  eben,  hasch.  154';  ein«  fragenden: 

hen,  wie  meinstu  mein  Ule  Läpp. 

H.  Sachs  2,  4,  30*. 

HENDIG,  adj.  herb,  bitter;  s.  händig  4  sp.  398. 

HENDSCH,  m.  als  bezeichnung  einer  pferdekrankheit :  so  ein 
pferd  sehr  geritten  worden ,  dasz  es  an  allen  vieren  ver- 
müdet  ist,  welches  die  rossärzet  den  laufenden  hendsch 
nennen.  Tabernaem.  604.     vergl.  hinsch. 

HENG ,  interj.  l)  das  zähneblecken  nachahmend:  v.  R.  je 
Gabel !  du  wirst  doch  respekt  vor  dem  herrn  von  Trümmer 
haben.     G.  (die  zahne  blockend)  heng!  Gotter  3,260. 

2)  heng,  anspornend,  vergl.  unter  hängen  sp.  451. 

HENGEL,  f.  1)  trauben  die  mit  dem  rebholze  abgeschnillen, 
an  diesem  hangen;  mhd.  hengel,  hengelin.  Lexer  wb.  1,1247; 
nim  ein  hengel,  als  s.  oder  xij  trauben.  kuchenm.  61. 

2)  m.,  vergl.  hangel,  hängel  sp.  439. 

HENGEN,  verb.  s.  hängen  sp.  449. 

HENGER,  m.  der  lienker,  s.  bänger  sp.  453:  sind  ..  die 
zween  henger  und  ir  knecht  in  das  ampthaus  gangen.  Lctueb 
3,418*;  auf  dj  der  henger  {die  kinder)  zwinge,  die  sich  von 
iren  eitern  nicht  ziehen  lassen.  4,  65*. 

HE.NGS,  m.  poa  angustifolia,  schmalblälteriges  viehgras.  Nem- 
WICH   4.  1017. 

HENGST,  m.  equus  admissarius. 

1)  abstammung  und  eigentliche  bedeulung  des  Wortes  liegt  noch 
im  dunkeln,  es  bestehen  Zweifel,  ob  die  versuchte  zusammen- 
ilellung  des  wortes  mit  dem  slav.  kon',  litt,  kuinas  pferd  richtig 
sei,  wenigstens  wird  dadurch  die  ganze  zweite  hälfte  des  wortes 
nicht  erklärt;  fraglich  ist  auch,  ob  altnord.  hestr  pferd  zu  hengst 
Verwandtschaft  habe,  die  frage  nach  der  eigentlichen  bedeulung 
ist  um  so  schwieriger  zu  lösen,  als  das  worl  zwei  entgegengesetzte 
begriffe  bezeiclinel:  während  ahd.  hcngist  {auch  heingist,  aus 
älterem  hangist,  Graff  4,  964)  das  verschnittene  männliche  pferd 
aussagt  und  eunuchus,  equus  caslratus  glossirt  wird,  eine  bedeulung 
die  auch  im  mhd.  beugest  fortdauert,  und  noch  heute  in  Baiern 
nicht  vergessen  ist  (Schm.  2,  214) : 

man  hat  noch  manche  sonderbare  weise  [in  Gaslein) : 

vorcssen  nennt  man  hier  die  dritte  speise, 

und  einen  hengsten  ein  verschnitten  pTerd.    Blckacer  1,195; 

vährend  ferner  ags.  hengesl,  fries.  hengst  und  hingst  das  männ- 
liclie  pferd  schlechthin  bezeichnen,  heiszl  im  nhd.  hengst  da^  un- 


verschnülene  männliche  pferd.  diese  bedeulung  kann  seit  dem 
anfange  des  15.  jahrh.  nachgewiesen  werden,  ans  welcher  qegend  sie 
.stammt,  wird  schwer  zu  ermitleln  sein :  admissarius  slul  hengst 
DiEF.  13';  hengst,  caballus,  hispus,  .i.  emissarius  et  equus  non 
castralus.  voc.  ine.  theut.  i4';  ein  rauliger  hengst,  admissarius 
animosus  Stieler  762;  ein  iglicber  wiehert  nach  seines 
nehesten  weihe,  wie  die  vollen  müszigen  hengste.  Jer.  5,8; 
sie  laufen  alle  iren  lauf,  wie  ein  grimmiger  hengst  im  streit. 
8,6;  und  entbrand  gegen  ire  bulen .  welcher  brnnst  war, 
wie  der  esel  und  der  hengste  brunst.  Hes.  23,  20.  der  beugst 
als  reitpferd:  hengst,  pferd,  caballus  Dasyp. ;  auf  einem  mun- 
tern hengst.  Happel  acad.  rom.  26;  es  heiszl  den  hengst  zäu- 
men, besteigen,  reiten,  tummeln  {mückenkr.  l,  S12);  den  hengst 
im  zäum  halten  und  lassen  im  stapf  gon,  sustinere  cquunt 
Maaler  218';  den  hengst  umbwerfen  und  leiten,  flectere  equum 
das. ; 

ein  ritter  ritt  einst  in  den  krieg, 

und  als  er  seinen  hengst  bestieg  ..  .    Bürger  29*; 

recensent,  der  tapfre  ritter, 

steigt  zu  rosse  kühn  und  stolz, 

ists  kein  hengst  aus  Andalusien, 

ist  es  doch  ein  bock  von  holz.    Uhlaüd  ged.  262; 
begegnet  mir  da  in  der  stadt  ein  henkst 
in  vollen  Sprüngen,  mächtig  wie  ein  berg, 
schwarz  wie  die  nacht,  und  hat  sich,  dreht  sich,  schnaubt, 
und  rathet  mal,  wer  oben  auf  ihm  sasz.      Tieck  1,  206. 

unter  den  hengsten  ist  der  falbe  oder  lichlfuchs  geschätzt,  dem 
man  ein  feuriges  wesen  beilegt,  auf  ihn  beziehen  sich  redensarten : 
muti  citius  loquentur.  du  hetlests  so  bald  nit  uEf  einem 
falben  hengst  erritten.  S.Frank  sprichw.  2.53';  den  falben 
hengst  streichen,  schmeicheln,  nach  dem  munde  reden,  vergl. 
beispiele  Ih.  3,  1267.  126S :  dann  ich  greiflich  oft  greif,  wie  die 
histori  den  groszen  herrn  heuchlen,  das  belmllu  durchs  maul 
ziehen,  und  mit  fuchsschwanz  den  falben  hengst  streichen. 
S.  Frank  German.  chron.  1538  aa6';  sie  seind  erstlich  still 
und  züchtig,  können  den  schalk  wol  verbergen  und  den  fuchsz 
beim  zäum  halten,  darzu  den  falben  hengst  sehr  herrlich 
streichen.  Thcrneiszer  magna  alchymia  (l5S3)  vorrede  s.  7; 
und  so  dir  jemand  schmeichelt,  und  gar  leicht  riecht  der 
biedermann  den  fuchs,  der  weidlich  den  falben  hengst  zu 
streicheln  sucht.  Veit  Weber  sagen  der  vorzeit  3,160;  dafür 
den  falben  hengst  reiten ,  adulationem  inducere  J.  Meier 
adagia  57; 

mancher  durch  lyegen  würt  ein  herr, 
dann  er  den  kutzen  strichen  kan, 
und  mit  dem  falben  hengst  umb  gan. 

Bra:4T  narrenscli.  100,  16  [vijt.  die  anmerttung 
dazu  s.  443  Zarncke). 

2)  hängst  von  dem  männchen  pferdeartiger  thiere;  so  unter- 
scheidet man  beim  esel  hengst  und  slute;  die  eselhengst-füllen, 
so  man  nicht  zur  zucht  brauchen  will,  reiszen  oder  ver- 
schneiden lassen,  oecon.  lex.  (1731)  599;  die  eselhengste,  so 
man  zum  belegen  brauchen  will.  1548;  auch  beim  kamel, 
vergl.  kamelstule  und  kamelhengst  th.  5,97;  ferner  beim  wal- 
Tosz:  beim  ersten  fang  befanden  sich  ein  hengst  und  eine 
Stute  zugleich  auf  einer  eisscholle.  Petermanns  mittheil.,  er- 
gänzungsheft  16,  s.  42.  —  Im  gebirge  an  der  Ostreich.  Traun 
heiszl  hengst  ein  verschnittener  Ziegenbock.  Scbm.  2,  214. 

3)  hengst  übertragen  auf  einen  geilen,  buhlerischen  mann: 
nachdem  .  .  alle  diese  hengste  sich  müd  gerammelt  hatten. 
Simpl.  3,  59  Kurz;  es  gehet  dergleichen  hengsten  nicht  änderst, 
die  wie  das  unvernünftige  viehe  einem  jedweden  geschleierten 
thier ,  wie  der  Jäger  jeden  einem  stück  wild  nachsetzen, 
s.  123;  ich  wünschte  vielmehr,  dasz  ich  allen  solchen  hengsten 
dergestalt  zur  ader  lassen  und  das  erhitzte  geile,  ehebreche- 
rische gebliith  vom  herzen  räumen  könnte,  s.  402.  vergl.  hengst- 
brünstig; hurenhengst. 

4)  aber  auch  ohne  seilenblick  auf  geschleehlUches  ist  hengst 
nur  derber  ausdruck  für  männliches  geschlechts,  mann,  nament- 
lich in  compositen:  vergl.  kappenbengst  5,  198,  es  ist  nur  der 
träger  einer  mOnchskulte  gemeint,  der  mOnch;  ich  bin  auch  ein 
solcher  partekenhengst  {currendeschüler)  gewest,  und  bab  das 
brot  für  den  beusern  genomen.  Lcther  5. 1S4';  gadenhengsl 
für  einen  kaufmannsgehilfen ,  ladendiener.  Simpl.  1,424  Kurz; 
pomadenhengst  der  nach  pomade  duftende,  der  gcck.  mundart- 
lich, namentlich  in  Schlesien,  aucli  in  Obersachsen  und  Düringen, 
beztichnet  hengst  in  derartigen  compositen  einen  besondern  lieb- 
haber:  taubenhengst,  groszer  freund  von  tauben,  bilderbcngst, 
musikhengst  u.  a. 

5)  hengst,  eine  Vorrichtung  etwas  daran  aufzuhängen ;  nament- 
lich der  wagebalken   eines  Ziehbrunnens:   tolleno,  brunnengalgen 


987  HENGSTBRÜNSTIG  —  HENKELDUCATEN 


UENKELFLASCHE  —  HENKEN 


988 


/.  Iiengst.  DiEF.  5S6';  im  ZillerUial  das  drehbare  traghoh ,  an 
icelcliem  der  milclikesstl  über  das  [euer  gehängt  wird;  auch  ein 
yetcL^ser  balken  an  einer  tcasserklause.  Sch«.  2,  214.  liengst  ist 
ferner  der  ruderring:  ein  fery,  der  liengst  oder  nagel,  daruuf 
man  das  rüder  welzt,  salnius.  Maaler  134*;  endlicli  beim  fdrber 
ein  haspel  mit  gebogenem  hallen,  um  gefärbtes  zeug  aus  der  küpe 
zu  winden.  Jacobssün  2,  253*. 

6)  Iiengst,  ein  Iheil  der  bewaffnung,  Schm.  1,1133  Frommann, 
mit  belegen  aus  dem  14. 15.  jh. 

7)  liengst  eine  arl  roUter  pflaumen,  pruna  asinina,  rosspflaumen, 
das. 

8)  hengst,  nachbicr,  kovenl;  in  der  fränkiseh-henneberg.  mund- 
art.  Fbomm.  4.  3ü7. 

HENGSTBKÜNSTIG ,  adj.:  hengstbrünslige  Scliamiramis. 
Garg.  62*. 

HE.NGSTEN,  verb.  nacli  dem  hengste  verlangen;  von  der  stule 
gcsafjl.  Nemnich. 

HENGSTFOHLEN ,  HENGSTFÜLLEN,  n».  männlicltes  junge 
eines  pferdes  oder  pferdähnlichen  Ihieres. 

HENGSTGELD,  »i.  gcld  das  man  dem  eigenlhümer  eines  spring- 
hengsies  für  dessen  zulassen  bezahlt. 

HENGSTIG.  adj.  nach  dem  hrngst  verlangend,  von  der  stule. 

HENGSTiMANN,  m.  der  mann,  der  bei  einer  sluterei  das  be- 
legen der  mulleipferde  zu  besorgen  hat;  auch  der,  der  mit  einem 
beschelhenyst  auf  dem  lande  umher  reitet  und  gegen  ein  gewisses 
lohn  die  slulen  belegen  läszt.  oecon.  lex.  (1731)  994. 

HENGSTREITEHEI,  f:  das  umherziehen  mit  hengsten 
zum  bedecken,  die  s.  g.  hengstreiterei,  ist  verboten,  hannov. 
gesetzsam ni hing  IS44.  ablh.  1.  s.  93. 

HENGSTSPRUNG,  m.:  (nennen  eine  ihrer  gesangweisen)  den 
hippolhoruin  oder  den  hengslsprung,  als  ob  damit  die  pferd 
aufgehriiciit  würden,  die  sluden  zu  bespringen.  Fischaht  ehz.  412. 

HENGSTVVARTER,  n.:  ich  glaube  dasz  die  kutscher  in 
dieser  studt  auch  ein  solciien  Burchard  von  Gramm  nöthig 
haben ,  der  . .  di«se  muszige  hengstwarter  zur  arbeit  an- 
treibe. SCBCPPIÜS  342. 

HENK ,  m.  instrument  zum  an-  oder  aufhenken  eines  dinges, 
handhabe,  hcnkel:  ansa  henk  Dief.  36';  ansa  ein  henk  an  den 
Uaffcn   [in  vllis)  nov.  gloss.  25*.     vergl.  geiienk,  henkel. 

HENKE,  f.  fest  am  ende  der  dresch-  oder  ernlezeit,  wo  die 
gerate  un  den  nagel  gehenkt  werden;  drischel-,  flegel-,  sicbei- 
henke.  Schm.  2,  215. 

HE.NKEL.  m.  instrument  zum  an-  oder  aufhenken,  vergl.  oben 
henk,  und  hänge!  sp.  439,  das  zum  verbum  hängen  sich  eben 
so  verhält,  wie  henkel  zu  henken,  hankel,  ansa,  circulus  aheni, 
liiinkel  an  einem  trinkgescbirr,  nasus.  Stiei.er  7{iO;  der  krug 
hat  einen  heiikei,  urceus  est  «asotu.'i  Steinbach  1,  734;  henkel 
in  der  ampei,  mergulus  voc.  ine.  Iheut.  i  4" ;  wie  mancher  topf 
2  henkel  bat.  Chr.  Weise  kl.  leule  340;  der  gute  henkel  ist 
mehreniheilä  abgebrochen.  341;  er  {der  anfsatz)  ist  von  dem 
feinslen  porceilan,  und  die  lassen  haben  alle  henkel.  Gei.lert 
3,198;  lienkel  eines  korbes ,  eines  kleidungsstückes,  eines 
rockes;  henkel  an  einer  giocke: 

aiüszt  den  zapTen  aus! 
goit  henabr  daü  haus! 
rauschend  in  des  lienitels  bogen 
•cliieszts  Dill  (eueibraiineii  wogen. 

Schiller  ijlucke  v.  153; 

henkel  an  einem  geldslück,  s.  henkelducalen,  hcnkellhalcr; 
henkel,  das  ohr  der  lichtdochlc,  das  sich  beim  lichtziehen  auf  der 
dochtttange  bildet.  Jacobsson  2,254';  ferner  der  faden  eines  ge- 
tponnenen  knupfes,  der  den  letzteren  mit  dem  rocke  verbindet,  das.; 
lienkel  an  einem  schwert: 

hör  zu  mein  lieher  enkel, 
und  linng  dein  hölzern  Kcbwert 
derweil  an  seinen  heiikul.     Hüciekt  159. 

bildlich:  wenige  (vorreden)  sind  henkel  des  buchs.  J.Paul 
grünt,  proc.  1, 123;  so  musz  auch  die  liebhaberin  eines  briiders 
durchaus  und  noch  nöthigcr  eine  schuesicr  haben,  deren 
freundin  sie  ist,  und  die  der  henkel  und  schafl  um  bruder 
wird.  Ilenp.  1,64.  tpricliwurt:  man  Irilgt  den  krug  so  lange 
zum  brunnen ,  bis  der  henkel  zerbricht,  quem  iaepe  Iransit 
catut.  aliquando  invenit,  Steinbacu   I,  734. 

Auch  die  Vorrichtung,  an  der  der  knsel  über  dem  herdfeuer 
hntifit,  hcml  nach  Stieleh  760  bUnkel,  sonst  hahl  oder  hAngel, 
vrrtil.  tp.  l.'.<i.  430. 

HENKKI.CIIKN.  n.  kleiner  henkel. 

HKNKLLDI  CATEN .  m.  dukaten  der  mit  einem  henkel  ver- 
sehen tM,  damtl  er  als  haluchmuck  ytlrayen  werden  kann. 


HENKELFLASCHE,  f.  flasche  mü  einem  henkel  oder  henkeln : 
liesz  sich  eine  grusze  henkelflasche  reichen.  Abniu  kronenw. 
1,  2SI. 

HENKELFORM,  f.  eine  form  von  thon,  lehm  oder  gips,  worin 
ein  hvnkel  zu  einer  giocke  oder  zu  zinnernen  kannen  gegossen 
wird.   Jacobsson  2,  254*. 

HENKELICHT,  adj.  ansatus.  Steinbach  1,734. 
HENKELhOHB,  «i.  korb  mit  einem  oder  henkeln. 
HENKELKRUG,  «i.  krug  mit  einem  lienkel  oder  henkeln: 
manchmal  glaubte  ich,  ich  sähe  ihn  leibhaftig  selber  an  seiner 
Staffelei  sitzen,  dann  und  wann  nach  dem  groszen  henkel- 
krug  greifen,  überlegen  und  dabei  Irinken,  und  dann  wieder 
trinken  ohne  zu  überlegen.  H.  Heine  4, 157. 

HENKELN,  verb.  mit  einem  henkel  versehen:  einen  ducaten, 
einen  Ihaler  henkeln;  am  meisten  im  pari,  des  praet.:  ein  ge- 
henkeltes gefdsze,  vas  ansalum  Steinbach  1,734;  in  seiner 
rechten  hielt  er  ein  silbernes  gehenkeltes  gcmäsz.  Qüthe 
24,  323 ; 

wahrlich  ein  Sophlenducalen, 
neu  gehenkelt,  blankes  gold.     Fr.  Kinn  gediclile; 
mütterchen,   eile  mir  wein  in  gehenkelte  krüge  zu  schöpfen. 

Odyssee  2,  3.SÜ; 
lange  reihn  von  schöngehenkelten  urnen.    Platen  336. 

HENKELTASSE,  f.  lasse  mü  einem  hcnkel  versehen.  Jacobs- 
son  2.  253*. 

HENKELTHALER,  m.  tlialer  mit  einem  henkel  versehen:  schenkte 
mir  einen  henkelthaler.  Arnim  1,341.    vergl.  henkelducalen. 

HENKELTOPF,  m.  topf  mit  einem  hcnkel  oder  mit  henkeln: 
hünkcltopf,  asellus  Steinbach  2,  823 ; 

[dpr  allf)  tragend  den  bunten, 
mächtigen  henkeltopf,  halbvoll  der  erlesenen  erdbeern. 
Voss  1,  30  (Luise  l,  2UU). 

HENKEN,  verb.  suspendere. 

Die  lierkunß  des  worles  ist  sp.  441  angegeben;  es  ist  das  ahd. 
henchan,  praet.  hancta,  mhd.  henken,  praet.  hancte  tind  lianhte. 
die  rückuni geläutete  form  des  praet.  findet  sich  noch  bis  ins  IG.  )/i. 
hinein:  und  hankt  man  pretter  an  all  zinnen  umb  die  stat. 
d.  slädlcchr.  3,93,22;  item  1529  jar  zu  sant  Jörgen  lag  am 
samstag  darvor  da  hanket  man  der  buUer  zunftmuister.  4,13; 

die  wid  tet  er  recht  klenken, 

den  Adciger  daran  henken, 

er  hankt  in  bei  der  brunnlliesz.     Ubland  volksl.  15t. 

rücksichllich  der  bedeulung  geht  henken  ganz  neben  hängen  her. 
es  ist  oberdeutschen  quellen  geläufiger  als  mitteldeutschen ,  die  ent- 
schieden hängen  bevorzugen.  Luther  verwendet  jenes  weil  sellener 
als  dieses,  und  fast  nur  in  der  bedeulung  7  unten,  henken 
drückt  aus: 

1)  allgemein  in  eine  hangende  luge  bringen  {vergl,  hängen  2 
sp.  44!t);  getvühnlich  mit  richlungsbestinimung ,  die  durch  prae- 
positionen  oder  ade.  ausgedrückt  wird:  so  bau  wir  . .  geheiikct 
unsere  insigeil  an  disen  brief.  weislh.  3,  C09 ;  zQ  dem  ersten 
so  henkt  man  die  haut  in  das  wasscr,  und  wenn  si  lang  in 
dem  Wasser  gehanget,  so  nimpt  man  si  ausz  dem  wiisser 
und  ..  schapt  d;  bar  hiirab,  das  noch  daran  hanget.  Keisehs- 
berg  hos  im  pf.  (gmnatap/el)  co';  die  meergroppen  henken 
ihre  eier  an  die  leisen.  FuRER  fisclib.  7*;  hodrihein,  hiiinacht 
nimmer  heim:  sonder  henkt  die  sonn  an  den  iium.  die  nacht 
an  den  lag,  die  lisch  an  einander  trag.  Carg.  loo';  spiich- 
wörtlich:  den  mantel  henken,  wo  der  wind  her  geht.  AcR. 
spr.  (15(j0)18';  an  den  nagel  henken.  Chr.  Weise  erzn,  4t>2; 

den  mantel  benken  gen  dem  wynd. 

URAnT  narrenscU.  100,  16; 
bis  kaiser  Fridrlch  henket 
sin  Schild  an  turreii  boiim. 

LiLiEMCRON  tnlk^t.  2,  26,  21; 
hübsch  srbilt  ich  in  <li  kirchi-n  lienk, 
das  man  ruiulich  auch  mein  gedenk. 

SCHWAR7KMBER0    137'; 

lind  will  der  lierznllcrlieb$ten  mein 

ein  ketten  benken  un  den  lialsz. 

i.  Atrrr  hV  (299.  19  Keltei); 
die  Stirn  ist  sonst  der  iliron  dratil  cliro  sitzt  etnpnr; 
was  hat  für  obre  <lcr,  der  banru  licnkt  davor.    Locau  1,43, 67  { 
die  iiiirriMi  dankten  mir  durch  ihren  poilschenstiel, 
und   iniidrhcn  lirnkleii   mich  Uli  alln  wiclili-lzople, 
iu  wünschen  mein  icli  nur.  Güktiikn  5'itj; 

so  balle  du  unsere  biiriigen  ross  loi 
henk  In  den  ring  die  tü|[el.  Üürckr  223>s 

bUdlich: 

iinit  wenn  die  schale  nicht  sich  Ihr  nach  willen  senket, 
tur  nahrhoil  ein  gewicht  erdachter  lugcn  heiikei. 

J.  K.'SciiuiML  4,  282. 


989 


HENKEN 


HENKEN  — HENKER 


990 


henken  reflexiv:  die  Lenken  sich  auch  an  mit  zarten  fädemen, 
wie  andere  legumina.  Bock,  kräuterb.  49b;  die  gezweigte  pfirsig- 
bänme  soll  man,  wann  es  gar  heisz  ist,  alle  abend  mit 
frischem  wasser  ..  sprenzen:  innsonderheit  aber  wann  man 
vermerkt,  das  sie  anfahen  zu  dörren,  und  sich  zu  henken. 
Sebiz  {eidbau  346; 

dasz  unsre  zungen  sich  ohn  krafl,  geschmack  und  sprach 
an  unsre  rächen  henken.  Weckherlis  294. 

l)  insbesondere  von  kürpertheilen,  zum  ausdruck  einer  empßn- 
dung  {vergl.  hängen  3,  sp.  450) :  Theagenes  gieng  trauwrig 
darvon ,  henket  den  köpf,  der  Sachen  nachdenkend,  b.  d. 
liebe  213*;  siehe  wie  henket  er  das  maul,  ich  wil  ihn  den 
zornbraten  abschneiden.  Schottel  1134';  ich  wolte  zwar  das 
maul  um  etwas  henken,  aber  sie  sagte  mir  austrücklich, 
wann  ich  sie  disz  narreniverks  halber  . .  verachten  wolte, 
so  wüste  sie  noch  kerl,  die  sie  nicht  verschmähen  würden. 
Simpl.  3,  261  Kurz,     den  mund  in  etwas  henken,  in  begierde: 

wo  ich  erwisch  ein  flaschen  mit  wein, 
wil  ich  mein  scbnabel  henken  drein. 

H.  Sachs  3,  2,  166'; 
ein  junkfrouw  sol  fln  züchtig  sin, 
die  nasen  nit  z'tiel  henlien  drin  (ins  qlas). 
iray.  Joli.  Qvij. 

3)  henken,  sich  an  einander  reiften  beim  reigen:  man  bläst 
den  kindern  einen  tanz,  sie  tanzen  umb  den  altar  herutnb, 
darnach  henken  sie  sich  an  einander  und  singen  einen  reihen. 
J.  Ayrer  256'  (1278,  2  Keller) ;  so  hat  man  unsere  musen  zu 
mahlen  pflegen,  als  sie  mit  zusammen  gehenkten  bänden  in 
einein  reihen  tanzen.  Opitz  poelerei  s.  6. 

4)  henken ,  an  sich  fesseln ,  als  anhang  erwerben  (hängen  4 
sp.  450):  henket  ich  eilends  an  mich  400  schützen.  Schert- 
LiNS  br.  19 ;  sein  son  Elcazar  henket  das  aufrührisch  volk 
an  sich.  Reiszner  Jerus.  2,112'; 

groszraechtiger  herr,  euch  ist  beiiandt, 
wie  knnig  Aliens  vor  seim  todt  .  .  . 
zum  Iriden  bracht  die  Sabinos, 
an  sich  gehenkt  die  Laiinos. 

Atrer  39'  (209,  33  Keller) ; 
furcht  ich  er  möcht  an  sich  henken 
ein  meng  kriegsvoik.    116'  (588,  10  Keller). 

sich  henken  an  eine,  deren  anhang  bilden,  ihr  folgen:  dasz 
ihrer  fräulin  liebhaber  rebellisch  worden  und  sich  an  eine 
andere  gehenkt.  Simpl.  3, 135  Kurz; 

eure  tochter  ist  ein  junges  blut, 

und  kennt  den  tetilel  der  männer  ranken, 

warum  sie  sich  an  die  maidels  henken.    Götbb  13,62. 

5)  sich  henken  an  etwas,  in  bezug  auf  neigung,  meinung, 
ansicid  (vergL  hängen  6  sp.  451)  : 

vom  glawben  wil  abwenken, 

an  tewUisch  lere  sich  henken, 

zu  lalsclien  geistern  lenken.    Soltao  270  (\6.jahrh.); 
der  nicht,  wie  du  hiszher,  zu  frech  sich  an  sie  {dip  teeli)  henket, 
der  viJmehr  iiber  sich  an  enigs  wesen  denket.      Rohpler  90; 
die  Zeiten  sind  als  wie  ein  rad,  sie  reiszen  mit  sich  um, 
wer  sich  an  sie  iienkt;   machen  ilin  venlreht.    verkehrt,   krum, 

thum.    LocAü  3,  109,  46. 

C)  anders  meint  ein  in  einander  henken  bei  Luther,  näm- 
lich in  zwisl  hart  an  einander  bringen :  sollen  sich  solche  leute 
[der  papst  und  sein  anhang\  nicht  billich  fürchten  für  der  re- 
fornuiiiun  und  einem  freien  concilio,  und  ehe  alle  künig  und 
fürsien  in  einander  iienken ,  das  je  nicht  durch  ir  einigkeit 
ein  conciliuni  werde?  l,  297*. 

7)  am  häufigsten  und  bis  in  die  neueste  zeit  hinein  heiszt 
hcnkc-n  an  dm  gülden  aufknüpfen  {tergl.  hängen  1,  sp.  449). 
Lt;THER  l/raueht  das  uorl  nur  vom  erleiden  der  lodesslrafe  durch 
den  ürang,  trenn  kein  Oillicher  beisalz  stall  hat;  in  dem  letzteren 
falle  (an  den  galgen,  an  bewme  u.s.w.)  verwendet  er  hengen 
{rergl.  £v//i.  2,  23.  8,  7.  ap.  gesch.  5.  30) :  den  obersten  Lecker 
liesz  er  henken.  1  Mos.  40,22  {gegen  an  galgen  hengen  r.  19); 
icli  bin  wider  an  mein  ampl  gesetzt,  und  jener  ist  gehenkt. 
41,  i:t :  bei  andern  aber  wird  dieser  unterschied  im  gebrauche  nicht 
btoiachlel:  wi.ll  daruuib  der  künig  im.  Frankreich  all  esei- 
treil.er  henken.  Garg.  109*;  so  wolt  ich  einen  doppellen  galgen 
hauen  bissen,  und  an  den  untersten  galgen  wolt  ich  henken 
lassen  die  krainerjiingen ,  und  andere  kMeciile  und  inägde 
die  ihren  berrn  bestehlen,  an  den  obersten  galgen  aber  wolt 
ich  henken  lassen  die  jenige,  welche  kindern  und  gesinde 
ihren  diel. stuhl  abkaufen.  Sculppics  204;  der  henker  wirft 
dem   malefikanten   kurz   und   gut  einen  strick  um  den  hals 


und  henkt  ihn  . .  an  einen  aststumpen.  Hebel  2  (1853)  s.  131 ; 
es  war  zum  henken  und  zum  laufen  lassen,  wie  man  wollte 
3,72, 

wer  ain  pös  weib  hab, 

der  thuo  sich  ir  pei  der  zeit  ab, 

oder  er  nem  ainen  starken  past, 

und  henke  sei  an  ainen  ast, 

und  henke  auch  da  pei 

iwen  woIf  oder  drei : 

so  gesach  nie  kain  man  kainen  galgen 

mit  pösern  palgen, 

wen  der  den  teufel  vienge 

und  inen  zu  in  hienge.    {astn.  sp,  511, 15; 

ich  henket  euch  ee  baide  an  ein  wied.    550,  30; 

zehenken  alle  Juden.    Schwarzejiberg  106'; 

feld  und  gut  kann  er  conGscieren, 
ann  henken  lassen  und  pardonnieren. 

Schiller  Wollenst,  tager  II.  auftr.; 

sich  henken,  sich  durch  aufknüpfen  lüdlen:  wie  man  bisher 
viel  leut  gefunden  hat  . .  die  der  teufel  reitet  und  plagt  mit 
anfechtung  und  verzweivelung,  das  sie  sich  selbs  henken  oder 
sonst  umbbringen,  für  groszer  angst.  Luther  5,  530';  der  ist 
ein  narr  der  sich  drumb  henkt.  Simpl.  3,398  Kurz. 

Vide  spricliwöiier  und  redensarten.  die  von  Nürnberg  lassen 
keinen  henken,  sie  haben  ihne  dann.  H.  J.  v.  Braü.nschweic 
351 ;  man  henket  keinen,  man  habe  ihn  dann.  Pistobids  thes. 
par.  4,  9 ; 

die  Nürnberger  henken  keinen, 

sie  hätten  ihn  denn  vor.    Schiller  räuber  2,  3; 

groSie  diebe  henken  die  kleinen.  Schottel  1114*;  es  ist 
kein  amt  so  klein ,  es  ist  henkens  werth.  Pistorics  thes. 
par.  1,3;  man  henket  keinen  zweimal.  1,42;  mit  gestohlen, 
mit  gehenket.  1,85;  wer  stiehlt  trunken,  wird  nüchtern 
gehenkel.  1,89;  wer  nicht  alt  nerden  will,  mag  sich  jung 
henken  lassen.  2,  17;  den  'dieb  soll  man  henken,  und 
die  hur  ertränken.  3,48;  kle;ne  diebe  henkt  man,  grosze 
läszt  man  laufen.  3,5t;  man  henkt  keinen  dieb  wider  seinen 
willen.  4,22;  wenn  man  mit  läugnen  könnte  vom  galgen 
kommen,  würde  niemand  gehenkt.  6,  94;  solt  sich  einer  noch 
so  willig  an  pratspisz  stecken  lassen,  weil  man  doch  sagt, 
ein  gut  mal  sei  henkens  werth.  wiewol  jener  Italiener  meint, 
ein  jungfrawkusz  sei  henkens  werth.  dann  er  wer  lieber 
von  einer  jungfrawen  gehenkt,  dann  ausgestrichen:  ursach, 
inn  Italien  musz  der  henker  seinen  henkmessigen  son  zuvor 
zu  guter  nacht  küs.«en.  Garg.  48;  eine  gute  mahlzeit  ist 
henkens  werth.  M.  Neander  menschensp.  114,  vergl.  henkers- 
mahlzeit;  im  hause  des  gehenkten  soll  man  nicht  vom  stricke 
reden.  Sinbock  sprichw.  241; 

lieber  henken 

als  ertränken.    240. 

8)  dasz  henken  bisueilen  misbräuchlich  für  inlransüitei  bangen 
steht ,  wurde  bereits  sp.  441  angegeben,  zu  den  dort  stehenden 
beispielen  noch  änige:  die  enge  zwischen  Galiopoli  und  zweien 
festungen,  schlosz  oder  castel,  welche  auf  und  ins  meer 
henken.  Fronsperg  kriegsb.  3,189';  Esopus  lehret,  wenn 
jemand  ein  braten  vom  altar  zucket,  bleibt  gemeinlich  ein 
glühend  kühlein  daran  henken.  Scbi;ppius  830;  was  hilfts, 
einen  güldenen  galgen  haben,  und  daran  henken  müssen. 
Pistorics  thes.  par.  1,27;  ob  ich  wol  der  jungen  cavallier  noch 
mehr  an  mir  henken  hatte.  PHiLA-itDER  lugd.  3,217; 

Christus,  der  uns  seiig  macht, 

ward  für  uns  ans  creutz  gebracht. 

0  wie  würden  sich  bedenken, 

die  manchmal  das  selig  sein 

suchen  nur  durch  Tremde  pein, 

wenn  sie  selbstcn  sollen  henken.    Locau  1,38,39; 

Praedo  wil  noch  lieher  henken, 

als  sich  in  die  wirthschatt  senken.    1,78,17; 
was  hilft  es  einen  dieb,  der  morgen  henken  sol, 
ob  er  mit  speisz  und  trank  versorgt  ist  heule  noi?    3,14,53; 
weisz  ich  so  gut  als  er  noch  nicht,  woran  es  henket, 
dasz  weder  kratt  noch  geist  nach  meinen  wünschen  llieszt. 

GcMTUER  787; 
des  Seilers  torhter  wird  in  kurzem  deine  braut, 
wie  meine  liebste  sein,  wir  müssen  beide  henken.    1034. 

HENKER,  m.  carnifex. 

1)  der  beamtete,  der  die  todesurtheile,  zunächst  durch  den  sträng, 
dann  auch  auf  and€re  weise  vollzog  und  zugleich  bei  Stellung  der 
peinlichen  frage  tlidtig  war,  hiesz  nur  im  munde  des  Volkes  henker; 
henker  spiculator ,  lictor  voc.  ine.  thettt.  i  4';  in  der  officietlen 
und  gesetze-^sprache  dagegen  nachrichter  {z.  b.  Carolina  art.  86. 
96.  97.)  oder  scharpfrichter  (z.  b.  weislh.  1,  832).     die  wortform 


991 


HENKER 


HENKER 


992 


sdiliefzi  sich,  als  eigenllich  oberdeutsche,  ebenso  an  henken  an, 
wie  das  milleldeulsche  bänger,  henger  (sp.  453.  985)  an  bangen. 
das  allmälige  vordringen  des  erslcrn  wortes  kann  beobachlcl  werden, 
Letber  braucltl  noch  benger  und  benker  neben  einander:  man 
sulte  die  benker  bei  der  nacbl  auslassen.  3,  418*;  die  zween 
lienger  und  ir  knedit.  das.;  doch  schreibt  er  in  der  bibel  nur 
benker:  danimb  fürcble  dich  nicbt  für  dem  benker,  sondern 
.stirb  gerne.  2  Macc.  7,29;  und  bald  scbickle  bin  der  künig 
den  benker,  und  bies  sein  henbt  ber  bringen.  Marc.  6,27. 
schon  im  \G.jahrh.  kann  die  form  benker  als  überall  gebräuch- 
lich gellen:  der  wirt  mit  dem  benker  am  leben  gestraft  wer- 
den. Fboksp.  kriegsb.  1,2"'; 

und  zuletzt  bekomen  den  Ion 

nach  dem  gemeinen  Sprichwort  recht, 

wie  der  benker  lonet  seinem  knecht. 

Schade  .«iJ.  n.  paaqu.  1,  69,  26 
(aus  !^iederdeutscliland). 

sgrichwOrtlich :  wie  man  spricht,  wer  vater  und  mutter  nicht 
büren  wil,  der  mus  den  benker  hören.  Luther  3,185*;  wer 
seinen  eitern  nicbt  folget  in  der  Jugend,  der  musz  dem  benker 
folgen  im  alter.  Schottel  1130";  was  der  benker  mit  dem 
Schwerte  erreicht,  ist  sein.  Pistobics  Ihes.  par.  1,43;  der 
benker  ist  gar  ein  scharfer  balbir,  non  tondet  carnifex,  sed 
deglubit.  Stieleb  7G0;  wer  dem  benker  entläuft,  entläuft  des- 
halb dem  teufel  nicbt.  Simrock  sprichw.  241. 

2)  benker  in  freierem  und  bildlichem  gebrauche:  der  mund 
ist  des  baucbs  benker  und  arzt.  Schottel  1114';  er  ist  sein 
eigener  benker,  suum  supplicium  est.  Serz  66';  gekrönte  henker. 
E.V.  Kleist  1,  13;  wer  wars,  der  seinen  sehn  jagte  in  kämpf 
und  tod  und  Verzweiflung?  o,  er  war  ein  engel,  ein  kicinod 
des  himmels.  fluch  über  seine  henker!  fluch,  fluch  über 
euch  selber !  Schiller  räuber  2,  2 ; 

ihn  lehrt  der  lauf  der  weit,  dasz  neid  und  frevelmuth 
der  tugend  henker  sind.  Hagedorn  2,  32; 

vom  schweren  dienst  der  eitelkeit, 

von  theuren  freunden  voller  neid, 

den  henkern  unsrer  lebenszeit, 

eil  ich  den  freuden  und  der  ruh 

an  deinem  vollen  busen  zu.    s.  85. 

3)  henker  euphemistisch  für  teufel,  satan,  wie  die  namen  für 
beide  oß  lauschen  {vergl.  hämmerlein  und  hämmerling  sp.  317. 
318):  sie  treibens  als  wenn  ihnen  der  lebendige  benker  in 
den  haaren  sesze.  Schoch  stud.  leb.  E;  ich  halte  der  benker 
hat  sich  leibhaftig  von  der  kette  los  gerissen,  dasz  ein  so 
grausamer  tumult  vor  meinem  losament  entsteht.  Chr.  Weise 
triumph.  keuschheil  3, 1  (fiberß.  gcd.  1701  228) ;  Georg  schwur 
darauf  des  henkers  groszmutter  ein  bein  ab,  dasz  er  thun 
wolt,  was  sie  begehrte.  Simpl.  3,320  Kurz;  mein  bruder  ist 
witzig  wie  der  henker!  Rabener  sat.  3,246; 

ihr  könnt  so  ehrlich  thun,   man  glaubt  euch  gern  aufs  wort, 
ihr  mäoner!  auf  einmal  führt  euch  der  henker  fort. 

GöTUE  7,  51 ; 

in  henkers  küche  kommen,  übel  anlaufen,  wie  in  teufeis 
küche  kommen: 

denk  ich :  du  kähmst  genisz  in  henkers  küch  hieneio, 
wenn  dieser  eztragang  verrathen  solle  sein. 

Amarantuks  proben  U.  poesie  (1710)  416. 

namentlich  auch  in  folgenden  festen  formein. 

a)  in  mildester  weise  zum  ausdrucke  einer  ärgerlichen  Stimmung, 
einer  ärgerlichen  veruunderung ;  gewöhnlich  dient  zum  henker! 
was  henker!  der  henker!  beim  iicnkcr!  auch  in  (lenilimcher 
fügung  was  henkers!  Fr.  Müller  3, 344:  'er  sasz  bei  der  Jungfer 
auf  dem  bett.'  das  wäre  der  henker!  das  bärl.  frauenz.  Hl; 
was  zum  henker,  sie  selbst?  Lessinc  1,288;  und,  zum  hen- 
ker, was  ist  denn  das  für  ein  äffe?  289;  der  henker!  was 
lasz  ich  da  fallen!  330;  denn  wer  henker  kann  eine  gcfällig- 
keit  abschlagen,  für  die  man  schon  den  dank  empfangen 
hat?  12,152;  wcisz  es  der  henker,  was  er  immer  mit  ihnen 
hat!  Lehz  1,94;  aber  so  möcht  ich  henkers  doch  wissen, 
was  für  hexereicn  du  brauchst.  Schiller  räuber  2, 3 ;  zum 
lienkcr,  sie  soll  mich  anhören,  was  ich  ihr  zu  sagen  habe. 
GuTDE  11,18;  zum  benker!  ich  seh  euch  ja  an!  14,204; 
wer  zum  iienker  ist  beim  vater?  289;  wo  hat  dich  der 
henker  wieder?  10,127;  'daher  bat  ..  dein  aufliörender  puls, 
sogar  deine  obnmacblen  haben  nicht«  zu  sagen,  mein  lieber 
l'aul.'  ei!  den  henker!  sagte  der  palienl.  J.Paul  uns.  löge 
3,57;  beim  benker!  mir  wird  schwül.  Siebenk.  1,141;  das 
»Ire  der  benker!  Kotzebue  äram.  »p.  2,  32.'>;  aber  zum  hen- 
ker! 3,315; 


ich  raiisz  ja  ein  poet  bei  allem  henker  sein, 

und  sänge  auch  lians  Sachs  durch  mich  ein  liedeleia. 

GÜ?ITHER   7äM; 

was  henker  soll  denn  vor  ein  ehrlich  mnticlien  bleiben? 

Amarantiies  ili; 
was  henker!  freilich  linnd  und  liiszo 

und  köpf  und  h die  sind  dein.    GüruK  12,91; 

o!  zum  henker!  wo  die  macht  ist, 

ist  doch  auch  das  recht  zu  sein.    47,  237. 

auch  ohne  den  atisdruck  des  ärgers ,  sogar  als  derbe  duszerung 
freudiger  Verwunderung:  zum  henker,  was  musz  es  für  eine 
tust  sein,  wenn  man  alles  in  der  weit  weisz,  so  wie  mein 
berr!  Lessing  1,248;  was  zum  benker  treibst  du  für  mum- 
merei? GüTBE  8,9  (was  fürn  henker  ...  42,9); 

was  henker!  du  bist  nicht  der  aht  von  st.  Gallen? 

rief  hurtig,  als  war  er  vom  himmel  gefallen. 

der  kaiser  mit  frohem  erstaunen  darein.    Bürger  67'. 

b)  bei  fluch  und  Verwünschung:  weisz  in  zfim  henker  {einen 
unverschämten  mann).  Keisersberc  post.  3.  4()';  dasz  dich  der 
henkeren  hole,  facet.  facet.  ihS ;  der  henker  danke  dirs!  Chr. 
Weise  errn.  10;  seine  frau  übergab  uns  allesamt  dem  benker, 
dasz  wir  die  speisen  lieszen  kalt  werden.  Leipz.  candidate  s.47; 
packt  euch  zum  henker!  Güthe  14,282;  ein  höflicher  berr! 
Schnaps,  das  dank  ihm  der  henker!  268;  der  henker  hole 
alle  liederlichen  dirnen  !  rief  der  alte  mit  verdrusz.  18,179; 
hei  sa!  der  benker  bohle  die  grillen  !  Wieiand  11,214;  hol» 
der  henker,  ich  bring  nichts  mehr  heraus.  Arnim  $c/iau6. 1, 18 ; 

der  henker  dank  dir  deines  grusz!    fasln,  tp.  553,  16; 
gedacht  des  müsz  der  henker  walten, 
das  ich  nicht  auch  werd  so  gehalten. 

E.  Alberus  146; 
und  wenn  mein  stündlein  kommen  nun, 
der  henker  soll  es  holen  I    Schiller  räuber  4,  5; 
doch  wie  ers  täglich  treibt,  da  halt  der  henker  friede ! 

GöTUB  7,  42; 
der  henker  traue  den  glatten  zungenl 

Kotzebue  äram.  sp.  1,  24. 

c)  daran  angeschlossen,  bä  derber  bezächnung  von  verderben 
und  Untergang:  es  ist  alles  aus.  meine  amour  ist  zum  benker. 
Leipz.  candidate  h8;  ich  hatte  alles  klüglich  eingerichtet,  meine 
eintheilung  der  zeit  als  ein  achter  prakticus  gemacht  . .  nun 
hats  der  henker!  Göthe  15,15;  er  solle  sein  leben  retten 
und  das  pferd  zum  benker  fallen  lassen.  34,289;  der  hof . . 
sieht  aber  doch  wohl  ein,  dasz  ohne  uns  Holland  und  Belgien 
augenblicklich  zum  henker  gehen.  Nierühr  leben  2,133;  das 
war  nun  sämmtlich  zum  henker;  ich  muszte  kalt  und  zähe 
davon  gehen.  J.  Paul  uns.  löge  2,  20 ; 

bald  bricht  ein  kleiner  hund  das  bein, 

bald  fliegt  ein  specht  zum  henker.    Götter  1,  88; 

hat  einer  knechtschaft  sich  erkoren, 

ist  gleich  die  haifte  des  lebens  verloren; 

ergeb  sich  was  da  will,  so  denk  er 

die  andere  hälft  geht  auch  zum  henker.    Göthe  26,  324. 

d)  namentlich  von  menschen  die  ihrem  verderben  zueilen,  heiszt 
es  sie  sind  des  henkers,  sie  reitet  der  benker:  {Pickelhering 
spricht)  und  thät  ichs  fresscns  und  saufens  wegen  nicht  und 
anderer  losen  händel  wegen,  der  hänker  ritte  mich  denn, 
dasz  ich  mit  zöge  und  auch  ein  Student  würde.  Schoch  stud. 
leb.  c;  er  wird  ja  nicht  des  henkers  sein  und  sich  die  ab- 
dankting  zu  halten  untcrslebn.  frau  Schlampampe  leben  144; 
du  bist  doch  des  henkers.  Leipz.  candidate  49 ;  reitet  euch 
der  henker?  Göthe  14,281; 

am  weinachiabend  kam  Kunz  her, 

der  henker  rauszt  ihn  plagtMi, 

kam  her  und  stahl.     Claudius  1  u.  2,  174. 

«)  andere  formein:  dieser  (kranke)  wolle  ohne  des  henkers 
dank  speck  und  kohl  fressen.  Chr.  Weise  erjn.366;  muszte 
sie  (die  schöne  tochler)  wider  des  henkers  dank  die  greulichste 
sau  von  der  wolt  heiszen.  ehe  eines  mannrs  242 ;  redete  man 
nemlich  gar  nicht,  so  war  der  henker  wieder  los,  weil  sie 
alsdcnn  plötzlich  wie  eine  fiirie  auffuhr.  230;  gehe  ins  hen- 
kers namen!  Frisch  1,443";  wir  reisten  tag  und  nacht,  durch 
eine  menge  stüdle  und  dörfer;  der  henker  mag  alle  die 
namen  behalten.  Sturz  2,403;  der  henker  mag  es  länger  in 
der  weit  iiusballcn,  ohne  sie  zu  sehen.  Götdb  18,214;  ich 
danks  euch  mit  dem  Iienker,  sagt  er  sanft,  es  ist  eure  ver- 
fluchte Schuldigkeit.  J.Paul  Tit.  2,30;  es  ist  jclzo  gleich 
zwischen  II  und  12,  da  der  henker  gemeiniglich  sein  spiel 
hat.  SchelmuffskyX.  31 ;  es  mOszIe  der  henker  sein  spiel  haben, 
wenn  ich  dadurch  nicbt  liebe  genug  zusammengebracht  hätte. 


993 


HENKER—  HENKERISCH 


J.  Padl  teuf.  pap.  1, 16 ;  es  müszte  mit  dem  henker  zugehen, 
wenn  ich  den  gauch  nicht  ausfindig  machen  wollte.  Immeb- 
MANN  Münchh.  1, 150;  im  grund  ging  jetzt  der  henker  erst 
los.  J.  Paul  uns.  löge  2, 19 ; 

was  Schaft  ein  alte  kuplerin? 
die  hat  der  henker  auch  dahin.    H.  Sachs  1,508'; 
der  henker  ist  ganz  los  bei  diesen  tollen  zeiteo. 

Aäarasthes  (1710)  423. 

/)  häufig  ist  besonders  eine  derbe  Umschreibung  oder  Verstärkung 
der  negalion :  von  den  beiden  gelegenheitsgedichten  des  hrn. 
Nicolai  urtheile  ich,  dasz  die  gediclite  recht  gut  sind  .  .  . 
dasz  aber  die  kupfer  nicht  den  henker  taugen.  Lessi^g  12,104; 
es  soll  {meine  kranklieil)  zwar  nur  ein  fluszfieber  sein,  aber 
ich  habe  den  henker  davon,  wie  die  dinge  heiszen,  die  uns 
das  leben  so  unangenehm  machen,  an  Eschenburg,  bei  Heine- 
mann s.  20;  zum  guckguck  ist  er,  und  bekümmert  sich  den 
henker  darum,  wie  wir  wieder  aus  dem  quark  heraus  kommen. 
VViELAND  11,177;  sie  flattert  über  Stauden  und  hecken,  dasz 
ihr  der  henker  nicht  nachkommen  kann.  233 ;  den  henker 
hab  ich  davon  von  meinem  sitzen  auf  der  grafenbank  in 
Regensburg,  wenn  ich  hier  auf  dem  kutschkissen  hocken 
musz.  J.  Fall  uns.  löge  1,27;  ich  frage  den  henker  darnach. 
KoTZEBLE  dram.  sp.  2,  210 ;  liauplmann.  als  ich  officier  wurde, 
hast  du  mir  meinen  antheil  ganz  herausgezahlt.  H.  den 
henker  hab  ich  dir  ausgezahlt,  werke  36, 173 ;  hauptmann.  was 
geht  das  mich  an?  ich  habe  dich  quittiert  und  das  meinige 
verzehrt.  H.  den  henker  hast  du  das  deinige  verzehrt,  so 
lange  ich  etwas  habe.  das. 

4)  henker,  bei  J.  Fall  für  tmnütze,  nichlswerte  personen  und 
Sachen  (vergl.  äne  ähnliche  bedeulungsentwickelung  bei  hagel  5 
sp.  144):  wir  müssen  aller  henker  sein,  um  allen  henker  zu 
schildern,  uns.  hge  1,7;  dasz  ein  pabst  aus  nichts  etwas, 
aus  unrecht  recht  und  aus  allem  henker  allen  henker  machen 
könne.  5.72;  wir  Verfasser  strengen  uns  an  und  verfertigen 
fibeln,  mordpredigten,  periodische  blätter  oder  reinigungen, 
ausschnitte  und  andern  aufklärenden  henker.  2,160;  {die 
alten  pedanten)  die  allen  henker  wüszten.  a.  d.  teuf.  pap.  2, 111. 

5)  selten  ist  henker  auf  die  allgemeinere  bedeutung  von  henken 
(l  sp.  988)  bezogen: 

nicht  mehr  verbeisz  ich  diesen  herben  kummer, 
maulhenker  ihr,  Schlafmützen,  memmen,  tropfe! 
Uhlakd  ged.  439. 
HENKER,  m.  ein  ledig  gelassener  bienenstock  mit  noch  voUem 
werke.  Nemnich. 

HENKER-  s.  auch  henkers-. 

HENKERÄMT,  n. ;  das  henkerampt  verwäsen,  oder  henker 
sein,  ministerium  carnificis  occupare.  Maaleb  21S'. 

HENKERDIENST,  m.  dienst  me  ihn  ein  henker  leistet.  Beckers 
iceltgesch.  13,97.     bei  Schilleh  getrennt  henkers  dienst: 
zu  henkers  dienst  drängt  sich  kein  edler  mann. 

Schilleh  Wallenst.  lod  4,  6. 
HENKEREI,  l)  carnificis  habilaculum.  Frisch  1, 443*.  Lcther 
lischr.  isi*. 

2)  amt  des  henkers:  aber  was  ist  denn  der  gedankliche 
Inhalt,  den  man  daraus  entnehmen  kann?  nichts  anderes, 
als  dasz  die  henkerei  ein  göttliches  geschäft  ist,  und  galgen 
und  rad  zum  göttlichen  rechte  gehören.  Frariz  *rt<JÄ  aller 
Parteien  186. 

3)  henkermäsziges  gebahren: 

verschtcorner.  das  demandfeste  joch  der  grausen  tyrannei. 
die  felsenschwere  last  der  rauen  henkerei  ... 
und  was  ein  grimmer  fürst  noch  mehr  bringt  auf  die  bahn, 
ist  durch  uns,  ob  wol  späth.  doch  endlich  abgeihan. 

A.  Grtphiüs  1698  1,  77; 
ain  grosze  henkerei  und  peinigung  der  gewissen.  Melanchthon 
hauptartikel  der  h.  schrifl  verdeutscht  42. 

HENKERGÄNG,  m.  gang  des  henkers  zur  richtstätte:  ein 
gülden  vom  henkergang  {als  gebühr).  Garg.  161'. 

HENKERGELD,  n,  expensae  criminalium  executionum.  Frisch 
1, 443  . 

HENKERGRIFF,  m.  henkermäsziger,  peinigender  griff.  Coro.  63", 
in  bczug  auf  schlechte  hebammen, 

HENKERIMßS,  n.  imbisz  vorm  hängen  an  den  galgen:  ich 
kann  mir  ja  selber  mein  henkerimbs  zurüsten.  L.  Ph.Hahn 
aufruhr  zu  Pisa  152. 

HENKERISCH,  adj.  und  adv.  nach  ort  eines  henkers:    denn 

da   ist   weder  veterlich  noch  kindlich  regiment  oder  wesen 

sondern    eitel   henkerisch  und  schelklsch  re^ment.   Ldth^r 

3,185';   solche   henkerische  arznei.  Pabaceiscs  opp.  l,  73o*- 

IT.  II.  ' 


HENKERLOHN— HENKERSCHLAG    994 

henkerisch  peitschen,   virgis  caedere  more  carnificis.    Frisch 
1,  443' ; 

nachdem  er  lang  umbsonst  recht  henkrisch  mich  gehandelt. 
LoHESsiEis  Epichar.  11,  311  j 
durch  böse  werk  und  henkrisches  gebahrn, 
iie  wider  gottes  willen  warn,    geistl.  gedanken  94, 1741 ; 
das  brennen,  morden  und  das  henkrisch  daumenschrauben. 

Rist  Pam.  590. 
HENKERLOHN,  n.  pretium  pro  executione.  Stieleh  1175. 
HENKERMäSZIG,  adj.  und  adv.  l)  supplicio  dignus,  gcugen- 
mäszig.  Frisch  1, 443* ;  reif  für  den  galgen :  weiter  alle  die 
dieb  mörder  und  henkermessige  leut,  so  er  fandt  zu  kriegen 
geschickt ,  die  nam  er  an  in  sold ,  erliesz  in  ir  missethat. 
Frank  Germ,  chron.  1538  93';  mit  dem,  dasz  die  finger  ab- 
gehauwen  oder  die  zungen  auszgerissen  und  henkermessig 
gemacht  wird.  Ayrer  proc.  2,10;  dann  es  geschiehet  nicht 
wenig,  dasz  der  jenige  der  gankerle  gank  spielen,  und  durch 
das  henfene  fenster  sehen  soll ,  macht  ein  amor  mit  herr 
Johann  des  oberrichters  magd,  diese  recommandiert  ihn  der 
tochter,  die  tochter  der  mutter,  diese  macht  nachmals  dem 
herrn  schultheisen  eine  solche  opinion ,  dasz  der  henker- 
messige vor  einen  Agamemnon  . .  gehalten  wird.  Schüppius 
531;  die  henkermäszige  landbetrügerin.  Jucundiss.  85;  der 
henker  greift  den  Ämbrosium  an.    Ambrosius  sagt: 

was  soll  das  sein?  das  thut  mich  bschwern. 
soll  ich  denn  henkermessig  wem  ? 

J.  Atrer  92»  (466.  22  Keller). 

2)  henkermäszig,  »lore  carnificis,  wie  ein  henker.  Frisch 
1,443';  auch  henkersmäszig :  er  ist  mir  hänkersmäszig  be- 
gegnet, omni  crudelUate  me  laceravU.  Steinbach  2,  54 ;  so  hän- 
kersmäszig ging  er  mit  mir  um,  tantam  immanem  crudelitatem 
adhibuit  in  me.  das.;  jetzund  setzet  die  liebreiche  princessin 
einen  fusz  ins  grab,  und  der  strick,  welcher  ihren  Schwanen- 
hals henkermäszig  umschlingen  sol,  ist  verfertiget.  Ziglebs 
Banise  (1700)  661 ;  du  wirst  des  mordens  besser  gewohnt  sein, 
...  grausamer  bluthund!  derowegen  so  komme  nur  selbst 
her,  und  verrichte  dieses  henkermäszige  opfer.  683.  auch 
als  Verstärkung:  es  gieng  henkermäszig  geschwind;  es  war 
eine  henkermäszig  schwere  arbeit. 

HENKERN,  verb.  wie  ein  henker  verfahren,  henkerdienste  ver- 
richten, namentlich  {von  der  thdtigkeit  des  henkers  bei  der  tortur 
hergenommen)  quälen,  peinigen:  wenn  man  sie  im  Donat  auf 
solche  weise  alle  wol  gehenkert.  M.  Nea.nder  bedenken  4 ;  es 
hehkert  aber  diese  schändliche  brunst  den  leib  desjenigen, 
der  sich  damit  besudelt.  Bctschry  Palm.  818 ;  so  will  sie  sich 
dann  ohne  unterlasz  durch  weinen  martern  und  benkern? 
Hallmasn  Heraklius  27; 

soll  lieb  und  eifer  noch, 
begierden  und  Vernunft  mich  henkern? 

LoHENsiEiM  Sophon.  61,  406; 
ein  lasterhaft  gewissen 
wird  von  den  nattern  böser  tust, 
von  Würmern  banger  furcht  gehenkert  und  zerissen. 
Agripp.  56,  7 ; 
ich  henkere  ja  selber  mich.    Ibrah.  27,715; 
itzt  henkert  man  den  geist  in  den  verborgnen  höhlen, 
man  foltert  henkerisch  was  man  nicht  sehen  kan. 

WiBDKMANN  febr.  32. 

HENKERSARBEIT,  /. :  henkersarbeit  verrichten,  carnificis 
partes  aqere.  Frisch  1, 443*. 

HENKERSBEIL,  HENKERBEIL,  n.  beil  wie  es  der  henker 
führt:  hänkersbeil,  securis  ianjuinoten/o.  Steinbach  1,  82 ;  hen- 
kerbeil  Stieier  123. 

HENKERSBÜBE,  HENKERBÜBE,  m.  gehilfe ,  knecht  des 
henkers :  das  sollest  du  dem  henker  sagen  und  henkersbüben. 
Keisersberg  Sünden  d.  m.  20'.  freier  böser,  nichtswürdiger  bube: 
und  gat  vor  dir  anhin,  so  dir  dye  henkersbüben  die  bösen 
geist  entgegen  loufent.  bilg.  194';  solche  gemeine  bartscherer, 
heckenärzt,  henkersbüben.  Tabernaem.  (1588)  452;  die  ganze 
Sünder  rott  ist  da,  mit  stricken  zusammengekuppelt  wie  die 
hunde,  Pilatus  kablet  sich  selber  ab  mit  dem  schwert,  das 
er  trägt,  Judas  trägt  einen  sträng  am  hals,  die  henkersbüben 
raufen  die  haar  und  heulen,  weil  sie  den  in  wölken  sehen, 
in  den  sie  gestochen  haben.  Otho  551 ;  henkerbube,  lorarius, 
lictor,  masligia  Stieleb  254;  hänkersbube,  liomo  laqueo  dignus, 
camifex.  Steinbach  1,  213. 

HENKERSBÜRSCHE ,  m.  liclor,  lorarius,  carcerarius.  Stie- 
ler 136. 

HENKERSCHLAG,  m.  decoUatio,  capitis  amputatio.  Stieler 
1812. 

63 


995  HENKERSCUWERT  —  HENKERSMAHLZEIT 


HENKERSPIEL  —  HENNE 


996 


HENKERSCHWERT,  m.  schwerl  des  henkeis:  wie  viele  gute 
küpfe  haben  nicht  erst  über  das  henkerschwert  springen 
müssen.  TbOmxel  6, 296.  benkersschwerd  gladius  carniftcis 
Fbiscb  1.  443*. 

HENRERSDLNG,  h.  verUufeUcs,  schlimmes  ding  {vgl.  henker  3 
sp.  991) : 

dürft  ich  ihn  wieder  nur,  wie  ers  verdient,  tractieren ! 
doch  meine  tochter!  o!  das  henkersding  geht  schief! 

GöTHB  7«  94. 

HENKERSEHNE,  f.:  henker-  sive  follersennen,  fidiculae. 
Stieler  2007. 

HENKERSEIL,  u.  laqucus.  Stieler  2000. 

HENKERSFRIST,  f.  die  kurze  fnsl,  die  der  henker  einem  ihm 
verfallenen  vor  vollslreckung  des  urtheils  gibt,  auch  übertragen 
von  dem  kurzen  aufschubc  einer  sache ,  die  doch  nachher  unbe- 
dingt gescliehen  musz.     vergl.  galgenfrisl. 

HENKERSGEDANKE,  m.:  also  nur  frisch  die  leiter  {zum 
galgen)  hinan !  . . .  eben  werde  ich  in  diesen  henkersgedanken 
unterbrochen.  Lessing  12,  547. 

HENKERSHAND,  HENKERHAND,  f.  hand  und  gewalt  des 
henkers:  als  hätten  sie  mich  sehen 

mit  diesen  henkershunden  stehn.    Schiller  Mach.  2,4; 

von  henkershand  sterben; 

und  tod  von  henkershand  wird  ihrer  treue  lohnen! 
Gotter  2,  150; 
under  henkershand  geraten,  in  equuleum  conjici,  ad  carmßcen^ 
rapi.  Stieler  752;  henkerhand,  lorlnra,  poleslas  criminalis.  das.; 
ward  sein  buch  durch  henkershand  verbrannt.  Beckers  well- 
gesch.  II,  446. 

HENKERSKNECHT,  m.  carnißcis  minister.  Frisch  1,  443'. 
übertragen : 

(Alba)  des  fanatismus  rauher  henkersknecht. 

Schiller  Karlos  1,  2. 

HENKERSKÜHN,  adj.  kühn,  trotzig  wie  ein  henker:  wiewol 
auch  ir  bös,  unruhig  herz  und  gewissen,  inen  billig  so  bange 
macht,  sich  zu  entsetzen  und  zu  schewen,  für  so  löblichem, 
ehrliebenden  keiser  ir  äugen  aufzuheben,  so  sind  sie  doch 
henkers  küne,  thun  wie  der  leufel  selbst,  und  alle  verwegene, 
verruchte  leute,  gehn  in  ihrem  blinden  trotz  dahin.  J.Jonas 
bei  Luther  6,  45l', 

HENKERSLOCH,  n.  carnißcina,  schindgrube.  Frisch  1,443'. 
auch  in  anderem  sinne :  henkerloch,  carcer,  malamansio.  Stie- 
ler 1102. 

HENKERSLUST,  f.: 

des  freut  sich  das  entmenschte  paar 

mit  roher  henkerslust.     Schiller  ijang  nach  d.  eisenhammer. 

HENKERS.MAHL ,  HENKERMAHL,  n.  mahl,  das  der  zum 
tode  verurtheilte  vor  seiner  hinrichtung  empfängt,  die  gute  und 
reichlichkeit  desselben  hat  das  sp.  990  angeführte  frivole  Sprichwort 
ein  gutes  mahl  ist  henkens  werth  entstehen  lassen: 

welcher  ein  stund  will  leben  wo! 

der  seh  und  thu  das  henkermol: 

oder  lasz  im  ein  stund  balbiren, 

oder  mit  scitcnspiel  hoflren.    Garg.  48*. 

übertragen  von  einer  letzten  reichen  mahlzcit  vor  einem  unan- 
genehmen oder  trüben  ereignisse:  ich  zehrte  dapfcr  zu,  unange- 
sehen ich  nicht  wüste ,  was  man  mit  mir  machen  wolle ; 
dann  ich  wusto  noch  von  keinem  henkermahl  nichts.  Simpl. 
1,73  Kurz;  unser  thun  und  lassen  war  nichts  anders  als 
fressen,  saufen,  danzen ,  singen,  springen  und  sich  sonst 
lustig  zu  machen,  wie  es  dann  pflegt  herzugehen,  wo  man 
volk  {kriegsvolk)  annimmt,  aber  dieses  henkermahl  bekam  uns 
hernach  in  Candia  wie  dem  hund  das  grasz.  3,  267 ;  wohl 
bekomms  dann,  hcrr  graf!  allem  ansehen  nach  werden  sie 
morgen  abend  ihr  benkermabl  halten!  Schiller  räuber  4,2; 
noch  freier: 

will  ich  dich  doch  gerne  meiden, 

gieb  mir  nur  noch  citicn  kuss, 

eh  ich  sonst  da»  letzte  leiden 

und  den  rinu  zerbrechen  inusz. 

fühle  (loch  die  starken  triebe 

und  des  hRrzen.s  bange  (junnl  I 

also  bitter  schmeckt  der  lir^be 

10  ein  schönet  hnnkermahl.    GiJKTUBR  275. 

nach  ScBM.  2,  563  ist  henkcrmal  audi  ein  mala  nach  der  hin- 
riebtung. 

HENKERSMAHLZEIT,  HENKERMAHLZEIT,  f.  dasselbe: 
benkermalzcit,  prandium  fatale.  Stikler  2021;  um  so  leichter 
wir^t  du  den  nacbgescbniack  der  henkerinabl/eil  von  gestern 
vorwinden.  J.  Pacl  komel  3,229;  ich  will  erst  meine  hcnkcrs- 
milil/cii  hallen,  che  ich  mich  aufs  armcsUndcrslühlchcn  fctze. 
H  Hfix    II.  111. 


HENKERSPIEL,  m.; 

ein  sölich  närrisch  baderspjl 

mit  bochen,  hadren,  schelten,  fluochen, 

das  sölt  man  ee  zuo  Zurzach  suochen 

ulT  der  Wiszmat  bym  henkerspil.    fasln,  sp.  893,5. 

die  stelle  bezieht  sich  darauf,  dasz  während  der  zwei  messen,  die 
alljährlich  in  Zurzach  gehalten  wurden,  der  landvogt  der  ehemaligen 
grafschaft  Baden  mit  einem  gefolge  richterlicher  personen  und  nach- 
richter  dorthin  kam,  um  alle  capitalsachcn  abzuurtheilen. 

HENKERSPLOTZ ,  m.  kurzes  und  breites  Schwert  wie  es  der 
henker  führt:  aber,  komet  ihr  mit  euren  breiten  henkers- 
plützen  {so  sind  spöttisch  die  Schwerter  der  allen  Deutschen  ge- 
nannt) in  meinen  itzigen  kriegen  cinmahl  aufgezogen,  mann 
wird  euch  dergestalt  willkommen  heiszen ,  dasz  .  .  .  Rist 
friedew.  Teutschl.  34. 

HENKERSQUAL,  f.  quäl  die  der  henker  bereitet :  die  henkcrs- 
qualen  der  folter.    Beckers  weltgesch.  3,347. 

HENKERSRECHT,  «.  recht  und  bcfugnis  des  henkers. 

HENKERSTRICK,  m.  strick  des  henkers:  ehe  sie  den  henker- 
strick fühlete  (ehe  sie  gehenkt  wurde).  Zigler  Banise  (1700)  238. 

HENKERSTUBE,  /".  custodia,  ergaslulum.  Stieler  2216. 

HENKERSUPPE,  f.  jusculum  fatale.  Stieler  1087.  vergl. 
henkersmahl. 

HENKMÄSZIG,  adj.  und  adv.  reif  ßr  den  galgen,  vergl. 
henkermäszig  l  sp.  994  und  mhd.  henkeraffigec,  henkmajcc 
Lexer  wb.  1,1249:  auf  dasz  man  sie  nicht  für  henkmiisig 
ansehe.  Fischart  bienk.  27';  als  er  {ein  pfarrer)  einen  benk- 
messigcn  trösten  solle.  Zinkgref  apophth.  l,  286. 

HENKMENSCH,  m. ;  ich  könnte  ordentlich,  wie  man  in 
England  galgenreden  für  künftige  henkmenschen  voraus  auf- 
setzt, eine  ähnliche  rede  für  einen  armen  nachdruckenden 
Schelm,  falls  er  in  London  deshalb  gehangen  würde,  hier 
ausarbeiten.  J.  Paul  herbstblum.  3, 128. 

HENKTEPPICH,  m.  teppich  der  zur  Verkleidung  der  zimmer- 
wand aufgehängt  wird: 

ich  bitt,  ihr  wolt  mir  leihen  lassen 
eur  schöne  grosze  henkdeppicht. 

J.  Ayrer  fasln,  sp.  135'  (3013,36  Keller). 

HENNCHEIVf,  n.  kleine  henne.  als  kosende  bezeichnung  einer 
weiblichen  person: 

sie.  was  hast  du  denn,  mein  liebes  männchen?  .  . . 
bin  ich  denn  nicht  dein  liebes  hennchen? 
magst  du  mich  denn  nicht  länger  sehn?    Göthr  11,  404. 

HENNE,  f.  gallina;  ahd.  henna  aus  hanja  {Haupts  zeitsclir. 
3,373),  erweitert  auch  heninna  (Graff  4,958),  mhd.  henne. 
1)  es  ist  das  ausgetvachsene  weibchen  des  haushahns  {sp.  160) : 

nun  wenn  ir  kumt  ins  baurcn  haus 

so  lebt  mit  klagen  witzen, 

einer  ge  ein,  der  ander  bleib  herausz, 

lug  wo  die  hennen  sitzen! 

aier  und  kas  und  ander  probant 

das  nemi  Irölich  an  alle  schand.    Uhlako  votksl.  524. 

die  henne  gackert,  scharrt,  kratzt,  legt,  brütet,  führt  und 
bebület  die  küchlein;  die  henne  glucket,  gallina  glocit.  Stein- 
DACII  1,  735; 

auf  trauriger  bahre, 
ohne  hals  und  köpf,  ward  eine  henne  getragen, 
kralzfusz  war  es,  die  beste  der  eierlegenden  henneo. 

Götur  40,  12, 
nach:         brochten  un  einer  dodenbaren 

eine  dode  iicnnc,  de  hi!t  Krassevöt. 

Heinecke  fitdia  297 : 
gehet  frei  nur  hinein  (in  den  hühnerslalt),  so  sagt  ich ;  wollt 

ihr  goniiincii, 
seid  geschäftig,  es  gilt!  ihr  findet  gemästete  henucn. 

I.  52. 

die  eigenschaften  der  henne  werden  xu  bildern  und  sprichwört- 
lichen rcdcnsurtcn  verwendet:  wie  oft  habe  ich  wollen  deine 
kinder  versamlen ,  wie  eine  henne  ir  ncst  unter  ire  Hügel  7 
Luc.  13,34,  vergl.  Matlh.  23,37;  bleibet  auch  der  lieben  hen- 
nen (die  da  heiszct  Jesus  Chrislus,  Matlh.  23),  unter  den 
flügeln  der  gnaden  und  Vergebung.  Luther  6,26*;  wan  die 
lionncn  vor  sich  kralzcn  {zur  bezeiclmung  von  etwas  nie  ge- 
schefienden).  Schottel  1124*;  es  seind  böse  hennen,  die  aus- 
legen. 1127';  wem  die  henne  gehöret,  dem  gehören  auch  die 
eier.  Pistorius  thes.  par.  4,13;  des  niulleis  hcnn  und  wilt- 
wcrs  magd,  hat  seilen  hungcrsnuth  geklagt.  5,30;  eine  henne 
kann  mehr  verscharren,  als  zehen  hüne  ersparen.  77;  eine 
henno  hat  das  recht  über  neun  zilune.  96;  wenn  die  hrnne 
zum  bahn  kommt,  so  vergisscl  sie  ihrer  jungen.  10,40;  eine 
blinde  henne  (Indct  auch  niancbnial  ein  körnchen.    Lessing 


997 


HEX>E  — HENNENEI 


HENNENGALLE  — HEP 


998 


1,2S9;  eine  blinde  henne  hat  eine  eibse  gefunden,  cueco  casu 
in  eam  rem  incidit.  Serz  67';  man  dioht  uns  von  allen  seilen 
wie  einer  fetten  henne.  E.  C.  v.  Kleist  1,  96  Körte;  wo  die 
henne  kräht  und  der  hahn  schweigt,  da  gehts  lüderlich  zu ; 
hat  die  henne  ein  ei  gelegt,  so^  gackert  sie;  die  henne,  die 
zu  früh  gackert,  legt  auf  den  tag  ein  windei;  hennen,  die 
viel  gackern,  legen  wenig  eier;  es  legt  wohl  auch  eine  kluge 
henne  in  die  nesseln;  alte  hennen  geben  fette  suppen,  haben 
aber  zähes  fleisch;  fette  hennen  legen  nicht; 

wenn  die  henne  nicht  scharrt  wie  der  hahn, 
kann  der  hausball  nicht  bestahn. 

SisROCK  sprichic.  241 ; 
wenn  die  henne  kräht  vor  dem  hahn, 
und  das  weib  redet  vor  dem  mann, 
so  soll  man  die  henne  braten 
und  das  weib  mit  prügeln  beratben.    das.; 

bei  H.  Sachs  begegnet  die  formel  umbgehn  an  einer  hennen 
stat  für  tinwert  geachtet,  verächtlich  behandelt  werden : 

so  musz  ich  sein  der  narr  im  bausz, 

umbgehn  an  einer  hennen  stat.    1,  52P; 

{dann  uoltl  icli)  ein  junge  [dirne)  halten  frü  und  spat, 

liesz  darnach  den  alten  unflat 

umbgehn  an  einer  hennen  stat.     1,526S  vgl.  auch  3,2,31*. 

die  henne  tiägt  das  handlohn  auf  dem  schwänz  mit  sich. 
PisTORiüs  thes.  par.  h, '6,  es  mit  sagen,  dasz  die  Ueferung  einer 
henne  anerkenntnis  der  zinspflichligkeit  in  sich  schlieszl  (s.  hand- 
lühn,  zinshenne);  keine  henne  fliegt  über  die  mauern  (inner- 
halb der  Stadtmauern  sollen  keine  leibeigenen,  anspflichtigen  leute 
icohnen).  1,  44. 

2)  henne,  das  ausgewachsene  weibchen  der  zum  hühnergescklechte 
gehörigen  Vögel :  fasanhenne,  gallina  phasiana,  kalekutische,  stre 
trut-  et  welsche  henne,  indica.  Stieler  750.  vergl.  hahn  2,  a 
sp.  162. 

3)  henne,  auf  eine  frau  bezogen:  Musca.  was  bedeutet  disz, 
dasz  Hieronjmus  und  Lapus  so  heimlich  mit  einander  reden? 
hütet  euch,  ihr  hennen,  denn  die  fuchse  gehen  mit  einander 
zu  lathe.  Ä.  Gryphiüs  1698  1,  949,  wo  die  bildliche  anwendung 
nuch  ganz  deutlich  ist.  im  kosenden  sinne  dagegen  vergl,  oben 
hennchen.  —  bei  Kilian  ist  henne,  hanne  als  uxorius,  homo 
imbellis ,  muliebri  animo  angegeben;  auch  in  Tirol  ist  henne 
Schimpfname  für  einen  zaghaften  menschen,  henneler  feigling 
Fromm.  6, 149. 

4)  henne,  pflanzenname :  fette  henne  heiszt  gewöhnlich  sedum 
telephium.  Nemnich  4, 1273;  aber  auch  crassula,  dickblatl.  2,1266; 
ferner  sondius  alpinus  und  cotyledon.  dürre  henne  ist  prenanthes 
purpurea,  waldlattich,  hasenstrauch.  im  Zillerthale  rothe  henne, 
weisze  henne,  der  zwieblichte  erdratich  {fuinaria  bulbosa)  mit 
rötltlichen  und  weiszen  blüthen.  Schm.  2, 199. 

5)  henne,  in  bezug  auf  die  hanfpflanze,  vgl.  die  ausführung 
untei-  hanf  1  sp.  432. 

6)  gefleckte  henne,  eine perlmusclielart,  mytilus  margarüiferus. 
Nemnich  3,  698. 

7)  henne  mit  den  hünlin,  der  grosze  bär  oder  wagen.  Frisch 
1, 443',  aus  Keisersbergs  poslill.  sonst  ist  henne  an  Stern- 
bild des  südlichen  himmels,  auch  pltoenix  genannt,  malhem.  lex. 
(1747)   1,649, 

HENNEBEERE,  f  ligustrum  vulgare,  Hartriegel.  Nemrich  3,410. 
HENNEN,  verb.: 

hört,  lieben  freund,  hie  dieses  wunder  1 
wer  sach  und  bort  ie  wilder  kunder? 
der  lacht,  der  greint,  der  dritt  der  hennt. 
hat  euch  der  leufel  all  auf  gelenni? 

fastn.  sp.  539,  5. 
die  stelle  gelU   auf  drei  bauem,   von  denen  der  erste  seine  rede 
greint,  der  zweiU  sie  lacht,  der  dritte  sie  singt  (538, 17). 

HENNENAUGE,  n.  das  hühnerauge.    in  Baiern.  Schm.  2,199. 
HE.NNENBISZ,  m.   name  der  ahine  viedia.   Nemmcu  1,  202. 
;.  hühnerbisz. 

HENNENBÜRZEL,  m.  steisz  einer  henne.  in  der  trunkenen 
lüanei  wird  ein  (gebratener)  hennenbürzel,  der  als  leckerbissen  galt 
(rerj/.  Amaraxtues  proben  der  poesie  1710  s.  355),  gegen  leistung 
im  trinken  versteigert:  wie  viel  trinkst  du  auf  disen  hennen- 
pörzel  ausz?  siben.  wer  will  meh  geben?  ich  nit,  ich  hasz 
das  ganten.  Garg.  99'. 

HENNENDARM,  m.  name  der  alsine  media:  hennendarm, 
ein  kraut,  a,sy/a.  Maaler  218*.  in  Baiern  heiszt  auch  der  mis- 
waclisene  frtichtansatz  auf  zwelschenbdumen  oder  sciäehenbüschen 
so.  Schm.  2, 199. 

HENNENEI,  n.  h&hnerci :  ein  Lennenei  galt  9  d.  devhche 
städtechron.  8,  53, 10, 


HENNENGALLE,  f.  fei  galiinarum.  Stieleb  596.  als  pflanzen- 
name: peucedanum  officinale,  haarstrang.  Nemsich  4,918. 

HENNEN  GREIFER,  m.  einer  der  die  hennen  begreift,  ob  sie 
ein  ei  tragen;  bezeichnung  eines  kleinlichen  menschen  im  Sprich- 
wort: c'est  un  joerisse  qui  mSne  les  poules  pisser.  er  ist  ein 
rechter  hännengretel;  ein  hännengreifer;  hünervogt.  DCez 
sprücliw.  22 ;  dem  hennengreifer  ist  eine  rechte  frau  nicht 
hold.  SiMROCK  sprichw.  242.     vergl.  hennentaster. 

HENNENKAMM,  m.  kämm  einer  henne.  in  Regensburg  heiszt 
der  korallenschwamm,  clavaria  coralloides,  hennenkamp.  Nemmicb 
2, 1059. 

HENNENMANN,  m.  der  mit  hennen  handelt,  geflügelhändler. 
Schm.  2,199. 

HENNENPFEf FER ,   m.    capsicum   baccatum,    beerenpfeffer. 
Nemmch  2,  858. 
HENNENSILBER,  n.  das  katzensilber.  Nemnich. 
HENNENSÜPPLEIN ,  n.    süpplän   von   der  fleischbrühe  einer 
henne :  feiszte  hennensüpplin,  kindbetterbrühlin.  Garg.  160". 

HENNENTASTER,  m.  was  hennengreifer.  es  ist  gewendet 
worden  auf  einen  nidUswerlen  mann,  der  sich  namentlich  eheliche 
unbill  gefallen  Idszt :  niniviarius  (marilus  cujus  uxor  mechatur  et 
ipse  tacel)  ein  hennentaster.  Dief.  381*. 

HENNENTRITTLEIN ,  n.  plur.  faUen  die  sich  bn  älteren 
menschen  um  die  äugen  bilden.  Schm.  2, 199.  vgl.  unter  hahn 
1,  a  am  ende  sp.  162. 

HENNENVOGEL,  m.  der  hühnergeier.  Schm.  2, 199. 
HENNENVOLK,  n.; 

mit  alles  hennenvolks  gegacker.    Voss  6,  230. 
HENNING,  m.  haushahn.   Nemnich  4,  938,   an  verschiedenen 
orten. 

HENNLEIN,  n.  kleine  oder  junge  henne :  bennel,  pullus  galii- 
narum. voc.  ine.  tlteut.  i  4' ;  hennlein,  gallina  pumila.  Stieler  750 ; 
ein  hennlein  weisz      mit  ganzem  fleisz 
sucht  seine  speis      bei  einem  han 
und  bub  zu  gacksen  an: 
ka  ka  ka  ka  ka  ka  nei  .  .  . 
das  hennlein  legt  ein  ei.    ühlamd  volksl.  5%; 
bezal  du  mir  den  külen  wein, 
darzu  die  gebraten  hennlin  gut.    3S0. 

HENNOTTER,  f.  name  für  den  storch.  Nemnich  1,  431. 

HENSCH.  m.  polygonum  fagopyrum,  buchweizen.  Nemnich. 

HENSELINER,  m.  scurra,  lotlerbube.  das  wort,  Weiterbildung 
t'ün  Hansel,  Hänselein,  ist  bereits  sp.  463  erwähnt;  man  bezeichnet 
damit  auch  einen,  ehrlicher  nahrung  abgeneigten  ragabunden,  einen 
kuppler,  selbst  den  wirt  einer  geringen  knäpschenke,  wol  als  einen, 
der  seine  gaste  mit  groben  possen  unterhält :  wie  . .  die  kretzsch- 
meier  und  henseliner,  die  wein  felschen  und  mengen.  Mathe- 
sics  Sar.  66*. 

HENSELINEREI,  f.  die  führung  einer  geringen  knäpschenke, 
mit  der  ein  handel  von  allerlei  tand  verbunden  ist  (vgl.  kretsch- 
marei  theil  5,2175):  wenn  ein  vatter  einen  aufs  handwerk 
thut,  und  er  lauft  inn  krieg,  oder  nimpt  ein  knapsack  auf 
den  hals,  und  richtet  ein  sonnekram  an,  oder  will  sich  mit 
henselinerei  und  kretzschmerei  nehren,  da  wirdt  selten  etwas 
gutes  ausz.  Mathesius  postilla  2,  202'. 

HENSELN,  verb.  für  hänseln,  vergl.  sp.  464.  es  kommt  in 
der  bedeutung  2  foppen,  zum  besten  haben,  bereits  im  16.  Jahr- 
hundert vor: 

wer  sich  leszi  henseln  ohn  gefahr 

der  ist  letzlich  eins  jeden  narr.    Etkrx;<g  3,  251. 

HENZ,  m.  weiteie  kürzung  von  Heinz,  vergl.  sp.  889  und  die 
dort  ausgehobene  stelle  aus  B.  Waldis.  der  name  eines  Spiels 
blinder  Henz  scheint  obscönes  zu  verhüllen. 

auch  mit  den  nackten  abenddenzea 
spielen  sie  oft  des  blinden  llenzen. 

Waldis  päpstt.  reich  P4*.  - 

HEP,  interj.  1)  zuruf  an  zugütiere ,  einen  fusz  aufzufieben , 
so  in  der  hennebergisch-fränkischen  mundart  Fromm.  5, 450:  erst- 
lich seind  im  brauch,  wann  man  einem  pferdt  mit  der  stimm 
helfen  will ,  im  damit  ein  herz  zu  schöpfen ,  dise  wörtlin, 
hap  hap,  oder  hep  hep.  darumben  wann  du  mit  der  stimm 
helfen  will,  das  sich  ein  pferdt  erhebe,  nit  allein  vornen, 
sondren  auch  binden,  deszgleichen  auch  zum  springen ,  es 
sei  mit  oder  ohne  den  strich,  so  sprich  zu  rechter  zeit  mit 
einem  Ihon,  hep  liep.  Fayser  injioxofuxTj  Friderici  Grisonis 
terdeutsclU  (1599)  s.  93.  —  Es  ist  also  der  interjectionell  gewor- 
dene imperativ  des  verbums  heben. 

2)  aber  auch  als  lockruf  für  die  springende  siege,  vornehmlich 
in    Mitteldeutschland;   in   der  hennebergisrh - fränkisclien  mundar' 

63» 


999 


HEPFEN  — HER 


HER 


1000 


Fromm.  4, 213.  von  diesem  hep  gehl  wol  der  bekannte  sjioltruf 
gegen  die  Juden  aus,  an  die  ätiszere  erscheinung  anknüpfend,  dem 
Juden  wird  ein  ziegenbarl  nachgesagt,  subslantiviscli ,  ein  liep- 
liep,  ein  Jude:  mit  diesem  hep-liep.  Hauff  mem.  des  sat.  2 
seile  170. 

HEPFEN,  m.  apium  graveolens,  eppich.  Nemnich  1, 380.  es 
isl  oberdeutsche  Verstümmelung  von  apium,  vgl.  auch  epf  th.  3,  677. 
dieselbe  pflanze  meint  tcol  auch  spico  wilt  lieppe  Dikf.  54G'  in 
niederdeutscher  form. 

HEPPE,  HEPE,  f.  messer  von  sidielartiger  gestalt  für  gärtncr 
und  irinzer,  dasselbe  was  häpe  und  liappe  sp.  471.  472:  vanga 
heep,  wingartenmesser  Dief.  C06';  vanga  ein  wcingardenhepe. 
roc.  opt.  Lripz.  1501 ;  lieppe,  falx  vineatica,  putaloria,  arboraria, 
vitiiioria.  Stiei.er  788;  «an  man  das  bruch  uszgiljt,  so  mag 
ein  apt  mit  sesz  knechten  und  sesz  aclisen  ader  hepen  sesz 
dage  vorhauwen.  weisth.  1,  521 ;  wenn  ein  ungestümmer  windt 
über  den  wald  kerne,  dj  holz  (ieie,  so  soll  der  förster  also 
der  herrn  knecht  vorgehen,  wasz  beulich  holz  ist  bezeichnen 
in  der  herrn  handt,  undt  dj  uberig  gedüell  undt  nest  soll 
des  hübeners  sein,  lest  aber  der  hübener  etwas  uberig  liegen, 
so  mag  der  knodener  mit  einer  hepen  nachgehen  und  dy- 
selbige  genieszen  undt  ufmachen.  2,183;  und  soll  auch  keiner 
sich  darin  {in  der  Bodenbacher  mark)  finden  lassen  etwas  ab- 
zuehawen,  auch  kein  axt,  beihel  oder  heppen  darein  tragen 
etwas  darmit  abzuehawen  bei  stroff  der  mark,  atis  dem  mark- 
buechlein  zu  Rodenbach  (W'elterau)  unter  dem  jähr  1578;  sprichestu, 
ich  gedenk  vollen  vil.  jo  woran?  etwen  an  heppen,  ax,  wie 
sie  gehelmet  ward.  Keisebsberg  bilg.  66'; 

ein  heppen,  ein  hacken,  ein  holzschlegel. 

H.  Sachs  2,  4,  16". 
vergl.  noch  hippe;  auch  hebe  6  sp.  718. 

HEPPE,  f.  siege,  ein  in  den  ober-  und  müleldeutschen  miind- 
arten  weil  verbreitetes  wort,  vergl.  die  nachweise  bei  Schm.  1, 1139 
FronifJiaiin;  wahrschdnlich,  da  das  wort  gewöhnlich  als  lockruf  gilt, 
dasz  es  mit  der  lockenden  itUerjedion  hep  {sp.  998)  in  engstem 
zusammenhange  sieht,  hessische  form  ist  heppe  und  hippe.  Vjl- 
MAR  164;  in  Kärntiien  gehl  happ  atif  das  schaf,  überhaupt  auf 
wollvieh  ohne  unterscitied  des  geschlechts.  Lexer  134;  das  dimi- 
nutivum  heppelein  wie  zieglein: 

und  das  kleine  hepelcin 
giebt  uns  gute  peppelein. 

kinäerlied  bei  Mathesids  Syrach  3, 10 ; 

anderswo  ist  happel  scJtaf  (Lexer  a.a.O.);  in  Schlesien  und  der 
Lausitz  happel  junges  pferd.  Weinbold  beilr.  33'.  in  Baiern 
geht  heppel  auf  ein  junges  mddchen ,  das  sich  dem  mannbaren 
alter  nähert.  Schh.  2, 221 ;  im  nassauischen  heppel ,  hewwel, 
hüwwel  (fem.)  auf  einen  menschen,  dessen  lachen  dem  meckern 
einer  ziege  ähnelt.  Kehrein  194. 

HEPPIG,  adj.  mager,  ausgedörrt;  s.  hippig. 

HER,  adv.  huc. 

ahd.  hera,  mhd.  here,  her;  gebildet  von  dem  pronominal- 
slamme  hi  dieser  wie  ahd,  huara  wohin  vom  fragstamme  hua, 
und  dara  dahin  vom  demonstralivstamme  da,  vergl.  dar  theil  2 
sp.  750.  das  goth.  alts.  ags.  altnord.  h6r,  das  gewöhnlich  hie, 
nur  manchmal  huc  auszudrücken  hat,  ist  vom  hochdeutschen  her 
zu  trennen,  s.  weiteres  unter  hier. 

Alemannischen   quellen  eigen  war  die  form  ahd.  hara ,   später 

har  für  her:  du  cliuin  hara  ze  uns.  NoTKERps.  79,  bnHattemer 

2,286*  {gegen  ib  cham  umbe  urteil  hera  in  werlt.  s.  291'); 

c;  ist  war,  An  allen  wän, 

da{  der  bacli  vliujt  har  zuo  mir.     cdelslein  5,  12; 

ü{  dem  wald  kam  er  har  dj 
Kegari),'Cii  vur  ein  einig  biis.    63,3; 

so  gib  mir  iez  ein  gülden  har! 

der  mxioii  zum  anfang  llgen  bar.     fattn.sp.  868,9; 

also  gest  du  geistlichen  hin  und  har.  Keisershehg  bilg.  93' 
{und  oft);  gell  har!  Wickram  roUw.  01,0;  so  sing  har!  sagt 
der  Fucker.  97,  32 ;  dieses  har  als  zuruf  an  die  pferde  reicht 
über  alemannucftes  gebiet  hinaus,  vergl.  sp.  473.  Scliweizer  und 
elsdttische  tchrißen  des  10.  jahrh.,  die  in  der  hochdeulschen  sclirifl- 
sprache  abgefatzt  sind,  haben  mit  anklang  an  die  heimisciw  mund- 
arl  noch  ronricgend  die  zwischenform  hür:  von  der  zeit  hör 
Aristotclis.  Maaler  205';  Elsasr,  und  wie  os  die  Laliner 
von  des  groRzcn  keiser  Carlen  zciten  hUr  braucht,  Alsalia. 
S.  MCnsteh  cojmo</r.  (1578)  i.  514;  die  färb  ..  {ist)  oben  über 
den  ruggrn  liiir  lübcrfarb.  Forer  thterb.  loi';  kümpl  här  zö 
mir.  WicKRAM  rollw.  10,  It  Kurz. 

In  fallen ,  wo  her  ein  unbetontes  glied  einer  Verbindung  aut' 
macht,  verliert  es,   vorncttmlich  in  mitteldeutschen  quellen, 


anlaut ;  vgl.  erab  für  herab  th.  3,694,  erauf  698,  eraus  699, 
crnmh,  erunter  1035;  ernAgeschrieben  weisth.  2,465  {Untermosel 
von  1516);  s.  ferner  unter  herabcr,  hcrauszer  für  herabher, 
herausher.     über  die  erweiterte  form  hero  für  her  s.  unten  s.  v. 

Die  grundbedeutung  von  her  ist  eine  örtliche,  daneben  hat  sich 
eine  zeillichc  und  eine  abstracto  ausgebildet. 

I.  her  örtlich. 

1)  es  bezeichnet  die  bewegung  von  einem  entfernteren  punkte 
aus  auf  einen  sprechenden  oder  den  mit  ihm  in  nächster  beziehung 
stehenden  ort,  im  gegcnsatze  zu  hin,  das  von  äncm  näluren  punkte 
aus  auf  entferntere  personen  odei-  orte  weist,  zunäclist  in  Ver- 
bindung mit  verben,  die  diese  bewegung  anzeigen,  namentlich  des 
gehen s ,  kommcns ,  seitens,  auch  des  gebens  und  reichens:  wenn 
ich  sage  ..zum  andern,  kom  her,  so  koinpt  er.  Matth.  8,9; 
wenn  ich  gelegene  zeit  hab,  wil  ich  dir  her  lassen  rufen. 
apostelgescli.  24,25;  setze  du  dich  her.  Jac.  2,3;  fest  ent- 
schlossen sie  zu  beleidigen,  .  .  kam  ich  her.  Schiller  kab, 
und  liebe  2,  3 ; 

herr  künig.  nu  trett  frölich  her! 

ir  soll  auch  gar  erwerglich  her  gan.    fasln,  sp.  656,  31 ; 

schöne  junkfrau,  leicht  rair  her  eur  band ! 

Ubland  vulkst.  197; 
heiter  blickt  der  himmel  her,  die  sonne 
in  das  siübchen,  wo  ich  sitz  und  dichte. 

RKcKKRT  ijes.  ijed.  1,  22! ; 

auch  in  der  Verbindung  her  sein,  wo  das  verbum  den  endpunkt 
einer  bewegung  bezeichnet,  und  damit  die  letztere  als  eine  sehr 
schnelle  malt:  das  wort  war  kaum  gesagt,  sihe,  da  ist  mein 
guter  lämpel  geschwind  her,  nimbt  einen  hecher,  bringt  dem 
von  der  Mühlen  eins.  Zinkgref  sc/iu/6ossm  (1627)  36;  er  geht 
heim,  klagts  seiner  frauen ,  und  bidet  sie  umb  einen  rath. 
sie  ist  her,  und  zeigt  ihm  etliche  kräuter,  darinnen  der 
Junker  soll  baden.  Creidius  2,129;  als  meine  frau  mutter 
sähe,  dasz  mir  das  ziegenmolken  so  wohl  bekam,  war  sie 
her  und  kaufte  hernach  noch  eine  ziege.  Schclmu/fsky  1,8; 
so  bald  als  der  wirth  nun  den  rücken  gewendet  halte,  war 
ich  her  und  zog  gleich  meine  schuh  und  strumpfe  aus.  s.  22 
{und  noch  oft,  vgl.  s.  4. 13.  38) ;  sie  sind  her  und  kaufen  alle 
möglichen  restchen  seidenzeug.  Hermes  Soph.  reise  6,  672; 
ähnlich  in  der  Verbindung  her  müssen,  zur  stelle  sein  müssen : 
das  verlorene  geld  musz  wieder  her;  übertragen,  sich  schelten 
lassen  müssen: 

bald  musz  der  könig  durch;  warum?  die  zeit  isl  schwer; 
bald  heiszl  der  müller  dieb,  bald  musz  der  bScker  her. 

GCNTUER  48*2. 

Mit  verben  des  sagens  und  Sprechens  wird  ebenso  her  im  ange- 
führten sinne  verbunden:  ihr  predigt  sowas  her.  Scouppiüs  400; 

meine  liebe  tochtcr,  sagt  her  nur  frei 
was  euer  gemüt  und  anschlag  sei. 

hisi.  Hogctonä  spielweis  Bv'; 
ich  hör  dich  gern,  sag  frölich  her, 
was  du  bcgcrest  oder  wilt  von  mir.    Avij; 

wenn  er  so  hoch  her  pralct, 
so  ängstigt  sich  mein  gcist. 

Fleming  13,  16  Lappcnb.; 

wcisz  prächtig  her  zu  lügen, 
Tom  reisen  disz  und  das.  49,44;    ^ 

es  heiszl  selbst  her  trinken,  wenn  damit  ein  trinkspruch  verbun- 
den ist: 

trink  munter  her! 

HoFFMAWN  gcscltscliaflst.  160. 

vergl.  über  her  in  der  bedeutung  1  aucli  die  unten  an  alpha- 
betisclier  stelle  anzuführenden,  mit  ihm  eng  verbundenen  verlien. 

2)  solche  verben  der  beicegung  sind  in  dringender  rede  auclt 
unterdrückt  und  her  steht  allein,  als  befchl,  so  fitr  gib  her  oder 
bring  her:  wein  her!;  hier  her!;  Engelhart,  gelt  her,  die 
8ch8  sind  gcpletz  {geflickt)l  Wicrham  rollw.  92,12  Kurs;  ein 
grosz  torcular  pocal  her!  Garg.iOO'; 

hal  vater  Hevcrn  !  riefen  wir: 

uns,  unt  Patronen  \\or\     Gleih  4,  10; 

färbe  horl  dein  melsterwillo 

■chanx  ein  ■Icblllchei  gedieht.    Göthe  2,  166; 

her  damit   aber  wilt  Hwa  sagen  komm  lier  damit,   bringe  es: 

Henriette,  hier  bring  Ich  beides,    baron.  her  daiiiil !  Kotzkiiue 

dram.xp.  2,184;  nur  her  damit,  wirwollcns  schon  machen.  I,30; 

nur  her  mit  dem  glQcko  von  RdiMilmll ! 

IJiiLAnn  iji^d.  354; 

auch  sonst  steht  her /Dr  komm  her,  geh  her:  nur  bor!   Frisch 

1,4«'; 

wolher,  wolher,  wolhor, 

■llM  teufoiitohM  baarl    fnUn.ip.  900,  13, 


1001  HEB 

nur  her,  mein  liebstes  vögelein, 

wir  wollen  nicht  die  faulste  sein, 

und  schlafend  ligen  bleiben.    Simpl.  1,29  Kurz; 

und  in  diesem  sinne  war  her  namentlich  der  ruf  der  landsknechie 
zum  sammeln  vor  dem  amjriff:  saget  der  oberster  (nach  devi 
yebet  vor  dem  angriff):  wolan,  so  her  ir  lieben  brüder,  dasz 
sein  gleich  gott  walt.  Kirchhof  mil.  disc.  160; 

her,  her,  her,  her  und  greifet  an.    H.  Sachs  3,  1,  5; 

her  her  her,  ir  frommen  teuuchen  landsknecht  gut! 

last  uns  in  die  Schlachtordnung  stau, 

bisz  dasz  die  haupileut  sprechen:  iert  wollen  wirs  greifen  an. 

UuLAND  volkst.  515 ; 

darnach  hört  man  das  grosz  geschütz  und  kleine, 
her,  her!  schreien  die  Irumen  algemeine, 
so  bebt  sich  an  das  ritterspil.    518; 

her,  her,  ir  burger,  drauf  und  dran 

mit  pücbsen  und  helleparten! 

GöDEKK  u.  TiTTMARW  Hedeib.  267,33; 

sie  schrien  all  her  her  her  her, 
dj  scblos  zu  stürmen  was  ir  beger. 

lIlLDEBRAND   Volksl.   109. 

3)  die  richtung  des  her  icird  durch  praepositionen  oder  ad- 
verbien  noch  genauer  angegeben. 

a)  so  dasz  der  ausgang  der  bewegung  bestimmt  tcird :  es  kompt 
ein  dürrer  wind  über  dem  gebirge  her,  als  aus  der  wüsten. 
Jer.  4,11;  sihe  die  tochter  meines  volks  wird  schreien,  aus 
fernem  lande  her.  8, 19 ;  jauchzen  vom  meer  her.  Jes.  24, 14 ; 
so  wird  mein  schwert  aus  der  scheiden  faren  über  alles 
Heisch,  von  mittage  her,  bis  gen  mitternacht.  Hes.  21,4;  das 
fewr  von  oben  her.  Baruch  6, 62 ;  der  solchs  schaffet  von 
ferne  her.  Jes.  22,11;  wenn  wir  ...  jetzt  noch  immer  aller 
orten  her  in  erfahrung  bringen.  Schilleb  829; 

von  himel  hoch  da  kern  ich  her.    Litther  8, 35S"; 
ein  geist  vom  himmel  her  will  stets  am  himmel  schweben. 

Flemi?ig  19»,  45  Lappenb.; 
da  ward  öfters  der  fremdling  besucht  von  träumen  von  jenseits 
her  des  wassers.  Ar;(dt  ged.  (1840)  163; 

kommt  her,  kommt  her  von  allen  orten!    Uhla!«d  ged.  20. 

vergl.  auch  die  Zusammensetzungen  auszenher,  dorther,  fernher, 
himmelher,  linksher,  rechtsher;  ferner  woher,  »ianien(/ic/j  mit 
Verben  des  ergreifens  und  nehmens:  wo  sollen  wir  brot  her 
nehmen?; 

wo  nimmt  es  wohl  Pervonte  her, 
dasz  unser  eine  sich  von  Zartgefühlen  nähre? 
Wlelasd  18,  177; 

und  das  antwortende  daher  1  th.  2,  679 ;  da  bezieht  der  kauf- 
inann  seine  waaren  her. 

b)  das  endziel  der  bewegung  isl  bezeichnet:  komm  her  zn  mir; 
tritt  her  vor  mich; 

ker  ab  bar  üf  die  beide.    Boner  edelstein  90, 18; 
kommt  her  zu  mir,  spricht  gottes  soha.    hirchenlied; 
her  zu  mir!     Göthe  12,  247. 
veryl.  aufher  1,669;  daher,  hierher;  huc  hie  here  Dief.  2S1'. 

c)  endlich  ist  auch  der  ganze  verlauf  der  bewegung  in  der  an- 
gegebenen weise  bezeichnet:  ire  angesichte  und  Dügel  waren 
oben  her  zurteilet.  Hes.  l,  11 ;  aber  was  ist  dies  für  ein  spe- 
cies  der  medicin ,  wann  einer  am  haupt  krank  were,  und 
wolle  die  füsz  unten  her  mit  heilsamen  oel  bestreichen? 
ScHL'ppiüs  747 ; 

{Conrad)  nahm 
des  mädchens  band,  und  wischte  drüber 
mil  flachse  her.  Göki:<gk  3,  87 ; 

zum  keller  weisz  es  {Silt>ns  eselein)  hin  und  her 
den  weg  von  selbst  zu  finden; 
auch  braucht  man  gar  nicht  drüber  her 
den  reiter  fest  zu  binden.        BCrger  aS"; 
so  denken  wir  an  das  wilde  meer 
und  hören  die  wogen  brausen, 
die  donner  rollen  drüber  her.    ühland  ged.  68; 
hast  du  das  schlosz  gesehen, 
das  hohe  schlosz  am  meer? 
golden  und  rosig  wehen 
die  wölken  drüber  her.    206. 

anstatt  des  adverbs  eine  accusativische  fügung:  das  entzücken 
der  freunde  verbreitete  sich  über  alle  gegenwärtigen ;  ein 
freud-  und  segensruf  erscholl  die  ganze  tafel  her.  Götbe  23,13; 

da  kam  eine  junge  Schäferin  .  .  . 

die  wiese  her  und  sang.    57,  116. 

4)  t»  einer  andern  reihe  von  fällen  zeichnet  her  weniger  ge- 
rade eine  bewegung  nach  einem  sprechenden  oder  dem  mit  ihm 
tn  nächster  beziehung  stehenden  orte,  als  vielmehr  eine  richtung, 
die  personen   oder   dinge   nach   diesen  zeigen,     auch  hier  ist  die 


UER 


1002 


rtchtung  durch  praepositionen  oder  adverbien  genauer  bestimmt: 
bawet    eine  halle,  .  .  zehen    eilen  breit  für  dem  hause  her. 

1  kön.  6,3;  der  die  wasser  trennet  für  inen  her.  Jes.  63,12; 
Simei  gieog  an  des  berges  seilen  neben  im  her.  2  Sam.  16, 13; 
bis  er  ausbawet  sein  haus,  . .  und  die  mauren  umb  Jeru- 
salem her.  1  kön.  3,  l ;  zu  reuchern  auf  den  höhen ,  in  den 
stedten  Juda  und  umb  Jerusalem  her.  2  kön.  23,5;  halle 
sich  des  nachts  aufgemacht,  und  die  Edomiter  umb  in  her. 

2  chron.  21,9;  haben  sich  umb  meine  hütten  her  gelagert. 
Hiob  19, 12 ;  du  machest  uns  . . .  zum  spot  und  höhn,  denen 
die  umb  uns  her  sind.  ps.  44,14;  habt  doch  mitleid  mit 
inen,  die  ir  umb  sie  her  wonet.  Jer.  48,17;  die  beiden,  so 
umb  euch  her  sind.  Hes.  5,  7 ;  versamlelen  sich  die  kinder 
Ben  Jamin  hinder  Abner  her.  2  Sani.  2, 25 ;  die  Philister 
hiengen  sich  an  Saul  und  seine  söne  hinder  inen  her.  1  chron. 
11,  2 ;  wil  das  schwerd  hinder  inen  her  schicken.  Katziporus  d  6 ; 
die  grosze  gesellschaft  um  sie  her  gibt  ihnen  zu  manchem 
nachdenken  anlasz.  Göthe  26,  6 ; 

man  sähe  manchen  vor  auf  tapfren  hengsten  reiten, 
jetzt  aber  sachte  her  bei  kinderpferden  schreiten. 

LoGAU  3,  s.  176,  no.  20; 
Caconius  hat  schelmen,  hat  diebe  bei  sich  her.    1,235,83; 
wenn  der  wanderer  seinen  riesenlangen  schatten 
halberstaunt  vor  sich  her  steigen  sieht. 

Zachariä  iageszeiten  (1757)  j.  68; 
mit  hoch  geschwellter  brüst  und  äugen  ohne  thräne 
schlingt  sie  den  starken  arm  in  liebevoller  wuth 
um  Ilüon  her.  Wielasd  23,  22  (Oberon  7,  29) ; 

ich  geh  und  schneide  holz,  und  steck  es  in  die  erde, 
und  mach  ein  obdacb  um  sie  her.  18,  133; 

uns  lieben,  Vastola,  und  alles  um  uns  her 
mit  unserm  glück  erfreuen  und  beleben, 
sei  unser  loos.  172; 

stets  ist  sie  um  ihn  her,  und  macht  sich  tausend  Sachen 
mit  ihm  zu  thun.  9,  77; 

er  sasz  beim  königsmahle, 

die  ritter  um  ihn  her.    Göthe  12,  142; 

zähle  nicht  beim  wein 

mir  die  gläser  ein  ! 

denn  als  herr  des  hauses 

trink  ich,  froh  des  schmauses, 

vor  den  gasten  her, 

leicht  ein  gläschen  mehr!    Voss  5,  52; 

Roland  ritt  hinterm  vater  her.    Uhlasd  ged.  340; 
in  nacht  und  nebel  drauszen  da  wogt  es  wie  ein  meer, 
und  zieht  von  allen  selten  sich  um  das  städtlein  her.    361. 

5)  von  den  4  genannten  Verbindungen  hat  sich  namentlich  hinter 
einem  oder  etwas  her  sein  als  feste  formet  ausgebildet,  zundclist 
mit  dem  bloszen  begriffe  des  folgens  und  spähens:  wil  nun  eine 
buusmutter  das  ire  wol  beschicket  haben ,  so  mus  sie  zu- 
weilen selbst  kind  mit  anlegen  oder  doch  ja  fleiszig  hinder 
dem  gesinde  her  sein  und  demselben  auf  die  schanze  sehen. 
Roth  hausmütter-abc  Ds';  aber  so  geht  es:  wenn  ein  kühner 
geist,  voller  vertrauen  auf  eigne  stärke,  in  den  tempel  des 
geschmacks  durch  einen  neuen  eingang  dringt,  so  sind  hun- 
dert nachahmende  geister  hinter  ihm  her,  die  sich  durch 
diese  öfnung  mit  einstellen  wollen.  Lessisg  3,  324;  wirv^ollen 
wieder  hinter  Zausen  hersein  [seine  ferneren  gänge  im  geiste 
mitmachen).  J.  Paul  biogr.  bei.  1,  ISO.  dann  aber  auch  mit 
dem  schärferen  sinne  des  verfolgens:  maszen  sie  auch  einen 
von  den  gefangenen  bauren  bereits  in  backofen  steckten, 
und  mit  feuer  hinter  ihm  her  waren.  Simpl.  1,22  Kurz;  ist 
er  alsbald  mit  dem  schwert  hinter  her  gewesen,  pers.  rosenth. 
7,13  anm.;  was  ist  man  nicht  hinter  dem  knabeo  her,  dem 
man  einen  funken  eitelkeit  abmerkt.  Göthe  16,202;  eben 
diese  nachjagung  nach  dem  zum  scheine  fliehenden  wilde 
gewöhnet  uns  im  andern  leben  hinter  dem  im  ernste  fliehen- 
den sehr  herzusein.  J.  Pacl  teuf.  pap.  1,  16.  vergl.  urüen 
hinterher. 

Ähnliche  Verbindungen:  nun  war  der  Schreiber  geschwind 
über  das  dintenfasz  her  und  setzte  folgenden  brief  auf. 
Chr.  Weise  erzn.  121;  ich  wollt,  er  und  ich  wären  schon 
über  die  reise  her.  J.  Pacl  Hesp.  l,  154;  wozu  her  sein  oben  1 
{sp.  1000)  XU  vergleichen. 

6)  her  abstammung  und  Ursprung  andeutend;  vergl.  unten 
herkommen ;  von  künigklichen  stammen  härkommen ,  ori- 
ginem  o  rege  trahere.  Maaler  206';  daher  auch:  es  ist  mein 
verwandter  vom  vater  her;  mein  groszvater  von  mütterlicher 
seile  her. 

So  wird  weiter  durch  her  für  einen  fremdling  land  oder  gegend 
der  abstammung,  als  ausgangspunkt  seiner  einwanderung,  ver- 
mittelt : 


1003 


HER 


HER 


1004 


der  fiirsprech  fragt,  von  wannen  her 
und  was  sein  gwcrb  und  handiwcrk  wer? 

B.  WxLDis  Esop  4,  38,  27  ; 
wo  aber  bist  du  her?  von  Sparta,  wil  man  sagen. 

Opitz  1,  89; 

rergl.  daher  1  th.  2, 679 ;  ich  hätte  gar  nicht  sagen  sollen, 
dasz  ich  mit  meinem  lieben  Hof  in  Voigtland  schriftlich  am 
Fichtelberge  sprechen  wollte,  da  ichs  mündlich  kann  und 
mein  eigener  kutscher  daraus  her  ist.  J.Paol  uns.  löge  l,xx; 

geboren  ausz  der  stadt  Cordiiba 

her  ausz  dem  bispanischen  landu    H.  Sachs  2,2,95'. 

Von  hier  atts  sieht  eine  formel  nicht  weit  her  sein  in  über- 
Iragenem  sinne,  sie  will  sagen,  dasz  eine  so  bezeichnete  person 
oder  Sache  nichts  ungewöhnlicJies  an  sich  habe  und  niciüs  was 
vom  allbekannten  und  leicht  zu  durchschauenden  abwiche:  eine 
von  meinen  liebsten  aufwürlerinncn,  die  sonst  nicht  weit  her 
war.  ehe  eines  mannes  347;  wie  dessen  bemühungen  gegen 
den  enlhusiasmus  nicht  weit  her  sein  können,  weil  er  selbst 
cnlhusiast  ist:  so  können  auch  seine  bemühungen  gegen 
die  Schwärmerei  von  keinem  wahren  nutzen  sein ,  weil  er 
selbst  Schwärmer  ist.  Lessing  11,  4G5 ;  ich  fürchte,  dasz  sein 
verlangen,  die  sache  selbst  besser  einzusehen,  ebenfalls  nicht 
weit  her  ist.  12,  282. 

7)  her  in  älteren  quellen,  wofür  die  neuere  spräche  hier  braucht; 
das  adicrb  der  beicegung  zeichnet  nur  die  beziehung  auf  den  ort 
an  dem  sich  der  erzähler  denkt:  wie  mans  gehalten  hat  mit 
den  raising,  die  her  gefangen  warn.  d.  slädlcchron.  2,  263, 10  ; 
dag  niemand  in  die  stat  kom,  der,  er  oder  sein  berr,  feint 
her  seL  282, 19; 

her  dishalb  des  wassers 

schlög  man  das  geleger  an.    Uhland  volksl.  458; 

anders  ist  her  für  hier  in  Zusammensetzungen  wie  heran,  herum : 
linde  meinde  der  hobest,  daj  der  könig  von  Engcnlant  heran 
schuldig  were.  d,  städtcchron.  8,  441, 19 ;  etliche  edellüte  von 
Elsas  oder  anderswo  von  dem  Ryne,  die  harumb  nüt  en- 
wissent.  9,624,19;  ebenso  harüber  für  hierüber:  sprochent, 
daj  dag  concilium  zu  Pyse  und  die  cardinäle  möhtent  einen 
hobest  also  wenig  entsetzen  also  ein  kneht  sinen  herren. 
und  seitent  harüber  vil  bewcrunge  und  sachen.  614,  28. 

8)  her  ist  mit  seinem  gegcnsalze  hin  zur  formel  her  und  hin 
verbunden : 

des  treib  in  dö  der  Sarrazin 
her  unde  hin,  ür  unde  nider. 

Kosrad  v.  WBrzboro  Parten,  5819; 
also  warf  her  und  auch  dahin 
der  wind  die  junkfrow  so  fyn. 

Büheler  königstochler  325  Merzdorf; 
sie  reiten  im  land  her  und  hin. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  1,  32,  187; 
hernach  wand  er  sich  her,  und  dorthin  wie  ein  narre. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  11,  7,  2; 
Blandine  sah  her,  Lenardo  sah  hin, 
mit  äugen,  erleuchtet  vom  zärtlichsten  sinn.    Borger  32^ 
viel  zweifelt  er  her,  viel  zweifelt  er  hin,    33*. 

häufiger  und  ausgebildeter  ist  die  Verbindung  hin  und  her,  s.  unter 
hin.     auch  her  und  dar  wird  gegensätzlich  verbunden: 

genc  hin  zuo  im  unde  ervar, 

wil  er  her,  od  sol  ich  dar?    Iwein  8034; 

nach  Weisheit  lauf  wir  her  und  dar. 

pis  wir  die  sach  auszrichien  gar.    fastn.  sp.  159,  21 ; 

die  leuf,  die  itzund  her  und  dar 

sich  in  der  wcrit  nu  üben  thun.    170,  4; 

die  schenk  die  trag  ich  hin  und  her  und  dar.    278,  13; 

Neidelhart  gedacht  her  und  dar.    Theuerd.  95,  10. 

9)  her  und  bin ,  als  die  Unsicherheit  und  Zerfahrenheit  von 
bewegungen  malend,  wird  auch  übertragen  gebrauclU,  um  ein  be- 
denken oder  einen  einwurf  als  nichtig  zu  bezeichnen: 

man  glaubt,  göuinnen  sollten  sich 

mit  menschen  gar  nicht  scheren; 

doch  göttin  her  und  gutlin  hin! 

genug,  die  himmelskunigin 

trug«  faustdick  hintern  obren.    Bluiauir  2,  3; 

wenn  Ich  nur  bei  laune  bin; 

böses  her  und  böses  hin; 

■lle«  wird  mir  gutes !    Yosi  5,  108. 

öfter  bin  und  her,  t.  unter  hin. 

n.  her  uitlicli. 

1)  die  im  mhd.  häufige  bcdeulung  des  allein  stehenden  her 
ali  bufier,  bi$  lu  dieser  teil ; 

twaj  Ir  bor  habet  geslrlten 
M  bntn  voICilCirmen,  dr»  IAmb  Ich  iu  nfirh  Ären, 
t.uiitun  IUI,  2; 


da;  ich  den  sumer  also  mseslicben  klage  .  .  . 
da;  ist  da  von  da;  sin  zit 

mir  noch  her  hat  gefrumt  harte  kleine  umb  ein  wtp. 
minnes.  pülit.  83,  28; 
ist  auch  nhd.  noch  nachzuweisen: 

lasz  mich  in  deins  herzen  clausen 
hinfür  als  her  lieplich  hausen. 

tveim.  Jahrb.  2,  80; 
(er)  ist  dem  könig  her  in  vil  jaren 
gewest  ein  nützer  weiser  ralh.    II. Sachs  3,2,67*. 

ßr  dieses  her  steht  schon  ahd.  unzan  hera  adhuc,  usque  huc 
(Graff  4,  695),  mhd.  unz  her : 

ouch  hat  mich  wertlich  gelust 

unz  her  noch  niht  berüoret.    a.  Heinrich  691, 

seit  dem  15.  jahrh.  bisz  her,  vergl.  bisher  2,  46. 

2)  den  anfang  einer  ununterbrochenen  erstreckung  auf  die  gegen- 
wart  bezeichnen  die  praepositionen  von,  seit,  aus :  wer  hat  dis 
lassen  sagen  von  alters  her?  Jes.  45,21;  er  nara  sie  auf, 
und  trug  sie  allezeit  von  alters  her.  63,9;  wer  Ihuts  und 
machets,  und  ruft  alle  menschen  nacheinander  von  anfang 
her?  41,4;  aus  der  sol  mir  der  komen ,  der  in  Israel  heir 
sei,  welchs  ausgang  von  anfang  und  von  ewig  her  gewest 
ist.  Micha  5,  2 ;  mein  gott,  mein  heiliger,  der  du  von  ewigkeit 
her  bist.  Hab.  1,12;  von  langen  zeiten  her.  ap.  gesch.  ib,  21 ; 
gotte,  dem  ich  diene  von  meinen  voreitern  her.  2  fim.  1,3; 
der  ich  dich  gesterkel  habe  von  der  weit  ende  her.  Jes.  41,  9; 
der  ich  von  der  weit  her  die  Völker  setze.  44,  7 ;  ich  aber 
der  herr  bin  dein  gott  aus  Egyptenland  her.  Hos.  12,9;  in 
allen  künsten  ist  von  alter  her  ein  löblicher  gebrauch  gewest. 
FaoNSP.  kriegsb.  1,137';  da  sich  doch  oft  befindet  ..  dasz  ,. 
ihr  {der  adelichen)  ganzes  geschlecht  von  allen  32  anichen 
her  also  besudelt  und  befleckt  gewesen ,  als  des  zucker- 
bastels  zunft  zu  Prag  immer  sein  mögen.  Simpl.  l,  9  Kurz; 
der  kerl  war  mir  von  seinem  ersten  weihe  her  bekannt. 
Klinger  3,152;  und  doch  ist  es  von  ihr  (der  negersklavera) 
her  . .  bei  uns  fast  allgemein  sitte  geworden,  alle  Unfreiheit 
für  widerrechtlich  zu  erklären.  Hugo  naturrecht  (1819)  s.  243; 
dieser  mensch  hat  seit  je  her  nicht  viel  getaugt; 

wir  leben  beide,  ich  und  er, 

blosz  von  gemüs  und  brot  seit  manchem  Jahre  her. 

Wieland  18,85; 
auf  ihrer  Stammburg  wandelt  von  alters  her  ein  geltt. 
Uhland  ged.  366. 

3)  die  ganze  ununterbrochene  erstreckung  von  einem  genannten 
zeilpunkte  an  bis  auf  die  gegenwarl  bezeichnet  her  verbunden  mit 
accusaliren  der  zeit :  nachdem  wir  die  bergpredigten  auf  diesem 
eurem  bergfest  etliche  jähr  her  verrichtet.  Schdppios  827 ; 
ob  schon  die  rauhe  Seeluft,  Sonnenhitze,  auch  einige  jähr  her 
genossene  schlechte  und  übele  verhaltung  ihn  ziemlich  un- 
gestalt  gemacht  halte.  Talander  Olorena  (1694)  258;  weil  er 
ein  paar  monate  her  nicht  prompt  bezahlt.  Lessino  1,612; 
denn  er  ist  in  den  eigenwillen  diese  letzten  zehn  wilden  jähre 
her  so  recht  hineingewachsen.  GOthe  an  Voigt  356;  alle  diese 
tage  her  bist  du  nachdenklich,  werke  11,271;  da  er  schon 
lange  her  seine  tapferkeit  ..  kennt.  Schiller  1090; 

was  wunder!  ihre  ganze  seele  war 

die  zeit  her  nur  bei  euch  —  und  ihm.    Lbssino  2,  194. 

bei  ungefährer  Zeitbestimmung:  das  yhenig,  so  ich  mein  tag 
gesehen,  bewert  . . .  und  bei  xl  jaren  har  gänzlich  durch- 
gründl  hab.  Gersdorf  feldb.  d.  wundarzn.  vorrede  11. 

4)  anstatt  des  accusativs  ein  genitiv:  die  farbenerscheinung 
der  quelle  hatte  mich  dieser  tage  her  nicht  einen  augen- 
blick  verlassen.  GOthb  30,  51. 

5)  andere  Verbindungen  mit  lier  betonen  die  zeit,  xu  welcher 
ein  gemeldetes  ereignis  abgeschlossen  ward  (vergl.  vorher) :  die 
ir  angefangen  habt  für  dem  jnre  her,  nicht  alleine  das  thun, 
sondern  auch  das  wollen.  2  Cor.  8,10;  es  ist  von  ungcHihr 
drittchalb  jähre  her,  dasz  sie  auf  diese  art  anfing,  einige  von 
ihren  lieblingsgcdankcn  ..  aufzuschreiben.  Klopstock  11,9; 
es  ist  schon  lange  her,  dasz  ich  starb.  104;  es  ist  doch 
noch  nicht  so  lange  her,  fuhr  Hippias  fort,  dasz  du  dich 
nicht  solltest  erinnern  kr>nnen,  auf  welchem  fusz  wir  einst 
tu  Smyrna  lebten,  Wieland  3,171  (143); 

auch  dOnkt  es  mir  nicht  gar  so  lange  her.    Uhland  ged,  l&O; 
ich  wcisi  es  noch  oli  wart  von  gestern  her.    Wikland  18, 154; 
wie,  spricht  sie,  kennen  sie  von  iwantig  wochen  her 
die  orroe  Vasiola  nicht  mehr?  187. 

III.  her  in  abgezogenem  sinne,  basiert  auf  der  bedeulung  I. 
1)  hei  angäbe  eines  grundes,  einer  erfaitrung,  folgerung;   hauf)t- 
iächltch  in  den  Verbindungen  woher  und  daher  (ito.  &  Ih.  3,  Oüi). 


1005 


HERAB 


HERAB 


lOOG 


wober  weist   du   das?;    daher   schliesze   ich  dasz  er  krank 

Ist;   derhalben   musz   es  vom  bösen  geist  her^komen  dasz 

er  mich  also  betrübet.  Garg.  208'; 

es  rührt,  wie  flüsse  von  dem  meer, 

allein  vom  guten  willen  her, 

der  weit  mit  ralh  und  that  zu  nützen.    Göniher  138. 

2)  bei  angäbe  eines  millels:  dasz  die  obrigkeit  jährlich  einen 
jeden  in  der  Stadt  solle  vor  sich  fordern  und  fragen ,  was 
sein  einkommen  und  vermögen  sei,  woher  er  sich  und  die 
seinigen  ernelire.  Schdppius  342. 

HERAB,  adv.  abwärts  in  der  richtung  nach  einem  sprechenden  zu. 

1)  mhd.  her  abe  in  getrennter  Stellung  {mhd.  wb.  1,  688"),  nhd. 
schon  in  den  ältesten  quellen  tnäsl  {doch  vielfach  nicht  bei  Lutheb) 
verbunden  geschrieben  in  manigfach  abweichender  form;  in  der 
vollslen  herabe,  die  im  Ib.  jahrh.  durchaus  herscht: 

wenn  ieb  das  aber  herabe  stiesz.    fastn.  sp.  789,  10; 

z.  b.  noch  bei  Fleming  : 

die  Zeiten  tauschen  abe 
mit  höchster  einigkeit.    die  sonne  steigt  herabe, 
macht  dasz  sich  alles  liebt.         62,  134  Lajypenb.; 

während  das  gekürzte  herab  bereits  seit  anfang  des  l(j.  jahrh.  als 
gewöhnlich  erscheint:  du  magst  din  alte  feddern  herab  schwin- 
gen. Keisersbebg  bilg.  10*;  die  belonung  herab  veranlasst  in 
milleldeutsdien  quellen  des  15.  und  16.  jahrh.  formellen  rückgang 
der  ersten  silbe  und  die  Schreibung  erab,  vergl.  Ih.  3, 694 ;  daraus 
entwickelt  sich  die  äuszerste  kürzung  rab:  dimissus  sermo ,  rab 
gelassen  in  das  mittel  (mille).  Melber  varil.  g3'.  über  die 
Umstellung  abher  vergl.  th.  1,  56. 

2)  die  bedeulung  von  herab  tritt  schärfer  oder  weniger  beäimmt 
hervor;  schärfer,  wenn  sie,  an  die  örtliche  bedeutung  von  her 
anscJdieszend,  die  ricfilung  nach  einem  sprechenden  von  einem  höher 
gelegenen  orte  bezeichnet,  unbestimmter,  wenn  sie  ohne  berück- 
sichligung  solcher  genauen  richtung  mehr  ein  allgemeines  abwärts 
angibt,  in  dem  ersten  falle  ist  der  gegensatz  hinauf:  wer  feret 
hin  auf  gen  himel  und  erab?  spr.  Sal.  30,4;  er  gieng  die 
treppe  hinauf,  kam  aber  bald  wieder  herab;  und  der  ausgang 
der  richtung  wird  durch  praepositionen  bestimmt:  von  dem  all- 
mächtigen bistu  gesegnet,  mit  segen  oben  vom  himmel  erab. 
1  Mos,  49,  25-;  der  herr  donnerte  vom  himmel  herab.  Sirach 
46,20;  eine  stimme  vom  himmel  herab  sprach.  Matth.3,1'; 
gott  von  oben  er  ab  müsse  nicht  nach  ihm  fragen.  Hiob3,i; 
du  bettest  keine  macht  über  mich,  wenn  sie  dir  nicht  were 
von  oben  erab  gegeben.  Joh.  19, 11 ;  herab  von  der  herrligkeit, 
du  tochler,  die  du  zu  Dibon  wonest,  und  sitze  in  der  dürre, 
denn  der  verstörer  Moab  wird  zu  dir  hinauf  komen ,  und 
deine  festen  zureiszen.  Jer.  48, 18 ;  dasz  sie  das  beste  von 
oben  herab  auffiengen.  Simpl.  1,  56  Kurz,  auch  die  ganze  aus- 
dehnung  der  richtung  wird  durch  einen  accusativ  bezeichnet;  jagten 
sie  für  dem  thor  bis  gen  Sabarim,  und  schlugen  sie  den 
weg  erab.  Josua  7,  5 ;  da  sie  für  Israel  flohen  den  weg  erab 
zu  Beth  Horon.  10,11;  die  feinde  hören  ein  jamergeschrei, 
den  weg  von  Horonaim  herab.  Jer.  48,  5 ;  er  stieg  die  ganze 
treppe  herab  zu  mir ;  er  kam  die  steile  halde  herab  gegangen. 

3)  im  andern  falle  tritt  der  erste  bestandlheil  von  herab  dem 
sinne  nacli  zurück,  das  ab  hervor,  es  bezeichnet  nur  ein  voll- 
ständiges, ganzes  abwärts,  eine  volle  entfernung  abwärts,  aber  nicht 
mehr  in  der  richtung  des  sprechenden,     so  schon  früh: 

als  lanc  so  der  rüke  gät 

von  den  absein  her  aoe.    Iwein  5055; 

wann  sie  {die  haut)  lang  in  dem  wasser  gehanget,  so  nimpt 
man  si  ausz  dem  wasser  und  . .  schapt  dj  bar  härab ,  das 
noch  daran  hanget.  Keisersber5  has  im  pf.  c6*,  der  weisz- 
gerber  an  den  bei  dieser  stelle  gedacht  ist,  schabt  das  haar  nicht 
abwärts  nach  sich  zu,  sondern  im  gegentheil  abwärts  von  sich  weg ; 
stirbt  er  dann,  so  legen  sie  ihn  herab  auf  ein  stro  bisz  er 
erkalt.  Fbask  vellb.  153';  die  schullern  herab  hängen,  pen- 
dere  ex  humeris.  Hederich  1246;  der  herabgebückte  elende 
Lungernde  betller.  Fr.  Müller  2, 187 ;  vergl.  herab  drücken, 
herab  kommen  nachher  unter  5.  herab  wird  dann  auch  un- 
sinnlichcr  gesetzt,  und  aus  dem  vollen  abwärts  entspringt  die  Vor- 
stellung des  endens,  vollendens  überhaupt,  namentlich  in  den  Verbin- 
dungen ein  iied  herableiern;  seinen  rosenkranz  herab  beten. 

4)  in  noch  andern  fällen  ist,  sicher  unter  vermiltelung  der  be- 
deulung 3,  gerade  zu  Verwechselung  mit  hinab  eingetreten;  beson- 
ders häufig  jetzt  in  der  gewöhnlichen  redeweise,  wo  man  z.  b.  von 
oben  auf  dem  berge  stehenden  hört  laszt  uns  den  berg  herab 
gehen;  oder  als  drohung:  ich  werfe  dich  die  treppe  herab. 
ähnliches  auch  bei  guten  schripslcllcrn  {tgl.  unten  herab  schlingen) : 


Just,  er  musz  dir  begegnet  sein;  er  ging  eben  die  treppe 
herab.  Werner,  ich  komme  die  hintertreppe  herauf.  Lessinc 
1,523;  80  zog  er  sie  bis  an  die  treppe,  mir  war  schon 
bange,  er  würde  sie  mit  hcrabreiszen.  547 ; 

begab  sichs,  dasz  vom  rand  des  brunnens,  wo 

er  seine  waffen  auf  einander  hingelegt, 

sein  gutes  schwert  herab  ins  wasser  fiel.    Wieland  18,62. 

anders  ist  es,  wo  herab  in  Verbindung  mit  einem  verbum  einen 
unbeweglichen  abstracten  sinn  angenommen  hat: 

ich  bin  vom  berg  lier  hirtenknab, 

seh  auf  die  Schlösser  all  herab.     Uhla!<i>  ged.  20, 

wo  nicht  das  blicken  auf  die  Schlösser  zu  füszen  des  knaben, 
sondern  die  Verachtung  derselben  angedeutet  werden  soll,  vergl. 
herab  sehen  unten  unter  5. 

5)  die  Verbindung  von  herab  in  den  bedeutungen  2  bis  5  mit 
rerben  der  bewegung  ist  Mufig ,  wobei  in  den  neuern  quellen 
gewöhnlich,  in  den  altern  selten  das  adverbium  mit  unmittelbar 
folgender  verbalform  als  ein  wort  geschrieben  wird,  in  dringlicher 
rede,  bäm  befehl,  wird  ein  imperativ  unterdrückt:  herab  vom 
pferde!  für  steig  herab! 

{wenn  ich)  die  kelber  auf  dem  acker  seh, 
so  wolt  ich  schreien  :  zehe  !  zehe ! 
herab!  das  eucbs  unglück  bestehe! 

B.  Waldis  Esop  4,  80,  94; 
du  feind!  herab  in  grünes  feld!    Gleik  4,26; 

in  der  Verbindung  herab  müssen  kann  man  sich  verben  wie 
gehen ,  kommen ,  steigen  ausgelassen  denken :  er  musz  herab 
zu  uns ;  der  könig  wird  noch  herab  müssen  {vom  throne). 

Von  den  mit  herab  verbundenen  verben  der  bewegung  sind  auf- 
zuführen : 
beten : 

sagt  mir  doch,  wo  steckt  mein  kind? 
soll  sie  schon  vergöttert  werden? 
bet  ich  sie  vielleicht  herab, 
oder  ziert  sie  noch  die  erden, 
0  so  reis  ich  bis  ins  grab.    G6:«TnER  ged.  283; 
ich  bete  mit  dir  von  dem  himmel 
diese  wohlthat  herab.  Klopstock  2,  118; 

anders  {s.  oben  3  am  ende):  sein  vaterunser  herab  beten. 

beugen,  einen  ast  herabbeugen,  deflectere  ramum.  Hede- 
rich 1246. 

blicken,  1)  von  einer  höhe  her  zur  tiefe  blicken:  sie  öffnet 
das  fenster,  sie  blickt  herab  zu  mir;  sie  blickte  herab  auf 
den  brief  und  nach  einigem  besinnen  nahm  sie  ihn  auf. 
Güthe  17,  387; 

hoch  über  dem  steine  vom  rade 

blickt,  hohl  und  düster,  ein  schädel  herab.    BOrceh  62'. 

2)  übertragen,  gleichsam  von  einer  erreichten  hohen  geistigen 
stufe  abwärts  blicken:  glaubten  mit  einigem  raitleid  auf  das 
sonst  so  herrliche  sechzehnte  Jahrhundert  herabblicken  zu 
dürfen.  Göthe  25, 162. 

blitzen:  herab  blitzen,  defulgurare.  Hederich  1246; 

der  edle  hört  sein  urtheil  schweigend,  blitzet 
auf  das  verhaszte  weib  noch  einen  blick  herab, 
und  wendet  sich.       Wieland  23, 263  (Oberon  12, 27). 

brechen:  herabbrechen,  deorsum  frangere,  defringere.  Stie- 
ler 235. 

brennen  {nach  herab  3):  wenn  ich  aus  solchen  planen 
aufwachte  und  sah  das  licht  herabgebrannt  bei  meinem  pulte. 
Arnim  schaub.  2, 148. 

bringen,  1)  her  und  abwärts  bringen:  haben  auch  ander 
geld  mit  uns  herab  bracht.  1  Mos.  43,  22 ;  bringet  in  herab  zu 
mir.  44,  21 ;  dreimal  bracht  er  fewr  herab.  Sir.  48,  3 ;  wer  ist 
gen  himel  gefaren,  und  hat  sie  {die  weisheil)  gebotet,  und  aus 
den  wölken  herab  bracht  ?  Baruch  3,  29. 

2)  übertragen,  abwärts  bringen  in  sittlicher  und  socialer  be- 
ziehung :  der  umgang  mit  leichtsinnigen  menschen  hat  ihn 
ganz  berabgebracht.  auch  in  bezichung  auf  körperliches  befinden : 
die  schwere  krankheit  hat  mich  herabgebracht. 

dachen,  abwärts  dachförmig  gestalten:  sie  (die  gebirge)  schei- 
nen gleichsam  der  alte  kern  und  die  Strebepfeiler  der  erde 
zu  sein ,  auf  welche  wasser  und  luft  nur  ihre  last  ablegen, 
bis  endlich  eine  pOanzstätte  der  Organisation  bcrabgedacht 
und  geebnet  ward.  Herder  zur  phil.  u.  gesck.  4,  29. 

donnern:  abermals  donnerte  es  herab  durch  das  chaos. 
Klincer  5,  367.  übertragen  von  lautem  reden :  schuiken !  don- 
nerte er  vom  fenster  herab. 

drücken,  abwärts  drücken  (nacA  herab  3),  gewöhnlich  über- 
tragen :  die  concurrenz  drückt  die  preise  herab ;  das  haus  des 


1007 


HERAB 


HERAB 


1008 


herrn  Hummel  war  zu  einem  unbedeutenden  dinge  herab- 
gedrückt. Freytag  liandschr.  1,  33 ;  seliener  nach  herab  2 :  ob 
nun  altratiunuHstisch  die  Vernunft  die  mysterien  gottes  zu 
sich  herabdrückt,  ev.  kirchenzeiig.  1SG6,  s.  690. 

erben:  es  war  ein  alter  glaube  des  sinnlichen  wabns  der 
menschen,  der,  durch  das  ansehen  der  sage  bekräftigt,  sich 
von  den  ältesten  Zeiten  beraberbte.  Herder  zur  sdiön.  lül. 
u.  kunst  20,32. 

ermatten:  soll  mein  guter  Max,  dessen  blick  und  griff 
nach  kraft  dringt,  so  üde  herabermatten  ?  J.  Paul  Levana  2,  28. 

fahren:  am  dritten  tage  wird  der  herr  für  allem  volck 
erab  fahren  auf  den  berg  Sinai.  2  Mos.  19, 11 ;  durch  die 
wunder  die  du  thust,  deren  man  sich  nicht  versihet,  da  du 
herab  fürest  und  die  berge  für  dir  zerflossen,  ks.  64,3;  Jo- 
hannes sähe  den  geist  gottes,  gleich  als  eine  taube  her  ab 
faren,  und  über  in  komen.  Matth.3,lG;  ein  engel  fuhr  er  ab 
zu  seiner  zeit  in  den  teich.  Joh.  5,  4.  vom  regen,  blilz,  donncr: 
er  wird  herab  faren  wie  der  regen  auf  das  feil.  ps.  'J2,  6; 
und  sollte  er  auch  (der  groß  unerwartet,  unwillkommen  herab- 
fahren .wie  ein  donnerschlag.  Göthe  14, 15" ;  in  bezug  auf 
blicke : 

berabzufahren 
in  MettcbcDs  buscn  mit  dem  frechen  blick.    Gökingk  2,212. 

auch  in  der  dngeenglen  bedeutung  von  fahren  (2  th.  3, 1249) : 
wir  fuhren  im  wagen  herab  vom  berge  in  die  ebene;  als  er 
cinmahl  einen  nachen  voller  frawenzimmer  das  wasser  herab 
fahren  sähe.  Zinkcref  apophth.  2, 122. 

fallen,  1)  nach  herab  2,  abwärts  und  her  fallen:  da  fiel 
das  fewr  des  herrn  erab.  1  kön.  18,  38 ;  wie  der  law  der  von 
Hermon  er  ab  feit  auf  die  berge  Zion.  ps.  133, 3 ;  herab- 
gefallene regenbogen  lagen  mit  ihren  trümmern  auf  den 
blütenbäumen.  J.  Paül  Hesp.  3,219;  ich  blickte  zum  bäume 
empor,  eine  frucht  fiel  herab  vor  meine  füsze.  der  inßniliv 
in  subst.  gebrauche:  das  herabfallen  der  steine.  Lessinc  4,  49. 
2)  nach  herab  3,  abwärts,  zu  boden  fallen,  phne  dasz  die 
richtung  des  her  besonders  hervortrete:  wenn  du  ein  new  haus 
bawest,  so  mache  ein  lehnen  drumb  auf  deinem  dache,  auf 
das  du  nicht  blut  auf  dein  haus  ladest ,  wenn  jemand  er 
ab  fiele.  bMos.  22,8;  herabfallen  vom  pfcrde,  dccidere  ex 
equo  Hederich  1246;  schleuderte  mich  so  ungestüm  auf  ein 
läer  baurenpferd,  . .  dasz  ich  auf  der  andern  seile  wieder 
herab  auf  meine  liebe  sackpfeife  fallen  muste.  Simpl.  i,  18 
Kurz; 

wenn  ich  auch  einst  von  diesen  höhen 
berab,  zum  sumpf  der  untreu  fiel.    Gökingk  1,85; 
im  bexameter  steigt  des  springquells  flüssige  säule, 
im  Pentameter  drauf  fällt  sie  melodisch  herab. 

SCUILLER  94*; 

übertragen:  seine  verdunkelten  äugen  fielen  schmerzhaft  vom 
himmel    berab   (seine   dem  himmel  zugewendeten  blicke  richteten 
sich   wieder   abwärts)   auf  Klotildens  ihre.   J.  Paul  Hesp.  3,  86. 
flammen: 

raset,  ihr  winde,  flammt  herab,  ihr  blitze, 
ihr  wölken  berstet!    Schiller  Teil  4,  1; 
der  bimmel  selbst  flammt  fürstcntod  herab. 

Sliakesp.  Jut.  Caesar  2,  2, 
the  heavcns  tbcmselves  blaze  forth  thc  death  of  princes. 

(leben:  räche  auf  das  haupt  des  mürders  herabüehen. 
Klihceb  6,390; 

(ich)  flehte  segen 

auf  ihn  herab.    Gotter  2,  489. 

fliegen:  herabfliegen,  deorsum  volare.  Stieler  512;  der 
vogel  Oiegt  vom  bäume  herab;  ein  stein  fliegt  vom  dache 
herab ; 

doch  ach !  von  unsern  eignen  brüdcrn 
kommt  hier  vom  höchsten  tcmpddach 
ein  mördrisch  pfeilgowOlk  auf  uns  herabgeflogen. 

Scuillir  terslöruny  v.  Trq;a  72. 

flieszen:  das  wasser  das  von  oben  erab  fleuszt.  Jos,  3, 13; 
wie  der  köstlich  baisam  ist ,  der  vom  heubt  Aaron  herab 
Heust  in  seinen  ganzen  l)art,  der  er  ab  flciiszl  in  sein  kleid. 
pi.  133,2;  lasz  tag  und  nacht  threncn  herab  flieszen,  wie 
ein  bach.  klagel,  2,18;  su  wie  ein  wciszer,  langer  hart  auf 
das  schwarzsaromete  wamms  inajestütisch  beraliflu-iz.  L.  Tikck 
ge$.  nov.  9,231; 

hiuflg  dia  tbrioo  vom  aug  mir  liurub,  ilu  nciiurM,  kh  weinte. 

GöTllK  1,  300; 
rfibr«  »ie  alle,  wio  du  mich  gerührt,  und  ei  nicnzi-ii,  tum  buifall, 
dir  von  dem  trockeiulen  aug  herrliche  thr&uon  herab.    917. 


fordern:  herabfordern,  devocare.  Stieler  541. 

führen:  er  führte  ihn  die  treppe  herab. 

geben:  gib  mir  doch  das  buch  herab  {vom  büchergesleU) ; 

übertragen : 

prinz,  der  herablassung  ist  sie  nicht  werlh, 
an  ihr  ists  jetzo,  sich  herabzugeben! 

Schiller  Turandot  5,  2. 

^ehen:  herabgehen,  ilione  huc  descendere.  SriELEaeSO;  da 
er  aber  vom  berge  her  ab  gieng.  Matth.  8,1; 

er  gieng  her  ab  bald  uiide  sprach. 

ßoNKR  edelslein  73,  34 ; 
jung  Siegfried  war  ein  stolzer  knab, 
gieng  von  des  vatcrs  bürg  herab.    Uuland  ged.  332. 

übertragen:  und  die  grenze  gehe  erab  von  Sepham  gen  Ribla 
zu  Ain  von  morgen  weits,  darnach  gehe  sie  erab  und  lenke 
sich  auf  die  seilen  des  meers.  4  Mos.  34,11;  bis  an  die 
stuDfen,  die  von  der  stad  David  erab  gehen.  iVeA,  3,15;  die 
preise  der  lebensmittel  gehen  herab. 

gelangen:  als  er  nun  herabgelangt  {vom  berge),  ihr  unter 
den  hohen  bäumen  am  ländlichen  tische  gegenüber  sasz.- 
Götue  17,  82, 

grünen: 

von  dessen  (des  Ihurmcs)  kahlen  ruinen 

traurig  das  fremde  gebüsch  zum  fernen  erdreich  herabgrOnt. 

Zachariä  (1772)  2,  63. 

hageln:  es  hagelt  herab,  »lac/i  hageln  2,6  sp.  147:  dasz  die 
arme  nutelnussen  von  den  pferden  herab  hagelten.  Garg.  198*. 
häkeln:  ist  sein  Schreiber  bemüht,  eine  schöne  uhr  von 
der  wand  herab  zu  häckeln.  Lessing  4, 428. 
hallen: 

schwermuthsvoll  und  dumpGg  hallt  geläute 

vom  bemoosten  kircbenthurm  herab.    Höltt  59  Ualtn. 

halten:  herabgehaltene  rechte  {hand).  Heinsk  Ardingh. 
1,342. 

hangen,  transitiv:  die  haben  ire  schild  allenthalben  von 
deinen  raauren  herab  gehangen.  Hes.  27,11.  intransitiv:  ihre 
locken  hangen  über  die  schultern  herab ;  schlappe  bis  auf 
den  nabel  herabhangende  brüste.  Lessing  6, 518 ;  die  herab- 
hängenden puppen.  Göthe  18,25;  der  mond  hing  wie  ein 
bethauter  mit  weiszen  bluten  überlegter  morgen  vom  himmei 
herab.  J.  Paul  Hesp.  3,  88 ; 

die  krempen  {des  liutes)  hiengen  flach  herab.    Gxlust  1,9. 

hängen:  er  hat  einen  teppich  über  die  treppe  herab 
gehängt;  da  ihm  die  tief  herabhängende  zweite  weit  eine 
eigne  Unabhängigkeit  von  bedürfnissen  predigte.  J.  Paul  Hesp. 
1,259;  weite,  bis  über  den  bauch  herabhängende  Jacken. 
H.Heine  1,28. 

hauen:  die  bilder  oben  drauf  hieb  er  oben  er  ab.  ichron. 
34,4;  den  Arealaus  auf  die  schultern  anträfe  und  ihm  vom 
hämisch  ein  stück  sampt  dem  fleisch  herab  hauwet.  AmadisZbS; 
den  arm  nahendt  bei  der  Schulter  dcrmaszen  antraff,  dasz 
er  im  solchen  herab  hieb.  126. 

heben:  die  Icviten  aber  hüben  die  lade  des  herrn  er  ab. 
iSam.  6, 15;  rannten  die  zween  rittcr  mit  eingelegten  lanzen 
und  Sterkesten  lauf  zusamen,  und  erreichten  die  schilt  so 
stark,  dasz  sie  zubrachen,  und  mit  leib  und  pferden  mit 
solcher  ungestimmigkeit  zusammen  stieszen,  dasz  Gasinan, 
als  der  schwcchste,  herab  gehebt  und  mit  eim  groben  spruog 
darnider  gesetzt  wurde.  Amadis  290; 

doctor  Martin  der  hub  herab 

den  steine  von  des  herren  grab.    H.  Sachs  4, 1,8S^ 

hetzen:  gefunden  mein  wild,  habs  ausgestöbert;  ihr  seid 
die  hunde,  nun  es  vollends  herabhetzend  nach  meiner  höhle. 
Fr.  MClleh  2,  28. 

holen:  und  der  könig  Salomo  sandle  hin,  und  lies  in 
er  ob  vom  altar  holen,  ikön,  1,53;  wenn  sie  sich  gleich 
versteckten  oben  auf  dem  berge  Channel ,  wil  ich  sie  doch 
daselbs  suchen  und  herab  holen.  /tmusO,  3;  sprich  nicht  in 
deinem  herzen ,  wer  wil  hin  auf  gen  liimel  faren ,  das  ist 
nicht  anders,  denn  Christum  her  ab  holen.  ROm.  10,  6. 

kämmen:  etwas  herabkämnicn ,  depccterc  aliquid.  HutE- 
nicu  1247. 

klettern:  herabkicttern,  deorsum  reptare.  Stikliu  970. 

klingen: 

aber  einit  . . .  klang  auf  dai  gewohnte  xoichou 
keine  ouiwort  mir  hcrnb.      Uuland  ged.  281. 

kullern:  vum  berge  herab  kollern,  ex  mont«  devolti. 
Stkinhacu  1,803. 


1009 


HERAB 


HERAB 


1010 


kommen,  l)  tn  sinnlicher  bcdeiUung,  abwärts  und  her  kommen 
(vergl.  kommen  II,  3,  &  theil  5,1636):  Gideon  sandte  botschaft 
auf  das  ganze  gebirge  Ephraim,  und  lies  sagen,  kompt  er  ab 
den  Midianitern  entgegen,  richler  7,24;  er  aber  kam  er  ab 
mir  entgegen  am  Jordan.  1  kön.  2,  8 ;  etlicbe  kamen  er  ab 
von  Judea  und  iereten  die  brüder.  aposlelgesch.iö,\;  allifgute 
gäbe,  und  alle  volkomene  gäbe  kompt  von  oben  herab,  von 
dem  vater  des  Hechts.  Jac.  1,17;  der  rügen  ist  vom  himmei 
härab  kommen,  imber  actus  coelo.  Maaler  205°;  herabkommen 
auf  den  mark,  descendere  ad  forum.  Hederich  1247 ; 

komm  herab,  du  scliöne  holde, 
und  verlasz  dein  siolzes  schlosz! 

Schiller  parasU  i,  1; 

sie  rief  ihm  zu  ein  süszes  wort: 

0  dürft  ich  gehn  hinab  zu  dir!  ... 

der  Jüngling" ihr  entgegenbot: 

0  kämest  du  herab  zu  mir!    Uhlasd  ged.  197. 

ton  dem  laufe  einer  grenze:  und  die  grenze  ..  kam  erab  an 

den  Jordan.  4  Mos.  34, 12. 

2)  unsinnlicher  und  der  neuen  spräche  eigen,  abträrls  gelangen, 
in  bezug  auf  siUlidtkeit  oder  glücksgüler :  du  bist  herabgekommen 
zu  einem  armen  alten  gaukler.  Freytag /ian(fcc/ir.  l,  4 ;  einige 
zeit  darauf  legte  er  in  Lauras  bände  einen  kleinen  zerris- 
senen band,  der  jämmerlich  hcrabgekommen  aussah.   2,  IS8. 

körnen,  locken: 

dein  lob,  das  von  der  berge  spitzen 

mich  sonst  herab  zum  schreibepult  gekörnt.     Gökikck  2,  136. 

kreisen,  sich  im  kreise  herab  bewegen :  dasz  sie  herab 
kreisten  von  deinem  weingeländer.  Fr.  Müller  1, 172. 

kriechen:  von  einem  bäume  herab  krichen,  arborcm 
derepere.  Steinuach  1,  939. 

krümmen:  herabkrümmen,  defleclere,  detorquere.  Stieler 
1045. 

lächeln:  sie  lächelte  heimlich  mir  von  dem  balkon  herab. 
Klinger  1,34;  man  hört  theorien  über  amlsniisbrauch  ... 
entwickeln,  über  die  die  marmorbüste  Stahls  , . .  selig  herab- 
lächelt, grenzboien  26.  Jahrg.,  2  s.  120. 

lachen:  sie  lachte  zu  mir  herab,  übertragen:  die  sonne 
lacht  auf  uns  ab.  transitiv:  höre  auf  zu  lachen,  du  lachest 
das  beste  und  allerfeiste  herab  (von  einevi  essen).  Kalsiporus 
Qä'; 

du  lachtest  höhn  für  lieb  und  treue 
auf  mich  herab.  Bl'rger  7'. 

läppen:  dieser  ßrlefans  läppet  im  lustig  über  das  recht 
or  herab,  wie  den  zimmerleuten  die  hanenfedern.  Garj.  119'; 
setzete  ihm  die  kröne  zwischen  die  obren,  die  gleichwohl 
herab  lappeten  und  nit  mehr  steif  stehen  wollen,  esclkönig  336. 

lassen  in  mehrfacher  bedeutung:  l)  transitiv,  machen,  dasz 
etwas  abwärts  gehe:  man  liesz  einen  korb  aus  dem  fenster 
berab;  etwas  von  oben  an  seilen  herablassen,  demitterc  Frisch 
1,579';  regen  von  dem  himmei  herablassen,  demiltere  imbrem 
caelo.  Heoericb  1247; 

David  ward  herabgelassen 

von  dem  fenster  au  dem  seil.    Cblakd  ged.  167. 

2)  auch  reflexiv:  wir  lieszen  uns  aus  dem  fenster  herab 
zur  erde;  sich  auf  die  ebne  oder  weite  härab  lassen,  in 
aequum,  in  planitiem  descendere.  Maaler  205';  sich  an  einem 
seile  herablassen,  labi  per  funem  deniissum.  Stei.nbacu  1,980; 
und  bildlich:  die  nacht  mit  ihrem  schweigen  liesz  sich  auf 
uns  herab;  schwermulh  hatte  sich  auf  sie  herabgelassen. 
Kliscer  5,  302. 

3)  naclilassen,  zugeben  dasz  etwas  abwärtsgehe:  herablassen, 
darc  locum  descendenli,  non  impedire  descensum.  Frisch  1,579'; 
etwas  vom  preise  herablassen. 

4)  am  h/Jufigslen  seil  der  2.  hälfle  des  vorigen  Jahrhunderts 
in  reflexiver  fügung ,  von  einem  höheren  Standpunkte  in  geistiger 
odei-  socialer  lunsicld  zu  einem  niedern  abwärts  steigen  und  zwar 
nur  für  einmal  und  einen  bestimmten  zweck:  leute  von  einigem 
Stande  werden  sich  immer  in  kalter  entfernung  vom  gemeinen 
\olke  halten,  als  glaubten  sie  durch  annähening  zu  verlieren; 
lind  dann  gibls  flüchtlinge  und  üble  spaszvögel  die  sich  herab 
zu  lassen  scheinen  um  ihren  übermuth  dem  armen  volke 
ileslo   empfindlicher   zu   machen.    Götue  10,  U;    sein   stolz 

luszte  sich  herablassen,  er  nährte  sich  mit  Schreibereien. 
Arnim  kronenw.  l,  228  ; 

ich  bab  mich  oft  geHuudert, 
wie  doch  ein  heiliger,  der  sonst  so  ganz 
im  himmei  lebt,  zugleich  so  unterrichtet 
von  dingen  dieser  weit  zu  sein  herab 
sich  lassen  kann.  Lkssikg  -i,  219: 

IV.  u. 


ich  fühl  88  wohl,  dasz  mich  der  herr  nur  schont, 
herab  sich  läszt,  mich  zu  beschämen.    Götbs  12,  160; 
wer  nur  von  ritterthaten  träuqjt,  wird  der, 
gestehen  sie  —  wird  der  auch  wohl  so  tief 
herab  sich  lassen,  bänder,  die  den  damen 
entfallen  sind,  begierig  wegzustehlen  .  .  .? 

Schiller  Kartos  2,  S; 

der  treffliche  liesz  selber  sich  herab, 

die  hohen  glaubenslehren  mir  zu  deuten, 

und  meines  herzens  zweifei  zu  zerstreun.    3/.  Stuart  1,  6. 

seltener  ist  herab  lassen  in  bezug  auf  den  sittlichen  Standpunkt 
gebrauclU:  ich  stehe  ihnen  dafür  dasz  mein  vater  sich  zu 
keiner  list  herablassen  kann.  Lessing  2, 48.  —  Das  part. 
praesent.  verliert  in  adjectivischer  und  adverbialer  Stellung  das 
reflexive pronomen :  ein  herablassender  herr;  der  könig  sp/ach 
sehr  herablassend  zu  ihm;  er  (Hamlet)  ist  nicht  höflich,  nicht 
herablassend.  Göthe  19,  74;  nicht  aber  wenn  es  eigentlich  par- 
ticipiale  function  hat:  der  umsonst  sich  herablassende.  Imxer- 
mas."»  Müncith.  3,  53. 

laufen:  das  eichhorn  läuft  vom  bäum  berab;  das  wasser 
läuft  den  berg  herab;  der  mond  besprengt  den  pfad  mit 
schimmernden  flecken,  er  zündet  im  gewirr  der  blätter  und 
zweige  verlorene  lichter  auf,  hier  läuft  es  vom  baumstamme 
bläulich  herab  wie  brennender  spiritus.  FREVTAc/iandscAr.  i,  3; 
worin  das  rothe  kind  des  ersten  akts  im  fünften  zum  Jubel- 
greis ermattet  und  gebückt  vor  dem  herablaufenden  Vorhang 
verschwindet.  J.  Pall  7»/.  2,  82;  decurrentes  lamellae,  wenn 
die  blättchen  am  Strünke  herablaufen.  Nexxich  2, 1385. 

legen:  ein  knecht  muszte  den  todtwunden  auf  ein  pferd 
legen,  aber  er  starb  darauf,  da  machte  der  Told,  dasz  man 
ihn  wieder  herab  legte,  wo  er  vorher  gelegen  war.  Grimm 
sagen  1,  no.  29. 

leiern:  der  bänkelsänger  leierte  ein  Med  herab. 

lenken:  einen  ast  berablenken,  defleclere  ramum.  Hede- 
rich 1247. 

locken:  herablocken,  ad  inferiorem  parlem  trahere.  Stieler 
1173;  doch  konnte  mein  äuge  nicht  lange  dort  verweilen, 
denn  es  ward  durch  ein  reizenderes  Schauspiel  herabgeloekt. 
Göthe  24,  SO. 

lösen 

die  thürme  schwanken, 
gefugte  steine  lösen  sich  berab.    Göthb  9,378. 

machen:  sich  herabmachen,  deducere  se  deorsum.  Hederich 
1247.  übertragen,  tadeln  (vergl.  herunter  machen) :  er  hat  ihn 
wegen  des  trunks  sehr  herabgemachet,  acriler  redarguit  ebrieta- 
lem  ipsius.  Stieler  1197;  er  ist  wehrt,  herabgemacht  zu  wer- 
den, vehemenlissime  objurgatione  dignus  est.  das. 

nehmen:  halt,  laszt  sehen,  ob  Elias  kome,  und  in  er 
ab  neme.  Marc.  15,  36 ; 

vor  sanct  IVIariens  bilde 

nahm  sie  herab  die  krön.    Uhland  ged.  253. 

neigen:  er  neigte  sich  gütig  berab  zu  mir;  der  inf.  in 
substantiver  Verwendung:  ein  herabneigen  deines  angesichts 
auf  mich.  Bettine  tageb.  81 ;  aber  ich  fühls  recht  bei  deinem 
freundlichen  herabneigen,  dasz  du  mir  gut  bist,  briefe  l,  169. 

purzeln:  wenn  einige  leute  von  den  thionstaffeln  herab- 
purzelten. J.  Paul  Hesp.  1,145;  so  war  der  lord  so  über  alle 
thronstufen  aus  Jenners  herzen  herabgepurzelt.  4, 143. 

quellen:  wasser  quillt  vom  berge  herab;  transitiv: 

welche  Versöhnung  diesz  blut,  aus  diesen  wunden,  herabquoll! 

Klofstock  4,  119. 
rauschen: 

waun  gottes  regen  berab  rauscht.    BGrcer  221*. 
reden:   meine  liebe  frau  magistrinn,  will  ich  mit  einem 
huldreichen   tone  auf  dich  herab  reden,  fassen  sie  sich,  es 
ist  gottes  wille.  Rabeneb  sal.  3  (1757)  s.  34. 

regnen,  unpersOnlicIi :  es  regnete  in  strömen  vom  himmei 
herab;  übertragen:  das  aufgehellte  angesicht  Klotildens,  über 
welches  der  zug  eines  herabgeregneten  kummers  so  wie  ein 
regenbogen  über  den  hellen  blaueo  himmei  schwebte.  J.  Paul 
Ilcsp.  3,  72 ; 

ehre 
die  menge  regnets  gleich  herab!    Göungk  2,97: 

fadUiv,  regnen  lassen:  sant  Catbarin  regnet  knebelspiesz  vom 
himmei  herab.  Garg.  los';  regne  (du  Juno)  herab  in  deiner 
milde!  ..  regne  auf  Dios  herab!  Klinger  thcater  3,413. 

reisen:  und  als  wir  mehr  tage  da  blieben,  reiset  herab 
ein  prophet  aas  Jadea  .  .  und  kam  zu  uns.  ap.  gasch.  21, 10. 

reiszen:  bis  das  ein  stein  herab  gerissen  ward.  Dan. 
2,34;  bildücli,  mit  hast  entfernen :  Einanuel  erscheinst  du  mir? 

G4 


1011 


HERAB 


HERAB 


1012 


rief  bebend  Horion   und   risz   seine   Ihiäncn  herab.  J.  Paul 
Hesp.  1,248; 

und  ich  faszte  das  messcr,  das  krummgebogene,  scharre, 
trennte  schneidend,  und  risz  ranke  nach  ranken  herab. 

GöTHE  1,  324. 
reiten: 

dort  oben  hielt  ich,  dort  vermasz  ich  mich 
herab  zu  reiten,  grad  herab.    Götue  9,  2(i0. 

rennen:  er  rannte  den  berg  herab, 
ringeln:    dryadcn    oder  waldnymfen,  nach  der  silte  mit 
herabringelndcn  locken.  Voss  zu  Virg.  Georg.  4, 337. 
rinnen:  berabrinnen,  demanarc.  Stieler  1612; 

warf  ihn  der  vater  an  einen  entgegenstehenden  felsen, 
dasz  sein  zartes  gebirn  an  blutigen  steinen  herabrann. 
Klopstock  3,  57. 

rollen,  intransitiv:  ein  stein  rollt  vom  felsen  herab;  tbränen 
rollen  die  wangen  herab;  transitiv:  der  küfer  rollt  ein  fasz 
die  strasze  herab;  der  lehrling  trat  in  das  land  der  Philo- 
sophie: steil  hinan  steht  vor  ihm  eine  hübe,  wo  von  oben 
herab,  synthetisch  strenge,  begriffe  und  werte  herabgerollet 
werden.  Herder  zur  seh.  litt.  1,202. 

rücken:  herabrücken,  Jeorsuni  progredi.  Stieler  1569. 

rufen:  alles  büse  auf  iha  herabrufen; 

was  auch  der  ohermacht  gewaltgen  schlusz 
auf  dich  herabgerufcn.      Götue  9,  336. 

schätzen:  der  herabschätzendc  blick,  den  Piaton  allent- 
halben auf  die  gemeine  musik  wirft.  F.  A.  Wolf  zu  l'tatons 
Phaedon  27. 

schauen,  wie  herabblicken  {sp.  1006),  l)  ägenllich:  bis 
der  herr  von  hirainel  herab  schaw  und  sehe  drein,  klaget. 
3er.  3,50; 

da  ist  der  himinel  aufgeschlagen, 

sein  lichter  engel  schaut  herab.    Ubland  gcd.  210. 

2)  übertragen ;  er  schaut  verächtlich  auf  die  armuth  herab, 
schauern: 

schauere  bluten  herab,  du  bäum.    Voss  3, 129. 
scheinen: 

dein  (mond)  silber  schien  .  .  . 

auf  mich  herab.    IIöltt  154  Halm; 

kein  blättchen  rauscht  im  winde, 

die  sonne  schien  gelinde 

herab  aufs  stille  land.    Uuland  ged.  26. 

schicken:  er  schickt  seinen  diener  auf  die  strasze  herab, 
um  zu  sehen,  was  wir  treiben. 

schielen:  wie  schatten  aus  dem  Elysium  schienen  jene 
alten  ritter  ernsthalt  auf  das  heutige  prunkmahl  herabzu- 
scbielen.  TaiJNHEL  3,484. 

schieszen  i)  intransitiv :  regen  schieszt  vom  himmel  herab; 
ich  müszte  den  blilz  des  himmels  ergreifen  können,  wenn 
er  auch  drohend  hcrabschös.sc.  Klincer  1,  47. 

2)  transitiv:  liesz  ..  desselben  kind,  ein  jung  knäblein, 
an  ein  stock  binden,  mit  einem  apfel  auf  dem  haupt,  welchen 
Teil  mit  einem  armbrustpfeil  vom  haupt  herab  schieszen 
muste.  Zinkcref  apoidUh.  1,194; 

wenn  die  sonne  nunmehr  die  müden  schnaubenden  pferde 
nach  dem  ocean  lenket,  und  mildere  stralen  herabschieszt. 

7.ACUARI4  lagesiciten  (1757)  s.  68. 

schlagen:  etwas  mit  einem  stocke  herabscblagen ,  de- 
cutere  aliquid  baculo.  Hederich  1247 ;  dasz  Amadis  also  zu  rosz 
ihn  daselbst  nicht  bcscbedigcn,  und  dasz,  wo  er  sich  hinzu 
nahet,  er  ihn  leicbtlich  herab  schlagen  möchte.  Amadis  290 ; 
ein  Stern  wurde  jetzt  herabgcscblagen.  J.  Paul  llesp.  2,  250. 
intransitiv : 

nicht  der  rollende  donner  (ich  hör  ihn)  aoll  mich  verhindern, 
nicht  des  regens  gusz,  der  drauszen  gewaltsam  herabscblagt. 

Götue  1U,331. 

schleichen:  herabscbleichen ,  sensim  descendere.  Stieler 
1835; 

und  allen  jungfraun  schlichen  stille  thränen 
die  gluhiide  wang  herab.     Wielan»  18,09) 
ungesehen  Kchicichen  wir  den  weg 
unser«  lebcnv  bin  zum  grab  herab.     Gokince  1,  45. 

schleppen:  bediente  schleppen veincn  kufTer  die  treppe 
herab.  \ 

schlingen: 

und  endlich  iiun  bci.ili  in  hriiien  magen 

den  schokolat  so  »clbzufrieden  Hchlaiig.    Göeinue  2, 193. 

•  cblüpfcn:  da  er  langsam  mit  nachspringenden  schatten 
und  mit  den  an  ihm  herab»chlüpfendcn  sonnenblitzen  durch 
die  lurbeerbäume  ging.  J.  Paul  TUan  t,  27. 


schineiszeu:  vom  turn  herabschmeiszen,  turri  vi  terrani 
praccipilare.  Stieler  1872;  dasz  steine  von  vögeln  herabge- 
schmissen werden.  Lessinc  4,  50. 

schmelzen  intransitiv:  das  eis  schmolz  herab ;  der  herab- 
schmelzendc  schnee.  Göthe  48, 130. 

schmelzen  transitiv:  dieser  zusammenflusz  von  Übeln 
hatte  das  reich  binnen  einem  Jahrhundert  unvermerkt  auf 
die  hälfte  seiner  ehemaligen  einwohner  herab  geschmelzt. 
Wieland  7,  258. 

schneiden:  einen  ast  vom  bäume  berabschneidcn. 

schneien:  wenns  vom  Libano  herab  schneiet.  Jcr.  18, 14; 
so  weit  hats  noch  nicht  herabgeschncit,  dasz  sich  unser 
einer  fürchtete,  erwiderte  lachend  der  mühiknecht.  Zincerle 
kinder-  u.  hausm.  252. 

schneuzen: 

und  wohl  noch  wähnt,  vom  nächsten  stcrne 

berabgeschnouzt  und  forigeschnellt,. 

er  sei  die  gröszte  blendluteriie, 

die  je  das  weitall  aufgehellt.    Tuöhmbl  6,  456. 

schreiben:  Voss  hat  sich  auch  wirklich  durch  diese 
unerträglichen  aufsätze  so  sehr  in  der  achtuiig  von  männcrn, 
die  sicherlich  seine  feinde  nicht  waren,  hcrabgeschrieben, 
dasz  sie  jetzt  nichts  mehr  lesen ,  worüber  oder  worunter 
Voss  steht.  Lichtenberg  t'erni.  schrißen  (1844)  4,  244. 

schütten:  ob  ich  euch  nicht  des  himels  fenstcr  auf- 
thun  werde ,  und  segen  herab  schütten  die  fülle.  Maleachi 
3,10;  verweise  auf  jemand  herabschütten.  Gökingk  2,64. 

schwimmen:  herabschwimmen,  denatare.  Stieler  1979; 
{der  morgen)  warf  über  die  wühlenden  bäche  das  zitier-  und 
glanzgold  des  hcrabgeschwommenen  morgenroths.  J.  Paul 
Ucsp.  4,62. 

schwingen:  magst  din  alte  feddern  herab  schwingen  und 
überkomen.  Keisersberg  bilg.  10";  reflexiv: 

und  Schwung,' der  räch  am  falschen  schon  gewisz, 
vom  wagen  vollgerüstet  sich  herab.    Uöbger  151*. 

sehen,  wie  herab  blicken,  in  zweifaclier  bedeutung.  l)  ab- 
wärts und  her  sehen:  sihe  erab  von  deiner  heiligen  wonung 
vom  himel.  5  Moj.  26,15;  von  der  höhe  in  den  thal  herab- 
sehen, despicere  de  vertice  in  valletn.  Hederich  1247;  der  ver- 
klärte sieht  jetzt  auf  uns  herab. 

2)  übertragen  (tcrg/.  herab  blicken  2,  .<;/).  1006):  da  der  prak- 
tische Politiker  auf  den  theoretischen  mit  groszer  Selbst- 
gefälligkeit als  auf  einen  schulweisen  herabsieht.  Kant 5,413; 
kein  aristokratischer  dunkel  hat  jemals  mit  solchem  uner- 
träglichen übermulbe  auf  diejenigen  herabgesehen,  die  nicht 
zu  seiner  gilde  gehörten,  als  die  newtonische  schule.  Götue 
52,  XVI.  der  inßnitiv  im  Substantiven  gebrauche:  sie  legte  un- 
befangen —  der  gewisseste  beweis  ihres  herabsehens  —  dem 
adjunkt  die  bitte  vor,  sich  nach  einer  adjunklin  umzuschauen  : 
ohne  mariage  sei  er  zu  empfindlich  für  die  reize  ihres  ge- 
schlechts.  J.  Paul  jubeisen.  18. 

senden:  seid  fröHuh  im  herrn  ewrem  golt,  der  ..  euch 
her  ab  sendet  früregen  und  spatregen.  Jocl  2,  23 ;  sende  sie 
{die  weisheil)    herab  von  deinem  heiligen  himel.   ueish.  9, 10 

siehe,  die  himmlische  ceder,  von  meinem  vater  erzogen, 
sendet  nocli  kulilondu  schauen  herab.     Kloi'stoce  3,  151 ; 

(i)ott)  send  aus  deines  lichtes  fülle 
nur  einen  siralil  herab,  der  mir  den  aiisgang  zeigt 
aus  diesem  abgrund  von  gedankon!     Götter  1,  3b9. 

setzen,  l)  in  eigentlicher  bedeutung  abwärts  setzen,  auf  einen 
niedrigem  sitz  bringen :  der  lehrer  setzt  einen  faulen  schüler 
herab;  der  schüler  musz  sich  herabsetzen. 

2)  übertragen,  erniedrigen,  geringer  maclicn,  in  bezng  auf  wert, 
meinung,  Stellung,  und  in  Irnnsiliver  und  reflexiver  fügung:  der 
kaufmann  setzt  die  preise  herab,  er  verkauft  zu  herabge- 
setzten preisen ;  die  gebälter  der  beamleu  wurden  auf  die 
hälfte  herab  gesetzt;  die  strafe  wird  herabgesetzt ;  einen  im 
ränge  herabsetzen;  sich  selbst  lierabsetzcn,  se  ipsum  conlem- 
nere,  vilcm  facere,  Serz  67*;  er  setzt  andere  herab,  um  sieb 
binaufzusctzcn,  premendo  alias  se  extollil.  das.;  wie  tief  setzen 
wir  alsdann  den  inunschcn  unter  das  vieh  herab!  Hadenkr 
sat.  4  (1757)  5.60;  Bcrkelei  hetzte  die  kurper  zum  bluszen 
schein  herab.  Kant  2,  85 ;  wutb  und  Verzweiflung  schändete 
keines  von  ihren  werken,  ich  darf  behaupten,  dasz  sie  nie 
eine  furic  gebildet  haben,  zurii  setzten  sie  auf  rrn.«l  herab. 
Lessinc  fi,  3s.s;  man  kann  die  kunsl  nicht  tiefer  herabsetzen, 
als  es  dadurch  (durch  eint  vorgelrngene  metnung)  geschichet. 
413;  diese  {nadiahmung)  hingegen  setzet  ihn  {den  duker)  ganz- 


1013 


HERAB 


HERAB 


1014 


I 


lieh  TOD  seiner  würde  herab.  421;  Longin  sagt,  es  komme 
ihm  öfters  vor,  als  habe  Homer  seine  menschen  zu  göttern 
erheben,  und  seine  götter  zu  menschen  herabsetzen  wollen. 
453;  war  es  von  1644  bis  1767  allein  dem  hamburgischen 
dramaturgisten  aufbehalten,  flecken  in  der  sonne  zu  sehen, 
und  ein  gestirn  auf  ein  meteor  herabzusetzen?  7,144;  die 
liöheren  stände  herabzusetzen  und  sie  mehr  oder  weniger 
anzutasten.  Güthe  26, 197. 

siechen:  dasz  seine  {Roms)  imperatorische  schlachtstimme 
herabsiechte  zu  betendem  pfaffengewimmer  und  kastraten- 
getriller.  Heise  6,  22. 

singen: 

so  war  es  wahr,  dasz  dich  thessalische  frauen, 

in  frevlend  magischem  vertrauen, 

von  deinem  pfad  herabgesungen?    Göthe  41,  153. 

sinken:  die  wölke  sinkt  herab  auf  den  gipfel  des  berges. 
übertragen:  der  mensch  soll  nicht  zum  thier  herabsinken; 
er  {Hamlet)  ist  nicht  höflich,  nicht  herablassend,  nein  herab- 
gesunken und  bedürftig.  Güthe  19,  74. 

sitzen:  alle  fürsten  am  meer  werden  herab  von  iren 
stülen  sitzen.  Hes.  26, 16. 

spannen:  der  jonfer  {Jungfer)  den  girte!  under  die  knie 
heraflf  spannen.  Zimm.  chron.  4,244,12;  den  bogen,  die  saite 
herabspannen,  abwärts  spannen,  in  der  Spannung  nachlassen; 
danach  übertragen :  seine  anforderungen  herabspannen;  bevor 
man  . .  über  die  leute  abspricht ,  die  man  überspannte  be- 
titelt, . .  sollte  man  sich  genau  untersuchen,  ob  man  nicht 
selbst  allzu  sehr  herabgespannt . .  sei.  Klinger  12,  69  ;  ich  bin 
heute  wieder  herabgespannt,  das  gott  erbarm  I  theater  2, 354. 

spielen,  spielende  betcegung  abwärts  machen:  hoch  an  Spa- 
lieren sodann  eine  sorgsam  gepflegte,  sonst  ausländische 
pflanzenart,  das  äuge  nächstens  mit  hochfarbigen,  an  leichtem 
gezweige  herabspielenden  glocken  zu  ergötzen  versprechend. 
Göthe  60,  307.  —  transitiv,  in  bezug  auf  musik ;  eine  melodie, 
eine  Symphonie  herabspielen. 

spinnen: 

dasz  ich  diese  (weit)  noch  lange,  von  dir  belencbtet,  erblicke, 
spinne  die  parze  mir  klug  langsam  den  faden  herab. 

GÖTHK   1,  2S3. 

spötteln,  alles  ist  so  glücklich  zum  vorurtheil,  zum  be- 
trug unserer  Vernunft  und  unsers  gefühls  herabgespöttelt. 
Stcbz  1,199. 

sprechen:  die  predigt  von  der  kanzel  herab  sprechen; 
auf  jemand  gnädig  herab  sprechen,     s.  herab  reden. 

sprengen: 

siehe!  wer  auf  weiszem  rosse 

sprengt  von  der  kapeil  heral)?    ÜHtASD  ged.  260. 

springen:  vom  wagen  herab  springen,  de  rheda  desilire. 
Steisbach  1,  647 ;  von  dem  pferde  herabspringen,  desilire  ab 
equo.  Hederich  1247; 

ein  heupferd,  das  bei  der  gefahr 
zu  Oberst  auf  dem  wiesbaum  war, 
sprang  drauf  herab.    Gellert  1,  58. 

stechen:  der  ritter  so  herab  gestochen  worden  {vom 
Pferde).  Amadis  61. 

steigen:  Mose  aber  und  Eleasar  stiegen  erab  vom  berge. 
4  Mos.  20,28;  bistu  goltes  son,  so  steig  erab  vom  creutz. 
Matth.  27,40;  vom  wagen  herabsteigen,  de  curru  desilire.  Stie- 
ler 2135;  der  Arkturus,  der  dem  liegenden  menschen  gegen- 
über stand,  stieg  schon  von  der  zinne  des  himmels  herab. 
J.  Padl  Hesp.  3. 138 ; 

so  ists  nun  allenthalben  fried; 

drumb  steigt  herab  und  förcht  euch  nit. 

B.  Waldis  Esop  4,  2,  148 ; 
ach!  nur  im  augenblick,  im  letzten,  stieg  mir  ein  leben, 
UDverrouthet  in  dir,  wie  von  den  göttern  herab. 

Göthe  1,  2%; 
und  von  ihren  thronen  steigen 
alle  himmlischen  herab. 

Schiller  da«  eleus.  fest  v.  113; 
die  ..  biliigkeit   verlange,   dasz   die   ankläger  ..  von   allge- 
meinen beschuldigungen  zu  einzelnen  beweisen  herabstiegen. 
Schiller  805. 

sterben:  wenn  in  eurer  letzten  stunde,  bedenkt  es,  alles 
im  gebrochenen  geiste  abblüht  und  herabstirbt,  dichten, 
denken,  streben,  freuen.  J.  Paul  Levana  l,  138. 

stimmen,  zunächst  in  bezug  auf  musicaUsche  instrumente, 
den  ton  tiefer  bringen:  eine  seile,  die  geige  herabstimmen. 
dann  übertral^en :  wer  zu  deutlichen  begriffen  sich  zu  erheben 
gewohnt  ist,   kann  ja   leicht   sich  wieder  zu  klaren  herab- 


stimmen and  es  bei  diesen  bewenden  lassen.  Lessiug  10,  3 ; 
einer  beschwerlichen  frage  ausweichen ,  dadurch  dasz  man 
ihren  sinn  zu  seiner  gemächlichkeit  herabstimmt.  Kant  2,  252; 
die  studierte  nachlässigkeit,  womit  Horatius  seinen  heroischen 
vers  bis  zur  täuschenden  ähnlichkeit  edler  prosa  herabge- 
stimmt hat.  F.  A.  Wolf  Horat.  erste  satire  {Berlin  1813)  vortrort; 
da  befinden  wir  uns  plötzlich  wieder  in  der  mitte  eines 
herabgestimmten  lebens.  Tieck  4,  72. 

stören:  herabstören,  dejicere,  dislurbare,  excidere,  evertere. 
Stieler  2173;  aber  die  zeit  meines  welkens  ist  nahe,  nahe 
der  Sturm,  der  meine  blätter  herabstört!  Güthe  16,176. 

stoszen,  intran^iv:  der  raubvogel  stöszt  herab  auf  seine 
beute;  transitiv:  er  stiesz  ihn  den  felsen  herab. 

strömen:  der  regen  strömt  herab. 

stürmen:  er  stürmte  die  treppe  herab. 

stürzen,  1)  intransitiv  im  stürze  abwärts  und  her  gelangen : 
von  der  höhe  herab  stürzen ,  ex  praecipiti  devolvi.  Steinbach 
2,763;  einen  jähen,  herabstürzenden  fall.  Ramler  diciuk.  d. 
Horaz  93; 

die  kühne  reiterin  ist,  eben  jetzt, 

von  jener  l'elsenwand  herabgestürzt.    Göthe  9,255; 

herabgestürzt  seh  ich  die  übergoldten  zinnen. 

Schiller  Zerstörung  ton  Troja  79; 

brausend  stürzt  der  gieszbach  herab  durch  die  rinne  des  felsen. 

Spaziergang  179; 

bildlich:  bei  Schauspielerinnen,  die  auf  stelzen  schreitend, 
nicht  selten  in  die  widerwärtigsten  mislaute  herabstürzen. 
H.  Heine  11,  217.  von  dingen  die  in  einer  jäh  abfallenden  läge 
sich  befinden: 

muntre  dörfer  bekränzen  den  ström,  in  gebüschen  verschwinden 
andre,  vom  rücken  des  bergs  stürzen  sie  jäh  dort  herab. 

Schiller  Spaziergang  v.  50. 

von  jähen  bevegungen  der  menschen:  vater,  mein  vater,  rief 
Laura  die  treppe  herabstürzend ,  sie  warf  sich  ihm  an  den 
hals.  Freytag  handschr.  3,  331. 

2)  transitiv,  einen  durch  stürz  abwärts  befördern:  er  sprach: 
stürzet  sie  herab,  und  sie  storzten  sie  er  ab,  das  die  wand 
und  die  ross  mit  irem  blut  besprenget  worden.  2  kün.  9,  33 ; 
von  der  brücke  in  die  Tiber  herabstürzen,  dejicere  de  ponte 
in  Tiberim.  Hederich  1248; 

und  nun  auf  einmal,  wie  der  jähe  stürz 

dir  vorbedeutet,  bist  du  in  den  kreis 

der  sorgen,  der  gefahr  herabgestürzt.    Göthe  9,271; 

auf  ebnem  boden  straucheln  ist  ein  scherz, 

ein  lehltritt  stürzt  vom  gipfel  dich  herab.    336; 

so  tief 
herabgestürzt  von  allen  meinen  himmeln ! 

Schiller  Karlos  2,  8. 

auch  mit  sächlichem  object :  einen  felsblock  herabstürzen ;  schwüre 
und  fluche  auf  jemand  herabstürzen.  Gökinck  l,  91. 

3)  reflexiv:  sich  vom  obersten  gadera  zu  tode  herab  stürzen, 
e  superiori  parle  aedium  se  dejicere  atque  ita  interire.  Steinbach 
2,  763 ;  sich  von  der  mauer  herab  stürzen,  e  muro  se  in  prae- 
ceps  jaclare.  das.; 

sonst  stürzte  sich  der  himmelsliebe  kusz 

auf  mich  herab,  in  ernster  sabbathsiille.    Göthe  12,45. 

sudeln:   ich  bin    es  müde,   meine  worte  von  mund   zu 
mund  so  herabsudeln  zu  lassen.  Fichte  sonnenkl.  bcricfU  231. 
tanzen: 

wohl  uns  I  die  siegerfahne  tanzt 

von  Golgatha  herab.    Höltt  183  Halm; 

der  kutscher  der  nicht  halt  machen  wollte,  muszte  Tom  wagen 
herabtanzen.  Schiller  rättber  2,  3. 

tauchen,  abwärts  tauchen,  als  bild  für  eine  tiefe  Verbeugung  : 
die  Rollmaus  tauchte  tief  herab.  Freytag  handschr.  3, 101. 

t  h  a  u  e  n  intransitiv : 

himmel  sie  ists!  himmel  sie  istsi 
Seligkeit  thauet  herab.     Götbi  14,31. 

transitiv:  der  himmel  thauet  segcn  auf  uns  herab. 

thun:  herabthun,  deponere,  decerpere.  Frisch  2,  374*;  welche 
. . .  was   sie   {von  pasquillen)   gefunden ,  nicht  herab  gethan. 

SCHCPPIüS   678. 

tragen:  ein  geräth  von  oben  herab  tragen. 

träufeln:  dann  schlägt  leise  der  menschen  vater  auf  den 
goldnen  nebel,  der  seinen  thron  auf  dem  Olympos  umflieszt. 
und  herabiräufelt  auf  die  bebende  {die  erde)  die  süsze  hoff- 
nung,  die  erhalterin  der  menschen.  Klingbr  2,  iso; 

das  nennst  du  unnütz,  wenn  von  deinem  wesen 

auf  tausende  herab  ein  baisam  träufelt?    Göthe  9,  8. 

64* 


1015 


HERAB 


HERAB  — HERABFLUG 


1016 


transitiv  : 

blutige  tropren  herab  nun  träufelt  er  auf  i)as  gefllde. 

Ilias  lü,  400. 
träufen : 

als  sie  noch  redete,  hub  sich  um  ihren  fusz  von  dem  grabe 
sanft  aufwallender  duft,  ein  Wölkchen,  wie  etwa  die  rose, 
oder  ein  frühlingslaub  einhüllt,  das  silber  hcrubtrnuft. 

Klopstock  5,  2s. 

treiben:  ich  treibe  herab,  depello,  delurbo.  Steinbacu 2, 855 ; 
wird  herzog  Bernhard  von  der  überlegenen  macht  in  die  ebene 
herabgelrieben.  Schiller  984*; 

sind  das  nicht  die  fetten  hämmcl, 

die  vom  Gileath-gebirge 

abendlich  der  birt  hcrabtreibt?    Heike  IS,  175. 

trennen:  lierabtrennen,  demeiere,  dcsccare,  abriperc  secando, 
et  removere.  Stiei.er  2324. 

triefen:  der  sogen  treuft  vom  himmel  herab,  benedictio 
de  caelo  manal.  Stieler  2328;  von  allen  seilen  herabtriefendes 
wasser,  H.Heine  1,30; 

der  todesthau  troff  ihr  die  wangen  herab.    Borger  35'. 

tropfen:  beiabtropfen,  deslillare  Hederich  1248;  nie  sah 
ich  so  eine  (abendrüthe) ;  sie  lag  wie  herabgetropfet  in  dem 
gebüsch.  J.  Paul  uns.  löge  3,  67  ;  der  heile  goldne  abendsaum 
blickte  durch  die  herabtropfende  nacht,  flegelj.  1, 118. 

verniedlichen:  in  unserer  rosenfarhenen,  jungfräulichen 
zeit  sind  wir  fern  den  menschen  zum  halbgott  zu  erheben, 
wir  verniedlichen  ihn  lieber  herab.  Stürz  1,  231. 

wallen:  quellen,  von  rosen  und  citronenbäumen  um- 
schattet, ans  deren  zweigen  wollten  von  ambrosischen  duften 
auf  sie  herab  wallten.  Wieland  19,  43. 

wälzen:  ich  wil  meine  band  über  dich  strecken,  und 
dich  von  den  felsen  herab  welzen  (var.  herab  wclzein).  Jer. 
51,25;  von  oben  herab  gevvelzet  werden,  ex  subtiriti  dcvalvi. 
Stieler  2421. 

weinen: 

rosen  und  nelkenhiumen,  glftnzet  lichter, 
wann  das  beste  der  mndchen  euch  besuchet, 
dank  gen  himmel  lächelt,  und  wonnethrauen 

auf  euch  herabweint.      Höltt  101  Halm; 
denn  meine  seele  hat  den  freund, 
den  sie  in  stillen  stunden 
vom  liimmel  oft  herabgeweint. 
in  Agathen  gelunden.    1.  M.  Miller  ged.  253. 

werfen:  mit  den  werten  ergreif  er  den  Galoar,  der  mei- 
nung,  in  herab  zu  werfen  {vom  pferde).  Amadis  406;  einen 
zur  treppen  hei-abwerfen,  in  inferiorem  parlcm  per  gradus  dc- 
jicere.  Stieler  2549;  die  herabgevvorfenen  wolkenschallen, 
die  von  einem  hügel  zum  andern  Hieben.  J.  Paul  Hesp.  2,109; 
auf  dem  wagrecbten  wege  .  .  bewegte  sich  das  pferd  ohne 
ladel  und  hielt  schritt  mit  dem  tauben  söhne,  dem  der  vater 
von  der  sattelkanzel  unzählige  rechts-  und  lebensrcgeln  herab 
warf,  flegelj.  1, 121; 

{ilrn  nuKzIiaum)  von  dem  sie  manche  schöne  nus/ 
iierabgcworfen.  Höltt  38  Halm  ; 

wirft  plötzlich  die  betäubten  von  den  höhen 
der  berg'  herab.  Rahlbr  1,72; 

wo  kam  der  schmuck  her? 
vom  ohern  stock  ward  er  Iierabgcworfen. 

Schiller  M.  Stvarl  1,  1. 

winken:  herabwinken,  ex  sxtperiori  loco  aliquid  nutii  siijiii- 
ßcare.  Stieler  2543;  sie  winkte  mir  vom  feiisi.i  Iht.iIi;  dn/Tir 
mü  acc.  der  person: 

komm,  hier  winken  dich  thSler 

in  ihr  terope  zur  erd  herab.    KLorsTOi.K  l.^d. 

mit  säddicliem  objecl: 

wenn  er  nntergang  tinerforncht  Rufweiten  lierabwiiiki.    3, dl; 
der  mit  der  rechten  erbarmung,  gericht  mit  tler  linken  bfrab- 

winkt.    4,  155. 

wirken:  es  ist  bekannt,  .  .  dasz  die  weisen  Sprüche  des 
erleuchteten  Sancho  mit  so  viel  kraft  auf  deine  obren  hcrab- 
gewirkt,  dasz  da  der  tiefsinnigste  cscl  deiner  zeit  gewesen. 
I'.Ai  i^Nm  tat.  4  (1757)  s.  9; 

jn  nie  (liiif  Vcniix)  Int  Jetzt  in  ihrer  erdeniihh 
um)  wirkt  herab  mit  kllen  ihren  utArkon. 

ScuiLLKR  Wullrtixl.  tiul  1,  1. 

wittein:  aber  man  hat  «einen  {des  jirirMers)  stand  hrral»- 
gowizelt,  er  wird  verlacht,  wenn  er  an  grheimnisse  glaubt. 
Stok  1,209.  , 

würdigen,  den  vrrt  ahtedris  bringen,  im  wrrte  niedriger 
firUen ;  mit  von :   die  meinten  balien  wunderliche  brprilTe  von 


poesie,  und  meinen  .  .  die  albernsten  pöbelmährchen  und 
kinderfabeln  wären  ihr  bestes  und  wesentliches,  und  würdigen 
sie  so  herab  von  ihrem  adel.  Heinse  Ardingh.  i,  349  ;  auch  mü 
zu :  dort  hat  man  jeden  goltesgeiehrten  zum  pfaffen,  hier 
jeden  weltweisen  zum  gottesleugner  berabgewürdiget.  Lessinc 
10,11;  die  poesie  zur  bänkelsängerei  herabwürdigen.  Gotter 

1,  VIII. 

ziehen,  1)  inlransüiv,  in  einer  schnar  abtedrts  und  her  ge- 
langen :  wir   sind   vorbiii    herab   gezogen ,  speise  zu  kaufen. 

1  Mos.  43,  20;  ziehet  er  ab  von  den  Amalekitein.  1  Sam.  15,  ü; 
da  macht  sich  Saul  auf,  und  zog  er  ab  zur  wüsten  Siph. 
26,2;    das   ich   meinem    herrn    künig   entgegen  er  ab  ziigc. 

2  Sam.  19,20;  da  zoch  Holofcrnes  vom  gebirge  herab.  Judith 
3,6;  zoch  den  Oleberg  erab,  Luc.  19,37. 

2)  transitiv :  herabziehen,  delorquere,  dcvellere,  deor.mm  trahere. 
Stieler  2643 ;  einem  die  haut  lierabziehen,  alicui  pellem  de- 
Iratiere.  Steinbach  2,1107;  einen  kiiuig  von  seinem  thron 
herabziehen.  Gotter  2,  73;  fürchte  den  endlosen  Jammer,  den 
du  auf  dein  haupt  herabziehest!  3,92; 

{der  chehund),  der  herab  zur  erde 

die  Seligkeit  des  himmels  zieht.    1,  178; 
ich  will  .  .  . 

herab  den  donner  ziehn,  und  jeden  könig  schrecken.    J,  S; 
sei  weise,  zieh  das  wettcr 

nicht  vor  der  zeit  herab.  44; 

0 !  wenn  dich  (Hymen)  noch  ein  opferschmaus 

herab  vom  himmel  ziehet, 

so  komm  in  meines  Leukons  haus, 

der  am  altare  knicct.     Ramler  1,  70. 

übertragen:  er  zieht  edle  bestrebungen  ins  gemeine  herab 

Dauphin!  bist  du  der  göttlichen  erscheinung 
schon  müde,  dasz  du  ihr  gefäsz  zerstören, 
die  reine  Jungfrau,  die  dirgott  gesendet, 
herab  willst  ziehn  in  den  gemeinen  staub? 

Schiller  jniujfran  3,  4; 

im  particip:   dasz   wir   aber   alles  niiswollende,  verneinende, 
herabziehende    durchaus    ablehnten    und   entfernten.    Güthe 
31, 147. 
zielen: 

bringt  mir 

Vulkans  undurchdringliche 
Waffen  herbei ! 

will  sie  {feinde)  herabzielen  aus  ihren  wölken. 
Fr.  Möller  2,  266. 

zittern,  sich  zitternd  abwärts  bewegen:  oben  füllet  Luna 
die  wehenden  wolkenflockcn  mit  flüssigem  silber  an,  und  die 
getränkte  silberwolle  zittert  herab.  J,  1'aul  Ilesp.  1,118;  die 
iiamen  Jonathan  und  Wina  zitterten  dem  notar  wie  apfel- 
blüthen  auf  die  brüst  herab,  flegelj.  2,103; 

die  thränc  zittert  herab. 

Zacuariä  ;)0<'f.  sehr.  (1772)  2,  292. 

zwingen:  herabzwingen,  vellere,  revellere,  diffictdler  abstrahere. 
Stieler  2670. 

»KKAHBEUGUNG,  f.  deflexus.  Hedebich  1246. 

HEUAnEK,  adv.  was  herab,  es  üt  abgeschwdclUe  form  von 
lierabher  (s.  (/.)  und  lehnt  sich  zunächst  an  das  sp.  1005  und 
Ih.  1,56  erwähnte  abher  an,  als  dessen  beyi'ifllicJie  Verstärkung 
es  gelten  kann,  die  zeit  in  der  herabcr  ih  der  .^chnflsprache  gilt, 
ist  vornehmlich  das  10.  bis  zum  il.jahrh.,  mundartlicJt,  z.b.  in 
Diiringen  und  dem  Oslerlande  ist  es  noch  jetzt  in  gebrauch,  als 
(dl  die  satel  und  zoum  . .  alle  herabcr  auf  den  boden  weren 
gefallen.  Zimm.  chron.  3,459,20;  er  soll  nur  frei  und  kegk- 
iich  wider  heraber  geen.  4,296,26;  nach  den  Worten  stiegen 
>\e.  wider  vom  Iburii  beralier.  Aimon  bog.  C;  von  den  Stäben 
!i<M  aber  fallen.  Hock  kräuterbuch  4s9 ;  also  dasz  er  gleich  wie 
di-r  i'iesz  heraber  liel.  AmadisMü;  dasz  er  ihn  und  die  jung- 
li.'iuw  heraber  stach.  206;  es  isl  besser  die  Iciter  nicht  stei- 
.•tii,  als  heraber  fallen,  Sciiui>i'ius  562; 

{wie  Jiipilrr)  ein  regn  von  klarem  goldo  rot 
heraber  von  »eini  ihioiie  gogz.     H.Sachs  5,219'; 
und  l.tiz  {hriin  iinisz''>i)  dein  schön  Ulzhöilin  ouf, 
denn  .snKiu.'«  oll  licrahiT  raufen, 
wlo  bald  müm  du  ein  nndi^rn  kaufen. 

(irulihiiiiis  (1568)  CV  {h.  1,  f(i;i.  5); 
(piirhiit  du  dn»  hOtlin  denn  bernider, 
und  wilt.i  denn  gli'ii'li  niilseizcii  wider, 
«0  kommen  ilt-nii  (.'lunh  ander  lierron, 
und  lnu^l.•.  wid('r  h><ralier  lerrcn,    rt«.». 

vergl  auch  i-mber,  Ui.  3.  n'H 

ilEn.VllI  LUG,  m.; 

und  bI«  hktt  er  jahrtautend«  achnn  in  des  Krhnellfn  hembniir« 
Muganbliok«  durcblabi.  Vfnurn  '/Viii.«    i,  t<M. 


1017 


liERABFÜHRüNG  —  HERAN 


HERAN 


1018 


HERÄBFCHRÜISG, /■.  «ferfudio.  Hederich  1246.  Göihe  52,153. 

HERABHER,  adv.  (vergL  heraber): 

herabher  Tom  himel  fallen.    H.  Sachs  3, 1, 247'. 

HERÄBKUNFT, /■.  descensvs.  Hederich  1246 :  die  herabkunft 
des  feuers  und  des  somatranks.  litel  einer  schrifl  von  A,  Kchs. 

HEKABLASSÜNG,  f.  demissio.  Steinbach  1,  9S0.  in  eigent- 
lichem sinne:  die  herablassung  eines  schweren  bausteines  vom 
gerüste  geschah  mit  vorsieht;  häußger  in  übertragenem  (vergl. 
herab  lassen  2,  sp.  1009) :  jedermann  bewunderte  seine  {des 
prinzen)  ieutseligkeit  und  herablassung.  Götie  18,282; 

nicht  diese  himmlische  herablassung, 

nicht  diese  gute,  königin  !    Schiller  d.  Karlos  4, 19 ; 

es  war  gut ,  dasz  .  .  ton  weiterer  herablassung  seitens  des 
vornehmen  herm  nicht  mehr  die  rede  sein  konnte.  Immer- 
HA.NS  Münchh.  3,  53. 

HEHÄBNAHME,  f.  das  herabnehmen:  die  herabnabme  christi 
vom  kreuz. 

HERABNEHMCNG,  f.  decerpUo.  Hedekich  1247. 

HERABSCHAUÜNG,  f.  despectatio.  Steisbach  2,391. 

HERABSETZUNG,  f.  nach  den  bedeutungen  von  herab  setzen, 
spalte  1012:  die  herabsetzung  eines  schülers  in  der  classe; 
herabsetzung  des  preises  ;  herabsetzung  einer  guten  handlung; 
Longin  sagt,  es  komme  ihm  öfter  vor,  als  habe  Homer  seine 
menschen  zu  göftern  erheben,  und  seine  götter  zu  menschen 
herabsetzen  wollen,  die  mahlerei  vollführet  diese  herab- 
setzung. in  ihr  verschwindet  vollends  alles ,  was  bei  dem 
dichter  die  götter  noch  über  die  göttlichen  menschen  setzet. 
Lessisc  6,  453. 

HERABSPANNÜNG,  /.:  die  herabspannnng  einer  hoch- 
geflogenen einbildungskraft.  Klinger  6, 189. 

HERABSTEIGDiNG,  f.  descensio.  Hederich  1247. 

HERABSTIEG,  m.  dasselbe:  von  dem  herabstieg  {von  einem 
berge)  sag  ich  nichts  weiter.  Göthe  48, 133. 

HERABSTIMMCiNG,  /.;  wer  nun  den  Deutschen  dennoch 
dieses  fremde  und  römische  Sinnbild  künstlich  in  die  spräche 
spielen  wollte,  der  würde  ihre  sittliche  denkart  offenbar 
herunterstimmen.  ...  es  liesze  sich  vielleicht  durch  eine 
nähere  Untersuchung  darthun ,  dasz  dergleichen  herabstini- 
mungen  der  früheren  sittlichen  denkart  durch  unpassende 
und  fremde  Sinnbilder  den  germanischen  stammen,  die  die 
römische  spräche  annahmen ,  schon  zu  anfange  begegnet 
Fichte  reden  an  die  deutsche  nat.  135. 

HERABWÄRTS,  adr.  abwärts  und  her:  herabwerts  gehen, 
deorsum  ferri.  Hederich  124S;  so,  wie  es  herabwärts  geht, 
geht  es  auch  aufwärts.  Schiller  114"'. 

HERABWÜRDIGUNG,  f. :  allgemeine  theilnahme  an  irgend 
einem  geschälte  pflegt  auch  immer  allgemeine  herabwürdigung 
zur  folge  zu  haben.  Gervi.ncs  gesch.  d.  d.  dicht.  1,  33. 

HERABZIEHÜNG,  f.  detraclio.  Hederich  1248.  übertragen: 
die  herabziehung  edler  erscheinungen  ins  lacherliche. 

HERAFTER,  adv.:  caetera,  herafter,  hernach,  hinfürt,  fürt- 
hin. Alberds  n  l'.     vergl.  after  1, 185  und  hernach  unten. 

HERAN,  adv.  in  die  unmittelbare  nähe  eines  sprechenden, 
gegcnsat::  von  hinan,  welches  die  unmiilelbare  nähe  an  eine  vom 
sprechenden  entfernte  person  oder  einen  dergleichen  ort  betont. 

1)  die  formenverliältnisse  von  heran  sind  ähnlich  wie  die  von 
herab,  nur  dasz  heran  seltener  erscheint  und  namentlich  ein  aJid. 
hcra  ana,  mhd.  her  ane  niefä  aufgewiesen  ist.  im  16.  jahrh.  gilt 
die  form  anher  in  örtlicher  und  zeitlicher  bedeutung,  vergl.  1,  379. 
daneben  ungewöhnlicher  heran,  tcoj  in  folge  der  betonung  auf 
der  lelzlen  silbe  schon  zu  dieser  zeit,  wie  nocli  jetzt  in  der  ge- 
wöhnlichen spräche,  zu  rane,  ran  verkürzt  erscheint: 

sie  kamen  geschwind  wol  in  das  feidt, 
die  Tanarn  rendien  rane. 

Ai)8U5  mittheil.  377  {von  1601). 
Weiterbildung  ist  heranher,  s.  d. 

2)  die  örtliche  bedeutung  ton  heran  flieszl  aus  der  vorsUllung 
einer  bewegung,  die  dicIU  vor  einem  sprechenden  oder  dem  mit 
ihm  in  nächster  bczichung  stehenden  orte  abgeschlossen  ist.  daher 
erscheint  heran  stets  mit  verben  der  bewegung  verbunden,  und 
nur  eine  scheinbare  ausnähme  bildet  die  absolute  Stellung  des  ad- 
verbiums,  es  ist  in  dringlicher  rede  dann  das  entsprechende  vcrbum 
unterdrückt:  immer  heran,  meine  herrschaflcn !  ruß  man  an 
Khaubuden  dem  publintm  zu; 

heran,  gewündschter  tag  heran, 

und  dupple  deinen  schein!     FtEiniG  386  Lappenb.; 

nur  rriach  heran  1  verdoppelt  euren  schritt. 

GÜTHE    »1,32«; 


mit  heran  in  den  tanz, 

wer  den  jugendlichen  kränz 

ungefälscht  auf  der  scheitel  bewahret !    Voss  5, 75. 

auszer  im  falle  des  befehls  auch  bei  lebhafter  erzdlilung : 

es  flieget  und  flattert, 

und  wieder  heran.    Göthk  3,  63. 

Auch  in  den  Verbindungen  heran  wollen,  heran  müssen  trtrd 
ein  solches  verbum  ergänzt :  er  will  nicht  heran,  er  musz  heran 
{nämlich  gehen,  kommen),  was  meist  in  den  begriff  der  theilnahme 
an  einer  arbeit  umschlägt:  in  der  zeit,  wo  auf  dem  lande  alle 
bände  angestrengt  zu  werden  pQegen,  muszten  wir  älteren 
hüben  nach  unsern  kleinen  kräften  auch  schon  mit  heran. 
Arndt  leben  11.  —  Die  bewegung  wird  durch  praepositionen  oder 
adverbien  näher  bestimmt:  tritt  an  die  mauer  heran;  lasz  uns 
hier  heran  gehen ;  auch  der  ausgang  der  bewegung :  von  dort 
kam  er  heran;  nur  hinter  dem  hause  schlich  sich  .  .  die 
grosze  hohle  nacht  aus  osten  heran.  J.  Padl  ßegelj.  1, 116. 

Von  den  verben  mit  denen  heran  in  diesem  sinne  verbunden 
erscheint,  sind  zu  nennen: 

bannen:  auch  erschien  zu  derselben  zeit  ein  portrait  des 
merkwürdigen  mannes  {Wallenstein),  .  .  .  wodurch  denn  die 
geister  jener  tage  zwiefach  an  uns  wieder  herangebannt  wur- 
den. Göthe  32, 174. 

brausen:  wasserströme  brausen  heran;  das  leise  heran- 
brausen des  windes.  Bettixe  tageb.  69. 

brechen  {vergl.  brechen  21,  th.  2,344): 

ja,  es  bricht  der  tag  heran.    Göthe  10,  277. 

bringen: 

du  bist  unglücklich  sagt  man ;  doch  du  bringst 
wohin  du  wandelst,  glück  und  heil  heran.    Göthe  9,335; 
ein  schauerwindchen  fächelts  (das  fever)  an, 
bringt  rauch  und  dunst  zu  mir  heran.    41,  312. 

in  kaufmännischer  spräche  gilt  waaren  heranbringen  irie  von 
auswärts  einführen,  importieren. 

denken:  hatte  .  .  sich  Ottilie  die  männer,  besonders 
Eduarden,  wieder  heran  denken  können  {aus  der  entfernung). 
Göthe  17, 176. 

drängen:  das  voJk  drängt  heran; 

nun  drängt  das  wirkliche  in  dichten  massen, 
an  mich  heran,  und  droht  mich  zu  erdrücken. 
Göthe  9,  325. 
reflexiv : 

im  dunklen  drängt  das  künflge  sich  heran.    377 ; 

bebuschter  wald  verbreitet  sich  hinan, 

noch  drängt  sich  fels  auf  fels  bewegt  heran.    41,  13S. 

dringen:  massen  drangen  heran;  reflexiv:  es  war  schon 
sehr  spät  und  der  himmel  ganz  heiter,  die  nebelflecken 
drangen  sich  als  höhere  marktflecken  näher  heran.  J.  Paul 
Tit.  3,116. 

drohen:  langobardische  fürsten,  unterdes  heimlich  ihren 
königen  ungeneigt,  sinnen  auf  abfall  und  auf  mittel  dem 
herandrohenden  Carl  ihre  absiebten  zu  entdecken.  Göthe 
38, 307. 

dröhnen: 

es  dröhnt  und  dröhnte  dumpf  heran; 

laut  heulten  stürm  und  wog  ums  haus.    Borges  3C'. 

eilen:  heran  eilen,  approperare.  Hederich  1248. 

fahren:  der  kutscher  fährt  an  das  haus  heran. 

flieszen:  heranflieszen ,  adfluere.  Hederich  1248;  lange 
schattensteppen  liefen  zurück  vor  heranQieszendem  gelben 
Sonnenlicht.  J.  Padl  Hesp.  1,  240. 

flügeln: 

weht,  winde,  weht,  o  flügelt  sie,  ihr  winde, 
an  diese  laub  heran.      IIöltt  lüS  Halm. 

führen: 

aus  grauenvollen  winkeln  führe  nicht 

mir  der  gespenster  dichte  schaar  heran.    Göthk  9,  325; 

auch  das  kriegrische  ross  führet  Poseidon  heran. 

Schiller  Spaziergang  v.  84 ; 
der  aufruhr,  siehst  du,  führt  dort  eine  schaar 
von  weibem  zu  der  königsburg  heran. 

iliönizierinnen  v.  220. 

gehen:  herangehen,  ad  nos  accedere,  in  locum eminentiorem. 
Stieler  630;  unsinnlicher:  damit  sie  {die  seele)  .  .  wann  die 
letzten  züge  herangehen,  nicht  matt  und  kraftlos  werde. 
Scncpi'iDS  435;  wenn  mit  mir  der  letzte  streit  herangehen 
und  mir  der  kalte  todesschweisz  anszbrechen  wird.  437 ;  um 
so  viel  als  mir  gegeben  sein  möchte,  an  die  mathcinatik 
heranzugehen,  las  ich  Montuclas  histoire  des  mathematiques. 
Göthe  31,257. 


1019 


HERAN 


HERAN 


1020 


getrauen:    nun    aller!    wie   siehts    denn   mit  euch  aus! 
getraut  ihr  euch  nicht  auch  heran?  Güthe  11,295. 
ii  ü  p  f  e  n  : 

Lilla  hüprct  heran,  leitet  mich  an  iler  hand 
unter  cböre  der  seligen.     IIöltt  74  Halm. 

klimmen: 

einst  klomm  die  luTtgcn  Schnecken  (wfindeltyrppc) 

ein  musensohn  heraii.      Uüland  ycd.  301  {miins(ersage). 

kommen:  er  halte  noch  nicht  ausgeredet,  als  ein  officicr 
7.U  pfcrde  eilends  herankam.  Güthe  18,312;  durch  die  an- 
kunft  eines  wackeren  früheren  freundes  .  .  des  Christoph 
Kayser,  eines  gebornen  Frankfurters,  der  zu  gleicher  zeit  mit 
Küngern  und  uns  andern  herangekommen  war  (nadi  Rom). 
29,145; 

was  irgend  schön  und  lieblich  war, 
sie  kommt  heran,  es  ist  nicht  mehr.    4I,14.'>; 
der  büszer  kommt  heran,  zu  neugeschafTncni  leben.    295. 

von  der  zeit:  die  zeit  kommt  heran,  levipus  adventat.  Stein- 
bach 1,  900. 

krahbeln-  grashupfer  tanzten  um  mich  her,  ameisen 
krabbeilen  heran.  Güthe  22, 195. 

kriegen:  einen  herankriegen,  in  der  spräche  des  gemeinen 
lebens,  zu  einer  leislung  zwingen  oder  beslimmen.  vergl.  kriegen, 
Ui.  5,  2247. 

laufen:  ein  böte  läuft  zu  uns  heran. 

lenken:  heranlenken,  acciinare,  advcriere.  Stieler  1146; 
es  gibt  lagen,  wo  de*r  mensch  sich  zu  giosz  fühlt,  ein  ge- 
spräch  heran  zu  lenken.  J.  Paul  uns.  löge  3,  85. 

lichten:  unterdessen  heiter  der  tag  heranlichtete.  Woldemar 
1  (1779)  200. 

nahen:  es  nahet  heran  der  tod,  appropinqual  mors.  Hede- 
rich 124S;  die  zeit  nahet  heran,  tempus  adventat.  Steinbacu 
2,105;  der  winter  nahet  heran,  imminet  hicms.  das.;  wie 
schmerzlich  die  stunde  des  abscbieds  herannaht.  Güthe  21, 119; 

Weltuntergang  in  ihrer  mitte, 
iinht  sie  heran.     Schiller  die  unübcrwindl.  (Jolle; 
einzeln  sah  ich  nunmehr  sie  herannahn;  jede  besonders 
gab  mir  kund  ihr  geschlecht,  und  so  befragt  ich  sie  alle. 

Odyssee  11,  233, 
der  inßniliv  substantivisch: 

doch  nicht  war  Ilektors  geist  zu  bewegen; 
nein,  er  erharrt  Achilleus,  des  ungeheuren,  herannahn. 

Utas  22,  92. 
reflexiv : 

nicht  wünschenswerih,  abscheulich  naht  sich  mir 
der  gott  der  weit  im  überllusz  heran.    GÖtbb  9,  280. 

nehmen:  einen  heran  nehmen,  zu  einer  arbeit,  einer  leislung 
vermögen,     vergl.  oben  heran  kriegen. 

pfeifen:  ich  wollte  die  staatskanzicien  in  einen  winkel 
zu  mir  heranpfeifen  und  ihnen  in  die  obren  Bagen  .  .  . 
J.  Pacl  Ilesp.  1,101.  neuer  auch  intransitiv:  die  locomotive, 
der  bahnzug  pfeift  heran,  vaht  sich  pfeifend. 

purzeln: 

ihr  {der  Dnphnc)  füszchcn,  sonst  so  niedlich,  wurzelt 

im  boden  fest; 

Apollo  kommt  hcrangepurzell, 

und  schreiet:  pest!     IIöltt  4  Halm,  Variante. 

rasseln:  heranrasseln,  intonare,  fragore  percurrere.  Stieler 

1523;  der  wagen  rasselt  heran; 

karossen  rasseln  jetzt  heran. 

Schiller  die  berühmte  frau. 

rauschen:  diese  heranrauschenden  gcrichte.  Mascou 
2,  246 ;  die  räche  rauscht  heran.  Klinger  3,  2S9. 

reiten:  heranreilen,  adequilare,  equoadvehi.  Stieih!  H'oo  : 

da  reiten  schon  in  ernstem  zug 

die  hohen  lords  heran.    Uuland  gad.  305; 

flechherger  rill  heran  und  fnig: 

tag  an,  wer  »ind  die  herrn  vom  zug?    323. 

rücken:  die  zeit  rückt  heran,  lempus  adventat.  Stkindach 
2,303;   und    so  rückte  nach  und  nach  der  Zeitpunkt  heran, 
wo  mir  alle  autoritat  verschwinden  ...  sollte.  GOthe  25,128; 
doch  die  AchSer  Kicklen  schnoll  heran.    ISSrgei  151*. 

schaffen:  gctrcidc,  vorriilhe  heran  schnlTcn. 

«chieszcn,  inlrantiliv:  er  schosz  heran  (kam  schnell). 

schleppen:    walTen    und  schicszbedarf  heran  schleppen. 

«chwärmen:  heranschwiirmen ,  imprium  facere ,  cilalo 
agmine  invehi.  Stikikh  19M;  in  der  mililäriaclifn  spräche;  tiral- 
Irurc  Achnärmtcn  heran. 


schweben: 

was  schwebet  schattenhaft  heran?    Göthk  41,312. 

segeln:   was    sich  nur  zu  idcen  und  gedanken  rechnet, 
segelt  auf  dem  nervensaft  heran.  J.Paul  anh.z.TH.  1,80; 
wie  segelt  froh  der  bunte  kahn, 
mit  frischem  abendnind  heran!    Göthr  41,303. 

sprengen: 

sieh  !  der  ritter  von  Fayel, 

der  das  wild  ins  herz  geschossen, 

sprengt  heran  mit  jagdgefolg.    Uhla«d  ged.  273. 

springen:  der  knabe  springt  heran, 
steigen:  heransteigen,  arduo  ascensu  ingredi,  assilire,  enili, 
admoliri.  Stieler  2135; 

wie  traurig  steigt  die  unvollkommne  scheibc 

des  rothen  monds  mit  später  gluth  heran.    Göthk  12,  203. 

streben:  noch  standen  hie  und  da  mehrere  gipfel,  dem 
ühnlich,  worauf  sie  sich  befanden,  ein  mittleres  gebirg  schien 
heranzustreben,  aber  erreichte  noch  lange  die  hübe  nicht. 
Güthe  21,  42. 

streifen:  der  feind  streift  bis  an  die  Stadt  heran,  hosles 
ad  moenia  usque  excurrunt.  Stieler  2206 ; 
sie  sinds,  die  unholdigcn  Schwestern, 
sie  streifen  heran  und  sie  finden  uns  hier.    Götub  1,226. 

übertragen:  in  fremden  angelegenheiten  die  in  den  eignen 
gewohnte  sorgfalt  bei  seile  stellen,  das  streift  nahe  an  den 
dolus  heran.  Guschen  vorles.  2, 2,  64. 

Strumen:  wasserbäche  strümen  heran. 

s  t  ü  r  m  e  n :  der  mit  dem  refftragenden  boten  heranstürmende 
freund.  Güthe  48, 133. 

tragen:  die  wogen  trugen  den  Schwimmer  heran  ansufer; 

die  kisle  haben  sie  vom  wagen 

mit  gold  und  geiz  herangetragen.    Göthr  41,  49; 

der  gottesdienst  musz  den  ganzen  sonntag  als  ein  güttliches 
liebesgeschenk  an  die  herzen  heranzutragen  vermögen,  ev. 
lärchenzeit.  1806,  s.  684. 

treiben,  transitiv:  hcrantreiben,  in  locum  altiorem  delru- 
dere.  Stieler  2321;  der  schäfer  treibt  die  herde  heran,  in- 
transitiv: wellen  treiben  heran;  ein  schiff  ist  heran  getrieben. 

treten:  da  kam  der  ander,  wider  welchen  diese  censur 
geschrieben  war,  heran  getreten.  Schuppius  569 ;  ich  trat  . . 
näher  heran  (aus  der  entfernung).  Güthe  24,93; 

mitleidig  tret  ich  zu  ihr  heran, 

da  fahrt  sie  auf  und  schaut  mich  an.    II.  Hzive  18,  106. 

übertragen:  es  ist  hier  nicht  zeit  und  ort,  zurückzuhalten,  ein- 
leilungcn  zu  machen  und  sachte  heran  zu  treten  [an  eine 
Verhandlung).  Güthe  17,  365. 

wandeln:  heranwandeln,  proxtmarc.  Stieler  2501. 

wickeln:  jelzo  wickelte  sich  auf  dem  scliloszboden  ein 
hieroglyphisches  gcpoller  heran.  J.  Paul  uns.  löge  l,  1S6. 

wuchten:  aber  auch  ich  sollte  noch  einmal  im  leben 
mit  muth  und  glauben  das  unförmliche  gespcnst  sich  über- 
einander schiebend  heranwuchlen  sehn.  Zelter  an  Güthe  6,164. 

zerren:  heranzerren,  allrahere,  arcessere,  im/'e/i»  ad  se  tra- 
ducere.  Stieler  2316. 

ziehen,  intransitiv:  der  feind  zieht  heran; 

ein  hagelregen  zog  heran 

mit  blitz  und  donncr.    IIllmaikr  2,07; 

was  kommt  nun  aber  der  rcgenbogen 

an  grauer  wand  hcrangciogen  ?    Göthr  3, 199. 

transitiv:  wir  ziehen  den  kahn  ans  ufer  heran;  einen  men- 
schen zu  geschaffen  heran  ziehen ; 

bald,  um  des  herzons  llbern  alle 
zur  froud  heranzuziehen,  rauscht  .  .  . 
Christinens  llngcr  durch  die  sailcn 
der  harfo.  Gükingk  1,75. 

zotlen:  beraozoten,  lenlo  gradu  et  inconänno appropinquare. 
Stieler  2034. 

3)  auf  yrund  der  zeitlichen  bedeidung,  die  in  der  Umstellung 
anher  (1, 375)  hdußg  erscheint,  enlu-ickelt  sich  eine  melir  abstracte 
licran  in  Verbindung  mit  gewissen  wrben  will  den  verlauf  etner 
entwicMung  bis  zu  einem  in  der  unmittelbaren  gegenwart  liegenden 
zetlpunkle  oder  bis  zu  einem  ebenso  der  gegcnwarl  angehiirenden 
ziele  bezeichnen,  die  beu^piele  für  die  encdhnle  bedeutiing  fallen 
(tiiii  ausnahmt  von  heran  wacliscn)  nicht  vor  das  iH.  jahrh.  und 
finden  sich  besonders  häufig  bei  Güthe.     solche  verba  sind: 

arbeiten,  reflexiv:  und  so  erfuhr  ich  auch  hier  bei 
einiger   nachfrage    gar  leicht,  dasz  von  I>ietrich  .  .  sich  zu 


1021 


HERAN 


IIER.VNBILDLNG  —  HERAUF 


1022 


i 


eiuem  immer  wachseuden  wohlhuben  herangeaibeitet  habe. 
GüTHE  25,331. 

bilden:  der  Übersetzer,  der  sich  fest  an  sein  original 
anschlieszt,  gibt  mehr  oder  weniger  die  Originalität  seiner 
nation  auf,  und  so  entsteht  ein  drittes,  wozu  der  geschmack 
der  menge  sich  erst  heran  bilden  musz.  Götue  6,  239 ;  die 
antwort  Friedrikens  auf  einen  schriftlichen  abschied  zeirisz 
mir  das  herz,  es  war  dieselbe  band,  derselbe  sinn,  dasselbe 
gefühl,  die  sich  zu  mir,  die  sich  an  mir  herangebildet  hatten. 
26,  US. 

bringen:  in  der  that  hatte  ich  unter  den  siiszen  träumen 
eines  adlichen  glucks  schon  mein  vier  und  zwanzigstes  jähr 
herangebracht.  Rabeser  sat.  3  (1757)  .<;.  137;  es  sei,  sagteer, 
...  ein  solcher  Zeitraum  (ton  fünf  jähren  für  eine  ehe)  eben 
hinreichend  um  sich  kennen  zu  lernen,  einige  kinder  heran 
zu  bringen ,  sich  zu  entzweien ,  und,  was  das  schönste  sei, 
sich  wieder  zu  versöhnen.  Götbe  17, 112, 

buhlen:  unter  diesem  lächerlichen  mischmasche  von 
sprödigkeit  und  von  wollust  hat  sie  gestern  ihr  sechs  und 
fünfzigstes  jähr  herangebuhit.  Rabexer  sat.  4,  200. 

denken:  ehe  ich ,  freilich  durch  einen  groszen  umweg, 
nach  hause  kam,  war  das  stück  (Clavigo)  schon  ziemlich 
herangedacht.  Göthe  26,  350. 

füttern:  Oltiiie  beschäftigt  sich  das  töchterchen  heran- 
zufüttern,  das  vor  der  band  ganz  niedlich  und  freundlich 
aussieht.  Güthe  an  ZeÜerö'i;  wie  so  viele  jüngere  personeu 
verlor  er  sein  leben  unzeitig,  weil  er  sechs  wochen  lang 
einen  katarrh  mit  sich  herumgeführt  und  ihn  auf  alle  weise 
durch  caffe  und  weintrinken  .  .  herangefüttert  hatte.  Rüsohr 
drei  reisen  nach  Italien  210. 

heben:  sehr  richtig  heben  sie,  sagte  er,  ihre  unter- 
gebenen nur  zur  nächsten  brauchbarkeit  heran.  Göthe  17,  282. 

kommen:  man  lese  gedachten  brief  und  sehe,  wie  ein 
damals  jüngerer,  nun  in  jähren  gleichfalls  herangekommener 
jene  gleichzeitigen  älteren  männer  am  besten  versteht.  Göthe 
49, 100.  der  inßnitiv  in  substantivem  gebrauche,  in  bezug  auf 
die  enlwickelung  eines  menschen  nadi  fähigkdlen  und  Stellung: 
müssen  wir  auf  das  herkommen,  auf  das  herankommen  dieser 
schon  zu  hohen  jähren  gelangten  würdigen  person  unsere 
aufmerksamkeit  richten.  Göthe  21,120;  seine  geburt,  sein 
herankommen,  sein  stand,  seine  beschäftigung.  49, 1S4;  in 
lezug  auf  die  enlfaltung  einer  u-issenschaft,  kunst,  meinung :  doch 
sludirte  ich  zwischendurch  die  geschichte  der  physik,  um 
das  herankommen  dieser  höchsten  Wissenschaft  mir  möglichst 
zu  vergegenwärtigen.  32,  CS;  von  dem  herankommen,  sowie 
der  folge  der  meinungen.  263;  da  man  denn  zuerst  das 
herankommen  der  von  uns  dieszmal  betrachteten  bauart, 
Südann  ihre  höchste  höhe,  und  endlich  ihr  abnehmen  vor 
äugen  sehen  und  bequem  erkennen  sollte.  39,  356. 

krabeln  {lergl.  krabbeln  l,e,  th.  5,  1912):  als  Insulaner 
und  Seefahrer  nehmen  sie  (die  Hydrioten)  ihre  knaben  gleich 
mit  zu  schiffe  und  lassen  sie  im  dienste  herankrabeln.  Güthe 
49,  SO. 

leben:  sie  (meine  Schwester),  nur  ein  jähr  jünger  als  ich, 
hatte  mein  ganzes  bewusztes  leben  mit  mir  herangelebt. 
Göthe  25,20;  bei  herausgäbe  der  Jugendereignisse  meines 
lebens  konnte  ich  schon  bemerken,  dasz  ich  manchen  seit 
jähren  mit  heranlebenden  freude  gemacht.  45,  290. 

pflegen: 

bat  eine  sich  den  helden  nun 
beinah  herangepflegt, 
so  kann  die  nachbarin  nicht  ruhn, 
die  ihn  gesellig  hegt.     Göthe  1,  150. 

quellen:  es  (ein 6ucA)  fordert  uns  auf,  in  das  allgemeinste, 
vergangenste,  nicht  heranzubringende  der  Urgeschichte  unser 
schauen  hinzuwenden ,  und  von  da  an  die  Völkerschaften 
nach  und  nach  zu  unserm  blick  heranquellen  zu  lassen. 
Göthb  45,407. 

streben:  schon  zum  voraus  erkannte  er,  was  die  neuen 
heranstrebenden  pflanzungen  versprachen.  Göthe  17, 316. 

strecken:  mit  dem  wachsthum  des  knaben,  der  sich 
wirklich  zum  Jüngling  heranstreckte.  Göthe  22, 153. 

üben:  das  kind  übt  sich  im  leben  an  den  irdischen  dingen 
selbst  heran.    Göthe  25, 119. 

wachen: 

o  sähst  du,  voller  mondenschein, 

zum  letzten  mal  auf  meine  pein, 

den  ich  so  manche  mitternacht 

an  diesem  pult  herangenacht.    Götue  12,  30. 


wachsen:  heran  wachsen,  subolescere,  adolescere,  grandescere. 
Hederich  1248 ;  so  wäre  dieses  ungefähr  mein  unvorgreiflicher 
rath,  man  liesze  das  mädchen  vollends  heran  wachsen.  Raben  er 
sat.  3,  229 ;  schon  war  der  prolog  geschrieben,  Wallensteins 
lager  wuchs  heran.  Göthe  31,71; 

das  mädchen 
wächst  zur  freude  der  weit,  mir  zum  entzücken  heran. 

1,  318. 

ziehen,  die  erziehung  bis  zu  ihrem  ziele  vollenden :  und 
wenn  die  fräulein  ja  heirathen  will,  so  wird  ihr  der  oberste 
schon  einen  feinen  vernünftigen  mann  aussuchen ,  der  in 
seinen  besten  jähren  ist,  und  die  gute  junge  fräulein  vollends 
heran  ziehen  kann.  Rabexer  sat.  3,  226 ; 

sind  ihm  ergeben  und  gewogen, 

hat  er  uns  selbst  doch  heran  gezogen. 

Schiller  Waltensi.  lager  2.  aufir. 

HERANBILDUNG,  f. :  die  heranbildung  .  .  des  lebens  der 
Wiedergeburt.  Kritzler  humanildl  und  christenthum  2,  S9. 

HERANHER,  ade.  verstärktes  heran:  herauher  kam.  B.  Rixc 
WALD  ec.  M  6*.     in  der  form  ranher.  M  3'. 

HERANKÖMMLING,  m.:  es  hängt  ein  pennai  an  seiner 
[eines  knaben)  seile,  anzudeuten,  dasz  er  auf  dem  bildungs- 
wege  sei,  wo  dem  herankömmling  manches  unangenehme 
begegnet.  Göthe  39, 156.  vergl.  heran  kommen  unter  heran  3, 
üben  sp.  1021. 

HERANNÄHERUNG,  f.  appropinquatio.  Stieleb  1319. 

HERANNAHUNG,  f. :  herannahung  des  todes,  appropinquatio 
mortis.  Hederich  1248. 

HERANZIEHUNG,  f.:  die  heranziehung  der  fremden  zu 
den  Steuerlasten. 

HERARBEITEN,  verb.  durch  arbeit  herstellen;  meist  in  ver- 
ächtlichem sinne  in  der  spräche  des  gemeinen  lebens:  du  wirst 
auch  etwas  rechtes  herarbeiten,  anders  in  Baieni:  einen 
herarbeiten ,  ihm  mit  arbeiten  zu  leibe  gehen ,  ihn  dadurch  her 
oder  zureclit  ricfUen.  Sch«,  2,  228. 

HERAUF,  adv.  aufwärts  und  her. 

1)  die  form  verläuft  ähnlich  wie  die  von  herab  und  heran,  ahd. 
getrennt  hara  üf:  fliug  hara  üf  in  berg  also  fugeli.  Notker 
ps.  10  {Hattetiier  2,  49") ;  auch  mhd.  her  uf ;  lüden  herzog  Fride- 
reich  von  Östereich  her  auf  (d.  i.  von  Österräch  nach  Baiern) 
mit  einem  groj^en  volch.  Germ.  12, 72  (14.  jahrh.) ;  die  nhd. 
form  ist  zu  er  auf,  erauf  bei  Lcther  zurückgegangen  {th.  3,  698), 
sonst  bis  zu  rauf: 

wenn  ich  in  {den  käse)  haben  soll, 
so  steig  hinab  und  hol  in  rauT. 

B.  Waldis  Esop  4,  8,  49. 

Umstellung  des  herauf  zu  aufher  ist  im  16.  und  17.  jahrh.  häufig 
{Ih.  1,  669),  auch  schon  früher  bezeugt :  sursum  ufher.  Dief.  569* 
{v.  1440).     über  die  Weiterbildung  heraufer  s.  bei  diesem. 
Die  bedeulung  von  herauf  ist  örtlich  und  zeitlich. 

2)  örtlich  bezeichnet  herauf  bewegung  nach  oben,  einem  spre- 
chenden oder  dem  mit  ihm  in  näclister  beziehung  stehenden  orte 
zu  (herauf  sursum  versus  me  Stieler  64),  und  erscheint  mit 
verben  der  bewegung.  dieselben  sind  in  dringlicher  rede,  nament- 
lich imperativer,  ausgelassen  (vergl.  bei  herab,  heran) :  nur  her- 
auf, immer  herauf!; 

herauf  hier!  mein  gebirg  ist  alt, 

steht  in  ursprünglicher  gesialt.    Göthe  41,  14S. 

die  bewegung  wird  nälur  bestimmt  entweder  nach  ihrem  anfange 
oder  ihrem  ende,  oder  auch  nach  Utrem  ganzen  verlaufe:  steiget 
erauf  aus  dem  Jordan'.  Jos.  4, 16 ;  wer  ist  irgend  von  den 
stemmen  Israel,  der  nicht  mit  der  gemeine  ist  er  auf  komen 
zum  herrn?  rieht.  21,  b;  der  herzog  und  Staff  sind  bis  herauf 
gegangen.  Göthe  an  frau  v.  Stein  2, 307 ;  kam  eine  andre 
parthei  Soldaten  überzwerchs  den  wald  herauf.  Simpl.  i,  50 
Kurz;  das  schöne  neujahrmorgenroth,  das  durch  alle  wölken 
glimmt  und  den  hohen  halben  himmel  heraufbrennt.  J.  Paul 
Hesp.  2,244; 

als  plötzlich,  wie  ihr  däucht, 
den  gang  herauf  zu  ihrem  kleinen  zimmer 
mit  leisem  tritt  —  ich  weisz  nicht  was  sich  schleicht. 

WrELAWD  9,  Öl ; 
was  klinget  und  singet  die  strasz  herauf?    IIblac(d  gcd.  211. 

Verben   mit    denen  sich  herauf  in  der  angegebenen  bedeutung 
binda,  sind: 
a  t  b  m  e  n  : 

athmet  mall 
ein  lebewohl  berauf.    Gotter  1,  277. 

beschwören:  geisler  in  die  sichtbare  gegenwart  herauf- 
beschwören, morgenblatt  1846, 1023. 


1023 


HERAUF 


HERAUF 


1024 


beugen:  der  störende  vogler  lag  auf  ihm  blos  als  Icichcn- 
stein,  der  die  keimspilze  aiciit  erdrückt,  weil  sie  sprieszend 
sich  um  ihn  herauf  beugt.  J.  Paul  leb.  Fibels  30. 

blasen:  dasz  ihr  es  versteht ,  stürme  heraufzublasen. 
Klinger  2,  338. 

blicken: 

doch  weilt  er  nicht  bei  der  iiettlcrschaar, 
herauf  zum  saal  er  blickt.    Uhland  ged.  834. 

bringen:  Saul  aber  sandte  boten  David  zu  besehen,  und 
sprach,  bringet  in  er  auf  zu  mir.  iSam.  19,15;  die  lade  des 
bunds  des  hcrrn  crauf  zubringen  aus  der  stad  David,  das  ist 
Zion.  1  kvn.  s,  1 ;  das  die  Leviten  den  zehenden  irer  zehenden  er 
auf  bringen  zum  hause  unsers  gottes.  A'e/j.  10.  38  ;  ich  befalch, 
das  alle  weisen  zu  Babel  für  mich  her  auf  bracht  würden, 
das  sie  mir  sagten,  was  der  träum  bedeutet.  Dan.  4,  3. 

dämmern:  wenn  .  .  .  von  der  hinabgewichenen  sonne 
ein  zitternder  schein  am  horizont  heraufdämmerte.  Götue 
18, 33. 

drängen:  dunkle,  quälende  weiszagung  drängt  sich  aus 
meinem  herzen  berauf.  Klinger  4,  38. 
dringen: 

jeut  so,  mit  ungeheurem  streben, 

drang  aus  dem  abgrund  ich  herauf.    Göthe  41,138; 

welch  ein  ächzen,  welch  gestöhn 

dringt  herauf  zu  unsern  höhn!    142. 

•fahren:  wer  ist  die,  die  er  auf  feret  von  der  wüsten? 
Iiohcl.  8,5;  der  herr  wird  aus  der  wüsten  her  auf  fahren. 
Hos.  13,15;  es  wird  ein  durchbrccher  für  inen  her  auf  faren. 
Miclia  2,13;  gecken  brauchen  nur  zeilen,  ihre  meinungen 
sind  herrauGTahrende  inseln ,  und  hängen  mit  nichts  zusam- 
men als  mit  der  eitelkeit.  J.  Paul  Hcsp.  1,  40. 

fallen:  die  treppe  herauf  fallen. 

fliegen:  sihe,  er  fleuget  herauf,  wie  ein  adler.  Jcr. 49,  22. 

flimmern:  die  frühe  morgensonne  flimmerte  schon  hinter 
dem  berge  herauf.  Geszner. 

führen:  ich  wil  mit  dir  hinab  in  Egypten  ziehen,  und 
wil  auch  dich  crauf  füren,  i.  Mos,  46,4;  ich  hab  euch  aus 
Egypten  er  auf  gefurt.  riclit.  2,1;  füreten  in  er  auf  vom  fcis. 
15,13;  füreten  die  lade  des  herrn  er  auf.  iSam.  6,15;  füre 
einen  groszen  häufen  über  sie  her  auf.  Hes.  23, 40 ; 

doch  keine  schlimme  sache  führte  die 

berauf  {tur  bürg).    Scuiller  Phönizierinnen  v.  174. 

gehen:  und  sie  giengen  erauf  von  der  wonunge  Korab. 
4  Mos.  16,  27 ;  die  wüsten  die  er  auf  gehet  von  Jeriho  durch 
das  geliirge  BethEI.  Jos.  16, 1 ;  gieng  erauf  in  seines  vaters 
haus,  ricfit.  14,19;  wer  ist  die,  die  er  auf  gehet  aus  der 
wüsten,  wie  ein  gerader  rauch  ?  fioltel.  3,  C. 

gleiten:  die  sonne  glitt  über  das  mecr  berauf.  Klinger 
7,  249. 

heben:  man  giesze  wasser  in  das  gcfüsz  und  . . .  der 
boden  scheint  uns  heranfgehoben.  Güthe  52,90;  er  kriegte 
noch  in  sich,  als  der  hinter  ihrem  rücken  berauf  gehobene 
mond  ihre  beiden  schattenkniestücke  vor  ihnen  voraustrieb. 
J.  Paul  Ilesp.  1,267; 

ich  darf  ihn  bitten  :  sie  zu  mir  herauf, 
zu  sich  herauf  zu  heben,  ihr  das  recht 
der  fürstlichen  geburt  ...  zu  bewnlircn.    Göthe  9,  253; 

wenn  ich  von  meinen  füszcn 
zu  meinem  herzen  dich  herauf  gcliobcn.    263; 
10  hob  ich  mich  vor  kurzem  aus  der  nacht 
des  todes  an  des  tages  licht  herauf.    335. 

fiherlragen :  wobei  ich  aber  nicht  läugne,  dasz  der  namc  Ne- 
mesis, und  noch  mehr  ihr  bciwort  Adrastea,  je  nachdem 
man  dasselbe  ableitete  und  hcraufliob,  auch  hie  und  da  in 
weiterer  bedeutung  gebraucht  wurde.  Herder  zur  seh.  litt. 
1»,  174. 

holen:  das  er  die  lade  gottes  von  dannen  eraufbpicte. 
2Sam.  6,  3;  und  die  tocbler  Pharao  lies  Salomo  er  auf  holen 
aus  der  stad  Davids ,  ins  haus.  2  diron.  8, 11 ;  holest  mich 
wieder  aus  der  tiefe  der  erden  crauf.  ps.  71,  20. 

keuchen:  heraufkeuchen  {kcucliend  heraufkommen).  Klincer 
thealcr  3,406. 

kochen,  intransitiv  und  bildlich :  heraufkochen,  einnr  unbill 
iich  mil  ii/rn  erinnern,  tie  nicIU  vcrijKscn.  in  Tirol.  FnoMM.  0,  209. 

kommen:  kom  er  auf  zu  mir  auf  den  berg.  2A/o«. 24, 12; 
die  kamen  erauf  im  entgegen.  riciUcr  0,85;  che  die  sonne 
eranf  komno  war.  8,  n ;  sihe,  e»  koincn  waoocr  herauf  von 
miltcrnachl,  die  eine  Hut  machen  werden.  Ar,  47,  2;  mcIcIics 


geschlecht  aber  auf  erden  nicht  er  auf  komen  wird  gen  Je- 
rusalem, anzubeten  den  kiinig.  Sach.  14,17;  komm  herauf, 
adsccndc.  Hederich  1248; 

wann  es  hinter  jenen  höhen 

roth  tmd  tjolilcn  glüht  am  morgen, 

mein  ich,  dasz  du  «nllst  erscheinen: 

doch  es  kommt  herauf  die  sonne.     Uhland  gcd.  255. 

der   peissige  schiüer   kommt   herauf,   nimmt   einen  oberen  und 
dem  lehret  näheren  plalz  ein.     vergl.  unten  herauf  rücken, 
krähen: 

kein  wachhaltender  vogel  mit  purpurkammigem  antliu 
kräht  die  Aurora  herauf.  Voss  Ovid  2,  232. 

kriechen:  das  der  ström  sol  von  fröschen  wimmeln,  die 
sollen  erauf  kriechen ,  und  komen  in  dein  haus.  2  Mos.  8,  3. 

laufen:  herauflaufen,  ascendere  cursu.  Stieler  1083. 

quellen:  es  war  stolz,  es  war  neid,  der  aus  einem  be- 
drängten leben  heraufquoll  gegen  glücklichere.  Freytac  hand- 
schriß  3,  250. 

rauschen: 

es  kommen,  es  kommen  die  wasser  oll, 
sie  rauschen  herauf,  sie  rauschen  nieder. 

ScBiLLKR  laucher, 
rollen: 

schnell  rollten  Wetterwolken, 
von  blitz  und  donner  schwer, 
herauf.  IIöltt  10  Halm. 

transitiv:  ein  fasz  aus  dem  keller  herauf  rollen. 

rücken:  bclohnungen  {für  scbülcr)  auszer  dem  herauf- 
rücken ,  wäre  eine  bank  im  chor  der  kirche,  die  bank  der 
guten  Schüler  genannt.  Sturz  2, 353. 

schlagen:  plützlich  wurde  in  osten  die  nacht  lichter, 
weil  der  zerflossene  Schimmer  des  mondes  an  den  alpen- 
gebirgen,  die  ihn  bedeckten,  heraufschlug.  J.  Paol  Hesp.i,  247. 

schleppen:  zwar  liesz  ich  die  ganze  nacht  (viäualien) 
beraufschleppen,  es  ist  mir  aber  doch  noch  zu  viel  drunten 
geblieben.  Gothe  42, 138. 

schöpfen: 

nachdem  er  erst  nicht  ohne  müh 
die  stimme  (denn  der  zorn  crstickto  sie) 
herauf  geschöpft,  beginnet  er  mit  brüllen 
auf  eine  meile  weit  die  ganze  luft  zu  fiillcn. 

Alxingsr  üootin  5,  42. 
schweben: 

dort  schwebt  es  frohlockend  herauf.    Schiller  der  tanz. 

schwellen:  schwelle  herauf,  taumelnder  zephyr,  und 
spüle  mich  in  deine  blütenkelche  hinab.  J.  Padl  Hesp.  l,  15I. 

sehen:  heraufsehen,  siispcere.  Stieler  2026;  ersieht  zum 
fenster  lierauf. 

setzen,  reflexiv:  setze  dich  herauf,  sagt  der  lekrer  sum 
fleiszigen  schüler. 

seufzen:  mit  dem  einzigen  groszen  langsamen  tief  herauf- 
geseufzeten  laute :  bruder !  J.  Paol  uns,  löge  3,  24. 

sitzen:  es  ist  besser,  man  sage  zu  dir,  sitz  berauf,  denn 
das  du  erniedert  werdest  für  dem  fürsten.  Luther  1,483'. 

steigen:  die  steig  hin  ab  zum  brunnen  und  füllet  den 
krug,  und  steig  er  auf.  \  Mos.  21,10;  und  vier  grosze  thier 
stiegen  er  auf  aus  dem  meer.  Dan.  7,3;  da  Jhcsus  getauft 
war,  steig  er  bald  her  auf  aus  dem  wasser.  Matlh.3.l*:>;  die 
sonne  stieg  den  horizont  herauf.  Klinger  5, 328;  das  heranr- 
steigendc  alter.  Ramler  dichlls.  des  Horai  63;  wenn  mir  der 
glückliche  tag  heraufsteigt,  wo  ich  Laura  heim  führen  darf. 
Fhettac  handschr.  3,  77. 

dämmernd  kommt  heraufgestiegen 

manche  längst  vergcszno  zeit.    il.  Hiinb  18, 136. 

stoszen: 

auf  rauschte  die  mecrfluib, 
als  sie  die  mäste  verschlang  und  scliäumond  wieder  herauf  stiosz. 

I'trkkr  Tunis.  4,3^9. 

taumeln:  auf  dem  thurm  fand  ich  schon  einige  harrende, 
die  sich  die  frierenden  bände  rieben ,  andere ,  noch  den 
schlaf  in  den  augcn,  taumelten  herauf.  H.  Hrinb  1, 101. 

trampeln: 

schon  irampelts  laut  die  langen  wondelstiogen 
herauf.  WiRLAnn  . . . 

treiben,  intransitiv:  die  sonne  treibt  so  eben  den  horixont 
herauf.  Klinckr  Uieater  3,410.  transitiv:  der  hirl  treibt  die 
Schafe  hier  auf  den  bnrg  herauf. 

treten:  und  da  er  noch  mit  ihnen  redet,  sibc,  da  trat 
er  auf  der  riese  mit  namcn  Goliath,  i  Sam.  17,23;  prange 
nicht  für  dem  könige,  und  Irit  nicht  nn  den  ort  der  groszrn 


1025 


HERAUF 


HER  ALTER— HERAUS 


1026 


denn  es  ist  dir  besser  das  man  zu  dir  sage,  trit  hie  er  auf, 
denn  das  du  für  dem  fürsten  genidrigt  wirst.  sprU^w.  25,  7. 
bis   die   sonne   untergeht   und   der   mond  herauftritt.  Tieck 

•5,25;  .        .      .    u        r 

mein  vater,  intt  mit  mir  herauf 
in  diese  regionen,  wo  mir  eben 
die  neue,  heitre  sonne  sich  erhebt.    Göihs  9,  liö- 

wälzen:  der  stürm  wälzt  die  wölken  am  himmel  herauf; 
ein  häufe  volks  wälzte  sich  herauf  zum  schlösse,  wo  wir 
schutzlos  waren. 

winden:  man  stüszt  beständig  an  balken  und  seile,  die 

in  bewegung  sind,  um  die  tonnen  mit  geklopften  erzen  oder 

das  hervorgesinterte  wasser  herauf  zu  winden.    Heise  1,  30. 

ziehen,  inlransüiv:  also  zoch  Abram  er  auf  aus  Egypten. 

1  Mos.  13, 1 ;  die  phiiister  aber  zogen  abermal  er  auf.  2  Sani. 

5,22;   und    es   wird  geschehen,  zur  zeit,  wenn  Gog  komen 

wird,  .  .  wird  er  auf  ziehen  mein  zorn.  Hes.  38, 18 ; 

ein  regen  zeucht  herauf!    Logau  1,  193; 

wenn  am  donnernden  himmel  das  hohe  gewiiier  heraufzieht. 

Klopsiock  3,57. 

ttansiliv :  und  sie  zogen  Jeremia  er  auf  aus  der  gruben  an 
den  stricken,  /«r.  39, 13;  du  hast  durch  diese  that  die  begriflfe 
dieses  volks  auf  lange  verwildert !  stöhne  nur,  ich  ziehe  der 
schrecken  mehr  herauf  {bringe  noch  mehr  schreckliches  zu  tage). 
Kliscer  3,  277 ;  durchglühe ,  Aurora,  das  menschenherz  wie 
dein  gewölk,  erhelle  das  menschenauge  wie  deinen  thau,  und 
zieh  in  die  dunkle  brüst,  wie  in  deinen  himmel,  eine  sonne 
herauf!  J.  Paul  Hesf.  1,148;  warum  zieht  dieser  flor  alle 
heiszen  thränen  tief  aus  meinem  herzen  herauf?  3,120. 

zittern:  lauschte  auf  den  ton  eines  glöckchens,  welcher 
kaum  hörbar  aus  der  tiefe  heraufzitterte.  Frevtag  ftond- 
schrift  3,  86. 

3)  in  einer  reihe  von  fällen  tritt  bei  herauf  {nie  bei  herab 
sp.  1005)  der  begriff  der  richtung  nach  dem  sprechenden  zu  mehr 
zurück  und  der  begriff  aufwärts  in  den  Vordergrund: 

ziehe  schon  an  die  zehen  jähr 

herauf,  herah  und  quer  und  krumm 

meine  schüier  an  der  nase  herum.    Göthb  12,29, 

«0  auf  und  ab  dasselbe  aussagen  würde,     so  in  enger  Verbindung 

mit  verben: 

und  wie  einer,  desz  seele  der  freuden  zu  viel  belasten, 
athraet  er  tiefer  herauf.  Klopsiock  5,314. 

steine,  um  die  stellen  heraufzumauern,  wo  der  weg  schmal 
und  verkrüppelt  geworden  wäre.  Göthe  17,34;  die  flamme 
schosz  höher  herauf.  Kusger  10,194;  seid  Gottsched  weisz 
ich  keinen  Schriftsteller,  der  sich  mit  der  Innern  seichtigkeil 
dieses  mannes  {Klotz)  so  heraufgeschrien  hätte.  Herder  an 
Lessing,  tri  des  ersteren  l^ensbeschr.  1,2,417;  an  den  thurm 
gelehnt,  stieg  das  kleine  schlosz  herauf,  mit  steilem  dach 
und  spitzbogigen  fenstern.  Freytag  handscJir.  3, 125. 

4)  herauf  zeitlich,  es  malt  die  bewegung  aufwärts  zu  änem 
Zeitpunkte,  bei  dem  der  sprechende  angelangt  i^: 

o  dasz  ich  dich  noch  einmal  freundlich  hold 

vor  meinen  äugen  sähe,  wie  du  stets 

von  früher  zeit  herauf  mich  angeblickt!    Göthb  9,355.  • 

Kant  kehrt  dieses  Verhältnis  um,  wenn  er  sagt:  man  kann  zum 
zeitpunct  des  anfangs  der  bürgerlichen  gesellschafl  nicht 
herauflangen.  5, 176. 

herauf  steht  nun,  auf  grund  der  angegebenen  bedeutung  in  Ver- 
bindung mit  verben,  die  eine  entwickclung  bezeichnen,  wiader  vor- 
züglich bei  Göthe  {vergl.  heran  3,  sp.  1020) ;  namentlich  mit 

bilden:  deren  tochter  ich  gewiss,  wenn  ich  erzieherin 
oder  aufseherin  sein  könnte,  zu  einem  herrlichen  geschöpf 
heraufbilden  wollte.  Göthb  17, 18. 

erziehen: 

bab  ich  nicht  selbst  sie  genährt,  und  sanft  sie  herauf  mir 
erzogen?    Göthk  1,324. 

füttern:  schalkhafte  freunde  behaupteten,  Beireis  habe 
auch  wohl  gelegentlich  zu  verstehen  gegeben ,  er  wüszte  .  . 
ausgesuchte  maikäfer  in  junge  krebse  zu  verwandeln,  die  er 
denn  auch  nachher  durch  besondere  spagirische  nahrung 
zu  merkwürdiger  grösze  heraufzufüttern  verstehe.  Göthe  31, 227. 

geben,  reflexiv:  die  schöne  hippokratische  verfahrungs- 
art,  wodurch  sich,  ohne  theorie,  aus  einer  eignen  erfahrung, 
die  gestalten  des  wissens  bcraufgaben.  Göthe  26,  9. 

kommen:  in  meines  vaters  bibliothek  hatte  ich  bisher 
nur  die  früheren,  besonders  die  zu  seiner  zeit  nach  und  nach 
heraufgekommenen  und  gerühmten  dichter  gefunden.  Göthe 
IV.  II. 


24, 123 ;   aus   dem    groszen   quell   aller  volkskraft ,  aus  dem 
freien  bauernstande   kam  Luther  herauf.    Freytag  bilder  aus 
d.  d.  Vergangenheit  (ISGO)  1, 14S. 
sprossen: 

doch  sproszt  auch  jedem  aus  dem  döstern  gram 

ein  süszes,  ahnungsvolles  glück  herauf: 

dem  einen  blüht  ein  muntrer  söhn, 

der  andre  pQegt  ein  muntres  löchterlein.    Uhlakd  ged.  172. 

wachsen: 

und  so  wuchs  ich  herauf,  ein  ebeabiM 
des  vaters.  Göthb  9, 29 ; 

schon  wuchs  der  knabe  hoch  und  schlank  herauf. 
ÜHLA5D  ged.  172. 

HERAUFER,  adv.  aus  heraufher,  mü  dc^lt  gesetztem  her 
{rergl.  heraber,  herauszer):  als  nu  rex  die  tonaw  heraufer 
gen  Regenspurg  .  .  komen  solle,  d.  städtechr.  3,  385, 12.  noch 
jetzt  volksmäszig  vorzüglich  in  Mitteldeutschland,  z.  b.  in  Düringen 
heraufer  kommen,  gekürzt:  komm  raufer! 

HER.\1:FWäRTS,  adr.  accUvis,  sursum.  Stieleh  2439. 

HERAUS,  adv.  auswärts  und  her,  nach  einem  sprechenden  zu. 

1)  die  form.  ahd.  hera  Ö5  (Graff  1, 534) ,  mhd.  her  üz 
{wb.  1.  688") ;  d6  wart  die  kaiserinne  eines  sunes  swanger  ze 
Rüm  in  der  stat.  dar  nach  fuer  der  kaiser  und  die  kaise- 
rinne her  au5  gein  tautschen  lanten.  Germ.  12,  74  {bairisch, 
14.  jahrh.).  die  nhd.  formen  verlaufen  wie  bei  den  ähnlichen  zu- 
sammensazungen  herab ,  heran,  herauf,  die  betonung  ist  heraus, 
selten  und  nur  aus  besondern  gründen  heraus: 

denn  hinein  sah  man  keinen  stich, 

doch  heraus  desto  besser.    Blckaukk  2,  12, 

wo  der  gegensatz  von  hin  und  her  besonders  hervorgehoben  werden 
soll;  und  die  gewöhnlich  betonte  form  gelit  zu  er  aus,  eraus 
{Ik  3,  699)  zurück,  weiter  noch  zu  raus :  zwar  kam  nur  so  viel 
raus,  polit.  stockf.  330; 

on  gfehr  bet  da  ein  fuchsz  sein  wesen 

in  einem  loch,  mit  dorn  verdüscht; 

lief  rausz,  bald  heit  das  thier  erwischt. 

B.  Waldis  Esop  4,88,  10; 

die  angst  tritt  häufig  aus 
und  bricht  für  beiszer  not  zu  mund  und  äugen  raus. 
pLKHrsG  52,  22  Lappenb. ; 

vietieicbt  ists  raus!  0  weh!  o  wie  mir  armen  graust. 

Göthe  7,  96; 

und  blast  die  kümmerlichen  flammen 
aus  eurem  aschenhäufchen  raus.    12,  36. 

für  heraus  geht  namentlich  im  IG.  jahrh.  ansher,  vergl.  tii.  1,  SS6: 

unwillig  thet  ern  (den  beutet)  auszher  ziehen. 

B.  Waldis  Esop  4,  21,  101; 

ein  jung  gesell  kam  auszher  {aus  dem  liause)  gähn. 

4,  24,  13. 

Weiterbildung  von  heraus  ist  herausher  und  herauser,  s.  d. 

2)  heraus  zeichnet  eine  bewegung  von  einem  eingeschlossenen 
oder  eingegränzten  orte  her  einem  sprechenden  entgegen,  es  ist 
verschieden  von  herauszen ,  das  die  ruhe  an  einem  solchen  orte, 
in  der  richtung  nach  einem  sprechenden  vergegenwärtigt;  doch  be- 
gegnen Verwechselungen :  {fruchte)  zeitig  und  wolgeschmackt,  als 
wir  sy  nie  herausz  {in  diesem  fremden  lande)  gessen  betten. 
Fbane  weltb.  522'; 

so  bleibt  her  ausz,  last  uns  hinein. 

Laurin  1491  Scliade. 

3)  daher  steht  heraus  nur  mit  verben  der  bewegung,  die 
aber  in  heftiger  oder  aucli  nur  seltr  lebendiger  rede  unterdrückt 
werden,  so  bei  einer  erzählung:  da  höre  ich  vor  meiner  Ihür 
ein   lautes   geräusch.     ich  heraus,   und  frage  was  es  gebe; 

mein  baus  hat  kein  thür, 
mein  thür  hat  ke  haus: 
und  immer  mit  schätzet 
hinein  und  heraus.    Göth«  3,  64; 

oder  bei  einem  befehl:  so  sprach  aber  Simel  da  er  fluchte, 
er  aus.  er  aus,  du  bluthund,  du  loser  man.  2Sam.  16,7; 
herausz!  bist  mans  werd,  da  wollen  wir  einander  die  seel 
auf  dem  pflaster  umbjagen.  Garg.  94*;  heraus  hundsfutt,  ad 
arma  ext  sceleste!  Steinbach  1,50;  Wachtmeister,  heraus  ins 
gewehr !  Kotzbbüe  dram.  sp.  3,  315,  wo  kommen ,  gehen  zu 
ergänzen;  ebenso  in  der  fügung  heraus  damit!  {vergl.  unten 
mit  etwas  heraus  kommen) :  L.  R.  thatsachen !  hßweise  !  tau- 
send für  einen!  N.  heraus  damit!  Schiller  parasit  2,4; 

den  briefl 
heraus  damit!  ich  musz  ihn  wieder  haben.    Kariös  3,  8; 
heraus  mit  eurem  llederwisch! 
nur  zugesioszeul  ich  parire.    Göthb  12, 193; 

65 


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HERAUS 


HERAUS 


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beraus  auch  für  sage  heraus :  'man  bcliuuptcl .  .  iiucb  audure>, 
was  ich  zu  wiederholen  mich  genire.'  nur  heraus,  ernuintertc 
der  prinz.  Freytag  haitdsclir.  3,103;  in  der  crzdhlung:  gerade 
heraus,  dieser  Seiicour  ist  eben  so  unwissend,  als  er  nieder- 
trächtig ist.   Schiller  parasit  2, 3. 

Auch  in  den  Verbindungen  heraus  müssen ,  heraus  können, 
lieraus  wollen  sind  verben  der  bewegung  zu  ergänzen,  nament- 
lich uicder  geben  und  kommen :  er  hat  mich  vcrmauret,  das 
ich  nicht  heraus  kan,  und  mich  in  harte  fessel  gelegt,  klagel. 
3,7;  er  musz  beraus  (aus  dem  hause  kommen)',  aber  auch 
in  bezug  auf  eine  rede,  eine  mUlheilung:  es  musz  heraus!;  es 
musz  heraus  —  ich  darf  es  nicht  länger  hei  mir  behalten  — 
böse  Zungen  haben  sich  angrilTc  gegen  sie  erlaubt.  Schiller 
parasil  5,3;  er  will  nicht  heraus  (aus  seinem  zimmer);  so  e; 
{die  Otter)  denne  her  wider  auj  wil  mit  den  vischen,  so  mag 
ej  nibt.  Megenberg  150,  4 ;  die  hüner  im  korbe  wollen  gern 
heraus ,  und  die  drauszen  wollen  gern  hinein.  Schottel 
112S*;  er  will  nicht  mit  der  spräche  heraus;  bastu  etwas 
gehöret,  las  es  mit  dir  sterben,  so  bastu  ein  riigig  {ruhig) 
gewissen.  .  .  .  aber  ein  narr  bricht  heraus ,  wie  ein  zeitig 
kind  heraus  wil.  Sir.  19, 11 ;  ja  sie  weite  zwar  nicht  recht 
damit  heraus,  dennoch  konle  ich  so  viel  verstehen,  dasz  auch 
wohl  mein  bruder  .  .  ihr  nicht  unangenehme  sei.  Talander 
Olorena  (1694)260;  sie  betrachtete  die  läge  der  karten  sorg- 
fällig, schien  aber  zu  stocken  und  wollte  mit  der  spräche 
nicht  heraus.  Göthe  25,  279 ; 

Creon.  nun  sagest  du  es  nicht?  hernachmals  bist  du  frei. 
tote,      so  will  ich  dann  horausz.   ich  weisz  nicht  wer  der  sei, 
der  erst  den  lodten  hat  verdeckt.        Opitz  1,  171. 

die  Verbindung  lieraus  sein  bezeichnet  das  ende  einer  aus- 
wärts und  her  gerichteten  bcwegung  {vergl.  her  sein  sp.  1000 
und  unten  herbei  sein,  herein  sein,  herunter  sein):  er  ist 
schon  heraus  {aus  dem  hause  gegangen,  gekommen);  übertragen 
es  ist  beraus  {ist  offenbar);  was  beraus  ist,  schwiert  nicht 
mehr.  Simrocr  sprichw.  243;  da  ich  aus  den  hecken  der  dorf- 
gärten heraus  war  und  die  wiesen  hingehen  wollte.  Göthe 
25,356;  lieber  gott,  wie  dank  ich  dir,  dasz  ich  aus  der  wirth- 
schaft  beraus  und  wieder  geborgen  bin !  7, 120 ;  dasz  sie 
aber  die  Griechin  nicht  ist,  für  die  wir  sie  hielten,  ist  heraus. 
Schiller  "50.  beraus  haben  fitr  heraus  gesagt,  gebracht  haben  : 
als  nun  der  Jos  sein  mes  geschwind  beraus  hat,  gibt  er  den 
seinen  das  wychwasser.  Wickram  rollw.  138,7  Kurz;  ich  habs 
beraus !  den  smn  einer  dunkeln  stelle,  die  lösung  eines  rätseis. 

4)  zu  iieraus  gesellt  sich  eine  genauere  beslimmung  der  rich- 
tung :  und  die  kaufleutc  des  königs  kauften  die  selbige  wahr, 
und  brachtens  aus  Egypten  er  aus.  1  kün.  10, 29 ;  welche 
euch  nicht  aufnemen  noch  hören,  da  gebet  von  dannen  beraus. 
Marc.  6,11;  was  aber  zum  munde  eraus  gehet,  das  kompt 
aus  dem  herzen.  Matth.  15,18;  durch  die  balle  sol  er  hin 
ein  geben,  und  durch  die  selbige  wider  heraus  gehen.  lks. 
44,3;  {die  wüste)  kompt  von  liethEl  eraus  gen  Lus.  Jos.  16,  2; 
da  nu  das  gesinde  solch  geschrei  hörte,  liefen  sie  her  aus 
in  garten  zur  binder  thür.  Susanna  26;  sie  haben  ihn  bis 
ans  thor  heraus  geleitet; 

heraus  aus  deiner  woifesgruft, 

furclithares  heldenheer, 

heraus  zum  streit  in  Trische  luft, 

mit  muth  und  schlachigewebr!    Gleim  4,27; 

man  geht  hier  heraus;  vergl.  dorlberaus  2, 1307,  ueilerc  bci- 
spiele  sind  im  folgenden  verstreut. 

5)  diese  genauere  richtungsbcstimmung  hat  bisweilen  bewirkt, 
dasz  beraus  als  prac}>ostlion  behandelt  wurde,  die  einen  dativ  nach 
sich  zog :  heraus  den  hoben  groszen  büchern.  Luther ir.  l,  436; 
das  in  der  dunst  heraus  den  belnien  drang.  H.  Sachs  (1560 
2,3,190')  bei  Schm.  4,1149  Frommann. 

6)  die  scharfe  bedeutung  von  heraus  {oben  no.  2)  fängt  in  der 
neueren  zeit  an  sich  zu  verwisciten  und  beraus  und  hinaus 
werden  niclit  mehr  scharf  unterschieden,  in  der  spräche  des  ge- 
meinen le^ens  hört  ntan  auf  die  auffordcrung  komm  iieraus ! 
wol  die  arttworl:  ich  werde  sogleich  Iieraus  kommen  {stall 
hinaus);  oder  ein  innen  befindlicher  sagt:  ich  will  dir  das  liuch 
heraus  bringen,  die  anfange  der  Verwechselung  gehen  bis  ins 
tonije  jahrh.  zurück;  so  bei  I^essinc:  wir  lassen  anschreiben, 
und  ucnn  man  nicht  mehr  anschreiben  will  und  uns  zum 
hauÄC  herauswirft,  80  versetzen  wir,  was  wir  noch  haben. 
1,  625.     r<jl.  audi  heraus  geben  0  unten,  und  heraus  hungern. 

")  in  dm  zahlreidien  Verbindungen  mit  verben,  die  heraus  rin- 
giht ,    wandelt   nch   der  begriff  des  adverbiums  iiflers  in  $o  fern, 


ah  stall  der  bewegung  von  einem  eingcschlossviun  unv  u»/  einen 
sprechenden  hin  überhaupt  nur  eine  soldie  von  der  Verborgenheit 
in  das  freie  tind  offene  gezeichnet  wird,  wobei  die  beziehung  auf 
einen  sj^rechenden  zurüclUritt.  oft  auch  stehen  verbalverbindungen 
mit  heraus  in  der  einen  wie  in  der  andern  bedeutung  {vergl. 
unten  beraus  bringen,  heraus  kommen  u.  a).  verben  mit  denen 
sich  heraus  bindet,  sind: 

ackern:  ein  kästchen  hcrausackern,  arculam  exarorc.  Hede- 
rich 1249. 

ahnen:  das  gedieht  aber,  welches  der  gegenwärtige"  cr- 
klärer  gewählt,  die  harzreise,  ist  sehr  schwer  zu  entwickeln, 
...  und  doch  bat  er  sehr  viel  geleistet,  indem  er  das  an- 
gedeutete genugsam  berausahncte.   Göthe  45,317. 

ängstigen:  ausz  dem  angster  {glas  mit  engem  hak)  musz 
nians  {das  gclränk)  mit  engen  ängsten  .  .  herausz  ängstigen. 
Garg.  100*. 

arbeiten,  aus  einem  rohstoffe  durch  arbät  etwas  ans  licht 
fördern:  aus  einem  solchen  stolTe  lasse  sich  nichts  vernünf- 
tiges herausarbeiten.  Tieck  9,86.  reflexiv  sich  durch  arbeit 
aus  einem  zustande  befreien:  sich  aus  dem  schnee  heraus- 
arbeiten, cluctari  nivcs.  Hederich  1249. 

athmen:  dasz  ich  aus  der  tod-  und  nioderböhle  nur  recht 
mit  mühe  herausathme.  Herder  an  Caroline  Flachsland  (ISil) 
1,  240. 

beichten:  er  wird  alles  herausbeichten,  wenn  man  ihn 
fraget,  omnia,  si  scrulaberis,  effutiet.  Siieler  875. 

beiszen:  das  kind  bat  ein  stück  aus  dem  apfel  heraus- 
gebissen, übertragen  durdi  bissiges  wesen  jemand  aus  einem 
orte  verscheuchen:  Protestanten,  die  der  geist  des  concordals 
allmälich  aus  Ostreich  herausbciszen  wird.  J.  Grimm  in  l'feijfers 
Germ.  11, 127.  dann  aber  auch  reflexiv  sich  kämpfend  aus  einer 
schwierigen  läge  befreien:  und  dergestalt  bisse  ich  mich  zim- 
lich  heraus.  Simpl.  3,  4S  Kurz;  und  neuer  transitiv,  etwas  mit 
kämpf  und  mühe  zu  wcge  bringen  :  ein  e.xamen,  eine  gute  arbeit 
heraus  beiszen. 

bekennen:  damit  er  ja  kleiiicb  eraus  bekennet,  das  die 
wort  Christi,  nemet,  esset,  das  ist  mein  leib  für  euch  ge- 
geben, brot  und  leib  zusamen  fassen.  Luther  3,  370'. 

bekommen,  ein  ergebnis,  ein  factum  ans  lidit  fordern :  wie 
sich  das  verhält,  das  musz  ich  noch  heraus  bekommen ;  um 
die  bedingung  aller  zweckmäszigkeit,  die  einheit  des  grundes, 
herauszubekommen.  Kant  7, 301.  auch  geld  beraus  bekom- 
men, als  ergebnis  einer  abrechnung. 

bellen: 

hat  leides  dir  das  blut  vergällt, 

und  wühlt  dir  groll  im  herzen; 

ihn  lieber  ^rad  herausgebellt, 

als  unter  bittern  scherzen !    Voss  5,  46. 

berufen:  einen  heraus  berufen  sich  mit  ihm  zu  bereden, 
ei'ocare  aliquem  ad  colloquium.  Hederich  1249.    vgl.  heraus  rufen. 

beuteln:  bab  ich  ausz  vielen  büchern  den  kern  und 
mark  .  .  heraus  beutelt.  Frank  wellb.  143*. 

bewegen:  kam  es  ihm  vor,  als  wenn  Marianens  Ihüre 
sich  öffnete ,  und  eine  dunkle  gestalt  sich  heraus  bewegte. 
Göthe  18,112. 

bilden:  aus  dem  rohen  steine  eine  herliche  stattic  heraus- 
bilden ;  ich  begreife  es,  und  fühle,  dasz  sich  jeder  von  uns 
aus  sich  herausgebildet  hat.  Klincer  9,287;  Klinger  gehört 
unter  die,  welche  sich  aus  sich  selbst,  aus  ihrem  gemüthe 
und  verslandc  heraus  zur  weit  gebildet  halten.  Göthe  20,  257. 

blasen:  den  lelzteii  athem  herausblaseu,  extremum  halilunt 
cfflare.  Stei.niiach  1,120. 

blechen:  aber  da  bab  ich  ja  nun  alles  und  sie  nichts, 
und  da  werd  ich  nun  das  ganze  gaudium  wieder  hcraus- 
blechen  müssen  ?  Schiller  kab.  u.  liebe  5,  5.  vergl.  heraus 
geben. 

blühen:  mit  ihrem  Icichlaufgebundencn  lockichlen  haar, 
wo  hier  und  da  eine  bluine  herausblüht.  Sturz  2,  64. 

bolzen,  stieren:  von  den  groszen  aussirotzenden  und 
hi'ransbülzendcn  augcnöpfcin.  Bartisch  augcndienst  216,  — 
vgl.   hohen,   Ih.   2,  23«. 

brausen:  kinder  die  aus  der  schule  berausbrausen.  J.  Paul 
tmlzschnilte  191. 

brechen,  l)  transitiv:  etwas  atis  einem  umschlossenen  orte 
brechend  an  sich  bringen:  einen  cdelstcin  aus  einem  gcschmeidc 
heraus  brechen  ;  einem  die  zUhne  herausbrechen,  evtllere  alicui 
denttt.  Hekhiuch  1219;  brach  er  einen  groszen  stein  aus  dein- 
hvlben  (dem  hause)  heraus.  Herel  2  (1053)  00; 


1029 


HERAUS 


HERAUS 


1030 


wer«!  ich  dereinst  zum  lezten  mal 

die  dürren,  kalten  bände  Talten, 

und  ...  in  beiden  fest  dich  (tabaisdnse)  halten, 

so  wird  mit  schluchzen  mein  gemahl 

heraus  dich  brechen.         Göei^igk  3,  ISO. 

2)  iiitransUiv :  aus  einem  umschlo^enen  orte  getcallsam  herror- 
dringen:  wer  hat  das  meer  mit  seinen  thüren  verschlossen, 
da  es  eraus  brach  wie  aus  multerleibe.  //io6  38,  8;  das  feuer 
bricht  aus  dem  gipfel  des  berges  heraus,  ignis  erumpit  e  trr- 
tice  montis.  Steinbach  1,201;  der  dieb  bricht  aus  dem  ge- 
fängnisse  heraus ; 

ein  bach,  ein  regenbach,  vom  himmel  her  gestärket,  .  .  . 
bricht  da  und  dort  herausz.  Logau  2,  68. 

ton  einer  grenze:  bricht  eraus  an  der  selten  Ekron  her  gegen 
mitternacbt  werts,  und  zeucht  sich  gen  Sichron.  Jos.  15,11. 
von  einer  Jahreszeit:  die  frühlingsfieber  sein  unsern  leibern 
sehr  heilsam;  ebener  maszen  schadet  uns  auch  keinesweges 
die  im  herausbrechenden  soramer  unseres  glükkes  uns  zu 
banden  stoszende  geringe  unglücks-fälle.  Bctschkv  Palm.  609. 

3)  häufig  in  bezug  auf  affecte,  tcorte:  da  er  nu  meinet,  er 
hette  ansehens  gnug,  und  das  im  der  gemein  man  würd 
folgen,  brach  er  weiter  heraus,  und  nani  für  ein  leimen  an- 
zurichten. LcTHEB  3,12;';  denn  wo  die  werk  und  lieb  nit 
herausbricht,  da  ist  der  glaub  nit  recht.  Alberi;s  uidder  Jörg 
Wilzeln  Es";  die  natürliche  liebe  zum  leben  ..  brach  bei 
dem  guten  alten  in  ein  weinen  heraus,  pers.  rosenth.  ß,  l ; 
der  söhn  .  .  brach  in  diese  worte  heraus.  1,4;  der  bettler 
brach  in  diese  w  orte  heraus,  pers.  baumgarten  3,  3 ;  da  ward 
nun  der  mann  verdriesziich  .  .  und  brach  in  diese  worte 
heraus.  10,4;  endlich  brach  sie  gar  heraus,  und  nennte  es 
Lei  dem  rechten  namen.  unw.  doctor  337;  ich  füttre  mein 
herz  mit  liebe,  gall  und  gift.  es  streitet  gegen  einander  in 
mir,  sieh,  es  pocht  und  will  los :  und  brichts  heraus  —  ich 
weisz  nicht  was  überwindet.  Klinger  theater  2,238;  warum 
sollen  nicht  auch  einmahl  die  holden  strahlen  einer  welt- 
lichen freude  aus  einem  gemählde  herausbrechen?  Tieck  Slernh. 
1, 112 ;  er  war  oft  heftig  in  seinen  ausdrücken ;  wo  er  ver- 
urtheilte,  that  er  das  mit  starken  worten,  auch  im  gespriich 
brach  er  wohl  heraus,  dasz  der  doctor  und  sogar  der  vater 
zurückwichen.  Freytag  handsclir.  l,  224. 

4)  reflexiv,  sich  heraus  brechen,  sicli  vor  andern  überheben, 
vergl.  brechen  III,  1,  th.  2,  350 :  das  innerlich  wesen  raus  sich 
nicht  viel  heraus  brechen.  Luther  4,175*; 

sich  dennoch  also  bricht  heraus, 
als  bett  er  ein  gewaltig  haus. 

B.  Ri><GWALD  laut.  warh.  95. 

brennen:  das  feuer  brennt  zun  fenstern  und  dache 
heraus ,  relucent  flaminis  fenesirae  et  culmina  domus,  ftamma 
erumpit.  Stieler  229; 

er  {der  im  Innern  glühende  qeixlenfunken)  brennt  .  . . 

einst  lichterloh  aus  ihm  heraus.     Göei^gk  2,  127. 

transitiv:  und  da  wurde  vollends  mein  altes  wesen  aus  mir 
herausgebrannt  und  geschlagen,  als  wenn  viele  tausend  fun- 
ken bei  jedem  hiebe  aus  brüst  und  herzen  flögen.  Tieck 
16, 189. 

bringen,  1)  aus  einem  orte  her  bringen:  du  solt  hauszen 
stehen,  und  er  dem  du  borgest,  sol  sein  pfand  zu  dir  er  aus 
bringen,  ö  Mos.  24,11;  da  aber  die  fünf  künige  zu  im  eraus 
bracht  waren.  Jos.  10,24;  geid  von  einem  heraus  bringen, 
exprimere  pecuniam  ab  aliquo.  Hederich  1249  ;  so  könnt  ich 
dann  anrücken  und  mein  herz  herausbringen ,  und  es  ihr 
hinlangen.  J.  Paul  Hesp.  2,  210. 

2)  der  begriff  verengt  sich  mehrfach,  herausbringen  gilt  von 
dem  herlocken  eines  bekenn tnisses  aus  dem  munde  eines  bescliul- 
digten:  man  kan  nichts  aus  ihm  herausbringen,  vejbum  non 
polest  ex  eo  elici.  Serz67";  daran  angeschlossen  von  einem  unter- 
suchen, forschen,  das  vollen  erfolg  hat:  aus  diesen  begriffen 
kann  er  kein  erkenntnis  herausbringen.  Kant  3,363;  nach 
blos  theoretischen  principien  des  vernunflgebrauchs  .  .  kann 
niemals  der  begriff  einer  goltheit  herausgebracht  werden. 
7,323;  eine  Wahrheit  herausbringen.  8,308;  ich  musz  heraus- 
bringen ,  wo  wir  uns  gesehen  haben !  Götter  3,  ist ;  man 
will  schlechterdings  herausbringen,  wer  diese  heftige  sclirift 
geschmiedet  hat.  Schiller  parasilh,i;  der  kleine  hatte  nicht 
eher  ruhe,  bis  ich  ihm  ein  paar  pistolen  .  .  schenkte,  und 
bis  er  heraus  gebracht  halte  wie  ein  deutsches  schlosz  auf- 
zuziehen sei.    GöTHK  19,357; 

die  Wahrheit  rief  sie,  breit  ich  aus. 
was  keines  weis  heraus  zu  bringen, 
bring  ich  durch  meinen  neisz  heraus.    Gfllsrt  1,20. 


ferner  in  bezug  auf  ausübung  einer  kunst,  herstellung  einer  künst- 
lerisclien  geslalt:  die  zeuberer  theten  auch  also  mit  irem  be- 
schweren ,  das  sie  leuse  eraus  brechten ,  aber  sie  kundten 
nicht,  i  Mos.  8,18;  dasz  er  vermöge  dieser  bekanntschaft 
sich  im  lautenspielen  perfect  machte,  und  die  französischen 
tanze  überaus  zierlich  herausbringen  lernte,  polit.  stockf.  40; 
diesen  Philipp  möchte  er  nun  recht  grosz,  körnig,  originell 
und  tyrannisch  herausbringen.  Tieck  nov.  kränz  2,84;  dinge 
zu  lesen  die  man  leichter  selbst  herausbringt ,  ist  in  allem 
betiacht  eine  kasteiung  der  seele.  Lichtenberg  3,12  ;  ich  bringe 
nichts  heraus ,  frustra  laborem  impendo.  Serz  67*.  selbst  in 
bezug  auf  mühevolles  sprechen  gilt  herausbringen:  herzliebster 
vater,  wilst  du  mich  dann  allein  in  diesem  wilden  wald  ver- 
lassen? soll  dann  —  mehrers  vermochte  ich  nicht  heraus 
zubringen.  Simpl.  l,  il  Kurz ;  da  erstaunte  die  gute  dame  so, 
dasz  sie  starr  auf  dem  sopha  sitzen  blieb  und  nur  die  worte 
herausbrachte:  was  musz  ich  erblicken!  Freytag  luindschr. 
1,  282. 

3)  herausbringen,  am  etwas  entfernen:  darumb  sols  in 
meinem  newen  testament  bleiben,  und  sollen  alle  bapstesel 
toll  und  töricht  werden,  so  sollen  sie  mirs  nicht  eraus 
bringen.  Luther  5,144*;  die  fettflecken  bringt  man  aus  wol- 
lenen und  seidenen  zeugen  unter  andern  dadurch  heraus, 
wenn  man  venefianische  kreide  darauf  schabet.  Axaba.nthes 
frauenz.-lex.  1  (1773)  1047. 

brüllen:  etwas  herausbrülien ,  aliquid  emugire.  Hederich 
1249. 

brunsten,  brennen.  Ldther  1,  48S*.     s.  die  stelle  th.  2,439. 

bürgen:  sie  ist  im  gefangnisse,  und  wer  sie  nicht  heraus- 
bürgen kan,  der  soll  nicht  mit  ihr  reden.  Chr.  Weise  körbel- 
macher  140. 

dampfen:  es  dampft  aus  dem  Schornstein  heraus;  der 
bahnzug  dampfte  ans  dem  tunnel  heraus. 

därmen:  heraus-,  hervordärmen ,  als  wenn  einer  weide- 
wund gestochen  wird  (wenn  die  gedärme heraustreten).  Stieler  282. 

dauen:  er  hat  gar  üble  gerichte  in  masse  verschlucken 
müssen ,  um  den  Stoff  seines  buches  herauszudauen.  Varn- 
hagen  denkw.  8,  474.     vergl.  dauen  2,  S38. 

deuten:  ich  weisz  aus  diesen  worten  keinen  sinn  heraus- 
zudeuten. 

donnern:  als  er  diese  meinung  vor  boszbeit  und  zorn 
niehr  heraus  gedonert,  als  geredet  hatte.  Simpl.  2, 130  hurz. 
intransitiv:  die  fluche  donnerten  heraus.  Klincer  3,159. 

drängen,  transitiv:  einen  aus  der  thüre  herausdrängen; 
reflexiv:  die  messe  war  eben  geendigt,  und  unter  den  sich 
herausdrängenden  einwohnern  und  landleuten  erblickte  er 
drei  bekannte.  Göthe  23,11.     intransitiv: 

genug,  ein  jeder  drängt  heraus, 

zu  leben  hier  und  sterben.    Claudius  1  «.  2,49. 

drechseln,  bildlich,  etwas  zierlich  und  künstlich  liervor- 
bringen  {vergl.  th.  2, 1351) :  mit  einer  . .  nachtigall  gleichenden 
discantstimme  das  darauf  folgende  recitativ  herausdrechselte. 
Felsenb.  2,344. 

drehen:  eine  schraube  aus  dem  holze  herausdrehen; 
übertragen :  Lucius ,  der  die  Wirkung  auf  mich  sah,  drehte 
das  ding  von  der  lächerlichen  seile  heraus.  Klinger  theater 
3,310; 

macht  man  ein  bündnis  mit  ihm,  so  bleibt  man  am  ende  be- 
trogen ; 
denn  er  dreht  sich  so  listig  heraus,  wer  ist  ihm  gewachsen? 

Göthe  40,  .  .  . 

dringen,  intransitiv:  leute  dringen  zum  thore  heraus; 
das  blut  dringt  heraus,  sanjuw  crHni//i7.  Steinbach  1,  301;  unten 
dringt  das  wasser  heraus,  infra  aqua  prosilit.  das.; 

mit  gold  und  nicht  mit  blei  hat  Amor  dich  geschossen, 

das  ist  nun,  Flavia,  durch  hitz  in  dir  zerflossen, 

es  dringt  zun  äugen  rausx.  Logau  1,  105,42. 

tran.nliv:  die  Ihrencn  der  widwen  Oieszen  wol  die  backen 
herab,  sie  schrAen  aber  über  sich,  wider  den,  der  sie  lienins 
dringet.  Sir.  35, 19. 

drücken:  etwas  von  einem  herausdrücken,  exprimere  ali- 
quid ab  aliquo.  Hederich  1249. 

dünnen:  ganze  bibliolheken  sind  damals,  den  goldscblä- 
gern  mit  ihrem  goldschaum  nicht  unähnlich,  aus  dem  Werther 
herausgedünnl.  Tieck  ges.  nov.  1, 123. 

eilen:  aus  einem  orte  heraus  eilen,  proripere  se  ex  loco 
aliquo.  -Steinbach  1,  324. 

eitern:  herauseilern,  exsaniare,  exsuppurare.  Stieler  32. 

65* 


1031 


HERAUS 


HERAUS 


1032 


erkennen:  einen  aus  vielen  andern  herauserkennen. 
Beckers  weltgesch.  6, 142. 

fubeln:  sie  meinte,  Rosa  fable  aus  einem  träum  heraus. 
TiECK  ges.  no«.  1, 137. 

iahreu,  l)  aus  einem  urle  her  ziehen,  sich  schnell  bewegen: 
wenn  sie  uns  entgegen  eraus  {aus  der  stadl)  fahren,  wie  vor- 
hin, so  wollen  wir  für  inen  fliehen.  Jos.  8,5;  da  füren  die 
kinder  Benjamin  er  aus,  dem  volke  entgegen,  nc/it.  20, 31. 
namentlich  von  Itastigen  bewcgtingcn  der  menschen  imaffecl:  alle 
leute  . . .  vom  tische  aufsprungen  und  zun  fenstern  heraus- 
fuhren, um  zu  sehen!  avanlür.  l,  393;  von  schnellen  bewegungen 
der  thiere:  isset  man  von  iren  eiern,  so  uius  man  sterben, 
zutrit  maus  aber,  so  ferel  ein  otler  eraus.  Jes.  59,5;  ein 
groszer  fisch  fuhr  eraus  {aus  dem  wasser).  Tob.  C,  2. 

2)  übertragen  auf  gewaüsatnes  l^mpfendes  vorgehen :  denn  die 
unterthanen  Ihüren  nicht  herausfaren  für  furcht  der  ober- 
keit.  LijTUER  1,47"';  auch  auf  freudiges ,  jubelndes:  hie  ferel 
Josaia  eraus ,  und  malet  den  heublman  oder  künig  dieses 
königreichs.  3,180*.  am  häufigsten  aber  auf  schnelles ,  unbe- 
dachtes sprechen :  wer  unvorsichtig  er  aus  fcret,  sticht  wie  ein 
Schwert,  sprichw.  12,18;  wer  seinen  mund  bewaret,  der  be- 
waret  sein  leben,  wer  aber  mit  seinem  maul  her  aus  ferel, 
der  kompl  in  schrecken.  13,3;  die  schnurre  fuhr  mir  nun 
so  heraus,  es  ist  nichts  dran.  Lessi.ng  1,562;  oder  auf  rasche, 
lieflige  rede:  fare  nicht  bald  er  aus  zu  zanken,  sprichw.  Ta,S; 
vTenn  ein  unverständiger  grober  geselle  mit  ungestühm  heraus- 
fahret, so  wird  ein  weiser  dargegen  seine  sanftmüthigkeit 
spühren  lassen,  pers.  rosenth.  4,5;  endlich  fuhr  er  etwas  un- 
geduldig heraus:  warum  nennen  sie  denn  Goethe  nicht? 
GöTHE  30,  225 ;  dasz  nur  nicht  etwa  Knebel  in  unmuth  gegen 
den  prinzen  herausfahrt,  ich  möchte  nicht,  dasz  ich  gelcgen- 
hcit  zu  einer  scene  gäbe,  au  frau  v.  Stein  1,299;  bis  eine 
stimme,  die  bisher  geschwiegen,  mit  Uüchen  herausfuhr. 
Ar.mm  2, 12 ; 

eh  diesz  geschieht,  fuhr  Ilüon  rasch  heraus, 

eh  soll  das  grosze  raü  der  scböpf'uug  stille  stehen. 

Wieland  22,  177  {Oberon  4,  55). 

3)  mit  einem  geführt  aus  einem  orte  her  kornmcn:  wir  sind 
mit  eigenem  geschirr  zur  stadt  heraus  gefahren;  transitiv: 
der  kutscher  fuhr  den  gast  hier  heraus. 

fallen,  1)  eigentlich:  der  stein  fiel  aus  der  mauer  heraus ; 
zur  thüre  heraus  fallen,  eripere  sese  foras.  SrEiNBAcn  1,371; 
er  macht  durch  seine  kraft  die  wölken  dicke ,  das  hagel 
eraus  fallen.  Sir.  43,  IC. 

2)  übertragen ,  einen  kriegerischen  ausfall  herwärts  machen : 
da  die  menner  der  stad  eraus  fielen  und  stritten  wider  Joab. 
2  Sam.  11, 17 ;  die  menner  namen  über  band  wider  uns,  und 
fielen  zu  uns  er  aus  aufs  feld.  23;  und  fielen  eraus  aus  der 
bürg  in  das  heiligthum,  den  gottesdienst  zu  wehren,  l  Nacc. 
1,38;  da  fielen  Junathas  und  Simon  aus  dem  gebirg  eraus, 
und  grilTen  sie  an,  und  schlugen  viel  tod.  9,  4U. 

3)  ebenfalls  übertragen:  er  fallt  aus  seiner  rolle  heraus, 
feilen:    aus   dem   rohen   klotze   einen   hofmann  heraus- 

Tfilen.  Klincer  4,  90. 

fitzen:  doch  was  deullichkeit?  die  wollte  ich  ihm  gern 
erlassen,  wenn  denn  nur  Wahrheit  zum  gründe  lüge,  die  es 
der  mühe  lohnte  aus  seiner  verworrenen  Schreibart  heraus 
zu  fitzen.  Lessing  8,131.  auch  reflexiv:  sich  heraus  filzen, 
aus  einer  schlimmen  läge,  einer  Verlegenheit,  vgl.  filzen  l, 
Uieil  3, 1C95. 

fliegen:   der  vogcl  ist  aus  dem  neste  heraus  geflogen; 

die  Dimnit  den  decke)  ab  {vom  kästelten),   ein  liiiiiniiig  fliegt 
heraus.    IIagkuukn  '1,  149; 

ich  weisz  die  lügen  nicht  all,  die  mir  aus  dem  mund  heraus- 
flogen.  Klinger  Uieater  4,159. 

flieszen:  so  reibt  sich  da;  ticr  an  aincm  paum ,  unz 
i'i.ti,  apüstdn  zepricht  und  der  unHAt  her  auj  fleugt.  Mecen- 
iKHC  151,  IG;  lasz  deine  brünnen  er  aus  flicszen ,  und  die 
wasscrbeche  auf  die  gassen.  spricliu:  u,  \o ;  da  flos  ein  wasser 
liiT  aus  unter  der  schwelle  des  tenipels.  Hes.  47, 1 ;  dis  wasser, 
•lu'«  da  gegen  morgen  er  am  fleuszi.  8;  das  wasser  flcust 
iiu»  dem  teichc  heraus,  lacus  restagnal,  emanul  aqua  e  virario. 
^■•■•in  .'iH.  übertragen  in  dem  unne  hervorgehen,  folgen,  in 
Ulf  voi Stellungen :  oh  der  kürper  die  kraft  in  sich  seihst 
!■  ri,  und  was  alsdann  herausflicszcn  würde,  davon  reden 
wir  iüT  jetzt  nicht.  Kant  8,103. 

fluchen,  nnru  fluch  auttto$:en :  aU  er  plötzlich  hcraus- 
Hiii  hl.-.  J  Paul  Tilan  2,  21«. 


fordern,  l)  einen  aus  einem  orte  herwärts  kommen  machen: 
da  gieng  ich  in  das  deutsche  hansz 
und  fodert  den  patron  heraus.    B.  Waldis  4,25,12. 

mit   sächlichem  objecl:    geld   heraus   fordern;   er  fordert  das 
buch,  das  er  mir  geliehen,  wieder  heraus. 

2)  viel  häufiger  einen  zum  kämpfe  fordern,  das  heraus  gelU 
ursprünglich  auf  den  freien  platz,  auf  dem  die  Zweikämpfe  statl- 
findcn:  unangesehen  keiner  vNar,  der  das  herz  hatte,  mich 
heraus  zu  fodern  oder  Ursache  zu  geben,  dasz  ich  einen  von 
ihnen  gefodert  hätte.  Simpl.  1,291  Kurz;  also  dasz  besagter 
Jäger  um  solcher  Ursache  willen  mich  auch  heraus  fodern 
licsz.  436 ;  einen  vor  den  degen  herausfordern,  elicere  aliquem 
ad  pugnam.  Stieler  540;  ihn  herausfordert  als  einen  beren- 
heuter.  Cur.  Weise  erzn.  835;  Carl  hat  mich  also  zum  Zwei- 
kampf herausgefordert.  Fr.  Mi5LLER  3,257;  besonders  lobte 
die  mutter  den  freimüthigcn  ausdruck,  wie  ich  den  Goliath 
herausgefordert.  Göthe  18,26;  der  obrist  hat  ihn  heraus 
gefordert,  er  ist  hinausgeritten,  seinen  gegner  aufzusuchen. 
20, 14.  von  dieser  bedeutung  aus  auch  freier  verwendet :  einen 
aufs  bretspiel  heraus  fodern,  in  aleam  aliquem  provocare.  Stein- 
BAcn  1,477;  ich  fordre  alle  ihre  grübler  heraus,  einen  bes- 
sern grund  anzugeben.  Wieland  19,60  {Abd.  1,5);  ob  er 
schon  in  behandlung  der  Orangerie,  der  blumenzwiebeln,  der 
nelken-  und  aurikelnstücke,  die  natur  selbst  hätte  heraus- 
fordern können.  Göthe  17,  305. 

fördern:  erze,  kohlen  aus  der  grübe  heraus  fördern. 
vergl.  fördern  2,  tlieil  3,1893. 

forschen:  sie  hatte  nach  und  nach  die  scene,  die  dem 
Unglück  vorher  gegangen  war,  herausgeforscht.  Göthe  17,373, 

fragen:  er  hatte  ihm  allmählich. seine  leidensgeschichte' 
lierausgefragt, 

fühlen:  ich  fühlte  sein  inneres  aus  der  art  heraus,  mit 
welcher  er  das  meinige  zu  ergründen  suchte.  Klinger  9,139; 
durch  sie  bewegt,  theilt  man  ihnen  das  eigentliche  leben 
mit;  man  fühlt  es  wieder  aus  ihnen  heraus.  Gütue  28,74; 
sie  fühlte  absieht  heraus.  Freytac  handschr.  3, 106. 

führen:  wo  sind  die  menner,  die  zu  dir  kommen  sind 
diese  nacht?  füre  sie  eraus  zu  uns.  i  Mos.  19,5;  füret  er 
mich  heraus  zum  thor  gegen  morgen.  Hes.  42, 15 ;  ich  füre 
in  her  aus  zu  euch,  das  ir  erkennet  das  ich  keine  schuld 
an  im  finde.  Joh.  19,4;  alles,  was  in  der  Stadt  ist,  heraus 
führen,  ornnia  quae  urbs  continet,  evehere.  Steinbaco  1,391; 
einen  aus  dem  gcfängnisse  heraus  führen,  aliquem  e  custodia 
cducere.  das.  herausführen  bergmänni:ich ,  etwas  beim  heraus- 
fahren mit  aus  der  grübe  nehmen.  Jacobsson  ^,  254*.  über- 
tragen, auszer  sich  bringen:  der  gedanke  des  nutzens  führt 
mich  aus  mir  selbst  heraus  und  gibt  mir  eine  fröhlichkeit, 
die  ich  sonst  nicht  empfinde.  Göthe  15,  39. 

fürzeln: 

bisz  einsinals  er  {Lucifer)  da  uberpürxelt, 
und  einen  tculel  heraus  fürzelt. 

Fiscbart  Jesuiterltültein  402  Kurt. 

füttern:  einen  verhungerten  menschen  wieder  heraus- 
füttern; der  rosskamm  füttert  das  pferd  heraus. 

gabeln,,  «lit  der  gabel  etwas  herausnehmen:  einen  fetten 
brocken  aus  der  suppe  herausgabeln,  ofl  übertragen,  er  hat 
etwas,  einen  prolit  herausgegabelt. 

gaffen:  er  gaflTt  zum  fenster  heraus. 

gebären: 

durch  einen  gerneklug,  der  wenn  der  geist  ihn  rürt. 
jetzt  dieses  pralcwort,  jetzt  jenes  rausz  gebiert. 

LocAU  1,  64,  57. 

gehen,  in  mehrfachem  sinne.  1)  hergeben,  in  bezug  auf  eine 
bisher  zurückgehaltene  person  oder  sache:  das  er  ime  20  gülden 
zu  zcrungc  herausgab  {von  einer  geliehenen  summe).  Wiltroll 
V.  Schaumb.  35 ;  ich  habe  zwo  töchter,  die  iiaben  noch  keinen 
man  erkennet,  die  wil  ich  eraus  geben  unter  euch,  l  Mos. 
19,8;  gib  die  menner  eraus,  die  zu  dir  in  dein  haus  komcn 
sind,  denn  sie  sind  komen  das  ganze  land  zu  erkunden. 
Jos.  2,  3 ;  gib  deinen  sun  eraus,  er  iiius  sterben,  riciä.  C,  30 ; 
das  . . .  unsere  kamern  vol  seien ,  die  eraus  geben  können 
einen  Vorrat  nach  dem  andern,  ps.  144,13;  das  verwahrte 
herausgebi'ii,  promerc,  proferre  ex  aliquo  loco.  Frisch  1,328*; 
das  übrige  vom  gewechselten  gelde  herausgeben ,  reddeie 
residuum.  das.;  er  wollte  gleich  alles  herausgeben,  den  knahcn 
und  noch  geld  darauf,  nur  euch  zu  befreien.  GurnE  8,4s; 

den  prcnniiig  grh  ich  dir  wol  oboii, 
kaiibi  mir  aber  hcraiiiii  auch  gehen? 
dniin  ich  li;il>  jciri  knin  heller  nicht. 

W.  SrAKOKNiimo  mammon$  iolJ  Ab'; 


1033  HERAUS 

unser  zeit  und  ihr  gesinde 

Tressen  geizig  und  geschwinde 

alles  aul'  bisz  an  den  gruod : 

wetten  wil  ich,  dasz  ihr  Schlund 

kürzlich  rausz  gibt  ungedeuet 

was  sie  fressen  ungekeuet.    Logau  1,20,63; 

gieb  diesen  todien  mir  heraus!   ich  musz 

ihn  wieder  haben.    Schiller  Karlos  5,  9. 

2)  herausgeben,  sich  äuszem,  angeben,  ^rechen:  ich  musz 
doch  ein  bischen  hören,  was  sie  herausgiebt.  Weisze  kovi. 
Opern  3,  27  (jagd  1,  6).  in  reflexiver  füguny :  doch  weil  der 
kaiser  sich  so  fern  heraus  gibt,  dasz  es  solle  ein  unver- 
bindlich gespräch  sein.  Lcther  br.  5,  364. 

3)  herausgehen,  bei yegeniiberslellungen,  vergleichen:  die  salire, 
die  freilich  so  grob  und  stark  als  möglich  ist  und  der  un- 
polierten  art,  wie  Hunold  gegen  Wernicke  schrieb,  wenig 
herausgiebt.  Gervi.vcs  gesch.  der  poet.  nalionallilt.  (1835)  3, 519. 

4)  ein  buch  herausgeben ,  /i6rt*m  edere;  er  giebt  unter- 
schiedene bücher  heraus,  edit  varios  libros.  Steinbach  1,570; 
ein  buch  unter  seinem  nainen  herausgeben,  divulgare  librum 
suo  nomine,  das.;  ein  werk  herausgeben,  opus  in  publicum  dare. 
Hederich  1250. 

gehen,  1)  aus  einem  orte  herwärts  gehen, 

üj  dem  wald  kam  er  bar  ü; 

gegangen  Tür  ein  einig  büs.    edelslein  63,4; 

si  ritten  dem  Mutscheibecken 

für  sein  aigen  haus: 

'Mutscheibeck,  bistu  dinnen, 

so  ge  zu  uns  herausz!      Uhla;«!)  volksl.  315; 

also  gieng  Noah  er  aus  {atis  der  arche)  mit  seinen  sönen 
und  mit  seinem  weib  und  seiner  söne  weibern,  dazu  allerlei 
thier.  1  Mos.  8, 18 ;  niemand  gehe  er  ausz  von  seinem  ort. 
2  Mos.  16,  29 ;  sihe ,  da  gehet  seine  tochter  er  aus  im  ent- 
gegen. ricA/.  11,34;  David  aber  gieng  er  aus  zu  inen,  ichron. 
13,17;  wo  ir  aber  in  eine  stad  komet ,  da  sie  euch  nicht 
aufnemen,  da  gehet  heraus  auf  ire  gassen.  Luc.  10,10;  aus 
dem  bade  heraus  gehen,  de  balneis  exire.  Steinbach  l,  545. 

2)  herausgehen,  von  flüssigen  dingen,  emanare,  effluere:  da 
spaltet  gott  einen  backenzaan  in  dem  kinbacken,  das  was^ser 
er  aus  gieng.  rieht.  15,19;  und  wird  eine  quelle  vom  hause 
des  herrn  her  aus  gehen.  Joel  3,  23 ;  wenn  man  das  äuge 
drückt,  so  gehen  threnen  heraus.  Sir.  22,23;  alsbald  gieng 
blut  und  Wasser  her  aus.  Joh.  19, 34.  —  ferner  von  andern 
Sachen :  du  aber  wirst  viel  krankheit  haben  in  deinem  ein- 
geweide,  bis  das  dein  eingeweide  für  krankheit  er  aus  gehe 
von  tage  zu  tage.  2chron.  21,15;  dasz  mir  der  Schlüssel  zu 
dem  maul  herausz  gienge.  La:,  de  Tormes  63.  in  bezug  auf 
gedanken  und  worle:  denn  ich  schepfe  meine  liebe  nicht  aus 
deiner  frömkeit,  als  aus  einem  frembden  brunnen,  sondern 
aus  meinem  eigen  quellbörnlein ,  nemlich  aus  dem  wort, 
welches  ist  in  mein  herz  gepfropfet,  das  heist,  liebe  deinen 
nehesten.  da  gehet  sie  reichlich  heraus.  Ldther6,  37";  solche 
liebe,  die  heraus  gehet  von  reinem  herzen.  2,493";  und  sol 
von  dannen  heraus  gehen  lob  und  freudengesang.  Jer.  30, 19; 
was  aber  zum  munde  eraus  gehet,  das  kompt  aus  dem 
herzen.  Matth.  15,  IS ;  denn  von  innen,  aus  dem  herzen  der 
menschen,  gehen  heraus  böse  gedanken.  Marc.  7, 21. 

3)  an  die  letzleren  beispiele  angeschlossen,  heiszt  herausgehen, 
mil  persönlichem  subject,  sich  äuszern,  sich  ausspredien :  dasz  es 
redlicher  und  feiner  sei ,  mit  der  Wahrheit  herauszgehen. 
Simpl.  1  (1713)  s.  5;  lassen  sie  mich  ganz  freimütig  heraus- 
gehn.  Engel  Lor.  Stark  cop.  31;  dasz  du  dich  scheust,  mit 
der  spräche  herauszugehen.  Götter  3, 161 ;  ich  wurde  immer 
kühner,  ging  offenherzig  heraus  und  war  bis  ins  detail  der 
Wahrheit  getreu.  Göthe  19,272;  ein  mädchen ,  das  einem 
manne  entsagt,  dem  sie  ihre  gewogenheit  nicht  verläugnet, 
ist  lange  nicht  in  der  peinlichen  läge,  in  der  sich  ein  Jüng- 
ling befindet,  der  mit  erklarungen  eben  so  weit  gegen  ein 
frauenzimmer  herausgegangen  ist.  26,81;  ich  blamire  mich, 
. . .  wenn  ich  mit  unserm  wehstande  ganz  herausgehe.  J.  Pacl 
Tit.  2,94;  gieng  endlich  damit  heraus,  dasz  er  eine  tochter 
in  Nürnberg  und  hier  einiges  an  sie  habe,  palingen.  1,  35. 

4)  herausgehen,  in  bezug  auf  Charakter  und  betragen,  sich  des 
angeborenen  oder  anerzogenen  entäuszern,  anders  werden,  bei  Göthe 
beliebt:  aber  warum  gehe  ich  auch  aus  meinem  charakter 
heraus!  17,106;  als  schon  wieder  neuer  besuch  eintraf,  Char- 
lotten willkommen,  die  aus  sich  selbst  heraus  zu  gehen,  sich 
zn  zerstreuen  wünschte.  134;  liesz  sich  daher. gefallen  ... 
dieszmal  aus  seiner  rolle  herauszugehen,  und  statt  des  Ver- 
mittlers den  vertrauten  zu  spielen.  185;  indessen  hatte  jeder, 


HERAUS 


1034 


der  nur  ein  einzigesmal  aus  seinem  charakter  herausgegangen 
war,  ein  pfand  geben  müssen.  18,  ISS;  er  war  ganz  aus  seiner 
manier  herausgegangen;  von  seinen  gewöhnlichen  scherzen 
hörte  man  keinen.  317. 

5)  ein  buch  herausgehen  lassen,  in  publicum  dare :  es  hat . . 
herr  Johann  Michael  Dillherr  von  dieser  materi,  nemlich  von 
der  h.  sontagsfeier,  ein  schönes,  geistreiches,  nützliches  büch- 
lein  herausz  gehen  lassen.  Schcppius  215;  welcher  das  abcbuch 
vermehrt  und  verbessert  herausz  gehen  liesz.  5S8. 

6)  tm  folgenden  ist  rerweciiselung  von  heraus  mil  hinaus  ein- 
getreten {vergl.  sp.  1027) :  ob  ich  gleich  . .  mich  vollkommen 
überzeugt  habe,  dasz  alles  auf  ein  leeres  spiel  mit  begriffen 
herausgeht.  Fr.  Nicolai  im  leben  v.  Gokingk  s.  58. 

geifern:  das  ir  wider  die  öffentliche  Schriften  ein  blawen 
dunst  heraus  geifert.  Joh.  Wicasdus  ob  die  neuen  WiUen- 
berger  22*. 

gestalten:   etwas  aus  der  rohen  masse  herausgestalten. 

gewinnen: 

bisz  ich  dich  gar  herausz  gewinn. 

SCHWARZKNBERC    121'. 

gieszen:  geld  befielt  poeten  und  oratores,  das  sie  alle 
ihre  phrases  dich  zu  loben  herausz  gieszen.   Schuppius  709. 

graben:  das  versteckte  geld  heraus  graben,  argentum 
penitus  abditum  effodere.  Steinbach  1,630; 

da  wurden  erst  die  söhne  klug, 

und  gruben  nun  jähr  ein  Jahr  aus 

des  Schatzes  immer  mehr  heraus.    BErger  77". 

grübeln,  eigentlich:  kerne  aus  der  frucht  herausgrübeln; 
übertragen :  ich  dachte  hin  und  her  und  konnte  nichts  heraus- 
grübeln. Seomk. 

grunzen:  es  wäre  gut,  wir  jagten  einen  knecht  hinauf, 
der  sie  herausgrunzte.  Fr.  MCller  3,  27. 

gucken:  herausgucken,  prospicere.  Stieler  714; 

spindei  im  sack, 
Stroh  im  schuh, 
hur  im  haus, 
gucken  alleweg  heraus; 

der  tod  gucket  uns  zu  allen  gliedern  heraus.  Schottel  1124*; 

auf  einmahl  knarrt  ein  kleiner  fensterladen, 
und  eine  nase  guckt  heraus 
so  lang  als  euer  arm.    Wieland  22,  153  (Oberon  4,  15). 

häkeln:  hätten  sie  anfangs  ihn  {den  agtstein)  mit  langen 
Zangen  im  wasser  gesucht  und  heraus  gehäckelt.  Lohenstein 
Arm.  2,  855'. 

halsen,  aus  dem  halse  heraus  schreien:  ich  bitte  euch, 
Uiszt  er  ihn  {Shakespeare  Hamlet)  unter  andern  zu  dem  komö- 
dianten  sagen,  sprecht  die  rede  so,  wie  ich  sie  euch  vor- 
sagte; die  zunge  musz  nur  eben  darüber  hinlaufen,  aber 
wenn  ihr  mir  sie  so  heraushalset,  wie  es  manche  von  unsern 
schauspielern  thun :  seht,  so  wäre  mir  es  eben  so  lieb  ge- 
wesen ,  wenn  der  stadtschreier  meine  verse  gesagt  hätte. 
Lessing  7,  24. 

hangen  und  hängen:  dasz  ihm  das  hembd  binden  und 
vornen  zu  den  hosen  heraus  hieng.  Simpl.  3,207  Kurz; 

zu  Wildbad  an  dem  markte  da  steht  ein  stattlich  haus, 
es  hängt  daran  zum  zeichen  ein  blanker  spiesz  heraus. 
Uhland  ged.  358. 

transitiv:  dort  hängt  man  eine  fahne  zum  fenster  heraus. 

haspeln:  bald  werd  ich  wild:  soll  ich  dir  jedes  wort 
aus  dem  hals  heraushaspeln.  H.L.Wagner  kindermörd.  36. 

hauen:  die  beume  mit  der  wurzel  heraus  hauen,  arborcs 
radicitus  excidere.  Stieler  790;  einen  block  aus  einem  felsen 
heraushauen;  einen  aus  den  feinden  heraushauen,  hauend 
befreien. 

heben,  1)  aus  einem  orte  her  heben:  den  eimer  aus  dem 
brunnen  heraus  heben ;  den  quellenden ,  geschwollenen, 
dunkelgrünen  frühling,  ...  der  mit  kleinen  blassen  spitzen 
aus  der  erde  dringt,  bis  er  sich  herausgehoben  voll  glühender 
blumen,  voll  wogender  bäume.  J.  Paul  Hesp.  3, 139 ; 
du  kannst  die  Treude  bald  erleben, 
das  kesselchen  herauszuheben.    Göths  12,  193. 

2)  der  begriff  des  herwärts  trilt  mehr  zurück,  dagegen  der  des 
aus  f?ie/tr  ror  ;  herausheben,  idem  quod  ausheben,  ex  loco  tollere. 
Stieler  807;  in  verschiedenen  uendungen :  das  {halbmasz)  hub 
der  alte  bachant  in  zweien  trunken  rausz.  Katziporus  h  2 ;  als 
sich  ihre  wortwechslung  geendigt,  und  Simplicius  ein  glas 
voll  wein  heraus  gehoben ,  das  er  dem  Springinsfeld  zum 
Willkomm  zugetrunken  hatte.  Simpl.  3, 159  Kurz; 


1035 


HERAUS 


HERAUS 


1036 


wer  nennt  das  glück  noch  falsch?  mir  war  es  treu, 
hob  aus  der  menschen  reihen  mich  heraus 
mit  liebe.  Schiller  Wallensteins  tod  5,  4. 

man  wünsche  ...  dasz  ich  mich  entschlieszen  möchte,  sie 
(aufsdlze)  aus  der  monatsschrift,  worin  sie  zuerst  erschienen, 
heraus  zu  heben ,  und  durch  eine  eigene  ausgäbe  in  die 
bände  mehrerer  leser  zu  bringen.  Wieland  29,8;  er  hatte 
ihrem  söhn,  der  als  soidat  sich  sehr  brav  gehalten,  ein 
ehrenzeichen  verschalTt,  indem  er  dessen  that,  wobei  er  allein 
gegenwärtig  gewesen,  heraushob,  mit  eifer  bis  vor  den  feld- 
herrn  brachte,  und  die  hindernisse  einiger  miswollenden 
überwand.  Göthe  17,384;  die  hauptgedanken  stehen  nicht 
stark  genug  herausgehoben  da.  GOU.  gel.  anz.  1806,  st.  50,  s.  495 ; 
statt  dasz  die  ersten  anfangsgründe  nur  grundsätze  .  .  aus 
dem  ganzen  umfange  der  Wissenschaft  herausheben  sollten. 
HcGO  civ.  mag.  (1.  auß.)  2,  233. 
heiszen: 

ach  gehe,  helsz  deinen  herren  rausz. 

H.  Sachs  2,  2,  19'. 

helfen:  ich  'wil  inen  her  aus  helfen  aus  allen  örtern, 
da  sie  gesündigt  haben,  und  wil  sie  reinigen.  lies.  37,23; 
furchtsame  und  weiche  herzen ,  die  gerne  trost  betten,  und 
sich  gerne  wolten  bekeren,  und  doch  nirgend  trost  und  raht 
finden  können ,  bis  so  lange  inen  gott  eraus  hilft,  und  mit 
seinem  wort  tröstet.  Luther  5,  531*;  sich  aus  der  nolh  heraus- 
helfen, expedire  se  aerumnis.  Hederich  1251;  es  wäre  gar 
schlimm,  sagte  er,  gnädige  frau,  wenn  sie  sich  aus  dieser 
Sache  nicht  heraushelfen  wollten.  Göthe  18,  280;  anstatt  dasz 
er  sich  auch  wohl  selbst  {aus  dem  wasser) ,  aber  am  jen- 
seitigen ufer,  heraus  hilft.  291;  im  übrigen  steht  die  sache 
nicht  schlecht  und  er  wird  sich  allein  heraushelfen.  Frevtag 
handschr.  3,  25 ; 

{ich)  hülfe  dir  aus  deinem  grabe 
wieder  an  das  licht  heraus!    Gökinck  3,  188; 
fängt,  weil  er  schon  den  handel  halb  vergessen, 
sein  mährchen  stets  von  vornen  wieder  an, 
und,  kurz,  verwickelt  sich  in  bündeln  und  prinzessen, 
bis  er  nicht  mehr  heraus  sich  helfen  kann.    Wieland  18, 139. 

hetzen:  lieraushetzen ,  feras  c  latebris  eiere.  Stieler  783. 
holen:  siehe  ich  wil  ewre  greber  aufthun,  und  wil  euch 
mein  volk,  aus  den  selben  er  aus  holen,  und  euch  ins  land 
Israel  bringen.  lks.  37,12;  heraushohlen,  ducere,  ferre  in  su- 
periorem  locun}  ad  aliquem.  Frisch  1,  462";  er  pries  und  rühmte 
zum  scherz  die  reichen  gold-  und  silberminen ,  womit  man 
die  ganze  alte  weit  erkaufen  könnte,  wenn  man  alle  beute 
herausholte.  Heinse  Ardingli.  1,244;  er  holte  die  kringlen, 
wie  sie  gar  wurden,  heraus  {aiis  einer  pfanne).  Göthe  28,  64; 
nicht  wir  beanspruchen,  die  Verborgene  handschrift  aus  ihrem 
«igenthum  herauszuholen.  Freytag  handschrift  1,  80.  über- 
tragen, u'te  ausholen  4,  //i.  1,  887,  ausfragen,  ausforschen:  über- 
diesz  hat  er  sie  noch  mit  einem  geheiinnis  belastet  .  .  was 
es  ist,  weisz  niemand  aus  ihr  herauszuholen.  Immerhan n 
JtfüncAÄ.  2, 144;  'apropos,  Stöcklein,  in  dieser  nacht  mach  ich, 
dasz  die  belagerung  übermorgen  ein  ende  hat  .  .'  Stücklein 
wollte  fragen,  und  herausholen,  —  ja  jubeln,  ich  aber  sagte, 
jeder  mensch  erwarte  die  nacht.  J.  Faul  Nepomukkirche  139. 
in  bezuy  auf  die  arbeit  an  einer  sculplur:  vielleicht  erlaubte 
es  auch  der  stein  nicht,  in  den  schild  oben  tiefer  hinein- 
zugehen, und  so  den  arm  herauszuhohlcn,  als  unten  der. 
köpf  des  liegenden  kriegers  herausgehohlet  ist.  Lessinc  8, 125 

borchen:  und  so  horchte  ich  in  kurzer  zeit  von  be- 
dienten und  Soldaten ,  schildwachen  und  besuchen  so  viel 
(von  der  französischen  spräche)  heraus,  dasz  ich  mich,  wo  nicht 
ins  gespräch  mischen,  doch  wenigstens  einzelne  fragen  und 
antworten  bestehen  konnte.  Göthe  24,141. 

hören:  aus  deinen  worten  höre  ich  einen  Vorwurf  heraus; 
man  kann  aus  seiner  stimme  den  Norddeutschen  heraus 
hören  {aus  dem  klänge  der  stimme  schlieszen,  dasz  er  ein  sulclier 
ist) ;  und  alles  dieses  hörtest  du  aus  Mabals  reisen  heraus  ? 
Klincer  7,20. 

hungern:  (verse)  worin  Bürger  laut  ausruft,  dasz  ein 
ebrenmann,  ehe  er  die  gnade  der  groszen  erbettle,  sich  lieber 
aus  der  weit  heraushungern  solle!  li.  Heine  0, 118.  bei  URk- 
CER  %leht  aber  das  hur  allein  correcte  hinaus  hungern.  79'. 
veryl.  oben  heraus  sp.  1027. 

husten:  eiter  heraus  husten,  purulenta  elustire.  Steinbach 
1,797. 

jagen:  ich  wil  burnissen  für  dir  her  senden,  die  für  dir 
•raus  jagca  die  Heviter,  Cananiter  und  Hethiter.  2  Mos.  23, 28; 


der  deutsche  herr  brachte  jetzt  eine  tabaliere  hervor  mit 
einem  niedlichen  gemälde  von  Lilar  und  fragte  Lianen,  wie 
es  ihr  gefalle  ...  der  lektor  erschrak,  bog  sich  dem  dosen- 
stücke  entgegen  und  jagte  einige  urtheiie  heraus,  die  die 
halbblinde  in  den  ihrigen  führen  sollten.  J.  Paul  Tttan  2,  39. 
kämpfen:  lange  hatte  sich  Faust  mit  den  Seifenblasen 
der  melaphysik  . .  herum  geschlagen,  ohne  eine  feste,  halt- 
bare gestalt  für  seinen  sinn  herauszukämpfen.  Ki.incer3,  3; 
sie  sind  dahin,  um  deren  willen  ich  lebte!  ich  kann  .  .  durch 
keine  Unternehmung  sie  aus  dem  nichts  herauskämpfen. 
4,  256. 

kehren,  uendcn:  das  rauche  herauskehren,  severitalem 
adhibere.  Stieler  944 ;  wollen  die  (gelinde  mittel)  nicht  helfen, 
so  wollen  wir  die  rauhe  seile  heraus  kehren.  Hoffmann 
Eviana  212;  völlig  fremde  und  gegen  einander  gleichgültige 
menschen,  wenn  sie  eine  zeit  lang  zusammen  leben,  kehren 
ihr  inneres  wechselseitig  heraus,  und  es  musz  eine  gewisse 
Vertraulichkeit  entstehen.  Göthe  17,353. 

klatschen:  die  Schauspieler  wurden  nach  schlusz  der 
Vorstellung  herausgeklatscht. 

klauben,  vergl.  th.  5,  1023:  ja,  beer  schultheisz,^  mein 
mann  ist  ein  solcher  loser  mann,  nichts  kann  ich  ihm'recht- 
thun,  wen  ich  ihm  morgends  ein  suppe  bring,  sagt  er,  er 
schiesze  mir  drien,  klaubt  ihr  nur  das  best  heraus,  fac.  facet. 
437;  und  wo  sie  nicht  öffentlich  gescholten  werden,  da  mar- 
tern sie  etwa  ein  wort  on  gefehr  geschrieben ,  und  klauben 
eine  klage  eraus  über  ir  leiden.  Luther  3,339';  gar  fein 
haben  sie  heraus  geklaubt  aus  unsern  Schriften  oder  vieleicht 
aus  etlichen  hendlen,  was  sie  gerne  betten.  6,359";  im  ge- 
meinen gespräch  läuft  viel  gutes  und  viel  böses  vor,  unsere 
misgünstige  aber  klauben  das  böseste  heraus,  pers.  rosenth. 
4, 1;  wie  kluge  zuseher  auf  einem  schauplatze  nicht  nur  sehen 
und  hören,  sondern  ihnen  auch  das  beste  an  lehre,  warnung 
oder  tröste  herausklauben.  Bütschky  Palm.  954;  niemand 
konnte  begreifen  wie  der  menschliche  wilz  auf  der  einen 
seile  eine  gemeine  zahl  so  räthselhaft  in  worte  verschränken, 
und  auf  der  andern  mit  solcher  Zuverlässigkeit  solche  aus 
dieser  kunstreichen  Verborgenheit  herauzuklauben  vermöge. 
MüSÄüs  volksmärch.  308 ;  es  ist  ein  saures  und  trauriges  ge- 
schäft,  das  alte  Rom  aus  dem  neuen  herauszuklauben. 
Göthe  27,210. 
kleiden: 

und  flugs  ist  kaftan,  gurt,  und  alles  angethan; 

die  wirthin  spudet  sich,  ihn  recht  heraus  zu  kleiden. 

Wieland  22,  206  (Oberon  b,  28), 

vergl.  heraus  putzen. 

klingeln,  durch  klingeln  herausrufen:  der  arzt  wird  in 
später  nacht  herausgeklingelt,  anders  als  bild  für  tinend  aus- 
sprechen: nun  ja  doch!  hab  keinen  haspel  im  maul,  wie  ihr 
leut,  dasz  ich  alles  so  grad  herausklingeln  könnt.  Fr.  Müller 
1,  254. 

klingen:  das  aus  allen  gallischen  hauptstädten  heraus- 
klingende glockenspiel.  J.  Paul  biogr.  belust.  1,  67  ;  aus  seineu 
Worten  klang  ein  lob  heraus. 

klopfen:  herausklopfen,  fores  pultando  exsuscitare  aliquem, 
somno  excire  pulsalionibus.  Stieler  984;  gelt  herausklopfen, 
percussionibus  pecuniam  extorquere.  das.;  er  wird  eben  so  bald 
einen  todten  aus  dem  grabe  herausklopfen,  als  das  glück 
aus  dem  kabinet  eines  solchen  Staatsmannes.  Klincer  II,  44; 
ihn  aus  dem  bette  heraus  zu  klopfen.    J.  Gottuelf  3, 101. 

koken,  als  derber  ausdnuk  für  uiderliches  reden,  s.  beispielc 
th.  5,1567;  so  stehen  auch  die  poetcn  bei  mir  in  schlechter 
estime ,  welche  sich  selbst  rühmen ,  wie  geschwind  sie  die 
verse  herausköcken  können,  wie  Homerus  seine  saalbadereien. 
Menantes  allerneuste  art  z.poesie  606. 

kommen,  1)  in  figenilicher  bedeulung :  wenn  nu  ein  jung - 
fraw  eraus  kompt  zu  schepfen.  1  Mos.  24,  43 ;  kamen  kleine 
knabcn  zur  stad  er  aus.  'ikOn.  2,23;  und  werdest  in  den 
kerker  geworfen,  ich  sage  dir  warlich,  du  wirst  nicht  von 
dannen  eraus  komcn,  bis  du  auch  den  letzten  heller  be- 
zallcsl.  Matth.  5,20;  rief  er  mit  lauter  stimme,  Lazare  kom 
her  aus.  Joh.  11,43;  sie  sitzen  noch  an  tafel,  er  wird  gleich 
herauskuminen,  der  minister.  Schiller  parasit  5,  t; 

der  hnhncr5lnll  steht  offen; 
wlo  ober  k6mmt  man  hier  heraus?    lUoUORN  2,20. 

tn  etwas  modißcirtem  sinne,  2undchst  von  k-indern  die  geboren 
Verden:  sihe,  da  waren  zwilling  in  ircm  leibe,  der  erst  der 
eraus  kam,  war  röthlicht.  1  M«m.  26,  25,  vergl.  20;  von  wasser 


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HERAUS 


HERAUS 


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und  wind:  aus  dem  felsen  kommt  wasser  heraus;  wind,  kom 
heraus  aus  den  vier  orten.  Hes.  3",  9  Variante;  vom  laufe  eines 
hndstriclis:  und  kompt  von  BethEl  eraus  gen  Lus.  Jos.  16,  2; 
von  bhchem:  ich  will  unterschiedene  theologische  tractällein 
herausz  kommen  lassen.  Schcppiüs  5S3 ;  von  andern  dingen: 
man  weisz ,  dasz  ein  minister  selten  Verfasser  der  Schriften 
ist,  die  aus  seinen  bureaux  herauskommen.  Schiller  parasit 
5,  S;  von  dem  verbreitelwerden  äner  nachricht,  einer  künde: 

Springinsfelds  herkunft  kommt  lächerlich  raus, 

gehet  zu  letztens  doch  wunderlich  aus. 

Simpl.  (1713)  2,45; 

jetzt  kommt  es  heraus,  wer  der  dieb  gewesen  ist;  es  ist  her- 
ausgekommen, dasz  du  sehr  schlechte  gesellschaft  besuchst. 
GöTHE  24,332;  erstens  kommt  es  leicht  heraus,  wenn  einer 
zu  arg  flunkert.  Imxermann  Münchh.  l.  3 ;  sehen  sie,  Gabriel, 
da  kam  der  Schwindel  heraus.  Freytag  handschr.  3,  348.  be- 
züglich des  Wechsels  von  glücksumstdnden :  der  mann  ist  aus 
seiner  vortheilhaften  Stellung  herausgekommen ;  aus  der  noth 
herauskommen,  se  ex  malis  emergere.  Hederich  1252;  ähnlich: 
(vettern)  welche  .  .  aus  ihrem  Wiegenfeste  gar  nicht  heraus- 
kommen. J.  Paul  Levana  2, 109. 

2)  häußg  auch  ist  heraus  kommen  in  dem  sinne  entspringen, 
hervorgehen  als  resultat  einer  anstrengung ,  einer  forschung,  einer 
arbeil:  aus  dem  beständigen  poltern  kömmt  auch  nicht  viel 
heraus.  Rabeser  sat.  3,39;  seine  lust  ist  grosz,  wenn  er 
fähigkeiten  ausübt,  die  ihm  gegeben  sind,  und  wenn  auch 
weiter  nichts  dabei  herauskäme.  Göthe21,  113;  errege  meinen 
erben  beschwer  und  gewissenszweifel  —  was  kommt  dabei 
heraus  ?  Immerkan-n  itünchh.  2, 143 ;  ich  werde  hier  im  hause 
logieren,  so  lange  der  herr  vetler  in  K.  ist,  das  kommt  für 
mich  auf  eins  heraus.  Prütz  Holberg  430; 

du  sinnst  auf  eine  grosze  that; 

was  kömmt  heraus?  was  suchst  du?  friede.    G(;:ither  125. 

in  beziig  auf  das  geraten  künstlerischen  Schaffens:  nach  wenig 
umrisz  und  Zeichnung  fing  er  sogleich  am  köpf  an  zu  mahlen 
.  .  .  und  siehe  da!  sie  kam  heraus  wie  völlig  lebendig. 
Heijcse  Ardingh.  1,127;  weil  die  bewegung  sonst  steif  und 
häszlich  herauskommen  würde.  Güthe  44,  315. 

3)  herauskommen ,  bezogen  auf  eine  eigenthümliche  sprechart 
und  mündliche  oder  schriftliche  darstellungsweise :  wie  seltsam 
und  paradox  es  herauskomme.  Kant  8, 103  ;  'da  sie  (Schmetter- 
linge) reden  können  — '  reden?  fiel  ihm  Pedrillo  ein.  je 
das  musz  ja  überaus  schnakisch  heraus  kommen !  Wieland 
11,222;  dasz  es  sehr  hart  ..  heraus  kommen  würde,  wenn 
seiner  raajestät  getreue  untertbanen  (durch  ein  edict)  ge- 
zwungen werden  sollten,  ihren  kaffee  künftig  ohne  milch- 
rahm zu  trinken.  12,174;  alles  was  er  sagt,  kommt  drollig 
heraus. 

4)  das  loos  ist  mit  einem  gewinne  heraus  gekommen; 
der  Spieler  ist  in  dieser  ziehung  nicht  herausgekommen ;  es 
war. vorauszusehen,  dasz  er  bei  dem  geschäfte  nicht  heraus- 
kommen würde  (seinen  vortheil  niclU  finden  tcürde). 

kosten:  an  den  (überschickten)  weinen  hat  der  onkel 
meinen  jedesmaligen  aufenthalt  gewisz  herausgekostet.  Göthe 
21, 106. 

kratzen:  einen  vers  herauskratzen,  exsculpere  vcrsum. 
Hederich  1252; 

und  hatt  ein  maulwurf  unsre  kleine  wiese 
zerstört:  du  kraztest  ihn  heraus.    Göki:<gk  3,117. 

krebsen:  einen  glückstopf,  aus  dem  jeder  andere  ganze 
königreiche  herauskrebsen  würde.  J.  Paol  Hesp.  1,  90. 

kriechen:  aus  den  holen  der  erde  heraus  kriechen, 
prorepere  e  cavis  terrae.  Hederich  1252. 

kriegen:  nur  das,  klagt  er,  könn  er  .  .  nicht  heraus- 
kriegen, wienach  und  warum  der  buchführer  das  gedruckte 
allzeit  so  sehr  verfälsche.  J.  Padl  uns.  löge  3,  129.  vergl. 
kriegen,  Ih.  5,  2250. 

künsteln:  gepflanzt  habt  ihr  den  sinn,  dasz  der  mensch 
von  seinen  nächsten  abhänge,  schlicht,  gerade,  einfach,  nicht 
von  fremden,  die  nur  das  weik  ihrer  künstlichkeit  mit  ihm 
herauskünsteln,  zusammengesetzt.  Immerman;«  Münchh.  4,120. 

lallen:  etwas  herauslallen,  effutire  ahquid  balbiäicndo.  Stie- 
ler 1061. 

langen:  geld  aus  der  Schatzkammer  heraus  langen,  pe- 
euniam  ex  aerario  promere.  Steinbach  1,  973. 

tappen:  weil  nun  derselbig  (fette  kalbskopf)  zimlich  mürb 
gesotten  war,  liesz  er  das  eine  aug  mit  zugehöriger  ganzen 
Substanz  zimlich  weit  heraus  läppen.  Simpl,  i,  gg  Kurz. 


lassen,  1)  mit  persönlichem  object,  machen  oder  erlauben, 
dasz  einer  aus  einem  orte  und  hergehe:  mus  aber  nu  ire  kinder 
heraus  lassen  dem  todschleger.  Hos.  9, 13 ;  aus  dem  gefäng- 
nisse  herauslassen,  e  careere  emiitere.  Steinbach  1,  981 ; 

denn  Aeolus  der  lose  mann 
der  hat  ausz  lauterm  ubermuth 
und  fürwitz  ausz  betohlner  but 
ohn  mein  vorwissen  seine  wind 
herausz  gelassen.       mückenkr.  1,  640. 

2)  reflexiv,  herauskommen  aus  einem  orte,  hervorbrechen:  ob 
zwar  nun  die  Hanauer  gleich  lermen  hatten,  sich  zu  pferd 
heraus  lieszen  und  die  Croaten  mit  einem  Scharmützel  etwas 
aufhielten.  Simpl.  1,166  Kurz;  wer  sich  wider  den  feind  nicht 
heraus  lasset,  wird  ihn  nicht  überwinden,  pers.  rosenth.  3,  27 ; 
ferner  in  mehr  übertragener  bedeutung ,  sich  geberden,  sich  be- 
zeigen: weil  ich  vielmahl  mit  meinen  äugen  sehen  mustc, 
dasz  sie  sich  viel  ausgelassener  und  geiler  gegen  den  kerlen 
iierausz  liesze,  als  die  ehrbarkeit  einer  frommen  leirerin  zu- 
liesze.  Simpl.  3,262  Kurz;  kanstu,  so  lasse  dich  heraus  als 
ein  palm-  oder  dattelbaum,  und  erzeige  dich  freigebig,  pers. 
rosenth.  S,  151. 

3)  häufig  ist  dann  auch  reflexives  herauslassen  im  sinne  von 
sich  äuszern,  mit  der  spräche  herausgehen:  die  sich  so  kühn 
und  offenherzig  nicht  dürfen  heraus  lassen.  Chr.  Weise  er;;i. 
352;  sich  mit  seinen  gedanken  herauslassen,  animi  sui  sen- 
sum  exprimere.  Stieler  1075;  weil  man  den  Platäensern  ver- 
stattet habe,  sich  weiter  herauszulassen,  als  blos  auf  die 
frage  zu  antworten.  Heilman  Thucyd.  392;  da  sie  sich  gegen 
das  volk  nicht  herauslassen,  und  sich  dagegen  mit  etlichen 
wenigen  personen  besprechen  wollen.  487 ;  als  sich  nun 
jedermann  nach  seiner  weise  über  die  Unterhaltung  heraus- 
liesz.  Münchh.  reisen  104;  während  der  gute  magister  sich 
so  bescheiden  über  meine  physiognomie  herausliesz.  THtJuMEL 
6,32;  dasz  Eduard  sich  zu  Ottiliens  lobe  weilläufig  heraus- 
liesz. Güthe  17,120;  jener  liesz  sich  desto  aufrichtiger  und 
weitläufiger  heraus.  18,79;  zwar  liesz  er  sich  gegen  niemand 
entschieden  und  umständlich  heraus.  24,57;  die  sich  im 
reden  immer  mehr  erhitzte,  und  sich  über  gewisse  besondere 
dinge  herausliesz,  die  mir  zu  wissen  eigentlich  nicht  frommte. 
25,285;  indessen  er  sich  nun  weitläufig  darüber  herausliesz. 
31,234;  ich  lasse  meine  person  viel  sprechen,  sich  mit  einer 
gewissen  breite  herauslassen,  an  Schiller  iSi;  man  nenne  sie 
zwar  Senatoren,' liesz  er  sich  öfter  gegen  seinen  anhang 
heraus ,  aber  andere  besitzen  die  gewalt.  Schiller  810 ;  er 
fragte  nach  allem  und  liesz  sich  über  vieles  heraus,  was  das 
vermählungfest  unmittelbar  anging.  J.  Pacl  Titan  3,52; 

über  diesen  punkt, 
du  weists,  hat  er  sich  nie  herausgelassen. 

Schiller  Piccot.  3,  2. 

4)  heraus  lassen  mit  sächlichem  object,  erscheinen  lassen,  zei- 
gen :  dann  durch  wein  leszt  mancher  herausz,  dasz  er  sonst 
nüchterer  weisz  behielt  und  nicht  thet.  Fronsperger  kriegsb. 
1,  43' ;  worüber  sie  ihre  liebe  (die  sie  bisher  verborgen  gehabt 
hatte)  gänzlich  herausz  lasset.  Greflinger  Cid  Ä  iij';  wann, 
sprich  ich,  du  mir  schafl"etest  ein  kleines  slädtlein  in  der 
insel  Ätlantide  zu  einer  groszen  Stadt  zu  machen,  so  wolle 
ich,  fürwar,  alle  kräften  meines  Verstands  in  dieser  sach 
heraus  lassen.  Schdppiüs  742 ;  der  körper  musz  diese  oder 
jene  kraft  haben  und  sie  .  .  herauslassen.  Kant  8, 104.  t« 
bezug  auf  ein  herauszugebendes  buch :  dasz  einer  .  .  ein  giftig, 
verflucht  und  schamloses  pasquil  wider  mich  habe  herausz 
gelassen.  Scbüppids  685. 

5)  herauslassen,  wie  auslassen,  iceglassen:  den  'hund'  musz 
ich  aus  der  Übersetzung  (des  Homer)  heraus  lassen,  denn 
sonst  schimpfte  Achill  wie  ein  deutscher  oberster.  BFrger 
138*. 

laufen:  das  das  volk  aus  allen  flecken  umbher  auf  dem 
lande  eraus  zu  im  liefe.  iMacc.  7,46;  liefen  sie  her  aus  in 
garten.  Susanna  26;  die  meuse  sind  eraus  geloffen  aus  Iren 
löchern.  Judith  14, 11 ;  da  soitu  den  fels  schlahen ,  so  wird 
wa'sser  er  aus  laufen.  2  Mos.  17,6;  die  kuh  ist  aus  dem  stall 
herausgelaufen,  vacca  aufugii  e  stabulo.  Stieler  1083;  muslu 
ohne  Verzug  die  haut  creiizweisz  eröffnen,  .  .  so  wird  der 
unflat  heraas  laufen.  Agricola  neue  feldschererkunsl  (l70l)  57 ; 
aus  der  sladt  lief  das  nachmittaggeläule  der  kirche  in  die 
grüne  warme  weit  heraus.  J.  Paul  flegelj.  i,\iS.  —  Für  hinaus 
laufen  (rerg/.  heraus  gehen  6  sp.  1034):  dasz  alle  diese  arbeit 
auf   nichts    herauslaufe.   Kant  3,104;  dasz  er  selbst  (Fichte) 


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UERAUS 


HERAUS 


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Diclits  neues  und  originales  hervorbrachte,  sondern  dasz  alles 
auf  eine  sehr  falsche  erklärung  .  .  des  kanliscben  Systems 
herauslief.  Nicolai  im  leben  v.  Gölnngk  C5. 

legen:  nasses  tuch  in  die  sonne  heraus  legen,  pannum 
humigatum  soll  exponeie.  Steipcbach  1, 1018. 

leiten:  das  regenwasser  heraus  leiten,  eiivare pluvias  aquas. 
Hederich  1252. 

lesen,  1)  cligcrc,  berauswdhkn :  das  beste  aus  vielen  heraus 
lesen,  optimum  c  muUis  eligerc.  Steinbach  1, 1044. 

2)  heraus  lesen,   aus   einer  sclirift,   einem   buche:   das  ist, 
was  ich  aus  seinem  conto  herauslas.  Tiiümmel  4,304; 
liest  doch  nur  jeder 
aus  dem  bucli  sich  heraus,  und  ist  er  g'cwallig,  so  liest  er 
in  das  buch  sich  hinein,  amalgamirl  sich  das  fremde. 

GöTUE  1,  336. 
li  speln: 

wanns  (die  hiiidcr)  herauszlispeln  bald  die  red 
und  rufen  abba,  valier,  eil.    Fischart  anmanung  63. 
listen:  einem  sein  gelt  herauslisten,  emtmgcre  aliquem  ar- 
gento,  defrauJare  aliquem  jtecunia.  Stiei.er  1169. 

locken:  das  er  Jonathan  eraus  locket  auf  das  blachfeld. 

1  Nacc.  10,  "7;  er  hat  seine  meinung  herausgelockct,  pcnc- 
trai'it  ad  ejus  opinioncm  sciscilando.  Stieler  1173;  er  war  es, 
der  diesen  morgen  zuerst  diese  nachricht  von  ihrem  kamuier- 
diener  heraus  zu  locken  wüste.  Schiller  parasit  5,  2. 

lottern:  widerumb,  was  gott  nicht  ordenet  euszerlich, 
da  loddern  sie  heraus,  als  weren  sie  unsinnig.  Luther  3,  61". 

lügen:  er  hat  sich  herausgelogen,  dasz  ich  dastand,  wie 
ein  rechter  dummkopf    Schiller  parasit  3,1. 

machen:  einen  fleck  aus  dem  kleide  herausmachen. 
reflexiv :  Joiada  der  priester  macht  sich  er  aus  mit  den 
obersten.  2c/iron.  23,14;  man  will  sich  aus  dem  husche  nicht 
herausmachen ,  posl  carecla  laleut^  e  nido  suo  evolare  rccusanl. 
Stieler  lldO. 

marschieren:  heraus  marschiren,  abire,  abscedere  cum 
copiis.  Stieler  1248. 

meistern,  meisterhaß  herausbringen:  ich  wollte  ihr  das 
zum  schiebsacke  herausmeistern.  Chr.  Weise  keuscher  Joseph  111. 

mustern:  niemand  war  leicht  mit  musterung  dieser  Waf- 
fen beschäftigt,  der  nicht  auch  für  sich  etwas  herausgemustert 
hätte.  GöTHE  30,  42.  volksmäszig  sich  herausmustern ,  sich 
musterhaft  einrichten  oder  aufputzen:  auf  alle  fäUe  denk  ich 
mich  bei  dieser  geiegenheit  herauszumustern,  dasz  es  eine 
weile  hinreicht.  42,  295. 

nehmen,  1)  tiwas  aus  einem  orte  und  zu  sich  nehmen :  und 
nain   von    dannen    er   aus  alle  schetze  im  hause  des  herrn. 

2  A'ün.  24,13;  da  sie  das  geld  eraus  namen,  das  zum  hause 
des  herrn  eingelegt  war.  2  chron.  34, 14 ;  wil  her  aus  nemen 
{aus  dem  lande)  allen  fröhlichen  gesang.  Jer.  25,10;  barben 
aus  dem  hälter  heraus  nehmen ,  barbatulos  mullos  de  piscina 
exceplare.  Steinbach  2, 132;  einen  brand  aus  dem  feuer  heraus 
nehmen,  torrem  ex  igne  eximcre.  das. 

2)  reflexiv,  sich  herausnehmen,  sich  abheben,  auszeichnen 
ton  seiner  Umgebung:  er  erhob  seine  stimme,  und  diese 
nahm  sich  so  heraus,  dasz  Jeder  aufmerkte.  Hippel  Icbensl. 
2,  248. 

3)  ein  anderes  ist  sich  etwas  herausnehmen,  wo  das  reflcxivum, 
unterschieden  von  2,  im  dativ  steht:  es  heiszt  sich  etwas  aneignen, 
wozu  man  kein  recht  hat,  sicli  eine  freihat  nehmen,  die  man 
nicht  beanspruchen  kann,  die  formel  stützt  sich  vielleicht  zunächst 
auf  einen  Vorgang  bei  tische,  wenn  das  bei  Steinbach  2,132 
überlieferte  sich  eine  grosze  gurke  heraus  nehmen  {sumere 
iibi  tantum  ul  . . .)  dte  sinnlichste  fassung  enthält,  früher  aber 
schon  .erscheint  die  abgeblasziere:  es  kam  eine  holTart  unter  sie, 
dasz  einer  weite  gröszcr  sein  als  der  ander:  l'cirus  hat  ihm 
vielleicht  etwas  eingebildet  wegen  seines  allers ,  die  beide 
söhne  Zebcdei ,  Jacobns  und  Johannes  werden  ihnen  etwas 
herausz  genommen  haben ,  wegen  ihrer  groszcn  gaben  im 
predigen.  Scbuppius  650;  sich  viel  hcrausnemen,  multum  sibi 
trihuere,  superbum  et  insolentem  esse.  Stieler  1365;  ein  anwald 
inusz  sehr  auf  seiner  hut  sein ,  und  sich  ja  nichts  heraus- 
nehmen wollen.  Klopstock  12,17;  nimmt  sichs  einer  heraus, 
ohne  anfrage  bei  zunft  oder  volke,  irgend  jemand  einen 
M.1ccn  zu  nennen.  53 ;  unvermerkt  niinml  man  sich  heraus, 
die  billen  in  fordcrungcn  zu  verwandeln.  Wielanü  2,  370  (324) ; 
er  befindet  sich  in  einem  zustande,  in  welchem  sich  auch 
der  gelehrteste  nicht*  Über  ihn  herausnchinrii  kann.  Kant 
2, 377 ;  freiheiten ,  weiche  ich  mir  mit  den  brgehenhcilen 
berautnabm,  wird  der  bamburgiscbc  dramaturgist  entschul- 


digen. Schiller  Fiesko ,  Vorbemerkung;  der  oberfurslmcister 
halte  bald  nach  anfang  des  Stücks  seine  pfeife  angezündet, 
und  nach  und  nach  nahmen  sich  mehrere  diese  freiheil 
heraus.  Götue  18,139;  ich  ward,  oft  freundlich,  oft  auch 
spöttisch,  über  eine  gewisse  würde  berufen,  die  ich  mir 
herausnahm.  24, 101 ;  wolle  ich  mir  aber  eine  ähnliche  frei- 
heit  gegen  sie  heraus  nehmen.  279;  ich  wollte  meinen  mann 
führen,  wenn  er  sich  so  etwas  herausnähme.  Tieck  9,196; 

haben  sie  sich  so  was  raus  genommen? 

ScHiLLEB  Wallemt.  lager,  11.  aufir. 

nennen:  Hof  könnt  ich  ohne  schaden  herausnennen. 
J.  Padl  Hesp.  4,168. 

niesen:  berausniesen,  slernulatione  ejicere.  Stieler  1334. 

nöthen:  wie  dann  dergleichen  durch  allzugrosze  Sorgfalt 
herausgenöthete  dinge  gemeiniglich  auch  den  äugen  gezwungen 
vorkommen.    Sandrart  academie  (1675)  2, 31. 

nölhigen:  wenn  ich  aus  meiner  gleichmüthigen  beiter- 
keit  herausgenöthigt  werde.   Göthe  23, 107. 

peitschen:  die  bosheit  aus  einem  herauspeitschen. 
Klincer  6,60. 

pipsen:  ich  habe  den  Uolischen  schlauch  der  leiden- 
schaften  halb  geöffnet,  und  einige  herauspipsen  lassen,  die 
stärksten  aber  zur  aufführung  bewahrt.  Götue  au  frau  v.  Stein 
1,  294. 

placken:  die  schuld  von  einem  herausplacken,  extorquere 
ab  aliquo  dcbila.  Stieler  1459. 

plappern:  unartiger  herr  major,  müssen  sie  denn  alles 
so  herausplappern.  Lenz  1,305. 

platzen,  für  plötzliches  reden,  sei  es  im  affect  oder  aus  un- 
vorsichligkeil :  eher  könnten  sie  herausplatzen,  um  ihre  freunde 
Ramler,  Klopstock  und  Gerstenberg  zu  vertheidigen.  Nicolai 
bei  Lessing  13, 138  {von  1768) ;  da  verschnappt  er  sich  in  der 
hitze  und  plazte  heraus,  er  war  selbst  schon  drauf  {auf  dem 
ball)  gewesen.  U.  h.WkCti er  die  kindermörderin  31;  sie  hätten 
auch  nicht  so  bald  herausplatzen  sollen.  Schiller  fif^fo  4, 7; 
eine  heftige  nachbarin  platzt  mit  der  Wahrheit  heraus.  Göthe 
27,147;  der  Wachtmeister  (will  herausplatzen).  Kotzebue  dram. 
sp.  3,314;  einen,  der  mit  seiner  sache  auf  einmal  heraus 
platzt,  sehen  sie  ganz  verblüfft  und  erschrocken  an.  J.  Paul 
kom.  anh.  zum  Tit.  2,  91. 

plaudern:  diesen  mohren  liefert  er  euer  gnaden  ge- 
bunden aus.  er  habe  schändlich  herausgeplaudert.  Schiller 
Fiesko  4,  8. 

plumpen:  wasz  im  in  das  maul  kompt,  da  plumpel  er 
mit  herausz.  Dietrich  iwrede  zur  Übersetzung  v.  Melandühons 
trostschriß  für  alle  betrübten  herzen  (1547)  2. 

pochen:  man  musz  die  leute  herauspochen,  ct'ocanrfi  sunt 
homines  clamoribus  et  tumultu.  Stieler  1464.  in  anderm  sinne: 
gelt  von  einem  herauspochen,  extorquere  pecuniam  ab  aliquo. 
daselbst. 

poltern:  ich  poltere  heraus,  indignabundus  proloquor, 
indignabundus  erumpo.  Steinbach  2,  194;  poltert  eraus  mit 
mancherlei  wilden  dunkeln  glauben  und  leren.  Lctueb  3,10t*. 
transitiv:  bei  der  ganzen  sache  ist  nur  nichts  zu  beklagen, 
als  dasz  der  Verfasser  nach  seiner  offenherzigen  Voreiligkeit 
etwas  davon  heraiispolterte,  wie  er  seit  jähren  papiere  aller 
art  zusammen  trage.  J.  Paul  komet  l,  xiv. 

predigen:  die  pfarrer  sollen  die  Wahrheit  heraus  pre- 
digen, und  nit  heucheln,  niifm/rortim  verbi  diviui  munus  poslulal 
vcritalem  praesenti  animo,  et  absque  inrolucris  simulationum  pro- 
fitcri  concionando.  Stieler  1469.  in  anderm  sinne,  durch  pre- 
digen entfernen : 

keiner  predigt  xwnr  die  ro&ngel, 
die  sie  trügt,  aus  ihr  licraus. 

TiKDCK  schrißen  1  (1796)  32. 

pressen,  exprimere:  den  saft  aus  einer  cilrone  heraus 
pressen,  übertragen :  da  er  durch  ein  jämmerlich  und  er- 
liärinlich  geschrei  von  den  vorüberreisenden  ein  paar  batzeii 
iieraus  prcssetc.  Simpl.  3, 3ü4  Kurz;  bin  ich  ..  heruinb  ge- 
reist ,  und  habe  den  Iribut ,  den  sie  das  spesegeld  nennen, 
herausz  pressen  müssen.  Schuppius  746;  anlugen  {iteuern)  her- 
ausz zu  pressen.  747;  geld  von  den  baurcn  herausz  pressen 
ist  kein  grosze  kunst.  das.;  die  Louise  hat  heute  früh  vou 
der  marquisin  d"()binconrl  mit  groszer  müh  3fi  livrcs  hcraus- 
ge|ireszt.  H.  L.Wauner  der  wohllhiUtgc  unbekannte  17 ;  sie  preszle 
thränen  aus  den  äugen  heraus;  er  hat  das  geheimiiis  end- 
lich au»  ihr  heraus  gepresst.  t'on  niö/iero/i«^»  .^rechen:  ein 
paar  worle  hcrausprcssca. 


1041 


HERAUS 


HERAUS 


1042 


proben:  oder  wenigstens  sind  es  arcana,  dergleichen  oft 
in  den  Zeitungen  gepriesen  werden,  von  denen  ilir  aber  die 
besten  herauszuproben  wiszt.  Göthb  22,43. 

putzen,  1)  einen  durch  angelegten  schmuck  aus  der  reihe  der 
anderen  heraustreten,  hervorstechen  machen:  auf  welchem  bald 
hernach  der  Dardan  erschiene,  in  gutem  geleit  und  wol 
herausz  gebutzt.  i4wiac/«145;  als  sich  nun  der  armselige  bub 
so  köstlich  anfing  heraus  zu  butzen.  Galmy  22S ;  ein  theil 
war  aufs  prächtigste  heraus  geputzt,  das  ander  ganz  bettel- 
haftig  angelhan.  Simpl.  2,131  Kurz;  seidene  docken,  die  sich, 
fremden  äugen  zu  gefallen,  herausputzen,  wie  die  krambuden. 
Otho  325;  wann  frauen  und  Jungfrauen  sich  herausz  butzen. 
ScHüPPiüs  206;  wenn  ein  Kallias  dahin  gebracht  wird,  dasz 
er  wie  ein  Hebung  der  Venus  heraus  geputzt  ist.  Wieland 
1,334  (2Sl);  die  freunde  kamen  auf  den  marktplatz,  einen 
unregelmäszigen  räum,  dessen  kleine  häuser  sich  durch  bunten 
anstrich  herausgeputzt  hatten.  Fbeytag  handschr.  1,60; 

wie  nichtig  ist  doch  auch  den  adels  namen  führen? 
ist  dieses  nicht  sich  nur  mit  frembden  federn  zieren? 
wann  adel  einig  heist  von  eitern  edel  sein, 
so  blitzet  mich  herausz  ein  angeerbter  schein, 
und  ich  bin,  der  ich  bin.         Opitz  3,  287. 

2)  etwas  durch  pulzeri  entfernen:  flecken  aus  dem  kleide 
herausputzen. 

quellen:  wasser  so  heraus  quillet,  scaluriens aqua.  Hederich 
1253;  nun  standen  wir  wirklich  auf  der  breitartiggewundenen 
erstarrten  decke,  die  sich  aber  so  weit  vorwärts  erstreckte, 
dasz  wir  die  lava  nicht  konnten  herausquellen  sehen.  Göthe 
28,67.  bildlich:  denn  als  ein  stern  um  den  andern  aus  der 
schattierten  tiefe  herausquoll.  J.  Pacl  uns.  löge  3,104;  die 
kleinen  tückischen  mausaugen,  —  die  haare  brandroth,  — 
das  kinn  herausgequollen.  Schiller  kab.  u.  liebe  l,  2;  von 
Worten  und  empßndungen:  worte  des  trostes  quollen  ihm  aus 
dem  Innern  heraus;  sehen  und  denken  nicht  einmal,  das  es 
so  müsse  geliebet  sein,  das  es  von  inwendig  heraus  quelle. 
Luther  6, 37*. 

ragen:  herausragen,  eminere.  Stieler  1506 ;  ein  schnitt  im 
schuch,  den  er  minders  truckens  halben  drein  gekerbet  hat, 
also  das  die  filzsocken  herausz  ragten.  Garg.  238';  ein  wenig 
über  das  wasser  herausragen ,  super  eminere  paullum  extra 
aquam.  Hederich  1253;  Virgil  läszt  die  schlangen  doppelt 
um  den  leib,  und  doppelt  um  den  hals  des  Laokoon  sich 
winden ,  und  hoch  mit  ihren  köpfen  über  ihn  herausragen. 
Lsssi^tG  6,  410. 

rauschen: 

mir  hat  geträumt,  ich  klopf  auf  den  busch: 
da  rauschte  der  hirsch  heraus,  husch  husch! 
Uhland  ged.  303. 

räuspern:  eine  art  der  husten,  als  welche  sich  nicht  in 
der  kehle  lassen  bezwingen,  sondern  herausgereuspert  werden. 
Brandt  berichl  vom  leben  Taubmanns  s.  25. 

rechnen:  ein  facit,  einen  überschusz  heraus  rechnen. 

rechten,  reflexiv,  sich  aus  einem  rechtsstreit  herauswickeln, 
bei  Stieler  1553  als  volksmäszige  rede:  er  hat  sich  hinein- 
gerechtet, und  mag  sehen,  wie  er  sich  wieder  herausrechte. 

recken:  über  wen  wolt  ir  nu  das  maul  aufsperren,  und 
die  zunge  heraus  recken?  Jes.  57,4;  da  sie  es  von  im  fod- 
derten,  recket  er  die  zunge  frei  heraus,  und  strecket  die 
hende  dar.  2  Mac:.  7,  lO;  den  arm  heraus  recken,  brachium 
exlendere,  projicere.  Stieler  1507. 

reden,  i)  proloqui:  sihe,  nu  redestu  frei  heraus,  und 
sagest  kein  Sprichwort.  M.  16,29;  heraus  reden,  was  man 
gedankt,  proloqui  cogitata.  Steinbach  2,  237. 

2)  reflexiv,  sich  durch  reden  von  einer  schuld,  einem  verdacht 
befreien:  denn  ob  er  gleich  ...  sich  vor  der  gesellschaft  so 
ziemlich  herausgeredet  hatte,  so  konnte  er  sich  doch  selbst 
seine  schuld  nicht  verleugnen.  Göthe  19,.69. 

reichen,  intransitiv:  lagerten  sich  disseid  am  Arnon, 
welcher  ist  in  der  wüsten,  und  eraus  reicht  von  der  grenze 
der  Amoriter.  i  Mos.  21,13.  transitiv:  reiche  mir  das  buch 
zum  fenster  heraus. 

reiszen,  1)  geuallsam  aus  etwas  her  bringen:  das  sie  uns 
nachfolgen  eraus,  bis  das  wir  sie  eraus  von  der  stad  reiszen. 
Jos.  8,6;  er  wird  dich  reiszen  aus  dem  weiten  rächen  der 
angst.  //io&36, 16;  gleich  wie  ein  hirte  dem  lewen,  zwei  knie 
oder  ein  ohrleplin  aus  dem  maul  reiszet,  also  sollen  die 
kinder  Israel  eraus  gerissen  werden.  i4mos  3,12;  die  zahne 
heraus  reiszen,  dentcs  evellere  Stejsbach  2,268;  aus  der  ver- 
iT.  D. 


drossenheit,  in  der  ich  einen  tag  nach  dem  andern  kümmer- 
lich hingelebt  hatte,  mich  herauszureiszen.  Göthe  7,124; 

ja  deren  leben  selbs  schon  in  des  Würgers  rächen, 
die  reiszet  sie  (gottes  hand)  heraus.    Weckherlin  246. 

2)  häufig  die  formein  einen  aus  der  noth,  aus  der  gefahr 
herausreiszen ,  auch  nur  kurz  einen  herausreiszen :  ich  bin 
bei  im  in  der  not,  ich  wil  in  er  aus  reiszen.  ps.  91, 15 ;  sich 
aus  der  gefahr  heraus  reiszen,  extrahere  se  incolumem.  Hede- 
rich 1253;  ich  würde  noch  stecken,  wenn  du  mich  nicht 
herausgerissen  hättest,  haererem,  nisi  tu  nie  expedivisses.   das. 

3)  technisch :  dasz  man  die  platte  mit  dem  ganzen  chemi- 
schen gründe  bedeckte,  und  mit  einer  nadel  die  lichter  her- 
ausrisz.  Güthe  43, 101,  in  bezug  auf  glasmalerei. 

reiten:  wir  sehen  von  hier  auf  die  Stadt,  jetzt  reitet 
einer  zum  thore  heraus ;  aus  dem  trupp  herausreiten ,  pro- 
gredi,  armisque  et  equo  se  praesentare  extra  turmam.  Stieleb  1602. 

renken:  dasz  das  pferd  die  schenke!  wider  herausz  {aus 
dem  wasser)  renkt.  Garg.  235*. 

repsen:  herausrepsen,  eruclare  Stieler  1605. 

retten:  bei  diesem  un>gange  wurde  ich  durch  gespräche, 
durch  beispiele  und  durch  eigenes  nachdenken  gewahr,  dasz 
der  erste  schritt ,  um  aus  der  wässerigen ,  weitschweifigen, 
nullen  epoche  sich  herauszuretten,  nur  durch  bestimmtheit, 
präcision  und  kürze  gethan  werden  könne.  Göthe  25, 88 ; 
auch  glaubte  man  einen  augenblick,  dasz  sie  es  {das  sdiiff) 
innerhalb  der  Strömung  bewegten  und  hofifte  es  bald  aus 
derselben  herausgerettet  zu  haben.  28,235;  der  weit?  wie 
lieb  ist  rairs,  dasz  ich  mich  heraus  gerettet  habe.  57, 125. 

richten:  welchs  ein  weitleuftig  verwirret  ding  ist,  das  sich 
nicht  heraus  zu  richten  ist.  Ldtheb  2,  493*. 

rinnen:  er  reis  den  fels,  das  wasser  eraus  rann.  ies. 
48,  21. 

rücken,  1)  intransitiv,  procedere:  vor  die  festung  heraus- 
rücken, extra  muniliones  procedere,  aus  dem  treffen  heraus 
rücken,  extra  aciem  procurrere.  Steinbach  2,304;  bildete  mir 
die  Sache  so  erbärmlich  ein ,  dasz  mir  mitten  in  meinen 
traurigen  liedern  und  melodeyen  die  thränen  herausz  rujcken 
und  das  weinen  dem  singen  den  pasz  verlegen  wolle.  Simpl. 
1,365  Kurz. 

2)  transitiv,  einen  oder  etwas  heraus  rücken:  es  kompt 
die  zeit  über  euch ,  das  man  euch  w  ird  eraus  rücken  mit 
angeln,  und  ewer  nachkommen  mit  fischhecklin.  Arnos  4,2; 

dein  brief  hat  mich  heraus 
gerückt  aus  dieser  engen  gegenwart, 
und  trunken  seh  ich  schon  das  künftige 
verwirklicht!  Schiller  Macbeth  1,  11. 

3)  formelhaft,  in  bezug  auf  Zahlung  oder  mittheilung :  er  will 
nicht  mit  dem  gelde  heraus  rücken,  pecuniam  solvere  moratur. 
Steisbach  2,304;  meine  Zudringlichkeit.,  nöthigte  sie  end- 
lich mit  der  spräche  herauszurücken  und  mir  zu  entdecken, 
dasz  ...  Göthe  23,97;  da  er  sieht  wie  ich  die  sache  nehme, 
so  ruckt  er  auch  heraus,  au  frau  v.  Stein  3,186;  aber  ich 
werde  nicht  herausrücken  {mit  dem  gelde).  Kotzebue  dram. 
sp.  2,  328 ;  nun  wie  ?  wird  mein  präsent  bald  herausrücken  ? 
Schiller  Fiesko  2,  4. 

rufen,  1)  jemand  aus  einem  orte  herbeirufen:  was  vor  ein 
esel  hat  mich  so  ungestümm  herausgerufen ,  quis  homo  tarn 
tumulluoso  sonitu  excivit  subire  foras?  Stieler  1629;  die  Sturm- 
glocken werden  gezogen ,  die  bürger  herausgerufen ,  unsere 
partei  zu  nehmen.  Schiller  Fiesko  3,5;  sind  sie  es  schon 
wieder,  der  mich  hat  herausrufen  lassen  ?  parasit  5,  2. 

2)  IM  minder  sinnlicher  bedeutung:  alle  diese  wunder  der 
kunst,  diese  riesenwerke  des  fleiszes  sind  aus  ihm  {dem 
mensclien)  herausgerufen  worden.   Schiuer  1005. 

3)  heraus  rufen,  zum  kämpf,  wie  heraus  fordern  (sp.  1032): 
so  zuversichtlich  ruft  Fiesko  den  himmel  heraus?  Schilleb 
Fiesko  4,14; 

es  ruft  der  zorn  des  schwerbeleidigten 
der  fürsten  alte  schwüre  jetzt  heraus. 

Ipliigenie  in  Aulis  i,  1; 
und  fürchterlich  rief  er  die  tapfersten 
des  Griechenheers  zum  gegenUmpf  heraus. 
BORGER  151*. 

rütteln:  herausrülteln,  exculere.  Hederich  1253. 

sagen:  heraussagen,  effari,  profan,  palam  eloqui.  Stieler 
1666 ;  ich  wil  reden  von  der  angst  meines  herzens,  und  wil 
eraus  sagen  vom  betrübnis  meiner  seelen.  Hiobl,n;  ich  wil 
euch  eraus  sagen  meinen  geist,  und  euch  meine  wort  kund 
thuD.  $pr.  i,  23 ;   darnach  sagt  er  seinen  rath  und  lere  her- 

66 


1043 


HERAUS 


HERAUS 


1044 


aus  und  bcweisels  mit  der  heiligen  schrifl.  Sir.  39,11;  und 
sagt  dürre  heraus,  schickt  mich  imer  unter  die  erden  hin 
ins  grabe.  2  Macc.  C,  2:5;  wie  lange  heilcsUi  unser  seeien 
auf?  bistu  Christ ,  so  sage  es  uns  frei  heraus.  Joh.  10, 24 ; 
da  sagts  inen  Jbesus  frei  heraus,  Lazarus  ist  gestorben. 
11,14;  das  man  aufs  allerdeudlichst  und  völligst  eraus  sage, 
allein  der  glaube  on  werk  macht  from.  Luther  5,144';  das 
ist  noch  nichts!  antwortet  Springinsfeld:  ich  sage  das  halbe 
nicht  heraus,  wie  mirs  ums  herz  ist.  Sinipl.  3,  ISit  huri ; 
etwas  klärer  heraussagen,  liquidius  H  enarralius  eloqui.  Stie- 
ler 1GB7;  etwas  unerschrocken  heraussagen,  loqui  aliquii 
praesenli  animo.  Hederich  1253;  wenn  es  nicht  erlaubt  sein 
kann,  alle  arten  von  einwürfen  frei  und  trocken  heraus- 
zusagen. Lessing  10,11;  dasz  ich  es  sehr  deutsch  heraus 
gesagt,  wie  wenig  ich  mir  daraus  mache,  können  sie  mir 
auch  glauben.  12,  457 ;  musz  ich  es  denn  heraussagen,  was 
das  ganze  männervolk  .  .  .  meinem  stolz  nicht  abdringen 
sollte?  Schiller  Fiesko  4,12;  M.  Fabrice  will  mich  zur  frau 
und  ich —  W.  sags  heraus,  du  schlägst  ein?  Göthe  7,140; 
frei  heraus  zu  sagen,  was  einer  auf  dem  herzen  hat.  Ihher- 
MANN  Münchli.  2,  5; 

den  so  du  kommest  heim  zu  hausz, 

so  sag  das  new  geschrei  herausz. 

giobianus  (1568)  C  (h.  1,  cap.  5); 
denn  dein  herz  ist  geiroffen  und  mehr  als  gewöhnlich  empfindlich, 
sag  es  gerad  nur  heraus.  Göthe  40,  274. 

saugen:  wenn  ich  nicht  Epiktels  handbuch  als  einen 
Schlangenstein  an  mich  und  meine  wunden  legte,  damit  der 
stein  den  moralischen  gift   heraussaugt.   J.  Paul  Hesp.  1,43; 

strenp  ist  heute  die  luft;  und  mancherlei  hab  ich  zu  ordnen, 
ehe  die  sonn  aus  der  erde  den  gestrigen  regen  lieraussaugt. 
Voss  2,  100  {idyll.  6,  54). 

schaffen:  ein  dichter  solle  alle  seine  Stoffe  aus  sich 
selber  herausschaffen,  das  sei  Originalität.  H.  FIeine  11,206. 
in  dem  sinne  von  besorgen:  schaffe  mir  einen  stuhl  heraus. 

Schalken:  herausschalken ,  comniinisci  aliquid  callide  et 
subdole.  Stieler  1717;  er  wird  wol  noch  was  herausschalken, 
atiquam  slropham  inveniet.    das. 

schallen:  von  drinnen  schallt  musik  heraus;  ewigkeit! 
dauer!  schallt  ein  sinn  heraus?  Klinger  3,16. 

scharren:  einen  todten  herausscharren,  entere  mortuum. 
Hederich  1253. 

schauen,  prospectare.  Steinbach  2,392; 

als  bald  er  nun  gen  Struszhurg  kam, 

auT  das  ainmaistcrs  haus, 

do  schaut  der  oberst  mäisier 

zu  ainem  Tenster  herausz.    Uhland  volksl.  319; 

eine  junge,  im  blauen  gewand  kniende  frau  schaut,  eine 
ziege  melkend,  aus  dem  bilde  heraus.  Göthe  39,195; 

und  er  kommt  ans  finstre  rnuberhaus; 

eine  holde  Jungfrau  schauet  heraus.    Uhland  ged.  213; 

dort  ist  ein  lenster  zugefallen, 

viciieicht  hat  sie  herausgeschaut.    243. 

da  dachte  er:  haha,  schauts  da  heraus  (sieht  es  so  aus,  steht 
a  sol?  Hebel  schatzkäsll.  156. 

schäumen:  es  schäumet  eine  feuchtigkcit  heraus,  humor 
inde  aliquis  exspnmat.  Steinbach  2, 393. 

scheiden:  das  silber  aus  dem  erze  heraus  scheiden. 

scheinen:  herausscheinen,  effulgere.  Hederich  1253; 

wie  «ehr  (eine  verstorbene  frau)  .  .  . 

an  ehrharkeit  und  tugcnd 

liir  aller  ihrer  Jugend 

herausz  geschienen  hat.    Opitz  2,  126. 

schicken:  er  hat  seinen  bedienten  zu  uns  heraus  ge- 
schickt. 

schieszen,  l)  intransitiv :  aus  seinen  munde  farcn  fackeln, 
und  fcwrige  funken  schieszen  her  aus.  Ilwb  41,10;  das  ge- 
mütte  miis  viltncbr  ein  augc  auf  dasjenige  legen,  welches 
die  berren  zu  bergen  bemüiiet  sein,  als  nicht  auf  das,  so 
sie  lassen  heraus  schüszen.  Dutschry  Palm.  535. 

2)  transitiv,  durch  schieszen  (narJi  der  Scheibe)  gewinnen  :  einen 
preis  hcrausschieszen ;  er  hat  sich  einen  hechcr  heraus  ge- 
schossen. 

schiffen,  ans  den  klippen  heraus  schiffen,  ex  scopulit 
enarigare.  Steinbach  2,  412. 

n  c  li  I  m  II)  c  r  ii :  aus  etwas  hcrausschlinmern  ,  emieare  ex 
aliquo.  iJKDKRicn   12:.3. 

schinden:  wer  guten  onalomischcn  sekzioncn  on  deut- 
schen   kiiincii    hritr-wolinl    ocicr    obgelegen,    der  «ird   noch 


wissen,  wie  wenige  lachmuskeln,  an  denen  Sterne  oder 
Musäus  hätten  ziehen  können,  er  allzeit  herausschund.  J.  Padl 
auswahl  a.  d.  teuf.  pap.  l,xxii.  bildlich:  geld  aus  einem  heraus- 
schinden. 

s  c  li  1  a  g  e  n  ,  1)  transitiv,  durch  schlagen  heraustreiben :  einen 
aus  dem  hause  herausschlagen,  domo  ejicere,  evannare  et  ex- 
trudere  foras.  Stieler  1822;  einen  zan  herausschlagen,  eden- 
lare,  dentilegum  facerc  atiquem.  das.;  technisch:  man  hatte... 
um  mit  dem  hau  vorwärts  zu  kommen,  bercils  an  der  ent- 
gegengesetzten ecke  den  grund  völlig  herausgeschlagen,  ja 
schon  angefangen  die  mauern  aufzuführen.  Göthe  17,  101. 
auf  den  krieg  bezüglich :  aus  dem  lager  herausschlagen,  castiis 
aliquem  exucre.  Stieler  1822;  reflexiv:  ungeachtet  die  Russen 
sich  aus  ihren  unglücklich  gewählten  Stellungen  heraus- 
schlugen. Beckers  wcltgesch.  13,  338.  übertragen :  nur  mit  dir 
kann  ich  leben  .  .  es  liegt  von  jeher  in  meiner  seele  und 
dieses  hats  herausgeschlagen,  gewaltsam  herausgeschlagen  — 
ich  liebe  dich!  Göthe  7,141.  ferner:  wir  müssen  aus  der 
waare  einen  möglichst  hohen  preis  herausschlagen ;  er  sucht 
geld  aus  ihm  herauszuschlagen. 

2)  inlransiliv:  die  flamme  schlagt  zum  fensfer  heraus;  die 
blättern  schlagen  heraus,  puslulae,  variolae  eminent,  expelluntur, 
eliciunlur.  Stieler  1822;  der  schwänz,  der  aus  dem  meere 
herausschlägt.  Göthe  39,37;  f baten  sich  schnell  die  llügel- 
thüren  eines  begeisterten  konzertsaales  auf,  und  heraus- 
schlagende harmonieen  wehten  vorbei.  J.  Faul  Titan  3,  46. 

seh la üben,  entimlsen:  wie  sich  die  geisicr  aus  dem 
körper  herausschlauben,  so  werden  sie  sich  auch  beim  Welt- 
gerichte aus  dem  staube  machen.  Hippel  leben.il.  2,  282. 

schleichen:  heimlich  aus  dem  hause  hcrausschleichcn, 
ex  acdibtcs  dam  evudere.  Steinbach  2,  444. 

schleppen:  er  schleppt  sachen  aus  dem  zimmer  heraus. 

schliefen:  fragt  der  pfarrer,  wann  es  (das  kind)  heraus 
geschloffen  (geboren)  wäre?  Kalziporus  \ 4*. 

schmeiszen: 

auch  der  (mann) 
ward  nun  so  in  die  glut  hincingestoszen; 
da  liel  ich  ungefähr  ihm  in  den  arm;  .  .  . 
bis  wiederum,  ich  weisz  nicht  was,  uns  beide 
hcrausschmisz  aus  der  glut.     Lessinc  2,  263. 

schmücken  (vergl.  heraus  putzen): 

und  dieser  weiherheld  mit  seiner  knabcnschanr, 
herausgeschmücki  mit  seiner  lydschcn  mutze. 

Schiller  üiilo  41. 

schneiden:  ein  christ  begerle  von  einem  Juden  zu  Con- 
stantinopel  fünf  hundert  ducaten  zu  entlehnen,  derjud  liesz 
ihm  solche  zukommen,  mit  dem  vorbeding,  dasz  er  ihm  nach 
verflossenen  zahlungs  termin  an  statt  wuchers  zwo  unzen 
fleisch  von  seines  leibs  glieder  einem  herausz  geschnitten 
solle  folgen  lassen.  Zinkgref  a;(0/>/i//t.  2,152;  die  zunge  heraus- 
schneiden, exsecare  tinguam.  Hederich  1254.  übertragen:  ein 
{dramatisches)  stück  aus  der  moralischen  weif,  ohne  allen  ttbci- 
flusz  und  alles  fremde  angehänge  herausschneiden.  Klinger 
12,16;  ein  rundes  cisengitter  in  der  kirchenmauer  schnitt 
aus  dem  ganzen  himinci  nichts  heraus  als  die  schimmernde 
zerbrochne  scheibe  des  mondes.  J.  Paul  uns.  löge  2, 164 ;  das/ 
ich  einen  gewissen  äuszcrst  wichtigen  umstand  aus  seinem 
männlichen  alter  herausschneide  und  sogleich  jetzo  aufsetze. 
8,127. 

schnellen:  es  gelang  mir  einigemal  die  kleinsten  dieser 
zarten  geschöpfe  {fische  mit  der  angel)  ...  in  die  luft  heraus- 
zuscbnellen.    (jöthe  22,194. 

sc h  öp  fe  n :  heiausschüpfen,  effundere,  evacuare.  Stieler  1911. 

schrauben,  eigentlicli:  das  docht  mehr  aus  der  lain]u- 
heraus  schrauben,  übertragen:  wer  sich  stafeivveisa  heraus- 
schraubet (aus  seinen  schulden),  der  niiiit  die  angewohnheit 
der  spahrsamkeit  an  sich.    Hutschky  l'alm.  344. 

schreiben:  dachte  mir  nun  alles  was  mir  höchst  wobl- 
gefilllig  sein  würde,  wenn  Gleichen  es  mir  schriebe,  ich 
glaubte  alles  so  aus  ihrer  gestalt,  ihrem  wesen,  ihrer  art, 
ihrem  sinn  heiausgesrhriebcn  zu  haben,  dasz  ich  mich  des 
Wunsches  nicht  eiithallcii  konnte,  es  möchte  wirklich  so  sein. 
GiiTHK  24,  268. 

schreien: 

mnn  rucket  in  ihr  srhnnz  und  goiolt  .  .  . 
da  «chrci  horauvx  da»  larlniisch  K'-sindt, 
■ie  noltcn  sich  ergeben  Ki^xchwindl. 

Ai>iii*!<  milllieil.  878  (von  1601). 

in  anderm  sinne:  fieng  eine  von  unscrn  hünern  e'-bflrmlich 
an  zu  sclireieii  . .  .  mein   kiiiil.  fieng  endlich  der  selige  mann 


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HERAUS 


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zu  mir  an ,  die  henne  schreit  nicbts  gutes  heraus ,  es  mag 
nun  bedeuten,  was  es  will.  Gellebt  3, 161. 

schütteln:  soll  ich  den  selben  blunder  allen  herausz 
schüteln,  ich  het  ain  ganz  jar  darvon  zu  predigen.  Keisees- 
BERG  geisU.  spinn,  {granatapfel  1511)  Pl';  das  die  ecken  der 
erden  gefasset  und  die  gottlosen  er  ausgeschüttelt  werden. 
Hiob  38,13. 

schütten:  wenn  ich  denn  des  inne  werde,  so  schütte 
ich  mein  herz  heraus  bei  mir  selbs.  ps.  42,  5. 

schwimmen:  herausschwimmen,  enalare.  Hederich  1254. 

schwingen:  Ciaudine  ...  wird  so  zu  sagen  ganz  neu 
ausgeführt,  und  die  alle  spreu  meiner  e.\istenz  heraus- 
geschwungen. GöTHE  29, 142. 

schwitzen:  aus  dem  bäume  schwitzt  harz  heraus;  einen 
saft  herausschwitzen,  liqmrem  exsudare.  Hederich  1254. 

sehen:  aus  den  fenstern  heraussehen,  pruspedare  ex 
fenestris.  Hederich  1254;  die  Nethinim  aber  wonelen  an  Ophel, 
bis  an  das  wasserlhor,  gegen  morgen,  da  der  thurm  er  aus 
sihet.  Isek.  3,25;  die  hartherzige  kälte  Jarnos,  die  ihm  aus 
den  äugen  heraussehe.  Güthe  18,313.  durcli  sehen  elwas  er- 
gründen: der  anblick  war  weder  unterrichtend,  noch  erfreu- 
lich, aber  eben  deswegen  weil  man  nichts  sah,  verweilte 
man  um  etwas  heraus  zu  sehen.  28,  32. 

sehnen:  noch  habe  ich  nicht  gefragt,  wie  sie  in  diese 
gesellschaft  gekommen  sind  ...  so  viel  hoffe  ich  und  sehe 
ich,  dasz  sie  sich  heraus  sehnen.    Göthe  18, 311. 

senden:  dasz  von  zeit  zu  zeit  eine  prinzessio  aus  dem 
königlichen  hause  heraus  ins  fand  gesendet  werde.  Göthe 
23,  92. 

setzen,  eigentlich  :  einen  stuhl  vor  die  thüre  heraus  setzen ; 
wir  setzen  uns  vor  die  laube  heraus,  in  gen- ähnlicher  rede : 
der  wirth  setzt  seinen  miether  heraus ,  zwingt  ihn  zum  ver- 
lassen der  gemietheten  wohnung.  übertragen,  hervorheben,  in  einer 
darstellung,  einer  Schilderung:  da  er  mir  denn  den  werth  und 
die  würde  dieses  documents  {der  goldenen  bulle)  sehr  deutlich 
herauszusetzen  wuszte.  Göthe  24, 248 ;  er  wuszte  mich  zu 
allerlei  artigem  und  schicklichem  zu  bewegen ,  was  gerade 
am  platz  war,  und  meine  geselligen  talente  herauszusetzen. 
25,143;  ich  weisz  nicht,  wie  ich  sogar  auf  die  molusken 
kam,  und  allerlei  wunderliches  von  ihnen  herauszusetzen 
wuszte.  26, 162 ;  hier  werden  die  groszen  vortheile  derer 
welche  der  see  anwohnen  herausgesetzt.  241.  in  anderer  weise 
und  refiexic,  sich  aus  einem  kreise  absondern :  durch  diese  un- 
erhörte forderung  {Fidttes ,  dasz  man  sein  syslem  auch  ohne 
beweis  für  wahr  halten  solle) ,  setzte  er  sich  selbst  aus  der 
classe  der  philosophen  heraus  in  die  classe  der  finstersten 
Schwärmer.  Fr.  Nicolai  in  v.  Gokingks  leben  59. 

sieden:  auf  gelegne  zeit  macht  er  ein  grosz  feur,  und 
henkt  einn  kessel  mit  wasser  darüber,  und  schult  die  kese 
darein ,  und  seudt  die  butter  und  das  feiszt  herausz.  Agk. 
spr.  171*. 

spazieren:  herausspazieren,  exspaliari.  Hederich  1254. 

speien:  wer  gott  im  herzen  sitzet,  wer  will  den  heraus- 
speien? J.  ßöHNE  Aurora  (Sluttg.  X^Va)  147. 

speisen:  dasz  der  genäschige  äffe  die  sämmtlichen  käfer, 
die  er  hie  und  da  abgebildet  gefunden,  (aus  einem  bilderwerke) 
herausgespeist  habe.  Göthe  38, 152. 

sperren:  gleichwol  wähnet  wieder  Klinger,  dasz  in  allen 
werken  volkeigenthümlichkeit  erscheine,  nur  in  den  deutschen 
keine;  was  aber  eben  als  unsere  deutsche  sperret  fremde 
leser  heraus?  J.  Paul  vorsch.  der  äslh.  3,28. 

spicken:  ich  spickte  endlich  meine  rede  so  künstlich 
und  prächtig  heraus,  dasz  mich  der  buchdrucker  alsobald 
anredete,  ihm  einen  calemler  aufzusetzen.  Simpl.  2,275  Kurz. 

spielen:  von  den  kleinen  bestimmungen  ...  die  der 
Strom  der  rede,  auch  wohl  ganz  unwillkührlich,  aus  ihm 
herausspielet.  Lessing  10,52;  reflexiv:  meine  freunde,  mit 
denen  ich  mich  aus  den  kinderjahren  herausspielle.  K.  Chr. 
Engel  wir  werden  uns  wiedersehen  (1787)  s.  13. 

spinnen:  die  kalte,  unfruchtbare  Staatsaktion  aus  dem 
menschlichen  herzen  heranszuspinnen.  Schiller  Fiesko,  Vor- 
bemerkung; ich  hatte  aus  mir  selbst  zu  viel  heraus  zu  spinnen, 
als  dasz  ich  auf  etwas  auszer  mir  nur  acht  gehabt  hätte. 
Thümmel  2,305;  menschenkind,  warum  willst  du  einen  (hart) 
haben?  das  buch  Kasiel  lehret,  dasz  der  hart  goltes  eilf 
tausend  und  fünfhundert  rheinische  meilen  lang  ist :  lasz  ab, 
da  dein  kinn  doch  keinen  herausspinnt,  der  nicht  kürzer  wäre 
als  einen  sabbulLerweg.  J.  Pall  uustc.  um  des  teuf.  pap.  i,xi. 


spitzen:  nur  eine  fast  spitzige  feder  spitzte  sich  aus 
diesem  ciderdunen-ehebett  etwas  heraus,  und  konnte  stechen. 
J.  Pall  leb.  Fibels  124. 

sprechen:  und  spricht  dürre  eraus,  wo  Christus  leib 
nicht  da  were,  so  bliebe  es  brot.    Ldther  3,  370*. 

sprengen:  hierauf  ohne  Verzug  sprengt  Arealaus  .  .  . 
sehr  wol  gerüst  herausz.  Amadis  356. 

sprieszen:    heraussprieszen,  progemmare.  Stieler  2098. 

springen:  aus  dem  bette  heraus  springen,  e  lecto  pro- 
silire.  Steinbach  2,647;  sihe,  das  wasser  sprang  er  aus  von 
der  rechten  seilen.  Hes.  47,2;  das  ihm  das  blut  zu  inund, 
nas  und  obren  herausz  sprang.  Simpl.  1,22  Kurz;  das  blut 
Sprung  hoch  aus  dem  leibe  heraus,  sanguis  alte  exsuUabat  e 
corpore.  Hederich  1254.  übertragen:  also  wo  ein  bruderschaft 
sich  erhebt,  sollen  sie  sich  also  lassen  ansehen,  dasz  die- 
selben für  andere  menschen  heraus  springen,  für  die  Christen- 
heit mit  beten,  fasten  . . .  etwas  besonders  zu  thun.  Luther 
1,208*;  der  kontrast  springet  auch  um  so  besser  heraus. 
Klinger  12,  ICO. 

spritzen:  also  dasz  ...  das  rote  blut  auszer  irem  leib 
herausz  spritzt.    Amadis  405. 

sprossen:  heraussprossen,  fruticare.  Hederich  1254. 

spülen:  diese  kostbarkeiten  ...  die  die  regellosen  be- 
wegungen  meiner  zunge  elwan  ans  land  heraus  gespület. 
J.  Paul  lit.  nachl.  4,48; 

was  hab  ich  nicht  gedacht!  was  hab  ich  nicht  gefühlt! 
und  jenes  bild  ist  hier  noch  nicht  berausgespült,  .  .  . 
das  Bild,  dem  sich  mein  herz  in  tiefer  ehrfurcht  neigte. 

Göthe  7,  75; 

ich  kann  die  halben  gläser  .  .  . 

hinunter  schlucken, 

eh  ich  den  schaden 

wieder  aus  meinen  gliedern 

rein  heraus  zu  spülen  » 

im  Stande  bin.      II,  155. 

spüren:  nur  eine  ßaxterische  nase  konnte  es  aus  dem 
texte  herausspüren.  Wieland  übers,  v.  Horat.  sat.  (1794)  1,179. 

stacheln:  der  faule  bruder  will  nicht  heraus,  man  musz 
ihn  wie  den  baren  herausstacheln.  Fr.  .Müller  l,  309. 

staffieren:  sie  lassen  sich  von  geschickten  Putz- 
macherinnen heraus  Staffiren.    Güthe  38, 176. 

stechen: 

die  weil  ein  feder  heraus  sticht. 

H.  Sachs  3,  2,  93'; 

die  austern  heraus  stechen,  aus  der  schale  (Adelung). 

stecken:  er  steckte  den  köpf  zum  fenster  heraus. 

stehen:  die  räume  zwischen  den  gebäuden,  ja  die  zer- 
drückten gebäude  selbst  wurden  ausgefüllt,  allein  mauerwerk 
mochte  hier  und  da  noch  herausstehen.  Göthe  28,39;  er 
forderte,  dasz  an  die  spitze  jedes  fingers  {von  einevi  hand- 
schuh)  eine  katzenkraile  befestigt  werde...  'und  dasz  mir  die 
krallen  grosz  und  steif  herausstehen'.  Freytag  handschr.  2,12. 

stehlen:  einen  bürger  aus  dem  kreise  seiner  familie 
herauszustehlen.  Schiller  791";  reflexiv:  ich  stehle  mich 
heraus  vor  die  thüre ;   mhd, 

nu  het  euch  sich  vil  gar  verholn 
Parzival  her  üj  verstoln.    Pavz.  703,  22. 

Steigen:  und  nach  inen  sähe  ich  andere  sieben  dürre., 
küe  her  aus  steigen.  iMos.  41,19;  aus  den  schiffen  heraus- 
steigen, exscendere  e  navibiis.  Hederich  1254; 

Venus, 
als  sie,  vom  schäume  des  meers  noch  tröpfelnd,   die  fluthen 
herausstieg.    Zachariä  1  (1772)  279. 

stellen,  reflexiv,  erst  in  ganz  modemer  spräche  für  sidi 
zeigen,  sich  ergeben:  seine  Unschuld  wird  sich  herausstellen; 
die  Untersuchung  hat  seine  volle  schuld  herausgestellt;  auch 
transitiv:  das  stellt  meine  Unschuld  heraus. 

stöbern:  ich  will  einmal  meine  tochter  herausstöbern 
{aus  dem  belle).  H.  L.  Wagner  kindermürderin  33. 

stocbern:  hinter  einem  pult  über  liniirten  büchern  zu 
sitzen,  Zinsen  einzutragen  und  reste  herauszustochern.  Göthe 

18,81. 

s  1 0  s  z  e  n  :  man  sties  sie  {Moses  und  i4aron)  heraus  von 
Pharao.  2  J*fos.  10,11;  einzelen  nach  ein  ander,  wil  ich  sie 
für  dir  er  aus  stoszen,  bis  das  du  wechsest,  und  das  land 
besitzest.  23,30;  ich  wil  euch  von  dannen  eraus  stoszen, 
und  den  frembden  in  die  band  geben,  //e«.  11,9;  einen  zum 
hause  herausstoszen,  aliquem  ex  aedibus  expellere.  Steinbacu 
2, 728.     häufig  in  bezug  auf  hastiges  oder  eifriges  sprechen .   die 

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wolle  über  einander  herausstoszen ,  convolvere  verba  magno 
cursn.  Hederich  1254;  und  dann:  er  stöszt  gotteslästerung 
heraus,  tnaledidum  in  deum  facit.  Steinbach  2,  729 ;  der  . . . 
stöszet  ohne  scheu  heraus,  was  ihm  in  sinn  kompt.  pers. 
rosenth.  1, 1 ;  während  der  mönch  alle  die  herrlichen  . .  Sachen 
über  das  angesicht  des  teufeis  begeistert  herausstiesz.  Kling  er 
3, 173 ; 

Morus  ist  iwar  wol  kein  narr,  nur,  das  manchen  wunder  nimmt, 

dasz  er  alles  stöst  heraus,  was  ibm  in  die  backen  kümt. 

LoGAü  2,  IbO,  13. 

Stottern:  als  der  kammerherr  sie  {die  näheren  umstände) 
herausgestotlert  hatte.  Kuncer  10,82;  nach  und  nach  kam 
er  heraus  gestottert.   Woldcniar  94. 

strahlen:  damit  aber  das  göttliche  um  so  schöner  aus 
dem  dunkel  herausstrahle.  Klincer  12,78. 

streben:  Gustav  empfand  die  haiul,  die  in  seiner  pul- 
sierte und  aus  ihr  herausstrebfe.  J.  Paul  «ns. /oje  3,86  ;  weil 
alle  gewünder  {bei  einer  bildsäule)  knapp  anliegen  und  die 
umrisse  des  körpers  nicht  mit  hurausstrebenden  ecken  und 
spilzen  verdecken.  Büttiger  lit.  zusl.  2, 122. 

strecken:  und  der  cherub  strecket  seine  band  er  aus 
zwischen  den  cherubim ,  zum  fewr.  I!es.  lo,  7 ;  der  knabe 
streckt  die  zunge  heraus ,  puer  tinguam  exserit.  Steinbach 
2,731;  die  Schnecke  streckt  sich  aus  dem  gehäuse  heraus, 
Cochlea  ex  domicilio  se  exserit.    das. 

streichen,  i)  herausstreichen  bezieht  sich  zunächst  (wie 
ausstreiclien  2,  theit  l,  991)  auf  das  hervorheben  eines  bildes 
{federzeicitnung,  Iwhschniltes)  durch  colorieren,  bedeutet  daher  in 
Verbindungen,  die  diese  bezichung  noch  deutlich  zeigen,  auszeichnen, 
hervorheben  schlechthin:  wie  dann  eben  dieses  ackerleben 
Virgilius  .  .  und  Horalins  .  .  mit  lebendigen  färben  herausz 
gestriochen  haben.  Opitz  1,152;  weil  die  alexandrinischen 
(verse),  wegen  ihrer  weilläuftigen  der  ungebundenen  und  freien 
rede  zu  sehr  ähnlich  sind,  wann  sie  nicht  ihren  mann  finden, 
der  sie  mit  lebendigen  färben  herauszustreichen  weisz.  poeterei 
50;  aus  dem  newen  testament  wil  ich  dis  mal  nichts  füren, 
denn  darin  ist  von  der  heiligen  gottlichen  dreihcit  oder  drci- 
faltigkeit  alles  klerlich  und  gewaltiglich  bezeuget,  das  im 
allen  testament  nicht  so  helle  heraus  gestrichen,  aber  doch 
auch  gewalliglich  angezeigt  ist.  Luther  0,546';  recht  und  wol 
ists  gethan  . . .  das  man  den  bapst  g«lrost  heraus  streiche, 
als  den  erzfeind  unsers  herrn  und  heilands.  8, 2ü7';  wann 
sie  {die  feder  des  gelehrten)  sich  unternimmt,  die  lugenden  zu 
loben,  so  wird  sie  dieselben  auch  solcher  maszen  erheben, 
Wunderbariich  filrbilden  und  herausz  streichen,  dasz  .  .  . 
ßoTscHKY  I'aimos  5;  Homerus  weisz  seine  gölter  und  göt- 
linnen  mit  schönen  gliedmaszen  herauszuslreichen ,  indem 
er  sagt,  die  Juno  habe  schöne  weisze  arme.  Guirsfeld  hisl. 
rosengeb.  9S2. 

2)  herausstreichen  hieran  angeschlossen,  beiszl  putzen,  schmücken, 
tchön  kleiden :  eine  schöne  hur  die  sich  rausz  streicht.  Kirchhof 
wendunm.  44'; 

er  muei  sy  (die  frau)  klaiJcn  und  raus  streichen. 

meistvrl.  MS.  fot.  23,  no.  217. 

8)  am  häufigsten,  und  in  der  modernen  spräche  ausschlieszlich 
gebrduddich,  hat  sich  die  abgeblaszte  bcdeutung  lobend  hervorheben, 
auszerordentlich  loben,  verherrlichen  ergeben  {vgl.  ausstreichen  3, 
theil  1,902):  er  sagt  ihm  von  der  Chariciia,  die  er  also  lobet, 
und  ihre  schöne  so  hart  herausz  strich,  buch  d.  liebe  214'; 
weil  Judith  . .  die  jenige  that,  so  Simeon  und  Levi  an  den 
Sichemilen  begangen ,  . .  lobet  und  herausz  streicht.  Opitz 
3,68;  seine  tilgenden  Über  die  maszen  heraus  streichen,  pers. 
rosenth.  2,  H ;  du  hast  die  reichen  mit  sehr  hohem  und  über- 
mäszigem  lob  heraus  gestrichen.  7,20;  der  lüwe  *eisz  seine 
tugend  und  kraft  gewaltig  heraus  zu  streichen.  Lokmansfab.  7; 
eines  ehrlichen  hochgelahrlen  manns  halben,  dessen  wol- 
rerdientes  lob  ich  in  einer  sonderbaren  occasion  herauüz 
»triebe.  Schuppiüs  661;  bat  seine  kriegeslahten  vor  andern 
nicht  herausgestrichen.  Bdtscukt  kanzl.  300;  man  ist  ge- 
wohnt, die  Schönheit  in  der  naiur  zu  bemerken  und  heraus- 
zuslreichen, Kajit  8,225;  der  ruf  .  .  .  halte  euch  so  zahn- 
arzlmüszig  herausgestrichen.  GötiibS,  72;  ich  will  dich  her- 
ausstreichen!  11,1.S;  mit  einem  kaufmann,  der  seine  waare 
wohl  hnauszustreichen  und  durch  einen  gefülligen  vorlrag 
den  Iculrri  ariKrnchm  zu  machen  wisse.  10,293;  in  hoDTnung, 
dasz  sein  freund  ...  die  vorlrefTlichen  gaben  des  jungen 
mannei  herausstreichen  solllc.  18,58;  indem  sie  nun  meine 
liebesepittel    auf  dai  beste  bcraussirichcn.    24,264;    da  nun 


ein  solcher  schriflsteller  die  seinigen,  denen  er  ergeben  ist, 
die  Sache,  der  er  anhängt,  nicht  loben  und  herausstreichen 
darf.  20", 217;  so  soll  er  in  eben  den  wischen  .  .  seine  AIceste 
herausgestrichen,  nicht  herunter  und  lächerlich  gemacht  haben. 
33,271;  es  schickt  sich  nicht,  dasz  ich  ihn  herausstreiche. 
Tieck  5,92; 

das  wolbeschriben  lob,  mit  dem  mich  deine  gunst  . . . 
für  andern  herauszstreichet.        Wbckherlin  091. 

strömen:  ein  recht  aus  dem  innern  herausströmendes 
lachen.  E.  T.  A.  Hoffmann  l,  170. 

stürzen:  die  herausgestürzten  eingeweide  in  den  bauch 
lurückdrücken.    Klinger  3,147; 

weise  sprachen  das  recht  an  diesen  geselligen  tliorcn, 
beiden  stürzten  zum  kämpf  für  die  Penaten  heraus. 

ScuiUjKR  Spaziergang  v.  89.  90. 

stutzen:  wobei  alle  derbheit  doch  immerzu  einiger  an- 
mulh  herausgeslutzt  erschien.   Göthe  23,  205. 

.suchen:  etwas  aus  den  alten  jainbüchern  heraussuchen, 
eruere  aliquid  ex  annalium  vetustate.    Hederich   1255. 

tanzen:  ich  möchte  das  artige  junge  weih  gern  aus  ihrer 
melancholei  herauslanzen    {ihr  einen  ball  geben).    Lenz  1, 137. 

thun,  1)  machen  dasz  etwas  herauskomme:  da  thct  er  die 
band  er  aus,  und  nam  sie  {die  taube)  zu  sich  in  den  kästen. 
l  Mos.  8,9;  als  sie  ilzt  gebar,  thet  sich  eine  band  heraus. 
38,28;  (die  Stangen)  sollen  in  den  rinken  bleiben,  und  nicht 
heraus  gelhan  werden.  2  Mos.  25,15;  thut  er  aus  den  unllat 
aus  dem  heiligthum.  2  c/iron.  29,  5 ;  und  soll  dein  gerethe  er 
austbun.  lies.  12,  4 ; 

am  himmel  ist  kein  stern, 
dem  ich  dem  Ireund  nicht  gönnte, 
mein  herz  gab  ich  ihm  gern, 
wenn  icbs  heraus  Ibun  konnte. 

RiJCKERT  ges.  ged.  1,  351. 

2)  reflexiv  für  herausgehen,  heraustreten:  tyrannen  und  falsche 
Propheten  haben  überhand  genomen ,  die  haben  sich  eraus 
gelhan ,  und  lassen  sich  sehen ,  und  gehen  im  schwang. 
Luther  3,  30l';  eine  eule  ..  dorft  sich  vor  forcht  der  andern 
vögeln  am  tag  nicht  wieder  {aus  der  scheune)  herausz  thun. 
KiRcuHuF  uendunm.  162*. 

3)  herauslhun  für  sich  putzen,  schmücken:  ich  werde  mich 
über  die  maszen  prächtig  heraus  thun.  ScHocn  stud.-leb.  J  2. 

tragen:  Mose  trug  die  stecken  alle  er  aus  von  dem  herrn 
für  alle  kinder  Israel.  4  3/os.  17, 9;  trug  mein  gerete  er  aus. 
lies.  12,7;  als  er  aber  nahe  an  das  stadlhor  kam,  sihe,  da 
trug  man  einen  todten  heraus.  Luc.  7,12;  das  sie  die  kranken 
auf  die  gassen  her  aus  trugen,  apostelgesch.  5,15;  die  beule 
aus  der  feinde  häuser  heraus  tragen,  praedam  ex  hostium  tectis 
egerere.  Steinbach  2,833;  wenn  mich  meine  mutier  manchmal 
{in  die  Speisekammer)  hineinrlef,  um  ihr  etwas  heraustragen 
zu  helfen.  Göthe  18,  22; 

er  ritt  für  ein  frau  würtlne  haus, 

die  schöne  maget  treit  im  wein  heraus. 

ÜHLiND  votkft.  274  (-IÜ  druckfehlcr 

sieht  herauO. 

träufeln:  heraustreufeln,  rora/fone  transtre.  Stieler  2329. 

treiben:    und  Jhesus  gieng  zum  lenipel  golles  hin  ein, 

und  treib  heraus  alle  verkeuler  und  keufcr  im  tempel.  Mailh. 

21,12;    einen  aus  dem  valerlande  heraus  treiben,  patria  ali- 

quem  expellere.  Steinbach  2,850;  die  gcschichle  einer  lyrannen- 

herrschafl,  welche  die  edeln  geschlechter  vertilgt,  eine  hohe 

und  reiche  bildung  heraustreibt  und  verdirbt,  vor  allem  die 

herrscher    selbst    mit    wenigen    ausnahmen    entmenscbiicbt. 

Freytag  handschr.  1,20: 

wer  will  was  lebendlgs  erkennen  und  beschreiben, 

sucht  erst  den  geist  heraus  tu  treiben, 

dann  bat  er  die  tlicile  in  seiner  band, 

fehlt  leider!  nur  das  geistige  band.     Götri  13,96. 

in  anderm  sinne:  mein  vatcr  mahlt  der  donna  Solina  portrail. 
sie  miisz  genau  gelroffen  werden,  meines  vaters  kunst  ver- 
zweifeil,  den  groszen  geist  herauszutreiben.  Klincer  theater 
S,  t59. 

treten:  im  zimmcr  blieb  e*  stille,  endlich  trat  die 
wirthin  heraus.   Göthe  17,388; 

•  er  reit  »ft  Nürnberg  fürs  schmidi  haue 
hör,  lieber  scbniid,  irlt  zA  mir  herausz!     UtiLA;<D  iotkil.  .S4I , 
hcrouii  in  eure  «cballrn,  rege  wipTel 
des  alten,  büiigpii,  dlrbiliel.iubien  haines, 
wie  in  der  goiiin  iilllcs  heiligthum. 

tret  ich  noch  jetzt  mit  scbaudcrndem  gePQhl.    GSmt  0,  S; 
da  prbub  sich  der  könig  hernui  zu  troien.    40,  101; 


1049 


HERAUS 


HERAUS 


1050 


ist  diesz  ein  dolch,  was  icti  da  vor  mir  selie, 

den  griff  mir  lugewendet? 

es  ist  nichts  wirkiicties.    mein  blutiger 
gedanlie  ists,  der  so  heraustritt  vor  das  äuge. 

Schiller  Macbeth  2,  3; 

die  gedärrae  treten  bei  den  brücben  heraus,  inleslina  in  herniis 
excedunt.  Steisbach  2,  860 ; 

dasz  selbst  ihm  aus 

dem  köpf  heraus 

die  äugen  treten.    Göki>gk  1,240; 

aus  sich  heraustreten,  wie  herausgeben  4,  ip.  1033:  wie  könnte 
denn  irgend  einer  sich  anmaaszen,  aus  sich  selbst  heraus- 
zutreten? Fichte  reden  an  die  d.  nat.  437. 

triefen:  heraustriefen,  exslUlare.  Stieler  2328. 

trinken:  da  sparet  er  sich  nicht,  asze  und  tränke  sein 
theii  rediij:h  heraus.  Laz.  de  Tormes  41 ; 

ich  setz  das  gläslein  an  den  nuind, 
trinks  heraus  bis  an  den  grund. 

GöDEKE  u.  TiTTiii>?(  liederb.  134,  no.  126. 

trotzen:  er  hat  gleichwoi  das  gelt  endlich  herausgetrotzet, 
pectmiam  tarnen  importunilate  sua  tandem  expressü  ab  eo.  Stie- 
ler 332. 

wachsen:  es  wächst  ein  zweig  heraus,  ramus  egerminat. 
Steisbach  2,913;  ein  kugelform,  ...  in  welcher  so  er  zu 
wenig  blei  darin  güsse,  würde  ein  glünsgin  (spall)  darinnen 
werden,  wa  er  zuvil,  würde  ein  knöpflein  herausz  wachsen. 
Zisrgref  apophth.  2,  iO ;  herauswachsen,  als  ein  gewächs  oder 
gescbwür  am  leibe,  extuberare.  Hedericu  1255;  weil  der  con- 
stilutionalismus  als  solcher  eine  reine  doctrin  ist,  von  welcher 
sich  doch  im  eigentlichen  sinne  nicht  sagen  läszt,  sie  sei 
aus  dem  mittelstande  herausgewachsen.  Frantz  kritik  alkr 
parleien  99. 

wagen:  der  feind  hat  sich  aus  dem  lager  heraus  gewagt. 

wähnen: 

sie  hielten  uns  für  götter  nie;  altein 
für  das  doch,  was  wir  sind,    nun  haben  sie 
uns  aus  der  wesen  reih  herausgewähnt. 
Undinge  sind  wir  ihnen !     Klopstock  9,  116. 

walzen,  wälzen:  et^vas  herauswalzen ,  evolvere  aliquid. 
HEDERfCH   1255. 
wanken: 

Jungfrauen,  eurer  stimme  tvrischen  laut 
hab  ich  im  Innern  des  palasts  vernommen, 
und  wanke  nun  mit  alterschwerem  tritt 
zu  euch  heraus.     Schiller  23S*  (Pliöniz.). 

weben:  herauswehen,  erumpere.  Stieleh  2460. 

weichen:  wer  in  Judea  ist,  der  fliehe  auf  das  gebirge, 
und  wer  mitten  drinnen  ist,  der  weiche  heraus.  Luc.  21,21; 
die  aus  dem  centrum  des  lebens  herausgewicbene  entwickelung. 
Kritzleh  humanilät  u.  christenlhum  2,  96. 

weisen:  man  hat  uns  hier  heraus  gewiesen. 

wenden:  die  linke  seile  an  einem  kleide  herauswenden, 
tnterpolare  veslem.  Stieler  2504;  das  rauche  berauswenden, 
severitalem  adhibere,  gravitate  uti.   das. 

werfen:  und  die  drinnen  wehreten  sich  nicht,  worfen 
nicht  einen  stein  eraus.  l  Macc.  2, 36 ;  worfen  in  und  alle 
die  mit  im  waren,  mit  steinen  zu  tod,  darnach  hieben  sie 
in  zu  stücken,  und  worfen  sie  heraus.  1  Macc.  1,16;  sie 
namen  in  und  tödten  in ,  und  würfen  in  her  aus  für  den 
Weinberg.  Marc.  12,  8 ;  dasz  ein  jeder,  der  nur  3  oder  4  ausz- 
ländiscbe  Wörter,  die  er  zum  öftern  nicht  versteht,  erwischt 
hat,  bei  aller  gelegenheit  sich  bemühet  dieselben  heraus  zu 
werfen.  Opitz  poeterei  30 ;  aus  dem  raht  herauswerfen,  senatu 
movere.  Stieleb  2551;  blut  aus  dem  munde  herauswerfen. 
cruorem  ex  ore  ejectare.  Steisbach  2, 1035 ; 

die  geisz  mit  allen  vieren  schart, 
warf  mit  dem  grasz  herausz  den  sandt, 

ß.  Waldis  Esop  4,  25,  17 ; 
und  sag  ir  dein  anligen  gar, 
das  sie  dein  gneigien  dienst  erfahr, 
lag  denn  schmeiszkeiln  und  grobe  grumpen, 
und  Wurfs  herausz  mit  ganzen  klumpen. 

grobianus  (1568)  C2'  (6,  1,  5). 
wichsen:  geh  er  nur,  dasz  meine  ansprüche  immer  mehr 
nach   seinem   geschmacke   sind:   so   wichst   er  sich  künftig 
immer  besser  heraus.  J.  Pacl  herbstblum.  3,  87, 

wickeln,  transitiv:  das  eingehüllte  herauswickeln,  inro- 
Itäum  evolvere.  Steinbacb  2,991;  Fixlein  wickelte  gewisz  niclit 
seilen  die  beicbigroschen  und  ärndtepredigt-gefälle  aus  be- 
druckten papierchen  heraus.  J.  Pacl  kom.  anh.  z.  Titan  l,  43 ; 
wenn   er   seine   erdichtungen   wirklich  aus  den  angeführten 


stellen  herausgewickelt  hätte.  Lessing  6,270.  reflexiv:  welcher 
aber  allgemach  sich  wird  herausz  wickelen  {aus  den  schulden), 
der  macht  ein  gewonheit  der  häusziigkeit,  und  mit  diesem 
fleisz  hilft  er  dem  geniütb  und  vermögen.  Schcppius  739 ;  er 
sucht  sich  noch  mit  einer  andern  ausflucht  herauszuwickeln. 
Kakt  8, 142 ;  wenn  etwas  miszräth  oder  anstosz  gibt ,  da 
sucht  er  die  schuld  auf  andere  zu  wälzen  und  hat  auch  eine 
geschicklichkeit,  sich  mit  solchem  anschein  herauszuwickeln. 
Abmx  2,337. 

wimmeln:  ir  land  wimmelte  kröten  er  aus.  ps.  105,30. 

winde  n,  reflexiv:  wie  soll  ich  mich  aus  diesem  labyrinth 
heraus  winden  ?;  transitiv  in  übertragener  bedeulung,  durch  fragen 
herausbekommen: 

(ihre  amme)  wuszt  endlich  we^  zu  ßnden, 
das  seltsame  geheimnis,  das  sie  nagt, 
aus  ihrer  brüst  heraus  zu  winden. 

Wiela;«d  22,  173  {Oberen  4,  50) ; 

niemand,  sagte  sie,  könnt  es  aus  mir  berauswinden ,  wem 
die  Sachen  allemal  gehören,  J.  Paul  Siebenkäs  2, 18. 

wirken:  nachdem  nu  alle  menschen  sünder  sind,  der 
Sünde  und  dem  tod  . . .  unterworfen,  ist  es  unmüglich,  das 
ein  mensch  sich  aus  seinen  kreften  oder  durch  seine  gute 
werk  eraus  wirke.  Luther  5,15";  je  mehr  er  fürnimpt,  sich 
selbs  eraus  zu  wirken,  je  erger  es  mit  im  wird.   das. 

wischen,  l)  intransitiv:  man  kompt  zum  loch,  der  fuchs 
fährt  ein,  die  schlänge  hernach,  und  zeigt  ihm  alle  gelegen 
heit,  indesz  wischt  der  fuchs  heraus.    Schüppics  836; 

im  nabel  ist  sie  {die  seele)  gern  zu  haus, 
nehmt  es  in  acht,  sie  wischt  euch  dort  heraus. 
GöTHE  41,  3-25; 

SO  wischte  ich  mit  einer  pistoln  heraus.  Simpl.  1,220  JT««; 
so  bald  ich  solches  gesagt,  wischte  einer  von  meinen  herrn 
mit  dem  sebel  heraus,  mir  das  reden  zu  legen.  2,218;  ist 
denn  etwas  geschehen?  meine  liebe  frau,  ich  will  mit  meiner 
niesewurzel  gerne  heraus  wischen.  Chr.  Weise  betrog,  betrug  37. 

2)  transitiv,  durch  wischen  entfernen:  flecke,  schmutz  aus 
einem  kleide  heraus  wischen. 

wollen  s.  oben  sp.  1027. 

wühlen:  wenn  die  unterirdischen  schätze  des  landes  hcr- 
ausgewühlt  würden.  Göthe  18, 148. 

würgen,  würgen:  diesem  mus  er  (gott)  das  bein  gesund 
machen,  den  reich  machen,  dem  sol  er  recht  laszen  i5nd 
thun,  wie  sie  raügen ,  auch  durch  sich  selbs  und  andere, 
sich  heraus  würgen.  Luther  1,86';  glauben  sie,  dasz  mir 
ein  liebhaber  gleichgültig  sein  konnte,  ...  der  eine  so  zärt- 
liche liebeserklärung,  wie  sie  in  seinem  briefe  finden,  nach 
allen  regeln  der  rhetorik  herauswurgte?  Raben  er  saf.  3, 140; 
kaum  dasz  der  weite  Schlund  das  erste  wort  gebahr 
(es  satzte  müh  genug,  den  gram  heraus  zu  würgen). 

GCNTHER  494; 

(ein  verpesteter  dampf,  der)  die  verruchte  hex«  kizelt, 
bis  sie  hustend  die  schwarze  seei  herauswürgt! 

Voss  3,  113. 

zahlen:  geld  berauszahlen,  bei  einer  abrechnung. 

zählen:  dort  saszen  wir,  zählten  noch  einmal  und  immer 
noch  einmal ,  ob  wir  nicht  die  sechs  reichsthaler  heraus- 
zählen könnten,  allein  es  waren  und  blieben  nur  drei.  Riebl 
cidturgesch.  nov.  370. 

zaubern:  hieraus  entfaltet  sich  ein  trieb,  alles  was  von 
Vergangenheit  noch  herauszuzaubern  wäre  zu  verwirklichen. 
Göthe  49, 19. 

zerren:  einen  pfeil  herauszerren,  arellere  spiculum.  Stie- 
ler 2316 ;  aus  dem  hause  heraus  zerren ,  domo  vi  extrahere. 
daselbst; 

(welche  liexe)  sich  kiihe  melkt  durch  Ständer, 

dasz  die  nachbarin  blut  statt  milch  herauszerrt.     Voss  3,  110. 

ziehen,  l)  intransitiv:  die  menner  in  Sichem  ...  zogen 
eraus  aufs  feld.  rieht.  9,27;  und  der  philister  lager  zog  er 
aus  für  Michmas  über.  iSam.  13,23;  da  sie  ubers  blachfeld 
ans  gebirge  kamen ,  zogen  gegen  inen  eraus  die  schützen. 
Judilh  6,7;  aus  der  Stadt  heraus  ziehen,  ex  oppido  eniigrare. 
Steixbach  2, 1110. 

2)  transitiv   mit  persönlichem   object:    da  die  Midianiler,  die 
kaufleute,   für    über   reiselen ,   zogen  sie  in  {Joseph)  aus  der 
gruben.    iMos.  37,28;    die   besalzung   aus   der  Stadt  heraus 
ziehen,  praesidium  deducere  ex  urbe.  Steisbach  2,1110; 
tanzmeister.  wie  jeder  doch  die  beine  lupft! 
sich  wie  er  kann  herauszieht! 
der  krumme  springt,  der  plumpe  hupft 
und  fragt  nicht  wie  es  aussieht.    Götb«  12,  22S. 


1051 


HERAUS  — IIERAUSZEN 


mit  sächlichem  object:  kumpt  der  ammaa  und  mag  das  scheff 
(scliilf)  rnit  zwai  fingern  lierusz  ziehen.  «m/Zi.  3,  "40 ;  er  aber 
wachet  auf  von  seinem  schlaf,  und  zog  die  geDochlen  locke 
mit  nagel  und  flechlband  eraus.  ricid.  16,40;  sie  zoch  das 
heubt  Holofcrnis  her  aus.  JudiÜi  13,18;  wenn  es  {das  netz) 
aber  vol  ist,  so  ziehen  sie  es  eraus  an  das  ufer.  MaUh.li.4h; 
zoch  eraus  zwecn  giosschcn ,  und  gab  sie  dem  wirle.  Luc. 
10,35;  welcher  ist  unter  euch,  dem  sein  ochse  oder  esel  in 
den  brunn  feilet,  und  er  nicht  als  bald  in  her  aus  zeucht 
am  sabbalhtage?  14,5;  er  ziehet  das  kraul  samt  der  wurzel 
heraus,  exlrahil  heibam  radicitus.  Steinbach  2, 1110 ;  einen  dorn 
herausziehen,  so  einem  im  fusze  stecket,  revelkre  spinam 
vesligio  pedis  alicujus  haerentem.  das.; 

er  zog  herausz  sein  blankes  schwert 

und  slacli  sich  in  sein  herze,     üulano  volkil.  223; 

und  schlosz  auf  ire  schleierlad, 

und  zohe  herausz  die  gelben  sclileier. 

B.  Waldis  Esup  4,28,  15; 

in  überlragenem  sinne:  etwas  aus  einem  buche  herausziehen, 
aliquid  ex  libro  excerpere.  Steinbacu  1,1110;  aus  quadratischen 
glcichungen  die  wurzel  herausziehen;  so  trat  er  seinen  be- 
weis an  und  zog  vier  lange  fluche,  als  eben  so  viel  syllo- 
gistische  figuren  heraus.  J.  Paul  Hcsp.  3, 12. 

zischen:  {der  tninisler)  zischte  mit  seinem  hellen,  krei- 
schenden stimmchen  eine  der  plattesten,  abgeschmacktesten 
erbärmlichkeiten  heraus.  Klincer  10, 19. 

zupfen:  graue  haare  aus  dem  harte  herauszupfen; 

A.  du  spinnst  ja,  wie  ein  daus! 

B.  man  musz  wohl,  denn  ein  schocker  dreiszig 
zupft  man  nicht  gleich  heraus.    Gökimgk  3,  83. 

zwacken:  zwackt  eraus  noeine  wort,  wo  es  in  dünket, 
schmiert  dran  seinen  gift.  Luther  1,368';  es  gilt  aber  nicht 
ein  wort  heraus  zwacken,  und  darauf  pochen,  man  mus  die 
meinung  des  ganzen  texts,  wie  er  aneinander  hanget,  an- 
sehen. 3,38*;  ist  das  nicht  ein  tolküner  geist ,  der  got  so 
frech  in  seine  wort  greift ,  und  heraus  zwackt ,  was  im  ge- 
fellet?  64". 

zwängen:  das  wiesei  zwängte  seinen  leib  aus  der  schmalen 
spalte  heraus. 

zwingen:  v\er  die  nasen  hart  schneuzt,  zwingt  blut  er 
aus,  und  wer  den  zorn  reizet,  zwingt  hadder  er  aus.  sprichtv. 
30,  33 ;  die  pfennige  mit  guten  worten  herauszwingen,  expal- 
pare  argenlum  ab  aliquo.  Stieler  2669 ;  indem  sie  einerleiheit 
der  tugend  und  glückseligkeit  zu  ergrübein  suchten,  waren 
sie  nicht  einhellig,  wie  sie  diese  idealität  herauszwingen 
wollten.  Kant  4,231;  (länder)  welche  sich  beständig  an  ein- 
ander reiben ,  um  ...  die  funken  des  unsterblichen  ruhms 
herauszuzwingen.  Kli.nceb  10,  4. 

HERAUSAHBEITUiNG,  f. :  an  dessen  feines  gedankens)  her- 
ausarbeitung will  ich  meine  ganze  kraft  wenden.  Fichte  über 
d.  tcesen  d.  fjrl.  86. 

HF.HALSltEHUFCNG,  f.  evocalio.  Hederich  1249. 
HEKAUSBHECHUNfi,  f.  eru}4io,  evuUio.  Steinbach  1,  201. 
HERALSUHÄNGLNG,  f.:     überhaupt   scheint   mir,    dasz 
Scaliger  unter  Ekthlipsis  nicht  blos  die  herausdrängung  des 
m    mit    seinem    vorhergehenden    selbstlauter,    sondern   jede 
elision  überhaupt  verstanden   habe.  Lessinc  10,  366. 

HEUAUSZEN,  adi:  exlra ,  furis.  es  ist  von  heraus  so  ge- 
schieden, wie  einfaches  auszen  von  aus,  lelzleres  adverb  der 
beuegung ,  ersleres  der  ruhe  und  des  bleibens;  und  so  bezeichnet 
hcrauszen  einen  auszcrhalb  in  der  richtung  nach  einem  sprechenden 
gelegenen  pnnkl,  nicht  wie  heraus  eJNC  beuegung,  vbschon  mischungcn 
in  der  bedeutung  vorkommen,  sp.  1020;  vergl.  auch  hieraus  und 
hierauszcn.  und  der  fürst  sul  auswendig  unter  die  halle  des 
tbors  tictien,  und  her  auszen  bei  dem  pfosten  am  thor  stehen 
bleiben,  lies.  40,2;  ein  narr  kucket  frei  einem  zum  fenster 
hinein ,  aber  ein  vernünftiger  bleibt  erauszen  stehen.  Sir. 
21,25;  das  sie  nicht  hinein  zu  im  gedrungen  habe,  sondern 
erau«(zcn  geharret.  Luther  4,454';  [ein  abt  soll  im  kloster  bleiben) 
sintemal  er  .  .  .  viel  mehr  guts  schaffen  köndle,  denn  hcr- 
auszen, denn  herauszcn  kun  er  niemand  hellen.  405*;  so 
man  herauszen  bleibt,  br.  2.  COO;  wiewohl  es  diesen  moiid 
berauKzcn  sehr  nasz  gewest  ist.  4,132;  daäz  das  cnd  ..  auch 
licrausz  komen  sol  und  musz;  dann  das  grßgt  ist  nun  her- 
au<>zrn.  Schade  tat.  u.  patqu.  3,40,10;  o  wie  viel  tausend 
einfältige  bauren  .  .  kommen  doch  in  den  himmel,  da  ber- 
gegen  mancher  bocbgelahrter  mann  herauszen  bleiben  tuuszl 
ScHCP^iO»  C&2; 


IIERAÜSENTWICKELUNG  — HERAUSZER     1052 

wer  ins  herze  gott  wil  fassen 

musz  die  weit  herauszcn  lassen: 

gott  musz  der  herauszen  lassen 

wer  ins  herze  weit  wil  lassen.    Logau.2,  16",  43. 

HERAUSENTWICKELUNG,  f.:  der  kanzelredner  geht  schritt 
für  schritt ..  einen  genauen  systematischen  gang:  einleitende 
prüfung  des  lextwortes  zu  herausentwickelung  des  themas, 
das  kurz,  scharf  und  bestimmt  herausgestellt  wird.  Honegceb 
allg.  cullurgesch.  d.  neuesten  zeit  1, 132. 

HEUAUSZER,  adv.  foras,  der  bcdeulung  nach  heraus  gleich, 
es  liegt  keine  Zusammensetzung  mit  dem  adv.  auszer  vw,  sondern 
sowol  die  volle  form  hcrausher  {s.  unten)  wie  die  analogie  von 
heraber  und  heraiier  bezeugen  die  doppelte  Stellung  von  her  in 
dem  gedachten  worte.  es  verkürzt  sich  zu  erauszer  (Lütueh 
3, 167*,  s.  die  stelle  unten)  und  zu  rauszer,  letztere  form  ist  in 
mitteldeutschen  dialekten ,  namentlich  dem  ditringischen  üblich, 
seine  Stellung  ist  wie  die  von  heraus  neben  verben  der  bewcgung, 
die  in  dringlicher  rede  unterdrückt  werden:  mit  der  fuchtel 
herauszer !  Schocu  stud.-leb.  i ; 

herausz,  lierauszer  du  hlulliund  1    H.  Sachs  4,  1,48*. 
von  solchen  verben  erscheinen  brechen: 

indem  die  sonne  sich  iiat  in  das  meer  begeben, 
und  das  gestirnte  haupt  der  nacht  herauszer  bricht. 

Opitz  2,  167. 

in  übertragenem  sinne  {vergl.  heraus  brechen  4,  sp.  1029): 

wer  sich  hoch  herauszer  bricht. 

B.  Ringwald  laut.  warh.  150. 

dringen:  zwischen  denselben  häcklein  dringen  kleine 
weisze  blümlein  herauszer.    Bock  krduterb.  667; 

gleich  wie  der  edle  myrrhensaft 
durch  Sturm  herauszer  dringet, 
also  wächst  auch  der  tugend  kraft, 
wenn  misgunst  sie  iimringet. 

Neuhabk  liislwätdchen  42. 
d  r  u  m  m  e  n : 

l)isz  sie  {die  winde)  ausz  ilirem  kerker  kummen, 
und  mit  gewalt  herauszer  drummen. 

grobianus  (1568)  F7'  (6.2,  co;i.2). 

geben:  die  Wahrheit  machet  mir  meinen  unmul  dermaszen 
empfindlich ,  das  ich  solches  ehe  mit  stillschweigen  vorbei 
gehen,  als  solches  herauser  zu  geben  lassen  mus.  Butscuky 
kunzl.  803. 

gehen:  daselbsten  ward  er  eins  ritlers  gewar,  welcher 
herauszer  auf  ein  spitz  eines  felsen  gieng.  Amadis  356. 

hangen:  lasz  deine  zunge  nicht  so  lang  herauszer  hangen. 
arab.  sprichw.  42. 

klauben:  dergleichen  gebot  sind  auch  noch  viel  mehr 
im  Mose,  die  man  alle  kündlc  zu  einem  feinen  regimeut 
erauszer  klauben.    Luther  3, 167*. 

kommen:    do  nun  ...  die  jünger  in  das  stettlin  woreii 

gangen,  do  kam  ein  fraw  häruszer  von  dem  stettlin.  Keisers- 

DEiic  pos/.  2, 70';    wo    du    anders   aus    disein    verdrüslichcn 

irgange  herauser  kommen  wüst.   Butscuky  kanzl.  890; 

da  kam,  mit  schwimmen,  er  herauszer  auf  der  stunde. 

D.  V.  D.  Werdkr  .Ariost  II,  40,  6. 

kriechen:  sonderlich  {die  bldtter),  die  neben  dem  slamni 
herauszer  kriechen.  Bocit  krduterb.  077. 
lassen: 

im  zierlichen  kSflg 
ein  vöglein  sie  halt, 
sie  liiszt  es  herauszer, 
80  wies  ihr  geliilll.     (iöTHB  3,63; 
linid  kommen  die  schwalben  und  hauen  das  nest. 
der  bäum  die  grüne  herauszer  likszt.    Tikck  2,  15U. 

quellen: 

das  wRsser,  das  mit  macht  da,  dort  herauszer  quillt, 
hat  setneu  nutz  zwar  auch,  nur  dasz  es  wenig  gilt. 
LooAU  I,  166,  12. 

reden:  verzeihe  mir,  das  ich  frei  und  ungcscheut  her- 
auser rede.  Butschky  kanzl.  890. 

sagen:  der  lial  frei  öffentlich  herauszer  gesagt,  was  an- 
dere falscher  well  verständige  in  ihren  herzen  ..  verdecken. 
Schuppius  621. 

sprengen:  derwegen  er  ...  sampt  seinem  pferdl  in  ein 
80  liefe  pfulz  gefallen,  dasz  er  nicht  herauszer  Mprengeii 
mocht.  Amadis  353;  wie  der  junkherr  in  den  uiidcrn  vor- 
hoff hicnein  ritt,  wurden  sie  gewahr,  dasz  man  gleich  de»z 
Kchlosr  thor  öffnet,  und  ein  gcwapncter  riUer  zu  ross  her- 
ouszcr  sprenget.  76. 

»l reichen:  wenn  ihr  euer  gemülhsverinögen  herauszer 
streichet.  ScMüMlUfl  649. 


1 053   HERALSFAHRT  —  HERAUSTRITT 

tbun: 

dein  lange  negel  hören  darza, 
das  man  solch  ding  herauszer  thu. 

giobianus  (1568)  BT  (6.1,  cap.i). 

icrren: 

darfst  auch  niemand  {dat.)  das  maul  aufsperren, 
da  kanst  vol  selbs  herauszer  zerren.  das. 

ziehen:  {trdumle)  wie  einer  die  hende  in  seine  seilen 
leget,  sein  herz  herauszer  zöge.  Amadis  23 ;  als  ob  er  es  {ein 
speereisen)  herauszer  ziehen  woil.  205 ;  sampt  seinem  pferdt 
in  ein  so  tiefe  pfütze  gefallen,  dasz  er  . .  es  bei  dem  zäum 
herauszer  ziehen  must.  353. 
HERAUSFAHRT,  f. 

HERAUSFORDERER,  m.:  sowohl  bei  ihm  wie  bei  dem 
herausforderer  blieben  bitten  .  .  und  drohungen  gleich  ver- 
gebens.  Bask  nov.-zeitiing  1S66  s.  651. 

HER.USFORDERUNG./'..-  herausfoderung,proroca/i"o.  Hede- 
rich 1250;  grün  ist  ordentlich  ein  herausforderungs- 
zeichen  für  ihn.  Fr.  Mi^ller  3,341. 

HERAUSFÖRDERUNG:  f.:  die  herausförderung  der  er2e, 
der  kohlen  aus  der  grübe. 

HERAUSFCHRUNG,  f.  evectus,  edutito.  Steixbach  1,  391. 
HERAUSGABE,  f.:     herausgäbe    einer    verwahrten    geld- 
summe;    herausgäbe  eines  buches;  herausgäbe  eines  manu- 
scripts.    Liscov  93. 

HERÄUSGEBÄHRU.NG,  f.:  projection  eines  bildes,  heraus- 
gebährung  aus  sich  selbst  eines  bildes.  Fichte  nachgel.  Kerke 
2,  17. 

HERAUSGEBER,  ni..-  der  herausgeber  einer  Zeitschrift; 
herausgeher  eines  buches,  editor  libri.    Hederich  1250. 

HERAUSGEBÜNG,  f.:  wer  versichert  uns  dasz  auch  die 
herausgebung  dieses  fündelkindes  nicht  ein  streich  der  Ver- 
folger des  herrn  Philippi  ist?  Lhcov  325;  herausgebung  einer 
Schrift.  94. 

HER.^USGEHUTS'G,  f.:  herausgehung  aus  einem  orte,  exilio 
ex  loco  aliquo.  Hederich  1251. 

HERÄUSGESTALTUNG.  f.:  sie  {die  rechte  exaclheit)  besteht 
in  der  liebevollen  Vertiefung  in  die  dichterische  eigenthüm- 
lichkeit,  in  der  herausgestaltung  des  dichterischen  characters 
aus  seinem  eigensten  und  innersten  kern,  blätler  für  liUer. 
Unterhaltung  1S66  s.  753. 

HERAUSGRABÜiNG,  f.  exfodicatio.  Steisbach  1,  630. 
HERAUSHER ,   adv.    die   ursprüngliche   und   volle   form   für 
herauszer  sp.  1051: 

das  keiner  wurd  häruszher  gon. 

FüSKELis  iMzarus  E6*; 
dann  wenn  das  volk  heruszher  kundt, 
sieht  Lazarum  ersten  gesund,    daselbst; 
wie  im  berg  Eina  ungehewr 
herauszher  fehrt  das  schrecklich  fewr. 

grobianus  (156S)  F7*  (6.2,  cap.2). 
GöTHE  rencendet  getrenntes  heraus  her: 

mutter,  mutter!  tritt  heraus  her!    3,13. 
HERAUSLASSUNG,  f. :  herauslassung  einer  schlänge,  emissio 
anguis.  Hederich  1252. 

HERAUS.NAHME ,  /.  .•  herausnähme  eines  geldstücksaus 
dem  beutel,  eines  gefangenen  aus  dem  keiker;  nach  heraus 
nehmen  3,  sp.  1039:  während  der  herr  ihm  seine  heraus- 
nähme, ihn  hier  aufzusuchen,  verwies.  Hippel  lebensl.  2,  69. 
HERAUSNEHMU.NG,  f.  exemtio.  Steixbach  2,132. 
HERAUSZNEIS  ,  adv.  auszerhalb ,  neben  form  zu  herauszen  : 
auf  circuracisionis  bin  ich  widerumb  zu  Hainzen  von  Luther 
herausznen  in  ainer  herberg  kommen ,  wie  wol  er  mir  zu- 
gemut  mit  ime  hinein  zu  geen.    Schertlin  br.  57. 

HERAUSPUTZUNG,  f:  weil  sie  (Judith)  gott  umb  die  gnade 
des  betrügens  bittet,  mit  herauszputzung  und  liebkosenden 
Worten  ziemblich  weit  gehet.  Opitz  3,  68. 

HERAUSSENDUNG,  f.:  mit  dem  römischen  hof  ward  wie 
über  die  heraussendung  der  kröne,  so  über  die  zurücknähme 
jener  Constitution  {verbot  der  Vereinigung  Neapels  mit  der  deutschen 
kröne)  lebhaft  unterhandelt.  Ranke  reform.  1,355. 
HERAUSSTREICHER,  m.  laudator.   Stiei.er  2202. 
HERAl  SSTREICHUNG,  f.  praeconium,  laudatio,  das. 
HERAUSTRETUNG,  f:  die  heraustretung  des  mastdarms, 
ani  procidentia.    Steisbach  2,  850. 

HERAUSTRITT,  m.:  und  wirklich  scheinen  wir  am  Ruodlieb 
ein  kostbares  denkmal  zu  haben,  das  uns  errathen  läszt,  wie 
sich  ungefähr  eine  gebildete  höfische  dichlung  nach' dem 
heraustritt  aus  der  heroischen  zeit  aus  sich  selbst  gestaltet 
haben  möchte.  Gebvi.nls  gesch.  d.  deutschen  dichlung  1,  93. 


HERAUSWÄRTS  —  HERB 


1054 


HERAUSWÄRTS,  adv.  extrorsum,  extra.  Steisbach  2,935; 
und  heraus  werds  zur  seilen ,  da  man  hin  auf  gehet  zum 
thor,  gegen  mitternacht,  stunden  auch  zween  tissche.  Hes. 
40.  40. 

HERAUSWERFUNG,  f.  ejeclatio.  Steisbach  2, 1035. 

HERAUSZAHLUNG,  f:  bei  herauszahlung  des  geldes. 

HERAUSZIEHUNG,  /. .'  herausziehung  eines  zahns,  evulsio 
dentis.  Hederich  1256;  herausziehung  der  quadratwurzel,  ex- 
tractio  radicis  quadratae.   das. 

HERAUSZWINGUNG,  f.  expressio.  Steixbach  2,1134. 

HERB.  HERBE,  adj.  und  adv.,  acerbus,  acerbe. 

Das  seit  dem  12.  jahrh.  als  haru ,  flectiert  harewer  (Graft 
4, 1043),  später  als  harewe,  harwe,  henve  {mhd.  ab.  1, 635*), 
hare,  har,  here  und  her  (Lexer  trb.  1, 11S3)  gebräuchliche  ad- 
jecUv  hat  die  grundbedeutung  schneidend,  beiszend,  und  gehört, 
wie  bereits  Sch».  2,  235  hervorhebt,  zu  der  unter  haaren  schärfen 
sp.21  angezogenen  gruppe  vurzelhaß  veruandter  irvrter.  der  ab- 
leitende consonant  w  veihdrtet  sich  bereits  seit  dem  li.  jähr,  in  b: 
mit  herbem  wein.  Megexberg  355,16;  acerfrus  herbe  Dief.  9* 
{15.  jahrh.),  daneben  erhaltung  des  ursprünglichen  trurzelvocals : 

der  magen  leichtlich  nimpt  ein  scheu 
ab  grober  kost  und  barbem  trank. 

H.  FoLZ  in  den  fasln,  sp.  1265. 

für  altes  herwe,  herbe  ist  die  form  härg  bairisch  (Schm.  2, 237) ; 
dagegen  beruht  eine  von  Lessixg  11,  625  aus  Brants  narrensch. 
S5,  37  {nicht  84)  beigebrachte  form  herr,  die  durch  assimilation 
entstanden  sein  müsle,  nur  auf  einem  druck-  oder  lesefehler  für 
hert,  hart. 

herbe  «'ird  gesagt 

1)  von  siechenden  thieren  und  ihrer  icaffe:  ej  {das  einhorn) 
ist  gar  scharpf  und  härwe ,  also  da;  e;  kain  jäger  gevähen 
mag  mit  gewalt.  Megexberg  161,  22;  halber  hurnausz,  crabro 
asper.  Maaler  205*; 

indem  sticht  mich  die  schlänge  herb, 
das  ich  mit  meiner  list  verderb. 

B.  Waldis  Esop  1,  54,  13. 

daran  angeschlossen  in  neueren  qtiellen  vom  schneidenden  geschosse, 
zunächst  das  griech.  ^iy.065  wiedergebend: 

dasz  du  den  herben  pfeil  mir  aus  der  schulter  herausziehst. 
Stolberg  11,  149  {niy.obv  oiorov  II.  5,110); 

sprachs,  und  Antinoos  drauf  erzielt  er  mit  herbem  geschosse. 

Odyssee  22,  8; 
■  dann  auf  die  anderen  auch  entsendet  er  herbe  geschosse. 

24,  180 ; 
nur  jetzt  noch  halte  fest,  du  treuer  sträng, 
der  mir  so  oft  den  herben  pfeil  beflügelt. 

Schiller  Tett  4,  3. 

2)  in  bezug  auf  das  gefühl,  scharf,  schneidend: 

mhd.  ij  sint  zuei  jär  f.  .  .] 

da;;  ane  gie  diser  hunger  harewgr. 

genebis,  fundgr.  2,  69,  39 ; 

der  lag  still  drei  tag,  und  wa;  herbs  weler.  d.  städtechron. 
4, 185, 15 ;  herber  wind,  ventus  austerus.  Stieleh  82S ; 

laut  wehklagen  sie  dir,  vor  angst  noch  herberes  hungers. 

Voss  2,  54. 

3)  in  bezug  auf  den  geschmack,  beiszend,  zusammenziehend, 
scharf,  sauer:  man  schol  e;  {aloe)  geben  mit  herbem  wein 
oder  mit  wermuotsaf.  Megexberg  355,16;  bitteres  und  herbes 
obst,  amarum  et  acerbum  pomum.  Steixbach  1,738;  ein  herber 
geschmack,  sapor  adstringens,  amarus  cum  adstricUone.  Stibler 
828;  die  frucht  vom  wilden  birnbaum,  welche  zwar  wie  eine 
andere  birn  aussieht,  aber  klein,  und  eines  .  .  .  strengen, 
harten  und  herben  geschmacks  ist.  öcon.  lex.  (1731)  1062; 
aber  was  gehen  mich  bleisüsze  Franze  an  {es  ist  von  weinen 
die  rede),  wenn  ich  meine  guten  herben  Deutschen  haben 
kann ,  welche  das  leben  eben  so  sehr  verlängern ,  als  ver- 
sauern. J.  Pacl  komet  3,  143; 

mir  mundet  wein,  der  etwas  herb.     REckbrt  366. 

ton  hier  aus  in  einem  bilde: 

wie  herb  das  fliehen  schmecke,  noch  hatt  ers  nie  vermerkt. 

Uulahd  <jcd.  360. 

herb  von  etwas  unreifem :  herb,  unzeitig,  acerbus.  Dastp.  ;  und 
danach  ebenfalls  bildlich: 

auch  ich,  ich  lasse  mir  zuweilen  trSumen, 
dasz  .  . .  mein  lorbeer  einst  noch  .  . .  keimt, 
doch  warlich  nicht,  weil  ihr,  oft  herbe  lieder, 
jm  wahn  des  Sängers  süszer  wärt; 
ich  schlage  gern  beschämt  die  äugen  nieder, 
wenn  euch  das  ohr  des  grdszern  meisters  hört. 
GoEiiGE  3,  116; 


1055 


HERB 


HERB  — HERBEI 


1056 


in  ähnlichem  sinne  das  folgende:  Schröder  hat  an  diesen  dingen 
{englischen  luslspiekn)  mehr  gelhan  als  man  gewöhnlich  weisz ; 
er  hat  sie  von  grund  aus  verändert ,  dem  deutschen  sinne 
angeähnlicht ,  und  sie  möglichst  gemildert,  es  bleiht  ihnen 
aber  immer  ein  herber  kern  ,  weil  der  scherz  gar  oft  auf 
mishandlung  von  personen  beruht,  sie  mögen  es  verdienen 
oder  nicht.  Güthe  26, 197.  —  herb  von  zusammenzielKndcn 
medicamenlen :  härb  zesamen  tringende,  verschoppende,  stip- 
ticus.  Ma&ler  205*. 

4)  herb,  m  bezug  auf  den  geruch: 

und  floszHiszige  robben  der  lieblichen  Halosydne 
rubti  in  schaaren  umher^  den  graulichen  fluthen  entstiegen, 
herbe  geruch  (Tttxgov  oS/irjv)  aushauchend  des  unergründ- 
lichen meeres.    Odyss.  4,406. 

5)  herb,  wird  seit  aller  seU  in  mehrfaclier  bezieliung  übertragen 
gebrauclit. 

a)  von  einem  feind,  gegner,  ungerecldem  Verfolger :  härb,  rauch, 
unfreündllicb,  rauw,  geitig,  telricus,  austerus,  asper,  restrictus, 
saevus.  Maaler  205*; 

die  Wucherer  füren  wild  gewärb, 
den  armen  «int  sie  ruch  und  biirb, 
nit  achtens,  das  all  weit  verdarb. 

Brant  nitrrensch.  93,  überschr.; 
0  ihr  pötter,  wie  seit  ihr  so  herb! 
gebt  zu,  das  ein  Trumbs  mensch  Verderb, 
und  last  dargegn  die  bösen  lehn. 

Ayrer  eO"  (346,  11  Keller); 

in  Baiern  härb  sein  auf  einen,  böse  sein,  einen  härb  machen, 
zornig  machen,  blitzhärb,  jähzornig.  Schm.  2,235;  in  Kärnlhen 
harb  erbillert,  aufgebracht.  Lexer  139 ;  ebenso  in  Oberüsterreich. 
Fbohm,  3, 185,  überhaupt  in  dem  gesammlen  bairischcn  Sprach- 
gebiete; in  Tirol  hat  sich  auszerdem  die  nebenbedculung  rasch  beim 
arbeilen  entwickelt.  Fromm.  6, 145,  —  herb  in  adverbialer  Stellung: 
herbe  mit  einem  umgehen,  vehementem  se  in  aliquem  praebere. 
Stielbr  828: 

sie  halten,  herr,  dein  volk  sehr  herbe, 

und  drucken  dir  dein  liebes  erbe. 

Opitz  psalrnen  s.  179  {ps.  94,  3). 

die  neuere  spräche  hat  den  sinn  von  herb  gemildert,  es  bedeutet 
nur  kalt  zurückweisend,  in  strenger  arl  ablehnend:  zwei  töchler, 
Oiivie,  schön  und  mehr  nach  auszen,  Sophie,  reizend  und 
mehr  nach  innen  gesinnt;  einen  fleiszigen,  dem  vatcr  nach- 
eifernden etwas  herben  söhn ,  Moses ,  will  ich  zu  nennen 
nicht  unterlassen.  Göthe  25,337;  in  einer  solchen  zarten 
Umgebung  war  es  nicht  möglich  gewesen  herb  oder  unfreund- 
lich zu  sein,  im  gegentheil  fühlt  ich  mich  wilder  als  seit 
langer  zeit.  30,  248 ;  ganz  neu  ist  der  gebrauch  von  herbe  in 
bezug  auf  strenge,  nicht  weiche  kunstformen,  wo  sich  der  sinn  des 
worles  mit  der  bildlichen  Verwendung  der  bcdeulung  oben  no.  3 
{sp.  1054)  berührt :  er  hätte  ihr  kaum  sechzehn  (jähre)  gegeben, 
so  schüchtern  war  noch  der  wuchs  in  allen  umrissen ,  so 
kindlich  herbe  die  wange  und  der  blasse  mund.  P.  Hf.vse 
norellen  5  (1864)  s.  168. 

b)  von  Worten,  fragen,  urthcilen ,  Vorstellungen  als  aus/lusz 
kalter,  feindlicher  oder  strenger  gcsinnung :  strafet  der  pfarrherr 
in  einer  predigt  mit  viel  herben  worten  seine  bawren.  Kircheiof 
wendunm.  43S';  herbe  werte,  vcrba  acerba.  Frisch  1,443';  in- 
dem Genie  ihre  mutter  erkennet,  ruft  sie:  '  frau  mutier!  o 
welch  ein  süszer  name!'  der  name  mutter  ist  süsz;  aber 
frau  mutter  ist  wahrer  honig  mit  cilronensaft !  der  herbe  titel 
zieht  das  ganze,  der  empfindung  sich  öffnende  herz  wieder 
zusammen.  Lessikg  7,00;  Clelia  wurde  immer  erbitterter, 
ich  würde  mich  tief  gedemülhigt  fühlen  durch  einen  galten 
so  hoch  über  meinem  stände,  sagte  sie  herb  und  schneidend. 
Immermann  Münclüi.  4,134;  es  ziemt  uns  noch  weniger,  über 
seine  {Luthers)  fehler  ein  herbes  urtheil  zu  fällen.  H.  Heine 
6,79;  wenn  ich  etwas  herbe  von  den  gegnern  Gölhes  ge- 
sprochen habe,  so  dürfte  ich  noch  viel  herberes  von  seinen 
apologislen  sagen.  6,  oo; 

acb  herr,  die  frag  ist  streng  und  herb. 

i.  Atrck  360'  (1805,  31  Keller); 
wetteifernd  höhnt  mit  herbem  spotte 
den  eingebrachten  fang  die  ruchbcgiergo  rotte. 

Scuiixer  tcnlör.  von  Troja  tlr.  II; 
also  sprlcbe  du  toM(  und  et  wire  mir  herbe  beschlmpfung. 

Odysice  6,  285. 

auch  vom  gesiehl,  als  herbe  empfindungen  wiederspiegelnd:  ein 
herbei  und  saures  gesiebt,   pers.  baumg.  4,  5 ; 

het  luilig,  alter!  Iicin 
*o  barb  geiicbl  lu  solcher  freudfnbutichart! 

ScuiLLKR  WaltvnUcins  lod  4,  7. 


c)  herb ,  streng ,  bitter,  in  bezug  auf  zeiten ,  Schicksale,  ereig- 
nisse ,  thaten  die  an  uns  heran  treten:  derselbig  hat  von  der 
herben  zeit,  so  der  kranke  priester  hat,  auch  hören  sagen. 
Wickram  rollw.  97;  legte  mich  derowegen  wieder  ins  bette, 
wiewol  ich  nicht  schlafen  konte,  mit  sorg  und  angst  erwar- 
tende, wie  mir  diese  herbe  nacht  gedeien  würde.  Simpl.  2,203 
Kurz;  es  ist  ohne  das  jetzt  so  eine  herbe  zeit,  in  deren  die 
liehe  frucht  und  das  viehe  nichts  gilt.  3,319;  nichts  herber 
ist,  als  seinem  feind  zu  fusz  fallen,  nihil  moleslius  est,  quam 
hosti  supplicarc.  Stieler  828;  allein  die  gräuellhal  brachte 
ihm  herben  lohn.  Üahlmann  ddn.  gesch.  1,437; 

auch  diesen  stosz  {des  Schicksals),  den  herben, 

verrückst  du  aus  dem  ziel : 

es  läszt  sich  nicht  so  sterben, 

als  wie  der  Würger  will.    Fleming  388,  13  Lapiienb.; 

ich  weisz,  o  herr,  dein  äuge  flieszt 

bei  diesem  herben  angedenkcu  {eines  todesfalls). 

GiJMUER  146; 
nun  ists  geschchn !  dir  hat  ein  herber  streich 
das  schöne  lebensglück  entrissen.    Götue  47,  17«; 
nicht  wahrlich  guter  wille  stellte  dich, 
dich  stellte  das  gesetz  der  herben  noth 
an  diesen  platz,  den  man  dir  gern  verweigert. 

Schiller  Wattensleins  tod  1,  7; 
vergessen  ist  all  die  herbe  pein. 

KoTZEBUE  dram.  »p.  1,  301 ; 
dasz  er  künde  der  freund'  ansagt  und  das  herbe  Verhängnis. 

Odyssee  10,  245 ; 
die  seinen  tod  so  herb  empfunden, 
sie  sanken  alle  selbst  hinab.    Uuland  ged.  244; 
schon  sieben  jähre  mit  herben, 
qualvollen  gebresten  wälz  ich  mich 
am  boden,  und  kann  nicht  sterben  I    H.  IIeink  18,  310. 

HERBANNEN,  vcrb.: 

das  Posthorn, 
jenes,  das  mit  geheimnisvoller  windung,  .  .  . 
allzumal,  was  in  Deutschlands  räumen  aulsprotzt 
von  undichtrischem  aberwiz  und  unsinn, 
mir  herbannt!  Voss  3,  110. 

HERBE,  f  herbheit :  härbe,  reüche,  ausUritas,  asperitas. 
.Maaler  205*;  erstlich  pocht  die  herbe,  und  die  hilze  macht 
in  dem  pochen  einen  klang.  J.Böhme  Aurora (&HW5. 1835)  143. 

HERBEI,  adv.  in  die  nähe  eines  sprechenden. 

Ein  ahd.  hera  bi,  vihd.  her  bi  ist  nicht  bekgt.  surückgang 
der  form  zu  erbei  wird  theil  3,  713  nachgewiesen,  wie  sich  zu 
herab,  heran,  herauf,  heraus  die  gegensdtze  hinab,  hinan,  hin- 
auf, hinaus  gebildet  haben,  so  hat  auch  die  ältere  spraclie  zu 
herbei  gegensätzlich  ein  hinbei  (s.  d.)  entwickelt,  das  in  der 
modernen  spräche  jedoch  verkümmert  ist. 

herbei  ist  von  hierbei  (s.  d.)  dem  sinne  nach  allgemein  so 
unterschieden ,  dasz  das  erstere  die  bewegung  in  die  nähe  eines 
sprechenden,  das  letzlere  ruhe  in  der  Umgebung  desselben  zeichnet; 
doch  kommt  herbei  für  hierbei  vor,  wobei  das  zu  her  7  sp.  1003 
bemerkte  zu  berücksichtigen  ist: 

ein  pollwerk  znecbst  der  bürg  herbei 
ist  weit  und  gwaltig  aufgepawt. 

ScuMELZL  lobspr.  102. 

die  bedcutung  von  herbei  ist  eine  örtliche,  die  leicht  ins  abttracte 
verläuß,  und  eine  zeilliche. 

1)  ortlich  mit  verben  der  bewegung,  auch  mit  sein,  das  den 
endpunkt  der  beuegung  zeichnet  {wie  bei  her  sein,  vgl.  sp.  [000): 
Ihut  busze,  es  wird  nahe  erbei  sein  das  himelreich.  Lcther 
1,48'.     die  verben  werden  in  dringlicher  rede  unterdrückt: 

der  feind  ist  da!  die  schlacht  beginnt! 
wohlauf  zum  sieg  herbei!     Klopstock  1,  62; 
herbei,  ihr  männer,  gute  leute,  lielft! 
gewalt!  gewalt!  sie  fuhren  ihn  gefangen! 

ScHiLLiB  Teil  3,  3; 
kocht  des  kupfers  brei! 
scimoll  das  linn  herbei !    glockß  v.  26. 

ausgang  und  richlung  der  bewegung  bestimmen  praeposüionen  näher : 
von  fernen  landen  herbei  kommen;  aus  der  nähe  herbei  eilen; 
kompt  er  bei  für  den  hcrrn.  2  Mos.  16,  9. 

Solche  verben  der  bewegung,  des  strebent  und  befehlt  sind: 
bannen:  bei  einem  neuen  luslgebüudo  ..  ist  das  haupt- 
crfordcrnis    schatten ,    welcher   nicht  sogleich  bcrbcigebannt 
werden  kann.  GörnB  31, 102. 
berufen: 

wen  darfst  du  nicht  hcrboiborufeu?    (ionis  12.357. 
beschwören: 

nli  horiog  Friedland  .... 

horhel  auf  6\nen  lommelplntz  beschwor 

den  Rhcingraf,  Bernhard,  Ilanner,  Oienitirn. 

Scauxii  I'iccol.  i,  7. 


1057 


HERBEI 


HERBEI 


1058 


beten:     künnen   die   frommen   sich   das   venerabile   von 
hundert    und    mehreren    schritten    herbeibeten.     Imjierjiass 
Münclih.  1,  9S. 
blicken: 

blickt  aus  eurem  Sonnenscheine 

mir  den  hellen  trost  herbei.    Miller  Siegw.  &S9. 

bringen:  beute  herbeibringen,  pracdam  adferre.  Hederich 
1256;  der  knabe  wurde  herbeigebracht.  Göthe  18,300; 

herrliche  gaben  bescherend  erscheinen  sie :  Ceres  vor  allen 
bringet  des  pQuges  geschenk,  Hermes  den  anker  herbei. 
Schiller  spazierg.  v.  S2. 
drängen:    jedermann  drängte  sich  herbei,    den  vortreff- 
lichen  forsten   zu   sehen.    Göthe  18,282;    glaubten  sie  nun 
wirklich,   eigentlich   um   ihretwillen   dränge  sich  die  grosze 
Versammlung  herbei.  2S3; 

ein  jeder  drängle  sich  herbei, 
hier  gab  es  keine  faule.    47,  224. 

dringen:  als  jeder  herbeidrang,  um  die  lange  vermiszten 
zu  sehen.   Kli.ncer  8,124; 

von  norden  dringt  der  scharfe  geisterzahn 

auf  dich  herbei,  mit  pfeilgespitzien  zungen.    Göthe  12,61. 

eilen: ^herbeieilen,  approperare.  Hederich  1257; 

giebel  an  giebel  steigt,  der  räumige  porticus  öffnet 
seine  hallen,  o  eilt,  ihn  zu  beleben,  herbei ! 

Schiller  Pompeji  u.  Hercul.  v.  8. 
fahren:  auf  einem  wagen  herbeifahren,  curru  advehi.  He- 
derich 1257;    mit   dem    schiffe   herbei   fahren,    tiare  advehi. 
Steisbach  1,400.     für  schnell  sich  herzu  bewegen:  Luciane  kam 
berbeigefahren  und  fragte :  wovon  ist  die  rede?  Göthe  17,235. 
finden,  reflexiv: 

welcher  gern  newe  zeitung  hört, 

und  seltzame  geschieht  erfebrt, 

dersclbig  finde  sich  herbei,    tnückenkr,  1,3. 

flehen:  dasz  der  unglückliche  den  tod  als  das  ende  seiner 
leiden  herbeiflehet.  ergänzungsbldUer  zur  Jen.  litt.-zeitung  1S40 
»10.  7,  s.  50. 

fliegen:  herbeifliegen,  advolare.  Stieler  512;  bildlich: 

ich  höre  Orleans  bedroht,  Ich  fliege 
herbei  aus  der  entlegnen  Normandie. 

Schiller  Jungfrau  1,1. 
flieszen:  herbeiflieszen,  adfluere.  Hederich  1257;  bildlich 
für  herbeiziehen,  vergl.  unten  herbei  strömen :  es  dauerte  nicht 
lange,  so  kamen  von  verschiedenen  gegenden  mehrere  Schau- 
spieler herbeigeflossen.   Göthe  IS,  249. 

forschen:  das  äuge  der  liebe  forscht  euch  herbei.  Fr. 
Müller  1,  6. 

führen:  einen  vor  die  äugen  herbei  führen,  ante  oculos 
aliquem  adducere.  Steisb.\ch  1,391;  grosze  menge  körn  herbei 
führen,  niaynum  nutnerum  frumenti  adveherc.  das.;  der  Unglücks- 
fall ward  durch  die  fahrlässigkeit  eines  angestellten  herbei- 
geführt; ein  mittel  um  den  schlaf  herbei  zu  führen. 

gaukeln:  dann  hatte  ich  zu  Paris  von  einem  teutschen 
taschenspieler  arlliche  stücklein  mit  der  karten  zu  üben  ge- 
lernet, damit  ich  die  leute  herbei  gaukeln  und  aufhalten 
konte.  Simpl.  l,  386  Kurz. 

gehen:  zu  etwas  herbeigehen,  accedere  ad  aliquid.  Hede- 
rich 1257. 

häkeln:   hcrbeihükelen,  aitrahere,  adhamare.  Stieler  731. 
herseben: 

sein  antlitz  glüht  vor  ehrbegier, 

und  herrscht  den  sieg  herbei!    Klopstock  1,62. 

hexen:  dieses  memoire  ists,  das  so  vortrefflich  sein  soll, 
und  das  er  irgendwo  musz  herbeigehext  haben ,  —  denn 
gemacht  hat  ers  nicht.  Schiller  parasil  4,  7. 

holen:  dasz  sie  ...  ihn  gleichsam  genöthigt  habe,  ein 
glas  limonade  herbeizuholen.  Göthe  18,95;  nachdem  der 
junge  mann  ...  ein  Schreibzeug  herbeigeholt  hatte.  24,269; 
der  arzt  wird  schnell  herbei  geholt; 

liebst  du  mich  und  bist  du  treu, 

o!  so  hole  sie  (knocken)  herbei.    Gelleet  1,38. 

Schiffer  holen  eine  insel  herbei,  wenn  dieselbe,  indem  sie  darauf 
zufahren,  ihnen  entgegenzukommen  scheint.  Jacobsso.n  2,  255*. 

kommen:  da  sie  aber  noch  mit  im  redeten,  kamen  er 
bei  des  königes  keinerer.  £s//ier  6,14;  das  himelreich  ist 
nahe  her  bei  komen.  Malth.  10,  7 ;  wenn  ir  aber  sehen  werdet 
Jerusalem  belegert  mit  einem  beer,  so  merket,  das  erhei 
komen  ist  ire  verwüslunge.  Luc.  21,20;  erzählte,  dasz  der 
herr  doctor  zufällig  bei  ihrem  Unfall  herbeigekommen.  Frettac 
handschr.  1,  282 ; 

kommt  herbei,  ihr  luflgen  Schwestern !    Uhlasd  ged.  308. 
IV.  11. 


übertragen  und  transitiv:  den  sollen  die  herrn  strafen  so  dick 
und  vil,  dasz  er  des  mocde  wurde  und  sei  iren  schaden 
erbi  quemen.  weislh.  1,609  (iM507).  ron  saclien:  die  rapiere 
kamen  herbei  (wurden  gebracht).  Göthe  18,  225. 

körnen:  herheiküraen,  delinimentis  aliquem  perpellere.  Stie- 
leb  122. 

lassen:  er  licsz  einen  bittenden  herbei;  gewöhnlich  reflexiv 
im  sinne  ton  bewilligen,  eingehen  auf  etwas:  dann  werden  wir 
ja  sehen,  wozu  er  sich  herbeilassen  wird.  Tieckj.  tischl.  2,261. 

laufen:  zu  einem  herbei  laufen,  adcurrerc  ad  aliquem.  Steis- 
BACH  1,  997 ;  unter  dem  zahmen  federvieh,  das  mit  aller  macht 
herbei  gelaufen  und  geflattert  kömmt,  wenn  man  ihm  futter 
hinwirft.  Hei.nse  Ardingh.  l,  2S2. 

locken:  zu  sich  herbeilocken,  adlicere  ad  se.  Hederich 
1257;  der  wirth  Selbsten,  damit  er  die  gaste  herbei  4ocke, 
iinget  einen  geiger.  baurenst.  laslerpr.  ISS; 

aber  komm  musik!  durch  deine  töne 

lock  uns  Uzischen  gesang  herbei!    Göki.ngk  1,61. 

nahen:    dasz  ich  mich  werd  herbei  nahen.   4  Esr.  6, 18. 

nehmen:  man  hat  ihn  auch  herbeigenommen,  participefn 
i'um  fecerunt  hujus  rei,  comHevi  sibi  fecerunt.  Stieles  1362. 

raffen: 

ich  fübls,  vergebens  hab  ich  alle  schätze 

des  menschengeists  auf  mich  herbeigerafft.    Göthe  12,90. 

reichen:  herbeireichen,  impartiri,  contribuere,  siAminislrare. 
Stieler  1509. 

reiten:  herbeireiten,  adequUare.  Hederich  1257. 

reizen:  wie  dumpf,  dringend,  dreist,  ungeschickt  war 
jeder,  den  sie  herbeireizte.  Göthe  19,  87. 

rennen: 

es  rannten  die  tollen  verwandten  herbei.    Göthe  1,215. 

rudern:  indessen  ruderte  der  kahn  herbei.  Göthe  17, 159; 
er  hatte  kaum  einigemale  geläutet:  so  kam  ein  reich  be- 
setzter schwerer  hofdiener  ohne  hut  herbeigerudert.  J.  Paul 
flegclj.  4,  29. 

rufen:  herbeirufen,  adrocare,  actcrsere ,  poscere  arcessilu. 
Stieler  1630;  er  rief  seine  frau  herbei.  Göthe  18,137;  die 
jüngere  . , .  liesz  sich  durch  den  vater  herbeirufen ,  um  die 
ältere  abzulösen.  25,277; 

alle  sind  herbei  gerufen, 

vor  der  göttinu  angesicht.    Borger  114*; 

nun  der  halbe  (geisi)  dich  nicht  rettet, 

ruf  den  ganzen  doch  herbei, 

dasz  er  neu  dein  scblosz  dir  baue, 

deine  ketten  brech  entzwei!    ühla>d  ged.  284. 

saugen:  mit  unscrm  innerlichen  seelenothem  müssen  wir 
jene  geisterweit  herbeisaugen.  Tieck  Sternb.  2.  379. 

schaffen:  man  musz  gelt  herbeischaffen,  pecuniae  requi- 
rendae  »unt.  Stieler  1711;  dem  kind  eine  amme  herbeischaffen, 
aliquam  puero  nutricem  parare.  das.;  wenn  wir  ein  künstliches 
fuhrwerk  herbeischaffen.  Göthe  11,  293 ;  immer  mehr  bücher 
herbeizuschaffen.  IS,  276;  ich  vernahm  dasz  die  ameisen 
alliirte  meines  Schwiegervaters  geworden,  und  dasz  er  sie  im 
gegenwärtigen  fall  aufgerufen  und  verpflichtet  mich  herbei- 
zuschaffen. 23, 102. 

schiffen:    herbeischiffen,  nate  advehi,  adnavigare,  Hede- 
rich 1258. 
schleichen: 

ein  fliegender  befehl  eitlen  aus  allen  halnen 

das  nymfenvolk  persönlich  zu  erscheinen. 

sie  schleichen  allgemach  herbei, 

und  keine  läuft  dasz  sie  die  erste  sei.    Wiela:«d  10, 143. 

schleifen:  ich  liesz  aber  eine  volle  quartausgabe  Vol- 
tairens  heibeischlcifen.  J.  P.aul  teuf.  pap.  2,25. 

schleppen:  den  gefangenen  herbei  schleppen;  allerlei 
Ursachen  herbeischleppen ,  varias  causationes  arcessere.  Stie- 
ler 1807. 

schmauchen:  herbeischmauchen,  adrepere,  occuUe  se  im- 
mergere.  Stieler  1S68. 
schwimmen: 

da  kömmt,  vielleicht  von  ungefähr, 

ein  spielendes  delphinenheer, 

zu  aller  trost,  herbeigeschwommen.    IIacedor;«  2,41; 

wackelnd  kommt  hcrbelgeschwommen 

manches  alle  zaubcrschlosz.    H.  FIkimk  18, 136. 

sehnen:  sie,  ..  deren  erscheinung  ich  mir  so  oft  herbei- 
sehnte. Göthe  17,386;  ich  habe  nicht  sehnsuchtsvoll,  wie- 
wohl vergebens,  danach  (nach  einem  orden)  geseufzt,  sondern 
ihn  realiter  an  meinen  rock  herbeigesehnt.  Isi«ERMAX.N.VöncA/i. 
1,99. 

67 


1059 


HERBEI 


IIERIJKICIITEN  —  HERBERGE 


1060 


sockon:  ganz  leise  sockle  jetzt  der  fusztritt  der  liaus- 
hälterin  herbei.  L.  Tieck  ges.  nov.  3, 15. 

stoszen:  herbeistoszcn,  admovere  quatn  proxtme,  adjungere, 
annectere,  afplicarc,  coagmenlare.  Stieler  21S0. 

strömen,  bildlich  {vgl.  oben  herbei  flieszen)  vonpersonen: 
nun  erscheint  der  kaiser  selbst  wieder  in  Ispahan,  gesandte 
von  allen  weltgegcnden  strömen  herbei.  Göthe  6,202; 

denn  bank  an  bank  gedränpret  sitzen,  .  .  . 
herbei^esirömt  von  fern  und  naii, 
der  Griechen  Völker  wxrtend  da. 

Schiller  kraniche  des  Ibykuft; 
von  Sachen: 

da  strömet  herbei  die  unendliche  gäbe, 

es  füllt  sieb  der  Speicher  mit  köstlicher  habe,   glocke  r.  113. 

stürmen: 

*  geschrei 

füllt  den  pallasl;  man  flicht  vom  lager,  stürmt  herbei, 
umringt  den  sterbenden.  Gotter  2,  45G. 

stürzen:  leutc,  die  da»  unglückliche  ereignis  von  der 
ferne  warnahmen,  stürzten  herbei. 

treiben:  das  vieh  zum  wasser  herbei  treiben,  animalia 
ad  aqmm  adpellere.  Steinbach  2,  856 ;   steuern  herbeitreiben. 

treten:    herbeitreten,  accedere  ad  aliqttid.  Hederich  1258; 

aber  da  trat  herbei  der  apotbeker  bebende, 
zupfte  den  geistlichen  herrn.      Göthe  40,  295. 

wälzen: 

wenn  unerträgliches,  mit  felsenlast 

herbe!  sich  wälzend,  ihn  bedrohend  schlich.    Göthe  9,  322. 

wanken:  ein  greis  wankte  herbei. 

watscheln:  wie?  was?  was  giebts  da?  schrie  der  kurze 
dicke  rathsherr,  der  auch  herbei  gewatschelt  kam.  Wieland 
19,317. 

winken,  mit  accus.:  Schach-Gebal  winkte  ihn  {den  kämmer- 
ling)  herbei.  Wieland  8,411;  wenn  nicht  Wilhelm  den  im 
augenblick  hereintretenden  mann  begrüszt  und  ihn  herbei- 
gewinkt hätte.  Göthe  18,203;   er  winkte  die  andern  herbei. 

21,40; 

du  schworst,  o  berr,  bei  deinem  leben, 
mein  kästchen  unversehrt  mir  einst  zurück  zu  geben: 
jetzt  ist  es  zeit,  wink  es  herbei!     Wieland  10,  294; 
der  ritier  bleibt  wie  angefroren  stehn, 
winkt  Scberasmin  herbei,  und  fragt  ihn,  was  er  sehe? 

22,  12«. 

zaubern:  wenn  sich  Baylens  schattengestalt  durch  be- 
schwörungen  herbeizaubern  Jiesze.  Abbt  bä  Campe  unter 
schattengestalt. 

zerren:  er  zerret  herbei,  was  er  kan,  omnia  aucupalur, 
exquiril.    Stiei.er  2316. 

ziehen,  intranäliv:  schaaren  ziehen  herbei,  reflexiv:  nach 
kurzen  ebben  überduthete  die  menge  von  zeit  zu  zeit  das 
haus,  officiere  von  entfernteren  garnisonen  . .  .  zogen  sich 
herbei.  Göthe  17,249.  transitiv:  einen  zu  etwas  herbeiziehen, 
atlrahere  aliquem  ad  aliquid.  Hederich  1258;  dasz  nicht  allein 
das  (orrfens-) kreuz  von  meinem  wünsche  herbeigezogen  war. 
Imhermann  Münchb.  J,100;  der  vergleich  ist  bei  den  haaren 
herbeigezogen ; 

als  herzog  Friedland  die  zerstreuten  feindeshecrc 
herbei  von  allen  strömen  Deutschlands  zog. 

Schiller  l'iccol.  2,  7. 

zupfen:  herbei  zupfen,  altrahere,  in  se  trahere,  ad  se  rapere. 
Stieler  2633. 

zwingen:  einen  krummen  bäum  herbeizwingen,  arbus- 
culam  ineurvam  pah  alligare.  Stieler  2670;  von  den  wilden 
erzclblt  man,  dasz  sie  durch  bloszc  Willenskraft  sich  den  tod 
herheizwingen  können.  II.Mabcchaff  ge/'rüder /Vr/i  (1840)  1,119. 

2)  herbei  in  bezug  auf  zeit,  mit  verben  des  Icommens  und 
nabens,  auch  des  beicirkens  der  näherung;  so 

kommen:  da  nu  die  zeit  erbei  kam,  das  Israel  sterben 
Holt.  1  Wo«.  47, 29;  deine  zeit  ist  erbei  komen,  das  du  sterbest. 
6^0».  31,14;  der  lenz  ist  erbei  komen.  höhet.  2,  \1;  die  nacht 
ist  vergangen,  der  tag  aber  her  bei  komen.  /?»»».  13,  J2;  als 
nun  die  zeit  herbei  kam,  per»,  rosenlh.  7,20;  der  geburtstag 
war  herbeigekommen.  Göthe  17,95; 

Jetziind  kömpt  die  nacht  herbei, 

Vieh  und  moniicben  werdttn  frei.    Opitz  2,  192. 

nahen:  Beine  ankunft  nahet  herbei,  advenlus  ejus  apprn- 
pinquat.  Stbinrach  2,106;  die  festtage  nahen  herbei,  feriae 
non  tonge  absunl.    Stiele«  131«. 

nfthern:  bi»  die  reit  schlafen  zu  gehen  herzu  käme,  und 
•ich  herbei  nähert.  Amaäis  247;  die  erndc  nähert  herbei, 
mnrii  prope  adrü.   STietlt  1319. 


rücken:  die  zeit  rücke  nun  herbei,  da  sie  von  ihren 
auf  mich  gewandten  bemühungcn  und  kosten  die  fruchte  zu 
sehen  holTe.  Wieland  12,89; 

es  rühme,  wer  da  will,  im  lenzen 

die  neue  luft,  den  grünen  mal, 

je  schöner  seine  blumcn  glänzen, 

je  näher  rückt  ihr  ziel  herbei.    Gönther  214. 

schwatzen: 

an  dem  knislernden  knmine 

schwatzt  der  freundscbaft  tändclci 

froher  uns  die  nacht  herbei.    Gökingk  1,  54. 

streichen:  die  weil  sich  dann  die  zeit  zu  reisen  wol 
anliesz  und  die  fasznacht  herbeistriche.  Phil.  lugd.  5,265; 

dasz  ir  und  eur  gsellschaft  sollen  .  .  . 

kurzweil  machen  und  siockerei, 

weil  die  plingstteurtag  streicbn  herbei. 

J.Atrer  fastn.sj).  102'  (2851,33  Ketler). 

HERBEICHTEN,  verb.  die  beichte  hersagen  {vergl.  her  1,1, 
sp.iOOO):  wolan,  so  beicht  her.  Alberus  widder  YVilzeln  M  4*. 

HERBEIEILUNG,  f.:  bei  der  herbcieilung  des  endlichen 
erfolgs  hat  sich  gefunden,  dasz  die  einzelnen  deutschen  Staaten 
nicht  einmal  sich  selbst,  ihre  kräfte  und  ihre  wahre  läge, 
kannten.  Fichte  reden  an  die  d.  nat.  437. 

HERBEIFÜHRUNG,  f.  adveclus,  advectio.  Hederich  1257. 

HERBEIHOLUNG,  f.:  die  herbeiholung  der  nüthigcn  be- 
weismittel  ist  mit  Schwierigkeiten  verbunden. 

HERBEIKUNFT,  f. :  plötzliche  herbeikunft  der  Seeräuber, 
advvntus  repentinus  praedomtm.  Hederich  1257. 

HERBEINÄHERUNG,  f.  appropinqualio.  Stieler  1319. 

HERBEINAHUNG,  f.:  als  er  {Melnnchllton)  wegen  des  chur- 
fürstcn  gefengnus  und  der  fcind  herbeinahung  aus  Wittenberg 
Züge.  ZiNKGREF  apophth.  1,261;  die  herbeinahung  des  todes, 
mortis  ajipropinquatio.  Steinbach  2, 105. 

HERBEIRÜCKUNG,  f.:  herbeirückung  des  todes,  appro- 
pinqualio vwrtis.   Hederich  1257. 

HERBEIRUFUNG,  f.:  die  herbeirufung  des  herzogs  von 
Alba.    Schiller  852. 

HERBEISCHAFFUNG,  f.  provisio,  apparatus.  Stieler  1712. 

HERBEITREIBUNG,  f.:  die  herbeilreibung  der  steuern 
geschah  mit  äuszerster  strenge. 

HERBEIZIEHUNG,  f.  altractio,  allegalio.  Stieler  2641. 

HERBEIZÜG,  wi.  .■  die  sonne  veranlaszt  den  herbeizug  der 
nördlichen  luft.  Kant  9,  55. 

HERBEN,  verb.  herb  maclien ;  in  Baiern  {nach  herb  5,0, 
sp.  1055)  sich  halben,  einen  halben,  erzürnen.  Schm.  2,235. 
vergl.  erherhen  thcil  3,  848,  und  verherben. 

HERBEREDEN,  verb.:  versprach  ...  zu  ihrer  mutter  zu 
fahren  und  durch  diese  jene  herzubereden  und  beide  zu 
bringen.  J.  Paul  uns.  löge  2, 131. 

HERBERGE,  f.  Iwspilium. 

1)  das  ahd.  hcriberga,  hereberga  bezeichne!  lunächst  den  ort 
«0  ein  beer  lagert,  heerlager,  feldlager,  es  überträgt  tat.  castra : 
si  consistant  adversum  ine  castra,  non  timebit  cor  meuin. 
sin  Job  hereberga  gestcllet  wider  mir,  die  ne  furbtet  min 
herza.  Notker  ps.  20  (2,  90"  Haltemer) ;  die  wDlegedrangeton 
Iieriberga  forhtent  die  vientü.  Willeram  lii,  25;  geht  aber  schon 
hier  in  die  allgemeine  bcdeutung  hospilium,  casa,  tabernaculum 
über,  und  gilt  im  mhd.  überhaupt  von  einem  orte  oder  hause, 
in  uelchem  fremde  für  die  nacht  Unterkunft  finden  (Lexer  wb. 
1, 1252).  die  form  des  wortcs  geht  im  zweiten  theile  nach  der 
eigentlichen  mhd.  zeit  zurück,  gewüs  unter  cinflusz  davon,  dasz 
es  als  eigentliches  compositum  niciU  immer  viehr  gefühlt  tcird: 
dieselben  herwerk.  Tucher /»aumm/rrfc.  118, 15;  Itospilium  her- 
werg.  Dief.  nof.  fy/osjt.  206*;  die  herberich  sol  er  haben,  ueisth. 
3,542;  so  die  liischöf  im  ganzen  innd  den  huren  bei  den 
prieslern  härrig  (wie  ich  im  frauonhaus)  vergunnen.  Schaue 
.vflf.  t(.  ;irt.«qu.  3,  195, 2,  eine  form  die  noch  weiter  verschruntpfl  ist 
als  das  kiirnthn.  Iierwige,  gekürzt  lierwc  hcrberge.  Lbxer  139; 
—  namentlich  erscheint  die  Verkürzung  herbrig  rfurcA  diLs  16.  und 
\1.  Jahrhundert:  in  fremden  orten  in  herhrigen.  Ernst  jer« fi/s- 
rrgetzlicbkriten  (1697) .«  529 ;  hat  um  hcrbrige  gebeten.  Wesknick 
spieUieben  (1702)  163; 

ob  ich  möclii  linlien  brrbriff  hin, 

wann  Ich  so  gar  hnriAclig  hin.     II.  Sacri  3,3,25; 

aber  leb  mein,  du  liniiest  not 

in  deiner  herbrig.     Fischart  iliclil.  1,04,819  Kurt, 

In  f>«md  herbrig  hin  ich  geweit 

vom  vatcrlande.    Srlnkccbr  piatmcn  (1587)  366. 

2)  hrrberpe  in  dem  ursprünglichen  hezuge  auf  das  heer  ül 
selten:  der  ubcrige  häuf  aber  liial'Hich  auf  die  matten,  also 


1061 


HERBERGE 


HERBERGE 


1062 


wie  die  furrierer  und  quartierer  die  Lerbergen  auszgetheilet 
und  verordnet.  AmaJisZi2;  aus  den  herbergen  —  welche  die 
lüneburgischen  stände  1392  ausdrücklich  abgedungen  —  war 
in  kriegszeiten  allmälig  eine  ziemlich  ausgebildete  einquar- 
tierungslast  geworden.  Stüve  wesen  u.  verf.  123. 

3)  gewjhnlicli  bedeutet  iicrberge  in  den  äüern  quellen  den  ort, 
uo  ein  fremder  zu  nadil  bleiben  kann,  gaslhaus,  logierhaus:  (die 
stände  des  reiches  sollen)  alle  jähr  . .  einmal  zu  Frankfurt  oder 
Wormbs  durch  uns  selbs  oder  unsere  vollmächtigte  bott- 
schaft,  zusammen  kommen  .  .  und  soll  der  keiner  auf  den 
andern  verziehen ,  warten ,  noch  weigern ,  auf  obbestimpten 
tag,  wie  obstehet,  ungesaumbt  in  der  herberg  zu  erscheinen. 
reiclislags-absch.  von  1512,  III  §  21;  ßrsten,  ableien  hatten  in 
Städten,  wo  sie  vßer  verkehrten,  eigene,  ihnen  gehörige  herbergen. 
ScuM.  2,229;  zu  Jhene  in  der  herberge,  da  wir  von  den 
Sachen  redten.  Luther  3,46';  verband  im  seine  wunden  .  . 
und  hub  in  auf  sein  thier  und  füret  in  in  die  herberge.  Luc. 
10,34;  der  meister  lest  dir  sagen,  wo  ist  die  herberge,  dar- 
inne  ich  das  osterlamb  essen  müge  mit  meinen  Jüngern? 
22, 11 ;  kamen  viel  zu  im  in  die  herberge.  apostelgesch.  28, 23 ; 
desselbigen  aubents  kämmen  etlich  frembdt  edelleut  in  die 
herbrig.  Zimm.  chron.  2,  487,  22 ;  dem  groszen  graven ,  deu 
sie  hatten  faren  und  in  die  herbrig  zu  Seedorf  geen  sehen. 
3,156,32;  ain  offne  herbirg  {öffentliches  gasthaus).  354,33;  ein 
offen  herberg,  wüTlshaLüs,  pandocheium,  hospitium.  Dasyp.  ;  her- 
bergen kan  niemand  mit  sich  führen.  Pistorios  thes.par.9,8; 
herberg  schön ,  der  wirth  ein  schalk.  in  schöner  herberg 
verzapft  man  auch  sauren  wein.  Simrock  sprichw.  243; 

wöit  aus  der  herberg  lösen  mich.    H.  Sachs  1,516'. 
es  heiszt  zu  herberg  einkeeren,  diverti,  zu  herberg  sein,  sla- 
bulare.   Dasyp.;    zur   herberge  liegen:    wo  Andriutzo  an  der 
herberge  liege.  Bocc.  (1580)  1,  60'; 

unil  da  er  nun  gen  Lübik  kam, 

wol  in  die  werde  stat, 

xum  Wirt  zum  weiszen  schwane 

da  er  zur  herberg  lag.     Uhlakd  volksl.  549. 

die  offenen  herbergen  fahren  iiamen:  als  er  nun  in  die  stat 
Paris  gegen  aubents  kompt  und  in  seiner  herbrig  zum  eisen 
creuz  wil  einziehen.  Zimm.  chron.  1,  393,  9 ;  uf  den  abent  sein 
sie  gemainlich  mit  ainandern  geen  Ulm  komen  und  in  des 
alten  Rauchschnabels  herbrig  zu  der  chronen  eingekert. 
2,409,25;  dieweil  es  aber  denselbigen  tag  ein  vastabent,  do 
äsen  die  herren  und  edelleut  nit  zu  hof,  sondern  kämmen 
in  die  herbrig  daselbst  zum  engel,  darin  der  graf  zu  herbrig 
lag.  3, 310, 1 ;  herberge  zum  weiszen  falken.  Happel  acad. 
rom.  28;  daher:  wo  Jesus  der  gekreuzigle  hinkommt,  wie 
solle  da  das  creuz  nicht  auch  einkehren?  er  wohnet  in  der 
herberg  zum  beil.  creuz;  wen  er  lieb  hat,  den  züchtigt  er. 
Otho  592. 

4)  nach  3  enltcickelt  herberge  die  bedeutung  unterkunß,  gast- 
liche aufnähme,  wobei  der  engere  begriff  des  gasthauses  zurücklritt : 
herberg,  als  eines  fremden,  als  bei  guten  freunden,  hospitium. 
Frisch  1,  432';  ah,  das  ich  eine  herberge  hette  in  der  wüsten, 
so  woU  ich  mein  volk  verlassen  und  von  inen  ziehen,  ]er. 
9,  2 ;  sucht  herberg  nahe  bei  irem  {der  Weisheit)  hause.  Sir. 
14,25;  solchs  ist  schwer  einem  vernünftigen  man,  das  er 
urab  der  herberge  willen  solche  wort  fressen  mus.  29,  35 ; 
las  das  volk  von  dir,  das  sie  hin  gehen  in  die  merkte  umb 
her,  und  in  die  dürfer,  das  sie  herberge  und  speise  finden. 
Luc.  9, 12;  es  ist  uf  ein  abendt  spat  ein  landtfarer  ..  in  ains 
pauren  haus  daselbs  kommen  und  den  pauren  allain  umb 
ain  nachtherbrig  angesprochen.  Zimm.  chron.  4,107,34;  wir 
danken  dir  mit  höchstem  fleisz ,  dasz  du  uns  zu  herberg 
aufnimmst.  6.  d.  liebe  210';  ihr  habt  noch  keinen  mangel  an 
kleidung  und  herberg  gelitten.  J.  B.  Schcppiüs  177;  verdachtige 
person  zur  herberg  aufnemen.  ball.  slud.  15,9;  aus  einem 
verborgenen  winkel  muszt  ich  in  den  andern  Qüchten ,  mit 
den  wilden  thieren  auf  den  gebirgen  um  herberge  kämpfen. 
Klinceb  5,205;  Wahrheit  findet  keine  herberge; 

wer  jetzt  die  Wahrheit  sagt, 
fleiszt  sich  des  rechten,  wie  die  frommen, 
der  kao  kein  herberg  niergend  bkommen. 

B.  Waldis  Esop  4,  74,  148; 
0.  sie  hat  den  abend  mich  zur  mahlieit  eingebeten. 
C.  und  schiägl  ihr  herberg  ab  in  dem  so  weiten  hausz? 

A.  GatPuiLs  1098    1,  226; 
bei  weib  und  wein  und  bei  gesang 
war  Lutbern  dort  [in  Weinsbeni)  die  zeit  nicht  lang; 
auch  länd  er  herberg  und  gelasz 
lür  tcnlel  und  lür  dititenfasz.    l'MtA>D  <jed.  319. 


5)  auch  die  mietswohnung ,  die  ein  nicht  orlsanyehöriyer,  aber 
im  orte  sicli  längere  zeit  aufhaltender  in  irgend  einem  hause  be- 
zieht, heiszt,  namentlich  im  16.  jaJtrh.,  herberge:  do  namen  die 
zwen  graven  von  Eisenburg,  gebrueder,  . .  herr  Frohen  Cristof 
sampt  dem  preceptor  zu  sich  in  ir  losament,  so  lang,  das 
er  ain  gelegne  herbrig  bekeme.  Zimm.  chron.  3,  240, 13 ;  do 
überkamen  die  herren  ain  herbrig  und  den  disch  an  ainem 
stillen  und  wolgelegnen  ort  bei  ainem  advocaten  im  gaist- 
liehen  gerichte.  319, 1 ;  ward  dem  jungen  herren,  grave  Got- 
friden  Christofen ,  herbrig  und  der  disch  bei  eim  priester 
und  pfarrer  . .  bestellt.  30 ;  seiner  herberg  zuziehen ,  wider 
in  sein  wonung  keeren,  revisere  suas  sedes.  Maaler  218'.  es 
heiszt  (wie  oben  3)  zur  herberge  liegen ,  sein ,  die  herberge 
bereiten :  bin  zur  herberge  gelegen  bei  unserm  bruder  Gabel. 
Toö.  5,  9 ;  nun  lag  grave  Jos  oberhalb  sant  Ulrich  in  eines 
kursners  haus  zur  herbrig,  Zimm.  cliron.  4, 43, 19 ;  welcher 
ist  zur  herberge  bei  einem  gerber  Simon,  des  haus  am  meer 
ligt.  aposlelgesch,  10,  0 ;  bereite  mir  die  herberge ,  denn  ich 
hoffe ,  das  ich  durch  ewer  gebet  euch  geschenket  werde. 
Pliilem.  22;  herberge  halten,  in  solcher  weise  wohnen;  bildlich: 

der  den  himmel  kan  verwalten, 
wil  jetz  herberg  in  dir  halten. 

Jon.  Frank  'schmücke  dich,  o  liebe  seele\ 

So  bekommt  herberge  den  sinn  mietswohnung  überhaupt,  für  arme 
einheimische  familien,  die  ein  eigenes  haus  niclit  vermögen  (in  Baiern 
auf  dem  platten  lande  noch  jetzt  Schm.  2,  228) :  das  barfüszer- 
kloster  zu  Wittemberg  den  armen  zur  herberg  zu  verordenen. 
Luther  3,  390';  e,  churl.  gn.  wollen  solch  kloster,  sampt 
Greger  Bürgers  räum  und  gebew,  unserm  herrn  Jhesu  Christo 
zu  einer  herberg  und  wonung,  für  seine  arme  glieder  ver- 
ordnen und  geben.  391*;  zoch  wider  zurück  in  sein  alte  her- 
berg, lies  hinfurbas  seinen  eifer  faren  und  ward  ein  recht- 
geschaffner hausman.  VVickram  ro//(f.  154,2  Kurz,  endlich  heiszt 
auch  die  dienstwohnung  eines  untern  beamten  herberge:  so  hat 
ein  ziler  im  schieszgraben  am  sante  sein  herwerk  vergebens 
und  gibt  kein  zins,  Tccher  baumeisterb.  118, 11. 

6)  die  geringe  beschaffenheü  mancher  solcher  unterkunflshäuser 
(oben  3)  wird  durch  die  öfler  vorkommende  bezeichnung  kalte 
herberge  angedeutet:  zu  der  kalten  herberg.  Garg.  Sl';  die 
kalte  herberg,  ein  Wirtshaus  bei  München.  Schm,  2,  229 ; 

nu  Herr  mein  goit,  ins  vaierland,  aus  kalter  herbrig, 
'    und  aus  des  kerkers  süud  und  schand,  gnedig  lühr  mich. 

Sel:heccer  psalmen  (1587)  266; 

zur  eilenden  herberg,  da  alles  jamer  ze  herberg  ist,  hospi- 
tium calamitatis.  Maaler  218';  diejenigen  (herbergen)  hergegen, 
bei  denen  eingangs  gedachte  beqvemlichkeit  nicht  anzutreffen, 
und  die  bewirlhung  öfters  so  schlecht  als  möglich,  gleich- 
wohl dennoch  zu  denen  herbergen  oder  wirlhshäusern  ge- 
rechnet sein  wollen ,  pflegt  man  mit  den  zunahmen  einer 
finstern,  kalten,  pracher-,  oder  gar  bettler-herberg,  ingleichea 
zum  nobiskrug,  letzten  heller  u.  s,  f.  zu  belegen,  öcon.  lex. 
(1731)  1003.  daher  herberge  der  winkelschenke  gleichgesetzt: 
wir  wollen  auch  die  winkelwirthschaften  und  herbrigen  hier- 
mit abgeschafft  haben,  corpus  conslit.Brandenb-Culmb.2,i, 646. 
den  geruch  in  solchen  herbergen  kennzeichnet  die  redensart;  es 
schmeckt  nach  der  herberg,  illuviem  olct,  sapit  sterquilinium. 
prompt,  von  1618  bei  Schm.  2,  228,  die  in  Düringen  noch  jetzt 
gebräuchlich  ist. 

7)  herberge  hat,  und  für  die  neuere  spräche  fast  durchaus, 
seinen  begriff  verengt  zu  dem  des  gasthauses,  das  eine  handwerks- 
zunft  für  ihre  zusammenkünße  und  für  die  Unterkunft  zuwandernder 
gesellen  hält.  Jacobsson  2,254*:  endlich  gieng  ich  in  ein  bier- 
haus ,  liesz  mir  ein  nösel  hier  geben ,  und  fragte  nach  der 
schneider-herberge,  da  beschrieben  sie  mir  es,  dasz  ich  also 
die  herberge  mit  genauer  noth  wider  fand.  unw.  doctor  369 ; 
herberge  wegbringen,  die  lierberge  öffentlich  von  einem  hause  in 
ein  anderes  verlegen ,  womit  ein  feierlicher  aufzug  verbunden  ist. 
Jacobsson  a.  a.  o. 

S)  herberge  bildlich,  Zufluchtsort,  zufluclit:  in  den  herzen  der 
menschen ,  welches  ein  herberge  der  ungefälschten  reinen 
warhcit  sein  soll.  Scbuppius  570;  die  reichen  sind  .  .  .  den 
pilgrainen  eine  herberge.  pers.  rosenth.  7,20; 

der  redlichkeit  herberg  und  schütz.    Wbcibehlin  572; 
gekommen  bin  ich  bis  zu  der  äuszerslen 
herberge  Karmels,  bis  in  den  hohen  wald  I 

Klopstock  6,  242 ; 
am  wege  dort  ein  cruciGi, 
des  Unglücks  herberg,  ragt.     Lenao  neue  ged.  60. 

*  671» 


1063 


HERBERGEN  —  HERBERGER 


IIERBERGERIN  —  HERBLASEN 


1064 


9)  in  der  lauäwiiiscliaß  ist  Lerberge  der  boden,  in  welcliem 
pflanzen  stehen :  es  musz  auch  dieses  hei  den  alten  reben  in 
gute  betrochtung  kommen ,  ob  der  gnind  feist  oder  mager, 
denn  die  frechen  und  geilen  weinstücke,  die  gute  ffette  her- 
berg  haben ,  und  die  mehr  frucht  ernehren  können ,  denen 
kan  man  wol  mehr  äugen  lassen.  Hohberg  1,33s';  weil  aber, 
wann  ein  nasser  herbst  ist,  die  carde  leichtlich  faulen,  neh- 
mens  etliche  mit  samt  der  würzen  aus,  . .  und  setzens  ent- 
weder an  einen  erhöhten  ort,  wo  ihnen  die  nässe  nicht 
schaden  kan,  oder  gar  in  den  keller  in  die  erden;  allein 
gehts  damit  viel  mühsamer  und  längsamer  zu,  als  wann  sie 
in  der  ersten  herberg  bleiben  können.  500'. 

10)  bei  den  salzwirkcrn  in  Halle  a.S.  bedeutete  soole  zur  her- 
berge  austluin,  dieselbe  bis  zum  nächsten  sieden  stehen  lassen 
und  zum  aufheben  übergeben:  sie  {die  salzwirker)  dürfen  ohne 
Torwissen  ihres  herrn,  deme  sie  das  salz  sieden,  keine  sole 
kaufen,  verkaufen,  verborgen,  auch  weder  herbergsweise  ein- 
nehmen ,  noch  zur  herberge  austhun.  Hohndorf  beschreibung 
des  salzwerks  zu  Halle,  vermehrt  von  Dreyhaupt  (1749)  s.  63.  vgl. 
unten  herbergen  3. 

HERBERGEN,  verb.  intransitiv  und  transitiv;  die  gekürzte  form 
herbern,  peherbert  werden,  hospitari  bezeugt  Schm.  2,  229  aus 

AVENTIN. 

1)  intransitives  herbergen,  herberge,  gasllicJie  aufnähme,  Zuflucht 
finden  oder  haben,  alid.  heribergon  hospitari,  mhd.  herbergen  : 
herbergen ,  hospilare  vel  hospitari.  voc.  ine.  theut.  i  4' ;  haben 
wir  auch  räum  in  deines  vaters  hause  zu  herbergen?  l  Mos. 
24,  23 ;  hebt  auf  aus  dem  Jordan  zwelf  steine,  . .  und  bringet 
sie  mit  euch  hinüber,  das  ir  sie  in  der  herberge  lasset,  da 
ir  diese  nacht  herbergen  werdet.  Jos.  4,  3 ;  und  ein  feldteufel 
wird  (in  wüsten  palläslen)  dem  andern  begegnen,  der  kobold 
wird  auch  daselbs  herbergen,  und  seine  rüge  daselbs  finden. 
Jm.  34, 14;  füreten  uns  zu  einem,  ..  bei  dem  wir  herbergen 
solten.  apostelgcsch.  21,16;  wo  wilstu  aber  herbergen,  wann 
du  kein  geld  hast?  Simpl.  2,198  Kurz;  gib  dein  hausz  zum 
besten,  dasz  der  elephant  mit  hinein  kan  gehen  und  darinnen 
herbergen.  pers.  rosenth.  8, 119 ;  L.  wo  haben  sie  die  erste 
nacht  geherberget?  G.  nahe  bei  Sala,  aber  etwas  auszer  dem 
wege  bei  einem  bauen  A.  Giiyphius  1698  1,857;  du  kennst 
von  alters  her  meine  art,  mich  anzubauen,  mir  irgend  an 
einem  vertraulichen  orte  ein  hüttclien  aufzuschlagen,  und  da 
mit  aller  einschränkung  zu  herbergen.    Göthe  16, 16. 

2)  transitives  herbergen ,  herberge ,  aufnähme  gewähren ,  ahd. 
nicht  nachgewiesen,  mhd.  als  herbergen  vorhanden :  ich  was  ein 
gast  und  ir  herbergitet  mich.  Behaims  ev.-buch,  Matlh.  25,  35 
(Luther  habt  mich  beherberget) ;  also  lesen  wir,  das  Abraham 
und  Lot  reich  waren ,  und  gerne  herbcrgeten  die  pilger. 
Luther  3,293*;  es  war  niemand,  der  sie  die  nacht  im  hause 
herbergen  wolt.  rieht.  19,15;  herberge  nicht  einen  jglichen 
in  deinem  hause.  Sir.  11,30;  da  rief  er  inen  hin  ein  und 
herberget  sie.  aposlelgesch.  10,  23 ;  dasz  niemandts  in  der  statt 
geherberget,  sonder  jeder  sein  zeit,  auf  den  weiten  schönen 
matten,  neben  dem  wasscr  und  buchen  aufschlagen  liesz. 
Amadis  312;  daher  ich  denn  achte,  dasz  er  diese  desto  lieber 
herbergen  werde.  355 ;  wann  ich  wüste,  dasz  du  keine  lause 
hättest,  so  wolte  ich  dich  herbergen  und  in  ein  gut  bett 
legen.  Simpl.  3, 198  Kurz;  das  weibsding  {die  geduld  ist  gemeivl) 
müssen  wir  iierbergen.  Lenz  1,  tSl ;  wo  kann  ich  dich  besser 
herbergen,  als  in  diesem  herzen?  Tieck  4,93; 

denn  nichi  ist  mir  erlaubt,  dasz  ich  hcrbcrg  oder  entsende 
lolcben  mann,  den  räche  der  seligen  götier  vcrfolgei! 

Odyssee  10,  73. 

über  die  allitterierende  Verbindung  hausen  und  herbergen  sieh 
hausen  H,  .<tp.  060.  das  objecl  zu  herbergen  ist  unterdrückt: 
berbergct   gerne  {rijv  fpiXoteviav  Stcöxoiies).  Rüm.  12, 13 ; 

dort  mit  dem  scbilTe  gelangt  an  den  Tclsstrand ,   lenkten  wir 

heimlich 
lur  berbergendcn  bucht.       Odyssee  10,  141. 

3)  in  der  technischen  spräche  der  salzwirker  zu  Halle  an  d.  S. 
heifzl  soole  in  den  hörnen  herbergen  ton  der  soole  die  bei  dem 
ordentlichen  sieden  aus  jeglichem  brunnen  gezogen  werden  soll, 
rtwat  bis  zu  dem  folgenden  sieden  zurücklassen.  Jacobsson  2, 264*. 
rergl.  oben  herberge  10, 

HERRLKGKR,  m.  l)  der  viieUmann,  der  zur  miete  wohnende, 
womu  in  llatrrn  auf  dem  platten  lande  sich  gewöhnlich  der  bciftff 
rinn-  hnhrn  armul  verbindet.    ScHM.   2,  228. 

1)  hert.crger,  der  eine  herberge  hält.  Wirt,  franz.  Simpl.  \,iT: 
«cheuete  «ich  toclit,  hie  tiiid  da  tiritfTwct;>!  iin<!rrf  hcrbcrgcr 


zu  bestehlen,  und  hätte  es  auch  nur  ein  silberner  löffcl  sein 
sollen.   Simpl.  2, 149  Kurz. 

HERBERGERIN,  /.  zur  miete  wohnendes  wcib,  nadi  herberger  l 
oben.  ScHM.  2,  228. 

HERDERGFREI,  adj.  gastfrei,  bei  S.Frank:  etlich  sind 
herbergfrei,  beherbergen  die  bilgram.  weltb.  los';  und  ist  ein 
herbergfrei  sanftmütigs  gutwiliigs  volk.  225*;  {herzog  Friedrich 
von  Sachsen  wai)  gegen  den  frommen  wolthettig,  gegen  den 
gesten  gastfrei,  gegen  den  frembden  herbergfrei.  Germ,  chron. 
(153S)  251'. 

HERBERGIEREN,  verb.,  was  herbergen.  Stieler  1C5.  das 
mit  ausländischer  endung  umkleidete  wart  galt  schon  im  viittel- 
alter.  Lexer  wb.  1, 1253. 

HERBERGIERER,  vi.  wirt  einer  herberge:  herbergirer,  hos- 
piliorum  designator,  item  caupo ,  tabernarius.  Stieler  165;  ein 
vornehmer,  hochangesehener  mann,  Tobias  Cober,  herbergirer 
zu  Görlitz,  pflegte  zu  sagen,  es  sei  jetzt  besser  zu  sterben 
als  vorzeiten.  Otho  841;  wann  einem  die  bauren  nur  etwas 
vom  stinkenden  käse,  benebenst  einen  trunk  äpfelwein  auf- 
setzen, halten  sie  es  höher,  als  die  gemeine  wirthe  und 
herbergirer  ire  delicateste  tractamenten.  baurenst.  lasterpr.  164. 

HERBERGLEUTE,  plur.  leide  die  zur  miete  wohnen  {vgl.  her- 
berger 1  oben).  Schm.  2,228.  in  Obersachsen  {als  herbergsleute) 
auch  wirt  und  wirtin  einer  zun/therberge.  vgl.  herbergsmutter, 
-vater. 

HERBERGMANN,  m.  mietsmann,  mieter.    Schm.  o.  o.  o. 

HERBERGSMUTTER,  f.  wirtin  einer  herberge,  gattin  eines 
herbergsvaters. 

HERBERGS-,  HERBERGVATER,  wi.  wirt  riner  herberge: 
wenigstens  jede  mäszig  grosze  zunft  hat  in  einer  Stadt  ihre 
herberge,  der  wirth  hciszt  der  herbergvater.  Jacobsson  2,254'; 
der  herbergsvatcr  und  seine  frau  gingen  in  der  stube  auf 
und  ab.    Riehl  culturgesch.  nov.  348. 

HERBERGSWEISE,  adv.: 

wiewol  sie  selbsten  frömdling  sein, 

und  herbergsweisz  nur  aufgenommen.     Rompler  38; 

keine  soole  . . .  herbergsweise  einnehmen.  Hohndorf  beschr. 
des  salzwerkes  63.     vergl.  oben  herberge  10. 

HERBERGUNG,  f. :  hcrbergung  der  frembden,  hospitium  et 
hospitalilas.   Dasyp. 

HERBESTELLEN,  verb.: 
dasz  ich  die  böhmschen  spielleut  herbestellte.    Körnbr  2,79; 
auch :  er  hat  herbestellen  lassen,  dasz  er  nicht  kommen  könne. 
vergl.  bestellen  7  und  11,  theil  l,  1674. 1675. 

HERBETEN,  verb.  etwas  betend  Itersagen  {vgl.  her  .<!p.  1000): 
mit  gebogenen  knien  und  gefaltenen  bänden  ein  gebet  her- 
beten ,  flexis  genubus  et  conjunclis  manibus  precationem  dicere. 
Stieler  179 ;  wenn  das  erlernte  eine  feierliche  formet  ist, 
die,  wie  man  sagt,  hergebetet  werden  musz.  Kant  10,191; 
der  custode,  der  um  nach  gewohnheit  fertig  zu  werden  die 
auswendig  gelernte  schnurre  herzubeten  anfing.  Göthe  23,39 

HERBHEIT,  f.  das  herbsein:  herbheit  unreifer  fruchte,  in 
übertragener  bedeutung  [{nach  herb  5) :  die  herbheit  mancher 
älteren  Xormen.  Becker  wcllgesch.  14,  47. 

HERBICHT,  adj.  acerbus :  der  geschmack  ist  allzuherbicht, 
peracerbum  gustatu  est.  Stieler  829.  diese  form  und  die  nach- 
folgende herbig  schwanken  in  einander  über,  vgl.  gramm.  2,  382. 

HERBIG,  adj.  accr,  acerbus,  Weiterbildung  von  herb;  i»i  über- 
tragener bedeutung  {vergl.  herb  5):  also  ein  herbigs  ding  ist 
es  umb  zorn.  Paracelsus  o/>j».  l,  509*;  herbig  und  unfreund- 
lich manen,  accrbius  exigere  dcbitum.  Stieler  829. 

HERBIGKEIT,  f.  acerbilas,  austeritas.  Steinbach  1,73S:  der 
herbe  geist  macht  eine  gestrenge,  harte,  kalte  herbigkeil. 
J.Böhme  i4«rürtt  (1835)  134;  der  leichtsinnig  trunkene  grimm, 
die  muthwillige  herbigkeil,  die  das  halbgule  verfolgen,  und 
besonders  gegen  den  geruch  von  prätension  wütheu ,  sind 
dir  in  mir  zu  wohl  bekannt.  Göthe  an  Lavater  120;  die  her- 
bigkeit,  mit  welcher  der  söhn  ihr  vorhin  ...  begegnet  war. 
V.  Lewald  Stella  353. 

HERBLASEN,  verb.  1)  durch  blasen  her  befördern  {vgl.  bla- 
sen 4,  thcit  2,  C9) : 

«anfle  KclimeichelU'irichon  blasen 
wohlgcrücho  vor  ihm  bor.    IICrckr  113'; 

wo  hat  dich  denn  der  wind  hergeblascn?  fragt  man  einen 
plötzlich  und  unvermutet  gekommenen. 

2)  in  bezug  auf  musikinstrumente  {vgl.  blasen  5,  theil  2,  CU, 
und  her  oben  .t;i.  lOOü):  ein  lied,  ein  solo  herbloscn.  gevöhn- 
Ucli  mit  verdchthchem  nebensinne. 


1065 


HERBLICH  —  HERBRLNGEN 


HERBRINGEN— HERBST 


1066 


HERBLICH,  adj.  subaceibus,  ein  u-enig  herb.  Frisch  1,444": 
aus  dem  alter,  welches,  wie  fruchte  vor  der  völligen  reife, 
hart  und  herblich  ist.  Winkelmask  4,112;  womit  ich  meiner 
antwort   blosz   das   herbliche   benehmen   zu   wollen   schien. 

WiELASD. 

HEKBLICKEN,  rer6.; 

seht,  wie  sie  herblickt  und  die  slirne  faltet, 
zornglühend  aus  den  flnsiern  wimpern  schaut! 

Schiller  Jungfrau  4,  3. 

HERBLING,  m.  l)  pfe/ferschwamm,  agaricus  piperalus.  Nem- 
NICH  1,  411. 

2)  unreife  frucht,  was  härling  2,  sp.  480,  härtling  sp.  516 
und  heerling  5p.  758. 

HERBORGEN,  verb.  auf  borg  hernehmen  : 
in  Pegu  borgt  man  weiber  um  ein  gewisses  pfand; 
wie  mancher  wüntschte  borgen  aucfi  her  in  unser  land! 

LoGAU  3,  147,  60. 

HERBRÄÜSEN,  verb.: 

blas  in  die  kost  das  es  drinn  saust, 
als  ob  ein  grosier  windt  her  braust. 

grobianus  (löbS)  F. 7*  (t.2,  cap.2); 
von  morgen  wähet  her  der  ost, 
von  nidergang  der  west  herbloszt, 
von  mittnacbt  der  nordwind  herbrauset, 
von  mittag  der  sudwind  hersauset.    Sebiz  feldb.  6. 

HERBRECHEN,  verb.  1)  anbrechen,  vom  tage  gesagt  (vergl. 
brechen  L  21,  Ih.  2,  jp.  344):  an  einem  morgen  fruo,  als  der 
tag  herprach.  Steixhöwel  (1487)  W.  54;  und  als  der  tag  her- 
prach,  kamen  dem  haubtman  die  meer  und  ein  botschaft 
über  die  ander,  das  der  häufen  der  veint  , . .  daher  zugen. 
WilwoU  V.  Schaumb.  114 ; 

du  schaffst  grosz  jamer  und  grosz  not, 

e  morn  der  tag  her  brichet 

so  seind  drei  menschen  tot.    Ubla:<d  volksl.  193. 

verijl.  auch  daher  brechen  (heil  2,  680. 

2)  reflexiv  se  efferre,  vergl.  sich  brechen  1,  Iheil  2,  350  und 
sich  heraus  brechen  oben  sp.  1029,  auch  tinten  sich  herfür 
brechen : 

Tymbor,  der  graf  von  Golison, 

legt  uns  bie  allen  grosz  schandt  an. 

der  thut  gar  hoch  herprechen  sich. 

J.  Ayrer  410'  (2060,  21  Keller). 

HERBREITEN,  verb.  nach  einem  sprechenden  zu  auä>reüen: 
breite  den  teppich  her; 

dann  mögen  diese  feJsen  um  uns  her 
die  undurchdringlich  teste  mauer  breiten. 

Schiller  Teil  3,  2. 

HERBRINGEN,  verb.  in  verschiedenem  sinne. 

1)  mil  sächlichem  objecl,  afferre,  herzutragen :  ahd.  bringet  sie 
{die  gerstenbrote)  mir  hera  (a/ferte  illos  mihi  huc).  Talian  SO,  4; 
md.  si  antworten  ime:  wir  habin  hl  nichtes  nicht,  nur  fünf 
brot  und  zwene  fische,  her  sprach  zii  en :  brengit  si  mir 
her !  Behaims  evang.  buch,  Matlh.  14, 18 ;  nhd.  bringet  mir  her 
brandopfer  und  dankopfer.  1  Sam.  13,  9 ;  bringe  mir  her  den 
leibrock.  30,  7 ;  er  sprach,  bringet  mir  her  ein  newe  schale, 
und  thut  salz  drein,  und  sie  brachtens  im.  2ftün.  2,20; 
bringet  her  von  den  fischen,  die  ihr  itzt  gefangen  habt.  loh. 
21,10;  mit  ausgelassenem  vbject:  der  eigel  hat  zwo  töchter, 
bring  her,  bring  her.  spr.  30,15;  sprecht  zu  ewrn  herrn, 
bringe  her,  las  uns  saufen.  Arnos  4,1; 

sie  rief  irm  mann,  dem  alten  äffen 

von  Heidelberg,  das  er  her  bräclit  (nämlich  tu  essen 
und  zu  trinken), 

den  fuchsz,  im  ohmen,  rrölich  macht. 

B.  Waldis  Esop  4,  7,  53. 
unsinnlicher:  bringet  her  dem  herrn,  ir  gewaltigen,  bringet 
her  dem  herrn  ehre  und  sierke.  ps.  29, 1 ;  bringet  her  dem 
herrn  ehre  und  macht.  96,  7;  härbringeii  oder  anziehen, 
etwas  zu  bewären,  in  argumentum  ducere  rem  aliquam.  .Maaleb 
205*;  ein  neuwen  sitten  oder  brauch  härbringen,  morem  in- 
ducere.  das. 

2)  herbringen,  adducere,  herzuführen,  herleiten,  das  object  ist 
ein  lebendes  vesen.  ahd.  auch  von  Iheilen  des  belebten  kOrpers : 
bring  thinan  fingar  hera  inti  gisih  minü  henti  inti  bring 
tliina  hant  inti  senti  in  inlna  sita.  Talian  233,6; 

mhd.  und  sprächen  alle  bcsunder: 

wer  bräbte  disen  riter  her?    Iwetn  23$1, 

brengit  in  her  zu  mir  {den  besessenen)'.  Behaims  evang.  buch, 
Matth.  17,16.  nhd.  bringe  meine  süne  von  ferne  her,  und 
meine   töchter  von  der  weit  ende.  Jes.  43,6;    da  befalh  der 


könig,  das  man  Daniel  her  brechte.  Dan.  6, 16;  meister,  ich 
habe  meinen  son  her  bracht  zu  dir.  Marc.  9,17;  bringet  ein 
geraestet  kalb  her,  und  schlachtets.  Luc.  15,  23 ; 

brenget  here  einen  esel,  sprach  der  man, 
der  da  seck  tragen  kan  I 

Keller  attd.  erzählungen  97,  24 ; 
so  gebe  nu  hin,  bring  einen  (mann)  her. 

B.  Waldis  Esop  4,  60,  43 ; 
die  fraw  sähe  sawr,  bei  ir  gedacht: 
hat  dich  der  teufel  jetzt  her  bracht?    66,173. 

3)  herbringen,  t-on  einem  früheren  zeilpunkte  her  bit  auf  die 
gegertKort  führen  oder  zu  eigen  haben ,  zunächst  in  bezug  auf 
angeerbtes  oder  vererbtes,  gemeiniglich  im  pari,  praet.  hergebracht 
haben :  wand  wir  von  genaden  gotes  des  heiligen  römischen 
riches  des  egenanten  unseres  gofchuses  Hute  und  gut  fri- 
lichen  von  dem  heiligen  römischen  riebe  barbracht  haben. 
weisth.  1,175  {Interlaken  v.  1404);  auch  will  das  adeliche  hau? 
Schulenburg  eine  hodegerechtigkeit  hergebracht  haben.  Moser 
osnabr.gesch.  1, 173;  vorzüglich  in  bezug  aufsitle,  redite,  gewohnheil, 
gebrauch:  an  der  christgleubigen  nation  gebrauch,  den  sie 
nach  Ordnung  der  christlichen  kirchen  so  lange  jar  herbracht 
haben.  Lcther  1,  460';  hergebrachte  weise,  gewohnheit,  ama- 
joribus  traditus  mos.  Frisch  1,  139*,  vergl.  Haltaus  890;  alle 
gewohnheiten  und  regeln,  die  der  beifall  gesitteter  menschen 
hergebracht  hat.  J.  E.  Schlegel  5,31;  da  tritt  herein  die  über- 
gnädige dame  von  S.  mit  ihrem  herrn  gemahl  und  wohl  aus- 
gebrüteten gänslein  töchter,  ...  machen  en  passant  ihre  her- 
gebrachten, hochadeligen  äugen  und  naslöcher.  Göthe16,103; 
gewöhnlich  saszen  sie  abends  um  einen  kleinen  tisch,  auf 
hergebrachten  platzen;  Charlotte  auf  dem  sopha  ...  17,90; 
ebenso  steckte  Melina  mit  vergnügen,  als  kammerjunker  oder 
kammerherr,  die  grobheiten  ein ,  welche  ihm  von  biedern 
deutschen  männern,  hergebrachter  maszen,  in  mehreren  be- 
liebten stücken  aufgedrungen  wurden.  18, 249 ;  weil  dieses 
wort  {gespensl),  durch  bezeichnung  der  prismatischen  erschei- 
nung,  das  bürgerrecht  in  der  farbenlehre  sich  hergebracht 
und  erworben.  54,  245. 

HERBRINGEN,  n.  beständige  gewohnheil,  der  substantivisch 
verwendete  inftniliv  des  vorhergelicnden  Wortes  in  der  bedeutung  3 : 
durch  langes  herbringen  aus  hinlässigkeit  des  oberherrns. 
Seckesdorff  fürslenr.  491. 

HERBRL.MMELN ,  verb.  {vergl.  brummein  theil  2,428):  sie 
als  denn  bisweilen  etwas,  so  dem  gebet  ähnlich  war,  her- 
zubrummeln    pflegte,  ehe  eines  mannes  357. 

HERBRÜMME.N,  verb. : 

drob  brummt  er  einen  halb  erstickten  fluch 
auf  Nettchen  her.  Göki^gk  2,  222. 

HERBST,  m.  aulumnus. 

ahd.  herhist,  herpist,  mhd.  herbest  und  herbst,  niederländ. 
herfst  und  herft,  ags.  hearfest,  härfest,  engl,  harvest.  die  ety- 
mologischen bezüge  zu  griech.  xaonös  frucht,  xa^i^ca  ernte, 
lat.  carpere  pflücken  sind  von  Griuji  gramm.  2, 368  erörtert, 
die  enge  Verwandtschaft  dieser  Wörter  aber  mit  andern  die  schneiden 
und  trennen  ausdrücken ;  lat.  scalpere,  griech.  ayog:ti^(o,  lit. 
kirpti  scheeren,  prakrit.  kalpayati  er  zerschneidet,  ahd.  scarph 
scharf  u.  a.  macht  es  waJirscheinlich,  dasz  herbst  {eine  zustands- 
und  Zeitbildung  mil  demselben  sufftxe  wie  dien-st)  zunächst  auf 
das  gewinnen  des  getreides  mittels  der  sichel  zielt,  und  also  etwa 
zeit  und  Vorgang  der  getreideernle  bezeichnen  will,  die  vian  sonst 
auch  schnitt  heiszt.  Weinhold  monatnamen  54;  vergl.  schnit- 
monat  das.,  und  oben  haberschnitt  sp.  87. 

herbst  bedeutet 

1)  die  dritte  der  vier  Jahreszeiten,  astronomisch  wird  sie  be- 
stimmt von  dem  eintrill  der  sonne  in  die  wage  (21.  septbr.)  bis 
zum  eintritt  der  sonne  in  den  Steinbock  (21.  december).  in  der 
anschatiung  des  Volkes  umfaszt  der  herbst  die  monate  September 
und  october,  auch  november,  so  dasz  diese  drei  monate  selbst  den 
namen  herbst  führen,  oder  genatier  unterschieden  werden  der  erst 
herbst,  der  ander  herbst,  der  drit  herbst.  Weishold  monat- 
namen 41.  42.  doch  nicht  durchaus:  wenn  auch  für  november 
der  ander  herbst  gilt,  so  wird  dadurch  der  eintritt  der  Jahres- 
zeit in  den  october  verlegt;  wenn  andrerseits  aber  in  Tegernsee  der 
September  den  namen  uberherbst  führt  {Germania  9,  196)  so 
rechnet  man  als  ersten  herbstmonat  den  august,  ttnd  hierzu  stimmt 
dän.  hoeslmaaned  m  derselben  bedeutung,  wie  ein  allfranz.  erbast 
augu^:  trois  fois  lannee  .  .  cest  a  sauoir  en  feurier,  en  may 
et  en  erbast.  wei^h.  4,  462  {Pruntrut,  v.  1350).  in  den  fällen, 
wo    herbst   dem   mai  entgegengesetzt  wird:    wenn  man  richten 


1067 


HERBST 


HERBST  — HERBSTEN 


1068 


wil  ze  meien  und  ze  herpst.  weislli.  4, 280  (vcrgi  auch  die 
unten  folgenden  compos.  herbslding,  heibslgeding,  herbstgericht, 
herbstrecbt,  berbststeuer,  herbslbede)  ist  vidleicht  auch  nicht 
sowol  der  gewöhnliche  berbstmonat  September  (vgl.  unten  «p,  1071), 
als  vielmehr  der  august  verslanden,  da  den  oben  genannten  franzö- 
sischen regelmäszigen  zeilabschnillen  auch  in  deutschen  licbtinesz, 
iiiai  und  herbst  entsprechen,  vergl.  unten  unter  herbstrecbt. 

Sonst  wird  der  herbst  gescliildert  als  die  Jahreszeit  in  der  das 
laub  sich  färbt,  aber  auch  die  zeit  der  ernte  und  der  jagd: 

herbest  der  des  mcien  wät 
vellet  von  den  risen. 

Steinmar  in  Wackerjcagels  leseb.  741,23; 
im  herbste  sieht  man  als  opalen 
der  bäume  Lunte  bläuer  strahlen.    Bhockes  2,107; 
in  des  leiues  heiterm  glänze 
lese  jede  zarte  brüst, 
in  des  herbstes  welkem  kränze 
meinen  schmerz  und  meine  lust. 

ScuiLLER  klage  d.  Ceres; 
freut  euch,  ir  lieben  knahen, 
der  herbst  erzaigt  sich  wol.    Uuland  vutlisl.  C07; 
der  frühliiig  ist  zwar  schön,  doch  wann  der  herbst  nicht  war, 
war  zwar  das  äuge  sat,  der  magen  aber  leer. 

LoGAü  2   s.  76,  HO.  87 ; 
so  bald  der  nächste  herbst  im  walde  dehnen  stellt, 
und  Bacchus  um  den  wein  sein  jährlich  trinkfest  hält. 

GÜNTUER  063; 
des  herbstes  goldner  sonnenstaub 
umwebt  der  reben  üppig  laub, 
und  aus  dem  laube  blinkt  hervor 
der  wiazerionen  bunter  chor.    Ublakd  ged.  320; 

ich  bin  der  letzt  auferwacbet,  wie  einer  der  im  herbst  nach- 
lieset,  und  gott  bat  mir  den  segcn  dazu  gegeben,  das  ich 
meine  keiter  auch  vol  gemacht  habe,  wie  im  vollen  herbst. 
Sir.  33, 17 ;  stellen  sie  sich  ein  unermeszliches  land  vor,  dem 
die  angenehmste  abwechslung  von  bergen,  thälein,  Wäldern, 
bügeln  und  auen  unter  der  herrschaft  eines  ewigen  früh- 
lings und  herbstes,  allenthalben  wohin  man  sieht,  das  an- 
sehen des  herrlichsten  lustgartens  giebt:  alles  angebaut  und 
bewässert,  alles  blühend  und  fruchtbar.  Wieland  19,41; 

da  thut  sich  ein  lachend  gelände  hervor, 

wo  der  herbst  und  der  frühling  sich  gatten.     Schiller  50*. 

2)  personificalion  des  herbstes  mehrfach:  der  Lenz,  der  Sum- 
mer, der  Herbest  und  der  Winter,  die  vier  erquicker  und 
hanthaber  des  jares ,  die  wurden  zwiestueszig  mit  groszen 
kriegen.  Wackernacel  leseb.  1143, 18  ; 

herbest,  underwint  dich  min : 
wau  ich  wil  din  belfer  sin 
gegen  den  glänzen  meien.    741,29; 
wohl  ist  der  herbst  ein  ehrenmann, 
er  bringt  uns  schnabelweide.    Claudius; 
schon  seht  ihr  den  triefenden  herbst  mit  leerem  fruchthorn 
entweichen.    Ramler  1, 12. 

3)  herbst,  die  ernte  im  allgemeinen  (vgl.  auch  unten  herbsten  2) : 

was  thun?  spricht  Zeus,    die  weit  ist  weggegeben, 
der  herbst,  die  jagd,  der  markt  ist  nicht  melir  mein. 

Schiller  tlieilung  der  erde; 

besonders  aber  die  treinernte ,  weinlese.  Sciim.  2,  235,  Lexer 
tt'6.  1,1253:  vindemia  herbest,  herbste,  herbst,  herbs,  hirbst 
DiEF.  620*;  seinen  herpst  einsamlen  und  abwümmen,  cogere 
vindemias.  Maaler  218*;  den  herbst  ...  einmachen  {den  ge- 
lesenen wein  keltern).  Sebiz  feldb.  48;  was  nemlich  der  wein 
oder  getreid  zu  zeit  desz  contracts,  oder  aber  vierzehn  tag 
die  nechsten  nach  dem  herbst  oder  erndten  gelten  wird. 
retchspolizeiordnung  v.  1577,  tit.i\),  §.3;  haben  die  moselbauern 
diesz  Jahr  guten  herbst  gemacht?  Fr. Müller  3,353;  im  bilde: 

bin  ich  auch  ihm  iiirbt  atigcweibt, 

er  mir  der  liebste  buhle  bleibt. 

lür  uns  ist  solch  ein  herbst  gereift!    Götub  41,273. 

sj/richwörtlich  in  der  Schweiz:  es  geht  alles  in  herbst,  mit  bezug 
auf  die  fröhliche  zeit  der  weinlese,  wo  alles  erlaubt  ist,  Stalder  2,38. 

4)  herbst  bildlich,  vvn  dem  sinken  der  lebenskraß  des  mensch- 
liclien  körpers  und  geisles,  sowie  vom  niedergang  des  gliickes;  das 
bild  ist  im  IC.  )A.  wenigstens  angrdeiUet :  folgt  demnach  die  herbst- 
zeit,  darinn  dem  grasz  alle  frdud  und  mut  vergehet,  fuhet  an  zu 
trauren,  gleich  wie  es  ein  gestallt  gewinnt  mit  drsz  menschen 
leben,  so  es  kompt  auf  das  fiinfzigst  jar.  Seuiz  fcldb.  54 ;  doch 
gehen  die  folgenden  belege  nicht  über  die  mitte  des  18.  jh.  hinauf: 
ebenderselbe,  welcher  in  dem  frühlinge  »eines  Icbcns  unter 
liebesgOtlern  und  grazien  . .  herum  geschwärmt,  eben  derselbe 
kann  sich  ja  leicht  in  drin  reifen  berbsle  seiner  jähre  in  den 


philosophischen  mantel  einhüllen.  Lessinc  5,  3;  wiedienatur 
sich  zum  herbste  neigt,  wird  es  herbst  in  mir  und  um  mich 
her.  meine  bialter  weiden  gelb,  und  schon  sind  die  blätter  der 
benachbarten  biiume  abgefallen.  Güthk  16,117;  er  sollte  noch 
im  herbst  seiner  jähre  den  einQusz  des  Zeitgeistes  empün- 
den  und  auf  eine  nicht  vorzusehende  weise  ein  neues  leben, 
eine  neue  Jugend  beginnen.  32,  258 ;  ich  verstehe  —  lenker 
im  hinimel  .  .  die  blätter  fallen  von  den  bäumen  —  und  mein 
herbst  ist  kommen.  Schiller  räuber  4,5;  Emanel  sah  ruhig 
wie  eine  ewige  sonne,  auf  den  herbst  seines  körpers  herab; 
ja,  je  mehr  sand  aus  seiner  lehens-sanduhr  heraus  gefallen 
war,  desto  heller  sah  er  durch  das  leere  glas  hindurch. 
J.  Paul  Hesp.  1,  209; 

und  so  verlebt  er  nun  in  arbeit  und  genusz 
des  lebens  späten  lierbst.     Wieland  23,85  (06.8,25); 
schwalben  die  im  lenze  minnen, 
fliehen,  wenn  der  nonlstiirra  weht, 
buhler  scheucht  dein  herbst  von  hinnen, 
einen  freund  hast  du  verschmäht.    Scuulkr  an  Minna, 
in  bezug  auf  den  abend: 

du,  0  herbst  des  tages,  der  du  besonders  mich  reizest 

mit  dem  gütigen  hiinmel,  mit  sanftem  gemäszigten  sonnen, 

und  mit  stillen  schatten.      Zachariä  tnijeszriten  (1757)  s.  95 

(vergl.  frühling  des  tages  für  morgen  s.  4), 

sonst  zeillich:  jede  minute  ist  der  herbst  der  vergangenen. 
J.  Paul  Hesp.  4,  44. 

HERBSTABEND,  «J. .•  es  war  ein  herbstabend,  wie  wir 
unserm  sommer  selten  einen  verdanken.  Göthe  27, 159;  eines 
späten  herbstabends.  H.  Heine  12, 182. 

HERBSTAPFEL,  «i.  eine  im  Spätherbst  reifende  apfelart. 

HERBSTARBEIT,  f  operae  autumnales.  Stieler  48. 

HERBSTARREST,  vi.  beschlagnahme  der  Weinernte.  Scu«. 
2,  235. 

HERBSTAUFENTHALT,  ni.;  seinen  herbstaufenthall  in 
Italien  nehmen. 

HERBSTBEDE,  f.  Steuer  im  herbslmonal  zu  entrichten  (vergl. 
bede, //j.  1, 1221):  herbstbeede,  collecta  üur«mna/w  Stieler  176; 
als  fiel  das  dosier  an  den  obgenannten  dreitzehen  guten 
zinsze  hat,  als  fiel  haben  die  herrn  von  Rienecke  von  den- 
selben gutern  zu  meyen  und  herbstebethe.  weisth.  3,  547  (Frati- 
ken,  V.  1456). 

HERBSTBIRNE,  f:  autumnalia,  Tybcriana,  herbslbirn  Alb. 
dict.  unter  den  birnenarten;  die  berpstpyren,  spalpyren,  pyra 
autumnalia  Maaler  218*.     mhd.  herbestbire.  Lexer  wb.  1, 1253. 

HERBSTBLUME,  f.  1)  im  allgemeinen,  im  herbste  blühende 
blume:  herbstblumen,  flores  autumnales  Stieler  203;  mutler, 
da  bin  ich.    gar  viel  schone  herbstblumen  !  Fr.  MIIller  3,  330. 

2)  herbstblume,  Colchicum  autumnale,  die  herbstzeitlose.  Nem- 
KICH   2, 1101. 

HERBSTBRIEF,  m.  obrigkeitliche  Verordnung,  durcli  welche 
die  weinlese  eröffnet  wird.  öcon.  lex.  (1731)  1004. 

HERBSTBUTTE,  f  butte  zum  gebrauch  bei  der  weinlese:  der 
wirth  (in  Wciuheim  an  der  bergslrasze)  entschuldigle  sich,  wie 
ich  eintrat ,  dasz  mir  die  herbstbultcn  und  zuber  im  weg 
stünden.  Göthe  bei  Scholl  br.  u.  aufs.  ICl. 

HERBSTBUTTER,  f  butter  die  im  herbst  gewonnen  wird;  auch 
stoppe! butter  genannf  sie  ist  geringer  als  die  maienbulter,  die 
im  monat  niai  gefertigte. 

HERBSTDING,  n.  aUerum  placitum  solenne,  autumnale.  Halt- 
Aus  892.  das  erste  ungebotene  gericid  im  jähre  ist  das  maien- 
ding,  s.  d. 

IIERBSTDURCHSCHÜTTERT,  pari. : 

wie  ein  herbstdurclKschütterter  Strauch 
ist  das  zagende  vaturland.      üückkrt  632. 

HERBSTEIS,  »i.  eis  das  im  herbste  entsteht,  dicliter  und  kdllcr 
als  frühlingseil.  AdElu.nü. 

HERBSTELN,  verb.  I)  vom  weiter,  sich  so  einstellen^  wie  es 
diese  Jahreszeit  gewöhnlich  niU  sich  bringt.  Scum.  2,235;  känithn. 
herwsliian,  anfangen  herbst  zu  werden.  Lexer  139;  schwci:. 
herbstela,  hierbstela.  Tobleh  264*. 

2)  das  herbstelnpicl  (.v.  d.)  s^iielen.  ScHM.  a.  a.  0. 

HERBSTELSI'IEL  ,  n.  eine  art  Würfelspiel  mil  sechs  würfeln, 
von  welclwn  jeder  nur  auf  einer  seile  eine  zahl  hat,  in  der  höcli- 
sten  zahl  aber  nur  21  geworfen  werden  können.  Schm.  2,  2.15. 

HERBSTEN,  verb.  I)  intrans.  und  unpersönlich  herbst  werden: 
bcrb^lcii ,    autumnescere ,    anfangen    herbft    zu   »erden.    Frisch 

l,4ii"; 

rh  e«  harbstel. 

vMt  um  die  Rrxiorline  rus«. 

L.  Drivii  tigilien  {Bonn  1839)  03. 


1069 


HERBSTEN  —  HERBSTFROST 


HERBSTGARBE—  HERBSTLICH 


1070 


2)  mit  persünl.  subjed  {nach  herbst  3  oben)  ernten.  Schk. 
2,  235 :  in  dem  lenzen  het  er  zu  säen,  in  dem  herbst  liet  er 
zu  herbsten.  Pauli  schimpf  93';  besonders  weinkse  halten: 
vindemiare  herbesten,  herbsten.  Dief.  620";  herbsten,  Weinlesen 
GoLii  onomast.  (1582)370;  herbsten,  wümlen,  wümmen,  läsen, 
vindemiare,  vindemiam  facere.  Ma.\ler  218*;  von  den  dornen 
lesen  si  nicht  figen,  noch  von  dem  busche  herbisten  si  nicht 
winber.  Behaims  evang.  buch,  Luc.  6,44;  man  sol  der  zeit 
und  stat  gefahren,  und  schneiden  weil  die  erndt,  herbsten 
weil  der  herbst  ist.  Agr.  spr.  211";  man  soll  herbsten  so 
lang  herbslzeit  ist.  Simrock  sprichw.  s.  243;  ausführlicher 
Unterricht,  wie  man  eigentlich  herbsten  soll,  und  was  bei 
der  Weinlese  zu  beobachten.  Hohbf.rg  3, 1,  272;  sie  schlugen 
die  bauern,  brandschatzten  die  herren,  ernteten,  herbsteten, 
raubten  vieh.  J.  v.  Müller  schw.  gesch.  2,  32S; 

bald  hebt  sich  auch  das  herbsten  an, 

die  kalter  harrt  des  weines; 

der  Winzer  schulzherr  Kilian 

bescheert  uns  etwas  leines.     Scheffel  gaudeamus  54. 

bildlich:  also  hat  auch  die  natur  ihre  vässer  selbst  gebunden, 
in  denen  die  feuchte  sein  sollen,  so  im  menschen  gewimlet 
und  geherbstet  werden,  das  seind  vasa  naturae.  Paracelsüs 
1,  295'. 

HERBSTENTE,  f.  anas  aulumnalis.  Nemnich. 

HERBSTEiNZIAN,  m.  genliana  amarella. 

HERBSTER,  wi.  vindemiator.  Golii  onomasl.  49. 

HERBSTERTRAG,  n».  ertrag  der  ueinlese.  Schm.  2,235. 

HERBSTESANFANG,  m. :  zu  herbstesanfang,  den  21.  Sep- 
tember. 

HERBSTESDÄMMERUNG,  f.: 

triuraph !  auf  herbstesdämnterung 
folgt  milder  frühlingsschimmer. 

Kosecarte:i  poes.  i,  334. 
HERBSTESLÜFT,  f.: 

wars  nicht  wie  klaggesang, 

was  sich  im  strauch  verlor? 

zog  nur  das  trauerstöhnen 

vorbei  der  herbsteslufi?    Lkwad  Faust  136. 

vergl.  herbstluft. 

HERBSTESTRAUER,  f. : 

die  natur  in  steter  dauer, 

was  sie  selbst  mir  flüchtig  gab, 

fröhlingswonne,  herbstestrauer, 

gibt  sie  ewig  meinem  grab.    RiSckert  gas.  gcd.  1,337. 

HERBSTFADEN,  m.  gewebe  einer  spinne,  das  beim  herannahen 
des  herbstes  durch  die  luft  zieht,  sonst  soramer-,  marienfaden; 
niederl.  herfst  -  draet ,  fila  sereno  coelo  in  aere  lexta,  praecipue 
autumni  tempore.  Kilian  ; 

herbstfaden  ziehn  im  abendschein 
in  leisem  hin-  und  wiederwehn. 

volksblatt  für  Stadt  u.  land  1867,  s.  1117. 

HERBSTFARBE,  f.  färbe  me  die  der  blätler  im  herbst,  deine 
gelbe  herbslfarbengebung.  J.  Paul  uns.  löge  3,57. 

HERBSTFEIGE,  f.  frucht  des  feigenbaums,  die  im  herbste  ge- 
erntet wird  (lum  unterschied  von  der  im  frühjahr  gewonnenen 
frühlingsfeige).  Nemnich  2, 1617. 

HERBSTFELL,  n.  ein  feil  auf  den  äugen  der  pferde.  Seuter 
174.  s.  die  stelle  unter  brachfeil  th.  2,  282,  wo  die  Vermutung 
ausgesprochen  wird,  dasz  die  krankheil  von  ihrer  entslehung  im 
herbst  den  namen  tragen  möge;  die  feil  über  den  äugen  wer- 
den also  unterschieden  .  .  herbstfeil  sind  roth  und  gelb  oder 
einerlei  von  solcher  färb.  Pinter  pferdschatz  379. 

HERBSTFERIEN,  pl.  die  in  den  herbst  fallen. 

HERBSTFIEBER,  n.   im  herbst  erscheinendes  wecliselfieber. 

HERBSTFLIEGE,  f.  eine  im  herbste  vorlcommende  fliegenart, 
slomoxys  calcilrans:  die  groszen  herbstfliegen  sumsten  mir 
so  melancholisch  um  die  obren ,  dasz  ich  weinen  muszte. 
0.  m.  im  Tockenb.  30. 

HERBSTFLOR,  m.  die  gesamtheit  der  im  herbste  aufrechen- 
den bluten  (i-er*?/.  frühlingsnor4, 1,301):  zwischen  dem  Winter- 
grün und  herbstflor  jener  erinnerung.  J.  Pacl  «rw.  löge  3,3; 
0  ruhe,  du  sanftes  wort!  herbstflor  aus  Eden!  Hesp.  4,42; 
der  heiszhunger  der  bedürfnisse  und  der  tumult  der  sinne 
wrdrängen  und  ersticken  bei  Völkern  und  ständen  den  gei- 
-tigen  herbstflor  der  menschheit.  Kamp.-thal  61. 

HERBSTFROST,  m. :  die  leiden  einer  harten,  verdorbenen 
(seele)  sind  herbstfrösfe,  welche  nichts  verkündigen  als  den 
Winter.  J.  Paul  komet  1,143; 

dein  äuge  zwingt  den  herbstfrost,  und  feuernelken  erzieht  es. 

Platin  78. 


HERBSTGARBE,  f.  garbe  die  als  abgäbe  im  herbst  entrichtet 
wird,  wäslh.  4,  280. 

HERBSTGEDING,  n.  was  herbsiding.  Haltads  892. 

HERBSTGELB,  adj.  gelb  wie  die  blätler  im  herbst:  das  laub 
war  herhsigelb  und  morsch  und  zitterte  und  brach  ab. 
Scheffel  Ekkehard  (1855)  105. 

HERßSTGERICHT,  n.  was  herbstding:  es  sollen  alle  jare 
jeklichs  gehalten  werden  drü  jargericht,  nemlich  zwai  maien- 
gericht  und  ain  herbstgericht ,  oder  ain  inaiengericht  und 
zwai  herbstgericht.  weisth.  5,141. 

HERBSTGERSTE,  f.  hordeum  hexastichon,  sechszeilige  gerste. 
Nemnich  3, 175. 

HERBSTGESCHIRR ,  n.  geschirr  was  bei  der  weinlese  ge- 
braucht wird:  herbst-  oder  Irottengeschirr,  rosa  vindemiatoria. 
Maaler  218-'; 

die  bütten,  züber,  fasz  und  herbstgeschirr. 

W'ECKHERLni  772. 

HERBSTGESTIRN,  n.  das  slernbild  der  wage  {in  das  die 
sonne  bei  beginn  des  herbstes  tritt): 

dem  herbstgestirn,  wann  sichs  im  ocean 
gebadet,  und  am  hellsten  flimmert,  glich 
die  lohe,  so  von  haupt  und  schütter  flog. 

Borger  158'  (llias  5,  4). 
HERBSTGEW.VSSER,  n.:   das  anlaufende  herbstgewässer, 
aquationes  autumni  nascentes.  Stieler  2446. 
HERBSTGEWÖLK,  n.: 

wie  anwandelnder  stürm  hinter  dem  herbstgewölk. 

Voss  3,  16. 

HERBSTGRAS,  n.  gras  was  nach  der  zweüen  Heuernte  noch 
wächst.  Stalder  2,  38. 

HERBSTGRCN  ,  adj. :  in  den  noch  herbsfgrünen  berg- 
wiesen. AcERBACH  dorfgesch.  4,  s.  3. 

HERBSTHAFT,  adj.  auclumnalis.  Frisch  1,444". 

HERBSTHERD,  m.  vogelherd,  welcher  im  herbst  auf  die  fremden 
halbvögel,  weindrosseln,  meeramseln,  krammetsvögel  «.  s.  w.  gestellt 
wird.  Jacobsson  2,  255*. 

HERBSTHEü,  n.  foenum  serotinum.  Frisch  1,444*.  es  ist 
das  heu,  was  von  den  nur  einhauigen  wiesen  im  herbst  gemäht 
wird. 

HERBSTHITZE,  f.  aeslus  autumni.  Maaler  218*. 

HERBSTHUHN,  n.  l)  huhn  was  im  herbst  gezinst  wird: 
funf  achtel  hafern  und  iglichs  husz  1  hune  darczu ,  die 
heiszent  herbst  huner.  weisth.  3,495. 

2)  lierbsthuhn,  im  herbste  ausgebrütetes  huhn.  Frisch  1,444"; 
dim.  herbsthünlein,  ptilli  serotini.  Stieler  750. 

HERBSTHYAZINTHE,  f.  polyanthes.  Nemnich. 

HERBSTIG,  adj.  aulumnalis.  Dasyp. 

HERBSTKÄLTE ,  f. :  die  herbstkelte ,  frische  kQele ,  fri- 
gora  autumni.  Maaler  218'. 

HERBSTKARCH,  m.  karren  der  gebraucht  wird  um  den  er- 
trag der  Weinernte  abzufahren: 

hie  krachet  der  herbstkarch  undef  dem  vollen  fasz. 
Weckherli;*  776. 

HERBSTKÄSE,  m.  caseus  aulumnalis,  kraut-  oder  weinkäse. 
Stieler  910. 

HERBSTKLEID,  n.  kleid  das  im  herbste  gelragen  wirA.  von 
der  natürlichen  hülle  der  thiere :  die  ausgefallenen  federn  wer- 
den {bei  manchen  vögeln  im  frühjahr)  durch  schönere  ersetzt 
und  diesen  neuen  federschmuck  .  .  nennt  man  hochzeit- 
kleid,  Sommerkleid,  im  gegensatz  zu  dem  schlechten  herbst- 
kleide oder  winterkleide.  Leonis  Synopsis  der  naturgesch.  des 
thierreichs  (I86ü)  190.  auch  in  bezug  auf  die  natur,  die  flur, 
bäume  und  dhnl.:  die  natur  in  ihrem  herbstkleide,  der  bäum 
trägt  schon  ein  herbstkleid ,  trenn  seine  blätler  rot  und  gelb 
werden. 

HERBSTKNECHT,  m.  der  hageslolz,  vergl.  unter  knecht  2,  f, 
th,  5, 1382 :  wenn  man  gar  zu  lang  mit  der  hochzeit  wartet, 
wie  der  herbstknecht  viel  gefunden  werden,  die  das  herz 
nicht  haben,  nach  gottes  Ordnung  ein  weib  zu  nehmen,  weil 
sie  noch  jung  sein,  sondern  Schiebens  auf  von  einem  jähr 
zum  andern.  Creidiüs  2, 154.     vergl.  herbstlümmel. 

HERBSTKORNBLUME,  f.  fritillaria  aulumnalis.  Nemnich. 
aus  der  familie  der  lilien. 

HERBSTLAMM,  n.  .•  herbsllamb ,  das  im  herbst  worden 
ist,  agnus  antumnalv!.  Maaler  218*.     vergl.  herbstling  1  unten. 

HERBSTLANDSCHAFT,  f.  landschaß  im  herbst,  auch  ein 
gemälde  das  eine  solche  darstellt. 

HERBSTLICH,  adj.  aulumnalis.  Maaler  218*;  herbstlich, 
metaphor.  rigidus,  rigide,  auslerus,  austere.  Stieler  829;  schenkt 


1071 


HERBSTLICH  —  HERBSTMONO 


HERBSTMORCHEL  —  HERBSTSITTE   1 072 


mir  diese  toJtcngräberszcne !  ihr  wisset  nicht,  welche  herbst- 
liche erinnerungen  dabei  mein  biut  so  leichenlangsam  machen, 
wie  meine  feder.  J.  Pacl  uns.  logc  2, 139. 

schon  dreimahl  wechselte  der  taf;  sein  herbstlich  licht. 

WiBLAXD  23,  90  {Ob.  8,  33) ; 
frühlingsbirke ,   du  siehst  hier  über  dem  grabe  der  schwester 
herbstlich   einsam  und  streust  blätter  und  tliräncn  darauT. 
Herder  zerslr.  blätter  6,  57 ; 
ja,  eure  reden,  die  so  bliniicnd  sind, 
1  in  denen  ihr  der  mcnschheit  schnitzel  kräuselt, 
sind  unerauicklicli  wie  der  nebelwind, 
der  herbstlich  durch  die  dürren  blätter  säuselt. 
GöTHE  12,37: 

wie  ein  herbstlichef  nord  hintreibt  die  verdorretcn  disteln 
durch  das  gefild.  Odynsee  5,  328 ; 

wenn  herbstlich  eure  blätter  fallen.    Körner  1,  58; 

doch  morgen  schon  ists  herbstlich  kalt, 

und  nebelgrau  die  llur,  der  wald.    H.  Heine  18,312; 

gleich  dem  nebel,  der  in  seltsam 

buntem  Wechsel  der  gestalten 

herbstlich  um  die  blätter  spielt.    Scheffel  Irompclcr  68; 

herbstlich  goldgelb  färbt  sich  das  laub.    Cua«isso  ged.  79. 

HERBSTLIED,  n.  cantits  aulumnalis.  Stieler  1161.  zum 
preise  des  herbstes  gedichtet  und  gesungen.  Gürinck  3,  130;  schon 
früher,  bereits  in  der  zweiten  hälfte  des  dreizehnten  Jahr- 
hunderts und  um  den  beginn  des  vierzehnten ,  haben  ein 
ihnrgauischer  edler  und  ein  Zürcher  meister  .  .  erndte-  und 
lieibslliedcr  gedichtet.  Wackernagel  litt,  gesell,  s.  249. 

HERBSTLIiN'G ,  m.  1)  rieh  das  »;»  herbste  geboren  wird. 
Frisch  1,  444*. 

2)  eine  spätreifende  apfelsorte:  herbstlinge,  poma  autumnalia. 
Stieler  829. 

3)  agaricus  deliciosus,  der  leckere  blätterscliwamm,  reizker.  in 
Baiern,  wo  man  hirschling  spricht  (nach  der  dortigen  ausspräche 
i-on  herbst).  Nemnicu  1, 107. 

HERBSTLÖWENZAHN,  m.  leonlodon  autumnale,  hasenlatlich. 
Nemsich  3,  3G5. 

HERBSTLUFT,  f.:  herbstluft,  acr  auctumni  frigidior,  wann 
der  wind  über  die  hahcrstoppeln  wehet.  Frisch  1,444*; 
der  sommer  macht  mir  heisze  plage, 
die  herbstluft  ist  veränderlich.     Gijniher  198. 

vergl.  herbstesluft. 

HERBSTLÜFTCHEN,  n.:  jeden  nachmittag  tritt  die  sonne 
hervor,  zwar  nicht  mit  blendendem  stral,  denn  ein  gemäszigtes 
herbstiüflchen  kühlt  ihn  ab.  (Schulz)  o/ni.  der  ftc/Wr.  (1782)  b  5*. 

HERBSTLÜMMEL ,  m.  hagestoh  (vergl.  herhstlinechl).  als 
Schimpfwort:  ungeschliffener  knäffel,  plumper  herhsllimmel. 
Abr.  a  S.  Clara. 

HERBSTLUST,  f.  dclectamenlum  aulumnale.  Stieler  1187. 

HERBSTMÄRKT,  »;i.  jähr-  oder  viehmarkt,  der  im  herbst  ab- 
gehallen wird. 

HERBSTMÄSZIG,  adj.  aulumnalis;  das  weiter  ist  schon 
ganz  heibstinäszig. 

HERBSTMAST,  f.  mast  des  schlacMviehs  im  herbste 

HERBSTMASTUNG,  f.  dasselbe:  die  ochscnmast  wird  in 
die  somrner-  und  hcrbstmastung  eingetheilet.  öconom.  lex. 
(1731)  1531. 

HERBST.MELLIN,  n.,  der  wein  wird  genannt  du  mein  liebes 
rebenhrülin,  mein  bankpfuiweiein ,  gumenkülzel ,  netz  den 
gaum,  meienrcgiin,  herhslmeliin,  aprillenhüdlin,  widergrün. 
Garg.  05*. 

HERBSTMESSE,  f.  messe,  Jahrmarkt  im  herbst ;  in  Frankfurt. 
0.  RuLAND  30;  als  die  kaufieut  zu  Frankfurt  in  der  hcrhst- 
mess  waren,  d.  städtechron.  5,311,13. 

HERBSTMILCH,  f.  dicke,  geronnene  milch:  hcrhstmilch, 
coliulrum,  bililinien,  tulg.  siirmilch.    roc.  ine.  tlieut.  i4'. 

HERBST.MONAT,  «i.  1)  allgemein  ein  monat  im  herbst:  er 
wird  die  herhsimonatc  in  Italien  zubringen. 

2)  hcrbstmonat,  der  monat  in  dem  der  herbst  beginnt  oder  in 
den  er  fällt,  da  nach  den  zu  herbst  1  (*p.  1006)  gegebenen 
notizen  im  volke  dieser  Zeitpunkt  verschieden  angesetzt  wird,  so  hat 
auch  hcrbstmonat  verschiedene  bedeutung:  gewöhnlich  bezeichnet 
er  den  scfilember,  bei  andern  den  oclober,  noch  anderwärts  selbst 
den  november.  auch  wird  der  sqitember  der  erste ,  der  octobcr 
der  andere,  der  november  der  dritte  herbstiiionat  genannt, 
wirwfA  auch  für  octolier  der  erst  herhslinon,  und  für  november 
drr  ander  heibxtinan  voi kommt,  rergl.  dte  ausführlichen  nach- 
uniun(jen  bei  Wkinholü  deutsche  monatnamen  42.  43. 

HERHSTMOM),  m.  für  tfptetnber.  roc.  ine.  theut.  i  4' ;  (ScHüU) 
almanach  der  brllctr.  (I7S2)  bb*.     vergl.  oben  hcrbstmonat  2, 


HERBSTMORCHEL,  f  eine  art  morcheln,  die  im  herbste  zum 
Vorschein  kommen.  Adelung. 

HERßST.MORGEN,  n».  morgen  eines  herbsllages :  ein  klarer, 
frischer  berbstmorgen. 

HERBSTMOSTIG,  adj. :  herbstmostige  fränkische  und  bara- 
licrgische  zechen.  Garg.  48*. 

HERBST.MUS,  n.  ein  vorzugsweise  aus  rosinen  und  mandeln 
bereitetes  mus.  Amaranthes  frauenz.-kx.  (1773)  1373. 

HERBSTNACHT,  f: 

ähnlich  dem  glanzgestirnc  der  herbstnacht.    llias  5,5. 

HERBSTNACHTGLEICHE,  f.  acquinoclium  autumnale.  viath. 
lex.  (1747)  1,39. 

HERBSTNACHTIGALL,  f.  das  rotkehlchen.  Nemnich. 

HERBSTNACHTSTURM,  m. : 

oftmals  fodert  die  Elb,  in  des  hcrbstnachtsturmes  be^lcitung, 
mit  hoclihrandender  Hut  zornig  ihr  altes  gebiet.    Voss  3,121. 

HERBSTNARZISSE,  f.  amaryllis  lutea.  Nemnich  1,  221 : 

jezo  schmückt  sie  die  tafel  mit  duftenden  blumcn  und  kräutern 
im  vielfarbigen  korb,  mit  herbstnarcissen  und  krokus. 

Voss  2,  318  (id.  18,  93). 

HERRSTNÄSSE,  /".  pluvia  aulumnalis.  Stieler  1335. 

HERBSTNEBEL,  m.  im  herbst  erscheinender  nebel. 

HERBSTOBST,  n.  spätobst. 

HERBSTORDNUNG,  f.  obrigkeilliclie  Ordnung  für  die  Wein- 
lese. ScHM.  2,  235. 

HERBSTPAPPEL,  f.  alcca  rosea,  malva  horlensis.  Nemnich 
1, 157. 

HERBSTPFIRSICH,  m.; 

ist  der  herhstpfersich  nicht  dick  rothlecht,  halbgespaltcn? 

Wecxhsrlin  774. 

HERBSTPFLANZE,  f. :  herbstpllanzen,  autumnales  plantae. 
Nemnich  1,548. 

HERBSTPUNKT,  m.  der  punkt  der  ekliplik,  in  welchem  die 
sonne  anfängt,  unter  den  aequator  hernieder  zu  steigen,  mathem. 
lexicon  (1747)  1,050:  wenn  die  sonne  in  den  herbstpunct, 
das  ist,  bei  uns  in  die  waage  tritt,  und  also  der  herbst  an- 
gehet. 39. 

HERBSTRAHM,  m.  wein  oder  most  unter  dem  bilde  von  milch- 
rahm :  so  gar  treckfegmatisch  von  lederem  gesäsz  war  er 
(Gargantiia  als  kind),  zum  theil  ausz  natürlicher  complexion, 
zum  theil  ausz  zufälliger  disposition,  die  im  das  zu  viel  ein- 
neminen  der  geschulten  rebenpillulen  und  des  herbstrames 
verursachet.  Garg.  lll*. 

HERBSTRECHNUNG,  f.  rechnting  über  den  ertrag  der  Wein- 
lese. SCUM.  2,  235. 

HERBSTKECHT,  n.  im  herbstmonal  gehaltenes  gcricht:  ein 
yedlich  richter  oder  vogt  der  dich  recht  besitzen  w  ill ,  es 
sei  mairecht,  herbstrecht  oder  ze  lichtmes.  weisth.  3,  655 
(Baiern,  15.  jahrh.).     vergl.  oben  unter  herbst  1,  sp.  1066. 

HERBSTROSE,  f.  1)  alcea  rosea.  Nemnich  1, 157 :  herbst- 
rose,  malva  horlensis.  Alb.  EE3'. 

2)  anders  bei  Maaler  :  die  berbstrosz  wacbszt  an  den  heck- 
dürnen  und  hat  einen  lieblichen  schmack,  corneola.  21S*.  auch 
bei  Stieler  1023  herbstrose  coroneola  neben  malva  rosea. 

HERBSTRÖTHE,  f  eine  art  des  krapps  oder  der  farberrOthe, 
die  im  herbste  ausgegraben  wird.  Adelung. 

HERBSTRÜBE,  f  eine  rübetmrl,  kelchrübe.   Nemnich  1,676. 

HERBSTSAFRAN,  «i.  crocus  atäumnalis:  der  cullivirte  safran, 
welcher  auch,  weil  er  im  herbst  blüht,  der  herbstsafran  ge- 
nannt wird,  ist  es  einzig  und  allein,  von  dem  man  den  käuf- 
lichen Safran  gewinnt.   Nemnich  2, 1282. 

HERRSTSATZ,  m.  der  anfang  der  weinlese.  im  amtlichen 
spracitgebra uclie   Wü rlem bergs. 

HERRSTSCIIEIN,  ni.  Hon7n«ii(m  septembris,  der  neumond, 
der  in  den  septcmber  fällt. 

HERBSTSCHLEHE,  f  prunus  sylvestris,  heckenschlehe.   Stik- 

LER   1832. 

HERBSTSCHNITT,  m.  srctio  aulumnalis,  der  punkt  der  ekliplik, 
den  die  sonne  zu  anfang  des  habstes  durcJischnciJet  (vgl.  herhst- 
punkl).  mathem.  lex.  (1747)  1,  650. 

HERBSTSCHREIBER,  m.  einnehmer  des  weinzehnlen:  er,  als 
damaliger  berbstschrciber  von  pfälzischer  seile,  hatte  viel 
mit  den  dortigen  wcinzchnten  zu  schaffen.  EhMI^llkr  1,298. 

HKRItSTSEMSE,  f  sciipus  aulumnalis,  eine  binsenart.  Nemnich. 

HERBSTSITTE,  f:  die  nacht  war  vielleicht  die  Iclilo 
schone  laue  des  novcmhcrs,  ...  der  mond  war  nach  seiner 
hcrbstsitle  unerwartet  frUher  am  himinci  erschienen.  J.  Paul 
leb.  Fibeh  70. 


1073 


HERBSTSOiN.NE  —  HERCHELN 


HERD 


1074 


HERBSTSOiNNE.  f.  sol  autumnalis.  Stieleb  2059. 

HERßSTSPRLCH.  m.  spruch  beim  fest  der  ernte  oder  weinlese: 
mit  eweren  saubeien  erndfreien  herbstsprücben.  Garg.  17*. 

HERBSTSTAAR,  m.  sdümpfuorl  von  den  staaren  hergenommen, 
die  im  lierbsle  von  dannen  sielien :  hieher  ihr  Uerbststaren,  sprach 
er,  ich  will  euch  weisen,  das  noch  ärger  teufel  in  der  kappen 
slecken.  als  in  ewern  zerfetzten  hosen.  Garg.  205*. 

HERBSTSTAND,  m.  der  ort  uo  sich  die  hirsche  und  das  wild- 
prel  zur  herbstzeit  gern  aufzuliaüen  pflegen.  Jacobssos  2,  255'. 

HERBSTSTEUER,  f.  abgäbe  die  im  herbslmonal  zu  entricJUen 
iM:  in  die  maisteur  und  in  die  herbslsteur.  weisth.  6,183 
{Baiern). 

HERBSTSTILL,  adj.:  aües  so  herbststill,  so  stehend  um 
ihn.  J.  Paul  Hesp.  i,  150. 

HERßSTSTIM.ME,  f. :  als  die  in  die  unermeszlichkeit  ent- 
rückten tüne  gleichsam  . .  wie  herbststimmen  des  wegziehenden 
sommergesangs  in  die  sehnsüchtige  seele  hineinriefen.  J.  Paul 
Hesp.  4,  240. 

HERBSTSTIMMUNG,  f.  Stimmung  wie  sie  uns  im  herbste  über- 
kommt, überschr.  eines  ged.  im  volksbl.  f.  Stadt  u.  land  1567,  s.  1117. 

HERBSTSTUMM,  adj.:  die  linken  ..  schlugen  oder  schrieen 
schon  durch  den  sonst  herbststummen  wald.  J.  Paul  leben 
Fibels  s.  67. 

HERBSTSTÜRM,  m.  stürm  der  im  herbste  braust:  der  herbst- 
sturra  entblättert  die  bäume. 

HERBSTTAG,  m.  tag  im  herbste,     aucli  lag  der  weinlese. 

HERBSTTEipiiNG,  n.  was  herbsiding.   Haltads  892. 

HERBSTTRÜFFEL,  f.  im  herbst  gegraben,  besser  als  die  früh- 
bngstn'ilfel.  Nemnich. 

HERBSTUMWÖLKT,  pari. : 

wie  ist  mir  denn  geworden, 

was  icb  noch  hofl'ie  kaum, 

im  herbstumwölkten  norden 

ein  neuer  frühliiigstraum !    RGcurt  ges.  ged.  1,308. 

HERBSTVElLCHEiN,  n.  leucoium  aulumnale.  Nemnich  3,3s". 

HERBSTVERKÜNDEND,  part. :  herbstverkündende  nebel- 
abende mit  den  schönsten  mondnächten.  Göthe  an  frau 
V.  Stein  3,  399. 

HERBSTVERWÄLTER,  m.  vencaUer,  aufseher  über  die  wein- 
lese.  SCHM.  2.  235. 

HERBSTWEIDE,  f.  wiese  die  nach  der  zweiten  heuernte,  wie 
eine  weide,  vom  vieh  geätzt  werden  kann.  Staldeb  2,  38. 

HERBSTWETTER,  n.  tempestas  auclumnalis.  Frisch  1,444': 
gesundes,  frisches  herbstweiter,  kühl  und  angenem.  (Schulz) 
alm.  f.  belletr.  17S2  bö'. 

HERBSTWIESE,  f.  wiese  die  nur  einmal,  und  zwar  gewöhn- 
lich im  monat  august  getnäht  wird.    öcon.  lex.  (l"31)  1004. 

HERBSTWIND,  m.; 

und  feucht  wehen  am  abend  die  herbstwind  über  die  Stoppel. 

Voss  2,  9S. 

HERBSTWITTERÜNG,  f.  wülerung  des  fierbstes;  auch  iciUerung 
die  dein  herbste  gemäss  ist. 

HERBSTZAÜ.\,  in. :  item  man  sal  dem  apt  jerlichs  Jakobs- 
korn gebin ,  und  benken ,  herbstzune  und  meizune  raachin. 
das  ime  kein  schade  gescbee,  und  die  herbstzune  sal  man 
machin  zuschin  sent  Michels  und  sent  Merlins  tag.  weisth. 
1,  522   (Schwanheim,  von  1421). 

HERBSTZEICHEN,  n.  pl.  signa  autumnalia,  die  himmlischen 
zeichen ,  in  denen  die  sonne  den  herbst  macht ,  bei  uns  wage, 
scorpiun  und  schütze,  mathem.  lex.  1  (t'47)  650. 

HERBSTZEIT,  f.  tevipus  aulumnale.  Stieleb  2620:  autum- 
natto,  die  herbstzeit,  die  zeit  da  die  fruchte  reif  werden  und 
das  laub  abfallt.  Nemnich  1,548;  si  {die  staare)  tuont  auch 
gröjen  schaden  in  den  Weingarten  herbstzeiten.  Megesbebc 
225,  7 ;  zu  herbst  und  winter  ziten ,  so  die  wasser  vallen. 
Oheim  chron.  von  Reichenau  25,  24 ; 

die  herbstzeit  liefert  gute  fische, 

und  baut  auch  manchen  vogelheerd.     GSrthik  216. 

HERBSTZEITLOSE,  f.  Colchicum  autumnale.  Nemnich  2,1101; 
verblüht  schon  war  die  rose, 
die  nachtigall  geOohn; 
die  ernste  herbstzeitlose 
stand  auf  den  wiesen  schon. 

Friiligbath  ges.  dicht.  4,  40. 
HERCHELN,  verb.  röcheln,  für  hörcheln,  s.  d.:    es  dienet 
auch  diese  arzenei  vor  das  hercheln  und  russelen  der  jungen 
kinder,  das  man  das  herzgesperr  nennet.  Tabebnaeh.  163; 
{die  atten)  nichts  können  dann  reisten  und  husten, 
han  ein  solch  hercheln  und  geschnaut 
dag  eim  vor  in  eckelt  und  graut.    ErKtinc  1,  501. 
IV.  ir. 


HERD,  m.  solum,  focus. 

ahd.  mhd.  herd ,  hert ,  aus.  herd  (hertb  fomaculum  Haupt 
zeitschr.  5,196';  haerd-räd  pulmenta  in  den  Merseburger  glossen), 
heord,  engl,  hearth,  fries.  hirth  und  herth,  niederl.  beert;  das 
den  nordischen  dialecten  ursprünglich  fremde  wort  ist  aus  dem 
hocJideutscIien  ins  schwedische  als  härd  eingedrungen,  nefcen  der 
bedeutung  focus  ist  die  solum  im  wesentlichen  nur  dem  aleman- 
nisdien  Sprachgebiete  eigen;  man  nimmt  an,  dasz  die  letztere  die 
ältere  sei,  aus  der  sich  der  begriff  des  bodens  als  feuerstdtle,  herd 
erst  entwickelt  habe,  die  etymologischen  bezüge  des  Wortes  sind 
dunkel,  der  vermutete  Zusammenhang  mit  erde  aber,  der  mehr- 
fach ausgesproclien  worden,  ist  bereits  theil  3,  sp.  "50  zurück- 
gewiesen. 

Bedeutung. 

1)  herd  solum,  grund,  erdreich,  isl  seit  alter  zeit  auszer  dem 
alemannischen  Sprachgebiete  (schweizerisch;  elsäszisch.  Altswert 
103,7;  scliwäbisch:  wa  er  {der  liirsch)  den  herd  rurt.  von  d. 
zeichen  des  hirsches  ed.  Karajan  s.  72;  des  herd  czucht  er  an 
sich  vornen  mit  den  fueszen  aia  michel  buchelin.  s.  76)  nur 
vereinzelt  im  fränkisdien  (Otfrid  v,  20, 28)  und  im  bairischen 
t'prachgebiete  belegt  {nachweise  bei  Leseb  wb.  1,  1264).  in  der  nhd. 
zeit  kommt  es  nur  noch  in  schweizerischen  quellen  vor,  dauert 
aber  bis  heule  (Staldeb  2,38):  und  musztend  den  härd  darvon 
(lon  den  thoren)  rumen  und  schoren.  Tschudi  1,242;  brachend 
si  die  letzi  uff,  die  was  merteil  usz  holtz  und  von  herd  ge- 
macht. 628 ;  etlich  würzen  waren  ledig,  das  der  herd  an  der 
gehen  halden  davon  was  gerissen.  Th.  Plater  28;  kratzet 
ich  den  herd  under  dem  bäum  .  .  .  dannen.  das.;  es  {das 
mädchen)  wollte  am  liebsten ,  es  wäre  sechs  schuhe  unter 
dem  beerd  (d.  h.  gestorben  und  begraben).  J.  Gotthelf  erzäh- 
lungen  4,  283  ; 

oucb  waren  mir  vatter  und  möter  mein 
ein  schwäre  burd  und  grosze  pein. 
mir  gflel  nit  wol  ir  wysz  und  perd, 
ich  gdacht  allein :  lägeos  im  härd  ! 

P.  Gemgembach  10  aller  712; 
bisz  das  gereinget  wirt  der  herd 
darinn  solich  unkrut  ufTgadt.    Nollhart  178; 
sig,  wann  ich  sähen  mag  den  härd, 
den  du  so  olt  und  dick  bist  gangen,     gouchmat  278; 
so  sind  ihr  schärraüsen  zucht, 
die  sich  in  härd  vergrabend. 

N.  Ma.'icbl  400  Grüneisen: 
das  gott  erbarm,  das  bald  mösz  ligen 
min  liebster  sun  im  küelen  herd.    trag.  Joh.  Piij; 
dich  solt  der  herd  billich  verschlucken.    Zvij; 
diser  den  du  ein  gott  meinst  sin, 
sag  ich  dir  hy  den  ehren  min, 
das  er  inwendig  ist  von  herd, 
uszwendig  örin.     Daniel  1545  Tiij". 

2)  herd,  feuerstatt,  focus.  der  Zusammenhang  dieser  und  der 
vorigen  bedeutung  wird  hervorgelioben :  der  selbe  alter  {altar)  hh 
einen  hert  alder  einen  boden ,  der  was  ouch  von  6ri ,  und 
üf  dem  hert  mach6t  man  daj  fiur.  Grieshabers  predigt  2, 118 ; 
focarium  hert  Dief.  241';  focus  hert,  beert,  herd  24l';  eine 
Scherbe  .  .  .  darin  man  fewer  hole  vom  herde.  Jes.  30,47; 
man  nennt  denselben  auch  offenen  herd,  wenn  man  den  unter- 
scJiied  von  der  bedeutung  5  unten  hervorheben  will,  spridiwörtlich : 
die  asche  auf  dem  herde  ist  nicht  sein,  von  einem  tief  ver- 
schuldeten. Stieleb  3S7;  es  isset  sich  am  besten,  wo  der 
kessel  über  dem  herd  hänget.  Pistobids  Mef.  par.  5, 52 ;  denn 
der  herd  dient  zunächst  dem  bereiten  der  speisen  und  ül  lüichen- 
gerdt  ; 

dann  zum  kamin,  der  immer  lodern  musz, 
und  für  den  herd,  den  nötbigen  überflusz 
von  fettem  kiea  und  klein  gespaltnen  flehten 
hoch  an  den  wänden  aufzuschichten. 

WiBLAND  23,  95  (Oberen  8,  41), 

und  den  herd  versorgen ,  versehen ,  für  die  zuberätung  der 
speisen  zu  sorgen,  im  weitern  sinne  der  hausgesciiäfte  zu  warten, 
liegt  der  frau  ob: 

Amandens  sorge  ist  des  kleinen  berds  zu  warten. 

23,  96  (Oteron  8,  43) ; 
beim  bauen  die  weiber  und  kinder  den  beerd, 
ein  leckeres  fleischmabi  ist  beut  uns  beschert.    BihieBH  60*; 
wie  noch  die  frau  den  herd  versah,        „> 
da  biesz  ich  Avaritia ; 
da  stand  es  gut  in  uoserm  haus: 
nur  viel  herein,  und  nichts  hinaus!    Göthb  41, 4S: 
der  platz  der  männer  itt  daher  nicitt  am  herd: 
bat  er  nimmer  gehört,  herr  bräutigam.  dasz  man  die  männer, 
welche  dem  beerde  sich  nahn,  mit  der  küchenschürze  bekleidet? 
Voss  1,  174  {Luise  3,  493). 
68 


1075 


IIERD 


ilERU  — HERD  ANN 


1076 


S)  herd,  das  tymbol  eigenen  hauswesens,  wie  scium  lat.  focus, 
und  trie  sonst  feuer  (no.  13,  Iheil  3, 1585),  eigener  rauch,  so  in 
der  reclUssprache,  z.  b.  friesüch.  Richthofen  817*,  Haltaos  892 : 
Ostfriesland,  wo  in  den  sandämtern  nur  die  cigentiiümer  der 
alten  heerde  und  in  der  marsch  der  besilzer  von  25  grasen 
beheerdischen  landcs  das  Stimmrecht  in  der  amtsversamm- 
lung  besasz.  Stüve  uesen  u.  verf.  10;  «  werden  dort  noch  nach 
der  grüsze  der  hauswesen  ganze  und  halbe  herde  unterschieden; 
ebenso  in  der  gewühtilichen  spräche:  der  häusliche  herd,  der 
eigene  herd;  eigner  herd  ist  goids  wert.  Fbank  spr.  2,19'; 

das  Sprichwort  sagt:  ein  eigner  herd, 

ein  braves  weib,  sind  gold  und  perlen  wertb. 

GöTHK  12,  164; 
ein  gut  gewissen  und  armer  hecrd 
ist  gott  und  aller  ehren  werth.    Schottel  1144'; 
zwo  frauen  umb  einen  herd, 
die  haben  sich  selten  werth.    Creidius  2,291; 

den  herd  vertheidigen,  für  den  eigenen  herd,  für  wcib  und 
kind  zum  kämpfe  ausziehen; 

hast  du  der  kinder  liebes  haupt  vcrtheidigt? 

des  herdes  beiligtbum  beschützt?    Scuiller  Teil  5,2; 

auch  in  andern  fügungen: 

dasr  ihr  (der  lehrer)  flcisz  .  .  . 
in  bauung  junger  leuth  dem  bäthausz  und  dem  herd 
ersprieszlicn  nutzen  bring.  Rokpler  100; 

ich  habe  warlicb  hohe  zeit, 
mein  zeitlich  Wohlsein  lest  zu  gründen : 
wo  werd  ich  wohl  den  ruhplatz  finden? 
wo  ist  der  heerd  vor  mich  bereit?    Günther  188; 
seid  stolz  auf  euern  innern  werth, 
dann  gelten  euch,  am  kleinen  heerd 
der  freibeit,  fürst  und  bauer  gleich.    GöKincK  1,  27; 

und  stöszt  der  Rhein 
euch  aus,  ihr  vagabunden  : 
der  neue  herd,  der  feste  herd, 
er  wird  euch  doch  gefunden! 

Freilicrath  gcs.  dicht.  3,  203. 
fremd  ist  desselben: 

und  ob  ihr  ins  exil  sie  jagt,  von  lande  sie  zu  lande  hetzt, 
und  ob  sie  fremde  herdo  sucht,  und  stumm  sich  in  die  asche 

setzt,    s.  181,1 
nach:       'denn  lang  entfernt  von  den  meinigen  irr  ich  im  elend'. 
also  der  held;  dann  setzt  er  am  herd  in  die  asche  sich  nieder, 
neben  der  gluthl  Odyssee  7,153,  vergt.  160. 

4)  herd,  opferJierd,  altar,  vgl.  die  im  eingang  von  no.  2  aus- 
gdiobene  stelle:  spricht  der  herr,  der  zu  Zion  fewr,  und  zu 
Jerusalem  einen  herd  hat.  J«.  31,  9;  und  es  gicng  ein  meur- 
lin  umb  ein  jglichs  der  viere  {vorhöfe  des  lempcls),  da  waren 
herte  hcrumb  gemacht  unten  an  den  mauren.  Ues.  46,  23 ; 

wo  soll  ich  deinen  (die  göttin  der  gclegenheit  ist  angeredel) 

tcmpel  linden? 
wo  steht  dein  bild?  wo  raucht  dein  heerd?    Göntrer  200; 
berr  thongott!  haltet  mirs  zu  gnaden, 
versetzt  der  tieide  drauf;  was  habt  ihr  mir  genützt? 
verhütet  ihr  den  kleinsten  schaden. 
(0  lang  ihr  auf  dem  herde  sitzt?    Lichtwbr  fabeln  2,  8; 
kämpfend  für  den  heiigen  herd  der  götter 
fall  ich.  ScHiLi.KR  llektors  attscliied; 

wihlt  den  feldslein  sich  zum  herde.    eleus.  fest. 

5)  bei  den  kün-Hlieheren  feuerungsnnlagen ,  öfen,  kaminen  ist 
herd  der  eigentliche  feuerraum ,  von  dem  aus  die  hitze  aufsteigt 
und  den  apparal  durchzieht;  vgl.  kaniinlierd.  ofenherd,  hrenn- 
herd.  in  liieaer  bedeutung  wird  herd  oft  übertragen  gebraucht  in 
bezng  auf  etwas,  was  an  einem  orte  concentrierl  üt  und  sich  von 
dort  am  verbreitet:  der  heerd  der  unterirdischen  enlzündung. 
Kant  9,48;  die  univer<;itälen  sind  die  herde  der  MIdung. 
Het5E  briffe  an  J.  v.  Nüiler  46;  der  herd  der  Wissenschaften. 
daselbst; 

ewgcn  lobcnfi  herd 
dtesz  stumme  grab,  auf  das  wir  sinnend  blicken. 

Freilicrath  ges.  dicht.  3,  15. 

e)  ferner  teehniteh  bei  vielen  gewerben. 

a)  bei  den  schmieden  ist  herd  ein  mauerwerk  mit  verlieper 
feuerstaU  und  einem  gebUse. 

b)  herd  eines  aUhymistm : 

indem  «in  alchymi^t  die  leute  an  sich  cwan^, 
er  dachtü  blei  und  linn  in  trlnk^old  zu  verwandeln; 
der  sniirlHaK  wolto  niilil  nach  wiinnrh  iliwl  willen  K<'hii, 
drum  Wen  er  heerd  und  gliit  und  topf  und  iie((el  Ktuhn. 

Günther  '>09. 

e)  in  den  baeköfen  bezeichnet  herd  die  obere  decke  innerhalb 
dei  ofrnt  auf  dem  fusz  oder  fundament,  worauf  das  feuer  brennt 
und  das  hrM  heim  hacken  steht,  dieser  henl  ist  von  lehnt  ge- 
formt,   sein   aufrichten  lima  den   herd   scblagcn.    Jacodsbun 


2,  244*.      wenn    die   backsteine   des   herdes    auf  der  /to/ien  kante 
stehen,  heiszt  er  gerollter  herd.  6,  6l'. 

d)  bei  den  gerbern  eine  kleine  feuerungsanlage,  worauf  die  auf 
ungarisclie  art  zubereiteten  ledcr  geflammt  werden. 

e)  in  den  schmclzhülten  und  hüttenwerken  eine  art  öfen,  um 
werkblei  darauf  abzutreiben  {vcrgl.  treibherd).  ferner  der  vom 
gcstübe  oder  der  asche  geschlagene  boden  oder  die  decke  auf  dem 
fusz  des  ofens ,  worauf  das  aus  den  erzen  geschmolzene  melall 
nebst  den  scMacken  steht,  dieser  herd  wird  gestoszen,  mit  asche 
und  lehm  zubereitet,  miner.  lex.  297*.  nach  vollendetem  treiben 
wird  dieser  so  bereitete  herd  abgestoszen ;  die  voll  blci  gesogene 
asche  heiszl  der  alte  herd. 

/)  herd  im  salzwerk,  der  apparat  zum  sieden  der  soole:  die 
des  sicdens  werth  geschätzte  80ole  wird  vermittelst  einer 
röhre  in  die  pfanne  geleitet,  alsdann  wird  feuer  darunter 
gemacht ,  oder  in  der  spräche  der  arbeiter,  der  heerd  ge- 
stellt. ScHEDEL  waaren-lex.  2,332'. 

7)  herd,  der  miltelpunkl  des  brcnnspiegels ,  der  punkt,  worin 
alle  zum  brennspiegcl  zurückgeworfenen  slralden  zusammentreffen : 

wie  sich  in  ihnen  (den  brennsjnegeln)  tausend  strahlen  des 
licbts,  die  allenthalben  scheinen, 

in  einem  kleinen  mittelpunkt,  dem  sogenannten  heerd,  ver- 
einen.     ÜRocKEs  tS,  497. 

8)  herd,  von  verschiedenen  platzen,  deren  anläge  änem  herd 
vergleichbar  ist. 

o)  beim  Vogelsteller,    der  platz   um  den  er  das  schlaggarn  legt 
(rg/.  vogelherd) :  man  musz  den  vögeln  stellen  und  das  garn 
aufspannen   an    dem    herd  und  platz,    da  sie  Iren  flug  und 
streich  haben.  Kirchhof  wendunm.  435*; 
der  vogler  an  eim  morgen  früh 
richtet  sein  garn  und  hüttcn  zu, 
zohe  nausz  ins  veldt,  allda  zu  stellen, 
gedacht,  bei  häufen  sie  zu  feilen, 
rieht  zu  ein  berdt,  mit  gersten  etzt. 

B.  Waldis  Esop  2,  73,  5 ; 
der  herd,  drauf  frauenvolk  ihr  vögel-wllpret  fangen, 
ist  ihr  gerader  leib,  stirn,  äugen,  mund  und  waneen;  ' 
die  locker,  sind  die  «*ort;  und  süszes  küss-  und  blicken 
sind  körnung;  armen,  sind  das  netze  zum  berücken. 

LoGAü  2  s.  117,  no.  94. 
6)  im  bergwerk,  der  runde  platz  beim  pferdegOpel,  auf  welchem 
die  Pferde  in  einem  kreise  herumgetrieben  werden. 

c)  herd,  waschherd,  brettergerüst  zum  waschen  und  sddämmen 
der  gepoclilen  erze. 

d)  eine  Vertiefung  vor  dem  Schmelzofen,  weklie  die  geschmolzene 
masse  aufnimmt. 

e)  der  ort,  an  dem  die  minenkammern  zusammen  stoszen, 
welche  zugleich  springen  sollen. 

f)  im  Wasserbau  der  obere  bäum  des  dammes  eines  überfaUs- 
wclirs,  wo  das  überflüssige  wasser  oben  abschieszt. 

y)  an  den  mühlen  der  vor  dem  fachbaum  befestigte  boden  des 
miihlengrabcns,  der  das  durchdrängen  des  wassers  unter  dem  fach- 
baum verhindern  soll. 

0)  der  bäckcr  nennt  auch  oft  die  unterrinde  des  brods 
heerd,  weil  sie  beim  backen  den  heerd  des  ofens  unmittel- 
bar berührt.    Jacobsson  2,  243*.     vgl.  oben  6,  c. 

10)  herd,  rf^r  obere  Iheil  des  säulenstuhü:,  die  viereckte  platte, 
die  den  kämpfer  trägt.  Frisch  1,  444*. 

HERDANN,  adv.  von  einem  entfernteren  orte  nach  einem 
sprechenden  zu,  von  da  her;  ni/irf.  her  dan  BEN.-MtlLLER  2,303*; 
rj/.  dannenher,  dannher  t/i.  2,  748.  die  von  Lexbr  «'ft.  1,1254 
neben  der  Örtlichen  für  das  mhd.  nachgeuiesene  zeitliche  bedeutung 
fortan,  nachher,  hUzt  sich  für  die  spatere  spraclie  nicht  belegen; 
das  adreih  steht  nur  in  örtlichem  .Hnne:  also  ziigen  sie  herdan 
basz  von  der  slat.  d.  stddlechron.i,n,2i;  darzii  allen  seinen 
pfalTen  prach  man  ab  was  sie  an  der  rinkmaur  heften,  und 
14  schuech  von  der  maur  herdan.  27,  24 ;  und  inuest  ieder- 
inan  vor  seinem  haus  pflastern  ain  riiet  herdan  von  seinem 
haus.  146,16; 

da;  vorburce  sl  brauten 

unde  hüben  sich  her  dan  (nach  hier  zu,  dem  oric  de» 
ertahters).    Jiroschik  249«8; 

larratzpüchsen  Hess  er  gan 

ainu  auf  die  andern, 

schoNZ  auf  den  koiig  herdan.    UiOAKD  volksl.  4(0, 

si  naiiien  ainen  hcsm 
und  kurtens  damit  herdan.    das.; 
der  pfarher  kam  den  odelman, 
der  möstt  auch  bald  »Uten  hardan. 

WicKRAH  ;ii{|;er  0  3,  bt.  52; 
da  SriiiRiiiloo  sein  schwager  sach, 
■^i  I     MM  niif  vor  uniferaach, 

Im'Ii  srlirilten  herdan, 
ii  ;.  ii  2u  weinen  an.     tnuckenkr.  1,343. 


1077 


HERD  APFEL  — HERDE 


HERDE 


1078 


noch  oberüsleireichisdi   herdan  herzu,   als  gegensatz  von  hindan 
und  dani  (für  danhin).  Frohx.  4,  245. 

HERDAPFEL,  m.  tcas  erdapfel,  nach  herd  1,  sp.  1074.  es 
bedeutet 

1)  die  knoUe  des  alpenveilcliens ,  cyciamen  europaeum:  herd- 
ephele  ciclamen.  sumerl.  55,  59. 

2)  neuer  die  kartoffel,  in  der  Schweiz  (Staldkr  2,  39),  audi  in 
der  Oberpfalz  (Schm.  2,  236).     vgl.  unter  kartoffel  th.  5,  sp.  245. 

HERDASCHE,  f.  l)  cinis  qui  in  foco  extra  fomacem  colli- 
gitur,  im  gegensatz  der  ofenasche.    Frisch  1,  444*. 

2)  im  hütlenwesen  die  asche ,  womit  der  herd  (vgl.  das.  6,  d) 
zugerichtet  urird;  ferner  das  was  sich  beim  treiben  zuerst  von  der 
glätte  ansetzt,  min.  lex.  296*. 

HERDAUFSTEHÜNG,  f.  die  Zerstörung  eines  Ireibherdes  durch 
das   geschmolzene   biet,   das   sich  in  denselben  eingräbt.    Frisch 

1,  444'. 

HERDBAÜM,  m.  bäum  auf  einem  wasehherde  (herd  8,  c),  m 
dem  die  breier  des  herdes  eingefügt  sind.  Jacobsson  2,  244'. 
HERDßIRNE,  f.  was  erdbirne,  kartoffel.    schweizerisch.  Stal- 

DER    2,  39. 

HERDBLECH,  n.  das  blech  in  der  noch  nicht  fertigen  gestalt, 
in  der  es  der  herdschmid  auf  einem  hammerwerke  bearbeitet. 

HERDBLEI,  n.  l)  das  biet,  das  sich  auf  dem  treibherd  in  die 
asche  gezogen :  hundert  pfund  herdblei  wird  vor  70  pf.  frisch 
blei  gerechnet,    mineral.  lex.  294*. 

2)  wasserblci,  bleischweif:  den  tesl,  welcher  in  den  treib- 
berden  bleibet,  wan  man  das  silber  von  dem  blei  abtreibet 
und  scheidet,  oder  bleischweif  oder  herdtblei.  Zecbendorfer 

2,  19. 

HERDBRET,  n.:  den  heerd  selbst  aber  belegen  oftmahls 
die  koche  auf  den  seiten  herum  mit  weiszen  glattgehobelten 
bretern,  wenn  nemlich  kein  feuer  mehi-  darauf  gehalten  wird, 
weiches  denn  heerdbreter  heiszen.  solche  auszierungen  aber 
finden  nur  in  denen  putzküchen  statt,  öcon.  lex.  (1731)  9S4. 
HERDE,  f.  grex. 

golh.  hairda;  ags.  beord,  engl,  herd;  niederl.  herde;  altn. 
hiörd,  schwed.  dän.  hjord;  ahd.  herta,  mhd.  hert.  dem  tvort 
liegt  die  allgemeine  Vorstellung  der  menge  zu  gründe,  wie  das 
urverwandte  sanskr.  cardha  (masc.)  schaar,  häufe,  herde  zeigt, 
das  deutsche  hat  (wie  das  k-irchenslav.  creda.  Miklosich  lex.  1124') 
den  begriff  zunächst  auf  eine  gröszere  oder  kleinere  schaar  (sechs 
Schafe?  sprach  der  scbäfer.  das  ist  ja  eine  ganze  heerde! 
Lessing  l,  160)  von  gewädeten  hausthieren  eingeengt  und  herde 
allitteriert  zu  halten  hüten ,  weiden ,  mit  dem  es  auch  sonst  in 
etymologischem  Zusammenhang  stellt  (sp.  275):  goth.  vasuh  ^an 
fairra  im  hairda  sveine  managaizfe  haldana  {ayeXrj  ^oi^cov 
TtoiJ.dJv  ßoaaouäyr,).  Malth.  S,30. 
herde  tcird  bezogen: 

1)  auf  geweidetes  zahmes  vieh,  schüfe,  rinder,  ziegen,  schweine; 
die  härd,  häufen  oder  ghütt  vjchs,  grex.  Maaler  205';  die 
nomen  das  vich,  ain  michel  hert.  d.  städtechron.b,!':,^.  viel- 
fach sind  die  thiere  ausdrücklich  bezeichnet:  wenne  ain  varch 
schreit,  so  läuft  diu  ganz  hert  der  varher  zuo.  Megesrerg 
122,6;  ich  slahe  den  birten,  und  die  schdf  der  herde  werden 
zustrowit.  Beliaims  evang.-buch,  Matth.  26,  31 ;  wie  Jacob  gangen 
ist,  und  auf  dem  wege  nichts  denn  einen  bninnen  imd  drei 
herd  scbaf  funden  hat.  Lctber  4,  160';  lagerten  sich  gegen 
sie  wie  zwo  klein  herd  zigen.  lAön.  20,  27;  du  füretest  dein 
Volk,  wie  ein  herd  schafe.  ps.  77,  21;  es  war  daseibs  an  den 
bergen  eine  grosze  herd  sew  an  der  weide.  Marc.  5, 11 ;  der 
stier  . .  zeigt  sich  als  ein  fürer  oder  hauptmann  der  ganzen 
härd.  Fobeh  t/iier6.  123'; 

der  pfaff  macht  sich  nicht  mehr  beschwert, 
wüst,  das  er  het  ein  grosze  herd, 
gedacht:  da  kriegstu  dreiszig  schafe! 

B.  Waldis  Esop  4,9,  12; 
sieben  heerden  der  rinder  und  gleichviel  trefflicher  schafe. 

Odyssee  12,  129. 
oß  aber  steht  auch  herde  ohne  ausdrückliche  nähere  bezeiclmung, 
und  ist  dann  gewöhnlich  als  schaflierde  aufzufassen  ;  Habel  bracht 
auch  von  den  erstlingen  seiner  herde.  1  Jfox.  4,4;  da  sandte 
Jacob  hin  und  lies  rufen  Rahel  und  Lea  aufs  feld  bei  seine 
herde.  31,4;  und  es  waren  hirten  in  der  selbigen  gegend  auf 
dem  felde,  . .  die  hüteten  des  nachts  irer  herde  {noluvriv). 
Luc.i,H;  V.W 

die  herd  ist  mager  worden.    Opitz  2,  190; 
das  geklineel  der  heerden 
tont  vom  thale  herüber.    Höltt  193; 
den  Daphni«  lieb  ich,  der  die  besten  heerden  liehU 
Kamlkk  2, 10; 


willst  du  nicht  die  heerde  locken 
mit  des  hornes  munterm  klang? 

ScHiLLEK  der  alpei\}dger; 
seit  der  baron  freiheit  und  eigenes  erb  und  gewerb  uns 
sicherte,  blühet  das  dorf  an  getreid  und  heerden  und  baum- 

frucbt.    Voss  2,  77  ; 
wie  er  mit  hangender  zung  um  die  beerd  amtseiferig  wandelt ! 
klug  ist  wahrlich  ein  hund!  179. 

die  herde  wird  herausgelassen,  ausgetrieben,  gehütet,  geweidet, 
gewintert,  vor  dem  wolfe  geschützt,  eingetrieben: 

der  hirte  lüte  rief: 

wol  üf,  lä;  üj  die  hertl  Stkisäar,  MSB.  2, 157"; 
frembde  werden  stehen  und  ewr  herde  weiden.  Jes.  61,  5;  der 
Israel  zerstrewet  hat,  der  wirds  auch  wider  samlen,  und  wird 
ir  hüten ,  wie  ein  hirte  seiner  herd.  Jer.  31, 10 ;  er  strafet 
und  züchtiget,  er  leret  und  pfleget,  wie  ein  hirte  seiner  herde. 
Sir.  IS,  13 ;  welcher  weidet  eine  herd  und  isset  nicht  von 
der  milch  der  herden  ?  1  (Jor.  9, 7 ;  er  vertrauete  mir  erstlich 
seine  säu ,  zweitens  seine  ziegen ,  und  zuletzt  seine  ganze 
heerde  schafe,  dasz  ich  selbige  hüten,  wäiden,  und  vermit- 
telst meiner  sackpfeife  .  .  .  vor  dem  wolf  beschützen  solle. 
Simpl.  1, 14  Kurz ;  welch  vergnügen  dann  am  abend  meiner 
heerde  auf  meinem  hörn  zur  heimreise  zu  blasen !  a.  m.im 
Tockenb.  29; 

wer  bin  ist,  wintre  rubig  seine  heerde. 

Schiller  Teil  2,  2. 

der  wolf  bricht  in  die  herde  ein,  scheucht  die  herde:  hat 
etwan  der  wolf  deiner  herde  schaden  gethan  ?  Hombdrg  Dulä- 
munda  (1643)  s.  45 ; 

die  wölken  flogen  vor  ihm  her, 

wie  wenn  der  wolf  die  heerde  scheucht.    BCrger  36". 

2)  herde,  auch  von  einer  schaar  zahmen  federvielis,  vor  allem 
gänse:  ein  gäusejunge  bei  seiner  herde;  der  hund  jagt  eine 
herde  gänse  ins  wasser,  canis  gregem  anserum  tn  aquam  pro- 
pellit.  STEi>ßACH  1,  737;  aber  auch  kühner:  uns  geschieht  glich 
wie  der  frowen,  die  do  understot  ein  hert  junger  hüner  in 
ein  hafen  zu  samlen ,  die  selbig  wenn  sie  eins  hjnin  thut, 
so  springt  das  ander  herusz.  Keisersberg  bilg.  9*;  tauben: 
eine  herde  tauben,  columbarum  grex.  Stei.nbacb  1,737;  enten: 
der  bahn  flog  auf  einen  stein  unter  dem  fenster  der  gast- 
stube  und  liesz  gebieterisch  seinen  morgenruf  erschallen,  die 
hennen  und  junges  hühnervolk  standen  im  kreise  um  ihn  her 
und  versuchten  dieselbe  gesangeskunst  zu  üben  .  .  .  zuletzt 
kam  noch  eine  heerde  enten  zu  dem  Sängerbund.  Freitag 
handschr.  1,126;  pfauen: 

auf  eines  fürsten  hof  ging  eine  herde  pfauen. 
Gtsui  3,  329. 

3)  herde,  in  freierer  Verwendung:  der  mensch  ist,  seiner 
bestimraung  nach,  ein  geschöpf  der  heerde,  der  gesellschaft. 
Herder  zur  phil.  2, 121 ;  namentlich  von  thieren,  die  gesellig,  to 
schaaren  leben  oder  gehalten  werden :  kamen  mancherlei  krank- 
heilen  unter  die  heerde  {seidenwürmer).  Göthe  24,192;  sprich- 
wörilich  selbst:  es  ist  leichter  eine  heerd  flöhe,  als  eine  ein- 
zige frau  hüten.  Pistorics  thes.  par.  9,32;  von  wilden  und 
jagdbaren  thieren  ist  das  wort  ins  altfranz.  übernommen  worden: 

primez:  oü  cervez  sont  assemble, 
un  herde  donque  est  appele: 
des  grues  ensy  un  herde 

et  des  griuez  sans  h  erde.    Lzo  reclüudines  p.  40; 
wir  reden  von  einer  herde  wallrosse,  robben,  antilopen,  gemsen, 
wilder  gänse; 

räum  für  alle  hat  die  erde; 

was  verfolgst  du  meine  heerde  (von  gazellen  getagt). 

Schiller  der  atpenjäger; 

bei  J.  Padl  selbst :  die  schlummernde  löwenheerde  rechts  ond 
links  liegender  gefahren.  Titan  3,  6  anm. 

4)  die  bibelsprache  hat  gott  einem  hirten ,  die  ihm  ergebenen 
und  gläubigen  mensclien  seiner  herde  verglichen :  sihe,  der  herr 
herr  kompt  gewaltiglich, . .  er  wird  seine  herd  weiden  wie  ein 
hirte.  Jes.  40,11;  meine  äugen  müssen  mit  threnen  flieszen, 
das  des  herrn  herd  gefangen  wird.  Jer.  13,17;  der  hett 
Zebaoth  wird  seine  herd  heimsuchen,  nemlich,  das  haus 
Juda.  Sacharja  10,  3 ;  furchte  dich  nicht  du  kleine  herd,  denn 
es  ist  ewrs  vaters  wolgefallen,  euch  das  reich  zu  geben,  iuc. 
12,  32.  im  neuen  testament  wird  dasselbe  bild  auch  auf  Christus 
und  säne  gemeinde  übertragen:  und  ich  habe  noch  andere 
scbafe  .  .  .  dieselben  mus  ich  her  füren ,  und  sie  werden 
meine  stimme  hören,  und  wird  eine  herd  und  ein  hirte 
werden.  Joh.  10, 16 ;  weidet  die  herde  Christi ,  so  euch  be- 
volhen  ist.  iPe/r.  5,  2,    danach:  die  mSter  der  kind,  das  ist 

68* 


1079 


HERDE  — HERDER 


HERDETHIER  —  HERDKRENGEL 


1080 


die  kiich,  soll  ein  erb  sin  der  bärt,  die  sy  geborn,  geseigt, 

und  gespyszt  bat.  P.  Gengenbach  pfaffenspiegel  302; 

verlassest  du  dan  ganr  uds,  die  hRrd  deiner  waid.'l 
Weckherlin  181  ; 

(golt),  der  gern  das  schaf,  das  aus  der  irre  kehret, 
zur  groszen  lieerdc  wieder  iiimnit.    Gotter  1,  412. 

5)  auch  sonst  uerden  menschen  einer  berde  verglichen;  in 
edelm  sinne: 

zerstreuet  euch,  ihr  lärnmer  auf  der  beiden  I 
ihr  seid  jetzt  eine  hirtenlose  schaar,  _ 
denn  eine  andre  heerde  musz  ich  weiden, 
dort  auf  dem  biutgen  leide  der  gerahr. 

Schiller  yimg/'r.,  prol.  4.  auflr.; 

häufiger  in  rerächllichem :  nun  ricbte  man  einmal  eine  heerde 
dumme  Statisten  dazu  ab  {zum  verschiedenen  ausdruck  von  furcht 
und  entsetzen).  Lessing  7,52;  Cäsalpinus,  ..  Bool,  Lael  und 
die  ganze  beerde  ihrer  nacbfoiger.  8,174;  es  ist  die  heerde 
ihrer  nacbfolger.  11,185;  in  Hydepark  bat  es  wieder  einmal 
eine  demokratische  kundgebung  gegen  die  regierung  abge- 
setzt. Odger  und  Bradlaugh  waren  die  leilluimmei,  die  herde 
bestand  aus  4000  personen ,  von  denen  die  meisten  jedoch 
blosze  Zuschauer  zu  sein  schienen.  Köln,  zeitttng  vom  6.  märz 
1872,  erstes  blatt; 

in  solchen  fällen  thut  das  beispiel  alles, 
der  mensch  ist  ein  nachahmendes  geschöpf, 
und  wer  der  vorderste  ist,  führt  die  heerde. 

Schiller  Wallensl.  tod  3,  4. 

6)  berde  in  bezug  auf  dinge:  das  meer  stieg  lebendig  auf, 
und  die  wellen  zogen  in  beerden  heran.  J.  Paul  flegelj.i,'t3. 
vergl.  herdenweise. 

HERDE,  f.  im  Berner  Oberland  das  schaf-  oder  ziegenfell. 
Stalder  2,  39.  vergl.  ahd. :  be  Jedeonis  ziten,  do  vellus  (der 
herdol  kenezzet  wart.  Notker  ps.  71  {Hatlemer  2,  249'). 

HERDEHAMMEL,  m.  der  Schafbock;  auch  der  leithammel. 
Adelung. 

HERDEHNEN,  verb.  durch  dehnen  herbringen :  hin  und  ber- 
debnen.  huc  illuc  trahere.  Stieler  288. 

HERDEISEN,  n.  eisen  oder  eiserner  schlägel  mit  einer  hand- 
habe,  uomil  der  lehm  zum  herd  eines  backofens  fest  geschlagen 
Kird.  Jacobsson  2,  244*. 

HERDELN.  verb.  einen  erdgeschmack  an  sich  haben,  oder 
einen  erdgeruch  von  sich  geben.  Stalder  2,  39.  vergl.  berd  l, 
sp.  1074. 

HERDENBESITZ,  m. :  nomaden  . .  deren  lebendig  nährender 
heerdenbesiiz  überall   hinzuleiten  ist.   Göthe  23, 119. 

HER  DEN  BESITZER,  m. 

HERDENEKFÜLLT,  pari. : 

des  heerdenerfüllten  Orchomenos  Völker. 

BÖRGBR  202"  (lt.  2,  605). 

HERDENGLOCKE,  f.: 

vom  Jura  schallt  der  klang  der  heerdenglocken. 
Hatthisson  ged.  110. 
HERDENLOS,  adj.: 

und  jeder  waideplatz  des  landes 
ist  beerdenlos  und  freudenJeer. 

J.  M.  Miller  ged.  25. 

HERDENMANN,  m.  widder,  agvetös: 

ich  gleich  ihn  {den  Odyfseut)  recht 
dem  heerdenmann,  von  dicht  bewolltem  vlies, 
der  durch  die  grosze  silberheerde  schweift. 

BORGER  153"  (vergl.  It.  3,  197). 
HERDENREICH,  adj.: 

ein  gninend  fruchtbar  land,  gewundne  tbSlor, 
von  strömen  schimmernd,  herdenreiche  triften. 

Uuland  ged.  188. 
HEHDENSELIG.  adj.  nolvnQvoe: 

dem  heerdenseligen  Thyest. 

BÜRGER  151*  (vergl.  IL  2,  106). 

HLHUL>STIER,  m.  bulle  der  herde:  dazwischen  vernimmt 
man  laule.  welche  an  das  brummen  eines  beerdensliers  er- 
innern. BiitHJi  iUu.str.  Ihierl.  lylH.     vergl.  herdocbs,  herdsticr. 

HERDENVIEH,  n.  Zuchtvieh  das  eine  herde  bildet    Stolbkbc 

14,  It.S. 

HERDENVOLL,  adj.: 

eil  ich,  wann  es  tag  will  werden, 

iu  die  herdenvolle  flur.    IIackdorn  3,  69. 

HERDENWEISE,  adv.  gregalim.  Stiele«  816:  die  wintcr- 
wolkeii  rieben  hcerdeiiweisc  vorüber.   Bettine  briefe  2, 180. 

HERDER,  m.  \)  hüler  der  gemrindrherde.  Schm.  2,  TAG.  mhd. 
bcrl*re,  berlcr,  vom  birlen  unlertclii'den ,  und  wenn  mit  diesem 
tutammen  genannt,  thm  nachgestellt.  Lexkr  wb.   1,  264. 

2)  auf  dem  bair.  walde  der  herdttier.  Senn.  a.  a.  o. 


HERDETHIER,  n.  .•  wir  versleben  als  erdenthiere  das  erden- 
thicr  besser  als  das  wassergeschöpf;  und  auf  der  erde  das 
hcerdethier  besser  als  das  waldgeschöpf;  und  unter  den 
beerdclhieren  die  am  meisten,  die  uns  am  nächsten  kommen. 
Herder  zur  phil.  2,  8. 

HERDEVOLL,  adj.: 

wo  dein  (des  friedens)  süszer  fcldgesang 
von  heerdevollen  bügeln,  und  aus  weinbeerliütten, 
und  unter  kornaltaren  klang.         Ravler  1,  41. 

HERDFÄLLIG,  adj.  zur  erde  fallend,  zu  boden  stürzend,  in 
alemanni.tclicn  ijuellni  für  erdfällig,  nach  erdfall  2,  theil  3,  767. 
mhd.  herivellcc  Lexer  wb.  1,1208:  welher  den  andern  härt- 
fallig  macht  zornlich  und  friivcnlich  mit  stechen  oder  scblacben. 
u'cisth.  5,143  (St.  Gallen  von  1488);  der  wirt  jez  dem  papst- 
tum  stark  gnug,  und  es  ringer  herdfällig  machen  mit  dem 
innericcben  barnisch  weder  mit  dem  iiszerlichen.  Zwingli 
2,380. 

HERDFELD,  n.  ebenes,  plattes  feld:  es  heiszt  auf  der  hohen 
wart ,  da  iszt  man  übel  und  ligt  hart,  es  heiszt  auf  dem 
berdfeld.  Frank  sprichw.  2,  21"  {bei  erklärung  des  Spruches  Asaa 
cum  htjeme  tum  aestale  mala). 

HERDFEUER,  n.; 

fröhlich  raubten  sie  (die  kinder)  dem  vater  küsse 
von  den  braunen  wangen, 
wenn  er  sie,  voll  Zärtlichkeit  beim  heerdfenr, 
auf  den  knieen  wiegte.        Hölti  5t  Halm. 

HERDFINK,  m.  ein  fmk  der  vom  Vogelsteller  als  lockvogel  auf 
dem  herde  gebraucht  wird,     vergl.  lockfink. 

HERDFLUTH,  /'.  der  auf  dem  waschherd  mit  dem  wasser  fort- 
geführte abßieszende  schlämm,  der  bisweilen  noch  erzhaltig  ist. 
Jacobsson  2,  244'. 

HERDFRISCHEN,  n.  das  frischen  des  herdes  im  hültenwerke, 
d.  h.  das  verwandeln  der  in  die  herdasche  gezogenen  glätte  in  blei. 
vergläche  frischen  7,  tlu:il  4',  213. 

IIERDGEHALT,  m.  der  geholt  des  herdes  in  den  schmelzhütten 
an  Silber,  miner.  lex.  296'. 

HERDGELD,  n.    l)  abgäbe  vom  eigenen  herd.  Haltads  893. 

2)  sumtus  in  executionibus  criminalibus ,  auch  henkergeld. 
Friscb  1,  444'. 

3)  im  allenburgischen  das  freiwillige  geschenk,  das  der  kdufer 
eines  hauses  oder  gutes  der  gattin  des  Verkäufers  gleiclisam  für 
die  willige  ablrelung  ihres  feuers  oder  herdes  macht ;  sonst  gönne- 
geld,  scblüsselgeld.  Adelung. 

HERDGERINNE,  n.  gerinne  das  beim  waschherde  auf  den 
pochwerken  angebracht  ist.    Jacobsson  2,  245'. 

HERDGLAS,  n.  glas  was  sich  auf  dem  herd  des  glasofens 
sammelt  und  von  da  durch  den  fuchs  auf  den  rost  abflieszt.  in 
blaufarbcnwerken  ist  es  das  glas,  was  aus  den  zu  vollen  lüpfen 
beim  aufwallen  der  glasmasse  auf  den  herd  ftieszt.  Jacobsson 
2,  244'. 

HEHDGUT,  n.  was  hofgut:  herdgüler,  domus  ruslici  et  quae 
ad  illam  pertinent  aedificia  et  bona.    Frisch  1,  444'. 

HERDHAKE,  -HAKEN,  m.  harpagae.  Stieler  730,  xum 
schüren  des  feuers  auf  dem  herde. 

HERDHAMMER,  m.  hammer  womit  der  herd  in  Hüttenwerken 
gerichtet  und  geschlagen  wird,    miner.  lex.  296*. 

HERDHüHN,  n.  pullus  gatlinaceus,  nomine  censtis  pro  area 
quolannis  praestandus.  Haltaus  893:  ein  icclicber  bürger  des 
hoffs  zu  Remich,  der  unserem  gnedicben  herrn  synen  berd- 
pennink,  herdibüner  und  das  nuntel  in  dem  feld-  und  wyn- 
gardien  gydt.  weisth.  2,  242;  wir  wyszcn  auch  die  sieben 
scbeffen  im  hof  von  Reniych  fry  {frei  von)  hcrdtpennink  und 
herdibüner.  244. 

HERDICHTE.N,  verb.  calUde,  improbe  invenire.  Stielbr  298 ; 
etwas  bcrdicblen. 

HERDIESHALB,  adv.  auf  dieser  seile,  nach  einem  sprechenden 
zu:  und  deren  drei  waren  jenbalb  des  Jordans  und  drei  her- 
disz.b.ilb.  ausgang  der  kinder  Israel  (1510)  M2';  die  scbediglen 
den  slift  (Straszburg)  bcrdisbalb  des  Rheins,  wo  sie  konten. 
Zimm.  chron.  t,  31, 14;  das  vcrprannlen  sie  sampt  aller  geroltz- 
ccki'^cbcn  landtschaft  bcrdisbalb  Reins.  366,  30.  vergl,  dies- 
balb  theil  2, 1U3,  und  her  7,  5p.  1003. 

HERDKOHN ,  n.,  pl.  berdkc'tmcr,  sitberkümer,  die  auf  dem 
Iretbherd  vom  schmelzen  liegen  bleiben.  Frisch  1,  444\  vgl.  auch 
bahn  li,  ap.  Kir). 

HERDKRENGEL,  m.  eine  geringe  ort  krengel.  die  nicht  auf 
blechen .  sondern  gleich  auf  dem  Iura»  gebacken  werden,  in  Hamburg. 
jACUUSkON  0,  62*. 


1081 


HERDKUGEL  —  HERDSAU 


HERDKUGEL,  /.  eine  messingene  oder  steinerne  glatte  kugel, 
die  man  in  dem  eingeletiften  herd  auf  dem  treibherd  laufen  läszl 
um  zu  erfahren,  wo  der  miUelpunkt  des  nach  einem  kugelschnitte 
ausgehöhlten  herdes  ist.  Jacobsson  2,  244*. 

HERDLEIN.  n.  foculus.  Stieler  387. 

HERDLÖFFEL,  m.  ein  eiserner  löffel  iBomü  beim  sdmehen 
des  Silbers  eine  probe  davon  gesclüfft  wird,  miner.  lex.  297". 

HERDMäNNLEIN  ,  n.  name  des  erdschmids ,  rermis  pulsa- 
torius:  herdmäiinli ,  die  zu  nacht  in  kestlinen  und  muren 
oder  wenden  gleich  als  schmidend.  Maaleb  218*. 

HERDMEISTER,  m.  foci  praefectus.  Friscblin  nomencl.  463. 

HERDMIETHE,  f.  abgäbe  vom  eigenen  haus  und  herd.  Halt- 
AüS   893. 

HERDOCHSE,  m.  der  suclästier,  bulle.  Nemnich  1,  646. 

HERDÖFELEIN,  n.  dörrofen,  testus.  Stieler  1383. 

HERDONNERN,  verb.,  nac/i  donnern  2,  &,  Iheil  2,1247: 

wenn  die  stimme  der  Cberubim  ruft,  und  auf  uns  herdonnernd, 

goties  heilige  nennt.  Klopstock  3,  185; 

die  Ton  dem  bord  Schlachtruf  herdonnerten. 

Ptrker  riiiiis.  4,  269. 

HERDPFAHL,  m.  pfähl  der  beim  mühlenbau  vor  den  herd 
eingerammt  wird  {vergl.  herd  8,  g  sp.  1076).  Jacobsson  5,  504*. 
herdpfähle  heiszen  auch  pfähle,  die  zum  verschälen  oder  aus- 
spunden der  wände  an  schleusen  und  sielen  gebraucht  werden. 
4, 242'. 

HERDPFANNE,  f  pfanne  für  die  asrbe  des  herdes:  bacillum 
aschenhafen,  hertphan.  Dief.  85'. 

HERDPFENNIG ,  m.  Steuer  von  dem  eigenen  haus  und  herd 
an  den  grundherrn  des  bodens :  das  ein  eclicher  burger  de; 
hoffs  von  Reraich  unserem  gnedichen  landtherrn  alle  iar  uf 
sent  Johansz  dach  baptista  sin  herdtpennink  schuldich  ist 
. . ,  und  zu  wynachten  soll  auch  ein  iecklicher  burger  des 
hoffs  von  Remich  u.  gn.  I.  h.  einen  herdtpennink  bezallen. 
weislh.  2,  241 ;  also  manig  hertpfennink  einer  gibt,  also  manich 
eie  sol  auch  einer  geben.  252.     daselbst  die  form  hartpfennink. 

HERDPLATTE,  /"..•  die  härdblatt ,  focus,  härdblättle  fo- 
culus Maaler  205*;  die  herdblatten  im  hausz,  familiaris  focus 
218*;  im  engern  sinne  eine  eiserne  platte,  womit  man  die  stelle 
des  herdes  belegt,  auf  der  eigentlich  das  feuer  angezündet  wird. 
Jacobsso.v  2,  245*. 

HERDPROBE,  f  die  probe  silbers,  die  man  mit  dem  herd- 
lö/fel  {s.  oben)  schvpß.  Jacobsson  2,  244'. 

HERDRAUCH,  m.  rauch  der  vom  herde  aufsteigt :  ein  scharfer 
geruch  von  getrockneten  kräutern  und  herdrauch  durchzog 
beklemmend  die  luft.  P.  Hevse  fioi\  5  (1864)  s.  164. 

HERDRECHT,  n.  l)  mhd.  hertreht  {vergl.  Lexer  wb.  1, 1268), 
focagium,  ceiisus  qui  ralione  areae  exsolvilur,  vectigal  caminarium. 
Haltaüs  893.     Frisch  l,  444*. 

2)  herdrecht ,  praecipuum  in  venditione  praedii  aut  domus, 
quod  malrifamilias  ab  emtore  datur.  Stieler  1550.  vergl.  oben 
herdgeld  3. 

HERDRING,  m.  ein  eiserner  ring,  an  seinem  untern  theile 
geschärft,  uomü  der  treibherd  ausgeschnitten  wird,  bergw.  lex.  297*. 

HERDRLNGE.N ,  verb.  accedere  violenter.  Stieler  337 :  trotz 
aller  abvvehr  drang  er  doch  her  zu  mir.  in  bezug  auf  an- 
brechen einer  zeit,  des  tages:  die  morgenröt  ward  herdringen. 
Bocc.  (1487)  47'; 

die  morgenröt  tut  her  dringen 

über  berg  und  tiefe  tal.    Ühlahd  volksl.  177 ; 

als  nun  hertrang  die  letzte  zeit, 

darnach  uns  thet  verlangen, 

dasz  wir  zum  opfer  würden  breit, 

dem  herren  wir  Job  sangen. 

WiLH.  V.  Kkpfel  märtyrerlied  str.  14. 
HERDROHEN,  verb.: 

nun  seht  über  euch  all  herdrohen  das  ziel  des  Verderbens! 

Odyssee  22,  41,  vergl.  33; 
wierlerum  stürmt  Achill  ihn  an,  voll  unbändigen  Ingrimms,  .  .  . 
hell  im  herdrobn  funkell  der  heim  mit  seinen  vier  knäufen. 
BÜRGE«  238»  (IL  22,  314). 
HERDROH.NEN,  verb.: 

da  dröhnt  der  hammer  dumpf  und  schwer 

zwölfmal  vom  grauen  kirchthurm  her.     Ublaro  ged.  320; 

/ransi/ir,  wie  her schw ätzen ,  nach  dröhnen  3,  th.  2,1434:  wo 
der  büchermacher  allerhand  kunkelfuscrei  berdrönt.  Siegfr. 
V.  Lindenberg  t,  248. 

HERDSAU,  f.  sau  ah  glied  einer  herde.  in  der  trunkenen 
lilanei  wird  mit  dem  adverb.  herzu  und  der  form  herdsü  ge- 
spielt: herd-su,  herd-säu!  wir  haben  erst  die  erst  masz. 
Garg.  94'. 


HERDSCHAUFEL  —  HERDURCH    1082 

HERDSCHAUFEL,  f.  etsane  scitaufel  welche  gebraucht  wird, 
den  herd  an  hochofen  rein  zu  halten.  Jacobsson  2,  244*. 

HERDSCHILLING,  m.  abgäbe  an  den  lehnsherrn  vom  eigenen 
herd,  d.  h.  vom  eigenen  hatisstand.  Haltaos  894 :  item ,  were 
es  Sache,  das  ein  nachbur  hie  zu  Melpach  einen  sone  ader 
ein  dochter  vorandert  und  bei  im  in  seinem  hus  behüte, 
und  vater  und  muUer  in  der  ehe  seszen ,  und  die  dochter 
ader  der  sone  auch  in  der  ehe  seszen,  so  sollen  ire  igliches 
einen  herdschilling  geben  nach  der  nachbaure  Ordnung,  weisth. 
5,268  {Welterau,  v.  1475).  die  gleiche  beslimmung  ebendaseWst 
rücksichllich  der  verheirateten  söhne  und  töchter  von  witwern  oder 
witwen,  die  mit  ihren  ellem  zusammen  nur  einen  hausstand  bilden. 

HERDSCHLICH,  m.  der  gepochte  und  gewaschene,  oder  zu 
sciüich  gezogene  herd,  der  nach  vollendetem  treiben  aus  dem  treib- 
herd ausgebroclien  ist ;  auch  der  kern  oder  beste  schlich ,  der  aus 
den  graupen  gekehrt  wird.  Jacobsson  2,245*. 

HERDSCHMID ,  m.  einer  der  hammerschmiede  in  den  blech- 
werken. 

HERDSCHÜRER,  wi.  schürer  des  feuers  {bei  folter  und  Scheiter- 
haufen): so  sein  nu  die  fürsten,  die  des  bapsts  gesetz  schützen 
und  handlhaben  der  selben  falschen  geiste  henker  und  herd- 
schirer.  Melanchthon  ein  kurzer  begriff  der  ernewten  christ- 
lichen leer  (1524)  8. 

HERDSCHW'ELLE,  f.  schwelle,  die  beim  mühlenbau  an  den 
herd  (8.  g  sp.  1076)  angebracht  wird.  Jacobsson  5,  505*. 

HERDSTANGE,  f  eiserne  brechstange,  womit  der  alte  un- 
brauchbare herd  in  dem  backofen  ausgebroclien  wird ,  wenn  man 
einen  neuen  schlagen  will.  Jacobsson  2,  245*. 

HERDSTATT,  f.  l)  die  statt  wo  der  herd  errichtet  ist,  der 
herd  selbst:  holz  auf  die  herdstatt  tragen,  focum  extruere  lignis. 
Maaler  218* ;  man  wärmbt  sich  allein  beim  feur,  so  uf  der 
gemeinen  herdstatt.  F.  Plater  146. 

2)  wie  herd  3,  sp.  1075  das  eigne  wohnhaus,  sedes  domestica 
et  familiaris.  Haltaus  892:  in  disem  brande  verbrantent  uf 
400  heitstetle  in  der  stat  und  in  Crutenowe.  d.  städtechron. 
9,  755, 12  ;  item  35  heerdstatt  seind  zu  Steinfeld,  die  besitzen 
34  mann  und  die  andere  eine  witwe.  und  gibt  kein  heerd- 
statt meinem  gn.  h.  kein  hun,  allein  diese  so  seiner  gnaden 
eigen  sind,  weisth.  6,  50 ;  kirche,  rathhaus  und  über  80  heerd- 
stadt  ohne  andere  eingebewde  sind  jemmerlich  abgebrandt. 
V.  Rudolph  zeitbüchlein  {Erfurt  1586)  Q  ij. 

HERDSTÄTTE,  f  was  herdstatt ;  vergl.  feuerstätte  th.  3, 1605. 
im.  weiteren  sinne,  das  hauswesen :  er  hat  seiner  nicht  dabei 
vergessen ,  sondern  seine  hertstette  gewaltig  gebessert.  Friscb 
1,444'  (ans  Ha.mmelxanns  Oldenburg,  chronik  s.  318). 

HERDSTEIN,  m.  steinerne  platte,  womit  man  zuweilen  die 
stelle  des  herdes  belegt,  auf  der  man  eigentlich  das  feuer  anzündet. 
Jacobsson  2,  245*. 

HERDSTEüER,  f  Steuer  vom  eigenen  herd,  herdgeld,  herdzins. 

HERDSTUBE,  f.  in  den  pochwerken  der  räum,  wo  sich  der 
waschherd  (8,  c  sp.  1076)  befindet. 

HERDTRANK,  m.:  wenn  bei  dem  werktreiben  des  silbers 
der  abstrich  weggeschafft  ist,  und  es  kommt  dagegen  die 
glöte,  welche  gegen  den  abstrich  grünlich,  gelb  und  röthlich 
aussiebet,  so  macht  man  die  gasse,  wenn  abstrich  heraus- 
gehet, mit  etwas  feuchter  asche  zu,  und  wenn  sich  auf  dem 
rande  herum  kleine  blasen  sehen  lassen,  so  wird  dieses  der 
heerdtrank  genennt.  Jacobsson  2,245*. 

HERDURCH,  adv.  durch  und  herwärts,  durch  in  der  richlung 
nach  einem  sprechenden. 

1)  das  wort  scheint  viel  jünger  als  sein  gegensalz  hindurch, 
da  ein  ahd.  hera  durah,  mhd.  her  durch  bis  jetzt  nicht  belegt 
werden  konnten,  und  es,  sowie  seine  umkehrung  durchher  {th.  2, 
sp.  1627)  wesentlich  nur  im  16.  und  17.  jahrh.  und  auch  da  nicht 
häufig ,  im  gebrauch  ist.  die  jüngere  spräche  bat  es  aufgegeben, 
so  dasz  Tiecks  : 

's  ist  Gertrud,  Benno  läszt  sie  nicht  herein,  — 
sie  dringt  herdurcb,  will  sich  nicht  weisen  Ussen. 
Genovefa  s.  146, 

ganz  vereinzelt  dasteht. 

2)  herdurch  wird,  tn  Verbindung  mit  verben  der  thdtigkeit, 
gebraucht 

a)  in  sinnlicher  schärfe:  Paulas  aber  stund  mitten  aii{  dem 
richtspiatz  und  sprach  .  .  ich  bin  her  durch  gegangen  und 
hab  gesehen  ewre  gottesdienste.  ap.  gescfi.  17,  23 ;  so  machet 
euch  nu  auf  und  ziehet  durch  den  bach  Sared,  und  wir 
zogen  erdurch.  5  Mos.  2, 13 ;  zogen  er  durch ,  und  lagerten 
sich  im  gründe  Jesreeh  richter  6, 33 ;  das  volk  thut  bede  hend 


1083 


HERDURCH  — HEREIN 


HEREIN 


1084 


über  die  äugen  und  blinzlet  herdurch.  Frank  wellb.  150*. 
im  atisdrücJilkhen  gegensatze  zu  hindurch:  die  Edomiter  aber 
sprachen  zu  inen,  du  soll  nicht  durch  mich  ziehen,  oder 
ich  wil  dir  mit  dem  schwert  entgegen  ziehen,  die  kinder 
Israel  sprachen  zu  im  (dem  könig  der  Edomiler),  wir  '.vollen 
auf  der  gebeenten  strasze  ziehen,  .  .  wir  wollen  nichts  denn 
nur  zu  fusze  hindurch  ziehen,  er  aber  sprach,  du  seit  nicht 
her  durch  ziehen.  4  Mos.  20,  20. 

b)  abgeblaszier ,  so  dasz  die  beziehung  auf  einen  sprechenden 
viehr  iuriicklrUt,  und  herdurch  nur  Vollendung  oder  abscidusz 
einer  Ihäligkeit  bezeiclinet:  wir  wissen  das  Adam  unser  aller 
erster  vater  diesen  artikel  angefangen  hat  zu  gleuben,  da 
im  gesagt  ward,  des  weibes  samen  sol  der  schlangen  den 
köpf  zutrelten,  und  also  von  im  auf  uns  alle  bracht  ist, 
wie  er  in  gefasset  hat,  und  herdurch  gangen  von  einem  zum 
andern.  Lctber  6,225';  ich  habe  meine  schöne  mittel,  die 
mir  gott  von  eitern  bescheret,  liederlich  verschwendet  und 
herdurchgebracht.  Scriver  seelensch.  2,  237 ;  die  scharfen  äugen 
der  kStzer,  die  da  ärger  spannen  als  die  hecheinmacher, 
sehen  doch  herdurch.  in/mm536;  der  ander  mache  sich  hinter 
die  hofschranzen ,  hechele ,  mustere  und  ziehe  wacker  her- 
durch dero  betriegligkeiten.  Schüpfiüs  420;  welche  deine 
fehler  hinter  dir  herdurch  zu  hohlen  und  auszzubreiten  wissen. 
pers.  rosentli.  2,4;  ich  möchte  in  tausend  stücke  zerspringen, 
wann  sie  {die  bauern)  mir  sagen ,  dasz  dem  könige  keine 
viele  räthe  nolh  thun.  vielleicht  wähnen  sie,  weil  sie  sich 
mit  einem  ochsenknecht  oder  sonst  einem  starken  und  groben 
pfingstflegel  herdurch  hudeln ,  der  könig  könne  und  solle 
es  auch  also  machen.  A.  Henning  niMf/»nitt.<;c/»(frü7ii/'.  1665)447. 

3)  herdurch  praeposilional : 

der  mohn  herdurch  die  welken  leucht. 

n.  Sachs  3,  2,  79'. 

HERDÜRCHER,  adv.  aus  herdurch  her,  das  verstärkte  her- 
durch (vergl.  oben  heraber,  heraner,  herauszer): 

so  er  durch  die  quäl  und  pein 
die  im  durch  uns  zugsprochen  sein, 
herdurcher  ernstlich  Kuomen  win. 

ScuADK  sat,  u.  pasqu.  1,  142,  569; 
nachdem  man  nun  herdurcher  war 
durch  die  mu.sterung,  bezaJt  man  par 
ein  jedem  seinen  anzugsold.    mückenkr.  1,  927. 

HERDVOGEL,  »n.  i)  lockvogel,  der  auf  dem  herde  zum  fangen 
gebraucht  uird.  Jacobsson  1, 245*. 

2)  vogel  als  glied  einer  herde:  berdvOgel,  aves  coliortales.  Stie- 
LER  529. 

HERDVÖGELEIN,  n.  motacilla  modularis  rubetla.  im  Berner 
oberlande.  Stalder  2,  39.  anderswo  braunelle,  zaunschlief  er,  baum- 
nacläifiall. 

HEUDZINS,  m.  abgäbe  com  eigenen  herd,  herdgeld.  Stieler  2651. 

HERELN,  adv.,  intro,  einwärts  und  her.  l)  im  mhd.  in  ge- 
trennter Stellung  her  in  und  her  in  häufig  (belege  mhd.  wb.  1,  68S'. 
74S".  750*),  getrennte  Schreibung  dauert  bis  ins  16.  jahrh.  tlteil- 
tceise.  die  betunung  herein  bewirlU  rückgang  der  form,  namenl- 
Itch  bei  Lt'TiiER  zu  erein  (Ih.  3,  780,  vcrgl.  oben  herab,  heran, 
heraus,  herbei),  und  schon  im  I6.jalirh.  kommt  die  weitere,  in 
geuOhnlicIter  spräche   bis  heute  dauernde  kürzung  rein  vor: 

du  sohesl  mich  mit  dem  betrug 
dein  tag  nil  wider  bringen  r<;iii : 
soll  mir  ein  ewig  warnung  sein  ! 

b.  Wai.bis  Esop  4,  60,  179; 

jetzt  will  ich  ihn  auch  nil  rein  lahn. 

i.  Atre«  fiuln.sp.  16b"  (31M,27  Keller); 
ach,  Wilhelm!  rein,  herein  geschwind! 

BöikPER  l.rnorr,  eretfr  druck  im  göiling. 
musenulm.  1774,  «.219; 
tie  hat  darin  (in  der  menagerir)  die  wunderbarsten  thiere, 
und  kriegt  sie  reio,  weisx  selbst  nicht  wie.     Gutuk  2,  9U. 
dafür  die  form  reine  für  hcreine    {nach   analogie   von  herabe 
sp.  1005  gebildel): 

drumb  lasz  ich  niemand  reine. 

J.AtRE»  (iittn.np.  166'  (3155,  10  heiter). 

seil  dem  \h.  jalirh.  läfzl  rieh  die  umkehrung  e\nbe.r  belegen  (vergl. 

th.  3,  200),  die  manchmal  unmtitclbar  neben  herein  und  in  dem- 

ulben  itnne  üeht: 

komb  einher,  Sara,  komb  herolr) ' 

II.  Sach«  3,  I,  S^ 

wenn  auch  einher  jHzt   eine  von  herein  verschiedene  bedetäung 
angenommen  hol.     vergl.  aber  unten  herein  3. 

2)  hvtnu  ui  zunächst  und  gewöhnlich  rein  örtlich  genommen, 
und  betachnet   ein    {Ih.  3, 1  lo)  nach   einem  sprechenden  zu,  aU 


gegensalz  von  hinein ,  das  nach  einem  entfernleren  ziele  weist, 
wie  aber  bä  herab  {sp.  1005),  heraus  (sp.  1027)  tu  der  netteren 
spraclie  Verwischung  dieses  gegenscUzes  beobachtet  vird,  so  brauclu 
auch  Güthe  herein  für  hinein,  ein  gebraucii  der  jetzt  in  ge- 
wöhnlicher rede  um  sicli  greift: 

huri.        zeige  deine  wunden  an, 

die  mir  rühmliches  vermelden, 
und  ich  rühre  dicli  heran. 
dichter,    nicht  so  vieles  federlescn ! 

lasz  mich  immer  nur  herein.    5,257; 

des  morgens  kam  ich  zum  brunnen, 
fragte:  wer  bracht  euch  herein?    40,  195; 

vergl.  ferner  die  oben  milgälieiUe  stelle  2,  90,  und  unten  herein 
reiten,  treten,  sowie  herein  schicken,  herein  slelU  mü  verben 
der  bewegung,  des  seitens,  lockens  und  befehkns,  dte  in  dringlicher 
rede  unterdrückt  wenten,  besonders  im  falle  des  gebots: 

herein!  herein 

gesellen  alle!    Schiller  glocke  v.  390; 

da  stand  es  gut  um  unser  haus :  I 

nur  viel  herein  un<l  nichts  hinaus!    Göthe  41,  48; 

herein!  herein!  nur  gold  zu  häuf! 

wir  legen  unsre  klauen  drauf.     139; 
ihr  Wechselbilder,  ihr  des  dichters  träume, 
herein  mit  euch  und  füllt  mir  diese  räume!    4,  196 

(wo  herein  mit  euch  das  gezwungene  hereingehen,  das  lierein- 
bringen  anzeigen  soll,  vergl.  das  ähnliche  her  damit  sp.  lOOO). 
namentlich  dient  herein !  auch  als  aufforderung  nach  erfolgtem 
klopfen  in  ein  zimmer  zu  treten :  suchte  ich  Höpfners  wohnung 
und  pochte  an  seine  studirstube.  als  er  mir  herein !  ge- 
rufen hatte,  trat  ich  bescheidentlich  vor  ihn.  Göthe  26, 159; 

'geht,  holt  Corvinen  her!'  gleich  klopft  Jemand,    'herein! 
ach  redlicher  Corvin,  erwünscht  stellst  du  dich  ein!' 

Rost  verm.  ged,  61 ; 
Faust,  es  klopft?  herein!  wer  will  mich  wieder  plagen? 
Meph.  ich  hins.    I-\  herein!    U.  du  muszt  es  dreimal  sagen. 
/''.  herein  denn  !  Götiik  12,  79. 

die  Verbindungen  herein  können,  herein  müssen,  herein  wollen 
verlangen  ergdnzung  eines  verbums  der  bewegung :  die  thür  ist 
verschlossen ,  er  kann  nicht  {zu  uns)  herein ;  er  musz  aber 
herein ;  mein  pferd  scheute  wie  ich  zum  schloszthor  herein 
wollte.  Göthe  8,  68; 

noch  können  regen  und  Sonnenschein 

von  oben  und  überall  herein  (in  das  hatts).    Uhland  ged.  62. 

»n  den  Verbindungen  herein  sein,  herein  haben  liegt  das  endziel 
einer  betvegung  angedeutet :  wir  haben  die  ernte  herein ; 

und  wir  bringen  die  frucht  herein,  wie  das  heu  schon  herain  ist, 
trocken.  Göthe  40,  235; 

siehst  du?  sind  neue  Völker  herein, 
kommen  frisch  von  der  Saal  und  dem  Main, 
bringen  beut  mit,  diu  rarsten  saclien! 

Schiller  U'ii//enst.  lager,  1.  aufir.; 
Buttler.  Jener  hole  —  Wallenst.  nun? 
B.  er  ist  herein.  Wullenst.  tod  3,  10. 

zu  herein  treten  praepositionen ,  die  anfang  oder  ende  einer  be- 
wegung,  oder  auch  eine  nähere  beziehung  derselben  andeuten: 
do  koin  Jacob  I'üttricb  von  Bairii  heriu  in  die  stat  gegangen. 
d.  stddtechron.  4,  22,  12;  da  fielen  (feinde)  aus  Reichaiabia 
her  ein.  lliob  1,15;  der  tod  ist  zu  unsern  fenslern  herein  ge- 
fallen. Jer.  9,21;  es  dauert  eine  zeit  laug,  bis  diese  puipur- 
farbe  von  auszcn  herein  den  ganzen  kreis  zudeckt,  und  end- 
lich den   hellen  miltelpunkt  völlig  verlreibt.   Götub  52,30; 

wir  haben  doch  kuiitschaft  zu  euch  herein, 
wann  wir  all  eur  hiiitersessel  sein, 
wir  sein  von  Schiiigling  herein  eur  roair, 
und  pringen  euch  zu  gült  oft  kes  und  air. 

/a.s(M.  sp.  567,  6; 
darömb  sei  wir  herein  zu  euch  kumcn.    567,  15. 

die  erstreckung  der  beicegung  bezeichnet  ein  beigesetzter  accusaliv : 
du  koinint  Görge  den  berg  herein.  Göthe  14,272;  wann  die 
wogen  so  den  liafen  hcreinbreclien,  und  sich  an  seine  hoho 
niauer  hinaufw.1l/.en.  Heinse  Ardingh.  1,  205. 

Verben  der  angegebenen  art ,  mit  denen  herein  sich  verbindet 
sind : 

bauen:  hcreiubauen ,  versus  nos  inlra  locum  aedificare. 
Stiklkr  102. 

betteln:  bettele  wider  hinausz  {aus  der  sladt),  wie  du 
herein  gebctielt  hast.  ZiNncRKr  ajxtpltlh 

b  e  1 1  i  e  g  e  n ,  betrügen: 

denn  to  hat  »in  iiiir  des  waldi'K  n 

Ctncn  hlircti,  uii^clrckt  iiiicl   uiik'  ' 

unter  Ihren  hc.irhlii.M  hrrrlii  licii    .    .. 

unter  die  zahme  coropaguie  gebracm.    oothk  7,  Ol. 


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bewegen:  eine  gestalt  bewegte  sich  langsam  ins  Zimmer 
herein ;  die  last  wurde  nur  mit  mühe  durch  das  thor  herein 
bewegt. 

blasen:  danach  liesze  Simplicius  einen  ansehenlichen 
burger  hinein  blasen  (»n  ein  zauberbuch)  .  .  hernach  um- 
blättert er  das  buch  und  wiese  ihm  und  dem  umstand  lauter 
thaler  und  ducaten,  sagende:  dieser  herr  hat  entweder  viel 
geld  oder  wird  bald  viel  bekommen^.  .  das  was  er  herein 
geblasen,  wird  mein  sein !  Simpl.  3, 1S5. 

blicken:  als  Eduard  des  andern  morgens  an  dem  busen 
seiner  frau  erwachte,  schien  ihm  der  tag  ahnungsvoll  herein- 
zublicken.  GOthe  ",132. 

brechen,  l)  «^einbrechen  1—6,  tA.  3, 155  fg,:  die  kälte 
bricht  herein,  ingruit  frigus,  die  krankheiten  brechen  herein, 
ingruunt  nwrbi.  Hederich  1259;  von  dem  hereinbrechenden 
tod  übereilt.  Chr.  Weise  erzn.  2 ;  dasz  . .  oft  statt  alles  des 
guten,  was  ein  trefflicher  mann  hervorzubringen  und  zu  ge- 
währen vermag,  unheil  und  Verwirrung  hereinzubrechen  drohte. 
GöTHK  17,176;  heisze  stunden  folgten,  ungeheure  gewitter 
brachen  herein.  26,155;  da  brach  h.  Vorble,  der  alles  gehört, 
zur  thüre  herein.  J.  Pacl  komet  3,  233 ;  bergmännmh  vom  ein- 
brechen der  limmerung,  des  gesteins  in  die  stoUen.  Veith  berg- 
tcürterb.  272; 

wolan,  so  brich  herein, 
du  oft  ^ewündschter  schein  (ein  geburlstag), 
brich  ein  und  mach  uns  froh!     Flemwg  378  Lappenb.; 
der  schwüle  tag  vergeht,  der  abend  bricht  herein. 
LRssi?ce  1,  126. 

2)  auch  bildlich,  wol  nach  dem  hereinbrechen  des  tages  und 
lichtes  : 

hilf  [qott)  mir  unwürdigen,  und  brich  zu  mir  herein 
mit  deinem  gnädigsein!  Flexing  15  Lappenb. 

3)  transitiv,  bergmännisch :  die  unterbänke  (teerden)  mit  keilen 
oder  hebeisen  hereingebrochen.  Veith  bergwOrterb.  272. 

brennen:  dann  lasz  ich  sie  {die  äugen)  ruhen  an  den 
aufstrebenden  alpenpfeilern ,  die  das  blaue  tempelgewölbe 
tragen,  bis  sie  sich  erheben,  und  sich  oben  am  portal  des 
bereinbrennenden  glanzes  gesättigt  und  geblendet  schlieszen. 
J.  Paul  biogr.  belust.  1, 21. 

bringen,  i)  importare,  inferre,  introducere,  von  personen  und 
Sachen  : 

wie  gar  iuwer  got  verga?, 

da;  ich  iuch  brähte  her  in!    Iieein  6255; 

mach  mir  ein  essen ,  wie  ichs  gern  habe ,  und  bring  mirs 
erein.  iMos.  27,4;  zur  selben  zeit  sähe  ich  in  Juda  kelter 
tretten  auf  den  sabbath,  und  garben  er  ein  bringen.  Mi. 
13,15;  zur  selbigen  zeit  wil  ich  euch  herein  bringen,  und 
euch  zur  selbigen  zeit  versamlen.  Zephanja  3,20;  dasz  man 
zu  eben  derselben  zeit  durch  Jäger  und  bediente  eine  anzahl 
hunde  hereinbringen ,  und  pferde  im  schloszhofe  vorführen 
liesz.  GöTHE  18,287;  das  hereingebrachte  licht.  30,224. 

2)  trie  einbringen  5,  theil  S,  sp.  I5i,  in  dem  sinne  von  ein- 
holen,  ersetzen,  der  ausdruck  scheint  angelehnt  an  das  herein- 
bringen, ein  fangen  eines  der  hut  entsprungenen  llrieres:  wann 
was  versäumt  ist,  musz  es  bei  zeiten  .  .  .  hereingebracht 
werden,  si  quid  praetermisstini  est.  in  tempore  restäuendum  erit. 
Stieler  244 ;  den  schaden  hereinbringen ,  resarcire  damnum. 
das.,  wo  ah  gleichbedeutend  hernach-  oder  nachbringen  an- 
gegeben Ktrd;  sie  weren  wol  werd,  beide  beschleffer  und 
beschlefferin,  das  sie  zum  wenigsten  eine  Zeitlang  das  land 
müsten  reumen ,  damit  das  ergernis  gebüszet  oder  herein 
bracht,  und  den  andern  ein  exempel  zur  furcht  gegeben 
würde.  Ldther  5,247*;  ihr  Versäumnis  herein  zu  bringen  und 
ihre  fehler  zu  verbessern.  Schiller  1112.     vgl.  herein  holen. 

denken:  dem  sechzehnten  brief  von  der  spräche  des 
himmels  wollen  wir  sein  wohlgedachtes  nicht  abläugnen,  doch 
quillt  auch  da  nichts  aus  der  seele,  es  ist  so  alles  in  die 
Seele  hereingedacht.  Göthe  33,  94. 

dienern,  mit  einem  bückling  hereinkommen  {vergl.  einen 
diener  machen  /A.  2,  Uli):  sie  war  kaum  abgestiegen,  als  die 
dicke  wirthin  hereindienerte.  M.  A.  Nierdorf  rittergut  Marder- 
heim, in  den  Gieszener  familienblätiern  vom  31.  dec.  1S70,  s.  164'. 

drängen,  reflexiv:  eine  schaar  neugieriger  drängt  sich 
ins  zimmer  berein,  auch  intransitiv:  man  sieht  schon,  wie 
dort   die  wogen  über  das  ufer  in  das  land  herein  drängen. 

dringen: 

da  drang  ein  dutzend  anverwandten 

herein,  ein  wahrer  menschenstrom.    Götbi  1,  211 ; 

der  allerklarste  mondenschein 

dringt  nicht  zur  ünsternis  berein.    41,  14$. 


düstern:  und  doch  kam  ...  der  schlaf  sich  anmeldend 
als  die  nacht  hereindüsterte.  Göthe  30,  77. 

eilen:  er  eilt  herein  zu  uns. 

fahren:  der  wagen  fährt  zum  thore  herein;  der  blitz  fuhr 
zum  fenster  herein. 

fallen,  l)  eigentlich:  der  türm  ist  herein  in  die  Stadt  ge- 
fallen, lurris  in  partem  civitatis  lapsa  est.   Stieler  423. 

2)  von  feinden,  impelum  hostilem  facere :  waren  die  Amalekiter 
er  ein  gefallen  zum  mittag.  1  Sani.  30, 1;  Simon  war  im  {dem 
Tryphon)  mit  seinem  beer  stets  auf  der  seitea,  und  wo  er 
erein  fallen  woll,  da  wehret  im  Simon.  1  Macc.  13,  20. 

3)  sonst  bildlich:  hie  feilet  herein  (in  die  Untersuchung)  die 
alte  frage,  welcher  evangelist  unter  den  beiden  . .  die  veter- 
liche  schnür  beschriebe.  Luther  8, 126*. 

finden,  reflexiv  {vergl.  sich  finden  theil  3,1647):  ew.  ge- 
strengen wolle  sich  unbeschwert  hereinfinden.  Luther  briefe 
4,  437.     vergl.  auch  sich  einfioden  thäl  3, 177. 

fliegen:  ein  vogel  fliegt  zum  fenster  herein;  übertragen: 
husch ,  flog  ich  herein ,  um  meinem  Väterchen  einen  guten 
morgen  zu  sagen.  Engel  12,  75. 

flieszen:  bald  flössen  sie  {die  töne)  wie  verirrte  echo 
aus  fernen  hainen  in  diesen  stillen  garten  herein.  J.  Paüi 
Hesp.  1,119. 

führen:  sie  furchten  sich  aber  das  sie  in  Josephs  haus 
gefurt  wurden ,  und  sprachen,  wir  sind  her  ein  gefurt  umb 
des  gelds  willen ,  das  wir  in  unsern  secken  vor  hin  widet 
gefunden  haben.  1  Mos.  43, 18 ;  gehe  aus  bald  auf  die  straszen 
und  gassen  der  stad,  und  füre  die  armen  und  krüpel  und 
lamen  und  blinden  herein.  Luc.  14,  21.  übertragen ,  etwas  in 
eine  frage,  eine  Übung  als  neues  dement  einführen:  als  wenn 
einer  dem  andern  ein  trank  reichet  und  spreche,  nemet  hin, 
trinkt,  hie  sitze  ich  Hans  mit  den  roten  hosen  . .  oder  füret 
sonst  desgleichen  einen  frembden  bossen  herein ,  der  sich 
gar  nichts  aufs  trinken  reimete.  Lcther  3,  69*. 

gehen:  ir  hellefürsten ,  slieszent  uf  uwere  porten,  wan 
der  künig  der  eren  wil  herin  gon.  d.  städtechron.  9,503.20; 
des  königs  knaben  sprachen  zu  im,  sihe,  Haman  stehet  hn 
hofe.  der  könig  sprach,  laszt  in  er  ein  gehen.  EstL  6,5; 
thut  die  thor  auf,  das  her  ein  gehe  das  gerechte  volk.  Jes. 
26,2;  bergmännisch  hereingehen,  in  den  Schacht  stürzen.  Veith 
bergwürterb.  272. 

hängen,  intransitiv:  das  hereinhängende  himmelblau  schien 
ihm  eine  dünne  blaue  wölke.  J.  Pacl  Hesp.  3, 138.  reflexiv 
(vergl.  hängen  sp.  450) :  wenn  er  {freund  Hain)  sich  so  in  ein 
bett  hereinhängt,  ist  er  für  den,  der  darin  liegt,  eine  ernst- 
hafte erscheinung.  Claudius  3,  v. 

heiszen: 

wer  steht  dort,  geh,  heisz  in  herein. 

H.  Sachs  3,1,74»,  vergl.  3,2,53'. 

holen:  hole  mir  meine  kleider  herein,  wie  hereinbringen  2 
oben  sp.  1085:  was  dir  der  graf  schuldig  bleibt,  wird  der  herzog 
hereinholen.  Schiller  Fiesko  3,  4. 

keilen,  bergmännisch,  die  zu  gewinnenden  massen  mü  keilen 
loslösen,  und  so  in  den  schaclU  herein  fallen  lassen.  Veith  berg- 
wörlerb.  272. 

kommen:  komm  er  ein,  du  gesegneter  des  herrn,  waramb 
stehestu  drauszen  ?  l  Mos.  24,  3t ;  Simson  gieng  hin  gen  Gasa 
...  da  ward  den  Gasitern  gesagt,  Simson  ist  herein  komen. 
ncht.  16,  2 ;  die  Chaldeer,  so  wider  dise  stad  streiten,  werden 
herein  komen  und  sie  mit  fewr  anstecken.  Jer.  32,29;  freund, 
wie  bistu  her  ein  komen,  und  hast  doch  kein  hochzeitlich 
kleid  an?  Matlh.  22,12;  wollen  sie  nicht  wenigstens  einen 
augenblick  herein  kommen?  Frettag  handschr.  1,282; 

kombt  rein!  est  mit  mir  zu  mittag! 

J.Atrer  fasln. sp.  189*  (3166,  4  Keller); 
die  pforte  knarrt  und  niemand  kommt  herein. 

tiöTHK  41,  314; 
die  fenster  und  pforten  woll  er  weihn, 
dasz  nichts  unseiigs  komm  herein.     UelA5D  ged.  62. 

kriechen:  hereinkriechen,  introrepere.  Hederich  1259. 
kriegen:  ich  kriege  dich  schon  herein  {in  das  simmer  wo 
ich  bin);  Verwechselung  mit  hinein  kriegen  (vgl.  oben  5p.  1084): 

sie  hat  darin  (in  der  menagrrie)  die  wunderbarsten  thiere, 
und  kriegt  sie  rein,  weisz  selbst  uitht  wie.     Göthe  2,  90. 

lächeln:  der  raond  lächelte  zu  unserm  fenster  herein. 
transitiv  durch  lächeln  zum  eintritt  bewegen:  kaum  hatte  den 
jungen  gast  die  Brittin  nicht  höflich,  sondern  freudig  herein- 
gelächelU  J.  Pacl  Hesp.  i,  17. 


1087 


HEREIN 


HEUEIN 


1088 


langen:  noch  um  9  uhr  scheinen  Sterne,  der  helle  mond 
noch  länger,  aber  dieses  hereinlangen  des  slenienhimmels  in 
den  vormiKag  gibt  ihm  liebe  empfindungen.  i.  Vwi  ßegelj.  l,2i. 

lassen:  hereinlassen,  intromitiae.  Heüerich  1259;  laszt 
herein,  es  komme  wer  will,  aber  niemanden  hinaus.   Güthe 

14,226;  .     ^. 

kein  mensch  im  haus  ist  bionen,  .  .  . 
ich  lasz  niemand  herein.  „  .,  „    , 

J.  Atrer  fasln,  sp.  166»  (3155,  3  Keller). 

locken:  hereinlocken,  allraliere  ad  locum  interiorem.  Stie- 
ler 1173. 

nüthigen:  so  will  ich  doch  den  gedanken,  der  anklopft, 
hereinnöthigen.  Tuümmel  4,  543. 

packen,  reßexiv,  inlroire.  Stieler  1410;  pack  dich  herein 
ins  zimraer! 

platzen,  plötzlich  hereinkommen:  er  platzte  zur  thür  herein. 
vor»  dem  plülzliclten  nahen  eines  ereignisses:  wenn  er  {der  jmgfte 
tag)  nu  wird  herein  platzen,  und  alles  in  einen  häufen 
schmeiszen.  Luther  5,535*;  wenn  unser  gott  mit  dem  jüngsten 
tage  herein  platzte.  M.  Neander  mcnscbenspiegel  16. 

rauschen,  rausciiend  hcreingehen :  Lucinde  machte  sich 
gleich  darauf  vom  tanzsaal ,  ich  erbebte  vor  schrecken  und 
lust,  wie  ich  sie  hereinrauschen  hörte.  Heinse  Ardingh.l,2i9. 
reiszen,  gewaltsam  hereinziehen:  oder  reiszen  (in  eine  be- 
weisführung)  sonst  etwas  erein,  das  sie  ja  auf  d«n  worten 
nicht  bleiben  müssen,  sie  würden  sonst  gefangen.  Luther 
3,  286*.  im  bergmännischen  sinne  einreiszen,  kohle  und  geslein 
so  reiszen,  dasz  sie  in  den  schachl  hereinfällt.  Veith  bergwörler- 
buch  2"2. 

reiten:  in  meinem  herein  reiten  {in  das  schlosz).  Amadis 
2S" ;  eben  reitet  Farber,  Weislingens  knecht,  zum  schioszthor 
herein.  Göthe  42,  50 ;  mil  hinein  reiten  verwechselt  {vgl.  oben 
herein  2,  sp.  1084):  ich  sah  ihn,  wie  er  zum  schlosz  herein- 
reiten wollte.  8,58,  wofür  42,73  hineinreiten. 

rücken:  hereinrücken,  ingruere,  incedere,  irrumpere.  Stie- 
ler 1569. 

rufen:  hereinrufen,  inlrovocare.  Hederich  1259; 
der  höchste  blutbann  war  allein  des  kaisers. 
und  dazu  ward  bestellt  ein  groszer  graf, 
der  hatte  seinen  sitz  nicht  in  dem  lande, 
wenn  blutschuld  kam,  so  rief  man  ihn  herein. 

Schiller  Teil  2,  2. 
schauen:  als  ich  über  mich  blickte,  glaubte  ich  wirklich 
noch    etwas    von  dem  Sprunge  in  der  kuppel  zu  bemerken, 
durch    den    ich    herein  geechaul  hatte  {in  den  saal).    Göthe 
23,  99. 

scheinen:  die  sonne  scheint  zum  fenster  herein, 
schicken:  man  hat  mich  hier  herein  geschickt; 
gnediger  herr,  uns  schickt  herein 
der  prior  und  ganzes  convent. 

3.  Atrer  fasln,  sp.  188'  (3164,32  KelUr). 

veruechselung  mit  hinein  schicken  {vergl.  oben  sp.  1084):  mein 
naroe,  den  ich  ...  hereinschickte  (in  ein  zimmer  sagen  kesz). 
Klingeb  9,3. 

schieszen:  hereinschieszen  bergmännisch,  eine  anzugrei- 
fende gesttinmasse  mUlels  scUeszens  lossprengen.  Veith  bergwörter- 
bueli  272. 

schlagen,  ebenso  bergmännisch,  massen  gesleins  losschlagen 
{und  so  in  den  schaclil  herein  befördern),  das. 

Schlei  eben: 

ihr  angenehmen  nachibctrüger, 

ihr  »üszen  träume,  schleicht  herein !    GCntbir  279. 

schlurfen:  als  ihr  da  mit  Schlafrock  und  perücke  und 
in  Pantoffeln  hereingeschlurft  kamt.  F«.  MClleb  1,  309. 

schreiben: 

wolan  disx  buch  bat  schier  ein  ort  .  .  .' 
10  wil  ich  ietzundt,  hab  ich  glfick, 
etlich  probierte  gute  «tück 
zur  letzt  auch  schreiben  gleich  herein. 

ijrobianus  (1568)  ib*  (b.  2,  cap.  8). 
genden:  bereinsenden,  tmminfrc.  Stieler  2009. 
spazieren:  hercinspatzieren,  ingredi.  Heuerich  1259. 
spielen:    aber   als    er   innen    in   der  finstcrnis  mit  dem 
köpfe  am  felsen  lehnte  und  die  töne  neckend  hereinspiellen. 
J.  Faul  Tit.  3,109. 

sprengen:  wie  bOcbst  überraicht  war  Charlotte,  als  sie 
Otlilien  vorfahren  und  Eduarden  sogleich  in  den  schloszhof 
berciniprengen  sah.  Göthe  17,  300- 

springen:  wie  es  (dat  fcuerwerk)  vorbei  war,  uod  die  be- 
dienten wieder  bcreinsprangen  (m  das  haus).  Heinsb  Ardiui^ 
1,151. 


stehlen,  reflexiv: 

gieb  {schlaf)  auf  die  träum  auch  ja  wohl  acht, 

dasz  sie  nicht  mit  herein  sich  stehlen.    Gökingk  2,  75. 

steigen: 

steigstu  nii  auch  ru  mir  herin  (in  den  brunnen). 

"  ß.  Waldis  Esop  4,  8,  58. 

strecken:  da  er  sich  einer  stelle  nahte,  wo  zwei  inseln 
das  lluszbette  verengten  und,  indem  sie  ihre  flachen  kies- 
ufer  bald  an  der  einen  bald  an  der  andern  seile  herein- 
streckten, ein  gefährliches  fahrwasser  zubereiteten.  Götue 
17,330. 

stürmen:  die  älteste  tochler  kam  darauf  lebhaft  herein- 
gestürmt (ins  zimmer).  Göthe  25,  343. 

treiben:  hereintreiben,  in /üt«»»  ^uendam  compcW<;re.  Stie- 
ler 2321.  bergmännisch,  die  zu  gewinnenden  massen  in  gröszercn 
Mcken  loslösen  {vergl.  oben  herein  schieszen,  schlagen).  Veith 
bergwörtcrb.  272. 

treten:  in  der  lesche  zu  Delphi  waren  zwei  grosze  ge- 
mählde  des  Polygnotus.  welches  meint  herr  Klotz?  das  im 
liereintreten  rechter,  oder  linker  band?  Lessinc  8,6;  Jarno, 
der  eben  hereintrat,  wurde  in  das  geheiinnis  gezogen.  Göthe 
18,280;  als  hinter  ihm  die  thüie  sich  auflhat,  und  er  bei 
dem  eisten  verslohlnen  blick  in  den  spiegel  den  gralen  ganz 
deutlich  erblickte,  der  mit  einem  lichte  in  der  band  herein 
trat.  306;  bat  mich  hereinzutreten.  24,89; 

der  sahl  erölTnet  sich,  und  eine  nymfe  tritt 

herein.  Wieland  9,  73; 

trat  er  in  den  kreis  herein.    Göthe  1,  199; 

da  tritt  herein  ein  junges  weih, 

mit  voller  brüst  und  rundem  leib.     13,  126; 

herein  zum  saal  klein  Holaiid  tritt, 

als  wärs  sein  eigen  haus.    Uhland  ged.  335. 

unsinnlicher:  es  zeigte  sich  ...  eine  ferne,  schöne  und  hoff- 
nungsvolle aussieht,  da  lagen  dürfer  und  mühlen  in  den 
gründen,  Städtchen  in  der  ebene,  und  neue  in  der  ferne 
eintretende  berge  machten  die  aussieht  noch  hoffnungsvoller, 
indem  sie  nur  wie  eine  sanfte  heschränkung  hereintralen. 
Göthe  19,  35.  Verwechselung  mil  hinein  treten  (vergleiche  oben 
sp.  1084):  ich  wuszte  dasz  ich  in  einen  frommen  sittlichen 
kreis  hereintrat  und  betrug  mich  darnach.  30,  235. 

vexieren:  sticht  dich  der  muthwille,  dasz  du  mich  aus 
der  küche  hereinvexieist?  Göthe  7,120. 

wehen:  endlich  wehten  die  (lammen  der  sonne  über  die 
erde  herein.  J.  Vavl  llesp.  l,  165. 

ziehen,  intransdiv: 

weinmücklein 
zogen  über  den  berg  herein, 
kamen  den  mucken  hülf  zu  thun.    müc*cn*r.  1,  .12. 

vom  nehmen  einer  wolinung :  er  kündigte  ihr  die  ankunft  eines 
frauenzimmers  an,  die  hier  hereinziehen  sollte.  Göthe  17,385. 
Iransiliv:  ich  zog  ihn  zu  mir  ins  zimmer  herein;  der  archilekt 
konnte  nicht  unterlassen,  die  capelle  sogleich  in  seinen  plau 
mit  hereinzuziehen.  Göthe  17,  209. 

zwingen:   hereinzwingen,  inducere  per  vim.  Stibler  2670. 

3)  herein,  in  quellen  des  16.  und  17.  jahrh.  mil  verben  des 
gehens,  wofür  wir  jetzt  einher  oder  daher  brauchen;  wie  aus 
dem  begriffe  des  einycliens  der  des  bloszen  nahens  und  sich  zeigens 
entsprang,  ist  J/ie«/  3,  200  gezeigt,  verben  mit  denen  herein  in 
diesem  sinne  sich  bindet,  sind: 

fahren:  wann  sie  allein  mit  yrein  gemalten  und  lieblosen 
glauben  dapfer  berein  faren  und  boldern.  Ickelsamer  dag 
etlicher  brüder  b2';  wie  denn  seine  (des  Moses)  weise  ist,  das 
er  oft  so  herein  feret,  und  also  redcl,  das  es  jedcrman  ver- 
stehet. Luther  4,15*;  Mose  feret  plumps  herein,  miitcn  in 
der  hisloricn,  bricht  auch  kurz  wider  abe.  86'. 

gehen:  die  marterer  waren  voller  wunden,  blulrüstig,  mit 
schweis  begossen,  giengen  in  haddern  und  bösen  kleidern 
berein.  Luther  4,487';  die  kleinen  dicbe  beuget  man  an 
galgen,  aber  die  groszen  diebe  gehen  in  mardern  schauben 
herein.  527';  disc  geen  aller  ding  blosz  herein.  Frank  MrÜfr. 
i:)' ;  ir  weiher  geen  in  wunder  sellzamer  riistung  herein.  70* ; 
gehen  nackend  herein.  21ü';  aber,  das  geschrei  des  volkes  isl 
leichllerlig,  der  oberu  uiihcil  sein  wenig  gewisz.  dann  vor 
deoscibcn  gehen  die  leulh  verdeckter  herein.  Scuuppiüs  764; 
r«  geht  ein  frlurluT  «umnier  hcroln, 
da  fiin  man  gnmo  fllder  «in.    Umland  voUul.  n; 

<U  herein, 


und  gieng  ich  nicht  ni  «chwarh  iiikI 

iO  null  Irh  ungetchewt  ihr  huiipim  ' 

U.  V.  1 


.iiMWI  8,23,7. 


10S9 


HEREIN—  HEREINWÄRTS 


HEREN  —  HERFAHRT 


1090 


platzen. 

platz  nicht  berein  mit  pralereieu, 

und  ausgezierten  trechseireden, 

so  da  entlehnet  von  poeten.    Simpl.  1,  s.  37  Keller. 

plumpen,  plump  gehen :  daher  plumpt  mein  Carlstad  herein 
wie  eine  saw,  die  nu  die  perlen  fressen,  und  wie  ein  hund 
der  das  heiligthum  verschlungen  hat.  Lctheb  3, 6l';  welche 
kunst  (mi/  den  schwachen  umzugehen)  die  nötigste  ist  zu  wissen, 
sonderlich  den  predigern ,  das  sie  nicht  so  mit  Unvernunft 
herein  plumpen,  und  mit  gewalt  faren.  266*. 

prangen:  so  gar  herrlich  prangen  sie  herein  mit  irer 
kunst.  Lctheb  5.141'; 

■Venedig,  was  prangstu  berein 

mit  den  groszen  galleen  dein?    mückenkr.  1,  75. 

stutzen:  an-,  daher-  et  hereinstutzen,  oslenlalione  thea- 
Irica  ineedere.  Stieleb  2182. 

traben:  secht  wie  rauscht  der  wein,  wie  trabt  er  herein, 
das  kan  mir  eiu  herzensaft  sein.  Garg.  95*; 

der  reichthum  trabt  berein,  die  armutb  geht  auf  knicken. 

ßoaPLSR  59. 

treten:  unsere  papistische  münch  und  pfaffen  ..  tretten 
in  kutten  und  langen  rocken  herein.  Lcther  4,493';  wo 
nicht  vil  adeliches  geblüt  und  grosze  schulden  sein,  da  musz 
man  deste  prechtiger  herein  tretten.  Mathes.  Sar.  4S';  sehet 
hie  wie  tritt  der  riim.  stork  mit  seinen  hohen  beinen  so 
hoch  under  den  fröschen  herein.  Fischabt  bienk.  12»';  sie 
begunte  schon  mit  begleitung  eines  adelichen  frauenzimmers 
herein  zu  treten.  Hoffma:«sswaldaü  heldenbr.  123;  prächtig 
hereintreten,  basdice  se  inferre.  Hederich  1259. 

trumpfen:  der  herr  golt  war  arm.  trumpft  nur  auf  einem 
esel  herein.  Katziporus  g7. 

wetzen:  herein  wetzen,  daherwetzen,  magnifke  procedere 
vestibus  undantibus.  Stieleb  2519. 

4)  die  formet  von  vorn  herein  ist  eine  neuere  Übersetzung  von 
a  priori,  älter  ist  von  vorn  (J,  Padl  ans.  löge  1, 50,  vgl.  unter 
vorn),  herein  soll  den  gang  der  Vorstellung,  des  Schlusses  oder 
beveises  näher  zeichnen:  weit  entfernt,  dasz  etwa  jene  grund- 
sätze  uns  unbekannt  geblieben  wären,  oder  dasz  wir  zu  der 
höhe  derselben  uns  nicht  aufzuschwingen  vermocht  hätten., 
wir  werfen  sie  nur  eben  gleich  von  vorn  herein  weg.  Fichte 
reden  an  d.  d.  nat.  227 ;  als  vorn  herein :  texte ,  deren  ur- 
sprüngliche sprachform  sichtlich  verwischt  oder  getrübt  ist, 
versuchte  ich  gleichwohl  nicht  auf  diese  zurückzuführen, 
denn  sie  ist  für  jene  zeit  der  Übergänge  vornherein  zweifel- 
haft. Uhlasd  volksl.  985. 

HEREINER,  adv.  aus  hereinher.  s.  d. : 

gibstu  nicht  einen  bessern  bericbl. 
so  kömpstu  warlich  hereiner  nicht. 

Job.  Röxolt  ein  fem  cUiUtl.  u.  nutzt. 
spiel  (1664)  T3*; 
ietzund  so  icb  hereiner  komm. 

J.  Atber  fasln,  sp.  16b'  (3155,26  Keller). 

m  der  form  herinner:  mit  ettlichen  stucken,  die  sich  gepuren,   i 

so  ein  romischer  kunigk  zu  ersten  mal  herinner  reit,  deutsche  \ 

slddtechron.  3,  361,  8.     in  der  bedeulung  wie  berein  3,  für  ein-   i 

her,  daher:  j 

trabet  hereiner  wie  ein  pferd.  ! 

froschmäus.  C6'  (b.  1,  cap.  2).  i 

HEREI.NFAHRT,  f.:  was  auf  unserer  hereinfahrt  vom  balle   ! 

geschehen  ist,  habe  ich  noch  nicht  erzählt.  Göthe  16,37; 

an  den  werken  (festungswcrken) 
wird  auch  gebaut,    icb  sabs  bei  der  hereinfahrt. 

Schiller  Watltnst.  tod  4,  3. 
HEREINHER,  adv.,  verstärktes  herein  (vergl.  herabher,  her- 
ausher); 

nun  geh,  lasz  in  hereinher  gähn.    H.  Sachs  5,271". 
fjikürst  rein  her: 

Pincerna,  heis  in  reinher  gan. 

RöüOLT  spiel  (1564)  FS». 
>n  der  bedeulung  wie  herein  3,  ip.  1088: 

secbt  wie  das  volk  hereinher  trett. 

S.  BiRx  Beet  1539  CV; 
das  goldgelb  ist  vor  schlechf  und  feuerroth  imgleichen; 
die  kapuziner  sieht  man  so  hereinher  schleichen. 

Flemikc  209,  3,  14  Lapiienb. 
HEREI.NTREIBEARBEIT,  f.    bergmännisch,    das  loslösen  der 
zu  geicinnenden  massen  mülels  eintreiben  ton  keilen.  Veith  berg- 
wörlerbuch  272. 

HERELNWÄRTS ,   adv.  introrsum:    da  ist  er  {Paulus)  fort- 
gefaren,  herein  werds  gegen  abend,  gegen  Asiam  minorem  zu. 
Lctheb  3,  267* ;  die  antworten  auf  ihre  fragen  mOgen  . .  noch   [ 
JV.  11. 


so  sehr  ins  weite  gehen,  wenn  nur  sodann  ihre  gegenfrage 
geist  und  sinn  wieder  hereinwärts  zieht.  Göthe  17,  279 ;  kaum 
erscheint  aber  das  ganze  rund  purpurfarben ,  so  fängt  der 
rand  an  blau  zu  werden,  das  blaue  verdrängt  nach  und  nach 
hereinwärts  den  purpur.  52,  30. 

HEREiN,  verb.  ackern,  bei  Luther  1,314*,  vergl.  hehren  2, 
sp.  791. 

HERENTGEGEN,  adv.  verstärktes  entgegen  in  dem  sinne  von 
contra,  e  contrario  {Iheil  3,527).  es  leitet  in  einem  salze,  der 
zwei  entgegenstellende  urthdle  enthält,  dasjenige  ein,  auf  welches 
der  sprecitende  den  gröszeren  nachdruck  legt,  ist  aber  jetzt  durch 
das  allgemeine  hingegen  verdrängt :  wer  an  der  höllenpein 
zweifelt ,  frage  ein  böses  gewissen ,  so  wird  er  vernehmen, 
dasz  es  henker  und  foltern,  die  man  nicht  sehe,  und  ein 
leben  gäbe,  welches  ärger  als  der  tod  ist.  herentgegen,  weil 
ein  ruhiges  gemülhe  unaufhörlich  auf  gott  ...  zielet,  musz 
selbtes  in  einein  meer  voll  ergetzligkeiten  schwimmen.  Lohes- 
STEiN  Arm.  1,697*;  das  gedächtnüsz  und  die  Vernunft  des 
menschen  vergleichet  sich  mit  einem  acker  gar  füglich, 
welcher,  wann  er  nicht  fleiszig  gepflüget,  gedünget,  und 
zum  gebrauch  bearbeitet  wird,  verwildert,  ,  .  .  herentgegen, 
wann  er  wacker  geübet,  gebrauchet,  und  guter  same  hinein 
geworfen  wird,  so  bringet  und  traget  er  auch  die  herrlich- 
sten und  schönsten  fruchte.  Simpt.  l,  223  Keller,  vergl.  unten 
hergegen. 

HERERZÄHLEN,  verb.  enarrare,  enumerare,  aufzählen,  es  ist 
com   Standpunkte   des   hvrers    aus   gebildet,    der    erzählende  steht 
ferner,  vgl.  her  sp.  1000 :  ob  der  alte  ihm  gleich  die  genealogie 
her  erzehlen  wolle.   Ett.neb  hebamme  43 ;    sie  gesellten  sich 
endlich    zum    gärtner,    der   die   namen    und    den   gebrauch 
mancher   pflanzen    hererzählen  muszte.    Göthe  20,131;    den 
catechismus ,   eine   paraphrase   desselben ,    die  heilsordnung 
wuszte  ich  an  den  fingern  herzuerzählen.  25, 123 :  man  würde 
nicht  endigen,  wenn  man  alle  die  elemente  hererzählen  wollte, 
aus  welchen  der  Verfasser  seinen  muthwillen  auferbaut.  38,236; 
hererzäblet  seine  thaten.    Göki^ck  3,  1S6; 
allein  wie  viele  hab  ich  bererzäblt, 
und  nenn  ihn  nicht,  den  manu,  der  nie  gefehlt. 
Göthe  13, 135. 
HERFABELN.  cer6..- 

der  weidner  fabelt  ihm  her:  ein  riesenross, 

ein  hober  reiter  darauf,  sprang  über  das  tbal 

der  schönen  fliehenden  riesin  nach.    Klopstock  1,260. 

HERFACKELN,  verb.,  nach  fackeln  2,  th.  3, 1228  :  ich  sollte 
. . .  des  gebrauchs  der  sprüchwörter  entbehren,  die  doch,  statt 
vieles  hin-  und  herfackelns,  den  nagel  gleich  auf  den  köpf 
trefl"en.   Güthe  25,  58. 

HERFAHREN,  verb.  intransitiv  und  transitiv.  1)  intrans.  in 
eigentliciier  bedeulung ,  nach  einem  sprecitenden  zu  fahren :  die 
wagen  rollen  auf  den  gassen,  . . .  und  faren  unter  einander 
her,  wie  die  blitzen.  I^ahum  2,5;  die  Schöpfungsgeschichte 
lag  wunderbar  da.  der  allmächtige  auf  dem  Sturmwinde  her- 
fahrend. TiECK  Siernb.  2,  400.  übertragen :  las  her  faren  und 
körnen  den  anschlag  des  heiligen  in  Israel.  Jes.  5,19;  (wenn) 
dem  menschen  über  den  ganzen  leib  ein  schauer  herfähret. 
Felsenb.  4.  552. 

2)  herfahren ,  mit  weniger  ausgeprägter  richtungsbestimmung, 
wie  daher,  einher  fahren,  sich  fahrend  zeigen: 

die  zunge  hats  gethan,  dasz  niedriges  geblüte 
auf  hohen  stuhlen  sitzt,  und  gehet^in  der  mitte, 
und  fährt  mit  secbsen  her.  Logad  2,  15. 

3)  herfahren,  von  schneller,  heftiger  bewegung  (vgl.  fahren  5, 
tfi.  3, 1249):  er  fahrt  hungrig  über  das  essen  her;  er  konnte 
sich  nicht  enthalten,  sogleich  über  das  buch  her  zu  fahren. 

4)  die  ältere  spräche  braudtt  herfahren  für  sich  gebahren  {nach 
fahren  12,  Iheil  3,1253):  macht  bau  (bahn)  dem  der  da  sanft 
her  feret.  ps.  68,  5 ;  fraget  nicht  darnach,  was  ir  essen,  oder 
was  ir  trinken  solt,  und  faret  nicht  hoch  her.  Luc.  12,29: 
weil  der  geist  so  herrlich  her  feret.  Lctheb  3,  62*.  noch  bei 
Hebdeb,  allerlhütnelnd : 

(gutt)  liesz  ihn  (den  menschen)  hoch  herfahren  auf  erden. 

zur  rel.  7,  155. 

5)  herfahren  transitiv:  der  kutscher  bat  uns  zum  bahnhofe 
hergefahren ; 

von  allen  schönen  waareu, 

zum  markte  hergefahren, 

wird  keine  mehr  behagen, 

als  die  wir  euch  getragen 

aus  fremden  ländern  bringen.    Göthx  1,  43. 

HERFAHRT,  f  fahrt  herwärts:  auf  der  hinfahrt  trafen  wir 
keine,  auf  der  herfahrt  recht  angenehme  gesellschaft. 

69 


1091 


HERFALLEiN  —  UERFORDERN 


HERI;i.......A      HERFÜR 


1092 


HERFÄLLEN,  verb.  I)  incidae,  fallend  herwärls  kommen, 
gewöhnlicli  übertragen  von  naturerscheinuntfen ,  vgl.  daher  fallen 
Iheil  2,680:  wenn  nii  viel  stösze  und  grausam  anfechtung 
herfallen,  gleichwie  ein  sündflut  mit  nasser.  Lutheb  1,24*; 
zu  dem  nu  der  winler  herfället,  br.  4,  475. 

2)  anders  über,  auf  einen  oder  etwas  herfallen,  in  kämpf  oder 
gier  sich  stürzen  {vgl.  fallen  B,  2,  6,  Ihcil  3, 1283),  eigenllich  oder 
bildUch:  verstoszungen  .  .  auf  welche  unsre  heutigen  kunst- 
richter  am  liebsten  herzufallen  pflegen.  Breitinger  forts.  der 
crit.  diciUk.  173;  so  bracht  ich  nun  ..  das  gespräch  auf  den 
Tater  deines  freundes,  und  drückte  mich  mit  aller  empörung 
. .  darüber  aus.  jeder  fiel  über  ihn  her;  man  wuszic  des 
bösen  nicht  genug  zu  sagen.  Klinger  9,180;  sie  fallen  über 
einander  her  {sich  prügelnd).  Göthe  8,7;  als  mir  ein  paar 
nebeneinanderstehende  kästchen  in  die  augcn  fielen  .  .  . 
ahnungsvoll  fiel  ich  darüber  her.  18,22; 

was  läszt  sich  sagen,  hier, 
wo  unser  leind,  in  unsichibarer  spalte 
verborgen,  jeden  augenblick  liervor 
zu  stürmen,  auf  uns  herzulallen  droht? 

Schiller  Macbeth  2,  10. 

HERFEGEN ,  verb.  stürmend  hergehen ,  vergl.  Jegen  14,  theil 
3,  1415 : 

mit  Zähnen,  mit  gewefTz,  und  einem  offnen  rächen, 
weis  es  {das  milde  sclitvcin),  wo  es  herf'egt,  die  thüren  weit 

zu  machen. 
DiETR.  T.  D.  Werdkr  Ariost  14,96,6. 

HERFERTIGEN,  verb.  reßexivum  sich  herwärts  fördern,  eilen  : 
fertigten  sich  durch  den  Jordan  für  dem  künige  her.  2  Sam. 
19,17. 

HERFLIEGEN,  verb.  advolare:  ein  vogel  kommt  hergeflogcn. 
HERFLIEHEN,  tter6. ;  die  feinde  flohen  zu  uns  her. 
HERFLIESZEN,  verb.  manare.     1)  in  eigentlicher  bedeutung; 
an  den  ort,  da  sie  {die  wasser)  her  flieszen,  fliesren  sie  wider 
hin.  pred.  1,  7 ; 

ein  springendes  brünnlein  süsz  und  kalt, 
das  an  dem  Falkenstein  herflosz. 

frosctimäim.  C4'  (b.  1,  cap.  2); 

bildUch:  wolgerüche  flössen  um  uns  her; 

hingegen  jenes  heerd  wird  fett  vom  opferblute, 
die  rosen  schmücken  ihn,  der  wein  flieszt  um  ihn  her. 
LiCHTWER  fabeln  2,  8; 

unsinnlicher:  wann  herfliszende  und  schnelle  lieb  die  ge- 
winnet gemeinlich  einen  pösen  auszgang  und  erkaltet  baldc. 
A.  V.  Eyb  12';  das  wahre  geschrei  fteuszt  von  den  haus- 
genossen  her.  Schuppius  764. 

2)  häufig  übertragen,  von  gedanken,  empßndungen,  nrtheilen,  fol- 
gerungen  und  reden,  evianare,  effluere,  sich  ergeben  (vgl,  flieszen  18, 
theil  3, 1796) :  thäten  sich  der  entbietung,  wo  es  aus  brüder- 
lichem herzen  herflösse,  bedanken.  ScHWEiNicuEr^l,355;  haben 
dannenhero  wir  also  wol  ursach,  den  iürslen  und  herren  die 
lanam  caprinam  zu  gönnen,  dieweil  ein  so  groszes  heil  und 
wolfart  dem  menschen  darausz  entspringet  und  herflieszet. 
ScHüPPiüs  416;  das  wahre  geschrei  fleuszt  von  den  haus- 
genossen  her.  764;  {elirerbietung  und  liebe),  welche  mehr  aus 
einer  heiligen  begierde,  der  göttlichen  Satzung  zu  folgen,  als 
aus  irgend  einem  eigennützigen  absehen,  herflossen.  Canitz 
191;  er  hätte  sehen  müssen,  dasz  {diese  sätze)  von  einander 
nicht  herflieszen.  Kant  8,151;  weil  ...  sie  sich  unter  ein- 
ander einer  verständlichen,  aus  der  allgemeinen  naiur  und 
aus  der  volkseigenthiiiniichkeit  herflieszenden  spräche  mit 
kraft  und  Wirkung  bedienten.  Göthe  26,258;  darzusleiien 
wäre  gewesen  ein  leidenschaftliches  lieinühcn,  ein  hin-  und 
wiedereilen,  . .  und  was  sonst  noch  alles  aus  der  Situation 
herflieszt.  33,235;  hierbei  zeigt  sich  ein  bedeutendes,  aber 
gleichfalls  aus  der  natur  der  sache  berflieszendes  pbänomen. 

52.  J.56. 

HERFLÜCHEN,  verb.: 

und  linlie  noch  zuletzt  mehr  leufel  hergcflunht, 
als  j«  ein  adjutant  von  Desiaus  hnidenzucht. 

ZiCHARIÄ  1,  162. 

HERFOLGEN,  verb.:  er  folgte  mir  her;  wie  ans  dem  ge- 
selze  .  .  die  Tielheit  der  abmessungen  des  raumes  herfolge. 
Kant  h,  25. 

HEKFOLGERN,  verb.:  hieraus  will  er  den  andern  satz  .. 
Iurfolgern.    Kant  8,154. 

HERFORDERN,  verb.:  darumb  habe  ich  mich  nicht  gc- 
Hfgert  zu  komen,  als  ich  bin  her  gcfoddert.  apostelg.  10,  iü; 

erratb  ich  «twa  iiirbi. 
warum  die  tochter  hergeroHrtt  wnr<li>ii? 

^caiLLKk  l'iccol.  3,  3. 


HERFRAGEN,  veib.  refl.:  'wie  bislu  hieher  gekommen?' 
ich  habe  mich  hergefragt. 

HERFRISTEN,  verb.:  die  Schmetterlinge  im  frühling  haben 
sich  . .  aus  dem  vorigen  jjdtre  hergefristet.  J.  Paul  uns.  löge 
1,66  nole. 

HERFÜHLEN,  «er6.  ; 

fühl  her,  wie  meine  wange  glüht,  Oenone! 

Schiller  Phädra  1,  3. 

reflexiv:  ich  habe  mich  im  dunkeln  her  gefühlt;  der  blinde 
fühlt  sich  her  in  das  zimmer. 

HERFÜHREN,  reib,  adducere,  afferre.  1)  in  eigenllidier  be- 
deutung von  personen  und  gegenständen:  ir  habt  diese  menschen 
her  gefüret ,  die  weder  kirchenreuber  noch  leslerer  ewer 
götlin  sind,  aposlelgesch.  19,  37 ;  ich  habe  noch  andere  schale, 
die  sind  nicht  aus  diesem  stalle,  und  die  selben  mus  ich 
her  füren.  Joh.  10,16;  werdet  ir  finden  ein  füllen  angebunden, 
...  löset  es  ab  und  füret  es  her.  Marc.  11,2;  des  morgens 
füret  der  Ostwind  die  heuschrecken  her.  2Mos.  10, 13;  kanstu 
deinen  donncr  in  der  wölken  hoch  her  füren?  Hiob  38,34; 
der  hergeführt  vergift  luft  vergift  die  o£fnen  leib.  FaANi 
weltb.  3"; 

was  für  ein  aniasz 

führt  euch  so  früh  in  meine  zimmer  her? 

Kleist  Käihchen  5,  7} 

und  des  kümmere  finstre  wölke 

zog  sich  um  des  köni9;.s  blick; 

von  dem  hergeführten  volke 

bracht  er  wengc  nur  zurück.    Schiller  siegesfest. 

2)  übertragen  in  mancherlei  beziehungen;  von  dem  umgeben 
einer  sladl  mit  mauern:  last  uns  diese  stedte  bawen  und 
mauren  drumb  her  füren  und  thürne.  2  chron.  14, 7 ;  vom 
lieranzielien  einer  meinung ,  eines  ausspruchs:  ich  mus  hie  mit 
Unwillen  ungeduldig  sein,  denn  kein  gut  gcist  diese  glose 
hat  hergefürt.  Luther  1,49';  ir  füret  auch  die  kinder  Israel 
zum  e.xempel  her,  das  gott  ir  rufen  erhöret,  und  sie  erlöset 
habe.  3,120";  vom  herleiten  eines  Ursprunges:  der  berühmte 
rabin  Abenezra  unterstehet  sich,  uns  Deutschen  vom  besagten 
Kanaan  herzuführen.  Bütschky  kanzl.  419. 

HERFÜHRDNG,  f :  auf  diese  weitgesuchte  herführung  {eines 
betveises).  Simpl.  4,  208  Kurz. 

HERFÜNKELN,  t»er6.  .• 

Mammaea  funkelt  her  an  Schönheit  wie  die  sterne. 
Log  AU  1,  93,  92. 

HB^FÜR,  adv.  die  ältere  form  für  hervor,  s.  d.  es  steht  an 
stelle  des  letzteren  und  weicM  ihm,  ganz  nach  aualogie  des  ein- 
faclien  für  für  vor,  worüber  theil  4^  sp.  6iS /[.,  655  ausführlich 
gesprochen  wird,  rückgang  der  form  zu  erfür,  vgl.  theil  3, 814 : 
liesz  sich  hören,  aus  der  erden  erfur,  und  weissaget.  Sir. 
46, 23.  für  herfür  erscheint  fürher  {wie  für  herab ,  heraus 
ahher,  ausher),  vergl.  theil  4',  746.  herfür  wird  mit  verben  der 
bewegung  verbunden,  und  zwar  so,  dasz  es  oder  die  unumgelautete 
nebenform  herfur  bis  zu  ende  des  16.  jahrli.  fast  aussdilieszlick 
wallet  {bk  zu  dieser  zeit  kaum  ein  hervor,  vergl.  hervor  thuii 
aus  Kirchhof  nii7.  disc.  142  unten  unter  hervor),  während  im 
laufe  des  17.  jahrh.  hervor  gegen  herfür  sich  ausbreitet  und  seit 
dem  IS.  jahrh.  die  herrschaß  gewinnt,  so  dasz  jetzt  herfür  nur 
noch  in  aUerthümelnder  spraclie  gebraucht  werden  kann  {vergl. 
nachher  berfür  blicken  ,  plappern ,  ziehen),  das  mit  herfür 
verbundene  verburn  ist  in  dringlicher  rede  unterdrückt: 

herfür,  herfür,  du  schelmisch  thierlein, 
ghörst  nicht  in  discn  tompci.      Gari;.  23SV 

in  den  Verbindungen  herfür  können,  müssen,  wollen  ist  {wie 
bei  älinlichen  adverbien ,  vergl.  herab,  heran,  heraus  «.  .<.  ir.) 
ein  verbum  des  gehens  oder  kommens  zu  ergänzen:  er  ruft, 
welcher  mit  im  keuipfcn  woll,  mit  dem  woll  ers  aufnemmen. 
es  wolle  aber  keiner  herfür.  b.  d.  liebe  226';  wann  es  (das 
geld)  aber  niclit  herfür  wolle.  Simpl.  l,  54  Kurx; 

wie  ich  es  flndt,  «o  musz  herfur, 
uiiil  stund  der  galg  da  vor  der  tliQr. 

n.  Waldis  Esop  4.  3,  29; 

in    der    wrhindung  herfür  hleüien  wird  ende,    ausgang,    erfolg 
einer    bewegung   betont:    der  bapst  mit  den  seinen  haben  Jo- 
iianneni  Hus/  vcrdampt,  noch  hilft   sie  kein  vcn!-"'-'"- 
er  ist  erfür  liiielien  allezeit,   und  gerhümel.    Ltn 
von  den  andern  mit  herfür  verbundenen  verben  itirJ  l 

eine  reihe  gegeben,  weitere  ausänandersetsungen  ßr  her»or  iit- 
bfhaltend : 

begeben:  ich  begab  mich  herfur,  in  hoffhung  jemanden 
TOD  lucincin  knün  (vater)  anzutrclTcii.  Stmpi.  1,  24  Kurz, 


1093 


HERFLR 


HERFÜR 


1094 


bemühen:  bemühet  er  sich  durch  seine  gesch windigkeit 

und  gescbickligkeit  berfür.  Amadis  126. 

blicken: 

die  röslein  durteten  stille, 

und  bliciiten  lieblich  berfür*    Dhlawd  ged.  221. 

brechen,  1)  inlransiliv:  der  herr  ..  ist  erfur  gebrochen 
von  dem  berge  Paran,  und  ist  komen  mit  vil  tausent  heiligen. 
hMos.  33,2;  und  der  hinderbalt  Israel  brach  erfür  an  seinem 
ort,  von  der  hole  Gaba.  r.cht.  20,  33 ;  es  bricht  ein  solcher 
bach  erfür,  das  die  drumb  wonen ,  den  weg  daselbs  ver- 
lieren. Hiob  28,  4 ;  wer  ist  die  erfür  bricht,  wie  die  raorgen- 
röte,  schön  wie  der  mond?  hobel.  6,  9;  der  tag  fieng  dazumal 
an  herfür  zu  brechen.  Amadis  30 ;  dieweil  der  tag  anfieng 
hetfür  zu  brechen.  296;  die  bluraen,  die  im  maien  herfür- 
brechen  ,  sind  vejelbraun.  Taberxaejt.  776;  wie  die  rothen 
rosen  unter  den  lilien  im  thal  herfürbrechen.  pers.  rosenlh. 
1,5;  gleich  (gleichwie)  aus  der  finstern  nacht  die  anmuthige 
morgenröthe  berfür  bricht.  5, 15.  vom  hervorbreciten  mit  der 
slimme:  denn  es  stehet  geschrieben,  sei  frölich  du  unfrucht- 
bare, die  du  nicht  gebierest,  und  brich  erfür  und  rufe,  die 
du  nicht  schwanger  bist.  Gal.  4,  27.  herrorstechen  in  der  äuszern 
erscheinung :  meide  den  überQus  an  geschmack  und  kieidern, 
das  niemand  zu  herrlich  herfür  breche,  und  zu  hoch  prange. 
Luther  2,399*. 

2)  reflexiv ,  rergl.  sich  heraus  brechen  2  sp.  '1065 :  (Jacob) 
ein  unschuldiger  fromer  man,  on  arg,  der  niemand  schaden 
noch  leid  thut,  dieser  hat  gewohnet  in  den  hütten,  das  ist, 
er  ist  daheim  '>ci  der  routter  bliben,  und  sich  nicht  herfür 
gebrochen.  Luther  4, 140' ; 

kleid  dich  nach  gebür, 
und  brich  dich  nicht  zu  hoch  herfür. 

B.  Ri:«GWALD  laut.  warh.  93; 
bei  andrer  eurer  zier, 
wird  auch  der  bücher  gunst  sich  brechen  weit  herfür, 
und  leuchten  als  der  stern,  der  vor  der  sonnen  stehet  .  .  . 

Opitz  3,  91. 

bringen:  bringet  sie  (die  Thamar)  herfur,  das  sie  ver- 
brand  werde.  1  3/o.t.  38,  24 ;  macht  auf  das  loch  der  hole, 
und  bringet  erfür  die  fünf  künige  zu  mir.  Jos.  10, 22;  bringet 
das  beste  kleid  erfür,  und  thut  in  an.  Luc.  15,22;  du  wilt 
falsche  zeugen  wider  mich  herfür  bringen.  Schcppids  647 ; 

der  ander  bracht  sein  (beutet)  auch  herfur, 
der  hieog  an  einer  basten  schnür. 

B.  Waldis  Esop  4,  21,  79. 

herfürbringen,  erzeugen,  getxren,  von  lebenden  wesen  und  pflanzen : 
die  erde  bringe  erfür  lebendige  tbier.  1  Mos.  1,  24 ;  damit  aber 
der  fried,  in  welchem  du  zu  herrschen,  und  deine  unter- 
thanen  zu  beschützen  begehrest,  nicht  nur  blätter  uns  herfür 
bringe,  unter  deren  scLatten  wir  sicher  mögen  niedersitzen. 
ScHL?riC3  "35;  es  bat  diese  hundertjahrszeit  mehr  gelehrte 
gezeuget  und  herfui gebracht,  als  vorhin  in  fünfzehenhundert 
Jahren.  778; 

ja  was  die  erde  bringt  berfür, 

wovon  ernähret  wird  das  land.    Simpl.  1, 17  Kurz; 

vorbringen,  von  sich  geben,  in  bezug  aufrede,  mcinung,  behauptung: 
sie  werden  dichs  leren  und  dir  sagen,  und  ire  rede  aus  irem 
lierzen  erfur  bringen.  Hiob  8,10;  und  wird  deine  gerechtig- 
keit  erfur  bringen,  wie  das  Hecht,  ps.  37,6;  und  hat  uns 
wissen  lassen  das  geheimnis  seines  willens,  . .  und  hat  das- 
selbige  erfür  gebracht  durch  in  (Jesum).  Ephes.  1,  9 ;  ich  hab 
oft  in  vornehmen  conventen  ein  solche  fabel  erzehlet,  ... 
und  hab  damit  mehr  auszgericht,  als  wann  ich  alle  weisz- 
heit  ausz  dem  Aristotele  oder  ausz  desz  Ciceronis  oratore 
perfecfo  herfür  bracht  hätte.  Schüppius  lll;  diese  sind  meine 
formalia  verba  gewesen,  welche  ich  ausz  gutem  herzen  wohl- 
meinend berfür  bracht  habe.  645;  sein  gedachtnus  war  so 
feste  und  bestendig,  das  er  viele  periodos,  insonderheit  aus 
den  poelen,  die  er  in  seiner  euszersten  Jugend  gelesen,  herfür 
bringen  und  zu  rechter  zeit  anwenden  könte.  Micbälios  alt. 
Pommern  5,  323. 

dringen: 

davon  ausz  schrecken  drang  herfür 

vil  hauszgesindes  zu  der  ihür.    Schwabze?<berc  llö". 

drücken,  reflexiv: 

da  drückt  sich  durch  die  dichte  meng 
ein  feiner  knab  herfur.    Uoiano  ged.  334. 

fahren:  gehet  bin  und  lauret  in  den  Weinbergen,  wenn 
ir  denn  sehet,  das  die  tochter  Silo  er  aus  mit  reigen  zum 
tanz  geben,   so  faret  erfür  aus  den  Weinbergen,  und  nenie 


ein  jglicher  im  ein  weib.  riebt.  21,  20.  in  bezug  auf  sofortig« 
eruidentng  einer  rede:  Theagenes  fuhr  schnell  herfür,  sprach: 
das  ist  doch  recht,  b.  d.  hebe  227*. 

fliegen:  herfürfliegen,  provolare.  Stieleb  512. 

flieszen:  herfürflieszen,  promanare.  Stieleb  515;  herfür- 
flieszende,  profluens.  Maaleb  21S'. 

führen:  hies  die  hobenpriester  und  Iren  ganzen  rat  komen, 
und  füret  Paulum  erfür,  und  stellet  in  unter  sie.  apostelgesch. 
22,  30. 

geben:  biszhero  bin  ich  eines  fürsten  fürgeber  oder  spen- 
ditor  gewesen,  und  so  oft  die  stund  desz  nachtessens  oder 
mittagmahls  herzu  kommen,  schrje  ein  jeder,  gib  herfür,  gib, 
gib.  ScBüPPiDS  738 ; 

frucht-tilgende  gesellscbaft,  nam  Deutschland  manche  zier, 
frucht-bringeode  gesellscbaft,  gab  derer  viel  herfür. 

LoCAD  2.  34,  26. 
gehen: 

wer  ist  der  ruomes  niht  enger, 
j  der  gang  bar  vür  und  phende  mich,    edelstein  79,63; 

sie  (Judith)  gieng  erfur  zu  inen.  Jud.  15, 11 ;  wenn  er  aus  dem 
furhaug  erfür  gieng,  so  leuchtet  er,  wie  der  morgenstern. 
Sir.  50,  6 ;  es  kompt  die  stunde,  in  welcher  alle  die  in  den 
grebern  sind,  werden  seine  stimme  hören,  und  werden  erfür 
gehen,  die  da  guts  gethan  haben,  zur  auferstehung  des  lebens. 
Joh.  5,  28 ;  die  berge  geben  hoch  erfür,  und  die  breiten  setzen 
sich  herunter,  ps.  104,  8;  da  der  künig  Belsazar  die  deutung 
der  wort  wissen  wolle ,  welche  eine  herfürgegangene  band 
in  dem  königlichen  saal  an  die  wand  geschrieben.  Schcppiüs 
13  (nach  Daniel  5,  5) ;  sie  werden  die  stimme  des  sohnes  gottes 
hören  und  herfürgehen.   Clacdius  6,120; 

darümb  gieng  der  könig  berfür, 
bisz  an  desselben  nfers  thur. 

froschmäus.  D 1*  (6.  1,  cap.  2) ; 
als  Udus  morgens  gieng  herfür 
stand  dieser  spruch  an  seiuer  tbür: 
es  steht  disz  haus  in  gottes  band, 
versofTen  ists,  und  nicht  verbrant.    Locau  1,221,12. 

gleiszen: 

und  äugen  wie  der  morgenstern, 
schön  herfür  gieiszen  in  der  fern. 

froschmäus.  D 1»  (6. 1,  cap.  2). 

glitzern:  herfürglitzern ,  emicare ,  effulgen,  enüere.  Stik- 
LER  661. 

gucken:  aber  so  genaw  hat  er  sich  nicht  geschmückt, 
dasz  ihm  nit  der  messen  beschlagen  bilgerstab  hett  berfür 
geguckt.  Garg.  237'; 

auch  wenn  sie  an  dem  tanze  gehn, 
da  guckt  der  hasz  (hase)  erfür. 

hasenjagt  str.  61  (vgl.  oben  sp.  542) ; 

der  geist  kickt  da  erfür,  da  ich  von  rede.  Lctheb  3,  47' ; 
doch  wiewol  sie  solcbs  bergen  mit  hohem  vieis,  noch  kickt 
der  schalk  erfür  und  leszt  sich  weidlich  merken.  349';  sie 
kuckten  biszweilen  mit  den  köpfen  herfür.  pers.  roseniA.  7.18. 

heben:  hub  EviiMerodach  der  könig  zu  Babel  .  .  .  das 
haubt  Joiachin  des  königs  Juda  aus  dem  kerker  erfür.  2  kün. 
25,  27. 

kommen,  1)  prodire,  apparere:  er  lies  des  königs  son 
erfür  komen,  und  setzet  im  eine  krön  auf.  2fe;n.  11, 12;  kam 
ein  geist  erfur,  und  trat  für  den  herrn.  2chron.  18,21;  von 
dem  aufgang  der  morgenröte,  bis  die  sterne  erfür  kamen. 
i\e/i.  4,  21 ;  die  blumen  sind  erfür  komen  im  lande,  der  lenz 
ist  er  bei  komen.  hohel.  2,12;  da  zuvor  nasser  stund,  sähe 
man  trocken  land  erfur  komen.  weish.  Sal.  19,  7 ;  es  ist  nichts 
verborgen,  das  nicht  offenbar  werde,  und  ist  nichts  heim- 
licbs,  das  nicht  erfür  kome.  Marc.  4,  22;  also  gieng  ich  herab 
in  das  kloster,  hiesz  mir  sant  Veiten  berfür  kommen,  .  .  . 
gab  im  das  opfer.  Wickram  rollte.  9, 23  Kuri;  kom  herfür, 
was  issest  du?  Las.  de  Tormes  73. 

2)  herauskommen,  ton  büchern :  die  meinige  (gedickte),  welche 
dir  hie  fürgetragen  werden,  wie  sie  immer  seind,  kommen 
allein  herfür,  dir  freindlicher  leser,  wie  fleisziglich  und  ge- 
trewlich  ich  mein  Taterland  ...  zu  ehren  und  zu  bedienen 
begehre,  öffentlich  zu  bezeugen.  Weckhehlin  t-orr.  zu  den  veUL 
geJicbten;  was  mich  sonderlich  am  sonnlag  allhier  eckele, 
wirst  du  sehen  in  meinem  sonläglichen  Spaziergang,  welcher 
neben  andern  unterschiedlichen  lateinischen  und  deutschen 
tractätlein,  des  nechsten  tages  herfür  kommen  wird.  Schüp- 
pius 21";  daran  angeschlossen,  ton  dem  aufkommen  eines  Spruches : 
diser  spruch  ist  erst  yetz  neüw  harfür  kommen,  nunc  demum 

69* 


1095 


HERFLR 


HERFÜR 


1096 


istaec  nala  oratio  est.  Maaler  205*;  eines  Schriftstellers:  es  sind 
entstanden  und  herfür  kommen  herrliche  scribeaten.  Schdp- 
piüs  "79. 

3)  herauf  kommen,  in  bezug  auf  Stellung  und  rang  sich  zum 
bessern  entwickeln:  der  wil  etwas  werden,  und  emporkommen, 
muBZ  ...  die  ordentliche  gewöhnliche  arten  herfür  zu  kom- 
men, ergreifen.  Schcppiüs  549;  bedenke  und  sehe  dich  umb, 
in  welchem  stand  du  gedenkest  und  hoffest  herfür  und  an- 
dern vorzukommen.  553;  woran  der  eine  gesund  wird,  daran 
erkranket  der  ander;  woran  der  eine  aufnimt.  daran  nimt 
der  ander  ab;  woran  der  eine  herfür  kömmt,  daran  gehet 
der  ander  zurük.  Bbtschkt  Palm.  453; 

wan  du  dan  so  wol  aurgenommen 
für  andern  kämest  auch  herfiir, 
so  wollen  frölich  bald  nach  dir 
mehr  schönere  geschwistrigt  kommen. 

Weckherlik  336. 

kriechen:  so  bald  er  (rfer  nVse)  herfür  zu  kriechen  sich 
underslundc.  Aniadis  126;  härfür  kriechen  oder  schleichen 
als  die  schnScken.  exgrumare.  ^fAALER  206'. 

langen:  herfür- (ncien  hervor-)langen,  promere,  expromerc. 
Stieler  I068. 

lassen:  kann  sich  der  feind  {gen.  plur.)  ausz  der  enge 
herfür  lassen.  Froksp.  kriegsb.  3,157*; 

freunt,  laszt  eur  zeugen  auch  herrur, 
das  man  die  rechten  warheit  hie  spür! 

fastn.  sp.  544,  29. 

laufen:    herfür-  (neben  hervor-)laufen,  procurrere.  Stieleü 
1085. 
lecken:  härfür  locken,  prolicere.  Maaler  206". 
legen: 

ein  kaufmann,  der  da  wil  geld  lösen  in  dem  haus, 
hängt  für  den  laden  her  die  schönsten  wahren  aus; 
so  leget  auch  herfür  das  frauenvolk  die  brfiste, 
damit  uns  desto  mehr  nach  dero  kaul'  gelüste. 

BuTscHKY  Palm.  274. 

leuchten:  gleichwie  mir  aber  mein  schwarzer  traur-habit 
ein  sonderbares  aussehen  und  erbare  gravität  verliehe ,  zu- 
malen  meine  Schönheit  desto  höher  herfür  leuchten  machte. 
Simpl.  3,  26  Kurz;  er  lasse  denn  solchen  seinen  glatiben  durch 
ein  christliches  leben  herfür  leuchten.  Bütschky  Palm.  38. 

machen:  ich  will  auch  fortfahren,  die  Wahrheit  auszu- 
putzen und  erfür  machen,  und  meine  ungnedige  herrn  also 
wenig  fürchten,  als  viel  sie  mich  verachten.   Luther  1,  502". 

mutzen:  so  man  seine  sprach  übet,  schmücket,  herfür- 
mutzet,  aufnet  und  excoliret.  Fischart  ehz.  409. 

nehmen:  härfür  nemmen,  oder  fürhin  tragen,  suppromere, 
promere.  Maaler  206". 

plappern:  wenn  aber  darnach  alte  geschichten  herfür- 
geplappert  werden.  Ihmernan'n  Münchh.  2,143. 

prangen:  herfürprangen ,  faslui  sludere,  magna  proßen. 
Stieler  1473. 

quellen:  mit  dieses  edelmannes  blutt  kwillet  zugleich 
eine  starke  mulmaszung  herfür,  das  solche  magische  klingen 
nicht  allerdings  rein  von  aberglauben  seien.  Butschky  Patm.  667. 

r  e  i  s  z  e  n ,  reflexiv : 

es  wich  unser  panier, 
doch  zitternd  meinem  zorn  risz  sich  die  schaar  herfür. 

TiBCK  1,  377. 

rflcken: 

die  Zwietracht  aliiobaid  herrCir  ihr  staal  auch  rückte, 
mit  ihrem  fewerstein,  und  nur  ein  wenig  pickte  .  .  . 

D.  V.  D.  Wehuer  ArioU  18,  27,  1. 

rufen:  die  Sterne  leuchten  in  ircr  Ordnung  mit  fieuden, 
und  wenn  er  sie  crfur  rufet,  antworten  si».  Baruch  3, 34. 

schieszen:  hürfür  scbicszen  und  auszstoszen ,  projicere, 
eüare  palntilem.   Maaler  206'. 

schleichen:  herfürschleichcn,  forat  se  pronpere.  Stieler 
1835. 

schössen:  berfflrschosscn ,  procedere,  grandescere,  enasä. 
das.  17C9. 

sehen:  am  ersten  tag  des  zchenden  monds,  sahen  der 
berge  spitzen  erfür  {nach  der  sindflul).  1  Mos.  8,  5 ;  dasz  ich 
darunter  (unter  ungekämmten  haaren)  herfür  suhc  mit  meinem 
bleirhgfiben  angenichl  wie  eine  Schleiereule.  Simpl.  1,05  Kurz. 

spiegeln:  h3rfür  spieglen.  sUhen  lassen,  etwarmit  prangen 
und   rlimen,  oilenlare.  Maaler  206*. 

spitzen:  prachthuren, ..  die  täglich  neue  kleidcr  machen, 
alles   an    das  loch  hengen ,   sich  hochprachlig  herfürspizen. 


sp  reuzen:  laiiugo  tenera  in  adolescentum  genis,  die  milch- 
haare, welche  an  den  backen  und  kinn  der  jungen  gesellen 
herfür  spreutzen.  Corvinds  (1660)  1, 335*. 

sprieszen:  mit  grauen  blättern  besetzt,  neben  welchen 
andere  kleine  blättlein  herfürsprieszen.  Tabernaem.  779. 

sprossen:  härfür  sprossen,  germinare.  Maaler  206*. 

sprössein:  der  bäum,  wann  er  kaum  ein  paar  finger 
breit  aus  dem  staube  herfürgesprösselt.  Bdtschky  l'atm.  721. 

stören:  herfür-  {neben  vor-  «nd  für-)stören,  in  lucem  pr«- 
trahere,  educere,  obrula  eruere.  Stieler  2173. 

stoszen:  etliche  aber  vom  volk  zogen  Alexandrum  erfür, 
da  in  die  Juden  erfur  sticszen.  apostelgesch.  19.  23;  man  samlel 
die  Wurzel  im  fiühling,  sobald  die  blätter  herfür  stoszen. 
Tabernaem.  446. 

streichen:  o  liebste  philosophi.  ..  streichet  diese  kunst 
(reich  zu  werden),  welche  ein  begriff  ist  aller  andern  kiinsten, 
besser  herfür.  Schdppius  706; 

David  hat  deine  gütigkeit 
sehr  hoch  herfiir  gestrichen. 

L.  v.  ScHNÜFFis  »itrant.  flötlein  (1682)  41, 16. 

Strömen:  herfurströmen ,  scatere ,  promanare ,  scalurire, 
e  terra  ebullire.    Stieler  2213. 

suchen:  da  suchte  ich  die  alleizartesten  worte  herfür. 
Simpl.  1,34  Kurz; 

sucht  bald  herfür  ein  eisern  llegel. 

B.  Waldis  Esop  4,  73,  ö6. 

thun,  reflexiv,  1)  hervor  kommen,  twrvortreten ,  sich  zeigen: 
wird  er  euch  nicht  erschrecken ,  wenn  er  sich  wird  erfür 
thun?  Hiob  13,11;  da  Judas  also  redet,  thut  sich  ein  häuf 
auf  dem  gebirge  er  für.  l3/occ.  4. 19;  als  denn  thet  sich  der 
ritter  vom  schlosz  herfür  und  sprach  freventlich  zu  dem 
]anker  . .  Amadis 'ä;  dasz  nach  beschehener  vcrsamlung  und 
gejägd  ..  ein  hirsch  sich  herfür  gethan .  welchem  er  selbs 
so  lang  nachgehangt,  bisz  er  in  dem  wald  verirret.  14;  da 
der  feind  aus  seinem  woll  situierten  lager  sich  nicht  wolle 
herfürthun.   Micrälius  altes  Pommern  5,296. 

2)  hervortreten,  sich  auszeichnen  in  bezug  auf  eigenschaßen  odet 
äuszere  erscheinung:  wo  die  betagten  sich  iinverschampl  herfür- 
thun. Fischart  ehz.  73;  tuht  sich  einer  herfür  mit  einem 
statlichen  amts-  oder  ehrcnkleide ,  ziehe  es  ihmc  aus ,  und 
betrachte  ihn  recht  innerlich:  es  wird  gewislich  vil  böses 
darunter  verborgen  ligen.  Butschky /'a/rn.  64;  sich  für  andern 
herfür  thun.  pers.  rosenlh.  7,0,  anmerk.  b; 

da  thut  sich  erst  herfür  sein  wissen  und  verstand. 
Rist  Parn.  634. 

tragen:  Melchisedech  der  könig  von  Salem,  trug  brot 
und  wein  erfur.  \Mos.  14,18;  trugen  erfur  die  bücher  des 
gesetzs.  1  Macc.  3,  48 ;  daruinb  ein  jglichcr  schriflgelerter  zum 
himelreich  gelert,  ist  gleich  einem  hausvater,  der  aus  seinem 
schätz  newes  und  altes  erfür  tregt.  Malth.  13,52;  Ursachen 
umb  ein  meinung  härfür  tragen  und  darbringen,  raliones  alicui 
senlentiac  suggercre.  Maaler  205". 

treiben:  das  cxempel  dieses  Juden  hat  einen  andern  gar 
bösen  menschen,  welcher  hiszher  in  einer  Stadt  in  Teutsch- 
land der  kriegscassen  vorgesetzt  gewesen ,  herfür  getrieben, 
dasz  er  auch  ort  und  stand  in  der  gesellschaft  erbelete. 
Scnuppius  721. 

treten:  da  trat  erfür  aus  den  lagern  der  philister  ein 
riese.  iSam.  17,4;  schrei  ich  zu  dir,  so  antworlestu  mir 
nicht,  trelte  ich  erfur.  so  achtestu  nicht  auf  mich.  Iliob 
30,20;  er  sprach  zu  dem  menschen  mit  der  vcrdorrclen 
band,  trit  crfur.  Marc.  3,3;  als  aber  Petrus  an  die  thür 
klopfet  des  thores,  trat  erfur  ein  magd  zu  horchen,  apostel- 
gesch. 12, 13 ;  aus  welcher  (wurzel)  härige  Stengel  herfürtrelteu. 
Tabernaem.  779; 

herr  Götz,  ir  schult  her  für  treten,    fastn.  »p.  716,  1; 
praxhtlich  härfür  tretten,  mit  groszem  pomp  und  pracht  aii«z 
seinem    hausz   gon ,   procedere,   expaliari,   venire  in   medium. 
Maaler  205*. 

wachsen:  reisen  wachsen  erfur  in  seinem  gaj'ten.  Hiob 
8,10. 

wagen,  auc/i  transitiv:  gleichwol  dessen  ungeschewel. 
wage  ich  discs  werklein  herfür.  Weckuerli:«  torrtde  zu  den 
weUl.  gedichten. 

weisen:  hcrfürwcisen,  proferre,  producere.  Stibie*  248&. 

werfen,  reflexiv:  und  wann  es  etwas  mit  dem  feind  zu 
thun  gab,  warf  ich  mich  herfür  wie  das  böse  in  einer  wnnne. 
und  wolle  alUrii   ^"<<^   •\'-'"   '••-''".   s'n'ui/    i,  ■?■('!   Kun     «ie  er 


1097 


HERFÜR  —  HERFÜRZCCKUNG 


HERGABE  — HERGEGEN 


1098 


sich    dann   aller   orten  herfür  zu  werfen  und  zuläppisch  zu 
machen  wüste.  360. 

wühlen,  hervorziehen,  ans  licht  bringen : 

dasz  er  ein  solchen  orden  hielt, 
der  noch  nie  ward  herfür  gewült. 

FiscHARi  nachtrab  2S46  Kurz. 

würgen:  als  nun  bald  hernach  Ämadis  {unter  dem  ge- 
stürzten pferd)  sich  herfür  gewürget.  Amadis  2Sl;  daher  denn 
der  riesz  ein  lange  weil  sich  nicht  herfür  worgen,  noch  auf- 
stehn  mögen.  126. 

ziehen,  l)  intransitiv,  prodire,  proeedere.    vgl.  herror  ziehen. 

2)  transitiv,  prolrahere,  depromere:  Saulus  ..  gieng  hin  und 
her  in  die  heuser,  und  zoch  erfür  man  und  weiber,  und  über- 
antwortet sie  ins  gefengnis.  aposlelg.  9, 3 ;  etliche  aber  vom 
Volk  zogen  Alexandrum  erfür.  19,33;  so  sol  man  weise  sein, 
und  sichs  nicht  wundern  lassen,  . .  sondern  das  gebet  herfür 
ziehen.  Luther  1,  S6';  wir  kennen  solche  Sprüche  fast  woi, 
auch  on  sein  erfür  ziehen.  3,44l';  da  werden  sie  herfur  ziehen 
die  hurerei  unde  zodomitisch  leben  im  bapstumb,  und  werden 
auch  andere  gruliche  lasier  furwerfen.  Alberus  mdder  Wnlzeln 
Ml';  und  schwur  denn  darzu.  das  sich  der  himmel  möchte 
hucken,  bei  gott  und  seinen  heiligen,  und  vil  ander  seltzam 
unerhörte  schwur  zoch  er  herfür.  Wickr.\m  rolhc.  132,15  Kurz; 

(ah)  der  abt  herfür  zog  einen  alten  brief. 

Schiller  Teil  2,  2. 

3)  einen  oder  etwas  auszeichnen,  vorziehen :  da  warf  er  keine 
Ungnade  auf  den  Daniel,  sondern  . .  er  beschenkte  ihn  mit 
purpur  und  güldenen  ketten,  er  zog  ihn  herfür,  dasz  er  der 
dritte  grandis  oder  herr  im  lande  sein  solle.  Schcppics  400; 
wann  man  ausz  geitz  oder  gunst  eine  tüchtige  qualificirle 
person  zurück  setzet  und  eine  untüchtige  herfür  ziehet.  643; 

darnach  hastu  mit  falschem  scheine 
dich  gstelt,  als  wärsiu  frumb  und  reine, 
mit  solchem  schein  die  leut  betrogen, 
das  sie  dich  habn  herfür  gezogen. 

Rebhc:n  dramen  s.  76,  292  Pnlm 
(Susanna  a.  5,  sc.  4) ; 
dein  angeborne  freindlichkeit 
damit  du  jederman  gewogen, 
ertaiget  ihre  würdiglieit, 
auf  dasz  sie  wer  herfür  gezogen.    Wkckheruji  374. 

zottern:  wann  du  aber  dir  disen  schätz  zeigst,  und  siehst 
in  an,  dj  ist,  so  du  dine  guten  werk  herfür  zotterst,  und 
hast  einen  gefallen  darin.  Keisersberg  bilg.  184'. 

z witzern:  zu  derselben  stund  fienge  die  sonne  an  herfür 
zu  zwitzern.  Aviadis  145;  bisz  die  sonn  anfieng  herfür  zu 
zwilzen.  2S3. 

HERFCRDERN,  rerfe.  reflexiv  nach  fordern  2,  Iheil  4*,  719, 
sich  beeilen:  und  bitten,  ewr.  gnad  welle  sich  herfurdern. 
Chmel  urk.  Max.  no.  1. 

HERFÜRER,  adv.  abgeschwächte  form  statt  herfürher,  .?.  d. : 
do  der  herr  disze  wort  halt  geredt,  do  schreig  er  mit  groszer 
mächtiger  stimm:  Lasare  kumm  härfürer.  Keisersberg  post. 
2, 96' ;  und  von  stundnn  kam  härfürer  der  do  todt  was  gesin. 
das.;  ein  blind  macht  doch  gesehen  kind  und  bringen  äugen 
herfürer  und  hat  der  valter  kein  äugen,  also  bringen  die 
kind  herfürer  die  erbsünd ,  wywol  valter  und  muter  kein 
erbsund  hon,  sunder  deren  abkommen  seind  durch  den  touf. 
Marie  himelfart  12'; 

die  deckbeth  sie  berfftrrer  zugen. 

H.  Sachs  1  (1590),  317*. 

HERFÜRHER ,  adv.   verstärktes  herfür,    mit  doppelt  gesetztem 
her:    das  er  also  gebunden  an  henden  und  an  füszen  här- 
fürher  kam.  Keisersberg  post.  2,96"; 
do  nu  die  red  ein  end  gewan, 
fro  Leugafruo  her  fürher  kam.    ring  26',  28; 
sih  da,  ich  hör  ein  würmlein  hie 
klopfen  inn  disem  brett, 
o  dasz  man  es  herfürher  zieh, 
und  es  zermalm,  zenrett.    Garg.  27S'. 

HERFCRSPRIESZüNG,  f.:  das  übel  in  der  ersten  biütbe 
oder  herfürspricszung  zu  tödten,  ehe  dann  es  zu  einem  bäum 
erwachsen,  und  lödtliche  fruchte  bringet.  Rctschkv  Palm.  89. 

HERFCRZIEHUNG,  f.  productio,  exhibitio,  pracsentatio.  Stie- 
ler 2643. 

IIERFCRZCCKÜNG,  f.:  es  ereignete  sich  aber:  dasz  als 
der  kühne  und  verschmitzte  Amiicar  Barca  seine  wunder- 
schöne lochler  Sophonisbe  nach  Liljbeum  mit  überbrachte, 
(der  fürsl  JSarvas)  und  Autarilus  der  Celten  heerführer  sich 
zugleich   in  sie  verliebten ,   und  jeder  durch  seine  beherzte 


herfürzückung  beim  Hamilcar  sich  in  ansehen,  bei  Sopho- 
nisben  in  gewogenheit  zu  setzen  trachtete.  Lohesstei»  Arm. 
I,  803'. 

HERGÄBE,  f.  das  hergeben:  die  hergäbe  meines  ganzen 
Vermögens  würde  ihn  vom  verderben  nicht  retten. 

HERG.\NG.  m.  i)  das  hergehen:  hingang  und  hergang,  itus 
et  reditus.  Frisch  1,317*.  spridiwürilich  heiszt  es  den  hingang 
für  den  hergang  haben,  icen«  einer  einen  gang  vergebens  ge- 
macht hat; 

du  Heber  knecht, 
wie  mir  nun  duont,  so  ist  nit  recht, 
eitweders  kurz  oder  ze  lang, 
und  heb  da  hin  für  den  hargang.    fastn.sp.  830,11; 

solle  ich  dann  unverrichter  sache  wieder  zurück,  das  mei- 
nige muthwillig  dahinten  lassen  und  den  hingang  vor  den 
hergang  haben.  Simpl.  1,344  Kurz:  in  der  umgekehrten,  durch 
den  sinn  des  satzes  bedingten  fassung:  und  was  werdet  ihr  dann 
davon  tragen,  wann  ihr  gleich  hinkomt  (an  den  Mummelsee)? 
der  herr  söhn  und  petter  wird  nichts  anders  sehen  als  ein 
ebenbild  eines  weyers ,  der  mitten  in  einem  groszen  wald 
ligt,  und  wann  er  seine  jetzige  lust  mit  beschwerlicher  unlust 
gebüszet,  so  wird  er  nichts  anders  als  reue,  müde  füsze  . . 
und  den  hergang  vor  den  hingang  davon  haben.  2, 53. 

2)  verlauf  einer  sache,  eines  ereignisses:  der  kritiker  mit  den 
hundert  tausend  stimmen  war  noch  unvermuthet  aufgefunden 
worden,  da  ihn  nun  die  nachtwächter,  mit  keiner  geringen 
freude  an  dem  hergange,  herbei  bliesen,  so  kann  man  sich 
den  lerm,  der  dadurch  entstand,  leicht  vorstellen.  Klopstück 
12,305; 

erzählt  den  hergang,  würdige  frau  Marthe. 

Kleist  zerbr.  krug,  7.  außr. 

BERGEBÄREN,  verb.: 

Venus  ward  ausz  einer  muschel,  wie  man  schreibet,  hergeboren : 
für  den  schmuck  hat  frauenzimmer  perlen  darum  auszerkohren. 

LoGAD  3,  167,  73. 

HERGEBEN,  vcrb.  l)  überreichen,  übergeben,  mit  persönlichem 
und  sächlichem  object:  gib  her  den,  der  seinen  bruder  er- 
schlagen hat,  das  wir  in  tödten  für  die  seele  seins  bruders. 
2Sam.  14,7;  gib  mir  her  auf  eine  Schüssel  das  heubt  Jo- 
hannis  des  teufers.  Matlh.  14,  8 ;  singet  frölich  gölte, . .  nemet 
die  psalmen,  und  gebet  her  die  pauken,  ps.  81,  3;  die  kosten 
zum  bau  her  geben,  sumlus  ad  aedificium  subgerere.  Steinbach 
1,573;  gieb  die  band  her,  porrige  manum.  das.;  überlassen, 
von  einem  gekauften  gegenständ,  einer  waare:  für  dieses  geld 
gebe  ich  mein  haus  nicht  her;  schwäbisch  hergeben  (seine 
tochler)  zur  ehe  geben.  Fromm.  3,533.  537;  aucii  herausgeben, 
in  bezug  auf  das  was  man  zu  geben  sdiuldig  Kt:  wer  dem 
musketier  für  einen  rubel  einen  imperial  bergeben  muszte, 
war  der  kaufmann.  Hebei.  2  (IS53)  1S9; 

nu  gip  bar  vier  pbenninge  guot  (als  zoll). 

BonER  edelst.  76,  32 ; 
fuchs,  du  hast  die  gans  gestohlen, 
gib  sie  wieder  her'     kindertied. 

eigenthümlidi  die  flucht  hergeben  für  fliehen,  vergl.  die  flucht 
geben  theil  3, 1831 : 

schau,  schau!  dort  seh  ich  einen  löwen 
einem  trachen  die  flucht  hergeben, 
der  lauft  frei  umb  rettung  zu  mir. 

J.  Atrer  231«  (t152,  23  Keller). 
2)  mit  dem  nebenstnn  des  preisgebens  oder  wagens;  reflexiv:  ich 
kann  mich  dazu  nicht  hergeben;  transitiv:  zu  einem  solchen 
geschürte  gebe  ich  meinen  namen  nicht  her. 

HERGEBRACHT,  das  particip  des  verbums  herbringen,  tw- 
züglich  in  der  bedeulung  3,  vergl.  oben  sp.  1066.  ak  Substantiv: 
wenn  es  nach  dem  hergebrachten  gehl.  Güthe  24,  216. 

HERGEBRACHTERWEISE,  ab  adverb  in  ein  wort  zusammen- 
gerückt (vgl.  oben  sp.  1066) :  ein  solches  lesen  und  eine  solche 
bewunderung  führen  hergebrachlcrweise  dahin,  dasz  die  leser 
den  Schriftsteller  sagen  lassen ,  was  ihnen  beliebt,  preusz. 
Jahrb.  20.  bd.  5.271.  gleich  ungut  wird  bü^weilen  auch  h erge- 
brach termaszen  in  ein  wort  zusammen  geschrieben. 

HERGEDEIHEN,  verb.  hererwachsen,  herkommen  ;  mü  schwa- 
chem pari,  praet.  (hergedeihet  statt  -gediehen) : 

ja!  ja!  die  spräche  die  dem  kinde  rede  leihet, 
sie  ist  aus  meines  volkes  stamme  hereedeihei. 
Arsi«  19,  39. 

HERGEGEN,  adv.  contra,  belege  für  das  »ort  über  das 
15.  jahrh.  hinaus  können  nicht  gegeben  werden,  es  ist  gebildet 
worden,  «m  bewegtmg  oder  beziehung  eines  gegen  nach  einem 
sprechenden   zu   scharf  zu   veranschaulichen,   vie   hingegen  das 


1099 


IIERGEGEN 


HERGEHEN 


1100 


yegcntheil  ausdrückt,  die  überwiegend  uneigentliche  Verwendung 
beider  Wörter  hat  diestlben  nach  und  nach  im  sinne  ganz  ztisatn- 
vien fallen  lassen,  indem  her  und  liin  die  beziehung  nidil  mehr 
scJiarf  sonderten,  und  es  ist  hergegen  seit  dem  ende  des  vorigen 
Jahrhunderts  gegen  das  mehr  begünsligte  hingegen  und  das  allge- 
meine dagegen  ganz  untergegangen. 
hergegen  bezeichnet 

1)  rein  örtlich,  gegen  und  lierwdrls:  da  zoh  man  hie  mit 
gewalt  ausz,  gcreisig  und  fuszvolk,  und  zugen  den  Sweizern 
entgegen  bisz  enhalb  Czenn;  do  chomen  die  Sweiczer  her- 
gegen von  Winsheim  bisz  enhalb  Czenn.  d.stddtcchr.  2,  •211,11 
(?iürnberg,  von  1450);  Ludwig  Pfinzlng  vieng  an  den  walt  zu 
verhawen  hergegen  als  der  Rötenbach  in  die  Pegnitz  gel. 
271,3. 

2)  hergegen  wird,  hieran  angeschlossen,  verwendet,  um  die 
beziehung  einer  bewegung  oder  handlung  zu  :xichnen ,  welche, 
gegensätzlich  zu  einer  andern  vnlgenannten ,  einem  sprechenden 
zu  geht:  hergegen  sehen,  contra  intueri.  Stieler  2026;  lier- 
gegen  zwingen,  contra  niti,  opponere  se  mutuo.  2670;  es  saget 
ein  Jurist  zu  Jena,  die  ganze  weit  werde  regieret  durch  .  . 
contraclus  . . ,  als  do  ut  des,  ich  gebe  dasz  du  auch  gebest, 
do  ut  facias,  ich  gebe  dasz  du  etwas  hergegen  thust.  Schdp- 
pias  513. 

3)  abgeblaszier,  betont  es  nur  einen  gegensatz  überhaupt,  wie 
dagegen:  das  manche  weibsperson  so  vil  mügdlin ,  manche 
hergegen  so  vil  knäbiin  zur  weit  gebracht.  Zinkgref  apophth. 
2,40;  wenn  dieser  scharkinnige  mann  in  die  welschen  poeten 
nicht  so  sehr  verliebt  gewesen  wäre:  sondern  sich  hergegen 
die  lateinischen  . .  allein  zur  folge  gesetzet  hätte.  Wernicke 
bei  Hagedorn  1,112,  nole;  in  dieser  mensur  {des  hexa7neters) 
läszt  die  griechische  spräche  nicht  die  kleinste  lUcke  .  .  . 
unsere  spräche  hergegen  wird  meist  dem  räume  des  hexa- 
meters  bald  zu  wenig,  bald  zu  viel,  und  eine  überragende 
füUung  geben.  ßtJRCER  176'; 

wir  dankn  gott  jetzt  und  alle  zeit, 
der  uns  hat  seinen  beistand  than, 
dasz  wir  wider  erlöset  han 
meine  treue  diener  und  hergegen 
unser  feiod  theten  nider  legen. 

i.  Ayrkr  238»  (1185,  16  Keller); 

die  tjrannen  stehen  mir 

nach  der  seele  für  und  für. 

du  hergegen  hast  erbarmen.    Opitz  psalm.  s.  166; 

ach,  mein  gott,  ich  musz  erschrecken, 

wenn  ich  meine  grosze  schuld 

nebst  den  vielen  süiidendecken 

und  hergegen  deine  hulU 

voll  von  welimuih  überlege. 

Chr.  Grtphius  poet.  wälder  1,  14 ; 
wollen  wir  nicht  allein  die  Troer  und  Danaer  streiten 
lassen,  es  möge  nun  Zeus  sieg  schenken,  welchen  er  wolle, 
wir  hergegen  entweichen,  den  zorn  des  vaters  zu  meiden? 

BORGER  220». 

m  anderer  Stellung,  mit  dem  sinne  umgekehrt:  es  gilt  aber 
gleich,  ob  die  ersten  viergenanten  (zeilen  eines  sonetles)  weib- 
liche termination  haben,  und  die  andern  viere  männliche: 
oder  hergegen.  Opitz  pocterei  54. 

4)  hergegen,  als  conjunclion  zweier  salze  oder  Satzglieder,  die 
gegensätzliche  urtheilc  enlhailen  {vergl.  oben  hercntgegen):  also 
ist  euch  gnug  geschehen ,  hergegen  aber  wil  ich  auch,  .  .  . 
dasz  ir  ihn  für  ewxen  hauszwirt  aufnemen.  Amadis  318;  doch 
laufen  wir  in  unser  verderben  und  unglück.  hergegen,  wann 
wir  uns  der  ewigkeil  fleisziger  erinnerten,  hcngten  wir  unser 
verlangen  nicht  also  an  das  irdische  zergängliche.  Sciiuppius 
562;  {dasz  die  wilden  Ihiere)  ihre  freiheit  so  herzlich  lieben; 
hergegen  die  zahmen  den  menschen  ungerne  und  seilen  ver- 
lassen. Liscow  C90; 

diser  Actaeon  die  kunst  verlacht, 

hergegen  ergiht  sich  ganz  der  Jacht.    Gti.iti'ftnTS  12; 
ditx  iüt  die  schwinge  hier,   durch  die  das  körn  hlcibl  liegen, 
hergegen  staub  und  sprew  In  lul't  und  wind  verfliegen. 

T«bUERNi;<c  (jcdichtß  frulitiuij  357  ; 
gottbeit  bin  auch  ich,  des  niimlichün  »tamines,  des/  du  liist. 
zur  erhabensten  zeugt  aurh  mich  der  vci' IiI.il'ini'  Krotius 
zwiefach,  durch  sein  blui,  und  w<:il  ich  <  Minn 

beisze;  hergegen  du  die  unsterblichen    >:  hsi. 

in  der  Verbindung  da  hergegen:  ich  halte  dafflr,  wann  ein 
Franzos  oder  Italiäner  so  viel  fand  hätte,  als  mancher  cdel- 
mann  in  Teutschland  hat,  er  würde  einen  cslat  führen  wie 
ein  niaiggraf,  da  hergegen  der  cdcimann  in  Teutschland 
groüzen  inangel  in  kücben  und  kcllcr  bat.  Sciiuppius  M2  ;  weil 
•eine  wilde  frecbbcit  . .  von  ihr  übel  aufgenommen  ward,  da 


hergegen  ich  ihr  stets  angenehmer  zu  sein  schiene.  Talanüer 
O/orena  (1694)  262;  denn  diese  censur  hätte,  wenn  sie  grund 
gehabt,  den  Verfasser  nur  lächerlich  gemacht;  da  hergegen 
ein  so  harter  ausspnich,  er  mag  gegründet  sein  oder  nicht, 
weit  schlimmere  würkungen  haben  kann.  Liscov  208 ;  da  her- 
gegen die  tliiere  in  ihrer  freiheit  gar  selten  krankten.  703. 
HERGEHEN,  verb.  incedere,  accedere. 

1)  mit  persönlichem  objecl,  in  eigentlicher  sinnlicher  bedeutung: 
gebe  her,  ich  wil  dir  den  man  zeigen,  den  du  suchst,  rieht. 
4,  22 ;  gewöhnlich  wird  das  her  durch  praepositionen  nodi  näher 
beslimmt,  und  seine  Stellung  ist  dann  nach  dem  zu  her  I,  4 
sp.  1001  gesagten  zu  beurlheilen :  las  alle  kriegsmenner  rings 
umb  die  stad  hergehen.  Jos.  6, 3 ;  und  alle  seine  knechte 
giengen  neben  im  her,  .  .  und  alle  Gelhiter  .  .  giengen  für 
dem  könige  her.  2Saffi.  15,18;  ire  fürslen  sind,  wie  die 
wider,  die  keine  weide  finden,  und  matt  für  dem  treiber 
her  gehen.   Iclagel.  1, 6; 

er  gienc  gein  G&wäne  her.    Part.  570,  7. 

2)  unsinnlicher, 

a)  von  herannahenden  und  sich  zeigenden  lages-  und  Jahres- 
zeiten ,  naturerscheinungen  u.  dhnl. :  da  gehet  ein  new  weiter 
her.  Luther  3,35';  alle  tage  der  weit  werden  umb  den  abend 
finster,  wenn  die  nacht  hergehet.  4, 310';  da  gieng  gleich 
der  abend  her.  Götz  v.  Berl.  82; 

ej  geet  ein  kalter  winter  her. 

volksl.  des  lö.jahrh.,  bei  Haupt  5,417; 
so  sitz  die  ganze  nacht  zu  sauTen,  .  .  . 
bisz  das  die  morgcnröth  her  geh. 

grob.  (Frankf.  1568)  JV  (6.2,  cap.7); 
dort,  wo  der  morgenstern  hergeht, 
und  wo  der  morgenwind  herweht, 
dort  wohnt,  nach  der  mein  herz  hinflebt. 

RÖCKERT  ges.  ged.  1,  258. 

auch  von  schicksalsschlägen,  not,  aller:  wenn  die  not  her  gehet, 
sprechen  sie,  auf,  und  hilf  uns.  Jer,  2,27;  wenn  die  not 
hergehet,  so  halten  sie  sich  zum'  schilde.  Sir.  37,  5.  daran 
zunächst  rührend,  von  herzukommendem  widrigen  und  feindliclien : 
du  kanst  aber  nichts  denn  schelten  und  lestern ,  doch  las 
{lasz  es)  her  gehen  lieber  bock ,  es  hilft  bei  dir  kein  gutes 
suchen.  Luther  1,  36l';  er  hat  den  teufel  für  sich,  so  haben 
wir  gottes  wort  für  uns,  las  frisch  hergehen,  sterben  wir 
drüber,  so  leben  wir  deste  herrlicher  mit  Christo.  8,236'; 
sihe,  sie  sprechen  zu  mir,  wo  ist  denn  des  herrn  wort? 
lieber  las  her  gehen.  Jer.  17,15; 

wen  scliir  das  alter  her  will  gohn, 
so  hab  wir  frura  zu  werden  zit. 

J.Atrer  fasln,  sp.  191*  (3169,24  Keller). 

b)  von  dingen  die  sich  nach  einer  richtung  erstrecken  {vgl.  her 
I,  4  sp.  1001) :  an  dem  reife  der  um  den  bauch  des  knaufs 
hergieng.  l  kön.  7,20;  er  hawet  einen  umbgang,  ...  das  er 
beide  umb  den  terapel  und  chor  her  gieng.  6,5;  seine  ströme 
giengen  rings  umb  seinen  stam  her.  //«.  31,4;  eine  oberhalb 
jenes  buschwerks  hergehende  uralle  vierfache  lindenallee. 
GÖTHE  31,162. 

3)  hergehen  {wie  einhergehen ,  und  hereingehen  2,  oben 
sp.  lOSS),  wandeln,  mit  dem  ursprünglichen  sinne  sich  gehend  einem 
vor  auijen  stellen:  da  aber  Ahab  solche  wort  hOret,  zureis  er 
seine  kleider,  . .  und  gieng  jemerlicb  her.  1  Afin.  21,  27;  eine 
seele  die  secr  betrübt  ist,  und  gebiicket  und  jamerig  her- 
gehet. Baruch  2,18;  so  nu  die  kindcr  sich  nicht  selber  re- 
giren  können .  (wie  wir  sehen ,  wenn  vater  und  mutier  den 
kindern  empfallen,  wie  sie  so  elend  und  weislos  hergehen, 
niemand  sich  irer  recht  anninipl).  Lctiieb  4,523';  (f*ai«/Hs) 
war  ein  rechtscbatTner  gelcrtcr  Israelit  und  phariseer,  der 
in  rechtem  eiver  gegen  dem  gcselz  und  seinem  valerlande 
hergieng.  8,279";  der  mit  ansehnlichen  der  red  waffen  her- 
gehende Ambrosius.  Schli-pius  ;i\\ 

wenn  mnn  unnrilg  kinder  sirht, 
die  zrissen  hergehu  und  zcrhudcit. 

H.  Waldi»  Esop  4,  70,  50. 

4)  hergehen ,  eine  stetige  entfallung  und  einen  verlauf  ron 
handlungcn  kennzeichnend,  die  sich  einem  vor  augrn  stellen :  und 
gebet  bei  inen  unlernander  her,  blut,  niurd,  dicbslal.  weish. 
.Sa/.  11,  27;  liesze  darauf  die  trompeten  blasen,  und  alles  in 
floribus  hergeben.  Schuppius  012; 

[dir)  ein  grablied  fetz  zu  bringen, 
geht  hart  und  nauer  her,  mein  spil  will  niorgeiKl  klingen. 

IloiPi-iR  75. 

5)  daran  angefchlossen ,  gilt  unper!>f'>nliches  es  geht  her  mit 
einem  bestimmenden  zusalze ,  als  bczetchnung  einer  andauernde* 


1101 


HERGEHEN — HERHABEN 


HERHALTEN 


1102 


weise  des  lebens  oder  Verfahrens:  wie  es  biszveilen  unter  den 
menschen  pfleget  herzugehn.  Lokmans  fab.  29;  wie  es  in 
menschliclien  sachen  pfleget  herzugehen.  Chb.  Weise  erzn.  t ; 
wiewol  ich  nicht  bin  gesinnet  gewesen ,  den  friedliebenden 
leser  mit  dieser  leichtfertigen  reuterpursch  in  meines  knäns 
haus  und  hof  zu  führen,  weil  es  schlimm  genug  darinn  her- 
gehen wird.  Simi>l.  1,20  Kurz;  es  gehet  wunderlich  in  der 
weit  her,  miranda  in  hoc  seculo  acädunt.  Stieler  627 ;  es  soll 
in  unsrer  kirche,  so  weit  diesz  nur  immer  thunlich  ist,  von 
ungefähr  eben  so  hergehn  wie  in  einer  christenkirche.  Klop- 
STOCK  12.361;  dasz  es  noch  eben  so  gut  in  der  weit  her- 
gehen sollte.  Kant  9,4;  es  geht  alles  auf  groszem  fusze  her. 
Gotter  3,  4S2;  bei  ihm  musz  es  grosz  hergehen.  Klinger 
1,  73;  so  lustig  und  munter  es  jedoch  bei  uns  herging.  Göthe 
23,102;  wenn  es  nicht  immer  zum  anständigsten  herging. 
24,144;  wenn  es  auch  drauszen  noch  so  wild  und  wunder- 
lich herging.  221;  zum  Schlüsse  ging  es  am  allerlebhaftesten 
her.  324;  als  ein  symbol  des  weit-  und  geschäftslebens  wo 
es  auch  nicht  immer  sanft  hergeht.  31,30;  in  der  schlacht 
gieng  es  heisz  her; 

wann  aber  hitze  kömmt,  müh,  sorgen  und  bescbwerden, 
da  geht  es  schwitzig  her.  '       Logaü  1,  108,  54; 

trompet  und  trab  und  trommel  summt, 
da  gehts  wohl  lustig  her.    Göthe  1,  149; 
müst  erst  mit  eignen  augeo  sehn, 
wies  drinnen  thut  im  haus  hergehn.    13,64; 
heisa,  juchheia!  dudeldumdei! 
das  geht  ja  hoch  her.    bin  auch  dabei! 

SoHiLLER  Wallenst.  lager,  S.auftr.; 

wenn  ich  von  etwas  überzeugt  bin,  geht  es  bei  mir  geschwind 
her.  ich  habe  schon  meinen  brief  im  köpfe  zusammengestellt. 
GüTHE  17, 119. 

6)  anders  es  geht  her  über  einen  oder  etwas,  in  der  bedeu- 
lung  einer  oder  elwas  Kird  angegriffen ,  angefallen ,  wobei  man 
sich  an  her !  (für  geh  her)  den  ruf  der  landsknt:<hte  zum  sam- 
meln vor  dem  angriffe  {sp.  1001)  erinnert,  wenn  auch  die  formet 
aus  dieser  zeit  nicht  zu  belegen  ist:  nun  gieng  es  über  das 
essen  her;  jetzt  geht  es  über  mein  geld,  meine  vorräthe  her; 
namentlich  häufig  auf  angreifende  und  kränkende  reden  bezogen: 
wenn  die  Schwester  eben  so  unbillig  gegen  mich  gewesen, 
als  sie  es  gegenwärtig  gegen  Carln  ist,  so  mag  es  manch- 
mal artig  über  mich  hergegangen  sein.  Lessing  12,  459  {von 
1776);  gib  nur  acht!  wie  die  den  mund  aufthut,  wirds  wieder 
über  das  arme  haus  hergehen.  Göthe  U,  280 ;  sonst  ging  es 
über  einzelne  personen  her,  jetzt  soll  es  das  ganze  mensch- 
liche geschlecht  entgelten.  15,107; 

musz  ich'  doch  heut  erfahren,  was  jedem  vater  gedroht  ist: 
dasz  den  willen  des  sobns,  den  heftigen,  gerne  die  muiter 
alizugelind  begünstigt,  und  jeder  nachbar  partei  nimmt, 
wenn  es  über  den  vater  nur  hergeht  oder  den  ehmann. 

40,  282. 

HERGEN,  verb.  einen  heerzug  machen,  wüsten,  vergl.  beeren 
oben  sp.  754.  755.  transitiv,  in  der  bedeutung  vernichten,  aus- 
rotten :  man  musz  ye  den  unflat  ausz  der  gemain  gottes 
bergen.  S.  Frans  trunkenheit  1531  B  4'. 

HERGESIPPT,  part.: 

fürstin,  von  den  Obotriten  einer  deutschen  heldenart 
hergesippt:  gerechtem  stamme,  von  Piastus  zugepaart« 

LoCAU  3,  70,  79. 

HERGESSET,  adv.  abgeschwächte  form  von  her  und  jenseit, 
aus  ?!ürnberg  bezeugt:  verhieb  den  walt  uncz  an  die  strasz, 
die  gen  Wendelstein  geel,  hergesset  des  Kornberge  von  Wentel- 
sleiner  strasz.  d.  städtechron.  2, 270, 17  {ane  handschriß  liest 
her  genssei) ; 

wann  ich  musz  auch  Taren  hienieber, 

wiwol  ich  blieb  hergesset  lieber.    H.Sachs  2,2,3*. 

vergl.  unten  herjesseits. 

HERGESTALT£N ,  verb.:  dasz  man  meine,  diese  nenn- 
wftrler  wären  ausz  den  Zeitwörtern,  wie  wol  auch  zu  geschehen 
pfleget,  hergestaltet.  Logad  3,  3. 

HERGET,  m.  s.  herrgott. 

HERGLÄNZEN,  verb.:  ihr  rosenmund,  sammt  der  daraus 
herglänzenden  perlenreihe.   Caipb  s.  v.  perlenreihe. 

HERGÜCKEN,  verb.  in  hune  loeum  oculos  converlere.  Stie- 
ler 714. 

HERHABEN,  verb.  l)  irie  unten  herhalten:  darnach  so 
die  beul  hindurch  ist,  do  hatten  sich  die  armen  paurn,  die 
müssen  sich  leiden  und  herhaben.  S.  Frank  chronica  217*. 
vergl.  darbabea  Iheil  2,  775. 


2)  woher  etwas  besitzen:  den  schönen  und  groszen  begriff, 
welchen  uns  herr  W.  von  der  erziehung  der  alten  Griechen 
macht,  wo  mag  er  den  überhaupt  herhaben?  Lessing  5,20; 
wo  könntest  du  dieses  doch  herhaben?  Fichte  siltenl.  288. 

HERHALTEN,  verb.  in  transitiver  fügung. 

1)  etwas  herwärts,  nach  einem  sprechenden  zu,  hallen:  halt 
die  flasche  her,  ich  will  dir  wein  eingieszen;  einem  die  band 
herhalten,  alicui  manum  porrigeie.  Steinbach  1,683;  auch, 
in  der  spräche  des  gewöhnlichen  lebens,  wol  mit  Unterdrückung 
des  objects:  halt  her,  ich  will  dir  den  splitter  aus  der  band 
ziehen. 

2)  häufig  bezogen  auf  körperlheile ,  die  zur  Vollstreckung  einer 
Züchtigung,  einer  leibesslrafe  dargehalien  werden:  einem  den  hals 
herhalten,  praebere  alicui  cervicem.  Hederich  1260;  er  musz 
seinen  köpf  herhalten,  mortem  subiturus  est.  Steinbach  1, 683 ; 

der  arme  man  musz  kürzumb  dran, 
sein  rücken  in  (den  gotitoseu)  her  halten. 

LcDwiG  IIktzkr  der  xxxvij  psalm  Davids,  slr.  8. 

3)  hieraus  hat  sich  die  formet  herhalten  müssen  {mit  unter- 
drücktem objeci)  ergeben ,  in  dem  sinne  von  leiden ,  erdulden 
müssen:  darhalten  et  herhalten,  calamitatem  sufferre,  adversas 
res  sustinere.  Stieler  744;  zunächst  in  der  schärfsten  fassung, 
lebensstrafe  erleiden  müssen:  nicht  so,  lieber  gesell,  du  muszt 
herhalten,  und  on  alle  barmherzigkeit  sterben.  Luther  3,143'; 
also  hat  sichs  umbgekeret,  das  wir  der  Sünden  und  dem 
tod  trotzen,  spotten,  honen  und  lestern,  als  die  wir  gewis 
sind,  das  sie  nicht  mehr  können,  soudern  müssen  herhalten. 
178';  da  müssen  denn  die  propheten  herhalten,  und  gestraft 
werden,  als  die  nicht  aus  gott,  sondern  aus  dem  teufel  ge- 
redt haben.  225*;  also  auch  mit  der  straf  .  .  .  wer  nicht 
(spricht  er)  gleubet,  ist  verdampt,  er  spricht  nicht,  ich  wil 
den  son  umb  des  vaters  willen  verdammen ,  sondern  der 
vater  mus  selber  herhalten.  4,508*;  ein  ander  weiser  man 
hat  gesagt,  das  das  recht  gleich  sei  einem  spinweb,  wenn 
die  kleinen  fliegen  darein  komen,  so  müssen  sie  herhalten, 
wann  aber  die  groszen  bummeln  darein  kommen,  so  faren 
sie  durch.  527';  daran  angeschlossen,  von  tMeren ,  geschlachtet 
werden :  so  haben  es  die  hüner  bei  ihnen  gut,  versetzte  der 
von  der  Erden ,  sie  dörfen  sich  nicht  befürchten ,  dasz  sie 
herhalten  müssen,  unw.  doctor  927;  bei  mir  wird  viel  ge- 
schlachtet, sonderlich  müssen  die  jungen  kälber  wol  her 
halten,  gefl.finken  26;  das  erste  was  mir  begegnet  und  halb- 
weg  genieszbar  ist,  das  musz  herhalten,  kinder-  u.  hausmärchen 
2,107.  in  milderem  sinne  leiden  müssen,  von  spolt,  unbill,  an 
feindung:  wenn  aber  der  arme  redet,  so  spricht  man,  wer 
ist  der?  und  so  er  feilet,  so  mus  er  herhalten.  Sir.  13,29; 
so  müssen  wir  dem  teufel  und  der  weit  herhalten.  Luther 
tischr.  Ibb* ;  wir  müssen  herhalten  und  leiden.  222*;  denn  es 
sind  der  Widersacher  bücher  am  tag,  darinne  des  bapsts 
gewalt  alzuhoch  gehaben  wird,  dieselbige  straft  niemands, 
allein  wir  müssen  herhalten,  derhalben  das  wir  Christus 
wolthat  preisen.  J.  Jonas  apologie  der  augsb.  conf.  verdeutscht 
(bei  Luther  6, 415*,  im  original  nos  soll  plectimur) ;  wo  krieg 
ist,  da  musz  der  unschuldige  so  wol  als  der  schuldige  her- 
halten. Simpl.  1,  258 ;  dasz  mancher  nach  seinem  tode  von 
den  lästerern  herhalten,  und  seinen  nahmen  schänden  lassen 
musz.  Lokmans  fab.  29 ;  wann  das  frauenvolk  am  sontag  zu- 
sammen kommt,  ...  da  musz  bald  dieser,  bald  jener  her- 
halten, der  desz  morgens  in  der  kirche  gewesen,  da  hat  der 
eine  krum  gangen,  dem  einen  hat  dieses,  dem  andern  jenes 
am  kleid  gemangelt,  der  eine  hat  zu  viel,  der  ander  zu 
wenig,  da  musz  bald  diese  Jungfer,  bald  jene  frau  herhalten. 
ScHCPPiüs  205;  zu  beklagen  ist  es,  ..  dasz  die  meisten  so 
unverschämt,  und  das  urtheil  von  denen  sachen  fällen  wollen, 
derer  sie  doch  weder  kündig  noch  erfahren,  wie  musz  doch 
unsere  hochteutsche  poesie  von  ihnen  herhalten.  Enoch 
Hanmann  anm.  zu  Opitz  poeterei  81;  gleichfals  ist  auch  nicht 
unwissend,  dasz  diejenigen  weidlich  bei  denen  bauren  her- 
halten müssen,  die  es  mit  dem  pfarrer  halten,  den  solchen 
geben  sie  allerhand  schandnahmen.  baurenst.  lasterpr.  46 ;  ja 
auch  wol  auf  dem  wege  nach  der  Stadt,  von  jungen  und 
alten  musz  der  gute  pfarrer  herhalten.  47 ;  den  wissen  die 
bösewichter  nicht  genug  auszuhönen,  und  musz  er  ihnen  bei 
allen  zechen  herhalten  und  zur  kurzweil  dienen.  49;  ohne 
müssen:  der  nutzen  der  gcmeinheit,  zu  der  ich  gehöre,  ist 
auch  mein  nutzen:  diesen  ganz  an  mich  reiszen  zu  wollen, 
heiszt  das  band  der  Vereinigung  unter  den  menschen  auf- 
lösen, wodurch  auch  meine  Wohlfahrt  herhalten  wird.  Garve 


1103 


HERHALTEN  —  HERHOCH 


HERHOCKEN  — HERING 


1101 


übert,  von  Cicero  de  off.  3,  6 ;  die  armen  kollegen  werden  eben- 
falls stark  herbalten.  H.Heine  9,  4S; 

ich  schwätze  mit  mir  selbst,  bald  fang  ich  aa  zu  lachen, 
bald  hält  der  spiegel  her,  bald  wünsch  ich  weisz  nicht  was. 

GÜNTHER  bb'2. 

den  mildesten  sinn  erlangt  herhalten  müssen ,  wo  es  nur  ein 
opfer,  einen  beitrag  zu  einer  last  kennzeiclmel :  die  ßarfüszer 
rouszten  auch  mit  ircm  gurten  herhalten  {ihn  hergeben,  um 
platz  zu  gewinnen  für  das  Ulmer  münster).  Frank  chron.  Germ. 
153S  313';  eben  das  kleid,  was  ich  dir  verschaffen  will,  hat 
schon  mehrmoJ  herhalten  müssen  {visilen  darin  zu  machen). 
MösEB  verm.  sclnift.  2,43;  ich  niuszte  in  dieser  zeit  trefliich 
mit  meinen  kunsttalenten  herhalten.  Tieck  9,  2"0. 

4)  dieses  herhallen  müssen  steht  sogar  transitiv  (herhalten  wie 
aushalten):  also  müssen  in  der  christlichen  gemeine  etliche 
sein ,  die  gute  puffe  müssen  herhalten  dem  teufel.  Luther 
tischr.  222'. 

5)  herhalten,  nach  halten  H,  S  sp.  295  und  her  sp.  1000: 

DUO  tritt  er  kühnlich  auT:  die  Hehler  gähnen  schon, 
er  hält  die  rede  her,  sie  rühret  das  gerichte. 

LiCHTWER  fabeln  b.  3,  8. 

HEKHALTÜNG,  f.  perpessio.  Stieler  744. 
KERHA>'GEN,  verb.  intrans.  hangend  herwärts  reichen:  dort 
die  schwindelnde  höhe  über  schieckiiche  meerstrudel  her- 
hangender felsen.  Lessinc  5,  70;  meine  augbrauen  sollen  über 
euch  herliangen  wie  gewitterwolken.  Schiller  räuber  2,  2; 
der  mond,  der  noch  mit  seinem  abgewischten  Schimmer  wie 
eine  Schneeflocke  tief  gegen  abend  herhing.  J.  Pacl  uns.  löge 
3,113; 

ölTne  die  nacht,  die  über  mich  herhängt! 

Klopstock  3,  204; 
gegen  die  hohen  wipfel  der  palmen  senkt  sich  vom  himmel, 
gleich  herhangenden  bergen,  die  nacht.  238; 

denn  über  mir  hieng  schrofT  die  felswand  her. 

Schiller  Teil  3,  1. 

HERHÄNGEN,  verb.  Irans.:  hänge  den  rock  nur  her. 

HERHAUE.N,  verb.  inßigere  iüum :  bau  her !  feri  caesim  contra 
me.  Stieler  790. 

HERHELM,  adv.  l)  her  in  die  heimal,  heimwärts,  es  ist  der 
adverbiale  acciisativ  heim  mit  dem  die  richtung  näher  bezeich- 
nenden her  verbunden,  und  diesem  formalen  verhalle  gemäsz 
erscheint  das  wort  zunächst  auch  nur  mit  verben  der  bewegung 
verbunden : 

dö  ich  berheim  ze  hinde  kam.    g.  Gerh.  6809; 
das  alles  nomen  sie  herausz,  .  .  .  und  füertcn  es  berhaim. 
d.  stddtecltron.  5,34,32;    zugen    des    abenls  berhaim.    37,10; 
wie  der  nun  uf  der  kirchweihe  abendt  widerumb  begert  her- 
heim  zu  reiten.  Zimmer,  chron.  3,553,23; 

ich  sag  euch,  liebe  kinder, 

ich  kom  leicht  nimmer  herhaim. 

L'hland  volksl.  318; 
ich  sucht  dich  beim  schön  brünnen; 
da  thet  mau  sagen  mir, 
du  werst  längst  herlieim  gangen. 

Ayrkr  fasln. sp.  166*  (3156,7  Keller) 

2)  da  aber  schon  frühe  der  acc.  beim  auch  für  den  daliv 
(heime)  gesetzt  wird  (s.  sp.  856),  so  erlangt  iierheim  den  sinn 
hier  zu  harne,  dalieim ,  und  steht  auch  mit  verben  des  bleibens 
ujid  wohnent: 

'ich  bitt  euch,  lieber  vatter, 

bleibeut  beinett  berhaim!' 

berhaim  so  war  ich  gerne, 

herhaim  so  war  mir  wol.    Uulano  voüul.  318; 

du  roöst  herhaim  beleiben, 

mfist  spinnen  die  praunen  seiden.    251; 

derhalb  lasz  sie  herhaim  zu  hausi. 

il.  Sachs  3,  1,  94*; 
meins  ich  toi  montags  herheim  bleiben.    4,3,37'; 
«arumb  bleibst  nicht  herheim  bei  mir? 

Atreh  fatln.  ip.  81*  (2748, 10  Keller). 

HERHEIME.N,  adv.,  wie  herheim  2,  vgl.  beimen  (Aen  «p.  869: 
et  ist  kemer  herbcimen.  Wirsunc  Calixslus  aa; 

nun  musz  ich  stets  herheimen  bleiben. 

II.  Sach»  4,  3,  4^•. 

HEHHELFEN,  verb.  promovere  rersus  not:  gott  hat  mir  her- 
gehnlfen.  deut  me  hue  addiixU.    Stieler  839. 

HFP.HINKE.N,  verb.:  zwischen  mir  und  dem  weg,  den  sie 

•  ti  {drei  beUler).  Simpl.  4,  327  Ktir:. 

oCH,  adj.  eine  umdeultchung  h'nQUjkhts  von  heroiscb, 

uh-,n    der   ertte   Ihetl   de$    wartet   an  hehr  almus  anytlehnt  tu: 

wuartiscbe,  nuniebriicbe  und  berhobe  rcimcu.  Garg.'iH*;  in 


subslanliver  Verwendung,  für  heros  stehend:  der  herhoben  und 
heidnischer  halbgötter  glückseligkeit.  139*.  auch  herbuhisch: 
waren  das  nicht  herrliche  herhohische  magenpulferige  helden- 
übungen?  52*. 

HERHOCKEN,  verb.  assidere:  sein  beständiges  berbocken, 
assidiiilas  ejus.  Sekz  67";  nu  ja,  da  wollen  wir  herhocken, 
quiiümo  hie  loci  sedebimus.  67*. 

HERHOLE.N,  verb.  arcessere.  l)  eigentlich  und  sinnlich,  in 
bezug  auf  personen  und  sachen:  sende  nu  bin,  und  las  in 
her  holen  zu  mir,  denn  er  mus  sterben,  i  Sam.  20,31;  der 
künig  sprach,  holet  mir  ein  schwert  her.  l/fii».  3,  24;  schickt 
liin,  und  lasset  Susanna  ...  her  holen.  Sus.  29;  bohle  den 
jungen  her,  arcesse  famulum,,  die  Soldaten  bohlten  den  dieb 
her,  milites  adducebant  furem.  Steinbacu  1,773; 

steht  auf  geselle, 
und  holet  unsern  kater  her.    Licbtwer  fabeln  2,  5. 

2)  übertragen,  von  dem  heranziehen  eines  ausspruches,  beweiset, 
gleichnisses :  es  sind  auch  andere  noch,  die  sich  an  den  alten 
Zeiten  gar  zu  sehr  vergaffen,  . .  denen  alle  worte  gleichsam 
ein  eckel  sind,  da  ferne  sie  nicht  von  den  letzten  und  ver- 
gessenen Zeiten  hergeholet  werden.  Schuppics  S49;  der  kin- 
dische Orient  .  .  .  liebte  solche  weit  hergeholte  bilder  und 
dunkle  einkleidung.  Herder  zur  rd.  u.  Iheol.  7,93;  ist  den 
Parteien  das  gleichnis  nicht  zu  hergeholt.  J.  Paul  vorsch.  d. 
dslh.  1.9.  —  sprichwürllich :  einen  über  die  hechel  herholen, 
(/(//  durchziehen,  läslern.    Fischart  bienic.  4*. 

HERHOLPERN,  verb.:  hin-  und  herholpern,  Atnc  et  inde 
titubare ,  per  verrucosa  luca  jactari,  varie  tn  salebris  concuti. 
Stieler  853. 

HERHOLUNG,  f.  accUus,  accersitus.  Steinbach  1,  773. 

HERHORCHEN,  verb.  einem  spreclienden  zugewendet  lauschen : 
horche  her,  ob  du  etwas  hörst. 

HERHÖREN,  verb.  dirigere  aures  in  hunc  nostrum  locum  sive 
versus  nos.  Stieler  859 :  der  kan  recht  mit  ihr  umbgehen 
und  weisz  sie  herhörend  zu  machen.  Lother  28'. 

HERHÜPFEN,  verb.  in  hunc  locum  tripudiare:  da  kommt 
das  kind  hergehüpft;  der  vogel  hüpfte  her  zu  uns. 

HERIBANN,  m.  bei  Schiller  TM  2,  2,  vgl.  heerbann  sp.  754. 

HERICH,  m.  gekürzte  form  für  hederieb,  erysimum  offiänale. 
Nemnich. 

HERLNG,  m.  cliipea  harengus. 

1)  die  form.  ahd.  häring  und  herinc,  bering,  herincb,  mhd. 
heiinc;  ags.  haering  und  bering,  engl,  herring,  niederl.  haring; 
den  nordisc.lien  sprachen  abgehend,  die  dafür  alln.  sUd,  dänisch 
sild,  schwed.  sill  haben,  nhd.  steht  neben  der  form  bering  {auch 
häring  gesdirieben)  das  unnasalierle  härig  halec  Maaler  206'; 

si  band  ze  Dorneck  ein  härig  gesseu, 
darnach  erst  zStraszburg  trunken. 

UuLiND  volksl.  442; 

und  dos  der  zuerst  genannten  ahd.  form  gleiche  haring  allee, 
voc.  ine.  theut.  i  l',  was  in  deni  neuerdings  in  komischer  rede  auf' 
gekommenen  alterthümeluden  harung  nactiklingt: 

0  harung,  armer  harung!  Scheffel  gaudeamut. 
dasz  bering  ein  aus  dem  lat.  halec  übernommenes  und  durch 
anlehnung  an  das  heimUcho  beer  umgedeutsclites  wort  sei  {gramm. 
2,  350.  Wackernagel  umdeulschung  51),  ist  die  allgemeine  an- 
nalime.  sie  wird  gestützt  durcli  die  ältcslc  hochdeutsche  form,  der 
wahrscheinlich  langes  a  beizulegen  ist,  sowie  durch  den  umstand, 
dasz  das  worl  zufrühest  nicht  den  von  uns  darunter  gemeinten 
fisch,  sondern  einen  andern  sahfisch  bezeichnete. 

2)  lat.  halec  gieng  u.  a.  IheiLi  auf  eine  arl  Ütunfische,  die  im 
schwarzen  wie  im  mUleUdndischen  merre  seit  undenklichen  leiten 
in  müssen  gefangen  und  mariniert  weithin  verfährt  wurden,  datier 
spaniscti  noch  heute  aleclie  die  makrele;  lluils  auf  verscliiedene 
arten  der  gallung  clupea ,  aUe ,  die  man  namentlich  in  küsten- 
orten  des  snitlelländischrn  meeres  auf  dieselbe  art  iubereitete  und 
in  handcl  braclde;  die  letztere  bedeulting  bewahrt  nocli  ital.  alice 
Sardelle,  der  handel  mit  solchen  salifisrlicn  muste  sicJi  schon  früh 
auclt  nadi  Oberdeutschland  gezogen  haben,  ahd.  wird  towul  halec 
als  sardinia  durch  li.'iriMg,  bering  glossiert  (Graff  4,  lOlu),  und 
wenn  noch  im  Merancr  stadtrechle  aus  dem  14.  jahrh.  hSringe 
und  dürre  viscbe  erwahnl  werden:  oucii  sol  der  vcillrager 
nemen  ze  Wni,  so  er  hilringe  oder  dürre  vische  teil,  von 
dem  hingeber  von  einem  liiinderl  hflringe  oder  dürrer  vische 
einen  vibcb  Ane  gcva.-rde.  Haupts  letlsdir.  6,  419,  so  stnd  unter 
den  trtttren  wahrscheinlich  die  'aus  Italien  herübergekommenen 
aUen  und  tardellen  zu  denken;  ebenso  bei  Scifnd  HeibUng: 


110? 


HERLNG 


HEBCs'G  —  HEKLNGSKOPF 


1106 


her  vvirt,  ich  muo?  iueh  nssten 

als  eineo  berinc  ür  der  gluot.    1,  '06. 

auch  der  norden  Deutschlands  lernte  diese  sabßsdte  kennen :  sarda 
ags.  haering  Dief.  512';  sardinus  beringas  (lies  heringas)  Haupt 
5, 198'.  der  fremde  name  gieng  dann  auf  einen  älinlichen  hei- 
mischen fisch  über,  der  in  mengen  an  den  englischen  und  nord- 
deutschen küslen  su  einer  gewissen  zeit  sich  zeigte  und  den  küsten- 
beiBohnern  als  ein  hauptnahrungsmiltel  diente  (misralener  herings- 
Tanc  in  Preussen  im  j.  1313  als  strafe  gottes  aufgefaszt.  Jeroscbin 
25455).  vielleicht  das:  die  anfange  in  der  kunst  des  einsalzens 
dieses  heimischen  fisches  von  den  südlichen  salzßsehen  her  gelernt 
wurden ;  eine  kunst  die  in  den  anfangen  jedenfalls  viel  aeiter  als 
bis  ins  14.  jahrh.  hinauf  reicht.  Megenbebg  kennt  den  häring 
bereits  in  der  heuligen  bedeutung,  erwähnt  aber  weder  seine  ein- 
salzung noch  handel  mit  demselben:  allec  haijt  ain  härinch  .. 
die  pesten  häring  genl  pei  Schottenlant  und  die  aller  poesten 
pei  däulschen  landen.  245,  9.  {der  Verfasser  des  lateinischen 
Originals  zu  Megenbergs  buch  war  ein  Niederländer  des  iZ.  jahrh., 
vergl.  Pfeiffers  vorrede  zu  Hegenberg  s.  mix.)  erst  zu  anfang 
des  \b.  jahrh.,  als  die  Holländer  in  der  kunst  des  einsalzens  und 
verpaekens  dieses  fisches  Vollkommenheit  erreicht  halten,  wird  der- 
selbe ein  wichtiger  handelsartikel,  und  so  bedeutend  ist  nun  seine 
Verbreitung,  dasz  der  umgedeutsciäe  name  des  fisches  in  die  roma- 
nisclien  sprachen  eindringt:  ital.  aringa,  span.  arenque,  provenz. 
arenc,  franz.  hareng. 

3)  das  außommen  dieses  handeUartikels  in  Deutschland  seit  dem 
ib.  jahrh.  zeigt  sich  sprachlich  dadurch,  dasz  hering,  wie  andere 
waarennamen,  als  collectivum  behandelt  wird:  meinen  factoren 
hab  ich  bevolhen,  dasz  sie  an  dem  see  hering  kauften  und 
den  gen  Nurenberg  füerten  und  in  Franken;  so  ist  so  vil 
und  so  grosz  bering  von  dem  Rein  kernen ,  dasz  der  mein 
veracht  ist.  d.  äädtechron.  3,  97,  22  (rede  eines  kaufmanns  an 
den  kaiser ;  der  kaiser  antwortet  in  nicht  technischer  spräche:  füer 
dein  hering  wider  da  sie  kauft  seind  worden.  31);  item  das 
man  keinen  alden  hering  alhir,  wenne  der  nuwe  zukommen 
ist,  noch  Michaelis,  vor  kaufmannsgut  hir  keufen  adder  vor- 
keufen  sulle.  urkundenb.  d.  sladt  Leipzig  1,314  (r.  1464);  von 
einer  tonna  herings  ein  hering  (abgäbe).  Amstädter  stadtr.  bei 
Michelsen  rechtsdenkm.  ausThür.  1,56.57;  heringhes  ene  gude 
tunnen.  Moke  schausp.  d.  mitt.  2,  90. 

4)  hering  heiszt  schechtweg  und  eigentlich  der  eingesalzene  fisch 
(sonst  böckelhering,  Salzhering); 

salz  im  tode,  salz  im  leben 

ist  dem  hering  immer  eben: 

witz  in  freuden,  witz  im  leiden 

sollen  menschen  nimmer  meiden.    Logau  3, 250,  ISO. 

grüner,  »eiszer,  frischer  hering  heiszt  der  hering  wie  er  aus 
dem  Wasser  kommt,  vergl.  Nem.mch  2,107t.  hering  ist  geringe 
und  fastenkosl :  (dasz  unter  kaufmanuswaare)  ouch  hering  gesin 
sint,  weihe  der  koufman  ser  hoch  gelopt,  wie  ej  so  guot 
Tasten  spise  si  und  gar  übt  on  allen  uncosten  zuo  bereiten. 
Germ.  13,  76 ; 

so  esz  wir  ainn  bering  für  ain  rephun  {zu  aschermittieoch). 

fastn.  sp.  622,  1 ; 
herr  wirt,  wir  kumen  nit  her  ümb  sust, 
wann  ich  dag  selber  meinen  verlast, 
ich  waisz  nit,  wie  uns  ist  geschehea, 
das  wir  bering  und  zwifel  sehen 
und  uns  di  krapfen  sein  entwichen.    628,  7. 

als  leckerbtssen  aber  gilt  der  gebratene  hering,  vorzüglich  in 
Dürtngen  (vergl.  unten  hcringsfresser,  -nase): 

halec  assatum      Thuringis  est  Lene  gratum, 
ex  uno  capite  faciunt  bis  Tercula  quinqiie. 

alte  verse  bei  Stei;«bach  2,  111. 

daher  sprichwörtlich :  man  musz  oft  den  bauern  ein  hering 
braten  (das  maul  schmieren).  Lehmann  72.  die  Zubereitung  eines 
solchen  richtet  sich  nach  individuellem  geschmacke,  daher  wieder: 
er  konnte  einem  jeden  einen  hering  braten ,  nach  dem  der 
mann  war.  er  machte  es  also ,  dasz  keiner  grosze  ursach 
hatte  über  ihn  zu  klagen.  Scacppids  28 ;  dasz  er  wisse,  wie 
man  hinein  jeden  einen  hering  braten  solle,  nachdem  der 
mann  ist.  31.  —  rostiger  hering  (vgl.  unten  rostige  herings- 
nasen  unter  dem  letzleren  wort) :  unzahlich  vil  häringsthonnen 
von  gewässerten,  bezwjbelten,  beessigten,  gesalzenen,  frischen 
und  roschtigen  bäringen  und  böckling,  welche  rochen,  wie 
deiner  magd  pfu.  Garg.  55";  in  einer  redensart:  aber  es  war 
zu  dränge  und  kunnte  nicht  zukomen  und  asz  einen  rüstigen 
hering  dafür.    Lctber  br.  4, 153. 

Dem  frischen,  neuen  hering  steht  son.H  der  alte,  faule  gegen- 
über (vgl.  die  ilellc  aus  dem  Lcipz.  urkundenb.  I,  314  oben  unter  3): 
VI.  u. 


sie  wären  siebenfache  spitzbuben,  alte,  obwohl  in  milch  ein- 
geweichte häringe,  die  sich  dadurch  für  frische  gäben.  J.  Paul 

flegelj.  1,50; 

die  fulea  bering  man  vermyscht 

das  man  verkouft  sie  gar  für  frjsch. 

Brant  narrensch.  102,  75. 
beringe  werden  gekakt  (gesäten),  geschlichtet,  in  tonnen  ge- 
schlagen, gepackt  (Nem.mch  2, 1072),  gewrackt  (nach  der  gute 
sortiert,  vergl.  unten  heringswracker).  die  enge  der  Verpackung 
zeichnet  eine  redensart:  weil  die  besten  statuen  in  einem 
schuppen  von  bretern ,   wie  die  beringe  gepacket ,   standen. 

WINKELMASS    2,  406. 

5)  Zusammensetzungen  von  hering  nach  der  beschaffenheit  des, 
fisches:  jacht-hering,  jungfern-h.,  hohl-h.,  schosz-h.,  voll-h., 
tonnen-h.,  brand-h.  (vergl.  theil  2,298).  das  holländische,  jetzt 
vielfach  ins  deutsche  übergegangene  maatjes-hariog  bezwhnet  das- 
selbe was  jungfern-hering. 

6)  einen  dürren  menschen  vergleicht  das  volk  etnem  bering: 
solch  ein  hering! 

HERl.NGER,  m.  heringsrerhiufer :  heringem  und  pfraynern 
zu  iren  gesalzten  vischen.  Tccher  baumeisterb.  168, 13.  fem. 
heringerin:  (ein  rührenäoek)  dorbei  die  herringerin  wessern. 
189.  26. 

HERINGSBäUCH,  m.  vtnter  halecis.  Stieleb  107. 

HERINGSBLICK,  m.  der  blitzende  glänz,  den  die  beringe  von 
sich  werfen,  wenn  sie  in  scharen  zusammen  schwimmen.  Nem.mcb 
2, 1076. 

HERINGSBÖCKELEI,  f.  das  einsalzen  der  beringe.  Jacobsson 
2.  217'. 

HERINGSBRCHE,  f.  brühe  in  der  die  gesalzenen  beringe  liegen, 
lake.  auch  fleischbrühe,  durch  beringe  gewürzt.  Amakanthes 
frauenz.-lex.  (1773)  1382. 

HERINGSBUDE,  f.    bude  in  der  beringe  feil  geboten  werden. 

HERINGSBCSE.  f  scliifffür  den  heringsfang  (holt,  haringbuis). 

HERINGSEINKEHR,  f  einkehr  in  dichten  scharen:  der  ganze 
freihafen  des  pfarrhauses  war  durch  die  heringseinkehr  von 
kindern  und  enkeln  . .  gesperrt.  J.  Pacl  jubeis.  101. 

HERINGSF.\NG,  m. :  häringsfang  der  Holländer.  Jacobssos 
2,  217*.  recht  zu  solchem:  der  häringsfang  gehöret  den  papste. 
Schelmuffsky  2,72.  ort  wo  er  stattfindet:  fuhren  ..  nach  dem 
häringsfange  zu.   77. 

HERINGSFÄNGER,  m.:  alleciarius  heringfanger  roc.  opt. 
(Leipz.  1501)  B3\  auch  schiff  zum  heringsfange :  der  herings- 
fänger  oder  büsen  sein  unzähliche.  Laubenberg  acerra  498. 

HERINGSFASZ,  n.  für  die  gesalzenen  beringe:  geräucherte 
bücklinge,  die  . .  in  tonnen,  etwas  gröszer  als  die  herings- 
Fässer,  gepackt  werden.  Scbedel  waarenlex.  1,  S-« 

HERINGSFISCHER,  m.  fisclier  auf  beringe. 

HERINGSFISCHEREI,  f.:  die  heringsfischerei  ist  schon 
vor  vielen  100  jähren  ein  hauptnahrungszweig  der  Flamländer 
gewesen.   Schedel  waarenlex.  1,  521*. 

HERINGSFRAU,  f.  heringsverkäuferin ,  vergl.  heringsweib: 
es  mag  auch  eine  häringsfrau  in  Teutschland  sitzen  wo  sie 
nur  wolle,  und  mag  auch  so  viel  häringe  haben  als  sie  nur 
immer  will,  so  sind  sie  . .  alle  auf  der  Tyber  bei  Rom  ge- 
fangen. Schelmuffsky  2,  72. 

HERINGSFRESSER,  m.  Schimpfwort  für  die  Düringer:  Thü- 
ringer häringsfresser.  geß.  finken  15.  vgl.  hering  4,  herings- 
kopf,  und  heringsnase. 

HERINGSHEER,  n.; 
ihr  gesalznes  heringsheer,  gebet  groszen  herzensdank 
für  in  Holl-  und  Engeland  aufgerührten  waffenszank, 
weil  sie  beide  selbst  sich  fressen,  künnen  sie  euch  nicht  ver- 
zehren, 
küunen  euch  ausz  eignem  salze,   nicht  in  fremdes  mehr  ge- 

wehren. 
LoGAU  3,  249, 179  (holt-  u.  enijetändisclier  krieg). 

HERINGSHOKE,  m.  venditor  balecum.   Stieler  848. 

HERINGSJÄGER,  fw.  «"  Holland  ledige  jagdschiffe,  welche  den 
bfiscn,  wenn  sie  auf  dem  heringsfange  sind,  entgegenfahren,  ihnen 
allerlei  bedürfnisse  zuführen  .und  die  gefangenen  fische  abnehmen. 
Adelcsg. 

HERINGSKÖNIG,  m.  l)  nach  den  sagen  der  fischer  der  an- 
führer  der  ziehenden  beringe,  noch  einmal  so  grosz  als  einer 
derselben  und  von  anderer  färbe,  er  müsse  verschont  werden, 
wenn  der  heringsfang  nicht  den  grüsten  schaden  leiden  solle. 
Jacobssos  2,218. 

2)  heringskünig,  Zeus  faber,  der  sonnenfisdi.  Nehrich  4.1588. 

HERINGSKOPF,  m.  l)  köpf  eines  herings.  man  sagt  den 
Düringern    nach,   es   verköstige   sich    mit   einem  hcringskopf  eine 

70 


1 107      HER1NGSRRAM  —  HERINGSWAARE 

ganze  familie  (vifi  die  lal.  vnse  oben  unter  hering  4),  er  hange 
an  einem  faden  ton  der  deeke  dfs  zimmem  herab  und  jedes 
familieniilied  dürfe  nur  daran  /crfo'rt ,  eine  nachrede  auf  die 
Gurg.  55*  angcsjiirU  vird ,  und  die  auch  i.  Paul  im  äuge  hat, 
venn  er  eine  dfiringische  slube  beschreibt:  der  rollie  tiscli,  die 
rollien  wnndliänke,  die  iiindi-n  lufffl  in  der  lidizernen  \v;ind- 
leisle,  um  den  ofen  das  trockeiigeriiste,  der  liefe  stulien- 
b.-ilken  mit  herunlerhangenden  kulendern  und  liäringsküpfen. 
fleyelj.  t,  S7. 

2)  Schimpfwort:  nachdem  wir  ihnen  heimlich  fu  verstehen 
gegel)eii ,  diisr  gegenwäiliger  hüriiig<kopf  sei  welcher  sicii 
vur  einen   priiizen  ausgegeben.    Jiicundiss.  194. 

HEHINGSKHAM.  m.  luberna  salsamentaria.  Stieler  1024. 

HEUliNGShHÄMER,  »?i. :  man  darf  ihn  nur  an  seine  herrn 
Tellern,  die  heringskrämer,  erinnern.  Kotzebüe  dramat.  sp. 
5,  .32n. 

HEIUNGSKRÄMERIN,  f.: 
k:iuni  ileiikt  man :  nun  wjnls  ewig  hieiben  (etil  buch), 
so  Dininits  die  heriiigskröinerin  (tum  einimckm  iler  waarc). 

Croneck  2,  2ti5. 

nERINGSL.\KE,  f.  muria  halecum.  Stiei.er  1103:  garum, 
liquaiuen  ilk.d  ex  piscibiis  carnihiisque  sule  maceralis,  fisch- 
lacken,  heringshicken ,  fleischiacken  oder  peckel,  ut  Vücont 
Saxoite«.    Encelics  de  re  mtlallira  (löLl)  107. 

HERINGSMILCH,  f.  lacles  halecum.  Stieler  1266. 

;HERI.NGSMÖVE,  f.  larus  fuscus.  Nemnich  3,332. 

HEUI.NGS.NASE,  f.  1)  nase  eines  herings:  die  bauren  inn 
Mechelburg,  denen  ihre  junkherrn  kein  gröszer  plialarisch 
siraf  aiilhun  können,  als  wann  sie  dieselbigen  ein  tag  hinder 
den  glilenden  ofen  spannen  und  ihnen  nichts  dann  roslig 
versalzen  liäringsnasen  zu  fressen  gehen,  aber  gar  nichts  zu 
liinken.  Garg.  53*.  nach  ihrer  stumpfen  form  schimpfworl  für 
einen  tnenachen :  du  häringsnase!  Jucundiss.  \2i  ;  an  ihre  scldei- 
vüifi  art  knüpft  das  worl  an:  das  wird  sich  schicken,  wie 
eine  iiäriiigsnase  auf  einen  schHabenerinel  (</.  /(.  sehr  wol). 
A.  GRVi'HiU-i  16118  I,  724,  uubei  man  sich  an  die  fitjur  des  Spiegel- 
sctiirutien  im  mnhrchen  erinnern  vnisz. 

2)  nach  dir  ähnlichkeit  der  form  nennt  der  Schlosser  herin gs- 
nase  eine  art  ron  lischschlössern.    Jacubsson   6,  37*. 

3)  iieiingsnase,  sciiimpfwort  für  die  Düringer,  gründet  sich  auf 
die  ruilifbe  dieses  Stammes  für  den  hering  {ryl.  oben  hering  4, 
lierii  g<fresser,  lieringsknpf) :  ein  gebcirner  Döring,  die  man 
beiiiigsnasen   pflegt  zu  nennen.    Katziporus  i6; 

llir  berinppnasen  pinubl  nur  nichl, 
niii  eilin  luszlall  .seis  ausgericlit. 

lliLDEBRA«iD  riitkxl.  403  (»pnHtied  auf  die 
Erfurter  tun  1064). 

HFRI^■GSNASE^'LA^D,  n.  Wielasds  ausgewählte  briefe  3, 209. 

HEHI.NGSI'.MMER,  n.  papier  zum  rininckeln  von  heringen: 
narli  k:invt'(iü'iMi.  lieringp.ipieren.  J.  Paul  leben  Fibels  10. 

HEUlNtJSROGEN,  m.  rw/en  vom  hering. 

HERl.NGSSALAT,  m.  salut,  wesnillich  aus  zerschnillenem  hering 
lerrilft.  Jacobssu.n  2. 2I&':  zu  einem  einlachen  mahle  mit 
lieriiigiisalat  niiil  bisciiof.  Vuss  4,311;  nach  dem  scherzliaflen 
RpiicIivMirt  wird  jeder,  der  am  sylveslerabeiid  verabsäumt, 
fiiieii  liüiiiig-'<al  il  zu  essen,  nächstes  jähr  ein  esci.  illustr. 
fumiliriljniiiliul.    li.lid.    (IMiS)    .«.40!»'. 

IIERI.NGSSALSE,  f.  dasselbe: 

liahl  »tdckt  die  reit  im  dürren  halse, 
von  liruieii,  liüch  iiml  lii>rlii).'$siil.<e, 
t\'i>  nicht  gcleiicliiet  winl.     Voits  4,  101. 

HERINGSSEELE.  A  medulla  spinatis  halecum.  Stieler  1901: 
niuib  h)-riiig>seeleii  iider  blauen.    Seuter  ros-sarznei  2ül;    lifl- 
riii|i-''eelen   ah  hnrnlieibendes  mittel.    Ocun.  lex.  (1731)  9U6. 
HEHI.NGSSIPPE,  f: 
eh  »itli  ilaK  iiliertlinm  um  meinen  buckel  rnhrei, 
ua>l  iiiicli  «in  iieu«r  «vurin  iiill  lieriiitri»Kuppeii  ^rbmiernt. 

li.  Nkckircii  IIU. 

HERINGSTHRAN,  m.  thran  aui  heringen  bereitet.  Jacob»80W 
«,  :<•.'. 

HKRI.NGSTONNE,  f.:  die  liöiiglonnen,  earii  sahamentarii. 
Maaikr  'im/;  eine«  narren,  der  den  köpf  f>o  voller  uürin, 
miH-keii.  grillen,  duuben  nml  uiiderer  lauAenfSilig^T  plianlu<ei 
lind  ihorlii-il  Rleekeii  liälle.  da«z  ninn  ihn  einer  Mniilgehacklen 
lienne^loiin  veiKlcirlien  möchte.  Simpl.  2,311   Auri. 

HEIilNGSWAAHE.  f.: 


IIERINGSWETB  —  HERKOMMEN 


1108 


lir|riM.iriiitiir  Ui  keine  liArliiir*wnnre, 

(Ji M.    .  .,,i,.,L.li    n.il    <.l..i<-i.    i..l,i- 


r.nTiir   •)    1(11. 


HERINGSWEIB,  ti.  dasheringe  feilhält:  alleciaria  ein  herink- 
weib.    lor.  opt    (Leipzig  1501)   Rs'. 

HERINGSWRACK,  m.  n.  der  inhalt  der  heringstonnen,  so  fern 
er  niflit  qanz  tadvljrei  ist.    Jacobsson   2,  219*. 

HFRINGSWRACKER,  m  städtischer  beamter,  x.b.in  Rostock, 
der  ülier  die  i/fite  der  eingeführten  heringe  zu  wachen  hat. 

HERINGSZEICHEN.  n.  zeielien  auf  den  holländischen  herings- 
tonnen. das  die  art  und  gute  des  inhalts  angibt.  Jacobssu»  2,  219*. 

HERINGSZEIT,  f.  zeit  des  heringsfangs. 

HERISEI,  «I.  und  n.  (bei  Adelung  /.),  eint  art  gekepcrten 
luclies.     vergl.   kirsei  tlieil  5,  850. 

HERJESSEITS,  adv.  aus  herjenseits,  vergl.  oben  die  form 
hergcssel  sp.  II Ol: 

der  man  noch  viel  flndt  jenseits  bachs, 
und  auch  lierjesseits,  spricht  Hans  ^achs. 

11.  Sachs  2.  4,  88*. 

HERKÖKEN,  vcrb.:  Heute  die)  nichts  aus  heiliger  schrift, 
sondern  alles  aus  menschen  lere,  heiköken,  speien  und 
schnieiszen.    Luther  8,391*. 

HERKOMMEN,  verb.  advenire,  accederc. 

1)  in  sinnlicher  bedeutung,  von  lebenden  wesen :  mlnes  sponsi 
itinera,  qiiae  per  crura  signantur,  mit  den  er  hera  in  werlt 
quam.  Williram  l,  1 ; 

si  sprächen:  ir  kurat  her  ze  vruo.  Iwein  P094; 
und  Isaac  sein  vater  sprach  zu  im,  kom  her  und  küsse  mich, 
mein  sun.  l  Mos.  27,26;  bistu  her  komen,  uns  zu  quelen? 
Matth.  8,29;  kompt  her  zu  mir,  alle  die  ir  mühselig  und 
beladen  seid,  ich  wil  euch  erquicken.  11,28;  wo  kommst  du 
her?  auch  als  überraschte  frage  an  einen  plötzlich  herzukom- 
menden, wo  kommst  denn  du  her?; 

von  himel  hoch  da  kom  ich  her.    Luthrb  8,358'; 

die  bunte  kuh,  gelockt  mit  gras, 

kam  her  vom  aiiger  trabend.    Voss  4,163; 

komm  her  zu  meinem  wein.    282. 

m  der  rechtssprachc :  ein  herkommen  man,  ein  fremdlinq ,  im 
qegensatze  zum  eingesessenen.  Haltaus  894;  ain  neu  iierkominen 
mann  ...  neu  herkommen  leul.  das.;  herkomender,  adeena, 
,i.  quasi  alienigena.    vuc.  ine.  tlieut.  i  4*. 

2)  un sinnlicher,  von  dingen,  wobei  mehr  oder  weniger  deutlieh 
noch  immer  das  bild  eines  belebten  gehens  hervortritt:  adveniat 
regnum  tuum.  hera  chome  din  liche.  Notker  ps.  71  (//u//emer 
2,251*);  da  kam  ein  groszer  wind  von  der  wüslen  her,  und 
slies  auf  die  vier  ecken  des  hauses.  Hiob  1,19;  bistu  ge- 
wesen, da  der  schnee  her  koinpl?  oder  haslu  gesehen,  wo 
der  hagcl  her  kompt?  38,22;  so  lasset  ewer  sache  her 
komen ,  spricht  der  herr,  bringt  iier  worauf  ir  stehet.  Jes. 
41,21;  es  kompt  ein  geschrei  von  Dan  her.  Jer.  4.15;  sihe, 
die  gcfesze  aus  dem  hause  des  herrn  weiden  nu  balde  von 
Dabei  wider  her  kiunen.  27.16;  ob  aber  die  klage  von  ampts 
wegen   heikeme  {proveniret  ex  officio).  Carolina  art.  188; 

eurem  «inken  kumme  her, 

was  sonst  blieben  sonst  wo  war!    Loo*D  2,  29. 

3)  herkommen  {wie  einhergelien),  so  oder  so  sich  zeigen: 
man  secli  die  (junufrunen)  an,  die  in  der  ee  .sind,  ee  si  aia 
iialbjar  darinn  sind,  so  würl  dj  ermcst  ellendest  ding  dar- 
nusz  . . .  und  koment  dort  her  und  seind  gelber  und  ha«z- 
licher  dann  ninimeriiier  kaine  im  dosier  wirt.  Keisersberg 
granatapfel  igeistl.  spinn.)  0  l*. 

4)  In-i  kommen,  häußq  zur  bezeichnung  der  alislammung:  denn 
es  hat  goll  also  gefallen,  das  aus  valer  und  muller.  die 
ganze  well  hcrkome.  Luther  4.  523';  die  ellcsle  geliar  einen 
son,  den  Ines  sie  Muab,  von  dem  komen  her  die  Moahiler. 
1  Wo*.  19,37;  ich  bin  der  weisen  kind,  und  kom  von  allen 
köiiigen  her.  J«.  19.  li ;  die  veler,  ans  welchen  Chrislus  lier 
kouipl  narli  dem  tleische.  Rom.  9.5;  es  meinen  etliche  ge- 
lelirie  Iwile,  dasz  vim  dieser  königin  hrrkoine  rex  AbvR- 
siMoiiim.  ScHUPPiu«  9«;  da^z  er  von  dem  sauien  Atiruhnm 
sei.  das/,  er  ausz  dem  geschlechle  Aluuham,  l.«aac  und  Jacob* 
herkomme.  293; 

ki'impt  gol  von  yinnnili  ander»  her, 
»0  »'lg  vuii  woiii  üerAelb  eiiivprinir. 

SciiwARtKriBCRG  154'; 

manch  knob  von  »mmcn  w»rd  eiiotli, 

di  all  von  Jmleii  kamen  her.     IM*; 
auch   fonsl    zur  Itezeirhnung  einer  enlMHiung,   entwiekeinng :    da 
kompl  olle  holTarl   her,  «eiin  ein  ineuKch   von  golt  abfeilet. 
Sir.  10.14;    die  sOnde  kompt   her  von  einem  weihe.    J5, 3S; 
eben  xon  dii'M'in  Ouisio  inl   dn«  dpiirhwori   lierkiunmen ,  er 


1109 


HERKOMMEN 


IIERKOMMENDLICH  —  HERLALLEN       1110 


seie  eben  wegen  dieser  groszen  freigfhigkeit  ein  grosrer  ge- 
winner der  Fianzusen  gewesen.  ScblppiIiS  701;  wailicL  es 
sein  die  fürneümsien  werk  und  verdienst  von  männern,  so 
oline  kinder  waren,  lierkunimen.  731;  icii  kenne  einen  iici- 
berrn,  welchem  die  giüslen  einkommen  von  dem  hauren- 
wescn  herkommen.  735;  die  philosophi  cynici,  weiche  von 
dem  Diogi'ne  lier  kamen.  812.  mil  bezug  auf  einen  grund, 
eine  uisaclte:  uns  aber  ierel  die  schrift  also,  das  unser  tod 
und  sterben  niclit  naiürlicber  weise  herkömet,  sondern  eine 
Trucht  und  strafe  ist  der  sünde  unsers  vaters  Adam.  Lcther 
6,232';  der  kranke  zustand  dieses  mannes  kommt  von  über- 
uäsziger  arbeit  her; 

Lank.-ifte  sind  tapfre  leute;  wannen  liümmt  doch  dieses  her? 
weil  sie  iieb  und  gegeuliebe  Qeiszig  zeugt,  nicht  ohiigefebr. 

LocAU  2,  44,  W ; 

dasz  mehr  als  hurerei 

dasz  lügen  sümle  sei, 

küramt  lier:  weil  ilieses  fuhr 

gar  «iiler  die  uatur, 

und  jenes  allgemein 

naiürlich  pflegt  zu  sein.    113,  75. 

hierher  auch:  Sc/mops.  gehen  wir  gewaffnet  auf  den  edelhof, 
mit  Hinten  und  pistoien.  Marien,  wo  sollen  die  Oinlen  und 
pistolen  herkommen  (woher  wir  ilirer  habhaft  trerden)'!  Göthe 
14,279;  denn  seht,  eines  haus  und  hof  steht  gut,  aber  wo 
soll  baar  geld  herkommen?  s, 77.  rücksichtlich  der  enlicickeUing 
einer  uortbedeulung :  das  wort  lugend  kommt  von  taugen  iier. 

51  herkommen,  zur  beziiclinung  eines  stets  und  ununterbrochen 
geüblen  rechtes  und  brauches ,  in  den  parlicipien  hergekommen 
und  herkommend:  als  das  mit  gewonheit  oder  mit  recht 
herkommen  ist.  Haltacs  894;  eine  alte  herkommende  ge- 
wohnheit.  S95;  dasz  sein  hausz  zu  Nicispurg  ...  in  solcher 
freiung  herkommen  ist.  das.  [iceitere  beispiele  ebenfalls  das.) ; 
es  ist  ein  harkomner  brauch,  es  ist  ein  lang  härkomne  ge- 
wonheit, suscepH  consueludo  communis.  Maaleb  20e';  (dasz  ein 
gewisser  garten)  von  alder  lierkomen  gewonheit  keinen  czenden 
gegeben  hail.  ueislh.  3.777  {Boppard,  von  1412);  zum  ersten, 
ists  ein  alt  herkomender  brauch ,  vergiftige  böse  bücher  zu 
verbrennen.  Llther  1.354';  unsere  alte  andacht  und  ber- 
kommene  weisz.  Fischart  bienk.  146*;  es  ist  immer  ein  Un- 
glück in  neue  Verhältnisse  zu  treten ,  in  denen  man  nicht 
hergekommen  ist.  Göthe  26, 223.  tergl.  naclJier  das  subsl. 
herkommen. 

6)  endlicli  herkommen,  zur  bezeidinung  der  jüngsten  vergangen- 
hell,  icie  franz.  venir  de  quelqne  chose;  im  gemeinen  leben  saqt 
man  z.b.  wenn  man  zum  silzen  genötigt  wird,  wol;  ich  danke, 
ich  komme  eben  vom  silzen  her;  je  viens  de  parier,  ich 
habe  erst  geredel  {ich  komme  gleichsam  vom  reden  her). 
Frisch  dict.  des  passagers  (I7oo)  l,  1662. 

HtRKOMMEN,  n.  der  infinitic  des  vorigen,  ttamenllich  in  zwei 
bedeiilunyen  in  ausgedehnter  substanlicer  Verwendung. 

1)  nach  herkommen  i.abicunfl,  absiammung :  das  härkommen, 
der  anfang  und  Ursprung  einer  yetlichen  gehurt,  gcnus.  Maa- 
LER  206*;  eines  schandlichen  härkommens,  in  schand  und 
schmaach  erboren,  in  dedecore  nalus  Verres.  das.;  wie  ..  der 
Türke  sein  herkomen  hat  aus  den  Tattern  oder  rolen  Juden. 
Luther  5,3*;  Solande  erzehlete  sein  herkommen,  polil.  stock- 
fisdi  25;  geringen  herkommens  sein,  /jumi7»  loco  naium  esse. 
Frisch  1,  535" ; 

Simplex  «neblet  sein  bäurisch  herkommen. 

Simpt.  1,  9  Kurz. 

herkommen  m  prägnantem  sinne,  für  absiammung  aus  gutem 
geschlechte:  ich  fühle  mich  gar  nicht  gedemülhigt  dadurch, 
dasz  er  ein  groszer  graf  ist  und  ich  ein  geringes  mädchen 
ohne  herkommen  bin.  ImmermaN5  Mündih.  4, 134.  —  Göthe 
hat,  an  die  angegebene  bedeutung  anknüpfend,  das  woii  in  bezug 
auf  erzeugung  von  gedichUn  aus  dem  menschlichen  gemnt  heraus 
gebraucld:  in  der  masse  musz  man  deszhalb  dergleichen  ge- 
dichte  vor  sich  sehen,  da  alsdann  reichthnm  und  armuth, 
beschränktheit  oder  weilsinn,  tiefes  herkommen  oder  lages- 
flachheit  sich  eher  gewahren  und  beurtlieilen  läszl.    46,  308. 

2)  nach  herkommen  5,  braucli,  gewoiiuheil :  offen  die  gewon- 
hait  und  gerechtichail  des  gotzbaus  nach  allem  herchr.men. 
weislh.  3.726  (Tirol,  15.  juttrh.);  dieweil  sich  die  mönch  auf 
ihre  freiheiten  und  allherkommen  verlieszen.  Kirchhof  wend- 
unmul  416*;  das  ist  nicht  herkommens,  non  receplum  est  usu. 
Frisch  1,535';  ich  gehe  gerne  in  die  kirchen,  und  höre 
goltes  »ort  gerne:  aber  das  stochern  und  sticheln  kan  ich 
nicht  leiden,  es  ist  auch  allbier  nicht  herkommens.  Scncp- 
HCs  6i5;  soll«  ich  meine  adeiiche  exercitia  in  geslalt  eines 


bellelhundes  oder  Schurken  begreifen?  nein  das  ist  nicht 
der  gebraucn  noch  herkommens!  Simpl.  2.152  Kurz;  freilich 
sagen  wir  dieses  nicht  ausdrücklich,  aber  das  wäre  auch 
wider  alles  herkommen.  Rabe.ner  sat.  2.319;  wer  nii'hr  be- 
weis fodeil,  der  musz  von  dem  gelehrten  herkommen  gar 
nichts  verstehen.  22S ;  da  die  sinesischen  prinzen ,  einem 
uralten  herkommen  zu  folge,  niemahls  auszer  landes  zu  reisen 
pfleglen.  Wiela.nd  7,  159;  aus  achtung  für  das  erbauliche  her- 
kommen der  kirche  zu  Canlerburv-.  Stolberg  10,  9S;  ilie 
älteren  Verordnungen  und  mandate  der  ieichssf;idl . .  wurden 
. .  als  ein  schätz  vaterländischer  rechte  und  herkommen  mil 
ehrfiircbl  veruahrl.  Göthe  24,118. 

HERKO.M.MENDLICH.  adj.:  nach  allem  berkommendlichem 
gebiaiich.  Kelter  v.  Speib  kiieysordnung  s.  56.  veryl.  her- 
kömmlich. 

HEKKOMME.NHEIT,  f.  abkauft,  Ursprung  (nach  herkom- 
men 4):  uff  hie  vorgeschriben  herkommenheit  der  saeh. 
Relchlix  auyensp.ö';  nachdem  ich  diser  sach  herkommenhait 
hiü  vor  in  ainer  Ordnung  nach  einander  dargdhan  hab.  32'; 

sant  Lucas  sin  (ites  Johnnnef]  harkommenlieit 
besclii-ybt  am  ersten  underscheidt.    Iraij.  JoU.  k'-xy 

HERKÖMMLICH,  HERKÖMMLICH,  adj.  nach  gebrauch  und 
gewohnheit ,  hergelnaclU :  pracht,  zierralh,  heikommJichen  ge- 
schmack.  Herder  zur  litt.  15,161;  eine  solche  auszeichnung, 
...  die  freilich  weder  gesetzlich  noch  herkömmlich  war. 
Göthe  24, 113; 

drOm  ist 
herkömmlich  seit  der  väier  gr.iuer  zeit, 
dnsz  vor  gericht  kein  Uritie  gegen  den  SchotKu, 
kein  Schotte  gegeu  jenen  zeugen  darf. 

Schiller  Maria  Stuart  i,  7. 
vergl.  allherkömmlich  //iei7  1,  272. 

HERKÖMMLICHKEIT,  f:  Lenz  beträgt  sich  mehr  bilder- 
stürmerisch gegen  die  herkommlichkeiten  des  thealers.  Göthe 
26, 75. 

HERKÖMMLING,  m.  advena.  Ribel  Lic.  (1598)  4. 

HERKR.\UE.N,  rerb.  zur  bezeichnung  des  rupfens,  kralzens  auf 
einem  Saiteninstrumente  (ryl.  krauen):  wenn  ein  siebenjähriges 
kind  in  einer  kirche  ein  betrübtes  bisgen  auf  der  heimlichen 
laute  herkrauen   sollte.  Mattheso.n  kl.  generalbaszschule  46. 

HERKREISCHEN,  reift.  I)  durch  krev^chen  hedocken:  die 
krähen  kreischen  das  regenwetter  her.    Clacdics  5,  4. 

2)  auch  kreischend  hersagen,  Itersingen  (vyl.  her  sp.  1000):  ein 
lied  berkreischen. 

HERKUNFT,  f.  nach  dem  verbum  herkommen  m  verscitiedenem 
sinne. 

1)  das  kommen  hierher:  herkunft,  adventus.  Hederich  1261; 
sie  haben  doch  ihre  herkunft  vermittelt?  Fbeytac  2,307. 

2)  absiammung,  abkauft:  er  ist  von  schlechter  herkunft, 
ex  inßmi  geneiis  conditiune  est.  Stei.nbach  1.905;  sonst  wissen 
sich  Jungfern  ihrer  herkunft  noch  glücklich,  wenn  sie  herr- 
schaften  finden.  Schiller  kab.  u.  liehe  4,7;  sie  wollen  mich 
aus  dem  staub  meiner  herkunft  reiszen.  das.  in  bezug  auf 
dinge,  begriffe:  betrachtet  ich,  "ie  unterschiedlich  wir  menschen 
auf  dieser  weit  untereinander  lebten,  und  konte  doch  die 
herkunft  und  ursach  eines  so  gioszen  unlerscheids  nicht  er- 
sinnen. Simpl.  3, 3H0  Kurz;  indem  er  unbef.ingen  den  posi- 
tiven Stoff  unseres  rechts  durchforschte,  befragte  er  jeden 
begriff  und  jeden  rechlssalz  um  seine  herkunft.  Savicsv  ü. 
Schriften  4,198;  auch  der  eingeborne  trieb,  die  heikiinfl  und 
das  ende  der  dinge  zu  erfahren,  zeigte  sich  frühe  hei  dem 
knaben.  wenn  er  fragte,  wo  der  wind  herkomme  und  wo  die 
(lamme  hinkomme,  war  dem  vaier  seiue  eigene  beschräukung 
erst   reiht   lebendig.  Göthe  20, 138. 

HERL.\CHELN.  verb.. 

was  lächelst  du  so  biltlicb  her,  mein  theurer? 

BcRCER  55*  (an  den  mond). 

HERLACHE.N,  reift.;    wenn    die   sonne  vom  himmeL  her- 
lacht:  binier  einem   herlachen.  Kläger  thealer  2,227. 
HEKLAÜEN,  reift,  invilare: 

dnim  lud  die  verständige  gattin  uns  her 
zum  schmause!  Voss  6,26. 

HERLAGERN,  rcrft.. 

unil  alle»,  was  in  meinem  kreise  webt, 

hab  ich  um  ihre  kindlieit  her  gelagert.    Görni  9,254. 

HERLALLEN,  rerft.  balhutire.  Hederich  1261 ;  das  kind  lallt 
seinen  spruch  her;  der  betrunkene  lallte  einige  unrerständ- 
liche  wolle  her. 

70* 


1111 


HERLANGEN  —  HERLEITEN 


HERLEITUNG  —  HERMACHEN 


1112 


HERLA>GEN,  verb.  promere:  lange  her  den  niantel  den  du 
anhast  Ruth  3,15;  lange  den  leihrock  her.  i  Sam.  23,9; 
lange  mir  noch  ein  gefesz  her.  i  kOn.  4,6;  langt  mir  den 
degen  her,  porri(iile  mihi  gladium ,  date  arina.  Stieler  1068; 
Plappermaul!  lang  ein  wenig  holz  her.  Fr.  Müller  2,192; 

ein  seltzam  gschicht  feilt  mir  gleich  zu, 
die  mich  ermant  das  ringlein  dein, 
lang  her!  dir  sols  ohn  schaden  sein, 
ich  will  dirs  alsbald  wider  geben. 

i.  AvRKR  207'  (1034,  29  Keller); 
Hans,  sagte  Toffel,  lang  einmal 
die  kiepe  her.      Voss  bei  FIöltt  39  Halm; 
ich  ordn  und  verwahre, 
was  Bur  den  wink  ich  mir  einst  herlangen  möchte. 

nsRiiKR  zur  litt.  II,  39. 

HERLASSEN,  verb.  loco  cedere,  adniütcre  aliquem  in  locum: 
lasz  mich  her,  secede,  concede  mihi  locum.  Stieler  1076;  her- 
lassen, penuitlere  ul  huc  venial.   Frisch  1,  5S0'. 

HERLAUF,  m.:  hin-  und  herlauf  einer  groszen  menschen- 
menge. 

HERLAUFEN,  tvrfe.  1)  accurrere,  von  lebenden  wcsen:  er 
kompt  er  auf,  wie  ein  lew,  vom  stolzen  Jordan  her,  wider 
die  festen  hurten,  denn  ich  wil  in  daselbs  her  eilends  laufen 
lassen.  Jer.  49, 19;  vom  trasser:  das  es  sol  ganz  über  sie  her 
laufen,  wie  ein  wasser.  Anios9,b;  übertragen:  ein  neuer  be- 
weis, .  .  .  dasz  das  gute  immer  neben  dem  bösen  herläuft. 
Klincer  U,  212;  wenn  man  eine  honnlrigue  neben  einer 
wichtigen  Staatssache  herlaufen  sieht.  12,  63. 

2)  namentlich  in  dem  parlicip  hergelaufen  steht  da/>  verbum 
ursprünglich  im  gegemals  zu  eingesessen,  irgend  wo  mit  gut 
angesessen  und  ficimisch;  es  hat  zunächst  denselben  sinn  wie  her- 
kommen 1  zu  ende  {sp.  1108),  nur  mit  stärkerer  betonung  des 
fremden  und  rücksichllich  abkunß,  heimat ,  soäaler  Stellung  un- 
bekannten, daher  mit  verächtlichem  nebensinne:  ein  hergelaufener 
kerl,  advena  vagabundus.  Frisch  1,586';  die  Verbindung  eines 
hergelaufenen  menschen  mit  einer  so  angesehenen  familie. 
GörnK  19,83;  er  wuszte  .  .  .  ihnen  die  marodeurs  und  das 
hergelaufene  gesindel  so  nichtswürdig  zu  schildern.  19,33; 
nun  hiesz  er  (der  capitän)  und  der  Steuermann  hergelaufene 
krämer,  die,  ohne  kennlnis  der  schiffkunst,  sich  aus  bloszem 
eigennutz  den  besitz  eines  fahrzeugs  zu  verschaffen  gewuszt. 
28,  233 ; 

o,  mein  vater!  sie  ist  nicht  hergelauTen,  das  mädchen, 
keine,  die  durch  das  land  auT  aoenteuer  umherschweili. 

40,  281. 

in  freierer  anwendung:  sollen  wir  gleichgültig  gegen  unsre 
bewährte  lehre  sein ,  für  die  so  viele  ihr  leben  aufgeopfert 
haben?  die  sollten  wir  hingeben  an  hergelaufne,  ungewisse, 
sich  selbst  widersprechende  neuerungen?  8,183. 

HERLEGEN,  adv.  adponere,  huc  ponerc:  lege  das  geld  nur 
her;  man   hat  ein  buch   für  dich  hergelegt; 

und  such  denn  undern  krebsen  allen, 
bisz  du  findst  die  dir  wolgel'allen. 
die  leg  für  dich  nach  Ordnung  her, 
und  gib  den  andern  nicht  ein  scher. 

grobianus  (1558)  JO"  (6.  2,  aap.  8); 

tnü  abgeschwächter  bedeutung  des  her,  gleichsam  nur  breiten : 

das  umgegrabne  gart«nland 

ist  kaum  besät  und  wieder  zugeeget; 

80  wird  nicht  lang  hernach  ein  grünliches  gewand 

darüber  gleichsam  hergelcget.       Brockes  2,65. 

HERLEIERN ,  verb.  leiernd  hersagen  oder  singen :  er  leierte 
ein  lied   her;  seinen  spruch  herleiern. 

HERLEIREN,  verb. :  und  erbot  sie  sich,  dazu  eine  weisze 
decke  von  taffent,  mit  güldenen  fransen,  so  sie  seiher  ge- 
braucht halte,  herzuleihen.  lUaiEX  fiatriot,  2.  jähr  (112»)  s.  183; 

leih  her  den  liasen,  des  teufeis  nnmen,  er  ist  mein, 
und  lasz  mir  das  mein  nnabbeschissen.    fatln.tp.  54,25; 
wo  schon  die  hfucbclei  den  pinsel  hergeliehen, 
da  wird  ein  leerer  dunst  und  schatten  vorgestellt. 

Ohr.  Crtphiiis  \met.  välder  1,352. 

HERLEIIIER,  m.:  der  hcrieiher  des  geldes. 

HERLEIHI  NG,  f. 

HERLEITEN,  verb  :  das  wasser  aus  dem  fludse  herleiten, 
derirare  aquam  de  ßurio.  Hf.dericm  I2CI;  etwas  aus  dem  grie- 
chischen herleiten,  flrctere  ahquid  de  graeco.  Steiniiach  t,1034; 
(Itute  die)  von  dem  geistlichen  hochmulhe  der  <juacker,  von 
ihrem  verderbten  gehlllle,  von  ihrer  unnchlxainen  kicidung.. 
«nd  von  andern  dergleirlien  Sachen  eine  ähnlich  keil  auf  meine 
philoiophen  herleiten  wollten.  Rabkjikr  »a<.  2,  2ft2;  sitlzc  aus 
einander  herleiten.    Kamt  «<.  im  (mitl  wAr  t,tn      irflrru     dir 


höheren  ansichlcn,  woraus  das  einzelne  sich  herleitet.  Gutbe 
31,257. 

HERLEITUNG,  A;  herleitung  der  Wörter,  dedtuAio  nominnm. 
Hederich  126t ;  herleitung  des  wassers  aus  dem  brunnen, 
deduüio  aquae  ex  fönte,  das. ;  war  diese  herleitung  der  nation 
von  den  göttern  zugleich  eine  ansieht  von  der  menschen- 
schöpfung.   Gervinus  gesch.  d.  deutschen  dichtung  l,  19. 

HERLENKEN,  verb.:  er  lenkt  seine  schritte  her;  du  hoher 
bäum  neige  deine  zweige,  und  lasz  dich  lenken  her.  Sel- 
neccer  psalmen  (1587)  s.  272. 

HERLESEN,  verb.:  einen  brief  im  rathe  herlesen,  rentare 
litteras  in  senatu.  Hederich  1261;  wir  können  zwar  selbst  nicht 
lesen,  . .  aber  unsere  väter  haben  es  ihre  väter  daraus  (aus 
dem  katechismus)  herlesen  hören.  Lessing  10,151;  kaum  halte 
Mahal  diese  letzten  worte  ausgesprochen,  als  einer  (der  sie 
nachgeschrieben  hatte)  .  .  ihm  von  seiner  tafel  herlas,  was  er 
eben  gesprochen  hatte.  Klinger  6,269;  es  wie  jener  alte 
poet  zu  machen,  der  (nach  Seneka)  die  gedichte,  die  ein 
anderer  poet  öffentlich  herlas,  den  augenblick  in  seinem 
groszen  gedächtnis  behielt  und  sie  für  seine  erklärte.  J.  Padl 
auswahl  a.  d.  leufels  pap.  1,  xvii.     vgl.  her  1, 1  sp.  1000. 

HERLESUNG,  f.:  herlesung  eines  briefs,  recitalio  lillerarum. 
Hederich  1261. 

HER  LEUCHTEN,  »erb..- 

die  nacht  die  weicht,      der  tag  her  ieucht, 
wil  liebe  von  liebe  scheiden. 

Ambr.  liederb.  nr.  47,  7 ; 
transitiv : 

mir  dünkt  kein  tag  so  feierlich, 
als  der,  du  frommes  magdlein,  dich 
ins  leben  hergeleuchtet.    Voss  6,  53. 

HERLICH,  adj.  s.  herrlich. 

HERLING,  m.  unreife  Weintraube,  vgl.  heerling  oben  sp.  758: 

vom  trieb  der  goitheit,  siehe  beschleuniget, 
stieg  rankenwaldung,  übergewölbt,  mich  bald 
mit  blüthe,  bald  mit  grünem  berling, 
bald  mit  gerötheter  traub  umschwebend. 

Voss  bei  Götbe  33,  166; 
andere  (trauben)  keltert  man  schon;  hier  stehn  noch  heriinge 

vorwärts, 
eben  der  blüth  entschwellend,  und  andere  bräunen  sich  mählig. 

Odyssee  7,  125. 
HERLISPELN,  verb.: 

und  röther  ward,  als  sie  diesz  blöde 
herlispelt,  ihr  gesicht.      Gösingk  3,  83. 

HERLITZE,  f.  der  kornelkirschenbaum  und  seine  frucht,  cornus 
mascula.  Nemnich  2,1226;  auch  horlitze,  hörlitze.  die  neben- 
form  horlicke  (das.  1227)  veranschaulicht  eine  stufenweise  Um- 
bildung aus  dem  ursprünglichen  korneile  (theil  5, 1822).  vergl. 
auch  herlske  unten. 

HERLOCKEN,  verb.  allicere ,  allectare:  geh  und  suche  die 
gräfin  zu  einer  Unterredung  herzuLocken.  Klincer  l,  24t ; 
Regensburg  liegt  gar  schön,  die  gegend  muszte  eine  Stadt 
herlocken  (d.  h.  zum  entstehen  reizen).  Göthe  27,  7  ; 

was  fliegen  lockt,  das  lockt  auch  freunde  her.    Wieland  9,5; 
eh  an  die  ferse  lockten  wir  selbst,  durch  gr&sziiche  thaten, 
uns  die  erinnynn  her.  Götuk  1,  26S. 

HERLSKE,  f.  bäum  und  frucht  der  komelkirsche,  cornus  mas- 
cula. Nemnich. 

HERLSKENBAUM,  m.  komelbaum. 

HERLSKENBAUMEN,   adj.:    hierzu   (zu   den   buschhöhern) 
kömmt  noch  das  herlskenbaumene  holz,  welches  ein  hartes 
holz.  GöCHHAUSEN  notobHia  venat.  (1741)  s.  209. 
HERLÜGEN,  verb.: 

{ein  andrer)  weisz  prfichtig  her  tu  lügen 
vom  reisen  disz  und  das.      FtKamc  49,  44  Lappenlt. 

HERMACHEN,  verb.,    allgemrinsle  hezeichnung  einer  heni.>drts 
gerichteten  thdiiglteil,  in  verscliicdenein  sinne  verwendet. 
1 )  transitiv,  allgemein  formen,  gestalten : 
und  machet  wasserberg  ausz  vllen  wllllen  her  {der  sii,>i„  i,,,/ 

ilil'  Hfl').      RoaPLKR   71 ; 

ein  Schauspiel  aufführen :  .*>.  es  mangelt  nun  nichts  mehr  lils 
die  letzte  (tragOdie)  von  Pyramus  und  Thyshc.  P.Sq.  die  wollen 
wir  euch  den  augenblick  iieriiiachen.  A.  Gryphius  1698  1,730; 
musik  machen,  aufspirWn :  zwei  alle  ehrliche  dürrwrtlder  traten 
heute  mit  einer  geige  und  einem  hackehret  in  meine  sluhe  . . 
'0  bitte,  vatcr,  lasz  ein  bischen  machen',  ja,  inarlit  was  her! 
0.  mmifi  im  Tockenb.  204.  iti  gewCihnlirher  rede  auch  mit  ver- 
ächtlichem nrbensinne ,  etwas  (unwahrscheinliches,  lügenhafles) 
eniihlen .  ihr  macht  mir  so  was  her  und  das  soll  ich  glauben ; 
eiiirui    clw.!-*    Iicriinilicn.    i.  r.    lau'^rhrii.   Sciil-Ll  ER  rfe«/*c/l-/u/ 


1113 


HERMANN  —  HERMELIN 


HERMELIN  —  HERMELLNFUTTER 


1114 


handkxicon  (1706)  667.  bergmänntsch,  in  Österreich,  hermachen, 
durdi  arbeä  gevinnen.  Veith  bergwürterb.  272. 

2)  reflexiv,  sich  hermaclien,  herzugehen,  herzueilen: 

der  feind  thut  sich  ffir  dsladt  hermachen. 

ScHMELZL  Snul  24*. 

geicühnlich  in  der  Verbindung  sich  über  einen,  etwas  hermachen  : 
sich  über  den  braten  hermachen ,  impressionein  in  assaluram 
facere.  Stieler  1199;  er  hat  sich  über  ihn  hergemachet,  i»i- 
vasit,  impetum  in  eum  fecil.  das. 

3)  auch  intransitiv,  mit  der  bedeutung  eilen,  sich  spulen,  meist 
im  imperativ:  mach  her! 

HERMANN,  der  eigenname;  mehrfach  in  appellativer  bedetttung 
verwendet. 

1)  der  streitbare  undder,  der  eine  herde  anführende  bock  Iteiszt 
so  {vergi  heermann  5p.  758.  759): 

Melke  de  zege,  uode  Hermen  de  bok. 

Reinecke  Fuchs  1771  (danach  Göthe  40,61); 

noch  jetzt  in  Iserlohn:  de  boii  bei  Heärmen.  Fromm.  3,  372;  in 
Hessen  Hermen  Ziegenbock,  lockuort  und  schmcicheluorl.  Vilm.ar 
167;  davon  Hermen  Stutzbock,  benennung  eines  scherzes ,  den 
kleine  kinder  oder  den  man  mit  kleinen  kindern  macht,  indem 
man  mit  den  Stirnen  auf  einander  stüszi.  das.  Fischäbt  hat 
enceiterungen  des  namens:  wolt  ich  darumb  nicht  wollen  Herman 
oder  German  heiszen,  weil  man  dem  bock,  Hermanstosznicht, 
sagt?  ..  oder  weil  man  die  gäuch  Herman  gut  schaf  nennt? 
Garg.  109';  er  bekam  sonst  ein  guten  starken  schedel,  dasz 
er  mehr  dann  neun  stirnschnallen  mit  panzerhändschuhen  eim 
gehatten  hett:  ja  stirnböcket  mit  den  Herman  leithämelen. 
m'.  —  Ldther  braucht  das  u-ort  als  lockruf  für  schafe  ins- 
gemnn:  dis  .  .  bilde,  das  der  herr  hie  setzet  von  den  schafen, 
magstu  selbs  sehen,  wenn  du  wilt.  unter  den  schafen.  wenn 
ein  frembder  inen  ruft,  pfeift  oder  locket,  herraen,  hermen, 
so  leufts  und  Oeuhet,  . .  denn  es  kennet  die  frembde  stimme 
nicht.  8,  222*. 

2)  meister  Hermann  wird  der  Schneider  genannt,  den  man 
sonst  einem  bock  vergleicht:  eure  gnaden  sollen  mit  allem  fleisz 
sich  bedienet  sehen,  versicherte  der  ceremonienvolle  meister 
Herman  und  eilte  in  vollen  bockspriingen  nach  der  Werk- 
statt. Hazards  lebensg.  159. 

3)  seilen  wird  Hermann ,  wie  sonst  Hans ,  Heinrich ,  Heinz, 
in  der  allgemeinen  bedeulung  mensch,  barsch  gebraucht ;  im  nieder- 
deutschen bummel-Heärmen ,  ein  mensch  der  sich  umhertreibt. 
Fbomm.  3,372;  in  Hessen  steifer  Hermen,  scheltende  bezeichnung 
eines  sicli  unbehilflich  anstellenden  knaben.  Vii.mar  165. 

4)  die  alle  appellalire  bedeutung  des  namens,  die  Ldther  er- 
klärte (s.  die  stelle  unter  heerraann  sp.  758),  uiude  in  demselben 
Jahrhundert  noch  einmal  hervorgesucht  und  das  wort  in  dem  sinne 
t'on  (edler)  krieger,  riller  gebraucht: 

es  ist  kein  schwert  das  scherpfer  schirl, 
als  wenn  ein  bawer  ein  herman  wird. 

J.  SiNDBRs  tragödie  v.  Joli.  it.  täufer  (158S)  S  1*. 

HERMEL,  »I.  s.  härmel  sp.  482  und  nachher  hermelin. 

HERMEL,  f.  malricaria  chamomilla.  Henisch  581.  der  name 
ist  nichts  als  eine  Umbildung  des  grieclüschen  pflanzennamens 
XafiaifiT/Xov,  wie  deren  nie/irere  Nemmch  verzeichnet:  helmiegen, 
beermigen  {vgl.  oben  sp.  759),  hermel,  hermelin,  heermünzel, 
belmrigeu,  balmeryen.  3,518;  man  sol  im  junio  eintragen 
hermlein.  Scbnurk  227 ;  hermein,  chamaemelum  vulgare.  Hede- 
rich 1262. 

HERMELE,  n.  bei  Fischart  als  Braunschweiger  musikinstrument : 
so  vil  die  Instrument  der  music  betrifft,  so  lernet  er  auf  der 
lauten  spielen,  auf  dem  spinet,  der  harpfen,  der  teutschen 
zwerchpfeif,  dem  polnischen  sackpfeiflein,  dem  Braunschweiger 
hermele ,  die  sie  inn  die  ermel  stecken ,  der  cythar,  dem 
zinken,  den  posaunen.  Garg.  175'. 

HERMELIN,  n.  muslela  erminea.  I)  das  worl  ist  eine  Ver- 
kleinerungsform zu  barm  (.vp.  481)  und  gegen  diese  letztere  wegen 
der  kleinheit  des  Ihieres  oft  angewendet  worden ;  bis  ins  16.  jahrh. 
übrigens  in  verschiedenen  formen,  je  nach  der  mundarl :  mygale 
bärmli,  hermelen,  bermlin,  hermlein,  hermeichen  Dief.  3G0'; 
salemon  hermel,  hermelchin,  hermelein,  bermlin  508*;  mustela 
silvestris  vel  rustica ,  ein  marder,  hermelchin.  Aliierls  Ss  4'; 
in  unseren  landen  so  bergechtig  und  rauch  ist,  sollend  die 
wisele  alle  summerszeit  braun  oder  rotlecht  sein:  Winters- 
zeit aber  weisz,  als  dann  süllend  sy  hermely  oder  hermlein 
genennt  werden.  Fürer  lltierb.  149^  der  mützer  oder  härmie, 
mus  araneus,  sorex.  .Maaler  295*; 


da  kernen  zobeln,  mardern,  IQchsz, 
wolf,  oiter,  bylier,  illisz,  rOchsz, 
werk,  hermlen,  lasten,  vielfrasi,  bem, 
und  lassen  sich  irn  mei.ster  lern. 

ß.  Waldis  Esop  4,  34,  43 ; 

rergl.  härmel  und  härmeichen  sp.  482.  die  beispiele  erhärten, 
dasz  man  unter  dem  worle  bis  zum  16.  jahrh.  verschiedene  ein- 
heimische glieder  der  galtung  muslela  verstand,  am  häufigsten  das 
wiesei  in  seinem  weiszen  winterkleide  (es  heiszt  noch  im  IS.  jahrh. 
tn  Düringen  verderbt  hälmicbeu.  Güchhacsen  not.  ven^.  1741 
s.  60),  dessen  pelz  man  als  köstliüies  futter  schätzte: 

si  truoc  ein  mantellin  dar  obe, 

da^  was  vil  guot  scharlachen  röt. 

dar  »i  ein  liehtes  fiioter  bot 

ie  wijen  unde  bläwen  schin : 

daj  was  durchliuhtic  hermelin.    Engelhart  3102; 

ein  syden  rock 
mit  mösch  und  hermel  underzogen. 

Mcrner  geucbm.  yiiij'. 

dies  Pelzwerk  zu  tragen  galt,  wenigstens  seit  dem  15.  jahrh.,  als 
Vorrecht  der  höchsten  personen ,  und  es  ist  dasselbe ,  was  in  der 
Augsburger  reichspolizeiordnung  von  1548,  tit.  13,  §  3  neben  zobel 
als  höchstes  futter  aufgeführt  und  schon  grafen  und  herren  an- 
zuwenden verboten  wird,  diese  ausgezeichnete  Verwendung  des 
pelzes,  dessen  stelle  an  klcidungsstücken  und  kopfbedeckungen  über- 
dies eine  fest  bestimmte  war,  wird  auf  die  Versteinerung  der  namens- 
form  in  der  weise  eingeictrkt  haben,  dasz  sie  nach  dem  \6.  jahrh. 
sich  den  veränderten  formen  der  diminution  entzog  und  bei  der 
alten  stehen  blieb,  dadurch  aber  trat  das  wort  nach  und  nach 
überhaupt  aus  der  reihe  der  diminutiva  heraus,  sein  geschledä  wird 
schwankend  masculin  (man  denkt  an  pelz),  es  wird  im  spradi- 
bewustsein  als  ein  fremdes  angesehen  und,  wie  ein  solclies,  her- 
melin betont: 

doch  muszt  du  fliehn 

den  hermelin 

der  junge  busen  verhüllet.    Höltt  194. 

2)  dasz  im  mittelalter  auch  das  sibirische  wiesei,  mustela  erminea, 
und  dessen  pelz  in  den  deutschen  landen  als  eine  besonders  kost- 
bare nebenart  des  einheimischen  wieseis  gekannt,  und  wiewol  selten 
gebrauclit  ward,  ist  gewis ,  und  gehl  sciwn  aus  der  beschreibung 
des  betreffenden  pclzwerks  hervor: 

ein  ort  lie  sich  dar  inne  {im  schilde)  speheo, 

da?;  wos  mitalle  wij  hermin, 

dar  üj  diu  kleinen  zegellin 

des  hermelines  lühten, 

diu  swarz  geverwet  dühten 

sam  ein  schinät  unde  ein  kol 

und  üf  daj  ort  gesprenget  wol 

beide  wider  unde  für. 

KoNR.  V.  WiJRZBURC  turnet  599; 

auch  ist  der  zobel  als  köstlichsles  pelzwerk  geschätzt  und  mit  her- 
melin zusammen  genannt: 

declachen  bermin      vil  manegiu  man  da  sach, 
luid  von  swarzem  zobele.  Nib.  1764,  1. 

doch  fällt  auf,  dasz  naturgeschichtliche  werke  noch  des  16.  Jahr- 
hunderts, z.  b.  Forers  thierbuch,  dieser  wieselarl  nicht  gedenken, 
ausdrückliche  bestätigung  der  kenntnis  bringt  erst  das  17.  jahrh., 
zunächst  Stielkr.  der,  immer  noch  unsicher,  gewährt:  das  herm- 
lein, mus  muscoviticiis,  sarmalicus,  mustela  scylhica,  alias  vehe, 
doch  neben  :  ein  heiz  von  hermlein,  rheno  ex  muslela  alpina.  830 ; 
später  sicher  Stei.nbach:  das  hermelin,  pellis  murina  Russorum 
pretiosa,  muris  ponlici  pellis.  1,  739.  seit  dieser  zeit  findet  man 
auch  in  Sammelwerken  ausführliche  nachriclilen  über  dieses  Ihier 
und  seinen  pelz  (vergl.  z.  b.  HCbners  handlungslex.  1712  878). 
jetzt  bezeichnet  hermelin   nicht  nur  das  thier  und  seinen  pelz: 

kleine  weisze  spitzen  (auf  den  knospen  der  pßrsiche)  .. 
die,  wie  ein  weiszer  pelz  von  hermelinen 
zum  schütz  der  zarten  blühte  dienen.     Brockss  2,  33; 

auch  das  aus  letzterem  gefertigte  kleidungsstück : 

und  um  seine  schulter  spielet 
ausgeplüscht  ein  hermelin. 

Herder  zur  tit.  5,  93  {Cid  15); 

oß  als  Symbol  der  würde:  mit  dem  hermelin  bekleidet  werden 
(als  fürst),  in  den  fürstlicher,  wappen  ist  hermelin  und  gegen- 
liermelin  (schwarz  mit  weiszen  flecken)  angebracht.  Weber  ars 
heraldica  (1696)   s.  39. 

3)  liermelin ,  übertragen  auf  ein  pferd  von  sehr  bleichgelber 
färbe:  ferner  auf  eine  conchylienart ,  conus  capitaneus.  Nem.'«ich. 

4)  hermelin  für  kamille,  s.  oben  hermel. 
HER.MELLNFELL,  n.  feil  des  hermelins.  Scbedel  waarenlex. 

1,  527*. 

HERMELINFÜTTER,  n.  futter  von  hermeUnfelUn. 


1115 


HERMELING  —  IIERNAC» 


HERNACH 


11 10 


ilEUMEI.ING.  Hl.  haufgrillc,  liiyllus  domesliciis.  Nemmco  3,S'2. 

HtHMtLIN.MA.NTEL,  m.;  (der  doqe  von  Vemdig),  im  UingMen 
golili'iM-n   liiliir.  mit  dem  liermelinmaiilel.  Güthe  27, 129. 

HEHMELLNPELZ.  ni.    l)  p/s  des  l.ermriins. 

2)  eine  cuniliyliriiaii,  Conus  musUiinus.  Nem.mch  2,1190;  auch 
lieniii'liiiscli«;iiiztlien. 

HEUMELI.NVOGEL,  m.  eine  faüerarl,  phalaena  vinula.  Nem- 

.MCH    4.  !l-.>4. 

HKU.MELINWIESEL,  n. :  die  heliaarten  bälge  des  im  nürd- 
iiclien  Eiiinpa.  in  iNorw  egeii ,  Lappl.md ,  Sibirien  und  in 
Cniiudü  ielteiiden  bunivelinwieseis,  niuslela  ermines.  Schedel 
UUUieiilrx.   1.  .527*. 

llEHiMELRAlJTE,  f.  name  eines  kravles ,  liarmala.  Kirsch 
cniniiC'ii^itie. 

HEH.MELSTEIN,  m.?  man  wurde  im  das  heiltbumb  auf 
dem   bfiMU'lsifin  gezeigt  haben.  Frey  garleng.  5l'. 

HEHMELTLNG,  ni.  der  wilde  apfelbaum,  pyrus  malus  syl- 
vestris   Nemnich  4, 109S. 

HEHME.N,  s.  oben  Hermann. 

HEILMETISCH,  adj.  d.h.  eigentlich  nach  art  des  Hermes  Tiis- 
mei/i.vj;  bezogen  auf  den  von  ihm  erfundenen  luftdichten  verschlusz 
einiT  ylasrOlire ,  dann  freier,  selbst  in  der  dichtenprache  auge- 
wendel : 

es  ist  geist,  so  rasch  bedügelt, 

wie  der  spezereien  geist, 

der,  hermeiiscli  aucli  versiegelt, 

sich  aus  seinem  kerlier  reist.    Borger  43^ 

HERMURMELN,  verb.  dcmunnurare.  Hederich  1262;  mit  her- 
miirmi'liiiig.  demurmwülio. 

HERMCSSEN,  j.  her  müssen  unter  her  sp.  1000. 

HEU  NACH,  adv.  posL 

ahd.  Iiera  näh,  liara  näh,  neben  hernac  post.  Haupts  zeilschr. 
5,  20s';  >n//rf.  her  niWh.  ursprünglich  bezeichnet  das  worl  eine 
folge  nach  reihe  oder  zeit,  die  sich  nach  einem  sprechenden  her 
erftiickt,  es  ist  im  mhd.  und  im  vhd.  des  Id.jh.  gegensätzlich  zu 
hiniiudi,  s.d.;  doch  wird  schon  zu  dieser  zeit  die  bcdeulung  des 
er>ti-n  composiliunstliedes  selir  abgeblaszt  und  driicM  kaum  noch 
mehr  als  eine  allgemeine  bezieliung  zum  sprechenden  aus;  her- 
nach bezeichnet  nicid  mein  wie  danach ,  mit  dem  es  vertausctU 
Verden  kann,  synonymiker  wollen  einen  unterschied  im  sinne  von 
heniacli  und  naciiher  feststellen;  beide  worle  unterscheiden  sich 
Ihatsächlich  sowenig  wie  lieran  und  anher,  heraus  und  ausher, 
henib  und  abher;  gewisse  zelten  bevorzugen  die  eine  oder  die 
andere  form,  so  ist  in  bezug  auf  hernach  und  naciilier  erstere 
form  von  jeher  und  bis  zum  \9.  jahrh.  die  in  der  edlern  spräche 
gebräuchliche  gewesen ,  Luther  verwendet  in  der  bibelübersetzung 
kein  nacliiier,  nur  hernach,  und  noch  Adelung  (1798  .3,375) 
bemeitU  wie  nachher  für  hernach  in  der  vertraulichen  sprecharl 
stehe;  seil  anfing  des  I9.jahrh.  hat  sich  dieses  Verhältnis  geradezu 
umgekehrt;  auszerdem  ist  die  anwendung  von  nachher  in  so  fern 
xurückgeganiien ,  als  es  seilen  in  der  bedeidung  von  hernach  I 
terwendd  wird. 

Iicriiach  steht 

1)  nach  der  localen  bedeidung  wn  nacli ,  um  eine  folge, 
reihen fiilge,  Ordnung  zu  bezeichnen  ,  im  sinne  unseies  danach, 
liinlerdiein :  Hiiz  hara  i<t  diu  chLiga  des  inwerligen  leides, 
liaru  näh  folget  diu  ciilaga  des  öi^werligen  leides.  Notkeii 
ps.  37  (//uttemer  2, 133'i;  freiiueiit  ir  iiich  da;  i;  sns  kevaren 
ist.  so  Iwra  näh  slät.  ps.  113  (2. 40S');  sullen  sye  dan  er- 
wjlIeD  (auswählen)  ein  ander  faysz  ifasz)  iinder  der  herren 
wyne,  . .  usz  deine  sullen  sye  diinken,  also  ville  sye  moegen, 
mit  condicion  und  penen  ernagcsthribcn.  weislh.  2, 4ti5  {Unter- 
mosrl,  ton  151(11;  und  stellet  die  megde  mit  Iren  kindern 
furiie  an,  und  Lea  mit  Iren  kindern  hernach,  und  Rahel  mit 
Jo«eph  zu  lelzl.  1  ^0«.  33,2;  Jacüb  ..  sendet  geschenk  seinem 
benii  E<;iu,  und  zi-uchl  hiiider  nns  hernach.  32.18;  die  forne 
»or  gii'ngi-n,  und  die  herniirh  folgelen.  Marc.  11,9;  wir  wollen 
gerne  Itliirn,  das  du  schwurh  seiest  und  kündest  nichl  lier- 
nnrii,  aber  d:i»  du  nicht  liernach  will,  sollen  wir  nichl 
leiden.  Luther  2.402*;  obwohl  der  alle  Adam  hie  zu  schwer 
itl  lind  nicht  herii.ith  will.  br.  4.  OS* ;  darauf  slig  Kammkeib 
Tun  sriin  guiil,  kleiterl  auf  den  bauin,  faszl  mit  der  einen 
liand  den  iiiönch  bei  dem  bal«zkiagen,  hnh  ihn  auf:  und 
Ulli  der  anilern  arbeilet  er  ihm  das  ti>ier  ansz  dem  asl- 
li.icki'ii,  lind  liesz  ihn  also  hinab  fallen,  und  fiil  er  heinach, 
beide  :iiif  die  ftJ-z  wie  die  knizen.  Carg.  2'i2*;  mit  befelrh, 
s»  b.dd  die  Ibdr  auf  gieiige,  sollen  sie  liernarb  tiiicken 
UuJ  iu  gclcnklieb  mi  n,.i.,i!i<Mi     Wirm««  ,r,//»-   n   |H  Huri;  das 


andere  gesindlein  ist  gemach  hernach  gebogen.  Schwei.nichen 
1,  S4;  wenn  in  verbiindnussen  der  fürnemb.sten  einer  nolh 
leidet,  müssen  die  geiingere  hernach.  Lehmann  por.  1,128; 
was  solle  nun  der  gute' Junker  thun?  er  mnsle  halt  hernach. 
itimpl.  3,292  Kurz;  ich  gicng  hernach  mit  herziiiliem  mit- 
leiden. 35G;  ich  aber  folgte  ihr  allgemach  schleichend  her- 
nach. 4,  3S;  sie  sol  geschwind  zum  könig  gehen,  und  wann 
sie  noch  mit  dem  künig  rede,  wolle  er  hernach  geschlichen 
kommen.  Scuuppius  12;  desz  andern  tajjes  kam  sein  valer 
hernach.  29;  wann  ein  soldat  und  kriegsfürst  in  einem  lande 
einen  fusz  hat  stehen,  so  wil  er  gerne  den  andern  hernach 
ziehen.  92;  sammele  küssen  haben  wir  hier  nicht,  ihr  werdet 
zwar  an  euer  küslliches  bell  denken,  allein  euer  kulscher 
und  kammcrdicner  haben  vielleicht  vergessen,  es  euch  her- 
nach zu  bringen.  322 ;  man  kompt  zum  loch,  der  fuchs  fährt 
ein,  die  schlänge  hernach.  83G; 

mein  snn,  der  auch  do  irit  liernach.    /astn.t;).  67, 9; 

neben  un<l  hernach  kam  gegangen 

der  hol'edieiier  grosze  scliaar. 

frusclimäiiseler  D  1"  (b.  1,  cap.  2)  j 
als  eine  schnelle  bach, 
die  alles,  was  sie  rührt,  zeucht  hinler  sich  hernach. 

Opitz  I,  11. 
als  aufforderung,  ohne  begleitendes  verb  : 

wolaiif,  piit  gesell,  «as  hör  ich  do? 
mich  dünkt  es  sei  ein  liirsch  gar  noh, 
wiilT,  wuir, 
hernach,  ir  lieben  hnnd  I 

GöDEKB  u.  TiTTMAjiN  Heilerb.  109,  12. 

2)  nach  der  temporalen  bcdeulung  von  nach,  um  eine  zeitfolgt 
auszudrücken,  im  sinne  von  nachher,  spdler,  oder  hierauf: 

e  stnonl  die  kristenheit  mit  zühten  schdae: 

der  ist  ein  gilt  ml  gevallen, 

ir  honec  ist  worden  zeiiior  gallen. 

das  "i"''  der  werli  her  nach  vil  leil.    Waltuer  25,  t9; 

er  sanie  im  in  da;  herze  sin 

des  heilegcn  geisies  güeie 

so  g.ir,  du5  sin  grinüete 

beleip  in  reiner  sia^tekeit, 

als  in  wirt  her  nach  gescit.    Bart.  2S, 20; 
nu  roneje  (rot  erbarmen      daj  ich  ie  gewan  den  suon, 
dem  man  ite»i^en      sol  da;  her  nach  tnon 
daj  sine  mnge  leman      mortlicli  haut  erslagen.    Nib.  936,2; 

waj  ich  Iu,  des  enweistu  nu  niht:  du  sali  ig  aber  her  nach 
wijjen.  Behaims  evang.-buch,  Joh.  13,7;  das  sie  verstünden, 
was  inen  hernach  begegen  wird.  5  Mos.  32,  29 ;  lasset  uns 
mit  unserm  herzen  drauf  achten,  und  merken ,  wie  es  her- 
nach gehen  sol.  J«.  41,22;  hernach  ist  Alexander  gestorben, 
als  er  regiert  halle  zwelf  jar.  1  A/acc.  1,8;  und  wird  hernach 
mit  dem  selbigen  menschen  erger,  denn  vorhin.  Luc.  11,26; 
etlicher  menschen  sünde  sind  offenbar,  das  man  sie  vorhin 
richten  kan.  etlicher  aber  werden  hernach  offenbar.  1  Tim. 
5,  24 ;  wie  einer  .  .  sein  herz  herauszer  zöge,  und  hernach 
in  das  nieer  würfe.  Amadis  23;  es  ist  glaublich,  dasz  er  sie 
geelilicht  habe,  weil  hernach  sein  söhn  Adonia  sie  nicht 
konte  zum  weih  nehmen.  Schüppws  12;  hiirete  ihn  folgendes 
lied  singen,  welches  ich  hernach  auch  geleinet.  Simpl.  1,  28 
Kurz;  ist  auch  in  solchem  vorsalz  bisz  an  das  ende  ver- 
harret, .  .  welcher  geslalt  aber,  folget  hernach  (ii'ird  hierauf 
beschiieben).  1,44;  iasz  mich  allein  reden  bis  ich  fertig  bin; 
hernach  wollen  wir  sehen,  was  für  Schlüsse  wir  darüber  ru 
machen  haben.  Wieland  11,190; 

man  spriclit  das  pest  kum  seilen  hernach. 

faiin.  ap.  535,  31  {npriclnvürttich  auch 
bei  SciioTTEL  1114*); 
so  vvol  hall  ihn  geschmecket  nichl, 
was  er  sonsten  sein  lelienlnng 
zuvor  und  hernach  asz  und  trank. 

Inixclim.  C'i'  (6.  1,  cap.  2); 
Ich  sah  hernach 
die  welsze  pracht  von  einer  schneebliim  an. 
Rruckks  2, 19. 

die  zeilfolge  wird  durch  ein  adeerb  oder  durch  praeposilionen  und 
casus  genauer  bestimmt :  über  elliche  zeit  hernach,  sirillen  die 
kinder  Amnion  mit  Israel,  richler  11,4;  hernach  zur  zeit  de« 
königs  Jiida  Joiakiin.  Jer.  1,3;  und  weil  sie  lebete,  und  dazu 
lang  hernach,  Ihiirsle  niemand  Israel  überziehen  Judith  \n,3n; 
die  onder  nacht  hernach,  i  Ksra  10.  ilo;  nnin  des  Apollonil 
»chwerl,  das  füret  er  liernach  sein  leben  lang.  \  Mucc. -i.ii; 
nicht  lang  liernach  kam  Tiyplion  widenimb.  11,54;  e*  begab 
sich  aber  den  tag  hernach.  I.uc.  n.  37 ;  durch«  gesell.  .  .  . 
well  bes  gegeben  ist  iiber  vierhunderl  und  drei«lig  jar  her- 
nac li.    C'it.   3,17:    de-z    niiderii    lags    bernncU  woll   »ich  der 


1117        HERNACH  —  HERNACHGEHENDS 

könig  auf  den  weg  begeben.  Amadis  41;  bald  hernach  erfuhr 
ich  die  herkiinft  der  menschen  in  diese  weit.  Sinipl.  l,  20 
Kurz;  {ein  dich  welcher)  gefangen  und  über  etliche  tage  her- 
nacl)  samt  seinen  canierad  aufgeknüpfet  ward.  90;  über  wenig 
Viertelstunden  hernach.  3,351; 

woraiiT  ich  bald  liernacb  .  .  . 

ein  nicht  unaiigenelim  pewäsche 

ge.«cliwälii?er  und  froher  frösche 

mit  ungemeinen  rreiiden  hörte.    Brockes  2,  Gl ; 
so  wird  nicht  lang  hernach  ein  grünliches  gewand 
darüber  (Über  das  umgegrnbne  tund)  gleichsam  hergeleget.    65. 

hernach  in  mbslanUver  Verwendung:  mit  leisem  gewicht  und 
gegeiigewicht  wägt  sich  die  natur  hin  und  her,  und  so  ent- 
sieht ein  hüben  und  drüben,  ein  eben  und  unten,  ein  zuvor 
und   hernach.  Göthe  52.  xi. 

3)  prarfiosilionaler  gebrauch  von  hernach,  wie  im  mhd. 

ir  werdet  wo!  versüenet      her  nach  disen  tagen.    Aift.  838, 1, 

auch  später  noch: 

in  weicher  Stadt  hernacli  drei  jalir 

auch  ein  gemeine  niustrung  war.    Opel  t;.  Cohs  40, 10. 

HERNACHER,  adv.,  rersldrktes  hernaöh,  aus  hernachher 
(s.d.)  abye.schwärhl ,  mundartlich  natueullidt  in  Mitteldeutschland 
noch  heule  furtdauernd ,  während  es  die  schripsprache  im  allge- 
meinen seil  dem  17.  jahrh.  aufgegeben  hat.  hernacher  bat  die- 
sellien  bedeutuugen  wie  liernach. 

1)  örtlich,  danach,  hinterdrein :  also  macht  disz  lasfer  {un- 
keuschheil)  ainen  menschen  mit  ainander  ganz  swach  und 
verderbt  in,  das  ain  eilend  ding  aus  im  würl.  die  äugen 
triefen  im,  wirt  blind  ee  zeit.  i:i|  ganz  schwach,  ziebent  die 
Jenden  hernaiier  wie  ain  wolf.  Kei<ersberg  sieben  hauptsünden 
1510  ff-t';  ir  gesell  ruffet  ihnen  sich  hernacher  zu  machen. 
Kirchhof  wendunm.  257'; 

wir  sterben  bald,  und  werdend  zkat, 
nichts  wiiers  dann  hernacher  pai. 

i,  Fl'neeli!«  in  Tütmanns  schnusp,  aus  d. 
I6.;<i/ir/i.  1,  191,  552; 
■was  dir  gott  zu  deinem  stammen 
vor  an  lieben  kindern  gab,  wie  dasz  er  sie  wieder  nam? 
dasz  die  mnlter,  wüst  er  wol,  ihnen  bald  hernacher  l>am. 

LoGAC  2,  47. 

2)  zeillich,  nachher,  hierauf,  später:  disze  empfengnisse  der 
Seelen  unser  frauwen,  die  da  ist  ein  gnadreiche  empfengnis, 
als  du  in  der  drillen  empfengnis  harnober  hiiren  wtirsl, 
die  eret  man  hiit.  Keisersberg  Marie  himelf.  n';  wer  die 
predigt  hernacher  hi.rel.  Llther  8,  280*;  hernacher  nach 
seinem  absterben.  Zimm.  cAro».  1,  407,  29  ;  dieser  grosz  dreck 
von  Slraubingen  ist  hernacher  ain  lange  zeit  ain  spruchwort 
am  hof  gewesen.  2.441,38;  das  er  hernaher  nichs  mehr 
weder  essen  noch  drinken  sollt.  3, 322, 6 ;  uszer  Ursachen, 
die  hernacher  werden  gemeidet.  507,25;  woll  ich  in  nemen 
in  seiner  jugendt,  und  wenn  er  denn  erwaciisen,  bernaciier 
zu  ewerem  dienst  widerumb  zustellen.  Amadis  W;  dasz  diese 
Longobaider  ersilich  zu  Slrabonis  Zeilen  näher  an  der  see 
gewöhnet,  hernacher  sich  zun  Zeiten  Taciti  in  die  mark  ge- 
zogen. MiCRÄLiüs  altes  Pommern  1,88;  aus  der  Ursache,  die 
ich  erst  iiber  etliche  jähre  hernacher  erfuhr.  Simpl.  1.33  Kurz; 
und  dieses  hat  golt  hernacher  wiederholet.  Schicpiüs  39; 
denn,  wenn  er  mich  in  schaden  bringt,  hernacher  hilft  nichts. 
J.E.Schlegel  2.82;  liesz  es  mir  lieber  .  .  .  etwas  sauerer 
werden  ,  als  dasz  ich  die  hcrren  da  drauszen  um  beistand 
angesprochen  hätte,  hernacher  gewöhnte  ich  es  auch  den 
leuten  um  mich  herum  ab.  Immerman.v  Münchh.  4,116; 

doch  anfangs  cnd  und  nuir  lietracht 
hernacher  keinen  zueifel  macht. 

Kirchhof  wendunm.  35; 
ich  war  in  wahrheil  auch,  wie  er  wol  ansr/ulachen, 
wann  ich  das  hohe  gut  so  wieder  von  mir  liesz, 
und  hntl  hernacher  quäl  und  rewe  gar  geuisz. 

D.  V.  D.  Werdkr  .4rios/  1,  57,  8; 
wir  wollen  geistlich  erst,  hernacher  weltlich  seift. 

Flebimc  471,  24,  13  l.aiiponb.; 
was  hilft  e»,  einen  freund  tu  guter  letzt  einst  küssen, 
bernacber  femer  nicht,  weil  er  wird  scheiden  müssen. 

per  f.  rvfpnih.  5,  Hi; 
hierauf  besann  sie  «ich,  und  schwieg  ein  wenig  stille 
hernacher  sagte  sie:  wolan  es  »ei  mein  %ville. 

Neubark  lustwäldchen  160; 
der  vater  ging  hernacher  in  den  krieg.    Tieck  2,  82. 
HER.NACHGEHENDS,   adr. :    die  ganze  gegene  ist  seither 
zu    einer   feinen  ebene  worden ,    wie  die  Lunenburger  heid, 
da    disz    gehörnecht  urchammel   hernachgrhends  auch  einen 
solchen  Scharmützel  bat  gehalten.  Gary.  147'. 


HERNACHHER  —  HERNEHMEN 


1118 


HERNACHHER ,  adv.  das  verstärkte  hernach :  hernachher 
hiesz  es,  die  tafeln  mit  den  hübnern  und  eiern  und  mallem 
und  Summern  schadeten  der  andacht,  und  sie  wurden  hin- 
weggelhan.  I.vmebma.n.'«  Münchh.  1,130  (worte  des  hofschulien). 

HER.NACH.MAL ,  adv.  ffoslea ,  posterius:  die  gewissen  ver- 
rücken und  irre  machen  . .  wie  die  falschen  apostel  Mieten, 
und   hernach  mal  mancherlei  kelzer  und  zu  letzt  der  bapst. 

LlJTnER    3.  103*. 

HERNACH.MALEN,  adv.:  die  so  groszen  herrn  lieb  und 
angenehm  sind,  die  sätligen  ihre  niisgunst  durch  den  schein 
als  wollen  sie  andern  helfen. . .  dainil  iiinen  hernach  malen, 
wann  sie  falsche  ufflagen  auf  sie  {ihre  grgner)  machen,  desto 
mehr  geglaubet  werde.  Scul'ppius  .itil ;  {der  diclder  soll  der  beiden 
gedichle  lesen,  aber  er)  musz  hernachmahlen  ansz  ihren  Schriften 
gleich  als  aus  einem  misl häufen  .  .  die  perlen  der  Weisheit 
samlen.  Rist  l'arn.,  vorbencht. 

HER.NACHMAI.S,  adv.:    wenn    ewer  kinder  hernach  mals 
ire    ve!er    fragen  werden.   Jos.  4,6;    also  tilget  das  alinosen 
die  Sünde,  und  der  öberst  vergelter  wirds  hernachmals  ge- 
denken.   Sir.  4,34;    da    ich    hin    gehe,    kanslu  mir  dis  mal 
nicht    folgen ,    aber    du    wirst    mir  hernachmals  folgen,    ioh. 
13,36;  so  einer  in  Übung  der  that  etwas  verleust  oder  binder 
im  ligen  oder  fallen  lest,  dasz  man   hernachmals  finden  und 
ermessen    mag    dasz    es    desz  thellers  gewesen   ist.    Carolina 
ar/.  29;    di>z    angefangene    werk,    welches  anfang  gleichwol 
in:igi<ler  Georg  Rörer  hernachmals  in  den   neunten  Iheil  der 
teutschen  büclier  Lulheri  hat  bringen  lassen.  Scblppics  SSO; 
wer  auf  übrig  reichihum  iracht, 
der  wird  sonsten  nichts  erstreben, 
als,  dasz  tr  noch  hei  dem  leben, 
ihme  seihst  ein  täglich  sterben 
und  lieniachmals  seinen  erben 
ein  gewüiiscbi  gelächter  macht.    Logai;  1,39,45; 
haszt  also,  was  es  doch  bernachmahls  betet  an. 

LoHE^sTEi!«  Lteupalra  99,  595 ; 
als  füllen  sind  sie  gelb  und  blau, 
hernachmals  grün.     Hagedorn  2,  145; 
hernachmals  bätbe  man  sie  gerne,  stillzuschweigen. 

i.  E.  Schlegel  2,  4S2; 
du  gehst  hernachmals  fort. 

Rost  ijelernte  liebe  KA* 

{in  den  sdtäferged.  114  geändert  in  du  gehst  hernach  nur  fort) ; 
Klüpstock  braucht  das  wort  noch  in  nachahmung  alterthümlichen 
slih:  fügt  sichs  aber  hernachmals,  wenn  ein  zehend  jähre 
dahin  ist,  dasz  kein  mensch  desz  mehr  kenne,  dem  das 
sieinlein  ward.  12.  83. 

HER.NÄCHST.  adv.  superlatiHsch  zu  hernach  gebildet:  damit 
dieser  .  .  .  mich  hernechst  am  t^ige  des  geiichts  nicht  hof- 
färlig  mache,  pers.  baumgarten  4,5;  schwur,  dasz  er  sie  her- 
nächst  nicht   mehr  unhöfflich  angreifen   wolle.  7,  26. 

HERNAHE.N,  rerb.  appropinquare,  in  den  quellen  des  \c,.  jahrh. 
gewöhnlich  mit  umlaut  {nach  mhd.  naehen): 

die  königin  thut  sich  dort  hernehen. 

H.  Sachs  3,  2,  69'; 
dort  thut  gleich  Flagay  hernehen.    4,  1,  22*; 
dort  thut  sich  der  Grnndo  herneben, 
des  alten  Wucherers  bauszknecht. 

i.  Atrer  444'  {2231,  20  Keller). 

HERNEHME.N,  verb.  sumere  alicunde. 

1)  mit  sächlichem  ohjcct:  aus  dem  schätze  her  nehmen,  ex 
thesauro  promere.  Steinbach  2,135;  wo  sollen  "wir  brot  her- 
nemen  in  der  wüslen,  unde  sumemus  panem  in  deserto?  Stie- 
ler 1365;  wo  sollte  ich  die  kräfle  hernehmen?  Gellert 
3,424;  wo  sollen  wir  jetzt  geld  hernehmen?  auch  als  ver- 
wunderte frage  an  einen  aufwand  machenden :  wo  nimmst  du 
nur  all  das  geld  dazu  iier?;  mit  unterdrücktem  object  in  der 
redensart:  wo  hernehmen  und  nicht  stehlen?; 

stolT  zum  liede,  wo  nimmst  du  ihn  her?  ich  musz  dir  ihn  geben, 
und  den  liöheren  styl  lehret  die  liebe  dich  nur.    Götue  1,  278; 
die  liebste  hat  mir  leid  und  weh  gegeben, 
weisx  nicht,  wo  sies  mag  hergenommen  haben. 
REckert  312. 

tn  bezug  auf  erlangen  durch  arbeit,  verdienen,  erschaffen :  musz 
der  arme  bekümmert  sein,  wo  er  seine  frühkost  heinehmen 
will.  pers.  rosenüi.  7,  20. 

2)  hernehmen,  herleiten,  ableilm,  in  bezug  auf  abslammung, 
beweise,  gründe:  von  dem  anfang  und  Ursprung  härnüinmen. 
arcessere  a  capite  rem  aliquam.  .Maaler  206* ;  beweis  her- 
nehmen, ducere  argumenta,  promere  argumenta.  Fsisch  2.13*; 
querz,  .  .  .  welches  etlich  vom  quadcrz,  d.  i.  böse  erz  her- 
nemen,   Matbes.  Sar.  40*;  den  anfang  von  was  bei    m^linien 


1119 


HERNEHMEN  —  HERNIEDER 


HERNIEDER 


1120 


principium  ab  aliqua  re  ducere.  Steinbacii  2,136;  und  was 
noch  andre  solche  gründe  waren,  die  ihr  gewicht  blosz  tod 
der  bosheit  hernehmen  konnten.  Göthe  24, 107. 

3)  hernebmen  mit  persönlichem  objed,  einen  oder  eine  her- 
nehmen, in  verschiedenem  sinne. 

a)  mü  strafe,  schelten,  tadel  fassen:  als  einmahl  auf  der 
nniversitet  Marpurg  ein  groszer  tumull  zwischen  den  Stu- 
denten und  burgern  erwachsen ,  und  ihre  f.  gn.  derowegen 
die  anstifter  under  den  Studenten  mit  ernst  hernemmen  liesze. 
ZiNRGREF  apophlh.  1,170;  ausz  der  Ursache  haben  die  hcrrn 
scholarchen  ihn  Kamum  tapfer  hergenommen,  dadurch  er 
verursacht  worden  den  Aristotelem  wider  wacker  durch  die 
bank  zu  ziehen,  und  eine  neue  logica  zu  machen.  Schuppius 
535;  es  giebt  ja  böse  menschen  genug,  zu  denen  ich  selbst 
in  manchen  stunden  gebore,  die  Sidonchen  ebenfalls  scharf 
hernehmen.  Tieck  ges.  nov.  9,117;  einen  darum  hernehmen, 
reprehendere  de  aliqua  re.  Serz  67'. 

b)  einen  hernehmen,  um  ihti  auszuforsciien ,  in  der  allen 
spräche,  wir  sagen  jetzt  lieber  vornehmen : 

der  jun^e  münecli  wart  her  genomen 

unde  fragten  in  zehant 

wie  im  geviele  daj  lanl.    Haupts  zeitschr.  8,102,184. 

c)  obscün,  im  groben  scherz  heiszt  es:  concumbcre  cum  aliqua, 
eine  hernehmen.  Frisch  2, 13". 

HERiN'EHMUNG,  f  vexatio.  Stieler  1365  (nach  dem  vorigen 
3,  a). 

HER.NEIGEN,  verb.  inclinare:  neiget  ewr  obren  her,  und 
kompt  her  zu  mir.   Jes.  55, 3. 

UERNENNEN,  verb.  l)  aufzählen  {nach  her  1,1  sp.lOOO): 
er  nennte  viele  stÄdte  her,  wo  er  gewesen  war,  recitabal 
muUas  urbes,  quas  visüavil.  Steinbach  2, 108 ; 

hat,  sprach  er,  der  Cid  geschworen, 
was  er  wohl  nicht  schwören  sollte : 
so  entbrech  er  sieb,  uns  einen 
berzunennen,  den  er  wählt. 

Herder  zur  litt.  5,  134  {Cid  33). 

2)  in  der  Verbindung  sich  von  etwas  her  nennen ,  nomen 
Irahere  ab  aliqua  re  (Hederich  1262)  steht  her  nicht  in  engster 
beziehung  zum  verbum  und  fällt  der  unter  her  I,  6  spalte  1002 
gegebenen  bedeulung  zu. 

HERNIEDEN,  adv.  niedeu,  unten  in  der  riclitung  nach  einem 
sprechenden ;  ton  hernieder  in  der  bedeutung  so  geschieden,  wie 
herauszen  von  heraus ,  vergl.  oben  sp.  1051 :  das  lesset  golt 
geschehen,  das  seine  treffliche  heiligen  auch  bei  uns  erniden 
bleiben.  Luther  4, 153'. 

HERNIEDER,  adv.  eine  bewegung  von  der  höhe  nach  der  tiefe 
einem  .sprechenden  zu  bezeichnend;  im  sinne  mit  herunter  sich 
berührend,  nur  dasz  hernieder  der  edleren  spräche  angehört  und 
nicht  leicht  übertragen  gebraucht  wird. 

1)  form  und  verlauf  der  bedeutung.  ahd.  hera  nidar,  hara 
nidar  deorsum  (Gbaff  2,980);  mhd.  her  nider,  schon  in  dieser 
periode,  wie  spdler  häufig,  zu  ernidcr  zurüclcgegaugen  {wb.  2, 1, 
336'.  ScHM.  2,  6SI).  die  alte  spräche  hatte  zu  hernieder  gegen- 
sätzlich ein  binnieder  gebildet,  bewegung  nach  der  tiefe  von  einem 
sprechenden  weg  angebend,  wie  es  zu  herbei  etn  binbei  gab, 
doch  ist  dieses  binnieder,  wie  binbei  in  der  neuern  sj)rachc  ver- 
kümmert, dadurdi  hat  aber  aucli  die  scharfe  richtungsbestimmung 
von  hernieder  insofern  gelitten,  als  in  vielen  fällen  das  worl 
überhaupt  nur  fichlung  nach  der  tiefe  ausdrückt,  die  beziehung  zu 
dem  sprechenden  aber  zurücktritt  (vergl.  ähnliches  bei  herab  3 
sp.  1005,  heraus  7  sp.  1027): 

denn  zwei  eimer  hingen  daran  (am  lirunncn),  ihr  hallet  in  eiiipn, 
weUz  ich  warum?  etich  gesellt  und  wart  hernifiler  gefahren: 
nun  vermochtet  ihr  nicht  euch  selber  wieder  zu  heben 
und  ihr  klagtet  gewaltig,    dei  morgens  kam  ich  zum  briinnen, 
rragte :   wer  bracht  euch  herein?    ihr  sagtet:    kommt  ihr  doch 

eben, 
Hebe  gevattcrin,  recht!  ich  gönn  euch  jeglichen  vortheil; 
steigt  in  den  eimer  da  droben,  »o  fahrt  ihr  hernieder  und  esset 
hier  an  fischen  euch  «all.  Götuk  40,  105; 

ein  zurückgang  der  bedeulungtschärfe,  welcher  schon  mhd.  wahr- 
nehmbar ist : 

d6  liet  in  {dm  itcUnecken)  vatlen  der  adlar 
hir  nider,  da;;  »in  bils  zerbrach.    Honk*  edettl.  64,33; 
durch  heim  und  durch  hüben       hin  er  den  ritler  Kuot 
und  durch  deti  helmei  spangen,      dn^  de^  rtUo  bluot 
her  nider  begiiiide  Tlie^en      i'if  den  jungen  man, 

ÄlpliurlK  tud  302,  3; 

rj)/.  auch  ernidcr  ligen  für  davieder  liegen  Schh.  2,681;  her- 
nieder schmettern,  hernieder  sehen,  hernieder  wagen,  her- 
nieder werfen,  unten  no.  2. 


Genauere  riohlungsbesUmmung  wird  auszer  durch  praeposilionen 
und  casus  ^om  berge  hernieder;  den  fels  hernieder  steigen) 
auch  durch  composition  gegeben: 

berghinan  und  thalhernieder.    Göthk  4,200. 

2)  Verbindung  von  hernieder  mit  verben  der  bewegung. 

blicken:  das  äuge  des  verklärten  blickt  auf  uns  her- 
nieder. 

bringen:  bringet  ewren  bruder  mit  hernider  (von  Paliistina 
nach  Aegypten).  l  Mos.  43,  7. 

fahren:  da  fuhr  der  herr  ernider,  das  er  sehe  die  stad 
und  thurn.  [Mos.  11,5;  der  heilige  geist  fuhr  ernidder,  in 
leiblicher  geslalt  auf  in,  wie  eine  taube.  Luc.  3,22;  und  zeiget 
mir  die  groszc  stad,  das  heilige  Jerusalem,  hernider  faren 
aus  dem  bimel   von  golt.  offenb.  21,10; 

drumb  setz  dich  in  den  andern  eimer, 
tliu  auch  wie  ich  hernider  fahrn. 

B.  Waldis  Esop  4,  8,  65 ; 
als  gott  hernieder  fuhr.    Röckert  310. 
gehen:  und  die  lochler  Pharao  gieng  ernider,  und  wolt 
baden  im  wasser.  2  Mos.  2,  5 ;  und  er  gieng  ernidder  mit  inen 
(vom   berge).    Luc.  6, 17 ;    auf  dem  hügel  daneben  stand  eine 
weisz  verschleiert«  gestall,  die  eine  grosze  passionblume  ab- 
brach   und   damit   gegen    das   thal    licrniedergieng.    J.  Paul 
palingen.  1,  85. 
klingen: 

lasz  den  ton  hernieder  klingen, 
der  nicht  sei  der  weit  bewuszt. 

RÜCKKRT  ges.  ged.  1,  479. 

kommen:  verkündigt  meinem  valer  alle  meine  berrligkeit 
in  Egypten,  . .  eilet  und  kompt  hernider  mit  meinem  vater 
hie  her.  l  Mos.  25,13;  als  nu  der  herr  ernider  körnen  war 
auf  den  berg  Sinai.  2  Mos.  19,  20 ;  wenn  Mose  in  die  hüllen 
kam,  so  kam  die  wolkenseule  ernider.  33,9;  das  wasser, 
das  von  oben  ernider  kam.  Jos.  3, 16 ;  da  kamen  seine  brüder 
ernider  (von  den  bergen)  . .  und  hüben  in  auf,  und  trugen  in 
hinauf,  ric/i/.  16,  31;  niemand  feret  gen  himel,  denn  der  vom 
himel  ernider  komefl   ist.  Job.  3, 13. 

lassen:  eilends  lies  sie  den  krug  (t)or?i  fop/e)  ernider  auf 
ire  band,  und  gab  im  zu  trinken,  l  Afox.  24,18;  deckten  sie 
das  dach  auf . .  und  lieszen  das  belle  ernider,  da  der  gicht- 
brücbige  innen  lag.  Marc.  2,  4 ;  stiegen  sie  auf  das  dach,  und 
lieszen  in  durch  die  ziegcl  ernider  mit  dem  bettlin,  mitten 
unter  sie,  für  Jhesum.  Luc.  5,19.     reflexiv: 

izt  lassest  du  {abenddämmerung)  bei  H espers  schein 
vom  himmel  leise  dich  hernieder.      Gökingk  3,  153. 

bei  Stieler  auch  in  übertragenem  sinne:  er  bat  sich  sehr 
herunter-  sivc  herniedergelassen,  omnia  demississime  egit,  sub- 
jectissime  gessil.  1076. 

rinnen.    Gökingk  3,236. 

schauen:  dazu  aber  war  es  auch  das  bild  der  göttlichen 
räche,  das  drohend  herniederschaute  aus  dem  öden  ..  dach- 
stübcben.    Riehl  cullurgesch.  nov.  367. 

scheinen:  der  mond  scheint  lieblich  hernieder. 

schleichen:  herniederscblcichen,  sensim  descendere.  Stie- 
ler 1835. 

schluromerD:  die  zu  einer  schmerzhaften  läge  hernieder- 
gcschlummerte  mutier  weckt  er  gelinde  und  führte  die  scblaf- 
trunkne  an  ihr  belle.  J.  Paul  leben  Ftbels  71. 

schmettern:  schmettert  das  holz  hernider,  wie  ein  mäder 
das  liew.   Garg.  14"'. 

sehen:  hernieder  sehen,  oculos  ad  terram  deferre.  Stiklei 
2026; 

auf  eines  berges  gipfel 

da  möcbt  ich  mit  dir  stehn, 

auf  lliiilcr,  walilt'swinfel 

mit  dir  hernieder  srlin.    Ubland  ged.  S8. 

sinken: 

Nink  denn  auch  auf  mich  hernieder, 
■  balsuni  du  für  jeden  schmerz!    UaLANJ«  g«d.  M. 

steigen:  wer  auf  dem  dach  ist,  der  sIeige  nicht  ernider 
etwas  aus  seinem  hause  zu  holen.  .Va((/i.  24, 17 ;  Zachce,  steig 
eilend  ernider.  Luc.  19,5; 

»enit  heut  ein  geist  berniaderstiege>    Uhland  g»d.  9i. 

stürzen:  er  wird  sie  unvcr.schens  hernider  stürzen,  weish. 
Sal.  4,19.     intransitiv:  ein  felsblock  stürzt  hernieder. 

l  li  u  n :  hcrniedcrtuhn,  dcmoliri,  defringere,  drturbare,  defltctere. 
Stimer  235S. 

wachsen:  hcrnicderw-achsen,  radicem  deonum  agert.  Stu- 
LBK  2404. 


1121 

wagen; 


HERNISTELN  — HEROISCH 


HEROLD 


1122 


dort  wage  mir  hernieder, 
geschickt,  nach  bergmannsart, 
anschlieszend  dein  gelieder, 
die  wollustvolle  fahrt.    Borger  5". 

reflexiv:  von  dieser  steilen  höhe  hat  er  sich  hernieder  in 
das  thal  gewagt. 

werfen:  daiumb  hab  ich  auch  gesagt,  das  dis  gebet  sei 
nicht  allein  eine  bitte,  sondern  auch  eine  heilsame  lere  und 
anzeigung  unsers  elenden  verdampten  lebens  auf  erden,  und 
wirft  den  menschen  hernider  in  sein  eigen  erkentnis.  Ldtheh 
I,  '■!'. 

ziehen:  ein  beer  zieht  von  den  bergen  hernieder  in  die 
ebene;  {ein  landstricb)  zeucht  sich  {vom  gebirge)  ernider  gegen 
abend  werts  zu  der  grenze  Japhleti.   Jos.  16,  3. 

zwingen:  seiige  geister,  die  wir  durch  die  kraft  unsers 
herzens  zu  uns  hernieder  zwingen.  Tieck  nov.-kranz  4,127. 

3)  hernieder  für  hernieden :  ja  solche  wollen ,  das  gott 
seines  dinges  droben  im  himel  wartete,  und  liesze  sie  her- 
nider irer  gülden  und  raammons  warten.  Luther  4,506';  gott 
hat  auch  den  feiertag  hernider  unter  den  bruderlichen  bei- 
stant  gesetzt.    Carlstadt  ton  dem  sabbat  C  ij '. 

HERMSTEL.N,  verb.  ein  nest  herbauen:  wie  diese  spatzen 
hergenistelt  hätten.  Simpl.  2,  270  Kurz. 

HERMSTEN,  verb.  dasselbe:  ein  vogel  hat  hergenistet. 

HERNÖTHIGEN,  verb.:  ich  bin  hergenölhigt  worden  (an 
diesen  ort  zu  kommen). 

HERNSKE,  /■.  cornus  mascula,  herlilze  {s.  d.),  und  cwnus 
sanguinea,  heckholz,  hartriegel.  Nemsich. 

HERO,  adv.  vollere  ßrm  ßr  das  sp.  999 — 1005  behandelte 
her,  formell  an  das  ahd.  hera  anschlieszend,  aber  im  mhd.  und 
bis  in  die  erste  hälfte  des  16.  jahrh.  nicht  nachzuweisen,  erst 
rxach  1550  taucht  die  form  auf  und  erscheint  häufig  durch  das 
V,.  jahrh.  hindurch,  bis  sie  im  18.  veraltet,     hero  steht,  tcie  her, 

1)  örtlich:  dieweil  sie  allein,  e.  g.  zu  dienen,  allhero 
kommen.  Amadis  257;  marchierte  neben  und  bei  mir  hero. 
Phil.  lugd.  5,  271. 

2)  zeitlich:  wie  von  alters  hero  gewonlich.  weisth.  3,746 
{rheinisch,  von  1579);  alsz  wie  von  altersz  hero.  747;  erken- 
net ihr  scheffen  solches  von  alters  hero  breuchlich.  2, 202 
{Hundsrück,  u.  jahrh.);  mein  Heis,  den  ich  von  unvordenk- 
lichen Jahren  hero  bis  auf  diese  stunde  so  unverdrossen  vor- 
gespannet.  Simpl.  2,135  Kurz;  wie  es  mir  bei  die  zwei  jähr 
hero  an  unterschiedlichen  orten  .  .  ergangen.  266;  eine  zeit 
hero.  PML  lugd.  5,274;  eine  alte  gewonheit.  die  so  viel 
hundert  jähr  hero  gewehret  hab.  Schlppics  66 ;  was  ich  von 
etlichen  Jahren  hero  öffentlich  geredet  und  getrieben  habe. 
635;  man  hat  in  zeit  von  hundert  jähren  hero  in  Europa 
unterschiedliche  erdenfrüchte  gepflanzet.  Jon.  Joach.  Becher  5. 
vergl.  anhero,  bishero,  dahero. 

HEROBEN,  adv.  oben  und  nach  hier  zu,  gebildet  wie  her- 
auszen  und  hernieden:  da  aber  der  könig  Äntiochus  her  oben 
im  königreich  hin  und  her  reisete.  l  Macc.  6, 1. 

HERODES,   der  Matth.  2    genannte   eigenname   des  jüdischen 
königs  hat  verschiedentlich  freiere  Verwendung  erfahren: 
so  ein  listiger  fuchs  Herodes  {von  Watlenstein). 

ScHiLLE»  Walleml.  Lager  8.  auflr. ; 
als    Umschreibung    für   den   teufet:    in    Hessen    das    danke    dir 
Herodes,  wenn  jemand  gelhan  hat,  wozu  er  ohnehin  verpflichtet 
war,  wo  kein  dank  nötig  ist,  vergl.  danken  5,  theil  2,736; 
Herodes  dank  euch  für  diesz  lied. 

GÜNTHER   bei  Al>ELD!(G. 

tn  Baiern   bezeichnet  Herodes  scherzweise  podex,   die  flieszenden 
hämorrhoiden  und  den  nachtstuhl.  Schm.  2,  229. 

HEROISCH,  adj.  ^otoi'xos,  seil  dem  17.  jahrh.  in  die  spräche 
eingebürgert  und  viel  verwendet,  nicht  nur  im  sinne  von  helden- 
haft, sondern  auch  majestätisch,  von  edler  gestall,  daher  selbst: 
traten  drei  heroische  junge  damen  in  den  saal,  welche  ihre 
alabasterweisze  brüste  . .  zimlich  weit  entblöszt  trugen.  Simpl. 
1,373  Kurz;  also  in  ganz  anderm  sinne  ak  Stielers  heroisch 
weih,  virayo.  813.  die  kunstsprache  verwendet  das  wort  vielfach: 
heroische  und  andere  sonnet  und  gedichte.  Weckberlin  647; 
heroische  verse,  poesie,  heroischer  stil  des  landschaftsmalers, 
dem  schlichten  oder  hirtenmäszigen  entgegengesetzt;  eine  heroische 
figur  fertigt  der  bildhauer  wenn  er  sie  überlebensgrosz,  doch  ohne 
colossal  zu  sein,  anlegt;  der  arzt  wendet  heroische  mittel  an 
um  eine  krankheit  zu  brechen ;  die  geschickte  kennt  ein  heroisches 
Zeitalter.  Fischart  hat  das  worl  in  herhobisch  umgedeutscH 
{vergl.  sp.  1103). 
iV.  II. 


HEROLD,  m.  praeco,  caduceator. 

1)  form  und  herkunft.  das  wort,  seä  frühestens  dem  14.  jahrh. 
in  die  deutsche  spräche  ah  heralt  oder  umgedeutet  als  erhalt  auf- 
genommen (Lexer  mhd.  wb.  1, 1251.  634),  kommt  zunächst  her- 
über aus  dem  franz.  heraut,  herault,  dessen  frülieste  belege  jedoch 
auch  erst  ins  14.  jahrh.  fallen  (Littre  1,  2006*),  ital.  araldo, 
span.  haraldo,  heraldo,  mittellat.  haraldus,  heraldus.  alle  diese 
wortformen  gehen  ihrerseits  wieder,  wie  Diez  wb.d.rom.spT.l,^% 
bemerkt,  auf  ein  althochdeutsches  hariowalt  heerbeamter  zurück, 
das  zwar  als  appellativum  nicht  nachzuweisen  ist,  aber  im  eigen- 
namen  Chariovaldus,  alts.  Hariolt,  altn.  Haraldr  erscheint,  die 
deutsche  form  des  wortes  ist  eine  schwankende;  zunächst  setzt  sich 
der  schon  oben  angeführte  umdeatungsversuch  erhalt  als  ehren- 
hold fort  {theil  3,61);  ehrenholt,  ehrenhalt,  erhalt  Haltacs 
268 ;  herolt  oder  echolt  {lies  erholt),  bolinus,  heruldus.  voc.  ine. 
tlieut.  14';  das  ursprünglicliere  herold  variiert  ebenfalls  mehrfach: 
heruldus  herolt,  hereolf,  heralt,  herult.  Dief.  276',  und,  indem 
man  den  letzten  theil  des  wortes  zu  deuten  versucht,  mU  an- 
leknüng  an  hold:  herehoU,  ein  heerholt  das.; 

bald  ward  der  herholt  komen. 

LniiHCBO!«  volksl.  2,  35,  140; 
liesz  er  durch  beerholds  stimm  •  .  . 
ein  kühnes  riiterspiel,  das  aus  der  welschen  mund 
wird  ein  turnier  genandt,  zur  freude  machen  kund. 

PosTEL  Wiltekind  s.  11,  301. 
alle  diese  formen  sind  zu  gunsten  von  herold  eingegangen;  nur 
die  form  herald  klingt  noch  in  dem  mit  fremder  endung  gebil- 
deten   heraldik    Wappenkunde   und  in  dem  wie  dieses  fremd  be- 
tonten adjectiv  heraldisch  nach. 

2)  bedeutung.  das  alter  und  die  Verwendung  als  ägenname  des 
herold  ursprünglich  zu  gründe  liegenden  deutschen  wortes  lässt 
schlieszen ,  dasz  damit  in  früher  zeit  ein  höheres  amt  in  bezug 
auf  das  heerwesen  gemeint  gewesen  sei,  von  dem  sich  näheres 
nichts  sagen  läszt;  dieses  amt  und  sein  name  muste  in  den  früher 
von  Germanen  besetzten  romanischen  Idndern  noch  unvergessen 
sein,  als  man  seit  der  ausbildung  der  ritterspiele  den  namen  auf 
einen  beamteten  wendete,  der  über  den  regelrechten  hergang  bet 
turnieren  und  die  rittermässigkeil  der  daran  theilnehmenden  die 
aufsieht  zu  führen  hatte,  freilich  erst  seit  der  zeit,  wo  die  tumiere 
zu  spielen  wurden,  bei  denen  es  mehr  auf  förmlichkeUen  als  auf 
kühnen  sinn  ankam,  und  bei  denen  die  aiinenprobe  der  ritter, 
die  wappenprobe  ihres  helmes  und  Schildes  eine  hauptsache  des 
ritterspieles  waren,  für  die  deutschen  lande  ist  diese  zeit  vor  der 
2.  hälfte  des  U.  jahrh.  nicht  eingetreten;  nachher  erscheint  das  amt 
eines  herolds  als  herrschaftliches  oder  kaiserliches  nach  function, 
bestimmter  kleidung,  attributen,  lehrzeit  ausgebildet :  vgl.  über  das 
hier  nicht  näher  auszuführende  sachliche  BtJscaiNG  ritterzeü  und 
ritterwesen  (1823)  2,313^.  der  herold  wird  so  nach  und  nach 
kenner  und  richter  des  rittermäszigen  auch  auszerhaib  des  tumiers, 
ja  er  entkleidet  unwürdige  ritter  der  riltencürde: 

bald  ward  der  herholt  komen, 

der  hat  Im  die  riterschall  genomen, 

man  hats  im  dun  abkunden, 

und  die  gülden  kett  abbinden, 

dar  nach  [ging  es]  an  das  keplin, 

ab  ward  er  binden  das  schwert  sin, 

dar  nach  an  die  armgewand, 

also  ward  er  geschant, 

dar  nach  an  den  kuresz  gut, 

das  det  der  herholt  wolgemut. 

LitlBNCHON  tolksl.  2, 35, 140—149  (t.  1474) ; 

daneben  ist  er  verwendet  als  fürstlicher  böte,  verkündiger  und  aus- 
rufer,  namentlich  bei  aufzügen  und  im  kriege  gegen  den  feind: 
wann  man  dann  zusammen  kompt,  soll  unser,  als  desz 
römischen  käisers  und  desz  reichs  feldoberster,  die  reuter 
alle  zusammen  lassen  fordern,  .  .  .  alsdann  seihst  persön- 
lich, sampt  dem  feldmarschaik  und  deren  hohen  empter  zu 
ihnen  in  ring  reiten,  und  ihme  durch  ein  herolden  ein  blosz 
schwert  lassen  vorführen,  reuterbestallung  v.  Speier  1570,  th.  2, 
tit.  2;  in  dem  krieg  zwischen  keiser  Maximiliano  und  den 
Schweizeren,  als  beiderseits  gemüter  also  auf  einander  ver- 
bittert waren  ,  das  sie  auch  keine  herolden  oder  trommel- 
schlager mehr  zusammen  schickten.  Zikkgref  apophth.  i,  337 ; 
der  esel  sei  zwar  ein  faules  thier,  allein  er  habe  eine  starke 
stimme,  man  könne  ihn  gebrauchen  an  statt  eines  trom- 
peters  oder  herolden.  Schüpphis  107;  {hat  einen  spruch)  alle 
morgen  durch  einen  eignen  herolden  in  seiner  armee  ausz- 
rufen  lassen.  145; 

voraus  erschien  ein  herold,  der  das  schlosz 
aufforderte  (zur  Übergabe).     Schiller  Maria  Stuart  2,  1; 
kein  herold  wirds  den  Tölkem  künden 
mit  pauken-  und  trommetenschall.    Uhland  ged,  101. 

71 


1 123 


HEROLD  —  HEROLDSRECHT 


HEROLDSRUF  — HERR 


1124 


das  amt  des  herolds  geht  wesenllich  mit  dem  abkommen  der 
turntere  nach  dem  16.  jahrh.  in  Deutschland  unter;  so  weil  das 
vort  nichl  in  lebendiger  erinnerung  an  alte  silten  fortdauert,  uird 
es  aber  auch  als  Übersetzung  des  latein.  praeco ,  felialis,  cadu- 
cealor,  griech.  x^^vs  verwendet: 

auT  denn,  und  beisz  ausrufend  die  herold,  aller  Achaier 
erzumpanzertes  volk  riiigshcr  bei  deu  scbilTen  versammelu ! 

Utas  2,  437. 

die  beschäßigung  der  herolde  mit  herkommen  und  wappen  der 
ritter  und  den  pflichten  ihres  Standes  zeigt  in  poetischer  form  die 
von  ihnen  gepflegte  heroldsdichliing  (Wackernagel  litt,  gesch.  223) ; 
der  stand  der  lierolde  selbst  ist  der  bürgerliche,  herolde  werden  mit 
posaunern  und  pfeifern  zusammen  genannt:  8  guldein  (geschenk) 
allen  unsers  harren  kunigs  piisawnern  und  heroiden ,  der 
waren  fünf,  item  8  guidein  aller  fiirsten  pfeifern  und  he- 
rollen zu  einander,  d.  städtechron.  3,  348  ;  ehrenhafte  erwältnung 
der  herolde: 

heroiden,  Sprecher,  parzifand  (unlerherotde), 

die  strorien  ettwann  öfTlich  schand 

und  hatten  dar  durch  eren  vil.    Brant  narrensch.  63,  55. 

der  umstand  aber,  dasz  sich  das  fahrende  sängerthum  der  wappen- 
dichtung  bemdctUigt  und  zum  heroldsamle  zugelassen  wird,  drüclU 
auf  den  stand,  und  die  erwältnung  des  herolds  ist  nicht  immer 
eine  ehrenhafte:  da  lief  im  in  sein  angesicht  ein  histrio,  den 
wir  nennen  einen  freiheit;  etlich  nennen  in  einen  herold. 
d.  städtechron.  3, 109, 13 ;  Trochus  erklärt  eine  reihe  lateinischer 
Wörter:  bomolochus,  scurra,  sycophanta,  calumhiator,  ..  parasijtus 
u.  s.  w.  xusammenfassend  mit :  ein  herolt ,  smarotzer.  G  4* ; 
heroldus ,  heruldus  A.  vagus  ein  herol.  Dief.  nov.  gloss.  202'; 
nebulo  loter,  herholt,  ruffian  262*.  die  Verwendung  des  herolds 
als  ausschreier,  eröffner  und  beschlieszer  des  allen  dramas  rührt 
von  Rosen BLüT  her,  der  in  des  Türlten  fastnachtspiel  des  Türken 
wapenträger  und  herolt  dazu  verwendete,  fasln,  sp.  288 ;  vergl, 
auch  fasln. sp.  167.269.329.364  u.a. 

3)  herold  übertragen,  verkündiger,  nach  der  oben  ausgeführten 
edleren  bedeutung  des  wortes:  meine  stimme,  nur  zu  ave  und 
halleluja  gestimmt,  würde  dem  feind  ein  herold  meiner 
schwäche  sein.  Güthe  8,14;  aber  sein  {des  Columbus)  gutes 
Schicksal  wollte  ihm  selbst  die  freude  gönnen ,  der  herold 
seiner  kühnen  that  zu  sein.  Beckers  wellg.  (ß.  ausg.)  7,27; 

der  himlische  ^esand 
und  herold  {Gabriet)  stund  vor  ihr  (Maria).    Opitz  3,230; 

bald  musz  ich  heerhold  werden 
herr  {ein  fürst  ist  angeredet)  deiner  treffligkeit. 

Rist  Parn.  A4' ; 
heroiden  dieser  zeit! 

A.  Grypbius  1698  2,  317  (tonelt  an  die  slerne) ; 
zur  strafe  der  vergessnen  pflicht 
hat  euch  mein  mond  zum  letzten  mahl  geschienen, 
so  bald  sein  wagen  nur  den  horizont  besteigt, 
sei  euch  verwehrt  im  hain  herum  zu  streichen, 
bis  sich  des  tages  herold  zeigt.     Wielakd  10,  147 ; 
der  lehrer  unsrer  Jugend, 
der  herold  stiller  tugend.     Gökingk  2,  85. 

4)  herold,  der  häher,  corvus  glandarius.  Nemnich  2,1243; 
vieUeicIit  wenn  man  die  nebenformen  hügerl ,  hieger,  herholz 
erwägt,  nichts  als  Umbildung  von  hüher,  ahd.  hehara,  ags.  higora. 
schon  im  Ib.  jahrh.  graculus  herolt  Dief.  207*. 

HEKOLDEiN,  verb.  wie  ein  herold  rufeu:  der  cardinal  herol- 
dele  mit  erhobener  stimme  die  werte  .  .  Hamburger  corresp. 
1846  no.  154. 

HEROI.,DIN,  f  nach  der  übertragenen  bedeutung  von  herold  3 : 

wem  Qieszt  die  zahre,  die  auf  jeder  wange  steht, 
der  trauer  beroldin?  IIöi.tt  44  Halm. 

HEKOLDISCH,  adj.  und  adv.  heroldsmäszig,  stattlich . 

all  sein  gebärd  mir  wol  gefeit. 

sein  gstalt,  sein  trit,  sein  angesicht 

ist  all«  h( ToI(1i~(!j  .ibgcricht. 

Schade  $at.  u.  pasqu.  i,  128,  78. 
HEROLDSAMT. 

HEROLDSFIGlli,  ,.  -.,.,  Uraldische  figur,  wie  balken,  pfähl, 
kreuz,  (ßlter. 

HEhOLDSKUNST.  f.  heraldica.  Hederich  1263. 
HEROLDSPI- LICHT,  f: 

seid  mir  nifiil  hi-i  maskeraden 

h-M 

«l.-i  '  ,       ■  ■   1,     ..II.. 

nichts  vciUcibliLhu»  vi>chlciclic.     Gothk  41,  41. 
HEROLDSRECHT,  n.;  dat  heroldsrecht  .  .  war  ein  Inbe- 
griff von    rechtlichen  grundstttzen,   welche  auf  die  kenntnii 
»om  adel  bezug  hallen.  ÜOycHiMC  rttlerxnl  u,  rilterweten  2,315. 


HEROLDSRL'F,  m,; 

der  heroldsnif,  der  zum  turniere  ladet. 

ScuiLLER  W.  Teil  2,  1. 
HEROLDSSCH.\LL,  m.: 

Polyneikes  leib 
hat  er,  so  sagen  sie,  durch  heroldsschall 
verboten  mit  dem  erdenstaube  zu 
bedecken.  Stolbgrg  14,  8. 

HEROLDSSTAB,  f?i.  slab  wie  ihn  der  herold  aU  zeichen  seiner 
würde  trägt:  herold- sine  friedensstab,  caduceus.  Stieler  2110; 

ihr  fiirsten,  zeiget  ihr  noch  weiter 

anstatt  des  schwerts  den  heroldstab?    RBckert  151. 

HER0LDSST1M.ME,  f. : 

0  ihr  blümchen  und  ihr  wermuthstauden 
deckt  oft  bessre  herzen, 
gröszre  geistesgaben,  als  der  marraor 
mit  der  heroldsstimme.    Holtt  51  Halm. 

HERORGELN,  verb.  auf  der  orgel  etwas  herspielen :  ein  lied, 
eine  melodie  berorgeln. 

HERPACKEN,  verb.  refl.,  in  grober  rede,  herzu  gehen;  gewöhn- 
iich  Imperativisch:  pack  dich  her  und  arbeite! 

HERPASSEN,  verb.:  dasz  kein  anderer  nachsatz  dieses 
periodens  herpasset  als  der:  sie  hatte  noch  einmal  so  viel 
zahne  als  andre  Christinnen.  J.  ?.\vi  uns.  löge  3, 10. 

HERPEITSCHEN,  verb.: 

peitscht  ihn  her, 

den  Verbrecher!    Gotter  2,512. 

HERPFEIFEN,  verb. :  ein  liedchen  herpfeifen ;  einen  her- 
pfeifen, durch  pfeifen  herlocken;  intransitiv:  da  pfeift  eine  kuge' 
her,  kommt  her  mit  pfeifendem  tone. 

HERPFLANZEN,  verb.  pflanzend  hersetzen.  J.  Paul  komet 
2,  105. 

HERPLAPPERN,  verb. :  gebetsformeln,  . .  welche  man  mii 
der  äuszerslen  Zerstreuung  des  gemülhs  und  der  seelen  her- 
plappert, reisender  avantürier  {Bremen  1748)  1, 177 ;  es  gieht 
solche  mechanische  menschen ,  deren  gespriiche  zur  hälfte 
aus  gewissen  formein  bestehen,  welche  sie,  ohne  dabei  etwas 
zu  denken,  herplappern.    Knigge  umgang  mit  menschen  1,76. 

HERPLATZEN,  verb.:  wenn  es  heutigs  tags  so  keme,  das 
wir  also  füren,  wie  er  (Noah)  in  dem  kästen,  wer  würde 
sein,  der  nicht  verzweivelle?  es  ist  der  Vernunft  und  sinnen 
grewiich  anzusehen ,  das  sie  so  müssen  schweben ,  haben 
keinen  aufenthalt,  sondern  oben  und  unten  eitel  wasser  her 
platzen  und  schlagen.  Luther  4,  5l'; 

ja  wann  meine  {des  liahns)  weiber  laut  schwatzen, 
als  dan  regenwetter  herplatzen. 

froschmäus.  K5'  (6.  2,  cap.  9). 

HERPLAUDERN,  verb. :  etwas  allen  nachharn  herplandern, 
deblatlerare  aliquid  omnibus  vicinis.  Hederich   1263. 

HERPOLTERN,  verb. :  wenn  ein  solcher  aufgeblasener  be- 
geisterter verse  von  Racine  oder  Corneille  hergepoltert  und 
geprustet  hatte.  L.  Tieck  ges.  nov.  1, 162. 

HERPOSAUNEN,  verb.:  um  den  unsinn  derselben  mit  einer 
eben  so  groszen  schadenfrohheit  wieder  herzuposaunen.  Reiske 
bei  Campe  unter  schadenfrohheit. 
HERPRAHLEN,  verb.: 

wir  redten  gut  latein, 
und  keiner  wolle  nicht  für  teutsch  gescholten  sein, 
der  war  weit  über  meer  in  Griechenland  geflogen, 
der  halt  Italien,  der  Frankreich  ganz  durchzogen, 
der  pralle  spanisch  her.  Opitz  2,  45. 

HERPRANGEN,  verb.  prangend  hergehn,  sich  prangend  leigen  : 

der  samraet  und  die  seiden  dein, 
du<t  Ist  grob  hew  und  windelcin, 
darauf  du  könig  so  gros  und  reich, 
her  prangst,  als  wers  dein  hlmelreich. 

Ldtuf.r  8, .'^SS*  {kinderlied  auf  ueihnachlen); 
so  reizend  und  scbmeichlend  licrprangen. 

II.  Sacus  2,2,  IOC'; 
«0  <ieh(  mit  mir  die  Stadt  hinein  (v>rir/i(  die  sladt- 

mniM  tur  feldmaut), 
da  wolln  wir  erst  recht  fl-Ollrh  sein, 
esson  und  trinken  lirrfiir  langen, 
(Ins  etwnsz  andere  .sni  hrrprangcn, 
denn  diese  arme  hnitclei. 

froschinäuf.  G  1*  {b.  I,  cap.  9). 

HERPUTZEN,  irrt..-  duheiin  fand  er  schon  alles  weggekehit 
und  hergepulzt  zum  studieren.  J.  Paul  leb.  Fibels  69. 

HEROrKLLEN.  verb.:  denn  das  igt  auch  ein  beruf,  der 
aiiH  dem  gcsciz  der  liebe  hcrquillel.  Luther  S,  .12i>'. 

HERR,  ni.  dominus,  herut. 

ahd.  hirero ,  höriro ,  iiörro ,  hfro  j  alls.  Uirrn ;  frtes.  hi-ra 
oiler  hcra ;   ags.  herra ,  bcarra ;    altn.  üerra ,   6«  Bir.RN  harri 


112c 


HERR 


HERR 


1126 


und  hari;  mhd.  hSrre,  herre,  gekürU,  besonders  in  der  anrede, 
hfr,  her,  und  er  {vgl.  unter  der  10,  Iheil  2,  979),  welche  letztere 
kürjung   auch   im    altern  nhd.  noch  fortdauert,   entweder  in  der 
eben  angegebenen  form  {vgl.  er  th.  3,  692),  oder  in  der  dehnung 
ehr  (3,52);   während  umgekehrt  bis  auf  jetzt  in  alterthümlichem 
und   rolksmäszigem    ausdrucJ:    noch  die  form  herre  lebt:    erhör 
uns  lieber  herre  gott.    Scboppids  680;    herr*^    so  müszt  ihr 
nicht  reden.   GötueS,  200;  dort  steht  eine  zweite  ast,  sagte 
der  hofschulze.    nehmt  sie,  herre.  Ixjiermanx  Mimchh.  4,64; 
ach  herre  gott,  ach  herre  gott, 
erbarm  dich  doch  des  herren.    Göthb  2,  194; 
ein  herre  mit  %wei  gesind 
er  wird  nicht  wohl  gepflegt.    5,  126; 
eh,  herre,  was  man  sieht,  das  dächt  ich,  kann  man  wissen. 

',  107; 
und  als  der  herre  mein  ansichtig  ward, 
und  mich  erlsannte.        Schiller  Tett  3,  1. 

die  flexion  des  wortes  leidet  vollere  und  gekärztere  formen  neben    ( 
einander,   in   den  alleren  quellen  ist  der  gen.  dat.  acc.  des  sing,    j 
sowol   herren    als    herrn ,    auch   im   plur.    begegnet  man  beiden    t 
formen    (belege   sind   in    dem  folgenden  reichlich  enthalten);    seit 
Gottsched  hat  sich  die  praxis  dahin  entschieden,  dasz  man  für 
die  gleichlautenden  (Cliquen  singularcasus  herrn,   für  die  plural- 
casus  herren  brctuchl,  obschon  nicht  durchaus: 

möchte  selbst  solch  einen  herren  kennen.    Götbk  12,90; 

ihr  herrn  gesteht,  ich  weisi  zu  leben.    t05. 

der  gen.sg.  herrens  gehört  dem  n.jabrh.  an:  leere  titul  eines 
freiherrns.  Schcppics  416;  eines  groszen  herrens  tochter.  Hoff- 
MANNSWALüAD  bei  Steisbach  1,740;  noch  Gottsched  (Äern  der 
sprachkunsl  1753  s.  107)  führt  ihn  als  seltenere  erscheinung  an. 

Das:  herr,  ahd.  herro  nichts  ist  als  die  in  Substantive  Verwendung 
gekommene  und  contrahierte  comparativform  vom  adj.  her  altus, 
nt  um  so  unzweifelhafter,  als  Otfrid  noch  ungekürztes  herero 
im  sinne  von  dominus  verwendet  (s.  unten  I,  l).  das  adjectiv  drückt 
hierbei  das  hervorragen  rücksicfitlich  der  gesellschafUichen  Stellung 
aus  {vergl.  hehr  2  .^.  789).  vermöge  dieser  bedeutung  bezeichnet 
das  alte  heriro ,  herro  zunächst  nur  den  höher  gestellten  gegen- 
über dem  geringeren,  den  befehlenden  gegenüber  dem  knechte,  wie 
es  noch  bei  Heisrich  \oy  Morcnges  heiszt : 

si  gebiutei  und  ist  in  dem  herzen  min 
frouwe  und  herer  danne  ich  selbe  si. 

minnes.  frühl.  126,  17, 

während  den  höflist  gestellten,  den  eigentlichen  hcrrscher  ursprüng- 
lich das  ahd.  truhtin ,  alts.  druhtin,  ags.  dryhten  kennzeichnet, 
in  demselben  masze  aber,  wie  truhtin  veraltet,  seltener  wird  und 
in  eingeschränkteren  gebrauch  kommt  {schon  im  ahd.  ist  es  meist 
nur  noch  auf  golt  und  Christus  bezogen,  im  mhd.,  so  weit  es  hier 
noch  lebt,  durchaus),  dehnt  herro  seine  bedetitung  aus,  so  dasz 
es  nach  und  nach  die  bedeutung  von  truhtin  mit  erlangt. 

Der  zurückgang  der  form  von  heriro  in  herro  und  sogar  h^ro 
(gen.  plur.  heronö  Tatian  85, 4)  erklärt  sich  durch  Übergang  der 
adjectiven  Stellung  in  Substantive  und  durch  häufigen  gebrauch  des 
Wortes,  ebenso  die  im  mhd.  sclton  theilweise  erfolgte  kürzung  des 
stammvocals.  Schwierigkeit  macht  nur  das  Verhältnis  der  ags.  und 
altnord.  wortformen  hearra ,  herra ,  die  sich  nur  dann  in  be- 
ziehung  zur  oberdeutschen  bringen  lassen,  wenn  man  annimmt, 
daxz  die  letzlere  als  titel  für  höhergestellte  sich  nach  norden  zu 
ausbreitete  und  in  die  genannten  dialecte  als  Minwort  eindrang, 
eine  annähme  für  die  manches  spricht. 

herr  gehl  theils  auf  wellliche  herren,  Iheils  auf  den  himmlischen, 
golt,  Christus ;  die  erstere  anwendung  musz  als  die  ältere  voraus- 
gestellt werden. 

l.  herr,  der  weltliche  Ixerr. 

i)  im  allgemeinen,  dem  knechte,  diener,  sklaven  gegenüber 
LiesteiU : 

alid.    ih  bin  eigan  scalc  thin,      thu  bist  herero  min. 

Otfrid  4,  11,22; 
mint,   si  kiesent  künege  unde  reht, 

si  setieni  hörren  unde  kneht.  Walther  9,7; 
nhd.  knechte,  dy  czu  unczeitin  von  iren  herren  ghen.  Magdeb. 
blume  1,  70 ;  wy  sich  ein  man  vorantworten  sol,  ob  in  sein 
herre  anspreche.  1,117;  wy  ein  herre  seinen  eigin  qwingin 
{zwingen)  mag.  2,  1,  65;  da  Jehu  er  aus  gieng  zu  den  knechten 
seins  herrn.  2kön.  9,11;  der  jünger  ist  nicht  über  seinen 
meister,  noch  der  knecht  über  den  herrn.  es  ist  dem  jünger 
gnug,  das  er  sei  wie  sein  meister,  und  der  knecht  «ie  sein 
herr.  Matth.  10.24.  25;  niemand  kan  zweien  herrn  dienen. 
6,24;  diener  oder  knecht,  der  für  und  für  auf  seinen  herrn 
wartet,  acoluthus.  He!«isch  700; 


aus  der  well  die  freiheit  verschwunden  ist, 
man  siebt  nur  herrn  und  knechte. 

Schiller  Wallensl.  lager  11.  auftr.; 

der  wein  er  erhöht  uns,  er  macht  uns  zum  herrn 

und  löset  die  sklavischen  Zungen.     Göths  I,  138; 

herr  und  meister!  hör  mich  rufen!    240  (der  Zauberlehrling); 

ich  habe  den  gesehn, 
ihn,  den,  so  bald  er  nur  die  äugen  auf  mich  wandte, 
mein  überzeugtes  herz  für  seinen  herrn  erkannte. 

Wisla^d  17,  H)9  (Idr.  u.  Zen.  3,  69) ; 

ich  gieng  zur  tempelhalle, 

da  hört  ich  christlich  recht: 

•hier  innen  brüder  alle, 

da  drauszen  herr  und  knecht'.    Uhla^d  ged.  105; 

man  sagt  nicht :  herr  general.  man  sagt :  mein  general ! 
bflrgergeneral!  es  ist  kein  mensch  ein  herr!  14,271.  —  Im 
Sprichworte:  bin  ich  lieber  herr  als  knecht.  Schottel  1120'; 
kanstus  geld  brauchen,  so  ists  dein  knecht,  wo  nicht,  so 
ists  dein  herr.  1125';  der  früh  wil  herr  sein,  musz  lange 
knecht  sein.  1142';  der  diener  ehre  ist  des  herrn  ehre.  Pisto- 
Rius  thes.  par.  5,  93 ;  ein  fleisziger  herr  macht  fleiszige  diener. 
9,21; 

das  Wetter  kennt  man  bei  dem  wind, 

den  vatter  bei  dem  kind, 

und  den  herrn  bei  dem  gesind.    8,8; 

bei  SiMBOcK  243.  244:  wie  der  herr,  so  der  knecht;  getreuer 
herr,  getreuer  knecht;  so  lange  kein  herr,  so  lang  auch  kein 
knecht;  der  herr  soll  von  Linden  sein,  der  knecht  von  Eichen; 
ein  lindener  herr  überdauert  einen  eichenen  knecht ;  keiner 
mag  herr  sein,  er  sei  denn  zuvor  knecht  gewesen;  wenn  der 
herr  kurzsichtig  ist,  so  ist  der  knecht  gar  blind;  je  blinder 
der  herr,  je  heller  der  knecht;  tröste  gott  den  herrn,  den  der 
knecht  lehren  musz ;  frühe  herren,  späte  knechte ;  lieber  vom 
herrn  gekauft  als  vom  knechte;  besser  kleiner  herr  als  groszer 
knecht;  wenn  es  auf  den  herrn  regnet,  so  tröpfelt  es  auf 
den  knecht;  die  herren  sind  schon  gut,  nur  die  diener  sind 
des  teufeis;  ei  ein  schönes  paar  zusammen!  so  herr,  so 
knecht!  Ä,  Gryphics  1698  1,776; 

die  Gibeoner  gehn  mit  Levi  ^ine  bahn, 
wie  herr,  so  knecht.  559. 

das  Verhältnis  des  herren  zum  knecht  deutet  auch  das  Sprichwort 
an :  untreue  schlägt  seinen  eigenen  herrn ; 

so  wird  an  dir  (des  mag  ich  sagn) 
untrew  sein  eigen  herren  scblagn. 

B.  Rn<GWALD  taut.  warh.  30. 

auch  eine  andere  redeformel  fuszt  auf  diesem  Verhältnis:  ein 
hundert  oder  neune  sein  mein  herr  nicht  {ich  hänge  nicht  an 
Vmen,  es  kommt  mir  niclit  darauf  an).  Filidob  der  vermeinte 
prinz  21 ; 

bring  mich  nur  zu  der  frauen  dein! 

ein  taler  soll  mein  herr  nicht  sein, 

den  ich  dir  wil  geben  und  schenken. 

J.  Atrer  457»  (2298,  8  KeUer); 

mein  Niciaus,  ich  will  dich  begabn, 

und  wilt  du  hundert  gülden  habn, 

so  sollen  sie  mein  herr  nit  sein. 

dess.  fastn.sp.  160«  (3128,  5). 

2)  im  speciellen  bezeichnet  herr  sunächst  Vorsteher  und  Ober- 
haupt einer  familie,  im  bezug  auf  das  hauswesen  (vgl.  hausherr), 
und  gegenüber  gesinde  und  arbeitern,  wo  ihm  die  frau  (lA.  4*  sp.  73) 
zur  seile  steht:  die  herrn  und  frawen  sollen  ire  knecht,  megde 
und  erbeitsleut  nicht  wütender  weise  regiren.  Lcther  1,250*; 
der  hund  spricht  * 

mich  liebet  herr  und  frau:  mein  amt  lallt  gar  nicht  schwer 
ich  hüte  haus  und  hof  und  halte  nächtlich  wache. 

Hagedor;«  2,  26. 

aber  das  Oberhaupt  der  familie  ist  auch  gegenüber  weib  und  kind 
der  herr,  und  so  dient  das  wort 

a)  zur  bezeiehnung  des  ehegatten  seitens  der  ehefrau  {vgl.  ehe- 
herr  theil  3  sp.  44): 

die  vTouwe  jsmerlichen  sprach  .  .  . 

da;  ich  ieraer  keinen  tac 

nach  mime  herren  leben  sol, 

di  mite  enist  mir  doch  niht  wol.    Iwein  1893; 

{Sara)  sprach,  nu  ich  alt  bin,  sol  ich  noch  wollust  pflegen, 
und  mein  herr  auch  alt  ist.  l  Mos.  18, 12;  alle  tugendsame 
pfarrfrawen,  nach  ihrer  herren  tode.  B.  Rixg»ald  er.  Av'; 
hir  (in  Paris)  hat  sich  die  fürslin  von  Siegen  eine  wüste  klack 
angesetzt,  sie  war  sehr  coquet  hir,  das  hat  ihren  herrn  und 
sie  brouillirt.  Ems.  Cbarl.  v.  Orl.  891;  ich  habe  von  meinem 
seligen  herrn  ..  ein  einziges  kind.  Rabexes  loi.  3,  31 ;  Elisa- 
beth, gott  vergelt  euch  die  lieb  und  treu  an  meinem  herrn 
{Gott  von  Berlichingen).  Göthe  8,  «63; 

71* 


1127 


HERR 


HERR 


1128 


do  des  ealen  ritterü  Trawe 

das  Pingerleiri  im  beclier  sacli, 

sie  begund  es  eben  schawen, 

uu  mugent  ir  hören  wie  sie  sprach  : 

'mein  herr,  der  Moringer,  ist  hie',     Uhland  volksl.  782; 

es  haben  alle  dich  so  gern, 

die  alten  und  die  jungen, 

und  deinem  lieben,  braven  herrn 

ist  alles  nehl  gelungen. 

Schiller  1,302  Kurz  {an  die  kirchenrälhin 
Griesbach) : 
mein  lieber  herr  und  ehewirth!     W.  Teil  1,2; 
manch  [zur  Hedwin).  seid  ihr  allein?    ist  euer  herr  zu  hause? 

5',  2. 

b)  :ur  bezeichnung  des  valers,  mn  seilen  der  kinder : 

der  ouch  die  leben  hajte  von  Hagenen  minem  lierren. 

Gudr.  bll,3  {vorher  min  vater  Hagene  610,2); 

deszglichen  thänd  ouch  ewre  kind.  wenn  sye  noch  ucii 
frogen,  so  sprechent  sye:  wo  ist  der  vatler,  oder  der  herr? 
wo  ist  die  muter?  Keisersberg  post.  l,  22".     vgl.  ahnherr. 

c)  die  vorstehend  genannten  verschiedenen  seilen  der  würde  faszt 
die  formet  herr  vom  hause  zusammen,  welche  den  Vorsteher  einer 
hausliallung  bezeichnet:  so  will  ich  dem  herrn  vom  hause  rufen. 
Ihmesman.n  Münchh.  3,185; 

der  teulel  hol  den  herrn  vom  haus  I    Göthe  13,83; 

dafür  auch  herr  des  hauses  {verscliieden  von  dem  sinne  unten  5): 

0  so  rettet  den  herrn  des  hauges! 

Hkrder  zur  seh.  lilt.  6,  100. 

d)  das  diminutiv  herrchen,  herrlein  bezeichnet  in  vielen  gegenden 
(hessisch  ViLUKK  165,  bairisch  Schm.  2,231,  rheinisch  Kehrein  195) 
den  groszvater;  am  Spessarl  ist  groszherrchen  urgroszvater.  der 
junge  herr  ist  bezeichnung  für  den  söhn  des  hauses,  der  nach 
seinem  vater  die  hauslierrschaß  antritt;  vergl.  unten  junge  herr- 
schatl  unter  herrschaft. 

3)  herr  wird  in  weiterem  sinne  gebraucht  für  den  befehlenden, 
gewall  habenden  gegenüber  den  unterthanen. 

a)  von  obrigkeitlichen,  regierenden  personen  schlec)dhin,  nament- 
lich von  bürgern  die  im  rat  und  regiment  sitzen:  unser  herren 
vom  rale  gebieten.  Sürnberger  pol.-ordn.  24  und  oft;  es  ver- 
bietent  ouch  mein  herren,  da;  ieinan  ze  den  clostern  iht 
mer  denne  ze  ainem  alter  opfer  oder  messe  frümen.  23;  e; 
babent  auch  gesetzet  unser  herren  der  schullhai;,  der  rat, 
die  schepfen  ...  31;  unser  herren,  di  burger  vom  rat.  40; 
meiner  herren  gericht.  Eulensp.  20;  die  herren  zu  D.  hatten 
einmal  ihrer  bürger  einen  ellich  tag  in  das  narrenbausz  ge- 
fänglich verschlossen.  Zinkgref  apophth.  2,  90 ;  wil  derhalben 
zu  den  herren  von  Dortrecht  gehen.  Scbuppics  405 ;  die  herren 
von  Abdera  wuszten  sich  (besonders  gegen  die  fremden)  nicht 
wenig  damit,  dasz  sie  ihren  milbürgern  eine  so  schöne  ge- 
legenheit  zu  Verfeinerung  ihres  witzes  und  geschmacks  .  .■ . 
verschaßl  hatten.  Wielasd  19,257;  die  herren  vom  rathe 
selbst  verfehlen  nicht  ihren  schullheisz  zu  begrüszen.  Göthe 
24,129;  die  alten  herren  konnten  regieren,  seither  hatten 
wir  nur  lausbuben.  J.  Gotthelf  sc/m/denft.  270  ;  rg/.  rathsherr. 

b)  auch  ein  heiliger  ist  herr  rücksichllich  der  seinem  stift  unter- 
gebenen leule,  so  wie  der  biscliof,  abt,  probst  als  sein  Stellvertreter : 
darnach  weist  der  andere  schöff  dem  guten  herrn  st.  Wilii- 
brot,  seinem  gotteshausz,  unserm  ehrwürdigen  herrn  dem 
abt  und  dem  ganzen  convent  zu  Echternach  mann  und  bann. 
weisth.  2,  337  {und  in  diesem  weisthum  öfter) ;  mein  herr  der 
abt.  398 ;  item  desz  ersten,  ist  ain  herr  und  abt  desz  gottsz- 
haus  sant  Gallen  rechter  herr  über  die  gricbt,  zwing  und 
benn  zuo  Rickenbacb.  1,  209.  vgl.  auch  chor-,  dorn-,  stifls- 
herr. 

,  c)  die  geistlichen  heiizen  herren  {vgl.  kircbherr  2,  th.  f>,  sis, 
pfarrherr),  roUtsmdszig  in  vielen  gegenden,  z.  b.  in  Baiern.  Schm. 
2»  230 ;  ein  herr  werden  ,  geistlicher  werden,  das. ;  in  Hessen. 
Vii.MABlOS;  in  Schwaben.  Sch>iid274;  in  protestantischen  Idndern 
isl  diese  bezeichnung  beim  volke  unüblidt ;  köHllichc  besilzlhiimer 
der  geistlichen  herren,  die  früher  als  andere  menschen  klug 
waren.  Göthe  37,5;  auch  haben  sich  die  geistlichen  herren 
wohlbedacht.   7.     von  einem  protestantischen  pfarrer : 

aber  es  sauten  die  drei  noch  immer  .spri-rhcnd  zu.^ammen, 
mit  dem  geidlichen  herrn  der  apoihckcr  beim  wirthc. 

40,  277  t 
aU  nun  der  geistliche  berr  den  ft-emden  lichter  befragte. 

289. 

(ft  vorzüglich  aber  heitzl  herr  der  adeliche,  der  ohne  souverain 

SU  »ein,  unterthanen  hat.     die  officielle  altere  spräche  versteht  unter 

herr  den  reiehtunmiUelbaren ,    reichsfreien  adeliehen ,    der  tn  der 

würde   naah  fürtlen  und  grafen  folgt,   dem  einfachen  edelmann 


i'oraufgeht  (rgl.  Schm.  2,231):  die  herren  und  die  vom  adel. 
reform,  guter  policei  1530  lil.  .xx.wi  §  2,  den  churfürsten  und 
fürsten  entgegengesetzt ;  ein  stattlicher  vermöglicher  graf,  herr, 
oder  vom  adel.  reicMagsabschied  zu  Speyer  v.  1570  tit.  20 ;  das. 
28  herr  oder  junkher  {edelmann);  der  gemeine  adel.  so  dem 
herrn  in  kriegen  und  andern  bändeln  rnit  dienst  verpllichlet 
war.  LöBNEYS  reujfrÄun.'s«  (1679)  78';  rg/.  frei  herr.  die  gewöhn- 
liche spräche  verwischt  diesen  unterschied,  sie  nennt  auch  den  ein- 
fachen edelmann  herr,  mit  beisetzung  des  gutes ,  das  sein  eigen 
oder  sein  Stammsitz  ist,  der  herr  von  Wildenfels,  der  herr  von 
Gosegk; 

do  dem  jungen  herren  von  Neifen 

disz  abenteur  ward  bekam.     Uuland  volksl.  783; 

ebenso  wie  fürsten,  grafen,  herzöge: 

zu  Rom  da  sasz  ein  herre, 
ein  graf  gar  wol  getan.     784; 
feierlich  sehn  wir  neben  dem  doge  den  nuncius  gehen, 
sie  begraben  den  herrn,  einer  versiegelt  den  stein. 

GöTHK  I,  350; 

er  zog  ihn  herfür,  dasz  er  der  dritte  grandis  oder  herr  im 
lande  sein  solle.  Scuuppiüs  400;  dann  nicht  lang  isl  es,  das 
ich  in  dieses  herren,  der  hie  zunechst  hof  hallet,  dienste 
gewesen  bin.  Philander  2  (1043)  s.  173;  das  der  obgeschriben 
commenthur  und  briider  tütsche  herren  (rilter  des  deutschen 
Ordens)  soliendt  und  mogendt  geben  und  ordnen  ..  die  mesz, 
den  sester,  und  alle  geweg.  weisth.  1.  320 ;  wer  ouch  herre  ze 
Kilchzarten  ist.  335.  in  bezug  auf  anmaszung  adlicher  würde 
und  reclUe: 

la  Hire.  ein  schlusz  des  Parlaments  erklärte  dich 

des  throns  verlustig,  dich  und  dein  geschlecht. 
Dunois.    ha  frecher  stolz  des  herrgewordnen  bürgers ! 

Schiller  junqfran  1,  5. 

die  abhängigkeit  des  unterthanen  zeichnet  die  formet  unser  herr, 
mein  herr,  von  denen  namentlich  die  lelzlere  ähnlich  wie  das 
franz.  monsieur  behandelt  wird  und  oft  für  einfaches  herr  oder 
der  herr  sieht:  unserm  gnedigen  herrn  von  Trire.  weisth. 
2,440;  uff  donnerstag  vor  Remegij  so  erscheinent  die  hoeber 
vor  meines  gn.  herrn  höbe  {hofe).  449 ;  mein  herr  von  Hanau. 
E.  Alberüs  84;  mein  herr  von  Hessen.  115.  124;  mein  herr 
von  Königstein,  ebenda;  mein  herr  der  schultheisz  kam  zum 
wagner.  Schillbürger  (1599)  s.  101.  vgl.  aucli  unten  4.  der  stand 
eines  herrn  wird  durch  adjectiva  wie  grosz,  vornehm,  edel,  hoch 
noch  besonders  hervorgehoben :  der  junge  herr  (ein  junger  edel- 
mann) zöge  weiters:  in  eim  anderen  land  begegnete  ihm  ein 
groszer  herr,  der  war  hätzen  geritten.  Philander  2  (1643)  lf>4; 
wer  heute  groszen  herrn,  cavallirern  und  Statisten  die  war- 
heit  geigt,  dem  schlägt  man  gemeiniglich  den  fidelbogen  auf 
den  köpf.  Schuppics  400;  die  fürnemeslen  herren  und  raths- 
leüt.  Dasyp.  163'; 

die  edeln  herrn  von  Wart  und  Tegerfeld. 

Schiller  W.  Telt  2,  2; 
das  schöne  Irfiulein  Kunigunde, 

des  grafen,  meines  hohen  herren,  braut. 

H.  v.  Kleist  Kälhchen  3,  6. 

der  junge  herr  »X  der  söhn  und  erbe  eines  herrn  in  diesem 
sinne  {ähnlich  2,6  am  Schlüsse  oben):  ehe  junge  herren  das 
regiment  antrettcn,  softe  man  sie  nicht  zu  hart  anspannen. 
Zinkgref  a/)op/i//i.  1,  248.  sprichwörtliches:  herrn  wollen  vorlpü 
haben ,  und  man  sol  mit  herrn  nicht  kirsschen  essen ,  sie 
werfen  einen  mit  den  stielen.  Luther  5, 27l';  wo  herren 
sein,  da  sein  decklaken.  Agh.  spr.  (15C0)  19';  herren  bleiben 
herren,  und  wann  sie  schliefen  bis  zu  mitlag.  das.;  es  sol 
ein  armer  man  die  herren  nicht  wissen  lassen ,  was  er  in 
seinem  hause  bat.  2l';  jungen  herren  isl  man  holt,  das.; 
der  herren  billeii  ist  geliielen.  das.;  vil  herren,  übel  regiert. 
22";  wer  kleinen  herrn  dienet,  der  ist  selbs  herr  mit.  das.; 
herren  band  reicht  in  alle  land.  66*:  groszer  herrn  isl  gilt 
müszig  gehen.  93";  herrn  hold  erbt  nil.  das.;  herren  dienst 
erbet  nit.  160*;  wer  den  herren  zu  nalic  ist,  der  wil  er- 
sticken, und  wer  weit  von  inen  isl,  der  wil  erfrieren,  das.; 
groszc  herrn  denken  lang.  184*;  der  herren  sünd,  der  bauren 
bösz  wann  die  herren  einander  raufen,  so  müssen  die  under- 
thanrn  das  bar  herhalten.  31S*;  arm  mit  ehrn,  sitzt  bei  herrn. 
Schottkl  nie';  bei  herren  niiisz  man  sanflinülig  reden,  ge- 
duldig hören,  und  bedachtsam  antworten.  1117';  groszc  herren 
thun  nicht  unrecht.  1122';  man  sol  der  herrn  genieszcn,  das/ 
sie  audi  hei  brot  lileiben.  1133';  mit  gioszeii  herrn  klein 
kundschaft.  1134';  klarem  himmel  und  lachenden  herren  trau 
nur  keiner  nicht.  Otho  97J;  groszc  herren.  grosie  sorgen. 
PisTORios  Uies.  par.  6.  79 ;  ein  jeder  herr  ist  kfli»cr  in  »einem 


1129 


HERR 


HERR 


1130 


land.  7,30;  herren  geboft  geht  allen  vor.  7,94;  herren  können 
wohl  schaden,  aber  keinen  schimpf  leiden.  9,7;  gestrenge 
herren  regieren  nicht  lange.  Simrock  sprichw.  246; 

ein  bauer  ist  ein  lauer, 

der  bei  vielem  guth 

thut  gott  und  seinem  herren  selten  gut. 

PisTORiüs  thes.  par.  2,  61; 
wann  die  unterthanen  verderben, 
kann  der  herr  nichts  von  ihnen  erben.    9,99; 
groszen  herrn  und  schönen  frauen, 
soll  man  wohl  dienen,  doch  wenig  trauen. 

SlSROCK  sijrichiv.  245. 

e)  dem  herrn  steht  das  gericht  über  seine  unterthanen  zu,  me 
es  sfmrhwürllich  häszl :  wer  dich  richtet,  ist  dein  herr.  Pisto- 
Riüs  thes.  par.  4,  46  {vgl.  auch  gerichtsherr,  bannherr) ; 

und  als  der  herre  (der  landvogl)  mein  ansichtig  ward, 
und  mich  erkannte,  den  er  kurz  zuvor 
um  kleiner  nrsach  willen  schwer  gebüszt. 

Schiller  W.  Teil  3,  1 ; 

er  ist  herr  über  hals  und  haupt :  zum  ersten  weisen  sie  einem 
hern  zu  Castelburgh  vur  einen  obersten  hern  über  hals  und 
buych  und  über  alle  freveliche  Sachen  ufif  disze  zeit,  tceisth. 
2,  436.  dieses  recht  der  aburlheilung  und,  damit  verbunden,  der 
begnadigung ,  deuten  die  Verbindungen  der  gestrenge  herr  und 
der  gnädige  herr  an:  die  weltlichen  könige  herrschen,  und 
die  gewaltigen  heiszet  man  gnedige  herrn.  Luc.  22,25;  als 
die  zeitung  kam ,  ihr  wärt  gestorben ,  die  der  gnädige  herr 
ausstreuen  liesz.  Schilier  räuber  4, 3,  formein  die  heute  nach 
Untergang  der  alten  Verhältnisse  nur  noch  in  der  anrede  oder  als 
leerer  titel  gebräuchlich  sind.  St.\lder  widmete  den  zweiten  band 
seines  idiotikons  IS12  den  hochgeachten.  gnädigen  herren,  herren 
schultheiszen ,  klein-  und  groszräthen  des  hohen  Standes 
Luzern ;  nennt  mich  einer  gnädiger  herr,  so  weisz  ich  schon, 
dasz  ich  einen  Wiener  höre,  der  jeden  bürgerlichen  gentleman 
so  anspricht,  und  lass  ihm  gern  seine  so  unschuldige  sitte. 
J.  Pacl  flegelj.  l,  106 ; 

kurfürsten 
und  königen  wollen  sies  im  prunke  gleich  thun, 
und  wo  der  fürst  sich  hingetraut,  da  will  der  graf, 
mein  gnädger  herre,  nicht" dahinten  bleiben. 

Schiller  Piccol.  4,  5; 
gestrenger  herr,  ich  bin  dein  wafTenknecht.    Teil  3,  3. 

f)  ist  herr  in  den  vorstehenden  beispiekn  (3,  a — e)  standes- 
bezeiehnung,  so  veruHscht  äeh  diese  mit  der  zeit  mehr  und  mehr, 
namentlich  in  der  anrede  und  als  titel  {vergl.  unten  9,  b)  schon 
früh ,  bis  man  dazu  gelangt,  jeden  mit  herr  zu  bezeichnen ,  der 
nach  auftreten  oder  aussehen  einen  guten  oder  nur  anständigen 
eindruck  macht:  man  nennet  heutigs  tags  die  bauren  auch 
herren,  sonderlich  wenn  sie  zum  anwaldsamt  befördert  werden, 
...  oder  gern  spendieren,  gefl.  finken  45;  es  ist  so  was  ab- 
gemessenes und  anmasziiches  in  dieser  forderung,  in  diesem 
betragen,  wie  es  die  herren  meistens  haben,  wenn  sie  aus 
fremden  ländern  kommen.  Göthe  21,  110;  nur  musz  der 
künstler  niemals  einen  unbedingten  beifall  für  das ,  was  er 
hervorbringt,  verlangen:  denn  eben  der  unbedingte  ist  am 
wenigsten  werth,  und  den  bedingten  wollen  die  herren  nicht 
gerne.  20,106;  wie  leicht  konnte  ihn  einer  von  den  herren 
niederschieszen ,  an  die  er  nach  der  jagd  briefe  {heraus- 
forderungen)  schreiben  wollte!  Immerva.^n  Münchh.  1,184; 

das  wollen  alle  herren  sein, 

und  keiner  ist  herr  von  sich.    Göthe  4,  320; 

man  sagt  heute  gewöhnlich:  ich  bin  auf  der  strasze  einem  herrn 
begegnet;  vor  der  thür  steht  ein  herr  und  fragt  nach  ihm; 
die  damen  sahen  unverwandt  nach  Narcissen ,  die  herren 
nach  Landrinetten.  Göthe  18,152;  die  noble  gesellschaft  von 
herren  und  frauen.  16, 103  ; 

der  herr  verstauchte  sich  die  band  ein  wenig. 

die  deichsei  brach.       H.  v.  Kleist  zerbr.  kiwj,  2.  aufir. 

in  diesem  sinne  alte  herren,  junge  herren,  elegante  herren, 
süsze  herren  {stutzer,  verliebte);  eine  studentische  Verbindung  ladet 
ihre  alten  herren  zu  einem  commerse  ein ;  der  Schauplatz  war 
80  voll,  dasz  die  jungen  herren  den  schönen  Abderitinnen  auf 
dem  schoooze  sitzen  muszten.  VVieland  19,266;  die  jungen 
herren  (offictere)  «rsannen  sich  allerlei  platte  spSsze.  Göthe 
IS,  262; 

wo  ist  sie  hin  die  leit,  da  noch  zu  ganzen  schaaren 
die  süszen  jungen  herrn  zu  deinen  tTiszen  waren?    7,51; 
dann  pdag  der  alte  satanas 
den  süszen  herrn  zu  spielen, 
und  wenn  sie  stand,  und  wenn  .<iie  säst, 
nach  ihrer  brusi  zu  schielen.    Höltt  41  Halm. 


g)  ironische  Verwendung  von  herr: 

(ohn  disciplin)  leszt  sich  die  Jugend  nicht  erziehn, 

man  musz  bisweiln  den  guten  herrn 

an  ihrem  ort  die  fliegen  kehrn.     B.  Ri5Gwald  laut.  w.  223; 

die  herren  ihres  gleichen, 
die  schneiden  meist  für  sich  das  ganze  kornfeld  um, 
und  lassen  dann  dem  mann  das  Privilegium.     Göthe  7,106. 

4)  da  herr  eigentlich  ein  comparativ  ist,  so  tcird  von  anfang  an 
der  höchste  herscher  nicht  damit  bezeichnet,  und  die  KeronL<:chen 
glossen  geben  monarchus  durch  den  Superlativ  einhSrösto  wieder 
(Hattemer  denkm.  1,194');  ähnlich  bei  Tatian:  ther  h^rüsto 
tbesses  mittilgartes  (princeps  hujus  mundi).  139,  8.  aber  schon 
früh  geht  herr  auch  auf  den  kaiser,  könige,  souveräne  überhaupt : 
ahd.  tyrannus  herro  Graff  4,992; 

mild,  wir  hörten  iuch  (den  papsl)  der  kristenheit  gebieten 
wes  wir  dem  keiser  selten  püegeu, 
dö  ir  im  gäbet  gotes  segen, 
da;  wir  in  hiej^en  herre  und  vor  im  knieten. 

Walther  II,  11; 
der  künec  min  herre  loch  mir  gelt  ze  drizec  marken. 

27,  7 ; 
so  wir  die  minneclichen      bi  ir  gesinde  sehen, 
so  sult  ir  helde  maere      wan  einer  rede  jehen, 
Günther  si  min  herre      unde  ich  sin  man.    A'ift.  375,3; 

in  der  Verbindung  min  herre,  vergl.  oben  3,  d  s/i.  1128: 

min  herre  wart  gekroeuet  sä 
und  ouch  diu  küniginne  guot. 

g.  Gerhard  5726  (vgl.  6042.  6114  u.  ö.) ; 

nhd.  und  die  knecht  des  königs  sind  hin  ein  gegangen  zu 
segenen  unsern  herrn  den  könig  David.  lA'jn.i,47;  wie  mein 
herr  der  könig  geredt  hat,  so  sol  dein  knecht  thun.  2,38; 
wann  ein  hof  sol  wolbestellet  sein,  so  musz  ein  herr  haben 
1.  leute  die  für  die  religion  sorgen,  2.  leute  die  das  justitien- 
wesen  wol  bestellen,  3.  leute  die  den  krieg  verstehen,  und 
das  land  beschützen  können,  4.  leute  die  eine  gute  hausz- 
haltung  anstellen  können,  das  sind  die  vier  räder,  darauf  ein 
herr  seine  wolfahrt  füret.  Schuppics  26;  die  untreu,  welche 
hiebevor  die  untersasse  im  stift  Bremen  ihrem  alten  gütigen 
herrn  {den  könig  von  Schweden)  erwiesen  haben.  385;  der 
kaiser  ist  ein  herr  über  könige,  der  Spanier  über  pferde.  der 
Franzosz  über  esel,  und  der  Engelländer  über  teufel.  Pisto- 
Bics  thes.  par.  6,  40 ;  er  ist  der  oberste  herr,  penes  itlum  est 
summa  poteslas.  Steisrach  1,740; 

ich  pin  der  entkrist, 

der  aller  werlt  gewaltig  ist  .  .  . 

es  ist  umb  mich  also  getan, 

das  ich  pin  ain  herr  über  all  herrn.    fusln.  xp.  595,  32; 

für  den  edlen  ist  kein  schöner  glück, 
als  einem  Pursten,  den  er  ehrt,  zu  dienen, 
und  so  ist  er  mein  herr,  und  ich  empfinde 
den  ganzen  umfang  dieses  groszen  worts.     Göthe  9,  140; 
wo  liebe  fehlet  und  vertrauen 
und  eintracht  zwischen  volk  und  herrn.     Uhla!<d  ged.  8-3, 

vergl.  landesherr,  oberherr.  bildlich,  vom  menschen  im  allge- 
meinen : 

stets  zu  wachsen  an  erkenntnis, 

ist  schon  hier  des  menschen  Vorrecht, 

krönet  ihn  zum  herrn  der  erde.    Rasler  2,  33. 

5)  der  begriff  des  inhabers,  besitzers,  eigenlhnmers  liegt  in  den 
vorstehend  1 — 4  gegebenen  bedeutungen  von  herr  mit  beschlossen, 
er  tnil  in  einer  reihe  von  fällen  scharf  hervor,  wobei  eine  b^o- 
nung  des  Standes  oder  der  würde  nicht  gerade  stattfindet  oder  doch 
nur  .soweit ,  als  gröszerer  besitz  auf  eine  bessere  sociale  Stellung 
woist  {vergl.  handelsherr,  kaufherr  gegen  handelsmann ,  kauf- 
mann;  fabrikherr  gegen  fabrikant).  der  besessene  gegenständ, 
wenn  er  ausdrücklich  angegeben,  steht  dabei  im  genitiv ,  seltener 
und  weniger  gtit  durch  die  praeposition  von  vermittelt: 

mhd.  dö  börter  da;  geriten  quam 

des  selben  waldes  herre.    Iteein  1001 ; 

nhd.  der  herr  des  hauses.  Marc.  13.35;  was  wird  nu  der  herr 
des  Weinberges  den  selbigen  thun?  Aue.  20,15;  so  lange  der 
erbe  ein  kind  ist,  so  ist  unter  im  und  einem  knechte  kein 
unterscheid,  ob  er  wol  ein  herr  ist  aller  guter,  sondern  er 
ist  unter  den  fürmünden  und  pflegen.  Gal.  4, 1 ;  wo  solch 
thier  jemand  schaden  thet  oder  entleibet,  soll  der  herr  desz 
thiers  .  .  .  gestraft  werden.  Carolina  art.  136;  das  der  herr 
diser  Völker  und  reichthumbs  allen,  seines  herkommen»  zwar 
nur  eines  weingärtner«  söhn  gewesen.  Phila.nder  2  (1643) 
.«.166;  habe  der  Marcus  Crassus  ..  die  schon  verbrante  und 
nahend  verbrante  ort  oder  gebäw  gekauft,  welche  die  herren, 
ausz  forcht  und  ungewiszheit  des  Zufalls,   leichtlich  hinweg 


1131 


HERR 


HERR 


1132 


gelassen  haben.  Schuppils  761;  eine  gefundene  sache  dem 
rechten  herrn  wieder  zustellen; 

den  herrn  von  solchem  garten.    Brockes  2,  "9; 

ganz  spät,  nachdem  die  theilung  längst  geschehen, 

naht  der  poet,  er  kam  aus  weiter  fern; 

ach  da  war  Überall  nichts  mehr  zu  sehen, 

und  alles  hatte  seinen  herrn.    Schiller  theilung  der  erde. 

spricbwörllidi:  das  guth  folget  seinem  herrn.  Pistorius  thes. 
par.  9,46;  des  herrn  aug  düngt  den  acker  wol.  des  herrn 
fusz   macht  das  pferd  feiszt.  Agk.  $pr.  (1560)  50*; 

darum  wer  reich  wil  sein  am  gut, 

auf  sein  ding  sehen  sol; 

dan  das  alt  sprichwort  sagen  tut: 

dos  herren  fusi  dünget  den  acker  wol. 

H.  Sachs  äiclilungen  1,296,60  Gödeke. 

6)  in  andern  fällen  bezeichnet  herr  nicht  gerade  den  hesilzer, 
aber  den  dem  das  verfügungsrecht  über  etwas  zusteht,  dessen 
befehle  geltung  haben  und  vollzogen  werden,  es  wird  in  dieser 
bedeutung  auch  in  bezug  auf  eine  mehrheit  verfügender  facultativ 
der  Singular  des  wortes  gesetzt,  wo  er  dann  distributiv  zu  fassen  ist. 

mhd.  ir  (ein  pfaffe  ist  angeredet)  söltint  hör  und  raeister  sin 
alles  des  mich  beriete  got.  edelstein  94,  18; 

nhd.  nicht  das  wir  herren  sein  über  ewren  glauben.  2  Cor. 
1,24;  ich  beOnd  aber,  das  ir  torecbte  leut  seit,  das  ihr  euch 
so  schmelich  und  elendiglich  von  einem  pfaffen  regiren  lasset, 
da  ihr  zuvor  herr  über  alles  wahret.  Zinrgref  apopW//.  1,365; 
dasz  der  könig  einen  Aiava  zum  herrn  eines  geheimnisses 
gemacht  haben  sollte.  Schiller  S40;  wir  sind  nicht  mehr 
herr  über  das  was  daraus  entsprungen  ist,  aber  wir  sind 
herr,  es  unschädlich  zumachen.  Göthe  17,350;  die  anschei- 
nenden bemühungen  der  andern  um  sie  gaben  ihnen  das 
ansehn ,  als  wenn  sie  herr  und  meister  der  ganzen  truppe 
waren.  18, 152 ;  wollen  sie  mein  kleines  haus  sogleich  mit 
theilen ,  so  sind  wir  herr  und  meister  {sieht  es  in  unserni 
belieben).  20, 183 ;  bei  der  gröszten  enthaltsamkeit  und  der 
genausten  diät  war  ich  doch  nicht,  wie  sonst,  herr  von 
meiner  zeit  und  von  meinen  kräften.  19,  308 ; 

ein  jeder  schurk  ist  herr  von  meinem  leben, 
wie  Ravaillac  von  Heinrichs  leben  war. 

GöKiNCK  lieder  zweier  lieb.  (1779)  s.  38. 

auch  steht  herr  in  dieser  bedeutung  von  frauen:  indessen  nehme 
ich  für  bekannt  an ,  dasz  eine  frau  herrscht  und  herrschen 
musz ...  die  thätige,  zum  erwerben,  zum  erhalten  geschaffene, 
ist  herr  im  hause ;  die  schöne,  leicht  und  oberflächJich  ge- 
bildete, herr  in  groszen  cirkeln ;  die  tiefer  gebildete  beherrscht 
die  kleinen  kreise.  Göthe  15,291; 

du,  Nantchen,  nur  bist  herr  von  meiner  ruhe, 
nimmst  du  mir  die,  dann  ists  um  mich  geschehn. 

GöKiNGK  lieder  zweier  lieb.  40. 

auch  hier  haben  sich  feste  Verbindungen  gebildet,  sein  eigner 
herr  sein,  sui  juris:  (die  betller  wollen  lieber)  frei  eigen  herren 
bleiben  dann  dasz  sie  eim  meister  die  ganz  wochen  Schäften. 
Fbank  sprichw.  2, 75';  dasz  er  sein  eigner  herr  sei.  Kant 
5,389;  wäre  ich  mein  eigner  herr  gewesen,  so  hätte  ich 
gewisz  Vaterland  und  freunde  verlassen ,  wäre  zu  ihm  ge- 
zogen. GöTBE  19,  327 ;  verschieden  ist  herr  über  sich,  von  sich 
sein,  sich  zu  beherschen  wissen,  was  sich  mit  unten  8  berührt: 
ich  war  nicht  mehr  herr  von  mir  selbst,  war  im  begriffe, 
mich  ihr  zu  füszen  zu  werfen.  16,107;  es  kann  und  soll 
aber  der  mensch,  über  den  kein  anderer  gesetzt  worden,  an 
ihm  selber  der  herr  und  huchtmeister  sein.  Immernann  Münchh. 
1,184;  herr  im  hause  sein:  ich  .war  herr  im  haus,  ich  hält 
meine  tochter  mehr  coram  nehmen  sollen.  Schiller  kab.  u. 
liebe  1,1;  dasz  er  ..  kaum  kurze  zeit  vor  seinem  tode,  tmd 
noch  gewissermaszen  nur  durch  seine  erwachsene  tochter, 
wieder  herr  im  hause  ward.  Güthb  20,231; 

der  herr  im  in  ae\m  hnu«z, 
der  «ein  welb  kan  bezwingen. 

J.  Atrkr  fagln.sp.  14.V  (3051,  14  Keller); 
do  pin  ich  selb»  ganz  herr  Im  haus, 
ich  gee  recht  ein  oder  gee  nutz, 
■0  luol  man  alweg  auf  mich  harren. 

futln.  $p.  335,  24  ; 
wie  kommt  er  hier  herauf?  dai  gibt  nen  handel  : 
nur  gut,  dasz  wir  die  herrn  zu  hause  find.    Gothi  10,  204; 

nne  frau  tprichl: 

Irh  het  auch  aln  man,  dai  lit  nli  lang, 
der  mainai,  ich  war  im  undertan, 
da  mit  Ich  in  oft  betrogen  han. 
ich  wai  rechter  herr  genant  in  m«incm  haui. 
fn»ln.  »p.  489,  16; 


einem  weihe  aber  gestalte  ich  nicht,  das  sie  lere,  auch  nicht, 
das  sie  des  mannes  herr  sei,  sondern  stille  sei.  l  Tim.  2, 11; 
die  frau  ist  herr,  und  nicht  der  mann  ,  t(a;or  imperal ,  herus 
tacet.  Steinbach  1,  739.  in  Düringen  und  Obersachsen  die  volks- 
mäszige  redensart  (mit  anklang  an  die  bedeutung  1  sp.  1125): 
diese  sache  heiszt  mich  nicht  herr,  ich  habe  nicld  über  sie  zu 
verfügen. 

')  in  der  altern  spräche  sagte  man  auch  herr  einer  geschichte, 
einer  begebenheit,  als  der,  der  der  mittelpunkt  einer  solchen  ist, 
wo  wir  jetzt  held  brauchen  {sp.  934) :  vihd.  der  äventiure  herre. 
Lexer  mhd.  wb.  1,1259;  nhd.  nach  verprachter  malzeit  liesz 
die  kaiserlich  majestat  Wilbolten  von  Schaumburg  den  hera 
diser  historien  vordem.  Wilw.  v.  Schaumb.  16 ;  Wilwolt,  der 
her  dis  buochs.  31;  darvor  {vor  ein  schlosz)  wart  aber  freunt 
und  her  diser  abenteur  zu  schanzmaister  verordent.  43;  der 
her  diser  geschichten.  64. 

8)  die  jormel  herr  werden  über  einen  oder  etwas ,  bewäl- 
tigen, unterdrücken,  ist  an  stelle  einer  älteren  mhd.  eins  her  sin, 
werden  getreten,  vergl.  beer  1,  sp.  752;  es  scheint  sicher,  dasz 
als  in  dieser  letzteren  Verbindung  beer  exercilus  nicld  mehr  scharf 
begriffen  wurde,  man  mit  glücklichem  umdeulungsversuche  herr 
dafür  setzte,  es  muste  das  su  einer  zeit  geschehen  sein,  wo  beer 
nocA  seine  alte  kürze  bewahrte,  so  dasz  beide  vertausdite  Wörter, 
lieer  und  lierr,  gleich  lauteten;  doch  entgehen  belege  über  das 
16.  jahrh.  hinauf:  das  sie  das  geselz  erhielten ,  wider  alle 
macht  der  beiden  und  königen,  das  die  gottlosen  nicht  über 
sie  herrn  worden.  1  Macc.  2.48;  er  ist  herr  über  ihn,  dominus 
in  cum  constäutus  est,  dorninatur  ei.  Stieler  810;  nun  er- 
strecken sie  {die  bäume)  ihre  äste  bis  in  die  galerien  hinein 
...  ja  durch  thüren  und  fenster  in  die  gewölbten  säle,  aus 
denen  wir  sie  nicht  vertreiben  wollen ,  sie  sind  eben  herr 
geworden  und  mügens  bleiben.  Güthe  15,304;  die  atmo- 
sphäre  ward  über  die  wölken  herr  und  der  abend  gar  schön. 
27,  31 ;  der  glaube  hat  die  künste  wieder  hervorgehoben,  der 
aberglaube  hingegen  ist  herr  über  sie  geworden ,  und  hat 
sie  abermals  zu  gründe  gerichtet.  168;  von  denjenigen  be- 
wegungen  am  menschen,  die  der  naturtrieh  oder  ein  herr- 
gewordener affect  auf  seine  eigene  band  ausführt.  Schiller 
1114 ;  sichtlich  war  sein  bestreben ,  über  die  anroahnungen 
des  ihn  zur  Unwahrheit  verlockenden  gelüstes  herr  zu  werden. 
Imuermann  Münchh.  1,144; 

ihr  wilden  elemente,  werdet  herri    W.  Teil  4,  1. 

auch  die  fügung  eines  herr  werden,  ist  viel  gebraucht :  konnten 
seiner  gleichwohl  drei  nachtwächter  nicht  herr  werden.  Klop- 
stock  12,  50 ;  wer  mir  den  ehstand  angreift,  .  . .  der  hat  es 
mit  mir  zu  thun;  oder  wenn  ich  sein  nicht  herr  werden 
kann,  habe  ich  nichts  mit  ihm  zu  thun.  Göthe  17,  107;  doch 
liesz  ich  meinen  dichterischen  vorsatz  nicht  aus  dem  sinne 
und  ich  war  des  gamien  stücks  so  ziemlich  herr  geworden. 
28,88;  herr  seiner  begierdcn  sein,  doniitas  habere  libidines. 
Steinbach  1,739.  volksmäszig  ist  die  fügung  mit  dem  dativ; 
in  Vorarlberg  er  ischt  em  her,  ist  ihm  gewachsen,  besonders  im 
ringen.  Frojum.  5,484;  in  Tirol  es  einem  hßrsein  oder  einen 
lierhaben,  ihm  meister  werden  oder  sein.  6, 149 ;  in  Haiern  einem 
menschen  orfer  einer  sache  herr  werden.  Schm.  2, 231,  mit 
der  nebenformel  herr  sein,  figürlich  auch  von  dingen,  den  Vorzug 
haben,  die  übrigen  übertreffen,  auch  der  accusativ  isl  in  mittel- 
deutschen dialecten  volksmäszig,  danadi: 

hntt  ich  sie  jetzt  nur  hier,  die  mich  sonst  schikaniren, 
ich  wiird  sie  alle  herrI  Gothk  7,94. 

an  der  genannten  formet  hat  snch  ferner  entwickelt  herr  bleiben 
eines  dingcs,  es  in  seiner  gewak  behalten  :  unsere  truppen  blieben 
herr  des  schlachlfeldes ;  ähnlich :  herr  im  felde,  victor  in  proelio. 
Iierr  zur  sec,  ^ta  marilimi  imperii  dominalum  habet.  Frisch 
1,  445*. 

9)  das  Verhältnis  von  herr  in  der  anrede  und  im  lUel  erfor- 
dert noch  einige  betnerkungen. 

a)  herr  in  der  anrede  und  ohne  wcilcren  namen  oder  tilel 
stehend,  es  heisit  in  hößiclier  spräche  mein  herr,  f>lural  meine 
herren,  in  allen  fällen  wo  überhaupt  \\c\r  als  sla'  '  '  '  /nj 
stehen  kann  {oben  no.  2 — 4),  wie  mhd.  min  lini.  i ; 

im  plural  gilt   auch   ihr   herren,  jetzt  noch  in  ^... .xi 

gewöhnlicli : 

mein  herr,  wir  haben«  wol  bedacht.    f<utn,»p.  SM,  3; 
lieber  herre  mein, 

Ir  lOll  darum  nli  zornig  «ein.    36«,  16; 

herr.  Ich  pit  euch  dlomnoilgkllch.     '"'    "' 


1133 


HERR 


HERR 


1134 


ja,  ihr  henen,  antwortete  der  kutscher.   unw.  doeloT  t02 ; 
wol  an,  ir  herren,  an  die  schar!    fasln,  sp.  428,  2s ; 
der  amtmann  sprach:  ihr  herren, 
kehrt  in  den  gasihof  ein.     HöLir  S  Halm. 

mit  beiselzung  von  adjecliven:  lieber,  werther,  verehrter  herr; 
gnädiger  herr,  gestrenger  herr  (vgl.  oben  3,  e  sp.  1129) ;  hoher, 
erhabener  herr,  von  einem  herscher;  weiser  herr  von  einem 
ralsmügliede  (3,  a  sp.  1127) : 

weise  günstig  liebe  herren 
eurem  unbeil  volg  ich  geren. 

Rebhu:»  drainen  s.  24,  IS" ; 

verbunden  mü  freund:  ihr  herren  und  liebe  freunde; 

herr  meister,  und  ihr  andern  herrn  und  freund. 
.    i.  157,  225. 

in  dringender  und  zorniger  rede  einem  fremden  oder  nicht  näher 
stehenden  gegenüber  heiszl  es  nur  herri  zurück  herrl  Gotteb 
3,91;  herr,  lassen  sie  uns  I  3,95; 

herr,  das  ist  gar  nicht  fein !  Göthz  7,  104. 
seit  dem  16.  jahrh.  kommt  als  höftichkeitsform  statt  der  directen 
anrede  herr,  mein  herr,  die  indireäe  der  herr  mit  beigesetztem 
verbum  in  der  dritten  person  auf:  o  wie  heilige  kirschenstiei, 
die  sie  eim  inn  hart  werfen,  settigen  einen  mit  werten  .  . . 
der  herr  nem  nasser,  der  herr  netz  sich,  der  herr  setz  sich, 
der  heiT  ruck  hinauf,  der  herr  sei  gedeckt,  der  herr  greifs 
an,  der  salat  wirdt  kalt.  Garg.  44';  der  ein  steht  auf,  ich 
will  dem  herrn  ein  dienstlichs  trünklein  bringen,  so  knapt 
der  ander  hinwider,  des  herrn  diener,  ich  wils  vom  herrn 
dienstlich  warten  sein.  45';  Freymund  aber  sprach,  ich  bitte, 
mein  herr,  ehe  er  schliesze,  noch  um  ein  einziges  wort. 
Pbila.nder  2  (1643)  s.  169.  aus  dieser  redeweise  haben  sich  be- 
kanntlich unsere  pronomina  reverenliae  er  und  sie  iplur.)  ent- 
wickelt, tergl.  unter  er  theil  3,  688.  6S9. 

b)  in  enger  Verbindung  mit  einem  tUel  oder  einem  namen,  und 
in  derselben  iceiten  anwendung ,  vom  herscher  bis  zum  bedienten 
hinab,  der  noch  von  andern  als  seiner  herrschaft  sein  herr  rer- 
langt:  T.  Just!  J.  ich  dächte  ich  wäre  wohl  herr  Just  für 
ihn  I  Lessing  1,  513 ;  —  unserm  jetzigen  herrn  keiser.  Mathes. 
Sar.  88';  machte  er  ein  reverenz,  und  sagte,  herr  könig  ... 
ScBDPPics  34 ; 

herr  könig,  thue  ein  wenig  gemach,  mückenkr.  1,  654 ; 
in  der  anrede  in  Verbindung  mk  dem  artikel  der:  herr  der 
künig  u.  s.  u!.,  worüber  ausführliche  nachweise  th.  2  sp.  979 ;  die 
seit  dem  16.  jahrh.  feststehend  ausgebildete  titulalur  hat  diese  un- 
mittelbare Verbindung  von  herr  und  kaiser  und  könig  für  die 
formelle  rede  beseitigt,  so  dasz  sie  für  uns  naiv  klingt: 

sein  diener,  herr  kaiser,  euch  trügt  euer  sinn!    BöacsR  67'; 

es  hatten  sich  viele  verschworen, 
euch,  herr  könig,  zu  morden.         Göthe  40,69; 

wenn  nicht  eine  freiere  fassung  gewählt  wird: 

mein  kaiserlicher  herr!    hier  ist  ein  arm, 
TOD  kräften  strotzend,  markig,  stahlgeschient. 

H.  V.  Kleist  Kätlichen  5,  1 , 
vergönne,  dasz  wir  unsern  Urlaub  nehmen, 
und  Monsieur,  unsern  königlichen  herrn, 
mit  der  ersehnten  freudenpost  beglhcken. 

Schiller,  Maria  Stuart  2,  2; 
wir  grüszen  dich  als  könig,  hoher  herr!    ühlasd  ged.  183; 

wol  aber  bestehen  fügungen  bis  jetzt,  wie  herr  herzog ! ;  der  herr 
herzog;  der  herr  fürst;  der  herr  graf;  der  herr  baron,  der 
herr  Freiherr,  woneben  aucÄ /lur  der  freiherr;  mü  andern  titeln : 
heute  war  der  herr  kammerherr  von  .N.  hier;  des  heirn 
ratsherrn  söhn;  der  herr  amtmann;  unser  herr  landrat; 
ein  herr  kreisrichter  N.  war  heute  im  hause;  und  so  kann 
herr  mit  jedem  andern  litel,  aml,  beruf,  namen  verbunden  werden, 
seit  diesem  jahrliunderl  auch  in  bezug  auf  handwerksmeister,  die 
man  noch  im  vorigen  durchweg  mit  meister  bezeichnete  und  an- 
redete; in  hüfkchen  Wendungen  des  täglichen  lebens:  ihr  herr 
vater  suchte  mich  gestern  auf;  das  sind  die  kinder  ihres 
herrn  bruders;  nach  den  bestimmungen  unseres  herrn  Ver- 
walters U.S.W.;  bei  den  sanskritischen  Studien  der  Schlegel 
und  ihrer  herren  freunde.  H.  Hei.ne  6,97; 

herr  bruder,  sprach  der  eine  (wunderlhäter) 

zum  andern:  laszt  uns  ziehn.    Höltt  10  Halm; 
ich  bitte,  die  zeche 

billig  zu  machen,  herr  wirth !    Göthe  1,338; 

frijcb,  herr  nachbar,  getrunken!    40,242; 
aber  ich  wünsche, 
dasz  der  herr  pfarrer  sich  auch  in  eurer  gesellschaft  btflnde. 

281. 


in  höhnischer  rede  hdszt  es  selbst:  ha,  hal  herr  mann,  der  in 
geschäften  sitzt,  besinnen  sie  sich  nun?  Lessing  1,246; 
Söller  (mü  höhn).  herr  freund  von  frauenzimmorn, 

sie  ist  nun  meine  frau,  was  kann  sie  das  bekümmern. 

Göthe  7,  105. 

c)  diese  ausgedehnte  Verwendung  von  herr  im  titel  läszt  das 
wort  schon  früh  in  ironische  Verbindungen  kommen:  selbst  wenn 
man  er  Omnes  (den  pCbel)  umb  sonst  neerete,  würde  er  zu 
mutwillig  und  gieng  aufs  eisz  tanzen.  Lltheb  4, 220';  disz 
vilköpfig  thier,  herr  Omnes,  der  doli,  aufwegie,  schwermend 
böfel.  S.  Frank  paradoxa  142";  dem  vilköpfigen  thier  herr 
Jederman.  sprichw.  2, 17l';  ein  feind  wird  genannt  herr  von 
Zoren.  Petr.  9l';  ton  thieren  und  gegenständen:  ei,  riefen  die 
andern  Springer  (im  Schachspiel  zum  bauer),  woher,  herr  schritt 
vor  schritt?  Lessing  1,141; 

wir  {Wölfe)  kämpfen  um  den  frasz,  wann,  mit  vergnügtem  muth, 
die  herren  hunde  sich  in  vollen  küchen  mästen. 

Hagedorn  2,  26; 

ein  einzig  wort,  herr  spaz!    Gellert  1,  270; 

bons  dies,  herr  spatz  !  ei,  seht  doch  mal! 

willkommen  hier  auf  meinem  saal !    Bübger  20*. 

d)  anders  ist,  wenn  volksmdszig  der  mond  der  her  man  ge- 
nannt wird  (in  eiirfurcfUj.  Schm.  2,  230;  der  bär  heiszt  der  gute 
herr.  Becber  74. 

e)  doppelte  Stellung  von  herr  wird  schon  im  mhd.  beobacfUet, 
und  2war  derart,  dasz  das  eine  mal  dus  wort  als  lüel,  das  andere 
mal  in  der  vollen  bedeitlung  ^bieter  steht,  im  ersteren  faUe  tritt 
die  alsdann  im  mhd.  übliclie  Verkürzung  zu  her  ein,  im  letzteren 
bleibt  die  volle  form  herre ,  herre ,  so  dasz  die  Verbindung  her 
herre  oder  herre  her  entstelä:  beispiele  s.  unter  der  10,  th.  2, 
sp.  779.  nhd.  bleibt  dieselbe  bedeutung  der  Stellung,  der  unter- 
schied aber  in  der  wortform  ist  etwa  nur  noch  im  15.  jahrh.  zu 
spüren:  des  hochgebornen  herren  herrn  Ulrichs  graven  zu 
Wirtemberg.  Wtle /ransi.  s.~  Keller;  später  nicht  mehr :  dem., 
durchleuchtigsten  herrn,  herrn  Albrecht.  Llther  1,6*;  an  den 
woledJen  herrn,  herrn  Heinrichen  von  Stange.  Opitz  1,124; 
herr  bergmeister  herr,  ich  bin  der  eilest  im  felde.  Schecches- 
STCEL   138. 

ß  flexionslosigkeil  von  herr  vor  namen  tritt  zuweilen  auf,  wenn 
diese  letzteren  selbst  mit  flexion  versehen  sind:  das  er  her  Jacoben 
von  Landau  zustunt.  Wüw.  v.  Schaumb.  67 ;  es  wrürde  ein  sehr 
miltelmäsziges  glück  für  herr  Simonen  sein.  Gellert  3,146; 
eher  läszt  sie  herr  Simonen  und  zehn  andre  freier  wieder 
fortreisen.  147;  mache  er  herr  Justen  den  köpf  nicht  warm. 
Lessikg  1,  512;  vergl.  den  acc.  er  Omnes  bei  Lctber  oben 
unter  9,  c. 

10)  herr  gebraucht  vom  kaier:  kalter,  ein  her  unter  den 
katzen,  murüegus.  voc.  theut.  1482  qi';  herr  kader  den  tenor 
und  frau  kaderin  den  alt  singen  könne.  Abele  unordn.  3,21. 

IL, herr  ron  gott  und  Christus,  es  ist  schon  oben  angedeutet 
worden  (sp.  1125),  wie  man  die  göttlichen  personen  sufrühest  mit 
dem  alten  namen  des  höchsten  weltüciien  herrn ,  ahd.  truhtln, 
mhd.  trehtin  belegte,  und  herro  herr  nicht  auf  sie  wendete,  so 
braucht  die  Übersetzung  von  Talian  aus  dem  9.  jahrh.  dieses  letztere 
wort  niemals  in  bezug  auf  gott  und  Christus,  sondern  stets  truhtin 
(Tatian  von  Sievers  s.  385'.  453'),  die  spuren  des  gebrauchs  von 
herro  in  diesem  sinne  gehen  nicht  über  das  10.  oder  11.  jahrh. 
hinauf:  also  ist  ter  vater  herro ,  ist  ter  sun  hfirro ,  ist  ter 
heiligo  geist  herro,  unde  doch  nesint  si  tria  herro,  suntir  ein 
herro.  fiolkers  catecliismus,  bei  MCllenhoff  u.  Scherer  196,72; 
unser  herro  Jesus  Christus.  Ambraser  predigten,  das.  210, 1 ; 

0  lux  in  tenebris, 

du  herre  du  der  samet  uns  bist, 

du  uns  da;  wäre  lieht  gibest. 

Ezzos  leich,  da».  57,  1,  6. 

der  gebrauch  des  Wortes  wird  in  demselben  masze  häufiger,  als 
truhtin,  trehtin  seltener  wird;  nach  dem  13.  jahrh.  gilt  nur  noch 
h?rre,  herre  von  den  höchsten  personen. 

l)  herr  von  gott.  die  bibebprache  bietet  für  diese  bedeutung 
eine  sehr  grosze  anzahl  belege  fast  auf  jeder  seile  des  textes,  ent- 
weder in  einfacher  Stellung  oder  in  der  doppellen  herr  herr,  oder 
in  den  Verbindungen  herr  gott:  du  bist  der  herr  gott,  der  du 
Ahram  erwelet  hast.  Neh.  9,7;  herr  Zebaoth  (iSam.  15,2 
u.  oft),  herr  gott  Zebaoth  (p.«;.  80,  5),  herr  der  heerschaaren. 
ebenso  die  profane:  (landgraf  Philipp)  zeigte  mit  der  band  gen 
himmel  und  sprach :  dieser  ist  ein  herr,  ich  bin  nur  ein 
armer  kaath.  Zinkgref  apophth.  i,  169;  dasz  ich  meinen  lieben 
herrn  und  gott  so  vielfältig  und  schwerlich  erzürnet  habe. 
ScHCprius  454;    die   band   des   herrn   liegt  schwer  auf  ihm. 


1135 


HERR 


HERRAGEN  — HERREISE 


1136 


GöTHB  8, 163 ;  in  diesem  erzwindbeutel  {Münclihausen)  hut  gott 
der  herr  einmal  alle  winde  des  Zeitalters,  den  spott  ohne 
gesinnung,  die  kalte  ironie,  die  gemülhlose  piiantasterei,  den 
schwärmenden  verstand  einfangen  wollen.  Immermann  MüucIiIi. 
1,167;  dasz  .  .  der  herr  noch  jetzunder  seinen  sprach  wahr 
macht,  welcher  lautet:  ich  will  die  sünden  der  väter  heim- 
suchen. 183;  in  Baiern  hat  das  volk  die  ansrufforniel  mein 
herr!  wie  sonst  mein  goltl  Schm.  2,231; 

dieweil  es  gott,  dem  herrn  der  weit, 

also  gefallen  und  gefallt.     Brockes  2,  22; 

der  tierr,  der  alles  neiscli  erhall, 

wird  mir,  so  viel  ich  hrauche,  geben.    Gellert  1,  21* ; 

herr,  meine  bürg,  mein  fels,  mein  hon, 

vernimm  mein  llehn,  merk  auf  mein  wort: 

denn  ich  will  vor  dir  beten!         2,93; 

der  herr  des  himmels  und  der  erden.    9S; 

selig  alle,  die  im  herrn  entschliefen! 

HöLTi  62  Halm  {nach  uffenb.  14,  13) ; 
ich  erinnerte  mich  der  frösche,  deren  gequake 
bis  zu  den  obren  des  herrn  im  himrael  endlich  gelangte. 

GöTHE   Jü,  77  ; 

und  wenn  die  abendglocke  hallt, 

da  red  ich,  herr,  mit  dir.     Unland  ycd.  10; 

der  herr  verläset  die  seinen  nicht.     74; 

der  tag  des  herrn,  sonntag: 

das  ist  der  tag  des  herrn !    18. 

die  Verbindung  von  herr  und  gott  ist  entweder  eine  lo>.e,  so  dasz 

beide  theile  getrennt  und  besonders  fleclierl  neben  einander  stehen : 

he  klaget  unseme  herrengote.  Scuorr  3, 183  ;  claget  nnseme 

heren  gode.  Magdeb.  fragen  31, 'i;  unserm  herrn  golt.  Luther 

5,223*;    es  wäre  freilich  ein  lächerliches  beginnen,  wenn  ein 

erdenklos    sich    hinsetzen    und    aus  thon  oder  stein  —  mit 

unserm    herrn    gott   in    die  wette  menschen  machen  wollte. 

Wieland  24,231  (220); 

si  sprach:  herr  gott  vom  himel!     Uhland  iwlksl.  876; 

so  hilf  du  mir,  o  herre  gott!    902; 
oder   beide  theile  sind  eng  verbunden  und  das  wort  wird  ah  ein 
compositum  behandelt,  s.  unten  herrgott. 

2)  herr  von  Christus,  der  mit  gott  eine  person  ist,  zunächst 
wieder  nach  der  bibelsprache  des  neuen  teslamenls:  was  heiszt  ir 
mich  aber  herr,  herr,  und  thut  nicht  was  ich  euch  sage? 
Luc.  6, 46 ;  mit  beisetzung  des  namens  der  herr  Jesus ,  herr 
Christus:  Christus  der  herr.  Schüppiüs  230; 

sie  suchten  den  herren  Jesum  Christ 

der  von  dem  tod  erstanden  ist.    Uhland  votksl.  S32; 

herr  Jesus  Ciirisl  der  heiland.    840; 

wie  du  vom  tod  erstanden  bist, 

so  werd  auch  ich,  herr  Jesu  Christ, 

am  Jüngsten  tag  erstehen.     Gellert  2,  206; 

kein  mensch  vermag  gott  zu  erkennen, 

noch  Jesum  einen  herrn  zu  nennen, 

als  durch  den  heiigen  gcist.    216; 

in  ausrufen:  herr  Jesu,  welch  Unglück  I,  verstümmelt  in  herrje, 
herrjemine ,  herrich ,  s.  unten  an  alphabetischer  stelle;  gottes 
lohn!  gottes  lohn!  ei  herr  Jerem !  Schiller  räuber  4,3;  ohne 
beisetzung  des  namens : 

ach  herr  du  schepfer  aller  ding, 
wie  bistu  worden  so  gering, 
das  du  da  ligst  auf  dürrem  gras, 
davon  ein  rind  und  esel  asz. 

Luther  8,  358*  {weihnachtslied) ; 
herr,  der  du  mensch  gebohreii  wirst.    Gellert  2,154; 

namentlich  auch  in  der  fügung  zu  des  herrn  tische  geben,  des 
herrn  leib  nehmen,  des  abendmahl:  schickte  nach  dem  beich- 
tiger,  Ihat  heimlich  lautere  beichte  und  nahm  darnach  mit 
undacht  des  herren  leib.  Grimm  deutsche  sagen  1  s.  32  no.'2'.>; 
auch  von  Christus  wird  natiirlich  herr  gott  gebraucht: 

das  hilf  uns,  lieber  herre  gott! 
des  bitten  wir  dich  durch  dinen  tot. 

Unland  volktl.  830; 
also  sprach  gott  der  herr« 
wol  zu  der  rautter  kein.     841. 

du  beieichnung  gehl  über  auf  die  btlder,  navicnllich  btldsaulrn 
des  gekreuzigten,  i.  unten  herrgott. 

3)  auch  der  dreietnige  gott  heiszt  herr  (vergl.  '/•<•  <'-'/'  nu% 
fiolkers  catechismus  zu  ringang  von  II  «/>.  1134): 

wir  loben  dich,  herr,  allermoisi, 

goit  vatter,  «un,  tiailiger  gaift, 

dsst  wir  erlöst  teind  worden !    Unland  volktl.  M9. 

4)  in  der  bibeltprachf  werden  auch  die  enget  mit  herr  be- 
jric/inrt.    ich    oiitwortet  und  sprach  zu  dein  eiigcl,    der  mit 


mir  redet,  mein  herr,  was  ist  das?  Sach.  4,4;  der  sähe  .  . 
einen  engel  gottes  zu  im  eingehen  . .  und  sprach,  herr,  was 
ists?  apostelgesch.  10,  i;  auch  die  bösen  engel:  denn  wir  haben 
nicht  mit  fleisch  und  blul  zu  keinplen,  sondern  mit  fürsten 
und  gewaltigen,  nemlich  mit  den  herrn  der  weit,  die  in  der 
linsternis  dieser  weit  herrschen,  mit  den  bösen  geistern  unter 
dem  himel.   Eph.  6, 12. 

HERR.4GEN,  verb.:  ein  arm  ragt  her,  der  dich  ergreifen 
wird. 

HERRASEN,  verb.:  ich  sehe  in  dem  fernen  norden  einen 
Wirbel  von  dem  schneegebirge  herfahren,  er  sauset  in  diese 
stille,  bläst  sie  zum  wüthenden  stürme  auf,  von  ihr  genährt 
rast  er  über  die  blühenden  thäler  her.   Klinger  7, 140. 

HERRAUSCHE.N,  verb. : 

wie  der  flutende  ozean  herrauscht.    Sonnenberg. 

HERRCHEN,  n.  diminutiv  von  herr,  nach  verschiedenen  seilen 
der  bedeutuug  I  (sji.  1125 — 1131)  entwickelt,     vgl.  auch  berrlein. 

1)  herrchen,  der  groszvatcr  (herr  2,  d  sp.  1127). 

2)  nach  herr  3,  c  (sp.  H27)  auch  der  pfarrer,  namentlich  der 
dorfpfarrer.  gefl.  ßnken  43.  65:  das  weibgen  ..  sagte:  warum 
predigt  ihr  herren  so  schrecklich  darwider,  wann  es  keine 
Sünde  ist?  ha!  antwortet  das  herrgen,  das  müssen  wir  euerer 
eifersichtiger  männer  halber  thun.  Simpl.  3,332  Kurz;  hatte  sich 
das  herrgen  wiederum  ein  wenig  erkobert  und  besonnen.  333. 

3)  am  häufigsten  nach  herr  3,/'  (sp.  112ii),  in  ironischem  oder 
verächtlichem  sinne,  von  änem  jungen,  kleinen,  geringen  herrn: 
ein  süszes  artiges  herrchen.  ist  geputzt,  wie  eine  puppe,  und 
denkt  auch  so.  Rabener  sa/.  3, 26;  aber  so  machen  es  beut 
zu  tage  unsrc  junge  herrchen.  wenn  sie  ein  paar  dörfer  voll 
bauern ,  und  sieben  haare  im  kinn  haben ,  so  denken  sie, 
sie  sind  reich  und  alt  genug,  papa  zu  werden.  227 ;  ah !  nun 
hab  ich  dich,  herrchen!  das  bricht  ihm  den  hals.  Göthe 
10,81; 

die  lustgen  mädchen  amüsirt 

er  (Apollo)  wie  ein  Wiener  herrchen.    Blumaver  1,139; 
das  junge  herrchen  ist  aus  andern  gründen  da. 
Körner  3,  317. 

in  Verbindung  mit  einer  andern  bezeichnung  (vgl.  herr  9,6  $p.  1133): 

des  wegs  kam  auch,  mit  röhr  und  degen  .  .  . 
ein  herrchen  krauskopf  her  spaziert. 
klilTklafr  setzt  an,  und  hoch  tuschiert 
hält  von  dem  hunde  sich  das  herrchen. 
und  herrchen  krauskopf  ist  ein  närrchen, 
fangt  mit  dem  klalfor  händel  an.    Bürger  32V 

HERRE,  f.  herrschaß,  in  Schwaben:  in  der  herre  haben, 
unter  seiner  bolmäszigkeil  haben.  Schmid  274. 

HERRECHNEN,  verb.  enumerare:  an  fingern  herrechnen, 
digilis  computare,  articulis  aliquid  supputare.  Stieler  1564 ;  ich 
will  dir  das  exempel  heirechnen.  "■ 

HERRECKEN,  verb.: 

da  ich  mich  nun  gab  aiisz  darfür  (/tir  den  liausherrn), 
reckt  er  mir  die  stielt  her. 

Atrrr  ^as(n.  sp.  145*  (3059,  4  Keller). 

HERREDEN,  verb.:  ich  bin  auch  ein  mann,  der  ein  woil 
mit  verstände  hervorbringen  kan.    wol !    sagten  die  andern : 
rede  her,  und  lasz  deine  worte  kernworte  sein.  pers.  baumg.  i.:-.; 
lass  ich  RInaldo  jetzt  im  ungR.stümen  meer, 
und  will  nur  reden  was  von  Bradamanta  her. 

D.  V.  D.  Wbroer  Ariosl  2,  30,  ^, 

lascio  Rinaldo  e  l'agitata  prua 
e  torno  a  dir  di  Bradamanta  sua. 

HERREICHEN,  verb.  Iradere,  praeberc,  praesentare.  Stieler 
1500:  reiche  mir  die  flasche  her;  reiche  deinen  linger  her. 
und  sihe  meine  hende,  und  reiche  deine  band  her,  und  lege 
sie  in  meine  seilen.  Joh.  20,27;  für  herkommen,  entstammen: 
dann  under  diesem  iiainen  (tVrr.v)  verstunden  sie  alle  wol- 
tliatcn.  so  von   der  erden  herreichen,  a.  wctszh.  luslg.  23. 

HER  REIHEN,  verb. : 

schlitzend  springen  die  dftcher  hervor,  die  zierlichen  limmer 
rcihii  um  den  einsamen  hof  heimlich  und  traulich  sich  her. 
Schiller  8:i'  (f'tim;>^'t  und  /^erculaituni). 

HERREIMEN,  irrft.,  meist  in  geringschätzendem  sinne,  transilir: 
da  werden  ein  paar  vcrse  geschwind  hergereiml  {vgl.  her  i,  I 
.t/<.  louu).  aber  aucJi  leftexiv,  olmc  diesen  .•min:  das  betragen 
reimt  sich  allerdings  nicht  her,  schickt  sich  nicht  in  die  um- 
gebuHi). 

HERREISE,  f.:  sehr  glücklich  machte  e»  uns  daher,  zu 
vernchinen ,  dasi  wegen  der  herrcise  des  kaisers  und  d«'« 
kündigen  kOnig»  gruszc  anstallen  gemacht  würden.  Goth» 
24,  2U2. 


1J37 


HERREISEN  —  HERRENDIENST 


HERRENGESELLSCHAFT 


1138 


HERREISEN,  verb.  Iiuc,  versus  nos  Her  dirigere.  Stieleb  1589. 
HERREISZEN,  verb.:  ich  risz  ihn  zu  mir  her. 
HERREITEN,  verb.: 

wie  Sancho?  wirst  du  nicht  gewahr, 

dasz  neben  mir  ein  geist  her  reite?  Lichiwer /'aöefn  3, 7 ; 

wo  kommst  du  hergerillen?    Borger  14*. 

transitiv  ein  pferd  herreiten ;  dann  auch  ein  ding  durch  reiten 
herbringen :  das  liirwanentheekästchen  war  vergessen.  Flitte 
war  froh,  sagte,  er  sitze  auf  nach  dem  kästchen,  hoffe  es  in 
fünf  minuten  aus  der  Stadt  herzureitea  und  sollte  sein  gaul 
fallen.  J.  Paul  flegelj.  1, 154. 

HERRElZEiN,  veib.  reditum  alicui  persuadere.  Stieler  1604. 
unpersönlich:  es  reizt  mich  her  zu  dir. 

HERREN,  verb.  zum  herrn  machen  und  herr  sein,  mhd.  herren 
und  herren  (Lexer  mhd.  wb.  l,  1260). 

1)  transitiv,  einen  herrn  machen,  reflexiv  sich  zum  herrn  machen: 

die  Juden,  heiden,  zarazin, 
ir  keiner  bricht  sin  reht 
an  das  den  tour  enpl'aogen  hat : 
des  berret  sich  der  kneht. 

meistert,  der  Kotmarer  handscitr.  s.  274, 34. 

sich  herren  lassen,  sich  zum  stände  eines  freUierrn  erheben  lassen 
{vgl.  herr  I,  3,  d  5p.  112S):  er  het  ein  grosz  misfallen  ab  den 
kaufleuten  und  burgern,  die  nach  langem  getribnem  wucher 
sich  herren  liesen  und  adlen.  Zimmer,  cliron.  3,  200, 5.  — 
Volksmäszig  in  Schwaben:  ich  «erde  dich  doch  noch  herren 
können,  meistern,  zwingen.  Schmid  274.     s.  herr  I,  8  5p.  1132. 

2)  JH/ran5J/ii> ,  herr  sein,  herschen:  es  herret  und  dienert 
sich  übel,  wenn  ...  Mathesics  hoclizeüpred.  (1584)  14S';  auch 
wie  ein  herr  leben:  wenn  die  herren  bauern  und  die  bauern 
herren,  so  giebts  lumpen.  Simrock  sprichw.  s.  356.  —  Stieler 
812  verzeichnet  herren  und  beherren  (5.  thäl  l,  1339),  dominari, 
dominatum  exercere,  als  seltene  Wörter. 

HERRENAPFEL,  m.  malum  Anabergicum.  Stieler  1378;  ein 
gutes  tafelobst. 

HERRENARBEIT,  f.  arbeit  die  für  den  herrn  verrichtet  wird, 
frohnarbeit.     im  bergwerk  die  Schichtarbeit.  Veith  bergwörlerb.  272. 

HERRENARBEITER,  m.  im  bergwerk,  der  lohnhäuer. 

HERRENBANK,  f.  bank  der  herren  oder  adlichen  bei  gerichlen 
und  Versammlungen,     vergl.  bank  theil  1,1106. 

HERRENBAUCH,  m.  fettbauch,  von  den  geistlichen  herren 
hergenommen  (vergl.  präiatenbauch).  Frisch  l,  446*. 

HERRENBETT,  n.  ehebelt  des  herrn  vom  hause,  im,  weitern 
sinne  auch  kostbares  bett;  mhd.  herrenbette  Leseb  wb.  1,1260: 
dieses  gewaltigen  köstbarlichen  herrenbetts.  La:,  de  Tormes  76. 

HERRENBIER,  n.  cerevisia  meracior,  tafelbier.  Stieler  146: 
mich  dürstet  nach  herrenbier.  Melander  1,  no.  173. 

HERRENBIRNE,  f.  eine  feine  birnenart,  auch  pfaffenbiine, 
königstafelbirne, 

HERRENBISZCHEN,  HERRENBISZLEIN ,  n.  leckerbissen : 
solche  .  . .  heirenbiszlin.  Fischart  bienk.  I4l'. 

HERRENBLÜMCHEN,  n.  parnassia  palustris.  Nemnich. 

HERRENBRET,  11.  eine  arl  dünne  breier  beim  iischler,  die  m 
feiner  arbeil  gebraucht  werden.   Jacobsso»  2,  255*. 

HERRENBROT,  n.  l)  feines  weiszes  brot ,  tafelbrot.  Gcrvi. 
9,203.205;  herrenbrod,  panis  primarius.  älberüs  Rl'. 

2)  unterhalt  den  man  von  seinem  herrn  bekommt :  herrenbrot 
essen,  im  gegensatze  zu  eigenes  brot  essen.  Adelung. 

HERRENDIELE,  f.  pl.  herren  dielen,  asseres  longiores  et  robu- 
stiores.  Stieler  289,  dielen  für  besser  eingericiüete  zimmer. 

HERRENDIENER,  wi.  diener  eines  vornehmen  hauses:  inama, 
schuii  wieder  jemand!  ein  herrendiener.  J.  E.  Schlegel  2, 89. 

HERRENDIE.NST,  in.  dienst  den  man  seinem  herrn  zu  ver- 
richten hat,  tm  allgemeinsten  sinne,  von  der  frohne  bis  zum  dienst 
Ict  hofe:  fyer  sachin  sein,  dy  echte  not  heisin:  gevengnis, 
seuche,  gotis  dmst  auj  dein  lande,  und  herren  diust.  Magdeb. 
blume  2,2,72;  wer  in  herrendiensten  sitzet,  pers.  rosenthal 
1,23;  kan  aber  eu.  e-tcell.  meine  wenigkeil  auszerhalb  herren- 
diensten in  ichtwas  zu  gehorsamen  die  gelegenheit  haben 
{d.  h.  unbeschadet  der  pflichl ,  die  ich  gegen  meinen  herrn  habe). 
Simpl  1, 2>.3  Kurz;  hingegen  liesze  ich  zween  von  meinen 
knechten  herrendienste  versehen  {soldataidtenste).  3,37;  meine 
beide  knechte,  die  henn  dienste  versahen.  41;  es  mangelte 
bei  solchen  gelegenheiten  nicht  an  betrachtungen  und  bei- 
spielen,  um  vor  höfen  und  heirendiensl  zu  warnen  Güthe 
24,116; 

ach!  riet  ich  aus:  ich  mag  noch  alle  pflichten 
von  jedem  herrendienst  mit  inuntcrkeit  und  treu 
was  man  mir  aufiragi,  gern  v«rrichteu.    II   129  ' 
IV.  u. 


im  Sprichwort:  herrn  dienst  erbet  nicht.  Schottel  1133*;  wer 
sich  in  herrndiensten  zu  tod  arbeitet,  den  höhlet  der  teufel. 
Pistorics //les.par.  2,  34;  herrndienste  sind  keine  ehegelübde. 
3,53;  herrendienst  geht  vor  goltesdienst; 

selig  ist  der  mann, 

der  herrendienst  entrathen  kan.    Lkhkak  145; 

wol  dem  der  mit  gott  und  ehren 

ohn  herren  dienst  sich  kan  ernehren.    da«. 

HERRENESSEN,  n.  essen,  wie  es  ein  groszer  herr  hat,  treff- 
liches essen:  also  prät  in  schön  {den  aal)  und  lanksaim,  s6 
wirt  er  ain  berrenej^en.   Megehberg  245, 4. 

HERRENFASTNACHT,  f.  der  drüte  sonntag  vor  den  fasten, 
oder  der  sonntag  eslo  mihi;  auch  pfaffenfastnacht:  uf  sontag 
der  herrenvasnacht,  war  der  zwelft  tag  des  monats  Februarii. 
Zimm.  chron.  4, 164,  21. 

HERRENFELD,  n.  jugera  herilia.    Stieler  464. 
HERRENFEUER,  n.:  herrenfeuer  wärmt  und  brennt,  Sim- 
rock sprichw.  245. 

HERRENFISCH,  ni. ;  herrenfische,  pisces  delicatiores.  Stie- 
ler 487. 

HERRENFLADEN,  »1.  feiner  osterfladen.  Schmid  schwäb. 
wb.  274. 

HERRENFREI,  adj.:  herrenfrei,  dienstlos,  ex  officio  dimissus, 
esauctoratus.  Stieler  559. 

HERRENFREUND,  m.  freund  groszer  herren: 
gut  trinken  und  gut  essen, 
desz  Unrechts  ganz  vergessen, 
sich  Selbsten  nimmer  schonen, 
nie  denken  ans  belohnen; 
disz  sind  die  eignen  gaben, 
die  herrenfreunde  haben.    Logau  1,  223,  22. 

HERRENFROHNE,  f.  opera  domitüs  debiia.   Stieler  570. 
HERRENGABE,  f.  geschenk  eines  heim  an  seine  untergebenen  : 
concitarium,  congiarium  herrengabe.  Dief.  139*. 

HERRENGANG,  m.  art  des  gehens ,  wie  sie  ein  groszer  herr 
hat ;  vielleicht  darum  .  .  weiln  sie  {die  schultheiszen)  so  ehr- 
barlich  und  in  einem  maDierlichen  herrngaog  daher  freien. 
baurenst.  lasterprob  15. 

HERRENGEBÄCKSEL,  «.  eine  arl  feinen  theegebäcks.  Jacobs- 
SON    2,  255*. 

HERRENGEBOT,  n.  mandatum  magistratus,  edictum  principis. 
Stieleb  180. 

HERRENGEFÄLLE,  n.  pl.  gefalle  die  der  grund-  oder  landes- 
herr  bezieht. 

HERRENGELD,  >i.  census  dominiä.  Stieler  682 :  item  dar- 
nach do  der  krieg  gewert  hat  bei  dreien  vierteilen  jars,  do 
legt  man  ein  steur  an ,  da;  ein  ieder  purger,  der  hundert 
gülden  wert  het,  und  als  oft  er  100  gülden  wert  het,  als 
oft  must  er  4  gülden  geben,  alle  clainat,  schelz,  parschaft, 
heimgelt,  wie  es  genant  sei,  angeslageu.  d.  s/äd/ecAr.  2,323,11 
(es  sind  die  gelder,  die  eigene  leute  auf  den  landgütern  zahlen) ; 
dasz  wir  kümmerlich  so  viel  erübrigen  können,  der  obiig- 
keil  die  henengelder  samt  zinsz  und  gült  den  Schaffnern 
abzustatten.  Simp/.  3,319  A'Hr:;  ein  bott  mit  zweien  Soldaten, 
welche  meinem  hauszwirth  .  .  .  seine  geisz  genommen  und 
solche  hinweg  führten,  umb  willen  er  14  batzen  herrengelder, 
wie  sie  es  nannten,  schuldig  war.  356;  ferner,  wann  herren- 
gelder abzugeben,  ist  seine  {des  büttels)  Schuldigkeit  zu  wege 
zu  läuten,  und  da  giebet  er  entweder  ein  oder  drei  zeichen 
mit  der  gJocken.    baurenst.  lasterpr.  88. 

HERRENGERICHT,  n.  geiicht  über  vergehungen  gegen  herr- 
schaflliche  Verordnungen.  IScamid  schwäb.  wb.  274. 
HERRENGERSTE,  /'.  hordeum  perlatum.  Nemnich. 
HERRENGESCHAFT,  n.:  wer  nicht  alles  stellen  und  ver- 
stellen kan,  der  ist  zum  regimente  ungeschickt,  und  kan  nicht 
mit  nutzen  in  herrengescheffte  gebraucht  werden.  Butschky 
Palm.  612;  falschheit  hält  keinen  stich,  und  richtet  man  in 
denen  handlungen  und  heirengeschäften  mehr  mit  redligkeit 
aus,  als  mit  der  allerspitzsinnigcn  arglisligkeit.  754. 

HERREiVGESCHENK,  n.  gesclienk  des  herrn  an  seine  unter- 
gebenen: es  pflegen  auch  jährlich»  wann  des  lages  für  dem 
weihnachtfeste,  der  friede  über  den  brunnen  von  dem  salz- 
gräfen  gewürket,  die  ambts-  und  bornknechte  umb  das  herrn- 
geschenke  bittlich  anzuhalten.  Hoh.ndorf  beschr.  des  salzwerkes 
zu  Halle  (1749)  s.  22.     vergl.  herrengabe. 

HERRENGESELLSCHAFT,  f.  gesellschaft  an  der  nur  herren 
tiieilnehmen  {wie  damengesellschaft  solche  nur  aus  damen  be- 
stehend ist):  der  oberamtmann  ist  verreist,  wer  weisz,  ob 
herreugesellschaft  da  sein  wird,   rfa/ieini  s.jahrg.  5.737. 

72 


1 139      IIERRENGE  WISSEN  — HEKRENKLM) 

HEHRENGEWISSEP},  ii.  bei  Locau  überscliriß  des  gecUchls 

ocl):ien  spaDut  man  uicht  au  fuden,  denn  er  würde  stracks 

zerrissen  : 
so  auch  leszt  sich  schwerlich  binden,  wer  gewalt  hat,  an 

gewissen.    3,  44,  29. 
HEHRENGNADE,  f.: 

herrengnad,  aprillenwetter, 
jungrerulieb  und  rosenblätter, 
Karten  und  der  Würfel  spiel, 
ändern  sich  od,  wcrs  glauben  will. 

Wesenigk  böse  spiclsielicn  (1702)  S5. 

HEKRENGULDEN,  m.  1)  münze  des  Stiftes  Köln,  umjefältr 
einen  llialer  an  wert.  Jagobsson   2, 255*. 

2)  ein  zins  an  einen  Iterrn,  auch  galterzins.  Adelung,  rngl. 
das  folgende  worl. 

HERRENGÜLTE,  f.  henengeld.  Haltaus  901.  Fiiiscii  1,110". 

UERHE.NGÜISST,  f.    i)  gralia  principis: 

bcrrcn  gunst  und  lerchengsang 

klinget  wol  und  wehrt  niclit  laiif.    Schottsl  1143"; 
herrengunst  und  vogel,  sind  noch  wol  zu  fangen: 
herrengunst  und  vogel,  sind  gesciiwind  entgangen. 

Locau  3,  64,  39 ; 
bedenke  mensch,  was  sind  doch  herrengünste? 
ja  anders  nichts,  als  rauch  und  leere  dünste. 

Neumark  luslwdldcbcn  5 ; 
du  schönstes  himraciskind !  du  Ursprung  bester  gaben, 
die  weder  gold  erkauft,  noch  herrengunst  gewährt, 
o  freiheit!  Hagedorn  1,29. 

2)  consens  des  gulsherrn  an  einen  pächler,  für  übernähme  eines 
laszgutes,  jus  precarium,  sivc  concessiu  quaedam  ad  ulililakm  rei 
concessae  pro  annua  pensione.  Stieler  684. 

HERHENGÜNSTLER,  m.  besilzer  eines  laszgutes.  Adelung. 

HERRENGÜRRE,  f.  vornehme  buhlerin,  unter  dem  bilde  eines 
herrscluifllichen  rosses:  ziind  nicht  der  hcrrengurr  Tais  zu  lieb 
Xerxis  königlichen  palast  an.  Garg.  ei'. 

HERREISGUT,  n.  praedium  doniinicum:  hcrrengüter  sind 
nicht  dem,  der  sie  verdilint,  sondern  dem  man  sie  gönnet. 
Schotiel  1143'. 

HERREjNHANDEL  ,  VI.  sociale  Stellung  oder  läge,  uie  sie  ein 
vornehmer  hat  (vgl.  handel  3  4/*.  370) :  über  das  hast  du  noch 
geld  genug,  auch  den  besten  baurnhof  in  dieser  gcgend  zu 
bezahlen;  du  willst  .diesz  ehrliche  baurngretlein  heuraten  und 
dir  einen  geruhigen  herrnhandcl  mitten  unter  den  bauren 
schaffen.  Sintpl.  2,  H  Kurz ;  wie  ich  den  köstlichen  saurbrunn 
auf  meinem  hof  setzen,  wol  anlegen  und  mir  dabei  einen 
geruhigen  hennhandel  schaffen  mügte.  82. 

HERRE.MIAUS,  w.  1)  sitz  oder  haus  eines  herrn  vom  landgul, 
domicilium  possessoris  praedii  alicujus,  scdes  dynastae.  Frisch 
1,  446",  rnlid.  herrenbfts.  Lexer  tvb,  1, 1260.  —  niederländisch 
auch  das  haus,  wo  die  herrcn  vom  rcgiment  zur  beratung  oder  zu 
gericlä  sitzen:  licerenhuys,  laedhuys,  sladhuys,  dotnus  augusla. 
Kilian. 

2)  im  kOnigreich  Preuszen,  die  politisclie  körperschaft  der  adliclten 
(anderswo  adelskaramer),  und  ihr  versammlungsgebäude.  vergl, 
haus  sp.  614  und  660. 

HERREMIOF,  m.  dynastia,  castrum  aulicum.  Stieler  844: 
wie  wir  auch  noch  ilzt  in  herrnhöfen  sehen,  und  allzeit  ge- 
wesen ist,  das  die  hofeschranzen  und  (inanzer,  wenn  sie  nur 
sehen,  was  den  fürsten  und  herrn  gerelll, . .  reden  sie  getrost. 
LuTUEB  3,297';  der  cainmersecrelarius  war  ein  mann,  der 
wol  studirt  und  wo!  gereiset  halte, . .  derselbe  kunt  in  Icga- 
tiunen  zu  den  armccn  und  andern  herrenböfen  gar  nützlich 
gebraucht  werden.  Schui-i-ius  106;  dieser  hoch(|unlilicirte  edel- 
niann,  welcher  an  groszen  beirnböfen  . .  wol  bekant  ist.  117; 
der  liaitcr  aus  Kriechen  npriclu  : 

nun  buh  wir  doch  die  höchsten  kür, 
auf  allen  herrnlmrcn  und  wirtschall 
sein  wir  in  eeren  wol  bchaft.    fasln,  sji.  07ii,  II. 

jetzl  auch  der  hof  eines  riltergutsbe.tUzers  im  gcgensatz  zu  einem 
baucrnhofe. 

IIERRENHüLD,  f.  gralia  virorum  principum  : 

lieber  rock,  reltz  nicht, 

liprrenhuld  nrht  nicht.    SimiocB  ipricitw.  «.  244. 

IIF^HRKNüLT,  »i.  mdmurrhul:  holte  dnen  allen  hut  aus 
dem  winke!  ..  'es  ist  ein  herrenhut,  er  gebOrt  dem  galten.' 
Flif.trAG  haiidxrhr.   1,329. 

IIKRjlKNKAMMER,  f  dmmilorium  hcrile.  .Stiklkh   921. 

IIKRHKNhl.l,l,KF{,  t/».  crlla  tinaria,  ajinUwca  publica,  ftorrcum 
tinaiium  yulduuin.    Sebz  6/. 

IIKflUENKIMi,  n  im  allgemeinen  land  eines  herrn:  hier  ist 
"'C'  '.  dachte  sie,   und  wir  die  kerrenkinder, 


IIERRENKNECHT  — IIERRENMEISTER      1 140 

die  leute  sind  gewohnt  uns  zu  gehorchen.  Fbevtag  handschr, 
3,300;  besonders  kind  eines  groszen  herrn:  er  solle  ans  den 
kindern  Israel  von  königlichem  stam,  und  herrnkindern  «eleu 
knaben,  die  nicht  gebrechlich  weren.  Da«.  1,3;  kind  eines  edel- 
manns:  hm!  sagte  die  wirthinn,  wenn  ich  das  gedacht  hatte, 
dasz  er  ein  lierrenkind  ist,  wenns  gleich  nur  so  ein  abkümui- 
ling  ist,  so  war  ich  doch  wohl  änderst  mit  ihm  umgegangen. 
Tom  Jones  (Mrnberg  1780)  2,  269. 

HERRENKNECHT,  ni.  dicner  eines  herrschaftlichen  gericlilv.s, 
bültel:  ob  es  sach  were,  dasz  ein  person  miszbandelt  helle, 
so  sollen  ihnen  {für  ihn)  angreifen  die  herrenknecht.  wcislh. 
2,137  (von  1178);  herrenknecht,  der  vor  dem  herren  dabiir 
tritt,  oder  vor  im  anbin  gadt,  anleambulo,  assccla.  Maalek  219*. 

HERRENKNÜCKLEIN,  n.  apiapfel.  Nemnicu. 

HEURENKÖCHIN,  f.  pfarrerskOchin.   Felder  sonderl.  2,307. 

HERRE.NKOLBE.N,  m.  eine  groszc  art  dcstillicrkolbcn.  Krünitz 
43,  283. 

HERRENKORN,  n.  kom  als  abgäbe  an  den  herrn  seitens  der 
zin.'ipßiclitigen  tinlerthatien. 

HERRENKRANKHEIT,  f.  scherzhafte  benennung  des  podagras, 
als  folge  des  berrenlebens. 

HERRENKRAUT,  n.  wirsing.  Nemnich. 

HERRENKÜMMEL,  m.  ammei,  ammikraut.  öcon.  lex.  (1731) 
1005. 

HERRE.NLEBEN,  n.  leben  nach  art  groszer  herren,  schwelge- 
risches leben.  Frisch  1,446".  auch  freies,  ungebundenes  leben; 
ein  bclller  sagt:  seit  ich  die  cselhafte  rossarbcil  der  laglöhner 
verlassen,  und  mich  durch  ergreifung  des  sacks  und  steckens 
in  die  unschätzbarliche  freiheit  unsers  berrenlebens  gesetzt 
Simpl.  3,307  Kurz. 

HERRENLEER,  adj.:  die  zwar  prächtig  aufgeputzten  aber 
berrenleeren  büffete  und  tische  der  sämmllichen  weltlichen 
churfürsten.   Göthe  24,  327. 

HERRENLEÜTE,  pl.  l)  unterlhancn  eines  herren.  weislh.  l,  7  j9 
vergl.  die  stelle  unter  herreninann. 

2)  in  Scinvaben  Standespersonen.  Schmid  271. 

HERRENLIERE,  f  gralia  principis.  Stieler  1157. 

HERRENLOCH,  n.  die  vordersten  nebenlöclter  an  dem  grängel 
des  Pfluges,  zum  unterschiede  der  mittleren  lohnlöcber  und  der 
hinteren  frohnlöcher.  Jagobsson  2,  255'. 

HERRENLOS,  adj.  keinen  hcnn  hübend,  mhd.  h'Jrrenlös 
(Lexer  «'6.  1,1260):  herrenlos  wird  absonderlich  vim  land- 
liiufcrn  und  müsziggängern  gesagt,  herrenloses  gesind.  Faiscii 
1,446*;  als  durch  ganz  Deulschlandt  so  vil  herrenloser  knecht 
und  böser  buchen  uiubher  geloffen  sein.  Zimmer,  chron.  4, 
198,17;  von  den  herrnlosen  knechten,  so  sich  underslehen 
zu  vcrsamlen ,  und  die  armen  leut  zu  beschweren,  kaiserl. 
landfried  zu  Augsburg  von  1548  tit.2i;  herrenloses  gesindlein, 
errones ,  vagabundi.  Stieler  1178;  die  nun  wie  herrenlose 
hunde  umherirren.  H.Heine  2,136; 

wildes  Wetter!  sturmeswüthen 
will  das  arme  scIiilT  zerschellen  — 
ach,  wer  zügclt  diese  winde 
und  die  herrenlosen  wellen!    15,  137. 

in  edlerem  sinne: 

denn  herrenlos  ist  auch  der  froisie  nicht, 
ein  Oberhaupt  musz  sein,  ein  hochsicr  riclitcr. 

Schiller  T'-"   '    • 

ohne  eigenthümer : 

der  «bt  hcrfürzoK  .  .„. ü  „;,.  i.  briol, 

der  ihm  die  horrenlu.se  wusle  »clienkte.    c/ii.v., 

befrenloscs  gut;  eine  herrenlose  saciie. 

HKRRENLUST,  f.  deleelatio  nohUissima,  augusla.  Stieleh  ils7 
Sehiz  fcldb.  13. 

HERRENMAHL,  n.  köstliches  mald,  tvrgl.  herrenesscn :  (i > 
ist  damals)  am  Neckar  ganz  wolfail  gewesen,  dann  niner  v.u 
jarcn  ein  berrenmal  unib  drei  creuzer  hat  zu  OberndorrkindtMi 
einnehmen.  Ximm.  chron.  3,  »!<(.  i. 

HEHRENMANN,  «t.  unterlhan  eines  herren.  in  einem  unter 
elsdssischen  weislhumc  wird  hezüglirh  ühernachtens  des  römi^rlirn 
königs  mit  i/efnlgc  auf  einem  herrschaftticlien  gute  bestimmt :  sn 
soll  der  liciinburg  liemen  einen  reichsinanii  und  einen  herreii- 
nian,  und  •^oH  die  jrtrn  (zeche)  rechnen,  dieselbige  iili'ii  snllen 
die  lierreiili Mil   bezaleii   und  nit  die  rcichsleiilc.  m'(*i.v//l  1, 7:>'>. 

IIKRRKNMARKr,  wi.  stalio  mrrcalorum  pnblicA ,  coun-uh' 
mcrfutdiiim  ptihliiits.  .Sebz  67*. 

HERREN  MEISTER,  «i.    mditer    r/n  ordens  dcitlschn 
Frisch  1, 440* 


1141 


HERRENNOTII  —  HERRENSITZ 


HERRENNOTH,  (.  zwingende  pflicfd  gegen  einen  herm :  item 
es  soll  auch  kein  meisler  uff  ein  soutag  oder  gepanten  feier- 
lag arbeiten  bei  straf  ij  pfd.  wachs,  es  wer  dan  herrennot 
oder  hoichzeit  solichs  erforderten.  Mone  anznger  8,  287  {Ver- 
bindung mitlelrheinischer  Schneider  von  1520).  es  ist  ein  verhin- 
derungsgrund  beim  gericht  zu  erscfmnen.  Haltals  90t :  hat  acht 
tage  sich  zu  verantworten,  und  ist  das  es  ime  leibesnoth 
oder  herrennoth  benommen  hat,  das  er  den  hof  nit  gesuchten 
hat.  ueislh.  5.  479  (Unlerchasz  1380). 

IIERRENPFERD,  «.;  herrenpferde,  e^ut  ÄcnV^s.  Stieler  1441. 

IIERKENPFLAÜME.  f.  eine  vorzügliche  pflanmenart. 

HERRENPFLICHT,  f.  pflictd  gegen  einen  herrn :  kan  ich  aber 

dorn   herrn   im   übrigen   auszerhalb    herrnpflichten  in  etwas 

bedient  sein,  so  hat  derselbe  an  mir  einen  willigen  diener. 

Simpl.  1,  309  Kurz. 

HERRENPILZ,  m.  agaricm  caesareus,  der  kaiserling.  Nemsich 
1,103.  aber  auch  der  Steinpilz  und  der  Champignon  tcerden  so 
genannt,     vergi.  herrenschwamm. 

HERRENPLATZ,  «k  platz  tco  die  herren  sitzen :  die  knechte 
und  mägde,  weiche  gesondert  von  den  herrenplätzen  am  an- 
dern ende  der  langen  tafel  saszen.  Immermann  Af«ncA/i.  1,153. 
HERRENQUITT,  adj.  homo  sui  arbilrii.  Stieler  1494, 
HERRENRECHT,  n.  rechtliche  befugnisse  eines  lierren :  fürsten- 
und  herrenrecht  auf  der  einen  seile,  auf  der  andern  gehorsam. 
Kli.ncer  3,40;  jeder  hüte  sich,  dasz  ihm  seine  träume  nicht 
die  herrenreehle  des  geistes  verringern.  Freytag  handschriß 
3, 124 ; 

jetzt  komm  an,  dein  berrenrecht  zu  pQegen! 

ßcRGER  100*  {Heloise  an  Abälard); 
Burijund  (.  . .  umarmt  die  Sorel  und  kuszt  sie  auf  die  slime). 

mit  eurer 
erlaubnis,  base !  das  ist  unser  herrenrecht 
zu  Arras,  und  kein  schönes  weih  darf  sich 
der  Sitte  weigern.  Schiller  Jungfrau  3,  3. 

HERRENREITER,  m.  eques  ducalis,  satellitium.  Stieler  1599. 

HERHENROCK,  m.  toga  praelexla,  laticlacia.    das.  1573. 

HERRENROSE.  f.  narcisse.     im  fiassauischen.  Kehreis  195. 

HERRENS.\CHE,  f.  saclie,  beschäfligung  eines  iterrn:  sorgen 

und  wachen,   sind  herrensachen.    Schottel  112o';    läge  eines 

herrn :   bei   derselbigen    halte   ich  eine  güldene  herrensach. 

Simpl.  3, 199  Kurz. 

HERRENSACK,  m.:  herrn-  süe  slatssack,  ßscus,  saceüus  in 
qiw  aera  publica  defeninlur.   Stieler  1658. 
HERRENSCHAFT,  f.: 

der  general, 
so  hört  ich,  hat  die  ganze  macht  der  Neger 
zum  Sturm  aur  cap  Francois  versammelt;  morgen 
soll  der  entscheidung  blutgeweihter  tag 
der  weiszen  herrenschart  ein  ende  machen.    Eör:<er  2, '35. 

HERRENSCHENKE,  f.  donativum.  Maaler  219*.  r^l.  herren- 
gabe. 

HERRENSCHICHT,  n.  schicld,  wenn  mdU  die  gewerke,  son- 
dern der  landesherr  seWst  das  bergwerk  bebauen  läszl.  Jacobsso« 
2,  255'. 

HERRENSCHLOSZ,  n.  scMosz  eines  herrn:  zahme  vögel 
stehen  einem  herrenschlosz  gut,  denn  hier  soll  alles  ein 
fröhliches  zutrauen  haben.  Freytac  handschr.  2,  341 ; 

und  der  nordwind  trug  die  klänge 
sorgsam  auf  zum  herrenschlosz. 

ScffEFFEL  trompeler  79. 

HERRENSCHMECKER,  m..  Ich  mache  mir  auch  eine  sonder- 
liche ehre  daraus,  dasz  ich  als  ein  plumper  grober  ker!  bei 
angesehenen  herrn  in  groszen  hiiusern  wohlgelitten  bin.  ich 
weisz  wohl,  da6z  mir  viele  leute  ein  verbrechen  daraus  machen 
. . .  andere  sticheln  auf  mich,  mit  verbittertem  lächeln,  sagen 
HO  wörtli,  die  auf  ohrenbläser,  Schmarotzer,  herrenschmecker 
und  dergleichen  zielen,  a.  mann  im  Tockenb.  261.  das  irort 
meint  einen,  der  die  herren  gleichsam  riecht,  aus-  und  aufspürt. 

HERRENSCHNEPFE,  f.  scolopax  gallinago. 

HERRENSCHUTZ,  m.:  herrenschutz  prolectio  principum, 
vulgo  adrocalia  armala,  quod  eliam  landschutz  dicitur.  Stieler 
1947. 

HERRENSCHWAM.M,  m.  der  Champignon,  agaricus  deliciostts. 
SroscH  kl.  beitr.  64. 

HERRENSCHWANZ,  m.  comites  H  taleUäium  prindpis.  Stie- 
ler  1954. 

HERRENSESSEL,  m.  seUa  curulis.    Rihel  L».  (1598)  9. 

HERRENSITZ,  m.  sedes  alicujus  nobilis  vel  dynaslae.  Frisch 
1,446*:  brenten  da;  dorf  Pergen  ab.  und  darin  stunden 
2  «IfKzleiii  mler  hcriensilz.    d.  stddleehron.  2,  224,  9. 


nERRENSOLE  —  HERR  EN  WORT         1 1 4^2 

HERRENSOLE,  f.  sole  dte  für  die  festliche' renlkammer  rer~ 
sollen  icird,  als  abgäbe.  Hohsdorf  luillisches  salzwerk  (1749)  s.  24. 
HERRENSONNTÄG,  m.   der  sonnlag  eslomihi.     vgl.  herren- 
fasfnacht. 

HERRE.NSPEISE,  f.  obsonium  opulentum,  coena  cerealis.  Stie- 
ler 2079.     rergl.  herrenessen,  herrenmahl. 

HERRENSTADT,  f.  Stadt  die  einem  herrn  gehört ,  gegensalz 
zur  reichsunmittelbaren  oder  freien  stadl:  wo  sie  solchs  in  einer 
herrenstadt  gethan  hellen,  so  würden  sie  hart  gestraft  (läszt 
der  I^ürnberger  rat  Schatzgräbern  sagen).  Tuchers  bauvieisterbuch 
286,14;  dasz  er  möcht  von  hinnen  ziehen  mit  leib  und  guet, 
. .  .  wohin  er  woll,  in  herrn  stell  oder  in  reichsstetl.  deulsdie 
städtechron.  5,  200,  3. 

HERRENSTALL,  m.  equile  principis,  aulicüm,  auch  fürsten- 
stall,  marstall.   Stieler  2118. 

HERRENSTAND,  m.  stand  der  herren,  adlichen ;  im  engern 
sinne  der  eines  gebieters  über  seine  unterthanen,  eines  regierenden 
herrn: 

darum  beflügelt  er  bei  zelten  sein  gemüth 
mit  läbr  und  mancher  kunst,  ist  in  der  jähre  blüth 
und  frühiing  schon  bedacht,  den  herrenstand  mit  ehren 
zu  führen,  und  das  land  des  jenen  zu  gewähren, 
wasz  es  von  ihm  gewartt.  Koäpler  110. 

auch  stand  der  freilierrn  {vergl.  herr  sp.  1I2S):  einer  vom  adei, 
dem  der  herrenstand  angelragen  wurde,  sagte:  er  wolle 
lieber  under  den  edelleuten  die  Ihür  auf-  als  under  den  frei- 
herrn  zuethun.  Zixegref  apoplüh.  1.328. 

HERRENSTANDESPERSON,  A.-  kam  noch  in  die  letzte 
mess ,  die  denselben  tag  vor  eine  herrenstandsperson  ver- 
zogen und  aufgehalten  worden ,  welche  kommen  war,  den 
prälalen  zu  besuchen  und  ihre  andachl  daselbst  zu  verrichten. 
Simpl.  3,383  Kurz;  von  einem  cavalier  und  einer  herren- 
standesperson  wird  zier  und  kunsl  im  reiten  erfordert. 
BüTscHKY  Palm.  97. 

HERRENSTRASZE,  f. :  herban,  herrnslrasze,  landstrasze, 
herrenweg,  ria  militaris,  via  publica,  praeloria.  Hesiscd  180. 

HERRENSTUBE,  f.  conclare  augu^tum,  magnißcum.  Stielee 
2216.  es  ist  gewöhnlich  die  trinkstube  der  geschlechter  in  einem 
öffentlichen  gebäude,  einem  rat-  oder  zunphause:  eines  jars,  als 
er  abermals  uf  solche  zeit  hineinkompt  {nach  Rottureil)  und 
zu  den  ehrenmäler  nach  allem  prauch  uf  die  herrensluben 
geladen  wart.  Zimm.  chron.  4,  202,  32.  —  In  den  gasthäiisern 
ist  neben  der  gemeinen  wirtsstube  wol  aucJi  noch  eine  herren- 
■  Stube  oder  ein  herrenslübchen  für  vornehmere  gaste  vorhanden. 

HERRENSTUHL,  m.  stuhl  in  der  kirche,  ßr  den  erb-  und 
gerichtsherrn  des  ortes  bestimmt. 

HERRENTAFEL,  f  mensa  primaria,  ehrenlafel.  Stieler  190. 

HERRE.NTAG,  m.  placüum,  ad  quod  domino  eundum  est. 
Haltaüs  902. 

HERRENTISCH,  m.  an  dem  die  herren  sitzen  oder  speisen. 

HERRENVOGEL,  «i.  der  häher,  corvus  glandarius:  herren- 
vogel,  hälzler,  garrulus.  Maaler  219". 

HERRENVOLK,  n.  kriegsvolk  eines  herrn.  Stieler  2387.  Frey- 
tac bilder  (1867)  1,  58.  96. 

HERRENWAGEN,  «i.;  der  herreowagen,  ein  geslirn,  plau- 
strum  pro  sydere  coelesli,  arctos.  Maaler  219*.  vgl.  beerwagen  3 
sp.  762. 

HERREN  WASSER ,  n.  vorzügHdies  »asw:  so  habe  man 
diesen  flusz  {Belus)  für  ein  beer  und  beilig  oder  köstlich 
herrnwasser  gehalten.  Mathes.  Sar.  2'. 

HERRENWEG,  m.  landstrasze,  vergl.  oben  herrenstrasze. 
auch  sonst,  herrschaßUcher  weg,  weg  den  der  herr  fährt.-  Frisch 
1,  446". 

HERRENWEIN,  m.  guter  wein,  wie  ihn  die  herren  trinken. 
BremU:ches  jahrb.  2, 115. 

HERRENWERK,  n.  cptts  domini,  negotia  principis,  deinde  res 
lautae  et  opiparae.  Stieler  2556.  aber  atich  in  anderm  sinne, 
werk  das  man  für  einen  herrn  thut  oder  thun  musz:  mit  dem 
andern  hörn  des  gewalls  stoszend  die  gewalligen  herren,  in 
denen  wenig  kunst  {wissen,  bildung)  ist,  deren  decrelal  und 
landrecht  ist  'volumus,  oportet'  .  .  so  kumpt  hernach  roub, 
unbillich  slür,  gewerf,  fründliche  hilf,  ungell,  fronlag,  herren- 
werk,  schirmgelt  ...  Keisersberc  irrig  schaf  (1510)  A3'. 

HERRENWERTH,  adj.:  herrenwerlhe  gülber,  opponuntur 
denen  herrenlosen,  caducis.  Haltaus  902  {aus  Scuilter). 

HERRENWILLE,  m.  jtissum  et  mandatum  prindpis.  Stieler 
2537. 

HERRENWORT,  n.  wort  und  befehl  des  gAitters:  ohne  sein 
ermunterndes    herrchwort   abzuwarten,   stürzten    die   beiden 

VI* 


1143 


HERRENWURST  —  HERRGOTT 


HERRGOTTSSCHWESTER 


1144 


creaturen  {Imnde)  zwftclien  seinen  fiiszen  in  den  hof  hinaus. 
Fbettag  handschr.  1, 182. 

HERRENWURST,  f.  Iiirnwunt ,  servelaluurst.    Stieler  2588. 

HERRENZECHE,  f.  zeche,  die  der  Iterr  eines  bergwerks  auf 
seine  koflen  baut.  Jacobsson  2,  255*. 

HERRENZEICHLEIN,  n.  primula  officinalis.  Mdralt  eidgenöss. 
litsigarten  (1715)  37.  97. 

HERREiNZlNS,  »i.  änkünße  des  herrn  von  einem  zinshofe: 
was  das  gericlit  und  die  voglyc  ist ,  was  nulzung  der  in 
den  .«selben  gerichten  hat,  da?  ist  herren  zins.  ueislh.  1, 197 
(s/.  Gallen  von  14C9). 

HERRENZIPPEL,  in.  myosurus  niiniinus,  mäuseschwänzchen, 
eine  kleine  pßanze.  Nemmch  3,  6S6. 

HERRGOTT,  m.  zusammenrückung  von  heir  und  gott  (ly/. 
unter  herr  sp.  1135),  in  folge  des.<:en  mit  der  belonung  herrgott, 
tcelche  theilweüe  den  rückgang  der  form  zu  berget  veranlaszl 
(belege  unten) ;  Schweiz,  berget,  iise  liebe  herrgett,  gewöhnliche 
benennung  gottes  Stalder  2,  39 ;  bair.  neben  bergiid  auch  berged, 
oberpfälz.  härged  Schm.  2,  231 ;  in  Appenzell  Innerrhoden  m/  das 
uort  sogar  bis  lu  heget  geschrumpft.  Tobler  265".  es  wird 
gebrauciü : 

1)  von  gott: 

und  da  sie  in  den  sorgen  waj, 

unser  hergot  ir  nit  vergas.    IJBhelkr  352  Merzdorf; 

sitze  fest,  lieber  herrgott,  oder  Rudolf  {von  Habsburg)  wird 
dir  auch  deinen  stui  noch  einneinmen.  Zinkgref  apophlh.\,9; 
die  ärzt  nennet  er  (Lulher)  unsers  herrgots  fliciier.  244 ;  von 
groszen  leuten  pflegt  er  zu  sagen :  sie  seien  unserem  herr- 
gott eine  grosze  thorheil  schuldig.  246;  es  stöhle  einsmal 
unseres  berrgotts  schusler  das  leder,  und  gäbe  die  schuhe 
den  armen  umb  gottswillen ,  und  meinet  auf  diese  weise, 
er  hätte  unserm  herrgott  geld  auf  ein  stück  vom  himmel 
gelehnet.  Schdppios  530;  die  einen  riefen  die  heilige  Jung- 
frau an,  die  andern  wandten  sich  direct  an  unsern  herrgott. 
Riehl  cullurgesch.  nov.  415;  mit  hinweis  darauf,  dasz  gott  geber 
und  herr  unserer  ganzen  zeUlichen  exislenz  ist:  die  vor  lauter 
Tornehraigkeit  nicht  wissen,  wo  sie  mit  des  lieben  berrgotts 
seiner  zeit  hinsollen.  Wagner  kindermörderin  28;  veryl.  unten 
berrgottsboden,  berrgotlsfrübe,  herrgollssonne; 

nein,  denkt  er,  nirgends  scheint  docli  unsers  berrgotts  sonne 
so  mild  als  da,  wo  sie  zuerst  mir  seinen. 

Wieland  22,  157  (Oberen  4,  21); 

und  aus  den  wölken,  bhiiigroth 

hingt  der  herrgott  den  kriogsinantel  runler. 

Schiller  Wollenst,  tager,  8.  auflr. ; 

es  Ist  ein  gebot,  du  sollt  den  namen 

deines  herrgotts  nicht  eitel  auskramen,    das.; 

unser  herrgott  ist  so  gnädig  heuer; 

hält  ichs  doch  schon  in  fach  und  scheuer! 

unser  herrgott  spricht:  nl)er  mir  nit  so; 

es  golleng  ander  auch  werden  froh.     Gotiie  13,  78; 

bisweikn  werden  in  der  Schrift  die  beiden  bestandlheile  des  Wortes 
gelrennt  gesetzt,  die  mangelnde  flexionsfdhigkeil  des  ersten  theiles 
deutet  dennoch  die  enge  zmamvienrnckung  an : 

Gretchen.  mein  bruder:  gott!  was  soll  mir  das? 
Valent.       lasz  unsern  herr  gott  aus  dem  spasz.     12,  197. 

«n  puch  ist  herrgott!  hengottssacrament,'«'o/*ei  die  beziehung 
des  Wortes  auf  Christus  (unten  2)  mit  einspielt  :•  polz  bcrgel,  gnäd. 
frau,  seht  ihr  mich  dann  vor  eine  hur  an?  Simpl.  3,270  Kurz; 

unbequemer  neuer  glauben  I 
wenn  sie  uns  den  herrgott  rauben, 
hat  das  fluchen  auch  ein  end  — 
hiromel-herrgoit-sakrament ! 

II.  FIeike  supplemenihand  s.  57. 

dan  Volk  nennt  das  Wirtshaus  einen  ort,  wo  unser  herrgott  den 
arm  herausstreckt,  einerseits  darauf  anspielend,  dasz  wtrtshaus- 
seiclwn  mehrfach  an  wagerechlen  armähnlichen  stangen  befeslitit 
sind,  andererseits  darauf,  dasz  namentlich  wein  und  brol  als 
gaben  unseres  herrgotts  rolksmäszig  bezeiciinet  werden ;  spnch- 
«örllich:  er  grtiszl  gern,  wo  unser  herrgott  einen  arm  heraus- 
slreckt.  Simrock  sprichw.  247. 

2)  herrgott,  auf  Christus  bezogen  (rgl.  unten  herrgoltsliraul, 
berrgotlsschwcster).  so  in  der  redensart  mit  einem  berrgotts 
spielen,  ihn  quälen,  mit  hinsieht  auf  geiszelung  und  kreuzigung 
Chrisü: 

do  man  des  hergoti  mit  mir  spilt.    fattn.sp.  338,33. 
mH  beiTgott  meint  man  namentlich  auch  das  geschnitzte  bitd  des 
gtkreuiigien  (tgL  unten  herrgottswinkel):  erst  schnitzt  ihr  euch 
earen  herrgott,  dann  kreuzigt  ihr  ihn.  H.  L.  Wagnf.r  kinder- 
mörd'-t-   •'  •    bergoltc  nach  ihm  «chnilzen.  Sim 


rock  sprichw.  247 ;  sprichwörtlich  in  Baiern :  unserm  herrgott  die 
fiiesz  abbeiszen  wollen,  sich  über  die  maszen  fromm  und  an- 
dächtig gebärden.  Schm.  2, 231,  es  ist  dctbei  an  das  inbrünstige 
küssen  des  cruci fixes  gedacht; 

da  ist  dem  kerl  sein  platz  zu  beten. 

es  tiiut  mir  in  den  äugen  weh, 

wenn  ich  dem  narren  seinen  herrgott  seh. 

wollt  lieher  eine  zwiebel  anbeten 

bis  mir  die  thrän  iu  die  äugen  träten, 

als  ölTnen  meines  herzens  schrein 

einem  schnitzbildlein,  querhölzclein.    Göthe  13,82; 

seinen  herrgott  will  ich  runter  rciszen 

und  drauszen  in  den  gieszbach  schmeiszen.    83. 

hölzerner  herrgott,  Schimpfwort  für  einen  steifen  und  kalten 
menschen:  was  meineslu  wol ,  liebs  bäszgea,  was  vor  eine 
freud  ich  armes  weih  bei  einem  solchen  bülzefneo  berget 
habe  (sagt  eine  frau  in  bcziig  auf  ihren  mann),  ^mpl.  4,41; 
holziger  herrgott,  rori  einer  .steifstolzen  magistrat.sperson.  Stalder 
2,  39.  —  Volksmäsziycn  belheuei'ungen,  wie  herrgott  von  Bend- 
beim  (Fromm.  4,402)  liegt  wol  eine  erinnerung  an  ein  wunder- 
Ihäiiges  Chnslusbild  eines  solchen  ortes  zu  gründe,  andere  wie 
herrgott  Ninive  (ebenda)  sind  ganz  entslclU. 

3)  lierrgott  in  freierer  Verwendung,  der  plural  herrgöttor  steht 
für  hoslien.  Strobel  tienetei/r.  2, 386.  Seidemann  Th.  Münzei'h; 
für  malerische  ausführungen  der  göttlichen  person:  wer  kann  sich 
erinnern .  irgend  etwas  in  der  weit  gesehen  zu  haben ,  das 
seinen  {}ficM  Angelos)  herrgötlern,  propheten  und  Sybillen, 
und  vollends  seinen  seligen  und  verdammten  gliche?  Heinse 
Ardingh.  1,337;  die  herrgötter  von  Michel  Angelo  könnt  ihr 
freilich  nicht  in  der  weit  gesehen  haben.  339 ;  herrgott  von 
einem  lieidnischen  gotte:  (als  ich)  ein  kleines  käinmerlein  salie, 
nicht  ungleich  einer  kapeilen,  darinnen  dieser  kranken  herr- 
gott Cupidon  und  seine  mutter  auf  einem  herrlichen  zelten- 
belt  beisammen  saszen.  Puilander  (1642)  x.  105;  herrgott  = 
götze:  leute,  nun  hab  ich  ihn.  er  ist  der  frömmste  herrgott 
von  der  weit.  Lenz  1,274;  daher  endlich  auch  im  sinne  von 
falscher  gott,  teufel.  J.  Gotthelf  3,  429. 

HERRGÜTTCHEN,  n. :  wie  sie  .  .  drauf  iospfuschen,  wie 
kleine  berrgöllchen.  Fr.  Müller  2,24. 

HERRGOTTHOLZEL,  n.  artemisia  abrolanum,  eberraute  ('jen- 
seil der  Donaii).  Nemnich  1, 46C. 

HERRGOTTMACHER,  m.  cruci fixmachcr.  Schmid  schwäb.  wh. 
274.  in  Baiern  bergottleinmacher,  bilder Schnitzer,  herrgottlein- 
trager,  hausierer  mit  Christus-  u.  a.  bildern.  Schm.   2,  231. 

HERRGOTTSÄCKERLEIN,  n.  an  dci-  Pegnilz  ein  stein  mit 
eingedrückten  ammonshörnern.  Schm.  2,  231. 

HERRGOTTSAPFEL,  m.  schragenapfet,  ein  groszer,  rotgefleck- 
ler,  süszer  apfel.    Nemnich. 

HERRGOTTSB.\RTLEIN,  fi.  oreoselinon,  bergeppich,  kuchen- 
schcl.  Alb.  CC3'.  Nemnich  kennt  unter  diesem  namen  drei 
pflanzen:  sanguiiorba  officinalis,  wiesenknopf,  wiesenkraut;  poly- 
gala  vidgaris,  gemeine  kreuzblume ;  und  phyteuma  spicata,  ra- 
punzel,  unseres  lieben   herrgotts  bärtchen. 

HERRGOTTSDEERLEIN,  »i.  sanguisorba.  leulsch-lat.  wörln- 
büchlein  (Nürnb.  1703)  .<;.  18. 

HERRGOTTSRLATT,  n.  chelidonium  majiis ,  schellkraul, 
schwalbenkraut.    Nemnich. 

HKRRGOTTSRODEN,  «i. ;  ir  seil  nicht  eins  sautrecks  werd  : 
uff  dem  herrgolsboden  sind  nit  iirgere  lauren  als  ir  seil 
Garg.  lUS'.     vergl.  olirn  unter  herrgott  l   s;).  1143. 

HERRGOTTSRRALT,  f  für  nonne,  monialis.  Stiele«  224. 

HERRGOTTSBROT,  m.  die  blute  des  roten  klees.  Nemnuu 
Schmid  schwäb.  wb.  274.  .Schm.  2,  231. 

HERRGOTTSFRÜHE,  f:  am  andern  morgen  war  er  .schon 
in  aller  heirgollsfrübe  auf  den   beinen.  Simrock  mährch.  133. 

HERRGOTTSHÜHNCHEN,  n.  coccinella.  blattlauskäfer ,  sonnen- 
käfer,  auf  dem  Kichsfelde ;  anderwärts  iierrgottskalb,  berrgoll«- 
kühlein,  berrgoltsmiickicin;  nassauisch  hcrrgottslliiercben 
(Kehhein  195);   vergl.  ferner  unten  berrgotlsvOgelcin. 

HERRGOTTSHÜHNLEIN,  »i. .  iiiilcr  herrgotlsbiihnle  werden 
alle  gesangvögel  verstanden,  deren  nester  zu  l)eraiiben  für 
Sünde  geachtet  wird.  Meinkht  volksl.  di«  dem  huhländchrn 
s.  401. 

HERRGOTTSLÖFFEL,  m.  drosera  rotundifolia .  löffelkraut 
NeMNicn. 

HERRGOTTSSCHUH,  m.  eine  pflanze,  cypripedium  calceolus. 
euch   Venu.%schuh,  Marienschuh,  pfaffenschuh. 

HERRGOTTSSCHWESTER,  f.:  herrgoltsscbwestern  offrl 
lanl  monidlcs,   nc  vuginrs  fanrtimnninl       -■-•::-...-. 


1145   HERRGOTTSSONXE  — HERRISCH 


HERRISCH  — HERRLEIN 


114G 


HERRGOTTSSONNE,  f.:  wann  die  liebe  herrgottssonne 
nieder  auf  die  weit  scheint.  Fr.  MjSlleb  1,  229.  vergl.  oben 
herrgott  1  .«p.  1143. 

HERRGOTTSVÖGELEIN,  n.  eoeeinella,  blalllauskäfer ;  in 
Schwaben  aber  das  johannisuürmchen,  lampyris  (Scbmid  275) : 

kommt  ans  herzens  heiligthiime 
mir  ein  lied,  so  sei  es  klein, 
klein,  wie  aus  dem  kelch  der  blume 
fliegt  ein  herrgottsvöeelein. 

J.  Kerker  gespräch  im  buchladen 
(tcinlerblüihen  x.  16). 

HERRGOTTSWINKEL,  wi. :  der  Sonderling  von  ehemals 
würde  seine  freude  daran  gehabt  haben,  so  viele  talentvolle 
und  lernbegierige  Jünglinge  ...  in  der  sonst  beinahe  ängst- 
lich gemiedenen  stube  mit  dem  kleinen  krucifix  im  herrgotts- 
winkel  zu  sehen.  Felder  Sonderlinge  2,  76.  der  ehrenpiatz 
im   berrgüttswinkel  1,  98. 

HERRICH,  in  dem  ausrufe  potz  herrich,  vol  eine  verslüm- 
melung  ton  herr  Jesu :  da  sehn  sie  nur  her,  wie  sie  mit  mir 
umgegangen  sind!  potz  herrich!  wenn  sies  ihren  guten 
freunden  nicht  besser  machen.  Wieland  11, 1S8  ;  einen  tbaler? 
sagte  Pedrillo.  potz  herrich,  gevatlerin  !  ich  glaube  du  hast 
noch  nicht  ausgeschlafen.  «.230;  potz  herrich,  sagte  Pedrillo, 
dabist  eine  vertrackte  arUdie  leute  zu  bedienen!  12,  S8. 

HERRICH,  adj.  in  Schwaben,  der  sich  ein  ansehen  zu  geben 
weisx,  ansehnlich.  Schmid  274 ;  auch  bei  Frank  :  das  sy  vor  Zei- 
ten ein  herriche  statt  ist  gwesen.  wellb.  174'.  in  Würteniberg 
auch  gesund,  kräßig ;  ein  herriches  kind,  das  sich  aufgerichtet 
hält.  ScftMiD  das.  —  Vielleicht  ist  das  worl  nur  eine  rerdunkelte 
zusammenrüchmg  ron  vihd.  her  und  rieh,  die  üßers  verbunden 
vorkommen  : 

ej  was  Liudglr 
üjer  Sahsen  lande      ein  richer  forste  her.    Nib.  139,2. 

HERRICHTEN,  rerb.  l)  einem  dinge  die  richtung  herwärts  geben  : 
richte  deine  äugen  her  und  sieh;  der  feind  richtet  seine 
geschütze  her  auf  die  Stadt. 

2)  etwas  für  den  gebrauch  darslellen:  richte  deinen  weg  für 
mir  her.  ps.  5,  9;  um  ein  einfaches  gesundes  deutsch  daraus 
wieder  herzurichten.  Tieck  nor.-kranz  4,3. 

HERRICHTLNG,  f. 

HERRIECHEN,  rerb.  herspüren,  flüchtige  bekannlschaft  ma- 
chen, sich  flüchtig  zeigen:  so?  roubme  Dorchen  hat  kaum  her- 
gerochen, und  rängt  schon  Schelmereien  an?  Weisze  kom. 
op.  3, 194  {drnlekr.  2,  3). 

HERRIG,  adj.  s.  drei-,  ein-,  zwei-herrig. 

HERRIN,  f.  domina.  im  mhd.  unbekannt,  und  durch  vrouwe 
frau  vertreten;  ein  ahd.  herra  hera,  dominairix  (Graff  4,993) 
ron  nur  geringer  ausbreilung  und  bald  wie  es  scheint,  wieder  er- 
loschen, ist  mit  herrin  der  bildung  nach  nicht  zu  rergleicJten. 
das  wort  kann  ror  dem  16.  jahrh.  nicht  nachgeiriesen  werden; 
dominus  ein  herr,  . . .  domina  ein  herrin.  Dastp.  ;  trie  es  scheint 
verdankt  es  seine  entsteintng  nur  dem  bedürfnis,  für  la!.  domina, 
franz.  dame,  ital.  donna,  eine  etymologisch  durcitsichtige  deutsclie 
ftbersetzitng  zu  finden,  diesz  deutet  wenigstens  auch  Stieler  an, 
der  812  zu  herrin  ausdrücklich  die  entsprechenden  romanischen 
Wörter  aufführt,  das  wort  bleibt  in  eingeschränktem  gebrauche, 
gewöhnlich  der  edlen  spräche,  in  der  bedeulung  herscherin,  ge- 
bieterin ; 

Isabella,  wars  nicht  don  .Manuel,  den  der  seher  nannte? 
böte.         so  ist  es,  herrin,  das  war  seine  rede. 

Schiller  br.  v.  Messina  (5,  209  Kwi) ; 

die  geliebte,  die  herrin  meines  herzens ;  die  frau,  die  herrin 
des  hauses;  Ottilie  war  indessen  schon  völlig  herrin  des 
haushaits,  und  v\ie  konnte  es  anders  sein,  bei  ihrem  stillen 
und  sichern  betragen.  Gotbe  17,  90. 

HERRISCH,  adj.  und  adv.,  mhd.  heriscb  und  bersch,  mehr- 
facher bedeulung. 

1)  einem  lierrn  gehörend,  einem  gebieler  eigen :  meine  aug- 
braunen sollen  über  euch  herhangen  wie  gewilterwolken, 
mein  herrischer  name  schweben  wie  ein  drohender  komet 
liber  diesen  gebirgen.  Schiller  räuber  2,2; 

enlflieheo  will  ich  herrischem  begehr. 

Gries  Tusso«  Jeni?.  19,  89. 

ausherriscb,  einem  fremden  landesherrn  unlerthan.  Schji.  2,  231 ; 
vergl.  dreiherrisch,  einherrisch. 

2)  einem  herrn  gemdsz,  herrenmäszig :  glorificare  hersch  machen 
Dief.  266";  sich  herrisch  halten,  impenum  in  omnes  exercere. 
Stieler  813;  herrisch  reden,  hochdeutsch  sprechen  (in  der  schriß- 
sprache  im  geqensatz  zur  mundart^.  Schm.  2,231;   halb  herrisch, 


halb  bäurisch,  halb  leinen,  halb  schweinen,  Sprichwort,  durch 
welches  man  das  a/feclierte  und  ungeschickte  rornehmthun  mancher 
leute  zu  bezeichnen  pflegt,  das.;  so  ist  mancher  so  beschaffen, 
dasz  er  sich  mit  einem  herrischen  mantel  oder  ehrenrock 
behängt  .  .  .  Lehmann  ISO;  so  war  ich  auch  viel  zu  faul 
oder  bedunkte  mich  viel  zu  herrisch ,  vermittelst  meiner 
unsichtbarkeit  hier  und  dort  nach  und  nach  pfundweis  so  viel 
zusammen  zu  stelen ,  bisz  ich  zu  centnern  gelangt.  Simpl. 
4,130  Kurz;  kommt  aber  einer  mit  trutzen  und  nimmt  die 
einkehr  bei  mir  gleichsam  mit  bochen  und  einer  herrischen 
bottmäszigkeit,  so  gedenke  ich:  bolla,  diesem  kerl  ist  der 
beutel  geschwollen,  dem  must  du  schrepfen.  3,52; 

zum  dienen  bist  du  gar  zu  herrisch. 

Arnim  schaub.  1,  104. 

3)  davon  ausgehend  wie  ein  herr  auftretend ,  gebietend ,  be- 
fehlend: Göthe,  welchen  dieser  streit  der  meinungen  einen 
augenblick  von  der  poesie  abgewendet  hatte,  ward  bald  durch 
einen  herrischen  beruf  wieder  zurückgeführt.  Göthe  46, 105; 

die  Phantasie  in  meinem  sinn 
ist  dieszmal  gar  lu  herrisch.    12,229; 
Cupido,  loser  eigensinniger  knabe, 
du  batst  mich  um  quartier  auT  einige  stunden ; 
wie  viele  tag  und  nächie  bist  du  geblieben, 
und  bist  nun  herrisch  und  meisier  im  hause  geworden. 

29,  2lb ; 
von  aller  herrscbafl,  die  auf  erden  waltet  .  .  . 
ist  eine  nur,  je  herrischer  sie  schaltet, 
um  so  gepriesner  selbst  der  freiheit  söhnen : 
es  ist  das  königtlium,  das  nie  veraltet, 
das  heilg-«  reich  des  guten,  wahren,  schönen. 

Uhland  ged.  121  ; 
die  freier,  die  hier  obwalten  so  herrisch. 

Odyssee  20,  234. 

4)  ans  der  vorigen  bedeulung  entwickelt  sich  die  zum  gebieten 
und  meistern  geneigt,  sich  überhebend,  stolz:  ein  herrischer  sinn, 
animus  elatissimus.  Stieleb  813;  ein  herrisches  gemüthe,  ani- 
mus  imperiosus.  Steinbach  1,742;  herrisch  befehlen,  imperiose 
praecipere.  das.;  gräfin,  baronesse,  fürstin,  .  .  die  du  nach 
weiblicher  vseise  immer  noch  herrischer  gegen  die  sklavin 
bist  als  gegen  den  Sklaven.  J.  Paul  flegelj.  1,143;  nur  eine 
einzige  fieundin  brachte  die  abende  bei  ihr  zu;  diese  war 
aber  schon  herrischer  und  schulmeisterlicher,  deszwegen  sie 
mir  äuszerst  misfiel.  Göthe  25,  62 ; 

von  diesen  trotzig  herrischen  gemüthern 
sich  meistern  lassen,  von  der  gnade  leben 
hochsinnig  eigenwilliger  vasallen, 
das  ist  das  harte  für  ein  edles  herz. 

Schiller  Jungfrau  1,  6. 

auch  nur  prahlend  stolz  :  ich  bin  kein  dieb,  der  sich  mit  schlaf 
und  mitternacht  verschwört,  und  auf  der  leitet  grosz  und 
herrisch  thut.  räuber  2,  3. 

HERRJE,  betont  herrje,  ausruf  der  Verwunderung  und  des 
sclireckens,  gekürzt  aus  herr  Jesu:  herr  Jeh,  nie  schon!  Lich- 
tenberg 4,257;  herrje,  was  schadet  denn  das?  Reichenau 
aus  unsern  vier  wändrn  2, 158 ;  erweitert  herrjerum  !  herrjemine  ! 
s.  jerum  und  jemine. 

HERRLEIN,  n.  diminutiv  zu  herr,  in  verselnedenen  bedeu- 
tungen  des  letzteren. 

\)  nach  herr  i,d  Jp.  1127  groszvater,  ahnherr.  herlin  Pfeiffers 
Übungsbuch  192;  landschaßlich  in  Franken  und  der  Obeq>falz. 
ScBM.  2,231;  im  Hennebergschtn.    Reinwald  62.   Fromm.  2,77. 

2)  herrlein,  der  pfarrer  (herr  3,  c  sp.  1127):  auf  iren  kircb- 
mesztagcn,  da  die  gute  cathol.  berrlin  wollen  frölich  sein, 
und  sich  so  vol  saufen ,  das  sie  vor  andacht  vun  bänken 
fallen.  Fischart  bienk.\b\';  die  liebe  berrlin,  wann  sie  über 
ihren  memento  und  secreten  entschlafen.  179*;  liebes  benlin! 
{anrede  an  einen  pfarrherrn).  Wickram  rollw.  67,18  Kurz;  jetzt 
noch  schwäbL<:ch ,  berrle,  bairle,  pfarrer,  bei  den  kalftoliken. 
ScBMiD  274;  in  Appenzell  herrli,  ein  kleiner  pfarrer.  Tobleb 
265";  bei  Fischart  herrlein  audi  von  einem  mönch.  diehlungen 
1,  180,  1879   Kurz. 

3)  herrlein,  der  junge  söhn  eines  edelmanns,  freiherrn,  fürsten : 

ums  jähr  1340  halte  Otto  der  jünger,    herzog   zu  Lüneburg, 

ein  einiges  herrlein,  das  spielete  auf  der  brücken.  Otbo133; 

kont  sich  das  herrlein  (des  mänsekönigs  soltn)  kaum  erwehrn. 
froscltmdus.  D  1*  (6.  1,  cap.  2); 

junge    berrlein    hodie  infantes  masculi  comitum  et  baronum  di- 

cunlur.  Stieler  812,  der  die  bezeichnung  fürstliche  herrlein  für 

fürstensöhne  als  in  abgang  gekommen  verzeichnet  zu  gumten  des 
halbwelschen  prinzlein  und  junge  prinzen. 


11  r 


HERRLICH 


llEBRLinil 


114S 


4)  hcrrlein  in  der  anrede:  aber  doch,  schönes  hcirlen, 
suge  mir  .  .  {:um  junker  vom  niecr  gesprochen).  Amadis  49; 
wülan  kommt  her,  schönes  hcrrlin,  wo  ich  euch  wolt  für 
mein  bulen  erkiesen,  und  der  gefenknus  freien,  wollen  ihr 
nicht  umb  meinet  willen  desz  königs  Lisuarts  hof  verlas- 
sen? 339. 

5)  i)erriein,  kleines  Clirislushild.  Scrm.  2,  232. 
HEUHLICH,  adj.  und  adv.  illushis,  illuslre.  ahd.  herlib,  v\hd. 

herlich,  Weiterbildung  von  hfir,  nlid.  hehr;  aber  schon  frühe  zu 
lierro,  herre,  nhd.  herr  in  beziehung  gebracht,  son-ol  der  be- 
deutung  nach,  daher  sdion  ahd.  neben  insignu^  die  Übersetzung 
hcrilis  (GtiAFF  4,994),  als  auch  der  form  nach,  indem  die  erste 
Silbe  des  ivortes  zundclisl  sich  kürzt  (mhd.  auch  hirlich  LE\En 
tib.  1, 1257),  dann  auch  graphisdi  dem  herr  gleich  gemacht  wird. 
Luther  schon  schreibt  .ftcls  herrlich,  andere  erinnern  sich  noch 
des  Zusammenhanges  mit  hehr  durch  die  Schreibung  herlich, 
hehrlich,  von  de;ien  die  ersterc  bis  auf  jetzt  nictU  untergegangen 
ist:  festus,  feslivus,  divus,  celebris,  gloriosus,  beer,  herlicli.  Alb. 
cc3';  opimus,  foe.cundus,  helirlich  und  reich,  das.;  auguste, 
sancte,  herlich.  das. 

Bedeutungen  ro»  herrlich. 

1)  vergl.  hehr  1  sj).  7S9,  freudigen  gemüts ,  frühlich:  sollte 
ich  nur  mit  i.  f.  g.  widerwärtigen  {feinden)  herrlich  sein,  das 
Iraurcn  werde  mir  wohl  wiederkommen.  Scuweinichen  t,294; 
wann  der  tag  der  angst  und  noht  einbrechen  wird,  werden 
die  bösen,  geldfressendcn  richter  weinen  und  heulen,  die 
gerechten  aber  frülich  und  herlich  sein.  Butsciiky  hd.  kanzl.HI». 

2)  vergl.  hehr  2  sp.  789,  fori  angesehener,  hervorragender 
Stellung,  augustus,  clarus,  magmftcus,  spectabilis  (Maaler  219'): 
ainer,  was  genant  Steffan  Hangenor,  der  was  sicherlich  auch 
ain  herlich,  weis,  wol  personirter  man.  d.  slädtechr.  5,198,5; 
das  du  deinen  knecht  herrlich  machest.  1  chron.  18,18;  der 
doch  nicht  ansihet  die  person  der  fürstcn,  und  kennet  den 
herrlichen  nicht  mehr  denn  den  armen,  lliob  34, 19 ;  daher 
hat  die  helle  ..  den  rächen  aufgethan  on  alle  masze,  das 
hin  unter  faren  beide  ire  herrlichen  und  pöbel.  ks.  5, 14 ; 
so  doch  ire  kauflcute  fürsten  sind,  und  ire  krämer  die  herr- 
lichsten im  lande.  23,8;  ir  aber  seid  klug  in  Christo,  wir 
schwach,  ir  aber  stark,  ir  herrlich  (evSo^oi,  vulg.  nobiles), 
wir  aber  veracht.  1  Cor.  4,10;  herrliche  und  adeliche  per- 
sonen,  heroicac  personae.  Maaler  219' ;  sage  gott  dank,  wenn 
du  reich  bist,  dasz  er  dich  . .  durch  reichlhumb  herrlich 
gemachet,  pers.  rosenth.  3,4;  ich  bin  herrlich  gnug,  weil  ich 
vergnügt  lebe.  1,19;  in  einem  tilcl  {vergl.  unten  henlicl'.keit  4): 
was  soll  uns  doch  diese  ungewöhnliche  weise  bedeuten,  die 
euerer  herrlichen  majestiit  weder  nutzlich  noch  rühmlich 
sein  kan  ?  Simpl.  2, 129  Kurz,  mit  dem  nebensinne  stolz  (an  die 
bedeutung  10  streifend):  er  ist  viel  zu  herrlich,  achtet  arme 
leutc  nicht,  elatior  animi  est,  quam  ut  cum  pauperibus  consue- 
scat.  Stieler  812.    - 

3)  nahe  an  die  vorige  bedeutung  rührt  der  begriff  rühmlich 
bekannt,  hervorragend  an  rühm  oder  lugend,  ausgezeichnet:  du 
hast  deinen  namen  über  alles  herrlich  gemacht  durch  dein 
Wort.  ps.  138,2;  herr  du  hast  dein  volk  allenthalben  herr- 
lich gemacht  und  gcchret.  nehh.  Sal.  19,21;  er  machte  in 
{den  Moses)  herrlich  für  den  königen.  Sir.  45,3;  ein  herr- 
licher hauszvatter,  der  sein  hausz  wol  und  recht  regiert, 
oil«r  in  guter  zucht  und  Ordnung  iialt,  homo  domesticis  insli- 
lutu  clarus.  Maaler  219*;  er  ist  ein  herrlicher  köpf,  aculis- 
simi),  divino  ingcnio  praedilus  est.  Stieler  812;  adverbial:  \s\. 
unser  stund  kommen,  so  wollen  wir  alle  herrlich  und  christ- 
lich sterben,  imd  uns  die  schand  der  flucht  nicht  anthun. 
Zinkc.ref  apopidh.  1,21.  »i»c/i  Götiie  hat  in  diesem  sinne:  so 
begann  das  herrliche  kind  (Ottilie)  mit  einem  nnnli.i wind- 
lichcn  anmuthigcn  ernst.    17, 3C9; 

durch  andre  krftflc  will 
da»  herrliche  der  menschheii  »ich  erhallen. 

.SriiiLLKR  Tclt  4,2; 

MC  man  u(4  atuh  heute  noch  durch  fügungen  wie:  ein  herr- 
lirlirr  mann!  welch  eine  herrliche  frau!  die  lugenden  solcher 
n  hervorheben  uill;  vtil  humoristischem  anstrich:  die  wilrk- 
■x/.en  herrlichen  kerls,  die  neben  mir  und  über  mich 
••«ciiosgen  sind  wie  ccdern  Libanons.  Wieland  in  Mercks 
1,  öl.     mit   entschudcner    hervorhebung   des    glänzet   und 

kU  «ei  fortan  deinen  Ii.jiiIk'  »orpcl 
iii-n  nnmcii  will  Ich  licrrlicli  mnchen 
li.  i  lui.kieich;  •ellg  preiien  •ollen  dich 
difl  fpAievten  ge»rhlechier.     Schilli» /iinj/'r.  3,  :>; 


namentlich  im  fulgenden : 

auf  tod  und  leben  wird  geliämp.fl,  und  herrlich 

wird  mancher  pass  diucli  blutige  cntseheidung.    Tclt  4,  2. 

4)  am  liäufigslen  von  früher  her  bis  auf  die  Jetztzeit  uird  herr- 
lich verwandt  um  dinge  zu  bezeichnen,  die  nadi  der  äuszern 
erschänung  liervorleuchlen,  in  verwandter  bedeutung  mit  prächtig, 
nur  dasz  dieses  mehr  den  glänz  der  erscheinung,  herrlich  die 
Vollkommenheit,  vorzüglichkeit  ausdrückt : 

dnr  kömcn  dö  die  recken      und  hiejen  tragen  dar 
lierliche  setelc      von  rotem  golde  gar.    Mt.  530,  2; 
nie  getruogen  mosro      so  raanig  hdrlich  gcwant.    721,4; 

Iierlich,  vulg.  hochzeitlich,  solcnnis.  voc.  ine.  Iheut.  i  4';  magni- 
ficus  herlich  Dief.  343°;  splendidus,  scheinbar,  glitzerig,  herr- 
lich Dasyp.  ;  butler  bracht  sie  dar,  in  einer  herrlichen  schalen. 
rieht.  5, 25 ;  das  er  sehen  liesze  den  herrlichen  reichthum 
seines  königreichs.  Esth.  1,4;  eine  liebliche  kröne  und  herr- 
licher kränz.  Je.f.  28,5;  sihe  herab  von  deiner  heiligen  iierr- 
lichen  wonung.  63,15;  wie  ist  die  starke  rule,  und  der  herr- 
liche Stab  so  zubrochen?  Jer.  48,17;  und  saszest  auf  einem 
herrlichen  bett.  //«.  23,  41;  er  hat  in  ehrlich  und  schön  ge- 
kleidet, und  legt  im  einen  herrlichen  rock  an.  Sir.  45,0; 
schickten  herrliche  geschenke  in  den  tempel.  2  3/ücc.  3,2; 
die  in  herrlichen  kleidern  und  lüsten  leben,  die  sind  in  den 
königlichen  höfen.  Luc.  7,25;  auf  einem  herrlichen  zeltenbell. 
Philander  I  (1042)  s.  105;  mit  herrlichen  präsenten.  Simpl. 
4,122  Kurz;  traumele  mich,  ich  wäre  in  einem  herrlichen 
pallast.  ScBüPPiüS  544;  ein  so  herrliches  kunstwerk  {eine  grupjw 
von  staluen).  Wieland  19,12.  ähnlich  in  zahlreichen  Verbin- 
dungen, wir  reden  von  einem  herrlichen  morgen,  herrlichen 
tage,  herrlichen  abend,  von  herrlichem  weiter,  wenn  die  natur 
hell  und  glanzvoll  sidi  zeigt; 

0  herrliche  nacht,  wie  säumst  du  so  lang, 

da  ich  schaue  der  sterne  lichteren  schein 

und  höre  volleren  klang!  Uhland  ged.  8; 

aus  dem  brautgemach  tritt  ein  herrliche  sonn.    21. 

herrlich  ferner  von  peisonen  und  lebenden  wesen,  die  uns  in 
solchei-  glänzenden  erscheinung  entgegentreten: 

da?  herlich  gesinde     via  sich  bi  der  hant.    Nib.  737,  1 ; 

dö  kom  die  schoene  Kriemhilt     mit  maneger  hirlichen  schare. 

778,  4; 

als  nu  die  schlacht  am  heftigsten  war,  erschienen  den  fein- 
den vom  himel,  fünf  herrlicher  menner  auf  pferden  mit 
gülden  zeumen.  2  3/acc.  10,  29;  darnach  erschein  im  ein  ander 
alter  herrlicher  man,  in  köstlichen  kleidern,  und  in  einer 
ganzen  herrlichen  geslalt.  15,13;  wo  ist  nu  die  herd,  so  dir 
befühlen  war,  deine  herrliche  herd?  Jer.  13,20;  ein  schönes 
weib  nennen  wir  eine  herrliche  erscheinung; 

noch  seh  ich  sie  —  umringt  von  ihren  frauen, 
die  herrlichste  von  allen,  stand  sie  da; 
wie  eine  sonne  war  sie  anzuschauen. 

Schiller  46"  (bcgegnung). 

6)  nicht  blosg  aber  auf  das  wahrnehmen  durch  das  gesiciä, 
auch  auf  jede  andere  sinnliche  Wahrnehmung  wird  iierrlich  in 
gleicher  bedeutung  bezogen:  das  ist  eine  herrliclie  musik!  wir 
sagen  uol  auch  eine  prächtige  musik;  die  blume  hat  einen 
herrlichen  geruch;  der  herr  wird  seine  herrliche  stimme 
schallen  lassen.  Jes.  30,30;  da  Tobias  .  .  ein  herrlich  mahl 
zugerichtet  hatte.  Tob.  2, 1; 

doch  siehe  man  kostet:  ein  herrliches  hier!    Göthe  1,2'27; 

sorgsam  brachte  die  mutler  des  klaren  herrlichen  weinos. 

4U,  241 ; 

ich  höre  dich,  gewaltgo  donnersiimme, 

dich  herrlichen  Choral  der  wölken.    Uhlanp  ged.  169. 

0)  überhaupt  ist  herrlich  alles,  was  empfiudung,  gemfit  und 
geisl  in  besonderer,  starker  weise  annmtei,  etwa  theils  durch  slaU- 
lieh,  theils  durch  köstlich,  vorzüglich  zu  umschreiben :  er  hat  eine 
herrliche  that  gethan.  2  5fo.<!.  15, 1;  gute  arbeit  gibt  herrlichen 
lohn,  weish.  Sa/.  3, 15;  lieszcsl  sie  die  sonne  nicht  vci-serren 
auf  der  herrlichen  reise.  18,3;  viel  herrlichs  dings  hat  der 
herr  bei  inen  gethan.  Sir.  44,2;  auf  diesen  tag  hat  Israel 
herrlichen  sieg  gehabt.  1  Macc.  4,25;  umb  seines  herrlichen 
groszen  namens  willen.  2  Macc.  8,15;  zu  loh  seiner^  herr- 
lichen gnade.  Eph.  1,  C  {qrirch.  «'*  ^nntrop  SöStjt  T»/e  X"- 
Qtroi  atrrov);  zu  der  herrlichen  freiheil  der  kindcr  gotlcs^ 
Rom.  8,21  (rts  Tf]v  ilev{>e^iav  rtjg  (V.|f;«  raiy  tdxroyy  tov 
0-eol);  werdet  ir  euch  frewen  mit  unaussprcrhlichcr  und 
herrlicher  freudcn.  1  VHr.  1,9  {K'tQq  tnexXaXfrrv  kaJ  cT«- 
ifoSrto/utji);  postt  und  herrliche  vcrsamlung  oder  «usamcn- 


1149 


HERRLICH 


HERRLICH  —  HERRLICHKEIT 


150 


komuug  des  Volkes,  conventus  celeberrimus.  Maai.eb219*;  berr- 
Ijche,  eeiliche  und  unvvidersprechliche  zeügausz,  testimonium 
atnplissimum.  das.;  herrlicher  eiablick  iu  die  geschlechter- 
fügung  der  menschen.  Hebder  :ur  rel.  7,135;  herrlicher  mulh 
geht  auf  in  der  brüst  des  strebenden  Jünglings.  E.  T.  A.  Hoff- 
MAXN.S,  32; 

{der  köniy)  ttiet 
zu  inen  ein  herrliche  red, 
ein  so  schöne  oration, 

dasz  sich  verwunden  jederman.    müchenkr.  1,"8; 
wasz  höldenthateu  und  wasz  herrlicher  geschichien 
sie  (die  alten  Deutschen)  an  dem  feind  verübt.    Rompler  50; 
was  für  herrliche  träume  dich  umgaukelu.    IIöliy  S2  Halm ; 
kühn  ist  das  mühen, 
herrlich  der  lohn.    Göthe  12,  52; 
und  er  redet  nicht  mehr  die  herrlichen  worle  vergebens. 

40,  2S7 ; 
der  singet,  das  ist  eine  herrliche  lusl.     Uhlanb  ged.  350; 
ihr  könnt  fortlesen,  wo  der'vater  blieb, 
es  kommen  erst  die  herrlichsten  geschichten.    159; 
der  paladin,  wiewohl  das  herrlichste  auf  erden 
zu  hören  und  zu  sehn  von  kindheit  an  gewöhnt. 

WiELASD  17,  118  (Idris  2,  SS) ; 
das  herrlichste,  was  ihr  erstritten, 
wie  kommts,  dasz  es  nicht  frommen  mag? 

UuLAND  ged.  92. 

der  comparativ  in  der  form  des  posüivs :  kein  herlicher  triuraf, 
als  . .  BüTSCHKY  kanzl.  72. 

7)  beispiele  für  den  adverbialen  gebrauch  von  herrlich  in  den 
bideiUungen  4 — 6 :  zeuch  dich  löblich  und  herrlich  an.  Hiob 
40,5;  die  stimm  des  herrn  gehet  herrlich,  ps.  29,4;  der 
herr  ist  könig,  und  herrlich  geschmückt.  93,1;  es  stehet 
herrlich  und  prechtig  für  im ,  und  gehet  gewaltiglich  und 
löblich  zu  in  seinem  heiligthum.  96,  6;  zogen  im  entgegen, 
und  empfingen  in  herrlich.  1  Macc.  11,2;  lebet  alle  tage 
herrlich  und  in  freuden.  Lvc.  16,19;  wenn  er  komen  wird, 
das  er  herrlich  erscheine  mit  seinen  heiligen.  iThess.  1,10; 
den  hohenpriester  hat  er  herrlich  begabt.  Reiszxer  Jerus. 
2,  47' ;  in  latinischer  spraach  herrlich  beschriben ,  alebrala 
latinis  literis.  Maaler  219";  ein  zimmer  herrlich  ausputzen, 
ample  magnificeque  triclinium  exornare.  Steisbach  1,743;  Herder 
dringt  in  das  tiefere  von  Shakspeares  wesen  und  stellt  es 
herrlich  dar.  Göthe  26,  75 ; 

0  mei,  du  edler  meie  I 

der  du  den  grünen  wald 

so  herrlich  tust  bekleiden 

mit  blümlein  manigfalt.    Uhland  volksl.  117; 

wurn  {wurden) 
sie  überausz  herrlich  und  schon 
entpfangen  von  Sanguileon.    mückcnkr.  1,  6S9; 

wie  herrlich  und  wie  schön 
der  wölken  körper  anzusehn.    Rbockes  2,5; 
und  die  freie  seele  schimmert 
zu  der  höhern  geister  chor 
immer  herlicher  empor.    Voss  4,  85; 
herlich  schöner  maienmond!    165; 
herlich  lacht  des  mädchens  blick!    167, 
alles  geht  herrlich  und  gut.    Göthe  1,  227 ; 
und  herrlich,  in  der  Jugend  prangen, 
wie  ein  gebild  aus  himnielshöhn, 
mit  züchtigen,  verschämten  wangen, 
sieht  er  die  Jungfrau  vor  sich  stehn. 

Schiller  glocke  v.  62; 
in  einer  aUilterierenden  Verbindung: 

morgen,  o  festlicher  tag,! 

morgen  entschwebe 

herrlich  und  hehr  der  nacht!    Borger  77'. 

8)  herrlich,  adjediv  und  adverbial  in  ironischer  Verwendung: 
da  aber  David  wider  kam  sein  haus  zu  segenen,  gieng  im 
Michal  die  tochter  Saul  er  aus  im  entgegen,  und  sprach, 
i'l,!."^''''''*^'*  '?'  ''^"'^  *^""  '^önig  von  Israel  gewesen  (ri 
öEoSiaarai  ai^uegov  6  ßaadevs  'laoat'ß  sepluag.),  der  sich 
für  den  mägden  seiner  knechte  entblöszet  hat,  wie  sich  die 
losen  leute  entblüszen.  2  Som.  6,20;  wie  macht  sich  der 
gcist  so  unnütz  über  dem  wort  und  namen  sacramcnf ,  da 
hat  die  saw  ein  panzer  an,  schände  ists,  das  mau  davon  sol 
handeln,  aber  doch,  weil  der  geist  so  herrlich  her  feret 
Luther  3,  62'. 

9)  abgeschwächt  wendet  sich  herrlich  «n  adveibialer  Stellung  zur 
bedeutung  ungemein,  höchst,  sehr:  sage  mir,  hat  dieser  bawer 
nicht  herrlich  gnug  verdienet,  das  man  im  den  pflüg  wol 
keilete?  Luther  3,56*;  aber  meine  lieben  schwermer  ver- 
achten mich  so  herrlich,  das  sie  mich  nicht  werd  halten...    i 


338';  hie  trotzt  man  tnir  aus  der  maszen  herrlich.  343'; 
hierüber  lachten  die  gaste  überausz  herrlich.  Schuppios  544; 

nimm  hier  mein  schooszkind  hin,  und  rieht  es  weiter  ab, 
ich  kan  dir  meine  gunsl  nicht  herrlicher  verpfänden. 

GCSTHER  515. 

10)  direcie  anlehnung  von  herrlich  an  herr  ist  da  erfolgt,  wo 
es  (ausgehend  von  der  bedeutung  2  oben)  das  herrenmäszige,  einem 
herrn  ziemende  oder  eigene  auszudrücken  hat,  wie  mhd. 

dö  sprach  der  starke  Sifrit      mit  berlicbem  site: 
swenne  ir  jagen  wellet,      da  wil  ich  gerne  mite. 

mb.  856,  1; 
der  herre  herliche  lac.    Iwein  6448; 

nhd.  dominicalis  herlich,  nd.  herlick  Dief.  nov.  gloss.  140';  die 
armen  {weiber)  sind  oft  stolzer,  herrlicher,  und  regierischer, 
denn  die  reichen.  FaEnER  lob  u,  Unschuld  der  frauen;  wenn 
sie  gleich  stolz  ist ,  was  acht  ichs ,  ich  bin  vor  mich  auch 
herrlich  {sagt  eine  dienerin     »n  iltrer  Iterrin).  engl.  Imvi.  2,  Pp  3  ; 

was  nützlich  öfters  ist,  ist  allemalil  nicht  ehrlich; 
was  bäurisch  etwa  nützt,  nützt  allemal  nicht  herrlich. 

LoGAü  1,  194. 

das  reichliche,  luxuriöse  zeigend,  was  mit  dem  begriff  des  Iterrn  ver- 
bunden ist:  in  denen  auszgaben,  welche  nicht  leicht  wieder- 
kommen, ist  es  zugelassen  köstlicher  und  herrlicher  zu  sein. 

SCHLPPIÜS    739. 

11)  henlich,  einem  herrn  gehörend,  dasselbe  ausdrftckend  was 
herrig  und  herrisch  1  (sp.  1145):  herilis  herlich,  heerlich  Dief. 
275';  es  sei  in  was  weg  es  wöll,  von  königlichen,  fürst- 
lichen, henlichen  ständen.  Paracelsos  fr/)p.  2, 232* ;  herrliche 
gerichte  wurden  vordem  im  hofe  oder  im  hause  gebalten. 
Mose«  osn.  gesch.  1,15.  vielfach  in  compositen:  alt-,  bann-, 
dienst-,  frei-,  grosz-,  haus-,  ober-herrlich  «.  a. 

HERRLICHEN,  vcrb. :  hie  verspricht  der  herr :  ich  will  vor 
allen  engein  und  menschen  ihn  mehr  und  mehr  herrlichen. 
ScRivER  seelensch.  1,  489. 

HERRLICHFRUCHTBAR,  adj.:  herlich-fruchtbahregewächse. 
ßcTscHRY  kanzl.  414. 

HERRLICHKEIT,  f,  mhd.  herlicheit,  in  mehreren  bedeutungen 
von  henlich  ausgebildet. 

1)  freude,  fröhlichsein  {nach  herrlich  l) :  die  leute  hatten  eine 
gewaltige  herrlichkeit  mich  wieder  zu  sehen.  Woldemar  28; 
die  lebhafte  empfindung  des  schönen  kündigt  sich  durch  glän- 
zende herrlichkeit  der  äugen  an.   Käst  7,  381. 

.2)  glänz,  das  glänzende  utid  prächtige  der  erscheinung. 

a)  von  der  glurie  gottes  und  Christi:  des  morgens  werdet  ir 
des  herrn  herrligkeit  sehen.  2i/os.  16,  7;  du  hast  angehaben 
zu  erzeigen  deinem  knecht  deine  herrligkeit  und  deine  starke 
band,  b  Mos.  3,24;  sehen  des  herrn  herrligkeit  nicht.  Jes. 
26,10;  mache  dich  auf,  werde  Hechle,  denn  dein  liecht 
kompt,  und  die  herrligkeit  des  herru  gehet  auf  über  dir. 
60,1;  denn  dein  ist  das  reich,  und  die  kraft,  und  die  herr- 
ligkeit. Matth.  6,13;  da  des  menschen 'son  wird  sitzen  auf 
dem  stuel  seiner  herrligkeit.  19,  28 ;  hellen  sie  den  herrn  der 
herrligkeit  nicht  gekreuzigt.  1  Cor.  2,  8 ; 

hat  denn  den  herru  der  herrligkeit 

der  menschen  grosze  sündenmacht 

nun  endlich  in  das  grab  gebracht.    Schüppids  950; 

0  gott  der  macht  und  herrlichkeit!    Gellert  2,145. 

die  herrlichkeit  des  himmels,  des  ewigen  lebens;  er  zeigte 
ihr,  wie  heilsam  es  sei,  einen  solchen  fehler  in  der  zeit 
abzubüszen,  und  dafür  dei:einst  die  kröne  der  herrlichkeit  zu 
erwerben.    Göthe  20,  271. 

b)  herrlichkeit  der  menschen,  ihres  äuszern  auftrelens ,  ihrer 
guter  und  Wohnungen:  erzelet  inen  die  herrlichkeit  seines 
reichlhuras  und  die  menge  seiner  kinder.  Eslh.b,n;  wo  ein 
könig  viel  volks  hat,  das  ist  seine  herrligkeit.  sprichw.  S<jI. 
14,28;  wol  mir,  so  die  übrigen  von  meinem  saraen  sehen 
werden  Jerusalem  in  seiner  herrligkeit.  Tob.  13, 19 ;  zeiget  im 
alle  reiche  der  weit  und  ire  herrligkeit.  Matth.  4,  8 ;  ich  sage 
euch,  das  auch  Salomo  in  aller  seiner  herrligkeit  nicht  be- 
kleidet gewesen  ist,  als  der  selbigen  eins.  6,29;  alles  fleisch 
ist  wie  gras,  und  alle  herrligkeit  der  menschen,  wie  des 
grases  blumen,  das  gras  ist  verdorret,  und  die  blumc  abge- 
fallen, l  Pctr.  1,24;  soiiehs  alles  (eine  grundsteinlegung)  be- 
schach  mit  ainem  triumph  und  ainer  sondern  herrlikait. 
Zimmer,  chron.  1,  272, 11 ;  der  künig  hat  bisz  in  tausent  und 
V.  c.  weiber  am  hoff  zu  allerlei  arbeit,  allermeist  zur  herr- 
ligkeit. Frank  weltb.  219';  leuischer  nation  herlichkeit.  litd 
eines  buchs  von  Qcad  von  Ki.NkELSAca  1609;  (Fiordimona)  bat 


1151 


HERRLICHKEIT 


HERRLICHKEIT  —  HERRSCHAFT    1 152 


mich  nicht  so  lange  schniachlen  lassen ,  ihrer  macht  und 
lierrlichkeit  bcwuszt.  Heinse  Ardingli.  2,42;  liesz  uns  ganz 
bequem  kaiser  und  künig  ...  in  aller  ihrer  herrlichkeit  be- 
trachten. GüTUE  24,305;  hier  hatte  man  glücklich  bedacht, 
dasz  die  auszere  herrlichkeit  der  weit,  seit  einer  reihe  von 
Jahren,  sich  immer  mehr  in  die  höhe  und  breite  ausgedehnt. 
das.;  die  materielle  herrlichkeit  der  {franztisischcii)  kaiser- 
periode.  H.Heine  6,17; 

die  beschairenheit 
der  crealur  und  ilire  herrlichkeit.    Brockes  2,  3 ; 
was  ist  des  lebeiis  herrlichkeit? 
wie  bald  ist  sie  verschwunden  I    Gellert  2,  20S ; 
[lebten)  den  mai,  den  junius  hindurch 
in  herrlichkeit  und  freudeu.    Höltt  2S  IIuIih  ; 

dasz  sie  die  herrlichkeit 
des  hoTs  von  st.  Germain  bei  mir  vermissen, 

Schiller  Sluarl  2,  2 ; 
auch  hab  ich  weder  ^ut  noch  geld, 
noch  ehr  und  herrlichkeit  der  weit.    Götue  12,30; 

obschon  ein  grober  rauher  stein  ein  gülden  gefäsz  entzwei 
schlaget,  wird  dem  steine  dadurch  keine  grüszcre  herrlich- 
keit zuwachsen,  pers.  rosenth.  8, 13 ; 

wie  ward  mir,  königin ! 
als  mir  der  saulen  pracht  und  siegesbogen 
enigegenstieg,  dos  kolosseums  herrlichkeit 
den  staunenaeu  umlieng.     Schiller  M.  Stitail  I,  C; 
die  dichiung  lebet  ewig  im  gemüthe, 
gleich  ewig  in  erhabner  herrlichkeit. 

UuLAiND  ged.  144. 

c)  herrlichkeit,  glänz,  strahlende  schönlieit  der  nalur :  der 
frühling  war  in  seiner  völligen  herrlichkeit  erschienen.  Götue 
20,3;  wenn  aber  früh  die  sonne  in  ihrer  stillen  herrlichkeit 
aufgebt.  Hebel  scIialzkäMl.  t ; 

es  strahlet  durch  der  ölTnung  dunkelheit 
uns  (von  der  sonne)  eine  helle  herrlichkeit 
Qicht  ia  das  aug  allein,  zugleich  auch  in  die  seele. 
ÜROCKEs  2,  9; 
wo  blieb  die  erde  weit  und  breit 
mit  aller  ihrer  herrlichkeit!    Götue  1,  S8. 

3)  herrlichkeit,  ein  herrlicher,  glänzend  schöner  gegenständ: 
dessen  (des  von  Greifenklau)  wlttvve  noch  zuletzt  diese  herr- 
lichkeiten  (ein  schlosz  mit  prachtvoller  einrichlung  und  aussieht) 
mit  ungebandigter  lust  genossen  habe.   Götbe  43,  294 ; 

wie  sollte  mir  die  kette  stebn? 

wem  mag  die  herrlichkeit  gehören?    12,  143; 

lebeiidgen  theil  von  ihrem  leben, 

ihn  bat  nach  leisem  widerstreben 

die  allerliebste  mir  gegeben, 

und  jene  herrlichkeit  (scideier,  halsluch)  wird  nichts. 

1,48; 
was  ich  Tür  herrlichkeit  geschaut, 
mit  still  anbetendem  erstaunen.    Uuland  ged.  400. 

4)  herrlichkeit,  Übersetzung  des  lateinischen  majeslas,  nament- 
lich sofern  dieses  litel  oder  beiworl  einer  regierung  oder  obrigkeit- 
licher personen  insgemein  bildete:  majeslas  herlichait,  groeszheit 
DiEF.  344',  vergl.  Haltaus  902;  die  herrligkeit,  hochwirde, 
majeslas,  ampliludo.  Maaler  219';  daher  als  litel  der  obersten 
ratsherrn  in  Augsburg  und  Ulm  bis  zur  anflosung  der  alten  reiclis- 
Verfassung.  Scujiid  schwdb.  wb.  275;  auch  in  Nürnberg.  Fhiscii 
1,445';  in  neuerer  zeit  unmittelbar  auf  heiT  bezogen  und  an 
herrlich  11  angelehnt:  eure  herrlichkeit,  excellentia,  ampliludo, 
dignitas,  et  hodie  etiam  dominalio  vcslra.  Stieler  812 ;  ew.  herr- 
lichkeit das  englische  your  lordsliip  uidergebend : 

ihr  wünschtet  heut  gewiszheit  eures  Schicksals; 

geniszheit  bringt  euch  seine  herrlichkeit, 

mjlord  von  Iturleigh.      Scuiller  Maria  Stuart  I,  7; 

sonst  freier  verwendet: 

herr  riiter,  («pricht  zu  unserm  paladine 

sein  neuer  freund,  und  streckt  sich  neben  ihm  ins  grüne) 

was  eurer  herrlichkeit  in  ihren  adcrii  (Icusit, 

ist  wohl  kein  blut?      Wirland  l7,'J*i  [IdriK  u.  Zenide  1,49). 

in  der  anrede  an  einen  grafen:  ohnhezweifclt  wissen  eure  herr- 
lichkeit doch  den  Iclzlen  streich  mit  dem  abl.  Fr.  Mi^ller 
3,340;  man  siehls  eurer  herrlichkeit  auch  sehr  an.  342. 

5)  herrlichkeit,  gereclUsame,  befuynisse  eines  herrn.  Haltauk 
002;  hcrlichkcil,  dominalio.  voc.  ine.  Iheul.  il';  dasz  er  in 
sein  gcrichle  und  herlickcit  gegrifTc^i  habe.  Ueiirend  Magäcb. 
fragen  223;  doruinmc  beiszel  is  lei)ircnle,  dasz  ein  man  im 
die  herlichkeit  behelt  zu  seine  lebin  (das  verfügungsrecJU ,  so 
lange  er  lebt).  i:,-i,  darnach  hat  kUnig  i'i|iinu<«  .  .  .  dasscib 
gullzliuitz  uff  dem  bof  sambt  der  statt  Lucern  mit  aller  vor- 


gcnanter  herrlichkeit  dem  gultzhusz  zu  Murbacli  zu  ewigem 
eigenthumb  geschenkt.  Tsciiuoi  1,201;  das  haus  eines  mannes 
ist  bei  allen  Völkern  sein  heiliglbum  geweseu.  und  so  lange 
aus  demselben  der  gemeine  friede  nicht  gebrochen  wird,  bat 
eine  blosze  obrigkeit,  welche  nemlich  ohne  herrlichkeit  ist, 
kein  recht,  sich  solches  erölTaen  zu  lassen.  Moser  osn.  g«6ch. 
1,  12. 

6)  herrlichkeit,  gebiet  eines  lierrn.  Haltaus  903 ;  herrligkeit 
und  gebiet,  ditio.  Maaler  219';  die  herrlichkeit  des  römischen 
reichs  sich  auch  über  den  Rhein  hinüber  griffen  hat.  Micyll. 
TacUH*;  er  (Scplimius  Severus)  liesz  kein  heiligkeit  verkaufen. 
S.  Frank  Germ,  chron.  1538  30';  aus  einzelnen  reichsvogleien 
waren  edle  herrlichkeilen  erwachsen.  Moser  osn.  gesch.l,xx; 
den    fünf   berrlichkeiten    Friesland,    Mecheln,    Utrecht  .  .  . 

SCHILLtR    787. 

HERROLLEN ,  verb. :  ich  höre  den  wagen  des  marquis 
über  die  slrasze  herrollen.  Tuümmel  5,  273. 

HERRSCHAFT,  f.  donnnalus.  alid.  herskaf  und  hSrskaft, 
mhd.  herschafl;  es  ist,  nie  oben  herrlich,  aus  dem  adj.  her, 
hehr  almus  gebildet,  und  bedeutet  zunächst  doi  hehrsein  in  dem 
5/).  789  unter  no.2  dargelegten  sinne,  eine  bedeutung  die  ganz 
rein  im  nhd.  nur  noch  selten  vorscheint,  die  erfolgte  begriffliche 
anlehnung  des  wortes  an  herr  dominus,  die  sich  aucli  äuszerltch 
in  der  seil  dem  16.  jahrh.  allgemein  gewordenen  sclireibung  herr- 
schaft  kund  gibt,  läszl  den  accent  der  bedeutung  weniger  auf 
Vornehmheit ,  als  auf  das  gebieten  fallen  (vergl.  auch  herrschen 
unten). 

herrschaft  drückt  aus 

1)  würde,  vornehme  Stellung:  ahd.  irö  dignitas  (herscaft). 
Notrer  ps.  91  (Haltemer  2,334'); 

mild,   er  was  an  rebter  herschaft 

aller  keiser  genöj.     Tristan  103,  4; 

nhd.  und  sasz  (ein  vornehmer  bürger)  in  aller  seiner  herschaft, 
gewalt  und'ere  inmaszen,  als  er  vor  ie  gesessen  was.  deutsche 
städtechron.  5,200,24;  in  hohen  würden,  herrschaften,  staats- 
ümlern  oder  andern  zuständen  von  fürtrefflicher  condilion. 
BuTSCHKY  Palm.  778.  —  grosze  herrschaft  treiben ,  von  dem 
aufwände,  der  mit  einer  solch  vornehmen  Stellung  verbunden  ist, 
'herrenmäsziges'  gebühren:  der  hell  ain  dochter,  die  gab  er 
dem  vorgenanten  Wieland  und  triben  grosz  herschaft,  aber 
es  wert  nit  lang.  d.  städtechron.  4, 122, 12 ;  itie  niederd. :  do 
nam  de  junge  keiser  de  junkfrowen  to  Rome.  dar  was  de 
hüchtid  mit  groter  ere  und  herschop.  7,61,7;  des  anderen 
tages  wiede  he  mit  herschop  dal  munster.  251,  3. 

2)  herrschaft ,  das  herr  sein ,  herrsciwn ,  bolmäszigkeit  und 
gewall  über  etwas  {die  ältere  spräche  braucht  dafür  häufiger  herr- 
scbung,  5.  unten):  dominatio  tua  in  omni  generatione  et 
generatione.  unde  din  hSrscaft  weret  in  allero  chunnezalo  diu 
nu  ist  unde  noh  chumet.  Notker  ps.  144  (Haltemer  2,  49l') ; 
herrschaff,  Imperium,  dominalus,  herrschaft  und  gewalt,  polen- 
lalus.  Maaler  219';  in  cinsi  gwalt  und  herrschaft  gon  oder 
kommen,  concedere  in  jus  dilioncmque  alicuius.  das.;  dominare, 
herschaft  tryben  Dief.  190";  im  ganzen  lande  seiner  herr- 
schaft. i  kön.  19,9;  ist  nicht  die  heirschaft  und  furcht  bei 
im,  der  den  frieden  macht  unter  seinen  böhesten?  Uiob 
25,2;  dein  reich  ist  ein  ewiges  reich,  und  deine  herrschaft 
weret  fuf  und  für.  ps.  145,13;  hierdurch  würden  sie  sich., 
aus  der  willkürlichen  herrschaft  unler  den  schirm  der  gesülze 
versalzen.  Lomenstein  i4rni.  2,1251";  die  einhüupligc  herr- 
schaft (monarchie).  1254';  ganz  Asien  wüste  von  keiner  viel- 
häupligen  herrschaft  etwas.  1255';  wenn  aber  auch  anfangs 
bei  aufiichlung  der  slüdte  nicht  bald  die  fiirslliche  herrschaft 
gegründet  würe.  das.;  daher  dem  Thescus  .  .  nicht  schwer 
geworden,  den  .Minus  seiner  tuchler,  nemlich  der  herrschaft 
zu  berauben.  I25(i';  wo  aber  die  herrschaft  getheilet,  und 
die  würde  veränderlich  würc.  1259*,  u.  ahnt,  o/l;  diu  aussieht 
von  meinem  zimmer  ist  bezaubernd.  Rum  liegt  slill  da,  wie 
ein  friedlich  Überbleibsel  von  der  herrschaft  der  weit.  Heinsk 
Ardingh.  2,0;  über  einen  die  herrschaft  haben,  dominalionrm 
habere  in  aliipiem.  Steinbacu  1,741;  (Wh  kaiser)  der  die  heii- 
schaft  der  Römer  über  Urilaunicn  festselzic.  Moser  osn.  gesch. 
1,152;  stall  Über  von:  die  herrschaft  von  Ithaka.  Bbciers 
weUg.  1,315; 

der  crosioii  hcidonnmin  inusil  er  weichen, 
und  iicsz  ihr  dann  die  lipirschiilt  auf  dein  men 

Grik»  '/'(Issü»  hffr,  JeiH.^.   !■> 

wer  inacbel,  da»  du  din  herz  und  scie  besilzcst,  und  regie- 
rest in  ungchtndericr  hcrscbaft  in  gutem  fiiden    Kh'*»'r«rfiio 


1153 


HERRSCHAFT 


bilg.  61* ;  so  lange  unsrc  Vernunft  noch  nicht  enracbt,  ter- 
tritt  die  empfindung  die  stelle  der  Ternunft;  und  wenn  sich 
diese  regt,  hat  jene  schon  bei  den  meisten  ihre  herrschaft 
aufgerichtet.  Gellest  6, 212 ;  so  werden  eben  diese  neigungen 
ihre  herrschaft  auch  bald  über  unsre  übrigen  handlungen 
ausbreiten.  355;  strebe,  mann,  denn  du  muszt  streben!  in 
raüsziggang  wohnt  nicht  ehre:  feigheit  hat  kein«  herrschaft. 
Hebdbr  rei.  7,137;  dieses  haschen  nach  völliger  Verhinderung 
alles  willkürlichen,  das  eine  herrschaft  des  todteo  buch- 
gtabens  zur  folge  hatte.  Schlosser  tceltg.  5,  405 ;  diese  wahr- 
haft seekranken  betrachtungen  .  .  liesz  ich  nicht  herrschaft 
gewinnen.  GOtbs  28,228; 

die  kluge  herrschaft  über  xung  und  lippe.    9, 195; 

dir  i«t  die  herrschaft  längst  gegeben 

in  meioera  liede,  meinem  leben.    Uhla5d  ged.  25; 

Tor  dieser  unbedingten  herrschaft  beugen 

der  freiheit  kämpfer  sich  und  bluteszeugen.    121. 

3)  herrschaft,  der  bezirk,  über  den  eine  solche  gewalt  reicht, 
das  beherrschte'  land,  von  dem  reiche  bis  hinab  xu  dem  kleinen 
beiirke,  auf  dem  der  einfache  edelmann  obrigkeitliche  und  in 
beschränktem  sinne  auch  gesetzgebende  gewalt  halte:  herrschaft, 
herrligkeit ,  als  weit  einer  ze  bieten  und  ze  verwalten  hat, 
dioecesis ,  ditio,  principalus,  under  ein  herrschaft  oder  gebiet 
kommen,  in  ditionem  venire.  Maaleb  219*;  (kaüer  Octavian) 
was  uszer  moszen  gritig  {gierig)  noch  gute  und  herscheften. 
d.  slädlechron.  8,  338, 19 ;  es  war  nichts  in  seinem  hause,  und 
in  seiner  ganzen  herrschaft,  das  inen  Hiskia  nicht  zeigete. 
3  kvn.  20, 13 ;  den  fürstenthümen  und  herrschaften  in  dem 
himel.   Eph.  3,10; 

nur  sie  allein  empfangen 
bemcbaften,  gold,  rühm  und  triumphesprangen. 

Gbibs  Tassos  befr.  Jerus.  8,  65; 

nach  dem  heutigen  sprachgebrauche  gewöhnlich  im  verengten  sinne 
ein  kleineres,  nicht  souveränes  gebiet :  Rauschenburg,  herrschaft 
und  schlosz  im  Elsasz,  den  grafen  von  Leiningen-Westernburg 
gehörig.  HCb:<ers  staalslex.  (1764)  1696;  mein  freund  ist,  wie 
sie  wissen,  aus  der  ersten  familie  des  königreiches,  seine 
herrschaft  gleicht  an  umfang  manchem  fürstenthum.  Imher- 
MASW  Münc/iA.  4,  96 ;  sprichwörtlich:  es  ist  besser  einem  herrn 
dienen,  der  eine  herrschaft  verthun,  als  der  eine  gewinnen 
will.  PisTORius  thes.  par.  3,  62 ; 

liehe,  von  ihr  sollt  ein  könig  entstehn,  so  die  herrschaften 

Davids 
m&cbtig  schützen,  und  Israels  erbe  verherrlichen  würde. 

Klopstocx  3,  79. 
von  dem  flusxbezirke  des  Rheins: 

hat  er  {der  Rhein),  beklagend  solche  lieb 

sich  bald  in  sein  gewölb  beschlossen, 

und  solche  zeherflüsz  vergossen, 

dasi  seine  herrschaft  davon  trüb.    Wkcehsblü«  345.     ■ 

4)  herrschaft,  der  oder  die  über  irgend  ein  gebiet  getcalt 
habenden;  das  wort  steht  ccllecliv  oder  nur  auf  eine  person  be- 
züglich: des  tags  slugen  die  herschaft  der  stat  Nürmberg 
marggraf  Albrechten  vom  feld  . .  erslugen  und  fingen  im  ab 
vil  ritter  und  knecht.  d.  stddtechron.  2,496,15;  mit  alle  den 
Sachen,  dy  an  lip  odir  dy  an  gesunt  odir  an  ere  gingin, 
clogit  dy  ein  man  ubir  seinen  vater  vor  gericht  odir  vor  der 
herschaft.  Magdeb.  blume  1,  50 ;  mugin  dy  erbin  seine  torheit 
{eines  Selbstmörders  Unzurechnungsfähigkeit)  nicht  beweisin ,  alj 
recht  ist,  sein  gut  gevelt  an  dy  herschaft.  81;  in  allen  landen 
hat  er  herrschaften  geordnet,  aber  über  Israel  ist  er  selbs 
herr  worden.  Sir.  17,14;  brachten  brieve  an  die  könige  und 
herrschaften.  l  Macc.  15, 16;  denn  durch  in  ist  alles  geschaffen 
. . .  beide  die  thronen  und  herrschaften,  und  fürstenthümen 
und  oberkeiten  (etra  &q6voi  e'ixa  xv^wTTjres  eXre  a^X"-^  «t« 
i^ovaiai).  Col.  1,16;  herrschaften,  das  ist,  gwaltig  herren, 
der  gwalt  über  ein  volk,  potestas.  Maaler  219';  ob  auch  ein 
unterthan ,  wann  er  von  seiner  obrigkeit  gar  zu  hart  be- 
schweret wird,  deszwegen  ihr  soll  untreu  werden,  sich  an 
eine  andere  herrschaft  hängen,  und  wider  geleistete  eid  und 
pOicht  handeln?  Schuppiüs  385;  wiewol  golt  wegen  alleriei 
sünd  und  iaster,  die  herrschaften,  land  und  leute  strafet.  17; 
junge  herrschaft,  princeps  junior,  filius  comitis.  Stieler  813; 
obgleich  die  Pränestiner  das  gebiet  treuer  lateinischer  städte 
verwüstet  hatten,  wollte  die  herrschaft  {der  römische  senat) 
in  ihnen  keine  feinde  sehen.  Niebühr  2,656;  als  unsere 
höchsten  herrschaften  ihren  oheim  besuchten  und  auf  dem 
weitläufigen    schlösse   zusammenkamen.    Göthb  17,  126;    die 

IV.  u. 


HERRSCHAFT  —  HERRSCHAFTLICH  1 1 54 

allerhöchsten  herrschaften  {ein  kaiser  oder  könig  mit  den  güe- 
dern  seines hauses) ;  fürstliche  herrschaften;  sprichwörtlich:  herr- 
schaften haben  viel  äugen  und  obren.  Simroci  ^tcAtr.  247; 

mancher  herrschaft  sitz  und  viler  beiden  land. 
WiCKHiBL»  238; 

dasz  mir  jetzt  und  alle  weile 

meine  berrschaft  traue  zu, 

dasz  ich  nimmer  spar  und  ruh 

ohne  rühm  und  ohne  schein 

treuer  unterthan  zu  sein.    Logad  2,  30; 
wie  od  trat  nicht  die  herrschaft  schon  berein  I  (in  Weimar 

iyis  theater), 
es  ward  gepocht,  die  Symphonie  fiel  ein.    Götbi  13,  1S7. 

tm  engern  sinne  auch  der  besitxer  eines  ritterguts  sowol  für  seine 
person,  als,  collectiv  gefasst,  mit  den  gliedern  seines  hauses  {wie 
oben  höchste,  fürstliche  herrschaften);  vergl.  grund-,  guts- 
berrschaft. 

5)  herrschaft,  wieder  zunächst  collectiv,  Standespersonen,  tor- 
nehme personen;  diese  bedeuiung  geht  von  der  vorigen  direct  aus: 
anno  domini  1396  umb  pfingsten  do  kam  in  Ungern  zusam- 
men die  gröst  herrschaft,  die  leicht  ie  kain  man  gesechen 
het,  und  sunderleich  von  Frankreich:  dej  berczog  sun  von 
Burgony,  der  dej  kungs  von  Frankreich  vetter  waj,  und  der 
constabel  von  Frankreich  (u.  s.  w.).  d.  stddtechron.  l,  48,  16; 
darnach  aber  wart  er  zu  römischem  könig  erweit  von  den 
churfursten  zu  Frankfurt  .  .  do  was  grosz  herrschaft.  399,21; 
do  zugen  der  küng  von  Ungern  und  der  burggrauf  von  Nüren- 
berg  und  grosz  herschaft  an  die  haidenschaft.  4,116,13;  in 
der  zeit  was  auch  grosze  herschaft  zu  Costnitz  an  dem 
bodensee,  nemlich  des  babsts  rät,  des  kaisers  rät  u.  s.  ie. 
5,236,25,  tergi  2S7,  S;  wie  niederd.  ed  entoch  nue  keiser 
mit  so  groter  herschop  van  Rome,  als  he  dede.  7,  72, 15,  mä 
so  zahlreichem  hohen  gefolge;  er  lag  für  Lachis,  und  alle  seine 
herrschaft  mit  im.  2  cAron.  32,  9.  in  der  neuem  spracht  aber 
steht  der  begriff  des  gebieters  zurück,  nur  die  vornehme  erschei- 
nung  ist  betont:  herzlich  gerne,  versetzte  Wilhelm,  trage  ich 
etwas  zum  vergnügen  dieser  vortreflRichen  herrschaft  bei. 
Göthe  18,  269 ;  als  er  in  das  neue  schlosz  gerufen  wurde, 
wo  er  hörte,  dasz  die  herrschaft,  die  eben  frühstückte,  ihn 
sprechen  wollte.  275;  er  war  ein  gesetzter  mann,  der  meh- 
reren herrschaften  auf  reisen  als  Courier  und  führer  gedient 
hatte.  19,  236.  eine  Versammlung  leute  der  bessern  stände  wird 
heutzutage  wol  angeredet  meine  herrschaften ! ;  der  wirth  (den 
köpf  voranstreckeud).  ist  es  erlaubt,  meine  gnädige  herr- 
schaft? Lessisg  1,  528. 

6)  herrschaft,  nicht  im  gegensatze  zum  unterthan,  sondern  zur 
hausdienerschaft,  zum  gesinde;  auch  hier  ist  vorzugsweise  das 
vornehme  haus  gemeint :  die  junge  herrschaft,  die  kinder  eines 
herren,  filius  herilis ,  in  plurali,  fiUi  fiüaeque  heriles.  Fkiscu 
1,445';  für  die  von  ihro  excellenz  geforderten  bemühungen 
und  dienste  als  hofmeister  der  jungen  herrschaft.  Rabener 
sat.  3,21;  meine  herrschaft  hört,  dasz  er  durch  sie  verdrengt 
worden,  meine  herrschaft  weisz  zu  leben,  und  ich  soll  ihn 
desfalls  am  Verzeihung  bitten.  Lessikg  l,  521 ;  'wie  heiszt 
eure  herrschaft?'  wie  sie  heiszt?  sie  läszt  sich  gnädiges 
fräulein  nennen,  das.  auch  von  bürgerlichen  dienstgebern :  da 
ist  ihnen  {den  mdgden)  ihrer  herrschaft  kost  nicht  mehr  gut 
genug,  mägde-schlendrian  {Leipzig  1729)  s.  23 ;  wenn  köchinnen 
zusammen  kommen ,  sprechen  sie  von  ihrer  herrschaft.  H. 
Heine  12, 13.  Sprichwörter:  neue  herrschaft,  neue  lehrzeit.  man 
findet  keine  herrschaft  vollkommen.   Simrocr  sprichw.  247. 

HERRSCHAFTEN,  verb.  regieren  {mhd.  h^rschaften.  Lexer 
wb.  1,1262):  alle  sind  knecht  der  sund,  und  die  sund  herr- 
schaftet  sie,  wie  ir  gott.  S.  Frank  ...182.  nd.  herschopen : 
do  Nabugodonosor  . .  herschopen  wolde  aver  al.  d.  städlechr. 
7  9  13. 
'  HERRSCHAFTGEBEND,  parL : 

unter  die  menge  greift  er  [Zeus]  mit  eigenwillen ,  und  welches 

haupt  ihm  gefallet,  um  das  flicht  er  mit  liebender  band 
jetzt  den  lorbeer  und  jetzt  die  herrschartgebende  binde. 

Scbillir  dat  glück  r.  29. 

HERRSCHAFTLICH,  adj.  der  herrschaft  gehörig:  herrschaft- 
liche guter,  praedia  dominica.  Stibler  813;  herrschaftliche 
unterthanen,  bediente;  sollten  sie  mir  in  herrschaftlichen 
auftragen,  deren  ich  in  jener  gegend  habe,  an  band  gehen 
können.  GOtbe  bei  Scholl  173 ;  wenn  etwa  das  herrschaftliche 
Silberzeug  verkauft  wird.  H.  Heise  6,  60.  der  herrschaft  gemäss, 
bn  einer  herrschaft  üblich :  befahl  er  mir  auf  eine  recht  herr- 
schaftliche art.  Felsenb.  1,20». 

73 


1155 


HERRSCHAPTSANSPRÜGH 


HERRSCHEN 


1156 


HERRSCHAFTSANSPRüCH,  m.;  das  bündnis  mit  den  mas- 
seo  gegen  die  berrscliafisaosprüche  der  aristokratie.  preusx. 
Jahrb.  bd.  20.  s.  269, 

HERBSCHAFTSGEWALTIG,  adj.  herrschaftsgewalliges  reich. 
Platen    129. 

HE«RSCHAFTSMÄCHTIG,  adj.: 

dem  lierrscharismächiigen 
zwängt  die  stirn  blos  ein  meiallreil.    Platkn  133. 

HERRSCHAFTSMAGD,  f.  herren-,  schloszmagd,  ancilla  heri- 
lis,  in  aice  vnnislrans.  Stieleb   1210. 

HERRSCHAFTSNAME.  m  der  name  den  jemand  von  seinem 
herrschii/lliciien  ijebule  jnlnl.  Adelunc. 

HERRSCHATFSWAGEN,  »)..  wir  fuhren  ans  feiister  und 
sahen  beim  schein  zivi-ier  hellleuchlenden  wagenlalernen 
vierspännig,  wüliihepiitiil  vorfahren  einen  berrschüflswugen, 
die  lii'dieulen   spian>;en   vmn  bociie.   Güthe  23.140. 

HERRSCHAFTSWAPPEN,  n.  wappen  das  jemand  von  dem 
durch  i.iH  bihviiMlilfii  (ffhu'le  führt.  Auklung. 

HERRSCHAFTSWECHSEL,  m.  reyierungswechsd:  die  berr- 
8ch:ifls«ecli«el   in   Sachsen,     theol.  liUeralurblaU  1807  s.  253. 

HERRSCHAFTTHCM,  n.:  zu  ordentlichen  iandslädten  in 
irgend  einem   berrscbuftlhum.    J.  Padl  vorsck,  d.  äslhet.  3,  74. 

HERRSCHELIG,  adj.  und  adv.  nach  herrensitle,  herrenmäszig. 
in  der  Schweii.  Stalder  2,39  (vergl.  naclüter  berrscbeln):  die 
bäuser  sind  nicht  herrscbelig,  aber  slaltlich,  man  siebt  jedem 
von  weitem  an,  dusz  darin  ein  gnler  bauer  wohnen  mu?e. 
GoTTHELF  schuldenb.  2.  s.  baibberrscbeiig  5p.  204,  und  unten 
herrschlicb. 

HERRSCHELN,  verb.  den  Herrn  spielen,  die  sille  eines  herrn 
verraten,  nach  einent  herrn  riecitcn,  ein  schweizerisches  wort,  mit 
den  nebenformen  berrelen  und  herren.  Stalder  2,  39.  das 
terbum  hat  (auf  das  herrenmäszige  vergnügen  der  jagd  ansjAelend) 
auch  die  bedeutung  wildern,  nach  wildbrel  riechen,  die  schon 
Maaleb  angibt :  herrscheien,  ein  geschmacli  haben  wie  wild- 
prSl,  olcre  ferinam.  219*.  —  ISach  berrscbeln  im  eigentlichen 
sinne  bei  Campe  die  berrscbelei. 

HERRSCHEN,  verb.  imperare,  regnare.  ahd.  hßrisön  domi- 
nari,  principari  (Graff  4,999),  mhd.  bfirsen,  barschen,  her- 
gehen (Le.xer  wb.  1,  1262),  wie  die  vorigen  worte  direct  von  her 
almus  ausgehend,  aber  an  herr  dominus  angelehnt;  da/icr  Notkers 
Schreibung  b4rres6n  (px.  71,  Haltemer  2,  25ü')  neben  b6risön 
{ps.  S8,  das.  324*).  es  ist  noch  ein  nachklang  alter  Verhältnisse, 
wenn  gloriari  herschen,  hirschen,  herszen  (Dief.  266')  glossiert 
wird,  wobei  hebr  1  sp.  789  zu  vergleichen,  die  veigrüberung  des 
ableitenden  Zischlautes  läszt  sich  bereits  aus  dem  ii.jahrh.  nach- 
weisen: bfersbin  dominari.  fundgr.  1,376',  woneben  sich  scliwan- 
kend  das  ursprüngliciie  %  halt :  dominare  herschen,  bersen,  her- 
szen, iieirsen,  birschin.  Dief.  190',  was  auch  noch  in  der  zweiten 
lidlße  des  I6.jahrh.  erscheint: 

von  der  stolzhaiten  seuch 
das  si  mich  hersen  nit.      Melissus  ps.  GV. 

Bedeutung  von  herrschen. 

1)  herr  sein,  als  herr  befehlen,  gewalt  eines  herrn  hohen,  in 
neueren  Schriften  wird  ein  erst  spät  scharf  ausgebildeter' unter- 
sdiied  von  regieren  angefjeben,  der  sich  dahin  bestimmen  läszt, 
dasz  herrschten  das  vermögen  betont,  seinen  willen  als  herr  gel- 
tend zu  machen ,  regieren  dagegen  eine  Oberleitung ,  die  nach 
gesifhlspunlilen  des  Verstandes  gcscIiiciU:  er  kann  sich  selbst 
nicht  regieren ,  wie  wird  er  klüglich  in  seinem  hause  zu 
herrschen  wissen.  Gellert  bei  Adelung;  aulokratisch  herr- 
schen und  dabei  doch  repuhlicanisch  . .  regieren  ist  das, 
was  ein  volk  mit  seiner  Verfassung  zufrieden  macht.  Kant 
1.28»;  die  frau  soll  herrschen  und  der  mann  regieren,  denn 
die  neigung  herrscht  und  der  verstand  regiert.  10,317.  das 
worl  giU  zunäcltsl  von  dem  einzelnen  menschen  oder  einer  ge- 
sammlheit  und  steht 

a)  nbtolul,  herrsclier,  regenl  sein,  die  hiiclisle  macht  haben  : 
i»l  Archilau«  h^rxchile  in  Judea.  Behaims  evang.-buch,  MaUh. 
2,22  (LuTUEB  kOnig  war);  lier  »al  harschen  fiwiclkhen  in 
jicohts  hAse.  Luc.  1,32;  der  besitzt  sin  sele  in  lugenden, 
der  do  durch  gedult  ein  gerüwiges  hcrKchen  und  gewaltiges 
regieren  het  syner  seien.  Kei-ERSBEBC  bilg.  61*;  seinem  »on 
Seniaja  wurden  auch  sflne  gehorn ,  die  im  hause  irer  veler 
herrscheien.  LurnfeB  1  chron.  27,6;  denn  e»  wird  nllentholben 
vol  gollloicn,  wo  solche  lose  leule  unter  den  menschen 
herrsihcn.  ps.  12,9  tcananle:  wo  die  haucbdiener  regieren 
unter  den  ienten);  er  (goU\  herrschet  mit  seiner  gewalt 
ewiglich,  »eine  auiicn  «cliawcn  auf  die  Völker.  66,  7;  er  wird 


herrschen  von  eim  meer  bis  ans  ander.  72,  8 ;  die  weltlichen 
königc  herrschen,  und  die  gewaltigen  heiszet  man  gnedige 
herrn.  Luc.  22,  25;  dann  es  (das  Schweizerland)  für  sich  selbs 
frei  herrschet  und  niemand  underworlen  sein  will.  Frank 
wellb.  64';  dasz  du  vor  diesem  bei  dem  ilusz  Lano  lierr- 
scheste.  Scuuppius  762;  im  pari,  herrschend:  demnach  so 
bewilligen  wir  dir  von  unser  aller  herrschender  macht  wegen, 
und  geben  dir  volJkoraraen  gewalt  .  .  Aybeb  proc.  2,  2;  ein 
rabbi  spricht 

ir  cristen,  do  tret  an  ein  ort, 
weicht  in  die  winkel  da  uiul  dort 
und  laszt  uns  auch  herschen  ein  weil, 
wann  er  ist  iiil  von  liinn  ein  well, 
hie  stet  er  (der  falsclie  Messias)  der  fort  wirt  regiren. 
f'iisin.  Uli.  112,  4; 

von  solchem  (der  zu  hause  g^it  (<')  glaub  Ich  auch,  dasz  er 
ror  allen  dingen 

wol  herrschet,  und  »ich  (acc,  s.  unifii  a)  auch  wo!  herrscheu 
lassen  liann.    Opitz  1,183; 

herrschen  freundlich  und  mit  willen, 

machi  viel  zwjgi  und  hader  stillen.    Scuottbl  1133*; 

zu  herrschen,  ist  dag  meiste  muster, 

durch  walfen,  nicht  durch  paler  naster. 

LoGAU  2,111,62  (überschrieben:  gewaltsame 
herrschung); 

er  .  .  .  üherzengte  mich,  dasz  euch 
allein  gebührt,  in  En$;elland  zu  herrschen, 
nicht  dieser  afterkönigin.     Scuilleb  Maria  Stuart  1,6; 

wie  im  reich  der  lulle 

könig  ist  der  weih  — 

durch  gebirg  und  klüfte 

herrscht  der  schütze  frei.    U'.  Teil  3,  1; 
nicht  herscht  durch  fremder  formeln  düster 
hinfort  gericlitsherr  oder  priester; 
das  volksgesez  wagt  grad  und  gleich 
gerechiigiieit  für  arm  und  reich.     Voss  4,  222. 

in  bezug  auf  häusliches  wallen: 

holdlächelnd  herscht  an  ihrer  quelle  (dorn  punschnapfe) 
die  Wirtin  mit  erhobuer  kelle.  4,  192. 

ironisch : 

mein  theurer  groszpapa,  der  lauter  wunder  Ihat, 
herrscht,  seit  ich  jung  ward,  in  den  lüften  (ward  gehängt). 
LiciiiwER  fabeln  3,  5. 

in  den  begriff  hausen,  wüslen  überschlagend:  do  die  Engländer 
alsus  mit  gewalte  und  one  allen  widersatz  in  dem  lande 
(Frankreich)  herschetent.  d.  slädtecliron.  9,  818, 19. 

6)  mit  der  praep.  über  c.  acc. :  wan  die  vßrsten  der  lieiden 
barschen  ubir  sie.  Behaims  evang.-bucli ,  Malth.  20,25;  abir 
sine  burgßre  hajjilen  en  . .  unde  spräcbin :  wir  wollen  nicht, 
das  ^'s^'"  hferscbe  ubir  uns.  Luc.  19,14;  laszt  uns  menschen 
machen,  ..  die  da  herrschen  über  die  fisch  im  meer,  und 
über  die  vogel  unter  dem  bimel ,  und  über  das  rieb,  und 
über  die  ganzen  erde.  Lltheb  1  Mos.  1,26;  du  wirst  über 
viel  Volker  herrschen,  und  über  dich  wird  niemand  herrschen. 
5  Mos.  16,6;  nicht  du,  sondern  ein  kOnig  sei  über  uns 
herrschen,  l  Sam.  12,12;  der  herr  bat  seinen  sluel  im  bimel 
bereit,  und  sein  reich  herrschet  über  alles,  ps.  103, 19  (Va- 
riante wird  über  alles  regniren);  kinder  sind  treiber  meines 
Volks,  und  weiber  herrschen  über  sie.  Jes.  3,12;  wecitsctnd 
rnit  dem  gen.:  aber  über  ewr  brüder  die  kinder  Israel,  .sol 
keiner  des  andern  herrschen  mit  der  .strenge.  3  Mos.  25,46; 
—  herschen  über  ein  kriegszhaufcn,  duüare  et  ducklare  exer- 
cilum.  Dasyp.  ; 

ich  wohne  wo  mirs  wohl  gefällt. 

ich  herrsch  über»  wild  und  vogelheer, 

IVücht  auf  d"cr  erden  und  lisch  im  meer.     Göthk  '      " 

so  nimm  doch  zuvor  ilie  krone, 

die  du  mir  lieszett  tum  plaud ! 

mit  wucher  ich  dir  lohne. 

sie  herrscht  nun  über  zwei  land.    Uuland  ged,  394; 

wenn  du  from  bist,  so  bislu  nngenenie,  bistu  über  nicht 
from,  SU  rüget  die  Bünde  für  der  thilr.  über  las  du  ir  nicht 
iren  willen,  sondern  herrsche  über  sie.  1  Mos.i,!  (ranante: 
sei  du  ybr  herr). 

c)  mit  dem  dativ,  gewalt  haben  über  einen:  bat  dem  lierrcn 
gefallen,  auch  alles  so  das  crtrich  hegt  und  das  wa^ser 
beschlüszel,  alles  leben  in  die  bond  des  menschen  zil  setzen, 
dem  zQ  herschen.  Scukof.  sat.  u.pasqu.  :t,  2,  2;  ein  from  weib 
herscbet  ihrem  mann  mit  gehorsam.  Scuottkl  il3u'; 

ein  welser  herschct  dem  geMlm. 

H.  Dbant  k#<  SniNiiöw».  190 1 


de  <v' 

dort 

(OIUi 


«piiie  rAumcn, 
I !    C,6iuM  33.  24«. 


1157 


HERRSCHEN 


HERRSCHEN  —  HERRSCHER 


1158 


d)  häufiger  aber  mit  accusaliv,  wie  sonst  beherrschen :  welche 
ihr  weiber  sich  herrschen  lassen,  werden  für  verleüiubt 
leichtfertig  heiiosz  menschen  geacht.  Frank  tcellb.  löi';  vor- 
mals war  der  Venediger  landschaft  durch  die  landszTögt, 
räth  und  hauptleüt  zu  Venedig  geherscht  und  handgeliabt. 
chronika  1531  1R7';  etlich  werden  von  yren  knechten  geherr- 
schet. lOl'  und  älinl.  ö/ler;  da  schreibt  er  auch,  dasz  die 
Vernunft  ein  brunn  sei  aller  gesutz  und  reciilen,  billich  wirt 
die  Vernunft  nit  von  inen  geberrschet,  sonder  die  geselz  von 
der  Vernunft.  Agr.  spr.  269';  in  was  gestalt  ens  astrale  den 
menschen  zu  hersclien  bab  in  seim  leih.  Paracels.  o;}p.  1,  4C; 
ein  weiser  mann  herrschet  das  geslirn.  2,  37%B; 

die  hand  kam  hervor  einst,  und  schrifl  stand:   dich  wog  Jova  I 
und  es  fand  dich,   der  den  weltkrei«,  wie  er  will  iierrscbt,  zu 
leicht,  könig!     Klopstock  6, '279. 

2)  hieran  angeschlossen,  ist  ein  herrschender  blick,  ein  herr- 
schendes gesiebt  ein  solclies,  nie  es  einem  gcbieter  eigen  ist: 

aber  mit  berrscheudeni  blic^  schaut  ihnen  Eloa  ins  antlitz. 

Ki.oPsTocs  4,  IIW: 
ein  solcher  leib,  ein  herrschendes  gesiclit 
läszt  häszllchen  die  kueciusihuli  kleiner  sorgen. 
IIacedürm  2,  lob; 
aber  weder  so  schön  sah  ich  noch  einen  mit  äugen, 
noch  so  erhaben  als  ihn.    er  hat  ein  herrschen'les  ansebn. 

iiÜRGBR  2ub*; 
auch  herrschender  wille: 

diesz  war  mein  herrschender  wille.     Klopstock  3,  69. 

3)  herrschen,  übertragen  ton  zuständen,  leidenschaften,  ein- 
richlunyen ,  die  für  längere  zeit  vor  andern  sich  gellend  machen 
und  einwirken:  so  lasset  nu  die  sünde  niiht  herrschi-n  in 
ewrem  sterblichen  leihe,  im  gehorsam  zu  leislfii  in  seinen 
lüsten.  Rom.  6,12;  der  tod  herr,«cbete  von  Adam  an  bis  auf 
Mosen ,  auch  über  die,  die  niclit  gesündigt  haben.  5.  H : 
gleich  wie  die  Sünde  geberrschet  hat  zu  dem  tode.  aiso 
auch  herrsche  die  gnade  durch  die  gerechtigkeit  zum  ewigen 
leben.  21;  anstatt  da?z  bei  ihm  ilas  gute,  wo  nicht  bestün- 
dig herrschen,  wenigstens  die  oberhand  haben  sollte,  so 
herrschet  das  bOse.  GellertG,  49;  sie  konnte  die  Ordnung, 
den  geschmack,  den  geist,  der  hier  herrsche,  nicht  genug 
rühmen.  GOthe  19,83;  dieser  ..  saal,  in  welchem  pracht 
und  reinlichkeit  bei  der  grüszten  stille   herrschien.    25,  J68; 

liebster  gott,  wie  angenehm,  lieblich,  sanft,  vorgiiiigjich,  frisch, 
herrscht  in  dieser  Iriililinifsblimie  ein  verwuinlerlicli  gemisch 
von  roth,  purpur,  weisz  und  blau.  Brockes  2,  6'j; 

und  ob  ich  schon  aus  Schwachheit  fehle, 
herrscht  doch  in  mir  die  siinde  nicht.     Geu-ert  2,  123; 

doch  allgemeine  ruh 
herrscht  weit  umher  im  ihal  und  auf  den  höben. 
WlELAHD  10,  162; 
todesstille  herrscht  im  lager. 

Herder  zur  lilt.  5,  125  {Cid  29) ; 
Melinde  ist  nicht  mehr!  die  schöne  liegt  erblaszt, 
rings  um  sie  herrschet  todesstille.     Hölit  is  Halm; 
sein  antlitz  strahlt,  wie  morgenroih; 
auf  nas  und  siirn  herrscht  macbtgebot.    Borger  51'; 
rings  herscbt  ja  dies,iiaiurg€sez  (das  recht  des  starkem). 

Voss  4,  53; 
liefe  stille  herrscht  im  wasser, 
ohne  regung  ruht  das  meer.    Göthe  1,73; 
wo  Sittlichkeit  repiert,  regleren  sie  (edh  fniuen), 
und  wo  die  frechheit  herrscbi.  da  sind  sie  nichts.    9,148; 
was  herrscht  doch  für  ein  hiizger  »tern.    ühlahd  ged.  67, 
mit  der  praep.  über  c.  dat.: 
alles  entsteht  und  vergeht  nach  gesetz,  doch  ober  des  menschen 
leDen,   dem  köstlichen  schätz,   herrschet  ein  schwankendes 

loos.     GöTUB  1, 3tt); 
transüiv  {vie  oben  l,  d] :  in  was  weg  sie  (die  krankheüen)  das 
blut  herschen.  Paracels.  opp.  1,  722C; 

Unglück  herrschet  so  die  weit,  dasz  man  auch  sein  toben, 
«lasz  es  noch  nicht  ärger  ist,  musz  mit  danke  loben. 

LoGAü  2,  232*138; 
ht  ITk  **  ''""<=.'"  ''as  glücke,  wo  weiszheit  zwingt  die  fälle, 
hat  hochmuih  kein  gehöre,  hat  unmuth  keine  stelle."   3,38.95! 

häufig  im  part.  herrschend:  herrschende  vorurtlieile;  bei  den 
jetzt  herrschenden  krankheilen;  die  augenblicklich  herr- 
schende ansieht;  eine  meinung,  von  energischen  münnern 
ausgehend,  verbreitet  sich  contagios  über  die  menge  and  dann 
beiäzt  sie  herrschend.   Güthe  23,209;    vergl.  vorherrschend; 

mein  herz  entglfihet!  herrschend  und  unirestüm 
lieht  mir  die  freude  durch  mein  gebein  dahin  1 
KtOPSTOC«  1,  16. 


im  pari,  geherrscht:  nacbrichten  über  den  vom  25.  zum  26.  d. 
geherrscliten   siurm.    Weserzeit.   1&59,  4947. 

4)  herrschen,  von  bergen,  gebäuden.  dominierend  aufragen: 
in  der  mitte  einer  unzähligen  menge  kleiner  Instwälder,  über 
welche  dieses  zauberscblusz  herrschte.  Wielanu  6.225  (2o2); 
was  aber  auch  sonst  noch  von  geistlichen  und  well  liehen 
gebäuden  dem  äuge  begegnen  mag,  der  Joliannisberg  herrscht 
über  alles.  Göthe  33,256; 

rings  um  diesz  paradies 
herrscht  eine  goldne  bnlnsirade, 
worauf  in  nriien  von  ruliin 
die  seltensten  gewachs  und  schönsten  blumen  blfihn. 

WiBLAno  17.  21t»  (/'<'"  4.  14). 
vgl,  beherrschen. 

5)  berrsrhen,   eliras  auf  gebietende,  bestimmende  weise  Üiun: 
doch  plötzlich  brausest  du  auch  mit  deiner  linken  hinunter 
und  herrschest  zur  Oberstimme  den  basz.    Zacharü  2,259. 

jetzt  gewöhnlich  auf  gebieterische  aufforderung  bezogen:  sei  still! 
herrschte  er.     vertfl.  zulii'rr<elien. 

HEKRSCHENS.\KT,  f.:  denn  ihm  und  allen  fQrsfen  wäre 
daran  gelegen :  dasz  die  Semnoner  ihre  alte  herrschensart 
behielten.  Lohesst.  Arm.  2,1278*;  tcir  würden  heule  reyierungs- 

luilll    sth/rtl. 

HERU<CHE.\SKC.NSTE.  /•.  pL:  Marbod,  welcher  die  herr- 
scli''ii«kni!sip   von   griinil   nus   versliiud.   das.   IISO'. 

HEhltSCHENSSUCHT.  f:  da  Tullia  ;kh  herrschenssucht 
nicht  ihres  vaters,  Huinulns  nicht  seines  bruders  verschonet. 
das.   1255'.     .^   herr-schsucht. 

HERRSCHE.NSSÜCHTIG ,  adj.-  herrscheossüchtige  auf- 
bläbung.   LiiUENsT.  Ann.,  ziu:chri  i  b  1*. 

HERRSCHER,  m.  \)  yeifielir,  alid.  h^risäri  imprralor,  mhd. 
herscher  und  herscbi-r  iLexer  i.  i2iio):  dominator  barscher, 
herser,  hirscher.  ÜiEr.  üid';  lier.<cher,  dguasles,  gubeniator, 
duniiiiuloi.  Ua-^vp.  ;  cuu  gult  und  Chrishis:  dreimal  im  jar  sol- 
len ersciieiiien  für  dem  hei  in  dem  herrscber,  alle  deine 
inansbilde.  2  Mos  2:{.  IT;  herr  unser  lierrscher.  wie  herrlich 
ist  dein  name  in  allen  landen,  ps.  8.  lo;  das  gott  herrscher 
sei  in  Jacob.  59,14;  berge  zrrschnielzen  wie  wachs  für  dem 
herrn ,  für  dem  herrscher  des  ganzen  erdboden.  97,5;  die 
lade  des  bunds  des  herrschers  über  alle  weit.  Jos.  3,1t;  ver- 
leugnen gott,  und  unsern  herrn  Jhesam  Christ,  den  einigen 
herrscher.  Judä  4; 

unser  gott  flnt  herser  alles  mechlig. 

>l  KL  ISS  IS  ps.  C4».  C5»j 

ich  bin  der  treue  zu  geringe, 

mit  der  du,  herrscher  aller  dinge, 

stets  über  mich  gewaclii.     Gellert  2,  150; 

i'om  salan:  safan,  der  herrscher  der  hnlle.  Kuscer  5,143; 
ja,  verlaszner,  dein  klagendes  winseln,  dein  banges  verzweifeln., 
ist  nun  deinem  befriedigten  herrscher  ein  liebliches  opfer(icor<e 

>les  saians). 
Klopsto«  3,  82  (.Mens.  2,  526); 

von  den  souveränen  fürsten:  der  herr  bat  die  ruten  der  gott- 
losen zubrochen,  die  ruten  der  herrscher.  Jes.  14,5;  und  ir 
fürst  sol  aus  inen  herkomen,  und  ir  herrscher  von  inen  aus- 
gehen, und  er  sol  zu  mir  nahen.  Jer.  30,21;  der  zaar  und 
groszfürsl  aller  Reuszen,  und  ein  herr  und  herrscher  vieler 
heerschaflen.  pers.  reisebeschr.  1,7; 

kein  herscher  dieser  well  ist  herscher  der  gedanken. 

polit.  tlockf.  106; 
diesem  ambosx  vergleich  ich  das  land,   den  hammer  dem 

herrscher, 
und  dem  volke  das  blech,  das  in  der  miiie  sich  krümmt. 

Göthe  1,  351 ; 
ob  einer  im  palast  geboren, 
in  fürstenwiege  sei  gewiegt, 
als  herrscher  wird  Ihm  erst  geschworen, 
wenu  der  vertrag  besiegelt  liegt.    Udlahd  ged.  100; 

von  andern  geicalligen :  herscher  über  die  kriegszieüt,  feldherr, 
imperaior.  Dasyp.;  er  (der  kOniq)  salzt  in  (Joseph)  zum  herrn 
über  sein  haus,  zum  herrscher  über  alle  seine  guter,  ps.  I05,2i; 

sprich,  wie  geschiebls,  dasz  [im  tanse)  rastlos  imeut  die  bil- 

dungen  schwanken, 
und  die  ruhe  besteht  in  der  bewegten  gestalt. 
jeder  ein  herrscher,  frei,  nur  dem  eignen  herzen  gehorcbet, 
und  im  eilenden  lauf  findet  die  einzige  bahn? 

ScHiLLBE  1,  2t>7  Kurr. 

2)  herrscher,  schwingen  dei  raubtügel:  wann  sie  {die  sperber) 
den  tropf  inn  gleichen  {in  den  gelenken)  der  Hügeln  oder  her- 
schern  überkommen  haben,  so  lasz  im  ein  wenig  blut  ausz 
der  ader  unter  dem  flügel  oder  herscher.  ,M.  Sebiz  feldb.  COS ; 

73* 


1 1 59  HERRSCHERAMT  —  HERRSCUERSTAB 

dise  falken  .  .  (haben)  breite  flügelbogen,  schöne  sublilc  Diig- 
federn,  lange  berscher,  und  kurze  dicke  schenke!,  dat.;  lange 
berscher.  veidtc.  2,  21* ;    flügel    oder   herscher.  2i'.     vielleidil 
liegt  aber  hier  ein  völlig  anderes  wort  vor. 
UERRSCHERAMT,  n.  ; 

des  Taters  haupt  vom  stillen  herrscherainie 

XU  bannen,  rang  unruhig;  das  geschlecht, 

(Im  mit  dem  Zeus  aus  Rheas  schoosze  stammte. 

A.  W.  Schlegel  im  mutennlm.  v.  1798  «.  50. 

in  besug  auf  eine  hausfrau:  setzte  eine  ehre  darein,  für  den 
raittagstisch  ihr  berrscberamt  würdig  zu  üben.  Frettag  Imnd- 
«An'/l  2,42. 

HERRSCHERGESCHLECHT,  n.:  aus  altem  herrscberge- 
schlecbte.  Klinger  6,155;  ein  durch  spräche,  sitten  und 
gefühlsweise  dem  volke  verwandtes  herrschergeschlecht. 
Beckers  vellgesch.  6,411;  vor  dem  herrschergeschlecbte  der 
üstgothen.  Gervinus  gesch.  d.  deutschen  dichlung  l,  25. 
HERRSCHERGIFT,  n..- 

ob  nicht  vielleicht  mein  geist,  gekrönt  mit  dir 
T«m  herrschergift  der  schmcichelschönheit  zehrt? 

Skaketj).  sonelte  v.  Bodsnstedt  no.  30. 

HERRSCHERGRÖSZE,  f. :  Krösus,  im  stolzen  gefübl  seiner 
berrscbergrösze.   Schlosser  wellg.  1, 126. 
HERRSCHERHAÜPT,  n.: 

xum  herrn  bist  du  dich  schuldig  dem  verwaisten  laud, 
weil  du  des  andern  berrscherhauptes  uns  beraubt. 

Schiller  br.  v.  MeBtina  [h,  224  Kurz). 

HERRSCHERHAUS,  n.   familie   eines  Herrschers :    das  a^ge- 
•taminte  berrscherhaus. 
HERRSCHERHERR,  m.: 

denn  schädlicheres  begegnet  nichts  dem  berrscberherrn 
all  treuer  diener  beimlicti  unterschworner  zwist. 

GöTHS  41, 193. 

HERRSCHERHOF,  m.  hof  eines  souveränen  ßrsten.  allg.  anx. 
dfr  Deutschen  1840  s.  900. 

HERRSCHERIN,  f.:  dasz  tugendsame  weiber  sich  sicherer 
lieszen  zu  heiligen  als  berrscherinnen  machen.  Lobenstein 
Arm.  2,1266'; 

EUtabeth.  bin  Ich 

lur  herrscherin  doch  nicht  gemacht!  der  herrscher 
must  hart  sein  können,  und  mein  herz  ist  weich. 

ScuiLLSK  M.  Stuart  5,  9 ; 
liebreiz  und  anmuth,  süsxes  kosen 
und  liebeln  gab  die  herscheria  iCylhere  tum  angebinde). 

Voss  4,  26. 

HERRSCHERISCH,  adj. :  E.  hütet  euch  vor  meiner  gewalt 
...  .  wenn  ich  vtelche  von  euren  Schweinen  auf  der  gasse 
antreffe,  so  will  ich  ihnen  gewisz  mit  meinen  Tauslen  die 
kielen  aus  den  ranzen  prügeln ,  ich  meine  ihren  besitzern. 
U.  nu,  die  Warnungen  sind  königlich  und  herrscherisch  genug. 
Lbssing  3,  64. 

HERRSCHERKRONE,  f.: 

mit  der  goldnen  berrscherkrone 
schmückt  sie  ihr  ambrosisch  haar. 

Schiller  triumph  der  lieb». 

HERRSCHERLICH ,  adj. :  er  (Nopo/eon)  durfte  als  kaiser 
abtreten,  sein  entsagen  an  bedingungen  knüpfen,  durch  einen 
vertrag  mit  den  machten  Europas  sich  auf  der  insel  Elba 
ein  berrscherliches  dasein  sichern.  Varnhagen  Blücher  434. 

HERRSCHERLING,  m.  herrscher,  gebieter  {mit  verächtlicher 
lubenbedeulung) :  um  der  Unmenschlichkeit  seines  berscherlings 
tu  entgebn.  Fichte  fib.  d.  franz.  revol.  340 ; 

refetselt  lahmt  vernunTt 

au'ch  machigebot  und  zunft 

der  herscberiing  und  seher.    Voss  S,  211. 

HERRSCHERMACHT,  f:  die  tyrannen  sahen  sich,  bei  dem 
überall  wieder  erwachten  sinn  für  freibeit,  in  ihrer  herrschcr- 
macbt  bedroht.   Schlosser  wrllg.  3, 81. 

HERRSCHERPAAR,  n.    Beckers  wellg.  7,36. 

HERHSCIIEHPHliNK,  m. 

HERRSCHERREIHE,  f.  ununterbrochene  folge  von  htrrtchern. 
BiCKiRS   weltg.   2,  346. 

HERRSCHERSONNE,  f: 

dasz  mondbelierschend  der  planet 
(Ich  um  die  lierichersonne  dreht, 
was  iits,  als  recht  des  sttriiern?    Voii  4,  53. 

HERRSCHERSTAB,  m.:  das  «cepter  oder  der  herricber- 
•Ub.  ScsLotsER  wellg.  1,  )iO; 

to  die  gAttlnl  und  mit  wolgefsllen 

winkt  ihr  Zeus  und  n«l(i  den  herrscbtritab. 

A.  W.  ScatietL  I,  47. 


HERRSCHERSTAMM — HERRSCHUNG   1 1 60 

HERRSCHERSTAMM,  m.:  die  Wiedereinsetzung  verdrängter 
herrscherslämme.  Beckers  weUg.  14,  93 ;  rest  des  herrscher- 
stamms  der  Franken  !  Gotter  3,  670. 

HERRSCHERSTREICH,  m.:  so  ein  hcrrscherstrcich  heilet 
die  narren  von  dem  enthusiasrous  der  tugend  auf  lange. 
Klinger  5.  397. 

HERRSCHERTAG,  m.  lag  an  dem  man  herrscher  ist:  einen 
gott  und  menschen  wohlgefälligen  herschertag  verlebt  zu 
haben  wähnen.  Fichte  über  die  franz.  revol.  xx. 

HERRSCHERTHAT,  f.: 

auch  mir  ist  alles  wohl  gerathen, 
bei  allen  meinen  berrscherthaten 
begleitet  mich  des  himmels  huld. 

Schiller  riiig  des  Polykrates. 

HERRSCHERTHATIGKEIT,  f.  •  grosze  Unglücksfalle  in  den 
19  Jahren  seiner  (Afaic  Aureis)  regierung  gaben  ihm  gelegen- 
heit  genug,  seine  berrscherlbatigkeit  und  seine  neigung  zum 
wohlthun  zu  zeigen.  Beckers  weltgesch.  3,393. 

HERRSCHERTHUM,  n.:  ehrgeiz  des  untergeordneten  be- 
schwert sich  über  die  zwanglosen  gewohnheiten  des  herrscher- 
thums.  Beckers  weltgesch.  12,77;  politischer  fanatismus  und 
allgewalt  des  revolutionären  heirscherthums.  13,  98. 

HERRSCHERTUGEND,  /■.;  er  weisz,  dasz  fesligkeit,  aus 
wahren  grundsätzen  entsprungen,  die  erste  der  herrscher- 
tugenden  ist.  Klinger  11,  26. 

HERRSCHER  WILLKÜR,  f:  Nero  rief  stolz  aus:  er  sei 
der  einzige  von  allen  herrschern ,  der  begriffen  habe ,  wie 
weit  man  die  herrscherwillkür  treiben  könne.  Schlosses  welt- 
gesch. 4,  226. 

HERRSCHERWONNE,  f:  da  sasz  ein  junger  kaiser,  der 
sich  mit  jugendlicher  herrscher^vonne  in  seinen  neuen  purpur- 
mantel  wickelte.  H.  Heine  6,  74. 

HERRSCHERWÜRDE,  f 

HERRSCHGEIST,  »?i..-  herrschgeist  schien  ihm  tin  arb- 
liches  übel,  kaum  vertilgbar.  Dya  Na  Sore  4,  5. 

HERRSCHGEWALTIG,  adj. :  er  war  in  der  tliat  der  senior 
des  faszbinderordens,  der  herrschgewaltigste  Student  der 
ganzen  bocbschule.  Riehl  cuUurgesch.  nov.  23S. 

HERRSCH  GIER,  f.  gier  zu  herrschen. 

HERRSCHGIERDE,  f  dasselbe.  Bütschky  Palm.  694.  721. 

HERRSCHGIERIG,  adj.:  ein  herrsch- und  goldgieriger  fürst. 
Kunger  C,l84. 

HERRSCHLICH,  adj.  zum  herrschen  geneigt,  befehlshaberisck : 
gnug  herrschlich  und  gewalligklich  oder  meisterhaftigklich, 
pro  imperio.  Maaler  219';  fandt  mein  valter  nit  mer  so  un- 
richtig, wil  er,  alsz  er  aber  klagen  wolt  und  doch  alle 
überfliszikeit  do  war,  ein  guten  filz  von  der  fiauw  Dorotha 
Schenkenen ,  die  auch  half  und  ein  herschlich  weih  war, 
bekam.  F.  Platter  175.     verschieden  herrschelig  o6en  sp.  II 56. 

HERRSCHLING,  m.   herrscher  {mit  verdclitlichem  nebeiuinne, 

vergl.  oben  berrscherling): 

der  berrschling  zittert  auf  dem  morschen  throne. 

H.  Heime  werke,  suiiplementbund  i.  15, 

HERRSCHLUST,  f  lust  zu  herrschen.  Eschenburc  handb,  d. 
class.  lUteralur  (1792)  s.  314  ;  die  durch  Schönheit  oder  herrscb- 
lust  ihn  sich  gewonnen  hatte.  Arnim  2, 156. 

HERRSCHSUCHT,  f  imperandi  cupido.  Frisch  1,445':  an- 
sehen und  gewalt  suchen,  um  sie  andern  fühlen  zu  lassen, 
ist  herrschsucht  und  tyrannei.  Geli.ert  6,360;  aber  die  ge- 
stalten und  bilder,  welche  einmal  in  seine  seele  gefallen 
sind,  arbeiten  doch  unablässig  ihn  zu  leiten,  oft  hat  er  sich 
gegen  ihre  herrschsucht  zu  wehren,  in  tausend  fällen  folgt 
er  fröhlich  ihrem  leisen  zuge.  Freitag  handschr.  t,ii4. 

HERRSCHSÜCHTIG,  adj.:  die  Vormundschaft  über  den 
groszen  häufen,  welche  der  Staat  nie  aus  den  bänden  geben 
sollte,  und  die  von  dem  clerus  stets  zu  herrschsüchtigen 
zwerken  miühraucht  worden  ist.  Schlosser  weltgesch.  4,  469. 

HERRSCHUNG,  f  das  herrschen  und  gewalt  haben  im  wei- 
testen sinne,  die  herrscliaß  in  der  bedeulung  ron  no.  3  oben 
)ip.  1152:  berschung,  regimen,  dominium,  gubernatio,  imperium, 
poltntia,  dioeeesit.  Dasyp.  ;  herschung  des  gemeinen  volki, 
demoeralia.  das. ;  in&lwillige  unbilliche  berscbung  oder  wüterei, 
lyrannis.  das.;  herrschung,  gwalt  oder  ansahen,  das  einer 
gegen  seinen  undcrtbonen  bat ,  coerclio.  Maaler  219'.  das 
wort  ist  namentlich  im  16.  und  bis  ins  M.jahrh.  in  sehr  hdu/igem 
gebrauch:  aber  so  bald  es  {das  schiff)  gcfryhel  von  der  ber- 
scbung der  Schiffer,  gat  et  ander.  Ctrill  61  32';  ist  mer  in 
dicntibarkcit  syn  weder  io  beracbung.   ss';   Jiia  barachuuK 


1161 


HERRSCHÜNG  —  HERRÜCKEN 


HERRUFEN  —  HERSCHAUEN 


1162 


{gewalt  über  alle  dinge  auf  der  erde)  in  Adam  verloren,  haben 
wir  in  Christo  wider  überkommen.  Melanchthons  anzeigung 
in  elliclie  schtrersten  cap.  des  1.  buches  Mos.  übersetzt  (1523)  bl.  9 ; 
darinnen  man  vom  son  gottes,  von  seinem  leiden  und  auf- 
erstehung,  von  seiner  verheiszung,  gnade  und  herrscbung 
predige,  hauptart.  christl.  lehre,  im  corp.  doctr.  Christ.  (Leipzig 
1560)  s.  633;  und  ist  sehr  weite  unterschied  zwischen  welt- 
licher herrschung  und  diesem  ampt.  677;  Lombardia  wirt 
mit  vil  nammen  genent  von  mancherlei  herrschung  wegen. 
Frask  Keltb.  74*;  sit  des  groszen  keisers  Alexanders  herschung. 
Aimon  bog.  d;  dann  in  der  schlacht  hat  das  glück  mehr 
herrschung  als  die  mannheit.  Froxsp.  kriegsb.  1, 184*;  so  under 
des  keisers  Antonii  Veri  herrschung  im  leben  gewesen.  2, 
verrede;  da  Rom  noch  under  der  keiser  imperio  und  herr- 
schung war.  Kirchhof  u-endunm.  309*;  seine  grewliche  un- 
milte  herrschung.  356';  di  Juden  haben  erfahren,  das  der 
Römer  herschung  vil  leidlicher,  als  ein  häufen  tyrannen  ge- 
wesen. BüTscHKY  kanzl.  s.  822;  wer  in  die  herrschung  auf- 
genommen worden ,  der  würde  nicht  für  einen  untertahnen 
wollen  erkennet  sein.  Palmos  419;  gewaltsame  herrschung. 
LoGAU  2,111,62  {Überschrift); 

der  (Jefaios)  spricht:  ein  kint  ist  uns  geporn, 

ein  SUD  ist  uns  gegeben  zwar, 

des  herschung  ist  auf  seinen  schultern  gar. 

fasln,  sp.  802, 17  (vergl.  Je*.  9,  6) ; 

von  Betlahem  den  auszgank  nimpt 
der  herscher  Iszrahel  (das  wist!), 
des  herschung  von  ewigen  tagen  ist. 

8U2,  27  (ferner  175,  32.   189,  4) ; 

die  haben  jetzt  aliein  den  pracht, 

und  ist  kein  herrschubg  noch  kein  macht. 

klagred  Hutlent  D; 

ir  forsten,  richter  und  amptleut, 
gebt  rechnung  ewer  herrscbung  heut. 

H.  Sachs  3,  1,  252«  j 
von  der  geboren  wird  ein  son 
der  allein  sol  die  herrschung  hon.    4,  2,  69'; 
da  er  durch  der  gelehrten  feder  .  .  . 
ulid  sein  bannstralisch  donnerung 
die  menschlich  herrschung  hat  erhalten, 
da  liesz  ers  erst  noch  weiter  walten, 
und  stellt  nach  göttlicher  herrschung  auch, 
macht,  nies  im  gefui  und  gut  gedaucht, 
n<w  aufsätz,  gebot,  traditionen. 

FiscHAHT  dichlungen  2,  345,  512  Kurt; 
dergleichen  herren  nie  gefunden  können  werden, 
die  da  geboren  sein  zur  herrschung  auf  der  erden. 

D.  V.  D.  Wkrder  Ariost  3,  2,  2 ; 
die  dinge,  welche  der  dem  herrschung  wird  vertrauet 
beisammen  haben  soll:  die  landeslieb  und  gunst, 
dasz  lob  der  redlichkeit,  und  die  regierungs  kunst 
so  ausz  erfahrung  kompt.  Oprfz  i,  23; 

ist  iemand  an  verstand  so  grob  und  ungeübt, 
dasz  er  ausz  alle  dem,  wasz  uns  vor  äugen  stehet, 
nicht  markt,  wie  wunderlich  des  herren  herrschung  gehet? 

RoaPLER  147; 
das  beherrschte  trird  durch  den  geniliv  oder  die  praep.  über  mit 
tcc.  vermülelt:  das  du  nit  verlierest  die  grosz  herschung  dyns 
selber.  Ctrill  33*;  ein  herrschung  über  die  gutheit  und  bosz- 
heit.  Paracelscs  opp.  l,  SOlA;  nachdem  er  seinem  sun  die 
herrschung  des  reichs  befoihen  hett.  Frank  xceüb.  117';  der 
hat  herrschung  gehabt  über  Ceiesyriam  und  Palestinam.  168*; 
groszer  länder  herrschung.  Kirchhof  wendunm.  388";  wer  im 
gewalt  und  herrschung  über  die  statt  hett  geben?  468';  die 
herrschung  (der  fürsten)  über  hab  und  gutt;  eines  und  das 
andere  nach  befehl  herzugeben;  kan  ohne  gefahr,  weil  es 
alle  betrifft,  nicht  geschehen.  Bctschst  Palm.  592; 

ich  hab  sie  {meine  seele),  als  das  Oberhaupt, 
der  herrscbung  meines  leibs  beraubt. 

L.  V.  ScD^tÖFFis  mirant.  flöllein  (1682)  83, 2. 

HERRSCHC.>'GS.\RT,  f. : 
hab  ich  zu  anders  nichts,  auf  schulen  und  auf  reisen, 
mir  manches  reiches  kraft  und  schwäche  lassen  weisen, 
als  dasz  mein  unterthan,  von  trank  und  freude  voll, 
di«  weise  herrschungsart  des  Junkers  rühmen  soll? 

Caiiiz  1U3. 
HERRSCHVERSTANDIG,  adj.  : 

und  stets  der  heirschverständigste,  beliebt  Ihm 
zu  %agen^  sollte  berrscber  sein  und  könig. 

ScaiLLER  Walleniteini  tod  1,  5. 
HERRSCH WÜTHIG,  adj.: 

euer  obm,  der  stolze 
berrschwüthge  priesier.     Scbilur  3f.  Stuart  3,4. 

HERRÜCKEN,  verb.  versus  nos  movere  se.  Stieleb  1569: 
ja,  nicht  vträchtlich  rückte  Pol;nices 
•uf  Tbeben  her.     Scuiixu  337  (Pli6nlti$rinn»n} ; 
•rtmtUtn:  rück«  mir  den  ituhi  h«r. 


HERRUFEN,  «•«•6..-  so  sende  nu  gen  Joppen,  und  las  her 
rufen  einen  Simon ,  mit  dem  zunamen  Petrus,  apostelgesch. 
10,32;  gehe  hin  auf  dis  mal,  wenn  ich  gelegene  zeit  hab, 
wil  ich  dir  her  lassen  rufen,  24,  25 ; 

ein  neuer  Dionys  rief  von  der  Seine  strande 
sophistenscbwäfme  her  für  seinen  Unterricht. 

KÄSTNER  Schriften  (1783)  455; 
der  Schwede  musz  sich  vorsehn  mit  dem  DeutscheiL 
man  bat  uns  übers  ostmeer  hergerufen. 

Schiller  Waliensteins  tod  1,5; 
ruf  nicht  so  groszes  Unglück  auf  dich  her!    Turandot  4,9. 

HERRÜHREN,  rerb.  oriri,  exoriri,  prodire,  progigni,  emanare. 
Stieler  1643:  da  aber  sich  auch  irgends  ein  wahrhafter  über- 
schusz  ereignete ,  rühret  er  durch  bloszen  zufall  .  ,  .  her. 
LoHENSTEis  j4rm.  1, 107";  diese  scharfe  ist  nicht  einer  schaar- 
bockischen  eigenschaft  von  salzigter  materia  herrührend. 
Ettners  hebamme  212;  dasz  unser  vermögen  blosz  von  der 
groszmutter  herrühre.  Güthe  24,107; 

dasz  von  dem  neuen  fund  (erfindung  der  buchdruckerkunal)  vil 
nutzbarkeit  herrühret.    Roxpler  49; 

dasz  .  .  .  von  gunst,  günstig,  günnen  herrühre.  Logaü  3,  3 ; 
von  jemand  herrühren  (abstammen).  Klisgers  theater  3,324. 

HERRÜHRIG,  adj.:  an  weicher  frag  leicht  zu  begreifen, 
wer  entweder  die  wurzel  (eine  springuntrzel)  selbst,  oder  vom 
wem  wenigst  ihre  kraft  herrührig  gewesen.  Sinjp/.  4, 262  A'urs. 

HERRÜMPELN,  rer6.  : 

da  rumpelt  her  die  fledermaus, 

der  machte  man  bald  den  garausz.    Chlatcd  volksl.  41. 

HERRüTSCHEN,  verb. :  er  rutschte  auf  den  knien  her. 

HERS.\GEN,  verb.  l)  libere  loqui,  tcie  heraussagen  :  er  sprach 
aber,  ich  wil  nicht  essen ,  bis  das  ich  zuvor  meine  sache 
geworben  habe,  sie  antworten  :  sage  her.  1  3/05.  24,  35 ;  er  . . 
sprach:  ich  hab  mit  dir  zu  reden,  sie  sprach:  sage  her. 
1  Iwn.  2, 14 ; 

und  sprach  zu  ihm:  berr  sag  mir  her 
wo  hast  mein  herrn  geleget  hin?    H.  Sachs  4,1,88'; 
der  Weizen  trägt  auch  spreu,  kein  gold  ist  sonder  schlacken, 
sagt  mir  ein  band  werk  her,  das  keine  stümper  führt? 

GC>TUER  514. 

2)  reciiare ,  von  etwas  auswendig  gelerntem,  früher  sagte  man 
daßr  auch  aussagen  (Dief.  487'):  ich  erschrecke,  dasz  ich 
ein  lied,  womit  so  viele  fluche  und  gottlose  reden  unter- 
mischt werden,  weiter  hersagen  soll,  der  reisende  arantürier 
(Bremen  1748)  1,177;  liesz  mir  alle  bergmärchen  von  ihnen 
erzählen  und  auch  die  gebete  hersagen,  die  sie  in  Gemein- 
schaft zu  halten  pflegen.  H.  Heine  1,33; 

was  Opitz  hat  geschrieben, 
was  unser  Werder  singt,  das  kanst  du  ohii  pefSbr 
und  sagst  es  ohne  buch  auf  einen  nagel  her. 

P.  Flejiij(c  136,  38  Lapp»nb. 

HERSÄGCNG,  f.:  hersagung  der  briefe,  recilalio,  praelectio 
Utterarum.  Stieler  1665. 

HERSÄPPEN,  verb.  sich  plump  und  schwerfdllig  herschleppen  : 

wie  hastu  neebt  mit  vollem  pauch 
in  cleidern  dich  do  her  gesapt. 

H.  FoLZ  bei  Haupt  8,  526. 

HERSAüFEN,  rerb.  potum  propinare:  tauf  her,  propina  mihi! 
Stieler  lfi8ö.     vergl.  hertrinkeo. 
HERSäUSELN,  verb.: 

längst  todt  und  tief  verscharrt ! 

das  graschen  säuselt  drüber  her; 

ein  stein  von  marmel  drückt  ihn  schwer.    BCrgkr  46V 

HERSCH,  f.  die  elster.   Nemmch. 

HERSCH-  {in  herschen,  herscher  «.  a.).     s.  herrsch-. 

HERSCHAFFEN,  verb.  arcessere.  Steimach  2, 373 :  schaff 
wein  her ! ;  schafft  ewr  vieh  her.  1  Mos.  47, 14  ;  schaff  mir  her 
sieben  farren  und  sieben  » idder.  4  Mos.  23, 1 ;  schaffet  her 
weise,  ver.«ländige  und  erfarene  leute.  5  Mos.  1, 13. 

HERSCHALLEN,  verb.: 

jener  vernahm  der  männer  und  bund  herschallendeo  fusztrlit, 
als  sie  zur  jagd  eindrangen.  Odyssee  19,  444. 

HERSCHÄTZEN,  verb.:  und  sage,  dasz  der  uhrsprung  der 
Gothen  nirgend  anders,  als  aus  den  landern,  so  itzo  dem 
könig  in  Dennemark  und  Schweden  unterworfen,  herzuschatzen 
sind.  f>ers.  reisebeschr.  2,  3. 

HERSCHAUEN,  rerb.:  boret  ir  tauben,  und  scbawet  her, 
ir  blinden,  das  ir  sehet.    Jes.  42,18; 

doch  nicht  könnt  herschauen  die  königin,  noch  es  bemerken, 
weil  ihr  Athsn«  das  ben  abweadste.  Odyuee  19,478; 


1 163     HERSCIIENKEN  —  HERSCHLENDERN 

scliaii  gnädig  auf  die  deinen  her, 

und  send  uns  deinen  geist,  o  herrl    Voss  4,  210; 

mii  sanrtem  antliiz  schaut  sie  Iier.    5,  255. 

HERSCHENKEiN,  verb.:  etwas  herscbenken,  wegschenken, 
verschenken.  Scim.  3,373;  schenkend  darreichen:  dasz  aber 
Rousseau  (das  worl)  bundert  wegniininl,  und  Büffon  drei  her- 
sclieiikt,  nur  um  wolzulauten,  will  mir  und  der  walirheit 
niciii   pi'f.illen.  J  Paul  vorsch.  d.  äslh.  2,222. 

HERSCHEBEN,  rerb.  refl.  in  derber  spräche  für  hergehen, 
herkumniin  -  ^iliere  dieb   ber! 

HEBSCHICKEN,  verb.:  man  scbickl  her  und  läszl  etwas 
bolvn. 

HEBSCHIEBEN,  verb.:  eine  wolkenwnnd  schiebt  sich  ber; 
ber>cliirl uHiiihere,  ad  se  iraducerc.  Stieuer  17S5. 

HERSCHIESZEN,  verb.  I)  yewaltsani  sich  herbewegen: 
fteiHfcJiiiui/pe.  aus  der  höhe  schosz  ich  her 

im  Stern-  und  feuerscheine.    Götub  12,230. 

2)  Iransiliv,  in  hunc  Ivcum  lela  jacere.  Stieler   1771. 

31  hdufig  übertragen  ivn  geld  und  kosten,  darstrecken,  her- 
geben: ich  will  dir  das  geld  lierschieszen.  Simpl.  1,200  Kun; 
alle  kosten  herscbieszen.  Felsenb.  2,33;  jedoch  in  kosten 
will  ich  sie  nicht  setzen,  ..  sondern  alles  selbst  herscbieszen. 
3,176;  man  tliat  Wilhelmen  vorschlage,  geld  berzuscbieszen, 
und  siciierheit  dagegen  anzunehmen.  Göthe  18,171;  Spanien 
schosz  geld  zur  rüstung  ber.  Schiller  fe98;  ich  ..  kann  viel- 
leicht gegen  allerseelentag  dazu  einige  sch«anzdukaten  ber- 
schiprizen.  J.  Paul  a.  d.  teuf.  pap.  I.  vnrr.  xxiv;  hätten  die 
philisterischen  dumen  culs  de  P.iris  gehabt  und  deren  5  zum 
versenden   bergescbossen.  lU.  nuchl.  4,125; 

was  ich  hell,  Ihel  ich  langst  einliiesen. 
letzt  musz  mein  »-eih  das  ihr  iierücliiesen. 

J.  Atrer  /«»<n.»i/^.  bl"  (2745,  19  Keller), 
herscbieszen  lassen: 

last  mir  em  hindertheil  herscbieszen 

vom  jungen  kalb,  frest  ir  die  kuh.    E.  Albkrüs  105. 

HEfiSCHlFFEN,  verb.  navi  advehi.  Stieler  1792: 
iiisonders  werih  ist  mir  so  edler  past, 
.der  aus  dem  nordschen  heimathlanile  kommt, 
von  wannen  unsre  väier  hergeschilFt.    Uhland  ged.  170. 

HEBSCHIMMERN,  verb.: 
aber  so  liald  sali  nicht  der  göttlich  gebildete  Paris 
unter  den  vordersten  Ihn  [den  Slfnelmt^)  herschimmern,   als 
schreck  ihm  ins  herz  schlug. 
Bürger  2ü(i''. 

HEBSCHLAGE.N,  verb.  einen  schlag  herwärts  führen:  schlage 
ber,  wenn  du  das  herz  hast,  feri,  si  audes.  Stieler  1822; 
überlra'/en :  es  schlaget  alles  Unglück  her,  nihil  secundi  hie 
conspicUur ,  omnibus  ruinis  oppressus  siim,  montes  tnali  irruunt. 
das.;  wenn  das  wasser  herschlegt,  so  schützet  niemand,  das 
das  meer  nicht  alles  erseuft,  denn  gottes  wort.  Luther  4,  8'; 
als  er  nu  zu  gnaden  komen  war,  und  im  ein  wenig  wol 
gieng  . . ,  schlegt  eine  newe  anfecbtung  ber  auf  der  rechten 
selten.  203*. 

HEBSCHLÄ.NGELN,  verb.:  wenn  ich  zu  meinem  fenster 
hinaus  an  den  fernen  bügel  sehe,  wie  die  morgensonne  über 
ihn  ber  den  nebel  durchbricht,  . .  und  der  sanfte  flusz  zwi- 
schen seinen  entblätterten  weiden  zu  mir  herscblängelt. 
Göthe  iß.  130; 

dort  da»  dorf  im  gebüsch,  so  »tolz  und  freundlich  gelagert 
am  herschlangelnden  bach.       Vost  1,2t  {Luue  i,  130). 

ouc/j  repexiv:  der  weg  schlängelt  sich  her. 

HEBSCHLAPPEN,  verb.:  wann  sie  auf  den  meulen  oder 
panlolTeln  berschlappen.  Garg.  41*,  wie  daherscbkippen,  vergl. 
•  '«ergeben  3,  sp.  llOO. 

HERSCHLEICHEN,  verb.  proserpere,  prorepere,  adrepere:  liin- 
der  emcm  herscbleicben,  consw/ari  aliqucm  dam.  Stieler  1835; 

denn  wenn  ein  schwarzer  miinch  [dominikaiier)  vielleicht 

mit  einem  argument  herschleichi, 

da  sind  die  gramen  münch  [framiikaner)  behend 

und  scharren  aus  daa  argnmeni. 

FtsciuNT  dichtunnen  t,  146,  500  Kurt. 
HERSCHLEIFEN,  verb.: 

In»z  mich  verhehlen,  n\e  nie  durchs  jfebftsch, 
durch  feUen  hergenchleifl,  «nimellt  und  blutig,  .  .  . 
unkenntlich,  mir  im  arm  zur  erde  hing.     Goiuc  9,319. 

HERSCHLENDERN,  vnb.  tchlendemd  herkommen,  auch  Iran- 
ulic .  icidmilernd  herstellen :  eine  brausende  mie  iSstl  sich 
leicht  her-'cliwarmcn.  eine  iBnnigc  Idylle  leicht  herscblendern. 
Herder  tur  IUI.  lo,  \<m. 


HERSCHLEPPEN  —  HERSCHWATZEN     1 1 64 

HERSCHLEPPEN,  verb.:  warf  ich  ihm  ein  seil  um  den 
hals,  aus  drei  mächtigen  stricken,  weiber-,  fürstengunst  und 
Schmeichelei  gedreht,  und  so  hab  ich  ihn  hergeschleppt. 
GiiTHE   8.  59. 

HERSCHLIESZEN,  verb.: 

die  klusheit  haue  längst,  was  künftig  Ist,  durchzflhlt, 
des  schoplers  raih  geliort,  als  er  die  weh  gennhli, 
und  aus  der  kleinsten  that  die  Inigen  hergeschlosseD. 
J.  E.  Schlegel  4,  17. 

HERSCHLUDERN,  verb. :  aber  wo  mir  recht  ist,  so  kommt 
unsre  juiigt-magd  dort  die  gasse  bergeschludert.  frau  Schlam- 
pampe »5. 

HERSCHMETTERN,  verb. : 

gleich  schnellherschmelternden  donnern 
war  den  prieslern  ilir  zeugiiis.  Klopstock  5,  -.'211. 

HERSCHMIEREN,  virb.,  auch  für  fliicluig  und  schlecht  schrei- 
ben: er  schinieite  etwas  aufs  papier  her. 

HERSCHNARCHEN,  verb.  bildlich  für  grob  prahlend  erxählen: 
der  nichts  denn  seine  faust  und  von  rom  roihen  spien 
und  was  der  liarie  Pers  in  jener  schlaclit  verliesz 
herschnarchet.  A.  Griphids  1098    1,  17. 

HERSCHNATTERN,  verb. : 

wer,  sag  ich,  eiwann  kaum  ein  dutzend  drucker  kennt, 
und  herzuschnatieru  weisz,  was  Brown  und  llobbes  glaubte. 

GBriTHER  504. 

HERSCH.NECKEN,  verb.  herkriechen:  jenes  verdammte  mit- 
telgut n-on  dicldnn),  das  in  seichter  nachabmcrei  hinler  den 
meisterwei  ken  herschncckt.  E.  T.  A.  Hoffmanr  leiden  eines 
theutrrdiieclors  (I8I9I  s.  291. 

HEBSCHNEIDEN,  verb.  für  prahlend  vorlegen,  erznhlen,  wie 
anfscliiieiden  5,  Ih.  1,728:  nun  da  bat  der  kerl  dinge  her- 
gescbnitten ,  dasz  einen  flugs  die  obren  davon  hatten  weh 
lliun  mögen,  und  war  nicht  ein  einzig  wort  wahr.  Schel- 
miiffsky  2.53:  ich  will  so  vrel  bcrscliiieiden,  was  die  leule 
viir  einen  Staat  von  seiner  demuth  machen  ..  Chr.  Weise 
köibiiiitacher  58;  ein  langes  berschneiden,  lang  und  breü  er- 
zalilen : 

er  schnitt  ein  langes  her  für  einer  hohen  eichen, 
um  ihre  nymf  sicli  ihm  zu  zeigen,  zu  erweiclien. 

A.  Grvphius  liiHb   1,  708. 

HERSCHRAÜBEN,  verb.:  {der  vers)  kann  die  heftigen  kur- 
zen doppelgespiäcbe  füllen,  die  die  alten  auf  ihren  bühnen 
SU  sehr  liebten ,  und  die  bei  uns  so  sehr  nusarlen  . .  dasz 
. .  ein  Wort,  das  den  vers  unvermutbet  scblieszen  soll,  aber 
oft  durch  einige  gedehnte  verse  deutlich  genug  zu  erratben 
gegeben  wird,  ein  besonderes  kunststück  ist.  das  ich,  oder 
du,  oder  nein  !  u.  s.  w ,  das  alsdann  so  hergeschr.iiibt  wird, 
gehört  in  ein  epigramm,  nicht  in  ein  traiierspiel.  Herder 
z.  Uli    1.  75. 

HERSCHREIBEN,  verb.  1)  huc  scribere:  mein  freund  hat 
noch  nicht  ber  geschrieben,  transitiv:  schreib  ein  paar  zellen 
ber  {auf  ein  vorliegendes  papier)]  bei  Stiei.kr  in  andernt  sinne: 
schreib  ber!  age  perscrihas!  1927.     vergl    ber  1,1  «p.  1000. 

2)  häufig  reflexiv,  abstammen,  seinen  Ursprung  wo  haben,  bild- 
lich angelehnt  an  die  urkundliche  beylaubignng  einer  thalsaclie  oder 
eines  rechlsverhällnisses,  aber  vor  der  iwrUen  hdifle  des  [S.  jahrh. 
durch  beispiele  nicht  zu  belegen :  was  weisz  ich,  wo  sieb  der 
ring  eigentlich  herschreibl.  Lessing  l,.^34;  es  ist  uns  ein 
exemplar  unsers  dichter»  zu  bänden  gekommen ,  das  sich 
ans  der  Stollischen  bibliothek  berschreibt.  5,108;  der  blose 
enlwurf  zu  einer  .  .  dieser  Wissenschaften  schreibt  sich  gar 
nicht  vom  verstände  her.  Kant  2,804;  die  hoben  linden- 
alleen,  die  rcgelmöszigcn  anlagen,  die  sich  von  Eduards  vatcr 
hcrscbriehcn.  Göthe  17,294;  das  gedieht  kOnno  sich  nur  von 
seinem  pedanicn  herscbreiben,  der  ein  sehr  feiner  i>urscbc 
sei.  IS,  296;  das  leben  sei  so  hübsch,  dasz  man  viillig  für 
gleichgültig  achten  könne,  wem  man  es  zu  verdanken  habe: 
denn  es  schriebe  sieb  doch  zuletzt  von  galt -her.  24,107; 
der  menschengeist  hat  bekanntlich  ebensowenig  aussiebt  in 
alle  cwigkeit  fortzuleben,  als  er  sich  von  ewigkeil  her.scbreibl. 
neue  erang.  kircbenxedg.  1807,  t.  624, 

HERSCIIREITEN,  rerb.:  wer  ist  der  slallliche  bcrr,  der 
dort  berschreitet?  Tieck  3,30; 

mon  inhe  manchen  vor  auf  tapft-en  h«ngsten  reiten, 
Joui  aber  sachte  bor  bei  klnderpferden  srhreiteo. 
I.oOAü  3,  17«,  2(1. 
HERSCHWARMEN,   t-erb. ;   eine    brausende  ude  ÜHt  «leb 
Icirbl  berschwärmcn.   Hbroer  tur  Uli.  lo,  198. 

HEBSCHWATZEN,  rerb.  adgarrire,  deblalerart:  er  echnratit 
alberne*  zeug  ber,  nugas  blalenl.  Stiinbacr  t>  (88. 


1 1 65        HERSCHWEBEN  —  HERSPINNEN 


HERSPRENGEN  —  HERSTELLEN 


1166 


HERSCHWEBEN,  verb.: 

wer  sind  iHe  seelen,  die  in  der  haiae  nacht 
lierscljweben?  Klopstock  1,  174; 

nie   sie  (die  gö{liH  unsrer  spraclie)  herschwebt  an  des  quells 

fall!  mächtiges  getön, 
wie  rauschen  im  beginne  des  walds  ist  ihr  schwuug!    1,230. 

HERSCHWIMMEN,  verb.: 

wundersam  I  auch  schwane  kommen 

aus  den  buchten  hergeschwommen.    Göthk  41,  126. 

HERSCHWINGEN,  verb.: 

eine  alte  veltel  tpricht 

schlag  auf  und  lasr  tanzen  und  sprinffen, 
so  will  ich  zwen  lang  tutten  her  schwingen, 
die  wil  ich  noch  heur  eim  schefer  geben, 
die  werden  im  zu  zwaien  sacitpleifen  eben. 

fasln,  sp.  738,  31. 

HERSE,  ffl.  für  hirse  («.  d.).  Nemnich. 

HERSE,  f.  egge,  lehnwort  aus  dem  franz.  herse,  und  wie  es 
sciteiin  im  Elsasz  und  Lothringen  volksüblich,  von  einem  Elsdsser 
in  der  schrißsprache  gebraucht; 

und  purpurn  quoll,  derweil  die  knechte  flohen, 
des  Sämanns  blut  ins  leid  bei  pflüg  und  herse. 

Candidus  d.  deutsche  Christus  (1854)  s.  64. 

HERSEGELN,  verb.:  auf  der  reichen  bewegten  woge  des 
englischen  lebens  schwimmt  dieser  kleine  iialin  [der  familie), 
und  in  wohl  und  weh  hat  er  schaden  oder  hülfe  von  der 
Ungeheuern  flotte  zu  ejrwarten,  die  um  ihn  hersegelt.  Göthe 
25,  336. 

HERSEHEN,  verb.  I)  asptcere,  inspicere,  altollere  oculos  versus 
nos.  StiELEH  2026: 

weil  er  von  den  himmelslüften 

bergesebn  in  diese  klüften.    Opitj!  psalmen  s.  191 ; 

0  Jungfer!  seht  ein  bischen  her, 

so  sprach  der  Stutzer  zu  der  henne, 

und  saget  mir  nur  ungefähr, 

ob  ich  nicht  artig  heiszen  könne? 

LiCHTWER  fabeln  2, 12. 

2)  wie  aussehen,  ein  ansehen  haben:  aber  sage  mir  der  herr 
Baptisto,  so  man  ihn  mit  einem  meszgewandt  oder  mit  einem 
vesperraantel  bekleidete,  wie  wurde  er  hersehen?  ßiegen- 
wedel  71. 

HERSEHNEN,  verb.  kuc  imminere.  Stieleb  1993:  er  sehnt 
sich  her  zu  uns. 

HERSEIN,  verb.,  vergl.  her  sehi  und  her  sp.  1000. 1002. 1003. 

HERSENDEN,  verb.  in  hanc  partem  miUere: 

dö  si  zem  meister  kämen, 

dö  sprach  einr:  wir  sin  har  gesaut,    edelstc-ln  100,28; 

umb  ewrs  lebens  willen,  hat  mich  gott  für  euch  her  gesand. 
1  Mos.  45,6;  höre  die  wort  Sanherib,  der  her  gesand  hat 
höhn  zu  sprechen  dem  lebendigen  gott.  2  kön.  19,16;  so 
wird  ers  {das  füllen)  bald  hersenden.  Marc.  11,  3 ;  die  heubt- 
leute  haben  her  gesand,  das  ir  los  sein  seit.  ap.  gesch.  16, 36 ; 

das  liesz  dich  gott  genieszen, 

sändt  dir  her  ausz  dem  tron 

sein  liebste  mfiter  schone.    Uhland  volkil.  SU. 

HERSETZEN,  verb.:  hat  Sebul  seinen  knecht  her  gesetzt 
über  die  leule  Hemor  des  vaters  Sichem?  richl.  9,  2S;  und 
er  nam  zehen  raenner  von  den  eltesten  der  stad,  und  sprach, 
S€lzl  euch  her,  und  sie  salzten  sich.  Ruth  4,2; 

der  habicht  ohngefehr 
setzt  auf  das  blosze  nest  aus  freien  lüften  her. 

Fleming  186,  58  Lappenb. 

HERSEÜFZEN,  verb.  durch  seufzen  herholen :  den  abgeschie- 
denen seufzen  wir  nicht  wieder  her. 
HERSINGEN,  verb. : 

ich  kenn  ein  höllisch  volk,  die  brüder  der  Erinnen, 
ein  an  von  auszen  gold  und  lauier  koth  von  innen  ; 
von  diesen  trägt  mein  sinn  mich  was  zu  singen  her. 

LOCAU  3,  '^14; 

ich  hätte  dir  was  hergesungen, 
wiewohl  es  in  der  faste  war. 

Cua.  GRTPinüs  poe/.  wäld.  2,312; 
aus   einem   buche   etwas  hersingen,    reis,  avanlürier  {Bremen 
1748)   I.  175. 

HEHSITZEN,  verb.  ad  sedem  pergere,  in  consessum  venire. 
Stielen  2o:i6;  hergesessen  jetzt,  still  zugehört!  Fr.  Müueb 
1,  324. 

HERSPIELEN,  verb.: 

hier  ist  das  flache  rund, 
drum  Zephyrus  spielt  her.      Looad  2,  64,  57. 

HERSPINNEN,  verb.:  s.  Puuins  nennet  sich  selber,  de  er 
von  Saiomouis  baw  sein  gleichnusz    herspinnet,   ein    klugen 


werk-  oder  baw  meister.  Mathes.  5ö/.  151';  Jubal  sind  eigent- 
lich bergleut,  die  . .  von  iren  reisen  und  wallen  . .  Wallen, 
Gelten,  oder  die  Churwallen  genennet  sein,  davon  das  »ort 
wallen  oder  reisen  hergesponnen  ist.  Lütqeb  (15S3I  189*. 

HERSl'RENGEN,  verb.  iiüransUiv:  ein  reiter  kommt  her- 
gesprengt ;  Iransiiiv : 

^roszgünstger  herr,  verzeiht  mir  doch, 
ich  bitt  euch  mehr  als  himmelshoch, 
dasz  ich  euch  auf  solche  maszea 
so  vergeblich  die  weite  straszen 
her  gesprenget.        der  zornige  französische  Schneider, 
flieg,  blalt  v.  1631. 

HERSPRIESZEN,  verb.,  auch  bildlich:  die  wurzel,  darvon 
disz  wort  bei  den  Hebreern  herspreust.  M.\thes.  Sar.  41* ; 
die  Wurzel  darvon  disz  wort  badil  herspreuszet.  97'. 

HERSPRINGEN,  verb.:  ich  war  auch  gar  nicht  darauf  ver- 
fallen, mir  mit  dem  gröszten  aufwand  eine  quelle  des  Unter- 
haltes aufzumachen,  die  für  mich  jetzt  völlig  vergeblich  her- 
springt. J.  Paul  austcahl  a.  d.  teuf.  pap.  1,  34. 

HERSPRÜTZEN,  verb.: 

und  dasz  er  solt  die  nasen  butzen, 

so  wird  ein  schneiderknecht  hersprützen. 

FiscuAai  diclitungen  1,  28,  986  Kurz. 

HERSTÄMMELN,  verb. :  vor  schrecken  konnte  sie  nur  ein- 
silbige danksagungen  herstammeln.  Thümmel  3,461; 

es  möge  behaglichen  ton  dem  gefälligen  ohr  herstammeln 
wen  immer  geringes  ergötzt.  Plates  133. 

HERSTAMMEN,  verb.  1)  intrans.  abkunft,  urspung  haben: 
er  stammt  von  rathsherren  her,  familid  consiliari  est.  Stieler 
2U9;  der  sich  in  denen  gesellschaften  seines  uralten  hoch- 
adelichen  herstammens  öfters  gerühmet,  fliegenwedel  114; 
nachdem  wir  vernommen,  . .  woher  die  ergieszung  des  ge- 
blüts  bei  denen  weibespersonen  herstammet,  was  deren  Ur- 
sache sei.  Ettner  hebamme  135. 

2)  transitiv,  hei-leiten :  oder  wilstu  das  griechische  wort  her- 
stammen vom  hebräischen  ?  J.  Praetoriüs  Storchs  winterqu.  338 
{wenn  nicht  ettea  hier  eine  pedantische  nachahmung  fremder  con- 
struction  vorliegt,  =  dctsz  es  herstamme). 

HERSTAMMüNG,  /.  genus,  familia,  prosapia,  origo.  Stieler 
2119. 

HERSTE,  m.  .•  daruff  wart  erkant  zcu  recht,  da;  man  an- 
dersz  nicht  weisz,  dann  daj  die  von  Bürgwenden  unde  Pe- 
tersrode  gehören  an  daj  gerichte  zcu  Monre.  darnach  fra- 
gete  herre  Adolf  obgnant,  wer  den  bersten  zcu  Bürgwenden 
zcu  setzen  bette?...  daruff  wart  zcu  recht  erkant,  daj  ein 
probist  zcu  s.  Peter  von  rechts  wegin  den  bersten  zcu  Bürg- 
winden habe  zcu  setzen  unde  zcu  bestellen,  unde  der  sel- 
bige berste  sulle  auch  einem  probiste  globin  unde  sweren, 
unde  im  seine  zcynsze  unde  detzman  sammen  unde  berechen 
unde  dienen  in  allen  sachin,  wan  ein  probist  das  von  im 
begert.  weisth.  3,  624  {Düringen,  v.  1457).  berste  ist  Superlativ 
zu  hh  hehr,  verstanden  wird  darunter  ein  gemeindevor sieher ,  Ver- 
treter der  gemeinde  gegenüber  ihrem  geistlichen  herrn.  im  13.  jh. 
ist  die  form  noch  heriste:  item  officiatus  ille,  qui  dicitur  der 
heriste  de  Burchwinden,  coliigere  tenetur  census  et  decimas 
in  Burchwinden,  et  preter  hoc  curie  servire  in  omnibus,  in 
quibus  fuerit  requisitus.  618. 

HERSTECHEN,  verb.  übertragen  daher  kommen,  dalter  eilen, 
gebraucht  wie  anstechen  1,  th.  l,  477,  und  hergeleitet  ursprüng- 
liclt  vom  anreizen  des  rosses  mit  dem  sparen :  hie  schmeckts 
wol,  sprach  jener  bauer,  da  er  eine  milch  unter  einem  kir- 
schenbaum  asz,  da  darf  ich  niemand  fürchten,  so  gehts  in 
der  weit,  aber  dort  im  himmel  wird  keiner  heimlich  hinter 
dem  andern  herstechen,  keiner  wird  falsch  mit  dem  andern 
sein.  Otho  652; 

so  kömpt  auf  einem  rosa  ein  postbot  hergestochen. 

D.  V.  D.  Werder  .inost  1,  68,  2. 

HERSTEIGEN,  verb. :  die  erste  stim  . .  sprach,  steig  her, 
ich  wil  dir  zeigen,  was  nach  diesem  geschehen  sol.  offenb,  4, 1. 

HERSTELLBAR,  adj.  wieder  herzustellen. 

HERSTELLEN,  verb.  l)  an  einen  ort  nach  änem  sprechenden 
zu  stellen,  von  personen  und  Sachen:  und  stellet  alles  volk  .. 
umb  den  künig  her.  2  chron.  23, 10 ; 

stellt  mir  ihn  her,  den  dränger  dieses  Isndes, 

den  linslern  Anjou,  stellt  ihn  neben  diesen 

und  sagt  mir,  wo  ist  königlich  geblüt?    UHunD  ged.  ISO. 

commandowort  für  die  fuszsoldaten  des  17.  jahrh.  war  her  stell 
euch !  BöcKLEB  hiegsschule  332. 


1167         HERSTELLEN —HERSTRÖJIEN 

2)  dalier  ausliefern,  üoerliefern,  in  eines  gewalt  übergeben: 
beger  auch  biemit,  mir  den  scUöiien  gesellen  MUrxIin  Sau- 
rimgsesz,  der  durch  seinen  knopfstolz  disz  fewr  aufgeblasen, 
herzustellen,  folgends  auch  seine  andere  gesellen  . .  dann 
(taler  und  häler  begehn  gleiche  füler.  Garg.  -270*. 

S)  neuer  i<<t  herstellen  in  der  beJeutting  in  den  ursprünglichen 
zustand  lurückversetzen,  es  ist  nur  eine  kürzung  von  wieder  her- 
stellen, zerbroclienes  oder  zerfallenes  wieder  ganz  und  stehend 
vor  äugen  bringen:  das  wird  eine  schöne  geschichte  geben, 
sagte  das  liehe  nnSdchen,  (vom  schreck)  zu  ihrer  vülligcn  bei- 
terkeit  wieder  hergestellt.  Gütub  25,358;  auf  einmal  wird, 
mit  rechtsum,  diu  fronte  wieder  hergestellt.  29,  259 ; 

Tielleiclii  gelingt  es  mir, 
TOD  nngeticht  lu  angexicht  mit  ihm 
in  seiuer  gunst  mich  wieder  lierzustellen. 

ScuiLLER  Karlos  1,  7; 

besonders  verbarg  er  sieb  nicht,  dasz  er  diejenigen  personea 
sehr  glücklich  gefunden  habe,  die  bei  einer  nicht  ganz  her- 
zustellenden kränklichen  anläge  wahrhaft  religiöse  gesinnun- 
gen  bei  sich  zu  nähren  bestimmt  gewesen  würen.  Güthe 
19.251;  golt ,  der  schüpfer  und  erhalter  himmels  und  der 
erden,  den  ihm  {dem  knaben)  die  erklärung  des  ersten  glau- 
bensartikels  so  weise  und  gnädig  vorstellte,  hatte  sich,  in- 
dem er  die  gerechten  mit  den  ungerechten  gleichem  ver- 
derben preisgab,  keineswegs  väterlich  bewiesen,  vergebens 
suchte  das  junge  gemütb  sich  gegen  diese  eindrücke  her- 
zustellen. 24,43; 

getrenntes  leben,  wer  verelnigts  wieder? 
vernichtetes,  wer  stellt  es  her?    9,  Siti; 
er  war  ein  zeuge  meiner  Schwachheit,  ja, 
ich  sank  in  seine  arme  —  das  beschämt  mich, 
herstellen  mu«z  ich  mich  in  seiner  acluung. 

ScuiLLCR  Wallenst.  lod  4,  9. 

HERSTELLER,  m.  nach  herstellen  3:  der  hersteller  der 
einst  SU  veriullenen  kirche. 

HERSTELLUNG,  f. 

HERSTELLÜ.NGSARBEIT,  f.:  {während  in  Österreich)  her- 
stellungsarheiten  an  den  festungen  .  .  ausgeführt  wurden. 
der  feldzug  von  18fi6  in  Deutschland,  von  der  kriegsgescIiicIitUchen 
abtheilunq  des  groszen  gencraUtabes,  s.  6. 

HERSTELLUNGSKRAFT,  f:  so  gesegnet  ist  Sicilien,  dasz 
eine  zweitausendjäbrige  folge  zerstörender  regierungen  die 
berslellungskraft  der  natur  nicht  zu  unterdrücken  vermochte. 
NlEDUHR    3.  673. 

HERSTOTTERN',  verb.:  indem  ich  nun  dasjenige,  was  mir 
dem  iiihuli  nach  schon  bekannt  war,  in  einem  fremden  kau- 
derwelschen \dwm  {hebräisch)  herstottern  sollte.  Gütue24,  201. 
HER  STRAHLEN,  verb.: 
eh  herstrahlten  Im  sternglanz  Cherubim.    Klopstock  6,228; 
jetzo  kam  der  triumph  dem  himmel  so  nah.  dasz  Jehovahs 
thron  sie  im  glänz  lierstruhlen  der  ganzen  herrlichkeit  sahen. 

289. 

HERSTRECKEN,  verb.:  sie  wollen  gerne  ihren  rücken  zu 
aller  dicnsle   herslrecken.  LonENSTEiN   i4rm.  2,  I2(>l'. 

HERSTREICHEN,  verb.  den  strich  odrr  gang  herwärts  nehmen: 
alle  man  von  Israel,  die  sich  auf  dein  gchirge  Ephraim  ver- 
krochen hallen,  da  sie  hürcten  ,  das  die  Philister  flohen, 
strichen  iiindcr  inen  her  im  streit.  2  Snm.  14:22;  wie  d'\c 
Oüchiige  baasen,  hinter  denen  die  windhund  hersireichen. 
Sirnpl.  3,59  Kurz;  den  groszen  gcbirgcn,  so  zwischen  Nor- 
wegen und  Schweden  heistreichen.  Micrälii;s  alles  Pommern 
1,45; 

da  blesz  ich  in  [in]  tausenteufel  namen  welchen-, 

da  ward  er  mit  der  reust  herttreiclien.    füstn.  tp.  755,25; 

alt  feüilerausdruck  streich  her!  feri,  percute!  Stieleb  2002; 

mit  dir  gfli  ich  den  ersten  gang, 

heb  BuT,  streich  lier  und  mach«  nicht  lao^. 

hininna  iliiiiflmiae  tyuliceit  D  lij ; 

Henrich,  nun  streich  doch  lier,  ich  steh  dir  Trei. 

Pi-ier.       wil  dir  liegegiien  also  halt.    Uiij\ 

HERSTREUEN,  tat..- 

Duls  bittre  streut  er  zucker  her,  das  marre  wOrzt  er  wol. 

LocAO  I,  177,47  (cid  yiiler  koch); 
das  crnu  der  ebnen  (Iftchen  {rinr»  yarten*), 
wenn  lauaeiid  lilAilerclicn.  In  »liller  Doitigkeit, 
an  ollen  orten  durch  «le  hr«clii-n, 
als  nar  ein  grüner  staub  dartjber  bergestreut.    DaocMS  7,U. 

HERSTRÖMEN,  verb.: 

«in  keiinertchwarm,  von  allao  enden 
bersiiümcuJ.  Götter  I,  455. 


IIERSTÜJIPERN  — HERTREIBEN        1168 

HERSTÜMPERN,  verb.:  meine  hej-geslüinperle  predigt  xu 
entschuldigen.  Hermes  Sophiens  reise  2,  64. 

HEHSTÜRMEN,  verb.  intransilio:  sie  stürmen  her  zum 
kämpfe;  transitiv: 

dicht,  wie  flocken  des  schnees  herstürmt  doi  heulende  nordwind. 
flog  ihr  geschosz.  Pirker  Tunis.  6,  106. 

'    HERSTÜRZEN,  verb.: 

plötzlich  nunmehr  den  Odysseus  ersahn  die  wachsamen  beller, 
und  mit  lautem  geschrei  her  stürzten  sie.  Uäys*.  14,30. 

reflexiv:  er  stürzte  sich  über  die  speisen  her. 
HERSUCHEN,  verb.: 

wann  dasz  du  auT  dein  pTerd  erhitzt  gesessen  bist, 
dasz  du  gewis  so  woi  als  keiner  nicht  kaiKt  reiten, 
suchst  deine  walTen  her,  so  siebet  mun  sich  breiten 
die  Oügel  {der  schtuclUurdnumj),  die  dein  Teind  entgegen  fDhraa 

will.    OriTZ  1,  14; 

noch  ist  kein  land  genug, 

das  uiisre  kost  uns  trug, 

man  musz  sie  suchen  her 

durch  alles  laiid  und  meer.    Logau  S,  163,  48. 

HERTAGUNG,  f.  tagesanbruch:  aber  die  werkleut,  welche 
die  brücken  mit  den  vässern  über  die  graben  bringen,  dar- 
über man  laufen  und  stürmen  soll,  beliben  zu  lang  aus,  bis 
die  hertagung  die  burgundischen  begriGT.  Wilw.  v.  Schaumb.  21. 
danach  sollte  man  ein  verbum  hertagen  vermuten,  wenn  nicht  das 
Substantiv  nach  der  formet  der  tag  geht  her  (vgl.  hergehen  2,  a 
sp.  1100)  gebildet  ist. 
HERTANZEN,  verb,: 

und  als  ich  (eine  maus)  daselbst  auch  her  tanzt, 
tchmeist  er  (der  ochse)  nach  mir  mit  seinem  schwänz. 

froschmdut.  0  5'  (b.  1,  cap.  4); 
die  nymphen  sangen  ihm  entgegen, 
die  (aunen  tanzten  vor  ihm  her. 

LicuTWER  fabeln  i,  21. 
HERTHAUEN,  verb.: 

jetzt  des  ätherischen  bonigt  gescbenk,  herthauend  vom  himmel, 
töne  mein  lled.  Voss  Viry.  georg.  4,  1. 

HERTHUN,  verb.  dare,  porrigcre,  praebere,  apportare :  tuh  mir 
meinen  hut  her,  da  mihi  pileum,  tuh  den  brief  her,  cedo 
Uterus,  ostende  milii  epislolam.  Stieler  2368;  er  hat  seinen 
söhn  her  auf  die  schule  getahn,  ßium  suum  hue  in  gymna- 
sium  misit.  das. 

HERTÖNEN,  lerft.; 

so  wie  geschrei  bertönt  von  kranichen  unter  dem  himmel. 

Hins  3,  3. 

HERTRABEN,  verb.:  ewre  söne  wird  er  nemen  zu  seinen 
wagen,  und  reutern,  die  für  seinem  wagen  herdraben.  1  Sant. 
6,  tl;  die  gefühllose  dummheit  auf  den  Stirnen  der  mönche, 
die  hinter  ihren  schmerbauchen  hertiabten.  TuOmnel  4,363; 
der  balg  verkauft  den  Aichs,  der  sonst  zu  Telde  wnhnt: 
der  her  zu  bofe  drabt,  den  macht  der  schwänz  belohnt. 
LocAV  1.  186,  81 ; 
ttarkformiges  particip : 

stetes  plagen,  stetes  deiiken, 

stetes  trauren,  stetes  krenl>en, 

stetes  wullen,  nimmer  haben, 

trilttveis  kommet  hergetraben.    Schottil  SÖO*. 

HERTRAGEN ,  verb. :  so  werden  sie  deine  söne  in  den 
armen  herzu  bringen,  und  deine  töcbter  auf  den  achseln  her 
tragen.  Jes.  49,22;  trage  nur  viel  holz  her,  zünde  das  fewr 
an.  lies.  24,  10:  sein  heubt  ward  her  getiagen  in  einer  schus- 
seln. Matth.  11,  !l; 

do  hub  sie  auf  und  schenket 

und  tru;  ims  selber  her  ('las  trinken).    Ublaks  tolkil.  SSO; 

noch  trug  man  her  zum  dritten  mahl 

vielerlei  nüszlein  in  der  schal. 

froschmäu*.  F8*  (h.  i,  cap.  9); 

ihr  lieszt  das  königliche  schwert  von  Schottland 
durch  ihn,  den  morder,  dem  des  volkes  fluche 
naclischnllien,  durch  die  gassen  Edinburgs 
vor  euch  lieriragen  im  iiiumpli. 

Schiller  Maria  Stuart  I,  4. 
HERTRAGIEREN,  verb.:  lirnden,  die  mir  gerade  so  vor- 
kommen ,  wie  auf  allen  gemälden  worle  den  personell  aus 
di-m  munde  gelm ,  um  sich  deutlich  zu  machen,  —  diese 
herirngirt  auf  eine  ail,  dasz  man  oft  in  Versuchung  kommt, 
zu  lachen.  Tieck  Q,  51;  während  die  Schauspieler  das  alberne 
zeug  vorne  auf  dem  Iheatcr  hertragirten.  E.  T.  A,  Huffmani« 
8,  24. 

HERTREIDEN,  verb.  adpellere,  cispeUere,  in  hanc  parUm, 
vertut  not  pellere.  Stiei.er  2321 : 

Ihr  j.imnicrvoller  vater, 
der  die  nnglOrkliche  gezeugt,  den  göltet 
goiicht  hertreibt,  die  eigne  torliier  nnztiklagen. 

SCHILLIR  jumifrau  4,  II. 
inlranitliv :  ein   kühn   treibt  diiiL'h   die   wosen   her  zu   uns. 


1169 


HERTRETEN  —  HERÜBER 


HERTRETE.N,  reib.:  so  trettet  nu  hej-,  das  ich  mit  euch 
rechte.  iSam.vi,  7;  auch  tiettet  nu  her,  und  sehet  das  gros 
ding,  das  der  herr  für  ewreo  äugen  thun  wird.  16;  gehe  er 
ein,  trit  her  von  der  höhe  Änaana.  hohel.  4,  8;  las  her  tretten 
und  dir  helfen  die  meister  des  himels  lauft.  Jes.il,  n;  trett 
her  zu  mir  und  höret  dis.  4S,  16 ;  es  sollen  mir  pferdner 
und  anspänner  oder  hintersättler  hertreten  und  sagen:  Lukas, 
lasse  die  Hausen !  J.  Paul  fiegelj.  l,  69.  übertragen :  hei,  die 
trunkemetten  die  laszt  uns  hertretlen  {aufführen,  zu  gehör 
bringen).  Garg.  89";  liesz  einen  f.  herlrelen  {pepedU).  Eulen- 
spiegel 79. 

HERTRIEFEN,  rerb.: 

das  im  sein  kutt  ward  nasz  und  schwer, 
das  sie  im  troff  wie  ein  mülrad  bar. 

Fischart  dichtungen  1,  ISO,  1S72  Kurt. 

HERTRINKEN,  rerb.  einem  den  trunk  mit  einem  Spruche  zu- 
bringen, s.  die  slelle  unter  her  «p.  tOOO;  vgl.  auch  hersaufen. 

HERTROLLEN,  rerb.  herzu  gehen,  sich  herzu  machen.  Hebmes 
Soph.  reise  6.  264. 

HERTRCDELN,  rerb.  ein  musikslück  mit  leierndem  tone  her- 
spielen: wenn  er  ihm  auf  der  sackpfeife  einen  'juch,  juch, 
llinger'  oder  d}  'traut  Hedwich'  hertrudelt.  Schoch  ^ud.- 
hben  D  iij. 

HERÜREN,  adv.  in  hoc  loco.  es  ist  das  einfache  üben  (s.  d.) 
mit  dem  adverbium  der  richtung  her  rerbundeti,  zu  hüben  aus 
hie  üben  sich  rerhaltend  wie  z.  b.  heroben  :«  hieroben,  hoben, 
vergl.  sp.  1121  und  drüben  Iheil  2, 143S :  und  must  also  mit 
dem  leibe  dort  sein  (unter  des  Türken  oberherrlichkeit),  aber 
mit  dem  herzen  und  gewissen  dich  herüber  sehnen ,  was 
hastu  denn  gewonnen?  warum  bliebestu  nicht  vorhin  her- 
üben? LcTHEß  4,  443'. 

HERÜBER,  adv.  Irans  locum,  rersus  nos.  mhd.  als  her  über 
{üb.  3, 170*)  oder  über  her  {das.,  aus  Pars.  535,  25)  vorkommend, 
und,  uie  im  nhd.,  gegensätzlich  zu  hin  über  stehend,  welches 
bewegung  über  eine  strecke  hinweg  nach  einem  vom  sprechenden 
abliegenden  ziele  bezeichnet. 

1)  rücksichllich  des  zurückgangs  der  form  ist  im  allgemeinen 
auf  einen  ähnlichen  verlauf  wie  bei  den  vorher  behandelten  herab, 
heran,  herauf  u.s.w.  hinzuweisen  ;  namentlich  ist  die  form  erüber 
{lieben  der  viel  häufigem  herüber)  Lcthers  bibel  angehörig :  so 
kompl  er  über  ins  iand.  Jos.  22, 19;  weitere  kürzung  su  rüber: 
Ton  Waldthal  rüber.  Fr.  MCller  1,293;  ritter  Carl  reitet  über 
Schonfeld  rüber.  2,246. 

2)  herüber  verbindet  sich,  zunächst  örtlich,  was  aber  leicht  in 
unsinnlichere  bedeutung  umschlägt  [s.  unten  herüber  schleichen), 
mit  rerben  der  bewegung  im  weitesten  sinne,  des  gehens,  trageus, 
blickens,  Sprechens;  der  scliarfe  hinweis  auf  den  sprechenden  ist 
selten,  aber  schon  in  alten  beispielen  rerblaszt,  wo  das  wort  in 
derselben  bedeutung  wie  darüber  oder  über  steht:  nu  ist  och 
billich  und  recht,  da;  ir  bar  über  {über  die  sünde)  etlich 
bioja  inpfänt.  Wackerxagel  leseb.  317,  tS  (predigt,  12.  jahrh.); 
da  Jesus  wider  herüber  fuhr  im  schiff.  Marc.  5,  21  {rariante 
hin  über,  griech.  SianeoäaaiTos  tov  ^r^aov,  bei  Behaim  ubir 
för  ubir  mer);  und  alsbald  treib  Jhesus  seine  jünger,  das 
sie  in  das  schiff  tralten  und  für  im  herüber  füren,  bis  er 
das  volk  von  sich  liesze.  Matth.  14,  22 ;  wo  ich  herüber  fare 
zu  dir  oder  du  herüber  ferest  zu  mir.  l  Mos.  32, 52.  ge- 
wöhnlich  ist  die  richtungd)eslimmung  des  her  scharf  attsgeprägt 
geblieben,  rergl.  die  unten  folgenden  Verbindungen  mit  verben.  die 
richlung  wird  näher  angegeben:  wenn  er  sich  aber  fürchtet, 
und  thar  nicht  über  die  bach  herüber,  so  wollen  wir  über 
das  Wasser,  l  Macc.  5,41;  bisz  zu  dem  bühel  Amma,  welcher 
ist  vor  Giah  herüber  in  den  weg  zu  der  wüsten  Gibeon. 
Scuuppiüs  692;  nachdem  der  herzog  schon  den  berg  Cenis 
herüber  war.  Schiller  S56; 

von  drüben  herüber,  von  drüben  herab, 
dort  Jenseit  des  bacbes  vom  hügel, 
blinkt  staulieb  ein  schlosz  auf  das  dörfchen  im  thal. 

Bürger  60». 

herüber  irtrd  mü  dem  gegensatze  hinüber  formelhaß  verbunden : 
sie  sprachen  viel  herüber  und  hinüber.  Göthe  19,180;  ja, 
wenn  sich  liebe  herüber  und  hinüber  zahlen  liesze,  wie  geld. 
7,130;  wenn  wir  unter  einander  etwas  haben,  so  können 
wir  herüber  hinüber  markten,  ein  groszer  herr  will  gehorcht 
sein,    an  Larater  154; 

reden  schwanken  so  leicht  herüber  hinüber,  wenn  viele 
sprechen.  1,336; 

er  spitzt  die  nase,  er  «tun  sie  ao, 
betracht  sie  herüber,  hinüber.    2,  194; 

IV.   II. 


HERÜBER  1170" 

war  ich  der  gedanken  los, 

die  mir  herüber  und  hinüber  gehen 

wider  mich  !  12.  200. 

verben  der  bewegung  sind  bisweilen  unterdrückt:  da  gings  I  rick 

rack!    herüber,    hinüber!    alles    todt   geschlagen,    alles   ins 

wasser  gesprengt.  Göthe  8,174; 

blickeben  hin  und  blick  herüber, 
bis  der  mund  sieb  auch  was  traut! 

Fr.  Ki>d  freischütz; 

namentlich  in  den  Verbindungen  herüber  müssen,  wollen,  kön- 
nen, dürfen  {rergl.  bei  herab  sp.  1006,  heran  lOIS  u.  ähnl.) : 
er  will  gern  herüber,  aber  er  kann  nicht  {nämlich  kommen), 
in  herüber  sein  prägt  sich  der  endpunkl  einer  bewegung  aus: 
als  der  mond  über  den  Apennin  herüber  war.  J.  Paul  Tit. 
4, 170. 

Tertien  der  bewegung,  mit  herüber  verbunden: 

bequemen:  deszhalb  er  denn  die  kleineren  und  grösze- 
ren  französischen  opern  herüber  zu  bequemen  bemüht  war 
(aufs  deutsche  theater).  Göthe  4S,  43. 

blicken:  er  blickt  herüber,  ich  hinüber. 

bringen:  die  andere  Völker,  welche  der  grosze  und  be- 
rhümbte  .\snaphar  herüber  bracht ,  und  sie  gesetzt  hat  in 
die  stedte  Samaria.  Esra  4,10;  brachte  er  in  herüber  in  dis 
Iand.  ap.  gesch.  7,4;  und  sind  erüber  bracht  in  Sichem.  16: 

mir  bringen  liebliche  lürie 
über  die  wallende  fluth  süsz  duftende  kühlune  herüber. 

GöTius  1^-3.36. 

donnern:    so    heftig   auch    das   feindliche   geschütz   von 
jenseit  herüberdonnerte.  Beckers  weltgesch.  9,  92. 
empfangen: 

ein  Strom  der  liebe  gieng 

aus  meiner  liebsten  herzen, 

den  ich  in  meins  empfieng 

herüber  ohne  schmerzen.    Rcckert  ges.  ged.  1,417. 

fahren:  ist  zwischen  uns  und  euch  eine  grosze  kluft 
befestiget ,  das  die  da  wollen  von  hinnen  hin  ab  faren  zu 
euch,  könden  nicht,  und  auch  nicht  von  dannen  zu  uns  her- 
über faren.  Lttc.  16,26.  transitiv:  lasz  dich  zu  uns  herüber 
fahren. 

gehen:  David  antwortet,  und  sprach,  sihe,  hie  ist  der 
spies  des  königs,  es  gehe  der  Jüngling  einer  herüber  und 
hole  in.  1  Sam.  26,  22. 

hangen:  es  hängt  ein  hoher  berg  herüber,  impendet  vions 
altis^mus.  Hederich  1271. 

klingen:  die  worte,  die  von  seinem  Sterbelager  zu  uns 
herüberklingen,  er.  kirchenzeitung  1866,  s.  706; 

aus  allen  dörfern,  Schluchten  weit 

die  abendglocken  herüberklingen.     Eicuesdorff  397. 

kommen:  ich  komme  herüber,  transeo.  Stei.nbach  1,906; 

o  komm  herüber!  edier  Düchtling,  komm 
herüber,  wo  das  recht  ist  und  der  sieg. 

ScHatER  Jungfrau  2,  10; 

eines  abends,  wo  es  ganz  dunkel  war,  . .  komme  ich  auch 
von  meinem  erb  da  herüber  meinen  gewöhnlichen  weg  ge- 
schritten. I]()iEBXAN?(  Münchh.  4,  24. 

nehmen:  wir  nehmen  den  gast  herüber  in  unsere  Woh- 
nung; aus  fremder  spräche  ausdrücke  herüber  nehmen;  in- 
dem wir  aus  allem  erkenn-  und  wiszbaren  ausdrücke  und 
terminologien  herübergenommen  haben,  um  unsre  anschau- 
ungen  der  einfachem  natur  auszudrücken.  Göthe  52,  306.  — 
herübernehmen,  wie  hernehmen,  ausscheiten,  durchheciieln : 

ein  mauschel  lief  mir  nach,  und  wiesz  mir  seinen  kram, 
disz  war  ein  theures  guih  der  allerfeinsten  spitzen; 
ich  sprach  :  die  kostbarkeit  mag  einem  andern  nützen, 
den  neulich  Flavia  so  gut  herüber  nahm.    Gc;<tbbr  50S. 

quellen:  der  ganze  nachmittag  war  voll  frühling  gewesen, 
und  jetzt  in  der  abendstunde  quoll  gar  ein  nachtigallen- 
schlag  wie  aus  einem  äuszern  blütenhain  in  seinen  innern 
herüber.  J.  Paul  fiegelj.  4, 103. 

reisen:    herüberreisen,    transmeare,    transgredi,    supergredi. 
Stieler  1589. 
säuseln: 

o  säusle  die  todten  gottes  herüber, 
mittagswind,  zu  dem  oeugeschatTenen  paradiese. 

Klopstock  b,  50  {iless.  t7,24>. 

schaffen:  wir  schafllen  eilig  unsere  Wenigkeiten  herüber. 
Göthe  28,188. 

schlagen:  so  kann  er  . .  unter  einem  am  biinmel  wallen- 
den nurdschein  spazieren  gehen,  der  für  ihn  genisz  eine 
aus  dem  ewigen  südinorgen  herüberschlagende  aurora  ist. 
J.  Pacl  flegelj.  1,  26. 

74 


1171 


HERÜBER  — HERUM 


HERUM 


1172 


schleichen:  weil  die  frühere  erlaubte  gewalt  über  das 
nicbtmoralische  wesen  (das  kind  ist  gemcinl)  sich  hinter  der 
allniülichkeit  seiner  entwickclung  unbemerkt  iils  eine  über 
das  moralische  herüberschleicht.  TU.  2, 17ü. 

spielen:  in  milternacht  giomin  es  leise  wie  apfelhlüthe 
an  und  liebliche  blitze  aus  morgen  spielten  herüber  in  das 
junge  rotb.  flegelj.  1, 116. 

tönen: 

das  gcklingel  der  heerdeii 

töut  vom  thale  herüber.    IIöltv  1U3  Halm. 

treten:  wie  es  gekommen,  d^sz  ich  wieder  von  der 
franzüsiscbeu  seile  auf  die  deutsche  herübergetrelen.  Götiie 
26,  50. 

trinken: 

wann  wir  deu  ganzen  tag  durchtrunken, 

bis  tief'  die  sonn  ins  ni^er  gesunken: 

so  trinket,  ilir  niemals  verdrossenen  brüder, 

den  nionücn  lierüber,  dann  trinkt  ihn  aucli  nieder. 

Cur.  f.  Weisze  kom.  opern  2,  18. 

verirren:  dazwischen  noch  manchmal  eine  kanonenkugel, 
die  sich  herüberverirrend  {vom  feinde)  in  den  Überresten  der 
Ziegeldächer  klapperte.  Götue  30,  73. 

winden: 

noch  stand  ich  aufgelöst  in  zfirtliches  entzücken, 
als  sie  im  sclilal'  sich  sanTt  zu  mir  herüber  wand. 

Wieland  17,  181  (läris  3,  91). 

würdigen:  die  erhabenheit  entadeln  und  zu  den  gemei- 
nen bedürfnissen  der  menschheit  herüberwürdigen.  Tieck 
Stcrnb.  1,  345. 

ziehen:  wenn  Judas  an  die  bach  kompt,  und  so  mutig 
ist,  das  er  erüber  ziehen  thar.  1  Macc.  5,  40 ; 

ich  selbst,  die  gottgesandte,  reiche  dir 
•die  schwesterliche  band,    ich  will  dich  rettend 
herüberziehn  auf  unsre  reine  seite. 

Schiller  juiujfrau  2,  10. 

wie  hernehmen,  aufs  körn  nehmen  (vergl.  oben  herüber  nehmen) . 
den  dollen  fahnrich,  welcher  mein  ärgster  feind  war,  zöge 
ich  gleich  herüber  und  selzte  ihn  auf  den  esel.  Simpl.  l,  145 
Kurz. 

3)  herüber  in  bezug  auf  zeit  ist  seltener:  ein  aller  gebrauch, 
der  sich  bis  in  unser  Jahrhundert  herüber  gerettet  hat;  eine 
sirte,  die  bis  auf  uns  herüber  reicht;  wir  haben  den  Bacon 
von  Verulam  am  ende  des  vorigen  Jahrhunderts  besprochen, 
dessen  leben  noch  in  den  vierten  theil  des  gegenwärtigen 
herüberdauert.  Güthe  53,  165;  die  vorige  nacht  schien  mir 
in  den  heuligen  lag  herüber  zu  langen.  J.  Paul  uns.  löge 
3,112. 

4)  herüber  substantivisch  verwendet:  indem  ein  jedesmaliges 
herüber  und  hinüber  ihm  {einem  fährmanne)  einen  bajocco 
eintrug.  Göthe  29, 158. 

5)  herüb'er  statt  hierüber  bei  verben  des  sagens:  und  spro- 
chent,  das  daj  fconcilium  zfi  Pise  und  die  cardinale  möhtenl 
einen  hobest  also  wenig  entsetzen  also  ein  kneht  sinen  her- 
ren.  und  seilent  harüber  vil  beweruuge  und  Sachen,  d.stddle- 
chron.  9.  614,  2«i.     s.  hierüber. 

HERUM,  adv.  circuvi. 

mhd.  her  umbc,  lier  umb  {üb.  3, 179'),  nhd.  zeigen  sich  neben 
dem  gewöhnlichen  bcrumb  der  altern,  lierum  der  neuern  spräche 
seltenere  nebenformen,  wie  herurabe  («.  unten  2),  herum  ciVcuni 
Stieleb  2384  ;• 

seine«  himmels  güldne  decke 

(pannt  er  um  dich  rings  herum, 

dasz  dicii  fort  nicht  niuhr  orgclirecke 

deiue»  leindes  ungestüm.    I'acl  Gkrbaro  2,  10; 

gekürzt  erumb  (th.  3, 1035)  und  endlich  rum :  so  kundlen  sie 
in  alle  Ire  vier  orter  gehen,  und  durften  sich  nicht  rumh 
lenken.  He$.  lo,  ll ; 

wo,  zum  teufel  I  Ist  denn  der  ort, 
da  mein  könig  elntt  bleiben  wird? 
möcht  wol  wisin,  wo  er  »ich  rum  schiert. 

Upkl  u.  Cüun  116,  140; 
bei  irem  rumhautiren.    Stopps  Parnai»  137; 
der  herr  profe»»«r 
lie>t  heut  kein  collcgium, 
druro  ist  c*  hcmcr 
man  trinkt  ein*  mm. 

iiiuilunleiitied  'la  »a  ge^ilifinm^ri  . 

du  vmtlellung   umher    {veryl.  herab  und  obher,    liernoeb  und 
n.-irhhir   u    „\    ,,,,  allgemeinen  glnchbedciUend  mit  herum,   hat 
<•»»  no.  4)  in  der  modernen  spräche  vor  dem 
■  _-    j  erfahren. 


Bedeutung. 

1)  herum,  örtlich,  als  ein  verstärktes,  dem  ziele  nach  bestimm- 
tes um,  zum  ausdruck  einer  kreis-  oder  bogenförmigen  bewegung 
(ider  riclitung,  die  ciQcntlich  nach  einem  sprechenden  oder  deni 
mit  ihm  in  näch.<lcr  beziehung  stehenden  orte  zu  ihren  abschluss 
findet;  ein  früher  vorhandener  gegensatz  hinum  ist  indes  der 
Schriftsprache  jetzt  verloren  gegangen  {vgl.  an  alphabetischer  stelle), 
daher  denn  der  hinweis  auf  den  ort  des  sprechenden  nicht  immer 
scharf  mehr  hervortritt,  die  bewegung  kann  nach  ausdchnung  und 
verlauf  eine  sehr  verschiedene  sein,  wobei  das  zum  advarbium 
gesetzte  verb  oft  wesentlichen  einflusz  hat,  sie  drüclH  in  manchen 
fällen  ein  zurück  aus,  vergl.  unten  bä  herum  lenken,  schwen- 
ken, werfen,  daran  schlieszt  sich  die  formet  hin  und  herutn, 
ausdchnung  nach  einem  punide  und  wieder  zurück  angebend: 
aufentbalter  .  .  die  das  laut  hin  und  horuinb  unter  in  betten. 
d.  städtechr.  3, 52, 11 ;  t«  andern  fallen  eine  bewegung  um  die 
eigene  axe  (herum  drehen,  drillen),  in  noch  andern  die  be- 
wegung eines  vollen  kreises  oder  nur  kreisabschniltes,  wie  die  unten 
folgenden  Verbindungen  mit  verben  ergeben,  der  mittelpunkl  oder 
der  verlauf  der  richtung  wird  hierbei  auch  durch  weitere  praepo- 
sitionale  oder  adverbiale  zusiitze  angegeben :  er  bawet  auch  einen 
gang  oben  auf  dem  ganzen  hause  herumb.  1  A>Jn.  6,10;  wie 
ein  fruchtbarer  weinstock  umb  dein  haus  herumb.  ps.  12S,  3; 
vor  jglichem  erker  einen  vorliof  am  Ihor  rings  herumb.  lies. 
40,  14;  und  es  waren  enge  fensterlin  an  den  gemachen  und 
erkern  hin  ein  werds,  am  tlior  rings  uinbher,  also  waren 
auch  fenster  inwendig  an  den  hallen  herumb.  IG;  da  waren 
kamern,  und  ein  pllasler  gemacht  im  vorhofc  herumb.  17; 
vom  thor  bis  zum  allerheiligsten,  auswendig  und  inwendig 
herumb.  41,  17;  und  es  gieng  ein  meurlin  umb  ein  jgiichs 
der  viere  {cclcen),  da  waren  hcrle  herumb  gemacht  unten  an 
den  mauren.  46,23;  es  war  um  uns  eine  menge  birsche 
herum,  circumfluebal  nos  cervorum  muUiludo.  Hedeiucu  1274; 
das  schifflein  war  mittelmaszig  .  .  aber  mit  güldenen  und 
silbernen  gemälden  war  es  trefflich,  und  mit  glänz  der  bilder 
überwund  es  das  gnnze  wasser  herumb.  Schuppiüs  713;  vgl. 
auch  ringsherum,  rundherum; 

er  ritt  wol  umb  das  rathaus  herumb.     Uhland  volkst.  560; 

ich  träumte  mich  in  goldne  paradiese, 

sah  nektar  und  elj'sium 

statt  meines  hachs,  statt  meiner  bunten  wiese, 

um  meinen  trunknen  blick  herum.    IIölty  126  Uatm; 

so  sangen  sie,  und  machten  im  gedränge 

um  mich  herum  den  feuchteti  räum  zu  enge. 

Wieland  17,  1»6  {Idris  3,  100); 

um  rind  und  blätter  rund  herum.    Dürceb  144'; 
und  herum  im  kreis, 
von  mord^ucbt  lieisz, 
lagern  sich  die  gräulichen  katzen. 

Schiller  handschuh. 

in  enger  Verbindung  mit  verben  der  bewegung,  in  eigentlichem 
sinne,  oder  bildlich  verwendet;  so 

biegen:  der  wagen  biegt  um  die  ecke   herum. 

drehen,  transitiv  und  reflexiv :  den  braten  herumdrehen; 
0  sappcrment !  was  kunte  sich  das  mensche  schlangenweise 
im  kreisze  herum  drehen  {beim  tanze).  Schelmuffsky  1,48;  weil 
aber  mein  publicum  jene  belobten  gogensiände  im  rücken 
hatte  und  sich  nicht  ganz  von  mir  abwenden  wollte,  so 
drehten  sie  auf  einmal,  jenen  vögeln  gleich  die  mau  vvende- 
hül.se  nennt,  die  köpfe  herum.  Gütue  27,47;  das  ganze 
dreht  sich  um  den  umstand  herum,  dusz  ...  Gotter  1,76 
anmerk.;  indesz  Wilhelm  ..  seine  ideen,  die  nur  zu  lange 
sich  in  einem  engen  kreise  hcrumgedrehl  halten ,  lüglich 
weiter  ausbreitete.  GilTnE  19,113;  in  dieser  art  ging  der 
brief  noch  lange  fort,  drehte  sich  zu  Wilhelms  schmeizlicher 
Zufriedenheit  immer  um  denselben  punkl  herum.  30,111; 
seht  diese  Offenheit,  wie  hübsch  sie  sich  zur  frechheit  herum- 
gedreht hat.  Schiller  räuber  1,1; 

schon  ringt  sie  an  (lUann),  nach  ihrem  drnchenwagen 
unsclilnssig  «Ich  hemm  /u  drehii.      Wiklani)  10,  t5A; 
Isti  denn  »o  schwer,  sich  um  die  klippen 
de«  hol«  mit  ll!>l  hHiunizuilrelui?    (jOKInck  2,  IM; 
dii  droht  er  schnell  sich  ander*  rnin, 
■  wird  ober  tlotii  niclit  besser  drum  •— 
der  topf  der  hangt  Ihm  hinten.    Ciuauio  geä.  94. 

nintiinlirlirr :  ich  habe  in  keiner  widcrwartigkeil  mich  »ehr  ge- 
grllmt,  es  hat  inirs  auch  der  himmel  so  bunt  herumb  drehen 
miigcii,  nl«  er  gewoll.  pers.  rosenth.  3,19:  c«-  dreiil  mir  die 
Worte  im  innnilc  hei-uin,  madU  sie  zu  etwas  yant  anderem, 
gibt  ihnen  votkclirten  sinn. 


1173 


HERUM 


HERni 


1174 


drillen  {vgl.  trillen): 

diese  art.  sich  selbst  zu  überfüllen, 
und  in  dem  bunJsten  einerlei 
von  sinnenrausch  den  geist  herum  lu  dnllen. 

WlELA!«D    IS,  202. 

durmeln:  traf  ihn  del-gestalt  an  die  stirn,  dasz  er  herum 
durmelte  wie  ein  garnwinae  und  endlich  zu  boden  fiel. 
S./n/i.  1,410  Kur:. 

fahren:  um  die  Stadt  herum  fahren;  dann  die  fuhr-  und 
kaufleut  die  meiden  oft  die  weg  zu  den  gasthäusern,  wo  es 
hungerig  daher  gehet,  fahren  weitern  umkreisz  herumb,  da- 
mit sie  für  einen  bösen  und  mühsamen  lag,  einen  guten 
abend  bekommen.  Schcppics  740. 

flattern:  erstaunt  bemerkte  er,  dasz  die  vögel  um  das 
wesen  herumflatterten.  Klixger  6,  45. 

fragen,  in  einem  kreise  die  umfrage  thun.  Steinbach  1,490. 

führen:  kommen  mir  für  wie  die  hecken,  die  meine 
bauren  gar  sehlau  um  ihre  felder  lierumführen,  dasz  ja  kein 
hase  drüber  setzt.  Schiller  rduber  1,1;^  den  pHug  liärumb 
füren,  aratnim  circunducere.  Maaleb  206*. 

gehen,  in  verschiedenem  sinne;  von  lebenden  vesen:  wir 
gehen  ein  wenig  um  die  thore  herum  (spazieren);  so  man- 
gelt dem  bilde  die  rundung,  das  körperliche;  wir  sehen  nur 
immer  eine  seile  . .  deren  allzuschneidende  auszenlinien  uns 
gleich  an  die  täuschung  erinnern,  wenn  wir  in  gedanken  um 
die  übrigen  selten  herumgehen  wollen.  Lessisg  7, 98.  die 
katze  geht  um  den  brei  herum;  und  nach  der  redensart :  herum- 
gehen wie  die  katze  um  den  heiszen  brei,  zögernd,  haben 
sich  ähnliche  bildliche  ßgungen  gebildet:  zwar  habe  ich  den 
Wallenstein  vorgenommen,  aber  ich  gehe  noch  immer  darum 
herum.  Scbiller  an  Goihe  228;  doch,  wie  gewöhnlich,  ging 
ich  lange  um  mich  herum,  ehe  ich  muih  genug  faszfe,  mein 
rorhaben  auszuführen.  Thcsijiel  2,  S9;  Wilhelm  dachte  allerlei 
bei  sich  selbst,  was  er  jedoch  dem  guten  menschen  nicht 
ins  gesiebt  sagen  wollte,  er  ging  also  nur  von  ferne  mit 
dem  gespräch  um  ihn  herum.  Göthe  18,79;  der  freund  sollte 
nicht  um  den  freund  mit  worten  so  herumgehn.  Tieck  2,123. 
von  dingen: 

mir  wird  von  alle  dem  so  dumm, 

als  ging  mir  ein  mühlrad  im  köpf  herum.    Götoi  12,  96; 

und  hieran  angeschlossen: 

im  köpfe  war  mir«  wie  betnmken, 

es  ging  die  weit  mit  mir  herum.     1,  23 

{tgl.  auch  nnlen  3,o);  bei  einer  gesellschaft,  die  im  kreise  sitzend 
gedacht  wird,  geht  der  becher  herum  {rergl.  unten  herum  trin- 
ken):  füllt  die  gläser!  ihr  dort  laszt  noch  eins  herumgehen, 
bevor  sich  alle  versammelt.  Fr.  Müller  3,264;  Götz  (schenkt 
ein),  es  geht  just  noch  einmal  herum.  Gütbe  8,110; 
top!  top!  kling!  klang!  das  ging  herum!    12,  191. 

in  beiug  auf  gesellschaßsspiele:  der  plumpsack  geht  hernm; 
die  naiTenmaske  ging  in  der  gesellschaft  herum,  und  jedem 
war  erlaubt,  sie  an  seinem  tage,  mit  eigenen  oder  fremden 
atlributen,  charakteristisch  auszuzieren.  19,117.  auch  in  be- 
xug  auf  einsammlung  der  stimmen  in  einem  kreise:  und  liesz 
die  stimm  herumb  gehen.  Mathesiüs  Luther  143*.  an  diesen 
rorgängen  hol  sich  wol  ein  unpersünlidies  wenn  es  lang  herum 
geht,  für  lange  Kährt,  herausgebildet:  mich  dünkt,  wanns  lang 
herumm  gehe,  so  werde  ich  diesen  m.  Bernhard  Schraid  .. 
nit  in  Dreszden ,  sondern  in  einer  andern  Stadt  finden. 
ScHCPPius  804;  (weil  ich)  besorgen  müste,  wir  würden,  da  es 
noch  lang  herum  ging,  einander  endlich  in  die  haare  ge- 
rathen.  Simpt.  2,86  Kurz;  er  kratzte  sich  zwar  hinder  den 
obren  und  entsetzte  sich  vor  meinem  zumuthen  als  wie  vor 
einer  unmugüchen  sach;  aber  da  es  lang  herum  gieng,  er- 
klärt er  sich,  meinetwegen  in  tod  zu  gehen.  3, 98.  aucii 
eine  rollcsmäszige  redensart:  es  gehl  in  einem  herum,  d.  h. 
irgend  eine  angelegcnheit  wird  mit  einer  andern  zugleich  erledigt, 
nicht  besonders  betrieben,  scheint  denselben  hintergrund  zu  haben. 
—  herum  gehen  in  bezug  auf  eine  erstreckung  von  gegenständen : 
es  gienge  eine  halle  herumb  (um  den  vorhof).  //es.  40,  30;  es 
giengen  leisten  herumb  (um  die  opfertische).  43. 
gucken: 

gucktest  du  nicht  stets  herum, 

wnnlest  mich  nicht  sehen; 

nimm  dein  halschen  doch  in  acbtl 

wirst  es  noch  verdrehen.    Uulaiid  ged.  31. 

kehren:  er  kehrte  den  stein  herum;  bildlich:  mein  herz 
k«hrt  sich  mir  herum  (i-or  xc/inierj) ;  ha!  kehrt  es  sich  doch 


immer  in  mir  hernm.  so  oft  ich  zurückdenke.  Kliscek  iheater 
2,  273. 

kommen:  der  wind  gehet  gen  mittag,  und  kompl  herumb 
zur  mitterriacht,  und  widfr  herumb  an  den  ort,  da  er  an- 
fieng.  pred.  Sal.  1.6;  was  altfränkisch  ..  ist,  mag  niemand, 
es  komm  dann  in  einem  cirkel  wider  herumb,  das  (dasz  es) 
wider  new  werde.  Frank  spr.  2,7';  welhem  rihter  an  das 
gricht  geboten  wirt  zue  hus  ald  zue  hof,  und  nit  kumpt, 
untz  die  erst  frag  von  gricht  herumb  kumpt  (der  zahlt  strafe), 
weistk  5,  215  (Schwarzwald,  15.  jahrh.). 

kreisen:  steht  der  kaiser  in  einem  hofzirkel,  in  welchem 
goldne,  weingefüllte  schalen  herumkreisen.  Göthe  6, 197. 

krümmen:  der  herumgekrümmte  fuszsteig.  J.  Pacl  He-sp. 
3, 1S5. 

kugeln:  als  wenn  feuer  in  seinem  köpfe  wäre,  das  durch 
die  äugen  hervorleuchtete?  wie  er  sie  herumkivgelt,  die  stirn 
verzieht,  als  hält  er  immer  was  böses  im  sinne?  L.  Ph.  Hahn 
der  aufruhr  zu  Pisa  30;  man  kann  sie  in  die  band  nehmen 
und  in  derselben  kerumkugeln.  Breuv  iiluslr.  thierleben  2.  lio. 

laufen:  das  rad  läuft  herum;  er  lief  betrachtend  um  das 
ganze  gebäude  herum;  du  siehst  in  die  zeit  hinaus,  wo  dein 
kleiner  sarg  steht,  an  welchem  ein  grausamer  engel  die 
schönen  um  ihn  herlaufenden,  noch  frischen  blumenstücke 
der  liebe  wegwischt.  J.  Paul  Tit.  3,  79. 

lenken:  lenket  sich  (die  grenze)  erumb  von  Baala  gegen 
dem  abend  zum  gebirge  Sein  Jos.  15, 10;  ich  wil  dich  herumb 
lenken.  Hes.  39,2; 

fahret  nicht  rasch  bis  hinan;  wir  möchten  zu  unsrer  be- 

srhämung 
sachte  die  pferde  herum  nach  hause  lenken.    Göthe  40,301. 

passieren,  vom  becher: 

darum  musz  er  herumb  passieren.  Weckheblis  351. 
rollen:  wie  sie  ..  in  Verzweiflung  wieder  auffährt,  die 
äugen  wie  feurige  räder  im  köpf  herum  rollt.  Wieland  19,285. 
rücken:  man  musts  alles  rumrucken,  nichts  stehen  noch 
bleiben  lassen ,  sondern  alles  newmachen.  Alberds  wider 
)yifzeln  G7';  also  setzet  er  nu  hie  die  stücke  (eines  beweises) 
nach  einander,  und  rücket  sie  herumb.  Li:ther  6,  226*. 

schlingen:  er  schlang  den  arm  um  sie  herum;  dem 
Städtchen  Bitsch,  das  sich  sehr  mahlerisch  um  einen  berg 
herumschlingt.  Göthe  25,330. 

schnappen:  so  fasse  er  mit  seinem  rechten  daumen 
den  griff  mit  no.  1  (an  einem  zauberbuche),  lasz  die  biälter 
nach  einander  herumb  schnappen,  so  erscheinet  nichts  als 
weisz.  Simpl.  4, 214  Kurz. 

schnellen:  lasz  die  blätter  abermal  herumb  schnellen. 
daselbst. 

schwenken: 

so  deckte  die  Achäer  weiszer  staub, 

der  unter  ihnen,  von  dem  hufgalopp 

herum  geschwenkter  rosse  los  genühft, 

empor  zum  tlrmament  des  himmels  stieg.    6&rge>  164*. 

schwingen:  das  wurde  gleich  angezeigt  und  darauf  der 
unschuldige,  als  genugsam  überzeugt,  erbärmlich  herum  ge- 
schwungen. Simpl.  1,427  Kurz; 
dann  scliwingt  sich  der  weg  noch  weit  herum  nach  dem  dorfe. 

Yosa  1,  85  {Luise  2,  741. 
singen,  com  rundgesange: 

ei,  kameraden.  sitzt  man  auch 

beim  erndteschmaus  so  stumm? 

frisch  auf,  und  siugt  nach  altem  brauch, 

ein  hübsches  lied  herum !    J.  M.  Miller  gedickte  75. 

spielen:  am  ende  narr  ich  sie  (meine  üebhaber)  doch  alle, 
spiel  sie  herum,  wie  der  knabe  den  kräusel.  Kli.hgeb  tiuater 
2,  283. 

stehen:  und  stunden  pfeiler  unten  bei  den  wenden  am 
hause,  allenthalben  herum,  ües.  41,  6. 

streuen:  er  dachte  sichs,  wie  weit  er  von  einer  so  hohen 
stelle  das  licht  herumstreuen  könnte.  J.  Pacl  Tit.  2.  99. 

stricken:  ich  habe  achtmal  herumgestrickl.  Kotzebde 
dram.  spiele  2,  2t  1. 

tanzen:  nahm  er  seinen  hut,  stellte  ihn  auf  die  spitze 
eines  fingers,  liesz  ihn  sehr  künstlich  darauf  herumtanzen. 
Lessisg  U,  29. 

treiben: 

ein  müblstein  und  ein  menschenherz,  wird  stets  herum  getrieben. 

LoCAO  2,  73,  72; 
die  wankelmfitlige  menge, 
die  jeder  wind  berumtreihi ! 

Scbil'lzr  Marin  Stuart  4,  11; 

74* 


1175 


HERUM 


HERUM 


1176 


der  wirbfl  von  gescbäften  und  Zerstreuungen,  worin  er  seit 
seinem  lOten  jalire  herumtrieb.  Wieland  Horazens  episleln 
(1801)   2,38. 

t rillen  (vergl.  drillen):  und  damit  schwieg  er  still,  und 
trillete  immer  seinen  but  herumb,  ihm  die  fäsiein  abzulesen. 
Simpl.  3,  323  Kurs. 

trinken:  ich  geriethe  daselbst  ..  unter  die  compagnia, 
da  wir  anfangs  tapfer  herum  tranken,  darauf  auch  anfiengen 
zu  spielen.  Simpl.  2,  302  Kurz;  sie  trinken  tapfer  herumb. 
J.  Ayrer  368'  (1846,  26  Keller),     vergl.  oben  unter  herum  gehen. 

wachsen:  Franz  Sartori  erzählt,  dasz  kaiser  Karl  der 
fünfte,  nach  andern  aber  Friedrich  an  einem  tisch  sitzt,  um 
den  sein  hart  schon  mehr  denn  zweimal  herumgewachsen 
ist.  Grimii  deutsche  sagen  1,  no.  28. 

wenden,  verkehren,  eine  andere  seile  zeigen;  bildlich; 

glück  zu  du  ödes  feld  I  glück  zu  ihr  wüsten  auen ! 
die  ich,  wann  ich  euch  seh,  mit  thronen  musz  betauen, 
weil  ihr  nicht  mehr  seid  ihr;  so  gnr  hat  euren  stand 
der  freche  mordgott  Mars  grunüausz  herum  gewand ! 

LoGAU  1,  &0,  4. 

werfen:  wann  sie  sich  also  wacker  auf  eim  fusz  herumm 
warfen  und  dummelten.  Garg.  82^; 

fleng  er  den  hengst  zu  tummeln  an, 
sprengt,  stutzt  un  warf  in  schnell  herum, 
rent  ein  weil  schlecht,  ein  weil  die  krümb. 

miickenkr.  1,  813; 
der  freiherr  warf  sein  haupt  herum, 
und  wies  den  krausen  nacken.    Borger  54*; 

Mariane  hörte,  wie  der  vatcr  sich  unwillig  auf  dem  lauhsack 
herumwarf  {auf  die  andere  seile).  Felder  sondert.  2,  56. 
winden: 

wie  ein  krause!  wand 
sie  sich  herum.    .       Göeingk  2,214; 

eine  um  die  erde  berumgewundene  verkleinerte  milchstrasze. 
J.  Paul  holzschnille  s.  141. 

wirbeln:    beide   matrosen    wurden    mit  in  die  höhe  ge- 
schleudert,  wirbelten   unter  sich  und  über  sich  in  der  luft 
herum.  Hebel  schalzkästl,  141. 
ziehen: 

der  berg,  der  ist  mein  eigenthum, 

da  ziehn  die  stürme  rings  herum.    Uhland  ged.  21. 

2)  die  zeitliche  bedeutung  von  herum  knüpft  an  die  Vorstellung 
von  dem  unilauf  und  der  damit  vollzogenen  Vollendung  des  jalires 
an:  wie  die  zeit  des  jars  sich  endert,  und  wie  das  jar  herumb 
lauft,  weish.  Sal.  7,19;  dies  Jahr  ist  mir  herumgekommen, 
ohne  dasz  ich  weisz,  wie  es  zugegangen  ist.  Wieland  in 
Mercks  briefs.  1,  496  ; 

ein  hülzene  stelzen  ist  mir  gerecht, 

ja  e  das  jar  herumhe  kumt, 

gib  ichs  ein  spitelknecht.    Ublai«d  votlisl.  520; 

doch,  gott  sei  dank!  mein  probejahr 

ist  Docn  nicht  ganz  herum.    Borger  4'*; 

freier  auch  auf  andere  Zeiten  als  die  eines  Jahres  bezogen:  das 
leben  fliegt  beute  auf  einem  Sekundenzeiger  herum,  wie  ein 
Wecker  rollet  es  ab.  J.  Paul  Kampanerthal  21; 

die  bange  nacht  ist  nun  herum. 

IIerwegh  reiterlicd; 

ach!  wer  sich  hinlegen  dürfte,  und  einschlafen  und,  erst 
wenn  alles  herum  ist ,  wieder  erwachen,  daheim  1872  no.  37 
s.  684*. 

8)  gewiue  mehr  oder  weniger  formelhaß  gewordene  fügungen 
fuszen  auf  der  Vorstellung  der  kreisförmigen  bewegung ,  wie  sie 
herum  autdrückt,  wenn  auch  diese  Vorstellung  Jetzt  nicht  immer 
mehr  deutlich  gefühlt  wird. 

a)  gedanken,  mit  denen  man  sich  anhaltend  beschäftigt,  gehen 
(.inem  im  köpfe  iierum  {vgl.  auch  oben  herum  gehen  utifrr  l 
fp.  1173):  ist  ja  so  grüsziich  davon  zu  hören,  s  gehl  in  einem 
ruin.  Fr.  MCller  1,308;  es  hiitte  mirs  herz  abgefressen,  wenn 
ich  ihnen  nicht  sollte  an  hals  gekuuiincn  sein,  schon  Jahr 
und  tag  geht«  mit  mir  herum.  Güthe  42,71;  mir  gehta  so 
confus  im  köpfe  herum.  7,140;  vom  goldklumpen,  der  ihm 
im  köpfe  herum  ging.  J.  Palm,  leben  Fibels  A^;  flnstre  gedanken 
.  .  .  ziehen  in  meinem  gehirnc  herum.  Klinger  3,212;  von 
mutik: 

A.  wie  steht*,  herr  Söller?   .S.  dumm! 
et  iceht  mir  die  muaik  noch  so  Im  köpf  herum. 
{er  reibt  tlie  ttiru}.    et  (hut  mir  grflulich  »eli. 

GöTUK  7,  102. 

daher  freier:  eine  unruhige  herrscbhegicrde  ...  hot  ihn  bc- 

HlJUi.lip     1..T, ,r,, ..■,.!,, -I..,,,       (If,..      / r^     .,„      I     ..     M.,//,.,     eil) 


b)  eine  nachricht,  ein  gerücht  wird  herum  gebracht,  herum 
getragen,  kommt  herum,  verbreitet  sich  in  einem  gewissen  um- 
kreise: ich  wollte  nicht,  dasz  du  es  in  Berlin  herumbrachtest, 
wie  gemein  ich  mich  wieder  einmal  gemacht  habe.  ThCmmel 
6,199;  ich  habs  ja  in  der  ganzen  Stadt  schon  herumgesagt! 
die  mariage  ist  ja  in  jedermanns  munde.  Schiller  kab.  u. 
liebe  3,2;  mittlerweile  hatte  sich  die  vermuthung  des  posl- 
meisters  herumgesprochen.  Dahlmann  gesch.  d.  franz.  revol.  376; 
schon  seit  einem  jähre  .  .  hat  die  Verleumdung  .  .  sich  in 
Eutin ,  zuerst  bei  den  höheren  ,  herumgezischelt.  Voss  wie 
ward  Fr.  Stolberg  ein  unfreier  s.  37  ;  dasz  man  . .  die  albernsten 
und  tollsten  mährchen  von  ihm  herumtrug.  L.TiEci  ges,  nov. 
1,21; 

wahrscheinlich 
ist  die  geschichte  schon  herum.    Scbiller  Karlot  2,  8, 

tgl.  hierzu  bei  herum  gehen  und  herum  greifen  unten  unter  4. 

c)  «K  anderes  herum  bringen,  zu  der  entgegengesetzten  mei- 
nung ,  Stellung  oder  bedeutung  verkehren,  lehnt  an  die  sinnliche 
Vorstellung  eines  drehens  mit  anstrengung  an:  s. Romanus  bringt 
die  besessene  und  unsinnige  wider  herumb  (macht  sie  wieder 
gesund).  Fischart  fci'ctiA.  184';  o  hör  sie  doch,  hör  sie  dochl 
wie  er  das  nun  wieder  so  herum  zu  bringen  weisz!  Lessinc 
1,550;  musz  den  augenblick  nachlaufen  und  ihn  mit  ein 
paar  närrischen  histörchen  wieder  herumbringen.  Fr.  MCller 
2,47;  das  ist  ein  alter  racker!  rief  der  pferdehändler  .  ,  . 
wenn  der  nicht  will,  so  bringt  ihn  der  teufel  nicht  herum. 
Immermann  Münchh.  1,131;  weil  ich  mir  einbildete,  ich  könne 
alles  durchsetzen,  was  ich  wolle,  und  werde  das  mädchen 
schon  rumkriegen,  wenn  ich  es  nur  recht  anzufangen  wisse. 
4,  23 ;  in  der  mildern  bedeutung  drehen,  wenden,  vom  bericld  einer 
thalsache:  vielleicht  zürnen  sie  über  mich,  dasz  ich  gerade 
zu  gestanden  habe,  dasz  euer  wohlgebohrnen  mir  das  helm- 
städtische manuscripl  zugeschickt  haben,  aber  wie  konnte 
ich  anders?  wie  hätte  ich  es  herumbringen  müssen,  wenn 
ich  der  Wahrheit  nicht  zu  nahe  treten  ..  wollte?  Reiske  bei 
Lessing  13,  287.  —  Ähnliche  Verbindungen :  sie  wüste  mit  weit- 
läufigen Umschweifen  artlich  herumb  zu  kommen.  Simpl.  3,27 
Kurz;  die  compagnie  muszte  lachen,  dasz  des  doctors  sein 
eigen  weib  ihn  so  herum  nahm  {in  einem  worlstrcite  besiegte), 
unw.  doctor  430;  dieser  verfluchte  kerl  schwäzt  wie  ein  dämon, 
und  Jiat  euch  das  weib  herumgedreht,  eh  man  sichs  versah. 
Klinger  theater  4,269;  sie  sehen,  dasz  meine  absiebten  auf 
mamsell  Louisen  ernsthaft  sind,  wenn  sie  vielleicht  von  einem 
adeligen  Windbeutel  herumgeholt  .  . .  Schiller  kab.  u.  liebe  1,2. 

d)  wird  ein  bestimmter  kreis  von  geschäften  regelmdszig  ab- 
gewickelt, so  kommt  man  damit  herum:  mir  liegt  so  vieles 
auf  dem  halse  —  wahrhaftig,  es  braucht  meinen  ganzen 
köpf,  um  herum  zu  kommen.  Schiller  parasil  3,4;  wer  mit 
solchen  geschäften  zu  ende  ist,  sagt  ich  bin  nun  herum,  bin 
fertig. 

e)  der  begriff  der  Wendung  der  in  herum  liegt,  verläuft  in 
den  vollständigen  Unterganges:  als  sy  aber  vor  der  statt  mangel 
an  profand  . .  betten,  stürmten  sye  Hicricho  herumb,  funden 
darinn  vill  gelts.  S.  Frank  chron.  1531  33*  {zerstörten  es  stür- 
viend,  kehrten  das  unterste  zu  oberst); 

wer  im  gewühl 
der  autorschaft 
sich  um  gefühl 
und  Icbenskralt 
herumgeschrieben.      GAkingk  1,  260. 

m  gewöhnlichen  leben  hört  man  oft:  um  mein  geld  bin  ich 
hcriiii),  es  ist  mir  verloren;  um  meine  belobnung  bin  ich 
herum  gekommen. 

/)  die  örtliche  Verbindung  liier  herum,  da  herum,  dort  herum 
will  einen  umkreis  bezeichnen ,  in  dem  etwas  vorhanden  Ul  oder 
geschieht,  vergl.  daherum  theil  2,  CS5,  dortherum  1307 :  die  eid- 
genössischen truppen  waren  in  Basel  und  um  Basel  herum 
einquartiert ; 

da  bat  ihm  jemand  heut  ins  ehr  geseilt: 
et  lebe  hier  herum  ein  Jude,  der 
ein  chritienkind  als  seine  tochter  sich 
erzöge.  I.kssikc  2,  320; 

die  bürschlcin,  dachte  er,  wissen  sonst  den  bescheid  in  der 
Stadt  herum  am  besten,  weil  sie  der  wind  aus  allen  gnssen 
zusammen  weht.  Hebel  3  (1853)  .<.  30.  diese  Verbindung  wird 
in  der  tprache  des  gewöhnlichen  lebens  auch  freier  geltraucht,  man 
hört :  diese  snche  wird  um  zwanzig  thaler  lirniin  kosten. 
ungefähr  w  viel;  auch  zeitlich:  er  wollte  um  pÜng^ten  herum 

II.;.  I|     lifvii,  liiMi       i/,,<i/.     t.i     .„'ir  lhlt,-i      l,-,ii-     pi-LU'U     Iilic-   -vlcil 


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4)  sehr  häufig  hat  heram  seinen  altern  eigentlichen  begriff  ver- 
loren, slatl  der  kreisförmigen  ricIUung  die  es  zeichnet,  tritt  mehr 
ein  unbestimmtes  hin  und  her  hervor,  doch  steht  in  manchen  der 
unlen  folgenden  Verbindungen  das  adverbium  auf  der  grenze  zwischen 
dieser  und  jener  bedeutung ,  vergl.  namentlich  herum  dorkeln, 
kehren,  querlen,  rollen,  rühren,  wälzen,  winden ;  auch  herum 
kommen  (in  der  well)  knüpß  doch  zitnächst  an  die  rundgestall 
der  erde  an.  —  Für  herum  in  dem  eben  angegebenen  sinne 
braucht  der  moderne  edlere  stil  lieber  umher,  verben  der  be- 
vregung  im  Keilesten  sinne,  mit  denen  solches  herum  sich  ver- 
bindet, sind 

balgen:  der  mörder,  mit  dem  er  sich  herumbalgte.  Göthe 
27,232;  ich  balge  mich  nicht  zum  erstenmal  mit  dem  glück 
herum.  Kli.^ger  l,  127 ; 

jüngst,  als  der  märz 
sich  mit  dem  frost  herumgebalgt.    Fr.  .Möller  2,367; 

mit  schlechtgeleckteii  tölpeln 
täglich  mich  herumzubalgen. 

H.  Heihk  17,  55  {Atta  Troll  14). 

bchelfen:  wenn  so  ein  musje  von  sich  da  und  dort, 
und  dort  und  hier  schon  herumbeholfen  hat.  Schiller  kab. 
u.  liebe  1, 1. 

beiszen:  zweene  hanen  geralhen  an  einander  und  beiszen 
sich  tapfer  herum.  Lokmans  fab.  36;  bildlich:  weil  der  hausz- 
valter  diszfalls  gar  gewissenhaft  war,  musten  wir  uns  mit 
stinkenden  hücklingen  ..  und  andern  abgestandenen  fischen 
herum  beiszen.  Simpl.  1,349  Kurz;  wir  wollen  uns  nicht  in 
gleichniäsen  herumbeiszen.  Göthe  16,  62. 

bieten:  was  sie  als  meine  lehre  herumbieten.  Fichte 
philos.  journ.  fcrf.  9,  359;  es  werden  allenthalben  wunderliche 
gerüchte  von  mir  herumgeboten.  Fichtes  leben  1,  289. 

da  hie  n,  tändeln:  du  möchtest  zur  andern  zeit  meinet- 
wegen herumdahlen,  die  güldenen  Jugendstunden  verwürfein. 
Fb.  MilLLER  3.  5S. 

denken:  über  diesen  einzigen  vogel  dacht  ich  oft  weit 
und  breit  herum,  a.  m.  im  Tockenb.  38;  ich  habe  in  allen 
meinen  papieren  henimgedacht  und  finde  nichts,  womit  ich 
ihnen  zum  almanach  zu  hülfe  kommen  könnte.  Göthe  an 
Schiller  501. 

dorkeln:  allermaszen  ich  ...  herumdorkelte  und  kaum 
so  viel  witz  behielte,  oben  in  das  haus  zu  gehen,  um  eine 
ruheslalt  zu  suchen,  da  ich  meinen  starken  rausch  wiederum 
sicherlich  verschlaffen  möchte.   Simpl.  3,  414  Kurz. 

drücken,  reflexiv:  wer  weisz  wo  sich  der  baron  herum- 
drückt, um  meiner  tochter  aufzupassen.  Göthe  15.15;  was 
soll  aus  Ottilien  werden ,  die  unser  haus  verlassen ,  in  der 
geselischafl  unserer  Vorsorge  entbehren  und  sich  in  der  ver- 
ruchten kalten  weit  jämmerlich  herumdrücken  müsztel  17,351; 
wie  man  sich  an  bach  und  husch  herumdrückt,  um  eine 
mahlerische  Wirkung  zu  erhaschen.  27,279;  es  ist  auch  hier 
{bei  der  beantwortung  einer  frage)  höchst  merkwürdig ,  wie  er 
sich  herumdrückt  und  wie  seltsam  er  sich  gebärdet.  59,168. 

fahren:  da  man  ihn  nicht  abgehalten  hat,  in  der  weit 
herumzufahren.  Göthe  20. 168 ;  {er  ist)  so  auszerordentlich 
freudig,  fährt  herum,  reicht  nach  dem  himmel,  als  wollte  er 
ihn  herunter  ziehen.  Klisger  thealer  2.309; 

sie  fuhr  herum,  sie  fuhr  heraus, 

und  soff  aus  allen  plützen.    Göthe  12,  106. 

fechten: 

kurz,  Vastola  beweist, 
sie  habe  recht,  mit  so  viel  witz  und  geist, 
(lasz  sich  mit  ihr  herum  zu  fechten 
Pervonten  wenig  edel  daucht.    Wiela:«d  18,  198. 

fegen: 

den  ritter  wollen  wir  henimb  so  lassen  fegen, 
bisz  wiedrumb  uns,  von  ihm  zu  reden,  ist  gelegen. 

D.  v.  D.  Werder  Aiiost  29,  16,  1. 

feilschen:  man  leugne  es  nicht,  die  rezensenten  über- 
theuern  —  wie  viele  höfe  die  tilularrälhe  (daher  man  oft  ein 
jähr  lang  nach  dem  wohlfeilsten  herumfeilschen  musz)  — 
die  Unsterblichkeit  zu  sehr.  J.  Paul  o.  d.  teuf.  pap.  2, 108. 

fingern:  übrigens  sind  das  lauter  possen  und  eitelkeit, 
ob  man  auf  den  .  .  verstimmten  pfeifen  dieses  lebens  drei 
griffe  höher  oder  tiefer  herumfingert.  Fr.  Müller  1,  314. 

flattern:  wenn  man  einige  jähre  in  der  weit  berum- 
geflattert  ist.  Klinger  1,  382. 

fliegen:  wenn  die  Sammlung  eine  quintessenz  aus  der 
menge  dramatischer  blätter  wäre,  die  seit  vier  jähren  in 
Deutschland  herumfliegen.  Göthe  33, 68. 


fiieszen:  ich  wollte  ihm  lange  ins  unstete  gesiebt  schauen: 
aber  er  liesz  auf  ihm  das  an  menschliche  tugend  ungläubige 
lächeln  eines  höflings  so  schrecklich  herumOieszen,  dusz  das 
grausen  und  meine  haare  immer  höher  stiegen.  J.  PACLQ.d. 
teuf.  pap.  1,  85. 

fluchen:  fluchte  in  seinem  innern  herum.  J.  Paul  Tit. 
3,198. 

fragen:  herumfragen  bei  andern.  Kant  7,136. 

fuchteln,  fochtein:  fochtelt  mit  den  bauren  herumb. 
Garg.  5l';  es  ist  schlechter  raison,  dasz  mir  vor  der  nase 
herumgefochtelt  wird.  Chr.  Weise /"reim,  redner  236;  mit  dem 
Hecht  rumfuchteln.  Schm.  1,509. 

fühlen:  als  die  frau  eines  dänischen  konsuls  die  ge- 
mahlin  des  kaisers  von  Marokko  besuchte,  fühlte  diese  neu- 
gierig auf  dem  reifrock  herum  und  fragte  voller  erstaunen : 
bist  du  das  alles  selbst?  Stdrz  1,60. 

führen:  fürete  sie  herumb  durch  die  ganze  stad.  ^.Macc. 
6,10;  du  must  ganz  ein  ander  mensch  werden,  wie  die 
Niniviter,  die  hatte  zuvor  der  Mammon,  der  Asmodi,  der 
Lucifer  in  der  Stadt  Ninive  herumb  geführet,  bisz  an  die 
pforte  der  hüllen,  da  sie  aber  des  Jonae  predigt  höreten, 
da  kerefen  sie  widerumb  umb.  Schcppiüs  654;  die  menschen 
von  einer  Hoffnung  in  die  ander  ingeniöse  ..  herumb  führen. 
747;  alles,  was  wir  jetzt  in  den  landstädten  thun,  ist  dieses, 
dasz  wir  unsere  manufacturen  einem  Bremer  oder  Hamburger 
vertrauen,  und  uns  (d.h.  unsere  waaren)  durch  dieselben  herum- 
führen lassen.  Moser  patr.  phant.  l,  9 ;  dem  könig  von  Ungarn 
das  commando  in  die  bände  zu  spielen ,  blosz  damit  man 
diesen  prinzen,  als  ein  williges  organ  fremder  eingebungen, 
nach  gefallen  im  felde  herumführen  .  .  könne.  Schiller  978; 
ein  bär,  der  in  gesellschaft  von  äffen  und  hunden  an  der 
kette  herumgeführt  und  geprügelt  wird.  Göthe  18,79.  sprich- 
wörtlich, einen  an  der  nase  herumführen,  ihn  narren  {s.  herum- 
ziehen) ;  aber  wir  führen  sie  erbärmlich  am  narrenseil  herum. 
Schiller  räuber  2,  3. 

gabeln:  vom  gelehrten  bäum  des  erkenntnisses,  auf  dem 
wir  beide  mit  obstbrechern  halsbrecbend  herumgabeln.  J.  Padl 
Q.  Fixlein  201. 

gehen,  inspicierend,  «ras  an  die  bedeutung  von  herum  gehen 
oben  1,  sp.  1173  streift :  es  sollen  auch  die  geschwornen  meister 
alle  jähr  zum  wenigsten  einmal  unversehener  ding  herumb 
gehen  {bei  der  innung).  goldschmiedeordnung  v.  1563  bei  Mose 
zeitschr.  3,165;  in  anderm  sinne:  ich  weis  nicht  was  krank- 
heit  ist,  denn  an  den  pocken  und  rötheln  (leidend)  bin  ich 
herumgegangen.  Stillisg  jugend  (1779)  139; 

aber  ich  gehe  herum,  sie  aufzusuchen,  und  komme 
wieder,  sobald  ich  sie  finde.         Göthk  40,  2S8. 

mit  umhergehen  wechselnd:  und  doch  gehe  ich  hier  nach- 
sinnend in  meinen  blühenden  thälern  herum  . .  wie  ich  jetzt 
hier  herumwnndere,  denke  ich  mir  den  .  .  .  der  nun  zum 
letztenmal  an  dem  gestade  seiner  heimath  traurig  umhergeht. 
Klinger  8,  171.  ton  erz'lhlungen ,  Sprüchen,  liedern :  wie  es  mit 
den  herumgehenden  geistererzählungen  bewandt  ist.  Kant 
^,110;  eine  im  geist  und  geschmack  des  alten  wunderlhäters 
(Beireis)  erfundene  legende,  dergleichen  mehr  auf  seine  rech- 
nung  herumgehen.  Göthe  31,227;  in  den  mährlein  und  lie- 
dern, die  unter  handwerkspurschen,  Soldaten  und  mägden 
herumgehen.  33,  49,  rergl.  jedoch  hierzu  oben  3.  b  spalte  1176. 
von  gespenstern :  es  geht  ein  geist  im  schlösse  herum,  s.  um- 
gehen. 

greifen:  wir  haben  alle  schon  verdrüsziiche  geschichten 
gelesen,  die  uns  .  .  .  unruhig  nach  einem  hellen  ausgang 
bogenlang  herumgreifen  lieszen.  die  urunderb.  gesetlsch.  43.  an 
oben  3,  b  sp.  1176  rührend  :  sage  aber  niemandem  etwas,  damit 
es  nicht  zu  weit  herumgreife.    Göthe  an  frau  v.  Stein  3,  39. 

hängen:  man  hat  die  Sachen  recht  ordnungslos  herum 
gehängt;  auch  intransitiv:  die  Sachen  hängen  ordnungslos 
herum. 

hauen:  ich  nehme  die  axt  nicht  und  haue  mich  nicht 
mit  euch  herum  wie  ein  schlächter  und  stierräller.  Immermann 
Münchh.  4,  64. 

hetzen:  dasz  mich  der  böse  feind  in  meinen  eisgrauen 
lagen  noch  wie  sein  wiidpret  herumhetze.  Schiller  kab.  u. 
liebe  1,  2. 

hudeln:  indem  er  sich  eine  spielkalze  der  Fortuna  nannte, 
die  sie  nach  ihren  capricen  herumhudle.  Fr.  MCller  2.49; 
ich  gestehe  dir,  ich  kann  den  bunten  frühling  nicht  leiden, 


1179 


HERUM 


HERUM 


1180 


Tielleicht  liegt  auch  Jie  schuld  an  unsern  poetcu,  sie  haber> 
das  beste  dieser  Jahreszeit,  die  Veilchen,  die  rosen,  den  klee 
so  herumgehudelt,  .  .  .  dasz  es  seine  Schönheit  und  seinen 
glänz  verloren  hat.  Stdrz  2,58;  einen  als  einen  Schuhputzer 
hej-umhudeln.  Kuncer  3,  (58. 

hüpfen,  hupfen:  dasz  ich  rabe  mit  andern  raben  auf 
den  wänden  der  gärten  stolz  und  lustig  herumb  hüpfen 
möchte,  pers.  rosenllt.  5,13;  so  sprung  ich  {beim  tanze)  auf 
dem  einen  boinc  der  tehelholmer  klaflern  hoch  in  die  höhe, 
dasz  auch  die  eine  daiue,  weiche  sich  an  mein  link  bein 
gefaszt  hatte,  fast  mit  keinem  fusze  auf  die  erde  kam,  son- 
dern stets  in  der  luft  mit  herum  hüpfte.  Sclielntuffsky  1.50; 
dann  hüpfte  sie  wie  thöricht  in  der  slube  herum.  Göthe 
19,80;  sieht  wohl  der  fromme  mann,  in  affischer  ungcstall, 
ein  widcrwürliges  wesen  herumhupfen.  29.203; 

vergnügen  hüpft  um  ihn  herum.    IIölty  122  Halm. 

irren :  so  ward  er  schuldlos  zum  unglücklichsten  menschen, 
der  jetzt  auf  der  erde  herumirrl.  Klipjger  7, 199. 

jackeln,  jackern:  sag,  wo  bist  du  geblieben,  herum- 
gejackelt,  seil  acht  tagen?  Fr.  Müller  2,  llS;  wie  er  zunahm 
und  so  fein  vorstündig  dastund  und  nicht  wie  die  andern 
Jungen  herumjackerte.  1,321. 

jagen:  wie  ich  euch  auf  des  alten  herrn  seinen  schweisz- 
fuchsen  setzte,  und  euch  auf  der  groszen  wiese  iiesz  herum- 
jagen ?  Schiller  räuber  4,  3. 

kämpfen:  so  denken  sie,  wie  mir  zu  muthe  ist,  wie 
viele  leidenschaften  sich  in  mir  herumkärapfen.  Güthe  23,107. 

kasteien: 

bleib!  würd  er  ins  ohr  dir  raunen; 

hier  ist  gut  und  besser  sein, 

als  sich  mii  des  hofes  launen 

zu  St.  James  herum  kastein.    Borger  84'. 

kehren:  wer  zuerst  seinen  köpf  in  einem  mehlsack 
herumkehrte,  und  es  wagte  in  einer  ehrbaren  Versammlung 
zu  erscheinen,  würde  zuverlässig  dem  arzt  empfohlen.  Sturz 
1,59. 

kesseln,  vergl.  theil  5  sp.  626. 

klappern:  er  klappert  mit  holzschuhen  im  hause  herum; 
noch  klapperten  die  kleinen  steine  um  uns  herum,  noch 
rieselte  (i\c  asche  {auf  dem  Vesuv).  Göthe28,  31;  von  slümper- 
haßem  spiel:  er  klappert  auf  dem  clavier  herum;  dasz  er 
mit  dem  Stempel  im  mörser  herumb  kleppert.  gespcnsl  12.  — 
herumkläppern,  s.  Iheil  5  sp.  975. 

klauben:  an  den  worten  des  berichts  herumklauben. 
Fichte  über  die  franz.  revol.  47. 

klettern:  wir  kletterten  dran  heTum  {an  dem  Wasserfalle). 
Güthe  15.  257. 

kommen:  ihr  seid  weit  herumgekommen  in  der  weit. 
GöTHE  14,109;  sie  und  ihres  gleichen,  alle  diese  alten  und 
im  alten  herumkommenden.  L.  Tiecr  ges.  nov.  1,  74.  in  gewühn- 
liclter  rede  kört  mau:  ich  bin  hier  und  da  herumgekommen 
(an  dem  und  jenem  orte  gewesen). 

krabbeln.  Hermes  Soph.  reise  6,235;  dieses  verschlang 
alle  andere  hündlein,  deren  es  doch  so  voll  im  zeit  herum 
grabbelle,  dasz  man  vor  ihnen  keinen  fusz  w eilers  setzen 
konle.  Simpl.  l,  197  Kurz. 

kramen:  während  die  phantasie  des  confusen  polyhistors 
Ton  Baireulh  in  der  rumpelkammer  aller  zeiten  herumkramte. 
H.  Heine  12, 19. 

krauchen: 

was  kraucht  da  in  dem  husch  herum?    Kuttchkelied. 

kreuzen:  so  viele  liebenswürdigkeit  vor  einem  berum- 
kreuzen  zu  sehen  und  nicht  zugreifen  zu  dürfen.  Göthe 
10,120;  auch  Auialia  ist  nicht  gleichgültig  gegen  ihn!  lüszt 
%\e  nicht  so  gierig  schmachlende  blicke  auf  dem  kerl  lierum- 
kreuzen,  mit  denen  sie  doch  gegen  alle  weit  sonst  so  geizig 
tliul?  Schiller  raubet  4,2. 

krieclien:  auf  der  erde  herum  kriechen. 

krüpeln,  kriechen:  wenn  ihnen  einmal  die  äugen  auf- 
gehen, werden  sie  erschrecken,  dasz  ich  schon  in  Naumburg 
und  Leipzig  bin,  milllerwcile  »ic  noch  bei  Weimar  und 
Blaukcnhain  herumkröpcin.  Cöthe  an  Zelter  1,431. 

laufen:  schreiet  ir  lOchter  Habha,  und  ziehet  secke  an, 
kbifpi  und  lauft  auf  d«n  mauren  herumb.  Jcr.  49,  3;  e»  kam 
j(irig«t  ein  ehrlicher  kerl  zu  mir,  welcher  lang  in  der  weit 
iieriiinb  gelaufen.  ScHüPPiDsei;  di«  kleine  zeit,  so  ihr  habt 
aof  der  erden  hcrurab  zu  laufen.  716;  die  weisen  aua  dem 
morgaoland«  kenn  ich  wohl,  die  um*  neujahr  mit  dem  «lerne 


herumlaufen.  Leasing  1,523;  fl.  du  sprichst  vom  hauplmanu? 
Sp.  pst  doch!  pst!  er  hat  so  seine  obren  unter  uns  herum 
laufen.  Schiller  räuber  4,  5.  danach  auch  in  abgeblaszier  be- 
deulung  nur  existieren,  da  sein,  fort  und  fort  vorhanden  sein: 
es  gibt  usurpirtc  begriffe,  wie  etwa  Schicksal,  welche  mit  fast 
allgemeiner  nachsieht  herum  laufen.  Kant  2,118;  er  hat  ihr 
ein  andenken  hinterlassen,  oder  ich  müszte  mich  sehr  irren, 
es  läuft  da  ein  knabe  hemm  .  . .  Göthg  19,  80. 
lecken: 

eine  hölle 
von  eifersucht  tobt  unter  mir! 
sich,  ihre  schwerelllammen  lecken 
an  mir  herum  von  allen  ecken!    Göeingk  1,85. 

legen:  wir  schellen  die  armen,  besonders  die  unmün- 
digen, wenn  sie  sich  an  den  straszen  hcrumlegen  und  betteln. 
Göthe  17,  309. 

liebeln:  wie  wenn  die  infanlin  um  hundert  männer  herum- 
liebelte. Klinger  Ihealer  4,  238. 

lunpcrn:  du,  aller  taugenichts,  stehst  und  lungerst  hier 
und  allenthalben  müszig  herum?  L.  Tieck  ges.  nov.  4,8;  auf 
meinen  beutel  und  meine  launen,  antworlcte  der  hausherr, 
hat  dies  unnütze  herumlungern  meines  sohnes  eindruck  genug 
gemacht.  10,  29;  da  lungert  ja  bei  ihnen  noch  ein  lakai  herum, 
ist  ein  gang  zu  Ihun,  so  kann  der  ihn  abmachen.  Freytag 
handschr.  2, .425. 

maunzcn:  mich  sollte  doch  wundern,  wenn  Curio  nicht 
auch  mit  einer  guilarre  und  einem  weinerlichen  liedchen  unter 
deinem  fenster  herummaunzle.  Klinger  thealer  4, 139. 

mausen,  schleichen:  aber  ir  elenden  leute  verkriechet 
euch  mit  ewren  namen ,  mauset  im  finslern  herumb.  Job. 
WiGARDUS  ob  die  newen   Witicnberger  u.  s.  w.  21*. 

mühen,  reflexiv:  ein  jeder.,  thul  besser,  sich  unmittel- 
bar an  die  natur  zu  wenden,  als  sich  mit  den  gangarten,  viel- 
leicht mit  Schlackenhalden,  vergangener  Jahrhunderte  hcrum- 
zuinühen.  Güthe  32,  78. 

narren:  so  dasz  zuletzt  theoreyn  daraus  kommen,  welche 
die  leut  wie  irwische  herumnarren.  Klopstock  12,130  {nach- 
ahmung  älterer  spräche). 

naschen:  in  einem  kirschgarten  herumnaschen.  Götbr 
an  Jacobi  238. 

necken:  dieser  lustige  anfang  setzte  mich  gleich  in  guten 
humor  und  wir  neckten  einander  eine  ziemliche  weile  herum. 
Göthe  25,167. 

nehmen,  in  übertragener  bedeutung  schelten,  mit  warten  an- 
greifen, vgl.  hernehmen  und  herüber  nehmen  {uenn  die  bedeu- 
tung nicht  elwa  von  den  oben  3,  c  sp.  1176  genannten  Verbindungen 
ausgeht) :  einen  herum  nehmen,  vexare ,  cxagilare  aliquem. 
Stieler  23S4;  die  offensive  krilik  hat  wirklich  ihre  kunst- 
w'ürter  im  deutschen :  einen  herumnehmeh,  einem  den  hart 
waschen,  einen  versohlen,  bürsten,  kämmen,  striegeln,  durch 
die  hechel  ziehen  u.  s.  w.  Lichtenberg  1,315;  den  trumpf, 
womit  sie  selbst  die  .\enien  siechen  wollen,  kann  ich  wiik- 
lich  nicht  erralhen,  und  um  auch  nur  möglicherweise  darauf 
verfallen  zu  können,  müszte  ich  wenigstens  wissen,  ob  darin, 
sowie  in  den  xenien,  einzelne  personen  herumgenommen 
werden  sollen,  oder  ob  der  krieg  dem  ganzen  gilt.  Schiller 
an  G()//ie  414;  ward  ich  von  allen  anwesenden  gasten  heruin- 
genommen  und  ..  tribulirt.  Tieck  9,247; 

und  so  wuch»  ich  heron,  um  viel  vom  vater  zu  dulden, 
der  statt  anderer  mich  gar  ol't  mit  woricn  herunitiahm. 

GoTHB  4U.  -i'-i. 
in   der  technischen  spräche  der  fjrber  beisit  herum  nehmen  xeug 
in   dem   fliissiyen  farbstoffe  hin  und  her  bis  tur  vüiligen  durdi- 
dringung  schwenken  und  bewegen. 

ni Stern:  so  war  er  sicher,  dasz  er  ungestraft  faullenzen, 
den  ganzen  tag  in  der  küche  herumnistern  ..  durfte.  Wieland 
15,108. 

pfuschen:  man  kann  in  der  mclaphyaik  auf  mancherlei 
weise  herumpfiischen.  Kant  3,264.  reflexiv:  wenn  ich  sehe 
wie  er  aus  irgend  einem  vorgefaszten  falschen  begriff  gerade 
das  gegeniheil  thiit  von  dem  was  er  will,  und  sich  alsdann, 
weil  die  anläge  im  ganzen  verdorben  ist,  im  einzelnen  küm- 
merlich herum  pfuschet.  Götub  40,22. 
poltern: 

•r  sprang,  er  siampl,  er  sticsi  die  wAnd, 
pollvrt  hcrümb  von  orlh  r\\  riiil. 

(ruscUmau*.  D6*  (fc.  1,  cnp.  4). 
purzeln:    diese»    können    sie    den  Verleger  lesen  lassen, 
wenn  er  gleich  ein  wenig  im  laden  herumpurzelo  wird.  Ra- 
iiknbr  0,151. 


1181 


HERUM 


HERUM 


1182 


quälen:    wir   dürfen  auch  über  Alfieri  reden,   denn  wir 
haben  uns  genugsam  ah  ihm  herumgequälL  Göthe  38,  278. 
querlen: 

die  ganze  schaar  der  knecht  und  mägde  querlet 
nun  in  dem  scblosz  herum.  aIxincek. 


auch  must  ich  mit  der  zeit  mit  meinen  äugen  sehn, 
als  Phillis  hochzeit  war,  wie  sie  herum  geranzet, 
wie  sie  (da  Mopsus  must  als  wie  ein  narre  stehn) 
mit  allen  schärern  hat  bisz  in  die  nacht  getanzet. 

LouE>isTEi!<  Arm.  2,  1485'. 

rasen:  dürften  wir  auch  keine  hiilf  von  den  unserigen 
hoffen ,  welche  auf  der  insul  in  ihrer  doilerei  noch  herum 
raseten.    Simpl.  2,  253  Kurz. 

reisen:  er  ist  lange  in  der  weit  herum  gereist. 

reiten:  im  lande  herumreiten  ;  übertragen  auf  einer  sache, 
einer  meinung  herumreiten,  sie  'als  Steckenpferd'  behandeln, 
transitiv:  die  teufel  .  .  .  reiten  sie  {die  verdamvtten)  in  der 
hülle  wacker  herum.  Kusger  3, 17. 

rollen:  der  kleine  hat  seine  schönen  gaste  mit  unend- 
lichen kinderpossen  geneckt  und  sie  haben  sich  mit  ihm 
herum  gerollt.    Güthe  an  frait  v.  Stein  1,301. 

rühren: 

schien  vortrelTlich  abgerichtet, 

wenn  die  siippe  überkochte, 

schnell  darin  herumzurfihren, 

und  die  blasen  abzuschäumen.    H.  HEmi  17,  88. 

ru  seh  ein:  dasz  man  sie  für  ein  kind  halten  sollte,  das 
nur  auf  dem  klaviere,  ohne  auf  die  noten  zu  sehen,  herum 
ruschelt,  und  doch  weis  sie  immer  was  und  wem  sie  spielt. 
Göthe  an  frau  r.  Stein  2,  42. 

säbeln:  mein  hart  ist  auch  bandhoch  aufgeschossen; 
aber  glaub  er  nur  nicht,  dasz  er  jetzt  in  seiner  hastigkeit 
an  mir  herumsäbeln  und  die  gurgel  abschneiden  darf.  J.  Paul 
komü  2.  92. 

schäkern:  die  Waldnern  ist  recht  lieb,  ich  war  früh 
bei  ihr,  wir  haben  uns  herumgeschäkert.  Göthe  an  frau 
f .  Stein  1,  59. 

schauen:  schauet  zur  rechten  und  zur  linken  herumb. 
Lokmans  fab.  4; 

drum  schaut  nur  frisch  herum, 
ihr  äugen,  ob  nicht  bald  an  warme  seile  kumm 
der,  der  für  uns  geweiht  und  welchem  wir  gehören! 

LoGAU  2,  12,  37  {>c/iu(irerfe  einer  Jungfrau 
über  die  spielenden  äugen). 
scherzen: 

der  batt  ein  armes  mädel  jung 

gar  oft  in  arm  genommen, 

und  liebgekost  und  liebgeherzt, 

als  bräutigam  berumgescherzt.    Götbb  10,  249. 

schinden:  verdammte  weit,  darin  ein  ehrlicher  kerl  sich 
so  heruraschinden  soll!  Fr.  Müller  3,95. 

schlagen,  transitiv:  wenn  ich  seh,  wie  mein  alter  papa 
sein  trocken  brod  im  munde  herumschlägt,  und  kann  es 
nicht  kauen,  so  blutet  mir  das  herz.  H.  Stillings  jugend  (1779) 
1. 12:  reflexiv:  der  niorgenwind  blies  stark  und  schlug  sich 
mii  einigen  schneewolken  herum.  Göthe  16,284;  lange  hatte 
sich  Faust  mit  den  Seifenblasen  der  metaphysik  ...  herum- 
geschlagen, ohne  eine  feste,  haltbare  gestalt  für  seinen  sinn 
herauszukümpfen.  Klisgeb  3,3; 

ich  fühle  muth,  mich  in  die  weit  zu  wagen,  .  .  . 
mit  stürmen  mich  herumzuschlagen.    Göthk  12,  33. 

schleichen:  er  schleicht  im  house  herum. 

schleifen:  [der  egoiil)  verficht  den  werth  und  gebrauch 
seines  gülzen  nur  dann  recht,  wenn  er  den  der  andern  im 
küth  herumschleift.  Klinger  11,  84;  er  {der  Übersetzer  des 
Ptutarch)  hat  die  groszen  männer  der  griechischen  und  römi- 
schen republiken  .  .  im  koth  herumgeschleift.  144. 

schleppen:  als  ich  nun  meiner  ketten,  daran  mich  die 
mauszküpfe  wie  einen  wilden  mann  hernm  geschleppet,  ent- 
ledigt (ifar).  Simpl.  2,  219  Kurz;  glaubst  du  dasz  sie  es  unter- 
halten wird  am  hofe  ihres  bruders  unbedeutende  tage  abzu- 
haspeln? oder  nach  Italien  zu  gehn  und  sich  in  alten 
familienverhältnissen  herumzuschleppen?  Göthe  8,218;  wie 
ich  denn  mit  honneten  mädchen  am  ungernsten  zu  thun 
habe,  ausgeredt  hat  man  bald  mit  ihnen;  hernachschleppt 
man  sich  eine  zeit  lang  herum,  lo,  53;  all,  verachtet  und 
vom  Ungeziefer  zerfressen,  hatte  er  {Odysseus'  hund)  sich  so 
lange  mühsam  herumgeschleppt,  und  lag  nun  in  den  leUten 
Zügen.  Beckers  ueltyesck  1,313. 


Schlingeln:  als  wir  nun  einsmals  unsrer  gewohnheit  nach 
bei  der  nacht  herumschlingelten,  den  Studenten  ihre  mäntel 
hinweg  zu  vulpiniren.  Simpl.  l,  429  Kurz. 

schmeiszen:  ich  habe  mich  noch  zeitlebens  mit  keinem 
herumgeschmissen,  und  der  kam  mir  nun  so  gerade  in  den 
wurf.   TiECK  3,  81. 

schmiegen:  ich  wuszte  mich  in  dem  Römer,  den  ich, 
wie  eine  maus  den  heimischen  kornboden ,  genau  kannte, 
so  lange  herumzuschmiegen,  bis  ich  an  den  haupteingan^ 
gelangte.    Göthe  24,  299- 

schmunzeln:  wie  wir  .  .  .  scharmirend  um  die  frauen 
herumschmunzelten.   Kli.ngehs  theater  4, 121. 

schnappen:  aber,  wenn  vom  leben  die  rede  ist,  weisz 
der  teufel,  so  ist  das  ein  Umsichgreifen,  ein  herumschnappen, 
ein  festhallen,  ein  balgen  darum.  Tieck  3, 124. 

schnauben:  der  ..  pfarrer  schnaubt  jetzt  erst  (wie  ich 
eben  höre)  in  der  hälfte  des  vierten  theiles  herum.  J.  Fall 
0.  d.  teuf.  pap.  2,  56. 

schnopern:  du  siehst,  dasz  ich  wieder  an  der  gränze 
deines  reiches  herumschnopere.  Göthe  an  Zelter  3,  6. 

schnüffeln:  oberkenner,  die  in  den  ateliers  herum- 
schnüffeln und  beifall  lächeln.  H.  Heise  ll,  38. 

schnupfein:  schnupfle  nicht  zur  rechten  noch  zur  linken 
band  herumb,  dasz  du  einige  gebrechen  suchest,  pers.  baumg. 
7,30. 

schwanken:  dann  schwankte  seine  einbildungskraft  in 
allen  möglichkeiten  herum.  Göthe  17, 1S4;  das  anakreonlische 
gegängel  liesz  gleichfalls  unzählige  mittelmäszige  köpfe  im 
breiten  herumschwanken.  25,  92. 

schwänzen:  über  all  dem  herumschwänzen  in  der  schia- 
raffenwelt  ündets  zuletzt  seine  heimat  nicht  mehr.  Scuiller 
kab.  u.  liebe  1, 1. 

schwärmen:  nach  langem  herumschwermen.  Felsenburg 
2,367;  sie  weisz  mich  in  wüsten  irren  und  im  elend  herum- 
schwürmen.  Schiller  kab.  u.  liebe  4,  4. 

schweben:  wo  die  stille  des  grabes  wohnte,  und  die 
schaudervollen  schrecken  des  grabes  herumschwebten.  Klikger 
3,203;  noch  liegen  sie  dorlen  unbegraben,  und  sollen  es 
bleiben,  bis  ihre  herumschnebenden  geister  gesehen  haben, 
wie  wir  sie  rächen.  5, 123. 

schwechen,  trinken  {vergl.  Lex  er  22S): 
darauf  wann  jederman  den  wanst  recht  vollgesackte  (mit  e««n), 
ward  ganze  nachte  durch  auf  deutsch  herum  geschwecht 
"bisz  an  den  lichten  tag,  und  redlich  auszgezecht.    Opitz  1,104. 

schweifen:  in  dem  übersinnlichen, uabegreiflichen  herum- 
schweifen. Klinger  11,  216. 

schwimmen:  herumschwimmen  daselbsl. 

siedeln:  die  gastfreundschaft  der  landleute  entschädigte 
uns  tausendfältig  für  das  heiumsiedelu  in  wirthsbäusero, 
deren  es  in  dieser  gegend  nur  wenige  gibt.  d.  d.  Gilblas  30. 

sinnen:  er  hat  herumgesonnen,  wer  unter  diesen  erdich^ 
teten  naraen  versteckt  sein  müsse.   Rabener  2, 306. 

spaszen:  würden  mulhmaszen ,  ich  spaszte  mich  blosz 
herum.  J.  Pacl  Heap.  2, 126. 

spazieren:  ein  wenig  vor  den  thoren  herumspazieren; 
so  war  es  eine  von  unsern  liebsten  promenaden, . .  inwendig 
auf  dem  gange  der  Stadtmauer  herumzuspazieren.  Göthe 
24,24:  die  heiligen  enge!  würden  sich,  wenn  sie  auf  dem 
tische  herumspazierten ,  die  füsze  daran  {an  einem  auf  den 
rücken  gelegten  messer)  verwunden.  J.  Moser  bei  Göthe  45,295; 

doch  meine  wachtet,  gutes  thier!  spazieret 
nach  herzenslust  auf  dir  herum.    GoKI.^GK  3,  11$. 

springen:   kinder  springen  im  garten  herum. 

spuken:  weiszt  du  denn  nicht,  dasz  er  {der  kategorische 
imperativ)  schon  in  meinem  lande  herumspukt?  Kli^cer  10.203. 

stäuben:  wir  sind  nur  funken,  unsers  Schicksals  un- 
gewisz ,  die  in  dem  unermeszlichen  herumstäuben.  Heinse 
Ardingh.   1,  275. 

stecken:  was  war  aus  der  brieftasche  ..  geworden,  aus 
sonstigen  kleinigkeiten  die  man  an  sich  herumsleckt?  Gt'iTHE 
30,  122. 

s  lenz  ein:  sage  in  aller  weit,  Karl,  wirst  du  dich  heute 
den  ganzen  nachmittag  herumstenzeln?  Reichenac  aus  unsern 
vier  wänden  2, 115. 

stieben: 

stieben  berumh  zu  den  qiiartiren, 
sie  meh  zuheizen  und  zuschüren. 

FiscuART  dichtungm  2, 26«,  957  Kurt. 


1183 


HERUM 


HERUM 


1184 


stiefeln:  in  hut  und  rock  berumstiefein.  Feldes  sonder/. 

2,  162, 

Stöbern:  in  bibliotheken  berum  stöbern. 

stören:  die  unmerklichsten  züge  können  seinem  {des 
seelenmalers)  gemälde  vielleicht  alle  die  physiognomie  geben, 
nach  der  gemeine  pinsler  vergebens  herumstören.  THt5MMEL 
3, 125. 

streichen,  in  mehreren  bedeulungen ;  streichend  glätten: 
zwanzig  jähre  habe  ich  an  ihnen  herumgestrichen,  aber  ich 
glaube,  sogar  sie  sind  jetzt  im  stände,  ihren  stuhl  umzu- 
werfen und  sich  in  ein  anderes  geschäft  umzuschreiben. 
Fheytag  bandschr.  3,  8 ;  sich  herumtreiben :  wo  herumgestrichen 
diesen  ganzen  langen  iKichmittag,  bruder  liederlich?  Fr. 
Müller  1,  289. 

streinen:  herumstreiuen,  nullo  cerlo  consüio  vagari.  Serz  68*. 

streuen:  die  zerschossenen  dächer,  die  herumgestreuten 
Weizenbündel.  Götbe  30,  73. 

stürzen,  heftig  umhergehen  lassen : 

und  listig  stürzen  sie  herumb 

die  blick,  uns  in  das  grab  zu  stürzen. 

Weckuerlin  57  (nach  ps.  17,  II). 

sich  umherlreiben  als  vagant:  schlössen  bei  solcher  theilung 
die  herumstürzende  Schwester  gänzlich  aus.  Jucund.  18. 

stutzen:  er  war  bekleidet  und  aufgebutzt,  als  hätte  er 
an  einem  lieben  feiertag  in  der  statt  herumb  stutzen  wollen. 
Simpl.  4,  37  Kurz. 

sudeln:  fuhr  mit  ihm  zur  stubthür  hinaus  in  hof,  allwo 
ich  ihn  in  seiner  eignen  mistlachen  herumb  sudelte.   Simpl. 

3,  332  Kurz. 

summen:  er  hatte  vor  dem  unendlichen  felde  der  bo- 
tanik,  das  sich  nach  der  zeit  aufthat,  und  den  darin  herum- 
summenden fremden  namen,  eine  art  wn  scheu.  Götbe  17,305. 

tänzeln:  lasz  die  immerhin  drauf  {auf  dem  balle)  herum- 
tänzeln, die  drauf  gehören,  wer  wehrts  ihnen?  H.L.Wagner 
die  kindermörderin  28. 

tanzen:  wenn  aber  ein  paar  verliebte  schelme  vor  uns 
am  seile  der  liebe  herumtanzen.  J.  Paul  Hesp.  1, 104. 

tappen:  ein  solches  Studium  ist  ein  bloses  herumtappen. 
Kant  2,12;  dieses  verfahren  ist  ein  bloses  herumtappen.  17; 
ein  empirisches  herumtappen  ohne  ein  leitendes  princip. 
10,69;  entschlieszungen ,  nach  denen  wir  mit  der  gröszten 
anstrengung  unsers  geistes  vergebens  herum  tappen.  Thümmel 
4,107;  jene  meisterwerke  zu  erkennen,  an  denen  ich  nur 
herumtappte.  Göthe  27,  265. 

tasten:  in  der  weit  musz  man  immer herumtasfen,  immer 
anklopfen.  Klincer  9,72;  der  bauende  soll  nicht  herumtasten 
und  versuchen ;  was  stehen  bleiben  soll,  musz  recht  stehen. 
Götbe  22, 163. 

tätscheln:  sie  glaubten  mich  wundersam  zu  unterhalten, 
wenn  sie  an  mir  herum  tätschelten.  Göthe  19, 100. 

taumeln:  der  im  Irrgarten  der  liebe  herumtaumelnde 
caralier.  s.  das  quellenverzeichnis  des  l.  bandcs;  besser  unter- 
geben, als  schwächlich  herumtaumeln.  Kli.nger  1,127;  nach 
langem  herumtaumeln  in  diesem  labyrinthe.  3,  5. 

tollen:  pferde  und  knaben ,  die  darauf  herumtollen. 
Lichtenberg  7,  60. 

traben:  im  felde  herum  traben;  aber  trabt  nicht  auf 
meinem  theuern  mantel  herum!  J.Paul  TU.  2,93. 

tragen:  ein  kind  auf  den  armen  herumtragen;  ein  ge- 
beimnis  mit  sich  herum  tragen ;  dasz  ich  seit  langer  zeit  für 
diesen  Schriftsteller  ein  warmes  interesse  herumtrage.  Freytag 
handschK  1,356; 

doch  irigt  im  köpf  so  viel  dein  sohu 

mit  ticli  l)erun),  um  alle  tage 

sein  eigner  herr  zu  werden.    Gökikgk  2,  114. 

reflexiv:  um  mich  an  fremden  höfen  als  einen  landflilchtigcn 
herumzutragen,  eine  last  für  jeden.  Scuillkr  839;  wenn  ihre 
kleinsten  roadchen  sich  mit  puppen  herumtragen.  Göthe 
17,  183. 

trampeln:  auf  den  blumcnstücken  hcrumlrampela.  Siegfr. 
V.  Lindenberg  2,  312. 

träumen:  in  der  schmutzigen  nachlässigkeit  ...  in  der 
sie  innerhalb  ihrer  vier  pfählen  herumlräumen.  Lkssing  7,98. 

treiben:  dann  ist  inirs  wohl,  dünn  treib  ich  eine  zeit 
lang  herum,  verrichte  und  ordne,  und  führe  meine  leule  an. 
GöTHB  10,149;  Irantiliv:  hast  du  das  guld  der  wittwen  und 
Waisen  unter  die  erde  vergraben,  das  dich  zu  dieser  niiller- 
nächtlichen  itunde  heulend  hciuintreibl?  Schiller  runter  4,5; 


das  einzige,  was  er  sich  erlaubte  und  erli echte,  war  .  .  die 
äugen  heimlich  in  der  slube  herumzutreiben.  J.  Paul  Hesp. 
1,158; 

von  welcher  liebessucbt  werd  ich  herumbReuieben? 
Griflinger  Cia  D  ij  ^ 

reflexiv :  ich  habe  mich  lange  genug  unter  bofschranzen  und 
landjunkern  herum  getrieben.  Gotter  3,364;  er  war  nicht 
gern  allein,  trieb  sich  auf  allen  kafl'eehäusern,  an  allen  wirths- 
tischen   herum.    Götue  19,  llt. 

tummeln:  hier  war  uns  .  .  .  ein  heitere«  feld  eröffnet, 
in  welchem  wir  uns  mit  lust  herumtummelten.  Göthe  26.193; 
die  inconsequenzen  und  Widersprüche,  die  sich  in  den  köpfen 
unserer  lialbdenker  unaufhörlich  herumtummeln.  Fichte  ;)/ii/oi. 
journ.  9,  361. 

v  a  g  i  e  r  e  n  :  bcrumvagirender  arzneikrämer,  circumforaneus 
pharmacopola.  Hederich  1275. 

versuchen:  es  gab  gelegenheit  über  die  gegend,  über 
anlagen  zu  sprechen,  die  man  nach  einer  solchen  Übersicht 
viel  besser  zu  stände  bringe,  als  wenn  man  nur  einzeln, 
nach  zufälligen  eindrücken ,  an  der  natur  heruraversuche. 
Göthe  17,33. 

wälzen:  {wenn  die  person)  sich  nicht  auch  in  andern  aller- 
hand erzlastern  herumb  gewälzt  .  .  hatte.  Simpl.  3.  lO  Kurz; 
bis  paar  und  paar  {bei  einem  tanze)  wieder  sich  fu«zten  und 
hoben,  und  wie  Sphären  herumwälzten.  Hu^xse  Ardiugh.  i,40ö. 

wandeln:  und  mir  ekelt  vor  den  herumwandelnden  ency- 
clopädischen  Wörterbüchern.  Ksigge  umg.  m.  menschen  3,  89. 

wandern.  Klinger  8, 171.  s.  die  stelle  unter  herum  gehen 
oben  sp.  1178. 

wenden:  da  klagen  die  edelleut,  dasz  sie  ..  fast  keine 
leut  haben  können,  die  ihnen  die  frucht  auszdreschen,  oder 
das  alte  körn  auf  den  boden  herum  wenden.    Schuppiüs  60. 

werfen:  werfet  eure  Sachen  nicht  so  herum;  übertragen 
in  verschiedenem  sinne;  von  weitgereisten  menschen:  der  graf  war 
genug  unter  menschen  und  jähren  herumgeworfen  worden. 
J.  Paul  biogr.  belust.  1, 49 ;  von  Worten :  im  gemeinen  leben  heiszt 
es  mit  spitzen  redensarten  herumwerfen ,  sie  nach  mehreren 
seilen  hin  anwenden;  von  blicken: 

doch  von  geheimer  furcht  gewarnt,  dasz  nicht 
der  bruder  hinterlistig  mich  erwürge, 
hab  ich  die  siraszen  mit  etiiblösztem  scliwert 
und  scharlherumgeworfnem  bliclc  durclizogen. 

Schiller  239  (Phönizierinnen  v.  338). 

voll  gedanken ,  wo  oben  3,  a  zu  vergleichen  ist :  das  werfe  ich 
immer  im  köpf  herum  und  sorge  und  denke  für  dich.  Göthe 
11,5;  dicsz  bestätigt  in  mir  einen  gedanken,  den  ich  schon 
lang  in  mir  herumwerfe.  55. 

winden:  sich  in  rednerischen  flguren  frei  und  zierlich 
herumwinden.    Klinger  6,  33t. 

wischen:  Siddy  rückte  an  den  Schemeln  und  wischte 
mit  ihrem  battisttuch  herum.    Freytag  handschr.  2,  94. 

wühlen:  einem  gelehrten,  der  in  allen  handschriften 
gerne  herumwühlt.  Reiske  bei  Lessing  13,287;  es  war  gewisz 
ein  götlerfest,  so  viel  mannichfaltige  Schönheit  herumwühlen 
und  herumtaumeln  zu  sehen  {bei  einem  tanze).  Heinse  Ardiniß. 
1,405. 

würgen:  es  ist  traurig  anzusehen,  wie  ein  auszerordent- 
licher  mensch  sich  gar  oft  mit  sich  selbst,  seinen  umständen, 
seiner  zeit  herumwürgt,  ohne  auf  einen  grünen  zweig  zu 
kommen,    trauriges  beispiel  Bürger.  Göthe  49, 42. 

wüthcn:  so  sah  nun  Giafar  die  weit  als  ein  ..  Schlacht- 
haus an,  in  welchem  ein  unersättlicher  dämun  heruiuuülhct 
und  würgt.   Klinger  5, 12. 

zanken:  sich  mit  ihr  herumzanken.  J.Paul  //»p.  1,  62. 

zeichnen,  reflexiv:  du  kannst  denken,  wie  ich  mich  auf 
dem  Tluiringerwald  heruuueichne.   GdTHE  in  Mercks  briefs.  [,<M. 

zeigen:  der  Irupp  reiler,  welcher  ..  die  preise  {bei  einem 
Wettrennen)  in  ganz  Rom  beruinzeigl.  Göthk  29, 235. 

zerren:  ein  löwenfell  herumbzerren.  Lokmans  fab.  29; 
länger,  sagte  er,  will  ich  mich  nicht  von  ihren  kaprisseii, 
wie  ein  kalb  am  seil,  herumzerren  lasüen.  H.  L.  Wagner  kinder- 
mörderin Gl;  die  kinder  können  unmöglich  edle  gesinnungen 
bekommen,  wenn  sie  sich  mit  den  mägden  henimzenen. 
Moser  patr.  phanl.  1,48;  als  der  pfairer  unsern  Viktor  im 
garten  herumzcrrele,  halte  der  gast  beinahe  vergessen,  das 
ideenuKigaziii  im  garten  zu  loben.  J.Paul  Hesft.  1,103;  um 
mich  an  diMi  Schafsköpfen  zu  rächen,  die  mich  *o  nieder- 
trächtig hcruingezerrt  haben.  Klinger  3,  *8. 


1185 


HERUM  — HERUMHER 


HERUMLAUFER  —  HERUNTER 


1186 


i 


ziehen,  intransitiv:  eh  will  ich  mit  meiner  geig  auf  den 
bettel  herumziehen.  Scbiller  kab.  u.  hebe  1,1;  wo  ziehst  du 
denn  herum,  und  läszt  mich  den  ganzen  tag  nach  dir  um- 
sonst verlangen.  Rli.nger  theatn  3,149;  die  alte  bleikugel. 
die  ihm  seit  dem  kriegabschied  im  leibe  herum  zog.  J.  Paul 
leben  Fibels  4S.  transitiv:  weil  du  ein  paar  schweine  ge- 
schossen hast,  ...  haben  sie  dich  jähre  lang  im  Zuchthaus 
und  auf  der  festung  herumgezogen.  Schiller  710  (verbr.  aus 
verl.  ehre);  den  andern  aber  packte  er  an  den  fiiszen,  risz 
ihn  von  der  bank  herab,  zog  ihn  ein  paar  mal  auf  dem  erd- 
boden  herum.  Grimm  deutsche  sagen  1  no.  74 ; 

ziehe  schon  an  die  zehen  jähr 
herauf,  herab  und  quer  und  krumm 
meine  schüler  an  der  nase  herum.    Göthe  12,  29. 

=  hinhalten,  hinziehen:  wenn  ich  mich  beklage,  wird  er  eine 
geheime  Instruction  vorschützen ;  wenn  ich  sie  sehen  will, 
wird  er  mich  herumziehen.  Göthe  8.  230. 

6)  herum  endlich  causal ,  tcie  sonst  hierum,  daram  (Iheil  2 
sp.  SOI /f.),  in  altern  quellen:  her  umbe  heilet  der  sun  in  der 
gotheit  die  wisheit  des  vater.  Meister  Eckh.\rt  6S.  3S;  her- 
umb  gros  krieg  ufstunt.  d.  slddteehron.  8,435,9;  herumb  so 
rath  ich  allen  meinen  gesellen.  Aimon  fcog.  Aij;  {die  nirlhin) 
gieng  und  holete  ihm  ein  quartglasz  voll  wein,  in  dessen 
diese  herumb  aus  war,  legte  der  müller  den  schmierkäsz 
auf  den  sack.  Simpl.  3,  388  Kurz.  —  In  bezug  auf  eine  kenntnis, 
ein  vissen :  etliche  edellüte  von  Elsas  oder  anderswo  von 
dem  Ryne,  die  harumb  nüt  enwissent  und  sich  lieber  nen- 
nent  von  dem  Ryne  denne  Franken,  d.  slddteehron.  9,  624, 19. 
.«.  hierum. 

HERUMDREHUNG,  f.  gyratio ,  catastrophe ,  inrersio.  Stie- 
ler 329. 

HERUMER,  HERÜMBER,  assimiliert  HERÜMMER,  das  ver- 
stärkte herum,  aus  herumher  (s.  rf.)  en/s/anrfen;  (a/^)  der  schauer 
auch  den  wein  mit  herummer  trinken  wolle,  pers.  rosenthal 
2,14;  auf  den  dörfern  herummer  betteln  gehen.  7,2;  solcher 
gestalt  führten  sie  mich  als  einen  wilden  mann  in  den  Hecken 
und  Städten  an  dem  rothen  meer  herumer  und  lieszen  mich 
um  gelt  sehen.  Simpl.  2,  216  Kurz; 

solch  hasen  lassen  sich  auch  hleckn 

am  tanze  und  auch  sonst: 

da  können  sie  herumber  leckn 

nach  aller  art  und  kunst.    hafen-jnchl  sIr.  77; 

Simplex  ein  pilger  wird,  last  ihm  gefallen, 

mit  dem  herzbruder  herumber  zu  wallen. 

Simpl.  2,  3  kurz; 
freunde  laszt  den  rebensaft 
nicht  so  lange  vor  euch  stehen, 
denn  was  uns  der  himmel  schafft, 
musz  vergnügt  herumber  gehen,    unw.  doclor  160; 
steht  diese  {noites  gnaile]  mir  zur  rechten, 
-'•  will  ich  ritterlich  mit  dir  (««nrfe)  herummer  fechten. 
Neumark  luslwälilthen  206. 

HERUMFRAGE,  f.  umfrage  in  einem  kreise:  es  ward  bei 
den  richlern  die  herumfrage  gethan. 

HERUM  FÜHRER,  m.  circumductor.  Hederich  1272. 
HERUMFUHRU.NG,  f.:    die   herumführung   bei   der  nase, 
deludificatw.  Steisbach   1,  394. 

HERUMHER,  das  verstärkte  iierum,  mit  doppelt  gesetztem  her 
{vgl.  oben  herabher,  herausher  m.  a.),  der  bedeulung  nach  dem 
einfachen  herum  gleich,  und  nach  dem  17.  jahrh.  für  die  Schrift- 
sprache ausgestorben :  nicht  in  der  Stadt  herumbher  läuft.  Luther 
fer.  4,  615;  nun,  kommen  wir  nicht  schier  wieder  herumbher? 
Garg.  223*;  Corydon,  der  dort  .  .  .  mutier  allein  herumbher 
trollet.  HojfBCRG  Dulcimunda  (1643)  44; 
das  hütlin  lern  herumb  her  trehen. 

yrubianus  (1568)  A8'  (6.  1,  aap.  3); 
auch  machstu  (bei  tafeti  disen  fund  ersehen, 
die  plat  langsam  hörumher  trehen, 
das  kompt  dir  an  deim  maul  zustewr.    B4»  {cap.  4); 
{icenn  auch)  vil  volks  umb  dich  rumbher  slhet, 
Wurf  ausz  was  selbs  gern  von  dir  geht.    C  1"  (cap.  5) ; 
wie  im  herbst  rottenweisz  die  krähen  .  .  . 
mit  eim  geschrei  herumbher  fliegen. 

froschmäux.  Dl*  (6.  1,  ctip.  2); 
Ubario  liesz  nicht  lang  allda  herumbher  laufen. 

D.  V.  D.  Werder  .iriost  II,  70,  5; 
verderbt  zu  allen  dingen     sind  die  elende  wir. 
allein  herumber  schlingen  (schweifen)     kann  al  modo  monsier. 

Opbi.  m.  Coh;i  416,  20; 
die  weit,  die  ist  ein  glückestopf, 
der  Siels  herumber  läuft.     Fle«i!<c  266,  10  Lappenb., 
die   alten   drucke  setzen  hier  herumber  {s.  313),  «cos  Flemings 
mundart  gerechter  ist. 
IV.  II. 


HERUML.\UFER.  m.  vagabundus.  erro.  Hederich  1273.  da- 
selbst herumlauferin  und  herumlaufung,  vagatio;  auch  herum- 
laufung der  räder,  circumactus  rotarum. 

HERUMREISE,  f.:  Christi  dritte  herumreise  in  Galiläa. 
Überschrift  des  8.  cap.  vom  ev.  Lucd  in  der  bibelausgabe  v.  1750. 

HERUMSCHWEIFUNG,  f.:  da  diese  unglückliche  mutter, 
auf  allen  ihren  herumschweifungen  in  dem  neuen  lande,  . . 
keine  spur  von  menschen  aufgefunden  hatte.  Wieland  12.50. 

HERUMSPÄNNLEIN.  n.:  ihr  nörnbergisch  geschieehler- 
dänz,  die  kein  herumbspännlein  leiden  können,  gemeint  ist 
uvl  das  umspannen,  umfassen  der  tdmerin,  das  noch  im  \6.  jahrh. 
für  unfein  galt,  da  der  höfische  brauch  forderte,  die  tänzerin  an 
der  band  zu  hallen. 

HERÜMSTREICHER,  m.  vagabundus. 

HERUMSTREINER,  m.  vagabundus;  herumstreinerinn,  vaga 
puella.  Serz  fiS*. 

HERUMTRÄGER,»!,  uaaren  herumtragender  krämer :  ich 
musz  doch  hier  von  den  herumträgern  sprechen  .  .  .  einige 
gehen  herum  mit  fäszchen  eiswasser  und  cifronen.  Göthe 
28,262;  Verbreiter  von  nachrichten.  Dahlmas.n  gesch.  d.  franz. 
revol.  227.     verql.  herum  tragen  unter  herum  3,6  5p.  1176. 

HERUMTRÄGEREI  ,/■. ;  diese  Spaltungen  zwischen  dem 
königlichen  ehepaar  wurden  durch  herumträgerei  böser 
menschen  noch  verschlimmert.  Maltem  neueste  wellkunde 
(1846)  40. 

HERUMWANDLER,  m.:  herOmwandeler,  erro,  vagabundus. 
Stieler  2501.  mit  herümwandelung.  oljambulatio. 

HERUNTEN,  adv.  unten  und  nach  einem  sprechenden  zu,  ge- 
bildet wie  oben  herauszen,  herüben ;  wer  kein  mangel  hat,  ist 
frölich  und  gehet  im  nach  alle  seinem  willen,  der  darf  gottes 
güligkeit .  trost  und  hülfe  nicht ,  drümb  möchte  er  droben 
seiner  engel  warten ,  so  wollen  sie  herunten  irer  gülden 
warten.  Luther  4,506*; 

so  bleib  ich  in  der  gasz  herunden.    H.  Sacbs  1,  1,  12'. 

HERUNTER,  adv.  desuper,  ex  alto;  mhd.  her  under.  es  rtihrt 
der  bedeutung  nach  im  allgemeinen  an  herab  sp.  1005,  so  fern 
beide  adverbien  richtung  von  der  höhe  nach  der  tiefe  zu  einem 
sprechenden  entgegen  ausdrücken,  ebenso  an  hernieder,  wobei  das 
sp.  1119  gesagte  zu  berücksichtigen. 

1)  rückgang  der  form,  wie  bei  den  schon  früher  behandelten 
mit  her  zusammengesetzten  adverbien.  Luther  hat  erunter,  5. 
//».  3.  .<p.  1035;  äuszerste  kürzung  ist  runter.  BijRCEB  21*  {s.  die 
stelle  unter  3);  vom  fenster  runter.  Fr.  .MI?ller  1.343. 

2)  tfie  bei  herab  15/  die  bedeutung  bei  herunter  theils  scharf, 
Iheils  minder  scharf  ausgeprägt,  scharf,  wenn  die  richtung  nach 
einem  sprechenden  zu  deutlich  hervortritt;  der  gegensatz  ist  hinauf  : 

er  rief  hinauf  so  klagevoll : 

willkommen,  königstöchierlein  I 

ein  geisterlaut  herunterscholl: 

ade,  du  schäfer  mein !    üulasd  (leit.  198. 

die  richtung  trird  durch  zusätze  näher  bestimmt:  wiltu  eine  red- 
liche that  thun.  so  ziehe  herunter  in  das  blachfeld,  und  las 
uns  mit  einander  versuchen,  l  Maec.  10,  71 :  komm  herunter 
zu  mir;  er  steigt  von  oben  herunter;  dort  läuft  jemand  den 
beig  herunter;  donnerslog  gingen  wir  von  Frascati  auf  Monte 
Caro  über  Rocca  di  Papa  .  . ;  dann  nach  Albano  herunter. 
Göthe  29.172;  für  jetzt  erstreckt  sich  der  schnee  {auf  dem 
ülna)  noch  allzuweit  herunter.  28, 195 ; 

herunter,  junker  Grobian, 

herunter  von  der  mähre, 

dasz  ich  dich  sitie  lehre!    RirRCER  54*. 

3)  minder  scharf  ist  die  bedeutung  ausgeprägt,  wenn  der  erste 
beslandtheil  des  Wortes  her  nicht  zur  gellung  kommt ,  und  her- 
unter nur  so  viel  irie  unterwärts,  abwärts  sagt:  und  des  königes 
beer  zog  ein  theil  auf  dem  gebirge.  ein  theil  herunter  im 
blachfeld  in  guter  ordenung  und  vorsichliglich.  1  Macc.  6,40; 
da  sie  nu  ausgeben  hatte,  stund  sie  auf  .  .  und  gieng  her- 
unter ins  haus.  Judith  10.2;  trachtet  nicht  nach  hohen  dingen, 
sondern  haltet  euch  herunter  zu  den  nidrigen.  Rom.  12,16; 
Matthias,  ein  munterer  alter,  in  einem  durch  höchst  ver- 
standene fallen  vermannichfaltigten  einfachen  kleide,  . .  sein 
mantel  fällt  hinterwärts  herunter.  Göthe  29,172; 

und  den  blauen  rock,  der,  vielgefaltet  vom  busen 

reichlich  herunterwallt  zum  wohlgebildeten  knöchel.    40,2%. 

dieser  bedeutung  entspring  die  un.tinnlichere  und  übertragene  Ver- 
wendung von  herunter  in  Verbindung  mit  verben,  irie. herunter 
bringen,  kommen,  lassen,  machen,  pfänden,  reiszen,  werfen, 
die  unten  5  in  alphabetischer  Ordnung  aufgeführt  werden;  ferner 

75 


1187 


HERUNTER 


HERUNTER 


1188 


die  vorslellung  des  auf  den  grund  gelangens,  des  endens  und  voll- 
endens ,  in  den  Verbindungen  ein  lied  herunter  singen;  die 
äblissin  betete  ..  ihren  rosenkranz  herunter.  Kli.nger  3,  106; 
der  leufei  (in  gestalt  eines  mannes  mit  einem  gucJikaslen)  leierte 
seine  alllagssprüche  herunter.  1G9  ;  wir  hoffen ,  unsre  leser 
sehen  den  mann  nun  vor  sich,  und  wenn  sie  einige  anläge 
zur  musik  haben,  so  musz  ihnen  sein,  sie  hätten  ihn  be- 
reits seine  ganze  Illgenia,  Hekuba  und  Alceste  herunter  orgeln 
gehört.  Wieland  19,274;  aucli  in  Wendungen  wie:  wir  trinken 
die  ganze  weinkarle  herunter  {alle  weinsorten,  die  auf  der  karte 
verzeichnet  sind);  rergl.  ferner  herunter  kommen  «*=  zu  ende 
kommen  mit  einer  aufzdhlung,  unten; 

hing  dann,  zum  Zeitvertreibe, 

sich  mit  dem  halben  leibe 

zum  liimmelsl'cnster  naus, 

und  schmauchte  frisch  und  munter 

sein  pfeifcheD  knaster  runter  (rein  aus).     Borger  21'. 

4)  Verwechselung  mit  hinunter  erklärt  sich  aus  dem  zu  3  ge- 
sagten: deine  pracht  ist  herunter  in  die  helle  gefaren.  Jes. 
14,11;  nachbars  Daniel  wolle  das  gute  Suschen  aus  heller 
bosheit  jüngst  vom  schritlstein  in  den  bach  herunter  stoszen. 
Ml'säl's  kinderkl.  89;  diese  gesundheil  trank  Berthold  mit 
innigkeit  herunter.  Arnim  kronenw.  1,221;  die  der  hölle  mehr 
Seelen  entrissen  haben,  als  die  kriege  der  prälaten  in  Kon- 
stantinopel herunlerfürdern  können.  Klinger  5,  147;  sie  fand 
Wilhelmen  noch  mit  Mignon  beschäftigt,  und  beredete  ihn 
m;t  herunter  zu  gehen.   Götue  18,  241. 

5)  Verbindung  mit  verbcn  der  beivegnug,  wobei  das  adverb  eine 
der  von  2 — 4  aufgeführten  bedeulunqen  entwickelt,  in  dringlicher 
rede  werden  solche  verben  unterdrückt ,  namenllich  bei  lebendiger 
erzählvng:  und  sie,  sobald  sie  mich  erblickt,  halt  gemacht, 
vom  thier  herunter,  dem  lakayen  gewinkt,  .  .  und  nun  mit 
dem  holdesten  lächeln  die  treppe  herauf  zu  mir.  P.  Hevse 
novellen  5  (1804)  s.  152;  oder  beim  bcfchl:  herunter  jungfraw 
du  tochter  Babel,  setze  dich  in  den  staub,  setze  dich  auf 
die  erde.  Jes.  47,  l ; 

herunter,  stolzes  herz!  bequeme  dich! 
dem  vater  nachzugeben,  ist  nicht  schände! 

ScuiLLER  Turandot  4,  Ü. 

in  den  Verbindungen  herunter  wollen,  können,  müssen  sind 
verben  der  bewegung  wie  gehen,  steigen,  kommen  zu  ergänzen: 
er  will  gern  herunter,  kann  aber  nicht;  herunter  müssen 
namentlich  in  der  bedeutung  zu  boden ,  unterliegen  müssen,  ge- 
todtet  werden :  der  herr  hell  ein  schlachten  zu  Bozra  ...  da 
werden  die  einhörner  sampt  inen  (den  widdern)  erunter  müs- 
sen. Jes.  34,7;  die  schutzherrn  Egypti  müssen  fallen,  und 
die  büffarl  iier  macht  mus  erunter.  Hcs.  30,6; 

er  spricht  frei ;  der  mos  hf^runder, 
wer  mich  baszt,  es  kost  sein  bifiu 

Michael  Stieffel  der  10.  psalm  'dein 
armer  luiuf,  lierr,  tut  klagen''. 

herunter  sein,  eine  fortnel  des  gemeinen  lebens ,  bezeichnet  die 
zu  ende  gekommene  bewegung  nach  unten:  ich  bin  herunter 
[etwa  beini  klettern ,  von  einem  bäume  oder  berge) ;  audi  über- 
tragen:  ich  bin  ganz  herunter,  kräftelos,  in  folge  einer  über- 
standenen  krunklieil ;  er  ist  vollständig  herunter,  verarmt;  vgl. 
unten  herunter  kommen. 

Die  verben  der  bewegung  mit  denen  sich  herunter  verbindet, 
sind  tm  allgemeinen  die  gleichen,  mit  denen  hcr;il'  i<f  l"'>6//".) 
steltl.     folgende  können  aufgeführt  werden. 

beten,  s.  oben  no.  3. 

bieten,  bei  einem  handel,  einer  gant :  der  vogler  dingte 
dem  tischler  ein  drittel  des  fiargpreises  . .  zum  erstaunen 
des  lischlers  und  aller  ab,  wiewul  sich  noch  untersuchen 
läszt,  ob  nicht  eben  ein  lebendiger  sargsasse  und  konklavist 
etwas  herunlerbieten  könne.  J.  Paul  leben  Fibels  51. 

blicken:  höre  mich,  mitternächtlicher  himmel ,  der  du 
auf  die  schandtbat  keninterblicktcsl !  Schiller  rduber  4,  5. 

blinken: 

er  sinkt 
nieder  an  den  tliurraex  fusze, 
wo  CS  «pät  herunterblinkt.    Ühland  ged.  lo::. 

blitzen:  vor  den  auf  die  blumcn  herunlerblitzeiidon  drei 
ka*kalel!cn  (der  grofien  cascade  in  Hom).  J.  Pali.  Titan  4,  l'Jl. 

bohren:  die  gruppe,  wo  einer  vom  pfurdc  lierunlergebohrt 
wird.  IlEnRU  Ardinghello  3,23. 

bringen,  in  eigentlicher  bedeutung:  bringe  mir  das  buch 
herunter^  nach  herunter  oben  3  unterwärts,  abwärts  bringen: 
bebt  er  die  boslie  in  die  höbe,  so  kann  er  die  arme  nicht 
wieder  herunterbringen.  GOTbb  79, 196.     übertragen,  in  betug 


auf  geisl,  Kräfte,  vermögen:  einen  von  allem  dem  seinigen 
herunter  bringen,  deturbare  aliquem  de  omnibus  forlunis.  Steix- 
BACH  1, 176 ;  wenn  man  sieht ,  dasz  der  körper  durch  alter 
und  schwäche  .  .  einen  geist  .  .  so  herunterbringen  und  ver- 
nichten kann.  Klinger  12,  225;  die  krankheit  hat  ihn  ganz 
herunter  gebracht,  auch  abbringen,  entfremden:  einen  von 
seinen  hohen  gedaiiken  herunter  bringen,  depellere  aliquem  de 
gradu.  Stkisbach  a.  a.  o.  —  vgl.  herab  bringen  sp.  1006. 

denken: 

der  todesengel  Obaddon, 
Philos  engel,  dacht  entOamrat  auf  die  siiiidur  herunter. 

Klopstock  4,  31  (.Mess.  (i,  434). 

deutschen,  als  deutsch  heruntersetzen:  unsere  gelehrte, 
künsller  und  schönen  geisler  haben  (bei  gelegenheil  des  hesuchs 
von  frau  v.  Staül)  kaum  satt  werden  können,  sich  heiunler- 
dcutschen  zu  lassen  und  auf  gut  vaterländisch  schweizerisch- 
französische naivelälen  zu  bewundern,  die  auf  meinem  boden 
nicht  gedeihen  wollen ,  wenn  ich  auch  den  dünger  daran 
wenden  wollte.  Zelter  an  Götlie  1,110. 

fahren:  sobald  mir  vom  Brenner  herunterfahrendem  der 
tag  aufgieng.  Göthe  27,55;  wenn  ein  slern  sich  putzte  und 
herunter  fuhr.  J.  Paul  uns.  löge  l,  145. 

fallen:  wii  beide  wagen  mit  ireii  reutern  umbkeren,  das 
beide,  ross  und  man,  herunter  fallen  sollen.  Haggai  2,23; 
in  bezuy  auf  falten  Götue  29, 172  (s.  die  stelle  oben  3) ; 

wolauf,  du  schönste  von  allen, 

lasz  ein  sträuszloiii  heruiiterfallen  !    Uuland  geti.  2 12  ; 

sie  ruhten  bei  einander  kühl, 

waldvögleiii  sangen  oben, 

grün  laub  herunterfiel.     217. 

flattern:  sie  sah  ihn  an  und  als  ihr  äuge  warm  von 
einer  Ihräne  wurde,  neigte  sich  der  himmel  auf  einem  son- 
nenwölkchen  zu  ihnen  nieder  und  berührte  die  verwandten 
menschen  mit  heiszen  herunterllatternden  tropfen.  J.  Paijl 
Hesp.  3,  217. 

fliegen:  vom  himmel  herunterfliegen,  de  coelo  devolare. 
Hederic«  1276. 

führen:  ich  wil  sie  herunter  führen,  wie  lemmer  zur 
Schlachtbank,  wie  die  wider  mit  den  bocken.  Jer.  51,  40. 

geben,  eigentlich:  gib  mir  das  buch  vom  bücherbret  her- 
unter, reflexiv,  übertragen :  unsers  gotles  ehre  aber  ist  die, 
so  er  sich  umb  unser  willen  aufs  allerliefest  eruiiter  gibt, 
ins  fleisch,  ins  brol,  in  unsern  mund,  herz  und  schos. 
Luther  3,  356'. 

gehen:  gieng  herunter  ins  haus.  JudiUt  10,2;  die  treppe 
herunter  gehen,  gradibus  descendere.  Steinbach  1, 554.  über- 
tragen:  die  lebensmitlel  gehen  im  preise  herunter;  aucfi  be- 
zfiglich  der  Stimmung  der  musikalisclien  Instrumente :  bevor  man 
das  stimmen  des  claviers  beginnt,  untersuche  man  erst  um 
wieviel  das  instrnment  heruntergegangen,  kunst  des  clavter- 
stimmens  s.  10. 

gehören: 

unser  prinz  slaili  kaum  geboren  :  weil  an  ihm  war  so  viel  himni«l, 
so  gehört  er  nicht  herunter  in  das  freche  weltgeiümmel. 

LoGAD  3,  165,  58. 

g  i  c  s  z  c  n :  giesze  (naclit)  dickrc  finslernis  herunter !  Klingeh 
2,  231. 

iialten,  neben  der  eigentlichen  bedeutung  auch  übertragen, 
nach  unten  hallen  in  bezug  auf  sociale  Stellung:  haltet  euch 
herunter  zu  den  nidrigen.  Rom.  12,  IC;  anstatt  ihre  kindur 
herunter  zu  halten,  sie  bei  andern  in  dienste  zu  geben,  oder 
sie  zu  häuslicher  arbeit  zu  gewöhnen,  müssen  sie  immer  in 
dem  Strudel  der  modcn  schwimmen.  Moser  jnitr.  phant.  2,  9t. 

iiangen,  hängen:  die  haare  hangen  von  dem  köpfe  auf 
die  brüst  lierimter,  cupilli  n  capile  ante  pectus  dei>endcr.l.  Stein - 
BACH  1,  Ollis ;  die  äpfcl  hangen  vom  bäume  herunter,  maln 
per  arborem  dependenl.  das. 

haspeln:  und  wohl  uns,  wenn  der  widersacbcr  seinen 
wurm  (groll)  ganz  heruntergehaspolt  hat,  denn  der  Überrest 
wächst  wie  ein  bandwiirm,  von  dem  der  köpf  zurückgeblieben 
ist.  B.  (jOLTZ  d.  kneipen  u.  d,  kneipgenies  36. 

hauen,  decidere,  succidere:  einen  arm  hcrundcr  bauen,  suc- 
cidcre  bracinum,  einen  bäum  licrunder  hauen,  arborem  discin 
dire,  Iruncare,  absecare.    Stiei.kh   7!I0. 

heben:  einen  vom  pfcrdc  herunter  heben. 

helfen:  indem  ich  dem  lieben  kindc  von  unscrin  Hau 
liehen  Kopha  herunterhalf.  Tnt^MMEL  3,370;  als  er  sich  ein 
mal  in  einer  periode  so  hoch  verstieg,  dasz  er  einen  brocken 
nach  dem  andern  ergreifen  niii^ztc,  um  sich  nur  mit  ehren 
wieder  herunter  zu  helfen. 


1189 


HERUNTER 


HERUNTER 


1190 


bunzen  (vergl.  herunter  machen): 

Adiim,  mir  trnumt,  es  hätt  ein  kläger  mich  ergrififen," 

und  schleppte  vor  den  richtstuhl  mich;  und  ich, 
ich  säsze  gleichwol  «uf  dem  richtstuhl  dort 
und  schält^  und  hunzt  und  schlingelte  mich  herunter, 
und  judicirt  den  hals  ins  eisen  mir. 

H.  V.  Kleist  zerbr.  krug,  3.  auflr, 

hüpfen:  das  kind  hüpft  den  abhang  herunter. 

jagen,  inlransiliv:  die  pferde  jagen  die  steile  strasze  her- 
unter; Iransitir:  jaget  sie  (die  feinde)  von  Belthoron  herunter 
ins  blachfeld.  l  Macc.  3,  24. 

kanzeln,  vergl.  th.  5,178  (aus  Schiller  Wollenst  eins  lager, 
6.  auflr.). 

klatschen:  wenn  einer  mit  dem  geigenbogen  auf  dem 
höchsten  seile  der  höchsten  töne  lange  tanzt  und  rutscht 
und  nun  kopfunter  in  die  tiefsten  herunlerklatscht.  J.  Paul 
bei  Campe  s.  r.  kopfunter. 

klunkern,  klingelnd  herunter  fallen.  Simpl.  3,  9S  Kurz  (vgl. 
die  stelle  th.  ö,  1299). 

kommen,  l)  eigentlich:  die  Amoriter  drungen  die  kinder 
Dan  aufs  gebirge,  und  lieszen  nicht  zu,  das  sie  erunter  in 
den  grund  kemen.  nr/i/.  1.  34;  aber  die  kinder  Israel  kamen 
herunter  von  Bethulia  zu  im ,  und  machten  in  los ,  und 
brachten  in  hin  ein  gen  Bethulia.  Judith  6,  9 ;  als  ich  ganz 
betäubt  wieder  herunter  kam  (vom  gipfel  des  Ätna).  Göthe 
28,197;  die  wagen  kommen  vom  venetianischen  palast  her- 
unter. 29,231;  he,  Hannchen  komm  ein  wenig  herunter. 
KoTZEBCE  dram.  sp.  1,296. 

2)  übertragen,  zu  ende  kommen  mit  der  aufzählung  einer  reihe 
von  dingen  (vergl.  oben  herunter  3,  *p.  1186):  und  wil  weiter 
rhümen,  ich  kan  psalmen  und  propheten  auslegen,  das  kön- 
nen sie  nicht,  ich  kan  dolmetschen,  das  können  sie  nicht, 
ich  kan  die  heiligen  schrift  lesen ,  das  können  sie  nicht, 
ich  kan  bitten,  das  können  sie  nicht,  und  das  ich  herunter 
kome.  ich  kan  ir  eigen  dialectica  und  philosophia  bas,  denn 
sie  selb»  alle  sampt.  Lcther  5,141*. 

3)  ferner  zurückkommen ,  unterwärts  kommen ,  in  bezug  auf 
kräfle,  Stellung,  vermögen:  das  ganze  land  ist  herunter  kom- 
men, percussa  est  polentia  totius  regionis.  Steikbach  1,907;  bei 
Stieler  im  Kechsel  mit  hinunterkommen:  so  sehr  sind  wir 
hinundcr  sive  herunderkommen ,  in  eam  fortunam  devenimus. 
1005;  dasz  zu  jener  zeit  die  rechtswissenschaft  nicht  wenig 
herunter  gekommen  war.  Savig.nt  kl.  schrißen  4, 196. 

langen,  intransitiv:  vom  müller  geführt  langten  Charlotte 
und  der  hauptmann  auf  einem  bequemeren  pfade  herunter. 
Göthe  17,  84;  transitiv:  die  flinte  von  der  wand  herunter 
langen. 

lassen,  1)  in  eigentlicJiem  sinne:  aus  dem  fenster  ward  ein 
korb  herunter  gelassen ;  die  vorhänge  an  den  fenstern  her- 
unterlassen. Kli:«ger  10,  62. 

2)  übertragen,  von  einer  forderung,  änem  preise:  ich  habe 
mich  nun  zum  ankauf  des  hauses  von  Mellisch  entschlossen, 
da  er  etwas  davon  herunter  läszt.  obgleich  ich  noch  immer 
nicht  wohlfeil  kaufe,  so  musz  ich  doch  zugreifen.  Schiller 
an  Güthe  812. 

3)  reflexiv,  tcie  sich  herablassen  4,  sp.  1009 :  denn  gott  hat 
sich  also  gedemütiget  und  herunter  gelassen ,  das  er  sein 
heilig  göttlich  wort  dem  menschen  in  mund  legt,  das  er 
ganz  nicht  sol  zweiveln,  das  ers  selbs  sage.  Lcther  3, 160'; 
noch  liesz  er  sich  herunter  und  bot  sich  zu  recht,  frr.  2,  544; 

wenn  sich  der  allvermögende  lord  Lester 

so  tief  zu  mir  herunierläszt,  ein  solch 

bekenntnis  mir  zu  thun.     Scbiller  Maria  Stuart  2,  S. 

Stieler  hol  in  diesem  sinne  herunter  und  herniederlassen  gleich 
gestellt,  s.  sp.  1120. 

4)  einen  herunterlassen,  verkleinern,  der  bedeulung  berauben, 
me  sonst  herunterziehen:  gewisse  raänner,  die  es  umsonst 
sein  würde  zu  verkleinern  und  zu  sich  heninter  zu  lassen. 
Kakt  s,  9. 

laufen:  vom  schlösse  herunter  laufen,  ab  arce  decurrere. 
MEINBACH  1,999;  die  thränen  liefen  ihm  die  wangen  her- 
unter; von  dem  sinken  eines  preises :  oder  aber  der  preisz  des 
im  herbst  eingeholten  saamens  läuTt  bereits  in  Bremen  nach 
dem  Verhältnisse  heninler,  als  die  nachrichlen  aus  der  Ostsee 
melden,  dasz  die  frühjahrsfahrer  einen  wohlfeilen  markt  fin- 
den werden.  Moser  palr.  phanl.  1,  CO. 

legen:  wir  sind  zahlpfennige  in  der  band  goltes;  er  leget 
uns  manchmal  hoch  hinan  und  läszt  uns  viel  gelten,  und 
legt  uns  manchmal  auch  tief  herunter.  Scriver  seelensch.  2, 2il. 


leiern,  i.  oben  nr.  3,  ip.  1186. 

locken:  die  alte  suchte  so  viel  möglich  durch  ihre  prose 
die  poesie  ihrer  Ireundin  ins  gebiet  des  gemeinen  lebens 
herunter  zu  locken.  Göthe  18,64. 

lodern:  bis  endlich  das  blaue  meer  alle  nebelbänke  ver- 
schlang und  nichts  auf  seiner  unendlichen  fläche  trug,  als 
die  herunterlodernde  sonne.  J.  Paul  Hesp.  l,  240. 

machen  1)  eigentlich:  die  rinde  herunterniachen,  corticem 
detraliere,  er  macht  den  rost  herunter,  rubiginem  toüit.  Steis- 
BACH    2,  9. 

2)  übertragen,  durch  tadel  oder  Schmähung  verkleinern,  schelten  : 
einen  heruntermachen,  carpere  aliquem.  Hederich  1277;  wenn 
man  alles,  was  man  daselbst  sieht,  herunter  macht.  J.  E. 
Schlegel  5.13;  zu  meinem  unglück  konnte  sie  deutsch  ge- 
nug, um  mich  verstanden  zu  haben,  und  sprach  es  gerade 
so  viel  als  nOthig  war,  um  schelten  zu  können,  sie  machte 
mich  gewaltig  herunter.  Göthe  24,150;  das  erste,  was  sie 
mir  ganz  entsetzlich  herunter  machte,  waren  die  poelen  nach 
der  inode  von  Weisze ,  wblche  so  eben  mit  groszem  beifall 
öfters  wiederholt  wurden.  25,63;  ja  und  was  das  schimmste 
ist,  so  soll  er  in  eben  den  wischen,  die  du  herumträgst, 
seine  Alceste  vor  der  nieinigen  herausgestrichen,  mich  her- 
unter und  lächerlich  gemacht  haben.  33,  271. 

müssen,  5.  oben  no.  5  am  eingang  .?p.  1187. 

nehmen:  herunder  nemen,  demere,  deßeere,  deturbare,  de- 
sumere.  Stieler  1365. 

neigen:  neige  dich  nun  von  deiner  stürmigen  wohnung 
herunter,  freue  dich  ihres  zittems  (betet  eine  Jungfrau  die 
geopifert  werden  soll).  Klixger  2,  289. 

nicken.-  ja!  sie  soll  dran!  sie  soll!  die  obern  mächte 
nicken  mir  ihr  schreckliches  ja  herunter.  Schiller  kab.  u. 
liebe  5,  6. 

orgeln,  s.  oben  no.  3  sp.  1186. 

paaren:  weil  ihr  der  liebe  das  gewand  abzieht,  das  sie 
so  heilig  macht,  und  sie  gleich  zur  metze  herunterpaart. 
Klisger  theatcr  3,181. 

pfänden:  natürlich  gerietb  ich  auch  durch  die  lebensart 
tief  in  die  schulden  hinein;  auf  einmal  kam  mir  nun  der 
Jude,  der  mir  vorgeschossen  hatte,  über  den  hals  und  liesz 
mir  das  erb  anschlagen,  ich  wurde  herunter  gepfändet  und 
hatte  dann  die  erde  zum  lager  und  den  himmel  zum  dach. 
Jmmermanx  MünchJi.  4,  28. 

plumpen:  dem  genie  ist  nichts  vorzuschreiben,  es  läuft 
glücklich  wie  ein  nachtwandler  über  die  scharfen  gipfel- 
rücken weg.  von  denen  die  wache  mitlelmäszigkeit  beim 
ersten  versuche  herunterplumpt.  Göthe  36, 181. 

purzeln:  wolan,  kompt  einer,  der  den  bawm  schüttelt, 
so  sollen  mir  die  scharrhenslin  gar  weidlich  herunter  purzeln. 
Lcther  5,  46';  dasz  ich  nicht  unbehend  auf  den  darbei 
stehenden  tritt  sprang,  aber  in  einem  hui  über  hals  und 
köpf  herunter  purzelte.   Simpl.  2,  273  Kurz. 

reisen:  herunderreisen,  deorsum  versus  nos  proßcisci.  Stie- 
ler 1589. 

reiszen,  in  verschiedenem  sinne,  l)  reissend  nach  unten 
bringen :  man  wird  dis  land  ringsumher  belegern,  und  dich 
von  deiner  macht  herunter  reiszen.  Amos  3,11;  einen  mit 
den  haaren  von  dem  wagen  herunter  reiszen,  deripere  aHquem 
capillo  de  curru.  Steixbach  2,270; 

schnappte  grimmig  nach  ihr  und  risz  das  haupt  ihr  herunter. 

Göthe  40,  11.5. 

2)  etwas  hastig  und  gleichsam  reiszend  zu  ende  bringen :  eine 
Improvisation,  einen  Vortrag,  ein  musikstück  heruntcrreiszen. 
s.  oben  herunter  leiern  «.  a.  unter  3  sp.  1186. 

3)  etwas  reiszend  verderben:  die  kinder  haben  ihre  kleider 
schon    ganz  heruntergerissen ;    ein  heruntergerissener  anzug. 

4)  einen  schmähen,  schellen :  warum  sollte  ich  dem  manne 
nur  noch  mehr  fehler  ausmustern  helfen  ?  er  «ird  in  der 
Übersetzung  gebrauch  davon  machen,  und  mich  doch  noch 
dabei  herunter  reiszen.  Lessixg  12,  289. 

reiten:  den  berg  herunter  reiten;  darauf  muszte  ich  mir 
den  rechten  nassen  Stiefel  von  der  wirtbsmagd  herunterreiten 
lassen.  J.  Pacl  liier,  nachlasz  4, 186. 

rinnen,  demanare.  Stieler  1CI2:  o  du  stille  mitternacht- 
sonne (mond)  . .  deine  herunterrinnenden  funken  wiegen  wie 
ein  schimmernder  bach  den  liegenden  menschen  ein.  J.  Paul 
uns.  löge  2.  80;  - 

mir,  mir  rinnt  das  mitleid  die  wang  herunter;  allein  du 
kennest  nur  an  der  leidenden  tugeod  die  bebende  thrüne  ! 

KiopsTOCK  4,  37 : 

75* 


1191 


HERUNTER 


HERUNTER 


1192 


und  risz  ihm  ein  äuge 
aus  dem  köpfe,  es  rann  ihm  das  blut  die  nase  herunter. 

GöTUB  40,  216. 
rücken,  iiUransiliv:  rücke  ein  wenig  herunter;  Iransiliv: 
herunderrücken  ,  deCrudere ,  dejicere,  ddurbarc.  Stieler  1570; 
seilen  wir  durch  ein  prisnia,  dessen  brechender  winkel  sicli 
unten  befindet,  nach  einem  in  der  hüiie  befindlichen  bilde; 
SU  wird  dieses  bild  herunter  gerückt.  Göthe  52, 141. 

rufen:  jauchzet  ir  hiinei,  .  .  rufe  du  erde  herunter.  Jes. 
44,  23 ;  einen  vom  thurme  herunter  rufen ,  de  luni  aliqucm 
devucare.  Steinbach  2,  307 ; 

icli  ruie  die  Verwünschungen  zurück, 

die  ich  im  blinden  Wahnsinn  der  Verzweiflung 

auf  dein  geliebtes  haupt  herunter  rief. 

ScuiLLER  514  (braut  v.  Messina). 

sagen:  er  liesz  mir  hemnter  sagen,  dasz  er  mich  nicht 
sprechen  könne. 

schallen.    Unland  ged.  199.     s.  die  stelle  oben  unter  2. 

schellern:  doch  könnt  ich  mit  dem  dolch  seinen  streich 
aus  beiden  fausten  nicht  so  ganz  abhalten,  dasz  er  mir  nicht 
ein  wenig  im  herunterschellern  den  linken  arm  streifte.  Heinse 
Ardmyh.  1, 195. 

schielen:  wie  traurig  werden  sie  dann  vom  obersten 
tabuiate  herunterschielen  I  Rabener  6,178. 

schieszen,  intransittv ,  für  herunter  stürzen:  ein  anderer 
schösse  von  einem  thurn  herunter.  Swipl.  1,140  Kurz;  transitiv: 
herunderschieszen,  t/eo/'5u»j  wrfufM  nü/toe.  Stieler  1771;  einen 
vom  pferde  herunterschieszen. 

schlagen:  ich  schlug  ein  unbezweifeltes  stück  des  ge- 
schmolzenen (der  lata)  herunter.  Göthe  28, 194 ;  er  liesz  ihm 
das  haupt  herunter  schlagen. 

schlängeln,  reflexiv:  schwillt  dir  die  ader  oft  auf,  die 
sich  hier  deine  verschobene  stirne  herunlerschlängelt?  Klinger 
Iheater  2, 175. 

schleichen:  herunderschleichen,  sensim descendere.  Stie- 
ler 1S35. 

schmeiszen:   jemand  die  treppe  herunter  schmeiszen. 

schmelzen:  des  kouigs  von  Frankreich  macht  .  .  soll 
sehr  heruntergeschmolzen  sein.  Fr.  Müller  3,  32. 

schmettern:    er   schmetterte   steine  auf  uns  herunter; 
vertvediseluny  mit  hinunterschmettern  (oben  4): 
der  Zriny  schmelierte,  ein  angeschoszner  eher, 
was  iruiiknen  muths  die  mauern  schon  erstieg, 
kopfüber  von  dem  steilen  wall  herunter.    Körner  2,  161. 

schneiden:  einen  ast  mit  einer  süge  herunter  schneiden, 
ramum  serra  desecare.    Steinbach  2,480. 

schrauben:  fett  schraubt  den  luftröhrenkopf  zum  basz 
herunter,  den  der  mönch  so  sehr  wie  das  latein  in  den 
hören  braucht.  J.  1'aul  liolzscltnille  98. 

schütten:  schütte  (du  nacht)  mehr  dunkel  herunter! 
Klincer  2,  231. 

sehen,  eigentlich:  von  der  höhe  in  den  thal  herunter- 
sehen, despicere  de  vertice  in  tallein.  Heüerich  1277 ; 

es  [ans  iluriabitd)  sah  so  niutlermild 
herunter  auf  die  reine.     Luland  yeä.  195; 

übertragen:  auf  einen  vornehm  herunter  sehen. 

senken:  die  nacht  senkte  sich  düster  herunter.  Klincer 
4,  243. 

setzen,  l)  eigentlich,  durch  setzen  unterwärts  bringen :  die 
berge  gehen  hoch  erfür,  und  die  breiten  setzen  sich  her- 
unter, zum  ort  den  du  inen  gegründet  hast.  fts.  104,  8;  sage 
dem  könige  und  der  königin,  setzt  euch  herunter  (vom  throne), 
denn  die  kröne  der  herriigkeit  ist  euch  von  ewreni  heubt 
gefallen.  Jer.  la,  18;  auf  gleicher  anschauung  beruht  vom  amte 
heruntersetzen ,  deponere  de  impeno.  Hederich  1277,  mit  der 
amliuiurde  ul  auch  der  sitz  verbunden  (vergl.  absetzen  theil  1, 
*p.  117);  faule  schuler  uerden  heruntergesetzt:  strafen  bestünden 
im  heiunter»ezen  und  im  ausschlieszen  von  ergulzlichkeiten. 
Sturz  2,  3.'j3,  tergl.   beraufrückeii  oben  s/>.  1024. 

2)  übertragen,  ernu^drujen ,  vermindern:  die  preise  werden 
herunter  gesetzt;  es  giebl  leideiiKchaften  und  grade  von  leiden- 
tchutlcn,  die  sich  iii  dem  gesiebte  durch  die  hUszlichsten 
Verzerrungen  iluszern  . . .  dieser  enlhicllen  sich  also  die  alten 
kUiiütlur  entweder  ganz  und  gar,  öder  setzten  sie  auf  ge- 
ringere giude  herunter,  in  welchen  sie  eines  maaszcs  von 
»ckuiibeil  lähig  sind.  LetsiNC  0,384;  sollte  dieser  uiiütland 
die»e  wjhi halle  gi-Kchichte  in  den  äugen  der  erleuchteten 
bis  zum  wiihrcheu  herunleiscizen.  Klinckr  10,  22ü.  nament- 
Uch  auch  in  beiuy  auf  ullUchen  wert :  ich  war  .  .  desto  stolzer 


und  trotziger,  je  mehr  sie  mich  herunter  setzen  wollten. 
Wieland  2,150  (130);  ich  hab  etwas  an  dir  gemerkt,  das 
dich  vor  meinen  äugen  völlig  herunterselzt.  Klinger  Iheater 
2,213;  meine  band  kann  nicht  zum  schwerdt . .  ich  bin  un- 
vermögend vor  d^m  menschen  (de«  ich  aclüe),  und  ich  denk 
das  setzt  mich  nicht  herunter.  4, 130. 

sitzen:  viel  tyrannen  haben  müssen  herunter  auf  die 
erden  sitzen,  und  ist  dem  die  krön  aufgesetzt,  auf  den  man 
nicht  gedacht  halte.  Sir.  11,  5. 

spazieren:  herunderspaziren ,  ima  petere  deambulando. 
Stieler  1420. 

springen:  vom  pferde,  vom  wagen  herunter  springen, 
desilire  ex  cquo,  de  rheda.  Hederich  1277;  übertragen: 

leichtfertig  auf  die  canzel  bringn 

und  leute  lau  herunter  springn  (tadeln). 

HiNOVALD  taut.  warb.  282. 
Steigen:    Mose    steig  herunter  zum  volk.    2  Mos.  19,25; 
der  freinbdiing  der  bei  dir  ist,  wird  über  dich  steigen  und 
imer   oben    schweben ,    du   aber  wirst  erunter  steigen ,    und 
imer  unterligen.  5  Mos.  28,  43. 

stellen,  erniedrigen:  so  wenig  tiefes  nachdenken  darum, 
weil  es  sich  oft  in  erbrechen  und  polluzionen  schlosz,  mit 
beiden  eine  herunlerstellende  Verwandtschaft  hat.  J.  Pacl 
auswahl  a.  d.  teuf.  pap.  1, 158. 

stören:  ein  Schwalbennest  herunter  stören,  dejicere  nidutn 
lutosum.  Stieler  2173. 

stoszen:  umb  ewer  willen  hab  ich  gen  Babel  geschickt, 
und  habe  die  rigel  alle  herunter  gestoszen,  und  die  klagende 
Chaldeer  in  die  schiffe  gejagt.  Jes.  43, 14;  sie  ist  ja  zu  grew- 
iich  herunter  gestoszen,  und  hat  dazu  niemand,  der  sie 
tröstet,  klaget.  1,9;  und  wenn  sie  gen  hiinei  füren,  so  wil 
ich  sie  doch  herunter  stoszen.  Arnos  9,  2. 
strahlen: 

was  soll  ich  sagen, 
wenn  nun  sein  groszer  vaier  aus  dem  glänze, 
der  ihn  umgiebi,  zu  mir  herunierstrahlt, 
und  freudig  seines  sohnes  namen  nennt? 

Klopstock  9,  40. 

strömen:  der  regen  strömt  herunter;  bildlich: 

Lehbäus  erwehrte  sich  lange 
seiner  klagen;  es  wölkte  sich  lang  in  des  leidenden  seele, 
eh  es  herunterströmte.  Klopstock  6,  219; 

bei  J.  Paul  auch  vom  lichte  des  mondes:  er  wendete  sanft  seinen 
Einanuel  gegen  den  herunterströmenden  mond  um  und  sagte 
und  zeigte  ihm  alles.  Hesp.  1,267;  blickte  .  .  .  zum  reichen 
mond  empor,  der  vom  himmel  herunterströmle.  Titan  2,115. 
stürmen: 
denn  wo  lange  du  säumst  und  zum  kämpf  an  dem  felsen  dich 

wappnest, 
sorg  ich,  dasz  dir  wieder  herunterstürmend  das  scheusal 
nahe  mit  gleichviel  rächen  und  gleichviel  männer  entralTe. 

Odyssee  12,  122. 

stürzen,  intransitiv:  das  gewitter  wüthete  fürchterlich 
und  nahe  an  der  erde  und  stürzte  zugleich  mit  dem  Khein 
(bei  Scha/Piausen)  herunter.  J.  Paul  kom.  anh.  z.  Titan  2, 112  ; 
transitiv:  wenn  du  denn  gleich  dein  nest  so  hoch  machtest, 
als  der  adeler,  dennoch  will  ich  dich  von  danneii  herunter 
stürzen.  Jer.  49, 16; 

da  sie  den  menschen 
zu  ihrem  saitenspiel  herunterstürzten, 
wer  theilt  mit  ihnen  harmonie? 

ScHiLi.KR  Kurlos  3,  10; 
reflexiv : 

als  plötzlich  ein  gebirg  gezackter  wellen  sich 

auf  uns  herunter  stürzt  und  mich  und  ihn  bedeckte. 

Wieland  17,  101  Udris  2,  56). 

thronen:  wenn  er  dann  ..  sich  nicderliesz  auf  das  von 
ihm  selber  früher  zu  einer  baiik  zusainmengelragene  stein- 
httufchen  und  er  keck  herunter  thronte.  J.  Paul  leb.  Ftbels  95. 

traben:  er  stieg  unter  dem  herunterlraben  Tier  kirch- 
gtlnger  ungehört  hinauf  in  die  auszen  leer  scheinende  adcliche 
frontloge.  J.  Paul  //o;».  3, 1S7. 

tragen:  lierunderliagen,  deftortare,  degerere,  dtfem.  Srit- 
LER   2313. 

triefen: 
srlinell  wird  dunkeles  blui  ou  unsorm  tpeer  ihm  herunter 
tilelen!  Oilyinee  1«,  441. 

trommeln:  wurde,  als  er  selber  sprach,  heinahe  vor. 
der  tribuiie  heruntcrgciroinmcit.  Braun  vier  briefe  eines  Süd- 
deutschen s.  8. 

tröpfeln:  von  dem  hauple  zur  nase  herunter  tritpfeln, 
in  nares  rx  capüe  deUülare.  Stkinbacii  2,  869. 


1193 


HERUNTER 


HERUNTERLASSÜNG  — HERVOR    1194 


wachsen:  herunderwachsen ,  deorsum  crescere ,  pandare, 
decrescere.  Stieler  2402;  andere  und  gute  perücken ,  zopf- 
und  beuteiperücken.  ja  solche,  die  weit  am  rückgrat  hinab- 
liefen ,  hatte  man  in  Heiligengut  längst  gekannt,  aber  noch 
keine,  welche  über  beide  achseln  bis  auf  die  brustknochen 
herunter  wuchs.  J.  Paul  leb.  Fibels  33. 

wägen: 

[der]  die  ricbterliche  wage  hält,  und  oft 

der  tugend  schmerz,  und  oft  dem  lasier  lust, 

zwar  UDbegreiflich,  aber  doch  gerecht 

und  weise,  in  den  schoosz  lierunter  wägt.     Borger  &3*. 

wälzen:  bald  kompt  ein  groszer  stein  vom  berge  her- 
unter gewälzet,  und  leget  sieh  für  den  eingang  der  hole. 
pers.  rosenth.  7,  20. 

wandeln:  unentschlossen,  wie  von  einem  andern  wesen 
geleitet,  wandelt  ich  herunter  [vom  berge)  und  langte  bei  den 
häusern  an.  Heinse  Ardingh.  1,  282. 

wehen:  noch  dazu  schauete  Viktor  immer  über  die  wiese 
hinauf  zu  Emanuels  offnem  fenster  und  liesz  sich  ein  lächeln 
von  ihm  wie  eine  laufende  welle  voll  licht  herunterwehen. 
J.  Paul  Hesp.  3,  206. 

werfen,  1)  in  eigentlichem  sinne:  gott  hat  die  hofferligen 
fürsten  vom  stuel  herunter  geworfen ,  und  demütige  drauf 
gesetzt.  Sir.  10, 17 ;  als  sie  {diebe)  die  leiter  angestellel  und 
der  eine  in  gottes  namen  einsteigen  wollte ,  warf  ihn  der 
wachtsame  hauszvater  ins  teufeis  namen  wieder  herunter. 
Simpl.  1,90  Kurz;  und  wenn  er  einmal  auf  mich  schmält: 
so  soll  mich  der  donner  erschlagen,  wenn  ich  ihn  nicht  über 
die  kanzel  herunter  werfen  lasse,  dasz  er  die  beine  in  die 
höhe  kehrt.  Rabener  sal.  4,29; 

der  prinz?  ruft  sie  und  will  — 
und  will  sich  von  dem  obersten  geländer 
herunter  werfen.  Schiller  hailos  1,  1. 

2)  reflexiv  und  in  übertragener  bedeulung ,  sich  demütigen, 
erniedrigen :  die  apostel  waren  vol  heiliges  geists,  und  waren 
gewis ,  das  sie  von  Christo  gesand  waren ,  und  das  recht 
evangelium  predigten ,  noch  würfen  sie  sich  herunter,  und 
wollen  nicht,  das  man  inen  gleuben  soll,  wenn  sie  es  nicht 
gründlich  aus  der  schrift  bewereten.  Luther  2,327';  er  war 
ganz  rein  und  on  sünd,  noch  hat  er  sich  so  tief  herunder 
geworfen  und  für  mich  sein  blut  vergossen.  354";  da  sie 
(Sara)  nu  sihet,  das  sie  keine  frucht  tregt,  .  .  gedachte  sie 
so,  mein  man  hat  die  zusagung  das  er  gewis  ist,  das  er  so 
reich  sei  werden,  von  samen  aus  seinem  eigenen  leibe,  es 
wil  aber  nichts  draus  werden,  vieleicht  wils  gott  von  mir 
nicht  haben,  wirft  sich  herunter,  denkt  also,  ich  bin  das 
weib  nicht,  gott  sihet  mich  nicht  dafür  an,  das  ich  des 
Samens  mutter  sein  sol,  verzeihet  sich  der  ehre  mit  groszer 
demut.  4,  94'.  auch  transUiv :  darumb  mustu  deine  klugheit 
herunter  werfen,  und  ein  narr  werden.  102". 

3)  scherzhaft  und  in  der  rede  des  gemeinen  lebens  wird  gesagt 
ein  brautpaar  von  der  kanzel  herunterwerfen,  vom  pfarrer  der 
das  aufgebot  verliest,     vergl.  unter  kanzel  Ihal  5,  177. 

zanken:  Socrates,  sage  ich,  den  . .  Xantippe  selbst  nicht 
von  seiner  philosophischen  höhe  herunter  zanken  konnte. 
Raeener  sai.  3,47. 

ziehen,  l)  intransitiv:  und  schlug  die  Widersacher  tod, 
da  sie  herunter  zogen.  Sir.  46,  7;  ziehe  herunter  in  das  blach- 
feld.  1  .^Ißcc,  10, 71 ;  es  zieht  am  Kocher  ein  trupp  reichs- 
völker  herunter.    Göthe  8,  92. 

2)  tramiliv :  den  ring  vom  ünger  herunterziehen,  detrahere 
annulum  de  digito.  Hedericb  1277 ; 

jetzt  auch  das  übrige  schnitten  sie  klein  und  stecktens  an 

-.  spiesze, 

brieten  sodann  vorsichtig  und  zogen  es  alles  herunter. 

Itias  1,  4i>ti. 
übertragen  in  mehrfacher  bedeulung;  mäkeln,  rücksichllich  einer 
forderung,  eines  preises:  was  an  dem  reste  ohne  bedenken 
oder  weiteres  herunterziehen  abzuschreiben  sein  wird,  ter- 
handlungen  der  schles.  fürsten  u.  stände  v.  1618  s.  43;  vermin- 
dern, rücksichtlich  wert  und  geUung:  so  zieht  ihn  {den  autor) 
das  Publikum  .  .  zu  sich  herunter.  Klincer  12, 109. 

zittern:  durch  die  der  lichtstrabl  in  diesen  unterirdischen 
dorn  herunterzillertc.   Tieck  9,118; 

die  wange  glüht  ihm  (liem  .46'?iW);  die  kröne 
klang  um  sein  haupi;  er  zittert  auf  Abbadona  herunter, 
und  umarmt  ihn!  Klopstock  6,  171. 

zwingen:  herunderzwingen ,  avellere ,  revelkre ,  difficuUer 
abslrahere.  StiEler  2670; 


Semele  der  frauen  schönste, 

die  den  donnerschleuderer 

vom  Olymp  zu  ihren  küssen 

in  den  staub  herunter  zwang.    Schiller  16'. 

6)  alle  bisher  genannten  veibindungen  von  herunter  fuszen  auf 
der  örtlichen  bedeulung  des  Wortes,  zeitliche,  wie  sie  im  mhd. 
erscheint  (her  under  während  dessen,  dabei,  mltd.  wb.  3,187' 
aus  Hagens  minnes.  1, 119')  kann  für  die  spätere  zeit  nicht  belegt 
werden. 

HERUNTERL.\SSL'NG,  f  humilitas,  demissio,  submissio.  Stie- 
ler 1076:  herunterlassung  der  geforderten  kaufsumme. 

HERU.NTERWÄRTS,  adf.  deorsum.  Hederich  1277:  ich  sähe, 
das  von  seinen  lenden  herunter  werls  war,  gleich  wie  fewr, 
aber  oben  über  seinen  lenden,  war  es  Hecht  helle.  Hes.8,2; 
ich  blickte  auf  und  sah  den  berg  herunterwärts  eine  nymphen- 
gestalt  auf  mich  zufliegen.  Thcjuel  2,  311 ;  der  violette  säum 
geht  jederzeit  voraus,  und  also  bei  objectiven  {bildern)  hinauf- 
wärts ,  wenn  er  bei  subjecliven  herunterwärts  geht.  Göthe 
52,141. 

HER  VERSETZEN ,  verb.:  ein  starres,  widerhaariges  volk 
hier  zu  lande,  sagte  der  receptor.  ich  bin  erst  vor  kurzem 
aus  Sachsen  herversetzt,  und  merke  den  abstand.  Imverman.n 
Münchh.  1, 131. 

HERVOR,    adv.  vor  in  der  richlung  nach  einem  sprechenden. 

1)  die  ältere  form  ist  herfür,  und  es  ist  sp.  1092  erwähnt,  wie 
im  16.  jahrh.  kaum  ein  hervor  neben  herfür  sichtbar  wird  (ein 
beleg  aus  B.  Waldis  unten),  ein  gegensaiz  hinvor  hat  sich  nicht 
entwickelt,  während  zu  herfür  doch  an  hinfür  (5.  d.),  wenn  auch 
in  bescltrdnkiem  und  meist  temporalem  gebrauche  tritt,  die  um- 
kehrung vorher  (gebildet  wie  abher,  ausher,  einher  u.  dlinl.) 
hat  sich,  wenigstens  in  der  neuern  spräche,  der  bedeulung  nach 
ganz  von  hervor  entfernt,  und  während  das  letztere  nur  loealen 
sinn  entfaltet,  ausschlieszlich  temporalen  angenommen. 

2)  hervor  bindet  sicli  mit  einer  groszen  anzahl  von  verben  der 
bewegung.  die  bedeulung  dieser  Verbindungen  ist  öfter  eine  ülter- 
tragene  und  bildliche  geworden,  immerhin  ist  der  Übergang  von 
dem  rein  örtlichen  begriffe  aus  dem  hintergrunde  vor  nach  einem 
beschauer  ein  so  durchsichtiger,  dasz  es  genügt,  im  allgemeinen 
darauf  hinzuweisen,  die  ausgeführtere  bestimmung  der  richlung 
erfolgt  wie  bei  den  schon  früher  angeführten  mit  her  zusammen- 
gesetzten adverbien:  komm  hervor  zu  mir;  aus  der  höhle  her- 
vorkriechen; Lisette  springt  geschwinde  hinter  der  scene 
hervor,  und  hält  ihm  rückwärts  die  äugen  zu.  Lessing  1,415; 
er  hörte  das  winseln  der  söhne  unter  dem  geiüste  henor. 
Klinger  3,190;  besser  {weiter)  hervor,  pers.  resenth.  1,6.  ver- 
ben der  bewegung  sind  unterdrückt: 

wer  ist  der  höhnisch  murrt,  und  dort  im  winkel  lacht? 

Thalia?  ja  du  bists.    hervor,  und  lasz  dich  hören! 
Gc:<THER  527. 
in  den  Verbindungen  hervor  können,  müssen,  wollen,  ist  etwa 
gehen  oder  kommen  zu  ergänzen : 

wenn  sie  auf  ein  ein  ganzes  jar 
ein  groll  betten,  denn  musts  hervor. 

B.  Waldis  Esop  4,  36,  6; 
drum  will  ich  auch,  nach  Sondershausen, 
hervor  aus  meinem  actenwall.     GöKi:<GK  3,  40. 

hervor  sein  bezeichnet  den  eben  erfolgten  abschlusz  der  bewegung: 

denn  kaum  war  dieses  wori  hervor.    Gökingk  2,  150; 
wie  hervor  liegen  das  resuliat  einer  solchen:  gewisse  famiUen- 
züge,  die  hier  stärker  hervorliegen.  Clacdius  7,  55. 

Verben  der  bewegung,  mit  hervor  verbunden : 

bannen:  wie  unvorsichtig  habe  ich  gehandelt,  dasz  ich 
die  gelehrten  aus  ihren  löchern  bervorgebannt  habe.  Rabk- 
NER   4,305. 

bauen:  unter  so  vieler  jähre  kriegsdruck  und  dulden  hat 
sich  diese  Stadt  (Frankfurt)  auf  das  prächtigste  und  heiterste 
hervorgebaut.  Göthe  43,  342. 

beben: 

dreimal  fliehn  sie  zurück,    zum  viertenmal  bebt  des  gerichts- 

stuhls 
letzte  höh,  es  beben  an  ihm  die  furchtbaren  stufen 
sichtbar  hervor,  Klopstocs  3,  244. 

bilden:  so  manches  was  uns  innerlich  eigenst  angehört, 
sollen  wir  nicht  nach  auszen  hervorbilden.  GOthe  48,  9. 

blasen:  ohschon  ein  spiegel  anlauft,  wenn  man  ihn  an- 
hauchet, so  wird  hingegen  der  spiegel  des  herzen«  helle, 
wenn  man  den  alhem  aus  dem  innersten  desselben  hervor- 
bläsel,  das  ist,  wenn  man  darüber  seufzet,  pers.  baumgarten 
9,  19. 


1195 


HERVOR 


HERVOR 


1196 


blicken:  aus  dem  gebüsch  blickt  ein  licht  hervor;  die 
Schönheit  und  Vorsorge,  die  allerwärts  in  der  natur  hervor- 
blickt. Kant  2,2";  maszen  die  gute  nichts  böses  vermuthet, 
wo   nichts  böses  hervorblickt.  Lessing   11. 136. 

blinken:  wenn  du,  helle!  dich  an  meine  schwarze  zottige 
brüst  lehnlest,  dann  müsztest  du  erst  recht  hervorblinken  1 
denn  weisz  auf  schwarz  sticht  gar  gut  ab.  Fr.  MtiXER  1,127. 
blühen:  wofern  aber  eine  geschickte  chirurgische  band 
die  hervorblühende  zShne  (da  denn  das  Zahnfleisch  oben 
gleichsam  weisz  aussiebet)  in  gelinder  Öffnung  des  Zahn- 
fleisches mit  einer  lanzettcn  denen  zahnen  den  ausgang  er- 
leichtern kan,  ist  die  schnelleste  und  sicherste  hülfe.  Ettner 
hebamme  876. 

brechen,  vergl.  herfür  brechen  sp.  1093:  der  Schulmeister 
sagte  der  magd ,  dasz  er  ..  sich  verslecken  wolle,  bis  sie 
ihm  ein  zeichen  gebe,  dasz  es  für  ihn  zeit  sei,  hervorzu- 
brechen und  mit  seinem  amtsbruder  ein  wort  der  Verstän- 
digung zu  reden.  Immermann   }fünchli.  4,70; 

der  praler  Schwollius  wil  gar  nicht  wohnen  enge, 
sein  hausz  musz  sein  geraurat,  gewasclien  alle  gange; 
nicht  wunder!  ihn  venlrusz,  da  er  erst  ward  ein  kind, 
bescblosse»  sein  dahin,  wo  lauter  nachte  sind, 
drum  brach  er  bald  herför,  wos  eng  und  unrein  wäre, 
ob  seine  rautter  gleich  war  fraw  vom  Vierteljahre. 

LocAU  1,  103,  27; 
ich  machte  mich  zum  löwen,  brach  im  grimme 
aus  meinem  liinterhult  hervor. 

WiEi-AND  17,  173  (Idris  3,  77); 

entsprang  jene  berühmte,  berufene  und  verrufene  literar- 
epoche,  in  welcher  eine  masse  junger  genialer  männer,  mit 
aller  muthigkeit  und  aller  anmaszung,  wie  sie  nur  einer 
solchen  Jahreszeit  eigen  sein  mag,  hervorbrachen.  Güthe 
26,117;  er  war  1494  geboren  und  starb  1555,  lebte  also  in 
der  höchsten  und  schünslen  zeit  der  neu  hervorbrechenden, 
aber  auch  sogleich  ihren  höchsten  gipfel  erreichenden  kunst 
und  literatur.  53,  160;  es  ist  wunderbar,  wie  das  leben  aus 
der  groben  materie  henorbricht  und  die  herzen  ergreift. 
HEiJisE  Ardingli.  2,30;  gewaltsam  brachen  seine  thronen  her- 
vor. Klincer  5,  328; 

und  ein  helles  strählchen  bricht 

aus  der  dumpfen  nacht  hervor.    Kli!<ger  1,  31 ; 

glaubest  du,  die  liebe  breche 

aus  der  asche  noch  henor, 

weil  ich  so  von  freiheit  spreche?    Gotter  1,  210. 

bringen,  sinnlich:  der  alte  brachte  aus  einem  kästen 
allerlei  raritälen  hervor;  in  bnzug  auf  kinder,  nacfikommen : 

denn  es  erzeugt  nicht  gleich 
ein  haus  den  halbpott  noch  das  ungeheuer; 
erst  eine  reihe  böser  oder  guter 
bringt  endlich' das  entsetzen,  bringt  die  Treude 
der  weit  hervor.  Göthk  9,  18; 

in  beztig  auf  icorte:  ich  bin  auch  ein  mann,  der  ein  wort 
hervorbringen  kan.  pcrs.  baumg.  4,5;  und  er  krähte  vor  jubel, 
gleichsam  wie  ein  bahn,  ohne  weiter  ein  wort  hervorbringen 
zu  können.  Heinse  Ardmgh.  2,293;  doch  könnt  er  vor  zorn 
nichts  hervorbringen,  so  wortreich  er  auch  sonst  ist.  1,339; 
in  hezug  auf  zu  schaffendes  und  zu  erzeugendes,  namenllicli 
gcittesfToducle :  eines  von  denen  werken,  ..  die  wir  alsdann 
wider  unsern  willen  hcnorbringen.  Lessing  1,450;  was  der 
boden  gut  hervorbringt.  Heinse  Ardingli.  1.31S;  er  will  das 
höchste,  was  geist  und  ihat  hervorgebracht,  durch  den  ge- 
meinsten act  der  sinnlichkeil  zerstören.  Göthe  20,67;  meine 
lust  «in  hervorbringen  war  grdnzenlos;  gegen  mein  hervor- 
gebrachtes verhielt  ich  mich  gleichgültig.  117;  dasz  die  rc- 
fraclion  ihre  Wirkung  üuszcre,  ohne  eine  farbcncrschcinung 
bfrwir/.tiliringen.  52,135; 

hat  nicht  Dcukalion 

aus  ungerormten  ateinen 

ein  volk  hervorgebracht?    RAaLBt  2,21; 

gottes  vatergblc, 
die  diese  pracht 
berrorgebrachi.    FIöltt  157  Halm. 

hl  Uten:  die  (tonne  brülcl  bei  thieren,  die  keine  lebendige 
jungen  gebären,  das  iingcborenc  hervor.  Herder  werke  (1806) 
3,  100. 

dfimtnern:  der  falsche  «chcin  der  morgcnrölhe,  die  hin- 
ler einem  dunkeln  gewnlbe  hervordäinmerte.  TiiCmmel  A,  3on. 

denken:  ein  mann,  der  diete  negative  wellweiKbeil  her- 
Torddcblc.  Herder  i.  IiU.  l,  U. 

dringen,  reflemv:  drängten  «ich  toIIc  Ihränen  hervor. 
Klikckr  iHeatfr  2,325;    was   diSngl    üicb    aus  deinem  geinte 


hervor?  werke  i,ii;  endlich  aber  drängen  sie  sich  doch  wie 
springQuthen  unwiderstehlich  an  die  Oberfläche  hervor.  Immer- 
mann  Münchlt.  1,  83; 

da  drflngte  sich  frohes  behagen 

hervor  aus  verödeter  ruh.    Götui  1,  104. 

dringen:  die  natur  schien  erst  vor  kurzem  aus  dem 
chaos  hervorgedrungen  zu  sein.  Kunger  5,  15;  reflexiv:  das 
glück  mag  einen  groszen  geist  aus  einem  stände  entspringen 
lassen,  aus  welchem  es  will,  er  wird  sich  allezeit  hervor- 
dringen und  zur  bewunderung  der  well  werden.  Lessinc  3,2; 
wodurch  sich  ein  immer  wachsendes  misbehagen  in  mir 
hervordrang.  Göthe  25,54. 
eilen: 

des  liebesgottes  voll  und  seiner  süszen  wulh 
eilt  sie  hervor,  den  jüngling  zu  umfangen. 

Wienand  17,2(5  (Idris  1,28). 

fahren:  seine  absiebt  war,  hervorzufahren,  wenn  die 
bestien  im  sack  salzen,  und  die  ganze  rotte  dann  wie  bie- 
nen  im  schwarmsack  wegzutragen.  J.  Paul  Hesp.  i,  9. 

fallen:  alles  musz  aus  der  materie  hervorfallcn.  Ramler 
dichlk.  d.  Hör.  16. 

geben:  das  zarte  und  gründliche  seiner  natur  gab  sich 
im  gespräch  gar  liebenswürdig  hervor.  Göthe  31,25";  jemehr 
von  Jugend  auf  das  gefühl  bei  mir  wuchs,  dasz  man  schwei- 
gen solle  wenn  man  nichts  zu  sagen  hat,  und  dagegen  das 
wohlgedachte  auch  gut  und  ohne  stottern  hervorzugehen  sei. 
49,  156. 

gehen:  oder  sah  er  einen  engel  unter  dem  meiszel  her- 
vorgehen und  half  diesem  irrlhum  in  der  eile  mit  einem 
desto  schlechteren  herzen  ab?  Schiller  kab.  u.  liebe  5,7; 

immer  reizest  du  mich,  freundliches  äuge  der  nacht, 
wenn  du  im  oslen  entsteigst  und  im  rotnen  gewand 
hinter  dem  walde  hervorgehst, 
oder  im  grauenden  westen  sinkst.    IIöltt  08  Halm; 

trübe  sank  sie  [die  sonne)  gestern  nieder, 

herrlich  geht  sie  heut  hervor.    Gotter  1,  14; 

gchn  wir  ins  gefild  hervor, 

das  sich  stolz  dem  himrael  zeiget.     Uht-and  grd.  II; 

und  bist  doch  mit  würd  umfangen 

und  strahlest  doch  adel  aus, 

als  wärest  hervorgegangen  (entsprossen) 

aus  eines  königs  haus!  s.  228. 

hervorgehen,  von  einer  folgerung,  einer  lehre: 

und  daraus  geht  für  grosz  und  klein 
die  weise  lelir  hervor. 

in  der  technischen  spräche  der  maier:  geben  uns  zu  unserm 
eignen  vergnügen  alle  mühe,  die  köpfe  und  überhaupt  das 
nackende  z.  b.  vom  Tizian  rund  und  hervorgehend,  und  die 
fernen  und  miltelgründe  seiner  landschaften  im  gehörigen 
abstand  zu  sehen.  Heinse  Ardingh.  1,  357. 

girren:  ehe  sie  ihre  Innern  cmpfindungen,  zärtlich  wie 
die  liebe  selbst,  hervorgirrle.  ThI^mmel  6,  45. 

glitschen:  dünkt  mich  recht,  so  stehen  wir  gegen  unsere 
nachbani  in  einer  glücklichen  abgewogenen  mitte,  so  da.'»z 
wir  nicht,  wie  die  sarmatischen  Völker,  die  worle  heraus- 
rücheln ;  noch  wie  die  sceiiationcn  in  heiserm  tone  däm- 
mern; noch  wie  unsere  sybaiitische  nacbbarn  die  Worte  mehr 
hervorglitschen.  Herder  z.  Uli.  1,  62. 

glotzen:  verbarg  sich  hinter  einem  wilden  rosenbusch  .. 
und  glotzte  hervor.  MusÄus  volksm.  l,  8. 

graben:  das  blut,  das  ich  mit  verzweifelnden  bänden 
unter  meinem  herzen  hervorgrabc.  Klincer  theater  3,392. 

gucken,  kucken:  der  geck  gucket  doch  hervor.  Schottel 
1120*;  unter  ihrem  scssel  kuckt  Amor  schadenfroh  hervor. 
Stolberg  s,  457. 

gurgeln:  o,  mein  bester  herr,  wie  konnten  sie  nur  rinru 
augenblick  denken,  dasz  der  zahnlose  rächen  unserer  auf- 
seherin  diesen  nachtigallcnton  hcrvorziigurgcln  geschickt  sei? 
ThCmmel  3,50;  es  i-t  nicht  grosrinüthig  von  ihnen,  mein 
herr,  gurgelte  sie  mit  sanfter  stimme  hervor.  195. 

hangen:  ein  schwärzliches  gesiebt,  rolhcs  hanr,  ein  lier- 
vnrhangendcr  bauch  {bei  Schilderung  des  IHaulus).  Lessing  3,7. 

heben,  virisl  hldlirh :  nie  er  sicli  aus  seiner  Verzweiflung 
nur  hervorheben  und  cinigcrmaszcn  besinnen  konnte.  Gothi-; 
17,  40.'>;  brzHiiUch  einer  gcilalt  die  sich  von  einem  dunklern  hin- 
Irrgrunde  abliebt : 

weh  mir!  wa«  seh  leb!  dort  crurhoint  die  «chreckllrlir ! 
am  lirandei  nammen,  dDiter  leuchtend,  bebt  flc  »Ich 
nie  RH«  der  holte  rächen  ein  genpenii  der  nacht 
hervor.  .Sriiii.|.iR  ;Hny^raN  2,  6. 


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HERVOR 


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in  bezug  auf  Schilderungen,  ausspTüche,  ansichten,  meinun^en : 
einen  unterschied  jedocb  .  .  heben  wir  hervor.  Göthe  6,115; 
blieben  mir  doch  gar  manche  tiefer  liegende  eigenheilen  (des 
dialekls),  die  ich,  weil  sie  mir  ihrer  naivetät  wegen  gefielen, 
mit  behagen  hervorhob.  25.56;  dieses  alles  weisz  nun  sein 
gegner  in  einzelnen  fällen  hervorzuheben,  so  genau  und  be- 
stimmt zu  zeichnen.  38,  23S;  zu  literarischen  angelegenheiten 
zurückkehrend,  musz  ich  einen  umstand  hervorheben.  4S,  S3; 
weil  ich  aber,  von  meiner  seile  hartnäckig  und  eigensinnig, 
die  Vorzüge  der  griechischen  dichtungsart ..  hervorhob.  50,54; 
technischen  und  artistischen  abgeschlossenen  thätigkeitskrei- 
sen  sind  die  Wissenschaften  mehr  schuldig,  als  hervorgehoben 
wird.  53, 159. 

beulen: 
man  wiegert  den  discant,  man  brüllet  den  teaor, 
mau  billt  den  contrapunct,  man  heult  den  alt  hervor. 
LoGiü  2,  1U6,  39. 

holen:  ward  es  {ein  Dürersches  gemäldei  unvorsichtiger  als 
jedes  andere  hervorgeholt,  auf-  und  wieder  bei  seile  gestellt. 
GuTHE  31.220;  überhaupt  erfährt  man  mit  den  bittersten 
Wiedersprüchen  am  besten  die  Wahrheit,  die  man  sonst  selten 
aus  den  verborgnen  tiefen  eifersüchtiger  virtuosen  hervorhohlt. 
Heinse  Ardingh.  1,  344. 

horchen:  das  männchen  rechter  band,  das  mit  aufge- 
machten zirkelfüszen  und  aufgezognem  flügelmantel  hervor- 
horcht. J.  Paul  holzschnitle  176 ;  , 

da  horchte  lief  aus  seiiieu  relseiihöhleu 
der  aufgesuugne  menicbensiun  hervor. 

TiBDGE  6et  Campe  unter  aufsingen. 

hüpfen: 
da  kommst  du  [ralle)  schon  her\orgehupfi;    Götue  12,  77. 

jagen,  transiliv  und  intransiliv:  die  reiler  jagten  aus  dem 
hinterhalte  hervor;  ein  wild  aus  seinem  verstecke  hervor 
jagen. 

kämpfen,  reflexiv:  dann  aber  kämpfte  sich  aufs  neue  der 
verdrusz  unbändig  hervor.  Göthe  23, 136. 

kehren:  da  .  .  ich  mir  dagegen  auch  wieder  eitel  zu  sein 
erlaubte,  das  heiszt,  dasjenige  unbedenklich  hervorkehrte, 
was  mir  an  mir  selbst  freude  machte.  Göthe  26,  337. 

keichen,  keuchen:  {ein  sterbender,  der)  kaum  noch 
den  wünsch  zu  leben  aus  der  biiist  hervorkeichen  kann. 
Klisger  3,211;  dem  jungen  herin  Gramer  sieht  man  gleich- 
falls an,  dasz  er  unter  der  wölke  hervorkeuchen  möchte,  die 
Klopstocks  glorie  saurat.  Göthe  33,  62. 

keimen:  junge  pQanzen  keimen  aus  der  erde  hervor; 
gedanken,  die  ..  hervorkeimen.  Klincer  11,178. 

klauben:  halten  wir  die  trüramer  der  statuen  so  werth, 
klauben  wir  sie  aus  dem  greuel  der  Verwüstung  und  der 
restauration  so  ängstlich  hervor,  v^arum  nicht  gemählde. 
Göthe  an  Laraler  HS. 

kommen:  aus  einem  Schlupfwinkel  hervorkommen;  an 
dem  bäume  kommen  neue  triebe  hervor;  besah  die  läge  von 
Genua,  .  .  woheraus  immer  die  gröszten  seehelden  hervor- 
gekommen sind.  Heinse  Ardingh.  1, 177.  vergl.  oben  herfür 
komnien  sp.  1094. 

kriechen:  als  über  die  mitte  des  gebirges  ein  pech- 
schwarzes gewitter  hervorkroch.    Campe  kinderschrifleu  18,  34. 

langen:  Matthieu  trat  ein  und  langte  das  grosze  wich- 
tige hervor  —  die  kahle  bitte  um  Flamins  leben.  J.  Paul 
Hesp.  4, 133. 

leben,  reflexiv:  in  den  bergen  war  alles  klang  in  mir 
gewesen ,  manches  halte  sich  unmittelbar  an  ort  und  stelle 
hervorgelebt  und  sogleich  gestalt  gewonnen.  H.  Stieglitz  selbst- 
biogrupltie  303. 

leuchten:  grosze  bellblaue  äugen  leuchteten  unter  einer 
hoben  slirne  hervor.  Götbe  IS,  261. 

locken:  er  suchte  die  vorige  Vertraulichkeit  und  offen- 
heil  wieder  bervorzulocken.   Kunger  5, 300. 

lüstern:  in  diesem,  obgleich  der  natur  unähnlichem 
gesiebte  —  wie  viel  mehr  einfacbheit,  einsinnigkeit,  wie  viel 
kräftiger,  edler,  nicht  hervorlüsternd  die  nase!  Lavater p/»y.<f. 
fragm.  3, 11,  8,  no.  305. 

machen,  reflexiv:  wir  kinder  sollten  daher  allein  schlafen, 
und  wenn  uns  dieses  unmöglich  fiel,  und  wir  uns  sacht  aus 
den  betten  hervorniachten  . . .  Göthe  24, 16 ;  hier  und  dort 
hat  sich  ein  verspätetes  Johanniswürmchen  . ,  herrorgemacht. 
Riehl  cuUurgesch.  nor.  353. 

nehmen:  etwas  aus  der  rumpelkammer  wieder  hervor- 
iKhmen.     in  der  altern  sj)rache  reflexiv,  im  sinne  von  sich  hervor- 


thun ,   sich  auszeichnen :    so  hälts  gott  mit  vielen ,   die  er  zu 
ehren  bringen  will:  sie  müssen  untertreten  werden,  auf  dasz 
man  hernach,  wenn  sie  aufkommen  und  sich  hervornehmen, 
ihm  allein  die  ehre  gebe.  Scriver  seelensch.  2, 15. 
picken: 

da  picken  durch  die  morsche  schale  (des  eies) 
seltsame  misgeschöpfe  nur  hervor.    Gotter  1,  333. 

pochen: 

was  auszuspähn  kein  doctorwitz  vermochte, 

im  dickicbt  der  natur  seit  secuta  sich  verlor, 

bei  guter  lautie  pochte 

sein  (des  zufalti)  jagdspiesz  es  hen'or.    Tbcmsel  3,  27. 

prangen:  in  welcher  gegend  die  sladl  Straszburg  mit 
ihrem  hohen  münsterlhurn  gleichsam  wie  das  herz  mitten 
mit  einem  leib  beschlossen  hervorpranget.  Simpl.  2A26  Kurz ; 

jetzt  begabte  mit  krait  und  kühnheit  Pallas  .\theiie 
Tydeus  sohu,  Diomedes,  hervor  zu  prangen  vor  allen 
Griechen.  BiJRCKa  220". 

preisen:  N.  preist  sich  vor  der  zeit  zu  unfehlbahrer 
glückserhöhung  mächtig  hervor.  Butscbky  kanzl.  500. 

pressen:  auch  auf  den  rezensenten  preszt  ich  wider 
meine  Überzeugung  ein  dünnes  lob  hervor.  J.  Paul  aus  des 
teufeis  pap.  1,  81. 

quellen:  wasser  quillt  hervor;  unversehens  sind  sie  {die 
reiter)  hinler  der  weinhühe  hervorgequollen.  Göthe  42,160; 
aus  den  vorslädten  quoll  der  aufstand  hervor.  Dahlhanx 
gesch.  d.  franz.  rerol.  s.  437 ; 

unter  unsers  hammers  schlagen 

quillt  der  erde  reicher  segeti 

aus  der  felsenkluft  hervor.    Körtier  I,  115: 

es  quillt,  im  inuern  auferzogen, 

aus  blüthentod  die  fruchi  hervor,    iit. 

ragen:  die  nereiden  erschienen  mit  halbem  leib  aus  dem 
wasser  hervor  ragend.  Wielasd  19,  308  ;  es  war  daselbst  ein 
schroffer    hervor    ragender    felsen ,    welcher    in    den    vorbei 
flieszenden  ström  niedersah.   Bürger  265'. 
recken: 

er  reckt  sein  langes  ohr 
bei  jedem  leisen  zischen 
aus  dem  gebüsch  hervor.    Wielanu  10,  148; 
wir  nahten  schon  dem  Strand,  der  eiuer  zunge  glich, 
die  weit  hervor  ins  meer  sich  reckte.     17,  101  (Idiis  2,  56) ; 
halb  todt  vor  schrecken  reckt  Sibj-Ile 
zuerst  das  ohr, 

dann  tief  aus  ihres  bettes  hülle 
die  nas  hervor.         Gotter  1,  156. 

rennen: 

da  öffnet  sich  bebend 

ein  zweites  thor, 

daraus  rennt 

mit  wildem  sprunge 

ein  tiger  hervor.     ScarLLER  der  Handschuh. 

rieseln: 

und  hervor  aus  der  strotzenden  gurgeln 
rieselte  schwarz  auf  die  polster,  und  schwarz  in  die  läse  der 

blutslrom.    Voss, 
ringen: 

zerschmettert  nur  rangen  sich  kiel  und  mast 
hervor  aus  dem  alles  verschlingenden  grab. 

Schiller  laucher. 

rücken:  einen  gegenständ  aus  dem  dunkeln  ins  helle 
hervor  rücken ;  für  dich  wäre  gesorgt,  meine  liebe,  und  wir 
dürfen  nun  auch  mit  unserm  Vorschlag  hervorrücken.  Göthe 
17,63;  so  war  es  ihm  desto  nolhwendiger,  sobald  er  ein 
häufeben  vertrauter  personen  um  sich  erblickte,  mit  seinen 
verschen,  lilaneieu  und  bilderchen  hervor  zu  rücken.  19,329; 
rückte  ich  nach  einigeiu  zögern  mit  meinem  anliegen  und 
dem  biltscbreihen  hervor.  24,  281. 

rufen,  intransitiv:  ein  fluch  gegen  die  heiligen  ist  todes- 
sünde !  rief  eine  stimme  hinter  den  bellvorhängen  hervor. 
Klinger  3,159.  transitiv,  in  bezug  auf  u-esen:  die  Schau- 
spieler, der  dichter  eines  Stücks  wurden  nach  der  Vorstellung 
hervorgerufen,  s.  unten  hervorruf;  diese  aufforderung  könnte 
die  wilden  beslien  aus  ihren  löchern  hervorrufen!  Schiller 
rätibcr  4,5;  ni  bezug  auf  dinge  und  cigensehaflen :  pallasle  ruf 
ich  hervor  —  und  habe  keinen  winkcl  zu  meiner  ruhe?  Gotter 
2,490;  so  viel  andere  stille  lügenden,  von  der  natur  erst 
kurz  aus  ihren  gehallreichen  tiefen  hervorgerufen,  durch  ihre 
gleichgültige  band  schnell  wieder  ausgetilgt.  Götbe  17,410; 
sein  (SchöpPins)  groszes  werk  Alsalia  illustrata  gehört  dem 
leben  an ,  indem  er  die  Vergangenheit  wieder  benorruft. 
26,47;  {drei  brünnlein,  die)  bei  enlhauplung  des  heiligen  Paulus 
durch  sein  blut  hervorgerufen  worden.  29,168; 


1199 


HERVOR 


HERVOR 


1200 


ein  wort  daj  ander  rüeft  har  für. 

edelslein  s.  204  Pfeiffer ; 
was  unsre  väier  schufen, 
zertrümmern  ohne  scheu, 
um  dann  hervorzurufen 
das  eigne  lustgel)au.     L'hlawd  ijed.  96. 

rühmen:  eine  scliiile,  die  dem  fianziisisclien  wesen  feind- 
lich gesinnt  war  und  alles  deutsch  volksthüinliche  in  kunst 
und  leben  hervorrühmte.    H.  Heine  6,  52. 

schauen: 

wie  er  gen  Weiszenhurg  kommen 

wol  unter  das  liohe  tor, 

da  schaut  dieselbige  falsche  freu 

hoch  oben  lur  baie  hervor.     Uhland  volksl.  2S7 

(mündlich  aus  dem  Schwarzivalde). 

schäumen:  da  er  {der  jMoaoph)  nicht  huchstaben  (wie 
der  algebraisl),  sondern  ganze  kunslwiirler  geschickt  unter 
einander  mengt,  so  schäumen  aus  der  alliticrazion  derselben 
Wahrheiten  hervor,  die  er  sich  kaum  hätte  träumen  lassen. 
J.  Paul  Hesp.  2, 129. 

scheinen:  zog  ich  einen  ganz  schwarzen  habit  an,  .  .  . 
aus  welchem  meine  weisze  baut  hervor  schien  wie  der  schnee. 
Simpl.  1,365  Kurz;  mit  .  .  teppichen  waren  die  wände  fast 
von  oben  bis  unten  bekleidet,  so  dasz  nur  sockel  und  friesz 
hervorschienen.  Göthe  20,252; 

mancher  meinet,  ehr  und  würde  scheine  nicht  an  ihm  hervor, 
wann  sie  nicht  steh  auszgestellet,    auf  der  holfart  berg  empor. 

LoGAU  2,  108,  47. 

schieszen,  inlransiliv :  das  luftgebäude  seines  stolzes  fiel 
zusammen ,  und  die  schlummernden  empfindungen  seiner 
Jugend  schössen  hervor,  um  seine  quäl  zu  vermehren.  Klisger 
3,266;  deine  äugen  erfreuen  sich  an  dem  dunkeln  blau  des 
himmels,  an  welchem  einzelne  goldne  Sterne  hervorschieszen. 
7,  20S;  ein  blick  schosz  unter  ihren  langen  augenwimpern 
auf  Ernsten  hervor.  8,  31 ; 

er  ist  herfür  geschossen, 
gleich  wie  am  Libanon  ein  ungekrümmter  sprossen. 

Fleming  29  Lappenberg; 
da  schosz  er  (der  fuchs)  hervor  und  schnappte  mit  einmal 
auch  nach  mir.  Göthe  40,  116. 

schlagen:'  fimken  aus  dem  steine  hcrvorschlagen;  der 
lebhafte  antheil  Nausikaas  an  dem  fremdling  wird  durch 
Wirkung  und  gegenwirkung  endlich  hervorgeschlagen.  Götbk 
2S,  204. 

schleichen: 

kaum  trat  ich  aufs  gestad,  als  eine  andre  schaar 

von  nymfen  hinter  den  schasminen 

hervor  geschlichen"  kam.      Wieland  17,187  (Idris  3,103). 

schlenkern:  und  zum  Wahrzeichen  lasset  das  Schurz- 
fell durch  die  löwenhaut  hervor  schlenkern.  A.  Gryphius  1698 
1,721  (P.  Squenz). 

schlüpfen:  nach  einigen  jähren  wuchsen  die  zarten 
fräuleins  heran ,  ihre  jungfräuliche  Wohlgestalt  blühete  auf 
wie  die  aus  der  knospe  hervorschlüpfende  rose.  MosXüs  Volks- 
märchen 267  (Libussa). 

schnellen,  intransitiv:  wenigstens  vorher  einen  bericht 
zu  fordern,  ehe  sie  mit  befehlen  hervorzuschnellen  sich  unter- 
stünden. MrtsER  pa/r. /)/ian<.  1,212;  transitiv:  schnellte  ein  nein 
hervor.  J.  Paul  Hesp.  1, 125. 

schwanken: 

da  rauscht  der  kahn  durch  hangende  gesträuche,  .  .  . 
schwankt  jetzt  hervor.  Hölty  IbS  Halm. 

schwingen:  jetzt  schwang  sich  jener  .  .  .  Jüngling  der 
erscheinung  aus  der  wölke  hervor.  Klinger  10, 104. 

sehen:  zufrieden  will  ich  aus  meinem  kritischen  winkel 
.'Ulf  die  thoren  hervorsehen.  Rareker  0,193;  ein  dritter  lobte 
sein  spiel  .  .  .  und  bedauerte  nur:  dasz  eben  in  diesem 
feurigen  augenhlick  ein  weiszes  band  unter  der  westc  hervor- 
geseben  habe,  wodurch  die  Illusion  ätiKzerst  gestört  worden 
sei.  GriTHK  19,231. 

Aiegen:  als  auf  cinmahl,  o  welche  freudel  welch  froh- 
locken! durch  zerri*serie  wölken  ihr  holdseliges  haupt  wieder 
henorsiegle  !  Fr.  Müller  \,H2. 

spannen:  statt  des  hintern  inaulthiers,  das  man  hervor 
neben  die  gabel  spannte.    Göthe  27,  t«o. 

spinnen:  ich  langte  in  die  lasche  und  spann  einen 
kunen  »Irick  hervor.  J.  Paul  atu  d.  teufeh  pap.  2,  21. 

sprechen:  zugleich  sah  sie  mit  ein  paar  äugen  an  ihn 
hinauf,  aus  denen  ihre  ganze  neigung  hervorsprach.  Güthe 
22,  52. 


spricszen:  nachdem  vor  der  grundlegung  der  weit  deine 
natur  fromm  und  rechtfertig  geschaffen  ist.  so  sollen  aus  dir 
keine  böse  werke  hervorsprieszen.  pers.  baumgarten  8, 13. 
springen: 

die  trommel  gieng,  die  glocke  klang  (bei  feuerlärm), 
der  Wächter  stiesz  ins  röhr, 
aus  jeder  thür  und  fenster  sprang 

ein  bioszes  hemd  hsrvor.  Gökinck  lieder  zweier  lieb.  83; 
nun  sprang  Rüstevieis  bruder  hervor.  Göthe  40,28; 
hervorspringende  ecken  eines  gebäudes;  übrigens  ist  ein 
hervorspringendes  zeichen  (eines  gesiciits)  allemal  genug,  einen 
Charakter  merkwürdig  zu  machen.  Nicolai  in  des!:en  leben 
V.  Gülängk  s.  140;  ein  tiefer  sinn  springt  aus  den  mährchen 
hervor.  Klincer  6, 13 ;  dann  nur  (wenn  in  der  gescliichte  et« 
Schwärmer  auftriU)  springen  kraft,  leben  und  heildunkel  hervor. 
11,241;  wo  wir  uns  aber  trafen,  sprang  immer  sogleich  der 
alte  freundschaftliche  jubel  hervor.  Göthe  24.261;  nicht  der 
boden,  sondern  die  Verhältnisse  eines  volks,  deren  zwar  viele 
auch  aus  dem  lande,  das  sie  bewohnen,  hervorspringen,  be- 
stimmen nation.  33,108. 

sprossen:  unsern  jungen  herrschaften  ward  princesz 
Marie  geboren,  allen  zur  freude,  und  besonders  auch  mir, 
der  ich  einen  neuen  zweig  des  fürstlichen  baumes ,  dem 
ich  mein  ganzes  leben  gewidmet  hatte,  hervorsprossen  sah. 
Göthe  32,41. 
sprühen: 

im  sausen  sprüht  das  zauberchor 

viel  tausend  feuerfunken  hervor.    Göthb  12,  209. 

intransitiv:  funken  sprühen  hervor, 
stammeln: 

und  stammeln  matt  ein  reimgebet  hervor.    Gotter  1,370. 

starren: 

hervorstarrend  der  verfluchte  pfeil  "da, 

wie  Piutos  verderbende  gabel 

aus  meines  mädchens  brüst.    Fr.  Müller  2,  289. 

stechen,  spitz  und  scharf  hervorkommen :  ein  keim ,  ein 
pilz  sticht  aus  der  erde  hervor,  übertragen  von  dingen  und 
eigenschaßen,  die  sich  besonders  bemerklich  machen  ('in  die  äugen 
stechen') :  der  anblick  einiger  wohl  gebauten  Wohnungen,  die 
zwischen  den  bäumen  aus  dem  schönsten  grün  hervorstachen. 
Wieland  6,  85 ;  {ein  vationahlolz,  ohne  welclien  eine  nation  nur 
ist)  ein  verächtlicher  häufe  ohne  karakter,  ohne  stärke,  ohne 
muth,  ohne  geschmack,  ohne  irgend  etwas,  das  sie  aus  dem 
dunkel,  das  schon  so  viele  Völker  verschlungen  hat,  hervor- 
stechen machen  könnte.  7,340  anm.;  meint  etwa  der  herr, 
wir  hätten  keine  hervorstechenden  laster?  Klincer  3,43;  die 
Teutschen  haben  keine  hervorstechenden  saljriker.  U,  6 ; 
dasz  sie  (die  tuenschen)  gut  essen,  sich  schön  kleiden,  para- 
diren,  hervorstechen,  glück  machen.  9,223;  auch  im  blosz 
geselligen  umgange  soll  man  sich  hüten,  hervorstechen  zu 
wollen.  Knigge  umgang  mit  menschen  1.43;  das  liebe  selbst, 
das  immer  hervorsticht.  Kant  4,  27 ;  ich  freute  mich  nun,  so 
wenig  hervorstechende  Originalität  unter  meiden  landsleuten 
zu  finden.  Göthe  19,107;  als  sie  die  alten  wiegen  betrachtete, 
worunter  eine  übergrosze  ..  besonders  hervorstach.  26,353; 
hervorstechende  züge  (des  gemüls ,  characters).  Nicolai  im 
leben  desselben  von  Gökingk  126;  hervorstechende  eigenschaften. 
M.Mendelssohn  rfü.s.  189;  der  sinn  für  Vorstellungen  ..  des 
Orients  .  .  sticht  sehr  stark  in  Herdern  hervor.  Brandes  in 
den  Gull.  gel.  am.  1806  st.  51  s.  504. 

steigen: 

so  stieg  euch  aus  der  erden 
ein  kleine«  weih  von  mürrischen  gebenlon 
hervor.  Wielamd  17,  156  (Idriit  3,45). 

stochern:  bisher  ..  bah  ich  unter  allen  indianischen 
handschriften  in  der  bibliotliek  ihrer  hoheil  weiter  nicht« 
als  einen  unvollständigen  aiiKzug  davon  (vovi  buche  der  rechte 
und  pflichten)  hervor  stochern   können.  Wibland  7,  246. 

stottern:  noch  hatte  ich  sie  (meine  lobrede)  nicht  zur 
hälftc  henorgestottert.  ThCmmel  5,228. 

strahlen:  dieses  gefühl  (für  freihett)  strahlt  in  allen  ent- 
«üi"fen  ihrer  beiden  ..  hervor.  Klingkr  4,11; 

und  allen,  wn«  wir  schön  und  grnxi  und  göttlich  nennen, 
das  strahlt  ans  jedem  blick  hervor. 

Wirlanii  17,  49  (/(/im  1,  70). 

Streben:  da»  neu  hervorstrcbende,  frisch  aufstrebende 
erkenntnis  erregt  die  menschen  zur  theilnahme.  Göthb  50, 174. 

strecken:  streckte  die  rechte  band  hervor  aus  einem 
abgetragnen  grauen  niantel.  Hkinse  Ardingh.  l,Hh;  ein  aus- 
Iflufer  des  gcbirges  streckt  sich  weit  hervor  in  die  ebene. 


1201 


HERVOR 


HERVOR 


1202 


streichen,  lobend  hervorheben :  ich  will  beileibe  die  Hol- 
lioderinnen  nicht  auf  kosten  der  damen  anderer  iänder  her- 
vorstreichen. H.  Heise  4, 13S. 

streuen:  neben  einem  flammenden  oder  brennenden 
Hecht  oder  lampen ,  welche  den  schein  eines  feuers  hervor 
gestreuet  hatte.  Brajidt  bericht  vom  leben  Taubmanns  s.  55. 

strömen,  intransitiv : 

steiget  auf,  ihr  alten  träume ! 

öffne  dich,  du  herzenstbor! 

liederwonne,  n-ehmuthsthränen 

strömen  wunderbar  henror.    H.  Hemk  1,  18; 

transitiv :  er  dürfte  nicht  lang  suchen  noch  grubein ,  wann 
ihm  zu  reden  oder  scherzen ,  und  etwa  einen  sinnreichen 
einflusz  hervor  zu  strömen  belieben  wolle.  Bbasdt  bericht 
vnm  leben  Taubmanns  s.  21 ;  die  fluche,  die  er  hervorströmte. 
A.  Lafontaine  der  nalurmenseh  (1801)  s.  62. 

strotzen:  aus  der  mitte  der  hauptwand  strotzte  das 
bildnis  des  bärtigen  Stammvaters  hervor.  Thümhel  3, 483. 

stürmen:  das  blut  meiner  väter  stürmt  hervor,  da  ich 
n)eine  kröne  so  erniedrigt  sehe.  Klinger  2,  60. 

suchen: 

die  fremden  besser  zu  erfreuen, 

umsteckt  der  milde  wirtb  den  tiscb  mit  dichteQ  meien, 
sucht  seinen  witz  bervor,  der  nach  des  landmanns  an, 
mit  Worten  spielt,  und  kein  gelächter  spart. 

UAGEOoitn  2,  101. 

etwas  unter  der  bank  herTor  suchen,  etwas  altes,  beiseile  ge- 
worfenes {verlg.  bank  lli.  1,1107):  Carolus  Crassus  wolle  dat^ 
recht,  der  päbstlichen  wähl  beizuwohnen,  unter  der  bank 
hervor  suchen.  Hah.i  hist.  (1721)  1,271. 

tauchen:  er  tauchte  unter  dem  bäume  hervor.  Freytac 
handschr.  3,  256 ; 

tauchen  dann  hervor  die  Sterne,    ühund  ged.  55. 

thun,  vergl.  herfür  thun  sp.  1096.  l)  transitiv,  machen,  dasi 
etwas  liervor  kommt:  die  band  hervor  thun,  manum  exserere. 
Steinbach  2,  786. 

2)  reflexiv,  hervor  kommen,  sich  äuszern,  zeigen,  einstellen: 
streifen  {reuter)  im  felde  hin  und  wider,  acht  zu  haben,  was  sich 
von  feinden  hervor  thun  und  etwas  anfahen  wolle.  Kirchhof 
mil.  diso.  142;  also  dasz  ich  mich  wider  meinen  willen  wie- 
der auf  die  reise  machen,  mein  altes  vagieren  aufs  neue 
anfangen  und  meinen  geliebten  berren  landsleuten  und  nahen 
anverwandlen  zum  besten  mich  hervorthun  müssen.  Simpl. 
2,265  Kurz;  so  thut  sich  ein  nicht  vermutheter  widerstreit 
hervor.  Kant  3,  263 ;  in  der  künftigen  weit  werde  sich  eine 
andere  Ordnung  der  dinge  hervorthun.  6,  147;  die  zweite 
Schwierigkeit,  welche  sich  hervorthut.  231;  es  thun  sich 
manche  einwürfe  hervor.  7,67;  dasz  sich  eine  dialektik  her- 
vorthut, welche  die  urtheilskraft  . .  irre  macht.  261 ;  wo  sich 
das  merkmal  des  Verdienstes  . .  hervorthut.  8,  8 ;  der  schein 
der  Wahrheit,  der  sich  von  mehreren  seilen  hervorthut.  15; 
bevor  die  elasliciläl  sich  hervorthut.  72;  die  wahrheil,  wenn 
sie  sich  endlich  hervorthäte.  77;  die  Wirkung,  die  sich  in 
der  raaschine  hervorthut.  118  und  noch  oft;  die  ganze  natur 
der  menschenkinder  schien  damals  in  allen  ländern  rege  zu 
werden  und  die  groszen  erfindungen  thalen  sich  mit  einmal 
hervor.  Winkelmann  3,218;  indem  sich  zwischen  den  beiden 
naturen  ein  sonderbarer  Widerwille  hervorthal.  Göthe17,323; 
da  nun  auch  gesang  zwischen  den  inslrumenlen  sich  hervor- 
thal. 22,157;  so  finden  wir  überall,  wo  sich  nutzbarer  boden 
hervorthut,  denselben  bebaut.  23, 118 ;  wodurch  eine  lebhaf- 
tere geselligkeit  entstand,  auch  manches  unerwartete  sich 
hervorthal.  32, 183.  vergl.  23,  224.  26,  230.  30,  227  und  oft. 

3)  ebenfalls  reflexiv,  in  ausgezeichneter  weise  hervortreten,  sich 
auszeichnen:  in  dieser  drillen  art  der  ode  ..  haben  sich  die 
freien  Brillen  und  vor  allem  die  singenden  Franzosen  vor- 
längsl  hervorgethan.  Hagedorn  3,  II l;  daher  auf  keine  weise 
zulassen  und  dulden  wollen,  dasz  einer  in  mehr  als  einer 
sache  . .  sich  hervorlhue.  Klopstocr  12,  80 ;  Ihal  sich  durch 
seine  beredsamkeit  und  geschicklichkeit  in  geschälten  so 
sehr  hervor,  dasz  er,  häutiger  als  irgend  ein  andrer  seines 
gleicheu,  in  gesandtschaflen  und  Unterhandlungen  gebraucht 
wurde.  WiELANot,  16;  die  ruhmbegierde  ..  spornte  mich  zu 
mehr  als  gewöhnlichen  anslrengungen.  ich  that  mich  her- 
vor. 3,464  (387);  Tifan  that  sich  bald  unter  dieser  inuth- 
vollen  Jugend  hervor.  7,183  (158);  um  den  wahrhaft  artigen 
mann  zu  bilden,  müssen  noch  eigenschaften  hinziikuminen, 
die    Ihäliger    sind;     welche    sich    mehr    hervorthun,    niclir 

IV.  II. 


unsere  neigungen  an  sich  ziehen.  Garve  anm.  zu  Cicero  de  off. 
1,168;  eine  Griechin  that  sich  durch  lebhafte  darstellung  .. 
dessen,  was  am  meisten  die  phantasie  fesselt,  am  meisten 
hervor.  Kunger  5,303;  wenn  früher  oder  später  das  drama 
hätte  durchbrechen  und  ein  dichter  dieser  art  sich  hervor- 
thun können.  Göthe  6,  72 ;  (Schillers  Phädra,  die)  bedeutenden 
Schauspielerinnen  gelegenheit  gab  sich  hervorzuthun  und  ihr 
taient  zu  steigern.  31, 192 ; 

wie  ich  mich  batt  hervorgethan, 

da  sahen  die  leute  scheel  mich  an.    1, 146. 

treiben,  intransitiv:  allerlei  art  von  fruchten,  die  aus  der 
erde  hervorlreiben.  Klikger  7,46;  transitiv:  doch  ich  kannte 
die  herben  fruchte,  welche  diese  kurzen  sommerlage  hervor- 
zutreiben pflegen.  9, 171 ;  einer  solchen  leidenschafl,  die  die 
gröszle  triebfeder  unseres  wesens  ist,  die  alles  aus  uns 
hervortreibt,  was  wir  zu  werden  vermögen.  1,62;  gespannt 
und  unruhig,  sein  groszes  äuge  hervorgetrieben  und  leuch- 
tend nach  allen  seilen  blickend.  L.  Tieck  ges.  nov.  4,194; 
höchst  ausgearbeitet  sind  Virgils  werke;  und  dennoch  war 
ihm  die  Aeneis  nicht  ausgearbeitet  genug,  er  wollte ,  dasz 
sie  ihn  nicht  öfcerlebte.  so  sorgfällig  hervorgetrieben  sind 
fast  alle  Schriften ,  insonderheit  die  gedichte  der  Römer. 
Herder  z.  litt.  16, 109 ,  angelehnt  an  die  technische  spräche  der 
gold-  und  metallarbeiter ,  die  z.  b.  figuren  an  einem  becher, 
einer  platte  hervorlreiben.  efcwwo  «"ird  beim  maier  eine  figtir 
oder  theile  derselben  durch  herumgelegte  starke  schatten  hervor- 
getrieben. Jacobsson  1,  611'. 

treten,  im  eigentlichen  sinne: 

trittst  du  im  garten  hervor, 
so  bist  du  die  rose  der  rosen, 
lilie  der  lilien  zugleich.    Göthb  1,66; 
das  kaninchen,  der  äugler,  verläumdei  mich;  aber  es  steht  nun 
Reinecke  hier:  so  trat  er  bervor  mir  unter  die  äugen.    40,  148; 
und  es  trat  der  könig  hervor  auf  erhabene  statte, 
sprach  vom  steine  herab.  91; 

durch  der  :schlachten  gewühl  bist  du  (Achill)  stets  sicher  ge- 
wandelt, 
aus  Skamanders  gewühl  tratst  du  gerettet  hervor. 

Ublahp  ged.  109; 
da  tritt  aus  seiner  klufl  hervor 
der  räuber  grosz  und  wild.    202. 

bildlich,  von  der  sonne: 

die  sonne  trat  mit  riesenscbritt 
aus  ihrer  himmelsbabn 
bervor.  Gleis  4,  7 ; 

weiter  von  dingen  und  zeiten,  die  in  die  erscheinung  treten:  wie 
aber  einmal  knospen  und  blüthen  kommen,  dann  wird  man 
ungeduldig,  bis  das  volle  laub  hervortritt.  Göthe  17,  310 ; 

der  liebe  goldne  stunden  traten  wieder, 
selbst  mit  des  ersten  kusses  lust,  hervor. 

Uhla!<o  ged.  143; 

oft  auch  in  prägnantem  sinne,  insofern  das  ins  äuge  fallende 
mehr  betont  wird:  hervortretende  ecken  eines  gebäudes;  eine 
hervortretende  stirne ;  die  runde  nase  weit  hervortretend, 
dagegen  mund  und  kinn  sich  wieder  ängstlich  nach  den 
obren  zurück  ziehend.  H.  Heine  1,81;  hieran  wieder  anqe- 
scfdossen ,  in  bezug  auf  sich  zeigende  eigenschaft ,  wesen ,  art: 
poesie,  die  uns  älteste  geschichte  in  fabelhaften  bildern  über- 
liefert, nach  und  nach  sodann  ins  klare  hervortritt.  Göthe 
6,  45 ;  ihr  wesen,  ihre  gestalt  trat  niemals  reizender  hervor, 
als  wenn  sie  sich  auf  einem  erhöhten  fuszpfad  hinbewegte. 
26,15;  der  kalt  und  einseilig  urtheilenden  well  ist  nicht  zu 
verargen,  wenn  sie  alles  was  phantastisch  hervortritt,  für 
lächerlich  und  verwerflich  achtel.  28 ;  unter  diesen  Umge- 
bungen trat  unversehens  die  lust  zu  dichten ,  die  ich  lange 
nicht  gefühlt  hatte,  wieder  hervor.  31;  neben  allen  diesen 
nierkwürdigkeiten  .  .  trat  immer  zugleich  seine  ärztliche 
Ihäligkeit  hervor.  31,  223;  wie  wunderlich  es  denn  auch  da- 
mit gewesen  sei,  trat  erst  hervor,  als  mein  Verhältnis  zu 
Schillern  sich  belebte.  50,54;  in  bezug  auf  grund  und  folge- 
rung:  aus  diesen;  allem  tritt  wenigstens  so  viel  hervor,  dasz 
wir  uns  ja  nicht  übereilen  sollen.  17, 13.  endlich  auch  in 
bezug  auf  wissenschaftlich,  künstlerisch  sich  zeigende  menschen: 
geraume  zeit  hernach  trat  Clodius  mit  seinem  Medon  bervor. 
Göthe  25, 139 ;  Theodor  Körner  war  als  Iheaterdichler  her- 
vorgetreten. 32,  75;  mein  anlheil  an  fremden  werken  bezog 
sich  lebhaft  auf  Byrons  gedichte,  der  immer  wichtiger  her- 
vortrat. 109 ;  hervortretende  bedeutende  menschen ,  welche 
grosze  Veränderungen  ankündigen  oder  bewirken.  26,  258. 

715 


1203 


HERVOR  —  HERVÜRBRINGUNG 


HERVORDRINGUNG  —  HERWEG 


1204 


wachsen:  Eduard  sah  seine  besitziingen  auf  das  deut- 
lichste, aus  dem  papier,  wie  eine  neue  Schöpfung  hervor- 
gewachsen. GüTHE  17,33;  die  aus  einem  voike  hervorge- 
wachsene cultur.  Beckers  weltgesch.  l,  6 ; 

da  sonste  nichts  fast  wuchs,  wuchs  was  doch  reich  herfür, 
wohin  man  nur  gesehn,    ei  was?  ein  cavailier. 

LocAU  2,  129,  50  {'fruchtbare  Verwüstung'). 
wagen,  reflexiv : 

der  herr  der  ralten  und  der  mause  . .  . 

befiehlt  dir  dich  hervor  lu  wagen 

und  diese  scliwelle  zu  benagen.     Göthk  12,  77. 

wallen: 

hell  im  Schimmer  der  krystalle, 
hell  im  silberschleier,  walle, 
reine  nymphe,  wall  hervor! 

Borge«  27*  (an  die  nymphe  des  Negenbornes). 

wenden:  dann  aber  müssen  wir  freilich  die  kehrseile 
dieses  imposanten  bildes   hervorwenden.   Göthe  6, 205. 

werfen:  beinahe  auf  dem  ganzen  erdboden  ist  mir  nie- 
mand mehr  zuwider,  als  eben  gegenwärtige  bräckin,  die  sich 
bei  den  menschen  vor  die  freigebigkeit  ausgibet  . .  diese  ist, 
die  sich  überall  wie  das  gebröse  in  einer  wanne  hervor 
wirft.  Simpl.  2, 134  -Kurz. 

wickeln:  alles,  wozu  er  {Klopsloch  im  Messias)  jetzt  die 
teiifel  braucht,  hätte  er  aus  der  menschlichen  seele  und  das 
mit  mehrerer  sinnlichen  rübrung  hervorwickeln  können.  Her- 
der :.  im.  2,  4S. 

wimmeln:  diese  halbköpfe,  die  nur  einen  sonnenblick 
brauchen,  um,  gleich  den  fröschen  im  frühling,  in  zahlloser 
menge  aus  den  sümpfen  am  Parnass  hervorzuwimmeln.  Wie- 
land Horaz.  sal.  1,  260. 

winden,  reflexiv:  Grisaldo  in  Isabellens  armen  einge- 
schlafen, sie  sieht  ihn  .  .  mit  weichen  blicken  an.  windt 
sich  hervor,  und  imlerstützt  sein  haupt  mit  einem  kissen. 
Klinger  Ihealer  4,257;  die  deutsche  litteratur  wand  sich  mit 
eigener  kraft  aus  ihrem  chaos  hervor.  Leisewitz  rede  änes 
gel.  107; 

erst  da,  als  sich  der  wehmuth  zähre 

hervor  aus  deinem  äuge  wand.    Gökingk  1,  81. 

wischen:  jetzt  will  ich  ..  hervor« ischen  mit  zehn,  zwan- 
zig, dreiszig,  hundert  auf  einmahl.  Fb.  MCller  2,42;  der 
wischte  aber  mit  seinem  steine  hervor,  und  bannte  mich 
von  stund  an.  Tieck  9,271; 

der  mann,  der  ihr  von  ferne  zugesehn, 
den  weder  sie,  noch  ihre  zof  entdecket, 
wischt  itzt  hervor,  und  eilt  ihr  nachzugehn. 

ilAOEDORK  2,  160. 

wuseln:  und  ich  freue  mich  über  jede  kleine  schote,  die 
aus  ihrem  weiszen  weslerhemdcuen  hervorwuselt.  Wieland 
in  Mercks  briefs.  2,  US. 

zaubern:  die  scheuszlichen  schrecklarven,  durch  die  man 
das  erhabne  und  rührende  hervorzuzaubern  sucht  Klincer 
12,192;  ach,  und  dasz  er  das  camerale  nicht  zum  fach  ge- 
nommen hat,  ..  er  halte  aus  steinen  louisd'ore  hervorge- 
zaubert! Schiller  räuber  1,2. 

ziehen,  l)  inlransitiv :  aus  dem  stadttbore  zieht  ein  trupp 
reiten  hervor. 

2)  transitiv:  indem  er  den  Wechsel  hervorzieht.  Lessing 
1,426;  dunkle  Vorstellungen,  die  seine  zerrüttete  seole  aus 
den  fichreckensscenen  hervorzog.  Klincer  4,183;  {die  bildsänle 
ist)  aus  rohem,  todten  steine  hervorgezogen.  6,  so ; 

der  kluge  kaiiter  wolt  hie  Bcheinbarlich  erweisen, 

dasz  er  gar  wol  versteh,  es  hab  ein  ganzes  land 

vjl  nutzharkeit  darvon,  wenn  leüthe  von  verstand 

und  von  erf'ahrenheit  hervorgezogen  werden.     Komplkr  106; 

als  nun  Dokert  den  knoten  mit  Hinze  seinem  gesellen 

aurgelos«-t,  zog  er  das  haupt  des  ermordeten  liasen 

mit  ersiaijjien  hervor.  Gothi  40,  Iü6. 

zittern: 

der  helle  vollroond  zUtert 
aus  jeder  well  hervor.    HOltt  ItiH  Halm. 

zwangen: 

zerschmettere  der  Speicher  schlosz  und  rieifel, 

und  zwAn^  hervor  des  Inhsnis  fiberllusz.     Voss  4,  10. 

HKHVOHBHINGUNG,  f.:  hervorbringung  einer  Wirkung. 
Kant  «,8'.;  der  höchste  geniisz  für  mich  ..  war  bis  jet/.l 
die  hervorbringung  einiger  meiner  srhrifien.  Klingkr  ll.ft; 
oft  für  hrrtorgelnarhln ,  prodtirtum :  die  nntur  ist  reich  an 
einer  andern  art  von  hervorf»ringiingen.  Kant  1,70;  eben  so 
«irkaam  mu»z  sich  auch  der   bimme!    und  die  Infi  bei  den 


Griechen  in  ihren  hervorbringungen  gezeiget  haben.  Winkel- 
mann 1,134;  ich  stockte  sogar  in  meinen  hervorbringungen 
(gedichten).  Göthe  24,  49. 

HERVORDRINGUNG,  f.  rroruplio.  Hederich  1278. 

HERVORGERUCH,  m.:  eher  wollt  ich  aus  dem  hervor- 
geruch  der  apothcken,  wenn  ich  vorbeigehe,  schlieszcn,  was 
für  krankheiten  in  Stadt  und  land  gang  und  gäbe  sind. 
riippEL  lebensl.  l,  279. 

HERVORHEBUNG,  f.:  hervorhebung  des  Patriotismus,  neue 
evang.  kirchenzeilg.  1866  s.  716. 

HERVORRAGUNG.  f.  eminenlia,  excelknlia.  Stieler  1506; 
auch  hervorragendes:  zapfenartige  hervorragungen.  A.  v.  Hdm- 
BOLDT  kl.  sehr.  (1853)  1,  61. 

HERVORRUF,  m. :  reicher  und  wohlverdienter  beifall  und 
mehrmaliger  hervorruf  wurde  ihnen  zu  theil.  signale  f.  d.  vius. 
vell  1866  .t.  902.     vergl.  oben  hervor  rufen  sp.  1198. 

HERVORRUFUNG,  /■■."  meist  läuft  sie  auf  hervorrufung 
oder  Unterdrückung  einer  einzelnen  leidenschafl  hinaus.  Ger- 
viNus  gesch.  d.  deutschen  dicht.   1.31. 

HERVORSCHARRUNG.  f.  effossio.  Stieler  1738. 

HERVORSTECHUNG,  f.:  natürliche  hervorstechungen  ins 
gleichgewicht  bringen.  Hippel  6, 129. 

HERVORWÄRTS,  adv.:  indessen  ein  vierter  (soldal),  ver- 
muthiich  von  hinten,  gerade  hervorwärts  dringt.  Göthe  35, 3tl. 

HERWACHSEN,  rerb.  adolescere :  die  liebe  herwaolisende 
Jugend.  M.Neander  bedenken  3*.    für  herstammen,  entstammen: 

Saturnns  schniet  dem  Coelo  ausz  und  warf  es  in  das  meer: 
vom  schäum,  der  ausz  dem  wurf  entstand,  da  wuchs  die  Venus 

her.     LoGAU  3, 167,74. 
HERWALLEN,  verb.: 
indem  thut  Piramus  auch  herwallen.    A.  Grtpuids  1,734. 

HERWÄLZEN,  t'er6. ;  einen  stein  herwälzen ;   reflexiv :  gc- 
witterwolken  wälzen  sich  von  westen   her. 
HERWANDELN,  verb.: 

sinken  will  ich  in  den  klee, 

bis  das  kiud  mit  leichtem  schritte 

wandle  her.  Uhland  yed.  194. 

HERWÄRTS,  adv.  in  der  richlung  hierher,  mhd.  herwert  und 
herwart  (Lexer  icb.  1,1209):  was  schnfschmilzi  gäbe  herwert, 
gehörte  gen  Baden ,  und  was  schnfschmilzi  gab  hinwert, 
gehörte  den  von  Vizlispach.  weisth.  4, 400  (Aargan  v.  1456) ;  wir 
fuhren  weiter  an  einer  felsenecke  vorbei  und  blickten  nun 
ins  Urncr  llial  . .  man  sieht  Flüelen.  die  schönste  alpe  her- 
wärts;  hinterwärts  sieht  man  ins  flache  thal  von  steilen 
gebirgen  umgeben.  Göthe  43,190; 

dleweil  er  zu  mir  trit  herwertz. 

H.  Sachs  3,  1,  180*  j 

erquicket  vor  euer  herz! 

ihr  habt  zeit  gnug  zu  büszen, 

wenn  der  todt  geht  herwertz. 

J.  Atreh  fastn.  sp.  137*  (3026,  38  Kelter) ; 

sahst  du  das  veilchen  blOhn? 
herwärts  die  schwalbe  ziehn? 
frübling  ist  hier.       L.  Drevrs  vigilien  49. 

Der  ausgang  der  richtung  ist  näher  bestimmt  durch  die  praep.  von : 
und  stellet  mich  auf  einen  seer  hohen  berg,  darauf  wars  wie 
eine  gebawete  stad  vom  mittag  her  werts.   lies.  40,  2 ; 

da  herwertz  von  der  mitternacht  (worrfen). 

H.  Sachs  2,  1,  54'. 

auch  durch  genitivisctie  oder  dativische  Verbindungen  :  darumb  darf 
er  nicht  nlier  meer  ziehen  darnach ,  er  hats  herwerts  des 
meers.  Paracelsus  l.loiiC;  ob  sie  ((/i>  sonne)  gleich  noch 
weil  herwärts  desselben  {himmli.''chen  Zeichens)  steht,  so  meint 
man  doch  wegen  der  sehr  groszen  entferimng,  sie  befinde 
sich  in  dem  zeichen  selbst.  Hebel  3  (t>^53)  .«.159;  der  kaiser 
von  Marokko  und  Fez,  herwärts  dem  Mohrenland  2,64;  noch 
Riehen  die  Schweden  her\värts  dem  kriegstheater  in  Stral- 
sund. «5;  in  einem  dorfe  an  der  Donau,  herwärt«  Ulm.  IM. 

In  Tirol  hat  icich  bei  herwltrls,  herewärls  neben  der  eii^ent- 
liehen  bedeutung  auclt  der  sinn  cus  freien  stocken  entmckelt. 
Fromm.  «,  14». 

HERWATEN,  rerl,. 

dort  lliun  rwni  wnldliriiclcr  hcrn-iiicu. 

II.  Sachs  .1,  1,  238*. 

HERWEG,  m.  der  weg  herwdrts :  er  habe  eben  .  .  die  b(l- 
rher  aus  der  bibliothek  in  das  helle  »immer  gelegt  nnd  sei 
im  herweg  begriffen  gewesen.  J.  Paul  7'»/.  3, 199.  gcirnsul: 
f'l  hinweg  oder  rückweg:    auch    dieszmal    erschien    mir   der 


1205 


HERWEHEN  —  HERWIDER 


HER  WIDER  —  HERWÖLKEN 


1206 


lier.veg  reizender  als  der  hinweg.  Güthe  25,332;  der  rück- 
uog  wurde  nicht  benutzt  wie  der  herweg.  329.  sprichwürüich  : 
den  hinweg  für  den  herweg  haben,  vergebens  gegangen  sein. 

HEIIWEHEN ,  verb.  afßare.  Stieler  2460 :  von  jenen  .  . 
fluthen  weben  mir  hohe  gesionungen ,  erhabene  gedanken 
her.  Klinger  4. 191. 

HERWEISEiN,  verb.  ob  oculos  ponere,  adducere :  die  bände 
berweisen,  manus  porrigere.  Stieler  2485; 

waclitmeisler  {eine  münze  zeigend),  was  ist  das  bild  und  gepräg? 

mark,  weist  her! 
ei,  das  ist  ja  cia  Wallensteiner! 

ScBiLLER  Wollenst,  lager,  II.  auftr.; 

er  bat  den  fremden  bergewiesen. 

HERWEISUNG,  f. :  wann  aber  unsere  eingeborne  lands- 
kinder  so  aufziehen  und  in  unnötbiger  berweisung  der  er- 
lernten {fremden)  sprach,  der  närrischen  gebärden,  der 
frembden  kleidertracht  und  erst  kürzlich  angenommener  aus- 
ländischen Sitten  sich  auszuärtlen  scheinen.  Simpl.  4,361  Kurs. 

HERVV'ENDEN,  verb.  advertere:  die  ohren  herwenden,  aures 
adverlere.  Steinbacu  931;  reflexiv:  da  der  könig  sich  her 
wandte,  gab  mein  narde  seinen  ruch.  IwheL  1, 12.  bei  Stie- 
ler 2505  herwenden  audi  in  dem  sinne  von  an-  und  auf- 
wenden, subministrare,  suppeditare,  suggerere  sumlus. 

HERWERFEN,  verb.:  wirf  den  ball  her;  er  kann  den 
hermelin  über  seine  schände  herwerfen.  Schiller  kab.  u.  liebe 
2,3;  den  theologen  und  ihrer  kannegieszerei  von  den  end- 
absichten  zu  gefallen,  werf  ich  noch  diesen  festen  grundsatz 
her  {aufs  papier).  J.  Paul  Hesp.  1,  212;  das  viele,  was  ich  noch 
mit  wenigem  und  mit  der  bisherigen  eile  herzuwerfen  habe 
(schreibend).  3,  172.  reflexiv,  eile  und  hast  malend:  endlich 
kommt  der  böte,  ein  bedeutendes  paket  überbringend,  wor- 
über sich  Friedrich  sogleich  herwirft  um  es  zu  eröffnen. 
Güthe  23, 164. 

HERWIDER,  adv.  contra,  e  contrario,  mhd.  gelrennt  her  wi- 
der {mhd.  wb.  3,  621);  in  quellen  des  16.  jahrh.  zu  erwider 
iurücltgegangen,  vergl.  .oben  tit.  3,  sp.  1062.  die  bedeulung  ist  in 
tnehrfacher  weise  ausgeprägt. 

1)  wie  hergegen  l,  sp.  1099,  ridilung  nach  einem  sprechenden 
zu  bezeichnend: 

herr  könig,  von  dem  berge  nider 
komraet  ein  sehr  grosz  wlk  herwider. 

H.  Sachs  3,  1,95'; 
schaw,  jetzund  kumbt  er  dort  herwider.    3, 2,  S'. 

2)  namentlich  oft  im  gegensatze  zu  einer  vom  sprechenden  weg 
laufenden  ridilung  {vergl.  hinwiderj.  dieser  gegensalz  ist  aus- 
drücklich angegeben: 

nu  hat  man  selten  me  vernomen, 
daj.ieman  si  har  wider  körnen 
von  helle  oder  von  himelricli, 
der  dar  was  koraea.     edelstein  74,  92; 

umb  diu  ding, 
diu  also  hin  vervaren  sint, 
daj  si  her  wider  nicht  mügen  komen.    92,  21; 

und  der  engel  sprach,  ich  wil  deinen  son  gesund  hin  und 
her  wider  füren.  Tob.  5,22;  wer  einen  narren  weit  sendet, 
dem  knrapt  ein  thor  herwider.  Agr.  spr.  (löfeo)  26';  aide,  ich 
eil  gein  Wormbs  und  herwider.  Schade  sal.  u.  pasqu.  3,  41,  S; 

(der  trompeteiiscitall)  floh  in  die  hölu  und  finstere  thal 

mit  eim  so  trefflich  hellen  schall, 

dasz  wo  der  an  eim  ort  anpreit, 

mit  doppeln  thon  herwider  gelt,    mückenkr.  1,982.! 

oder  der  gegensatz  ist  nur  mehr  oder  weniger  angedeutet;  dasz 
er  vorhanden,  ergibt  sich  daraus,  dasz  herwider  »/»  allen  solchen 
fällen  durch  zurück  umschrieben  werden  kann:  da  das  sähe  Ju- 
das .  .  gerewet  es  in,  und  bracht  erwider  die  dreiszig  silber- 
ling  den  hohenpriestern  und  den  eltesten.  Malth.  27,3;  Lu- 
cius Seneca  tonte  2000  namen  herwieder  sagen,  wie  sie 
ihm  vorgesprochen  worden.  Simpl.  i,  i39  Kurz; 
da  fielen  von  im  auf  der  fert 

zehen  von  den  zwelf  geschlechtern  (stammen  Israel) 
heins  möcht  er  herwider  fechten.     ScHWARZKNBKao  108*; 
und  macht  mit  dem  bellen  ein  schall 
das  in  dem  wald  herwieder  hall.         ' 

frosckmdus.  1618  Cc5'; 
Christus  hat  durch  erstes  kämmen 
uns  desz  teufeis  reich  benuramen, 
kümmt  er  ehstes  nicht  herwieder, 
kriegt  der  teufet  meistes  wieder.    Locaü  1,150,48; 
wird  nun  der  Christenheit  (durch  solche  grosze  tliaten) 
der  fricd  herwieder  bracht,  so  jauchzet  alles  land. 
Rist  l'arn.  .\2'. 


die  letzt  aufgeführte  Verbindung  herwider  bringen  erlangt  oß  den 
sinn  ersetzen,  einbringen:  wie  sie  nimer  erwider  bringen  mü- 
gen, was  sie  verloren  haben.  Luther  1,399'; 

gebenedeit  seist  Jesu  Christ, 

der  du  vom  tot  erstanden  bist, 

und  mit  deim  tot  hast  überwunden 

den  tot,  sünd,  hei  und  teufel  hunden 

und  Adams  fal  üer  wider  bracht. 

Schade  sat.  u.  pat^qu.  2,  196,5. 
erfüllen:    bis  auf  die  zeit,'  da  er  wider  bracht  werde   alles, 
was  gott  geredt  hat.  ap.  gesch.  3,  21 ;  oder  vergelten : 

wer  weisz,  was  er  (qott)  mir  vorbehält? 
er  kann  in  unbekannten  dingn 
mir  meine  treu  herwiderbringn. 

Opkl  «.  CoHN  334,  140. 

3)  herwider,  mehr  zeillich  verstanden : 

von  heut  über  vierzehen  tag 

so  ktimpt  herwider  mit  euren  spriichen ! 

fastn.  sp.  772,  21 ; 
so  kum  ich  heint  herwider  ein, 
die  weil  so  entschläft  mein  vater 
und  die  möter  mein.      Uhlawd  volksl.  1%; 
und  ob  Mordax  gleich  bald  herwieder 
gesalzt  ward  auf  ein  ander  rosz. 

froschmäus.  161S  Zz  6'. 

4)  herwider,  abslracl,  in  dem  sinne  von  hergegen  2,  sp.  1099: 
wir  weilen  und  sullen  auch  der  stat  zu  Augspurch  chaufleut 
und  burger  in  unserm  land  auf  wasser  und  strajjen  genä- 
dichleich  schirmen,  und  sullen  sich  auch  dy  gein  uns  her- 
wider halten  mit  gelaittea  und  zollen  allj  ej  von  alter  ge- 
wonhait  her  chomen  ist.  d.  slädlechron.  4,179,2;  antwort  der 
ein  baur:  fraw,  sind  ir  nit  auch  ein  hur?  die  fraw  herwider 
mit  Scheltworten  an  bauren  bin.  Wickram  rollw.  20,  3  Kurz; 
darum  läugnen  sie,  was  sie  gesehen,  gelhan  und  gehöret, 
auf  dasz  ihnen  herwieder  andere  ihre  stücklein  verschweigen. 
baurenst.  lasterpr.  150;  vergl.  auch  hierwider. 

HERWIDERUM ,  erweitertes  herwider  {vergl.  widerum),  ge- 
wöhnlich in  der  bedeulung  4  oben:  tetten  im  groszen  schaden 
an  lüten  und  an  landen,  daj  seih  tett  der  pischoff  von 
Salzburg  herwiderumb  den  herren  von  Pairn.  d.  slädtechr. 
4,  72,  6 ;  dag  die  eer  des  suns  strimet  {strahlt)  in  die  muter 
und  ist  ein  eer  der  muter.  und  herwiderumb  die  eer  der 
muter  strimet  bar  in  den  sun  und  ist  ein  er  des  suns. 
Keisersberg  Marie  himelfart  3';  herwiderumb  sin  andere  wysz 
{weise)  menner  gewesen.  Cyrill.  63;  zum  dritten  it-sen  wir 
Wosen  von  wegen  der  schönen  exempel  des  glaubens  . .  . 
herwiderumb  auch  sehen  wir  die  exempel  des  Unglaubens 
der  gottlosen.  Lcther  3,170*;  warf  Amadis  seine  äugen  auf 
seine  geliebte  Oriana,  deszgleichen  sie  herwiderumb  auf  in. 
Amadis  304. 

HERWIDERWÄRTS,  adv. : 

fürwar  glaub  mir,      freundliche  zier, 
das  du  für  all,      in  disem  thal, 
liebest  mir  in  dem  herzen, 
herwiderwertz,      begert  mein  herz, 
in  freud  und  scherz  dergleichen. 

fl.  bt.,  drey  hühsclier  lieder  .  .  Qedruckt  zu  Nürnb. 

durch  Kunegund  Uenjolin,  slr.  2  de«  1.  liedes. 

HERWINDEN,  verh.  reflexiv.:  der  flusz  windet  sich  durch 
schmale  thäler  in  vielen  krümmungen  her.  Campe  kinderschr. 
18,  71. 

HERWINKEN,  verb.  accessum  nutibus  indicare.  Stieler  2543; 
er  winkt  einen  diener  her. 

HERWIRBELN,  verb.: 

wie  nah  war  ihnen  der  webende  heerzug  {unsicht- 
barer thierclien), 
welcher,  immer  gewendet,  sich  nun, 
schnell  wie  der  wink,  herwirbelte,  dann  sich  fernte. 
Klopstock  2,  ISO. 

HERWISCHEN,  verb.:  das  man  mit  groszen  stroweilen  und 
gutem  feuer  hinder  inen  herwische,  bienk.  1S9*;  da  sein  aber 
eben  diejenige  geister  .  .  über  ihn  hergewischet,  hätten  ihn 
aus  dem  bette  gezogen.  Simpl.  2,  209  Kurz;  alsdann  dorfte 
allererst  der  feldscherer  auch  über  mich  herwischen ,  der- 
selbe zwagte  mir  den  köpf.  1,  72. 

HERWOGEN,  verb.: 

mag  der  weiten  band 
sich  lösen,  eine  zweite  Wasserflut 
herwogend  alles  athmende  verschlingen! 

Schiller  ilaria  Stuart  3.  6. 
HERWULKEN,  verb.: 

wenn  der  orkan  sich  erhebt,  wilder  das  haupt 
neigen,  droben  die  nacht  immer  sich  drohender 
herwölkt,  donner  auf  donner  rollt!    Klopstock  7,  23. 

7«* 


1207 


HERZ 


HERZ 


1208 


HERZ,  n.  cor. 

A.  Die  form. 

goih.  hairt6;  alls.  herla;  ags.  beerte,  hiorte,  engl,  heart; 
niederl.  herte,  hert ,  hart;  altfries.  hiite;  altnordisch  hiarta, 
schived.  hjerta,  ddn.  hjerte;  althochd.  herza,  mhd.  herze,  urver- 
wandt entspriclil  liU.  szirdls,  lat.  cor  cordis,  griech.  xaqSia 
herz;  wahrscheinlich  hdngt  die  grundbedeutung  des  worles  mit 
sanslcr.  kftrd  springen,  griech.  xQaSäo),  x^aSaivoj,  schwingen, 
wanken,  zillern  zusammen. 

Hervorzuheben  ist  die  ueigung  des  worles,  neben  den  gewöhn- 
liclten  schwaclien  casusformen  auch  starke  zu  entwickeln,  eine 
neigung,  die  bereits  für  die  althochdeutsclie  zeit  in  dem  acc.  plur. 
herza  und  herzi  neben  herzun,  herzen,  sowie  in  dem  gen.  plur. 
herzö  neben  herzonö  (Graff  4, 10  tö)  hervorscheint,  und  für  die 
innerhalb  des  bairischen  Sprachgebietes  VVeinhold  (bair.  gramm. 
s.  360)  ej'ne  anzahl  ältere  und  jüngere  bei.ficle  beibringt,  ihr 
verdankt  der  nom.  acc.  sing,  die  kürzung  von  herze  zu  herz, 
bereits  bei  Luther  die  gewöhnliclie  form,  wenn  auch  die  form 
herze  daneben  bis  auf  unsere  zeilen  geht;  von  dem  Joab  mit 
dreien  spieszen  durchs  herze  durchrennet  und  durchstochen 
worden.  Schdppius  159;  gab  mirs  nicht  einen  stich  ans  herze! 
Geliert  3,  243 ; 

du  frecher  stolzer  mann,  wann  deine  gute  sachen 
nach  wundscb  und  willen  gelin,  und  dir  ein  herze  machen. 

Opitz  1,  220; 
wems  herze  schlägt  in  treuer  brüst.    Göthb  i,  190; 
und  wenn  mir  fast  das  herze  bricht.    192. 

auch  der  dal.  sg.  findet  sich  nicht  unhdußg  in  starker  form :  ein 
stein  fiel  mir  ..  vom  herze.  Schottel  1112';  zum  bittern  an- 
denken dieses  ihres  zu  herz  gestiegenen  ieidwesens.  polil. 
slockf.  319 ;  und  von  was  vor  einem  herze  sind  sie  (die  briefe 
Gellerls)  die  beweise !  Lkssing  3, 159 ;  sie  hatten  sich  den 
feindlichen  dolch  nur  von  dem  herze  entwehret.  6,321;  dem 
herze  einer  mutter  ahnet  immer  das  schlimmste.  7,182;  er 
fühlte  sich  von  unzähligen  polypenarmen  ergriffen  und  zu- 
gleich mit  ihnen  verschlungen  und  doch  fortrinnend  im  unend- 
lichen herz.  J.Paul  Tüan  2,220; 

dank  ihm  igotl)  für  die  frühllngsfreuden, 
die  er  diesem  herze  wieder  gibt. 

Dknis  /teder  Sineds  248; 

selten  ist  ein  plur.  herzer  {wie  bändet,  lämmer):  derhalbcn 
sagten  inen  ire  aigen  herzer,  das  es  nit  wol  umb  iren  brueder 
steen  wurde.  Zimm.  chron.  1,401,11;  durch  unnutze,  aigen- 
sinnige  und  untrewe  herzer.  2, 532,  5.  mischung  starker  und 
schwacher  declinalionsform  zeigt  der  gen.  sg.  herzens,  im  15.  jahrh. 
erscheinend:  liesz  alle  sach  beschehen,  kleins  herzens.  detelsche 
städtechron.  3,169,17;  im  16.  jahrh.  durchgedrungen,  doch  so, 
dasz  die  ältere  echte  form  herzen  nicht  ganz  ausstirbt :  nun  weiszl 
du  mich  des  herzen  gegen  dir,  dasz  mich  dein  glück  nit 
wenig  frewet.  Galmy  157 ;  nach  dem  glauben  des  herzen. 
Luther  4,  141;  in  meines  herzen  schrcin.  Schuppius  194; 
welche  reines  herzen  sind.  426;  betrübtes  herzen  und  be- 
kümmerten gemähtes.  Rist  Parn.,  vorberichl  b4'; 

0  du  meines  herzen  tag.    Wkckhirlin  158; 

des  herzen  triebe  reichen 

wie  blumen  auf  zu  dir.    RBckbrt  gcs.  ged.  I,  306; 

hell  vom  bunten  scheine 

flimmt  des  herzen  nacht.    310; 

in  des  herzen  mitte. 

das.  {nocit  öfter,  t.  b.  «.  356.  418.  420.  473); 

vergl.  auch  bei  den  unten  folgenden  genitivKcfien  composilen  den 
Wechsel  von  herzen-  und  herzens-.  daneben  ist  der  starke  gen. 
herzcs  wenigf:tens  nicht  ganz  ungebräuchlich: 

imd  darum  schäz  ich  mir  für  trefflichen  gewin, 
dasz  ich  auch  teiiischcr  art  und  teütsches  herzes  bin. 

ROMPLII  5. 

R.  Bedeutung. 

L  herz,  in  eigentlichem  sinne,  an  menschen  und  thieren. 

1)  rein  körperlich  genommen,  von  den  vielen  fällen,  in  denen 
das  wort  in  solchem  sinne  erscheint,  verdienen  folgende  besonders 
namhaß  gemacht  zu  werden. 

a)  die  Verwundung  in»  herz  ist  eine  tüdlliche:  Jehu  fasset 
den  bogen  und  schos  Jorum  zwitischen  den  armen,  das  der 
pfeil  durrli  nein  herz  ausfur.  2  kun.  0,  24 ;  Pilatus  hat  sich 
an  dem  herrn  Christo  vergriffen,  darüber  er  endlich  mit  leib 
und  scel  fnin  leufcl  gefahren,  indem  er  ihm  selbst  mit  rim-ni 
kallea  eisen  zum  herzen  geräumet.  Crbiouj«  2, 3fi  j  , 

wankt  an  die  frische  grnfl,  d^n  dnirh 
iirm  Vrrtvn  ingckchrt.      llfir.TT  ts  llnlm; 


Verzweiflung  zückte  diesen  dolch,  er  hat 
das  herz  gefunden,  das  er  spalten  soll. 

ScHiLLKR  Turandul  5,  2; 
es  haben  die  neun  wol  angelegt; 
acht  kugeln  haben  vorbeigefegt. 
sie  zitterten  alle  vor  Jammer  und  schmerz  — 
ich  aber,  ich  traf  ihn  mitten  ins  herz. 

Chahisso  gcd.  149. 
6)  kinder  werden  von  der  mutler  unter  dem  herzen  getragen: 
du  mein  liebes  kind,  das  ich  neun  monden  unter  meinem 
herzen  getragen.  2  Macc.  7, 28 ;  mütter,  die  solche  leibes- 
früchte  durch  gottes  segen  unter  irem  herzen  getragen  und 
zur  weit  geboren  haben,  F.  Roth  hausmütter  abc  i  7' ;  zwei 
knaben  von  entgegengesetztem  sinne  balgen  sich  schon  unter 
dem  herzen  der  mutter.  Gütbb  24,217;  ich  habe  sie  im 
schoosz  unter  dem  eigenen  herzen  getragen,  das  ihrer  an- 
kunft  entgegen  schlug.  Stifter  Studien  5,  42 ; 

wir  tragen  die  kinder 
unter  dem  herzen,  und  so  tragen  die  treue  wir  auch. 

Götub  1,  268; 
daher  auch  von  einer  schwangeren: 

und  wolt  ihr  meine  noht  mit  weni^  worten  wissen, 
so  schreib  ich  nichts  als  dies,  zwei  herzen  seind  in  mir. 
polil.  slockf.  357. 

neugeborene  winden  sich  vom  herzen  der  mutter: 

selig  preis  ich  Kosalinden, 

die  sich  ihrer  mutter 

leicht  vom  herzen  wand, 

als  der  may  regierte.    Railkr  2,  6. 

sprichwörtlich:  nun  befinde  ich,  dasz  es  wahr  sei,  wie  man 
spricht:  kinder  kommen  von  herzen  und  gelien  wieder  zu 
heizen.  H.  Jul.  v.  Braunschw.  124;  meine  selige  frau  sagte: 
kinder  kommen  von  herzen  und  gehen  widrum  zu  herzen. 
interim  175 ; 

die  armen  kind!  solls  mich  nicht  schmerzen? 
sie  kommen  von  und   gehn  zu  herzen. 

Rost  epist.  d.  lenfeh,  bei  Eheling  gesch. 
d.  kom.  litt.  1,  161. 

c)  gemülsbewegungen    wirken  auf  den  schlag  und  den  blutlauf 
des  herzens,  und  dem  ruhigen  schlägt  auch  das  herz  ruhig: 

wir  saszen  ganz  verschwiegen 

mit  innigem  vergnügen, 

das  herz  kaum  merklich  schlug.     Ubland  ged.  26. 

in  der  freude  hüpft,  lacht  das  herz  im  leibe: 

min  herze  hüpfet  mangen  sprunc,  mir  ist  vil  ungedrduwet. 
minnes.  2,  370"  Hagen: 

ehe  ich  den  pfeil  auffing ,  lachte  mirs  herz  in  meinem  leib 
an  solcher  blutvergieszung.  Simpl.  2,104  Kurz;  dann  es  gieng 
so  lustig  her,  dasz  mir  das  herz  im  leib  lachte.  3, 17 ;  die 
trompeten,  von  welchem  schall  mir  das  herz  im  leih  auf- 
hüpfte. 15;  das  herz  hupfte  mir  gleichsam  vor  freuden.  150; 
ein  reizender  gegenständ !  rief  Serlo,  das  herz  hüpft  mir. 
wenn  ich  sie  ansehe.  Göthk  19,169; 

lobt  man  mich  weil  ich  was  dummes  gemacht, 
dann  mir  das  herz  im  leibe  lacht.    3,  175. 

es  wird  weit,  erweitert  sich : 

vom  ersten  glase  war  mein  blut  zu  geist  gelSutert, 
die  Stirn  entwölkt,  das  herz  erweiierl. 

WiKLAND  17,  190  (IdrU  3,  108); 

es  wird  warm,    brennt,    zittert:    es  lief  mir  so  warm  übers 
herz,  wie  ein  glas  branntwein.   Güthe  8,138; 
im  leib  der  groszmulter  herz  brint, 
wenn  man  nur  nent  irs  kindcs  kint. 

Matiksii  oeconomia; 
sie  sprach:  der  singet,  das  ist  eine  herrliche  lii«t: 
es  zittert  der  tlinrm  und  es  zittert  mein  herz  in  der  brüst. 

ÜHLAiin  i/nl.  350. 
in  der  erregung  und  erwartung  schlägt  das  herz  heftig,  es  pupfieil, 
will  zerspringen:  Ihntsüchlig  schlugen  unsere  herzen.  H.HeinI': 
12,142;  das  herz  .sciilug  mir  bis  an  den  hals.  Göthk  8,194; 
o,  dörfte  ich  fühlen,  welcher  das  herz  puppert,  interim  20; 
ihr  hättet  lieber  etwas  gesehen,  darvon  euch  das  herz  ge- 
puppert. 460;  das  gäbe  eine  inariagi*  von  kUchenkräutern, 
worüber  jeder  kOchiii  das  herz  im  leibe  poppcrn  würde. 
Imhermar:*)  Mündih.  1,31;  vergl.  auch  klopfen  (heil  &,  1228  und 
unten  her/klopfen ; 

nachiignll,  ich  hör  dich  singen, 

das  herz  im  leib  möclit  mir  zerspringen. 

wettcrauiurhr*  tolkstied; 

doch  sah  Ich  manches  ang«  llnmmen 

und  klopfen  hort  ich  manches  herz.    VBLkno  ged.  V.i ; 

auch  das  böse  gewissen  macM  das  lirrt  sdäagen  '  und  das  her/ 
Nchlug  David,  nachdem  das  vulk  gezelel  war,  und  David 
sprach    zum    herrn,    ich  habe  schwerlich  gesündigt.    'iSam. 


1209 


HERZ 


HERZ 


1210 


24, 10.  der  anütcil  des  hmzens  bei  der  empfindung  des  kummei^, 
drgers,  Schreckens,  der  angst  wird  in  der  spräche  verschieden  ge- 
schildert: das  herz  wird  mir  bewegt;  mein  herz  zittert, 
grawen  hat  mich  erschreckt.  Jes.  21,4;  zu  der  zeit,  spricht 
der  herr,  wird  dem  könige  und  den  fürsten  das  herz  ent- 
fallen, die  priester  werden  verstörzt,  und  die  propheten  er- 
schrocken sein.  Jer.  4,9;  es  wolte  mir  aber  fast  auf  einmal 
das  herz  wieder  entfallen,  da  ich  meinen  beutel  gar  dünne 
gespicket  fand.  Simpl.  2,269  Kurz;  o  sapperment!  wie  fiel 
dem  Hansz  Barthe  das  herze  in  die  hosen,  da  er  mich  nur 
von  ferne  kommen  sah.  Schelmuffsky  2,  78  (vergl.  auch  unter 
kniekehle  tlieil  5,1429);  und  dennoch  fiel  mir  auch  das  herz 
bei  jedem  schritt  etwas  tiefer  gegen  die  schuhe  hinab.  Riehl 
cuUurgesch.  nov.  371 ; 

nicht  hoffnung  war,  zu  siegen,  noch  zu  fliebn; 

da  sank  dem  tapfersten  das  herz.     ScmLLin  jungfr.  1,9; 

mein  herz  wallet  mir  in  meinem  leibe,  denn  ich  bin  hoch 
betrübt,  klaget.  1,20;  da  sie  aber  das  höreten,  giengs  inen 
durchs  herze,  apostelgesch,  2,37;  welches  denen,  die  mir  nichts 
guts  vergönnten,  durchs  herze  drang.  Schweiniches  3,  8;  da 
er  solches  sagte,  ging  mirs  durchs  herz.  Simpl.  1,  451  Kurz; 
es  ward  der  alten  angst,  und  gieng  ihr  ein  stich  durch  das 
herz.  b.  d.  liebe  in';  nur  dasz  mir  mit  jedem  schnittchen, 
das  sie  einer  unbescheidenen  nachbarin  ehrenhalber  zutheilte, 
ein  stich  durchs  herz  ging.  Gotbe  16,33;  jedes  wort,  das 
sie  sprach,  ging  mir  wie  ein  Schwert  durchs  herz.  107;  diese 
rede  schnitt  den  Memphitern  durchs  herz.  b.  d.  liebe  207*; 
0  meine  kinder !  wie  sie  nach  meinem  herzen  zielen  !  Schiller 
räuber  1,1;  sein  herz  im  leib  möchte  ihme  zerspringen,  wann 
er  eine  solche  betrübte  gestalt  sehe.  Simpl.  1,160;  darüber 
mir  das  herz  hätte  brechen  mögen,  doch  verbarg  ich  meine 
affecten.  2,26;  wollt  mir  vor  wehmuth  fast  das  herz  brechen. 
GüTHE  8,77;  pfui  Tönchen,  sagte  der  könig,  dems  herz  bis 
in  die  kehle  trat,  mach  mir  das  herz  nicht  schwer  und  hör 
auf  zu  weinen,  sonst  musz  ich  auch  weinen,  ammenmdrchen 
(ire/tnar  1791)  1,125;  meine  liebste,  die  mir  mit  ihrer  krank- 
heit,  von  welcher  sie  niemand  noch  zur  zeit  befreien  können, 
das  herze  im  leibe  abnagt,  medic.  maulaffe  742  {vgl.  auch  ab- 
nagen th.  1,79);  derowegen  blieb  es  dabei  sie  muste  Solanden 
vergessen  und  nunmehr  sich  alleine  mit  solchen  gedanken 
das  herze  abfressen,  wie  sie  Solandens  verhungerten  leichnam 
ohne  verdacht  aus  dem  kästen  in  ein  grab  bringen  wolte. 
pvlit.  stockf.  166;  sie  weinte  und  schluchzte  so  sehr,  als 
drückte  es  ihr  das  herz  ab,  weil  sie  ihn  verlieren  müsse. 
Stifter  Studien  5,64;  ach  wie  warm  wird  mir  um  das  herz 
{als  folge  des  ärgers)\  wenn  ich  nur  nicht  eine  blutstürzung 
kriege!  Gellert  3,255;  so  oft  ich  noch  jetzt  an  diesen  auf- 
tritt denke,  wird  mir  es  weich  ums  herz  und  ich  musz 
weinen,  d.  d.  Gilblas  62;  ach  der  schiecken  schlägt  mir  zum 
herzen  (er  sinkt  in  ohnmacht).  das  bärtigle  frauenz.  108;  das 
herz  zittert  mir  im  leibe.  Göthe  8,23;  sein  anblick  wird  mir 
im  herzen  weh  thun.  das.;  es  Ihät  mir  im  herzen  weh,  euch 
hält  ichs  gegönnt.  Gotthelf  sc/mWent.  10;  ein  blutstropf  feit 
ihm  vom  herzen,  wenn  er  was  gibt.  Schottel  1113";  das  herz 
blutete  mir,  wie  er  mich  von  sich  schickte.  Götbe  8,146; 
jedes  {geschick)  einzeln  wäre  schon  hinreichend  gewesen,  das 
herz  zu  schwellen  und  die  brüst  zu  beklemmen.  26,158  {vgl. 
auch  klemmen  </ieü  5, 1141  «nd  beklemmen //i«/  1,1423);  mein 
herz  würde  reiszen.  10,84;  mein  herz  wirft  sich  mir  im  leib 
hemm  bei  dem  gedanken.  85; 

ach  gott,  wie  we  tut  scheiden ! 

hat  mir  mein  herz  verwundi.    ühland  votksl.  128; 

vom  herzen  entfiel  mir  ein  kübl  vol  biuts. 

H.  Sachs  3,  3,  5'; 

das  herz  wil  mir  versinken.    3,  2,  159*; 

fühlet  mein  herz  in  meinem  leib, 

ob  es  nicht  schier  zum  mund  auszireibt, 

die  wort  besterben  mir  im  mund. 

amarUes  amentes  E7»; 
f«  stillägt  das  herz  und  hupft  verzweiflet.    Rohplei  22; 

o  weh  mein  herz  erkracht 

und  springt  fast  aus  der  brüst.    Kowokhl  PItönisia  K. 
meine  gefühle  verstecfcmi,  die  mir  das  herz  zerreiszen. 

GöTH«  40,  270; 

mir  brennt  das  harz  im  bnsen.    10,248; 

das  will  mir  schier  das  herz  verbrennen.    12,  20; 

o  nichts  mehr!  eure  worte  spalten  mir 

ilac  herz!      Scuillk«  Turaruiot  1,  t; 

wohl  schlägt  auch  hier  ein  wumles  herz. 

UuLAND  yrd.  17. 


den  höchsten  grad  von  leid  vnd  schrecken  drückt  aber  die  alte 
formet  das  herz  erkaltet  aus,  auf  ttnmiUelbar  bevorstehenden  lad 
hinweisend : 

sin  herze  in  ime  und  al  sin  lip 

erkalte  vor  leide 

und  ouch  vor  liebe  beide.    Trist.  439,35; 

sin  herz  gond  im  erkalden. 

Lllikscron  volksl.  2,  80,  12 ; 

mir  ist  mein  herz  so  gar  erkalt, 

das  ich  Iren  dot  iiit  mag  an  gesehen. 

RosK>PLüT  bei  heiter,  fasln,  sp.  1142; 

da  ich  die  botschaft  sach  so  bald, 

ist  mir  mein  herz  darob  erkalt.     H.  Sachs  3,  2,  100*; 
mein  herz  tut  mir  erkalten, 

so  oft  den  mörder  ich  an  sich, 

so  get  mir  durch  mein  herz  ein  stich.    67'; 

kommt  das  nnglück  zu  banden, 

mein  herz  im  leib  erkalt. 

HoPFiA-^s  ge>!ellsclinflslieder  13; 

oh  schönes  lieb  kehr  wieder  bald, 

eh  denn  mein  junges  herz  erkalt.    06. 

ähnlich  kann  kummer  und  leid  das  herz  brechen,  vgl.  die  aus- 
führungen  theil  2  sp.  343  und  die  beisptele  oben  sp.  1209 :  seine 
mutier  starb  am  gebrochenen  herzen; 

was  hat  sie  [die  nonne  gewordne  geliebte)  in  den  bänden? 

von  gold  ein  becherlein; 

er  hat  kaum  auszgetrunken, 

springt  im  sein  hen  entzwei,    ühlahd  votkst.  218; 

kranklieilen  aber  wie  das  leid,  stoszen ,  drücken  das  herz  ab 
(s.  unten  herzensstosz),  aus  derselben  anschauung  heraus  gesagt, 
man  glaubte  dasz  das  herz  sich  aus  den  bändern  (vergl.  Iierz- 
bendel)  gewaltsam  löse,  an  denen  es  hänge:  thut  denn  das  herz 
den  letzten  knacker,  ach  so  seufze:  liebster  Jesu,  bleib  bei 
mir.  Otho  1280;  die  krankbeit  würde  ihm  das  herz  abge- 
stoszen  haben.  Frey  garteng.  52*;  der  soff  wird  dir  endlich 
das  herz  abstoszen.    Interim  74 ; 

wann  nun  die  lezte  stund  her  rucket. 

darinn  der  lod  das  herz  abtrucket.    Romflbr  21. 

d)  es  hängt  eng  mit  den  eben  aufgezäJilten  redensarlen  zu- 
savimen,  wenn  kummer,  leid,  besorgnis,  angst  aufs  herz  fällt, 
tritt,  auf  dem  herzen  liegt,  ein  schweres  herz  macht:  so 
sehr  waren  ihnen  ihre  letzthin  erlittenen  Unglücksfälle  aufs 
herz  gefallen.  Heilman  r/iiic.  674 ;  T.  haben  sie  sie  (die  brief- 
tasche)  auch  nicht  aus  der  band  gegeben?  L  nein  —  doch 
ja  —  jetzt  fällt  mirs  aufs  herz  —  ich  habe  sie  dem  . . . 
gezeigt.  Gotter  3,329;  mir  fiels  unterm  singen  so  aufs  herz, 
und  ich  wollte  schwören,  ich  hörte  was.  Göthk  11,105; 
fällt  es  mir  wieder  schwer  aufs  herz.  E.  T.  A.  Hoffmakn  8,31; 
es  trit  mir  aufs  herz.  Schottel  1116*;  weswegen  uns  grosze 
melancbolie  und  traurigkeit  zu  herzen  gestoszen.  Hamlet  bei 
CoHN  Sliakesp.  in  Germany  257 ; 

vergessen,  wie  die  allste  sage 

war  der  unschuldge  kinderscherz ; 

doch  grade  diese  letzten  tage 

fiel  er  mit  einmal  mir  aufs  herz.    Göthb  2,  223, 

ich  musz  dir  sagen ,  was  mir  auf  dem  herzen  liegt,  pers. 
baumg.  6,8;  euerem  unfall  ..,  der  euch  noch  neu  auf  dem 
herzen  lag.  GiiTHE  8,  73 ;  was  ihm  aber  noch  schwerer  auf 
dem  herzen  lag,  war  das  Schicksal  des  harfenspielers.  19,226; 
mit  schwerem  herzen  ging  sie  hin.  18, 307 ;  dasz  Jung  nicht 
heiter  war,  und  dasz  ihm  etwas  auf  dem  herzen  lag.  48,  26 ; 

dasz  ich  ein  wort  ihr  sage,  wie  mir  auf  dem  herzen  es  Heget. 

Odyss.  22,  392. 

Der  gegensalz  dazu  ist  das  leichte  herz,  und  diese  erleichterung 
wird  aucli  anschaulich  so  ausgedrückt,  dasz  eine  last,  ein  stein 
vom  herzen  räJlt:  ging  zur  beichte  nnd  communicirte  nach 
empfangener  absolution,  worauf  mir  dann  so  leicht  und  wo! 
ums  herz  ward,  dasz  ichs  nicht  aussprechen  kan.  Simpl.  2,12 
Kurz;  herr  pater,  ich  habe  noch  eins  vergessen,  das  musz 
ich  auch  beichten,  und  von  meinem  herzen  thun.  Schdppiüs 
292;  ich  werde  ihm  folgen  — ,  Ich  fühl  es,  und  es  wird 
mir  so  leicht  ums  herz.  Göthe  20,279;  um  ilu-  herz  zu  er- 
leichtern, nahm  sie  die  feder.  22,73;  sie  wälzen  mir  einen 
stein  vom  herzen.  21, 196.  zur  erleidilerung  wird  das  herz 
ausgeschüttet  (rergl.  th.  1,  sp.  963):  diese  müssen  gegenein- 
ander wenigstens  alle  vierzehn  tage  ihr  herz  ausschütten, 
wenn  es  nicht  springen  soll.  Göthe  21,145;  es  ergieszt  sich : 
zu  seinem  vater  war  er  nur  gewohnt  unisono  zu  sprechen, 
und  sein  volles  herz  ergosz  sich  daher  in  monologen,  so- 
bald er  allein  war.  U4.     vergl.  das  volle  herz  unten  4,  c. 


1211 


HERZ 


HERZ 


1212 


e)  neid,  eifersuchl  nagen,  fressen,  jucken  am  betzen:  weil 
iinmer  im  herzen  der  Engl.lnder  eine  geheime  eifersuchl  wie 
liu  böses  geschwür  jiickt  und  eitert.  U.  Heine  9,151; 

mir  ti^igi  die  eirersucht  so  gut  das  herz,  wie  dir. 
GoTUE  1,  aci. 

f)  beiheuernd:  A.  geh,  verrath  mich.  Franz.  eher  wollt  ich 
mir  das  herz  aus  dem  leibe  reiszen!  Cüthe  8,131. 

g)  sprtcliwOrtUcli :  bin  ich  bereit,  mit  dir  das  herz  im  leib 
zu  theilen.  Simpl.  1,  41H  Kurz;  die  linke  band  gehet  von  her- 
zen. PisTOBiüs  llies.  par.  5,  2e. 

2)  unter  herz  tcird  aucli  die  äussere  Herzgegend,  die  brusl  ver- 
slanden: herz  oder  brüst,  peclus ,  pecluscülum.  Dasyp. ;  eine 
mundarlliclie  redensarl  liebt  den  doppelten  sinn  hervor:  ma  sied 
em  wol  ofs  herz,  aber  nüd  is  herz.  Tobler  2ü5';  geben  sie 
uns  fumiliengemalilde,  und  wir  werden  uns  desto  eher  darin 
erkennen,  und  wenn  wir  uns  gelrofifen  fühlen,  desto  gerühr- 
ter an  unser  herz  schlagen.  Göthk  16,  1"6;  bei  betheuerungcn : 
die  band  aufs  herz!  Klinceb  l,  37!$; 

Tall  an  sein  herz,  o  könikMiin!  mit  zähren 

der  Ireude.  Raklir  1,  Bi; 

als  bis  ich  sie  voll  iiibrunst  an  mein  herz  gedrückt.    2,  23; 
als  wie  sich  wechselsweis  der  schäfer  und  die  schöne, 
das  treue  herz  an  herz,  umschlossen  hält. 

WiJLAND  17,  77  ([dris  2,  12) ; 

ach  du  klar  blauer  himmel 

und  wie  schön  bist  du  heut! 

möcht  ans  herz  gleich  dich  drücken 

vor  Jubel  und  freud.     R.  Rkinick  Ueder  s.  115. 

mundarllich,  m  Baiern  (Schm.  2,  243),  aber  auch  tn  der  Schweiz, 
versleid  man  unter  herz  aucJi  den  weibliclten  busen. 

3)  man  nahm  das  iiuiz  als  den  miUelpunkl  des  menschlichen 
leibes  und  als  sitz  aller  lebenskraß:  wan  diu  ndtür  hat  daj 
herz  gesetzt  ze  miteist  in  den  leip ,  dar  umb,  daj  e;  ain 
prunn  und  ain  ursprincü  ist  der  kreften  aller  andern  glider, 
und  ist  ain  schutzlädlein  des  lebens.  Megenuerg  25,  32. 
darum  heiszt  es  das  herz  laben,  stärken,  sich  erfrischen:  und 
ich  »il  euch  ein  bissen  brots  bringen,  das  ir  ewr  herz  labet. 
1  Mus.  18,  5 ;  labe  dein  herz  vor  mit  eim  bissen  brots.  rieht. 
19,  5;  am  meisten  aber  sollen  dise  rabenducaten  (in  einen 
becher  gelegt,  wein  oder  bier  darüber  gegossen)  das  herze  stärken. 
unw.  doct.  147;  nachdem  nun  Mahal  sein  herz  gestärkt  [ge- 
gessen und  getrunken)  hatte.  Kkinger  6,115;  ähnliclie  ßgungen: 
hält  ich  doch  einen  trunk  wein,  damit  ich  mein  erschrock- 
nes  angebranntes  herz  begieszen  könnte.  Hamlet  bei  Cohm 
Sliakesp.  in  Germany  245;  endlich  als  er  etliche  becher  wein 
auf  das  herze  genommen  hatte.  Chr.  Weise  erzn.  3G;  aber 
er  Ihat  sich  auch  recht  was  zu  gute  (mit  esse<i)  und  richtete 
sein  herz  einmal  ordentlich  auf.  vuUismärchen  bei  Stbackerjan 
uberyl.  u.  sagen  aus  d.  herzogth.  Oldenburg  2,  316 ; 

innr  baumrind  eierkuchen  backtn 

die  einem  hin  ins  herz  nein  schmacktn. 

RoLLiNUACKN  vom  Teiclten  manne  Ci*; 
aber  auch:   wann  die  vier  stück  beinaoder  sein, 
so  werden  bald  erquickt 
mag,  lebern,  burz  und  augenschein. 

HoFriANN  (jcsettsüiaftilieder  179. 

das  so  gestärkte  herz  ist  fröhlich:  las  dein  herz  guter  ding 
sein.  riclU.  19,6;  und  das  der  wein  erfrewe  des  uienschen 
iierz  ..  und  das  brot  des  menschen  herze  sierke.  /)«.  104, 15; 
ist  der  bauch  satt,  so  ist  das  herz  fro.  Scuottel  U21'.  der 
mensch  stirbt  erst,  uenn  ihn  der  lod  ans  herz  Irill: 

»ieb,  wie  er  bleich  wird  —  jetzt,  jetzt  tritt  der  tod 
ihm  an  das  herz  —  die  augeu  sind  gebrochen. 

ScuiLLEH  WiUietm  Teil  4,  3. 

4)  wenn  gemütsbewegunt/en  im  hohem  grade  auf  die  Ihäligkeil 
det  fierzens  wirken  {oben  \,  c  und  d) ,  so  wird  nun  dasselbe  ab 
ttlz  des  gefühlt,  der  leidenscliaft ,  der  liebe,  det  luisses ,  der  :u- 
uttd  abnetgung  betraclUel : 

so  bat  in  der  brüst  mir 
doch  sich  Ksbildet  ein  borz,  das  unrecht  hasset  und  unbill. 

GöTHS  4Ü,  2;U; 

seht!  ich  bab 
ein  herz,  der  Jammer  dieie*  deutschen  volks  erbarmt  mich. 

ScfiiLLKH  Wultriiil.  toil  3,  15. 
dme  anschauung  spricid  tich  namentlicli  i»  einer  reiht  fon  «iWir 
uäer  weniger  fetten  formein  an»,  von  denen  wir  die  luiupttUcli- 
Uchtlen  au/zdhUn. 

a)    gutes,    reine«,    edles,    bö»e»,   falsches,  verkehrtes,  ver- 

<l,.rl,.,,.     hirte»,  weiches  herz.     K*nt  rrlilart:   die  ou«  dem 

hange    eutHpringende    f&higkcit  oder  Unfähigkeit 

1,  dan  moralische  gesetz  in  oeine  mutiine  auf  zu 

nehtiieu  wird  das  gute  oder  bO*e  herz  genannt.  0,  lt»U;  maa 


nennt  ein  gemüth ,  in  welchem  die  empfindungen  des  mit- 
leides  und  der  gefälligkeit  regieren,  ein  gutes  her/,.,  da- 
gegen man  dem  tugendhaften  aus  grundsützen  ein  edles 
herz  beilegt.  7,391;  vergl.  gutherzig,  bösherzig  theü  2,260. 
darumb ,  das  du  nicht  in  rechter  furcht  gott  gedienet  hast, 
und  dein  herz  falsch  gewesen  ist.  Sir.  1,  3S ; 

dein  verdorbnes  herz.    Wisland  17,58  (Idris  1,86); 
und  blieb  sein  herz  zum  mindsten  ohne  flecken. 
s.  105  (2,  63). 
mit  ähnlichen  epilhelen:   ein  kaltes,  selbstisches  herz.    Guthe 
25,  285 ; 

ja,  sprecht  ihr,  sagte  sie  nicht  selbst  ihr  herz  sei  kalt, 
zur  freundschaft  nur  gemacht,  und  ungeschickt  zum  lieben? 
Wieland  17,56  (Idris  1,84); 
drauf  wurd'e,  wie  die  männer  sind, 
sein  herz  von  stund  an  lauer.    IIöltt  32  Halm; 
die  noch  warmes  herzeus,  ohne  falschheit  sind. 
Ramler  1,  96. 
für    hartes,  kaltes    herz    treten  andere  metaphcrn  ein:   steinin 
herz,  ferrea  corda.  Maaleh  219*  (vergl.  felsenherz,  kieselherz); 
güldene  kirchen,  hölzerne  heizen.    Pistorids  thes.  par.  lo,  5; 

ein  herze  daj  von  flinse 

im  donre  gewachsen  wsDre, 

dui  müeten  disiu  mi'cre.     Wolfrah  Willeh.  12,  16; 

mir  ward  ein  herz  von  eis  beKChieden, 

ein  felsensinn.        Höltt  133  Halm. 

der  gefülUvolle  ist  lauter  herz:  ich  liebte  sie  so  unerineszlicli, 
so  unaussprechlich,  dasz  die  liebe  zu  ihr  nicht  blosz  der 
ganze  und  alleinige  inhalt  meines  berzens,  sondern  gleichsam 
mein  herz  selbst  zu  sein  schien.  Bt^RCEH  an  Boie,  bei  AUhuf  60; 

denn  laszt  die  Seladons  so  viel  sie  wollen  sagen, 

wer  liebt  sei  lauter  herz;  man  bat  auch  einen  magen ! 

Wieland  17,  190  (läris  3,  107); 

wrirf  von  dem  gefühllosen  wird  gesagt,  er  habe  kein  herz: 

emplindungcn  mit  dem,  der  ohne  herz  ist,  theilen, 
heiszt  Schlösser  auf  die  wellen  baun. 

WiKLAND  17,59  (Idris  1,  8S) ; 

wahrlich,  dem  ist  kein  herz  im  ehernen  buson,  der  jeizo 
nicht  die  noth  der  menschen,  der  umgetriebnen,  empfindet. 

GöTHE  40,  267. 

b)  wer  seine  gefühle  birgt,  verschlieszt  sein  herz:  ich  dächte 

doch,    ich    behielte    lieber    vor   ihm  nichts  auf  dem  beraen. 

Lessing  2,  13$; 

du  verbirgst  dein  herz  und  hast  ganz  andre  gedanken. 

GöTUE  40,  269; 

wer  drang  nach  miltheilung  derselben  empfindet  oder  bei  dem  gc- 
fühl  hervorbricld,  dem  gebt  das  herz  auf,  der  offenbart  sein 
herz:  alsdann  thue  sich  sein  herz  auf,  und  denke,  der 
bringt  geld.  Scuüppiüs  113;  wenn  du  in  die  kircbe  kommest, 
so  bitte  gott,  dasz  er  dir  das  herz  eröffne,  194;  so  thut  gott 
der  heilige  geist  solchen  leuten  das  herze  nicht  auf.  599; 
eröffnen  sie  mir  ihr  herz!  Göthe  10,164; 

das  ich  ausz  in  errorsch  vil  dick, 

das  sie  mir  offenbarn  ir  herz.    fiii<ii.  sp.  789,  19; 

in  Hadeln  ging  meinem  vater  das  herz  auf.  Nikbobb  kl.  sclir. 
1,60;  gute  menschen.  ..  denen  das  herz  aufging,  wenn  sie 
viel  ihres  gleichen  bei  sich  zu  tisch  sahen.  Götue  8,111; 
da  mir  da»  herz  immer  ein  biszcben  aufgeht,  wenn  ich  sie 
sehe.  16,104;  man  kann  unmöglich  etwas  zierlicheres  sehen 
als  diese  geschOpfe  hier  (pferde);  es  ist  das  erstemal  in  mei- 
nem leben,  dasz  mir  das  herz  gegen  sie  aufgeht.  28,24;  das 
herz  muszte  einem  aufgehen  bei  diesen  üchlen ,  ui>prüng- 
lichen  klängen.  Rieul  cuUurgescJt.  nov.  257;  gedenk  ich  jetzt 
solcher  schnurreu  und  wandergeschichlco ,  dann  geht  mir 
das  herz  auf.  353 ; 

0  sir,  moiu  herz  geht  auf! 
ich  iiiusz  des  langen  unmuths  mich  entladen. 

ScuiLLER  .Miirtu  Stuart  2,8; 

0  sieh  mich  an,  wie  mir 
nach  einer  langen  teil  das  herz  sieb  öfTnat, 
der  Seligkeit,  dem  liebsten,  was  die  »elt 
noch  für  mich  tragen  kann,  das  huupt  zu  küssen. 
GoTHB  9,  54. 
In  der  altern  spraclie  brauchte  man  das  herz  wird  gro«z,  wenn 
das  gefiüd  des  kummers  ausbrach :  ihr  war  das  herz  gross  und 
schüttele  die  seufzer  hcruusz.  sdiaub.  engl.  u.  franz.  com.  1,433; 
sin  herz  wart  Ime  also  grost, 
das  er  von  wetnende  sich  bogost. 

Kons  KisTEMK*  V.  3U; 

do  ward  ir  scheiden  widor  new; 

der  ht'rr  erieignt  Im  «ein  trow. 

wan  im  ward  sein  harz  gar  gri>it, 

dai  er  «eiii  »'.iiii;<'>i  mit  weinen  btgoai. 

I>    GBNSENaACu  f.  nv,  2M  G6ä»k4. 


1213 


HERZ 


HEBZ 


1214 


sonst  itt  das  grosze  herz  das  von  liohen  und  edeln  geßhlen  er- 
füllte :  Dämon  hat  ein  groszes  herz,  dasz  er  es  seiner  Schwe- 
ster anTertraut.  schaub.  engl.  u.  franz.  com.  2, 129 ; 

allein  ihr  hen  blieb  ffrosi,  wie  es  zuvor  gewesen. 

Rost  verm.  ged.  43; 

du  hast  mit  höherm  sinn  und  gröszerm  herzen 

den  zarten  schlanken  lorbeer  dir  gewählt.     Götbb  9,  102. 

e)  von  der  intensilät  des  gefiihls  zeugt  das  rolle  herz,  von  der 
tiefe  desselben  das  tiefste,  innerste  herz,  des  herzens  gnind: 
gott  ist  mein  zeuge,  wie  mich  nach  euch  allen  verlangt  von 
herzen  grund  in  Jhesu  Christo.  Phil.  i.  8;  verzeiht  mir,  gnä- 
dige frau.  mein  herz  ist  zu  voll,  meine  sinne  baltens  nicht 
aus.  GöTHE  8, 131 ;  wenn  ich  sonst  bei  dir  sasz  . .  und  mit 
vollem  herzen  der  Jiebe  und  des  Zutrauens  zu  dir  sagte: 
lieber,  lieber,  guter  mann.  20,103;  mademoiselle,  sie  sind  bis 
in  das  innerste  herz  beleidigt,  gekränkt.  10,  5S; 

dasz  rauosz  noch  werden  gepreist 

eur  lob  in  meinem  munde 

tier  aus  meines  herzen  gründe 

an  end  die  weil  ich  mag  geleben,    fasln,  sp.  42i,  -   . 

die  ihr  mir  das  bild  der  beiden, 
die  ich  von  eitern  her  verehren  lernte, 
entgegen  bringet  und  das  innre  herz 
mit" neuer  schöner  hoffnung  schmeichelnd  labet! 

GöTHK  9,  44; 
mir  ist  im  tiefsten  herzen  beschlossen  ...    40,  269; 
deines  vollen  herzens  triebe, 
gieb  sie  keck  im  sänge  frei.    Uhl*?id  ged.  40. 

ähnlich  die  formel  aus  ganzem  herzen,  von  ganzem  herzen: 
du  seit  lieben  gott  deinen  herrn  von  ganzem  herzen,  von 
ganzer  seelen,  von  ganzem  gemüte.  Matlh.  22,  3T;  wenn  ich 
aus  ganzem  herzen  rede.  Göthe  16,67;  wie  ich  sie  jetzt  von 
ganzem  herzen  hasse!  19,240;  der  mensch  machte  von  gan- 
zem herzen  einen  albernen  bückling.  18,240;  und  selbst  die 
Verbindung  von  herzen  steht  in  gleichem  prägnanten  sinne  (rergl. 
auch  unten  f  am  ende) :  was  nicht  von  herzen  komt ,  das 
komt  nicht  darin.  Schottel  1145';  ihr  würdet  immer  wähnen, 
ich  thät  nicht  von  herzen.  Gothe  8,140; 

nu  ist  mir  von  herzen  lait.    fasln,  sp.  622,3; 
dein  antwort  hat  mich  von  herzen  verdrossen. 
LocAü  2,  125,  34; 
wir  lieben  lange  so,  bis  wir  zuletzt  erfahren, 
dasi  wir,  stat«.  treu  zu  sein,  von  herzen  närrisch  waren. 

GÖTHR  7,  17; 
E.  komm,  gib  mir  doch  den  kusz  von  deiner  Chloris  wieder. 
L.  von  herzen  gerne.  19; 

erlaube  mir,  dasz  wir  von  herzen  sprechen.    99. 

dafitr  ähnliche  Verbindungen :  ich  bitte  dich  mit  herzen.  Me- 
LANCHTHON  im  coTp.  doctr.  Christ.  (1560)  395.  458 ;  und  ist  mir 
aus  ganz  meinem  herzen  leid,  was  ich  je  guts  von  im  ge- 
saget habe.  Lctber  1,421";  denen  er  doch  urab  ihres  frid- 
samen  lerens  willen  ins  herz  feind  ihe  und  ihe  gewesen  ist. 
Alberds  Widder  Wilzeln  G  7". 

d)  um  das  gefühl  rege  zu  machen,  wird  ins  herz  geredet, 
ans  herz  gegriffen:  mit  diesem  text  wil  Christus  denen  po- 
liticis  und  Statisten  an  das  herz  greifen.  Schuppids  641;  viel 
böse  leute,  die  mir  gleichsam  in  mein  herz  gegriffen  haben, 
und  nimmehr  öffentlich  verlästern.  688 ;  alle  Zeilen  dieses 
briefes  grieffen  Solanden  ins  herz.  poUt.  stock f  ii^ ;  das  ein- 
zige, womit  man  ihnen  wärend  dieses  krieges  noch  nicht 
ans  heuz  gegriffen.  Heilmans  Tluwyd.  882;  immer  habe  ich 
gewünscht,  den  reisenden,  die  vor  meinem  gasthofe  halten, 
noch  ehe  ich  sie  bewillkommne,  an  das  herz  zu  reden. 
TuüMMEL  4,334;  oft  seh  ich  das  bild  stunden  lang  an  und 
grüble  mich  fast  todt  darüber,  wie  es  zugehen  konnte,  dasz 
mirs  nicht  gleich  beim  ersten  anblick  ebenso  lieblich  ans 
herz  griff.  BCrcer  an  M.  Ehrmann  57;  endlich  einmal  auf- 
zutreten und  den  menschen  in  das  herz  hinein  zu  reden, 
was  sie  sich  so  lange  zu  hören  sehnen.  OOthe  18,  99 ;  wenn 
ich  die  elendesten  gesehen  habe  sich  einbilden,  sie  könnten 
uns  ein  groszes  treffliches  wort  ans  herz  reden,  loo; 

die  kunst  zu  rühren  und  ans  herz  zu  reden. 

J.  M.  .TIitLEB  ged.  457. 
eine  sache,  wofür  das  qefüU  sprechen  soll,  wird  ans  herz  gelegt. 

e)  am  herzen  liegt  etwas,  für  das  man  warm  fühlt  (unter- 
schieden von  auf  dem  herzen  liegen  oben  i,d  jp.  1210):  ich 
fohlte  die  frommen  morgengedanken  mir  so  nahe  und  so 
warm  am  herzen  liegen.  THt>»iiEL  3,  8 ;  wenn  es  eine  an- 
gelegenheit  betrifft,  die  ihnen  zunächst  am  herzen  liegt,  und 


am  herzen  liegen  soll.  Göthe  20.127;  das  erstemal  seit  lan- 
ger zeit  hast  du  wieder  gesprochen ,  wie  einer  dem  etwas 
wahrhaft  am  herzen  liegt.  23,38;  ich  habe  dort  unter  para- 
doxie  und  fabel  gar  manches  versteckt  oder  problematisch 
vorgetragen ,  dessen  frühere  oder  spätere  ausführung  mir 
längst  am  stillen  herzen  lag.  Göthe  44,60; 

denn  billigkeit  lag  ihm  am  herzen.    Odyss.  14,  433. 

wen  oder  was  man  liebt,  steht  eines  herzen  nahe: 

so  bleibt  durch  alle  zelten 

herz  herzen  zugekehrt.    Göths  1,  131 ; 

oder  ist  ans  herz  gewachsen :  bei  unserm  frauenzimmer,  de- 
ren mancher  sonst  ein  Zwirnsfaden  an  das  herze  gewachsen 
war,  wolle  die  freigebigkeit  auch  einnwl  zum  Vorschein 
kommen.  Felsenb.  4,325;  etliche  elen  band  waren  Andradio 
aber  nicht  ans  herz  gewachsen,  polit.  hofmädgen  144 ;  sie  (LilU) 
war  mir  so  ins  herz  gewachsen ,  dasz  ich  mich  gar  nicht 
von  ihr  zu  entfernen  glaubte.  Göthe  48,94;  ist  dir  der  hahn 
^0  ans  herz  gewachsen  ?  Kotzebce  dram.  sp.  1,  308.  Ähnliche 
fägungen:  (habe  ich  niciu  anders  erfunden)  dann  dasz  e.  f.  g. 
ihm  aufs  beste  in  seinem  herzen  ..  ist,  Lcther  br.  1.77; 
ich  trug  sie  {eine  ballade)  um  so  gemüthlicher  vor,  als  meine 
gedichte  mir  noch  ans  herz  geknüpft  waren,  und  nur  selten 
über  meine  lippen  kamen.  Göthe  26,289;  wann  er  nicht 
je  zu  Zeiten  so  etwas  dergleichen  zu  obren  trüge,  so  wärs 
unmüglich,  dasz  er  dem  gn.  herrn  in  einer  solchen  bälde 
so  hart  ans  herze  bachen  können!  Simpl.  3,381  Kurz; 

so  würden  sicherlich  mir  anderthalb  forellen 
SD  wenig  als  ein  quark  ans  herz  gebunden  sein. 

GC!<THSB  1059. 

gegensalz  dazu  ist  das  losschneiden  vom  herzen :  (der  vater  spricht) 
das  mädchen  hat  sich  selbst  von  meinem  herzen  losgeschnit- 
ten. Kotzebce  dram.  sp.  3.315;  so  thue  ich  es  lieber,  als 
aus  deinem  herzen  zu  fallen.  Stoi.berg  12,  377. 

/)  etwas  womit  sich  die  empfindung  beschäftigt,  nimmt,  faszt 
man  zu  herzen,  geht  zu  herzen :  es  gadt  mir  zu  herzen,  es 
ist  mir  angeoäm,  cordi  est  mihi.  Maaler  220";  aber  gewöhnlich 
in  onderm  sinne:  zu  herzen  gon,  im  lassen  befolhen  und 
angelogen  sein,  cordi  esse.  220';  und  wenigen  den  ers  klagt 
gienge  es  zu  herzen.  Kirchhof  wendunm.  439';  liesz  sich 
nicht  merken ,  dasz  der  schade  ihm  zu  herzen  gieng.  pers. 
rosenth.  5,17;  darumb  gehet  mir  die  mattigkeit  der  jungen 
kinder  zu  herzen,  weil  ich  meines  vaters  in  der  kindbeit 
beraubet  worden  bin.  p^rs.  baumg.  2,1;  ich  sah  mit  thränen- 
vollen  äugen  um  mich  her,  als  ob  ich  ein  wesen  in  der 
Schöpfung  suchen  wollte,  dem  mein  zustand  zu  herzen  ginge. 
WiEiAND  2,79  (69);  dasz  irgend  eine  mitleidige  gottheit  sich 
den  zustand  des  einsamen  Ko.xkox  (habe)  zu  herzen  gehen 
lassen.  14,20  (19);  das  unglück  unsrer  Schwester  geht  uns 
nah  genug  zu  herzen.  Göthe  11,43;  ninuns  zu  herzen  1 10, 186; 
endlich  faszten  die  herren  meine  sichtbare  beschämung  zu 
herzen,  hoben  ihre  Sitzung  auf.  und  trösteten  mich  noch 
oben  darein  auf  das  herablassendste.  Tut^nMEi.  4,506; 

wenig  sint,  den  gat  yetz  zö  hen 

usz  eebruch  solch  le'id,  sorg  und  smen. 

narrensch.  33.  19; 
herr,  das  laszt  euch  zu  herzen  gan.    fastn.  xp.  6.36, 7 ; 
die  red  gieng  mir  zö  herzen, 
betrübt  ward  mir  mein  mut.     Ublamd  volksl.  622; 
will  dir  das  oit  zö  bärz  Ion  gon. 

Ge!<ge>'bacb  gouchmat  454 ; 
er  führet  Amors  list  zu  herzen.    Weckhkrli<<  346; 
princess,  nimm  unsern  tod  so  heftig  nicht  zu  herzen. 

A.  Grtphii's  1698    I,  285; 
hier  sasz  das  grosze  paar,  Victoria  gelassen, 
als  könnte  sie  den  schimpf  sich  nicht  zu  herzen  fassen. 

Rost  verm.  ged.  1769  «.  25; 

nur  töne  die  vom  herzen  komnv^n, 

nur  töne  die  zu  herzen  geho.    Üallir  (1777)  201 ; 

den  guten  göltern  musite  dies 

nun  wohl  zu  herzen  gehen.     Höltt  30  Hatyn ; 

ein  scherz  vielleicht, 
den  jemand  mit  uns  treibt,    nimms  nicht 
zu  herzen,  edle  irau!  veracht  es  lieber. 

Schiller  Iphig.  4,3; 
was  ist  dir  Faitst,  du  wirst  so  blasz, 
fing  dir  zu  herzen  gar  der  spasz?    Lksad  Faust  32; 
du  kennst  das  meer  noch  nicht,  das  ernste  ding 
schon  manchem  wandrer  sehr  zu  herzen  ging.     146. 

von  hier  aus  wird  vom  wege  zu  eines  herzen  geredel:  nach- 
dem sie  sich  den  weg  zu  meinem  herzen  durch  liebkosungen 


1215 


HERZ 


HERZ 


1216 


und  Schmeicheleien  eröffnet  zu  haben  glaubte.  Wielano  12,89. 
Verlangen,  bedenken,  begehren,  wünsche  hat  man  auf  dem  her- 
zen,  ein  bild,  das  sich  mit  \,d  ofc«»  sp.  1210  nalie  berührt:  so 
sag  mir,  was  du  auf  dem  herzen  hast.  Soph.  lasz  ihn.  die 
manner  machen  oft  gesiebter,  ohne  Just  was  auf  dem  herzen 
zu  haben.  Göthe  10, 111 ;  su  musz  ich  dir  gestehen,  dasz  ich 
schon  einige  zeit  etwas  auf  dem  herzen  habe,  was  ich  dir 
vertrauen  musz  und  möchte.  17,  5;  lasz  mich  nur;  was  ich 
auf  dem  herzen  habe,  soll  bei  dieser  gelegenheit  davon. 
8, 188.  von  herzen  schlägt  man,  an  das  man  ni$ht  mehr  den- 
ken will: 

er  schlug  von  herien  alles  trawren. 

B.  Waldis  Esop  3,  93,  181. 

ähnlich:  dasz  er  . .  die  noth  vom  herzen  klagt  und  abwclzet. 
ScRivER  seelensch.  2,93;  aber  von  herzen  geht,  was  aus  tiefer 
empßndung  kommt :  dasz  nicht  alles  vom  freien  herzen  gehe, 
sondern  dasz  viel  wortkram,  bilder,  gieichnisse,  herkömm- 
liche redensarten  und  wiederholt  anklingende  zeilen  sich 
immerfort  wie  um  eine  gemeinsame  achse  herumdrehten. 
Göthe  23,176; 

doch  werdet  ihr  nie  herz  zu  herzen  schafTen, 

wenn  es  euch  nicht  von  herzen  geht.     12,  37 ; 

alles  was  ich  gelernt  und  was  ich  von  jung  aul  gewohnt  bin, 

was  von  herzen  mir  geht  —  ich  will  es  dem  alten  erzeigen. 

40,  318; 

ähnlich:  danke  von  herzen  .  .  unserer  spanischen  majestät 
gesundheit  trinkt  nicht  leicht  ein  Niederländer  von  herzen. 
8, 171 ; 

niemals  sind  wir  allein,  und  reden  nie  von  herzen.    7,  55. 
vergL  oben  c  sp.  1213. 

g)  was  dem  gefühl  widerslreüet ,  kann  man  nicht  über  das 
herz  bringen:  hat  gott  seinen  einigen  son  für  uns  alle  da- 
hin gegeben,  wie  kündle  ers  denn  über  das  herz  bringen, 
uns  in  geringerm  anliegen  zu  verlassen?  Luther  5,7";  und 
da  wir  bei  dem  pfarrhof  vorüber  wollen ,  konte  ichs  nicht 
übers  herz  bringen ,  ohne  speck  weiters  zu  passirn.  Simpl. 
1,236  Kurz;  dasz  ich  ihn  als  meinen  allerliebsten  freund  in 
seinem  elend  zuverlassen,  nicht  übers  herz  bringen  können. 
2,15;  er  sagte:  er  könn  es  nicht  über  sein  herz  bringen, 
das  brod  zu  essen,  dessen  seine  kinder  so  nülhig  hätten. 
BoDE  Thomas  Jenes  5,  116;  der  ich  es  .  .  nicht  über  mein 
herz  bringen  kann,  einen  wurm  unter  meinen  füszen  zu  zer- 
treten. WiELAND  12, 57;  wie  man  es  nur  über  das  herz  brin- 
gen kann,  die  garstigen  äffen  so  sorgrältig  abzubilden.  Göthe 
17,291;  da  könnt  es  der  küchenjunge  nicht  lünger  übers 
herz  bringen,  gieng  zu  dem  könig  und  entdeckte  ihm  alles. 
Grimm  kinder-  u.  hausm.  2, 241. 

h)  wer  seine  empfindung  ausspricht,  sagt,  wie  es  ihm  ums 
herz  ist:  dem  es  nie  umbs  herz  und  ernst  gewesen,  das  es 
umb  die  christliche  religion  recht  und  wol  zustünde.  Albe- 
Büs  Widder  Witzeln  F  8* ;  derowegen  gedachte  ich  . .  zu  reden, 
was  jedem  aufs  beste  gefiel  und  am  annehmlichsten  war, 
auch  jedem  mit  ehrerbietung  zu  begegnen,  obschon  es  mir 
nicht  ums  herz  wäre.  Simpl.  1,304  Kurz;  wann  der  herr  nicht 
Selbsten  wüste,  wie  einem  buler  ums  herz  ist.  326;  jedoch 
stellete  ich  mich  viel  anders ,  als  mirs  um  herz  war.  327 ; 
wann  ich  dir  aus  brüderlicher  liebe  teutsch  heraus  sage,  wie 
mirs  ums  herz  ist.  2,9;  andere  geben  uns  die  glattesten 
Worte,  da  es  ihnen  doch  nicht  um  das  herze,  ja  alles  falsch 
ist,  was  sie  reden.  Butschky  Palm.  251;  wenn  ich  reden  soll, 
wie  mirs  ums  herz  ist.  Wiei.and  11,  lll ;  erdringen  will  ichs 
(das  vertrauen)  nicht ,  aber  gönnen  sie  mirs  wie  es  ihnen 
ums  herz  ist.  Göthe  23,169; 

ich  macht  ihn  ziemlich  aus,  doch  war  mirs  nicht  ums  herze. 

Grllmt  3,  409. 

i)  die  beziehung  zwischen  empfindung  und  dem  organ  tlires 
ausdruckt  betonen  die  formein  herz  und  niund,  tierz  und  zunge: 
weg  das  heri  vol  ist,  des  gehet  der  niund  über.  Matth.  I'2,.U; 
dem  herzen  hilfts,  wan  der  mund  die  noht  klagt.  Sciiottki. 
1132';  weise  leute  haben  ihren  mund  im  herzen.  114&';  die- 
se» redet  zwar  mein  mund,  aber  das  herz  weisz  nichts  da- 
von. ScHUPPius  584;  herz  und  nuiiid  slimuit  nicht  bei  ihm 
üherein,  alia  eogtlat,  alia  luijuilur,  Fhisch  1,416';  mein  herz 
b'irle  nicht,  was  meine  zunge  prahlte.  Schii.i.rb  ruuber  1,2; 
zuletzt,  da  ihr  jede  gewalt  über  hieb  selbst  cnlriHscn  ist,  da 
ihr  herz  auf  der  zunge  schwebt,  wird  diese  zunge  ihre  fer- 
ratberin.   G<iTiiR  19,  9.'i; 

btit  im  luuud  uud  kalt  im  henen.    fa$ln.  tp.  742, 18. 


es  heiszt  auch:  vil  wort  wenig  herz.  Frank  syric//u).  2,173*. — 
Leute  die  ihre  empfindungen  leiclu  äuszern,  tragen  ihr  herz  auf 
der  zunge,  oder  auch  in  der  band:  unter  guten,  zufriedenen, 
ehrlichen  menschen,  die  ihr  herz  in  der  band  tragen.  P.  Hevse 
fioi'.  5  (1864)  156 ;  während  sonst  die  band  bekräftigt,  was  das 
herz  empfindet  {vergl.  band  sp.  310) : 

so  sei  mein  antheil  an  dem  ewgen  heil, 
als  herz  und  hanüschlag  bei  mir  eini^  sind. 

ScuiLLER  Jungfrau  3,  2, 

wie  man  bei  cingchung  des  ehebundes  herz  tmd  band  anbietet: 
dasz  er  jenem  trefflichen  frauenzimmer  sein  herz  und  seine 
band  angeböten  habe.  Göthe  20, 181. 

k)  die  empfindung  der  liebe  für  eine  person  wird  in  verschie- 
denen bildern  ausgedrückt:  kinder  sind  einem  durch  daj  herze 
gezogen.  Ködiz  54,  6,  wol  angelehnt  an  einen  durch  gewcbe  oder 
Stickerei  durchgehenden  faden;  quinta  doctrina:  lug,  dasz  du 
dem  pfaffen  in  das  herz  kommest;  kommest  du  im  in  das 
herz,  du  kommest  im  auch  in  den  seckel.  de  fide  conaib.  125 ; 
so  willu  ihn  so  höflich  tractiren  und  ihm  dadurch  das  herz 
dermaszen  abstehlen ,  dasz  es  dir  künftig  dein  Icblag  wol 
bekommen  soll,  Simpl.  1,255  Kurz;  ihr  habt  mir  mein  herz 
gestohlen.  Happel  acad.  rom.  42;  soll  dich  denn  nun  bin- 
füro  dein  mann  verächtlich  halten,  und  sein  herz  von  andern 
aufgehalten  werden?  schaub.  engl,  und  franz.com.  1,234;  sie 
. .  konte  aber  kein  herze  zu  demselben  {kinde)  haben,  weil 
es  aus  so  schlechtem  geblüt  herstammte,  ehe  eines  t7ia/ines337; 
nach  eines  herzen  sein,  ad  volunlalem  alicujus  esse.  Frisch 
1,446*; 

mein  vater  hat  ein  andere  {frau)  erworben, 

die  mir  {der  loctuer)  nit  zö  herzen  geet.    bcrgrcien  122,3; 

zu  deiner  priesterschaft,  die  dich  im  herzen  trägt. 

Scriver  goldpruit.  624; 
näher  stand  dem  könig  keiner, 
doch  dem  volke  schlug  sein  herz. 

ScuBNKENüORr  auf  Sclmrn}iorsts  lad. 

an  eine  geliebte  person  verschenkt,  hängt  man  sein  herz:  da 
wurde  ich  eines  holdseeligen  cammerkätzgens  gewahr,  deren 
schenkte  ich  gleich  mein  herz.  Simpl.  3,150  Kurz;  wie  leicht 
wird  es  einem  groszen,  die  gemüther  zu  gewinnen !  wie  leicht 
eignet  er  sich  die  herzen  zu !  Göthe  19, 18 ; 

doch  unsre  herzen  macht  eucii  pdicht  und  neigung  eigen. 

WiKLAND  17,  »9  (Idris  2,  33) ; 
dir  ist  mein  ganzes  herz  geweiht, 
so  lang  ich  ödem  habe.    Höltt  32  Halm; 
mein  herz  ist  nicht  mehr  mein,  Adelma. 

ScuiLLBR  Turaudol  4,  10; 
dein  herz,  dein  liebenswürdig  selbst  verlier  ich. 
bald  wirst  du  in  den  jugendlichen  armen 
des  feurigen  gcmahJs  dich  glucklich  lülilon, 
und  ungetheilt  wird  er  dein  herz  besitzen.    M.  Stuart  2,9; 
hat  man  sein  herz  verschenkt, 
so  denkt  man  nichts,  wenn  man  nicht  an  den  liebsten  denkt. 

GÖTBB  7,  17. 

man  läszt  sein  herz  bei  jemandem,  was  aucli  in  bezug  auf  dinge 
gesagt  wird:  ich  aber  licsz  mein  herz  bei  den  knackwürsten. 
Sivhpl.  1,236  Kurz,  man  schlieszt  einen  ins  herz;  auc/i  hiei 
freier:  tagtäglich  sehen  wir,  dasz  ein  iheaterslück ,  ein 
roman ,  ohne  die  mindeste  rücksicht  auf  recensiouen ,  von 
lescrn  und  lescrinnen,  nach  individuell  eigenster  weise  auf- 
genommen ,  gelobt ,  gescholten ,  ans  herz  geschlossen,  oder 
vom  herzen  ausgeschlossen  werde,  je  nachdem  das  kunst- 
werk  mit  irgend  einer  Persönlichkeit  zufällig  zusammenlroffen 
mag,  GöTHK  38,  288.  —  Wen  man  nicht  mehr  lieben  soll  oder 
will,  den  rciszt  man  aus  dem  herzen :  und  ihr  musz  icii  die- 
sen Karl  aus  dem  herzen  reiszen,  wenn  auch  ihr  halbes 
leben  dran  hängen  bleiben  sollte.  Schiller  räuber  1,  I. 

/)  der  gekeble  ist  freund ,  geselle  des  hcrzcns ,  (iie  geliebte 
königin,  gehieterin  des  hcrzcns: 

er  ist  ineiiis  her/ou  gsolle 

und  stii  IT  wo  er  wolle, 

wi«  gern  ich  bei  im  weit  sein,    btrgrcien  12^,3; 

ja,  Amor  flüstert  mir  dast  ich  dich  linden  werde, 

du  nicinci  herioiis  königin!     Wiklanh  17,147  (/dri.<  3,27). 

Hl)  so  steht  herz  nicIU  nur  alt  sitz  des  gefuhls ,  sondern  für 
gefühl,  empfindung  selbst:  denn  wo  ewcr  schätz  ist,  da  i.il 
auch  ewcr  herz.  Mutth.  6,  21 ;  wer  weisz,  nli  nichl  auch  zu- 
weilen das,  was  man  in  der  spräche  der  neuern  franzitst 
sehen  feinen  weh  das  licrz  einer  daiiie  ncniil,  i<u:h  ein- 
mischen mochle  {brt  einem  liehesvtrhaUnisfe).  Wiki.and  20,52; 
sie  hing  heule  mit  zilrllicher  schwärinerri  an  Itabrilr,  . . 
weil  sie  selber  nichts  nur,  als  heiz.  J.  I'aul  TUan  2,229; 


1217  HERZ 

ihr  seid  verwundert,  sir,  dasi  ich  so  schnell 
das  herz  geändert  gegen  die  Maria. 

Schiller  Maria  Stuart  2,  8; 

durch  eine  treue  hand  gelingt  es  mir, 
ihr  mein  verändert  hert  zu  offenbaren,    das.; 
aus  ihnen  wählt  euch  eine  würdige 
gemahlin  aus!  ich  —  will  mein  herz  besiegen. 
Turandot  4,  10. 

es  bezeichnet  in  einigen  beispielen  die  ganze  einem  menschen  eigene 
arl  zu  fühlen  und  zu  empfinden:  die  geslalt  siebet  man  im 
Spiegel,  das  herz  siebet  man  im  wein.  Schottel  1124" ;  man 
traute  mir  aus  meinen  Schriften  kenntnis  des  menschlichen 
herzens,  wie  man  es  damals  nannte,  zu.  Göthe  48,37;  welch 
eine  himmlische  empfindung  ist  es,  seinem  herzen  zu  folgen  I 
20,99; 

er  Ist  gereist,  kommt  aus  Paris  und  Rheims, 
und  bringt  sein  treu  altenglisch  herz  zurück. 

Schiller  .Vi.  Stuart  1,  3. 

hterher  sein  herz  finden ,  die  individuelle  art  zu  fühlen  {nach 
einer  zeit  der  verirrung)  wieder  erlangen : 

tröstet  euch  I 
er  {Rudern)  hat  sein  herz  gefunden,  er  ist  unser.    Teil  4,  2. 

in   andern   beispielen  mänt  herz  interesse,   Iheilnahtne,   liebe  für 

etwas : 

fährten  den  krieg,  als  wars  nur  scherz, 
hatten  für  die  saciie  nur  ein  halbes  herz. 

Schiller  Wallenst.  lager,  C.  auftr.; 
sein  eignes  ich  vergessen 
in  aller  lust  und  schmerz: 
das  nennt  man,  wohlermessen, 
für  unser  volk  ein  herz,    ühland  ged.  96; 

in  andern  zutrauen,  vertrauen:  einen  bösen  wolf,  der  zuerst 
in  deine  stricke  fällt,  schlage  todt,  wo  nicht,  so  habe  ja 
kein  herz  zu  deinen  schafen  . .  von  einem  bösen  menschen 
kompt  nimmermehr  was  gutes,  pers.  baumg.  2,25; 

kein  herz  ich  zu  seim  leben  bah. 

J.  Atrer  349*  (1750,  15  Keller); 
man  hat  mich 
vor  ein  gericht  von  männern  vorgefordert, 
die  ich  als  meines  gleichen  nicht  erkennen, 
zu  denen  ich  kein  herz  mir  fassen  kann. 

Maria  Stuart  1,  2; 

in  noch  andern  aber  das  gefühl  der  freude:  ob  ers  (der  teüfel) 
mücht  zu  wegen  bringen,  das  wir  an  golt  verzweivelten,  .  . 
das  were  sein  herz  und  lust.  Lutheb  3,  394';  in  andern  end- 
lich in  prägnantem  sinne  edles,  gutes  gefühl: 

0  gott!  aus  diesen  zügen  spricht  kein  herz! 

Schiller  M.  Stuart  3,  4. 

n)  Verbindung  von  herz  und  muth,  herz  und  sinn,  herz 
und  aage:  ich  bin  so  müd  dasz  mir  mut  und  herz  empfallen 
ist,  dasz  ich  gar  nülzid  mer  mag,  longo  sudore  corda  faliscunl. 
Maaleb  220*;  was  die  äugen  nicht  sehen,  bekümmert  das 
herz  nicht.  Schottel  ll3l';  was  das  aug  siebet,  glaubet  das 
herz.  PiSTORius  thes.  par.  2, 40 ;  auf  die  {Jungfer)  richtete  mein 
untergebener  Andreolus  sein  herz,  sinn  und  gedanken.  Simpl. 
2,304  Kurz; 

Jesu  gib  uns  auch  bstendigkeit, 

muth,  herz  und  sinn,  das  wir  mit  frewd, 

dein  wort  bekennen  bis  in  tod. 

SiLHECCKR  psalmen  (15S7)  423; 

ich  will  mich  nur  mit  dem  vermählen, 

den  herz  und  äuge  wählen. 

KoTZEBrE  dram.  tp.  2,  305. 

o)  eine  formet  sich  in  das  herz  hinein  schämen,  tcill  die 
tiefe  des  zundcM  nur  äuszerlicb,  auf  den  tvangen,  sich  kund- 
gebenden Schamgefühls  zeichnen :  das  ein  schwermer  sich  ja 
soll  in  sein  herz  Schemen,  einen  buchstaben  des  Luthers  zu 
seinem  irrthum  zu  füren  oder  zu  brauchen.  Lütheb  6,108'; 
schämst  du  dich  nicht  ins  blutig  herz  hinein?  Felder  Sonder- 
linge 1, 116.  j 

5)  in  diesem  sinne '{no.  4)  uird  herz  dem  köpf,  geist,  ver-  j 
stand  gegenüber  gestellt:  da  bei  ihr  das  herz  dem  verstände 
die  Vorschrift  gibt.  Kart  3,U0;  dahin  treiben  ihn  Vernunft, 
herz  und  gewissen.  6,  323 ;  die  geheimen  gebrechen  des 
kopfes  wie  des  herzens.  lo,  7;  ich  schrieb  ohne  alle  anderen 
bücher,  aus  eigenem  köpfe  und  herzen.  BCbcer  318';  kein 
kühner  sprung,  so  wenig  der  bilder,  als  empfindungen ! 
nirgends  etwas  aufrührendes,  so  wenig  für  den  köpf,  als 
fürs  herz!  321* ;  es  ist  doch  eine  freude  zu  sehen,  dasz  es 
noch  menschen  gibt,  denen  köpf  und  herz  auf  der  rechten 
stelle  sitzen.  6«  AUhof  92,  vgl.  veiteres  unter  köpf  th.  6,1765; 
fand  bei  diesen  würdigen  personen  eine  angenehme  unter- 
b:\ltung  für  geist  und  herz.  Güthe  19,292; 
IV.  11. 


HERZ 


1218 


da  müssen  herz  und  köpf  sich  lange  zanken.' 
ob  menschenhasz,  ob  schwermuih  siegen  soll, 
oft  siegt  auch  keines;  und  die  phantasie, 
die  in  den  streit  sich  mengt,  macht  Schwärmer, 
bei  welchen  bald  der  köpf  das  herz,  und  bald 
das  herz  den  köpf  musz  spielen,    schlimmer  tausch! 
Lessinc  2,  196; 

dein  iirtheil  kann  sich  irren,  nicht  mein  herz. 

Schiller  Piccolomini  5,  1. 

6)  aber  das  herz  ist  auch  sitz  des  mutes,  der  entschlosseitheil, 
der  thatkraft: 

was  für  Phantome 
sind  das,  die  deines  herzens  edeln  muth 
so  ganz  entnerven!      Schiller  Macbeth  2,4; 

und  der  tapfere  hat  das  herz  auf  dem  rechten  flecke,  was  man 
sonst  anch  von  dem  tcarm  empfindenden  sagt  {oben  5  und  thäl 
3,1742),  wie  der  feige  ein  mattes  herz  zeigt: 

denn  sein  herz  war  zu  kriegen  matt,    mückenkr.  1,  222. 
der  ausdruck  stellt  daher  für  mut,  enlschlossenhät,  Zuversicht  selbst . 

dasz  nichts  kan  deiner  dapfern  band 

und  stärkerm  herzen  widerstreben.    Weckheilik  364. 

getpühnlich  in  festen  formein: 

a)  ein  herz  haben ;  kein  herz  haben ;  das  herz  nicht  haben 
(Happel  aead.  rom.  30.  78):  kan  so  vil  herzens  nicht  haben 
zn  volbringen  ein  sollich  übel.  Fbaxk  wellb.  190" ;  er  hatte 
nur  nicht  das  herz.  Lenz  l,  219 ;  er  hatte  kaum  das  herz 
mich  anzusehen.  Göthe  8,70;  er  that  feindlich  böse,  wie 
einer  der  kein  herz  hat  und  's  nit  will  merken  lassen,  das.; 
und  wenn  er  mit  dieser  art  noch  nicht  bekannt  genug  sei, 
oder  noch  nicht  herz  genug  dazu  habe,  so  solle  er  ihm  die 
arbeit  überlassen,  und  er  wolle  bald  fertig  sein.  19,158;  da 
ich  mich  einmal  meiner  frömmigkeit  nicht  schämte,  so  hatte 
ich  herz,  meine  liebe  zu  künsten  und  Wissenschaften  nicht 
zu  verbergen.  303;  Wilhelm  hatte  diese  nacht  das  herz  nicht, 
die  brieftasche  zu  öffnen.  20,102; 

die  feinde  schon  kein  herz  mehr  ban. 

HoFFWANj«  gesellschaftslieder  144; 
denkt  euren  streichen  nach,  dann  habt  das  herz  und  klagt. 

GöTHB  7,  38. 

b)  ein  gutes  herz  haben ,  wie  sonst  guten  mut,  gute  Zuver- 
sicht haben:  habt  ein  gut  herz,  antwort  der  Junker,  denn  es 
soll  euch  widerfaren  was  ir  begert.  Amadis  b9;  habt  nur  ein 
gut  herz.  389;  aber  in  die  harr  mocht  weder  desz  ausz- 
iSndischen  ritters  Sterke  noch  gut  herz  ihm  viel  nutzen.  407; 
bruder!  wann  dir  damit  geholfen  wird,  so  habe  ein  gut  herz, 
dann  ich  will  dir  hundert  ducaten  geben.  Simpl.  l,  200  Kurz; 
habt  ein  gut  herze,  mein  freund.  Schock  stud.  leben  13; 

glaub  du  mir,  und  hah  ein  gut  herz: 
du  aolt  auch  disz  jähr,  mir  zu  ehren, 
ein  gute  feiste  gansz  verzehren,    ganszkönig  HV. 

c)  ein  herz  fangen,  fassen,  nehmen  (rerg/.  r/j.  3, 1314. 1346) : 
gnedige  frauw,  es  ist  von  nöten ,  dasz  e.  g.  jetzunder  das 
herz,  so  die  dann  jeraal  gehabt,  als  sie  diese  handlung  be- 
gangen, widerumb  fassen,  und  sich  trösten.  Amadis  iU;  bei 
gott,  ritter,  zu  unglückseliger  stund  habt  ir  je  soviel  herz 
gefasset.  429;  da  Frideiich  die  red  vernam,  wieder  ein  herz 
empfieng.  Galmy  302;  mit  vermahnung  zu  dem  bruder  dasz 
er  ein  herz  fasset.  Kibchhof  wendunm.  403*;  noch  habe  er 
sich  ein  herz  gefast.  polit.  stockf.  J83;  ehe  er  aber  seinen 
tanz  antrat,  faste  er  sich  das  herz  und  gieng  mit  verlaubnis 
der  Jungfer  hin.  245;  hiermit  konte  man  nun  schon  ein  herz 
fassen.  Felsenb.  1,66;  die  wirthin  faszte  sich  ein  herz.  Riebl 
eulturgesch.  nov.  349; 

erst  fing  man  herz      zu  solchem  scherz 

do  man  thet  hilf  erkennen.     Soltau  volksl.  183  (von  1503); 

die  schlembien,  waren  guter  ding, 

danron  der  reutr  ein  herz  empflng.     H.  Sachs  4,  3,  85*; 

davon  (von  dem  ton  der  trompete)  das  kriegsvolk  solch  ein  herz 

empfing,  dasz  im  gleich  war  ein  scherz 

seiner  feind  wüten  auszzustehen, 

und  in  den  bittern  tod  zu  gehen,    mückenkr.  1,983; 

schau  an  die  lieben  fcnaben, 
die  durch  dich  neue  stärk  und  trost  geschöpfet  haben, 
itzt  fassen  sie  ein  herz.        A.  Griphiüs  1698   1,517; 
als  nun  Reineke  sah,  wie  schnell  sich  des  königs  ged.nnken 
wendeten,  faszt  er  sein  herz  und  sagte  . .  .    Göthe  40,83; 

wie  viel  muth,  wie  viel  herz  werde  ich  mir  für  ihn  trinken.' 
Lessisg  12, 133. 

d)  hierfür  wird  aucli ,  mit  einem  eindringlichem  bilde .  gesagt 
das  herz  in  beide  bände  nehmen:  der  man  name  einmal 
das  hera  in  beide  bände.  Frey  garteng  75';  fasset  widerumb 

77 


1219 


HERZ 


HERZ 


1220 


das  herz  zu  beiden  henden.  Wicrrasi  roUw.  16, 14  Kurz .  end- 
lichen in  einer  so  sehr  verzweifelten  sach  muste  er  wol 
das  herz  in  beide  band  nenien,  fieng  derowegen  an  . .  Hürl 
V.  WÄTTERSTOHrK  Bacchusia  7 ;  wir  beschlossen  alsff  das  herz 
in  die  band  zu  nehmen.  Pierol  2,274;  nahm  er  das  herz  in 
beide  bände.  3,  4IS; 

und  nehm  ichs  herz  in  die  bände 

und  geh  hinauf  ins  haus.    Ubi.and  ijed.  32. 

f)  einem  ein  herz  machen,  geben,  einreden:  ir  redent  mir 
ein  herz  ein.  Aimon  bog.  1 ;  wie  der  mönch  seinen  gefährlen 
ein  herz  macht.  Garg.  250';  mein  raeinung  ist  nit,  das  ich 
euch  mit  werten  ein  herz  einslecken  wöll ,  ich  weisz  wol 
das  worl  einen  verzagten  nil  keck  machen.  Livius,  Schoß'criin 
112';  wie  man  den  erschrocknen  ein  herz  einjagen  und  ma- 
chen möge.  Fromsp.  kriegsb.  3,  20l';  und  schupfet  ihnen  da- 
mit ein  solches  herz.  Tacibs,  das.  3,  240' ;  ich  solte  . .  dich 
billich  jelzunder  trösten  und  ein  herz  zusprechen.  H.  J. 
V.  Braonschweig  Sus.  4,4  (s.  126);  machten  i.  f.  gnaden  ihr 
ein  herz,  sie  wollten  unterwegens  gcld  auftreiben.  Schwei- 
MCHEN  1,149;  wenn  ich  denn  jung  und  blöde  war,  machte 
ich  mir  ein  herz,  brachte  mein  gewerbe  vor.  IfiO ;  redete  er 
ihnen  ein  herz  ein,  und  sprach:  fürchtet  euch  nicht,  pcis. 
yoseiilh.  3, 27 ;  aber  der  anblick  eines  bösewichts  gab  mir 
herz.  Schiller  709;  Marlin.  nicht  wahr  das  ist  ein  mann! 
AWeil.  er  kann  einem  recht  herz  machen.  Göthe  15,58; 

nu  hab  ich  mich  dein  am  paszteii  getrost, 

wann  du  bist  wol  der  aller  gröst 

und  solst  auch  disen  allen  stoszen  ain  herz  ein: 

so  «iitu  zum  ersten  der  zaghaft  sein?    fasln,  sp.  637,5; 

bei  Fleming  auch: 

wein  will  von  nöten  sein, 
der  gibt  dem  berxen  herz  und  stärket  mark  und  bein. 
148,  16  Lapjienb. 

f)  einem  das  herz  nehmen:  das  ir  häuf  dester  grüszer  und 
erschrücklicher  erschein  und  sy  dem  feind  das  herz  nemen. 
Frank  wellb.  90* ;  die  furcht  in  spanische  bände  zu  fallen 
benahm  uns  das  herz.  Pierot  2,  235. 

g)  das  herz  vergehl,  entfällt:  dardurch  möcht  ihm  auch 
das  herz  entpfallen.  Fronsp.  kriegsb.  3,  180";  da  vergieng 
Solanden  das  herze  ordentliche  ansuchung  um  sie  zu  thun. 
polU.  stockf.  258. 

")  seltener  Kird  herz  als  silz  des  Verstandes ,  der  gedanken, 
der  Überlegung,  memung,  gesinnung  genommen,  und  doppelsinnig, 
mit  bezug  auf  die  rastlose  bcwegung  des  herzens,  wie  auf  die 
siele  gedankenarbeit  des  menschen  heiszl  es: 

weist,  ein  alt  Sprichwort  gicht, 
des  menschen  herz  das  feiret  nicht.     11.  Sachs  t,331'. 

denn  aus  dem  herzen  kommen  arge  gedanken.  Mallh.  15, 19 ; 
da  antwortet  Hiob  und  sprach,  ja  ir  seid  die  leule,  mit  euch 
wird  die  Weisheit  sterben,  ich  hab  so  wol  ein  herz  als  ir, 
und  bin  nicht  geringer  als  ir,  und  wer  ist,  der  solchs  nicht 
wisse?  Hiob  12,  3; 

sin  herz  in  wiien  umbe  truoc, 

wie  ej  sich  nu  enden  wolde.    siben  sldf.  697; 

da  taugt  (dduclite)  mich  mein  herz  im  leih  sagt  mirs ,  und 
dasz  es  mir  gott  in  sinn  gab.  Götz  v.  B.  54 ;  du  redest  aus 
meinem  herzen  heraus,  tu  animum  meum  gestas.  Serz  6S'; 

bet  er  {der  eher)  gehabt  ein  herz  im  leibe, 
denn  hett  er  gedacht:  vorwar  ich  bleibe 
ausz  dem  habern :  kriegt  mich  der  bawr, 
er  macht  mir  zwar  den  habcrn  sawr. 

ü.  Waldis  Esop  2,  12,33; 
bätt  so  viel  baut  ums  herze  ring, 
datz  er  nicht  spürt  mit  wem  er  ging.    Göthb  .')6,  29. 

In  formein:  darumb  müssen  wir  nicht  ansehen,  wie  ungerne 
wir  sterben ,  sondern  dagegen  die  frewd  und  lust  ins  herz 
bilden,  so  hernach  folgen  wird  in  jenem  leben.  Luther 
6,234*;  wolle  got  dasz  alle  andere  ..  dieses  zu  herzen  fas- 
fcn  (überlegen),  Kibcbhof  wcndunm.  393';  etwas  ins  herze 
nehmen,  planen:  du  beschuldigest  mich  dessen,  das  ich  nie 
gesehen,  auch  nie  in  mein  herze  genommen,  viel  weniger 
volienbracbt  habe.  H.  i.  v.  Bkaunschw.  io7;  dieser  ubcitbal 
halber,  so  ich  nie  in  mein  herz  genommen,  viel  weniger 
zu  werke  gerichtet.  132,  vcrgl.  139.  117;  wann  der  prediger 
auf  der  canzel  etwas  denkwürdiges  sagt ,  so  seufze  und 
denke  in  deinem  herzen,  herr  ziikoni  dein  reich.  Scruppius 
194;  jeder,  der  wider  mein  iiiiternebinen  noch  etwas  auf 
herzrn  und  gewissen  haben  mfichtc.  BnRCER  Ihl';  etwas  ins 
herz  findrürken,  einpiagcn,  schreiben,  wo  die  hierher  fallende 

bedruiuiiQ     lueh    aurh     un    nlirn    t.  f  li.fi     1714)    riiliit-     lr\    hniiirlil 


nicht  ins  protokoll  genommen  zu  werden)  wenn  nur  meine  mit- 
bürger  es  in  ihre  herzen  schreiben.  Kotzebük  dram.  sp. 
2,333; 

wir,  wir  haben  von  seinem  glänz  und  Schimmer 
nichts  als  die  müh  und  als  die  schmerzen, 
und  wofür  wir  uns  hallen  in  unserm  herzen. 

Schiller  Wallenst.  Ingcr,  11.  auftr. 

herz  als  sitz  des  glaubens:  ich  aber,  der  ichs  ..  predige  und 
bekenne,  kans  noch  nicht  so  rein  ins  herz  bringen  als  ich 
wol  soll  und  gerne  wolt.  denn  ob  ichs  wol  gleube,  so 
fallen  doch  imer  mit  zu  die  siiszen  gedanken,  die  mich 
kutzeln  im  herzen  . .  Luther  6,  68*. 

8)  daher  herz  für  besinnung,  bewustscin,  Überlegung  selbst: 
halt  an  dich,  nit  Schlags  kind  bisz  dir  der  zorn  vergat,  denn 
straf  mit  ainem  haiteren  herzen  nach  Vernunft.  Keisersberg 
siben  schaiden  h  6',  mit  klarer  besinnung; 

ir  [Mariae)  herz  von  vröuden  wider  kam. 

MonE  scbaiisp.  d.  m.  2,  243; 

aber  auch  für  meinung,  ansieht:  und  kan  doch  ja  nicht  solch 
heimlich  beschlafen  aufs  verlübnis  für  eine  hurerei  gerechnet 
werden ,  denn  es  geschieht  ja  in  dem  namen  und  meinung 
der  ehe,  welchs  herz  und  meinung  oder  namen  die  hurerei 
nicht  hat.  Luther  5,247';  mein  herz  ist  je,  dasz  man  soll 
die  zwei  regiment,  geistlich  und  weltlich  ..  nicht  mengen. 
br.  5,25;  ich  erinnere  dich  deszjenigen,  so  du  unterbanden 
hast  {mit  deinem  bruder  einen  Zweikampf  zu  vollziehen) ,  mit 
bedachtem  mut  zu  thun,  dann  du  hast  nit  einen  feind,  der 
gleich  zu  erwürgen  ist,  sonder  einen  bruder,  ob  er  wol  dein 
feindt  ist.  Thiamus  sagt,  du  hast  mir  mein  herz  getroffen, 
ich  hab  mir  fürgenommen ,  ich  wolle  ihn  überwinden,  aber 
nicht  tödten.  b.  d.  liebe  208*; 

bedenket  euren  stand?  was  sol  der  könig  sagen? 
was  sol  Castilien  hierob  für  herze  tragen? 

Greflincer  Cid  Av»; 
Veneriila  hasset  scherz, 
was  sie  meint,  das  ist  ihr  herz.    Locau  1,  23,  77. 

9)  eine  personificalion  des  herzens  tritt  ungemein  häufig,  in 
mehr  oder  minder  scharfer  wnse  auf.  aus  den  so  zahlreichen 
und  manigfalligen  beispielen  möchten  etwa  folgende  besonders  her- 
vorzuheben sein. 

a)  das  herz  wird  durch  ein  adjectiv  näher  beslimml,  das 
eigentlich  nur  dem  menschen,  als  dem  be.^üzei'  des  herzens,  in 
bezug  auf  sein  inneres  leben  zukommt,  man  redet  von  einem 
liebenden,  hassenden,  verabscheuenden,  treuen,  edeln,  milden, 
hohen,  wilden,  fürchtenden  u.  älml.  herzen:  traurig  herz, 
cor  triste,  zerknirschet  und  zerschlagen  herz,  cor  conlrilum. 
Stieler  830;  bittet  nur  gott  für  mich,  das  er  mir  ein  stand- 
haftiges  herze  verleihen  wolle.  H.  J.  v.  Braunschweig  126; 

ach  wie  selten  kan  erreichen 

ein  treu  herze  seines  gleichen.    Fleming  430; 

0  liebe,  liebe  Adelheit, 

so  rief  er  sonder  ende, 

der  ich  mein  treues  herz  geweiht.     IIöltt  29  Halmj 

so  müsse  tag  und  nacht  der  schmerz 

dir  frcude  sein,  und  lust  und  scherz 

dein  schönes  herz  bewohnen. 

Lenz  an  Hinnti,  in  Voss  musenalm.  1778  s.  46< 
ich  fühl  mein  zärtlich  herz  von  wonne  hoch  entzückt. 

Göthe  7,  23; 
ihr  verlaszt  mich  abermals, 
und  ohne  mein  geängstigt  fürchtend  herz 
der  quäl  der  ungewiszheit  zu  entladen? 

Schiller  Marin  Stuart  1,  2; 

ein  liebend  herz  ist  all  mein  gut.  Ublano  ged.  24; 
doch  drunter  (unter  dem  panter)  schlägt  ein  mildes  hers, 
das  lieb  um  liebe  tauscht.  205. 

b)  verba  werden  auf  das  herz  bezogen ,  die  das  gefiVilslebeu 
und  thun  des  menschen  malen:  mein  heil  lichtet  ein  feines 
lied.  ;)s.  45,2;  mein  herz  engstet  sich  in  meinem  leibe.  55,5; 
so  uns  unser  herz  verdanipt.  1  M.  3f20;  das  herz  leugt 
nicht.  SciKiTTEL  1114*;  darin  sie  alles  haben,  was  ihr  herze 
begehret.  Schuppius  049;  die  alte  berief  sich  auf  ihre  mütter- 
lichen rechte,  die  ich  nicht  läugnen  konnte,  so  wenig  auch 
mein  herz  sie  bestätigte.  Wikland  12,88;  in  gcduld  abzu- 
warten ,  wozu  sich  mein  eigensinniges  herz  mit  zeit  und 
weile  entschlieszen  wird.  91;  ihr  herz  kochte  rarhe.  30,53; 
dein  herz  spricht  mehr  für  ihn  als  du  es  glaubst.  Göthr 
10,84;  ich  habe  eine  liekanniscbafi  gemacht,  die  mein  her; 
nüher  angeht.  15,24;  der  garten  ist  oiiifarh,  und  man  fübll 
gleich  l)ei  dem  ciniriltc,  dasz  ni(  ht  ein  wissenschafilichrr 
gilrlncr,  sdiidcrn  ein  füblendcH  herz  den  plan  ge/cichnel,  das 
sriiirr  M-ll'-il    liier  ^eiiics/pii   «dille.  lU,  7 ;   die  zeit.   Ha  mein 


1221 


HERZ 


HERZ 


1222 


herz  so  allein  war.  lebte  wieder  vor  mir  auf.  49;  herz  was 
verlangst  du?  das  ist  ein  Sprichwort ;  und  wenn  es  sagt  was 
es  will,  so  gehts  wie  in  einem  schleclilen  wirthshaus,  da 
liaben  sie  alles,  nur  keine  frische  eier,  die  man  grad  haben 
will.  Dettine  triefe  1,41; 

mein  herze  seuTzt  und  senet 

verhaTt  mit  liebesbrunst.     Uhla^d  tolksl.  IIS; 

mein  herz  in  groszem  trauren  stet.    135; 

die  schnacken  saufen  menschenblut, 

darnach  ir  herz  stets  diirsten  thut.    mückenkr.  1,862; 
bei  aller  seiner  treu 
gestand  sein  herz  sich  doch,  wie  liebenswerth  sie  sei. 

WiELASD  17,  120  (Idris  2,  91); 
ihr  grotten  wisits,  in  deren  stillen  schoosz 
mein  junges  herz  die  ersten  thränen  gosz.    s.  48  (1,  68) ; 
wenn  unser  herz  erwacht  (zur  liebe).    139  (3,  II); 
das  allerbeste  herz  vergiszt  bei  munterm  spiele  .  .  . 
was  ihm  die  klugheit  räth,  und  ihm  die  pdicht  gebeut. 

GöTHK  7,  21  ; 
mein  herz  weint  blut,  da  ich  hier  abschied  nehme. 
»-  TrecK  Oclarian  s.  US; 

nun,  armes  herze,  sei  nicht  bang ! 

nun  musz  sich  alles,  alles  wenden.    Ublaüd  ged.  35; 

was  zagst  du,  herz,  in  solchen  tagen, 

wo  selbst  die  dorne  rosen  tragen?    37. 

Wenn  das  herz  sich  freut,  trauert,  wünscht,  spricht,  so  er- 
scheinen nun  auch  entsprechende  Substantive  fügungen :  in  der 
freude    meines    herzens    den    verfall  . .  zu  erzählen.    Güthe 

16,  50 ; 

ring,  traust  du  dir  ihr  herz  in  gunst  mir  zuzulenken, 
ring,  an  dem  sie  die  schrift  der  quäl  des  herzens  liest? 

Flmi>g  503  Lappenb. ; 
so  stahlen  meines  herzens  sorgen 
bei  tag  mir  alle  zeit,  bei  nacht  mir  alle  ruh. 

WiEiAHD  17,  143  (Idris  3,  19); 
sangen 
ihres  herzens  regung.    Höltt  50  Halm; 

wir  hangen  noch  steif  an  der  alten 
kernmusik,  und  glauben,  musik  sei  spräche  des  herzens. 

Voss  1,  206  (iMise  3,  809); 
um  euch  das  süsze  junge  kind 
nach  herzens  wünsch  und  will  zu  wenden.    Götbe  12,  141. 

>irichwörllich  {schon  an  unten  10  rührend) : 

ein  Terzagt  herz  bult  kein  schön  frawen. 

H.  Sachs  4.  3,  5'; 
ein  feiges  herz  freit  keine  schöne  frau. 

Wieland  10,  195,  und  ebenso  17,224 
(Idris  4,  25). 

Passive  Wendungen :  meine  gunstbezeugungen  gehen  mit  mei- 
nem herzen,  und  diesz  ist  nicht  so  leicht  zu  gewinnen,  als 
^ie  denken.  Wiela.nd  12,91; 

nun  will  ich  der  erwarten, 
die  mir  mein  herz  erfreut.    Uhland  volksl.  US; 
sogar  der  stolz,  selbst  unbesiegt 
die  herzen  im  triumf  zu  führen, 
war  ihrem  gröszern  stolz  zu  klein,     Wielasd  10,  141; 
arme  schönen!  wo  sind  nun  die  grübchen, 
wo  die  scherze  saszen 
und  die  herzen  raubten?    IIöLTr  53  Halm; 
ausgeartetes  kind  einer  unsterblichen 
mutter!  hast  du  doch  mehr  herzen  erobert,  als 
die  weit  edleres  gangs,  edleres  ansehns  ist, 
deine  schwester  Iberica  !         Ramler  1,67. 

c)  das  herz  wird,  wie  ein  menschlicher  körper,  mit  gliedern, 
auch  wieder  mit  einem  herzen  versehen  gedacht:  darumb  beuge 
ich  nu  die  knie  meines  herzen,  und  bitte  dich  herr  umb 
gnade,  gebet  Manasse  11 ;  im  herzen  seines  herzens  würde  er 
ihn  getragen  haben,  wie  Hamlet  seinen  Horatio.  Schiller  764; 

endlich  von  ihr  ablassen 

bricht  herz  und  bein 

dem  herzen  mein.    Hoffian!«  gesellschaflslieder  84; 

niemand  ahnet,  dasz  von  schmerzen 

herz  im  herzen 

grimmig  mir  zerrissen  ist.     Göthk  I,  102; 

am  Sternenhimmel  suchten  meine  äugen, 

im  weiten  weltenraum  den  feind,  den  ich 

im  herzen  meines  herzens  eingeschlossen. 

ScHiLLEi  Wallensl.  tod  3,  18. 

10)  menschen  selbst  werden  herzen  genannt,  namentltch  wenn 
die  seile  ihres  gefühls  hervorgehoben   wird. 

a)  in  der  Schilderung :  denn  recht  mus  doch  recht  bleiben, 
und  dem  werden  alle  fiome  herzen  zufallen,  ps.  94,15;  dasz 
>ich  oftmals  ein  unschuldiges  herz  darüber  zu  todt  grämet. 
J.  B.  ScHCPPius  203;  dasz  sie  sich  nicht  allein  für  gott  und 
allen  frommen  herzen,  sondern  auch  für  sich  seihst  schämen 


selten.  614;  gewonheit  der  verliebten  herzen.  Happel  acad. 
rom.  33;  ein  junges  hea,  hängt  ganz  an  einem  mädcheo, 
bringt  alle  stunden  seines  tages  bei  ihr  zu.  Götbe  16,18; 

herr  Müller  gieng  im  scherze 
ein  wetten  mit  mir  ein, 
sein  trost  und  liebstes  herze 
brächt  ihm  ein  töchterlein.    Opitz  2,  48; 
und  ich,  ich  soll  dir  glauben, 
dasz  du  kein  hartes  herz,  kein  falsches  mädchen  bist? 

7,  55; 
nein,  sie  (Lenore)  war 
und  bleibt  ein  listig  herz;  sie  wendet  sich 
mit  leisen  klugen  tritten  nach  der  gunst.    9,  206. 

freunde  sind  ein  herz  und  eine  seele:  die  menge  aber  der 
gleubigen  war  ein  herz  und  eine  seele  (»}*'  t;  xaoSia  y.ai 
Tj  t/wxr,  Uta),  ap.  gesch.  4,32;  zwo  Schwestern,  durch  Sym- 
pathie mehr  als  durch  die  geburt  verschwistert ,  ein  herz 
und  eine  seele,  wie  man  spricht.  McsÄcs  kinderkl.  69;  dafür: 
sie  lebten  in  ihrer  ehe  fröhlich  und  friedlich ,  also  zwar, 
dasz  in  zwei  leibern  nur  ein  herz  wäre.  Neiner  ländlmarkt 
158.     der  liebhaber  namentlich  nennt  die  geliebte  sein  herz : 

dieses  alles,  alles  das 

tu  ich  hier  ohn  unterlasz 

auf  gesundheit  meines  herzen.    Fl8iiin6  497  Loftitenb. 

ebenso  der  freund  den  freund:  er  ist  mein  herz,  intimus  meus 
est,  amieissimus  mihi  est.  Siieler  830. 

b)    in    der    anrede,    vornehmlich,    an  das  zu  vorletzt  gegebene 
beispiel  anschlieszend,    von  seilen  des  liebhabers,  freundes,  an  die 
geliebte,  frettndin :  bestes  herz,  versetzte  ich,  lasz  uns  bleiben 
und  sein,  wie  wir  gewesen  sind,  Göthe  23,  S5;  auch  gestern 
wieder,  liebes  herz,  hat  sich  aus  deinem  fullhorn  eine  reich 
liehe  gäbe  zu  uns  ergossen,  in  Bettinens  briefen  1,214; 
du  enget!  bestes  herz!    werke  7,  54; 
lasz,  herze,  lasz  dein  kläglich  thun, 
wir  sehn  einander  wieder.     FLEai>G  376  Lappenb. 

auch  in  der  anrede  an  einen  freund,  ergebenen  diener:  du  muszt 
mich  recht  verlachen,  gutes  altes  herz  (sagt  Berthold  zu  dem 
alten  Fingerling).  Ar.mm  kronenw.  1, 181 ; 

bewährter  diener!  redlich  herz!  tritt  näher! 

Schiller  490  (br.  eon  Messina). 

in  der  anrede  an  die  gemeinde:  andächtige  und  gottergebene 
heizen!  Schüppics  (1701)  206;  selbst  schellend: 

hat  meine  edelmüthig  treue  liebe 

solches  um  dich  verdient,  tyrannisch  herz! 

Schiller  Turandot  4,  10. 

II.  herz,  auf  andere  dinge  übertragen. 

1)  das  innerste,  der  mütelpunkt  von  etwas:  Tyrus,  ligende  im 
herzen  des  mores  auf  eim  groszen  felsen.  Frank  ire///».  165*; 
die  Deutschen  der  nordgränze  begannen  den  furchtbaren  zug 
gegen  die  Römer,  ihr  beer  wuchs  in  dem  herzen  Deutsch- 
lands. Klopstock  12,236;  auf  der  hohlseligen  insel  im  her- 
zen des  paradieses.  Fr.  Müller  l.  lü;  mit  recht  stellt  in  der 
Jungfer  Europa  Deutschland  das  herz  vor.  J.  P\cl  Titan  (1800) 
4,307;  im  herzen  von  Schwaben.  Göthe  8,134;  um  zu  er- 
fahren ,  wie  es  in  dem  herzen  des  gartens  beschaffen  sei. 
24,85; 

mit  einem  leichten  wörtleio,  ehe  blut 
geflossen  ist,  denkst  du,  die  beste  Stadt 
aus  Frankreichs  herzen  weg  zu  geben? 

Schiller /Hniz/yau  1,5; 
ihr  seid  rein,  wie  das  herz  der  wasser, 
ihr  seid  rein,  wie  das  mark  der  erde.    Götbe  2,  71. 

2)  namentlich  auch  die  besten,  der  kern  eines  voUces: 

ist  auch  die  zahl  nicht  voll,  das  herz  ist  hier 
des  ganzen  volks,  die  besten  sind  zugegen. 

Schiller  Teil  2,  2. 

3)  bei  pflanzen  das  mark,  die  innerste  blasige  Substanz  in  den 
Stämmen  und  Stengeln  eines  gewächses.  Nevnich  3,530;  bei  Me- 
GENBERG  der  butzen  am  apfel  des  cedernbaums:  daj  dritt,  da; 
inwendig  ist  sam  des  apfels  herz,  da;  küelt.  318,11;  dann 
auch  die  innersten,  zarten  blätter  einer  pflanze,  oder  einer  blute: 
brich  du  einer  pflanze  das  herz  aus.  Götbe  10, 95,  vergl. 
herzhlatt; 

mein  (der  wilden  rote)  ben  ist  holdes  gold ,   das  erstlich  ligt 

bedeckt, 
bald  in  dem  grünen  kelcli  enthalten  und  versteckt. 

Harsdörfer  Nathan  u.  Jolham  (1659)  1,  Bb2>. 

in  einem  bilde:  durch  Gretchens  entfernung  war  der  knaben- 
und  jüngliogspilanze  das  herz  ausgebrochen;  sie  brauchte 
zeit,  um  an  den  .«eilen  wieder  auszuschlagen.  Göthe  25,39; 

77* 


1223 


HERZ  — HERZADER 


HERZÄHLEN  —  HERZREDARF 


1224 


sagen  .«ie 
ilim,  dasz  er  für  die  träume  «oincr  Jugend 
soll  achtung  tragen,  nenn  «r  mann  sein  nird, 
nicht  öirnen  soll  dem  lödieiiden  insekte 
gerühmter  besserer  vernunit  .Ins  herz 
der  larten  göiterhlume.     Scnit.i.ER  ilon  Carlmt  4,  21. 

an  bäumen  ist  lierz  das  innere  feste  holz,  im  geijcm^atz  des 
äuszeren,  tceiclien  hohes,  das  man  spind  nennt.  Weigand  wörlerb. 
dir  deutschen  syn.  2,  80.     reigl.  unten  herzig  4. 

4)  herz,  das  innere  der  schnalle:  bewahre  sie  {die  schnalle); 
es  ist  ein  geheimer  angcihncken  in  der  vorbognen  spitze  des 
herzens.  Arnim  2,  272; 

w.Ts  für  ein  hcr.z  tliui  keinen  schlag? 

und  was  für  ein  tag  hat  keine  nacht? 

das  herz  iu  der  schnalle  thut  keinen  schlag, 

der  nllerjüngste  tag  hat  keine  nacht,     wnnderliorn  1,  430. 

5)  herz,  im  kartenspiel :  herz  in  dem  kaifenspiei ,  folium 
cordis.  Frisculin  nom.  476; 

ich  hab  vor  das  esz,  sau  ujid  dausz 
der  schellen,  klee,  herz  gworlen  ausz. 

FiscHART  dicitlungen  1,  253  Kurz 
{Jrsuilerliiill.  452) ; 

eichel,  schellen,  grün  und  herz 
bringen  dir  bald  Treud,  bald  schmerz. 

Simpl.  4,  321  Kurz. 

C)  herz  für  herzförmige  gegenstände:  herz  von  gold  wird  als 
schmuck  getragen ;  der  bdcker  bäckt  hutter-,  zuckerherzen,  vgl. 
herzchen. 

7)  herz,  eine  gatlung  hersförmigei- musdieln ;  die  gesellschaft 
der  herzen  hciszl  conus  nicobaricus,  eine  krontiUe.  Nemnich  2, 1191. 

8)  herz,  mehrfach  in  der  technischen  spräche;  beim  Uhrmacher 
das  sddaywerk  einer  uhr ;  in  der  schifffahrt  das  mittlere  eines 
dicken  laues,  das  aus  einer  gewissen  anzahl  fäden  besteht  ttnd 
über  Kelches  die  übrigen  leinen  geschlagen  werden;  im  mülüenbau 
an  der  welle  der  verlängerte  und  kegelförmig  zugehende  zapfen, 
der  auszer  der  fläche  des  blauels  ist;  bei  den  bleiarbeilern  gegos- 
sene apparalc  von  herzform,  um  daran  kirchenlampen  oder  aucn 
Vogelbauer  aufzuhängen.  Jacobsson  2,  255'.  6,  7l'.  herz  heiszl 
auch  der  miltelpunkl  auf  den  breilfldchen  eines  mülUslcins,  vergl. 
unten  herzhoch,  herzholil. 

9)  herz,  in  der  heraldik,  der  mittlere  Iheil  des  Schildes. 

10)  herz,  in  bildern,  die  sich  eng  an  die  bedeulung  I  lehnen . 
die  canzelei  ist  des  fiirslen  herz.  Henisch  5S4;  meine  zu 
«eiche  sede,  die  schon  unter  drei  frohen  minuten  einsinkt, 
die  jeden  menschen  licht  und  sich  mit  kinderarmen  ans  herz 
der  ganzen  schiipfimg  hängt.  J.  Paul  Hcsp.  2,111;  ha!  wer 
mir  ilzt  ein  schwerl  in  die  hand  güb,  dieser  otferbrul  eine 
brennende  wunde  zu  versetzen !  wer  mir  sagte,  wo  ich  das 
herz  ihres  lebens  erzielen,  zermalmen,  zernichten  ...  Scriiu.ER 
rijuber  1,  2 ; 

gleichwie  wan  der  winter  endet, 

Apollons  fruchtbares  gesiebt 

der  erden  hartes  herz  zerbricht.    VVeckherlü«  350. 

HERZ,  adj.  in  der  bedeutung  traut,  lieb,  wert,  fehlt  noch  im 
mhd.  (ein  dort  erscheinendes  herze  in  barm-herze,  geherze  darf 
nicht  verglichen  werden);  es  .«c/in'nt  sich  erst  seit  dem  16.  jalirh,, 
entweder  nach  composilen  wie  herzgeliebter,  herzgescile  u.  öhnl. 
oder  aus  knrzung  von  herzt,  herzet  (s.  d.  unten)  gebildet  zu 
haben,  und  ist  vorzugsweise  im  11.  Jahrhundert  gern  angewendet: 
je  herze  frati  gevatterin.  frau  Schlampampe  leben  74 ;  ihr  herze 
Schwestern.  82; 

aiu  herzer  trew  und  lieb. 

C.  Dartü  leutBchcr  IVräni.r  (1626)  30; 
*o  soll  dein  herzer  nam  an  allen  w.tnden  stehn. 

F'lf.»i:<c  43,  43  l.niijiniberij ; 
geht,  gehl,  ihr  herze  herzen.    66,  300; 
so  ofte  herze  mich 
mein  herzes  herz  und  gcb  hinfort  mir  neue  krSfie.    68,388; 
drum,  herzes  herze,  bin  ich  dich, 
du  wollest  diesz  mein  herz  und  mich 
warm,  weich  und  Hnuhcr  machen,     i*.  Gkriiard  21,3; 
wenn  nun  du  herzet  kiiid,  wilst  gerne  mit  mir  reden. 
Schetinußifliy  I,  82; 
»0  ein  traiim,  so  ein  träum,  mein  herzer  herr, 
«o  irSum'n  iat  nimmer  gut. 

IIiroe»  t.  litt.  8,  17  (fchüllUcheK  mährchen), 

IIEHZACnTüNG,  /.:  daher  ging  sie  . .  mit  solcher  feuriger 
hwzachlung  . .  .  der  gröfin  Romciro  entgegen.  J.  F'aui.  7V/ati 

2.  207. 

HERZADER,  f.  puUtu  arteriarum.  Maai.kr  230* :  es  «er 
gleich  .iU  m(i<5lich  dan  ganze  mer  an  regcnbogen  zu  henken, 
.■»l<«  disrr  iiick'.n  zu  helfen,  »o  sie  schon  vtriorrn  hat  die 
rechten    Iktz.'hIit.    ncinlicli  das  frpcfeuer.   Sr.iiAoi:  aiW  i/.  yi(iJ(/M. 


2,262,20;  lelzilich  sagt  er  auch,  dasz  die  bestrafung  desz 
bösen  und  die  belohnung  desz  guten,  des  gemeinen  wesens 
herzadern  und  nerven  weren.  Schuppiüs  557.  bei  den  pferden 
hciszl  die  vcna  thoracica  externa  herzader  oder  sporader.  Nemmch. 

HERZAHLEN,  verb.  pecuniam  solvcre:  zahle  das  geld  nur  her. 

HERZÄHLEN,  verb.  enumerare:  'köndt  ir  auch  noch  ewern 
kinderglauben?'  ja,  saget  das  weib.  wie  sie  den  fein  an- 
dechlig  iierzehlet  . .  .  Mathesius  Lw/Zie»-  I5S3  131';  seine  wun- 
den her  zühlen,  sua  vulnera  enumerare.  Steinbach  2,  t066  ; 
das  geld  her  zahlen,  pecuniam  dinumerare.  das.;  hast  du  die 
leutc,  die  du  da  herzählst,  noch  gekannt?  Sliltings  jugend 
(1777)  s.  10;  der  solche  armseligkeiten  am  fertigsten  und  voll- 
ständigsten auf  den  fingern  herzuzählen  weisz.  Lessinc  8,243; 

was  jemals  ist  geschehen, 
das  zeilist  du  jähr  auf  jähr  an  allen  fingern  her.     Opitz  1,12; 

für  Zeiten  wars  genug 
wann,  was  da  gab  die  kuli  und  was  erwarb  der  pllug 
die  junglwn  zahlten  her.  (.oc*u  2,  13; 

zählt  an  den  fingern  her,  wie  viel  er  klein  gemacht. 

Rost  i'Mm.  geii.  1769  s.  30. 

HERZALLERLIEBST,  adj.,  seit  dem  15.  ;a/ir/(.  häufiges  kosendes 
adjectiv:  o  mein  herzallerliebster  man.  FL  J.  v.  Braünschw. 
s.  91;  was  begehret  ihr  dann,  herzallerliebster  Coiydon? 
HoMBDRC  Üulcimunda  (1C43)  57; 

das  bringt  mir  groszen  schmerzen, 
bei-zallerliebster  gselll     Uiilano  volkitt.  91; 
da  kam  die  herzallerliebste  mein 
wol  zu  der  tür  hinein.      93; 
dem  grafcn  traumts  gar  schwär 
als  ob  seine  herzallerliebste 
ins  kloster  gangen  war.     217; 
dir  sei  lob,  preis  und  ehr  allein, 
herzallerliebstes  Jesulein. 

Selnecckr  psalmen  (1587)  s.  227, 
herzallerliebster  bruder  mein, 
ihr  seit  mir  gottwillkommeii  sein. 

J.  Ayrkr  fastn.  s)).  2»  (2344,  8  Keller); 

ihr  herzallerliebster  lieutenanf.  Rabener  sa(.  3, 173; 

da  tanzt  den  hochzeitreigen 
die  herzallerlicliste  mein.     !i.  Heine  15,99; 
0  sprich,  mein  herzallfirliebstes  lieb, 
-  warum  verlieszesi  du  mich?    101. 

HERZANDRUCK,  wi. :  ich  liebe  dieses  wort  bis  zum  herz- 
andruck,  bis  zum  küssen.   Hippel  Icbcnsl.  3,  269. 

HERZANKEN,  verb.  zankend  duszern  :  die  spieler  . .  pflegen 
ihre  enipfindung  minrküpiisch  herzuzanken.  Schiller  700. 

HERZANNAGENI),  pari.  ü'v/uoßÖQOs: 

sollen  wir  gegen  einander  hier  hadern,  etwa  wie  weiber, 
welche,  innig  vergröllt  von  herzannagcnder  Zwietracht, 
scliimpl'end  gegen  einander  die  mitte  der  gasse  betreten? 

IttineKR  233'. 
HERZAPFEL,  m.  als  kosewort,  mein  herzapfel!  lebensbescbr. 
eines  bad.  sold.  s.  60.     vgl.  herzblatt,   herzkäfer. 

HERZAUBERN,  verb. :  den  schlaf  herzaubern.  Klinger  1, 80 : 

denkt,  dasz  ihr  mich  aus  einem  wüsten  leben, 

wo  ich  dem  unterfange  nahe  war, 

in  dieses  thales  frieden  hergezaubert.    Körncr  2,  24.'). 

HERZADF,  adv.  das  herz  aufwärts,  aus  dem  gründe  des  herzens 
empor : 

dies  wird  die  letzte  thrän  nicht  sein, 
die  glühend  herz  auf  (|uillci.      Göthr  in  den  frngm.  aus 
cuier  (iöilu'-bilit.  von  S.  Hirzet  s.  4. 

HERZAUS,  adv.  aus  dem  herzen  (vergl.  herzetn): 

von  schönen  blicken 

herzaus  gesandt. 

Kt.  .ScjiiiDT  poet.  Iniefe  (1782)  s.  79; 
weg!  und  mit  ihm  so  mancher  tropfen  weg 
ans  deinem  lichten  niigc,  bald  ein  kind 

ffelieinien,  bittern  leides,  bald  ein  kind 
lerzitiis  getreiner,  bober  fröblichkeit.    ,t.  121. 

HERZAUSUEHNEND,  pari. :  es  giebt  noch  andere  heizaus- 
dehnende uugenblicke  von  .'ihnlichei' art.  Wiei.ano  S.  37.  vgl. 
herr  >p.  1208. 

HERZBALSAM,  m.  unguentum  cordiale.  Stieler  si. 

HERZBAN(;I(;KEIT,  f'.    MIHmann  gnszel  (1618)  Z. 

HERZBAN.NK.NÜ,  ;>ijr/,  .•  aber  diese,  diese  herzbannenden 
äugen,  diese  blicke  sind  es,  die  den  aiigel  in  meinen  biisen 
geworfen   haben.  Tieck   2,  l.'iO. 

HERZRAl  M,  f)i.  cz-ibcra  manghcu,  ein  ostindiseJier  bäum.  Nk«- 
NicM  2,  94»       nncJi  Krisch   I,  447'  riter  name  des  fielUenbaums. 

HEIIZBEDARK.  «i.  • 

III  diNtklo  ferne  grilT  die  ahining 
nach  tief  crnehntem  hirtbediirf. 

Hl  .-«««T   ./,M      ,:,>.!      I,  ■XVi. 


1 225  HERZBEFRIEDUNG — HERZBE^^^:GLICH 


HERZBILD  — HERZBLUT 


1226 


HERZBEFRIEDÜNG,  f.  beruhigung  des  herzens:  Ternünflige 
geringacliliing  alles  dessen,  darumb  jederman  so  tollgirig 
zabcll  und  grabelt,  lauft  und  schnauft,  machet  und  wachet, 
kriegt  und  betrügt,  wült  und  slilt,  wandelt  und  handelt, 
fecht  und  recht  und  alle  herzbefridung  verschmecht.  Gargrld'. 

HERZBEIN.  n.  1)  brustbein;  slernum,  sinus,  ubi  se  pectits 
aperit,  infra  mammas.  Stiei.er  124. 

2)  bei  den  hirschen,  ein  dreieckiger  knorpel,  dir  am  gründe  des 
herzens  enUleht,  und  früher  als  miUel  trider  herzklopfen  ange- 
wendet H-ard ;  auch  hirschbein,  hirschkreuz.  Nemnicb  2,  971. 

HERZBEKEHRüNG,  f.: 

seit  dieser  herzbekehrung.    Borger  111'. 

HERZBEKLEMMEND,    part.:      herzbeklemmend    stöhnen. 
Shakesp.  k.  Heinrich  2.  3,  2. 
HERZBEKLEMMUNG,  f. 
HERZBEKLOMMENHEIT,  f.: 
ilrum  däclit  ich  aucli  (mit  gunst  der  werthen  Christenheit!) 
wir  blieben  noch,  so  lang  es  uns  gedeiht, 
in  diesem  stnck  ein  wenig  —  beiden, 
und  schafTien  unsre  Seligkeit, 
anstatt  mit  angst  und  hefzbekloramenheit, 
im  dienst  der  grazien  mit  —  freuden.    Wielasd  9,^1S3(159); 
dann  verwandle  sich  in  hochentzücken 
alle  deine  herzbeklommenheit.    BBrger  10t*. 

HERZBENDEL,  m.  pericardium :  herzbändel  das  worinn  das 
herz  im  leibe  hanget,  pericardium.  Frisch  1,447';  ilia  ..  dj 
klein  gedärm,  der  liei-zbendel.  Alb.  Ee2*;  in  angst  und  sehmerz 
kracht,  bricht  der  herzbendel  (s.  oben  herz  sp.  1240):  aber  sie 
muests  drlnken  und  soll  es  ir  den  herzbendel  haben  ab- 
brochen.  Zimmer,  chron.  4,  45, 12 ;  zerfoltert  inen  die  flachs^ 
ädern,  schlug  inen  den  puls,  das  der  herzbendel  kracht. 
Garj. 205';  dasz  ihm  darüber  der  herzbendel  breche,  älbrecht 
fluchabc  29;  liebes  herz,  jetzund  hast  du  den  hohen  todten- 
berg  vor  dir,  da  gilts  keichens  und  kletterns,  der  herzbendel 
krachet,  der  schweisz  läuft  über  den  leib  ab.  Otho  427; 
wenn  man  auf  einer  kutschen  fähret,  gehl  nichts  allezeit  so 
gar  sanft ,  sondern  es  erschüttert  wol  bisweilen  einem  der 
leib,  dasz  ihm  der  herzbändel  krachen  möchte.  1201; 


wo  sich  bewegt  dein  macht, 
gleich  der  herzbendel  kracht. 


Mebler  odoeum  321. 


w  der  form  herzbengel:  strafet  ihn  dasz  ihme  der  herzbengel 
kracht.  Salinde,rorr.  iair,  rcrrferfct  m  herzpünkel.  Schm.  1,287; 
im  nassauischen  herzbennel.  Kehrein  195. 

HERZBERAüBEND,  pari. :   und   für    die  elichen  gemahel- 
scliafl  bekümern  sie  {schlechte  nonnen)  sich  mit  zeitberürender 
lierczberawbender   and   alles    geisllichs  lebencz  zerstörender 
üppiger  freuntschaft.  Suso  briefe  25  Preger. 
HERZBESCHWEREND,  part.:  herzbeschwerende  sorgen. 
HERZBESCHWERISCH  ,    adj.:     herzbeschwerische ,    kopf- 
hängerische, nichtsschaffende  grillen.   E.  M.  Arndt  Schriften  4 
(1855)   121. 
HERZBESCHWERUNG,  f. 
HERZBESTÄNDIGKEIT,  f: 

und  heb  ich  gleich  in  kurzer  zeit 

so  leicht  als  eine  kann,  die  treue  dir  gebrochen, 

so  darf  ich  doch  auf  herzbesländigkeit 

so  sehr  als  irgend  eine  pochen.     Dcrger  107*. 

HERZBETHÖREND,  par/.; 

besinnungraubend,  herzbeihörend 
schallt  der  Erinnyen  gesang. 

Schiller  kraniche  des  Ibycus. 

HERZBETRÜBT,  pari.:  jene  christliche  matron  klaget  ir 
lierzbetrübt  leid  einem  guten  christlichen  freund.  .M.ithesius 
<ir.  49'; 

das  schreib  dir  in  dein  herze, 

du  herzhetrübtes  beer.     P.  Gerhard  3,  6. 

HERZBETTLEIN,  n.  ein  leichtes  von  weichen  flaumfedern  aus- 
stopftes  küssen,  das  man  kleinen  kindern  beim  einaindeln  aufs 
;:  zu  legen  pflegte.    Cicon    lex.  (1731)  1005. 

HERZBEUTEL,  m.  pericardium,  der  häutige  sack,  velcher  das 
:anze  her:  locker  umgibt,  so  dasz  es  frei  darin  schlagen  kann. 
Nem.mch  4,  910.     rergl.  unten  herzsack. 

HERZBEWEGEND,  part.:  mit  herzbewegender  buld  nahm 
>ich  das  mädchen  des  gekränkten  an.  RiEHLC«//Kr</e.<tc/i.  noc.  441. 

HERZBEWEGLICH,  adj.:  ein  herzbewegliches  klagsreiben. 
BuTSCHKT  ktinzl.  63S; 

er  ist  so  herzbeweglich 

der  brief,  den  sie  geschrieben. 

H.  IIkin«  tupplemenlband  s.  49. 


HERZBIIJ),  n. ;  {die  köntgsh-one  in  geslall  eines  schi/fes)  ist 
das  allergeschickteste  und  dinlichste  sinnen-,  äugen-  und 
herzbüd  gewesen,  welches  sie  (einige  könige)  beides,  ihnen 
selbst  und  ihren  nachfolgern,  betten  können  fürstellen,  denn 
Völker  und  königreiche  seien  eitel  wasserwogen.  Botschrt 
Palm.  795. 

HERZBLATT,  n.  1)  das  zverehfell,  als  sitz  des  lebeus  gedacht 
{rergl.  unter  ferch  theil  3  sp.  1528):  herzblat,  zwergfell,  dia- 
phragma  Frisch  1,  447".  das  herzblatt  schieszt  in  der  angst : 
nunmehro  begunte  mir  auch  das  herzblatt  zu  scbieszen. 
Felsenb.  1,  201.     s.  unten  herzblättchen. 

2)  nach  herz  11,3  {oben  sp.  1222)  das  innerste,  zarte  blall 
einer  pflanze,  von  dessen  erhallung  der  waclisUium  derselben  ab- 
hängt. Jacobsson  6,  71';  häußg  bildlich  vertcendet:  weil  kind- 
liche {liebe)  nur  gegen  ein  herz  entsteht,  woran  wir  lange 
lagen,  und  das  uns  gleichsam  mit  den  ersten  herzblättern 
gegen  kalte  nachte  und  heisze  tage  beschirmte.  J.  Paüi.  Tit. 
1,6;  von  der  residenz  {Manöver)  an,  der  das  herzblatt  aus- 
gebrochen ist,  bis  zum  lande  Hadeln  hinab,  das  für  seine 
besonderheit  in  sorge  ist.  schreiben  eines  Hanoreraners  nach  der 
annexion  in  der  Augsb.  allg.  zeitung  1866  s.  5839; 

die  soll  nicht  meine  freundin  sein, 

die  nicht  die  blumen  liebt, 

nicht  blumengleich  dem  himmelschein 

ihr  herzblatt  offen  gibt.     Röckbrt  399; 

dasz  dich  gott  in  gnaden  hüte, 

herzblatt  du  der  weiten  blute.    Strachwitz  ged.  190. 

das  mittlere  Matt  der  kleepflanze: 

es  kam  mir  in  den  sinn  das  kleeblait  dreier  Schwestern, 
an  welchem,  freundin,  du  das  werte  herzblatt  bist. 

Fle3ii;<g  513,  50,  14  Lappenberg. 

3)  daher  herzblatt  das  edelste,  theuerste,  liebste:  die  akademie 
in  Mannheim,  die  das  herzblatt  des  fürsten  war.  Schcbarts 
leben  1,  227;  namentlich  als  kosende  bezeichnung  geliebter  personen: 
und  du  sollst  nicht  mit  den  dienstleuten  klatschen,  wenn 
du  mein  herzblatt  sein  willst.  L.  Tieck  ges.  nov.  9,74;  ich 
bin  ihr  herzblatt.   Gctzkow  riller  v.  geiste  7, 188 ; 

komm,  liebstes  herzblatt,  komm  herein, 

zu  einem  fesigelage, 

äomm,  lasz  uns  trinken  brüderscbafl. 

Leipziger  alinatinch  der  deutschen 
musen  1779  s.  211; 

nun  mag  brechen  das  äuge,  da  dich  wir  gesehen  im  amisrock, 
söhn,  und  dich  ihm  vermählt,  du  frisch  aufblühendes  herzblatt! 

Voss  2,  290  (idylt.  16,  207). 
■  4)  herzblatt,  pßanzenname,  früher  icol  des  hexenkrautes :  herae- 
blat.  circe.  sumerl.  56,  27;  circe  herteblalt  Mone  quellen  1,  296'; 
cirte,  welkerse  vel  herzeblat  Mose  anz.  4,  242 ;  jelzl  der  par- 
nassia  palustris. 

5)  herzblatt  in  der  karte,  ein  blatl  das  die  herzfarbe  trägt 
{s.  herz  H,  5  oben  sp.  1223). 

HERZBLÄTTCHEN,  n.  1)  nach  herzblatt  1:  wenn  mir  aber 
das  kugelnwechseln,  welches  mein  herr  vor  sich  balle,  in 
die  gedanken  kam,  schosz  mir  das  herzblättchen  auf  einmal. 
Felsenb.  3,383. 

2)  nach  herzblatt  2,  das  zarte  innere  bldltchen  einer  pflanze ; 
auch  {nach  3)  kosende  bezeichnung,  namentlich  eines  geliebten 
kindes:  herzblätlchens  zeilvertreib,  titel  eines  buches  von  Th. 
V.  Gümpert. 

HERZBLÄTTLEIN,  n. :  herzblätlein  wird  an  einem  gewächse 
der  anfang,  oder  . .  äuszerste  {erste)  haupttheil  genannt,  öcon. 
lex.  (1731)  1005;  aber  die  berzblälterlein  {der  versetzten  kohl- 
pflanze) leben  und  werden  in  weniger  zeit  durch  fleiszige 
obacht  und  begieszung  wachsen.  Scbiver  andachten  1721  s.  3. 

HERZBLUME,  f.  capraria,  eine  exotische  pflanzengattung  mit 
herzßrmiger  narbe.  NEMNicn  2, 852.  bei  Frisch  1, 447'  aber 
herz-  und  goldene  leherblum,  hepalica  nobilis. 

HERZBLÜMLEIN ,  n.  borago  officinalis,  borretseh.  Nemmch 
1,641. 

HERZBLUT,  n.  blul  das  das  herz  erfüllt,  das  eigentliche  lebens- 
blut,  mhd.  herzebluot  (Lexer  itb.  1,1271):  der  mann  scheuet 
{schaut\  die  sterbenden  äugen  seiner  ehefrauen  mit  freudigem 
herze  an;  er  besichliget,  ohne  Veränderung  des  gemülles,  das 
herzblut  derjenigen,  die  vorpials  seines  herzes  herz  gewesen. 
BcTscHKY  Palm.  693;  bosheit  hab  ich  dulden  gelernt,  kann 
dazu  lächeln,  wenn  mein  erboster  feind  mir  mein  eigen  herz- 
blut zutrinkt.  Schiller  rduber  1.2;  kennst  du  diese  narben? 
du  bist  unser  I  mit  unserem  herzblut  haben  wir  dich  zum 
leibeigenen  angekauft.  5,2;  zur  schclmin  würde  ich  an  dem 
jierzblute  meines  bräutigams,  welches  seine  lippen  verschüt- 
teten, weil  er  einen  tag  lang  sich  nicht  in  Lisbeih  zu  findeo 


1227         HERZBLUT  — HERZBRÜSTLEIN 


HERZBUBE— HERZEIISIG 


1228 


wiiszie.  Imnermann  Munclih.  4,132;  auch  in  seinen  dramen 
stellt  uns  nun  der  dichter  nicht  mehr  so  fern,  wir  sehen 
djsz  sie  mit  seinem  herzblutc  getrünkt  sind.  Bodenstedt 
rorr.  zu  Sltakesp.  soncUen,  Volksausgabe  s.  7 ; 

das  schweri  von  ihrem  herzblut  rohl.    Weckherlin  799; 

icli  zo^ 
den  basilisken  auf  an  meinem  busen; 
mit  meinem  lierzblut  nährt  icli  ihn,  er  sog 
sich  schwel(,'en(i  voll  an  meiner  liebe  brüsten. 

Schiller  Wullenst.  toil  3,  18; 
wie  die  weit  aus  diesem  zwange, 
der  ihr  herzblut  hemmt  im  gange, 
soll  gelöst  sein,  weisz  ich  nicht.     Rcckert  181; 
in  schnee  und  eis  in  kalter  nacht 
ein  grenadier  steht  auT  <ler  wacht, 
scharf  geht  der  wiud,  sein  stand  ist  hart, 
sein  herzblut  stockt,  sein  puls  erstarrt. 

R.  Reinick  Heiler  s.  I7r>; 
sein  herzblut  wallt,  zur  Taust  ballt  sich  die  hand  (im  zornc). 

s.  227. 

sein   lierzblut  für  einen   hingeben,     x.  herzcnsblnt. 
HERZBLUTDÜRSTEND,  pari.: 

denn  Attilas  herzblutdürstende  geister 
drängten  sein  volk  mit  stets  empörterem  grimm  in  das  teuer 
mordender  schlünd.  I'vrker  Tunis.  4,  407. 

HERZBLLTGLÜHEND,  pari.: 

herzbluigliihende  rubinen.    H.  FlEiriE  18, 19r>. 

HERZBRAND,  vi.  die  krankheil  des  innern  oder  s<Jiwarzen 
brandes  beim  riiidvieh. 

HERZBRÄUNE,  f.  morbus  hungaricus.  Frisch  1,  447',  ein  sehr 
heßitjes  faulßeber. 

HERZBRECHEN,  >i.  das  brechen  des  lierzcns,  mhd.  herze- 
brechen,  vgl.  herz  S]).  1209. 1210:  dasz  er  . .  ohne  herzbrechen 
und  erbarmen   nicht  von   dannen  weichen  können,  colica  33. 

HERZBRECHEND,  part.  .•  herzbrechendes  schmerzen.  Schwei- 
NicHEN  1.60;  bringet  mir  herzbrechende,  bekümmerliche  be- 
trübte Zeitung.  280;  herzbrechenden  kummer.  331;  herzbre- 
chende worte.  3,252;  herzbrechende  pein.  BuTSCHKY  Paim.  41; 
und  dasz  wir  nicht  ferner  wahre  zeichen  suchen  {ob  Livius 
mein  söhn),  so  versichert  mich  eine  gewisse  lierzbrechende 
kinderliebe,  die  ich  stets  zu  diesem  Livio  gelragen,  dasz  dem 
also  sei.  A.  Grypuids  1698  1,944;  von  den  herzbrechenden 
complimenten.  Cur.  Weise  kl.  leule  19;  ein  herzbrechendes 
gedichte.  280;  kopfbrechend,  wie  mystische  grübler,  hals- 
brcchend,  wie  genies,  oder  herzbrechend,  wie  empfindsame 
romanschreiber  oder  wohl  dergleichen  moralislen  dichten. 
Kant  7,200;  aber  himmel !  welch  ein  unerwartetes  schrecken 
unterbrach  hier  meine  herzbrechende  periode  und  vergällte 
mir  das  wort  im  munde!  Thümmei,  2,15;  mit  solch  einem 
herzbrechenden  licde  hätte  ich  wollen  tiegcr  auf  ihren  jungen 
zähmen.  Fr.  Mt;Li.ER  1,134;  im  Städtchen  Egna  setzten  wir 
uns  ein  stück  wegs  auf  einen  bauernwagen,  da  denn  das 
gewallige  schütteln  dieses  fuhrwerks,  zumal  bei  mir,  seine 
gewohnte  herzbrechende  Wirkung  that.  d.  a.  mann  im  Tocken- 
burg  111; 

{wie  die  verliebten)  ihr  herzeleid 
herzbrechend  sich  in  briefen  klagten.    Götter  I,  43. 

HERZBRECHERCHEN,  n.  Idndelnd  von  einer  person  die  ein 
herz  briclU:  er  innsz  gewisz  etwa  von  einem  herzbrecherchen 
den  korb  bekommen  haben  ?  engl.  kom.  2,  G  c'. 

HERZBRILLF:,  f. .-  die  kiankheitcn  des  leibcs  sind  lauter 
hcjzbrillen,  die  uns  gott  auf  die  nase  unserer  andacht  setzt, 
dasz  wir  die  schaden  unsers  gewissens  dadurch  besehen 
lernen.  V.  Herberger  er.  herzposliUe  594. 

HERZBRUCH ,  m.  slerben  am  gebrochenen  herzen :  ich  lob 
und  ere  dich  .  .  umb  deinen  peinlichen  und  schmerzlichen 
iierzpruch.   herzmaner  172*. 

HERZBRUDEB,  m.  bruder  des  herzens,  herzlich  geliebter  bruder : 
als  eijjenname  Ulrich  Herzbrudcr  im  Simpl.  1,194  Kurz  u.U.; 
ei  seht  mir  den  herzbruder  mit  Sibyllen.  ARitix  sehaub.  2,339; 
herzbruder,  komm  an  mein  herz.  2,  342 ;  so  bleib  ich  schäfcr 
Hie  mein   herzbruder.  343; 

bei,  nra»  die  bechnr  klangen, 

wie  brannte  hand  in  hand: 

'B*  lebe  die  licb.«le  deine, 

hcnbruder,  im  vnierinnd  !'    W.  MCllir  ged.  1,89. 
I.  herzen ihrndcr. 

HERZBRCSTLEIN,  11.  bruMl  mil  dem  herzen:  dober  ea  kein 
wunder  wa«,  dasz  er  nein  liebe  hcrzbrüsllein  und  schmlir- 
bäuchlein    alio    wo)    mit    praoten    und  schlemmen  schmiert. 

FtlCNAIIT   bimk.   211*. 


HEItZBUBE,  m.  im  kartenspiel  dcj-  bube  der  herzfarbe. 

HEUZBÜCHSE,  f.  herz  einer  {aputhel,Ti)büchse  vergliclien:  aber 
so  du  ihm  hetst  sollen  in  die  heizhüchs  hinein  schawen, 
würdest  einen  recht  himmlischen  unschelzbaren  indianischen 
geruch  von  edeleni  gcwürz  gefühlet  haben,  ein  inehrer  dann 
menschliche  kinghcit,  ein  unüberwindlichen  Standmut,  uner 
nieszliche  nücliterkeit  . . .  Garg.  20*. 

HERZCHEN,  n.  curculum.  l)  in  den  bcdeutungen  von  herz  I 
oben  sp.  1207  :  auch  halte  ich  mein  herzchen  wie  ein  krankes 
kind;  jeder  wille  wird  ihm  gestattet.  Götue  16,10;  wir  an- 
dern mit  den  verwöhnten  herzchen,  wenn  uns  ein  bischen 
was  leid  thut,  gleich  sind  wir  mil  der  arzcnei  da  und  sagen : 
liebes  herzchen,  sei  ruhig  ...  sei  ruhig,  liebes  herzchen. 
bei  Scholl  53; 

da  merkte  liebchen  klar, 
dasz  tmter  ihrem  herzchen  wohl 
niclit  alles  richtig  war.     Rdrger  103'; 
weis  her  mir  dein  herzchen!  ach  pocht  ja  so  sehr!    35', 
dem  jiingrerchcn  lacht  in  die  augcn  das  schlosz, 
ihm  lacht  in  das  herzchen  der  Junker  zu  rosz, 
im  funkelnden  jägergeschmeidc.  60\ 

namenllich  hdußg  als  kosende  bezeichnung  geliebter  personen  (vgl. 
oben  spalte  1222):  wie  ists  herzchen,  ist  dir  nicht  wol?  Jül. 
V.  Rraunschweig  383;  wann  mein  schwager  wüste,  was  er 
vor  einen  schönen  söhn  hier  hätte,  dasz  er  ihm  {sich)  nicht 
abbrechen  künte,  hieher  zti  kommen  . .  nur  das  liebe  herzgen 
zu  sehen.  Simpl.  2,26  Kurz;  ihr  artigen  herzchen!  irrg.  der 
liebe  505; 

ans  deinem  süszcn  munde 

lasz  saugen  siiszen  tod ! 

denn,  herzchen,  ich  gesunde 

sonst  nie  von  meiner  noth.    BSrger  38'; 

jeder  meiner  freunde  sasz 

froh  bei  seinem  herzchen.    Göthe  1,  15; 

von  der  weit  der  unbequemen 

willst  du  keine  künde  nehmen; 

herzchen,  sei  auch  nicht  ergrimmt, 

wenn  sie  von  dir  keine  nimmt.    Röckert  318. 

2)  lierzchen,  keimchen,  corcnlum,  der  anfang  der  künftigen 
pflanze  im  innnn  des  sa7nens.  Nemnich  2, 1218 ;  kleiner  herz- 
{vrmiger  gegenständ:  ein  herzchen  von  gold,  schmuck;  herzchen 
von  zucker  (gebäck).  Amaranthes  frauenz.-lex.  (1773)  1386 ; 

er  schickt  ihr  sein  bildnis.  so  lachend  und  hold, 

versteckt  in  ein  herzchen  von  perlen  und  gold.    BOrgbr  60'. 

HERZDAUS,  HERZENDAUS,  n.  das  daus  der  herzfarbe  im 
kartenspiel  {vgl.  herz  H,  5  sp.  1223):  herzdaus  Frisch  1,187'; 
das  rothe  oder  herz-tausz.  WESEStCK  sptetofccn  (1702)  132;  das 
rothe  oder  herzentausz.  133 ; 

wem  schon  sonst  die  handkart  fehlet, 

wenn  er  herzentausz  nur  hat.    Koncrul  belusl.  2, 181. 

HEHZDECKE,  f.  pericardium.  Gersdorf  feldb.  d.  wundarzn.  98. 
HERZDRÜCKEND,  pari.:    ehe    ich    einen  herzdrückenden 
sciifzer  los  werden  konnte.  Thümmel  4,  218. 
HERZDURCHGEHEND,  pari.: 

sie  spricht  mit  herzdurchgehndom  ton  die  rede.    Tibc«  1,144. 
HERZEGIERDE,  f.  verlangen  des  lierzens: 

nach  ihr  steht  mein  verlangen, 
mein  sehnlich  herzegird. 

P.  Melissus  hei  Wackirnagel  leieh.  2, 124'. 

HERZEICHNEN,  verb.  in  hanc  partetn  nolare.  nolis  et  indiciis 
aliquid  declarare,  ac  distinguere.  Stieler  2012;  zeichne  mir  ein- 
mal jenen   bäum  her. 

HER-ZEEGEN,  verb.  zeigend  herhallen:  zeige  mir  einmal  das 
buch  her. 

HERZ-EIGEN,  adj.  dem  herzen  zugehörig: 

bisher  bat  dich  bestrahlt  die  allgemeine  sonne, 

noch  haütii  blumen  bruclit  nach  herzens  lust  und  wonne: 

was  wirstu  förderhin  liir  blumen  bringen  mir, 

wenn  mein  herzeigne  sonn  auch  sein  wird  eigen  dir? 

FLKmnc  t!7,  .360  l.nmenberq  {an  den 
luhtgarten  £m  nethielhurg). 

HERZEiN,  adv.  einwärts  nach  dem  herzen  zu: 

hier  unterm  hut, 
und  hier  berxein,  wo's  nl'icken  hat, 
itOnd  allen  leicht  und  gilt! 

Kl.  Schmidt  im  lA>ipi.  nlm.  d.  dtutichen 
mmen  1779  ».  253. 
vfrgl.  herznnf,  herzaus. 

HERZEINIG,  adj.    in  geßhl  und  denkweise  iibereinstimmend  • 

dnhin  mag  jeder  (ohn  vertraute  mAnner 
mitbringen,  dl«  henelnig  «ind  mit  um. 

ScHILLtR   Trit  t,  4. 


1 229   HERZEL^^EH»1E^D  —  HERZELEIN 


HERZELN  — HERZEN 


1230 


HERZEINNEHMEND,  part.  : 

0  herzeioaemende  recht  weise  red  und  sprach. 
Weckherlr«  Ott"; 
0  noch  schallt  mir  im  obre  die  herzeinnehmende  predigt. 
Voss  2,  S2  (utyll.  5,  S4). 

HERZEINZIGER,  adj.  einzig  geliebter:  (dasz  das  mädel)  dem 
vater  zu  füszen  sich  wirft  und  sich  um  gottes  willen  den 
schwarzen  gelben  tod  oder  den  herzeinzigen  ausbittet,  das 
nenn  ich  einen  kerl !  das  beiszt  lieben !  Schiller  kabale  u. 
liebe  1,  2. 

HERZEKEILEN,  n.  das  schlagen  oder  klopfen ^des  ha-zens  (vor 
angst) : 

zeeniilappea,  winseln,  herzekeilu. 

Ü.  RniGWAU)  ()'.  Eck.  K  -l*. 

HERZELEID,  HERZLEID,  HERZENLEID,  «.  leid,  kunmer 
des  Herzens,  tiefes  leid,  ni/itf.  herzeleit  (Lexer  ici.  1, 1272) :  wenn 
im  ein  unfal  auf  dem  wege  begegnet«,  da  ir  auf  reiset,  wür- 
det ir  meine  grawe  bar  mit  herzeleide  in  die  gruben  bringen. 
lAfoi.  42,3S;  sie  thun  mir  arges  umb  guts,  mich  in  herzleid 
zu  bringen,  ps.  35,12;  ir  aber  soll  für  herzenleid  schreien 
und  für  jamer  heulen.  Jes.  65, 14;  das  herzleid  wird  sie  ver- 
zeren.  Sir.  27,32;  da  war  in  ganzem  Israel,  und  wo  sie 
woneten ,  gros  herzeleid.  2  Macc.  l,  26 ;  die  frauw  und  ire 
kinder  werden  groszen  Jammer  und  herzenleid  haben,  buch  d. 
liebe  264';  inen  freundtlich  dienen  in  ihrem  groszen  Jammer 
und  herzenleid.  das.;  kinder,  welche  ihren  eitern  mit  vorsatz 
herzeleid  machen,  polit.  slockf.  338 ;  wo  einer  dem  andern 
alles  erdenkliche  herzeleid  zufügt.  Kant  6,  398 ;  woraus  frei- 
lich damals  für  die  besten  bUrger  so  viel  gram  und  herzeleid 
hervorging.  Niebohr  1,691;  für  den  freund  der  menschheit 
wird  dergleichen  immer  ein  herzeleid  sein.   H.Heine  9,68; 

mein  feios  lieb  tregt  ein  schwarzes  kleid, 
darunter  tregt  sie  grosz  berzenleid. 

Uhukd  volksl.  121; 
es  wonet  lieb  bei  liebe 
darzfi  grosz  herzeleid.    190; 
schluchzt,  seufzt  und  klagt  sein  herzeleid. 

mückenkr.  1,  276; 
.     unmut,  kummer  und  trawrigkeit, 
und  unmesziges  berzenleid.     466; 
angst,  kummer  und  berzleid.    WKCÄHKHLrs  643; 
wem  gebt  ihr  sterblichen  mein  herzeleid  zu  herzen? 

A.  Grtthiüs  169S  1,  397; 
man  hat  mir  nicht  den  rock  zerrissen 
(es  war  auch  schade  für  das  kleid), 
noch  in  die  wange  mich  gebissen 
vor  Qhergroszem  herzeleid.    Uhla!*d  ged.  60. 

Em  plural  ist  zu  diesem  tcort  ungeuühnlich :  die  mittel,  die  uns 
die  natur  giebt,  die  herzeleide  damit  zu  vertreiben.  Übersetzung 
PO»  Holbergs  lustspielen  vom  j.  1744,  bd.  2  s.  92  (vergl.  jedoch 
nachiter  herzeleide  fem.).  —  Sprichwörtlich:  ein  gut  umbkleid 
deckt  manch  herzenleid.  Hbmsch  669 ;  einem  alles  gebrannte 
herzeleid  anthun,  mit  bezug  darauf,  dasz  das  herz  in  kumvier 
brennt  {sp.  1209) ;  so  wie  nun  der  arme  Schulmeister  in  der 
schule  alles  gebrannte  herzeleid  ausstund.  Still\sg  Jugend  2,44. 
Frülier  sagte  man  herzeleid  schreien,  tcie  jetzt  wehe  rufen: 
ow6  möhte  ich  dar  umbe  dur  alle  himel  herzleid  schrigen, 
daj  min  herz  in  dem  übe  in  tüsent  stuk  zersprungi !  Süso 
m  Wackeb.nagels  leseb.  (1859)  1038,  15. 

HERZELEIDE,  HERZENLEU)E,7.,  was  herzeleid;  mhd. 
herzeleide : 

herr  gott  wir  ganz  befehlen  dir 
alle  noth  und  herzenleide, 
seig  uns  gnedig  und  hilf  uns  schier, 
regier  o  herr  uns  beide. 

SsLMEccER  psalmen  (1587)  s.  132. 
HERZELEIN,  HERZLEIN,  n.  corculum,  in  demselben  sinne 
uie  herzchen  oben  «p.  1228  ;  herzel  corculum  voc.  ine.  theut.  i  4' ; 
herzle,  was  last  dich?  Fischart  bienk.  159'; 
ihr  ritter  blickt  und  blickt  sie  an, 
ihr  schlägt  das  berzlein  helle  {laut).    Fr.  Möller  1,  249. 

namentlich  auch  als  kosetcort:  mein  herzlin,  mein  zuckemiündle, 
meum  corculum.  Maaler  220'; 

das  tausendschöne  Jungfräuleiu, 

das  tausendscböne  henelein, 

woUe  gott,  ich  war  heute  bei  ir!    Uulahd  voUuI.  125; 

also  Wirt  mein  schmerz  weggenommen, 

wan  meine  rayrt,  mein  berzelein, 

mein  wohnciein,  mein  scherzelein 

Wirt  wider  zu  mir  kommen.    Weckherli?«  4<jS; 

eia.  ein,  schlaf  und  ruhe, 

(chlaf,  schlaj,  trautes  henelein.    {'.  Girhard  7,  2 : 


wie  könnt  ich  dich,  mein  berzelein, 
aus  meinem  herzen  lassen?    9,  2. 

ein  silbern  herzlein  als  schmuck  getragen.  Sclieibles  khster  S,  940. 
HERZELN,  verb.  was  herzen,  liebkosen : 

wan  wir  geliebet  uns  und  liebend  zugleich  henelen. 
Weckherliü  769. 

HERZE.MPFINDLICH,  adj.:  weil  di  trennung  von  denen 
pcrsonen,  welche  ich  so  hoch  als  ihn  ehre ,  mir  so  sraerz- 
und  herzempfindlich.  Dctschey  kanzl.  95 ;  das  herzempfind- 
liche verlangen.  Chr.  Weise  kl.  leiüe  15. 

HERZE.MPFINDLICHKEIT,  f.: 

die  rose  blüht  und  lacht  vor  andern  rosen 
mit  solcher  zier  und  herzemptindlichkett. 

Chr.  Wkise  kl.  Isule  235. 

HERZEN ,  verb.  mU  einem  (mutigen)  herzen  versehen ,  mhd. 
herzen  (Lexeb  wb.  l,  1273) : 

die  bauren  muszten  kriegen 

und  lassen  ihr  arbeit, 

man  ganz  sie  herzt  mit  lügen, 

sie  klagens  allbereit.    Opel  u.  Cohü  73,  7; 

gewöhnlich  aber  im  nhd.  nur  noch  im  pari,  geherzt  nachweisbar : 
er  weite  getrost  und  geherzt  sein.  Luther  1,422'; 

dieselben,  die  sind  wir,  die  dich  geherzten  priazen 
gefürcht't  und  grosz  gemacht  bei  mancherlei  provinzeu. 

Fleming  1S4,  73  Lappenberg; 
voraus  wenn  einer  mir  das  urtheil  hülfe  sprechen, 
der  lange  gläser  mehr  als  lanzen  pOegt  zu  brechen, 
nichts  minder  auch  geherzt,  der  manlich  seinen  feind 
bei  tafel  schlaget  tot  imd  auch  darzu  nicht  weint.    197,7. 

HERZEN ,  verb.  1)  ans  heri  schlieszen,  lidbkosend  umfassen, 
liebkosen:  amplecti  herczen.  Dief.  31';  herzen,  amplectere,  bra- 
chiare ,  vulg.  halsen,  toc.  ine.  theut.  i4';  Esau  aber  lief  im 
entgegen,  und  herzet  in.  1  Mos.  33,4;  und  er  sprach,  umb 
diese  zeit,  über  ein  jar,  soltu  einen  son  herzen.  2fctin.  4, 16; 
mein  kind,  warumb  wiltu  dich  an  der  frembden  ergetzen, 
und  herzest  dich  mit  einer  andern?  spr.  Sal.  5,20;  seine 
linke  liget  unter  meinem  heubte,  und  seine  rechte  herzet 
mich,  hohel.  2,  6 ;  sitze  nicht  bei  eins  andern  weib,  imd  herze 
dich  nicht  mit  ir.  Sir.  9,12;  und  er  herzet  sie,  und  leget 
die  hende  auf  sie,  und  segnet  sie.  Marc.  10,16;  lieber  es 
ist  nicht  zu  herzen  mit  er  Omnes  (dem  pübel  kann  man  nicht 
liebkosen).  Llther  3,  45';  wiltu  sie  nit  herzen  und  in  die  anne 
nemen.  lischr.  212';  da  will  ich  sie  {die  kinder)  herzen  und 
lieb  haben.  E.ngel  Lorenz  Stark  xv; 

in  eren  herzen 

bringet  ireud  und  schenen, 

wer  den  megdlein  gfallen  wil, 

der  musz  wärlicb  herzen  vU.    Ubla;(d  volksl.  124; 

stehis  soll  sie  mit  forcht,  schäm  und  ehr, 

wau  ich  sie  herze,  der  lieb  pflegen.    Wkckherlk«  492; 
der  sonst  so  keck  kaum  war, 
dasz  er  sie  nüchtern  grüszt,  umßnget  sie  itzt  gar 
und  gibt  ein  herzen  drein.  Fl£ki?ig  97,  125  Lappenb.; 

du  nimmst  ein  frommes  kind, 
das  in  gesellschaft  taugt,  der  leuie  gunst  gewinnt,  .  .  . 
und  das  dich  ohne  falsch  und  sonder  einfalt  herzet. 

G6!<TBER  447; 

schweig!  doch  wo  jemand  fragt:  oh  Günther  dich  geherzt? 
so  gieb  zur  antwort:  ja!  er  that  es  nur  im  schlafe.     834; 
Anakreon  trank,  spielte,  herzte.    Lxssn«c  1,71; 
wir  brüder  trinken,  spielen,  herzen,    das. , 
es  herzten  sich  auf  jedem  ast 
des  hains  verliebte  tauben.    Höltt  24  Halm; 
jeder  scherzet, 
jeder  beriet 

dann  sein  liebelein.    175; 
der  ...  um  alle  blumen  scherzet, 
um  alle  buhlt,  doch  nur  die  schönsten  herzet. 

WiELAi«)  10,116  {grazien  5,  genau  so  17,13, 
Idris   I,  4); 

lasz  mich  nur  erst  das  kind  noch  tränkeu. 

ich  herzt  es  diese  ganze  nacht.    Göthb  12,240; 

ich  herze  dich  mit  tausendfacher  glut.    241 ; 

dasz  hoch  erstaunt,  erfreut  ich  die 

beschauen  möchte,  herzen  auch  nach  berzenslust. 

40,  403 ; 
und  wenn,  da  kaum  ein  liebchen  dich  verlassen, 
du  schon  ein  andres  voll  verlangen  herzest.      Plate:«  C4; 
mein  liebchen  kommt  gesprungen,  husch! 
und  herzt  mich  fast  zu  loa.     Ubli;<d  ged.  24. 

besonders  hdußg  ist  auch  die  formelhafte  Verbindung  herzen  und 
küssen:  lief  er  im  entgegen,  und  herzel  und  küsset  in. 
1  Mos.  29,13;  er  aber  k^isset  sie  und  herzet  sie.  48,10;  das 
kind  beständig  herzen  und  küssen.  Ka:<t  10,122; 


1231 


HERZEN  — IIEKZENGEL 


IIEKZENHAFT  —  IIEHZENSDEWEGUNG      1232 


ich  wolt  sie  herzen  und  küssen 
und  scblieszen  in  meyi  wcisze  arm. 

Uhland  vulksl.  230; 
Schach,  Tor  freiidcn  auszcr  sich, 
herzt,   küszt  und  drückt  den  manu,  dasz  ihm  die  ohren  gellen. 

WiELAND  10,  338  (330); 
treu  sein  wollt  ich  und  Troh,  herzen  und  küssen  den  mann. 

GöTUE  1,  307 ; 
und  wenn  sie  Tersöiinct  euch  herzet  und  knszt, 
und  wenn  ihr  das  herzen  und  küssen  vermiszt, 
so  bleibet  nur,  bis  ihr  was  besseres  wiszt, 
beim  tröstlichen  ergo  bibamus.      159; 
und  herzten  und  küszten  nach  lüsten.    212; 
ach  liebchen,  heiszt  das  meiden, 
wenn  man  sich  herzt  und  küszt?    Uhland  ged.  57. 

ausgehend  von  dieser  formel  u-agt  es  Logao,  dem  berzcn  eine 
andere,  geyensätzliclie  bedeutung  xu  küssen  beizulegen,  etwa  die 
der  herzliclien  Zuneigung  gegenüber  der  zur  scliau  getragenen 
Zärtlichkeit : 

viel  küssen,  wenig  herzen, 

arg  meinen,  höilich  scherzen, 

ist  so  des  hofes  spiel, 

das  spielt  man  täglich  viel.    2,  130,  58. 

2)  abgeblaszl  ist  die  bedeutung  von  beizen,  wenn  es  in  bezug 
auf  das  drücken  der  hand  gebrauclU  wird:  diese  ergriff  ihn  bei 
der  band,  berzte  ihm  dieselbige  zum  zengnis  der  begierden, 
womit  sie  ibn  gegenwärtig  empfange.  polU.  slockf.  202 ;  oder 
für  küssen  steht:  als  icb  in  Schelmerode  von  meiner  mutter 
abscbied  nabm ,  ibr  um  den  bals  fiel,  sie  auf  jedweden 
backeii  zu  guter  letzte  dreimal  herzte.  Schelmuffsky  l,  16 ; 
mit  directer  anlehnung  an  die  bedeutung  1  ist  das  wort  bildlich 
gebraucht :  Habacuc  beiszt  auf  deudscb  ein  berzer,  oder  der 
sieb  mit  eim  andern  berzet,  und  in  die  arm  nimpt.  er  tbut 
aucb  also  mit  seiner  Weissagung,  das  er  sein  volk  berzet 
und  in  die  arm  nimpt,  das  ist,  er  tröstet  sie  und  belt  sie 
auf,  wie  man  ein  arm  weinend  kind  oder  meiiscb  berzet, 
das  es  scbweigen  und  zufrieden  sein  solle,  weil  es,  ob  gott 
wii,  sol  besser  werden.  Luther  3,226';  also  bat  auch  bie 
Habacuc  gesehen  das  zukünftig  unglück  über  Jerusalem, 
durch  den  kOnig  zu  Babyion ,  und  tröstet  und  herzet  das 
volk  zum  glauben  und  hoffnunge.  228*. 

HERZEN-  s.  auch  unter  beizens-, 

HERZENAUGENWEIDE,  f.: 

meine  liebste  hat  ein  einziges  geschmeide, 
das  sie  ewig  tragen  will,  der  weit  zum  neide, 
sich  zum  stolz,  und  mir  zur  herzenaugenweide. 

RöcKEai  yes.  ged.  1,  278. 

HERZENBEZWINGER,  ni.  der  die  herzen  bezwingt,  sich  liebe 
erwirbt.  Ki.iscER  theater  4,  234. 
HERZENERFREUERIN,  f.: 

endlich  Cüsterst  du  mir,  herzenerfreuerin  (die  ruhe  ist  an- 
geredel) .  .  . 
deinen  himmel  in  meine  brüst.    IIülti  75  Halm. 

HERZENERQUICKEND,  part.  fievoenc^s : 

dieser  spendete  nun  das  herzenerquickende  leidmahl. 

ISÖRCER  212*. 

vertjl.  herzerquickend. 
HERZENFANG,  ffi.: 

zur  kunst  der  reinen  buhlerei, 
der  kunst  aus  hinterlistgen  blicken 
zum  herzenfang  ein  zaubernetz  zu  stricken  .  .  . 
besasz  die  göttin  kein  geschicke.    Wielano  10,  187. 

vcigl.  unten  herzfiinger. 
HERZENFESZLER,  m.. 

heil  dir,  lächelnder  mal, 
blumcnachöprer, 
berzenfeszler!     Höltt  136  Halm. 

HERZEN FESZLERIN.  f.: 

so  sah  ich  sie,  die  herzenreszlerlu, 

gleich  einem  mailag  mir  zur  seile  spielen. 

SCUILLEH    ''"'    liriulimir   tniu. 

HERZENFLEISCH,  n.; 

da  schürest  du  gott  auT  beste  »< 
ausz  seiner  seile  von  hcrzenneisch 
ihm  eine,  die  sich  zu  ihm  hielt,    nmanlcs  amenles  C. 
irrgl,  herzneiscb. 

HERZENFÜRMIG,   adj.  in  der  form  von  furzen: 

dein  herzenfärmiRs  blatt, 
so  ich,  gelieble  blum,  au  deinen  ^teogcln  sehe. 
ifau'KKs  2,  I«. 
ttrgl  herzförmig. 

HERZENGEL,  m.  gelubter  enget;  dim.   herzengclein : 

•r  ist  «on  flalicbbegierdea  rein. 

wi*  dl«  lieben  beneogclein.    Udrai  19,  U. 


HERZENHAFT,  adj.  wie  herzhaft,  beherzt,  mutig: 

so  wundern  oft  die  sinne  mein, 

wie  ein  weip  so  herzenhaft  mag  sein, 

das  sie  nit  Turcht,  das  es  tu  prechcn.    fasln,  s/i.  226,  24. 

HERZENHAFTIG,  adj.  dasselbe:  der  geist  der  Weisheit  und 
die  erkentnis  goltes  kunst  sei  mit  euch,  herzcnbafliger  bru- 
der.  brief  Tu.  MtiNZERS  bei  Scbmidt,  Juslus  Menius  l,  s.  14!); 
{ich  werde)  so  ein  herzenbaftiger,  unüberwindlicher  beide, 
das  alle  meine  feinde  wider  mich  nichts  kunnen  ausrichten. 
Luther  6,  346'. 

HERZENKÜNDIGER,  «i.;  gott,  der  unbetrogene  herzen- 
kündiger.  Chr.  Weise  erzn.,  vorr.  {nach  ap.  gesch.  1,24:  herr, 
aller  herzen  kündiger),     vergl.  herzens-,  berzkündiger. 

HERZENLEID,  «.  s.  herzeleid. 

HERZENRÄLBERIN ,  f  die  herzen  raubt ,  als  bexekhnmg 
einer  liebe  erweckenden  person.    pcrs.  rosenth.  5, 18. 

HERZENSACH,  »i.  verus,  non  infucatus  planctus.  Stieler  7.' 
vergl.  das  .nibst.  ach  Ih.  l,  162. 

HERZENSADEL,  m.: 
ihr  eitler  durst  nach  rühm  weisz  nichts  von  herzensadel. 

Gotte»  2, 439. 

HERZENSAFT,  vi.:  secht  wie  rauscht  der  wein,  wie  trabt 
er  berein,  das  kan  mir  ein  herzensaft  sein.  Garg.  95*;  dim. 
hcizenseftlin  vom  honig  225". 

HERZENSALBE,  f.  herzstärkende  salbe,  dim.  berzensäible 
vom  wein.  Garg.  95*. 

HERZENSANGELEGENHEIT,  f. :  sie  {die  Schwester)  entdeckte 
mir  eine  herzensangelegcnheit,  die  sie  bisher  sehr  weislich 
verborgen  hatte.  Göthe  19,  307 ;  wechselseitige  erklSrungen 
und  bekenntnisse  tiefer  herzensangelegenheiten.  23, 131;  und 
noch  mehrfach,  z.  b.  24, 196.  25,  247. 

HERZENSANGST,  HERZENANGST,  (..'  wie  er  im  besten 
reden  war,  verdrehete  er  seine  holdselige  äugen,  erblassele 
im  angesicht  und  gab  mit  meiner  groszen  herzenangst  seinen 
edlen  geistauf.  Si'mp/.  2,306  A'ur;;  solche  unertrügiiche  marter 
und  berzensangst.  Ho.hburg  Z)u2cimu»(ia  (i643)  5.46;  man  hat 
nichts  als  berzensangst  mit  seinen  kindern.  Götue  8,192; 

an  so  viel  berzensangst  bin  auch  ich,  armer,  reich. 

Fleming  494,  6,  4  Lappenb.; 
ward  iederman  erschreckt 
durch  so  gehäufte  macht,    doch  liesz  nicht  einer  merken 
die  inner  berzensangst.  A.  Grtpuius  169S   1,  112. 

HERZENSANTHEIL,  m.:  der  Grieche  ist  zwar  im  höchsten 
grade  genau,  treu,  umständlich  in  be^ilireibung  derselben 
(naturscenen),  aber  doch  gerade  nicht  mehr  und  mit  keinem 
vorzüglicheren  bcrzensantlieil,  als  er  es  auch  in  beschreibung 
eines  anzuges  .  . .  ist,  Schiller  1195*  {über  naive  und  sentim. 
dichtung). 

HERZENSÄRM,  adj.:  wie  herzensarm,  wie  verlassen,  wie 
gekränkt  und  einsam  schien  mir  derselbe  mann  ,  den  ich 
am  morgen  noch  glaubte  beneiden  zu  können.  Tieck16,  ist. 

HERZENSAUSDRUCK,  m. : 

da^  ich  gleich  dich  in  der  ersten  stunde, 
ganz  den  hcrzensausdruck  in  dem  munde, 
dich  ein  wahres  gutes  kind  genannt.    Götbk  1,  84. 

HERZENSAUSGUSZ,  «!..•  berzensausgusz  über  volkspoesie. 
Bürger  319*. 

HERZENSBÄNDIGER,  «».  für  geliebter:  Jungfer  muhrae,  ihr 
berzensbändiger  scheint  ein  allerliebster  pcdant  zu  sein. 
Rarenkr  sat.  3,  245. 

HERZENSBANGIGKEIT,  f:  gewisse  hcrzensbangigkeit. 
KoTZEBUE  dram.  sp.  2,247; 

hier  sank  sie  auf  den  sand, 

ganz  malt  durch  lan^'cs  reiten 

und  hcncnsbangigkeitcn.    IICrobi  23*. 

HERZENSBEDÜRFNIS,  n. 

HEIIZLNSBEFRIEDIGUNG,  f.:  zanken  sich  deine  feinde 
unter  einander,  so  liieibc  du  mit  deinem  freunde  in  henens- 
bcfriedigung  stille  sitzen,  pers.  baumg.  1,33. 

HERZENSBEGIERLICH,  adj.:  herzeiisbegirlichc  Zuneigung. 

BUTSCHKV     I'iltlU.    2!l.'.. 

HEHZFNSIlKSITZERIN,  f  gelieble:  ach  meine  einzige  ber- 
zcnslioüilxfiin  I   ll()Miii;nr.   Dulcimunda  (1013)  s.  29. 

HERZENSBETRÜBMS,  f  dolor  animi  acerrimiu.  Stielkr 
2344. 

HERZENSBEWEGUNG,  /.  eigentlich  vom  schlag  des  herzens, 
aber  auch  bildlich  von  der  beurgung  des  gemlits :  jetzt  sind  sie 
der  wiithscburi  schun  gewohnt,  und  werden  ihnen  Jede  ihrer 
benentbewegungen   auf  das  genaiicsle  vorbertagen  kOnocn. 


1233 


HERZENSBEZÄH5IER 


HERZENSFREUND 


1234 


ThOmmei.  4,403;  wie  ich,  überwältigt  von  diesen  eindrücken, 
mich  verliielt  und  benahm,  wüszte  ich  nicht  zu  sagen,  der 
tiefste  grund  meiner  menschlichen  anlagen  und  dichterischen 
fähigkeiten  ward  durch  die  unendliche  herzensbewcgung  auf- 
gedeckt. GiJTHE  26,  2S9. 

HERZE.NSBEZ.lH.MER,  vi.:  sie  (du  'dicMer  der  ncdxoneii) 
sind  die  gewaltigen  herzensbezähmer  und  zauberer,  die  ihre 
güldenen  Stäbe  nie  vergebens  zucken,  und  über  jedes  Zeit- 
alter in  immer  lebendiger  kraft  herrschen.  Bürger  ITs'. 

HERZE.NSBILDÜXG,  f.:  geistes-  und  herzensbildung.  hn. 
lU.  zeiiuiig  1S38,  no.  179,  s.  471. 

HERZENSBLUME,/'.;  ihre  ungeLändigte  tadelsucht  macht 
eine  solche  rauhe  Witterung  um  sie  her,  dasz  keine  meiner 
hcrzensblumen  sich  entfalten  konnte.   Göthe  an  Jacobi  135. 

HERZENSBLÜMCHEN,  fi.  parnassia  paluslris,  das  änblaH. 
vcTgl.  herzblatt  4. 

HERZENSBLUT,  r?.  tcie  herzblut,  sp.  1226 :  gehen  nicht  die 
ädern  der  brüste  auch  aus  dem  herzen,  und  ist,  wenn  man 
es  recht  bedenkt,  die  milch  nicht  das  rechte  herzensblut? 
pers.  baumg.  S,  1 ; 

sie  (unglückliche  liebe)  trinkt  toII  gier  von  unserm  herzensblute. 

HöLTT  172  Halm; 

was  man  mit  frischem  herzensblut 

und  keckem  wolbehagen  tbui, 

das  thut  man  nicht  vergebens.    Voss  (1825)  4,  70;" 

ich  habe  thränen  nicht,  ich  habe  blut, 

der  weiszen  rotbes  heriensblut  vergossen. 

Chaxisso  gedickte  342; 
die  gnade  flieszet  aus  vom  throne, 
das  recht  ist  ein  gemeines  gut, 
es  liegt  in  jedem  erdensobue, 
es  quillt  in  uns  wie  herzensblut.    Uhla!»d  ged.  100. 

HERZENSBRAST,  m.  kummer  des  herzens  {vergl.  brast  th. 
2,30S):  ich  war  kaum  zur  ruhe  zu  bringen,  weil  ich  vor 
Iierzensbrast  nicht  wusle,  was  ich  thäte.  Simpl.  2,306  Kurz; 
(in  dem  gemälde  sieht  man)  dann  den  herzensbrast  der  ihr  kind 
ersticken  sehenden  mutter.  Saxdrabt  acadeniie  1675  2,73; 

ich  vermag  vor  herzensprast  länger  nicht  bei  euch  zu  weilen. 

Ko;(GEHL  IHiönizia  42; 
nur  jeuo  kan  icbs  nicht 
vor  herbem  herzensprast.    64. 

HERZENSBRECHEN,  n.  das  brechen  des  herzens  vor  kummer 
(s/>.  12t0): 

ach  es  ist  ein  bittres  leiden 
und  ein  rechter  myrrheotrauk, 
sich  von  seinen  kindern  scheiden 
durch  den  schweren  todes^angl 
hier  geschieht  ein  herzensbrechen, 
das  kein  muud  recht  kan  aussprechen. 

P.  Gerhard,  an  die  eitern  beim  grab  ihres  kindes. 

HERZENSBRCCH,  th.  ebenso:  wündschende,  das  gott  den- 
selben für  solchen  herzensbrüchen  (wegen  abslerbens  der  ehe- 
frau)  befristlicben  und  bewahren  möge  I  BtiTSCHKT  kanzl.  906. 
HERZE.NSBRUDER ,  m.,  wie  herzbruder  sp.  1227:  so  lasz 
dich  doch  zu  brei  zusammen  drucken,  lieber  herzensbruder 
Moriz!  willkommen  in  den  böhmischen  Wäldern!  Schiller 
räuber  2,  3 ; 

auf,  ihr  wackre  herzensbruder! 

J.  M.  MrLLSR  ged.  159. 
HERZENSBRÜNST,  f.: 
0  mit  wasz  härzensbrunst  und  mit  wasz  andacht  wachet! 
lierr  Ulrich  eben  auch,  in  seufzendem  begin.    Rospler  109. 

HERZENSBRÜST,  f.  brüst  als  das  herz  einschliessend : 
da  spfirt  man  nichts  als  lust 
in  uDsrer  herzensbrusu    Schaor  handwerksl.  103. 

HERZENSBCBCHEN,  n.  aU  kosetrort: 
ein  ritter  ritt  einst  in  den  krieg, 
und  als  er  seinen  bengst  bestieg, 
iimfleng  ihn  sein  fein«  liebchen  : 
leb  wohl,  du  herzensbübchen ! 
leb  wohl,  viel  heil  und  sieg!    Borger  29*. 

HERZENSCHMELZEND,  pari,  die  herzen  erweichend,  rührend: 
hinschmachtend,  herzenschmelzend  sagte  sie  . .  Stcrz  1,  90. 
HERZENSCHÖN,  adj.  von  herzbewegender  schönheil: 

ein  herzenschöns  kind  auszerkorn, 
welches  ich  gfunden  in  dem  walt. 

i.  Atrer  197*  (979,  7  Keller). 
HERZENSDANK,  m.  dank  der  von  ganzem  herzen  kommt: 
ihr  gesalzncs  heringslieer,  gebet  groszen  herzensdank 
ffir  in  Hell-  und  Engeland  aufgerührten  waffensiank. 
LoCAO  3,  249,  179; 
wenn  dein  schOner  herzensdank 
meiner  liebe  grusz  empQnge.    BCrhr  27'; 
nie  kommt  das  wort,  ihr  treuen  väter, 
dem  heiszen  berzcnsdanke  gleich.    Uhlaüd  ged.  $1. 
IV.  II. 


HERZE.NS-,  HERZENDIEB,  m.: 

was  ist  die  lieb? 

ein  tand  der  edlen  geister, 

ein  herzendieb.      Rist  Parn.  275; 

0  weh !  so  weid  ich  deinen  trieb. 

und  willst  doch,  falscher  berzensdieb, 

ins  ebband  dich  nicht  fügen!    BCrgei  29*. 

dim.  berzendiebelein : 

du  liebstes  berzendiebelein.    WiaraiRLr»  774. 

HERZENSDRANG,  m. 

HERZENSDRUCK,  fn.  druck  ans  herz  (herz  I,  2  sp.  1211) : 

A.  geliebte  tochter!  komm  an  meine  brüst! 

E.  mit  diesem  wort,  mit  diesem  herzensdruck 
besänftigst  du  auf  einmal  alles  toben 
der  aufgeregten  brüst.  Göthe  9,368; 

aber   auch  druck,   beängstigung  des  herzens  {sp.  1209):    so  Tiel 

liebe,  so  viel  tbeilnehmung!  so  viel  trefiTliche  menschen  und 

so  viel  hei-zensdruck.    an  frau  v.  Stein  1,  56. 

HERZENSEHR,  m.  tiefer,  aus  dem  herzen  kommender  schmerz 

[vergl.  sehr) : 

das  was  Marie  gotes  mAter  laid, 

si  wainet  von  herzensere.    Uhland  votksl.  838. 

HERZENSEINFALT,  f.  einfalt  des  gemüls  und  der  denktreise: 
Zeineb  sagte  diesz  mit  einer  so  wahren  hcrzenseinfalt,  dasz 
dem  boshaftesten  ausspäher  und  belaurer  des  weiblichen 
herzens  . .  kein  zweifei  möglich  gewesen  wäre.  Wielääd  8,266. 

HERZENSERGIESZUNG,  f.  rückhaltlose  ausspräche  dessen  was 
man  füldl  und  meint :  herzensergieszungen  eines  kunstlieben- 
den klosterbruders.  titel  einer  schrift  von  H.  W.'kCKE!«RODH; 
jedes  ding  bat  seine  zeit,  auch  die  herzensergieszungen. 
Götter  schausfiele  (1795)  s.  255;  {Tieck)  welcher  die  kunst  nttr 
in  der  naiven  herzensergieszung  liebte.  H.  Heine  6, 143. 

HERZENSERGUSZ ,  tjj..-  dazu  kam,  dasz  er  .  .  sich  an 
freunden  betrogen  und  seinen  herzensergusz  ungliicklich  ver- 
geudet hatte.  Göthe  21, 134. 

HERZENSERLEICHTERÜNG,  f.  das  leithtmachen  des  herzens 
{sp.  1210)  durch  rückhaltlose  ausspraclie:  und  nun  folgte  eine 
herzenserleichterong,  die  mit  allen  boldseligkeiten  ehelicher 
Vertraulichkeit  gewünt  war.  Ehcel  Lorenz  Stark  xv. 

HERZENSERNST,  m.  ernst  des  ßhlens  und  denkens:  der 
deutsche  herzensern.«t.  J.  Pacl  Levana  2, 137. 

HERZENSERWARTUNG,  f. :  ein  kloster,  wo  deine  sanften 
herzenserwartungen  und  jene  geheimen  ahndungen  mütter- 
lichen entzückens  einem  götzenbilde  zum  unnützen  weih- 
rauche dienen.  ThI^jdiel  5.  263. 

HERZENSFELD,  n..- 

war  denn  diese  flammenliebe 

freier  Willkür  heimgestellt? 

nein!  den  samen  solcher  triebe 

streut  natur  ins  herzensfeld.    Borger  44'. 

HERZENSFENSTER,  n. . 

ach!  schlösse  sich  einmal  ihr  herzensfenster  auf. 
wie  vielmal  würdest  du  die  seele  zum  verkauf 
und  leichten  preises  sehn.      B.  Neükirch  ged.  IIS. 

HERZENSFIEBER,  n.  heüue.  HEnERicH  1269.     s.  berzfieber. 
HERZENSFLÜT, /:  für  Ikränenslrom : 

er  hob  sein  kind  vom  boden  auf. 
er  liesz  der  herzensfluth  den  lauf, 
und  wollte  schier  vergehen 
vor  wundersüszen  wehen.    BCrger  55'. 

HERZENSFOLTER,  f :  werden  (durch  die  misgunst)  .  .  sol- 
chergestalt auf  die  allerpeinlichste  herzensfolter  geworfen. 
Bltschry  Patin.  9S0. 

HERZENSFRAÜ,  f  herzlich  gelieble  frau,  mhd.  herzevrouwe 
und  herzenvrouwe :  liebe  herzensfrau.  rede  doch  nicht  Tom 
tode.    ich  sterbe  sonst  eher,  als  du.  Gelleht  3.  404. 

HERZENSFREUDE,  f.  l)  freude  aus  ganzem  herzen,  innige 
freude,  mhd.  herzevröude:  das  war  mir  eine  herzensfreude 
a.  m.  im  Tockmb.  123; 

hatten  so  rechte  herzensfreud 

an  dieser  erde  lieblichkeit.     R.  Riinici  tieder  25t. 

2)  name  der  asperula  odorata,  des  wahren  Waldmeister.  Neu- 
niCH  1,  508. 

HERZENSFREUND,  m.  (mhd.  herzevriunt,  herzenmunt) 
homo  alicui  conjunclis.fimus.  Frisch  1, 447* :  ein  aufrichtiger 
herzensfrcund.  Bctschky  kanzl.  82; 

ein  kluger  will  daher,  wie  selbst  ein  bischof  meint, 
nur  einen  beicbiiger,  nur  einen  herzeusfreund. 

Hagedorn  1,  54; 
seinen  nfnd 
mit  herzensfreunden  fortiiisclileichen.    Gökitigk  t,  27; 
Boie,  alter,  trauter  herzensfreuod !    RErger  87*. 

78 


1235 


HERZExNSFREUNDLICHKElT 


HERZENSKÖNIGIN 


1236 


HERZENSFREÜNDLICHKEIT ,  f.:  auf  diesem  gebiete  ist 
seine  ausdauer  und  sein  gesunder  practiscker  hück  nicht 
weniger  benundernsweith,  als  die  Vielseitigkeit  seiner  tlicil- 
naliine  und  seine  milde  und  herzensfreundlichkeit.  preusz. 
Jahrb.  bd.  12,  s.  264. 

HERZENSFRIEDE,  m. ;  wann  er  liegt  herzenfrid  feile,  der 
sich  TÜ  ohne  giosze  notduift  ilsserkeit  geit  (der  Irägl  seinen 
gewonnenen  frieden  gleicham  zu  niarkle,  der  sich  ohne  dringende 
noi  den  äuszern  dingen  hingibt).  Suso  briefe  30  I'regct. 

HERZENSFROMM,  adj.  von  herzen  frorttm. 

HEKZENSFROST,  m.:  der  jeden  mit  hcrzensfrost  ergreift, 
der  ihm  näher  tritt.  Tieck  11,  67. 

HERZENSFÜRCHE,  f.: 

die  hcizcnsfurclic  tiefer  reu.     Lenau  Faust  138. 

HERZENSGAST,  m.  von  licrzen  lieber  gast: 

schlaf,  du  edler  herzensgast  (anrede  der  Maria  an  das  Jesus- 
kind).    P.  Gerhard  7,  4. 

HERZENSGEDANKE,  «i.;  berzensgedanken  und  andacht. 
pers.  rosenlh.  7,  20. 

HERZENSGENUSZ,  m.  geiiusx  den  das  herz  hat:  sie  wissen 
nicht,  dasz  wir  dieser  ..  freundschaft  noch  den  einzigen,  wahr- 
haften herzensgenusz  in  dieser  weit  verdanken.  Klinger  11,265. 

HERZENSGESPRÄCH,  n.  1)  soliloquitm ,  mcdilalio  cordis, 
scelengespräch.  Stieler  2103. 

2)  gesprdcli  das  aus  dem  henen  kommt,  inniges  gespräch: 

deines  lierzeosgespräclis  werd  ich  und  freundesbiicks 
dann  begehren,  und  ach!  umsonst!      IIöltt  03  Halm. 

HERZENSGETÜMMEL,  «..•  vom  heiszesten  herzensgetüm- 
rael  der  hohen  leidenschaften  bis  zur  frischen  besonnenheit. 
Heinse  Ardingh.  2,  97. 

HERZENSGIER,  HERZENGIER,  /:  begierde  des  hcrzens: 

als  wenn  man  dir     mit  herzengir 

all  missethat  erkleret.     B.  Rincwalu  geistl.  lied.  B3'. 

HERZENSGIFT,  n.; 

Zungenhonig,  hcrzensgii'ten, 

jenes  auszcn.  dieses  innen 

lieblich,  tückisch,  führen  künnen.    Locau  1,184,74. 

HERZENSGLAUBE,  ni.  inniga-,  aus  dem  herzen  kommender 
qlaube:  wir  gestehen  es  offen,  dasz  er  uns  in  diesen  letzten 
Jahren  ein  räthsel  war,  eine  . .  in  ihrer  art  einzige  erscheinung 
in  den  reihen  derer,  unter  denen  er  nach  seinem  herzens- 
glanben  . .  vereinzelt  dastand,  neue  ev.  lärclienzeitg.  1867  s.  606. 
HERZENSGRUND,  HERZENGRUND,  m.  grund  des  herzens; 
tn  sinnlicher  auffassung: 

imd  wem  dort  am  besten  dringet 

liederblut  aus  herzensgrund.    II.  IIkine  15,65; 

■  innerstes,  tiefstes  gefühl  (vergl.  herz  sp.  1213) :   im  herzengrund. 
Fischart  bienk.  175*; 

kehr  um  und  halte  fusz  und  gib  uns  zeit  zum  bunde, 
den  wir  hier  richten  auf  von  ganzem  berzengrundc. 

Fleming  521,  23,  7  Lappenberg; 
was  man  liebt  aus  herzengrund, 
kompt  uns  oft  in  sinn  und  mund.    arab.  sprichw.  9; 

tiel  wübli  ihr  im  horzcnsgrund 
der  gram.  Götter  2,  lU; 

ein  süszes  etwas  schlich  zum  berzensgrundc. 

Gries  Tassos  bcfr.  Jcrus.  19,  ül; 
wie  mir«  steht  im  berzengrundc, 
kannst  du  sehn  an  meinem  munde. 

RQcKERT  ges.  ged.  1,  451; 
ich  ehre  die  naiur  in  ihrem  schweigen; 
erfreut  sie  mich  mit  noch  so  leiser  kundo, 
so  dank  ich  ihr  aus  tierem  herzensgrunde. 

LsNAU  Faust  13; 
was  hat  er  ihr  gegeben 
auf  ihren  rotheii  mund? 
die  allerschönsten  küsse 
so  recht  aus  herzensgrund.    R.  Keinick  tieil' 
mutzten  lachen  aus  herzensgrund 
über  die  hüben  klein  und  rund.    s.  253. 

xprtchuijrthcli :  trunkner  mund  redt  aus  herzensgrund,  qiwd 
est  in  animo  sobrti,  id  est  in  lingua  rbrii.  Steinbach   t,  650. 

HERZENSGUT,  HERZENGUT,  adj.  von  herzen  gut:  mein 
herzensguter  freund,  rolica,  vorrede;  er  war  herzensgul  und 
voll  liebe.  J.  Paul  flegelj.  1, 49 ;  sie  war  eine  hcizcnsgule 
«eele,  aber  viel  grUlze  halle  sie  nicht  im  köpf.  Rikhl  cti//ur- 
gesch.  noe.  !J%0. 

HERZENSGin-E,  f.: 

die  armen  schauen  mit  verweinten  blicken, 

Seriihrt,  auf  ihrem  ichutt  des  mitlejd«  blute; 
•r  beneatbaucb  von  euch  wird  ilo  erquicken ; 
der  schönite  frühling  Ist  die  borzensgüie. 

Lr.rtkv  Firiic  i/rit.  24fl 


HtUZt.NSHAMMER,  m.; 
sein  herzensliammer  schlug  (in  der  erregung).     BCrgeii  21V 

HERZENSHAND,  f.  herzliche  begrüszung  durch  handreichen: 
(ich)  erkannte  Slolberg  am  fusz  des  bcites,  und  bot  ihm  die 
lebendige  herzenshand.  Voss  wie  ward  Fr.  Stolberg  ein  unfreier 
s.  47. 

HERZENSHÄNDEL,  ni.  plur. : 

mit  ihnen  {den  muscn),  zephyrn  gleich,  die  unter  bluuien  tändeln, 
zu  scherzen,  prinz,  ist  süsz;  doch  weg  mit  berzensbandeln. 

Gotter  1,  243. 

HERZENSHANG,  «i.:  obgleich  man  im  braulslande  wol 
sehr  viel  von  Sympathie  und  herzenshange  träumt  oder 
schwatzt.  Knigge  umg.  m.  menschen  2,  30. 

HERZENSHARM,  m.  anguslia  cordis.  Stieleb  830. 

HERZENSHÄRTE,  f. :  so  lag  das  nicht  an  einem  rest  von 
rachgier  oder  an  irgend  einer  natüilichen  herzenshärle.  Engel 
Lorenz  Stark  xvi. 

HERZENSHAUCH,  m.  Lenau  neue  ged.  249.  s.  die  stelle  unter 
herzensgute. 

HERZENS-,   HERZENHAUS,  n.  herz  einem  haus  verglichen: 

CS  thräiiet  furcht  und  lieb  in  einem  herzeubatis. 

IIorFiiANPiswALDAU  Rostmunda  s.  67  ; 

(ihr  fnrien)  züngelt  an  das  berzenhausz.    s.  112. 
HERZENSHERZCHEN,  n.  ah  kosewort,  in  der  anrede  an  das 
eigene  herz: 

mein  ist,  mein  die  ganze  weh! 
Iierzchen!  liebes  herzensherzchen ! 
was  begehrst  du,  herzensherzchen? 
I'ordre  nur  die  ganze  weit.    Göthe  II,  138. 

HERZENSHUNGER,  m.: 

was  bin  ich  doch  bemüht  um  alles  zu  erlernen, 
was  nahe  bei  uns  ist  und  was  uns  körapt  von  lernen, 
was  hier  und  da  und  diirt  und  überall  geschieht, 
darnach  ein  geizigs  aug  aus  herzenshungcr  siebt? 

Fleming  31,  10  I^appenberg. 
HERZENSIRRUNG,  f.: 

wcllvcrwirrung  zu  betrachten, 

herzcnsirruiig  zu  beachten, 

dazu  war  der  freund  berufen.     Göthe  4,  4t). 

HERZENSJUNGE,  m.    kosend  in  der  anrede  (lergl.  herzens- 
mädchcn):  herzensjungen!  wir  wollen  viclori!  und  vivat  doctor 
Faust!  durch  alle  straszen  brüllen.  Fr.  Müller  2,119; 
komm,  berzensjung,  an  meine  brüst! 
nun  scheid  uns  nichts,  als  tod !      Borger  47'. 

HERZENSKÄLTE,  f. 

HERZENSKAMMER,  f.  ägentlich  (vergl.  herzkammer): 
da  nämlich  ans  der  linken  seile  der  herzenskanuner  das  geblnt 
mit  einem   recht  gewaltgen   drang  durch  die  arterie  gepreszt 
(wird).    Brückes  9,  'i03. 

bildlich:  sie  suchen  aus  jedem  wort  meines  mundes  einen 
dietrich  für  meine  herzenskammer  zu  schmiden.  Hebbel  Ju- 
dith 4; 

klagt  sanct  Joseph  euren  jammer, 

thut  ihm  auf  die  herzenskammer. 

Ditfurtu  fnink.  volkst.  1,  55'. 

HERZENSKEUSCHHEIT,  f  puritas  menlis  sive  cordü.  Stie- 
ler 957. 

HERZENSKIND,  HERZENKIND,  n.  herzliclt  geliebtes  kind: 
herzenkind,  puer  serlissimus,  amantissimus  Stieler  948;  dasz 
das  herzenskind  diesen  seinen  schätz  verlieren  sollte.  Nie- 
BUHR  leben  3, 114 ; 

wie  oft  habt  ihr,  auf  knie  und  band, 
gcwieKt  mich  und  getragen ! 
wie  ort:  du  herzenskind  I  genannt, 
du  trost  in  alten  tagen!     Bürger  54'. 
s.  herzkind. 

HERZENSKIRCHE,  f.  Überschrift  eines  Spruches  bei  LocAu: 

man  kan  zwar  alle  kirclien  schlüszen, 

doch  nie  die  kirchun  im  gewissen.    2,130,59. 

HERZENSKLAGE,  f  gemitus  curdis.  Stieleb  962. 
HERZENS-,  HERZENKLOPFEN,  ii..- 

hört  auf,  sonst  wird  mir  noch  von  euch  der  tod  getan, 
in  dem  ihr  mir  erweckt  eiu  »olches  berienklopfeu. 

Flihino  535,  100,8  (er  redet  iltre  ttnrinrn  nni; 
nur  ein  tropfen  leise,  loisn 
flel  ans  eines  fasses  spunde, 
und  mit  bangem  herienüklopfcu 
forscht  ich  nach  des  Inutcü  griindo. 

n.  »KiNicK  tirdcr  ms. 
vergl.  herzklopfen. 

HERZENS-,  HERZENKÖNIGIN,  f.  für  die  geliebte,  vgl.  herz 
I,4,<  .»p.  1216:  ein  brief  von  der  band  unserer  herzenskAnigin. 
GöTHB  22, 145;    der   tyrann    vergieszet   seine    kotzebuischen 


1237   HERZENSKRANK  — HERZENSLIEB 


HERZENSLIEB  —  HERZENSNACHT   1 23S 


thiänen  in  der  frontloge  und  der  lüstling  auf  dem  parterre; 

nachher  gehen  beide  heim  und  jener  lockt  den  unterthanen, 

dieser  seiner  herzenkönigin  ganz  andere  ab.  J.  Paul  kom.  anh. 

z.  Tit.  2,51; 

hält  ich  dich  doch  nie  gesehen, 

schöne  herzenskönigin !     H.  Hsimk  15,44. 

HERZENSKRANR.  adj.  von  krankhaftem  gefühl,  kranker  Stim- 
mung: herzens-  und  seelenkrank.  Klinger  12, 10.  verschieden 
von  herzkrank,  s.  d. 

HERZENSKREBS,  m.:  in  allen  hriefen  und  Städten  find 
ich  klagen  über  die  einreiszende  Selbstsucht,  diesen  häsz- 
lichen  brüst-  und  herzenskrebs,  oder  diese  eigentliche  seelen- 
diirrsucht.  J.  P.\ül  jubeisen.  83. 

HERZE.NSKRONE,  /".  als  kosevoH  für  eine  gelieble:  so  lieb 
bist  du  mir,  meine  herzenskrone.  Fr.  Müller  l,  12S. 

HERZEN'SKU.MMER,  m.  angor,  moeror  animi.    Stieler  925. 
HERZENSKUNDE,  f.  künde  vom  herzen,  von  der  Zuneigung 
des  geliebten : 

ach,  die  wahre  herzenskunde, 

liebeshauch,  erfrischtes  leben, 

wird  mir  nur  aus  seinem  munde, 

kann  mir  nur  sein  athem  geben.    Göthe  5,  ISt. 

HERZENSKÜNDIGER,  m.:  sei  dein  eigener  richler  nicht, 
sondern  befihl  es  dem  allerhöchstgetrohnten,  als  einigen 
berzenskündiger:  er  kennet  beides,  den  der  unrecht  getahn, 
ui  auch  den ,  der  es  geduldig  erlitten  hat.  Bltscbr^  kanzl. 
729;  welcher  ein  berzenskündiger  sein  musz,  um  auch  das 
innerste  der  gesinnung  eines  jeden  zu  durchschauen.  Kant 
ü,  269.     s.  oben  herzenkündiger  und  tinter  herzkündiger. 

HERZENSKUSS,  m.  inniger  kuss: 

lang  glaub  ich  noch  den  herzenskuss  zu  fühlen, 
der  mich  entzückt.  Höltt  165  Halm; 

ein  herzenskuss,  den  selber  engel  neiden, 
küsst  ihren  morgenschluramer  wach.      2U0; 
lasi  mich  mit  diesem  herzenskuss,  mein  eigenster, 
dir  aller  wünsche  siege!  auf  die  siirne  drücken. 
Göthe  10,  30. 
HERZENSLAGE,/'.;  in  Halms  Griseldis  scheint  ..  ein  ana- 
tomischer prosector  uns   alle  gemülhsqualen  und  peinlichen 
herzenslagen    mit    scharfem    raesser   auseinander   zu    legen. 
Berl.  lil.  zeitung  1846  .<t.  1138. 

HERZENSLAST,  f.:  wer  sich  etwas  unterfanget,  das  er 
nicht  durchtrieben  hat,  der  wird  aus  furcht  mit  einer  groszen 
lierzenslast  sich  beschweren,  pers.  baumgarten  l,  6. 

HERZENSL.AUNE.  f. :  (ein  freund)  der  es  angemessener  fin- 
det ihren  herzenslaunen  jetzt  nicht  in  den  weg  zu  kommen. 
Rettixe  briefe  1,127. 

HERZENSLAÜTERKEIT,  f.   simplicitas  cordU.  Stieler  I09ö. 
HERZE.NSLEBEN,  n.  das  leben  in  seinem  innersten  sitze  {vgl. 
herz  als  sitz  der  lebenskraß  sp.  1211): 

dasz  jeder  pulsschlag 
von  ihm  nach  meinem  berzensleben  zielt. 

Shakexp.  Macbeth  3,  1, 
that  ererr  minute  of  his  being  thrusts 
against  my  near'st  of  life. 

HERZENSLEERE,  f. : 

von  Schauerbildern  rings  der  blick  umfangen 

im  wüsten  räum  beklommner  herzensleere.    GörnK  3,  27. 

HERZENSLEID,  n.  bei  Logao  für  herzeleid: 
mir,  und  andren  deinen  lieben 
ist  an  deiner  stelle  blieben, 
bei  so  sonst  gehäufter  noth, 
herzens  leid  um  deinen  tod. 

1,182,69  {an  einen  verstarb,  ehegallen); 
was  andren  herzens-woon,  ist  mir  nur  herzens-leid. 

2,  135,  84. 
HERZENSLEJSE,  adj.  leise  in  das  herz  rührender  ort:     <  . 
was  schönes  schwebt  mir  sonst  noch  alles  vor! 
dein  herzensleiser  gang  vom  runden  tisch 
bis  zu  dem  kleinen  sessel,  neben  mir! 
dein  freundlich  wesen,  Zauberin,  wenn  du 
die  schale  tbeiltest  ...      Kl.  Schhidt  poet.  briefe  93. 
HERZENSLICHT,  n.    lumen  cordis.   Stieler  1152.    koseworl 
fiir  die  geliebte: 

....  hier  wo  zu  guter  stunden 

dich  deine  mutter  hat,  mein  herzensliecht,  erzeugt, 
und  mir  zu  dieser  lust  gebobren  und  gesäugt.    Opitz  3,  25. 
HERZE.N'S-,  HERZENLIEB,  adj.  von  herzen  lieb:    ach  her- 
zenslieber gnädiger  herr,  schrie  sie  heulend,  werden  sie  doch 
nicht  80  büse,  lieber  herzens  gnädiger  herr!    Müller  Siegfr. 
V.  Lindenb.  (1790)  3,  94 ; 

Elise  nahm  vom  busen  dich, 
du  hefzensliebe,   traute  blute. 

T.  Stahford  im  Gmting.  musenalm.  1777    .  U'--. 


in  subslantivem  gebrauche: 

wol  mir  das  ich  gefunden  hab 

die  herzenliebst.     H.  Sachs  3,  2,  132*. 

rergl.  herzlieb. 

HERZENS-,  HERZENLIEB,  n.  vas  das  herz  erfreut,  bezeich- 

nung  der  geliebten : 

ein  guckguck  wolt  auszulegen 

lu  seinem  herzenliebe.    Ubland  rolksl.  44. 
s.  herzlieb. 

HERZENSLIEBE,  f  innige  liebe,  mhd.  herzeliebe  tnii  her- 
zenliebe (Lexer  üb.  1,1273):  welches  wir  e.  iden  (liebden) 
aus  beständiger  herzenslibe  birmit  anerwündschen.  Butschky 
kanzl.  529; 

wann  ich  noch  manchen  weisz, 

dem  lieb  kalt  und  heisz 

von  herzenlieb  ist  geschehen,     fasln,  sp.  775,28; 

es  zimpt  wol,  das  es  stet  sei, 

dem  berzenlieb  wonet  pei.    776,  19; 

nicht  deutsch  ist  sie,  nicht  deiner  werth, 

die  herzensiiebe  wimmern  hört 

und  sich  zu  buhlen  wendet.    J.  .M.  Miller  ged.  261. 

HERZENSLINDERUNG,  f.  refrigeratio  cordis.  Stieler  1163. 
HERZENSLOHE,  f: 

fieng  Toll  von  liebesglut  und  berzensloh  zu  glimmen. 

Lobemstein  in  d.  ausertes.  geäicliten  1,252. 

HERZE.NS-,  HERZENLUST,  f.  freude  des  herzens:  herzen- 
lust  cordis  gaudium.  Stieler  1187;  also  hatten  wir  herzenlust 
an  euch.  1  Thess.  2,  8 ; 

und  du  mit  fröud  und  herzenlust 
wirst  s  himlisch  alieluia  singen. 

.\»BR.  Blaarer  vermanung  zuom  n>'-,i>-in  <rr  «i : 
und  lacht  mir  einem  engel  gleich 
ein  kind  an  ihrer  brüst, 
dann  nahm  ich  nicht  ein  königreich 
für  diese  herzenslust.     J.  M.  Miller  ged.  351 ; 

(die  mädchen)  klimmen  an  ihn, 
küssen  ihn  mit  herzenslust. 

Herder  zur  litt.  5,161  {Cid  45); 

verlangen,  begehren  des  herzens,  geu:öhnlich  in  der  formet  nach 
herzenslust,  so  viel  das  herz  verlangt,  mag:  auf  den  plälzeii 
ist  es  an  markttagen  sehr  voll,  gemüse  und  fruchte  unüber- 
sehlich,  knoblauch  und  zwiebeln  nach  herzenslust.  Göthb 
27,  73 ;  worauf  sie  vier  monate  in  Tivoli  zubrachten,  um  da 
nach  herzenslust  die  prächtigsten  gegenstände  der  natur  .  . 
nachzubilden.  37, 123; 

doch  meine  wachtel,  gutes  thier!  spazieret 
nach  herzenslust  auf  dir  herum.     Göki^gk  3,  118. 

HERZENSMACHT,  f.  was  das  herz  vermag: 

ich  rief  aus  aller  herzensmacht.    P.  Gerhard  21,  5. 

HERZENSMÄDCHEN,  n.  herzlich  geliebtes  mädchen :  ja,  her- 
zensmädchen,  ich  habe  mir  immer  eine  Schwester  gewünscht. 
Töpfer  lustspiele  7  (I85l)  s.  86.     vergl.  herzensjunge. 

HERZENS.MANN,  m.  von  herzen  geliebter  mann,  in  kosender 
anrede  (i^ergl.  herzensfrau) :  nun  bin  ich  dich,  herzensmann, 
lasz  essen  und  alles  sein  und  mach  dasz  du  hinkömmst. 
Engel  Lorenz  Stark  xv. 

HERZENSMEINUNG,  f.  eigentliche,  innerste  meinung  und  Über- 
zeugung: ich  wolle  schreiben  lassen  und  zwar  von  einem 
guten  freund,  der  meine  herzensraeinung  verwunderlich  ausz- 
drücken  und  zu  papier  bringen  kan.  das  bärl.  frauenzimmer  13 ; 
Lavater  benahm  sich  vernünftig  und  klug,  nur  dasz  er  seine 
herzensmeinungen  nicht  verbergen  konnte.  Güthe  26,283; 
die  Schriftsteller,  die  unter  censur  und  geisteszwang  aller 
art  schmachten  und  doch  nimmermehr  ihre  herzensraeinung 
verleugnen  können.  H.  Heine  6, 147;  ich  hoffe,  sie  sind  über- 
zeugt, dasz  ich  der  wackern  dame  nur  sagte,  was  wahre 
herzensmeinung  war.  Frevtag  handschr.  i,  167. 

HERZENS-,  HERZENMÜT,  m.  gefühl  des  herzens,  inniges 
gefühl: 

frolokt  aus  härzenmi'it.    Mblissds  pt.  A5'; 
aus  härzenmüt  got  suchte.    N8^ 

HERZENS-,  HERZENMUTTER,  f.  herzgeUebte  mutter:  ach 
Eva,  traute  zitternde  herzensmulter,  das  sind  wir!  Fr.  Müller 
1,  102;  süsze  herzensmulter,  dein  vergessen  kann  ich  nicht. 
354; 

herzenmutter,  gute  nacht, 
esz  ist  alles  Tollenbracht.    Rist  Pam.  773. 
s.  herzinutler. 

HERZENSNACHT,  f.: 

das  abendroth  bedeutet  scheiden 
und  berzensnacht  und  herzensweh. 

H.  Heine  tupplem.  bd.  4S. 

78* 


1239     IIERZENSNEIGUNG  —  HERZENSSCIILAG 


HERZENSSCHMEUZ  —  IIERZENSSTGSZ      1240 


HERZENSNEIGUNG,  f. : 

(Jas  licht  der  i'iberzeugiing 

ist  heitres  forschens  lohn. 

doch  schwüle  herzensneigung 

heiszt  dir  religion. 

Voss  5,  290  (an  einen  verirrenden). 
HERZENSNOTH,  f. : 

mitten  im  getümmel  mancher  freuden, 

mancher  sorgen,  mancher  hcrzensnoth, 

denk  ich  dein,  o  Lottchen.      Güthb  1,  84. 

HERZENSPEIN,  f.:  wie  viele  herzenspein  mocUte  dieser 
mantel  decken,  darein  sie  sicli  liüllte.  Riehl  cuUurgeschkhtl. 
nov.  364; 

was  herrscht  doch  für  ein  hitzger  stern ! 

er  zehrt  mir  recht  am  Innern  kern 

und  macht  mir  herzenspein.    Uuland  gcd.  67. 

HERZENSPFAND,  n.; 

erwerben  werd  ich  reiches  gut 

an  kleinen  herzenspTändern ; 

und  prangen  wird  mein  stab  und  hut- 

mit  rosen  und  mit  bändern.     Bürger  117'. 

HERZENSPFORTE,  f.: 

die  Junggesellen 
wie  können  sie  uns  lallen : 
sie  klagen  ihre  pein, 
Versätzen  zuckerworte, 
bisz  uns  die  herzcnspforie 
wird  gar  genommen  ein. 

GöRiNG  liebesmeyenblühmlein  (1654)  s.  103. 

HERZENSPLAGE,  f.:  lierzens-  sive  seelenplage,  afßidio 
animi,  cordis  tristüia,  palpilalio  cordis.  Stiei.er  145«. 

HERZENSPRÜFUNG,  f.:    icli    daclite,    dasz  icli  niclit  zur 
Untersuchung  und  herzensprüfung  berufen  sei.  Göthe  19,330. 
HERZENSPUPPE,  f.:    komm  junge!    lierzenspuppe !    Fr. 
Müller  2,  118. 

HERZENSQUAL,  f.  anguslia  cordis.  Stieler  1487; 
(der  schlaf),  das  frische  bad  der  wundenvollen  brüst, 
das  linde  öl  Tür  jede  herzensqual.    Schiller  ilacb.  2,5. 

HERZENSREGEN,  n.  das  regen,  bewegen  des  herzens  : 
mit  wie  leichtem  herzensregen 
horchet  ihr  der  glocke  nicht, 
die  mit  zwölf  bedächtgen  schlagen 
ruh  und  Sicherheit  verspricht!     Göthr  19,  197. 

HERZENSREGUNG,  /".  a/fedus,  affedio  cordis.  Stieler  1567. 
HERZENSREINHEIT,  f.  reinheü  der  gesinnmg  und  des  ffili- 
lens.  Götter  3,  lxiv. 

HERZENSREINIGKEIT,  f.  dasselbe: 

wenn  Unschuld,  treue,  herzensreinigkeit' 
auf  erden  irgend  wohnt  —  auf  ihren  lippen, 
in  ihren  klaren  äugen  musz  sie  wohnen! 

ScuiLLSR  Jungfrau  5,  7. 
HERZENSREST,  »71.    ende,    lödlliche   Verletzung    des  innern  : 
ein    sciireck,   der   ihr  den   letzten    herzensrest  gab.   Hippel 
lebensl.  2,  2S0.     vergl.  den  rest  geben  unter  rest. 

HERZENSRISZ,  m.:  denn  e.  gn.  altgeschlagene  herzwonde, 
kümmerlich  in  etwas  überheilet,  durch  neuen  herzensris 
gleichsam  wider  geüfnet  und  aufgebrochen  wird.  Rutscuky 
kanzl.  854;  auszerhalben  {auszcr)  meinem  groszen  herzens- 
risz  und  leiden,  wegen  meiner  lieben  frau  mutler  absterben, 
hat  es  mir  wohl  gegangen.  Schweinichen  1,  62. 
HERZENSRÖHRE,  A . 

sollst  fTihlen,  wie  das  blut  in  allen  herzensröbren 
beim  Teuer  deiner  küsse  kocht. 

GöKiNci  lieder  zweier  lieb.  (1779)  s.  19. 

HERZENSROSE,  f.  innig  gelieble  rose: 
0  herzensros,  0  schönste  blum, 
ach  wie  so  köstlich  ist  dein  rühm.    I>.  Geruard  21,6. 

HERZENSRUHE, /■.;  wuste  dieser  geldbegierige  man  nicht, 
dasz  der  schätz  der  herzensruhe  nirgends  als  in  dem  winkel 
der  Vergnügung  zu  finden  sei?  pers.  baumgart.  0,13; 

so  wechselt  dann  die  sorgen 

in  stille  hcrzensruh, 

und  glaubt  gott  schicke  morgen 

euch  neue  wolfahrt  zu.      Opitz  2,  136. 

HERZENSSACHE,  f.  Iirrzetuangelegenheü. 
IIERZE.NSSCHATZ,  m.  schätz  des  herzens,  ein  koscwort:  sel- 
bige mich  ihren  herzensschatz  ncnnelc.  che  eines  mannet  389. 
HERZENSSCHLAG,  m.  sddag,  pochen  des  herzens: 

ruf  ich  mit  lauter  nimm  und  vollen  herzensschlfigcn. 
TuCmhil  2,  113; 
sah,  uriti^rm  iiic(l(!rii  hüttendach, 
der  »cli   '  'I  preis; 

und  pl'  ,r  lein  herzensschlog 

wol  noi !       :  ;,        .j  helsi.     llöLir  14  Ualm; 
doch  stöhnt  er  lel«,  und  schwache  hcrtcnsschltgo 
verkBnden,  daii  nicht  ganz  sein  leben  schwand. 

Griii  Tatto»  befr.  Jerut.  12,  73; 


leb  wohl!  leb  wohl!  mit  dumpfen  hcrzoiisschlägen 
hegrüsz  ich  dich,  und  folge  meiner  pdicht. 

Körner  tcicr  u.  schwert  35, 
so  bin  ich  dein  mit  jedem  herzensschlage, 
dasz  ich  für  dein  recht  alles  unrecht  trage. 

lioDKNSTKDT  Sliakesp.  sonnette,  volksatisg.  no.  39. 
in  erregung,  angst : 

0!  der  ungeduldgc  geist 
wird  auf  der  folter  der  crwariung  liegen, 
und  dieses  raumes  ungeheure  länge 
mit  angst  ausmessen  und  mit  herzensschlägen. 

Schiller  C68  (Uemetr.  1); 
für  regung  des  herzens,  antrieb: 

denn  0!  was  half  der  väter  sage 
beim  Ariost  und  beim  Ovid  ? 
sie  folgten  ihrem  herzensschlage, 
und  sangen,  trotz  dem  zwang!  ihr  lied. 

GÖKINGK  1,  194. 

vergl.  herzschlag. 

HERZENSSCHMERZ,  m.  cordolium.  Stieleb  1864. 

HERZENS-,  HERZENSCHREIN,  m.  und  n.  l)  herz  unter  dem 
bilde  eines  Schreins :  secht,  solch  fürtugenden  lieszen  sich  inn 
disem  des  Socrates  unachtsamen ,  und  nicht  auf  aronisch 
verprustlatztem  herzenschrein  finden.  Gary.  20';  die  alte  dame 
fand  auch  eine  kleine  dosis  guten  willens  in  ihrem  herzens- 
schrein ,  sich  ihrer  nichte  anzunehmen.  Siegfr.  v.  Lindenberg 
2,33. 

2)  Schrein  der  die  herzen  birgt,  zußucht  der  herzen:  sonder 
ir  rö.  {römische)  Leviten  hebt  dise  rö.  arch  hoch  auf,  traget 
disz  herzensscbrein  und  bundslade  hoch  empor.  Fischabt 
bienk.  135*. 

HERZENSSCHRIFT,  f.:  es  ist  durchaus  keine  scbmälerung 
der  autorität  dieser  {der  heiligen)  schrift  in  buchstaben,  dasz 
sie  zuerst  die  herzensschrift  in  den  aposteln  und  den  apo- 
stolischen miinnern  war.  Kritzler  humanüät  und  christenth. 
2, 194. 

HERZENSSCHULD,  f.: 

den  henker  scheut  fast  jederman,  fast  niemand  das  gewissen, 

da  jener  doch  nur  augenschuld,  disz  herzensschuld  musz  büszen. 

LooAU  1,  214,  93. 

HERZENSSCHWÄCHE,  f.: 

es  gehn  der  sanften  braut  verrauchte  herzensschwächen 
dem  klugen  bräutigam  nichts  an.  Götter  3,  303. 

HERZENSSCHWELLER,  m. . 

steht  irgendwo  verpicht  im  keller 

ein  ehrenwein,  ein  herzensschweller.    Voss  4,  246. 

HERZENSSCHWESTER,  f.  herzlich  gdicbtc  Schwester,  in  kosen- 
der anrede.  Weise  polit.  rcdner  (1684)  319.    vgl.  herzensbruder. 
HERZENSSEUFZER,  m.  plandus  et  suspiria  cordis.  Stieles 
2013.  Klinger  10,  93. 

HERZENSSOHN,  »1.  herzlich  geliebter  söhn.  dim.  herzens- 
söhnchen: 

schlaf  herzenssöhnchen!  mein  Hebung  bist  du! 
vergl.  herzenstochter. 

HERZENSSONNE,  f.  kosende  anrede  an  die  geliebte,  und,  wie 
in  dem  folgenden  beispiele,  auch  an  den  geliebten : 
bist  mir  Willkomm,  0  meine  wonn ! 
mein  morgenstern  und  herzenssonn. 

GöRiNC  liebesmeyenblühmlein  (1654)  s.  81. 

HERZENSSTÄRKER,  ni.  der  das  herz  (I,  3  sp.  1211)  stärkt, 
volksmäszigc  bezeichnung  des  branltteins:  wenn  es  auch  nur 
manchmal  ein  pfund  kaflee  oder  ein  Häschchen  herzensslürkcr 
ist.  Töpfer  ius/.«piWe  5  (l843)  s.  128. 

HERZENSSTICH,  HERZENSTICH,  m.:  herzenstich,  dolor 
acutus  quem  cor  scnltl ,  vcrba  quae  aninium  fodicanl.  Frisch 
1,447':  vermerken  dasz  eins  dem  andern  die  empfindlichsten 
herzensstiche  mit  Worten  und  gebärden  versetzte.  Felsenb. 
2,  361.      vergl.  herz  sp.  1209. 

HERZENSSTIMME,  f.:  das  chrbitige  stilsweigeo,  mit  wel- 
chem di  beiden  ihren  gottern  durch  innerliche  herzens- 
stimme  zu  huldigen  gemcinel.  Rutschky  kanzl.  42. 

HERZENSSTOSZ,  m.  auimac  concussus.  Stikler  21SI.  der 
tod  gibt  ihn,  wie  sonst  die  kranklieit  {vergl.  das  herz  abstoszen 
sp.  mo):  nun  kam  der  letzte  herzcnsstosz;  der  ganze  körpcr 
zog  .sich;  er  sticsz  einen  schrei  aus;  nun  war  or  verschie- 
den. Slillings  jagend  (1777)  .>!.  160;  im  sjncl  der  frau  Jullrn  rr- 
theilt  der  tod  ihr  drei  schlage: 

nim  hin  den  »chlag  b«l  dai  ohr  lu  hand! 

so  wird  dir  wol  bekand, 

wnrumb  Irh  bin  geschickt  lu  dir  .  .  . 

darnach  linh  ilir  den  hortenitoiz  I 

XU  wdrdPAt  du  di^s  todflt  genonz  .  .  . 

nu  srliLig  ich  dich  nHf  iIrIiiimi  kragen 

und  gnbn  dir  den  leinen  Hrlilug 

und  achlaf  bis  an  den  jitiig^ucn  tag!    fasln,  np.  936,27. 


1 24 1     HERZENSSTRAFE  —  HERZENSVETTER 


HERZENSVOLL  —  HERZENS^\^JNSCH     1242 


in  andern  quellen  nur  noch  ah  bild  ßr  sclttceres  leid  oder  be- 
drängnis:  dem  der  sich  mit  den  wellen  hernmarbeitet ,  ists 
wohl  der  schlimmste  herzensstosz,  wenn  der  willige  am  ufer 
nicht  kräfte  genug  hat,  alle  zu  reden,  die  der  slurm  gegen 
seine  küste  treibt.  Güthe  bei  Scholl  166 ; 

ein  junger  stirbt  mit  lust, 
weisz  nicht,  was  seelenangst  und  herzensstösze  heiszen. 

Fleming  39,  11  Lappenb.; 
da  du  dich  sprachst  der  ehre  los, 
gabst  mir  den  schwersten  herzensstosz.     Göthk  12, 19S. 

rcrol.  unten  herzsfosz. 
HERZENSSTRAFE,  f.: 

so  schliesz  aus  meiner  ruh,  wie  vielen  herzensstrafen 
der  Schlaukopf  (Amor)  sich  entzieht.         TücxaEL  5,  2S4. 

HERZENSTAND,  m.  land  der  dem  herzen  theuer  ist  oder  war: 

halb  zerrissene  billette, 

längst  vergeszner  herzenstand.     II.  IIei<(e  IS,  145. 

HERZENSTHOR,  n.: 

steiget  auf,  ihr  alten  träume! 

öffne  dich,  du  berzensthor!    H.  Heise  1,  18. 

HERZENSTHRÄNE,  f.: 

sah  ich  dich  nicht  mit  heiszen  herzensthränen 

als  knabe  schon  nach  mir  dich  eifrig  sehnen?    Göthb  1,4; 

von  wölken  streifenhaft  befangen 

versank  zu  nacht  des  himmels  reinstes  blau; 

vecmagert  LIeicb  sind  meine  wangen 

und  meine  herzensthränen  grau.     5,  1S4. 

HERZENSTIEFE,  f. :  in  die  herzenstiefe  einer  prinzessin 
blicken    Tbümmel  3,  508. 

HERZENSTOCHTER,  f.  herzlich  geliebte  lochler.  ditn.  herzens- 
lüchtercben:  anhören!  dich?  liebs  herzenslöchtercben !  ich 
hoff,  ich  will  'ch  (dich)  hören,  so  lang  als  'ch  (ich)  lebe.  Bodi 
Thomas  Jones  C,  27. 

HERZENSTRAÜER,  f.:  uns  alle  in  tiefer  herzenstrauer 
fand.    GöTHE  31,196. 

HERZENSTRAULICHKEIT,  f.:  entschJossen  alles  zu  ver- 
lassen, um  in  süszer  herzenstraulichkeit  mit  einander  zu 
leben.  Stoiberg  3, 158 ; 

so  schwindet  freundlich  uns  die  zeit 
in  süszer  herzenstraulichkeit.     1,  349. 

HERZENSTRAUT,  HERZENTRAÜT,  adj.  herzgeUebt;  in  sub- 
stantiver Verwendung  als  anrede: 

mein  herzentrawt,  als  was  ir  yolt. 

H.  Sachs  3,  2, 143". 

HERZENS-,  HERZENTREÜ,  adj.  und  adv.  von  herzen  treu: 

selig  ist  ein  solch  land  und  statt 

die  solch  treue  oberkeit  hat, 

darausz  ir  alles  guts  erwachsz 

ganz  herzentrew,  so  spricht  Hans  Sachs. 

IL  Sachs  4,  2,  88*. 
HERZENSTREUE,  f.: 

ich  von  namen  wol  bekanter,  gar  nicht  fremder  von  gemüte, 
trete  bei  mit  meinen  freuden  deinen  freuden,  nicht  ausz  bitte, 
sondern,  freund,  ausz  herzenstreuen.  Logad  3,83,48. 

HERZENSTRIEB,  m.  antrieb  des  herzens,  geßhls. 
HERZENSTROST,  HERZENTROST,  m.  l)  animae  solalium. 
Stieler  2443; 

das  kan  Lyäus  tun,  der  starke,  der  bezwinger, 

der  luslfreund,  herzenstrost,  geistneger,  sinneiidringer. 

FiKBisc  148,  18  Lappenherg. 

2)  menlha  sylvestris,  wilde  münze.  Nemnich  3,  554.  spielend 
mit  dieser  und  der  vorigen  bedeutung: 

das  blümli  das  ich  meine, 
das  ist  rosinenrot, 
ist  herzentrosi  genennet, 
auf  breider  heid  es  stat.     ümiHD  voUul.  109; 
in  kosender  anrede: 

seit  gotiwillkumb,  mein  tausend  freüd, 
mein  liebstöckel  und  mein  bolterdrüssel, 
mein  herzentrost  und  roscnpüschel, 
mein  tausentschön,  mein  augenlusi! 

Atrer  381*  (1912,  35  Keller). 
HERZENSTÜCKE,  f.:   bis  zu  der   iezten  todesstunde,    da 
alle  herzenstücken  offenbahr  werden.  Bütschsy  Palmas  129 

HERZENSVATER,  HERZENVATER,  m.  heriüch  geliebter  valer, 
in  kosender  anrede,  herzenvater  Scriver  seetefwcA.  2, 284.  x.  herz- 
vater. 

HERZENSVERDRÜSZ,  m.:  sie  läszt  sich  doch  von  mei- 
nem herzensverdrusz  nichts  merken?  Gotter  tcAatuprVk (1795) 
j.  228. 

HERZENSVETTER,  m.  Iterzlich  »cliehter  vrUer.  Gott  er  3  478. 


HERZENSVOLL,  HERZENVOLL,  adj.  voll  gefühl,  vergl.  vol- 
les herz  sp.  1213: 

sie  aber  lächelt  höhnisch,  flieht, 

und  spottet  meiner  zähren; 

und  will  das  berzensvolle  lied 

von  ihrem  reiz  nicht  hören.    J.  M.  Miller  ged.  16 

{des  Jünglings,)  der  in  herzensvoller  spräche 

liebe  gesteht  und  um  liehe  schmachtet.    88. 

auch  aus  vollem  herzen  kommend,  herzlich: 

aus  deutscher  herzensvoller  lache.    Klopstock  12, 186. 

bezüglich  des  gesichls,  das  volle  herz  widerspiegelnd: 

dein  heller  blick, 
dein  froh  und  herzenvoll  gesiebt  ist 
freunden  der  tugend,  und  deinen  freunden 
nur  liebenswürdig.       1,  9. 

HERZENSWACKER,  adj.    wacker  von   herzen,   mit  wackerer 
gesinnung  versehen :  du  bist  ein  herzenswackerer  alter.  Schrü- 
nER  dram.  werke  1,  244. 
HERZENSWEH,  adj.: 

das  herzenswebe  seufzen 
macht  mich  so  lasz  und  matt,  dasz  ich  auch  kaum  kan  geufzen. 

FLEai:<G  4,  17  lAippenberg. 

HERZENSWEHE,  HERZENWEHE,  n.  körperlich  und  seelisch 

verstanden:  (mein  aller  bringt  mir  knechte,  d.h.  gebrechen,)  und 
so  die  knecht  klingsor,  kopfwe,  hendwe,  herzenwe  etc.  wie 
si  genant,  an  irer  arbeit  seind.  Hass  v.  Leonrodt  liymelwag, 
Augspurg  1517,  Piij;  gesegneten  einander  mit  heulen  und 
weinen ,  auch  bitterlichem  herzenweh ,  dasz  sie  im  leben 
muszten  gescheiden  sein.  6.  d.  liebe  216';  es  ist  besser  ster- 
ben, als  bei  herzenwehe  leben,  pers.  baumgart.  7,22; 

jetzt  in  der  kammer  zagt  die  braut 

und  zuckt  vor  herzenswehen.    BCrger  52'; 

untröstbar  reist  ich  ab,  mit  meinen  herzenswehen, 

doch  wohlgetröstet  kam  ich  an.    106"; 

Petrarcas  liebe,  die  unendlich  höbe, 

war  leider  unbelohnt  und  gar  zu  traurig, 

ein  herzensweh,  ein  ewiger  charfreitag.    Göthe  2,  18. 

HERZENSWEIDE,  f.: 

süszer  anblick!  seelenfreude! 

augenweid  und  berzensweide !    Göthk  11,  136. 

HERZENS-,  HERZENWENDERIN,  f.  bezüglich  der  gOtlin  der 
liebe : 

wann  Venus  selber  kömmt, 
die  herzenwenderin.        Opitz  1,90; 

0  grosze  herzenswenderin  !    Lohenstb»  Arm.  2, 1417*. 

HERZENSWILLE,  m.  animi  voluntas,  desiderium  cordis.  Stie- 
ler 2537. 

HERZENSWILLIG,  adj.  cordiaüs,  sinurus,  serio  promlus 
Stieler  2538: 

mein  ganzes  paradies  steht  ofTen. 

die  offnen  arme,  sonder  iwang, 

was  lassen  sie  wohl  anders  hoffen, 

als  herzenswilligen  empfang?    Borger  26'. 

HERZENS-,  HERZENWIND,  m.  für  den  seufzer.  Spkk  Irulx- 
nachtigall  176. 
HERZENSWONNE,  f. : 
wolan !  so  bitt  ich  gott,  dasz  er  an  vatters  statt 
euch  sammtlich  schützen  woll ,  und  dir  ein  langes  leben 
auf  kindes  kind  hinausz  mit  härzenswonne  geben. 

Roipler  139; 
was  andern  herzenswonn,  ist  mir  nur  herzensleid. 

LoGAU  2,  135,  84. 

HERZENSWÜNDE,  f. :  aber  an  dem  beispiele  dieses  müd- 
chens  mögen  die  frauen  lernen,  dasz  ein  redliches  gemüth, 
hätte  sich  auch  der  geist  durch  eitelkeit  oder  wirklichen 
Wahnsinn  verirrt,  die  herzenswunden  nicht  unterhält,  die  es 
nicht  heilen  will.  Götbk  21,88; 

der  augenblick  heilt  jede  berzenswunde. 

Schiller  Turandot  5,  2 ; 
in  stiller,  wehmuthweicher  abendsiunJc 
umklingen  mich  die  längst  verscholinen  lieder, 
und  ihränen  nieszen  von  der  wange  nieder, 
und  blut  entquillt  der  alten  berzenswunde.     H.  IIeihi  15,81; 
Marie,  dir  bring  ich  ein  wachsherz, 
heil  du  meine  nerzeoswund.    197. 

HERZENSWUNSCH,  m. ;  ihren  herzenswunsch  erhalten. 
Chr.  Weise  kl.  leute  143; 

doch  steht  dein  bechcr  beständig 
angefüllt,  wie  der  meine,  nach  herzsnswunscbe  zu  trinken. 

Ilias  4,263; 
wenn  er  glühwein  trinkt  und  punsch 
oder  grog  nach  herzenswunsch.    H.  Hirai  18,  324. 


1243 


HERZENSZERKNIRSCHUNG 


HERZFREUNDLICII 


1-244 


HERZENSZEHKNIRSCHUNG,  f.:  wer  von  den  ersteren 
quälen  und  plngen  {unter  einem  despotischen  tieiben)  eine  be- 
schreibung  machen  wollte,  der  müszte  von  ganz  unfaszlichen 
leiden  reden ,  von  nahmenlosen  wunden  der  seele,  geisles- 
zermalmungen,  herzenszerknirschungen.  Kuncer  11,80. 

HERZENSZUG,  «i.  zng,  trieb  des  herzens. 

HERZENSZUSTAND,  m.  zustand,  beschaffcnheU  des  heize'ts, 
ü/s  sitz  des  gefühk.  bezüglich  eines  verliebten  MCller  Siegfr.  v. 
Undcnb.  (178-4)  1,329. 

HERZENSZÜVERSICHT,  f.:  der  glaube,  den  die  römische 
kirche  allenthalben  vurausselzt,  ist  ein  bloszes  fürwahrhallen 
des  Verstandes  und  keine  herzenszuversicht.  Grali.  die  unter- 
scheidungslehren  s.  3i. 

HERZENS-,  HERZENZWANG,  m.: 

0  grosze  majestät,  o  süszer  herzenzwang. 

Weckheblin  6C7; 
die  ruh  so  (Irr  nicht  scheuet, 
den  wankeUnuih  nicht  reuet 
und  herzcnszwang  darzu.    Okitz  2,  78. 

HERZENSZWINGEND,  part.: 

wenn  nun  der  theure  Sillm,  der  würdge  hürgermeislor, 
durch  berzenszwingende  beredsnmkeit 
des  groszen  Carls  mit  recht  erzürnte  geistcr 
besänrtigt  und  gestillt.      Drockes  1,  456; 

es  sieht  ungeschickt  für  herzenzwingend. 
HERZENTWEIHEND,  part. : 

was  für  herzentweihende  gebilde 

stellen  sich  mir  allenthalben  dar!    liikcER  99'. 

HERZENTZÜNDET,  part.; 

mit  lierzentzündeten  geberden.    Weckheblin  584. 
HERZENVEREIN,  m.: 

als  mutter  der  holdaul1>lühenden  kinder,  als  gatlin 
und  abs  Freundin  zugleich,  |im  seligen  herzenvereine. 

Pjrker  Tunis.  8,  227. 
HERZENZÄHMERIN,  f. : 

nun  schläTt,  bei  andern  musensöhnen, 

die  sanTte  herzenzabmerinn  {eine  Schauspielerin). 

GoiTER  ged.  \,  122  (82). 

HERZENZÜMPLEI.N,  u.  kosc^vort  für  einen  klänen  menschen 
(zümpicin  =  penis):  wir  werden  wo!  heut  schön  sein,  also 
schön  hat  uns  disz  lustig  herzenzümpclin  auszgezwagen. 
Garg.  135'. 

HERZER,  m. :  denn  Habacuc  heist  auf  deudsch  ein  her- 
zer, oder  der  sich  mit  eim  andern  herzet,  und  in  die  arm 
nimpt.  Luther  3,226';  s.  die  volle  stelle  unter  herzen  sp.  1231. 

HERZERBSE,  f  cardiospermum.  Nemnich  2,  809. 

HERZERDRÜCKEND,  pari.:  es  war  ein  herzerdrückender 
anblick ,  der  unschuldige  wurm  mit  feinen  zügen  und  be- 
wegungen  in  lumpen  und  mit  roth  cingcrunzeltcn  äugen : 
J.  Paul  uns.  löge  l.  76. 

HERZERFREUEND,  partr: 

wie  an  den  wellen  des 
herzerfreuenden  Rheins  schwellen  die  reben  hier. 

Stolberg  l,  323; 
nachdem  er  gesprengt  des  herzerfreuenden  weines. 
Odyssee  18,  151. 

HERZERFHEULICH,  adj.:  herzerfreulich  ist  meines  vil- 
gcehrten  herrn  wohlfährigkeit  mir  zu  vernehmen  gewesen. 
UüTscuKY  kanzl.  2;  förwündschung  herzerfreulichen  wolslan- 
des.  21 ;  vorwündschung  alles  herzerfreulichen  Wohlergehens. 
77 :  schall  der  nacht  {ein  lied).  wird  gesungen  herzecfreulich 
sein.   GöTHE  33,  192. 

HERZERFREUT,  part.:  in  herzerfreuter  anverwündschung 
glucklicher  jiihrcszeilcn.   Butschky  kanzl.  631. 

HERZERFRISCHEND,  part.:  welcher  dapferer  soldul  wolt 
ohne  der  {lies  uie)  süsze  herzerfrischende  ehr  vor  land  und 
leut  wider  den  feindt  streiten?  Lebmann  178. 

HERZEHGIESZUNG,  f.:  in  dem  wolkenbVuch  von  herz- 
ergicszung.  J.  Pa«l  uns.  löge  2,106;  es  war  also  thörichl, 
dasz  er  eine  durch  so  viele  kleine  gallcrgieszungen  erbitterte 
freundin  durch  eine  grosze  berzcrgicszung  wieder  zu  gewin- 
nen iioffle.    J.  Paul  Siebenkdt  3,  88.   —  s.  herzcnsergieszung. 

HERZERGREIFEND,  pari. :  ah  ich  aus  Falkenau  zu  fusz 
mit  freunden  herausging,  fand  ich  ihn  auf  meinen  pfaden 
in  seinem  «esselHägcIchen  zusammengekrümmt,  ein  herz- 
ergreifender anblick;  denn  gekauzt  wie  er  war,  hätte  man 
ihn    mit    cineui    mliszigcn    cubus    bedecken    können.    Götuk 

4'.,  'in. 

HERZERHEREND,  pari.:  «u  wai  liubes,  bcrzerbebendes, 
wie  wehn  im  bäum  de«  lehrns.  Fk.  MDllbr  3, 347 ;  in  diesen 


mehr  drückenden  als    herzerhebenden    augenblickcn.    Göthe 
26,287;    {ein  lied)  recht   groszmülhig,    Lerzerhebend ,   wenn 
man  in  den  sinn  eindringt.  33, 188 
HERZERHEITERND,  pari.: 

—  die  sSule  des  ranchs,  der  dort  mich  zu  freuden  des  lebens 
ladet  im  kreise  der  lieben,  beim  herzerheiternden  Testmahl. 

PifRKER  Tunis.  7,  576. 

HERZERHOBEN,  part.:  dann  isls  vorbei,  bis  wir  wiedei 
im  winter  den  anfang  eines  mährchens  herzerhoben  hören* 
'es  war  eben  in  der  schönen  blütezeil'.  J.  Paul  Tit.  3,  20. 

HERZERQUICKEND,  pari.:  herzerquickender  freund,  pers 
baumg.  4,  2 ;   die  herzerquickende  sonne.  Fr.  MtiLLER  1, 10. 

HERZERQUICKUNG,  /".  instauratio  animi.  Stieler  1492. 

HERZERSCHÜTTERND,  pari.:  welch  ein  abenteuer!  .. 
und  doch  so  herzerschütternd  in  seinem  ende!  ThCmmel 
3,331. 

HERZERWEITERUNG,  /■.  erweiterung  des  herzens,  eine kranklteit 

HERZET,  adj.  carus,  dilectus,  wol  aus  herzecht  verkürzt  und 
in  seiner  bedeutung  dem  herzig  {s.  unten)  am  nächsten  verwandt' 
ach  herzeter  Junker  und  schätz!  Phil.  Lugd.  3,223; 

ach  berzter  herr  vater!    Fleking  567,  8  Lappenb.; 
0  herztor  Student  frumb ! 

J.  Atrer  fasln,  sp.  UV  (3069,  35  Keller) 

HERZFÄNGER,  m.   der  herzen  zu  fangen,   sich  liebe  zu  er- 
werben weisz.    so  redet  Tsciierning  in  deutscher  gedichle  frühling 
s.  363  den   ausbund    eines    lustigen  und  possierlichen  hund 
leins  an. 

HERZFARBE,  /".  färbe  die  das  herz  hat;  im  kartenspiele  das 
roth  {vergl.  herz  II,  5,  sp.  1223). 

HERZFEIBEL,  m.  name  einer  kranklieil;  bei  fluch  und  Ver- 
wünschung (s.  feibel  th.  3, 1432.  1433) :  dasz  dich  der  herzfeibel 
anstosze!  Melander  2,  no.  367. 

HERZFELL,  n.  pericardium.  Frisch  1,  447'. 

HERZFENSTER,  m. :  demüthige  geberden  sind  lauter  herz- 
fenster.  V.  Herbehger  ev.  herzpost.  644.  —  s.  herzensfenster. 

HERZFIEBER,  n.  febris  cardiaca.  Frisch  1,447*.  vgl.  herzeos- 
fieber. 

HERZFINGER,  m.  goldfinger,  vierter  finger.  Henisch  1102,27: 
folget  der  vierte,  der  gold-  und  herzfinger,  also  genannt,  weil 
man  etwa  die  güldene  ringe  daran  getragen,  dasz  sie  das 
herz  stärken  sollen.  Otho  803;  der  herzfinger  heiszet  auch 
medicus,  weil  man  vor  zeiten  die  arzneien  damit  umgerühret, 
dasz,  wo  was  giftiges  darinnen,  das  herz  solches  bald  da- 
durch empfinden  sollte,  das.;  am  arztfinger  oder  herzfinger. 
Garg.  120*. 

HERZFLEISCH,  n. ;  die  fettmetamorphose  des  herzfleisches 
in  beziehung  zu  deren  ursächlichen  krankbeiten.  von  E.  Wag 
NER.  Leipzig  1864. 

HERZFORM,  f.  form  eines  herzens.  Melissus  psalm.  Ps'; 

ein  gesteht,  gesund  und  rosig, 

wie  gemalt  vom  meister  Grcuze, 

mund  in  berzform,  stets  geölTnet, 

und  entzückend  weisze  zütine.    H.  Heine  17,  72. 

bei  den  bUiarbeüern  ist  die  herzforra  an  gefas:  von   gegossenem 
eisen,  zum  gieszen  der  herzen  (sp.  1223).  Jacobsson  6,71*. 

HERZFÖRMIG,  adj.  cordatus,  cordiformis.  Nkknich  2,1218; 
herzförmiges  blatt,  an  p/lanzenblatt  das  fast  eiförmig  ist  und 
an  der  basis  eine  bucht  ohne  hinlere  eelten  hat.  Jacodsson  0,  71*. 
vergl.  herzeufürmig. 

HERZFRESSEND,  part.  animum  exedens.  HixDGiuch  1269; 
in  bezug  auf  gram,  Kummer,  liebe  {vergl.  herz  I,  1,  c  und  e, 
sp.  1208.  1211) :  ihr  seine  herzfressende  liebespassiones  zu 
verstehen  zu  geben.  Simpl.  2,305  Kur:;  in  herzfressender 
bekümmcrnis.  Chr.  Weise  kl.  leule  142;  der  graf  balle  von 
herzfressendem  gram  ..   gehört.  Arnim  1,215. 

HERZFREIDE,  /.  1)  herzliche,  innige  freude.  vergl.  bcrzens- 
frcude.  2)  pßanzenname,  borago  officinalis,  borrelsch;  bei  Alik- 
rus   EE  I*  name  des  ualdmcisters. 

HERZFREUND,  »n.  freund  des  herzens,  innig  gekebter  freund 
{vergl.  heizeiisfreund):  wir  di  wir  herzfreundc.  Butschky  kamt. 
212.  In  bezug  auf  eine  frau:  es  geh  im  {dem  manne)  wol 
oder  übel,  so  luil  er  einen  gesellen  und  henfrennd  an  ihr 
(;ifiwrf;i  frommen  weibr),  die  »ich  bcid  seins  glucks  und  iiii- 
glilck«  aiinimpt.  E.  Airerus  ehebüchlein  D  2'. 

HERZFRKUNDLICH,  a</;./  mit  enlbielung  eines  berztreund 
liehen  grustzes  übersendet.   Neumark  lustwaldchen  68 ; 

hrriTrcund  i>  li  wiiit  die  fraw  Ihm  nntwort  drauf  tu  Kebeii. 
und  tagte,  ilatx  tvin  neib  irewlii  noch  wer  ira  leben. 

D.  V.  D.  Wbidbk  Arnut  17,  33,  5. 


1245   HERZFRÖHLIOH  —  HERZGESCHREI 


HERZGESELLE  — HERZGESPRÄCH   1246 


HERZFRÖHLICH,  adj.:  und  warten  auf  den  heizfröhlicben 
tilg,  da  Christus  sich  zeigen  wird.  Melcuichlhons  proph.  Daniel, 
ausg€le!)t,  deiUscIi  ton  J.  Jonas  ( WtiUiib.  1546)  192. 
HERZFROMM,  adj.: 

versamlet  mir  .  .  .  uieiae  härzrrommen.    Meltssus  ps.  Xb^ 
HERZFRÜMMlGKElTi  f. : 

in  Judäa,  dem  belügen  land, 

war  einst  ein  schuster,  wohl  bekannt 

wegen  seiner  herzfrömmigkeit.    Goihe  6b,  20. 

HERZFÜLLE,  f.  fülle  des  gefühls:  als  ihn  die  niulter  mit 
ihrer  stummen   herzfülle  erreichte.  J.  P.^ll  Hesp.  l,  liO. 

HERZGEBET,  n.  aus  dem  herzen  kommendes  gebd:  der  pfar- 
rer  schickte  herzgebete  ab.  J.  Fall  Hesp.  3,162; 
bekennet  ihr  nicht  frei, 
daäz  euer  herzgebet  nach  wünsch  erhöret  sei? 

Gb£fli>ger  Cid  A-l'; 
aller  menscbenherzen  herr  und  köuig  (liebesgoli), 
höre  nur  mein  berzgebet  an  dich ! 

Karscbin  in  Yitss  museitalm.  1798  s.  !)b. 

HERZGEBEINT,  pari,  vitt  knochcii  um  das  lierz ,  d.h.  die 
brüst  {sp.  t21tl  versehen:  wol ,  breit  herzgebeint,  firmo,  lalo 
pectore.  Hesisch  2«!. 

HERZGEBLÜT,  n.  .•  dem  mit  chjlo  oder  speisesäft  ver- 
mischten geblült,  welches  vordehm  di  medici  sanguinem  ar- 
teriosum,  das  herzgeblütt  genennet  haben.  Bltschkt  PaOn.  428. 
HERZGEBOPPELT,  adj.  ico/ur  einem  das  her:  schlägt,  kose- 
u-ort  in  der  Wetterau,  wie  herzlieb.  Keürei!«  195.  vergl.  bobern, 
bobbern  th.  2, 199,  und,  der  bildung  nach,  herzgekrabbelt  unien. 
HERZGEDANKE,  m.: 

das  aug  der  weh,  das  durch  die  lüfte  gleist, 
und  auf  deu  tiefsten  grund  der  berzgedanken  schauet. 

HoFFiASNswAXDAU  Rosimunda  s.  106; 
je  nachdem  das  herz  der  menschen, 
sind  auch  ihre  berzgedanken.     Platen  156. 

HERZGEFAJIR,  f.  gefahr  für  das  herz: 

Amor  flattert  mit,  doch  keine 

traut  der  nahen  herzgefahr.    Bürger  125'. 

HERZGEFA.NGE.NER,  m.  lieber  gefangener,  m  der  anrede: 

guten  tag,  guten  tag,  herzgefanguer  mein! 

ViLMAR  hiinäbucht.  d.  volksl.  s.  131,9. 
HERZGEFLHL,  n. . 

berzgefüble  sanft  geweckt, 
wogend  auf  und  nieder. 

lieder  u.  Sprüche  aus  d.  nacht,  v.  Fr.  Rgckebt: 
'das  fiesungene  tied'. 
HERZGEIST,  m. ;  wann  auch  desz  hirns  lebliche  kieff,  so 
Spiritus  animales  geheiszen,  im  nidersteigen  bisz  schier  zum 
herzen  und  der  leber  kamen,  verzogen  sich  die,  und  ver- 
mischten sich  nicht  mit  den  herzgeistern  und  der  leber 
kreften.  L.  Thcrneiszee  von  probierung  d.  harnen  (1576)  82. 

HERZGEKRABBELT,  wofür  einem  das  herz  krabbelt  (s.  krab- 
beln 'i,d,  th.  5,1913).  ein  liebkosendes  adjectii\  elsässisch.  Ab.^old 
pfingitmonlag  124.  —  s.  unten  herzkäfer  2. 

HERZGELIEBT,  part.  von  herzen  geliebt:  herzgeliebter  herr 
vaterl  Bctschky  kanzl.  26;  e.  Iden  {liebden)  und  dero  herz- 
geliebte gemahlin.  535; 

herzgeliebter  vatter  mein.    B.  Ri^gwaid  Ir.  Eck.  B4'; 
und  ibr,  was  macht  ibr  denn,  ihr  herzgeliebten  erben, 
die  ich  mit  solcher  müh  an  dieses  Hecht  gebracht? 

Fleming  108,  225  Lappenb, ; 
und  schaut  umher 
nach  seiner  herzgeiiebien  nonne. 

Wiblasd  9,  244  (213). 
in  subslantiver  Verwendung : 

weih  nicbt  mein  herzgeliebter  hier 

in  klostereinsamkeit?    Bijrcer  46'; 

lieber  fübrer,  nicht  zu  diesem  thor  hinaus, 

wenn  ich  noch  soll  wandern; 

meiner  herzgeliebten  haus 

lieget  an  dem  andern.     Rcckert  362; 

kraft  des  talismans,  den  weiland 

ihr  der  herzgeliebie  schenkte.    II.  Heise  17,  94*. 

HERZGE.MEliN,  adj.:  wehe  dem  jüngling,  der  mit  einer 
■lirne  handgemein  wird,  wenn  er  nicht  berzgemein  mit  ihr 
in  werden  in  den  umstanden  ist.  Hippel  lebensl.  l,  211. 

HERZGENEIGT,  adj.:  in  dessen  {goUes)  allein  sicheren 
genaden  schuz  wir  e.  Iden  herzgeneigt  empfehlen.  Bltscbky 
kanzl.  535. 

HERZGESCHREI,  n. . 

als  wir  drauf  zum  hochaltare  gingen, 

o  wie  schlug  das  volle  herz  in  mir; 

ileloisens  aug  und  seele  hingen 

nicht  am  kreuze,  hingen  nur  au  dir. 

liebe,  statt  der  gnade,  deine  liebe 

war  das  herzgeschrei  der  schwärmerinn.    Bürger  97'. 


UERZGESELLE,  m. :  mein  herzgesell,  noch  me!  Schade 
sal.u.paiqu.  2,131,2;  lieber  herzgesell!  133,37. —  vergl.  oben 
heil   I,  4.  /,   sp.  1216. 

HERZGESPAN,  m.  herzlich  geliebter  genösse: 

weil  ich  fortan  soll  wohnen 
bei  dir,  mein  herzgespan. 

UoFFKAüN  gesetlschaftslieder  des  16. 
tt.  17.  juhih.  $.  9. 

HERZGESPANN,  n.  l)  eine  krankliext  oder  zufall  bei  menschen 
und  titicren,  die  man  sich  als  eine  spannuug  der  das  herz  um- 
gebenden haut  dadite :  herzgespann  . .  bei  den  menschen,  aller- 
meist aber  bei  kleinen  kindern ,  bestehet  dieses  in  einer 
aufschwellung  des  leibes,  unter  den  kurzen  ribben,  welches 
eine  schwere  und  ängstliche  athem-hoiung  verursachet,  so 
da  herrühret  von  kalter  luft,  scharfen  blebungen  in  magen 
und  dergleichen  dingen  mehr,  die  den  motum  diaphragmatis 
verhindern,  üeon.  lex.  (1731)  1006;  von  dem  herzgespan  und 
andern  gebrechen  des  herzens.  das  loss,  welches  mit  dem 
herzgespan  beladen ,  wirdt  madt  und  kraftlos ,  überkom- 
met schmale  eingefallene  leuden  und  schlegbeuchet  daneben. 
Zeciiendorfer  (1571)  1,67;  dr.  Martinus  Luther  sagte  viel  von 
Zauberei,  vom  herzgespann.  Lctheb  tisclir.  2IS';  wer  daraus 
trinkt  bekömmt  das  herzgespann.  Chr.  Weise  er;«.  257;  und 
dieses  ist  die  Ursache  ihrer  krankheit  . .  nemlich  das  herz- 
gespajin.  Salinde  139 ;  sie  verstummte,  und  nach  einer  Viertel- 
stunde allererst,  nachdem  das  herzgespann  nachgelassen, 
sang  sie.  Hippel  lebensl.  l,  28 ;  die  gräfin  begehrte  noch  ein 
andenken  für  ihr  tüchterlein,  eine  reliquie,  ein  agnus  dei, 
ein  amulet  oder  einen  segen  fürs  fräsch  (Verzückung,  vergl. 
freis  th.  4*,  5p.  119)  und  herzgespann.  Mcsäus  volksmdhrch., 
RicMde  s.  72 ; 

alsbald  sie  kam  und  sab  mich  an. 

empfanden  wir  das  herzgespan.     Weckuerlin  820; 

mein  liebes  weib  liegt  nun  im  grabe, 

und  zwar  durch  einen  harten  fall, 

als  sie  durchkroch  den  gänseslall, 

um  vor  das  herzgespann  ein  sonuta^sei  zu  trinken. 
GÖNTHER  996; 

und  könnt  auch  sie  sich  dann  und  wann 

schwermütbger  seufzer  nicht  erwehren, 

ertrug  sie  doch  ihr  herzgespann 

so  brav,  als  nur  ein  mädchen  kann, 

den  theuern  märtTrern  zu  ehren. 

TucxiEL  d.  Iieil.  Kilian  8, 
vergl.  herzspann. 

2)  eine  pflanze  die  als  heilmütel  gegen  das  herzgespann  galt, 
leonurus  cardiaca,  herzkraut,  wolfstrapp,  wild  muilerkraut.  Nem- 
sicn  3,368:  cardiaca  herzgespann  Dief.  loo';  herzgespann 
oder  cardiaca.  Hohberg  1,534*.  543'; 

himmeisschlüssel,  herzgespan  .  .  . 
ehrenpreis  und  enzian.     Chi.  Weise  curiöse  gedankcn 
V.  deutschen  rersen  49. 

HERZGESPERR,  n.  derselben  bedeutung  wie  herzgespann. 

1)  als  krankheil  oder  zufall:  aber  es  hattet  sie,  wie  rauter- 
kraut  fürs  herzgesperr.  Fischart  bienk.  244';  etliche  kinder 
so  mit  dem  etickhum  (schwindsucht)  oder  herzgesper  belestigt. 
L.  Thürneiszer  beschreibung  inftuenlischer  teirkungett  aller  erd- 
geicäclise  (1578)  29;  Stupor,  eticum  und  herzgesper,  herz- 
zittern, erklär;],  der  archidoxen  (1575)  87;  es  dienet  auch  diese 
arzenei  vor  das  hercheln  und  rosseilen  der  jungen  kinder, 
das  man  das  herzgesperr  nennet.  Tabersaem.  163 ;  das  herz- 
gesperr (ds  krankhat  der  pferde).  Hohberg  2,206';  herz- 
g  e  s  p  a  r  r  cardiaca  Hederich  1270. 

2)  als  ntwne  von  leonurus  cardiaca:  herzgesperr,  herzkraut, 
marrubium  nigrum.  Alberls  E£3';  herzgespann,  cardiaca, 
auch  herzgesperr,  französisch  agripaume.  Hohberg  1,543'; 
herzgspeer,  ein  kraut,  cardiaca.  Maaleb  220\ 

HERZGESPIELE,  m. :  vernehmet  lieber  berzgespiel,  dasz 
dieses  hühnlein ,  das  eure  ruhe  störet ,  jeden  morgen  ein 
goldnes  ei  legt.  McsÄus  volksm.  569; 

o  wort,  wie  du  bewährt  dich  hast: 

wer  wenig  sucht,  der  findet  viel. 

ich  wollte  sein  ihr  wintergast. 

uni^vard  ihr  berzgespiel.    RScitn  ges.  ged.  2,242. 

HERZGESPOTT,  n.:  sie  heiszens  auch  ausr  Verachtung 
pfaffen,  es  ist  auch  eitel  auszgenötigle  hcuchlerei,  was  sie 
inen  thun  oder  ehr  entbieten,  ein  herzgespött,  wann  sie 
gleich  gnad  herr  sagen.  S.  Fräs«  weüb.  44*. 

HERZGESPRÄCH,  «.  ; 

ach,  wer  vermöchte,  da  du  erscheinst, 
mit  schweigen  das  trauliche  berxgespräch 
■    zu  wechselu.  Stolberg  ii,  77. 


1247 


HERZGETREU  —  HERZHAFT 


HEUZHAFT  — IIERZIIOCII 


1248 


HEHZGETHEU,  adj.:  in  der  beizgetreuen  obhutf  gotics. 
llUTSCiiKY  kanzl.  599 ; 

liör  auch  mein  lierzgetrewen  rat.    H.  Sachs  3,2,39*. 

HERZGEWÄCHS,  «.  polypus,  eine  ßeisdiigte  materie  im  herzen 
statt  des  bluls.    Frisch  1,  44"'. 

HEHZGEWIiNNEND ,  farl. :  die  wirklich  herzgewinnende 
erscheiniing  der  Clara  Wieck  hatte  das  publikum  in  hohem 
grade  eingenommen,  niedeirlicinitchc  viusikzeitung  ISdG,  .<;.  346; 
herzgewinnende  freundlichkeit,  herzgewinnendes  benehmen. 

HERZGEWÜNSCHT,  part.  : 

ich  spühr  und  merk  auT  allen  wegen 
den  herzgewünschten  himmelssegen. 

Nelmahx  luflwäldchen  50. 

HERZGOLDEN,  HERZGÜLDEN,  adj.  dem  herzen  ilbcraus 
theuer  und  wert :  o  mein  hcrzgoldencs  kind !  Simrock  d.  dcul- 
sclicn  Volksbücher  12,  75  (Hirlanda,  an  älterer  druck  dieses  vulks- 
buches  aus  d.  vor.  jahrh.  hat  herzgüidenes);  bist  du  das  herz- 
goldene kind.  das.   {der  ältere  druck  herzgüldene); 

ach  du  mein  lieb  herzgüldnes  herzenskind!    Tibck  2,248. 
in  der  Wetlerau  auch  in  adverbialem  gebrauche: 

ich  sein  {bin)  dir  herzegülden  gut, 
nicht  wahr,  du  mir  auch? 

Volkslied  gegen  den  Vogelsberg  hin. 

HERZGRAS,  n.  cerastium  arvense,  ackerhornkraul.  Nemnich 
2,  946. 

HERZGRUBE,  f.  die  äuszere  höhlung,  welche  sich  in  der  mille 
der  brusl  unter  (lein  bruslbein  befindet:  ach  hätt  ich  an  der 
herzgrube  ein  kappfenstergen ,  so  würden  sie  (die  Jungfern) 
wol  sehen  dasz  kein  mensch  unter  der  sonne  von  besserer 
inclination  ist.  Chr.  Weise  überß.  ged.  (1701)  383;  er  hatte 
weidlich  drauf  los  geblasen ,  aber  fast  ehe  die  schwarzen 
iiare  sich  aus  der  herzgrube  geblasen ,  als  das  licht  ver- 
löschet, rockenfhilos.  4, 322.  gewöhnlich  auch  als  dim.  herz- 
grübchen,  berzgrühlein  :  herzgrübchen,  anticardium,  scrobiculus 
cordis.  Nemnich  1, 344 ;  das  herzgrüblin  praecordium  Golius 
cap.  20,  und  danach  Chviraeus  dat  lierteküleken ;  herzgrüble, 
die  hole  desz  herzens ,  ventriculus  cordis,  onmacht  und  wee 
im  herzgrüblin,  cardiactts  morbus  Maaler  220';  legis  warm 
über  den  magen  und  das  herzgiüblcin.  Tabernaem.  593. 

HERZGRU.ND,  «i.  grund  des  herzens,  vergl.  herzensgrund: 
herzgrund  quillt  in  den  mund.  sein  herz  ist  voller  liebe, 
darum  brauchet  er  auch  liebe  wort.  Omo  886. 

HERZGRÜNDLICH,  adj.  undadv.:  welches  alles  (d.i.  zeit- 
liche und  ewige  seligkeil)  herzgründlich  in  geziemender  unter- 
lliänigkeit  und  demuht  wünschet.  Rist  Parn.  zuschr.  al''; 
hLMzgründlich  wündschende.  Bütscuky  kanzl.  161;  herzgründ- 
lich lieben.  Jan  Perus  341. 

HERZGUT,  adj.  von  herzen  gut  (mhd.  herzeguot,  herzenguot): 
'weiszt  du  auch  dasz  dein  hcrr  ein  preuszischer  offizier  ist?' 
ja !  meinetwegen,  er  ist  ein  herzguter  herr.  a.  in.  im  Tockenb. 
95;  der  mann  kann  herzgut  sein  und  verdient  nicht,  dasz 
wir  ihn  hassen.  MusÄus  kinderkl.  39 ;  weiszt  du,  der  dcchant 
hat  mir  einen  recht  herzguten  brief  geschrieben.  Gütbe  in 
Mcrcks  briefs.  1,  55.  —  vgl.  herzensgut. 

HERZHAFT,  adj.  u.  adv.    animosus,  forlis,  mhd.  herzchaft. 

1)  angelehnt  an  herz  1,4,  .«p.  1211,  Zuneigung,  lust  habend; 
m  der  form  herzenhaft: 

wenn  es  aber  geht  einem  wüI, 
und  sein  herz  ist  der  frcüden  vol, 
da  ist  ein  mann  gar  herzenhaCt, 
als  dann  zu  gehn  auf  die  bulschan. 

J.  Atrer  381'  (1913, 19  Kelter). 

2)  angelehnt  an  herz  1,6,  sp.  1218,  mul  habend,  in  gleicher 
iediulunij  wie  hchcnl  {Ih.  1,1340);  als  sein  gegensalz  wird  feige 
oder  >eizigt  hingestellt:  herr  don  Sylvio,  sagte  er,  im  Unglück 
inusz  man  haben  inulh  ..  herzhaft,  gnädiger  herr!  ein  feiges 
herz  freit  keine  schöne  frau.  Wieland  12,20;  es  steht  in  be- 
zug  auf  menschen,  die  gegen  feindliches  und  widriges  andringen, 
und  Uire  enlschlüsse  und  tliaten :  herzhaft,  animosus,  masctäus, 
hcrzhüfl  oder  geherzet  machen,  annnare  Dasyp. ;  denn  ich 
ihn  kenn,  und  wcisz,  dasz  er  ein  ganz  herzhafter  liltcr  ist. 
Amadu  288;  sie  auch  dcrmaszen  von  des  rilfers  red  »o  herz- 
haft wurden.  6'a/my  131;  (ach)  gegen  den  feind..  unerschrocken 
und  bentbafl  beweisen,  KiRcnnor  mtl.  disc.  100;  in  der  that 
war  meine  läge  fähig  den  hcrzliarteslen  mnth  niederzuschla- 
gen. WiKLAMb  2, 'S  (68);  die  der  neuen  religion  bisher  nur 
in  ihren  heizen  gehuldigt  hatten,  hcrzhnft  gciiiaclit  durch 
diese  duldungsactc,  scbenklen  sich  ihr  jetzt  ölTentlich.  Sciiil- 
Lta  830;  aber  sag,  Ut  da«  Dicht  ein  schlauer  und  herzbafler 


plan?  räuber  1,2;  und  wenn  lust  und  freude  sehr  geschickt 
sind,  die  liebe  zuerst  zu  erzeugen  und  im  stillen  zu  nähren ; 
so  wird  sie,  die  von  natur  herzhaft  ist,  durch  den  schrecken 
am  leichtesten  angetrieben,  sich  zu  entscheiden  und  zu  er- 
klären. GöTUB  19,282; 

(.arolus  sich  nit  erschrecken  iiesz, 

mit  sein  hcrzhaflen  knechten.    Soltau  370  (r.  1547); 

nicht  schewen  hiz,  schweis,  grärligkeit, 

nocli  der  wasser  ungestümmigkeit, 

nicht  erschrecken  ab  wirbeln,  wällen, 

sonder  sich  herzhaft  gegenstellcn. 

l  iscHART  glückhaft  schiff  v.  30 ; 
denn  es  war  ein  Elpciior,  der  jüngste  mir,  weder  besonders 
herzhaft  gegen  den  feind ,   noch  sehr  an  verstände  gesegnet. 

Odyss.  10,  553. 

3)  anknüpfend  an  die  vorige  bcdeutung,  nur  abgeblaszt ,  im 
sinne  von  entschieden,  ordentlich,  tüchtig,  in  bezug  auf  handlungen 
die  nicids  fändliches  in  sicli  schlicszen ;  der  gegensatz  ist  zaghaft : 
(konnte)  desto  herzhafter  auf  der  canzel  erscheinen  und  . . 
predigen.  Fclsenb.  2,38;  es  muszte  ein  hinken  verursachen, 
dasz  er  auf  den  kranken  fusz  weniger  herzhaft  auftreten 
konnte.  Lessing  6,  388;  herzhafte  küsse.  Gukinck  2,  194; 
schwör  mir  herzhaft  drauf,  dasz  du  mich  künftig  lieb  haben 
willst.  Fr.  Müller  1, 148 ;  sieh  nur,  er  schnarcht  so  herzhaft. 
Arnim  schaub.  2,268;  schlug  ihn  damit  herzhaft  auf  die 
schultern.  Freytag  handschr.  1, 123 ; 

zwo  schwalben  sangen  um  die  wette  .  .  . 

die  lerche  kömmt,    sie  soll  den  streit  entscheiden; 

und  beide  stimmen  herzhaft  an.     Gellert  1,  125. 

4)  herzhaft,  in  Mitteldeutschland,  namentlich  Düringen  und 
Obersachsen,  in  bezug  auf  dinge,  die  von  geöchmack  leicht  sauer 
oder  bitter  sind:  das  schmeckt  herzhaft,  vian  glaubt  dasz  so 
schmeckende  dinge  die  lebenskrafl  stärken  (herz  I,  3  sp.  1211). 

HERZHAFTIG,  adj.  und  adv.,  cnceilerte  form  von  herzhaft; 
in  der  bedeutung  2  bezeugt:  herzhaftig  cardiacus  Dief.  lOO'; 
machet  herzhaftig  seine  unterthanen.  sAfocc.  1,12;  ein  herz- 
haftiger  hauptmann.  Bütschky  Äanzi.  100;  streite  mdniich  und 
herzhaftig.  727 ;  im  glück  demütig,  im  unglück  herzhaftig. 
ScHL'prius  140 ;  der  Soldaten  erwiesene  herzhaftige  tapferkeit. 
537 ;  das  glück  will  herzhaftig  angesprenget  und  nicht  ge- 
fürchtet sein,  polil.  stockf  240;  stelleten  uns  recht  herzhaftig 
an.  Felsenb.  l,  220.  in  etwas  anderm  sinne,  den  mul  stärkend, 
anfeuernd:  gebt  mir  die  band  keinen  als  diesen  echten  herz- 
hafligcn  trommelschlag  zu  brauchen.  Arnim  scliaub.  2, 230. 
auch  in  der  bcdeutung  3 :  so  oft  er  gefallen,  desto  herzhaftiger 
wider  aufgestanden.  Butschky  kanzl.  665. 

HERZHAFTIGKEIT,  /".  animositas.  Dasyp.  :  herzhaftigkeil . . 
ist  blosz  eine  temperamentseigenschaft,  muth  dagegen  beruht 
auf  grundsätzen  und  ist  lugend.  Kant  10,283;  die  welche 
die  herzhaftigkeit  haben,  die  Untersuchung  fortzusetzen.  8,223; 
diese  wilden  halten  herzhaftigkeit  nicht  nur  für  nothwendig, 
sondern  auch  für  die  höchste  empfehlung.  Lichtenberg  5 
(1803)  Ä.  139.  nicht  nur  in  bezug  auf  thaten,  sondern  auch  auf 
Worte,  wo  wir  jetzt  lieber  freimütigkeit  anwenden :  woraus  er- 
hellet, dasz  Apelles  alles  frei  heraus  gesagt,  wie  ers  ver- 
standen und  niemand  geheuchelt:  welche  aufrichtige  herz- 
haftigkeit ihm  neben  seiner  groszen  Wissenschaft  bei  jederman 
gioszen  rühm  gemacht  hat.  Sandrart  acarfcmif  1675  2,31;  die 
Athener  fanden  eine  Schönheit,  von  der  sie  ganz  bezaubert 
wurden,  in  der  groszmuth  und  herzhaftigkeil,  womit  ich  (wie 
sie  sagten)  mich  für  einen  freund  erkUlrle,  den  alle  weit 
verlassen  und  der  wuth  und  Übermacht  seiner  feinde  preis 
gegeben  hültc.  Wikland  2,110(96). 

HERZHAFTIGLICH,  adv.  ammose.  Frisch  1,447'. 

HERZHÄUSLEIN,  n.  pericardium:  aiiszerhalb  ist  das  ganze 
herz  mit  einem  starken  und  vesicn  haullein  überzogen  und 
bekleidet,  wird  in  unserer  teulschen  sprach  das  herzhäusz- 
lein  genennet.  Uffendacu  neues  rossb.  {1603)  1,91.  von  sctnn 
unverlctzlheit  hängt  das  leben  ab  (vergl.  oben  hcrzbendel),  daher 
der  wünsch  beim  abschiednehmen: 

und  der  herr  gult  bchüt  auch  dich 

mein  allcriiobste.i  nnitlnrlin 

tu  iniiitriit  mal  ins  hcrzhÜKClin. 

ade  «de  ich  far  darvon.    Habrrkr  Abraham  1692  GHV 

IIKRZHÄUTLKIN,  n,  pericardium.  Frisch  1,447'. 
IIKHZIIKRZMCHEN,  adv.: 
mir  ili'iuht  i(  h  ttihl  nilicit  Hin  wollenweiche  hAadchon, 
ilio  mein  in  treuer  liob  hcrzhrrilichen  gedrückt. 

Nkuiark  luilwdtdchrn  2n|. 
HKRZIIOCIl,  adj.,    bei  mülUsleincn,  convex,  auch  ohne  com- 
poiUhin  unis  herz  hoch.   ScUM.  3, 143. 


1249 


liERZHOFFÄRTIG  —  HERZIG 


HERZIG  —  HERZKAMMER 


1250 


liERZHOFFÄRTIG,  adj. :  aber  das  naszweisz,  herzhoffarligs, 
geistrichs  gesindt,  thun  wie  die  geltreichen,  die  wollen  vor 
reich  werden,  darnach  got  dienen.  S.  Frank  sprichw.  (1541)  1,  Ol'. 

HERZHOHL,  adj.,  bei  mühlsteinen,  concav,  auch  ohne  com- 
posilion  ums  herz  hohl.  Schm.  2, 243.  vergl.  oben  herz  H,  8 
sp.  1223. 

HERZHOLD,  adj.: 

so  hat  mich  der  fürst  herzhold.    H.Sachs  5, 27&». 

HERZHORN,  n.  conus  marmoreus,  eine  schneckenart.  Nemnico 
2,  1188. 

HERZIEHEN,  verb.  inlransüiv  und  transitiv. 

1)  intransitiv:  also  zog  Nicanor  und  sein  häuf  her  mit 
drometen  und  groszem  geschrei.  2  il/acc.  15,  25 ;  es  zieht  ein 
gewitter  her;  es  zieht  so  kalt  und  rauh  durchs  fenster  her. 
KuircER  thealer  3,284; 

frohlockend 
zog  ich  von  Epidaurus  her.    Schiller  Semele  1.  sc; 
Almanzor,  der  mohrenkönig, 
kommt  mit  groszer  heeresmacht 
Ton  Cordova  hergezogen.    Uulasd  ged.  257. 

2)  transitiv: 

Iros,  der  arme  Iros,  wird  bald  herziehen  sein  unglück! 

Odyss.  18,  73. 
im  sinne  von  herleiten,  abtäten:  deren,  die  nur  ir  geschlecht 
ausz  Armenien  und  Archadien,  von  Römern,  Kolumnesern 
und  Ursinern  herziehen  wollen.  Garg.  31';  weil  ich  derer 
•gedanken  bin,  dasz  die  meisten  zeitworte  der  Deutschen  von 
denen  nennworten,  nämlich  das  thun  vom  wesen,  sich  her- 
ziehen. LoGAü  3,  3. 
HERZIG,  adj. 

1)  ein  herz  habend,  d.h.  hiei-  inut  habend  (herz  I,  6  sp.  1218): 

hast  du  dir  schon  allhie  sonst  können  nichts  erwerben, 
dein  eignes  und  dich  selbst  fast  drüber  eingebüszt, 
sei  dennoch  unbetrübl!  lasz  alles,  wo  es  ist, 
sei  herzig,  wie  du  bist,  und  lasz  dich  des  vergnügen, 
dasz  unser  geister  sich  so  wol  zusammenfügen. 

Fleming  178,  77  Lappenb. 

vgl.  auch  die  composita  barm-,  feig-,  grosz-,  gut-,  hart-,  hasen-, 

kalt-,  klein-,  stein-herzig  u.  ähnl. 

2)  von  herzen  kommend:  die  Wahrheit  zu  bekennen,  ver- 
muth  ich,  dasz  schon  mancher  herziger  Quch  das  haupt  des- 
jenigen Schriftstellers  getroffen  habe,  der  zuerst  die  gewohn- 
heit  einführte,  seinen  stücken  die  portion  materie  voranzu- 
schicken, welche  man  den  prolog  nennt.  Bqde  Thom.  Jones  6,G. 

3)  in  Oberdeutschland  war  herzig  seil  alter  zeit  als  kosende 
bezeichnung  üblich  gewesen,  mit  der  bedeulung  zu  herzen  sprechend, 
anmulend:  Schweiz,  herzig,  was  man  von  herzen  liebt,  der  herzige 
gott,  auch  artig,  nett,  eine  herzige  blume.  Stalder  2, 40 ;  herzig, 
allerliebst,  artig,  nett.  Tobleb  265';  ebenso  schwäb.  Schmid  275; 
bairisch.  Schm.  2,  243 ;  in  Tirol  liebenswerlh  mit  dem  begriff  des 
kleinen,  niedlichen.  Fromm.  6, 149;  mein  herzige  jungfraw,  sagt 
er,  indem  er  sie  umbfasset.  Amadis  295 ;  jetzt  war  ich  dem 
leibe  nach  wieder  zu  haus,  im  gdste  aber  immer  mit  dem 
herzigen  schätzchen  beschäftigt,   a.  m.  im  Tockenb.  280; 

du  berzigs  lieb,  mein  höchster  bort! 

UHLA.fD  volksl.  281; 
herziges  herz,  schleus  auf  das  herze  dein, 
schleus  mich  in  deine  blanke  ärmelein. 

.4m6)as.  lieäerb.  no.  198,  s.  248; 
mein  berzigs  lieb,  gehabt  euch  woll ! 

J.  AiRER  327'  (1639,  20  Keller), 
das   beispiel  Göthes,    der   das   wart  vßer  braucht:   das  herzige 
spielwerk   ist   ein  kahn.   bei  Merck  1,137;    es  ist  ein  gar  zu 
herziges  ding  um  die  hoffnung  wieder  zu  sehn,  bei  Scholl  53; 
es  war  ein  berzigs  veilchen.    werke  1,  180; 
ach  gou!  wie  doch  mein  erster  (mann)  war, 
flnd  ich  nicht  leicht  auf  dieser  weit  den  andern! 
es  konnte  kaum  ein  herziger  närrchen  sein.    12,  155. 

veranlaszl  seinen  einyang  in  die  schripsprache  auch  bei  Schrift- 
stellern norddeutscher  heimal:  (Göthes  geschwisler)  das  herzige 
stück,  so  voll  grüsze  und  einfalt.  Knigge  reise  nacfi  Braun- 
schweig {t.aufl.)  s.  120;  dieses  herzige  kind  des  augenblicks 
(ein  aus  dem  Stegreife  gemachtes  gedidU).  Gotter  3,  335 ; 

ein  berzigs  kind,  das  auf  und  nieder 

im  tanze  schwang  die  zarten  glieder.    Tieck  4,139; 

als  ich  jung  war  und  waidlicb, 

da  batt  ich  ein  kind, 

unschuldig  und  maidlicb 

und  herzig  gesinnt.     Arndt  ijed.  (1840)  315. 

4)  anders  herzig  von  einen*  bäume,  der  viel  inneres  festes  holz 
enthält  {vergl.  herz  11,  3  am  ende  sp.  1223) :  ein  herziger  bäum. 
Weicand  wörterb.  der  deutschen  syn.  2, 80. 

IV.  II. 


HERZIG,  adj.  alte  Schreibung  für  harzig,  die  umgclautete 
nebenfonn  von  harzig  (sp.  522) :  chamaepitys  ist  ein  kleines 
kreutlin,  eines  herzigen  geruchs.  Riff  teutsch  apothck  (1548) 
vorrede  a  4'. 

HERZIGEN,  verb.  zu  herzen  gehen  {vergl.  beherzigen  2,  Iheil 
l,  1340) :  sie  (die  natur)  mag  sich  keren  wa  hin  sy  will,  du 
bist  aber  noch  nit  verformt  in  den  glauben,  das  ist,  die  ding 
die  den  glauben  antreffent,  herzigent  dich  noch  nit,  die  hell 
will  dich  noch  nit  erschrecken.  Keisersberg  Spinnerin  (1510) 
b3';  wir  lesen  es  in  dem  capitel  und  singen  das  in  den  siben- 
zeiten,  aber  es  herziget  uns  nit.  e  2'.  —  Im  particip  geherzigt, 
mit  einem  herzen  versehen :  niemand!  mag  verston  die  geschrift, 
es  sei  dann ,  das  er  also  geherziget  sei ,  als  die  gewesen 
seind.  die  diese  wort  geredt  haben,  e  2*. 

HERZIGLICH,  adj.  und  adv.  dem  herzen  zugehörig,  von  herzen 
lieb  (vgl.  unten  herzlich  l):  sage  mir,  herzekiiches  liepliches 
liep  mins.  Merswis  2  u.  ö. 

HERZIGUNG,  f.  v;as  zu  hei-zen  geht,  was  man  ins  herz  faszt, 
gedanke,  neigung,  anscidag,  plan,  leidenschafl ;  ein  von  Keisers- 
berg vielgebrauchtes  worl:  verderbend  alle  neuen  frücht,  die 
noch  im  halm  steend.  das  seind  alle  guten  newen  anfäng, 
anschlug  und  herzigungen  der  andren  menschen,  predigten 
(Straszb.  150S)  115" ;  dorumb  so  sprich  ich,  wenn  ein  mensch 
entpfindet,  dj  im  die  wort  nilt  wellen  dienen  zu  uffrichtigung 
seines  gemütes,  so  sol  er  die  wort  underwegen  loszen,  und 
sol  herzlich  betten  mit  begirden  und  herzigungen.  postill  2, 7* ; 
üwer  begirden  und  herzigungen,  die  selben  seind  alles  welt- 
lich. 33';  aber  die  andern  haiden,  die  man  haiszet  peripa- 
tetici,  von  wölcher  zal  Aristotiles  was,  die  sprachen  das  nit 
alle  herzigungen  bosz  seien,  allain  die  unordentlich  seind, 
wider  die  Vernunft,  wenn  sy  ir  masz  nach  Vernunft  haben, 
so  seind  sy  nit  büsz.  also  forchl,  wenn  ir  nit  zu  vil  ist 
und  gegen  ainem  rechten  gegenwurf,  so  ist  sy  nütz,  liebe, 
die  du  zu  deinen  kinden  hast,  die  ist  an  ir  selber  nit  bosz, 
aber  die  selb  lieb  soll  masz  haben,  weder  zu  lützel  noch 
zu  vil.  also  verstand  von  allen  andern  herzigungen,  die  seind 
an  inen  selber  weder  bosz  noch  gut.  süien  hauplsünden  (l510) 
Co 8';  herzigungen  der  sinlicheit.  irrig  schaf  ll';  dise  junge 
hennlin  {die  hin  und  her  laufen)  sind  unser  gedenken  und 
herzigungen.  bilg.  9';  die  heftigen  herzigungen  die  do  kom- 
men usz  lustlichen  dingen,  das  sie  der  Vernunft  gar  ent- 
ziehen iren  gebruch.  47';  denn  glych  wie  ein  mensch  zwen 
füsz  hat,  .  .  .  also  sint  ouch  zweierlei  begird  und  anmut  in 
dem  menschen,  ein  anmut  oder  herzigung  ist  die  begirlich 
kraft.  91". 

HERZINBRONSTIG,  adj. :  eine  berzinbrünstige  Zuneigung. 
Bütschky  Palm.  294. 

HERZINNIG,  adj.  und  adv.:  herzinnig  wünschen,  danken. 
Bütschky  kanzl.  s.  2.  274 ; 

zur  eintracht,  zu  herzinnigem  vereine 
versammle  sie  die  liebende  gemeine. 

Schiller  gtocke  v.  394; 
geschah  es  nur,  um  ohne  sinn  zu  sein, 
und  was  geschehn,  herzinnig  zu  bereun.    Tieck  2,  109; 
ja,  gutes  Schwert,  frei  bin  ich, 
und  liebe  dich  herzinnig.    Körner  1,  108. 

HERZINNIGLICH,  adv.:  herzinniglich  danken.  Bltschey 
kanzl.  89 ;  erfreueten  sich  dero  allerseits  hoher  wolfalirt  und 
guter  gesundheit  herzinniglich,  unw.  doctoriöZ;  sich  so  herz- 
inniglich darüber  freuen.  Fr.  MIIller  2,24;  das  bauralein 
(ein  lied)  sehnsuchtsvoll ,  spielend  und  doch  herzinniglich. 
GöTHE  33,189; 

gott  lasz  es  dem  edeln  doch  wohl  ergehn ! 

das  bet  ich  herzinniglich,  amen!    BCrger  66'; 
ach!  mein  aug  erblickt  dort  einen  meiner  geliebten, 
rund  um  die  mauer  gejagt!  herzinniglich  dauert  mich  llektor! 

236'. 

HERZISCH,  adj.  dem  herzen  eigen :  dann  im  herzen  treibet 
ihn  (den  spiritus  vitae)  das  herz,  dasz  er  herzische  stärke 'ge- 
braucht. Paracelsus  opp.  1,  317  C. 

HERZKÄFER,  m.   l)  eine  käferart,  diaperis.  Adelünc. 

2)  in  der  Schweiz  kosewort,  liebling,  herzenskind.  Stalder  2,40; 
Resli  war  ihr  (der  mutter)  herzkäfer.  J.  Gotthelf  bilder  und 
sagen  i,  44.     vergl.  oben  das  elsässische  adj.  herzgekrabbelt. 

HERZKALT,  adj.:  ich  halte  mich  für  kopfleer,  für  herz- 
kalt, für  wortarm.  BOkgeb  an  Elise  Hahn  in  Althofs  nachrich- 
ten  128. 

HERZKAMMER,  f.  I)  pl.  herzkammern,  die  beiden  höhlen  im 
menschlichen  herzen,  ventriculi  cordis.    Nbm.>iich  4, 1547.     in  der 

79 


1251 


IIEIlZkElM  —  llEllZkU  ALT 


IIEKZKÜNDIGER — HERZLICH 


1252 


spiadie  der  jihier  ist  liei^kuniiiier  der  orl  zwischen  den  vurder- 
läu/teu  uuler  den  bügen  der  tliiere,  wo  die  rii'pen  enyv  zuiumiiieu 
kommen  und  wo  das  yeräusclie,  herz,  lanije  und  leber  lieycn. 
Jacuusson   2,  250 . 

2)  bildticU:  ebüii  diose  kiiiilliciie  uiibiTangeulieit,  diu  einer 
iiiraeii  weiblicLuii  lierzkaiuuiei'  keine  dtircliguiiggerechligkeit, 
keine  bre^^clieii  ubluueite ,  suiidern  die  eignen  entbluszte. 
J.  Paul  llesp.  3, 190.     ä.   herzenskuninier. 

HEHZKEIM,  «».  corculuin,  der  anfang  der  künftigen  pflanze  im 
iniiern  des  samens.  Nemnicii. 

UEKZhliNÜ,  u.  herzlich  yeUebles  kind.  ak  kusewort  auch  auszer- 
haib  eines  eUerUclien  veiltäUnisses  angewendet:  biuiniliscli  kannst 
du  sprecbeu,  Leizkind!  {zu  einem  jungen,  nicIU  verwandten, 
mädchen  gesuijt).  Immeknann  Münclüt.  4, 141. 

HEUZKIUSCIIE,  f.  eine  kirschenarl  von  herzförmiger  gestall. 
weis/e,  lutbe.  und  scb«urze  berzkirscben.  Nemnicu. 

UEltZKLEE,  n.  oxalis  acchsella,  sauerktec,  hasenklce.  Nkmniou 
3,  S2"J. 

HEHZKLOl'FEN,  n.  klopfen,  scidag  des  licrzens:  so  belauscht 
man  gleicbsani  die  geheime  bildungsgescbichte  der  ptlanzeu 
und  das  ruhige  berzklüpfen  des  berges.  H.  Heine  1,  73.  ge- 
tvOhnlicli  ist  der  beschleunigte  herzscidag  verstanden,  in  folge  von 
kranklieii:  ich  weisz  nicht,  wie  lange  mein  herzklopfen  mich 
sprechen  läszl.  J.Paul  TU.  1,34;  oder  von  angst  und  zweifeln- 
der erwartung  (sp.  12Ub) :  solches  bracht  im  thal  uiider  dem 
uberigen  liaufen  der  Waihen  ein  grusz  gclümmel  und  herz- 
klupfen.  WuRSTisEN  Baskf  diron.  (IbüO)  lüi  ;  herzklopfen  uüd 
zittern.  Kikcuiiüf  twH(i«»im.  üi';  sie  machen  mir  kerzklopfen. 
reden  siel  Gotter  scltaunp.  236.     x.  herzensklopfen. 

IIEHZRLOPFEND,  part. ;  mit  herzklopfendem  enthusiasmus 
waiti'le  er  auf  die  minute  der  einsainkeit.  J.  Paul  //w/».  1, 108. 

HEUZKLOPFEH,  m.  klopfer  an  das  herz:  das  gebett,  der 
hcrzklopfer  zur  busz.  Danuauek  ev.  mem.  477. 

llEUZKLOPFUiNG,  f.  herzklopfen,  als  kranklieit:  cordiaca, 
hcrzsucht,  herzklopfung.  GEnsüoKK  feldb.  d.  wundarzn.  99. 

HEHZKNOCHEM,  in.  an  kleiner  knochen,  der  sich  bä  vielen 
groszen  vierfüsziyen  thieren  am  ende  der  einen  oder  anderen  herz- 
kamnier.  oder  auch  wol  in  beiden  findet.   Nemnicu. 

IIEItZhNORPEL,  m.  brustbein. 

llEHZkOIlL,  m.  brasstca  oleracea  sabellica,  oine  arl  kopfkohl; 
bei  Stieler  t002  auch  krauskoiil,  wirsing  genannt. 

HEItZKÖLBLElN,  n.  der  innerste  kleine  koüien,  blätterverein 
einer  ji/lanze:  wie  eine  versetzte  pflanze  an  den  mehren  und 
groszren  blättern  verwelket,  an  dem  herzkölblcin  aber  frisch 
und  grün  bleibet.  Scrive«  seelensclt.  (1684)  24. 

HEBZKÖNIG,  m.  im  karlensjnel,  der  kiJnig  in  der  herzfarbe: 
;ilsi>  dasz  ich  nach  dem  bad  dort  sasz  zu  protzen  wie  der 
herzkonig.  Simpl.  l,  373  Kurz. 

UEUZKÖUMG ,  udj.  gediegen  in  bczug  auf  das  herz  (vetgl. 
kornig  3,  Ib.  5,  sy.  1827):  herzkoruige  himmelsbürger.  Val. 
Herberger  evang.  hcrzpost.  151. 

HEltZKItAUDE,  f  cancer  cordatus.  Nemnicu. 

UEUZKHA.MPF,  »;i.  krampf  im  herzen:  am  arzllinger  oder 
hcrzlinger  belle  er  einen  ring  von  vier  inelallen  für  den  herz- 
kruuipf  im  beutel,  auf  die  wunderlichst  weis/,  die  einem  je 
zu  cosicht  kommen  mag,  zugericht.  Garg.  120*. 

HEHZKHANlv,  udj.  krank  atn  herzen  (in  kürperlidtem  sinne), 
verscldeden  von  berzenskrank,  s.  d. 

HEHZhUÄNKEND,  part. : 

als  wir,  unmuthigur  »cclc, 

mit  herzkräukendem  zauk  uns  ereirerieu  wegen  de«  nihgdluinsl 

//(US  19,  58 ; 
acli,  der  bisher  gar  viel  herzkrinkendo  leidiMi  erduldet. 

Odyaen  13,  »0. 

HEllZKHANKHEIT,  f 

HKItZKnANKUNG,  f:  melaiicholi  oder  traurigkeit,  .  .  . 
welche  herzkrankung  folgend»  am  leib  iifleget  auszzubrccheii 
und  tta  zu  schwüchen.  Carg.  12*. 

lIKliZKHAl'T,  n.  name  mehrcr  pflanzen:  u)  des  leonurus 
cardtüiu,  ionä  lierzgetipann  {s.  <i.) ;  b\  der  anomone  hejiuHca,  lebfr- 
kraul ;  c)  des  teucrtum  chamaejiüys ,  feldcypresse ;  und  d)  der 
meltua  vffianalis :  herzkraul  iiwlissojihijllum  Heuehicu  1270. 
vteUftdU  die  letztere  pflanze  wird  tn  den  folgenden  versen  als 
verylnchung  der  geliebten  angezogen: 

du  l)iii  iillein  Djeiu  rulim, 
iiiciu  roi  und  «ill«  hluiii,  .  .  . 
mein  Uunig»  lierzkrnut, 
ilu  wich  erfrpweü  lliut. 

TuoMA«  Elssrtu  nnav  auntcrlei.  Mielll.  tivder 
(l-'rankf.  \'oW)  no.  27; 


muiu  tauüeiidtreud,  mein  wolguuiut, 
uiüin  herzkraui  und  mein  lioclistes  gut, 
mriii  engelsüsz,  mein  ehreiipreis, 
mein  augcntrost,  mein  lilju  weisz  ... 

amanles  amrnlen  C4. 
HEHZKÜNDIGER,  »«..•  golt  der  herzkflndiger  zeugcte  über 
sie.  ap.  gesch.  15,  8,  ö  xa^Sioyvcoarris  &E6i.   s.  herzen-  und 
herzensküiidiger. 

HEHZKÜTZELND,  HEHZKITZELND,  part.  das  herz  kUzelnd, 
angenehm  aufrcijend : 

herzkützlende  küsz.    Wkckherlin  460; 
mein  herzkützlendcs  schmatzulein.    40S. 
HEHZLAliUNG,  f. :   gute  Schauspiele  .  .  speisen  ihre  (der 
zuscliauer)  äugen    mit    lauter  gezimenden  reden  ,    nulzerfreu- 
lichen  discursen  und  gesunden  herzlabungen.  Bütsciiry  l'at- 
mos  115. 

HERZLÄPPCHEN,  -LÄPPLEIN,«.,  herzläpplein  sein  kleine 
viereckig  aus  weiszer  leiuwand,  dainasl  oder  zwillig,  geschnit- 
tene und  umstochene  doppelte  lalzgen,  so  den  kleinen  kin- 
dern  bei  den  beschickea  über  das  herz  geleget  werden,  öcon. 
lex.   (1731)   1007. 

HERZLAPPEN ,  «i.  der  musktdöse  anhang  der  Vorkammern 
des  fu;rzens.    vergl.  herzohr. 

HERZLAUB,  »i.  laubwerk  an  gesimsen,  das  dem  herzen  einiger- 
maszen  gleicht,  wenn  es  einschnitte  hat,  hciszt  es  aufgeschlitztes 
oder  gespaltenes  herzlaub.  Jacobsson  2,  256'. 

HERZLEER,  adj.  1)  leer  an  gefühl  (herz  4,  m,  sp.  1216):  wer, 
dieses  land  durchreist  und  noch  ein  joch  auf  seinem   halse 
duldet,  kein  Pelopidas  wird,  der  ist  herzleer  oder  ihm  fehlt 
es  am  verstände.  Hölüerlin  Hyperion  (1799)  2,  23. 

2)  leer  an  muth  (herz  6,  sp.  1218) :  herzleer,  timidus  Stik- 
ler  1108. 

HERZLEID,  n.  vergl.  herzeleid. 
HERZLEIN,  «.  vergl.  herzelein. 

HERZLELCHTE,  f.  malva  alcea,  Studentenblume.  Nemnicu 
3,  496. 

HERZLEUCHTEND,  part.  ins  Iwrz  leuclUend: 
darumb  ihr  nymi'en  keusch  und  rein, 
ihr  dereu  herüleuchtciider  schein 
kau  alle  herzen  bald  cuitriiben.    Weckuerlin  839. 

HERZLICH,  adj.  und  udv.  dem  herzen  gemäsz,  mhd.  herzec- 
lich,  herzellch,  herzenlich  (Le.\er  wb.  1,  1271. 1272) ,  in  ver- 
schiedener enlwickelung  des  sinnes. 

1)  das  herz  als  sitz  des  gefühls  ergreifend,  das  herz  angehend: 
ein  herzKch  licd!  Fr.  Müller  1,229;  (meine  ni ««er)  fing,  so- 
bald ihr  etwas  zu  herzen  ging,  einen  vers  eiues  geistlichen 
liedes  . .  zu  singen  an  . .  vor  diesem  hatte  meine  multer, 
nach  ihrer  selbst  eigenen  relation ,  die  gewohnheil  gehabt, 
einen  jeden  herzlichen  Vorfall  mit  einem  ganzen  liede  zu 
bezeichnen.  Hippel  Icbensl.  1,20;  und  der  autor  ist  mir  der 
liebste,  in  dem  ich  meine  weit  wieder  linde,  bei  dem  es  zu> 
geht,  wie  um  mich,  und  dessen  geschichtc  mir  doch  so 
interessant  und  herzlich  wird,  als  mein  eigen  hauslich  leben. 
GöTUE  16,29;  als  ichs  (das  lied)  so  von  ungefähr  .  .  auf- 
schlug, da  waids  mir  doch  gleich  so  warm  und  herzlich 
dabei,  dasz  ichs  den  augenblick  auswendig  gelernt.  Fr.  Mt7L- 
LER  1,  228 ;  ei»ie  hierher  gehönge  altnliche  formet  ist  alt,  mir  ist 
etwas  herzlich,  es  trifft  mein  herz,  bcriihrt  mich  inuerltch:  die 
frau  und  vr  gesegeten  an  einander  mit  den  huptschten  [hö- 
fischsten) worleii,  die  si  zu  wegen  bringen  muchleu,  was  in 
auch  Leden  herzlich.  Wtlwolt  v.  Schaumb.  63;  es  inusle  mir 
wohl  sehr  herzlich  sein  (am  herzen  liegen).  Scuweinichen  2,81. 

2)  namentlich  oft  ist  das  innerliche,  was  in  herzlich  hegt,  in 
gegensalz  gebracht  zu  dem  duszerlichen  der  rede:  denn  so  sol 
er  die  wort  loszen  fallen,  und  sol  herzlich  bellen,  und  nilt 
Wortlich.  Keisersberg  jtostill  2,7';  die  selben  gebet!  alsaui- 
inen  sollend  würilich  gcbeltel  werden,  und  ist  nilt  gnüg  das 
mau  sye  allein  herzlich  beltel.  sust  andere  gebell,  dozu 
man  nilt  pilichlig  noch  verbunden  ist,  die  sol  und  mag  luaii 
wol  herzlich  betten  oii  wort,  das.; 

wiiruiub  der  und  der  uns  neiden, 

jfiiiM'  uucli  nur  ruI.Nclifii  srheiii 

d«iiz  f(«mul(>s  von  «icli  «lohet, 

linrilicli  liBüt  und  muudllch  lichol.    Onri  '1.  I'J7, 
Icti  kiihrii  mich  nirlit  dran,  wn.o  ji'unr  von  mir  louKt. 
dor  muiidlii'h  mich  hin  lieh  und  h»rilich  ilncli  helrougl, 
ein  liruiidKi'Hlnllor  Tuind.  l-'LhMino  164,  174  Luppcnb.; 

Iittrzlicli  hOKxcn,  müiullich  llchrii, 

l«t  der  meiischeii  niLi.ituii  ubiu.    Logau  3,242,132; 

in  etwas  anderem  gegensatze:  derwcgcii  wil  er,  dg  ein  aizt  nil 

allein    Ulli    kl  i'iili'i  II,    s;illii-ii,    li.iiiki'ii,    und   confcLlrn    üciUst 


1253 


HERZLICH 


HERZLICH  — HERZLIEß 


1-254 


sein  sol,  . .  und  nachgehends  weil  diese  stück  zu  Zeiten  nit 
helfen,  demnacii  das  leid  nicht  euszerlich  leiblich,  sondern, 
welchs  gefährlicher,  innerlich  herzlich  ist:  sonder  auch  wol- 
geberdig,  holdselig,  freundlich  gesprächig.  Garg.  12*. 

3)  fön  personen  liebevoll,  voll  warmen  gefülüs:  gegen  ein- 
ander hilflich,  freundlich,  herzlich,  willig.  kriegbüM.  d.  f.  ho ; 
der  frora  mann  und  herzliche  mensch  ist  doch  ja  wohl  ge- 
plaget. LüTHEB  br.  3,  297;  seid  unternander  freundlich,  herz- 
lich (evaTtüayyj'oi,  vitlg.  misericordes)  und  vergebet  einer  dem 
andern.  EpA.  4,  32; 

also  das  schlagen 

kaa  kein  lieb  ertragen, 

wer  ein  herzlich  lieb  wil  han 

der  musz  schlagen  ansten  (anstellen)  laa. 

Uhlano  voUul.  124; 
leb  ich,  so  leb  ich! 
dem  herren  herzlich; 
dem  fOrsien  treulich ; 
dem  nechsten  redlich; 
sterb  ich,  so  stcrb  ich !    Logad  1,  102,  22. 

4)  von  empfindungcn  ttnd  deren  ausdruck,  innig,  tcarm,  von 
ganzem  herzen  kommend:  durch  die  herzliche  barmherzigkeit 
unsers  gottes.  Luc.  I,  TS;  die  brüderliche  liebe  unternander 
sei  herzlich.  Rom.  12,10;  das  ir  euch  aber  engstet,  das  thut 
ir  aus  herzlicher  meinung.  2  Cor.  6,12;  ist  herzliche  liebe 
und  barmherzigkeit.  Pliil.  2,1;  so  ziehet  nu  an  . .  herzlichs 
erbarmen.  Col.  3,12;  herzliche  gebe»,  accuratae  adorantium 
freces  Ma.^ler  22o';  damit  gab  ich  ihm  gar  einen  herzlichen 
kusz.  Simpl.  3,  38  Kurz;  dann  gibt  sie  dem  schmollenden 
ziegenfüszier  einen  schmatz,  dasz  er  vor  herzlicher  freude 
laut  aufjauchzet.  Fr.  Müller  1,148;  zu  den  seinigen  versam- 
melt werden,  ist  ein  so  herzlicher  ausdruck.  Göthe  17,213; 
daher  er  sie  . .  zur  herzlichsten  erbauung  sämmllicher  Zu- 
schauer und  bettler,  weidlich  durchdroscb.  19, 116;  hatte  die 
herzlichste  Schadenfreude,  wenn  er  alle  menschen  ..  zum 
besten  haben  konnte.  120;  {ein  lied)  so  recht  von  grund  aus 
herzlich.  33,192;  da  faszt  er  einen  recht  herzlichen  hasz 
auf  die  armen  leute.  S,229;  die  herzlichste  Umarmung.  26,22; 
dasz  sie  überall  anknüpfungspunkte  für  ein  herzliches  Ver- 
ständnis finden.  Freytag  handsclir.  1,244; 

hat  Sixt  mit  herzlichem  vergnügen 

den  hohen  berg  bereits  erstiegen.    Wiela:«d  9,244; 

lullte  sie  beide  mit  herzlichem  kriegsmuth.    Stolbebg  12,6; 

herzliche  liebe  verbindet  uns  stets  und  treues  verlangen. 

GöTHK  1,  279 ; 
seid  ihr  (Humen)  ein  herzliches  liebespfand 
aus  der  ferne  von  meiner  süszen?    üula?(d  ged.  57; 
man  höret  noch  des  kindes  herzlich  lachen.    173. 

auch  freier,  selbi^t  von  den  milteln  zum  ausdruck  der  empfindung : 
ich  erhielt  sogleich  antworl  und  erfreute  mich  ihrer  (Friede- 
rikem)  leichten ,  hübschen  herzlichen  band.  Gütbe  26, 19 ; 
und  abgeblaszl,  devi  sinne  nach  unten  no.  6  verwandt: 

schnell  wuchsen,  bei  herzlichem  zagen  und  pochen, 
die  stunden  zu  tagen,  die  tage  zu  vvochen.     Bgsgeii  66^ 

5)  häufige  adverbiale  Verwendung  in  der  bedeutung  4:  und 
redet  herzlich  mit  inen  und  sprach,  seid  getrost  und  frisch. 
2  chron.  32,8;  herzlich  lieb  habe  ich  dich  herr.  ps.  18,2; 
ein  weiser  nimpt  sich  der  ieute  herzlich  an.  sprüche  Sal. 
11,30;  mich  jamert  herzlich,  das  mein  volk  so  verderbet 
ist.  Jer.  8,21;  du  soll  bitterlich  weinen,  und  herzlich  be- 
trübt sein.  Sir.  38, 17;  mich  hat  herzlich  verlanget  dis  oster- 
lamb  mit  euch  zu  essen.  Luc.  22,  15;  der  so  herzlich  für 
euch  sorget.  Pfiil.  2,20;  das  wir  uns  herzlich  fürchten  für 
der  oberkeit.  Lother  4,337';  mich  herzlichst  empfehlend. 
Göthe  an  Voigt  377;  als  sich  die  gelegenheit  gab,  meine  so 
zärtlich  gelieble  recht  herzlich  zu  küssen,  werke  26, 21 ;  Stähler 
lachte  herzlich.  Slillings  jugend  (1777)  11;  das  sagte  er  herz- 
lich der  gelehrten  frau.  Freytag  handschr.  l,  153; 

herzlich  tut  mich  erfrewen 

die  Irolich  summerzeit.    Ublakd  volkst.  113; 

der  alle  schuld  damit  du  ihu  verletzet, 

dir  herzlich  schenkt  und  aus  den  äugen  setzet. 

Opitz  psulmen  s.  192; 
und  wird  sich  einst  mein  ende  nahn, 
so  nimm  dich  meiner  herzlich  an.    Gellert  2,  214; 
oft  ihn  herzlich  an  ihre  lippen  drücken.    Rahler  1,20; 
bald  reist  ein  schäfer  übers  meer, 
bald  hört  er  auT  zu  lieben, 
und  was  dergleichen  anlasz  mehr, 
sich  herzlich  zu  betrüben.    Gotte«  1,88; 
die  sonne  mag  uns  tausend  segen  schenken, 
das  wissen  wir,  und  dnnkens  herzlich  ihr.     RCrger  55'; 


diese  schaut  ich,  thränen  im  hlick,  und  bedauerte  herzlich. 

Odyxsee  II,  87 ; 
und  wünsche  jedem  guten  tag, 
so  herzlich  und  so  warm,    ühlasd  ged.  10; 
wärst  du  zu  schrecken  gekommen,'' 
mir  war  es  herzlich  leid.    227. 

6)  oft  ist,  wann  das  adverb  herzlich  ein  adjedio  oder  ein  an- 
deres adverb  näher  bestimmt,  die  vorige  bedeutung  (5)  abgeblaszl 
:u  der  äuszerst,  höchst,  sehr,  im  hinlergrunde  steht  immer  das 
volle  geffM,  was  bei  der  bestimmung  einer  sache  mitwirkt: 

nun  sag,  wie  hast  dus  mit  der  religion? 

du  bist  ein  herzlich  guter  mann, 

allein  ich  glaub  du  hältst  nicht  viel  davon.    Göthe  12,179; 

so  in  der  Verbindung  heralich  gern,  dem  von  herzen  gern  oben 
sp.  1213  entsprechend,  sciwn  mhd. :  heHzecIlchen  gerne.  Br.  Bert- 
hold 482,28;  willst  du,  sag,  willst  du?  ei  gerne,  rief  die 
nymphe,  herzlich  gerne!  Fr.  MCller  1,148;  ich  hätte  herz- 
lich gern  einen  thaler  für  eine  einzige  ohrfeige  gegeben. 
H.Heise  2,66; 

Jungfern  haben  herzlich  gerne,  dasz  man  sie  bedien  und  ehre : 
jungfcru  haben  herzlich  gerne ,   dasz   ihr  schmuck  sich  täglich 

mehre.    Logau  3,  72,  86. 

in  ähnlichen  fügungen :  er  (ei»  heiliger  lehrer)  plüet  heraecleichen 
schön  in  lugenden  und  in  werken  reht  als  aiu  wolgeladen 
mandelpaum  in  dem  maien.  Megesbebg  63,26;  wie  viel  sind 
ir  aber,  die  auch  irre  ziehen,  denen  es  doch  herzlich  sawer 
wird,  müssen  weih  und  kind,  leib  und  gut  in  die  fahr  setzen? 
Luther  4,112';  weil  du  es  (des  worles  gotles)  on  das  so  herz- 
lich wol  darfest  {bedarfst),  wider  den  teufel  und  alle  anfech- 
tungen.  6,34';  er  ist  über  aus  herzlich  wol  an  euch,  wenn 
er  gedenket  an  ewer  aller  gehorsam.  -2  Cor.  7,15;  sie  sind 
mit  allem  hei-zlich  wohl  zufrieden.  Slillings  jugend  11777)  22; 
sie  asz  und  es  schmeckte  ihr  herzlich  gut.  60;  dieses  kurze, 
herzlich  leidenschaftliche  Selbstgespräch  aufzuklären.  Göthe 
21,128;  bitte  mich  aber  so  herzlich  dringend  als  sie  könne. 
48,51; 

war  der  gedank  nicht  so  verwünscht  gescheidt, 
man  war  versucht,  ihn  herzlich  dumm  zu  nennen. 

ScuiLLEK  Piccot.  2,  7  ; 

nein  herr!  ich  find  es  dort,  wie  immer,  herzlich  schlecht. 

GöiuE  1-2,  23; 

Marlhe.  ach  ihr  versteht  mich  nicht.    Mcjh.  das  thut  mir  herz- 
lich leid!    1&4; 
0  bätt  ich  manchmal  nur  das  gold  besessen, 
das  diesen  rahm  jetzt  übermäszig  schmückt, 
mit  vveib  und  kind  mich  herzlich  satt  zu  essen.    13,  165. 

HERZLICHEN,  die  alte  adverbtalform  taucht  noch  einmal  bei 

Göthe  auf: 

'sag  uns  jungen  doch  auch  was  zu  liebe'. 

nun!  dasz  ich  euch  jungen  gar  herzlichen  liebe!    4,  316. 

HEKZLICHGELIEBT,  part.: 
0  Diomedes  Tydeides,  mein  herzlicbgeüebter!     Borger  223*. 

HEHZLICHHOCH,  adj.:  mit  ..  herziicbhuhem  verlangen 
Bctscdey  kanzl.  274. 

HERZLICHKEIT,  f.  {nach  herzlich  4)  warme  empfindung, 
inniges  gefühl:  bei  aller  herzlichkeit  für  England.  Niebühr 
kl.  sehr.  1,66;  im  plural  äuszerungeti,  zeichen  solches  gefühls : 
ich  musz  gestehen ,  dasz  die  freunde  . .  von  diesem  feste 
alle  herkömnilichen  Verzierungsphrasen  abgelehnt  und  sich 
nur  allein  mit  herzlichkeilen,  die  ihrer  würdig  wären,  zu 
empfang  und  Unterhaltung  vorbereitet  hatten.  Göthe  48,50; 
wie  wunderbar  ist  es  und  angenehm  die  seele  eines  abge- 
schiedenen und  seine  innerlichsten  berzlichkeiten  offen  auf 
diesem  oder  jenem  tische  liegen  zu  ündeu.  an  frau  v.  Stein 
3,74. 

HERZLICHT,  n.: 

da  ward  mein  innres  herzlichi  angefacht 

vom  unbekannten  trieb  nach  jener  ferne.    Tibck  I,  195. 

HERZLIEB,  HERZELIEB,  adj.  von  herzen  lieb,  mlui.  herze- 
liep,  herzenliep  (Lexer  üb.  1, 1273).  in  verschiedener,  adjecti- 
ver  und  substantiver  Verwendung. 

1)  adjectivisch,  meist  in  attributiver  Stellung:  denn  an  dem 
lieben  son  hanget  alles,  und  ist  allein  uinb  den  herzlieben 
son  zu  thun.  Luther  8,  272*;  darumb  bitte  ich  euch,  mein 
herzlieber  man.  H.  J.  v.  Bracnschw.  s.  92;  meines  her^iieben 
weihe?.  Schweisich.  3,  255;  wolan  herzlibste  Duicimunda. 
HoMBiJRG />u/cim.  (1643)  47;  ach  berzliebe  mütter.  J.  ß.  Schup- 
pius  813;  herzlibste  tochter.  Bütschky  Aaiui.  103;  meine  herz- 
libste hausehre.  905;  lausendmahl  willkommen,  iierzliebe 
tochter.  Fr.  Müller  3,35s; 

7ü* 


1255 


IIERZLIEB  — HERZLOS 


HERZLOSE  — HERZOG 


1256 


hofr,  reit  wcrd  es  wol  enden, 

hoff,  glück  wcrd  klimmen  drein, 

sich  in  als  guis  verwenden, 

herzlichstes  Elselein!    Ubland  volksl.  92; 

o  Maria,  wie  we  was  deinem  herzen 

da  du  dein  herzeliebes  kind  sähest  in  schmerzen 

hangen  in  des  todes  peini     838; 

das  herzeliebc  kind  hat  neulich  noch  gelebt, 

und  itzt,  itzt  starb  es  hin!    Flbming  41,5,  10  Lappenb.; 

glück  zu!  herzliebes  Jesulein  1 

und  lasz  mich  dir  berohlen  sein!    Rovplbr  29; 

kaum  trafen  wir  uns  auf  derselben  Station, 

herzliebster  prinz  Alexander.    H.  Hsink  15,  74. 

seltener  in  prädicaliver :  beschwörs  nur  recht  krSftig  ..,  dasz 
du  mich  recht  herzlieb  haben  willst.  Fr.  Mücleh  1,148; 

die  Schönheit,  deren  alles  weichet, 

die  mir  und  deren  ich  herzlieb.    Wkcmkrun  521. 

2)  f»i  subslanliver  verirendung,  oft,  docfi  nicht  immer,  im  Su- 
perlativ: habe  ich  gehoOfl,  meinem  herzliobstcn  werde  solches 
auch  bekand  sein.  Simpl.3,Z8  Kurz;  nun  wusle  sie,  wie  hoch 
sich  ihr  herzlieber  betrüben  werde.  Chr.  Wkise  kl.  Icute  IM; 

wie  kOnt  ich  dirs  (ein  ringlein)  -gewinnen, 

du  herzeliebe?    Uhlako  volksl.  72; 

herein,  in  meinen  armen, 

herzliebsier,  zu  erwärmen!    Rürger  14*; 

auf  meiner  herzliebsten  Sugelein 

mach  ich  die  schönsten  kanzonen.    H.  Heine  15,  96. 

j.  herzallerliebst,  herzenslieb. 

HERZLIEB,  n.  was  das  herz  erfreut;  als  anrede  und  bezeich- 
nung  der  geliebten,  wie  schon  mhd.  herzeliep,  herzenliep  (Ben.- 
MüLLER  1,1015*):  ach  herceliep  mins.  Merswin' 3,  und  oft; 
und  noch  gar  fil  me  worte  bette  dirre  mensche  wol  elf 
Wochen  mit  simc  herceliebe.  9; 

Weibsbilder  sind  mit  forcht  beladen, 
förchten  sich,  wo  es  nicht  bedarf, 
haben  gcdanken  schwer  und  scharf, 
aber,  herzlieb,  schlaget  die  ausz ! 

J.  Atrer  181'  (900,  24  Keller); 
und  ihr,  herzlieb  getreu  und  fromm.    IST  (930,  24); 
wan  nu,  herzlieb,  dir  witz  gnug  wfir, 
zu  merken  deiner  arbeit  lehr.    Weckberlim  390; 
mein  herzlieb,  du  fihlst,  was  ich  fihl.    774. 
s.  herzenslieb. 

HEHZLIEBCHEN,  ti.  diminutiv  des  vorigen: 

herzliebchen  !  komm!  der  mond  scheint  hell! 

BORGER  Lcnorc,  erster  druck  im  Gölt. 
muscnalm.  1774,  s.  220; 
auf  flügeln  des  gesanges, 
herzliebchen,  trag  ich  dich  fort.    H.  Heink  15,  91. 

HERZLIEBEND,  part.: 

dasz  wir  herzliebende  allzwei 

zusammen  kommen  ohne  schcuw.    Gilhdsics  75. 

HERZLOCKEND,  part, :  können  sie  sagen  . .  dasz  sie  kei- 
ner mit  leichtsinniger  galanterie,  mit  frevelhafter  betheurung, 
mit  herzlockcnden  schwuren  ihre  gunst  abzuschmeichein 
gesucht?  GöTBE  19,132. 

HERZLOS,  adj.,  mhd.  herzelAs,  tn  verschiedenem  sinne. 

1)  an  herz  1,3  sp.  1211  angelehnt,  ohne  lebcnskraft,  schwach, 
ohnmächtig:  herzlosz,  vast  blöd,  dem  oft  onmächtig  wirt  und 
gpschwindt,  syntecticus  Maai.er  220*;  aus  welchem  schaden 
und  nnbill  er  [Heinrich  IV.)  zerstört  und  herzlosz  vor  unmut 
sein  leben  endet.  S.  Frank  chron,  180";  noch  bei  Göthe: 

habe  nicht  mehr  kraft  genug 

mich  zu  halten,  meine  knie 

brechen,  ach,  ich  beuge  sie 

nicht  zum  boten;  sinnenlos, 

herzlos  lieg  ich  an  dem  boden, 

mir  versagt,  mir  stockt  der  öden.    13,  295. 

auf  ijrund  dieser  bedeulung  in  Appemell  hei^alos  nüchtern,  leer 
auf  dem  magen,  üblig.  Tobi.er  265', 

2)  an  herz  als  tüx  det  gefühlt  (sp.  1211)  angesMossen ,  ohne 
'Itfühl : 

allein,  wasz  du  versprichst,  das  roui 

nicht  hSriloi  nur  aiMZ  lippen  gehen, 

ei  mus  die  unverfAlschtc  bus 

rechtwftiend  in  dem  werk  bestehen.    Roari.KR  171 ; 

ohne  milgefühl:  herzlos  erudfUs,  taevus  Stikler  1178;  ein  herz- 
loser kcnner  aller  kabinette.  J.  Paul  faslenpred.  54 ; 

Irmt  dietz  geichlecht,  dai  herzlos  faUrhc,  kennen! 

ScBiLLi*  492'  {braut  v.  Me$tina). 

3)  ron  herz  I. G.  ip.  1218  auigehend,  mutlos,  verzagt:  hcrzloi, 
/imirfin  ^-    -:       ■-^.  Frijch  1,447'  atu  Fbohspbrgbr; 


beherzen  jenen  der  herzlosz.    WECKHKRtm  305; 

so  tröstet  sie  mit  einem  süsznn  blick, 

damit  sie  nicht  hie  länger  herzlosz  ligcn.    840; 

wie  noch  jetzt  mundartlich,    als  gcgcnsatz  zu  herzhaft  (2,  oben 
sp.  1247):  Schweiz,  herzlos,  herzlosig,  furchtsam,  ohne  mut  Stai.- 

DER    2,  41. 

4)  endlich,  an  herz  I,  8,  sp.  1220  anlehnend,  ohne  Überlegung, 
unbesonnen : 

solch  herzloser  torechter  leut 

llndt  man  mit  häufen  noch  wol  heut. 

B.  Waldis  h:sop  2,  12,  45. 

HERZLOSE,  f.:  herzlose,  wenn  eim  von  krankheit  ge- 
pchwindt,  blüdigkeit,  syntexis  Maaler  220'. 

HERZLOSE,  f  lolium  (neben  zeillose).   Dief.  335". 

HERZLOSIGKEIT,  f  gcfühüosigknl ,  viangel  an  milgefühl. 

HERZMACHER,ni.  herz-  sive  inutmachcr,  confirmalor,  ani- 
mum  addens.  Stibler  1193. 

HERZMAHNER,  tn.  der  das  herz  crmahnt,  herzmaner  lilel 
eines  erbaulichen  buches  des  15.  jahrh.    s.  quellenverzeichnis. 

HERZMANGEL,  m.  mtitmangel.  Stieler  1229.  auch  mangel 
an  gefühl. 

HERZMARILLE,  f.  pastinaca  sativa.  Nemnicb  4,  874. 

HERZMENSCH,  m.  mensch  bei  dem  herz,  empfindung  vor- 
wiegt: lasz  dich  nur  nicht  verderben  ,<  und  lasz  immer  so 
herzmenschen  um  dich  herum  sein ,  wie  da  meine  gräßn 
Irma.  Auerbach  auf  der  höhe  l,  178. 

HERZMITTE,/'..'  wie  alle  dissonanz  des  menschendaseins 
in  der  herzmittc  des  lebens ,  dem  religiösen  leben,  seine 
lösung  hat,  so  einigt  sich  alle  religiöse  enifallung  in  Christo. 
Kritzler  humaniläl  und  christenlhum  2, 41. 

HERZMIXTURj  f.  herzstärkende,  eleäuarium  cordiale.  Stik- 
ler 1280. 

HERZMÜSCHEL,  f.  cardium ,  eine  classe  von  herzförmigen 
muscheln.  Nemnich  2,  870. 

HERZMUTTER,  f.  kosewort  wie  oben  herzensmutler:  gut 
nacht,  gut  nachl,  heizmutier.  Arnim  2,  242. 

HERZNAGEL,  m.  bei  feinen  wagen  der  zapfen  in  der  mitte 
des  wagbalkens,  woran  derselbe  in  der  gabel  hängt.  Jacobsson 
2,  256'. 

HERZNAGEN,  n.  das  nagen  am  herzen  bei  gram  und  kum- 
mer  (s.  sp.  1209):  groszes  herznagen.  Kirchhof  wendunm.  30o'; 
daffir  herzennagen : 

ist  mein  herz  mein  prophet,  wird  dieses  herzennagen 
gewisz  zu  meinem  tod  das  urthel  bald  ansagen. 

HoPFWAnwswAi.DAü  liosimunda  s.  49. 

IIERZNAGEND,  part.:  ungerechte,  langwierige,  heanagende 
rechtshändel.  Scriver  seelensch.  2, 169 ;  der  herznagende  kuin- 
mer  ihrer  mutier.  Müsäos  volksm.  457 ;  herznagend  umgeben 
gespenster  die  ruhe  des  menschen.  Dya  Na  Sore  3,487; 

sorgend  för  jene,  die  ihn  mit  schmerzen  geboren, 

oft  den  Schlummer  entbehrt,  und  viel  herznagenden  kummer 

duldet  um  ihn  mit  lieb.  Ptrker  Tunis.  9,  311. 

vergl.  herzannagend. 

HERZNEHMEND,  part.:  die  brüste  deiner  mutier  sind 
bäume  gewesen,  die  dich  (als  kind)  mit  allen  ihren  vermögen 
gefuttert  haben,  und  du  wärest  eine  her/nehmende  fruchf, 
die  daran  hing;  gehen  nicht  die  ädern  der  brüste  auch  aus 
dem  herzen,  und  ist,  wenn  man  es  recht  bedenkt,  die  milch 
nicht  das  rechte  herzensblul?  pers.  baumgart.  8,1. 

HERZNETZ,  n.  diaphragma,  Zwerchfell,  dim.  herznelzlein : 
jelzundan  so  das  houpt  graw,  die  stirn  voller  runzeln  ist, 
und  die  hut  under  dem  kün  als  einem  rind  lamplet,  so 
widerslat  das  kalt  blut  umb  d;  hSrznetzlin.  Gengbnbach 
V.  Gödeke  s.  168,  41. 

HERZNOTH,  f.  eardialgia,  syncope,  palpüatio  cordis.  Stik- 
ler 1337. 

HERZOBER,  m.  der  ober  der  herifarbe  im  kartenspiel. 

HERZOG,  «1.  führer  eines  heeres.  rfitr.  ahd.  herizoho,  herl- 
zogo,  mhd.  herzöge;  alts.  hcrilogo ;  ags.  iieretoga ;  fries.  her- 
toga  und  licrtiga;  altn.  hertogi;  niederl.  hcrtogh  (Kilian); 
dnn.  bcilug;  schved.  iierlig. 

1)  die  ursprünglich  freiere  bedeulung  des  worles  hat  sich  bereits 
seit  gegen  anfang  des  \Q.  Jahrhunderts  im  gebiete  des  allen  deut- 
schen reiches  zu  der  engern  einer  polüischen  würde  umgestaltet, 
tndcm  dir  befuqnis ,  die  streitbare  mannschaft  eines  Stammes  im 
kriege  anzuführen,  fest  einer  familie  zufiel,  in  der  auch  die  poli- 
tische uberleiiung  des  Stammes  erblich  haftete,  die  aushildung  die- 
ler  stammherzogsfhaft  zu  reicht-  und  suvrninen  fürslen  in  fieutseh- 
iand  geht'trt  der  ijeschiehte  an.  in  der  form  des  vortet  zei(^  sieh 
thederdeutschland  von  der  oberdeutschen ,    der  Teichstansleispraehe 


1257 


HERZOG  — HERZOGEN 


HERZOGER  —  HERZPOLEI 


1258 


agencn  form  dex  iporles  mehr  oder  wentger  beeinfltiszt :  irenn  die 
Rüstringer  friesischen  rechtsquellen  stall  des  ihnen  allein  gemäszen 
hiritoga  bereits  hcrtoga  brauchen,  so  ist  nur  der  zieeite  Iheil  des 
vor/es  in  niederdeutschem  geicande  geblieben,  später  dringt  die 
ganze  hochdeulsdte  form  vor:  dit  bök  hurt  hertzoghen  Alberte. 
Pfeffers   Wigalois  x  {von  1372); 

de  von  Bronswick  und  Goslar  iip  einen  dag 
de  endseden  hertzog  Hinrich  äff. 

HrLDEBRAND  volksl.  198,  2, 

ICO  das  tcorl  überall  als  lilel  steht;  sonst  auch  herloghe,  her- 
teghe,  hartoghe  dux  Dief.  193*.  die  declinalion  ist  bis  ins  11.  jh. 
immer  die  schwache,  wenn  auch  die  gekürzte  nominalivform  her- 
zog bereits  im  15.  jahrh.  durchgedrungen  ist :  lierzog  dux  roc. 
ine.  theut.  i4';  die  gemeinen  räht  desz  herzogen.  GalmyZll; 
an  den  regierenden  herzogen  zu  Wirtenberg.  Weckberlis  353 ; 
Wigmanno,  einem  sächsischen  herzogen  von  Lünenburg.  Mi- 
cRÄi.ius  1, 179 ;  des  herzogen.  Schuppius  389.  die  dichter  der 
zireiten  schlesischen  schule  scheinen  zuerst  die  starke  form  durch- 
zufahren, die  seitdem  dem  worte  ausschlieszlich  geblieben  ist :  wie- 
wol  ihr  kriegsheer  ans  des  herzogs  gePalien  verpflegt  werden 
muste.  Lohenstein  Arm.  1,1065*;  an  seinen  vater,  den  herzog 
Segiraer  zu  schreiben.  1212'; 

noch  jüngst  gen-nnn  mein  heer,  dasz  endlich  Benevent 

den  herzog  fortgeschickt.    Hoffmakkswaldaü  Rosimunda  $,  59. 

für  den  allen  plural  herzogen  wird  herzöge  gebräuchlich:  her- 
.  zog,  plur.  herzöge  Steinbach  1, 746 ;  weil  damals  noch  keine 
herzöge  geboren  wurden.  Moser  osn.  gesch.  1,312;  jetzt  durch 
lierzüge  ersetzt,  es  heiszi  herzog  zu  Sachsen,  in  Sachsen,  in 
Baiern : 

Gisulf  soll  in  Friaul  hinfüro  herzog  sein. 

HoFFKAMXswALDAC  RosltHunda  (>3; 

herzog  von  .  .  in  rücksicht  auf  das  beherschte  land:  herzog 
Hans  Friderichen  von  Sachsen,  abschied  des  reichstags  zu  Re- 
genspurg  v.  1567,  §  39.  —  Flexionslosigkeil  des  Wortes  vor  eigen- 
nanien,  wenn  diese  selbst  flectiert  sind  (vergl.  herr  I,  9,  f,  sp.  1134 : 
wider  herzog  Hans  Friderichen  usz  Saxen.  Ryff  chron.  164,14; 
von  herzog  Jörgen  in  Sachsen.  Zisrgref  apoplUh.  l,  243. 

2)  die  etymologie  des  Wortes  ist  trotz  der  früh  erlangten  engem 
bedculung  nicht  vergessen: 

er  {Christus)  was  ein  keiser,  dö  er  truoc 

die  marterkrone,  dö  man  in  mit  dornen  sluoc; 

er  was  ouch  herzöge  in  der  selben  ahte, 

dö  er  dem  her  gezogete  vür.     minnes.  3,  60'  Hagen; 

und  so  wird  öfler  herzog  noch  in  dem  weitem  sinne  heerführer 
verwendet:  Conon  war  ein  mechtiger  herzog,  und  ein  sig- 
hafter  heerfürer  der  Athener.  Acr.  spr.  lOS';  da  Moses  ster- 
ilen soll,  sorget  er  für  sein  volk,  wie  er  es  mit  einem  gott- 
seligen herzog  möchte  versehen.  Otho  33; 

als  nun  das  heer  ausrilt  zur  schlacht, 

da  trägt  der  herzog  sondre  tracht.    Uhlahd  ged.  352. 

3)  von  dieser  Verwendung  aus  herzog  in  der  bibel-  und  dick- 
tersprache,  anführer,  fürst,  erster:  das  du  ein  herzog  seiest 
über  Israel.  1  Sam.  25,30;  aus  dir  (Bethlehem)  sol  mir  komen 
der  herzog,  der  über  mein  volk  Israel  ein  herr  sei.  Matlh. 
2,6;  denn  es  zimet  dem,  umb  des  willen  alle  ding  sind  .. 
das  er  den  herzogen  {aoxrjyov)  irer  Seligkeit  durch  leiden 
volkommen  machte,  flebr.  2, 10 ;  ja  unser  herzog  Jesus  Chri- 
stus spricht.  Luther  3,  117';  gleichwie  ir  herzog  Christus 
nicht  das  schwert  füret,  sondern  am  creuze  hanget.  119'; 
seine  {Christi)  apostel  unsere  herzogen.  5,4*;  sie  werden  recht 
in  ihrem  kronleuchter  gewesen  sein ,  wie  der  herzog  ihres 
herzens  bei  ihnen  war.  Albertine  GrCs  bei  Merck  2,246;  und 
du,  feiner  bauptmann!  herzog  der  beutelschneider !  gauner- 
könig!  Schiller  räuber  2,3; 

du  herzog  meiner  tust. 

Fleiisg  458,  9,  5  LMppenb.  {auf  Opüt"  tod) ; 
zeuch  jenen  beiden  zu,  du  Jenen  gleicher  held, 
der  itzt  nichts  gleiches  hat,  du  herzog  deutscher  saiten. 
458,  10,  6  (auf  dens.); 
war  ich  herzog  groszer  geister, 
strahlend  in  dem  kränz  von  licht, 
den  die  band  der  Fama  flicht?    Borger  73". 

4)  herzog,  die  grosze  ohreule,  strix  babo.  vergl.  oben  unter 
frank,  th.  4, 1,  57  ;  niederl.  hertogh  bubo,  vulgo  dux,  quasi  prin- 
ceps  avium.  Kilian. 

5)  herzog,  chaetodon  dux,  ein  klippßsch.  Neünicu  2,987. 
HERZOGEN,  eerfc.  die  herzogswürde  versehen :  Angelo  herzogt 

indesz  wacker  in  seiner  {des  herzogs)  abwesenheit.  Shakesp. 
masz  ßr  masz  3,  2  (lord  Angelo  dukes  it  well  in  bis  absence). 


HERZOGER,»),  anhänger  eines  herzogs.  6«  Behaim  325,14.  21. 
sfieciell  anhänger  des  lierzogs  Albredil.    s.  kaiserer. 

HERZOGIN,  f.  ducissa.  voc.  ine.  theut.  J4';  die  herzogin  in 
Baiern,  von  Nassau,  auch  der  name  des  chaetodon  dux.  Ne»- 
NICH  2.  987. 

HERZOGISCH,  adj.  dem  herzog  zugelüjrig;  von  einer  partei, 
mem  kriegsvolk:  da  die  herzogischen  des  gewar  wurden, 
lieszen  sie  vor  tags  uf  blasen.  Wilw.  v.  Schaumb.  38 ;  etiich 
in  dem  herzogischen  zeug.  76;  der  von  Rafenstein  zoch  den 
herzogischen  mit  seinen  kriegsschiffen  ..  entgegen.  119;  dafür 
herzogenischen:  zugen  die  herzogenischen  ab.  59.  von 
einem  orte  den  ein  herzog  besitzt:  so  ein  jede  leibliche  gemein 
einen  namen  hat ,  von  irem  heubt,  wie  wir  sagen,  die  stad 
ist  churfürstisch,  diese  ist  herzogiscb,  diese  ist  frenkisch. 
Luther  1,  267*. 

HERZOGLICH,  adj.  ducalis.  Steisbach  1,  746.  in  neuern 
quellen  wie  früher  herzogisch:  herzogliches  heer;  ein  hei-zog- 
licher  diener;  eine  herzogliche  Stadt,  auch  einen  herzog  vor 
stellend,  ausmachend: 

die  tochter  steigt  hinab  "ins  feld : 
'wo  liegt  der  herzogliche  held?'  (der  herzog  selbst). 
ÜHLAni)  ged.  353; 
aus  einer  herzogsfamilie  entstammend: 

auch  von  des  grafen  festlicher  Vermählung 
mit  einer  herzoglichen  braut  von  Cleve 
erspar  ich  mir,  wie  billig,  die  erzählung.    435; 

einem  herzöge  gemdsz:  ein  herzoglicher  aufwand;  wer  ein 
herzog  ist,  musz  sich  auch  herzoglich  aufführen,  wurde  in 
einer  gesellschaß  mit  bezug  auf  einen  concreien  fall  geäuszert; 
herzoglicher  raarzipan,  ein  feines  gtbäck.  Amabanthes  frauenz.- 
lex.  (1773)  13S7. 

HERZOGLICHKEIT,  f:  der  herzog  thut  etwas  unschick- 
liches mit  dieser  jagd  und  doch  bin  ich  nach  seiner  herzog- 
lichkeit mit  ihm  zufrieden.  Göthe  an  frau  v.  Stein  2,  120. 

HERZOGSKIND,  n.:  weil  damals  noch  keine  herzöge  ge- 
boren wurden :  so  muszten  die  herzogskinder  ihre  anciennite 
so  gut  wie  andre  abwarten.  Moser  osn.  gesch.  1,312. 

HERZOGSKIRSCHE,  f  schwarze  weichsdMrsche. 

HERZOGSLAND,  n.  land  das  ein  herzog  besitzt:  die  herzogs- 
lande  (bestimmte  gegenden  Niederdeutschlands).  StCve  125. 

HERZOGSMANTEL,  m.  l)  manlel  eines  herzogs,  zugleich  zei- 
chen seiner  würde:  bald  seh  ich  dich  im  herzogsmantel  vor 
mir.  Fr.  Mijller  3,  202. 

1>)  eine  muschel,  ostrea  palHum.  Ne«.'«ich  4,  813, 

HERZOGSMÜTZE,  f.  mutze  des  herzogs,  zeiclien  seiner  würde. 
Mathilden  ist  die  herzogsmütze  aus  der  band  gefallen.  Fr. 
Mt^LLER   3,359. 

HERZOGSPFENNIG,  m.  ducaten.  in  der  Pfalz.  Jacobsson 
6,  71'. 

HERZOGSWÜRDE,  f. 

HERZOGTHUM,  n.  das  von  einem  herzog  beherschte  land: 
herzogthurab  ducatu^  Maaler  22o';  wenn  ich  jetzt  hingehe 
und  das  komplett  angebe,  reit  ich  dem  herzog  von  Genua 
nichts  geringers  als  ein  leben  und  ein  herzogtbum.  Schiller 
Fiesko  3,  7. 

HERZOHR,  ».  l)  plur.  herzohren,  awriculae  eordis,  die  Vor- 
kammern des  herzens,  muskulöse  sacke  an  der  basis  desselben. 
Nejinich  1,  544.     i'.  herzlappen. 

2)  in  freier  Verwendung  und  unter  anlehnung  an  herz  I,  9,  e, 
j;p.  1221:  aber  ein  paraklet  oder  tröster  sagte  unter  dem  weg- 
gehen dem  Jünglinge  leis  ins  herzohr:  morgen  siehst  du  sie 
wenige  schritte  von  dir  im  garten !  J.  Paul  Titan  t,  12. 

HERZPEIN,  f  cardialgia.  Stieler  1423. 

HERZPFEIL,  m.  .•  der  h.  geist  macht  aus  allen  werten  des 
Predigers  lauter  herzpfeile.  Val.  Herzberger  ev.  herzpost.  253. 

HERZPFEILGEMALT,  pari.:  da  hingegen  die  hündine, 
schäffne,  wullene,  herzpfeilgemalte,  belzene,  geiszene,  wölfine, 
fuchsen,  carmasinen,  auch  die  thüchene  langzipflige  reuter- 
hendschuch  nichts  vermögen ,  dann  die  band  und  fingcr 
dicker  oder  langer  zu  machen.  Garg.  119*. 

HERZPFIRSCHE,  f.  pßrsehenarl  von  der  ge.<!talt  eines  herzens. 

HERZPFÖRTLEIN,  n.:  die  fahrlässige  mutter  hatte  bei 
der  Unruhe  im  hause  die  wache  vor  dem  herzpfürtlein  der 
geliebten  tochter  gerade  zu  unrechter  zeit  eingezogen.  Mu- 
sÄüS  volksmähr(hen  s.  515  (die  entßhrung). 

HERZPFRIEME,  f  pfneme  die  das  herz  durchbohrt;  s.  u)U(n 
herzprieme. 

HERZPOCHEN,  n.  herzldopfen. 

HERZPOLEI,  m.  mentha  pulegtum,  wa.^erpftlei.  Maai  er  ?2o' 


1 259        IIERZPOLLE  —  HERZRÜIIRLrCII 


HERZRÜimUNG  —  HERZSEHNLICH       1260 


HERZPOLLE,  /.  die  miltelsten  zarten  bläUer  einer  pflanze,  in- 
sonderheU  des  kolds.  iNemmch. 

HERZFOLYP,  wi.  polypus  cordis:  ich  bin  nun  überzeugt, 
dusz  ich  nicht  am  schlage  .  .  noch  an  der  lungcnsucbt  .  . 
sterben  kann;  aber  wer  bürgt  mir  dieses  dafür,  dasz  ich 
nicht  an  einem  herzpolypen  scheitern  werde?  J.  Paul  uns. 
löge  3,  40. 

HEHZPRIEME,  f.  für  herzpfrieme,  oben:  bei  dem  dritten 
artikul  danke  gott  dem  heiligen  geist,  ..  dasz  er  ausz  den 
schlechten  einfalligen  Worten  deines  predigers,  lauter  herz- 
priemen gemacht  habe,  dadurch  dir  dein  herz  durchbohret, 
und  zu  wahrer  reu  und  busz  bewogen  worden.  Sciiüppiüs  207 
{gedenk  dran  Hamburg). 

HEHZPROBE,  f.  cordis  scrulatio.  Stieler  1483. 

HERZPRÜKER,  ni.  der  das  herz  prüft,  von  goU: 

dan  dir  herzprüfern  ja  all  solche  gleiszner  kund. 
Wkckherlin  124. 

HERZPULVER,  n.  pulvis  cordialis.  Stieler  447. 

HEHZPU.NKT,  m. :  die  neue  Schöpfung  in  Christo,  in  wel- 
cher .  .  die  gewiszheit  von  der  herrlichen  freiheit  der  kinder 
guttes  der  herzpunct  ist.  Martensen  dogmalik  s.  44.  vergl.  herz 
II,  1,  sp.  1222. 

IIERZPUPPERN,  »I.  unruhiges  schlagen  des  ho-zens.  vergl. 
herz  sp.  1208. 

IIERZQUELLEND,  pari,  das  herz  quellen,  aufgehen  machend 
(vergl.  sp,  12\2;  oder  atis  dem  herzen  quellend?): 

dasz  mein  herzqiiellendes  geheul 

(lein  herz  nicht  kan  erwaichen.    Wkckiikrlin  86. 

IIERZRÄD,  n.    das   zweite   oder  viiUclstc  rad  des  schlagweilcs 
einer  ulir,  wenn  dieses  tverk  drei  räder  hat.  Jacobsson  2,  250'. 
HERZRAUBEND,  part.:  im  angesicht  diser  herzraubenden 
scliönbeiten.  Weckherlin  801. 
HERZRXUBERISCH,  adj.  : 

man  hört  den  süszen  klang 
auch  übers  weite  ineer,  den  deine  nachtigallen 
zu  ehren  dir,  o  fürst,  herzräulirisch  lassen  schallen. 

MÜULPFORT  78. 

HERZREGIEREND,  pari.:  herz-iegierende  nymfen.  Weck- 
HERLI.N    860. 

üERZREGUNG,  f.  regung,  rfihrung  des  herzens  (vergl.  her- 
zensregung  ."^.1221):  hier  (bei  der  gelehrten  spräche)  ist  nicht 
von  faszlichkeit,  Wohlklang,  anmuth,  herzregung,  lesbarkeil 
U.S.W,  die  rede:  sondern  von  intelickluaier  Vollkommenheit, 
in  welcher  richligkeit  slatt  Schönheit,  die  Wahrheit  statt 
rührung,  und  deutlichkeit  statt  aller  Verzierungen  ist.  Herder 
2.  Uli.  1, 196. 

HERZREICII,  adj. :  geist-  und  herzreich.  Gütbe  49, 163. 

HERZIIEIN,  adj. :  jeden  herzreinen ,  aber  irrigen  autor. 
i.  Paul  vorsch.  d.  äslh.  3,  51. 

IIERZREIS,  H.  nennt  der  gärtner  und  fOrstcr  bei  dem  auf- 
schlage das  milllere  oder  eigentliche  stdmmchen.  Jacobsson  6,  7l'. 

HERZREUE,  /".    sincera,  cordialü  poenilentia.  Stieler  1607. 

MERZRIiNG,  m.  fingerring  mit  herzförmigem  stein.  Jacobsson 
3,421'. 

HERZRITTE,  vi.  herzficber:  herzritt,  cardia  Schm.  3,105; 
wo  das  angesehen  wurd  und  man  die  kirchenichen  recht 
uszteilt,  bestünden  die  geistlichen  all  wol  und  möchten  bi 
einander  bliben  on  allen  inangcl.  aber  der  ühcrflusz  und 
Unkosten  haben  den  herzrillen.  Schkok  sat.u.pasqu.i,Ci,\2; 

und  glicit  mich  wirsch,  dan  der  herzritt. 

fastn.  sp.  340,  13; 
du  pub  des  scbDt  dich  der  hcrzrit. 

II.  Sachs  2,  4,  121'. 

HERZRITTIG,  adj.:  herzrytiger,  cardiacus  DiEr.  loo'. 
HERZROHRE, /^,;  die  grosze  lierzröre,  aorla.  Stif.ler  1022. 
HERZRUSLEINGRAS,  n.   ceraslium  arvense,   ackeriwrnkraut. 
Nkmnicii  2,  91G. 
HERZHUIHG,  adj. : 

der  mit  (^oties  lieb,  hilf,  gnad 

heriruhwig  sich  vergnüoget.    Wkckiisrlin  300. 

HERZRÜHREND,  part. ;  unde  wart  in  mir  ein  diapsalma 
und  ein  ungcirret  ruowe  aller  inwendiger  dinge,  unde  ein 
hcrzerüereodei  liiiuelsiufzen.  Haupts  zritschr.  8,250;  ey  waren 
beizrühreride,  klagende  töne.  Götiik  8,217;  mit  einem  licrz- 
rührcnden  blick.  Bkttink  tageb.  IGO; 

soll  ich  dii 
In  ^In  herzrfihrcnd  wort  zusaniiiK'rila.i.Hi-iiV 

Sciiii.i.r*  2:10  {Iphigenir). 
HKRZRtlHRUCH,  adj.:  berzrührliche  la<iUTungen.  Butschkt 
kanil.  805. 


HERZRÜHRUNG,  f:  gott  fragt  dich  durch  des  h.  geistes 
beizrührung  oder  durch  deinen  Seelsorger:  willst  du  gesund 
werden?  Otho  1174. 

HERZSACK,  m.  pericardium,  herzbctitel. 

HERZSAFT,  «i.  syrupus  cardiacus,  stärksaft.  Stiele«  1663. 
vergl.  herz  I,  3,  sp.  1211. 

HERZSAME,  m.  cardwspei-mum,  hcrzerbse.  Nemnicb  2,  869. 

HERZSCHILD,  n.  das  millelsle  schild  in  einem  icappen. 

HERZSCHLAG,  »».  1)  schlag  des  herzens,  puls:  hat  ein  Jüng- 
ling .  .  seine  erste  schrift  mit  feuriger  unruh,  und  lauten 
heizsclilägen  gearbeitet.  Klopstock  12,77;  das  alles  fiel  vor, 
aber  mit  immer  stürkern  herzschlägen  für  Lianen  unter- 
brochen. J.Paul  Tit.  2,34; 

Daphnc  klopfet 
mir  in  jeglichem  hciszem,  lautem  Herzschlag. 

HöLTT  72  Halm. 

auch  der  erregte  plötzliche  Herzschlag  der  leidenschaft: 

wie  der  castellan  von  Coucy 

schnell  die  band  zum  herzen  drückte, 

als  die  damc  von  Fayel 

er  zum  ersten  mal  erblickte! 

seit  demselben  augenblicke 

drang  durch  alle  seine  licdcr 

unter  allen  weisen  stets 

jener  erste  Herzschlag  wieder.    Uhland  ged.  272. 

2)  der  ort  wo  das  herz  schlägt,  brüst: 

(Itattc)  mit  kälte  den  dolch  auf  den  Herzschlag 
angesetzet.  Klopstock  6,  19. 

3)  schlagßusz,  der  direct  das  herz  trifft. 

4)  im  niederdeutschen  bezeichnet  hartslag  herz,  hinge  und  leber 
tines  Schlachtviehs,  das  schriftdeutsche  herzschlag,  geschlinge  (Neh- 
nich)  15/  ntir  Übersetzung  hiervon. 

5)  herzschlag,  eine  krankheit  der  lunge  bei  schafen,  mit  schwe- 
rem atem  und  heftigem  schlagen  der  pulse  verbunden.  Adelung. 
s.  unten  herzschlechtigkeit. 

HERZSCHLECHT,  n.  herzschlechtigkeit:  so  vergeht  ihm  das 
herzschlecht.  Seüter  rossarzn«  •  22. 

HERZSCHLECHTIG,  adj.  an  dem  hartslag  (herzschlag  4 
oben)  leidend,  zunächst  von  pferden  gesagt,  ein  ursprünglich 
nieder deutsclies  worl,  hier  barlslechtig,  welches  in  verschiedener 
form  und  entstellung  ins  hochdeutsche  aufgenommen  ist,  vergl. 
haarschlechlig  sp.  36  und  hartscblechtig  sp.  518 ;  die  form  herz 
schlechtig  hat  den  ersten  theil  des  compositums  übersetzt,  hart- 
scblechtig, herzschlechtig,  bauchscblcchtig  oderathmich.  dise 
vier  krankheiten  ist  alles  ein  ding,  allein  das  sie  mit  dem 
namen  undcrschidlich.  Seüter  rossarznei  19  (s.  die  ganze  stelle 
unter  athmich  1,  504) ;  mangelhaft  an  der  lungen  und  berz- 
schlächtig.  Hohberc  2, 173".  in  substantivem  gebrauclie :  und  ist 
zwischen  dieser  krankheit  (dem  a.'^thma)  und  dem  herzschlech- 
tig kein  anderer  undcrschid ,  dann  das  herzschlechtig  noch 
heftiger  ist,  auch  billder  end  macht.  Seüter  14.  oberdeutsch 
auch  in  berzschluckig  verderbt  (Fromm.  5,431).  auf  menschen 
übertragen  und  im  zweiten  theite  an  schlecht  angelehnt,  bedeutet 
herzschlechtig  auch  sich  übel  befindend,  einer  ohnmaclU  tialie. 
Fromm,  a.  a.  0.;  bei  Megenberg  aber  schon  wird  es  im  sinne  von 
asthmaticus  verwendet:  fühsein  llaisch  gepranl  ze  pulver  und 
da;  gegeben  heizsiähligcn  lauten  in  wein  ist  gar  gnot.  163,  2'.i. 

HERZSCHLECHTIGKEIT,  f:  (eine  angegebene  arznei)  ist  gilt 
für  die  herzschlechtigkeit.  Seüter  20;  hcrzschlächtigkeit  ist 
eine  krankheit  der  pferde.  öcon.  lex.  (1731)  1007. 

HERZSCHMERZLICH,  adj.  und  adv.:  beweine  solche  grobe 
Sünden  herzschmerzlich.  Mestweht  fluchspiegel  (1674)  115;  der- 
selben ist  zweifeis  ohne  die  höcbstbetrauerliche  zcitnng  von 
dem  tödlichen  hintritte  ihres  libsteu  hcrzsmerzlich  zu  obren 
kommen.  HuTücnnY  kanzl.  846. 

HERZSCILNEIKENIt,  part.  ins  lierz  schneidend,  schmerzend: 
nichts  ist  mir  herzschneidendcr  gewesen.  Hippel  lebensl.  2,  30(>; 

Puli-us  soHn,  mit  Worten  riirwalir  nicht,  Klficbwlo  ein  kiiäbleiii, 
HolTc  mich  nbzuücHrcrkeii ;  denn  wohl  vermocht  ich  ja  selber 
so  heriscbiiulitcnde  wort  als  frevele  auszurufen!     Itias  2U,  2U2. 

HKRZSCHREIN,  m. .-  dieselben  in  unsern  berzscbrein  und 
in  den  schosz  des  gemüles  legen  und  verwahren  sollen. 
a.  U'vish.  lustg.   699. 

HERZSCHWACHE,  f:  ein  obniiiacht  ist  eigentlich  dcli 
quiuiu  auimi,  ein  herzschwäche.  Alhrp.cht  fluchahc  00.  vfriil. 
herz  L  3,  sp.  1211. 

HERZSEHNLICH,  ü</>.; 

manches  jabr  ist  schon  verRanKOU 

(wn  mir  reibt),  iln<>i  Floriilan 

mit  bcrutebnllcliPin  verlnnKrii 

Ist  gestiegen  wolken-an.    Niini*iiK  Intlivillitrhrn  10t. 


1261       HERZSEÜFZEND  — HERZTRAUER 

HERZSEüFZEND ,  part.:  vil  herzseufzende  untertahnen. 
BuTscoKY  kauzl.  528. 

HERZSIEBEN,  f.  die  sieben  der  Jierzfarbe  im  kartenspiel :  die 
rolbe  oder  herzsieben.  Wesenigk  böse  spielsieben  (1702)  114. 

HERZSPANN,  n.  wie  herzgespann  sp.  1246. 

1)  die  kranklteil:  aslhma,  keichender  sichtage,  herzspann, 
herzsperr  Dief.  56";  über  die  wiege  sich  zu  spannen  ist  nicht 
gut,  davon  kompt  das  herzspan.  Leyer  Matzs  lustiger  corre^n- 
denzgeisl  (1668)  176. 

2)  die  pflanze:  cenlinodia  hertespon,  hertespan.  Dief  112' 
{niederdeutsch) ;  cordiana  herzspan  151" ;  herzenspan  cordiana 
est  quedam  hcrba.    voc.  ine.  theut.  14*. 

HERZSPANNE,  f.  im  sinne  von  herzspann  1:  die  alte  Anne, 
die  das  kind  gestrichen  hat,  damit  es  nicht  die  herzspanne 
kriegt,  musz  auch  vier  mark  kriegen.  Holberg  von  Prutz  485. 

HERZSPERR,  n.  u-ie  berzgesperr  1,  sp.  1246:  aslhma,  kei- 
chender siciitage,  herzspann,  berzsperr  Dief.  56'. 

HERZSPRUCH,  m.  liebster  spruch:  die  leute  wissen  noch 
nichts  von  der  advocaten  herzspruche  si  fecisli  nega.  causen- 
maclter  61. 

HERZSTACHELND,  part.: 

holfe  durch  worte  mich  nicht  zu  schrecken,   als  war  ich  ein 

knäblein! 
leichtlich  könnt  auch  ich  herzstachelnde  schmähung  erwiedern. 
BORGER  232'  {llias  20,201). 

HERZSTÄRKEND,  part.  das'  herz  (den  sitz  der  lebensbaß 
Äp.  1211)  stärkend:  die  frucht  oder  erbse  wird  für  ein  kräfti- 
ges herzstärkendes  mittel  gehalten.  Nemsich  2,  870. 

HERZSTÄRKüNG,  f.:  ein  freundliches  gespräche  ist  der 
beste  rosenzukker  und  die  kräftigste  herzstärkung  unserer 
gemüller.  Bltschky  Palm.  415;  etwan  findt  sich  die  policei 
entweder  in  gasthäusern  oder  in  apotheken,  wo  sie  sich  mit 
herzstärkungen  labet.   Wurmsaam  Wurmland  38 ; 

so  trank  man,  werther  Laud,  als  in  gekrönten  schalen, 
dein  blut  der  scholtschen  kirch  für  ein  herzstärkung  zu. 
m  Grtphius  169S   1,  274. 

HERZSTEIN,  m.  calculus  cordis.  auch  ein  herzförmiger  echi- 
nit.  Nemmcu. 

HERZSTEMMEND,  pari,  das  herz  {den  süz  der  lebenshraft) 
stützend:  damit  hatte  ich  das  vornembste  miracul  verriciilet, 
und  liesze  fürders  nichts  anders  mehr  tbun,  als  den  kranken 
mit  berzstemraenden  und  andern  loshaften  sachen  bekräfti- 
gen. Simpl.  2.  2S9  Kurz. 

HERZSTICH,  m.  stich  ins  herz  (s.  herz  sp.  1209):  um  mei- 
nen herzstichen  mit  einemmal  ein  ende  zu  machen.  Thüm- 
mel  2,318. 

HERZSTOSZ,  n».  slosx  den  das  herx  gibt,  der  wm  herzen 
ausgeht:  dasz  ich  ihm  das  lavor  gerad  vors  maul  hallen  muste. 
solches  brach  ihm  mit  schmerzlichen  herzstöszen  unver- 
sehens auf  und  gosz  eine  . .  wüste  materi  in  bemeltes  lavor. 
Simpl.  1,108  Kurz;  aucli  stosz  der  das  herz  trifft:  zuletzt  aber 
wolltet  ihr  mir,  o  verrätherische  reichthümer,  den  herzstosz 
mit  gewaltsamer  lyrannei  und  höchster  marfer  beibringen. 
Simpl.  2, 351  (1713).     s.  herzensstosz. 

HERZSTRICK,  m.,  pl.  herzstricke,  cohmnae  sive  Irabcs  cor- 
dis, dichte  muskulöse  anhänge  an  den  zwei  wänden  des  lierzetis. 
Nemnich  2, 1138. 

HERZSUCHT,  f.  herzkrankheit :  berzsucht,  cardia,  cardiaca, 
est  quedam  inßrmitas.  voc.  ine.  theut.  i4';  cordiaca,  herzsucht, 
herzklopfung.  Gersdorf  fcldb.  d.  wundarzn.  99 ;  pulsatilis  ge- 
schlagen in  der  herzsucht  ist  vast  gut.  18. 

HERZSÜCHTIG,  adj.  mit  der  herzsuclU  behaftet:  cardiaais 
herzsuchtig  Dief.  lOO'. 

HERZTÄUSCHEND,  pari.:  die  Übermacht  berztäuscbeoder 
tugendgaukeleien.  Dya  Na  Sore  5,  369. 

HERZTAUSIG,  adj.  in  der  formel  herztausiger  schätz: 
da  such  ich  meinen  berztausigen  schätz, 
tausig  für  -tausendig,   atis   dem  zahlworle  weiler  gebildet,   steht 
als  Verstärkung  zu  herzensschatz. 

HERZTHEILEN,  n. ;  deine  Schwester  sah  ich  nicht,  es  ist 
ein  liebes  geschöpf,  wie  ich  eins  für  mich  haben  möchte, 
und  dann  nichts  weiter  geliebt,  ich  bin  des  herztheilens 
überdrüssig.  Göthe  an  frau  v.  Stein  1,  48. 

HERZTHÜR,  f.:  ihre  herzthüre  ist  lahm  und  geht  nicht 
zu.  J.  Paul  briefe.     vergl.  herzensthor. 

HERZTIEF,  adj.:  in  herztifster  untertäbnigkeit.  Bütsciiky 
kanzl.  548. 

HERZTRAUER,  f.  liefe,  imiige  Irauer.     $.  herzenslrauer. 


HERZTRAÜERLICH  —  HERZU 


1262 


HERZTRAÜERLICH,  adv.  mit  herztrauer:  woraus  ich  herz- 
trauerlich  ersehen,  dasz  ihr  lihster  eheherr  aus  disem  nim- 
merfrohen jammerleben   in   di  himliscbe  paradisfreude  ver- 
säzt  sei.  BüTSCHKY  kanzl.  852. 
HERZTRAURIG,  adj.: 

nahe  ist  er  den  herztraurigen, 
macht  selig  die  demüttigeo. 

Mich.  Vehe  gesangbüchtc  17. 

HERZTRAUT,  adj.  dem  herzen  traut,  lieb: 

herztrauter  mann,  fürwahr!  dich  fällt  noch  seihst 
dein  wagemuth:  Börgea  174". 

HERZTREü,  adj.:  darumb  wäre  mein  herztreuer  rath. 
Luther  br.  4,  371 ;  die  herztreue  mutter.  Weigel  6«  Opel  354 ; 
einfältig,  doch  herztreumeinend  vor  äugen  gestellet.  Mest- 
WERT  fluchspiegel  (1674)  titel. 

HERZTREULICH,  adj.  und  adv.:  wyr  burgermeister  und 
radt  der  Stadt  Essen,  tbun  kundt  allen  und  jeden  .  .  .  mit 
erbietung  unsere  freundlwiilige  berztreulicbe  diensle.  urk.  v. 
1546  in  der  Westphalia  von  Trosz,  1825  stitck  12  5.  95 ;  welches 
(wolergehen)  ihnen  sämtlichen  von  mir  herztreulich  gegünnet 
wird.  BüTSCHKY  kanzl.  24 ;  so  bettest  du  mir  hillich  deine 
noht  und  anligen  herztreulich  entdecken  sollen.  375;  herz- 
treuiich  will  ich  gewarnet  haben.  Mestwert  fluchspiegel,  vorr. 

HERZTUTE,  f.  conus  marmoreus,  herzhorn.  Nem.vich. 

HERZU,  adv.  zu  und  herwärts,  gegensalz  von  hinzu ;  im  allge- 
meinen wie  die  oben  behandelten  herab,  heran,  herauf  u.s.w.  ver- 
laufend, die  bedeutung  ist  eine  örtliche,  die  Verbindung  mit  gewissen 
verben  (kommen,  nahen,  nähern)  Idszt  an  die  zeitliche  streifen ; 
die  richlungsbestimmung  ist  mehr  oder  weniger  scharf  ausgeprägt. 

l)  scharf,  indem  neben  dem  zu  auch  das  her,  die  richtung 
nach  einem  sprechenden  oder  dem  mit  ihm  in  nächster  beziehung 
stehenden  orte  betont  ist;  die  neuere  spräche  verwendet  hier  ge- 
wöhnlich lieber  heran  oder  herbei,  das  adverbium  tritt  zu  verben 
der  bewegnng,  die  in  dringlicher  rede  unterdrückt  werden :  Josua 
sprach  zu  den  kindern  Israel,  erzu,  und  höret  die  wort  des 
hcrrn.  Jos.  3,9;  und  David  sprach  zu  seiner  Jüngling  einem, 
erzu,  und  schlag  in.  2  Sam.  l,  15.  die  richtung  wird  durch 
beigesetzte  praepositionen  oder  adverbien  noch  genauer  bestimmt . 
sprecht  zu  Joab,  das  er  hie  erzu  kome,  ich  wil  mit  im 
reden.  2  Sam.  20, 16 ;  trettet  erzu  für  den  herrn.  4  Mos.  16, 17. 

Solche  verben  der  bewegung  sind:     ■ 

brechen,  prorumpere:  das  sie  nicht  erzu  brechen  zum 
herrn.  2  Mos.  19,  21 ;  die  priester  und  das  volk  sollen  nicht 
her  zu  brechen.  24. 

bringen:  und  soits  {das  brot)  in  einen  korb  legen,  und 
in  dem  korbe  erzu  bringen.  2  Mos.  29,  3 ;  und  der  herr  redet 
mit  Mose  und  sprach,  bring  den  stam  Levi  erzu.  4.Voa-3,6; 
da  sprach  Saul  zu  Abia,  bringe  erzu  die  lade  gottes.  1  Sam. 
14, 18. 

dringen:  herzudringen,  appropinquare  cum  impelu.  Stie- 
ler 337. 

eilen:  denn  die  zeit  ires  Unglücks  ist  nahe,  und  ir  künf- 
tiges eilete  erzu.  5  Mos.  32,  35. 

fliegen:  herzuefliegen,  advolare.  Stieler  511. 

führen:  seine  söne  soltu  auch  erzu  füren.  2  Mos.  29,  S; 
dergleichen  zeugnis  {stellen  aus  büchern)  könte  ich  mehr  herzu- 
führen, pers.  reisebeschr.  2, 3. 

gehen:  letztlich  giengc  der  elend  Samaritanus  herzu, 
welcher  die  wunden  meines  herzens  verbiiiJete.  Scuüppius  756. 

holen:  mau  hat  mich  zu  pferde  herzuholen  lassen,  equo 
adveclus  sum.   Stieler  851. 

kommen:  kompt  erzu,  und  trettet  diesen  künigen  mit 
füszen  auf  die  helse.  Jos.  10,  24 ;  kompt  her  zu,  laszt  uns 
dem  herrn  frolocken.  ps.  95,1.  besonders  häufig  in  bezitg  auf 
zeit :  da  nu  er  zu  käme  der  siebende  monde.  AV/i.  8, 1 ;  bisz 
die  zeit  schlaffen  zu  gehen  herzu  käme.  Amadis  247;  so  oft 
die  stund  des  nachtesscns  oder  mittagmabis  herzu  kommen, 
schrye  ein  jeder,  gib  herfür,  gib,  gib.  Schoppiüs  738; 

und  da  der  tag  ein  ende  nam 

und  dan  die  nachte  herzuokam.    Büueler  292. 

kriechen:  herzuekriechen ,  adrepere ,  versus  nos  gradum 
facerc.  Stieleb  1036; 

und  (das  evangclium)  spricht:  nSr  kreuch  zum  creuz  herzu, 

im  gsetz  ist  weder  rast  noch  rA 

mit  allen  seinen  werken.         P.  Spbratus  tied:  es  ist  das  heil 
uns  kommen  her,  slr.  9. 
laufen:  das  volk  läuft  herzu, 
lenken:  herzulcuken,  acclinare,  adverlere.  Stikler  1146. 


1263 


HERZU 


lIEttZU  —  UERZ  VEREIN 


1264 


machen,  reflexiv:  und  sollet  euch  früe  erzu  machen,  ein 
Slam  nach  dem  andern.  Jos.  7, 14;  iiuus  sprach  zu  ir,  wcnns 
cssens  zeit  ist,  so  mache  dich  hie  her  zu.  Rutli  2,11;  ver- 
kündiget und  macht  euch  erzu,  ratschiahet  mit  einander. 
Jes.  45,21. 

nahen:  las  (er  lasse)  jene  sich  nicht  erzu  nahen  (zu  mir, 
spricht  goU),  und  das  volk  kome  auch  nicht  mit  erauf.  2  Mos. 
24,2.  in  bezug  auf  zeit:  es  nahet  erzu  das  siebende  jar. 
5  Mos.  15,9;  darumb  komjjt  die  zeit,  der  tag  nahet  er  zu. 
lies.  7,12;  dasz  der  periüdus  fatalis  des  türkischen  reichs 
herzu  nahe.  Scuuppius  373;  bei  herzunahender  nacht,  pers. 
roscnth.  3, 1 ;  und  die  zeit  der  geburth  herzu  nabele.  7, 11. 

nähern:  hiezwischen  nähert  sich  die  nacht  herzu.  Amadis 
57;  welches  ziil  und  teriuiu  sich  denn  herzu  nähert.  391. 

reiten:  herzureilen,  adequUare,  equo  advehi.  Stieler  1C02. 

rücken: 

dö  sprach  sich  ein  biderraan:  ist  der  gast  noch  hie  innen? 
der  hebe  sich  üf  und  ruck  her  zu. 

Kolmar.  meislerl.  170,31  (S.  561); 

in  bezug  auf  zeit  und  begebevheilen :  die  Darioleta  empfindet 
die  herzurückende  freude,  so  dem  freuwiin  Elisena  wider- 
lahren  solle.  Amadis  22;  bisz  die  zeit  irer  gehurt  herzu  ge- 
rückt. 28;  wie  euwer  königliche  mayest.  den  fürstcn  und 
herrn  und  andern  stenden  in  der  königreich  befelch  geben, 
dasz  sie  bei  dero  hofiäger  nechst  herzuruckend  fest  im  Sep- 
tember einkommen.  301;  ich  verwunder  mich,  dasz  ihr  euwern 
so  nahherzugeruckten  todt  nicht  erkennen.  337;  ehe  morgen 
die  nacht  herzurucket.  416. 

rufen:  ewer  und  ewer  kinder  ist  diese  verheiszung,  und 
aller  die  ferne  sind,  welche  gott  unser  herr  erzu  rufen  wird. 
aposlelgcsch.  2,  39. 

schaffen:  es  musz  wein  herzuegeschaffet  werden,  vinum 
prospiciendum  erit.   Stieler  1711. 

schlagen:  eine  hohe  bergluft,  von  einer  vorüberschieszen- 
den  wölke  herzuschlagend,  fuhr  wie  ein  wasserstral  kühl  an 
meine  brüst.  J.  Paul  Hesp.  4, 174. 

schleppen:  die  knechte  schleppen  sacke  voll  getreide 
herzu. 

streichen:  der  tod  so  herzu  strycht,  wiors  adveiilans. 
Maaler  220'. 

strömen:  die herzustrümenden  ereignisse.  Klinger  7,229. 

treten:  da  sprach  Isaac  zu  Jacob,  trit  er  zu,  mein  son, 
das  ich  dich  begreife.  1  Afos.  27,21;  da  sprach  Saul,  laszt 
erzu  tretten  alle  häufen  des  volks.  iSam.  14,38; 

iiu  treient  herzu  die  liüszcn  wellen, 

fliehen  wir  die  heiszen  hellen!    Uhland  volksl.  825; 

wer  clagen  wöll,  der  trct  her  zu!    fastn.  sp.  709,  15; 

nu  trett  her  zu,  ir  junger  man!    717,  25; 

tritt,  schöne  maid,  herzu, 

dasz  ich  an  dir  zur  probe  seh 

den  brautsclimuck  meiner  liebsten! 

sie  ist  so  schön  wie  du.     Uhlamd  ged.  236. 

versammeln:  werden  sich  alle  fisch  des  mcers  erzu 
vcrsamlen?  4  Mos.  11,22. 

wälzen:  einen  stein  herzuwölzen. 

ziehen:  herzuezieben,  altraliere,  adducerc.  Stieleh  2641. 

2)  die  ricldungsbeslimrtiung  ist  insofern  tvenigcr  scharf  aus- 
geprägt, als  in  einer  groszen  reihe  von  fällen  der  erste  besland- 
theü  her  von  herzu  seine  genaue  bedeutung  Valoren  hat,  und 
nichts  mehr  besagt  als  das  allgemeine  da,  dort;  vcrtvcchsvlutig 
mit  hinzu  wird  dadurch  herbeigeführt,  beispiek  werden  nach  den 
verben  der  bewegung,  mit  denen  herzu  in  diesem  sinne  slvht, 
gcfjeben : 

bringen:  er  bracht  auch  erzu  den  andern  widder  des 
füllcopfcrs.  3  Mos.  8,22;  da  madit  sich  Josua  des  morgens 
früe  auf,  und  bracht  Israel  erzu,  einen  stamm  nach  dem 
andern.  Jos.  7, 16. 

fallen,  dazukommen:  denn  ein  jglich  auswendig  leiden, 
bringt  mit  sich  ein  inwendig«,  darumb  das,  wenn  gott  aus- 
wendig angreift,  so  fürchtet  das  herz  den  zorn  gotics,  mit 
!-undcn  verdienet  (zu)  haben,  und  also  fallen  denn  die  schweren 
hjirüche  und  drawwort  herzu.  Luther  I,  20*. 

finden:  und  er  redet  zwar  zu  den  Juden  und  gotlfürch- 
ligen  In  der  schule,  auch  auf  dem  markte  alle  tage,  zu  denen, 
die  sich  er  zu  fundeii.  apiislel^ch.  17,17. 

führen:  nach  diesem  fUreten  sie  den  sechsten  oucb  erzu. 
2  Marc.  ",  18. 

geben:  ols  der  wirdt  hei  dem  den  lotTcl  ersieht,  gadt 
er  her  zu  und  rciszt  in  hcrfür.  WicmiA«  roUw.  12S,3  Kurz. 


kommen:  alsbald,  da  er  noch  redet,  kam  erzu  Judas, 
der  zwelfen  einer,  und  eine  grosze  schar  mit  im.  jl/urc.14,43; 
es  kamen  auch  ei°zu  viel  von  den  unibligcnden  stedten  gen 
Jerusalem,  apostelgescti.  5,16;  da  das  geschaCh,  kamen  auch 
die  andern  in  der  insulen  erzu,  die  krankhcit  hutten,  und 
lieszen  sich  gesund  machen.  28,  9.  abgeblasztei-,  dazu  liommen, 
obendrein  sich  zeigen :  jelzund  nach  so  groszer  traurigkeil  der 
Zeiten,  sein  gewafl'ncle  Icut  herzu  kommen,  welche  kirthen 
und  altär  zu  vcrcndern,  und  uns  das  elend  trohcn.  Scuur- 
riüs  691. 

machen:  und  Joab  macht  sich  erzu  mit  dem  volk -das 
bei  im  war,  zu  sireilen  wider  die  Syrer,  und  sie  flohen  für 
im.  2  Sam.  10, 13. 

schleppen:  der  hund  läszt  sich  seine  besten  knochen 
herzuschleppen.  Kauenek  2,26. 

setzen:  drumb  setzt  der  h.  geist  herzu,  und  sagt  von 
diesem  Hiob:    er  war  goltsfürchlig,    und  meidete  das  böse. 

SCHUPPIOS    145. 

thun:  Aaron  aber  und  seine  söne  sollu  setzen,  das  sie 
ires  priestcrlhums  warten,  wo  ein  frcmbdcr  sich  erzu  thut, 
der  sol  sterben.  4  Mos.  3,10;  gelehrte  leute  hallen  darfür, 
Salomo  habe  an  seiner  künigl.  tafel  erzehlet  die  fabulas 
Aesopi,  welche  hernach  Assaph  hab  zu  papier  brachl,  und 
von  demselben  haben  sie  die  Griechen  bekommen,  welche 
hernach  ihrer  gewonheit  nach  dieses  gedieht  herzu  gethan, 
dasz  bei  ihnen  ein  mann  gewesen  sei,  mit  naincn  Aesop, 
der  diese  fabeln  erzehlet  hab.   Schüppius  111. 

tragen:  in  allen  Clustern  gibt  es  gut  hier,  darin  die  alte 
nonnen  das  wasser  herzu  tragen,  und  die  jungen  das  malz. 
wo  aber  Simson  das  wasser  herzu  trägt,  und  Lazarus  das 
malz,  da  gibt  es  ein  elend  getränk.  Schüppius  119. 

treten:  da  trat  erzu,  der  fünf  cenlner  empfangen  hatte. 
Matth.  25,20;  und  wiewol  viel  falscher  zeugen  erzu  traten, 
funden  sie  doch  keins  (zeugnis).  zu  letzt  traten  erzu  zween 
falsche  zeugen.  26,  60.      ^ 

zittern: 

'komm,  auch  Israels  söhn,  und  auch  mein  brnder,  und  jünger, 
als  mein  Itcnjamin  war,  komm,  und  umarme  mich!'  Samcd 
zittert  herzu,  und  umarmt  ihn.  Klopstock  5,  34. 

3)  herzu,  «»/  einem  vcrb  des  anordnens,  im  sinne  von  dazu 
(no.  8,  th.  2,  sp.  875),  hierzu:  kante  aber  darum  niclit  aus  der 
kammer  kommen,  ein  last  abzulegen,  der  zwar  nicht  giosz, 
aber  doch  sehr  beschwerlich  war,  sie  über  die  bestimmte 
zeit  zu  tragen;  fand  mich  aber  hinter  einer  tapezerci  mit 
einem  herzu  bestimten  ort  .  .  versehen.  Simpl.  2, 174  Kurz. 

HERZÜCKEN,  verb.  l)  intransitiv,  sich  zuckend  herbewcgcn: 
blitze  zucken  her;  die  flamme  zuckt  schon  her. 

2)  transitiv,  gewaltsam  her  holen,  her  reiszen:  darumb  die 
Römer  solche  feldflüchtigen  herzuckten.  Tacius  bei  Froksp. 
3,  271". 

HERZUG,  m.  das  ziehen,  wandern  liieher:  die  truppen  sind 
schon  auf  dem  herzuge. 

IIERZUHEK,  (idv.  das  verstärkte  herzu . 

aber  wenn  du  basz  hcrzüber  gehst. 

Jephllies  {Slra.<izh.,  IWut)  05*. 

IIERZUNG,  f.  osculaliü,  aviplextis,  complexus.  Stieler  831, 
als  ziemlich  seltenes  wort  bezeichnet. 

HERZÜINGELN,  vetb.  sich  züngelnd  herbewegen:  wie  die 
flammen  herzüngein! 

HERZVATER,  in.  herzlich  geliebter  vater  {vgl.  herzensvater): 

lici'zvatcr,  wenn  ich  czarin  bin  zu  Moskau, 
sich,  dann  musz  Kiow  unsrc  grenze  sein. 

Schiller  008  (fiemctrius  1). 

HERZVEHBUNDEN,  pari. :  hei  dieser  gciigcnhcit  fallt  mir 
auf,  dasz  an  einen  so  gcistvcrwandlen  und  herzverbundenen 
freund  wie  Zcllcr  kein  besonderes  gcdichl  in  dieser  ganzen 
Sammlung  sich  vorllndet.  (iötiie  4, 189. 

IIERZVERDRIESZ,  m.  vcrdrusz  des  herzens: 

dasz  ich  mich  wil  der  weit  borniihcn, 
mit  mancher  nohl  und  horzwnlricsx. 

NiuaAMK  luittedlddien  77. 
HERZVERDRUSZ,  m.: 

08  ist  mir  lauter  hcrzvordrusz, 
dasz  ich  die  sonno  schuuon  inusi. 

Nechahk  luttwäldehcn  tM\. 

IIERZVEHEIN,  ni.; 

t'iiio  Kolclic  i>l  OS  .'  i'iiic, 

dii!  kein  nam«  nennen  kann  '■ 

diu  tu  vulluni  hcrxvurciuo 

mich  lu  Innig  liebgewann.    iJciu.i  h  i.i  . 


1265     HERZVERGIFTERLN  —  HEllZWUNDER 

IIERZVERGIFTERIN,  f. : 

nimm,  o  nelt,  die  letzteu  abschiedsküsse! 
diese  thräiieii  nimm,  o  weit,  noch  liin ! 
deine  gifte  —  o,  sie  sciimecliteu  süsze! 
wir  sind  quitt,  du  lierzvergifterin ! 

Schiller  die  kindesmörderin. 

HERZVERKNÜFFT,  fart. : 

icli  wünsclie  nun  hierauf  euch,  herzveiknüpfies  paar, 
des  glückes  Sonnenschein,  der  wollust  steten  lenzen. 

LouEüSTEiN  bhimen  123, 

HERZVERNÜGEN,  »i.  vergnügen  des  Heizens: 

ab  disem  järlichen  gewin 

hat  er  ein  solches  herzvernögen.    Weckuerlim  5T5. 

HERZVERTRAUT,  pari. .  ein  herverlrauter  freund.  Rltschky 
kanzl.  34 ;  berzvertiauler,  brüderlicher  freund.  286 ;  dein  herz- 
vertrautester freund  und  brudcr.  Gübisg  liebesmeyenblülmlein 
(1054)  168. 

HERZVIELGELIEBT,  pari.:  herzvieigeliebte  fiirsliicbe  ge- 
mablinn.  Rist  I'arn.  290;  seiner  bocbgräfl.  excell.  berzviel- 
geliebten  frau  geraahlin.  Schuppius  217;  berzvilgelibter  »ater. 
BuTJCBKY  kanzl.  2T1. 

HERZVOLL,  adj. :  ärgeriicb  war  mir  daher  die  beftige  Zu- 
dringlichkeit eines  so  geist-  als  herzvollen  mannes  {Lavalers). 
GüTUE  26,  261. 

HFRZWÄSSER,  «.  l)  pericardinus  liqiwr.  NEMniCH  4,  9tO; 
eine  feine  feuchtigkeil  im  herzbeulel,  die  nach  dem  lüde  des  indi- 
viduums  in  wasserform  erscheint.  Früher  aber  versland  man  dar- 
unter die  galle,  oder  auch  diejenige  mit  galle  vermengte  wässerige 
Substanz,  die  sich  beim  erbrechen  zeigt:  berzwasser,  cholera,  bi- 
lis  Maaler  220';  bilis  dicitur  humor  qui  est  in  follicvlo  fellis, 
berzwasser.  biliosus,  chokricu's,  dem  das  berzwasser  seer  uf- 
stüszt ,  der  geel  wasser  kotzet.  Alb.  Xs'.  schweizerisch  ist 
lierzwasser  das  Sodbrennen,  oder  vielmehr  eine  flüssigkeit,  welche 
bei  einem  leeren  magen  durch  das  erbrechen  herausrinnl.  Stalder 
2,  41 ;  in  Appenzell  berzawasser.  Tobler  265*. 

2)  berzwasser,  ein  herzstärkendes,  künstlich  bereitetes  wasser, 
aqua  pectoralis,  cordialis.  Stieleh  2144. 

3)  berzwasser,  mhd.  berzewajjer,  für  trähiien : 

mit  herzewajjer  si  da  twuoc 
ir  liebten  wängel  rösenvar. 

K.  V.  WÖRZBUHG  Partenopier  7960; 
es  sollt  euch  doch  die  schwere  gschicht 
berzwasser  treiben  ausz  dem  gsicht. 

BiRK  doppelspiler  12. 

HERZVVEH,  »1.  mhd.  berzewfi  und  herzewewe,  schmerz  im 
herzen,  körperlich  und  in  bezug  auf  das  gefühlsleben :  berzwee, 
cardiacus  murbus  Maaler  22o';  berzwehe,  cardialgia,  cordolium 
Stieler  245S; 

sterben  —  schlafen, 
nichts  weiter!  und  zu  wissen  dasz  ein  schlaf 
das  herzweh  und  die  tausend  stösze  endet 
die  unsers  (leisches  crbtbeil  .  .  .    Shukesp.  Hamlet  3,  1, 

to  die  —  tu  sieep, 
no  more;  —  and,  by  a  sleep,  to  say  we  end 
the  heart-ache,  and  tbe  tbousand  natural  shocks 
that  flesh  is  heir  to. 

in  der  form  berzenweb: 

gezwungene  ehe 

bringt  herzenwehe.    Leumans  170. 

HERZWERTH,  adj. :  in  ansebung  obgedacbter  raänner, 
insonderheit  meines,  auch  nach  dem  tode  berzwebrten  herrn 
Opitzen.  J.  Rist  himl.  lieder  das  5.  zehn  (1642)  vorrede. 

HERZWILLIG,  adj.: 

dich,  meinen  gott  und  herrn 
will  ich  herzwillig  sein 
mit  lobgesang  zu  ehren 
bis  in  das  grabe  mein. 

Spbe  güld.  tugeiidbuch  (1656)  678; 
lUiiz  du  zur  lehr  herzwillig  seist,  und  dasz  dein  herz  die  demut 
liebe.    Simpt.  I,  77  Keller. 

HERZWINGEN,  verb.  arripere,  vi  exapere,  ad  se  traducere, 
m  se  trahere.  Stieler  2670. 

HERZWISSER,  m.  der  eines  fühlen  und  denken  durchaus  weiss, 
vertrauter  freund:  sein  innerster  berzwisser  der  im  ganz  ge- 
heim was,  Jobannes  der  portuensiscb  biscboff.  Fbanck  ehr.  297'. 

HERZWL'iNDE,  f.  wunde  die  ins  herz  geht,  sowol  in  eigent- 
lichem wie  im  übertragenen  sinne:  denn  e.  gn.  altgescblagene 
berzwunde,  kümmerlich  in  etwas  überhcilet,  durch  neuen 
herzensris  wider  geöfnet  und  aufgebrochen  wird.  Butscbky 
kanzl.  853. 

HERZWUNDER,  n.  als  poetischen  atisdruck  für  groszes  wunder, 
'tn  magnum  ducens  morlalia  corda  stuporem'  gibt  Stieleh  1391. 
IV.  II. 


HERZWÜNSCUEÄD  -—  UESCUEN 


1266 


HERZWÜNSCHEND,  part. :  mein  berzwündschendes  flehen. 
BuTECUkY  kanzl.  527. 

HERZWURM,  m.  l)  ascaris  lumbncvides,  der  gemeine,  im 
mensdien  sielt  aufhaltende  spulwurm.  Nessicu  1,495;  ein  guter 
trank  vor  die  groszen  würm  im  leib ,  die  sonst  mit  keiner 
arznei  künncn  oder  mögen  auszgetrieben  werden,  und  ist 
sonderlich  e^fabien  vor  den  berzwurui.  Tabernaem.  159.  das 
volk  glaubt,  ein  sAchcr  wurm  verursache  Übelkeit  und  zusammen- 
laufen des  Wassers  jh»  munde.  Frisch  1, 147* ;  wenn  jemand  gfrosze 
angst  und  dabei  Übelkeit  hat,  so  sagt  man  im  Saterlande,  der 
berzwurm  bepisse  ihn.  Strackerjahs  abergl.  und  sagen  aus 
Oldenburg  2, 108  ;  ahnlich  in  Düringen,  Sachsen ;  in  Baiern  Scan. 
4, 155.  iN'üc/i  dem  abgange  des  berzwurms  soll  der  lod  des  men- 
schen e>folgen. 

2)  berzwurm,  eine  krankheit  der  pferde:  wurm  oder  unge- 
nant (rosskrankheil)  . .  sindt  demnach  der  würme  dem  ort 
nach  viererlei  . . .  zum  andern  der  vorder  oder  berzwurm, 
welcher  in  der  brüst  nächst  vor  oder  über  dem  ort  desz 
herzeus  entspringt.  Uffe.nbacu  neues  rossbuch  2,  29. 

3)  berzv\urin,  plialaena  brassicae,  eine  durch  eine  raupe  ver- 
ursaclUe  verdeibung  der  innein  blätter  des  weiszen  kopßohls, 
Nemsicu. 

4)  herzwurm,  bildlich  für  das  nagende  gewissen:  nagender 
berzwurm.  MClmann  geisel  5. 

HERZWURZ,  f.  name  mehrerer  ofßcineller  pflanzen,  denen 
man  herzstärkende  Wirkung  zuschrieb,  des  aconUum  anthora,  sonst 
heiUamer  sturmhut,  gißheil;  und  der  fumana  bulbosa,  erdrauch. 
Nem.mcu  1,  50.  2, 16S1. 

HERZWÜRZEL,  /.  die  miniere,  pfahlwurzel  eines  pflanzen- 
slammcs :  gleich  wie  die  wurzel  desz  baldrians  oder  des  be- 
iiedictenkrauts,  welche  auch  unden  an  der  mittelsten  berz- 
wurzel  abgebissen  scheinen.  Tabernaem.  559 ;  dieser  freie 
wille  des  menschen  (ein  gott  oder  dem  salan  wolgefälliges  leben 
zu  führen),  ist  die  berzvvurzel  der  tugend  und  der  laster. 
BüTscHKY  Palm.  230;  ein  gelehrter  ausländer  sagt  nicht  un- 
gereimet ,  dasz  man  der  poesie  mit  entziehung  der  liebes- 
sacben  die  berzwurzel  verstecbe  und  hergegen  der  liebe  durch 
entziehung  der  poesie  den  lieblichsten  blumengarten  ver- 
scblieszen  würde.  Hoffmansswaldaü  heldenbriefe  (1680)  t'orreJe. 

HEIIZZERNAGEND,  pari. : 

zürnten  im  herzzernagenden  zwiste. 

Stolberc  Ilias  19,  58. 

HERZZERREISZEND,  pari.:  mit  einem  rufe,  in  dem  sich 
Zärtlichkeit,  jammer  und  die  alleiäuszerste  besorgnis  zum 
herzzerreiszendsten  tone  miscbleu,  stürzte  sie  zu  ihm  nieder. 
Immerhann  Münchh.  4,  79. 

HERZZERSCHNEIDEND,  part. : 

uud  straks  fuhr  sie  ihn  an  mit  herzzerschneidendeu  werten. 

Bürger  i'J2'. 
HERZZITTERN,  n. ;   berzzittern,    traurigkeit.   Thürneiszer 
erklärung  der  archidoxen  117. 

HERZZUCKER,  m.  zucker,  als  herzstärkende  arznei  besonders 
bereitet .  lasse  das  erbarmende,  jammrige  herz  Christi  deinen 
herzzucker  und  confortativ  sein.  Orno  886. 
HERZZWINGER,  m.: 

zwei  herzen  in  ein  brüst  kan  er  (herzzwinger)  bringen. 
VVeckuerlin  7sl. 
HESCH,  HESCHE,  m.  das  schluchzen,  schlucken,  mhd.  nur  in 
der  letzteren  form  (Le.\er  ut.  1, 1278):  singultus  hassch,  besehe 
DiEF.  536*  (veryl.  auch  beis  sp.  896);  besch  singultus  Dasyp.  ; 
der  hesch  oder  klu.x  kompl  von  volle  oder  öde,    von  böser 
kalter  complex,   so  man   kalte  speis  gesseu    hat,   wie   den 
alten    geschieht.    Herr   schachtafeln  der  gesundheil  (1533)  237; 
die  so  gluxen  oder  den  hescb  haben.  Thcrneiszer  beschr.  in- 
ftuent.  wirkg.  s.  13;  vertreibet  den  besehen  oder  klux,  so  von 
winden  verursachet  wird.  Tabernaem.  390;    schwäbisch  besch 
Schluchzer,   in  Ulm    bösch   rülpser   Schmid  275;    den    besehen 
büszen,    durch   besprcchungen   vertreiben,   wobei  in  der  folgenden 
stelle  besehe  eine  Umschreibung  für  obscOnes  ist: 
wann  du  so  liungerig  pist  und  geitig, 
mir  würn  di  kil'ererbeis  über  jar  zeitig, 
wann  ich  dir  nit  küud  püszen  dein  {für  deinen)  besehen. 
fiisln.  sp.  701,  29. 
HESCHELRECHEN,  m.  nachrechen,  groszer  rechen,  um  nach 
vollbrachtem   schnitte   des   getreides   die   einzelnen    zerstreut  liegen 
gebliebenen    ähren    zusammeti    zu    rechen,     öcon.  lex.  169i5.     rfte 
bezügliche  arbeit  musz  wol  hiernach  heschelu  heiszen. 

HESCHEN,  verb.  schluchzen,  schlucken,  es  gibt  eine  ganze 
gröszere  reihe  von  verben,  die  das  unfreiwillige  schluchzen  durch 
eine  ungefcAre  nachahmung  des   dabei   zu   tage  tretenden   lautes 

80 


1267 


UESCUEN  — HESSE 


HESSE 


1268 


bezeichnen,  verben,  die  zum  theil  tn  der  form  weit  von  einander 
abstehen  (vergl.  pfnesclien,  klucken,  griUen,  schnipsen,  such- 
ten), eins  COM  diesen  isl  besehen  mil  seiner  stppe ,  eben  auch 
formell  vielfach  weciiselnd:  für  das  mhd.  ist  heschen  und  \n- 
schen  bezeugt,  nebst  dem  iterativ  heschzen,  «.  unten;  Verstärkung 
des  auslauts  im  stamme  zeigt  ein  auch  öfter  vorkommendes,  an 
alphabetischer  stelle  aufge/iihrtes  lielschen ;  noch  anders  ist  der 
auslaul  in  hicken,  bixen  singttUare  Dief.  53(>*  behandelt,  aber 
auch  der  anlaul  des  worls,  der  ja  nur  einen  unbestimmten  guttu- 
ralen ton  malen  will,  schwanlU  zwisclun  allen  drei  stufen  der 
yutturalis:  die  media  isl  vorhanden  in  gesehen,  gischen  (Lexer 
mhd.  Kb.  1,  900.  1022),  die  lenuis  im  niederl.  kichen,  sowie  im 
hd.  kischen,  keschen,  vergl.  th.  5,  sp.  438.  439.  851 ;  palataler 
laut  endlich  in  juschen  singuUire  Diekenb.  «or.  yloss.  34ü'.  — 
heschen  oder  schnupen,  singultare  voc.  ine.  theul.  kl";  (das 
anetkraut)  ist  giiot  wider  daj  wüllen  und  wider  die  undäw 
und  wider  daj  heschen.  Megenbebc  381,  32;  der  bischoff 
erschrack  und  wart  bekümmert,  fieng  an  zu  weinen  und  zu 
heschen.  A.  v.  Evbe  51";  heschen  oder  klucken  von  iure.  Hehr 
schaclitafeln  rftr  gesundheil  (1533)  s.  148;  eingemachter  ingber 
benimpt  das  besehen  oder  kluken  und  heftig  aufstoszen  des 
magens.  Ritf  teiUsch  apothek  (1548)  Oo'.  tu  Baiern  besehen, 
bischen  schluchzen  Schm.  2,253;  kärnln.  heschen  Lexek  139. 
HESCHEN,  verb.  bummeln,  ziehen,  gehen,  nebenform  zu  hel- 
seheo,  s.  unten : 

uiit  heschen  und  mit  zechen 
regierends  lüt  und  land.    Tu.  Blaureb; 

beb  an,  was  wilst,  so  hesch  ich  mit. 

Scuhelzl  vertur.  söhn  13*. 

HESCHER,  VI.  schlucken,  schluchzen.  Scum.  2,253;  kärnln. 
beschar.  Lexer  139 ;  in  Vorarlberg  böscher.  Fromm.  5,  482. 

HESCHGE,  Hl.  der  schlucken,  das  schluchzen:  er  vertreibt 
den  heschgen  oder  klux,  eröfifnet  die  ieber.  Tabernaem.  kräu- 
terb.  (1588)  s.  3.  das  wort  weist  auf  ein  verbum  heschgen  neben 
besehen  und  heschzen  hin,  das  aus  Tirol  bezeugt  ist.  Fromm. 
6, 149. 

HESCHITZ,  «I.  dasselbe,  beschitz  singullus  Dief.  536*,  Schm. 
1^,1184.  singuUus  bescbicz,  bichcz  Dief.  nov.  gloss.  340*;  ahd. 
heskel  singullus  Graff  4, 1062. 

HESCHUNG,  /■.  singullus.  Dief.  nov.  gloss.  340*;  das  sind 
dy  czeigen  des  verkalten  magen :  rupczung,  heschung.  kächen- 
meist.  d  ij. 

HESCHZEN,  verb.  schlucken,  schluchzen,  iterativ  zu  besehen 
oben:  ahd.  heskazan,  mhd.  hescbezen;  mundartlich,  in  Baiern 
bescbezen  Schm.  2,  253 ;  in  Kärnten  bescbazen  Lexer  139 ;  es 
scheint  wesentlich,  auch  in  den  folgenden  belegen,  auf  das  bairische 
Sprachgebiet  eingeschränkt.  singultare  hescbiczen  Uief.  536*; 
hicheczen,  hescbiczen  nov.  gloss.  340* ;  wann  der  mögen  aul- 
stöszet  und  man  immer  hescbilzen  musz,  so  soll  man  gal- 
gant  in  wein  sieden  und  es  morgens  und  abends  trinken. 
HOHBERG    1,282'. 

HESCHZER,  m.  singuUus :  besciiizer  schluchzen,  bairiscli, 
Schm.  2,  253 ;  beschazar  kärntnisch.  Lexer  139. 

HESPE,  f.  thürband;  kniebug,  liamme,  s.  huspe,  bäspe,  sp. 
543.   544. 

HESPEL,  f.  mespilus  germanica,  die  mispel,  aucli  im  dim. 
bespelein.  .Nemmcu  3,560;  judendöcklein,  achleben,  büffen 
(oder  bagenbutlen)  und  hespelein  (werden  zu  einem  pulver  ge- 
durrt).  Hohberg  3, 1,  207*. 

HESSE,  f.  kniebug,  betn;  vergl.  die  nachweise  unter  hcchsc 
sp.  738.  in  seltenen  fällen  hat  das  wort  seine  bedeutung  geändert : 
clunis,  ersbelle  .i.  hesse.  Breslauer  voc.  ms.  aus  d.  Vo.  jahrh. 

HESSE,  m.  Hessus,  mlid.  Hesse,  die  frage,  ob  hi>:r  ein  aus 
a  umgelautetcs  oder  ein  aus  i  getrübtes  c  vorliegt,  beantwortet 
sich  zu  gunsten  des  ersteren  dadurch ,  dasz  in  den  lateinischen 
quellen  des  althochdeutsclien  Zeitraumes  die  formen  Hassi  und 
Has&ii  mit  Hessi  und  Hcssii  gleich  häufig  wechseln  und  der 
name  des  Heuengauet  öfter  und  früher  Hassago  als  Hessigowe 
geschrieben  wird  (Förstemahn  namenb.  2,690/'.);  auch  der  eigen- 
name  Hasso,  der  sich  ganz  zu  ähnlichen,  wie  Sahso,  Durinc 
tlelU,  zeugt  für  altes  a.  dem  gegenüber  musz  die  tiefe  ausspräche 
des  G  in  dem  worte ,  t/t«  Vilmar  166  bezeugt  (das  wort  wird 
bekanntlich  mit  tiefem  e,  fast  wie  Hasse  gesprochen)  eine 
jüngere  ertchetnuny  stin  ;  mhd.  gedickte,  in  denen  Hesse  im  reime 
auf  etn  »ort  mü  6  erscheint : 

Tüiunc  von  Normamlic, 

und  iluer  bruuder  dric, 

Marcbunc  von  lleiiea, 

di«  uuch  xo  itrite  woi  w«i«on.    I/kuu/k  ftuJit  86t3i 


Sluiiuger  von  Hessen 
oucli  mit  schalle  ziio  reit 
mit  schoenen  scharen  sehsen. 


rab$ntchtacht  494, 


entscheiden    nicht,   da  es  gerade  solche   sind,   in  denen  ungenaue 
reime  (e  :  ii)  öfter  vorkommen. 

Es  ist  versucht  worden  (Guimm  gesch.  d.  deutschen  spr.  567 ; 
vergl.  kalze  th.  5,281  «nrf  Müser  verm.  sehr.  1,297)  den  namen 
der  Hessen  mythologuch  (in  bezug  auf  eine  stammsage)  zu  deuten, 
wol  auch  einen  Zusammenhang  mit  dem  worte  kalze  anzunehmen, 
lautlidi  unmöglich,  da  schon  der  anlaut  widerstrebt,  indem  k  und 
h  nicht  in  demselben  worte  wechseln,  und  wenn  die  katze  auch 
hize,  bise,  hesse  heiszt,  so  gehen  diese  letzteren  namen  von  den 
lockrufen  aus,  und  haben,  wie  die  ähnlichen  mise,  mize,  böse, 
winze  keine  etymologische  Verwandtschaft  zu  dem  eigentlichen 
katzennamen.  ebensowenig  kann  der  hessische  wappenlöwe  in  die- 
ser beziehung  beweisend  sein,  nicht  nur  weil  dieses  thier  als  wap- 
penthier,  gerade  wie  adler,  bär,  ungemein  oft  verwendet  ist,  sondern 
auch,  weil  die  ausbildung  des  wappenwesens  für  Deutschland  in 
eine  vßrhälluismäszig  späte  zeit,  das  il.  Jahrhundert,  fällt,  und 
bei  der  wähl  dieses  Wappens  wol  weniger  erinncrungen  an  stamm- 
sagen, als  vielmehr  der  wünsch  stärke  und  tapferkeit  sinnbildlicli 
auszudrücken,  maszgebend  war.  endlich  entscheidet  auch  für 
mythologischen  hinlcrgrund  und  Zusammenhang  mit  katze  die  be- 
kannte spöttische  bezeichnung  der  blinden  Hessen  keineswegs. 
Grimm  und  ihm  folgend  Vilmar  43  fassen  dieselbe  als  letzten  nach- 
klang einer  sonst  unbezeugten  Stammessage  auf,  wonach  der  stam- 
mesahnherr  für  ein  weif,  das  blindgeborene  junge  eines  hundes 
oder  einer  katze  sei  ausgegeben  worden,  daher  man  wol  auch  die 
Hessen  blinde  hunde  oder  blinde  Hundehessen  genannt  habe,  wie 
man  (im  16.  jahrh.)  den  hessischen  wappenlöwen  eine  katze  schalt, 
der  Vorwurf  der  blindhcil  —  man  weisz  niciU,  ob  und  wie  viel 
er  aber  das  16.  jahrh.  hinaus  gehl  —  tri/fl  auszer  den  Hessen 
bekanntlich  auch  noch  die  Schwaben,  ja  bei  den  Düringern  diese 
letztern  vorzugsweise,  denn  sie  nennen  die  Hessen  seltener  blind 
als  taub,  und  die  Liltauer  bezeichnen  überhaupt  den  Deulsclten 
als  blind,  aklas  Wuketis,  vergl.  th.  2, 121.  Hiernach  bezielU  man 
das  epitheton  am  natürlichsten  auf  die  geistige  blindheil  oder  Ver- 
blendung (blind  in  diesem  sinne  ist  schon  alt,  vergl.  das  ags. 
bygeblind  von  verblendetem  gemüte),  reiht  die  angeführte  Verbin- 
dung unter  viele  ähnliche  ein,  die  sich  nachbarliche  misgunst  er- 
laubt und  erinnert  sich,  dasz  die  Hessen  wie  die  Schwaben  unter 
allen  deutschen  stammen  vorzugsweise  im  rufe  einer  zähen  störrig- 
keit  stehen,  vian  mochte  dann  später,  unter  Verstärkung  des  ver- 
ächtlichen Sinnes,  das  blind  auf  die  neugeborenen  hunde  ausdeuten. 
Wurzelhafler  Zusammenhang  des  alten  volksnamens  Cbatli, 
Chattae,  weiter  gebildet  Chaltuarii,  ahd.  Hazzoarii,  ags.  Hetvare, 
mit  dem  späteren  Hassi,  Hessi  ist  in  jedem  falle  mit  Pfister 
(über  den  chattisch,  u.  hess.  namen,  1868  s.2ff.)  anzunehmen, 
wenn  auch  die  eigentliche  bedeutung  des  namens  weder  mit  der 
katze  etwas  zu  thun  hat,  noch  auch  die  auffassung  der  Chatten 
als  pilcati  (altn.  hattr  und  höttr  hut)  gethrilt  werden  kann,  in 
dem  Chattennamen  scheint  die  wurzel  bat  {guth.  hatan  und  baljaii 
verfolgen,  hassen)  deutlich  zu  tage  zu  treten  und  das  wort  (ab- 
gesclwn  vom  bildungssufftxe)  aufs  engste  verwandt  dem  altnord. 
heija  hetd,  ags.  betend,  bettend  krieger.  Hesse  geht  aus  von 
Weiterbildungen  derselben  wurzel,  golh.  batis  Verfolgung,  hasz, 
hatiz6n  zürnen,  und  zwar  dergestalt,  dasz  der  Zischlaut  des  worlc- 
auf  den  vorhergehenden  dental  assimilierend  wirkte;  wie  es  auch 
der  fall  war  in  dem  seltenen  und  der  Jägersprache  angehOrigen 
bessen  hetzen,  mil  hetzhunden  jagen  (Lex er  mhd.  wb.  1, 127R), 
bessehnnt,  hessezohe  hetzhund ,  ahd.  hessehuni ,  hcssezuba 
(Graff  4,  977.  5,  600).  Chytraeus  gewährt  cap.  49  einen  hasen 
iiissen,  venari,  wogegen  sein  Vorbild  Golius  heizen  setzt.  —  die 
bedeutung  des  Chatten-  wie  Hessennamens  wäre  demnach  wesent- 
lich duselbe. 

Der  ruf  der  Hessen  im  sprichworte  isl  im  allgemeinen  ein  un- 
günstiger:  du  bist  ein  blinder  Hesse!  wolt  einen  groben  töl- 
jiel  und  fantasten  damit  anzeigen.  Frank  s}>richw.  2,  49*;  wo 
eine  Hesse  in  ein  fremd  haus  kommt,  so  zittern  die  nftgcl 
an  den  wänden.  Simrock  sprichw.  248 ;  ihr  land  ist  ein  armes 
(vergl.  hessenbalze)' 

im  lanilo  ilt>«»«it 

Ktebt«  )rri)Mo  l)(<rgc  und  nicht«  xu  csarn, 

Kfusic  kniK  und  »auren  wein, 

wer  inüclilc  wohl  in  licsscn  »«in? 

ui'iin  tclilfliin  und  li()l/.t|iri<l  nicht  K'^rnlh^n, 

so  haben  lio  weder  xu  »leUen  noch  xn  bratan.    du'.: 

und  der  hessische  wein  isl  gefürchtet:  isl  er  so  sauer,  als  wann 
er  in  Bayrn  oder  in  Hcssan  gewachsen  wfire.  Simpl.  '  "^"  !•:•■•■. 


1269 


HESSE  — HETSCHEN 


HETSCHEPETSCH  —  HETZE 


1270 


Dem  gegenüber  lobl  ein  Hesse  seine  landsleule:  die  Hessen  sind 
freudig  und  unverzagt,  und  flberausz  vernünflig,  und  eins 
treiniciien  hohen  verstandts.  also  schreibt  Cornelius  Tacitus 
Ton  in,  und  ist  war,  dann  auch  zu  der  zeit,  da  die  poeten 
seltzam  waren,  da  gab  das  Hessenland  zwen  frefllicher  poe- 
ten, Helium  Eobanum  Hessum,  und  Eurilium  Cordum,  ich 
geschweig  ander  gelert  männer,  die  noch  heutig  tags  leben. 
E.  Alberds  dici.  s.  v.  Hess. 

HESSE,  m.?  f.?  eine  waffenarl,  nach  Schm.  2,249  ein  stosz- 
degen :  halbhawer.  krommort,  poniart,  weidner.  hessen,  morf- 
pfrimen,  jacobsstecken,  paister,  ddlen,  schwertpfrimen.  Garg. 
118*.  Grodi  geseh.  d.  d.  spr.  781  stellt  die  vermiitung  auf,  dasz 
die  vaffe  nach  dem  lande  genannt  sei. 
■   HESSE,  f.  populus  tremula,  die  espe.  Neäsich  4, 1046. 

HESSEN,  rerb.  l)  die  flechsen  des  hinlerhuges  durchschneiden. 
Jacobssos  2,  256*.  vergl.  hech=enen  sp.  739.  2)  in  anderer  be- 
deulung  bei  Sebiz:  hasen  hessen  ..  hessen  heiszt  ein  vor- 
hülzlin  mit  gamen  fOrrichten.  hetzen  beschicht  inn  freiem 
feld  mit  den  hunden  on  garn.  feldbau  s.  568  {trie  treidmän- 
nisch  von  etlichem  uaidtrerk  zu  reden) ;  ivobei  das  oben  bei  Hesse 
Ober  hessen  bemerkte  tu  vergleichen;  s.  auch  hetzen  1,  a. 

HESSENBATZE.  m.  verächtlich,  wie  roter  heller:  ich  habe 
schon  seit  acht  tagen  keinen  bessenbatzen  mehr.  Streft  des 
burschen  heimkehr  11. 

HESSENBIRNE,  f.  lövenbirne,  eine  vorzügliche  dauerhafte  bir- 
nenart.  Nemsich. 

HESSENFLIEGE,  f.  cecidomyia  destrvclor,  eine  dem  weiien 
schädliche  fliege. 

HESSENGARN.  n.  eine  art  garn,  welche  besonders  in  ElheV' 
feld  und  an  mehrern  orten  im  Bergischen  verfertigt  trird.  Jacobs- 
S05  6,  7l'. 

HESSENLAND,  n.:  Hessenlant  Hassia  voe.  ine.  theut.  kl*. 
HESSISCH,  adj.:  das  hessische  land;  das  hessische  Wap- 
pen ;  hessische  schmelztiegei ,  aus  hessischer  erde  gemacht, 
die  bei  Almerode  gegraben  wird  (Frisch  1, 44"') ;  hessische  zwickel, 
eine  besondere  art  von  Strumpfzwickeln,  die  der  Strumpfwirker 
verfertigt.  Jacobsson  6,  72*. 

BESTEN,  in  der  redensart:  es  ist  eben  besten  wie  gesfen 
(hin  wie  her,  eins  wie  das  andere),  dorfzeitung  1S34,  no.  189, 
j.  761.     vgl.  gesten. 

HESZLING,  m.  cyprinus  dcbula,  ein  weiszfisch.  vergl.  häsz- 
ling  sp.  558. 

HETSCHE,  HETSCH,  m.  nebenform  zu  besehe,  schlucken, 
schluchzen,  tgl.  sp.  1266:  singuUus  hetsch  Dief.  nor.  gloss.  340'; 
wundsucht,  febres,  paroxysmi,  hetschc,  lobigkeit,  krampf. 
Paracels.  opp.  1,  363B;  das  der  magen  für  und  für  den  het- 
schen,  singullum  genant,  gewint.  chirurg.  schrift.  182  B;  also 
ist  der  hetsch  das  zittern  des  magcns.  das.;  vor  den  schluch- 
sen  oder  hetscben  trink  warm  hier  mit  eierdoltern.  Hobberg 
3, 1,  230'. 

HETSCHEN,  verb.  schluchzen,  schlucken:  singuüare  hetscben 
Dief.  536*.    vergl.  besehen. 

HETSCHEN,  verb.  intrans.  ziehen,  gehen,  bummeln,  nebenform 
zu  hatschen,  hätschen  sp.  559,  und  dem  alemannischen  sprach- 
fjcbiel  eigen:  auch  die  weiber  seind  on  schäm,  weinsauferin  .. 
hetschen  immer  mit,  hangen  binden  an  den  mann.  S.  Frauk 
trunkenheil  (i53t)  Fij';    kurz    wer  nicht  mit  hetscht,    der  ist 
ein    Schelm.  H';    wer   mit    hetschet,    musz   mit   an  galgen. 
wellb.  39';    sonst    müst    er    auch    wie    der    schultheisz    von 
Hundsfelden  mithetschen.  Garg.  4;    ich  hetsch  mit,  wie  der 
schultheisz  von  Slechfelden,  der  hieng  mit.  228';    der  nicht 
mit  hetscht,  der  ist  ein  schelm.  Pbilaxder  2,222; 
ir  seind  fast  vil  und  nit  geielt 
die  nach  der  unsal  haben  gestelt. 
wer  hat  Vernunft  und  yebt  dje  nit, 
wie  hoch  der  ist  er  hetscht  doch  mit. 

narrenschijf  crxii,  82  Zarneke; 
kein  lumpenfürst  kondt  »ich  nit  regen, 
kein  graft  und  lierr  sich  ihn  (nie?)  bewegen, 
die  statt  (Siraxtburg)  wolt  auch  mit  inen  hetscben. 

Stöbers  Attatia  1858  s.  60; 
derhalben  mit  dem  edlen  häufen 
auch  roitzuhetschen  und  tulaufen. 

FtscRART  dichtungen  hd.  2,117,84  Kurt. 
vergl.  auch  ketschen,  th.  5,  sp.  628  f. 

HETSCHEN,  verb.  für  hetzen,  irte  heischen  ßr  heiszen  ge- 
brauehi  wird  {vergl.  .«p.  897) : 

bawern  ir  hund  an  mich  hetschen, 

bald  mus  ich  aus  eim  dorf  mich  fetschen. 

H.  SiCHs  (tC12  2,  4.  10)  bei  SCH«. 
1,  II«  Fromm. 


HETSCHEPETSCH,  m.    hagebutte,   in  Batern   und  Ostreich; 

vergl.  hätschepetsch  spalte  559 :    wann    es    viel   schieben  und 

hetschapetscben  giebt  {so  folgt  ein  kaltes  jahr).  Hohberg  1,104*. 

HETSCHIEREN,  verb.    trab  oder  galopp  laufen,    dasselbe  was 

basieren,  basieren  sp.  542: 

indesi  setit  sich  fraw  Fama  auf, 
hieb  irem  brauch  nach  weidlich  drauf, 
das  postpferd  stets  hetschiereu  liesi.    midienkr.  1,  297. 
HETTEKUMMER,  m.  eifer,  eine  umdeulung  aus  dem  dunkeln, 
th.  3,  sp.  1174  besprochenen  etkum :    wenn    ein    ding  übel  aus- 
schlügt,  so   kan  ein  idweder  leichte  sehen,   wie   zu  helfen 
gewesen,    wenn  bei  einem  werke  die  meinung  gutt,  selbiges 
mit  möglichstem  bedachte  fortgestellet  ist,   nimt  aber  einen 
unglücklichen  ausgang,  so  las  den  besträflichen  hettekummer 
fahren.  Bctschky  Patm.  637.     Es  fällt  auf,  wie  dieses  wort  bei 
einem  Schlesier  erscheint,  das  sonst  nur  dem  alemannischen  Sprach- 
gebiete angehört. 

HETTEL,  /.  die  ziege,  vorzüglich  die  junge,  ein  alles,  und 
in  Oberdeutschland  verbrätetes  wort:  mhd.  hatele  (Lexer  »6. 
1.1195);  Schweiz,  hatle.  Stalder  2,25;  schwäb.  battel,  hätlel. 
SCHJIID252;  fcair.  hett,  hettel,  hettelein.  Schm.  2,  256;  in  Tirol 
hattl,  hettl.  hödl  ziege,  aber  auch  bock.  Fromh.  6,146;  in  Vor- 
arlberg haüele,  hätteie  junge  ziege.  5,486;  klrntn.  heltia,  bet- 
tele weibliche  ziege,  die  noch  kein  junges  hatte,  dann  eine  zottige 
ziege  überhaupt.  Leser  140.  das  wort  gefiOrl  jedenfalls  unter  die 
lautmalenden,  man  mag  es  wol  nebst  dem  zu  ihm  gehörigen 
verbum  betteln,  mit  Wackersacel  voces  rar.  anim.  (1869)  s.  77 
als  an  eine  nachabmung  des  meckerns  angelehnt  fassen  (betteln. 
meckern,  meckernd  lachen.  Schm.  2, 256,  vgl.  hatteln  oben  sp.  560); 
doch  kann  es  audi  auf  den  hüpfenden,  springenden  gang  der  ziege 
zielen,  vgl.  das  schwäb.  hettel  für  junges  reh  und  leicht  umher- 
hüpfendes kind,  haddeln  nach  art  der  ziegen  trotten,  bätteln, 
gängeln,  bättelig  kindisch  (Schmid  252)  und  unten  hotten  und 
liuttel;  auch  eichhettel  ßir  eithhorn  th.  3,81.  scherzweise  wird 
hettel  auch  auf  ein  mädchen  bezogen,  vgl.  Schm.  a.a.O.;  hedel 
ein  hageres,  schlankes  frauenzimmer.  Schmid  252. 

HETTEL,  n.  diminutiv  zum  vorigen,  aus  bettelein :  da  war 
es  ein  bott  mit  zweien  sddaten,  welche  meinem  bauswirth 
.  .  seine  gelsz  genommen  und  solche  hinweg  führten  .  .  . 
die  kinder  aber  schrieben  alle  zusammen  :  ach  unser  hetel ! 
ach  unser  hetel!  unser  hetel!  Simpl.  3,356  Kurz;  disz  hat  uns 
gott  bescheret,  unser  hetel  damit  auszulösen!  357.    s. heltlein. 

HETTELN,  rer6.  meckern,  meckernd  lachen,  kiehern.  bairisch. 
Schm.  2,  256.     vergl.  oben  hettel, 

HETTLEIN,  n.  junge,  kleine  ziege:  ein  salueblellein  an  der 
schepskeul  oder  kalbfleisch,  oder  inn  die  heltlein  gebunden, 
lest  sich  auch  essen.  .Mathesius  hochzeilpred.  64*. 

HETZ,  1)  locKruf  der  ziege,  in  der  Wetterau  und  in  Hessen, 
liier  rieten  hetz  auch  in  der  form  hitz,  hieze,  hisse.  Vilmar  17I. 
der  lockruf  wird  zum  namen  der  ziege  selbst,  auch  im  nieder- 
deutschen: bitte  ziege,  hitken  zicklein.  Fromm.  5,164. 160.  vgl. 
hätzel  oben  sp.  561. 

2)  zuruf  an  hunde:  hetz!  hetz!  Göki.ngi  3,18  {vergl.  unten 
heizen  2) ;  der  jäger  auf  der  hetzjagd  ruft  sobald  ein  hose  auf- 
steht,  demjenigen  der  die  hunde  bei  sich  hat,  zu:  hetz  los! 
Jacobsson  2,  256*.  daher  die  hunde  hetzlos  machen,  sie  tum 
hetzen  von  dem  stricke  los  machen,  das. 

HETZBAHN,  f  platz  oder  ort,  in  welchem  wild  zum  ver- 
gnügen der  Zuschauer  geheizt  wird. 

HETZB.\,ND,  n.  eine  besondere  art  hundehalsband  zur  Hetzjagd. 
Jacobsso:«  6,  72*.  123*. 

HETZE,  f.  1)  con'i«  pica,  die  elsler,  ein  altes  und  land- 
scliafllich  weit  verbreitetes  wort:  pica  hetz.  DiEr.  432*;  pica  atzel, 
agiaster,  alsier,  hetz  Golii  onomast.  (1582)  296;  die  hetze 
oder  atzel,  einer  der  bekanntesten  vögeln.  Hohberg  3,2,371'; 
schwäbisch  hetze  Schmid  277,  nach  Nemnicr  2. 1246  mit  langem 
vocal  häze;  in  Koburg  hatz  Fromm.  2,  217;  im  ^assauischen  heiz 
und  hetze.  Kerrein  195;  im  Egerlande  hälz  die  duhle.  6,176. 
das  Wort  geht  (vgl.  Wackernacel  voces  rar,  anim.  1869  s.  48) 
auf  eine  nachahmung  des  vogelruffs  zurück,  wofür  auch  das 
compositum  schetterbetze  iScrmid  o.  a.  o.),  schatterbätz  oder 
aisler  Schm.  3,413  zeugt;  neben  hetze  ist  die  «eibliche  molion 
helzin  nicht  ganz  ungebräuchlich : 

die  äffen  wurden  ungeschlacht, 

meinten,  die  heti  heit  sie  veracht  .  .  . 

und  straften  die  hatzin  danimb,    Etkiii'(c  1,  131. 

an  der  hetze  wird  hervorgehoben  die  buntheit : 
an  färben  bist  du  gleich  den  heizen, 
und  an  geberden  geilen  motzen.    WpctHeatii  804. 

80* 


1271 


UETZE 


HETZEAUGE  —  HETZEN 


1272 


vorzüglicli  aber  die  gcscliwätzigkeit :  im  ralil  sei  ein  schweizer, 
ira  belli  ein  pfetzer,  über  dem  lisch  ein  kelzer:  zu  der 
arbeit  sei  krelzig,  zum  fressen  aufselzig:  im  scliwetzen  sei 
ein  heiz,  im  fressen  Bei  der  gölz.  Garg.  45";  sie  schvvetien 
wie  hetzen,  bicnk.  193'; 

die  lietzc,  die  hetze 

trib  gar  ein  unnütz  gschweize.     Uhlasd  vulh^t.  39; 

die  ist  gswetzig  gleicli  einer  hetzen. 

H.  Sachs  3,  3,  52'; 
er  dalet  wie  ein  alte  hetz.    5,  364'; 
weil  ich  schon  hör  und  sih  den  flug 
der  lauten  rappeii,  hetzen,  krehen.     Wbckhkrlim  464. 

ein  tne  es  fcheint  spricliwürlliches  bild: 

und  secht,  das  ir  euch  da  nicht  nezt, 
ir  fligt  sonst  wie  ein  nasse  hetz. 

FiscHAST  dicht.  2,  106  Kurt  (ßöhaU  4046). 

2)  nacA  der  schwatzhafligkeil  des  vogels  werden  aucli  die  frauen 
von  solcher  eigenscliaß  hetzen  genannt :  solclie  verschwatzte  plau- 
derhetzcn.  ntigdelob  51;  solche  schwaderhetzen  und  schwätz- 
hafte äistern.  52 ; 

ein  frow  ist  worden  bald  ein  hätz, 
wann  inn  sunst  wol  ist  mit  geschwätz. 

nnmmschiff  64,  19. 

eine  reimende  formel:  hetz  wie  metz,  aüo  vocabulo  eadem  res 
oblinel.  Serz  6S',  bezieht  sich  wol  hierher,  denn  Metze  ist  die 
kose  form  des  namens  Malhilde,  die  auch  sonst  formelhaß  mil 
hetze  verbunden  erscheint :  nonnenlröster,  metzen-  und  hctzen- 
jungherren.  Fischart  groszm.  82;  bei  den  amazonischen  metzen 
und  hetzen  oder  hexen.  Garg.  26'. 

3)  auch  der  häher  heiszt  hetze,  wie  das  lateinische  pica  auf 
bade  vügel  bezogen  wird  (DiEF.  432'),  da  ihre  lebensarl  fast  die 
gleiche  ist : 

mancher  verläszt  sich  auf  sein  schwätzen, 

dasz  er  ein  nusz  redt  von  einr  hetzen  (einem  häher  eine 

tuiss  nbschwälzt).    narrensch.  19,12; 
bei  jederman  an  allen  orten 
konten  sie  von  der  weishcit  schwetzen, 
gleichwie  die  elstern  und  die  hetzen.     H.  Sachs  2, 2, 91'; 

die  hätz,  corvus  glandularia,  der  eichelhdher.  Schm.  2,260;  corvus 
glandanus,  häiicr,  baumhazel,  hazier,  hiizlei-,  im  Zillerlhale  heiz. 
Nemsich  2, 1243.  in  vielen  fällen  kann  nicht  unterschieden  werden, 
welciier  der  beiden  vügel  gemeint  ist: 

zu  Leipzig  sasz  ein  kautman  reich 
der  het  ein  guete  heizen, 
die  im  al  ding  saget  geieich 
wan  er  kam  über  lande. 

mcistergesang,  cod.  ms.  germ.  herol. 
fot.  23,  no.  7; 
da  musz  wir  von  all  unsern  witzn 
unser  Zungen  dermaszen  schlitzn, 
dasz  sie  lein  hölTlich  können  scliwelzn, 
wie  man  sie  schieist  alstcr  und  hetzn. 

J.  Atrkr  /(i\(h.  sp.  54'  (260'^,  24  Keller). 

verächtlich  wird  heize  auch  auf  den  geringen  falken  bezogen: 

80  musz  man  hüben  dann  die  hätzen. 

narrensclii/f  44,  7, 

hauben  isl  technischer  ausdruck  der  falknerei,  vergl.  sp.  566. 
HETZE,  f.  wie  halze  sp.  560. 

1)  helzjagd  mit  hunden:  rillen  mit  einander  lielzen  und 
naiimen  andere  kurzweile  für;  sonderlich  isl  d;i  zu  lande 
auf   die  kaninchen  eine  schöne  heize.   Schweimcuen  1,251; 

der  edlen  hetze  freund, 
die  heulen  und  rousik,  und  mensch  und  vieh  vereint. 
IIacedorn  1,  108. 

2)  aucli  der  ort,  wo  eine  solche  hetzjagd  stattfindet:  heule  war 
tbierhetze  in  dem  grahmal  des  aiigust.  dieses  grosze,  in- 
wendig leere,  oben  ofTne,  ganz  runde  gebäudc  ist  jetzt  zu 
einem  kampfplalz,  zu  einer  ochsenhetzc  eingerichtet,  wie 
eine  art  ampbilheater.   GöinK  29,33. 

3)  die  kuppet  hunde,  die  zur  hetzjagd  dient: 

schweiszhedeckt  dem  starken  eher 

mit  der  hetze  nachzustürmen.     Oviiibeci  gnt.  132. 

von  hier  aus  übertragen  redet  man  auch  in  niedriger  sprach- 
weise von  einer  hetze  volks;  der  mann  bat  eine  ganze  heize 
kioder. 

4)  iibertragen  nach  1  heitU  hetze  da*  laute,  eilende  treiben, 
wie  es  bei  einer  jagd  zu  entstehen  pflegt,  Verfolgung,  liinterher- 
jaoen :    nach    endigung  dieser  rede,    nahm  die  akademische 

'     K.   WiEt.A)«D  3,33  (2H);  eilt  doch  auch   der 

''m  opp'inens  nach  der  lalcinischcn   hetze 

■ '■ I, ..,-... .o    i...-rh    der   dtsptitalion   ist 


gemeint).  J.  Pal'l  grönl.  proc.  1,123;  sie  bat  Wilhelmen  in- 
ätiindig,  er  möchte  sich  in  Aurelien  verliehen,  dann  würde 
die  heize  erst  recht  angehen,  sie  liiufl  ihrem  ungetreuen, 
du  ihr,  ich  dir  und  der  brudcr  mir  nach.  Güthi:  m,  M; 

zum  roih-  und  schwarzwildscharren 
fortgoht  PS  durch  den  tann !  . 

fortgchls  in  einer  hetze.     Frkilicrath  «k  i//inii;cn  3,  76. 

IIETZEAUGE.  »i.  hühnerauge ,  leichdorn.  im  tiassauischen. 
Keurein  195.     es  heiszt  sonst  auch  eisicrauge,  s.  theil  3,  418. 

HETZEBOCK,  m. :  denn  was  (ron  weibcrn)  raisig  und  ver- 
schlagen ist,  das  heiszen  die  allen  Tcutschcn  eiruni  rciisriiel, 
oder  hetzebock.  Mathesius  hochzeitpred.  74'. 

HETZEL,  f  ekler,  .<;.  oben  hetze. 

HETZEL,  n.  junges  lamm,  auch  verkümmertes  stück  rindvieh. 
Kemrein   195.     vgl.  hälzel  sp.  561. 

HETZEN,  verb.  venari,  ahd.  hazjnn,  mhd.  hetzen  (Lexer  wb. 
1,  1279).  eine  ilcrativbildung  zu  hassen  in  der  alten  bedcutung 
verfolgen  (sp.  546),  mhd.  ha^jcn,  die  sich  zu  letzterem  eben  so 
verhält  wie  das  verbuni  nassen,  nässen  madefacere  zu  netzen. 
ein  mit  betzcii  gleichen  sinn  habendes  altes  liessen  ist  wurzel- 
haß verwandt,  hat  aber  eine  andere  ableilung ,  vergl.  die  aus- 
fährungen  bei  Hesse  sp.  1268.  über  eine  nebenform  hützen  zu 
hetzen  s.  an  alphabetischer  stelle. 

hetzen  ist,  der  bedeutung  nach, 

1)  zunächst  lechnischer,  weidmännischer  ausdruck.  venari  heczen, 
hyczin  Dief.  610' ; 

so  thut  auch  kein  Jäger  nit  sagen 
das  man  ein  wiltes  schwein  thu  jagen, 
sondern  man  sagt,  man  thu  es  hetzen. 

Atrbr  326-  (1632,  11  Keller); 
und  steht 

a)  absolut:  cj  verbut  auch  unser  vorgenanter  herr  hezzer 
in  dem  winwachs,  si  riten  oder  gen,  swen  man  aber  darin 
funde  •  hezzen ,  der  git  unserm  hern  ein  pfund  Pfenninge. 
uästh.  3,  606  (14.  jahrh.);  nach  weidmännischer  redensart 
heiszet  ins  garn  hetzen ,  wenn  man  ein  vorholz  mit  garn 
fürrichtet,  dasz  der  hase,  wenn  er  sich  vor  den  hunden  ins 
holz  rctiriren  will,  nolhwendig  darein  fallen  musz;  wennman 
aber  im  freien  fclde  hetzet ,  so  heiszet  es  vom  strick  aus 
hetzen,  öcon.  lex.  1008.  (vergl.  oben  das  verbuni  hessen  2,  spalte 
1269);  bei  nassen,  windigten,  üblen  gewitter,  soll  man  nicht 
zu  heizen  reiten.  1009;  was  ist  das  alles  gegen  einen  ein- 
zigen vergnügten  tag  auf  der  jagd  .  .  .  wir  müssen  ehesten 
tags  hetzen.  Göthe  15,42;  sie  hatten,  in  den  hinlern  ge- 
birgen  jagend,  die  brandwolken  aufsteigen  sehen,  und  durch 
Ibäler  und  Schluchten,  wie  auf  gewaltsam  heizender  jagd,  den 
geraden  weg  nach  diesem  traurigen  zeichen  genommen.  321 ; 

daheim  ist  dein  ersetzen 
ein  buch,  das  lesens  werth;  im  Telde  nimnt  das  hetzen 
dir  deine  sorgen  hin.  Opitz  1,7: 

man  hetzt  auf  diesz  gerSusch  zurück  {tiei  der  hirsclijagd). 

IIageborn  2,  30; 
sprichwörtlich : 

er  hetzet  do  er  findet,    fast»,  sp.  1428, 
wie  sonst  er  nimmt,  wo  er  es  kriegt;  und  .^onst  bildlich: 

sie  (die  Jesuilrn)  hetzen  ohne  scheu 
und  fahren  täglich  fort  mit  ihrer  Jagerei 
zu  wasser  und  zu  land.     Opel  u.  Cohn  286,  19. 

b)  transitiv,  mil  dem  accusativ  des  verfolgten  Ihieres:  der 
fuchs  ...  wird  geludert,  gehetzt,  erschlagen,  öcon.  lex.  736; 
doch  isl  liem  bcsilzer  einer  jagd  in  der  marlerwochc  einen 
so  genannten  Osterhasen  zu  heizen  erlaubt.  1009;  wer  zwei 
hasen  zugleich  hetzen  will,  der  fanget  gar  keinen.  PisroBius 
thes.  par.  7,  26; 

wann  wer  ein  fuchs  wil  fahen  bald, 

der  hetz  In  nllit  in  dicken  wald.    fastn.  $p.  205,2; 

kömpt  d.inn  das  niitlagsmalil,  sn  pfleget  er  zu  leben 

vuii  diesem  sonderlich,  was  ihm  sein  gut  gegeben, 

was  etuan  auf  der  jagt  sein  Windspiel  hnl  gehetzt. 

Opitz  I,  62; 
l.)>porinus  reit  mit  hunden  velter  hosen  nachtusetten; 
Immpr  dünkt  mich,  dnsz  die  hundc  wiirden  Ihn  noch  Selbsten 
heizen.    I.octu  3, 117,90; 
der  jlljfer  macht  schon  rege 

uiiii  lieui  dn<  rftli 
durch  blutbelrlclifl  »cde, 

durch  biisch  und  klee.     lUoRDORn  3,  109; 

und,    daran    angeschlossen,    auch:    meine  feinde  haben  mich 

gebeizt,  »ie  einen   vogel.  klaget.  3,52; 

hiinveit.  du  hund  I  schnaubt  fürchterlich 
drr  graf  den  nrmon  pfliiifitr  an. 

•Onil  heil  l'l:        "    •     fr- Stil  tnifrl'  ilir-'-       '  „ 


1273 


HETZEN 


HETZEN— HETZHUND 


1274 


so  sollt  es  basz  mein  herz  ergetzen, 

euch  stracks  ins  himmelreich  zu  heizen.    71'; 

in  einem  bilde: 

herr,  ir  habt  ein  frnme  treue  wirtin, 
die  ist  ir  eren  ein  treue  birtin  .  .  . 
doch  hett  man  ir  ein  garo  gesteil; 
sie  iiesz  sich  aber  nit  darein  heizen. 

fastn.  sp.  18n,  28. 

mit  angäbe  der  Wirkung :  das  wild  müde  hetzen ;  einen  wolf 
lod  hetzen ,  lupum  eanibus  dilacerandum  el  necandum  dare. 
Frisch  1,450*;  im  bilde: 

erst  als  die  lust  gehellt  bis  zur  entseelung, 

der  freudenkelch  geleert  bis  auf  die  hefe.      Uitla:«d  aed.  435. 

sprichtcürllich :  er  ist  mit  allen  hunden  gehetzt.  Simrock  267. 
von  dem  viel  verfolgten  und  dennoch  entgangenen  wilde  überlfagen : 
der  mensch  ist  noch  nicht  gehetzet,  hie  hämo  nondum  in 
casum  dediiclus,  in  flammam  non  injedus  est,  malorum  rudii 
est  el  expers.  Stieleb  782. 

2)  hetzen  gehl  über  in  den  sinn  2ur  rerfolgurig  antreiben, 
anspornen,  be:n'iglich  der  zw  rerfolyung  des  n-ildes  aufgebotenen 
hunde  gesagt:  die  hund  hetzen,  anfüren,  anweisen  und  mulig 
machen,  canes  hortari.  Maaleb  220'  {vgl.  oben  den  zuruf  heiz 
an  die  hunde  sp.  1270);  auf  den  ball  oder  bail  heizen,  beim 
sauheizen  die  hetzhunde  los  lassen,  wenn  der  saufinder  einen  laut 
von  sich  gibt,  da  denn  die  hetzhunde  dem  laute  zueilen.  Jacobsson 
2,256',  vergl.  ball  Iheil  1,1091; 

den  woir  darf  man  an  d  schaf  nit  hetzen. 

B.  Wat.dis  Esop  3,61,47; 
ich  beize  meinen  hund  auf  euch. 

KoTZEBCB  dram.  sp,  1,  27. 

3)  ton  dieseti  beiden  bedeuiungen  aus  erlangt  hetzen  eine  freiere 
vencendung,  wobei  die  ursprüngliche  weidmännische  Verwendung 
bald  mehr,  bald  weniger  deutlich  hervortritt. 

a)  intransitiv  jagen,  eilen,  wie  bei  einer  helzjagd  (vergl.  oben 
hetze  4):  rastlos  nach  gewinn  hetzen;  er  hetzte  umher,  um 
die  säumigen  zur  eile  anzutreiben; 

laszt  mir  so  lanse  ruh,  ihr  unterirdschen, 
die  nach  dem  blul  ihr,  das  von  meinen  tritten 
hernieder  träufelnd  meinen  pfad  bezeichnet, 
wie  losgelassne  hunde  spürend  hetzt.    Göthe  9,  2?. 

b)  transitiv,  einen  odei-  etwas  jagen,  verfolgen,  treiben:  alle 
sind  gehetzt  von  geschäften  und  andern  dingen.  Niebuhb 
leben  3,118;  so  hetzt  eins  das  andre;  und  was  man  abzu- 
wenden sucht,  das  macht  sich  erst  recht.  Göthe  S,  1S7 ;  es 
hetzt  mich  alles  I  16,106;  wir  wollen  es  ruhen  lassen  und 
nichts  heizen,  an  frau  v.  Stein  3,  188 ;  es  ist  bekannt  genug, 
dasz  der  hof-  und  zuchthausprediger  ein  ordentliches  leiii- 
gebäude  hatte,  worin  er  den  satz  festgestellt,  dasz . .  teufi;!- 
chen,  oder  boshafte  geschöpfe,  den  menschen  mit  mikrosko- 
pischen wunden,  mit  elenden  kleinigkeiten  hetzen.  J.  Paüi, 
komH  3,  221 ; 

wer  unerbittlich,  mit  der  kälte 

des  Jägers,  die  geschlagnen  hetzt.     Gotter  1,98; 

und  ihr  {der  weislieil)  triumph  ist,  wo  sie  kann, 

das  herz  durch  die  Vernunft  zu  heizen.     441 ; 

drum  hetze  dich  nicht  zur  schlimmen  zeit, 

denn  ITill  und  kraft  sind  nimmer  weit: 

hast  in  der  bösen  stund  geruht. 

ist  dir  die  gute  dcyipelt  gut.    Göthb  2,  I!>6; 

die  Sehnsucht  trieb  und  hetzte  mich. 

KoTZEBCB  dram.  s;i.  1,  303; 
und  ob  ihr  ins  exil  sie  jagt,  von  lande  sie  lu  lande  hetzt. 

FRErLiGRATH  dichtunqm  3,  ISl: 
sich  mit  einem  hetzen: 

herzog  Johann  George  .  .  . 
sich  mit  dem  feinde^  hetzet 
bis  er  ihn  endlich  stürzet.    Opel  u.  Cohs  87,  14. 

Abgeblasil,  mü  spottworten  treiben,  aufziehen,  vexieren:  ich  ge- 
dachte, er  möchte  mich  vielleicht  kennen  und  etwan  ein 
edelmann  von  Soest  sein  und  so  sagen,  mich  zu  heizen, 
weil  man  die  Soester  mit  dem  groszen  gott  und  seinem 
goldenen  fürtuch  zu  vexiren  pllcgl.  Simpl.  l,  256. 

c)  ausgehend  von  der  bedcutung  2,  anreizen,  anspornen,  an- 
treiben, ganz  sinnlich  gesagt: 

der  bawr  mich  mit  der  geiszeln  hetzt  («pijcM  das  pferj); 
wenn  mich  derselb  nicht  fort  hiesz  gähn, 
deinthalben  blieb  ich  wol  bentahn.     R.  Waldis  Esop  3,84,12; 
aber   auch,    und   in  alten  beispielen,   übertragen  vom  aufstacheln 
durch  warte  {rergl.  anhetzen,  aufhetzen): 
diseo  herczog  Albrechten  st 
auf  di  Inimmrn  haciten  mit  roie  {anstrengumg). 

BtBAn  Wiener  263,  13  ; 


ich  wil  die  Egj-pter  an  einander  heizen ,  das  ein  bruder 
wider  den  andern,  ein  freund  wider  den  andern,  eine  «lad 
wider  die  ander,  ein  reich  r.ider  das  ander  streiten  wird. 
Jes.  19,2;  der  gottlose  verwirret  gute  freunde,  und  heizet 
wider  einander  die  guten  frieden  haben.  Sir.  28,  ll;  einen  an 
den  andern  hetzen,  einen  wider  den  andern  zu  zorn  reizen, 
iratum  atiquem  altert  facere.  Maaler  220';  hieruflf  vermelt  er, 
wie  alles  ergangen,  auch  w  ie  Balai«  die  junkfrauw  erschlagen, 
die  sie  also  an  einander  geheizet.  Amadis  264;  die  könig- 
reich  an  einander  hetzen.  KiRcniioF  wendunm.  37S';  werden 
so  unterschiedliche  pfafifen  nicht  die  ihrige  hetzen?  Simpl. 
1.263  Kurz;  brauchte  auch  allerhand  ranke  uns  zusammen 
zu  hetzen.  Felsenb.  1. 55 ;  ein  solches  gesindel  sollte  meine 
plane  zerschlagen,  und  ungestraft  valer  und  söhn  an  einander 
hetzen?  Schiller  Aa6.  t/. /i>6e  2,  6;  der  magister.  wie  wir  ihn 
schon  kennen,  überschreitet  vollkommen  die  gränze,  und  da 
der  baron  immer  fort  hetzt,  läuft  es  endlich  auf  persönlich- 
keiten hinaus.  Göthe  15,48;  die  emigrirlen  behaupteten,  er 
habe  tausend  tode  verdient,  und  hetzten  deszhalb  an  den 
obersten  behörden.  30,43;  nun  fangt  das  gemeine,  beson- 
ders weibsvolt,  schon  an,  auf  die  untern  angestellten  {der 
veterinäranstall)  zu  hetzen,  an   Voigt  366; 

sondern  die  eignen  räthe  mein 

mich  lieflig  thäten  hetzn  und  treibn, 

also  länger  nicht  hier  zn  bleibn.    Opel  «.  Coff!«  69,  tl ; 

die  Ungern  thät  man  hetzen 

an  Mähren  und  Österreich.    73,8; 

der  rechte  riiter  sprengt  heran 

und  warnt  den  grafen  sanft  und  gut 

doch  basz  hetzt  ihn  der  linke  mann 

zu  schadenfrohem  frevelrauih.     Bcrcer  70'. 

auch  vom  anspm-nen  zu  etwas  gutem :  dieses  wechselseitige, 
bis  zur  ausschweifung  gehende  hetzen  und  treiben  (zu  schriß- 
slellerischen  arbeilen).  Göthe  26, 117;  zu  einer  leidenschafl :  doch 
wehrete  ich  mich  ritterlich;  nicht  zwar  ihme  zu  entgehen 
oder  seinen  begierden  zu  entrinnen  ,  sondern  ihn  recht  zu 
heizen  und  noch  begieriger  zu  machen.  Simpl.  3,  21  Kurz. 

HETZE.NAMSELER ,  m.  der  wie  ein  hdlier  und  eine  amsel 
laute  nachäfft,  pfeift?  ir  zuckerpapagoi,  betzenamscler,  helzen- 
schwelzer  . . .  Garg.  17'. 

HETZENGESCHWÄTZ,  n,  gesdiwälz  nach  art  der  eifern  (oder 
der  hdher) : 

diweil  können  wir  {flöhe)  an  sie  [die  weiber)  setzen 
und  sie  nach  allem  iirtail  pfetzen, 
dann  vor  angsti^em  hetzengeschweiz 
empfinden  sie  nicht  unser  pfez. 

Fischart  diclitungen  2,36  Kurs  {flöhatz  1275). 

HETZENREITEN,  n.  das  reiten  beim  heizen: 

er  {der  Hase)  sagt :  diesz  tolle  hetzenreuten 

scheint  meiaen  tod  mir  anzudeuten.    Hacedor?!  2,35. 

HETZENSCHWÄTZER,  wi.  sdiwätzer  nach  art  einer  elster  oder 
eines  hähers.  Garg.  V*.     s.  die  stelle  unter  hetzenamseler. 
HETZER,  m.  der  hetzende. 

1)  nach  heizen  1  und  2:  hetzer,  venalor,  vesligator,  ferarum 
captalor.  Stieler  7S2;  hetzer  zu  pferd,  cquestris  agitator.  das. 
(rcrgl.  wind-,  Schweins-,  Standhetzer);  hetzer  wird  auch  ein 
junger  milchkarpfen  genannt,  den  man  zu  den  alten  über  die 
bestimmte  anzahl  in  einen  teich  setzt,  weil  er  immer  hetzt  oder 
antrabt,  und  dadurdi  das  streichen  beßrdert.  Nemmch. 

2)  uacli  hetzen  3,  anslißer,  außetzer : 

zu  den  pfalTen,  die  verkezern, 

zu  den  deutern  und  den  hezern, 

die  nicht  scherz  verslehn.    Voss  4,  252. 

HETZEREI,/!;  Lavaters  physiognomische  hefzerei  —  denn 
so  darf  man  die  ungestüme  anregung  wohl  nennen,  womit 
er  alle  menschen ,  nicht  allein  zur  contemplation  der  pby~ 
siognomien,  sondern  auch  zur  künstlerischen  oder  pfuscher- 
baflen  praktischen  nachbildung  der  gesichtsformen  zu  nötbigen 
bemüht  war.  Göthe  48, 172. 

HETZG.\RTE.N,  m.  garten  um  hetzen  darin  anzustellen. 

HETZH.\US,  n.  gebäude  in  dem  hetzen  angestellt  werden ;  auch 
das  haus  das  an  einem  hetzgarten  liegt,  und  in  dem  die  zur  hetze 
nnihigen  Ihiere  außewahrt  werden,     s.  hatzhaus. 

HETZHUND,  m.  canis  suillns,  die  saurüde  (vgl.  balzhund), 
zum  hdzen  der  wilden  scliweine  verwendet,  dann  aber  aucli  jeder 
zur  helzjagd  abgerichtete  hund:  melampus  heczehunt  Dief.  354*" 
hetz-  .mr  Jagdhund,  canis  agitator  Stieler  866;  der  wolf  läuft 
nicht  wider  den  wind,  sonderlich,  wenn  er  die  hetzhunde 
vor  ihm  merkt,  öcon.  lex.  2703. 


1275 


HETZJAGD— HEU 


HEU  — HEUBANDEN 


1276 


HETZJAGD,  f.  jagd  bei  der  das  wild  gehetzt  ivird.  übertragen 
von  einem  eiligen  treiben :  das  ist  eine  wahre  hetzjagJ. 

HETZLOS,"  vei-gl.  hetz  2  sp.  1270. 

HETZPEITSCHE,  f.  peitsche  wie  sie  bei  der  Hetzjagd  verwendet 
idrd :  was  helfen  alle  läuferschuhe  der  advokaten  (und  die 
hetzpcitschen  der  prozessoidnung  dazu).  J.  Pacl  Uter.  nacht. 
4,89;  denn  der  kroat  init  der  hctzpeilsche  stände  hinler  euch. 
HoLTEi  Lammfell  II. 

HETZPLATZ,  m.  platz  auf  dem  hetzen  stattfinden. 

HETZRIEMEN,  f».  ein  lederner  riemen,  an  dem  der  jäger'die 
Windhunde  zur  hetzjagd  hall:  vom  strick  aus  heizen,  dieses 
geschieliet  folgendermaszen  :  man  reitet  zu  pferde,  und  hat 
ein  paar  Windhunde  an  hetzriemen ,  von  welchem  man  sie 
ungesäumt  losz  lassen ,  oder  wenn  der  hase  zu  weit  auf- 
stünde oder  man  sonst  nicht  heizen  wollte,  dieselbe  damit 
an-  und  zurücke  halten  kan.    Ocon.  lex.  (1731)  1008. 

HETZSCHIRM,  ni.  schirm  von  buschwerk  für  die  Hetzhunde  bei 
der  jagd. 

HETZSTRICK,  m.  das  seil,  an  dem  der  hund  bei  der  Hetzjagd 
gehalten  wird:  copula  hetzstrick  Dief.  149';  hetz-  sive  jagd- 
strick, nervus  venatorum  Stieler  2196. 

HETZüNG,  f.  perseciäio  ferarum.  Stiei.er  782. 

HETZZWINGER,  m.  zwinger  zum  hetzen,  oder  in  dem  die  zum 
hetzen  gebrauchten  thiere  aufbewahrt  werden.  Jacobsson  2,256*. 

HEU,  interj.,  einen  plötzlichen  gedanken  oder  eine  schnell  her- 
vorbrechende empßndung  zeichnend  und  einführend : 

ain  frid  liesz  er  anstellen 

bisz  auf  den  drillen  ta^, 

(las  tet  der  könig  mit  listen, 

hew!  wariimb  tet  er  das?    Uhland  votlisl.  46<i; 

so  lang  das  wärt,  bisz  er  würt  arm, 

so  sprichi  er,  heu  das  goit  erbarm  1 

wie  hat  ich  vor  nochlaiir  so  vil; 

kein  fründ  ist  der  mich  trösten  wil. 

Brast  narrcnsch.  67,  IC. 
substantivisch  gebraucht,  zum  ausdruck  der  schnelle:  da  kriegt 
man  on  alle  Vernunft  und  golsforchl,  mit  lau! er  vollen  leüten, 
die  inn  einem  hew  mit  dem  köpf  hindurch  wollen,  wie  das 
tholl  vich.  S.Frank  trunlienheit  (1531)  Gij'.  vcrgl.  die  mfid. 
interj.  hoi  hoy  (Ben.-Mluer  1,  702*)  und  unten  hui. 

HEU,  «.  foenum.  golh.  havi;  alts.  houwi;  ags.  hig,  heg, 
engl,  hay;  fries.  h;'i,  he,  hai;  niederl.  hauw,  houw,  hooi;  altn. 
hey,  schwed.  dJn.  hö;  ahd.  howi,  hcwi,  mhd.  hiiuwc,  houvve, 
hüu,  heu,  hou.  die  gemeine  annähme,  dasz  lieu  gleicher  würzet 
mit  dem  rerbum  liauen  sei  (Fick  717),  scheint  die  zweifellos  rich- 
tige, als  die  grundbcdcutung  des  alten,  allen  germanischen  stammen 
gemeinsamen  und  auf  eine  schon  früh  erlangte  höhere  stufe  der 
landwirtschaß  hindeutenden  wortes  musz,  die  natur  des  Suffixes 
ben'tck.<nchligend,  das  zu  Hauende,  zu  mähende,  nämlich  gras,  hin- 
gestellt werden,  so  wird  es  noch  in  einem  liede  des  16.  ;a/ir/j. 
verstanden: 

wo  wachst  höw  auf  der  malten, 

dem  frag  ich  gar  nicht  nach.    Uhi.and  volksl.  604. 

Der  umlaut  in  der  slammsiWe  ist  wie  im  mhd.,  auch  im  äUern 
nhd.  vianchmal  noch  nicht  durchgedrungen,  so  dasz  die  formen  hau, 
hauw  dauern  {vgl.  sp.  562),  die  in  dem  heutiijcn  wetlerauischen 
hi  heu  nachklingen;  hauw  foenum  Frischun  nomencl.  267; 

ja  sie  sind  wie  verdorret  hau, 

das  noch  am  morgen  stund  zur  scliau. 

FiscHABT  geislt.  liedct  66. 

für  die  umgelautete  form  begegnet  bis  ins  16.  jahrh.  auch  noch 
oberdeultch  die  Schreibung  höw,  hiiuw:  höuw  foenum,  gramen 
aridum  sive  arefactum  Maai.er  228*; 

im  holz  und  auf  den  felden 

wo  man  mit  höw  auszfart.    Uhland  volkil.  006. 

Eh  gibt  feines,  grobes,  sUszes,  saure»  heu ;   dievreil  nber  die 
wiesen    von    verschiedener   arl,    so    dasz  unter  denenselhen 
einige  das  jähr  auch  nur  einmahl  gehauen  werden,  so  wird 
dieses  auf  dergleichen  wiesen  gemachte  heu  zum  unterschied 
dessen ,    da    man    nach    der   ersten  erndle  die  wiesen  nocli 
einmal  hauet  und  gnimmet  machet,  alt  heu  genennet,  öcon. 
lex.  lOtO;  M  icird  gewendet,  gehauen,  gemüht,  oder  gemacht, 
in  häufen,    feimen,    schochen,    Schwaden   gesetzt,    in  fudern 
eingefahren ;  (ei  wird)  das  heu  machen  insgemein  um  Jnbannis 
im  junio  oder  zu  anfang  des  julii  .  .  angcstellet.    Ocon.  lex. 
1012:  Honst  wen»  noch  in  der  blüt  ist  {das  gras  ohne  wa!>.ter), 
ahgehawen    wird  verdorret  es,    ehe  man  denn  hew 
Hiob  s,  it ;    gerslongra«    wird    dem    viehc  zum  fuller 
......  ...«hei  anstaii  des  heiiwes.  Tarkrnakm.  «22;    ein  bürde 

böa»  machen,  foenum  in  tnan^m/of  colkgare.  Maalkr  228*; 


wer  nit  im  summer  machet  hew, 

der  lauft  im  winier  mit  geschrei 

und  hat  zil  samen  gbuiiden  seil 

rfifrtnd,  (las  man  im  hew  geh  feil. 

Bra?(t  narrensch.  70,23; 
Hermann  eilte  zum  stalle  sogleich,  wo  die  muthigen  hengste 
ruhig  standen  und  rasch  den  reinen  hafcr  verzehrten 
und  das  trockene  heu,  auf  der  besten  wiese  gehauen. 

GöTHK  40,  283 ; 

das  heu  soll  herein, 

das  bedeutet  der  rechen.    l,20.i; 

das  heu  mit  gabelstangen 

zur  bodenluke  langen.    Voss  2,  305. 

der  bauer  fährt  ins  Iieu,  gen  heu:  wer  woll  gern  inn  kiieg 
sich  wagen,  wann  er  daheim  ein  Clylemnestram  soll  haben? 
so  fahr  der  teufel  ins  hew.  Garg.  29",  ink  anklang  an  das 
volkslii'd : 

es  het  ain  biderman  ain  weib, 

ir  duck  weit  sie  nit  lau, 

das  schnlTot  nun  ir  stolzer  leib, 

ir  man  solt  l'aren  gen  hew: 

mein  man,  far  hin  gen  hew, 
ins  hew,  in  das  hew, 

nach  gramat  in  das  gew !    Uhland  volhst.  729. 

ein  heu  ausgeben ,  die  Heuernte  eröffnen :  auch  erkent  man 
unser  herrschaft  von  Lindau  alle  jähr  in  der  ernd  ein  tag 
ein  vorschnitt,  item  in  dem  herbst  ein  vorles  ein  tag,  und 
wan  man  ein  haw  uszgiebt,  ein  fürhaw  ein  tag.  wehlh.  tyhlO. 
in  der  bibelsprache  wird  das  heu  als  bild  für  rasch  vergängliches 
genommen:  alles  fleisch  ist  hew.  Jes.  40,6;  wer  bistu  denn, 
das  du  dich  für  menschen  fürchtest,  die  doch  sterben?  und 
für  menschen  kinder,  die  als  hew  verzeret  werden?   51,12; 

alle  menschen  müssen  sterben, 
alles  fleisch  vergeht  wie  heu. 

zahlreiche  sprichwörtliche  redensarlen:  o  männiin,  männlin,  du 
hast  uns  recht  das  hüu  zwischen  das  hörn  gelegt,  du  hast 
uns  trocken  auszgeriben  (betrogen).  Garg.  135';  zeit  .Tischet 
heu.  Neander  sprichw.  33 ;  im  bauren  gehöret  heu  und  haber- 
stroh.  ScnoTTEi.  1120*;  ich  lüde  ihn  dannoch  freundlich  zu 
mir  in  mein  losament  und  gab  vor,  dasz  ich  einen  trrfTlichen 
lust  hätte,  von  ihm  hebräisch  schreiben  und  lesen  zn  lernen : 
und  gleich  wie  er  besser  als  lang  heu  zu  laden  (rf.  b.  um- 
gänglich) war,  als  war  er  auch  ganz  willig  und  unverdrossen, 
einem  jeden  nach  vermögen  zu  dienen.  Simpl.  4,99  Kurz; 
in  die  scheiine  gehöret  heu ,  crassis  crassa  conveniu'ti.  wo 
genug  ist,  da  streuet  man  mit  heu,  abundantia  paril  iuxum. 
Stieler  788 ;  böses  heu  machen,  abalienare  animum  .\,}:  rius. 
Sehz  69';  das  heu  ist  schon  wieder  gut  gemacht,  iam  recnn- 
ciliali  sunt,  das.;  man  musz  heu  machen,  weil  die  sonne 
scheint,  was  man  nicht  am  heu  hat,  hat  man  am  strob. 
man  darf  seinem  heu  stroh  sagen,  unter  einem  fuder  heu 
erstickt  keine  maus.  Simrock  sprithw.  248 ;  wenn  einem  ein 
rechtes  glück  angestanden  ist,  dann  wirft  der  teufel  immer 
heu  runter.  Meyr  erzählungen  aus  dem  Ries  2  (1868)  s.  399 ; 
geld  haben  wie  heu:  Franziska,  so?  hat  der  major  geld? 
Werner,  wie  heu!  er  wcisz  nicht,  wie  viel  er  hat.  Le!!Sinc 
1,  551 ; 

bietet  ihnen  gold,  wie  heu.    Gottkh  1,  49(31). 

Verbindung  von  heu  und  stroh,  heu  und  spreu : 

ir  übt  euch  albcg  fast  also, 

ein  zeit  im  heu,  ein  weil  im  stro.    fasln,  sp.  386,  6; 
wcichs  (311/)  oftmals  unversehn  wie  heu  und  spreu  zersicubet. 
Nrüiark  luslieätächen  34. 

heu  in  eineni  scherzhaften  bilde  für  kopßaar:  haben  dir  die 
leidige  franzosen  das  heu  auf  der  obcrbühne  hinweg  ver- 
fütcrt  .  .  oder  hastu  sonst  keinen  guten  haarbodcn,  so  setze 
eine  barukquc  auf  und  sage,  so  sei  es  die  mode.  &mpl. 
2,311  Kurz;  obgleich  hcrr  corporal  Springinsfeld  . .  eine  herbe 
hauptkrankheit  überstünde,  also  dasz  ihm  auch  kein  härlein 
heu  auf  der  obcrn  bühne  übrig  verbliebe.  3,  241. 

Zeitbestimmung  nach  dem  einernten  des  /lei«.'  dirrc  tiof  hei 
trü  gedinge  alle  jar,  eins  zu  mittel  hornung,  und  eins  zu 
mittel  meigcn,  und  zu  afler  halme  und  howe.  weisUi.  l,  673 
(r.  1320);  afler  houwe  und  halin.  719.     venß.  beumonat. 

iieu  in  Pflanzennamen :  griechisches  heu,  trigonelta  foenum 
graecum,  schwedisches  heu,  heiliges  heu,  medicago  fakata. 
NFM?«icn. 

HEIJ,  m.  faSirieug  mit  einem  mittelmästigen  hoehhord,  das  vi 
Enißand,  Holland  und  Frankreich  sehr  gehrdurhlich  ist.  Jäcobs- 
so?«  2,  2.'.».'.     der  name  ist  aus  dem  holldndisrhen  übernommen. 

HEURANDKN,  m.  triese.-  zu  unser«  gnidigen  furtten  und 
herren  schlotz  zu  Eivcrfell  gehörig:  ein  hewhandea  für  der 


1277 


HELBAR  —  HEUCHELDIEKST 


fieihLit  Elvcifeldt;  noch  eia  hewbanden  uuter  dem  oewen 
deicL  elwas  weiter  von  der  freiheil  abgelegen.  Elberfelder 
lagerbuch  V.  V>9S  (handschrift) ;  der  hewbanden  underm  ho8f 
gemessen  hell  anderthalb  morgen.  Urkunde  v.  1632  betr.  Ihei- 
lung  der  Maldini) k  bei  Eiber feld.  —  Zur  erkiäruny  des  zweiten 
Iheils  tom  Korle  gewähren  niederländische  alle  quellen:  pratum 
beemt,  bampt  Dief.  451* ;  pialum  wiese,  bameth  nov.  gloss.  300*. 

HEÜBAR,  adj.  für  haubar  caeduus  (sp.  562)  hat  Scbottel  : 
heubnr  holz.  326'. 

IIEÜBARN,  llEOß.\HREN,  «».  verschlag  in  einem  stalle  zur 
aufbewahrung  des  heuei ;  mhd.  houbarn  foenik  Mone  anz.  7,591; 
bei  Weckheklis  fem. ; 

längst  in  der  bewbarn  lag  die  dürre  graszgebuit.    771. 

HEUBALCH,  m.  der  bauch  eines  pferdes,  wenn  er  in  folge 
zuvielen  heufressens  an  beiden  seilen  weit  aus  einander  geht. 

HEÜBÄUM,  m.  bäum  oder  langer  runder  stamm  zum  bäumen 
des  heus  {vergl.  Ihcil  1,1191).  öcon.  lex.  1010;  heubaum  pertica 
assertoiia  Trocuus  Q 5*. 

HEüBELLEHCHE,  f.  alauda  cristata.  vergl.  häubelierche 
5^.566;  heübellerch,  wägelerch,  alauda  cristata,  galerita^  cas- 
sita  MiM-ER  220". 

IJEUBERGE,  f.  leichler  schuppen  swr  außewahrung  des  Iteues. 
Jacobssos  6,  72*. 

HEUBIRNE,  f.  ek^e  art  gelber,  plattgedrückter  birnen,  zu  ende 
des  august  reifend,  icreils  im  14.  jahrh.  begegnet  ein  höwbir- 
boum  als  grenzbaum,  Mone  urgesch.  d.  bad.  landes  2, 37. 

HEÜBLUME,  f :  he  iblumen,  die  um  die  heuäinde  blühen, 
flores  quae  tempore  foeiisecii  florent.  Fbisch  1,448*;  öfter  auch 
blumen  als  bestundlheil   les  heus: 

aber  um  die  kiib  zu  melken 

man  ihr  nur  beublumen  gibt.     Rückeri  229. 

HEÜBODE.N,  »I.  boden  zur  außewahrung  des  heues.  öc.  lex. 
1010;  fenile  hewpoden  Dief.  230*. 

HEUBRUCH,  wi.  wiesengrund  (vgl.  bruch,  th.  2,  sp.  410):  ausz 
ihrem  heuwbruch,  im  Limbruch  genant.  Elberfelder  urk.  v.  1633. 

HEUBSCHERIN,  f.  [aus  hübeschaerinne),  buhlerin,  curtisane: 

uud  ob  die  rayo  (reine)  da  ersten  spricht: 

deiner  red  begabt  mir  nicht: 

lasz  die  mare  also  bald ! 

daj  sein  der  übel  gaist  gewalt! 

vvayust  ich  sei  ein  lieubscherin? 

du  bist  es  selber  an  dem  sin; 

ge  da  bin,  und  cbüm  nicht  me  l    ring  12\  10. 

HEüBLXHT,  f.  verschlag  in  einem  stalle,  um  das  heu  daselbst 
zu  verwahren. 

HEüBÜHNE,  f.  luden  zur  außewahrung  des  heues:  fenile 
hew-schmver  i.  bune  Dief.  230*. 

HEÜBUNÜ,  n.  fasciculus  fueni:  auf  höfen  und  bei  wohl- 
eingerichteten haushallungeu  wird  auf  ein  pferd  in  vier  und 
zwanzig  stunden  acht  pfuud  heu  gerechnet,  und  die  heubiinde 
in  solcher  schwere  darnach  gemacht,  ücon.  lex.  lolO. 

HEüBC.NDEL,  n.  fasciculus  foeni.  Frisch  1,  44>>*. 

HEUBÜRDE,  f.  fascis  foeni.  Stieler  133. 

HEDCH,  m.  salmo  hucho,  auch  buch,  buchen.  Neji.mch 
4,1207. 

HEüCH,  m.  der  zapfen  ini  lialse.  vergl.  unter  hauch  oben 
sp.  660. 

HEüCHE,  m.  salmo  hucho:  fui eilen,  äschen,  lasfören,  sälin- 
ling,  heuchen  und  dergleichen  (soUen  in  luslteiciie  gesetzt  wer- 
den). HOHBERG  1,  590*. 

HEUCUEL,  m.  Verstellung:  solche  rede  waid  von  etlichen 
getaddelt,  als  nicht  aus  der  kunst  gethao,  und  die  (die)  ge- 
sellen mehr  abeschreckt ,  aber  die  andern  sprachen ,  weil 
Metellus  ein  dapfer  man  were,  bette  er  recht  geredt,  denn 
ein  redlich  man  sol  die  warheit  sagen,  on  schew  und  heu- 
chcl.  Ldtuer  2, 169*. 

HEüCHEL,  adj.  verstellt,  heuchlerisch:  aber  das  nicht  eine 
falsche,  heuchel,  ledige  Weisheit  oder  furcht  gottes  sei,  setzt 
er    hinzu,    das    es    mit   der   that   müsse   beweiset   werden. 

LOTHEB    5,  207*. 

HEUCHELART,  f.  ars  simulanJt.  Stieleb  58. 
HEÜCHELBILD,  n.; 

0  bild!  o  trügerisches  bild!  o  lieuchelbild !    Tieck  2,107. 
HEDCHELBUSZE,  f  verstellte  busze,  ohne  innere  reue. 
HEÜCHELCHRIST,  m.  scheinchrist.  Frisch  1,448'. 
HEÜCHELDIENST,  m. : 

(er)  betriebt,  durch  lieucheldienst 
und  Schwärmerei,  ein  weib  das  ihm  vertraut. 
GöTHS  7,  160. 


HEUCUELDUUNE  — HELCHELISCH       1278 

HEUCHELDIRNE,  f : 

sie  erscheint!  dl«  bäucheldirne, 
Klio,  die  mit  frecher  slirne 
Stümper  oll  zu  meistern  macht. 

GoTTSCBED  ged.  2,  221. 

HEUCHELEI,  f.  simulalio,  hypocrisis:  der  herr  wolle  aus- 
rotten alle  heuchlei  (var.  alle  glate  predigt),  ps.  12,4;  wir 
haben  die  lügen  unser  Zuflucht,  und  beuchelei  unsern  schirm 
gemacht.  Jes.  28, 15 ;  denn  ein  narr  redet  von  narrheil,  und 
sein  herz  gehet  mit  unglück  umb,  das  er  beuchelei  anrichte, 
und  predige  vom  herrn  irsal.  32,  6 ;  als  denn  wirstu  on  heu 
chelei,  recht  und  heilig  schweren.  Jer.  4,2;  von  den  pro- 
pheten  zu  Jerusalem  kompt  beuchelei  aus  ins  ganze  land. 
23,15;  sihe  zu,  das  deine  gottesfurcht  nicht  beuchelei  sei. 
Sir.  1,34;  von  auszen  seit  ir  für  den  menschen  from,  aber 
inwendig  seid  ir  voller  beuchelei  {v:toy.Qiaecos)  und  unlugent. 
Jtfü///i.  23,  28 ;  er  aber  merkete  ire  beuchelei  (vTiöx^iaa)  und 
sprach  zu  inen,  was  versuchet  ir  mich?  Marc.  12,14;  das 
ander  fasten,  so  nichts  anders  ist,  denn  ein  lauter  beuchelei, 
ja  ein  lügen  und  spot.  Luther  6,477*;  beuchelei  gebe  gells 
genug,  warheit  gehe  betteln  (worle  Luthers).  Zixegref  apophth. 

1, 255 ; 

die  heuchele!  veracht  ich.    wie  ich  bin. 
so  sehe  mich  das  aug  der  weit. 

Schiller  Jungfrau  2,  2; 

die  kalte,  gleiszeiide  scblaugenhaut 
der  heuchele!,     ü.  Hüne  15,  227. 

vergl.  heuchlerei. 

HEUCHELFASTE,  f:  die  heuchelfasten,  so  die  phariseer 
inen  selbs  erweicten,  on  alle  not  und  gebot,  nur  darumb, 
das  sie  für  heilige  leute  . .  gehalten  würden.  Lother  6,  477*. 

HEUCHELFREUND,  ni..'  unsre  alamodischen  complemen- 
tirer  und  heuchelfreund  sind  heutiges  tages,  mit  ihrem  kap- 
penrucken, händedrucken,  achselklopfen  und  reverenzmachen 
aufrichtigen  teutschen  und  einfältigen  herzfreunden  weit  über- 
legen. Otho  757. 

HEUCHELGLAUBE,  m. ;  wie  der  falsche  heuchelglaube  thut, 
welcher  menget  in  einander  gottes  gnade  und  mein  verdienst, 
ob  er  wol  auch  die  wort  hebelt  von  Christo,  aber  doch  des 
herzen  Zuversicht  setzet  auf  sich  selbs,  also  das  es  nur  ein 
angestrichene  färbe  ist.  Li;ther  6,  4l'. 

HEUCHELGLEISZE.N,  n.  ; 

nur  nicht  aus  schein  und  heuchelgleiszen  {.ehrbar  leben). 
Sitnpl.  1,  82  Keller. 

HEUCHELHAFT,  adj.  heuchlerisch:  heuchelhafte  geberden, 
mores  fucati.  Stieler  794. 

HEUCHELISCH,  HEUCHLISCH,  adj.  und  adv.  bis  ins  11.  jh. 
für  und  neben  heuchlerisch:  beuchelisch  hypocriticus  Ali. 
gl*;  solche  falsche  lerer  der  heuchelischen  falschen  lew  hat 
S.Paulus  verkündigt.  Llther  1,410';  aber  er  hat  irviel  funden, 
sonderlich  das  beuchelische  und  vermessene  leut  waren, 
welche  fürnemlich  die  rechten  heiligen  verfolgeten.  4, 78* ; 
also  mus  dis  werk  auch  köstlich  sein,  und  gepredigt  wer- 
den, wie  seer  es  die  Vernunft  und  heuchlische  heiligen  für 
narrbeit  halten.  146*;  wie  sie  die  weit  mit  falschem  heuch- 
lischen  schein  der  heiligkeit  efifen  und  verfüren.  400';  dar- 
nach leben  und  thun,  nicht  heuchlisch  noch  feischlich,  son- 
dern in  der  warheit  mit  rechtschaffenem  herzen.  5,  206*;  und 
in  dem  hasz  rufen  sie  doch  gleichwol  gott  beuchelisch  an. 
J.Jonas  bei  Luther  6,409';  Christus,  da  er  spricht,  thut  bus, 
redet  warlich  von  der  ganzen  bus  . .  er  redet  nicht  von  der 
heuchlischen  salisfaction,  davon  die  scholastici  trewmen.  431*; 
durch  solche  heuchlische  werke.  439*;  was  durch  bepstisch, 
heuchlisch  und  nichtig  consecriren  geweihet  ist.  Melanchlhons 
prophet  Daniel  ausgelegt,  deutsch  v.  J.  Josas  38 ;  mit  . .  euszer- 
lichem  und  heuchelischem  wesen  und  gebrechen.  Matbes. 
Siir.  129';  ein  bösz  heuchlisch  volk.  Fro.nsp.  At.  3,290*;  ein 
heuchelischer  geistlicher,  pers.  baumg.  4, 3 ;  die  prediger  so 
einander  zausen,  wie  die  kälbertreiber,  heiszet  er  (Luüier) 
hunde,  ketzer,  so  sich  mit  gottes  wort  und  Christi  fellein 
heuchlisch  schmücken.  Schüppids  831; 

heuchlisch  uud  abgöitiscb.    U.  Sacbs  4,  3,  71'; 

0  stolzes  hütlein,  heuchlisch  hütlein. 

FiscBART  diciu.  2,  208  Kurz  (Jesuilerhiitl.  1033) ; 

die  käsjäger,  die  beuclilisch  rralzen, 

die  fornea  lecken,  binden  kratzen.    3,62,194; 
du  liebest  gott  von  herzen, 
dein  christenthum  ist  dir  fürnar  kein  heiicblbch  tcbenaa. 

HlsT  Parn.  36». 


. 


:ergl.  heuchlerisch. 


1279     HEL'CHELKELÖCHUEIT  —  HEUCHELN 


UEL'CUELiN 


1280 


UEUCHELKEÜSCHHKIT, /. .  predigen  will  er  den  ehestand, 
und  doch  selbs  in  falscher  heucheikeusscheit,  das  ist,  in 
allerlei  Unzucht  leben.  LuTiita  7,  -113'. 

HEüCHELKUiNST,  f.:  ich  vcricihu  au  einem  «elken  gü- 
niüthe  jede  ungewisheit  des  guten,  den  höhn  aller  lugend, 
die  heuchelkünstc  des  vortheils.  Dya  Aa  Sore  2,  61 ; 

doch  den  auswurf  von  ileii  fligsien  schelmeu 

lohnte  si«  (Forluna),  t'nr  seine  heucheltiuu:il, 

oU  mil  Sternen,  olt  mit  ritterheliuen, 

und  mit  überschwanj;  von  (ürsiengunst.     Rürgf.r  57". 

HEUCHELLEL'TE,  f,lw: :  beuchclleule,  falsche  leute.  über- 
schnft  eines  sprucha  bei  Logau  2,  23,  81.  vgl.  heuchelniann. 

HEUCHELLIEBE,  f.  verslelUe  liebe,  amor  siniutalusj  mel  in 
ore,  fei  in  corde.  Frisch  1,  448*. 

HEICHELLIST,  f.: 

aul  beide  weisz  geriist 
lata  mord  und  heucbellist. 

Fischart  dicIUunggn  3,  377  Kurz. 

HEüCHEL,MANN,  vi.  i)  Schmeichler  {vgl.  heucheln  l):  heu- 
chelmann  ist  am  besten  dran.  Lehmann  1,415; 

so  fein  kan  auch  sich  rügen 
tu  ort,  zeit  und  persoii  der  buiidte  heuchelniann, 
der  sonst  für  sich  ist  nichts  als  wie  ihn  nur  zeucht  an 
sein  groszer  gunstpatron.  Logau  3,210. 

2)  heuclder  (heucheln  2); 

durcbsiclitig,  wie  dein  {der  irauhe)  goldsafl,  blinkt 

die  seele  dem,  der  von  dir  trinkt: 

0  heuchelmann,  heucbelmann,  trinke  nicht, 

er  wisriit  dir  die  schminke  vom  angesicht.    Dlcmauer  1,  34. 

HEUCHELMAShE,  /. ;  ihre  heuchelniaske  ist  jetzt  herunter, 
Juichen,  ich  habe  ihr  scbeuszlicb  verwilderl  gesiebt  gesehn. 
Fb   Müller  3, 191. 

HEÜCHELMÄSZIG,  adj,:  wo  jener  heuchelniäsziger  hüsc 
knechl  hingehurt,  der  seine  mitknechl  durchächt  {vgl.  Mullh. 
24,49),  weil  sein  herr  so  langmütig  war.  Joannes  Nas  der 
varnungseiiyi'l  I25. 

HEUCHELMAUL,  n.  .•  ein  heuchelmaul  richtet  verderben 
an.  !tpr.  Sul.  26,  28. 

HEUCHELN,  verb.  adulari;  simulare. 

1)  das  wort,  im  ahd.  und  iiihd.  unbekannt,  hat  mtt  setner  Sippe 
die  heimat  in  den  mitteldeutschen  gegenden,  von  Schlesien  durch 
Meiszen  und  Düringen  bis  nach  Franken,  von  wo  aus,  erst  seit 
dem  16.  jahrh.,  es  sidi  in  die  allgemeine  schrißsprache  eingebiir- 
yerl  hat.  rücksichllich  der  grundbedeutung  ist  seil  Stieler  all- 
gemein bis  auf  jetzt  Zusammenhang  viit  iiauchen  anhetare  ange- 
nommen worden:  heucheln  (eigentlich  häucheln)  scheint  voiu 
ächzenden,  die  .«prache  unterbrechenden  hauch  (scufzer)  ab- 
geleitet zu  sein.  Kant  5,  269.  doch  zu  unrecht,  heucheln  14/ 
vielmthr  ilerativbildung  zu  hauchen  sich  ducken,  sclileichen  {oben 
sp.  562),  bair.  hauchen,  köpf  und  oberlheil  des  köi-pcrs  sinken, 
vorwärts  hängen  lassen  (Schm.  1, 1041  Fromm.),  kärntn,  liauchat 
mit  gebücktem  haupte,  niedergeschlagen.  Fromm.  2,517;  vgl.  hcss. 
buchen  zusammensinken.  Vilmar  177,  und  das  niederd.  liüchel 
hockende  Stellung.  Schambacu  i>7',  und  will  demnacli  das  demü- 
tige ducken,  bücken  und  krieclien  vor  andern  ausdrücken.  In 
diesem  sinne  wird  es  z.  b.  recht  anschaulich  im  schlesischen  dia- 
lecle  verwendet :  meine  Lusche  (eine  hündin)  I  . .  se  w  cdcltc  su 
mit  em  zahle  wen  ich  hem  kam  aus  der  stodt  oder  von 
hofe,  se  huppte,  se  sprang,  se  heuchelte  lucr,  sc  thal  asz 
wen  se  mich  woldc  wilkummen  heszen.  A.  Ghypuius  dornrose 
{nster  druck)  s.  11;  und  noch  Gellert  hat: 

der  eh  wir  billen,  hilft,  uns  liebt,  doch  uns  nicht  schmeichelt, 
ja,  trär  ihn  unser  zorn,  nicht  unscrn  lüslen  heuchelt, 

iicA  vor  ihnen  nidil  bückt,  sich  ihnen  nicht  unlerordnel. 

2)  so  ist  die  bedetäung  schmachein,  vornehmlich  auch  mil  fal- 
schem heizen  fchmeicheln ,  seil  lange  bei  mitteldeutschen  Schrift- 
stellern gebräuchlich,  und  die  Schlesicr  IIedericu  und  Steinhach 
verzeichnen  dieselbe  als  erste  neben  der  unten  folgenden  ;  fuchs- 
schwänzen,  heuchelcn,  adulari,  assentari  Hemsch  1273,31; 
ineinstu  er  werde  dir  viel  flehcns  machen,  oder  dir  beuch- 
irn?  Hiob  40,22;  heuchelten  im  mit  ircin  munde,  p.  78,36; 
und  er  wird  heucheln  und  gute  wurt  geben  den  gottlosen. 
Oan.  11,32;  machten  ein  löblich  bilde  des  herrlichen  kOni- 
ges,  auf  das  sie  mil  vlei»  hcuchlcn  mncblen  dem  abwesen- 
den, als  dem  gegenwertigen.  um/i.  11,17;  und  du  er  bei 
dem  konige  in  gnaden  kam,  heuchictc  er  im,  und  brachte 
da*  bohcpiie»lcrtbuin  an  sich.  2  Macc.  4,21;  wenn  sulchs 
diese  Propheten  hOren.  so  mu«  es  p.ipi-lucli.  und  den  ftlr- 
sten  gehcucbict  beiizcn.    das  sie  ab'-'    ' :;'irdigcn  pöbcl 


erwecken,  und  rultisch  machen,  das  heiszt  nicht  gehcuchlet, 
denn  es  sol  nicht  ehe  uiigeheuchlet  heiszen,  wir  leren  denn 
den  pijfel,  er  solle  fürslen  und  herrn  tod  sclilahen.  Luther 
3,  4ü';  sondern  wil  euch  zu  dienst  wider  ein  pajiisl  «erden 
und  dem  papst  getrost  heucheln,  denn  meine  lieben  Schwer- 
iner werden  mirs  doch  nicht  anders  deuten ,  denn  das  ich 
dem  bapst  hiemil  heuchele  {mit  Verwerfung  der  widvrlaufe). 
4  11556)  408';  dasz  er  dem  bapsl  mehr  heuchelte  umbs  buucbs 
willen,  lischr.  259';  in  welchen  {briefen)  er  Bncero  heuchelte 
und  hoch  lobete.  287';  wer  in  nicht  heuchelt  und  den  rä- 
chen und  feuste  füllet  .  . .  der  gilt  bei  inen  nichts.  Mathe- 
sius  Sar.  152';  ich  muste  schweigen,  weil  Springinsfeld  aus 
einem  teutschen  aufrichtigen  herzen  mir  die  warheit  so  ge- 
treulich sagte  und  nicht  heuchelte.  Simpl.  1,302  Kurz; 

kumpt  der  Tuchs,  wil  ich  im  sein  heucheln 
und  sein  Tuchsschwenzen  wol  verdütteln. 

B.  Wia,Dis  Esop  4, 'JJ.  420; 

anders  sein  und  anders  scheinen, 
anders  reden,  anders  meinen : 
alles  loben,  uile.s  tragen, 
allen  heucheln,  stets  behagen. 

Logau  1,210,71  (heulige  wcUkvnst); 
wo  ist  die  Treiheit  hin?  die  freiheit  derer  ort 
ein  honigsüszer  mund,  ein  Schmeichler  eingenommen, 
der  durch  sein  heucheln  ist  auf  diese  stelle  kommen, 
die  meine  Taust  erwarb.     A.  Gbyphius  1698   1,  16; 

ein  niederträchtig  blat 
bestürmt  sein  Telsenherz  mit  ungerechten  schmeicheln, 
als  sucht  es  gotl  und  ihm' den  liimmel  abzuheucheln. 

GÜNTUKR  389; 
wer  glück  und  bessrung  wünscht,  der  musz  sieb  selbst  nichi 

beuchein.    476; 
die  Schäfer  weihen  ihm  {Aloi-pheus)  gesänge, 
er  heuchelt  ihrer  Zärtlichkeit, 
und  spottet  unsrer  keuschen  strenge, 
die  manch  vergnügen  uns  verbeul.    Uz  1,  tCS; 
HuT,  niaienIQftchen,  aus  den  blumenbeeten ! 
wo  deine  küsse  Floreiis  töchtcr  rötlien, 
wo  du  so  liebetraulich  allen  heuchelst, 
und  duTt  entschmeichelst!      Bürger  4'; 

luutwilliglich  heucheln  und  fuchsschwenzen.  Ldtheb  liichr.  129*, 
und,  mit  auffallendem  anklänge  hieran,  als  vereinzeltes  beispiel 
eines  süddeutschen  diclUers: 

dasz  du  mit  list  und  kunst  fucbsschwäuzesi,  heuchlest,  liegest. 

Weckherlin  239. 

3)  neben  der  bedeulung  mit  falschem  heizen  sclimeicheln  ergab 
sich  auch  der  sinn  falsch  handeln,  falsch  mil  einem  verfahren  : 
wer  mit  seinem  nehesten  heuchelt ,  der  breit  ein  netz  zu 
seinen  fuszstappen.  spr.  Sal.  29,5; 

ich  merk  ir  heuchelt  all  mit  im.  IL  Sachs  3,  l,69\ 
namentlich  aber  sich  verstellen,  durch  versletluug  bei  andern  eine 
günstige  Vorstellung  von  sich  erwecken,  in  diesem  .unne,  ebenso 
wie  in  dem  no.  2,  ist  das  wort  zunächst  auf  miltetdeutsches  ge- 
biet eingeschränkt  {oberdeutsche  Schriftsteller  des  m.jaliih.,  die  worle 
dieser  stppe  brauchen,  veigl.  heuchler,  heuchlerei,  heuchelthum, 
sind  anhänger  Luthers  und  nehmen  iie  von  ihm  lurüber),  und 
wird  erst  seit  dem  vorigen  Jahrhundert  altgemein  in  der  Schrift- 
sprache, oft  dann  recht  frei,  verwendet ;  und  ob  er  sich  schon 
stellet  als  Ihue  er  gut,  ists  doch  erlogen,  betrogen,  und  ge- 
heuchelt. Luther  l,4lo';  wolle  er  selig  werden,  so  müsse 
er  gleubcn  und  nicht  heucheln.  4  (1556)  413*;  und  heuchel- 
ten mit  ihm  die  andern  Juden,  also,  das  auch  Barnabas 
verliirel  ward,  mit  inen  zu  lieucheln.  Gat.  2,13;  scliiiehen 
i.  f.  g.  mir  wieder  ich  lieuchellc  und  liesze  mich  abliaiten. 
Scuweinichen  1,294;  Ali'/,  aber  wie  kann  er  sich  bei  dem 
neuen  herrn  behaupten,  der  ein  so  würdiger  mann  ist? 
L.  R.  wie?  mit  heucheln,  der  weisz  sich  nach  seinen  leu- 
ten  zu  richten,  und  seinen  charakter  nach  den  umständen 
zu  verUndcrn.  .Schiiler  fiarasit  1,2.  Sfnichwörllich  wer  nicht 
heucheln  kan,  kuiiimt  nicht  fort,  qni  nescU  simulare,  nescU 
regnaie.  Stielkr  794; 

wio  hcurticli  sirli  der  tbor,  der  keiner  tugend  Iralt, 
kein  wuhrcs  millvld  lUblt,  und  scheint  sich  tugendbifl! 
lUcEUORN  1,  41. 

In  der  neuern  sin-ache  auch  transitiv,  etwas  lieucheln :  tritt  her, 
maier!  ..  so  trotzig  stehst  du  da,  weil  du  leben  auf  todten 
lüchern  heuchelst.  Schiller  Ficsko  2,17;  prilsidcnt  heuchelt 
eine  tichuldlo.te  mieuc.  kab.  u,  liebe  i,  5 ;  der  zierliche  topf 
iiimint  manchen  sliauch,  monchc  Zwiebel  auf,  um  io  winter- 
hafier  hUiislichkeit  den  sommer  zu  heucheln.  Göiiie  93, 162; 
sie  ist  unter  dem  schild  eines  geheuchelten  di  uckurlcs :  Köln, 
ohne  jahizahl  ..  herausgekommen.  35,  37u; 


1281 


HEÜCHELNIS  —  HEL'CHELWERK 


HEI  CHEL  WORT  —  HEUCHLEREI        1282 


befiehlt  mir  gleich  die  klugheit  und  die  pflicbt  .'.  . 
dasz  ich  mein  wahres  herz  vor  ihm  verberge, 
eia  falsches  hab  ich  niemals  ihm  geheuchelt! 

Schiller  Piccol.  1,  3. 
VViELASD  wagl  selbst: 

du  erfuhrst  noch  nicht, 
dasz  der  schmerz  sieb  oft  zu  wollust  heuchelt.    9,  341  (306). 

HEÜCHELNIS,  f.: 

aus  blinder  beuchelnisz. 

LoaE!«$Ttt5  in  d.  auserles.  ged.  1,  2$!. 

HECCHELPREDIGER,  m.  : 

er  [Clirbtu-^)  ist  kein  heuchelprediger, 

der  disi  geschlecbte  scheuet.    Rist  sabb.  seelenl.  336. 

HEUCHELPROPHET,  m.;  derbalben  wird  er  billich  für  ein 
newen  beuclielpropbetea  geacht  und  gehalten,  ämsdorf  icider 
Pomer  (1551)  B  ij". 

HEüCHELRATH,  m.  l)  heuchlerischer  ralgeber :  sihet  man,  wie 
dieselben  beuchelrhäle  ire  fürschiäge  und  angeben  schmücken 
können.  Reineke  prosa  ixx.    2)  heuchlerischer  ralsclilag. 
HEUCHELREDE.  A.- 
Venus, merkend  den  sinn  der  heuchelrede,  mit  listen 
das  hesperische  reich  auf  Lybiens  küste  zu  pQanzen, 
Venus  erniederte  drauf.  Bj^rger  246*. 

HEUCHELREUE,  f.  poeniteniia  ficla,  hypocrilica.  Stieleb  1607, 
HEüCHELSCHEIN,  m.  assimulatio,  hypocrisis.  Stieler  1752: 

{las:)  mich  meinen  bruder  lieben, 

gern  hellen  wo  ich  kann, 

ohn  eigennutz  und  heuchelscbein  !    Klopstock  7, 234 ; 

der  heuchelscbein  von  Unschuld.    Gotter  2,237; 

betrug  ist  überall  und  heuchelscbein. 

Schiller  Piccol.  2,  7  ; 
gieb  dir  den  frommen  heuchelscbein 
der  gnade  vor  der  weit.      Maria  Stuart  2,4. 

HEüCHELSCHÖN,  adj.  in  speciem  pulcher,  seu  polius  simulate 
probus,  purus,  integer.  Stieleb  1754. 

HEUCHELSPIEL,  n.  ludificaiio  assenlalma.  Stieler  20S7. 
HEüCHELSTAB.  f?i.; 

bei  dem  heuchelstab 

gewinnt  man  ehr,  gunst  und  bab. 

Lehmann  in  Hoffmanns  spenden  1,  58. 

HEüCHELSTAND,  m. :  weil  sie  (die  möncite)  unverschempt 
iren  heuchelstand  und  werke  für  das  Tolkomenste  leben  ge- 
rhümet.  Lcther  4,  400*. 

HEUCHELSTEINERX,  adj.:  oft  wird  eine  gastung  ange- 
stellet,  aber  das  absehen  gehet  auf  böse  tück  und  buben- 
stück,  es  setzet  saure  blick  und  stich,  und  musz  manch 
frommes  teutsches  herz  aus  heuchel-steinern  krügiein  trinken, 
und  katzentrünk  bescheid  thun.  Otho  652.  gemeint  sind  wol 
die  steinernen  trüge,  deren  Inhalt  heuchelt,  d.  h.  anders  scheint 
als  er  es  ist.    vgl.  katzentrünk. 

HEüCHELSTÜCK,  n. ;  schmeichel-  und  beucbeistück,  Aypo- 
Msis,  fallacia,  simulatio.  Stieler  2222. 

HEUCHELTHÄT.  f. :  (indem)  der  beschränkte  geist  edlern 
wesen  die  beweggründe  leiht,  die  er  in  den  heuchelthaten 
seiner  Zeitgenossen  findet.  Dya  Na  Sore  3,  76. 

HEUCHELTHRÄ.NE. /■.  falsche,  rerstellle  Ihräne.  Gotter  2,331. 

HECCHELTHÜM,  n.; 

man  trägt  alhie  für  bailigtum 

ein  schlafend  fuchs,  deit  {bedeiUel)  heucbeltum. 

FiscuART  dichtungen  3,59,78  Äiirz. 

HEUCHELUNG,  f.  simulatio.  STEI.^BACH  1,  749. 
HEUCHELVOLK,  n. ;  ich  wil  in  senden  wider  ein  heuchei- 
voik,   und   im   befelh    geben    wider   das  ¥olk  meines  zorns. 
Jes.  10,  6. 

HEUCHELWAHN,  m.; 

0  wie  verblendet  sind  die  sterblichen, 

wenn  sie  ein  falscher  heuchelwahn  betäubt.     Göibe  7,  156. 

HEUCHELWEG,  m.:    wandele  ja    nicht   den   heuchelweg, 
sondern  bringe  anders  nichts    als    warhaftige    worte   herfür. 
pers.  baumgarten  1,  1. 
HEUCHELWEINE.N,  n.  ; 

schatten,  bildnisz,  schein  und  meinen, 
Judaskuss  und  heucheinreinen 
ist  der  glaube  dieser  weit. 

kirchenlied :  treuer  taler,  deine  liebe. 
HEUCHELWERK,  fi.;  rechte  gute  werke  wider  die  heachel- 
werke.  Luther  4,400*  am  rande;  also,  dasz  sich  sämmtliche 
teufeiei  auf  erden :  boffart,  betrug,  neid,  geiz  und  beuchel- 
werk  bei  den  kaufleulen  einträchtig  zusammengefunden.  Riehl 
cullurgesch.  nov.  413; 

sie  die  ieut  damit  betriegen, 
da  sie,  im  armen  seelen  zu  stewr, 
ir  heucbelwerk  abkaufen  ihewr. 

B.  Waldis  das  pdb$ll.  reich  2,  7. 
IV.  II. 


HEUCHELWORT,  n.: 

denken  sie  nicht  etwa, 
dasz  ich  durch  lügenkünsie,  gleiszoeriscbe 
gefälligkeit  in  seine  gunst  mich  stahl, 
durch  heuchelworte  sein  vertrauen  nähre. 

Schiller  Piccol.  1,  3. 

HEUCHEN,  terb.  leise,  tonlos  reden,  nebenform  lu  bauchen 
(«p.  570):  musz  er  aber  reden,  so  bat  er  das  ansehen,  als 
wann  der  schlag  seine  zungen  getroffen  hätte:  er  stammlet, 
er  lammlet,  er  keuchet,  er  beuchet,  so  schlipferig,  so  hei- 
ser ...  Abele  gericlUshdndel  l.  302. 

HEUCHLER,  m.  l)  seltener  in  der  bedeutung  ron  heucheln  1, 
sclimricliler,  fuclisscitwänzcr :  aber  ob  ich  papislisch,  und  der 
fürsten  beuchler  sei,  sollen  mir  bapst  und  fürsten  selbs  red- 
licher zeugen  sein.  Lctber3,  40*;  die  beuchler  und  Schmeich- 
ler seien  ärger  als  die  raben,  diese  stechen  den  todten  die 
äugen  ausz,  die  beuchler  und  fucbsscbwänzer  aber  verblen- 
den die  lebendigen,  das  sie  die  warheit  nit  sehen  können. 
Zi.NKGBEF  apoplith.  1,  57 ;  H.  Sachs  übersetzt  vül  beuchler  das 
parasUus  des  Terenz.  5,215.     vgl.  fürsten  beuchler,  th.  4, 1,  StiS. 

2)  gewöhnlich  nach  beuchein  2  Simulator,  hypocrita:  so  lassen 
sie  ire  bosheit  auch  nicht  Jenger,  denn  die  weil  sie  sich  für 
den  leulen  schewen  und  fürchten  müssen,  ich  aber  hab 
darnach  mit  meiner  lere  gearbeitet,  das  dieser  beuchler  und 
brandverzcichenter  gewissen  weniger  würden.  Lcther  1, 411*; 
wenn  du  betest,  soltu  nicht  sein  nie  die  beuchler,  die  da 
gerne  stehen  und  beten  in  den  schulen,  und  an  den  ecken 
und  auf  den  gassen,  auf  das  sie  von  den  leuten  gesehen 
werden.  Matlh.  6,5;  wenn  ir  faslet,  soll  ihr  nicht  sawr  sehen, 
wie  die  beuchler,  denn  sie  verstellen  ire  angesicht,  auf  das 
sie  für  den  leulen  scheinen  mit  irem  fasten.  16 ;  ihr  phari- 
säer  seid  beuchler  und  meuchler.  Otho  665;  Lucas  Cro- 
nacher,  ein  mahler  von  Wittenberg,  pflegte  die  beuchler  und 
bypocriten,  beilige  schälk  zu  nennen.  Zi.negref  apophth.  1,315; 
heilige  beuchler  sind  die  ärgsten  schälke,  personala  sancti- 
monia  duplex  nequitia.  Steisbach  1,  749 ;  aber  wenn  er  nun 
kommt  mit  der  larve  des  heuchlers,  euer  mitleid  erweint, 
eure  Vergebung  sich  erschmeichelt,  und  morgen  hingeht  und 
eurer  Schwachheit  spottet  im  arm  seiner  huren?  Schiller 
räuber  1,1;  das  erschrak  vor  keiner  niederträchtigkeit,  nni 
sich  einzuschmeicheln,  einzunisten  .  .  bald  spielte  er  den 
heucliler,  bald  den  spaszmacher,  wies  die  zeit  heischte. 
parasit  1,2;  wir  kennen  sie  nun,  beuchler  an  talent  und 
lugend !  5,  8  ; 

die  beuchler  stellen  sich  wie  schaf, 
und  lauren  wie  ain  fuchs  im  schlaf. 

FiscBART  dichtungen  3,  59,  79  Kurz ; 
die  heiligkeit,  die  nur  die  beuchler  schminket. 

Rost  schdferged.  90. 

beuchler  «rie  duckraänser  (vgl.  theil  2,1495.  1496):  noch  habe 
ich  es  nicht  gesehn,  da  ich  doch  das  tägliche  brodt  bei 
ihnen  itm  hause)  bin  und  aufpasse  wie  ein  beuchler.  Hermes 
Soph.  reise  3.226. 

HEUCHLERBANK,  f.: 

redlich  wil  ich  lieber  schwitzen 
als  die  heuchler-bank  besitzen  (darauf  sitzen). 
LoGAD  1,  149,  47. 
HECCHLERDIE.NST,  m.: 

allein,  wo  soll  man  seelen  finden, 

die  nicht  auf  eigennutz  und  heuchlerdienste  gründen? 

wo  ist  nicht  treu  und  glaube  schwach?    Hageoor:«  2,  61. 

HEUCHLEREI,  f.  verhallen,  benehmen  als  heuchler;  im  16.  jh. 
neben  heuchelei  gebraudtt:  die  von  dem  glauben  tretten,  und 
anhangen  den  leren  der  teufel ,  in  heuchlerei  und  falschen 
ertichten  worten.  Lcther  1,272*;  mit  heuchlerei  und  gutem 
schein  werden  sie  lügen  leren.  4iü';  darumb  die  busze,  die 
mit  den  friedlichen  gedanken  sich  übet ,  ist  heuchlerei.  es 
musz  ein  groszer  ernst  und  liefe  webthuung  da  sein,  sol  der 
alte  mensch  ausgezogen  werden.  412*  {dazwischen  verfürische 
heuchelei  4ll');  vil  feiner  köpf  solchs  zu  beschreiben  sich 
beflissen  haben,  so  lang  bisz  dasz  die  heuchlerei  überhant 
genommen.  Mictll.  Tac.  1*  (donec  gliscenle  adulatione  delerre- 
rentur) ;  heuchlerei  gehet  wol  bisz  zum  feür,  aber  nit  darein. 
Frask  parad.  (1558)  282*;  deszgleichen  gaben  im  die  grösten 
böszwicht,  so  aller  aufrur  zu  Rom  ein  ursach  waren,  die 
besten  wort  und  überwunden  die  unschuldigen  mit  heuchlerei 
und  liebkosen.  Germ,  chron.  (1530)  98*; 

bereden  in  durch  heuchlerei.    H.  Sachs  3,1,97'; 
mit  ewer  geschmirten  heucblertl.    224*; 
81 


1 283  HEUCIILERFEIND  —  UEUEU 

wan  wir  uns  (sprechen  dipso  thoren) 
nicht  freihen  von  iler  heiichlerei. 

WKCKllERLiii  3  (;js.  2,  3) ; 
dasz  boszheit,  süml  und  hcuchlcrci 
für  dir,  herr,  nicht  bestehen.     10  (ps.  10,20). 

HEUCIILERFEIND,  vi.  alienus  ab  hypocrilarum  fraudibus. 
Stieler  461. 

HEUCHLERIN,  f.  simulatrix,  adulatrix.  Stei«»bacii  t,  710. 
HEUCHLERISCH,  adj.  und  adv,  nach  der  wevte  eines  heiichlns 
{nil.  oben  lieuchelisch  sp.  127S):  {die  maf schau  fei,  womit  qoll) 
die  hettchlerischen  spreüwen  der  lügen  von  der  kernhnften 
Wahrheit  wirft.  Frank  fararf.  (1558)  s.  292";  item  da  man  eines 
orwehnet,  der  sich  sehr  heuchlerisch  und  glimpflich  stellet, 
gedachte  er  {Luther)  desz  schönen  sprüchworts,  hüte  dich  . . 
film  Schleichern,  die  rauschet  thun  dir  lang  nichts.  Schup- 
pios  830;  einem  heuchlerisch  begegnen,  pcrxonam  alicujux  rci 
sibi  sumere.  Stieler  794;  itzt  thut  sie  es  nicht  {sich  schvünken), 
um  den  heuchlerischen  rühm  einer  frommen  und  einfältigen 
christinn  zu  erlangen.  Rabemer  sat.  4,  110;  menschen  — 
menschen !  falsche ,  heuchlerische  krokodilhrut  I  Schiller 
räuber  1,  2; 

(des  Patrioten  mnse)  drängt 
sich  nicht  mit  heuchlerischem  Weihrauch 

schamlos  zum  throne  der  erdengötter.    Ramibr  t,  103; 

mein  könig  ... 
haszt  heuchleri.'ichen  eifer.    2,  30. 

HEÜCHLERSBRUST,  f.: 

du  schilderst  deines  valers  herz,  wie  dus 
beschreibst,  so  ists  in  seinem  eingeweide, 
in  dieser  schwarzen  heuchiersbrust  gestaltet. 

ScHiLLBR   Wallcnnl.  lod  3,  is. 
HEÜCHLERSEKTE,  f.  : 

das  macht,  dasz  die  new  heuchlersect, 
das  Jesuitisch  bapstgeheck 
anfangt  und  päbstlich  hölligkeit 
nennet  die  höchste  oberkeit. 

FlscilART  dichtungi'H  3,  380,  «7  Kurz. 

HEUCHLERZUNFT,  f.: 

flieh,  auf  ewig,  die  gesiebter 

aller  finstern  splitterricbter 

und  die  ganze  heuchlerzunfi!    Hagedorn  3,43. 

HEUCHLICHT,  HEUCHELICHT,  adj.  und  adv.  simulatus, 
fucatua,  fictm,  fallens,  fraudnlentus,  versutui:.  Stieler   794. 

HEUDECKER,  vi.  name  des  sieben fini/erkrautes,  tnrvienlilla 
erccta:  tormentill,  so  man  auch  hcudecker  nennet.  Homrerg 
3, 1,  1.S2';  Nehsicii  hat  als  eine  benennung  dieses  krautes  heider- 
kern.  beides  ist  verstümmell ;  ob  aus  sTnäfvXXor,  der  grie- 
chischen bezeichnung  der  pflanze? 

IIEUDIELE,  f.  platz  uo  das  heu  lagert,  heuschuppen:  höuw- 
gaden.  höuwtyle  oder  hTiuwheüszle,  foenile.  Maaler  228*. 

HEUEL,  tri.  securis,  fistuca,  pilum  ruiduni.  Stielkr  78S. 
besser  häiiel,  zu  hauen  gehörig. 

HEUEN,  rerb.  heu  machen,  mhd.  hOuwen ;  mit  acc.  des  objects: 
so  sol  der  weibel  oder  sin  hotte  da  sin ,  unze  das  höwe 
gehiiwet  werde,  weisth.  4,208;  wenn  man  die  matten  howet, 
so  sol  man  machen  einen  schochen.  480  {d.  h.  wenn  man  das 
gemähte  gras  wendet  und  zusammen  rafft,  verschieden  vun  dem 
kurz  vorher  stehenden  wenne  man  die  matten  meyet,  dos  gras 
abmäht) ; 

seine  wUen  wessern  und  hewen.    11.  Sacb«  3,1,83». 
häufig  absolut:  sie  hackte,  heute,  dröschte.  Th.  Platbr  76; 

das  höw  int  gtit, 
Und  um  das  suber  Türen  ein! 
es  mag  alteit  gfn  höwen  lein.    Urland  volktl.  C05; 
tröschen,  megen,  höwen. 

N.  Mahoiii  fasln,  sp.  360  Grineiten  ; 
solt  helfn  heuen  und  mehen 
und  graten  auT  der  heid. 

J.  AiRRR  fattn.ip.  no-  (3081,  26  Keller); 
ich  träumender  Rchaute  des  abends 
goldenen  rand,  der  zum  heun  anmutige»  weiter  verkOndigl. 

Voi»  2,  295. 

auch,  ähnlich  wie  grasen,  heu  als  fulter  suchen:  wdllen  «ich 
nun  die  herren  {adelichen  qrundbesUzer)  ires  gewissen«  erin- 
neren, %n  ist  es  nicht  vonnfJlen,  das  sie  also  haufenwels 
oder  herdsweise  irc  wilde  kühe  hewen  {sc.  lieszen),  sonder 
were  gnng,  das  sie  sich  zu  irem  hisl  weniger  «ildprets  g««- 
nOgen  lieszen.  Sebiz  ?>«2,  unter  den  wilden  kfthen  sind  die  hirsche 
verstanden  Ihirtzen  sint  den  herren  wilde  kühe.  das.),  die  de» 
landmannt  wiesen  nicht  durch  äsen  verwüsten  sollen. 

HECER.  tn.  der  heumachrr,  mhd.  hrmwer,  houwer,  vgl.  Lkxkb 
mkä.  vir   <<■•■-      >■;- ' -     '.■,,wr/i  *^Tini      -  • 


IIEUEU 


1284 


heuer  drunten  im  doif  hatten  ihre  Strohhüte  längst  wieder 
aufgesetzt.  Felüer  sondert.  2,8; 

wer  fröud  wil  han      der  selbig  man 

mit  uns  das  höw  vordempleii  frei! 

nun  rat  wer  doch  der  höwer  sei?    Uhland  to/As/.  <iOti. 

anders  heuer,  die  nebenform  zu  hauer,  besonders  bergmännisch 
(mit  dryen  heuwern.  Veith  bcrgwürterb.  267),  vgl.  sp.  581. 

HEUER,  VI.  der  mietsmann,  pdchler.  Frisch  1,  449'.  aus  der 
oslfriesldnd.  leichordnung.     s.  das  folg. 

HEUER,  /".  viicte,  jiachl  und  das  dafür  entrichtete,  ein  nur 
dem  niederdeutschen  Sprachgebiete  angehüriges  wort,  ags.  hjr  miete, 
hjrian,  fries.  hera  pachten,  engl.  Iure  miete,  niedcrl.  huere' 
hueringhe  conductio,  locatio  Kilian,  viiltelniederd.  und  neuniederd. 
hure  locatio  üief.  335*  {aus  Cötnrr  glosscn),  hüre:  k6p  brikt 
alle  Wege  hür,  quando  locata  domus  venu,  fit  libera  semper. 
TuNNiciüS  no.  389  ; 

weinig  begerdcn  se  to  kope  edder  tor  hür. 

Laurrmbrrg  2.  schirzged.  92. 
auch  in  die  neunord.  sprachen  eingedrungen :  schwed.  hyra  viielc 
und  mielgeld;  dän.  hyre  monatslohn  der  schiffsleute.  die  nordd. 
schrißsleller  seit  dem  17.  jahrh.,  die  das  wort  in  die  hochdeutsche 
Schriftsprache  einführen,  brauchen  seltener  die  form  hauer,  dem 
nd.  höre  entsprechend:  in  einem  geringen  schafstalle  zur  haur 
sase.  .Mestwert /7i/f/i,5pifflW  61 ;  im  haur  und  gebrauch  haben. 
Frisch  1,449'  (at(s  Staphorsts  hamb.  kirchenchron.);  gewöhnlich 
heuer,  nach  dem  n<f.  hiure:  hernach  nahmen  wir  von  daran 
mietpferde,  und  giengen  mit  einem  postillion,  der  die  pferdo 
zur  heüer  hatte,  ..  bisz  Paris,  unw.  doct.  404;  wir  müssen 
also  durchaus  darauf  denken,  die  heuer  unsrer  äcker  und 
wiesen  nicht  sinken  zulassen.  Ma%ER  patr.  phant.  i,  2i'.) ;  der 
krieg  von  1756  bis  1762  hat  gewiesen,  wie  wenig  das  durcli 
die  auslobungen  entkriiftete  liegende  gut  den  üffentlichcn 
lasten  gewachsen  war;  und  während  der  zeit  dieses  alle 
beschwerden  trug,  flüchtete  der  abgefundene  in  Holland,  oder 
sasz  still  zur  heuer,  osn.  gcsch.  1, 113.  Der  norddeutsche  schiffer 
nennt  heuer  den  fahrlohn  den  er  sich  bedingt,  der  matrose  den 
lohn  für  eine  Seereise;  im  Wasserbau  bedeutet  heuer  so  viel,  als 
der  wert  oder  preis  eines  auszendeiches,  einer  anzahl  faschinen 
und  dergleichen  hcrdpfdhle.  Jacobsson  2,  256'.     s.  kampheuer. 

HEUER,  adv.  hoc  anno.  ahd.  hiuro,  hiure,  wie  bekannt  aus 
einer  alten  inslrumcntalverbindung  hiu  järu  in  diesem  jähre  zu- 
sammengeflossen, mhd.  hiure,  erweitert  hiuwer,  mitleldeut.<:ch  hftre 
(Lexer  wb.  1, 1309),  in  den  andern  dialecten  fehlend,  im  nhd. 
jetzt  veraltend  und  in  gewählter  spräche  gemieden.     Es  drückt  aus 

1)  genau  in  diesem,  gegenwärtigem  jähre,  sowol  auf  den  schon 
verflossenen,  als  auf  den  noch  ausstehenden  theil  des  Jahres  be- 
zogen: heuer  im  frühjahre  bekam  erbefehl,  sich  schlechter- 
dings marschfertig  zu  halten.  Rabemer  sat.  l,  191;  dieser  neue 
ehestand  gedeiht  der  alten  frau  so  gut,  dasz  sie  noch  in 
ihrem  fünf  und  siebzigsten  jähre  so  munter  sein  wird,  als 
heuer.  4,374;  ich  weisz  nicht,  ob  Göthe  heuer  nach  Frank- 
furt kommen  wird.  Karl  August  bei  Merck  1,397;  ich  nehme 
mich  seiner  seit  heuer  wieder  mit  verdoppelter  Sorgfalt  nn. 
Rertcch  rfase/fe.Tt  2,  227;  auch  heuer  war  alles  Abel  gerathen. 
RiEHL  culturgesch.  nov.  276; 

heur  ein  fart  (einmal)  de  gieng  ich  vom  wein. 

fasln,  sp.  Mh,  24 ; 
da  man  beur  den  habern  schneid.    587,  31 ; 
wol  beur  zil  disem   meien 

in  grün  wil  ich  mich  kleiden.    Uhla;«d  vnlktl.  12S; 
heur  gen  disem  summor 
ich  armer  eilender  man 
nin  weih  hab  ich  gcnummen.    716; 
allein  das  bringt  mir  groxz  unruh. 
das  Ich  heur  hab  mein  woib  vcrlohrn. 

J.  Atrrr  43.S»  (2187,  7  Kelter); 
ei  nein,  der  strick  ist  viel  lu  theur, 
der  hanf  Ist  nicht  gerahten  heur. 

A.  (.NTPHitis  1698    t,  747; 
die  techite  {Jungfer  sprach):  heuer  münz  ich  freien. 
wo  nicht,  so  word  Ich  zelcr  schreien.    I'icamiikr  3.  ■' 
und  schwatzt  vom  ackerbau,  vom  wiesewach«,  von  ■ 
wie  heuer  recht  nach  wiuDich  dos  nnchbara  körn  gi  i 

Mackdor*)  2,  tut ; 
heuer  nur,  um  gotieswlllen, 
liebe  rautter,  keinen  kohll    GAtri  3,60; 
die  gtntt  lat  heuer  nicht  gerathen. 

KoTzitRvi  dram.  <;••  1,21)0; 
illo  furcht  des  bahnen,  wie  wir  sehen, 
ward  heiler  allgemein: 
man  brht  vor  einem  drnUirn  krfthen, 
gani  wie  der  \Vnllrn«toln  !     KsaitiORATH  dicht.  3.  O'.t. 


1285 


HEUER  — HEUERLING 


HEUERLING  — HEUET 


1286 


pleonaslisch  in  der  Verbindung  heuer  disz  jabr: 

wüchse  das  laub  und  auch  das  gras, 
als  untreu,  linauz,  neid  und  hasz, 
so  hatten  die  schar  und  riuder 
heur  dis  jar  ein  guten  winter. 

Keisebsbkrc  narremch.  194. 
liL'UL-r,  stibslanliviscli: 

sie  schaut  nach  dem  lieben  Treier, 
der  uns  bringt  ein  neues  heuer. 

FtEMi^c  2S9,  32  Lappcnb. 

•1)  Leuer,  in  dieser  bedeutung  in  gegaisalz  geslelU  :u  ferl, 
s.  saldreiche  beispiele  titeil  3,  sp.  154".  1548 : 

so  geheit  ir  mich  gleich  heur  als  ferl. 

fastn.  sp.  42,  25 ; 
er  hat  unser  tochter  hegert 

xu  eiuem  weih  hewer  und  fcrt.    II.  Sachs  2,2,38'; 
ich  bin  ein  jähr  zu  frü  geborn; 
was  ich  heur  darf,  habs  lert  anworn ; 
drumb  nach  ich  jtzt  am  liuugerlucb. 

J.  Ayber  fuiln.  sp.  Iti*  (2419, 8  Kelter) ; 

sind  gute  gesellen,  bleiben  bewer  wie  fern.  Lutuer  tisclir.  22l'; 
manchen  dunkt,  er  wer  witzig  gern, 
und  ist  ein  gansz  doch,  hür  als  veru. 

Bra»t  narrensch.  34'; 

was  ich  sol  heur  verzeren, 

das  hab  ich  Tern  vertan.    Uhland  votksl.  5S1; 

ebenso  zu  übers  jähr: 

so  bleibt  er  dennocii  heuer 
so  gut  als  übers  jabr  au  geiz,  putanderey, 
list,  l'alschbeit,  siolz  und  zank  auf  seiner  alten  luyer. 

GiSNTUER  555. 

3)  heuer,  in  freierem  sinne  auch  in  jetziger  zeit,  heutiges  tuges: 

sagt  mir,  ist  es  Venedig  reis? 

so  ist  es  heur  ein  guote  fasienspeis.    fanln.s]).  30>>,  11 ; 

gute  wort  und  falsche  treu 

ist  heur  nicht  neu.    Scuweimchen  2,281; 

ihrer  viel  sind  zwar  beflissen 

sich  im  Helicou  zu  wissen, 

ob  sie  gleich  nun  ziehu  uud  ziebu, 

kommen  laugsam  sie  doch  bin, 

denn  ihr  bestes  pferd  ist  heuer 

viel  zu  seltsam  und  zu  tbeuer.    Lociu  1,  30,  2 

{übersclirieben  'wein,  der  poelen  jtfcnl'); 

alles  thun  und  alles  tichten 
blosz  auf  eignen  nutzen  richten, 
wer  sich  dessen  wil  beQeiszen, 
kan  politisch  heuer  heiszcn. 

1,210,71  (überschrieben  'heulige  weltliunst'). 

bei  Uhla.ni)  auch  ivi  sinne  bis  auf  lieutigen  tag: 

herr  Naimes  diesen  aussprucb  that: 
schon  vielen  rieth  ich  heuer: 
doch  süszes  wasser  und  guter  rath 
sind  olt  zu  schiffe  tbeuer.    ged.  348. 

HEUERACKER,  m.  pachlacker. 

HEUERFASULIE,  f.  familie  eines  zur  miete  wohnenden.  StL've 
vesen  u.  verf.  249. 

HEL'ERFELD,  n.  pachtfeld. 

HEUERGELD,  n.  mietgeld:  dasz  er  keine  leibeigene  (zur 
miete)  aufnehme,  weil  er,  wenn  sie  stürben,  für  die  beuer- 
gelder  kein  stillschweigendes  Unterpfand  an  Sachen  haben 
würde,  die  zum  sterbefalle  geborten.  MüsER/Jo/r.p/iun/.  3,142. 
bei  den  schilfern  ist  hcuergeld  das  mietgeld  für  ein  scldlf  und  der 
lohn  der  malrosen. 

HEUERGUT,  n.  padägut. 

HEUERHAUS,  n.  viielhaus.   StCve  uesen  n.  verf.  72. 

HEÜERIN,  f.  heumacherin . 

die  heuerin,  der  braune  bin, 

sind  nicht  arkadisch  aufgellirrt.    Voss  5,233. 

HEUERJAHR,  n.  das  jähr,  so  lang  jemand  etwas  gemietet, 
annus  conducloris,  tempus  annuum  conductionis.  Ffiiscu  1,449*. 

HEUERKORN.  n.  kurn  das  statt  des  Pachtgeldes  gegeben  wird. 

HEUERKUTSCHE,  f  mielkutsche,  lohnkutsche,  l'ierot  1,100. 

HEUERLAM).  n.  uirtschaflslaud  in  pacht. 

HEUERLEUTE,  pl.  leule  die  zur  miete  sitzen  {vgl.  beuerniann): 
in  der  mark  werden  die  genossen  von  markköltern,  brink- 
liegern,  heuerleuten  und  dergleichen  zu  gemeinen  lasten  und 
ehren  nicht  kommenden  ieuten  wohl  unterschieden.  Müseb 
usn.  gesell.   1.  255. 

HEUERLING,  »i.  l)  junger  scliosz  am  reblsock:  malleolus, 
selzling,  rebschosz  su  man  selzet,  schnitling,  hewriing.  Gulii 
onomtuf.  1582,  368  ;  hürling,  mallculus  Maaler  232*;  eine  som- 
meriatten,  die  treibt  auch  ihre  trauben  gleich  wie  an  unsern 
stucken  die  uachkömliiig  su  man  heurling  iienuet.  a.  wciszh, 
luslg.  lt>5. 


2)  junger  fitch  von  diesem  jähre;  so  heiszl  der  barsch,  perca 
fluvialilis,  im  ersten  jähre  hürling,  heuerling;  ebenso  der  blau- 
felclicn  und  weiszfelchen ,  eine  laclisart.  Neu.sicu  4,905.  1212; 
heurling,  siiurus  Alb.  dict.;  wenn  der  barsch  jährig  ist,  werde 
er  hürling  oder  heuerling  genennet,  zum  zeichen,  dasz  er 
heuer  oder  in  diesem  jähre  geboren  sei.  Heppe  jagdlust  (1784) 
3, 3ü7 ;  es  sol  euch  niemant  debein  hürling  fuhea  vor  sant 
Arbegastestag  im  Rin  nuch  inne  andern  wassern,  tceüf/i.  4,512 
(ton  1442). 

HEUERLING,  m.  miclsntann ,  geringer,  zur  miete  sitzender 
tagelOhner,  ags.  hürling:  heurling,  der  ein  stück  land  im  haur 
hat,  coldnus  Frisch  1,449';  dasz  iu  jedem  kirchspiel  sieben 
geschworiie  hofgesessene  männer  angesetzel  oder  erwählet 
werden,  von  deren  urtbeile  es  abhangen  soll :  üb  dieser  oder 
jener  heuerling  im  kirchspiele  zu  dulden  sei  oder  nicht? 
.Moser  patr.phant.  2,  7;  wenn  er  {der  Verwalter  eines  meierhofes) 
nun  mit  den  knechten  und  hcueriingen  des  abends  spräche. 
rolkszeilung  vom  31.   mai  1865. 

HEUERMANN,  m.  mietsmann ,  tagelöhner,  der  auf  seiner 
Wohnung  und  dem  dazu  gehörigen  wenigen  ackerland  zur  viiete 
sitzt :  sein  holländischer  heuermann  ist  kaum  zu  hause,  so 
klopfet  der  buuer  schon  an  dessen  lasche.  Müseb  patr.  phatU. 
1,95;  oft  und  sehr  oft  sieht  mancher  einen  beuermann  auf 
unerlaubten  wegen.  2,  7. 

HEUER.N,  verb.  vermieten,  ausmieten,  conducere  huren  1,  pro- 
fijtiich  sijn  Dief.  140*;  locare  huren  335*;  gewöhnlicher  mieten, 
abmieten,  so  schon  bei  Wilwolt  von  Schaumburg,  wo  das  worl  in 
bezug  auf  englische  Verhältnisse  und  in  anlehnung  an  das  eng- 
lische tu  bire  gebraucht  wird:  sie  giengen  also  drei  tag  hinach, 
bis  sie  auf  ein  stras  kamen,  die  nach  Lunders  gieng.  alda 
funden  sie  englisch  zellner  umb  geit  zu  heurn.  Wilwolt  von 
Scluiumb.  96;  ebenso  in  Kiechels  reisen,  der  das  wort,  wie  er 
auch  sonst  mehrfach  holländische  ausdiücke  verwendet,  in  der  hol- 
ländischen form  braucht:  mueslen  wegen  ungewitlers  3  tag 
stilligen,  huerten  ein  camer  im  stättHn.  181,  vergl.  niederl. 
hueren  conducere  Kilia.n  ;  sonst  bei  norddeutschen  schriflsleUeni 
{s.  heuer):  kein  henker  will  mehr  eine  wiese  heuren.  jeder 
bat  nun  selbst  wiesen.  Moser  patr.  phant.  1,213;  er  heuerte 
den  grüszten  spiegel  der  aufzutreiben  war.  McsÄus  volksm,  442. 
In  der  spräche  der  seeleule  heiszt  heuern  einen  matrosen  an- 
werben; bei  den  kaufleuten  ist  heuern  lutlerie-  oder  anlehenloose 
nur  für  die  näcliste  Ziehung  oder  mit  verzicid  auf  den  niedrigsten 
gewinn  spielen.  Kbeplin  der  kaufmann  auf  der  liöhe  seiner  zeit 
(Weimar  1865)  s.  561. 

HEUERN,  verb.  heiraten,  s.  heuren. 

HEUERNTE,  f.  foenisecium ,  messii  foenisecia.  Steinbacu 
1,352;  auf  dreimähtigen  wiesen,  weiche  aber  nicht  allzu- 
haufig  gefunden  werden ,  gehet  die  heuerndte  gleich  nach 
püngslcn  an.  öcon.  lex.  lülO. 

HEUERTRAG,  m.  ertrag  eines  landes,  einer  wiese  an  heu. 

HEUERVERHÄLTNIS,  n.  Verhältnis,  läge  als  mietsviann.  Stüve 
wfscn  u.   verf   73.  250. 

HEU  ER  WERK,  n.  gut,  vorweik  was  viietweise  ausgegeben  u-ird, 
mieluohnungen  mit  etwas  land:  auch  hier  bilden  die  einzelnen 
heuerwerke  kleine  gutsbestäude  für  sich.  Stüve  98 ;  begrün- 
dung  neuer  heuerwerke.  272. 

IIEUERWESEN,  n.  anuesen  eines  heuermanns,  midwirlsdiafl. 
Stüve  98. 

HEUERWIESE,  f.  pachtwiese. 

HEUERWIRTSCHAFT,  f. :  das  bewohnen  besonderer  heuer- 
wirtliscbaflen.  Stüve  134. 

HEUERZÄRTE,  f.  mietabrief,  mietscontrad,  instrumetUum  toca- 
tiunis,  conductionis.   Frisch  1,  449*. 

HEUET,  m.  f.  foenisecium,  ein  nur  aUmannisch-bairisdies 
wort,  schwankenden  gescidechls,  die  heuernte  und  die  zeit  derselben 
bezeichnend,  daher,  wie  schon  das  mhd.  buuwot,  houwet,  hOuwet 
auch  als  monatsname  für  den  juli  fungierend,  vergl.  die  zahl- 
reicheii  nacliweise  bei  Wei.^bold  monatnamen  s.  43.  es  heiszt 
scliwciz.  der  heuet ,  heumonal ,  wie  auch  die  zeit  des  heuens 
Stalder  2,41;  der  heuet  die  heuernte  Tobler  266*;  der  höu- 
went,  das  ist,  die  zeit  zehOuwen  oder  zemäyen ,  foenisecium 
Maaler  22!>' ;  schwdb.  der  heuet  dm  zeit  der  heuernte,  aber  auch 
das  eingeerntete  heu  Scumid  275;  bair.  der  heuet,  beuget,  heu- 
ernte, lieu,  lieuplatz  Schneller  l,  1029  Fromm.;  das  zeug  will 
ich  kaufen  und  nach  dein  heuet  zahlst  du  es.  Pestalozzi 
2,28;  meiner  Schwester  tochter  ..  war  nur  über  den  heuet 
bei  uns.    J.  Ernst  vier  norfllcn  {Frauenfeld  1866)  $.  100 ;    der 

81* 


1287 


HEÜFECHSÜNG  —  HEULARSCH 


HEULEINE  — HEULEN 


1288 


pfarrer  hat  es  ki  der  heuet  erlaubt,  dasz  man  am  sonntag 
das  heu  wenden  darf.  Auerbach  dorfgesch.  . . . 

HEÜFECHSÜNG,  f.  gewinnen,  ernten  des  beuei  (fechsen, 
fecbsenen,  in  die  scheuer  bringen,  fecbsuiig,  ad  des  einbringens, 
eingebrachtes,  ernte  Scan.  1,508):  wahr  jedoch  ist  dasz  der 
generalgouverneur  .  .  .  20000  bauern  mit  ihren  sensen  zur 
heufechsung  in  den  bessarabischen  steppen  aufgeboten  hatte. 
Voss,  seitung  1S64,  «o.  141. 

HEUFEIME.N,  ni.  nieta  foeni.  Frisch  1,256*;  auch  heufeime,  f. 
s.  heuliiiie. 

HEUFIEBER,  n.  ein  typischer  frülisommer-kalarrh. 

HEUFIME,  f.  hcuscliober.  vergl.  Iheil  3,1638:  des  nachts  ist 
unter  blauem  himniei  die  heufline  sein  bette  gewesen.  Moser 
palr.  phanl.  1   (1798)  s.  92. 

HEUFROHNE,  f.  foenisedum,  frohnarbeil  bei  der  heuernle. 
Stieler  570. 

HEUFRÜiNTE,  f.  was  heuberge,  heumagazin  auf  dem  fclJe. 
Jacobsso.n  6.72'. 

HEUFUDER,  n.  fuder  heues :  heüwfuder,  vehes  foeni.  Maa- 
LE«  220*. 

HEUFURKE,  f.  heugabei ,  in  den  niederdeutschen  gegenden. 
Jacobsson  2,  256*. 

HEÜFüTTER,  n.  heu  als  viehfutter. 

HEUGABEL,  f  merga,  furca  foenaria.  Maaler  228*;  heu- 
gabei, trifurcus,  est  furca  ad  fenum  apta.  voc.  ine.  theul.  kl'; 
die  rüst-  oder  harnischkammer  (meines  pßegvaters,  eines  bauers) 
war  mit  pflügen,  kärslen,  äxten,  hauen,  schauflen,  raist-  und 
heugabeln  genungsam  und  auf  das  beste  und  zierlichste  ver- 
sehen, mit  weichen  «äffen  er  sich  täglich  übete.  Simpl.  1, 11 
Kurz. 

HEÜGADEN.  n.  foeiiile.  Maaler  228*. 

HEUGEBIRGE,  n. ;  fuhr  auf  dem  architektonisch  gewölbten 
beugebirge  des  wagens  heim  {einem  fuder  heu).  J.  Paul  uns. 
löge  3. 125. 

HEÜGESANG,  n.; 

bald  jauchzen  tönt  zum  heugesang, 

und  bald  gewezter  sensen  klang!    Voss  5,  234. 

HEüGEWINN,  ni.  geu-inn,  eitierntung  des  heues.  Adelusc. 

HEUGÜT,  n.,  scJiweizerisch,  ein  gut  dessen  einkaufte  haupt- 
sächlich im  ertrag  vom  heu  bestehen :  sonderweide,  (ist)  ein 
mittelding  zwischen  einem  heugut  und  einer  alp.  Stalder 
2,  378. 

HEUHÄNDLER,  m.  handlet  mit  heu.  vgl.  unter  baberhändler 
sp.  83. 

HEüHAUFE,  m.  meta  fbeni:  es  erstickt  kein  maus  under 
einem  hewhaufen.  Frank  spr.  2,149'. 

HEUHAUS.  n.  focnile.    heuhusz  voc.  ine.  theut.  k  l'. 

HEUHÄUSLEliN,  n.  .•  Iiünwgaden  ,  höuwtyle  oder  böuw- 
heüszle,  foenile.  Maaler  228*. 

HEUHECHEL,  f.  ononis  arvensis ,  slachelkraul ,  stachelheu. 
HoHBEßc  1,  534';  ononis,  bewhechel  oder  stallkraut.  Serranüs 
diä.  q7'.  es  ist  nebenform  zu  hauhechel  sp.  596,  «»Ki  in  der 
bedeutung  mit  stachelheu  ganz  übereinkommend,  vgl.  über  hechel 
sp.  735.  736. 

HEUHENiNE,  f.  kenne  die  als  zins  um  die  Heuernte  gegeben 
v>ird.  Frisch  l,  448*. 

HEUHCI'FER,  m,  gryllut.  Nemnich  3,  80. 

HEUISCH,  adj.  l)  wie  heu,  nach  art  des  heues:  ir  werk 
Tolgen  inen  nach,  wenn  das  fewer  urteilet  ire  werk  und 
verbrendt  den  alle  werk  die  holzig,  bewisch  oder  slupelich 
sein.  Carlstadt  sermon  vom  stand  der  christglaub,  seclen  B2*. 

2)  vergl.  unten  beuniscb. 

HEUJAHR,  n.  jähr  in  dem  das  heu  gedeiht:  in  so  einem 
schlechten  beujabr.  Felder  sondert.  |,19. 

HEUKALB,  n.  heufressendes,  abgesetztes  kalb,  im  gegensalz 
zum  milcbkalbc,  jthrlinij.  Fromm.  5,  485  aus   Vorarlberg. 

HEUKATZ,  f  sdimaus  nach  der  hmernte,  schwäbisch.  E.  Meier 
sagen  439.     vergl.  über  das  wurt  unter  karz  theil  5,  24«. 

HEULADER,  m.:  ohne  Verlegenheit  steckte  er  die  gahel  . . 
in  den  ganzen  braten,  und  wie  ein  guter  heulader  schwenkte 
er  die  galiel.  Arnim  kronenw.  l,  371. 

HEULAFFE,  m.  briilla/fe,  etne  affenart:  im  vergleich  mit 
dem  gelirull  der  hculaffen.  Brehm  illuslr.  Ihierl.  1, 104. 

HEULAND,  n.  land  von  dem  heu  gewonnen  wird.  vgl.  beu- 
wiexe. 

HEULARSCn,  m.:  ein  heularsch,  projirie  plorabundus,  qiii 
faale  jinrai,  mfiaphorice  aulem  de  limido  et  meticutoio  homine 
dieUur.  Sri  tat«  57. 


HEULEINE,  /".  leine  oder  starkes  seil,  womit  der  heubaum, 
und  mü  diesem  das  heu  oder  stroh,  auf  dem  wagen  befestigt  wird. 
Jacobsson  2,  256'. 

HEULEITER,  f  leiler  zum  aufsteigen  auf  den  heuboden.  in 
dem  folgenden  bilde  aber  ist  wol  unter  heuleiter  die  raufe  von 
leileraitiger  gestalt  gemeint,  hinler  der  dem  vieh  das  heu  auf- 
gesteckt wird:  denn  was  laulicht  und  lessig  zuhöret,  lesset 
es  nur  in  die  obren  schallen,  oder  vernimmts  mit  bewleitern, 
und  aufm  heimweg  verzett  und  vergiszt  es  alles,  was  es  in 
der  kircben  gehört  hat.  Mathesius  pos/ii/a  1,33';  denn  wenn 
die  predigt  einem  zu  einem  ohr  ein  und  zum  andern  wider 
auszgehet  oder  gehet  nicht  im  grund  des  herzens  an,  so 
vernimpt  man  mit  bewleitern  und  kan  keiner  gewisz  sein, 
wie  und  wen  er  anbeten  sol.  Sar.  4o'. 

HEULEN,  ferb.  ululare.  mhd.  hiuweln,  biulen,  hftlen  (Lexer 
wb.  1, 1309),  ahd.  biwiion  freudig  schreien,  jubeln  (Graff  4, 1069 
aus  Otfrid);  ein  lonmalendes  wort,  wie  das  lat.  ululare,  griech. 
oXoXvt,£iv,  das  auch  insofern  zu  dem  ahd.  tritt,  als  es  mit  den 
zu  ihm  gehörigen  oXoXvyrj  und  o/.6Xvyfin  das  freudige  neben 
dem  klagenden  geschrci  bezeichnet,  theü  3  sp.  1193  ist  etymo- 
logischer Zusammenhang  zwischen  eule  und  heulen  vermutet. 

heulen  wird  gesagt 

1)  von  den  langgezogenen,  meist  klagenden  tönen  gewisser  thiere: 
gannire  hylen  als  ein  fuchs ,  nd.  huyien  als  ein  voss  grint 
DiEF.  257'  {vgl.  auch  heunen);  heulen  als  die  leuwen,  rugire, 
ctiam  est  proprium  asinorum  . . .  heulen  und  winslen  als  die 
hund  und  wolf,  ullulare.  voc.  ine.  theut.  k  l' ;  beulen  wird  von 
dem  wolf  gesagt,  wenn  er  laut  wird  und  sich  hören  lässei, 
welches  mehrenlheils  im  winler  und  zwar  des  nachts  ge- 
schiebet, heulen  sagt  man  auch  von  den  wilden  tauben, 
wenn  sie  sich  rufen.  Jacobsson  2,257";  die  grausamen  wilden 
thier  beuleten,  weish.  Sal.  17, 19 ;  horch !  grausig  heulet  der 
kauz.  Schiller  räuber  4,5;  der  löwe  brüllet!  der  wolf  heulet. 
Lessing  1, 152; 

zä  Magdenburg  auT  der  brücken 

da  ligen  drei  hCindelein, 

si  heulen  alle  morgen, 

kain  Spanier  laszea  si  ein.    Uuland  volksl.  552; 

es  heulen  eulen  durch  die  luft. 

Kretschmann  lihingulph  58; 
und  das  leichhuhn  schlug  an  das  kammerfenster  und  heulte. 

Holtt  43  llatm  ; 
wie  sich  die  schate  bang  zusammendrängen 
wenn  sich  des  woifcs  heulen  hören  laszt. 

ScuiLLER  juugjrau,  prolog,  3.  aufir. ; 
soll  ich  mit  dir  das  zimmer  theilen, 
pudel,  so  iasz  das  heulen, 
so  Iasz  das  bellen!    Görus  12,66. 

a«c/j  von  tönen  der  freude : 

kaum  sprengt  er  den  rücken  des  hügels  hinan, 
so  springen  ihn  seine  zwei  doggen  schon  an. 
mit  freudigem  heulen  und  wimmern.    Börcsr  81*. 

SprichwOrllich :  wer  untern  Wolfen  ist,  musz  mit  ihnen  heulen. 
Pistoriüs  thes.  par.  8,  26 ;  wenn  du  ihnen  {den  Wolfen)  nicht 
entweichen  kannst,  so  sollst  du  sagen :  ich  bin  ein  mensch 
und  kein  wolf.  ich  kann  nicht  so  schön  heuleiv,  wie  ihr. 
Hebel  2  (1853)  179; 

ich  wollt  sonst  schnell  von  hinnen  eilen, 

und  in  dem  wald  mit  den  Wolfen  heulen.    Götbr  13,  90. 

2)  in  bezug  auf  menschen,  dasz  hier  heulen  von  dem  Ihie- 
rischen  laute  auf  den  menschlichen  in  starker  au.^drucksweise  nur 
übertragen  sei,  ist  man  sich  bewusl,  und  zeigt  diesz  durch  ver- 
gleiche: des  abends  las  sie  widerutnb  auch  heulen  wie  hunde. 
ps.  59,  7. 15; 

secht,  lieben  freund,  dem  gölten  zu! 
er  lui  und  heult  sam  ein  ku. 

nu  grein  du,  aller  teufel  namen !    fattn.sp.  538,  10; 
wer  seid  ihr  denn,  datx  ihr  des  hnuses  schafTnerin 
entgegen  heulet,  wie  dem  mond  der  hunde  schaar? 
GöTHi  41,  190. 
t:t  sUht 

a)  von  dem  lauten  weinen  in  langgezogenen  tönen ;  oß  in  den 
Verbindungen  heulen  und  weinen,  heulen  und  schreien :  bedien 
und  klagen,  vast  weinen,  leid  haben  und  leid  tragen,  be- 
kümmeret sein,  weeklagcn,  lugrre,  ctularc,  clamare,  wciferan, 
ijHintari,  plangere,  lamentari.  Maai.er  220*;  ich  heule  für  un- 
ruge  meines  herzen,  p».  38,  tt;  crh6rc  mich,  wie  ich  «o  kleg- 
lirh  zage  und  heule.  55,3;  heule  Ibor,  schreie  sind,  ganz 
Philisterland  ist  feige.  Jes.  14,  31 ;  das  sie  weinen  und  beulen 
über  Nebo  (uid  Medba  in  Moab.  15,2;  zihel  secke  an,  klagt 
und  heulel.  Jrr.  4,  8 ;  heulet  nu  ir  birten  und  schreiet.  35,34; 


1289 


HEULEN 


HEULER  — HEUNE 


1290 


heule,  wie  eine  jungfraw,  die  einen  sack  anleget  umb  iren 
breuligam.  Joel  t,  8;  aber  die  kinder  des  reiclis  werden  aus- 
gestoszen  in  das  finslernis  hinaus,  da  wird  sein  heulen  und 
zeenkiuppen.  Matlh.  8.12;  und  sabe  das  getiiramel,  und  die 
da  seer  weinelen  und  beuleten.  Marc.  5,  .38;  web  euch,  die 
ir  hie  lachet,  denn  ir  werdet  weinen  und  heulen.  Luc.  6, 25; 
woian.  nu  ir  reichen,  weinet  und  heulet  über  ewer  elend, 
das  über  euch  ktrraen  wird.  Jae.  5.1;  nun  kumpt  mir  ein 
sellzamer  schreyber  zubanden,  der  sich  Johan  Fritzbans  nen- 
net, und  wolt  gerne  hewlen,  wan  ybm  einer  sein  haut  balget. 
Cablstadt  wider  bruder  Johan  aij*;  sie  schrauen  und  beulten. 
Aimon  bog.  F ;  heulet  ein  wäyse,  wer  hat  woll  je  freude  drob, 
pers.  baumgart.  2,1;  endlich  kam  sie  darauf,  dasz  sie  mit 
lauten  heulen  sagte,  es  schmerzte  sie  dieses  am  meisten. 
polü.  siockf.  353;  als  die  sonne  kam,  heulte  er  laut,  und 
schwur,  dieser  tag  bräche  edle  raSnner.  Kunger  1,  352 ;  heult 
mit  mir!  2,132;  nur  ein  heulender  sonder  konnte  den  tod 
ein  gerippe  schelten.  Schiller  kab.  u.  liebe  5, 1 ;  er  hOrte  eine 
jugendliche  stimme,  die,  zornig  und  drohend,  durch  ein  un- 
mäsziges  weinen  und  heulen  durchbrach.  Göthe  18.223;  er 
freute  sich  einige  zeit  herzlich,  bis  ihm  der  schimpf,  den 
ihm  der  stärkere  angetban,  wieder  einfiel,  da  er  denn  von 
neuem  zu  heulen  und  zu  drohen  anßng.  224; 

mir  tut  eur  heulen  im  köpf  so  we.    fasln.  *p.  539,11; 
sähe  man  ein  jemmerliches  spiel, 
Weinens  und  heulens  war  kein  ziel.    mUdtenkr.  1,290; 
ihr  geist  soll,  wie  die  sagen  gehn, 
in  dieser  Itirche  weilen, 
und  bis  im  dorr  die  bahnen  krähn. 
bald  wimmern  und  bald  heulen.    Höltt  34  Halm; 
fiel  ich  sie  an  und  schlug  und  traf,  mit  blindem  beginnen, 
ohne  zu  sehen  wohin,    sie  heulten  mit  blutigen  nasen. 

GöTHB  40,  272 ; 
überall  sieht  er  den  tod,  und  genieszt  die  letzten  minuten 
grausam,  freut  sich  des  bluts,  und  freut  sich  des  heulenden 

Jammers.    292; 
du  sollst 
mir  beulen,  alter  (aus  schmerz  über  empfangene  schlage). 
Schiller  Iphig.  2,  1. 

von  personifiealwnen :  eine  mücke  sprach  zur  kerze:  ich  bin 
in  dich  verliebt,  drumb  isls  billig,  dasz  ich  durch  dich 
sterbe,  aber  warumb  heulest  und  knirrestu  so?  ftrs.  baum- 
garten 3,  24 ; 

ein  betrübter  esel  beulte, 

weil  des  Schicksals  karge  band 

ihm  nicht  hörner  zugewandt.    Hacedoki«  2,  31. 

in  der  derben  spräche  des  volks  icird  auch  sdion  das  stille  weinen 
heulen  genannt. 

b)  auch  auszerhalb  des  ueinens  und  Jammers  von  den  heulenden 
tönen  eines  gesanges,  der  wul:  das  ist  nicht  gesungen,  das  ist 
geheult ;  er  schrie,  oder  vielmehr  er  heulte  vor  wut. 

e)  in  beiden  bedeutungen  nicht  unhäufig  auch  transitiv,  mit 
dem  objecl  des  heulend  ausgestoszenen  oder  empfundenen:  räche 
heulen.  Kli5ger  theater  4.  I3t ;  ich  will  zu  dem  grab  meines 
lieben  wandern ,  und  mehr  grimm  und  heiszen  durst  nach 
ihrem  {seiner  tnörder)  blut  bei  seiner  asche  in  meine  adem 
heulen.  2, 182; 

nun  tanzten  wohl  bei  mondenglanz, 

rund  um  hertim  im  kreise, 

die  geister  einen  kettentanz; 

und  heulten  diese  weise.    Bcbcsr  15'; 

erhebt  er  fürchterlich  des  zornes  doniierstimme, 

und  beult  in  diese  worte  seinen  schmerz. 

Schiller  Zerstörung  von  Troja  v.  93 ; 
geh  —  und  beul  es  bis  zu  jenen  pforten.    räuber  4,  5. 

Mit  anfügung  direeter  rede:  so  laszt  uns  in  das  wasser  springen, 
oder  uns  . .  hier  tödten  I  heulten  die  verzweifelnden.  Klincer 
10,  S2; 

Jesu  Maria  hilf!  mein  Treund,  ich  bin  Terloren! 
so  beult  es  ihm  auf  einmal  in  die  obren. 

Alzincer  Doolin  4,  77. 
3)  m  bezug  auf  dinge:  er  fand  in  der  wüsten,  in  der  dürren 
einüde,  da  es  heulet.  5A/oi.  32. 10;  heulet  ir  schiffe  auf  dem 
meer.  Jes.  23, 1 ;  heulet  ir  tannen,  denn  die  cedern  sind  ge- 
fallen .  .  .  beulet  ir  eichen  Basan,  denn  der  feste  waid  ist 
umbgehawen.  Saeharja  11,2; 

mache  dich  auf,  beulender  stürm!    Götter  2,510; 

laut  heulten  stürm  und  wog  um*  haus.    BBrcrr  36'; 

wie  durch  todter  wüsten  schauern.ichigeflüster, 

wo  verlornes  heulen  schweift.    Schiller  Laura  am  klavier; 

wtnn  im  stürme  sich  die  winde  heulend  scblareo. 

Zerstörung  von  T^oja  v.  73 ; 


und  des  glockenthurmes  dumpfes  heulen 

schlage  scbrecklichmabnend  an  dein  ohr.    kindesmörderin ; 

schnell 
harscht  der  bach,  und  im  see  heulet  gediegener  ftost. 

Voss  3,  7. 
heulen  sagt  der  Orgelbauer  von  einer  pfeife,    die  auch  ungerührt 
eine  stimme  von  sich  gibt.  Jacobsso5  6,  73*. 

HEULER,  m.  ploralor,  ejulans,  quiritans.  Stiei.er  62:  war 
aber  dabei  ein  gräulicher  heuler,  und  schrie  und  winselte 
gleich  erbärmlich,  wenn  ihm  eines  von  seinen  geschwistern 
...  einen  kleinen  schlag  gab.  Wielasd  15,157; 

er  ist  ein  wolf,  ein  nimmersatter  heuler.    Röckbrt  125. 
Im  jähre  1848  bezeichnete  man  durch  heuler  die  ungehörigen  der 
reactionären  partei:    das    häuflein    der   constitutionellen  und 
heuler  im  republikanischen  Altenburg.  Leipziger  topf  u.  sehmert 
no.  10  vom  U.juli  1848. 

HEüLEREI.  f.  fortgesetztes,  anhaltendes  heulen. 
HELLERGESCHREI,  n.  für  das  sp.  826  besprochene  heiler- 
geächrei,  mit  umdeulung  auf  das  klagende  des  rufes:  welcher 
heuler  oder  mordgeschrei  macht,  tteisl.'i.  1,  489;  heulgeschrei, 
heulaugeschrei,  heulergeschrei,  ejulalio,  quirilatio,  clamor  factae 
violenliae.  Haltaus  904. 

HEüLERH.\FTIG,  adj.  undadv.  querulas  vocesreferens:  etwas 
heulerhaftig  oder  heuerlich  vorbringen,  cum  lacrymis  et  singul- 
tibus  narrare,  lamentis  sermones  miscere.  Stieler  62. 
HEULERIN,  f.  foemina  querula.   Stieler  62. 
HEULERISCH,  adj.  und  adv.  ululabilis,  pbrabundus ,   qui- 
ritans. Stieler  62. 

HEULERLICH,  adj.  und  adv.  auf  heulerische  ort.  s.  unter 
heulerhaftig. 

HEULHURE,  f.:   knie  vor  gott,  alte  heulhure,  und  nicht 
vor  —  Schelmen.  Schiller  kab.  u.  liebe  2,  7. 
HEULIED,  n.  lied  beim  heumachen  gesungen: 
doch  singe  du  selbst  dein  neugelernetes  beulied.    Voss  2,298; 
nimm  auch,  mädchen,  die  sens,  und  schlage  den  takt  mit 

dem  Schlüssel, 
sensengeklirr  erst  macht  dir  ein  beulied  wirklich  zum  beulied. 

303. 

HEGLKREISEL,  m.  ein  hohler  brummkreisel,  in  welchem  die 
aufgefangene  luft  einen  heulenden  laut  verursacht.  Jacobsson 
2,  257*. 

HEULPLiRRER,  m.  der  heulend  singt:  dann  die  hohen 
schulen  seind  als  dannmals  erst  aufkommen,  da  die  orden 
ausz  den  klosterschulen  klosterrhülen ,  ausz  lehrscbulern, 
chorheuler.  ausz  schullehrer  hülplerrer  machten.  Garg.  272*. 

HEULüNG,  f.  grosze  klage,  eiulalio,  quiritatio,  vociferalio. 
Haaler  220*. 

HEÜ.MACHEN,  n.  das  bereiten  des  heues :  was  hiernächst  die 
art  des  beumachens  betrifft,  so  ist  bekannt  dasz  die  nächst- 
vorhergehende arbeit  bei  solchen  das  gras  hauen  oder  mähen 
ist.  öcon.  lex.  1013. 

HEU.MAGAZIN,  n.  horreum  foenarium.  Frisch  i,  448*. 

HEUMAHD,  f.  das  mähen  des  heus:  die  heomad.  Überschrift 
eines  gedichts  bei  Voss  2,  294. 

HEU.M.\HDER,  m. :  heumeder  foeniseca.  voc.  ine.  thetä.  kl". 

HEU.MÄHER,  m.  l)  foeniseca,  fem.  heumäherin.  Stieler 
1208.     feniseca  ein  haumeger  Dief.  nov.  gloss.  170*. 

2)  ein  vogel  der  südeuropäischen  Under,  merops  apiaster,  bienen- 
fresser.  Nemnich  3,  561. 

HEUMARKT,  m.  forum  foenarium.  Frisch  1,448';  als  name 
für  platze  in  verschiedenen  Städten: 

der  koch  was  an  gelt  gar  reich, 

und  was  dem  koch  am  beumarkt  geleich,    fastn.  tp.  94,20. 

HEUMAÜS,  f. :  mus  foenicola,  ein  heumus.  Trochos  H  2*. 

HEÜMONAT,  m.  der  juli;  vergl.  die  ausführlichen  nachweise 
bei  Weishold  deutsche  monatsnamen  s.  43 ;  am  zehenten  tage 
des  heumonds.  Luther  br.  2, 224. 

HEUMOTTE,  /".  phalaena  foeneUa. 

HEUNE,  m.  i)  wiemhd.  Hiune,  voUcsname,  der  Hunne:  Hunn 
Hewnen  Dief.  2S2*; 

konik  Etzel  also  ist  er  genant 
ausz  Ueunen  lant.    fastn.  tp.  547,7. 

2)  appellaliv  gebraudit,  riese:  gigas  hune,  hewne  Dief.  202'; 
solche  grosze  heunen  waren  auch  vor  der  sündflut.  Matbks. 
Sar.  3l';  und  wenn  es  lauter  giganlen  und  heunen  weren. 
histor.  von  Jes.  Christ.  2,  23* ; 

wie  die  heunen,  die  grosze  leut 
geihaa  betten  für  dieser  zeit. 

Froschmeuseler  2,  2,  14,  Dd  *. 
vergL  weiteres  unter  hflne. 


1291 


HEUNEN  — UEÜREN 


HEURIG  — UEUSCHOCUE 


1292 


HEUNEN,    vnb.  heulen,   bellen  nie  wolf  uud  fuclm:    gannirc 

winson,  biunon  ut  vulpes  Dief.  257*  (I3.ja/ir/i.); 

gleich  als  die  wölf  singen  und  lieunon. 

11.  Sacus  1,  515*. 

bair.  LiieneD,  bienen,  Lünen,  auch  kinuen  heulen,  vom  hunde, 
dann  aucli  veräclUlich  vom  mensclien,  weinen  und  in  weinerlichem 
tone  reden.  Schm.  2,  202.     $.  unlen  bübnen. 

HEUNISCH ,  adj.  1)  aus  der  bedeulung  beune  2  oben  hal 
sich  wol  die  Vorstellung  des  ungeschlachten,  unflätigen,  groben  ent- 
wickelt {wenn  man  niciU  Zusammenhang  von  beuuiscU  mü  dem 
eben  anyeßhrlen  verbum  beuncn  annehmen  will) : 

unzüclitig  und  hewniscli.    H.  Sachs  1,469*; 

siehst  nit,  wie  sieht  dein  man  so  heimisch, 

tückisch,  bemisch  und  weilerleunisch.    3,3,44'; 

mich  dOniit  es  sei  Icrr  in  die  nacht, 

mein  man  niöcht  werden  ungeschlacht, 

er  ist  heint  wo!  genest  so  licunisch, 

so  wunderlich  und  wetterleuniscli.    bei  Fromii.  1,257; 

er  spricht  gar  olt  dem  wirte  zu, 

wen  er  in  will  xornig  machen, 

er  hah  senlkorner  in  wein  getbon, 

er  macht  in  gar  heunisch  zu  lachen. 

vulkslied  v.  1502,  bei  Sodsn  (jeschicIUe  de$  Weilers 
Affallerbach  (Kurnb.  IMl)  s.  145. 

VieUäehl  dasselbe  wort,  dessen  vorstehend  gegebene  belege  nur  den 
bairisdi-frdnkiscfien  gegenden  angehören ,  ist  Maalers  bewiscb, 
erscbrockenlich ,  trux ,  crudclis,  ein  röuwiscb  oder  bewiscb 
angesicht,  vultus  trux  220*,  wenn  der  nasal  der  Volkssprache 
gemäsz  unierdrückt  ist;  auch  das  bei  Staldeh  2,42  als  schaff- 
hausiscli  angeführte  beulen  sich  roh  uud  laut  betragen  (mit  beuel, 
person  von  wenig  sittlicher  Verfeinerung),  das  doch  zunächsl  für 
heueien  stäU,  kann  wol  aus  heunclen,  eigentlich  nach  arl  eines 
Hennen  sich  gebaren,  hervorgegangen  sein. —  Auf  dem  bairischen 
walde  und  bei  den  Waisern  ist  beuniscb,  biiniscb  heiszhungeriy. 
ScuM.  1,1119  Fromm.:  dasz  klein  geflügel  wird  umb  s.  Veils- 
tag  so  beuniscb  werden ,  dusz  es  frei  mit  dem  gröbsten 
bawren  die  milcb  wird  uusz  der  scbüssel  essen.  Fiscuaht 
groszm.  112. 

2)  heuniscber  wein,  beuniscbe  truube,  ahd.  bCinisc  drbbo 
balalinae  (Gkavf  4,  960)  bezeichnet,  wie  Wackernagel  kl.  sdirißen 
1,  93  vermutet,  Lexer  vihd.  wb.  1, 1309  ausführlich  darlegt,  nicIU 
unyarisclien  wein,  sondern  eine  geringe  hartschalige  Iraubenart,  die 
einen  schlechten,  sdualiclicn  wein  gab.  das  adjeclivum  geht  also 
auch  hier  von  der  bedeulung  1  aus :  balaline  buniscbe  drubin 
DitF.  29';  beuniscbe  Weintrauben,  i^iae  spioniae  seu  duracinae 
Stieler  832;  beuniscbe  Irauben ,  uva  spionina,  bumamma 
Frisch  1,449',  mit  der  bemerkung  'wegen  der  groszen  beere'; 
bcunscben,  baurenweinbcere  Nemnicu  ;  das  Ocon.  lex.  (1731)  2039 
luU  den  namen  in  beymisebe  trauben  entstellt,  uud  bezeichnet 
dieselben  als  den  elbiscben  trauben  zundciist  stehend,  mit  diinii- 
ichäligen  und  hellen  beeien,  die  einen  schlechten  und  wdsscrichlen 
wein  geben,     veryl.  auch  barlbeuniscb  sp.  513. 

HEUNT,  J.  beim. 

HEUOCHSE,  in.  heu  fressender  ochse,  ausgewacitscnes  mdnn- 
liclies  rind  (vergl.  beukalb).  vielfach  als  Schimpfwort  für  änen 
dummen  menschen  gebraucht.  Kehrein  190:  su  kunens  die 
bucbgescbnupftcn  nigln  secbn,  dasz  in  Tyrul  auch  kaine 
heuucbszen  wohnen.  Scuwabe  lintenf.  "O;  wer  sieb  driibcr 
mokirt  ist  ein  beuocbse.  (Schulz)  alm.der  bellelrislcn  17b2  f.  103. 

HEUI'FEHI),  n.  die  heuschreckc;  auch  die  Itbelle ,  Itbellula 
grandis,  sonst  himmelspferd.  —  Üßer  als  Schimpfwort  für  einen 
dummen  mensclien,  wie  keuucbse:  er  ist  dumm  wie  ein  beu- 
pferd. 

HEUPFERDCHEN,  n.  dim.  zu  dem  vorigen: 
vier  heupTerdchen  sollen  ihn 
all  vier  apfelschimrael  ziclin.    HDckirt  52. 

HEURAT,  $.  beirat. 

HEUHAUFE,  f.  raufe  für  lieu  über  der  krippe  der  Uuere. 
Fbiuch  1,  44t>'. 

HEURECHEN,  n».  redten,  harken  für  das  heu,  raslrum  foe- 
narium.  Stieler   149S. 

HEURECHE.N,  n.  das  reclutn,  zusammenharken  des  Itcus; 

her,  ei  i>t  halt  olt  K^tchechen, 

Im  leiea  und  im  hcyrcchcn.    fa*tn.  tp.  097,  16. 

HEURECHT,  n.  das  reclU  auf  nner  wiese  heu  zu  maclicn. 

HEUREGISTER,  n.  rrijister  das  über  den  jdlirltchen  ertrag  an 
heu  oder  i/rummet  gtfüJul  wird.   öCon.  lex.  1014. 

HKUREN,  verb.  zuiammengetogen  aus  beuralen  für  heiraten, 
auf  veUhe  xusammentirhung  das  hairisclie  beireten  (Scum.  2,131) 


hinweist,  die  aber  schon  bei  Luther  vollzogen  erscheint :  verbeire 
dich  mit  ir.  l  Mos.  38,  8  der  ausgaben  von  1523  ^t^  152!>  (spater 
durch  uim  sie  zur  che  ersetzt,  vergl.  Binüseils  bibel  1  s.  84), 
ebenso  bei  Dasyp.  insofern,  als  er  neben  locare  ßliam  die  tocbter 
verbciraten ,  illocabilis  die  nit  verbeüratet  mag  werden ,  an 
einem  andern  orte  auch  gewährt  unverbeürlicbe  illocabilis.  neben 
beuren  begegnet  beiren  {sp.  896),  es  versieht  sicli,  dasz  keine 
dymologische  Verwandtschaft  zwischen  diesen  formen  und  dem  nur 
niederdeulschen  heuern  mieten  {sp.  1280)  besteht,  vgl.  auch  unter 
beiralb  sp.  892 : 

Michel  thut  mich  beuren.    Scuubart  ged.  2,254; 

K.  zu  Ostern,  übers  jähr,  wirst  du  mich  heuern. 

Gr.  V.  ülr.  so!  heuern!  in  der  tliat!  das  wuszt  ich  nicht! 

Kleist  l\ulhcln:H  v.  Uvitbr.  4,  2. 

HEURIG,  HEUERIG,  ad^.  hornus ,  schon  ahd.  biurig ,  aus 
biuru  heuer,  mhd.  biurec  aus  liiure  weiter  gebildet,  in  dem  von 
beuer  eulwickelten  strengeren  und  freieren  sinne, 

1)  dies  jähr  angehend:  hornolinus  iiurig,  burrig,  hornolinum 
vinum  burig  wia  Dief.  28o';  die  biurigen  niicz  {nulzungen). 
d.  städlechron.  4,179,  anm.  2;  heuriger  scbusling,  palmes,  est 
novus  rumus  vilis.  voc.  ine.  Ihcut.  kl';  iieürig  wein,  vinum 
hornum,  beürig  oder  järig  körn,  frumentum  hornolinum,  beürige 
oder  neüwe  frucbt,  crastinus  fruclus  Maaler  22o';  die  beurige 
iuft  ist  gesund,  aer  hornolinus  est  salulifer.   Steinbacu   1,749; 

sageis  meiner  mutter: 

sie  wird  den  sommer  heurig 

ihrs  sohnes  haar  nicht  kämmen. 

Herder  zur  litt.  8,  130. 

im  gegensalze  zu  lernig  {vergl.  beuer  2,  sp.  1285) :  für  unser 
Ibür  sind  allerlei  edle  fruchte,  mein  freund,  ich  bab  dir 
beide  beurige  und  fernige  bebalten.  Iujhel.1,13;  Lavater  bat 
zwar  nicht  geschrieben,  aber  heuriges  und  ferniges  beigelegt. 
Hamann  0,204. 

2)  nach  beuer  3  sp.  I2t»5.  die  jelztzeil  angehend,  jetzig:  an 
einige  der  heurigen  philusophen.  überschr.  eines  epigramms  von 
Kloi'stock  7, 330 ;  ich  kann  mich  in  die  beurige  Vernunft 
nicht  finden.  Claüuius  0,01;  wie  diesz  mit  manchem  heu- 
rigen buche  nicht  der  fall  ist.  Fichte  Berliner  monalschr.  21, 
s.  450; 

si«  waren  nach  heurigem  gebrauch 

dem  verscmachen  ergehen.    Claudius  1  u.  2,97. 

beurig  als  adverb:  da  heurig  die  ganz  ausgeglätteten  neu- 
italienischen  {vene)  su  mode  wurden.  Le.-^z  in  Mercks  brief- 
sammlung  2,  53. 

HEURLING,  4.  beuerling. 

HEUHUNG,  f.  cuuducUu;  prclium  conducliwtis  vel  locationts. 
Stieler  832. 

HEUSAME,  VI.  medicago  salvala,  die  luzcrne,  burgundisches 
heu.  sonst  heiszt  beusame  auch  der  same,  den  man  von  aller- 
hand auf  den  wiesen  wachsenden  gräsern ,  klee ,  hdulem  und 
blumen  bekommt,    öcon.  lex.  1014. 

HtUSCHAUR,  Vi.  hegewisch,  wol  nur  umgedeutet  aus  der  form 
beiscbaub,  die  neben  begescbaub  (sp.  784)  erscluiint.  Jacobsson 
2,  2»7'. 

HEUSCIIEIRE,  f.  kleinere  runde  heuhaufen  auf  einer  gemdläen 
wiese,     aus  ihnen  werden  die  heuscliober  erriclUet.  öcon.  lex.  ii95. 

HEUSCHEL.  n.  ononis  arvensis,  haulwdiel.  Nkmnich  4,  767. 

HEUSCHEUER,  /.  scheuer,  in  der  heu,  namenllicJi  zur  Winters- 
zeit heu  für  das  wUdbiet  außewalirt  wird. 

HEliSCHEUNE,  f.  was  beuscheuer.    öcon.  lex.  1"08. 

HEUSCIILAGEN,  n.  das  mähen  des  Iteues:  bat  er  noch  nicht 
einen  arm  zum  beuscblagen ,  su  kann  er  doch  erdbceron 
siiimiieln.  Hippel  5,  0. 

HEUSCHNITT,  «i.  das  schneiden  des  hcus,  auch  die  zeit  des- 
selben {vgl.  baberscbnilt):  um  die  zeit  des  hcuschnills,  wäh- 
rend da.i  gras  noch  steht.  Dahlmann   ddn.  gesch,  2,  203. 

HEUSCHOBER,  «i.  aufgeschichteter  häufe  heus  auf  dir  wiae, 
heufctme:  clibanus ,  cumulus  fem  beusclKiber  Dief.  127*;  mit 
einem  unblick  wulte  ich  ihn  in  lauter  ascb  verkehren  nicht 
anders,  als  die  granalen,  wenn  sie  in  die  beuschober  fliegen. 
A.  ÜHiPUiu»  1098  1,794;  da  bauete  er  sieb  mit  der  scbwcsler 
in  don  beuscbuber  ein.  J.Paul  uns,  löge  3,125; 

nun  begab  ilch.  das  ein  geistbock 
auf  elm  beuschober  trasie. 

II.  Sachs  von  üoeäeke  1.  100. 

HEUSCHOCHE,  HEUSCHOCHEN.  wi.  mda  foeni.  Maaier 
22ü':  bcuHchochi',  un  mnnceau  de  futn,  mrlu  foeni.  Cenfer  diel. 
(1095)108;  danz  die  al  (aale)  auf  den  buden  hcrsiw  Mcblicben 


1293 


HEUSCHOPF 


und  in  die  heuscLochen  bei  der  nähe  sich  verschloffen.  Forer 

fisckb.  ns'.  —  In  der  form  heuschock: 

mit  ihren  sänsren  scharpf  die  meeder  förtig  stehen 
und  biegend  sich  das  grasi  fein  ordentlich  ahmehen;  .  .  . 
bisz  dasx,  alsbald  es  dirr,  sie  manchen  heyschoclt  machen. 

Weckiikrli:«  765. 

HEUSCHOPF,  m.  scheuer  ßr  das  heu.     s.  heuschuppen. 

HEüSCHRECKBELN,  n.  hein  einer  heuschrecke;  bein  ir/e  ef 
eine  heuschrecke  hat.  pers.  rosenth.  2,  20 ; 

der  lange  dort  mit  magern  heiischreckbeinen 
war  einst  ein  Schneider.     H.  Hbi:«e  U>,  107. 

HEUSCHRECKE,  m.  f.  locusta,  heuspringer  (ig/,  schrecken), 
ahd.  hewiskrekko,  mhd.  houweschrecke,  höuschrecke,  auch 
mit  einer  iterativen  Weiterbildung  höuschreckel,  die  über  die  vihd. 
zeit  reicht:  umb  sand  Jacobstag  do  waren  die  ersten  hew- 
schreckel.  d.  slädlcchron.  4,246,12;  komen  die  howschrickel 
von  osteren  und  flogen  gen  westen.  220, 3 ;  da  warn  vil 
häwschrickel.  308,  2;  als  ein  heuschrickel,  derselb  hupft 
auf  und  feit  wider  nider  zu  der  erden,  er  beleibt  nit  oben 
schweben,  die  flugel  seind  im  zu  klain  und  ist  der  leib  zu 
schwär.  Keisersberc  spinncrin  1510  Cl*. 

Das  geschlecht  ist  bis  nach  dem  17.  jh.  noch  das  vidnnliclie : 
der  höuwschräck,  locusta,  kleiner  höuwsciiräck,  atlelabus,  höuw- 
schräcken  so  im  haber  woncnd,  avenaria  cicada  Maaler  228' 
{vgl.  haberschreck  sp.  87) ;  Lotlai  hat  den  heuschrecken  ge- 
rühmt, reime  dich  (1673)  135;  und  noch  Frisch  1,44S'  kennt 
heuschrek  locusta  nur  als  masculin.  aber  schon  viel  früher  musz 
man  aus  der  häußgen  und  überwiegenden  pluralform  die  heu- 
schrecken sich  eine  singulare  feminine  die  heuschrecke  gebil- 
det haben,  welche  bereits  Stieler  1920  einzig  verzeichnet:  eine 
schrecke  in  specie  est  formido,  vel  simulacrum  foeneum.  heu- 
schrecke, cicada,  locusta;  er  kennt  die  alle  sinnliche  bedeutung 
von  schrecken  =  springen  nicht  mehr. 

An  den  heuschrecken  wird  hervorgehoben  die  grosze  menge, 
in  der  sie  sich  zeigen,  in  der  bibelsprache :  sie  kamen  herauf 
mit  irem  vieh  und  hülten,  wie  ein  grosz  menge  hewschrecken. 
rieht.  6, 5 ;  ir  ist  mehr,  weder  heusclirecken ,  die  niemand 
Zellen  kan.  Jer.  46,  23 ;  deiner  herrn  ist  so  viel,  als  der  hew- 
schrecken, und  deiner  heubtieute,  als  der  kefern.  iVa/i.  3,17. 
femer  ihre  gefräszigkeit :  du  wirst  viel  samens  ausfüren  auf 
das  feld,  und  wenig  einsammelen,  denn  die  hewschrecken 
Werdens  abfressen,  b  Mos.  28,38;  sihe,  wenn  ich  den  himel 
zuschliesze  das  nicht  regnet,  oder  heisze  die  hewschrecken 
das  land  fressen.  2  chron.  7, 13 ;  und  gab  ire  gewechse  den 
raupen,  und  ire  saat  den  hewschrecken.  ps.  78,46;  was  hüben 
war,  aszen  die  hewschrecken  fol  ab,  die  singen  nyramer 
weder  in  dem  summer.  Keisersberc  sünd.  d.  m.  33'.  endlich 
ihre  kleinheil  und  tcinzigkeit:  er  sitzt  über  dem  kreis  der  erden, 
und  die  drauf  wonen,  sind  wie  hewschrecken.  Jes.  40,22; 

tinser  Teind  haben  risen  sterii, 

dabei  wir  als  hewschrecken  sein.     Schwiizenberc  IM*. 

sprichwörtlich : 

der  bütt  der  heuschreck  {plur.)  an  der  sunn, 
und  schüttet  wasser  in  ein  brunn, 
wer  hüttet  das  syn  frow  blib  frum. 

Brahi  narrensch.  32. 

mit  anklang  daran,  dasz  die  heuschrecke  auch  heupferd  heiszt, 
sagt  Fiscdart:  beschlug  die  häuschrecken.  Garg.  129'  (von  des 
Gargantua  Jugendübungen). 

HEUSCHRECKE.NBAÜM,  m.  name  zweier  amerik.  bäume:  der 
hymenaea,  in  Südamerika,  und  der  nordamerikanischen  robinia 
pseudo-acacia.  Nexnich  3, 194.  4, 1107. 

HEUSCHRECKENFETT,  n.,  im  scherze:  will  ihm  die  füsz 
ein  wenig  mit  heuschreckenfett  salben,  dasz  er  Inftig  springen 
soll.  Fr.  Müller  l,  310. 

HEUSCHRECKENFLOH,  m.  cicada  spumaria,  sehaumcicade. 
Nehnich  2, 1035. 

HEUSCHRECKENFORMIG,  adj.:  die  haare  mit  heuschrecken- 
förmigen  schnallen  in  einen  zopf  zu  fassen.  Heilsam  Thucyd. 
(1760)  7. 

HEUSCHRECKENGRILLE,  f.  cicada.  Nemmich  2, 1034. 

HEUSCHRECKENKÄFER,  m.  elaler,  der  springkäfer,  schmid. 
auch  atlelabus.  der  aflerrüsselkdfer. 

HEUSCHRECKENLERCHE,  f.    alauda    trivialis,    pieplerche. 

NeH5ICH    1,  148. 

HEUSCHRECKENSCHWARM,  m.:  die  heuschreckenschwür- 
me.  ausländ  1843  s.  456. 

HEUSCHRECKENSPRÜNG,  m.:  da  spülen  sie  des  ballens, 
sprangen  der  r<"ick,  stieszen  der  bock,  des  bandballens,  des 


HEUSCHRECKENVOGEL  — HEUTE       1294 

uberkreiszschenkens,  der  gnibenkinder,  des  rucksprungs,  des 
häuschreckensprungs  mit  gleichen  füszen  für  sich.  Garg.  174*. 

HEÜSCHRECKENVOGEL,  m.  ein  die  heuschreckenschwärme 
begleitender  und  heuschrecken  vertilgender  vogel.  ausländ  1843  s.  456. 

HEUSCHRECKENWOLKE,  f.:  die  gelehrte  und  ungelehrte 
menge  kennt  statt  der  poetischen  humoristischen  gewitter- 
wolke  .  .  .  nur  jene  kleinliche,  unbehülfliche  irdische  heu- 
schreckenwolke  des  auf  vergängliche  bezichungen  streifenden 
rachspaszes,  welche  rauscht,  verdunkelt,  die  blumen  abfrisset 
und  an  ihrer  anzahl  häszlich  vergeht.  J.  Paül  vorsch.  d.  äslh. 
1, 196.     s.  heuschreckwolke. 

HEUSCHRECKENZUG,  m. :  ich  handhabte  mein  instrument 
so  schlecht  wie  der  heuschreckenzug  der  gewöhnlichen  vir- 
tuosen. J.  Padl  0.  d.  teuf.  pap.  l,  24. 

HEUSCHRECKGRÜBE,  f: 

0  muckenffirst  Beelzebub, 

0  Abdon  aus  der  heuschreckgrub. 

Fischart  dicht.  2, 242  Kurz  {JcsuUerhill.  40). 
nach  Offenbarung  9,  7 — 11. 

HEUSCHRECKLICH,  adj.:  mit  jenen  heuschrecklichen  from- 
men fratzcn ,  die  etwa  dem  spieszbürgerlichen  pinsel  eines 
Nürnberger  sladtmalers  ...  ihr  trauriges  dasein  verdanken. 
H.Heine  2,331. 

HEUSCHRECKWOLKE,  f : 

wie  aus  geschwärzter  Itift  die  heuschreckwolke 
hemnterlällt  und  meilenlang  die  felder 
bedeckt  in  unabsehbarem  gewimmel, 
so  gosz  sich  eine  kriegeswolke  aus. 

ScaiLLSR  Jungfrau,  prolog,  3.  auflr. 
s.  heaschreckenwolke. 

HEUSCHRICKEL,  m.,  vergl.  unter  heuschrecke. 

HEUSCHUPPEN,  m.  schuppen  in  dem  heu,  namentlich  zur 
Winterszeit  heu  für  das  wildbret  aufbewahrt  wird.  Jacobssos  2, 257*. 

HEUSEIL,  n.  seil,  womit  der  heubaum,  und  mit  diesem  das 
heu  oder  slroh,  auf  dem  wagen  befestigt  icird.  ücon.  lex.  1017. 
vgl.  heuleine. 

HEUSENSE,  f.  falx  foenisecae.  Frisch  1,448*;  ältere  form 
heusegense:  haben  lange  streimen  oder  hürncr  ob  den  äugen 
gleich  einer  häuwsägesen.  Forer  ßschb.  87*. 

HEUSPRINGER,  m.  heuschrecke,  gryllus.  Nemmich  3,80;  nl. 
hoysprenger,  sprinkhaen  locusla  Kiliam. 

HEUSTADEL,  m.  scticune  für  das  he^i,  heuboden,  mhd.  höu- 
stadel:  heustadel  foenile  Frisch  1,448':  endlich  versteckte  ich 
mich  in  den  heustadel.  Juaindiss.  56;  ich  aber  und  der  Stu- 
dent verstackten  uns  indessen  auf  dem  heustadel.  201. 

HEUSTÄFFEL,  m.  locusta,  heuspringer,  heuschrecke,  ahd. 
hewistaffol  {nach  steffan  gradi,  ascendcre ,  ujsteffan  desilire), 
ni/ii.  hönstaffel,  veiderbl  houstüffel  (Lexer  «-6.1,1357):  locusla 
hoeistafTel,  hoeslelTel  Dief.  335';  was  dem  rupen  überhüben 
ist,  hat  der  höwstüfTel  gessen,  und  was  dem  höwstöffel  über- 
bliben  ist,  das  hat  der  käfer  gessen.  Züricher  bibel  1530,  Joel 
1,4;  deine  herren  sind  als  höuwslöffel  und  deine  vögt  als 
die  vile  der  höuwslofflen,  die  sich,  so  es  kalt  ist,  an  die 
zeun  und  wend  hinan  henkend,  sobald  aber  die  sonn  auf- 
gadt,  hebend  sy  sich  darvon.  A'oAom  3,  17 ; 

höwstölTel,  darzuo  wilder  honig 
sind  gsin  sin  spysz  in  siner  wonig.    trag.  Joh.  Avj; 
höwstöffel  ist  ein  strenge  spysz.    Dj. 
auch  in  der  form  heustälT,  dem  ahd.  hewistaffo  nahe  kommend : 

die  bewstäff,  die  kein  künig  band. 

Brant  narrensch.  106,  17, 
nach  spr.  Sal.  30,  27. 

HEUSTALL,  m.  foenile.  Stieler  2118. 

HEUSTATT,  f.  ort  wo  das  heu  außewahrt  wird:  fenile  heu- 
stat  DiKF.  not',  gloss.  170'. 

HEÜSTER ,  in  der  eile  malenden  Verbindung  heuster  die 
peuster:  die  3000  piaster  hatten  sie  heuster  die  peuster 
durch  die  gurgel  gejagt.  {Voltaires)  Kandide  verdeutscht  {Berlin 
1778)  s.  220. 

HEUSTOCK,  m.  heufeimen:  höuwstock  meta  foeni,  eumulus 
foeni  Maaler  229*;  meiner  si.x!  ich  wollte  lieber  eine  Steck- 
nadel in  einem  heustock  suchen  als  einen  Schmetterling  in 
der  weiten  well.  Wieland  U,  180. 

HEUTE,  adv.  hodie. 

1)  das  adverb  lautete  nhd.  hiutu  und  hiuto,  aus  hiu  tagu  {an 
diesem  tage)  zusammengeflossen ,  mhd.  hiute ;  das  alts.  hüdigo 
heule  zeigt  die  ehemalige  zttsammensetzung  noch  deutlicher,  andern 
dialeäen  fehlt  das  wort,  die  bedeutung  des'^elben  scheint  zunächst 
eine  engere  gewesen  zu  sein  und  nur  die  liclUzeit  eines  bürger- 
lichen tages  umfaszl  zu  haben,  während  hinaht,  heinacht  (.<p.  886),     , 


1295 


HEUTE 


HEUTE 


1296 


heint  {sp.  8$')  die  nachlhäiße  bezeiclmetc;  denn  uie  noch  im 
16.  jahrh.  heute  und  heint  so  nebeneinander  gestellt  wurden  : 
heute  diesen  tag  oder  beinte  diese  nacht.  Friedrich  sauf- 
teufel  B4';  so  kennen  auch  jetzt  oberdeutsche  muudarlen  heule 
nur  in  der  bedeulung  heute  vormittag,  da  naclt  altem  sprach- 
gebrauche der  abend  nach  der  mittaysmahlzeil  beginnt :  so  bairisch. 
ScHM.  2,256,  vgl.  217;  kärntn.  hoit  lieute  morgens,  heute  früh 
Le-XER  140;  im  lusernischen  heut  heute  vormittag.  Zi.ncerle  35*; 
in  Tirol  boite  heule  früh  Frühm.  6,  148.  Die  ausdehnung  der 
bedeulung  von  heute  auf  den  ganzen  bürgerlichen  tag  ist  schon 
in  der  ahd.  peiiode  erfolgt  und  vergleicht  sich  der  ähnlichen  be- 
deulungsausdehnung  von  heint,  über  die  sp.  888  bericIiUt  ward. 
RoMPLER  schreibt  heit  für  beute: 

du  bist  mir  auch  im  arm  erst  heit  dahin  gestorben.    80; 
und  dasz  heit  oder  morgen 

ihr  angewandte  müh  durch  ihn  belohnet  >verd.    100. 

Dasz  in  beute  eine  Zusammensetzung  7uil  tag  verborgen  ist,  wird 
nicht  erkannt,  und  so  kann  die  Verbindung  heute  diesen  tag 
entstellen : 

niuwan  biute  disen  tac.    Iwein  7545; 

heute  dieses  tags  bistu  ein  voik  worden  des  herrn  deines 
goltes.  5  Mos.  27,  9 ;  ich  setze  dich  heute  dieses  tags  über 
völlier  und  künigreiche.  Jer.  1,9;  ihr  würdet  mich  docli  heute 
diesen  tag  schwerlich  bereden,  engl.  kom.  2,  G5';  es  ist  heule 
diesen  tag  der  englische  cavaiier  bei  mir  gewesen.  Schlp- 
pics  809,  vergl.  audi  unten  3  heut  des  tages  u.ähnl.;  zu  der 
aUen  instrumentalform  taucht  eine  mit  dativischem  ausselien  auf, 
beuten,  die  aber  vielleicht  nur  nach  analogie  von  morgen  ihren 
schlieszenden  nasal  empfangen  hat: 

mild,  het  rcemesch  riebe  der  bilde  noch  genuoc, 
des  wart  der  werlde  nie  so  uöt,  so  hinten. 

minues.  2,  36i'  Ihigen  ; 
nhd.    hab  Ichs  heuten  übersehen.    Uhland  vullisl.  462; 

auch  adjectivische  fügung  kommt  vor  in  der  formet  heutes  tages: 
die  wir  hie  sind  heuls  tags.  bJdos.  5,3;  heuts  tages  haben 
wir  gesehen,  das  gott  mit  menschen  redet;  24;  ja  wens 
noch  heutes  tages  mücht  geschehen.  Luther  3, 104^  weitere 
belege  unten  no.  3. 

Nadi  der  oben  erwähnten  begriffsausdehnung  von  heute  be- 
zeichnet man  die  einzelnen  theile  des  tages  im  falle  genauerer  hervor- 
hebung  durch  adverbiale  Zusätze :  heute  früh ;  heule  morgen ; 
heule  vormittag;  heute  abend;  heute  nacht;  als  ir  nun  heüt 
morgen  also  mit  einer  groszen  und  starken  stimm  auf  der 
kanzlen  anfiengen  zu  schreien.  Wickrah  rollw.  114,  20  Kurz; 
heute  nacht  träumte  ich  mich  wieder  in  meinen  geschäften. 
GöTBK  28,80;  beute  nacht  hat  es  sehr  geregnet.  29,300; 

beut  mitternacbt  horch  auf  den  wachtelgesang. 
Borger  6t'; 
graf  Eberstein, 
hüte  dich  fein ! 
beut  nacht  wird  dein  scblöszlein  gefährdet  sein. 
UuLAND  ged.  327. 

2)  beute,  in  der  bedeulung  diesen  tag,  wird  bezogen: 
a)  auf  den  ganzen  gegenwärtigen  tag,  ohne  nähere  einxel- 
bestimmung:  da  redet  der  Oberste  schenke  zu  Pharao,  und 
sprach,  ich  gedenke  beute  an  meine  sünde.  iMos.  41,9;  es 
ist  heute  der  sabbath  des  herrn.  2  itfos.  16,  25;  halt,  was  ich 
dir  beute  gebiete.  34,11;  ich  bin  beute  hundert  und  zwanzig 
jar  alt.  5  3foi.  31,2;  unser  teglicb  brol  gib  uns  heute.  Matth. 
6,11;  heute  haben  wir  den  13ten.  Wieland  19,274;  heute, 
am  bestimmteo  tage  der  abfahrt,  ist  es  so  schön  als  möglich. 
GOTBB  28,80; 

meia  mldcben  mit  dem  schwarzen  haare 

vollendet  beule  techszehn  jähre.    Ha6Bdo>n  3,  73; 

umsonst !  Zeus  llesz  sich  nicht  bewegen; 

der  bimmel  stürmt  mit  wind  und  regen ; 

denn  stürmisch  sollt  es  beute  sein.    Gkllirt  1,  74. 

oft  mü  praeposilionen  stehend:  auf  beule  ist  eine  Sitzung  an- 
beraumt; bis  beute  lauft  die  fiist;  von  beute  an ;  von  beule 
ab;  es  ist  auf  beQt  der  fünft  lag,  medius  quintus  Maaler  221*; 

von  heut  über  vierzehen  tag 

(0  kumpt  herwider  mit  euren  sprüchan.    fiiitn.tp.  772,20. 

bei  leilbeüimmungen  die  auf  die  Zukunft  weiten:  beute  übers 
jabr,  heute  über  acht  tage,  oberdeulseh  beute  io  acht  lagen, 
beate  im  gcgensatze  zu  sonst : 

0  slpe,  püne  alpe,  wio  ziehti  nsch  dir  mich  hin  I  .  .  . 
oft  ish  Ich  tonst  hinüber,  eniplaiid  nlrhl  leid  noch  lusl, 
4ocb  htut«  dringt  «In  sehnen  mir  in  dir  \\rUie  hrusl. 

Uhlikd  g»H.  326; 


zu  gestern  oder  morgen :  warum  ist  der  son  Jsui  nicht  zu 
lisch  komen,  weder  gestern  noch  heule?  iSam.  20,27;  ge- 
denke an  in  wie  er  gestorben,  so  mustu  auch  sterben, 
gestern  wars  an  mir,  heute  isls  an  dir.  Sir.  3$,  23;  heilige  sie 
heule  und  morgen.  ZAfos.  19, 10;  heut  oder  morgen  möchten 
ewer  kinder  zu  unsern  kindern  spiechen,  was  gehet  euch 
der  berr  der  gott  Israel  an?  Jos.  22,  24;  su  gehets  doch 
endlich  also,  heule  künig,  morgen  lod.  Sir.  10,12;  heule 
leihet  er,  morgen  wil  eis  wider  haben.  20,15;  das  gras  ... 
das  doch  beule  stehet ,  und  morgen  in  den  ufen  geworfen 
wild,  ilatth.  6, 30 ;  heut  an  mir,  morgen  an  dir.  Schottel 
1126*;  heut  und  morgen  auch  ein  tag.  1130*;  der  heute  was 
sparet,  bat  morgen  was.  das.;  heute  mein,  morgen  dein, 
heute  rolh,  morgen  todl.  beule  was,  morgen  aas.  beute 
blume,  morgen  heu.  heule  reich,  morgen  ein  leich.  heute 
trab,  morgen  im  grab,  heule  im  putz,  morgen  im  schmutz, 
heut  oben,  morgen  unten,  heute  grosz,  morgen  klein,  heute 
herr,  morgen  knechl.  heule  freude,  morgen  leid.  Simkock 
spriehw.  249 ;  heule  für  geid,  morgen  umsonst.  250 ;  in  den 
Wissenschaften  ist  die  absoluteste  freiheit  nülhig,  denn  da 
wirkt  man  nicht  für  heute  und  morgen,  sondern  für  eine 
undenklich  vorschreitende  zeiienreibe.  Güthe  23,209;  der 
ehemalige  reiche  Inhaber  dieser  wohnung  sasz  mit  seiner 
frau ,  von  kindern  umgeben,  abgebildet:  alle  gegenwärtig, 
frisch  und  lebendig  wie  von  gestern,  ja  von  heute,  und  doch 
waren  sie  schon  alle  vorübergegangen.  26,288; 

vil  werlos  haim  seind  kommen, 

ainer  heut  der  ander  morn.    Uhlai«d  volksl.  480; 

si  kratzten  lieber  heut  dann  morn.    485; 

heut  weiser  apt,  morgen  diliap: 

der  beut  ein  hin,  ist  morn  ein  apt. 

Eyering  siirichw.  1,  165; 

gestern  noch  auf  stolzen  rossen, 

heute  durch  die  brüst  gesrliossen, 

morgen  in  das  kühle  grab.    Hauff  werke  1,  35. 

ferner  im  gegensatze  zur  weitern  zukunft,  in  den  formein  beute 
und  künftig,  heule  und  allezeit,  heule  und  immer  {mhd. 
hiule  und  iemer) : 

und  sott  es  nach  dem  willen  mein 

nicht  hie  ergen  als  ee, 

dasz  tat  mir  heut  und  immer  wee.    fasln.  sj>.  398,21 ; 

wafen  mir  heut  und  immer  mer.    414,  14; 

dasz  ich  nun  in  schänden  sie, 

dasz  thuoi  mir  heut  und  immer  we.    414,  19. 

heule  und  nie  mehr:  lasz  uns  abschied  nehmen,  Moriz.  wir 
sehen  uns  heut  und  nie  mehr.  Schiller  räuber  l,  2. 

b)  heute,  auf  den  vergangenen  Ihcil  des  gegenwärtigen  tages 
bezogen:  sprach  er,  wie  seid  ir  beute  so  bald  komen?  2  Afos. 
2,18;  sihe,  der  man  ist  mir  erschienen,  der  heut  zu  mir 
kam.  rieht.  13,10;  hübe  du  nichts  zu  schaffen  mit  diesem 
gerechten,  ich  habe  heule  viel  erlitten  im  trawm,  von  seinet 
wegen.  Afa«/i.  27, 19;  heule  ist  diesem  hause  heil  widerfuren. 
Luc.  19,  9 ;  heule  sahen  wir  ein  bild  von  Correggio.  Göthe 
28,70;  heute  waren  die  exequicn  des  cardinal  Visconti.  29,296; 

du  hast,  0  berr,  am  kleinen 

mein  wissen  heut  erprobt,    üuland  ged.  313. 

c)  auf  den  noch  kommenden  theildes  gegenwärtigen  tages  deutend: 
bore  Israel,  du  wirst  heute  über  den  Jordan  geben.  5  Mos. 
9,1;  ir  gehet  heut  in  den  streit  wider  ewr  feinde.  20,3; 
ich  wil  in  beute  in  deine  band  geben.  1  kön.  20. 13 ;  heule, 
io  dieser  nacht,  che  denn  der  bane  zweimal  krehcl,  wirstu 
mich  dreimal  verleugnen.  Marc.  14.  30  ;  heute  wirstu  mit  mir 
im  paradis  sein.  Luc.  23,43;  schaue!  ich  habe  dich  zu  meinem 
secrctariu  des  morgenden  lags  wollen  machen,  aber  nun  hast 
du  verdienet,  dasz  ich  dich  noch  heut  autbengen  lieszc.  Simpl. 
1,198  Kurz; 

man  eilt,  dich  schrecklich  hinzurichten. 

vergesz  ich  nicht  noch  heute  meiner  pllichten, 

so  wirst  du  morgen  nicht  mehr  suin.    Gillirt  1,  252. 

3)  heute,  in  freierem  sinne,  nur  das  jetzt,  die  Jetztzeit  hervor- 
hebend; in  der  formet  nicht  von  heule  sein  ■■  alt,  erfahren 
sein,  noch  ziemlich  eng  an  die  bedeulung  2,  a  angeschlosirn  ;  es 
ist  keine  bcinerkung  von  heute.  Gotter  3,  s;  wäret  ihr  nicht 
von  beute,  dann  wusztet  ihr  wohl,  dasz  auf  weil  und  lirrit 
kein  mensch  diesem  volke  etwas  zu  essen  geben  mag.  IIieiil 
CuUurgetch.  nov.  350 ;  in  andern  fällen  wenigstens  von  t/ir  av*- 
gegangen:  wer  beule  groszen  herrn,  lavallierern  und  slatisien 
die  warheit  geigt,  dein  schlagt  man  gemeiniglich  den  fldel- 
beieo  auf  den  köpf.  Sciumids  4oo; 


1297 


HEUTE  —  HEUTIG 


HEUTIG  — HEl'ZEHENT 


1298 


auch  wie  sein  (üomtiitVt)  Tauler  cörpel  heut 
thu  wunderzeiclien  nah  und  weit. 

Fischabt  dichtungeti  1,247,4553  Kurz; 
wann  esel  sich  sollen  noch  heute  beklagen, 
wie  man  sie  wil  wieder  gebühriiisse  plagen. 

LocAD  1,2-32,70  (des  Bileams  esel); 
einen  zum  poeten  krönen, 
hält  man  heute  ITir  verhöhnen, 
gebet  ihnen  für  das  kränzen 
was  ira  beutel  pflegt  zu  glänzen.    2,107,43; 
SamsDn  schlief  bei  Delila,  und  verschlief  sein  haar  und  stärke: 
solcher  schlaf  bringt  auch  noch  heute  solche  beut  und  solch 

gemerke.    3,  66,  52. 

In  den  Verbindungen  heut  bei  tage,  heut  zu  tage :  wie  das 
dorf  Otlenheim  .  .  ,  {sie)  inngehabt,  besessen,  genutzt  und 
genossen  habent,  auch  hut  by  tage  besitzen,  nutzen  und 
nieszen  sollent.  treislh.  1,408  {Schwarzwald  von  1452);  noch 
hütbitag.  ZwiNGLi  v.  d.  touf  q4';  sollen  in  (den  bischof)  drei 
(iidiniren,  wie  heut  bei  lag  geschieht.  ETck  bei  Lutber  1,15S*; 
als  noch  hütbytag  beschicht  von  den  regenten.  Keisersberg 
Marie  lümelfart  16";  niederrhein.  huden  dis  daiches  Harff  6S,  11; 
ob  wir  aber  heut  zu  tage  . .  disz  alles  heller  haben.  Mätues. 
Sar.  44';  es  werden  noch  heüt  bei  tags  vil  Juden  an  vilen 
orten  getödt.   Frank  weltb.  159";    heut  zu  tage.  Lenz  1,220; 

zu  Babel  worden  schöne  töchter  auf  freiem  markte  feil  gestellt; 
die  ungestalten  aber  namen  zur  mitgift  so  gelöstes  geld. 
wann  dieses  heute  noch  bei  tage  solt  ebenmäszig  auch  geschehn, 
so  wer  es  gut  für  solche  freier,  die  nur  auf  schnöde  münze  sehn. 

LoGAü  3,  117,  92; 

heut  des  tages,  heutes  tages  (sc/ion  mhd.  hiutes  tages,  vihd. 
wb.  3,  4*,  ter<;/.  oben  1,  sp.  1295) :  {wie  er)  macht  gehabt  had 
und  noch  hedis  dages  hat.  weisth.  4,  593  {rhein fränkisch,  von 
1409);  ein  solcher  Saulus  (der  es  mit  rechtem  ernst  meinele), 
war  ich  dazumal ,  wie  denn  noch  heutes  tages  viel  sind. 
Luther  1,3";  haben  sie  dieselbigen  erlichtet,  oder  aus  trem 
köpf  erhallen,  so  sind  sie  noch  wol  heutes  tages  unerhalten. 
3,  623' ;  es  ist  auch  heut  des  tages  des  zusetzens  im  canon 
noch  kein  aufhören.  270';  es  künde  noch  heutes  tages  ge- 
schehen, das  man  solche  gebot  dem  groben  volk  gebe.  4,  502*; 
heutes  tages  wird  viel  betrug  mit  kaufen  und  verkaufen  ge- 
brauchet von  allen  handwerksleulen.  52&';  wir  sehens  heutes 
tages  auch  wol  an  den  sacramentirern.  6,343';  wie  denn  bei 
den  Arabern  . .  solche  schwarzkunst  allezeit  genest,  und  noch 
heutes  tages  ist.  8,  35*.  —  Die  formet  heut  oder  morgen  {in 
dem  sinne  jetzt  oder  fpäler,  irgend  einmal)  pers.  baumg.  2,18. 

4)  heute  in  substantivem  gebrauche:  gestern  ist  vorbei, 
morgen  aber  ist  ungewisz;  das  heute,  worinnen  wir  leben, 
müssen  wir  alleine  nehmen,  und  solches  well  anlegen,  per». 
baumgart.  9,6;  ein  heul  ist  besser  denn  zehn  morgen.  Sim- 
ROGK^  sprichw.  250 ; 

des  morgens  sorge  frlszt  des  heutes  freude  nie. 

Haller  Schweiz,  ged.  (176S)  s.  24 ; 
und  des  lebens  ausgespanntes  segei 
schrumpfte  in  ein  einzges  heut. 

i.  U.  .Merk,  morgenbl.  1S43,  na.  132; 
und  in  dem  heute  wandelt  schon  das  morgen. 

Schiller  Wollenst,  lad  5,3; 
das  morgen  wird  dem  schönen  beule  gleichen. 

braut  von  ilessina  (495*); 

personißciert :  heut  ist  ein  kaufmann,  morgen  ein  bettelmann. 
SiMROCK  sprichw.  250. 

HEUTER ,  adj.  für  heiter  (5p.  921)  verzeichnet  SiEUtBACH 
1,  "51  lind  braucht  auch  Lessing  :  wenig  bewegt  von  der  Un- 
ruhe seiner  geliebten,  betrachtet  er  mit  einem  heutern  äuge 
sein  glück.  3,247;  die  ganze  sichtbare  natur  ist  ein  ge- 
mählde.  in  welchem  man  alle  heutere,  fröhliche,  ennste  und 
schreckliche  scenen  des  veränderlichen  Jahres  ..  sieht.  5,69. 

HEUTIG,  adj.  und  adv.  das  heute  angehend,  auf  heule  be- 
züglich, aus  dem  adr.  heule  schon  friih  entwickelt,  ahd.  hiutig 
neben  hiutllh,  mhd.  hiutec,  und  wie  sein  Stammwort  strenger 
und  freier  gebraucht. 

1)  nach  heute  2.  auf  diesen,  den  gegenwärtigen  tag  bezüglich: 
das  hötig  fest.  Keisersberc  .Varie  himelfarl  7* ;  in  der  hütigen 
epistel.  das.;  vieleicht  wird  der  herr  mein  elend  ansehen, 
und  mir  mit  gute  vergelten  sein  {desSimei)  heutiges  fluchen. 
iSam.  16,12;  gefcits  dem  könige,  so  las  er  audt  morgen 
die  Juden  zu  Susan  llmn  nach  dem  heutigen  gebot.  Esther 
9,13 ;  das  wir  umb  diese  heutigen  empörung  verklaget  möchten 
werden,  apostelgesch.  19,40;  die  heutige  lust  bringt  morgen 
wol  Unlust,  praesens  voluplas  cras  forte  taedio  permtitafntur. 
Stieler  836.  häufig  in  den  formein  der  heutige  tag,  des 
IV.  II. 


heutigen  tages,  bis  auf  den  heutigen  tag:  der  heutige  tag 
ist  des  gestrigen  jünger.  Simrock  sprichw.  250;  wie  sich  die 
{hdndel)  verlaufen  und  vergangen  habent  big  auf  disen  blutigen 
lag.  d.  städtechron.  i,  isi,  10;  denn  wir  sündigten  da  mit  wider 
den  herrn  unsern  gott,  beide,  wir  und  unser  veter  von  unser 
jugcnt  auf,  auch  bis  auf  disen  heutigen  tag.  Jer.  3,25;  da 
her  ist  der  selbige  ackcr  genennet  der  blutacker,  bis  auf 
den  heuligen  tag.  Mallii.  27, 8 ;  so  zu  Sodoma  die  thaten 
geschehen  weren,  die  bei  dir  geschehen  sind,  sie  stünde 
noch  heutiges  tages.  11,23; 

da  ist  bis  an  den  hüttigen  tag 
ein  unfrucliiber  Wasserstand 
nach  sinem  namen  Varus  genant. 

d.  städlechron.  4,  352,  286 ; 
was  sollen  wir  sagen  zum  heutigen  tag! 
ich  dächte  nur:  ergo  bibamus.    Göthe  1,  160. 

Iieutig,  in  bezug  auf  einen  vergangenen  tag,  der  in  der  phantasie 
vergegenwärtigt  wird:  wir  lesen  gedichte,  herr  Nicolai  liest 
mir  seine  eignen  ausarbeilungen  vor,  ich  sitze  auf  meinem 
kritischen  richlerstuhl  . .  bis  der  abend  herein  briclil.  dann 
denken  wir  noch  einmahl  an  sie,  und  gehen,  mit  unsrer 
heuligen  Verrichtung  zufrieden,  von  einander.  Mesdelssoh."« 
bei  Lessing  13, 23. 

2)  heutig  (nach  heule  3)  in  freierem  sinne,  auf  dre  Jetztzeit 
bezüglich,  jetzig:  heuliger  w eiber  schmuck  ist  noch  prechtiger. 
Mathes.  Sar.  50*;  die  zwen  Pii,  viert  und  fünft,  sampt  irem 
heutigen  slulbesitzer  Gregorio  13.  Fischabt  bienk.  1588  144'; 
die  heutig  oder  velzig  red,  hodiernus  sermo.  Maaler  22ü*  ;  ein 
politicus,  wie  man  ihn,  heutiger  zeit,  in  gemein  rühmet. 
BiiTscHKY  Pd/ni.  447;  er  (Paracelsui)  ist  ein  naturphilosoph  in 
der  heutigsten  hedeulung  des  wortes.  H.Heine  7,11; 

der  alten  wält  geschieht 
hat  er  durch  beispihl  fein  auf  heitigs  thun  gericht. 

ROMPLER   113. 

aucfi  hier  die  Verbindung  heutiges  tags:  da  her  man  noch 
heuliges  tages  sagt,  auf  dem  berge,  da  der  herr  sihet.  1  Mos. 
22,14;  gefellet  mir  noch  heuliges  tages.  Luther  3,497'; 

derhalb  noch  heutigs  tag  ich  armer  singer 
west  gern  wie  der  man  doch  hies. 

meisterges.  ms.  germ.  fol."£i,  no.  9. 

heutig,  der  Jetztzeit  angehürig:  diese  familie  mochte  längst  aus- 
gestorben sein,  aber  in  dem  unlergeschosz,  das  an  einen 
garten  stiesz,  fanden  wir  nichts  verändert  . .  alles  mit  jenen 
früheren  tagen  übereinslimniend  und  in  dem  ganzen  räume 
nichts  neu,  nichts  heutig  als  wir  selber.  Güthe  26,  28S. 

HEUTIGSTÄGIG,  adj.:  wie  es  diesen  warten  ergangen 
ist,  wissen  wir;  und  sehen  zugleich  daraus^  wie  es  künftig 
allen  heuligslägigen  eiamischungen  ergehen  werde.  Klopstock 
12,39. 

HEÜTMORGEN,  adv.  zusammenrückung  von  heute  morgen 
{sp.  1295) :  wenn  ich  des  nuihrchens  denke,  das  du  heut- 
morgen  dem  freigrafen  aufgeheftet  hast.  Veit  Weber  sagen  d. 
vorzeil  6,172. 

HEüVOGEL.  m.  merops  apiaster,  ein  südeuropäischer  vogel 
{vgL  heumäher).  .\emsich  3, 561.  auch  eine  schmeUerlingsart, 
papilio  hyale. 

HEÜWAGE,  /".  wage,  worauf  man  heu  centnerweise  in  groszen 
häufen ,  auch  wol  in  ganzen  fudern  wiegt.  Jacobsson  2,  257*. 
audi  das  für  das  wiegen  des  heus  bestimmte  gebdude. 

HEUWAGEN,  »i.  plaustrum  ad  vehcndum  foenum.  Frisch 
1,44S':  mein  gewissen  war  bereits  so  weit,  dasz  ein  groszer 
heuwagen  hindurch  halte  fahren  mögen.  &mpl.  1,428  Kurz; 
er  schlägt  mir  ein  loch  in  die  mauer  so  grosz,  dasz  man 
mit  einem  beuwragen  durchfahren  könnte.  Kotzebde  dram. 
sp.   2.  198. 

HEUWERK,  n.:  gras-  et  heuwerk,  gramineta,  foeniseäum, 
abnndantia  graminis.  Stieler  2556. 

HEUWIESE,  f.  einhauige  wiese,  solche  auf  der  nur  einmal 
gras  gehauen  werden  kann,  dann  auch  diejenige  wiese,  die  von 
Walpurgis  bis  in  den  juli  nach  dem  abbringen  des  heus  vor  dem 
vieh  gehegt  und  alsdann  erst  betrieben  wird.  Jacobsson  0,  73*. 

HEUZEHE.NT,  m.  decimae  congesti  foeni.  Frisch  1,  44S':  da 
mite  hat  der  meygerhof  sin  höwzechendn  des  jares  berichtet. 
weisth.  l,Zh;  zehn  derselben  albus  für  den  hawzehenden  (ab- 
gäbe). 2, 111 ; 

dan  es  ist  gar  ein  ganze  wruost, 

daszt  mir  min  vetterlirh  erb  vertuost: 

ilen  höuzenden  in  dem  grosen  mos, 

die  winterhalten  und  dasz  wisz  res.    fastn.sp.B22,\h. 

82 


1299 


HEXCHEN— HEXE 


HEXE  — HEXEN 


1300 


HEXCHEN,  n.  kleine  hexe: 

dies  hexchen  sprach :  hört,  laszt  mich  Trci, 
80  schafT  ich  ihn  herein.        BBrger  25*; 
da  seh  ich  junge  hexchen  nacl(t  und  hio.sz 
und  alte  die  sich  klug  verhiillen.    Göthk  12,  211. 

ah  kosewort  (s.  unten  hexe  3): 

kommt  herbei,  ihr  liifipcn  Schwestern ! 

seht!  ein  holdes  crdenkind. 

sputet  euch,  bevor  sie  fliehet! 

solch  ein  hexchen  ist  geschwind.    UaLAnn  ged.  308. 

HEXE,  f.  kniebug,  vgl.  beclise  1  sp.  738.  auch  ein  krummes 
messer  der  gärlner,  vgl.  iiechse  3  sp.  739. 

HEXE,  f.  saga,  veneßca,  incantatrix. 

ahd.  liagaziissa  (vgl.  Lexer  mhd.  wh.  1, 1202)  und  verkürzt 
liäzus,  hJizis,  häzes,  hizissa,  ags.  hügtesse,  hägesse,  engl,  hag, 
vihd.  liecse,  liexse,  liesse;  das  scJiueiz.  fem.  hagscli,  higsch 
verscJimilztes  weib,  luxe  (Stalder  2. 10  neben  hüggeic  derselben 
bedeutung)  mag  dasselbe  worl  sein.  Zur  erkldrung  der  eigentlichen 
bedeutung  von  liexe  sind  manigfache  versuche  gemacht,  unter 
denen  der  Kants  (IO,  150),  das  tcorl  von  den  anfangslaulen  der 
messformel  bä  einwähung  der  hostie,  'hoc  tsl  corpits'  herzuleiten, 
aU  ganz  veraltet  gellen  kann.  Grinn  (mylhol.  992)  zieht  zur 
erklärung  alln.  liagr  klug  heran,  so  dasz  hexe  den  sinn  ver- 
schmitztes Keib  liätte;  andere  deuten  sie  mit  bezug  auf  hag  als 
Kaldtceib.  für  die  richtige  beurlhcilung  des  Wortes  scheint  die  volle 
ags.  form  von  wichtigiceit ;  sie  lehrt  uns  dasz  wir  es  mit  einem 
compositum  zu  Ihun  haben,  wäre  in  ags.  hägtesse  der  zweite 
theil  des  Wortes  bloszes  bildungssuffix ,  so  würde  bei  der  engen 
Verbindung,  die  schlieszende  consonanten-  der  würzet  mit  dem  an- 
laute des  sufßxes  einzugchen  pflegen,  die  assimilierte  form  häh- 
tesse  nach  dem  bekannten  gesetze  zu  erwarten  gewesen  sein.  ags. 
-tesse,  ahd.  zussa  in  dem  zu  erklärenden  worte  dürßc  zusant- 
menhangen  mit  ags.  tesu,  teosu  damnum,  inleritus,  contentio, 
praejudicium,  verderben,  tesvian  in  nachlheil  setzen,  schädigen, 
verderben  (Leo  ags.  glossar  142),  der  erste  theil  ist  hag  in  der 
bedeutung  landgut,  feld  und  flur  {rergl.  oben  sp.  138  und  ags. 
haga  gehegtes  feld,  garten,  voru-erk).  die  hexe  ist  demnach  die 
das  landgut,  feld  und  flur  schädigende,  zur  stütze  dieser  elymo- 
logie  darf  daran  erinnert  werden,  wie  im  uralten  Volksglauben 
die  liexe  stets  nur  als  eine  pcrson  erscheint,  die  durch  übernatür- 
liche mittel  das  besilzthum  der  nachbarn  und  einwohner  eines 
bezirks  schädigt,  und  namentlich  ihre  zerstörende  thätigkeit  auf 
körn  und  wän,  auf  das  vieh,  seine  weide  und  seine  mast,  die 
eicheln  (vergl.  Grimm  deutsche  sagen  no.  251)  richlel. 

hexe  steht 

1)  in  der  eben  angegebenen  bedeutung:  strix  hegecisse  (13.  bis 
ii.  jahrh.),  niederl.  haghetisse  Dief.  556';  saga,  ein  Zauberin, 
hägs,  unhold  Dasvp.,  im  deutschen  theile  häx  saga,  maleflca 
mulier,  venefica;  {der  wein)  schluckt  sich  besser  als  camels- 
haar  und  katzenhaar,  disz  musz  von  eiin  schvvieren  und 
gieren,  wie  der  hechsen  Scherben  und  lumpen.  Garg.  89';  die 
hex  so  die  selbe  wolfart  ausz  geheisz  ires  bulens  des  teufeis 
angericht,  hat  man  zu  Bern  verbrant.  Schade  .«;a/.  u.  pasqu. 
2,259,25;  es  blitzet  mir  im  herzen  nicht  anders,  als  ob 
tausend  hexen  welter  darinnen  gemacht  hätten.  A.  GnYi'Uius 
1098  1,794;  wir  läugneten  aber  beide  wie  die  hexen,  ob 
man  uns  gleich  mit  dem  henker  und  der  tortur  dräuete. 
Simpl.  3, 121  Kurz;  in  Abtschwind  und  Geiselwind,  viel  huren 
und  hexen  sind.  PisTomus  Ihes.  par.  2,  4 ;  in  der  Jugend  eine 
hure,  im  aller  eine  hexe,  4,  C2;  hexen  weinen  nicht.  10,48; 

du  hast  eim  guoten  gsellcn  zTressen  gän, 

ja,  katzenhirn,  ich  weisz  nicht  was, 

dai  er  sich  din  vermochte  hasz; 

des  ist  er  leider  worden  touh  ttolt), 

und  bist  ein  hci,  das  ich  glouli.    fasln,  sp.  8(i7,  13; 
das  selb  by  den  hccksen  war 

die  unser  landischaTt  alle  gar 

zfl  verderben  undersifindcn.    Muüneii  geuchm.  liiij; 

{ivei  viundertitiitrr  liniirn)  die  hexen  und  den  teuTel, 

der  fürchterlich  geblockt, 

durch  ein  allm.-ichtig  avp 

zur  holle  forlgebircckt.     IIoi.tt  «  Halm; 

■eildem  d«»  mädchen  eine  hexe  ward 

zu  Kheimi,  der  box«  fcind  iinii  nicht  mehr  Min, 

gehl  alle«  riickwnri».    ScniLi.ri  junijlr.  5,  I  j 

die  hexen  zu  dem  ]lrocken  zichn.    Uothi  12,  207; 

die  salbe  gibt  den  hexen  muiti, 

ein  lumpen  IkI  zum  kcgel  gut, 

ein  guten  neliifr  in  jeder  iro(; 

Her  niegol  nie,  der  h«UI  (zur   WuliiunjimarUi)  nicht 
j       .  ...  ""»•    210} 

du  bexen-eitimal-eini.  130. 


2)  als  Scheltwort  für  eine  alte,  widerliclie  frau,  weil  vian  sich 
die  hexen  verschrumpft  und  triefäugig  denkt :  do  .«sprach  die  alte 
beckcz.  Steinhöwei.  101  (ausgäbe  von  1489;  in  der  von  1487 
steht:  die  alte  vetlel);  ziilelzl  ...  kam  ein  altes  weib  ganz 
tropfnasz  daher,  die  sagte,  eben  als  sie  beim  jä^er  vorbei 
passirle:  ja,  ich  habe  disz  weiter  schon  wol  H  tage  in 
meinem  rucken  stecken  gehabt !  als  der  Jäger  solches  hiircle 
.  .  schlug  er  sie  .  .  übern  buckel  und  sagte:  du  alte  hex, 
haslus  dann  nicht  eher  heraus  lassen  können?  Simp/.  1,285 
Kurz;  in  Ulm  lieiszt  ein  altes  geiziges  schmuziges  weib  hekkfis. 
ScHHiD  156; 

Agathe  fort!  icli  nehme  mich  in  acht 

mit  solchen  liexen  ölTenllich  zu  gehen.    Götiie  12,  51. 

Auch  mehr  mit  dem  ausdruck  des  mitlcids:  doch  verschmähe 
ich  auch  das  vergnügen  nicht,  bisweilen  einem  dutzend  armer 
hexen  eine  dankburi  rührung  abzujagen.  Moser  jmtr.  phant. 
2,39;  die  arme  hexe,  die  alle  ihre  küiiste  von  dem  Schneider 
oder  der  putzniacberin  borgen  musz,  verräth  eine  milleidens- 
würdige  arniulh.  74.  —  Ferner  mit  dem  accent  des  ärgers,  Un- 
willens:  meiner  frau  geht  es  mit  ihrem  kammermüdcben 
ebenso,  ist  die  hexe  übler  laune:  so  sitzt  meiner  frau  das 
zeug  ordentlich  und  steif,  aber  nicht  ein  bischen  gefällig. 
257;  wie  ich  mürrisch  fragte,  was  denn  noch  für  inter- 
mezzos?  lieng  die  hexe  (die  kammerjungfer)  laut  an  zu  lachen. 
4,09;  willst  du  jetzt  mit,  welsche  hexe,  und  gut  Ihun? 
Hebel  2, 173; 

nur  fort,  du  brause  hexe,  fort!    Göthe  1,214. 

3)  ai<c/i  als  halbes  kosewort,  für  ein  junges,  geschu-indes  weib : 
ich  sage  ihnen  noch  einmal,  die  kleine  schwarze  liexe  ge- 
fällt mir  ungemein.  UCrcer  500* ;  der  Venediger  lachte  über 
die  listige  hexe.    Uieul  geschichten  aus  alter  zeit  (1804)  s.  92; 

den  ganzen  nachmittag  bis  sechse 
hab  gestern  ich  umsonst  geharrt  — 
umsonst,  du  kamst  nicht,  kleine  hexe. 

il.  Heine  18,302. 

4)  hexe,  name  für  die  nachtschwalbe,  Ziegenmelker,  caprimulgus 
europaeus.  Nemnich  2,  854.  im  Innthale  ist  hexe  auch  der  name 
eines  vachtschmellcrlings.  Fromm.  0, 150, 

5)  hexe,  eine  scJincckenarl,  trochus  magus,  auch  hexenineisicr. 
0)  hexe,  lipula,  die  schnake. 

7)  hexe,  figur  einer  besondern  ispielkarlenarl :  das  spiel  karten 
(in  der  hexenkarte)  bestehet  aus  36  blättern ;  und  die  bilder 
desselben  stellen  mancherlei  inänner,  zwei  banswürste  und 
zwei  hexen  vor,  und  von  den  letzten  haben  sie  auch  den 
namen  erhalten.  Jacobsson  2,  257". 

HEXEL,  «I.  häckerling,  für  häcksel,  vergl.  jp.  108: 

hier  ist  heu  und  hexel 
o!  in  menge  noch. 

Schmidt  t.  Wirnkdcben  ged.  276. 

HEXEN,  verb.  1)  intrans.  nach  art  der  hexen  wirken,  hexen- 
kunsl  treiben;  bei  Schm.  2, 148  auch  hechsncn,  tpie  fries.  hexna 
und  hoxna  (KicnTiioFEN  827).  er  kan  hexen,  arles  magicas  seit. 
Steinbach  l,  751; 

drumh  fragtest  oh  ich  hSgsen  kOnd. 

concit,  in  Sclieililes  litoster  8,  734 ; 
wohl,  sprach  ein  edler  rath,  es  seil 
und  ^ab  ihr  (einer  hexe)  oben  drein 
ein  eisern  Privilegium, 
zu  hexen  frank  und  frei  herum.    UBrckr  25*. 

]n  freicrem  sinne,  mit  unbcgreiflidier  Schnelligkeit  und  mit  dem 
scheine  des  übernaliirlichen  handeln,  wobei  der  begriff  des  bösen 
und  schädigenden,  wie  er  in  hexe  liegt,  ganz  zurücktritt,  .so  dasz 
hexen  nur  als  derberer  ausdruck  für  das  edlere  zaubern  steht: 
Spiegelberg,  wird  es  liciszen,  kannst  du  hexen?  Schillbr 
r(j«//cr  1,2;  Ilse,  kannst  du  hexen?  FnKirTAC  /lONf/.srAr.  2, 170. 
2)  transitiv,  im  strengeren  wie  im  milderen  sinne: 

manchem  ihrer  sühne  hext  die  mctze  (Furiuna) 
einen  russel,  der  nur  friszt  und  sjiufl.    IttiRCM  57>. 

Mit  amjiilie  der  Wirkung:  todt  hexen,  incanlamentis  noerre. 
Stiki.er  727;  da  wird  ein  schönes  improinplii  zusammen 
gehext  werden!  (iötiik  II,  5S;  sieh  doch,  sich,  das  srJiiüie 
gemiiiier  daliintcii!  isis  doch  als  wenn  die  fon  es  hin  ge- 
bext ballen.  14,  fl2; 

weisz  der  kfinstler  ja  zum  garten 
din  TrrfliK'hle^tcn  rinnen 
(imniblldeii,  w.ild  und  mntton 
uns  mit  llnieii  vurzuhcxon.    47,214; 

nie  wollen*  auch  gehext  haben !  Götter  3,  «90,  tPoWm  et  mÜ 
unbegreifticher  geschwindnjknt  gemacht  haben. 


1301 


ÜEXEiNBALM  —  HEXENUt  TTE 


HEXENKÄFER  —  HEXENPROBE 


1302 


3)  hexen,  mit  der  hexenkarle  spielen.  Schm.  2,  US.  vyl.  oben 
hexe  7  und  hexenkarte. 

•I)  hexen,  quälen,  plagen,  änipliyen,  auch  hechsnen.  Scan. 
a.a.O.  tirolisch  hexen  zaubern,  necken,  plagen.  Fromm.  6, 150; 
einen   hexen,  exercere.  Serz  69". 

HEXENB.\UM,  m.  prunus  padus,  bäum  der  schwarzen  vogel- 
liirsche.  Neüxtch  4,1074. 

HE.XE.NBERG,  m.  der  Brocken: 

mm  jfii)g.«ieii  tag  fühl  ich  das  volk  gereift, 
da  ich  zum  letzteamal  den  hexenberg  ersteige. 
GÖTHB  ii,  213. 

HE.XE.NBLTTER,  f.  bulyrum  a  sagis  confeclum.  Stei.xbach 
1,  234,  das  rolk  nennt  die  buiter  so,  aus  der  die  bultermilch  sich 
nicid  gehörig  gescitieden  hat,  was  dem  bösen  einflusz  der  hexen 
zugeschrieben  wird ; 

hier  sind  oiterneier,  in  heienbutter  geschmoret, 
fliegeuscbwämm,  in  tofana  gebeizt,  und  fette  tarauteln. 

Voss  2,262  (tVy//.  15,97,  der  bezauberte  leufel). 

HEXE.NEI,  n.,  pl.  heieneier,  nennt  man  solche  eier,  denen 
der  dotier  fehlt  und  die  statt  dessen  scIUan  gen  artig  zusammen- 
gedrehte häute  haben,  auch  die  pilzarl  phallus  impudicus  füJirt 
diesen  namen.  * 

HEXENELEMEM,  n.: 

das  leuchtet,  sprüht  und  stinkt  und  brennt! 
ein  wahres  hexenelement !    Göthe  12,210. 

HEXENFAHRT,/',  abreplb  lamiarum  ad  conventieula  nocturna. 

SrElNBACU    1,  395. 

HEXENFEST,  n.  conventieula  magarum  nocturna.  Stieles  473. 
HEXEiSFEX,  T?i.  hexenhaßer  possenreiszer : 

mit  hexen-fexen,  mit  gespenst-gespinnsten, 
kielkröpügen  zwergen  steh  ich  gleich  zu  dieasten  (warte 
des  ilephisloptteles).    Götue  41,72. 
HE.XEiNFINGER,  m.; 

ist  ihm  doch,  als  griffen  eiskalt 
hexentinger  in  sein  herze.     II.  Heinb  IS,  176. 

HEXENFÜHRIG,  adj.:  was?  ist  nit  die  nacht  traurig,  öd, 
schwermütig,  schläferig,  unlustig,  schrecklich,  gespänst- 
grausend,  hexenführig?  Garg.  125'. 

HEXE.NGELD,  n.  geld  von  hexen  herrührend:  das  hexengeld 
suil  uns  ebenso  gut  gedeihen  als  uns  heute  morgen  der 
gestühleoe  und  geschenkte  Schinken  geschmeckt  hat.  Rieul 
lullurgesch.  nov.  373. 

HEXENGERATHE,  n.  gerdthe  wie  es  die  hexen  brauchen. 
Thümmel  3,441. 

HEXENGESCHICHTE,  f.  daemonologia,  zaubergeschichle.  Stie- 
ler  1747. 

HEXENGESCHLECHT,  n.  lamiarum  soboles.  Stieler  1803. 

HEXENGESPENST,  n.:  wirst  du  sie  (;ai<6prifor/e)  anfahen 
zu  reden,  wer  weisz,  was  du  alsdann  vor  hexengespenst 
damit  herbei  lockest?  Simpl.  2,168;  indem  er  von  fernen 
gestanden,  und  beides,  wolf  und  fasz,  vor  ein  hexengespenst 
gehalten.  3,  412. 

HEXENGIERER,  m.  ein  in  hexenhaßer,  bösartiger  weise  hab- 
gienyer?:  indessen  kam  der  mann  mit  der  geisz  »iderumb 
und  berichtet,  dasz  sie  die  presser  oder  hexengierer  {steuer 
eintreibende  Soldaten)  nicht  allein  ausgemolken,  sondern  auch 
ihme  am  gülden  thaler  den  übrigen  balzen  . .  vor  ihren  lohn 
einbehalten.  Simfl.  3,359  Kurz. 

HEXENGLAL'BE,  m.  glaube  an  hexen,  grenzbolen  1S46  s.  461. 

HEXENGOLD,  n.  gold  durch  hexen  erlangt:  hexengold  und 
musikantensold  vei  (liegt  über  nacht.  Riehl  culturgesch.  nov.  235. 

HEXENGRAS,  m.  tremella  sagarum. 

HEXENHAUFE,  m.; 

frau  Baubo  vor!  und  angeführt! 

ein  tüchtig  scbwein  und  mutter  drauf. 

da  folgt  der  ganze  hexenhauf.    Göthe  12,  207. 

HEXENHALSRATH,  m.:   wände  und  decke  sind  mit  dem 
seltsamsten   hexenhausralh  ausgeschmückt.  Gothk  12,118. 
HEXENHEER,  n.  ; 

ich  mag  in  diesem  hexenheer 
mich  gar  zu  gern  verlieren.    Göthi  12,  227. 
HEXENHEIT,  f. : 

und  wenn  wir  um  den  gipfel  ziehn, 

so  streichet  an  dem  boden  bin, 

und  deckt  die  beide  weit  und  breit 

mit  eurem  schwärm  der  bezenbeit.    Güth«  12,210. 

hf:xenhCtte,  f.: 

edler  Sänger,  wie  geriethest 

du  in  diese  bexenhütte? 

unil  warum  bat  man  so  grausam 

dich  in  einen  hund  verwandelt?    H.  [(iini  17.  90 


HEXENKÄFER,  m.  meloe  proscarabaeus,  aus  beckeDkäfer 
verderbt.  .Nejisich. 

HEXENKÄMMERLELN,  n.  in  weklies  die  gefangenen  hexen 
gelegt  wurden:  man  het  sie  villeicht  in  die  euszerste  finslnusz 
eines  kerkers,  und  das  undersle  gewelb  eines  Ihurns  oder 
ins  hechsenkäramerlin  geworfen ,  da  den  letzten  heller  zu 
bezalen.  Garg.  238*. 

HEXENKARTE,  f.    Spielkarte  von  36  blättern^  mü  den  unter 
hexe  7  {sp.  1300)  beschriebenen   figuren.     in  Baiern,    vorzüglich 
in  München  gebräuclilich.  Jacobsson  2,  257*. 
HEXENKESSEL,  m. : 

in  der  fremde  musz  ich  traurig 

als  verwünschter  mops  verschmachten, 

und  den  hexeukessel  hüten!    U.  Ueinb  17,89. 

HEXENKLÜBB,  m.: 

wild  saust  aus  tiefem  Schacht, 

vom  hagern  greif  bewacht, 

im  Sturm  der  gnomen  trupp 

hervor  zum  hexenklubb.    Matthissc«  ged.  207. 

HEXENKRAUT,  n.  name  einer  ganzen  reilie  von  pflanzen : 
1)  hypericum  perforatum,  Johanniskraut ;  2)  reseda  luteola,  wau, 
giWkraul ;  3)  staclrys  annua  und  alpina,  jährige  rossnessel  und 
alpenrossnessel ;  i)  polypodium  filix  mas,  männliches  farrenkraut ; 
5)  circaea,  Stephanskraut,  waldkletten;  6)  arlemisia  judaica,  wurm- 
samen, zittwersamen ;  7)  atropa  mandragora,  alraunwurzcl;  8)  lyco- 
podium  selcu]o,  tangelmoos,  lauskraut.  Nemnich. 

HEXENKREIS.  m.  psychomantium.  Stieler  946. 

HEXENKÜCHE,  f.  küche  einer  hexe.  Göthe  12, 119. 

HEXENKUNST,  /. ;  so  ein  mann  durch  zaubere!  oder  andre 
hexenkunst  zu  den  ehelichen  werken  unvermüglich  worden 
were.  Tabebxaejiont.  99. 

HEXENLAUS,  f.  die  durch  behexung  erlangte:  bexenleuse, 
pediculi  magici.  Stieler  1091. 

HEXEN.MACHT,  f.  zaubermacht,  vis  incanlatrix,  magica,  lami- 
narum  vires.   Stieler  1204. 

HEXEN.MÄDEL,  n.  nacA  hexe  3  5p.  1300:  das  bezenmädel! 
bin  ganz,  ganz  caput.  Fr.  Müller  2, 148. 

HEXENMA.NN,  m.  veneßcus,  incantator.  Stieleb  1235. 

HEXEN.MÄNNCHEN ,  n.  name  für  das  beinzelmänncben 
sp.  890. 

HEXENMEHL,  n.  der  gelbliche  same  des  bärlapp,  lycopodium 
clavatum,  als  hansmittel  und  auf  der  Schaubühne  zum  blitz  maclien 
verwendet. 

HE.XEN.MEISTER ,  m.     I)  der   männliche   genösse   der   liexe, 
schädigender    zauberer:    häxenmeister,    veneßcus   Maalei  206*; 
Zauberer  überhaupt:  chrislallengucker,  hechsenmeister,  parilleo- 
seher.  Fiscuart  groszm.  51 ;  ein  graubärtiger  Aegypter  .  .  ein 
gelehrter  hexenmeisler.  Fr.  MC'LLEB  1,167; 
bat  der  alte  faexenmeister 
sich  doch  einmal  wegbegeben!    Götbi  1,237; 
das  sind  keine  hexenmeisler, 
sie  bezaubern  keinen  menschen.    H.  Heine  17,89.   ' 

in  redensarten  :  ich  bin  kein  hexenmeister,  kann  nicht  in  groszer 
geadtwindigkeit  etwas  herstellen;  schlechter  heKenmeister,  pessimus 
litterarius  faber,  artis  parum  perilus.  Sehz  69*. 
2)  eine  schneckenart,  trochus  magus.     vgl.  hexe  5. 
HEXENMILCH ,  f.    zaubermilch,    drachenmilch,   lae  magicum, 
incantamentis  acquisitum.  Stieler  1266.     auch  die  pflanze  eupbor- 
bia  peplus,  teufelsmilch,  hundsmilch. 
HEXENNEST,  n.. 

aus  dem  fenster  von  Urakas 

hexennest  könnt  ich  vonrelTIich 

das  gespensterheer  betrachten.    H.  Heini  17,  67. 

HEXENORT,  m.  verhexter,  verwünschter  ort: 
was  ist  das  für  ein  hexen-ort? 
da  bricht  uns  die  geduld !     Guthe  47,  85. 

HEXENPFANNE,  f.  pfanne,  wie  sie  die  hexen  zur  bereitung 
ihrer  zaubermittel  brauchen:  wenn  man  Wielands  poetische 
Schriften  stückweise  in  eine  hexenpfanne  neben  einander  setzte 
und  sodann  über  einem  gelinden  feuer  so  lange  schmorte,  bis 
naturell,  geist,  anmuth,  heilerkeit  mit  allen  übrigen  lebeudigeo 
eigenschaflen  völlig  abgeraucht  wären.  Göthe  33,221. 

HEXENPLATZ,  m.  platz  auf  dem  die  hexen  tanzen:  weil 
ivind  und  regen  das  an  vielen  orten  fast  mannshohe  gras 
niedergeworfen  und  ineinander  verwickelt  hatten,  so  dasz 
das  feld  fast  aussah,  als  ob  es  ein  bexenplatz  gewesen  sei. 
Felder  sondert,  i,  88. 

HEXENPROBE,  f.  probe,  welcher  man  die  der  hexerei  ange- 
klagten unterwarf,  um  ihre  schuld  oder  unschuld  zu  erkennen, 
vgl.  wasserprobe. 

82» 


1 303      HEXENPROZESS  —  HEXEN  WETTER 


HEXENWIRTIISCH  AFT  —  III 


1304 


HEXEiNPROZESS,  m.  processus  contra  sagas:  wie  sollte  der 
herr  gerichtsverwalter  gesprudelt  haben ,  wenn  er  in  den 
reiten  geboren  wäre,  wo  die  hexenprocesse  noch  motle  waren. 
Rabener  1, 114.     bildlich  ein  verworrener  Itandel.  Schm.  2, 148. 

HEXENPÜLVEll,  n.  uie  he.xenmehi,  der  same  des  bdrlapps. 

HEXENREITIG.  adj.  gewohnt  wie  die  hexen  zu  reiten :  schne- 
ckenkriechen,  hechsenreulige  niareschrötlein,  aufliocker,  wich- 
telein, erdniiinnlein.   Fisciiart  groszm.  132. 

HEXENRIiN'G,  m..  pl.  he.venringe,  nennt  man  auf  Viehweiden 
concentrische  grüne  ringe,  die  üppigen  grasteuchs  haben,  während 
das  land  umher  die  nackte  erde  zeigt. 

HEXENRITT,  m.  .• 

das  beisz  ich  frischen  hexenritt!    Götbb  41,  14S. 

HEXENSALBE,  f.  salbe  der  hexen,  für  ihren  sauber  gebraucht: 

ist  er  wirlilich  ein  verstorbner, 

dem  die  niutterliebe  niicbtiich 

mit  der  stnritsten  hexensalbe 

ein  verzaubert  leben  einreibt?    H.  Heise  17,84. 

HEXENSÄULE,  f.  an  der  die  hexen  verbrannt  wurden  :  hrand- 
seule,  sive  hexenseule,  columna  pyrae  sive  rogi  et  incendiaria. 
Stiei.er  1693. 

HEXENSCHULE,  f.  inslitutio  magiae,  zauberschule.  Stieler 
1722. 

HEXENSCHÜSZ,  m.  plötzlich  eintretender  rhetmatischer  schmerz 
in  der  untern  r&ckengegend ,  nach  dem  Volksglauben  durch  an- 
zauberung einer  hexe  entstanden :  leidet  jemand  an  Steifheit  im 
kreuz,  so  sagt  man,  er  habe  einen  hexenschusz.  Cürtze 
Volksüberlieferungen  aus  dem  fürstenth.  Waldeck  s.  391.  ebenso  in 
Brandenburg,  Düringen,  Obersachsen. 

HEXENSCHWARZKUNST,  f.: 

glaub  auch  nicht  an  hexenschwarzkunst. 

ScusFFEL  irompeler  t.  110. 
HEXENSOHN,  m.: 

umgebet 
den  eiagedrungnen  hexensohn  {Mephistopheles) ! 
GöTHE  41, 147. 
HEXENSPRUCH,  ct.: 

ihn  (einen  primen)  hat  verwandelt 
bexensprucb  in  einen  bund.    (1.  ükine  18,  171. 

HEXENSTEIG,  m. ;  eine  besondere  eigcnheit  des  hasen  ist 
die  bereitung  des  hexensteiges;  wenn  nämlich  das  getreide 
schon  sehr  hoch  und  dicht  steht,  so  beiszt  er  sich  steige 
durch  dasselbe,  um  weniger  vom  thau  und  regenwasser  durch- 
näszt  zu  werden.  Thüngen  waidm.  pracl.  99. 

HEXENSTICH,  m.  bei  den  nähterinnen  eine  art  des  Stiches, 
der  kleine  Uidier  in  der  naht  Ulszt. 

HEXENSTRAFE,  f.  supplicia  lamiarum.  Stieler  2195. 

HE.XENSTRANG,  m.  clemalis  flammula,  die  brennende  waldrebe. 
auch  clemalis  vilalba,  gemeine  waldrebe,  teufelszwirn.  Nemnich 
2, 10C3.  1004. 

HEXENTANZ,  m.  i)  tanz  der  hexen:  ob  ich  mich  nicht 
auch  neben  andern  unholden  auf  dem  hexentanz  befunden? 
Simpl.  1,  213  Kurz; 

dasz  sie  den  teufet  einstens 

beim  hexentanz  ertappt.    Höltt  9  Halm. 

der  hexentanzpiatz  heiszt  eine  stelle  auf  dem  Brocken  im  Ilarz- 
fjebirge. 

2)  das  irrlichl. 

3)  die  haut,  welche  sich  bei  gekochter  milch  oder  sahne  oben 
ansetzt.  Schn.  2, 146. 

HEXEN  VOGTIN,  f.,  als  sclieltwort:  sehet  euch  vor  vor  der- 
gleichen rostigen  schierhacken  und  hexenvogtinnen,  welche 
unter  allerhand  vorwand  und  prätexten  die  hüuser  aus-  und 
ein  laufen,  verschiedene  blodereien,  inischgemüsch  und  trisch- 
träsch  machen.  NEt!«ER  tdndclmarkt  160. 

HEXENVOLK,  n.  artts  magicae  sectatores,  veneßciis  et  can- 
lionihu^  deditt.   Stiei.ER   23fs8. 

HEXENWERK,  n.  veneficium,  canlamen :  hüxenwerk  treiben, 
mit  Zauber)'  umbgon,  cantare,  incantarc,  excantare.  Maai.er  206'; 
heienwerk  ,  Zauberei ,  it.  taschenspiclerei ,  praesliiiiae  Krisch 
1.450';  dieser  wein  ist  denen,  ho  durch  Zauberei  und  hexeo- 
Merk  ihre  mannheit  verloren,  ein  beilsame  arznci.  Tabernae- 

H'ISTANIJS    100. 

HEXENWE.SEN,  n. 

HEXENWETTER,  n.  von  hexen  gemachtes  unwetter : 
kein  wunder,  «Li»  vil  lief  linTiHcmr 
cntutehn,  und  dnnt  der  l"'  'nir, 

wann  darein  kompl  dl.<ii  i  ijig. 

litiiinT  diiltt.':,  t  iJetuilerhbtt.); 


wiewol  die  hexenwetler  nit  natürlich  sind,  darumb  so  wollen 
wir    unser    meteororum    nit    mit    ihren    künsten    beflecken. 
Paracelsus  opp.  2,  IISB. 
IIEXENWIRTHSCHAFT,  f.: 

aus  <lcm  spulx  der  bexenwirthschaft 

steigen  wir  ins  tlial  herunter.    11.  IIkitik  17,  9(i. 

HEXENVVOLF,  m.  der  werwolf,  lijcanihropus.   Stielek  2575. 

HEXENWORT,  n.:  häxenwort,  zaubeiaclilige  worl,  nia^ri 
soni.  Maaler  206'. 

HE.XENZEICHEN,  n.  zauberzeiehen,  sagarum  noiae.  Stieler 
2611. 

HEXENZÜNFT,  f.: 

Faust,  was  weben  die  dort  um  den  rabenstein? 

M.         weisz  nicht  was  sie  kochen  und  schaffen. 

F.         schweben  auf,  schweben  ab,  neigen  sich,  beugen  sich. 

M.         eine  hexenzunft.  Götbs  12,  236. 

HEXER,  m.  der  hexen  kann,  hexenmeister,  veneßcus.  Stein- 
BAcn   1.  7.'>l. 

HEXEREI,  f.  kunsl  des  hexens,  Wirksamkeit  eines  hexenden, 
eines  Zauberers:  hexerei  veneßcii  crimen,  veneßcium,  incantatio 
Friscu  1,450*;  ich  will  nichts  damit  zu  schaffen  haben,  das 
ist  haare  hexerei!  Güthe  11,293; 

sie  lehrten  mir  kleine  hexereien, 

feuer  besprechen,  vögel  bescbreien, 

auch  pflücken  in  der  Johnnnisnacht 

das  krautlein,  das  unsirhtbar  macht.    H.  IIrike  IS,  104. 

Sprichwörtlich  das  ist  keine  hexerei,  das  kann  ein  jeder;  ge- 
schwindigkeit  ist  keine  hexerei;  kunst  ist  keine  hexerei, 
artes  honestac  non  slatim  pro  pracstigiis  hahcndae  sunt.  Stein- 
bach 1,751;  sehet  also,  das  ist  die  ganze  hexerei,  die  ihr 
in  einem  heiligen  nebel  verschleiert,  unsre  furchtsamkeit  zu 
misbrauchen.  Schiller  rduber  1,1;  Razmann.  aber  so  inöcht 
ich  henkers  doch  wissen,  was  für  hexereien  du  brauchst  — 
Spiegelberg,  hexereien  ?  braucht  keiner  hexereien  —  köpf  muszt 
du  haben!  2,3;  seht  mich  alten  kerl  einmal  an !  betrachtet 
wie  ich  mich  erhalten  habe!  und  das  alles  ohne  hexerei 
und  mit  weit  weniger  mühe  und  Sorgfalt,  als  man  täglich 
anwendet  um  sich  zu  beschädigen.  Güthe  22,41.  —  hexerei 
für  einen  unerklärlichen  Vorgang:  aber  jetzt  erklären  sie  mir 
auch  die  verdammte  hexerei,  wie  ist  es  damit  zugegangen. 
KüTZEBUE  dram.  sp.  2,  220. 

HEXERICH,  m.  einer  der  hexen  kann,  volksmäszigc  motion  zu 
hexe:    es  giebt  keine  bexriche.  Freytac  soll  u.  haben  2,294. 

HEXERISCH,  adj.  nach  art  der  hexen:  hexerische  mittel, 
remedia  magica,  hexerische  worte,  ejuralioncs,  dirae,  exorcismus, 
dei'otiones.  Stieler  727.     vgl.  hexisch. 

IIE.\IN,  f.  hexe:  hexin,  pharmaceutria,  veneßca,  saga,  makßca 
mulier  Dasyp.  ; 

bist  doch  und  bleibst  ein  hexin  all 
vol  katienglaubens  mit  gewalt. 

IIatneccids  Hansofr.  2,  2. 

ah  halbes  schmeichelworl  (wie  hexe  3  sp.  1300),  von  einem  ver- 
liebten in  bczug  auf  sein  mädchen : 

was  eins  ein  kind 
um  solche  bexin  ist! 

Kl.  Schmidt  im  Leipt.  musenatm.  1779,  a.  2hi. 

HEXISCH,  adj.  nach  art  der  hexen :  aber  deren  alten  wy- 
beren  hexische  künstlein,  da  sy  süliche  ding  an  wyben  und 
mannen  füideren  und  hinderen  könnend,  werdend  hie  ver- 
holten und  den  hohen  oberkeitwi  zugesfelt.  Rüff  trostbüchle 
104';  zauberisch,  teuflisch,  bexisch.  Paracelsds  opp.  l,  87Ü. 
vgl.  hexerisch. 

HEXLEIN,  n.  kleine  hexe,  im  spöttischen  oder  verächtlichen 
sinne: 

früh,  als  da«  tbor  ward  aiifgethan, 

sieb!  da  kam  unser  hcxicin  an.    IICrgir  25*. 

HEXUNG,  f.  incantatio,  fascinus,  fascinalio.  Stieler  727. 

Hl,  i'nfcr;.  1)  ein  kiclicrndes  lachen  zeicJtnend:  hi,  hi,  bi,  was 
bricht  dir,  mein  Elitia.  Wirsunc  Calixstus  (1520)  B5*;  I'armenio. 
hy,  hy,  hy.  Celeslina.  wie  da,  mein  sun,  du  lachst  sein.  0  4'; 
von  Grüningsrck  slüszt  an:  nun  die  braulnacht!  frau  Hum- 
brecht! frau  llumbrerht :  hi,  10.  hü  sie  wollen  nrf^°,  glaub  idi. 
ein  räuschchen  anhangen.  H.L.  Wacnkr  die  AiMrfrrmrirrfmii  14; 
hi  hi,  hi  hi  hi!  das  thun  sie.  30;  hi,  hi,  hi,  sagt  irhs  nicht? 
du  bist  verliebt,  scb.'ltzchcn,  gelt?  Wieland  11,232;  bi.  hi ! 
ich  verstehe  inirli  auch  ein  wenig  auf  diese  art  von  sommer- 
vOgeln.  229 :  die  daincii  kicherten  ein  zirpendes  hi,  hi,  bi,  in 
das  dumpfe  douncrnde  ba,  ha,  ha,  derniaiinspersunen.  19,6;i; 


1305 


HI  — HIE 


HIE  — HIEB 


1306 


schnell  gibt  er  ein  küszchen 

der  jüngsten,  hihi!    Fr.  Mcllkk  2,394; 

hi!  hü  ich  wills  doch  wagen, 

ob  mich  das  thier  will  tragen.    Bcrger  22'. 

2)  seil Itichzen des  u-einen  ausdrückend:  klar  weinend  hi  bi 
hi  hi.  Weisze  kom.  opern  (1777)  2,  232. 

HI  in  dir  fuhrmannsspraclie:  dann  fuhr  er  in  das  dorf  hinein 
und  schrie  hi  und  hot  und  wistabe.  Zingeble  hausmärehen 
2, 7.     vergl.  hü. 

HICKEL  ,  n».  ?  n.? :  slrix,  schafhickei ,  keuzel.  Avestis 
gramm.  El. 

HICKELN,  verb.  etwas  hinken,  hessisch.  Viljiar  167;  das  pferd 
war  an  einem  fusz  lahm  und  hickelle.  Grimm  kinder-  und 
haiism.  2,  247.  in  Aschaffenburg  hückeln,  bickeln,  avf  einem 
bein  hupfen.  Schm.  1. 1050  Fromm. 

HIE,  adv.  ibi,  die  gekürzte  form  zu  hier,  tcie  da  {th.  2,646) 
aus  dar  entspringt,  die  kürzung  läszt  sich  seit  dem  9.  jahrh. 
nachH'ei<en,  alid.  bia  seltener  neben  liiar  (MCllexhofp  w.  Scherer 
$.  2S0),  später  seit  dem  10.  jahrh.  hie  {das.  205,63—67),  im 
mhd.  in  der  letzteren  form;  in  der  modernen  spräche  veraltet, 
obwol  noch  bei  Göthb  oß  genug  begegnend,  es  steht,  (/emäsz 
seinem  Ursprünge  aus  dem  demonstrativslavime  hi,  zuerst  local  in 
dem  sinne  an  diesem  {einem  sprechenden  näclist  liegenden)  orte, 
dann  auch  temporal. 

l)  hie,  an  diesem  orte:  du  bist  der  erniger  frembdling  hie. 
1  Mos.  19.  9;  herr,  hie  ist  gut  sein.  JtfüHA.  17,  4;  zu  dem  sprach 
<ler  herr  im  gesiebte,  Anania.  und  er  sprach,  hie  bin  ich 
herr.  apostelgesch.  9,10;  was  stehet  ir  hie  den  ganzen  tag 
mtissig?  Malth.  20,6;  hie  stehe  ich.  ich  kan  nicht  anders. 
LcTHER  1,444';  spottend:  hie  sitze  ich  Hans  mit  den  roten 
hosen.  3,69';  lasset  die  andern  auch  hie  zugegen  sein,  denn 
ich  wil  es  e.  may.  vor  inen  o£fenbaren.  Amadis  31;  ich  lige 
hie  in  deiner  gewalt.  Schdppios  440; 

und  wie  der  mensch  nur  sagen  kann;  hie  bin  ich! 

dasz  freunde  seiner  schonend  sich  erfreun.    Göthb  9,  117; 

es  ist  so  schwül,  so  dumpfig  hie  (:  wie).    12,  141 ; 

flieh,  täubchen,  flieh  I  er  ist  nicht  hie  (:  nie).    47,  61 ; 
im  Schlachtruf:  hie  schwert  des  berrn  und  Gideon,  rieht.  7, 20. 
viit    näherer  Ortsbestimmung:    der  sterb  {das  sterben)  .  .  .  was 
grosz    auf  dem   lant  und  hie  in  der  statt,    deutsche  städlechr. 

1,  39S,  18;  ich  stehe  hie  bei  dem  wasserbrun.  l  Mos.  24,13; 
der  sterbe  hie  für  unsern  brüdern.  31,32;  gehet  hin,  opfert 
ewrem  gotte,  hie  im  land.  2  Mos.  S,  25 ;  wo  nemen  wir  brot 
hie  in  der  wüsten?  Marc.  8.4;  icii  helle  e.  I.  ankunft  mich 
nicht  so  bald  hie  zu  land  versehen.  Amadis  51 ;  damit  ein  tbeil 
hinüber  komm,  ein  Iheil  bie  jenet  bleibe.  Fro.xsp.  kriegsb. 
1,134';  hie  hinein  muszt.  Wickram  rollw.  35,14  Kuiz;  vergl. 
unten  hieneben,  hieoben,  hienieden  ti.  a. ; 

hie  niden  im  feld  bi  der  brück 

do  schlug  man  ril  der  vienden  »öruck. 

Lilik:<cron  votksl.  2,  411,  49. 
hie   auf  eine   buelistelle  gehend:    bie  Unterricht  s.  Paulus  die 
eheleut.    Luther  2,299',     vergl.  unten  5  hie  von  dem    verlauf 
einer  eriählung ;  bie  hernach  sIen  geschrieben  ..  d.  stddtechron. 

2,  489,  32. 

2)  gern  ist  hie  im  gegensatz  zu  da  oder  dort  gestellt  {vergl. 
theil  2,649):  man  wird  auch  nicht  sagen,  sihe  hie  oder  da 
ist  es.  denn  sehet,  das  reich  gelles  ist  inwendig  in  euch. 
Lue.  17,21;  doch  kann  niemand  sagen:  siehe  hie  oder  da 
ist  sie.  Liscov  137.  hdußg  in  unbestimmtem  sinne,  und  ver~ 
Streuung  über  eine  grüszere  strecke  zeichnend:  macht  hie  und  da 
graben,  an  diesem  bach.  ikön.  3,16;  wenn  du  gleich  hie 
und  da  flickest.  Sir.  10,10; 

vieles  wird  sich  da  und  hie 

uns  entgegen  stellen.    Göthk  5,  100; 

sie  finden  alles  da  und  hie 

so  dumm  und  so  absurd  wie  sie.    4,  366. 

3)  hie  bezogen  auf  diese  erde,  in  der  wir  jetzt  weilen :  füret 
ewren  wandel,  so  lange  ir  hie  wallet,  mit  furchten,  l  Petr. 
I.  17;  spricht  sanctus  Paulus,  es  ist  hie  in  unserm  leben  uff 
diser  erden  nit  ein  zeit  der  gerechtigkeit  gottes.  KErsERSBERC 
bilg.  37  ; 

so  ist  doch  warer  tugeut  art, 

das  hi  ir  Ion  oft  wftrt  gespart.     Schwarzenberg  liö'; 

der  ist  bis  xum  grabe 

wohl  berathen  hie, 

welchem  gott  die  gäbe 

des  vcrtrauns  verlieh.    Overbeck  verm.  ged.  7. 
im  geqensalj  zum  himmlischen  dort  (vgl.  th.  2,  tznö) :  goit  wolle 
alle  belrübelen   hie  und  dort  erfreuwen.  b.  d.  Uebe  229* ;  doch 
ist  besser  hie  als  dort  gelitten.  Simpl.  3.  12'<  Kurz; 


so  sing,  das  du  ewiklich  singst, 

hie  und  dort,  wie  dus  volbringst!    fastn.  sp.  539,  15; 

das  er  hie  deste  weniger  guter  tage  habe,  damit  er  in  jenem 
leben,  ewiglich  eitel  gute  tage  habe.  Luther  2,  297". 

4)  hie  abgeblasst,  niciU  gerade  auf  den  ort,  vielmehr  auf  um- 
stände und  Verhältnisse  bezogen :  wie  viel  ewer  getauft  sind,  die 
haben  Christum  angezogen,  hie  ist  kein  Jude  noch  Grieche, 
hie  ist  kein  knecht  noch  freier,  hie  ist  kein  man  noch  weih, 
denn  ir  seid  allzumal  einer  in  Christo  Jesu.  Ca/.  3,  28;  laszt 
uns  fliehen,  denn  hie  wird  kein  entrinnen  sein  für  Absalora. 
2Sam.  15,14;  der  ehstandt  ist  ein  stand  des  glaubens  und 
der  liebe,  denn  hie  lernet  mann  golt  vertrawen.  .\gr.  spr. 
(1560)  190'.  verstärkt:  so  ist  doch  hie  disz  orts  solche  ver- 
hindernus  . .  eingefallen.  Amadis  I9. 

5)  hie,  auf  zeit  und  stunde  gewendet  {vergl.  auch  unten  hie- 
bevor):  antiquitus  hie  vor  alten  ziten  Dief.  38':  sihe,  die 
stunde  ist  hie,  das  des  menschen  son  in  der  sünder  hendc 
überantwortet  wird.  Matth.  26,45;  meine  zeit  ist  noch  nicht 
hie.  Joh.  7, 6 ;  vater,  die  stunde  ist  hie,  das  du  deinen  son 
verklerest.  17,1;  ist  aber  die  zeit  hie,  dasz  ich  in  dieser 
krankheit  ausz  der  weit  scheiden  sol.  Schoppios  434 ; 

gebiut  dinem  munde 

hie  ze  dirre  stunde 

daj  er  stille  gedage.    Hartmaji»  1.  büelit.  490; 

die  stund  ist  hie,  die  er  im  raht 

von  ewigkeit  geordnet  hat.    trag.  Joh.  Aviij. 

von  dem  verlauf  einer  erzählung,  eines  berichles,  im  sinne  von 
nun,  jetzt:  hie  soll  man  warnemmen  der  groszen  weiblichen 
Schwachheit  und  blödigkeit  bei  dieser  fürstin.  Amadis  24; 
hie  rait  herzog  Ernst  zuo  dem  fürsten.  herz.  Ernst  244, 20 
Bartsch; 

hie  mus  ich  unter  wegen  lau 

zu  berichten,  was  einjede  fan  .  .  . 

für  färb  gehabt,    mückenkr.  1,  939. 

auch  die  Verbindung  hie  und  da  {oben  no.  2)  steht  zeillich :  eine 
miserable  lust  hie  und  da  über  die  schnür  zu  hauen.  Tieck. 
der  sinn  schwankt  zwischen  örtlichem  und  zeitlichem: 

ich  sage  nicht,  dasz  du  nicht  hie  und  da 

bescheiden  deine  feile  brauchen  solltest.    Götbk  9,228. 

6)  s.  weiteres  unter  hier,  bei  zusammenrückung  mit  adverbien 
und  praeposiiionen  ist  die.  letztere  form  auch  in  älteren  quellen 
gewühnlidi  gebraucht,  wenn  das  adverb  oder  die  praeposilion  voca- 
lisch  beginnt  (hieran,  hierinnen,  hierüber  m.  s.  w.),  sofern  nicht 
zusammenziehung  eintriU  {vgl.  hausz  und  hauszen  aus  bie  ausz, 
bie  auszen  sp.  698.  699,  und  unten  hoben  und  bunten  aus  hie 
oben  und  hie  unten),  im  andern  falle  setzen  die- dllern  quellen 
getcühnlich  bie,  vgl.  unten  hiebei,  hiehin,  hiemit  «.  a. 

HIEALSZ,  adv.  extra,  foris,  mhd.  hie  üje,  höje:  weiter 
sagt  er  vom  hofleben,  es  sei  gleich  einer  badstuben,  da  die, 
so  darin  sein,  herausz,  und  di»  hieausz  sein,  hienein  eilen. 
Zt.'VKGREF  apophth.  1,  275. 

HIEB,  m.  ictus.  das  wort  ist  erst  seit  dem  n.  jahrh.  an  stelle 
des  altern  hau  {sp.  561)  zu  belegen;  vorbereitet  aber  wird  es 
dadurch,  dasz  das  ehemals  wurzelscJdieszende  w  des  verbums  ahd. 
hauwan,  mhd.  houwan  hauen,  mit  dem  hieb  zusammenhängt, 
sich  in  b  verhärtet,  und  das  particip  des  besagten  verbums  neben 
gehauen  sich  seit  dem  16.  jahrh.  auch  als  gebieben  fesIsHzt 
{vergl.  sp.  574.575).  im  17.  jh.  werden  noch  das  alte  hau  und 
die  neue  form  hieb  neben  einander  gebraucht:  durch  einen 
heftigen  hau  seines  schwerdts.  Lohe.isteih  Arm.  i,  47',  gleich 
darauf:  Segesthes  verfolgte  .  .  .  sein  glücke  mit  vieirältigen 
hieben. 

hieb  bezeichnet: 

1)  die  handlung  des  hauens,  schlagens:  jeglicher  hielt  ein 
silbern  heil  als  zum  hiebe  auf  der  schuller.  pers.  reisebeseJir. 
1,7;  die  ersten  hiebe  der  keilhaue.  Güthe  56,175;  und  wenn 
der  hals  in  den  schultern  steckte:  so  musz  er  (rfer  iop/)  bei 
mir  auf  einen  hieb  herunter  {worte  eines  sciiatfrichters).  Gellert 
4,101;  die  kinder  bekamen  hiebe;  die  jungens  hatten  ihre 
hiebe  besehen.  Holtei  Lammfell  t^2;  sprichwürllich :  kein  bäum 
fallt  auf  den  ersten  hieb;  das  ist  viel  auf  einen  hieb.  Schiller 
rduber  l,  2 ; 

sicher  vor  des  todcs  strengem  hiebe.    Scbillek  Etysium. 

2)  hieb  ist  namentlich  fechlerausdmck,  von  dem  kun^gerechten 
schlagen  mit  der  waffe  gebraudU :  auf  den  hieb  auf  einen  los 
gehen,  caesim  aliquem  petere.  Steinbach  1,  "07,  vgL  hiflhieb. 
sauhieb; 

ha!  ha!  der  hieb  der  sasi  I    H.  IIbihb  16,  122. 


1307 


HIEB  —  IUEBENEBEN 


niEBEU  — lllECUEN 


1308 


FormeUiaß  fechten  auf  hieb  und  stich: 

die  lieldin  kämprtc  ritterlicli 

auf  iebeii  und  tod,  aul  liicb  und  stich.    VVikland  21,  80; 

des  Sieges  wago  stellt  auT  beiden  seilen  gleich: 

hält  Idris  durch  den  schwiiiig  der  stärksten  aller  klingen 

den  schweren  stahl  wie  binsenrohr  von  sich, 

so  sieht  er  Itifalln  fest  gegen  hieb  und  stich.    17,  41. 

Anknüpfend  daran  spriclil  man  von  hieben  in  einem  Wort- 
gefecht, und  hieb  liekzt  das  tcort,  die  betnerkung,  wotnü  man 
einen  triffl,  verwundet:  zuweilen  wirfet  er  (der  schuUheisz)  ilinen 
{den  bauern)  zu  gefallen,  nach  art  der  Leidenachselträger,  so 
einen  hieb  oder  ein  paar  wort  mit  darein,  baurensl.  laslerpr. 
107;  so  bescheidene  äuszerungen  wie  die  seiner  vorrede, 
hatten  wohl  die  vornehm  feindseligen  hiebe  in  der  Michaeli- 
schen biograpbie  abwehren  sollen.  Niebuur  A/.  sc/ir.  1,39;  nur 
musz  er  (ein  sclirißsleller)  freilich  zu  einem  einzigen  sati- 
rischen hieb  oft  in  ganzen  seilen  ausholen.  J.  Paul  grönl. 
proc.  s.  XII. 

3)  bei  den  Jägern  heiszl  hieb  der  slosz,  den  der  eber  mit  seinen 
Zähnen  führt,  wie  diese  selbst  hauer  genannt  sind  (sp.  581,  «o.  7) ; 
ferner  der  schlag  eines  rogels  mit  spitzem  schnabel,  eines  Spechtes, 
einer  rohrdommel.  Frisch  1,452'.     daran  gelehnt: 

vor  allen,  die  um  das  fräulein  sich 
bewarben,  war  der  giftige  stich 
des  liebeswurms  dem  armen  jungen 
am  tiersten  in  die  leber  gedrungen, 
die  andern  Junkern  insgesammt 
waren  mit  einem  leichten  hiebe 
davon  gekommen.      Wielakd  21,  15. 

4)  hieb  ist  die  hiebwunde  und  die  hiebspur:  einem  einen 
starken  hieb  an  dem  köpfe  bei  bringen,  gladio  graviler  per- 
cutere  capul  alicujus.  Steinbach  1,  707 ;  er  hat  einen  hieb  über 
das  ganze  gesicht  weg ;  mun  sieht  alle  hiebe  an  der  thür, 
omnes  ictus  videri  possunt  quibus  janua  caesim  laesa  est.  Frisch 
1,452';   die  hiebe  die  der  bäum  zeigt. 

5)  figürlich,  hieran  angelehnt,  der  rausch:  ich  spiegelte  ihm  .. 
vor,  ich  hatte  einen  sogenannten  hieb,  und  wüszte  in  der 
betrunkenheit  mich  schlecht  zu  linden  und  zu  halten.  J.  Paul 
reise  nach  Flätz  "6; 

Guido,  der  von  einem  hochzeitschmause 
mit  einem  kleinen  hieb  sich  leise  heimwärts  schlich. 

WiEi.AND  21,  235  (Klelia  u.  Sinibald  3,  393), 

hieb  wird  auch  gesagt  von  dem  mangel  an  fassungskraß  auszer- 
halb  eines  rauschet:  er  hat  einen  hieb,  ist  nicht  riclUig  im  köpfe. 

6)  hieb  technisch,  in  Wirtschaft  und  gewerke. 

a)  beim  landwirt  das  hauen  des  heues  und  grummels :  schaaren 
Ton  landleuten  waren  mit  dem  zweiten  hiebe  auf  den  wiesen 
beschäftigt.  Iiihe«mann  Münchh.  3, 100. 

b)  im  forstwesen  heiszl  hieb  der  leere  platz,  der  entsteht,  wenn 
in  den  schwarzwäldem  ein  berg  holz  abgetrieben  ist.  Jacoii.sson 
2,  257*.  vgl.  hau  4,  sp.  5ti2 ;  aber  auch  das  recht,  in  einem  walde 
holz  hauen  zu  dürfen:  frciefi   hieb  in  einem  walde  haben. 

c)  im  bergbau  üt  hieb,  slollenhieb  das  reclit  des  erbstidlners, 
welcher  mit  seinem  gesetzmdszig  getriebenen  slollen  in  das  verliehene 
feld  eines  bergwerks  eingekommen  ist  und  daselb.'il  die  erbteufe 
eingebracht  hat,  in  diesem  felde  alle  dem  berggeselz  unterworfenen 
mineralien,  welclie  er  in  denjenigen  dimensionen,  in  denen  er 
gesetzlich  den  erbstollen  zu  treiben  berechtigt  ist,  antrifft,  zu  ge- 
winnen und  sich  anzueignen.  Veith  bergwOrterbuch  273.  407. 

d)  hieb,  feilenhieb  heiszen  dem  fetlenhauer  die  schrägen  rin- 
schniUe,  welche  eine  feüe  vermittels  der  meiszel  erhält,  und  die 
nach  einer  doppellen  riclüung  auf  der  feile  angebracht  werden, 
indem  die  kreuzitiebe  sich  intt  den  grundhieben  durchkreuzen, 
auch  dte  aufgeworfenen  spitzen  auf  der  raspel  heiszen  der  hieb 
der  raspel.  Jacobsson  2,  257*. 

e)  bei  den  schläcldern  heiszl  hieb  ein  gesell,  dasx  ein  jeder 
schldchler  xu  seiner  zeit  eine  gewisse  anzahl  vieh  schlacken  darf. 
FiiscH  1,  452'. 

7)  hieb  am  pferde  wird  eine  fehlerhaße  verliefung  am  anfang 
des  Widerrists  genannt,  die  wie  mit  dem  heile  eingehackt  ersdieint. 

lilbliEl,  adv.  für  hierbei  (.?.  J.)  in  (Litern  Schriften  und  noch 
bei  Kant,  häufig,  der  es  spdler  selbst  in  hierbei  änderte:  habe 
ich  derwegcn  nicht  underlassen  wollen,  ein  Jeden  günstigen 
Jäter  hiebei  anfenglichs  freundlich  zu  eiinnern.  Amadis  6; 
der  euch  «unders  liebet,  und  hiebei  diesen  ring,  wachs  und 
•chwerdt  cutcbickel.  50. 

HIKÜEINKüEN,  adv.  das  vertUIrkte  beitieben  (tk.  1,1885) :  hle- 
beineben  ain  buechlin  von  d.  Marlin  Luther.  Schkiitlin«  br.  64. 

HIEBKNKKKN,  adv.  für  hiebcineben:  hiebciieben  ist  auch 
'  M.  hl  in  acht  zu  nehmen,  das  im  die  Trutuncr 


auch  in  der  denncmarkischen  insel  setzet.  Micbäl.  alles  Pomm. 
1, 12.  —  Superlativ  hiebenebenst :  hiebenebenst  last  sie  sich 
auch  als  ein  Wahrsagerin  . . .  gebrauchen.  J.  Uist  neue  pass. 
andachlen  (1004)  vorbericld. 

HIEBEß,  m.  hicbwaffe,  schldger  (vgl.  hauer  7,  sp.  581).  zuerst 
von  Steinbacu  verzeichnet:  hieber,  quibusdam  ein  haudegen, 
gladius  ad  caesim  feriendum.  1,  707 ;  und  meist  studenliscltes  wort: 

bis  dasz  der  liieber 

vom  corpus  juris  wird  besiegt.    '$a  sa  gcschmauset\ 

HIEBEVOIl,  adv.  anlea,  olim,  das  durch  hie  ndAer  bestimmte 
bevor,  das  nur  selten  in  ürtlicliem  sinne  gebraucht:  auslegung 
der  hie  bevor  angezogenen  te.it.  bienk.  122",  vielmehr  in  zeit- 
lichem seit  der  mhd.  periode  bis  auf  dieses  jalirhundert  häufig 
verwendet  worden  ist  (vergl.  oben  liie  5),  und  zwar  Iheils,  mit 
scharfer  betonung  des  hie,  so,  dasz  von  der  gegenwart  aus  be- 
stimmt wird,  Iheils  aber  auch,  weniger  scharf,  dasz  hiebevor  in 
einer  erzählung  von  einer  Vergangenheit  aus  gebraucht  wird,  und 
niclit  wie  dort  von  jetzt  ab  früher,  sondern  allgemein  früher, 
vorlier  bedeutet: 

ej  beten  hie  bevor  die  gröjen  fürsten  niht  gelugen 
dur  liute  noch  dur  lant.  Waltheh  107,  14; 

die  hiebevor  geschrieben.  Reuter  v.  Sp.  kriegsordn.  17 ;  das  er 
hiebevor  nicht  der  reichsten  einer  gewesen  were.  ZiNtcHtr 
apophlh.  1,67;  dasjenig,  so  hiebevor  pfalzgraf  Fridrich  der 
sieghaft  der  marggrafschaft  ...  mit  krieg  entzogen.  17C;  er 
gestand  dabei,  ein  Schmitt  hette  ilime  hiebevor,  als  er  zu 
Haingrinda  gedienet,  einen  krystall  gegeben.  Büdinger  procesz- 
aclen  (lü29)  in  Wulfs  zeitschr.  f.  d.  myth.  l,  272 ;  als  Chosni 
alles,  was  sein  vater  hiebevor  aufzuzeichnen  befohlen  hatte, 
mit  einer  feder  durchstriche,  pers.  baumg.  l,b;  dasz  ich  hie- 
bevor schon  selbst  gesehen,  wie  theils  menschen  säuischer 
als  Schweine  ..  waren.  Simpl.  l,  I3ö  Kurz;  ich  ..  wolle  mit 
gottes  hülf  in  kurzer  zeit  thun ,  was  ich  hiebevor  in  vielen 
Jahren,  nach  angewendeter  vieler  arbeit  nit  gethan  hab. 
Scuuprius  4;  man  sagt,  dasz  hiebevor  in  Griechenland  zu 
einem  frembden  legalo  kommen  sein  etliche  philosophi.  2t ; 
weil  die  alte  Teutschen  selbige  länder  hiebevor  auch  ein- 
genommen und  regiert  haben.  Tieck  15,346;  warum  sind  (die 
groszen  lichter)  ausgangen,  die  doch  hiebevor  so  viel  Scheines 
hatten?  Klopstück  12,118,  in  allertliümelnder  spräche; 
ein  festes  schlosz  wars  hiebevor.  Wieland  9,237  (206). 
HIEBEVORIG,  adj. :  so  dasz  bei  ihren  (der  Griechen)  nach- 
kömblingen  kaum  ein  geringer  schatten  von  dem  glänz  ihres 
hiebevorigen  ruhms  übrig  verblieben.  Simp/.  4,  305  Kurz;  die 
hiebevorige  hiesige  Verordnung  .  .  .  wird  erneuert,  wöchentl. 
Roslucker  nachr.  u.  anz.  1807,  stück  47. 

HIEBEVORN,  adv.  was  hiebevor:  er  zog  fort  zu  seinem 
notaiio,  den  er  biebevorn  auch  gebraucht.  Ayrer  ;iroc.  1,16; 
euere  scharfe  gesetzpredigten  habe  ich  oft  biebevorn  ange- 
höret. ScHUPPius  486;  welche  mich  armes  luügdleiu  hiebevuiu 
verführet.  489; 

hie  bevorn,  do  wir  kinder  waren,    minncs.  3,30*  lliiijen. 
in    adjeclirir  Stellung:    ach  gedenkt,    dasz  ich  wegen  meines 
biebevorn  inutbwillens  und  begangener  unbesonnener  thurheit 
allliereil  ja  . .  geniigsainb  gebüszt  hab.  Simpl.  4,  334   Kurz. 

HIEBFEST,  adj.  fest  gegen  einen  hieb:  er  ist  hieb-  und 
kugelfest;  sich  hiebfest  machen  können,  das  compositum  ist 
aufgelöst : 

er  Ist  nicht  tu  verwunden,  er  ist  fest 
.  .  .  gegen  schusz  und  hieb!    er  ist 
geTroren,   mit  der  teufelskunst  behaftet, 
sein  leib  ist  undurchdringlich,  sag  ich  dir. 

Schiller  Wallensl.  lud  5,  2. 
HIEßFREI,  adj.  wie  hiebfest: 

10  kanst  du  dich  verhüllen 
in  diesen  wuiiderrock,  der  hieb-  und  stichlrfi  i«l. 
KoNCKHL  l'honitia  67. 

lUEBIG,  adj.  im  forstwesen  ein  bäum  oder  schlag,  wenn  er 
zum  fällen  tauglich  ist.  Jacobsson   2,257*. 

HIEBKLI.NGE,  f  lamina  lata,  larga.  SriBLKR  982,  im  gegen- 
salz zur  stoszklinge. 

HIEBSCHMARRE,  f:  ein  frischer  Jüngling  ..  mit  langem 
raufer  und  Imt,  groszen  hiebschinarren  auf  einem  entschie- 
denen gesiebte.  J.  Paul  leben  Fibels  110. 

HIEBWAFFE,  f.  waffe  zum  hieb,  gegen  schuizwulTe,  stoszwalTe. 

HIEBWUNDE,  f  vuliius  caesim  factum.  Stiklkr  138«. 

IHECHEN,  verb.  unheliim  esse,  difficulter  luäare.  Stiblkr  7«3. 
wie  heichen  sp.  795  ein  lautmalendes  worl,  das  mit  einer  anzahl 
verwandter  unter  keichen  Ih.  .'•  sp.  4;is  brspi iiclien  wird. 


1309 


HIED  ANNEN  — HIEFÜR 


HIEGEGEN  — niEIG 


1310 


HIEDÄNNEN.  adv.  hier  iccg,  ton  hier  fort,  im  iG.jahrh.  für 
das  bessere  hindannen  (s.  rf):  ob  er  hiedannen  weiter  zu 
e.  cbf.  g..  oder  heut  allhie  zu  verharren  sollte.  Pomäscs 
in  Melanchth.  opp.  ed.  Bretschneider  2,940;  der  Teil  gab  ant- 
wurl:  jo  herr,  ich  getruwe  uns  mit  gottes  hilf  wol  hiedannen 
ze  helfen.  Tschcdi  1,  239*,  und  danach  bei  Schiller  : 
mit  gottes  hülfe 
getrau  ichs  mir  und  helf  euch  wol  hiedannen.    Teil  4,  1. 

HIEDIESET,  adv.  aus  hie  diesseit  (/A.  2,1144)  abgescktcäcM, 
in  alemannischen  qtiellen  des  16.  jahrh.,  auch  in  der  nasalierten 
form  hiediesent  viel  gebraucht:  Wälschland  hiedisend  dem 
hochgepirg,  cisalpina  Gallia  Maaler  221* ;  giengen  etlich  burger 
hiedisent  (des  Rheins,  in  Groszbasel)  hinüber  {nach  Kleinbasel). 
Basler  Chroniken  1,  S9,  29 ;  eis,  ciira,  hie  diset,  eis  Rhenum  hie 
diset  dem  Rhein  gegen  uns.   Dasyp. 

HIEDIESIIALB,  adv.:  die  drei  stott  (stddte)  seind  hiedisz- 
halb  des  Jordans  gegen  der  wüsten,  ausgang  der  k.  Israels 
löio  M3*. 

HIEDURCH,  adv.  in  äüern  quellen  für  hierdurch, 

i)  local:  als  ich  hiedurcb  gezogen,  haben  sie  mich  in 
einer  enge  oben  auf  diesem  berge  aufgehalten.  Amadis  294; 
all  andere  ritter,  so  hiedurch  passieren.  399. 

2)  inärumental:  also  dasz  ihrer  fiel  hiedurch  zum  todt 
hingericht  wurden.  398;  er  forchlet  dasz  sein  sieg  hiedurch 
verhindert  würde.  405. 

HIEF,  m.  der  laut  den  die  jdger  auf  ihren  Jagdhörnern  blasen. 
Fleming  teutscher  jäger  bei  Frisch  1.  452'  unterscheidet  den  langen 
hief,  den  hennebergischen  reinen  langen  hief,  den  kurzen  hief, 
den  langen  hief  ohne  rundel  und  triller.  Jacobssos  2,  25'' 
theill  die  hiefe  in  lange,  kurze,  doppelte,  einfache,  abgesetzte  und 
pcststüsze;  hiefe  absetzen  heiszt  beim  blasen  ron  zeit  zu  zeit  inne 
halten,  um  alhem  zu  schöpfen,  —  hief  ist  die  alle  gute  form  für 
das  spiileve  hift,  s.  d. 

HIEFE,  f.  hagebutle,  slrauch  und  fruchl  desselben,  mhd.  hiefe; 
im  alts.  entspricht  hiopo,  in  der  stelle: 

uek  ök  ilgun  nc  lesad 
heliftös  an  hiopon.     Heliand  1746, 

nach  Matlh.  7, 16,  tro  das  trort  den  trihulus  der  tulgala  tcider- 
(jibt,  gerade  irie  auch  ahd.  hiafo  in  der  entsprechenden  Otfridstelle 
(11,23,141;  ags.  heöpe,  hiope,  engl,  hip  und  hep,  rosa  sil- 
veslris.  Die  ron  J.  Grixv  Weine  Schriften  2,  250  f.  ausgesprochene 
ansieht,  dasz  hiefe  zu  goth.  hiufan  zu  stellen  sei  und  eigentlich 
dorn  des  Irauerns  bedeute,  veil  er  zum  leichenbrand  geschicIUet 
verde,  hat  uenig  vahrscheinliehes ;  trenn  aber  das  griech.  y.vßoi 
den  knöehel,  die  dornähnliche  erhöhung  am  fusze  bezeichnet,  so 
könnte  das  in  den  lauten  entsprechende  hiopo,  hiefe  gar  vol  zu 
jener  gruppe  von  u-Ortern  gehören,  die  sp.  5S3  zusantmengestelU 
ist,  und  seinen  namen  ron  den  ausuüchsen  und  durnichten  an- 
salzen des  Strauches  tragen,  ton  diesen  heiszl  er  auch  kippe 
{theil  5,  7S3).  Composita  mit  hiefe  sind  hngenhiefe  {sp.  152), 
bainhiefe  {sp.  175).  hiefen  oder  hagebuticn.  Hohberg  3,3, 
6l'.  03". 

HIEFENBL'TZE ,  m.  die  fruchl  des  hagedorns:  ebenmäszig 
bricht  man  schleen  und  rothe  biefenhutzen  ab,  lasset  solche 
auch  wol  trocken  und  den  winter  über  liegen  und  dörr 
werden.  Hohberg  3, 1,  310*. 

HIEFENDORN,  m.  rosa  canina,  der  hagebuttenslrauch.  als 
eigenname: 

schulthes  ich  bin  Eberlein  llierenHorn. 

H.  Sachs  3,  3,  15'. 

HIEFENKERN,  »n.  der  kern  in  der  hagebutte;  er  hat  unan- 
genehme eigenschaften  {tergl.  arschkitzel  tlieil  1,  566),  daher  in 
einem  Spottgedicht: 

wenn  ich  in  freuden  gen  ir  gee, 

so  Wirt  mir  in  dem  paucb  wee. 

ich  pin  pei  ir  von  herzen  gern, 

sie  fiept  mir  mer  denn  hiefenkern.    fastn.  sp.  632, 17. 

HIEFHORN,  n.  cornu  renalorum.  Flemminc  teulsch.  jäger  bei 
Frisch  1,  452*.    Jacobsson  2,  257*.     j.  hifthorn. 

HiEFORT,  adv.  ton  hier  ab  femer,  fürderhin :  Ulenspiegel  kam 
wider,  und  er  und  der  wirt  vertrugen  sich  der  scbalkheit,  so 
das  er  hicfurt  uf  ein  gut  bei  kam.  Vknsp.  79,  s.  IIS  Lapjienb. 

HIEFRIEMEN,  hi.  der  riemen  an  dem  das  kiepwrn  hängt. 
Frisch  1,  452'. 

HIEFRIG,  adj.  rerkonmen,  im  vachsthum  zurückgeblieben,  ein 
im  Osterlande  und  MeL^zen  gebräuchliches  wert:  diese  lakonischen 
abweisenden  antworten,  die  wir  dem  hiefrigen  und  verkrüp- 
pelten kinde  gar  nicht  zugetraut  hatten.  Niebitz  selbstbiogr.  17. 

HIEFOR,  adv.  die  ältere  form  für  hierfür. 


HIEGEGEN,  adv.  für  hiergegen :  hiegegen  {gegen  eine  rede) 
erzeiget  das  fräuwlin  in  seiner  danksagnng  gnugsam  an,  dasz 
solches  erbieten  ir  ganz  angeneme  und  gefellig.  Amadis  248; 
hiegegen  liesz  sich  nach  strengem  recht  nichts  aufbringen. 
Dahlxans  ddn.  gesch.  l,  409 ;  hiegegen  ist  kein  ander  mittel, 
als  den  bürger  in  uniforme  zu  setzen.  Moser  palr.  phant. 
1,200.  hiegegen  nur  einen  gegensatz  {icie  bergegen  3  sp.  1099) 
betonend:  {indem  ich)  ledig  gesprochen  zu  werden  verhoff, 
und  hiegegen  er  zu  nichten  gemacht,  als  ein  büszwichl,  der 
er  auch  ist.    Amadis  385. 

HIEGER,  m.  corrus  glandarius,  häher.  Nei5ich  1, 1243.  ags. 
higora. 

HIEH.XLB,  adv.  auf  dieser  seite:  ob  Prysach  nit  wjt  von 
der  Hart  hiehalb  Rins.  J.  Leivz  Schwabenkrieg  84*. 

HIEHER,  adv.  in  den  altern  schriflen,  namentlich  bei  Lcther 
immer,  für  hierher,  ende  des  18.  jahrh.  zu  gunsten  des  letzleren 
erloschen,  es  bezeichnet  das  endziel  einer  beicegung  nach  dem 
orte  zu,  an  dem  der  sprechende  sich  befindet,  tergl.  her  3,6 
sp.  1001.  huc  hie  bere  Dief.  2S1';  das  ir  mich  hieher  ver- 
kauft habt.  1  Mos.  45.  5 ;  kompt  hernieder  mit  meinem  valer 
hie  her.  13 ;  da  nam  Samuel  einen  stein,  und  setzt  in  zwisschen 
.Mizpa  und  Son,  und  hies  in  EhenEzer  und  sprach,  bis  hie 
her  bat  uns  der  herr  geholfen.  iSam  7, 12;  laszt  uns  hieher 
zu  golt  nahen.  14,36;  damit,  das  er  geleret  bat  hin  und  her 
im  ganzen  jüdischen  lande,  und  hat  in  Galilea  angefangen, 
bis  hie  her.  Luc.  23,  5 ; 

acb  weh,  das  sie  hie  her  sein  kommen! 

J.  Atrer  285'  (14-25,  18  Keller). 

das  rerbum  der  bewegung  ist  in'einem  ausrufe  unterdrückt :  holla 
hieher  zu  trinken  I  Garg.  101";  hieher,  was  glasz  heben  und 
geben  kan.  das.  —  hieber  im  gegensalze  zu  dorther  oder  daher: 
das  sie  mitten  unter  Israel  kamen  von  dort  her,  und  von 
hie  her.  Jos.  8,22;  gieng  im  haus  einmal  hie  her  und  da 
her.  2  iön.  4,  35 ;  dein  knecht  ist  weder  hie  her  noch  da  her 
gegangen.  5, 25 ;  zu  dorthin :  was  weichestu  doch  so  gern 
und  feilest  itzt  da  hin,  itzt  bieber?  Jer.  2,36.  bieber  nach 
sitzen : 

was  hält  mich  ab,  dir  dieses  lied  zu  xeigen? 

ach,  du  verstehst  es  nicht,    doch  zeig  ichs  hier 

den  bäumen,  die  wie  du  ihr  glück  verschweigen; 

beut  abend  siz  bieber,  dann  rauschen  sie  es  dir. 

Le5Z  in  Voss''  musenatm.  1778  s.  123; 

statt  bis  bieber,  im  sinne:  bis  zu  dieser  läge,  diesem  zustande: 

ach  weh  der  süsi  vermischten  gallen, 
die  mich  hieher  betrogen  hat. 

J.  Atrer  285»  (1424,  15  Keller). 

bieber  temporal:  von  deiner  jugent  auf  bis  hie  her.  2  Sam. 
19,7;  von  den  tagen  Jobannis  des  teufers,  bis  hie  her. 
Matlh.  11,12. 

HIEHERO,  adv.  für  bieber,  im  16.  17.  jahrh.,  tergl.  hero 
sp.  1121 :  mehrgerfirten  herzogen  oder  seine  hiehero  gesandten. 
bericlit  über  Ruszheims  ein  fall  1543  diij';  dasz  ihr  nicht  essens 
und  trinkens,  sonder  gemeiner  reichsgeschäfft  halber  hiehero 
geschickt  seit.  Ziskgref  apophlh.  1,106;  was  aber  vor  alters 
von  welschem  volk  hiehero  gesetzt,  und  in  unsere  statt  durch 
heuratb  und  freundtschaft  eingeleibt.  397;  temporal:  die  bauch 
der  armen  sein  weite  scbeuren ;  welcher  zu  dieser  traurig- 
sten zeit  hiehero  sein  treid  behält,  gewinnt  mehr,  als  die 
grausamsten  verteurer  desselben.  Scbcppics  749. 

HIEHERUM ,  adv.,  zusammenrückung  ton  hie  herum,  rergl. 
herum  3,  f  sp.  1176 :  die  jenigen  die  bieherumb  sitzen.  Zirk- 
CBEr  apophlh.  1,  335. 

HIEHIN,  adv.  neben  hierhin,  auf  einen  ort  detäend,  der  in 
der  nächsten  nähe  eines  sprechenden  liegt,  gegensatz  von  dahin, 
dorthin  {theil  2,  685.  1308) : 

drauszen  stiesz  er  auch  pfähl  in  den  umkreis  hiebin  und  dorthin, 
häufig  und  dicht  an  einander,  vom  kern  der  gespaltenen  eiche. 

Odyssee  14,  II. 

HIEIG,  adj.  hier  befindlich,  eine  aus  hie  entspringende,  seit 
dem  ti.  jahrh.  auftauchende  bildung,  die  sich  bis  zum  17.  gegen 
das  später  aufkommende  hiesig  {s.d.)  hält:  das  binfür  nimant, 
er  sei  burger  oder  gast  seine  wein  anders  dann  auf  die 
hieigen  visier  . .  kawfen  oder  verkawfcn  sol.  finrnb.  potizei- 
ordn.  246;  nicht  über  ein  lot  hieigs  kramgewicbls.  261;  dem 
ich  . .  sechtzig  pfennig  für  ein  hieigs  sümer  {kalk)  geben  hab. 
Tuchers  baumeisterbuch  94,  22 ;  bieige  statt,  bericht  des  magislr. 
ron  Elberfeld  von  1699,  in  Lacomblels  archiv  3,280;  in  der  Ver- 
stärkung allhie:  auf  disem  albieigen  reichsztag.  gedrucktes  aus- 
selireiben  des  röm.  königs  Ferdinand  von  Ibli; 


1311 


HIEIN  — HIEMIT 


HIENACII  — HIENIEPER 


1312 


ali-o  will  ich  iiiicli  feriiei'ü  lialtn. 
Kleichen  scliulz  geben  jungen  und  ahn, 
Trauen  und  mann,  armen  iiml  reiclin, 
liieigen  und  TreDidlen  dergleichen. 

Atrkr  Ml'  {-im,  22  hellet). 
hieig,  auf  dieses  lebeu,  im  geyeiisatz  zu  jvnnu,  /;(-(,,ni  • 
gib  uns  nach  disem  hieigen  streit 
die  ewigen  Trcndt  und  Seligkeit. 

riicIhucliU'tn,  ms.,  t.   li.ui,  hl.  0'; 
aus  hihigcr  trüben  sterhligkcit 
fuhrt  er  ihn  hin  zur  ewigkeit. 

J.  Mestwket  fluühsjnegel  (I67J)  210. 
5.  hieiscli. 

HIEIN,  cruciUrl  IIIEIN.NE.N,  adr.  in  diesem  räume,  hier  inner- 
halb: "gibt  man  dann  so  kiirglicli  liieiii  speis?'  ja,  so  scind 
aiicli  kein  küsseliii  nuch  pUuinledcr  iiiein.  Hütten  5, 107 
ilünch;  herr,  wir  mögen  an  keinem  andern  ort  in  dieser 
gegen  üerbergen,  wann   hieinncn.  Amadis  399. 

HIEISCH,  adj.  hiesii/,  wie  lüeig  aus  hie  gebildet:  daiein  wir 
c.Tsl  kommen,  wenn  disz  hieisch  elende  leben  iiiiJ  wcseu 
aufhiiret.  Math  es.  Sar.  53';  mit  den  hibisclien  zu  Weiszenfels. 
unijedruckle  Statuten  der  stallt  Weiszenfels  von  1C19,  W.  42';  die 
liihiscben   (leiscber.  43". 

HlELÄiNDISCH  ,  adj.  neben  hieiländisch,  hier  das  land  an- 
gelund,  dieses  land  betreffend:  üieländisch ,  ex  his  terris ,  ex 
liac  regione  Frisch  1.508*;  aber  die  apotheker  veiscbalTeii  in 
die  praumen  von  Damasco,  halb  cifault  und  verstockt  zu 
bringen,  so  doch  unsere  hielendische  gewechs,  als  frischer, 
etwan  gröszer  kraft  und  tngend  haben.  Ryff  teulsch  apolliek 
1548  47';  auf  den  Stationen,  wo  pferde  gewechselt  wurden, 
sprach  der  Intendant  viel  und  sehr  geläuOg  in  der  hielan- 
dischen  mundarl  mit  postillonen  und  wirthen.  Auerbach  auf 
der  hohe  3, 134 ;  in  hieländischer  tracht.  3,  233.  rergt.  auch 
hierlandes  und  hierländig. 

HIELEiN,  verb.  von  einem  schiffe  gesagt,  das  nicht  in  gehöriger 
läge  gegen  den  wasserpasz  liegt,  eine  schiefe  oder  geneigte  läge 
gegen  den  wasserpasz  hat,  oder  nicht  uagerechl  in  rücicsicht  der 
breite  liegt,  ein  schiff  hielt  nach  der  seile,  nach  welcher  es  sich 
unter  den  wasserpasz  neigt,  oder  eine  Schlagseite  hat.  Jacobsson 
6,73*.  für  hielcn  wird  auch  hellen  gesagt,  das  worl  ist  aus 
beiden,  hälden  enlslelU,  s.  sp.  222. 

HIELICH,  m.  heiral,  Vermählung,  mhd.  hiuleich,  hileich  ist 
zuerst  der  leich,  der  bei  einer  Vermahlung  gesungen  wird,  dann 
die  Vermählung  selbst  (mhd.  wb.  i,  900") ;  das  worl  lebt  in  mehrern 
Verstümmelungen  über  dieinhd.  'zeit  hinaus:  heilach,  hilaich, 
hileich.  mit  dem  verbum  heilaclien  nubere  Sciim.  2,130;  der 
rilter  dem  die  sach  des  hiciichs  zwischen  iteynhardtcn  und 
des  königs. Schwester  hevolhen  was.  Aimon  bog.  1  2.  noch  jetzt 
im  fiassawschen  hillicli,  hilch,  hielich  ehcverlöbnis  und  milgiß. 
Kehbein  196;  hilligsgüler  (guter  als  mitgifl).  weislh.  2, 237  (llunds- 
rück,  V.  1647);  in  Oberhessen  hilch  und  ilch,  die  ehebercdung. 
ViLMAR  168,  der  auch  aus  der  Wormser  rcformation  1501  bl.  138' 
das  compositum  hiulichsberedung  anführt;  die  nasalierte  form 
auctt  sonst  mehrfach:  den  henlich  zuschin  zwein  machen. 
MoKE  zeitschr.  19,06  (i-.  13S9);  in  den  hionlichsbriefcn.  Vrankf. 
ref.3,3  §3;  auf  den  hienlichslag  oder  bernachcr,  doch  in  alle 
weg  für  ihrem  ehelichen  kirchgang  und  beilager.  3,  IG   §  2. 

HIELIG,  adj.  für  bieig,  hiesig:  drumb  komt  manche  seele 
berwieder,  lasset  sieb  in  menschengeslalt  sehen,  begehret 
disz  oder  jenes,  vermeinet  also  der  hieligen  seegcn  zu  ihier 
ruhe  zu  erlangen.  J.  Bübme  40  frc^n  von  der  seelen  ursland 
29,  9   5,  116. 

HIEMIT,  adv.  neben  hiermit  (wie  damit  und  darmit  2,  704 
neben  einander  gehen),  mit  diesem,  auf  ein  in  nächster  nähe  eines 
spreclienden  befindliches  ding  weisend. 

1)  auf  ein  beisammensein  oder  ein  zusammenfassen ,  unter 
hervcrhebung  einet  letzten  gliedes  aus  einer  reihe  von  dingen,  deutet 
es  nur  in  wenigen  formein:  bic  mit  gott  bcfolhen.  2 ü/ucc. 1 1 , 20 ; 
so  wil  ich  nu  biemit  itzt  dis  buch  beschlieszen.  15,  38 ;  und 
(bun  mich  also  biemit  ...  zu  deinen  günsten  befehlen. 
Amadit  9;  ime  biemit  crzelcnde,  wie  er  aufm  mcer  ...  in 
einem  trüblin  gefunden,  t.  50;  auf  das  dabeisein  eines  gegen- 
ständes, seinen  passiven  anUteit  an  einer  Verrichtung :  darumb  die 
Elisena  fragt,  was  sie  biemit  {mit  einer  tiuhe)  machen  wtdie.  20. 

2)  auf  ein  mütel  oder  ein  Instrument  deutend:  der  sol  sich 
hie  mit  {mü  der  atclic  des  sündupferi)  entsdiidigcn.  4  Mos. 
19,12;  und  Zedekia  der  8on  Cnaena  halte  im  eisern  borner 
gemacht,  und  nprach,  . . .  liie  oiit  wirttii  die  Syrer  stoszen. 
1  kün.  22, 11 ;  o  goll,  wie  baslu  disz  frttulin  mit  solcher  ausz- 
bfladiger  und  (ürlreflicbcr  scbOnbeil  begabt,   uiicb  unglück- 


seligen bicnnt  durch  griiste  pein  irer  lieb  zu  plagen.  Amadis 
49;  will  e.  k.  m.  ich  sie  biemit  aller  underthanigst  geschenkt 
haben.  Zinkcref  apophtli.  l,  iss ;  biemit  wird  angcdeulel  (fabula 
docct).  Lokmans  fab.  3;  biemit  wird  zu  verstehen  gegeben 
fab.  5; 

kan  ich  euch  guts  und  liebs  ben-cisn, 
so  .sei  es  euch  hiemii  vcrheisn, 
da:iz  ichs  warlich  will  gar  gern  tlian. 

J.  Ayuer  101"  (SOI,  28  Hrltrr). 
3)  biemit  als  conjunclion,  wie  damit  (7,  thcil  2,706):  gnlle 
befiirderung  thun.  hiemii  wir  gesandten  auf  die  nbergelione 
politische  punkten  fördersambst  beantwortet  werden.  Verhand- 
lungen der  .';chles.  fur.<iten  u.  stände  vom  j.  1619  i.  203. 
HIENACH,  adv.  neben  hiernach,  nach  diesem: 

1)  auf  den  ort  bezogen:  wie  hicnach  geschriben  slat.  «i*. 
des  grafcn  Philipp  des  Jüngern  zu  Riiieck  von  1467;  mit  abge- 
schwächtem sinn  des  hie:  und  bedunkt  mich  das  best,  dasz 
ihr  all  die  ritter,  so  ir  antreffen,  wendig  machen,  dieweil,  ob 
schon  dem  könig  mit  viel  leulcn  sol  geholfen  werden,  schon 
mehr  hienach  sein,  denn  nicht  von  nölen  ist.  Amadis  379. 

2)  auf  die  zeit  bezogen:  eins  tags  hienach  ist  er  wol  gerügt 
und  wol  beritten  ausz  seinem  scblosz  gezogen.    Amadis  27(». 

3)  grnnd  und  Ursache  bezeichnend:  also  bin  e.  g.  ich  gegeben 
und  zugestelt  worden,  und  habe  deszbalben  mich  hienach  für 
den  ewern  gehallen.  Amadis  55.  —  von  hienach  ist  unterschieden 
hinnacb.  s.  d. 

HIENACHST,  adv.  der  supeilaliv  des  vorigen,  gewöhnlich  in 
zeitlicher  bcdeutung : 

weil  ich  noch  hin  in  diesem  leben, 
hienehst  wird  goti  ein  besser«  geben. 

II.  Waldis  Esup  1,  18,  40; 
es  war  hienächst  ein  geplauder  in  der  stadt.   Hippel  13,  is. 

HIENEßEN,  adv.  ältere  form  für  hierneben,  yewOhnlicJi  in 
dem  uneigentlichen  sinne  überdtesz,  zugleich,  nebenbei  {wie  da- 
neben 2,  th.2,  .t/).  724):  ich  hdb  gewiszlich,  anlwort  Gandales. 
disz  Otts  keinen  zweifei ,  bitl  euch  aber  hieneben ,  desz 
armen  ..Jünglings  eingedenk  zu  sein.  Amadis  37;  e.  I.  haben 
mich  . .  der  schon  so  hoch  verbunden  . .  aber  hieneben  bitt 
ich  dieselb  also.  s.  260;  bieneben  aber  ist  wol  zu  merken. 
Kirchhof  wcndunm.,  vorrede. 

HIE.\ERN,  verb.  heulen.  Wucke  sagen  der  mittleren  Wenn 
1,  US.  das  worl  gehört  zu  heinen  sp.  886  und  der  dort  ange- 
führten sippe. 

HIEMEDEiN,  adv.  hier  unten:  ob  die  nacbpuren  am  berg,  .  . 
deszglichen  die  hie  nyden  an  einer  hochzyt  zwen  som  wins 
schanktint.  weisth.  1,238  (St.  Gallen  1469);  der  alt  graf  von 
Japhet  bleib  bienieden  mit  den  schützen.  Aimon  bog.  Ciij; 
bie  nidden  auf  erden  ruffe  ich  zu  dir,  wenn  mein  herz  in 
angst  ist,  du  wollest  mich  füren  aufm  hoben  fclsen.  ps.  61,3; 
mit  abgcblaszlcr  bedeutung  des  hie:  das  ein  narr  sitzt  in  groszer 
wirde,  und  die  reichen  bie  nidden  sitzen,  pred.  Sal.  10, 6. 
von  allen  zeiten  her  wird  aber  bienieden  auch  auf  diese  erde  im 
gegensatze  zum  himmel  bezogen: 

aiid.    daj  got  wer  üf  dem  himili 
sam  giwaltig  sami  hi  nidini. 

MÖI.LEMHOFr  U.   SCBKRRR  (.    101,  1,  12; 

nhd.  wir  werden  .  .  .  weggeruckt  gen  himel ,  und  alles  hie 
nidden  lassen.  Luther  0,269';  und  in  diesem  sinne  ist  das 
wort  auch  der  neuern  edleren  spräche  eigen  geblieben,  ohne  da^: 
eine  form  hiernieden  {s.  d.)  anders  als  höchst  selten  dafür  ge- 
braucht wäre:  die  laufbahn,  ..  die  uns  bienieden  angewiesen 
ist.  WiELANo  3,494  (412);  du  bist  ein  thor,  du  suchst  was 
bienieden  nicht  zu  finden  ist.  Göthe  16,12;  die  die  chnrnde, 
die  uns  bienieden  üngstigl,  in  ihrer  nackten  blüsze  darlegen 
würde.  Tieck  3,  0; 

allein,  wie  seilen  giebi  auch  jemand  sich  bienieden 
den  quellen  nachzuspAhen  müh!    Wiilahd  9,  133  (115); 
der  du  mein  brudet  warst,  als  du  bienieden 
Doch  unter  staubhawuhnnrn  giengst.    J.  M.  Mili.cr  f/rrf.  15. 
dasz  du  wirest  gestorben,  so  könnt  ich  mit  äugen  der  sohnsucht 
droben  suchen  dein  bild,  das  ich  bienieden  verlor. 

IIÜCEKRT  26<.>; 
holTnung  wohnt  hei  sterblichen  bienieden 
und  bei  todien  wohnt  im  gr.ihi)  frieden.    325; 
so  viele  bienieden 
von  nah  und  von  rem, 
sie  preisen  den  IVieden, 
sio  loben  den  herrn.    Platkn  2. 

HIKNIEDEK,  adv.:  derhalbcn  weil  bio  solch  gros  ding 
angeboten  und  gegeben  wird,  das  wir  gott  sainpt  Chrisio. 
allen    engein    und  heiligen  zu  freunde,   multcr  und  brQdern 


1313 


HIEOBEN  — HIER 


HIER 


1314 


liaben.  . .  sol  es  uns  je  willig  und  frölich  machen,  darüber 
zu  lassen,  was  wir  haben,  vater,  mutter,  oberkeit  und  kinchen- 
gehorsam  bleibe  hie  nider  im  vierdten  gebot,  darüber  sol 
alleine  gottes  wort  und  gehorsam  schweben  und  walten. 
Luther  4.  455'; 

da  verhiesz  raan  allen  s  ewig  leben, 
die  von  des  heiligen  glaubens  wegen 
in  solchem  streit  hieuider  legen. 

Fischart  diciuungen  2,356, 93S  Kurz. 

HIEOBEN,  ade.  neben  hieroben :  dazumal  vermeldt  er  .  . 
die  verlaufen  bandlung  zwischen  dem  Amadis  und  Arealaus, 
wie  ihr  jüngst  hieoben  verstanden.  Amadis  232 ;  das  schiff, 
Ton   dem  erst  hieoben  geredl.  401 ; 

könnt  also  ir  {flöhe)  zu  hofT  nichts  gwinnen, 
gleich  wie  hi  oben  auch  die  spinnen. 

Fischabt  dichinngen  2,97  Kurz  {fiöhntz  3672). 
HIEPE.  s.  hippe. 

HIER ,  adr.  hie,  an  diesem  orte.  golh.  alts.  ags.  altn.  her, 
allnfr.  hier.  ahd.  hiar,  hear,  hier,  mhd.  hier,  eine  form  die  gegen 
das  getcöhnlichere  hie  sehr  zurficJitrilt.  die  letzlere  (s.  sp.  1305) 
vt  noch  bis  ins  \6.  jahrh.  die  gebräuchlichere,  nie  sie  bei  Lcther 
immer  steht;  erst  nachher  beginnt  die  alle  form  hier  wieder  vor- 
zudringen, um  seit  dem  iS.jalirh.  die  entschiedene  oberherschaft,  in 
der  heutigen  Schriftsprache  die  alleinherschaß  zu  gewinnen,  hier 
hat,  tcie  hie,  die  bedeutungen 

1)  an  diesem  orte,  auf  die  nächste  nähe  eines  sprechenden  be- 
zogen, unter  welcher  aber  eben  so  giä  eine  stelle,  ein  ort  wie  eine 
ganze  landstrecke  und  selbst  ein  land  begriffen  sein  kann :  hier 
wollen  wir  halt  machen ;  bleiben  sie  einige  tage  hier,  die  Stadt 
wird  ihnen  gefallen;  hier  umrahmen  berge  einen  stunden 
breiten  thalkessel;  hier,  sagte  Julie,  ßngt  der  schlechte  weg 
an.  Göthe  21. 166; 

hier  hält  das  opferthier  ermüdet  still.    Lkssinc  2,  2S4; 
dieser   mann    hier    ist    bereits    ein  greis;    das  land  hier  ist 
wenig  fruchtbar;  diesz  haus  hier  (worin  vir  sind)  sei  ihnen 
verschlossen.  Kläger  1,390; 

so  ist  das  feld  hier  rein.     Lkssisc  2,  275; 

das  hier  soll  sogleich 
Al-HaQ  zu  sich  nehmen.     'Mb; 
hier  ist  ein  apotheke,  darinnen  rechte  sinnen, 
sich  an  gesundheit  bessern,  fnr  krankheit  fristen  künnen. 

LocAU  3,  IM,  SO  (buclier-zimmer); 
hier  modert  Niuilus,  jungfräuliches  gesicbts.    Ldtssmc  1,11; 
hier  lieget,  die  Beate  heiszen  sollte, 
und  lieber  sein,  als  heiszen  wollte,    s.  27  (grabschrifl). 

Mit  näherer  Ortsbestimmung,  theils  mit  adverbien  der  bewegung: 
hier  herauf  kommt  niemand;  hier  herunter  geht  der  weg; 
Iheils  mit  solchen  und  Substantiven  der  ruhe:  hier  im  thale; 
weibgen.  ihr  habt  mir  genug  gesagt,  hier  after  mir  kommen 
meine  mitgenossen,  sagt  denen  auch  etwas.  Zinrcref  apophth. 
2,60;  hier  am  orte.  Güthe  27,  7S;  hier  herum  (vgl.  herum 
sp.  1176);  nahm  von  krüinern  und  kaufleuten  rückwärts  mit 
was  uns  hier  oben  fehlte.  Güthe  21,24; 

hier  unter  diesem  grünen  laube, 

seht,  welch  ein  stock:  seht,  welche  traube .'     12.  tl7; 

hier  —  hier  —  auf  diesem  heiligen  altare, 

im  herzen  seiner  königin  leg  ich 

mein  letztes  kostbares  Vermächtnis  nieder, 

hier  find  ers,  wenn  ich  nicht  mehr  bin. 

Schiller  Knrlos  4,  2! ; 
ob  seine  mutter  hier  zu  lande  nie 
gewesen  sei?  Lsssine  2,  314; 

vergt.  unten  hierauszen,  hierinnen,  hierlandes.  hier  auf  eine 
stelle  einer  schrift,  eines  buches,  einer  rede  bezogen:  hier  steht 
es  gedruckt;  doch  wir  wollen  hier  schlieszen.  Moser  palr. 
phant.  1,  212; 

o,  rief  ein  reiger,  das  ist  schnöde, 

wir  fangen  unsre  kost  mit  müh, 

ein  fauler  schlemmer  speiset  sie. 

hier  fiel  der  platea  (yrlikan)  ihm  trotzig  in  die  rede. 
Lichtweh  fabeln  2,  S; 

geschrieben  steht:  im  anfang  war  das  wort! 

hier  stock  ich  schon!  wer  hilft  mir  weiter  fort? 
Göthe  12.  66. 
hier  bei  einem  befehle:  Teilheim  auf  den  beutel  weisend,  den 
Werner  weggeworfen,  hier.  JustI  hebe  den  beutel  auf.  Les- 
si:tc  1,601;  bei  einer  darreichung:  hier,  nimm!;  hier,  halte 
mir  das  einmall;  hier  ist  geldl  Lessing  1,596;  sie  nehmen 
ihn  (den  ring)  wieder?  o,  so  bin  ich  glücklich!  hier,  Minna! 
598;  hier  ist  ein  heispicl:  der  künig  Tato  kriegt  mit  dem 
Hernlerfflrst  Rudolf.  Gervimus  gesch.  d.  d.  dicht.  1,27;  hier 
lolgt  denn  also  das  Schmerzenskind,  denn  dieses  heiwort  ver- 
IV.  II. 


dient  Iphigenia.  Götre  27.254;  hier  übersende  ich  meine 
gestrige  Spielschuld.  Rabe:<er  sat.  3,64; 

nimm  die  versichrung  hier  in  diesem  buche  {ihm  das  brevier 
fiberreichend).    Lsssrne  2,  361 ; 
hier  vorläufig 
zwei  Worte  von  der  königin.    .*:cHn.tKR  Karlos  4,  5. 

Witt  hier  antwortet  ein  gerufener: 

Thaies,  wo  bist  du  Proteus? 

Prolews  {bauchreänerisch,  bald  nah,  bald  fern),  hier!  und  hier! 

Göthe  41,167. 

2)  mehrfache  Stellung  des  hier:  hier  ist  eine  fuszspur.  hier 
wieder  nicht;  was  aber  die  aufmerksamkeit  des  wanderers 
am  meisten  erregte,  waren  farbige,  auf  die  wand  gemalte 
bilder,  die  unter  den  fenstern  in  ziemlicher  hohe,  wie  tep- 
piche,  um  drei  theile  der  capelle  herumreichten  .  .  die  ge- 
mählde  stellten  die  geschichte  des  heiligen  Joseph  vor.  hier 
sah  man  ihn  mit  seiner  Zimmerarbeit  beschäftigt ,  hier  be- 
gegnete er  Marien  .  .  .  hier  wird  er  getraut;  es  folgt  der 
englische  grusz.  hier  sitzt  er  mismuthig  zwischen  ange- 
fangener arbeit.  Güthe  21.15;  hier  reicht  sich  ein  paar  die 
bände,  hier  scheint  ein  vater,  auf  dem  sopha  ruhend,  von 
der  familie  unterhalten  zu  werden  .  .  .  hier  ist  ein  gehar- 
nischter mann.  27,  63.  In  diesen  fällen  hat  hier  nicht  eine  ver- 
blaszte  bedeulung  und  könnte  nicht  mit  da  tauschen,  sondern  das 
öftere  hier  mll  den  oft  getcechselten  Standpunkt  eines  sprechenden 
scharf  zeigen. 

3)  der  gegensalz  von  hier  ist  da  oder  dort  (zahlreiche  beispiele 
s.  Iheil  2, 1306) : 

die  göttin  bebt,  erblaszt  und  glüht 
vor  so  gefahrlichen  gedanken ; 
und  wenn  sie  dort  die  nelgung  zieht, 
so  macht  sie  hier  die  klugheit  wanken. 

\Viela;«d  10,  154; 
hier  eine  nackte  Lede, 
dort  vater  Zeus  mit  ihr  als  schwan 
in  einer  liebesfehde  (gemälde  in  einem  saale). 

HöLTT  25  Halm ; 
sieh  da!  sieh  da,  kam  rechts  und  links 
ein  reiter  hier,  ein  reiter  da.    Borger  70'; 
hier  innen  brüder  alle, 
da  drauszen  herr  und  knecht.    UHLAnD  ged.  105. 

Ein  entfernterer  ort  wird  auch  anders  angedeutet:  unsere  feind 
haben  mich  zu  meinem  glück  getrieben .  dann  ich  daheim 
vieleicht  nimmer  so  hoch,  als  hier  kommen  were.  Zisrcref 
apophth.  1.  204. 

Die  Verbindung  hier  und  da,  hier  und  dort  in  unbestimmtem 
sinne: 

falsch  gebild  und  wort 

verändern  sinn  und  ort! 

seid  hier  und  dort!    Göthe  12,  117; 

hier  und  da.  älter  hier  und  dar.  namentlich  will  eine  erslreckung 
über  einen  gröszeren  landslrich  andeuten  (rgl.  hie  sp.  1305),  geht 
audi  in  die  zeitliche  bedeulung  dann  und  wann  über:  seine  er- 
langte Wissenschaften  hier  und  dar  glücklich  anzubringen. 
Fehenb.  1,17;  dasz  er  etwan  hier  und  dar  gute  günner  er- 
wecken werde,  das.; 

ein  banges  ach  um  dich, 
das  hier  und  da  ein  freund  bei  stillen  thränen  stöhnet. 

Lrssi5c  1,  94. 

4)  hier,  auf  dieser  erde,  in  diesem  leben,  jenes  leben  wird 
oft  ausdrücklich  oder  durch  dort  in  gegensatz  gesleltl :  wann  es 
ihm  Her  alles  bezahlt  würde,  was  er  dann  in  jenem  leben 
zu  gewarten  haben  wolle?  Zirkgref  apophlhegm.  1,252; 

hier  übt  die  tugend  ihren  fleisz; 

und  jene  weh  reicht  ihr  den  preis.    Gellbrt  2,  228; 

hier  kann  der  mensch  nie  frei  von  pein, 

nie  frei  von  eigner  Schwachheit  sein,    das.; 

hier  such  Ichs  nur,  dort  werd  ichs  finden.    229; 

sie  zeitlich  hier,  sie  ewig  dort  zu  retten. 

Lessing  2.  292. 

5)  hier  in  abgeblaszlerer  Stellung,  nicht  sowol  auf  den  ort,  als 
auf  fall,  läge,  umstände,  Verhältnisse  bezogen,  namentlich  auch  bei 
enlwickelung  und  darstellung  von  gedanken  und  sddüssen  ver- 
wendet :  zum  vierdten  sagte  dieser  .  .  .  ButvTolambius :  ich 
habe  eine  scurrilische  art  zu  schreiben,  ich  frage  hier  alle 
unpassionirte  gemühter.  ob  dieser  Butyrolambius  . .  .  hierin 
nicht  rede  als  ein  scurra?  Schcppius  öS."»;  ihr  erzehlet  mir 
hier  ein  rechtes  Sardanapali  epilaphium.  Zinkgref  apophth. 
1,1S9;  mit  einem  worte,  es  ist  hier  (bei  einem  processe)  etwas 
zu  verdienen.  Raiie!«er  sat.  3,54;  ich  habe  diesen  cingang 
etwas  ernsthaft  abfassen  müssen,  weil  ich  hier  mit  einer  art 
leser  zu  thun  bekomme  ...  36;  der  inhalt  eines  buchs  ist 
ja  sein  sinn,  und  chemische  analyse  wäre  hier  analyse  von 

83 


1315 


HIER 


HIER  AB  — HIERDURCH 


1316 


lumpen  und  druckerschwärze.  Lichtenberg  5  (1803)  171 ;  heute 
soll  ich  scheiden,  sprach  er,  und  von  der  trefflichen  frau  . . 
meine  letzten  auftrage  erhalten,  hier  nun  liegt  mir  etwas 
auf  dem  herzen,  auf  dem  ganzen  innern  sinn,  worüber  ich 
aufgeklärt  zu  sein  wünschte.  Güthe  21,190;  wie  aber  nun 
die  einführung  des  allgemeinen  und  directen  Wahlrechtes 
bewirken  ?  und  hier  blicken  sie  auf  England !  Lasalle  offnes 
anlwortsclireibcn  (1863)  s.  37 ; 

der  Judo  ma^estät?  der  Pallas  würde?  —  nein! 

die  flöszen  nichts  als  ehrfurclit  ein; 

ein  stärkrer  reiz  wird  hier  den  ausschlag  geben  müssen. 

WlKLAND   10,  13!); 
gesteht,  dasz  die  geTahr 
nicht  allzu  klein  für  eine  spröde  war! 
das  sicherste  war  hier  —  die  äugen  zuzumachen.    149; 

nun,  verstehn  wir  uns  nur  recht! 
hier  giebts  zu  unterscheiden!    Lessinc  2,210; 

aber  laszt  uns  länger  nicht 
einander  nur  erweichen,    hier  brauclits  that!    325; 
es  ist  unköniglich,  zu  weinen  —  ach ! 
und  hier  nicht  weinen,  ist  unväterlich  !    Schiller  Iphig.  2,  4. 

6)  hier  zeillich:  die  nächsten  12  jähre  von  hier  an.  Gotter 
3,  XXXIII ; 

allzuweit  ist  nicht  von  hier,  bisz  der  tolle  schandenwinkel, 
drinnen  blinder  willen  herrscht  und  ein  tauber  eigendünkel 
rüblt  den  letzten  donnerschlag.  Logau  1,  180,  61 ; 

der  unter  zehnen  vor  (zuvor)  in  gunstcn  war  der  einer, 
wird  unter  zehnen  hier  in  gunsten  bald  ein  keiner. 

2,  150,  52  (kofegunst). 

7)  hier  substantiviscli : 

ob  es  gott  geliebt,  war  der  beste  handel, 

dasz  sich  hier  in  dort,  ehstes  Trölich  wandet. 
LoGAU  2,  123,  21 ; 

hier  und  dort  sind  brüder  zwar, 

doch  ein  ganz  verkehrtes  paar. 

hier,  führt  wieder  dort  viel  krieg, 

doch  behauptet  dort,  den  sieg. 

jeder  musz  in  diesen  zii^; 

wer  dem  dort  dient  der  ist  klug; 

dort,  belohnt  mix  lauter  gott, 

hier,  bezahlt  mit  lauter  tod.    1,  55,  26; 

und  macht  zum  hier  das  schöne  dort.  Platew  28. 
auch  in  fällen,  wo  hier  nach  praeposilionen  sieht,  kann  es  sub- 
stantivisch aufgcfaszl  werden:  es  geht  über  hier  nach  Leipzig; 
er  ist  nicht  von  hier;  noch  mehr  aber  wünschte  ich,  dasz 
sie  sie  bereden  könnte,  mit  auf  hier  zu  kommen.  E.C.  König 
bei  Lessinc  13,292;  sie  wären  schon  unterweges  auf  hier. 
dieselbe,  s.  311. 

8)  wenn  hier  tu  Verbindung  mit  advcrbien  der  bewegung  wie 
heraus,  hinaus,  herein,  hinein,  herunter,  hinunter  «.  ähnl. 
sieht,  so  wird  es  deswegen  nicht  selbst  ein  sokhes,  sondern  deulel 
nur  die  slelle  an,  wo  die  bewegung  einsetzt  oder  abschlieszl :  wollen 
ihre  excellenz  nur  die  gnade  haben,  hier  herein  zu  treten. 
Lessing  l,  600 ;  gleiche  bewandtnis  hol  es  mit  dem  compositum 
hierher  {s.  d.),  für  das  übrigens  auch  getrenntes  hier  —  her  steht: 

hier  bringt  den  Juden  her,  so  bald  er  kommt.  2,  269. 
In  den  allniederdeubchen  quellen  galt  die  Verbindung  golh.  Mr 
quiman,  ags.  alls.  h4r  cuman  ,  allnfr.  hier  cuman,  wo  Mr, 
hier  sonst  unserm  hier  entspricht  (sp.  999).  der  gebrauch  isl 
nicht  oberdeutsch  (ahd.  ht-ra  queman);  das  adverb  will  aber  auch 
nichts  als  endpunkt  und  ziel  der  bewegung  bezeichnen,  in  Nord- 
deulschland  lebte  die  Verbindung  weiter  (vgl.  komnieD  11,4  th.  5 
tp.  1636) : 

komstu  hie  mit  kreuz  belnden, 
setze  dich  nieder  auf  beide  knie. 

inschrifl  nuf  einem  bilde  den  h.  Anton  vor  Münster 
[bei  laHRRHANN  gfd.,  Hamm  1822,  (.  8); 
und  deutsche  schriflstelier  dieser  heimat  führen  sie  in  die  schrift- 
tf/rache  ein: 

dich  reich  zu  machen,  komm  ich  hier.    IIacrporn  2,  71 ; 
komm,  küKter,  hier!  komm  mit  dem  chor, 
und  gurgle  mir  da«  brautlied  vor!    Bürcr*  H*; 
tata!  geiindel  hier!  komm  hier!    15*. 
mit  autlatsung  des  verbums  beim  rufen : 

he,  Al-Hafl!  hier!    Lctstno  2,212; 
Patriarch  {indem  er  näher  kommt,  winkt  dem  bruäer).    hier! 

299; 
hier,  mein  söhn  !    301. 

Görat  hol  tie  ach  angeeignet: 

geielle  dich  zu  unn!   komm  hierl    12,63. 

9)  M  den  narhslehenden  zutammensctsungen  bestimmt  liier  das 
ftifndl  adverb  derart,  da%z  entweder  der  in  ndchstrr  brzirhung 
M  ti»tm  $fnekenden  riehendc  ort  (nach  hier  l,  in  hicrauRzen, 
kiciM,   UmMbea  «.  i. ».),   oder  auch  die  auf  den  aäverbial- 


begriff  sich  zunächst  beziehenden  Verhältnisse,  ursadten,  umstände, 
Zeitabschnitte  {nach  hier  5  und  C,  in  hierab,  hierauf,  hiernächst 
u.  a.)  angedeutet  werden. 

HIERAB,  adv.  von  hier  aus,  aus  diesem  gründe,  deshalb: 
hierab  hatt  der  Junker  solches  mitleiden.  Amadis  59 ;  hierab 
verwundert  sich  Amadis  und  die  andern  heftig.  265;  er- 
schiacke  hierab  so  hart.  Lazariüo  de  Tormes  83.  auch  wie 
hieran  2 :  hierab  (dasz  er  als  burgemeister  steif  über  den  geselzen 
hält)  tuht  er  sehr  wohl.  Butscuky  kanzl.  495. 

HIEHAN,  adt'.  l)  auf  eine  örtliche  nähe  und  berührung  be- 
zogen, an  dieser  oder  an  diese  stelle:  wir  sahen  ein  haus,  hieran 
angelehnt  ein  kleineres  zweites;  lehne  den  stock  hieran  {an 
diese  wand),  sprichwörtlich :  er  vvil  hieran  noch  feder  rupfen. 
SCHOTTEL   1117'. 

2)  auf  Verhältnisse  und  Sachen  gewendet,  an  diesem,  mit  diesem: 
hieran  unvernügt  (hiermit  noch  nicht  zufrieden).  Amadis  271; 
fürwar,  antwort  der  könig,  e.  1.  thut  mir  hieran  besonder 
anmutig  und  dankannemend  wolgefallen.  314;  eu.  I.  handeln 
hieran  ganz  unbesindt.  373;  wir  wollen  uns  hieran  nicht 
begnügen.  Kant  8,  92. 

HIERAUF,  adv.  l)  ör(/ic/i,  auf  diese  stelle,  hier  herauf:  hat 
dich  der  teufel  hierauf  getragen,  so  führe  dich  unser  herr- 
gott  wider  herab.  Zinkgref  apophth.  2,  73. 

2)  gewöhnlich  die  nächste  Zeitfolge  und  fortgang  einer  erzählung 
bezeichnend:  hierauf,  und  damit  der  künig  etwas  sicherer  den 
auszgang  dieses  streits  sehen  künd,  verschlüge  er  sich  ein 
wenig  ferner  in  den  wald  hinein.  Amadis  14;  hierauf  seine 
underthanen  ...  in  groszer  anzal  erschienen.  31 ;  hierauf 
liefen  sie  alle.  39 ;  hierauf  sein  underschiedlichen  fürsten  die 
äugen  übergangen.  Zinkgref  apophth.  1,120;  Philine  und  die 
mädchen  kam  bald  hierauf  mit  lachen  und  lärmen  herein. 
Güthe  18,186. 

3)  antwort,  beschlusz  einleitend:  hierauf  weisz  ich  nun  ... 
disem  anders  nichts  zu  antworten.  Amadis  8; 

hierauf  verabschieden  wir  das, 
dasz  man  in  alle  hilf  versag. 

J.  Atbkr  150*  (753,  20  Keller). 

HIERAUS,  adv.  1)  örtlich:  hieraus  steigt  rauch;  hieraus 
quillt  Wasser;  hätte  man  den  kindern  alles  angehängt,  so 
gehe  es  so,  eins  laufe  hieraus,  das  andere  dortaus,  zuletzt 
komme  man  dem  heiligen  bettel  nach.  J.  Gotthelf  leid.  u. 
freud.  eines  schulm.  4,  cap.  3. 

2)  auf  eine  Ursache,  einen  grund  weisend:  hieraus  allein 
köndte  man  die  Unsterblichkeit  der  seelen  abnemmen.  Zink- 
gref apophth.  1,  73  ;  als  hierausz  ein  offener  krieg  entstund.  179. 

3)  forlgang,  gedeihen  einer  sachc  angebend :  hieraus  kann  noch 
etwas  werden ;  hieraus  wird  nichts. 

HIERAUSZEN,  adv.  auszen  und  hier: 

möchte  gern  was  rechts  hicrauszcn  lernen.    Götbi  12,93. 
HIERBEI,  adi'.  (neben  hiebci  sp.  1307), 

1)  örtlich,  bei  dieser  slelle:  ich  sperrt  sie  ins  beinhäusel 
nahe  hierbei.  Götue  42,185;  in  dem  gewölbe  hierbei  .  .  . 
ist  ihre  ruhestatt.  188;  G.  wo  ist  mein  pferd?  zigeun.  hier 
bei.  151.  bcglcilung  andeutend;  in  briefcn  und  auf  solche  be- 
züglich, sclireibt  man  oß  hierbei  schicke  ich  ein  paket;  hier- 
bei folgt  ein  Wechsel. 

2)  auf  verlidltnisse  und  umstände  bezogen :  hierbei  isl  billich 
auch  anzuheften ,  was  von  dieser  unserer  sprach  der  edel 
und  hochgelehrt  geschichtschrciher  Lehmann  .  .  .  gedenkt. 
Zinkgref  apophth.  1,295;  wann  aber  die  herrcn  ein  sonder- 
liches extraurdinari  panqiicl  anstellen  wollen,  so  suchten  sie 
hierbei  was  zu  linden  war.  Sciiüpmus  104; 

ehrwiirdger  vnter,  was  w-ir  hierbei  wohl 
zu  thiin?  I.ESMMG  '.>,  301. 

HIERBEINEBEN,  adv.: 

Ia!<zt  den  tag  euer  sein  und  denket  hierbeinehpii. 
W0.1  man  ihm  anderweit  itit  wird  für  ehre  geben. 

Fi.KmrtG  I. '),'),  33  /wi;i;icn6. ; 
drum  will  ich  andre  klagen 
und  hierbeineben  auch  von  meiner  Schwachheit  sagen. 

45«,  5.  13. 
HIERBLEIBEN,  n.   der   tubslanttvvich   gesetzte   infinUiv   hier 
bleiben.  Klinckr  1,466:    sein  hierbleiben  gilt  jetzt   für  aus- 
geinnrhl. 

HIERDURCH,  adv.  {$.  hiedurch  tp.  1309), 

1)  örtlich,  durch  diese  ddUe:  hierdurch  geht  der  weg,  nicht 
dadurch. 

2)  causal  und  instrumental :  leget  diese  keinnUt/ige  ire  hilnd 
iu  seine  wunden,  damit  sie  ihn  hierdurch  bald  zum  tod  hin- 


1317 


HIEREIN  —  HIERLÄNDIG 


HIERLÄNDISCH  —  HIERÜRER 


1318 


richtet.  Amadis  58;  pflegen  sich  auch  über  keinen  weiber- 
pracht  zu  verwundern,  als  die  hierdurch  nur  suchen  den 
männern  zu  gefallen.  Zinkgref  apophtli.  1,  40. 

HIEREIN,  adv.  l)  in  diesen  ort :  sein  wir  gezwungen  worden, 
ihn  wiederumb  hierein  zu  füren.  Amadis  271 ;  der  alte  ritter, 
der  euch  hierein  gefürt.  245. 

2)  bezogen  auf  Verhältnisse,  entsMüsse :  bierein  Jasze  ich  mir 
nicht  reden;  wann  ich  hierein  sprechen  solle.  Stmpi.  4,244 
Kurz. 

HIERFÜR,  adv.  neben  hiefür  sp.  1309:  hierfür  kann  ich 
nichts;  hierfür  gibt  es  kein  mittel. 

HIERGEGEN,  adv.,  neben  hiegegen  5p.  1310, 

1)  Örtlich,  an  dieser  stelle:  es  wäre  hiergegen  der  treue 
Eckardus.   Schcppiüs  754. 

2)  gewöhnlich  einen  gegensatz  zu  etwas  andeutend:  hiergegen 
liesze  sich  vieles  sagen ;  hiergegen  läszt  sich  nichts  ein- 
wenden ;  hiergegen  ist  der  verlust  gering. 

HIERHÄCSZEN,  adv.  (aus  hier-hie-auszen):  hierhauszen  ist 
es  wild  und  trüb,  die  wölken  liegen  der  erde  und  dem  geiste 
schwer  auf.  Göthe  an  frau  v.  Stein  l,  368. 

HIERHER,  adv.  an  diesen  ort:  komm  hierher!;  hierher 
uuiszt  du  treten,  nicht  daher. 

HIERHEREIN,  adv.  wird  manchmal  zusammengerückt  für  hier 
herein  (s.  hier  8  sp.  1315)  geschrieben. 

HIERHIN,  adv.,  der  gegensatz  von  dahin :  hierhin  muszt  du 
sehen,  nicht  dahin. 

HIERHINTER,  adv.  gegensatz  von  dahinter:  hierhinter  führt 
kein  weg. 

HIERIN,  adv.  l)  an  diesem  ort,  an  dieser  stelle:  so  würdet 
man  doch  hierinn  {im  buclie)  soviel  ritterlicher  und  lustiger 
thaten  . . .  finden.  Amadis  11 ;  darauf  zeigt  sie  im  den  zeit, 
und  sagt:  hierinn  mögt  ir  mit  im  reden.  236;  zeigt  sie  im 
i-in  schön  schlosz,  und  sagt:  herr,  hierinn  vverd  ir  finden, 
Jas  so  ir  begert.  269; 

hierin  vindt  ainer  mangen  guten  schwank. 

Keller  alte  gute  schwanke  s.  9. 

2)  auf  Verhältnisse,  umstände,  ereignisse  bezogen :  der  bewert 
hierin  und  rechtschafifen  erfunden  ist,  der  wird  billich  ge- 
lobet. Str.  31, 10;  wol  dem,  der  sich  hierin  {in  der  lehre)  übet. 
30,30;  denn  hierinn  ich  mich  glückselig  achten  .  .  .  wolt. 
Amadis  18;  doch  hielten  sie  sich  hierinn  also  heimlich,  dasz 
keines  dem  andern  sein  bulerische  anfechtung  entdecket.  4"; 
die  wolle  mir  hierin  . .  stattliche  hilf  und  beistand  erzeigen. 
52;  wann  er  dem  bruder  nur  hierin  willfahrete.  Zinkgref 
apophth.  1,149;  sagte  dieser  .  .  Butyrolambius :  ich  habe  eine 
scurrilische  art  zu  schreiben,  ich  frage  hier  alle  unpassio- 
nirte  gemühter,  ob  dieser  Butyrolambius  . .  hierin  nicht  rede 
als  ein  scurra?  Schuppids  583;  unsere  vorfahren  sind  hierin 
klüger  gewesen.    Müseb  palr.  phant.  i,  214 

HIERINNE,  adv.  nebenform  zum  vongen :  und  hierinne  {in 
dieser  hinsieht)  musz  ich  loben  der  Holländer  prudenz.  Schüp- 
pius  93 ;  so  ist  er  doch  deswegen  zu  tadeln,  dasz  er  sich 
so  schlechte  Vorbilder  gewühlt  hat.  doch  hierinne  entschul- 
digt ihn  genugsam  die  damalige  einrichtung  des  lustspiels. 
Lessing  3, 130. 

HIERI.N.\EN,  adv.  für  hierin,  l)  ürüieh:  dämm  lasset  uns 
in  {den  junker)  diesen  abendt  zurüsten,  und  in  der  kirchen 
hierinnen  bereit  enthalten.  Amadis  56 ;  register  der  tractätieln, 
so  hierinnen  begriffen.  Schlppiüs,  Inhaltsangabe;  man  erlaube 
mir  aber,  das  ferne  fenster  dort  zu  öffnen,  die  luft  ist  schwül 
bierinnen.  Tieck  nor.  kränz  4,  383. 

2)  auf  zustände  und  Verhältnisse  bezogen:  sol  ich  euch  loben? 
hierinnen  lobe  ich  euch  nicht.  1  Cor.  11,22;  und  mein  wol- 
meinen  hierinnen  gebe  ich,  denn  solches  ist  euch  nützlich. 
2  Cor.  H,  10;  zweifei  ich  nicht,  sie  würden  etwas  bescheidner 
bierinnen  verfahren.  Schoch  stud.  leb.  Aiij;  ich  bitte  euere 
amplitudinem  (euer  weitläuftigkeit)  wollen  mich  hierinnen 
nicht  verrathen.  Schüppics  545;  da  {im  papstthume)  ist  ein 
häufen  wachen,  opfern,  seelmessen,  walfahrt,  und  dergleichen, 
aber  sie  thun  hierinnen  nicht  den  willen  des  vaters  im  himrael. 
610;  hierinnen  bestärkten  sie  sich.  polU.  slockf.  294. 

HIERLANDES,  adv.  hier  zu  land  (s.  hier  1  sp.  1313) :  hier- 
landes  war  gar  kein  fester  brauch  noch  sicheres  gesetz.  Abndt 
leben  92 ;  in  getrennter  Schreibung : 

und  wird  die  sonne,  die  hier  lands  uns  schimmert, 
in  andern  lonen  ohne  flecken  sein?      Bli-iairr  1,8. 

HIERLÄNDIG,  adj.  hier  im  lande  befindlich,  oder  daher  ent- 
sprossen:   die   schlesischen   stände  im  j.  1740  trollen  das  übliche 


wiegenband  {ein  gesclienk)  einsenaen  nach  geendigten  hierlän- 
digen  misslichen  troublen.  Grlsh.^gen  Friedrich  d.  gr.  u.  die 
Breslduer  in  den  j.  1740  «.  1741,  s.  145. 

HIERLÄNDISCH.  adj.,vne  hierländig:  hierlündische  erzeug- 
nisse;  hierländischer  tabak.     «.  hieländisch. 

HIERMIT,  adv.,  vergt.  hiemit  sp.  1311:  befehlen  auch  kraft 
dieses  hiermit.  Schuppids  570; 

tempetherr  {einschlagend)  .  .  .  hiermit  empfange  mehr 

als  du  mir  nehmen  konntest,    ganz  der  deine! 
Lesswg  2,  30«. 
in  der  form  biermitte: 

nicht,  dasz  wir  dir  vorzuschreiben 

uns  hiermitte  nehmen  für.     Fleming  365,  38  Lapjienb. 

HIERNACH,  adv.  neben  hienach  sp.  1312,  nächste  folge,  rich- 
tung  bezeichnend:  voran  ritten  bewaffnete,  hiernach  der  feld- 
herr;  hiernach  lasset  uns  streben;  hiernach  folgt,  dasz  wir 
uns  vor  ihm  hüten  müssen;  zeillieh:  der  hausheiT,  mit  dem 
er  sich  über  diese  gegenstände  freimüthig  unterhielt  und  hier- 
nach dessen  gunst  immer  mehr  zu  gewinnen  schien.  Göthk 
21,117. 

HIERNÄCHST,  adv.  (neten  hienächst  q>.  1312),  entweder  die 
zatfolge  ausdrückend:  hiernächst  bemühe  man  sich,  die  älteren 
Wortfügungen  und  redensarten  nachzuahmen.  Bt^BGER  137'; 
ich  komme,  gnädiges  fräulein ,  ihnen  einen  unterthänigea 
guten  morgen  zu  wünschen  ....  hiernächst  komme  ich  zu- 
gleich . . .  Lessing  1,529; 

zwar  kömmt  das  beste  noch.  —  der  patriarch 
hiernächst  hat  ausgegattert,  wie  die  veste 
sich  nennt.  2,  220; 

oder  eine  grundfolge:  nichts  nöthiget  hiemächst  den  dichter 
sein  gemählde  in  einen  einzigen  augenblick  zu  concentriren. 
6,392;  die  besorgnis  des  Corneille  ging  hiernächst  zu  weit. 
7,132;  in  örtlicfier  bedeutung  führt  Adelung  auf:  er  wohnt 
hiernächst. 

HIER.NEBEN,  adv.,  ttie  hieneben  sp.  1312,  örtlich : 
hierneben  lag  ein  keller 
so  voll  von  köstlichem  wein.    Göthk  1,  103; 
und  es  brannten  die  straszen  bis  zu  dem  markt,  und  das  haus 

war 
meines  vaters  hierneben  verzehrt,  und  dieses  zugleich  mit. 

40,  2iO. 
auf  eine  Sache  bezüglich:  hierneben  komme  ich,  um  eine  nach- 
frage zu  thun;  und  da  ..  sich  auch  hierneben  ermeldter  rath 
zu  Naumburg  erkleret.  der  Stadt  Leipzig  Ordnungen  (1701)  s.  29. 
HIERNIEDEN,  adv.  die  seltene  form  ßr  hienieden  5p.  1312 : 

und  wenn  ihm  noch  beliebt, 
hiernieden  unter  uns  zu  wallen.    Lessiüc  2,  197 : 
nicht  welket  der  kränz  mehr, 

der  uns  geworden:  denn  seht!  er  keimte  hiernieden,  und  blühet 

unvergänglich  fort  in  den  hehren  gefildet^des  himmels. 

Ptbker  Tunis.  12,713. 

HIEROB,  adv.  ob  diesem,   über  dieses:   der  misfallen  hirob 
{dasz  man  sein  wort  nicht  gehalten).  Bltscbky  kanzl.  115; 
wer  jauchzte  nicht  hierob?    Hallmaü!«  Theodorich  s.  9. 

HIEROBEN,  adv.  neben  getrenntem  hier  oben  (s.  hier  1, 
sp.  1313):  hieroben  in  der  alten  bürg. 

HIERORTS,  adv.  hier  am  orte,  gebildet  wie  hierlands  o6en; 
hierorts  bestehen  noch  alte  brauche. 

HIERSEIN,   verb.   der  siü)stantiv  gesetzte  mßnitiv  hier  sein 
bei  meinem  hiersein  geschah  das  nicht;  sein  hiersein  hatte 
wichtige  folgen. 

HIERSEITS,  adv.  hier  auf  dieser  seile:  bierseits  ist  nichts 
nachtheiliges  über  ihn  bekannt;  {ein  acker)  gelegin  in  der 
nyderauwe  hiersite  der  Layne  {Lahn)  gen  Gunsze  wert  {wärts). 
Niederweiseier  urk.  von  1362. 

HIERSELBST,  adv.  Verstärkung  von  hier,  icie  daselbst,  dort- 
selbst  als  Verstärkung  von  da  und  dort  auftreten  (s.  th.  2, 807. 
1309),  und  zwar  erst  seit  der  nüid.  zeit:  das  früheste  beispiel 
für  alhie  seihest  steht  passional  225,  4  Hahn,  hierselbst  hie 
Stiei.er  2003. 

HIERCBEN,  adv.  hier  über  einem  Zwischenräume  hinweg,  vgl. 
hüben  aus  hie  üben :  weret  hierüben  in  Lämmerbacb.  Fr. 
Müller  1,274. 

HIERÜBER,  adv.  l)  ü6ct-  diese  stelle:  hierüber  müssen  wir 
gehen. 

2)  abstract  auch  auf  die  stelle  eines  buches,  auf  einen  aus- 
spruch,  befehl,  gedanken  bezogen:  hierüber  musz  ich  ernstlich 
nachdenken  ;  doch  sollen  sich  hierüber  {über  die  außebung  des 
inlerdicts)  die  Juristen  bei  ihren  eiden  entschlieszen.  Wdrstisen 
Basler  chron.  (1580)  s.  209;  auf  eine  frage:  die  Elisena  aber 
kondte  ibme  hierüber  nichts  antworten.  Amadis  16;  gab  die 

83* 


1319 


HIERUM  — HIERZU 


HIERZWISCHEN  —  HIESIGKEIT 


1320 


herzogin  hierüber  zur  autwort.  Zinkgref  apophllt.  1,155;  auf 
eine  vcraulassttity,  ursaclie:  hierüber  musz  ich  mich  freuen; 
hierüber  trauerst  du?;  es  begegne  mir  gleich  iiierüber,  was 
immer  wolle,  ...  so  wil  ich  eucli  die  Wahrheit  anzeigen. 
Amaäis  U ;  ich  ward  hierüber  ein  wenig  lachend.  Fleming  84 
Lappenb.;  auf  eine  seitfolge,  im  sinne  von  nächst  dem,  atiszerdem: 
Iiierüber  haben  sie  noch  hierzu  gehult,  dasz  Muses  .  .  eine 
ührine  schlang  hat  aufgericht.    bienk.  140'. 

.HIEKL'M,  aäv.  l)  in  bezug  auf  einen  ort:  ich  will  meine 
schätze  aufthun ,  die  ich  hierunib  vergraben  habe.  Simpl. 
4,  308  Kurz ; 

vor  den  thoren  der  Stadt  liebt  einsam  in  dem  gelilde 
sich  ein  hügel  empor,   uni;;elibar  hierum  und  dortum. 

RÖRCKR  iü4'. 

mit  neckischem  anklang  an  die  bedeutung  2:  hierum  und  darum 
—  gehen  die  gjinse  barfusz.  Simrock  spricinc.  s.  250. 

2)  I«  bezug  auf  veranlassung,  Ursache,  grund:  hierum  gräme 
ich  mich  nicht;  bekümmere  dich  doch  nicht  auch  noch 
hierum;  hierumb  ist  vatter  und  mutter,  in  verheiraten  ihrer 
kinder,  allermeist  zu  sehen,  dasz  sie  gleicher  art  und  gemüter 
seien.  Agr.  spr.  (l560)  101";  hierunib  denn  mein  gnedig  ge- 
sinnen  und  beger  mir  hierinn  ewerm  vermügen  nach,  httlf 
zuerzeigen.  AmadislS;  das  gab  inen  noch  mehr  Schreckens, 
dieweil  sie  mit  frischen  und  geruheten  leuten  zuschaffen  . . . 
und  hierumb  iieng  der  niehrertheil  under  den  Franzosen  an 
zu  wanken.  95 ; 

hirumb  so  gebt  urtail  zu  stunden,    fasln,  sp.  177,  10; 

hierum  singt  Fama  falsch  von  anstand  und  von  friede. 

LoGAU  1,  3; 
1«    bezug    auf  bitte    und   dank:    besonder  erkeckt  die  Oriana 
hierumb  anzusprechen.  Aniadis  54;  hierumb  bedankt  sich  der 
junkher  ganz  underthenig.  55. 
HIERUME.N,  aäv.: 

soll  man  dann  am  himmel  sehen 

was  hierunten  soll  geschehen?    Louau  2,  150,54. 

HIERU.N'TER,  adv.  l)  örtlich:  hierunter  führt  kein  weg; 
stellen  wir  uns  hierunter,  der  bauin  wird  uns  decken. 

2)  bezogen  auf  eine  äuszeruny,  andcutuug,  meinung :  als  sie 
nuhn  derenlhalben  ein  mahl  von  einer  nonnen  gefragt  wurde, 
wen  sie  hierunder  verstünde.  Zinkgref  apophlh.  1,155;  auf 
eiiu  Ihdtigkeit,  einen  anlasz  {s.  darunter  2,  th.  2,  $04),  im  sinne 
von  Itierin,  in  dieser  saclie:  als  wollen  wir  unsere  vormals 
hierunter  gelhane  Verfügungen  ihres  wörtlichen  Inhalts  anher 
wiederholet  haben,  der  sladt  Leipzig  Ordnungen  (1701)  s.  410; 
andere  scribenten  aber  wissen  nur  von  den  Franken  und 
Sachsen  etwas,  weichen  ich  auch  hierunter  folge.  Hahns  hisl. 
(1721)  2,  20. 

HIERVON,  adv.   1)  von  diesem  orte: 

irr  ich  öliers  urab  den  port, 

rufe  dir.  die  ich  verloren. 

o  vergeoens,  Corydon, 

sie  ist  allzuweit  hiervon.    Opitz  2,  188. 

2)  «n  bezug  auf  eine  saclie  gebraucht ;  schweige  hiervon ;  hier- 
von darfst  du  essen,  davon  nicht;  hiervon  läszt  sich  wenig 
gewisses  sagen ;  leset  hiervon  ferner  Caussine  dissei  t.  42  de 
regno  Dei.  Scuuppitis  15;  hat  ihn  . .  gott  der  herr  wnnderbar- 
licb  errettet,  wie  hiervon  die  denkwürdige  hislori  anderstwo 
zu  lesen.  Zinkgref  apophl/t.  1,194; 

doch  hiervon  genug.    Lbssinc  2,  300. 
ein  franzosischer  kunstrichter  nahm  hiervon  gelegenheit,  sich 
gegen    die  trauerspiele  von  dieser  gattung  überhaupt  zu  er- 
klären. 7, 83.     s.  hicvon. 

UIEHVOR,  aäv.  neben  hievor,  s.  d.:  stelle  dich  hicrvor; 
hieivor  wolle  uns  der  binimcl  behüten ;  hiervor  kann  ich 
nicht,  hoc  mea  culpa  non  est  factum,  lu)C  non  poltii  impcdire. 
Frisch  1,452*;  biervur  ist  kein  mittel,  contra  hoc  malum  non 

rsl    rnrdicina.    das. 

IIIKRWÄRTS,  adv.  nach  hier  zu:  sihe,  die  pfeile  ligcn  hier- 
werl»  hinder  dir.  1  i>'a«».  20,21 ;  der  gegensalz  dortwerts  f.  22. 

HIERWIDEH,  adv.  contra  hoc.  Frisch  1,452':  hierwider 
wtirde  endlich  noch  rath  werden.  SimpUcissimi  alberner  brief- 
ttelUr  (1725)  4;  er  wimmert,  er  schreiet,  er  bekömmt  die 
gr3«zlicbslen  Zuckungen,  hierwider  gehet  eigentlich  der  ein- 
warf des  beleidigten  anstände».  Lessimg  ß,  3<js  ;  hierwider 
ift  DJchli  zu  sagen.  Kant  7,349; 

hierwider  konnte  lich  dl«  Neuberiu  nicht  Nchiilzeii. 

RoiT  verm.  ged.  1769  *.  12. 

HIERZU,  adv.  ad  haee,  öttlich:  hierzu  gelangt  man  nur  auf 
ticschwerlicben  wegen ;  meist  in  bezug  auf  sachrn  und  Verhält- 


nisse: hierzu  Jaszt  sich  wenig  sagen;  was  sol  ich  hierzu 
sagen?  Scuui'pius  40;  hierzu  habe  ich  keine  neigung;  hierzu 
hat  er  die  mittel  nicht;  lebe  wie  ein  herr.  ich  will  .  .  dir 
gelds  genug  hierzu  geben.  Simpl.  4,  3os  Kurz;  under  andern 
gründen  ihn  hierzu  zu  bereden.  Zinkchef  apoptuh.  l,  149;  haben 
doch  mich  etlich  ding  so  hoch  hierzu  angemutigt.  Amadis  5. 
hinzufügend:  hierzu  kommt,  dasz  der  mann  gebrechlich  ist; 
hierzu  füge  man,  dasz  der  Schauspieler  die  Vorstellung  des 
körperlichen  schmerzes  schwerlich  oder  gar  nicht  bis  zur 
illusion  treiben   kann.  Lessinc  ti,  393.     s.   hiezu. 

HIERZWISCHEN,  adv.  in  medio  spalio.  Frisch  1,452";  hier- 
zvvischen  stecke  ich  mich  nicht,  his  me  non  immisceo.  das. ; 
hierzwischen  war  es  zeit  worden.  Kirchhof  uendunm.  69'; 
Chimene  komt  hierzwischen  zu  dem  könig.  Grefuncer  Cid 
A  iij  (inhalt). 

HIESEL,  die  bairische  koseform  des  namens  Matthies,  auch  als 
sciu'tle,  in  der  bedeutung  dummer  mensch  vertvendel.  Fromm.  3,315. 
ScHM.  2,  250,  woraus  sich  sogar  ein  verbu7n  hieseln,  als  dum- 
men menschen  behandeln,  aufziehen,  entwickelt,  das.  machts  enk 
eil!  knöpf  ins  hemed:  so  vergeszts  es  fein  nit,  es  thorechten 
hiesel.  Schwabe  linlenf.  8. 

HIESELBST,  adv.  für  bierselbst.  alhie  seihest  passional 
225,24   Hahn. 

HIESIG,  adj.  quod  hu  jus  loci  est,  jüngere  bildung  zu  hie,  die 
die  weniger  gebräuchlichen  hieig  und  hieisch  (s.  d.)  im  l'.jahrh. 
verdrängt,  das  s  in  hiesig  ist  euphonisch  eingeschoben,  vergl. 
dasig  Iheil  2,  809.     Es  bedeutet : 

1)  tt«  einem  orte  befindlich,  auf  ihn  bezüglich,  zu  ilim  gehörig ; 
und  zwar  in  dem  eingeschränkten  sinne,  dasz  es,  ini  gegensalze 
zu  hier,  nicht  auf  eine  räumlichkeit  allgemein,  sondern  nur  auf 
ein  darf,  eine  sladt,  einen  bezirk  zeigt:  wir  samptliche  under- 
thanen  der  herligkeit  Meill  bezeugen  allhier  öffentlich,  dasz 
wir  den  wollgebornen  herren  ...  als  hesiger  herligkeit  an- 
geborner  erb-  grundt-  gerichs-  und  jurisdictions  herren  . . . 
hallen  und  erkennen,  weislh.  4.  7G5 ;  welche»  hiesigen  kauf- 
leuten  zugehörig,  ungedr.  zeilung  von  lüOs,  im  busitz  des  fürsten 
Yscnburg  in  Büdingen;  aber  dieser  schädliche  vorkauf  den 
rechten  und  hiesigen  Statuten  ganz  zu  wider,  der  sladt  Leipzig 
Ordnungen  (1701)  *.  403;  da  jedermann  in  hiesigem  lande  seinen 
köpf  frei  bat.  Moser  pa/r./)/ioH/.  1, 192;  [eines  fremden)  namen, 
heimalh,  charakler,  hiesige  geschäfte,  vermuthliche  dauer  des 
aufenthalts.  Lessing  1,529;  ich  bin,  wie  du  schon  gemerkt 
haben  muszt,  mit  allen  umständen  deines  hiesigen  lebens 
bekannt.  VVielanü  ö,  i>»4  (154);  wer  von  den  herren  sich  aufs 
würdigen  versieht,  wird  es  (das  buch,  unter  dem  bilde  eines 
gcwebes)  schwerlich  auch  selbst  auf  den  ersten  blick  für  contre- 
bande  und  auswärtiges  gut ,  sondern  für  das ,  was  es  ist, 
deutsche  fabrik  halten,  hiesige  wolle,  .  .  .  hiesiger  stuhl, 
hiesige  Zeichnung,  alles  hiesig.  Hippel  t,  5.  — In  oberdeutschen 
dialcclcn  steht  hiesig  auch  prädicaliv,  was  in  der  scliriflspracfie 
nicht  der  fall  ist;  hiesig  sein,  hier  im  orte,  nicht  verreist  sein; 
scids  A  wider  hiesi?  seid  ihr  auch  wieder  hier  zurück?  ScuN. 
2,250;   ähnlich  schwäbiscit.   Schmid   277. 

2)  hiesig,  I«  der  well  befindlich,  irdisch,  im  gegen.intze  zum 
himmel  (tgl.  hier  4  .>^/i.  1314):  <iasz  der  gewisse  tod  nächstens 
bei  ihr  anklopfen  werde,  ihr  den  letzten  abdruck  ahzunöb- 
tigen,  vermittelst  dessen  sie  iinumbgänglicli  in  ein  andere 
weit  verreisen,  und  von  allem  ihrem  hiesigen  thiin  und  lassen 
genaue  rechenschaft  geben  musz.  Simpl.  :^,s  Kurz;  so  ist  also 
der  hiesige  mensch  so  nahe  an  den  zeiger  der  zeit  gestellt, 
dasz  er  ihn  rücken  sehen  kann.  J.  I'aul  Hc.-sp.  1,  94. 

3)  in  quellen  des  17.  jahrh.  wird  hiesig  auch  auf  eine  saclie 
bezogen,  und  sieht  in  dem  sinne  unseres  vorliegend,  folgend: 
eu.  fürsll.  gn.  .  .  hiesige  meine  gcdiihte  in  nnterthänigkeit 
zu  übergeben.  Opitz  I,  vorrede  **  i' ;  dasz  ich  ihren  nahmen 
hiesigem  geringfügigen  buche  .  .  .  vorsetzen  . .  wollen,  poeterei, 
vorr.  4";  indem  dieses,  was  in  hiesigem  kurzen  begriff  zu 
linden,  allcinc  zu  meiner  eigenen  belustigung  von  mir  auf- 
geselzet  worden  ist.  Hoffmannswaluau  wrr.  2*. 

4)  hiesig  von  der  zeit,  jetzig  {egl.  hier  6  sp.  1315),  auch  nur 
m  quellen  des  17.  jalirh. :  die  hiesige  weit,  mundus  hodiernus, 
vulgo  moderni  homincs.  Stiuler  836;  bei  hiesiger  gelegenheit. 
Opitz  /wWit«  17 ; 

ein  hie!ili;i<r  «nliint, 
der  eiiiun  beclirr  wüin  in  ituiurn  hu>en  lint, 
iclinlTt  lui'lir  aN  iniiiirlicr  koikI  der  unten  von  den  rQtien 
bixx  mir  dii>  »<'lii>ii(>l  an  -«ich  «'in  hnt  lasnen  »rhlieiien 
in  einen  und  In  iiliihl.     lob  des  knrgsijiiltrf  (123  (werkt  1, 104). 

HIESKiKEIT.  f.  oniiinalui  Smkikii  s:iti.  als  ;i«Wi.vf/i(v  uurt 


1321 


HIEUNTEN  —  HIFTHORN 


HIFTRIEMEN  —  HILFBAR 


1322 


HIEUISTEN,  adv.  neben  hieruntea  sp.  1319 :  wie  wir  bieunden 
beweisen  wollen,  bienk.  7l'.     tergl.  auch  bunden. 

HIEVON,  adv.  neben  biervon  sp.  1310:  nach  seinem  tod 
Suiten  seine  kinder  hievon  nichts  zu  genieszen  haben.  Zi.xr- 
cßEF  apoplUli.  1,  317 ;  eine  andere  frage  ist  es  jedoch,  ob  eine 
Stadt  ...  solchergestalt  besteben  könne?  hievon  findet  sich 
kein  exempel  in  der  geschichte.  Moser  patr.  phant.  1,  204 ; 
auch  dieses  eröffne  ich  nur  mit  der  dringenden  bitte  gegen 
niemanden  hievon  irgend  ein  wort  zu  erwähnen.  Guthe  21,193. 

HIEVOR,  adt.  neben  hiervor  sp.  1319,  in  allem  quellen  und 
gewOhnlidi  auf  die  zeit  bezogen:  wie  auch  bievor  gemeidet. 
Amadis  30 ;  diese  fraw  erkannt  Gandales  nicht,  aber  es  war 
eben  die,  so  bievor  auch  zu  dem  könig  Perion  geredt.  34; 
üb  ich  in  gleichwol  bievor  nie  gesehen.  59 ;  uniang  bievor 
hab  ich  vermeint.  430 ;  bei  den  Griechen  und  Lateinern  bievor. 
bienk.  168'. 

HIEVORIG,  adj. :  ich  blieb  auf  meiner  hievorigen  red. 
Götz  V.  Berl.  84. 

HIEVORMALS,  adv. :  ich  bab  bievormals  auch  von  seiner 
tugendt  reden  hören.  Amadis  412. 

HIEVOR^,  adv.:  die  erste  (uit  leute)  ..  habe  ich  allbereits 
hievorn  im  ersten  capitel  gelobt.  &fnpl.  4,378  Kurz; 

und  in  setzen  auf  den  hohen  altar, 

wie  das  hievorn  bewissen  (bewiesen)  klar,    bienk.  139*. 

HIEWESEN,  n.  das  hier  sein,  der  aufenihaÜ  hier :  er  (ein 
fremder  arzt)  soll  auch  die  zeit  seines  vergönnten  biewesens 
niemand  einicb  recept  oder  syrup  geben,  dann  die  durch 
dieser  stadt  geschworne  apolheker  gemacht  .  .  .  werden. 
Sürnberyer  Verordnung  von  1550  im  anz.  für  künde  deutscher  vor- 
zeil  12,  21 ;  ob  er  sich  in  zeit  seines  biewesens  . .  anders  .  . 
hielte,  das. 

HIEWIDER,  adv.  neben  hierwider  .sp.  1319. 

HIEZ,  lockruf  für  kotzen,  auch  kiez,  miez.  dann  audi  name 
für  den  kater.  Nem.xich  2, 1591. 

HIEZU,  adv.,  neben  hierzu  sp.  1319 :  schafft  euch  rat  und 
thut  hie  zu.  rieht.  20,1;  was  wollen  wir  hie  zu  sagen?  Rom. 
0,1;  und  wer  ist  hie  zu  tüchtig?  2  Cor.  2,16;  genug,  wenn 
dadurch  ein  stück  von  dem  andern  unterschieden  wird,  und 
hiezu  ist  der  kleinste  umstand  hinlänglich.  Lessing  7,132; 
die  einwohner  aber  versichern .  dasz  man  auch  bald  hier 
eine  fiera  von  stein  wie  die  zu  Verona  sehen  werde,  hiezii 
gibt  freilich  schon  jetzt  die  Umgebung  des  plalzes  gegrün- 
dete hoffuung.  Güthe  27,91;  ein  umstand  kam  noch  hiezu. 
Schiller  926.  zeillich:  an  den  geldbeutel,  welcher  sich  sonst 
noch  bis  hiezu  der  Steueranlage  einigermaszen  entzogen  bat. 
Moser  patr.  phant.  l,  16s ;  wir  haben  bis  hiezu  . .  unsre  fusz- 
und  handdienste  . .  schuldigst  verrichtet.  190. 

HIEZUGEGEN,  adv. :  mit  diesem  todten  ritter  biezugegen. 
.Amadis  59 ;  dann  der  verstorben  kein  andern  erben  verlassen, 
denn  dieses  junge  fräuwlin  biezugegen.  245. 

HIEZWISCHE.N.  adv.  neben  bierzwischen  spalte  1320:  hie- 
zwiscben  verständigt  er  dessen  den  Gandales.  Amadis  49 ; 
hiezwiscben  nähert  sich  die  nacht  herzu,  und  legt  sieb  die 
königin  schlafen.  57 ;  hiezwiscben  dieser  handlung  .  .  kam 
ein  jungfrauw.  328;  dasz  sein  weih  hiezwiscben  trei  kinder, 
durch  hilf  der  lieben  heiligen  gekriegt  bette,  bienk.  14l'; 

hiezwiscben  kommet  mit  verlangen 

die  cburlursüicb  und  edle  stadt.    Weceherl»  349. 

HIFT,  m.  und  f.  stosz  in  das  hörn  bei  der  hirschjagd,  und 
der  dadurcli  erzeugte  ton.  einer  bedeutung  mit  dem  sp.  1309  auf- 
ijefüttrten  masc.  hief,  aber  nicht  nur  mit  anderm  ableäungssuffix, 
sondern  auch  rücksichlliclt  des  slammvocals  zerrüttet,  insofern  es 
für  hieft  sieht;  das  zu  gründe  liegende  verbum  ist  golh.  hiufan, 
ags.  heöfan.  alls.  hioban,  alid.  hiufan,  heulen,  dann  auch  weinen, 
klagen,  mit  langem  hift  antworten,  weidwerk  1,  3*;  ein  langen 
hifl  wiederholen.  4';  ein  langen  hift  blasen.  89";  hift,  wie 
die  Jäger  blasen.  Schottel  1337 ; 

ich  habe  nie  die  hifl  auf  Maenals  lierg  geblasen. 

MÖULPFORT  37. 

HIFTEN.  verb.  mit  dem  Hifthorn  blasen:  biften  und  schreien. 
weidw.  1, 14*. 

HIFTHORN,  n.  jdgerhom  vtit  dem  der  hiß  geblasen  wird: 
der  Jäger  traget  das  hiftborn  aus  dreierlei  Ursachen:  l)  um 
bei  treibjagden,  oder  auch  bei  eingestellten  jagen,  durch  drei 
auf  dem  hiftborne  gegebene  laute,  das  zeichen  zu  geben ; 
2)  im  treiben  das  jagen  zu  blasen,  und  3)  sich  als  einen 
jüger  von   andern   zu    unterscheiden.   Jacobsso.'«  6,73';    ixa 


augenblick,  wo  er  aus  dem  wirthbause  mit  dem  hiftborne 
drei  mal  hinter  einander  herausstosze  und  beide  (ein  wild- 
meister  sagt  es  scherzend  von  seiner  tocJiler  und  ihrem  Uebsten) 
'jagdgerecht'  blase.  J.  Pacl  leben  Fibels  105.  dicliterisch  ist  das 
worl  oft  gebraudU: 

des  hirihorns  ruf.  das  jagdgeschrei, 

die  muniern  Jäger  ziehn  vorbei.    Oagedorü  2,30; 

sie  sieht  die  raschen  Jäger  ziehen, 

das  bifthorn  tönt,  der  wald  erwacht. 

WiELAHD  10,  208  (198); 

hörst  du  das  htfihorn?  hörst  diis  klingen, 

mächtigen  nites  durch  Teld  und  hain? 

Schiller  .Varia  Stuart  3,  1 ; 

nimmer  erweckt  ihn  die  stimme  der  braut, 

nimmer  des  hirihorns  fröhlicher  laut. 

braut  von  Messina  (507*). 
über  die  form  hüftborn  s.  an  alphabetischer  stelle. 

HIFTRIEMEN,  m.  riemen  an  dem  das  hifUutm  getragen  wird. 
Jacobsso."»   2.  257'. 

HIFTSTOSZ,  m.  stosz  ins  Mflhorn.  das. 
HIH.\  ,   bei  FiscHABT    interj.    des  Widerspruchs:    aber  audile 
domine,    wie    möcht    ir    ein  kälblin  stechen,    das  die  äugen 
verkehrt,  erbarmts  euch  nicht?  biba,  sagt  der  mönch,  habt 
euch  wol  betreppt.  Garg.  24l'. 

HIHI,  interj.  feines  lachen  zeichnend,  vergl.  In  sp.  1304.  öfler 
wiederholt,  auch  nachahmung  des  wielierns  der  pferde :  bihibihihi, 
hihihi !  Göeikck  3, 14. 

HIKA,  schrei  des  esels ;  sonst  auch  chika,  s.  tlieil  2,617. 
HILDEBRÄNDSGRIFF.  «i.  .•  ich  darf  nicht  wol  gedenken 
was  seltzame  stücke  und  Hildebrandsgrieffe  ich  habe  lernen 
und  verrichten  müssen,  in  dem  du  mich,  wann  du  die  feinde 
durch  meinen  round  und  zusage,  betriegen  wollen,  mich  zuvor 
selbst  binder  das  liecbt  geführet,  mit  vestem  versprechen, 
da?z  alles  was  ich  mit  denselben  würde  capituliren,  pünct- 
lich  Teraccordiren  und  handeln,  solle  von  dir  stet,  vest,  ge- 
nehm und  unverbrüchlich  gehalten  werden,  ob  du  wol  in 
deinem  bei-zen  beschlossen  hattest,  solches  nimmermehr  zu 
thun.  Pttil.  Lugd.  3,242.  aus  dem  \G.  jahrh.  ist  das  Sprichwort: 
es  sein  Hiltprantsgriff  {schlaue,  ränkevolle  handlungen)  bezeugt, 
und  es  irird  das  wort  von  Lorenz  Fries  (t  1550)  in  einer  stelle 
seiner  gescitichle  des  bisthums  Würzburg,  die  bei  Fromm.  2, 21  sich 
abgedruckt  findet,  auf  papst  Gregor  VII  bezogen,  allein  diese  ge- 
lefirte  deulung,  die  sich  bis  auf  unsere  zeit  des  bei  falls  erfreut, 
hat  keinen  grund;  angelehnt  ist  der  beregte  ausdruck  vielmehr  an 
den  Hildebrand  der  heldensage,  der  zufolge  eines  vielverbreiteten 
liedes  des  15.  jahrh.,  im  kämpfe  mit  seinem  söhne  einen  tückischen 
griff  anwendete: 

er  erwischt  in  bei  der  mitte, 

da  er  am  schwechsten  was, 

er  schwang  in  binderrucke 

wol  in  das  grüne  gras. 

ÜHLA5D  volkst.  333  {vergl.  auch  WACEimRAeKLs 
attd.  teseb..  4.  auß.,  sp.  1244). 
die   gebräuchlichere  und  volkslhümlichere  form  von  Hildebrands- 
griff t«<  die  kürsung  Hilpersgriff,  5.  d. 

HILDEBRäNDSSTREICH,  m.:  braucht  vor  dem  man  Hilden- 
brantsstreicb,  siben  klafter  inn  die  erd,  braucht  des  Ecken 
eckhaw,  des  Laurins  zwerkzug,  Fasoits  blindhaw.  Fischabt 
Garg.  ISS*;  vergl.:  werden  gewaltige  hiidenbrandische  neun- 
klafterstreich  vollbringen,  groszm.  72.  auch  hier  anlelinung  an 
das  lied  der  heldensage: 

ich  waisz  nicht  wie  der  junge 

dem  alten  gab  ain  schlag, 

dasz  sich  der  alte  Ililtebrant 

von  herzen  ser  erschrack: 

er  sprang  sich  hinderrucke 

wol  siben  klafter  weit.    Uulaad  volktt.  333. 

HILDEN,  verb.: 

nahend  darbe!  {bei  einem  brunnen)  in  eiaem  piuch 
hört  ich  gleichsam  wainen  ein  kind, 
ich  dacht  villeicht  hat  da  ein  hindt 
gebildt.  H.  Sachs  1,  2S7', 

dem  Zusammenhang  nach  ein  junges  geboren,  der  form  nach 
berührt  sieh  dies  sonst  unbeieugle  wort  mit  hälden,  beiden  neigen 
sp.  222,  das  rücksichtlich  des  vocals  manichfach  schwankt,  vtrgl. 
bieten  sp.  1311;  in  bezug  auf  den  auffallenden  bedeutungsübergang 
aber  läszt  sich  nichts  beibringen ,  als  eine  notiz  aus  Fi.emixgs 
teutschem  jdger  l,  90* :  wann  sie  {die  hirschthiere)  nun  ihr  kalb 
setzen,  so  thun  sie  sich  gar  oft  nieder  und  krümmen  sich 
zusammen,  von  dieser  beobachtung  her  müszle  bilden  den  ver- 
muteten sinn  anqenommen  haben. 

HILFB.\R,  HCLFBAR,  htife  bringend:  einen  bülfbaren  nach- 
bar   haben,   commodum,  fructuosum  ei  ulilem  vicinum  habere. 


1323 


HILFE 


HILFE 


1324 


Stieler  837;  sihe,  o  lieber  Bacone,  eile  mit  deiner  hiiirbaren 
band  uns  zu  belfen.  Schüppiüs  735;  wäre  Sentius  Saturnin 
nucb  befenlicbt  ibm  wieder  alle  cberuskiscbe  feinde  bülfbar 
lu  sein.  Lohenstei.n  Arm.  1,1249; 

güttes  söhn  der  heJf  ihm  selber,  der  vor  (luror)  andern  hüllbar 
war.    geisll.  yedankcn  s.  46,  883. 

HILFE  und  HÜLFE,  f.  auxilium. 

alid.  belfa  und  liilfa,  die  letztere  form,  wie  das  fehlen  des 
umlaules  lehrt,  für  bilfja  stehend;  daneben  beyegnet,  nur  einmal 
bezeugt,  auch  bulfa  (Gbaff  4,  924).  ebenso,  da  es  nicht  holfa 
heiszl,  aus  hulfja  entstanden,  inhd.  belfe  und  hilfe,  eine  mittel- 
deutsche form  hülfe  (Lexer  wb.  1, 1229)  lehnt  sich  an  die  an- 
gegebene seltene  ahd.  form  an,  gerade  nie  auch  die  mnd.  form 
hulpe  die  allnieder fränkische  bulpa  {vgl.  kleinere  allniederd.  denk- 
mäter  s.  129')  zur  seile  hat.  von  den  nhd.  schwankenden  formen 
bilfe  und  hülfe  kann  daher  nicht  gefordert  werden,  dasz  sie  sich 
zu  gunsten  der  erst  genannten  vereinfachen,  da  beide  historische 
berechtigung  haben;  und  wenn  hilfe  auf  die  gewöhnliclie  mhd. 
form  stell  stittzl,  so  verdankt  das  seit  dem  lO.jahrh.  häufige  hülfe 
sei»  außommen  der  autorildt  Luthers  und  der  deutschen  bibel, 
der  seinem  viiUeldeulscIien  dialecte  gemäsz  stets  so  schrieb.  —  Wie 
sidi  zu  dem  verbum  lielfen  der  unumgelautete  conjunctiv  praet. 
hülfe  findet  (sp.  950),  so  steht  im  16.  jahrh.  zu  hülfe  auch  die 
form  bulfe  ohne  umlaut;  darin  wil  ich  mit  gottes  hulf  sterben. 
E.  Alberus  wider  Witzeln  B4';  der  VVitzcl  ist  gleich  dem 
Melilidi,  der  wolt  den  Troianern  zu  bulf  kummen.  C4";  kein 
bölfe  gethan  E4'  {neben  hülfe  B  8"). 

Neben  dem  fem.  Iiülfe  scheint  die  häufig  vorkommende  kürzere 
form  hilf,  hülf  {auxilium  hülfe,  hilfe,  hilf,  hylf,  bulf,  holt 
DiEF.  63')  auch  masculinen  geschleclUs  gewesen  zu  sein:  in  diesem 
anschlag  und  bülf.  abschied  des  reichstags  zu  Augsburg  v.  1510 
§4;  ob  man  einigen  hülf  zu  thun  schuldig  were.  abschied  des 
reichstags  zu  Trier  und  Cüln  von  1512  §  5  {reiclislagsabscläedc, 
Mainz  IGCO  5.90);  dasz  er  mir  auch  wol  zu  stetem  hülf  und 
Irost  kommen  soll.    Ayrer  proc.  3,  2. 

Wie  das  verbum  helfen  {sp.  950)  so  entwickelt  auch  das  subst. 
hilfe  und  hülfe  eine  zwiefache  hauplbedeutung,  die  des  beistandes, 
der  Unterstützung,  und  die  des  nutzens,  der  förderung ;  welche 
bedeulungcn  indes  manigfach  in  einander  verlaufen. 

l)  untcr.<;tützuny,  beistand  zur  retlung,  zum  Übergang  aus  einer 
schlechlern  läge  in  eine  bessere,  befreiung  aus  üblen  umständen  : 
es  war  inen  so  leicht  mich  zu  beschedigen,  das  sie  keiner 
hülfe  dazu  dorften.  Hiob  30,13;  das  ich  frölich  sei  über  deiner 
hülfe,  ps.  9,15;  gott,  deine  hülfe  schütze  mich.  C9,  30;  auf 
das  wir  barmherzigkeit  empfahen,  und  gnade  finden,  auf  die 
zeit,  wenn  uns  hülfe  not  sein  wird.  Uebr.  4,  IG;  hülf  und 
gnad  hat  kein  warum?  Schottel  1127';  dieweil  .  .  die  nolh 
uns  hat  machen  das  Vaterland,  und  haus  und  hof  verlassen, 
80  untergeben  wir  uns  deiner  hülf.  Schuppius  735; 

die  stunde  dringt,  dem  mann  musz  hülfe  werden! 

Schiller  Tett  1,  1 ; 
das  war  hülf  in  der  nolh,    das.; 
isi  er  zerschmettert?  rennet,  rettet,  helft  — 
wenn  hülfe  möglich,  rettet!    1,3; 

in  formein:  ein  krcisz  dem  andern  verliüwlichen  beistandt, 
bülf  und  rettung  leisten  köntc.  abschied  des  reichstags  zu  Speier 
von  1570  §22;  ich  weisz  weder  hülfe  noch  raht.  Stieler  837; 

80  gab  ich  darzu  hilf  und  rot.    fastn.  sp.  G22,  19; 

da,  alt  ich  ganz  verstriclit, 

im  Jägergarn  des  todes  mich  nach  dir 

umsähe,  da,  mein  heiland,  hast  du  mir 

geboten  hülf  und  band,  du  hast  das  netz  zutrennet. 

A.  GrtpuR'S  1698   2,  127. 

Et  heiszl  bilfe  gegen,  wider  einen  oder  etwas :  er  ist  . .  eine 
hülfe  wider  den  fall.  Sir.  34,19;  wie  .  .  ein  jungfrawe  .  . 
hülf  wider  ein  unrecht  und  gewolt,  so  ihr  beschehcn,  begerl. 
Amadis  328; 

ist  keine  hülfe  gegen  solchen  drang?  Schiller  Tett  2,2; 
auch  hilfe  für  . .  (s.  Iheil  4*,  640) :  der  arzt  lial  mir  hilfe  für 
mein  leiden  gebracht;  woneben  auch  hülfe  für  .  .  in  anderm 
tinne  {a.  a.  o.  634):  er  brachte  hülfe  für  uns;  statt  dessen  nn 
geniliv:  und  kundicn  kein  Iiülfe  ircs  lebens  linden,  weish.  Sal. 
IG,  0.  Man  tuchl,  sendet,  schickt,  bat  hilf«-,  hilfe  wird,  ge- 
schieht, kommt,  entsteht :  ich  suchet  hülfe  bei  den  menschen, 
und  fand  keine.  Str.  5l,lü;  das  nie  zum  kOnigc  zeigen,  hülfe 
zu  suchen.  l^facc.G,2l:  schicke  mir  hülfe.  11,43;  das  sie  ihm 
bulfe  zusagten.  10, 24 ;  bah  ich  doch  nirgend  keine  hülfe. 
Uiob  0,13;    ab,   das   die   hülfe   aus  Zion  über  Urael  keine. 


ps.  14,7;  morgen  sol  euch  hülfe  geschehen.  1  Sam.  11,9;  so 
wird  eine  hülfe  und  errettung  aus  einem  andern  ort  den 
Juden  entstehen.  Esth.  4,14; 

wir  sind  die  flehenden, 
die  hülfe  heischen  von  den  mächtigen  freunden. 
Scuillek  Tett  2,  2; 

dasz  wir  dein  fürstlich  herz 
anflehen,  deiner  Stadt  dich  zu  erbarmen, 
und  hülf  zu  senden  binnen  dieser  Trist.   Jungfrau  1,3; 

noch  ist  hilfe;  ohne  dieses  verbum: 

da  wird  es  nacht  vor  meinen  sinnen, 
nichts  ~  nichts  —  kein  ausweg  —  keine  hülfe  —  keine 
im  ganzen  umkreis  der  natur!    Schiller  Karlos  5,3; 

einem  hilf  thun,  die  hend  bieten,  helfen,  adjumento  esse  cUicui 
Maaler  221*;  gott  ist  mein  künig  von  alters  her,  der  alle 
hülfe  tbut,  so  auf  erden  geschieht,  ps.  74,12;  wil  dir  hülfe 
thun.  Melanchthon  hanplart.  christl.  lehre  in  corp.  doci.  Christ. 
(1560)  447  ;  der  herr  bat  mich  gesand  hülf  zu  thun  den  armen. 
Reiszner  Jerus.  1,50'; 

man  solt  uns  hülfe  thun.  Logau  3,170,94. 
Praepositionale  Verbindungen:  zu  bilfe  kommen,  einen  zu  hilfe 
nehmen,  schicken,  rufen:  werden  mir  die  Syrer  überlegen 
sein,  so  kom  mir  zu  hülfe,  werden  aber  die  kinder  Ammon 
dir  überlegen  sein,  so  wil  ich  dir  zu  hülfe  komen.  2  Sam. 
10, 11;  und  Simon  schickt  dem  Antiocho  zu  hülfe  zwei  tausent 
man.  1  Macc.  15,  26 ;  zum  zweiten  kommet  sie  den  seelen  zu 
hilf.  Fischart  bienk.  112';  wan ..  Pallas  oder  Apollo  ..  einem 
irer  freund  wollen  zu  hilf  kommen.  185';  damit  man  den 
schaden  zu  hülf  komme.   Schuppius  720; 

ob  ich  euch  gern  zu  hilfe  kern,  fastn.  sp.  548,31; 
es  heiszt,  gott  zu  hülfe  anrufen.  Luther  3,147";  wider  ine 
zu  hülf  muszte  berufen.  Fiscuart  bienk.  132';  die  andern  leute 
aus  der  schenkslube  aber  sprangen  dein  wirth  zu  hülfe.  Riehl 
culturgesch.  nov.  351.  hieraus  der  ruf  zu  hilfe!  oder  auch  nur 
hilfe!:  Schnaps,  da  er  gegen  das  fenster  kommt,  hülfe!  hülfe! 
Görge.  treibt  ihn  weg.  willst  du  schweigen!  Göthe  14,293; 
hilfe  rufen:  wer  hat  hülfe  gerufen?  297; 

zu  hilfe!  zu  hilfe  l  sonst  bin  ich  verloren!  -.auh,  i  jUite  1,1, 
um  hilfe:  zu  wem  wolt  ir  fliehen  umb  hülfe?  ies.  10,3; 
wohin  wiilleh  ihr  umb  hilf  fliehen?  Fischakt  i«'»/.".  122';  dar- 
nach ward  das  volk  wider  zusamineii  gefuddert,  und  betten 
umb  hülfe  von  dem  gott  Israel,  lud.  6,  20 ;  das  sie  auch  mit 
einander  beteten,  umb  gnade  und  hülfe  von  gott.  1  Macc. 
3,  44 ;  schreib  er  an  l'loloineum  .  .  um  hülfe.  2  Macc.  8,  8 ; 
einsi  hilf  anrufen,  einen  umb  hilf  anschreien,  fidem  alicujus 
implorarc  Maaler  221' ;  wir  rufen  da  nit  unser  werk  an  umb 
hülfe.  Alberus  widder  Witzeln  B8'; 

wer  ist  der  mann,  der  hier  um  hülfe  fleht? 

Schiller  Teil  1,  I ; 
drang,  mit  vorgespreiztem  mantel, 
er  kühn  durch  flamm  und  rauch  der  stimme  nach, 
die  uns  um  hülfe  rief.  Lsssinc  2,  195. 

auf  iiilfe:  last  uns  in  die  feste  stcdte  ziehen,  und  dasclbs 
auf  hülfe  harren.  Jcr.  8,14;  es  ist  ein  kostlich  ding,  gedültig 
sein,  und  auf  die  hülfe  des  herrn  hoffen.  A/afjW.  3,  26;  dasz 
ich  mich  in  meinen  nöthcn  . .  auf  die  hülfe  meines  getreuen 
gottes  verlassen  solle.  Simpl.  3,  429  Kurz.  —  mit  bilfe,  durch 
hilfe:  wie  .  .  die  acht  tausent  Juden,  allein  mit  der  hülfe 
gottes,  hundert  und  zwenzig  tausent  man  erschlagen.  2  Macc. 
8,20;  mit  der  bülf  gottes.  Fischart /'icni.  244';  mit  hilf  des 
2.  nicenischen  concilij.  172';  dasz  sein  weih  biezwischcn  trei 
kinder,  durch  hilf  der  lieben  heiligen  gekriegt  bette.  I4l'; 
und  wolle  mit  gottes  hülf  in  kurzer  zeit  thun,  was  ich  hic- 
bevor  in  vielen  jähren  . .  nit  gethan  hab.  Schuppius  4 ; 

ich  wil  mit  goiis  hilf  auf  erden 

dem  galgen  nit  zu  teil  werden,    fastn.  sp.  551,2. 

ohne  bilfe,  ohne  dasz  zu  helfen  ist:  ich  bin  unglücklich,  ohne 
hülfe  unglücklich!  Hauener  sat.  3,292;  in  bilfe  weise,  für 
die  rettung:  das  die,  nach  der  busmcistcr  Ordnung,  aliiniseii 
in  die  kästen  .  .  für  die  seelen,  die  im  fcgfewr  sind,  ein- 
legen, in  hülfe  weise.  Luther  3,  92'. 

2)  bilfe  hetszt  auch  der  beistand  und  rettung  gewährende:  es 
ist  nicht  gut  dasz  der  mensch  allein  seie,  last  uns  ihine  ein 
bülf  inachcn,  die  ihiiie  gleich  seie.  .Sim;)/ici,<Mmi  albern,  bnrf- 
stellrr  (1725)  ».11;  und  namentlich  wird  tn  der  bibclsprache  (/•>/( 
so  genannt:  gott  meines  vatcrs  ist  mein  iiülfe  gewosen.  2  Mos. 
18,4;  du  bist  meine  hülfe, ..  gott  mein  heil.  ps.  27,0;  eile 
wir  beizustehen,  herr  mein  hülfe.  38,33;  er  ist  mein  hurt, 


1325 


HILFE 


HILFE  — HILFHOLEN 


1326 


meine  hülfe  und  mein  schütz.  62,7;  Israel  hoffe  auf  den 
herrn,  der  ist  ir  hülfe  und  schild.  115,  9. 

3)  da  im  reiche  namentlich  hilfe  von  dem  bewaffneten  beistand 
der  reichsglieder  zur  abtvehr  eines  innern  oder  äuszern  feindes  galt : 
allein  zu  ratschlagen  und  zu  beschlieszen,  wie  und  welcher 
masz  die  hüif  geschehen,  und  wie  grosz  zu  rosz  und  fusz 
die  sein  soll,  abschied  des  reichslags  von  Trier  und  Cüln  1512 
§  5;  so  heiszt  hilfe  auch  die  zur  kiife  versammelte  kriegsmacht, 
das  kriegsvolk  {vgl.  lat.  auxilia) :  gegen  den  selbigen  Venedigern 
mit  einer  treffentlichen  tapferen  und  auszträglichen  hölf  zu 
erscheinen,  abscliied  des  reichstags  zu  Augsburg  v.  1510,  eingang; 
damit  dann  dieselbige  hülf  nicht  vergeblich,  auch  nicht  an- 
ders dann  zu  widerstand,  ob  der  Türk  diesen  sommer  ein 
gewaltigen  zug  fürnemmen  wolt,  gebraucht  werde,  abschied 
des  reichstags  zu  ISürnberg  1524  §  32 ;  so  man  dieser  eilenden 
hülf  mittler  zeit  gegen  den  Türken  nicht  nottürftig  sein  oder 
gebrauchen  wird.  §  33;  dweil  kein  treffenlicher  widerstand 
von  den  Türken  mer  vorhanden  sei  und  des  römischen  reichs 
hilf  dehains  wegs  mit  fugen  getrennt  mög  werden.  Schertlin 
briefe  s.  31  (r.  j.  1532);  insonders  die  Tütschen  und  oester- 
richische  hilf,  so  der  delphin  bi  im  hatl,  warend  fürnemlich 
handthaft.  Tschcdi  2,  424;  hilf  verordnen  oder  stellen  in 
mitten  der  Ordnung,  collocare  auxilia  in  mediam  aäem.  Mäa- 
LER  221'; 

ir  seit  der  sach  vil  zu  schwach 

wölt  ir  den  grafen  vertreiben  : 

er  hat  grosz  hilT,  auch  vil  vester  schlosz, 

darauf  mag  er  bleiben,  ja  bleiben. 

Ubland  volksl.  497. 

4)  hilfe  ferner,  mit  dem  plur.  hilfen  von  den  geldern,  die  zur 
unlerhaltung  solcher  Völker  dienen:  ohne  defalcation  oder  ahzug 
voriger  anticipirter  hülfen,  abschied  des  reichstags  zu  Regensburg 
V.  1613  §  4 ;  ihre  schuldige  hUlf  zu  angestellten  terminen  und 
zielen  nit  liefern  oder  bezahlen  würden,  desgl.  v.  1567  §  23. 

5)  hilfe  nicht  beistand  in  ungemach  und  gefahr,  sondern  mehr 
Unterstützung  und  förderung  für  erreichung  eines  Zweckes,  obschon, 
wie  wiederholt  wird,  beide  bedeulungen  sich  nicht  immer  scharf 
sondern  lassen :  das  mädchen  gewährte  eine  gute  hilfe  in  der 
Wirtschaft;  mit  hilfe  einer  guten  karte  lernte  ich  die  gegend 
leicht  kennen;  mit  hilfe  eines  fernrohrg  sahen  wir  diethürme 
der  Stadt  empor  ragen;  unse  vorderen,  die  her  zu  lande 
quämen  und  die  Duringe  vertriben.  die  hatten  in  Allexanders 
here  geweset;  mit  irer  hülfe  hatte  her  betwungen  alle  Asyam. 
Sachsensp.  3,44,2;  {äpfel  viit  pfejfer)  pringen  guot  hilf  zuo 
dewen.  Megesbehg  374,10;  ich  hab  daheimen  hilf  und  was 
mir  manglet,  auxilia  mihi  et  suppeliae  sunt  domi.  Maaler  221*; 
ich  hab  hilf  von  meinem  vatter,  auxiUum  est  mihi  in  patre. 
das.;  welch  man  einen  lieh  au;  sticht  odir  ein  wajjir,  da;  c;u 
einr  gemeinen  nuc;  geleit  were,  den  sol  man  bruhin  {brennen). 
wer  rat  odir  hülfe  dor  c;u  tut.  den  sol  man  ewiciichin  vor- 
tribin.  Magd,  blume  2.  5,  7  ;  wie  bald  lernt  das  bäurische  kind 
.  .  sein  gesundes  und  schwarzes  brodt  ohne  hülfe  der  ärzte 
vertragen  I  Gellert  7, 131;  konnte  Egmonts  einnehmende  bil- 
dung  seine  beredsamkeit  unterstützen  und  seinem  gesuch 
eine  hülfe  geben,  deren  die  gerechteste  sache  bei  künigen 
nie  entübrigt  sein  kann.  Schiller  811;  für  ganz  Deutschland 
ist  es  ohne  widersprach  Gellert,  dessen  fabeln  wirklich  dem 
geschmack  der  ganzen  nation  eine  neue  hülfe  gegeben  haben. 
Ab  BT  vom  Verdienste  367; 

wer  reicht  auch  mir  nun  seines  armes  hülfe, 
dasz  ich  vom  wagensitz  gemächlich  steige? 

Schiller  /p/ijg.  3,  2 ; 
diese  tugend  ....  wie  wenig 
reicht  sie  empor  zu  jenem  ideale, 
das  aus  der  seele  mütterlichem  boden  .  .  . 
freiwillig  sproszt,  und  ohne  gärtners  hülfe  •' 
verschwenderische  blftthen  treibt.    Kartos  2,  15; 

doch  hier 
auf  dieser  andern  tafel  les  ich  jede 
vergehung  pünktlich  beigeschrieben,    wie? 
da»  i.st  nicht  gut.    braucht  etwa  das  gedächtnis 
der  räche  dieser  hülfe  noch?     3,5. 

etwas  zur  hilfe  nehmen ;  ich  muszte  einen  derben  stock  zur 
hilfe  nehmen,  um  hierauf  zu  klimmen ;  sich  zur  hilfe  geben, 
unterstützen,  fordern : 

kan  auch  fünfzehn,  (denket  doch  !)  siebzig  jemals  in  sich  haben? 
ja,  wann  andre  zahlen  mehr  fkinfzehn  sich  zu  hülfe  gaben. 

LocAC  2,  ISO,  9  (von  rinem  tieb:ii)-jähri<jcn  manne 
und  f Hfl ftelin -jährigen  iceibe); 
ein    kloster    gestund   einem  jeglichen  vom  adel,    einen  dem 
andern  zu  hülfe,  järlich  30  gülden.  Lither  lischr.  263*,  d.  h. 
einen  in  den  andern  gerechnet,  im  durchschnitt. 


6)  hilfe  in  der  rechtssprache,  das  was  zur  führung,  zur  gewin- 
nung des  processes  oder  zur  freisprechung  dient  {vgl.  rechtshilfe); 
für  den  beklagten  die  einrede,  ausfluclit.  Haltaüs  971;  e;  ist 
wol  billich,  da;  ein  man  c;u  hülfe  nymet,  da;  im  c;u  rechte 
c;u  hülfe  komen  mag.  Maqdeb.  blume  2,3,64;  besonders  aber 
die  Vollziehung  eines  urtheils  in  civUsachen  gegen  den  beklagten, 
execution,  auspfändung.  Haltaus  daselbst:  die  hilfe  vollstrecken, 
einen  auspfänden;  die  hülfe  ergehen  lassen,  exseculionem  man- 
dare.  Frisch  1,  440'.;  eines  urtheils  und  hülfe,  so  über  ihn 
gangen  ist.  Lcther  br.  3.  95. 

7)  hilfe,  von  verschiedenen  hilfsmitleln. 

a)  ein  holz,  welches  im  nacken  über  die  schullern  liegt,  um 
auf  beiden  Seiten  wasserfäszchen  oder  eimer  daran  zu  hängen  und 
zu  tragen,  an  vielen  orten  yiedersachsens.  Frisch  1,  440'.  bei  den 
bleiarbeitern  heiszen  hilfen  die  riemen  der  küpen,  die  genommen 
«erden,  wenn  sie  etwas  zu  tragen  haben.  Jacobsson  6, 123'. 

b)  hilfen  nennt  der  bereiter  bewegungen  mit  den  füszen,  die 
ein  reiter  dem  pferde  geben  musz,  um  ihm  gleichsam  dadurch 
anzuweisen,  was  das  pferd  thun  soll.  Jacobsso.n  2,  293'.  ähnlich 
wird  vom  jäger  dem  kithunde  durch  gewisse  seichen  die  hilfe 
gethan.  Adelung. 

8)  hilfe,  Versorgung,  ausslaitung  eines  kindes.  Schü.  2, 181. 

HILFE,  VI.  gehilfe,  helfer:  zum  dritten,  ist  ein  weib  ge- 
schaffen dem  man,  zu  einem  geselligen  hülfen  in  allen  dingen, 
besonder  kinder  zu  bringen.  Lcther  1, 170'. 

HILFEBITTE.ND,  part. :  seine  blauen  hilfebittenden  aagen 
rollten.  Fr.  Müller  3.280. 

HILFEFAüST,  f.  hilfe  bringende  faust:  so  haben  fiirsten 
auch  die  faust  nicht,  damit  sie  kündten  einem  elenden  aus- 
helfen, und  seine  feinde  dempfen.  gott  aber  Uts  allein,  der 
beides  hat,  beide,  trostworl  und  hülfefaust,  wie  gros  und 
mancherlei  auch  die  not  und  feinde  sind.  Lcther  5,  52*. 

Hn>FEFLEHEND,  part.    Beckers  weltgesdi.  1,  296.  313. 

HILFEGEWOGEN,  adj. : 

ja,  zwei  göttinnen  sind  Menelaos  bülfegewosen. 
Borger  212'. 
HILFENGEL,  m.:  aber  man  braucht  diesem  groszen  dichter 
{Milton)  nur  seine  hülfmaschinen  von  hülfengeln  wegzunehmen, 
so  ist  ihm  geholfen,  und  durch  die  menschen  wird  er  gött- 
licher, als  durch  die  engel.   J.  Paul  vorsch.  d.  ästhetik  2, 107. 
HILFENTBLÖSZT,  part.: 

seine  bilfentblöszten  kinder.    Gotter  1,  304. 
HILFEBBIETUNG,  f.   Bütschey  kansl.  337. 
HILFERBÖTIG,  adj.: 

itzt  rühm  ich  nicht  in  dir  dein  hülferböthig  wissen. 
Hagedorn  2,  96. 
HILFEREICH,  n. ;  sein  {Christi)  reich  ist  ein  gnadenreich, 
ein  hülfereich,  ein  tröstreich,  für  alle  arme  sünder.  Lctheb 
3  182*. 
'  HILFERUF,  m. : 

dein  Schöpfer  ist  dein  feind,  gesteh  dirs  keck, 
weil  grausam  er  in  diese  nacht  dich  schuf, 
und  weil  er  deinen  bangen  hülferuf 
verhöhnt  in  seinem  heimlichen  versteck. 

Le!«ad  Faust  18. 
HILFESUCHEND,  part. :  lasz  den  hilfesuchenden  nicht  ver- 
gebens bitten. 

HILFETAG,  m.    tag  der  gerichtlichen  pfändung  (s.  hilfe  6). 
die    schuld   ist    aber    der  befeblhaber,   die  den  guten  mann 
versäumet,   widder   {weder)   zu    verhör,    noch  zur  beweisung 
komen  lassen,    sondern  mit  aufschieben,    die  mühle  zu  be- 
sichtigen, den  hulfetag  haben  lassen  gehen.  Llther  br.  3, 95. 
HILFGELD,  n.  geld  zur  hilfe,  namentlich  zur  ausrüslung  von 
hilfsVölkern  (s.  hilfe  3  sp.  1324):  solch  hülfgeld,  soviel  sie  desz 
empfahen   werden,  .  .  .  damit    das  kriegsvolk  zu  demselben 
unserm  fürnehmen  desterbasz  davon  unterhalten  werden  möge. 
abschied  des  reichstags  :u  Augsburg  von  1510   §  3.     es  wurde  als 
eine  abgäbe  von  den  bürgern  eingefordert: 
wievil  mer  solt  der  oberkeit 
gern  geben  lechent,  zinsz,  steur,  rent, 
zoll,  bilfgelt,  umgelt,  wie  mans  nent. 

Thurneiszkr  archiiinxa  32. 
HILFHAFT,  adj.  auxtliarius:  einem  hülfhafl  sein,  ab  aUquo 
Stare,  cum  aliquo  facere.  Stieler  837. 
HILFHAND,  f.: 

0  wie  oft  hast  du  mir  dein  hülf-hand  so  erzaigeu 
Roipler  73. 
s.  hilfshand. 

HILFHOLEN,  n. .•  lieber  ..will  ich  tage  lang  ein  concert 
von  tausend  stahren,  älstern  und  fröschen  hören,  als  an- 
sehen  das   getbue   und   hülfholen ,   wenn    man  etwa  einem 


1327 


HILFIG  —  HILFLICH 


HILFLICH  — HILFREICH 


1328 


schulsässigcn  gölzen  etwas  genommen,  oder  gegeben  hat. 
BCrger  243'. 

HILFIG,  adj.  hilfe  thttend,  mhd.  lielfic,  hilfic  und  hQlfic: 
ein  solch  ahgang  und  notinrft  der  gemein,  arznei  halben, 
betreffend,  zu  betrachten,  und  nach  inhalt  disz  grundts  die 
rechten  arzl  zu  fiirderen   hilfig.    Paracels.  cliir.  schriflcn  3"'. 

HILFIO,  ein  hilferuf  (rergl.  Icuerio  llteil  3, 1594) :  da  schrei 
und  rufet  er  hillio,  rettio,  schelmio,  dibio.  Garj.  25l'; 

also  redt  sich  das  reine  weib: 

o  hillijo,  erst  ist  es  zeit, 

mein  freid  ist  weit, 

es  gschah  mir  nie  so  leide,  so  leide! 

GöDKKK  M.  TiTT«A!i»  Ucdcrh.  361. 

HILFLEISTEND,  pari.:  in  begleitung  der  hilfleistenden 
milchte.  Heilman  TImcyd.  977;  weil  sie  {gewisse  kennlnisse)  in 
nachbarlichen  regionen  hiilfieistend  verweilten,  um  fremdes 
werk  zu  fördern.  Wolfs  niuscum  der  allertintmstvisscnscitaß  1,14; 

und  gleichwol  hat  der  höchst,  der  auch  desz  Noahs  pflag, 
mit  seiner  starken  hand  die  schwere  niderlag 
hiiir-lcistend  abgew&ndt.  Romplbr  SH. 

HILFLEISTER,  m.  adjtäor,  auxiliaritts.  Stieler  1142  mü  dem 
fem.  hilfleisterin,  adjulrix. 

HILFLEISTüNG,  f.  auxilia,  subsidia:  einer  eilenden  frei- 
willigen milleidentlichen  hülfleislung  an  geld.  abschied  des 
reicitslags  su  Regensburg  von  I6I3  §  4;  nachdem  solche  hülf- 
leislung zu  erbawung  obberührter  frontier  keinen  Verzug  er- 
leiten   kan.  abschied  des  reichstags  zu  Speier  von  1570   §  31. 

HILFLICH ,  adj.  und  ndr.  hilfe  bringend,  helfend,  fördernd, 
mhd.  helfelkh,  helflich,  iiilflich,  hulflich  (Lexer  wb.  1, 1230), 
ein  früher  viel  gebrauchtes  wort,  das  uns  jetzt,  theilweise  zu  gunsten 
von  behilflich,  ungewohnt  geirorden  ist :  helflich,  hulflich,  attxi- 
liaiius,  aujnliaris,  jnvans,  adjuvans  Stieler  837;  hilfliche  kraft, 
oder  das  hilf  bringt,  auxiliaris  t<is  M aaler  220';  der  turtel- 
tauben  art  ist,  wer  ir  pluot  nimt  auj  dem  rechten  flügel 
und  tuot  e;  dem  menschen  in  sein  krank  äugen,  den  ist  e; 
hilfleich.  .Mecexberg  226,2;  Galienus  spricht,  da;  der  ej^eich 
gar  hilfleich  sei  den  dingen,  diu  hitzig  naiftr  habent,  und 
gar  schedlich  den,  diu  kalt  nutur  habent.  352,  35 ;  ein  nütz- 
liche speisz,  die  der  heilung  fast  hulflich  ist.  Paracels.  chir. 
sehr.  23  C;  honig  genossen  ist  auch  hulflich  und  bekompt  wo! 
dem  presthaften  halsz.  Bock  sjyeiskammer  25;  hülfliche  arznei. 
BuTSCHKY  hd.  kanzl.  646;  nvch  jetzt  in  Tirol  hilflich,  was  hilß, 
a  bilfiige  kost.  Fromm.  6, 14S ; 

das  sei  dem  konig  der  ern  gedankt, 
der  mir  sein  hilMicli  gnod  hat  ferlihen. 

RosENBLCT  in  den  fasln,  sp.  1I4S. 

Meut  in  formelhaften  fügungen  verwendet;  so  verbunden  mit  einem 
adjectiv  gleichen  sinnes:  also  folget,  das  die  taufe  alle  leiden 
und  sonderlich  den  tod,  nützlich  und  hulflich  machet,  das 
sie  nur  dienen  müssen  der  taufe  werk.  Luther  1,186';  ehe 
denn  er  dem  kiinige  Jerobeam  so  rehtig  und  hulflich  war. 
3, 19S';  förderlich  und  hulflich  sein.  br.  4,  212;  wolt  ich  ihnen 
hulflich  und  rälhlich  sein.  Götz  v.  Berl.  93;  wiewol  ein 
philosophus  mag  erkennen,  dasz  alles  das,  so  hilflich  und 
beihendig  ist  dem  zergenglichcn,  auch  zergenglich  ist.  Para- 
cELsiis  opp.  2,6;  hülflieb  und  herathsam.  h.  d.  liehe  209*;  so 
viel  in  nnserm  vermögen  steht,  wollen  wir  ihm  allezeit  hulf- 
lich und  beiräthig  sein.  Chr.  Weise  unrergn.  seeU  114; 

mir  hulflich  und  beistcndig  sein. 

H.  Sachs  3,1,232'; 

80  w6ll  wir  all  die  götter  lohn, 

dasz  sie  uns  zu  dem  regiment 

hilflich  und  auch  he.<tendig  send. 

J.  AtRKR  50*  (267,  1  Keller), 
in  der  formel  einem  hilflieb  sein :  das  e.  w.  wolle  im  zu 
seinem  studio  hulflich  sein.  Ldther  6,2';  aber  wo  du  imer 
bleibest  wie  vor,  so  kan  dirs  nicht  hulflich  sein.  29"';  ich 
für  mein  person,  kan  der  guten  frawen  durch  mein  schrift- 
lich furbitte  an  ewern  landsfürsten  nicht  hulflich  sein.  S,  172'; 
das  wir  sollen  jedermann  hulflich  »ein.  br,  2,456;  gegen 
einander  Iiilflich,  freundtlich,  herzlich,  willig  und  geneigt  zä 
verzeihen,  kr.  d.  f.  hb:  so  hat  er  auch  der  arznei  solche 
kraft  geben,  dem  menschen  hulflich  zu  sein.  Paracels.  opp. 
1,312;  nit  anders  dann  wie  das  Hungerland  mit  ochsen  hilf- 
lich ist.  Frank  wellb.  &4';  so  man  allen  nicht  hillflich  sein 
kan.   Rein,  fuch*  (iB.'iO)  *.  27.^; 

Mnria  und  Kant  Anne. 

wollen  mir  hiinich  nein 

in  allen  meinen  dingen.    Uhla^io  voVul.  132; 

»o  wil  Ich  bei  dem  raiier  mein 

den  kAniK  dir  auch  hOinirh  sein.    II.  Sacnk  3,  I,21'| 


den  nechsten  sönd  ir  hilllich  sin.    trag.  iah.  Bvij; 
denn  er  allein  kan  hüiriich  sein. 

U.  Ringwald  gcisll.  lieder  D  2 ; 
das  ihnen  goit  wolt  hüiriich  sein,    nvnng.  G2'; 
nicht  herrschen,  auch  nicht  dienen;   freund-  hfilf-  und  tröst- 
lich sein, 
disz  ziemet  sich  den  weibern,  gibt  ihrem  rühme  schein. 

LoGAU  3,  2-23,  27 ; 
denn  euch  {nymphen)  gaben  die  götter,  was  sie  den  menschen 

versagten, 
jeglichem  der  euch  vertraut,  tröstlich  und  hulflich  zu  sein. 

GÖTHK  2,  130. 

ähnliche  fügungen:  so  bin  ich  demnach  ganz  gutwillig  und 
vorbereit  e.  I.  mit  allem  meinem  gut,  land  und  leuten,  gelt, 
und  schätz  hulflich  zu  erscheinen.  Amadish3;  meine  zehren 
werden  den  eurigen  hulflich  erscheinen.  Bdtschky  kanzl.  901 ; 
discm  nach  geruhen  e.  gn.,  mir  mit  einem  milden  subsidio 
hulflich  zu  erscheinen.  124;  es  lief  alles  hinzu  ihr  hilflich 
beizuspringen.  Simpl.  3,351  Kurz; 

warumb  stundst  ir  nit  hulflich  bei. 

II.  Sachs  3  (1.588)  2,  196'; 

vergasz  daraahlen  nicht  der  gnadenreiche  got 
mir  hulflich  beizustehen.     Wkckherun  63; 
lasz  sich  dein  heil  doch  hulflich  zu  mir  neigen. 

Opitz  psalmen  s.  226; 
wer  Verleumdung  hört,  ist  ein  feucreisen, 
wer  Verleumdung  briirgt,  ist  ein  feiierstein : 
dieser  würde  nichts  kiinnen  thun  und  sein, 
wolte  jener  nicht  hülllich  ihm  sich  weisen. 

LocAü  2,  166,  38; 
dasz  sie  ihn  hulflich  woll  der  todsgefahr  entschütten. 

RiRKEN  öKil.  lorbeerli.  76; 

hilfliche  band:  weil  ihnen  die  Holliinder  und  Brabänter  hülf- 
liche hand  leisteten.  Micrälius  3,369;  er  wolle  ihr  mit  bülf- 
licher  hand  beistehen ,  nach  seinem  geringen  vermögen. 
Scnuppius  489;  mein  bitten,  der  herr  wolle  mir  darinnen 
hülllichc  hand  leisten.  Botschky  kanzl.  299 ;  man  mus  von 
dem  himmel  hülfliche  hand  flehendlich  erwerben.  677;  durch 
ihre  hülfliche  hand  spielet  die  natur  mehr  in  diesen  flüch- 
tigen geschöpfen  {blumen),  als  in  cdelgesteinen.  Lohenstein 
i4rni.  2,  427';  da  hat  ein  armer  dem  andern  die  hülfliche  hand 
geboten.  Scriver  seelensch.  2,230;  dasz  viele  gelehrten  .  .  . 
einander  hülfliche  band  bieten  und  gemeinschaftlich  arbeiten. 
Mattheson  vollkomm,  capellmeiiter  vorrede  9;  ohne  zweifei  hatte 
er  auch  dem  kaiser  Philipp  in  der  kurz  vorher  unternom- 
menen belagerung  von  Braunschweig  hülfliche  hand  geleistet. 
Moser  osn.  gesch.  3,  7  ;  wenn  uns  gescliäfte  zerstreuen  und 
hülfliche  hand  leisten  sollen.  Hippel  4,430;  hülfliche  hand, 
.tubsidium  quod  magislratus  magistratui  praestal,  wenn  ein  ma- 
gisfrat  dem  andern   hilft.  Krisch  1. 440*. 

HILFLICHKEIT,  f.:  hülflichkeit,  subsidium .  prae.^idiiim , 
opit  aliquid,  opera,  verzeichnet  Stieler  837  als  nicht  häu/ig  ge- 
brauchtes worl. 

HILFLOS,  adj.  der  Mlfe  entbehrend,  mhd.  helfel6.s,  helflüs : 
hilflos,  der  weder  hilf  noch  radt  hat.  imyps  auxUii,  auxilti 
orbus.  Maai.er  222";  hilflos  gelassen  weiden  {ohne  rechtshüfe). 
ScnwEiNiCHEN  1,367;  eine  hilflose  läge; 

sie  werden  hülle  fodern  ; 
was  kann  ich  thun,  der  selber  hülflos  ist! 

Schiller  Jungfrau  1,  2; 
da  Ist  der  kahn,  der  mich  hinühertröge. 
und  musz  hier  liegen,  hülflos,  und  verzagen ! 
Telt  1,  1. 

auch  wer  sich  selbst  nicht  helfen  kann :  ein  hilfloses  kind ;  von 
dem   hülflosen  zustande  der  kinder.  Gellert  7, 121. 

HILFLOSIGKEIT,  f  auxilii  ifio;>io.   Frisch  1,440*. 

HILFMITTFM^.  n.  millel  zur  hilfe,  arznei:  von  den  remedien 
und  bilfuiilteln.  Fischart  birnk.  lon*;  alle  dise  gut  beilsame 
hülfinittel.  123"  {bei  .Marnix  Ils"  hulpmiddelen) :  dasz  der  grund- 
gütige gott  seine  heilsame  arznei  und  bilfmittel  auch  in  ge- 
ringe verächtliche  dinge  verborgen.  Äm/i/.  3.  429  Kurs;  hülf- 
inittel.  BiTscHKV  kanz.  820.  S24.     s.  hilfsuiittel. 

HILFHEICH,  adj.  auxiliabunduf,  auxiliaris.  Steinbacm  2.243: 
dasz  sie  hülfreiche  hand  leisten  sollen,  die  weisheil  und  das 
glück  der  nachwell  dadurch  {durch  den  wn  gott  empfangenen 
verstand)  tu  bauen,  («kllert  7,123; 

edel  sei  der  mennch, 

hülfri-ich  und  gut!    Göthk  2,80; 

ihr  eignes  Unglück  vergessend, 
üteht  Ki"  anderen  hei,  ist  ohne  hülfe  norh  hulfrnich.    40,282; 
jn,  du  hi<>t  gut  iiml  hOlfrnlrh.  dienest  allen, 
und  wenn  du  fMlbtt  in  noth  kommst.  liIKi  dir  keiner. 
Sniitirn    T'll  -K  I. 


1329 


HILFSAM — HILFSGLIED 


HILFSHAND  —  HILFSSTDßlE 


1330 


HILFSAM,  adj.  atixiliaris:  sonn  und  mon,  und  andere  hilf- 
same und  nützliche  creaturen.  Fischart  bienk.  174*; 
wer  zust  grobheit  kunst  veracht,  fällt  ein  zweifei  ein, 
dem  rausz  doch  ein  kluger  köpf  bülf-  und  rathsam  sein. 

LoGAC  3,  226,  49. 

HILFSAMKEIT. /■. ;  («n)  trieb  zur  hülfsamkeit.  Hippel  3, 264. 

HILFSARBEITER,  m.  aushelfender,  nicht  für  immer  rerwen- 
deler  arbcUer,  z.  b.  bei  einer  behOrde. 

HILFSARM,  m.  plur.  hilfsarme,  im  bergbau  die  arme,  welclic 
die  groszen  oder  hauplarme  eines  sehr  schtceren  rades,  die  den 
kränz  desselben  bilden,  mit  unterslülzen  helfen.  Jacobsson  2, 293*. 
vgl.  hclfarm. 

HILFSARMEE,  f  zur  unlerslülzung  einer  hauptarmee. 

HILFSAUFLAGE,  f.  praeceplum  exseciäimm.  Frisch  1,  440'. 

HILFSBAND,  n.  plur.  hilfsbänder,  accessoria  ligamenla, 
nebenbänder,  die  den  hauptbdndern  der  knocken  zur  hilfe  dienen. 
Nexmch. 

HILFSBAU,  m.  ein  jeder  zum  vortJieiUiaßeren  betriAe  eines 
bergwerksunternehmens  dienende  grttbenbau  überhaupt ;  bergrechtüch 
namentlirJi  ein  zum  vortheilhafleren  betriebe  eines  bergverks  auszer- 
halb  der  grenzen  desselben  entweder  im  bergfreien  oder  in  einem 
fremden  grubenfelde  angelegter  grubenbau.  Veite  bergtcürterb.  27". 

HILFSBEDÜRFTIG,  adj.:  hülfbedürflig,  inops  ab  auxilio. 
Stiei.er  280;  ich  hatte  jung  genug  gar  oft  erfahren,  dasz  in 
den  hülfsbedürftigsten  momenten  uns  zugerufen  wird:  arzt. 
hilf  dir  selber!  Göthe  26.313. 

HILFSBEDCRFTIGKEIT,  f. 

HILFSBEGIERDE,  f:  ohne  anhänglichkeit  und  hülfsbc- 
üierde  kann  auch  nicht  eine  rauberbande  bestehn.  Sturz  1,79. 

HILFSBEREIT,  adj.: 

meine  wirthe  möcht  ich  segnen, 

hOlfsbereit,  ein  wackres  paar.    Göthe  41,  297. 

HILFSBEREITWILLIG,  adj.:  an  dem  verlangen  hilfsbereit- 
williger  liebe,   evang.  kirchenzeitttng  1866  s.  696. 

HILFSBEREITWILLIGKEIT,  f.)  uneigennützige  hülfsbereit- 
wiliigkeit.  Fichte  knt.  aller  offenb.  237. 

HILFSBRIEF,  m.  lilterae  exseculonales,  brief  um  Vollstreckung 
der  gerichtlichen  hilfe.  Frisch  1.  440'. 

HILFSBUCH,  n.  buch  das  für  die  lOsung  irgend  einer  frage 
bequeme  hilfe  getcälirt.     s.  hilfswerk. 

HILFSBCCHLEIN.  »I.;  Beckers  noth-  und  hülfsbüchlein 
(ersdtien   17SS). 

HILFSCHALE, /■.;  wir  finden  noch  zwei  hölfschalen,  nöthig 
um  das  vielgliedrige  geschüpf  {die  entenmuschel,  lepas  ancUifera) 
zu  bedecken.  Göthe  55,  327. 

HILFSEISEN .  n. :  vier  hülfseisen  halten  ein  finkengarn. 
Jacobssox   5.  548*. 

HILFSFERTIG,  adj.:  hülfferlig,  avxilium  afferens,  adjutor, 
aiixiliarius.  Stieler  406;  so  viel  wisse  ich  aber  ..  dasz  ein 
};e\valtiger  sowohl  ideeller  als  reeller  zudrang  diesen  sonst 
wohlgesinnten,  wohlwollenden  und  hülfsfertigen  jungen  mann 
oft  auszer  stand  setze  sich  zu  bewegen,  geschweige  zu  wirken. 
GiiTHE  30.226. 

HILFSFERTIGKEIT,  f.:  hülffertigkeit ,  adjutorium.  Stie- 
ler 400. 

HILFSFLOTTE,  f.:  die  sceländische  hilTsflotte  unverzüg- 
lich in  bewegung  zu  bringen.  Schiller  7,  527  Kurz. 

HILFSGEBOT,  n.  gebot  die  gerichtliche  hilfe  zu  vollstrecken. 

HILFSGEBCHR,  f.  executorialia.    Stieler  801. 

HILFSGELD ,  n.  l)  geld  zur  hilfe  oder  zur  abwehr  einer 
iiol  dargereidit :  England  zahlte  im  siebenjährigen  kriege  an 
Preuszen  hilfsgelder.     vgl.  hilfgeld. 

1}  honoraria  exsecutionis,  pecunia  exsecutorialis,  mulcla  exse- 
culorialis.    Frisch  1,  440*. 

HILFSGENOSSE,  m.  iTiUovoos: 

ich  stand  als  hülfsgenosz 
bei  ihnen,  als  7ur  scblacht  heran  das  beer 
der  manngcmuihen  Amazonen  zog.    BSrger  153'; 
unter  .sie  ward  auch  ich  als  bülfsgenosse  gerechnet, 
als  gleich  männcrn  ein  beer  Amazonen  gegen  uns  anzog. 

208', 
HILFSGESCHREI,  n.; 

und  im  gebeul  der  winde 
hört  ich  der  wracke  hülfsgescbrei.    Gökikck  3,  177. 

HILFSGESUCH,  n.  gesucli  um  hilfe. 

HILFSGLIED,  n. :  das  ist  nun  das  traurige  der  entfernung 

von    freunden,    dasz   wir   die  niiltelglieder,    die  hülfsglieder 

unserer  gedanken.  die  sich  in  der  gegenwart  so  flüchtig  wie 

blitze   wechselseitig   entwickeln   und   durchweben,   nicht   in 

IV.  11. 


augenblicklicher  Verknüpfung  und  Verbindung  vorführen  und 
vortragen  können.  Göthe  22. 191. 

HILFSHAND,  f. :  wann  gott  der  herr  seine  hülfshand  von 
ihm  abziehet,  pers.  baumg.  5,  2 ; 

die  hülfshand  ist  ja  noch  den  göttern  nicht  verkürzt. 

LoHE5STEi!<  Sophonisbe  92,  475. 
s.  hilfhand. 

HILFSHEEU.  n.  zur  Unterstützung  eines  hauptheers. 

HILFSKREUZ,  n.  ein  kreuz,  tcelches  das  grosse  oder  haupl- 
kreuz  eines  sehr  schweren  rades,  das  den  kränz  desselben  hält, 
mit  unterstützen  tälß.  Jacobssos  2,  293". 

HILFSKRIEG,  m.  krieg  welchen  ein  slaat  zur  Unterstützung 
eines  andern  führt,  im  gegensalz  zum  eigenen  kriege. 

HILFSKUNST,  f. :  dasz  man  die  eine  kunst  nur  zu  einer 
hilfskunst  der  andern  macht,  und  von  einer  gemeinschaft- 
lichen Wirkung,  welche  beide  (poeäe  und  musik)  zu  gleichen 
theilen  hervorbringen,  gar  nichts  mehr  weis.  Lessing  11,152; 
in  einer  note  dieser  seile  steht:  in  der  französischen  oper  ist 
die  poesie  weniger  die  hülfkunst. 

HILFSLASCHE,  f.  im  bergbau,  attsgelascfites  stück  holz,  das 
die  icechselung  des  kranzes  an  einem  kehrrade  unter  den  kränze 
bedeckt.  Jacobssos  2,  293*. 

HILFSLEHRE,  f.  lehre  die  zur  Unterstützung  und  fOrderung 
einer  hauptlehre  dient.  MOhlerbruch  lätrb.  des  pandeetenredüs 
Z.aufl.  1,  X. 

HILFSLEHRER,  m.  aushelfender,  nicht  fest  angestellter  lehrer. 

HILFSLEISTUNG,  f.  leistung  einer  hilfe.     s.  hilfleistung. 

HILFSLINIE.  /".  bei  geometrisclien  figuren,  Unie  zur  förderung 
eines  betceiscs  gezogen. 

HILFSMITTEL,  n.  auxilia.  Stieler  1288:  ein  hülfsmitlel 
sein,  remedio  esse,  remediare  Frisch  1,440';  an  kenntnis  der 
vortreflichsten  muster  fehlte  es  dem  hrn.  Mylius  gar  nicht, 
und  wie  hätte  es  ihm  auch  so  leicht  daran  fehlen  können, 
da  er  das  hülfsmitlel  der  sprachen  vollkommen  wohl  in  seiner 
gewalt  hatte?  Lessikc  4,  455 ;  weil  die  kunst  nicht  um  ihrer 
seihst  willen  gearbeitet,  sondern  ein  bloszes  hülfsmitlel  der 
religion  war.  6.436;  und  so  war  ich.  ohne  es  heinahe  selbst 
bemerkt  zu  haben,  in  ein  fremdes  feld  gelangt,  indem  ich 
von  der  poesie  zur  bildenden  kunst,  von  dieser  zur  natur- 
forschung  überging,  und  dasjenige  was  nur  hülfsmitlel  sein 
sollte,  mich  nunmehr  als  zweck  anreizte.  Göthe  54,  307. 

HILFSNOTE,  f.  diejenige  note.  welche  den  hilfston  atisdrückt. 

HILFSORGAN,  ».;  bei  den  hilfsorganen,  armen  und  füszen. 
Göthe  55,  314. 

HILFSPREDIGER,  m.  der  den  eigenächen  prediger  einer  ge- 
meinde unterstützt. 

HILFSPRIESTER,  m. 

HILFSPRIVTLEGIÜM.  n.  Privilegium  ad  celerem  exseeutionem 
impetrandam  concessum.  Frisch  1. 440*. 

HILFSQUELLE,  f.  bildlich  für  hilfsmiUel;  in  den  deutscb- 
franz.  Wörterbüchern  des  vorigen  Jahrhunderts  ak  Übersetzung  von 
franz.  ressource  zuerst  erscheinend. 

HILFSRECHT,  n.  l)  allgemein  unterstützendes,  aushelfendes 
reclä:  das  naturrecht,  als  hülfsrecht  zur  ergänzung  des  posi- 
tiven. Hcco  naturredtt  (ISI9)  s.  245  anm.  10;  hülfsrecht  üt  das 
gemeine  recht,  als  das  neben  dem  besondern  rechte  einzelner  länder 
Deutschlands  in  allen  denjenigen  beziehungen  geltende  recht,  welche 
jenes  besondere  reclil  unbestimmt  liesz.  GöscHE!f  pandedenvor- 
lesungen  1, 3. 

2)  hilfsrecht,  die  dem  bergwerksbe-nlzer  gesetztidi  eingeräumte 
befugnis,  einen  fremden  grubenbau  als  hilfsbau  in  anspruch  nehmen 
zu  dürfen.  Veith  bergicürlerb.  277. 

3)  dUe  befugnis,  die  geridUliche  hilfe  oder  execution  zu  voll- 
ziehen. 

HILFSREDE,  f.  cattsatio,  exeusatio.  phar.  hülfreden  arlicuh 
defensionales  reorum.   Stieler  1540. 

HILFSREITER,  m.  eques  auxiliarius.  Stieler  1599. 

HILFSSCHACHT,  m.  .^chadU  als  liilfsbau.  Veith  bergwürter- 
buch  277. 

HILFSSCHEIN,  tn.  litterae  exsecutionis,  testimonium  fadae 
ezsecutionii.  Frisch  1.  440*. 

HILFSSCHREIBEN,  n,  requisitionsschräben  einer  behOrde  an 
die  andere. 

HILFSSCHREIBER,  m.  aushelfender  sekreiber  bä  einer  behörde. 

HILFSSTEüER,  f.  Steuer  zu  einer  aufhilfe,  zu  abwehr  einer 
not  entrichtet. 

HILFSSTIMME,  f.  eine  stimme  im  Orgelwerk,  die  zum  odaven- 
oder  grundton  die  quinte  oder  terze  angibt.  Jacobsso5  2,293' 

«4 


1331 


HILFSSTOLLEN— HILLE 


HILLE  — HIMMEL 


1332 


HILFSSTOLLEN,  m.  stolkn  als  hüfsbau.  Veith  bergwürltr- 
ijuch   277. 

IIILFSSTÖLLNER,  m.  ein  bergbauutiiernehmer,  der  einen  ItUfs- 
iiollm  lieibt.    das. 

HILFSTHÄTIG,  adj. :  aber  wohl  ist  ein  verlangen  nach 
dem  goide  erlaubt,  ja  sogar  bülfsthätig  beim  werke.  Tieck 
3,  •27«. 

HILFSTHÜRSTOCK,  wj.  plur.  hilfsthürstöcke,  höher,  welche 
zwischen  die  thürstücke  eines  schaclites  gewecliseU  tverden,  dainil 
die  Zimmerung  besser  halle,  zumal  wenn  das  gebirge  sehr  drückt. 
Jacubsso."«   2,  293*. 

HILFSTON,  m.  der  höhere  ton  eines  trillers,  im  gegensatze  des 
haupitons. 

HILFSTRUPPEN,  f.  plur.,  trappen  zur  Unterstützung:  die 
iinll.lndischen  hüifstriippeii  waren  di?  ersten,  welche  wankten. 
Schiller  7,537  Kurz,  bildlich:  merkwürdig  ist  besonders  in 
dem  lichtenbergischen  aufsatz,  wie  uiun  der  m-utonischen 
lehre  durch  chemische  hüifstruppen  in  jener  zeit  wieder  bei- 
gestanden. GöTHE  54,  254. 

HILFSYEREIN,  m.  verein  zur  Unterstützung. 

HILFSVOLK,  n.:  (die  Serben  standen  im  Verhältnis)  zum 
griechischen  kaiserthura,  bald  tribut  gebend,  bald  empfangend, 
bald  als  feind,  bald  als  hülfsvolk.  Güthk  40,310;  Antigonus 
verstärkte  sein   beer  durch  hnlfsvolker.  Schlosser  «1%.  3,95. 

HILFSVOLLSTRECKUNG,  f.  Vollstreckung  der  cxeculion  [vgl. 
bilfe  6  sp.  13  >5). 

HILFSWEISE,  adv.:  die  alle  erdkunde  ist  nns  nicht,  wie 
die  Chronologie,  blosz  Lülfsweise  wichtig,  zum  behuf  der 
geschichte;  sie  ist  selbst  ein  theil  der  geschichte.  Wolf 
museum  der  alteilhumsuissenschaß  1,  50. 

HILFSWERK,  n.:  hüllswerke  zur  termiaologie  des  römi- 
schen rechts.  Richters  Jahrbücher  1840  s.  271. 

HILFSWILLIGKEIT,  f.:  die  leicbtbeit  des  erwerbs  milderte 
den  eigennutz  zur  freudigen  hölfswilligkeit.  Dya  Na  Sore'i, Zio. 

HILFSWISSENSCHAFT,  f.:  die  zur  erklaning  der  werke 
älterer  Schriftsteller  nüthigen  bülfswissenschalten.  Schlosser 
uellqesch.  3,101. 

HILFSWORT,  H.  verbum  auxiliare.  Stieleb  2578 :  alldieweil 
nlier  kein  zeilwort  kan  völlig  verwandelt,  noch  in  teutscber 
spräche  erkant  und  verstanden  werden,  ohn  gewisse  kiindig- 
keit  der  biilfwürter  . .  es  sind  bei  nns  solcher  genanten  hülf- 
witrter  drei,  ich  bin,  ich  werde,  ich  habe.  Schottel  550.  — 
In  nicht  grammatischem  sinne:  das  fremde  nein  war  für  ihn 
von  jeher  ein  hülfworl,  ein  rückenwind,  der  ihn  in  den  bafen 
brachte.  J.  Paul  Titan  2, 198. 

HILFSWURZ,  HILFWURZ,  f.  allium  viclorialü,  allermanns- 
harniscti,  und  althuea  officinalis,  althee.  Nemnicb  1, 190.  207  ; 
dem  kraut  und  würzen  ibiscb,  welches  althaea  von  Paracelso 
und  sonst  büifwurz  geheiszen  ist.  L.  Tuürneiszer  von  wassern 
(1612)  218.     s.  beifwurz. 

HILFSZEITWORT,  n.  verbum  auxiliare. 

HILFSZWANG,  m.  exsecutio,  media  coactiva.  Frisch  1,  440*. 

HILFU.N'G,  /.  opitulatio:  und  {das  äuge)  hat  bei  im  knor- 
belecbt  augglider  die  do  beschlieszen  von  oben  mit  eim 
musculo  und  ufthueiid  mit  zweien  überzwerchen  hilfnngen. 
(jERsdobf  /eldb.  d.  wundarzn.  5.     vgl.  helfuiig. 

HII.FVERWANDT,  part.:  jener  beiden  henrhat  aber  hat 
den  Griechen  und  andern  hülfverwandlen  nationen  ein  uncnd 
alles  ubels  gebracht.  Fiscuart  ehz.  432. 

HILFWÄRTIG,  adj.: 

trieb  dich  das  gehlüt  anher, 

dasz  du  üehen  wolui  die  deinen, 

und  in  Höhten  ohnKefchr 

ihnen  hiiirwartif;  erücheiuen?    S.  Dach  X2. 

HILL,  HILLO,  lockruf  für  gdnse;  im  Sassauischen.  Kehkein 
19«.  im  Osterlande,  Mciszen  und  der  Niederlausilz  lockt  man  dw 
jungen  gdnse  mit  blle,  ein  uort  das  nacfdter  auch  den  voi/cl  selh>l 
bezeichnet.  —  Jacüvsson  2,257'  führt  aber  ein  bilo  als  lodiruf 
für  falken  auf. 

HILLE,  f.  unter  wurttarten  wird  angefühlt:  von  .  .  krop- 
Mösigen  blutwUrslen  und  nauinii.schen  hillen,  in  iiostra  villa, 
ligDo  »uspenditur  billa,  die  sie  zur  grasten  zier  umb  den  tisch 
henken ,  das  »ic  eim  auf  schlau^a^i.^ch  iub  maul  henken. 
Carg.  5J*, 

HILLE,  f  in  Westfalen  und  Niedersaehsen  der  tiieicker  iber 
den  rwhraumen  an  der  ijroszrn  diele,  der  in  einzelne  vendddne 
lu  scIüaftUtUen  dn  dientibolen,  urrkzeiigsrdumen  u.  .».»■.  nbgrlhrdt 
ist.     aus  Holstein  wird  von  SchOtze  2, 138  dafür  die  form  bilge 


bezeugt,  in  Pommern  ist  bilde  der  hcuscimppeu ,  auch  niedcrl.  bilde 
pabulalorium,  prompluarium,  foenile  (Kilian);  im  Cöllingischen 
bitte  und  hille  die  raufe  in  den  stallen.  Schambacu  82\ 

HILLE,  adj.  eilig,  hurtig:  er  hat  es  sehr  bille.  Campe fander- 
«.  jugendschr.  18,  30 ; 

ihr  (neuverm6U^lte)  w&rt  euch  selbst  genug,  und  hättet  nichts 

von  nöbten, 
als  dann  und  wann  die  hille  gegenwart 
der  weisen  mütterclicn,  die  reichlich  wicdcr.schaffen, 
was  krieg  und  dokiurey  hinab  zum  orkus  ralTen. 

Klamhr  ScuHutT  poet.  briefe  63. 

Das  Wort  i.ü  das  über  das  ganze  niederdeutsche  Sprachgebiet  ver- 
breitete hille  und  bilde  (Schütze  2, 137.  Ricuey  95.  Scdamb.  82' 
«.  a.),  dessen  grundbedeutung  wol  geneigt,  abschüssig  ist,  und 
das  zu  dem  sp.  222  verzeichneten  häldcn,  beiden  stürzen,  neigen 
gehört. 

HILLICH,  ffi.  für  bileich,  s.  sp.  1311. 

HILPERTSGRIFF,  HILPERSGRIFF,  m.  die  gekürzte  und  ge- 
wöhnliche form  für  hildebrandsgrifl'  sp.  1322,  im  le.  und  n.jahrh. 
viel  gebraucht:  die  sich  ausz  dem  Stegreif  und  mit  faulen 
fischen  und  mit  hilpersgriffen  .  . .  schendlich  oder  vortheil- 
baflig  nehren.  Mathes.  Sar.  26';  ob  er  wol  fromb  ist  und 
weisz  ire  geschwinde  hilpersgriffe  und  wellgescheide  anschlege. 
153';  arge  renk  und  hilpertsgriff.  hist.  von  Jesu  Christo  l,10l'; 
braucht  hilpertsgriff,  nembt  desz  Rcinicken  fuchsen  schelmen- 
stücklein  zn  hülf  Ayrer  proc.  3,1;  mancher  meint,  das  sei 
eine  grosze  kluglieit,  wann  er  eineti  andern  mit  falschen 
Worten,  mit  listigen  renken  und  allerlei  hilpersgriffen  be- 
triegen  kan.  Schdppius  143 ;  indehm  er  nun  durch  solche 
hilpersgriffe  die  machtigsten  im  volke  unterdruckt  hatte. 
BüTscHKY  Palm.  919 ;  mit  allerhand  fündlein  und  hilpersgriffen. 
Otho  1064;  wie  dieser  grosze  Sprecher  alle  seine  gelder  und 
mittel  mit  slaatsbettelei  und  hilpersgriffen,  nicht  aber  mit 
redlicher  soldalenfaust  noch  mit  ehrlichen  lebnungen  er- 
worben bat.  TiECK  15,  316.  in  Koburg  ist  das  wort  noch  gäng 
und  gäbe.  Fromm.  2,  20. 

HI.MREERE,  /'.  l)  rubus  idaeus ,  Strauch  und  fruchl.  ahd. 
hint-peri,  mhd.  binl-ber,  nach  der  allgemeinen  annähme  die 
beere,  welche  die  hinde  gern  fiiszl.  neben  dieser  noch  lebenden 
ältesten  form  des  Wortes  und  der  gewöhnlichen  bimbeere  verzeichnet 
Nemnicu  4, 1178  eine  reihe  volksmäszigei-  Verstümmelungen :  him- 
bekbeere,  hombeere,  himinelbcere,  bimpelbeere,  himpelhrem, 
hinibrem.  —  Auszerdcm  steht  hynper  für  arciocida,  wachholder. 
DiKK.  45'. 

2)  bimbeere  eine  schneckenart,  tnurex  nodus.  Nemnicb  3,  C43. 

HIMBEERENDUFT,  «i.  ; 

die  täuschende  rescdu,  welche  mir 
liinibeereiidurt  zn  schwelgen  Kicbl,  und  nicht 
liiniheeren  seihst.      Kl.  Schmidt  jwrl.  briefe  89. 

IHMBEEUENSAFT,  m,  saß  aus  den  himbeeren  gewonnen. 

HIMBEERESSIG,  m.  essig  aus  himbeeren. 

HIMBEEBKRAUT,  n.  reseda  odorata. 

HIMBEERMETH,  «1.  melh  aus  himbeeren. 

HIMIiEEUSTAUDE,  /.  rubus  idaeus; 

HIMBEERSTRAUCH,  »».  rubus  idaeus. 

HIMBEERVOGEL,  m.  paptlio  rubi. 

HIMIIAM,  m.  in  buchdruckereien  ein  strick  an  1/11  yitsse,  der 
von  der  decke  des  zimmers  bis  zum  fuszbudni  herabreichetid ,  an 
seineni  untern  ende  eine  schuhsolUe  oder  einen  panlu/Til  h.i.ii, 
durch  einen  tritt  darauf  fällt  der  deckelrahmen  herul 

HIMMEL,  m.  caelum. 

golh.  biinins,  alttford.  hiininn  ;  alls.  himil,  fries.  himni,  uiederl. 
hemel,  schwed.  dan.  biminel ;  ahd.  himil,  ndid.  himel.  dtesem 
Worte  gegenüber,  das  golh.  und  altnord.  nur  tm  ableitenden  suffire 
von  den  andern  genannten  dtalecten  verschieden  ist,  steht,  im  alt- 
sachsischen  beginnend,  im  augrlsäclisLschen  und  englischen,  auch 
in  einigen  heutigen  niederdeutschen  mundarlcn  allein  gebräuchlich 
nn  anderes  wurzeUia/l  nicht  reneandles ,  alls.  helian ,  nicderd. 
heben,  ags.  bcofuii,  engt,  heavcn;  auch  im  altmtrd  begegnet 
ein  sellenet  liilinn.  wie  dies  auf  die  würzet  bab  hdien,  halten 
(sp.  46  721)  zurückführt,  und  den  himmel  als  umscHlkszer ,  hnller 
der  erde  bezeichnet,  so  ist  nach  der  von  (iRIMm  gegebenen,  wol- 
lirrechligten  etymologic  biinmel  ro»  der  würzet  liam  deiken  aus- 
gehend {vgl.  sp.  U8U)  und  hat  die  eigenlliclir  bedenlung  einer  decke 
oder  eines  daches  der  erde,  daneben  hol  .uch  auch  eine  über- 
tragene tjebildrl.  —  Üie  durch  ganz  Schwid>en  gewöhnliche  aus- 
spräche hennnirl  .\rhrtnl  auch  einmnl  hei  Keisersbebc  durch:  die 
znng  (u()  du-  fcder  des  hcilgm  geisis  und  der  inundt  ist 
die  portcn   des  bcmcU.    sümtm  d.   m.    VJ*. 


1333 


HIMMEL 


HIMMEL 


1334 


I.  himinel  im  eigenlliehen  sinne. 

1)  die  jüdische  Vorstellung  ron  mehreren  himmeln,  mit  der  aich 
lUe  griechische  von  den  himmelssphären  berührt,  lebt  im  deutschen 
millelalter  und  auch  noch  später  in  ausgedehnter  weise,  natur- 
geschichlliche  verke  und  nach  ihnen  andere  berichten  von  zehn  über 
einander  liegenden  himmeln,  von  denen  der  oberste,  der  feiier- 
biinmel.  die  eigentliche  wolinung  gottes  sei;  nach  dem  zueilen,  dem 
cristallischen  Himmel,  und  dem  dritten,  dem  festen  himniel. 
werden  noch  die  sieben  himmel  der  planeten  angenommen 
(Mecenberg  551;  sich,  ob  dem  niunden  bimel.  der  unzallkhen 
me  denn  hundpilliisentstund  witer  ist  denn  alle;  ertricb,  da 
ist  erst  ein  ander  himel  ob,  der  da  heisset  celum  empjTeum, 
der  fiurin  bimel.  also  gebeissen,  nit  von  dem  fiure,  allein 
von  der  nnmessigen  durglenzenden  klärbeit.  die  er  an  stoer 
nature  bat  .  .  .  und  da;  ist  der  biTlich  bof.  in  dem  da; 
liimelscb  her  wonet.  Soso  in  Wackernagels  leseb.  1045,  24. 
in  gemeiner  rede  uird  bald  von  drei,  bald  von  sieben,  bald  von 
neun  Itimmeln  gesagt,  von  drei,  indem  man  die  sieben  planelen- 
himmel  unberücksichtigt  läszt ;  und  namentlich  im  falle  der  höchsten 
Seligkeit  ist  man  im  dritten  bimmel,  in  golles  sitze:  derselbige 
ward  entzücket  bis  in  den  dritten  himel.  2  Cor.  12,2;  er 
überliesz  sich  ganz  dem  genusz  einer  heiligen  Schwärmerei, 
jenen  halb  geistigen  halb  physischen  empfindimgen,  die,  wie 
sie  ihn  eine  zeit  lang  in  den  dritten  bimmel  erbuhen,  bald 
darauf  in  einen  abgrund  von  ohnmacht  . .  versinken  lieszen. 
GöTÖE  20,263; 

ein  auserwehrt  rüstzeuge  war, 

Paulus,  in  dritten  himel  gar 

verzückt.    Seliieccer  christl.  psnlmen  (15S7)  -423; 
welch  ideal  aus  engelsphantasie 
hat  der  natur  als  musler  vorgeschwebet, 
als  sie  die  hüll  um  einen  geist  gewebet, 
den  sie  herab  vom  dritten  himmel  lieh?    Borger  69*; 

und  wenns  im  dritten  himmel  war, 

so  acht  icbs  keine  fledermaus.    71'; 

oder  von  sieben  himmeln,  indem  man  nur  die  planelenhimmel 
zählt: 

sibene  sint  der  himele, 

unte  laufent  dar  nebene 

Sternen  sibene  liebte, 

die  got  scuor  von  niehte. 

DiEHER  ged.  lies  11.  it.  12.  jahrh.  s.  311,  8; 
und  ihr  letzter  ist  goltes  u-ohnung,  namentlich  in  dem  volksmäszigen 
ausrufe:  berr  gott  im  siebenten  bimmel  I;  endlich  auch,  an- 
lehnend an  die  neun  altgrieehischen  himmelssphären  {vergl.  kor 
theil  5,1793.1794)  ton  neun  himmeln,  daher  bildlich:  ein  ritter 
hat  sich  untersieben  dürfen  seine  äugen  bisz  an  den  9'«i 
bimmel  dieser  Schönheiten  zu  erheben,  d.  bärt.  frauenz.  34.  — 
Es  begegnet  des  bimmels  chöre : 

das  ist  ihr  irdisch  nachgeahmtes  bild, 

sie  selber  wandelt  in  des  bimmels  chören! 

Schiller  Jumjfrau  4,  3 ; 

oft  auch  die  blosze  mehrzahl  die  bimmel,  nach  biblischem  spraeh- 
gebraudie:  die  himel  werden  seine  gerechtigkeit  verkündigen. 
ps.  50,6;  die  himel  sind  deiner  hende  werk.  102,26;  o  ihr 
bimmel,  verwundert  euch  über  dieses  menschen  grosze  Un- 
dankbarkeit. ScHüPPius  323;  die  himmel  freuen  sich  deines 
siegs.  Gotter  3,102;  ins  feld,  wo  aus  der  erde  dampfend 
jede  nächste  woblthat  der  natur,  und  durch  die  himmel 
wehend,  alle  segen  der  gestirne  uns  umwittem.  Göthe  8,275; 

jauchzt,  bimmel,  die  ihr  ihn  erfuhrt, 
den  tag  der  beiligsten  geburt. 

Gellert  2,  155  {nach  les.  44,  23); 
dasz  ich  mit  dir  durch  die  bimmel  schwebe. 
HöLTT  64  Halm; 
tbun  die  himmel  sieb  auf  und  regnen,  so  träufelt  das  wasser. 

Görag  1,  383. 

2)  unter  bimmel  ist  verstanden  das  gesamte  himmelsgeteOlbe, 
das  die  erde  einschlieszt  und  an  dem  die  gestirne  sich  befinden 
{s.  Sternenhimmel): 

in  dem  himmel  ruht  die  erde, 

mond  und  sterne  halten  wacht.    K.  Refmck  liedcr  119; 

f«  diesem  sinne  ist  himmel  namentlich  der  erde  entgegengesetzt 
{theil  3,751):  der  himel  und  erden  gemacht  hat.  ps.  115,15; 
es  lobe  in  himel.  erden  und  meer,  und  alles  das  sich  darin 
reget.  69,35;  der  himel  ist  hoch  und  die  erden  tief.  spr.Sal. 
25,  3 ;  und  die  ganze  velt  vird  durch  die  Verbindung  dieser  beiden 
gegensätze  zusammengefaszt,  so  dasz  der  herr  des  bimmels  und 
der  erden  gott  ist,  als  allherscber :  ich  preise  dich  vafer  und 
herr  bimels  und  der  erden.    Nalth.  11.25; 

gott  des  himmel.«  und  der  erden, 
vater,  söhn  und  heiiger  gei«t. 


Sprichipürtlicli  bietet  man  bimmel  und  erde  auf,  alles:  ist  es 
möglich  über  eine  verstorbene  so  viel  klagen  auszuschütten 
und,  so  zu  sagen,  bimmel  und  erde  zu  bewegen,  und  in 
kurzer  zeit  die  verstorbene  . .  zu  vergessen.  Frad  Gottsched 
briefe  1,142;  der  zornige  irill  bimmel  und  erde  vermischen: 
als  dann  will  man  bimel  und  erdtereich  vermischen,  so  wir 
doch  selbs  daran  schuldig.  Zimm.  chron.  3,126,27;  mir  ver- 
geht himmel  und  erde  hei  seinem  anblicfc!  Göthe  57,134; 
dasz  mit  den  kenntnissen  . .  seines  gastes  niemand  zwischen 
himmel  und  erde  sich  zu  messen  vermöge.  Ihvebmann  Münchh. 
1.  94; 

bisz  kaiser  Fridrich  henket  . 

sin  Schild  au  dürren  boum; 

denn  wirt  erfüllt  die  prophezi 

in  himel  und  uf  erden.    Lilie>cro:<  roto/.  2,26,21 ; 

ihn  preise,  was  durch  Jesum  Christ 

im  himmel  und  auf  erden  ist,    Gellert  2,  154. 

in  einem  ausrufe: 

erd  und  bimmel !  eine  solche 

sollt  ich  nicht  mein  eigen  sehn?    Bdrcer  75*. 

im  die  ausdehnung  der  erde,  die  gesamlheit  ihrer  bewohner  zu 
zeichnen,  heiszt  es  alles  unter  dem  himmel,  so  weit  der  himmel 
blau  ist :  berr  dein  wort  bleibt  ewiglich,  so  weit  der  himel 
ist.  ps.  119,  S9 ;  das  wir  der  (Juden)  geschweigen,  die  Lucas 
erzelet,  die  ausz  allen  landen  unterm  himel  auf  dem  groszen 
und  newen  pfingstag  zu  Jerusalem  zusammen  kommen  sein. 
Mathes.  Sar.  90";  die  edelleute  in  Bäyerland  mögen  jagen, 
so  weit  sich  das  blaue  am  himmel  erstrecket  (rechtssprichtcort, 
um  die  völlige  jagdfreiheit  der  genannten  anzudeuten).  Pistorids 
Ihes.  paroem.  5,  53 ;  Albert  ist  der  beste  mensch  unter  dem 
himmel.  Göthe  16,64; 

secht  alles,  das  unter  dem  bimel  ist, 

dunkt  mich  in  meinem  sinn  als  ein  mist.    fasln,  sp.  133,3; 

Hiebt  er,  so  folg  ich  ihm,  so  weit  der  himmel  blau. 

KoTZEBim  dram.  sp.  2,  ISl. 

An  diese  ueile  des  himmelsgeuölbes  knüpft  himmel  als  erster  theil 
von  compositen  in  verstärkendem  sinne  an  (vergl.  himmelangst, 
himmellang  «.  a.  unten),  recht.i formet,  vm  die  unbeschränklheit 
einer  lierschaft  auszudrücken :  item  zu  erst  ist  geweiset  unser 
gnedigster  herre  erzbischof  zu  Collen  vor  einen  herren  zu 
Cochenheim  van  dem  himel  bis  uf  die  erden  und  von  der 
erden  bis  in  den  himel  und  dasz  khein  mhan  zu  Kuchenhein 
zu  gebieten  und  zu  verbieten  habe  dan  allein  unser  gn.  h. 
von   Coln.    weisth.  2,  680  (ron  1596). 

3)  in  vielen  andern  fällen  aber  wird  unter  himmel  nur  der 
theil  des  himmelsgeicvlbes  gemeint,  der  einem  sprechenden  sichtbar 
ist  oder  der  einen  bestimmten  landstrich  bedeckt:  unter  dem 
schönen  himmel,  der  dieses  von  der  natur  verzärtelte  land 
umllieszt.  Wielajcd  19,  8  (Abderiten  1,  l).  der  zu  äuszerst  sicht- 
bare rand  ist  der  säum  des  bimmels : 

wie  der  Schnitter  frohlockt,  wenn  er  hinter  dem  bain 

dich  [mond]  am  säume  des  bimmels 

mit  der  blinkenden  kerze  siebt.     IIoltt  67  Halm; 

und  der  himmel  selbst  wird  nidtt  nur  einem  gewülbe,  sondern 
auch  einem  zelte,  einem  bogen  verglichen : 

da  empöre  sich  der  mensch!  es  schlage 
an  des  bimmels  Wölbung  seine  klage. 

Schiller  das  ideat  und  das  tehen 

wie  trägt  mich  meine  kunst,  die  höchste  unter  allen, 

so  nahe  an  des  bimmels  zeit!    ders.,  der  metaplujiüicr ; 

ich  aber  sab  es,  wie  des  bimmels  bogen, 

der  erde  glänz  im  stillen  teiche  ruhten.     Ublanb  ged.  141. 

himmel  steht  im  gegensatz  zur  behausung,  zu  dach  und  fach: 
der  müsse  sich  gewöhnen,  dasz  er  .  .  die  grüne  beide  zu- 
weilen zum  Unterbett,  und  den  bimmel  zur  Oberdecke  habe. 
ScHüPPiüs  (1701)  544;  ««  der  formet  unter  freiem  himmel:  aber 
thiiren  die  neministen  so  frech  und  hochmütiglich  unter  den 
freien  himel  heraustreten  ?  Wica.vdis  newe  Willenberger  2* ; 
hier  unter  gottes  freiem  bimmel.    I]f]iERMA>c.<(  Münchh.  4, 75 ; 

des  freien  himmels  weite  musz  ich  suchen. 

Schiller  Jungfrau  4,  9. 

himmel  offen  heiszt  es,  wenn  die  belagerer  sidi  gegen  einen 
feslungsgraben  nähern,  o/me  von  o6e«  gfgen  granaten  und  slein- 
wiirfe  sich  zu  decken.  Egcebs  kriegslex.  1, 1196,  hei  andeutung 
von  weltererscheinungen  heiszt  es  der  blaue,  heitere,  helle,  klare, 
reine,  glänzende,  strahlende,  unbewölkte,  wolkige,  finstere, 
schwarze  himmel ;  ein  grauer,  bleierner  himmel ;  und  mit 
einer  gewissen  personificalion,  der  himmel  lacht,  grollt,  zürnt 
{bei  gewUter); 

der  bimmel  wirft  die  blitze  nach  uns  aas. 

Uhlamd  ged.  169. 

84* 


1335 


HIMMEL 


HIMMEL 


1336 


bei  bestimmung  von  tages-  und  nachizeilen  heller  himmel,  dun- 
kelnder himmel,  grauender  himmel  bei  murgendämmcruny ;  um 
himmel  wirds  schön  durch  seinen  wind.  Hiob  2(J,  13 ;  lur  im 
erzittert  das  land,  und  bebet  der  himel,  sonn  und  moiul 
werden  finster,  ioel  2,  10;  des  abends  sprecht  ir,  es  wird  ein 
schöner  tag  werden,  denn  der  himel  ist  rol,  und  des  morgens 
sprecht  ir,  es  wird  heute  ungewitler  sein,  denn  der  himel 
ist  rot  und  trübe.  Maüh.  16, 2.  3 ;  es  war  ein  ganz  reiner 
himmel,  kein  Wölkchen,  nur  am  horizont  eine  art  höheraucli 
GöTHE  27, 164; 

der  goldgestückte  himmel. 
.  Talandkr  Olorena  (Ibyi)  351; 

schaue  des  himmels 
heitere  bläue.        Klopstock  2,  212; 
der  himmel  lacht, 
die  maiennacht 

träult  perlen  in  unsere  locken!    Uöltt  195  Halm; 
seht  den  himmel  wie  heiter!    Voss  4,  71; 
rotli  wie  blut 
ist  der  himmel ; 

das  ist  nicht  des  tages  glut!    Schiller  glocke  177; 
wie  in  den  sommerlüTten  welter  wehen, 
bald  still  am  reihen  himmel  furchtbar  stehen. 

TiECK  Ocliiviaii  s.  411  ; 
zum  himmel  lilick  ich  dann  empor, 
er  hängt  mit  wdlken  dicht.     Uuland  ijed.  29; 
wüiiu  auch  am  himmel  nirgends  glänzt  ein  stern.    120; 
ach  du  klar  blauer  himmel, 

und  wie  schön  bist  <lu  lieut!     R.  Reinick  lieder  115. 

slimmuny  des  herzens  und  färbe  des  Itivirnels  werden  zu  einandei 
tn  bezug  gesetzt: 

das  ist 
ein  andrer  himmel,  eine  andre  sonne, 
als  vorhin  da  gewesen  war  —  sie  licht  mich ! 

ScuiLLEB  Karlos  2,  4. 

der  bltue  himmel  ivird  zu  einem  scherze  benutzt:  er  hat  seine 
vorige  frau  tractirt,  wie  der  pfüsterer  zu  dosier  Neueburg 
das  brod,  welches  er  allezeit  prüglet;  sie  ist  schon  fürwahr 
bei  lebenszeilen  selig  gewest,  denn  sie  hat  stets  den  himmel 
im  gesiebt  getragen,  sie  war  immer  blau.  Abb.  a  S.  Clara 
eltcas  für  alle  {Würzb.  1C99)  442; 

und  heut  ist  eben  der,  der  meinen  kränz  zerrissen, 
noch  vor  der  sonnen  licht  bei  grauen  liimmei  l'ort. 
jiotil.  stückf.  358; 
der  wagen  fuhr  auf  gutes  glück, 

bis  dasz  der  himmel  graute, 
und  man,  beim  ersten  sonnenblick, 

ein  grünes  eiland  schaute.    Hölty  23  llulin. 

in  demselben  sinne  {uo.  3)  noch  zaldreiclie  andere  ßgungen.  der 
bibelsprache  gehört  an  das  auflhun  des  himmels  bei  regen,  das 
schlieszen  des  himmels  bei  dürre:  tlieten  sich  auf  die  lenster 
des  himels,  und  kam  ein  regen  auf  erden.  1  3/os.  7,1t;  durch 
das  Wort  des  herrn  schlosz  er  den  himel  zu.  Sir.  48,3;  dein 
himel  der  über  deinem  heubt  ist,  wird  cbrnen  sein,  und  die 
erden  unter  dir  eisern.  5  Mos.  28,  23 ;  die  vügel  werden  gern 
unter  dem  himmel  fliegend  gedacht:  sehet  die  vogel  unter 
dem  himel  an.  Malth.  6,26;  ire  leichnum  sollen  der  vogel 
des  himels  und  der  thier  auf  erden  speise  sein.  Jer.  l(i,  4 ; 
das  hohe,  grosze  strebt  gen  himmel.  reiciU  in  den  himmel :  du 
Capernaum.  du  bist  erhaben  bis  an  den  himel,  du  wirst  bis 
in  die  helle  hin  unter  gestoszen  werden.  Malth.  11,22;  der 
bäum  ...  wird  bisz  in  himmel  reichen,  pers.  rosentitai  8,3; 
den  kölnischen  dorn  aufzustellen  als  musterbild  jener  unge- 
heuren conceptionen,  deren  sinn  babylonisch  in  den  hiumiel 
strebte.  Götuk  25,273;  i/esclirei  steigt  zum  himmel  auf: 
welch  laut  getüminel,  welche  wilde  frcuile 
schlagt  denn  so  ungestüm  empor  zum  himmel? 

TiECK  Oclavian  k.  249. 

gen  himmel.  zum  himmel  bezeichnet  nach  oben,  wobei  es  sich 
gewöhnlich,  nicht  immer,  um  einen  unbedeclilen  räum  handelt: 
schaw  gen  biincl  und  sihe,  und  schaw  an  die  wölken,  das 
>ie  dir  zu  hoch  sind.  Hiob  35,5;  Marquis  zum  himmel  sehend, 
den  dolcb  auf  ihre  brüst  gesetzt.  Schiller  Karlos  4, 17  (die 
teene  ist  ein  timmer); 

ich  iah  drei  gebratne  tauben  Dieeen.  .  .  . 
die  bfiucho  halten  »1«  gen  himmel  geken, 
den  rficiien  zu  der  erden.     rai.Afin  voikil.  63t. 

M  lodert  ein  brand  gen  himmel :  es  scind  auch  allzeit  ent- 
gegen bei  einer  yedeii  lench,  der  man  gen  himmel  zündet, 
XT  oder  xx  mann.  Frank  we^.  225*; 

durch*  land  man  do  locb 

und  Rcbirki  (iii!  dArfrr  mit  rouch 

zu  himinrl.      i    \ vn  »' ir.t'r  /.    /     ns»; 


sie  freiiien  sich  der  schonen  glut, 

die,  wie  ein  helles  osierleur, 

gen  himmel  llog.     Höltt  37  Halm. 

Ein  gehängter  schwebt  zwischen  himmel  und  erde:  hat  sich  .. 
zwischen  himmel  und  erden  befestigen  lassen.  Happel  ucad. 
rom.  32;  so  ist  es  doch  immer  noch  besser  als  zwischen 
himmel  und  erde  baumeln.    Kotzebue  dram.  sp.  2,  340. 

4)  anknüpfend  an  die  bedeutung  3  wird  nach  dem  himmel  die 
gegend,  das  land  beslimnU,  namentlich  soweit  das  weiter,  hitze  uml 
kälte,  und  alles  was  unter  deren  einflusse  steht,  hervorgehobeit 
werden  suU:  die  betrachtung  von  dem  einllusse  des  himmels 
in  die  kunst  .  .  .  durch  den  einflusz  des  himmels  bedeuten 
wir  die  Wirkung  der  verschiedenen  läge  der  länder,  und  der 
besondern  Witterung  und  nahrung  in  denselben,  in  die  bil- 
dung  der  einwohner,  wie  nicht  weniger  in  ihre  art  zudenken, 
das  clima,  sagt  Polybius,  bildet  die  sitten  der  Völker,  ihre 
gestalt  und  färbe.  Winkelmann  3,46;  der  untere  Iheii  von 
Italien,  welcher  mehr,  als  andere  dieses  landes,  einen  sauften 
himmel  genieszet.  52 ;  sowie  nun  der  himmel  und  das  clima 
seihst  in  der  bildung  wirkete,  die  noch  unter  den  heuligen 
Griechen  ..  vorzüglich  ist.  4,9;  euer  vaterlandischer  himmel 
wird  euch  neues  leben  in  die  gebelne  strömen.  Lenz  1.222; 
menschen  die  unter  einem  andern  himmel  gebühren  sind. 
GiiTME  an  Lavater  90;  es  ist  freilich  abgeschmackt,  sich  unter 
jedem  himmel  wie  ein  Pariser  zu  kleiden.    Stürz  2,394; 

ach,  sie  flnden  sich  nicht,  die  lür  einander  doch, 

und  Lur  liehe  guschairen  sind, 
jetzo  trennet  die  nacht  fernerer  himmel  sie, 

jetzo  lange  Jahrhunderte.    Klopstock  1,67, 
schwer  liegt  der  himmel  zu  Madrid  auf  mir 
wie  das  bewustsein  eines  mords.    nur  schnelle 
Veränderung  des  himmels  kann  mich  heilen. 

.Schiller  äon  Karlos  2,  2, 
wer  hätte  dich  geschn, 
wer  unter  diesem  himmel  dich  gesehn 
und  rühmte  sich  —  er  habe  nie  geliebt?    2,  8; 

hatte  Asblaste  wol  den  himmel,  aber  nicht  ihren  zustand 
geändert.  Lohenstein  Arm.  l,  1045'. 

5)  viele  Sprichwörter  und  redensarten,  in  denen  himmel  in  den 
bedeutungen  2-5  begegnet:  wann  alt  leut  danzen,  so  ist  der 
himmel  in  einer  färb.  Frank  spr.  1,41';  es  kan  keiner  zu- 
gleich gen  himmel  und  erden  sehen.  Schottel  1124';  klarem 
himmel  und  lachenden  herren  trau  nur  keiner  nicht.  Otho 
972;  wann  die  sonn  am  himmel  ist,  siebet  man  die  sten.e 
nicht.  FisTORius  ///«.  par.  7, 45 ;  was  vom  himmel  fällt,  schadet 
keinem.  Simrock  sprichw.  250;  unter  freiem  himmel  biegt  sich 
kein  balke.  der  himmel  ist  uns  überall  gleich  nahe,  der 
himmel  ist  hoch,  man  kann  sich  nicht  daran-  halten.  251; 

wer  raac  sich  an  den  himel  haben  (liatten)'!  rimj  5',  13; 
wer  hoch  hinaus  will,  wird  gewarnt  golt  läszt  die  bäume  nicht 
in  den  himmel  wachsen;  gott  hat  noch  niemals  keinen  (bäum) 
bisz  in  den  huninel  lassen  wachsen.  Lehmann  ISl;  den  aus- 
nehmend  gelobten  hebt  man  bis  in  den  himmel :  bisz  an  him- 
mel erheben,  in  coelum  ferre  .Maaler  222';  einen  loben  und 
erheben  bisz  in  himmel ,  ad  coelum  efferre  aliquem  rumore. 
das.;  dem  fröhlichen  hängt  der  himmel  voller  geigen:  ich  liesz 
trefflich  zur  hochzeit  zurüslen,  dann  der  himmel  hing  mir 
voller  geigen.  Simpl.  2,34  Kurz;  übertragen:  er  führele  uns 
durch  die  kücheu  ...  da  sähe  ich,  dasz  der  schwarze  hiunnel 
auch  schwarz  voller  lauten,  llöten  und  geigen  hieng:  ich 
vermeine  aber  die  Schinken,  knackwürste  und  speckseilen, 
die  sich  im  kamin  befanden.  1,235; 

und  kan  einer  heimliche  stuck  erzeigen, 

das  sie  maint,  der  himel  bang  vol  geigen,    fnsln.  sp.  240,22, 

das  sie  maint,  es  regen  eitel  lucker  und  feigeu 

und  der  himel  hang  vol  susxcr  geigen.    752.  2. 

äusicrstes  verwundern  wird  gezeichnet: 

was  henker!  du  bist  nicht  der  abi  von  st.  (i.ilIunV 

rief  hurtig,  ali  war  er  vom  himmel  ge'allen, 

der  kaiser  mit  frohem  erstaunen  darain.    Kürcir  67'. 

itber  unerhörte  frevel  crschwarzt  der  himmel ,  s.  crschwarzcn 
theil  3  qi.  977,  und  vcrgl.  nachher  himmel  als  wolinung  goUes: 
ling  ich  an  diesen  burschen  vorzulügen,  dasz  der  himmel 
hiitte  crsthvvarzen  mögen.  Stmpl.  1,395  A'nr:;  von  etnem  groszen 
litgner  und  gesagt,  er  lügt  das  blaue  vom  himmel  herunter: 
des  himmels  ciniall  enJhch  fülirl  den  unterijung  der  weit  herbet: 

tu  diMiken  wir  an  den  jOtigmen  tag 

und  hnrrn  pnxnunen  Hch.illen, 

die  criilinr  .ipringen  vom  donnffr"»«"!!!.!. 

die  »lerne  vom  himmel  l.ilicii.     t'iii  «m.    .    <    i.i; 


1337 


HIMMEL 


HIMMEL 


1338 


wenn  der  himel  fiel ,  so  blieb  kein  aller  hafe  und  bäum, 
wann  der  liimel  fiel,  so  erschlüge  er  mehr  kachein  dann 
öfen.  feilt  der  himel,  so  bleibt  nicht  ein  zaunstecken  stehen, 
und  gibt  ein  grosze  vogelkefich.  Agk.  spr.  (1560)  273" ;  der  himel 
wird  noch  heute  fallen,  und  wird  kein  alter  topf  morgen 
ganr  sein.  Luther  1,52";  wie  der  blöden  gewissen  art  ist, 
das  sie  imer  meinen,  der  himel  falle.  4  (1556),  259*;  lasset 
uns  mit  frieden  essen  und  trinken,  wenn  der  himmel  ein- 
fällt, sind  die  wachtein  gefangen.  Don  Quixote  1767  4,166 
{niclil  im  span.  original);  ich  aber,  unter  solchen  umständen 
aller  hoffnung  quitt,  rief,  als  man  eben  die  ersten  lerchen 
speiste:  nun,  wenn  der  himmel  einfällt,  so  werden  ihrer 
viel  gefangen  werden.  Gothe  31,275; 

lasz  nur  die  sorge  sein, 

das  gibt  sich  alles  schon, 

und  fallt  der  himmel  ein, 

kommt  doch  eine  lerche  davon.    2, 245. 

bezüglieh  eines  sich  für  unentbehrlich  haltenden ;  sie  (die  phariiäer) 
haben  nicht  den  namen,  das  sie  verstörer,  schedliche,  un- 
tüchtige weren,  sondern  bawleute  sind  sie,  die  nötigsten, 
nützlichsten,  besten  leute  auf  erden,  das,  wenn  sie  nicht 
weren,  der  himel  fiel  gewislich  ein,  ehe  es  abend  würde, 
und  land  und  leute  verdürben.  Luther  5,  66'.  um  das  im 
hücitslen  grade  unerwartete  anzudeuten:  ich  war  gleichsam  als 
ganz  erstarrt  und  hätte  mir  eher  des  himmels  einfall  ver- 
sehen, als  dasz  meine  geliebte  Blandine  sich  so  schleunig 
in  der  liebe  ändern  sollen.  Parthenophilcs  das  bei  academien 
lebende  frauenzimmer  152;  Trier  und  Pfalz  vermutben  eher  des 
himmels  einfall ,  als  dasz  ich  ihnen  übern  köpf  kommen 
werde.  Göthe  8, 126. 

6)  alle  religionen  denken  sich  den  himmel  als  silz  der  gütter 
oder  gotles.  er  ist  ihnen  theils  eine  feste,  und  in  erinnerung  an 
die  beabsichtigte  erstürmung  des  himmeb  seitens  der  Titanen  heiszt 
es  von  einem,  der  ungeheures  sich  vornimmt :  er  will  den  himmel 
stürmen; 

als  ausz  deiner  sinnen  stärke 

Jupiter  nahm  ein  gemerke, 

dasz  du  durch  so  kühnes  streiten 

würdest  bisz  in  himmel  schreiten. 

LoGAU  1,15,42  (an  einen  kriegrtschen  Held), 

vgl.  himmelstürmend,  himmelstürmer;  theils  nur  ein  haus,  vgl. 

unten  himmelsthür,  himmelspforte,  himmelsfenster,  himmels- 

saal : 

niemant  on  gnad      begreifen  mag 

des  himels  pfort.  Uhlasd  volksl.  837. 

unsere  bezüglichen  Vorstellungen  fuszen  auf  orientalischem  gründe, 
a)  der  himmel  als  wohnung  und  aufenlhalt  gotles,  Christi  und 
seiner  mutter,  der  dreieinigkeü,  der  engel:  ir  gebet  kam  hin  ein 
für  seine  heilige  wonung  im  himel.  2  c/jro;i.  30,  27;  der  herr 
schawet  vom  himel.  ps.  33,13;  da  thet  sich  der  himel  auf 
über  im,  und  Johannes  sähe  den  geist  gottes,  gleich  als  eine 
taube  her  ab  faren.  Afü///j.  3,16;  sie  sind  gleich  wie  die  engel 
gotles  im  himel.  22, 30.  Sprichwort ;  gott  siebet  des  Jahres 
zweimahl  vom  himmel,  und  wie  er  einen  findet,  so  lasset 
er  ihn.  Schottel  1116"; 

Christ  für  gen  himel, 

was  sant  er  uns  wider? 

er  sendet  uns  den  heiigen  geist.    Uhland  volksl.  833; 

von  himel  kam  der  engel  schar, 

erschein  den  hirten  offenbar.    Luther  8,  358*; 

daher  formelhaft  bei  danksagung: 

TOR  nun  an  bisz  in  ewigkeit 
sei  gott  im  himmel  dank!    Uhland  volksl.  S42; 
beim  schwur: 

sie  sinds  (getiebt) ! 
so  wahr  ein  gott  im  himmel  wohnt,    ich  schwör  es. 

ScuiLLSl  don  karlos  2,  8; 
bnm  ausruf: 

ach  reicher  gott  vom  himmel  herab, 
was  mag  doch  diesz  bedeuten!    üulano  volksl.  222; 
0  reicher  Christ  vom  himmel, 
wie  wiri  es  mir  ergeo !    194; 
hilf,  reicher  Christ  vom  himmel  hoch  !    261. 
ein   uns   gethanes   unreclU,   ein   bereiteter  schmerz    schreit    zum 
himmel,  vgl.  himmelschreiend;  der  betende  blickt,  fleht,  seufzt 
zum  himmel : 

wir  wollen  uns  zum  kreuz  und  altar  wenden,  .  .  . 
gebete  demüthig  zum  himmel  senden. 

TiECK  Uctavian  s.  420; 
»om    himmel    herab    wird  die  gewährung  geschickt;   Sprichwort: 
die  eben  werden  im  himmel  gemacht.  PisTORiostt«.  ;><ir.  3,63. 
nn  maächen  wird  einem  engel  des  himmels  venjlichen : 


EriBin  zu  Elmiren.  engel  des  himmels ! 
deinem  sanften  blicke 
dank  ich  all  mein  glücke.    Göthe  57, 140. 

b)  der  iiimmel  der  aufenthaltsort  der  heiligen  und  der  seligen, 
die  Wohnung  der  reinen  scelen  nach  dem  tode.  der  fromme 
kommt  in  den  himmel;  gute  werke  werden  im  himmel  be- 
lohnt; es  wird  euch  im  himel  wol  belohnet  werden.  Matth. 
5, 12 ;  der  karchweg ,  da  die  seelen  ausz  dem  fegfewr  in 
himmel  pflegen  zu  faren.  Fischart  bienk.  197*;  der  weg  zum 
himmel  geht  durch  kreuzdorn.  Simrock  sprichw.  251; 

also  allain  frumb  standthaft  leüt 

zu  himel  haben  syg  und  peüt.    Scuwarze;<berc  101*; 

so  bald  das  geld  in  kästen  klinget, 

die  seel  sich  auch  in  himmel  schwinget. 

Tktzels  verse  bei  Pistorics  thes.  par.  9, 75 
und  so  es  so  soll  sein,  dasz  beut  ich  noch  soll  gehen 
desz  todes  Unstern  gang,  so  wollstu  bei  mir  stehen 
und  gehen  lür  mir  her,  ins  leben  durch  den  tod, 
in  himmel  ausz  der  weit,  zur  freude  von  der  noth! 

LocAU  1,  5; 
bei  allem,  Roderich, 
was  du  und  ich  dereinst  im  himmel  hoffeu, 
verjage  mich  von  dieser  stelle  nicht!    Scuiller  Karlos  1,2; 

die  menschen  haben  jetzt  das  wesen  dieser  religion  erkannt, 
sie  lassen  sich  nicht  mehr  mit  anweisungen  auf  den  himmel 
abspeisen,  sie  wissen,  dasz  auch  die  matcrie  ihr  gutes  hat. 
H.  Heine  6,  20,  der  gute  soll  nämlich  schätze  im  himmel  sam- 
meln: samlet  euch  aber  schetze  im  himel,  da  sie  weder 
motten  noch  rost  fressen.  Matth.  6,20; 

und  lert  auch  mit  guten  Sachen, 
bleiblich  schätz  zu  himel  machen. 

SCHWARZE!«BERG    145*; 

himmel  will  verdienen  sich 

pfafT  und  ritterorden.    Göthe  2,  164. 

in  der  wolmung  der  seligen  ist  unterschieden  der  vorhimmel, 
wartehimmel,  väterhimmel,  der  aufenlhalt  der  durch  Christum 
nicid  erlösten  vorväter ;  o  wie  viel  tausend  einfältige  baurea 
sind,  die  nit  viel  disputiren  können,  und  bei  ihrem  cate- 
chismo  bleiben,  und  kommen  doch  in  den  himmel,  da  her- 
gegen  mancher  hochgelahrter  mann  herauszen  bleiben  musz! 
wer  ist  nun  der  glückseligste?  der,  welcher  mit  seiner  einfalt 
in  den  baurn-himmel  komt,  oder  der,  welcher  mit  seinem 
groszen  schulsack  ...  in  die  hülle  fährt?  Schlppiüs  652; 
welche  gern  in  den  einfältigen  fischerhimmel  wollen,  darin 
der  alte  fischer  Zebedäus  mit  seinen  sühnen  Jacobo  und 
Johanne  sitzt.  193.  den  einfältigen  wird  auch  im  Sprichwort  eine 
besondere  anwarlschafl  auf  den  himmel  gegeben :  unser  herr  gott 
musz  den  himmel  mit  kinderen  und  alberen  füllen.  Schottel 
1144'.  Sprichwörtlich :  der  himmel  ist  den  gänsen  nicht  erbaut, 
den  gottlosen  auch  nicht.  Schottel  H20';  du  grober  und 
undankbarer  gast !  du  lassest  dich  (von  gott)  Jahr  und  tag 
einladen,  und  sagst  nicht  einmal  deo  gratias,  meinest,  es 
müsse  eben  so  sein,  der  himmel  sei  nicht  den  gänsen  gebaut. 
Otuo  654;  ach  es  ist  uns  ja  alles  daran  gelegen,  dasz  wir 
nicht  hinter  dem  himmel  hingeben.  22;  der  faule  musz  mit 
den  fünf  thürichten  Jungfrauen  neben  dem  himmel  hingehen. 
993;  der  glückliche  ist  wie  im  himmel  (vgl.  auch  unten  8,  c):  wir 
waren  nun  frei  und  lebten  wie  im  himmel.  Göthe  20,  51 ; 
so  ein  alter  kerl  ich  bin,  wo  ich  liebe  sehe,  ist  mirs  immer, 
als  war  ich  im  himmel.  57,122;  ich  bin  hier  (in  Dresden)  im 
schosze  unserer  lieben  aufgehoben  wie  im  himmel.  Schillkr 
an  Körner  l,  53 ; 

ir  habt  mir  also  s€re 

gehoehet  minen  senenden  sin 

und  alle  mine  sinne  hin 

von  mir  gefüeret  so 

beidiu  verre  und  hö 

als  ich  in  dem  himel  si 

oder  aber  vil  nähen  da  bi. 

U.  v.  Lichtenstein  386,32; 

(die  liebe)  giebt  uns  des  himmels  Vorgefühl. 
HöLTT  199  llulm; 

Jugend  unter  tanz  und  spiel 

meint  sie  sei  im  himmel.    Göthb  2,  164. 

der  verzückte,  selige  sieht  den  himmel  offen : 

das  äuge  sieht  den  himmel  offen, 
es  schwelgt  das  herz  in  Seligkeit. 

Schiller  glocke  v.  76; 
der  himmel  nah  und  fern, 
er  ist  so  klar  und  feierlich, 

so  ganz,  als  wollt  er  öffnen  sich.    Uhlaid  ged.  *.  19, 
das  glück  der  erde  miss  ich  gerne 
und  blick,  ein  niärtyrer,  hinan, 
denn  über  mir  in  guldner  ferne 
hat  sich  der  himmel  aufgeilian.    ;.  27. 


1339 


HIMÄIEL 


HIMMEL 


1340 


um  ein  gedrdnge  zu  kennzachnen :  im  dorf  ginp  es  lieiil  (ror 
faslnacht)  zu,  wie  im  himmel  vor  der  Ihür.  Feldkr  ^ümma- 
viüllers  93,  denn  an  der  himmelslhür  drängen  sich  einlasz  sttcliend 
die  Seelen. 

c)  der  himmel  ah  ort  der  seliqen  ist  in  pegensalz  gebracht  zur 
hülle,  als  ort  der  verdammten:  dasz  ir  ja  nichts  hnit  v(im 
künftigen  leben,  es  hcisze  der  hiniel  oder  die  helle.  Schade 
sat.  u.  pasqu.  2,103,5;  die  guten  kommen  in  den  himmel, 
die  bösen  in  die  hölle.  Verbindung  heider  gegensätze  in  formel- 
haßen  und  sprichtcürtlichen  redensarten:  die  ehe  ist  himmel  und 
hölle.  ScnoTTEL  Ute";  was  sie  thun  sollen,  herrValer?  eine 
grosze  frage !  himmel  und  hölle  rege  machen,  damit  die  gute 
Jungfer  nicht  musz!  den  vater  auf  andre  gcdanken  bringen, 
den  söhn  auf  ihre  seile  ziehen.  Lessing  1,239;  ein  fluch  ist 
himmel  und  hülle!; 

acli !  sie  yergasz  der  nonncnpflicht, 

des  Himmels  und  der  liölle.     IIöltt  32  Ualm. 

die  hülle  tcird  genannt  der  himmel  ,  wo  die  engel  wauwau 
schreien.  Schmid  schiräb.  trörterb.  520;  sie  kommen  in  himel, 
da  die  engel  mit  keulen  tanzen.  Wenzel  Link  dialog  der  ausz- 
gelaufnen  mündie. 

')  himmel  für  die  im  himmel  wohnende  gottheil: 
so  sauer  ringt  die  kargen  loose 
der  mensch  dem  harten  himmel  ab. 

Schiller  itas  geheimnis; 

namentlich  eigens  aucli  für  gott ,  dessen  namen  oß  zu  nennen 
man  sich  scheut:  den  himmel  zum  zeugen  für  eine  behauptung 
anrufen ;  der  himmel  segne  dich  wegen  deines  mitleidens. 
Croneck  1,110;  zum  ersten,  zweiten,  dritten,  und  der  him- 
mel gebe,  letzten  male  drucken  lassen.  Lessing  6,  2C4;  ehe 
das  verzehrt  ist,  wird  der  himmel  weiter  helfen.  Göthk 
18,99;  so  dankte  er  dem  himmel,  als  er  sich  dem  flachen 
lande  wieder  näherte.  140;  ich  sage  dir  alter,  dasz  in  solcher 
läge  der  seele  nirgends  trost  zu  hoffen  ist,  als  den  uns  der 
dimmel  durch  seine  heiligen  diener  gewährt.  57,118; 
wann  des  lasters  riesenirotz  die  langmuth 

des  himmels  auTgezehrt.    Schiller  Karlus  2,6; 

die  königin  ist  frei,  vor  menschenaugen 

wie  vor  des  himmels  äugen  frei.     2,  15; 

ich  liesz  den  himmel  und  die  vorsieht  walten. 

TiECK  üctiivian  s.  249; 

verhüte  der  himmel ,  dasz  man  euch  zumuthen  sollte  .  .  . 
WlELAND   19,  5; 

da  sei  der  himmel  vor!  Grsflinger  Cid  RS'; 
80  ist  mir  jetzt,  weisz  der  liebe  himmel !  unmöglich  etwas 
anderes  zu  dichten  oder  zu  trachten,  zu  denken  oder  zu 
schreiben  als  Oberen.  Wieland  an  Merck  (1835)  197 ;  ja  frei- 
lich antwortete  ich  mit  angenommener  kälte  und  fühlte  der 
himmel  weisz  was  und  wie  viel  dabei.  Güthe  19,283;  als  ich 
weiter  heran  wuchs,  las  ich,  der  himmel  weisz  was  alles 
durcheinander.  2C8;  ums  himmels  willen,  was  ist  das  für  ein 
brief.  Lenz  1,279;  ei,  ums  himmels  willen!  die  (redensart) 
mögt  ich  wissen.  Engel  phil.  für  die  icell  (1775)73;  aber  ums 
himmels  willen,  was  ist  dein  plan?  Götoe  14,140;  ums  him- 
mels willen,  tüchterchen,  was  gibts?  18,4; 

um  aller  himmel  willen,  lassen  sie 

mich  diesen  ort  .  .  .    Schiller  hartes  4,  17; 

im  ausrvf:  nun,  beim  himmel,  baron!  ich  wollte,  sie  hüllen 
ihre  sechs  rubel  einem  armen  .  .  gegeben.  Engel  pliU.  f.  die 
wellZH;  himmel!  wie  ward  mir,  da  ich  sah,  dasz  es  meine 
geliebte  prinzessin  war!  Wieland  11,194;  himmel!  werd  ich 
es  aussprechen  können?  195;  mein  himmel!  was  geben  sie 
mir  für  kränkende  reden !  Gotter  3, 157 ; 

0  himmel !  es  erschallet 

der  Sünder  klaggeschrei.    Rist  himl.  lied.  4,245; 
wo  hin  ich?  o  himmel! 
ich  alhme  iiocli  leben?     R4|Ilrr  2,  13; 
barraherzgcr  himmel!     Scbillkr  Turnndol  1,3; 
hilf  mir,  o  himmel !    Tircr  Octannn  s.  327 ; 
himmel  ach!  sn  run  man  aus, 
wenni  uns  schlecht  gi<worden.    GAthr  2,  Kit. 

tm  fluche:  potz  himmellflrk!  J  (iotthelf  11,246; 
leere  ta  (Imchen  ! 


Ja,  pot7 
da  ist  ^ 


liermont, 

HK  ;n  nnd !    K.  Rrikick  linli-r  ;I(m;. 


8)  himmel  in  bildlidiem  qrhruuchr. 

a)  anlehnend  an  die  bedcutnng  3:  an  dieieiii  lniiiini  1  licten 
wieder  neue  gestime  bcriror,  die  ich  nicht  berechnen  kann 
and  die  mich  irre  machen :  die  Carrarri,  (;uidu.  Diiminidnii, 


in  einer  spätem  glücklichern  kunstzeit  entspningen.  Göthe 
27,166;  die  kriegswolkcn  sind  zerstrelil  und  der  himmel 
der  bürsenmänner  ist  wieder  klar  und  zeigt  heiteres  weiter. 
deutsche  allg.  zeilung  vom  ^h.  aug.  1865; 

gegrüszet  seid  mir,  odle  herrn, 

gegrüszt  ihr,  schöne  ilnmen  ! 

welch  reicher  himmel!  stern  bei  stern !    Göthe  1,178. 

6)  an  dieselbe  bedeutung  gelehnt ,  aber  so  dasz  die  no.  0,  h 
einsfiiell ,  werden  blaue  äugen  dem  blauen  himmel  verglidien 
{vgl.  auch  utüen  unter  himmelblau):  sähe  sie  sich  .  .  fragend 
nach  Paulo  um  und  überleuchtete  ihn  mit  dem  blauen  him- 
mel ihres  weiten  nuges.  J.  1'aul  uns.  löge  1,171; 

pestorl)pn  war  ich      vor  licbeswonne; 
i)egrahen  lag  icli      in  ihren  armen; 
erwecket  ward  ich      von  ihren  küssen; 
den  himmel  sah  ich      in  ihren  äugen. 

Uhland  ijpd.  25 ; 

Emanuels  stimme,  die  so  zu  sagen  die  Sphärenmusik  zum 
blauen   himmel  seiner  äugen  war.  J.  Paul  //m/i.  1,251. 

c)  am  häufigsten  nach  6,  b,  himmel  als  dem  oiifcnlhaltsort  der 
seligen,  als  statte  und  zustand  des  hliclislcn  gtückes:  was  für  ein 
himmel  musz  ein  ehstand  sein,  wo  sich  die  liebe  auf  lugend 
gründet.  Rarener  sat.  3,257;  wie  viel  himmel  ist  in  diesem 
gedanken!  Klopstock  11.143;  seine  gcmahlin  . .  fand  nach  so 
vielen  trübsalcn  einen  himmel  in  den  armen  ihrer  freundin. 
Göthe  15,89;  findet  sie  sich  in  einem  himmel  auf  erden. 
17,149;  wo  willst  du  ruhe  linden,  da  du  von  dem  himmel 
ausgeschlossen  bist,  der  sie  umgibt?  57,124;  so  hatte  doch 
Knür  bei  der  sache  seinen  wahren  himmel  auf  erden.  J.  Paul 
uns.  läge  1,  5;  Liane  ging  mit  der  prinzessin  weit  voraus  und 
labte  sich  am  offnen   himmel  der  Vertraulichkeit.   Tit.  2,183; 

und  diese  Myrt  lieb  ich  so  sehr, 

dasz  sie  mein  himmel  hie  auf  erden.    Wrckherlin  404; 

nacht  verschlieszt  die  groszen  blauen  äugen, 
deren  blick  den  liinimel 

öffnete.  Höltt  53  Halm; 

diese  erd  ist  so  schön,  wann  sie  der  lenz  beblümt,  . . . 
ist  ein  irdischer  himmel, 

gleicht  den  thaten  der  seligen.     107; 
wo  blieb  die  zeit,  die  seelige, 
ach,  Röschen,  als  du,  ganz  natur,  .  .  . 
geschlichen  in  der  dämmrung  kamst, 

den  himmel  in  mein  stübchen  brachtest.    Gottrb  1,16(11). 
die  liebe,  die  dem  falschen  schwärme 
des  hol'es  gern  entsagt,  der  ganzen  well  vergiszt, 
und  sich  in  ihres  abgotis  arme 
die  weit,  der  himmel  ist.    45  (29); 
wo  man  an  dir  und  tugend  hält, 
ist  schon  der  himmel  auf  der  weit.    Seusk  (1835)  650; 

ihren  himmel  Gnden  viel 

in  dem  weltgetüinmel.    Göthe  2,164; 

ich  höre  schon  des  dorfs  getüminel; 

hier  ist  des  volkes  walirer  himmel, 

zufrieden  jauchzet  grosz  und  klein.     12,54; 

er  schläft  berauscht  in  diesem  himmel  ein, 

den  seine  Sklaven  listig  um  ihn  schufen. 

Schiller  Karlos  1,9; 
so  tief 

herabgestürzt  von  allen  meinen  himmeln!    2,8. 

der  tugendhafte,  reine  hat  den  himmel  in  der  brüst,  im  herzen . 

ihr  im  herzen  ruht  der  himmel, 

drin  die  engel  halten  wachl.    R.  RiinicK  licder  119. 

himmel,  gefühl  der  seligkeil : 

süsze  kehle  des  liains,  welche  mir  sonst,  im  mal, 
ganz  den  himmel  ins  herz  flötete,  nachtigall. 

IIöltt  69  y^<i{m,- 
welch  ein  himmel!  Juliane  wallet 
durch  den  tibcrreiften  lindengang!    ISO; 

welcher  himmel, 
die  fQlle  dieser  reite  lu  hrsiizon ! 

Schiller  Tiirandol  1,  3. 

das  beseligende  drückt  himine]  als  erstes  glied  von  eomposUen  aus, 
rgl.uiilcn  himincIsfQlle,  himraelsglück,  himmelsiTiiis/,  liinnuels- 
lust  u.  a. 

II.  himmel  in  übertragener  bedeutung. 

1)  dir  thronhimmel.  baldachin,  Iraqehimmd :  darnach  an  sanl 
Lucien  tag  iiaiii  man  den  (toten)  kaisrr  und  (riieg  in  von 
sanl  Jacob,  do  was  er  die  nacht  gestanden;  und  ob  im  hell 
man  gemacht  ain  liiiiil  mit  vil  licchten.  d.  stddirrhr.  !t,i3,^4; 
auf  einem  gülden  svssel,  in  der  hübe  linder  einem  himmel.. 
tragen  lassen.  kiRCHiin»-  «cni/unm.  375* ;  auf  vier  langen  ver- 
goldeten Stangen  Irugeu  vier  zwerge  einen  hiiiimel  von  klarem 
und  edlem  liiche.  darunter  ritt  ein  zwerg,  eine  guldne  kröne 
auf   dem    hilnptlein ,   und    in    allen  gebärden  als  ein  kOnig. 


1341 


HIMMEL  — I11M5IELAN 


HIM31ELANGST  —  HIMMELBLAU 


1342 


J.  Gbimh  deutsche  salJa^  no.  29  {aus  Otlokar  v.  Horneck);  ilem 
ich  Stepliau  Schuler  hab  macbea  lassen  ein  neuen  himmel 
mit  sechs  Stangen,  den  uiau  an  unsers  heirn  leichnaiustag 
früh  ob  dem  sacrauient  trägt,  anz.  des  germ.  mus.  lS6ö  sp.  69 
(vom  jähre  1442) ;  unter  dem  thur  ist  gestanden  der  apt  von 
s.  Ulrich  mit  einem  himeL  Lütukb  5,26';  die  goldstickereien 
am  neuen  himmel,  der  . .  von  den  vier  angesehensten  män- 
nern  über  dem  {einziehenden  neuen)  pfarrer  dahergetragen 
wurde.   Felder  sondert.  2, 302. 

2)  die  gewölbte  decke  einer  kirche,  namentlich  des  aUurhauses: 
himel  ob  einem  altar,  liburnium,  epiäclus.  voc.  ine.  theul.  k  l' ; 
und  wiederum  andere  {bei  dem  bau  der  kirche)  die  überdecke 
oder  den  sogenannten  himmel  zurichleten.    Felsenb.  2,  73. 

3)  himmel,  die  decke  einer  büJtne:  uf  disse  red  sol  ein 
büchsenclapf,  als  ob  es  ein  tonner  wäre,  usz  dem  himel  gan. 
bühnenantceisuny  in  der  Donaueschinger  passion  bei  Moke  schausp. 
des  mitt.  2, 24S ;  es  were  denn ,  das  der  bapst  und  seine 
bepstischen,  inen  selbs  ein  eigen  himel,  wie  der  gaukler 
von  leinen  tüchern  in  der  fastnacht,  bawen  wolten.  Lutheb 
1,409*;  will  man  was  recht  besondres  machen,  so  kann  man 
einige  {kranke)  in  betten  auf  den  Schauplatz  tragen,  oder  sie 
durch  den  himmel  mit  stricken  hernieder  lassen.  Lessing 
2,  426. 

4)  himmel,  die  Oberdecke  eines  von  vorhängen  umgebenen  bellen: 
himel  ob  einem  bei,  tibumium,  epicicius.  voc.  ine.  llteut.  k  l', 
t<^/.  himmelbett; 

disz  wiesz  die  ruhstätt  aus,  an  welcher  nicht  zu  (iudeii 
als  purpur  und  scarlat.    Vorhang,  tapet  uud  binileu  ' 
gestickt  mit  reichem  gold,  der  himmel  mit  gestein 
durch  höchste  kunst  besetzt.     A.  Gbyphius  16^8   1,  h\ ; 
als  nun  weich  und  sauber  das  bocbzeitbette  geschmückt  war, 
in  dem  gestell  mit  hohem  und  schöngebogenem  bimmul. 

Voss  i,  213  (Luise  3,  !>70). 
auch  über  einem  tisclie  kann  in  der  höhe  eine  solche  decke  ange- 
braclä  sein:    himel  ob  einem  tisch,    tibumium,   epicicius.    vuc. 
ine.  Iheul.  kl',     himmel,  die  decke  einer  slube.   Frisch  1,453'. 

5)  himmel ,  kutschenbiminel ,  die  decke  eines  kiäschkaslens. 
vgl.  himmelhaut,  himmeinagel. 

6)  himmel,  gewisse  netze,  utelche  sjnegelicld  gestrickt  sind,  und 
nicht  zum  fangen,  sondern  lediglich  zum  abhalten  gebraucht  werden, 
wie  z.  b.  beim  groszen  lerchenfange.  Jacobssos  2,  25"'. 

7)  himmel,  bergmännisch,  die  obere  begrenzungsfläche  ifirile) 
eines  sinkwerks.  Veith  bergwörterbuch  273. 

8)  himmel,  allgemein  etwas  gewölbt  emporragendes: 

und  ein  zweiter  himmel  in  den  himmel 
steigt  sanct  Peters  wunderbarer  dorn. 

Schiller  an  die  freunif ; 
mit  nachahmendem  leben  erfreuet  der  bildner  die  au.-en, 

und  vom  meiszel  beseelt  redet  der  fühlende  stein. 

künstliche  himmel  ruhn  auf  schlanken  ionischen  säulen, 

und  den  ganzen  olymp  schlieszet  ein  pantbeon  ein. 

Spaziergang)  v.  125. 

9)  himmel  nennt  der  maier  den  Iheil  eines  gemäldes,  der  den 
himmel  vorstellen  soll,  die  luft  {s.  d.).  Jacobsson  2,  257'. 

10)  himmel,  schweizerisch,  die  hohle  decke  oder  haut  auf  der 
Oberfläche  flüssiger  kürper,  zunächst  vom  weine  in  einem  fasse, 
oder  von  der  milch,  wenn  dieselbe  längere  zeit  gestanden  hat. 
Staldeb  2,43. 

HIM.MEL-  in  compositen,  vergl.  auch  hinimels-. 

HIMMELÄB,  adv.  vom  himmel:  weil  auf  erden  niemand  ist, 
der  dieser  geburl  grosz  achtet,  so  sendet  gott  einen  boten 
himmelab.  Otho  64;  der  lüseschlüssel  ist  ein  göttlicher, 
himmelab  geschenkter  und  gesenkter  Schlüssel.  1336; 

so  wie  sich  der  donner  in  schweflichte  berge 
himmelab  stürzt.  Klopstock  3,  142; 

kam  Athenäa 
himmelab.    Ilias  1,  195. 

H1M.MEL.\BTRÄÜFELND,  parL: 
getilde  werden  glänzen 

mit  hiinmelahträufelndem,  segnenden  thau.    Stolbbsg  2,  85. 
HLMMELÄN,  adv.  aufwärts  nach  dem  htmtnel,  dem  himmel  zu; 
d.Ts    dadurch    meine    gedanken    gleichsam   geadelt  und  him- 
melan erhoben  werden.  Bütsciiky  huchd.  kanzellei  s.  20; 
gieb  deinen  geist,  der  mich  auf  rechter  bahn 
weis  himmelan.        Nelüark  lusticdldcUen  7 ; 
dann  erhebt  er  sich  wieder,  und  ist  noch,  denket  noch.  Uuchet, 
dasz  er  noch  ist,  und  spritzt  mit  bleichen  zuckenden  händen 
himmelan  blut.  Klopstock  3,  156; 

erschallt  in  hohem  jubclklang 
ihr  meines  spieles  saiten! 
um  hiinmetati  den  warmen  dank 
des  hurzens  zu  begleiten.    Miller  ged,  253; 


nun  Qogen  sie  gar  himmelan, 
ein  wunder  anzuschauen.    IIöltt  23  Halm ; 
ach !  kein  denkmal  aus  stein  himmelan  aufgethürmt 
sajri  der  nachweit  dein  lob.  IUiler  1,3; 

{der  du)  allzu  l'rüb  himmelan 
strebst,  ätherischer  genius.    93; 
dasz  in  einem  flug 
himmelan  wir  dringen.    Gotter  1, 181; 

es  schlage 
des  unmuths  flamme  himmelan.    223; 
er  spracbs,  uud  jener  bösewicht,  gewandt 
in  jeder  list,  Pelasger  im  betrügen, 
bebt  himmelan  die  losgebundne  band. 

Schiller  Zerstörung  von  Troja  26; 
dieser  flügel  trägt  dich  himmelan.  Rcckert  192. 
zum  himmel  strd)end :  und  sie,  die  der  liebe  gott  so  himmelan 
gebildet  hatte,  stand  .  .  .  noch  immer  so  von  der  seile,  so 
übergebogen ,  so  angeschmiegt,  als  ob  sie  noch  nicht  auf 
freiem  fusze  wäre.  Hippel  1,150;  sie  ...  prangte  himmelan 
im  stolzen  gange.  Fr.  Mt^LLEs  l,  IS; 

und  berge,  wolkig  himmelan, 
begegnen  unserm  lauf.    Göthe  1,  S6. 

HIMMELANGST,  f.  ungeheure  angst :  ich  habe  eine  himmel- 
angst, wir  könnten  gesehen  werden. 

HIMMEL.\.NGST,  adj.:  es  mag  mir  auch  noch  so  himmel- 
angst davor  sein.  Thcmmel  3,  471. 

HI.M.MELAMSCHREIEND,  pari,  zur  räche  gen  himmel  schreiend : 
schwer  reut  ihn  die  himmeianschreiende  that. 

DÜRCER  36*. 

HIMMELANSTEIGE.ND,  part.:  noch  ist  euch  die  ganze  nalur 
brautbett,  alles  grünende  euer  haus,  alles  himmelansteigende 
euer  portal,  eure  kröne.   Hebder  zur  theol.  4, 14. 

HIMMELANSTREüE.ND,  part.:   himmelanstrebende  felsen. 

HIMMELANSTÜKMERLN,  /. . 

hoch  auf  dem  giplei      deiner  gebirge 

steh  ich  und  staun  ich,      glüheua  begeistert, 

heilige  koppe,      himmelanstürmerin ! 

Körner  1, 165  (aufd.  Riesenkoppe). 

HIMMELÄMHÜRMEND,  part. . 

dort,  auf  des  Atlas  höhn,  des  himmelaulhürmendeo  berges, 
lag  gewitiergenölk.  Ptrker  Tunis.  4,  179. 

HIMMELATHMEiVD,  part.  seligkeil  allimend  (himmel  I,  S,  c 
sp.  1340) : 

mit  hoher  bimmelathmeuder  wonne 

drückt  er  diesz  volle  herz  an  ihre  olTne  brüst. 

WiELASD  23,  52  (Oieron  7,81). 

UIM.MELAUF,  adv.  aufwärts  zum  lämmel:  Mars  schreit  auf 
—  verläszt  die  Schlacht,  und  geht  himmelauf.  Herder  :;.  litt. 
13,  164; 

schickt  seufzer  himmelauf.  ruft  nur  den  berren  an. 

Tscherning  geitichte  frühliiuj  293; 
aufgeschaut  mit  freuden, 
himmelauf,  zum  herrn !    Overbrce  renn.  ged.  6. 

HIM.MELAUGENPAAR,  n. ;  über  ein  himmelaugenpaar  ver- 
gesz  ich  alle  benachbarte  reize.  J.Paul  uns.  luge  1,172. 
HLMMELÄUGIG,  adj.: 

die  himmeläugige  Minerva  sprach.    BöseKR  16^*. 

HIMMELBAÜ,  m. :    . 

betracht  doch  recht  und  schau, 
oh,  nicht  das  einzig  stück,  der  grose  himelbau 
dir  gottes  wundermacbt  genugsam  kännt  erweisen. 

ROMPLER    147. 

HIMMELBEOBACHTEND,  part.:  haben  sich  doch  die  him- 
melbeobachtenden und  sternaufsuchenden  astronomen  von 
den   bahnberechnenden  . .  getrennt.  Göthe  52,  294. 

HIMMELBETT,  n.  bett  mü  einem  himmel  (11,4  sp.  1311): 
der  alte  graf,  der  im  hohen  himmelbette  in  dem  saaj  schlief. 
GRiim  d.  sagen  no.  31 ; 

der  scbosz  der  au.  der  wiesenklee, 

verlieh  ihm  süszre  rast, 

als  himmelbett  und  kanapee 

im  fürstlichen  palast.    Uöltt  14  Halm. 

HIMMELBLAU,  adj.  blau  wie  der  himmel,  mhd.  himclbli 
(Lexer   wb.  1,1283): 

ein  recht  saphir  ist  himelblä.    Muskatblct  8,107; 
die    blumen    {bluten    einer   gewissen   pflanze)    sind    von  färben 
hiiuuielblau.  Tabernaexont.  144;  deine  himmelblauen  äugen. 
J.  Paul  uns.  Ivge  3,  64 ; 

schau  in  ihres  auges  licht! 
ab,  das  klare,  himmelblaue  .  .  .    Börcer  73'; 
wenn  mein  bild  in  deiner  sanften  äugen 
himmelblauem  spiegel  schwimmt. 

ScHiLLBR  enlsickung  an  Laura; 


1 343   HIMMELBLÄUE  —  HIMMELRUHLER 

sieh!  hall!  wer  trägt  den  himmclhlauen  raantcl, 
verhrämt  mit  gold?  jungfr.  5,  11; 

wir    ich    näher   kam,    sah    ich    mein  himmelblaues  wunder. 

MüticItJiausens  reisen  42 ;    das    ist    ein    beständiges    geigen  da 

droben  in  himmelblauer  freudigkeit.  H.  Heine  12,87; 

oder  ich  schlag  dich  himelblah. 

J.  Atrer  359*  (1799,  31  Keller). 

mehrfach  in  subsla>:livem  gebrauche:  das  himmelblau  des  wilden 
gamanders.  J.  Paui.  Tit.  2,49;  nichts  sah  er  im  weiten  himmel- 
blau. 4,26; 

dieses  stille  hitnmclhiau.    Rgckert  408. 
vgl.  himmelsblau. 

HIMMELBLAUE,  f.: 

angeblinki  von  maienhiramelbläue.     IIöltt  00  Halm. 
.<.  Iiinimelsbiüue. 

HIMMELBLITZ,  m.  blitz  vom  himmd:  weisz  wie  die  hiramel- 
lililzen.  Paracels.  o]>p.  l,  93. 

inM>n-:LBOGEN,  «i..-  hlmelbogen,  iris,  vulg.  regenbogen. 
rc'f.  «»f.  tliciil.  k  l'. 

HIMMELBRAND,  m.  vcrbascum  Ihapstis,  woUkranl,  könionkcrze. 
Neh.mch  4, 1552 :  des  himmelbrands  oder  der  wulikräiilei  lindet 
man   violerloi  arten.  Hohberc  3, 1,  415*. 

HIMMELBBÄUTIGAM,  «i.  von  Christus: 

du  {inie  hraui)  aber  stehest  wol,  du  kanst  nun  in  den  armen 
dcsz  himmelbräuiigams  liir  lieb  und  lust  erwärmen. 

TSCHERNING  41. 

HIMMELBRECHER,  ni.; 

wann  man  nur  beth-carthauncn 
alsz  himmelbrecher  pflanzt  vor  seine  hof'estadt. 

TsCHKRPtlNC  25. 

lilMMELBREIT,  adj.  ungemein  breit,  vgl.  himniel  1,2  sji.  1331: 
mein  himmcibreitcs  lob  wird  nunmehr  so  verkürzet, 
dasz  auch  der  l'cindc  volk  ein  beileid  mit  mir  hat. 

Flkbing  104,71   Lnppenh.; 
breit  wie  der  ganze  sichtbare  himmel:  ein  kleines  licht  in  unserm 
zimincr    kann    uns    gegen    das  blenden  des  ganzen  himmel- 
breilcn   blilzes  schirmen.  J.  Paul  Titan  4, 116. 

HIMMELBROT,  m.  l)  vom  himmel  fallendes  brol ,  manna: 
und  liesz  das  man  auf  sie  rcgenen,  zu  essen,  und  gab  inen 
bimelbrot.  jis.  78,24;  settiget  sie  mit  himelbiot.  105.40;  in 
welcher  war  die  güldene  gelte,  die  das  bimelbrot  hatte. 
Ilcbr.  9,4; 

man  samlet  nit  das  himelbrott 
ufT  den  fjTtag,  als  gott  gebot. 

Urant  narrcni^ch.  95,  57; 

das  jüdisch  volk  lidt  hungcrsnot, 
und  gott  sandt  in  das  bimelbrot. 

ScilWARZEnBERC    103*; 

und  wo  uns  der  barmherzig  pot 

auch  nit  herab  schickt  bimelbrot.    II.  Sachs  3, 1, 114*; 

ein  sQszes  hiramelbrotb.    Wkckiierlipi  238. 

2)  die  hoitlie  und  das  sacramenl  des  abendmalx,  ivie  sclion  mhd. 
hiinflbrot  Lexer  wb.  1,1284:  sihcn  sacrament,  toiif,  finnung, 
neibung.  himmelbrot,  bcicht,  ec.  heilig  iilung.  Keiskrsrerc 
irrig  schaf  53.     vgl.   himmelsbrot. 

3)  allgemein,  brol  was  im  himmel  gereicht  wird: 

■    hcrr!  du  kanst  hunger  stillen, 
durch  dich  kan  meine  seel 
mit  himelbrotb  sich  vülleu.  '  Ro«plkr  175; 
da  ist  kein  durst,  kein  hungersnotJi, 
das  hinim(Jbrod 
l:i>7.t  keinen  mangcl  leiden. 

I'.    (iERHARD    no.    123    WtllJil'rH. 

4)  eine  grasart,  juncus  campestri.^.  INemnich  3,  2(!ri:  im  friib- 
ting  werden  die  wiesen  mit  gutem  saanien  besäet,  als  mit 
kiee.  rapunzeln,  himmclbrod.  Huhrerc  3,  2,  237*. 

HIMMELBRUNST,  f.: 

die  beiden  legten  ihn  in  reucrbrnnst, 

die  xecle  htanil  in  lichter  htmmclbrunst.    Tixck  2,7. 

HIMMELBRtJTEND,  pari.:  weil  ..  wir  doch  noch  leichter 
mit    einem    dragoner    von    weihe,    als    mit  himmelbriilendcn 
-<  liMürinern  sympathisircn.  Lessing  7,23. 
HIMMELBUCH.  n.; 

nch  otSrkc  sie  durch  deinen  geist 

und  lanz  nie  gnJidig  schreiben 

inx  himmelbuch,  das  Chriotus  heixt. 

lliAT  Itimt.  liider  3,  1G7. 
HIMMKLBLCHSE,  f.:    himmelbücbseii ,    maelänae  Maaikr 
222*.     iirmrinl  sind  wol  büUer  oder  donnerbitchsen. 
HIMMELRUHLER,  m.: 

i«l  die  wj-li  il«ir  grn«zn  roennch?  I«t  der  mennch  die  kleine  weit? 
wir,  da«z  dii-<>i>n  ilunn  kein  lenz  »ich  nnf  ihren  winter  iitellt? 
«eliverliebi«  klagen  «o :  bimmelbublcrii  kommet  ein 
jeoc  zeit,  die  immer  lenz,  nimmer  nie  wird  winter  »ein. 

Log«'   "  •'■   •■'' 


HIMMELBÜHNE  —  HIMMELFAHIITT.\G     1344 

HIMMELBÜHNE,  f  (vgl.  himmelsbühne),  decke  des  himmels 

der  euren  rühm,  so  ewig  hier  wird  grünen. 

erheben  wil  bisz  an  die  hinimulbühnen.    TscuER»I^G  127. 

HIMMELDECKE,  f.  Iraghimmel,  baldacldn:  so  diser  künig 
aus/i eit,  tiegl  man  ob  im  ein  himmeldeck.  Frank  weltb.  210*. 

UlMMELDILL,  m.  peucedanum  offiünale,  haarslrang ,  sau- 
fenchel.  Nemnich  4,  918. 

HIM.MELEIN,  adv.  in  den  himmel  hinein : 

wenns  in  der  nähe 

der  Fliesner  sähe, 

wohl  himmclein 

sollt  er  juchhein.    Kl.  Scusidt  }iool.  hr.  78, 

den  zweiten  zeugt  nicht  Gäa  wieder; 

nicht  fübrl  ihn  Hebe  himmelein.    Göthe  41,  130, 

liebste!  heut  erkenn  ich  doch, 

dasz  ein  lied  nicht  reichet 

an  die  liebe,  die  ihm  hoch 

hinimelein  entweichet.    HiJcKERT  gc;.  geil.  1,  435. 

IIIMMELEMPOR,  adv.  empor  zum  himmel: 

sie  stampften  himmelempor  die  stäubenden  wölken. 
.Stoi.bkrc  1 1,  172; 
jetzt  hob  sich  die  flamme 
himmelempor,  und  leuchtete  fern  in  die  finstere  nacht  hin. 
Ptrker  Tunis.  4,  153. 

HIMMELENTRISSEN,   pari.:     im    Huge    hiinmelcntrissner 
(lammen.  Fr.  Müi.i.er  1,  70. 
HIMMELENTSTÜRZT,  part.: 

im  ersten 
himmelcntstürzten  gefühlc.    Schlbert  1,100. 

HIMMELERHABEN,  pari. :  ohne  welche  (göllliche  furch)  der 
himmel- erhabene  bis  in  die  unterste  hülle  gesloszen  werden 
k:iri.  BüTscHKY  Vatm.  89S.  in  neuerer  form  himmelerhoben 
(vgl.  sj).  722): 

sang  den  entschlafnen,  den  aufcrstandnen,  hinimelcrhobnen, 
goilos  söhn.  Klopstock  4,  204; 

der  crstandne,  verherrlichte,  himmelcrhobne  Messias.    5,381; 
laut  auf  heulte  der  greis,  und  schlug  mit  himmelerhobnen 
bänden  sich  das  haupt.  ISijrgkr  234'. 

HIMMELERZ,  n.  erz,  welches  gleich  unter  der  dammerde  bricht. 

HIMMELFADEN,  »?i.  plur.  himmelfaden,  jila  divae  virginis, 
die  sommerfäden,  Marienfäden,  wie  sie  an  sommer-  oder  herbst 
lagen  in  der  luft  herum  schweben. 

HIMMELFAHRT,  f.  adscensio  in  caelum. 

1)  in  bezug  auf  Christus:  da;  si  sine  himolvart  gesähen. 
MüLLENHOKF  t*.  Scherer  .'.•.237,34;  der  söhn  gotics,  der  Jacob 
in  Samaria  in  der  himnielfarth  erschienen.   Schdppius  840; 

nach  Ostern  am  fünfzigsten  tag, 

den  man  den  pfingstag  neiuien  mag, 

neun  tag  nach  Christi  himmelfart. 

Fischart  diclil.  3,  150,  12  A«r:. 
auch  der  auf  dieses  ereignis  bezügliclie  festlag  heiszt  himmclfahrl 
auf  himmclfahrt  wollen  wir  verreisen. 

2)  in  bezug  auf  die  Jungfrau  Maria:  Mariae  himmelfabrl; 
unserer  lieben   fraiicn  bimmelfahrt. 

3)  ironLtch:  aufs  teufeis  himelfait  (»icnia/.«;).  Luther  3,501*. 

4)  hiinmelfahrt,  das  .'lelige  sterben  und  kommen  in  den  himmel 
was,  Ev  und  Adam  ihr,  vom  holze  näschig  nisset, 

das  ists,  was  Christus  drauf  am  holze  bitter  bfiszet; 
was  vor  im  garten  fiel,  steht  jeizund  auf  im  Carlen  : 
die  flucht  vom  paradeis,  wird  so  zu  binimelfnhrten. 
l.oGAii  2,  81,  10; 

so  find  ich,  zweitens,  auch  den  hocbsien  grad  der  hitze, 
und  die  beschleunigt  oft  der  frommen  himmelfabrl. 
IIagedorü  2,  97; 
auch  das  sterben  schlechthin: 

.  .  .  lang  gwvari 
auf  dieses  filzes  himmclfahrt.    n.  Rincwald  /.  ».  30 

5)  bimmelfahrt,  nicld  in  chri.ttlichem  sinne:  so  lange  die 
Römer  an  des  Roinulus  wunderbare  crnährung  und  himmel 
fahrt  glaubten.  NiKniiHR  3,204;  eine  hülfe  zur  innrrn  himmel 
fahrt   der  dichter.  J.  Pai:i.  rorsch.  d.  lislh.  1,95. 

HIMMELFAHRTAREND.  m.  abend  des  hmmelfalirl festes:  an 
unser  lieben  frawen  der  hyuielfartobent,  der  do  was  uf  ein 
milwDch.   KEiSER>iiiKRC  ;>(i'l.  4,  15*. 

HIMMELFAHRTFEST.  ti. 

HIMMELFAIIRTSRLI  ME,  f.  polygala  vulgaris,  gemeine  kiru: 
blume.  Nf.mnicii   4,  1025. 

HIMMELFAHRTSWOCHE,  f  sejMmana  ascensionis  ChrisU. 
StiKI.RR    2533. 

HIMMELFAHRTTAt;,  «»..-  uff  mitwoch  noch  unser  liehen 
fraueii  hymelfarltag.  srhiuss  einer  Niederuevteler  urk.  von  1495. 
sjwltend:  welches  sie  denn  wol  ihiin  werden,  aufs  frufcl» 
tiimclfaiilng  {nirwiil^).   I.i  riim   :i.  4:«o*. 


1345 


HIM^IELFALL  —  IllMMELUElNZ 


HIMMELFALL,  «i.  fall,  dmluiz  des  himmeh :  ich  hett  mich 
ehe  hiinelfalls  versehen.  Agr.  spr.  (1560)  202';  hierauf  deutete 
er  seiner  sich  ehe  des  himmelfalls  versehenden  tochter  an : 
dasz  sie  das  für  iiir  Vaterland  auf  dieses  altar  bestimmte 
opfer  wäre.  LuUENSTtiN  Arm.  1,909*.    rgl.  unter  hrnimel  sp.  1336. 

HIMMELFAHB,  adj.  von  der  färbe  des  hinnnels,  miid.  himci- 
var:  himmelfarb.  grauw,  caesius  Maaler  222';  sein  haupt  blau 
bimmeifarb.  C.  Barth  d.  phünix  54 ; 

wann  ich  den  schild  tieb  an  da. 
er  leuchtet  eine  ganze  veldnn^'  bla, 
recht  nach  sulfir  und  liiuiuiellar. 

Zimm.  chrun.  1,  442,  26. 

HIMMELFARBE,  f.  färbe  des  himmeis,  das  himmelblau :  wie 
winde  er  meines  buckels  liberei  aus  einer  Heisch-  in  eine 
himmelfarbe  reformiren?  inteiim  19. 

HIMMELFEST,  adj.  fest  tcic  das  gewölbe  deshimmels:  kurz, 
die  verheiszung  ist  himmelvest.  Otho  242; 

aus  allen  diesen  folgt,  in  einer  heitern  klarheil, 
die  himmeireste  Wahrheit.      Bhockes  5,  439. 

als  adv. :  so  würde  sie  {die  begleüung  da-  instrumeiUe)  himmel- 
fest {ganz  gewis)  anders  ausgefallen  sein.  Thibalt  über  reinheit 
der  tvnkunst  (2.  au/l.  1S26)  s.  142. 
HIMMELFLIEGE.ND,  pari.  : 

erstaunen  !  himmelfliegendes  erstaunen  ! 

über  den,  der  unendlich  ist!    Klopstock  1,  142. 

HIMMELFLUCH,  m.: 

dir,  riese,  den  ron  himmelflücben  schwanger 

die  liusteruis  der  mordbegier  gezeugt.    Fr.  Mi^llek  2,  315. 

HLMMELFORM ,  adj.  von  der  form  des  himmelsgeicvlbes,  ge- 
wOlbt:  das  herzgrüschlein  musz  rund  und  himmelform  sein. 
Otho  1014. 

HIM.MELFREI,  adj.  himmlbcli  frei:  wenn  ein  leser  eines 
Klopstocks,  Kants,  Fichtens,  Herders  .  .  .  auf  einmal  aus 
ihren  himmelfreien  edengärten  auf  den  sklavenmarktplatz 
neuerer  Schreiber  eintritt.  J.  Paul  dämmerungen  43. 

HIMMELFROH,  adj.  froh  wie  im  himmel  {sp.  1338.  1340) : 
als  sollten  sie  (die  urme)  jetzt  ungesäumt 
den  himmeirrohen  mann  umstricken.    Bürger  26'; 
ja,  zum  himmeirrohen  gotte  {erhebt  sie  mich).    121'; 
heut  nun  und  hier  am  himuieifrohen  tage 
begegnen  sich  wie  freunde  schmerz  und  tust.    Güthe  5,  76. 

HIMMELFCRST,  n.  goU,  mhd.  himelvürste: 

und  wünsch  dir  ferner  heil,  samt  deiner  lieben  braut, 
so  dir  der  bimmelfürst  genädig  anvertraut.    Rompler  154; 

heiliger :  yn  ere  des  hoegeloeffden  hemelforsten  synt  Anthonius. 
Elberfelder  Urkunde  vom  hivimelfalirlstage  14S0;  desz  obgenanten 
bimelfürsten  sant  Meinrats.  Etterli.n  chron.  dei  eidgen.  (1507)  2'; 
der  liebe  himeifürst  sant  Meinrat.  das.     rgl.  himinelsfürst. 

HI.M.MELGEISZ,  f.  scolopax  gallinago,  die  heerschnepfe,  bec- 
cassine.  wegen  ihrer  meckernden  stimme.  Nemnich  4, 1253. 

HIMMELGLÄ.NZE-ND,  pari.  : 

unbezwingbares  schrecken  ergriff  ihn,  als  er  den  vollen, 
bimmelglänzenden  kreis  der  ungefallnen  erblickte. 

Klopstock  4,  171  {Hess.  9,  .M2;  die  ausg.  v. 
1700  las  majestätischen). 

HIMMELGUCKER,  «i.  ein  fisch,  tiraiioscopus,  wegen  seiner  im 
Scheitel  liegenden,  nach  dem  himmel  gerichteten  äugen.  Nemnich 
4, 1528. 

HIMMELGURT,  m.  zona  eaeli: 

der  himmelgurt, 
der  den  sehnee  hat  zur  gehurt  {die  knUe  zone). 
Opitz  2,  75. 

HIMMELH.\US,  n.  i)  haus  das  etnen  himmel  darstellt;  eine 
scenische  einnchtung  bei  einem  processionsspiele :  uf  der  andern 
seilen  s.  Johannes  mit  einem  diadema  .  .  und  mit  gefaiden 
henden  in  dem  himmelhausze.  Haupts  zeilschr.  2,  296  (Zerbster 
pruccssion  von  1506). 

2)  sonst  der  liimmel,  einem  hause  verglichen: 
ir  sült  län  offen  iuwer  tut 
vagis  et  cgentibus, 

so  gewinnet  ir  daj  himeihüs.    minnes.  3,44S»  Hagen, 
i.  himmelshaus. 

HIMMELHAUT,  f.  der  lederne  fiberzug  des  himmels  oder  der 
decke  des  kastens  an  einer  kiäsclie.  Jacübssok  2,  25S*:  die  lange- 
weile  der  drei  tag-  und  der  zwei  nachtreisen,  ...  die  ich 
völlig  eingemauert  unter  der  himmelhaut  der  kutsche  ver- 
sitze. J.  Fall  bio<{r.  bei.  1,3. 

HI.MMELHEI.NZ ,  m.     unter   sludeniLtchen    Schimpfwörtern  bei 
ZAi-..NcitK  witv.  im  müklalt.  112,  29.  116,8   sldd   auch  himmel- 
IV.  II. 


HIMMELilElTER  —  HIMMELLÜSTIG       1 346 

henz,  gen.  hinunelhenczen.  über  heinz  ==  narr,  dummkopf 
vgl.  sp.  8S9 ;  himmel-  ist  verstärkend,  s.  oben  sp.  1334.  vgl.  auch 
himuieihund. 

HIMMELHEITER,  adj.  sercnus.  Maaleb  222'  md  dem  subsl. 
himiuc!  heil  ere,  serenilas. 

HI.M.MELHELL,  adj.  die  helligkeil  des  htminels  habend:  heitere, 
himmeiheile  äugen.  Güthe  25,87;  hier  war  das  dorf  und  der 
kirchthuim,  hier  Drusenheim  und  dahinter  die  waldigen  Rhein- 
inseln ,  gegenüber  die  vogesischeu  gehirge  und  zuletzt  der 
Slraszburger  münster.  diese  verschiedenen  himmelhellen  ge- 
mahlde  waren  durch  buschige  rahmen  eingefaszt,  su  dasz  man 
nichts   erfreulicheres  und  angenehmeres  sehen  kunate.    357. 

HIMMELHERAB,  adv.: 

da  kam  Atbenaia 
himmelherab.  Bi^rger  ItsS*. 

HI.MMELHOCH ,  adj.  ad  coelum  ascendens.  Frisch  l,  457* : 
als  base  zweier  himmelhoher  thürme.  Güthe  25,267; 

sah  man  der  wellen  schäum  .... 

die,  um  den  starren  Strand  mit  nachdruck  zu  bestürmen, 

sich  bimmelhoch,  wie  steile  leisen,  thürmen.    Brockes  1, 151  ; 

ein  adler  schwebt  im  himmelhohen, 

ein  greif  ihm  nach  mit  wildem  drohen.    Götue  41,  277 ; 

nur  verstärktes  hoch  (s.  himmel  I,  2  sp.  1334) : 

du  wunderschönes  bild.    du  himmelhohe  zier!  {der  frühling 

ist  angeredet). 
A.  GntPHics  169S  1,222; 
die  himmelhohe  schmach.    Rückert  203. 
als  adverbiuvt  zu  verben  des   scitreiens,   flehens,   schwürens:    ein 
feiudseeliger  mensch  .  .  schreiet  himmelhoch,  wann  er  eine 
Unordnung  oder  einen  fehler  ersiehet.  j/ers.  fcaumg.  7,  30 ;  bat 
der  gute  kerle  himmelhoch.    Cur.  Weise  erzn.  236;    so  bitte 
ich  sie  himmelhoch,  avan/ür.  1,140;  himmelhoch  flehen.  Siegfr. 
t>.  LtK(ien6er</(l7S4)  1,344;  ich  bitte  dich  himmelhoch.  Gotteu 
3,  365; 

himmelhoch  jauchzend 

zum  tode  betrübt.    Götue  S,  232. 

HIMMELHONIG,  m.  manna.    Maaler  222', 

HLM.MELHU.\D,  hj.  als  rohes  sdtimpftcort,  wie  auch  hund  ah 
solches  gebraucht  wird,  himmel-  verstärkt,  vgl.  sp.  1334  und  vorher 
himmelheinz. 

HIMMELKEHR,  n.  artemisia  vulgaris,  beifusz,  auch  bimmelkar. 
Neümch.     bei  Brentano  6,  443  himmelskehr. 

HIM.MELKLAR,  adj.  klar  wie  der  lammel: 

als  an  dem  himmelklareu  ström  des  .\Jpbeus 
wir  plätschernd  noch  im  abendstrahle  scherzten. 
GöTHE  14,  41. 
als  subst.: 

sinnen,  diu  vom  himmel  kommen, 

werden  billich  aufgenommen 

in  das  reine  himmelklar.    Logau  1,  2. 

HIMMELKORN,  11.  trugus.  Fbiscblin  69.  es  ist  die  pflanze, 
die  sonst  hammelkorn  heiszl  (sp.  312),  hordeum  zeocrithon,  baii- 
gersle.  reisgenlu ;  nach  andern  hordeum  caelcste,  himmelsgerste. 

HIMMELKREIS,  hj.. 

gebt  dem  herren  lob  und  preisz, 
der  bewohnt  den  bimmelkreisz.    Opitz  jisalmen  t.  254. 
vgl.  hiinmelskreis. 

HI.M.MELL.\NG,  adj.  ungemein  lang.  Scan.  2,196,  vgl.  himmel 
1,2  ^^.1334:  ein  himmellanger,  schafbepelzter,  hocbgemutzter 
dudelsackpfeifer.  Güthe  39, 153 ; 

da  steht  auf  einem  elefauieu 

ein  himmellanger  mohr 

mit  einer  keule  vor  ihm  da.    Wielahd  18,330  (289). 

HIMMELLÄLTEN,  n.  das  läuten  am  betrdigungslage  eines  ver- 
storbenen,    m  baiern.  Scum.  2, 196. 

HIMMELLEBEN,  n.  leben  im  Itimmel.  himmel-  und  hofe- 
leben  übersclirift  eines  gedicktes  bei  Logau  3,  36,  81. 

HIMMELLEIN,  n.  kleiner  himmel,  baldachin  {s.  himmel  II.  l 
sp.  l.'i40):  auch  soll  erden  sacramentkalter  (sacrame/if^/täujcAefi) 
auf  das  küstenlichst  zubereiten  mit  dem  himmelein  und  engein 
darvo'r,  als  sich  gepürl.  auch  soll  er  das  klein  himmelein  auf 
unser  frauen  altar  setzen,  darein  man  das  sacrainent  auf  den 
altar  setzt,    anz.  des  germ.  mus.  1S65  sp.  69,  rom  j.  1442. 

HIMMELLERCHE,  /.  alauda  arvensis:  das  erst  gschlacht 
(der  lercken)  so  ein  heidlercb,  gsangleich,  himmellerch,  oder 
holzlerch  gnennt  vvirt.    Heuszlin  vogelbuch  (1582)  169'. 

HI.MMELLUSTIG,  adj.  nach  dem  himmel  verlangend:  unser 
sanfter  genius  ahmte  dem  todesengel  nach  und  sagte  dem 
kleinen :  wenn  wir  eine  lilie  linden,  so  sterben  wir  bald. 
v,'\e  alsdann  der  himmellustige,  der  noch  keine  gesehen, 
überall  darnach  suchte !  J.  Paul  uns.  löge  l.  37. 

85 


1347     HIMMELMAIENGLAKZ — HIMMELUEICII 


HIMMELREICH  — IllMMELllElN         1348 


IIIMMELMAIE.NÜLANZ,  m.  : 

Ldiira,  iiber  iliese  weit  zu  nüchteii 
waliii  ich  —  uiicli  in  binimulinaieii(,'latu  zu  lichten, 
wenn  dein  blick  iu  meine  blicke  llimmt. 

Schiller  eniiftckumi  an  Imhih. 
HIMMELMANN,  ni. ;  in  der  lasznucht  Uös  lius/  man  in 
Ilegunäburg  auszer  deu  gewühnlichen  lanzbclustigungen  einen 
hiuinieluiann  mit  seiner  fraucn  sein  uesen  treiben,  quelk  bei 
ScBM.  2, 190.  yemeint  wird  sein  einer  jener  landstreicher,  die  das 
himmeiieici»  {vergl.  das.  no.  3)  damlelllen. 

HIMMELMEEH,  n.  der  himmel  einem  meer  verißiclKn :  bis  aus 
Irübeni  hiinniehueer  sich  der  uiorgensteni  hebt.  Fr.  Müllkr 
1, 18!).     «.   hininieisnieer. 

HIMMELMEHL,  n.  aufgelöster  und  verwiUerler  gips odermergel, 
der  zuweilen  yefunden,  noch  öfter  aber  von  überschwemviungen 
zurückgelassen  und  für  mehl  das  vom  himmel  gefallen,  gehalten 
wird.  Jacobsson  2,  25S'. 

HIMMELN,  verb.,  seil  dem  i'.jh.  in  verscitiedenen  bedeutunnen. 

1)  zum  himmel  streben:  sursum  cordal  bimmelt  ihr  heizen  I 
so  wurde  den  gasten  Jesu  bei  dem  ubendniubl  in  deu  ur- 
alten kircben  zugerufen.  Otho  12b6.  GöTub  hat  das  worl  noch 
tn  scharf  sinnlicher  bedeulung : 

tische  sie  wiinmelii  da, 

vogel  sie  himmeln  da.    4U,  3S2. 

2)  in  den  iuiumel  kommen :  iiastu  nicht  mit  gelitten,  su 
kanstu  nicht  mit  bimmeln.  Leuma.nn  1,  851 ;  und  hieran  an- 
geschlossen, als  halb  scherzhafter  ausdruck  für  sterben :  es  were 
ihm  leid,  d;isz  sein  vater  su  gehlingen  gehimmelt  helle.  ZiNk- 
CBEF  verm.  schulbossen;  meines  vatern  Schwester  tochter  hat 
einen  reichen  kaufmann  geheirathet,  mit  ihm  aber  in  6.  jähren 
nicht  mehr  als  9.  kinder  gezeuget,  2.  haben  gehimmelt. 
Gt'.NTHKR  99a; 

lind  scharrt,  solt  ich  einmal  himmeln, 
meinen  leib  in  toback  ein. 

Amarantues  prub.  der  poesLe  (1710)  473  j 

noch  jetzt  volksmäszig,  z.  b.  in  Schwaben  Schmiü  278;  in  Hoblein 
Iransiliv  henhiimneln,  einen  aus  der  well  hinaus  in  den  himmel 
hinein  kurieren.  Schütze  1,  229. 

3)  in  neuern  quellen  von  einem  verklärten  ausdrucke  des  ge- 
sicldes:  ein  stilles  lächeln  . .  schien  über  ihre  verklärte  miene 
zu  himmeln,  vergib  mir  das  vielleicht  neue  wurt.  Benzel- 
Sternau  das  goldene  kalb  (2.  aufl.)  3,  Sl ;  das  parlicip  bimmelnd, 
mü  verdclUUcJiem  nebensinne  von  einer  gesucht-verklärten  miene: 
diesen  kränz  hagerer  gestalten  mit  dem  ausdruck  himmelnder 
empiindelei  und  mudunnenbafteu  scbmachtens  in  den  spitzen 
gesiebtem.  Schweichel  Jura  u.  Genfersee  227. 

4)  das  parlicip  gehimmelt,  nach  himmel  H  spalte  1341,  mü 
einem  htmmel,  etner  Oberdecke  verseilen:  item  vun  einer  ge- 
meinen gehimmelten  bettladen,  geQrnest  5  flor.  laxordnting  zu 
Frankfurt  a.  M.  von  lü23. 

HLMMELNAGEL,  m.,  pl.  hiinmelnägel,  nägel  oder  pinnen  mit 
runden  messingenen  köpfen,  womit  der  himmel  an  einer  kutsche 
besclilaijen,  und  durch  verschiedene  reihen  nach  mancherlei  figuren 
verziert  wird.  Jacobsso.n   2, 258'. 

HIMMELNAH.  adj.  dem  himmel  nulie : 

jeizo  sendeten  sie,  von  biinmelnahen  (ccbirgen, 
eherne  krieger.  Klopstuck  3,  lUO; 

Christen  sah  ich  versumineli,  und  Keplia«  unter  den  Christen, 
jeder  der  himmelnahen  ver»aniiüluug  verkaulte  sein  erbe, 
gab  es  zu  aller  gebraucli.  ö,  3J5; 

i'ler  Mensiat)  stand  in  einer  hoheit,  die  keine  saite  nicht,  keine 
stimm  ausdrückt  des  menschen,  kein  liimmelnaber  gedanke. 

(i.  223 ; 
oder  sie  {die  phunlutie)  »chaut  herab  von  himmelnaheii  gebirgcn. 

Zachakiä  2,  8- 
die  himraeluahen  berge.    Oviibkck  verm.  ijvd.  1. 
HIMMELNEBKN,  adv. : 

wer  vom  herzen  goit  entsclileust, 

wer  hingegen  guld  drein  geust, 

wil  gewütz  zu  bimmcl-neben 

einen  »ichimitten  geben.    Locau  I,  141,  lU. 

reryl.  neben  dem  binimel  hingeben  sp.  1338,  und  neben  das 
himmejri'ich  kuinmen  unten  sp.  I34S. 

HIMMEL0FFF;N,  adj.  bei  belagerungen  tst  ein  gang  hininiel- 
olTcii.  wenn  er  gegen  die  geschosse  von  oben  nicht  gedeckt  ist. 
t.   biiiniifl   .«p.  1334. 

HIMMELI'FAD,  m.  zum  himmel  führender: 

und  l>t  kein  andrer  himelprat. 
dann  Chriiluf  f«lbi  gewandert  hat. 

SCHW*RZB|«RI«C    1(19*. 

III.MMKLKKKJH,  n.  der  himmel  alt  reich  gedaclä ;  et  ut  ge- 
badet nach  dem  nur  im  evauijeliuin  Mallhai  begegnenden  ßiuitktia 


■tätt'  mqavüiv,  vulgala  regnum  coelurum,  dalier  ahd.  auch 
himilü  rihhi,  alls.  himilü  riki,  ags.  beuiena  rice  neben  dem 
composUum  ahd.  bimil-rihhi,  alts.  bimil-riki,  ags.  Iieofon-rice; 
mhd.  kann  nur  noc/i  das  componierte  himeirkhe  stehen,  bimmel- 
reich bezeidinet 

1)  den  himmel  als  sitz  und  lierschaft  goUes,  sowie  seiner  aus- 
erwäliUen :  thut  busze,  das  himelreich  ist  nahe  herbei  komen 
Matth.'i,'!;  wer  nu  eins  vun  diesen  kleincsten  geboten  auf- 
löset, und  leret  die  leute  also,  der  wird  der  kleinest  beiszen 
im  himelreich.  wer  es  aber  thut  und  leret,  der  wird  grus 
beiszen  im  himelreich.  5, 19 ;  es  werden  nicht  alle,  die  zu 
mir  sagen,  herr,  herr,  in  das  himelreich  komen.  7,21;  das 
gehciinnis  des  bimelreichs.  13,11; 

himelriche,  ich  l'rouwc  mich  diu, 

da;  ich  dö  mac  scliouweu 

got  und  die  liebe  muoter  sin. 

WACKKRriAGEL  leseb.  (1861)  997; 

so  werden  wir  gefiirct 

mit  der  engel  schar 

als  in  das  himmelriche.    Uhland  votki,t.  881. 
bei  anrufung  gotles: 

o  got,  o  got  von  himmelrcich.  histm.  Magelonae  Avj». 
Sprtcliwürllich :  Junker  Epicuius  glaubet  nicht,  dasz  nach  diesem 
ein  anders  leben  sei  und  singet  dahero  das  erbare  verQuchte 
liedlein:  kranke  leut  sollen  lustig  sein,  wer  weisz  wie  lang 
sie  leben,  kommen  sie  nicht  ins  himmelreich,  so  kommen 
sie  doch  darneben.  Otuo  ü56;  das  himmelreich  gehört  den 
gansen  nicht  zu.  Simrock  251. 

2)  übertragen  zustand  der  höchsten  Seligkeit  oder  be friedigung : 
ein  zufriedener  hat  das  hinimelreich  in  sich;  ach  min  gott, 
w  ie  was  ich  so  fro !  ich  meint  ich  weri  im  biineli  ich.  Th. 
TiATTER  31;  wer  hier  in  dieser  well  wol  leben,  seinen  eslat 
grusz  machen  könne,  der  habe  sein  himmelreich.  Scucppius 
814;  der  nicht  ein  lialbes  hinimelreich  ausz  diesem  spruch  auf 
seinem  lager  gehabt  bütle.  442;  s^irichwörllicli :  des  menschen 
will  ist  sein  himmelreich.  Schüttel  1134';  das  wollen  legt 
der  mensch  sich  selbst  auf,  des  menschen  wille  ist  sein 
bimmeireich.  Gütue  45,  4U; 

auf  dasz  den  kiadern  dieser  erden, 
die  hir  auT  erden  ihr  erbthail, 
ihr  himmelreich  und  lebenshail, 
mein  leben  nicht  zu  theil  mög  werden. 

Weckherlin  58; 
entflieh  au  deines  Dämons  band, 
nach  freundlichem,  beglücktem  zonen : 
zieh  mit  ihm  hin  ins  himmelreich 
von  jeder  weisheil,  jeder  muse.     Gotter  1,  123; 
es  ist  ein  halbes  himmelreich, 
wenn  paradiesesblumen  gleich, 

aus  klee  die  hinmen  dringen.    IIöltt  143  Halm, 
nach:  wa^  wünne  mac  sich  da  geliehen  zuo? 

e{  ist  wol  halb  ein  himelriche.     Walthbr  46,5; 
die  weiber  sind  den  engein  gleich, 
es  ist,  fürwahr,  ein  himmelreich, 
ihr  preislichen,  zu  schauen  euch. 

HoLTt  15»  [frei  nxch  W'ulther  57,  7—14) 

anrede  an  eine  person :  meine  Luuisel  mein  bimmelreich! 
Schiller  kab.  u.  Uebe  5, 1. 

3)  bimmelreich  nannte  man,  namenllicli  im  15.  u.  16.  jahrh., 
auch  ein  marionettenspiel,  wahrscheinlicJi  weil  oft  in  dieser  art  von 
herumslreichern  die  allen  geistlichen  spiele  vorgeführt  wurden . 
himmelreich  ludus  puparum  Frisculin  nom.  474;  agyrta,  land- 
streicher der  das  himmelreich  macht.  Jü.nius  nomend.  1577 
327';  abentheürer,  die  die  himmelreich  machend,  circulalores, 
venlilatores,  hL<:lriones.  Maaler  l';  es  bezahlte  (mi  ju/ir  1470) . . 
einer,  der  ein  hinimelrich  oder  sonst  wunder  führte,  1  plappert. 
Ochs  geschiclile  der  stadt  u.  landschaft  Basel  5  $.  105. 

HIMMELREICH,  adj.: 

der  himmelraiche  Plato, 
der  frische  Seueca,  der  weisheitvoile  Cato. 

Flkhinu  118,29  lAip/ienb. 
lllM.MhLKEIN,  adj.  rein  wie  der  himmel:  der  leib  desselben 
(eines  mädchens)  ist  eine  fallende  liimmelieine  schneeOocke, 
die  nur  im  aether  dauert  und  auf  dem  kolh  des  bodens  zer- 
l;lufl.  J.  I'aul  uns.  löge  1,99;  vun  himmeireinen  lüften  um- 
webt.  Uettime  lageb.  tl; 

»io  (dt«  eilertuchl)  schwärzt  mit  hüttenrauch  di«  bimmel- 

roineii  I1;imm«n, 
lie  wirft  mit  schmuch  und  koth  der  uii>cliuld  ebenbild. 

l.uuKiHsTKiii  (»  d.  auserte*.  y*d.  6,  7, 
ihr  aug  «u  sunlt  und  hlmmelreio.    Fr.  MBixu  tiSM; 
u  vergib,  v<-ii:ll>  >lri   tlii.-iiiii, 
die  an  dlmiMi; 
dn  in  liinim<  '  'f 

du  die  nclt  i',  t.     J.  M.  MiLUt*  g«4.  230. 


1 349        HÖDfELRING  —  HIMMELSBLÄUE 

HIMMELRING,  m.  der  regenbogen.    Schm.  2, 196. 
HIMMELS-  s.  audi  himmel-. 
HIMMELSACCORD,  m.: 

aus  der  silberstrahlenden  orgel 
töneten  himmelsaccorde  heran,  und  hohe  gesänge. 
Ptrker  Tuni^.  1,  141. 

HIMMELSACHSE,  f.,  plur.  -achsen,  cardine.?  coeli.  Stieler  9. 

HIMMELSAM,  adj.  dem  himmel  gemdsz:  celebs  himmelsam 
voc.  V.  1425  bei  Schm.  1, 1112  Fromm.,  mit  bezug  auf  das  keuscli- 
heilsgelübde  der  geistlichen. 

HIMMELSANGEL,  m.  polus,  vertex,  eardo  eaeli.  Stieler  704. 

HIMMELSANGESICHT,  n.  als  anrede  an  eine  gelieble: 
du  holdes  himmelsangesicht!    Göthe  12,166. 

HIMMELSANVERWANDTER,  m.  zugehöriger  des  himmeis: 

ihr  himmels  anverwandten, 

bedenkt  es  wasz  für  zier!    Rist  himml.  Heiler  5,333. 

HIMMELSARZT,  m.:  es  war  eine  zeit,  da  mir  die  weit  so 
voll  dornen  schien,  als  ihnen  jetzo.  der  himmelsarzt  hat 
das  feuer  des  iebens  in  meinem  körper  wieder  gestärkt,  und 
muth  und  freude  sind  wieder  da.  Göthe  6«  Scholl  33. 

HIMMELSAUE,  f.  himmel  als  aue  gedacht: 

da  sint  in  der  himelowen 

ritter  gut  mit  juncfrowen 

geteilet  under  engel  schar.     Germania  3,  406*,  101 ; 

bis  sein  geist,  in  jenen  himmelsauen, 

mir  die  palmenkrone  flicht.    Höltt  61  Hnlm  ; 

mich  locken  nicht  die  himmelsauen 

im  paradies,  im  selgen  land.    H.  Hkihk  18,  298. 

HIMMELSÄUGE,  n.  äuge  des  himmels,  golles  äuge: 

deine  macht  weisz  uns  zu  geben 
Wesen,  wärme,  licht  und  leben, 
kraft,  die,  was  sie  zeugt,  erhält ! 
himmels-auge,  herz  der  weit!    Brockks  1,  120. 

himmlisch  schönes  äuge: 

dann  strömten  ihr 
die  heiigen  thränen  aus  den  himmelsaugen,    könig  Lear  4,  3. 

HIMMELSÄUGELEIN,  n.  plur.  von  den  stemen: 

ihr  fackeln  dieser  weit,  ihr  groszes  wolkenfeuer, 

ihr  liecbter  in  der  luft,  ihr  bimmelsäugeleiu.    Opitz  2,235. 

HIMMELSBAHN,  f.: 

die  sonne  trat  mit  riesenscbritt 
auf  ihrer  himmelsbahn 
hervor.  Glkih  4,  7 ; 

als  die  neue  weh  dem  zome 
war  im  ersten  sein  erstarret  .  .  . 
schwebte  sie  ein  harter  leichnam 
durch  die  leeren  himmelsbahnen. 

TiECK  Octavian  s.  363. 
HIMMELSB.\LTI,  m.: 

ihr  zwei  lichten  blütentriebe  {mond  und  abendstern) 

an  der  liebe 

himmelsbaum.     RScksrt  ges.  ged.  1,  405. 

HIMMELSBERG,  m.: 

lasz  der  matten  seufker  stärk 

durch  die  wölken  dringen 

und  von  deinem  himmelsberg 

mir  genade  bringen.    Chr.  Titios  geistl.  Ued. 

HIMMELSBESEN,  m.  bei  den  Seefahrern  der  nordvind,  aal  er 
den  himmel  ton  den  wölken  gleichsam  rein  kehrt.  Jacobssoh  6, 74'. 
HIMMELSBEÜTE,  f: 

ihn  trug  als  bimmelsbeute 
ein  engel  aus  dem  streite. 

M.  V.  Scbk:«ee?ioorf  lied  r.  d.  3  grafen. 

HIMMELSBILD,  n.,  plur.  himmelsbiider,  die  figuren  die  man 
aus  den  slemen  zusammensetzt,  gestime.  matli.  lex.  1  (1747)  654. 
HIMMELSBILDUNG,  f : 

wie  ordentlich  und  fein 
die  himmelsbildungen  mit  ihrem  sternenschein 
sich  in  dem  ronden  blau  dienstwillig  umher  kheren. 

RoaPLBR  76. 

HIMMELSBLATT,  n.  tremella  nostoc,  eine  gattung  aftermooae. 

HIMMELSBLAU,  n.  das  blau  des  htmmels:  dahinter  die  be- 
.Hchneiten  höchsten  gipfel  auf  einem  tieferen  bimmelsbiau. 
Göthe  27,16; 

ehrwürdger  fels!  der  sich  vom  himmelsblauen 
herab  dem  thale  reich  bemoost  vermählte.    13,  245; 

schaue 
getrost  da  wieder,  wie  vordem,  nach  oben, 
ans  blauem  aug  empor  zum  himmelsblaue.    RSckrt  140. 
vgl.  himmellilau  sp.  1343. 

HIM.MELSBL.\üE,  f  bläue  des  himmels:  ob  ich  gleich  un- 
gefähr in  dieser  epoche,  bei  geiegcnheit  der  Saussurischen 
reisen  auf  den  Moatblanc  und  des  dabei  gebrauchteo  kyano- 


HIMMELSBLICK  — HnWELSBRAUT       1350 

meters,  die  phänomene  der  hiramelsbläue,  der  blauen  schatten 
u.  s.  w.  zusammenschrieb.  Göthe  54,294; 

wenn  der  blick  an  heitern  tagen 

sich  zur  himmelsbläue  lenkt.    4,381; 

der  ganze  wuchs  war  ebenmaasz, 

das  aug  voll  himmelsbläue.    Höltt  20  Halm ; 
aber  er  stand  erschüttert  am  thron,  und  sandte  nach  allen 
heiszen  dank  aus  der  himmelsbläue  der  glänzenden  äugen 

Ptreer  Tunis.  2,  78. 

HIMMELSBLICK,  m.    l)  bUck  zum  himmel.  Bctschry  Palm. 
s.  510  Überschrift. 

2}  blick  des  himviels,  erscheinung  des  glänzenden  himmels. 

ey,  was  kan  mich  den  das  glük 

und  die  miszgunst  viel  betrüben? 

mir  erscheint  ein  himmelsblik, 

hier  sind  fürsten  die  mich  lieben.    Rist  Parn.  516. 

3)  himmlischer  blick:  der  himmelsbiick  aus  deinen  äugen. 

4)  himmlisch  schöner  aushiick: 

und  kein  wandrer  mag  erkunden 
einen  heilern  himmelsbiick 
als  der  kränz  der  grünen  hügel, 
die  sich  um  die  Limmat  reihn. 

M.  V.  SCHE5EE!«D0RF  419-. 

HIMMEXSBLUME  ,  /.    1)  blume  aus  dem  himmel  oder  dem 
himmel  zugehörig;  von  Christus: 

du  himmelsblum  und  morgenstern, 

du  jungfraunsobn,  berr  aller  berm.    P.  Gerhard  10, 1 ; 

roFi  einer  Jungfrau: 

dort  soll  verwelken  diese  himmelsblume, 

die  färbe  dieser  wangen  dort  verbleichen!    Göthe  9,330 

i)  himmelsblume,  hrnmehhlümchen  heiszt  das  tausendgülden- 
kraut,  gentiana  cenlaurium; 

da  stehn  auch  vil  schöne  stocke], 
bimmelbluemen,  roszmarin. 

(Kbckn)  geiill.  schäfferei,  München  1650  s.  588. 

3)  himmelsblume.  me  hiraraelsblatt,  tremella  nosloc. 
HIMMELSBLÜTHE,  f.: 

0  du,  von  reinen  bimmelsblüthen, 

von  ewgen  kränzen  schön  umlaubt. 

M.   V.    SCHEIIKBNDORF   459. 

HIMMELSBOGEN,  m.    l)  der  himmel  als  bogen  aufgefaszt: 
bis  Sonnenuntergang, 
bis  auf  am  himmelsbogen 
die  goldnen  sterne  zogen.    BCrgkr  14*; 
o  du,  die  mir  hienieden 
das  theuerste  war  unterm  himmelsbogen. 
Ri^csERT  257. 
in  dem  sinne  von  himmel  l,  4  sp.  1336 : 

seit  mich  der  freundlichste  von  allen  himmelsbogen 
in  Languedocs  gefilde  schlieszt.       Thchxel  2.  5. 

bädüch: 

0  mein  stern, 

der  vom  berrn 

mir  an  des  gemüthes  himmelsbogen 

ward  gesetzt, 

ungenetzt 

von  dem  gischte  sturmbewegter  wogen! 

RccEBRT  ijea.  ged.  1,  225. 
2)  bogen  am  himmel,  regenbogen.  Göthe  5, 15 : 

frohe  zeichen  zu  gewahren 

wird  der  erdkreis  nimmer  müde, 

schon  seit  vielen  tausend  jähren 

spricht  der  himmelsbogen:  friede!    47,149. 

HIMMELSBOTE,  m.  engel,  mhd.  himelbote: 

lebe,  lebe  deine  pilgertage, 

gutes  mädchen,  Oitterlos, 
und  dann  komm  ein  himmelsbot  und  trage 

deine  seel  in  gottes  schoos.    Höltt  161  Halm. 

HIMMELSBRAND,  m.    l)  brand  vom  himmel,  blüz: 

wer  uns  will  trennen,  musz  mit  himmelsbränden 
uns  scheuchen  wie  die  fuchse.        t^ar  5,  3; 
he  that  parts  us  shall  bring  a  brand  from  heaven, 
and  fire  us  hence  like  foxes. 

2)  brand  der  seelen  gen  himmel: 

immer  stehn  die  körperschranken, 
zweier  seelen  Scheidewand ; 
bis  sie  nicht  in  staub  zersanken, 
wird  nicht  frei  der  himmelsbrand. 

RiJcEERT  ges.  ged.  1,  3M. 

3)  ki>nigskerze,  vollkraut,  verbascum  Ihapsus, 
HIMMELSRRAüT,  f  von  der  nonne: 

fast  verklärt,  wie  himmelsbräute.    BGrger  10*; 
seh  ich,  bei  des  tempels  harmonieen, 
ihr  gesicht  von  seelenandarht  glühen, 
ach!  so  wähnt  mein  hochgeiauschter  blick 
eine  himmelsbraut  in  ihr  zu  schauen.    116*; 

Esalmgesang  von  himmelsbräuten, 
eilgen  nennen,  tönt  herab.    Tieck  Oclavian  s.  243. 

85* 


1 351     HIMMELSBREITE  —  HnniELSCIILICH 


IIIMMELSCIILIESZER  —  IIIMMELSCIRCUL     1 352 


von  der  sonne: 

da  erhebt  sich,  neugeboren, 

aus  des  morgens  roseiiihoren 

glüheiidhell  die  himmelsbraut.     Körnrr  1,  15^. 

HIMMELSBREITE,  f.  goographische  breite  eines  punldes  auf 
der  erde. 

HIMMELSBROT,  n.  (vergl.  himmelbrol),  l)  das  manna. 
*2)  das  abendmahl: 

was  wehrt  ihr  ihr  das  himmelsbrod 

in  ihrer  letzten  todesnoth?    Körtif.r  1,  Wl. 

3)  himmlische  speise  überhaupt :  die  bekanntschaft  von  Lava- 
tern  ist  für  den  herzog  und  mich  was  ich  gehofft  habe, 
Siegel  und  oberste  spitze  der  ganzen  reise,  und  eine  weide 
an  himmelsbrot  {als  druckfehler  fleht  himmelsbort),  wovon  man 
lange  gute  folgen  spüren  wird.  GOthe  an  fran  v.  Stein  1,276. 

4)  trifolinm  pratense,  roter  wiesenkier.    Nemnich  4, 1479. 
HIMMELSBHÜCKE,  f.: 

und  liebe  und  cntzi'icken 

bann  weite  himraelsbrücken 

aus  jedem  schmälsten  steg.    E.  M.  Arndt  ged.  (1^40)493. 

HIMMELSBRL.NST,  f.: 

seht,  diser  frischer  beld,  ein  spiegel  aller  lügend, 
fährt  freudig  hin  zu  gott  im  soinmer  seiner  jugend 
voll  ginubens  und  gediild,  voll  recliter  liimmcisbrunst. 

llisT  l'ani.  A  "g. 

HIMMELSBUCH,  n.  der  himmel  als  buch  gefaszl :  wenn  ich 
das  grosze  himnielsbuch  aufschlage,  und  diesen  unermesz- 
lichen  pallast,  den  allein  und  überall  nur  die  gotlheit  zu 
'■rfüllen  vermag,  vor  mir  sehe.  Herder  (1806)  3,5. 

HIMMELSBÜHNE,  f.: 

des  Jahres  dämmeruiig  ist  allbereit  erschienen, 
die  uns  des  frfihlings  raorgenlicht 
an  den  sappbirnen  bimmelshühnen, 
inid  auch  auf  unsrer  weit,  verspricht. 

Brockes  2, 14  (yeftet  hei  noch  nicht  völlig 
eingetretenem  früliling) ; 
wol  an  der  heitern  himmelsbühne 
stand  lächelnd  das  verklärte  blau. 

RScKERT  ges.  ged.  1,  341. 

HlMMELSßURG,  HIMMELBDRG,  f.: 

so  weil  als  für  der  erden 
die  blaue  hiramelsburg  musz  vorgezogen  werden. 

A.  TscHERPtijiG  tobgciiichl  auf  llist  in  der  von: 
zu  di;sseu  hitnmi.  tiedern; 
empor  zur  hohen  himmelsbnrg, 
der  Wohnung  der  unsterblichen.    Hürgkr  162'; 

die  hohe  himmelburg  {der  horizont).  i.  Paul  Tit.  4, 187. 

HIMMELSBÜRGER,  m.  mhd.  himelburger,  der  im  himmel 
nngebürgerl  ist,  zunächst  im  christlichen  sinne  von  den  selig  ver- 
storlienen :  {Christus  wird  dich)  würdig  machen  der  anwarlenden 
ewig-griiszen  hochzeit  des  lammcs,  hei  den  h.  himmelsbürgcru. 
BuTSCiiKY  kanzl.  735; 

geehrter  man,  ilzt  neuer  bimmelsbürger. 

Flemimg  üÜ,  11,  1  Lappenh. ; 
hat,  neuer  hiramelsbürgcr,  sich 
dein  geistig  ohr  nicht  schon  des  klagetons  entwöhnet. 

Lessing  1,  94  (der  lod  eines  freundes); 
denn  nur  dieses  wissen  wir 
von  der  himmelsbürger  trieben, 
daiz  sie  dort,  wie  hier, 
singeti  und  sich  lieben.     Gotter  1,181. 

in  nicht  chrhtlichem  sinne:  die  dichter  dichten,  es  hellen  die 
himmelsbürger  sich  auf  eine  zeit  verschworen,  den  Jupiter 
zu  binden.  Butschky  l'atm.  457, 

HIMMELSCHATZ,  m.  sclialz  im  himmel: 

an  solchen  drten  und  dem  platz, 

da  man  vcrhüt  (hitict)  den  bimelscbatz. 

SCHWARZENBKRC    152'. 

auch  name  änes  krautes:  wiUesatum  himelschalz.  Gersdorf 
feldb.  d.  vnndarzn.  {Slrasiburg  o.  j.)  Lxxxii,  in  einem  Verzeichnis 
ofßcinrller  krduter. 

HIMMELSCHAÜ,  f.:  diese  form,  die  nach  Varro  von  den 
F.truKkern  erdacht  und  auf  ihre  bimmclschau  gegründet  war. 
NiERuna  2.  698. 

HIMMELSCHEIN,  m.: 


locke 

•fiw 


«lillcr  coticsfUeden  ! 


iiimraer: 
.l<;n 
riier.    E.  M.  AmittT  ged.  487. 


niMMELSCHLICH ,  adj.  caelettu,  aus  himmclisch  und  lieh 
nuammengeteizl,  vergl.  WeiNiiotD  alem.  gramm.  .«.268:    Celeste 
bimrltchlich  Dikt.  nnv.  glou.  83*;    in  der  form  himmelglich: 
der  biDffleUlichen  kOniglo.    das  graste  gebet  8, 


HIMMELSCHLIESZER,  ni.  ton  Chrtstus: 

den  Zahler  aller  schuld,  den  treuen  himmcischlieszer. 

Flkiiinc  16,  26  iMfijienb. 
HIMMELSCHLUSZ ,  HIMMELSSCHLLSZ,  m.    beschltw^z   des 
himmeii:    der    himmeissclilusz    hat    euere    bände  umb  etwas 
bitten  zu  können  nicht  gefesselt,  pcrs.  baumgart.  9,15; 

ich  liebe  dich  nach  einem  himmelschlusz, 
ich  liebe  dich  durch  einen  zauberbann. 

Rückrrt  (/es.  ged.  1,372. 
HIMMELSCHLÜSSEL,  HIMMELSSCHLÜSSEL,  m.  schlüsscl 
zum    himmel,    mhd.   himelslüj^el,    himilslu;/,!!    (Kelle  spec. 
eccUs.  96): 

ir  habt  diu  himelslnj^el  bistün 
und  weit  nicnien  dar  in  län. 

H.  v.  Melk  prie^tert.  579; 
Petrus  mit  dem  groszen  himmelsschlüssel. 

H.  IIkiihb  18,  32U 
der  Peter  und  der  Paul 
die  uemmet  anander  am  auhr, 
der  Peter  nimmt  de  himmelschlüssel 
und  schlecht  ile  Paul  uf  de  rfissel. 

Meier  kinderreime  nus  Scliwaben  no.  212; 
von  einem  mädchen: 

du  herzi  schöns  diandl 

du  himmelschlüssel, 

bei  dir  möcht  i  sein 

a  kloa  leizis  bissei  {bairisches  Volkslied). 

'in  den  Voralpen\  München  1865  s.  187. 

himmelschlüssel,  die  blume  primula  veris,  Schlüsselblume,  die 
.'^onst  auch  st.  Peters  schltissel ,  unserer  frauen  Schlüssel  heiszl; 
nd.  hemelschlutcl.  Mone  anz.  4,248;  oculus  porci  haijt  ain 
vellpluom  und  liai^t  aucii  ze  lateiu  flos  campi  und  hai;ent 
si  die  gäwliuit  etswa  hinielslüzsel  . . .  diu  pluom  hat  ainen 
höhen  steiigel,  da  stet  diu  pluom  ze  obrist  und  ist  gar  lieht 
und  schoen.  Mecenberg  412,18;  primula  veris,  die  himmel- 
sclilüsseln,  bilden  ab  ein  gläubiges  gebet,  das  den  himmel 
aufsclileuszt.  Glirsfeld  histor.rosengeb.a%;  himmelsschlüssel 
ist  einer  von  den  deutschen  namen  der  primula  veris,  sie 
blüht  im  april,  und  schlieszt  den  milden  frUhlingshiunuel  auf. 
Brentano  schrißen  6,426; 

gebt  uns  junge  safranblumen, 
himmelsschlüssel,  rosmarein. 

Fleming  288,  2,  9  Lappenh. 
diminutiv  himmelschlüsselchen  in  symbolisclier  ausdeutung:  wie 
die  himmelschlüsselgen,  wenn  sie  aus  der  erden  hervor  kom- 
men, uns  den  lieben  frühling  bringen,  also  bringt  ein  glaubig 
gebet  den  vorschmack  des  ewigen  frühlings.  Guirsfeld  hist. 
rosengeb.  328 ; 

(bliimen  welken),  das  himmelschlüsselchen  kan  aber  nicht 

vergehn, 
ich  meine  gotiesfurcht,  die,  die  bleibt  ewig  stelin. 

Neumark  tu^iwätdcln'n  214. 

HIMMEL-,  HIMMELS-SCHÖN,  adj.  von  himmlischer  Schönheit: 
himmelschön,  divinac  et  cocleslis  furmae  Stieler  1754;  den  briöf- 
wechsel  der  frau,  deren  himmelschönes  innere  mm  hervor- 
tritt. GöTHE  22, 120; 

meine  Rasile,  das  hiromelschöne  kind. 

Fleming  474,  ."W,  2  Lappenh., 

mir  trSumte  von  zwei  himmclschönen  stunden. 

SrniLi.KR  W'altensietns  lod  4,  2. 

HIMMELSCHREIEND,  part.  zum  himmel  sclireiend  {vergleiche 
himmel  1, 6,a  .<;//.  1337),  seit  dem  il.  jh.  nachzuweisen :  himmel- 
schreiende, grausame  sündc,  facinus  ncfandnm,  abominabile, 
morlc  piandum,  in  coclum  clamitans.  Stielkr  2239 ;  unrecht 
geschieht  mir,  himmelschreiendes  unrecht  I  Fr.  MCller  2,106; 
ein  himmelschreiender  Schnitzer.  Rabener  «rrAc  2, 239;  eintH" 
solchen  frau  gegenüber  kalt  wie  ein  stock  zu  sein?  das  ist 
himmelschreiend  I  Kotzerue  dram.  sj>iclc  3,224; 

gesell,  habt  ihr  denn  gnr  kein  ringpwoid,  dnsz  ihr 
den  greis,  der  kaum  sich  sriiloppcn  kann, 
zum  harten  frohndienst  Ireibt?    sifuimclt.  a  ist  himin  I- 
schreiendl'  Schiller  Teil  \,:>. 
von  grellen  färben :  was  nichts  kostete,  gefiel  ihm  am  besten, 
daneben    dann ,    was    so    recht    buntscheckig    war,    so  recht 
himmelschreiend.  J.  Gotthelk  Uli  d.  puchter  (1870)  155. 
HIMMELSCHWADEN,  m.  panicum  daclylon. 
HIMMELSCIIWKRTKL,  m.:  lilium  oelesle  vel  crruleum,  blo 
lilien,  himmel^uhweitel,  viulwurzcl.  Alberus  EE2'. 
HIMMELSCHWIIR,  m.; 

du  siehst  in  Ihr  (der  nalur)  der  liebe  ipur, 

die  Hohn  »nlliHt  Ul  nur  in  dir, 

In  dir  der  trrun  himmolsrhwur, 

in  ihr  drr  trieb  und  die  begier.    ROcutT  ges,  ged.  1,374. 

IIIMMELSCIRCUL,  m,:  eloe  spfir  oder  himelicircul.  Fi»char? 
ehs.  527. 


1353       HIMMELSDACH  — ITIMMELSFELD 


HIMMELSFERNE  — HIMMELSFÜLLE      1354 


HIMMELSDACH,  n.; 

willt  du  deine  siiinme  schwingen 
an  das  blaue  hiraroelsdacb. 

Görimg  liebe.'<meyenblühmlein  (1654)  123: 

die  hirten 
will  ich  zusammenrufen  im  gebirg, 
dort  unterm  Ireien  himmelsdache.    ScHn.L«R  Teil  1,4. 

HIMMELSDECKE,  HIMMELDECKE,  f.     1)  der   himmel  ab 
decke  gedacht: 

brich,  himmelsdecke,  und  lermalrae  mich !    H.  FIeü»!  10, 124. 
2)  decke  die  einen  liimmel  {sf.  1340)  bildet,  baldachin  : 

wer  sieht  es  diesen  kahlen  wänden  an, 
dasz  eine  königin  hier  wohnt?  wo  ist 
die  himmeldecke  über  ihren  sitz? 

Schiller  Maria  Siuail  1,1. 
HIMMELSDLNG.  m.: 

all  sein  dichten,  all  sein  singen 

ist  von  lauter  himmelsdingen 

auf  dem  heiligen  parnass.    Rist  Parn.  485. 

HIMMELSDON.NERER,  m.  sQiySovTto?: 

ob  er  den  söhn  des  himmelsdonnerers 
verfolgen  .  .  .  sollte.      Borger  IGü*  {llias). 

HIMMELSDDFT.  m.; 

so  liebt  die  lerche 
gesang  und  luft, 
und  morgenblumen 
den  himmelsduü.    Götbe  1,  St ; 
ein  nachtgesicht,  aus  himmelsdufte  gewoben. 

Ptbker  Tuni$.  1,  150. 

HIMMELSEELE,  f.  anrede  an  eine  geliebte;  ach  können  denn 
leiden  in  dir  sein,  du  himmelseele?  J.  Paul  Tii.  2,12. 

HIMMELSEHNE.ND,  pari.:   du,  o  himmelsehnendes  heize. 
BüT^cHsv  l'alm.  lOO. 
HLMMELSELIG,  adj.: 

selig,  selig,  himmelselig 
ist  das  hoch  erhabne  amt, 
auszuspenden,  gleich  der  sonne 
durch  den  groszen  räum  der  weiten 
ins  uuendliche  des  geistes 

lebensnahrung,  licht  und  kraft!    Borger  78*. 

HIMMELSELIGKEIT,  f. : 

es  schwebt  ihr  leben  zwischen  glück  und  Jammer 
und  hüllenqual  und  himmelseligkeit.    Körmer  2,  129; 

himmelsseligkeit.  Bürger  96'. 
HIMMELSENGE,  f.: 

verhülle  mir  das  wogende  gedränge, 

das  wider  willen  uns  zum  Strudel  zieht. 

nein,  führe  mich  zur  stillen  himmelsenge, 

wo  nur  dem  dichter  reiue  freude  blüht.    Güthe  12,  10. 

HIMMELSERBE ,  m.    erbe   des    himmels ,    der   seligkeü   nach 
dem  tode: 

ein  seiger  himmelserb 
schläft  sanft,  so  in  der  see,  als  in  den  tiefsten  gründen, 
vor  denen,  die  in  gold  und  marmorstein  sich  finden. 

A.  GRTPairs  169s   1,  167; 
himmclerbe.  Logaü  1,  32. 

HIMMELSERLEUCHTUNG,  f.  erleuchlung  des  kimmeis  {durch 
geslirne,  blitz) ;  erleuchlung  vom  liimmel,  von  goU : 

dann  lobsang  er  dem  herrn,  und  bethet  um  bimmelserleuchtung, 
dasz  das  sehnende  herz  erkenne  die  wege  der  Wahrheit. 

Ptreer  Tunis.  1!,42S. 
HIMMELSERSCHEINÜNG,  f.  erscheinung  am  fnmmel  {komelen, 
stemschnuftpen ,  wölken  u.s.w.):  was  halten  sie  von  dieser  neuen 
hiramelserscheinung  (schnee)'*  Güthe  an  frau  v.  Stein  1,297. 
auch  erscheinung  einer  himmlischen  person,  im  folgenden  ton  der 
Jungfrau  Maria:  im  neuen  reichslande  .  .  wird  der  bundes- 
rathsbeschlusz  wie  ein  ereignis  wirken  und  den  vielen  himmels- 
erscheinungen  ein  erwünschtes  gegengewicht  bieten.  Augsb. 
allg.  Zeitung  vom  13.  mai  1873  s.  2024'. 
HIMMELSFACKEL,  f.: 

weh  denen,  die  dem  ewigblinden 

des  lichtes  himmelsfackel  leihn!    Schiller. 

HIMMELSFAHRT,  f.  fahrt  am  himmel,  verschieden  von  himmel- 
fahrt  oben  ,vp.  1344: 

Phöbus,  in  der  sonnendroschke, 
peitschte  seine  flaramenrosse, 
und  er  hatte  schon  zur  hälfle 
seine  himmelsfahrt  vollendet.    H.  Hinn  17,  88. 
HIMMELSFELD,  n.; 
er  sah  {Johannes  in  einem  gesidu)  ein'n  häufen  Völker  stehn. 
sehr  hell  und  schön 

im  güldnen  himmelsfelde.    P.  Gerhard  no.  123  Wackern.; 
das  verhängnüsz  drückt  sein  Siegel 
in  das  blaue  himmelsfeld.    Fleming  76,111  lAippenb.; 
dieser  unumschränkte  räum,  dieses  weite  hiramelsfeld 
das  in  bodenloser  tiefe,  ungezehlte  weit  enthält.  ' 

Brockis  &,  3. 


HIMMELSFERNE,  f.: 

ach !  was  ein  herxen,  mund  und  brüst, 
belauschten  jetzt  die  Sterne 
aus  hoher  himmelsferne!    Bürger  öS*; 
und  was  ich  sucht  in  himmelsfernen, 
stand  lächelnd  nah  im  erdenraum. 

RScKERT  ges.  ged.  1,  340. 
HIMMELSFESTE,  f.  firmamentum,  jtalalium  siellarum  fixarum 
Stieler  4T2. 

HIMMELSFEUER,  n.    l)  feuer  des  himmeU,  blitz:  . 

vor  hagel,  himmelsfeur  und  donner 

behüt  die  weit,      lied  in  der  Ahatia  1S62— 64  s.  113. 

2)  aiicA  in  «euerem  sin  ne,  z.  b.  von  den  sternen : 

indem  ich  jüngst,  zur  abendzeit  im  dunkeln 

der  flammenden  gestirn  ergetzlich  helles  funkeln  .  .  . 

mit  innielich  gerührter  seel,  erblickte; 

erlülleie  mein  reges  blut 

diesz  himmeläfeur  mit  einer  himmelsglut.    Brockss  4,6. 

bei  Stieler  476  ist  himmelsfeuer  das  elementarische  feuer  (vgl 
den  feuerhiinmel  oben  sp,  1333). 

HIMMELSFIRMAMENT,  n.:  von  dem  hohen  himmelsfir- 
mament.  Abele  kiinstl.  unordn.  4,122; 

des  feuers  quell,  die  sonne,  brennt 

am  blauen  himmelsflrmament.    Borger  42*. 

HI.MMELSFLAMME,  f.  vom  himmel  den  Ursprung  habende 
flamme: 

ha!  wie  bläht  sich  diese  brüst! 
ha !  wie  stürmt,  wie  lodert  drinnen 
himmelsflamme,  dichterlust!    Ovbrbkcs  ged.  11. 

HIM.MELSFLOCKE,  f.  vom  himmel  fallende  flocke,  Schneeflocke: 
himmelsllocken  gleich  an  weisze.    Göthe  2, 108. 

HIMMELSFLUG,  m. :  der  sonnenadler,  der  .  .  im  stolzen 
hinimelsfluge  die  äugen  immer  zur  sonne  dreht.  Fr.  Müller 
1,  25. 

IIIMMELSFLÜR,  f.: 

was  einst  als  ahnung.  Sehnsucht  nur 

durchdrungen  deines  vaters  lieder, 

das  sinkt  von  seiger  himmelsflur 

als  reiches  leben  dir  hernieder.    Uhlaüd  ged.  7t. 

HIMMELSFLUTH,  f.: 

von  den  reinen  himmelsfluten  {einen  kusses) 

sind  die  sünden  weggespült.    Rdckert  ges.  ged.  1,295. 

HIMMELSFORSCHER,  m.  aslronom. 

HIMMELSFORSCHUNG,  f.  aslronomie.  Mädler  i«  d.  deutschen 
vierteljahrsschrifl  2.  quarlal  1842  s.  80. 

HIMMELSFREUDE,  f.  himmlische,  hohe  freude,  wie  man  sie 
im  itimmel  hat,  mhd.  himelvröude:  der  Fugkar  bUcberroarkt, 
darmit  der  gut  W'olffius  zu  Augspurg  sein  himmelsfreud  hat 
Garg.  275"; 

in  dir  heb  ich  himmelsfreud, 
auszer  dir  verdrusz  und  leid. 

Chr.  Deszler  (f  1722)  geisll.  lied:  öffne  mir 
die  perlenthoren. 

freude  im   himmel  nach  dem  tode:   die  ewige  bimmelsfireDde. 
Bltschkt  Palm.  165; 

allen  .  .  .  wünschen  wir 
dasz  sie  haben  für  und  für 
ihr  wolfahrt  im  leben, 
und  nach  dieser  zeitlichkeit 
dort  die  ewig  himmelsfreud. 

sckluszslrophe  meJirerer  hand«erkslieder 
Schade  s.  6.  50.  64; 
was  ist  die  himmelsfreud  in  ihren  armen?    Göthb  12,175; 
dann  {wenn  sie  gestorben)  weinen  sie  nicht  mehr,  dann  ist 

kein  schmerz, 
kein  leiden,  das  sie  stört  in  himmelsfreude. 

Tkck  Octavian  s.  88. 

HIM.MELSFREUND,  m.  von  einem  prediger: 

seiner  wird  gedacht,  so  lange  man  wird  hören 
die  treuen  himmefsz  freund  in  gottes  tempel  lehren. 
Rist  Parn.  641. 
HIMMELSFRIEDE,  m. 

ach,  hinunter  in  die  tiefen 
dieser  selgen  äugen  schaun ! 
die  von  himmelsfrieden  triefen. 

Rdckert  ges.  ged.  362. 
HIMMELSFRÜCHT,  f.. 

die  liebe  meiner  trelTlichen  Johanna 
ist  eine  edle,  zarte  himraelsfrucht, 
und  still  allmählich  reift  das  köstliche. 

Schili.fr  junijfrau,  prolog  2.  auflr., 
aber  eure  band 
bricht  unreif  nie  die  goldnen  himmelsf^üchte. 
GöTHR  9,  50. 
IUMMELSFCLLE,  f.:    aber   arh!    diese  eindrücke  gingen 
Toriiber,  wie  da«  gefübl  der  gnade  seines  gottes  alimuhlicb 


1 355     IlßBIELSFUNKE  —  HIMMELSGEWÖLBE 


HIMMELSGLAN'Z  —  TIIMMELSHAÜS       1356 


wieder  aus  der  seele  des  gläubigen  weicht,  die  ihm  mit 
ganzer  himmelsfülle  in  heiligen  sichtbaren  zeichen  gereicht 
ward.  GöTHE  16, 180. 

HIMMELSFCNKE,  m.  vom  hitnmel  stammender  funke: 

dieser  biederseele  flecken 

nige   keine  lästerungl 

denn  was  flecken  war,  vermodert; 

nur  der  himmelsrunkc  lodert 

einst,  geläutert,  zur  Verherrlichung.    Bdrcir  15'; 

und  noch  lebt  der  hofl'nung  himmelsrunken. 

Körner  1,  t03  {Icicv  u.  schieert  76). 

HIMMELSFÜRST,  m.  ivie  himmelfürst  $p.  1345,  von  goU: 
die  unhegreifliche  niajestät  des  algewaltigen  himmelsfürsten. 
BüTscHRV  kanzl.  529;  von  apostdn  und  heiliyen:  zu  ehren  des 
himmelsfürsten,  s.  Petrus  des  aposlels.  Simrock  volksb.  1,47; 
ron  den  engeln :  an  den  ort,  da  die  h.  dreifaltigkeit  regieret, 
da  ihm  nicht  viel  doctores  nnd  bcrrn,  sondern  unzehlich  viel 
tausent  engel,  die  groszen  starken  und  mechligen  himmels- 
fürsten zu  hof  aufwarten  und  dienen.  Neander  vom  sei.  ab- 
sterben Avj; 

die  himmels  fürsten  bei  uns  sein, 
allzeit,  frew  dich  o  herze  mein. 

Selneccer  pxnltn.  (l.'>87)  s.  52  (»oWier 
'himmlLtche  wnchler'); 
kom  liebstes  stündlein  (des  todea),  dasz  mich  mag 
zum  himmels  fürsien  weihen.    Rist  liimml.  Ued.  5,  342. 

HIMMELSFCRSTIN,  f.  die  Jungfrau  Maria,  bei  Göthe  aber 
ist  die  sonne  gemeint : 

in  der  dämmning  des  morgens  den  höchsten  gipfel  erklimmen, 
fnihc  den  boten  des  tags  grüszen,  dich,  freundlichen  stern  ! 

ungeduldig  die  blicke  der  himmelsllirstin  erwarten, 

n-onne  des  jüngHngs,  wie  oft  locktest  du  nachts  mich  heraus  ! 

1,373. 

HIMMELSGABE,  f.  vom  himmcl,  von  goll  verliehene  gäbe, 
mbd.  bimelgehe: 

fürstin,  eure  himmelsgaben 

die  ihr  habt,  wie  sie  euch  haben, 

sind  verfast  und  spielen  weit 

durch  das  gold  der  frömigkeit.    Locao  2,7,20; 
wir  seufzen  billig  ja  nach  dir,  du  himmelsgabe, 
du  webrter  friede  du.  Rist  l'ani.  489; 

dichten  zwar  ist  himmelsgabe.    Göthe  5,  223; 
8  ist  eine  der  gröszten  himmelsgabcn, 
so  ein  lieb  ding  im  arm  zu  haben.     12,  152. 

HLMMELSGARTEM,  himmelgarten,  »1.  himmel  als  garten 
gefasä  : 

der  gärtner,  so  des  baus  (lies  baums)  im  himelgarten  wartt. 

liOHPLER  88; 

und  heilige  Sehnsucht  ihr  herz  durchglüht 

nach  dem  ewigen  himraelsgarten.    Körncr  1,229; 

dort  oben  im  himmelsgarten 

da  thut  mein  bräutigam  mich  erwarten. 

ViLMAR  hanähiiclil.  fiir  freunde  des  volksl.  133. 

HIMMELSGAST,  m.  vom  himmel  gekommener  gast: 
Hymen,  den  ich  benedeie,  .  .  . 
sei  willkommen,  himmelsgast!    Bürger  75". 

HIMMELSGATTE,  m.. 

da  Äther 
mutier  Tellus  liebgewann, 
da  ihr  schosz  vom  himmelsgatten. 
Floren  und  den  lenz  empflug.    Bürger  113*. 

HIMMELSGEBILDE,  n. ;  die  zahllosen  andern  bimmels- 
gebilde  (auszer  der  erde) :  planeten,  komelen,  sonnen.  Jen.  litt, 
zeitung  1839  no.  179  J.  407. 

HIMMELSGEGEND,  f.  plaga  coeli,  regio  coeli.  Frisch  1,453'. 

HIMMELSGEIST,  «i.; 

nur  der  bimmelsgeist  soll  gellen, 

der  den  erdenstofl'  belebt.    Rdrcrr  74*. 

HIMMELSGERSTE,  f.   hordeum   eaeleste,   auch  Jerusalems-, 
Haridsknrn.  NEMNrcH  3, 174. 
HIMMELSGESANG,  m. : 

was  .  .  .  de»  todes  furchtbaren  abnif 
ihm  in  bimmeUeenang,  das  bild  der  nahen  Verwesung 
ihm  wird  wandeln  in  irunknes  gefühl.     Klomtock  U,  78. 

HIMMELSGESTALT,  f: 

mein  muszt  du  lein,  du  himmelugestalt  1    KöRn»  4,74. 

illMMELSGFWALT,  f : 

da  ergreiflt  ihm  die  «ecle  mit  himmelsgewalt. 

Schiller  laucUer. 

HIMMELSGEWÖLBF! ,  n,  fnrnicrs  cnrlorum.  .Stieler  2573; 
fihertragrn:  am  lilernri<*rhen  gestirnten  himmelgewOlbe.  J.  P*(;l 
Mv»  Fibeh  i.  tu. 


HIMMELSGLANZ,  m.  glänz  des  himmels,  himmlv:cher  glänz: 

ich  glaubt  in  diesem  himmelsglanz  (hei  aufiieUrnder  sonne\ 
von  einer  künttgcn  herrlichkcit .  .  . 
ein  lichtes  bild  bereits  hienieden 
erstaunt  von  weitem  zu  erblicken.    Rrockes  7,23; 
ich,  ebenbild  der  gottheit,  das  sich  schon 
ganz  nah  gedünkt  dem  splegcl  ewger  Wahrheit, 
sein  selbst  genosz  in  himmelsglanz  und  klarheit, 
und  abgestreift  den  erdensohn.    Göthe  12,  4U; 
diesz  herz,  von  himmelsglanz  erfüllt, 
darf  einer  irdschen  liebe  schlagen?    .Schiller yiinu/'r.  4, 1 , 
du  rührest  ja  die  sailen, 
und  drehst  die  stern  im  tanz, 
und  deine  färben  breiicn 

ums  herz  mir  himmelsglanz.    Rückert  ges.  gcd.  1,  274; 
du  aber  schlummre  selig  hin 
in  angestammten  dichterträumen 
von  himmelsglanz  und  waldesgrün, 
von  Sternen,  blumen,  blüthenbaumen !    Uhland  ged.  71. 

HIMMELSGLÜCK,  n.  ; 

bis  ich  dir  jedes  himmelsglück, 

dir  jeden  sieg  verdanke,    i.  M.  Miller  ged.  260. 

HIMMELSGLUT,  f.  glut  des  himmels,  z.  b.  bei  sonnenunter- 
gang,  bei  nordlicht: 

ich  sähe  jüngst  das  güldne  feuer  der  unlergehnden  sonnen 

an  .  .  . 
ich  senkte  mich,  mit  aug  und  herzen,  in  diesen  überirdschen 

schein, 
in  diese  güldne  himmelsgluht,  von  andacbt  anircflammt,  hinein, 

Brockbs  b,  108; 
ich  sah   recht  in  die  himmelsgluht  nnd  in  den  lichten  glänz 

hinein.    7,  *i3. 
lümmlische,  beseligende  glut  des  herzens: 

erfüllete  mein  reges  blut 

diesz  himmelsfeur  mit  einer  himmelsglut.    4,6; 

was  dahin  ist  und  vergangen, 

Emma,  knnns  die  liebe  sein? 

ihrer  flamme  himmelsglut, 

stirbt  sie  wie  ein  irdisch  gut?    Schiller  an  Emma. 

HIMMELSGNADE,  f.: 

0  dank  den  ewgen  bimmelsgnaden! 

M.  V.  Schenkendorf  139  Hagen. 
HIMMELSGOLD,  n.; 

der  hohen  felsen  äuszre  spitzen,  die  prächtig  in  die  höhe  ragen, 
indem  derselben  äuszre  rand  mit  himmelsgold  als  wie  bescblag'en. 

Brocees  7,  I8;i. 

HIMMELSGOTT,  m.  gott  der  speciell  des  Mmmels  waltet :  neben 
Indra,  den  himmelsgott,  treten  die  welthüter,  dann  die  gütter- 
zahl  in  bunt-phantastischer  Vielheit.  Kritzler  humanität  u. 
dtrislenthum  2, 107. 

HIMMELS-,  lilMMELGRAU,  n.  das  grau  des  himmeis,  z.  b. 
bei  anbrechendem  morgen:  die  lerche  fuhr  als  Ouvertüre  des 
tages  hoch  ins  himmelgrau  hinauf.  J.  Paul  Hesp.  3,  202. 

HIMMELSGRUND,  m.  an  einem  gemalde:  die  lebendigen 
engelsgpsichter,  die  lebhaften  gewänder  auf  dem  blauen  him- 
inelsgrunde  erfreuten  das  augc.  Güthb  17,216. 

HIMMELSGRLSZ,  m.: 

bringt  ihr  der  rettung  himmelsgrusi!    KdRNlR  4,81. 

HIMMELSGUNST,  f  : 

0  kreuz,  uns  nicht  ein  kreuz;  an  dem  wir  kAnnen  haben  .  . 
für  helle  himmelsgunst,  für  tod  Unsterblichkeit. 

Flkhinc  26,  408  iMjipenb. 
HIMMELSGUT,  «.: 

ich  zieh  ins  feld  um  bimmelsgüter. 

M.   V.  ScnEItKENDORF  139. 

HIMMELSHALLE,  /".  himmel  aU  halle  gedacht: 
feiernd  walle 

mein  gebet  zur  himmelshnlle.    Fr.  Kind  freitch&tt; 
dort  oben  in  dem  reich  des  lichts, 
in  jenen  kalten  himmelshallen.    H.  Html  18,  231. 

HIMMELSHAND,  f  band,  wirksamkett  gotta: 

denn  bimmelshand  sieht  deutlich  hier  mein  glaube. 

Grii«  7'(U»o«  liefr.  Jeru».  11,75. 
niMMELSHARFE,  f.: 

wann  sich  zur  engelteele 

die  deinige  verschont, 

und  himmlisch  deine  kehle 

zur  himmelsharfc  töni.    BCrcer  9*. 

HIMMELSHAUS,  n.    l)  himmel  aU  haus  vorgesielU: 
der  {ertengel  Michnel)  hol  durch  disen  sieg  datz  gOldi-n 

himmriiihauiz 
•rAITnet,  da  der  dracb  ist  langst  geworfen  aus. 

Rist  l'arn.  C3». 

2)  himmeNhaus,  dormts  caeitttis,  heisU  bn  den  slerndentern 
der  sfcOlfle  theil  von  der  fldche  der  hirnnwltkiigel ,  nrlrhrr  in  jm« 


1357       HIMMELSIIEER— IIIMMELSKERZE 


111M3IELSKLND  — UIMMELSKREIS        1358 


halbe  ärkel  eingeschlossen  isl,  die  durch  die  beiden  punkU  gehen, 
wo  der  mülagscirkel  und  hurizonl  einander  durchsclineiden ,  und 
einen  bogen  des  aequalors  fassen,  der  30'  in  sich  liäU.  mcUh.  lex. 
l   (17471   654.      vgl.   haus   12   sp.  651. 

H1M.MELSHEER,  n.  exercäus  coelestis  angelorum  H  coelitum. 
Frisch  1.  453'. 

HIM.MELSHE1M\VEH,  h.  : 

das  erdenheimweh  läszt  uns  trauern,  baogen, 
dasz  tust  und  leid  der  erde  musz  vergehn; 
das  bimmelsheiiDweb  fühJts  herüberwebn 
wie  morgeuluft,  dasz  wir  uns  fortverlangen. 

Lemau  neue  ged.  165. 
HIMMELSHEITER,  adj.: 

als  mit  bimmelsheitern  zügen 

ich  deu  neuen  engel  liegen 

au  der  uiutter  brüsten  sah.    Miller  ged.  337. 

HiM.MELSHELD.  vi.: 

und  der  himtnelsheld,  der  glaube, 

und  die  ewge  liebe  spricht: 

kind  des  vaters,  zittre  nicht.    E.  H.Akddt  ged.  (1640)  536. 

HIMMELSHELLE,  f.: 

kehrst  du  wieder,  himmelshelle! 

Iris,  mit  gewohoter  schnelle, 

trennt  die  grausen  wölken  schon.    Götbb  4,202; 

die  freud  ist  alles  guien  quelle, 

ein  ausflusz  jener  bimmelshelle!    Voss  5.  167. 

HIMMELSHEBR,  m.  mlui.  bimelberre :  der  wuhitalitige  Liui- 
nicIslieiT.  der  seine  sonne  über  frobme  und  bOse  lasset  auf- 
geben. BüTsCHKY  Palm.  143. 

HIMMELSHERRSCHER,  m. : 

und  gäbe  mich  der  rath 
der  himmelsberrscber  dir  auch  unterthan.    LiJRGER  41*; 
besänftige  demnach  sein  (Zeus')  herz 
mit  scbmeichelworien,  und  sogleich  wird  uns 
der  himmelsherrscher  wieder  gnädig  sein.    14ä*. 

HIMMELSHERZ,  n.  cor  coeli,  vird  bei  den  Sterndeutern  der 
graJ  der  ekltplik  genannt,  welcher  in  dem  vieridiaH  ist.  maüi.  lex, 
(1747)   1.655. 

HIMMELSHOCH,  adj.  für  himmelhoch: 

die  .  .  .  himmelshohe  maur 
desz  starken  tburns  zu  Babl. 

L.  V.  ScuKCFFis  mirant.  flöHein  (1682)  65. 

HlMMELSHOFFNüNG,  f.  Hoffnung  auf  erlangung  des  kimmeis : 

ich  brachte  himmelshoiroung  in  den  tod.    Göths  0,  377. 

himmlische,  beseligende  hoffnung: 

du  süsze  himmelsbofnung,  fleuch, 

mit  allen  wonuescenen!    Miller  ged.  310. 

HIMMELSHÖHE,  /. . 

denn  gerecht  in  bimmelshöben 

waltet  des  Kroniden  rath.    Schills*  siege>^fest; 

und  herrlich,  in  der  Jugend  prangen^ 

wie  ein  gehild  aus  himmelshöhn, 

mit  züchtigen,  verschämten  wangen 

sieht  er  die  juugfrau  vor  sich  stehn.    gtocke  v.  63; 
und  ('/u  hntt  meinen  wnhn)  von  der  kaum  erflognen  himmelshöbe 
uur  um  so  tiefer  in  den  pfuhl  geschmettert.      Körner  2,  'iä9; 

als  er  einsam  ritt  auf  bergen, 

fuhr  ein  blitz  aus  dem  gewölke, 

und  so  ist  er  unterlegen 

nur  dem  strahl  von  bimmelshöben.    Uulaüd  yei'.  256 ; 
kein  wiedersehn 

giebt  es  für  uns  in  himmelshöhn.    H.  Heine  18, 31S. 

HIMMELSHOMG,  m.  manna. 
HIMMELSHORN,  «.  eine  meerschneckenarl  : 

meerwunder  .  .  . 

euch  sind  es  bimmelshörner,  meeressterne.     Rückxrt  149. 

HIMMELSHULD.  HIMMELHULD,  gralia  coeUslts.  Stiele»  852. 

HIMMELSJ.\GERI.N,  f.  Artemis: 

allein  itzt  half  dem  wackern  Jäger  nicht 
die  bimmelsjägerinn,  nicht  seine  schützeokunsU 
BORGER  159*. 

HIMMELSK.\RTE,  f.  karte  des  himmels  und  seiner  sleme. 

HIMMELSKÄLFER,  vi.: 

vergieb  dem  bimmelskäufer, 
der,  gott,  mit  glaubenseifer 
vor  dir  in  demulh  strozl!     Voss  5,  163. 

HIM.MELSKERZE,  f.    l)  von  der  sonne  und  den  slernen: 
dort  jener  theure  mann,  das  adle  Föbusherze 
sol  stehen  wo  die  sonn,  die  grosze  bimraelskerze 
bei  tausend  sternen  stebt.    Nedrark  tusiirdldchen  185; 
entlodert,  gleich  den  bimmelskerzen. 
noch  liebeslohe  deinem  herzen?    BCrger  42*; 
golden  schäumt  er  (der  Tokaier)  im  pokal, 
hell  wie  bimmelskerzen.     Körner  t,i99. 

2)  dtc  künigskerze,  verbascum  Ihapsus. 


HIMMELSKI.ND,  vi.  dem  himmel,  goU  zugehöriges  kind: 

allhier,  war  ich  ein  fürst;  dort,  bab  ich  eine  krön; 
bin  dort,  ein  himmelskiud ;  war  hier  ein  erdensohn. 

LocAU  3,  92,  81 ; 
ein  bimmelskind  bleibt  allzeit  i-ein.    Rist  himl.  lied.  5,340. 
vom  himmel  stammendes  und;  so  vom  neugeborenen  heiland: 

am  Weihnachtsabend  sind  die  kinder  zu  beneiden  .  .  . 
sie  glauben  kindlich,  was  ihr  kindisch  herz  begehrt, 
das  bab  unmittelbar  das  bimmelskind  beschert. 

BScEERT  «eiiU.  d.  Iir.  10,  15 
aber  auch  anderweit : 

du  schönstes  bimmelskind  !  du  Ursprung  bester  gaben, 
die  weder  gold  e^kauf^  noch  herrengunst  gewährt, 
0  Treib  eit!  Hagedorn  1,29; 

muntre  schwester  süszer  liebe ! 

bimmelskind!       3,  42  (un  die  freude); 
hoffnung,  bimmelskind  im  schmuck  der  Jugend!    Borger  100*. 

hivimlisch  schönes  und;  von  einem  mädchen: 
du  mit  dem  früblingsangesichte, 
du  schönes  blondes  bimmelskind!    80*. 

HIMMELSKLANG,  m.: 

wann  der  wein  in  himmelsklang 
wandelt  mein  geklimper.    Borger  50*; 
und  er  durchspäht  und  wägt  und  miszt,' 
was  schön    wus  grosz  und  herrlich  ist, 
und  stellt  es  dar  in  red  und  sang, 
voll  barmonie,  wie  bimmelsklang.    51'. 

HIMMELSKLAR,  ».. 

so  aus  der  liefe  dieser  scblucht  der  peinen 

blick  ich  hinauf  zum  schmalen  himmelsklar.     Göthr  4,56. 

HIMMELSKLABHEIT,  f. : 

du  blendest  mich  mit  bimmelsklarfaeit.    Göthe  5,  263. 

HIMMELSKÖNIG,  m.,  mhd.   himelkünec,  von  Christus:    der 
neugeborne  himmelskönig.  Butschky  Palvi.  51. 

HlMMELSKÖMGIiN,  f.,  mhd.  himeikÜDeginne,  von  der  ping- 
frau  Maria.  Göthe  17,273; 

und  dir,  die  ihn  zum  retter  mir  geschickt. 

o  himmelsköuigin,  sei  es  hiermit  versprochen  .  .  . 

Wieland  22,118  (Oberon  3,38); 
wärst  du  nimmer  mir  erschienen, 
hohe  himmelskönigin !    Schiller  Jungfrau  4,  1 ; 
es  ist  dieselbe  {fahne),  die  du  siegend  schwangst, 
die  himmelskönigin  ist  drauf  gebildet, 
die  über  einer  erdenkugel  schwebt.    4,  3 ;'. 

von  der  Juno: 

doch  göttin  her  und  göttin  bin ! 

genug,  die  himmelskönigin 

trugs  faustdick  hintern  obren.    Blckader  2,  3. 

HIMMELSKÖRPER,  vi.  stern,  geslirn: 

wie  flammenreich  der  himmelscörper  beere 
daselbst  (um  liimmel)   so  schrecklich  schnell  hell  durch  ein- 
ander gebu.     Brockes  4,7; 
deine  weise  liebe,  die  alle  ding  in  Ordnung  rühret, 
die,   wie   die  gröszten  himmelscörper,   auch  selber  von  dem 

dünnsten  duft 
die  allerkleinstea  theile  leitet,  erhält,  beweget  und  regieret. 

7,  26. 
HIMMELSKOST,  f.   himmlische    nahrung:     die    armen    mit 
himmelskost  versehen. 
HIMMELSKRAFT,  f.: 

woblthätig  ist  des  feuers  macht, 
wenn  sie  der  mensch  bezähmt,  bewacht, 
und  was  er  bildet,  was  er  schatft, 
das  dankt  er  dieser  himmelskraft ; 
doch  furchtbar  wird  die  himmelskraft, 
wenn  sie  der  fessel  sich  entrafft. 

Schiller  glocke  v.  157; 
wie  köstlich  ist  des  gegenwärtgen  freundes 
gewisse  rede,  deren  himmelskraft 
ein  einsamer  entbehrt  und  still  versinkt.    Göthe  9,73. 

plur.  himmelskräfte,  himmlische,  die  weit  regierende  krdfle: 

und  alle  himmelskräfte  sind  uns  günstig. 

TiECE  Octavian  t.  440. 
HIMMELSKRÄFTIG,  adj.  und  adv.: 

der  sänge  wohl  auf  deutscher  erde 

ein  scharfes  lied,  wie  schwertesstreicb, 

nicht  so,  wie  ich  es  künden  werde, 

nein,  himmelskräftig,  donnergieich.    Uhland  ged.'l20. 

HIMMELSKRAKZ,  m.  der  sleruetüammel  unter  dem  bilde  eines 
kranzes: 

ich  denke  dein,  wenn  mich  die  sterne  freuen, 
am  himmelskranz.  Korner  2,  48. 

auch  der  himmlische  siegeskranz,  der  den  vidrtirern  gereicht  wvrd: 

den  himmelskranz  empfangt  ihr  jetzt  zum  lohne. 

TiECE  Octiivian  s.  97. 
HIMMELSKREIS,  m.  orbis  coelestis,  gUibus,  sphaera :  jedoch, 
weil   groszen    gemüthern  eine  solche  erniedrigung  so  weuig 


1 359       HIMMELSKÜGEL  —  HIMMELSLICHT 


niMMELSLIEüE  —  HIMMELSLUSf        1360 


als  denen  irrstcrncu  ihr  eintritt  in  einen  nietirigeru  bininiels- 
kreisz  oder  in  ein  schleclücres  liausz  alibriichig.  Lohenstei.n 
Arm.  1, 1045*; 

dasz  aur  niaiiuiglache  weise 

die  vi-r:>cliie(lncn  liimnit-lskreisu 

seine  (•i<iiiii~)  gvosio  .sollten  sc-liu.    Krockks  2,367. 

HlMMELSKLHiEL,  /'.  /.iiyW  des  hivnnels,  und  die  dantcllung 
derselben,  ytobus:  Liramelskugcl,  eine  kugel  ;in  weleüer  man 
die  astruuuniie  begreiflich  machen  kan.  Frisch  i,  4ä:t';  Urania 
ist  den  dichtem  die  nnise  der  sleriikunst;  aus  ihrem  namcn, 
ihren  Verrichtungen  erkennen  wir  ihr  anit.  der  kiinslier,  um 
es  kenntlich  zu  machen,  musz  sie  mit  einem  Stabe  auf  eine 
himniciskdgel  weisen  lassen.  Lessi.ng  ü,  441. 

lUMMELSKU.NDE,  /".  uslroiwmie;  aucJi  kundc  der  ersdieiirnngeii 
am  liimmd  {wie  wölken),  wellerkunde. 

H1.MMELSKUNDIG,  adj.  den  hnninel  und  seine  slerne  ken- 
nend, aslronom :   einige  Worte  des  ernsten  himinelskundigen. 

GüTlIE    '.'1,190. 

HIMMELSRÜNÜIGER,  m.  aslrvnvm :  der  bimmclskttndiger 
Hipparchus.    Kist  Farn.  72. 

HIMMELSKÜiNSTLEU,  m.:  bei  den  gemeinen  unerfahrnen 
arzten  und  apothekern,  sonderlich  aber  bei  den  calender- 
machern  und  vermeinten  himmelskünsticrn.  Tabeu.naem.  bh'J. 

HIMMELSLACE.  f.  clinia  coeli.    Sri  ei. er  Uli. 

HIMMELS-,  ULMMELLAND,  limmliMlies  Land: 

verbricbl  das  schmale  schilT  {mein  köifie') ,   so  weis  ich 

zweil'elsliei, 
es  bleibt  mir  noch  ein  breit,  auT  dem  ich  sicher  sei, 
ein  breit,  aul  dem  ich  kau  das  himelland  erlangen. 
RoMPLER  74 ; 
liehchen,  ach  !  im  starren  bände 
z\v;iiigen  sieb  die  freien  lieder, 
die  im  reinen  liinimelslande 
munter  flogen  hin  und  wieder.    Götue  5,  54. 

HIMMELSLÄNGE ,  f.  geographische  länge  eines  ptinktcs  auf 
der  erde. 

HIMMELSLALF,  «j.  lauf  der  slerne  atn  himmel :  in  einem 
weit  entlegenen  ort  ..  ist  der  kern  der  astrouomorum:  die 
verstehen  sich  auf  den  himmclslauf  .  .  li.\  und  fertig.  Simpl. 
2,  275  Kurz,  liiuf  des  durch  den  himmel  bestimmten  Schicksals  : 
wann  der  himmeislauf  jemanden  mit  reichlhum  und  vermögen 
begünstiget,  so  bekompt  man  solches  nicht  durch  seine  eigene 
krall   und  siiirke.  pers.  baumg.  571. 

HIMMELSLEBEN,  «.; 

sein  i,'anzes  herz  dahin  zu  geben 
und  wieder  ganz  geliebt  zu  sein, 
ist  das  nicht  reines  liimmelsleben?    Götüe  57,130. 

HIMMELSLEHHE,  f.:  da  er  {der  apuslel  Paulus)  die  uni- 
verselle tendenz  der  christlichen  heilsanstall  entschied  und 
die  einfache  himmelslehre  auch  mit  der  gelehrsamkeit  aus- 
zusöhnen versuchte.  Wineb  bibl.  realwürlerb.  (2.  u«/7.)  1,84; 

wo  sie  noch  von  gott  empflngen 
iiimmelslehr  in  erdespraclien.    Götuk  S,  3. 

HIMMELSLEITEK,  f.  l)  die  von  der  erde  in  den  Inmmel 
reiclicnde  leiler,  auf  der  nach  l  Mus.  2S,  12  die  cuqel  ijMes  auf 
und  ab  stiei/en.     bildlich,  bczügltcli  der  Jungfrau  Maria : 

wi«  geKrüejet,  hiiuelslü»el, 
himelleiler,  himelüprü^el,' 
an  dir  steic  Adam  von  belle. 

Uaujtls  zeitschr.  8,  283,  242. 

ohne  biblisclien  bezuq :  durch  den  nachthimmel  zogen  nocii 
einige  adicr  nach  dem  moiid  wie  nach  einer  sonne,  und  an 
das  hiinnielgcwolbe  war  die  bimnielleiter  aus  guldaen  sprossen 
von  Sternen  gelehnt.  J.  I'aul  Tu.  4,  144. 

2)  eine  pßanie:  himnielsleitcr,  polemonium  cacruleum,  auch 
griechisciier  baldiian  genannt.  Üre.ntano  ('>,42().  Nemnicii  4,l02l. 
HI.MMELSLEHCHE,  f.  alauJa  arvensts,  ackerlerche.  .Nemmcii 
1,140. 

HLMMELSLICH.  adj.,  $.  himmeUchiich. 
HLMMELSLICHT,  n.    l)  himmlisches,  wm  himmel  kommendes 
lidu: 

wo  »elbst  das  liebe  bimmeliilicht 

triib  durch  gemuhlte  Kcheilieu  bricht!    Götuk  12,  Itl. 

du  ein  blitz  au»  hinimcUlichtc, 

plnnz  von  reincrir  nutur.    Röckkrt  ges.  <jcd.  I,2C'.. 

von  dem  lichte  der  rernvnß,  rrkenntnis : 

ein  wenig  besser  würd  et  i  h)  leben, 

hatid  du  ibm  nicht  den  innieliilichts  gfegeli'n; 

er  nenui«  vernunli  und  Im  il, 

nur  IbicrUcber  ali  jede*  tbicr  zu  *>  in.    Gothb  13,  'i3i 

*ind  von  anbegion 

mir  deine  wort«  bimmeUllcht  gewoseo.    33,  2t7, 


2)  himmelslicht  eigens  mn  der  sonne: 

drum  soll  mein  himmclsticht  {s])richt  gott) 

sein  klares  aiigesicht 

in  itchwarze  trübe  decken 

und  dunkle  wölken  stecken. 

1'.  Geruaru  no.  105,  3  WutAcrii. 

plur.  himmelslichter  werden  sonne,  mond  und  slerne  yenannl: 
die  bcmühung  um  jene  himmelslichler  sei  nicht  etwa  nur  eine 
wissenschaftliche  liebhaberei ,  ein  bestreben  nach  kenntnis 
des  Sternenalls.  GnruE  21,  l'Jl;  alle  himmelslichler  sehen  wir 
durch  refraclion ;  sonne,  mond  und  sterne  zeigen  sich  uns, 
indem  sie  durch  cui  mittel  binduichblicken,  an  einer  andern 
stelle,  als  an  der  sie  sich  wirklich  bciinden.  59,  lü7; 
und  machet  wasserberg  ausz  viMi  wallen  her, 
die  auch  mit  naSSsem  saud  die  himmelsliecliter  spritzen. 

RoaPLKR  71; 
doch  ruf  ich  au  euch  himuiclslichter, 
ihr  werdet  sein  mein  iccliter  richier. 

Mecmark  liiuwälilclten  76. 
die  pünctcnrui'Miige  gestalt  der  himmelslichtcr.    Uruckks  1,453. 
nachbilduny  derselben  auf  dem  Ihealer: 

drum  scliunet  mir  an  diesem  tag 

pruspecte  nicht  und  nicht  maüchiiien. 

(gebraucht  du$  grusz  und  kleine  himmelslicht  (suntif  und  mond), 

die  bieine  durlet  ihr  verschwenden.  Gotiie  12,  17. 

HIMMELSLIEBE,  f.  himmlische  liebe: 

Zion,  da  wir  in  himmelsliebe  brennen.    Rist  Parn.  ü56; 

sonst  stiu'^tc  sich  der  biramelslicbc  kuss 

auf  mich  herab,  in  ernster  sabbaihstillc.    Gutue  12,  45. 

tit  der  form  himmelliebe: 

wann  dein  lieclit  in  mir  briniii, 
so  ist  mein  ganzes  herz  in  hinicdlieh  eiiuundt. 

ROHPLER  34. 

HIMMELSLIEBLICHKEIT,  f: 

ein  bild  von  himmcislieblichkeit.    Bürger  OS'; 

mein  lied  ist  nur  ein  wiederscbein 

der  liimmelslieMichkeit, 

die  {.das  blümelieii)  VVunderhold  auf  grosz  und  klein 

in  thun  und  wesen  streut,      hb'. 

HIMMELSLIED,  n.: 

lasz  himmelslieder  klingen 

mit  lieuden  hier  und  dort.    Rist  htm/,  lieder  2,  136; 
ach,  zu  tausend  bimmelsliedern, 
süszer  träum,  begeisterst  du!     Götuk  5,  14S; 
o  tönet  fort  ihr  süszen  himmelslieder!    12,46. 
HIMMELSLILIE,  f.  iris  germanica,  gemeine  blaue  lilie,  ganeine 
schwertlilu.  Nem.mch  3, 24'J. 
HIMMELSLOHN,  m. : 

himmclslohn  euch,  grosze  seelen, 
in  der  ruhe  heiligthum!     Rürger  78". 

HIMMELSLUFT,  f  in  mehrfachem  sinne. 

1)  dtlier:  es  ist  auch  zugleich  klar,  dasz  der  himmeisraum 
mit  einer  subtilen  llüssigeu  materie  erfüllet  sei,  die  viel 
dünner  ist  als  unsere  luft:  welche  wir  eben  die  himmelsluft 
nennen.  Cur.  Wolke  vernilnfl.  gcdanken  von  d.  würkungen  der 
iialur  284. 

2)  die  reine   luft,   wie   man  sie  unter  freiem  himmel  atmet: 

sie  .  .  .  bewillkominten    sich   in  der  freien  himmelslurt  mit 

entzücken.  Götue  21,41; 

lebet  wohl,  geliebte  bäume  1 
wachset  in  der  hiniinelsluli.     IT,  •:<<. 

nanicnllicfi  das  reine  blau  des  himmets: 

bald  aber  schwärzet  sich  die  heitre  hiumelslufl. 

llAGEnORN  2,40. 

die  Iwheren  luflschichten : 

jclzo  mit  der  krafl  des  siranpos 

wiegt  die  glock  mir  aus  der  grult, 

dasz  sie  in  das  reich  des  klanges 

steige,  in  die  hinunelslult !    .Schiller  iilmkr  421. 

3)  eine  luft  wie  man  sie  sich  im  himmel  als  dem  aufenthalls- 
orle  der  seligen  denkt . 

tlu  mein  eiigel,  komm  von  uolies  throne,  . .  . 

wehe  hinimelslult  und  nngclsruh 

mir  mit  deiner  piilme  tu  !    IIoltt  t3s  llntm ; 

vn  war,  all  wehe  schon 
ein  bauch  von  liiiumelslult  zu  ihm  herüber, 
und  trug  ihn  sanit  empor.        Wiklani». 

HIMMELSLLST,  f.: 

athtne  süüze  hiinnieUlusl, 

hungoiid  an  der  niiilierbriiil.     Stolrirg  I,  113; 

nun  wiinüch  ieli,  dust  die  gante  ""I' 

in  bimniel.vluiit  erwärme, 

wenn  jriler  dai  im  arme  h.'ill. 

was  irli  in  ini'itii'iii  iirnn-      l!-"'  ■'' 


1361 


HIMMELSMÄDGUENSCHAAR 


HDDIELSSCHILD 


1362 


HIMMELSMÄDCHENSCHAAR,  {.  die  huns: 

und  Dun  bringt  ein  süszer  wind  von  Osten 
hergeführt  die  himmelsmädchenscbaar.    Götue  5,  2ö3. 

HIMMELSMA.N.NA,  »i.  ; 

wolleus  der  mutter  gottes  weihen, 

wird  uns  mit  himmelsmanna  erfreuen!    Göthe  12,145. 

HIMMELSMEER ,  «.  der  himmel  als  meer  gefaszl  {vgl.  luft- 
meer  und  oben  himmelmeer): 

dieses  himmelsmeer, 
das  unergründlich  ist.    Brockes  4,466; 
Lieh  sehe)  in  dem  tiefen  himmelsmeere 
sonnen  wälzen,  weiten  drehen.    S,  145. 

HIMMELSMILDE,  f.  l)  milde  des  klimas  {vgl.  himmel  1,4 
sp.  1336):  dasz  in  ansebung  der  himraelsmilde  ein  grüszerer 
unterschied  zwischen  Genua  und  Turin  sei.  Stolbebc  6,353; 

reiche  felder,  breite  wies  und  weiden, 

mächtge  quellen,  süsze  himmelsmilde.    Götue  1,  220. 

2)  himmlische  milde  im  wesen: 

{so  lange)  als  dein  blaues  äuge  dieses  blickes 
allgewalt  bei  himmelsmilde  trägt.    Borger  80*. 

HIMMELSNACHHALL,  wi.; 

diese  seele,  rein  gestimmt, 
himmelsnachhall  iu  den  tiefen. 

RiJCKERT  ges.  ged.  1,  347. 
HIMMELSNÄSZ,  n.  regen  und  thau: 

das  jüngst  gefallne  himmelsnasz.    Brockes  1, 154, 
HIMMELSMSTER ,  vi.   der  im  himmel  nislet,   spoltname  für 
einen   frOmmler:    ir  seit  kein  heiligenfresser,   kein  himmels- 
nister.  Garg.  246". 
HIMMELSORDEN,  m.  .• 

0  Jesu,  das  ist  wunderns  wehrt, 

dasz  du  den  himmels  orden 

zu  lassen  hast  lur  uns  begehrt, 

und  bist  ein  mensch  geworden.    Rist  sabb,  seelenl.  37. 

HIMMELSPALME,  f. : 

ha,  ich  komm,  ich  komme!  seht  mich  fertig, 
eure  (der  heiligen)  rosenlauben  zu  beziebn! 
seid  mit  himmelspalmen  mein  gewärtig, 
und  mit  ewig  blühendem  jasmiu !    Borger  100'. 

HIMMELSPEISE,  f.  himmlische  nahrung: 
also  thun  die  von  Sünden  schand 
hi  keren  zu  der  himelspeisz.     Scuwarzevberg  103". 

HIMMELSPERLE,  f.  himmlische  perle,  bildlich  für  Unschuld: 
und  ach!  zu  sehn,  wie  sie  hinunter  (ins  grab)  stürzt, 
und  ihre  himmelsperle  mit  sich  nimmt.    Blrger  S3*. 

HIMMELSPFAND,  n.: 

als  nun  der  prediger  immittelst  war  gekommen, 
hat  unsrer  obrister  zum  andern  mahl  genommen 
das  iheure  himmelspland,  den  wahren  leib  und  blüht 
des  herren  Jesu  Christ.  Rist  Parn.  B3'. 

HIMMELSPFERDCHEN,  n.  heuschreck,  libellula  grandis,  auch 
goltespferdchen  : 

das  grünliche  himmelspferdchen, 
das  mit  glänzenden  schwingen  auf  farrenkraut  sich  gesezet. 
Voss  1,23  {Luise  1,141). 
HIMMELSPFLLNZLEIN,  n.  ton  den  hindern: 

dasz  sie  {die  hnusväier)  dieselben  himmelspflänzlein, 
ihr  hausschöszlein,  ihr  ehrenkräuzlein 
ziehen  und  schmucken  zu  gottes  ehren. 

FiscuART  nnmanung  zur  kinderz.  21. 
HIMMELS-,  HIMMELPFORTE,  f  pforle  des  hmmels:    von 
gaisllichem  streite  durch  die  engen  himelpforten.  Scbwarzen- 
BERC  152'  am  rande; 

Gabriel  kert  wider  hin 
zu  der  himelporten.     Uhlasd  lolksl.  871; 
zur  himmelspforten  dringen.    P.  Gerhard  1,  8; 
hier  {im  abendmahl)  ist  die  schönste  himmelspfort. 
hier  steht  der  engel  leiter.     Rist  neue  himl.  lied.  1,  31. 

HIMMELSPHANTASIE,  f.  himmlisches  luftgebild: 
aus  Aurorens  goldnem  thor 
schweben  himmelsphantasien.    Borger  28». 

HIMMELSPIEGELND,  pari,  den  lummel  wiederspiegelnd: 
{Herder)  nahm  nur  die  groszen  ströme,  aber  aller  Wissen- 
schaften, in  sein  himmelspiegelndes  meer  auL  J.  Paul  vorsdi. 
der  äslh.  3, 168. 

HIMMELSPLAN,  m.  der  himmel  als  plan  aufgefaszt: 
durch  himmelsplan  die  rothen  wölken  ziehen 
beglänzet  von  der  sonne  abendstralen.  '. 

TiEcr  Oclavian  s.  11. 
HIMMELSPÜMT,  m.:  von  der  erden  bis  an  den  gestirnten 
himmel,  oder  unbeweglichen  himmelspuact  undleitstern  gegen 
mitternacht.  Rutscuky  Palm.  849. 
HIMMELSOUELL,  m.: 

o  bade  mir  die  seele  hell 

in  deinem  reichen  himmelsqueli!    Akudt  ged.  (IMO)  49». 
IV.  u. 


HIMMELSRAIS'D,  ni. :  die  freunde  standen  vor  der  hoflhür 
und  blickten  auf  die  schweren  wölken,  welche  vom  himmels- 
rande  herauf  zogen.  Fbevtag  handschr.  l,  129 ; 

hast  nicht  diese  armen  äugen 
deine  sonnen  oft  genannt? 
sollen  sie  nun  thränen  saugen, 
wie  die  dort  am  himraelsrand? 

RiJCKERT  ges.  ged.  1,  472. 
HIMMELSR AU.M,  m.: 

wachse,  wachse,  blühender  bäum, 
strebend  in  den  himmelsraum ! 

Schiller  Huldigung  der  künste; 
nicht  in  ferne  himmelsräume 
braucht  ich  dichtend  auszufliegen. 

RÖCKERT  yes.  ged.  1,  250. 
HIMMELSRECHT,  n.; 

'    dannenher  ich  {Jupiter)  einverleibe 
diesen  held,  nach  himmelsrechte, 
in  der  götter  alt  geschlechte.    Logad  1,  15. 

HIMMELSROSE,  f    l)  himmlische  rose: 
nach  dir      ist  mir 
süsze,  holde      himmelsrose, 
krank  mein  herze, 
wund  in  selgem  liebesschmerze. 

Ph.  Nicolai  'wie  schön  leuchtet  der  morgenslem'. 

2)  agrostemma  coeli  rosa,  glaller  roden.  Nemnich  1, 121. 
HIMMELSRUHE,  f.  ruhe  im  himmel: 

bis  dasz  uns  gott  thut  geben 

die  ewge  himmelsrub.    Schade  handicerksl.  56; 

himmlische,  selige  ruhe : 

harmonieen  hör  ich  klingen, 
töne  süszer  himmelsrub.    Schiller  Sehnsucht; 
sie  sank  zu  seinen  {des  Marienbildes)  füszen, 
sah  auf  mit  himmelsrub.    Uhlamo  ged.  195. 

HIMMELSRÜSTUNG,  f.: 

so  zieht  dein  engel  mich 

mit  himmelsrüstung  an.    Schl'BARt  ged.  1,  25. 

HIMMELSSAAL.  m.  himmel  als  saal  gedacht: 
der  reichst  und  seligst  dieser  all 
wer  bei  gott  ist  im  himmelssall. 

Kirchhof  ici>n(ftinm.  275»; 
herab  von  seinem  heiligthumb 
und  höchsten  himmelssahl.    Weckherlin  210; 
der  tag  ist  nun  vergangen, 
die  güldnen  sterne  prangen 
am  blauen  himmelssaal. 

P.  Gerbaro  no.  102,  3  Wackem.  ,• 
gott  der  du  den  kloosz  der  erden  {erdball) 
samt  dem  groszen  himmelssahl 
durch  dein  wort  hast  lassen  werden. 

Rist  html.  lied.  56; 
freuden  sonder  zahl 

sind  im  himmelssaal.    Höltt  151  Halm; 
im  dritten  himmelssaal.    Borger  93». 
HIMMELSSACHE,  f.: 
zu  hohem  witz  in  himmelssachen  kommen.    Rist  Parn.  655. 
vgl.  himnielsding. 
HIMMELSSAFT,  ni.; 

dein  wort,  der  rechte  himmelssafl, 

disz  stärket  leib  und  seel.    Rist  himl.  lied.  29. 

HIMMELSSÄULE,  f.,  plur.  himmelssäulen,   columnae  coeli. 
Stieler  4694. 

HIMMELSSCHAR,  f. :  miüaceli  himelschar  Dief.  not.  gloss. 
253"; 

bist  {Jesus)  unter  himmelsschaaren 
so  herrlich  aufgefahren.     Hiller  (t  1769)  geUtt.  lied: 
'wie  lieblich  klingts  den  ohren'. 

HIMMELSSCHATZ,  f,  plur.  himmels?chätze,  bona  cetlestia. 
Stieler  1740. 

HIMMELSSCHEIN,  HIMMELSCHEIN,  m.  himmlischer  schein, 
himmlischer  glänz : 

da  sähe  sie  bei  gott  ihr  liebstes  töchterlein 
samt  ihrer  mutter,  die  mit  einem  himmelsschein 
sehr  herlich  sich  erzeigt.  Rist  Pani.  660; 

und  mein  lager  steht  entdunkelt, 
rings  von  himmelscbein  umglühet.    Arndt  ged.  417. 

bezeichnung  einer  tugendhaften  frau: 

must  ein  so  theurer  schätz,  ein  solcher  himmelsschein, 
in  dir,  o  Hammons  bürg  {Hambunj),  so  bald  vergrabeu  sein? 

Rist  Parn.  655. 
HLMMELSSCHEU,  adj.  scheu  vor  dem  himmel:  an  den  lieben 
hummelscheuen ,    doch  nit  himmeisscheuen  leser.    Fischart 
bienk.  2". 

HIM.MELSSCHILD,  m.    die   sonne   unter  dem  bilde  eines  am 
himmel  stehenden  Schildes,  vgl.  J.  Grimm  mylhol.  s.  665: 
musz  doch  zu  rüste  gehen 
so  oft  es  abend  wird,  der  schöne  himmelsschildt. 
Opitz  2,  283. 

86 


1363     HIMMELSSCHIMMER  — HIMMELSSPUR 


HLMMELSSTADT  —  HIMMELSTEG 


1364 


HBLMELSSCHIMMER,  vi.: 

schatten  hülleii  uns  ein;  aber  von  oben  winkt 

liimmelsscbimmcr,  und  leitet 

durch  die  schatten  die  weiseren.    Stolberg  1,  311. 

HIMMELSSCHLOSZ,  m.    der   himmel   als  schlosz  vorgestellt: 
das  blaue  majestätische  hiiuinelsschlosz.  Butschkt  Palm.  849 ; 
lasz  uns  diu  blicke  lenken 
hinaur  zum  hiromcisschlosz.    M.  v.  Sciienkemdorf  394. 

HIMMELSSCHLÜSSEL,  s.  hiinmelschlüssel. 
HLMMELSSCHOOSZ,  in.: 

ruft  und  locket  uns  zusammen 

in  den  weiten  biounelsschoosz.    P.  Gxruabd  35,  7  ; 

umfängt  mich  nicht  der  weite  himmclsschoosz? 

ScuiLLCR  il.  Stuart  3,  1. 
HLMMELSSCHÜLTER,  f.:    die   sich   für   liechter  der  weit 
lind  Atiantes  oder  himmelsscbultern  ausgeben.  Daniiauer  ei<. 
mein.  29. 

HIMMELSSCHUTZ,  m.  auxilium  coeleste.  Stieler  1948. 
HLMMELSSCHWINGE,  f.  von  der  lerclie: 

gegrüszet  seist  du,  du  himmeisschwinge, 
des  früblings  böte,  du  liederfreundinn. 

Uerder  z.  litt.  3,  17. 
HIMMELSSEGEN,  m.: 

ein  Obdach  gegen  stürm  und  regen 
der  Winterzeit 

sucht  ich,  und  fand  den  himmelssegen 
der  ewigkeit.         Rückert  ges.  ged.  1,  241. 

HIMMELSSENDUNG,  f.: 

das  ist  meine  himmelsseiidung: 

um  dich  spielen  im  gedieht.     RGckert  ijes.  ged.  1,245. 

HIMMELSSINN,  m.. 

eure  brüst  voll  bimmelssinnen 

lachte,  wann  ein  kotig  wurm 

eures  geistes  hohen  ziniien 

böte  spöttisch  einen  stürm.    Locau  2,214; 

das  klare,  himmelblaue  (äuge), 
das  so  heilig  sein  :  vertraue 
meinem  himmelssinne !  spricht.    Borger  74*. 

HIMMELSSITZ,  m.  regnum  coelorum.  Stieler  2037. 

HIMMELSSOHN,  m.  von  einem  engel: 
hört,  es  mischt  in  eure  Jubel 
sich  der  himmelssöhne  chor.    Rahler  2,  42. 

HIMMELSSONNE,  f.  sonne  am  himmel: 
und  du,  0  reine  himmelssoniie, 
erfüllst  seit  langer  zeit  zum  erstenmal 
mein  herz  mit  süszer  frühlingsvvoune. 

GöTUK  47,  29  (vgl.  57,  132). 
goU  wird  so  genannt : 

die  himmelssonn 

und  herzenswonn 

ist  unser  hirt, 

der  grosze  wirt 

und  lierr  der  ewgen  weiden. 

P.  Gerhard  no.  125,  8  Wackern. 
HIMMELSSPHÄRE,  f.: 
ein  süszer  blick, 
ein  wink,  ein  nick, 

reiszt  mich  zur  himmelsspbäre.     Höltt  202  Halm, 
tm  plural: 

ich  hörte  die  musik  der  himmeUsphären.    134. 
HIMMELSSPIEGEL,  vt.    das    mter,   als   den   himmel  wieder 
sjnegelnd : 

die  ebne  fläche  scheint  aus  einem  nicht  abzusehendem  snpphii 
ein  glatt-formirter  himmelsspiegel.  Hrockes  7,  91 ; 

absonderlich  empfängt  die  lluht,  als  ein  polierter  himmels- 
spiegel, 
den  hellen  glänz  gedoppelt  helle.    183. 

HIMMELSSPRACHE,  f.: 

als  wollt  ich  suchen  das  gelohte  land, 
wo  jene  himmelssprache  der  musik 
gesprochen  würde.        Uhland  ged.  105. 

himmelssprOszlein,  «..- 

iiiiil  ili(-  il.iii(l,i)  zu  lei'.t  »rott  gar  versetzt 
'  ,  ,  ,   .-ta, 

iiiii'is.sprAszIcin, 
■      '  !      Nsohoszleiii. 

liACHART  ilichl.  3,  204  Kuri  («nm. 
zur  kiiidc'ii.  47). 
HIMMELSSPUU,  f.    1)  tpur  nacii  dem  himmel: 
hall  ich  tauhciilluKel  nur, 
ei  M  ward  ich  un(«t6iimt  kommen  auf  die  liimniolsspiir! 

biANDT  bvrirht  vom  leben  Taubmanii»  8(i. 

2)  tp*T  MM  der  einwtrkung  des  lummels ,   der  fruhltngssonne : 
die  neiibnIebtRn  fliirrn, 
g««rlimiickt  mit  himmelinpiirGn, 
umlliclii  der  liebe  kränz.     Fa.  Schlioel  ywl.  358. 

9)  wenn   der  hutcli    mit    tetuem  gewrih  an  rinrr  .slange  oder 
Ml  tmtm  hueh  gerieben  hat,   duti  man  et  tehen  kann,  so  wird 


solches  von  einigen  Jägern  hiimneisspur  genannt,     ebenso,  wenn 
der  hirsch  an  sommcrmorgen  in  laub-  oder  busclihülzern  zu  holze 
gegangen   ist,    und   durch   das   wenden   des  kopfes  das  laub  mü 
seinem  giluirne  verwirrt  hat.  Jacudssu.n   2,  258*. 
HIM.MELSSTADT,  /.  himmel  als  sladt  vorgesUlit : 
der  die  hohe  himmelsstat 

weisziich  aufgebawet  hat.    Opitz  psalmen  s.  252; 
öffne  mir  die  perlenthoren, 
0  du  schmuck  der  iiimmelsstadt. 

Cur.  Dkszler  (f  1722)  anf.  eines  geistl.  liedet 
Stadt  im  himmel: 

und  wie  sie  (jene  schönen  teilen)  noch  in  alten  liedern  leben, 

so  will  er  sie  wie  eine  himmelstadt 

in  golduen  wölken  auf  die  erde  setzen.    Schiller  ^'uny/'r.  1, }. 

HIMMELSSTERN,  m.  stern  am  himmel: 

und  in  frieden  schau  ich  wieder 

zu  den  himmelssternen  auf.    R.  Reinice  lieder  145; 

inusztc  er  unbedingt  über  die  seligen  gefühle  sprechen,  die 
der  Zauber  der  beiinat  in  ibni  erweckt,  dieser  unvergänglich 
strahlende  biiiuiielssleru  im  dunkel  des  armen  irdischen  lebeos. 
voUcsblalt  ßr  sladt  u.  land  1867  s.  IUI. 

HIMMELSSTI.MME,  f.  stimme  vom  himmel,  z.  b.  der  donver: 

sie  im  liefen  schlaf  zu  stören, 

wandle  naher,  himmclsstimme !    Gütub  11,174. 

himmlisch  tönende  stimme:  im  Gieszener  anz.  v.  1870,  13.  aug., 
werden  musViwerkc  und  spkldosen,  mit  und  ohne  glocken  und 
trommel ,  castagncitcn ,  himinelsstimmen,  mandolinen  zum 
verkauf  ausgeboten. 

HIMMELS-,  HIMMELSTRAHL,  m.  strahl  vom  Mmmel: 

uns  glücklichen  sei  sie  (die  liebe)  ein  himmelsstrahl, 
der  uusrer  herzen  innersti-s  verklart. 

Kl.  Scuhidt  iioet.  briefe  122; 
du  leuchtend  über  berg  und  thal, 
von  haupt  zu  füszcn  alzumal 
von  huld  ein  einzger  himmcistral ! 

RÖCKKRT  ges.  ged.  1,259; 
es  steht  allein  vor  meinem  sinn 
ein  himmelstral  der  frauen.    2b0. 

HIMMELS-,  HIMMELSTRASZE,  f. : 

wenn  sie  (die  sonne)  im  strahlenwagen 
einher  an  blauer  himmelsstraszc  zieht.    BCrger  55'. 

in  geisllichem  sinne,  wie  schon  mhd.  himelstrlje:  einer  der  aus 
luuler  trägheit  die  hinimelstraszc  nicht  lauieo  mag.  Simpl. 
3,424  Kurz; 

wollen  wir  ghcn  di  himelstrasz. 

Sciln'ARZENBERC   155*.    130*. 

HIMMELSSTRICH,  HIMMELSTRICH,  m.  erdstrich  unter  einem 
gewissen  theil  des  himmels,  namentlich  bezüglich  des  Idimas:  Theo- 
phrast  konnte  sich  in  seinem  neun-  und  neunzigsten  jähre 
noch  immer  nicht  genug  verwundern,  woher  unter  demselben 
himmelsstriche,  und  bei  derselben  erziehiing  die  inenge  von 
verschiedncn  churaktcrn  herkäme.  Heinse  Ardingh.  2,204; 

was,  schöner  enget,  willst  du  hier?  bei  pfafleu 
und  pfan'eiizucht?  das  Ist  kein  bimmcisstrich 
für  solche  blumen.      Scuiller  Karlos  2,8; 

CS  ist 
ein  fremder  zweig,  mit  nachgeahmtem  süd 
in  einem  rauhern  bimmelsstrich  getrieben.    2,  lö; 

0  besser!  besser!  sie  lassen  himmelsstriche  uns  treonen. 
kab.  u.  liebe  4,  7 ; 

es  sind  des  sanges  himmelsiriche 

wol  dem  gebiet  der  aumuth  gleich. 

RGcEERT  ges.  ged.  1,  276. 
IIIMMELSSTUBE,  /.. 

so  hegt  auch  mancher  gott  sein  thier, 

selbst  in  der  himinelsslube. 

Zeus  dulill  mit  >eiiifni  adirr  schier, 

wie  ein  quiiituncrbubu.      Döruer  27'. 

HIMMELSSÜHNE,  f.: 

kommt,  und  tragt  ihn  zum  altar! 
stellt  unter  opfern  ihn  zur  himmelssübne  dar! 
Cutter  2,  186. 
HIMMELSTAFEL,  f.: 

deine  lioilgKn  illn  sirh  dir 
hier  ergeben  liir  und  lur 
mögen  oben  ;im  der  spitzen 
deiner  himniebtalcl  sitien. 

P.  Gerhard  ho.  :Wi,  3  Wackern. , 
(ich)  wart  auf  jene  znlinn, 
in  »pirhrn  tili,  n  lohensfiirst, 
mich  samt  den  iiiisi-rnahlii'ii  wir.tt 
lur  himmeUtafei  leiten.     Jukt.  Sirrrr  (t  lOM)  ^tnttl. 
(Md.-  'ieh  kom  jelu  al»  iiin  •rmer  gatt '. 
HIMMELSTEG,  m..- 

o  du,  war  loben  und  der  »eg. 
lait  un«  tum  waren  himniFUioK. 

i'tscuART  (iiciUHttgen  i,  146, 10  Kurt. 


1365      HIMMELSTEIGEN  —  HIMMELSTIEFE 

HIMMELSTEIGEN,  n.  aseensio  in  eoelum:  so  sei  sein  leiden, 
anferstehung.  hellenfart  und  himmelsteigen  alles  also  Zugängen. 
Atrer  proc.  2,10; 

■wie  auch  nach  Christi  himmelsteigen 
aufstiegen  die  vermeint  gelehrten. 

Fischart  ctichtungen  2,  340, 313  Kurz. 

HIMMELSTEIGEND,  fiart.  zum  himmel  aufsteigend: 

grenzloser  ozean,  wie  brausest, 
donnerst  du  in  allen  weiten !  wie  wandelt  auT  dir, 
der  dir  himmelsteigende  wogen  gebeut, 
und  ebne  stille.        Klopstock  2,  17; 
das  ist  also  die  frucht  des  himmelsteigenden  baumes? 

153; 

also  scholl  es  hinaur  in  den  himmelsteigenden  tempel. 

5,  37S; 

schnell,  wie  gedanken  der  himmelsieigenden  andacht. 

6,  170. 
HIMMELSTELLE,  f.: 

ihr  habt  das  lähr-ampt  hie  recht  ätiferig  rerrichtt, 

seit  darum  albereit  in  hohen  himelstellen, 

glänzt  sternenhell,  und  schaut  des  höhsten  angesicht. 

ROIPLER    UK). 

HIMMELSTENGEL,  m.  genliana  vema.  frühlingsenzian. 

H1MMELSTH.\U.  m.  l)  rom  himmel  fallender  thau:  der 
mensch,  wann  er  des  morgens  den  himmeltau  auf  die  kreuter 
und  blumen  triffen  {triefen)  sihet.  Bltschkt  kanzl.  434.  als  bild 
in  geistlichem  sinne:  die  kirchenlehrer  vergleichen  das  kloster- 
leben mit  einer  perlenmuschel,  wann  nemlich  die  keuschen 
und  mit  dem  himmelstau  erhaltenen  seelen  sich  in  den  rauhen 
Zellen  enthalten,  und  ihren  glänz  inwendig  verbergen.  Pa/m.  232. 

2)  pflanzenname ;  a.  des  panicum  sanguinale,  blullarse:  him- 
meltau, himmelstau  ScHM.  2. 197;  himmelthau,  erbsen,  linsen, 
und  dergleichen  provision.  Hohberc  1,  202',  und  b.  der  festuca 
fluitans,  mannagras,  mannagrülze,  sonst  aiuh  floUgras,  sehieim- 
mender  schwinget.  Nemsich  2, 1611. 

HIMMELSTHEIL,  m.: 

nach  welchem  himmelstheile 

flieht  ihr  (tcolken)!    Zachariä  2,  289. 

HIMMELSTHOR,  n.  mhd,  himeltor: 

von  selber  sprang  das  himmelsthor,  bewacht 
VCD  stunden,  auf.    Bcrger  167*  {Utas); 

ich  schllesze  dir  auf 
das  himmelsthor.    H.  Hei!«e  19,316; 
klopfen  sogar  ans  himmelsthor, 
bis  da  sankt  Peter  mit  vertrauen 
erlaubt  durchs  Schlüsselloch  zu  schauen. 

R.  Reiihck  lieder  255. 

HIMMELSTHRÄNE,  f  der  regen : 

zwar  rausch  ich  (Elh^trnm)  durch  blühende  lande: 

noch  kehrte  mir  keine  der  wellen  zurück, 

und  einst  verrinn  ich  im  sande, 

wenn  die  himraelslhräne  nicht  länger  schwellt. 

Körner  1,  142. 
HIMMELSTHRON,  m.,  mhd.  himeltron: 

des  thu  mir  deine  hülfe  schein, 

dn  himellsche  kaiserin,  .  .  . 

gegen  gott  in  dem  himelthron.    fastn.  sp.  948,  1 ; 

bei  gott  im  höchsten  himelthron. 

Scbwarze:irir6  158*; 
es  wolt  ein  Jäger  jagen, 
er  jagt  vom  himelstron.    Udlasd  volksl:  875; 
die  götter  sanken  vom  himmelsthron. 

ScBiLLCR  die  vier  weltalter, 
auch  nur  rom  ort,  ro  der  himmelsthron  steht,  himmel: 
den  mach  got  sorgen  frige, 
schlüsz  inen  uf  den  himehron ! 

LiLisüCRON  volluL  2,  24,  6. 

HIMMELSTHLR,  f.,  mhd.  himeltür: 
bis  Jesus  Christus,  gottes  söhn, 
die  himraelihür  selbst  aufgethan. 

Iiimmeti)löclilein,  d.  i.  catliol.,  auszerles,  geisll. 
gesäng  {nniingen  1667)  ».274; 
schon  lange  zeit  entbehr  Ich  im  gefängnis 
der  kirche  trost,  der  sacramente  wohlthat, 
und  die  mir  krön  und  freiheit  hat  geraubt,  .  .  .  wird  mir 
die  himmelsthüre  nicht  verscblieszen  wollen. 

Schiller  U.  Stuart  1,  2. 
spriclm  örtlich :   da  gehls  schon  zu,  wie  vor  der  himmelsthür, 
so    drängt    man    und    stiiszt   man   tuid  ist  fröhlich.    Felder 
sondert.  1,  220 ;  bildlich  {in  bezug  auf  ein  haus,  das  eine  gelieble 
birgt)  : 

verdammt!  da  kriecht  der  alte  drache 
schon  wieder  vor  meiner  himmelsthür:     Körner  3,  221. 
HIMMELSTIEFE,  f: 
es  rühret  alles  sich  durch  ihren  {der  sonne)  iebensschein, 
sie  füllt,  durchdringt,  und  nimmt  die  himmelstiefen  ein.' 

Brociis  3,  371. 


HIMMELSTOCHTER  —  HIMMELSWAGEN     1366 

HIMMELSTOCHTER,  f.: 

hier  im  schauer  tiefer  todtenstille, 

wo  die  himmelstochter  andacht  wohnt.    Bcrger  95\ 

dasz  er  nicht 
soll  irre  werden,  wenn  des  staubes  Weisheit 
begeisterung,  die  himmelstochter,  lästert. 

Schiller  kartos  4,  21 ; 
heiige  Ordnung,  segenreiche 
himmelstochter.        glocke  v.  301. 

HIMMELSTON,  m.  himmlischer  ton.  Körper  3,161;  rom  hmmel 
kommender  ton;  in  bezug  auf  den  chor  der  enget: 

was  sucht  ihr  mächtig  und  gelind, 

ihr  himmelstöne,  mich  am  staube?    Göthe  12,45. 

HIMMELSTRANK,  m.: 

ich  schmeckte  lauter  nichts  als  süszen  himmelstrank. 

Rist  Pam.  660. 
HIMMELSTURM,  m.  stürm  auf  den  himmel.  auch  einer  der 
den  himmel  stürmen  will:  {Falk)  trägt  jetzt,  nachdem  er  seine 
stumpfgeschriebene  feder  niedergelegt  hat,  eine  dreifarbige 
cocarde  und  einen  groszen  säbel  an  der  seile,  und  ein  ge- 
waltiges dreieck  auf  dem  köpfe,  wie  ein  leibhafter  himmel- 
sturm.  Fernow  in  Böttigers  litt,  zustand.  2.  276. 

HIMMELSTÜRMEND,  pari..-  der  titanisch-gigantische,  bim- 
melstürmende sinn  jedoch  verlieh  meiner  dichtungsart  keinen 
stoß.  Gütbe  26.316. 
HIMMELSTCRMER,  m.; 

es  hat  sein  blut  vergossen 
das  himmelstürmer  par  (Ephialtes  und  Olus).    Opitz  1,  97. 

von  den  atheislen: 

ach!  alle  diese  stimmen  klagen 

euch  himmelstürmer  an.    Götter  1,  403. 

HIMMELSTÜRMEREI  ,  f:  die  fahrt  der  Argonauten,  die 
belagcrung  von  Troja,  die  himmelsstünnerei,  and  alle  jene 
fabeln,  die  in  der  gescbichte  ihren  ursprang  haben.  Herder 
z.  litt.  2.235. 

HIMMELSTÜRMERISCH,  adj.  und  adv.  Gertirds  gesdi.  d. 
nat.  litt.  1,  549. 

HIMMELSTCRZEND.  pari. : 

die  bäume  des  waldes  .  .  .  beugen  sich  alle 
vor  dem  herrschenden  stürm,  der  donnerwolken  und  fluten 
himmelstürzender  meere  von  berge  treibet  zu  berge! 

Klopstock  5,  269. 
HIMMELSTÜTZEND,  pari. : 

0  töchter  Bambos,  wozu 
treibt  euer  Verhängnis  euch,  von  Kaschmir  bis  zu  den  höhen 
.    des  himmelstützenden  Atlas?    Wielasd  4,  214  (n.  ^imad.  9, 24). 

HIMMELSÜBERMACHT.  f.: 

ein  solches  meer,  solch  einen  schacht 

von  regungen  und  trieben, 

solch  eine  himmelsübermacht 

zu  fühlen  und  zu  lieben.    Rückert  ges.  ged.  1,389. 

HIMMELSÜCHTIG,  adj.:  die  jngend  ist  äuszerst  himmel- 
süchtig, am  besondersten,  wenn  sie  verliebt  ist.  Hippel  9,251. 

HIMMELSCNDE,  f  grosze  .^tnde  {vgl.  himmel  L  2  sp.  1334) : 
ist  himmelsünde,  so  schönes  gehege  und  so  wenig  pflegung. 
Fr.  Müller  3.  39S. 

HIMMELSÜSZ,  adj.:  und  auf  einmal  ßel  sie  in  die  alte 
himmelsüsze  melodie  ein.  Göthe  16,140;  der  himmelsüszen 
stunde  des  Wiedersehens.  Fr.  .MCller  {erzählungen  rom  maier 
Müller  .t.  26). 

HIMMELSVATER,  m.  pater  coelestis.  Stieler  531:  wollen 
hinauf  zum  himmelvater  beten.  Fr.  MCller  3,406; 

so  will  ich  freudig  vor  aich  treten, 
mein  himmelsvater  fromm  und  gut. 

Arndt  ged.  (1840)  521. 
HIMMELSVERWANDTER,  m. : 
folget  gesandte, 
himmelsverwandte, 
gemächlichen  flu^.    Götbb  41,  325. 

HIMMELSVOGEL,  m.  der  paradiesrogel ,  paradisea  apoda. 
Nemnich  4.  S58. 

HIMMELS-,  HIMMEL  VOGT,  m.  von  gott: 

der  grosze  himmelvogt,  der  diesem  armen  leben 
euch  fürsten  zum  behülf  und  retiung  hat  gegeben. 
Opitz  2,  iu. 
HIMMELSVOLK,  HIMHELVOLK,  n. :  himmelsvölker  eoelites. 
Stieler  2387; 

Apollo  hat  das  lied  selb  Selbsten  aufgesetzt, 
das  auch  das  himmelvolk  fürs  allerbeste  schätzt. 

Flimiko  45, 64  iMppenb. 
HIMMELSWAGEN.  HIMMELWAGEN,  m.    l)  der  vagen  am 
himmel,  stembild ;  mhd.  himel wagen  (Leier  1,1290): 
eher  riszt  ihr  einen  stem 
vom  himmelwagen,  als  ein  dorf  aus  diesem  reich, 
dem  unzertrennlich  ewig  einigen  I    ScniLLRR  ^'vn^^r.  2,7. 

S6* 


1367    Himmelswasser — hddielszelt 

2)  «11/  einer  decke  versehener  vagen,  gcdecklc  kulsche  {vergl. 
himmel  II,  5  sp.  t34l): 

ich  bring  dir  hie  mit  pold  beschlagn 
ein  weis  behangnen  himelswagn. 

B.  RiNGWAi.n  Ir.  E.  L'*; 

auf  den  gassen  wurde  laut  an  den  fcstgciüsten  und  hiinmel- 
wagen  für  die  fürslenbraut  gezimmert  und  die  fertigen  rüder 
wurden  prüfend  gerollt.  J.  Paul  tüan  3,  80. 

HIMMELS-,  HIMMELVVASSER,  m.  der  regen:  ein  gemeiner 
kännel,  so  beider  naclibarn  hiinmehvasser  auszfübret.  Franl.f. 
ref.  vm.  8   §  to. 

HIMMELSWEG ,  m.  Her  ad  superos.  Stieler  2455.  auch 
himmlmch  schüner  weg.  J.  Paul  Tüan  2, 42. 

HIMMELS-,  HIMMELWEIN,  m.  ; 

ja  soll  auch  Pallas  selbs  .  .  . 

mit  himmelwein  und  -broih  mich  dränken  und  mich  speisen. 

VVeckhbrlin  C53. 

HIMMELSWEISHEIT,  f.: 

und  die  gelehrten  stritten  scharf, 
und  waren  ilira  zuwider; 
allein  die  himmelsweislieit  warf 
die  irdische  darnieder.     Kürger  45'. 

HIMMELS  WELT,  f.: 

bis  endlich,  wenn  es  gott  gefällt, 

mein  stiindlein  auch  erscheinet, 

und  in  der  schönen  himmelsweit 

auf  ewig  uns  vereinet.    J.  M.  Miller  ged.  36; 

ach,  ich  seh  dich  jetzt  noch  vor  mir  stehn, 

wie  du  mir  mit  diesen  engelsmienen 

wie  aus  ferner  himmelsweit  erschienen.    Körner  2,67. 

HIMMELSWINK,  m.: 
durch  einen  himraelswink,  dem  schnell  die  wölke  wich. 

IIerper  an  Caroline  Flaclisland  1,139. 

HIMMELSWISSENSCHAFT,  f--' 

doch  seines  glaubens  wunderkrafl 
und  seine  himmelswissenschaft 
verdrosz  die  schulgelehrten, 
die  erdenweisheit  ehrten.    Bürger  45'. 

HIMMELSWOHNER,  ni.; 

vom  verklärungsglanze  schon  umflossen, 

der  um  himmelswohner  strahlt.    Mattuisson  ged.  3. 

HIMMELSWOLKE,  f. :  wie  der  rudernde  schiffer,  welcher 
das  äuge  nach  unten  richtet,  doch  die  himmelswolken  im 
Widerscheine  der  fluth  erkennt.  Frevtac  handschr.  3,  325. 

HIMMELSWONNE,  f.  himmlische  tconne,  ni/irf.  himelwunne: 
ich  habe  sie  in  ihrer  ganzen  himmelswonne  geschmeckt  diese 
Sünde.  Göthe  16,180;  mein  herz  fühlt  dadurch  nur  desto 
süszere  himmelswonne.  H.Heine  1,198; 

hier  (im  busen)  sind  lauter  himmelswonnen, 

ist  es  so  nicht  auch  in  dir?    Rdckert  ges.  ged.  1,436. 

HIMMELSWUNDEH,  n.  plur.  portenta,   ostenta  coelica,   aerea 
miracula,  lußwunder.  Stieler  1391. 
HIMMELSWÜNSCH,  «i.; 

wandelt  sie  beim  hohen  festchoralc 

durch  den  tempel  zu  des  herren  mahle, 

huldigung  und  himmelswunsch  im  blick, 

0  so  wähn  ich  goties  braut  zu  schauen.    Borger  5*. 

HIMMELSZEICHEN,  n.  l)  die  zwölf  bogen,  woiein  die  ehliplik 
qetheiU  wird,  und  die  man  sonst  auch  dodecatemoria  zu  nennen 
pfleiß;  auszerdem  die  zeichen  des  Uiicrkreises.  malh.  lex.  (1717) 
1,G56;  also  ist  diu  sunne  in  dem  himelzaichen,  da;  ieo  liniirl. 
Nece?iberc  144,33. 

2)  was  himmelsspur  3  (sp.  1364).   iceidsprüche  36. 

HIM.MELSZELT,  n.  himmel  unter  der  Vorstellung  eines  zeltes, 
wozu  das  biblische  bild:  du  breitest  aus  den  himel,  wie  einen 
leppicb.  p$,  104,2  verglichen  werden  liann ; 

wa«  will  doch  wol  nach  dieser  weit 
dort  in  dem  reichen  himmelszelt 
und  giildnem  schlösse  werden? 

P.  Gerhard  ho.  103,9  W'nckrrn.i 
ich  wünsch  euch  allen  zum  beschlusz 
euren  feinden  zum  verdrusz 
glOck  und  segeii  auf  der  weit 
und  hernach  das  himmelszcitl 

SciiADR  linmlicerkst.  102; 

hoch  Ob«rm  niedern  erdcnleben 
«oll  sie  im  blauen  himmelszeli, 
die  nachbarin  de«  donnern,  schweben. 

Schiller  gtocLr 
ich  hin  der  falk  der  i(ei<icrwoll, 
«ninolm  dfra  olTncn  himmeluzplt.    RBckkrt  S26; 

drum  rufen  wir   ■  !it  der  weit, 

er  wolle  von  <i  /i'll 

nur  heil  und  n  nun 

hier  iibrr  die.  .  ,,,mm    11..11,.     I'ULAKH  ijcd.  C2. 


HLMMELSZIEGE  — HIMMELWEIT        1368 

HIMMELSZIEGE,  HIMMELZIEGE,  f.  scolopax  gallinago,  vgl. 
himmtlgeisz  oben  sp.  1345.  der  pfuhlschnepfe  oder  himmels- 
ziege.  HuHBERG  3,3,324*; 

in  der  höhe  sieht  man  lliegen 
guggug,  staare,  nachtigallen,  hänfling,  amseln,  himmelziegen. 
Chr.  Weise  curiöse  gednnken  von 
(tenlsclien  versen  43. 
mit  bezug  auf  ihre  helle  stimme  sagt  ein  diener,  den  seine  herrin 
einen    holzbock   gescholten:   wer    wil    mich  denn  vor  ein  holz- 
bock ansehen?    es  lacht  und  lebt  alles  an  mir,   ich  düchle 
ich   wolle  mich  eher  vor  eine  himmelsziege  verkaufen,  büse 
Catharina  4,  7. 

HIMMELSZIER,  f: 

zu  dir  {.lenu)  komen 
alle  frommen, 
gnade  gottes,  himmelszter 
wohnt  in  dir. 

ijciHl.  lied:  'sei  gegrüszel,  schönste  blume\ 

HIMMELSZWANG,  m. ;  Sternen-  sive  himmelszwang /a/urn 
Stieler  2666. 

HIMMELTRÜNKEN,  part.:  wenn  ich  in  eure  grosze  himmel- 
trunknen  äugen  wieder  werde  schauen  können.  J.  Paul  uns. 
löge  3,  183. 

HIMMELUM,  adv.: 

himmclum  flog  er  in  schweifenden  wünschen, 
hoch  wie  die  adler  in  wolkigter  höh. 

Scuiller  teiclicnphantasie. 

HIMMELVERSCHLINGEND,  parf.; 

und  in  den  himmelverschlingenden  welleni 
scheitern  die  erden,  die  sonnen  zerschellen. 

Stolberg  1,  134. 
HIMMELVOLL,  adj.  voll  von  seligkeil: 

wenn  du  das  himmelvolle  gefühl 
deiner  allgegenwart 

mir  in  die  seele  strömst.    Klopstock  1,  128; 
0  der  grosze,  der  tiefe,  der  himmelvolle  gedanke, 
dein  gedanke,  .lehovah :  du  schufst!       4,  113; 

mit  inniger  liebe,  mit  himmelvollem  gefühl.    214; 
ach,  kaum  fasset  mein  herz  den  gedanken  des  süszen  Ver- 
langens, 
Abraham  riefs,  den  himmelvollen,  den  wonnegedanken. 

5,  163 ; 
so  harret  denn,  brüder, 
dieses  reicheren  maszes  der  himmelvollen  erbarmiing. 

6,183; 
wie 
harfentöne  in  einander  spielen 
zu  der  himmclvollen  harmonic.    Schiller  räii/ter  3, 1 . 

voll  vom  himmel,  von  gott: 

ich  sonderte  die  wahren  priester  ab, 
denn  mancher  himmelvolle  Fenelon 
lebt  noch  in  jeder  kirche  hie  und  da. 

Stolberg  jamben  41. 
HIMMELWANDELND,  pait.  ; 

alles  unter  dem  monde, 
unter  der  himmelwandelndcn 
sonne.       Stolberg  1,220; 
(nordsec),  wiege  der  allerleuclitenden 
sonne,  des  himmelwandelndcn 
mondes.  1,  177. 

HIMMELWÄRTS,  adv.  gegen  den  himmel  gerichtet,  dem  liimmel 
zu:  himmel-,  wölken-  sivc  sternenwärts,  ad  aethera,  coelum 
versus.  Stieler  2439; 

die  äugen  starrten  himmelwärts.    Hültt  18  Halm: 
nicht  Paris  klage  an!  da!  zürne  himmelwärts! 
die  göttcr  sinds,  die  Trojas  fall  beschlicsten  ! 

Schiller  Zerstörung  von  Troj}  lOH ; 


sieh  jene  eiche,  die  dem  weiter  trotzt, 
und  himmelwärts  die  raächtgen  zweige  sendet. 
Kür;<xr  3,  47. 


namentlich  audi  dem  himmel  zu,  als  aufenlhalt  der  seligen: 
mund  und  ohr  gefesselt  —  nacht  vor  unsern  blicken  — 
und  der  gcist  gewirbelt  himmel«  uns.     Scmillrr  räuber  3,1; 
deiner  band  berühren 
rclsit  mich  himmelwärts.    Götter  1,230; 
wenn  die  (Veudcn  all  enL^chliofen 
oder  flohen  himmolwäris.    IIückrrt  31$. 

HIMMELWEIT,  adj.  und  adv.  weit  wie  der  himmel: 
die  sonne  musr  stets  gehen, 
der  himmel  walzet  »Irli,  die  sec  kan  nimmer  stehen 
so,  konig,  biit  auch  du:  dein  sinn  ist  himmclweii, 
i<<t  al<  die  üonne  klar,  Ist  als  die  mcere  breit    Oi-itx  1.  i; 

in  der  blminelweiten  aussieht.  Gothk  21,  59.  auch  verstärktet 
weit  (vgl.  himmel  1,2  .vp.  1334).  namentlich  in  der  formet  hiininel- 
writ  ver«rbirden  m.  d/in/. .  indem  sie  in  ansehung  des  piin- 
cip«  biinrtielwcit  auscinnmliT  sind    Kant  :i.  :i'JO  :   die  chrlicbc, 


1369 


HIMMELZE  —  HIMMLISCH 


ni>IMLISCH  —  HßniLITZE 


1370 


eine  von  der  ehrsucht  himmelweit  yerschiedene  denkungs- 
art.  5, 249 ;  es  war  ein  anderes ,  ein  himmelweit  von  ihr 
unterschiedenes  wesen.  Göthe  20,38;  das  leben  Franklins 
sprach  im  allgemeinen  denselben  sinn  aus.  im  besondern 
himmelweit  von  jenem  (/eten  JoAn  ^«n/e«)  verschieden.  32.130; 
der  gegenwärtige  fall,  die  gegenwärtige  Vorrichtung  ist  doch 
von  jenen  himmelweit  unterschieden.  59,  SS ;  Vreneli  war 
himmelweit  von  einer  kopfhängerin.  J.  Gotthelf  Uli  d.  pächter 
(1870)  122;  eine  ergebung  in  seine  läge,  von  der  Uli  in  letzter 
zeit  so  himmelweit  entfernt  schien.  258. 

HIMMELZE,  f.  decke  eines  zimmers  und  traghimmel,  baldacMn; 
ahd.  himilizi,  gihimilizi,  mlid.  himelize.  rergl.  Lexer  1. 1285. 
laquear  himellizze,  himelz,  nd.  hemelte  Dief.  31S';  tabulalum 
tilpawm  1.  himlitz  5Tl';  velamentum  deckschinii,  sperlach, 
hymelitz  609";  die  himmeltzen  oh  einem  bett,  conopeuvi  Maa- 
LER  222';  noch  jetzt  schweizerisch  die  himmlelze,  decke  eines 
zimmers,  betthimmel,  gewOlbe  in  einer  ürcbe; 

ein  sydea  bymmelts  draget  ob. 

McR^ER  genehm.  (1519)  Biij*. 

Im  niederl.  ist  bemel,  ghehemelte  des  mondts  caelum  oris, 
palatum  (Kilian);  vergl.  über  die  berühning  der  bezeichnungen 
für  himmel  und  gaume  J.  Grihh  in  Haupls  zeilsehr.  6, 541. 

HIMMELZEN,  verb.  s.  himmlitzen. 

HIMMERN,  rcrb.  tciehern:  da  er  nach  dem  rühm  wie  ein 
muthiges  geiles  rosz  himmerte.  Lcther  br.  1,512.  ßr  widiem 
gilt  sonst  hinnern  (Dief.  277'),  vgl.  unten  hinnen,  während  laul- 
verbindungen  die  näher  an  himmern  stehen,  weinende  menschliche 
töne  ausdrücken:  hennebergisch  himpern  halblaut  klagen.  Fromm. 
3,133;  schles.  himpern  klagend  verlangen.  Weinhold  35*  {rgl. 
an  alphabetischer  stelle);  in  Tirol  himpfern  schluchzen  vor  weinen. 
Frommas:«  6,161;  bairisch  himpezen,  himpelzen ,  himpfezen, 
hirapfelzen  vor  und  nach  dem  weinen  schluchzen  (von  kindem). 
ScHM.  2.197;  auch  niederd.  hymen  keichen,  sclurer  alem  holen. 
RicöEY  95,  fällt  hierher. 

HIMMLISCH,  adj.  und  adv.  dem  himmel  ziigehOrend ,  ahd. 
himilisc,  mhd.  himelisch. 

1)  dem  natürlichen  himmel  zugehörig:  das  himefisch  gestirn, 
astra  aetherea  Maaler  222';  die  zwölf  himmlischen  zeichen, 
Signa  zodiaci  Frisch  1,453';  bete  auch,  dasz  uns  die  himm- 
lischen wölken  günstig  bleiben.    Göthe  an  Larater  39. 

2)  dem  himmel,  als  aufenthalt  gottes  und  seiner  heiligen  zu- 
grhörend:  darumme  sult  ir  volkomen  sin,  alse  ouch  fiwer 
himelische  vatir  volkumen  ist.  Behaims  evang.  buch,  Matth.  5, 48; 
so  wird  euch  ewer  himlischer  vater  auch  vergeben.  Lütber 
Matth.  6, 14;  und  als  bald  ward  da  bei  dem  engel  die  menge 
der  himelischen  heerscharen.  Luc.  2,12;  zu  der  stad  des 
lebendigen  gottes,  zu  dem  himlischen  Jerusalem.  Ilebr.2,vi; 
wann  meines  weltlichen  herren  feind  auch  mein  feind  ist. 
wie  viel  mehr  dan  ists  meines  himmelischen  herren  feind? 
Zimrcref  apophlh.  1,357; 

alle  himelische  masseni 

machen  uns  schaden  und  schänden  fri. 

Uhla!<d  Tolksl.  818; 
mit  Marien,  der  himelschen  künigin.    824; 
0  Maria,  du  himelische  kaiserinne.    838; 
dann  auch  Christus  der  himlisch  herr 
behflt  all  fromm  eidgnossen  ir  ehr. 

spil  icie  man  die  narren  von  einem 
bescltweren  soll  (1554)  F5'. 

daher  auch  himmlisch  einem  engel,  einem  heiligen  gemäsz :  mit 
einem  blick  voll  himmlischer  gute.  Lichtenberg  5(1803)166; 
und  mit  himmlische  wird  die  einem  engel  vergliclicne  angeredet : 

wie  grosx  sind  sie,  o  himmlische!  Schiller  Kartos  1,5. 
ferner  dem  himmel,  dem  siel  der  frommen,  zufallend,  zugewendet : 
und  jage  nach  dem  furgesteckten  ziel,  nach  dem  kleinod, 
welches  furhelt  die  himlische  berufung  gottes  in  Christo  Jhesu. 
Phil.  3,14;  himmlische  gedanken,  meditationes  sanciae,  himm- 
lisch gesinnet  sein,  meutern  eoelo  deditam  habere  Stiei.er  841; 
ein  mystischer  . .  sogenannter  himmlischer  genusz.  Ka.xt  7,50; 

und  durch  das  Onstre  thor  der  ^abeshöhle 

erblickst  du  schon  die  seligen  gefilde, 

da»  himmlische  verheiszungsland  der  frommen. 

ÜHIA5»  ged.  130. 
Im  gegensatz  su  irdisch  als  rergdnglich  wird  himmlisch  ah  das 
ewige,  unvergängliche  gesetzt:  der  erste  mensch  ist  von  der 
erden  und  irdisch,  der  ander  mensch  ist  der  herr  vom  himel. 
welcherlei  der  irdische  ist,  solcherlei  sind  auch  die  irdischen, 
und  welcherlei  der  himlische  ist,  solcherlei  sind  auch  die 
himlischen.  iCor.  15,48;  das  sie  geste  und  frembdiinge  auf 


erden  sind,  denn  die  solchs  sagen,  die  geben  zu  verstehen, 
das  sie  ein  Vaterland  suchen  . . .  nu  aber  begeren  sie  eines 
bessern,  nemlich  eines  himlischen.  Hebr.  11,16;  wir  sollen 
himmlische  ehr  suchen,  und  nicht  achten  menschliche  Ver- 
achtung. ZiNKGREF  apophth.  1,254; 

{der  frommp)  hat  allezeit  gewendet 
sein  himmlisches  gemütb  in  das,  so  ewig  wärt, 
verlast  was  auszea  ist.  Opitz  2,  105. 

3)  in  substantiver  Verwendung  die  himmelischen  sttperi,  eoeÜes, 
coclicolae,  divi,  dii.  Maaler  222',  in  nielit  christlichem  sinne: 

und  weckten  nicht  der  nellmuth  {einer  Sängerin)  melodien 

in  jeder  brüst  ein  wollustreiches  sehnen, 

der  ahndung  gleich,  in  der  wir  harmonien 

der  himmlischen  lu  hören  wähnen?    Götter  1,270; 

leicbt  ists  den  himmlischen,  der  menschen  loos  zu  wandeln. 

2,  127 ; 
mitleidig  hinderten 

die  himmlischen  den  schrecklichsten  der  frevel.    285; 
denken  die  himmlischen 
einem  der  erdgebornen 
viele  Verwirrungen  zu.    Göthe  9,  62. 

aber  die  himmlischen  werden  wol  auch  halb  scherzJiaft  die  be- 
wohner  des  himmlischen  reiches,  die  Chinesen  genannt:  die 
Zählung  {in  drei  californischen  beärken)  ergab  9809  himmlische. 
Bremer  handelsblail  1853  no.  84. 

4)  himmlisch  eigentlich  dem  himmel,  ah  ort  der  höchsten  selig- 
keil zufallend,  daher  beseligend:  in  welchen  seligen  zustand  ver- 
setzt uns  die  treue!  sie  gibt  dem  vorübergehenden  menschen- 
leben  eine  himmlische  gewiszheit.  Göthe  19,18;  wenn  man 
oft  in  himmlischen  entzückungen  aufgefahren  ist.  14.19;  durch 
alle  schmerzen  seiner  wunden  brüst  ging  ein  himmlisches 
erkennen.  ImmerxaKiN  Münchh.  4,  81.  auch  hier  dem  irdischen, 
mühevollen  und  unruhigen  entgegengesetzt: 

ehret  die  Trauen !  sie  flechten  und  weben 
himmlische  rosen  ins  irdische  leben. 

Schiller  vürde  der  frauen; 
wohl  hab  ich  oft  im  heiligen  bezirk 
der  erde  thränen  sich  in  göttlich  lächeln 
verwandeln  sehn,  in  himmlisches  entzücken. 
Göthe  9,367. 

oß  nur  gesetzt,  um  das  vollendetste,  entzücken  und  seligkeil  er- 
regende irgend  einer  art  zu  kennzeichnen:  den  zug  der  mich 
nach  dieser  himmlischen  gestalt  zieht.  Göthe  14,  70;  werth 
des  schönen  schlanken  halses.  .  .  .  werth  des  himmlischen 
busens.  173;  das  himmlische  feuer  seiner  blicke.  16,23;  der 
himmlische  athem  ihres  mundes.  54;  an  dem  himmlischen 
ausdruck  ihrer  worte.  79 ;  ihr  schönes,  nindes  himmlisches 
gesichtchen.  17,187;  wie  sehr  das  himmlische  kind  {Ottilie) 
Eduarden  liebte.  373 ;  nach  einer  himmlischen,  stummen  he- 
wegung  der  lippen  .  .  ruft  sie  aus.  405  ;  wäre  nicht  dieser 
unglückselige  bände!  dazwischen  gekommen,  so  hätte  ich  ein 
himmlisches  leben  geführt.  20,35;  der  himmel  ist  himmlisch 
blau.  J.  Paul  unsichtb.  löge  3,  60 ; 

zu  den  vielgeliebten  stellen, 
zeugen  himmlischer  vergnügen.    Göthx  1,56; 
mich  ergreift,  ich  weisz  nicht  wie, 
himmlisches  behagen.    134; 

der  süszen  künstlerin, 
die  mich  so  himmlisch  rührte.    Schtller  Knrios  2,8; 

welch  ein  himmlisch  angesicht 
hebt  süsz  errötbend  sich  aus  goldnen  locken ! 
Uhla^d  ged.  178. 

In  den  folgenden  beispielen  schwankt  der  sinn  ztrischen  l  und  4 

P.  topp !  heute  sind  sie  noch  getraut ! 
0.  noch  heute?  heut?  o  himmlisch  licht! 

o  welche  götter  wollust  werd  ich  fühlen  I 
LRssr<6  2,429; 

gieb  mir  jugend,  sangeswonne, 

himmlischer  gebilde  schau, 

stärke  mir  den  blick  zur  sonne, 

leiser,  frischer  maienthau!    Ubland  ged.  51. 

HIMMLISCHBLAU,  <ie|;..-  ihr  himmlischblaues  aage.  Kuncer 
theater  3,  288. 

HIMMLISCHLÄCHELND,  pari. : 

oft  reichte  Mars  ein  volles  glas, 

wenn  ihr  Vulcän  nur  abwärts  .last, 

der  hiramlisch-lächelnden  Cytheren.    Hagidorr  3, 127. 

HIMMLISCHSCHÖN,  part. :  einen  himmlischschünen  Jüng- 
ling.  J.  Paul  uns.  löge  l.  30. 

HIMMLITZE,  HIMMLITZ.  m.  blUz  und  weUerUuchten,  mhd. 
himelitze:  fulgur  hymelicz,  hymiycz  Dief.  250';  cortiscalio  hy- 
melicz,  hymiycz,  hyniliczen  153';  wenn  e;  gar  bai;  ist  gewesen 


1371 


lUMMLITZKN  — HIN 


HIN 


1372 


des  tages  in  sumerzeilen,  daj  die  vai;len  dünsl  verr  von  uns 
entzünt  «erdent,  also  da;  sich  der  galm  verstöjt,  da;  er 
nilit  zuo  uns  kümt:  so  seh  wir  den  himelitzen  oder  den 
putzen  An  donr.  Megenbebg  92, 10,  mit  den  Varianten  hiine- 
iatzen  und  hiinmellachen  {vgl.  s.  508);  disz  fulmen  ist  auch 
ein  concomicnm  corpus,  und  das  conconiicum  terrae,  und 
erscheint  nicht  änderst,  dann  als  ein  flamm,  der  sich  ver- 
gleicht mit  dem  ansehen  einem  langen  himelitzen.  Paracelsus 
l,572B;  dann  ausz  ihnen  gehnd  nusz  warme  wind,  warm 
regen,  warm  ander  gewilter,  himmelitzen.  2,  28C; 

er  {goli)  ist  ir  gewaltiger  schütz, 
ein  grosze  sterk  für  den  himlitz, 
und  ein  schirm  für  die  groszen  hitz. 

H.  Sachs  5,  150«  {nach  Sir.  34,  19). 

HIMMLITZEN,  vcrb.,  der  form  nach  frequentatirnm  zu  him- 
meln sp.  1347,  mhd.  himelitzen;  in  zwei  bcdciilungen  : 

1)  blitzen,  welterleudilen :  fulminare ,  lampesarc ,  la  tcmpeste 
himlitzen.  vocab.  i  lingti.  {Augsb.  Ibiß);  sie  wollen  den  donner 
hören,  den  strahl  sehen,  das  himmlitzen,  das  gewiilk,  als- 
dann würden  sie  glaubig.  Pabacelsüs  1,  596  B;  dasz  im  winter 
solche  operationes  oftmals  so  skeng  angehendt  nach  somme- 
rischer arth,  dasz  sie  himmlitzen  und  donnern,  und  hageln. 
2,  S9A;  bair.  himmelizen ,  himlizen,  himelzen  ,  im  Pinzgau 
bimmelachen,  welterleticlitcn,  blitzen  ohne  folgenden  donner.  Schm. 
1,1112  Fromm. 

2)  wie  himmeln  2,  sterben:  allstundlich  versieht  man  sich 
seins  end,  dasz  er  himmeltzen  wil.  Schwabe  linlenf.  Be'; 
bair.  himlizen.    vgl.  Schji.  a.  a.  o. 

HIMPELBEERE,  f.  für  himbeere,  vgl.  xp.  1332:  den  lech- 
senden  Marbod  aber  erquickte  er  mit  hirapel-  und  andern 
annehmlichen  beeren.  Lohejjstein  Arm.  1, 1095*. 

HIMPEN,  HIMPTEN,  s.  himten. 

HIMPERN ,  verb.  verlangen,  über  die  vorlform  vergl.  oben 
sp.  1369  unter  himmern:  ich  habe  schon  den  pater  Heribert 
in  der  beichte  befragt,  ob  er  mir  vor  Sünde  anrechnet,  dasz 
ich  so  entsetzlich  darauf  himpre  nach  secunda  zu  schieben? 
Holtei  Lammfell  3,  92. 

HIMPLER.  m.  slümper,  s.  unter  hümpler. 

HIMTEN,  HIMPTEN,  m.  ein  nicdersäciisisches  grüszercs  gelreide- 
masz,  an  einzelnen  orten  von  ungleichem  getialt:  es  werden  vor- 
nehmUdi  hamburgische,  lüneburgische,  hannoveruiche,  braunschwei- 
gische,  hessische  unterschieden,  aber  auch  solche  von  Celle  und 
Giffliorn  (HiJBNERS  handlungskxicon  1722  s.  8S,"));  in  der  form 
heimzen  ül  dieses  masz  auch  in  Obersachsen  gekannt,  vgl.  oben 
sp.  884.  Die  alte,  auch  von  Frisch  1, 453'  vorgetragene  ableitung 
des  Wortes  von  griech.  rjfiiva  hat  schein ,  wenn  man  die  cnt- 
lehnung  der  bezeichnung  anderer  gelreidemasze  (sester  von  se.^- 
tarius,  müdde  von  modius)  iind  den  umstand  erwägt,  dasz  das 
bereyte  griech.  wort  im  mittellatrinischen  fortkbte :  emina,  liemina, 
etnna,  eminus  hempte  Dief.  200';  das  hiesige  raalter  besteht 
aus  12  scheffeln  oder  11  neu  braiinschweigisclicn  himten. 
Moser  patr.  pbanl.  1,310;  hier  hab  ich  nun  noch  anderthalb 
himten  erbsen ,  und  eben  so  viel  linsen.  Lessing  12, 332. 
Brockes  hat  die  form  himpen: 

ein  himpen  äpfel  galt  nicht  mehr,  als  wenig  dreier.     2,  477. 

HIMTENWEISE,  adv.: 

f;ar  wunderlich  und  himptenweis 
(tränet  sich  das  musenchor  zur  messe, 
der  dichter  tirlngt,  voll  angst  und  schweisz, 
das  Med  der  neuen  zeit  zur  presse. 

jmlUischex  uuoiltibri.  xchwavk  in  3  ncten 
{llnnuiirrr  1S14)  x.  3. 

HIN,  arfr.  eo,  der  gegensatz  von  her  (sp,  999).  wie  diesps  von 
dem  demonsirativslamne  hi  ausgehend  und  auf  dir  hochdeutschen 
dialekte  bescJirdnkt :  ahd.  hina,  vthd.  hine  und  hin.  es  weist  von 
dem  orte  des  sprechenden  auf  einen  entferntem  ort  oder  eine  ent- 
ferntere person  ;  neben  der  iirtlichen  bedeutung,  die  auch  ubstracl 
vird,  entirifkrll  sieh  seltener  auch  eine  zeitliehe. 

hin,  in  gedehnter  form  hien :  als  er  meint  uf  die  sfeg  zfi 
dreien,  da  drat  er  durch  hien.  Ulensjß.  s.  i^o  Lajtpenb.,  für  das 
nachher  auch  hein  erscheint:  das  ross  gieng  under  ir  hein. 
7.tmm.  chron.  2,  339,  33 ; 

le'ich  {leih)  wenig  hein!  buet  dich  vor  borgen!  4,309,37; 
geht  in  der  form  zurück,  wenn  es  das  unbetonte  glied  gewisser 
Verbindungen  bildet,  und  verflüchtigt  sich  oft  bis  auf  seinen  aus- 
laut,  so  dasz  für  hinab,  hinan,  hinauf,  hinaus,  hinein,  hin- 
unter, hinnbfr  in  vertraulicher  und  vnlksm/lszigrr  rede  auch  gilt 
nah,  nan.  nauf,  r.cin,  nunter,  ntiher;  vgl.  auch  unten  hinaben 
/ir  htnabhin;   oberdeutteh,   bairiseh,   »thwäbinch ,  schweizerisrh, 


eUässisch  ist  abbin,  anhin,  umhin  t/.  a.  zu  abe,  ane.  umme 
U.S.W,  geworden.  Schmid  2.  Schm.  l,  itie  Fromm.;  durchi  für 
duri  das.  s.  536 ;  füri,  fürchi  für  fürhin  745.  in  diesen  adver- 
bien  konnte  die  Verflüchtigung  des  hin  so  weit  gehen  ,  weil  die 
genannten  mundarten  das  erste  glied  der  Zusammensetzung  be- 
tonen; in  der  schrißsprache  ist  sie  unmöglich,  weil  im  gegenlheil 
gewöhnlich  das  zweite  glied  betont  wird,  so  weit  diese  Verbindungen 
überhaupt  leben  (durchbin,  umhin,  fürhin,  vergl.  oben  Iheil  4' 
sp.  747). 

Bedeutung. 

L  hin  örtlich. 

1)  t'on  der  nähe  in  die  ferne  zeigend,  in  Verbindung  mit  verben 
der  bewegung ,  des  gehens ,  kommens ,  gebens ,  weichens ,  seitens, 
deutens  u.  ähnl,  wie  solche  Verbindungen  unten  an  alphabetischer 
stelle  aufgeführt  werden,  die  richlung  kann  durch  adverbien 
oder  praepositionen  näher  bestimmt  werden,  links  hin;  rechts 
hin;  gehet  nur  gerade  hin;  ferner  heimhin  {oben  sp.  871), 
dahin,  dorthin,  hierhin,  wohin;  weithin,  fernhin  u.  ähnl.,  es 
stehen  aber  auch  die  tlieile  .<:olcher  Zusammensetzungen  gelrennt : 
neben  hierhin  muszt  du  sehen  gilt  auch  hier  muszt  du  hin 
sehen;  dorumb  do  ich  bin,  do  hin  mögen  ir  nit  kummen. 
die  Juden  sprochen  zu  inen  selber,  wo  wil  der  hin  gon? 
Keisersb.  post.  2, 102',  gleich  darauf:  do  ich  bin,  do  mögen  ir 
nit  hin  kummen ;  war  min  alter  herre  hine  komen  s1.  Germ. 
3,419,28;  allein  wo  mit  den  pferden  hin?  Göthe  16,255; 

wo  sind  die  schönen  gestalten, 
wo  die  färben,  der  glänz  deiner  erfindungen  hin?    1,277, 
wo  kam  der  waidmann  hin,  mit  dem  ich  sprach? 
Schiller  Telt  4,  3, 
wofür  auch  gefragt  werden  könnte  wohin  kam  der  waidmann  ? 
mit  praepositionen  :  sein  angesicht  hin  zum  meer  gegen  morgen, 
und  sein  ende  hin  zum  euszersten  meer.  Joel  2,20;  gehe  hin 
in  die  sfadt;  lauf  hin  vor  das  thor;  wan  es  hin  hinder  die 
steine  schrit.  Steinhöwel  172 ; 

und  als  sie  vor  das  tor  hin  kamen.    Uhi.and  eotts/.  222 ; 

lasz  er  doch  seine  füsze  dranszen! 
was  steckt  er  untern  tisch  verkehrt  sie  hin? 

Kleist  zerhr.  krug,  11.  aufir. 
auch  mit  verben  der  bewegung  in  weiterem  sinne: 
eyerkuchen  hacktn, 
die  einem  hin  ins  herz  nein  schmacktn. 

Hollenhacrn  vom  rcicli.  manne  f.  3'; 
Qutdam  ist  durch  schnelles  Teuer  in  die  aschc  hin  begraben; 
hat  bekummen  ein  begrähnüs,   wie  die  ganze  weit  wird  haben. 

LocAU  3,  222,  22. 
die  ganze  ausdehnung  der  bewegung  irird  durch  einen  beigesetzten 
dativ  gezeichnet:  sie  ruderten  den  kahn  dem  nfer  hin  nach 
der  Stadt.  Klincer  7,238;  besser  aber  durch  einen  accusativ: 
wandelst  stattlich  deinen  hügel  hin.  Göthe  16,106;  wie  früh- 
lingslüfle  den  hügel  hin  wechselnd  beugen  das  schwacblis- 
pelnde  gras.  IC". 

In  der  Verbindung  hin  sein  {untersdiiedrn  von  hin  sein  unten) 
kann  ziel  und  ahschlusz  einer  bewegung  ausgedriick-t  werden: 

kind,  wo  bist  du  hin  gewesen?  .  .  . 

'nach  meiner  mutter  Schwester'.     Uhlard  volksl.  272; 

wohin  führt  mich  der  pfad 

dort  übern  berg? 

nach  Ciima. 

wie  weit  ists  hin?    Göthr  2,  182. 

verben  der  bewegung  sind  in  dringender  rede  unterdrückt,  bei 
befchl  und  bei  erzählung :  hin,  und  gehe  zum  kOnig  David  hin 
ein.  1  &(7n.  1.  D;  flugs  sie  hin.  werfen  ire  kappen  oben  auf 
den  nechsten  rebenhalter.  ^'ari;.  207'; 

nu  wolliin,  wie  woll  wir  im  denn  tun?    fasln,  »p.  621,29; 

bin  hin!  wetz,  eher,  wetz!  UnLAnn  volksl.  378; 
auch  nach  wollen,  sollen,  können :  ich  hätte  wol  zu  ihm 
hin  sollen,  aber  ich  konnte  nicht ;  wo  wil  ich  mit  meiner 
schände  hin?  2  .Srtni.  13, 13;  als  nu  Ruhen  wider  zur  gruben 
kam,  und  fand  Joseph  nicht  dar  innen,  zureis  er  sein  klejd... 
und  sprach,  der  knabe  ist  nicht  da,  wo  sol  ich  hin?  I  Mos. 
37,30;  wo  der  teufel  nicht  hin  will,  da  schickt  er  ein  alles 
weih  hin.  Pistormis  Ihes.  par.  2,24;  er  wollte  überall  hin 
können.  Woldemar  41;  unpersönliches  hin  wollen  dmtet  einen 
verlauf  nach  einem  Iteslimmten  ziele  hin  an : 

wo  will  es  Rfoszer  Rrocks,  mit  dir  noch  endlich  hin?_ 
wie  weit  wird  »ich  drin  nihm  noch  als  ein  ndler  schwInKon'.' 
I'nu.I.RN  liei  Knückks  lii'llilfhrm.  kimlrrm.  u'l. 

2)  der  gegensalz  von  hin,  her,  ist  in  manchen  Wendungen  aus- 
drücklich hervorgehoben  {über  her  —  hin  s.  .71.  1003), 

a)  in  scharfer  bedeutung:  no  scliltlgl,  wie  zwischen  zwei 
xpiegeln ,    der    glänz    der   wonnc   znifcben    Iheilnebmrndrn 


U'. 


w. 


1373 


HIN 


HIN 


1374 


LerzeD  in  wachsender  Vervielfältigung  hin  und  her  und  wird 
unabsehlich.  J.  Paul  Ti/.  3,  46;  als  ich  nach  Liefland  rcisete, 
und  auf  dem  hin  und  her  wegc  wegen  widerwerligem  wind 
daselbst  (an  der  iiisel  GoUland)  anlanden  muste.  pers.  reist- 
bescftr.  2,  3 ; 

unser  lip  sich  zuo  der  erden  senket, 
unser  sei  geu  bimel  üf  gedenket, 
si  wil  hin,  der  lip  wll  her.    Renner  6135; 
do  sa:h  er  bin  und  sie  sach  her. 

EsCHE?iBCBG  denkm.  35' ; 
sieh  bin,  sieh  her!  der  mond  scheint  hell, 
wir  und  die  todten  reiten  schnell.    Bübcer  14'. 

hin  und  her,  bei  einer  geschäftserledigung,  zug  um  zug :  auch 
ist  zu  wissen,  aU  mauig  sümer  melbs  ain  beck  nam,  so 
bestellet  man,  da;  im  albeg  von  den  burgern  bin  und  her  so 
vil  sumer  liorns  musten  geben  werden,  d.  slädtechr.  2,306,32. 
6)  ößer  in  verblaszierem  sinne,  Unsicherheit,  unentscläossen- 
heit,  ßiickerndes  und  zerfahrenheü  einer  beuegung  malend:  die 
menschen  laufen  hin,  sie  laufen  here,  aufsteigen  die  perg 
und  kobel.  A.  v.  Eybe  ob  eim  manne  u.s.ic.  9'.';  ist  ein  starker 
gesell  und  hat  ein  ebne  leng,  ist  hin  und  her  {bald  da,  bald 
dort),  d.  slädtechr.  2,  Sl,  21;  oft  hin  und  her  die  sach  erwegen 
ward.  Galmy  30 ;  wer  den  naturursachen  nachgrübelt,  kann  . . 
hin  und  her  vernünfteln.  Kant  10,115;  was  sollen  wir ..  der 
ebegattlichen,  freundschaftlichen,  ärztlichen  bemühungen  ge- 
denken, in  welchen  sich  Eduards  angehörige  eine  zeit  lang 
hin  und  herwogten.  Götue  17, 413;  als  sie  den  schieier  auf- 
hob, sprangen  zwei  knaben  hervor,  die  zusammen  muthwillig 
hin  und  her  spielten.  20, 11 ;  spruchwOrter, . .  die  doch,  statt 
vieles  hin-  und  herfackelns,  den  nagel  gleich  auf  den  köpf 
treffen.  25,  5S ;  eine  menge  von  hin-  und  hersprüngea  werden 
Vorbereitungen  zu  einem  neuen  versuche,  der  wahrscheinlich 
eben  so  fruchtlos  ablaufen  wird.  H.  Hei.\e  3, 36;  sie  sah  zu, 
bis  die  letzten  funken  am  schwarzen  zunder  hin  und  her 
liefen.  Fbeytag  handschr.  3,  70 ; 

wie  si  umb  zogen  wäre 

beide  frü  und  spat, 

eins  (eiumaL)  bin  das  ander  here.    Uhlaho  volksl.  792; 

ee  wir  noch  lang  und  über  zwer 

varen  in  den  gassen  hin  und  her.    fasln:  sp.  2S7, 19; 

ein  narr  der  rett  {räth)  hin  und  her.    675,  7; 

ainer  rett  dir  bin,  der  ander  her, 

sie  raten  dir  all,  als  di  toru.    6S3,  10; 

wenn  er  ritt,  waakt  er  hin  und  her.    miukeiüir.  1,206; 

doch  als  (wie)  ein  verständiger  mann 

den  Sachen  hin  und  her  nachsan.    320; 

(nymphen)  welche  die  furcht  hin  und  her  trieb.    627. 

;)  hin  .  .  her  in  einem  ausrufe,  um  eine  Ihat,  ein  bedenken, 
einen  einwurf  als  nichtig  hinzustellen  (vgl.  her . .  hin  in  gleicher 
Stellung  sp.  1003):  krenzel  hin  krenzel  her!  Bb.  Berthold 
415, 13 ;  und  wiewol  ers  (Esau)  droben  verkauft  hatte,  dachte 
er  also,  verkauft  hin,  verkauft  her,  dennoch  bleibe  ich  herr 
im  hause.  Lcther  4, 150';  trewme  hin,  trewme  her,  auslegen 
geburet  dir  nicht.  206*;  auch  dasz  sich  dannenhero,  doctor 
hin  oder  doctor  her,  viele  vergeblich  einbilden,  sie  sein 
allein  witzig.  Simpl.  l,  137  if«r;;  disputir  hin,  disputir  her, 
die  ultima  analysis  aller  controversien  und  Streitigkeiten  in 
rcligioDssachen,  läuft  doch  "endlich  auf  dieses  principium 
hinausz:  Deus  dixit,  gott  hats  gesagt.  Schcppiüs  652;  mutier 
hin,  mutier  her;  sie  bleibt  darum  doch  eine  frauenspersou, 
deren  fehler  man  verabscheuen  musz.  Lessi.nc  1,348; 
Einsidet.       wie  wol  du  bist  ain  unwerd  gast 

und  schindtmasser  im  arszioch  hast. 
d.  alt  narr,  scbiudtmässer  hin,  scbindtmasser  bär, 
bupscbe  fröwlin  sind  mir  nit  unmär. 

P.  Gb>ig8nbach  zehn  alter  651 ; 
1  'ir  werdts  nicht  tbun,  es  ist  verlorn, 
wir  sind  doch  nicht  darzu  geborn.* 
er  {der  froscli  der  sielt  aufbläUi)  sprach  geborn  hin, 

geborn  her, 
das  ich  gros  werd  ist  mein  beger.    E.  Alubos  231 ; 
vertrawen  hin,  vertrawen  her. 

Fischabt  dicht.  1,42  Kurz  (nachtrab  1529); 
Verachtung  bin,  Verachtung  her, 
wenn  gleich  wohl  aucli  kein  bauer  war, 
wer  pllugie  dann  das  land  im  fried? 

Simpl.  2,  368  Aurc  ; 
Prinzessin  hin  und  her,  wer  kümmert  darum  sich. 

Kotzibdb  dram.  sp.  3,  340; 
thu  hin,  lasse  her,  das  gehet  mich  nicht  an.  Lotuer  3,55'. 
d)  hin  und  her,  ähnlich  wie  hie  und  da,    verstreuung,  aus- 
breituig  über  eine  strecke  andeutend:  die  besitzer  der  stat  ver- 


pargen  sich  in  dem  wald  hin  und  her.  d.  äädtechr.  3,53,17; 
zum  dritten ,  so  hat  der  herr  Christus  diesen  glauben  im 
heiligen  evangeliu  oft  hin  und  her  gelobt.  Lltuer  1,117*; 
Petrus,  ein  apostel  Jhesu  Christi,  den  erweleten  frembd- 
lingen  hin  und  her,  in  Ponto,  Galatia,  Capadotta,  Asia,  und 
Bylhinia.  1  l'etr.  l,  l ;  Jacobus,  ein  knecht  gottes, . .  den  zwelf 
geschlechtern ,  die  da  sind  hin  und  her.  Jac.  1, 1 ;  etliche 
gaile  stücke,  die  leider!  in  diesem  büchlein  bin  und  her 
auch  mit  laufen.  Weckheru>  vorrede  zu  d.  ueül.  ged.;  dasz 
man  mit  männiglicher  bestürzung  gleich  hin  und  her  auf 
freier  gassen  todte  cörper  gefunden.  Abb.  a  S.  Claba  Mercks 
Wien  (I6SO)  s.  11;  ich  habe  hin  und  her  etliche  in  unge- 
bundner  rede  verfaste  sachen  eingemischt.  Chb.  Gbyphids  poel. 
Wälder,  vorrede;  auch  hin  und  herum:  die  das  lant  bin  und 
herumb  unter  in  betten,    d.  stddlechron.  3,52,11; 

zu  klagen  ist  vor  ougen 

vil  jamers  hin  und  her.    Uhla;«d  rollisl.  369; 

beschedigt  die  stadt  bin  und  her.    li.  Sachs  2,  2,  101'; 

(ein  jähr)  in  dem  der  krankheit  gift 
ein  uiizahl  schnäller  tod  hat  hin  und  her  gestiftu 

RoiPLEB  30; 
dasz  diser  siger  nun  von  Uapoltssteiu  getvesen, 
und  dasz  er  Kunraib  bies,  ist  hin  und  her  zu  lesen 
in  schritten  der  geschiebt.  105; 

das  gold  gilt  da  und  dort:  und  die  geschickligkeit, 
die  schickt  sich  hin  und  her  und  taug  in  alle  zeit. 

LoGAO  1,  95,  99; 
dasz  es  narren  hin  und  her  und  nicht  in  der  mänge  gibt, 
mangelt  nur,  dasz  einer  mehr,  als  der  ander,  wird  geübt. 

2,  207,  7J>. 

hin  und  her  schillert  in  die  zeillidie  bedeutung  dann  und  wann 
über  (vgl.  unten  hin  II) :  ist  es  nicht  ein  wunder,  da  miüer 
weil  oft  hin  und  her  leüthe,  die  vorhin  zu  vil  1000  thaleren 
reich  inngesesseu,  von  allem  dem  ihrigen  inu  das  bitter  dend 
vertriben,  nicht  mehr  einen  bissen  brot  zu  ihrer  lebensuntet- 
haltung  erbetllen  können?  Bompleb  vorrede. 

3)  wie  hin  und  her  wird  theiis  auch  hin  und  wieder  gebraucht, 

a)  in  scharfer  bedeutung,  hin  und  zurück:  er  hat  mich  ge- 
sund hin  und  wider  bracht.  Tob.  12,3;  weine  nicht,  unser 
son  wird  frisch  und  gesund  hin  und  wider  ziehen.  5, 28 ;  si 
erwecken  ufrur  und  tragen  botscbaft  bin  und  wider  (zu  baden 
Parteien).  Schade  sat.  u.  pasqu.  3,67,30; 

mit  lesen,  schreiben  und  glosieren, 

mit  hin  und  wider  disputieren.    2,  242,  1"26. 

b)  verblaszler,  von  bewegungen  die  unregelmäszig  bald  da  bald 
dorthin  gehen:  es  werden  wasser  in  der  wüsten  hin  und  wider 
flieszen.  Jes.  35, 6 ;  gaffe  nicht  in  der  stad  hin  und  wider, 
und  laufe  nicht  durch  alle  winkel.  Sir.  9,  7 ;  springt  auf  und 
nider,  suchet  hin  und  erwieder.  J.  Wigandds  ob  die  neuen 
Wittenberger  u.  s.  w.  6';  er  ist  lange  zeit  in  landen  hin  und 
wider  gezogen,  budt  d.  liebe  22S';  streifen  im  feldt  hin  und 
wider.  Kirchhof  mil.  discipl.  142;  auf  einen  stein,  der  hin 
und  wieder  gewälzet  wird,  kan  nichts  grünes  wachsen,  pers. 
baumgart.  6, 1 ;  denen  kaufleuten  und  Schiffern,  welche  ihrer 
kaufmanschaft  und  nahrung  halben  hin  und  wider  reisen. 
Schlppius  664;  kaum  aber  war  er  allein,  so  stand  er  auf 
und  ging  in  dem  zimmer  hin  und  wieder.  Güthe  17, 3S4; 
man  glaubt  vor  den  aufgeschlagenen ,  ungeheuren  buchern 
des  Schicksals  zu  stehen,  in  denen  der  Sturmwind  des  be- 
wegtesten lebens  saust,  und  sie  mit  gewalt  rasch  hin  und 
wieder  blättert.  18,  310 ;  die  deshalb  entstehenden  hin-  und 
widerversuche.  31, 32 ; 

wer  für  mich  hin  und  wider  gat.    fastn.  sp.  262,  10; 

flog  die  gauklerinn  (eine  »achtet)  dem  pagoden  Lama 

auf  den  wackelkopr,  wiegte  mit  dem  kopTe 

des  pagoden  sich  weidlich  bin  und  wieder.     Rahub  1,  19; 

so  dringet  ängstlich  hin  und  wieder 

durch  feld  und  husch  und  wald  mein  blick.    Göthe  1,67; 
wandern  möcht  ich  dir  zur  seite 
hin  und  wieder  durch  die  well.    Platem  6. 

von  gedanken,  Überlegung,  reden:  aUarn  rem  ex  alia  cogito,  ich 
gedenk  hin  und  widder.  Albebcs  t4';  und  sie  gedachten  hin 
und  wider.  Marc  8, 16 ;  da  es  (das  rechenexempel)  nun  dieser 
hin  und  wider  überschlüge.  Kircbrof  wendunm.  215*;  nach 
einigem  hin-  und  wiederreden.  Göthe  17, 1S5;  freilich  .  . 
hilft  das  hin-  und  wiederdenken,  das  hin-  und  wiederreden 
zu  nichts.  190;  sie  trug  diese  sorgen  für  sich  allein  immer 
in  gedanken  und  mochte  sie  hin  und  wieder  legen  wie  sie 
wollte,  so  konnte  sie  doch  bei  keiner  ansieht  beruhigung 
linden.  218; 


1375 


HIN 


HIX 


1376 


bin  und  hervvider  last  gcJaclit/ 
wi  ich  käu  oft  mein  zeit  votbracbt. 

SCUWARZENBKRG    150'; 

wir  auTgen-iegelten  verschwornen 

besannen  uns  schon  liin  und  wieder.    Götue  5, '20'2. 

c)  hin  und  wieder  zum  ausdruck  da-  Verbreitung  über  eine 
strecke:  zerstOieten  die  andern  altar  und  kirclien,  so  die 
beiden  hin  und  wider  auf  den  gassen  hatten  aufgerichtet. 
2  Macc.  10, 2 ;  und  werden  sein  pestilenz  und  thewre  reit, 
und  erdbeben  hin  und  wider.  Matlh.  24,  7 ;  sfeuple  die,  so 
an  dich  gieubten,  in  den  schulen  hin  und  wider,  apostelge.scli. 
22,19;  ich  hab  einen  sennon  gefasset  an  die  prcdiger,  so 
bin  und  wider  sind,  das  sie  die  Icute  vermahnen,  ire  kindcr 
zur  schulen  zu  halten.  Luther  5,  I7i';  sanct  Paulus  schreibt 
bin  und  wider,  das  Christus  unser  herr,  sei  ein  geheininis. 
8,49';  nun  werden  sie  (die  musen)  hin  und  wider  verjaget, 
und  hergegen  dem  heiligen  Priscianus  so  herrliche  ebenbilder 
aufgerichtet.  Schui'hcs  848;  das  ist,  ohne  zwcil'el,  von  ein- 
zeln hin  und  wieder  zerstreuten  Zeilen  zu  verstehen,  die  den 
reim  verloren,  aber  die  sjibenzahl  {eines  verses)  beybehalten 
haben.  Lessinc  7, 23".  In  die  zeilliche  bcdeulunj  dann  und 
wann  überspielend,  hin  und  wider,  bisweilen.  Fromm.  6, 151  {aus 
Tirol):  kleglicb  weinen  höret  man  hin  und  wider  über  kinder. 
weish.Sal.  18,10;  hin  und  wieder  vergroszerte  deullichkeit.  Kant 
3,314;  hin  und  wieder  muszte  selbst  die  finger-  und  Zeichen- 
sprache zu  hülfe  genünnnen  werden.  Immehmann  Münchh.  1,157. 

4)  die  Verbindung  hin  und  zurück  hat  nur  die  oben  2,a  und 
3,0  gegebene  scharfe  bedeulung:  ein  billet  nach  N.  hin  und 
zurück;  ich  komme  wol  heute  hin  {nach  einem  orte),  aber 
nicht  mehr  zurück. 

5)  hin  gibt  nur  ein  weiter,  fori  an,  wobei  der  begriff  des  festen 
zieh,  wie  er  oben  in  no.  1  liervorlrilt,  sich  verwischt  hat. 

a)  in  Verbindungen ,  die  eine  ßüchligc ,  der  Überlegung  oder 
auch  der  Vollkommenheit  mangelnde  thäligheil  zeichnen:  Luther 
IM  seiner  klage  über  die  nachdrucker  sagt  sie  machens  hin  rips 
raps,  es  gilt  gelt,  bibel  1548,  Warnung;  ich  lebte  in  sinnlicher 
munterkeit  nur  so  bin,  ich  sammelte  mich  nicht.  Gütue 
19,  275 ;  hätten  sie  .  .  .  sich  zwischen  ihrer  familie,  einem 
bräutigam,  vielleicht  einem  gemahl  nur  so  hin  beholfen. 
19,  339 ;  weil  wir  .  .  .  sonderlich  in  dem  zeugungsgeschäfte 
nicht  genug  über  die  geheimnisse,  die  darin  verborgen  liegen, 
meditiren,  sondern  blosz  so  hinzeugen.  33, 116 ;  die  vielmehr 
nur  so  nothdürflig  hinregierten  und  alles  gehen  lieszeri  wie 
es  konnte.  43,41;  er  redet  das  nur  so  hin,  ohne  Überlegung; 
dafür  auch  ins  blaue  hin  reden,  schwatzen;  wollte  er  nur 
überhaupt  in  das  blaue  feld  hin,  so  dasz  kein  bestimmter 
mensch  getroffen  würde,  beschuldigen.  Fichte  Nicol.  leben  85. 
in  ahnlichen  Verbindungen,  die  mehr  den  mangel  eines  scharf  hervor- 
tretenden Zweckes  betonen:  er  lebte  nur  vor  sich  bin,  er  schien 
keine  thräne  weiter  zu  haben.  Göthe  17,  411 ;  dasz  jeder  still 
in  seinem  einzelnen  vor  sich  hinlebt.  43,73;  vgl.  auch  unten 
hinbringen  3,  hinbrüten,  hindämmern  u.a.; 

ich  ging  im  walde 

so  Tür  mich  hin.    1,  27; 
vom  tiefsten  schnieri  begleitet  irrt  sie  nun 
wer  weisz  in  welchem  lande  trostlos  hin.    9,313; 

oder  eine  gewisse  mätelmäszigkeil :  wann  ihr  mich  aber  für  gur 
zu  ehrlich  stimmirt,  thut  ihr  mir  gewalt  und  unrecht,  ich 
bin  so  bin,  wie  die  baurcn  heur  sind  und  sie  die  obrigkeit 
haben,  inlerim  3bi;  sie  satts,  es  vergehet  sich,  leidl  sich,  so 
hin,  zimlicb  geraten.  Alberus  u  4* ;  eine  ddmpfung  in  ton  und 
stimme:  vor  sich  hin  reden,  singen;  er  sagte  es  nur  leise 
vor  sieb  hin ;  die  folgenden  versc  wollen  mir  nicht  beifallen, 
wie  oft  ichs  auch  für  mich  hin  singe.  Imhermamn  Munchh. 
2,19;  ein  durcfischliipfen :  diesmal  mag  es  noch  so  hin  geben; 
es  geht  in  einem  bin ;  vgl,  unten  hingehen. 

b)  alt  letztes  glwd  von  adverbialcompositen  betont  es  bewegung, 
iug  und  richtung,  vgl.  knapphiu,  kurzhin,  leichthin; 

ei  »cliicn  ilin  gleich  nur  untntvandolti, 

mit  dieser  dirnu  grado  hin  zu  handeln.     G6the  12,  lti5. 

H.  V.  Kleist  namenlluh  Itebl  solclie  compusita  und  bildet  auch  sonst 
ungebraucbltche ;  sie  wollen  bii  Htm  fatt  nicht  mehr  sagen,  als  das 
einfädle  adterb: 

(lic)  «türzt,  die  konigin ! 
und  eine  Jungfrau  bliadhln  über  sie.    l'cnthemlea,  3.  auflr.; 
die  lockea  lobwachhin  mit  der  recblon  greirend, 
wischt  tie  —  i«l«  «laub,  Uu  blut?  -  -  sich  von  der  «lim. 

itatelbit ; 
■eia  cetpann 
fliegt  auf  die  b6hen  am  Skamandroi  achoD, 
wo  alcb  da«  beer  ratchbln  am  rande  ordnet.    da$.; 


was  und  .ch  euch  für  eine  spur  im  sohnee? 

rechts  fein  und  scharf  und  nett  gekautet  immer, 

ein  ordentlicher  menscheiifusz, 

und  Units,  unförmig  grobhin  eingetölpelt, 

ein  ungeheurer,  klotzger  plerdefuszl    zerbr.  kru(j,  lt.  (iu//r. 

6)  hin  gehl  in  den  sinn  weg,  fori  über;  vergl.  auch  unten 
liindan,  und  verben  wie  hinführen,  hinlegen,  hinscheiden,  hin- 
sterben u.  a.  an  alphabetischer  stelle. 

a)  aus  dem  gesichtskreise,  weg  von  einem  sprechenden :  viengeu 
und  erstachen  ir  3ü.  die  andern  kamen  bin ,  das  was  ir 
gueter  gwin.  d.  slädlechr.  5, 43, 20 ;  die  Bair  waren  bingescborcn 
(davon  geeilt).  270,17;  geh  nur  hin,  seccde  modo.'  Stieler  841; 

lät  stän,  meister,  habet  iuch  bin.    Tristan  291,10; 

die  alte  ber«ntreiherin, 

wo  hat  sie  jetzt  der  teufel  hin?    H.  Sachs  4,  3,  206; 

und  liat  dich  denn  der  teufel  hin, 

so  dank  ich  gott,  dasz  ich  hie  hin. 

J.  Ayrer  208"  (1035,  20  Keller); 

er  scbosz  eim  ein  pomeranzen  von  köpf,  wie  Histaspes  und 
Wilhelm  Dell  den  apfel  seim  kind,  scbosz  eim  ein  groschen 
zwischen  den  fingern  hin.  Garg.  ISl";  trollet  euch  nur  hin. 
Pär.  86". 

b)  weg,  in  Verbindung  mit  verben  des  gebens:  er  schenkt  all 
sein  gut  bin,  behält  nichts  für  sich ;  als  nun  der  krieg  etlich 
zeit  gewert  hat  und  man  niemer  berein  wurd  füren  und 
etlich  niemer  körn  hin  wollen  geben,  do  für  der  rat  zu  und 
gab  melb  hin.  d.  städtechron.  2,306,24;  und  datier  auch  viit 
verben  des  einnehmens:  welcher  den  abgang  des  brodts,  so 
der  kcszlcr  bin  hatte,  nicht  gespüret,  hisl.  von  Lazarillo  de 
Tormes  47.     vgl.  auch  dahin  Iheil  2  sp.  690.  691. 

c)  fort,  verloren ; 

si  mir  uit  der  bache  hin  (wenn  mir  nicht  das  schwein  ver- 
loren ist),    liedersaal  1,  287; 
jo,  sprach  sie,  lieber  tiltap  min, 
diu  trüw  zu  mir  ist  gar  do  hin.    Murner  ijeuchm,  Fiiij; 

mein  verstand  ist  bin !  Klinger  thealer  2,  213 ;  du  bist  hin  I 
verloren  auf  ewig!  Gothe  10,101;  unsere  Privilegien  sind 
hin.  8,241; 

gegenwärtigs  ist  gewin ; 

was  schon  hin  ist,  das  ist  hin. 

Fleming  304,  48  Laiypenb.; 

meine  ruh  ist  hin, 

mein  herz  ist  schwer; 

icli  linde  sie  nimmer 

und  nimmermehr.    Götbe  12,  177; 
hin,  fuhr  sie  fort,  sind  meine  milch  und  ehre,    üüroer  105'. 
sprichwürllich :  wolan,  bin  ist  hin.  Garg.Qi*;  hin  ist  hin,  were 
hin    nicht  hin,    so  were  ich  jünger  denn  ich  bin.    Neander 
sprichw.  von  Laiendorf  17 ; 

0  matter,  mutter,  hin  ist  hin ! 

verloren  ist  verloren  !    Bürger  13'. 

verschwunden,  vergangen :  als  der  schnee  hin  was.  d.  slddtechr. 

5, 182,  9 ;  sy  sullcn  aber  der  chainen  an  den  rat  ueiuen  die 

von  dem  raut  koinen  sint  bis  das  iedem  man  siniu  diiu  jar 

gar  und  genczlich  hin  sint.  4,130,30; 
nur  der  sanfte  dichter  siehet 
dich  [iiöllin  Unschuld)  im  nehclkleide  ziobn; 
l'höbus  kommt,  der  nebel  fliehet, 
und  im  nebel  bist  du  hin.    Göthe  I,  58. 

lodt:  Götz  ist  hin.  (]öthe  8,99;  er  ist  hin.  zum  saalfcnster 
hinaus  stürzt  er  wüthend  in  den  Main  hinunter.  158;  such- 
lest du  den  Götz?  der  ist  laug  bin.  162;  ha!  und  ist  sie 
hin,  ist  sie  todt.  10,117; 

verhöhnt  ihr  mich,  da  ich  im  leben  bin, 

und  nicht  noch  hin?     Upitz  1,  188; 

er  ist  hin        vergebens,  ach  vergebens 

stöhnet  ihm  der  uungc  seufzer  nach! 

er  ist  hin   —  und  alle  lust  des  lebens 

wimmert  hin  in  ein  verlornes  ach!    Schiller  rduher  3,1. 

7)  in  sahireichen  fügungcn  deutet  hin  eine  bewegung  von  einer 
hnhe  abwärts,  ein  zu  boden  gehen  an,  vgl.  unten  hinfallen,  bin 
stürzen,  hinwerfen,  hinstrecken  u.a.:  da^  wajjcr  ward  al> 
gro;;  in  der  stat ,  da;  si  waunden  all  zu  verderben ,  unil 
forchten  cj  wurd  die  rinkmur  an  der  stut  hinbrccheu.  dcutschr 
slddlediron.   4,  75. 13  ; 

doch    wie  sie  lleklurn  gesohn  die  nitnnerfirhanren  umwandeln, 
klandflii  sie  slarr,  und  allen  oiilsanli  vor  die  fiiste  der  niu'tli  hin 

Itias  I.'),  2H0. 
auch  in  die  bedentung  des  liidltns  übergreifend  (vgl.  vorher  6,f) 
einen  binduktcrn,  hinquacksalbern ;    alle,  c»  lebe  der  haupi 
mniin  !  Spirgilbmi.  bis  ich  ihm  hinhclfe!  Schiller  rduber  i,j, 
der  ein  was  gnhcisirn  llnhin, 
die  itorncr  den  bald  richtrn  hin, 
du«  ur  tod  auf  der  erden  lag. 

d.  »tdtltechron.   I,  ^l,  lUb. 


1377 


HIN 


HINAB 


1378 


8)  mehr  abstrahiert  hat  sich  der  änn  von  hin,  wenn  es  för- 
derung  einer  absiebt,  unlerslützung  ausdrückt:  weih  auch  der 
vorgenanten  schirmer  und  lielfer  in  nit  beholfen  wer  und  si 
nit  schirmenti,  da  sülen  wir  und  daj  rieh  hin  rihten  als 
reht  ist.  ans.  des  germ.  miis.  1S65  sp.  275  (14.  jahrh.);  und 
entran  der  von  Wirtenperg  selb,  der  ward  hingeschoben  (in 
der  flucht  unterstützt),  d.  stddlechr.  5,18,26;  wer  den  Pütrich 
hauset  oder  hofet,  atzte  oder  trenkte  oder  gefarlichen  liin- 
schub.  4S,6;  das  wir  im  sollen  anhangen  und  in  hinschieben, 
bis  das  diw  sach  ain  end  näme.  359,  IS ;  wer  den  Pülrich  . . 
geferlichen  hin  hulf.  4,100,22; 

mhd.  dai  Heinrich  deme  keiser  hin 
geiiolfen  hxie  bi  der  zit. 

K.  V.  VVdrzbcrc  Otle  m.  d.  bnrl  t<34  ; 

oder  wenn  es,  in  Verbindung  mit  auf  und  verben  des  vagens, 
Unternehmens,  beginnens,  auf  eine  müglichkeit  weist  (rergl.  auch 
auf  no.  6  theil  1  sp.  608):  er  wagt  es  auf  die  gefahr  hin  dabei 
umzukonnraen;  selbst  auf  die  aussieht  hin  zu  verlieren,  unter- 
nimmt er  jenes  geschäft;  es  steht  bei  ihnen,  versetzte  Wil- 
helm, wenn  sie  es  auf  meine  Zerstreuung  hin  wagen  wollen. 
GöTBE  20,  210; 

auf  den  verdacht  hin  willst  du  rasch  gleich  handeln? 
Schiller  Piccot.  5,  1. 

0)  hin  in  substantivem  gebrauche:  ein  hin  und  her,  eine 
lichlputzscheer.  Woi.fs  zälschr.  f.  d.  mylhol.  4,  2C0;  wenn  wir 
das  hin  und  wieder  jener  in  Frankreich  sich  balancirendcn 
groszen  bewegungen  und  alle  daraus  entspringenden  wogungen 
vor  unserm  geiste  lebendig  erhalten  wollen.  Gütbe  49, 139. 
bairiscli  der  hin  und  her,  eine  person  die  bald  da,  bald  dort 
ist,  bald  diesz,  bald  jenes  will  und  treibt.  Schm.  1, 1118  Fromm.; 
all  mein  hin  und  her,  meine  ganze  habe.  das. 

II.  bin  zeitlich. 

1)  in  Verbindung  mit  adverbien  und  praeposilionen,  die  die  Zeit- 
dauer näher  bestimmen,  vergl.  unten  hinfort,  hinfür,  hindurch 
H.  a.,  ebenso  fernerhin,  forthin,  weiterhin;  hinz  aus  allem 
hin  ze; 

was  erfreuet  einen  sinn, 

ist  der  muth  durchs  alter  hin.    pars,  rosenlli.  6,  I ; 
und  sang,  mit  unbesorgtem  sinn, 
vom  morgen  bis  zum  abend  hin.    üagedorn  2,  66; 
wann  wir  die  horchende  menge  belustiget,  spät  in  die  uacht  hin. 

Voss  3,  140. 

2)  in  Verbindung  mit  verben,  wo  hin  an  den  sinn  I,  6  oben 
sp.  1376  rührt:  er  bringt  seine  zeit  mit  nichtigkeiten  hin;  er 
soff  immer  hin  {fort,  weiter).  Simpl.  2,28  Kurz;  es  ist  weiter 
hin,  als  sechs  uhr,  ultra  sextam  horam  tempus  processit.  Stie- 
LEB  841; 

im  Verlust  deiner  tochter, 

die  du  glücklich  glaubtest, 

hinspielend,  hintändelnd  ihre  Jugend!    Göthe  14,44. 

3)  hin  und  hin,  weiter  und  weiter,  von  einer  zeit  zur  andern : 
hin  und  hin,  immerfort,  die  ganze  strecke  weges.  Fromm.  6;  151 
(aus  Tirol).  Schm.  l,  1118  Fromm.; 

und  immer  sehnt  sich  fort  das  herz, 

ich  weisz  nicht  recht  ob  himmelwärts. 

fort  aber  will  es  hin  und  hin, 

und  möchte  vor  sich  selber  lliehn.    Göthe  47,89. 

fjfcer  hin  und  her,  hin  und  wider  s.  oben  sp.  1374. 1375. 

HIN,  adv.  gekürzt  aus  hie  inne,  vngl.  auch  unten  hinne: 
auch  Süllen  aller  hern  leüt  nicht  hin  (in  der  Stadt  !Sürnberg) 
sein,  die  nicht  aygen  hern  hinnen  haben,  d.  slddtechron. 
1,175,25;  Ulenspiegel  gieng  für  die  lluir  und  sagt:  lassen 
euwer  klopfen,  ich  lasz  niemans  in,  wan  diser  wirt  hat  mir 
befohlen  und  zflgesagt,  ich  soll  allein  bin  sein.  Ulenspiegel 
s.  97  Lappenberg; 

allda  sie  vor  dem  grabe  stund 
weint,  und  nit  änderst  denken  kundt, 
denn  man  bette  den  herren  hin.    H.  Sacus  4,  l,ss'. 
auch  binn : 

Iracundia,  bleib  hinn  bei  mir! 

J.  Ayrer  fastn.  sp.  SC  (2519,  26  Kettcr) ; 

wie  noch  Götue  sdireibt:  ihr  verdrusz  übers  herzogs  hund  war 
auch  so  sichllich.    sie  haben  aber  immer  beide  unrecht,    er 
halt  ihn  draus  lassen  sollen,  und  da  er  hinn  war,  hält  sie 
ihn  eben  auch  leiden  können,    an  frau  v.  Stein  I,  s. 
HI.N,  adv.  für  hinnen : 

ach  berzenliebstcr  herre  mein, 

ach  mein  trost,  mein  schätz  und  mein  lieb! 

von  hin  ich  euch  kein  nrlaub  gib. 

J.  Atrkr  223-  (Uli,  17  Keller). 
IV.  u. 


HI.NAB,  adv.  abwärts  und  hin. 

1)  mhd.  hin  abe  und  hin  ab  in  getrennter  sIeUung  {mhd.  wb. 
1,689'),  wie  noch  bei  Luther  gewöhnlich:  doch  bezeugt  die  schon 
früh  erfolgte  innige  Verbindung  beider  tlieile  bei  der  belonung  hinab 
der  umstand,  dasz  die  gekürzte  und  in  volksmäsziger  rede  übliche 
form  nah  bereits  im  16.  jahrh.  bezeugt  ist : 

zwei  stückh  (Kanonen)  füert  man  ins  lagen  nab. 

Adrut«  mitlheit.  131. 
Umgekehrte  anordnung  der  theile  zeigt  die  form  abbin  th.  1,  57, 
die  im  gegensatze  zu  dem  nur  örtlich  geltenden  hinab  auch  zeit- 
lich steht,  z.b.  im  schweizerisdien  curialstil :  am  25.  jenner  abhin. 
Während  herab  (vgl  sp.  1005)  seine  scharfe  riclituwisbestimmung 
manchmal  so  weit  verloren  hat,  dasz  Verwechselung  mit  hinab 
eingetreten  ist,  findet  bei  dem  letzteren  warte  der  umgekehrte  fall 
nicht  statt;  nur  in  fällen  wo  die  genauere  richlung  der  betcegung 
zurfick,  das  reine  abwärts  mehr  vortritt,  kann  hinab  mit  herab 
wechseln:  das  haar  flosz  die  schultern  hinab  oder  herab,  vgl. 
auch  unten  unter  hinabkommen,  vorausgesetzt  dasz  das  verbum 
in  sinnlicher,  und  nicht  abstracter  bedeutung  steht. 

2)  hinab  steht  mit  verben  der  bewegung  im  weitesten  sinne, 
welche  in  dringlicher  rede  auch  unterdrückt  werden ;  die  ridilung 
der  bewegung  wird  bestimmt  durch  praeposilionen  oder  adverbien: 
die  grenze  gegen  morgen  .  .  am  Jordan  hinab.  Hes.  47, 18 ; 
weh  denen,  so  am  meer  hinab  wonen.  Zephanja  2,5;  Elia 
nam  das  kind  und  brachls  hin  ab  vom  saal  ins  haus.  \kön. 
17,  23  ;  es  war  ein  mensch  der  gieng  von  Jerusalem  hin  ab 
gen  Jericho.  Luc.  10,30;  die  strasze  führt  links  hinab; 

ich  aber  höre,  auf  des  Brockens  spitze, 
von  meinem  fusz  hinab  ins  land 
die  donner  rollen.    Gökingk  3,  73; 

oder  durcli  einen  accusativ :  es  begab  sich  aber  on  gefehr,  das 
ein  priesJer  dieselbige  strasze  hin  ab  zoch.  Luc.  10,31;  der 
Strom  heult  den  felsen  hinab.  Göthe  If>,  167;  wir  kamen  über 
ein  breites  trocknes  bett  von  kiesein  und  steinen,  das  die 
nasserllnlhen  die  länge  des  berges  hinab  rerreiszen  und 
wieder  füllen.  244;  ein  gutes  weih,  welche  nicht  ferne  das 
thal  hinab  wohnte  und  frau  Elisabeth  genannt  wurde.  21,24; 

die  slirn  von  sorgen  umglQhet, 

die  schattet  er  (der  kränz)  sanft  euch  hinab. 

OvERBECK  ged.  124. 
j»  einer  zusammenrüekunq : 

doch  ach,  des  fremdlings  wanderstab 
geht  landhinauf  und  landhinab. 

Schmidt  v.  Lübeck  lipAlcr  (1847)  76. 

kühn  ist  eine  hierherfallende  fügung  Herders  :  {dem  schiUer  beim 
lesen  des  Horaz  suche  ich)  den  pfad  von  gedanken  und  bildern 
von    v\eiteni    zu  zeigen,    wo  wir  den  dichter  finden  werden, 
ich   fange  an :    und  ohne  bemerkung  einzelner  Schönheiten, 
schöner    ausdrücke,    gewählter   phrases,   jage   ich  seine  ode 
hinab;  ich  fliege  mit  ihm,  oder  schwimme  den  ström  seines 
gesanges  hinunter,  z.  litt.  11, 129.  —  hinab  im  gegensatze  zu  hinan: 
nun  pflügt  er  als  ein  feuermann 
auf  seines  nachbars  flur, 
und  miszt  das  feld,  hinab  hinan, 
mit  einer  glühnden  schnür.    Höltt  187  Halm;' 
bald  (wollen  wir)  rudern  auf  bekränztem  kahn,' 
den  see  hinab,  den  see  hinan.    Borger  48*. 

3)  hinab  bezeichnet  auch  nur  erslreckung  bis  an  ein  (liefer 
liegendes)  ende,  so  zwar,  dasz  der  begriff  der  bewegung  nur  in 
devi  ermessen  der  strecke  liegt,  welches  nach  dem  willen  des  er- 
zählenden ein  hi'irer  oder  leser  vornehmen  soll:  so  sollte  er  ge- 
schwind vor  das  thor  sich  verfügen,  wo  man  nach  Städtlieb 
zugienge,  da  er  denn  auf  denen  dort  den  grnnd  hinab  seienden 
wiesen  Reginen  sprechen  könnte.  Salinde  42  ;  eine  ganze  gasse 
lag  stumm  hinab  wie  ein  gotlesacker.  J.  Paul  paling.  t,  29. 
übertragen:  alle,  hoch  und  niedrig,  bis  zum  bettler  hinab, 
umstanden  das  grab  dieses  niannes;  vgl.  unten  hinabgehen 
am  ende,  auch  hinabänderung.  hinab  zur  kennzeichnung  einer 
richlung : 

hier  zur  seit  hinab 
quillt  der  brunnen, 
den  ich  trinke.    Götbe  2,  178.) 

4)  verben  der  beicegung,  mit  hinab  verbunden : 
begleiten,  deducere  in  partem  inferiorem.  Stieler  1145. 
bringen:    Potiphar  .  .  .  kauft  in  (Joseph)  von  den  Isma- 

eliten,  die  in  hinab  (nach  Egypten)  brachten,  l  Mos.  39,1; 
bringet  dem  manne  geschenke  hinab.  43,11;  meine  knechte 
sollen  sie  (ccdern)  von  Libanon  hin  ab  bringen  ans  meer. 
1  kön.  5,  8. 

fahren:  span  an,  und  fahre  hin  ab,  das  dich  der  regen 
nicht  ergreife,  ikön.  18,44;  wer  wil  bin  ab  in  die  tiefe  fahren? 

87 


1379 


HINAB 


HINAB 


1380 


Rüm.  10,';  über  das  alles,  ist  zwisschen  uns  und  euch  eine 
grosze  kluft  befestiget,  das  die  da  wollen  von  hinnen  hin 
ab  faren  zu  euch,  künden  nicht.  Luc.  16,  26 ;  du  must  mit 
den  lustigen  bewmen  unter  die  erden  hinab  faren  {begraben 
tccrden).  Hes.  21,18. 

fallen:  da  viel  ie  einer  nach  dem  andern  die  steg  hinab. 
Ulensp.  X.  130  Lappenb.;  aber  die  drei  menner  ...  fielen  hin 
ab  in  den  giüenden  ofen.  Dan.  3, 23;  wenn  dise  zwei,  gloub 
und  lieb,  halten  die  gedult  {unler  dem  bilde  eines  pHijerluüeit) 
das  sie  nit  gar  hinab  fall  {zu  boden).  Keisersberc  bilg.  "0*. 
iibertragen:  Leonore  (in  wehmuth  hinabgefallen).  Fiesko  — 
weinet  um  mich  —  liebt  seine  Schwester.  Schiller  Ft«5A:o  1,1. 
fliegen,  devolare.  Hederich  1286: 

als  durch  die  tieTe  marmorklurt 

hinab  die  ersten  donnerwogen 

wild  schäumend  in  den  abgrund  flogen. 

Sedhk  Spaziergang  1,  107. 
fliehen: 

dann  flöhn  die  ungeheuer 

erschreckt  zur  höll  hinab.    Götue  2,  154. 

flieszen:  und  iiesz  beche  aus  den  felscn  flieszcn,  das 
sie  hin  ab  Rossen  wie  wasscrströme.  ps.  78,16;  links  in 
abend  Oosz  die  weit  eben  hinab,  gleichsam  den  abendröthcn 
nach.  J.  Padl  flegelj.  1,53; 

CS  war  nur  wasser  —  doch,  dem  halb  crstorbncn  .sinn 
sclieint  Icbensgeist  den  gaum  hinab  zu  flieszen. 

Wieland  23,  40  (Oberon  7,  60). 

folgen: 

komm,  folge  mir  ins  dunkle  reich  hinab !    Göthe  9,  56. 

führen:  sollen  sie  hin  ab  füren  in  einen  kiesichten  grund. 
sWo.t.  21,  4;  und  fürcl  den  kiinig  hinab  vom  hause  des  lierrn. 
2  c/iro».  23,  20 ;  David  sprach  zu  im,  wiltu  mich  hin  ab  füren 
zu  diesen  kriegsleuten  ?  1  Sani.  30, 15  ; 

Hermes  führe  mich  später, 
Cestius  mahl  vorbei,  leise  zum  Orkus  hinab.    Götue  1,  270; 
hat,  von  ihrem  reiz  gerührt 
zu  des  Orkus  schwarzen  flössen 
Pluto  sie  hinabgeführt?    Schiller  t/m/c  der  Ceres; 

lebensmittel  auf  dem  wasser  hinab  führen,  in  aqua  devchere 
commealum.  Steinbach  1,389;  die  strasze  führt  hinab  in  das 
ebene  iand. 

gehen,  von  personen:  sibe,  da  kompt  Rebeca  eraus'mit 
einem  krug  auf  irer  achseln,  und  gehet  hinab  zum  brun 
und  schepfet.  \  Mos.  24,45;  stehe  auf  und  gehe  hinab  zum 
lagcr.  riclil.  7,9;  da  sie  bin  ab  giengen  von  der  höhe  zur 
stad.  1  Sani.  9,25;  gehe  hinab  in  dein  haus.  2  Sam.  11,8; 
da  sie  früe  morgen  den  berg  hinab  gieng.  JudiUi  10, 12.  von 
personißcalionen : 
auch  ein  klaglied  zu  sein  im  mund  der  geliebten,  ist  herrlich, 
denn  das  gemeine  geht  klanglos  zum  orkus  hinab. 

Schiller  Nenie. 
von  dingen:  der  weg  geht  da  hinab;  wir  waren  wohl  drei 
stunden  gestiegen,  als  er  (der  teeg)  liinlerwärls  sachte  wieder 
hinabzugehen  anfing.  (JOthe  16,227;  du  .  .  .  findest  dich 
vor  einem  gewülbe,  da  wohl  zwanzig  stufen  hinab  gehen. 
16,9;  bis  die  sonne  hinabgegangen  ist.  J.  Paul //(>«/).  2,246. 
von  einer  erslreckung:  thaten  uns  übrigens  alle  nichts,  die 
geister,  nur  die  hellsehcrinnen  litten  von  ihnen,  denn  sie 
sollten  ihnen  helfen,  das  ging  bis  zu  dem  kinde  hinab, 
welches  sein  hicniedcn  fallen  gelassenes  biitterbrod  jämmer- 
lich schreiend  verlangte.  Immkrmann   Münclili.  2, 133. 

glänzen:  müszten  die  .Sommergäste  .  .  in  die  künftigen 
länder  schauen  —  und  in  die  ganze  hinabglänzende  abdachung 
der  landscbaft  nach  dem  noch  erleuchteten  durfchen  hin. 
J.  I'acl  Üb.  FibcU  70. 

glühen:  vor  der  binabglühendcn  sonne.  J.  Paul  biogr. 
bei.  1,27. 

greifen:  zu  dunkel,  zu  dunkel  alles  drunten!  musz  mir 
was  aus  der  uberwelt  binabgreifen.  Fr.  Müllkr  2.  l«il. 

hallen: 

Roit  mit  dir,  geliebter!  lief  zu  herzen 

balle  dir  mein  scgeniiruf  liinab !     Uürükr  63V 

bangen:  auf  der  schuller  binabhangen ,  dependere  ex 
huvMTO.  Hederich  1286.     vgl.  unten  unter  hinaben. 

jagen:    er  jagte   das    bctlclvolk    die    treppe    hinab;    der 
kulHcher  jagte  mit  dem  wagen   den  beng  hinab, 
knirschen,  knirtdiend  murlilingen : 

{ich  hah)  den  grund  gelockert  der  mich  trug, 
und  dieiier  kniriicht  nun  rfichend  micb  liinnh. 

IIkbSRL  (iV'jrit  (1M.V))  110. 

kommen:  da  er  nu  bin  ab  kam.  rieht.  14,  7;  da  der  kotiig 
zn  im  bin  ab  kam.  7  kön.  7, 17 ;  rbe  sie  auf  den  boden  {der 


löwengrube)  hinab  kamen,  ergriflfen  sie  die  iöwen.  Dan.  6,  24; 
vom  kommen  in  das  lodlcnreich: 

wie  sich  vom  schwefelpfuhl  erzeugte  drachen 
bekämpfend  die  verwandle  brut  verschlingen, 
zerstört  sich  selbst  das  wüthende  pcsciilecht; 
kommt  kinderlos  und  schuldlos  mit  hinab!    Göthr  9,  56. 

vom  laufe  einer  grenze:  gehet  zur  seilen  hin  neben  dem  gefilde, 
das    gegen    mitternacbt  ligt,    und  kompt  hinab  aufs  gefilde. 
Jos.  18,18  {vorher  r.  17:  kompt  erab  zum  stein  Bohen). 
krachen,  krachend  nieder  gehen: 

dumpf  tönt  durch  das  graun  der  nacht  daher  der  wagen  des  todes ! 
vor  ihm  geht  Varus !  der  wagen  rasselt 
Walhalla  vorbei,  kracht  hinab 

zu  dem  ström  Cocytus!    Klopstock  8,112^ 

kriechen:  in  ein  loch  hinab  kriechen,  in  foramen  deserpere. 
Steinbach  1,939. 

lagern:  der  klare  ström  der  zeit  geht  über  einen  hinab- 
gelagerten blumenboden  schöner  stunden.  J.  Padl //«;>.  3, 119. 

langen:  hinablangen,  ad  inferiorem  parlevi  perlingere,  deor- 
sum  pracbere.  Stieler  1068. 

lassen:  lieszen  in  an  seilen  hinab  in  die  gruben.  Jer. 
38,6;  stellet  in  auf  die  zinncn  des  tempels,  und  sprach  zu 
im,  bistu  gottes  son,  so  las  dich  hinab.  Matlh.  4,6;  da  namen 
in  die  jünger  bei  der  nacht,  und  thefen  in  durch  die  mauren, 
und  lieszen  in  in  einem  korbe  hin  ab.  apostelgesch.  9,25; 
einen  ins  gefängnis  hinab  lassen,  aliqucm  in  carcerevi  dcmiltere. 
Steinbacb  1,  980. 

laufen:  man  läuft  die  treppe  hinab;  das  wasser  läuft 
den  berg  hinab ;  aus  dem  brunnen  hinab  laufen ,  ex  fonle 
dccurrerc.  Steinbach  1,  995. 

legen:  hinablegen,  infcrtus  poncre,  deponerc,  demillcre,  in 
inferiorem  parlcm  collocare.  Stieler  1116. 

leiten: 

und  belehr  ich  mich  nicht,  indem  ich  des  lieblichen  busens 
formen  spähe,  die  band  leite  die  büften  hinab?    Göthe  1,'.!65. 

lenken:  den  wagen  die  strasze  hinab  lenken. 

leuchten:  hinableuchtcn ,  praeferre  facem  ad  inferiorem 
pnrlem.  Stieler  1155;  das  selige  behagen,  mit  allen  stolzen 
Ihorheiten  der  zeit  zu  tändeln,  zu  scherzen,  zu  spielen  und 
des  Witzes  urkräflige  blitze  in  alle  spclunken  binableuchlen 
zu  lassen.  Immermann  Miinchb.  3,  143. 

machen,  reflexiv:  da  nu  Saul  hin  zoch  mit  seinen  nien- 
nern  zu  suchen,  wards  David  angesagt,  und  er  macht  sich 
hinab  in  den  fels.  l  Sam.  23,  25 ;  wollte  goft,  ich  konnte  mich 
nur  aus  der  verdammten  scbieszscharle  .  .  .  hinab  machen. 
J.  Paul  anh.  z.  TU.  2,  29. 

plumpen: 

zitternd  plumpt  er  hinab  vom  schmalen  balken  zur  erde. 

Götue  40,  53; 

und  hinab  dann 
wieder  zu  plumpen  in  külilondn  Mut.     Voss  Ov.  1,339. 

quellen:  im  garten  .  .  Ilieszt  der  hach  der  liebe,  dort 
flössen  Ihränen  der  liebe  und  quollen  hinab.  Klincer  thc<üer 
3,345; 

es  quillct  heller 
nicht  vom  Parnasz  die  ewge  (|uello  sprudelnd 
von  fels  zu  fels  ins  goldne  llinl  hinab, 
wie  freudo  mir  vom  herzen  wallend  flieszt.     Götiik  9,  .M. 

reichen:  ich  kann  in  diese  liefe  nicht  hinabreichen, 
reisen:    darnach    reiset    er    liin    ah  ins  Iand  Dainasken. 
Judith  2, 17;reiselen  sie  hinab  in  Fgyplenland.  5,8. 
rennen:  die  pferde  rennen   den   berg  hinab, 
rinnen:  vom  berge  hinabrinnen,  dcfluere  monle.  Hederich 
1286; 

in  dhosen  brunz  zu  weiln  darau 
da«  CS  hinab  rinn  in  die  schflh. 

grobinnuti  b.  1.  rii;i.  b. 

rollen:  der  wagen  rollt  hinab 

rücken:    hinabrücken,  parlem  inferiorem  orcuparr,  dfimii, 
d'tiiillere  sc.  Stiele«   l.'.7(i;  die  soimc  war  hiiiabgernrkl,  das 
Ihal    legte    wie    eine    verwilliblc    fürslin    einen    •^rlil.i.-i    von 
weiszen  duften  an.  J.  Paul  uns.  löge  3,  «7. 
rufe  n: 

da  kam  ein  knnbu  gi-laiifen 
^111  mein  vfitorlich  linun,  rief  iiiiih  tum  stramle  hiM.il> 

(ioTIIK    1,  2!>8. 

rumpeln,  mit  gro.\inn  gerAusch  hinab  fallen:  liscn  den 
grosen  fiisixchen   beugst  .  .  hinab  rumpeln.   Cani.  i;ir.*: 

Marzji  die  wax  aUo  lam 

diiK  Ki<T  rhnum  zur  »logen  cbom, 

Ki-chi,  ilo  rumpelt  »ejr  bin  ab, 

naro  rill  ander  mUlrad.    riny  iC,  38. 


1381 


Hm  AB 


HINAB  —  HINABÄNDERUNG 


1382 


rutschen,  ratschen:  sihestu,  wenn  du  das  an  einem 
menschen  sihest,  so  soitu  wissen,  das  im  der  hut  der  gedult 
nit  ganz  entpfallen  ist,  aber  allein  uff  den  sack  und  mantel 
hinden  an,  das  ist  uff  den  christenlichen  glouben  und  lieb 
hin  ab  gerutscht.   Keisersberg  bilg.  70*. 

schauen:  das  freie  grosze  äuge,  ruhig  hinabschauend 
in  die  freie,  grosze  weit.  H.Heine  1,7";  in  hohem  grade 
wunderbar  erscheint  uns  alles  beim  ersten  hinabschauen  vom 
Brocken.  78 ; 

aber  wonn  ist  es  auch,  binab  zu  schauen  die  reihea 
jener  Zeiten.  Klopstock  6,  192. 

schicken:  nem  ein  disz  pillulen:  schicks  hinab.  Garij.  102'. 
schieben;    er   schiebt  einen  karren  den  weg  hinab;    er 
schob  sich  die  treppe  hinab  (entfernte  sich  leise). 

schieszen,  intransitiv,  eilen :  er  schosz  den  pfad  binab 
zu  dem  ihn  erwartenden; 

«vohl  manches  fabrzeug,  vom  Strudel  gefaszt, 
scbosz  jäh  in  die  tiefe  binab.    Schiller  taucher. 

transitiv:  hinabschieszen,  ex  supemis  in  inßma  jaculari.  Stie- 
ler 1771. 

schleichen,  deorsum  prorepere.  Stieler  1835. 

schleifen:  nichts  als  das  wehen  meines  athems,  der 
sich  die  mauer  hinabschieifte.  Tieck  S,  6S  ;  Gunzelin  schliff 
mit  ihr  einen  so  raschen  Schleifer  längs  dem  saal  hinab, 
dasz  der  erdboden  rauchte.   Musäos  volksm.  107. 

schlingen: 

nehmt  blut  der  sau,  die  ihre  jungen 

in  eignen  schluod  hinab  geschlungen.    Borger  304*. 

schmeiszen:  unsre  friedensrichter  die  treppen  hinab  zu 
schmeiszen  !  Schiller  Fiesko  2,  8. 

schmettern:  ja  lieber  hoffmann,  der  einen  heiszt  die  steg 
hinauf  tretten,  der  kan  einen  wider  heiszen  hinab  schmettern. 
Garg.  213'. 
schrecken: 

er  kömmt,  mit  staub  und  rühm  bedeckt, 

und  hat  die  zwietracbt,  die  der  Völker  mark  rerzehrte, 

zur  höll  hinabgescbreckt.  Raxler  1,  65. 

schwimmen,  denalare.  Stielek  1979. 
schwingen: 

auf  einmal  schien  die  sonne  durchzudringen, 

im  nebel  liesz  sich  eine  klarheit  sehn. 

hier  sank  er  leise  sich  hinabzuschwingen; 

hier  tbeilt  er  steigend  sich  um  wald  und  höhn.    Götue  1,4. 

sehen:  von  den  bügeln  in  die  Stadt  hinab  sehen,  a  ttitnu- 
lis  urbem  despicere.  Steinbach  2,  563 ; 

sehen  hinab  in  das  wilde  meer.    Schiller  taucher. 
sehnen: 

und  zu  den  todten  sehn  ich  mich  binab'.    Göthe  9, 35S. 
sinken:    ein  mensch,    tiefgebeugte  zuhörer,  kann  in  die 
zweite   weit    hinabsinken,   ohne   dasz   ein  trauerpfeid  nach- 
springt. J.  Paul  Hesp.  3,58; 

wie  unter  dir  der  trügerische  Arn 

einbricht,  und  du  hinabsinkst,  ein  lebendig 

begrabner,  in  die  schauerliche  grult.    Schiller  Teil  3,  1. 

springen:  vom  berge  hinab  springen,  de  monte  desilire. 
Steinbach  2,  647. 

spülen:  schwelle  herauf,  taumelnder  zephyr,  und  spüle 
mich  in  deine  blütenkelche  hinab.  J.  Paul  Hesp.  1, 151 ;  die 
speisen  mit  einem  frischen  trunk  hinabspülen. 

steigen:  gehe  hin,  steige  hinab.  '2  Mos.  19,24;  stiegen 
hin  ab  in  das  wasser.  apostelgesch.  S,  i% ;  da  steig  Petrus  hin 
ab  zu  den  mennern.  10,21; 

hier  beschwört  es  (das  orakel)  der  forscher,  der  reines  berzens 
hinabsteigt.    Schiller  der  genius ; 
er  sei  hinabgestiegen  zu  den  todten.    Phädra  2, 1 ; 
die  ewge  liebe  steigt  von  goit 
zu  uns  hinab  für  scbirapf  und  spott. 

Arndt  yeä.  (1840)  546. 
stellen:    hinabslellen,  delrudere,  demiltere,  deorsum  locare. 
.Stieler  2147. 
sterben: 

stärke 
dann  aus  der  hangenden  nacht  mich,  in  die  dein  leben  hinab- 
stirbt.   Klopstock  4,  104; 
wie  er  hinabstirbt  seinen  groszen  tod. 

Schcbart  ged.  1,21. 
stoszen:  ich  wii  dich  unter  die  erden  hin  ab  stolzen, 
//es.  26,  20;  beweine  das  volk  in  Egypten,  und  stosze  es  mit 
den  tüchtern  der  starken  beiden  hinab  unter  die  erden.  32,18. 
streifen:  Ilse  sah  auch,  dasz  das  äuge  der  prinzessin 
flüchtig  bis  zu  ihr  hinabstreifte  und  dasz  sein  ausdruck 
ernster  wurde.  Freytac  handschr.  2,  404. 


stürzen,  intransitiv:  ist  es  da  nicht  die  stimme  der  ganz 
in  sich  gedrängten,  sich  selbst  ermangelnden,  und  unauf- 
haltsam hinabstürzenden  crealur,  in  den  Innern  tiefen  ihrer 
vergebens  aufarbeitenden  kräfte  zu  knirschen :  mein  gott ! 
mein  gott!  warum  hast  du  mich  verlassen?  Göthe  16,132; 
transitiv:  füreten  in  auf  einen  hügel  des  beiges, ..  das  sie  in 
hin  ab  stürzeten.  Luc.  4,  29;  entlief  er  auf  die  mauren,  und 
stürzt  sich  manlich  hin  ab  unter  die  leute.  2  Macc.  14,  43 ; 

kommt  der  traurige  scheidetag, 
stürmt  die  freunde  hinweg,  stijrzet  den  seelendolch 

in  mein  blutendes  herz  hinab.    Höltt  92  Halm; 
{dasz  sie)  Hellas  bestes  geschlecht  stürzten  zum  Orkus  hinab. 

Schiller  das  ijlücli. 

tbun:  brauchte  aus  kraft  des  steins ,  den  ich  bei  mir 
hatte,  im  athmen  das  wasser  an  statt  der  luft;  ich  konte  auch 
gleich  so  wol  als  die  wassermännlein  mit  geringer  mühe  in 
der  see  herum  webern,  maszen  ich  mich  mit  denselben  in 
abgrund  hinab  thät.  Simpl.  2,  56  Kurz. 

tragen:  denn  da  Abiathar  .  .  floh  zu  David  gen  Kegila, 
trug  er  den  leibrock  mit  sich  hinab,  l  Sani.  23,6; 

liebliche  winde  zerflossen  von  ihm,  und  trugen  die  stimme, 
die  sonst  keine  geschöpfe  nicht  hörten,   hinab  zu  dem  mittler. 

Klopstock  3,  53 ; 
sollte  Molly  mir  nur  werden, 
trüg  ich  aller  weh  beschwerden 
noch  den  längsten  pfad  hinab.    Borger  6i\ 

träumen:  er  träumte  sich  endlich  in  einen  langen  schlaf 
hinab.  J.  Paul  Tit.  4, 134. 

treiben:  der  kahn  treibt  den  flusz  hinab;  sie  trieben 
die  herde  den  pfad  hinab. 

treten:  hinabtreten,  ima  pelere.  Stieleb  2337. 
trinken: 

wo  bei  entfleischtem  gebein  der  getödteten  schadet 
liegen,  und  wo  das  blut  der  empörer  der  hügel  binabtrank, 
dasz  er  dampfte!  Klopstock  4,  20; 

genug  hinabgetrunken  hat  die  erde 
des  edeln  blutes,  das  aus  ihr  entsprang. 

Schiller  Phädra  2,  2. 

walgern,  wälgern:  wisset  ihr  nicht,  das  ein  stein  in 
einem  augenblick  sich  selber  einen  hohen  berg  hinab  weigert, 
da  man  ihn  in  einem  ganzen  tag  nicht  wider  hinauf  walzen 
kan.  ZiNKGBEF  apophti).  i,  216. 

wälzen:  sie  wälzten  grosze  steine  die  felsen  hinab, 
wandeln: 

Rhea  Sylvia  wandelt,  die  fürstliche  Jungfrau,  der  Tiber 
wasser  zu  schöpfen,  binab,  und  sie  ergreifet  der  gott. 

Göthe  1,262. 
wanken: 

irren,  traurigen  tritts  wanken  wir  unsern  weg 
durch  das  leben  hinab,  bis  sich  die  liebe  naht. 
Höltt  96  Hatm. 

weisen:  hinabweisen,  praemonslrare  viam  deorsum.  Stie- 
ler 2485. 

werfen:  fürete  sie  (frauen)  herumb  durch  die  ganze  stad, 
und  würfen  sie  zuletzt  über  die  maur  binab.  1  Macc.  6,10; 
ach,  ist  disz  nicht  ein  ehrlichs  erbieten,  werft  mich  nicht 
zum  fenster  ausz,  sondern  die  steg  hinab.  Garg.  213'; 

wer  wagt  es,  rittersmann  oder  knapp, 

zu  tauchen  in  diesen  Schlund? 

einen  goldnen  becher  werf  ich  binab.    ScaaLSR  laucher. 

winden:  die  strasze  windet  sich  hinab, 
winken:  vom  fensler  einen  grusz  hinabwinken, 
wirbeln: 

da  wirbelte  die  grobe 
verworfne  taust  zwei  stiegen  mich  hinab.    TuöaHSL  6,280. 

ziehen,  intransitiv:  sahen  einen  häufen  Ismaeliter  komen 
...  die  zogen  hin  ab  in  Egypten.  1  Mos.  37,  25;  zoch  hin  ab, 
und  wonet  in  der  steinkluft  zu  Etam.  nc/i/.  15,  8;  waren  die 
menner  Juda  gen  Gilgal  komen,  hin  ab  zu  ziehen  dem  könige 
entgegen.  2  Sam.  19,  8 ;  es  begab  sich  aber  on  gefehr,  das  ein 
priester  dieselhige  strasze  hin  ab  zoch.  L«c.  10,  31.   transüiv : 

wird  er  uns  alle,  die  wir  an  sein  glück 
befestigt  sind,  in  seinen  fall  binabziehn. 

Schiller  Piccol.  5,  3 ; 
auch  mich 
wird  meines  vaters  schuld  mit  ins  verderben 
hinabziehn.  Watlenst.  tod  3,21; 

und  reiszend  sieht  man  die  brandenden  wogen 
hinab  in  den  strudelnden  trichter  gezogen,    taucher. 

zwingen:  hinabzwingen,  delrudere,  depellere.  Stieler  2670. 

HIN.\BÄNDEKUNG,  f. :  du  sprachst  von  seiner  neuern  Ver- 
änderung als  eine  hinabänderung  (d.  h.  änderung  in  malam 
partem).  J.  Paul  vorsch.  d.  äslh.  3, 165. 

87* 


1383 


HINABEN  — HINAN 


HINAN 


1384 


HLNABt.N,  adv.  aus  hiiiabhin,    vertji  oben  sp.  1016  beraber 
aus  berabher:   da;  .  .  .  daz;  selb  beiliglum  widder  ausz  den 
obern  landen  de;  reicbs  binaben  gen  Oslcrreicb  oder  an  die 
Sleirmaigk  solle  gefuit  ..  werden,  d.  slädtechr.  3,:iS\,^();  und 
laufeu  iiioaben  zu  Jona,  den  wecken  sie  auf.  Lutuer  3,20;/; 
ein  eichen,  grosz.  grob,  dick  und  fest, 
heu  viel  rauher  kuorrecliier  esi, 
die  hiengen  an  die  enl  hinnben 
unil  feinen,  kühlen  schalten  gaben. 

|{.  Waldls  h:.s<>}i  4,  hl,  I.). 

HINABFAHRT,  f.  l)  das  fahren  hinab:  die  hinabfabrt  in 
den  scbacbt  gieng  ziemlich  leicbt  von  .stallend 

2)  auch  ein  gang  durch  den  vian  hinab  kömmt,  dcmeaculum. 
Hederich  1286. 

HINABSTIEG,  m. :  wir  hofften  nunmehr  einen  bequemem 
hinabstieg.  Güthe  1(5,288. 

HINABWÄRTS.  adv.  dcorsum  versus.  Stetnbach  2,934:  weil 
die  nach  dem  see  hinunternibrende  lianptstrasze  etwa  nur 
eine  Viertelstunde  ihres  thals  binabwiirts  vorbeigehe.  Göthe 
23, 168. 

HINACH,  adv.  s.  hinnach. 

HINACHT,  adv.  diese  uachl.  für  heinacht,  vgl.  sp.  886:  noch 
hinacht  umb  milternacht.  Wickram  irr  reitend  bilyer  vorred  A4. 
s.  auch  hinnacht. 

HINALTEN,  verb.  senescendo  vitam  Irahere,  deßcere  annis  et 
viribus.   Stiei-er  37. 

HINALTERN,  verb. :  es  war  ja  die  lauterkeit . .  der  ehe  . . 
in  jener  zeit  des  hinalterns  der  allen  Völker  .  .  ganz  ins- 
besondere ein  Zeugnis  von  der  wunderbaren  lebenskraft  des 
chrislenlhums.    christl.  kunstblatl  1867  .<f.  128. 

HINAN,  adv.  an  und  hinwärts,  früher  gelrennt  auch  hin  an 
(neben  anhin  Iheil  l,  370),  in  volksmdszigcr  rede  zu  nan  gekürzt. 
der  sinn  des  worla  ist  ein  doppelter. 

l)  das  bin  gelU  auf  einen  in  gleicher  fläche  mit  dem  sprechenden 
gelegenen  ort  (vgl.  daran,  heran),  und  drückt  nicht  mehr  wie  ein 
hinzu  aus.  die  richtung  wird  wie  hei  den  ähnlichen  adverbien 
Ȋlter  bestimmt:  verderbeten  das  gewecbs  auf  dem  land,  bis 
hinan  gen  (iaza.  rieht.  6,  4 ;  neben  im  bawete  Eser  .  .  zwei 
stück  den  winkel  hin  an ,  gegen  dem  barnischhaus.  Neh. 
3,19;  (giengen)  zum  thor  Ephraim  bin  an.  12,39;  das  land 
darin  du  schwimmest,  wil  ich  von  deinem  bliit  rot  machen, 
bis  an  die  berge  hinan,  das  die  beche  von  dir  vol  werden. 
Hes.  32,6.  ungut  statt  des  accusalivs  ein  dativ :  o  war  ich  in 
vollem  feuer  dem  ziel  hinan  als  ein  rechtschaffner  mann 
gestürzt.  Klincer  thcater  2,252; 

{sandten)  umb  ein  cbaczen  (sc/iirm'/ac/i),  die  seu  {.lie)  treiben 
geholten  an  die  maur  hin  an.  ring  h'i',  23, 

gleich  darauf  in  der  form  anhin: 

die  kaczeii  schol  man  an  bin  füren 

und  stoszcn  in  die  maur  enzwai.    37; 

durch  vierzehn  saal  must  er  bingan, 

bis  er  kam  ans  gemach  hinan, 

darinn  der  mechtig  könig  war.    mücitenkr.  1,350; 

auch  prellt  bis  an  den  wald  hinan 

der  dronimeten  taratantaran.     1,  977. 

verben  der  bewegung,  mit  denen  iiinan  verbunden  wird,  ssind  in 
dringender  rede,  oder  nach  sollen,  wollen,  können,  müssen 
unterdriickl : 

der  todt  sähe  was  er  für  ein  han 

ao  im  hat,  und  wolt  liicbl  hinan,    mückcnkr.  2,  316. 

in  übertragenem  sinne  hinan  wollen,  hinan  müssen,  etwas 
glauben,  lliun,  leiden  wollen  oder  viüssen  {vgl.  daran  müssen, 
daran  wollen  Ihetl  2,758.759):  aber  da  wolt  er  nicht  hinan, 
das  gott,  wiewol  er  die  sünde  nicht  wil,  so  verbeugt  er  doch, 
das  sie  geschiebt.  Luther  Ü,l02';  solch  gebot  {des  häraicus) 
mus  man  mit  predigen  und  solciicn  büchern  treiben,  und 
den  ledigen  personen,  so  zur  einsamen  keuscheit  nicht  be- 
gnadet sind,  das  gewissen  damit  beschweren,  nötigen  und 
plagen,  Ins  sie  hinan  müssen,  und  zu  letzt  sagen,  sols  sein, 
mus  es  sein,  kans  nicht  anders  sein,  so  waits  goK,  und  sei 
gewagel.  4,  3«3*. 

Verben  der  bewegung,  die  nch  mit  hinan  in  dem  angegebenen 
mnne  verbinden : 

bringen:  der  andere  aber  eben  durch  diesen  weg  gleich 
bisz  zum  grabe  hin  an  gebracht.  Laz.  de  Tormcs  44. 

fUhron:  und  die  warsagung  wird  auf  du?  rechtet)  seilen 
gen  Jerusalem  deuten,  das  er  solle  bocke  hin  an  füren  lassen. 
Hu.  21,22. 

geben:  wenn  da  nicht  binan  gehest  {zum  tacrament). 
Laxau  t,  lAt*;  damit  die  anderen  on  sorg  ybrer  kindcr  detler 


männlicher  hinan  giengen  (zum  kämpf).  -Fr kkk  weltb.  83';  er 
gehet  frisch  Iiinan,  adorilur,  aggredilur.  iiruit  strenuc  in  hostem. 
Stieler  630. 

kuninien:  bis  das  wir  alle  hinan  komen ,  zu  einerlei 
glauben  und  erkentnis  des  sons  goltes.  Eph.i,ii;  wir  habens 
zwar  dabin  gebracht,  das  der  gemeine  man  hinan  konipt  (zum 
verstehen  des  gesetzes).    Luther  3,  26ü'. 

lenken:  die  tochter  lenket  sich  an  den  valer  hinan,  filia 
acclinal  palri.    Stieler  1146. 

machen,  reflexiv:  dasz  er  sieb  hinan  iiiacbte  {hinzu  gieng). 
Chr.  Weise  kl.  leute  168. 

reichen,  intransitiv:  die  quelle  der  beche,  welche  reicht 
bin  an  zur  stad  Ar.  i  Mos.  21,15;  denn  irer  plage  ist  kein 
rat,  die  bis  in  Juda  komen,  und  bis  an  meins  volks  Ibor 
gen  Jerusalem  bin  an  reichen  wird.  Micha  l,  9. 

reiten:  nahe  an  den  feind  hinanreiten. 

rücken:  und  Goigias  nam  fünf  tausent  .  .  .  und  tücket 
bei  nacht  heimlich  hinan  an  der  Juden  lager.  1  Macc.  4, 1. 

schütten:  erde  um  den  bäum  hinanschUtten,  lerram  circa 
arborem  adaggcrare.  Hederich  1287. 

setzen,  übertragen,  wie  daransetzen  thäl  2,759:  es  stehet 
aber  dabei,  das  die  Christen  über  solchen  sieg  müssen  ir 
leben  hinan  setzen.  Luther  8,189';  intransitiv:  da  ist  ein 
mutiges,  trotziges,  unerschrocken  herz,  das  hinan  setzt,  und 
der  warbeit  beistehet,  es  gelt  hals  oder  mantel.  1,255'. 

springen:  zu  einer  sache  binan  springen,  alicui  rei  ad- 
sullare.  Steinbach  2,  647. 

steilen:  hier  ward  ich  also  sogleich,  wenn  nicht  mit 
iiineingeslelll,  doch  hinangestellt,  und  habe  für  die  bestiin- 
mung  .  .  .  der  deutschen  legion  manchen  dintentropfen  aus 
der  feder  lassen  müssen.  E.  M.  Arndt  Wanderungen  s.  19. 

stoszen,  technisch  beim  buchbmder,  bogen,  blätter  binan- 
stoszen,  eng  mit  den  vorhergehenden  verbinden,  und  danach  bdd- 
lich  bei  J.  Paul  :  er  müss  aber  einen  haben,  der  seine  biblio- 
Ihek  übernehme,  ordne  und  invenliere,  und  der  an  seine 
lebensbeschreibung,  die  in  der  ganzen  bibliothek  wäre,  seine 
letzten  stunden  . .  zur  konipleticrung  gar  hinanstiesze.  uii^'. 
löge  3, 165. 

treiben:  eines  anfurts  aber  wurden  sie  gewar,  der  halle 
ein  ufer,  da  hin  an  wollen  sie  das  schiff  treiben,  apostelgestch. 
27,  39. 

ziehen:  und  der  hindcrhalt  eilet  auch,  und  brach  crfur  zu 
Gibea  zu,  und  zog  sich  hin  an,  und  schlug  die  ganze  stad. 
rtcW.  20,  37 ;  da  zocb  ich  bei  nacht  den  bach  hinan.  iVc/i.  2, 15. 

2)  hinan  zeigt,  und  dies  mehr  in  den  jungem  u-ie  in  den  allern 
quellen,  auf  einen  höher  gelegenen  ort,  und  die  mit  ihm  gebildeten 
Verbindungen  von  verben  der  beivegung  drücken  im  allgemeinen 
ein  steigen  und  klimmen  aus  (vgl.  unten  hinauf  2).  die  richtung 
wird  näher  bestimmt:  David  aber  gieng  den  oleberg  hin  an. 
2i;awj.  15,30; 

drohen  sind  der  steine  viel 

um  meine  luiite  .  .  . 

gleich  zur  linken 

durchs  gchüscli  hiuuii.     Gutiie  2,  178. 

verben  der  bewegung  sind  ausgelassen:  wir  muszten  einen  berg 
hinan.    Göthe  16,  243; 

wolil  .sollt  ich  izi  nach  dir  {loa)  mich  heiser  rufen : 

dem  traurigen  bist  du  ein  guih ! 

allein  hinan  des  lebens  letzte  .stufen! 

denn  diesz  will  gröszern  muth.    UdKiMCK  3,211; 
hiiinn  !  Iiinan  !  es  heulet  Iniil 
gchrüll  der  l'eindcswuth.    (iothk  2,  Is:«. 

Verbindungen  mit  derartigen  verben : 
beten: 

ich  bei  hinan,  und  lobge.sang 

ist  lauter  mein  gebet.    Gotiir  2,  184. 

bringen:  etwas  den  steilen  pfad  hinan  bringen;  über- 
tragen, in  beziig  auf  ehrenslellen : 

klug,  an  liiriii!, 

schön,  un  stiriie, 

bringt  den  miiiin 

hoch  binun.     I.ocaii  2,  IM,  18. 

drängen: 

Ich  drtknge  mich  binan,  hinan.    GAthb  2,  ISA. 

fahren:  der  wagen  führt  einen  steilen  berg  hinan. 

gehen:  giengen  hin  an  (auf  den  dlberg)  und  wcinelen. 
2  Sam.  15,  30. 

gelangen:  wo  meine  ehibegierde  freies,  iinhescbritiikies 
feld  hat,  herumzntumineln,  binunzugelungen.  KrtncER  Uieater 
2,137. 


1385 


HINAN  — HINAUF 


HINAUF 


1386 


heben:  bis  an  den  himmel  hinan  heben,  ad  coeluvi  efferre. 
Steinbach  2,  760. 
kl ettern: 

ich  kletterte  den  bäum  hinan.    Göeinck  :^,  II. 
klimmen: 

der  gemse  klippen  und  des  adlers  höhen 
klimmt  keines  fürsten  ross  hinan.    Gökitcce  3,73. 
bildlich:    ?roszer  thaten  herrliche  vollbringer 
klimmten  zu  den  seligen  hinan. 

Schiller  ijötter  Griechenlands. 

kommen:  hoch  ans  breit  hinan  kommen,  ad  honores  ad- 
scendere.  Steinbach  1,900;  höher  hinan  kommen,  in  alliorem 
gradum  adscendere.  das. 

kriechen: 


so  lang  ich  brod  und  wasser  haben  kann, 
bedarf  ich  keines  stolzen  fürsten  gnade  .  . 
ich  krieche  nicht  zu  ihm  hinan.    Göeingk 


19. 


reiten:  den  berg  hinanreiten,  clivum  equo  asccndere.  Stie- 
ler 1602;  den  24.  oct.  ritten  wir  .  .  .  erstlich  Mont  hinan. 
Göthe  16,  266. 

rennen:  die  den  gipfel  hinan  und  hinunter  rennenden  .. 
Ihiere.  Inmerman.n  Münchh.  2,  89. 

rücken:  weiter  hinan  rücken,  promovere  in  ampliorem 
gradtim.  Stei.nbach  2,303.     reflexiv,  in  unum geläuteter  form: 

nun  ists  um  den  armen,  den  thürmer  gethan  ! 

er  {liiT  Imite)  ruckt  sich  von  Schnörkel  zu  Schnörkel  hinan, 

langbeinigen  spinnen  vergleichbar.  Göthe  I,  230. 

rutschen:  rutschte,  um  nicht  gesehen  zu  werden,  auf  dem 
bauche  den  schneckenberg  hinan.  Immer.hann  Münchh.  3,181. 
sehen:  er  sah  den  felsen  hinan, 
sprengen: 

kaum  sprengt  er  den  rücken  des  hügels  hinan, 

so  springen  ihn  seilte  zwei  doggen  schon  an.    Borger  SI*. 

steigen:  wir  stiegen  die  Dole  hinan  (den  höclisten  berg  des 
Jura).  Güthe  16,234;  ein  durchsichtiges  Wäldchen  von  gold- 
grünen birken  stieg  in  hohem  gras  drüben  den  nördlichen 
berg  hinan.  J.  Fall  Hesp.  i,  242. 

streben:  wenn  das  äuge  hinanstrebt  in  die  ewigen  räume. 
J.  Pacl. 

ziehen:  der  trosz  zog  den  berg  hinan;  die  pferde  ziehen 
einen  wagen  die  strasze  hinan. 

zwingen:  hinanzwingen,  stirsum  adigere.  Stieler  2670. 

HI.N.\RGERN,  rerb.  toi  ärgern  (vgl.  hin  sp.  1376):  nun  sehe 
ich  deutlich,  dasz  mich  der  rector  und  das  übrige  gesindel 
bald  würden  hingeärgert  haben.  Voss  triefe  1,320. 

HINAUF,  ade.  hintcärts  und  auf;  im  allgemeinen  äJinlicher 
enttcickclung  wie  herauf  sp.  1022  und  die  vorher  genannten  hinab 
und  hinan. 

1)  ahd.  hina  6f,  mhd.  bin  öf  neben  öf  hin,  welche  letztere 
form  im  nhd.  aufhin  dauert  (theil  1,  670).  die  trennung  beider 
theile  des  Wortes  ist  noch  bei  Luther  gewöhnlich  durclige führt, 
andererseits  wird  aber  die  enge  Verbindung  durch  die  auch  schon 
im  l^.jahrh.  bezeugte  kürzung  nsuf^gewälnrt :  dasz  ihro  f.  gnaden 
nur  nauf  ins  königs  zimmer  kommen  mögen.  Schweisichen 
1,55;  wenn  ich  nauf  sehe,  so  sehe  ich  nichts.  Chr.  Weise 
comüd.  178;  zum  oberkeller  nauf.  Fr.  Mlller  1,279; 

solch  plöt  styg  als  gen  hymel  nauf.    Schwarzksbbrg  156'; 

sie  nahm  vom  linger  ihn  herab,  und  sacht,  und  sachte, 

denselben  nauf  zum  mund,  und  endlich  gar  nein  brachte. 

D.  V.  D.  Werdkb  Aiiosl  11,6,6; 

die  engel  freuen  sich,  die  seele  nauf  zu  führen. 

LocAü  1,  74,  99; 

ich  kuram  in  diese  weit,  hindurch  dort  nnuf  zu  reisen. 

1,  J>S,  64. 
J)  hinauf,  in  vrlliclter  bedeutung,  auf  einen  vom  sjirechenden 
weg  und  höher  gelegenen  ort  weisend  und  insofern  sich  mit  dem 
doch  weniger  gebräucldichen  und  in  gewählter  rede  jetzt  eher  ver- 
miedenen hinan  2  {sp.  1384)  berührend;  vielfach  mit  ndlierer 
beslimmung  der  richlung:  hinauf  gen  himel.  Rom.  10,6;  hin 
auf  in  die  obersten  lender.  1  Macc.  3,  37;  das  ir  hin  auf  zöget 
aufs  gebirge.  5  Mos.  l,  41 ;  vom  boden  an  bis  hinauf  über  die 
thür.  lies.  41,20;  von  unten  an,  bis  oben  hinauf,  r.  18; 
unten  ..  meist  steinicht  und  felsicht,  besser  (urrfpr)  hinauf . . 
voller  dannen  und  husch,  pers.  reisebeschr.  2,3;  hat  eine  ge- 
rätimigere  {hülte)  an  einem  schicklichem  ort,  etwas  weiter 
hinauf,  erbauen  lassen.  Göthe  16,247;  die  Hhone  hinauf  war 
alles  heiter.  274;  der  alte  baron  war  nämlich  noch  vor  dem 
scheiden  der  Interessenten  stillscbwärmend  aus  der  slube 
gewankt, . .  die  süllertreppe  hinauf.  Inneaxanx  Münchli.  3,180; 


wann  wasser  rinnen  berghinauf, 
dann  höret  meine  liebe  auf. 

E.  M.  Arwdt  ged.  (1840)  217; 
vgl.  auch  dahinauf,  dorlhinauf  theil  2,  693. 1308. 

Verben  der  bewegung ,  die  sich  mit  hinauf  binden,  werden 
in  dringender  rede,  oder  nacli  den  hilfswürtern  sollen,  wollen, 
müssen,  können  unterdrückt:  wo  sollen  wir  hinauf?  5  3/os. 
1,28;  willu  hin  auf  gen  Jerusalem?  apostelgesdi.2h,9;  morgen 
abend  gedenken  wir  wieder  hier  zu  sein,  und  übermorgen 
soll  es  das  land  hinauf.  Götbe  16,254; 

hinauf!  hinauf  nach  oben!    1,232. 

Verbindungen  mit  verben  der  bewegung  im  weitesten  sinne. 

bauen:  um  in  Neukirch  einzukehren,  das  an  dem  berg 
hinaufgehaut  isl.  Göthe  25,  328. 

begleiten:  hinaufbegleiten,  deducere  in  partem  superiorem. 
Stieler  1145. 

bemühen,  reflexiv:  wenn  sie  sich  zu  dem  allen  herrn 
baron  hinaufbemühen  wollen.  Immervann  Münchh.  3, 189. 

beten:  wollen  hinauf  zum  himmelvater  beten.  Fr. Müller 
3, 406.  ) 

bringen,  mit  persönlichem  und  sächlichem  object:  hüben  die 
priester  die  laden  des  herrn  auf,  und  brachten  sie  hin  auf. 
1  A:ön.  8,4;  da  ward  Daniel  hinauf  für  den  könig  bracht. 
Dan.  5, 13 ;  er  versicherte  uns,  dasz  seil  acht  und  zwanzig 
Jahren  —  so  lange  führe  er  fremde  auf  die  gebirge  —  er 
zum  erstenmal  so  spät  im  jähr  .  .  .  jemand  hinauf  bringe. 
Göthe  16,246; 

diesen  ist  alles  genusz.    sie  essen  ideen  und  bringen 
in  das  himmelreich  selbst  messen  und  gabel  hinauf. 

Schiller  1,314  Kurz  (iiberschrift :  Iheophuyen). 

bildlich:  einen  in  der  bürgerlichen  gesellschaft  hinaufbringen. 
Klinger  4,68. 
denken: 

der  schnelle  gedanke, 
der  aus  des  betenden  seele  von  Sternen  zu  sternen  hinaufdenkt, 
eilet  nur  eilender!  Klopstock  4,  106. 

dringen:  auf  den  Gotlhard  hinauf  dringen.  Göthe  16,272; 

doch  ist  es  jedem  eingeboren, 
dasz  sein  gefOhl  hinauf  und  vorwärts  dringt, 
wenn  über  uns,  im  blauen  räum  verloren, 
ihr  schmetternd  lied  die  lerche  singt.    12,60; 
dunkel  brennt  das  feuer  nur  augenblicklich  und  dampfet, 

wenn  das  wasser  die  gluth  stürzend  und  jählings  verhüllt, 
aber  sie  reinigt  sich  schnell,  verjagt  die  trübenden  dämpfe, 
■  neuer  und  mächtiger  dringt  leuchtende  flamme  hinauf. 

1,268. 
eilen:  was  hat  er  nun  da  vor!  rief  der  schriftsteiler 
lachend  und  eilte  die  treppe  hinauf.  Ixxermann  iVünc/i/i.  3. 139. 
fahreu:  wer  feiet  hin  auf  gen  himel  und  er  ab?  Sprüche 
Sa/.  30,  4;  wer  wil  hin  auf  gen  himel  faren?  i?öm.  10,  6;  die 
lerche  fuhr  .  .  .  hoch  ins  himmelgrau  hinauf.  J.  Paul  Hesp. 
3,  202. 

fliegen:  in  den  himmel  binaufQiegen,  subvolare  in  caelum. 
Hederich  1287. 

fragen:  sie  war  sehr  bekümmert,  ob  ihr  clavierspiel  nicht 
stören  würde,  und  liesz  hinauffragen,  in  welchen  stunden  sie 
am  wenigsten  damit  lästig  sei.  Freytag  handschr.  l,  307. 

führen:  da  nam  Josua  ..  Achan  den  son  Serah,  sampl 
dem  Silber,  mantel,  und  gülden  zunge,  seine  süne  und  löchler, 
seine  ochsen  und  esel  und  schafe,  seine  hüllen,  und  alles 
was  er  halte,  und  fürelen  sie  hin  auf  ins  tal  Achor.  Jos.  7,24; 
und  füreten  in  hin  auf  für  iren  ral.  Luc.  22,  66;  fürelen  sie 
in  hin  auf  auf  den  sollet',  apostelgesch.  9,39;  sie  hat  sich 
mühsam  durch  das  gcstein  hinaufgequüll  und  quält  nun  jeden, 
wenn  du  willst,  den  sie  hinaufführt.  Göthe  17, 34 ;  beson- 
ders führte  er  {der  weg)  uns  auf  ein  schlosz  hinauf.  16,261 
gaffen: 

gafft  nur  hinauf  und  seht  die  schwarze  wölke ! 

Uhla!*d  ijed.  434. 
gehen:  gehe  hinauf  in  den  wald.  Jos.  17,15;  wir  geben 
hinauf  gen  Jerusalem.  Marc.  10,33;  Jhesus  aber  gieng  hin 
auf,  auf  einen  berg.  M.  6,3;  Petrns  aber  und  Johannes 
giengen  mit  einander  hin  auf  in  den  leinpel.  apostelgesch.  :i,\; 
(dasz)  man  von  da  . .  die  treppe  hinauf  geht.  Götbe  16,227; 

dasz  ich,  erwacht  aus  meiner  stillen  hütte, 
den  berg  hinauf  mit  frischer  seele  ging.    1,3; 
nun,  sonne,  gehe  hinab  und  hinauf!    217. 

mit  unpersönlichem  stibject :  dort  geht  die  strasze  hinauf.  Immer- 

«ANN   Münchh.  3,  135; 

ein  biszchen  feuerluft,  die  ich  bereiten  werde, 

hebt  uns  behend  von  dieser  erde. 

und  sind  wir  leicht,  so  geht  es  schnell  hinauf.    12, 102. 


1387 


HINAUF 


HINAUF 


1388 


gelangen:  nach  mühsamem  klettern  gelangten  wir  end- 
lich auf  den  berg  hinauf, 
greifen: 

wenn  uneriräglicli  wird  die  last  —  greift  er 
hinauf  getrosten  muthes  in  den  himrael 
und  holt  herunter  seine  ewgen  rechte. 

SciiiLLEB  Teil  2,  2. 
gucken:    hinaufgucken,    suspicere,   sursum   aspicere,   oculos 
tollere.  Stieler  714. 
halten: 

dich  nur  sah  ich,  nur  dich  am  boden  knieend,  verdrieszlich  ; 

mit  der  einen  band  hielut  das  gewand  du  hinauf. 

GöTHK  1,  310. 

haspeln:  {ein  strick),  woran  der  rostige  rilter  im  korb 
sich  zur  schönen  Cunigunde  hinaufhaspeln  iiesz.  Fit.  MOiler 
1,313.  intransiliv  und  bildlich:  an  demselben  {seile)  haspelt  er 
mit  beiden  bänden  hinauf.  Garg.  183". 

hauen:  binaufhauen,  versus  superiorem  parkm  securim  vel 
gladium  vibrare.  Stieler  790. 

beben:  einen  auf  die  mauer  hinauf  heben,  aliquem  in 
tnurum  efferre.  Steinbach  1, 761. 

henken: 

es  wurd  der  brotkorb  dir  hoch-hoch  hinauf-gehänket. 

ROÜPLKR  89. 

holen:  die  philister  haben  die  lade  des  herrn  widerbracht, 
kompt  er  ab  und  holet  sie  zu  euch  hin  auf.  1  Sam.  6,  21. 
kehren: 

hinunter  soll  kein  mann  die  blicke  wenden; 

hinauf  zur  höchsten  frauen  kehr  er  sich!    Göthe  9,354. 

klettern,  sursum  scandere.  Stieler  970:  und  Jonathan 
klettert  mit  henden  und  füszen  hin  auf.  iSa?«.  14, 13;  wenn 
er  {der  epheu)  an  einem  pfähl  hinaulkletterl.  Göthe  26,163; 
eine  lebendige  hecke  schied  die  blumenbeete  vom  gemüse- 
garlen,  wo  auch  der  hopfen  an  groszen  Stangen  hinauf- 
kletterte. Freytag  handschr.  l,  90. 

klimmen: 

klimme  muthig  den  pfad,  bester,  den  dornenpfad, 
durch  die  wölken  hinauf.       IIölty  95  Halm; 
aber  in  freieren  schlangen  durchkreuzt  die  geregelten  fehler, 

jetzt  verschlungen  vom  wald,  jetzt  an  den  bergen  hinauf 
klimmend,    ein  schimmernder  streif,  die  Innderverkniipfende 

strasze. 
Schiller  spazicnjang  v.  44. 

kommen,  mit  persünlichem  subjecl:  und  da  sie  hin  giengen 
zu  der  stad,  da  der  man  goltes  war,  und  zur  stad  hinauf 
kamen,  i  Sam,  9,11;  kompt  nicht  hinauf  gen  Bethauen.  Hos. 
4,15;  da  Petrus  hin  auf  kam  gen  Jerusalem,  aposlelijesch. 
11,2.  mü  sächlichem  subjecl:  dein  gebet  und  dein  almosen 
sind  bin  auf  komen  ins  gedechlnis  für  gott.  10,4;  da  sie 
in  aber  tödten  wollen,  kam  das  gescbrei  hin  auf  für  den 
öberslen  beubtman  der  schar,  wie  das  ganze  Jerusalem  sich 
empöret.  21,31. 

kriechen,  sursum  reptare.  Stieler  1035:  eine  spinne 
kriecht  am  kleide  hinauf. 

langen:  ire  strafe  reicht  bis  an  den  himel,  und  langet 
hin  auf  bis  an  die  wölken.  Jer.  51,9;  {der  leufel)  mit  hörnern 
und  mit  einem  schwänze,  dessen  spitze  wie  eine  puderquaste 
aufrecht  stehe,  und  ans  hinterhaupt  hinauflange.  J.Paul  a.  d. 
teuf.  pap.  1,  79. 

lästern:  o  himmell  vergieb,  vergieb  dem  elenden,  der  zu 
dir  hinauflästert  I  Tieck  2,294. 

laufen:    darumb,    das  sie  hinauf  zum  Assur  laufen,  wie 
ein  wild  in  der  irre.  //os.  «,  9;  lief  die  schloszstrasze  hinauf. 
Imhermann  Münclih.  3,135.     als  ausdruck  der  versweißung : 
und  nun !  ums  haar  sich  auszuraufen 
und  an  den  wanden  hinauf  zu  laufen  !    Gütiie  12,  19'i. 

lenken:  binauflenken,  acclinare,  adverlere.   Stieler  1140. 
leuchten,  intransitiv:  es  leuchtete  ein  licht  aus  der  tiefe 
hinauf;  transitiv: 

■ei  {irrticht)  doch  so  gut  und  Icucht  uoi  da  hiaauf! 

Göthe  12,  203. 

locken:  hinauflocken,  ai  superiorem  parlem  ducere.  SriK- 
lk*  1173. 

machen,  reflexiv:  David  aber  mit  seinen  mennern  machten 
sich  hinauf  auf  die  bürg,  \-tiam.  24,23;  wir  machten  uns 
also  wieder  zu  den  hatten  hinauf.  Göthk  16,  248. 

nehmen:  der  litter  nahm  ihn  auf  eine  über  steinerne 
»lulen  geführte  gallerie  hinauf.  J.  Paul  Tit.  1,  34. 

poltern:  der  raönchsteufel  polterte  die  treppe  hinauf. 
Klirckr  3, 154. 


quälen,  reflexiv:  sie  hat  sich  mühsam  durch  das  geslein 
binaufgequält.  Göthe  17,  34. 

reisen:  zoch  er  fort  und  reisete  hinauf  gen  Jerusalem. 
Luc.  19,  27. 

reiten:  rillen  an  der  ostseite  den  see  hinauf.  GöTUEl6,23t. 

rücken:  er  rückte  seinen  hemdekragen  hinauf;    bildlich: 

ich  könnte  die  gehurt, 

die  mich  so  hoch  hinaufgerückt,  verläugnen!    Götub  9,  371. 

saugen:  und  den  blauhellen  geist  sauge  ein  heiszer  son- 
nenstral  aus  dem  roscnkelch  des  herzens  in  die  zweite  weit 
hinauf.  J.Paul  IIcsp.  1,149. 

schauen: 

ich  aber,  vater,  stehe 
in  meiner  hüttenthfir, 
und  schau  hinauf  zur  höbe. 

und  schau  hinauf  zu  dir.    E.  M.  Arndt  (jed.  (1840)  547; 
befehlend:  hinaufgeschaut!  Göthe  12,254. 
schicken: 

zum  vater  blickst  du  [Maria), 

und  Seufzer  schickst  du 

hinauf  um  sein  und  deine  noth.    Göthk  12,  189. 

scbieszen:  hinaufschieszen,  ex  in/imis  in  superna  jacu- 
lari.  Stieler  1771.  auch  intransitiv,  für  eilen:  er  schosz  die 
treppe  hinauf. 

schimmern:  wie  sie  (die  morgenrüthe)  jeden  augenblick 
weiter  hinaufscbimmert.  Heroer. 

schlagen:  noch  schwankt  die  zunge  der  wage,  in  dieser 
schaale  tanzen  leicht  religion  und  ihre  stütze,  die  furcht  vor 
der  Zukunft,  die  gegenschaale  schlägt  sie  hinauf.  Klinger 
3,  13;  was  will  er?  will  er  ilzt  gleich  den  zopf  hinaufschlagen 
und  mit  mir  zum  teufel  gehn  ?  Schiller  rduber  2,  3. 

schleichen:  hinaufschleichen,  sursum  giessum  moliri, 
acclivem  esse.  Stieler  1835. 

schlingen:  pfui!  bist  du  darum  fürst,  um  eine  Wasser- 
hose zu  sein,  die  alles,  worüber  sie  rückt,  in  ihren  krater 
hinaufschlingt?  J.  Paul  uns.  löge  3,42. 

schnellen:  ich  wäge  deinen  werth  mit  deinem  Schicksal 
ab,  und  meine  zerrütteten  geister  sehen  ein  blutiges,  er- 
grimmtes gespenst,  das  gewaltsam  an  die  zunge  der  wage 
schlägt,  und  deine  schale  hinaufschnellt.  Klinger  1,17;  ein 
einziger  gran  falschen  zusalzes  schnellt  schon  die  wage  hin- 
auf. 3, 129. 

schrauben:  {mancher  schripslcllcr)  der  den  geist  des  lesers 
so  in  das  leere  hinauf  schraubt,  treibt,  zieht,  dasz  der  gut- 
mülhige  leser  wirklich  in  gefahr  ist,  sein  eignes  gewicht  .  . 
zu  verlieren.  Klinger  12, 124. 

schreiben:  {in  Alexandersbad),  wo  ich  mir  das  podagra 
wieder  in  die  füszc  hinunter  baden  wollte,  das  ich  mir  blus 
durch  gegenwärtiges  buch  zu  weit  in  den  leib  binaufge- 
schrieben.  J.  Paul  uns.  löge  vorrede  xiii. 

schwindeln:  frei  wie  ein  mann  will  ich  wählen,  dasz 
diese  insectenseelen  am  riesenwerk  meiner  liebe  hinauf- 
schwindeln.  Schiller  Aa6.  t/./iVte  2,  5;  durch  welche  ich  fast 
mährchenhaft  zu  jenem  verderblichen  throne  hinaufgeschwin- 
delt.  L.  TtECK  ges.  nov.  4,157. 

sehen:    ihre  beiden  mädchen,    die  sich  während  der  er- 
zäblung   an    ihren    rock    gehängt,    sahen  unverwandt  an  die 
mutler  hinauf.    Göthe  16,280;    iiberlragen :    mit  ehrfurchl  zu 
jemand  hinauf  sehen, 
seufzen: 

schon  umringt  von  todesnebel 
seufzet  sie. zum  thurm  hinauf: 
Schwester  Äiiiicheii,  vii'hst  du  nichts?    Gottkr  1,5)>. 

spannen:  die  eine  p;irlhei  {dtr  moralislen  und  ärzle)  will 
reizen,  hinaufspannen  .  .  ,  die  andere  schwächen.  Kli.m.kh 
11,121;  ein  fiaucnzimmer  zur  Schwärmerei  hinaiifspannen. 
1,  227. 

spazieren:  hinaufspaziren ,  summa  petere  ambulatione. 
Stiklkr  1420. 

sprechen:  sie  schauten  ins  schöne,  stille  flötenthal  und 
wollten  eben  hinein ;  endlich  sprach  es  zu  ihnen  mit  «'iner 
llöic  hinauf,  ihre  freunde  schienen  drunten  zu  sein.  J.  Paul 
Tit.  3,42, 

springen:  auf  das  pferd  hinaufspringen,  in  equum  insilirr. 
IIkukrich  1287;  den  republikanischen  humi  »ili  ich  .«iehen, 
der  am  hären  Doria   hiiiaufs|iringl.  Scmiilkh  Firsko  1,.'>; 

u  KtiindoKt  du  für  mich  (auf  dem  balkuHi'l  .  .  . 

wifl  glücklich  war  ich  dal 

wie  ichnell  sprAng  Ich  hinoufl    Gonii  3,W. 


1389 


HINAUF 


HINAUF  — HINAUS 


1390 


staunen:  dann  auf  die  knie  vor  dem  sarge  niederstürzte 
und  andächtig  entzückt  zu  der  herrin  hinauf  staunte.  Göthe 
17,407. 

Steigen:  ehe  denn  die  menner  sich  schlafen  legten,  steig 
sie  zu  inen  hin  auf  auf  das  dach.  Jos.  2,  8 ;  steig  Petrus  hin 
auf  auf  den  sölier  zu  beten,  apostelgesch.  10.  n ;  das  thal  wird 
immer  enger,  man  wird  genöthiget  an  den  bergen  seitwärts 
hinauf  zu  steigen.  Göthe  16,276;  am  thurm  waren  zwei  von 
der  natur  in  einander  gewundne  lindenbäume  hinaufgestiegen. 
J.  Pacl  Hesp.  1,  50;  je  höher  man  den  berg  hinaufsteigt,  desto 
kürzer,  zwerghafter  werden  die  tannen.  H.  Heise  1,73; 
solch  plut  styg  als  gen  hymel  nauf. 

Scan-ARZETIBERG    156*. 

stellen:  hinaufstellen,  sursvm  locare.  Stieler  2147. 
stieben: 

so  sUib  ein  groszer  häuf 
sandts  bis  an  das  gewülk  hinauf,    mückenkr.  1,S06. 

Stinken:  gräuliche,  gräuliche  frevel,  die  bis  zum  himmel 
hinanfstinken.  Schiller  räitber  2.,  3. 

streben:  der  glänz  des  deutschen  Parnasses,  auf  den 
er  doch  auch  im  stillen  hinaufstrebte,  schien  ihm  sich  zu 
verdunkeln.  Göthe  22.  SO. 

stülpen:  dasz  er  die  scheitelhaare  hinaufstülpte,  den 
zopf  wie  die  vierte  geigensaite  anzog.  J.  Pacl  Hesp.  1, 11. 

stürzen:  ach  wenn  er  sich  in  die  wölken  halte  hinauf- 
slürzen  können,  um  auf  ihnen  durch  den  wehenden  himmel 
über  die  unübersehliche  erde  zu  ziehen!  J.  Pacl  ffesp.  l,  168. 

traben:  wir  trabten  nach  abflusz  der  pfarrgemeinde  alle 
empören   hinauf.  J.  Pacl  Fixlein  225. 

tragen:  trug  sie  {die  tliüren)  hinauf  auf  die  höhe  des 
bergs  für  Hebron,  ric/i/.  16,  3;  trugen  in  hinauf,  und  begruben 
in  in  seines  vaters  Manoah  grab.  31. 

treiben:  sie  trieben  das  vieh  die  halde  hinauf. 

treten:  ja  lieber  hoffmann,  der  einen  heiszt  die  steg  hin- 
auf trellcn,  der  kan  einen  wider  heiszen  hinab  schmettern. 
Garg.  213';  tritt  man  weiter  hinauf  (ror  den  trasserfall),  so 
sieht  man  noch  eine  schönere  erscheinung.  Göthe  16,  257. 

wachsen:  die  grüne  treppe  ..  an  der  ein  treppengeländer 
von  buschwerk  hinaufwuchs.  J.  Pacl  Hesp.  l,  246 ; 

vou  menschen  wimmelnd  wächst  der  bau 
in  weiter  stets  geschweiftem  bogen 
hinaur  bis  in  des  bimmeis  blau. 

Schiller  kraniche  des  Ibykus. 

wälzen:  die  steine  hinauf  wälzen,  subvolcere  saxa.  Hede- 
rich 1287. 

wanken:  sprachlos  vor  ärger  wankte  ich  die  treppe  hin- 
auf.  THi}llMEL   5.  298. 

wenden:  nicht  der  ins  dorf  hereingehende  {belller),  son- 
dern der  hinausgehende  erhält  etwas;  und  da  die  beiden 
häuser  {wo  almosen  rerllieilt  icird)  zugleich  an  den  wegen  stehen 
die  auf  das  schlosz  führen,  so  wird  auch  alles,  was  sich 
hinaufwenden  wollte,  an  die  beiden  stellen  gewiesen.  Göthe 
17,  74. 

wiegen: 

die  welle  wieget  unsern  kabn 
im  rudertalit  hinauT.    Göthe  1,  S6. 

winden:  {ein  regent,)  der  durch  moralität,  bildung,  .  .  . 
hoch  über  seinem  volke  steht  und  es  zu  sich  hinaufzuwinden 
strebt.  Klinger  12, 124. 

ziehen,  inlransiliv :  so  vnl  ich  nu  hin  auf  ziehen  (nach 
Canaan),  und  meinen  vater  begraben.  l3fos.  50,  5;  zeuch  hin- 
auf wider  das  land,  das  alles  verbittert  hat,  zeuch  hin  auf 
wider  die  einwoner  der  heimsuchung.  Jer.  50,21;  und  er  zoch 
hin  auf  gen  Jerusalem.  Matlh.  20,11.     für  sterben: 

Scotus  ist  ein  guter  arzt,  wer  sich  sehnt  hinauf  zu  ziehn, 
und  der  noth  zu  kummen  ab,  dieser  schickt  und  rufet  ihn. 

LocAü  2,  214,  19. 
reflexiv:  die  strasze  zieht  sich  am  berge  hinauf; 

Zophiel  nur,  ein  herold  der  höll.  entdeckte  den  nebel, 
welcher  hinauf  sich  zog  die  erhebenden  stufen. 

Klopstock  3,  66. 
transitiv:   und  ward  alles  wider  hin  auf  gen  himel  gezogen. 
apostelgesch.  11,10;    ziecht   man    dich  mit  haaren  hinauf,    so 
ziecht  man  dich  mit  den  beinen  herab.  Carj.  213';  dasz  zum 
beispiel    der  junge  herr  .  .  eben  im  begriff  war  seine  bein- 
kleider  hinauf  zu  ziehen.  Wielakd  19,  333  {Abder.  3, 7) ; 
doch  seid  gegrüszei,  goldne  lichter, 
die  liebend  leuchten  durch  die  nacht, 
und  freundlich  unsre  angesichter 
binaufziehn  zu  des  himmels  pracht' 

E.  M.  Arndt  ged.  (i840)  520. 


in  technischer  spräche:  durch  das  zu  schnelle  und  jähe  hinauf- 
ziehen der  saite  springt  diese  gern,  man  musz  ihr  zeit  lassen, 
sich  auszudehnen,  kunst  des  clarierstimmens  {Leipzig  o.  j.)  s.  10. 
bildlich:  {ein  Schriftsteller  soll)  das  publikum  zu  sich  hinauf- 
ziehen. RlisgeIi  12, 109. 

zwingen:  diese  hinaufgezwungene  haare  —  erlauben  sie, 
dasz  ich  sie  ganz  durch  einander  werfe.  Schiller  fiesto  3,10. 

3)  hinauf  zeitlich,  eine  erstreckung  von  einem  sprechenden  hin- 
weg zu  einem  höher  gedachten  zeilpunkte  andeutend  {rergl.  her- 
auf 4  ^.1025):  eine  forschung  bis  in  die  ältesten  zeiten 
unseres  volkes  hinauf;  bis  zu  den  anfangen  der  geschichte 
hinauf. 

4)  angelehnt  an  diese  Verwendung,  doch  so,  dasz  auch  die  be- 
deutung  no.  2  stark  eingreift,  begegnen  zwei  andere. 

a)  hinauf  bezeichnet  eine  atisdeknung  von  einem  sprechenden 
weg  an  ein  ziel,  den  endpunkl  einer  strecJie  hin :  die  gasse  gleich 
hinauf,  platea  recia  sursutn.  Steisbach  1,  46;  (die  grenze)  kompt 
hinaus  von  dannen  hinauf  zu  Akrabbim,  und  gehet  durch 
Zin,  und  gehet  aber  hinauf  von  mittag  werls  gegen  Kades 
Bamea,  und  gehet  durch  Hezron,  und  gehet  hinauf  gen  Adar 
und  lenket  sich  umb  Karkaa.  Jos.  15.  3 ;  in  Bremer  bekannt- 
machungen  werden  oft  angekündigt  schiffe,  welche  nach  dem 
ankerplatze  hinauf  arbeiten. 

6)  hinauf  in  Verbindung  mil  verben,  die  eine  entwickdung 
bezeichnen  {vgl.  unter  herauf  4  sp.  1025),  so 

bilden:  dasz  wir  den  unendlichen  nicht  als  maitre  de 
plaisir  unseres  erdballs,  sondern  als  den  hinaufbildenden 
lehrer  und  vater  seiner  kindervölker  suchen  und  schauen 
wollen.  J.  Pacl  dämmerungen  5;  dasz  man  uns,  an  welchen 
sie  {die  Franzosen)  sich  hinaufbilden  sollen,  ihnen  erst  zu- 
bildet, kl.  bücherschau  1,  62. 

läutern:  die  sonne  brütet  bei  Ihieren,  die  keine  leben- 
dige junge  gebären,  das  ungeborne  hervor,  ein  beweis,  dasz 
alle  organische  wärme  in  der  Schöpfung  eins  sei,  nur  durch 
zahllose  kanäle  feiner  und  feiner  hinaufgeläutert.  Herder 
(1806)  3,106. 

schrauben:  (trenn)  irgend  magnetische  bezüge  (rapports) 
meines  körpers  . . .  mich  gleichkam  zum  alleinscböpfer  der 
steine  hinaufschraubten.  J.  Pacl  komet  2, 114. 

steigern:  jene  scene,  welche  sich  bis  zu  Cains  Ver- 
fluchung durch  Eva  hinaufsteigert,  zeugt  .  .  .  von  der  ener- 
gischen tiefe  der  Byronschen  ideen.  Göthe  46, 222. 

HINAüFEN,  adv.  für  binaufhin,  verstärktes  hinauf:  so  fursten 
und  ander  hern  hinaufen  {auf  das  raüiaus)  komen.  detUsche 
städlechron.  3,  387, 13. 

HINAüFTRITT,  m.:  in  der  stillen  nacht  hörte  man  den 
hinauftritt  der  leute  auf  den  thurm.  J.Paul  uns.  löge  3,34. 

HINAüFWÄRTS,  adv.  acclivis,  sursum.  Stieler  2439 :  fuhren 
den  Lago  maggiore  hinaufwärts.  Götbe  16,  275 ; 

hinaufwertz. gegen  oriendt.    H.  Sachs  3,2,236*. 

HINAUS,  adv.  Itin  und  nach  auszen. 

1)  die  form,  sie  verläuft  in  ähnlicher  weise  wie  die  vorher  auf- 
geführten hinab,  hinan,  hinauf  {vgl.  auch  heraus  sp.  1026):  ahd. 
hina  öj  (Graff  4,  699),  mhd.  hin  üj  neben  ö;  hin  {inhd.  wb. 
3, 195*),  welches  letztere  sich  im  nhd.  ausbin  {oben  th.  1  sp.  887) 
fortsetzt,     hinaus  gehl  zurück  in  enaus: 

sie  mochten  uff  keiner  siten  komen  usz, 
danne  glich  durch  die  Wagenburg 

treben  sie  die  mit  gewalt  enusz  (xo  zu  lesen  statt  en  nusi). 
Stollk  cÄrontik  bei  Haupt  8,  323. 

sehr  gewöhnlich  sogar  in  naus :  Hannibal  reckt  ims  gelt  nausz. 
J.  Ayrer  fasln,  sp.  87*  (2778,29  Keller);  von  oben  bisz  unten 
naus.  Chr.  Weise  komöd.  251;  zum  land  naus  schmeiszen. 
283;  wenn  wir  alle  halb  jähr  nur  einmal  zum  haus  naus 
schmecken ,  so  ist  gleich  feuer  im  dach.  Wagner  kinder- 
mörderin  24;  ist  heute  früh  mit  dem  förster  naus  auf  die 
dachsjagd  geritten.  Fr.  Möller  1,279; 

man  geht  viel  lieber  nausz  spatzirn, 

dann  in  den  artibus  sludirn.     Gilhisics  23; 

hing  dann,  zum  Zeitvertreibe, 

sich  mit  dem  halbeu  leibe 

zum  bimmelsfenster  naus.    Borger  21'. 
nur  ausnahmsweise  aber  in  der  höheren  redeweise: 

auf,  söhn  Laoraedons !  es  rufen  dich 

die  fürsten  unsrer  rossebändiger 

und  erzgepanzerten  Achäer  naus 

ins  feld.  153». 

2)  hinaus  bezeichnet  zunäch.4  eine  bewegung  von  einem  nnge- 
sclilossenen  oder  eingegränzlen  orte  weg  nach  anem  dem  sprechen- 
den entgegengeseltten  punkte,     beeinträchtigung  seines  gebietes  hat 


1391 


HINAUS 


HINAUS 


1392 


es  liic  und  da  erliUeti,  insofern  heraus  tnisbrduclilkii  dafür  ein- 
IriU,  r(jl.  heraus  ü  s//.  1027,  herausgehen  6  .«;>.  1(i34  ;  in  andern 
fällen  hestivimt  sich  die  waid  eines  heraus  oder  hinaus  nach  der 
individuellen  eorslellung,  die  man  sich  von  der  ricldunif  des  ans 
macht,  hinaus  steht  mit  vciben  der  beweiiung  im  weitesten  sinne, 
auch  mit  solchen  des  riifens  und  Schreiens,  tco  es  das  ausbrechen 
der  stimme  aus  der  brüst  in  die  neue  mall  (s.  unten  hinaus 
juchzen,  sclireien).  Verben  der  beueguny  können  unlerdriickl 
werden,  entweder  nach  sollen,  wollen,  müssen,  können :  sie 
nuisz  hinaus  aufs  land;  ich  will  hinaus  aus  dem  zirnnier; 
vyl.  unten  hinaus  wollen  unter  3; 

wem  gehört  das  hausz, 

der  musz  hinausz.    Pistoruis  ihes.  pur.  10,  U4j 

der  ninni)  musz  hinaus 

ins  reindüche  leben.     Scuiller  (jtocke  v.  IOC; 

oder  in  diingendcr  rede,  bei  erzählnng,  frage,  befvlil:  Keibkamiu 
hinausz,  sähe  dasz  es  hruder  Jan  war.  der  bracht  sechs 
pilger  und  den  Trucketillon  gefangen.  Garg.  2.i7';  und  ir 
werdet  entweihen  ewre  ubersilberlen  gölzen, . .  und  zu  inen 
sagen,  hinaus,  ies.  30,22; 

flieh!  auf!  hinaus  Ins  weite  land!    Götuk  12,  31 ; 

warum  denn  dort  hinaus?    4S; 

so  recht,  hinaus  mit  dem  der  etwas  übel  nimmt!     1U4; 

aus  groszmuth,  aus  barmherzigktiit,  hinaus 

von  meinen  äugen!  wollen  sie  mich  morden? 

Schiller  Kurtus  2,  8. 

Die  bcwegung  wird  durch  adverbiale  oder  pra(T)Ositionalc  zusätze 
näher  bestimmt  nach  anfang,  verlauf,  ende :  sihe,  da  haslu  das 
ganze  land  für  dir,  wo  dichs  gut  dünkt,  und  dir  gefeit,  da 
zeuch  hin,  denn  weiter  hin  aus  wird  kein  widerkcren  sein. 
Jes.  40,5;  jagte  den  feinden  nach,  bis  zum  land  hin  aus. 
Judith  15,7;  hüben  an  zu  fliehen,  einer  da,  der  ander  dort 
hin  aus.  iMacc.  12,22;  aber  die  kinder  des  reiclis  werden 
ausgestoszen  in  das  finsternis  hinaus.  Matlh.  8,12;  und  sie 
geleiteten  uns  alle,  mit  weih  und  kinden,  bis  hin  aus  für 
die  stad.  aposlelgesch.  21,5;  hinter  sich  hinaus  tragen  die 
bauern  ihre  «piesze.  Pistorius  thes.  par.  2,64;  wo  man  am 
feuer  sitzend,  zu  einem  fcnster  hinaus,  das  ganze  eisthal 
übersehen  kann.  Güthe  l(i, 247;  freund,  wo  hinaus  gehts  zur 
komödie?  Schiller  Fiesko  4,2; 

komm,  lasz  uns  itzt  durch  jene  flachen  fehler, 
so  viel  sichs  schickt,  nach  Inst  spaziren  gchu  .  .  . 
freund,  hier  hinaus  wird  melir  von  lust  gcspiirct, 
da  Phöbus  her  aus  jungem  morgen  scheint. 

Fleming  17(),  oü  Ijippeuli. ; 

da  hinaus!  die  untern  gängc  sind  besetzt. 

Schiller   Wattansteins  lud  5,  10; 

wir  gehn  hinaus  aufs  Jägerhaus.    Götuk  12,  4<^; 

da  zeigt  sie  ihm  hinter  seinem  haus 

heimlich  zur  liinterthür  hinaus, 

in  dem  eng  umzäunten  garten, 

ein  holdes  mngdicin  sitzend  warten.     13,  130. 

hinaus  sein,  ende  und  abschlusz  einer  solchen  bctvegung  malend : 
da  sie  aber  zur  stad  hin  aus  waren,  l  Mos.  44,  4 ;  da  er  nu 
hinaus  war,  kamen  seine  knechte  liinein.  rieht.  3,  24,  steht 
auch  übertragen:  über  die  Versuchung  war  ich  meinen  gedanken 
nach  weit  hinaus,  (jötme  19,289;  über  die  Jugendjahre  ist 
er  hinaus,  in  welchem  letzteren  falle  die  bedcutung  des  adverbs 
unten  4  angrenzt. 

3)  in  manchen  fällen  ist  der  sinn  von  hinaus  ein  modifieierter, 
insofern  die  bewcgung  vom  geschlossenen  räume  ins  freie  znrilck- 
trill,  und  mehr  nur  die  richlnng  nach  einem  weiter  weg  liegenden 
ziel  betont  ist.  so  in  der  häufigen  Verbindung  hinaus  wollen 
{rgl.  ähnlich  hin  wollen  .</).  1372,  auswolien  ttiril  1,1020):  «ei 
stille,  meine  lochler,  bis  du  eiferest  wo  es  iiinaus  wil.  Hulh 
3, 18  {ebenso  in  der  Züricher  bibel  von  1530  ///.  13h',  vulg.  quem 
re$  exilum  habeal);  auf  das  er  sehe,  wo  es  hinaus  wolle 
{ilftiv  tÖ  riijoe).  Matth.  20,  5si ;  liefahlcn  mir  immittcist  bei 
dtin  gesindlein  zu  bleiben  und  zu  sehen,  wo  das  wesen  nans 
wollte.  ScRWKimcHEN  1,214;  da  nun  der  marschalk  vernam 
wo  die  sach  hinausz  woll.  Cnlmy  270;  da  nun  meine  kosl- 
frau  schmeckte,  wo  die  sach  hinauswolle.  .S'irn;«/.  3, 13 /turz; 
du  hast  mich  mit  dieser  kraiikheil  heiingesuchl.  icli  weisz 
aber  nicht  wo  du  mit  mir  hinausz  wollest.  Scmlitils  43|  ; 
als  ich  in  diesen  h^gicnlisrhcn  kriegen  ein  hallt  jähr  für  einen 
miisquetirer  gedient  halle,  und  ohne  blullKin  köpf  davon 
kommen  war,  da  daclile  icli,  wu  wil  das  hinauHz?  auf  diese 
•rt  wirst«!  noch  in  langer  zeit  kein  corporal  «inlcn.  810; 
so  sagl  mir  nur,   wo  das  hinaus  will.   Göth  dusz 


ich  nun  licht  sehe,  wu  es  mit  mir  und  meinen  fahigkeilen 
hinaus  will.  29,79;  indesz  ich  ...  mein  lelieu  mehr  laufen 
lasse,  als  führe  und  auf  alle  falle  nicht  weisz  «o  es  hinaus 
will.  112;  hilf,  heiliger  herregotl  I  wo  hinaus  nun?  wie  werden 
wir  rath  schaffen?  Schilleii  kab.  u.  liebe  2,4; 

was  fragst  du  viel:  wo  wills  hinaus, 

wo  oder  wie  kaniis  enden?    Götue  2,  214. 

ähnliche  fngungen:  einer  Jugend,  die  sich  fühlt  und  nicht  weisz, 
wo  sie  mit  kraft  und  vermögen  hinaus  soll.  48,93;  die  stolzen 
weiber,  die  sonst  immer  oben  hinaus  und  nirgend  an  wollen. 
Chr.  Weise  erzn.  398;  er  will  hoch  hinaus,  alta  quaerit.  Stein- 
iiACii  2.1022;  sie  wollen  hoch  hinausz,  sie  wollen  gott  gleich 
sein.  Scuumus  640;  ich  hasse  ihn  von  der  stunde,  als  seine 
eilelkeit   über  mich   hinaus  wollte.  Klincer   1,00; 

der  hoch  zwar  will  hinaus,  hat  Grolius  einen  gcist, 
ducli  ist  sein  kopl  was  schwer,  der  iliii  herunter  reist, 

LocAU  I,  92,  86; 

kurz,  wir  wollten  beide  verschieden  hinaus  {halten  verschiedene 
ziele).  J.Paul  Titan  2,94;  einer  will  da,  der  andere  dort 
hinaus,  disside^l  inier  sc  alque  discordant.  Steinuach  2,1022; 

in  lebenswald  und  dickichtgraus 

er  weisz  nicht  da  noch  dort  hinaus.     Göthk  3,  284; 

ich  dächte  fast,  es  ginge  auf  schlage  hinaus.  14,271;  die- 
jenigen unter  ihnen  (i/en  leserinnen),  welche  ihr  groszes  slufen- 
jahr  noch  nicht  zurückgelegt  haben ,  oder  (was  auf  eines 
hinaus  kommt),  welche  sich  noch  den  nachstellungen  unter- 
nehmender liebhaber  ausgesetzt  sehen.  Wielanü  12,  50,  vgl. 
unten  hinausgehen  2,  hinauskommen  2,  hinauslaufen  2. 

4)  hinaus,  in  Verbindung  mU  über,  kann  auch  eine  bewcgung 
über  ein  gestectUes  ziel  oder  eine  schranke  hinweg  bezeichnen  : 
gleiche  geschicklichkeit  sagl  man  auch  von  den  bocken, 
widern  und  gaiszen,  unter  welchen  wann  zwei  einander  auf 
cim  schmalen  sieg  bekommen ,  und  keins  meh  hindersich 
kan,  so  leget  sich  das  ein  nider,  das  das  ander  über  es 
hinaus  springe.  Fischart  e/u.  490  Sc/ieiWe;  über  das  ziel  hin- 
aus schieszen;  BüKinger  hat  über  den  sinn  der  Streitfrage 
hinaus  geschlossen.  Kant  8,  90,  vergl.  unten  hinausgehen, 
greifen,  heben  u.a. 

5)  wieder  in  andern  fällen  zeichnet  iiinaus  eine  bis  zur  erful- 

lung   ihres  Zweckes  fortgesetzte  thäligkeil:    Christus  .  .  .  erhalte 

ewer  herz,  das  irs  hinaus  leidet,  und  nicht  müde  noch  las/. 

werdet.  Luther  6,1";  viele  muthen  mir  zu,  diese  ähnlichkeil 

des    weiblichen    und    des    hoflons   gar   hinaus    zu  beweisen. 

J.  Paul  uns.  löge  2,124; 

kaum  halt  ich  dieses  lieil  zum  cnd  hinausz  gesungen. 

HisT  l'arn.  470; 

vgl.  auch  unten  hinausbringen,    hinausdenken,  hinausführen, 

hinausgehen  u.  a. 

0)  auch  die  crslreckung  auf  eine  ungefähre  Zeitdauer  kann  durch 
hinaus  gegeben  werden :  die  felder  wurden  auf  jaiue  hinaus 
verwüstet;  {ein  schätz  der)  unter  geprassel  und  gepoller  und 
diiinonischem  hohngelächter  wieder  zurücksinkt,  um  auf  spüle 
epochen   hinaus  abermals  verscharrt   zu  liegen.  Götue  53,21. 

7)  vcrben  der  bewcgung,  die  mit  iiinaus  verbunden  erscheinen. 

ausstoszen:  aber  die  kinder  des  reichs  werden  ausge- 
stoszen in  das  linstcrnis  hinaus.   Matth.  8,12. 

bauen:  hinausbanen,  extendere  structuram  longius,  progredi 
aedificando.   Stieler  102. 

begehen,  bildlich:  beharret  er  letzlich,  dicweil  er  sich 
sciion  so  weit  hinausz  itegeben  {sich  in  die  sacke  cingda-wn 
liabe),  dasz  er  das  glück  versuchen  woll.  Amadis  315. 

beiszen:  begcrt  der  liund  sein  heuslin  wider,  aber  dii- 
liündin  wolle  nicht,  zu  letzt  drewel  ir  der  liund  und  hie-; 
sie  das  heuslin  reumen ,  da  ward  die  hündin  zornig,  iiiul 
sprach,  bislu  böse,  so  beis  uns  hinaus.  Luther  5,272"  {fabcl 
vom  hnnd  und  der  hündin);  auch  idiertragen  von  nieiuichen :  sie 
halten  ihn  aus  der  geselNchari   hinaus  gebissen. 

biegen:  jetzt  lief  er  mit  dem  heile  an  das  giebelfonster, 
bog  >ich  hinaus.  Imsiermann   MüncJdi.  3,  193. 

bieten:  so  dasz  der  oherpolizeimeister  ihn  endlich,  da 
ers  gar  zu  arg  maclile,  ans  der  stadi  Iiinaus  bieten  muszie. 
Wieland  27, 17. 

blicken: 

dnsz  du  nicht  vergelionn 
oft  nach  Iroüt  liiiiaui«  geblickt.    Kürgrr  H'; 
wnn  wör,  o  (iniinhurg,  diene  well 
liir  den  geijualtun  weisen,  weuii  dl«  «ecle 
nicht  über  der  vorwa»uiiK  kiiochenrold 
biuaui  uA  blickte?    Gokikck  3,  lUO. 


1393 


HINAUS 


HINAUS 


1394 


brechen,  1)  ausbreclicnd  suh  entfernen:  der  Tcrbrecher 
brach  aus  dem  geßingnisse  hinaus. 

2)  an  hinaus  3  angeschlossen,  zu  ende  führen  oder  kommen, 
mit  bezug  auf  entgegenstehende  hindernisse:  wo  will  das  ding 
hinaus  brechen,  qais  ßnis  tandem  erit  hujus  rei?  Stieler  235; 
d.  Ludder  wolt  gern  mit  der  menge,  die  der  sach  nicht  yer- 
stendig  weren ,  sein  irrsal  hinaus  brechen ,  doch  hab  ichs 
gesetzt  an  erkenlnis  fürstlicher  rethe.  Eck  bei  Luther  1, 103*. 

3)  hinausbrechen,  in  bezug  auf  stimme  und  rede  {vgl.  heraus 
brechen  3  sp.  1020) :  meinen  sie  denn  hier  einen  Montblanc 
etwa  zu  allererst  erklettert  zu  haben,  um  in  so  unziemlichen 
jiymneu  hinaus  zu  brechen?  L.  Tieck  ges.  nov.  10,13. 

bringen,  l)  nach  einem  auszerhalb  gelegenen  ort  hinn-eg 
bringen:  und  als  er  in  hatte  hin  aus  gebracht  {der  engel  den 
IjA  von  Sodom).  1  Mos.  19, 17 ;  da  fasset  der  man  sein  kebs- 
weib,  und  bracht  sie  zu  inen  hin  aus.  rieht.  19, 25 ;  denn  wir 
haben  nichts  in  die  weit  bracht,  darumb  offenbar  ist,  wir 
werden  auch  nichts  hin  aus  bringen.  1  Jim.  6,  7. 

2)  nach  hinaus  4,  über  ein  ziel  oder  eine  Schätzung  hinweg 
bringen:  er  hat  sein  leben  sogar  über  hundert  jähre  hinaus 
gebracht;  es  hinausbringen,  überstehen,  darüber  hinweg  kommen : 
der  junge  baron  bringts  mit  einem  wischer  hinaus,  .  .  und 
alles  weiter  kommt  über  den  geiger.  Schilier  kab.  u.  liebe  1,1. 

.1)  nach  hinaus  5,  etwas  zu  ende  bringen,  vollenden :  allein 
bringestu  dein  ding  und  tjTannei  mit  gewalt  hinausz,  und 
tritlest  alle  gesatz  mit  füszen,  so  musz  es  recht  sein  und 
heiszen.  Agricola  spr.  (1560)  16*;  die  grammaticam  in  einem 
halben  jhar  hinausbringen.  M.  ISeander  bedenken  20 ;  bringt  der 
Fiesko  es  hinaus,  kann  Genua  aufkommen.  Schiller  FieskoS,'. 

denken,  l)  nach  einem  ziele  hin  denken:  wo  denkt  er  hin- 
aus? quam  viam  affectat?  quo  tend'd?  Frisch  1,190';  auch  über 
ein  ziel  oder  eine  schranke  hinweg  denken :  neben  denen  dereinst 
zr-  ruhen  die  man  liebt,  ist  die  angenehmste  Vorstellung  welche 
der  mensch  haben  kann,  wenn  er  einmal  über  das  leben 
hinausdenkt.  Göthe  17,213. 

2)  SU  ende  denken:  o  Stilpo!  ich  darf  den  gedanken  nicht 
hinausdenken.  Kli.nger  theater  3, 265. 

deuten:  er  deutete  zum  fenster  hinaus  auf  einen  heian- 
eilenden;  (Kant)  verfahre  schalkhaft  ironisch,  indem  er  bald 
das  erkenntniszvermftgen  aufs  engste  einzuschränken  bemüht 
schien,  bald  über  die  grunzen,  die  er  selbst  gezogen  hatte, 
mit  einem  seitenwink  hinausdoutete.  Gothe  50,  56. 

drucken:  so  fragt  man  .  .,  was  aus  der  groszen  ärger- 
lichen chronik  der  menschheit,  nämlich  der  Weltgeschichte, 
mit  der  zeit  werden  müsse,  für  die  so  viele  tausend  kleine 
ärgerliche  Chroniken  verfasset  werden  ?  —  gar  nichts,  so  lange 
kein  teufel  etwas  davon  in  die  weit  hinausdnickt.  J.  Paul 
a.  d.  teuf  pap.  1, 11. 

drücken: 

ich  liesz  ihn 

immer  voraus,  und  hielt  mich  zurück,  und  dnickte  mich  rückwärtg 

wieder  zum  fenster  hinaus.  Göthe  40,  53. 

eilen:  eilte  zur  thüre  hinaus.  Güthe  18,241; 

schleichend  eilt  ich  hinaus  (aus  dem  wcinherg).    1,  2%4. 

fahren:  so  packen  meine  leute  gelassen  ein  und  auf,  und 
wir  fahren  zu  hofraum  und  Stadt  hinaus.  Göthe  17,320;  ßr 
eilige  beu-egungen:  die  tochter  fuhr  wieder  zur  thüre  hinaus, 
um  die  Schwester  zu  suchen.  25,343;  der  alte  Henoch  Elias 
war  nun  ein  männchen  . . .  überall  oben  oder  unten  hinaus 
fahrend.  J.  Padl  komet  1, 2 ;  ungewöhnlich  mit  bloszem  dativ  statt 
verbirulung  mit  der  praeposition  aus:  wie  wars  euch  denn,  wie 
ihr  so  dem  sattel  hinaus  fuhrt?  Klinger  theater  3,278.  an 
ein  ziel,  einen  zweck  hin  sich  bewegen :  litte  er  gerne,  dasz  ich 
ihm  Widerpart  hielte  und  auf  meinen  köpf  hinaus  fuhr.  Simpi 
3, 35  üfurj;  sondern  der  ganze  roman  sollte  ..  in  ein  hyperbel 
hinausfahren.  J.Paul  komet  i,.\iii. 

fallen:  bist  zur  stubenthür  hinein  gangen,  so  fall  zum 
fensterladen  wider  hinausz.  Garg.  213';  nemet  ewer  woffen, 
und  fallet  alle  sampt  hinaus  mit  einem  häufen,  und  mit 
groszem  geschrei.  Judith  14,2. 

fliegen:  und  sol  den  lebendigen  vogel  lassen  hin  aus  für 
die  stad  ins  frei  feld  fliegen.  3  Mos.  14, 53. 

fliehen:  da  lies  er  sein  kleid  bei  mir,  und  flöhe  hin  aus. 
{Mos.  39,18;  flohen  sie  bei  nacht  zur  stad  hinaus.  Jer.  39,4. 

fordern:  einen  hinausfodern,  provocare  aliquem.  Hederich 
1287.     vgl.  herausfordern  2  sp.  1032. 

führen,    l)  nach  einem   auswärts  gelegenen  orte  hinführen: 
füreten  in  hin  aus  und  lieszen  in  auszen  für  der  stad.  1  Mos. 
IV.  II. 


19, 16 ;  den  farren  des  sündopfers  und  den  bock  des  sünd- 
opfers . .  sol  man  hin  aus  führen  für  das  lager.  3iVos.  16,27; 
und  er  nam  den  blinden  bei  der  band,  und  füret  in  hin  aus 
für  den  flecken.  Marc.  8,  23. 

2)  nach  hinaus  5,  zu  ende  fiihren,  tollenden :  gesegenet  seistu 
mein  son  David,  du  wirsts  thun  und  hin  aus  füren.  1  Sam. 
26, 25 ;  solches  geschieht  auch  vom  herrn  Zebaoth,  denn  sein 
rat  ist  wTinderbarlich  und  füret  es  herrlich  hin  aus.  Jes. 
28,29;  wer  ist  aber  unter  euch,  der  einen  thurn  bawen  wil, 
und  sitzt  nicht  zuvor,  und  uberschleget  die  kost,  ob  ers  habe 
hinaus  zu  füren?  Luc.  14,28;  ich  zweivel  auch  gar  nicht,  er 
werde  es  (gott  sein  werk)  gewislich  on  unsern  iaht  und  zuthun 
hinaus  füren.  Lcther  5, 9* ;  (dasz  die  mammonsdiener)  alle- 
was  sie  fürnemen,  hinaus  füren.  8,  313' :  du  (gott)  hast  meine 
Sachen  besser,  als  ich  gedacht ,  hinausz  geführt.  Schuppics 
683 ;  das  recht  hinaus  führen,  den  rechtlichen  anspruch  wahren 
und  bis  zum  gewinnen  des  handeis  verfolgen  :  wenn  dir  golt  den 
teufel  oder  böse  leute  zuschickt ,  die  dich  strafen ,  braucht 
er  sie  dazu,  das  sie  sein  recht  hinaus  füren.  Lltuer  2,362'. 

3)  weiterhin  ßhren ,  mit  rücksicht  auf  die  zeitliche  bedeutung 
ton  hinaus  {no.  6):  haben  ganz  gute  gesundheit,  also  dasz 
sie  das  leben  oftermalen  gar  lang  hinausz  führen.  Schcppics 
6% ;  er  hatte  zwar  noch  ein  wenig  gelt,  aber  viel  zu  wenig  . . 
seinen  verschwenderischen  pracht  hinaus  zu  führen.  Simpl. 
2, 15S  Kurz. 

geben:  dem  bettler  ein  almosen  zum  fenster  hinaus  geben; 
reflexiv:  wer  aber  hinaus  sich  gibt  zu  den  Chaldeem,  die 
euch  bclegern,  der  sol  lebendig  bleiben.  Jer.  21,  9. 

gehen,  1)  auswärts  und  hm  gehen:  und  er  rief,  laszt  jeder- 
man  von  mir  hin  aus  gehen.  1  Mos.  45, 1 ;  Ehud  gieng  den 
saal  hinaus,  und  thet  die  thür  hinder  im  zu.  rieht.  3,  23 ;  und 
da  sie  den  lobgesang  gesprochen  hatten,  giengen  sie  hinaus 
an  den  oleberg.  Matth.  26, 30 ;  gehen  sie  hinten  zum  garten 
hinaus  und  auf  der  wiese  hin.  Göthe  25,356; 

als  er  nun  hinausgegangen, 

wo  die  letzten  häuser  sind.    1,  2»1. 

2)  nach  hinaus  3,  zu  einem  ziele  streben,  in  fester  formel- 
hafter Verbindung:  die  ganze  sache  geht  schliesziich  auf  eine 
Prellerei  hinaus ;  deine  art  zu  sein  und  zu  denken  geht  auf 
einen  unbeschränkten  besitz  und  auf  eine  leichte  lustige  art 
zu  genicszen  hinaus.  Göthe  19, 150 ;  {eine  frage  die)  auf  eine 
wunderliche  weise  da  hinausging :  wie  es  eigentlich  von  jeher 
mit'  der  bildung  der  menschen  und  menschlicher  gesellschafl 
zugegangen  sei.  31, 1S9 ;  sobald  man  auf  vermehrte  erkcnntnis 
des  objccts  hinausgeht.  Kant  3,378; 

der  adelstand  der  liegt ,  ein  jeder  geht  drauf  naus  (teilt  ihn 
erwerben).    Logau  3,  20,  89. 

dann  auch  in  unpersönlicher  fugung,  mit  anklang  an  hinaus  5. 
ein  ziel  erreichen,  gelingen :  sie  versuchen  gott,  und  gehet  inen 
alles  wol  hin  aus.  Maleachi  3, 15 ;  des  musten  sie  sich  zu 
letzt,  da  es  so  hin  aus  gieng,  verwundern,  weish.  Sal.  11,15; 
dieser  art  sind  alle  die,  die  unib  ansehen  der  Ungerechtigkeit 
oder  torheit,  die  inen  selbs  oder  andern  widerfer^t,  mit  dem 
köpf  hindurch  wollen,  und  was  sie  fürnemen,  sol  also  hinaus 
gehen.  Luther  1,77*;  aber  gott  sei  lob,  dasz  es  uns  alles  so 
hinausz  gangen.  Atrer  proc.  1, 12;  wan  altern  oder  verwandten 
nur  unversehens  einfält,  ihr  knab  müs  ein  pfarrer,  ein  doctor, 
oder  dergleichen  werden,  so  mus  es  ihrem  vorsatz  nach  hin- 
ausgehen, es  seie  dem  kind,  und  gemainen  wäsen  nutz  oder 
schad.  RoMPLER  vorrede  s.';  wenn  ein  betrflglicher  raht  nach 
wünsch  hinausgehet,  so  gereicht  er  doch  nicht  lange  zu  seines 
uhrhebers  nuzzen.  Bütschky  Palm.  Kl ; 

und  gehts  ihm  (dem  menschen)  schon  ein  Zeitlang  nausz, 
im  augenblick  ist  das  glück  ausz. 

J.  Atrer  303"  (1512,  26  Keller). 

auch  ein  ende  gewinnen ,  endigen :  ein  haur  unterstund ,  ein 
kriegszmann  umb  sein  pferd  zubelriegen,  die  sach  aber  gieng 
widcrsinns  hinausz.  Wickram  roUw.  'l,iä  Kurz;  er  hab  nicht 
gemeinet,  dasz  es  also  übel  hinausz  gehen  soll.  Atrer  prot. 
2,10;  lasz  meine  krankheit  zu  deines  theuren  namens  hei- 
ligung  und  ehre  hinausz  gehen.  Scnuppius  432 ;  da  sähe  mans, 
wo  es  mit  dem  übermüthigen  hinausginge.  Göthe  16,  106. 
endlich  kommen,  rücksichüich  der  folgen :  der  böse  rahtgeber  ist 
sträflicher,  als  der  tähter  selbst:  wie  denn  Ahitophcl  mehr 
gesündiget,  als  Absalon.  also  geschihet  es  auch  unter  ge- 
ringeren leuten,  das  sie  einem  bösen  raht  folgen,  der  mehrmals 
über  den,  der  ihn  gibel,  hinaus  gehet.  Bctschrv  PcUm.  927. 


1395 


HINAUS 


HINAUS 


1396 


3)  »lac/t  hinaus  4,  weiter  als  ein  ijesteclitcs  ziel  ijclien  ,  «'inp 
schranke  überschreäen :  ich  }:ehe  über  den  begriff  hiniins,  um 
a  priori  etwas  zu  ihm  hinzuzudenken,  was  ich  in  ihm  niclil 
dachte.  Kant  2,  4S ;  wenn  ein  begriff  gegeben  ist,  über  den- 
selben hinausgehen  und  einen  andern  mit  ihm  verknüpfen, 
der  in  jenem  nicht  enthalten  ist.  3, 191 ;  wage  ich  mit  meinen 
begriffen  von  räum  und  zeit  über  alle  mügliche  crfahrung  hin- 
auszugehen. 208;  ein  zustand,  dessen  anfang  über  menschen- 
gedenken  hinausgeht.  Hlgo  heut.  rOm.  recht  (ls20)  .f.  lü4 ;  soll 
die  positive  ruhe  dem  körper  eben  so  wenig  eignen,  wie  die 
bewcgung,  dann  können  wir  noch  über  Aristoteles  hinans- 
gehen,  der  da  behauptet,  die  bewegung  müsse  ihren  grund 
auszer  und  über  der  materie  haben,  evang.  kirchenzeitting  1S06 
.<.  ü'l.  aber  auch  über  etwas  hingehen  ohne  es  zu  beachten,  un- 
bemerkt lassen:  Eduarden  entschlüpfte  die  bemerkung,  dasz 
ein  solcher  fall  in  dem  leben  seines  freundes  auf  die  selt- 
samste weise  epoche  gemacht,  doch  als  dieser  schwieg  und 
einer  traurigen  erinnerung  auszuweichen  schien,  hielt  Eduard 
gleichfalls  an,  so  wie  auch  Charlotte  . .  über  jene  äuszerungen 
hinausging.  Götde  17,44. 

gleiten:  als  der  wagen  oben  an  der  breiten  abgerundeten 
platteform  des  berges  .  .  still  stand,  .  .  so  glitt  mein  äuge 
iinwillkührlich  auf  etwas  nahes  glänzendes  hinaus.  J.  Paul 
hiogr.  bei.   1 ,  24. 

greifen:  und  da  sie  hinzu  liefen,  und  wollen  die  thiu" 
aufljrechen,  griffen  die  menner  hinaus,  und  zogen  Loth  hinein 
zu  inen  ins  haus,  l  Mos.  19,  10.  bildlich :  doch  indem  ich 
schon  fürchten  musz,  über  die  zeit  hinausgegrilTen  zu  haben, 
von  der  hier  die  rede  sein  kann,  kehre  ich  auf  mich  selbst 
zurück.  GöTHE  26, 199. 

gucken:  würde  mancher  gewissenloser  procurator ..  nicht 
mit  einem  fetten  maul  zum  fenster  hinausz  gucken.  Schup- 
pius  23; 

das  mäuslin  lir,  guckt  gleich  liinaus  (aus  dem  loche). 

FiscBART  ßöhhatz  2071  (diclu.  2,  56  Äiiri). 

hacken,  bildlich  unil  nach  hinaus  6,  sich  kämpfend  und 
mithend  das  leben  fristen ,  sich  durchschlagen ,  über  hacken  für 
himpfen,  schlagen  s.  sp.  103 :  v\  ir  mugent  (in  solchem  handel) 
alle  wol  gewinnen,  also  das  du  dich  noch  ein  weile  ehrlich 
hinaus  hacken  magst.  Wirsu.ng  Calistus  f;  von  ihrer  armelei 
theilten  sie  mir  soviel  mit,  dasz  ich  mich  ziemlich  hinaus 
hackte.  Laz.  de  Tormes  95. 

hängen:  so  henget  den  köpf  über  die  mauren  hin  aus. 
Judith  14,2;  den  halben  leib  zum  fenster  hinaus  hängen. 

heben:  als  die  treppe  schon  in  flammen  war,  konnte  man 
die  kindcr  nur  noch  zun»  fenster  hinaus  heben;  reflexiv:  heb 
dich  hin  aus,  und  gehe  von  hinnen,  denn  Herodes  vvil  dich 
tödlen.  Luc.  19,31.  in  Verbindung  mit  über,  nach  hinaus  4 
oben  sp.  1392:  dreimal  glücklich  sind  diejenigen  zu  preisen, 
die  ihre  gehurt  sogleich  über  die  untern  stufen  der  mensch- 
heit  hinaus  hebt.  Göthe  18, 247 ;  die  nächsten  freunde  .  .  . 
waren  tbätig,  mich  über  fernere  böse  stunden  hinauszuheben. 
31,90. 

helfen:  sich  aus  einem  einwürfe  hinaus  helfen.  Kant  8,117. 

holen:  einen  aufs  iand  hinausholen,  in  rus  aliquem  vocare, 
aecersere  ad  villam.  Stieler  851. 

hungern,  reflexiv: 

80  hab  er  stolz  genug  und  muth, 

(ich  aus  der  weit  hinaus  zu  hungern.    Borger  79'. 

bfipfen:  leichtfUszig  hüpfte  sie  zur  thüre  hinaus;  die 
elster  ist  hinausgehüpfet,  exUuit  pica.  Stieler  856. 

huschen:  er  huschte  zum  thorweg  hinaus. 

husten,  hustend  hinausgehen:  jetzt  endlich  erhebt  sich  die 
alle  —  nun  hustet  sie  wirklich  zur  kammcr  —  nun  zum  vor- 
saal  hinaus.  ThCmmel  3, 229. 

jagen:  icli  fürchte  mich,  das  weih  möchte  mich  zum  hause 
hinaus  jagen ,  metuo  ne  uxor  me  extrudat  aedibus.  Steinracii 
1,803;  zu  dem  ist  es  gegen  nacht  und  so  elend  weller,  dasz 
man  keinen  hund  hinaus  jagen  solle!  Simpl.  2,201  Kurz. 

juchzen:  es  klingt  nicht  viel  besser,  wenn  man  in  allen 
Zeilen  mit  einer  indifferenten  sylbe  bisz  über  die  lerlia  und 
quarta  hinausjucbzet.  Chr.  Weise  freim.  redner,  vorrede. 

kehren,  fegen: 

•wiriili.    <l-i.ii    vii,.     iri.r    «ifiPl)]    ttCSOU 

V  .kehrt?' 

»1' - i...,;.  ..iivuriehrt.    Görai  47,230. 

kehren,  wenden:  er  kehrte  »ich  hinaus  zu  den  drauszen 
wartenden. 


kommen,  l)  aus  einem  geschlossenen  raunt  hinwärts  kommen: 
wenn  ich  zyr  slad  hin  aus  kome,  wil  ich  meine  hende  aus- 
breiten gegen  dem  licrrn.  1  Mos.  9,29;  da  nu  diese  waren 
hinaus  komen.  Mullh.  9,32;  ehe  ihr  zu  disem  vvaldt  hinausz 
komen,  wirt  er  sich  selbs  euch  zeigen  und  fürstellen.  Amadis 
394; 

wenn  du  hienausz  kumpst  aul  die  gasz, 

so  spei  ein  mal,  es  wirdt  dir  basz. 

ijrobianus  (1568)  C"  (6.  1,  cap.  5); 

wart,  ich  komme  gleich  hinaus.    Göthe  1,  251. 

ton  der  erstreckung  einer  grenze:  und  zeucht  sich  von  milter- 
nacht  Werts,  und  kompt  hinaus  gegen  EnSemes,  und  koiupt 
hinaus  zu  den  häufen ,  die  gegen  Adumiin  hin  auf  liegen. 
Jos.  18, 17. 

2)  unpersönlich,  zu  einem  ziele  oder  ende  kommen,  vgl.  oben 
hinaus  3  sp.  1392:  es  konunl  noch  darauf  hinaus,  dasz  ich 
bezahlen  musz;  Georg,  wiszt  ihr,  gnädiger  hcrr,  wie  ihr  uns 
prophezeitet:  wenn  sich  die  well  umkelirte,  würden  wir  jäger 
werden,  da  sind  wirs  ohne  das.  Götz,  es  kommt  auf  eins 
hinaus,  wir  sind  aus  unserni  kreise  gerückt.  Göthe  8, 134 ; 

und  in  der  that,  es  kam  aur  eins  hinaus. 

WiELAND  5,  218  (vcrkl.  .imor  1,  176); 

vgl.  auch  herauskonnnen  2  sp.  1037. 

3)  nach  hinaus  4,  hinweg  kommen  über  etwas:  woraus  wenig- 
stens hervorzugehen  schien,  dasz  man  über  die  Unarten  und 
unschicklichkeilen  jenes  berufenen  mannes  noch  allenfalls 
hinauskommen  werde.  Göthe  31,235; 

du  kommst  doch  über  so  viele  hinaus, 
warum  bist  du  gleich  auszerm  haus, 
warum  gleich  aus  dem  bauschen, 
wenn  einer  dir  mit  krillcn  spricht?    3,  161. 

lachen:  der  Verfasser  bemüht  sich,  aus  der  well  hinaus- 
zulachen, was  unsere  weisen  hinausmoralisiren  und  unsere 
eiferer  binauspollem  wollen.  Sieg  fr.  v.  Lindenberg  (1784)  1,20. 
auch  in  anderm  sinuc,  wie  d)en  hinaus  juchzen  und  unten 
hinausschreien,  vergl.  hinaus  2  zu  anfang  sp.  1390:  er  lachte 
gerade  hinaus,  als  er  das  hörte. 

langen,  1)  austcärls  und  hin  langen,  intransitiv  und  transitiv: 
er  langte  zum  fenster  hinaus  und  holle  einen  blühenden 
zweig  herein ;  er  langte  ihm  den  hut  zur  thüre  hinaus ;  die 
beiden  freundinnen  waren  keine  solchen,  die  sich  den  knsz 
durch  zwei  Höre  hinauslangen,  oder  die  einander  abzuherzen 
wissen  ohne  die  kleinste  quetschwunde  der  frisur.  J.  Pail 
Tit.  1, 181.  abgeblaszier,  vom  geld  bekommen,  es  gleichsam  aus 
einer  kasse  langen:  (entschlosz  mich,  den  wintcr)  in  ruhe  dahin 
zu  bringen ,  worzu  ich  dann  geldes  genug  wüste  liinaus  zu 
langen.  Simpl.  1,  314  Kurz. 

2)  mit  über,  jenseit  eines  zictes  langen:  dasz  wir  vermit- 
telst des  begrifl's  der  endursachen  über  die  nalur  hiuaus- 
langen  und  sie  an  den  höchsten  punct  in  der  reihe  der 
Ursachen  knüpfen.  Kant  7, 265. 

3)  zu  ende  langen,  vollkommen  reichen:  dasz  es  um  den 
grafen  von  Götz  wol  stünde,  sonderlich  dasz  er  mit  seiner 
Verantwortung  bei  der  käiserl.  majestät  hinaus  langen,  wieder 
auf  freien  fusz  kommen  und  gar  wiederum  das  commando 
über  eine  arinee  kriegen  würde.  Simpl.  •l,lb  Kurz;  bildete  mir 
die  Sache  so  erbärmlich  ein,  dasz  mir  mitten  in  meinen 
traurigen  liedern  und  melodeien  die  thränen  herausz  rucken 
und  das  weinen  dem  singen  den  pasz  verlegen  wolle,  doch 
langte  ich  mit  einer  schönen  manicr  hinausz.  1,365;  der  weg, 
den  ich  noch  zu  gehen  vor  mir  halte,  war  gegen  meinem 
wenigen  geldc  viel  zu  weit,  mit  der  zehrung  hinaus  zu  langen. 
287 ;  (das  gewissen,)  ein  gut  geschriebener  Wechselbrief,  mit  dem 
auch  der  bankerollierer  zur  noth  noch  hinanslangt.  Schiller 
rduber  1, 1. 

lassen:  licszen  sie  hinaus  (zum  thore).  Judith  10,0;  lies 
sie  in  einen  andern  weg  hin  aus.  Joe.  2,25;  einen  aus  dem 
gefüngnissc  hinaus  lassen,  emittere  aliquem  de  careere.  Hede- 
rich  I2HS; 

do  ward  der  solhig  «chlemmer 

zA  der  liir  hinnuM  gelaaien.    Uuland  volkul.  680; 

reflexiv:  die  Hlemmier  licszen  sich  für  die  helfanten  hinaus 
{zum  kämpfe),  dieweil  sie  schnell  und  hurtig  im  lauf  sind. 
b.  d.  liebe  220*. 

laufen,  1)  ausuilrts  und  hin  laufen:  da  lies  er  sein  kleid 
bei  mir,  und  Hohe,  und  lief  hinaus,  l  Mos.  30,15;  lief  alle 
tage  hinaus,  und  sähe  auf  alle  straszen,  da  er  her  komen 
soll.   lob.  10,8; 


1397 


HINAUS 


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1398 


wann  du  herfür  komst  inn  das  haus, 
so  lauf  nicht  flu^s  den  plan  hinaus, 
nicht  sez  dich  mitten  auf  den  plaz. 

FiscHARr  flöhhatz  2064  (dicht.  2,56  hurt). 

2)  unpersönlich,  nach  einem  siele,  einem  ende  laufen,  schliesz- 
lich  verlaufen  {vgl.  oben  hinausgehen  2,  hinauskommen  2) :  so 
bald  etwas  nit  nach  wünsch  hinaus  lauft,  musz  es  diese  zeit 
verursachen  und  die  schuld  tragen.  Schuppids  775;  der  er- 
bitterte verdnis  und  feindselige  wiederwille  sein  nicht  selten 
zu  dessen  untergange  hinaus  gelaufen,  dessen  gemüte  damit 
befangen.  Bütschkv  ¥alm.  830;  ein  zank  so  endlich  auf  eine 
Schlägerei  hinaus  lief.  jxrs.  rosenth.  7,13;  wenn  es  am  ende 
auf  eine  mumnierei  hinausläuft.  Göthe  14, 155 ;  und  am  ende 
läuft  es  auf  eins  hinaus,  ganz  von  einer  nothwendigen  ge- 
wohnheit,  oder  ganz  von  der  willkürlichsten  Zufälligkeit  abzu- 
hängen. 17,320;  ich  gebe  ihnen  mein  wort,  wir  kommen 
gesunder  wieder,  als  wir  ausfahren  —  oder  auch  gar  nicht, 
welches  auf  eins  hinaus  läuft.  Lessi>g  12,213; 

uns  schmerzet  der  verzug,  was  noch  wird  werden  drausz. 
ich  furcht,  es  laufe  noch  auf  was  belrüblichs  nausz. 

Flkmisg  177,  4S  Lappenb. 

3)  bildlich  auch  für  länge  geicinnen  (vergl.  auslaufen  5,  theil 
1,  904) :  was  für  frevel  dieser  mensch  begangen,  ist  nicht  zu 
beschreiben:  das  register  würde  allzuweit  hinaus  laufen. 
Bdtschry  Palm.  52«. 

legen:  etwas  hinauslegen,  exponere  aliquid.  Hederich  IISS. 
im  deichbau  nennt  man  hinauslegen  oder  übersetzen,  tcenn  man 
den  deich  oder  dessen  dossierung  weiter  hinausrückt,  indem  das 
auszen  angesetzte  inwendig  abgenommen  wird,  oder  auch  umge- 
kehrt. Jacobsson  4,469'. 

lesen,  zu  ende  lesen  {vgl.  hinaus  5):  keiner  von  uns  hatte 
das  buch  hinausgelesen :  denn  wir  fanden  uns  in  der  erwar- 
tung  getäuscht,  in  der  wir  es  aufgeschlagen  hatten.  Göthe 
26,69;  er  hätte  jetzo  gern  das  blättchen  hinausgelesen.  J.Pacl 
Hesp.  1,76. 

leuchten:  hinausleuchten,  foras  lucere  lampadem.  Stie- 
ler 1155. 

lügen:  ihr  könntet  den  schöpfer  aus  seiner  weit  hinaus- 
lügen. Schiller  Fiesko  2,  3. 

machen,  l)  reflexiv,  sich  nach  auszen  und  hin  begeben: 
eile  und  mache  dich  behend  von  Jenisalein  hin  aus.  aposlel- 
gesch.  22, 18 ;  sich  hinaus  under  die  leute  machen,  prudire  in 
publicum.  Stieleb  1199. 

2)  transitiv,  zu  ende  machen,  fertig  maclien :  sollen  und  wollen 
aus  eigener  gewalt  fort  faren,  und  das  spiel  also  hinaus 
machen.  Luther  1, 491' ;  nun  kann  man  aber  einen  autor, 
der  sein  buch  noch  nicht  hinausgemacht  hat,  nicht  ärgerlicher 
und  verdrieszlicher  machen,  als  wenn  man  ihn  erschlägt. 
J.  Paul  Hesp.  4, 172. 

moralisieren.  Sieg  fr.  v.  Lindenberg  (17S4)  1, 20.  s.  die  stelle 
üben  unter  hinaus  lachen. 

nehmen:    er  nahm  das  buch  mit  sich  zur  stube  hinaus. 
niUhigen:  hinausnöthigen,  evocare.  Stieler  1338. 
orgeln,  zu  ende  orgeln:   {insofern  er)  allein  den  nachmit- 
tagsgottesdienst  . .  hinausorgelte.  J.  Paul  flegelj.  1, 44. 

packen,  reflexiv:  beide  frembtling  giengen  ihres  wegs, 
mit  denen  ich  mich  mit  zur  stubenthür  hinaus  packte.  Simpl. 
3,317  Kurz. 

peitschen:  ich  werde  .  .  .  hernach  naus  gepeitzschet. 
causenm.  143. 

platzen:  der  feind  platzet  hinaus,  hoäis  effundü  se  in  agros. 
Stieler  1462. 

poltern.  Siegfr.v.  Lindenberg  {l'U)i,iO.  s.  die  stelle  unter 
liinaus  lachen. 

predigen:  haben  dir  gepredigt  lose  predigt,  damit  sie 
dich  zum  land  hinaus  predigten,  klagel.  2, 14 ;  solche  predigt 
ist  frei  davon,  dasz  die  gemeinde  statt  gesammelt  und  ange- 
zogen zu  werden,  vielmehr  zerstreut  und  hinausgepredigt  wird. 
evangel.  kirchenzeilung  1S66  s.  684. 

quellen:  die  menge  quoll  vor  das  thor  hinaus, 
reden,  durch  reden  zum  hinausgehen  bewegen.  Klincer  10,20. 
reichen,    1)  nach  auszen  und  hin  geben:    er  reichte  dem 
beltler  eine  gäbe  zum  fenster  hinaus. 

2)  SU  ende  reichen,  zu  einem  ziele  kommen:  damit  {mit  dem 
gelde)  reichte  Julus  nit  weit  hinaus.  Simpl.  2, 157  Kurs. 
reisen:  hinausreisen,  ire  foras.  Stieler  1589. 
reiszen:  ich  werde  mich  über  die  menschen  hinausreiszen. 
J.  Paul  TU.  1,40. 


ich  hab  ihn  selbst  hinaus  zur  kellerthüre 
auf  einem  fasse  reiten  sehn.    Göthe  12, 118. 

rennen:  sie  wandte  sich  um  und  rannte  zum  zimmer 
hinaus.  Göthe  25,280. 

rinnen:  das  wasser  rinnt  zu  allen  Öffnungen  hinaus. 

rücken:  das  lager  ein  wenig  über  einen  ort  hinaus  rücken, 
castra  paulo  ultra  locum  aliquem  transferre.  Stei.nbach  2, 304 ; 
zeitlich :  der  termin  zur  Versteigerung  des  hauses  ist  auf  später 
hinaus  gerückt. 

rufen:  einen  hinaus  rufen,  evocare  aliquem.  Hedericb  1288; 

wenn  alles  weichlich  eitle  mich  umgab, 

ein  wonniges  behauen  mir  zu  schmeicheln, 

so  rief  mich  ritterlicher  trieb  hinaus, 

zu  ross  und  wagen,  mit  gefahr  zu  kämpfen.    Göthe  9,  338. 

auch  mit  sächlichem  object:  er  ruft  seine  Weisheit  in  die  weit 
hinaus. 

sagen:  etwas  das  ohne  allen  grund  in  die  weit  hinaus 
gesagt  wird,  in  einigen  kartenspielen  heiszt  sich  binaussagen 
die  partie  gewinnen ,  indem  man  blosz  den  wert  der  karten  die 
man  in  der  band  hält,  angibt. 

schaffen:   einen  aus  dem  hause  hinausschaffen,  protelare 
aliquem  atque  exdudere  domo.  Stieler  1711. 
schauen: 

da  steh  ich  nun  und  schaue  weit  hinaus, 
und  enger  scheint  michs,  enger  zu  umschlieszen. 
Göthe  9,  339 ; 
nach  ihm  nur  schau  ich 
zum  fenster  hinaus.    12, 178. 

{ibertragen:   schaut  das  ding  da  hinaus?  (trtW  sichs  in  solcher 
weise  entfalten?). 

schelten,  scheltend  hinausbringen:  das  hiesze,  ihn  aus 
seinem  wesen  hinausschelten.  Tieck  8,  36. 

schicken:  so  wollen  wir  auf  dich  bekennen,  das  wir 
einen  jungen  gesellen  allein  bei  dir  funden  haben,  und  das 
du  deine  megde  darumb  habst  hinaus  geschickt.  Susanna 
V.  21 ;  einen  in  die  fremde  hinausschicken,  amandare  aHquem 
in  regiones  exteras.  Hederich  12S8. 

schieben:  einen  zur  thüre  hinaus  schieben;  wo  man  .. 
die  berghöhen  des  untern  landes  mit  ihren  fruchtbaren  ab- 
hängen und  waldigen  rücken  hintereinander  hinausgeschoben 
sah.  Göthe  21,18.  zeitlich:  eine  sache  auf  spätere  zeit  hin- 
ausschieben; die  zeit  weit  hinausschieben,  laxius  proferre  diem. 
Stieler  1784. 

scbieszen,  intran^iv:  der  weinstock  ist  weit  über  das 
Spalier  hinaus  geschossen;  antwortete  der  wirth  und  schosz 
wieder  wie  eine  wespe  zur  thüre  hinaus.  J.  Gotthelf  sckulden- 
bauer  5.  in  anderm  sinne  {vgl.  oben  hinaus  4) :  das  heisz  ich 
über  das  ziel  hinaus  geschossen,  transitiv:  einen  pfeil  zum 
fenster  hinaus  scbieszen. 

schlagen,  l)  auswärts  und  hin  schlagen,  intransitiv  und 
transitiv:  die  flamme  schlägt  zum  fenster  hinaus;  einen  stift 
aus  dem  holze  hinaus  schlagen. 

2)  nach  hinaus  3,  schliesslich  ergehen,  am  ende  einen  erfolg 
haben,  vgl.  auch  ausschlagen  5  th.  1, 954 :  da  siebet  man,  dasz 
oft  eines  weisen  inannes  rath  nicht  nach  seiner  meinung 
hinaus  schlaget,  pers.  rosenth.  3,27;  wir  sind  versichert,  dasz 
alles  zu  gottes  ehr  und  Seligkeit  hinausschlagen  musz.  Scriver 
seelensck.  2,212;  wenn  die  sachen  zur  weitläuftigkeit ,  und 
zum  ärgernisz  hinausschlagen,  ist  es  besser,  sich  davon  los- 
zuwirken.  363 ;  es  schlägt  zum  ärgernisz  hinaus.  282 ;  von  an- 
dern gew  öhnlichen  krankheiten  fand  sich  niemand  beschweret ; 
und  wo  ja  dergleichen  jemand  betraf,  so  schlug  solches  doch 
endlich  hierauf  {auf  eine  herschende  seuche)  hinaus.  Heilman 
Thucyd.  237. 

schleichen:  hinausschleichen,  pedetentim  exire.  Stiele» 
l83.i. 

schleifen:  steinigten  Paulum,  und  schleiften  in  zur  stad 
hinaus,  apostelgesch.  14, 19. 

schleppen:  einen  bei  den  haaren  zum  zimmer  hinaus- 
«chleppen.  Rabeser  werke  5,110. 

schleudern,  schlaudern:  den  sechszehenden  {tag) 
nähme  mich  mein  ehrwürdiger  herr  bei  der  band,  und  schlau- 
derte  mich  aus  dem  hausz  hinausz.  Laz.  de  Tormes  66;  hatte 
er  fast  sein  summtliches  bettzeug  weit  in  die  stube  hinaus- 
geschleudert.  Riehl  culturgesch.  nor.  417; 

und  jene  kraft,  die  ihn  hinausgeschleudert 
au«  aller  bahnen  gleite.    Kö>!<sk  2, 130 ; 

88* 


1399 


HINAUS 


HINAUS 


1400 


weszwegen  er  dann  keine  gelegenheit  vorüber  laufen  liesz, 
seinem  herrn,  der  olin  das  sein  geld  so  unnützlich  hinausz 
schlauderte,  abzuzwacken  was  er  konte.  Simpl.  2, 151  Kurz. 

schmeiszeu:  worauf  ihm  der  Stallmeister  ein  paar  tüch- 
tige ohrfeigen  gegeben  und  ihn  zur  thflre  hinausgeschmissen. 
GüTHE  18, 224 ;  die  ultramontane  Wahlliste  wurde  zerrissen 
und  die  anhänger  dieser  partei . .  aus  dem  wahllocal  hinaus- 
geschmissen. Hallische  zeilung  no.  275  von  1S6S. 

schreiben:  diese  drei  Schreibens  an  irgend  einem  tage 
in  die  weit  hinaus.  J.  Paul  ausw.  a.  d.  teuf.  pap.  l,  18. 

schreien,  wie  oben  hinaus  juchzen  und  hinaus  lachen:  die 
freudenjubel  hinausschreiende  nachtigall  schlug  durch  seinen 
träum.  J.  Padl  llesp.  3, 241. 

schreiten:  wenn  ich  denke,  .  .  wie  einer  mit  einer  kraft- 
vollen ,  vermögenden  seele  im  staube  liegt ,  ein  anderer  mit 
einem  schwachen,  eitlen,  schmiegenden  geiste,  über  ihn  hin- 
ausscbreitet  und  hoch  sitzt!  Klinger  1,61;  wie  viel  stücke 
haben  wir  denn,  die  nicht  über  das  masz  des  personales  . . 
hinausschritten?  Göthe  19,159. 

schuppen,  mü  einer  schuppe  hiuauslhun:  ejicio,  ich  schupp 
hinaus.  Alberus  diä.  Rrl*. 

schütten:  und  das  haus  sol  man  inwendig  rings  rumb 
schaben,  und  sollen  den  abgeschabenen  leimen  hin  aus  für 
die  stad  an  einen  unreinen  ort  schütten.  Z  Mos.  14,41;  es  {das 
salz)  ist  zu  nicht  hin  fürt  nütze,  denn  das  man  es  hin  aus 
schütte,  und  las  die  leute  zutretten.  Matlh.  5, 13. 

schwimmen:  ins  offne  meer  hinaus  schwimmen. 

schwindeln:  hinausschwindelnd  ins  grab  des  Verderbens 
auf  des  lasters  schwankendem  röhr.  Schiller  rauher  3,  2. 

sehen,  1)  auswärts  und  hin  sehen:  zum  fenster  hinaus 
sehen,  ex  fenestris  prospectare,  er  sieht  zur  thüre  hinaus,  ab 
janua  prosptcit.  Steinbach  2, 507.  in  bezug  auf  gegenstände, 
eine  richtung  haben:  die  mutier  hatte  ihr  nach  der  contir- 
mation  ein  Oberstübchen  eingeräumt,  das  auf  die  bäume  des 
parkes  hinaussaii.  Freytag  handschr.  l,  41. 

2)  hinaussehen ,  bezüglich  eines  zieles ,  einer  zeit :  der  nur 
falle  so  jung,  der  in  eine  traurige,  öde  wüste  hinaussieht; 
in  künftige  tage ,  leer  an  freundschaft  und  tugend ,  leer  an 
groszen  entwürfen  zur  Unsterblichkeit.  Lessing  1,205;  be- 
denken sie,  dasz  sie  sich  meiner  führung  überlassen  haben ; 
bedenken  sie,  dasz  ich  schuldig  bin,  für  uns  weiter  hinaus 
zu  sehen.  2,10;  ein  satz,  der  in  wichtige  folgen  hinaussieht. 
Kant  2,238;  das  ist  das  intelligible ,  worauf  der  geschmack 
hinaussieht.  7,  222. 

3)  nach  hinaus  4,  über  etwas  hinwegselien :  ob  sie  gleich  viel 
jünger  ist  als  ich,  so  hatte  doch  die  gegenwart  der  altern 
freundin  so  viele  reize  für  dich,  dasz  du  über  die  aufblüiiende 
versprechende  Schönheit  hinaussahst.  Göthe  17, 20. 

sein,  vgl.  oben  unter  hinaus  2  sp.  1391. 
setzen,  1)  nach  hinaus  2:  wir  wollen  die  stuhle  hinaus  in 
deo  garten  setzen ;  setzen  wir  uns  ein  wenig  vors  thor  hinaus. 

2)  nach  hinaus  4 :  dasz  ...  die  fehler  vielleicht  nur  will- 
kührlicbe  regeln  betreffen,  über  die  man  sich  leichter  hinaus- 
setzen kann ,  als  es  die  kunstrichter  wort  haben  wollen. 
Lessing  7,78;  ein  mensch,  der  sich  über  so  vieles  hinaus- 
setzt, wird  doch  an  einer  ecke  mit  zwirnsfäden  angebunden. 
Göthe  10,  62 ;  aber  mich  freut  immer,  wenn  einzelne  personen 
fühlen,  über  was  man  sich  hinaussetzen  kann  und  soll.  19,7; 
setzen  sie  sich  über  das  gildcgefühl  hinaus.  23, 27 ;  für  die 
minislerwürde  ...  die  ihn  über  die  ersten  im  lande  hinaus- 
setzte. Schiller  714. 

3)  nach  hinaus  6,  zeitlich :  gleichwohl  seh  ich  noch  kein  ein- 
ziges schreiben  gedruckt;  man  setzt  die  publication,  scheint  es, 
auf  mein  verscheiden  hinaus.  J.  Paul  br.  u.  lebensl.  vorr.  s.  vii. 

singen,  zu  ende  singen  (nach  hinaus  5):  wiewol  ich  nu  zu 
gering  bin,  stück  fürzulegen  zu  solchs  grewlicbs  weseiis  bcs- 
sening  dienlich,  wil  ich  duch  das  nariispiel  hinaus  singen, 
und  sagen  so  viel  mein  verstand  vermag,  was  wol  geschehen 
möchl  und  sulte.  Luther  1,298*;  hoffe  ich  doch,  ir  bischovc 
soll  ewer  liedlin  nicht  mit  freuden  hinaus  singen.  557*. 

spazieren: 

dann  hast  nicht  ghilrt  vun  der  «lattinaus, 
wie  nie  opaiirt  in«  felil  hiuau«. 

Fi*cu*iiT  flMuitz  lOIH  {dicht.  2,  &2  Kurt); 
ge«l<!h  ichi  nur!  daxz  ich  hiiiaunfipazier« 
verbietet  mir  ein  Itlninef  hinderni.tz.    Cötmc  12,72; 
ich  bin  (•iuinal  «Iwa«  hiiiau.%»pazi<-ri, 
da  ii>t  mir  ein  nurritch  dinK  paaiiiri. 

H.    HmNICK   UrUr,    '.'Ol 


sperren:  einen  zum  buuse  hinaus  sperren. 

spiegeln:  mein  vater  hätte  mich  in  die  zeichenschule 
senden  sollen:  könnt  ich  nicht  jetzt  die  ganze  landschaft  in 
meinem  farbenslrom  statt  im  dintenstrom  auffangen  und  hin- 
ausspiegeln? J.  Paul  «n.<t.  löge  1,63. 

spielen,  zeitlich ,  bis  auf  einen  termin  verlängern :  kurz, 
meinem  glück  fehlte  nichts,  als  dasz  gar  der  heutige  sektor 
glücklich  geschrieben  war,  den  ich  bis  heute  hinausspielte, 
um  die  ganze  Vergangenheit  hinter  mir  zu  haben.  J.  Paul  uns. 
löge  3,  04. 

spinnen:  wir  würden  unser  buch  in  eine  unendliche 
länge  hinausspinnen.  Siegfr.  v.  Lindenberg  2,108. 

sprechen:  zum  fcnsler  hinaus  sprechen. 

sprengen:  der  reiter  sprengte  hinaus  ins  freie ;  man  hat 
ihn  heut  schon  frühe  aus  dem  bett  hinaus  gesprengt; 

kaum  hellen  sich  des  thores  gatterballien, 

er  sprengt  geüuclit  hinaus  mit  hund  und  fällten. 

UuLAMD  ged.  443. 

springen:  in  den  wald  hinaus  springen;  sie  sprang  zur 
tliür  hinaus.  Göthe  19,197;  gleichwol  springen  die  italieni- 
schen formen  iichr  als  die  deutschen  und  die  englischen 
über  die  griechischen  hinaus.   J.  Paul  vorsch.  der  ästh.  1, 113. 

stäuben:  darüber  wurde  der  geist  endlich  unwillig,  stäubte 
das  lose  gesind 3I  durch  einen  kräftigen  Steinhagel  aus  seinem 
gebiete  hinaus.  MusÄus  Volksmärchen  214. 

stecken:  den  köpf  zum  fenster  hinaus  stecken;  er  steckte 
das  ungezogene  k>nd  zur  thüre  hinaus. 

steigen,  eigcntiich  und  übertragen:  zum  fenster  hinaus 
steigen;  ihm  sind  ailfi  mittel  gleich,  über  mich  hinauszu- 
sleigen.  je  tiefer  ich  sinke,  jts  hfiher  hebt  er  sich.  Klinger 
1,  7 ;  eine  nonne,  die  durch  .  .  .  schOnbeit  l»e;  cfcu  groszen 
schütz  gefunden  hatte,  sollte  durch  ihre  hülfe  über  mich  {die 
äblissm)  hinaussleigen.  3, 104  ; 

so  schreiten  lieine  irdschen  weiber! 
die  zeugete  liein  .sterblich  haus! 
US  steigt  das  rieseiimasz  der  leiber 
hoch  üoer  menschliclies  hinaus. 

Schiller  tiraniclte  des  Ibykus. 

stellen:  die  wachten  weit  hinaus  ins  feld  stellen,  excubias 
lange  lateque  statuere.  Stieler  214S;  zeitlich:  das  erscheinen  des 
buchs  scheint  sich  in  eine  weitere  Zukunft  hinauszustellen. 
Gersdorf  repert.  1841  s.  210. 

stoszen:  und  stunden  auf,  und  stieszen  in  zur  stad  hinaus. 
Luc.  4,29;  wer  zu  mir  kompt,  den  werde  ich  nicht  hin  aus 
stoszen.  Joli.  6,37;  aber  was  spricht  die  schrift?  stos  die 
magd  hin  aus  mit  irem  sou,  denn  der  magd  son  sol  nicht 
erben  mit  dem  son  der  freien.  Gal.  4,30;  man  lacht  über 
den  narren  und  läszl  ihn  als  einen  wahnwitzigen  kerl  hin- 
ausstoszen.  Rabener  4,58. 

streben: 

ach !  unauriialtsam  strebet  das  schilT  mit  jedem  momente 
durch  die  .sciiäumcnde  lluth  weiter  und  weiter  hinaus! 

GöTHB  1,  295. 

Streichen:  hnmusstreichen,  excedere,  discedere ;  einen  zum 
tobre  hillausstreichen,  virgis  per  totam  urbem  ad  portas  usquv 
concidere.  Stieler  2203; 

der  liunger  wurde  bei  den  (irichen 

liinausz,  das  rciclithum  eingestrichen  : 

der  hungvr  wird  lici  uiisern  tat'en 

hinein,  das  rciclithum  ausgcsclilagen.    Louau  I,  119,6. 

bei  Stieler  a.  a.  0.  auch  noch  in  aiulerer  bedeutung:  hinaus- 
streichen, picturam  absoUrre,  suvimani  manum  adjicere  incrui- 
tatiuni.     vgl.  hinaus  5. 

tbun:  beide  man  und  weih  sollen  sie  hin  aus  thun  fur 
d:is  lager,  das  sie  nicht  ire  luger  verunreinigen,  darinnen  ich 
unter  inen  wune.  ^  Mos.  .'1, 3;  da  stund  aber  auf  im  rat  ein 
phaiiseer  . . .  und  hies  die  apostel  ein  wenig  hin  aus  thun. 
aposlelgtsch.  5,  34 ; 

all  weltlich  hüudel  thQt  hinausz, 

dann  mein  haiikz  ita»  ist  ain  bcithausz. 

Scuwa*zk<«bkrc  112*. 

mit  der  beslimmt  hervortretenden  bedeutung  aussondern,  absondern : 
so  laszt  uns  nu  einen  buiid  machen  mit  uiiserm  gult,  das 
wir  alle  weiber  und  die  vun  inen  geboren  sind,  hin  aus  thun 
nach  dem  rat  des  herrn.  Ksra  10,3;  tbut  von  euch  selbs  hui 
aus,  wer  da  böse  ist.  1  Cor.  5, 13. 

toben,  zu  ende  toben  (hinaus  5):  sondern  wie  sie  au« 
eigener  vennesscnlieit  haben  angefangen,  also  loben  sie  auch 
thurstiglirh  hinaus  nach  eiteler  ehre,  bis  da»  ir  ende,  die 
s(  liuiide  sich  linde.  Luther  3,  lo.'i'. 


1401 


HINAUS 


HINAUSFAHRT  —  HINBETTEN 


1402 


traben:  zum  thore  hinaus  traben. 

tragen:  trugen  in  hin  aus  und  begruben  in.  apostelgesch. 
5,6;  sihe,  die  füsze  dere,  die  deinen  man  begraben  haben, 
sind  für  der  thür,  und  werden  dich  hin  aus  tragen,  v.9;  ir 
solt  nichts  von  seinem  fleisch  hinaus  für  das  haus  tragen. 
2  Mos.  12, 46 ;  wer  in  die  Stuben  hofiert,  und  wer  es  hinausz 
trägt,  hat  gleichen  dank.  Pistorics  thes.  par.  10, 46.  reflexiv, 
von  dem  schlieszlichen  verlauf  einer  sarhc  {vgl.  auch  austragen  4 
Üi.  1  sp.  1001) :  mein  leben  und  todt  stehet  in  deinen  bänden ! 
so  weisz  ichs  nicht ,  wo  ichs  mit  dieser  krankheit  hinausz 
tragen  werde.   Scbuppics  434. 

treiben:  er  aber  treib  sie  alle  hin  ausz.  Luc.  8,  S4;  und 
da  Petrus  sie  alle  hin  aus  getrieben  hatte,  kniet  er  nider, 
betet,  apostelgesch.  9,40; 

es  trieb  mich  hinaus  in  die  lichte  nacht, 
durch  stille  gründe  muszt  ich  gehen. 

R.  REn«icK  Ueder  190. 

treten:  kamen  zu  der  eisern  thür,  welche  zur  stad  füret, 
die  that  sich  inen  von  ir  selber  auf.  uud  tratten  hin  aus, 
und  giengen  hin.  apostelgesch.  12, 10 ;  indem  er  aufstand  und 
vor  die  mooshtttte  hinaustrat.  Götue  17, 30. 

verstoszen:  ich  wil  furcht  über  dich  körnen  lassen,  von 
allen  die  umb  dich  her  wonen,  das  ein  iglicher  seines  wegs 
für  sich  hinaus  verstoszen  werde,  und  niemand  sei,  der  die 
flüchtige  samle.  Jer.  49,  5. 

wachsen:  ich  fühle  den  adel  meines  bluts,  kann  es  nicht 
dulden,  dasz  dieses  haus  Doria  über  unsre  ahnen  hinaus- 
wachsen will.  Schiller  Fiesko  l,  i. 

wagen:  sich  hinauswagen,  peiicula  non  dubüanter  adire, 
in  quemcunque  casum  tendere.  Stieler  2409; 

sie  hatten  sich  hinaus  auf  die  woge  gewagt,  in  den  stürm 
gewagt.    kLopsiock  2,  42. 

weisen:  ich  ver^vünsche  dabei  die  Matthissons ,  Salis, 
Tiedgen  und  die  sämmtliche  klerisei,  die  uns  schwerräilige 
Deutsche  sogar  in  liedern  über  die  weit  hinausweist,  aus 
der  wir  ohnehin  geschwind  hinauskommen.  Gotbe  an  Zelter 
1,  295 ; 

ins  hohe  meer  werd  ich  hinausgewiesen,    werie  12,  43. 

werfen:  (die  bürger)  mochtens  nit  erleiden,  zu  lest  über 
den  rat  laufen,  die  seniores  mit  den  burgermaistern ,  ge- 
schlechtern  und  gefreunden  tot  schlagen  und  über  das  rat- 
haus  hinaus  werfen.  WüwoU  v.  Schaumb.  107;  so  sol  er  die 
steine  heiszen  ausbrechen,  darin  das  mal  ist,  und  hin  aus 
für  die  stad,  an  einen  unreinen  ort  werfen.  3Mo5. 14,  40;  er 
sol  wie  ein  esel  begraben  werden,  zurschleift  und  hin  aus 
geworfen  für  die  thore  Jerusalem.  Jer.  22,  19;  bindet  im  hende 
und  füsze,  und  werfet  in  in  das  finstemis  hinaus.  Matth. 
22, 13 ;  warf  mit  dieser  betheurung  sein  glas  hinter  sich  und 
durch  die  Scheiben  auf  die  gasse  hinaus.  Götde  18, 199. 

winden,  reflexiv:  Dumouriez  hatte  alle  mögliche  mühe, 
sich  aus  den  defileen  hinauszuwinden.  DAULM.i!(.N  gesch.  der 
franz.  revol.  456. 

winken:  ich  winkte  meinen  Johann  auf  mein  ziminer, 
winkte  ihn  weder  hinaus.  ThCmjjel  2,  84 ; 

er  spriebts,  und  winkt  dem  alten  .  .  . 
zum  sahl  hinaus.    Wielat«d  5,  224  {terkl.  Amor  2,  37). 

die  nähere  richtung  wird  in  ungewöhnlicher  tceise  durch  einen  dativ 
bestimmt :  spotten  sie  nur ;  aber  hüten  sie  sich,  diesem  fenstcr 
Iiinauszuwinken :  denn  ginge  auch  der  sprung  durch  die  erde, 
ich  folgte  dem  winke  doch.  Klinger  8,  36. 

wirken:  jenes   lebendige   principium,   das  aus  der  seele 

in  den  ganzen  körper  hinauswirkt.  Engel  mimik  (1785)  1,  317. 

wischen:    also   inn   hosen   und  wammest  mit  eim  haiz- 

käpplin,  wischt  er  hinausz.  Garg.  205' ;  heimlich  hinaus  wischen, 

pedes  dam  dedticere.  Stieler  2565. 

worfeln:  ich  wil  sie  mit  der  worfscbaufel  zum  land  hin- 
aus worfeln.  Jer.  15, 7. 

zanken:  die  den  gewählten  zum  Wahlkreise  hinaus  ge- 
zankt hatten.  BCbcer  357*. 

ziehen,  itUransitiv:  der  von  dieser  stet  hin  aus  gezogen 
ist,  er  wird  nicht  wider  herkomen.  Jer.  22,  it;  wir  sind  schon 
seit  geraumer  zeit  über  Kant  hinausgezogen,  indesz  das  aus- 
länd mit  allem  blättern  noch  nicht  einmal  in  ihn  hinein- 
gekommen. J.  P.\t'L  nachddminerungen  67 ; 

so  ziehn  wir  Jäger  wohlgemuth  .  .  . 
hinaus  ins  feld  der  schlacht.    BtiitER  112'; 
sie  aber  ist  weg  {gezogen, 
und  weit  in  das  fand  hinaus.    Göthe  1,94; 
zum  Tenster  da  ziehen  die  winde  hinaus.    194. 


transitiv:  sie  aber  griffen  Paulum,  und  zogen  in  zum  tempel 
hinaus,  aposlelgesch.  21,  30.  reflexiv:  wann  nur.,  der  ausgang 
der  entscheidung  sich  nicht  ins  lange  hinausziehet!  E.  König 
bei  Lessing  13,  549. 

zwingen:  hinauszwingen,  eliminare,  extrudere.  Stieler  2670. 
HINAUSFAHRT,  f :    die    hinausfahrt   war  angenehmer  als 
die  hereinfahrt. 

HIN.\USHIN,  adr.,  das  vermarkte  hinaus: 

ich  mus  zwar  auch  hinaushin  gan.    Röiolt  D8'; 

wolstu  mit  gwalt  bereiner  dringen, 

beit,  ich  wil  dich  hinaushin  bringen.    F4'. 

auch  in  der  abgeschwächten  form  hinauszen.  B.  Risgwald  tr. 
Eck.  De*. 

HINAUSHOLL'NG,  f  evectio,  evectus,  evocatio.  Stieler  851. 
HLNAUSWÄRTS,  adv.  extra,  forinsecus,  foris.  Stieler  2439: 
dem  die  schinbein  hinuszwerts  gewunden  sind.  Dasyp.  289*; 
weihen  sich  denjenigen  theilen  der  weltweisheit,  deren  fusz- 
tapfen ,  mit  dem  Aesopus  zu  reden ,  mehr  hineinwerts  als 
hinauswerts  gehen.  Lessing  6, 308. 

HINBACEN,  verb. :  sahen  unter  uns  die  Stadt  an  einen  fels 
gegenüber  mit  der  einen  seile  angelehnt,  die  andere  mehr  in 
die  fläche  des  thals  hingebaut.  Götbe  16,240. 

HINBEERE,  f.  rubtis  idaeus,  strauch  und  frucht.  Hoheehg 
3, 1, 406*.  407*.     $.  oben  himbeere  und  unten  hindbeere. 

HINBEGLEITEN,  verb.:  dieser  seltsame  Wahnsinn  begleitete 
sie  überall  hin.  Göthe  17,329. 
HINBEGRABEN,  verb.: 

die  karlhause 
zu  Gitschin  wars,  die  du  gestiftet  hast, 
und  wo  du  willst,  dasz  man  dich  hinbegrabe. 

Schiller  iVullenst.  tod  5,  3. 
HINBEI,  adv.  hinzu,  an  einen  ort  der  von  einem  sprechenden 
weg  liegt,  es  ist  rücksichllich  des  ersten  composäionsgliedes  gegen- 
salz von  herbei ;  sp.  1056  wurde  bereits  bemerkt ,  wie  es  in  der 
neuem  spräche  verkümmerte,  so  dasz  die  unten  folgenden  belege 
nicht  iiber  das  17.  jahrh.  hinausgehen,  andererseits  aber  auch 
nicht  frühere  als  vom  ende  des  ih.  jahrh.  gegeben  werden  können: 
so  das  geschütz  den  maigraven  und  die  seinen  getaubt  und 
in  Unordnung  gebracht,  betten  sie  sich  hin  bei  zu  tun,  den 
übrigen  tail  zu  erschlagen  und  erlrenken.  Wilw.  v.  Schaum- 
burg 23;  hült  {hielt)  in  also,  bis  sein  gesellen  hinbei  kamen. 
49;  dasz  man  in  allen  decreten  eins  von  diesen  schwänzlin 
hinbeisetzet.  Fischart  MenA;.  48';  und  dieweil  keiner  gern  da- 
hinden  bleiben  wil,  fürdert  jeder,  wie  er  kan,  sich  in  zeiten 
hinbei  imd  auf  die  wagen.  Kirchhof  milü.  disc.  118;  als  ich 
aber  hinbei  gieng.  Pbilander  1,295; 

so  setzt  nun  auf  mein  weisze  hauben, 
und  nemet  umb  mein  rothe  schauben, 
und  kompt  in  meinem  gberd  hinbei, 
so  wird  er  meinen,  das  ichs  sei. 

B.  Waldis  Esop  4,  81,  71 ; 
dem  wächst  das  herze  gleich,  wenn  je  ein  waldgeschrei 
von  hunden  wird  erweckt,  da  macht  er  sich  hinbei. 

HoauoF  Unterricht  707. 
Auch  bei  grüszenschätzungen :  es  kommt  nahe  hinbei,  non  multum 
differt.  Stieler  143;  er  spricht  hie,  das  zu  Ninive  sei  mehr 
denn  hundert  und  zwenzig  tausent  menschen  gewesen,  daran* 
kann  man  abnemen  fast  hinbei,  wie  gros  die  stad  gewesen 
ist,  denn  weil  er  nennet  hundert  und  zwenzig  tausent,  und 
etliche  zai  drüber,  zeigt  er  gnug  an,  das  nicht  hundert  und 
dreiszig  tausent  drinnen  gewest  sind.  Luther  3,  22o'. 

HINBEREDEN,  verb.  durch  zureden  hin  bewegen:  ich  musz 
ihn  hinbereden,  es  mag  dort  schon  sein  wer  will.  J.  Paul 
uns.  löge  3, 63 ;  den  regierungsiath  .  .  .  der  ihn  hinbereden 
wollte.  Hesp.  2,  5S ;  der  eiufall  war  der,  den  fürsten  zu  Klo- 
tildens  eitern  hinzubereden.  59. 

HI.NBESTELLEN,  verb.:  er  hatte  den  kaufmann  zu  einem 
freunde  hinbestellt. 

HINBETEN,  verb.     l)  intransüiv: 
wir  sind  gewohnt : 
wo  es  auch  thront, 
in  sonn  und  mond 

hluzubeten,  es  lohnt.  Götbi  41,  165. 
2)  transUiv :  hinbeten  einen  sterbenden,  ihm,  bis  er  den  geist 
aufgibt,  vorbeten.  Scum.  2,  2u0;  der  klosterbeichtvater  betete 
sie  hin,  gab  ihr  das  aliendmal  und  die  letzte  ölung.  Miller 
Siegwart  373.  viit  sdclilichem  object  und  nach  der  bedeutung  von 
hin  5,0  «p.  1375:  er  betete  seine  gebete  so  hin,  olnie  beson- 
dere andachl. 

HINBETTEN,  verb.:  er  bettete  den  foelus  (rin  unfertiges 
sehriflsteUerisches  werk)  aufs  bücherbret  hin.  J.  Paul  uns.  löge 
3,128. 


1403 


hinbewegen — hinbringen 


HINBRINGUNG  —  HINDAN 


1404 


HINBEWEGEN,  verb.:  die  last  konnte  kaum  hinbewegt 
werden,  reflexiv:  nach  wie  vor  ülden  sie  {die  liebenden)  eine 
unbeschreibliche,  fast  iniigische  anziehungskraft  gegen  einander 
aus  ....  hätte  man  eins  von  beiden  am  letzten  ende  der 
Wohnung  festgehalten,  das  andere  hätte  sich  nach  und  nach 
von  selbst,  ohne  Vorsatz,  zu  ihm  liinbewegl.  Güthe  17, 395. 

HINBL.\SEN ,  verb. :  die  liiftvcrdichtungsactiencompagnie 
ist  nicht  so  viel  werth.  der  alte  baron  blies  bei  den  letzten 
Worten  über  seine  flache  band  hin.  Immermann  AfüncAA.  3. 128. 

HINBLEICHEN,  rerb.  : 

im  vortod  seh  ich,  matt  und  hingebleicht, 

von  tag  zu  tag  ein  Ifunrmerleben  schwanken.    Göthk  !>,  339. 

HINBLICK,  Hl.  das  blicken  wohin :  mich  hatte  gleich  beim 
eintritt  eine  alinung  befallen,  dasz  es  die  ersehnte  sei ;  beim 
längern  binbiick  war  sie  es  wieder  nicht.  Göthe  23, 167.  über- 
tragen: im  hinblick  auf  die  Schwierigkeiten  verzichtet  er  auf 
die  durchführung  des  Unternehmens. 

HINBLICKEN ,  rerb. :  er  blickte  mit  verlangen  nach  den 
speisen  hin ;  suchte  das  höher  gelegene  jagdschlosz.  es  blickt 
weit  über  berg  und  wälder  hin.  Göthe  25,  328 ; 

wer  blickt  wehraülhiger  in  dajs  vergangne  hin?    Gotter  2,  11. 

HINBLINZEN,  verb. :  physisch  geblendet,  geistig  überrascht, 
schien  das  umgebende  volk  sich  eben  bewegt  zu  haben,  um 
die  getroffnen  äugen  wegzuwenden,  neugierig  erfreut  wieder 
hinzublinzen  und  mehr  Verwunderung  und  lust,  als  bewun- 
derung  und  Verehrung  anzuzeigen.  Gütue  17,272. 

HINBLITZEN,  verb. :  als  die  halbe  sonne  noch  frisch  und 
wagrecht  über  die  thauige  flurenweit  hinblitzte.  J.  Paul  flegelj. 
1,  53 ;  transitiv,  blitzschnell  vernichten  : 

um  die  Tsreinigle  gewalt 

der  ganzen  weit  zu  boden  hinzublilzen, 

wird  eine  lampe  nur  gedrückt, 

die  einst  Aladdins  war,  und  mich  nunmehr  beglückt. 

Wieland  17,  83  (Idris  2,  21). 

HINBLLTEN,  verb.  blut  ausströmen  lassen :  hier  risz  er  freudig 
alle  seine  wunden  auf  und  liesz  sie  frei  hinbluten  in  thränen. 
J.  Paul  Hesp.  2, 103.     durch  bluten  vergehen : 

die  anderen  freunde 
bluteten  rastlos  hin.    Odyssee  11,  413. 

HINBRAUSEN,  verb. :  die  winde  brausen  über  die  ebene  hin  ; 
horch]  wie  brauset  der  stürm  und  der  schwellende  ström  in 
der  nacht  hin!    Uhland  ged.  112. 
trariiitiv,  brausend  verzehren: 

ich  habe  wild  mein  leben  hingebraust.    Tieck  2, 146. 
HINBRECHEN,  verb.  intrans.  durch  brechen  vernichtet  werden  : 
da;  wajjer  ward  als  grojj  in  der  stat,    dag  si  waunden  all 
zu  verderben  und  forchten,  ej  wurd  die  rinkraur  an  der  stat 
binbreclien.  d.  stddtechron.  4,  75, 13. 

HINBREITEN,  verb.:    bringt   man    auf  weisz  papier  einen 
schwarzen  streifen ;    so  wird  sich  der  violette  säum  darüber 
binbreiten,  und  den  gelbrotben  rand  erreichen.   Göthe  52,  lüO; 
überall  im  gefilde  des  weinbeschatteten  gartens 
bettet  er  sich  erdlager  von  hingebreiteten  sprossen. 

Odyssee  11,  194; 
wann  schon  der  Schnitter  fleisz  in  vollen  Schwaden 
des  sommers  goldnen  segen  hingebreitet.    Uhland  ged.  435. 

HINBRENNEN,  rerb.  durch  brennen  vernichtet  werden:  dasz 
es  (das  pulver)  hinbrante,  da  ers  mit  dem  feuer  kaum  an- 
rühretc.  Simp/.  2,189  Kurz;  wenn  der  pflanze  der  thau  des 
bimmels  ausbleibt,  brennt  sie  hin.  Klincer  theater  4, 181. 

HINBRINGEN,  verb.  1)  von  einem  sprechenden  weg  an  ein 
Ziel  bringen :  bringet  die  gefangenen  wider  bin,  die  ir  habt 
weggefürt  aus  ewren  brüdern.  Ichron.  2S,  11;  da  er  mich 
daselbs  bin  bracht  hatte.  //e.<.  40,  3;  er  hat  mich  gesund  hin 
und  wider  bracht,  fc*.  12, 3;  die  wil  ich  senden,  das  sie  hin 
bringen  ewre  wolthat  gen  Jerusalem.  1  Cor.  16, 3.  reflexiv  : 
ich  stand  auf,  um  mich  auf  den  pechkucben  hinzubringen, 
der  verbürgen  unter  meinen  füszcn  bereit  lag.  J.  Paul  a.  d. 
teuf.  pap.  2,  26. 

2)  auch  wie  einbringen,  einernten,  ron  der  frurht :  ich  (goll) 
wil  iu  geben  mine  gnisze  froude,  also  da/,  ir  üwers  nüweii 
mit  dein  viernen  (vorjährigen)  hinbringent.  deutscJie  »IdJtechron. 
8,  lM,t». 

3)  nach  bin  &,  a  tp.  1375,  fort  bringen,  weiter  bringen,  von 
der  zeit :  »eine  zeit  mit  narrenbonzen  hinbringen,  tempus  suum 
peräere  rebu$  pueritibut.  Stieler  2»:»;  noch  diesen  ganzen  ^om- 
mer  soll  ich  so  uiuscnlos  hinbringen.  Mekullssohn  bei  Lemsim; 
13,386;  wie  soll  man  nur  ein  so  langes  leben  hinbringen? 
Tieck  3,16; 


got  lä;e  si  ir  zite 

mit  frcude  wol  hine  bringen. 

üiterotf  tj.  Dietleib  4839 ; 
mit  redligkeit 
hin  zu  bringen  meine  zeit.    Locau  1,  160,  87. 

auch  reflexiv:  man  kan  sich  mit  genauer  not  binluingcn, 
difficillime  ac  wiprnbo  labore  de  pane  lucrando  certandum  est. 
Stiei.er  243. 

HINBRINGU.NG,  f.:  nüzliclie  künsle  zu  hinbringung  des 
menschlichen  lebens,  und  zu  crhaltung  der  gesundheit. 
BuTSCHKY  hd.  kanzl.   759. 

HINBRUMMEN,  verb. :  er  brummte  unverständliche  worle 
vor  sich  hin. 

HINBRÜTEN,  verb.,  von  dumpfer  und  des  bewusten  Zweckes 
entbehrender  gedankenarbeit,  vergl.  brüten  //icj7  2, 455  und  oben 
bin  5,  0  sp.  1375:  ohne  energic,  geschäfllos,  hinbrütend  in 
sich  selbst  —  so  findet  ihn  die  erste  liebe.  Schiller  762: 
halte  .  .  .  seither  hingebrütet  in  büreauthätigkeit.  Gutzkow 
riller  6,  215.  vielfach  ist  der  infinitiv  Substantiv  verwendet :  das 
liinbrüten  über  einer  und  derselben  idee.  Kant  10,215;  der 
geist  sinkt  in  sein  dumpfes  hinbrüten  zurück.  Fichte  phil. 
journ.  9,205;  sie  sank  in  dumpfes  hinbrülen  und  todtenstijie 
war  um  sie  hei-.  Mus.ivus  volksm.  (1788)  2,79;  er  geröth  auch 
häufig  in  jene  sanfte  reverien,  in  das  träumerische  binbrüter., 
in  das  somnambule  dcliriren,  kurz  in  jenen  seifsamen  zu- 
stand zwischen  schlafen  und  wachen,  der  poetischen  gemüthern 
für  die  zeit  des  eigentlichen  empfanges  genialer  gedanken  gilt. 
E.  T.  A.  Hoffmann  8,32. 

HINBRÜTUNG,  f.:  ich  habe  nie  einen  so  entsetzlichen 
ausdruck  von  dummer  binbrütung  in  vernunftlosem  glauben 
gehört.    Seume  Spaziergang  1,92. 

HINBÜCKEN,  verb.: 

itzt  schleicht  sie  leis  hinzu, 
bleibt  unentschlossen  vor  ihm  stehen, 
entschlieszt  sich,  bückt  sich  sanft  aul  seine  wangen  hin. 

Wieland  10,  153 ; 
sie  bückte  sich  noch  einmahl  hin.    155; 
ein  hölzern  inännlein,  wunderlich  geschmückt, 
ist  aufgestellt  vor  all  den  kühnen  recken, 
ein  männlein,  in  die  Stellung  hingebückt, 
die  hinter  zäunen  heimisch  ist  und  hecken.     UlBLAnD  ged.  437. 

HINBÜRSTEN,  verb.  eine  bürste  hinwärts  bewegen:  dasz  er 
{ein  körnet)  unsichtbar  über  unsrc  Städte  und  felder  mit  seinem 
schweife  hinbürstet.  Tieck  not',  kränz  4, 15. 

HIND,  »I.  hirsclikuh,  ungewöhnlich  für  das  fem.  binde  (s.  das- 
selbe unten) :  das  bind  oder  rech,  cerva  Maaler  222' ;  dem  bind 
oder  weiblin  wachsen  keine  born,  wiewol  ellich  schreibend, 
aber  one  glouben,  dasz  auch  gehörnte  bind  sollen  gesäben 
sein.  Forer  Ihierbuch  80";  an  seinem  uler  hat  das  bind  vier 
strich  als  ein  ku.  das. 

HINDÄMMERN,  verb.  bildlich,  ohne  klares  erkennen  von  zweck 
und  ziel  sein  leben  hittbringen,  vgl.  dämmern  th.  2  sp.  710  unten 
und  hin  5,  a  oben  sp.  1375:  seine  (<>esers)  eigne  Zeichnung  war 
zu  unbestimmt,  als  dasz  sie  mich,  der  ich  an  den  gegen- 
ständen der  kunst  und  natur  auch  nur  hindämmerte,  halle 
zu  einer  strengen  und  entschiedenen  ausübung  anleiten  sollen. 
Göthe  25,155;  von  dieser  letztern  Überzeugung  war  ich  aufs 
innigste  durchdrungen,  ohne  es  seihst  zu  wissen,  obwohl  ich 
mich  mit  inund  und  leder  zu  dem  gegeulheile  bekannt  hatte, 
aber  ich  dämmerte  su  hin,  das  eigentliche  dilemma  hatte  ich 
mir  nie  ausgesprochen.  26,  307 ;  nicht  ferner  will  ich  (Jason) 
in  dürrem  erstaunen  deiner  (Medccns)  furcblbareii  grosze 
hindämmern.  Klincer  2,200;  web  dein  menschen,  den  der 
eiserne  arm  des  Schicksals  so  erschüllert  bat,  dasz  er  lebend 
ums  grab  bindäimnert.  32».  auch  transitiv:  im  selbstgcnusz 
dämmerst  du  dein  leben  hin.  s.  200. 

HINÜAN,  IIINUANN,  adv.  von  einem  näheren  orte  weg,  fort 
von  hinnen;  gegensätzlich  zu  herdann  oben  .v/i.  1076.  es  ist  das 
mhd.  hin  dan  [mlul.  wb.  1,  303*),  was  zwar  itber  die  mhd.  zeit 
hinaus  in  häufigem  gebrauche  fortlebt,  dessen  letzter  bestundtheit 
alfer  nur  so  lange  verstanden  werden  kann,  ats  die  ürÜkhe  be- 
denlung  vißU  d:inn  .  mhd.  dan  noch  gefMt  ist,  »at  jedenfalls 
uiclu  über  das  Ui.jahrh.  hinaus  dauert,  in  diesem  schon  beginnt 
die  umdeutung  des  wmtcs,  tndem  man  es  als  zusammengesetzt 
ansieht  aus  bind ,  nach  der  damaligen  Schreibung  für  binl  » 
hiiileii  {wie  man  hiiider  für  binlrr  schrieb)  und  an  ;  und  wie 
die  Schreibung  biiidlaii  auf  diese  au ffassung  hinweist :  alles  ver 
langen  bindlaii  sezie.  (iaimy  i:i5,  so  hat  dieselbe  sicher  amk 
IIaktpouius  ,  wenn  er  gewährt  liindan  /vi  nick  /wne.  in  der 
1.  hillpe  dei,   \~.  jahih.  Iheilt  noch  Zinkcref  {npophlh.   1,12)  J<M 


1405 


HINDAN 


HINDAN  —  HINDANTERTIGUNG 


1406 


wort  hin-dan,  in  der  2.  hdl/te  aber  ist  die  wiideulung  durchaus 
durchgedrungen,  so  dasz  die  Fellgiebelsche  ausgäbe  von  Opitz' 
psalmen  bind  an  schreit,  vgl.  unten  hindanstoszen  und  Stie- 
ler 45,  uo  das  icort  tinter  den  compositen  von  an  aufgeßhrl 
wird;  an  fang  des  18.  jahrh.  beginnt  man  hintan  zu  schreiben; 
s.  diese  form  an  alphabetischer  stelle. 

Die  alte  bedeutung  von  hindan,  fort,  weg,  tritt  noch  bis  ins 
l'i.  jahrh.  meist  scharf  hervor:  weit  hindan,  gut  für  die  schüsz. 
S.  Fbank  paradoxa  64 ;  fiel  ir  zierde  und  geschmuck  vom  haupt 
hindan.  Amadis  ^^S.  bei  raumbestimmungen :  und  ward  im  und 
seim  weih  und  kinden  die  stat  ewiclich  und  zwainzig  meil  hin 
dan  verpoten.  d.  städtechron.  4,  310,  32 ;  der  da  stat  zenächst 
hindan  (iceg)  au  sant  Maria  Magdalenen  allaur.  239, 13 ; 

dadurch  der  teufel  muszt  hindan, 

der  vor  erwürget  syben  man.    Scuwarzemberg  105*; 

weit  hindan  ist  für  die  feind  gut.    U.  Sachs  5,  350* ; 

dann  wann  der  kriegsfürst  ist  hiendan, 

nimbt  sich  niemants  des  krie?s  gern  an. 

G.  \VicKRAK  bilijer  C3,  bl.  8. 

auch  in  die  seitliche  bedeutung  verschwunden,  vergangen  über- 
greifend :  so  die  gefahr  hindan,  so  schliefen  si  wider  herausz. 
Forer  thierb.  80'; 

dieses  ist  ein  todtengrab,  dessen  todte  reden  künnen, 
sagen  das,  was  weit  hindan ;  zeigen  das,  was  noch  von  hinnen. 
LoGAD  2,  75,  84  (überschrieben :  bUchei'stube) ; 

und  nur  in  einzelnen  Verbindungen  mit  terben  der  bewegung  gelU 
der  sinn  in  den  angrenzenden:  zurück,  über.  Verbindungen  mit 
verben  sind: 

fertigen,  abfertigen,  rücksichtlich  einer  forderung  zufiieden 
stellen:  wenn  ich  sage  von  befriedigung  des  Paganins,  ver- 
meine ich  nicht,  dasz  man  ihn  ganz  und  gar  hindan  fertigen 
solle.  A.  Gryphics  1698  1,  922. 

fleugen,  fort  fliegen  machen:  gab  ihm  ein  solchen  stich 
mit  der  ianzen, . .  dasz  er  ihme  den  heim  vom  haupt  hindan 
lleuget.  Amadis  2S5. 

fliehen,  fort  fliehen:  fluchen  ferr  hin  dan.  d.  städtechron. 
4,  S9,  21. 

flieszen,  wegftieszen: 

die  weil  das  ander  (stück  fleisch)  (losz  hindan, 
behielt  der  hund  gar  nichts  darvon. 

B.  Waldis  Esop  1,4,  11. 
führen,  fort  führen: 

führt  den  herren  ein  weil  hindan.    H.  Sachs  4,  2,  44V 
geben,  reflexiv,  sich  fort  begeben: 

ob  wir  uns  geben  zu  weit  hindan.    H.  Sachs  3,2,62*. 
gehen,  fort  gehen,  weg  gehen:  so  er  das  ersieht,  schweiget 
er  still,  und  gehet  hindan  heim.  Wickb.\m  rollw.  135, 23  A"«r;; 

ich  bitt  dich  ghe  von  mir  hindan, 
das  mich  die  sonn  müg  scheinen  an. 

SCHWARZEMBERG   117*. 

legen,  weg  legen,  bei  seiic  legen,  zuriich  legen:  von  euch 
nemea  die  schätz,  die  wir  hei  euch  hindan  gelegt  habent. 
Schade  sat.  u.  pasqu.  2,  90,  7 ;  ablegen,  unterdrücken :  legt  er  die 
schäm  hindan.  Wickram  rollw.  135,3  Kurz;  legend  die  sorg 
hindan,  schlahend  dsorg  ausz,  secludite  curus.  Maaler  222*. 

machen,  reflexiv,  sich  fort  machen:  von  stundan  stach  er 
in  sein  pferdt,  und  macht  sich  zum  fürderlichsten,  so  müg- 
lich,  von  der  Jungfrau  hindan.  Amadis  79. 

nehmen,  weg  nehmen:  die  uns  aber  die  sünde  verbergen, 
und  nur  ein  gebrechen  draus  machen ,  machen  uns  sicher, 
faul  und  verdrossen,  nemen  uns  Christum  hindan,  und  lassen 
uns  gehen  on  furcht  und  sorge ,  die  sünde  zu  vertilgen. 
Luther  1,408*. 

reiten,  fort  reiten:  der  wirt  zaiget  mir  den  weg,  ich  rait 
hindan  ain  klain.  d.  städtechron.  5, 108,  S. 

rücken,  weg  rücken: 

(die  frnu)  hebt  mit  mir  ain  keifen  an  (im  bett); 
so  ruck  ich  denn  von  ir  hin  dan.    fastn.  sp.  772,  9. 

schlagen,  bei  seile  schlagen,  unberücksichtigt  lassen :  dieweil 
und  wir  allein  die  ungewisz  red  . .  sehen,  . .  wollen  wir  uns 
desz  hindan  schlagen  und  gedenken  die  mysteria  der  natur 
zu  suchen.  Par.acelsus  opp.  1,7S8A;  darumb  ich  mich  zu 
schreiben  bemühe  und  hindan  schlag  dieselbigen  widei-wertig- 
keilen.  chir.  schrifl.  58  C. 

«etzen,    i)  bei  seite  setzen,  wegsetzen,  unterdrücken,  unter- 

i    ";i."   den  argwon  hindan  setzen,  hinlegen,  opinionem  amo- 

V'-n:  Maaler  222' ;  bin  . .  des  höchlich  erfreut,  das  ich  ver- 

nomen,  wie  hindan  gesetzt  aller  vorigen  scherf  und  verdacht, 

so   wir   mit  ewern  predigern  gehabt,   ewer  ganzer  ernst  sei 


die  concordia  anzunemen.  Luther  6, 506';  innerhalb  dem  folget 
die  traurige  königin,  alle  forcht  ausz  mütterlicher  liebe  hindan 
setzende,  dem  riesen  nach.  Amadis  44;  demnach  der  könip 
Lisuart,  fcirnern  Verzug  hindan  gesetzt,  wider  in  sein  schiff 
sasz.  46;  du  soll  den  einwobnern  zinsz,  zoll,  zehenden  zehen 
jar  frei  lassen,  so  wil  ich  mein  anspruch  auch  hindan  setzen. 
buch  d.  l.  222' ;  w ill  . .  mein  laügwierigs  trawren  ganz  hindan 
setzen.  Galmy  38 ;  dieses  alles  setze  ich  hindan.  Simpl.  1, 12 
Kurz; 

fromkeit  wirt  hindan  geseizet  ferr.    trag.  Joh.  Cl. 

2)  unberücksidUigt  lassen,  atisnehmett :  hierinn  ist  hindan  ge- 
setzt, ob  ein  bierprew  auszerhalb  seins  hauss  einen  keler 
het,  der  mochte  sein  geprewt  hier  durch  sein  selbs  knecht . . 

in  denselben  keler  wol  tragen lassen.  Sürnb.  polizeiordn. 

269 ;  kainer  uszgenommen  noch  hindan  gesetzt,  d.  städtechron. 
5,377,30;  dasz  man  allen  Juden  alle  ire  hebräische  bücher  klain 
und  grosz  in  was  gestalt  die  wern.  ncmen  mücht.  allain  den 
bloszen  lest  der  bibel  hin  dann  gesetzt.  Reucmlis  augensp.l*; 
dise  insel  Bandan  ist  fast  unnütz,  die  nusz  und  macis,  das  ist 
muscalblüet,  so  da  wachsen,  hindangcsetzt.  Fram  weltb.  207'. 

3)  unberücksichtigt  lassen,  vernacJdässigen,  zuriu-ksetzen,  eine 
bedeutung  von  der,  da  sie  sehr  häufig  ist,  wol  die  oben  ange- 
ßhrle  umdeutung  von  hindan  zunächst  ihren  ausgang  genommen 
hat,  zumal  man  auch  in  gleichem  sinne  hinter  setzen  brauchte, 
vgl.  unter  enhinder  theil  3,  482 :  denn  alle  heidnische  bücher 
sind  mit  dieser  gilt  des  lob  und  ehre  suchens  ganz  durch 
machet,  darinnen  man  der  blinden  Vernunft  nach  lernet,  als 
seien  das  nicht  thetige  oder  thewre  menschen,  noch  werden 
mügen,  die  sich  nicht  lassen  lob  und  ehre  bewegen,  und  die 
für  die  besten  geachtet  werden,  die  leib  und  leben,  freund 
und  gut,  und  alles  hindan  setzen,  das  sie  lob  und  ehre  er- 
jagen. Luther  1,232';  mich  umb  einer  andern  willen  hindan- 
gcsetzt. Galmy  285;  weil  ihr  die  studia  hindan  setzt.  Zixr- 
GREF  apophih.  1, 12 ;  meinen  alten  gutthäter  hindan  zu  setzen 
und  zu  verlassen,  pers.  rosenth.  1, 27 ;  ihre  eigene  Sachen  ver- 
achten oder  hindan  setzen.  Chr.  Weise  er:n.  8 ;  lieber  hunger 
gestorben,  als  die  keuschheit  hindan  gesetzt.  A.  Grtphius 
1698  1, 766 ;  man  musz  die  ehre  nicht  so  gering  schätzen, 
dasz  man  sie  dem  leben  wolle  hindan  setzen.  907; 

dasz  du  von  ju?end  auf  dem  vatterland  zugut 
beharrlich  angewandt  hast  hausz.  hof,  gut  und  blut, 
auch  weib  und  kinder  selbs  für  das  gemeine  wäsen 
.    so  oft  hindan  gesetzt.  Rokpler  133. 

springen,  fortspringen : 

ich  markt  den  bossen,  sprang  hindan. 

Fischart  flöhhat:  1363  (dicht.  2,  38  Kurt) ; 
springt  wider  hindersich  hindan. 

B.  Waldis  Esop  2,  25,  22. 
stoszen,  wegstoszen: 

slosz  ja  nicht  mehr  den  dürftigen  hiiid  an, 
damit  er  stets  beschämet  müsse  leben. 

Opitz  psalmen  s.  143. 

Stürzen,  fort  stürzen,  hin  stürzen: 

jedoch  war  dieses  wahr,  dasz  er  vom  fels  hindan 
Ihn  sähe  stürzen  sich,  und  mit  dem  köpf  voran. 

D.  V.  D.  Werder  .4ru»st  6,4,7. 

thun,  weg  thun,  bei  seite  thun:  wo  aber  eu.  g.  dieser  ge- 
fahr entrinnen,  und  das  kind  hindan  gethan  (mrrf).  Amadis^; 
je  ferrner  sie  sich  von  dieser  gegendt  und  land  hindan  thun. 
82;   hierauf  tbct  sich  die  fraw  hindann,   und  weinet  zärtig- 

lich.  243; 

unde  als  dicke  als  ej  ergie 

das  er  sin  arme  an  si  verlie. 

so  gedähte  ie  diu  schiene  Isöl 

an  ir  a>heimes  tot, 

und  sprach  ie  danne  wider  in : 

lät  stan,  meister,  habet  iuch  hin, 

tuot  iuwer  arme  hin  dan.     Tristan  29t,  17. 

tragen,  weg  tragen: 
tragt  sie  (eine  kröne)  hin  und  ferr  hin  dan!    fasln,  sp.  661,23. 

weisen,  wegweisen,  verwerfen:  (solche  bücher)  sind  von  mir 
am  aller  ersten  hindan  gewiszen  und  zum  brand  geurtailt. 
R  EUCH  lim  rerstentnus  b'. 

ziehen,  wegziehen:  last  uns  von  diesen  todten  leulen  hindan 
ziehen.  Amadis  295. 

HINDANFERTIGUNG,  f  {vergl.  oben  hindan  fertigen):  zu 
Verhütung  mehreren  unheils  auf  mittel  derselben  gänzlichen 
hindanfertigung  und  Wiederabschaffung  fürzusinnen.  Verhand- 
lungen der  schles.  ßrslen  u.  .^ände  von  1618  s.  SO. 


1407 


HIND  ANLEGUNG  —  HINDEN 


HINDENKEN  — HINDERN 


1408 


HINDANLEGUNG,  f.  {vgl  oben  liindan  legen) :  iUtiiiku  h  so 
iibeisendo  c.  f.  g.  ich  disz  gegenwerlig  erste  buch  von  Amadis 
. . . ,  e.  f.  g.  deri>  gnedigen  gefallcns,  und  nach  der  viel  wich- 
tigem und  ansehnlicher  gcschäEffen  hindanlegung,  zu  zeilon 
in  diesem  ringern  sicli  haben  zuerqiiick»,>n.  Anwdis  1. 

HIISDANNEN,  adv.,  wie  hindann,  hin  und  fort,  fort  von 
hinnen : 

laszt  die  kuh  lu  einem  (farren)  allein, 
den  andern  weit  hindannen  nempt. 

B.  Waldis  Eso}>  4,  58,  23  ; 
do  du  niicli  aus  meins  vaters  schlosz 
liindannen  brachts  in  Ciemde  land. 

hisloriii  Magelonac  spilwcis  D  vij. 

HINDANSETZIJNG.  f.,  nach  hindan  setzen  1,  vnkrdriickung, 
Hfglnufung:  unseier  Gothen  historia  aber  ist  eigentlich  diese, 
wie  wir  sie  aus  Jornande  her  setzen  wollen,  doch  mit  hin- 
dansetzung  dessen,  was  derselbe  zu  weit  hergeholet.  Michalius 
alt.  Pommern  l.h'.  nach  hindan  setzen  3,  zuriickselzung,  rer- 
nacläässigung :  wiewohl  aller  gehöhte  gottes  hindansetzung  sehr 
sträflich.  Bütschky  Palm.  333;  als  hab  ich  in  hindansäzzung 
aller  deren  {der  ddiegenden  geachdße)  meinen  vil  geehrten 
herrn  durch  dises  sreiben  freund-brüderlich  besuchen  wollen. 
kanzl.  17. 

HINDAUERN,  verb.  : 

dieses  grab  erbaute  .«leb  selbst,  dem  wcili  und  den  kindcrn 
Agatbon ;  doch  bis  jetzt  rubel  nocli  keiner  allhicr. 

dasz  icl)  alsn  noch  lang  bindauertc !  wenn  es  denn  endlich 
sein  musz,  berg  ich  in  mir  freundlich  die  ersten  zuerst. 

Voss  6,  291  ((/(IS  leere  grab). 

HINDBEERE,  /.  rubus  idaeus.  vgl.  himbeere  571.1332;  hind- 
heer-hlüthe.  Pintkr  pferdeschalz  3S1. 

HINÜE ,  f.  1)  hirschkuh :  ein  verbieileles,  in  den  meisten 
deiäschen  spraclien  nachzuweisendes  wort  dunkler  abstatnmung : 
aünord.  bind,  schwed.  dän.  bind,  ags.  und  engl,  bind,  alid. 
hinda ,  hinta ,  mhd.  binde,  im  nhd.  findet  sich  neben  der  ge- 
wöhnlich fortdauernden  letzleren  form  auch  die  assimilierle  hinne : 
cerva  binne  Dief.  115*;  cerva  ein  hinn.  Alberüs  kk2';  es  seie 
dann,  das  die  hinn  ein  jungen  birsch  trage.  Bock  krdulerb. 
785;  eine  mit  verdunkellem  vocal:  cerva  hünd  Dief.  a.a.O.;  und 
avszerdem  die  neutrale  bind  {oben  sp.  1404)  und  die  erweiterte 
hindin  {s.  unten),  die  jetzt  die  überhand  gewonnen  hat.  hierscben, 
binden,  rech,  bern,  wolf,  fuchs  und  basen  fand  man  uberal 
also  tod  ligen.  d.  stddlechr.  5, 13,  25 ;  sie  ist  lieblich  wie  eine 
binde,  und  boldselig  wie  ein  rebe.  spr.  Sal.  5,10;  die  bind 
wirdt  das  jung,  das  sy  im  väld  setzet,  verlassen,  deshalb  das 
sy  kein  kraut  findt.  Züricher  bibel  1530  35«'  {Jer.  14,  5) ;  trüge 
sein  haupt  aufgerichter  denn  ein  binde.  Kirchhof  wendunm. 
394*;  schneller  als  die  binde  läuft.  Chr.  Weise  noi/iie.  jcrf.  377  ; 
ist  sie  CS  die  den  knaben  der  säugenden  binde  untergelegt 
hat.  GöTHE  39,69;  die  stolze  weisze  binde.  Immermann  üffmc/i//. 

2,80; 

einer  binden  hat  ich  bestellet, 
ein  stolzes  hirscblein  icb  fieng. 

Ambras,  liederb.  »10.  04,  27  ; 
sibe,  da  wardt  er  gewar  im  Strauch 
ein  stücke  wildts,  ein  srliöne  bindt. 

II.  Waiuis  Esop  4,  W),  57  ; 
man  ßngt  die  hinde  nicht  als  auf  gejagter  flucht. 

A.  Garpuius  1698  2,  m-, 
er  rannt  auf  eine  hinde 
«o  beisz  und  bastig  vor, 
dasz  ihn  sein  Ingesinde 
im  wilden  lorsl  vfsrior.    IIuland  ijed.  371  ; 
wurs  die  binde,  ilie  in  ihren  thrancn 
(ienofeven  weiland  .«icb  gesellt? 

FftEtLicRATB  diclitiingen  3,  31. 

eine  braut  wird  einer  hinde  vergliclien: 
edler  jager,  euer  hinde, 
lerrbr,  iobr  und  nacbtigal 
•ind  Kf.faniii^n,  Tülirt  geKcbwinde 
di»en  rauh  zum  bochzcit  saal.    Rist  Piirn.  117*. 

2)  binde,  name  einer  pflanze,  Cichorium  intybu»,  sonst  bind- 
läuft, s.d.:  nimm  olterwurzel,  weisze  binde,  wegwart  genandt. 
MoHiiKRG  :».  2,  2«2'. 

HINDECKEN,  verb. :    dieser   berg    gegen    siideii    und  einer 
gegen  norden  waren  zu  einer  \»iege  zusammengerückt,  in  der 
da*  stille  dftrfchi'n  ruhte,  und  über  welche  die  morgen-  und 
die  ahcndsonne  ihr  goldncs  gcspinsl  hindccktc.  J.  Paul  lletp. 
1,242; 
Man«  indaiz,  Aem  die  mutier  ein  kleineres  lurh  nn  den  maibuach 
hingedcrkt,  und  es  reichlich  mit  trank  und  »pciüe  linluitet, 
•chenktc  »i-Än  glai  voll  weinn.     Vom  l,tt4  (tMise  1,532). 

HINDEHNEN,  terb.:  die  seit  dehnt  sieb  endlos  lange  hin. 
HINDEN,  <.  binteo. 


Hl.N DENKEN,  verb.  auf  ein  weiter  abliegendes  ziel  seine  ge- 
danken  richten:  wo  denkst  du  bin?  wo  hin  willst  du  gehen? 
man  weist  aber  auch  mit  dieser  frage  etwas  nicht  ausführbares  ab. 
vgl.  hingedenken. 

HINDER,  und  comjxisUa,  s.  hinter, 

niNDER,  »1.  ?  »".  ?  hinderung :  zu  hindcr  und  nhadeyll  irer 
gnanter  kinder.  urk.  zu  Elberfcld  vom  25.  mai  1543. 

HINDERER,  «1.  interpellator,  morator:  eines  andern  hinderer 
sein,  impedimcnto  alicui  esse.  Steinbach  1,755;  ein  hinderer 
des  gemeinen  nutzen,  commodi  puhlici  morator.   das. 

HINDERLICH,  adj.  und  adv.  impediens,  obst^ns,  ofßciens. 
Stieler  842:  mir  gehls  recht  hinderlich.  Bkttine  briefe  2,2. 
gewöhnlicher  in  den  Verbindungen  hinderlich  sein ,  binderlich 
fallen:  einem  an  seinem  frommen  binderlich  sein,  obstarc 
commodis  alicujus.  Stieler  a.a.O.;  dair  {da)  en  sali  der  pastoir 
nyet  binderlich  syn.  Urkunde  von  142S  im  archiv  der  reform, 
gemeinde  zu  Elbcrfeld,  dotierung  des  Katharinenaltares  betreffend ; 
einem  binderlich  im  glücke  sein,  fortunam  alicujus  morari. 
Steinpach  1,755;  diese  einrichlung  ist  dem  aufblühen  des  ge- 
meinwescns  binderlich ;  der  Wahrheit  nicht  hinderlich  fallen. 
Kant  8,12; 

sie  lieben,  lürchlcn,  tliun,  und  winiscbcn  nur  für  sich, 
und  ihrer  jungem  weit  wird  unsre  binderlicb. 

Hallkr  (1768)  188. 
HINDERLICHEN,  adv. :  wer  seit  ihr  dann, .  .  dasz  es  euch 
so  hinderlichen  gehet?  Philander  1,250. 

HINDERLICHKEIT,  f :  man  spürt,  das  geschwindigkeit  oft 
ist  ein  hinderlichkeit.  Fiscbart  ehz.  4-52. 

HINDERLING,  wi.  bei  Zwingli  wie  hinde.rnis,  hemmnis:  sunsl 
hältind  sy  einen  groszen  schädlichen  hinderling.  1,240;  eini 
ieden  glöubigen,  us  welchem  der  ander  hinderling  gebeszret 
Wirt.  185. 

HINDERN,  verb.  impedire.  aM.  bintaran,  hintar(')n ,  mhd. 
bindern ;  frics.  hinderia ;  ags.  hinderian,  engl,  hinder ;  niederl. 
hinderen ;  altn.  bindra,  schwed.  bindra,  dän.  hindrc.  wir  müslen 
das  verbum,  da  es  eine  ableilung  von  der  praeposition  hinter  «,< 
nach  der  jetzt  allgemein  angenommenen  Schreibung  der  letztern 
auch  mit  der  dentalen  tenuh  t  t>ersehcn;  die  haftende  media  d 
besteht  als  nachklang  dei-  mhd.  und  bis  in  den  an  fang  des  19.  Jahr- 
hunderts dauernden  Schreibung  hinder  der  praeposition.  freilich 
kommt  uns  dadurch  jetzt  der  zusatnmenhang  beider  wortc  weniger 
zum  bewustsein,  dasz  dieselben  in  der  schriftgestalt  eine  abwcichung 
zeigen. 

hindern ,  der  gegcnsatz  von  fördern ,  fürdcrn  {theil  3, 1893. 
4',  718),  bedeutet,  dem  allgemeinsten  sinne  nach,  hinter  bringen, 
zuriiekbringen,  was  in  verschiedenen  Schattierungen  hervortrat. 

1)  zuriicklreibcn ,  vom  vorwärtsgehen  abhalten:  dornoch,  dn 
der  vischer  ane  vische  zu  bove  quam,  do  wolde  man  en  dor 
ünune  slaen-.  he  sprach :  do  ich  vischen  solde,  do  ving  ich 
eine  schoene  frowe  mit  mime  necze:  das  hinderte  mi  di  vische. 
Cresecntia  in  Wackernahels  altd.leseb.  1224,30;  und  daran  an- 
geschlossen, reflexiv,  sich  aufhalten,  sich  versäumen,  verzögern : 
wan  sie  usz  zogen  an  die  feind,  so  bindert  er  sich  allwegcn, 
und  was  alle  zeit  der  letzt  zu  dem  jhor  usz.  Mdrner  Ulensp. 
s.  30  »10.  22  Lippenbcrg;  sondern  ...  die  sache  etwa  durch 
Schwachheit  meines  heuhts,  und  auch  sonst,  seltzain  sich  ge- 
hindert hat.  Ll'tiier  6,11"; 

neben  dem  Sendlbrückla  am  wege 

hats  einen  lanfren  schmaln  Stege, 

darauf  die  scbusler  binderten  sieb. 

der  berkPr  iwinzer)  tapfer  iinrb  bin  strich, 

sprach:  icb  will  gar  halt  bei  eiirb  sein. 

J.  Atbkr  42fi*  (2143,  8  Keller), 
diese  sinnliciiste  bedcutung  von  bindern  tritt  sjnter  niciU  mehr 
Itervor. 

2)  von  allem  anfing  an  heiszt  bindern  auch,  mit  persönlichem 
objeä,  einen  ton  etwas  gewolltem  oder  schon  ln'gonnenem  surüek- 
haUen:  einen  fromen  kiiecht  habe  lieb,  und  hinderein  nicht, 
wo  er  frei  werden  kau.  Sir.  7.23;  und  erhell  sie  für  und 
für  in  solcher  Ordnung.  4las  sie  ir  ampt  imerdar  ausrichten, 
und  keins  das  ander  hindere.  K'i,  2S;  das  wir  .  .  .  uns  kein 
ding  lassen  hindern  noch  anfechten.  Ldther  0, 38* ;  einen  gar 
nicht  hindern,  siuidern  vielmehr  dazu  anreizen,  ad  agendum 
aliguid  non  nuxlo  rrlardare  nligucm ,  sed  etiam  inritarr  nlque 
alleclare.  Sti:iniia(,m  t,7r>5.  das  dijrcl  u\l  unterdrückt :  hinder  bin 
und  hinder  her,  zu  groszen  ehrn  sieht  mein  begehr  spricht 
WUzel  zu  seiner  frau  /'ci  Ai.rehus  widder  Wüjrln  K  :i' ;  die  hin- 
dernde magd  Rciiwiltzl  mehr  als  sie  ibut.  GOthe  an  Stein  6t. 
vertMedene  näher  liestimmende  tusdlu  treten  an;  f\rühtr  Met»  et 
ein«o  einet  dinges  hindern : 


1409  HINDERN 

swaj  Ulis  hie  oder  da 

hinaeren  wil  des  rehien.    passional  391,69  Hahn; 

später  aber  einen  in,  an  etwas  hindern:  weil  der  satan  so 
tölpische  antwort  gibt,  und  eitel  unnütze  wort  speiet,  hat  er 
dadurch  im  sinn,  mich  zu  hindern  in  andern  sachen,  da  im 
viel  mehr  angelegen  ist.  Luther  3, 4as';  seine  wut  geht  so 
weit,  dasz  er  .  .  .  vorgiebt,  sie  wären  der  einzige,  der  sich 
einkonunen  liesz,  ihn  an  seinem  rechte  zu  hindern.  Rabe>er 
sat.  3,64.  auch  zu  etwas  hindern:  so  hab  es  doch  demEsau 
nicht  können  nützen,  noch  Jacob  hindern  zu  der  gnade,  daraus 
man  gottes  kinder  oder  volk  wird.  Luther  S,  52' ;  krankheiten 
des  leibcs  hindern  den  menschen  in  allem  seinem  thun  und 
geschafften ;  der  seelen  krankheiten  aber  hindern  zum  himmel. 
BoTSCHEy  Patm.  4S;  eine  Verbindung,  die  die  moderne  spräche 
in  zu  mit  einem  infinitiv  eingeengt  bat:  dasz  diese  kleine  be- 
leidigung  mich  nicht  hindert,  mit  aller  ei-gebenheit  zu  sein  .  . 
ihr  diener.  Rabener  sat.  3,67;  es  ist  mir  bekannt,  dasz  ihre 
umstände  sie  gegenwärtig  schlechterdings  hindern,  Zahlung  zu 
leisten.  .«.  S2.  daßr  auch  ein  abhängiger  salz :  was  hindert  uns, 
dasz  wir  jetzt  gehen?;  oder  mit  negativer  fassung  desselben 
(s.  unten  6) :  überdiesz  hinderte  mich  der  alte,  der  mich  noch 
immer  festhielt,  dasz  ich  mich  nicht  frei  bewegen  konnte. 
GöTHE  24.  S5;  was  hindert  mich,  rief  er  ans,  dasz  ich  nicht 
eine  der  grünen  schnüren  ergreife,  und  sie,  wo  nicht  eurem 
hals,  doch  eurem  rücken  anmesse?  97. 

3)  die  ßgung  einen  hindern  bei  etwas  prägt  den  begriff  des 
verbums  weniger  stark  aus,  indem  niciu  ein  völliges  zurückhalten, 
sondern  nur  ein  verzögern  und  mühsames  vorwärts  kotnmen  heraus- 
tritt :  die  wunde  an  der  band  hindert  mich  beim  schreiben ; 
er  ist  durch  seinen  verkrüppelten  fusz  sehr  beim  geheu  ge- 
hindert. 

4)  hindern,  mit  sdehlichem  objed,  etwas  vom  entstehen  und 
geschehen  abhalten  (vgl.  unten  hintertreiben):  bis  wir  mitten 
unter  sie  komen,  und  sie  erwürgen,  und  das  werk  hindern. 
Neh.  4,7;  wer  böses  hindern  und  wehren  kan,  und  thut  es 
nicht,  der  hilft  dazu.  Pistoriüs  thes.  par.  6, 19 ; 

stets  binderten  die  frone  wiederlsehr 
der  rauhe  süd  und  das  empörte  meer. 

Schiller  zerslörung  von  Trya  v.  19. 

mit  unterdrücktem  object:  nur  später  erschien  jemand  zu  hin- 
dern und  zu  wehren,  das  unglück  war  geschehen.  Gothe 
24, 14.  mit  weiteren  Zusätzen,  persönlichem  dativ :  einem  sein 
fürnemmen  hinderen,  und  darron  abtreiben,  conalus  alicuius 
avertere  a  repubhca.  Maaler  lii';  das  papir  unnütze  zu  be- 
suddeln  und  dem  leser  damit  die  zeit  zu  hindern,  bessers  zu 
lesen.  Luther  3,438*.  genüio  der  sache:  er  (der  stein  Samius) 
hat  die  untugent,  wenn  luan  in  pint  an  uin  hant  ainer  frawen. 
diu  in  der  purt  arbait,  sü  hell  er  die  purt  auf  und  hindert 
si  irs  fürganges.  Megenberg  462, 31 ;  und  an  diesen  letzteren 
brauch  knüpft  der  in  moderner  spraclie  nicht  mehr  deutlich  er- 
kannte allgemeine  genitiv  es  bei  unpersönlicher  Stellung  des  rerbums 
an:  was  hinderts?  vas  liält  davon  ab?;  was  hinderets  dann? 
quid  ergo  erat  morae  et  tergiiersationis  ?  .Maaler  223' ;  sihe,  da 
ist  wasscr,  was  hinderts,  das  ich  mich  teufen  lasse?  aposlel- 
gesch.  8,  36. 

5)  bei  diesem  unpersönlichen  gebrauch  des  verbums  auch  abiolule 
Stellung  desselben: 

es  hindert  stäts  und  sei  nicht  gut, 
wann  man  zwo  arbait  ainsmals  thut. 

Fischart  flöhhatz  1-2S9  {dicht.  2,  36  Kurz) ; 

es  hindert  an  einem,  uie  es  liegt  an  einem,  er  gAt  das  hindemis: 
alda  licszen  wir  desz  vogts  söhn,  weil  es  an  seinem  «alter 
nicht  gehindert  hatte,  mit  einem  trinkgeid  . .  wider  von  uns. 

PUILANDER    2,  610. 

6)  dem  verbum  tritt  oft  ein  abhängiger  sali  m  negativer  fassutig 
hinzu,  diese  letztere  soll  die  der  absieht  gemdsz  auch  eingetretene 
Wirkung  dcf  liinderns,  abhaüens  hervorheben:  denn  es  ist  {der 
geiz)  ein  solcher  gesell,  der  da  hindert,  wo  er  kan  und  mag, 
das  das  evanpelium  nicht  gepredigt  werde,  und  bei  den  leuten 
bleibe.  Luther  5,414';  und  trieben  auch  erstere  {die  geistes- 
nnterdrücker)  die  dicke  finstemisz  des  mittelaltcrs  zusammen, 
so  können  sie  doch  nicht  hindern,  dasz  die  menschen  .  .  . 
nicht  nach  dem  lichte  blickten,  nach  welchem  sie  seufzen. 
Klincer  12,2i«9;  dieses  hindert  aber  nicht,  dasz  sie  nicht  bis- 
weilen ,  wenn  meine  frau  im  nachtzeuge  bleiben  will ,  das 
dumme  thier  zum  henker  schickt.  Moser  patr.  phaiU.  2, 257. 

7)  in  manchen  fällen  ist  hindern  von  der  bedeutung  abhalien 
2u   blosiem  hemmen,   schaden  abgeschwächt  (vergl.  oben  no.  3): 

IV.  u. 


HINDERNIS  —  HINDERSAL 


1410 


sihe,  ich  bin  nu  drei  jar  lang,  alle  jar  komen,  und  habe 
frucht  gesucht  auf  diesem  feigenbawm.  und  finde  sie  nicht, 
hawe  in  ab,  was  hindert  er  das  land?  Luc.  13,7;  was  hals 
die  apostel  gehindert,  dasz  sie  sind  veracht  und  beleidet 
worden  in  dieser  weit?  sitzen  sie  nicht  jelzo  vor  dem  throne 
gottes  im  hinmiel?  Schcppids  309;  die  stime  ist  mit  der 
priesterlichen  binde  . . .  umbunden,  aber  nicht  umhüllet,  ja, 
sie  hindert  nicht  allein  nicht,  diese  binde;  sie  verstärkt  auch 
noch  den  begriff,  den  wir  uns  von  dem  Unglücke  des  lei- 
denden machen.  Lessing  6,413.  die  conslruction  ist  auch  ganz 
wie  bei  schaden,  mit  einem  dativ:  wenn  sie  blos  .  .  der  ver- 
nünftigen religion  das  wort  reden,  so  hindert  das  der  ruhe 
des  gemeinen  wesens  gar  nicht.  Reimards  fragtn.  I,  in  Les- 
siNCS  beür.  zur  gesch.  u.  lü.  3, 207. 

HINDERNIS,  n.  vnd  f.  impedimentum,  was  hindert  und  vom 
vorwärts  gehen  abhält,  im  allgemeinsten  sinne,  mhd.  hindernüsse. 
und  liindernisse:  offendiculum  hindernisse  Dief.  3W';  wie  vil 
mer  sint  uns  denne  niht  diu  zitlichen  groben  dinc  ein  hinder- 
nüsse? d.  mystiker  2,247,15;  und  zwar  gewöhnlich  mit  neutralem, 
selten  mit  weiblichem  geschlecht,  tergl.  Leier  mhd.  wb.  1, 1295. 
das  letztere  erscheint  aber  häußg  seit  dem  16.  und  bis  zu  ende 
des  IS.  jahrh.,  wo  das  neutrale  wieder  allgemein  die  oberhand 
gewinnt:  welche  hindemis  mir  dennoch  deste  treglicher  ge- 
wesen ist.  Lcther  6, 11" ;  das  wir  nicht  dem  evangelio  Christi 
eine  hindemis  machen.  1  Cor.  9, 12  (Variante  ein  hindernis) ; 
die  grüszte  hindernisz  der  aufnähme  des  theaters  bei  den 
Deutschen.  Lessing  3,23;  die  grüszte  hindernisz  bei  unsem 
Unternehmungen  (iä)  die  furcht  vor  der  gefahr.  Garve  anm. 
zu  Cic.  de  off.  1,  63;  übermorgen  jene  hindernisz  finden.  Göthe 
S.  219;  das  den  mangel  seiner  glückseligkeil  einer  irdischen 
hindernisz  zuschreiben  kann.  16,139;  da  in  jedem  geschäft . . 
die  beschränkten  indiridualiläten  genügsame  hindernisz  geben. 
50, 183; 

und  die  hindernisz  treibt  die  heftigen  leicht  von  dem  wege. 

40,  271 ; 

Kant  m  seinen  frülieren  Schriften  bis  zum  jähre  1760  schreibt  fast 
immer  die  hindernisz  (eine  unüberwindliche  hindernisz.  8,95), 
später  das  hindemisz. 

Es   heiszt:   einsen    bindemus   ist    des   andern   fiirdemus. 
Fischart  dicht.  1, 14S  Kurz,  randglosse;    ein  hindemis  finden, 
entgegen  stellen,  in  den  weg  legen,  aus  dem  wege  räumen; 
bei  dessen  tiefen  erkantnus 
kunst  und  lehr  kein  hindernus, 
und  keinen  schütz  die  grobheit  findet. 

Wkckheiu.15  439; 

es  haben  die  götter  mir  diese  hindemis  in  weg  geleget. 
Birken  Margenis  221 ;  hindernisse,  die  Unverstand  und  böser 
Wille  jedem  vernünftigen  unternehmen  entgegen  setzen.  Gotter 
3,74;  nur  ein  unerwartetes  hindernisz  legte  sich  in  den  weg. 
Götue  18, 278 ;  ich  resolvirte  mich  doch  endlich,  durch  alle 
hindernüssen  zu  brechen.  Sim^.  2,269  Kurz;  bisz  dasz  alle 
die  hindernissen  überwunden  sind.  (Bodjier)  neue  crit.  briefe 
s.i;  er  räumt  und  rückt  die  hindernisse  aus  dem  wege,  oder 
unterliegt  ihnen.  Göthe  19, 181 ;  denn  durch  einen  wahren 
Ordnungsgeist  wären  diese  hindernisse  wohl  zu  überwinden 
gewesen.  54,21; 

bedrängtes  ben !  umstürmt  von  hindernissen !    4,  56 ; 
manchmal  noch  in  recht  sinnlicher  auffassung:  einer  zog  einen 
Schlüssel  hervor  und  nach  verschiedenen  weggeräumten  hinder- 
nissen  fand  sich  eine  kellerthüre  zu  eröffnen.   30,65;   Wett- 
rennen mit  hindernissen; 

gib  acht,  er  wird 
in  dieser  hiodemisz  sich  auch  verwickeln. 

Klopstock  9, 134. 

Verbiiuiungen  mit  ähnlichen  begriffen:  dann  ich  sorge,  dasz 
dieses  uns  langen  verzug  und  hinderausz  geberen  werde. 
.imadis  265;  es  soll  hieran  .  .  kein  hiodernusz  noch  mangel 
haben.  289;  seine  guter  und  seinen  dienst  nennt  er  (Eitelwolf 
von  Stein)  ein  beschwer-  und  hindemusz  seiner  rahe.  Zinkgref 
apophth.  1,202. 

hindernis  kann  auch  auf  eine  person  gehen :  nochdanne  was 
er  (Christus)  sinen  jungem  ein  hindernüsse  mit  siner  Itplichen 
gegenwürtikeit.  d.  myst.  2, 247, 13 ; 

dir  grollt  der  landvogt,  möchte  gern  dir  schaden, 
denn  du  bist  ihm  ein  hindemisz,  dasz  sich 
der  Schwytzer  nicht  dem  neuen  fürsienhaus 
will  unterwerfen.         Schiller  Teil  1,  2. 

HINDERSAL,  n.  hinderndes,  hindemis,  mhd.  hindersal  Leier 
mhd.  wb.  1,1296.  Haltaos  916:  ane  alle  hindirsal  und  virzof. 

89 


1411 


HINDERUNG  —  HINDIESEN 


HINDIN  — HINDURCH 


1412 


urk.  von  1336  ftr/AscnnAcii  gesch.  der  grnfcn  von  Wertlwim  2,93; 
an  all«  ppvcrde  und  liindersnl.  urk.  von  1346,  das.  101 ;  owe- 
cliche  zii  liabenc  und  z»  hcsirzenc  nnc  alle  hindcrsol  nnser 
und  unser  erhen.  yicdmceiseler  urk.  von  1346 ;  dasz  ein  iglichcr 
friede  lialde  und  swige,  und  keine  hindersai  mache  in  cheyne 
wis.  Kehth.  2,  176  {llundsrück  1142);  hat  dieser  aber  denselben 
[beuiel  mit  geld),  als  ein  hindersall  seines  siegs,  mit  sonder- 
barem Unwillen,  wider  von  sich  geworfen,  Zinkgref  apophth. 
1, 193. 

HINDERUNG,  f.  l)  die  Handlung  den  hinderns,  abhaltens: 
wie  mir  in  druckercien  seien  bindeningen  fürgeworfen,  davon 
wil  ich  zu  anderer  zeit  klagen.  Schuppius  807 ; 

dasj  will  ich  euch  jetzt  zeigen  an, 
pasz  ihr  ihm  soll  kein  hindemng  than. 

J.  AtRER  201*  (1002,  34  Keller). 

2)  dns  u-as  hindert,  hindernis:  liindernisz  oder  hindening, 
impedimentum,  obstaculum,  relardatio.  roc.  ine.  Ihent.  kl';  es 
seien  ihm  aber  nachgehends  so  viel  hinderungen  aufgestoszcn. 
Simpl.  4, 2S,'>  Kurz;  dem  dichter  gaben  die  hörner  und  das 
diadem  (des  Faechus)  feine  anspielungen  auf  die  thaten  und 
den  Charakter  des  gottcs :  dem  ktinstler  hingegen  wurden  sie 
hinderungen  gröszerc  Schönheiten  zu  zeigen.  Lessing  6, 431 ; 
wenn  dem  regelmSszigen  fortgange  der  Organisation  hinde- 
rungen entgegengesetzt  werden.  Fichte  sitlenl.  351 ;  sollten  . . 
unerwartete  hinderungen  sich  seiner  Wiederkunft  entgegen- 
setzen. Scnii.LER  796;  als  würde  die  fmsternisz  ihrem  pfnd 
nicht  noch  melir  hinderung  entgegensetzen.  Göthe  22, 175 ; 

doch  merk,  was  noch  die  hindrung  sei.    gansköntg  B4'; 
al)er  da  fallen  stets  hindenmg  ein. 

J.  Atrer  179"  (891, 13  Keller); 
die  groszmuth  ungehofter  gaben,  .... 
dein  unermüdlich  aug,  an  tausend  orten  wach, 
für  nichts  zu  stolz,  für  nichts  zu  schwach, 
sind  es,  die  durch  ein  meer  von  hindenmgen 
Georg  Augustens  glück  ernmgen. 

IIalleh  (1768)  177  (bei  einweihung  der 
Universität  Götlingen) ; 
der  engen  schritte  nettigkeit, 
die  hei  der  kleinsten  hindrung  stocken.    Lessing  1,  46. 

3)  folgende  bcispiele  können  als  zu  1  oder  2  gehörig  angesehen 
werden:  sie  aber  hätte  ihm  die  hunde  gestillt  und  im  zäum 
gehalten ,  und  er  ohne  alle  hinderung  hinzugehen  können. 
Grixx  d.  sagen  1  no.  13 ; 

ich  wolt  mein  mann  wer  noch  im  krig, 
so  könd  er  nicht  eifern  um  mich 
und  ich  könt  mit  dem  glattem  mein 
ohn  hinderung  guts  muthcs  sein. 

J.  Atrer  fnsln.  lip.  64*  (2657,  20  Keller). 

HINDEUTEN,  verb.  auf  einen  entfernleren  ort  deuten,  in  'sinn- 
lieher  sehärfe  sowol  als  in  mehr  übertragenem  sinne:  er  deutete 
mit  der  rechten  band  nach  der  thüre  hin ;  es  läszt  sich  wenig 
darüber  {über  ein  gemdlde)  sagen,  wenn  man  nicht  selbst  da- 
vor steht,  und  auf  die  Schönheiten  hindeuten  kann.  Heinse 
Ardingh.  2,  31 ;  wodurch  eine  imposante  gestalt,  welche  sowohl 
nach  der  armee  als  dem  hofe  und  dem  geselligen  leben  hin- 
deutete, sich  höchst  anmulhig  erwies.  (Jöthe  23,118;  auch 
hier  scheint  man  vor  irgend  einer  Ordnung  scheu  gehabt  zu 
iiaben,  wenigstens  sieht  man  in  der  frühern  zeit  keine  anslalt 
ihre  vorrälhe  zu  rangiren,  katalogen  darüber  zu  machen  und 
dadurch  auf  Vollständigkeit  auch  nur  von  ferne  hinzudeuten, 
.st,  21;  die  erste,  auf  Rucciopuccio  hindeutende  liebe.  Immer- 
MA5N  Münchh.  2, 14. 

HINDEUTUNG,  f :  eine  hindeutung  geben ;  er  machte  nur 
einige  dunkle  hindeutungen. 

HINDFUSZ,  m.  eigentlich  fusz  exner  hinde;  nanie  ßr  aego- 
podium  podagraria,  geLszfnsz.  in  der  form  hinfusz  {rgl.  hiiin 
ßtr  hinde  o6en  jp.  1407):  geiszfüszel  oder  hinfusz.  Tarernakm. 
krduterb.  2W.     rgl.  auch  unten  hindlilufte. 

HINDICHTEN,  verb.  dichtend  vernichten  (vgl.  liin  6,  c  und  7 
ip.  1376) : 

verdammte  veracmacherei! 

xrn»  hast  du  angerichtet? 

luin  unnres  lr>b«n«  eiingen  mal 

zum  kuckuck  liInKcdirlitcl?    GäKi!<cx  liii  Künc.f.r  litt*. 

auch  flüchtig  dichten  {vgl.  hin  5,  a  tp.  137.1) :  er  dichtet  schnell 
etwas  hin. 

HINFIIKSEN,  HINDlEsnM.n,  m/r.  auf  dieser  aeite  nach  jener 
zu,  rgl.  dicket,  diesent  aus  diesseit  theil  2,1114,  und  herdies- 
halh  oben  ip.  tOM):  die  hellen  sieh  des  Inndes  fdns  hindisen 
des   lordan  was)  angeaoiiimeii  für  Diu  lail,    wann    sy  hellen 


vil  vichs  und  was  gute  wayd  hindiszhalb.  KEisERSnERr.  owj^onp 
der  k.  Israel  1510  L5'. 

MLNDIN ,  /".  cerva,  enceUerte  form  von  hinde  oben  sp.  1407, 
spiit  erst  bezeugt,  aber  vorbereitet  durch  die  zuischenform liinden 
neben  bind  und  hinte  cerva  Dief.  115*,  in  der  das  schlie.^zende 
n  der  schwachen  declination  in  den  nominativ  gedrungen  ist. 
hindin,  wird  das  weiblein  des  hirschen  geneunet.  Ocnn.  lex. 
(1731)   1022; 

laut  bellte  dort  die  meute, 

vor  der  die  hindin  lieh.    IIhland  geti.  375; 

in  der  form  hündin  {vgl.  hünd  ßir  hinde  das.) : 

wie  die  hündin  die  man  jaget. 

Weckhkrlin   155  (h(/i7i  /■  .    IJ.  li 

bei  E.  VON  Kleist  mit  auffallender  betonung: 

mit  leichten  laufen  streicht  jetzt  ein  heer  gefleckter  hiiulinnen. 

fiiililifiil  i'iM  !:.  35. 

HINDKALB,  n.  das  junge  der  hinde,  engl,  hindralf,  schwed. 
bindkalf,  ddn.  hindkalv.  nach  dem  geschleiht  wird  auch  unter- 
schieden hirsriikalb  das  männliclie,  l\\ndka\h  das  weibliche  junge, 
cerva  hindenkalb  Dief.  11.5'. 

HINDLAUFTE,  m.  plur.  eigentlich  die  läupc,  Sprungbeine  der 
binde,  nach  der  Ähnlichkeit  (d)er  auch  pflanzenuame,  und  zwar 
von  aegopodium  podagraria,  geiszfusz ;  meist  jedoch  von  Cichorium 
intybns,  wegwart,  mil  der  verderbten  form  hundsliiufte.  Nemnicii 
•>,  1038 ;  die  conditors  pflegen  diese  wurzel  {der  cichorie)  ein- 
zumachen, oder  mit  zucker  zu  überziehen,  und  alsdenn  hind- 
lilufte zu  benennen.  Amaranthes  frauenz.  lex.  (177.3)  734 ;  mein 
schätz,  deren  gedächtnis  mir  süszer  ist,  als  überzogene  hind- 
leuft.  Chr.  Weise  überß.  ged.  2,477; 

(unirieln)  von  hindleuften,  oder  wegeweisz, 
die  er  aufgrub  mit  allen  (leisz. 

trosckmäuF.  R  ij  •  (1,  2,  24). 

HINDORREN,  verb.  dorrend  vergehen:  vor  dem  triumpli- 
wagen  werd  ich  wie  eine  blume  hindorren  I  Klopstock  9,357. 

HINDRANG,  m.  das  hindrängen :  der  hindrang  des  volks  an 
jenen  ort. 

HINDRÄNGEN,  verb.:  wer  halle  gedacht,  dasz  ein  brief  von 
Wernern  .  .  ihn  endlich  zu  einer  entschlieszung  hindrängen 
sollte.  Göthe  19,143;  reflexiv:  {dasz)  in  die  niihc  des  fürslen 
nur  leute  von  gewisser  gehurt  und  gewissem  ränge  sich  hin 
drängen  können.  Knicge  Umgang  m.  m.  1,11. 

HINDRINGEN,  verb.  perrumpere.  Stieler  337 : 

sein  zorn  dringt  wie  der  blitz  durch  beide  weiten  hin. 

IIaller  (1768)  201; 
gerichlsralh.  entferne  dich 

aus  meiner  enge  reingezognem  kreis. 
hofmelitcrin.  den  eben  such  ich  auf!  da  dring  ich  hin! 

GöTHK  9,  331. 

auch  auf  etwas  dringen,  eine  leistung  verlangen :  gleich  wie  der 
bapst  nicht  darnach  fragt,  wo  glaube  oder  liebe  bleibe,  wenn 
nur  die  werk  seines  gehorsams  und  gesetzes  gehen,  da  dringet 
er  hin.  Luther  3, 36'. 

HINDRUCKEN ,  verb.  durch  drucken  vernichten :  es  isl  be- 
kannt ..  dasz  ich  oft  mit  einigen  letlern,  abtbeilungzeichen  und 
spaziis  ausreiche  imd  mit  solchen  saniliitanslalten  manchen 
armen  hingedrucklen  narren  wieder  aufstelle.  ,1.  Pai'l  paling. 
2,112. 

IIINDSCH,  m.  s.  hinsch. 

HINDUFTEN,  verb.:  ein  mann,  iler  :ins  der  iiillc  der  n;iliir 
ihre  rührendsten  sttmden  zu  heben,  und  aus  ihren  flüchtig 
binduft«nden  tageszeilen  die  balsaiutheile  aufzufassen  versteht, 
die  am  wirksamsten  sind  die  quetschungen  der  secle  zu  lin- 
dern. ThI':mmel  .5, 127. 

HINDUUt'H,  (idv.  durch  und  hinwärts,  mhd.  hin  durch. 
Itäufig  vt  die  Umstellung  durchhin,  s.  theil  2, 162S;  w<lhrend  ein 
gegensntzliclu's  herdurcii  {otn-n  sp.  losi)  sich  teeniger  entmckelt  hat. 
hindurch  steht  in  verschiedenen  hedeuliingrn. 

l)  f'fi  rdumticher  bedentung  i><  es  das  verstdrkie  durch,  indem 
hin  (/(>  hrwcgung,  die  in  durch  liegt,  riicksichllich  des  entfern- 
teren cndes  und  zifles  nur  kräftiger  hervorhebt;  vgl.  auch  theil  2 
sp.  1560.  das  adrerb  hitiilurrh  steht  souitl  in  sinnlicJttr  tehirft^ 
wie  fihrrtrngen.  mit  verben  der  bewegung,  wie 

arbeilen:  sich  durch  das  gcstrüpp  bindurcharbeilen;  e« 
koKlet  mühe,  sich  durch  dicM;  akleii   hiudiuch  zu  arbeiten. 

brfrhcn:  ein  loch  durch  die  inauer  hindurch  brechen. 
intranntiv:  da«  licht  brach  hindurcli;  er  lirichl  mil  seinem 
ansehen  nllenihalben  hindurch ,  nuctnritate  sua  omnia  pctrst, 
ubitfue  valet  ejus  auctorilas.  Stiki.kr  •.':>.'•. 


1413 


HINDURCH 


HINDURCH  — HINEIN 


1414 


drängen:  wir  müssen  uns  durch  die  menscUen  UindurcU 
drängen, 
dringen: 

die  pfile  algemeine 

warn  hin  durcli  gedrungen  (durch  den  schild).    Parz.  570,29; 

er  ist  vom  tode  zum  leben  hin  durch  gedrungen.  Joh.  5,24. 
fahren:  wir  sind  durch  die  ganze  Stadt  hindurch  gefahren; 
hindurch  (ilurch  den  xchild)  fuhr 
Pelions  esche,  dasz  laut  der  schild  erkrachte  vom  träfe. 

BCRGKR  233». 

übertragen  von  trotzigem  und  kühnem  streben  bis  zu  einem  ziele 
hin:  dasz  wir  .  .  .  frisch  hindurch  faren  und  sprechen,  ich 
hah  es  nicht  um  eines  menschen  willen  angefangen,  darumb 
auch  nicht  gelassen,  sondern  umb  gottes  willen  wil  ichs  thun. 
LuTHtR  6, 38" ;  ein  weiser  furcht  sich,  und  meidet  das  arge, 
ein  narr  aber  feret  hindurch  thürstiglich.  spr.  Sal.  14, 16 ;  der 
gottlose  feret  mit  dem  köpf  hin  durch,  aber  wer  froni  ist, 
des  weg  wird  bestehen.  21,  29 ; 

bei  Wartburg  an  der  Elhe  wie  fuhr  er  hindurch  I 
da  schirmte  die  Franzosen  nicht  schanze  noch  bürg. 

Arsdt  ged.  284  (das  lied  vom  feldmarschall). 

fliegen:  da  er  denn  auch  nicht  säumend  mit  dem  Courier 
durch  Italien  hindurchflog.  Göthe  29, 145. 

führen:  wir  wurden  durch  mehrere  zimmer  hindurchge- 
führt. 

gehen:  gleich  wie  der  herr  ewT  gott  thet  in  dem  schilf- 
meer,  das  er  für  uns  vertrocknete,  bis  wir  hin  durch  giengen. 
Jos.  4, 23 ;  da  teilet  sicbs  {das  wasser)  auf  beiden  seilen,  und 
Elisa  gieng  hin  durch.  2  kön.  2, 14. 

greifen:  die  masse  war  so  weich,  dasz  man  beim  be- 
rühren sofort  hindurch  griff. 

kommen:  bis  dein  volk,  herr,  hindurch  kome  (durch  die 
feindlichen  linder).  2  Mos.  15, 16. 

lassen: 

durch  die  steinerne  mauer  gelang  es  Isegrim  endlich, 
eine  spalte  zu  kratzen,  die  ihn  gemächlich  hindurch  liesz. 

GöiHK  40,  50. 

laufen:  wir  laufen  durch  den  ort  hindurch;  das  wasser 
ist  ihm  durch  den  hut  hindurch  gelaufen. 

quellen:  hindurchquellen,  perejanare,  perr^pere,  perrumpere 
scaturiendo.  Stieler  1493. 

reisen: 

ich  kumra  in  diese  weit,  hindurch  dort  nauf  zu  reisen ; 
weil  Christus  ist  der  weg,  so  wird  er  mich  wol  weisen. 
LoGAü  1,  SS,  64. 

reiszen:  er  risz  den  betäubten  durch  die  Volksmenge  hin- 
durch; er  kann  sich  durch  das  gewog  nicht  hindurch  reiszen. 
auch  intransitiv  zur  bezeichnung  einer  ungestüt)ten  thätigkeit :  wo 
sie  hin  wollen,  reiszen  sie  hin  durch,  wie  ein  Ostwind.  Habakuk 
1,9;  denn  wer  alle  sachen  recht  richten,  und  mit  dem  urteil 
hindurch  reiszen  sol,  wird  oftmals  gute  freunde,  schweger, 
nachbar,  reiche  und  gewaltige  erzürnen.  Luther  4,404*. 
schlüpfen: 

es  hatte  sich  aber 
altershalben  die  mauer  an  einem  thurme  gespalten. 
Reineke  schlupfte  hindurch.  Göihe  40,42. 

schneiden: 
und  jedem  ists.  als  würd  ihm  mitten 
durch  köpf  und  leib  hindurch  geschnitten.    Uhland  ged.  330. 

sehen:  bei  dem  dichter  ist  ein  gewand  kein  gewand;  es 
verdeckt  nichts  ;  unsere  einbildungskraft  sieht  überall  hindurch. 
Lessing  6,413;  der  alte  hatte  ..  die  gläser  des  cylinders  ab- 
gewischt und  hindurch  gesehen.  Immermann  Münchh.  3, 195. 

streben:  wenn  nun  die  tugend  des  lichts  durch  das  trübe 
hindurcbstrebt,  so  dasz  seine  ursprüngliche  kraft  zwar  immer 
aufgehalten  wird,  jedoch  aber  immer  fortwirkt.  Göthe  53. 100. 

tonen:  und  klingende  münze  ist  die  einzige  musik,  welche 
durch  das  ganze  System  hindurchtönt.  Fr.ixtz  krüik  aller  par- 
teien  s.  75. 

treiben: 

aber  Peisandros  stiesz  dem  herrlichen  held  .Menelao« 
kraftig  den  schild ;   doch  könnt  er  hindurch  nicht  treiben  die 
spiue  (der  lunze).    Itias  13, 607. 
wischen:    aber   mit   solcher   lisl   und   betrug   werdet    ir 
gleichwol    nicht   hindurchwischea.    J.  Wicanous  ob  die  newen 
WUtenhbeTger  u.  s.  w.  22' ; 

desto  besser!  geflügelt  wie  ihr,  düunleibig  und  luftig 

seele  mehr  als  geoein,  wischt  ihr  als  schatten  hindurch. 

xenien  in  ScIiiUer»  musenatm.  1797  s.  'Ä2. 


ziehen,  tntransitiv :  wir  wollen  nichts  denn  nm'  zu  fusse 
bin  durch  ziehen  (durch  das  land).  4  Mos.  20, 19 ;  zogen  durchs 
feld  hin  durch.  Jer.  39,4.  unpersönlich:  da  zog  es  wie  ein 
warmes,  auflösendes  thauwetter  durch  den  ganzen  Schneider 
hindurch.  Hebel  3,  91  (der  Schneider  in  Pensa) ;  reflexiv :  ich 
werde  . .  noch  späterhin  manchen  faden  aufnehmen  und  fort- 
leiten, der  sich  unbemerkt  durch  die  ersten  jähre  schon  hin- 
duirchzog.  Göthe  24, 111.  transitiv:  einen  faden  durch  die 
nadel  hindurch  ziehen ;  das  garn  ist  schon  einmal  durch  die 
färbe  hindurchgezogen  worden,  übertragen,  wie  durchziehen 
II,  5,  b  th.  2  sp.  171S :  Juvenal,  da  er  die  Verachtung  der  gesälze 
hindurch  zeucht  und  schilt.  Butschily  Patm.  946. 

Dergleichen  verben  der  bewegung  sind  auch  unterdrückt,  tiamenl- 
lich  nach  den  hUfsverben  sollen,  wollen,  müssen,  können:  der 
faden  musz  hindurch !  (durch  das  nadelOhr) ;  du  hast  dich  mit 
einer  wölken  verdeckt,  das  kein  gebet  hindurch  kundts.  klagel. 
Jer.  3,44. 

hindurch  sein  bezeichnet  den  erfolgten  abschlusz  einer  bewegung, 
die  erlangung  eines  ziels,  einer  ruhe:  Crolus.  hie  ist  einer,  der 
wirt  gern  beichten.  Witzel.  ei  wie  furcht  ich  mich  doch  so 
übel,  wer  doch  hindurch  were.  Alberls  wider  Wäzeln  M3'; 
wenn  sie  dort  durch  das  eichholz  hindurch  sind,  gehen  sie 
eine  geschlagene  halbe  glockenstunde  durch  seine  felder. 
Immermann  Mündih.  1, 131 ;  in  einer  halben  stunde  kann  der 
himmel  einfallen  und  dann  sind  wir  diu-ch  jegliche  erdennoth 
hindurch.  3, 140.  ähnlich  etwas  hindurch  haben,  durchgefülirt, 
errungen  haben :  ir  habt»  nu  hindurch,  und  den  sieg  au  dem 
alten  drachen  erobert.  Lltuer  8, 1S9'. 

2)  hindurch  mit  verben  des  genieszens  und  brauchens  bezeichnet 
dasz  die  thätigkeit  des  verbums  an  ein  ende  gekommen  ist:  weil 
ich  mich  so  übel  gehalten,  und  mein  erbtheil  so  schändlich 
hindurch  gebracht  habe.  Schcppils  446;  als  sie  das  geld 
hindurchgebracht,  ist  sie  wieder  blutarm  geworden.  Scbiver 
seelensch.  2, 197 ;  hierfür  auch  herdurchgebracht,  s.  oben  sp.  1083, 
und  einfaches  durchgebracht,  hindurch  sein,  aufgebraucht  sein: 
darnach  so  die  beut  hindurch  ist,  do  hütten  sich  die  armen 
paurn  (i'or  den  landsknechten).  Frank  chron.  217' ;  ich  habe  dich 
mitleidig  aufgenommen ,  da  dein  vermögen  und  deine  ehre 
hindurch  war.  Sturz  2,  256. 

3)  hindurch  aucli  seitlich:  das  ganze  mitlelalter  hindurch. 
W.\CKERNAGEL  kL  schriftcu  2,282; 

so  lebeten  auf  ihrer  bürg, 
wie  wir  erzählt,  die  beiden, 
den  mai,  den  junius  hindurch, 
in  herrlichkeit  und  freuden.    Höltt  28  Halm ; 
aber  die  nachte  hindurch  hält  Amor  mich  anders  beschäftigt. 

Göthe  1,  265. 

anlehnend   an  diese  bedeutung  ist  das  verbum  hindurchwintern, 
hybernare  (Stieler  2465)  gebildet. 
HINDURCHBRECHER,  m. : 

0  wies  so  schwer  zu  glauben  ist, 
dasz  wer  nur  hüll  und  schalen  friszt, 

nicht  mensch  sei,  sondern  vieh ! 
dasz  saft  und  kraft  im  innern  wohnt, 
und  nur  den  hindiu-chbrecher  lohnt! 

Herder  zur  so/i.  litt.  4,  158. 

die  betonung  des  wortes  hindaTchhiecheT  ist  hier  eine  ganz  auszer- 
gewöhnliche,  da  hindurch,  wie  die  andern  adverbien  der  gleichen 
bildung,  stets  den  ton  auf  der  zweiten  sUbe  hat. 

HI.NDüRCHFÜHRUNG,  f:  die  hindurchführung  eines  satzes 
durch  eine  reihe  von  vorhergehenden  sätzen.  Kant  8, 128. 

HINEILEN,  verb.  hinwärts  eilen :  ich  eilte  meinen  pfad  hin  . . 
und  hatte  bald  die  pfarrwohnung  erreicht.  Göthe  25,  354;  wenn 
sie  über  rain  und  matten  leichten  laufes  hineilte.  26, 16 ; 
dort  eilt  sie  (die  sonne)  hin  und  fördert  neues  leben.  12,59. 
weg  eilen,  fort  eilen :  und  wird  die  hineilende  belustigung  eines 
gelachs  (gelages)  mit  langweiliger  unlust  mehrmals  beleget. 
Bdtscuky  Patm.  350; 

0  musen !  eilt  nicht  von  uns  hin, 

licht  diesen  sitz,  den  man  euch  bauet.    Haller  (1768)  17». 

HINEI.N,  adv.  einwärts  und  hin. 

1)  die  form.  mhd.  hin  in  (wb.  l,  750*);  die  ältere  spräche 
kennt  auch  eine  form  in  hin,  einhin,  die  indes  über  das  l~.  Jahr- 
hundert hinaus  nicht  dauert,  und  dem  seit  dieser  zeit  allein  ge- 
bräuchlichen hinein  gewichen  ist  (s.  tlieil  3,  203).  die  bei  ähn- 
lidten  adverbien  (hinab,  hinan,  hinaus)  beobaclUete  kürzung  findet 
sich  auch  hier;  sie  ist  hnein : 

namen  die  kandel,  füllten  hneio, 
wie  sie  da  siiindt,  vom  besten  wein. 

.  11.  Waldis  Eso},  4,  18,  51 ; 

S'J* 


1415 


HINEIN 


HINEIN 


1416 


gewiAnlicIt  aber  nur  nein:  auch  ob  die  freund  inn  ein  zenl- 
pQichtig  dorf  gejagt  {würden)  und  begerten  iun  kirchof,  als- 
dann soll  man  sie  nein  lassen,  keine  aber  die  feind  auch 
und  begerten  nein,  soll  man  sie  nit  nein  lassen,  tcetstft.  2, 892 
{von  1&23); 

ich  wolt  mich  auch  ins  herz  nein  Schemen. 

H.  Sachs  3,  t,236*: 

hub  auf  dieselbi^  hülzern  knan, 

trank  nein,  wol  oet  einr  halben  spann. 

B.  Waldis  Ksop  4,  19,  82 ; 

da  liesz  er,  hoch  von  fp-imm  entbrannt, 

den  berold  nein  trompeten: 

ihr  Schurken,  komm  ich  nein,  so  wiszt, 

soll  hnngen,  was  die  wand  bepiszt! 

HÖRGsn  25'  (iveiber  von  Weinsberg). 

2)  die  örtliche  bedeutung  von  hinein  geht  zunächst  auf  einen 
vom  sprechenden  u-eg  gelegenen  eingeschlossenen  räum;  dann  auch 
auf  einen  landstrich  oder  ein  land,  das  von  natur  oder  polüisch 
abgegrenzt  erscheint :  ins  gebirge  hinein  ziehen ;  sie  reisten  in 
die  Schweiz  hinein ;  tief  nach  Amerika  hinein,  früher  bezog 
man  dieses  hinein  mit  Vorliebe  auf  Frankreich,  als  das  centrum 
der  feinen  bildung:  er  hielte  bisz  dato  noch  einen  eigenen 
Schneider  in  Frankreich,  welchem  er  jährlich  pension-gelder 
gäbe,  ...  er  wolle  es  {das  zeug)  ihm  hinein  schicken,  denn 
derselbe  Schneider  dürfte  sonst  niemand  keinen  stich  arbeilen. 
ScheUmuffsky  2,60; 

Deutsche  müssen  ja  gar  from  und  ohn  alles  eitel  sein, 
weil  sie  nach  der  eitelkcit  ziehn  in  Frankreich  erst  hinein. 

LoGAU  3, 104,  IG  ('französische  eitelkeiteri'). 
ferner  auf  einen  räum,  dessen  miltelpunkt  liefer  liegt,  als  die 
Seitenränder,  wo  dann  durch  hinein  zugleich  ein  hinabsenken  an- 
gedeutet wird :  beherzte  männer  stiegen  in  den  krater  hinein ; 
in  den  Strudel  hinein  schauen ;  dahin  auch  einen  die  treppe 
hinein  werfen,  icofiir  sonst  hinabwerfen  gilt;  reim  dich,  oder 
du  must  die  stieg  hinein.  Fischakt  groszm.  59 ;  ferner,  daran 
angeschlossen,  auf  das  vertiefen  in  eine  sache,  einen  zustand: 
er  hat  sich  schnell  in  diese  art  zu  rechnen  hineingefunden; 
ich  kann  mich  in  deine  läge  wol  hinein  denken ;  oder  das 
eindringen  in  das  menschliche  innere:  ich  fühle  in  deine  seeie 
hinein;  auf  einen,  oder  in  einen  hinein  reden;  und  er  immer 
in  sie  hinein  {gesprochen).  Lenz  l,  169;  über  sich  ins  herz  hin- 
ein schämen  vergl.  sp.  1217 ; 

doch  ihr,  kunstjüngerlein ! 

mögt  meine  melodeien 

nur  nicht  flugs  nachlalleien. 

so  leicht  lallt  sichs  nicht  nein.    Bürger  2t*. 

in  fiigungen  wie:  ins  blaue  hinein  schwatzen,  ins  gelag  hinein 
reden  verlduß  das  adverbium  in  den  sinn  einer  unbestimmten 
ferne,  einer  Verschwommenheit,  eine  anriüirende  formet  wird  weiter 
unten  unter  no.  4  aufgeführt; 

man  wähne  nicht,  ich  schwatze 
ins  blaue  hinein !  ich  stehe  zu  meinem  satze.' 

WiKLAMn  5,214  ivnrkt.  Amor  1,94). 
fidhere  richttingsbestimmungen  treten  hinein  wie  ähnlichen  ad- 
verbien  zu:  Petrus  aber  folgete  im  nach  von  fernen,  bis  bin 
ein  in  des  hohenpriestcrs  pallast.  Marc.  14,  54 ;  der  apfel  ist 
bis  auf  den  krebs  hinein  gefaulet,  pomum  imputruit  ad  ossi- 
culum  usque.  Stieler  446;  die  kugel  traf.,  ihn  zum  linken 
ohr  hinein.  Heinse  Ardingh.  1,190;  ein  bloszer  accusaliv  der 
richlung :  flohen  eilendts  ein  langen  gang  hinein.  Amadis  76; 

dan  sie  würd  wol  gewonet  sein 

in  bulen  pfetz  inn  dscit  hinein. 

FiscHART  flölihatz  2040  {dicht.  2,55  Kurz). 
datz  hinein  zu  gunslen  von  herein  an  gebiet  verhren  hat,  ist 
oben  sp.  1081  bemerkt;  zu  den  dort  mitgelheiücn  beispielen  ein 
weiteres:  in  unsrc  wobnung  könnt  er  nach  belieben  herein 
und  heraus,  weil  er  den  scblüssel  zu  der  einen  auszenthür 
von  seinem  flügel  hatte.  Heinse  Ardingh.  1,  ICl. 

Verben  der  bewegung  sind  in  dringender  rede,  oder  nach  den 
hilfsterben  sollen,  wollen,  mögen,  können,  dürfen,  unterdrückt : 
hinein  ins  haus,  ihr  kinder!:  hinein  mit  euch  ins  ziinmer!; 
etliche  hieben  die  thür  auf,  das  der  ganze  häufe  hin  ein 
kundte.  iMarc.  lO,  :»7 ;  Ihn  die  stücke  zus.nnen  ilrein,  die 
hinein  .sollen,  lies.  24, 4 ;  ir  koinpt  nicht  bin  ein,  und  wen-t 
denen  die  hin  ein  wollen.  Luc.  11,. '>2;  er  will  mit  gewalt  nein. 
ScHWEiMiciiE!<i  1,IH9;  dic  hüner  im  korbe  wollen  gern  heraus, 
und  dic  drau*>zen  wollen  gern  hinein.  Scuuttel  112i>';  da 
jedcrman  hinein  durfte.  &mpl.  3,135  Kurz; 

und  «prarh:  *«  will  nit  wol  hinein  (don  ernten  in  den  magrn). 
tt.  WAi.nm  f-.Vo;)  4.  19,  H5  ; 
die  thtir  Ut  TemcfalOMen,  wir  kAnnrn  nicht  ein, 
drinn  wohnet  ein  reicher,  wir  mdfvH  nicht  nein. 
Gotii».  4t.  :il2. 


3)  tvibindung  mit  rerben. 

ackern:  die  bauern  ackern  den  mist  in  die  erde  hinein, 
rustici  inarant  fimum  et  obruunt  terra.  Stei.nbach  1, ». 

arbeiten:  arbeitet  man  {mit  dem  schiffe)  in  den  eiugang 
hinein.  Weserzeitung  \Hb4,  Z^XiO ;  er  hat  sich  leicht  in  den  ihm 
neuen  beruf  hineingearbeitet. 

äugeln:  es  äugelt  die  nacht  in  deu  buchengang  hinein. 
TiECK  2,117. 

begeben:  sie  begeben  sich  in  das  haus  hinein; 


ich  aber  begab  mich 
in  die  höhle  hinein.        Göthe  40,  ld9. 


beiszen: 


mein  war  die  niisz!  hinein 
bisz  ich.  GöKirfGK  3,  11. 


bemühen:  so  möcht  ich  dann  ..  mich  auf  ein  Stündchen 
zu  ihrem  alten  hinein  bemühen  (ins  zj'mmer).  J.  Paui.  uns. 
löge  3, 165. 

bequemen:  der  nie  genug  zu  schätzende  Voss  konnte 
{mit  seinen  Übersetzungen)  das  publicum  zuerst  nicht  befrie- 
digen, bis  man  sich  nach  und  nach  in  die  neue  art  hinein 
hörte,  hinein  bequemte.  Göthe  6, 240. 

betten: 

{liätt  ich)  ein  bett,  an  läng  und  breite 

für  ein  pärclien  nicht  zu  klein, 

wo  du  gern  hinein  dich  bettest.     Bürger  83*. 

bohren:  ein  loch  in  den  stamm  hineinbohren,  inforare 
truncum.  Hederich  1290. 

brechen:  hinein  brächen,  mit  gewalt  einhin  gon,  tnfro- 
rumpere.  Maaler  224'. 

brennen:  ein  loch  brennt  in  die  diele  hinein;  einen  fleck 
hinein  brennen,  inurere  alicui  maculam.  Hederich  1290. 

briefen,  vergl.  theil  •2,3S0:  wegen  der  neuen  Zeitungen, 
nuisz  {ich)  erinnern,  dasz  ich  gebeten  worden,  keine  mehr 
zu  schreiben,  maszen  einige  personen,  wenn  sie  schon  etwas 
vornehmen,  so  ihnen  unanständig  ist,  doch  nicht  gerne  haben 
wollen ,  dasz  mans  in  die  weit  hineinbriefe.  J.  Mattheson, 
critica  musica  (1725)  2,  vorbericht. 

bringen:  und  sihe,  etliche  menner  brachten  einen  menschen 
auf  einem  bette,  der  war  gicbtbrüchig,  und  sie  suchten,  wie 
sie  in  hin  ein  brechten,  und  für  in  {Jcsum)  legten,  ttjc.  5,18; 
da  sie  aber  die  lade  des  herrn  hin  ein  brachten,  stelleleii 
sie  die  an  iren  ort  mitten  in  der  hüllen.  2  Sam.  6, 17.  über- 
tragen: da  ist  kein  sinn  hineinzubringen;  die  kerl,  welche 
gescbcnke  tragen,  . .  bringen  mannichfalligkeit  hinein  {in  ein 
qcmälde).  Heinse  Ardingh.  2,21;  eine  Voraussetzung,  die  in 
die  weltweishcit  viel  Unbequemlichkeit  hineingebracht  hat. 
Kant  8,67. 

buben,  vergl.  tlieil  2  .fp.  462  no.  1:  aber  itzt  gehet  es,  das 
jederman  zu  pfafferei  und  müncherei  gezogen  wird,  unter 
welchen  ich  besorge,  der  hunderst  kein  ander  ursach  h;ü, 
denn  das  gesüch  der  narnnge,  und  zweivel  im  ehelichen  leben 
sich  erhalten,  darumb  sind  sie  zuvor  wild  gimg,  und  wollen 
(wie  man  sagt)  ausbuhen,  so  sichs  vielmehr  hinein  buhet, 
wie  die  erfarung  weiset.  Luther  1, 315". 

buchstabieren:  wenn  es  sich  zutrüge,  dasz  ein  unschul- 
diges kind  meine  handschrift  hervorkramte,  und  sich  nun  bis 
bieher  so  glücklich  bineinbuchstabirt  hätte,  um  ohne  anstosz 
weiter  fortlesen  zu  können.  ThGmmei.  3,  347. 

bücken:  Petrus  aber  stund  auf,  und  lief  zum  grabe,  und 
bücket  sich  hin  ein.  Luc.  24, 12. 

denken:  in  die  antiken  gewänder  hat  er  sich  gut  hinein- 
gedacht, und  man  merkt  nichts  gezwungnes.  Heinse  Ardingh. 
2, 14. 

drängen:  die  menge  drängte  in  das  haus  hinein;  er 
drängte  sich  hinein  ins  zimmer. 

dringen:  und  von  der  zeit  an  wird  das  reich  gottes  durchs 
e\angelium  gepredigt,  und  jederman  dringet  mit  gewalt  hin 
ein.  Luc.  l«,  16;  dasz  sie  gegen  einer  pfülz  zuflohen.  deren 
eingang  ganz  eng  und  eingeschlossen  war,  aber  sie  koiidlen 
nicht  so  hurtig  laufen,  dasz  er  nicht  in  ireni  hinein  dringen 
den  ein  erschlüge.  Amadi.t  2!>4 ;  durchrannten  sie  ire  tarlse hen 
und  hämisch,  in  solcher  ungesiüniinigkeit,  ilasz  sie  ((/»<•  .tpeerr) 
in  ihr  fleisch  hinein  drungen.  77 ;  die  diebe  drungen  in  die 
srhnizkammer  hinein,  fures  irrumpeharü  in  aerarium.  Steinhaci 
1,;«r.';  millen  unter  die  feinde  hinein  dringen,  in  median 
hoslium  aciem  irruere.  das. 

drücken:  mit  dem  ringe  ein  siegel  in  das  wachs  hinein 
drücken,  annulo  sigiUum  in  cera  imprimere.  Hederich  1291 ;  du 


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HINEIN 


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bekam  ich  . .  eine  wunden  in  mein  berz,  welche  mir  meines 
rittmeisters  liebwürdigkeit  hinein  truckle.  Simpl.  3,17  Kur:. 
ducken: 

wie  alles  war  in  der  weit  entzweit, 
fand  jeder  in  mauern  gute  zeit; 
der  ritter  duckte  sich  hinein, 

bauer  in  noth  fauds  auch  gar  fein.    Göthb  47,  236. 
eilen:  er  eilte  in  das  haus  hinein. 

fahren:  stiesz  im  (das  schueil)  in  seinen  bauch,  da;  auch 
das  heft  der  schneiten  nach  hinein  für.  richl.  3,22; 
ain  andre  dort  zu  mittag  as. 
und  als  der  filzOoh  ihr  liart  mas, 
fuhr  .<ie  hinein  {im  qetcund)  mit  schmutzig  händen. 
.  FiscBART  flöhhut:  1343  (aicht.  2,  3S  Kurz) ; 

mit   dem   wagen   in  die  Stadt  hinein  faliren,    invehi  cunu  in 
oppidutn.  Steixbach  1,401. 

fallen,  m  eigentlicher  bedeulung :  so  jemand  eine  gruben 
aufthut,  .  .  und  decket  sie  nicht  zu,  und  feilet  darüber  ein 
ochs  oder  esel  hin  ein.  2jV(m.  21,  33;  wer  andern  eine  grübe 
gräbt,  fällt  seihst  hinein.  Simrück  sprichw.  214,  und  hieran  an- 
knüpfend, in  heutiger  burschikoser  spräche,  in  etwas  orfer  auf 
etwas  hinein  fallen,  auf  einen  eingegangenen  Vorschlag  hin  über- 
vortheüt  tcerden.  vom  anstürmen  eines  kriegsvolks :  mit  einem 
Sturm  und  truck  hinein  fallen,  einbin  trucken  und  tringen, 
tmpetum  dare.  Maaler  224' ;  er  feit  hinein,  wie  ein  wild  Schwein. 
SceoTTEL  1122";  so  sol  das  ganze  volk  ein  gros  feldgeschrei 
machen,  so  werden  der  stad  mauren  umbfallen,  und  das  volk 
sol  hmem  fallen.  Josua  6,5;  und  ist  auch  nicht  zu  leiden, 
das  em  fürst  oder  berr  wil  über  eines  andern  herrn  land 
regiren  oder  hinein  fallen.  Lither  3, 525'.  vom  nehmen  einer 
richtung:  die  abendrüthe,  die  gerade  in  sein  gesiebt  hineinfiel. 
J.  Pacl  uns.  löget,  lO;  glücklich  genug,  wenn  diese  ausschwei- 
fungen  des  witzes  und  der  eitelkeit,  die  uns  von  dem  geraden 
pfade  ablenken,  ein  bloszer  schneckenzug  sind,  der,  nachdem 
er  uns  um  alle  gegenden  herumgeführt,  wieder  in  die  rich- 
tungshnie  der  Wahrheit  hineinfällt.  Lessi.xg  11,  üo. 

fangen:  geschirr . .  den  wein  von  palmen  hineinzufangen. 
Smpl.  2,226  Kurz. 

färben:  dann  mag  sieh  die  lebensgallerie,  in  deren  Welt- 
geschichte das  kind  noch  stärker  das  individuellste  hineinfiirbt 
als  m  die  allgemeinheit  der  poesie  der  leser  oder  der  verfa«;- 
ser  zu  geschichtlichen  gruppen  erheben.  J.Padl  Levana  1,96. 
fassen:  in  ein  gefösz  hineinfassen  und  etwas  heraus  holen. 
btldUch:  verachtete  gebetbücher  fassen  liefer  oft  in  Jahrhun- 
derte hinein  als  die  manifeste  der  eroberer.  J.  Paol  dämme- 
uuigen  15.     vgl.  auch  hinein  greifen. 

fegen,  bildlich  ßr  hinein  gehen  und  dabei  den  boden  mü 
den  kleidem  fegen  (vgl.  fegen  theil  3  sp.uu):  dasz  sich  die 
landsmannschaft  und  basenschaft  mit  grazie  (in  das  zimmer) 
hineinhustete,  bmeinfegte  und  räusperte.  J.Paül  uns.  logeus; 
finden:  er  hatte  sich  doch  in  das  verborgene  gemach 
hmein  gefunden  ;  sich  schnell  in  eine  Verrichtung  hinein  finden, 
flechten: 

windet  zum  kränze  die  goldenen  ähren, 
flechtet  auch  blaue  cyanen  hinein!    Schiller  d.  eleut  fest 
büdlieh:  ' 

und  mancher  abend  flocht  durch  leichte  flölentänze 
sich  in  die  mitternacht  hinein.        Gökinck  3,  4S; 
der   grosze   könig   selbst    sollte   hineingeflochten   v^erden  (in 
die  partetung  gegen  Moses  Mendelssohn)  wegen  der  freimüthigen 
kntik  über  die  oeuvres  du  philosophe  de  Sanssouci.  Gökisgk 
11»  leben  mcolaüs  24. 

flicken,  bddlich  sich  schicken,  schmiegen  in  etwas:  es  were 
denn,  dasz  er  sich  also  hinein  flicken  kündt,   dasz  ihme 
em  vortheil  gethan  würde.  Fronsperger  kriegsb.  1  93" 
fliegen:  ' 

die  weit  ist  wie  ein  taubenhaus, 
der  fliegt  hinein,  der  andre  naus; 
die  kugel  war  in  das  fenster  hinein  geflogen 

fliehen:  unter  den  stedten,  die  ir  den  Leviten  geben 
werdet,  sollet  ir  sechs  freistedte  geben,  das  da  bin  ein  fliehe 
wer  einen  todschlag  gethan  hat.  4  Mos.  35,6. 

flieszen:  der  ström  flieszi  ins  meer  hinein;  das  blut 
fleuszt  durch  die  ädern  in  die  herzkammer  hinein,  sanguis  per 
vvnam,  in  ventriculum  cordis  influit.  Steinbach  1,469 

flimmern:  das  gruhenlicht  immer  bleicher  hi'neinflimmerad 
m  die  einsame  nacht.  H.Heise  1,30. 
flüstern: 

pie  (rf»>  freunduchafO  nur  flüstert  aus  dem  herzen 

aas  geheimnis  stiller  schmerzen 

in  des  freundes  herz  hinein.    Göking«  1   140 


foltern:  die  fieberbilder  der  armen  aus  dem  krankenbcite 
ins  grab  hineingefolterten  menschen.  J.  Paci.  uns.  löge  2,4S. 

fressen:  und  die  sieben  magere  und  he>liche  küe  fraszen 
auf  die  sieben  ersten  fette  küe.  und  da  sie  die  hinein  ge 
fressen  hatten,  merket  maus  nicht  an  inen,  das  sie  die 
gefressen  halten,  l  Mos.  41, 21 ;  die  säure  friszt  ein  loch  in  das 
inetall  hinein ;  der  rost  hat  sich  lief  in  das  eisen  hinein  ge- 
fressen. 

fügen:  sich  in  die  bürgerliche  Ordnung  hineinfügen. 
Klinger  8, 194. 

fühlen:  ich  kann  in  deine  seele  hinein  fühlen;  ich  fühle 
mich  in  deine  läge  hinein. 

führen:  er  füret  mich  hin  ein  zum  thor  an  des  herrn 
hause.  Hes.  8,14;  und  er  füiet  mich  hinein  in  den  tempel. 
41, 1 ;  da  gieng  der  ander  jünger,  der  dem  hohenpriester  be- 
kand  war,  bin  aus,  und  redet  mit  der  thurhüterin,  und  füret 
Petrum  hin  ein.  /o/i.  18, 16 ; 

ihr  (himmlischen  mächte)  führt  ins  leben  uns  hinein. 
GöTHK  18,  218. 
bildlich  einen  in  das  unglüek  hinein  ^führen ;  mit  unterdrückter 
Ortsbestimmung:  ir  habt  viel  elender  gewissen  hinein  gefüret, 
die    das    sacrament   genomen   und   angegrifl'en   haben,    bild 
nidergerissen,  eier  und  fleisch  gessen.  Lctheb  2,  76'. 

gähren:  nur  gobr  in  dieses  groszartige  ..  fürstengemüth 
damals  noch  manches  wilde  dement  hinein.  W.  E.  Weber  in 
den  blättern  ßr  litt,  unterlialtung  1S46  s.  163. 

geben:  er  gab  den  brief  zur  thüre  hinein.  Bildlich:  er 
gibt  sich  in  sein  geschick  hinein;  und  von  dem  hingebeii  an 
eine  Vorstellung :  diese  gedanken  werden  sie  on  zweivel  etliche 
threnen  kostet  haben,  weil  sie  (Marie  Magdalene)  sich  so  gar 
hinein  gibt,  er  (Christus)  sei  hinweg.   Luther  5,316'. 

gehen:    Jhesus    gieng  zum  tempel  gottes  hin  ein.    Matth. 
21,12;  da  kam  Simon  Petrus,  im  nach,  und  gieng  hin  ein  in 
das  grab.  Jo/i.  20, 6 ;  bist  zur  stubenthür  hineingangen,  so  fall 
zum  fensterladen  wieder  hinausz.  Garg.  213' ; 
aber  ich  schmiegte  mich  an  und  liesz  dem  oheim  den  vortritt 
gehet  frei  nur  hinein,  so  sagt  ich.  Göthk40,  52; 

gott  verzeihs  meinem  lieben  mann, 
er  hat  an  mir  nicht  wohl  gethan! 
geht  da  stracks  in  die  weit  hinein, 
und  läszt  mich  auf  dem  stroh  allein.     12,  148; 
am   thor  des   altars,   eben  da  man  hin  ein  gehet.   Hes.  8,5. 
übertragen:  diese  sinds,  die  unter  die  dornen  geseet  sind,  die 
das  .wort  hören,  und  die  sorge  dieser  weit,  und  der  betrieg- 
licbe  reichthum,  und  viel  ander  lüste,  gehen  hinein,  und  er- 
sticken das  wort.  Marc.  4, 19 ;  dieser  zweifei  veranlasset  mich, 
in  einige  Untersuchung  dieses  steius  hineinzugehen.  Wikwel- 
mass  3,130;  man  gieng  nie  in  seine  ranke  hinein  (a«/"««  ein). 
Heyne  briefe  an  J.  v.  Müller  144.    unpersönlich :  in  dieses  gefäsz 
geht  nicht  viel  hinein,  es  faszt  nicht  viel;  da  nun  glücklicher- 
weise  niemals   in    einen   und   denselben  augenblick  zugleich 
versprechen  und  halten  hineingehen.  J.  Paul  Hesp.  i,  i62. 

gieszen:    hier  in  den  hals  hinein  giszen,    cerenJam  fau- 
cOtus  infundere.  Steinb.ach  1,622;  das  wasser  in  die  gelte  hin- 
ein giszen,  aquam  in  labrum  infundere.  das.; 
es  war  an  halb  so  vielen  küssen, 
als  er,  um  seine  seel  in  sie  hinein  zu  gieszen, 
auf  ihren  mund  und  starren  busen  drückt 
die  derbste  aller  Sacharissen, 
so  gut  sie  auch  bei  athem  war,  erstickt. 

WiELAND  17,309  (Idris  5,101). 
graben:  etwas  in  erzt  hineingraben,  aliquid  in  aes  in- 
sciUpere.  Hederich  1292;  überall  blickt  da  und  dort  eine  himm- 
lische blume  hervor,  und  je  tiefer  man  sich  mit  seinem 
Stachel  hineingräbt,  desto  nahrhaftem  honic  findet  man. 
Heisse  Ardingh.  2, 12. 
greifen: 

(lionnte  nicht  lassen)  zu  greifen  zwischen  baide  bain 

sonder  grilT  ernstlich  flugs  hinein 

und  jaget  das  schwarze  wildprett, 

das  sich  im  forst  gesammlet  het. 

FiscuART  ftöhhalz  13:«)  (dicl,(.  2.37  Aur:); 

greift  nur  hinein  ins  volle  menschenleben! 

ein  jeder  lebts,  nicht  vielen  ists  bekannt, 

und  wo  ihrs  packt,  da  ists  interessant.  Göthk  12,  14. 
gucken:  ein  narr  kucket  frei  einem  zum  fenster  hinein. 
Sir.  21,24;  der  ander  jünger  .  .  kam  am  ersten  zum  grabe 
kucket  hin  ein,  und  sihet  die  leinen  geleget.  JoA.  20,  5;  wei' 
sie  tief  ins  innere  des  sonderbaren,  aber  höchst  ehrwürdigen 
und  lieben  luenschensohnes  hineinguckeo  lassen.  \Vii£la.ii»  in 
Mercks  briefs.  l,  302. 


1419 


HINEIN 


HINEIN 


1420 


bangen,  hängen:  hier  bangen  einem  die  friu-htc  fusl 
in  den  mund  hinein ;  er  bat  ein  netz  in  den  flusz  hinein 
gehangt. 

heben:  hineinheben,  in  locum  aliquem  importare.  Stieler  807. 

heilen:  der  schlag  hatte  dem  alten,  vielleicht  weil  er  eine 
Hechte  thalers  grosz  am  nacken  hinein  gebeilel,  oder  vor 
alter,  die  linke  seile  gelähmt.  J.  Paul  uns.  löge  3, 165. 

helfen:  dies  sei  ein  für  alle  mal  genug  gesagt,  um  den 
des  Originals  unkundigen  leser  einiger  niaszen  wieder  in  den 
humerischen  ton  hinein  zu  helfen,  wenn  ihn  hier  und  da  die 
Übersetzung  . .  sollte  heraus  gestimmt  haben.  BCucer  185*. 

hetzen:  hineinbetzcn,  in  dumiim  averlere.  Stieler  'S3,  als 
jägerausdruck  und  gleichbedeutend  mit  zuckrhren. 

holen:  sie  holten  den  fremden  in  das  hau^  hinein. 

hören.  Göthk  1,240.  s.  die  stelle  oben  utUer  hinein  be- 
quemen. 

huschen:  zur  thüre,  ins  zimmer  hinein  huschen. 

husten,  reflexiv.  J.Paul  uns.  läge  1,87.  s.  die  stelle  oben 
unter  hinein  fegen. 

jagen:  hineinjagen,  intrudere,  agere,  agilare  in  locum  aliquem. 
Stieler  877. 

keilen:  mit  der  (glühenden,  vom  teufel  geschmiedeten)  kugel 
und  den  bineingekeilten  seeleu  ball  schlagen.   Klinger  3, 41. 

klagen,  reflexiv:  ich  hatte  mich  in  ein  recht  schönes  mit- 
leid  mit  mir  selbst  hineingeklagt.  Tieck  15,34. 

kl  ecken,  sudelnd  hineinschreiben:  das  schöppebuch  habt 
ihr  zu  eurem  eigenen  nutz  gemacht  und  hinein  gekleckt  was 
euch  selber  gefallen  hat.  A.  Grvphius  verl.  gespenst,  l.  druck, 
seile  60. 

klettern:  zum  fenster  hinein  klettern. 

knüpfen:  die  spinne  hatte  ihr  spinnhaus  schon  ins  grosze 
(haus)  hineingeknüpft.  J.  Paul  Hesp.  1, 174. 

kommen:  gehet  hin  in  den  flecken,  der  für  euch  ligt, 
und  als  bald  wenn  ir  hin  ein  kompt,  werdet  ir  finden  ein 
füllen  angebunden.  Marc.  11, 2 ;  folget  im  nach  in  das  haus, 
da  er  bin  ein  gehet.  Luc.  22,  10 ; 

gicng  zur  stuhen  endlich  ausz,  als  er  wieder  kam  hinein 
sprach  er:  ich  hielt  mit  mir  rath,  ob  ich  wolle  böse  sein. 

LoGAU  1,  220,  9. 

in  bezug  auf  dinge :  der  wein  kommt  in  diesen  krug  hinein, 
das  hier  in  jenen  (wird  hinein  gefüllt) ;  auf  das  eindringen  m 
eine  art,  eine  Vorstellung:  er  kommt  nicht  in  den  takt  hinein; 
wenn  man  sie  aber  fragt,  wie  kömpt  man  denn  zu  demsel- 
bigen  hohen  geist  hinein?  Luther  3, OO';  er  wollte  einen  rei- 
senden Engländer  vorstellen,  und  konnte  auf  keine  weise  in 
seine  rolle  hineinkommen.  Göthe  18,189;  mit  einem  daliv  statt 
des  erwarteten  accusativs:  da  ich  in  der  naturwissenscbaft  als 
freiwilliger  hini-iiikam,  ohne  aussieht  und  absieht  auf  einen 
lehrstubl.  00,  36. 
kriechen: 

drum  krieche  nur  du  kleiner  dacht  hinein, 

mein  lämpchen  brennt  Türwahr  sonst  gar  zu  helle. 

GöKinGK  lieäer  zweier  lieb,  (l'lü)  82; 
oeffe,  kriechet  hinein  gerade  zur  ufTnung.    Götue  40,39; 
er  mochte  vor  scbam  in  die  erde  hinein  kriechen. 

lächeln:  als  Klotildc  erschien  mit  dem  ins  abblühen  bin- 
einläcbelnden  angesiebt,  mit  der  erschöpften  laulenstimme. 
J.  Paul  Hesp.  3,  55. 

lachen:  er  lacht  stillvergnügt  in  sich  hinein;  sein  gesiebt 
lachte  in  die  weit  hinein. 

laden,  starkes  verbum:  der  kranke  wurde  in  den  wagen 
hinein  geladen. 

laden,  schwacfies  verbum,  invUare : 

wenn  ich,  auf  morgen  Truhe,  dich  hinein 
in  meine  wolinuiig  lade.    Göiue  9,  364. 

lagern:  et  ist  sogar  in  diesem  in  sein  ich  hineingelagerten 
gesiebt  etwas  .  .  schwännerischeK.  J.  Paul  holzschnitte  93. 

lassen:  als  er  gedacht,  ich  wil  zu  meinem  weihe  gehen 
in  die  kamer,  wolt  in  irvatcr  nicht  hin  ein  lassen.  riclü.\:t,\\ 
4ie  Mno  hinein  lassen,  admiUere  solem.  Maalkr  224*; 

sie  (itie  ii})atle)  lie»z  ihn 
buDfrig  hinein  und  wollte  dem  satten  die  riickkchr  verwehren. 

(iöTUK  40,  f>n. 

laufen:  als  sie  Petrus  stimme  erkandte,  that  sie  das  tbnr 
nicht  auf  für  freuden ,  lief  aber  bin  ein ,  und  verkündigets 
iuen,  Petrus  stünde  für  dem  thor.  aposlelyesch.  12,14;  unser  steig 
lief  unter  eine  grünende  bcdacbung  hinein.  J.  Paul  äampaner- 
thal  43. 


leben,  reflexiv:  sich  in  seinen  beruf  nach  einem  wohl- 
berechneten plan  hineinleben.  Ideler  über  die  gesundlieü  der 
gelehrten,  itn  freihafen  1843,  april  s.  63. 

legen:  und  sollen  die  alleihciligsten  opfer,  nemlicb  speis- 
opfer,  Sündopfer  und  scbuldopfer  daselbst  hinein  legen,  denn 
es  ist  eine  beilige  stet.  Hes.  42,13.  übertragen:  er  trug  das 
lied  mit  frischer  stimme  vor  und  legte  viel  ausdruck  biuein ; 
ich  glaube  nicht,  dasz  ich  etwas  in  das  stück  hineinlege, 
oder  einen  zug  übertreibe.  Göthe  19, 74. 

leiten:  es  flicszen  von  mir  viel  bechlin  in  die  garten,  wie 
man  das  wasser  hinein  leitet.  S/V.  24, 40;  Ezechias  befestiget 
seine  stad,  und  leitet  wasser  hin  ein.  48, 19. 

lesen: 

Atridcs  aber  risz  ein  schnelles  schitT 

ins  nieer,  las  zwanzig  rüderer  hinein.    Dörger  145'. 

in  anderm  sinne:  der  einsitbtige  leser,  welcher  fähig  ist, 
zwischen  diese  Zeilen  hineinzulesen,  was  nicht  geschrieben 
steht,  aber  angedeutet  ist.  Göthe  48, 102.  reflexiv :  sich  in 
einen  Schriftsteller  hineinlesen ;  kein  mädchcn  . .  liest  sich  an 
seinen  sachcn  heimlich -glühend  in  die  bekanntschaft  mit 
ihrem  pochenden  hcrzchen  hinein.  Imhermann  Münchh.  l,  25. 
leuchten:  die  stcrne  leuchten  in  den  wald  hinein;  der 
hineinleuchtende  glänz  des  scbwicgervätcrlichen  namens.  LCcke 
erinnerungen  an  Olfr.  Müller  36. 

liegen:  bineinliegen,  veigere,  inclinare  in  partem  intcriorem. 
Stieler  1119; 

0  legt  mich  nicht  ins  dunkle  grab. 

uicht  unter  die  grüne  crd  hinab  1 

soll  ich  begraben  sein, 

lieg  ich  ins  tiele  gras  hinein.    Uhland  ijed.  30. 

lügen:  über  den  verschlagenen  köpf!  wie  künstlich  ers 
anlegte,  mich  in  seinen  willen  hineinziüügen !  Schiller  f/esAo 
3,10;  wie  gieng  es  zu,  dasz  sich  kein  teufel  noch  in  das 
bimmelreich  hinein  log?  kab.  u.  liebe  4,2. 

m  a  c  h  e  n : 

die  krampup])eu  machen  zum  schein 
die  gcltsack  ins  l'ürtuch  hinein. 

FiscuART  flölihatz  1074  (dicht.  2,  31  Kurz), 
reflexiv:  ich  machte  mich  auch  hinein  (in  die  staäl).  Simpl. 
3, 135  Kurz. 

mähen:  um  das  ostermeszbeu  in  die  pause  des  büchei- 
schranks  bincinzuniähen ,  eh  das  michaelisgiummet  heraus- 
scbosz.  J.  Paul  uns.  %e  3, 129;  Götz,  nun  staken  wir,  bis  sich 
Franz  zu  uns  bereinschlug,  und  da  mähten  wir  von  innen 
heraus.  Lerse.  die  bunde  die  ich  führte  sollten  von  auszen 
hinein  mähen,  bis  sich  unsre  seusen  begegnet  hätten,  aber 
sie  flohen.  Göthe  8, 100. 

mauern:  wenn  die  maurer  den  grundstein  eines  bauses 
legten  und  herkömmlicher  weise  eine  flasche  wein  binein- 
inauern  sollten,  dann  tranken  die  gesellen  flugs  den  wein  weg 
und  mauerten  die  leere  Hasche  ein  für  künftige  geschlechlcr. 
RiEHL  culturgesch.  nov.  Z'9 ;  platz  dal  platz!  mauert  euch  nur 
nicht  in  meine  thür  hinein !  Tieck  3, 177. 

melken:  ins  maul  bineinmelken ,  immulgere  ubera  labris. 
Hederich  1292. 

mengen:  er  rüstet  das  futter  und  mengt  kleie  hinein; 
meist  übertragen :  menge  dich  nicht  hinein  (in  den  streit). 

messen:  das  mädchen  reichte  einen  krug:  er  sollte  die 
milch  bineinmesseu. 

mischen:  gift  in  die  speisen  hineinmischen;  übertragen: 
darf  ich  euch  auch  hineinmischen,  gnädige  frau?  Göthe  8, 5ri; 
da  sich  der  geschlechtstrieb  hineinmischte.  Klinckii  12,277; 

deine  (dm  herzeim)  schlage,  wie  so  selten 
mischt  sich  tust  in  sie  hinein! 

Lkni  in  Voss'  musenalm.  1777  s.  2s. 

murmeln:  in  den  wald  hinein  murmeln,  sytvae  immur- 
muriire.  Steinbach  2,  80. 

nähen:  geid  liinein  nähen,  in  ein  kleid;  in  einen  ledernen 
sack  hineinnähen,  tn  culeum  insuere.  Hederich  1292. 

nisten:  gehörig  an  dem  herzen  (eines  mddchens)  anklopfen, 
um  sich  .  .  hineinznnisten.  Klinger  3, 108. 

packen,  transitiv:  ein  körbcheii  holen  und  fruchte  hinein 
packen,    reflexiv:  packt  euch  biuein  ins  haus! 

passen:  daher  müssen  wir  den  künftigen  paradiesgarten 
80    herrlich    anlegen,    dasz  nur  götter  hineinpassen.    J.  Pau 
Titan  2, 135. 
pflanzen: 

hnt  mich  doch  nirin  srijwuucr  Kelruil, 

mit  wciHcr  red  i"  i 

dtMi  kiiiidi-ii  In  '!  iiioiii, 

mir  kcrktMi  miit  : nein.    mücAr ' 


1421 


HINEIN 


HINEIN 


1422 


pfropfen:  so  sprichstu.  die  zweige  sind  zubrochen,  das 
ich  hin  ein  gepfropfet  würde.  Rom.  11, 19. 

pfuschen:  einem  ins  handwerk  hinein  pfuschen;  du  suchst 
den  saamen  des  Übels  in  der  materie,  den  Ahennon  {der  geist 
des  bösen)  hineingepfuscht  hat.  Rli.xger  5, 38. 

platzen:  hineinplatzen,  irrumpere,  imierey  opprimere aliquetn 
ex  improtiso.  Stieler  1462. 

plaudern,  reflexiv:  wenn  sie  sich  einmal  in  eine  zwängende 
läge  hineingeplaudert  haben.  Klisger  1,  SS4. 

plumpen,  plump  stürmen:  des  Verderbnis  bistu  ein  ursach 
gewesen,  das  du  so  unfürsichtig  hinein  geplumpt  hast  (beim 
bUdersturm).  Lcther  2,  77' ;  mein  rotlengeist  plumpt  eben  den- 
selben weg  hinein.  3, 53' ;  ich  werde  gezwungen ,  ich  habe 
gute  Ursache  zu  kriegen,  will  dich  drauf  verlassen,  und  toll- 
küne  hinein  plumpen,  das  gilt  auch  nicht.  825";  plump  fallen: 
ins  wasser  hinein  plumpen ;  bildlich,  in  bezug  auf  eine  verübte 
hinterlist:  ich  pinsel,  ich  gimpel,  so  hineinzuplumpen.  Klinger 
1,340.     transitiv,  werfen: 

der  bninn,  der  liebste  bninn,  der  stets  so  hell  und  klar, 

für  solchen  groszen  zorn,  jetzt  auch  nicht  sicher  war. 

er  licsz  nicht  nach  viel  stein  und  sand  und  grosze  kiuni]ien 

von  erd,  auch  äst  und  stumpf  und  stamm  hinnein  zu  plumpen. 
D.  V.  D.  Werder  Ariost  23,  211,  2. 

priigen:  die  käntnisz  gottes  in  eines  herz  hinein  prägen, 
notitiam  dei  animo  alicujus  imprimere.   Hederich  1292. 

predigen:  in  einen  hincinpredigen ;  transitiv:  ich  hatte 
heute  eine  solche  besondre  freude  an  erbärmlichen  sitten, 
dasz  ich  mir  jeden  bissen  hinein  predigen  liesz  und  dasz  ich 
über  zwanzig  gesundheiten  trank.  J.  Paul  uns.  löge  2,  69. 

quälen:  so  viel  hab  ich  ..  hinein  gequelt  {getrdnk  in  den 
leib).  Garg.  99*. 

rauschen: 

kein  schiff  wird  erobert,  und  keins,  zu  belastet 

von  der  hineinrauschenden  woge,  versenkt.    Klopstock  2,38. 

reden:  sölich  klepperer. .  die  da  hinein  in  ein  sach  reden, 
es  treff  an  was  es  well.  Keisersberg  sünd.  d.  munds  "'. 

regnen:  es  regnet  in  das  haus  hinein,  impluit  in  aedes. 
Stei^bach  2,242. 

reiszen:  ein  loch  hinein  reiszen,  ins  kleid ;  bildlich:  diese 
ausgäbe  muszte  ich  aus  meinem  eigenen  beutel  bestreiten, 
sie  risz  mir  ein  groszes  loch  hinein;  mit  persönlichem  object: 
diese  {Ursachen)  . . .  rissen  ihn  in  die  kirche  hinein.  J.  Paul 
leben  Fibels  25; 

in  welches  wagnis  reiszt  ihr  mich  hinein! 

ScHaLER  ^^aria  Stuart  2,  8. 
hinein  reiszen,   in  umrissen  hinein  zeichnen:   aber  in  Gustavs 
gehim  risz  dieses  in  der  luft  hangende  gesiebt  mit  der  ätz- 
nadel  ein  verzerrtes  bild  hinein.  J.  Paul  uns.  löge  1, 1S7. 

reiten:  beredt  in,  dasz  er  irem  rath  nachsetzt,  und  folgendts 
in  dasz  schlosz  hinein  ritte.  Amadis  65;  ich  sah  ihn  wie  er 
zum  schloszthor  hineinreiten  wollte.  Göthe  42. 73.  vgl.  hierzu 
unter  herein  reiten  sp.  10S7. 

rennen:  er  rannte  in  sein  schwert  hinein;  in  die  ge fahr 
hinein  rennen,  inferre  se  in  discrimen.  Steinbach  2,  295. 

rufen:  man  ruft  mich  in  das  haus  hinein;  mit  dem  datic 
der  person:  da  rief  er  inen  hin  ein  und  herberget  sie.  apostel- 
gesch.  10, 23. 

rumpeln:  vermuteten  wir,  solchen  {raub)  in  der  untern 
Pfalz  zu  erhaschen,  derowegen  rumpelten  wir  hinein.  Simpl. 
3,243  Kurs. 

sammeln:  unaufhörlich  zählt  sie  diamanten,  ein  kleines 
niedliches  körbchen  trägt  sie  in  der  band,  da  sammelt  sie  die- 
selben hinein,  und  schüttet  sie  wieder  aus.  Kläger  theat.  3, 124. 

saufen:  das  mastixwasser.  welches  er  über  tische  so  be- 
gierig hinein  gesoffen  hatte.  Schelmu/fsky  2,  64 ; 

wie  manchen,  manchen  man 
soff  nnsre  Saale  nein,  wie  manchen  gab  sie  wieder 
weil  sie  schon  war  lu  satt.    Flemi:«c  114  (104,  S9  iMppenb.). 
schachern:   ein  konfiscierter  widriger  kerl,  als  hält  ihn 
irgend  ein  Schleichhändler  in  die  weit  meines  herrgotls  hin- 
«ingeschacbert.  Schiller  kab.  u.  liebe  1,2. 

schauen:  und  da  er  zum  graben  kam  und  hinein  schawet, 
Mhe.  da  sas  Daniel  mitten  unter  den  lewen.  vom  drachen  zu 
Babel  39; 

da  fiels  mein  lebtag  mir  nicht  ein, 
dasz  noch  was  schönres  sollte  »ein, 
als  in  dein  liebes  augenpaar 

hineinzuschauen  immerdar.    R.  Rki5ick  lieder  136- 
in  eure  plane  schaut  ich  längst  hinein.    Göthi  9,307. 
reflexiv:      in  diesen  »piegel  schau  ich  mich  hinein. 

RecKKRT  ges.  ged.  1,  386. 


scheinen:  man  lasse  in  ein  leere?  kubisches  gefäsz  das 
Sonnenlicht  in  der  diagonale  hineinscheinen.  Göthe  52,  89. 

schicken:  seinen  wagen  zum  thore  hinein  schicken;  wenn 
ein  land  an  mir  sündigt,  und  dazu  mich  verschmehef,  so  wil 
ich  meine  band  über  dasselbe  ausstrecken  . .  und  wil  theurung 
hinein  schicken.  Hes.  14,13.  reflexiv:  Aslarte,  ob  sie  gleich 
niemals  von  dieser  schwärmerischen  deutung  ihrer  reize  ge- 
hört hatte,  .  .  .  wuszte  sich  gleichwohl  sehr  schnell  hinein- 
zuschicken, und  das  in  sich  zu  sehen,  was  Giafar  in  ihr 
wollte  entdeckt  haben.  Klisger  5, 84 ;  ich  sage  .  .  dasz,  so 
wenig  zwei  blätter  . .  sich  einander  gleichen,  eben  so  wenig 
gleichen  sich  zwei  lagen  im  menschlichen  leben,  und  dasz 
es  nicht  mit  der  maxime  allein  gelingt,  sich  in  diese  un- 
gleichen lagen  hinein  zu  schicken.  11,104; 

schick  dich  in  die  weit  hinein ; 
denn  dein  köpf  ist  viel  zu  klein, 
dasz  sich  schickt  die  weit  darein. 

PisTORics  thes.  i>ar.  7,  88, 

schieszen,  intransitiv:  in  Bithynia,  gegen  mitternacht,  da 
das  meer  an  Ungern  hinein  scheust.  Lcther  3,267";  transitiv: 
der  mond  schieszt  eben  ein  paar  strahlen  hinein  {in  das 
zimmer).  Leisewitz  Jul.  v.   Tarenl  l,  l  s.  11. 

schiffen:  hineinschiffen,  innavigare.  Hederich  1292. 
schlagen,  l)  «rie  darein  schlagen  Ih.  2  sp.  772;  intransitiv: 
er  schlug  mich . .  nun  will  auch  ich  hineinschlagen.  Klinger 
1,  58 ;  transitiv :  er  rannt  auf  mich  los,  es  war  mir  als  wenn 
mich  der  donner  in  die  erd  hinein  schlug.  Göthe  8,  91 ; 
schlagest  du  einen  teufel  heraus,  so  soll  du  ihr  zehen  wieder 
hinein  schlagen.  Schottel  1137*.  technisch,  beim  iceber  {rergl. 
einschlag  3,  theil  3  sp.  272):  der  faden  wird  hineingeschlagen 
und  nicht  um  seinen  willen  gefragt.  Tieck  8, 187. 

2)  gewaltsam  oder  mit  macht  hineinziehen,  hineintreiben,  in- 
transitiv : 

nehmet  holz  vom  Gchtenstamme, 

doch  recht  trocken  laszt  es  sein, 

dasz  die  eingepreszte  llamme 

schlage  zu  dem  scbwalg  hinein! 

Schiller  glocke  r.  24. 
transitiv:  jeder  köpf,  der  selbst  denkt,  wird  auch  selbst 
sprechen,  und  so  wird  wieder  sein  Vortrag  nach  ihm  gebildet : 
er  wird  seiner  spräche  merkmale  von  seiner  seh-,  von  den 
schwächen  und  lügenden  seiner  denkart,  kurz  eine  eigene 
form  eindrücken,  in  welche  sich  seine  ideen  hineinschlugen. 
Herder  z.  litt,  l,  47 ;  indesz  auf  diese  weise,  mein  herr,  werd 
ich  wenig  fischen,  dasz  man  mich  so  auf  einmal  theils  in  die 
neue  metaphysik  hineinschlägt,  theils  in  den  dialog.  J.  Pacl 
rorsch.  d.  ästh.  3, 154 ; 

der  hunger  wurde  bei  den  Grieben 

hinausz,  das  reichthum  eingestrichen : 

der  hunger  wird  bei  unsem  tagen 

hinein,  das  reichthum  auszgeschlagen. 

LoGAü  1,  119,  6 ; 
viel  in  den  leib  hineinschlagen  sagt  man  im  gemeinen  leben  für 
unmäszig  essen. 

schleichen:  der  dieb  schleicht  ins  haus  hinein;  in  eines 
sinn  hinein  schleichen,  irrepere  in  alicujus  mentem.  Hederich 
1292; 

und  durchs  äuge  schleicht  die  kühle 

sänfligend  ins  nerz  hinein.    Göthr  47,52. 

schleifen,  reflexiv:  mit  etlichen  leichtfertigen  weibern,  so 
sich  heimlich  hinein  schleifen.  Reüter  v.  Speir  kriegsordn.  13. 
schleppen:   weil  der  teufel  .  .  .  mich  im  schlaf  nieder- 
liegenden in  die  sündlichsten  träume  hinein  schleppt.  J.  Pacl 
komet  3,224. 

schleudern:  steine  unter  eine  Volksmenge  hineinschleu- 
dem ;  auch  intransitiv :  wo  kein  sonnenfnnke  hineinhlitzt,  kein 
strahl  hineinschleudert.   Hippel  lebensl.  3,  260. 

schliefen:  es  ist  gleichwol  derselbige  Christus  leib  (tm 
abendmahl),  und  die  thür  auch  verschlossen,  und  Christus  ist 
nicht  zwisschen  den  ritzen  und  negellüchern  hinein  geschloffen. 
Luther  3,480*; 

etlich  lasen  {laufen)  die  buscn  offen ; 
bistu  als  dan  hinein  geschloffen, 
zusehen,  was  im  thal  da  steck, 
so  hant  sie  dich  gwis  wie  ain  zweck. 

Fischart  flöhhatt  1046  (dicht.  2,  30  Kurt). 
schlieszen:  alsdenn  machte  sie  ein  zimmer  auf,  schlosz 
mich  hinein.  Heinse  Ardingh.  1,210. 
schlingen: 

und  er  Hei  über  die  hilfte  (de*  erbeuteten  schweinet) 
schlang  begierig  hinein.  GAthi  40, 183; 

sein  trunknes  äuge  schlingt  mit  gierig  offnen  bHcken 
so  viele  reizungen  hinein.  Wiblaüd  10,  159. 


1423 


HINEIN 


HINEIN 


1424 


schlucken:  welches  (bht)  die  katze  begierig  hinein- 
schhickcte.  Lokmans  fah.id;  die  verfluchte  zunge,  die  manche 
gäbe  goites  hinein  geschlukkel  hatte,  mus  ewiglich  ver- 
schmachten. BuTSCUKY  Palm.  460. 

schlupfen,  schlüpfen:  aus  einem  laden  in  den  andern 
ungesehn  hineinschlupfen.  Fr.  MCli.er  2,114;  das  war  auch 
nicht  artig,  dasz  du  so  früh  hineinsclilupftest  (ins  haus),  als 
wenn  dir  der  schöne  mondschein  die  äugen  zudrückte.  Güthe 
11,4; 

aber  mit  unnih 
sorg  icli,  üasz  mir  indesz  Menoiios  lapl'orem  sprösziing 
fliegen,  hinoingeschlüpft  in  die  erzgesictilagcnen  wuiulen, 
drinnen  gewürm  erzeugen.  llias  19,  25. 

schmeicheln,  reflexiv:  dem  einen  gelingt  nichts,  was  er 
nicht  mit  lebhafter  kraftiiuszcniiig  anfangt;  ein  anderer  hin- 
gegen musz  sich,  so  zu  sagen,  in  jede  sache  hineinschmeicheln. 
Garve  anm.  zu  Cic.  de  off.  1,  208. 

schmeiszen: 

der  cyklops  tobt  und  wiith,  den  grimmen  trachcn  gleich  : 
bald  wird  er  zornig  rot,  bald  wird  er  giftig  bleich 
und  schmeiszt  so  plump  hinein,  als  wolt  er  bäume  spalten. 

ROMPLER   105. 

transiliv :    B.  o  säsz  ich  noch  im  thurm!    L o  thüten 

sie  mir  den  gefallen  und  schmissen  mich  hinein !  Kungers 
theater  2,310. 

schmieden:  die  aus  der  kette  gerissenen  glicder  wieder 
hineinschmieden.  Klinger  5,  377. 

schmiegen: 

mit  leichter  brüst  und  fröhlichem  gewissen 

schmiegt  sie  im  röckchen  nun  sich  in  ihr  bett  hinein. 

Wieland  21.324  (Klelia  «.  Siiiib.  5,399). 

Schoppen:  hinein  Schoppen,  infarcire.  Maaler  224*. 
schrumpfen: 

der  knospe  gleich  am  kalten  miirzentage 

schrumprt,  wenn  des  glückes  Sonnenschein 

sich  ihr  entzieht,  die  seel  in  sich  bioein.    VVieland  9, 108. 

schütten: 

er  (Cupido)  schüttet  die  pfeile 
zum  teuer  hinein.    Göthe  8,  83. 

schwatzen,  schwätzen:  auf  einen  hinein  schwatzen; 
er  schwätzt  sich  in  wuth  hinein. 

sehen:  ich  selber  wollte  allein  die  vokazion  einhändigen, 
um  ins  zitternde  herz,  wenn  es  sich  weit  und  gewaltsam  zur 
aufnähme  der  groszen  wonne  öffnen  musz,  tief  hineinzusehen. 
J.  Paci.  jubelsenior  73.  zusehen,  untersuchen :  dann  wann  einer 
fleisziger  in  allen  unterschied  der  bücher,  mit  welchen  heutigs 
tags  die  kOnst  und  Wissenschaften  praviren,  wird  hinein  sehen, 
so  ist  nichts  zu  finden,  als  die  unterschiedliche  widerholung 
einerlei  sach.  Schüppius  766. 

setzen,  l)  imponere:  und  setzet  den  leuchter  auch  hin  ein 
(in  die  hundesküt(e).  1  Mos.  40, 24 ;  darnach  zog  er  hinein  in 
die  stad,  und  lies  alle  giewel  wegthun  und  ausrotten,  und 
setzet  leute  hinein,  die  gottes  gesetz  hielten.  1  Jl/occ.  13,  48 ; 

setz  du  mir  einen  Spiegel 
ins  herze  hinein, 
damit  du  kannst  sehen 
wie  treu  ich  es  mein. 

Volkslied  'kein  feuer,  keine  kohle'; 

du  bist  hineingesetzt  in  ein  leben,  wo  dir  das  hören  und 
nachdenken  unvenneidlich  wird.  F'reytac  Äawrfsf/ir.  2, 115;  das 
müdel  .  .  .  verschlägt  mir  am  end  einen  wackern ,  ehrbaren 
»chwiegersohn,  der  sich  so  warm  in  meine  kundschaft  hin- 
eingesetzl  hätte.  Schilier  k'ih.  u.  liebe  1,1;  wir  setzen  alle 
unsre  lugend  da  hinein,  nur  das  nfithige  . .  zu  tliun.  Ki.incer 
9,129;  wir.,  setzen  unsere  kraft  vorzüglich  da  hinein,  ruhig 
zu  scheinen,  wenn  wir  es  nicht  sind.  2C9. 

2)  intransüiv,  se  inferre:  der  reiter  setzte  kühn  in  den  ström 
hinein ;  heim  himmel !  die  leute  setzen  und  springen  ja  in 
mein  werk,  wie  in  eine  passagierstuhe  hinein.  J.  Padl  Hexp. 
I.  144; 

er  kam  zum  Ktrand,  er  setzt  hinein, 
hinein  bin  an  das  kinn.    IIürgkr  Hh'  , 

vom  rindrintjen  in  den  feind:  «o  oft  wir  es  imi  iliinn  «,i);»ii 
imd  hinein  setzen  »lillen.  Fhonspkik.er  At/V(/.>^>.  3, 18t';  vom  ein- 
dringen einer  tnaterie  in  die  andere:  porpiiu,  der  seine  glcich- 
zeitigkeit  .  .  .  dadurch  beweist,  dasz  zinuflotze  noch  in  ihn 
hineinsefzen.  Götrk  51,119. 

3)  die  f'irmel  es  hineinsetzeu,  et  teagen,  kniiftß  an  diu  bild 
eme$  eintalzes  beim  spiel  an,  vgl.  eiiiKCtzen  7  Iheil  3,  291,  und 
t»  ballM  tben  $p.V*'i:  der  knnig  würde  den  gefangenen  wider 
heini  tchklttta,  auf  danz  er  seine  hanjitleut  und  her/ogeii  an- 


reitzet,  dasz  sie  es  gegen  dem  feinde  tapfer  hinein  setzten, 
auch  dasz  er  im  seinen  feindt  selbst  günstig  machte,  mehr 
im  zu  dienen,  denn  wider  in  zu  streiten,  buch  d.  liebe  221"; 
verwegen  es  hinnein  setzen,  als  wüclisen  köpfe  auf  bäumen, 
und  licttc  man  das  leben  gestolen.  Schottel  1122"; 

sehen  das  wir  auch  kriegsleut  sein 

und  dörfens  dapfer  setzen  nein.    H.  Sachs  3,1,228', 

drumb,  lieben  leiit,  macht  euch  ein  herz ! 

riist  euch !  es  kan  nit  änderst  sein. 

o  ich  will  es  frisch  setzen  nein, 

mich  wchrn,  wie  ein  redlicher  mann. 

J.  Atrer  397'  (1997,  21  Keller). 

singen:  wenn  er  . .  .  stark  ins  grosze  singen  hineinsang 
(in  den  gemeindege.<tnn;]  einstimmte).  J.  Pacl  leben  Fibeh  25. 

sperren:  einen  in  einen  kaflcht  hincinsperren.  Klincer 
3,  20(i. 

spiegeln:  ha  diese  goldnen  träume,  die  um  mich  her 
wandeln  und  sich  in  mein  inneres  hincinspiegeln.  Fr.  Müller 

2,  57. 

spielen:  eine  vernünftelei,  die  den  begriff  des  zwecks  in 
die  nalur  der  dinge  hinein.xpielt.  Kant  7,230.  reflexiv:  Viriath 
aber  spielte  sich  des  nachts  hinein  {in  die  Stadt  Erisane),  thät 
früh  auf  die  Homer  einen  glücklichen  ausfall.  Lohenstein 
Arm.   1,  893'. 

sprechen:  auf  einen  hinein  sprechen,  reflexiv:  sich  in 
begeisterung  hinein  sprechen. 

sprengen:  er  eilte  gegen  die  kammerthür,  aber  sie  war 
zugefahren,  den  schlttssel  halte  er  beim  hineinsprengen  her- 
unter geworfen.  Göthe  17,  387  ; 

dann  sprengt  er  hinein  (in  die  feinde)  und  führte  den  ersten  »tos-z, 
davon  ein  englischer  ritter  zur  erde  .schosz.    Uhland  tieii.  351. 

springen:  er  foddert  aber  ein  Hecht  und  sprang  hin  ein 
{in  das  geßngnis).  apostelgesch.  16,  29 ;  wer  es  aber  thut  {sich 
nach  den  bilderstürviern  hält),  der  ist  schon  in  den  geisl  {ihrer 
lehre)  hinein  gesprungen  mit  stiffeln,  und  mit  allem,  und  ist 
ein  gcistgele.rter.  Luther  3, 61' ;  man  findet  leute  die  nicht 
alimehlieh  zu  ehren  aufsteigen,  sondern  mit  einem  einzigen 
zulaufe  hinein  springen.  Butschky  ralm.  615; 

ich  spranp  ins  leben  froh  hinein, 
früh  aber  fand  ich  mich  allein. 

SCHHIDT  VOW   LÖtKCK   (1847)  153. 

spülen:  er  öffnete  die  fenster  gegen  den  see,  auf  dem 
ein  zweiter  aus  luftwogen  stand,  der  mit  einer  wärmern  und 
leisern  l)randung  über  die  fenstcrbrüstung  hineinspühlle. 
J.  Paul  biogr.  bei.  1,  91. 

stechen:  {wie  er)  den  dolch  ergriff,  und  ihn  in  den  wanst 
hinein  stach.    Bein,  fuchs  {Rostock  1662)  s.  275. 
stecken: 

und  also 
liesz  der  bar  sich  bethören  und  steckte  den  köpf  in  die  spalte 
bis  an  die  obren  hinein  und  auch  die  vordersten  fusze. 

(iÖTHK  40,  25. 

steigen:  {ein  mann)  hatte  einen  brunnen  in  seinem  hole, 
da  hin  ein  stiegen  sie.  2Sam.  17,18;  welcher  nu  der  erste, 
nach  dem  das  wasscr  beweget  war.  hin  ein  steig  (in  den  teieh], 
der  ward  gesund.  Mt.  5, 4 ;  wer  nicht  zur  thür  hin  ein  gehet 
in  den  schafstal,  sondern  steiget  anderswo  hin  ein,  der  ist 
ein  dieb  und  ein  mürder.  10,1;  Simon  Petrus  steig  hin  ein 
{in  das  schiff).  21,11. 

stellen:  hineinstellen,  inlro  ducere,  immittere.  Stieler  2147. 

steuern:  er  entschlosz  sich  endlich,  wieder  in  das  mecr 
hineinzustcuern.  Beckers  ireltgeseh.  7,24. 

stolpern:  wenn  meine  frau  den  ganzen  tag  am  bUren- 
fiinge  steht  und  zweige  darauf  wirft,  damit  ich  hineinstolpere. 
J.  Paul  uns.  löge  1, 19. 

stopfen:  das  essen  mit  gewalt  in  das  eröffnete  maul 
lunein  stopfen,  cibum  per  rim  ore  didurto  infarcire.  Steinhach 
2,  721. 

stoszen:  er  machet  zehen  kessel,  der  setzet  er  fünf  zur 
rechten,  und  füiife  zur  linken,  drinnen  zu  wasschen  was  zum 
l)rand(i|)fer  gehöret,  das  sie  es  hin  ein  stiesn-n.  2rArf>n.  4. «; 
und  die  esel  mit  sorgen  saufen,  dami  sie  dörfen  ilie  gosch 
nicht  recht  inns  wasser  stii>/.en,  .  .  da  hingegen  ein  gnni  d.is 
gefrJisz  hinein  bisz  über  die  iiasziricher  stos/.t.  (.'«ri). 'Ji:»' ;  ilen 
köpf  oder  das  haupl  in  strick  hinein  slos/en,  intereir  eollum 
in  Uiqueum.  Mam.er  224';  den  köpf  zu  der  zeit  hinein  stus/en 
oder  haben,  ifiserrTc  rapul  in  tentorium.  das. .  mit  dem  enl- 
lilOszIen  buM'n,  in  den  sie  »ich  den  dolch  .  .  .  hineinstö>/i. 
II.  liKiilP.  1,203; 

ttoitf  d'noftnn  bati  In  d'gscbrifl  hiniii.    Irnij.  Juli.  Kv(j. 


1425 


HINEIN 


HINEIN 


1426 


strahlen:  das  hewusztseiii  der  apostel  ist  das  medium, 
durch  welches  die  himmlische  wahrheil  in  die  geschichte  hin- 
einstrahlt. Martensen-  dogmatik  i.  aufl.  s.  32. 

strecken:  er  faszte  meinen  jungen  fcnpf  und  streckte  ihn 
in  seinen  grauen  hart  hinein.  Heisse  Ardingh.  1, 176. 

streifen:  in  ein  land  hineinstreifen,  mearsare  in  regionem. 
Hedebich  1293. 
streuen: 

das  Wasser  selbst  macht  trunken 

von  selickeit. 

bat  ^lauoenshand  den  funken 

hineingestreut.     Voss  poet.  werke  (1835)  168*. 

strömen,  intransitiv:  das  wasscr  strömte  hinein  in  das 
haus;  transitiv: 

und  ein  hauch  aus  ihrem  munde 

strömte  wohlgeruch  hinein  {in  die  roten).    Bürger  115*. 

studieren:  heute  bringt  das  göttliche  recht  keine  groszen 
männer  mehr  henor,  weil  niemand  mehr  einen  lebendigen 
glauben  daran  hat,  die  päpste  selbst  nicht,  sondern,  was 
noch  wie  glaube  aussieht,  das  haben  sie  in  sich  selbst  hioein- 
studirt.  Frantz  krilik  aller  parteien  196. 

stürmen:  Roquairol  kam  wieder  mit  sonderbar  empörten 
äugen;  er  hatte  wild  in  sein  herz  hineingestürmt.  J.  Padl 
Tit.  2, 13S. 

stürzen: 

den  abgnind  saht  ihr,  der  vor  euch  sich  aufthat, 
und,  treu  gewarnet,  stürztet  ihr  hinein. 

Schiller  Maria  Stuart  1,  7. 
reflexiv:  er  stürzt  sich  in  den  ström  hinein. 

tanzen:  die  grüne  finsternisz,  in  welche  leise  glühende 
sonnenfunken  hineintanzten,  wenn  der  luflhauch  die  blätter- 
nacht  öffnete.   BE>fZEL-STERNAü. 

tappen:  unsre  spräche  ist  zu  schwankend,  die  Wörter  zn 
Tieldeutig,  um  genau  in  die  fugen  der  Wahrheit  zu  passen, 
die  natur  hat  die  umrisse  der  begriffe  sanft  in  einander  laufen 
lassen;  wir  tappen  gleichsam  mit  breiten  tatzen  hinein,  und 
vermischen  sie.  M.  Mendelssohn  bei  Gökihgk  Nicolais  leben  s.  197 ; 

ich  pDegte  sonst  doch  billig 

besonnen  noch  zu  sein; 

und  jezo  tapp  ich  willie 

in  albernheit  hinein?    Voss  5,  58. 

tauchen:  hineintauchen,  in  die  /tut.  Klisger  4,191;  trans- 
iliv:  einen  ins  wasser  hineintauchen;  ich  ging  im  langen 
abendthal  an  dem  bewohnten  bach  hinauf  ....  die  hinein- 
gelauchte  sonne  und  die  mücke  mit  ihren  schrittschuh-füszen 
liefen  neben  mir  auf  dem  wasser  weiter.  J.  Paul  uns.  löge  2,7S. 
thun:  uns  geschieht  glich  wie  der  frowen,  die  do  under- 
stot  ein  hert  junger  hüner  in  ein  hafen  zu  samlen,  die  selbig 
wenn  sie  eins  hynin  thut ,  so  springt  das  ander  herusz. 
Keisersberg  tilg.  9';  samleten  alle  speise  .  .  und  theten  sie 
in  die  stedtc.  was  für  speise  auf  dem  felde  einer  iglichen 
slad  umbher  wuchs,  das  theten  sie  hinein,  l  Mos.  41,  48 ;  und 
sie  bereiten  sie  (die  kosten)  zu,  und  theten  hin  ein  die  hebe. 
2  ehron.  3t.  12 ; 

stellts  {das  käs(chen)  hier  nur  immer  in  den  schrein, 

ich  schwör  euch,  ihr  vergehn  die  sinnen; 

ich  that  euch  sächelchen  hinein, 

um  eine  andre  zn  gewinnen.    Götbe  12,  141. 

reflexiv,  sich  in  eine  arbeü  versenken:  wie  wäre  es  also,  wenn 
du  dich  einmal  wieder  hineinthätcst  und  das  werk  fertig 
liefertest.  Zeiter  an  Göthe  2,  94. 

tosen  ßr  tosen:  dasz  es  weit  in  die  weit  hineintöset. 
Tieck  9,223. 

traben: 

und  so  trabt  er  die  höhle  hinein.    Götbk  40,  202. 

tragen:  und  macht  auch  ein  essen,  und  trugs  hin  ein  zu 
seinem  vater.  l  Mos.  27,  31 ;  so  spricht  der  herr,  hütet  euch, 
und  traget  keine  last  am  sabbaths  tage,  durch  die  thor,  hinein 
zu  Jerusalem.  Jer.  17,21;  indem  nun  der  bediente  die  Schachtel 
zu  dem  gnädigen  herrn  hineintrug.  Ixsierman:«  Münehh.  1,65; 
indem  der  forscher  seines  innern,  statt  blos  zu  beobachten, 
manches  in  das  selbstbewusztsein  hineinträgt.  Kant  10, 140. 

trampeln:  so  schoben  sie  .  .  die  Schüssel  so  weit  leise 
Tor,  dasz  der  greifende  häscher  ohne  mühe  hineintrampelte 
und  driiberschlug.  J.  Paul  uns.  löge  1, 97. 

tratschen:  es  kann  als  eine  erklärung  auf  alles,  was 
dame  Fama  aus  ihren  beiden  trompeten  von  ihm  in  die  weit 
hineinträtscht,  angesehen  werden.  Wiela.nd  in  Mercks  brief- 
tammlung  2,81. 

träumen:  verderbliches,  fieberhaftes  hincinträumen  in  den 
letzten  schlaf.  J.  Paul  Tit.  3.77;   irh  erkannte,  dnsz  die  ver- 
rv.  II. 


nunft  durch  diesen  schwinde!  des  absoluten  wissens  sich  hin- 
einträume in  eine  ebenbürtigkeit  mit  der  göttlichen  Weisheit. 
evangel.  kirehenzeitung  1S66  s.  691. 

treiben:  nu  hat  man  diesen  handel  schnell,  purdi,  purdi 
angefangen,  nnd  mit  feusten  hinein  getrieben.  Luther  2,76': 
im  hofe 
lag  ein  eichener  stamm ;  er  hatte  diesen  zu  trennen, 
schon  zwei  tüchtige  keile  hineingetrieben.    Göthe  40,  24 ; 

vom  geistigen  treiben: 

da  war  so  dunkel  keine  scbincht,  so  enge, 
dasz  atmend  forschen  nicht  hinein  sie  trieb. 

Fheiligrath  ilichl.  2,  180. 
treten:    da   trat   bin   ein  die  tocbter  der  Herodias,   und 
tänzele.   Marc.  6,22;    dasz  er  sampt  inen  zumal  hinein  tratt 
(in  die  kammer),  da  er  denn  einen  alten  ritter  im  bett  ligen 
fand.  Amadis  66. 

trichtern:  am  auffallendsten  war  mir  jedoch  ein  strauch- 
artig in  die  höhe  gewachsener  nelkenstock.  man  kennt  die 
gewaltige  lebens-  und  vermehrungskraft  dieser  pflanze;  äuge 
ist  über  äuge  an  ihren  zweigen  gedrängt,  knoten  in  knoten 
hineingelrichfert.  Göthe  29,  49.  5S,  112. 

triefen:  hineintriefen,  instillare.  Stieler  2.32S. 
trinken: 
wir  werden  nie  zu  weise  noch  zu  alt, 
ihr  {der  thorheii)  süszes  gifl  mit  lust  hinein  zu  trinken. 

Wielamd  9,  271  {d.  leben  ein  Iraum  12). 
trommeln:  wenn  mich  der  krieg  einmal  ins  tödten  hin- 
eintrommelt. J.  Pacl  uns.  löge  2, 10. 

trompeten:  während  ...  der  wirthbubc  auf  einem  bier- 
heber  zum  fenster  hineintrompetete.  J.  Paul  Hesp.  2,  65. 

tunken:  die  band  ins  blut  hinein  tunken,  manum  in 
sanguinem  immergere.  Steixbach  2,  882. 

vernünfteln:  wir  vernünfteln  eine  menge  übel  in  das 
ganz  erträgliche  leben  hinein.  Sturz  1, 50. 

wachsen:  die  umarmung  erwärmte  alle  seine  kalten 
wunden,  . .  das  fremde  leben  wuchs  in  seines  hinein.  J.  Paul 
Hesp.  3,  65. 

wagen:  da  er  aber  sähe,  das  das  volk  schew  hatte,  sich 
in  das  wasser  zu  begeben,  da  wagt  er  sich  erstlich  hinein. 
1  Macc.  16,  6 ; 

wiltu  mir  nicht  behülflich  sein, 

wil  ich  mich  wa?en  selbs  hinein  (in  die  gefahr). 

Fischart  flöhhatz  2146  {dicht.  2,  58  Kurz). 

weben:   wir,   die   rächenden   dienerinnen   des  Schicksals, 

weben  euch  hinein  die  quäl.  Klinger  2,  23S ;  oder  flickst  du 

einen  idealisch-historisch-moralischen  roman  .  .  .  zusammen, 

und  webst  deine  ...  groszen  thaten  hinein?  10,277. 

weinen:  ach  ich  dachte,  ich  würde  mich  noch  recht  lange 
. . .  nach  dem  sterben  sehnen  müssen,  ach  ich  besorgte,  diese 
erblaszten  wangen,  diese  hineingeweinten  äugen  würden  den 
tod  nicht  erbitten.  J.  Paul  Hesp.  2, 176. 

werfen:  hineinwerfen,  ingerere.  .Maaler  224':  vergebens  be- 
mühst du  dich,  bleiches  wolkenlicht,  deine  trügenden  strahlen 
auch  dort  hineinzuwerfen.  Frett.^g  handschr.  1,6; 
und  weil  sie  unter  sich  het  gstellt 
ain  alten  hafen  für  die  kalt, 
warf  sie  in  inn  die  glnt  hinein. 

Fischart  flöhhatz  1409  {dicht.  2,  39  Kurz) ; 
und  warfst  du  die  kröne  selber  hinein  {ins  meer). 

Schiller  taucher; 
wüszt  ich  mein  herz  an  zeitlich  gut  gefesselt, 
den  brand  warf  ich  hinein  {in  mein  haus)  mit  eigner  band. 

Teil  1,2; 
du  hast  den  fackelbrand  hinein  geworfen, 
was  packt  dich  jetzt  die  ahnung  der  gefahr?    Kör:<er  2,  297. 

reflexiv:  sich  in  den  wagen  hinein  werfen. 

winden:  sie  flocht  einen  kränz  und  wand  rosen  hinein; 
reflexiv:  es  windet  sich  ein  gang  in  die  höhle  hinein. 

winken:  einen  in  das  haus  hinein  winken. 

wirken:  buchstabcn  in  die  kleider  hineinwirken,  intexere 
litteras  vestibus.  Hederich  1291;  in  die  liebe  hingegen  wirkt 
eifersucht  neue  rannchfaltigkeit  hinein.  Knigce  umg.  vi.  m.  2,82. 

wischen:  one  zweifei  weren  sie  mit  der  schar  hinein 
gewischt  {in  die  Stadt).  Amadis  97; 

und  der  schwarzen  kammer  flügel 

gffnen  sich;  sie  wischt  hinein.    Götter  1,52(34). 

zeichnen:  das  album  ward  ihm  gereicht,  er  zeichnete  eine 
skizze  hinein;  reflexiv:  an  dieser  diinstkugel  (einem  nebligen 
himmel)  oben  zeichnete  sich  die  sonne  wie  eine  erblassende 
nebensonne  hinein.  J.  Paul  uns.  löge  x  65. 

zeigen:  er  zeigte  mit  der  hand  in  das  offne  thor  hinein. 

ziehen,  intransitiv:  Pharao  zoch  hin  ein  ins  meer.  i  Mos. 
15,19;    in  dem  lande,  ...  da  du  hin  ein  zeuchst  über  den 

90 


1427 


HINEIN  — HINFABELN 


HINFAHREN  —  HINFAHRT 


1428 


Jordan.  5  Afos.  30, 1!> ;  und  er  /.och  hin  rin,  und  gicng  durch 
Jericho.  Luc.  19, 1 ;  wie  wir  in  die  stadf  hineinzogen.  Rlijjcers 
theater  4. 121 ;  die  grauen  regenwolken  zogen  das  thal  hinein. 
GöTHE  16,135.  transitiv:  griffen  die  nienner  hinaus,  und  zogen 
Lol  hinein  zu  inen  ins  haus.  i  3foj.  in,  10;  da  aber  der  seine 
band  wider  hinein  zoch.  3S,  29.  reflexiv:  zog  sich  ein  häufen 
Thebaner  in  die  stadl  Platäa  hinein.  Heilman  Thucyd.  173; 
eben  so  werden  die  gedichte  Mariens  von  Frankreich  durch 
den  dufl  der  jähre,  der  sich  zwischen  uns  und  ihre  Persön- 
lichkeit hineinzieht,  anmuthiger  und  lieber.  Göthe  32,  l"6. 

zucken:  der  engcl  der  letzten  stunde  zuckte  wie  ein  blitz- 
strahl  in  die  öde  hülle  hinein.  J.  Paul  Q.  Fixlein  42. 

zwangen:  indem  man  das  theafer  in  einen  concertsaal 
hineingezwängt  hatte.  Göthe  24, 144. 

zwingen:  er  musz  sich  in  empfmdungen  hineinzuzwingen 
wissen,  unter  deren  widernatürlichkeit  sich  seine  seele  sträubt. 
Schiller  rduber,  vorrede. 

4)  hinein  bezeichnet  auch  die  ungefähre  erstreckung  auf  eine 
xü  hin:  bis  in  den  herbst  hinein  blieben  sie  auf  dem  lande; 

dann  plagt  ein  mürrischer  pedant 

die  köprcnen  mit  latein, 

.so  sehr  mamachen  auf  ihn  schmählt, 

bis  in  die  nacht  hinein.    Höltt  122  Halm. 

vielfach  in  Verbindung  mit  verben :  sein  gesiebte  ist  Proteo 
mutabilior;  schauet  gegen  dem  dürftigen  nächsten  immer  in 
die  andere  woche  hinein  [vertröstet  ihn  darauf),  hält  ihme 
keinen  stand.  Butschky  Patm.  298;  der  heutige  abend,  in  den 
er  so  oft  hineingesehen  als  in  eine  hülle,  und  eben  so  oft 
als  in  einen  himmel,  stand  jetzt  als  verwon-enes  mittelding 
von  beiden  so  nahe.  J.  Paul  Titan  3,93;  ein  armer  erdensohn, 
im  gefühl  von  geist  und  fähigkeiten,  muszte  sich  kümmerlich 
ins  leben  hineinschleppen,  und  die  gäbe,  die  er  allenfalls  von 
den  musen  erhalten  hatte,  von  dem  augenblicklichen  bedürfnis 
gedrängt,  vergeuden.  Göthe  25,289;  in  den  tag  hinein  schlafen; 
in  den  tag  hineinschlemmen.  Stieleh  1S27 ;  und  die  letztere 
fnrtnel  erlangt  den  sinn  des  unbestimmten,  sorglosen,  womit  sie 
an  die  oben  unter  no.  2  sp.  1415  genannten  anstreiß :  in  den  tag 
hinein  kaufen,  male  et  nequiter  emere,  in  den  tag  hinein  leben, 
vüam  susque  deque  vivere.  Serz  152*; 

ich  lebe,  frei  von  schwarzen  sorgen, 
gemächlich  in  den  tag  hinein.    (jOtter  1,42S. 

in  diesem  sinne  sciteint  auch  ein  ganz  ungewöhnliches  hloszes 
hineinschlafen  zu  stehen:  ich  hatte  (unter  andern  wilden  völker- 
slämmen)  gesehen  ...  die  Arimphei .  so  unter  den  bätimen 
ohn  alle  Verwahrung  sicher  hinein  schlafen.  Simp/.  2.193  Kurz. 

iktliche  und  zeitliche  bedenlung  des  adverbs  verlaufen  in  ein- 
ander: las  dir  nicht  gefallen  der  gottlosen  furnemen.  denn  sie 
werden  niiner  mehr  from  bis  in  die  helle  hinein.  Sir.  9, 17. 

HINEINBILDUNG,  f:  ja.  was  ist  das  wesen  menschlicher 
geistesthütigkeit,  als  eben  diese  bildnerei,  oder  mit  Schelling 
zu  reden :  hineinhildung  des  idealen  in  das  reale.  Frantz 
krüik  aller  parteien  169. 

HINEI.NBRINGUNG.  f  impoitatio.   Hederich  1291. 

HINEINEN,  adv.  für  hineinhin.  verstärktes  hinein.  B.  BiNC- 
WALD  tr.  Efkart  J3*. 

HI.NEINEK.  adv.  nach  analogie  von  hereiner  (sp.  1080),  aber 
fibel  gebildet,  da  der  letzte  theil  des  irorles  aus  her  abgeschwächt 
i.tt.     es  bedeutet  verstärktes  hinein  : 

ich  dürfte  kurz  in  einer  summn 
um  ganzen  köpf  tu  kurze  kommii. 
vorauf),  w«nn  ich  mein  konig  ohii  Böhm 
mit  mir  nach  Prag  hineiner  nahm. 

OriL  u.  CoHN  118,224. 

HINEINFCHRL'NG,  f.  introductio.  Steinbach  1,391 :  die  hin- 
einfQhmng  von  lebensmitleln  in  die  belagerte  Stadt. 

HINEINWÄRTS,  adr. :  hineinwertz,  introrsiim,  introrsus  \)\- 
svronifs ;  es  waren  enge  fensterlin  an  den  gemachen  und 
erkern  bin  ein  werd«.  Hes.  40,  t«;  und  es  gierigen  leisten 
herumb,  hinein  werds  gebogen.  43;  (philosophen)  weihen  si<  h 
denjenigen  theilen  der  wellweisheit,  deren  fusztapfen,  mit  dem 
Aesopus  zu  reden,  mehr  hineinwerls  als  hinauswerls  gehen. 
l.r.<t8i5G  6,  :kw. 

HINEINWEG,  m.:  wenn  ihn  [Wirütelmann)  der  frühere  hiii- 
einweg  durch  da«  bergigle  und  feUigte  Tyro!  intere»«iert.  ja 
entzückt  hatte.  Göthe  37. «.'.. 

HINFABEI-N.  verh.  ftihchtd  hinsetzen :  der  denkende  inen''cli 
bat  di»-  wundrrlii'he  i'igen>rhail.  <ia«/  i-r  an  die  >i|p||e.  «n 
da«  unaufgelöHie  problem  liegt,  gerne  ein  phnntaKiebild  liin- 
fabelt.  GöTiir.  K,  2Vi ;  H»m>  fnbelhaßes.  unqlnubtirhet  Mn  sngrii 
{rgi  hin  \.r,,a  »p.  137.»):  er  fabell   etwa«  hm. 


HiNF.\HHEN,  verb.  in  mehreren  bedeutiingen. 

1)  allgemein,  von  einem  sprechenden  weg  und  himedrts  fahren, 
fort  ziehen,  gehen:  ahd.  gang  115  inti  far  hina,  wanta  HirAde» 
wili  thih  arslahan  {eri  et  vade  hinc,  quia  llerodes  vuH  te  occi- 
dere).    Talian  «2, 1 ; 

mild,  er  sprach:  vart  hin,  ir  ribbalt  (laugenichts). 
mülslege  al  ungezalt 
.«ult  ir  hie  vil  enpfähen, 
weit  ir  mir  fürbaj  nähen.    Pnrz.  360,25. 

nhd.  da  antwortet  im  sein  waffentregcr,  thu  alles  was  in 
deinem  herzen  ist,  far  hin,  sihe,  ich  bin  mit  dir.  l  Sam.  14, 7; 
far  hin,  und  thu  also.  2  chron.  18, 22 ;  ich  bin  im  geiste  ge- 
bunden, fahre  hin  gen  Jerusalem,  weis  nicht  was  mir  daselhs 
begegnen  wird,  apostelgcsch.  20,22;  lassen  hinfaren,  ausz  den 
armen  gon  lassen,  dimitlere  e  complexu  suo.  Maaler  224';  fahr 
hin,  und  nimb  deiner  sachen  gleichwol  gut  acht.  Schuppils 
838;  ich  sehe  sie  auf  dem  starken  rosse  hinfahren  {reitend), 
gleich  dem  winde.  Klincer  6,32.  bildlich:  hinfaren,  nähend 
dem  zil,  praevaricari.  Maaler  224°. 

2)  eingeschränkter,  sich  zu  wagen  oder  schiffe  fortbewegen: 
faret  hin  aufs  meer.  Jes.  23,6;  also  bald  war  das  schiff  am 
lande,  da  sie  hin  füren.  Joh.  6, 21 ;  es  kam  mich  eine  sehr 
wunderbare  empfindung  an,  da  wir  so  an  dem  forste  hin- 
fuhren. Klinger  1,36; 

gieb  mir  drei  schilTe !  su  falir  ich  hin 
und  suche  nach  einenv  throne.    Uhiand  ijed.  383; 
wann  schon  die  erntewa^'en,  liocli  geladen, 
hinfahren,  von  gesang  und  klang  begleitet.    435. 

tu  transitiver  fügung:  der  Schiffer  fuhr  ihn  hin  zur  kleinen 
insel ;  sie  wurden  vom  kutscher  nach  der  Stadt  hin  gefahren. 

3)  hinfahren  bezieht  sich  auf  entsprechende  hewegung  von  dingen : 
ein  feuerflammen  fuhr  zwisschen  den  stücken  hin.  1  Mos.  1.5.17; 
es  ist  die  stimme  des  herrn  selbst,  die  dann  über  die  wölken 
hinfährt.  Tieck  2,  84  ;  namentlich  auf  bewegungen  der  glieder  des 
leibcs :  er  fuhr  mit  der  band  über  seine  stirne  hin; 

eine  thet  bei  dem  tisch  hin  fahren 
mit  der  band  tief  under  ilas  kleid. 

FiscuART  diclil.  2,  403,  592  A'urz; 

und  darf  ich  dann  in  solchen  reichen  haaren 

mit  vollen  bänden  hin  und  wieder  fahren.    »iöTUK  5,52. 

4)  mit  hinfahren  wird  der  begriff  des  Schwindens  und  unter- 
yehens  verbunden :  und  der  herr  sprach  zu  mir,  und  wenn 
gleich  Mose  und  Samuel  für  mir  stünden,  so  hab  ich  doch 
kein  herz  zu  diesem  volk,  treibe  sie  weg  von  mir,  und  las 
sie  hin  faren.  Jer.  15, 1 ;  der  summer  fart  hin,  und  vergadt. 
effluit  aesta.1.  .Maaler  224';  die  tage  fahren  hin.  tempora  la- 
bitntur.  Stieler  409;  ein  unwiderbringklich  sache  soll  man  hin- 
faren lassen.  Aimon  bog.  D  iij ;  ach  I  wie  wol  denen,  die  deine 
(dir  weit)  geiueinschall  ausschlagen,  deine  schnelle,  augen- 
blicklich hinfahrende  freude  verachten.  Simpl.  i,  114  Kurz; 

lasz  .  .  .  sorgen  und  verdrusz  hinfahren.    Wrckhsrli!«  421 ; 
leben,  fahre  hini    Schiller  Turandol  4,10; 
fahret  hin,  fahret  hin, 
grillen,  gehl  mir  aus  dem  sinn. 

."))  hinfahren,  vom  sterben :  wie  er  nacket  ist  von  seiner 
mutterleihe  koinen,  so  feret  er  wider  hin,  wie  er  komen  ist. 
und  nimpt  nichts  mit  sich  von  .seiner  erbeit  in  seiner  hand, 
wenn  er  hin  feret.  pred.  Sal.  5, 14 ;  in  der  helle  da  du  hin 
ferest,  ist  weder  werk,  kunst,  Vernunft  noch  weisheil.  9, 10 ; 
der  mensch  feret  hin  da  er  ewig  bleibt.  12,5;  im  sterben 
und  letztem  hinfaren.  Luther  1.1»'.  3,2";  fahr  hin,  meuchel- 
mörderl  (er  sticht  ihn  lodl).  Schiller  r<ii«6er  4,5; 

0  wol  dann  dir,  die  also  hin  soll  fahren.  Opit«  I,  188. 
auch  bezüglich  des  nbholens  in  die  ewigkeit :  und  wäre  das  mein 
bitt  zu  gott  (als  er  verwundet  in  schmerzen  lag),  die  ich  thet. 
wann  ich  in  seiner  göttlichen  gnad  wäre,  so  soll  er  im  nahmen 
gottes  mit  mir  hinfahren,  ich  wäre  doch  verderbt  zu  einem 
kriegsmann.  Götz  v.  Beri  .  ho. 

(i|  vergl.  auch  dahin  fahren  theil  i.  «m7.  688. 
HINFAHBT,  f  fuhrt  narh  einem  hinwärts  gelegenen  orte:  die 
iiinfahrt  nach  dem  schlösse  geschah  hei  dem  schönsten  weller. 
auf  der  herfahrt  regnete  es;  rni  der  eisenlinhn  werden  hillelli- 
für  die  hin-  und  ziiriic  kfahrl  nnrh  und  von  einem  orte  aus 
gegrlien,  früher  alter  vorzugsweise  das  iregzirhru,  verUuten,  dri 
iilisrhied :  liinfahrl,  seressus,  decessus,  abitio.    ^ii-im   40"); 

d.i<.t  ich  nun  die      mein  hon  het  i' 

;um  liOcIiKiiMi  um  orIW'uen 

ernl  sol  Verlan.      wie  wlrt*  Ir  gnn'.' 

mein  hlnlnrl  tut  mlrb  reuen. 

(;Apkri  «.  TitTMAU«  Ue4erh.  56,24. 


1429 


HINFÄHRTE  —  HINFALLEN 


HINFÄLLIG—  HINFLIEGEN 


1430 


häufig  (tutch  hinfuhren  5)  vom  sterben :  und  ir  abschied  wird 
für  ein  pein  gerechnet ,  und  ir  hinfart  für  ein  verderben. 
weish.  Sal.  3, 3 ;  ich  han  sie  angelogen  fälschlich  und  pöslich 
und  sind  frumm  leut,  das  red  ich  auf  mein  sterben  und  auf 
mein  leisten  hinfart.  ä.  städtechroti.  5,  307,  3 ;  herr,  sprach  die 
herzogin,  ich  will  solchs  auf  mein  letzte  hinfart  behalten, 
dasz  ich  den  buben,  desz  man  mich  zeuht,  nie  gesehen  habe. 
Galmy  319 ;  bei  unserer  höchsten  seelen  Seligkeit  und  letzten 
hinfahrt.  Recter  v.  Speib  kriegsordn.  20;  ich  will  mich  als 
gute  Christin  zu  meiner  hinfahrt  bereiten.  Raben  er  iceri«  4,149; 

es  jagen  uns  die  welleu 
der  trübsal  fohrt  und  iobn,  doch  ist  ein  uatei-scheid 
der  hinfahrt  durch  den  tod  am  alter  und  der  zeit. 

Rist  Pam.  AT. 

die  Jäger  nennen  hinfahrt  den  zug  des  wildes  rom  feld  zu  liolz 
und  die  spur  davon,  im  gegensatz  zur  wiederfahrt,     s.  hinftihrte. 

HINFÄHRTE,  f.  was  hinfahrt  in  der  zuletzt  gegebenen  tech- 
nischen bedeutung:  einige  halten  >iel  davon,  den  hund  so  zu 
arbeiten,  dasz  wenn  er  auf  die  hin-  oder  nachfährte  gezeichnet 
hat,  er  sich  umkehre  und  auf  die  wiederfahrte  auch  zeichne, 
man  nennet  dieses :  der  hund  sei  auf  den  ab  und  wieder- 
sprung  gearbeitet.  Heppe  jagdlust  17S3  1, 46. 

HINFALL,  m.  dedinatio,  obitus.  Stieler  423. 

HINFALLE.N,  verb.  prolabi,  sublM. 

1)  nach  hin  I,  7  sp.  1376,  abwärts  fallen,  zu  baden  fallen :  und 
sol  einer  über  den  andern  hin  fallen.  3  Mos.  26,  37 ;  das  kind 
ist  auf  den  boden  hingefallen;  wer  hinfällt,  steht  wol  auch 
wieder  auf;  nach  aller  liinge  hinfallen,  pronum  corruere.  Friscb 
1,244*; 

der  ein  fiel  hin,  der  ander  her.  Uhlamd  tollisl.  648; 
namentlich  mit  dem  nebensinne  des  Vergehens,  todtseins:  denn  es 
sollen  wol  berge  weichen  und  hügel  hin  fallen,  aber  meine 
gnade  sol  nicht  von  dir  weichen,  und  der  bund  meines  friedes 
sol  nicht  hin  fallen.  Jes.  »4,10;  sie  {die  wülfe,  die  einen  bach 
worin  ochsenhiJute  lagen  aussaufen  wollten,  um  die  ochsenhäute 
zu  bekommen),  soffen  aber,  dasz  ihnen  der  magen  platzete, 
darüber  hinlielen,  und  doch  die  heute  musten  liegen  lassen. 
Lokmans  fab.  34; 

und  wären  dazumal  die  hellgestirutea  ballen  (sterne). 
vom  iunern  zuge  frei,  ins  chaos  hingel'allen, 
sie  hätt  ich  ohne  reu  gesehen  untergebn. 

BoDHER  bei  Haller  (1766}  IM). 

2)  hinfallen,  als  bild  für  vergehen,  verschwinden :  danuiib  hat 
gott  in  keinem  cuncilio  dem  bapst  nachgelassen,  das  dis 
geendert  sei  worden  .  .  .  wer  hat  es  denn  gethan  ?  der  ge- 
meine man,  denn  es  ist  von  im  selbs  hingefallen.  Luther 
3, 2«3';  die  hüpsche  und  schöne  ist  hingefallen  und  verloren, 
vuUus  cessere.  Maaler  224*;  die  liebe  ist  eine  sündliche  neigung, 
wenn  sie  auf  einer  geilen  diirne  hinfallenden  Schönheit  haftet. 
Bltschey  Patmos  176 ;  hingefallener  glaube,  afflicta  fides.  Stie- 
ler 423; 

es  denkt  mich  noch  ein  spiel  bei  meinen  jungen  jähren, 
drinn  ich  ein  könig  war,  da  andre  knechte  waren, 
da  nun  das  spiel  war  ausz,  fiel  meine  Hoheit  hin. 

LocAU  l.  25,  ^4 ; 

tgl.  nachher  hinfallig.  hinfallen  lassen,  in  bezug  auf  ein  ver- 
sprechen, es  nichtig  sein  lassen:  von  stund  aber  lieszen  die 
mönch  ire  hievor  dem  bischoff  gethanc  zusagung  hinfallen  und 
erkieszten  ein  abt  nach  ihrem  gefallen.  Stumpf  (1606)35S". 

3)  hinfallen,  in  anderem  sinne,  nach  einem  ziele  fallen : 

was  wehrt  es  denn  mir  men.'^chensatzung.  blosz 

aus  blödem  wahn,  in  .Mollys  wonneschoosz, 

von  lieb  und  lusi  bezwungen,  liinzufallen?    Dcrger  69'. 

übertragen,  mit  den  gedanken  worauf  verfallen :  was  thut  ihr, 
o  meine  landsleut?  wo  fall  ihr  hin?  was  für  ein  furi  hat 
eure  gemähter  bethöret?   Schlppius  693. 

4)  participium  des  praesens  und  infinitiv  in  eigenartigem  ge- 
brauche, hinfallende  sucht,  auch  das  hinfallende  und  das  hin- 
fallen nannte  man  die  epilepsie:  hinfallende  sucht,  morbus 
caducus,  comUialis  Stieler  423;  von  dem  wehtagen  oder  hin- 
fallenden «euche.  Ufke.nbach  neues  rossb.  2.  45 ;  die  bauren  . . 
meinten,  der  sigrist  bette  den  hinfallenden  siechtagen.  Wiceram 
rollw.  175,27  Kurz;  in  dem  buch  vom  hinfallenden  sicchtage. 
I'aracelsüs  opp.  1,567A;  liber  de  caducis  das  ist  von  hin- 
fallenden siechtagen.  5!>9ß;  in  den  groszen  nöthen  des  gehen 
todts,  des  hinfallenden  und  dergleichen.  591  C ;  das  hinfallend. 
5U4B;  zu  Augspurg,  sagt  herr  Velschius,  hab  er  ein  schön 
mannbares  inägdlein  an  dem  hinfallenden  mit  diesem  pulver . . 
vullkommenllich    rurirt    gesehen.    Huhrerg  2,627*;    das    hin- 


falled ,  hinfallende  noch  jetzt  in  diesetn  sinne  in  Vurarlberg. 
Fromm.  4,2:  in  Baiern.  Schm.  1.522;  in  Kärnthen.  Lexer  89; 
das  hinfallen,  epUepsia,  morbus  caducus  Frisch  1,244';  der  eine 
hat  den  grind,  der  ander  den  krebs,  . .  der  zwölfte  den  aus- 
satz,  der  dreizehende  das  hinfallen.  Simpl.  2, 113  Kurz.  tgl. 
das  fallende  Iheil  3  sp.  12S6. 

HINFÄLLIG,  adj.    l)  an  hinfallen  1  angeschlossen,  hinfallend: 
recidicus  hinfallig,    verderbt  in  hinwellig,    hinfellig  Dief.  4S7* : 
hinfellig,  zum  fal  gericht.  Maaler  224';  datier  sterbend: 
manic  mensch  wirt  vor  zom  binvellic.     Ilciiner  14000. 

2)  nach  hinfallen  2,  zunt  untergehen  reif,  dem  Untergänge  nalte: 
das  hinfellig  alter,  declinata  aetas  Maaler  224' ;  kaum  aber  ist 
alles  dieses  gute  (die  ernte)  in  des  menschen  gewahrsam  ge- 
bracht, so  schleicht  auch  der  herbst  schon  wieder  heran,  und 
unser  dichter  nimmt  rührenden  abschied  von  einer,  wenigstens 
in  der  äuszeren  erscheinung  hinßJligen  natur.  GOthe  33,152; 
ohne  kraft  sich  aufrecht  zu  halten,  ohne  bestand,  vergänglich . 
caducus  hinfellig,  unbestendig  DasiiT.;  hinfellig  oder  zergengk- 
lich  lob,  das  nit  lang  wäret,  fama  caduca.  Maaler  224';  die 
hinfällige  Schönheit,  decor  fluidus.  Stieler  423 ;  darumb  haben 
sie  (die  Franzosen)  auch  die  allerweiszest,  zartesl  und  hin- 
felligest  blum,  die  lüg,  zu  ejm  zeichen  im  w  apen.  Garg.  127* ; 
wünschen  sie  mich  also  gesund.  .  .  .  aber  wo  möglich,  mit 
einem  kleinen  denkzeichen  gesund,  mit  einem  kleinen  pfähl 
im  fleische,  der  den  dichter  von  zeit  zu  zeit  den  hinfälligen 
menschen  empfinden  lasse.  Lessixc  12, 165.  ohne  halt,  von 
behauptungen  und  aussagen :  hinfalliges  vorgeben,  vanus  prae- 
textus  Frisch  1,244*;  diese  ineinung  ist  gar  grundbrüchig  und 
hinfällig.  Schottel  haublspr.  S62. 

3)  hinfällig,  bei  Götue  in  eigener  bedeutung,  nach  einer  be- 
stimmten richtung  hinfallend  (vgl.  hinfallen  3): 

im  leben  isis  bald  bin-  bald  wiederlalli?, 

es  ist  ein  tand  und  wird  so  durcbgetandelt.    3, 101. 

HINF.\LLIGKEIT,  f  defetisceiUia,  infirmitas.  Frisch  1,244*: 
hinfälligkeit  des  gedächtnüsses,  memoriae  labes.  Stieler  423; 
die  hinfölligkeit  der  kräfte,  virium  debilitas.  Steinbacb  1,S7&; 
int  plural  auch  die  merkmaU  der  hinfälligkeit:  die  hinfälligkeiten 
des  alters  empfinden.  .\dell'.ng. 

H1NF.\LTEN,  rer6.; 

ein  arm  war  um  den  andern  geschlungen, 
ihre  bände  nach  Golgatha  hin  gefaltet.    Klopstocc  4,  l&. 

HINFÄRBE.N,  verb.:  eine  eile  leinwand,  worauf  sie  (/«riie» 
und  adltge)  selber  hingefärbt  sind  (gemalt),  i.  PicL  Hesp.  1, 179. 

HLNFASELN,  verb.:  einige  (gemälde)  nur  bingefaselt,  aber 
auch  im  fasel  ist  Rafael  schaffendes  genie.  Stolberg  6, 15. 

HINFEGEN,  verb.  wie  ein  besen  wohin  gehen  oder  kommen : 
wind  fegt  über  die  ebene  hin;  von  personen:  er  fegt  durch 
den  saal  hin,  beim  tanzen ; 

fegend  ward  er  her  und  bin, 

zum  türleiu  ein  stund  im  der  sinn,    ring  9*,  24. 

HI.NFINDE.N,  verb.  reft.:  der  fremde  hatte  den  weg  von 
seinem  gasthofe  hierher  gemacht,  konnte  sich  aber  nicht 
wieder  binfinden. 

HINFLEGEL.N,  verb.  refl.  sich  flegelhaft  wohin  legen  oder 
stellen :  der  ochs,  der  im  evangelieubuch  sich  so  phlegmatisch 
neben  seinen  heiligen  gefährten  hinflegelt  wie  ein  Schäfer- 
hund. MusÄLS  volksm.  275;  dasz  er  sich  allein  vor  ihm  wie 
ein  grobian  heiter  hinflegelt.  J.  Pacl  vorsch.  d.  ääh.  3,  50. 

HINFLEHE.N,  verb.: 

dort  wobnl,  nach  der  mein  herz  biuOehl. 

RccKERT  ges.  ged.  1,  25S. 

HINFLETSCHEN,  verb.  refl.  reclinare,  ßr  hinUetzen.  Stie- 
ler 510.     s.  fletschen  2,  theil  3, 1770. 

HINFLIEGEN,  verb.  nach  einer  vom  sprechenden  abliegendtn 
richtung  fliegen: 

liebeben,  ach !  im  starren  bände 

zwängen  sich  die  freien  lieder, 

die  im  reinen  hiramelslande 

munter  flogen  hin  und  wieder.     Göthe  5.  54. 

in  dieser  richtung  eilen: 

und  als  nun  hinter  ihm  die  mauern  ragen, 
da  (liegt  er  über  hecken  hin  und  graben. 

Umland  ged.  44.1. 
wegfliegen,  forteilen : 

das  hinfliegend  gelück.    H.  Sacbs  2,  2,  i7* ; 

ja,  die  zeit  ist  hingeflogen, 

die  erinnrung  weichet  nie.     Uu.a:<d  ged.  194. 

90* 


1431 


HINFLIEHEN—  HINFLUTHEN 


HINFORDER  — HINFORT 


1432 


HINFLIEHEN,  verb.  nach  einem  ziele,  einer  abliegenden  rich- 
tung  fliehen :  wo  sol  ich  hin  fliehen  für  deinem  angesicht? 
ps.  13»,  7 ;  da  wir  hin  flohen  umb  liiiife,  das  wir  errettet 
würden  Ton  dem  könig  zn  Assyrien.  Jes.  20,5; 

wo  bist  du  hingcflohn,  geliebter  friede? 

gen  hiinmel,  in  dein  mutterüGhes  land?    Rahlbr  1,41. 

»egfliehen : 

und  so  fliehen  meine  tage, 

wie  die  quelle  rastlos  hin.    Schiller  parasil  4, 4. 

HINFLIESZEN,  verb.  nach  einer  abliegenden  ricMung  flieszen : 
das  die  wasscr  zwischen  den  bergen  hinflieszen.  ps.  104,10; 
alle  wasser  laufen  ins  meer,  noch  wird  das  mcer  nicht  völler, 
an  den  ort  da  sie  her  flicszen,  flieszen  sie  wider  hin.  pred. 
Sal.  1,7.  bildlich:  er  sah  aber  vorher  lange  in  den  mond- 
schein  hinaus  —  landschaft  und  seele  verwebten  sich  in  ein- 
ander seltsam  und  süsz  —  er  flosz  mit  dem  Schimmer  in  die 
auen  hin.  J.  Paul  leben  Ftbels  s.  71 ;  so  flössen  abermals  einige 
Wochen  in  liebesglflck  und  wechselverfcrtigung  hin.  Immebmann 
Münchh.  1,  60 ; 

und  ihre  schwarzen  augenbrauen 
die  flössen  ihr  so  fein  und  sanft  verloren  hin? 
Wieland  10,  192. 

zerfliesien,  durch  ftieszen  vergehen :  liqiiescere  zerschmelzen,  hin- 
flieszen. Melber  varü.  03';  hinflieszen,  dimanare  Maaler  224*. 
vgl.  hinflüssig. 

HINFLÖH.NEN,  rerb.  hinflüchten,  vgl.  flöhnen  tlieä  3, 1815  f 
dasz  ich  . .  sie  (ei»  flüchtendes  weib)  durch  hecken  und  standen 
an  den  allerdicksten  ort  des  gesträuchs  führete,  da  ich  selbst 
mein  weib,  kind,  gesind  und  viehe  hingeflehnt  hatte.  Simpl. 
•2,39  Kurz. 

HINFLÜSZEN,  verb.  hinflieszen  machen,  s.  flöszen  Iheil  3 
1^20.1821:  Orosius  soll  den  flusz  Gangen  in  dise  statt  geleit 
und  mit  wasser  hingeflöszt  haben.  Frank  wellb.  180\ 

HINFLÜCHTEN,  verb.  l)  transitiv,  hinfliehen  maclien,  durch 
das  hinfliehen  in  Sicherheit  bringen:  er  flüchtete  seine  ganze 
habe  hin  in  die  dicksten  wülder;  reflexiv: 

wenn  alle  weh  dich  herzlos  kalt  verhöhnt, 
so  flüchte  du  dich  hin  zu  unserra  grabe. 

Schiller  hr.  von  Messina  (514'). 

2)  intransüiv,  wie  hinfliehen:  in  eine  ferne,  einsame  hütte 
hinflüchten.  Klinger  2,417. 

HINFLÜCHTIG,  adj.  hinfliehend,  fortfliehend,  mlid.  hinvlühtec 
(Lever  mhd.  tcb.   1, 1301): 

lasz  machen  uns  ins  hausz  hinein, 
die  fraw  wird  nit  lang  auszen  sein, 
ergrifl"  sie  uns  dausz  vor  dem  hausz, 
so  würd  sie  zornig  überausz 
lind  würd  uns  für  liinflüchtig  schelten. 

H.  Sachs  5,217»; 

das  leben,  so  du  (twtt)  uns  gibest,  ist  eine  elende  pilgerfahrt, 
ein  unbeständiges,  ungewisses,  hartes,  rauhes,  hinflücbtiges 
und  unreines  leben.  Simpl.  2,114  Äurz;*  was?  sagte  ich  zu 
mir  selbst,  glauben  und  folgen  diese  dem  offenbarten  wort 
goltes  der  heiligen  schrift  nicht,  die  ihnen  täglich  vor  äugen 
liegt,  . .  was  wird  dann  deine  hinflüchtige  stimme  bei  ihnen 
auszurichten  vermögen?  3,  40S;  vier  dinge  hat  der  arme  mit 
den  fürsten  gleich :  gesundheit,  schlafen,  gedanken  und  hin- 
flüchtiges leben,  polit.  stockf.  140. 

HINFLUG,  »J.  das  hinfliegen,  fortfliegen :  dasz  man  einem 
spatzcn  nachheng  und  ein  hennen  verlier,  oder  in  gefahr  des 
hinflugs  setze,  kriegsb.  d.  fr.  103 ;  bildlich  für  verlast : 

doch  mein  verdnisz  kan  nicht  lang  wehren, 

weil  ihr  torrcclitf-r  wankelmuht 

er>t  kam  nach  ubergebnem  gut, 

und  nach  dem  hindug  ihrer  ehren.    Weckbbrlin  397. 

HINFLUSZ,  m.  das  hinflieszen,  die  ^rötnung:  spricht  Esaias. 
die  do  mit  erberind  und  hofTnung  uinhgcbcn  sini,  die  sint 
eben  und  uit  anders,  denn  als  ein  boum  der  do  stet  an  dem 
hinflnsz  der  wasser.   Keisersberg  bilg.  27'. 

HINFLÜSSIG,  adj.  fortflietzend :  hinflüssig,  fluidus,  das  hin 
und  ab  wSg  fleUszt.  Maaier  224' ;  darümb  wollen  wir  weinen, 
Küffzen  und  tniren,  . .  so  wir  gedenken  wo  wir  nun  sint,  in 
terra  aliena  zu  Babylonie  in  diser  weit,  die  do  ist  hinflüssig 
als  da«»  wasscr.  Keisersh.  bilg.  M>S*.  zerflieszend :  liijuefaetum, 
weich  hinflüssig  worden,  zerNcbmolzcn.  Melber  raril.  o3'; 
Uquttcere  zerschmelzen  .  .  hinfluosig  werden.  o4'. 

HINFLUTHEN,  verb.: 

{ein  »anderer  der)  bald  den  srhimmcmden  Bther 
ftber  sich  tchnui,  und  b.iM  in  den  n  ■  '  ■  ndcm  «pi<!gel, 

lief  blnunfr  ((•'«rAlhi,  ihn  rrhiicki  ni  nen  xirrnt-ii 

.  '  ■ '     <  .  .1.  1.  i;u. 


HINFORDER,  adv.  von  jetzt  oder  von  da  ab  weiter,  fernerhin, 
nebenform  zn  hinfürder  (s.  d.),  vergl.  auch  forder  Iheil  3, 1889 
und  forderhin  1890:  lasz  ihn  (den  teufet)  hinforder  keinen  an- 
spruch  an  mir  haben.  Schuppids  436.  Verschiedene  abwcichungen 
in  der  form: 

an  ort  und  ende  woll  er  es  vielmehr  versenken, 

da  keinen  menschen  es  mehr  solt  hinforier  krcnkeu. 

D.  v.  D.  Werder  Ariost  9,87,6; 
hinförter,  imposteritm,  posthac  Stieler  539;  hinforder.  Neakder 
bedenk.  39';  jederman  wird  sich  hefleiszen,  unter  seinem  wein- 
slock  und  feigenbaum  hinfürder  gott  zu  dienen.  Simpl.  2, 12S 
Kurz; 

wann  er  nicht  wolt  zugeben, 
dasz  sie  hinfordert  mehr  im  solle  widerstreben. 

D.  v.  D.  Werder  Ariust  32,  33.  6. 
HINFORT,  adv.,  das  durch  zcüliclws  hin  (s/).  1377)  näher  be- 
stimmte fort  in  temporaler  bcdcutung,  vgl.  the'd  4',  8.  noch  im 
Iti.  jdhrh.  genügt  in  diesem  sinne  vorwiegend  blosz  das  letztere, 
doch  kommt  daneben  hinfort  mehr  und  mehr  auf  (ein  hinnen  vorl 
bcreäs  aus  dem  12.  jahrh.  wird  nachgewiesen  im  mhd.  wörterb. 
3,  380"),  um  seit  dem  17.  jahrh.,  in  gcmeinschaß  mit  den  gleich- 
bedeutenden lltrtan  und  forthin  (i",  li)),  fori  zurikkzudrängen. — 
Wie  neben  fort  die  form  fürt  steht  {thcil  4',  900),  so  gilt  neben 
hinfort  auch  hinfurt,  Luther  wendet  stets  die  letztere  form  an, 
obwol  er  nur  fort,  nicht  fürt  schreibt;  auch  andenoeit  ersdieint 
es  im  16.  jahrh. :  Bocc.  2, 140" ;  wan  der  mensch  steht  dann 
evvicklich  in  der  ruhe  und  arbeit  hinfurt  nichts  mehr,  als  er 
alhie  gethan  hat.  Carlstad  vom  sabbat  Diij'.  Der  begriff  von 
hinfort  zeigt  sich 

1)  an  das  gegenwärtige  in  Wirklichkeit  oder  Vorstellung  ange- 
knüpß,  es  heiszt  von  nun  an,  von  jetzt  ab:  also,  wenn  du 
werest  gewesen  ein  ehebrecher,  hurer,  gcilziger,  so  sol  dich 
die  taufe  leren,  das  du  hinfurt  nicht  mehr  schlahest,  ehe- 
brechest, geitzest,  stelest  und  raubest,  das  vorige  sol  ver- 
geben und  todt  sein,  und  hinfurt  ein  ander  froin,  gerecht, 
wolthclig,  züchtig  mensch  werden.  Luther  6,297';  wo  nu  das 
salz  thuni  wird,  wo  mit  sol  man  salzen  ?  es  ist  zu  nicht  hin 
fürt  nütze.  Matth.  5, 13;  du  kansl  hinfurt  nicht  haushalter  sein. 
Luc.  IC,  2;  ich  hab  den  lauft  vollendet,  ich  hab  glauben  ge- 
hallen, hinfurt  ist  mir  beigelegt  die  krön  der  gerechtigkeit. 
2  Tim.  4, 8 ;  ich  will  hinfort  meine  stimme  zwingen  und  mäszig 
rufen,  pers.  rosenth.  4, 12 ;  gehe  hin  {du  unsichtbar  machendes 
Vogelnest),  sagte  ich ;  deinet  halben  soll  hinfort  keines  menschen 
heimlichkeil  durch  einen  andern  gesehen  und  ofl'enbahret  wer- 
den !  durch  dich  soll  hinfort  niemand  mehr  weder  um  essen 
noch  trinken,  viel  weniger  um  geld  bestohlen  werden  !  du  solsl 
hinfort  weder  manns-  noch  weibsbildern  den  weg  zeigen,.,  sich 
im  werk  der  unkeuschheit . .  zu  besudeln!  Simpl.  3,430  Äurs; 

ach,  dein  gesciieiik  —  mir  bricht  das  herz  — 

ich  darfs  hinfort  nicht  tragen.    Gotter  1,95; 

so  komme  denn  in  diesem  sinn  hinfort  aus  meinem  munde  nichts. 

Platen  82. 
bei  Arndt  mit  ungewöhnlicher  betonung: 

vergicb  mir  meine  weise, 
mir  hinfort  gnädig  bleib!    ged.  (1840)  «.60; 
gegen    du  schläfst  auf  deinem  kisseii 

hiDfüi'l  uicht  einsam  mehr.    riaa. 

2)  in  dei-  erzählung  auch  an  eine  Vergangenheit  angeschlossen, 
ron  da  an:  aber  der  mensch  ist  toll  und  töricht  worden, 
nach  dem  er  von  gottes  worl  und  gehot  gefallen  ist,  das  hin- 
furt keine  creatur  lebt,  die  nicht  klüger  sei,  denn  er.  Luther 
5, 423' ;  und  es  stund  hin  fürt  kein  prophet  in  Israel  auf, 
wie  Mose,  b  Mos.  34,10;  und  thiirst  auch  niemand  von  dem 
tage  an  hinluri  in  fragen.  Matth.  22,10. 

3)  hinfort  weist  ohne  ausdrücklicJie  anknüpfung  an  die  gegen- 
warl  auf  die  zukunfl,  und  kann  durch  bloszes  kimftig,  spilter 
umschrieben  werden:  wie  sol  hinfort  mein  leben  sich  enden? 
Galmy  182; 

wir  ia  sind  nicht  mächtig  der  abwchr ;  ach,  und  hinfort  auch 
werden  wir  Jämmerlich  sein  und  niemals  tapferkeit  üben. 

Oilti>see  2,  60 ; 
doch  b«lm  kehnt  du  tu  jenem  ein  rleher  hinfort  der  fewali- 

that.      11.  IIS; 

und  wandelt  sie  hinfort  einmal 

an  meiner  rulirstelle, 
dann  mach  durch  einen  trüben  sirnl 

dos  grabes  liliimrn  helle.     IIüi.tt  IhU  lltilm. 

4)  ganz  vereinzelt  ist  die  örtliche  bedeulung  von  hmfori  />ci 
CiUHi«M) : 

wir  .  .  .  wurden  in  der  tiefa  licht  gewahr. 
ei  wölbt«  hoher  sich  der  gang  und  gab 
dura  aug  ein  luicrmeiilirh  feld  hinfort. 

u-rrkf  (th30)  i.Vt. 


1433 


HINFORTAN  — HINFÜR 


HIWCR  — HIXFÜRDER 


1434 


HINFORTAN,  adv.  verstärktes  fortan:  sich  hinforlan  mit 
anhörung  göttlichen  worts  . .  christlich  halten.  Schmidt  Just. 
Menius  1,  IST. 

HINFRACHT,  /".  ladung  nach  einem  vom  sprechenden  ablie- 
genden orte,  auch  der  preis  dafür:  der  fuhrmann  fuhr  nach  N., 
er  hatte  eine  gute  hinfjacht;  die  hinfracht  für  den  koffer 
bezahle  ich. 

HINFRAGEN,  verb.  refl.  durch  fragen  hingelangen:  'den  niusz 
ich  besuchen',    er  fragte  sich  bald  hin.  Stcrz  2,  338. 

HINFRESSEN,  verb. :  kirchengut  hat  eiserne  zahn,  und  üiszt 
eines  mit  dem  andern  hin.  Pistorius  tfies.  par.  6,  29. 

HINFRETZEN,  verb.  durch  fressen,  nagen  vernichten,  vergl. 
fretzen  2  th.  4*,  141 :  weilen,  sonderlich  von  denen  nicht  allzu 
alten  bäumen,  die  rinde  an  den  tragästen  glatt  und  zart,  auf 
den  harten,  ästigen  imd  knorrechteu  stützen  durch  der  winde 
hin  und  gegenstosz  hingefretzet,  abgerieben  und  zerquetschet 
werden.  Hohberg  1,441*;  dise  regenten  haben  wie  die  wilden 
thier  alles  hingefretzt.  Reiszxer  Jerus.  2, 105'. 

HINFRISTEN,  verb.  weiter  aufschieben,  verlängern,  viil  dem 
nebenbegriffe  des  mühevollen,  vgl.  theil  4',  217:  sein  leben  bin- 
fristen;  er  fristet  sich  kümmerlich  hin. 

HINFRISTUNG,  f:  so  rührte  denn  euer  sprechendes  elend 
nicht  einen  eurer  bekannten  bis  zu  einem  freiwilligen  beitrage 
zur  hinfristung  eures  lebens.  ThI^mmel  4,  97. 

HINFLHLEN,  verb.  nach  etwas  weiter  abliegendem  fühlen: 
fühle  hin,  wie  ihm  das  herz  schlägt;  auch  reflexiv:  der  blinde 
hatte  sich  zu  dem  sitze  hingefühlt. 

HINFÜHREN,  verb.  1)  nach  einer  vom  sprechenden  abliegenden 
richtung  führen,  mhd.  hin  vüeren  {mhd.  wb.  3, 259*,  260") ;  von 
pcTsonen  und  gegenständen :  und  sie  füreten  sie  hin,  in  Holu- 
fernes  gezelt.  Judith  10,  IS;  und  bunden  in,  füreteu  in  hin, 
und  überantworten  in  dem  landpfleger  Ponlio  Pilato.  Matth. 
27,2;  die  kriegsknechte  ..  namen  Paulum,'und  füreten  in  hin 
bei  der  nacht  gen  Antipatriden.  apostelgesch.  23, 31 ;  sie  läszt 
sich  geduldig  hinführen,  wohin  man  will.  Heixse  .irdinghello 
1,270;  die  waaren  werden  zu  jenem  kaufmann  hingeführt; 
(der  du)  Philipps  sohu  zu  des  schnöde  gefesselten  königes  leichuam 
voll  wehmuth  hinführst.  Rasler  1,30; 

hingeführt  an  Amors  seidnem  ladchen, 

fehl  der  stolze  stoiker  und  sucht 
nieend  vor  dem  zauberischen  mädcben 
heute  etwas,  dem  er  morgen  flucht.    Secme  ged.  66; 
'der  Lombard  soll  sie  führen  nach  Roin.' 
das  wird  er  nicht,  versetzt  der  kaiser  ihm  .  .  . 
eh  stürben  hundert  manu,  in  stahl  gestrickt, 
bevor  der  Lombard  .\lden  führte  hin.    Uhla!«d  425. 

auch  mit  unterdrücktem  object:  solch  auftreten  kann  zu  nichts 
gutem  hinführen;  wie  mhd.: 

ouch  hat  mich  werltlich  gelust 

unz  her  noch  niht  berüeret, 

de*-  hin  zer  helle  füeret.    a.  Ueinr.  692. 

2)  häußg   in   allem  quellen  auch  wegßhren,   entführen,    nach 
hin  6,  sp.  1376:  sie  wollen  herzu  und  die  pauren  im  wald  hin- 
füren, die  nach  holcz  hinausz  füren,  d.  städtechron.  2, 1S9, 1 ; 
namen  die  pawern  und  die  pfert  und  fürten  die  hin.  29;  das 
eingeweid  aber  werfen  sy  auf  die  dächer,    dj  es  die  rappen 
hinfüren.    Frank  iceltb.  199*;   darumb    sollen    es   die   rappen 
fressen  und  dahin  füren,  das.;  diser  ruchlosen  künden  findt 
man  gar  vil,  so  mit  solchen  freflen  worten  umbgon,  das  nit 
ein  wunder  were,  der  hellisch  lebendig  teufel  fürt  sie  an  der 
stett  hin.  Wickram  rollw.  146,  28/fjir:;  was  einer  zum  liebsten 
hat,  führt  einem  der  teufel  zum  ersten  hin.  Simpl.  3,24  Kurz; 
(ditit  Ichen)  dasz  sich  wie  der  schatte  thut,  verliert, 
in  dem  es  durch  den  tod  wird  plötzlich  hingeführt. 
Risi  I'arn.  109. 

HINFUHRüNG,  f:  die  hiuführung  des  Verbrechers  zum 
gerichte  geschah  unter  andrang  einer  groszen  menschenmenge ; 
hinfürung  deportalio  Maaler  224'. 

HINFLR,  adv.,  derselben  grundbedeutuug  wie  das  mehr  ent- 
wickelte fürhin  theil  4',  747. 

1)  in  örtlichem  sinne  und  räeksichilich  des  ersten  bestandtheUs 
gegensatz  von  herfür  sp.  1092,  bezeichnet  es  ein  vorwärts  in  einer 
vom  sprechenden  oder  erzählenden  abliegenden  richtung: 
hin  für  was  den  jungen  gäch, 
die  alten  zugen  binden  nach:    Meier  Uelmhr.  72;$; 
hierauf  begund  Oriana   hinfür  zugehen.   Amadis  57;  die  eine 
(Jungfrau)   füret   ein   lanzen   in   ihrer  faust,   welche  nun  als 
sie  nahend  zum  junkher  kommen,  sich  hinfür  Ihet,  und  im 
sagt:   herr,   nemmet   diese   lanzen.   62;   als  der  könig  Abies 
disz  vernommen,  thet  er  sich  hinfür.  97;  einer,  so  hinfür  zu 


eilen  vermeinet.  65;  also  schickt  der  vogt  zwen  diener  hin- 
für, sy  sollen  den  schalk  fahen.  Wickbaji  rollw.  49,30  Kurz; 
hinfürtrettcn    Mestwert  fluchsp.  lo'. 

2)  hinfür,  vorwärts,  voran,  in  bezug  auf  enlwickelung,  rang 
und  Stellung:  vermeint  sich  auch  damit  hinfur  zu  lim,  dasz 
er  dester  ehr  zu  der  haubtmanschaft  von  seinem  gunner  ge- 
furdert.  Wilw.  v.  Schaumburg  109;  frag  die  erfarung,  ob  ein 
klapperraan  hinfür  kom,  er  schwetzt  sich  ehe  arm  und  uu- 
werdt,  dann  reich  und  angenem.    Agr.  spr.  227*. 

3)  hinfür,  vorbei,  fort  und  hin: 

es  ist  nit  tag,  es  taget  aber  schier, 

ist  doch  die  liebe  mittenacht 

gar  newlichen  hinfür.    Uhlakd  volksl.  181. 

vgl.  über  einfaches  für  m  diesem  sinne  theil  4'  sp.  650  «0.4. 

4)  am  Mufigsten  stelU  hinfür  in  der  zeüUchen  bedeulung  von 
jetzt  ab,  künßighin:  hinfür,  posthac,  in  posterum,  jam,  dehinc 
jam,  posthaec,  amodo,  pvrro,  in  futurum.  Maaler  224',  bei  ihm 
die  einzige  bedeutung  des  wortes;  dasz  sie  und  der  griechisch 
Jüngling  hinfür  ehelich  bleiben  mögen,  b.  d.  liebe  2-2S';  dasz 
mich  hinfür  nichts  mög  verirren.  Weckherlin  vorrede  zu  den 
psalmen;  nichts  desto  weniger  soll  veranstaltet  werden,  dasz 
dieses  gesetzbuch  hinfür  . .  einen  hauptgegenstand  der  öffent- 
lichen erziehung  ausmache.  Wieland  7,224  (193); 

ietz  müssen  wir  hüten  der  thür; 

bin  füt  (lies  bin  für)  dörfen  nit  schmecken  wir 

au  lürsten  böfen  was  uns  wol  (ist,  üiiä). 

Gencenbach  121, 159  Gödeke. 

in  der  erweiterung  hinfürbasz:  verhies,  er  wolt  hin  für  bas 
sein  leben  besseren  und  nit  mer  so  ruchlos  sein.  Wicibam 
rollw.  146,15  Kurz;  lies  hinfurbas  seinen  eifer  faren.  154,2; 
er  soll  sich  hinfurbas  hüten.  168, 17. 

HINFCRAN,  adv.  künftighin :  zwingt  mich  hinfüran  die  not- 
durft,  dasz  ich  ...  Schcppics  766 ; 


darumb  was  da  ist  geschehen, 
das  hab  ich  euch  zugefallen  tan, 
desgleichen  ich  auch  biofüran 
khem  fleis  in  nichte  will  sparen. 


Theuerdank  98, 176. 


HINFÜRDER,  adi:  derselben  bedeutung  wie  fürderhin  theil 
4*,  716,  und  gegen  dieses  die  ältere  form,  insofern  die  unten 
folgenden  belege  meist  das  16.jahrh.  betreffen,  wogegen  fürderhin 
erst  aus  dem  17.  bezeugt  ist.  hinfürder  gilt,  wie  seiue  »ebenform 
hinforder  (sp.  1432),  in  dem  an  eine  Vergangenheit  oder  gegenwart 
anknüpfenden  sinm  von  jetzt  oder  von  da  an,  fernerhin:  so  doch 
gott  dieselben  (sünden)  allezeit  umbsonst,  aus  unschetzlicher 
gnade  verzeihet,  nichts  dafür  begerend,  denn  hinfürder  wol 
leben.  Lcther  1,47*;  das  .  .  .  wir  hinfürder  also  gedenken. 
8, 297" ;  und  es  geschach  hin  fürder,  das  die  Jünglinge  die 
helft  theten  die  erbeit.  AVA.  4, 16 ;  und  also  das  haus  Israel 
erfare,  das  ich  der  herr  ir  gott  bin,  von  dem  tage,  und  hin 
fürder.  Hes.  39,22;  und  wirt  sicher,  das  yhm  hinfürder  in 
dem  hohen  sabbat  kein  verhindernis  mehr  hindern  und  an- 
rüren  magk.  Carlstad  ron»  sabbat  D  ij ' ;  hinfürder  wolt  er 
(der  wirth)  keinen  armen  mehr . .  so  schmal  abspeisen.  Kirch- 
hof wendunm.  196';  bin  auch  Vorhabens  . . .  mein  leben,  wann 
es  mir  der  liebe  gott  erlängern  wil,  hinfürder  zu  bessern. 
ScBcppiL's  454 ;  alle  groszen  revolutionen  damals  flössen  wie 
ein  meer  zusammen,  auf  dem  die  dichtkunst  nicht  anders  als 
zum  spiel  hinfürder  schwimmen  konnte.  Herder  zur  seh.  litt. 
16,  272 ; 

fliest  (ihr  aiirjen),  denn  disz  sollet  ihr 

zur  busze  thun, 

hinlürder  für  und  für. 

FtEMi:iG  528  (430,  87  Lappenb.). 

Nebenformen  sind  hinfürter :  dieweil  es  unserm  herren  got  also 
gefeilig  ist,  dasz  wir  hinfürter  freund  sein  sollen.  Aimon  bog. 
Rij;  ob  ich  hinfürther  mein  recht  such.  Xj ;  was  sollen  wir 
hinfürter  anfahen.  h  iiij ;  so  will  ich  hinfürter  mein  landl  . . 
von  im  zu  leben  entpfahen.  k ;  damit  du  auch  hinfürter  in 
besserung  und  abstellung  dieses  ubels  zu  bekerung  und  gutem 
gerahten  mögest.  Amadis  294 ;  hoff  auch  es  werde  dir  hinfürter 
beschehen.  Gatmy  179 ;  mit  beger  dasz  es  hinfürter  durch  ein 
verbot  möchte  abgeschafft  werden.  Kibchhof  wendunm.  42*; 

dasz  er  hinfürter  steur  und  fron 
gebe  nach  dem  er  hat  und  kan. 

Atrer  51'  (273,  34  Keller) ; 
(wir  icoUen)  mit  den  münch  und  pfaffn 
hinfürter  nichts  haben  zu  ichaffn. 

dessen  fasln,  sp.  132«  (2999, 15  Keller)  ; 
und  hinfürters  (vgl.  fürders  theU  4*,  720):  wer  gibt  un»  hin- 
fürters   ao   vil  pferd.  Aimon  bog.  Oüij;   das  ir  es  hinliirters 


1435 


HINFCRHLN  —  HINGEBEN 


HINGEBEN 


1436 


keinem  meher  Ihün  soUcnt.  S  üij ;  hinfüricrs ,  imposterum, 
posthac.  Stieler  539. 

HINFÜRHIN,  adv.,  wie  hinfür  oben  1: 
aU  bald  ich  nur  hintürhin  kbumb.    Schmelzl  hochieit  29'. 

HINFÜRO,  adv.  fernerhin,  weiterhin ;  derselben  bedeutung  wie 
fiiruhin  tA.  4*, 'S5,  vgl.  auch  furo  7S4 :  bist  du  achtzchen  oder 
zwainzig  jar  in  Sünden  gelegen  und  hast  ir  gewont,  so  liel) 
an  und  thu  dir  selbs  mächtigen  groszen  gewaldt  an,  die  seilten 
hinfüro  zuvermeiden.  Keisersberc  predigen  07* ;  deren  einen  . . 
er  mit  solcher  sterke  auf  das  haupt  erreicht,  dasz  er  hiufuro 
keiner  schlafhauben  mehr  bcdorft.  Amadis  358 ;  sein  ampt  hin- 
füro ohne  alles  ansehen  der  personen  fleiszig  und  trewlich  zu 
verrichten.  Zinkgref  apophth.  1,6;  kan  einem  jungen  schiffer 
sagen,  wo  er  klippen  funden  habe,  wo  und  wie  der  junge 
sich  hinführo  vorsehen,  hüten  und  behutsam  fahren  solle. 
ScHUPHiLS  4;  da  diese  blutschänderin  {Herodias)  ihr  hurenkind 
iuformirt  hatte,  dasz  sie  dem  guten  froumien  Johanni  den 
köpf  abtanzen  solle,  damit  sie  solcher  predigten  hinfüro  nicht 
mehr  hören  dürfte.  14 ;  und  dergleichen  hinführo  einzustellen 
baten,  polit.  stockf.  282; 

und  bitten  ferner  sehr, 

wenn  wir  hinführo  tischen, 

so  wollest  du  erfrischen 

mit  deinen  edlen  gaben 

den  leib.    Rist  himml.  lieder,  fünftes  zehn  (1642)  s.  49 ; 
man  sagt,  man  lieset  viel,  wie  dasz  für  langen  jähren 
zu  zelten  ein  ganz  volk  ausz  .«meinem  .»^itz  gefahren 
und  neues  land  gesucht,    hinfüro  wird  man  sagen 
was  andres.  Logau  1,52,7; 

hinführo  soll  mir  nicht  so  für  die  liebe  grauen, 
ich  sehe  nun,  man  darf  auch  keiner  mutter  trauen. 

Rost  die  gelernte  lu-be  BS'  {vgl.  schäferged.  135); 
dient  meiner  Unschuld  hinführo 
zum  schirme.      E.  v.  Kleist  2,  43. 

Seü  den  letzten  decennien  des  18.  jiünh.  wird  das  worl  nur  noch 
in  alterthümelnder  spräche  gebraucht:  zu  einem  hinführo  bes- 
sern svandel.  Stolkerg  10,96;  gnade,  doch  unter  einer  dingiiis, 
ihr  sollt  hinführo  euch  als  frau  einkleiden.  Arnim  schaubithnc 
3,  310. 

HINFÜSZ,  m.  s.  hindfusz. 

HIN  GARE,  f.  1)  die  handlung  des  hingebens  und  Weggehens, 
Hingebung:  mit  freiwilliger  hingäbe  der  vortheile,  die  mir  in- 
dessen zugefallen  waren.  Wieland  2, 146  (127);  es  war  unver- 
künslelte  natur  und  volle  hingäbe  an  das  spiel.  Fheytac  hand- 
sehr.  1,124;  magister  Knips  blieb  in  der  Stellung  demüthigcr 
hingäbe  stehen,  bis  der  fürst  das  zimmer  verlassen  hatte.  2,368. 

2)  in  altern  quellen  hat  hingäbe  die  eingeschränkle  bedeutung 
der  Vergebung  einer  braut,  Verlobung,  verspruch: 

wenn  ihr  deppicht  aufschlagen  wolt, 
ihr  villeicht  ein  braut  werden  solt 
und  morgen  halten  eur  hingab. 

J.  Ayrkr  fastn.  sp.  135»  (3014,  6  Kellei). 

in  Baiern  hingabede,  Verlobung.  Sch».  2,200;  ebenso  und  hin- 
gäbet in  Hessen.  Vilmar  170;.  tm  Hennebergischen  hingäbet. 
Fromm.  3,476. 

HINGANG,  n».  l)  gang  hinwärts  {mhd.  hinganc  wb.  1,475'): 
doch  erbäte  ich  ihn  zuvor,  dasz  er  mich  ein  wenig  in  die 
statt  nach  hausz  gehen  liesze,  .  .  .  welchen  hingang  er  mir 
anfänglich  gar  nicht  erlauben  wolle.  Simpl.  4,  24  Kurz ;  frei- 
lich nennt  Lucas  sie  nicht  namentlich  bei  dem  hingange : 
aber  er  nennt  sie  doch  namentlich  bei  der  rückkunft.  Les- 
»iNG  10, 81 ;  während  des  hingangs  zu  meinem  pagen  über- 
legte ich.  ThCmmel  4,  357.  über  die  redensarl  den  hingang  für 
den  bergaug  haben  und  iiue  umgekehrte  fassung  vergl.  unter 
hergang  sp.  1098. 

2)  Weggang,  scheiden  (nach  hin  I,  6  sp.  1376);  für  den  lod. 
G5TBE  37,66  Überschrift; 

der  hingang  aus  der  weh 
iit  auch  vor  unt  be«timrot  und  unvermeidlich  festgeitellt. 

Stopp«  I'arn.  100. 

3)  hingang,  rühr,  dysenterie,  die  sonst  auch  ausgang  fu:iszl 
(DiEr.  185'):  wer  des  leibs  ruor  oder  binganch  bab  ze  vabt. 
Mecenberc  325,29;  vgl.  auch  hinluuf. 

HING.KNGLICH,  adj. :  die  wohliust  iitt  nichtig  und  hin- 
gunglich.  BoTsciUY  kanzl.  390. 

HINGEBEN,  verb.  l)  hinwärts  geben,  darreichen:  siede  da/, 
/uü  Hanunene  unde  gibs  hin  (auf  dte  lafel,  als  speise),  kochbuch 
in  Haupts  zeilschr.  5, 12 ;  galt  auf  ein  haiidel  hingäben,  pecu- 
nuu  aUcui  erogare  in  rem  aliquam.  Maaler  224*;  o  . . .  dasz  ich 
in   hinrri«/eiuicii   thuiui.   im  m   Irlnii   lungäbe.   Üurni  lu.  l^-i 


das  gefühl  einer  gattin,  die,  aus  liebe,  selbst  ihre  liebe  hin- 
zugeben vermag.  187;  tyrannischer  vatcr!  den  besten  deiner 
söhne  so  hinzugeben  dem  elend  1  Schiller  1,3;  eine  liebe 
person  hingeben  müssen,  dem  tode; 

ich  fühle  ganz  mein  herz  dir  hingegeben!  Götuk  12,34. 
hingeben,  beziiglich  einer  öffentlichen  Schilderung :  das  mich  der 
tauft  jud  Pfefferkorn  mit  der  unwurheit  hingeben  und  wider 
Kot  wx  und  recht  uszgeschribeii  und  unzimlich  verunglimpft 
hat.  Reuciilin  augensp.  i-I*.  als  theil  höfisclten  gruszes:  so  bald 
er  abgestigen  und  ins  gemach  getrelten,  da  war  . .  ein  solch 
umfangens,  ruckenklopfens ,  röcklinzerrens:  hölischen  an- 
lachens,  hingebens,  dasz  ein  wunder  war.  Garg.  2:19'.  auch 
verrdtherisch  überliefern :  wie  Troye  wart  hingeben,  d.  städlechr. 
8,297,5;  Eneas  und  Anthenor,  die  die  stat  hinegobent.  299,5; 
mit  discm  volke  für  grofe  Einych  von  Lyningen  heimeliche 
gen  Bruinat  und  hinegap  verretenliche  das  stettelin  und  die 
armen  lüte.  9,  847,  16. 

2)  weggeben,  fortgeben:  man  musz  einen  freund  nicht  so 
leicht  hingeben,  amicus  nun  repentc  dimittendus  . .  est.  Stieli;ii 
655;  ich  will  eher  alles  hingeben,  als  die  seele  verlieren, 
Omnibus  polius  bonis  cedam,  quam  ut  in  animae  damnum  currani. 
das.;  das  bissei  bodensatz  meiner  jähre,  ich  gab  es  hin,  hät- 
test du  den  major  nie  gesehen.  Sciiillkr  kab.  u.  liebe  1,3; 
namentlich  auch  schenkungsuvise : 

wirst  du  mir  aber  verzeihn?  denn  auch  dein  schrank  ist  ge- 
plündert, 
und  besonders  den  Schlafrock  mit  indianischen  blumcn  .  .  . 
gab  ich  hin.  Göthe  40,234; 

oder  durch  verkauf  veräuszern :  es  sol  auch  der  kainer  {keiner 
von  ihnen)  holz  verkaufen  noch  hingeben,  weiilh.  6,196;  du 
schickten  wir  unsern  erbir  botschaft  zu  eme  gein  Norenbei^ 
und  hiszin  sine  gnade  bittin,  daj  er  uns  sinen  sou  heis  brifl'e 
gebin,  da;  er  un"s  by  friheit  und  by  recht  und  auch  unbe- 
scheczit,  unverseczit  und  uiihingebin  .  .  an  dem  heilgea  riebe 
blibin.  Janssen  Frankfurts  reichscorresp.  1  s.  2  {Ulm  von  1370): 
er  hats  umb  ein  spot  und  nichts  hingäben,  umb  ein  stückle 
brot  verkauft,  viinimo  vel  nummo  praedia  addixit.  Maaler  224' ; 
wenn  du  sie  {die  gefäszc)  geiüllet  hast,  so  gib  sie  hin.  2  kön.  4, 4  : 

(faule  lische)  unter  die  frischen  mengen  gschwind, 

gebens  hin  mit  zittrenden  henden, 

damit  die  leut  triegen  und  blenden.    Eyerinc  1,263; 
als  er  ohne  schlaue  rednerkünste, 
so  wie  man  ihm  bot,  die  felsenvögel 
um  ein  kleines  hingegeben  hatte.    Skume  ged.  60. 

preisgeben,  aufopfern:  so  hast  du  das  unglückliche  geschöpf 
geopfert?  so  hast  du  sie  deiner  kehle,  deinem  unersättlichen 
heiszhunger  hingegeben?  Göthe  20,  96. 

3)  eine  tochter  zur  ehe  geben,  verloben,    vgl.  oben  hingäbe  2: 

dergleichen  wirdt  die  mutter  do 
von  deiner  Zukunft  werden  fro, 
das  also  ein  gerader  gsell 
ir  schöne  tocliter  haben  wöll, 
und  dir  sie  geben  eigen  hin, 
die  vielen  ward  versagt  vorhin. 

grobian.  Ciij'  (6.  1,  cap.  5). 

der  Substantiv  gesetzte  infinitiv  bezeichnet  das  fest  der  Verlobung: 

butzt  euch  fein  auf  das  hingeben.    li.  Sachs  3,  3,  13*. 

4)  in  neueren  quellen  sich  einer  person,  einer  sache  hin- 
geben ,  sich  ifir  widmeti ,  ergeben :  man  durfte  sich  nur  der 
gegenwart  hingeben,  um  diese  klarheil  des  reinen  himmel.s, 
diesen  glänz  der  reichen  erde  .  .  an  der  seile  der  geliebten 
oder  in  ihrer  nähe  zu  genieszen.  Göthe  26, 31 ;  zwei  betrach- 
tungen,  die  durch  alles  durchgehen,  v^elciien  sich  hinzugeben 
man  jeden  augenblick  aufgefordert  wird.  27,270;  auf  diese 
weise  wäret  ihr  frauen  wohl  unüberw  indlich,  versetzte  Eduard : 
erst  verständig,  dasz  man  nicht  widerspris'hcu  kann,  liebe- 
voll, dasz  man  sich  gern  hingibt.  17, 12 ;  weshalb  er  denn 
auch  derartigen  convcrsalionen  sich  nur  mit  einem  gewissen 
Unbehagen  hingab.  Immerma.n.n  Munchh.  1,95;  er  gibt  .sich  zu 
sehr  den  anwandlungen  einer  üblen  Inune  hin ;  gib  dich  keiner 
hoflfnung  mehr  hin :  das  weih  gibt   sich  dem  manne  hin. 

5)  fueran  angeschlossen  werden  parlwipien  und  infiniliv  gern, 
ohne  reflexH'um,  verwendet:  er  wurde  der  hingebende  verlraule 
für  die  uinfangirirhe  Ihätit^keit  seine»  freundes.  Frevtau  hand- 
schriß  1,45;  und  bemerkicn  dicht  neben  der  kanzel  ein  juiik» 
inUdchen,  das  vor  allen  andern  der  andarht  und  nufinerl> 
samkeit  hing<-geben  schien.  Tieck  4,227;  bin  ich  denn  nicht 
rio  weib,  .  .  .  tiefem,  schlichtem  ernste  einzig  bingegel>cn> 
Immiiimann    Miinchh     'i,  IC; 


1437 


HINGEBE>HEIT  —  HINGEGEN 


HINGEGEN  —  HINGEGOSSEN 


1438 


I 


bald  flieszet  still  mein  geist. 
der  quelle  des  rergessens  hingegeben, 
tu  euch,  ihr  schatten,  in  die  ewgen  iiebel.    Göiue  9,57; 

{der  Vater)  der  entzückt, 
io  heiigem  anschaun  stille  hingegeben.    310; 

ihre  krankheit  dauerte  nicht  lange;  sie  war  ruhig,  hingegeben, 
nur  ihre  kinder  thaten  ihr  weh.  16.  So ;  weil  ihre  heiszc  hin- 
gegebene seele  kein  ebenbfid  antraf.  J.  Paol  Tit.  3,  loi ; 

mir  wirds  so  wohl  in  deinem  arm, 

so  frei,  so  hingegeben  warm, 

und  seine  gegenwart  schnürt  mir  das  innre  2u.    Göthe  12, 1S3; 

ihr  lautenton 

spielt  in  dem  hingegebnen  herzen 

mit  süszer  wollust  süszen  schmerzen.    Seujie  ged.  74; 

{der  genusz)  der  ein  bloszes  ruhiges  hingeben  ist  an  die  natur. 
Fichte  siltenl.  167;  der  zertretene  schmeichelte  sich  mit  ent- 
schädigungen  in  einer  andern  weit,  und  stärkte  durch  sein 
hingeben  die  band  des  gewaltigen  in  dieser.  Klinger  10,  21.i; 
CS  entstand  ein  pietistisches  hingeben  in  den  willen  gottes. 
Heine  6,50. 

HINGEBENHEIT,  f.:  die  hingebenheit  von  augenblick  zu 
augenblick  die  ich  habe.  Göthe  an  frau  v.  Stän  l,  139.  rgl. 
unten  hingegebenheit. 

HINGEBER,  m.  nach  hingeben  2,  veräuszerer,  Verkäufer:  wolt 
aber  ain  herr  nicht  chaufen,  so  schol  der  benant  hingeber 
das  stuck  (grtindstwk)  geben  ainem  der  dem  gotzhaus  ain 
lu'eleicher  man  sei.  es  sol  auch  der  hingeber  das  stuck  ainem 
herren  aufgeben.  . . .  item  der  chaufer  sol  das  stuck  wider- 
umb  von  ainem  herren  zu  Baumburg  erapfahen.  iceisth.  6,168 
(Baiem,  von  1439). 

HINGEBUNG,  f.  desertio.  defectio,  traditio,  proditio.  Stieler 
655 ;  namentlich  in  dem  sinne  von  hingeben  4.  in  neueren  quellen  : 
stille  hingebung  in  liebe.  Göthe  17,  211 ;  lasz  mich  dir  mein 
Unglück  mit  stiller  wehmuth,  mit  der  hingebUng  des  redlichen 
unter  die  streiche  der  gewalt  mittheilen.  Klinger  4,  26 ;  die 
gänzliche  hingebung  in  das  unerbittliche,  unversöhnliche  ge- 
schick.  228;  bei  Rücrert  mit  einverleibung  des  reflexivums  hin- 
sichgebung: 

welche  sich-erhebung,  sich-erniedrung, 
sich-entäuszrung,  völlge  hin-sich-gebung.    ges.  ged.  1,369. 

HINGEBUNGSVOLL,  adj.:  in  dieser  vertrauten  hingebungs- 
vollen stunde.  Immermas N  Münchli.  2,  16. 

HINGEBWEIB,  n. ;  gebühren  werden  angewiesen  zweien  hingeb- 
weibern  wegen  geschätzten  lein-  und  bettgewandes.  Abele 
künstl.  unordn.  1, 117.  gemeint  sind  icoZ  liändlerinnen  mit  ge- 
brauchten sacken,  trOdlerinnen. 

HIN  GEDEIHEN,  verb.: 

es  kan,  wer  wasser  trinkt  kein  gut  getichte  schreiben : 

wer  wein  trinkt  kriegt  die  gicht  und  musz  erschrecklich  schreien ; 

es  sei  nun  wie  ihm  wil :  eh  mag  das  ticbten  bleiben, 

eh  dasz  ich  sol  so  tief  in  gichten  hin  gedeien.    Logaü  2,  121,  7. 

HINGEDENKEN,  verb.,  wie  hindenken  sp.  1408:  wo  gedänkst 
du  hin?  quod  iter  a/feclas?  wo  er  hin  gedänke,  das  sehet  ihr, 
quod  iter  a/fectet,  videtis.  Steinbach  1, 248. 

HINGEGEBENHEIT,  f. :  blinde  hingegebenheit  an  das  gesefz. 
Fichte  staatsl.  17 ;  eben  diese  hingegebenheit  seines  eigenen 
freien  willens  an  jenes  höhere  princip.  202;  aus  seiner  trauer, 
seinem  miszmuth,  seiner  gleichgültigen  hingegebenheit  wurde 
er  auf  einen  augenblick  herausgerissen ;  unüberwindlich  be- 
mächtigte sich  die  theilnehmung  seiner.  Göthe  16, 147. 

HINGEGEN,  adr.  contra,  über  bildung  und  ausbreitung  des 
Wortes  s.  unter  dem  im  aUgemeinen  gleichbedeutenden  hergegen 
sp.  \(mf.     Es  steht 

1)  örtlich,  und  in  der  folgenden  stelle  mit  dem  werte  einer 
praeposition  : 

magst  Siegeszeichen  setzen 
hingegen  ost  und  west.    Opitz  1,  14. 
rgl.  hingegenüber. 

2)  verbunden  mit  terben  des  saqens  und  thuns.  und  eine  Ver- 
geltung, gegenleistung  bezeichnend:  ihm  von  stück  zu  stück  ver- 
meldend alle  ihre  heimlicheit .  welche  sie  noch  niemandl 
sonsten  geoflfenbart.  hingegen  sagt  ihr  auch  Amadis  ...  all 
sein  erlittene  mühe  und  arbeit.  Amadis  363;  hingegen  zue- 
sagen,  repromiUere  Stieler  16«8;  welches  {liederliche  leben)  ihn 
sein  factor  zu  Lüttich  .  .  berichtet,  der  bekam  hingegen  be- 
felch,  auf  uns  genauer  achtung  zu  geben,  fümpl.  1,429  Kurz; 
mein  Erasme,  sagte  ich  liingegen,  ich  will  dir  auf  alle  vor- 
gebrachte punclen  .mtworten.  4, 143 ; 

Clepax  legt  sich  nie  ungestohlen  nieder, 

was  er  reichen  stiehlt,  gibt  er  armen  wieder: 

goit  wird  reichen  lohn  ihm  hingegen  geben, 

dasz  er  hoch  erhöht  wird  in  kellen  schweben.    Locav  3,24,4; 


in  der  see  sind  alle  thiere,  sagt  man,  die  auf  erden  sind : 
dasz  man  dann  nun  in  der  erde,  nicht  hingegen  tische  Undt? 

2,207,72; 
oder  auch  nur  eine  hilfe,  mittel  gegen  etwas  vorher  benanntes: 
neulich  wurde  einer  von  einem  priesler  vor  der  obrigkeit  ver- 
klagt, er  hätte  ihn  hinterrücks  geschmähet  . .  beklagter  ver- 
antwortet sich  hingegen  folgender  gestalt.  Simpl.  4,399  Kurz; 
Crassus  hat  gar  bösen  ruf;  dasz  er  mög  aus  diesem  kummen, 
bat  ein  ärgres  bubenstück  er  hingegen  fürgenommen. 

LoGAD  3,  233,  83. 

3)  auch  nur  einen  gegensalz  überhaupt  betonend:  denn  er 
mocht  nicht  so  baldt  ein  wohn  oder  meinung  erdenken,  dasz 
nicht  gleich  hingegen  ein  andere  vor  seinen  äugen  sich  für- 
stellet. Amadis  315;  gleich  wie  dir  gebOrt,  das  heil  ihrer  Selig- 
keit zu  beobachten  .  .  also  ligt  mir  hingegen  ob,  .  .  ihren 
leib  sampt  der  jungen  frucht  nach  müglichkeit  mit  nahrung 
zu  versorgen.  Simpl.  4.145  Kurz;  ich  wüste  andern  ihre  röhre 
tuzubannen,  dasz  keiner  schieszen  mochte,  wann  ichs  nicht 
haben  wolle,  und  war  hingegen  vergichert.  dasz  mirs  keiner 
thun  konte.  168;  ich  merkte  aus  ihren  reden,  der  junge  herr 
sei  nicht  ganz  vergnügt  hinweg  gegangen,  sie  war  es  hin- 
gegen desto  mehr.  Wieland  12,93;  Latona,  die  schutzgöttin 
ihrer  stadi,  hatte  den  schlechtesten  tempel :  Jason,  der  an- 
führer  der  Argonauten  .  .  hingegen  den  prächtigsten.  19,19; 
nun  wurde  verabredet,  dasz  alsdann  der  professor  voraus- 
reisen, Bartolo  hingegen  im  wagen  des  inarchesc  mitfahren 
solle.  H.  Heine  2,203; 

wer  viel  r«det  musz  viel  trinken,  welcher  aber  trinket  riel, 
kan  hingegen  selten  reden,  was  er  wil  und  wann  er  wil. 

LocAU  3,  113,  71. 

4)  hingegen,  als  conjundion,  verbindet  zwei  sätze  oder  Satz- 
glieder, die  gegensätzliche  urtheile  enthalten:  etliche  ausz  ihnen 
hielten  darvor,  sie  wären  auszer  dem,  dasz  sie  gott  mit  der 
Vernunft  und  seinem  ebenbild  geziert,  nicht  so  gut  als  da« 
vernünftige  vieh. . .  hingegen  sähe  man  eine  unzehlbare  menge, 
die  sich  ausZ  menschen  in  bestien  verwandelten.  Simpl.  4, 157 
Kurz,     in   den   Verbindungen    da   hingegen,   wo  hingegen :    da 

er   im    ein   sack   voll   magsamen  sandt da  hingegen 

.Mexander  ihm  ein  wenig  pfeffers  schicket.  Garg.  211" ;  ich 
wil  bei  der  lateinischen  mesz  bleiben,  die  kan  ich  vor  1.  fl. 
haben,  dahingegen  ein  teulsche  mesz  unzählich  viel  dörfer 
kostet.  ZiNRGREF  apopA/A.  1, 148;  die  Frei «zgauer,  die  verlangst 
gewohnt  sein,  mit  3  sylben  zu  sagen:  welchs  wengr  haun? 
da  hingegen  die  hoflartige  sprachhelden  mit  7  sylben  sprechen : 
welches  wollet  ihr  haben?  Simpl.i,AO:  Kurz;  det  erzteutschr 
Rist  bezeugt,  dasz  sich  einer  die  lateinische  sprach  zu  reden 
geschämt  . . .  dahingegen  andere  gerngrosze  viel  lieber  latein 
reden  wollen,  wann  sie  es  nur  könten.  408 ;  Wilhelm  war  be- 
scheiden genug,  um  sich  über  diese  grosze  Veränderung  sehr 
mäszig  zu  erklären,  da  der  andere  hingegen  seiner  freund- 
schaftlichen freude  völligen  lauf  liesz.  Göthe  20,132;  so  kann 
es  wohl  möglich  sein,  dasz  in  jenen  äffen  die  seelen  groszer 
gelehrter  wohnen,  da  es  hingegen  bei  uns  ganz  sichtbar  ist. 
dasz  in  einigen  groszen  gelehrten  nur  affenseelen  stecken, 
H.Heine  1,153. 

HINGEGENÜBER,  adr..- 

der  Schauplatz  (der  hochzeil  einer  gestorbenen  frommen 
teele  mit  dem  himmlischen  bräuliffam)  ist  ein  feld 
der  güldnen  Sternenwelt, 
die  Hechten  Cherubinen 
sind  fertig  zu  den  rein, 
hingegen  über  schreien  (singen  zum  tanze) 
die  seraphinen.    FLEmi:«c  312  (254,  65  Lappenb.). 

HI.NGEGOSSEN,  das  particip  von  hingieszen.  aber  in  einer 
eigenartig  entwickelten  bedeutung:  es  gut  von  der  weich  und  gr- 
schmeidig  hingelagerten  menschlichen  gestalt.  und  ist  in  .'iolchem 
sinne  vor  der  2.  hälfte  des  vorigen  jahrh.  nicht  nachzuweis:en : 

seine  Schwester.  Maria,  die  fromme  hörerin  Jesus, 
die  in  ihrer  Unschuld  und  ruh  vor  ihn  hingegossen, 
da  den  ewigem  iheil  zu  seinen  füszen  erwählte. 

KlOPSTocE  3,  196  (.Mpsx.  4,  662,  .ichon  in 
der  ausg.  ron  1751) ; 
er  sieht  —  die  stalue,  auf  sammetweiches  raoos 
im  schatt'>n  hingegossen  liegen. 

WiKLA.'«D  17.307  Odris  5,97,  gefchriehen  1767); 
hingegossen  auf  den  bluraenteppich 
»ah  er,  wie  die  wellen 
plätschernd  mit  den  bunten  kiesein  scherzten. 

HöLTT  55  ttalm  (rom  j.  1771); 
unter  jungen  liebenden  wie  viele, 
die  im  rausch  der  zärtlichsten  gefühle, 
hingegossen  in  des  haines  nacht, 
nichts,  alt  was  du  sehen  darfst,  gedacht? 

i.  H.  Merk  fcctm  wiedererxcheinen  de^  monde^ 
(morgenbl.  1843,  no.  122)  ; 


1439  HINGEHEN 

erst  sah  ich  die  tapfpiii  ioltgi'nosscii,  .  .  . 
auf  den  sitzen  friedlich  hingegossen. 

Schiller  210  (tphigenic  inAulia); 
wie  er  schien  und  panzcr  löset, 
welch  ein  busen!  welch  ein  leib! 
hingegossen  ohne  leben, 
liegt  vor  ihm  das  schönste  weih.    Uhland  ged.  264. 

HINGEHEN,  rerb.,  ahd.  hina  gangan,  mbd.  bine  und  hin  gäri, 
in  mfkrfaehem  sinne. 

1)  nach  hin  1  sp.  1372,  hinwärts,  nach  einem  vom  sprechenden 
ab  liegenden  ziele  geben,  bezüglich  lebender  tvesen :  las  das  volk 
von  dir,  das  sie  hin  in  die  merkte  geben,  und  inen  speise 
keufen.  Matth.  11.15;  setzet  euch  hie,  bis  das  icb  dort  hin 
gehe,  und  bete.  2fi,  30 ;  gehet  bin  in  alle  well,  und  prediget 
das  evangcliuin  alier  creaturn.  Marc.  16,  15;  sie  gehet  bin  zum 
grabe,  das  sie  daselbs  weine.  Joh.  11,  31 ;  spricht  Simon  Petrus 
zu  inen,  ich  wil  bin  fischen  gehen  {aufs  meer).  21,3;  ist  er 
getrost  nach  denen  begrünten  gallerien  (eines  gartens)  hinge- 
gangen. ZiGLER  ßanü«  (1700)  5.67;  gehen  sie  hinten  zum  garten 
hinaus  und  auf  der  wiese  bin,  bis  es  mittag  schlägt,  dann 
kehren  sie  zurück.  Güthe  25, 356 ;  da  ich  aus  den  becken 
der  dorfgärten  heraus  war  und  die  wiesen  hingeben  wollte. 
das.;  der  weg  nach  Inden  ist  in  die  steile  felswand  gehauen, 
die  dieses  ainphitheater  von  der  linken  seile,  im  hingeben 
gerechnet,  einscblicszt.  16,265; 

durch  vierzehn  saal  must  er  hingan, 

bis  er  kam  ans  gemach  hinan, 

darinn  der  mechiig  könig  war.    viückenkr.  1,  34!) ; 

du  wirst  hingehn,  wo  kein  tag  mehr  scheinet, 
der  Cocytus  durch  die  wüsten  weinet. 

Schiller  räuber  2,  2. 

Bezüglich  eines  iceges,  einer  richtung  u.  ähnl. :  die  grenzlinie  gebt 
hin  bis  zum  kämme  des  gebirges;  unser  weg  ging  nun  durch 
den  obem  tbeil  des  tbals  in  dem  schatten  des  noir  iMont 
hin.  GöTBE  16,  233 ;  hier  geht  es  hin,  diese  richtung  ist  einzu- 
schlagen; und  daran  angelehnt,  auch  in  unpersönlicher  fügung: 
nun  gebls  zum  tanze  hin,  es  wird  der  weg  nach  dem  tanzplalzc 
angetreten;  alsbald  gings  in  die  kirche  bin,  da  wurden  sie 
getraut,  übertragen:  ich  redete  jüngst  auf  der  cnnzel  von 
hurerei  und  ebebruch,  und  mein  Schwiegervater  merkte  wol. 
wo  es  hinging  {nämlich  auf  die  Unzucht  seines  herrn).  Scnuppus 
505.  im  Sprichwort,  mit  personißcicriem  subjecl :  wo  das  lilut 
nicht  hingehen  kan,  da  kreucht  es  bin  (amor  sanguinis  vinculo 
junctus,  etiamsi  impedialur,  retineri  tarnen  nequil).  Pistorils  thes. 
par.  5, 14 ;  wo  der  pflüg  hingeht,  da  geht  auch  der  zebend  hin 
{quorsum  aratrum  ducitur,  eo  decimandi  jus  se  extendit).  8, 77. 

2)  nach  hin  5  sp.  1375,  weitergehen,  wobei  ein  ziel  nicht  scharf 
hervortritt,  in  mancherlei  Schattierungen. 

a)  die  bibelsprache  verwendet  hingehen  um  damit  eine  Ihätig- 
keä  einzufuhren,  die  die  folge  oder  auch  fortsetzung  einer  schon 
vorher  namhaß  gemachten  ist:  wenn  sie  denn  aus  seinem  bause 
gangen  ist,  und  bin  gehet,  und  wird  eins  andern  weib.  h  Mos. 
24, 2 ;  wenn  ihr  ubertrettet  den  bund  des  herrn  . .  und  hin- 
gehet und  andern  göttern  dienet  {xai  no^evd'evzes  Xai^ev- 
arjte  d'toli  ert'ooie).  Jos.  23,16;  gehe  hin,  und  thu  des 
gleichen  (noQevov,  xai  ai)  noiei  ofioicoe).  Luc.  10,37;  im 
NastOHitdien  ein  gleicher  gebrauch:  goll  hat  zuerst  Adam  ge- 
schaffen, nachher  ist  er  hingegangen  und  hat  die  Eva  er- 
schaffen, heute  haben  wir  in  der  schule  zuerst  gelesen,  dann 
sind  wir  hingegangen  und  haben  gerechnet  (wobei  an  eine  ent- 
femung  vom  platze  nicht  gedacht  wird).  Keiirein   l!t7. 

b)  hingehen,  ein  flüchtiges  gehen,  forteilen  bezeichnend,  nament- 
lich in  biidern,  die  das  ungrundliche  einer  Untersuchung  oder 
be$frechung  hervorheben:  er  ging  leicht  über  die  sache  hin; 
gelna  sie  nicht  so  flüchtig  darüber  hin,  die  sache  ist  ernster, 
als  sie  glauben ;  wir  wollen  rasch  über  die  letztvergangnen 
jähre  hingehen. 

e)  hieran  angeschlossen  bezeichnet  unpersönliches  es  geht  hin 
ein  unbeanstandet  lassen,  durchschlüpfen :  es  seind  die  faulen 
beicbtv.1tter,  suppriurin  und  zirkerin,  die  da  lassen  hingon, 
sy  legen  sich  in  den  acker  und  schlafen  und  lassend  das 
nnkraut  wachsen.  Keisersberc  has  im  pf.  b  iiij ' ;  es  ist  ver- 
sehen, ich  inusz  bekennen,  aber  einmal  gebt  ja  hin.  engl, 
com.  1,  Bb4;  das  y  mOchte  zu  einem  endbuchstalien  wul  hin- 
gehen, weil  es  in  vielen  srhriflen  ({efiin<lcn  wird.  Lor.Au  3,4; 
weil  es  ein  fürst  gesagt,  mochte  es  dazumabi  im  scherze  hin- 
gehen. Chr.  Weise  kl.  Icute  314;  bis  es  besser  wird,  mag  es 
hingehen.  GriTHE  11,219;  ginge  so  was  iingestrnrt  hin.  14,306; 
kennen  wir  doch  kinder  nicht  anders  erziehen,  als  auf  diese 


HINGEHEN 


1440 


weise,  versetzte  Jarno,  bei  kindern  möchte  es  noch  hingehen, 
sagte  Wilhelm.  20,  .33; 

dasz  jemand  weiter  sagt:  du  seist  auch  hier  (in  Tliracien) 

begraben, 
ist  etwas  so  bei  mir  fast  nicht  kan  glauben  haben; 
gcbohren  sein,  geht  hin,  du  strenger  wafTengott, 
ge.-iiorben  ist  zu  viel.  Opitz  1,  89 ; 

bei  tage  gings  noch  hin.    doch  halbe  Sommernächte, 
und  stets  allein,  mit  einem  schönen  mann! 

WiBLAND  10,287  (A'omfea&ii«  r.  .'>52); 
ein  tulbcnd  ists,  der  unsem  kaiser  schmücket, 
sie  ncnnons  kröne,    narae  gelit  wohl  hin !    Göthe  5, 154. 

mit  einem  persönlichen  dativ:  er  hat  zwei  eheweiber  gebapt  zti- 
mal ;  ..  noch  ist  es  im  alles  bingartgen.  Zimm.  cAron.  4, 12,27 ; 
Springinsfeld  antwortete:  was  gcbets  die  sliefelschmicrer  an? 
das  gieng  ihm  hin,  dann  er  sähe  so  gräszlich  drein  und  machte 
so  grausame  und  bedrohliche  minen ,  dasz  sich  keiner  an 
ihn  reiben  dorfte.  Simpl.  1,279  Kurz;  bringt  wer  ein  irsal  in 
schwang,  und  selbiges  ist  gering,  so  dasz  nur  gäucbe  werden, 
nicht  aber  bösewicbter,  denen  das  irsal  behagt ;  so  mag  es  ihm 
hingehn,  und  fällt  er  nicht  in  rüge.  Klopstock  12,100;  wiir 
es  zuletzt  nur  nicht  so  schlimm  abgelaufen,  alter!  so  inOcbt 
es  dir  allenfalls  noch  hingehn,  dasz  du  dich  von  der  neu- 
begicrdc  dieser  jungen  leute  zu  deinen  bannungen  hast  ver- 
führen lassen.  380;  mit  uichlen,  sagte  der  freund,  ich  kann  es 
ihm  nicht  so  hingehen  lassen.  Göthb  24,262;  die  schlechten 
witze  möchte  ich  ihm  (liaupach)  alle  hingehen  lassen.  H.  Heine 
11,135; 

als  kind  ist  d'irs  so  hingegangen, 

die  unmündgen  sieht  er  so  genau  nicht  an.    Tib«  2, 332. 

etwas  anders  in  der  formet  es  gebt  in  einem  hin,  wird  zugleich 
mit  andeiem,  ohne  besondere  umstände,  erledigt;  es  gebt  in  einer 
Veränderung  bin.  Hdgo  civil,  mag.  i,  226  {ändert  man  das  eine, 
so  ändert  man  das  andere  gleich  mit). 

d)  sich  hingehen  lassen,  weiter  gelten,  fort  treiben  lassen;  in 
sinnlicher  schärfe: 

von  schmerzen  abgemalt,  lies  sichs  (das  wnnderthier)  aufs  meer 
hingeben.    D.  v.  d.  Werder  .Ariust  11,40, 1. 

übertragen,  wie  einfaches  sieh  gehen  lassen :  er  läszt  sich  zu 
sehr  hingehen,  zügelt  sich  zu  wenig,  ich  lasse  mich  gern  in 
dem  süszen  wahn  hingehen,  dasz  sie  (die  disserlation)  dort 
vielleirlit  nach  zwanzig  und  mehr  jähren  ...  in  ein  gutes 
zensorämtchen  hineinhelfe.  .1.  P.\üi.  freiheitbüchl.  87. 

3)  nach  hin  6  sp.  1376,  fortgehen,  weggehen:   ahd.  erstantel, 
inti  gämßs  hina  (surgite,  eamus  hinc).   Tatian  166,  4 ; 

mhd.  er  dankte  im  gröje,  hört  ich  sagen, 
und  nam  urloup.    hin  gienc  er. 

thtupis  teUscIir.  6,  182,  299 ; 

nhd.  gehet  hin  von  mir,  ir  verfluchten,  in  das  ewige  fe«r. 
Matth.  2b,  il;  stehe  auf,  gebe  hin,  dein  glaube  hat  dir  geholfen. 
Luc.  17,19;  lieber,  lasz  mich  hingon,  oder  da  dannen  gon, 
sine  me  hinc  abire.  Maaler  224* ;  sy  lassen  vil  gold  in  ybren 
Aussen  vergebens  hingeen.  Frank  wcltb.  187';  so  zünde  sie 
das  nachtlicht  an,  sagte  Charlotte  (zum  kammermädchen),  und 
gehe  sie  nur  hin:  es  ist  spät.  Göthe  17,128; 

steh  auf,  sprich,  laszt  mich  Kirhcr  gehn, 
geh  hin  und  spei,  denn  wesch  die  zeen, 
Komb  wider  und  füll  doppol  ein, 
was  lehr  ist,  roiisx  gefüliet  sein. 

grobian.  H  iij'  (6. 
erlaubet  mir.  ich  mus  hingon 
ain  wenig,  bisz  mirs  plut  thut  ston. 

Fisr.HART  /löhh.itt  2223  (licht.  2,  60  Kur:). 

schwinden :  wie  es  koiiunct,  so  gebet  es  wieder  bin.  male 
partum  male  disperit.  Stielkr  627;  bei  vilen  worten  seind  wenig 
tbaten.  es  gebet  den  vögeln,  so  vil  singen,  alles  im  gsang  bin. 
A(;r.  spr.  (!.'»60)  226',  Utre  kriiße  reichen  für  nichts  anders  aus; 

i\  aber  mir  werde  benomen 

min  6re  mit  nnrehtc, 

si  muoj  mir  i\  mit  vchte 

unt  mit  knmphe  hine  gAn.     Tri<fiiri  -.■s-t,  i ; ; 

namentlich  auch  von  derzeit:  die  bingenden  jar,  ol>cuntcs  anni. 
.Maalkr  224' ;  der  summer  gadt  hin,  oder  fart  darvon.  das. ; 
ein  jähr  ist  bald  hingegangen ;  der  lag  war  in  feierlirhkeileii 
und  fuierkleiderii  hingegangen.  Götiik  17, 126;  mehrere  tage 
gingen  im  oberhofe  auf  die  gewohnte  stille  und  einröruiige 
weise  hin.  Immkhmann   Münchh.  1,174; 

nrh  gott,  wie  nah  ist  mir  mein  cnd«  I 
hin  geht  die  zeit,  her  kommt  der  tod. 

sterben:  und  zwar  des  menschen  son  gehet  hin,  wie  et  he- 
»clilussen   ist,   doch   webe   dem   selbigen  menschen,   durch 


1441 


HINGEHÖREN  —  HINHALTEN 


HLNHALTUNG  —  HLNHEFTEN 


1442 


welchen  er  venhalen  wird.  Luc.  22, 22 ;    so  manche  gesunde 
person  war  vor  mir,  der  kranken,  hingegangen.  Göthe  19,355; 
wie  viel  sind  in  dem  stank  der  kerker  hingegangen? 
wie  viel  sind  eh  man  noch  den  kerker  kunt  erlangen 
verschmachtet  auf  dem  zug.    A.  Grtphics  1698   1,149; 
alles,  was  die  weit  uns  schenket, 
nimmt  die  weh,  wenn  wir  hingehn.    2, 186. 

4)  hingehen,  transitiv,  etwas  durch  gehen  zu  gründe  riciUen 
(t'^Z.  hin  1,7  sp.  1376):  es  hat  auch  die  besten  camelthier,  die 
den  huf  oder  klawen  nimer  hingeen.  Frank  tceltbuch  1S3'. 

HINGEHÖREN,  verb.  perlinere  ictuc:  hier  gehören  blumen 
hin ;  die  bemerkung  gehörte  nicht  hin ;  war  er,  wie  man  doch 
natürlicher  weise  glauben  muszte,  zu  Athen  gewesen,  wo  er 
hin  gehörte.  Wielasd  19,321  {Abderiten  3,6). 

HINGEHÖRIG,  adj.:  er  ist  nach  Leipzig  hingehörig,  der 
abstammung  oder  dem  aufenthaltsrechte  nach;  alles  nicht  streng 
zur  Sache  hingehürige  musz  unterdrückt  werden. 

HINGELANGEN,  verb.:  ach,  dasz  er  das  nicht  sieht,  dasz 
nur  dies  der  w  eg  ist,  hinzugelangen !    Klisger  theater  2,  218 ; 
an  ihrem  (der  Weisheit)  hals  will  ich  mit  freuden  hangen; 
doch  sagt  mir  nur,  wie  kann  ich  hingelangen?    Göthe  12,94. 

HINGERATHEN,  rerft.,  unabsichtlich  nach  einer  abgelegenen 
rietdang  kommen  :  wo  sind  wir  hin  gerat  hen  I ; 

meine  güldenen  ducaten, 

sagt,  wo  seid  ihr  hingerathen?    H.  Heine  15,  71. 

HINGERISSEN,  part.  s.  unter  hinreiszen. 

HINGERISSENHEIT,  f. :  wer  kann  ein  solches  gesiebt  ohne 
gefühl,  ohne  hingerissenheit  ansehen  I  Klinger  3, 172. 

HINGEWÖHNEN,  reib. :  jetzt  hat  Preuszens  muster  . .  die 
deutschen  städte  doch  so  weit  hingewöhnt,  dasz  sie  einem 
reisebeschreiber . .  alles  zu  schreiben  verstatten.  J.  Padl  freih.- 
büchl.  124. 

HINGIESZEN,  verb.  hinwärts  gieszen:  er  weisz  ..  den  hauch 
eines  ächten  heroischen  gedichtes  über  sein  uubeholfenes 
latein,  so  weit  das  gehen  will,  hinzugieszen.  Gervi>cs  gesch. 
d.  deutschen  dichlung  1,90;  vergieszen,  weggieszen:  ihm  war  als 
war  er  überselig,  wenn  er  jetzo  vor  irgend  einem  wesen  .  . 
hingieszen  könnte  all  sein  blut.  sein  leben,  sein  wesen.  J.  Paul 
Hesp.  1,119;  einer  von  jenen  fftchferlichen, ..  denen  es  gleich 
gilt,  welches  menschenblut  sie  hingieszen,  ob  fremdes  oder 
ihres.  Tüan  l,  32.  über  die  eigenartige  bedeutung  des  part.  hin- 
gegossen vergl.  oben  an  alf^abetischer  stelle;  nach  ihr  konnte 
reflexiv  gebildet  werden : 

Brises  tochter  nunmehr,  wie  die  goldene  Aphrodite, 

als  sie  gesehn  den  Patroklos  zerfleischt  von  der  schärfe  des  erzes, 

gosz  sie  um  jenen  sich  hin  und  weinete  laut.    Itias  19,  284. 

HINGIRREN,  verb.: 

nun  hauch  ich  meine  seele  schier 

erseulzend  in  die  winde, 

und  girre  kläglich  hin  nach  ihr  ^meinem  mädchen), 

gleich  einem  kranken  kinde.      Bijrger  7*. 

HINGLEITEN,  verb. :  der  kahn  glitt  sanft  über  das  wasser 
hin ;  ich  wanderte  auf  dem  rechten  nfer  des  flusses,  der  .  . 
im  Sonnenlicht  hingleitete.  Göthe  26, 177 ; 

ist  der  rohe 
schwere  thyrsus  keine  bürde 
für  die  hand,  auf  zarten  saiten 
nur  gewöhnet  hinzugleiten?    2,  29. 

HINGLITSCHEN,  verb.:  wie  viele  haben  ein  buch,  wovon 
sie  urtheilen, . .  nur  durchblättert,  sind  nur  flüchtig  über  ein- 
zelne stellen  hingeglitscht.  Wielasd  13,  278  (265) ; 

balbgenossen  elitscbt  die  freude 

über  meinem  herzen  hin.    Bluiucer  1,  2S. 

HINGLOTZEN,  rer6.:  auf  iine  stelle  hinglotzen;  was  soll 
das,  firau?  fragte  hinklotzend  der  alte  Poshardt.  J.  Padl 
briefe  89. 

HIN  GRÄMEN,  verb.  refl.  sich  zu  tode  grämen  {vergl.  hin  7 
sp.  1376):  er  wird  sich  noch  hingrämen. 

HINGREIFEN,  verb.:  die  armuht,  wo  sie  hingreifet,  da 
findet  sie  nicht,  da  liegt  nicht  (nichts).  Schottel  1124'. 

HINGUCKEN,  cer6.  videre  in  illum  locum.  Stieler  714. 

HINHABEN,  verb.  weg  haben,  vergl.  sp.  1376  unter  hin  6,6.- 
er  hat  seinen  lohn  hin ;  auch  nach  haben  5  5p.  68,  rücksichtlich 
einer  läge,  einer  entfemung  vorhanden  sein :  wir  haben  noch 
weit  hin,  bis  zur  Stadt;  seet  weizen  und  gersten,  jglichs  wo 
ers  hin  haben  wil.  Jet.  28,25. 

HINHALTEN,  verb.  hinwärts  halten:  er  hielt  ihm  ein  buch 
hin;  der  kranke  hält  dem  arzte  den  wunden  fusz  hin.  in- 
transitiv still  halten,  aushalten :  so  wir  im  (gotte)  hinhalten. 
IV.  11. 


Frank  weUb.  123*.  häufig,  angeschlossen  an  die  bedeutung  von 
halten  II,  3  sp.  290  und  von  hin  1, 5  sp.  1376,  iceiter  halten,  auf- 
halten :  das  blendwerk,  womit  die  bewunderer  der  gründlich- 
keit  unserer  vemünftler  jederzeit  hingehalten  worden  sind. 
Käst  2,593;  ein  elender  behelf,  womit  sich  einige  hinhalten 
lassen.  4, 212 ;  gefahr  laufen,  durch  leere  begriffe  hingehalten 
zu  werden.  6,  225 ;  sich  mit  einer  gekünstelten  gemüthsstira- 
mung  hinhalten ,  vielleicht  weil  man  sie  für  heilsam  hält. 
10, 163 ;  wo  ihren  erschöpften  muth  hoffnung  allein  noch  hin- 
hält. Schiller  778;  der  baron  hatte  Wilhehnen  einige  tage 
mit  der  hoffnung  hingehalten,  dasz  er  der  gräfin  noch  beson- 
ders vorgestellt  werden  sollte.  Göthe  18, 264 ;  in  der  einzigen 
aussieht  uns  in  einem  schleppenden,  geistlosen,  bürgerlichen 
leben  hinhalten  zu  müssen.  26,219;  dasz  nach  gespannter 
erwartung  ein  stummes  staunen,  ein  wortloses  stumpfes  ver- 
wundern die  sinne  hinhält.  Tieck  ges.  nov.  10,231.  abhalten, 
fernhalten :  abtragung  alter  schulden,  die  sich  nicht  mehr  hin- 
halten lieszen.  Klinger  9,216. 

HINHALTCNG,  f:  die  versuchte  hinhaltung  der  gläubiger 
gelang  nicht;  die  zeit  der  halben  maszregeln  und  der  hin- 
haltungsmiltel.  Fichte  reden  an  d.  d.  nat.  461. 

HINHANGEN,  verb.:  bisz  auch  der  rock  mit  lumpen  hin- 
hecht  {lumpen  an  ihm  hangen).  Schade  sat.  u.  pasqu.  2,61,15; 
wa  dem  fürsten  das  or  hinhanget,  da  ist  das  doli  Tolk  schon 
vornen  dran.  Fraxk  weltb.  38*; 

und  der  geopferte  für  die  Verbrecher  hing  in  die  nacht  hin. 

Klopsiock  4,  176 ; 

an  diesen  lippen,  diesen  äugen, 
die  weh  vergessend,  hinzuhängen, 
und  aus  den  rosenrothen  wangen 
des  lebens  überflusz  zu  saugen. 

Le>'z  in  Fo«'  musenalm.  1778  *.  41 ; 
nun  traf  jener  die  hand,  der  rufer  im  streit  Menelaos, 
welche  den  bogen  noch  hielt,  den  geglätteten;  und  in  den  bogen 
stürmte,  die  hand  durchbohrend,  hinein  die  eherne  lanze ; 
schnell  in  der  freunde  gedräng  entzog  er  sich ,   meidend  das 

Schicksal, 
mit  hinhangender  band  und  schleppte  den  eschenen  speer  nach. 

llias  13,  597. 

HINHÄNGEN,  verb. :  er  hängte  den  rock  an  den  nagel  hin ; 
dasz  die  gesimse  der  kleinen  häuser  durchaus  schief  nach 
einer  oder  der  andern  seile  hinhängen.  Göthe  28,116;  das 
innerliche  heimliche  hinhängen,  w-ellenschlagen  und  wünschen 
des  herzens  ...  ist  beim  gebet  die  bauptsache.  Claudius 
3,103;  Beata  hängt  ...  ein  wenig  zor  Schwärmerei,  empfind- 
samkeit  und  dichtkunst  hin.  J.  Paul  uns.  löge  1,  167;  eine 
Sache  hinhängen  lassen,  nichts  in  ihr  thun. 

HINHAUCHEN,  verb. :  diesz  biszchen  leben  —  dürft  ich  es 
hinhauchen  in  ein  leises,  schmeichelndes  lüftchen,  sein  gesiebt 
abzukühlen!  Schiller  kab.  u.  liebe  1,3.   hauchend  sprechen: 
vier  jähre  schon 

vereitelte  des  krieges  ungestüm 

mir  jeglichen  versuch,  dem  treuen  Narbas 

die  Seufzer  meiner  Sehnsucht  hinzuhauchen.    Gotier  2,  193. 

duflig  wie  einen  hauch  hinzeichnen :  und  wenn  es  mir  nun  auch 
gelänge,  dich  zug  für  zug  mit  der  wärmsteu  und  geistigsten 
färbe  der  liebe  hinzuhauchen  (deine  Schönheit  zu  beschreiben). 
Klinger  10,12; 

auf  des  meeres  riesenwogen  schwebte 

hingebaucht  vor  mir  dein  holdes  biid.    Seuxe  ged.  s.  31. 

HINHAUEN,  verb.  l)  eum  locum  caedemlo  pelere.  Stieler  790; 
mit  dem  Schwerte  nach  einem  hinhauen. 
2)  nach  hauen  13  sp.  580,  hineilen,  forteilen : 

ein  groszes  schaff  mit  wasser 

gosz  sie  schnei  eilends  auf  va  dar 

und  sprach :  haw  hin,  du  hosts  nun  gar. 

H.  FoLZ  in  Kellers  fastn.  sp.  s.  1280 ;  • 
aide  mein  wirdt,  golt  lasz  dich  gnesen. 
der  wirt  spricht:  haut  hin,  sprecht  ir  seidt  hie  gewesen. 
H.  Sachs  3,  1,238", 
hau  imer  hin,  lieber  gesell! 

ScHADC  tat.  «.  putqu.  1.  59,  168; 
liesz  in  also  sein  stra»  hinhawen.    mückenkr.  2. 32n. 
HINHEFTEN,   verb.   heftend   hinwärts   befestigen:   er  heftete 
noch  zwei  schleifen  auf  das  kleid  hin.   häufig  votn  blicke,  nach 
heften  3  s/>.  770:  Miller  (unterdessen  mit  unverwandten  äugen 
auf  das  gold  hingeheftet).  Schilleb  kab.  u.  liebe  5,  5 ; 
vater,  dein  wille  gescbeh !  mein  hingeheftetes  äuge 
schauet  aus  in  die  nacht,  und  kann  nicht  weinen. 

Klopstock  3,264  (Mes.t.  4,405;  die  ausg.  r.  1751 
mein  starrgebefiet«s  äuge);: 
(wenn)  nur  Jehovah  mit  vollem 
hingehefteten  blick  anschaut  den  sterbenden. 

4,  104  (Mets.  8,60); 

91 


1443 


HhXHEIM  —  niNHORCHEN 


IIINHüHEN  — HINKEN 


1444 


da  standen  sie  beide,  sie  waren 
naii  bei  einander,  mit  starrendem  hingehel'teten  bliclve 
unbeweglich.  233  (Hess.  10,739); 

diirsiellung  gebietet  Testen, 
hingeheftelen  forscherblick.    '2.  19<). 

HiNHEIM,  adv.  hin  in  die  heiniat,  vgl.  herheiiii  sp.  1103: 

rüren  mit  Tried  hinheim  zu  hausz.     H.  Sachs  4,  1,54'; 
ich  will  hinheim.    5,  21(i'  (und  öfter) ; 
nerabt  diesen  ring  mit  euch  hinheim. 

hist,  Magclonae  spielwcis  C  iiij. 
ertceüert  hinheimen: 

auch  mit  mir  wieder  hin  hcimen  bröcht.    Avj'; 
und  hinheimhin: 

er  solt  hinheimhin  kummen  nit.    II.  Sachs  3,2,85'. 
hinheim    »«    übertragetiem    sinne,    wie   anhciin  theil  1,372:    t»e 
sich  der  krieg  anviag,  do  gab  inati  den  paurn  hinliaini,  da; 
ir  ied^r  möcht  fliehen  zu  der  .stal  NUriiiberg.    d.  slddlechron. 
2,  243, 8. 

HINHELFEN,  verb.  hinwdiis  lielfen,  fort  helfen,  weg  helfen: 
wer  den  Pütrich  luiset  oder  hofet,  ausl  (speiste)  oder  trankt 
oder  geferlichen  bin  half.  d.  slddlechron.  4, 100,  22.  zum  tode 
helfen:  alle,  es  lebe  der  hauptmann  I  Spiegelberg,  bis  ich  ihm 
hinhelfe!  Schiller  räu^r  1,  2.  reflexiv:  er  hilfl  sich  so  hin, 
fristet  sich  weiter. 

HINHEXEN,  verb. :  sieh  doch,  sieh,  das  schöne  geiuäuer 
dahinten!  ists  doch  als  wenn  die  feen  es  hin  gehext  hätten. 
GöTHE  14,82.  ' 

HINHINKEN,  verb.  hinwärts  hinken: 
ihm  hair  sein  knappe  wieder  auT  die  heinc, 
und  brummend  hinkt  er  nach  dem  zelte  hin.    Wielat<d  18, 19. 

IHNHINTER,  adv.  hinwärts  und  nach  hinten,  zurück,  mhd. 
hinhinder  (Lexer  wb.  1,1298):  in  solchem  abziehen  reit  der 
fürsichtig  haubtinan  mit  groszer  mühe  ein  weil  für,  ein  weil 
iiinhinder.  W'ilw.  v.  Scliautnb.  105 ;  rückt  er  selbs  die  veint  zu 
besehen  hinhinder.  59;  so  zeucht  imer  eine  sünde  die  ander, 
und  gröszere,  bis  man  gar  hin  hindcr  künipt.  Luther  4  37' ; 
das  hat  die  Teutschen  hinhinder  geworfen,  bisz  in  gott'  ausz 
dem  staub  für  vil  Völker  herfür  hat  geholfen.  S.  Frank  Germ, 
chron.  1538  vorrede  bl.  aaiij'; 

doch  denkhen  macht  das  ich  schau  dickh  hinhindtcr 
an  die  vergangene  tag. 

PÜTEKicHs  ehrenbricf  119,  bei  Haupt  6,53; 
o  du  grewiichcr  kalter  wintnr 
iler  glenz  hat  dich  getuckt  Iiinhinder.    II.  Sachs  4,3,49'. 

in  den  formen  biniiindern:  wolt  wie  die  Schweizer  nicht  leiden, 
dasz  <M"  die  feder  forncn  auf  die  stirn  setzt,  sondern  ruckts 
iiini  hin  hindern.  Garg.  l^h' :  «nrf  bininter,  hininder:  hininder 
bürsten,  repcctere,  relro  peclere.  Stieler  168 ; 

wie  aber  Tullius  und  sein  kinder 

sfind  wider  genickt  hininder  (von  könifjlichen  ehren  ins  elend). 

i.  Atrer  51'  (270,  25  Keller)  ; 
mein  draid  (gctraide)  werd  ich  schieden  (schütten)  hin  inder 
ulT  ricn  potten.  dessen  fastn.  sp.  195'  (3177,26). 

a»  die  Verbindung  hiniiinler  hallen  zurück  Italien,  sparen :  man 
sol  etwas  hinhinder  hallen,  .  .  denn  ein  gesparter  pfcnning 
ist  gleich  so  gut  als  ein  gewonnener.  .Matiiesius  post.  2,211", 
tchlieszl  sich  binhinter  sparen: 

darum  trag  ein  im  sumcr, 
das  du  nit  leidest  kumer 
in  deines  allers  winter, 
sorgtaltig  spar  hinhinter. 

meutert.,  ms.  germ.  fol.  23,  iio.  88. 

ei  hiesx  auch  hinhinter  rauben,  durch  rauben  etwas  für  sich 
zurückbringen,  hinuegbringen : 

und  haben  dir  gernuhet  hinhinder 

alle  deine  enelin  und  rintler.     H.  Sachs  2,1,4*. 

das  adverb,  seit  dem  17.  juhrh.  für  die  schrißspraclie  erloschen, 
fristet  lick  noch  in  mundarlen:  buir.  binhinter,  hinhinterhin. 
ScHM.  2, 200.  218 ;  tni  Fichtelgebirge  ninta.  Fromm.  5, 517 ;  tn 
Üüringea  wird  uinter  aus  binhinter  einem  rinler  aus  herhinter 
entgegengesetzt,     rgl.  hinterher,  binlerhin. 

HINHOt-^KEN,  retb.  in  der  rirhlung  nach  einem  vom  sprechenden 
abliegenden  orte  hocken:  er  i»l  vor  jener  Ibür  hingeborkl ; 
Iransittr :  er  bat  ihn  auf  seinen  Hchnllerii  hingebockt. 

HI.MKlL/,  n.  rhamnus  framjula,  der  faulhuum.  Nk.miiich  4, 1140. 

HlMlOH(;HtN,  verb.  hinudrti  horchen:  dasz  du  ja  genau 
Innbonb-t!  »unM  ruiixrhen  dir  Mrom  und  slurm  dan  wiehern 
hinwi-g.  Klhi-ütock  10,175;  ich  horchte  genau  hin,  iiOrle  aber 


nichts,  auch  von  dem  vorsiihligen  erforschen  jemamics,  in  der 
gewöhnlichen  spräche:  wir  wollen  doch  auch  erst  einmal  liin- 
iiorrben,  ob  er  es  gerne  tiiut. 

HINHÖREN,  rerfc.  aures  eo  dirigerc:  hör  doch  hin,  audi 
quid  nie  velit.  Stieler  859;  ich  halle  schon  gemerkt,  dasz  sie 
auf  tanzen  und  kindelbieieii  nach  mir  binhörle,  wenn  ich  so 
erzählte  von  meinen  fahrten.    Immerma.nn  Miinchh.  4,23; 

himmlischer  ohr  hört  das  getön  der  bewegten 
Sterne ;  den  gang,  den  Seleno  und  l'leione 
donnern,  kennt  es,  und  freut  hinhörend 
sich  des  geflügelten  halis.     Klopstock  1,  177; 

begleitete  mit  hinhörendem  obre 
jeden  donner  des  schaumenden  Stroms.    4, 167 ; 
wenn  dollmctscher  der  Deutschen  sie  sind,  so  nehmen  sie,  geben 
sie,  und  entdecken  nicht,  das/  der  beraubt'  und  beschenkte  des 

zürnens 
niemals  sie  würdigt,  und  kaum  hinhörend,  nur  selten  des  spottes. 

7,  343 ; 
weniger  reicb,  wie  es  scheint,  ist  unsere  Sprache  dem  kennor, 

welcher  sie  braucht,  wie  er  soll, 
ihm  sind  viele  der  wortc  nicht  da;  auch  höret  er  lang  hin, 
eh  ihm  ein  neues  gefällt.      349. 

HlNHUMl'ELN,  rcrb.:  ich  war  hinter  die  thür  des  garten- 
hauses  hingehumpelt.  Hermes  Sophiens  reise  3, 123. 

HINHUSCHEN,  verb.:  auch  hr.  Klotz  ist  über  dieses  feli- 
citer  {in  einer  zu  erklärenden  stelle  des  Plinius)  hingehuscht. 
Lessing  8,90; 

huscht  doch  die  frcud  aut  Hügeln,  schnell 
wie  schwalben,  vor  uns  hin.     KQrger  47'. 

HINIRREN,  verb.: 

noch  irrten  sie  in  seinen  (Babylons)  ersten  gasscn 
unkundig  iu  der  dämmrung  hin  und  her. 

Wieland  22,  165  (Obcron  4,  3t>) ; 
vom  tiefsten  schmerz  begleitet  irrt  sie  nun 
wer  weisz  in  welchem  lande  trostlos  hin.    Göthe  9,313. 

HINJAGEN,  verb.  intransitiv:  die  wölken  jagen  am  himmcl 
hin;  transitiv:  er  jagt  den  band  zu  ihm  hin. 

IHNJAMMERN,  verb. :  dasz  die  arme  . .  nun  ohne  ihn  ihr 
leben  hinschleichen,  hinjammern  soll.  Göthe  10, 57.  vgl.  bin 
II,  2  sp.  1377. 

HINJÄUCHZEN,  t'er6. .'  o  lasz  inichs  hinjauchzen  durch  die 
luft.  Fr.  Müller  2,221. 
HINKAUERN,  verb.  refl.: 

doch  sagt:  was  in  der  höhle  dort, 
bei  schwachem  licht,  sich  dreifach  hingekauert? 
Göthe  41, 154. 

HINKEBEIN,  n.  spoUname  für  einen  der  ein  funkendes  bei% 
hat,  hinkt :  dieses  hinkebein ! ;  hinkebein  spielt  den  mann. 
SiMROCK  sprichw.  s.  251 ;  Stieler  124  setzt  für  binkbein  sive 
hüpfebein,  empusa,  claudicans  männliches  geschlechl  au. 

HINKEBINK,  m.  spoUname  für  einen  hinkenden  {vgl.  unten 
binkeperz).  bei  Maaler  der  binkcnbink,  claiidus.  /ortpe.'s.  222'; 
claudus,  binkeiipink.  Apiieriuam  tyrocinium  .i.  30;  niederländ. 
binkepink,  claudus,  claudicans,  lon})cs,  mit  dem  verbum  hinke- 
]iinkcn,  cluudicare,  unico  pede  saltare  Kiliaj*  ;  bei  Fischart,  ipi« 
es  scheint,  auszerhalb  grammatisclwr  fiujung,  in  interjeclioneller 
weise  verwendet:  US  (ließ  und  sprang,  .  .  lief  und  rang,  mit 
trei  passen  ein  spning,  nit  des  hinkebinke  knapfusz,  nicht 
des  bockspringens,  seit  und  ruckspruiigs,  noch  des  böhmi- 
schen Sprungs.  Garg.  17S'.     vgl.  kiiappfns/.  theil  h,  1349. 

HINKEHREN,  rcr6.    tvrtere  istuc;    id»solul :   ;ilso    zoch  alles 
Volk  bin,  ein  jglicher  in  sein  haus,  und  David  kcrel  auch  hin 
seiir  haus  zu  segenen.  Ichron.   17,43; 
narket  ich  geboren  bin. 
und  nacket  kcr  ich  widi-r  hin.     Sciiwahiknberg  159*. 

reflexiv:  da  keret  sich  alles  vulk  hin,  ein  jglicher  in  sein  haus. 
2Sam.  C,  19;  wo  er  sich  hinkeret,  ist  er  klnp  f;enrlil.  sprücJte 
Sd.  17,8; 

wo  sol  ich  mich  hin  kcren, 

ich  tunimes  bn'idorlein?    Hhlamd  volksl.  581. 

HINKKHREN,  rerh.  wrrere  istuc,  mit  i/em  besen.  Sciiellf.r 
deutsch-lat.  handlexicon  (17!Ki)  s.  71«. 

HINKKI.,  n.  junges  huhu;  s.  bünkel. 

HI.NKKN,  verb.  cluudicarr,  ahd.  hinkaii.  biiichaii,  mhd.  hinken. 
du*  wort  tsl  auszerhalb  des  hocluleut.<nhen  sprach<ielirtrs.  tirnig  irr 
breitet,  niederd.  claudus  hinkende  Ditr.  12i>*;  niederl.  findet  c.« 
sich  mit  einer  tteratielnldung  liinkelen  unico  pede  saltare  (KilAK\). 
wryl.  auch  oben  hiukebink ;  schwed.  hinka,  dun.  hinke  schemi 
aus  dem  deutschen  entlehtit  zu  sein,  da  im  nllnord.  das  verbum 
nicht,    nur  ein   anklmgendes    liökln   lahmen    luf^triefen  realen 


1445 


HINKEN 


HINTvEN 


1446 


kann,  als  urverwandt  wird  hingestellt  das  griech.  ay.ä^fo  aur. 
axay-joj  hinke,  und  das  altindische  khaiig  gleicher  bedeutung, 
aus  skang  herrorgegangen. 

kioken  ist  im  alt-  und  miüelhochdeulschen  ein  starkes,  im  nM. 
ein  schwaches  rerbum.     wenn  aber  bei  Luther  bereits  das  schwache 
praeteritum  ausgebildet  erscheint:  und  er  hinket  an  seiner  hüft. 
1  Mos.  32,  31 ;  und  sie  hinketen  umb  den  allar  den  sie  gemacht 
lintlen.    1  kün.  IS.  26,    so   dauern  die  starken  formen  doch  noch 
lange:   hank  bei  H.  Sachs  1,501";    da    hank  er  und  hett  den 
hofer  dazu.  J.  Pauli  lij;  {die  tdnzer)  hunken.  Garg.^2*; 
aber  der  low  bald  merket  das, 
hunk  da  umbber  demütiglich.    Etering  1,631; 
dasz  ich  an  wendn  zu  bett  bin  ghunken. 

FI.  Sachs  5,  236' ; 

und  namentlich  die  schlesischen  dichter  des  17.  jahrh.  verwenden 
sie  gern:  an  welchem  fusze  Philippus  geüunken.  Aszmann 
V.  Abschatz  im  torbericht  zu  Lohensteins  .irminius  c4'; 

es  sprang  das  satjr-volk,  Silenus  aller  tninken 
kam  auf  dem  esel  her  fein  langsam  nach  gehunken. 
Opitz  1.436; 
itzund  komm  ich  herein  gehunken, 
ach  lieben  leut,  ich  bin  nicht  trunken. 

A.  Gktpbil-s  1698   1,  741. 

in  den  oberdeutsclten  mundarten.  namentlich  der  bairischen  (Schsi. 
2, 215)    und   der  alemannischen  lebt  das  particip  gehunken  noch 
jetzt  fort. 
hinken  steht 

1)  im  eigentlichen  sinne,  lahm  gehen :  hinken,  daudicare,  hin- 
kender, claudus,  claudicans.  voc.  ine.  theut.  k  l';  der  knab  stund 
auf  {von  einem  stürze  mit  dem  pferde)  und  hankh  etwas  wenig«. 
fonl.  rer.  austr.  1,1,118  (vom  j.  1517);  in  dem  ringen  bringet 
er  das  davon,  das  er  hinkend  oder  lam  in  der  hüften  wird. 
Luther  4.183';  pump!  lag  er  da,  brach  ein  bein  und  hinkt 
uuch  heutiges  tags  davon.  Engei.  plüios.  für  d.  weit  18;  der 
baron,  der  geführt  herbei  hinkte.  Göthe  18,260; 

denn  ich  bin  gelofTen,  dasz  ich  musz  hinken,    fastn.  sp.60,i; 
würd  er  aber  taumeln  und  hinken, 
so  sclilah  in  mit  eim  prügel  ümbt  Schinken 
und  unten  ümb  di  scbinpain, 
so  lauft  er  grad  und  pald  haim.    686,26; 
er  zog  das  hinkend  pferd  in  stall,    grobian.  G7'  (6.  2,  cap.  4); 
sie  haben  geschossen  schier 

vom  haan  (dem  Wahrzeichen  der  Frankf.  brücke)  vfoU  einen  fuesz, 
dasselbige  glaube  sicher  mir, 

dasz  er  noch  hinken  muesz.    Soltaü  volksl.  406  (von  1552) : 
und  neben  Hymen  hinkt  der  gute  mann  Vulkan. 

WiELA«D'5,  224; 
und  wie  der  hinkende  Vulkan 
sein  Weibchen  einst  im  garn  gefangen.    10, 15S. 
Im  Sprichwort:  bei  lahmen  lernt  man  hinken.  Schottel  1113'; 
zeitigen    dieb  erlauft  ein  hinkender  schärg.    1115*;    es  hinket 
keiner  an  eins  andern  fusz.  1127';    wenn  alle  hinken,  meint 
jeder,  er  gehe  recht.  Sixrück  sprichw.  s.  251 ; 
an  der  hunde  hinken, 
der  huren  winken, 
der  frauen  weiuen, 
und  krämer  schwöhren 

soll  sich  niemand  kehren.    Pistoriis  thes.  par.  5, 20. 
Es  heiszt  gehinkt  kommen,  vgl.  kommen  II,  4  theil  5, 1636 : 
herr  könig,  ich  habs  nicht  gern  vernommen, 
dasz  ewr  lieb  thut  gehunkn  kommen 
an  diesen  ort  auf  zweiu  knicken. 

Atrer  fasln,  tp.  38*  (2529,  21  Keller) ; 
auf  einem  fusze,  auf  beiden  füszen  hinken :  er  . .  hinket  mit 
seinen  beiden  füszen.  2  Sam.  9,13;  mit  den  lamen,  die  auf 
beiden  seilen  hinken.  Reiszser /erus.  l,  12* ;  dann  er  halt  ein 
rosz,  das  hanke  an  allen  fieren.  Wickram  rollw.  52, 11  Kurz; 
er  hank  mit  einem  fusz.  Aimon  bog.  r  j ; 
der  dritt  der  hinkt  an  einem  bein. 

Atrer  fattn.  sp.  38*  (2527,  26  Keller) ; 
was  hinkt  der  kerl  auf  6inem  fusz?    Göthe  12,  109. 

2)  bildlich  in  mancherlei  Wendungen. 

a)  vom  lahm  sein,  stocken  der  zunge,  noch  jetzt  in  Däringen 
mit  der  spräche  hinken,  nicht  deutlich  oder  geläufig  reden: 
dye  zflnge  wijl  mer  (mir)  nu  hinken, 
daz  ich  nyt  mag  gedichten  von 
TOD  dissen  gescliicht  ein  enigesz  wort. 

E.  WijiDECKK  siiottyed.  auf  die  alten  adeU- 
gtschlechter  zu  Mainz  (1429) ,   üarmslädler 
handsch.  s.  14; 
wart,  das  euch  nit  die  zung  werd  hinken, 
wann  euch  iler  keiser  der  ret  (um  die  rottet)  wirt  fragen. 

fattn.  tp.  206,  21 ; 
nüttelhochdeutsche  belege  bei  Le.xer  wb.  l,  I20f). 


b)  hinkender  vers,  dessen  füsze  (f.  thril  4*  sp.  1010)  niclit 
glatt  laufen :  der  vers  hinkt,  ist  nicht  flieszend,  ungelenk;  hin- 
kende vers  von  erhaltung  der  gesundheit.  Schuppics  696.  in 
anderm  sinne  steht  der  Griechen  yco/.inftßos  und  axä^v. 

c)  hinken,  von  der  unentschlossenen  und  erlahmenden  art  des 
gemfdes:  auf  beid  seilen  hinken,  ad  nutum  aliquorum  circun- 
ferri.  .Maaler  222';  hinkender  glaub,  das  ist,  unstät,  halb 
ausz,  halb  inn,  wie  man  spricht,  fides  clauda.  das. ;  do  sprach 
der  prophet  Hellas  zu  in.  wes  hinken  ir  uff  bede  ort,  das 
ir  keinen  gott  wellen  anbetten,  dünkt  üch  der  wor  got  das 
er  der  recht  got  sy,  warumb  betten  ir  in  denn  nit  an,  be- 
dankt üch  denn  der  abgot  der  recht  got  sin,  warumb  betten 
ir  in  denn  nit  an,  und  stont  also  zu  hinken  uff  bede  syten. 
Keisersberg  bilg.  4l'  {nach  1  kön.  18, 21) ;  hinkest  und  giaap- 
pest  also  uff  bede  siten.  das.;  es  rotten  sich  die  hinkende 
wider  mich.  ps.  35, 15 ;  und  wil  der  hinkenden  helfen  und  die 
verstoszene  samlen.  Zephanja  3, 19 ;  auf  der  meisnischen  theo- 
logen  hinken  und  kleisterei.  Joh.Wigandus  ob  die  newen  Wülen- 
berger  u.  s.  w.  10*;  noch  selzamer  {ist  es),  wann  unter  den 
bundesgenossen  einigkeit  erhalten  wird:  und  wo  si  zumahl 
auf  eine  seile  hinken,  da  kan  es  nicht  lange  bestand  haben. 
BüTSCHKY  kanzl.  424 ;  Ottoni  thate  dieses  den  empfindlichsten 
stusz,  dasz  Adolph  von  Cöln  (der  zwar  schon  längst  gehinket 
hatte),  von  ihm  absetzte.  Hahs  bist.  1724  4, 68 ;  der  gute  kaiser 
muste  von  denen  tempelherren  viele  falschheit  erfahren,  so 
hinkten  auch  die  Venetianer  nebst  andern  creuzfahrern.  148; 

do  s  Volk  TOD  Israel  anfleng  hiDkcD, 
das  guldin  kälblin  bettet  an.    trag.  Joh.  Mv; 
der  pöfel  hinket, 
wo  ihn  nichtdünket, 
der  wird  verluhret, 

der  ihm  hollret.    Logau  3, 175, 12  (pöfel-gunst) ; 
kein  rechter  Christ  kan  trinken 
des  herren  kelch  zugleich 
uud  mit  dem  satan  hinken 
in  seinem  sCmdeDreich.    Rist  salib.  seelenl.  24; 
herr,  sieh,  ich  bin  verdrossen, 
zu  thun,  was  dir  gefällt! 
mein  herz  hinkt  unentschlossen 
noch  zwischen  gott  und  weit.    Uz  1,  309; 
und  mit  ausgeßhrlem  bilde: 

eiuem,  der  aus  boffart  stinkt 
und  auf  geraden  füszen  hinkt.    B.  BiTiGWAin  /.  w.  374. 
daher  auch :  seine  rede  hinkt,  semio  ejus  Claudicat,  i.  e.  vacillal, 
ineertus,  lubricus  est.  Stieler  763. 

d)  ein  gleichnis  hinkt,  wenn  es  dem  verglichenen  nicht  ganz 
nahe  kommt:  wenn  ein  gleichnis,  zu  weit  durchgeführt,  hinkt, 
so  wird  ein  vergleichendes  urtheil  immer  unpassender,  je 
genauer  man  es  betrachtet.  Göthe  6,110;  wie  man  nun  zu 
sagen  pflegt,  dasz  jedes  gleichnis  hinke,  welches  eigentlich 
nur  soviel  heiszen  will,  dasz  es  nicht  identisch  mit  dem  ver- 
glichenen zusammenfalle.  53,196;  wenn  die  matheraatik  .  .  . 
sonst  nichts  vor  sich  hat,  so  müssen  ihre  Schlüsse  sehr  hinken. 
Kant  8, 107. 

e)  hinken,  hinten  nach  kommen,  später  kommen,  wie  der  lahme 
hinler  dem  zuge  der  gesunden  zurückbleibt :  dein  guter  rath  hinkt 
sehr  hinterdrein,  wird  zu  spät  gegeben;  gewiAnlich  in  bezug  auf 
unangenehmes,  weniger  gutes:  besonders  hat  der  alle  herr  keine 
freude,  wenn  die  suche  abgethan  scheint  und  noch  manches 
hinten  nach  hinkt.  Göthe  21,202; 

du  denkst  —  zerrissene  gedanken 

durchkreuzen  sich,  vod  tröste  leer. 

du  gehst  und  deine  schritte  wanken, 

und  hinter  dir  hinkt  reue  her.    Gotter  1,  220  (139). 

hinkende  post,  hinkender  böte  wird  von  einer  später  einlau 
fenden  unangenehmen  nachricht  gesagt :  hinkende  post,  nuncium 
triste,  infelix  Stieler  763;  hernach  kam  der  hinkende  böte, 
mit  halben  armen  und  halben  beinen.  Schottel  1117*;  findet 
geschwind  für  seinen  Hanns  und  für  seine  Gretc  eine  an- 
sehnliche partie,  alles  ist  richtig,  aber  der  hinkende  böte 
kömmt  nach,  der  makler,  bei  dem  die  hundert  tausend  mark 
gestanden,  hat  banquerot  gemacht.  Lessixc  7, 124.  aber  man 
versteht  darunter  auch  nur  eine  spät  kommende  nachricht:  Bertuch 
sagt  mir,  dasz  er  ihnen  alle  umrisse  des  triuiuphhogens  längst 
geschickt  habe;  da  war  ich  also  wieder  der  hinkende  böte, 
so  wie  dieser  brief  einer  schlecht  geschriebenen  alten  zeitung 
gleicht.  GöcmiAOSEi«  in  Böttigers  litt.  zust.  2,249; 

der  hinkend  bot  bringt  newe  mehr, 

er  kompt  ^laub  ich  vom  Sunde  her, 

hört  was  sich  zugetragen.    Soltau  vulksl.  472  (t>.  1628); 
vfl.  auch  unter  böte  theil  2,278. 

91* 


1447 


HINKEN  — HLNKIG 


HINKLEBEN  —  HINKRITZELN 


1448 


f\  hinken,  ßr  stocken,  Jiapern,  nicht  gut  von  stallen  gehen, 
in  bezug  auf  glücksunistände,  genusz,  anstrengung :  als  solche 
Zeitungen  einhefen,  fing  des  Juli  sache  abermal  an  zu  hinken. 
Simpl.  i,  158  Kurz; 

ich  bin  wol  innen  worden 

da?  der  werlde  fröude  sinket 

und  ir  6re  hinket.     WigaloU  297,  18; 

0  so  lasz  den  kurzen  mai 

dieses  lebens  uns  getreu 

mit  einander  schmecken  I 

wenn  der  somraer  uns  erreicht, 

hinkt  die  Inst,  im  winter  schleicht 

sie  den  gang  der  Schnecken. 

GöKiNGK  heder  zweier  Hob.  (1779)  ».  58; 
kommt  man  {beim  kriege)  ins  feld  und  naht  sich  dem  werke,  da 

hinkt  es  gewaltig, 
muthiger  kann  man  nichts  sehn  als  sie  zu  hause  sich  zeigen, 
drauszen  liegen  sie  gern  im  hinterhalt.        Göthr  40,  160. 

auch,  zumal  in  der  ditern  spräche,  nicht  in  Ordnung  sein,  fehlen, 
mangeln:  wie  da;  sei,  dag  daj  lateinisch  buoch  hie  hinke. 
Megenberg  74, 36 ;  er  wuszt  des  Catons  sprach,  das  gessen 
ungetranken  sei  geluinken,  und  im  gegenspiel,  getrunken 
ungessen,  sei  zwischen  zweien  stülcn  nidergesessen.  Garg.M,*; 

ich  nam  ein  juncfrau,  ist  nit  neulich, 

an  der  lasz  ich  mich  ie  bedünken, 

sie  hab  an  eren  lang  gehünken.    fastn.  sp.  234,  16; 

ausdrücklich  an  die  bedeutung  1  angelehnt: 

Jambe  nennt  man  das  thier  mit  einem  kurzen  und  langen 
rusz,  und  so  nennst  du  mit  recht  Jamben  das  hinkende  werk. 
Schiller  1,321  Kurz  (xenien  no.  16); 

vgl.  auch  unten  unter  hinkeperz. 

g)  eine  formet  den  hund  hinken  lassen  galt  friiJier  ßr  gelten 
lassen,  ausschreiten,  ausschweifen: 

den  hunt  lasse  ich  hinken 
czu  der  rechten  haut  und  linken, 
men  fyndet  an  mir  ere  noch  trawe. 
uf  schalkeyt  erdenke  ich  stete  rawe. 

insclirift  eiiwr  schfisf:ii  des  15.  jahrh.,  am. 
des  germ.  mi(?.  1859,  sp.  415; 

eine  frauw,  die  ziemlich  schön  war,  beichtet  neben  andern, 
dasz  sie  underweilen,  wann  ir  mann  nicht  einheimisch,  den 
hund  hinken  liesze.  Kirchhof  vendunm.  337'. 

h)  die  uhr  hinket,  hierunter  versteht  man  denjenigen  fehler 
einer  uhr,  da  die  streiche  der  unruh,  einer  um  den  andern,  kurz 
und  lang  sind.  Jacobsso.n  8, 45*. 

HliNKEPEKZ.  m.  Spottname  für  einen  hinkenden,  perz  scheint 
an  berzel,  börzel  {theil  1,1539.  2,247)  angelehnt: 

gleichwie  du  bist  ein  hinkeperz, 
also  ist  hinkend  auch  dein  herz. 
die  plied  von  auszen  zeigen  frei, 
dasz  innerlich  auch  raangel  sei. 

Richter  hei  Pistoriis  tlies.  par.  1,  no.  66,  s.  87  ; 
als  Übersetzung  von 

clauda  tibi  mens  est,  ut  ]\es,  natura  notasque 
exterior  certas  interioris  habet; 

hinkenperz.  Stoppe  Parnasz  399.  —  Niederdeutsch  gilt  in  gleicliem 
sinne  hinkepoot,  hinkfusz.  Voss  im  deutschen  mus.  1780  2,451; 
auch  niederl.  hinkepoot,  claudus,  rlaudicans,  loripes.  Kilian. 
vgl.  oben  hinkebein  und  hinkebink. 

HINKER,  m.  hinkender.  Stiei.er  763:  die  hinker,  die  Stamm- 
ler, die  schielenden,  die  einöugigen,  die  speckwänste  und  die 
darrsüchtigen.  Musals  volksm.  544. 

HINKEREI,  /■.  das  hinken,  nach  der  bedeutung  von  hinken 
2,  c  oben  sp.  1446:  folgen  des  abfalls  und  hinkerei.  Luther 
tischr.  66'  am  rande. 

HhNKET,  5.  hinkicht. 

HINKETEUFEL,  m.  tunkender  leufei: 

worin  der  dumme  hinketeufel 
sich  Reihst  und  ihn  betrog. 

WiFLAND  21,  320  (KM.  u.  Sinibald  0,339). 

HINKICHT,  ad;'. /linJtenrf.  Stihi.er  763:  Tamerianes  wäre  ein 
Inhmer  und  hinkigter  hirtenbube.  Simpl.  (1713)  1,7.  oberdeutsch 
zu  hinket  herabgesunken :  claudus  hinket  Dief.  126' ;  hinket, 
lam  an  den  füszcn,  /ori;>fi  Dasvpod.  ;  mit  ihren  hinkelen  und 
einäugigen  füszen  werden  sie  mich  uicbl  erlaufen.  rARACEi.s. 
opp.  1,632B: 

*o  knappet,  böckricbt  und  «o  hinket.    H.  Sacu  5,  245* ; 
yha    die    liimen    hinketen    Christen  müssen  hören,    ich  weisz 
dein  werk.  S.Krame  latter  bij;  auch  zu  binkechtig  erweitert: 
lonprt  knimmfil>7ig,  lamme,  hinkecblig  Daktpodiuh. 

HINKIG,  adj.  hinkend :  em  krumfuiz,  binkiger,  loripes.  Dast- 
PODIU«  V»'. 


HINKLEBEN,  verb.  durch  kleben  hinwärts  fest  machen :  einen 
zcitel  hinkleben,  an  die  stulienthüre. 

HINKLEIBEN,  verb.  ebenso:  ja,  er  (gott)  ist  daheim  an 
unsrcr  stubentbür  gestanden  auf  dem  beigen  {bilde),  mein 
ineüder  bat  ihn  von  der  kttrbe  mitgebracht  und  hingekleibt. 
Simpl.  1,31  Kurz. 

HINKLINGELN,  vcrb.  mit  geklingel  hinfahren :  {wir  sehen  den 
dichter)  zu  groszeiii  schlittenzuge  gebellt,  durch  die  weilen 
ebenen  hinklingeln.  Göthe  33,148. 

HINKNIEEN,  verb.:  binknien,  niederknien,  in  ^enuo  pro- 
cumbere,  gcnua  submittere.  Frisch  1,  .52S*; 

ist  er  zu  mir  gesinnt,  wie  ich  zu  ihm  auch  bin, 
so  knie  er  neben  mir  auf  dieses  polster  hin. 

RiciiEL  bei  Steinbach  1,886; 
(die  inneren  stimmen)  zwingen  euch,  zu  zagen, 
und  vor  dem  herrn  von  euren  tagen 
und  allem,  was  da  lebt,  anbetend  hinzuknien. 

Gotter  1,  404  (251) ; 
solche  sind«,  die  der  gemeinschaft 
frommer  Christen  sind  beraubt, 
denen  nur  am  thor  der  kirche 
hinzuknieen  ist  erlaubt.     Uhlam)  grd.  287. 

HINKOMMEN,  verb.  l)  nach  einem  hinwärts  gelegenen  orte 
kommen:  das  land  da  du  hinkomest.  5  Afo.'.  11,10;  wo  der 
gottlose  hin  kompt,  da  kompt  verachtunge,  und  schfnach  mit 
hone.  spr.  Sal.  18,  3 ;  alles  was  darin  lebt  und  webt,  da  diese 
ströme  hin  komen,  das  sol  leben.  Hes.  47,  9 ;  sandte  sie  .  . 
in  alle  stedte  und  ort,  da  er  woU  hin  komen.  Luc.  10, 1 ;  da 
ich  bin,  könnet  ir  nicht  hin  komen.  JoA.  7,  34;  in  dem  Wein- 
keller sind  auch  immer  so  viel  leute.  diese  rausz  ich  .  .  . 
grüszen,  wenn  ich  hinkomme.  Gellert  3.224 ;  in  allen  fami- 
lien  wo  sie  hinkam,  erkundigte  sie  sich  nach  den  kranken. 
Göthe  17,  265.  sprichwörtlich:  wo  ich  hinkomme,  da  ist  es  gul 
gewesen,  oder  wil  bald  bösz  werden  {ich  treffe  nie  die  rechte 
zeit  des  glucks).  Schottel  1136';  wo  der  kaiser  hinkommt,  da 
stehet  ihm  das  recht  offen.  Pistoriüs  thes.  par.  lo,  7. 

2)  in  einer  schon  begonnenen  bcwegung  weiter  kommen,  tcohin 
geraten : 

wo  kam  der  waidmann  hin,  mit  dem  ich  .sprach? 
Schiller  Trll  4,  3 ; 
wenn  er  fragte,  wo  der  wind  herkomme  und  wo  die  (lamnip 
hinkomme.  Göthe  20,138;  unsinnlicher:  wo  kompt  ihr  hin. 
leut,  welche  ihr  auf  andere  saclien  allen  fleisz  anwendet, 
aber  eurer  söhn  habt  ihr  gar  wenig  sorg?  Schuppiüs  732; 
wo  ist  denn  ihre  gesellschaft  hingekommen?  Göthe  20,4  {was 
ist  aus  ihr  geworden?);  wo  ist  die  todesfurcht  hingekommen, 
die  ich  sonst* noch  wohl  empfand?  19,351;  die  mutier  ... 
bestand  darauf  zu  wissen,  wo  er  mit  den  groszen  summen 
hingekommen  sei.  15,198;  wo  kommen  sie  denn  mit  ihrem 
gelde  hin?  was  machen  sie  sonst  für  aufwand?  27,56. 

3)  weiter  gehen,  vorwärts  kommen,  in  bezug  auf  leben,  glücks- 
unistände und  Stellung:  habe  ich  dem  höchsten  für  die  bisher 
erhaltene  leibesbeständigkeit  und  erträgliches  hinkommen  zu 
danken.  Bütsciikv  kanzl.  83;  ein  vöglein  spricht  wer  sich  neh- 
ret  ohn  ander  leut  schaden,  der  kompt  lang  hin,  und  kein 
Sperber,  habicbl,  ahr  oder  weih  wird  ihm  nicht  schaden. 
Schuppiüs  838. 

4)  wegkommen,  schwinden,  in  bezug  auf  zeit:  ee  da;  vier 
Wochen  bin  cbomen  {kamen)  im  frid.  d.  städlechr.  2,  302, 14 ; 
e  darnach  acht  lag  hin  komen.  4,  li»f,,  24;  do  die.selb  zit  hin 
kom.  107, 2.  verderben,  untergehen :  sy  verwundern  sich,  das 
wir  so  kostlich  Heisch  (der  fnenschen)  lassen  hinkummen  den 
Würmern  zu  theil.  Frank  weltb.  22.'.'. 

HINKRACHEN,  verb.  krachend  hinslinzen : 

der  .  .  den  blinkenden  stahl  ihm  (ilem  rnsne)  tief  in  die  weiche 

de«  bauche.ji 
slietz,  dasz  «s  laut  hinkraclit  im  fall  und  den  reiier  herabwarf. 
I'TRKRR  Tunis.  7,  (154. 
HINKRÄNKELN,   verb.   kränkelnd   sein  leiten  hinbringen :    er 
krUnkelt  hin;  auch  hinkranken. 

HINKRELM,  m.  rhythmus  claudicans.  Stif.lrr  I.m 
HINKRIECHEN,  irrfc.    nach  einem  abliegenden  urti   ini-uun. 
da  sie  (die  schlänge)  zwischen  kriliiliin   und  (.'cstrliuchen  hin 
kroch.    (jöTHK  l.'»,  213;    wo  das  liint  nicht   hingehen  k»ii.    d.t 
kreucht  es  bin.  I'istohius /Am.  pur.  .'i.  11  {vgl.  unter  hingeben); 
wollen  aber  die  lierren  durchaus  ihr  konsistorium  versammeln, 
so  will  ich  versuchen,  ob  ich  hinkriechrn  kann.  .Sturz  t.l'.r. ; 
dir  katz<r  kam  zum  adler  hinK<'kroclM'n.     IUcriiorn  2,  44. 
HINKRITZELN,  verb.:  verzeiht  wrnn  ich  mit  einer  stumpfen 
feder    aus    einer   tusch -muscbcl,    aus  der  mein  gcfahrtc  die 
umrisBe  nachzieht,  dieae*  hinkritzle.  Göthe  39, 04. 


1449 


HINKRÜPPELX  —  HINLÄSZ 


HINLASSEN  —  HINLÄSSIG 


1450 


HINKRUPPELN' ,  verb.  sich  mühsam  weiter  beicegen ,  rergl. 
knüppeln  3  th.  ä  sp.  2477 ;  und  krüppelten  isich  nun  in  ihrem 
ehestande  so  hin.  Tieck  nor.-kranz  4, 255. 

HINKCMMERN  ,  rerb.  kummerhaft  hinbringen :  so  träumt. 
Icümmert  und  schmachtet  sie  ihr  junges  leben  ohne  freunde 
hin.  Klinger  10, 116. 

HINKUNFT,  /.  l)  das  kommen  wolun:  bei  meiner  hinkunft 
fand  ich  noch  nichts  vorbereitet ;  der  general  von  Hollz  . . . 
{der)  in  eben  derselbigen  herberg  einkehrte,  weilen  er  ein 
sonderbares  lustigs  zimmer  darin  hatte,  in  welchem  er  zu 
seiner  hinkunft  zu  logiren  pflegte.   Simpl.  3,208  Kurz. 

2)  von  der  zeit,  die  zukunft:  indem  Canadien  sich  föderativ 
constituiert,  emancipiert  es  sich  beinahe  vollständig  von  dem 
mutterlande,  mit  welchem  es  in  hinkunft  . . .  nur  durch  die 
gemeinscbaft  der  rielfach  in  einander  verschlungenen  Inter- 
essen und  durch  die  person  des  jeweiligen  regenten  verbunden 
sein  wird,  nordd.  allgem.  zeilung  vom  24.  febr.  1867. 

HINKÜiSTTIG,  adr.  in  zukunfl,  fernerhin:  davon  hinkünftig, 
geliebt  es  gott,  bericht  folgen  wird.  Scriver  seelensch.  2, 127 ; 
ein  zeichen,  was  sie  hinkünftig  zu  erwarten  hätten.  125;  hin- 
künftig dann  und  wann  seines  guten  andenkens  gewürdiget. 
Fekenb.  1,400;  sich  der  regierung  hinkünftig  mit  mehrerem 
ernste  annehmen.  H.\hs  hist.  i  (i72l)  121;  Ludovicus  liesze 
das  land  hinkünftig  durch  herzöge  regieren.  224. 

HINKüNG,  f.  das  hinken :  hinkung,  lamme,  daudicatio,  clau- 
düas.  Dastpodics. 

HINLÄCHELN,  verb. :  wie  dieser  .  .  .  wehmüthig  vor  sich 
hinlächelte.  H.  Heine  2. 222. 

HINLACHZN,  verb.:  vor  sich  hinlachen. 

HINLAGERN,  verb.  refl.:  wo  ich  mich  hinlagere  am  grü- 
nenden boden.  Bettine  briefe  1,235;  wenn  ich  .  .  mich  vor 
ihm  unter  die  Schriften  hinlagerte.  E.  T.  A.  Hoffmann  8,  37 ; 
bei  Linz,  wo  die  ufer  weit  und  flach  sich  hinlagern.  Riehl 
culturgesch.  nor.  389;  intransitiv:  Tizians  Venus,  ..  bereit  und 
kampflüstern  hingelagert.   Heinse  Ardingh.  2,281. 

HINLALLEN,  verb.:  dasz  ichs  einmahl  ganz  aussagen,  hin- 
lallen könnte  I  Fr.  .Müller  l,  16. 

HINLÄNDEN,  verb.  eigentlich  ein  schiff  hinwärts  zu  lande 
bringen,  allgemeiner  aber  und  reflexiv  gebraucht,  ftr  wohin  gehen, 
sich  «ohin  wenden,  vgl.  anlanden  tA.  1,390:  auf  welche  seilen 
haben  sie  sich  hingelendet?  Amadis  268;  und  unsinnlicher,  in 
bezug  auf  ansieht  und  neigung: 

wir  wöllent  .  .  .  warien  diser  sachen  ein  end, 
wo  sich  das  volk  zuoletst  binlend.    trag.  Joh.  Bvj. 

HINLANGEN,  verb.  l)  hinwärts  reichen,  nach  einem  entfern- 
tem orte  geben:  so  könnt  ich  dann  .  .  .  mein  herz  heraus- 
bringen und  es  ihr  hinlangen.  J.  Pacl  Hesp.  2,  216  ;  ein  spieler 
soll  nun  eben  seine  zart  fühlenden  bände  nehmen  und  sie 
dem  glücke  vorstrecken,  damit  es  die  guten  karten  ergrübhe 
und  sie  ihm  hinlange,  a.  d.  teuf  pap.  l,  75.  intransitiv  hin- 
wärts reichen,  sich  bis  hin  erstrecken :  hinlangen,  hinreichen, 
prominere  Maaler  225*. 

2)  unpersönlich,  auslangen,  ausreichen :  trägstu  allein  vor  dich 
Selbsten  sorge,  und  langet  dieses  woll  hin?  pers.  baumg.  1,16. 

HINLÄNGLICH,  adj.  und  adv.,  nach  hinlangen  2,  ausreichend, 
genügend:  hinlänglich,  hinlänglicht,  sufßciens,  id  quod  sat  est. 
Stieler  1066;  da  weder  seine  stärke,  noch  seine  tugend  ihn 
zu  retten  hinlänglich  war.  Wieland  1,38;  ein  beweggrund 
dieser  art  konnte  wohl  dem  günstling  hinreichend  scheinen. 
Kaiaffen  .  .  den  vorzug  zu  geben ;  nur  war  er  nicht  hinläng- 
lich, diesen  vorzug  vor  den  äugen  der  nazion  zu  rechtfertigen. 
6,313;  dasz  .  .  hinlängliche  fonds  ausgemacht  wurden,  die 
Abderiten  wöchentlich  viermahl  mit  Schauspielen  zu  traktieren. 
19,293;  das  bewusztsein  ..  ist  keine  hinlängliche  waffe.  Göthe 
17,12;  bei  hinlänglichem  essen  und  trinken.  Imjierjiann  ^/wncAA. 
1,27;  da.sz  ich  hinlänglich  davon  unterrichtet  bin.  Lessinc 
10, 281 ;  die  erste  {handschrift)  . .  ist  von  ihm  hinlänglich  be- 
schrieben. 336;  nach  hinlänglich  eingezogner  nachricht  von 
allen  umständen  der  hochzeit.  Heinse  Ardinghello  1.200;  mit 
einer  verdrieszlichen  Indifferenz,  die  hinlänglich  bekundete, 
dasz  er  sich  mit  dem  knoten  der  weiszen  kravatte  nicht  lange 
vor  dem  Spiegel  beschäftigt.  H.Heine  12,6. 

HINL.ÄNGLICHKEIT,  f:  auf  der  andern  seite  wird  sein 
bescheidenes  misztrauen  in  die  hinlänglichkeit  seiner  einsichten 
ihn  bewegen,  sich  um  bewährt  rechtschaffene  und  taugliche 
gehülfen  und  rathgeber  umzusehen.  Wieland  31,425. 

HINLÄSZ,  adj.  nachlässig,  fitr  das  häufige  hinlässig,  und  etn 
mhd.  hinlae^e  voraussetzend,  das  auch  durch  ein  mhd.  subst.  hin- 


la?zheit  bestätigt  wird  (alle  die  wile  so  du  euch  din  buosse  niut 
geleistet  hast,   und  du  es  von  hinlesheit  lassest,   so  bist  du 
niut  in  gnaden.  Wacrernagels  pred.  69,155,  14.jaArA.): 
dann  das  er  sunst  so  binläsz  ist, 
das  er  nit  gdenkt  was  im  gebrist 
und  was  er  haben  müsz  zur  uot. 

Brast  narrensch.  70.  7. 
HINLASSEN,  verb.    l)  hinwärts  lassen :  er  liesz  das  kind  hin 
zu  seinem  vater ;  reflertv  sich  hinlassen,  wie  sich  niederlassen : 
dasz  er  sich  vor  der  verläumderin  auf  ein  knie  hinliesz.  J.  Paul 
Hesp.  2,194; 

er  läszt  sich  auf  ein  knie  vor  dem  monarchen  hin. 

Wieland  22,  221  (Oheron  5,  56)  ; 
unweit  des  heers 
liesz  er  (Apollo)  sich  hin,  und  schnellte  sein  geschosz. 

BCRCER  142'. 

hinweg  lassen,  entlassen,  verabschieden :  hinlassen  dimittere  Maa- 
ler 2-25' ;  damit  aber  der  fleiszig  leser  dieses  orts  nicht  gar 
on  frucht  hingelassen  werde.  Fronsperger  kriegsb.  2,  28*. 

2)  hinlassen,  fort  lassen,  überlassen,  in  kauf  und  sche7ikung : 
ich  will  ihm  das  pferd  drüm  hinlassen,  habebit  equum  pro  hoc 
preiio.  Stieler  1076 ;  ein  gut  um  was  weniges  hinlassen,  frae- 
dium  vili  pretio  dimittere.  Steinbach  1,982; 

man  lasz  ihn  unverscharrt,  man  lasse  sein  gebein 
für  hund  und  vögel  hin.  Opitz  1,  170; 

liesz  ich  den  armen  hin 

das  was  ich  hab  und  bin.    3,  107  (nach  1  Cor.  13,  3); 
nicht  rechet  euch,  laszt  gott  die  räche  hin.    102. 

3)  fortlassen,  weglassen,  unterlassen :  und  also  fleisig  sol  die 
Stirn,  backen,  nasen,  äugen,  mund  und  kin  mit  irem  ein  und 
auszbigen  und  sunderlichen  gestalten  gezogen  werden,  auf 
dasz  {dasz  das)  aller  minst  dinglein  nit  hingelassen  werde, 
das  da  nit  sunderlich  fleiszig  wolbetrachl  gemacht  würde. 
Dt^RER  proport.  (1528)  Tij'. 

HINLaSSIG.  adj.  und  adv.  etwas  hinlassend,  fortlassend,  nach 
hinlassen  3  gebildet  und  gewöhnlich  derselben  bedeutung  wie  fahr- 
lässig, nachlässig:  hinlessig  dissolutus.  voc.  ine.  theut.  V.1'. 

1)  das  seit  dem  15.  jahrh.  bis  ins  17.  vielgebrauchte  wort  steht 
in  diesem  sinne  in  mancherlei  Verbindungen,  in  bezug  auf  personen 
und  zustände :  pochen  uf  der  seligen  fürbitt,  welches  worlich 
hat  hinlässig  Christen  gemacht.  Zwiscli  1, 280 ;  durch  faulheit 
sinken  die  balken  und  durch  hinlessige  hende  wird  das  haus 
triefend,  pred.  Sal.  10, 18 ;  dann  sol  unser  fiscal  gegen  solcher 
hinlässigen  oberkeit  . .  auf  obgemelte  peen  und  straf  proce- 
dieren.  reform,  guter  policey  (1530)  tit.  xxn ;  das  uns  die  Itali 
nit  vergebens  thorecht,  heilosz.  hinlässig  bestien  geheiszen 
haben.  Frank  chronica  vorr.  a';  erzeige  dich  deinen  mägden 
nicht  so  hart,  noch  gar  zu  sanft,  dann  die  hinlässigen  herr- 
schaften  müssen  allezeit  den  schaden  tragen.  Lehmann  2,55; 
der  unschuldige  setzer  und  corrector  in  der  druckerei  wären 
hinlässige  hudler  und  ungelehrte  tropfen  gewesen.  Simpl.  4,367 
Kurz;  ain  angenommen  unflyssig  hinlessig  achtlosz  und  ver- 
ächtlich unwissenhait.  Reichlin  verst.  lo';  umb  solchen  hin- 
lässigen brauch  und  ernst  des  befohlen  schwerts.  Lcther  br. 
2, 541 ;  das  die  zuvil  hinläszig  nachgebung  verwirkter  straf, 
den  bösen  entweder  von  newen  oder  noch  mehr  zu  misz- 
handeln  mut  und  gelegenheit  schaff.  Gar?. 269';  indessen  durch- 
blättert er  imnierfurl  die  anmerkungen  in  gedachter  Assenat, 
und  zwar  in  solcher  hinlässigen  eil,  als  wann  ers  im  verding 
zu  Ihun  gehabt.  Simpl.  9,  392  Kurz ;  das  werk  Homers,  mit  .. 
seinem  rauhen  ungekünstelten  numerus,  seinen  unaufgestützten 
hinlässigen  perioden.  Herder  zur  litt.  1,168.  —  Es  heiszt  hin- 
lässig sein,  weiden,  machen :  nu  meine  söne  seid  nicht  hin- 
lessig, denn  euch  hat  der  herr  erwelet,  das  ir  für  im  stehen 
soll.  2  chron.  29.  II ;  so  sehet  nu  zu,  das  ir  nicht  hinlessig 
hierinnen  seid,  damit  nicht  schade  entstehe  dem  künige.  £sr<i 
4.22;  und  der  schuldener,  der  do  angesprochen  wirt,  der  sol 
unz  dar  {bis  zum  ersten  tage  des  herbsiteidings)  in  frid  beliben, 
und  wirt  der  klager  dann  hinlässig,  so  sol  er  aber  heilen 
unz  an  das  nähst  meigentäding.  weisth.  1,  6  {Zürich  von  1338) : 
also  bedarf  die  jugend  immerdar  guter  anmahnung,  dasz  sie 
nicht  hinlässig  werde  und  vom  rechten  wege  abtretle.  anm. 
weiszh.  lustg.  150;  dann  die  anderen  {gläubiger),  die  eiin  nicht 
heuschen,  machen  einen  hinlässig.  Tn.  Plater  195 ; 

vertrossn.  hinlessig  in  aln  dingen.    H.  Sachs  3,  3,  42*. 
hinlässig  erscheint  mit  einem  andern  sinnverwandten  adjectic  for- 
melhaft verbunden :   meinen  es  sei  gar  keine  sünde  mehr  da, 
und  werden  faul  und  hinlessig,  die  sündliche  natur  zu  todteu. 
Lcther  1,1S4';  derhalhen  ^ich  die  Juden  wol  fürchten  sollen, 


1451 


lUNLÄSSIG  —  HINLAUFEN 


HINLAUFEN  —  HINLEGEN 


1452 


und  nicht  sich  verlassen,  als  die  Chaldeer  faul  oder  liinlessig 
weren.  3,233";  zu  verinanen  die  ungleubigen  oder  fauigleu- 
bigen  und  hiiilessigen,  oder  aui.h  verslockten  Juden.  4,248'; 
faul  und  hinlässig  zeschreiben.  Maalüh  225* ;  das  er  faul,  liin- 
lässig,  ein  spiler,  saufer  und  hurcr  ist.  Fisch art  chz.  .V23; 
der  faul  und  hinlessig  miiszigpang.  Thürneiszer  magn.  akhym. 
2, 279 ;  hinlässig  und  faul.  Phil.  Luiid.  5,  342 ;  würde  entweder 
faul  und  hinlässig,  oder  übermütig  und  baurenstolz.  baurenst. 
/<Kterpr.  119;  ob  einige  oberkeil  in  der  straf  und  handhabung 
säumig  und  hinlässig  erfunden  .  .  würde,  refonn.  guter  policcy 
1530,  tu.  XXII ;  dieweil  dein  Sicherheit  dich  zu  hinlessig  und 
unvleiszig  macht,  das  du  seihest  nicht  sihest,  was  du  lallest 
und  speiest.  Luther  1,  301" ;  derhalben  er  auch  (keinen  Über- 
fall besorgend)  hinlässig,  ohne  wacht  unfleiszig  war.  Kirchhof 
mU.  disc.  192 ;  hinlessig.  treg,  sein  selbs  vergessendl.  L.  Thür- 
neiszer  V.  fffobier.  der  harnen  47 ;  seiner  dingen  halben  vil  ze 
hinlässig  und  zu  liederlich,  ab  re  est  remisshr.  Maaler  225"; 
hinlässig  und  schläferig.  Fhilander  1,615; 

ist  hinle.<:sig,  gar  l'aul  und  treg.  H.  Sachs  4,  1,  86'. 
hinlässig  adverbial,  nachlässig,  leichtfertig:  versäumet  euch  ja 
selbs  nicht  also  hinlässig  und  mutwillig.  Luther  br.  3,356; 
das  solchs  nicht  hinlessig  geschehe.  Esra  6, 9 ;  (dasz)  die 
Wagenburg  hinlässig  bewart  werde.  Taciüs  bei  Fronsperger 
3,  250';  man  hat  bisher  höchlich  geirret,  dasz  man  die  eupa- 
toria  so  hinlässig  ohn  allen  unterscheid  in  die  arzeneien  ver- 
mischet hat.  Tabernaemo.nt.  331. 

2)  seilen  stellt  hinlässig  wie  hinfällig,  geschwächt  an  kräften: 
aber  er  war  als  hinlässig  und  schwach.  Aimon  bog.  Y 1 ;  wein 
gibt  fruligkeit  den  hinlässigen.  Wirsung  Calisl.  c4. 

HINLÄSSIGKEIT,  f  nachlässigkeit,  mangel  an  sorge,  leicltt- 
fertigkeit:  Sophocles  .  .  als  er  von  wegen  sins  übermäszigen 
alters  und  hinlässigkeit  sins  eignen  nutzens,  von  sinen  sünen 
der  thorheit  gezigen  ward.  P.  Gengenbach  p/a/fens/).  120;  inen 
also  durch  meine  hinlessigkeit  ursach  des  todes  sein  {möchte). 
Luther  3,396';  solchen  wahn  und  zweivelbaftige  hinlessigkeit 
nimpt  er  {gott)  hie  weg.  4, 2S2' ;  damit  er  nicht  etwan  durch 
unvorsichtige  hinlessigkeit  zu  schedlichem  verlust ..  gedrungen 
werde.  Fronspehcer  kriegsb.  1,173';  da  ist  Antipater  neben 
Hircani  hinlessigkeit  mechtig  worden.  Reiszner  Jerus.  2,86"; 
es  geschieht  gar  vil,  dasz  durch  hinlässigkeit  der  knecht,  die 
pferd  oft  in  die  baren  oder  zigel  springen.  Seuter  rossarzn. 
210 ;  ach  aber,  wie  oft  verlircn  wir  durch  unsere  hinlässigkeit 
diesen  edlen  ring  der  gnaden  gottes  mit  dem  verdienst  Christi. 
Reineke  fuchs  (Rostock  1652)  324 ;  wenn  . .  der  trägste  von  ge- 
wohnten hinlässigkeiten,  die  ihn  ins  verderben  stürzen,  noch 
zu  retten,  zu  heilen  ist.  Herder  z.  litt.  \1,  21.  MU  einem  an- 
dern sinnverwandten  Substantiv  formelhaft  verbunden:  weil  die 
natur  den  menschen  nicht  zur  hinlässigkeit  und  faulkeit  .  . 
geboren  hat.  S.  Frank  chronica  102' ;  die  hinlässigkeit  der 
menschen  und  ihr  faulkeit  und  leichtfertiges  leben.  Para- 
CEI.SUS  Chirurg,  sehr.  74  .\;  davon  verdrusz,  hinlässigkeit  und 
unfleisz  erwachsen.  abscMed  des  reiclistags  zu  Augsburg  v.  1530, 
§  75;  darumben  denn  in  solcher  uherfahrung  niemand  mit 
rechtmäszigem  vorträglithem  grund  seine  verlassung  und  hin- 
lässigkeit entsciuildigen  mag.  Carolina  art.  1 ;  zuvoran  so  sy 
ein  versaumnusz  und  hinlessigkeit  in  der  fasten  haben  be- 
gangen. Frami  weltb.  107';  damit  sie  ihres  fleiszes  nicht  durch 
unsere  irrunge  und  hinlcsvsigkeil  beraubt  werden.  Tuurmeiszeb 
von  tcassern  255 ;  von  wegen  der  hinlässig-  oder  Unachtsamkeit 
derjenigeo,  so  der  pferde  warten.  Uffenbach  neues  rossbuch 
2,221. 

IHNL.\SSIf.LlCH,  HINLÄSSIf.LICIIEN,  adv.  segniter.  Maa- 
i.er  22.5*:  es  stat  in  geistlichem  recht  geschriben,  dasz  in 
diseni  leben  und  besunder  zu  diser  zit  nichts  so  gering,  so 
leicht  und  den  menschen  su  angenein  ist,  als  eins  bischofs 
. .  ampt,  üo  die  sach  hinlesziglich  und  mit  schmeichlerei  ver- 
riebt Wirt.  Schake  sat.  3, 16%,  10, 

IHNLASZLICH,  adv.  faiirl»Usig:  zudem  wie  kunibar  (icard), 
dan  die  fhilin  alsd  hinleslich  und  ohne  alle  sorg  uf  iteicUen- 
berg  erzogen  wurden,  /.imm.  chron.  2,  255, 24. 

HINLALF,  m.  rühr:  Ul  auch  guol  für  die  ruor  oder  für 
de«  leibes  hiiilauf.  Mkge.^rkrc  401, 1.  vgl.  hingang  3  sp.  1435 
und  hinlaufen  2. 

lUNLATFEN,  verb.  1)  hinwärt»,  nach  einem  vom  sprechenden 
ablifijrnden  ziele  laufen :  da  lief  fin  knalie  hin  und  »agls  Moi»e 
an.  4  ,Woi.  11.27;  der  eine  lief  hin  zu  der  tbtlr  de«  garten. 
Sm$attna  15;  vielleicht  wären  sie  iu  der  hil/r  <ltr  lit-be  zu 
4«r  geliebten  hingHBufm.  H.  Hbink  3,  25i 


loufe  hin  und  schouwe  sie, 

dun  gcsa^h  so  sclmmer  kaizen  nie. 

Haupts  zeit.^clir.  6,  IS'},  335. 

von  einem  gebäude,  einem  wasser,  einer  grenze:  man  befindet 
sich  unter  einer  halle,  welche  in  der  breite  der  kirche  hin- 
läuft. GöTHE  28,104;  die  grenze  läuft  am  walde  hin  bis  zu 
jenem  berge;  das  wasser  lief  an  der  rechten  seilen  des  tem- 
pels  neben  dem  altar  hin,  gegen  mitlag.  Hes.  47, 1 ;  mU  dem 
nebenbegriff  der  dauernden  handlang:  Elia  .  .  .  lief  für  Ahab 
hin,  bis  er  kam  gen  Jesreel.  ikün.  18,46;  einem  vor  der 
gesiebt  hinlaufen,  oder  vor  den  äugen  gon,  praeter  oculos  uU- 
cuius  transcurrere.  Maaler  225*. 

2)  weglaufen : 

trau,  kert  euch  nicht  ati  die  alte  kupplerin! 

sie  ist  ein  liingelaulene  pfellin.    fustn.  sp.  164,  5. 

vom  schwinden  der  zeit:  die  zeit  läuft  hin.  der  substantic  ge- 
setzte infintliv  für  durch  fall,  ruirr :  vertreibt  des  leibes  ruor  oder 
daj  hinlaufen.  Megenberg  340,14. 

3)  wie  hingehen  2, c  oben  sp.  1439,  tinbeanstandet  sein,  durch- 
schlüpfen: doch  mögen  noch  einige  sätze  oder  absälze  hin- 
laufen, ohne  der  dOnnheit  des  werks  oder  der  leichten  Icse- 
lust  zu  sehr  zu  schaden.  J.  Paul  Levana  3,  54. 

HINLAUSCHEN,  verb.:  der  lobgesang  der  mcnschheit,  dem 
die  gottheit  so  gerne  zuhören  mag,  ist  niemals  verstummt, 
und  wir  selbst  fühlen  ein  göttliches  glück,  wenn  wir  die 
durch  alle  zeiten  und  gegcnden  vertheillen  harmonischeu  aus- 
strömungen  .  .  vernehmen,  freilich  müszle  man  mit  reinem 
frischen  obre  hinlauscben.  Göthe  53,75. 

HINLEBEN,  verb.  1)  weiter  leben,  verleben,  nach  hin  5,1 
sp.  1375 :  dasz  ich  wie  unsere  ersten  eitern  im  paradies  recht 
unschuldig  so  butt  hingelcbet.  Simpl.  1  (1713)  s.  4;  im  erinnern 
der  augenblicke,  die  ich  mit  dem  unbeständigen  menschen 
hingclebt.  Klinger  2, 248 ;  ich  will  .  .  meine  übrigen  tage  in 
Unschuld  hinleben.  257 ;  wenn  wir  erträglich  .  .  unsre  tage 
hinleben  wollen.  11,162;  wegen  des  almanachs  müssen  wir 
nun  einen  tag  nach  dem  andern  hinleben  und  das  mögliche 
thun.  Göthe  an  Schiller  627;  nun  konnten  die  von  Schnuck 
unbesorgt  hinleben  und  ihren  saamen  mehren.  Lmmermann 
Münchh.   1,52; 

ich  lebe  gern  so  stille  vor  mich  hin.    Göthe  9,  174; 

ich  .  .  .  will  nicht,  dasz  der  bauer  häuser  baue 

auf  seine  eigne  hand,  und  also  frei 

hinlel),  als  ob  er  herr  war  in  dem  lande.    Schiller  Teil  1,2; 

kniipl'ei  drauf  an  jenem  ein  starkes  seil  und  zieht  ihn 

hoch  au  der  ragenden  snule  hinauT  bis  dicht  an  die  balken, 

liasz  er  noch  lang  hinlebe,  von  schrecklichen  qunicn  gepeinigt. 

<>(/v.v.src  22,  177. 

2)  nach  hin  7  sp.  1376  durch  leben  zu  gründe  richten : 

wenn  stets  geschwinder  und  geschwinder 

im  lieberpuls  der  hingelebten  süuder 

ein  racher  sich  mit  seiner  rechnung  stellt.     Srume  (jeil.  58. 

HINLECKEN,  verb.  leckend  verzehren:  darumb  wie  das  feur 
strauw  hinläcket  und  der  flamm  die  heim  verzert.  Züricher 
hibel   1530  322'  (Jes.  5,24). 

HINLEGEN,  verb.  in  mehreren  bedeutungen. 

1)  hinwärts,  an  jenen  ort  legen:  lege  das  buch  nur  hin; 
hinlegen,  näbendsichlegen,  sunderbar  an  ein  ort  legen,  sepo- 
nere.  Maaler  225";  um  nach  der  schenke  zu  kiunmen,  wo 
sie  den  körper  (eines  erschlagenen)  iiingelegt  halten.  Göthe 
10,146;  ich  fand  was  ich  nothig  hatte,  so  leicht  als  hätte 
ich  alles  selbst  vorher  hingelegt.  Lichtenberg  5  (1803)  164 ; 
des  menschen  son  hat  nicht,  da  er  seiu  beubt  hin  lege. 
.VüHA.  S,  20;  wer  nicht  hat,  wohin  er  seiu  haupt  hinlegt,  leidet 
oft  kleinere  pein  als  der  nicht  hal,  wo  er  seine  —  hand  hin- 
lege. J.Paul  uns.  löge  2,95.  in  bezug- auf  tote,  begraben:  ir 
suchet  Jhesuui  von  Nazareth  den  gecreuzigten,  er  ist  aufer- 
standen, und  ist  nicht  hie,  sihe  da,  die  stete,  da  sie  in  hui 
legten.  Marc.  16,6;  da  sie  tleii  li'irliii;iin  Jhesu  hin  gelegt 
hallen.  Joh.  20,12; 

mit  »pfiereien 

li;iii<'ii  wir  ihn  gepHegt, 

Uli    -i'ini'  Irenen 

lt.itiiu  ihn  hingelegt.    Göthe  12,  45. 

flieh  hinlegPD,  sum  tchlafen:  merk  den  ort  da  er  «ich  hin 
IcgPt,  und  kom  und  decke  auf  zu  seinen  füszen,  und  legi 
dich.  Ruth  3,4. 

2)  unstnnlichfr,  vorlegen,  darlegen,  in  bezug  auf  gedanken  und 
ausfiihrungen :  hiervon  köiuien  wir  nicht  kürzere  und  würdigere 
rerhenÄthnft  geben,  als  wenn  wir  einschaltend  hinlegen,  wie 
der  einsichtige  Jone»  ihren  chnrakler  aunprichl.  Göthe  8,11; 


1453 


HINLEGEN 


HINLEGETE  —  HINLOCKEN 


1454 


diese  äuszerung  wort  für  wort  zu  commenlin-n,  den  sin«  der- 
selben deutlicli  zu  machen,  die  fromme  Unschuld  deutscher 
naturdenker  klar  hinzulegen,  bedürfte  es  wohl  auch  eines 
oktavbändchens.  50,215. 

3)  hinlegen,  weglegen,  ablegen,  bei  säle  legen,  zunächst  in  sinn- 
licher schärfe:  waren  14  ketzer,  die  komen  mit  dem  pischoff 
uberain  und  gaben  im  70  guldin,  da;  si  die  krütz  (gelbe  kreuze 
an  ihrem  getcande)  sollen  ablegen,  und  legten  si  auch  hin. 
d.  städtechr.  i,  97, 17 ;  also  zogen  sie  in  das  schlosz,  daselbst 
Galoar  den  gefangenen  die  eisen  hinlegen  liesz.  Amadis  127; 
die  gweer  hinlegen  und  'von  band  gäben,  arma  ponere.  Maa- 
i.ER  225*;  geld  hinlegen,  bei  seüe  legen,  sparen;  ein  kind  hin- 
legen, es  aussetzen:  item  so  ein  weib  ir  kindt,  umb  das  sie 
desz  abkomme,  von  ir  lege,  und  das  kindt  wird  fuuden,  und 
ernehret,  dieselbig  mutier  soll . .  gestraft  werden,  stirbt  aber 
das  kindt  von  solchem  hinlegen,  so  soll  man  die  mutter  nach 
gelegenheit  desz  gefährlichen  binlegens,  am  leib  oder  leben 
strafen,  cardina  art.  132.  dann  auch  unsinnlicJier,  wie  das  rerbum 
schon  im  mhd.  häufig  gebraucht  ersciteint,  zahlreiche  beispiele  gibt 
das  mhd.  wb.  l,  990* :  die  antwurt  auf  die  fürgeuunieu  frage,  die 
ich  hiemil  beschlossen  und  hingelegt  wil  haben.  A.  v.  Evb  &i'; 
dann  sy  legen  yhr  strenge  und  ernst  nimmer  hin.  sunderlich 
gegen  ihren  hauszfrawen.  Frank  tceltb.  106' ;  ob  welchem  der 
könig,  nach  hingelegtem  zorn  heftig  erschrocken,  in  sich 
schlug.  Kirchhof  vendunm.  122* ;  sie  bath  und  flehete  den 
Ulyssem,  dasz  er  seine  schiffarth  gar  wolle  hinlegen,  bei  ihr 
in  dero  schlosz  bleiben,  und  ihr  mann  ehe-  und  hauszgenosz 
werden.  Phil.  Lugd.  3, 2M;  bisz  endlich  Nero  höchst  verur- 
sachet worden  den  kindlichen  respect  hin-  und  abzulegen. 
ScHDPPiüs  529; 

ach  frau,  ir  seit  so  minikleicb 
und  eure  wort  so  freudenreicü, 
domit  habt  ir  mein  beiz  envegt 
und  all  mein  Weisheit  hin  gelebt, 
das  ich  musz  thun  nach  eur  gii-  (worte  des  Aristoteles), 
fasln,  sp.  150,  1 ; 
barmherzig  log  doch  hin,  herr,  deinen  grim  und  zorn. 
Weceuerlis  150; 
der  himmel  ist  ibni  hell 
und  legt  die  wölken  hin.    Fleming  122  (150,  21  Lappenb.) ; 
leg  deinen  hochmmh  hin,  und  bilde  dir  nicht  (nichts)  ein. 

645  (493,  5,  6) ; 
wie  legi  doch  unser  sinn, 
wenn  das  Verhängnis  wil,  fast  alle  krätte  hin. 

HorFMA^NswALDAt  Qelr.  Schäfer  117 ; 
sich  hinlegen,  bei  seile  gelegt  uerden,  sich  endigen:  aber  jetzo 
befinde  ich,  das  sich  der  alt  scherz  müsse  hinlegen,  und  ein 
newer  ernst  erhöhen.  Nas  l.  centur.  bl.  80'. 

4)  hinlegen,  namentlich  in  bezog  auf  krieg,  streä,  zielst,  un- 
friedt,  beilegen,  schlichten :  domit  solch  krieg  auf  beden  teilen 
hin  gelegt  würd.  d.  städtecliron.  2, 131, 1 ;  da  hat  der  legal  ge- 
s-agt,  es  durf  der  proteslalion  nicht,  denn  er  wolle  die  sach 
wol  veterlich  und  gütlich  hinlegen.  Luther  l,  in*;  hinzulegen 
den  schweren  handel  zwischen  mir  und  dem  päpstlichen  ab- 
lasz.  briefe  l,  575 ;  dasz  solche  unlust  hingcleget  und  gütlich 
geschweiget  werde.  4, 6.5S :  e.  g.  werden  . .  diese  unlust  gern 
sehen  hingelegt.  5,  771 ;  also  dasz  die  Sachen  hingelegt  und 
vertragen  wurd.  Götz  v.  Beri..  94 ;  denn  die  ausz  dem  frawen- 
zimmer  dienen  zum  frieden  und  helfen  biszweilen  viel  haders 
stillen  und  hinlegen.  Mathes.  Sar.  SS* ;  das  ist  entweder  gütig- 
lichen  hingelegt,  vertragen,  oder  in  ander  weg  gestraft  worden. 
Fronsperger  kriegsb.  3,5';  welches  dann  durch  kein  ander 
mittel  oder  weg,  dann  krieg  und  blutvergieszen  hingelegt  und 
vertragen  kan  und  mag  werden.  3. 174* ;  dasz  dieselbigen  auch 
in  Sonderheit  den  zank  mit  einander  einzig,  ohn  ander  leut 
hülf  hinlegten,  und  sich  vertrügen,  b.  d.  liebe  20S*;  bisz  der 
krieg  gar  hingelegt  (warf).  Kircuiiof  tcendunm.  is';  ist  die 
sache  wie  durch  einen  kauf  verglichen  und  hingelegt  worden. 
ScnwEiMCBEs  3,20;  und  obwohl  mündlich  tractiret  war,  die 
Sachen  hinzulegen,  so  konnte  doch  nichts  gerichtet  werden. 
270 ;  warum  ist  der  zank  zwischen  meinem  vater  und  deinem 
veiter  so  grimmig!  warnmb  wird  er  nicht  hingelegt  durch 
unsere  Vereinigung!  A.  Gryphics  rerl.  gespenst,  1.  druck  s.  30; 
Irug  sich  als  einen  Schiedsmann  an.  diesen  streit  hinzulegen. 
KiTSCHKY  Palm.  917; 

mutter,  Teutschland,  leg  indessen 
iliüne  langen  kriege  hin, 
weil  du  nun  kanst  satt  ermessen, 
was  bei  zank  ist  Für  gewinn, 
so  du  bist  desz  schlagens  müde, 
so  ergreife  doch  den  friede. 

FLE«i!«ti  4«3  (362,  62  Lappenb.). 


5)  hinlegen  endlich  nie  zurücklegen,  vdibringen:  der  übrige 
abend  ward  mit  einer  herrlichen  mahlzeit  und  allerhand  scherz- 
spielen aufs  annehmlichste  hingelegt.  I.ohesstein  Arm.  1,13IS*; 
der  ganze  cheruskische  bof  hatte  die  letztem  tage  mit  solcher 
Vergnügung  hingelegt.  1321'; 

der  rühm  der  Wissenschaft,  die  hingelegten  reisen. 

Chr.  Grtphics  poet.  wdld.  2,208. 

HINLEGETE,  f.:  hinlegeten,  ein  halbe  träyelen.  M.\aler 
225',  ohne  weitere  erklärung,  aber  dem  zusammenluing  nach  quan- 
titätsbestimmung.  bairisch  ist  die  traget  so  viel  auf  einmal  ge- 
tragen werden  kann,  bürde:  e  traget  gras.  Schm.  1,563  Frowim.; 
Schweiz,  legi  bezeichnet  neben  dem  orte  wo  man  etwas  hiulcijt. 
auch  eine  laije,  z.  b.  sand,  steine.  Stalder  2, 163. 

HINLEGUNG,  f.  das  hinwärts  legen;  d<inn  auch  die  beseitigung : 
als  wollen  wolgedachte  fürslen  und  stände  den  landeseltisten 
solche  binleg-  und  abschaffung  der  reiigionsbeschwerden  auf- 
getragen haben,  rerhandl.  der  schles.  ßirsten  u.  stände  vom  j. 
1619  s.  178;  trucken  die  geschwulst  nieder  mit  hinlegung  des 
schmerzen.  Taber.\aeiiost.  102S. 

Hl.NLEH.NE.N,  rer6.  acclinare :  einen  stock  an  die  vrand  hin- 
lehnen ;  er  lehnte  sich  an  die  mauer  hin ;  an  den  banm  hin- 
i   gelehnt,  ruhte  er  eine  kurze  zeit ; 

hält  ich,  holde  Wilhelniine, 
wie  du  lagst  in  dunkler  grüne, 
dir  doch  einen  kusz  geraubt! 
sauft  die  brüst  gedchnet, 
lag  sie  hingelehnet.    Voss  5,143. 

HINLEIERN,  rerb.  1)  leiernd  spielen  oder  singen:  ein  lied 
hinleiern;  er  leierte  eine  melodie  vor  sich  hin. 

2)  als  bild  ßr  zögern,  hinhalten: 

doch  sucht  sie  mich  nur  hinzuJeiem.    Borger  19*. 

HI.NLEIHE.N,  rerb.  ausleihen,  verleihen:  des  ward  er  be- 
schwert das  er  ein  solche  summ  gelts  soll  binleihen.  S.  Brant 
bei  Steisböwel  121 ;  hielt  stets  8  pferde  auf  der  streu,  welche 
er  den  räisenden  um  geld  binzuleiheu  pflegte.  Simpl.  l,  345 
Kurz;  frauen,  pferd  und  uhren  solle  man  nicht  hinleiheii. 
PiSTOBics  thes.  par.  9,  33 ; 

und  wer  sein  schmer  für  katzen  setzt, 

wärt  oft  benaschet  und  verletzt. 

also  wer  weib  und  pferd  leicht  hin, 

ist  auch  ain  kaufman  on  gewin.    Scbwarzenberg  123'. 

HLNLEITE.N,  rerb.:  wasser  nach  der  Stadt  hinleiten:  der 
könig  ward  in  feierlichem  zuge  nach  dem  schlösse  hingeleilot : 
gäbe  es  doch  kleine  blitzableiter,  die  man  auf  dem  herzen 
tragen  könnte,  und  woran  eine  wetterstange  wäre,  die  das 
schreckliche  feuer  {der  liebe)  anderswo  hinzuleiten  vermöchte! 
H.  Heine  2,218; 

ihr  täubchen,  leitet  meinen  fusz 

zur  laube  hin,  die  ihn  (den  goit)  umschattet.    Wielahd  9, 3-2;} ; 

auf  Lipperts  bemühungen  jedoch  ward  unsere  aufmerksamkeit 
kräftig  hingeleitet,  indem  unser  lehrer  das  verdienst  derselben 
genugsam  herauszusetzen  wuszte.    Göihe  25, 159. 

HINLEITUNG,  f. 

HLNLENDEN,  s.  hinländen. 

HINLENKEN,  rer6.;  den  flusz  in  sein  neues  bell  hinlenken: 
das  gespräch  auf  etwas  anderes  hinlenken ;  er  lenkte  die  auf- 
merksamkeit der  behörde  auf  die  neue  erfindung  hin ; 

doch  hier  hält  die  natur,   mit  mächtigen  bänden,  die  bildung 
an,  und  lenket  sie  sanft  in  das  vollkommuere  hin. 

Göthk  3,  93  (melamurphuse  der  pflnnzcni. 
HINLENKUNG,  f. 

HINLESEN,  rerfr. ;  geschwinde  hinlesen,  degustare  librum, 
])aginas  oculis  decurrere.  Stieler  1167. 

HINLESUNG,  f.  ablesung,  herunterlcsung :  der  grosze  herr 
und  zaar  M.  F.,  aller  Reuszen  selt>st  erhaller  (snmpt  hinlcsung 
dessen  ganzen  tittels).   pers.  reisebeschr.  1. 4. 

HI.NLIEFERN,  verb.:  er  liefert  die  meisten  waarcn  in  jene 
Stadt  hin;  einen  hinliefem,  lüdten:  untenvcgen  aber  hielt  er 
die   pistolen   in   der  band,    damit,   wann  Alexander  um  hülf 
gerufen,  er  ihn  vollends  hingelicfert  hätte,  polit.  slockf.  2:>3. 
HINLIEGEN,  verb.  hinwärts  liegen,  liegend  sich  hinbreilen: 
die  dunkeln  wasser  rauschen  schaurig  dniiiien 
und  wölken  liegen  in  den  Schluchten  hin.    Uulakd  gcd.  161. 

niederliegen,  still  liegen:  binzuliegen  in  der  zeit,  eines  weibes 
gunstbezeugung  zu  erbetteln.  Fr.  MI^lleb  3,  91. 

HINLISPELN,  verb.:  einen  sprach  hinlispcln. 

HINLOCKEN,  verb.  nach  einem  vom  sprechenden  abliegenden 
orte  locken. 


1455 


HINLÜNGERN  —  HINNACH 


HINNACH  — HINNACHT 


1456 


HINLUNGEHN,  verb.:  das  lungert  alles  so  hin,  kein  auf- 
pausen, wie  bei  unserm  Spontini.  Tieck  nov.-kranz  -l,  si. 

HINMACHEN,  verb.  aUgemeinsle  bezeichnung  einer  hinwärts 
ifericlitelen  Ihätigkeit:  schnell  etwas  liinniacluMi ;  wir  wollen 
};lrith  ein  paar  bänke  hinmachen,  auf  einen  rasenplalz.  reflexiv, 
hin  gehen: 

riü  geschach  in  eiure  nuclit, 

da^  er  sich  halte  durcii  andäcbt 

in  di  kircho  hin  gemacht.    Jkroscuin  21563; 

dmm  wans  ilz  euer  wille  wer, 

so  wolt  ich  bald  mich  machen  hin. 

histor.  Magelonue  .sidclweis  D ; 
er  hat  sich  hingemacht 
anf  Sina  gottes  herg.    Oi-itz  2,  17. 

in  der  spräche  des  gewöhnliiJien  lel>ens  auch  itUninsilir :  mach 
hin!  eile  elwas  mit  deiner  Verrichtung .' ;  in  Dürinyen  und  Meiszen 
hinmachen,  an  einen  oit  lunreisen:  nach  Leipzig  hinmachen. 

HI.N.M.\LE.N,  verb.:  mit  feurigen  zügen  wollte  ich  dir  die 
schrecklichen  bilder  des  elends  deines  volks  hinmahlen. 
ki.iNGER  5,70.  auch  ßr  unbehüßich  hinschreiben:  seinen  namen 
hiimialen. 

HI.N.MARSCH,  «i.  marsch  hinwärts:  hin-  und  wiederinarsch, 
yrofectiones  variae,  incertae,  itinera  vaga.   Stieler  1247. 

HINMARSCHIEREN,  verb.:  am  walde  hinmarschieren. 

HINMARTERN,  verb.  durch  marlern  tödlen :  einen  langsam 
hinmartern. 

HINMAüERN,  verb.:  ich  sollt  es  eigentlich  gar  nicht  thun, 
dasz  ich  mich  über  etwas  so  mechanisches  und  mattes  ürgere, 
wenn  ein  Kotzebue,  oder  gar  noch  mittelmäszigere  dichter 
einen  roman  nach  gegebenen,  willkührlich  ausgestreuten  haupt- 
wörlern  hinmauern,  die  man  wie  endreime  zum  daranbauen 
vorgelegt.  J.  Paul  U.  bücherschau  2,  7. 

HINMELDEN,  verb.  nuntiare  rem  istuc:  die  botschaft  ist 
hingemeldet  worden. 

HINMETZELN ,  verb.  niedermetzeln ,  jnetzelnd  morden :  die 
feinde  wurden  hingemetzelt. 

HLNMETZEN,  verb.  dasselbe: 

wer  war  doch  wol  dem  groszen  driechen  lieljcr 
als  Klitus  du?  an  gmist  war  lieiner  drüber, 
dennoch  hat  er,  nachdem  er  sich  ergetzt, 
dich  hingemetzt. 

Neuhark  lustwäliichcn  5 ; 
ach  seht!  da  ligt  das  liind  von  lidelem  gemühte  .  .  . 
vom  tode  hingemetzt  in  seiner  schönsten  blühte.    «.  191. 

HINMETZIGEN,  verb.  dasselbe:  da  er  die  unbewehrte  leut 
hat  lassen  nach  seins  spanischen  kriegsvolks  blutdurst  und 
mutwillen  hinnielzigen  und  verdiigen.  Garg.  269". 

HI.NMODERN,  verb.  durch  moder  vergehen: 

aber  nun  die  hingemoderle 

Freiheit  Üeutsciilands  l'riscli  aulloderte, 

wird  zugleich  das  lied  genesen, 

kräftig  steigen  an  da«  licht.    Uhlano  ged.  xv. 

HINMORDEN,  verb. :  die  gefangenen  wurden  hingemordet ; 
die  hingemordete  freiheit. 

HINNACH,  adv.  posl,  mhd.  hin  nach  wb.  2,  1, 288*. 

Dem  ersten  theite  seiner  Zusammensetzung  nach  gegensalz  von 
dem  sp.  1115  aufgefiihrten  hernach,  bezeichnet  das  wort  eine  folge 
nach  reihe  oder  zeit,  die  sich  von  einem  sprecftenden  weg  erstreckt, 
indem  aber  die  scharfe  richtungsbeslimmung  von  hernach,  «'le 
dort  bemerkt,  verbhiszt  und  dn  sinn  mit  dem  allgemeinen  nach 
oder  danach  zusammenfällt,  verkümmert  der  gegensalz  hinnach, 
so  dasz  er  über  das  m.jahrh.  hinaus  nur  noch  seilen  angetroffen 
vird.  über  die  umkehrung  von  binnacb,  nacbhin  i.  an  al]^- 
hetisdier  stelle. 

hinnach  steht 

I)  örtlich,  folge,  reihen  folge,  Ordnung  angebend,  wie  unser  nach, 
hinterdrein,  mit  verben  der  bewegung:  mit  der  Vernunft  hin- 
nach stopfen.  Keisersberg  Spinnerin  I51ü  d4';  ir  werden  mich 
suchen,  und  werden  mich  begeren,  und  werden  mir  hinnoch 
frogen,  aber  ir  werden  mich  nit  linden,  postill  2,  1U2' ;  aUo 
mustu  die  sUndc  nicht  ansehen  in  den  sündern,  noch  in 
deinem  gcwinscu,  die  in  sUuden  endlich  bleiben  und  verdumpl 
«ind,  du  fercHl  gewinlicb  hinnach  und  wii-l  überwunden. 
LoTBER  1,  na' ;  ich  habe  dis  in  kurzer  zeit  gcxchrieben,  das 
ander  sol  auf  dem  funze  hinacb  geben.  »,  5U';  Matlheus  und 
Mnrcuü  nchreiben  nicht,  das  uuh  Christus  habe  bei.xzen  {das 
$aerament)  hinnach  thun,  und  auch  also  halim.  406' ;  iu  ge- 
meinen kaufxbendeln,  wo  einer  dem  andern  etwa«  bcbendig- 
lirh  nn«  der  band  rücket,  da«  jener  mu»  hinnach  sehen  {das 
nachsrhen  hat),  i,  «tn* ;  ich  rate  »iel  mehr,  wo  ein  teil  »chwcrct, 


das  der  ander  feil,  obs  gleich  weis,  das  jenes  einen  falschen 
cid  thut,  mit  nichte  hinach  schwere,  sondern  las  gnug  sein. 
5,244";  was  were  es  für  eine  taufe,  wenn  ich  in  den  wind 
hin  spreche,  ich  teufe  dich  im  namen  des  vaters  etc.  und 
würfe  wasser  hinnach?  6,84';  wo  das  wort  aufhöret,  da  feilt 
der  glaube  hinach ,  welcher  on  das  wort  nicht  sein  noch 
bleiben  kan.  334';  das  man  mit  einem  fedderwüsch  hinach 
keren  kündte.  8, 240" ;  mein  herr  ziehe  vor  seinem  knecbti- 
hin,  ich  wil  meilich  hinach  treiben.  1  Mos.  33, 14 ;  wohin  das 
erste  gieng,  da  giengen  sie  hinnach.  Hcs.  10, 11 ;  wer  disen 
(scÄre«)  hör,  der  musz  hinnach  in  dreiszig  tagen  {einem  ge- 
storbenen nachfolgen).  Frank  wellb.  153';  so  der  fürer  voran 
geht,  ...  so  gehet  der  häuf  hinach.  sprichw.  1,20';  dasz  sie 
auf  einmal  nit  mehr,  dann  einen  ritter  allzeit  hinüber  füren, 
und  wo  sie  ihn  gleich  hinüber  gebracht,  führen  sie  doch  keinen 
andern  ehe  hinach,  bis  ..  der  erst  wider  kompl.  Amadis  Aüi\ 
da  schicket  er  andere  legalen  zu  inen,  er  aber  rüstet  sich 
mit  seinem  volk  hinnach  zu  ziehen,  b.  d.  liebe  214';  die  enle 
wadelt  und  trippelt  sehr  eilents  mit  iren  kurzen  beinen  hin- 
nach. Kirchhof  wendunm.  244';  von  seinem  hinnachkommenden 
herrn.  Schdppius  756;  ich  will  hinnach  kommen,  wenn  mich 
der  klamp  ausgezogen  hat.  Chr.  Weise  betrog,  betrug  47 ; 

(der  fuchs)  erwüscht  den  käsz  und  lief  zu  loch. 

der  rapp  sah  jemerlich  hinnoch.    U.  Waldis  Esop  1, 11,40; 

da  hätt  man  manchen  kriegesmnn 

vor  l'orchten  sehen  lauten. 

der  graf  Tiliy  hieb  frisch  hinach.     Upkl  u.  Cous  168,  7 ; 
da  Mummosus  sterben  solle,  liel  er  auf  den  obersöller: 
da  Bibosus  sterben  solle,  lief  er  nuiiicr  in  den  keller; 
doch ,   den  schwarzen  knochenmann  hilt  nicht  auf  noch  hoch 

noch  tief, 
dasz  er  beiden  nicht  hinnach,  bisz  er  sie  erhascliie,  lief. 

LoüAU  3,  122,  17. 

Verben  der  bewegung  sind  in  dringender  rede  unterdrückt :  hin- 
nach, lieben  herrn,  hinnach  mit  festem  geinüt,  dann  das  ist 
mein  feindt.  Aimon  bog.  K  iiij ;  da  der  keyser  sah  das  Reyn- 
hart  ...  die  flucht  gab,  er  rfift  mit  lauter  stimme:  hinach, 
mein  berren,  hinach.  Zij;  auch  nach  den  hUfsverben  mögen, 
sollen,  müssen :  darumb  meinen  sie,  wo  der  meiste  häufe  hin 
feilt,  da  sol  man  hinach.  Luther  3,  261' ;  es  bleibt  nichts  da- 
hinden  von  den  heiligen,  nicht  ein  bar  vom  heubt,  es  mns 
alles  hinnach,  und  auch  selig  und  beilig  werden.  5,165';  die 
nimmer  hinach  niOgen  und  dem  vich  folgen,  die  bindet  man 
an  eins  stiers  schwänz  bei  der  kelen.  Frank  weltb.  13*. 

2)  zeitlich,  um  eine  folge  auszudrücken,  im  sinne  unseres  darauf, 
nachher:  und  sollen  auch  ictz  alle  ungelt  ab  sein  und  wer 
hinach  immer  mer  nach  ungelt  stallte  oder  würb,  des  guet 
soll  verloren  sein.  d.  stddlechron.  5,  53,  7 ;  wie  sie  {die  eitern) 
gelebt  haben,  so  leben  die  kinder  hinnach.  Luther  4,396"; 
ob  gleich  Judas  solch  opfer  helle  zu  seiner  zeit  im  allen 
testament  gethan,  wie  komen  wir  dazu,  das  wirs  auch  hin- 
nach thun  müssen?  5,162';  und  bepunden  also  die  andern 
auch  hinach  darinne  zu  klügeln.  6,209";  dagegen  stehet,  das 
Israel  weggefürl,  und  Juda  hinach,  Israel  nicht  wider  geholet, 
wie  Juda  wider  geholet  ist.  8,71';  nicht  kehr  dich  au  meine 
red,  so  ich  hinnach  mit  dir  reden  würde.  Galmy  269;  was 
ein  bawer  sibet  vom  burger,  das  wil  er  hinnach  Ihihi,  was 
der  burger  vom  edelman  sibet,  das  wil  er  hinnach  thun,  was 
der  edelman  vom  fürslen  sibet,  das  wil  er  hinnach  thun. 
Agr.  spr.  (1560)  16l';  wie  aber  der  vogl  alsz  der  herr  den  ersten 
bissen  aszc,  und  die  knecht  geschwind  hinnach.  Wickram 
rollw.  49,27  Kurz; 

der  prankicror  han  ich  vil  erkeni, 

die  fiinnach  wuni  füdesel  gencut.    /ll.^/».  .;<.  786,  19. 

IIINNACHHIN,  adv.  hinterdrein,  verstärktes  hinnach: 
und  I.saac  hinachhin  giuK.     H.  Sach.s  3,  1,  11'. 

HINNACHT,  adv.  diese  nacht,  neben  heinacht  sp.  886,  biiiHcht 
.v;).  I3S3:  koinpl  hinnacht  zum  nachtessen  und  seil  meine  gest. 
/imm.  t/iroii.  2,  47, 16;  wellen  wir  noch  hinnacht  gccn  Slrasz- 
bnrg.  3,  .'>64,  18;  hinnacht  nimmer  heim!  Carg.  KM)*;  ich  wil 
noch  hinnarht  aus/,  dem  hausz.  Wickh a m  ro/iw'.  l7A'Hrr;  dann 
mir  hinnacht  geträumt  hat.  (Jalmy  285 ;  hinnacht  (heim  nacht- 
essen) so  wil  ich  dir  mein  Ibcil  gebratcus  halber  geben.  Frey 
garlengcs.  Wl*; 

lind  sprarh :  stniid  auf  und  gnnK  mit  mir, 
wnnn  Ich  will  hinnacht  luiien  dir 
der  herzen  die  du  mir  huHt  gegeben. 

VinDLER  6/Mmp  </.  luijeiid,  Huupit  Ufchr.  »,90; 
ich  kuodl  hinnacht  weder  ruoweu  irach  ratien. 
tnftU  nett  1031. 


1457 


HINNE  — HINNEHMEN 


HINNEHMEN  —  HINNEN 


1458 


HINNE,  f.  kirschkuh;  s.  binde  sp.  1407.  «rp/.  auch  unten 
hinnlein. 

HINNE.  adv.  zusammengezogen  aus  hie  inne,  hier  innen: 

ej  (das  schreiet)  däht  in  sinem  sinne : 

wa;  tuot  ditz  kunder  binne  (im  backhause)? 

Haupts  zeiUdiT.  6,  180,  200 ; 
Ton  Badin  margrärinue, 

yrowa  Clara  röwit  hinne.    grnbschrift  des  13.  jahrh.,  bei 
WicKSRHAGSi,  kl.  sehr.  2, 353  ; 
so  ist  es  doch  nit  dauszen  als  hinne.    fastn.  sp.  485,  16; 
•  ich  weh,  ich  wer  nit  hinne ! ' 
die  mait  säumet  sich  nit  lang, 
wie  bald  sie  aus  der  Stuben  sprang! 

GöDEEE  u.  TiTTHAN?«  liederb.  365,  87. 

noch  weitere  kürzung  zeigen  die  formen  hinn.  hin  sp.  1377. 

HINNE,  adv.  aus  hinnen,  von  hinnen,  von  hier  fort,  auch 
mhd.  hinne  (Lexeb  xcb.  1,1300): 

ich  lian  kaum  auf  den  lüszen  stehn, 

dennoch  so  mus  ich  hinne.  gehn, 

zu  sehn,  was  mein  lieber  mann  thut. 

Job.  Stricker  ScMemmer  (1584)  J3'. 
v^.  unten  binnen. 

HINNEBRITTEND,  part.  in  entzücken:  so  kan  auch  der 
>athan  die  leut  also  betrönen  und  betbören,  das  sie  meinen, 
sie  sind  hionebrittend  oder  verzuckt.  .M.\THEsa"s  postüla  3, 39". 
binnebrittend  ist  das  verderbte  particip  zum  nhd.  enlbrelten  in 
cntzückung  geraten,  s.  tlied  2  spalte  37S  unter  breiten ;  die  ver- 
derbung ist  verschieden  formig:  die  binnebretten,  henpretigen, 
verzückten  Schm.  1,372.1118  Fromm.;  wenn  man  dich  ruft,  so 
fahre  auf,  als  wenn  du  mit  mutier  Käthen  in  hünnebrüden 
gelegen ;  antw  orte  nichts,  nimm  deine  schreibtafel  heraus  und 
krützele  etwas  hinein.  .Meixhold  reime  dich  [yordhausen  1673) 
.V2;  vergl.  binprit  exstasis  Lexer  mhd.  wörterb.  1,1292.  das: 
das  wert  dann  auch  in  seltenen  fällen  der  form  nach  mit  dem 
anders  entstandenen  und  auch  anderes  bedeutenden  hinbrüten 
(oben  sp.  1404)  zusammengeflossen  ist,  belegen  die  fügenden  bei- 
spiele:  nach  diesem  zufall  findet  sich  auch  bei  der  mutter- 
beschwerung  das  hinbrüten,  zu  lateinisch  ecstasis,  entzücken, 
allwo  die  aufsteigende  dünste  . . .  eine  sogenannte  narcosin 
oder  Schlafsucht  verursachen,  da  denn  die  patienlin  dahin 
fallt,  lieget  eine  weile,  gleich  in  einer  ohnmacbt.  .  .  .  wann 
sie  dann  wieder  zu  sich  selber  kommen,  «o  ei-zeblen  sie. 
gleich  träumenden,  was  sie  vor  lieblicbkeit  oder  Widrigkeit 
genossen  und  erlitten,  unvorsichl.  hebamme  •>26 ;  einige  ver- 
mischen diese  ecstasin  mit  dem  hinbrüthen  der  Zauberinnen, 
welche  .  .  zur  erden  in  einen  schlaf  fallen,  zu  welcher  zeit 
sie  allerlei  gesticulationes  mit  dem  cörper  machen,  und  wann 
sie  der  possen  gnug  getrieben  haben,  erwachen  sie,  und  er- 
zehlen,  was  vor  lust  und  herrlichkeit  sie  genossen  haben. 
daselbst. 

HINNEFAHRT.  f  zug,  reise  von  hinnen,  dem  ersten  compo- 
ütionstheüe  nach  verschieden  von  hinfahrt  (s.  d.),  dem  sinne  nach 
sich  mit  ihm  berührend,     es  steht  ßr  abschied,  scheiden: 

niemand  kan  mich  machen  fro, 

wenn  ich  gedenk  der  hinnefart ; 

ach  scheiden,  wie  feilst  mir  so  hart! 

ich  kan  dein  nicht  vergessen.    Uhla!«d  volksl.  85; 

ach  gott,  wie  schweres  klagen 

bringt  mir  die  hinnefart! 

ViLBAR  handbiicM.  für  freunde  des  volksl.  172; 
für  ende,  sterben : 

ich  dient  ir  frü  und  spat, 

ich  dient  ir  in  allen  reien 

bisz  auf  mein  hinnefart.    ühlasd  volksl.  84 

(vorher:  bisz  auf  das  ende  mein); 

got  hat  gestiftet  unsem  orden. 

den  weifen  wir  verteidigen  hart 

bisz  auf  der  letzten  hinnefart.  B.  Kroger  (sdiausp.  aus 
d.  16.  jahrh.  r.  Tiltinann  2,88,180). 
HINNEHMEN,  verb.  l)  hinwärts  nehmen,  nehmen  in  bczug 
auf  einen  dritten  im  gegensatz  zu  einem  sprechenden :  da  sprach 
Pharao  tochter  zu  ir,  nim  hin  das  kindlin,  und  seuge  mirs. 
iMos.  2,9;  da  sprach  Pilatus  zu  inen,  so  nemet  ir  in  hin, 
und  richtet  in  nach  ewrem  gesctz.  JoA.  18,  31 ;  spricht  zu  inen, 
nemet  hin  den  heiligen  geist.  20,22; 

und  wie  der  mensch  nur  sagen  kann:  hie  bin  ich! 

dasz  freunde  seiner  schonend  sich  erfreun; 

so  kann  auch  ich  nur  sagen :  nimm  es  hin  (das  budi) ! 

GöTHE  9,  117; 
du  hast  mich  ganz  auf  ewig  dir  gewonnen, 
so  oinui  denn  auch  mein  ganzes  wesen  hin!    238; 
ich  bin  es,  dsin  unglücklicher  monarcb, 
Ton  aller  weit,  ntm  auch  von  dir  verraihen ! 
was  zögerst  du?  nimm  dieses  leben  hin! 

ScHiLLiR  Turnndot  3,  6. 
IV.  II. 


gott  nimmt  die  sterbenden  hin  zu  sich :  ich  w  eis  nicht  ...  ob 
mich  mein  schöpfer  über  ein  kleins  hin  nemeu  würde.  Hiob 
32,22; 

gelerter  forsten  kröne, 

mit  üj  erweiter  tugent, 

mit  zuht,  mit  kuust,  mit  güete, 

hat  got  hin  zim  genomen.    Walther  107,  32. 

2)  hinnehmen,  für  sicJi  selbst  annehmen,  mit  rücksicht  auf  die 
bedeutung  von  hin  5,  a  sp.  1375 :  beleidigungen  ruhig  binnehinen ; 
ich  habe  gebeten  und  gestritten,  kränkungen  und  demütbi- 
gungen  hingenommen,  und  doch  nichts  erbalten.  Gotter  3,57; 
das  hinnehmen  des  gegebenen  {im  gegensatz  des  selbäschaffens). 
allgem.  litt,  zeitung  1S40  s.  272. 

3)  wegnehmen,  fortnehmen:  der  ablas  nimpt  nicht  bin  das 
erst  oder  ander  teil  {der  busze),  das  ist  die  rew  oder  heicbt, 
sondern  das  dritte,  nemlich,  die  genugthuung.  Luther  1,46*; 
wie  des  fewrs  flamme  strob  verzeret,  und  die  lohe  stoppeln 
hin  nimpt.  Jes.  5, 24 ;  alle  forcht  hinnemmen  und  vertreiben. 
metum  tollere.  Maaler  225';  die  boffnung  hinnemmen,  spem 
auferre.  das.;  er  ist  das  scblachtopfer,  das  die  sünd  hinuimpl. 
Reisz5ER  Jerus.  2, 148" ;  so  gedenkt  auch  Plato,  wie  das  ein 
groszer  teil  Asie  und  Aphrice  von  dem  atlantischen  mör  sei 
hingenummen.  Frask  weltb.  l' ; 

so  wirt  diu  sache  hin  genomen 

da  von  ir  in  erbeit  möchtint  komen.    edelsiein  23,  25 ; 
das  alter  nimpt  alle  kürzweil  hin.    fastn.  s/i.  738,15; 
die  zeit  nimmt  kummer  hin.    Gotter  1,364. 

4)  hinnehmen,  in  anspruch  nehmen,  fesseln,  von  sinnesein- 
drücken,  betrachtungen  gesagt:  diese  erwägungen  nahmen  mich 
ganz  bin ; 

mein  geist  war  so  in  sich  gekehrt, 

mein  sinn  vom  klänge  hingenommen.    Uula^d  ged.  39S. 

HINNEHMÜNG,  f  spolium,  rapina,  raptio,  ademtio,  weg- 
nehmung. Stieler  1365. 

HINNEIGEN,  verb.  hinwärts  neigen;  transitiv:  er  neigte  den 
köpf  zur  seile  hin ;  wie  alles  erhabene  sich  verwandt  sei  und 
alles  grosze  uns  hinneige  an  hoffen  und  wollen.  Dya  Na  Sore 
1,318;  reflexiv:  auf  diesem  wege  muszten  die  theologen  sich 
zu  der  sogenannten  natürlichen  religion  hinneigen.  Göthe 
25,  95 ;  da  ich  mich  in  der  mjlhologie  mehr  zur  historischen 
ausdeutung  hinneige.  H.  Heise  2, 214;  intransüiv:  ein  ge- 
schickter künstler,  der  aber  wohl  durch  seine  denkweise  mehr 
zum  fabrikwesen  als  zur  kunst  hinneigte.  Göthe  24,245;  nach 
den  westlichen  gegenden  waren  furcht  und  envartung  hin- 
geneigt. Schiller  896. 

HINNEIGUNG,  f 

HINNE.N,  adv.  von  hier  weg,  fort  von  hier;  ahd.  hinana. 
binnän,  hinan  (Graff  4,  700),  mhd.  binnen  neben  noch  oß  haf- 
tendem alten  binnän ;  daneben  kommen  verkftrzungen  der  form 
vor,  die  auch  nhd.  noch  dauern,  zu  hinne  \sp.  1457),  zu  bin 
{sp.  1377),  audi  zu  hinn : 

gar  weit  von  hinn  ain  kirchen  leit, 
was  man  da  bitt,  dasselb  got  geit. 

Scbwarzenberg  132*; 
nun  ist  mir  anders  nit  zA  sinn, 
dann  sei  mein  leben  halb  von  hinn.    151». 

ne6en  der  ursprünglichen  örtlichen  bedeiäung  hat  sieh  auch  eine 
zeitliche  ergeben. 

l)  hinnen  örtlich,  zum  ausdruck  der  bedeutung  von  diesem 
orte  weg,  von  hier  fort  genügt  der  alten  spräche  das  einfache 
hinnen,  wie  das  gleich  gebildete  daunen  ebenso  von  da  weg  be- 
zeichnet {vgl.  Iheü  2,  746) :  thie  dar  wollent  hinan  fai^n  zi  iu. 
Tatian  107,3; 

ritest  du  nu  hinnen, 

der  aller  liebste  man?    minncs.  frühl.  4,  35; 

was  auch  später  statt  hat: 

und  nim  dein  eniklein  auf  deinn  kragen 
oder  lasz  in  auf  einer  mispem  (inislbahrc)  hinen  tragen ! 

fastn.  >/..  6S3.  27 ; 

selbst  noch  bei  Arndt,  wenn  hier  nicht  Nosze  hinneigung  zum 
aüerthümlichen  vorliegt : 

die  rose  blüht,  das  wasser  rauscht 
im  fnihlingsklange  hinnen,    ni'd.  (1840)  *.  4; 
kinder  flüchtiger  Sekunden, 
wie  reiszt  euch  doch  der  wilde  Wahnsinn  binnen?    406. 

<Aer  schon  früh  auch  begegnet  die  nachher  überwiegende  Verbindung 
von  hinnen,  die  in  der  modernen  spräche  nur  noch  der  edleren 
Schreibart  gemäsz  trf." 

92 


1459 


HINNEN 


HINNEN 


1460 


frouwe,  p^  ist  zit: 

^ebitit  mir,  lä  niirh  vurn. 

jä  tuon  ichs  dur  üin  üre, 

daj  ich  von  binnen  ger.    Walther  S9,  34 ; 

das  ein  j-eglich  buiger  oder  burgerinne,  die  yeUunt  hie  sint 
. . .  wol  widerunibe  von  hiunan  varn  niügen,  wenn  sy  wölln. 
d.  städtechron.  5, 389, 32 ;  die  von  der  8tatt  gefareii  sint  und 
gut  von  hinna  gefiirl  haben.  390,9;  von  hinnen  reilcn.  Ahnon 
bog.  c;  da  ich  und  ander  gute  freund  dem  herrn  I'hilippo 
das  geleit  von  hinnen  gaben.  Schdppics  835 ;  wenn  dci'  reiche 
sommer  sich  endet,  ziehen  wir  von  hinnen.  Lessing  1, 139 ; 
entweder  sie  musz  sich  tragen  wie  es  hier  gebräuchlich  ist, 
oder  Feridun  mag  in  frieden  mit  ihr  von  hinnen  ziehen  I 
WiELASD  8, 2S5  ;  die  fürsten  kommen  bald,  Oranien  und  Egmonl 
kommen  ....  sie  werden  nicht  wieder  von  hinneu  gehen. 
GöTHE  8,253;  nur  fort  von  hinnen!  Gotter  3,511;  nur  schnell 
von  hinnen!  Kunger  1,186;  von  hinnen  sein,  abschlusz  der  be- 
ireffenden bewcgung  andeutend:  behalte  dieses  versiegelte  pack- 
chen, erbrich  es  nicht,  bis  ich  von  hinnen  bin.  ScHiLLUt  7,  9 
Kurz  (eine  groszm.  liandlung  aus  d.  neuesten  geschickte) ; 

der  süsze  sumer  fröwet  mich, 
der  Winter  wil  von  hinuen. 

LiLiKNCRON  volksl.  2,  23,  1 ; 
DU  Sattel  mir  mein  grawes  rosz ! 
ich  wil  von  hinneu  reiten.    Uuland  volkfl.  209; 
der  sommer  Ten  uns  von  hinnen, 
es  liumt  ein  lialter  winter  her.    04 j; 
icii  witire  morgenluft  — 
rapp,  tummle  dich  von  hiimen!    Uürcer  13*; 
0  wehe !  wer  stahl  mir  mit  räubergewolt 
so  schändlich  mein  kicinod  von  hinnen?    SO'. 

von  hinnen  häufig  in  bezug  auf  das  scheidi'n  aus  dieser  uvlt :  {der 
mensch)  kumpt  nackende  und  arme  von  hynnen.  A.v.  £¥8  42'; 
er  hat  als  mann  gelebt  und  ist  als  ein  vollständiger  mann 
von  hinnen  gegangen.  Götue  37,66; 

got  gesegen  dich  lob  (Inub),  got  gesegae  dich  gras, 

got  gesegne  alles  das  da  was! 

ich  musz  mich  von  hinnen  scheiden.    Uulasd  vulhsl.  304 ; 

werther  freund,  du  lieber  alter,   all  von  alten  biedersinnen, 
alt  von  jähren,  witz  und  ehren,  wir  sind  hier,  du  bist  von 

hinnen.    Logau  3,  41, 10  ; 
ihr  poclcn, 

der  tod  kann  keinen  nöthen, 

den  ihr  und  eure  sinnen 

nicht  lassen  wolt  von  hinnen,    s.  102; 

lasz  uns  bald  von  hinnen  wallen, 

ilasz  wir  mit  der  eugelschar 

loben  dich  viel  tausend  Jahr.     Scuuppiis  420; 

0,  des  bimmels  voller  freuden, 

den  ich  da  schon  ollen  sah! 

komm!  von  hinnen  lasz  uns  scheiden! 

eia,  wären  wir  schon  da  !    Ucrger  39* ; 

Wollust  strömt  aus  allen  sinnen  ; 

meine  seele  schwimmet 

auf  dem  ström  von  hinnen.    Gotter  1,  180; 
bedauert  mich !  beweint  den  unglücksvollen! 
ich  habe  hier  kein  wählen  und  kein  wollen ! 
unwiderstehlich  zwingend  reiszt  es  {ä(i.t  schicksut)  mich 
von  hinnen,  es  ist  machtiger  als  ich.    Schiller  Turanri.  2,3. 

2)  in  einigen  fällen  verblaszt  die  scharfe  beziehung  auf  das 
hier,  und  von  binnen  drückt  wie  von  dannen  ein  bloszes  weg, 
fort  aus: 

buhler  »cbeucbt  dein  herbst  von  hinuen.    Schiller  hu  Minna ; 

gestärkt  am  herzen  durch  hundetreu, 
erntand  er  neu 

und  wacker,  von  hinnen  zu  reiten.    RCrcer  82*; 
auch  meine  mutter  ward  es  innen, 
und  jagte  kurz  und  gut  das  töchterchen  von  hinnen.    106'; 

bloise$  hinnen  (rergl.  oben  unter  1): 

und  an  dem  kreuze  blieb  «r  stehn, 

woran  das  bild  vom  heiland  hing, 

ar  konnte  nimmer  hinnen  gehn.    Arndt  (jed.  (1840)  :K)9. 

3)  im  gegcfualz  zu  den  bisher  erbrachten  beispielen  mit  trrben 
der  bewegung  steht  von  binnen  auch  bei  Ortsbestimmungen  andrer 
ort,  wo  ei  von  hier  aus  wiedergibt:  als  wir  dann  soihs  c.  k.  mt. 
von  binnen  aus  (d.  h.  ron  Venedig  aus)  vormals  auch  ver- 
cbundt  haben.  Chnel  urk.  Max.  130;  in  einem  schlosz  nicht 
weil  von  hinnen  gclegpii.  Amadis  79 ;  ilcm  es  wer  auch  nol, 
da;  rtian  bei  20  mcilen  weg«  von  hinnen  umb  und  uinb  auf 
all  üciten  bei  merklichen  »teltim  bette  gut  freunt  und  leuftig 
ieut.  d.  ttaJlechron.  2,  332,  t> ;  iaiu  ich  auch  musz  vuu  hinnen 
davon  schreiben.  LiJTiibR  br.  2,653;  dasselbe  gespensl  »ei  ebeu 
das  ^eoige  wunderbarlicbe  weibsbiide  gewesen,  deren  cörper 
neulich  ohnwrit  von  binnen  verbrannt  worden  wäre.  Simpl. 
3,270  A'urz, 


und  war  das  laut  eur  eigen 

von  hinnen  hisz  an  den  Hein.    Uulai^o  volksl.  578; 

von  hinnen  nicht  gar  weit 

steht  ein  sark  voll  redligkeit.    Logau  1,  219,  2 

(grabmal  einer  redlichen  fraiicn). 

4)  hinnen  selbst  adjectivisch :  es  ist  zc  wissen,  dasz  diser 
zug  an  die  Müssen  ist  ietz  der  drilt  zug,  dasz  man  an  die 
verbeulen  büswicht  gezogen  ist  von  hinnen  landen,  d.  städte- 
rhron.  5,96, 13. 

5)  zeitliche  bedeutung  des  adverbs  ist  seit  der  ahd.  zeit  manich- 
fach  bezeugt:  ni  curi  thir  forhten,  fon  hinAn  giu  fihistu  man. 
Tat.  19,  9,  ex  hoc  jam  homines  eris  capiens;  hiunan  bitze  sante 
Michels  tag  der  nehcst  kmnmet.  (/.  städtechron.  9,1048,33; 

80  möhie  si  mir  hinnen  hin 

wol  min  leit  mit  liebe  niuwen.    tninnes.  1,288' //ogefi; 

wird  im  nhd.  aber  selten: 

dieses  ist  ein  todtengrab,  dessen  todten  redeu  künncn, 
sagen  das,  was  weit  hindan ;  zeigen  das,  was  noch  von  binnen 

{künflig). 
LoüAU  2,  75, 84  (bdchcrslube)  ; 
wann  man  noch  fünf  jähr  wird  von  hinnen  zahlen.    123,  21 ; 
namentlich  ist  die  früher  häufige  Verbindung  hinnen  für,  twi  jetzt 
ab  weiter,  künftig: 

hinnan  für  und  immerme.    g.  Gerhard  4350; 

ich  gloube  an  sine  wisheit 

hinnen  fürder  nicht  mä 

dan  an  wijen  koln  und  swarzeu  sne. 

Hartmam«  büclil.  2,  613  ; 
dag  disiu  geseczt  alliu  als  siu  davor  geschriben  sint . . .  hiu- 
nanfur  ewiciichen  stat  und  gancz  beiiben  sulln.  d.  städtechron. 
4, 131,  6  {von  1340) ;  das  daj  allcj  hinnafur  ewidich  stet  und 
unzerbrochen  belibe.  133, 5  {von  i;JOb) ;  spdler  zu  yunsteu  von 
einfachem  liiufür  {spalte  1434)  untergegangen.  Verbindungen  uie 
liinncnmebr,  hiunenliin:  dag  wir  sus  binnanlme  . .  denhrinen 
weg  gestatten  sülicn.  d.  städtecbr.  9,1032,25  (r.  1261);  wenn 
sie  hinnanthin  uns  ..  sechlzig  mark  jerliches  gebeut.  977,33 
{von  1347),  sind  erloschen. 

HIISNEiN,  üJt'.  zusammenyezuyen  aus  hie  innen  hier  innen 
{vgl.  sp.  1311.  1317),  auf  ein  /«jus  bezogen:  ist  das  uit  ein  hus 
der  reinikcit?  icii  hcl  hinnen  mer  behilf  {bequemliüikeit)  dan 
uszen.  L'lensp.  69  s.  102  Lappenb.;  lussent  mich  den  kranken 
pilger,  der  hinnen  bei  euch  hauset,  sehen.  Aitnonbog.  Biij;  ich 
weisz  niemandt,  der  hinnen  ist  jjewfsin,  dann  ein  Schneider, 
der  sitzt  noch  da  hinter  der  Ihiiren.  Wickram  raüw.  186,2» 
hun ;  ich  weis  nicht,  warum  ihr  beständig  so  viel  Sachen 
hinnen  habt.  J.  E.  Schlegel  2,51;  ich  will  doch  lieber  in 
meiner  stillen  und  unangelucbtenen  wobnung  soviel  dictiren 
und  copiren  und  drucken  und  liegen  lassen,  damit  es  hinaus 
gehe,  oder  binnen  bleibe.  Göthe  an   '/.eller  269; 

got  grues  all,  die  wir  hinneu  seclicn !    fasln,  sp.  XtO,  6 : 
darumb  wer  iedcrman  siill  hinnen, 
so  wert  ir  hubscher  schwenk  noch  innen.    330,  12 ; 
got  grusz  den  wirt  luul  all  sein  gesi 
und  was  mer  hinnen  poi  im  rest!    337,5; 
got  grusz  als  volk  hie  innen  gemein! 
ir  herrn  ich  bin  beschiden  her  ein, 
ob  ich  die  l'asnacht  hinnen  fUnd.    379,6; 
i;ott  grusz  alle  die  hinneu  sein.    H.  Sachs  3,3,  3>; 
ich  darf  euch  jetzt  nit  lassen  ein, 
denn  ich  bin  hinnen  gar  allein. 

lt.  Waldls  Hsop  4.  06,  14; 

auf  eine  Stadt  bezogen:  dag  alle  die,  die  nicht  burger  hie  sind, 
in  den  nehsteu  iwein  tagen  aw/  der  stai  ziehen  sollen  . .  . 
wer  deg  niht  entet,  uud  fuiid  man  den  durnach  huinen,  den 
wollen  die  burger  strafen,  d.  stadtechr.  i,  Mi,  11;  das  man  sie 
{die  armen  kranken  menschen)  rintweders  dauszcn  soll  lassen 
>or  der  statt,  oder  aber,  wann  sie  hinnen  seind,  das  man  sie 
dann  nein  in  den  spital.  Kkisehshehg  sAnden  des  munds  12'; 
herr  B.  speist  hinnen  in  der  stadt.  Rarener  werke  6,  ttH».  auf 
die  weit,  m  gegensatz  zum  jenseits: 

arh !   da  weben  si«  (ilir  schicksulsschnestern)  nun  meiner 
erzogenen 
liollnung  blulhe !  du  wehen  sie 
•■in)>ani !  wai^fii  I  wlf  wuri  iiiK'htJK'h  ej'alerretw 

IVuliliii.    '  '     ■      '    ■     ■•     •       •    In 
i>chiuienl.<:  i««en!  wurf 

dort  lu  ,.; 

Hl  uiM  H  .-iif  im.  n,  113. 
vebenformen  smd  hiuuf  {sp.  1457)  und  hiun,  lim  sp.  1377. 

HINNEN,  terb.  wiehern;  wie  lal.  hinnirc  nn  lautmalendes 
wort,  das  sich  sundcktl  an  bieneru  sp.  1312,  heitieu  sp.  M«.  und 
lieunen  sp.  1291,  sowie  die  dort  genannten  rerben  antrhUesst : 
waH  hilft  es  mit  dem  IOwen  brUllen,  mit  dem  pferd  hinnen, 


1461 


HINNENFAHRT  —  HINPFAHLEN 


HINPFLANZEN  —  HINRAUBEN 


1462 


mit  den  füchscn  munnelii.  mit  den  fröschen  quaquen,  mit 
der  bannen  gracken,  mit  dem  pfautn  pfiiclizen.  Schcppics  760; 
biinnen  wie  die  pferdt.  Abb.  a  S.  Clara  bei  Schm.  1. 1 llS  Fromm.; 

allein  Saaguileou>  pferd  .  .  . 

t'reiidigs  muts  mit  liinneiider  stini 

bisz  und  schlug  unter  iuen  ümb.     miukenkr.  3,  2T1. 

HINNENFAHRT,  f.  rei^e  lon  hinnen,  mhd.  binnenrarl  (LhXER 
trb.  1,1301):  dem  ersten  composÜionstheHe  nach  verschieden  von 
binfahrt  sp.  142S,  doch  wie  dieses,  vom  sterben  gesagt :  o  frölicbe 
biuaenfabrt!  die  einige  seeie  Lazari  wird  von  vielen  engeln 
getragen.  Otho  630. 

HINNENFCR,  adv.,  vergl.  unter  hinnen  5  oben. 
HINNERN,  verb.  wiehern    {vergl.  oben  hinnen):    hinnire  hin- 
nern, hinneren.  binderen  Dief.  277'. 

HINNEWIEHELN,  verb.  wiehern,  Verbindung  von  binnen  und 
wiebeln  für  wiehern  (s.d.):  wann  der  springhengst  das  muler- 
pferd  ersiebt,  so  binnewibelet  er.  Garg.  77';  fieng  des  Darij 
hengst  gleich  am  ersten  an  zu  rihelen  und  zu  hinnewibelen. 
240*. 

HINNIEDER,  adv.  hinwärts  und  nieder;  vergl.  hernieder 
jp.  1119: 

lät  uns  tuo  iu  gäo 
hin  nider  an  die  wite.    A'i&.  2033,  4 ; 
kain  zung  die  er  ausz  sprechen  kan. 
die  dir  beschach,  bisz  du  her  wider 
kämest  in  Österreich  hin  uider. 

LiLiESCRo:«  loiksl.  2,  7,  24s ; 
binniederscblucken,  deglutire,  devorare  Stieler  1s31.     das  wart 
erscheint  in  der  neuern  spräche  nur  selten  bei  dichtem: 

ihr  {der  Schmerlen)  schneller  lauf 

geht  bald  hinnieder, 

und  bald  herauf 

zur  Uäche  wieder.    Borger  9*; 

schweb,  0  liebling,  nun  hinnieder, 

schweb  in  deiner  herrlichkeit 

stolz  hinab  den  ström  der  zeit!    76*; 

sie  fürchtete,  dasz  meiner  blick  ihr  einer 

durchs  äuge  gieoge  bis  ins  herz  hinnieder. 

RCCKERT  311; 

Schicksal  webt  sich  an  sirgischen  bächen, 

feigen  webt  es  sich  schrecklich  fem : 

steige  hinnieder! 

fasse  die  bjder! 

starken  folgt  das  starke  gern.    Arhdt  ged.  (1840)  s.  20. 

HINNLEIN,  n.  bei  Lztuek  ßr  hiadleia  junger  weiblicher  hirsch, 
wie  hinne,  hinu  ßr  binde  stelU,  vgl.  oben  sp.  1407 :  wie  der 
brewtgam  zur  brawt  sagt,  canti.  3.  du  hast  zwo  brüste,  wie 
zwei  junge  hinnlin.  Lcther  2,33*»'. 

HINNÖTHIGEN,  ter6..-  eine  treffliche  beschreibung  {harter 
Schicksale)  . . ,  wodurch  man  die  verwickelteu,  ängstlichen  zu- 
stände genauer  einsah  und  zu  wahrer  thcilnahme  hingenöthigt 
wurde.  Göthe  32, 14. 

HINOPFERN,  verb.:  du  lieber  guter  Katwald!  nun  stirbt 
er  gar  eher,  als  ich.  denn  er  opfert  sich  gewisz  für  das  kind 
seines  freundes  hin!  Klopstock  9,364;  und  diesem  nichts- 
würdigen wollte  ich  mein  kind  hinopfern.  Schiller  para^rf  5,5; 

was  unter  dieser  sonne  kann  es  geben, 

das  ich  nicht  hinzuopfern  eilen  will, 

wenn  sie  es  wünschen?    Karlos  1,5; 

schon  schwer  genug  drückt  mich  der  Völker  fluch, 

das  blut  der  prinzen  die  ich  hingeopfert.    Turandot  2,3. 

HINOPFERL.NG,  /. ;  ihr  vater  . .  bereuele  zu  spät  den  misz- 
brauch.  den  er  von  seiner  gewalt  über  das  kindliche  herz 
seiner  lochter  gemacht  hatte,  die  bei  ihrer  binopferung  {Ver- 
heiratung mit  ewcOT  lasterhapen  manne)  kaum  17  jähre  zählte. 
IVeffel  pros.  versuche  3  (1811)  *.  117. 

HINPAAREN,  verb.: 

wie  zwo  blumen  gleicher  art 
stehen  freunde  hihgepaart, 
aufgenuhrt  in  einer  lult 

strömt  ihr  süszer  morgenduft.    Overbeck  ged.  102. 
HINPACKEN,  verb.:  waaren  auf  den  tisch  biupacken. 
HINPASSE.N,  iirk;  das  paszl  nicht  hin;  er  paszt  in  jene 
gesfllschaft  niihl  hin. 

HIN  PASSIEREN,  verb.:  der  mönch  halte  {in  der  beichte) 
gefragt,  was  es  dann  für  ein  peccatillo  seie?  der  Spanier 
hatte  geantwortet:  ich  glaube  nicht  dasz  ein  gott  sei.  ei 
bette  der  mönch  gesagt,  es  mag  mit  dem  andern  hinpassiren, 
wann  nur  die  wachsliechter  bracht  werden.  Scacppius  592. 

HINPF.MILEN,  verb.  als  pfaM,  markzeichen  hinsetzen:  diesz 
alles  wären  wir  sogar  zufrieden  gewesen,  wenn  der  Verfasser 
(des  sysUme  de  la  nature)  wirklich  aus  seiner  bewegten  ma- 
terie   die   well  vor   imsern    uugeu    aufgebaut  hätte,    aber  er 


mochte  von  der  natur  so  wenig  wissen  als  vMr:  denn  indem 
er  einige  allgemeine  begriffe  hingepfahlt,  verlä»zt  er  sie  so- 
gleich. Götbe  26,  70. 

HINPFLANZEN,  rerb.  pflanzen  hinsetzen:  da  pflanzen  wir 
blumen  hin ; 

wie  leicht  ist  ein  fruchtbaum 
hingepflanzt,  der  so  reichlich  die  wenige  pflege  belohnet ! 
Voss  1,  92  (Luise  2,  138). 

häufig  reflexiv  und  bildlich,  von  einer  person,  die  längere  zeit  in 
einer  läge  oder  Stellung  verharrt :  der  Student  hatte  sich  an  der 
wirthstafel  mir  gerade  gegenüber  hingepflanzt.  Cahpe  kinder- 
u.  jugendschr.  18,  61 ; 

den  kunstgesetzen  gehorsam  legt  Dindonette  die  band 

auf  ihren  schönen  mund,  pflanzt  neben  dem  zärtlichen  kranken 

in  eine  beigere  sich  hin.         Wiela>d  4,  43  (n.  .Amadit  2,  29;; 

auch  im  pari,  hingepflanzt :  zwischen  ein  paar  geleckte,  nied- 
liche jungferchen  hingepflanzt.  Fr.  Müller  1.315: 

es  stehen  andre  mit  gestrecktem  speer 
mordlustig  hingepflanzt  auf  engen  wegen. 

Schiller  Zerstörung  ron  Troja  r.  59. 

HINPINSELN,  verb.:  da,  wo  America  liegen  sollte,  hat  er 
einen  groszen  häufen  inseln  hingepinselt.  Recrers  wätg.  7.4e. 

HINPLAPPERN,  verb.:  wir  haben  ihn  durch  drohungen  ge- 
zwungen zu  weissagen  und  da  hat  er  nun.  blos  um  wieder 
auf  freien  fusz  zu  kommen,  so  etwas  hingeplappert,  das  erste 
das  beste .  was  ihm  in  den  mund  gekommen  ist.  Prctz 
Holberg  581. 

HINPL.\TZEN.  verb. :  eine  quinterne  {im  lotto)  ist  gar  förm- 
licher gift  und  eine  art  von  aurum  potabilc:  man  platzet 
augenblicklich  davon  maustodl  hin,  wie  ich  selbst  bei  einem 
armen  schuster  in  Dresden  sah, . .  als  der  kurrier  ihm  seinen 
gewinnst  und  seinen  tod  ansagte.  J.  Paul  teuf.  pap.  2, 140. 

HINPLUMPEN.  t»er6.; 

da  plumpt  er  hin  —  und  auf  die  nase  just! 

Freiligrath  liichtungen  2,213. 

HINPUFFEN,  rer6..-  {der  fwrst)  läszt  die  quellen  seines  landes 
in  stolzen  bögen  gen  himmel  springen,  oder  das  mark  seiner 
unterthanen  in  einem  feuerwerk  hinpuffen.  Schiller  kab.  u. 
liebe  2,  l. 

HINPURZELN,  rer&.  .•  aber  sie  werden  nicht  darüber  hin- 
gepurzelt sein.  J.  Paul  Hesp.  l,  9. 

HINQU.\LEN,  rerb.  weiter  quälen,  reflexiv :  er  quält  sich  so 
von  einem  tage  zum  andern  hin ;  durch  quälen  rernichten : 
ich  halt  eine  schlang  bei  der  kehl, 
bis  ich  sie  aller  (ganz)  todt  hinquel. 

froschmeus.  D6'  (b.  1,  1,  4). 

HINRAFFE.N,  rer6.  wegraffen :  raff  meine  seele  nicht  hin 
mit  den  Sündern,  noch  mein  leben  mit  den  blutdürstigen. 
ps.  26,9; 

und  warum  säumt  sein  zom  mich  plötzlich  hinzuraffen? 

GcimntR  935; 
0,  diese  fürchterliche  liebe 
hat  alle  frühe  blüthen  meines  geistes 
unwiederbringlich  hingeraffl.    Schiller  Karlos  5,  l ; 
doch,  hält  auch  gleich  ein  zufall  der  natur 
sie  hingerafft  —  wir  hieszen  doch  die  mörder.    M.  Stunrt  1,8; 
doch  ihn  raffle  so  hin  sein  böses  geschick.    Odyssee  1,  167. 
mü  dem  genitiv : 

wer  euch  erquicken  will,  musz  erst  die  schmerzen  tödten, 
0  treuer  gottesmann.  die  schmerzen,  welcher  (deren)  kraft 
euch  aller  kräfte  schier  des  lebens  hingerafft. 

Rist  Parnass  217. 

HINR.\KEL.N,  verb. :  haben  wir  nur  diese  {die  Schnellkraft 
der  nerven)  erst  einmabl  weggeschwelgt  oder  weggetändelt .  . 
dann  räkeln  wir  uns  hin,  und,  weil  wir  keine  nerven  mehr 
haben  um  zu  lieben  oder  zu  hassen,  vemunften  oder  faseln 
wir  über  die  herrlichkeit  der  wesen  ohne  sinne  und  leiden- 
schaften.  Wiela.nd  14,363. 

HINRASEN,  verb.:  zum  kämpfe  binrasen. 

HINRAUBE.N,  rerb.  wegrauben:  begab  sich  das  auch  die 
herzogischen  diener  und  knecht  ausz  Yäldkirch  ..  die  Grau- 
pündler  und  Sarganser  iu  iren  landen  überOelend.  ir  weh 
hinraublend.  Stumpf  2, 325*;  o  ihr  lieben  mägdgen !  die  "ihr 
noch  euer  ehr  und  jungfrauschaft  unversehrt  erhalten  habt, 
seid  gewarnet  und  lassei  euch  solche  so  liderlich  nicht  hin- 
rauben. Simpl.  3,23  Kurx; 

der  oberstand  raubt  bin  den  letzten  bissen  broi, 
und  last  gemeiner  schaar  nichts,  als  die  leere  noth. 

LoGAU  1,  5S,  33; 
du  (ges^ick)  raubst  mir  alles  hin,  und  kannst  nichis  wleder- 
geban.    J.  E.  Scblicrl  1, 2S8. 
92  ♦ 


1463 


IIINU  ALTEN  —  HINREISEN 


HINREISZEN 


1464 


HINRAUFEN,  verb.  raufend  hinnehmen: 

der  toii  soll  euch  (cron.  scepter,  schn-ert 
liinraulenil)  mit  dein  volk  gesoUeii 

und  für  mich  (ewren  riclitern)  stölleti.    Weckueklin  191 
demnach  der  himmel  dich  hinrnufet  ausz  miszgunst.    633. 
HINRAUSCHEN,  verb.  rauschend  hinziehen:  der  flusz  rauscht 
hin;  hin  rauschen  die  stunden; 

durch  das  beihaute  gras  rauscht  er  (der  jüngling)  mit  schuelleii 

luszen 
lu  jenem  hügel  hin,  die  sonue  zu  begrüsieu.    Götter  1,142(94). 

bildlich  liinniuscben  lassen  für  tiicht  achten ,  nicht  befolgen : 
jedoch  liesz  ich  den  2  und  3  berchlich  hinrauschen.  Schwei- 
NICBEN   2, 125. 

HINRECHNEN,  verb.  naofc  einer  seite,  zu  einer  gruppe  rechnen : 
man  hebt  jtzt  an  zu  rbümcn  das  natürliche  recht,  ...  als 
daraus  komeu  und  geQossen  sei  alles  geschrieben  recht  . . . 
aber  da  ist  der  feil,  das  eiu  Jglicber  wil  wehnen,  es  sticke 
das  natürliche  recht  in  seinem  kupfe;  ja  wenn  du  Nacman, 
Augustus,  h.  Fridrich,  Fabian  von  Feilitz  werest,  so  wolt  icbs 
gleuheu,  wo  rechenstu  aber  das  hin,  das  du  der  selben  keiner 
bist?  Luther  6,  I4l". 

HINRECKEN,  verb.  porrujere,  praebere:  das  ohr  hin  rocken, 
aurum  admovere.  Stei.nbacu  2,232;  einem  die  band  hin  recken, 
manem  alicui  porrii/ere.   das. 

KINREDEN,  verb.:  wer  diese  worte  ohne  nachdenken  hin- 
redet, der  soll  nicht  wähnen  dem  frommen  sinne  des  volks 
genug  gelhan  zu  haben.  Damel  die  deutsclie  weümacfUsfeier  s.  u; 

auch  nicht  liegt  Wahrsagung  am  herzen  uns,  welche  du,  alter, 
sonder  erfolg  hinredest  t^  Odyssee  2,  203 ; 

hin-  uud  berreden ;  bei  so  vielem  hin-  und  wiederreden. 
GöTHE   17,  279. 

HINREICHEN,  verb.  in  mehrfachetn  sinne. 

1)  etwas  darreichend  geben:  reiche  ihm  das  buch  hin;  dem 
durstigen  den  becber  hinreichen ;  er  kan  nicht  hinreichen, 
ad  illam  partem  pertingere  nequit.  Stieler   1508; 

reiche  froh  den  pfennig  hin, 

häufe  nicht  ein  gold-vennächtnis.    Göthk  5,  69. 

2)  intransitiv,  bis  wohin  langen,  sich  bis  wohin  erstrecken: 

disz  ort  mit  bäumen  ganz  umbgeben  . . . 

da  alles  wüst  und  öde  liegt, 

da  auch  die  sonne  nicht  hinreichet  (als  druckfehler  steht 
hinweichet).     Opitz  2, 163 ; 
das  kleid  reicht  bis  an  die  knie  bin,  vestimcnlum  pertinet  ad 
geaua.  Steinbach  2,  247. 

3)  daran  angeschlossen,  wie  ausreichen  4,  Iheil  1,  932,  hinläng- 
lich sein:  da  ihre  cmpfindungen  gewöhnlich  gemein  waren, 
so  reichte,  um  sie  auszuführen,  die  geschicklicbkeit  eines 
gewandten  kammerdieners  eben  so  gut  bin,  als  die  des  vor- 
züglichsten künstlers.  Göthk  17,248;  das  honorar  .  .  reicht 
hin,  uns  morgen  noch  einen  lustigen  abend  zu  verschufTen. 
24, 274.  gern  auch  im  particip  hinreichend :  wenn  man  ihnen 
einigermaszen  ein  hinreichendes  auskommen  und  Sicherheit 
für  die  zukunfl  gewähren  könne.  23,  226 ;  bei  unserer  ankunft 
stand  bereits  der  tisch  .  .  gedeckt,  hinreichender  wein  auf- 
gestellt. 24, 266 ;  in  wie  fern  das  licht  der  natur  uns  in  der 
erkenntnis  guttes,  der  Verbesserung  und  Veredlung  unserer 
selbst  zu  fördern  hinreichend  sei.  25,  95 ;  für  den  anfang  war 
das  blosze  geistersehen,  und  dasz  man  erfuhr,  wie  es  im 
zwischeoreiche  zugeht,  hinreichend.  Immehmann  A/öncA/i.  2, 136. 

HINREICHIG ,  adj.  wie  hinreichend :  insoweit  dasselbige 
[erbe)  hinreichig  (zur  lösung  einer  verbindlicIJceil).  Mainzer  land- 
recJit  1*55,  tit.  16  (  5;  sollten  nun  in  dieser  classe  mehrere 
creditores  sich  befinden,  die  cuncurs-massa  aber  nicht  bin- 
reicbig  sein,  selbige  zu  befriedigen,  lü.  22  i  4. 

HINREICIILICH,  adj.  und  adv.  sufficiens,  sufßcienter.   Stie- 

LER    1509. 

ni.NREIHEN,  verb.  in  der  redte  hinwärts  ordnen: 

hier  steigen  meine  krieger  nach  der  Ordnung  aui, 
ich  muntre  sie  am  sirand  de»  meeres  hingereiht. 
GÖTHt  41,  181. 

HINREI.MEN,  verb.:  schnell  ein  paar  verse  hinreimen.  vgl. 
herreimen. 

HINREISE,  f.  reise  hinwärts:  die  hinreise  an  den  ort  seiner 
bestinimung  gicng  ohne  unfall  von  statten,  votn  sterben:  (meint 
ikr,  ich)  gedenke  nun  cn«t  an  den  himmel.  ich  bekenne  un- 
verholen, danz  ich  mich  auf  solche  hinreis,  wie  mich  die 
ptaÜBO  Überreden  wollen,  nicht  rüsten  .  .  .  kOnncn.  Simjü. 
3,1"  ^•'" 

>  ' ,    rer^.   eo  proficisci,    ad  iiium  locum  contendere. 

St.i  lius  it  li  .iiirh  hiiiri-i<(c  (gen  JcriiKdnn)     I  (^ur.  Iti.3. 


HINREISZEN,  verb.  in  mehrfachem  sinne. 

1)  wegreiszen,  fortreiszen:  nihd.  kleider  hin  rijeu.  mhd.  wb. 
2,  1,  756'  (aus  dem  passional  33,  2!)  Köpke) ;  so  ein  grosz  un- 
gewitter,  dasz  es  vil  dörfer,  Schlösser  und  grosz  beum  hin- 
schvvemmet,  wekfüret,  binrisz  und  llötzet.  Frank  chron.  23l' ; 
wenn  jemand  das  wort  von  dem  reich  höret,  und  nicht  ver- 
stehet, so  kouipt  der  arge,  und  reiszet  es  hin,  was  da  geseet 
ist  in  sein  herz.  Matth.  13,19;  und  tratten  crzu  und  rissen 
in  hin,  und  füreten  in  für  den  rat.  aposlelgesch.  6,12;  die 
dounerschlUge,  der  binreiszende  Wirbelwind.  VVielanu  19,282; 

das  zwier  erlöste  Meiszen 
das  würd  ein  Wunderwerk  so  prächtig  richten  auf, 
dasz  weder  frost,  noch  glut,  noch  trüber  zelten  lauf 
nicht  könte  reiszen  hin.  Fleming  138; 

wil  kirchenbilder  wer  zum  ergernüsz  anziehn? 
den  ärgern  bilder  nicht,  die  äugen  ärgern  ihn; 
drum  lasz  er  Jene  stehn,  uud  reiste  diese  hin. 

LoGAU  1,128,48  (bild-slutmir) ; 
die  zeit  reist  alles  hin,  sie  leidet  keine  zäume.    2,42; 
der  satau  spart  sich  nicht,  er  draut  uns  zu  verklagen, 
er  reist,  wenns  möglich  ist,  den  schwachen  glauben  hin. 

CuH.  Gryphil's  jioet.  wäld.  1,402. 

auch  nur  hinwärts  reiszen,  mit  bestimmender  Ortsangabe: 

und  die  bosheii,  die  im  linslern  schleichet, 

fasset  schnell  dt!r  Schwachheit  taumelgeist, 

bis  sie  ihr  den  süszen  giftkelch  reichet 

und  die  sklavin  hin  ins  elend  reiszt.    Seuhk  ged.  63; 

Meiili.   wo  bist  du?     Fnuf-t  (in  der  feine)  hier!     M.  wul  dort 
schon  hingerissen? 

du  werd  ich  hausrecht  brauchen  müssen !    Göthk  12,  210 ; 
dasz  ich  noch  an  dir, 
mit  solcher  nuigung,  hänge,  da  du  mich 
zum  Jähen  abgrund  hinzureiszen  Jtrebst?    9,  282. 

2)  häufig  auch  namentlich  in  bezug  auf  das  entreiszen  der  seele, 
des  lebens:  denn  was  ist  die  boffnung  des  heuchlers,  das  er 
so  geizig  ist,  und  gott  doch  seine  seele  hin  reiszet?  HioU 
27, 8 ;  sind  durch  bunger  und  pestilenz  fast  alle  lebendige 
menschen  hingerissen  und  verderbet.  Schuppius  783;  man  liset 
vom  Julio  Caesare,  dasz  er  in  gehaltener  umfrage,  welche  art 
des  todes  die  beste?  den  unbesorgten  erwählet.  ..  wohl  der 
sicherste  weg  ist,  nicht  nach  der  heidnischen  art  ein  plötz- 
liches hinreiszen  erwählen,  sondern  ein  sanftes  einschlafen. 
RuTSCHhV   Palm.  43; 

der  dich  anlacht,  der  reist  dich  hin, 
das  ist  dieser  weit  weis  und  sinn. 

froschmeus.  Hv»  (1,2,2); 
üb  uns  gleich  der  tod  reist  hin,  ist  von  uns  doch  nichts  nicht 

seine.    Logau  2,  54,  1 ; 
Ulysz,  reiszt  das  geschiek  schon  meinen  enkel  biu, 
was  suchest  du  noch  mehr  iu  des  orakels  sinn? 

J.  E.  Schligel  1,  202. 

daran  angescfUossen  heiszt  das  particip  hingerissen  dem  Unter- 
gänge geweiht,  verloren  :  dein  kochendes  blut  kann  nützen,  aber 
überlege  nur,  wie  viel  fehlte  wir  wären  alle  hingerissen  durch 
dich?  Lenz  1,162;  in  ahnlicliem  sinne  das  pari,  hinreiszend, 
dem  tode  schnell  zufithrend :  dasz  ich  in  dumpfem  schlaf,  dasz 
ich  in  binreiszendeii  thränen  mein  leben  hingäbe!  Göthk 
10,  183. 

3)  hinreiszen,  rapere,  in  bezug  auf  Vorstellungen,  leidenschaflen : 
durch  die  begierden  hingerissen  werden ,  cupiditatibus  rapt. 
Steinbacu  2,269;  kurz,  der  künstler  stellt  wie  ein  zaubrer 
für  den  verständigen  mit  einem  blick  auf  einmal  die  wirk- 
liche thut  dar,  wo  der  augenschein  über  alle  andre  Vorstel- 
lung hinreiszt.  Heinse  Ardingh.  l,  389 ;  wer  kennt  sie,  und 
ist  nicht  gleich  lebhaft  für  sie  hingerissen?  Göthe  14,126; 
die  eitle  musik  der  cuncerte,  in  denen  man  allenfalls  zur  be- 
wunderung  eines  talents,  selten  aber,  auch  nur  zu  einem 
vorübergehenden  vergnügen,  hingerissen  wird.  19, 347 ;  ich  biu 
doch  der  gröszte  enthnsiast  für  die  Crelinger,  aber  die  Müller, 
als  sie  den  becber  austrank  (in  Romeo  und  Julia),  hat  mich 
hingerissen.  Heine  2, 247 ; 

so  vieler  schöner  gegenwürfe  glänz,  aninuih,  liebllchkelt  uud 

menge 
formirten  meinem  gelst,  durchs  aug,  ein  hcrrlichschimmemdes 

goprange. 
allein  es  risi,  vor  allen  andern,  den  an-  und  fast  durchstralten 

sinn 
•In  Vorwurf,  der  sie  übertraf,   durch  »elnrn  Schimmer  auf 

Rieh  hin. 
diesi  war  ein  röthlich  güldner  glaui.    BaocKss  9,363; 
mein  tom  entbrninl.    e»  reiizt  mich  hin,  sie  zu  durchbuhreo, 
IU  rächen  mnin  icrttOrtes  vaterlund. 

ScNiLLK*  trrttftrung  von  Trqfa  100; 
und  .r  ;illrin  riw  mich  lum  mltleld  hin?    ru,,iuj„i  2.4, 


1465 


HINREISZER  —  HINRICHTEN 


HINRICHTEN  —  HINRICHTUNG 


1466 


die  liebe  ists  zu  eurem  soLn,  die  angst,  I 

die  «reue  sorge,  die  mich  hingerissen.    3,5;  ] 

der  lüge  ketke  Zuversicht  reisit  hin, 
das  wunderbare  findet  gunst  und  glauben. 

Demeirius  2.  auß.,  v.  212. 
häufig  sind  die  participien  binreiszend  und  biagerissen  absolut 
gebraucht:  icb  weisz,  dasz  von  den  besten  gescbicbtschreilicin 
neuerer  zeit  und  des  altertbums  mancbe  . . .  das  ber/  ibres 
lesers  durcb  hinreiszenden  Vortrag  bestocben  babcn.   geister-   i 
seher,  eingang;  als  der  ehrenmann, ..  von  Lucianens  Vorzügen    j 
hingerissen, ..  unbedachtsam  ausrief.  Götbe  17,257;  rief  ich, 
hingerissen  von  dem  gedanken  aus.  Immebmass  Äünc/iA.  2,136; 
du  treues  mädchen  I  rief  Ingo  hingerissen.  Frettag  ahnen  1,457; 
verschämt,  doch  hingerisseo 
von  eurer  macht,  natur  und  Zärtlichkeit. 

WiEL.oi>  9,  335  (rom  ;Wire  1762). 

4)  ein  anderes  hinreiszen  6«  Wieland  ,  »n  umrissen  hin- 
zekknen :  eben  so  war  der  grosze  punkt  bei  eründung  der 
mablerei,  einen  menschen  auf  den  einfall  zu  bringen,  eine 
kohle  zu  ergreifen  und  den  imirisz  eines  menschlichen  Schat- 
tens an  eine  wand  binzureiszen.  14, 100. 

HINREISZER,  m.  raptor.  Maaler  225' :  der  lod  ist  ein  hin- 
reiszer  des  lebens,  mors  praedo  vitae  est.  Stieler  1592. 

HINREISZUNG,  f.  abreptio.  Steisbacb  2,269:  wegen  einer 
tödlichen  binreiszung  ihrer  tochter.  Bütscbsv  kanzl.  S6&. 

Hl^'REITEN' ,  verb.  l )  lünviärts  reiten,  mhd.  bin  riten  {icb. 
2, 1, 732") :   und  der  reuter  reit  hin  im  entgegen.  2  Jk<>n.  9, 18. 

2)  durch  reiten  verderben  [vgl.  bin  7  sp.  1376) :  nachdem  mir 
mein  knecbt  samt  dem  pferd  bei  Renzingen  von  den  Weima- 
riscben  gefangen  ward,  muste  icb  das  ander  desto  bärler 
strapezieren  und  endlich  gar  binreuten.  Simpl.  i,  405 ; 

hat  nun  meim  weih  ein  peuil  abgschnitten 
und  meim  uachtpawrn  ein  rosz  hingritten. 

H.  Sachs  2,  4.  5'. 
bairisch  einen  hinreiten,  im  wettreiten  übertreffen,  besiegen.  Schh. 
2,  201. 

HINREIZEN,  verb.  cohortari  ad  aliquid.  Stieleb  1604. 
HINRENNEN,  verb.:  kaum  dasz  ich  mich  halte,  nicht  auf- 
fahre, zu  dir  hinrenue  und  mir  deine  einwilligung  erzwinge. 
GöTHE  18,98; 

seid  nicht  so  hart  und  rennt  aus  eigensinn, 
trotz  eines  freundes  ratb,  in  euer  UDglück  hin ! 

WiELAWD  22,  66  (,Oberon  2, 15). 

HINRICHTEN,  verb.  l)  hinwärts  richten:  wo  die  deichsei 
am  wagen  sich  bienricbte,  dabien  geben  die  vier  räder  her- 
nach. ZiNKGREF  apopluh.  1, 210 ;  wo  ich  den  blick  hinrichtete, 
entstanden  neue  Zaubereien.  Heinsk  Ardingh.  1, 21S;  sich  .  . 
auf  fremdartige,  unepiscbe,  undicbleriscbe  ziele  hinrichten  zu 
lassen.  Wackebnagel  kl.  schrißen  2,272.  auch  zureclite  richten, 
ins  rechte  stellen,  zurichten : 

dein  fehl  hast  du  in  kleidern  nicht, 
<UDst  wer  er  leichtlich  hingericbt. 

B.  Waldis  £sop  4,  5,  96 ; 

die  grundbirnen  sind  geschält,  icb  richts  hin,  dasz  ihr  blosz 
das  fleisch  ans  feuer  zu  stellen  braucht.  Auerbach  dorfgesch. 
1.344;  und,  mit  üblem  nebensinne,  so  dasz  die  folgende  bedeu- 
tung  eingreiß:  denn  der  ritter  in  kurzem  sie  so  wüst  hin- 
gerichtet, dasz  er  sie  alle  beide  onmechtig  auf  den  platz 
uiderfallen  gemacht.  Amadis  400. 

2)  liäußg  (nacJt  hin  7  sp.  1376)  zu  gründe  richten,  verderben: 
denn  so  er  allein  ein  mensch  were,  von  einer  jungfrawen 
geboren,  bei  er  uns  nicht  können  helfen  von  des  teufeis 
gewalt,  were  gleich  so  wol  vom  teufel  hingerichtet  wurden, 
als  andere  menschen  auf  erden,  die  alle  sterben  müssen. 
Luther  3,479';  die  speise  dem  bauche,  und  der  bauch  der 
speise,  aber  gott  wird  diesen  und  jene  hinrichten  (xmao- 
yi^oBt,  vulg.  destruet).  i  Cor.  6, 13  ;  derhalben  wird  er  nicht  all, 
dieweil  ihn  die  weiber  hinrichten  bald.  Fiscbart  groszm.  76; 

denn,  wie  mich  jetzt  die  sach  ansieht, 

wird!  er  {der  oraen)  aufs  schierst  auch  bin  geriebt. 

B.  Waldis  Etop  4.  4,  94 ; 
junge!  junge!  junge!  junge!  schreiet  aller  weiher-schaar; 
wann  doch  einer  einmal  käme,  welchem  weder  zeit  noch  jähr 
ao  dem  jung  sein  etwas  thäte!  thäten  es  die  jabre  nicht, 
würd  er  doch  durch  stetes  brauchen,  mehr  als  jähre  hingericbt. 

LosAU  3,  169,  87  ; 
wie  schön,  wie  weisi  ist  sehne?  o  bisz  die  sonne  sticht: 
und  schön,  hat  alt  und  krank  auch  leichtlich  hingerichi. 

2.  55,  10 ; 
verstöre  meinen  feind  von  deiner  gute  wegen, 
setz  ihnen  dich  für  mich  zur  rechten  räch  entgegen, 
du  wirst,  berr,  richten  wol  die  seelenängster  hin. 
FlESif:  27: 


mein  wehmuht  ümm  die  zeit 
die  ich  hier  richte  hin  ganz  ohne  nutzbarkeit.    200. 

vergeuden:  die  sässelträger,  mit  denen  {indem  er  sich  ton  ihnen 
tragen  liesz)  sein   berr  viel  geld  biuricbtete.  Simpl.  2, 151  Kurz. 

3)  hinrichten,  zur  bedeutung  des  todtens  gesteigert,  weis  durch 
entsprechende  susdtze  betont  wird :  leget  diese  keinnützige  ire 
häud  in  seine  wunden,  damit  sie  ihn  hierdurch  bald  zum  tod 
hinrichtet.  Amadis  ^i;  also  dasz  ihrer  viel  hierdurch  zum  ludt 
hingericbt  wurden.  39S ; 

den  grafen  von  Petiors  hab 

ich  hingerichtet  zu  dem  grab. 

als  icb  stach  nach  eim  wilten  schwein, 

loff  er  mir  in  den  spiesz  hinein. 

i.  Atrer  327*  (1638,  31  Keller); 
von  denen  äugen  red  icb,  und  von  dem  gesiebt, 
die  ihn  bei  leben  schon  todt  haben  hingericbt. 

D.  V.  D.  Werder  .irioU  8,  80,  8. 

ohne  solchen  zusatz:  hinrichten,  ferro  tollere  aut  veneno  aliquem 
Maaler  225*;  in  des  aber,  weil  die  heiligkeit  angefangen 
ist,  und  teglich  zunimpt,  warten  wir,  das  unser  fleisch  hm- 
gerichtet,  und  mit  allem  unflat  bescharret  werde.  Luther 
4, 413' ;  das  blut  der  marterer  sei  ein  same,  wo  man  einen 
hinrichte,  da  geben  ander  hundert  vrider  auf.  6,  m' ;  also 
wil  ich  deine  luutter  hinrichten.  Hos.  4, 5 ;  inn  der  sindQut, 
da  gott  beide  alten  und  jungen  hinrichtet.  E.  Albercs  ehe- 
büchlin  H  l' ;  so  sy  sterben  wollen  und  sich  selbs  hinrichten. 
Fbane  weltb.  195';  so  bald  er,  der  keiser  in  rbat  kummen, 
ist  er  von  seinen  feinden  mit  drei  und  zwenzig  wunden 
hingericbt  worden.  G.  Wickram  Wjer,  rorr.  A3';  Eteocles  und 
PoIjTiices,  welche  ...  ein  ander  mit  eigenen  bänden  hin- 
geiichtet.  Opitz  1,163;  ein  arm  wehrlos  roeidlin  sei  eher  hin- 
gerichtet, als  ein  gewaffneter  mann,  der  sich  zu  wehr  stelle. 
Zi>kgref  apophth.  1,338;  käiser  Carl,  der  glatzkopf  zugenannt, 
hatte  einen  Juden  zum  arzt, . .  der  hat  ihn  aber  an.  877  mit 
gifl  hingerichtet.  Otbo  1373;  die  salbei  ist  ein  edles  kraul, 
wenn  aber  eine  kröte  darunter  wohnet,  wird  sie  von  der- 
selben also  vergiftet,  dasz  sie  einen  menschen  tödten  und 
hinrichten  kann.  Scriver  sedensch.  l,  793 ;  icb  habe  gehöret, 
dasz  die  Jesuiten  die  catholiscben  Soldaten  anhetzen,  wenn  sie 
mit  den  evangelischen  wider  einen  gemeinen  feind  streiten, 
diese  an  die  spitze  und  gefährlichsten  orte  zustellen,  damit 
sie  fein  bald  nicht  anders  als  scblachtschafe  möchten  hin- 
gerichtet werden.  Ernst  gemütsergetzlichkeiten  (1697)  556;  mit 
seiner  ersten  tochter  Maria,  .  .  die  er  deswegen  selbst,  der 
kalte  barbar  ohne  eingeweide,  mil  gift  hinrichtete.  Heinse 
Ardingh.  1,213; 

an  einen  falschen  arzt  sie  sich  drumb  endlich  hinge, 
viel  besser  er  mit  gift  die  leut  hinrichten  kunt, 
als  kranke  wiedenimb  nicht  machen  wol  gesundt. 

D.  v.  D.  Wkkoer  Ariost  21,57,3; 
er  rieht  ihn  (den  feind)  lieber  binn ,  so  bleibt  sein  eidscbwur 

reine, 
und  er  versichert  sich,  schlägt  er  ihn  heute  todt, 
so  darf  er  morgen  nicht  für  ihm  stehn  inn  der  noht, 
dasz  ex  sieb  rechen  wird.  Fl£mi:<g  109; 

es  wurden  könige  beim  treffen  hingericbt.    das.; 

blut    mit    blut,   und   das   hingerichte    leben   wiederumb   mit 

kopf-ab  zu  bezahlen,  .\bele  gerichtsh.  2,  3. 

4)  hinrichten,  von  der  in  folge  eines  richterlichen  Spruches  als 
strafe  geschehende  tüdtung.  das  wort  in  dieser  bedeutung,  in  der 
es  noch  im  16.  Jahrhundert  gegen  das  einfache  richten  et'nfK 
rechtsspruch  vi^lziehen  (Luther  3, 41S'.  Carolina  ort.  116)  ganz 
zurücktritt,  ist  vorzugsweise  der  heutigen  spräche  eigen,  seil  dem 
17.  jaltrh.  werden  erst  die  belege  liäufiger:  zum  letzten  ward 
die  mutter  auch  bin  gerichtet.  2  Macc.  7, 41 ;  welche  er  {der 
kaiser)  aber  erfragen  kunte,  dasz  sie  diesen  und  dergleicbeu 
frevel  verübet,  die  liesz  er  in  pfannen  voll  siedendes  wasser 
werfen,  und  also  schmerzlich  hinrichten.  Er.nst  histor.  bilder- 
haus  (16S6)  2,  139;  dasz  er  eiu  weib.  und  zwei  männer,  so 
mit  ihr  die  ehe  gebrochen,  also  himichten  sehen.  5SS;  ach 
ßngen  sie  ihn  unter  den  mordbrennern,  und  er  ist  hinge- 
richtet? GöTHE  S,  165.  m  freier  Verwendung :  einige  seiner 
{Raupachs)  stücke  hatte  ich  nur  durch  die  bübne  kennen  ge- 
lernt, und  da  weisz  man  nicht  genau,  ob  der  autor  von  dem 
Schauspieler,  oder  dieser  von  jenem  hingerichtet  wird. 
Heihe  11, 135. 

HINRICHTER,  m.  homicida,  camifex.  Stieler  1562. 

HINRICHTUNG,  f.  nach  hinrichten  1 :  mit  binrichlung  aller 
gedanken  auf  diesen  einen  zweck,  gewöhnlieh  nach  hinrichten 
3  und  4;  binricbtung,  perditio.  pemicies,  exitium,  ü.  eaedet, 
komicidium,    internecio,  elades,    strages.    Stieler  1562;    den  fol- 


1467 


HlNRlECMEiN  —  HINRUFEN 


HFNRUTSCHEN  —  HINSCHÄTZEN 


1468 


genden  tag  beschlusz  er  dieses  mordspiel  durcli  hiiiriihUing 
dreihundert  edelleute,  welche  er  an  pfille  binden,  und  gleich- 
falls in  den  strohn»  werfen  liesz.  Zicler  Banise  (l700)  s.  345 ; 
die  formele  hinrichtung  des  monarchen  (im  gegensatze  zur 
ermordung).  Kant  5,  154;  Dünnemark,  wo  ein  arzt  das  könig- 
liche scepter  ergriff  und  i\<  wieder  verlor,  und  hinrichtung 
erfuhr.  Daulsa»!«  gesch.  d.  frans,  rev.  424;  wenn  die  Vesta- 
linnen  im  allen  Rom  auf  ihrem  wege  einem  Verbrecher  be- 
gegneten, der  zur  hinrichtung  geführt  wurde.  H.  Heine,  1,206; 

die  hinrichtung 
der  Stuart  ist  ein  ungerechtes  mittel. 

Schiller  Maria  Stuart  2,  3. 

HINRIECHEN,  verb.  hiHspüren,  flüchtig  wohin  kommen:  kein 
wort  mehr  von  London  und  Amsterdam !  kaum  sind  die  jungen 
iaffen  einmal  hingerochen,  so  ist  ihr  drittes  wort :  London 
und  Amsterdam.    Lessing  2, 537.     rgl.  herriechen. 

HINRLESELN,  verb.:  (in  den  thälern)  bemerkt  man  doch 
keine  spur  von  regengüssen,  nur  kleine  bäche,  kaum  merk- 
lich, rieseln  hin,  denn  alles  flieszt  gleich  unmittelbar  nach 
dem  meere.     Göthe  2S,  178. 

HINRINNEN,  verb.:  das  blut  des  (hingerichteten)  vaters  rann 
über  die  lebenden  söhne  bin.    Klinger  3,190; 

endlich,  wenn  man  viel  gewunnen, 
wird  man  graw  und  wird  man  krank, 
und  die  zeit  ist  hingerunnen 
ohne  namen,  ohne  dank.    Locau  3,210; 
wohl  wehen  die  winde,  wohl  wasser  rinnt  hin.    Borger  34'; 
mit    dem   entzwei   gepreszten   herzen    hinzurinnen    und    zur 
thräne  zu  werden.    J.  Paul  Hesp.  4,  81. 

HINRISZ,  m.  tod,  nach  hinreiszen  2  im  17.  jahrh.  aufge- 
kommen: hinrisz,  obäus,  interitus.  Stieler  1594;  was  e.  gn. 
von  dero  vetter  frühzeitigem  hinrisz  mir  zu  sreiben  belibet, 
habe  ich  nicht  ohne  sonderbahres  mitleiden  vernommen. 
BcTscHKY  kanzl.  358;  der  häufig  erfolgte  hinrisz  acht  wer- 
thester  ehepfänder.  Chr.  Grvpiiius  poet.  wald.,  2.  anhang  s.  17. 
HINRITT,  m.:  auf  dem  hinritte  zum  manövriergebiet  und 
auf  der  rückkehr  von  demselben.  Schweizer  grenzpost  1873, 
no.  213. 

HINROLLEN ,  verb.  rollend  hinwärts  kommen :  die  woge 
rollt  hin  zum  meere;  die  kugel  rollt  auf  der  bahn  hin;  das 
Schicksal  .  .  rollt  über  die  weiten  hin.  Klinger  4,12;  hin- 
fahren: (der  gemahl  hatte)  die  wege  mehrere  meilen  ringsum- 
her so  gut  hergestellt,  dasz  die  nachbarlichen  Verbindungen 
nirgends  in  so  gutem  stände  gefunden  wurden ;  doch  war 
eigentlich  bei  dieser  löblichen  anstalt  die  hauptabsicht,  dasz 
die  dame  . .  überall  hinrollen  konnte.  Göthe  22, 84 ;  transitiv, 
rollend  hinwärts  bringen:  eine  kugel,  einen  stein  binrollen. 

HINRÜCKEN,  verb.  i)  lunwärts  rücken;  intransittv:  der  räum 
ist   mir   zu  enge,   rücke    hin,    das    ich  bei  dir  wonen  möge. 
Jes.  49,20;  transitiv:  den  schrank  an  die  wand  hinrUcken. 
2)  entrücken,  wegrücken;  und  zwar 

a)  vom  vergessen  machen  der  Umgebung  in  folge  seelischer  er- 
regung:  er  nahm  also  seine  Zuflucht  zu  dem  buch,  schlug 
die  äugen  nicht  weiter  auf  und  las  andächtig  vor  sich  weg. 
dus  ist  ja  wol  ein  trefliches  buch,  sagte  die  Araberin,  das 
dich  so  hinrückt?    Sturz  1,2«»; 

wenn  ich  innir  an  dich  L'laube : 

o  wie  werd  ich  lüngerückt 

über  alles,  wai«  zum  staube 

meine  seele  niederdrückt!    Klopstock  7,198. 

fc)  vom  wegführen  von  der  erde  im  falte  des  todes:  item,  wenn 
der  tod    kompt,    da»    du   sterben  soll,    und    dich  der  teufel 
wird  anfechten  .  .  so  hat  (ohne  das  sacramenl)  der  teufel  ge- 
wonnen, und  wird  dich  hinrücken,    das  dir  nimer  zu  helfen 
ist.     LiiTHEH   .%  158' ;   (der   gerechte)   wird   weggenommen    aus 
dem  leben,  unter  den  Sündern,  und  wird  hiugerücket.  weish. 
Sal.  4,11;  und  die  todten  in  Christo  werden  auferstehen  zu 
erst,     darnach  wir,    die  wir  leben    und  überbleiben,    werden 
zu  gleich  mit  denselbigen  hin  gerückt  werden  in  den  wölken, 
dem  Herrn  entgegen  in  der  luft.    1  Thess.  4,17;  der  tod  wird 
euch  sanft  und  bald  hinrücken.  Claudius  4,  t;i ; 
die  brtider  Jütephx  dachten  ihn 
au*  mUzioinfit  hin  zu  nicken.    GCntukr  :il 
•cbl  wlre  dort  dein  (r«*!»!  im  fmlen  bad  erstickt' 
■o  wQrd  er  jetzt  aiclii  ent  durch  thraiitMi  hiiigeruci.;. 

HINRUFEN,  verb.:  die  »timuie  der  natiii,  die  den  inen- 
mm  u:\iCtoen,  zum  gm»"'  •"•■•^■■ft.    Sulzer; 

ich  ruTf  rfii'  hin:  m  w«rd«! 

umuiicbi^t-  -.  uacber  oraaiurl 

UiiLAüD  yerf.  162. 


HINRUTSCHEN,  t;er6. ;  ich  musz  dem  maichese  das  zeug- 
niss  erthcilen,  dasz  er  diese  gedichte  gut  vortrug,  hinläng- 
lich dabei  seufzte,  ächzte,  und  auf  dem  sopha  hin-  und 
herrutschend  gleichsam  mit  dem  gesäsze  kokettierte.  Heine 
2,  265. 

HINSÄEN,  verb. :  etwas  auf  das  feld  hinsSen ;  die  todten 
lagen  wie  hingesäet ; 

crliubiiei!  wunder  einer  haud, 
die  jene  himmei  ausgespannt, 
und  Sterne  hingesüt!    Uz  1,  292; 
schlummre,  wie  im  .stillen  heiligthurae, 
hiugesäetes  gebeiu!       IIölty  64  Halm. 

HINSAGEN,  verb.  erklären.,  heraussagen:  ja!  es  ist  hingesagt. 
liebe,  madonna!  Schiller  Fiesko  2,3;  nach  hin  5,a  sp.  1375: 
man  hat  bis  jetzt  das  lob  des  Plinius  . . .  für  blosz  übertrieben 
hingesagt  gehalten.  Heinse  Ardtngh.  2,78. 

IllNSAMMELN,  verb.:  ich  habe  nicht  da  ich  meine  fruchte 
hin  samle.    Luc.  12, 17. 

HINSAPPEN,  verb.  sich  schleppend  hin  bewegen: 

du  grober  esel,  thu  hinsappen.    11.  Sachs  3,  3,  79*. 
s.  hersappen. 

HINSAUFEN,  verb.  fort  saufen:  er  soff  immer  hin.  Simpl. 
2, 28  Kurz,  transitiv  einen  hinsaufen,  im  saufen  überwinden. 
ScHM.  1, 1118  Fromm. 

«INSCH,  TO.,  HINSCH,  HINSCHE,  f    l)  krankheil. 

a)  der  menschen,  etwa  pestßeber,  pest :  got  geb  dir  .  .  .  die 
hünschl  Keisersberg  sünd.  d.  m.  3»';  im  fluche: 

wie  man  schwert  am  Kocfaersperg: 

gütz  byl,  götz  hinsch,  götz  treck,  götz  krösz ! 

.Murner  luth.  narr  1806. 

Schweiz,  die  hündschc,  hündschi,  eine  brandartiqe  seuche  unter 
menschen  und  vieh,  mit  dem  adj.  hündsch,  kränklich,  elend,  vor- 
züglich bei  köpf-  und  bauchschmerzen  gebräuchlich.  Stalder  2, 62. 

b)  der  pferde  und  des  rindviehs:  alpranken  und  hintsch- 
kraut  heiszt  sie  (die  pflanze  Solanum  dulcamara),  weil  die 
landleute  das  kraut  dem  vieh  wider  den  alp  oder  hintsch 
(d.  i.  schwerer  athem)  an  den  hals  gehängt  haben.  Nem- 
NicH  4,1317;  vertreibt  ihnen  (dem  rindvieh)  die  hinsch,  das 
ist  das  keichen  und  schwerlich  athmen.  Tabebnaem.  52; 
das  ander  wird  auch  dem  rindviehe  zu  der  hinsehe  ge- 
brauchet. 782;  in  Hheinfranken  die  hinsehe,  in  Hessen  hüenschc 
euterkrankheit  der  kühe.  Fromm.  4,261,7.  Vilmar  179;  bei  Stal- 
der a.  a.  u.  Lst  hündschc,  hündschi  neben  der  oben  unter  a 
gegebenen  bcdeutuny  auch  auf  eine  gewisse  innerliche  mit  faulnis 
begleitete  krankheil  der  pferde  (milzbrand)  bezogen. 

2)  hinsch,  hinsehe,  das  gegen  diese  krankheil  angeuxndete 
kraut,  Solanum  dulcamara.  Frü.mm.  4,261,7.  s.  hinschkraut. 
Das  wort,  das  in  der  form  hendsch  bereits  sp.  985  aufgeführt 
erscheint,  ist  eine  verderbte  und  nicht  mehr  verstandene  adjectiv- 
form.  mild,  hiunisch,  die  sich  sonst  als  heunisch  (sp.  1291)  im 
nhd.  fortsetzt;  namentlich  will  zu  der  femininform  hinsehe  aus 
hiunische  das  subst.  suhl,  krankheU  ergänzt  sein,  man  glaubte, 
die  kranklieü  entstünde  durch  den  zauber  eines  bösen,  fremd- 
artigen Wesens;  rgl.  mytlwl.   115.    Vilmar  179. 

HINSCHAFFEN,  verb.  l)  ftinwärls  schaffen:  gepöck  auf  den 
bahnhüf  hinschaffen. 
2)  wegschaffen: 

zu  dir  (dem  yelde)  seu  all  mein  siiiu  ^(-«tnlt. 

ya  wi  icli  dich  gewinn  und  bhult ; 

und  wa.«  ich  damit  sfinden  bin, 

nach  meinem  tod  schaff  ich  da«  hin.     Scmwariknbirg  145", 

d.  h.  indem  nach  dem  lade  für  mein  geld  Seelenmessen  gelesen 
werden. 

HINSCHARFEN,  verb.:  die  sud-winde  verursachen,  dasi 
das  vieh  hinscharfet,  lauh  und  bIlUter  verfaulen.  Hoüberc 
3, 1,  6'. 

HINSCHATZEN,  vnb.  auf  eine  gewisse  höhe  schätzen: 

da  wird  er  (der  «c/ii/fhrftc/iif/c)  hausf  boi  h.msr 
umb  einen  lieÜBr  K''l'n,  und  streichen  »■    '' 
wie  ttruHZ  dii-  notli  Kcwetil.  wie  viel  er  / 
da  wird  «in  jffclirhs  tehu  aul  tuu.-^end  In. 

Hachil  »alyr.  i;c(i,  ixuit  t.*2: 

verloren    schatten   (vergl.  hin  ü,  c  sp.  1376):    bin    ich   k.-iu 
iiillein    aus  dem  hauüe  Israel,    su  biu  ich  Joch  eint 
II  heidcnthuia,  sollte  der  gute  hin  Je^us  uuch  hinsrli 
ktiiu  35«;  da«  ich  mein  lebeo  allerdingi.  hinschäUele.  i>tii>,n 
i   2  (1713)  »■»(>.    die  allern  antgabrn  o6fT  lesen  hinsetzte,    vgl.  dir 
'   Uellt  unltn  unUn  dieuin  wurte. 


1469         HINSCHArKN  — HINSCHIESZEN 


HINSCHITFEN  —  HINSCHLEICHEN        1 470 


HINSCHAUEN,  verb.:  man  schaute  tou  westen  nach  osten 
an  dem  felslager  hin,  auf  welchem  die  lückenhaften  Stadt- 
mauern .  .  zu  sehen  waren.    Göthe  2S,  167 ; 

sie  stutit  und  hemmt  tieii  flug  der  schnellen  drachen, 
schaut  wieder  hin.  erröthet,  bebt  turück.    Wikla:«d  10, 149. 

HINSCHAUERN,  verb.:  das  plätschern  der  rüder,  der  über 
den  Wasserspiegel  hinschauernde  Windhauch.  Götbe  1",  137 : 
{wenn  Macbeth)  bebenden  fuszes,  mit  liinschauerndem  äuge 
aus  der  schlafkammer  wariket.    Scbiller  69S. 

HI.NSCHEID,  m.  ßr  tod,  vgl.    hinscheiden    und   hinschied: 
in  ihrem  groszen  schmerz  und  wittwenleid, 
worein  der  blutge  hin$cheid  ihres  herrn 
die  köuigio  versetzt.  Schiller  Teil  5,  1. 

mhd.  als  fem.  diu  hinscheide. 

HINSCHEIDEN,  verb.   l)  uegqeken,  sich  trennen  : 
er  sprach:  ir  guoten  recken,      £  ir  scheidet  hin, 
so  nemet  mine  gäbe.  Nib.  309. 1 ; 

mit  beziehung  auf  die  folgende  bedeutung: 
Liebhold,  meiner  freundschafl  seele.  wüst  du  von  mir  scheiden 

hlD, 
so  gedenke,  das  ich  armer  blosz  ein  kalter  cörper  bin. 
LoGAC  3,  236,  105. 

2)  Sterben:  auf  Wilhelm  Hauffs  frühes  hinscheiden.  Uul.\M) 
gcd.  119.  auch  mhd.  hinscheiden  in  diesem  sinne,  mhd.  trb. 
2,  2, 100". 

HINSCHENKEN,  verb.  wegschenken,  furtschenkeu :  der  geiz 
aber  hatte  mich  schon  dergestalt  eingenommen,  dasz  ich 
gar  nicht  gedachte,  etwas  hinzuschenken.   Simpl.  1.301  Kurz. 

HINSCHEREN,    verb.   in    derber   rede  hinwärts  weichen,  fort- 
gehen;  reflexiv:   scher   dich    hin    an    deine   arbeit!   auch  in- 
transitiv: aber  die  Bair  waren  hingeschoren,  d.  städtecAr.  5,270,  IS; 
wer  nicht  des  weidwerks  pflegen  kann, 
der  scher  ans  paternoster  hin!    füJBCER  70'. 

HINSCHERZE.N,  verb.  durch  scherzen  fortbringen: 
hüpfend,  wie  das  biut  in  «leinen  ädern,  scherzet, 
Chloe,  deine  seel  ihr  dasein  hin.    Wibla:»d  9,  340  (306). 

HINSCHELCHEN,  i-erfc. . 

wie  wenn  ein  gewild,  den  kronhirsch  oder  den  geisbock, 
jagende  hund  hinscbeuchten  und  landbewohnende  männer. 

llias  15,  272. 
HINSCHICKEN,  verb.  l)  transitiv,  hinwärts  senden:  und 
schickten  den  bunten  rock  hin.  und  lieszen  in  item  vater 
bringen.  1  Mos.  37,32;  da  schickt  Judas  kundschafter  hin 
und  lies  besehen,  wie  stark  die  feinde  weren.  1  Macc.  5,  3S ; 
und  bald  schickte  hin  der  könig  den  henker,  und  hies  sein 
heubt  her  bringen.  Marc.  6,27;  schicke  hin  eine  magd,  und 
las  sehen,  ob  er  auch  tod  sei.  Tob.  8,  4 ;  mit  unterdrücklem 
object:  da  schickt  Pharao  hin,  und  lies  Mose  und  Aaron 
rufen.    2  Mos.  9,  27 ; 

dort  schickt  mich  hin!  dort  laset  mich  euer  sein! 
Götbe  9,  23ä. 
il  reflexiv,  hin  passen:  dies  betragen  schickt  sich  nicht  hin. 
HINSCHICKUNG,  f.  ablegatio.    Steisbach  2,405. 
HINSCHIEBEN,   verb.    1)   hinwärts  schieben:   ich  schob   ihr 
das  blau  näher  hin,  das  sie  schon  wieder  mir  zugeschoben 
hatte.    Göthe  24,271. 

2)  wegschi^en,  Vorschub  im  eiU fliehen  leisten  (vgl.  hin  I,  6,  o 
if.  1376):  nnd  entran  der  von  VVirtenperg  selb,  der  ward  hin- 
geschoben, d.  städtechr.  5,  18,  26 ;  wer  den  Püttrieb  hauset  oder 
hofct,  atzte  oder  trenkte  oder  gefarlichen  hinschub.  48,6. 

HINSCHIELEN,  verb.:  indem  ich  über  das  blatt  weg  nach 
dem  schönen  kinde  hinschielte.    Göthe  24,269; 

misgünstig  würd  ich  hin  nach  eurer  freiheit  schielen. 
GOTTIB  1.  45; 
sehn  mich  an  so  starr  und  leidend, 
und  zugleich  so  ungeduldig: 
manchmal  scheinen  sie  auch  scheu 
nach  der  hexe  hinzuschielen. 

n.  Heime  17,  65  (Alta  Troll  cap.  17). 
HINSCHIESZEN,  verb.  1)  intransitiv,  mit  ungestüm  sich  hin- 
wärts bewegen:  nein,  unter  diesem  leben  im  flug.  sollte  doch 
das  ding  {der  mensch  ist  gemeint),  das  so  prestissimo  hin- 
schieszt  aus  einem  regenschauer  in  den  andern  und  von 
gewölke  zu  gewölke,  doch  nicht  in  einem  fori  den  schnabe! 
aufsperren  zum  gelächter.   J.  Pail  Uesp.  1,7«; 

ach  wie  viel  bäche  sind  so  blutroth  hingeschossen! 
wie  manches  kriegers  Wut  (arbi  manchen  groszen  üwi 
..    ^.      -  P.  FlHIne  115; 

die  Oder  llosse  strenger; 
der  wilde  .Main  schosz  hin.    75; 


der  freie  wind  (ahn  ohne  zügel; 

ein  leichter  pfeil  eilt  auf  gewinn ; 

der  starke  plitz  hat  schnelle  Hügel ; 

ein  strenger  fall  scbeuszt  plötzlich  hin.    499. 

2)  auch  hinwärts  schieszen,  mü  der  waffe :  das  mittel  der 
folgenden  schrift  behütet,  dasz  dich  keine  kagel  trifft  .  .  . 
stehe  an  ein  ort,  da  niemand  hiuscbeist,  so  bist  du  sicher. 
Simpl.  2, 191  Kurz. 

3)  transitiv:  er  sol  nicht  komen  in  diese  Stadt,  und  sol 
auch  keinen  pfeil  daselbst  hin  schieszen.  Jes.  37, 33 ;  es 
wurde  noch  nichts  von  ihm  begehrt,  als  dasz  er  zuweilen 
unversehends  einen  geheimen  blick  voll  liebender  Zartheit 
auf  sie  hinschiesze.    J.  Pacl   Tä.  3,  193. 

HINSCHIFFEN,  verb.  cursum  aliquo  dirigere.  Stieler  1792: 
da  wir  aber  in  ein  adramitisch  schiff  trauen,  das  wir  an 
Asiam  hin  schiffen  sollen,  apostelgesch.  27,  2 ;  schifften  unter 
Cypern  hin.    v.  i. 

HINSCHIM.MEBN,  verb.:  nach  dem  über  ein  ganzes  leben 
hinschimmernden  wiederfinden.   J.  Pacl  Hesp.  i,  250. 

HINSCHKRAUT,  n.  Solanum  dulcamara,  alpkraul,  je  länger 
je  lieber  {vgl.  oben  unter  hinsch):  aristolochia  hinschkraul. 
DiEF.  4S';  hinschkraut  wird  also  genannt,  dieweil  die  hirteu 
und  weiber  dis  kraut  dem  rindviehe  anhenken  für  die  hinscb. 
Tabern-^em.  1290;  hintschkraut,  so  je  länger  je  lieber  heiszet 
PiXTER  Pferdschatz  419;  ainara  dulcis,  je  länger  je  lieber  oder 
hintschkraut.  Houberg  1,530*;  jeiänger-jelieber  oder  hindsch- 
kraut.  3,  1.  41l'.  das  theil  5,  779  aufgeführte  kinschwurzel 
Osterluzei  scheint  den  ersten  theil  unseres  wortes  verderbt  zu  ent- 
halten. 

HINSCHLACHTEN,  verb. : 

dasz  uns  die  feind  hinschlachten.    Wkckheblis  166 ; 

(dort)  hat  wilder  frevler  mulh 
die  altern  mir  .  .  .  hingeschlachtet.    Gottek  3,569. 

HINSCHLAFE.N,  verb.  einschlafen ,  entschlafen  {vgl.  hin  5.  a 
sp.  1375):  wenn  einer  sich  des  abends  schlafen  legt,  so 
wickelt  er  alle  sorgen  ins  hemd  hinein,  steckts  unter  das 
küssen,  und  schläft  in  gottes  namen  hin.    Otto  1027. 

HINSCHLAGEN,  rer6.  l)  einen  schlag  hinwärts  riclden:  er 
schlug  hin,  wo  niemand  stand;  transitiv,  etwas  durch  schlagen 
hinwärts  befördern:  den  ball  hin  schlagen;  auch  {nach  hin  7, 
sp.  1376)  zu  boden  befördern,  niederschlagen: 

die  schwermuth  schlägt  die  feder  hin.    Gönthe«  1049. 

2)  gewaltsam  hinfallen:  so  wärst  du  hier  in  der  sUibe 
nicht  so  hingeschlagen,  dasz  es  dir  zwei  tage  im  köpfe 
brummte.   L.  Tieck  ges.  nov.  5, 20. 

3)  in  die  luft  hinschlagen,  nihili  facere,  flocco  et  despicaiui 
habere,  parvi  pretü  deputare.    Stieler  1S22; 

wo  man  die  ehre  liebt,  schlägt  mau  die  wollust  hin. 
Grefli>g£R  Cid  .4  5'; 
daran  arigeschlossen,  intransitiv,  ins  leichtsinnige,  unbedachte  ver- 
fallen:  wenn   wir   den   armen    seelen,   oder  jemand   anders 
helfen  wollen,  das  wir  nicht  hinschlahen,  und  auf  die  messe 
als  ein  genugsam  w  erk  uns  verlassen.   Letueb  1,  337'. 

4)  hinschlagen  für  vergehen: 

meine  marter,  meine  quälen  .  .  . 

schlagen  bin  in  luft  und  windt.    Spks  irutzn.  274. 

HINSCHLÄNGELN,  ter6.  .■  der  weg  schlängelt  sich  durch 
die  wiesen  hin ; 

drum  in  fremder  gcstalt  erschien  iut  alles  dem  könig. 

langbinschlängelnde  pfade  zugleich  und  schirmende  buchten. 

Odyssee  13,  195. 

HINSCHLAUDERN,  verb.  verschleudern :  so  die  oberkeit  nur 
deste  mehr  neme.  und  iren  pracht  damit  imer  gröszer  machte. 
und  das  gut  so  binschlaudert,  mit  kleidern,  fressen,  saufen, 
bauen,  und  dergleichen,  als  were  es  sprew.  Ltttrer  3,115'; 
sollen  wir  unser  ewiges  heil  und  seliges  erbtheil  um  ein 
linsengcricht  hinschlandern?  Otto  1312.  s.  hinschlendem,  hin- 
schludern. 

HINSCHLAUNEN,  verb.:  hinschlaunen ,  es  schlaunet  so 
liin,  medioeri  fortuna  utor,  prosperae  sunt  res.  niox  ambiguae. 
Stieler  1S15.     s.  schlaunen. 

HINSCHLEICHEN,  verh.  l)  intransitiv,  langsam  und  leise 
hinwärts  gehen,  von  personen  und  dingen:  leise,  unbemerkt 
will  ich  über  die  erde  hinschleichen,  bis  sie  sich  mir  öffnet. 
Klincer  4,25$;  häszliche  und  schöne,  dumme  und  kluge, 
schlicheu  gleich  ruhig  durch  das  leben  hin.  10,15;  er  seufzte 
ein  acb,  das  an  den  mauern  hinschlich,  wie  das  stöhnen 
eines  geplagten  geists.   5, 117  ; 

herr  wirt,  gebt  uns  urlaup  und  last  uns  hin  schleichen! 

fastn.  tp.  579,  4 ; 


147 1      HINSCHLEICHEN  —  HINSCHLEPPEN 


HINSCHLEUDERN  —  HINSCHMACIITEN       1472 


da  wird  drr  geist  euch  wohl  dressirl, 

in  spanische  stiefeln  eingeschnürt, 

dasz  er  bedächtiger  so  fort  an 

hinschleiche  die  gedankenbahii. 

und  nicht  etwa,  die  kreuz  und  iiuer. 

irrlichtelire  hin  und  her.    Göthk  1*2,  !I5; 
(Lnertes)  schwach  im  gelild  hinschleichend  des  weinheschal- 
teteu  gartens.    Odyssee  I.ISM; 
das  hinschleichen  und  hiiifaren  oder  binrünnen  der  wasseren, 
lapsus   fluminttm.    Maaler  225".      von   der   zeit:   es    sind    drei 
tage    hingeschlichen ,   tres  dies  abierunt.    Stieler    1835 ;    kein 
stund  hinschleichen  liesz,  darinn  er  nit  ein  lini   zog.     Curg. 
143*. 

2)  die  rerbindung  hinschleichen  lassen  ist  auch  nach  hin 
1, 5, a  am  ende,  sp.  1375,  aufzufassen:  hinschleichen  lassen, 
connivere,  indulgere,  soliäe  ac  neglitjcnter  habere.  Stiei.er  1S35; 
man  nuisz  sich  durch  seinen  verstand  und  eine  gute  dex- 
teriläl  vortheilhanig  in  die  zeit  und  laufe  zu  schicken  wissen 
und  keine  geiegcnheit  hinschleichen  lassen,  darbei  etwas  zu 
gewinnen.   Simpliässimus  (1684)   3, 157. 

3)  hinschleichen  reflexiv:  auch  war  es  kaum  düster  ge- 
worden ,  als  er  sich  .  .  nach  ihrer  wohnung  hinschlich. 
(iÖTHE   18, 102. 

4)  hinschleichen  transitiv  (nach  der  zeitlichen  bedeutung  von 
hin  2,  sp.  1377),  langsam  hinbringen :  dasz  die  arme  .  .  nun 
ohne  ihn  ihr  leben  hinschleichen,  hinjammern  soll.  Gütue 
10, 57 ;  wenn  der  weltmensch  in  einer  abzehrenden  melan- 
cholie  über  groszen  verlust  seine  tage  hinschleicht.    18, 129. 

HINSCHLEIFEN,  verb.  l)  schleifend  hinwdrls  oder  ivegfiVircii : 
hinschleipfen,  zur  straaf,  rapere  ad  poenam.  Maaler  225';  es 
ist  der  dinge  gang,  der  das  gerade  oft  unters  krumme  hin- 
schlcifl.    Fh.  MtJLLER  3,  133 ; 

kann  vom  wagen  nicht 
der  stolze  renner  ohne  retlung  stürzen, 
und,  hingeschleift  von  zügellosen  rossen, 
die  bahn  mit  seinem  blute  färben?    Gotter  2,211; 
stand  sie  und  blickt  auf  der  mauer  umher  und  schauete  jenen 

(Hektor) 
hingeschleifi  vor  den  thoren  der  Stadt.    Utas  22,  464. 

2)  sich  hinschleifen,  sich  hinschleppen  (s.  d.)  weiter  existieren : 
indem  sie  sich  auf  der  breiten  fläche  des  dilettantismus  und 
der  pfuscherei,  zwischen  kunst  und  natur  hinschleifen.  Göthe 
30.213;  und  daran  angeschlossen  seine  tage  liinschleifen :  er 
wird  die  frage  aufwerfen :  ob  man  nicht  lieber  die  einzelnen 
Unannehmlichkeiten  des  tags  .  .  übertragen  und  ein  ver- 
drieszliches  dasein  hinschleifen  solle,  anstatt  übereilt  sich 
zu  einem  resultat  zu  entschlieszen.   60,288. 

HINSCHLEIFCNG,  f  wegschleppung:  darauf  die  hauptstalt 
in  Hungern,  Ofen  genand,  sampt  dem  slättlein  Pest,  dar- 
gegen  über  .  .  erobert,  nach  jSmerlichem  ermorden  und  todt- 
scblagen  der  einwohner,  geplündert  und  verbrand  vcrheerl, 
mit  hinscbleifung  christlichs  volks.  abschied  des  reidistags  zu 
Esslingen  von  1526,  eingang. 

HINSCHLEISZEN,  verb.  vergehen,  abgängig  werden : 

disz  vermischte  milch  und  blut  (getichl), 
der  halsz,  diese  weichen  bände 
Rchleiszen  hin.    es  nimmt  ein  ende, 
was  uns  itzt  so  sQsze  thut.    Fttaino  4!t2; 
unser  leib,  und  was  dran  ist, 
schieist  hin,  wie  du  täglich  siehil.    611. 

HINSCHLENDERN,  verb.:  lasz  sie  'mich  ein  weilcben  in 
meiner  träumerei  so  hinschlendern.  H.  L.  Wacher  die  hinder- 
mnrderin  62 ;  ihm  war  .  .  ntir  zu  fühlbar  geworden,  dasz  er 
eigentlich  hier  seine  hestimniung  nicht  erfülle  und  im  gründe 
lilosz  in  einem  halbtbäligen  müsziggang  iiinsclilendere.  Götiik 
17,133;  wir  bilden  uns  ein,  fromm  zu  sein,  indem  wir  ohne 
nberlegung  binschlendern,  uns  durch  angenehme  zufSlIe  de- 
icrminiren  lassen,  und  endlich  dem  resultate  eines  solchen 
schwankenden  lehens  den  namen  einer  göttlichen  führung 
gehen.  18,  lOS;  ein  akademisches  hinsclilendein  schien  er 
(Hamlet)  auch  hei  hofe  fortzusetzen.  10,28;  man  kann  un- 
pcstrafl  eine  weile  binschlendern,  und  dann  ist  man  wieder 
gennthigt  sich  eim-n  augenhiick  zusanunen  zu  nehmen.  43,315; 
wie  bin  ich  •onxl  so  sorgenfrei 

durchs  leben  liingeschlendert !    J.  M.  Miller  ijfd.  178; 
•chlendr  ich  auch  dann  und  wann  auf  einen  iiLwcg  hin. 

f.orrER  1,420. 

RINSCHLFPI'EN,  rerfr.  l)  hinwdrls  oder  fori  schleppen:  ich 
hdb  einen  mord  begangen,  .  .  den  du  mir  nicht  zumuthrn 
wtr«t  allein  vor  den  richter  der  weit  hinzuschleppen.  Schiller 
litb.  lind  lifbt  5,  8;  man  »chleppe  mich  hin  zum  allarr! 
GoTTH  3,39. 


2)  sich  hinschleppen,  langsam  und  träge  weiter  gehen,  in 
einem  zustande  dauern :  alles  hütte  sich  vielleicht  su  hinge- 
schleppt bis  zu  des  künigs  todestage.  Dahlhann  ddn.  yescii. 
1,226;  jetzt  schlepp  ich  mich  an  dun  uugen  des  mädcbens 
su  hin.  kann  ich  sie  doch  nicht  lassen !  kann  sie  mich 
doch  nicht  lieben !  Göthe  8, 196.  in  ähnlichem  sinne  mit  acc. 
der  zeit:   sein  leben  elend  hinschleppen; 

doch  setzt,  man  schleppt  die  Jugend  hin, 

und  liebt,  und  liebt,  bald  die,  bald  jene.    Gökikuk  1,  125. 

vgl.  hiuschleifen. 

HINSCHLEÜDERN,  verb.  l)  hinwärts  schleudern: 

dort,  auf  des  vaters  leichnam  hingeschleudert, 

dort  lagen  sie  die  reizenden  gescnöpfe, 

die  ersten  pfänder  unsrer  Zärtlichkeit.    Gotter  2,  139. 

schleudernd  vernichten:  hassest  du  ihn  nicht  und  mochtest 
ihn  ergreifen  können,  hinzuschleudern  das  leben  deines  und 
meines  mörders?  Klinger  1,15.  vergeuden:  seine  schöne  du- 
caten  .  .  vor  solch  lumpenzeug  hinschleudern.  Cbr.  Weise 
crzn.  20.     s.  hinschlaudern. 

HINSCHLICHTEN,  verb.:  hat  man  .  .  800  todtc  corper  .  . 
Drdcnllich  nacheinander  hingeschlichlct  gefunden.  Olearius 
beschreib,  oriental.  insuln  (1696)  i.  152. 

HINSCHLIEFEN,  verb.  hinwärts  kriechen,  einen  Unterschlupf 
finden :  ob  ich  gleich  nicht  wusste,  wo  ich  über  nacht  hin- 
schliefen sollen.    Simpl.  3,  334  Kurz. 

HINSCHLINGEN,  verb. :  ein  band  ist  um  die  laute  hiii- 
geschlungen ;  ein  kraut,  welches  sich  auf  dem  boden  hin- 
schlingt ;  hier  {in  Moritz'  prosodischen  Vorschriften)  ist  denn 
doch  ein  anhalten,  und  wenn  auch  damit  nicht  alles  gethan 
wäre,  so  hat  man  doch  indessen  einen  leitfaden  an  dem 
man  sich  hinschlingen  kann.  Göthe  27,255;  bairisch,  in  an- 
derm  sinne:  ein  kind  hinschlingcn,  es  abtreiben,  davon  die 
hinschlingerin,  ablreiberin.   Schm.  1,  1118  Fromm. 

HINSCHLOTTERN,  verb. : 

wer  mir  den  nicken  kehrt,  gleich  liegt  ihm  schlapp 
hals,  köpf  und  schöpf  hinscTilotlernd  trrasz  im  nacken. 

GÖTHE  41,272. 

HINSCHLUDERIG,  adj. :  (die  dienslboten)  die  einen  durch 
Ircu  und  tleisz  in  biilde  reich  machen  oder  im  gegenthcil .  . 
durch  hinschluderige  fahrlässigkeit,  faulheit  und  untreu  ge- 
schwind fertig  machen  können  bis  aufs  schwärzen  I  Simpl. 
4,36  Kurz. 

HINSCHLUDERN,  verb.:  lange  leben  heiszl  viele  über- 
leben :  so  klingt  das  leidige  ritornell  unseres  vaudevilleartig 
hinschludernden  lebensganges.    Göthe  an  Zelter  4,278. 

HINSCHLUMMERN,  verb.  entschlummern,  einschlummern: 
wenn  ich  .  .  auf  einem  krummgewachsenen  bäum  mich 
setze,  um  meinen  verwundeten  sohlen  nur  einige  linderung 
zu  verschafTen,  und  dann  in  einer  ermattenden  ruhe  in  dem 
dämmerschein  hinschlummre !  Göthe  16,  80.  in  den  todes- 
schlummer  verfallen :  o  dasz  du  hingeschlummerl  wärst,  wie 
er  hinschlummerte,  da  ich  ihn  tödtcle!    Klopstock  8,231; 

Jünglinge  schlummern  hin,  und  greise  bleiben 

wacli.  Klopstock  2,  95; 

und  in  leisem  und  sanftem,  in  himmlischem  harrengclispcl 

schluniraert  er  hin.  5>62; 

in  lieblichem  wehen  des  schattenden  paradici^e<l, 


schlummr  ich  hin. 


HINSCHLUPFEN,  -SCHLIPFEN,  verb.:  dasz  die  stiunac 
die  geringfügigem  {silben)  sclinell  lierausstöszt,  fladilig  und 
nachlässig  darüber  hinschlupft.  Lessinc  7,38;  und  alle  töne 
schlQpflen  so  sttsz  über  die  grasspitzen  und  durch  die  bauui- 
gipfel  hin.    Tieck  4,304. 

HINSCHMACHTEN,  verb.  schmacldend  hinsinken:  «ach  deui 
gebeugten  weihe,  welches  hinschmaciitet  auf  seine  Schulter. 
Sturz  1,35.  schmaclitend  n'ryehrn:  sieh  bruder,  ich  zerfalle 
ganz,  schmachte  hin.  Klinger  1,29;  eine  dame  die  .  .  uus 
liebe,  die  sie  zu  verliergcii  sucht,  hinwelkt  und  hinschinachlet. 
10,32;  wenn  das  |iädagogiuin,  anstall  hinzuschmachten,  lieber 
aufgehoben  wird.    Heyne  briefe  an  J.  Muller  s.  219; 

sie  {die  teetr)  liegt  I         '         '  '.iiid  im  staube. 

Klo^stO' ►  12,9;  die  au'y.  t.  1760 

!(/.  I  riT^rlimfitPrl) ; 

lieber  mit  einmal  will  Ich  in  lluih  au>li  •  ■■  ••  ödem. 

hU  so  lank'  liin-xhuiHrbtcii  in  diesem  >'  'iid! 

allen  rrbcblrn  die  knie,  und  in  wnllu.si  schmnchin  Ihr  hert  bin; 
Jeder  wimicht  und  gelobte,  der  königln  liger  zu  thelleii. 

»8,  312. 


1473      H1NSCH5IECKEN  —  HliNSCHRElBUNG 


HINSCHREITEN  —  HINSCH  VVÜREN       1474 


niit  acc.  der  zeü,  schmachtend  hinbringen :  de?  leben?  letzten 
abend  in  ?org  und  angst  binschmacbten.  Kunger  2, 16S; 
so  . .  scbinachlet  sie  ibr  junges  leben  ohne  freunde  hin.  10,116. 
HINSCHMECKEN,  rerb.  spürend  hinkommen  {vgl.  oben  bin- 
riecben):  lieber  geh  ich  nach  dem  deutschen  kräuzcbeii,  da 
schmeckt  kein  hungriger  Franzmann  hin,  und  man  vergiszt 
seine  muttersprache  nicht.   Stikz  2, 406. 

HINSCHMEISZEN,  verb.  Irans,  stark  hinwerfen :  gegen  morgen 
um  10  uhr  machte  der  magische  friseur  die  thürc  .  .  wieder 
auf,  schmisz  seinen  weiszen  hut  hin.  J.  Paul  a.  d.  teuf, 
pap.  1,93; 

denn  wenn  des  ^lückes  hübsche  Siebensachen 

uns  von  des  Schicksals  bänden  sind  zerbrochen, 

und  so  zu  unsem  lüszen  hingeschmissen.    U.  IIeine  lä,  SO. 

intransitiv,  in  derber  spräche,  stark  hinfallen.    Adellnc. 

HINSCHMELZEN,  verb.  schmelzend  vergehen:  glücklich  ist 
die  nachtigall,  die  im  weichen  tone  der  liebe  vor  dem  ge- 
liebten binschmelzen  kann!  Klinger  2,  355;  die  juugc  Aisnon 
war  heute  zum  bezaubern;  der  bescheidene  onzug  erlaubte 
CS  den  blicken,  ganz  in  das  anschauen  der  pcrson  hinzu- 
schmclzeu.   Schuler  7,  19  Kur:. 

HINSCHMELZE.N,  rtT^.  schmelzend  vergehen  machen : 

fo  wie  der  schuee  hinschmilzt  auf  hochgescheitelteu  bergen, 
welchen  der  ost  hinschmelzte ,   nachdem  ihn  geschüttelt  der 
Westwind.    Odyssee  19,206. 

HINSCHMETTERN,  verb. :  nun  bin  ich  hingescbmettert  an 
deine  kette,  Jupiter!    Fr.  Müller  2,29«; 

hier  soll  kein  schusz, 
so  lang  ich  lebe,  fallen,  hier  kein  vogel 
von  semem  zweig,  kein  wild  in  seinem  busch 
geschreckt,  verwundet,  hingeschmettert  werden.    Götue  9, 277. 

HINSCHMIEDEN,  verb.  wohin  fest  machen^  fest  bannen : 
hingeschmiedet  zum  gesang, 
stehn  im  ewgeu  wirbelgang, 
einzuziehn  die  wonnemile, 
lauschende  uaturen  stille.    Schillkr  Laura  am  datier, 

HINSCHMIEGEN,  verb.  : 

sanft  hingeschmiegt  auf  seidne  frühlingsrasen. 
HöLir  200  //u/m; 
und  tieger  schmiegen  sich  zu  ihren  (der  Schönheit)  füszen  hin. 
WiELASD  23,  155  {überon  9,55). 

HINSCHMIEREN,  verb.  flitchtig  oder  unsauber  hinschreiben: 
er  schmierte  etwas  auf  ein  blatt  papier  hin;  aber  etwas  bin- 
gesclimierles  schr.n  finden.   Fr.  MIIller  l,  257. 

HINSCHNEIDEN,  verb.  intrans.  schneidend  hinfahren ,  vom 
teinde:  anger  über  den  der  Ostwind  hinschnitt.  Münchliauscn  U. 
transitiv,  aussclmeiden,  im  ausschnitt  verkaufen :  gewand  hin- 
schneiden.   Freisinger  stadtb.  bei  Schm.  1,  lllS  Fromm. 

HINSCHNEIEN,  verb.  schneiend  hinfallen:  weder  merknch 
abgestumpft  noch  abgewittert,  liegen  sie  {die  steirie)  auf  den 
ackern  um  den  berg  wie  hingeschneit.  Götue  51, 145.  tran- 
süiv :  wenn  sie  in  der  ruhigsten  Stellung,  den  rechten  schnee- 
ann  weich  über  irgend  etwas  schwarzes  hinschneite.  J.  Paul 
uns.  löge  2,  94. 

HINSCHNELLEN,  verb.  transitiv,  etwas  uhnellend  kinteärts 
bewegen : 

wer  am  leichtesten  nun  anspannt  in  den  händeo  den  büger ) 
und  durch  die  äit  hinschnellt.  Odynsee  19,  578. 

tnlransüiv,  hinwärts  eilen:  da  schnellt  er  bin!  in  Düringen. 

HINSCHNLRREN,  verb.  schnurrend  hin  fliegen:  käfer  schnurren 
hin;  schnurrend  hinsagen:  sie  können  nicht  beten,  ohne  dasz 
sie  den  psalter  mögen  hinschnurren  und  schnattern.  Luther 
8,  608   Walch. 

HINSCHRAUBEN,  rerfc.  schraubend,  in  gewundenen  Korten, 
hindeuten:  glücklicherweise  für  diejenigen,  mit  welchen  er 
(rector  Albrecht)  unzufrieden  war,  ging  er  niemals  direct  zu 
werke,  sondern  schraubte  nur  mit  bezügen,  anspielungen, 
dassischen  stellen  und  biblischen  sprächen  auf  die  mängel 
hin,  die  er  zu  rügen  gedachte.    Göthe  24, 199. 

HINSCHREIBEN,  verb.  sehreiben,  bexüglicJi  einer  entfernteren 
person:  was  er  in  seiner  muttersprache  zu  sagen  erröthete, 
konnte  er  nun  mit  gutem  gewissen  {französisch)  hinschreiben. 
Göthe  19,240.  nach  eineni  dritten  orte,  an  eine  dritte  person 
schreiben :  ich  will  hin  nach  Leipzig  schreiben,  inslitui  Lipsiam 
aliquid  literamm  dare.  Stieler  1927.  flüduig  schreiben  (bin 
I,  5,a  sp.  1375);  ich  habe  das  nur  so  hingeschrieben;  solche 
trockne  bibliothekar-arbeit  läszt  sich  so  recht  hübsch  hin- 
schreiben ,  ohne  alle  theilnehmung,  ohne  die  geringste  an- 
strengung  des  geistes.    Lessing  12, 377. 

HINSCHREIBUNG,  f  scriptura,  scriptio.   Stieleb  1927. 
IV.  n. 


HINSCHREITEN,  rfr6.;  manchmal  ergötzt  er  sich  an  mehr 
oder  minder  bekannten  vademecuiHs-gcschichlen,  bei  welchen 
aber  durchgängig  die  ausführung  des  details  im  hinschreiten 
zu  der  letzten  pointe  als  das  vorzügliche  und  eigenthümliche 
anzusehen  ist.    Göthe  33. 180. 

HINSCHUTTELN,  verb.':  die  alte  linde  im  schloszbof  hatte 
längst  .  .  ihre  welken  blättcr  dem  spiel  der  winde  hiiigc- 
schüttelt.   Scheffel  Ekkeh.  (1855)  119. 

HINSCHÜTTEN,  verb.  hinwärts  schütten :  an  eine  reine  stete, 
da  man  die  asschen  hin  schüttet.  3  Mos.  4, 11 ;  die  kräfte 
der  schaffenden  uatur,  die  ihren  reichthum  vor  uns  hii>- 
schüttel.  Klingeb  11,51;  wegschütten:  man  sol  in  (den  lapis 
lasuli)  auch  vorher  weschen  und  flüszen  und  das  am  boden 
ligt  binschütten ,  und  in  dann  geben  mit  violsvTup.  Gers- 
dorf feldb.  d.  wundarzn.  68. 

HLS'SCHWäRMEN,  rerb.  im  schwärmen  wohin  kommen: 

wo  schwärmt  der  knabe  hin?  mit  welchen  färben 

mahlt  er  sich  seinen  wcrth  und  sein  geschick?    Götue  9,167; 

unter  geschrei  und  jauchzen  der  laug  hiuschwärmenden  Jugend. 

Voss  2.34. 
HINSCHWATZEN,  -SCHWÄTZEN,  verb.  1)  flüchtig  schwatzen 
{vgl.  hin  I,  5.  a  sp.  1375) ."  ein  lüsterer.  der,  aufs  Ungewisse,  ver- 
messentlicb  hinschwätzet.  Butschsv  Palm.  897;  schändlicher 
nichts,  als  eine  memme ,  die  ängstlich  ums  leben  lügt, 
krummes  und  grades  unter  einander  binscbwälzt.  Fr.  Müller 
3, 248 ;  will  ich  .  .  einige  worte  über  die  Übersetzungen  ins 
allgemeine  hinschwatzen.   Herder  z.  litt.  1, 211. 

2)  nach  der  zeitlichen  bedeutung  von  hin  (II,  2  «p.  1377), 
schwatzend  verbringen:  die  zeit  hinschwatzen. 

HINSCHWEBEN,  rer6.;  wohl  derjenigen  (seele),  die  lange 
in  den  seeligen  träumen  hinschwebt ,  ohne  zu  erwachen  I 
Heinse  Ardingh.  1,348;  und  können  wir  uns  nicht  so  ver- 
binden, dasz  uns  in  dieser  weit  nichts  mehr  trenne;  dasz 
wir  einst  in  den  seligen  geülden  der  künftigen  vereinigt  hin- 
schweben ?  Klixger  4, 140 ; 

der  stille  mond,  der  dich  bei  nacht  erfreut, 

dein  äuge,  dein  gemüth  mit  seinem  schein 

unwiderstehlich  lockt,  er  schwebt  am  tage 

ein  unbedeutend  blasses  wölkeben  bin.    Götue  9,  196. 

HINSCHWE.MMEN,  verb.  wegschwemmen:  so  ein  grosz  un- 
gewitter,  dasz  es  vil  dörfcr,  Schlösser  und  grusz  beum  hin- 
schwemmet.  Fr.\nk  chron.  231*. 

HINSCHWIMMEN,  verb.  hinwärts  schwimmen : 

(die  Seele)  die  auf  des  glaubens  holz  hin  zu  dem  ufer  schwimmet. 

Robpler  72; 
es  war  lustig  anzusehen,  wie  sie  {delphine) . .  von  den  klaren, 
durchscheinenden  wellen  überdeckt,   hinschwammen.   Göthe 
28, 27 ; 
schwimme,  du  mächtige  schölle,  nur  hin!  und  kommst  als  schölle 
nicht  hinunter,  du  kommst  doch  wohl  als  tropfen  ins  meer. 

1,408. 
HINSCHWINDEN ,    verb.    fortschwinden ,    langsam    oder   leise 
und  unmerklich  vergehen:  nach  diesem  aufgedrungenen  gefflhi 
von  Vergänglichkeit  und  hinschwinden.    Göthe  17,226; 

ach,  er  weint  und  denkt  der  stunden, 
die  mit  mir  ihm  hingeschwunden!    Miller  ged.  273; 
unsrer  jugend  l'reuden  standen 
wiederum  vor  unserra  blick; 
imd  zum  zweitenmal  empfanden 
wir  ihr  hingeschwuudnes  glück.    274 ; 
wann  des  entzückeus  goldne  scenen, 
die  jetzt  mich  fesseln,  mit  Elisen  hin 
in  der  Vergangenheit  entferntes  dunkel  schwinden. 
Gotter  1,  339; 
das  jähr  ist  hingeschwunden, 
wie  schäum  im  wilden  bach.    Voss  4,  100. 

HINSCHWINGE.N,  verb. :  einen  auf  den  rasen  hinschwingen, 
im  Schwingkampfe;  reflexiv:  sich  auf  einen  felsblock  hin- 
schwingen. 

HINSCHWÖRE.N,  verb.  l)  einer  dritten  person  zu  schwören, 
geloben;  gewöhnlich  {in  den  alemannischen  gegenden)  auf  die 
lerlobung  und  Vermählung  bezogen:  hinschweren,  rerbum  ri- 
tuale  matrimoniorum,  despondere  et  padsd  rirginem  jure  jurando. 
Haltaus  924;  derhaib  alsbald  der  handtschlag  und  das  hin- 
schweren geschehen.  Frani  weltb.  152";  wir  wollen  nuu  be- 
sehen das  hinschweren,  wie  man?  hie  {in  Augsburg)  nennet, 
oder  den  handstreich,  der  auch  dazu  gehöret,  wenn  man 
und  weih  im  ehestand  mit  ehren  beieinander  wohnen  soll. 
Creidiüs  2, 188.  sonst,  doch  mit  bezug  auf  das  eben  angegebene, 
auch  auf  das  taufgelübde:  der  tauftag  ist  ein  ehrentag,  da 
wird  ein  Christ  Christo,  seinem  seelenbräutigam,  durch  die 
paten  zugesagt  und  bingescbworen.  Otto  9ö7.^ 

93 


1475 


HINSEGELN—  HINSENDEN 


HINSENKEN  —  HINSICHTLICH 


1476 


2)  hinschwereti,    usurpatur  pro  frivole  jurare.    Stieler    1077. 
vgl.  hin  I,  5,  a  sp.  1377. 
HINSEGELN,  verb.: 

wir  wollen  über  meere»  ticlen 

mit  achttausend  sechshundert  schulen  .  .  . 

hinsegeln  in  der  ameis  iand.    miickenkr.  1.  h'i'i. 

HINSEHEN ,  rnh.  l)  hinmris  sehen ,  in  eiijenllkliem  oder 
übertragenem  sinne  (venjl.  hiiisulit):  nach  dem  hiiiunel  iiiii- 
Kcbeii.  inteudere  in  coelum  ociilos.  Stiei.eb  2026;  ist  aber  niclil. 
jede  sieligkeit  des  willens  ein  solches  hinsehii  auf  einerlei 
iJee?  -Vbbt  1.60; 

wo  man  hin  saih,  wars  alls  voll  zeit. 

mnckenkr.  1,  953 ; 

wo  niuii  hiuüali,  war  weit  und  breit 
das  raeer  mit  schiffen  so  bekleidt, 
dasz  man  schier  gar  kein  wasser  sach.     1021 ; 
so  schautest  du  ihr.  Friedrich,  nach! 
ihr  eueel  sah.  als  er  zu  golt  sie  führte, 
nach  deinen  thränen  hin.     Klopstock  l,8tl; 
Dlandine  sah  her,  Lenardo  sah  hin.     Kürckk  :<'J^ 
Etn  aller  mperaliv  se  iiin,  nie  lat.  eae  : 
auf  höh  er  da  sein  weisze  hanil, 
schlug  sich  selber  an  sein  wauj,' : 
°se  bin,  mein  maul  und  hab  dir  d:is. 
dasz  du  doch  nichts  verscjiweigen  magst.' 

Uhl*m)  volkut.  24^ ; 

se  hin,  gfit  Ruprecht,  hab  dir  dasi    649. 
hinsehen,  von  geyenständen,  eine  richtung  liabeu:  dajin  trat  er 
HD  ein  feuslcr,  weiches  aut  das  nachbarhauä    hinsah.    Fhey- 
TAC  handschr.  1,  7. 

2)  uegsehen,  in  übertrtuieuer  bedeututig,  nachsicJU  üben:  über 
etwas  hiiLsehen :  wir  wollen  über  diesen  inangel  hinsehen. 

3)  hinsehen  transitiv :  wie  der  maier  ans  seinem  äuge  die 
vollendete  geslail  auf  die  fläche  hinwirft,  gleichsam  hinsieht, 
ehe  die  langsame  band  ihre  umrisse  nachmacben  kann. 
Fichte  nalurrecht  57. 

HINSEHNEN,  verb.  re/l.  aninium  inteudere  in  locum.  Stieler 
1993; 

oft 
hab  ich  mich  hingesehiit,  nun  bin  ich  da.    Göthe  9, 104. 

HINSEIN,  rerl;.  nach  einem  orte  gekommen  sei»  (vgl.  hin  1. 1 
sp.  1372);  verloren,  vernichtet  sein;  verschwunden  sein,  besser 
werden  aber  die  beiden  uorttheile  in  der  Schreibung  auseinander 
gekalten,  s.  belege  unter  hin  1,6,  c  sp.  1376.  und  H,  2  sp- IZ'il, 
2U  denen  noch  fd'jende  gegeben  werden :  ein  sich  elend  fühlen- 
der sagt  ach,  und  ich  bin  wieder  so  hin  —  ich  niOchle  .  . 
mich  zerschmettert  in  den  abgrund  slürzen.  Klinger  1,50; 
hin  sein  von  der  zeit:  hüter,  ist  die  nacht  schier  hin?  Jes. 
21,  11;  auf  die  zukunß  weisend:  das  gesiebt  das  dieser  sihet, 
da  ist  noch  lange  bin,  und  weissaget  auf  die  zeit,  so  noch 
ferne  ist.    Hes.  12, 27. 

HINSEIT,  adv.  nach  der  seite  hinwärts:  vom  ejme  acker 
hynsit  der  .\inioIderbach.  zinsbuch  Dicthers  von  Isenburg  v.  j. 
1427  im  Büdinger  archiv.  als  gegensatz  ist  ein  berseit  ;«  ver- 
muten, dock  bis  jetzt  niclU  zu  belegen;  vgl.  aber  herdieserhaUi 
sp.  lOSO. 

HINSENDEN,  verb.  l)  hinwärts  senden:  da  sie  das  kestlin 
im  schilf  sähe,  sand  si  ire  magd  hin,  und  lies  es  holen. 
2  Mos.  2,5;  sie  sandten  hin  funfng  menner,  und  suchten 
ihn  drei  tage.  2  tön.  2, 17 ;  da  sandte  er  hin  ros  und  wagen, 
und  eine  grosze  macht.    6, 14 ; 

(ilie  eher)  verminderten  «chinauseud 
stets  die  göttlichen  freier,  dieweil  hinsandte  der  sauhirt 
jeglicben  tag  den  besten.  Udynsre  14,  IH. 

oft  mü  unterdrücktem  object:  da  sandte  Pharao    hin,    und  lies 
Joseph    rufen.    1   Mos.  41,14;    sende  hin,  und    las  in    holen. 

1  Sam.  Iß,  11 ;  also  sandte  Abab  hin  unter  alle  kindcr  Israel. 

2  kvn.   2,17;    sandten    hin    zum    gefengni«,    sie   zu    holen. 
aptjstelg.  5,  21. 

2)  wegsenden,  verwerfend  fortlhun: 

du  übel.  duDsen  macht  den  liiiiMnil  kniinie  mindern, 
fund  wctiig  widerstand  hei  A  A.irheii  Itindcrn. 

»•in  fiaiT  hilderkreisz  ithw.  \or  ilem  .linn, 

der  wählt  zur  gegenwan,  i»'f  ' ndet  hin. 

IIallkr  xJtweit.  geii.  (1768)  ».  140; 
ilerben  machen: 

■Lh  an,  wi  »en  ytzi  alle  di, 
der  loh  Rchiit  etwa  grAKzIirh  hl. 
ir  rumlich  nnm,  der  nach  In  bl«lbt, 
gar  «eoig  iMiuhstab  den  heKchrclbi, 
und  mag  nit  macbeii  di  bekannt 
der  leib  (Hrrrn  leihir)  «rn  tndtllch  litnges.indi. 
8caw«atinBtiib  l&tf*. 


HI.NSENhEN,  verb.:  entseelt  scheinend  lag  der  holde  Jüng- 
ling im  schifife  . . .  landen,  den  kürper  ans  ufer  beben,  aus- 
ziehen und  abtrocknen  war  eins,  noch  aber  kein  zeichen 
des  Ichens  zu  bemerken,  die  holde  blume  bingesenkl  in  ihren 
armen.    fiiiTHE  23,  236  ; 

lehnte  mich 
:iu  deines  hrudcrs  bi-ust,  und  weinend 
.senkt  ich  die  band  ihm  in  seine  band  hin. 

Ki.OPSTOcTK  I,  48  ((/er  abschied). 

HINSETZEN,  verb.  tn  sua  sedc  sistere.  Stieler  2040.  l)/ro»»- 
sitiv :  habe  dis  haus  gebeiliget,  das  du  gebawet  luist,  das  ich 
meinen  namen  daselbs  hin  setze  ewiglich,  und  meine  augeii 
und  mein  herz  sollen  da  sein  alle  wcge.  1  kön.  9,3;  er 
nam  auch  sajnen  aus  demselbigen  lande,  und  seet  in  in 
dasselb  gute  Iand,  da  viel  wassers  ist,  und  salzt  es  lose  hin. 
lies.  17,5;  daruinb  das  sie  (die  gOlzen)  weder  von  inen  selber 
können  aufstellen,  so  sie  auf  die  erden  füllen,  noch  sich 
regen,  so  man  sie  aufgericht  binselzel.  Baruchii,lü;  wie  sie 
doch  ehrlichen  und  geheimer  weisz  in  erfarung  bringen 
möcht,  ob  der  könig  Perion  sein  liebe  sonst  nirgends  hin- 
gesetzt. Amadis  17 ;  ein  gut  hinsetzen,  es  gegen  eine  schuld 
einsetzen,  verpfänden.  Haltals  924  (t;.  1312);  sein  leben  hin- 
setzen, es  zweifelnd  verloren  geben?:  da  erschreckte  mich  ein 
anderer  unversehener  anblick  dermaszen,  dasz  ich  mein  leben 
allerdings  blnsetzle.  Simpl.  3,  433  Kurz,  das  bild  scheint  an  den 
einsatz  im  spiele  angelehnt,  es  wird  an  der  glächen  stelle  weiter 
ausgefiüirt:  ich  kletterte,  das  gewisseste  zu  spielen,  an  einem 
ast  oder  zeigen  hinauf,  dodi  liest  die  sp<Ucre  ausguhe  bin- 
schälzle,  vergl.  oben  unter  hinschälzen ;  einer  ein  kind  hin- 
setzen, es  auszerehelirh  mit  ihr  zeugen :  er  wird  . .  dem  mädel 
eins  hinsetzen,  und  führt  sich  ab,  und  das  mädel  ist  ver- 
schimpfiert  auf  ihr  lebenlang.    Schiller  kab.  u.  liebe  l,  i. 

2)  reflexiv:  es  war  abends  um  sieben  uhr,  und  ich  wollte 
mich  eben  hinsetzen,  meinen  eilften  anli<}uarischen  brief  auf 
das  papier  zu  werfen.  Lessi.ng  11,746;  so  will  ich  mich 
ruhig  hinsetzen.  H.  Heine  2,  253 ; 

er  setzt  sich  hin,  um  zu  verschnaufen.    Wulanu  Ib,  224. 
sich  einen  sUz  im  lande  wählen,  ansiedeln :  .\braham  hatte  den 
Lolh  ins  Iand  gebracht,  und  hätte  ihm  befehlen  können,  wo 
er  sich  hinsetzen  solle.  Schuppius  306. 

HINSEUFZEN,  verb.  seufzend  hinsprechen :  seine  klagen  hin- 
seufzen ;  seufzend  verbringen : 

voll  von  beständigem  jummer 
seufzet  sie  (die  gallin)  nachte  sowol  als  tag  hin,  tbräneu  ver- 
gieszend.    Odyssee  13,  33b. 

HINSICHERN,  verb.  hinwärts  in  Sicherheit  bringen: 

wan  ein  redlich-froiner  Christ  hin  sich  sichert  in  den  sark. 

LouAU  2,46. 

HINSICHGEBUNG,  f.  s.  unter  hingebung. 

HINSICHT,  /■.  das  hinsehen,  gewöhnlich  in  dem  übertragenen 
sinne  des  geistigen  sehcns,  denkens  worauf:  ernste  blicke  in 
mein  innerstes,  wohmütbige  binsicbten  auf  euch  .  .  waren 
meine  ersten  empfindungen.  ThI^mmel  4, 177 ;  Walts  bewegun- 
gen  von  der  nacht  her,  so  wie  seine  binsicbten  auf  die 
nahe  scheide-sekunde,  das  zusammen  machte  ihn  sprachlos. 
J.  Paul  flegelj.  3, 130.  mehr  begegnet  dieses  erst  in  der  •>.  hdlße 
des  vorigen  jahrh.  aufgekommene  wort,  das  noch  jünger  als  ab- 
sieht (//i.  t,  118.  119)  ist,  da  Frisch  wol  schon  dieses,  nicht  aber 
hinsieht  kennt,  in  den  festen  formein  hinsieht  nehmtm:  dabei 
nähme  man  auf  die  zukunit  beständig  hinsieht,  die  rfiuine 
würden  grosz  genug  eingerichtet,  nach  maszgabe  einer  zu 
hoffenden  Vermehrung.  G^the  43,315;  und  in  hinsieht  auf 
etwas:  eine  innere  rcinigkeit  des  brrzens  in  hinsieht  auf 
ein  anderes  leben  zu  empfehlen,  war  ihm  allein  vorbehalten. 
Lessing  10,322  (von  l7so);  eben  weil  sie  in  steter  hinsirbl 
auf  das  ganze  wirkt.  Schu.leh  770.  Verbindung  von  in  hin- 
sieht mit  dem  genitiv  ist  neuer  Iruuch:  in  hinsicbl  der  reise 
sind  1101  li  keine  vorlicieilungen  pelroflen ;  vgl.  unten  hin- 
sichtlich, seltener  hinsicbl  für  lie^iekung :  soviel  wir  jetzt  uns 
enniiern .  halte  das  damals  wol  eine  hinsieht  auf  die 
Thornsche  schule.    HKRtiEs  Soph.  reite  3,  415. 

HINSICHTLICH,  adv.  in  hinsieht;  in  der  alisotuten  ßffung 
binairhtlich  auf:  hinsichtlich  auf  grslall  der  knoclien,  wie 
auf  die  niiMftllirung  derselben  (in  einem  bdderierrke)  zeti^l 
;illcM  von  ungemeinem  Heinz.  Göthf.  5Ä,  2*>7 ;  i^er  hinsichtlirb 
mit  genitiv:  binsicbtlicb  seines  lleiszcs  ist  wenig  zu  rilhmen  ; 
»recksrlnd  hetdes :  unterwegs  be«cbilfligt  mich  die  genaue  br- 
irnrliiung  der  gegendeii,  liinsirlillicb  auf  gcognusie  ujid  der 
darauf  gegründeten  ctillur.   Görue  31, 74. 


1477 


HINSICHTS  —  HINSPÜLEN 


HINSTARREN  —  HINSTELLEN 


1478 


HINSICHTS,  adr.:  wie  an  andern  orten,  so  haben  auch 
in  hiesigen  liberalen  kreisen  bereits  mehrfache  vertrauliche 
Vorbesprechungen  hinsichls  der  aufzustellenden  candidaten 
stattgefunden.    Hall,  zeitung  lg66,  «o.  303. 

HINSIECHEN,  verb.  durch  siechen  vergehen:  ich  sehe  tau- 
sende hinsiechen  an  der  pest.    Gctzkov^   riiter  r.  geist  6,  372 : 

sein  name  lebt,  welche  thaten  er  auch  getbau  bat, 
hinsiechendes  leben  einst.        Klopstock  1,  262. 

HINSINGEN,  rerb.  flüchtig  ohne  kunsl,  oder  auch  leise  sin^n 
(vgl.^  hin  I,  5,  a  sp.  1375) :  ein  lied  hinsingen ;  er  sang  vor  sich 
hin ;  auch  singend  begleiten :  einen  todten  hinsingen,  cum  cantu 
deducere.    Scbelleb  deulsch.-lat.  handlericon  (t796)  721. 

HINSINKEN,  vevb.  zu  baden  sinken  (cyt.  hin  1, 7  sp.  137«) : 
hinsinken,  labi.  Maaler  225' ;  halt  mich .  sonst  sinke  ich 
auch  hin!  Klopstock  10,307;  indem  sie  mit  einander  hin- 
sinken, das. ;  sie  entwickelte  in  (der  darstellung)  der  ohn- 
mächtig hingesunkenen  königin  alle  ihre  reize.  Göthe  17,254; 

sinkt  sie  iu  stiller  webmutb  auf  den  blassen 
erstarrten  leichnam  hin.    Wiklasd  23,146  (06.9,38); 
halb  zog  sie  ihn,  halb  sank  er  hin.    Götbe  1, 1&6; 
das  particip  mit  dativ  verbunden  (nach  arl  t>ou  hingegeben) : 

hingesunken  alten  träumen 

buhlst  mit  rosen,  sprich«!  mit  bäumen, 

statt  der  mädchen,  statt  der  weisen.    47,  56. 

in  knapper  füguug:  eine  sehr  heftige  bewegung,  welche  mit 
hinsinkender  ermatlung  aufhört.  Stolberg  8, 228,  ermaUung. 
zu  folge  der  man  hinsinkt. 

HINSI.NNEN,  terb.  die  gedanken  auf  einen  dritten  ort  richten : 
auderschwü  hiusinneu,  elwg  anders  betrachten,  conrertere  se 
aliquo  animo  et  cogitatione.    Maaleb  225'. 

HINSITZEN,  verb.  sieh  an  eiiun  dritten  ort  setxn :  hinsitzen, 
discumbere.  Stieler  2036;  in  einem  nebel  steigt  Thelis  aus 
dem  meere  hervor,  bis  sie  vor  ihren  söhn  hinsasz,  und  sich 
ihm  in  gestalt  zu  erkennen  gab.    Herder  zur  litt.  13,  161 ; 

o  nein !  du  hast  gar  bald  der  Schuldigkeit  vergessen : 

bist  sicher  aur  die  bank  der  laster  hingesesseu.    Rohpler  SS. 

HINSPANNEN,  rerb.:  die  erscheinung  erweckte  mich  aus 
meinem  trübsinn,  indem  sie  mein  verlangen,  gut  und  tugend- 
haft zu  sein,  auf  einen  zwar  hohen,  aber  sichern  zweck  hin- 
spannte. Kli.nger  5,306;  doch  war  die  ganze  weit  damals 
zu  einseitig  auf  ein  Interesse  hingespauut.    Tieck  4, 12. 

HINSPäZIEREN  ,  verb. :  nach  diesem  angenehmen  aben- 
teuer  spazierte  ich  am  meere  hin.    Göthe  2S,  77. 

HINSPEIEN,  ter6.  .•  auf  den  boden  hinspeien. 

HINSPIELEN,  verb.  spielend  hingleiten:  wo  .  .  das  frische 
Schneewasser  über  die  reinlichen  kiesbänke  hinspielte.  Göthe 
48, 122 ;  spieletid  vorbringen :  einige  leicht  hingespielte  ideen 
seiner  so  schönen ,  unerschöpflichen  phantasie.  Stolberc 
6, 15 ;  gleichsam  spielend,  ohne  hast  und  sichtbare  anstrengung, 
nach  einent  orte  leiten:  den  krieg  hinspielen,  transferre  istuc. 
Scheller  handlex.  721 ;  nach  hin  II,  2  sp.  1377,  spielend  hin- 
bringen: ihre  gewohnheit  war  seit  vielen  jähren,  den  nach- 
mittag hinzuspielen.  Kli.nger  lü.  30 ;  spielend  leben :  lasz  uns 
in  der  well  zwecklos  hinspielen,  so  gut  wir  können.  Göthe 
•20, 244. 

HINSPIN.NEN,  verb. :  so  dasz  ich  ihn  dringend  bat,  den 
kern  dieses  weitschweifigen  abenteuers  geistreich  zu  be- 
fruchten, und  einen  kleinen  roman  daraus  zu  bilden ;  aber 
es  war  nicht  seine  sache,  ihm  konnte  nicht  wohl  werden, 
als  wenn  er  sich  grünzenlos  im  einzelnen  verflosz  und  sich 
an  einem  unendlichen  faden  ohne  absieht  hinspann.  Göthe 
26,251. 

HINSPRECHEN,  verb.,  nach  hin  I,  5,  a  sp.  1375,  flüchtig  oder 
auch  leise  aussprechen:  das  ist  so  hingesprochen,  ohne  alle 
Überlegung;  seu&:end  sprach  er  vor  sich  hin:  gott,  gotl, 
ich  habe  vergessen,  nach  Frankfurt  . .  zu  schreiben!  H.  Hewe 
2,  215. 

HINSPRENGEN,  ro*.  intransitiv:  ein  reifer  sprengte  hin; 
transitiv:  man  sprengte  wasser  auf  die  dicht  gedrängten  Zu- 
schauer hin. 

HINSPRINGEN,  verb.   hinwärts  springen:    das  kind  springt 
zu  den  elleru  hin ;  veg  springen,  davon  springen : 
lieben  brüder,  laszt  uns  hin  nischeu, 
und  springen  bin  ausz  dieser  ptannen. 

B.  Waldis  Esop  2,  51,  7. 

HINSPRITZEN,  verb.:  das  blut  spritzte  auf*    pflaster   hin. 

IILNSPÜLEN,  rerb.:  wellen  haben  einen  leichnam  aui  ufer 
hinge -pült. 


HINSTAKREN,  verb.  l)  starr  trerdeii,  in  äan-heit  ueiter  leben : 
niöcht  ich  denn  auf  den  ödesten  klippen  der  Apenninen  bin- 
starren  und  nie  mehr  den  schall  einer  menschlichen  stimme 
hören !  Klingeb  1, 5S ;  es  verschwinde  .  .  das  gefühl  des 
lebens  selbst,  das  (/.  dasz)  ich  gleich  diesen  felsen  hinstarre 
fühllos  gegen  die  stürme  meiner  seele,  wie  sie  gegen  das 
rasen  der  empörten  natur  I  2, 247. 

2)  mit  unverwandten  äugen  wohin  blicken :  sie  starrten  alle 
gerade  vor  sich  hin.    Kli.nger  3,74; 

Kaiphas  schwieg,    kein  laut,  noch  geräusch  von  redenden  wurde 
durch  die  Versammlung  gehört,    sie  blieben  alle  verstummend 
sitzen,  und  wie  von  dem  donner  gerührt,  binstarrende  lasten. 
Klopstock  3,  161  {Uess.  4,  102) ; 
mit  glühendem  äuge 
starrt  er  fürchterlich  hin.    4,  33  (Hess.  6.  474) : 
wie  dunkel  mir  auch  das  aug  hinstarrt.    IW  (8,  65) ; 

noch  rollt  er  das  äuge,  noch  starrt  es 
ganz  nicht  hin.    6,  19  (16,  245) ; 
keine  klage  läszt  sie  schallen, 
keine  tbräne  siebt  man  Tallen, 
kalt,  verzweifelnd  starrt  sie  hin  (auf  die  leiche). 

Schiller  Hero  u.  Leander  s.  236 ; 
wie  ich  im  einsamen  leide 
hinstarrte  über  die  fluth.    Lknau  neue  ged.  126. 

HINSTAUNEN,  verb.:  da  ich  mich  doch  nicht  wohl  auf 
einen  eckslein  setzen  und,  den  finger  auf  der  nasc,  nach 
Klärchens  fenster  hinstaunen  konnte.  ThCmmel  3,77;  hier 
sitze  ich  mit  hinstaunendem  blicke  wieder  vor  meinem  tagc- 
buche.  330;  ein  wunder?  wiederholte  ich  mir  mit  hin- 
staunendem nachdenken.  4,107;  schrecken  war  meine  erste 
empfindung,  die  aber  bald  dem  süszesten  hinstaunen  platz 
machte.   Schiller  742. 

HINSTECHEN,  verb.  zu  boden  siedien  (hin  I,  7  sp.  1376),  von 
den  kämpfern  im  turniere  gesagt: 

rehte  vliegent  stach  er  in 
enbor  über  den  satel  hin, 
da;  er  ÜT  dem  sande  gelac.     iKseiu  5336; 

dann,  wie  ausstechen  l  (th.  l,  984).  biidlicfi  auf  das  verditnkehi, 
^ertreffen,  verdrängen  eines  gegners  bezogen : 

du  stichst  mit  deinen  strahlen 
der  alten  hoITart  hin.  Opitz  2,  38; 

die  Zähne  kan  kein  gold  an  hoher  färb  erreichen, 
der  mund  ist  himmelweit,  der  hals  sticht  agtstein  hin.    219; 
ich  weisz,  an  liebligkeit  musz  dir  lopus  weichen, 
und  Demodokus  auch,    was  Thamyrasz  gespielt, 
.    das  stichst  du  leichtlich  hin.    P.  Fle«i?«g  59; 
dieweil  dasz  ich  ein  schild  von  diesem  reiche  bin. 
stiebt  mich,  wie  ich  vertrau,  hierinnen  niemand  bin. 

GREFLrNGER  Cid  A4, 

wenn  perl  und  diamant  allein  das  äuge  rollen, 

geneust  es  gar  kein  andrer  sinn, 

der  agstein  aber  weisz  auch  den  geruch  zu  stillen, 

ja  sticht  so  myrrh,  als  kampfer  hin.    Lobenstei:«  Arm.  2,868*: 

was  gottes  finger  schreibt,  sticht  alle  Weisheit  hin. 

Chr.  Grtphius  poei.  Käld.  1.  367  ; 
disz  blasse  leichentuch  sticht  die  crystallen  hin.    403. 

HI.NSTECKEN,    verb. :  blumen   auf  einen  but  binstecken ; 

herr  nachbar  Naseweis,  steckt  eure  nase 
WO  anders  hin !  Schiller  Turandot  3,  4. 

Hl.NSTEHEN,  verb.  sich  hin  stellen :  da  ist  ein  lobeus  bei 
dem  vater,  alles  wird  zusammen  gerufen  I .  .  müssen  hinstehu, 
beschauen.    Fr.  Müller  l,  71 ; 

ohne  gaben  soll  man  nie  hin  für  grosze  herren  stehen : 
ohne  danken  soll  man  nie  weg  von  groszen  herren  gehen. 

LocAU  2,  44,  65  ; 
sagt  wo  ich  hinstehn  soll.    Schiller  Teil  3,  3. 

HINSTELLEN,  verb.  1)  hinwärts  stellen,  von  persontn  und 
suchen:  er  vertrit  sein  statt,  mann  stell  in  hin  wo  man  wöll. 
.Vgr.  spr.  (1560)  300';  ein  bild  neben  das  andere  hin  stellen, 
maginem  juxta  imaginem  ponere.  Steinbach  2,664;  ein  höl- 
zernes kreuze  an  die  grenzen  hin  stellen ,  statuere  crucem 
ligneam  in  ßnious.  das. ;  als  ihm  der  khalife  winkte,  stellte 
ir  sich  gerad  und  frei  vor  seinen  sitz  hin.  Klincer  5,18«; 
dahin  {tu  den  schwächen  in  den  Krummacherschen  parabeln) 
gehört  die  häufige  vorsprecherei  der  lehren  am  ausgang,  hin- 
gestellte Sittengefühle  oder  inschrifttafeln,  i.  Paul  kl.  bücher- 
schau 1,  153; 

in  seiner  zeit  und  well, 
wo  sein  beruf  ihn  hingestellt.    B£rcer  58'. 

darstellen,  als  beschreibunq,  lehre,  bild:  einen  als  mustcr,  zur 
nachahmung,  hinstellen ;  zu  Jerusalem  in  der  stad.  die  der 
herr  erwehlel  hatte  aus  allen  stemmen  Israel,  das  er  seinen 

93* 


1479 


JILNSTELLUNG  —  HINSTIFTEN 


HINSTOLPERN  —  HIxNSTREIFEN 


1480 


nauea  daselbs  hin  stelletc.  1  kün.  14, 21 ;  da  ist  dir  keine 
zeilung,  wo  du  nicht  ein  arlikelchen  von  dem  Schlaukopf 
Spiegelberg  wirst  getroffen  haben  ; . .  vom  köpf  bis  zun  füszen 
haben  sie  mich  dir  hingestellt,  du  meinst  du  sähst  mich; 
sogar  meiue  rockknöpfe  haben  sie  nicht  vergessen.  Schiller 
rduber  2, 3.  an/teii/t  stellen,  ietütflkh  eines  Urteils,  einer  nuinuntf : 
Christus  bat  allein  dieses  reden  wollen,  dasz  rr  nicht  auf 
erden  kommen  .>'ei,  leibliche  und  wellliche  Sünden  zu  strufeii, 
sundern  das  wolle  er  der  weltlichen  obrigkeil  hingeslellel  »ein 
lassen.  Schuppius  48t>.  vgl.  dahinstellen  Üi.  2,  692. 
2)  wegstellen,  ausstellen : 

wen  vergleicht  mau  lüglich  roscii ,  jungrerii  oder  Junggesellen? 
wo  die  siachel  sich  beiindcii  ist  dus  urtheil  liin  zu  sielleii. 

LuGAU  3,  12(>,  3S. 

HINSTELLL'.Mj ,  /'.  wegslcllung ,  hiiUanselzung :  mit  hin- 
stellung ir  seeleu  heil.    kiRCunoF  wendunm.  ;to4'. 

HINSTEKBEN,  wegsterien,  sterbend  verliehen  oder  unleryelien  : 
da  .  .  viel  schon  gar  epicurisch  worden,  die  nichts  überall 
glauben,  gleich  wie  die  hepste  mit  iren  cardinelcn  zu  Rom, 
und  also  zuletzt  lauter  kiie  und  sew  werden,  und  auch  also 
hin  sterben.  Luther  5,368';  so  ist  er  auch  hin  gestorben, 
das  niemand  umb  in  leid  getragen.  2  Macc.  5,  10;  aber  er 
ist  nicht  damit  zu  stände  gekommen,  und  darüber  hinge- 
storben. ÜLoPsrocK  12,37;  und  lieszen  sie  viele  tage  lang 
unter  messerschnitten  .  .  des  peinlichsten  ludes  hinsterben. 
Rli.ngkr  3,  2ü3;  er  war  mein  guter  herr  und  mein  wohlthäler, 
und  im  festen  vertrauen  auf  meine  redlichkeit  starb  er  hin. 
ScHiLLKR  737  igeisterseher,  1.  buch) ;  ein  altes  weih,  das  ihr 
holz  von  zäunen  stoppelt  und  ihr  brod  an  den  thüren,  um 
ihr  hinsterbendes,  freudeloses  dasein  noch  einen  augenblick 
zu  verlängern  und  zu  erleichtern.  GöruElG,  153;  für  die  ge- 
fangenschaft  eignet  er  sich  nicht,  weil  er  sehr  bald  hinstirbt. 
Breum  illustj-.  thierleben  1,46; 

er  sah  das  äuge  des  sterbenden, 
und  klagt  ihr  niciil,  weil  er  sie  liebet, 
dasz  ihm  zu  l'rüli  sein  geliebter  hinstarb.    Klopsiock  1,  52; 
vermagst  du  dann  nichts  weiter,  kannst  du  sie 
nur  wenige  minuteu  mir  erhalten : 

so  la^zt  mich  eilen,  vor  ihr  hinzusterben.    Götub  9,  256; 
lisch  aus,  mein  licht,  auf  ewig  aus! 
stirb  liin,  stirb  hin  iu  nacht  und  graus !    Börccr  14*  (Lenorc). 

vom  absterben,  ohiimächtig  uetdcn  der  glieder,    der  sliintne:  mit 
hinsterbender  stimme  verlangte  ich  gleich  thee.  H.  Heine  1,76; 
sein  himmelblaues  äuge  bricht, 
hinsterben  seine  glieder.    Gotter  1,355; 
ihr  hin»terbende$  haupt  bergend  im  duftigen  schosz. 

Rückert  269. 
hinsterben  bildlich: 

ich  duld  es 
langer  nicht,  und  ich  lass  hinsterben  den  neuen  unten, 
gleich  dem  nachhall,  und  bleibe,  die  ich  war. 

Klopstock  7, 3  (umre  xprache  an  un.<) ; 
die  lieb  ist  hingestorben, 
siirb  denn  du  mein  herz  auch  hin  I 

GokiNGK  liedcr  zweier  livb.  (1779)  s.  125. 

HLNSTEHBEN,  verb.  hinstcrbtu  machen: 

der  Worte  gölduer  glänz  hat  gift  zu  seinem  gründe, 
und  opermeiit  steckt  drinn.  es  schadet  zum  gesunde, 
en  sterbt  die  einfait  bin,  erweckt  ein  solches  klug, 
dafür  ein  keuscher  sinn  enlsatz  und  grauen  trug, 

LoCAU  2,  66. 

HINSTEUERN,  rert.  das  schiff  hinuatis  lenken : 
bin  nach  Frankreichi  holdem  ul'er 
steuern  sie  mit  macht  und  kräfien. 

HifRDKR  xür  li'l.  3,  230 ; 
auch  sind  lioil  nicht  ineistcr  des  schiin)aus,  klug  in  bereitung 
tetiAngfbordeier  schilTe,  die,  mancherlei  werke  be^tfllend, 
w«l  IU  den  Städten  di^r  weit  hinsteuerten.    Odysaif  it,  i:^»; 
alt  wir  nunmehr  von  Knaa  entfernt  hiosleurten.     14,  3ül. 
Uüdlich,  vom  lenken  der  schritte: 

und,  rt'irh  wie  ein  emir  in  seinem  siim, 

5teurt  er,  mit  nudeln  an  jedem  schuh, 

zur  hüchgütliurinten  hauptstadt  hin.     Wulanu  Iti,  228; 

wm  lenken  der  gedanken:  man  weisz  noch  nicht,    worauf  er 
10  »einer  rede  hinsteuert. 

ULNSTiEBEN,  rerb. :  die  reiter  stoben  über  die  beide  bin ; 

sie  stob  bin  sam  ein  surcuwersak, 

bis  da{  scjr  zu  Beruchin  kam.     i-ing  17',  3.3. 

HLNSTIEREN,  verb.  starr  hinsehen:  vor  Nich  binstieren;  er 
stiene  verwundert  nach  der  erscheinnng  hin. 

HLNSTIKTEN,  terb,  als  stißung  an  einen  drillen  oit  liringcn : 
Wertviille  gctnfilde  wurden  von  ihm  hillge^tiftet,  in  ein  museum. 


HINSTOLPERN,  verb. : 

wer  noch  mit  kalbern  pllügt,  der  ackert  nicht  zum  besten, 
und  stolpert  oflermals  auf  wusserl'urchen  bin.    Gcntukr  llUl; 

als    ich    an  der   ecke    des  inarktes    dber   die  dicke  obstfrau 
hinstolperte.    H.  Heine  2,66. 
HINSTRAHLEN,  verb.: 

ja,  du  struliltest  mir  zu,  schimmernde,  wie  nach  dir 

ich  hinstrahle.     Klopstock  7, 41  (ticci  Juhanniiwurmchen). 

HINSTREBEN,  verb.:  (dasz  ich)  gleich  morgen  frühe  weiter 
iu  die  weit  nach  meinem  ziele  binstrebe.  GOtbe  18, 9S ; 
schliesze  aus  dem  blumigen  irrgange,  den  deine  wünsche 
einschlagen,  auf  das  hiustreben  der  meinigen.  Tu0hnel3,75; 
weil  sie  (die  schönen  kiinste)  unmittelbar  nach  einem  ziele 
hiustreben,  welches  die  Wissenschaften  ebenfalls,  allein  mittel- 
bar und  erst  durch  Umschweife  zu  erreichen  suchen.  BCrgek 
35!>'; 

uacb  jenem  durchgang  hinzustreben, 
um  dessen  engen  inund  die  ganze  höUe  flammt. 
Götur  12,  43. 

HINSTRECKEN,  verb. :  den  arm,  die  band  hinstrecken ; 
(du«  Diomedvs)  kämpfend  die  artigen  herren  .  .  nacheinander 
ins  gras  hingestreckt  hätte.  Wiela.'iu  14,356;  hier  lag  er  nun 
auf  den  väterlichen  mautel  hingestreckt,  der  holdeste  Jüng- 
ling. GüTHE  23,236;  ich  hatte  kaum  einige  stunden  sehr  tief 
geschlafen,  als  ein  erhitztes  und  in  aufruhr  gebrachtes  blut 
mich  aufweckte,  in  solchen  .stunden  und  lagen  ist  es,  wo 
die  sorge,  die  reue  den  wehrlos  hingestreckten  meiiscben  zu 
überfallen  pflegen.  26, 22 ;  links  das  weit  hingestreckte  ufer 
mit  buchten,  landzungen  und  Vorgebirgen.  2S,  89;  so  streckte 
sich  ein  ganzer  kristallener  quellenheller  tag  auf  den  weiten 
Huren  vor  uns  hin.    J.  Paul  uns.  loye  3,  93 ; 

welch  nächtliches  gelag  am  lusz  der  felsenwaud? 
bei  kleinen  hütten,  dicht  mit  reis  bedecket, 
:Teh  ich  sie  l'ruh  ans  Teuer  bingestrecket.    Göthr  2, 146 ; 
jetzo  fand  sie  die  freier,  die  üppigen,  die  vor  des  hauses 
doppeller  plort  ihr  herz  mit  steinescbieben  erfreuten, 
hin  auf  die  haute  der  rinder  gestreckt,  die  sie  selber  geschlachtet. 

Odyssee  1,  10». 
bingeslreckt,  gelüdlel,  vcrnichlet : 

nun  liegt 
Aie  hingestreckt,  die  arbeit  vieler  jähre ! 
wir  sind  beslohlen,  und  sie  haben  nichts 
als  blutge  bände.  Scuillkr  Karlos  5,  10. 

HINSTREICHEN,  verb.  l)  intransitiv,  den  sttich  oder  gang 
hinwärts  nehmen,  von  pcrsouen  wie  gegenständen  gesagt :  Woh- 
nungen liegen  auf  rücken  der  hügel,  wo  eine  hinstreichende 
reihe  kalkfelsen  den  bodeu  ohnehin  unbrauchbar  macht. 
GüTUE  28,175;  wir  Streichen  wie  ein  .stiller  bach  immer 
weiter  gelassen  in  die  weit  hin.  ü»  frau  v.  Stein  1,  241 ;  alle 
regierungen  und  gewallen  sind  darüber  hingestricheu,  haben 
Wühl  die  spitzen  des  gewächses  abbrechen,  aber  die  wurzeln 
nicht  ausrollen  können.  Ixmersia.nn  .Vünclih.  i,  171 ;  es  ist 
ein  ganz  jähr  drüber  hingestricheu,  res  in  integrum  annum 
prolutae  sunt.    Stieler  2üu2; 

vier  Wochen  strichen  hin.  Gelli^rt  1, 180. 
ßiichtig  an  etwas  liingelien:  da  es  nun  aber  auf  den  nutzeu 
kommt,  den  wir  aus  dein  Studium  des  Homer  schöpfen 
können,  lindet  der  herr  professor  auf  einmal,  dasz  sein 
schriflchen  schon  zu  lang  m'\.  uns  wenigstens  dUnkt,  das 
hätte  der  bauptzweck  des  herrn  piofessois  sein  sollen,  und 
da  streicht  er  dran  hin.    GüruE  33,  18. 

2)  einen  oder  etwas  hinslreichen  lassen,  hingehen,  durch- 
schliipfen,  passieren  lassen  :  darumb  ist  er  (der  weüü.ischof)  aut  b 
zu  frieden,  wenn  die  pfaQ'en  kaum  ein  requieui  lesen  können, 
schmirt  darnach  llugs  den  ungclerten  eseln  seinen  chreseni 
an,  und  leszt  sie  hinstreichen.  Luther  5,89*;  diese  red« 
liesz  ich  also  binsUeicben  und  sie  machen  was  sie  machten. 
br.  5,716. 

3)  hinslreichen,  IrarisUiv,  streicliend  befestigen .'  er  strich  das 
ptlaster  auf  die  leinwand  hin;  bulter  aufs  brut  hinslieicheu. 

4)  anders  IransUivet  hinslreichen,  mit  einem  streiche  lu  Loden 
werfen,  niedei schlauen : 

den  langsamen  verdruai  der  siebend  halben  wocbru 
streicht  dieser  morgen  bin.    habt  wieder  einen  luuib. 

FLRai?(i:  yji)  ■ 
die  steife  Zuversicht  sti-eicbt  allen  kummer  bin. 

llopraANNSWALiiAU  hiliicnbr.  s.  4. 

HINSTREICHUNG,  f.  yrolatio  diri:  hinstrcichung  de«  som- 
mers, abitio  aeslatis.  Stikler  2002. 

HINSTREIKEN,  t<er6..-  wie  sie  {die  halben  lugenden)  durch 
ihre  irbwltrhe  bestandig  nahe  an  der  grauze  des  laaters  biu- 


1481 


HINSTREUEN  —  HINSUDELN 


HINSUMMEN  — HINTE 


1482 


streifen.  Klinger  8,172;  sie  weisz  wohl,  dasz  jeder  tag  des 
lebens,  gleich  einem  zehrenden  winde,  an  der  blüthe  ihrer 
reize  hinstreift.  10,  % ; 

oder  die  xirpende  schwalb  umflog  hinstreifend  die  weihen. 

Voss  georg.  1,377. 

HINSTREÜEN,  rer6..-  o  die  arme  Niobel  wie  sie  .  .  sich 
die  haare  ansrauft,  sie  über  die  dampfenden  leichen  hinstreut  I 
WiBiANO  19, 2S4;  wir  (menschen)  seien  .  .  anf  die  erde  zum 
leiden  hingeslreiit.  Klinger  5,  57 ; 

und  seinen  beutel  voll  dukaten 

auf  meinen  Schreibtisch  hintusireun.    Gö(I!«6k  2, 144. 

HINSTRÖMEN,  verb.  mlransUir :  die  menge  strömte  auf  den 
platz  hin; 

[m  Hire.  ihr  blut  entflieszt!    Johnniw.  laszt  es  mit  meinem  leben 
hinströmen!  Schiller  >MHy/"ni«  3,  11. 

transitiv:   deine  ersten  briefe,  alles  so  vttll  von  der  spräche 
des  herzens,  . .  so  ganz  die  hingeströmte  empfindimg.  Tieck 
•2,  29» ; 
und  die  Seraphim  hielten  sich  nicht,  und  strömten  ihr  loblied 
hin  in  den  wonnausruf  des  aut'erstandnen  gerechten. 

Klopstock  5,  26 ; 

(ipi>  der  freudige  fromme)  laut  sein  gebet  dem  schöpfer  des 

Inihlings 
hinströmt,    ti,  251. 

HLNSTÜMPERN,  verb.  äämpemd  ausführen.  Klincer  9,2»*». 
HINSTÜRMEN,  terb.:  ich  hatte  im  stillen  eine  verloienc 
liebe  zu  beklagen  ;  diesz  machte  mich  mild  und  nachgiebig. 
und  der  geseilschaft  angenehmer  als  in  glänzenden  zeiten, 
wo  mich  nichts  an  einen  mangel  oder  einen  fehltritt  erin- 
nerte, und  ich  ganz  ungebunden  vor  mich  hinstürmte.  Göthe 
26,  118 ; 

Belinde  liesz  nunmehr  dem  zorne  treiea  lauf, 
und  klagen  stürmten  hin,  und  thränen  hörten  auf. 

Zacuariä  ; 
rechts  dann  stürmeten  sie  durch  Ithakas  häuser  und  Stadt  hin. 

Uäussee  2,  155 ; 
binstürmte  der  speer  und  sank  auf  die  erde.    20,  2Su. 
HINSTURZ,  HJ.; 

triumph!  der  leere  räum  ist  nun  ausgefüllt, 
den  ^ines  groszen  hinsturz  im  roenscnlichen 
geschlecht  zu  lassen  drohte.    Kaslek  1,  112. 

HINSTÜRZEN,  verb.  zu  boden  stürzen;  intransitiv: 

fallen  ist  der  sterblichen  loos.    so  lallt  hier  der  schüler 
wie  der  meister;  doch  stürzt  dieser  gefährlicher  hin  {auf 
der  eisbahn).    Götbe  1,407; 
jach  stürzt  er  vorwärts  hin  zu  grund,  und  laut 
errasselte  die  rüstung  über  ihn.    Borger  159* ; 
also  sprach  er  im  zorn,  und  warf  zur  erde  den  scepter 
mit  hinstürzender  thrän.  Odyssee  2,81. 

IransUic:  mit  dem  heim  eines  Römers,  den  ich  hingestürzt 
hatte.  Klopstock  8, SO;  einzelne  flüchtlinge,  die  der  wurfspiesz 
hinstürzt.  81.  in  der  küche  werden  nach  dem  auficascJten  die 
teller  und  lassen  hingestürzt,  umgekehrt  und  sehr  schräg  gelehnt, 
damit  das  wasser  ablaufe:  hinstürzen,  ein  küchenausdnick, 
i.  e.  anlehnen,  acclinare.  Scheli.er  handler.  722.  reflexiv:  sich 
auf  die  feinde  hinstürzen. 

HINSTüTZE.N,  verb.  prangend  hingeheti:  meine  frau  schämt 
sich  bereits,  mit  mir  in  die  kircbe  zu  gehen,  und  meine 
mademoisellen  töchter  stutzen  vor  mir  hin,  ohne  mich  anzu- 
sehen. Moser  patr.  phant.  2,221. 

HLNSTLTZEN,  verb.: 

ein  Steiger  stützt  die  last  der  wshierlangten  würde 
auf  eigne  schultern  bin,  und  hat  den  Staat  zur  bürde. 

Hallcr  schiFfiz.  ged.  (176S)  *.  %; 
gelassen  bingestützt  auT  grazien  und  musen, 
empfangt  er  das  geschosz,  das  ihn  bedräut. 

Schiller  die  künstlpr  z.  312 

HINSL'DELN,  verb.  sudelnd  und  leichtfertig  ausführen: 

das  macht  ihr  werk  (waaren)  die  sein  nit>gut, 

all  werk  mann  jetzt  hien  sudlen  tbut, 

das  manu  sie  geben  mög  gering, 

so  seindt  versawet  alle  ding,    luirrensch.  51'  Zameke ; 

so  müsse  der  Schauspieler  sich  auch  seine  prosaische  rolle 
gleichsam  im  sinne  componiren,  dasz  er  sie  nicht  etwa  ein- 
tönig nach  seiner  individuellen  art  und  weise  hinsudele,  son- 
dern sie  in  gehöriger  abwechselung  nach  tact  und  masz  be- 
handle. Göthe  19,77;  leider!  müssen  wir  hier  ..  belheuren, 
dasz  wir  (in  den  skizzen),  wie  in  den  gemähldeii  des  Verfas- 
sers, nichts  denn  willkürlich  hingesudelte  striche  haben  wahr- 
nehmen können.  33,110;  die  züge  seiner  frechen  kunst  bin- 
zusudelu.  3u,  107. 


HDiSUMME.N,  verb.  summend  hin  fliegen:  die  bienen  sum- 
men hin  ins  freie,  summend  reden  oder  singen :  während  der 
marchese  an  den  fingern  die  kosten  berechnete,  summte  er 
vor  sich  hin;  di  tanti  palpiti.  H.  Hmse  2,203;  er  summte 
eine  Verwünschung  vor  sich  hin. 

HINT,  adv.  diese  nacht,  »eitere  kürzung  von  heint  aus  hei- 
nacht,  hinacht,  vgl.  sp.  SS7 ;  gibt  hint  nacht  noch  regen  genug. 
Göthe  8, 148.     vgl.  unten  hinte. 

HINT,  adv.  kürzung  von  hinten,  s.  d. 
HINTAN,  adv.  die  umdeutung  des  älteren  hindan,  hindano, 
über  deren  beginn  und  verlauf  sp.  UM  f.  berichtet  ist.  beziehuHij 
des  viertes  auf  hint  =  hinten  konnte  um  so  leichter  eintreten, 
als  ein  gegensätzliches  füran,  voran  schon  seä  mindestens  dem 
Ib.  jahrh.  vorhanden  «ar  (vergl.  theii  4',  sp.  656),  und  als  die 
kitrzung  hint  ßr  hinten  in  der  spräche  lebte;  belege  dafür  aus 
dem  16.  17.  jahrh.  siehe  unten  unter  letzterem  vorte.  mit  der 
umdeutung  des  vortes  aber  gieng  die  freie  Verbindung  desselben 
mit  verben  zurück,  Hederich  zählt  (im  jähre  1729)  noch  auf  tritt 
hintan,  pone  nos  recede,  hintan  sich  stellen,  pone  se  locare, 
hintansetzen,  postponere.  1297 ;  Frisch  dict.  des  passagers  francois- 
aUemand  et  allem.-franr.  (1730),  der  hintan  durch  hinderwürts, 
derriere,  par  derriere  deutet,  kennt  hintan  fahren,  aller  derriere 
ou  le  demier,  hintan  laufen,  courw-  de  demier,  hintan  legen, 
tnettre  derriere,  hintan  setzen,  mettre  en  arriere,  poslposer, 
n'estimer  pas  tant,  passer.  2,  305.  seit  der  2.  hdlfte  des  vorigen 
Jahrhunderts  ist  auszer  einem  in  Ostreich  gebräuchlichen  hintan 
halten  zurückhalten  [s.  unten  hintanhaltung)  nur  noch  hintau 
setzen  in  lebendigem  gebrauche;  und  zwar  nicht  sowol  in  der 
bedeiüung  2  von  hindau  setzen  (sp.  1407)  unberücksichtigt  lassen, 
ausnehmen,  die  noch  J.  E.  Schlegel  kennt:  wenn  ich  dieses- 
mal  die  neuigkeit  des  Inhaltes  hintansetze.  3,309,  als  vieltnehr 
in  der  bed.  3  des  eben  aufgeführten  vortes,  vemachidssigen,  zurück- 
setzen: wir  sehen  den  Jüngling  wie  er  mehreren  schönen, 
besonders  in  gedichten,  den  hof  macht,  zuletzt  aber  höchst 
unglücklich  wird  als  ihn  die  eine  .  .  hintansetzt  und  einem 
unwürdigen  sich  hingibt.  Göthe  6, 192 ;  sie,  mein  guter  herr, 
dürfen  wir  über  diese  freude  des  Wiedersehens  nicht  hintan- 
setzen. 23, 62 ;  da  der  Stallmeister  den  andern  .  .  immer  die 
besten  pferde,  mir  aber  die  schlechtesten  zu  reiten  gab,  mich 
auch  wohl  warten  liesz,  und  mich  wie  es  schien  hintansetzte. 
24, 233 ;  ihn  bald  anzog,  bald  abstiesz,  bald  hervorrief,  bald 
hintansetzte.  %,250; 

noch  bin 
ich  könig.    Unterwerfung  will  ich  sehen, 
setzt  alles  mich  hintan,  weil  einer  mich 
verachtet  hat?      Schiller  karlos  5,  t*. 

vgl.  hintenan  setzen  unter  hinten. 

HINTÄNDELN,  verb.  tändelnd,  leicht  arbeiten:  statüen  man- 
cherlei art,  grosz  und  klein,  künstlich  gearbeitet  und  leicht 
hingetündelt.  Siegfr.  v.  Lindenb.  2,  305.     tändelnd  verbringen : 

im  Verlust  deiner  tochter, 

die  du  glücklich  glaubtest, 

hinspielend,  bintändelnd  ihre  jugend !    Göthi  14,44. 

HINTANHALTUNG,  f.:  man  hoffet,  dasz  sie  sich  zu  hintan- 
haltung der  strafe  gotles  hessern  werden,  verordn.  A.  Hofers 
vom  aug.  1S09  bei  Hormavr  A.  Hofer  2,445. 

HINTANSETZUNG,  f.:  mit  hintansetzung  aller  sinnlichen 
anreizungen.  K.\>'t  4,86;  dasz  sie,  mit  hiutanselzung  aller 
wohlanständigkeit,  einander  schimpften  wie  die  karrcnschieber. 
WtEL.\!«D  14,361;  hinten ansetzung,  derelictio,  neglectut 
Stei!»b.\ch  2,353. 

HINTANZEN,  verb.  tanzend  hingleiten:  der  kabn  tanzt  auf 
den  wellen  hin. 

HINTAPPEN,  verb.  tappend  hingehen:  er  tappt  im  dunkeln 
nach  der  thflre  hin;  reflexiv,  sich  tappend  hinfinden: 

da  tappt  ich  still  mich  hin  zu  ihr, 
wart  nüss  ans  l'ensterlein.    BErcer  103*. 

HINTAUMELN,  rerft..- 

sie  taumelten  hin  vor  dem  schwert, 

zu  der  heerschaar  der  erscblagnen!     KLorsTOCK  t,  249; 

nacht  wirds  um  das  äuge  des  träger«,  er  taumelt  bin. 
und  die  Fabier  mit  inm!  s,  V3$; 

ich  habe  keinen  antrieb  als  den  ebrgeiz, 
die  blinde  wuih,  die  sich  in  tollem  anlauT 
.selbst  überstürzt  und  jenseits  ihres  ziels 
hintaumelt.  Schiller  MachetU  1,  14; 

dasz  gerad  hindurch  ihm  der  eherne  speer  au*  derscbiilter 

drang,  und  er  selbst  in  dm  staub  hiulaumelte.     Umh  4,48°i. 

HINTE,  adv.  diese  nacht,  vgl.  heint  sp.  S87  und  oben  hint ; 
die   form    ist  roni'iegend  mitteldeutsch ,    namentlKh  in  Düringen, 


1483 


HINTEN 


HINTEN 


1484 


Meuzen ,    SchUsien    volksmäsiig.      hiiile,   hac  nuclc  Stiki.eii  SW  ■ 

ueben  heuut ;  so  ich  das  glücke  hüben  soltc,  dasz  ich  in  dero  { 

urinen    und    schosz   das    so   lange   gesuchte  vergnügen  hinle  i 

genieszen  möchte,  würde  mir  alles  hitlere  scheiden  versüszet.  | 

Parthexophill's  das  bei  academien  leb.  fraucnzinimer  58;  | 

verwegner!  geh,  hub  hier  die  flinte 

mit  droheuden  geberden  an.  j 

wie?  weiszt  du  nicht,  dnsz  ich  noch  hinte  > 

dich  nach  der  hölle  schicken  kann?  | 

LiCHTWRK  fab.  4,  110.  3.              { 

HINTEN,  adiK  pone,  post,  retro,  a  tergo. 

goth.  hindana,  von  jenseits;  alts.  hindan  in  be-hindan  hinter- 
drein; ags.  hindan,  post,  pone,  a  tergo  mit  bc-hindan  und  on- 
hindan;  engl,  bind,  be-hind  hinten,  hinter;  niederl.  binden 
retro.  post;  ahd.  hintana,  hindcnän,  von  hinten  und  hinten,  mhd. 
binden,  hindene,  hindan,  bindendn  hinten;  das  für  ...  ver- 
bräme de  die  hüser  und  schüren  hyndenan  in  den  garten. 
d.  stddfechr.  9,  754, 28.  —  Das  wort  geht  auf  den  demonstrativ- 
stamm hi  (vergl.  unter  hie  sp.  1305,  hin  sp.  1371)  zurück,  doch 
nicht  untnittelbar ;  zu  seiner  nächsten  voraussctzumj  hat  es,  wie 
das  unten  folgende  hinter,  ein  adv.  hint,  das  wie  goth.  bva-|), 
hva-d  wohin  aus  dem  fragestamme  hva,  goth.  j)a-[),  |)a-d  dahin 
aus  dem  demonstrativstamme  |)a,  so  aus  dem  stamme  bi,  nur  mit 
nasatierung  des  bildungssuffixes  entwickelt,  bewegung  riach  einem 
orte  angibt,  und  das  sich  möglicher  weise  in  einer  ahd.  glosse  hint 
pacbü  pro  tergum  (so)  Graff  4,  701,  sicher  in  dem  goth.  alten 
Superlativ  bind-uma  postremus  und  in  dem  ags.  adj.  hinde-veard 
posterior  erhalten  hat.  von  diesem  adverb  ist  hinten,  altd.  hintana 
mittels  des  suf fixes  -ana,  ein  woher  hervorhebend  (gramm.  ^,204), 
weiter  gebildet,  der  sinn  der  bewegung,  der  namentlich  im  ahd. 
noch  waltet,  ist  in  den  der  unbeweglichkeil  und  ruhe  umgeschlagen 
[veigl.  das  gleicligebildete  iiinnen  m  der  bedeutung  hier  oben 
sp.  1459))  wenigstens  seit  der  mhd.  zeit. 

Die  gekürzte  form  hint,  die  sich  vorzugsweise  oberdeutsch  neben 
hinten  geltend  maclU  {schweiz.;  bairisch  Schm.  1,1135  Fromm.; 
tirolisch  Fromm.  6, 151) : 

mit  Grobiano  hint  und  vorn 
will  jederman  sein  unverworrn. 

Hiirrensch.  s.  109',  anm. ; 
die  aber  auch  weiter  reicht: 

viel  lieber  hell  ihr  vor  salat 

ein  Storchs  nest  sambt  den  ganzen  rath 

verzehrt  dahint  beim  ofeii. 

Hildebrami  volk.tl.  404  (spotttieil  auf  die  Erfurter 
von  11)04,  miitetdeutsch) ; 

kann  nicht  auf  die  oben  angegebene  form  hint  zurückgeführt 
werden,  sondern  scheint  erst  in  verMUnismdszig  junger  zeit  aus 
hinten,  zunächst  durch  verklingung  des  scfäeiszenden  nasuls,  ver- 
itümmelt. 

Bedeutung. 

I.  hinten  örtlich. 

1)  an  einem  rückwärts  gelegenen  orte  befindlich:  hinten  stehen 
bäume ;  hinten  scheint  die  sonne ;  er  war  binden  auf  dem 
~(:hifl.  3farc.  4,  3S;  tief  hinten,  in  dem  dunkel  der  hohle,  steht 
der  hauplallar  in  der  mitte.  Uötiik  2>>,  1U5;  im  augenblick, 
da  es  (das  ziel  der  liebenden  in  der  komödie)  erreicht  ist,  fällt 
der  vorbang  ...  in  der  well  ist  es  anders,  da  wird  hinten 
irmner  fort  gespielt,  und  wenn  der  vorbang  wieder  aufgeht, 
mag  man  gern  nichts  weiter  davon  sehen  noch  hören.  17,  111; 
da  l)efahl  ich  meinem  dieuer,  er  sollte  auch  hinten  bleibcu; 
ich  ritt  auf  meinem  schönen  pferdchen  neben  dem  fräulein 
her.  :M,  203; 

wie  im  Sonnenschein 
die  weh  erfreulich  daliegt;  aber  hinten 
droht  schwarzer  uächte  grau»,  ich  ahn  ihn  schon. 
GOTHK  U,  280. 

ein  buch  wird  an  ein  andres  hinten  angebunden : 

and,  wenn  er  was  der  torn  ihm  eingab,  niederschrieb, 
•s  war  ein  feines  werk,  um  an  die  zuiigensünden 
von  Juvenal  und  I'op'  es  hintun  unzuliinden. 

WiELAND  21,280  (Kiel.  u.  Siuiliatd  5,2t9). 

oß  auf  kOrperlheiie  bezogen :  binden  glalzel,  recaivus.  voc.  ine. 
thful.  k2';  binden  aufschluhen,  mit  füszen  widernmb  schlahen. 
recalcürare,  eakitrure,  jietere  calre,  liindenaufHchlaheml  thier, 
retradant  et  cukitrosum  animul.  Maalkh  222' ;  da  stach  in  Ahner 
...  mit  einem  spie»  in  seinen  waust,  da«  der  üpies  binden 
aus  (;ieng.  2  Sam.  2,23;  einem  die  btliide  hinten  zusammen 
binden,  pone  tergum  vinrire  nuinui.  Stiimiacii  \,''a;;  auch  auf 
lander,  die  für  unsern  gctichtskreis  ab  und  zurfu^k  liegen: 

Q.  wie  fühl  ich  in  Rom  mich  so  froh!   K<'denk  Ich  der  irilen. 
da  atlcli  ein  Kraiillclirr  tag  hiiiten  im  nonlvo  umling, 
OOTMa  I,  30V; 


wenn  hinten,  weil,  in  der  Türkei, 

die  Völker  auf  einander  schlagen.    12.  51 ; 

endlich  auch  auf  die  der  sonne  abijcwendete  nmdseite,  wie  durch 
vorn  die  Südseite  bezeichnet  wird.  SciiMt-LLER  l,tl37  Fromm. — 
Sähere  Ortsbestimmungen  treten  hinten  zu:  dahinten,  dort  hinten 
(vergl.  thed  2,693.  13üS);  binden  darauf  gescbriben.  /.e  ruck, 
scriptus  a  tergo.  Maalek  222'';  er  bawet  binden  im  hause  .  . 
ein  cedern  wand.  1  kün.  6, 16 ;  trat  binden  zu  seinen  füszcn. 
Luc.  7,  3S;  binden  an  der  wonung  .  .  soitu  sechs  brel  machen. 
2  Mos.  2«,  22  ; 

dem  pfalTen  wardt  dort  binden  bang. 

B.  Waldis  Esop  4,  66,  175. 

2)  häufig  erscheint  hinten  in  Verbindung  mit  seinem  gegensalze 
vor,  vorn: 

seht,  du  gebot  er  unde  hiej 
daj  er  getienket  würde  enbor 
und  Ulan  im  binden  unde  vor 
mit  fiure  liete  unmä^en  we. 

KONR.    V.   WÖRZBURC    PlintillciiU    1196; 

da  zucb  ich  in  mein  neu  haus  ..,  das  ich  selb  gepawen  bau. 
und  bett  es  alles  binden  und  vornen.  d.  städtechr.  5, 142,  2 ; 
und  stehen  also  ir  hüllen  binden  und  fornen,  und  zu  allen 
seilen  offen.  Luther  5, 3' ;  und  umb  den  stuel  (waren)  vier 
thier,  vol  äugen  fornen  und  binden,  offenb.  4,6;  da  war  fnrneu 
und  binden  streit,  ichron.  13, 14;  lies  sich  darinnen  (im  neuen 
pelz)  besehen,  binden,  vorüber,  und  neben  zu  auf  beiden  seilen, 
oben  und  unden,  innen  und  auszen.  Schiübürger  {ih^)  s.  103: 

im  ganzen  dorf,  noch  fern  noch  binden, 
kan  ich  niergend  kein  herbere  finden. 

B.  Waldis  Ksop  4,  b«i,  79. 
bei  tanzbewegungen : 

so  sol  man  ain  solches  tanzen  an  mir  sehen, 

das  ir  werdet  wunder  an  mir  spehen, 

hinten  auf  und  vorn  nider.    fasln,  sp.  716,  15. 

im   Sprichwort:    er  weisz    vorn    nicht,   dasz   er   hinten  lebet. 

SCHOTTEL   1115'; 

und  voren  loben  und  hinten  schelten,    fasln,  s/i.  743. 7 : 
hüte  dich  vor  den  katzen, 
die  vorne  lecken  und  hinten  kratzen. 

SlKROCK  .':pricttU'.   ,v.    '1\H). 

hinten  und  vorn  in  der  bedeutung  überall,  aUenthalben:  und 
glauben  für  gewisz,  der  son  gottes  sei  mit  binden  und  forn 
beim  schmelzen  und  treiben.  Mathes.  Sar.  151* ;  er  ist  wie 
ein  geschickter  bauswirth,  der  hinten  und  forn  ist,  und  also 
bald  siebet  was  fehlet.  Felsenb.  4, 551 ;  und  das  gesinde  mag 
sein  wie  es  will,  wenn  die  frau  nicht  hinten  und  vorne  ist, 
so  kommt  doch  nichts  zu  stände.  Göthe  11,272;  letztbin  kam 
einmal  die  rede  auf  deine  interpunction,  die  ihm  (Ho//)  hinten 
und  vorne  nicht  recht  war.  Zelter  an  Göthe  2, 447 ;  was  ich 
in  der  well  nur  anfing,  dabei  war  kein  segen,  sondern  krebs- 
gang  hinten  und  vorn.  J.  Paui.  TU.  2,93; 

wo  ich  nit  bin  liindn  und  vor.    H.  Sachs  1,509'; 

narn,  dboren,  lieben  herren  mein, 

die  müssen  binden  und  t'orne  sein. 

bist.  .Magelonae  s}»etH>eis  A3'; 

der  könig  war  bald  binden  bald  vorn. 

Soltau  501  (von  1632); 

das  si  gern  mer  betten  und  nit  wissen,  wo  si  binden  oder 
vorn  in  der  suchen  sleeii.  Wilw.  v.  Sihanmb.  201.  —  Jn  bezun 
auf  liebkosende  anrede:  jetzt  hin  ich  ja  auf  einmal  ein  wackerer 
mann  und  ein  lieber  nieister  hinten  uud  vorne.  KoTteHtt 
dram.  sp.  2,333; 

seht,  wie  sich  lierr  und  fVan  hemühn, 

da  ist  mops  hinten,  möpseben  vurne. 

l.icHTWcR  fiib.  2.  7. 

3)  hinten    tritt   vor  adverbia  der  bewegung,    um  seile  und  ort 
der  letzteren  genauer  anzugeben,     so  enlstehn  Verbindungen  wie 

hinten  an:  iiUngt  dann  die  regeln  und  maximen  hinten  uu. 
Klinckr  U,  46; 

derbulben  du  geringer  held, 

<lor  du  bist  binden  an  gestelt, 

und  kaum  vier  gülden  «old  einnimbst. 

/'hl/,  t.ii'iil.  4,  270; 

in  der  fügung  hinten  an  setzen,  wo  eine  uuuleutung  von  f^rüherem 
hindan,  spiUerem  hintan  setzen  vorliegt  {vgl.  sp.  140«.  1482):  sie 
Hetzen  ihr  werlhe.»  ich  bei  dieser  Voraussetzung  nicht  hintenan. 
Gotter  3.301;  ro  inÜRzle,  dllurbl  mich,  der  politisrhe  held  in 
eben  dem  grade  kein  flibjecl  für  die  btthnc  »ein,  in  welchem 
er  den  menseben  hinten  ansetzen  inusz,  nm  der  poHl!«rhe 
b«ld  tu  sein.  Schillfr  Fiesko,  vorrede  (2,217  Kurs). 
hinten  aus:  bintenaus  sehen,  bintenaus  wohnen. 


1485 


HINTEN 


HLNTEN  — HINTER 


1486 


hinten  drein:  ich  will  nur  hinten  dreiu  laufen,  nur  auf 
der  seile  lauern.  Göthe  S,  10 ;  da  stund  der  bischof  und  gab 
Kränzen  die  band,  wie  er  vorbei  ging,  und  gab  sie  mir  auch, 
wie  ich  hinten  drein  kam.  24 ;  und  die  kerle  ersoffen,  wie 
sie  das  wasser  schmeckten;  und  was  wir  Holländer  waren, 
gerad  hinten  drein.  174 ;  wenn  zu  Rom  der  triumphator,  ruhm- 
bekränzt und  purpurgeschmückt,  auf  seinem  goldneii  wagen 
mit  weiszen  rossen  vom  campo  .Martii  einherfuhr  .  .  .  dann 
sang  der  pöbel  hintendrein  allerlei  spottlieder.  H.  Heise  1,280. 

hinten   ein:    binden    ein   blasen,   oben    auszlassen   (ron 

ärzten).  Garg.  161*; 

die  spur  geht  hinten  ein  bis  an  die  sctiwelle. 

Kleist  zerbr.  krug,  11.  aiiftr. 

hinten  her:  wan  er  merkt  das  das  fleisch  nit  genugsam 
abgestorben  was,  nam  er  ein  rut  und  capitelt  sie  hindenher 
damit.  Fischart  bienk.  176*. 

hinten   hin: 

die  knabeu,  die  voll  schwer  beutel  haben, 
die  machen,  dasz  ich  binden  hin  rausz  traben  (bildlich,  zurück- 
gesetii  werde),    fasln,  sp.  703,  9. 
hinten   nach: 

hin  für  was  den  jungen  gäch, 

die  alten  zugen  binden  nach.    Meier  fhlmbr.  724 ; 

David  aber  und  seine  menner  giengen  binden  nach,  l  Sani. 
2«.  2;  gieng  aus  der  hole,  und  rief  Saul  binden  nach.  24,9; 
Theagenes  lief  auch  binden  nach.  h.  d.  liebe  20S' ;  wir  sehen 
ihm  hinten  nach.  Schüppics  262;  der  leser  lacht  ungern  über 
die  tugend,  vielmehr  will  er  diese  gütlin  durch  hintennach- 
loben  für  sein  zurückbleiben  von  ihr  schadlos  zu  halten 
scheinen.  J.  P.'vül  grönl.  proc.  2,  57  ; 

die  glaten  antlütz  lieben  den  weihen, 

darümb  ich  binden  nach  musz  treiben  (bildlich,  zurilekst^^^eu). 

fastn.  sp.  703,  5 ; 
di  lugent  ghät  weit  binden  nach.    Schwarze;(berc  157". 

ertDeilert:  der  binden  nacher  sapt  und  knapt.  wie  ein  hinkendes 
rosz.   Nas  ipidereinwarnung  Av'. 

hinten  über:  Schlitten,  mit  rothem  alias  ausgefuttert, 
und  hintenüber  mit  weiszen  baarenhäuten  (bärenhäuten)  be- 
leget, pers.  reisebeschr.  1, 14. 

hinten   um.  a  tergo.  Scbeller  handlex.  723; 

(lieft  mir)  ein  kranke«  Carmen  vor,  und  schilt  bei  jeder  zeile, 

und  räuspert,  bis  ich  ihr  ein  falsches  lob  ertheile ; 

ei!  Sprech  ich,  ei  das  klingt!  ja!  denk  ich  hintenum, 

der  herr  verschaffe  sich  ein  Privilegium  .  .  .    Gcmtuer  389. 

hinten  zu:  hindenzu,  hinderwärtz,  pone,  a  tergo.  Maaieb 
222* ;  do  worent  die  von  Rütelingen  bindenanzu  an  dise  kumen 
und  umbegobenl  die  herren.  d.  städtechron.  9,834,11. 

4)  hinten  nach  praepositionen,  namentlich  von  und  nach:  du 
solt  nicht  bin  auf  ziehen,  sondern  kom  von  binden  zu  inen. 
2  Sam.  5, 23 ;  ein  weih  .  .  trat  von  binden  zu  im,  und  rüret 
seines  kleides  säum  an.  Matth.  9,  20 ;  ehe  sie  wider  zur  ladung 
kommen  kunten,  waren  wir  schon  von  binden  an  ihnen,  nu. 
f.«3<J.  4, 153 ;  wundersam  von  unten  und  hinten  ausgefressene 
felsbänke.  Göthe  2S,  169;  stiegen  wir  den  berg  wieder  hin- 
auf, um  jenem  punkte  von  hinten  her  beizukommen.  67 ;  von 
hindenzu,  ex  insidiis  Stieleb  842;  dem  manne,  der  mir  von 
hintenzu  einen  dolch  in  den  leib  stoszt.  Wieland  S,  221; 

vorn  herein  liest  sich  das  lied  nicht  zum  besten;  ich  les  es 

von  hinten, 
Strophe  für  Strophe,  und  so  nimmt  es  ganz  artig  sich  aus. 
Schiller  1,341  Kurz  (xen.  201). 

ah  Übersetzung  des  philosophischen  kunstausdrucks  a  posteriori, 
tpie  von  vom  herein  für  a  priori  gesetzt  ist:  Gustavs  schön- 
heil  kann  man  erstlich  aus  der  Vernunft  oder  von  vomen 
darthun,  zweitens  von  hinten.  J.  Paul  uns.  löge  l,  50.  —  nach 
hinten :  einen  nach  hinten  drängen ;  nach  hinten  gehen. 

5)  hinten  «n  Verbindung  mit  den  rerben  bleiben,  lassen  und 
stehen,  aus  der  sinnlichen  bedeutung  zu  unsinnlicher  verblaszt, 
hinten  bleiben  nie  zurück  bleiben,  im  wetteifernden  streben  und 
thun,  hinten  lassen,  zurücklassen,  hinten  stehen,  zurückstehen: 
sollte  es  auch  nur  gelegonheit  geben,  uns  immer  aufmerksam 
zu  machen,  wie  weit  unsre  spräche  und  poesie  hinten  bliebe 
(gegenüber  der  griechischen).  Herder  ftet  Bt5RCER  113";  diese  arbeil 
läszt  alle  ähnlichen  weit  hinten ;  hinten  sein,  zurück,  vergessen 
sein:  und  war  alles  tranren  umb  ire  liebe  gucfe  muetter  und 
srhwiger  schon  bind  und  vergessen.  Ztmm.  cAron.  in  Pfeiffers 
Germ.  4,  68 ;  hint  sein,  zurück  sein,  von  veünpersonen  in  den 
woehen  sein.  Schk.  1,1136  Fromm.; 


sie  wollen  gar  zu  hoch  hiuaus.    kurlürsteo 
und  könieen  wollen  sies  im  prunke  gleich  thun, 
und  wo  der  fürst  sich  hingelraui,  da  will  der  graf, 
mein  gnädger  herre,  nicht"  dahinten  bleiben. 

ScaiLLEK  Piccol.  4,  5 ; 
sie  müssen  doch  weit  binden  stahn, 
dieser  geschiebt  den  vorzug  lahn.     mückenkr.  1,  39. 

Auch  das  biblische  hinten  abwenden,  hinten  abweichen  von 
einem,  fuszt  auf  dem  bilde  des  vorausgehenden  führers  und  des 
nachfolgenden  haufens:  werdet  ir  euch  aber  von  mir  binden 
abwenden,  ir  und  ewre  kinder,  und  nicht  halten  meine  gebot 
und  rechte.  1  kön.  9, 6  (iäv  Ss  aTzooToaft'pTsg  ctTtoor^a- 
frp:e  vfielg  septuag.);  derselb  wand  Israel  binden  ab  vom 
herrn.  2kün.  17,21  (i^ecoasv.  .tov  ^agarjX  i^oTtiad'e  xioiov); 
er  hieng  dem  herrn  an,  und  weich  nicht  binden  von  im  abe. 
18,  6  (ovx  azxiarri  oiiiad'av  axnoiv). 

W.  hinten  zeitlich;  dies  nur  in  cerbitidung  mit  den  adcerbien 
drein  und  nach. 

1)  hinten  drein:  dasz  man  nuthwendige  auslagen  machen 
musz  und  gern  macht,  und  hintendrein  über  die  Wiedererstat- 
tung unangenehme  erfahrungen  macht.  Heyne  an  J.  v.  Müller 
f. ^224;  Selbitz.  das  hätte  dir  übel  gerathen  können.  Georg,  so 
denk  ich  auch  hinten  drein.  Göthe  8,69;  wenn  sie  mir  lieb- 
kost, weisz  ich  voraus,  sie  will  mich  zahm  machen,  dann 
sagt  sie  hinten  drein:  lieber  Franz,  thu  diesz,  thu  das.  42,191. 

2)  hinten  nach:  und  wart  die  münz  so  unwert,  dasz  sie 
niemant  wolt  nemen ;  man  gab  hindennach  10  pfd.  Münchener 
um  1  fl.  d.städtechr.  5,112,8;  da;  worde  eme  rillichte  hindin 
noch  leid.  Rothes  chron.  bei  Mensen  Script.  2, 1798 A;  noch 
danocht  von  vil  teglichen  Sünden  so  wflrt  der  last  hindenach 
grosz,  da;  er  ein  dernider  truckt.  Keisersberg  Sünden  des 
munds  76' ;  der  bruder  stundt  und  hört  im  {dem  vogel)  zu 
und  hindennach  gedacht  er,  er  müszt  zu  der  prim  heiszon 
leutcn.  Pauli  schimpf  130* ;  niemand  kund  in  finden  . .  hinden- 
nach so  sieht  man  in  auf  dem  dach.  Fbet  garteng.  57 ;  eine 
Torstellungsart,  deren  man  sich  hinten  nach,  wenn  die  prin- 
cipien  . .  ins  reine  gebracht  sind,  bedienen  kann.  Kaüt  1,193; 
ich  sah  hintennach  wohl  ein ,  wo  ich  unwürdig  gewesen. 
Göthe  19,312;  du  bist  immer  klug  hintennach.  Tiec»  1,126: 

ir  fürsten  kunt  wol  vil  gehaiszen 

und  gebt  uns  hindennoch  ein  dreck,    fasln.  $p.  185,  21 : 

du  trittst  mit  vieler  kübnbeit  ans  geschäA: 

besorgst  du  keine  reue  hinten  nach?    Göthe  9,  305; 

wir  haben  nicht  geweinet  (beim  abschiede), 

wir  seufzten  nicht  weh !  und  ach ! 

die  thräneo  und  die  seufzer. 

die  kamen  hintennach.    H.  Heine  1.^.  114 

HINTENLEGKER.  wj.  ßr  einen  gegen  die  frautn  sehr  stüku- 
liclien  mann.  Garg.  61*. 

HINTENSTIMMIG,  adj.:  man  hat  {am  klaviere)  vorn-,  hinten- 
und  seifenstimmige  tafelform,  kunst  des  clavierstimment  s.  5. 

HI.NTENVORN.  n.  lartgoy  Ttgoreoav.  wodurch?  durch 
ein  hinlenvorn.  Herder  bei  Tampe.  vgl.  hinterstzuvörderst 
unter  dem  adj.  hinter  2,  a. 

HINTER,  adv.  und  praep.  fost. ;  ahd.  hintar,  hindir,  mhd. 
und  nd.  hinder;  goth.  bindar  in  der  bedeutung  jenseit,  hinter; 
in  andern  dialekten  fehlend,  das  worl  ist  mit  dem  vorhergehen- 
den hinten  eng  verwandt,  tcie  dieses  hat  es  ein  hin!  zur  nächsten 
Voraussetzung,  und  während  das  hildungssufßx  von  hinten  ur- 
sprünglich den  begriff  der  richlung  woher  ausprägte,  deutet  das 
sufßx  -ar  von  hintar.  hinter  auf  die  ruhe  an  einem  zurück- 
liegenden orte  {vgl.  goth.  jainar  dort,  aljar  andersmo).  wie  dort 
so  ist  aber  auch  hier  manichfach  Wandlung  der  frühesten  /*«•- 
deutung  eingetreten,  so  dasz  hinler  auch  dem  nu.vlruck  der  be- 
wegung  nach  einem  solchen  oitc  dient. 

hinter,  gebraucht  als  adverbium  wie  als  praeposition. 

I.  als  adverbium  ist  es,  abgesehen  von  seiner  Verwendung 
als  erstes  glied  von  Zusammensetzungen  {in  denen  es  beim  rer- 
bum  als  untrennbare  partikel  steht  und  den  ton  eiiUniszt.  vergl. 
gramm.  2, 870 /f.  «nd  die  zahlreichen  beispicie  unten  an  alfihabeli- 
seher  stelle),  nicM  so  häufig  wie  als  praeposition ;  in  der  altern 
spräche  noch  in  der  ersten  bedeutung  an  einem  zurückliegenden 
orte:  ain  iegleich  tier,  da;  zwai  hörner  büt,  daz  hat  der  obern 
lend  nibt  und  hdt  zwcn  päuch:  ainen  vorn  .  .  und  den  an- 
dern hinder  pa;.  Megenberg  115,  i"»; 

dö  gehabt  (hiell)  ich  hinder.    Iirein  412; 
diu  karre  wsre  wol  da  hinder  hüben. 

minnes.  3,  36*  Hagen, 

was  noch  zum  theü  in  dahinter  {th.  2,694)  dauert;  es  ist  ein  man 
von  Felix  hinder  gelassen  gefangen,  apostelg.  iö,  li ;  denn  sie 


1487 


HINTER 


HINTER 


1488 


reden  stuize  »ort.  da  nichts  hiiider  i»!.  2  Pelr.  2,  li«;  späUr 
im  sinne  nach  hinten,  in  verbinduni)  mit  veiben  der  bewegung, 
doch  SU,  das:  eine  enge  ziisanimcnrückung  nicht  entsteht,  daher 
beide  vOrter  nicht  sollten  verbunden  geschrieben  werden :  hinter 
füliren ;  hinter  kommen;  hinter  hiingen ;  ^ehe  hinter  ins 
hans ;  er  ist  hinter  ins  thal  geritten ;  der  förderleih  war  ihr 
hinter  liisz  üher  das  gesäsze  gedrehet,  polü.  colica  260 ;  grcit 
liinler,  i«  die  tusche;  in  Tirol  hat  hinter  greifen  die  temporale 
bedeutung  in  der  beichte  auf  frühere  zeiten  zurückgreifen.  Fhomm. 
6, 151 ;  hinter  heugen,  pone  flectere,  reflecteie.  Stielhk  140 ; 

hitze,  kälte,  tag  und  nacht 

shxl  auf  Wechsel  stets  bedacht. 

fniling.  Sommer,  herbst  und  winter 

stoszen  stet«  einander  hinter.    ('.  Flüninc  Sil; 

gern  auch  in  Verbindung  mit  verben  des  essens  und  trinkens, 
KO  hinler  zunächst  nur  die  einfuhrung  in  die  mundhöle  kenn- 
zeichnet, aber  dieselbe  bedeutung  \ne  hinunter  mit  gleichen  verben 
erlangt  hat  {rergl.  unter  hinunter):  ich  sollte  ihr  mann  sein, 
ich  wollte  ihnen  die  arznei  schon  hinterhringcn.  Gellert 
3.  407 ;  ich  wollte  dir  zu  liehe  eine  ganze  kanne  voll  arznei 
hintertrinken,  das.;  das  gros  der  leser  wirds  freilich  nicht 
gar  zu  gut  hinterkriegen  können.  Wiel.\nd  bei  Merck  1,240 
(bildlich,  von  einer  vorgesetzten  geistigen  speise) ;  wie  wenn  die 
grosze  sunipfschlange  ein  lehendiges  krokodiil  hinlerwttrgt. 
J.  Fall  ddmm.  1,2;  als  er  eben  den  letzten  happen  hinter 
gebracht  hatte.  Bode  Tristr.  7, 29 ;  dasz  er  schier  den  löffel 
mit  hinter  geschlungen.  polU.  colica  15t>.  das  verbum  der  be- 
wegung  ist  unterdrückt: 

du  liefest,  was  man  laufen  kann ; 

<lu  sprungest  in  die  Stadt! 

wir  liefeu :  alles  hinter  an, 

was  her/  im  leib»  hat!    Gleim  4,  U; 

nnsinnlicher  in  der  bedeutung  zurück,  weg:  wa;  e;  dar  zu 
kumen,  daj  si  de;  krigs  bederseits  waren  gangen  hinter 
(i7in  beigelegt  halten),  d.  stddlechr.  1,58,4;  mundartlich,  in 
Tirol,  hinter  geben,  zurückgeben.  Fromii.  6, 151  :  gea  hinter 
(ireg),  i  hanns  ders  schann  (schon)  hinler  geben.  Lexer 
kärntn.  leb.  142;  in  der  Verbindung  hinhinter,  s.  oben  sp.\Hi: 

das  forder  man  hin  hinter  kert.    fastn.  ip.  383,  9 ; 
femer  in  hinterdrein,  hinterher,  s.  unien. 

11.  hinter  als  praeposUion,  mit  dativ,  accusativ  und  in  der 
äUem  Sprache  selten  auch  mit  dem  genitiv  verbunden,  folgt  un- 
mittelbar eine  von  der  praeposUion  abhängige  artikelform ,  so 
wird  sie  verkürzt  und  incliniert,  so  dasz  aus  hinter  dem  hin- 
term, aus  hinter  das  hinters,  aus  hinter  den  hintern  ent- 
steht, letztere  form  nicht  nur  in  acrusativer,  sondern  auch  in 
Verbindung  mit  dem  dat.  plur. :  er  hat  nit  der  niusz,  dasz  er 
jirh  hindern  obren  krawel.  Agr.  spr.  (1560)  313';  doch  ist 
dieselbe  seil  dem  vorigen  Jahrhundert  in  gewählter  spiache  nicht 
mehr,  nur  noch  in  volksthümlicher  üblich: 

und  le^e,  wann  der  abend  kommt, 

mich  hintern  ofen  auf  die  bank.    HöLty  31*  Halm. 

ungewöhnlich  wird  hinter  des,  wo  des  von  hinter  tUcht  ab- 
hangt, in  hinters  zusammengezogen: 

gehorsam  seinen  rufen, 

Kams,  hurre,  hurre !  nachgerannt, 

hart  hinters  rappen  hufen.     Börcek  15*. 

1)  hinter  mit  dem  dativ. 

a)  mit  entsprechenden  verben  rufte,  dauer  und  bleiben  an 
einem  rückwärts  gelegenen  orte  bezeichnend :  hinter  der  thiir 
•itehen ;  hinter  dem  ofen  hocken ;  hinter  dem  hause  ist  ein 
cniner  garten ;  hinter  den  bergen  liegt  ein  enges  thal ;  da 
hub  Abrabaui  seine  äugen  auf,  und  sähe  einen  wider  hinder 
im,  in  der  hecken  mit  seinen  hörnern  hangen.  \  Mos.  tl,  \^  \ 
dein  knechl  Jacob  ist  hinder  uns.  22, 13 ;  der  magd,  die 
hinder  der  mUle  ist.  2  Mos.  li,5;  das  er  das  beer  der  Mi- 
dianiter  hatte  gegen  mitternarht  hinder  den  bügeln  der 
warte  im  grund.  rieht.  7,  l ;  er  stehet  hinler  unser  wand. 
hühd,  2,9;  höretc  hinder  mir  ein  grosze  slim.  offenb.  1,10; 
d«  ging!  an  ein  erzUhlen  und  jubiliren,  als  wenn  wir  schon 
zu  haus  hinterm  ofen  siiszen.  a.  m.  in  Tocirnb.  154.  meto- 
nymisch hinter  dem  weine  sitzen ;  sich  sellis  hinder  dem 
wein  loben,  te  iptum  celebrare  mero.  Maaler  223' ;  hinter  der 
tnetse  stebn,  der  messe  beiwohnen:  eh  stunden  vi!  leut  hin- 
der de»  kleinen  pfaffeu  mes,  gar  wenig  aber  hinder  des  Jos 
IUkcd  mea.    Wickram  roUw.  138,5  A'ur2, 

da  hinterm  haut  In  meinem  gart«-n 

wolleo  wir  der  lierni  tuMil  dti-inl   w.nifii      GuTHl  12,  IM, 


m  sprichwörtlichen  redensarlen  und  bildem :  lasz  den  Hansen 
eigen  man,  der  nicht  dann  das  sein  sucht,  daheim  hindenn 
ofen  stebn,  wiltu  ein  genieins  man  inn  rath  geben.  Agr. 
.<;»»•.  (1500)  327'  bei  erkldrung  des  Sprichworts:  will  in  rath  gelm, 
so  lasz  dein  person  daheim ;  iiriaul»  hinter  der  thür  nehmen, 
iibire  iii.talutato  hospite.  Frisch  1, 584' ;  nani  hinder  der  thüren 
Urlaub,  und  strich  dannit  darvon.  Fischart  bivnk.  217";  hin- 
ter dem  berge  ballen.  Schottel  1114';  was  kann  ich  denn 
dafUr,  dasz  der  herr  .  .  dort  so  hinterm  berg  hält?  hält  er 
mirs  nicht  gleich  sagen  können,  dasz  er  der  papa  würc? 
Gotter  scltausp.  295;  er  hat  es  hinler  den  obren,  ist  nicht 
so  dumm  oder  trocken,  wie  er  aussieht;  hinter  den  obren  haben, 
lustig  sein,  vulpem  sub  peclore  servare.  Frisch  1, 454' ;  sich 
hinler  den  obren  kratzen  (als  zeiclien  der  vetlegenlieit).  Schottel 
1118'; 

(der  .iirieler)  sich  hinter  den  obren  kratzt, 
oft  er  heimlichen  seufzt  und  schmatzt. 

H.  Sachs  2,  4,  70' ; 

er  ist  noch  hinter  den  obren  nasz.  Schottel  1143' ;  alle  leutc 
Süllen  ire  stärke  suchen  in  der  kannen,  in  weichen  bellen, 
und  hinder  dem  ofen.  1139';  man  suchet  keinen  hinter  dem 
ofen,  man  habe  dann  selbst  dahinter  gestecket.  Pistubils 
thes.  par.  7, 77 ;  hinter  dem  berge  wohnen  auch  leule.  Sm- 
ROCK  sprichw.  s.  48; 

glaubt  ihr  nicht! 
verrätnerei  lauscht  hinter  diesem  schwur! 

ScuiLLKK  Turaudul  4,  1 ; 
wir  wechseln,  wies  im  leben  pOegt  zu  gehen, 
das  frohe  mit  dem  ernsten  ab : 
wir  hirteureihn  ein  inayenfest  ue^'uhen, 
da  warnt  sie  hinterm  rosenstraucb  ein  grab. 

GOTTKR  1,  23  (15). 

In  technischer  spräche:  ein  pferd  ist  hinter  der  (den  zügrl 
führenden)  band,  wenn  es  mit  dem  köpfe  nach  dem  boden  stoszt . 
ist  das  eine  lodderei  mit  diesen  ihieren,  sie  sind  vollkommen 
hinter  der  band  wie  alle  postgäule.  Hackl.Xnder  hinter  blauen 
brtüen  (1869)  «.14.  mit  seinem  gegensatze  vor  verbunden:  jetzt 
sah  ich  keine  aussiebt  mehr  weder  vor  noch  hinler  mir. 
weder  zur  rechten  noch  zur  linken,  o.  m.  in  Tockenb.  147 ; 
vor  mir  war  alles  feuer,  rauch  und  dampf,  hinter  mir  uocli 
viele  nachkommende  . .  truppen.  151. 

b)  in  fügungen  die  eine  stete  folge  anzeigen:  hinter  dein 
führer  zieht  das  volk ;  vereinten  sich  der  breitigam  und  \V  il- 
woll,  rennten  mit  einander  hinler  küssen,  die  sie  an  dart- 
schen  slat  für  sich  hiengend.  Wilw.  v.  Schaumb.  65;  sähe 
mich  derowegen  nach  meinem  piinzen  um,  und  eilte  ihm 
dermaszen  nach,  dasz  ich  nicht  wusle,  ob  feind  oder  freund 
hinter  mir  war.  Zigler  Banisc  (1700)  59;  listige  erben,  die 
heulend  hinter  der  bahre  gehen  und  desto  lauter  ins  Schnupf- 
tuch lachen.    Schiller  Fiesko  i,  7 ; 

mein  seel !  ich  werde  kein  soldat, 

und  wandle  lieber  hinterm  pflüg.    Höltt  39  Halm : 

und  hinter  ihm,  welch  abenteuer! 

bringt  man  geschleppt  ein  ungeheuer. 

Scuillkr  kämpf  mit  d.  draclien; 
hinter  dem  u  kömmt  gleich  da^  w, 
das  ist  die  Ordnung  im  a  b  c. 

Waltensteint  lager,  8.  aufir. 

die  Verfolgung  und  Wetteifer,  und  entgegetigeseltt  zurückbleiben 
angeben :  dieweil  wir  doch  nicht  entrinnen  können,  denn  wir 
haben  feinde  vor  uns  und  hinder  uns.  1  Macc.  9,  45 ;  wer  ist 
hinter  dir  (bedrängt  dich),  frug  der  Schuldner.  J.  Gottiielf 
schuldenb.  174;  die  Vernunft  forscht  hinler  lauter  hegiiffen. 
Kant  2,466;  seine  Schwester  Aurelie  blieb  nicht  hinter  ihm, 
und  erhielt  noch  gröszeren  beifall.  Göthe  19, 84 ;  und  wenn 
der  alte  amtmann  des  guten  ein  wenig  zu  viel  gelhan  hatte, 
so  war  die  Jugend  nicht  weit  hinter  ihm  znrikkgeliliebrn. 
26,21;  hinler  seiner  zeit  zurückbleiben;  wuchs  ihm  die  lusi, 
die  guten  leute  aufzuklären  .  .  damit  sie  nicht  so  weit  hinter 
dem  Zeitgeist  stürben.    J.  Gotthelf  erz.  11,246; 

aber  hinter  ihr  (der  (/ernte)  verwegen 
folgt  er  mit  dem  todosbogen.    Schiller  alpenjdyer . 
laut  mich  hinein  1  und  alles  bleibt'  liinlor  mir 
was  mich  umstOrmto  bis  hleher,  vurhAngnisivoll. 
GOTiiK  41.  180. 

früher  auch  dai  zurückbleiben  gegenüber  einet  Wertsbestimmung 
angebend:  das  unser  probst  hat  zu  rechten  auf  unserm  aigen 
uinh  all  sach,  das  hinder  sex  Schilling  ist.  weislh.  3,890 
(Baiern,  1400). 

e)  daran  anuhlitszend,  steht  die  formet  hinter  sirii  iusseu 
wie  zuritikltisscn  :    er  woll   dem  dosier  alles    das  leiD  hinder 


1489 


HINTER 


HiyrER 


1490 


im  gelassen  geben.    Uknsp.  s.  li '  Lappenb. ;   denn  das  evan- 
gelium  ist  zuvor  da,  und  mus  zuTor  da  sein,  das  hat  unser 
herr  Christu?  gemacht,  hergebracht,  und  hinder  sich  gelassen. 
LüTHEB  6,  99' ;  denn  er  hat  solchs  alles  geordnet  und  hinder 
sich  gelassen  in  den  kirchen,  zu  üben   und  zu   gebrauchen. 
99';  darumb  wil  ich  itzt  frölich  sterben.  .  .  und  der  jugent 
ein  gut  exempel  hinder  mir    lassen.    2  Mau.  6, 2S;   so  bald 
der  satan    das  wort  höret,  da  fehret   er   ausz  und  leszt  ein 
grewlichen  gestank  hinder  sich.   Mathes.  Sar.  17' ;   und  hin- 
ter ihm  sein  weih  und  drei  töchter  gelassen.    Schweisichen 
1, 114 ;  dann  ist  Herman  von  Sachsenhausen   ein  edler  ritter 
gefolget,  so  ein  langes  getichte    die   mörin  genennet,    hinter 
sich  gelassen.    Hoffmaksswaldaü  übers,  u.  ged.,  vorrede  a  8' ; 
nach    dem   abgange   des    herzogs   entzweiten    sie    sich    über 
manches,  was  dieser  hatte  hinter  sich  lassen  müssen.  Moser 
osn.  gesch.  2,  SO ;  er  sagte  laut,  mit  welcher  ruhe  er  sich  zur 
armee   begäbe,   da  er  einen  mann,   wie  Giafar,   als  Stellver- 
treter hinter  sich  liesze.  Ru.^ger  5,314; 
er  sente  sich  tII  s6re 
das  ^r  so  manage  ere 
hindr  im  müeste  läjeu.    a.  Heinrich  159; 
also  bin  ich  mit  laid  umbfassen, 
weil  meine  mjrt,  mein  armfelein, 
mein  trösteleih,  mein  scbimpfelein 

mich  hinder  ihr  gelassen.    WECKBKiu.i:«  407; 
lasz  jeut  des  mädcheui  kindische  gefüble, 
die  kleinen  wünsche  hinter  dir!  beweise, 
dasz  du  des  auszerordentlicben  tochter  bist. 

SCHILLEK  Piccol.  3,  8  ; 
also  das  wäre  verbrechen,  dasz  einst  Propen  mich  begeistert, 

dasz  Martial  sich  zu  mir  auch,  der  verwegne,  gesellt? 
dasz  ich  die  alten  nicht  hinter  mir  liesz,  die  schule  zu  hüten, 
dasz  sie  nach  Latium  gern  mir  in  das  leben  gefolgt? 

GöTHS  1,  330. 

d)  hinter  geht  auf  ein  sckutzverhältnis,  eine  aufhevahrung: 
weil  ich  dann  solchen  Vorrat  der  guten  kunst  hinder  mir 
weis,  wammb  soll  ich  mich  denn  für  solchen  ungelerten, 
unerfarnen  armen  leuten  fürchten.  Albebds  widder  Witzeln 
L  2' ;  dasz  die  anlag  des  gemeinen  pfennings  hinter  eines 
jeden  churfürsten,  fürsten  und  Stands  verordneten  oberien- 
nehmern  in  ihren  trüben  verwahrt  und  behalten  werden  soll 
reichsrezess  v.  1544  bei  H.  a  Lapide  diss.  de  rat.  äatus  251 ; 
weren  solche  Urkunden  hinder  andern  personen.  Frakf.  ref. 
1.31,  §  21;  darneben  kam  ich  mit  etlichen  alchjmisten  in 
kundschaft.  die  wollen  mich,  weil  sie  geld  hinter  mir  merkten, 
gold  machen  lernen.  Simpl.  2,  16  Kurz,  hinter  einem  stehn, 
sein,  in  utUerthanenrerhdltnis.  Schm.  1,1136  Froemm.;  hinder 
einem  ston,  für  einen  bürg  werden,  intercedere  pro  alio. 
Maaler  222'; 

drumb  bah  wir  uns  herbegeben, 

begem  hinder  euch  zuleben, 

ob  ir  uns  wolt  zu  gnad  aufnemen. 

J.  Atbbr  14"  (88,  3  Keller) ; 
oß  hört   man   noch  ich   hatte  einen  tüchtigen  mann  bei  der 
<ache  hinter  mir,  als  ratgeber,  helfer. 

e)  hinter  zeigt,  mit  der  vorigen  bedeutung  (d)  eng  sich  fre- 
rührend.  ein  verstecktsein,  ein  abweichen  des  innem  von  der 
auszenseite  an :  hinter  seinen  meinungen  gefahr  wittern.  Kam 
5, 413 ;  ich  trug  den  ganzen  tag  hinter  meiner  brüst  ein 
vndereinanderschreiendes  babel  von  liebe,  von  ärgernis  .  . 
hemm.  J.  Paul  paling.  l,  19.  vielfach  in  formein,  so  hinter 
einem  sein:  leuthe,  welche  meinen,  sie  verstehens  gar  wohl, 
wollen  viel  darbei  thun,  wenns  aber  darzu  kompt,  so  ist 
nichts  hinter  ihnen.  Lotcmans  fab.  24;  wann  man  ein  jähr 
vor  einem  den  but  abgezogen,  so  siebet  man  was  hinder 
ihm  ist  und  wie  fromm  er  ist.  Lebsax!«  17;  weil  er  ge- 
meinet es  sei  war,  was  man  zu  Taranta  von  ihm  geredet 
und  gar  nichts  hinter  ihm.  pol.  stockf.  252.  hinter  einem 
stecken:  ich  hett  nimmer  gemeinet,  dasz  hinder  einem 
weibszbild  ewers  ansehens  und  Stands,  solche  verfluchte  bosz- 
heit  stecket.  Amadis  251;  ich  helle  .  .  damit  an  tag  gelegt, 
dasz  noch  mehr  als  nur  dieses  hinder  mir  stecke.  SimfA. 
3, 156  Kurz;  sollte  wohl  gar  mehr  hinter  ihm  stecken  als  er 
scheinen  will?  Wieland  8,279;  was  hinler  dieser  erstaun- 
lichen eilfertigkeit  stecken  mag,  weisz  der  himmel!  440; 
solke  wohl  hinter  euch  was  anders  verborgen  sein?  GOtbe 
11,285;  du  bist  versteckt  und  still,  und  die  leute  glauben 
wunder  was  hinter  dir  verborgen  sei.  aber  es  ist  nichts 
dahinter  als  ein  kaltes,  selbstisches  herz.  25, 285.  hinler  einem 
suchen:  der  advocat  welcher  disz  (eine  schlagende  antwori) 
hinter  den  {so  für  dem)  müller  nicht  gesucht  hätte,  gefl. 
linken  242;    hinter   sich   haben:   so  gib  alsbald  achtung,   ob 

rv.  ti. 


diese  fantasei  etwas  hinter  sich  habe.  Cbb.  Weise  kl.  leute 
256;  dergleichen  spiele  des  witzes  können  lachen  erregen: 
aber  das  Sinngedicht  will  etwas  mehr,  die  griechische  an- 
thologie  ist  davon  voll ;  da  sie  hingegen  bei  dem  Martial 
sehr  sparsam  voi"kommen,  als  der  fast  immer  von  der  hv- 
perbel  noch  zu  einer  betrachtung  fortgehet,  die  mehr  hinter 
sich  hat.  Lessing  s.  445 ;  der  eine  sei  nämlich  mit  wohl- 
thaten  gefüllt,  die  nichts  kosteten,  und  der  andere  mit 
prächtig  ausgedrückten  gesinnungen,  die  nichts  hinter  sich 
hätten.  Göthe  25, 140 ;  auch  dieser  trieb,  sein  kind  durch 
einen  wohlklingenden  namen,  wenn  er  auch  sonst  nichts 
weiter  hinter  sich  hätte,  zu  adeln  ist  löblich.  26. 2» ;  vras 
ein  vorzüglicher  mann  einmal  denken  konnte,  hat  immer 
etwas  hinter  sich,  wenn  wir  das  ausgesprochene  auch  nicht 
gleich  uns  zuzueignen  und  anzuwenden  wissen.   55, 100. 

/)  dieses  versteektsein  (e)  vird  auch  betont  in  der  formel  hin- 
ter dem  rücken  jemandes:  [nein,  das  ist  zu  arg!  hinter 
meinem  rücken!  ohne  mein  wissen  und  willen!  Göthb  11,277; 
diese  gährenden  rebellen  könnten  hinter  dem  rücken  des 
verschämten  tags  ihre  gottlose  künste  treiben.  Schiller 
Fiesko  4, 12 ;  wofür  älter  bloszes  hinter  einem :  diser  kunig 
Wentzelaw  macht  herm  Galeatzen  von  Malatesl  .  .  zu  eim 
herzogen  und  graven  zu  Pavien  und  zueignet  ym  vil  lands 
yn  Lamparden,  dem  reich  zustend,  hinter  den  kurfursten. 
d.  städtechr.  3, 297, 19 ;  Faber  und  Cocleus  sind  sonderlich 
für  andern  in  bösem  gerücht,  das  sie  .  .  anders  für  dem 
man,  denn  hinder  im  reden  und  handeln.  Spalatin  6«  Luther 
5, 35' ;  das  es  die  warheit  ist,  Carolus  habe  vom  bapst  nichts, 
on  den  bloszen  ledigen  namen  römischer  keiser,  welchen 
er  doch  auch  nicht  hat  wollen  annemen  hinder  dem  kaiser- 
thum  zu  Constantinopel.  8,247';  das  kind  hat  nicht  macht 
sich  hinter  dem  vater  zu  verloben,  br.  2, 517 ;  ihr  wisrt 
nicht  alles,  was  er  für  capital  hinter  mir  aufgenommen. 
Fr.  Müller  1,277; 

die  erst  meisterin  gibt  nicht  zu, 
das  ich  was  hinder  meim  vatter  thu. 

J.  Atrbr  414«  (20S2,  25  Keller) ; 
daran  angeschlossen  heisu  es  hinter  wissen  und  willen  eines, 
wo  wir  jetzt  die  praeposition  durch  ohne  abgelöst  haben:  sie 
wollen  mir  gnediglich  zu  gut  halten,  und  verzeihen,  das  ich 
hinder  e.  k.  f.  g.  wissen,  willen,  gunst  und  bewilligung  mich 
hieher  .  .  widerumb  gefügt.  Luther  2,  S7' ;  zoch  gen  Orla- 
roünde  hinder  wissen  und  willen,  beide  des  fürsten  und  der 
universitet.  3,47*;  gröbelt  er  mir  aber  danach  {nach  dem 
was  ich  schreibe)  hinder  meinem  wissen  und  willen,  und  leszt 
mirs  abstelen.  4, 537' ;  heisze  ich  das  heimliche  Verlöbnis, 
das  da  geschieht  hinder  wissen  und  willen  der  jenigen,  so 
die  überhand  haben.  5,238';  einen  garstigen  chresem,  hinder 
seinem  willen,  durch  lauter  menschen  geliebt  eingefüret. 
6,82';  hinder  wissen  und  willen  meiner  eitern.  Kirchhof 
discifd.  mü.,  vorrede,  ein  beispiel,  welches  hieher  oder  zu  der 
unten  2,  f  aufgefithrten,  gleichen  accusativen  fügung  fallen  kann. 

g)  hinter  in  temporaler  bedeutung,  wie  nach  (vermittelt  durch 
die  bedeutungen  b  und  c  oben):  ein  schmerzhafter  augenblick 
(des  Sterbens) !  aber  hinler  ihm  freiheit !  ruhe !  Gotteb  3,  98 ; 
hinter  unserm  drama  .  .  liegen  keine  solche  erinnerungeo 
(wie  hinter  dem  griechischen,  aus  dem  dithyrambus  entstandenen). 
WackEBHagel  poelik  (1S73)  183; 

wir  zeugen  kind  auf  kind, 
ein  denkmahl  hinter  uns.  das  wir  gewesen  sind. 
LocAü  1,  189,  98. 
etwas    hinler    sich    haben,    so  dasz   man   darüber  hinaus   ge- 
schritten  ist:  als   sie   aber  etliche  fünfzig  meilen  hinter  sich 
hatten.    Cbb.  Weise  erzn.  8 ; 

sie  hat 
des  lebens  schöne  hoffnung  hinter  sich. 

Schiller  Maria  Stuart  2,  9. 
In  der  formel  die  thüre,  das  zimmer  hinter  einem  schlieszen 
liegt  gleichfalls  eine  Zeitfolge  angedeutet:  treibe  diese  von  mir 
hin  aus;,  und  schleus  die  thür  hinder  ir  zu.  2  Sam.  13, 17 ; 
Ehud  gieng  den  saal  hinaus,  nnd  thet  die  thür  hinder  im 
zu.  rieht.  3,23;  eilte  in  mein  zimmer,  das  ich  fest  hinter 
mir  zumachte.    Göthe  19,  293. 

h)  zu  hinter  und  dem  von  ihm  regierten  nomen  treten  ad- 
verbien  der  bewegung,  welche  die  richtung  der  durch  hinter  her- 
vorgehobenen folge  (oben  b  und  c)  näher  zeichnen:  (wir  giengen) 
hinder  dem  dorf  henimb.  ütil.  Lugd.  4, 153 ;  der  mond  gieng 
dazu  voll  hinler  einem  Vorgebirge  herauf.  Göthe  38, 9A ;  hinler 
sich  hinaus  tragen  die  bauem  ihre  spiesze.  Pirroains  tkts. 
par.  %,  64 ; 

M 


1491 


HINTER 


HINTER 


1492 


da  kommt  man  denn 
80  In  der  stille  hinter  ihm  (dem  veriraye)  herum, 
macht  mich  erst  schwächer,  dann  entbehrlich. 

ScHiLLiH  Piccol.  2,  7. 

gir»  in  den  formeln  hinter  .  .  her,  hinler  .  .  drein :  (golt) 
isl  bald  hinder  inen  her  mit  der  strafe.  2  Macc.  6,  13 ;  ich 
wiJI  besser  hinder  euch  her  wischen  {folgen)  alsz  bisher. 
.\<iiER  prec.  2,12;  die  gewalt.  womit  das  fener  hinter  einer 
tupel  her  isl,  die  aus  einer  kuithaune  .  .  fortgeschleudert 
wird.  Kant  9.  37;  er  ist  gewallig  hinter  dein  gelde  her,  sucht 
es  eifrig  zu  erwethen;  Adrast  würde  es  ganz  gcwisz  für  ein 
Agekarletes  spiel  hallen,  wenn  er  sähe,  dasz  mein  veiter  so 
scharf  iüuter  ihm  drein  wäre.  Lessing  1,419;  Laertes  pfiff 
hinter  ihm  drein.  (JöTUt  1»,  M;  Wilhelmen  zog  die  mehr 
besonnene  freuudin  hiuter  beiden  drein.  22,  144.  vgl.  unten 
hinlerhcr,  hinterdrein. 

i)  nur  muadaillich  bat  hinter  auck  den  sinn  unter,  zwüchen, 
bei,  enttcicieelt :  buiriscli  dn  bist  gewenedeiet  hinler  den  wei- 
bern.  Scb«.  l.liati  Fromm.;  temporal  unier,  während:  hinter 
der  kiiche,  nährend  des  gottesdienstes.  das.     vgl.  unten  2,  i. 

1)  hinler  mit  dem  accusativ. 

a)  mit  entsprecliendeii  verben  bewegung  nach  einem  rückwärts 
(fcUgeneii  orte  anzeigend:  sihe  nicht  hinder  dich.  1  Mos.  19,17; 
da  erhub  sidi  der  engel  gottes,  der  für  dem  beer  Israel  her 
/.och.  und  macht  sich  hinder  sie,  und  die  wolksenlc  .  .  trat 
hinder  sie.  2  Mos.  14,19;  und  sol  einen  n<ipf  vol  glul  vom 
ailar  nenien,  .  .  und  hin  ein  hinder  den  Inrhang  bringen. 
3  Mos.  16,  12 ;  legt  sich  hinder  einen  mandel  {iv  fteoiSi  rijs 
OTOtßfji).  Ruthi,':  die  Trojer  alle  haben  sich  vor  der  wulh 
des  Achilles  hinter  die  inauern  ihrer  sladt  geflüchtet.  Wie- 
LASD  14, 3&S;  sie  sollen  sich  hiater  die  tapetcn  verstecken. 
ScHiU.ER  Fiesko  4, 11 ; 

fert  an  der  vasnactu  da  rait  ich 

und  setzt  aiii  junkfrau  hinder  mich,    fasln,  sp.  758,  23  ; 

komm,  schürze,  spring  und  schwinge  dich 

auf  meinen  rappen  hinter  mich !     Uürgrr  14*. 

in  büdern  und  Sprichwörtern:  die  pferde  hinter  den  wagen 
spannen  {ungeschickt  etwas  anfangen).  Schottel  111"';  sich 
binler  einen  oder  etwas  stecken,  zum  vorwand  nehmen;  hin- 
ter die  schule  gehn,  sie  'schwänzen'  (Schm.  1,1136  Fromm.); 
sich  etwas  hinter  das  ohr  schreiben ,  aureni  sibi  pervellere. 
Stcinbach  1,756; 

denkt  ilu-  etwa, 
dasz  hinter  ^iese  vorsieht,  diese  furcht 
ein  schuldiges  gewissen  ."sich  verkrieche? 

Schiller  Kurlos  °2,  14 ; 
darujnb   das   du    mein    vergessen,    und   mich   hinder   deinen 
rücken  geworfen  hast.   Hes.  33.35;  und  wirft  {goU)  des  gott- 
losen Sünde  hindersich  und  decket  sie  zu.  Mathes.  Snr.  113'; 
vgl.  hierzu  wegen  der  Schreibung  hindersich  unten  t; 

und  solt  ich  mutter  dich, 
und  was  ich  Cbrislo  schwur,  so  werfen  hiuter  mich? 
A.  Ghtpuius  1098    1,  503. 
daran   rührend,    hinter   einen    gehen,    weichen,  zurückweichen, 
weggehen:  Jehii  sprach,  was  gehet  dich  der  fried  an?  wende 
dich  hinder  mich.  2  A;««.  9,  IS ;  bedrawet  Petrum  und  sprach, 
gehe  hinder  mich  du    salan.    Marc,  h,  33 ;  musz  ich  .  .    mei- 
nen   hochbeküniinerten    man,    und    arme    unerzogene    kindcr 
hinder  mich  lassen.    H.  J.  v.  Braunschweig  schausp.  132; 

es  hören  meinen  stolz  Bell,  Donau,  Wolga,  Rhone, 
und  weichen  hinter  mich !  Ramler  1,  35. 

hinder  dai  Hecht  füren,  officere  luminibus.  Agh.  $pr.  (|.^60)  144'; 
dasz  ihr  diese  nitrrin  einbildet,  sie  habe  mich  hicmit  hinders 
liecht  geführt,  da  sie  mir  doch  dardurch  den  allergrösten 
dienst  gethan.  und  sich  noch  mit  ihrem  eitlen  kützeln  bisz  auf 
diese  stund  selbst  betreugt!  Sim^.  3,171  Kurz;  und  Adrian 
hatte  uns  beide  hinlers  licht  geführt?  Gotter  schausp.  2St. 

b)  namentlich  auch  mit  verben  des  naeht^ehens ,  verfnlgens : 
ich  .  .  wil  das  schwert  hinder  sie  schicken,  bis  das  (dasz  es) 
aus  mit  inen  sei.  /«r.  n,  lU;  du  Nadtuen,  niust  auch  verderbt 
werden,  das  schwert  wird  hinder  dich  komen.  48,2;  auf  dj 
aller  reube^l  mit  rttcht  hinder  einanderen  kommen,  conten- 
d$re  summa  jure.  Maaler  223* ;  sich  ein  ding  tbun,  nili,  mo- 
liri.  das.;  da  gcrieth  ich  vor  zorn  und  Unwillen  in  eine 
•oiche  raserei,  dasz  ich  mich  beinahe  allem  binler  diu  Mjchs 
bäum  gelassen  und  luil  ihnen  herum  geschlagen  hülle. 
Smpl.  2,  H5  Kurz:  {das  Itbtn)  das  du  leicht  ejnbiit/.cn  kan»(, 
wann  du  dich  hinter  diese  liminel  und  knollliuken  machest. 
M;  eotweder  muul  du  im  ernst  hinter  ihn.  J.  (iurrnüLi' 
tflmUink.  ItM;  und  mit  uHterdrluktem  rerbum:  aUo  binUr 
ibo!  dat. 


c)  von  solchen  Verbindungen  hat  sich  vor  aiiem  hinter  einen 
oder  etwas  kommen  zur  festen  formet  mit  dn  bedeutung  er- 
langen, erreichen  ausgebildet  (vgl.  die  ausführliche  dmlcgung  th.  5, 
sp.  iti-ib  f.):  sobald  ein  gouch  hinder  ein  geuchiu  kunipt  (sie 
zur  frcundin  oder  zum  weihe  erlangt),  sol  er  glich  u  alle  syne 
heimlicheil  entdecken.  Mür.ner  geuclmatt,  Scheibles  klosler 
S,  927 ;  daj  wir  unberctenlichen  von  dej  von  Salzburg  wegen 
hinter  den  krieg  komen  sein.  d.  städtechr.  l,  ib4, 6;  also 
lieszen  die  feind  misern  gereisigen  vil  fürlasz,  daj  sie  gern 
hinter  sie  choinen  wern.  2, 1S4, 5;  auf  diese  zeit  verdrosz  den 
babsl  und  die  Walhen,  dasz  die  streitbaren  Teut-schen  hin- 
ler das  römisch  reich  warenl  komen.  3,66,3;  kau  ein  kleines 
köttcrlein  den  wolf  also  erschrecken,  was  werden  die  groszen 
niolossi  und  schafröden  tbun,  wenn  die  hinder  in  kommen. 
G.  NiGRiNus  beschlag  B  i' ;  damit  er  mir  nicht  hinder  diebatzen 
käme.  Simpl.  3,110  Kurz;  sie  wird  am  ende  doch  errathen, 
dasz  .sie  hinter  die  sadie  gekommen  sind.  Gei-lkrt  3,253; 
hinter  die  Wahrheit  kommen.  Kant  5,  115;  sprichwörtlich  hinder 
die  Sprünge  kommen,  odorari  aliquid.  Stieler  842; 

kumb  ich  hinter  das  künigkreich, 

ir  mfist  mit  mir  regieren  gleich.      H.  Sachs  3,2,  159»; 
dich  heldt,  hat  eingenommen 
ein  ehrgeiz  hinter  disz  mit  ganzer  macht  zu  kommen, 
wasz  weiszlieii  heist  und  ist.  Opitz  1,  12. 

i/<!/ii  entspricht  hinter  einen  oder  etwas  bringen,  dazu  verhelfen, 
Vorschub  leisten :  so  haben  wir  auch  grog  sorg,  wenn  uns  die 
stet  hinter  den  krieg  bringen  und  daj  wir  alle  fursten  uff 
uns  laden,  so  lassen  sie  uus  stecken,  d.  städtechr.  1,  148, 2. 
ebenso  einem  hinter  etwas  helfen.  Schm.  1, 1136  Fromm.;  als- 
bald der  allmecbtig  ewig  golt  durch  syn  gnade  dir  hilfet 
hinder  ein  geuchin.  Murner  geuchmatt  in  Scheibles  kloster  S,9i' ; 
sie  (Melusine)  hat  müssen  am  sainbstag  ein  wurm  sein,  dasz 
ir  gelübnusz  gewesen  isl  gegen  Beelzebub,  auf  dasz  er  ihr 
hinder  den  mann  hülfe  {ihr  diesen  marm  verschaffte).  Kornmann 
mons   Veneris  (lül4)  s.  180. 

d)  hinter,  t»  weniger  sinnliclier  scfiUrfe,  nach  verben  des  auf- 
bewahrens,  weglegens:  ward  in  .  .  geantwort,  uus  wer  solcher 
brief  nicht  bevolhen,  noch  mit  unserm  rat,  geheisz  oder 
wissen  hinter  Hciuzcn  obgenanten  gelegt,  d.  städtechr.  2,72,33; 
der  gouch  ist  heimlich  (verschwiegen)  und  kan  sin  heimli- 
cheil still  hallen  und  vei-bergen,  es  solt  einer  ein  künigrich 
hinder  in  legen  und  veibergen.  UmtiHH  yeuchmatt  g^ib  Scheible ; 
sie  legten  das  gelt  hinter  ein  arme  wilwen,  sie  soll  ihn  das 
behalten.  J.  I'aui  i  bei  Schm.  1,1137  Fromm.;  verbarg  ich 
solche  (b(itzen)  hintn-r  meine  mutter.    Simpl.  3.  tlü  Kurz; 

darumb  gib  in  den  barchet  wider 
und  leg  zur  straf  hinder  mich  nider 
zwei  hundert  güliun  meinen  herrn ! 

J.  Ayrer  /Vi««,  sp.  19*  (2433,20  KelUr); 

namentlich  itn  falle  des  gerichtlichen  enlscheids:  sequestrare  hin- 
der den  scheidman  legen.  Ai.rerus  L  t'  (vgl.  unten  hinter- 
legen); hinter  den  schöffen  stellen.    Werlh.  ded.  2,1h». 

e)  t'on  hier  aus  stefU,  ein  Schutzverhältnis  betonend,  hinter  in 
festen  fm  mein ;  hintereinen  ziehen,  ihm  utUerthan  werden:  und 
ward  doch  getaydingt,  daj  die  drei  Salinan  hinter  mich 
ziehen  sollen,  d.  städtechr.  1,76,28;  hinler  einen  gehen  oder 
kommen,  als  Schiedsrichter  in  anspruch  nehmen,  vgl.  Schm.  1,113« 
Fromm. :  und  daj  die  selben  fürsten,  herren  oder  die  Iren  .  . 
hinter  gemain  stet  uiisers  punds  gegangen  wern.  d.  städtechr. 
1,162,10;  dej  si  ze  bayderseit  mit  irem  wisjen  und  willen 
hinder  uns  gegangen  sind,  wie  wir  da/,  sprechen  oder  er- 
vinden,  daj  »i  an  bayden  laylen  da  bey  beleiben  sulln.  4,181,11; 
darumb  (zu  Stillung  des  Unfriedens)  habent  die  burgar  zu  ge- 
varn  .  .  hinder  uns  gemain  handwerk  lüt.  143,2;  hinter 
einen  schwören,  den  cid  der  treue  und  unterthinigkeit  leisten : 
da  man  da^^  volk  geiii;iinlichen  hinler  die  baubllewie  sweren 
liesz.  2, 18,  anm.  3 ;  h;uit  Franc/.  I'itsinger  hinder  ainen  raut 
(rat)  gcswurn,  weder  sein  leib  nurk  «ein  gilt  von  diser  .tial 
zu  verendern.  5,100  anm.  t. 

/l  die  formel  hinter  mein  wissen  ^ht  neben  der  obenlUl^f 
gegebenen  dativischen :  hinder  mein  wissen  und  willen.  Scbm. 
1,1136  Fromm.;  man  schreibt,  datr.  herzog  Aihrerht  hinter 
des  ung<ri.srhes  königes  wissen  zu  im  nein  gangen  und  in 
höflich  gegrus/.rl  habe,  darüber  sich  der  k<inig  entsalzt  und 
gcfragcl ,  wer  er  sei,  dasz  er  su  freidig  und  hinter  sein 
Wimen  im  ins  losiuneiit  treten  döife.  .Micntz  stamndi.  der 
heutrr  Sachsen  (l.'>üs)  iiab';  da»  er  sich  hinter  mein  wissen 
an  iMii  Iriihlb-rtig  weibaituck  gehkngl.  Ca«.  Wkisx  kl.  kutt  l&». 


1493 


HINTER 


HINTER 


1494 


g)  hinter  tn  temporalem  sinne:  so  sehet  nii  hinfurt  zu,  das 
ir  hinder  euch  gedenkt,  was  ir  gewesen  seid.  Ldtheb  3, 103' ; 
wenn  ich  hinder  mich  gedenk.  155';  was  ist  dir  denn  zu 
mut  wenn  du  hinter  dich  gedenkst.  Sch«.  1,1136  Fromm.; 
wann  ich  hinter  mich  und  über  mich  sehe,  so  befinde  ich  . . 
ein  langes  register,  welches  mich  übei-weiset,  dasz  ich  tausend 
mahl  mehr  wder  dich  gesündiget  hab,  als  mein  nechster 
gegen  mich.  Schtppiüs  683 ;  hinter  mich  flieht  das  vergangene. 
Klincer  •>.as4.  in  einem  sprichworl:  er  denkt  drei  meile  hin- 
ter gotl  [d.  h.  so  weit  zurück,  ais  ^ehsam  noch  nicht  einmal 
gott  war).    Schottel  1115*. 

h)  hinter  und  sein  gegensatz  vor  sind  in  einer  redensart 
formelhaft  verbunden:  hinder  gott  und  vor  gott  bitten,  coelum 
terramque  conteslari.  prompt,  v.  1618  bei  Schm.  1,1136  Fromm.; 
bäte  ihn  dannenhero  hinter  gotl  und  vor  gott,  mich  in  dieser 
noht  nit  stecken  zu  lassen.  Sjmpi.  2,303  Äur;;  sie  bat  mich 
hinder  golt  und  für  gott.    Schwabe  ttntenf.  B"'. 

i)  nur  bairiseh  ist  hinter  in  der  bedeutung  unter,  zwischen: 
hinter  de  leut  gSn,  unter  die  leute  gehen.  Schv.  l,  1136  Fromm, 
vgl.  oben  1,  i. 

*)  die   häufige   Verbindung   der  präposilion    mit  dem  refiextv-   j 
pronomen  sich,   die  in  altern  quellen    oft  als  ein  urort    (hinder-   i 
sich)  gegeben  wird,  und  die  mit  der  gleichen  dativen  {oben  1,  c.  g) 
nicht  verwechselt  werden    darf,    steht   ausser   dem    gew^nlichen 
sinne  {oben  a)  noch  in  folgendem  andern. 

a)  sie  deutet  aus  der  fremde,  von  der  Wanderung  nach  hause, 
aus  der  öffentlichkeit  auf  eine  gelieinie  beratung:  des  wollen  dy 
Müssen  nicht  aufnemen  {die  Hussiten  wollten  eine  disputation 
nicht  haben)  und  gingen  sein  hinler  sich  und  antworten ,  es 
soll  ieder  man  sein  gelauben  halten,  d.  stddtechr.  1,381,3; 
aver  de  halberstadeschen  stede  willen  hinder  sek  spreken 
{beratung  mit  den  ihrigen  zu  hause  anstellen)  unde  us  dal  ant- 
werde  enbeden  by  dren  daghen.  6,  88, 3 :  alsus  schreven  se 
hinder  sik.  7. 270, 20 ;  also  giengen  die  Juden  hinder  sich, 
und  ratschlagten  ein  wyl.  Ulensp.  s.  50  Lappenb.:  des  er- 
lichen  erbietens  musten  die  herren  lachen,  brachten  es  also 
wider  hindersich  an  ir  oberherm.  \Vickr.vm  rotlw.  54,3  Kurz; 
das  gefiel  dem  schultheiszen  fast  wol  und  sagt  er  wolt  es 
an  seine  bureu  hindersich  bringen,  ob  sy  sich  damit  wollen 
lassen  beniegen.    57, 5  ; 

Hagenbach  schritt  hindersich, 

er  wells  {wolle  davon)  ein  büt  gewinnen. 

LiLiETiCROS  volksl.  2,  23,  1 ; 
morgens  frü  schickt  man  hindersich 
die  wägen,  die  in  nachbarlich 
die  von  Strasburg  gaben.    Fischart  ijlückh.  schiff  1053. 

auf  hinter  sich  bringen,  ad  referendum:  aber  gleichwol  sol- 
ches anderer  gestalt  nit,  dann  allein  auf  hindersichpringen, 
die  sach  .  .  zuvor  an  uns  gelangen  zu  lassen.  .  .  annemen. 
ttaatspap.  Karls   V.  414.     ähnlich  417. 

ß)  mit  Verben  des  gehens  weist  sie  von  der  stelle  die  man 
eben  einnimmt,  auf  eine  zurückliegende,  die  qleich  darauf  er- 
griffen wird;  in  der  neueren  spräche  ist  fjemeiHiglieh  zmück  oder 
rückwärts  dafitr  eingetreten:  also  zugen  die  unsern  hinter 
sich  in  die  slal  {vom  schlaetufelde  vor  den  thoren),  und  die 
feint  zugen  auch  hinler  sich.  d.  städtechr.  2, 185, 1 ;  wenn 
man  sie  nümen  ein  wenig  ansibet,  su  fliehen  sie  binder 
sich,  und  vörchten  sich.  Keisersberg  biig,  143' ;  wenn  numen 
einer  .  .  ein  stein  gegen  in  {den  hwnd)  würft,  stracks  so 
hört  er  hff  zu  bellen,  und  louft  wider  hindersich,  und  flucht. 
143*;  des  herzogen  diener  hinder  sich  weichen  Ihet.  Aiinon 
bog.  c;  er  erschrack  und  zöge  hindersich.  Kij;  die  weil  flöhe 
Gripbuu  mit  seinem  volk  wiederumb  hindersich.  Pauli  schimpf 
14' ;  liefen  sie  wider  hindersich  inn  ihr  lager.  15* ;  hinder- 
sich wie  die  krebs  gehen.  15l';  zu  dem  weisz  ich  gewisz, . . 
dasz  sie  .  .  su  kleinlaut  hindersich  gezogen,  dasz  sie  uns 
nicht  bald  mehr  heimsuchen  werden.  Amadis  375 ;  die  beiden  .  . 
lieszen  von  allem  fechten  und  stürmen,  und  zogen  gar  baldt 
hindersich,  gegen  ihren  gezelten  gar  schnell.  6.  d.  liebe  27l'; 
Üarius  floh  wider  binder  sich  in  Persia.  Reiszner  Jen«s.  2,  46'; 
der  Jordan  hat  sich  gewendt  hinder  sich,  lo';  die  krähen 
\\an(llen  in  der  furcht  hinder  sich.  Furer  fitchb.  117';  prüsi- 
dt-ut  taumelt  hinter  sich.    Scbiller  kcd>.  u,  litbe  5,8; 

die  armen  klinege  dringen  t  dich : 

FhUippe  setie  eo  weisen  üf,  und  beii  «i  treten  hinder  sich. 

Waltu»  9,  15; 
der  krebs  tet  leren  seinen  son, 
er  sott  nicht  mehr  hindersich  gohn. 

B.  W  ALDIS  Eufp  1,  88,  }. 


unsinnlicher:  der  mensch  nimpt  im  oft  etwas  für,  und  gehet 
doch  alles  hindersich.  Agr.  spr.  (1560)  5';  und  im  sein  na- 
rung  hinder  sich  ging.  Ulensp.  s.  43  Lappenb.;  soll  man  das 
christenthum  diesen  verdorbenen  magen  akkommodiren  und 
verdünnen,  bis  sie  es  ertragen  mögen,  oder  soll  man  diese 
hinler  sich  gehen  lassen  ia  gottes  namen?  J.  Gotthelf  Uli 
d.  Pächter  (1870)  207; 

docli  wem  all  sein  anschleg  gangen 

hindersich  und  verloren  gar.     Theuerd.  %,  95 ; 

so  viel  anschleg  gebn  hintersich.    H.  Sachs  3,3,5'; 

geht  glück  und  klugbeit  hinter  sich. 

LoHsnsTEiN  Ibrah.  25,  665. 
so  dasz  der  begriff  der  Mnderutig  und  Vereitelung  hervorirüt: 
sie  wollen  das  concilium  alles  hinder  sich  treiben,  d.  städte- 
chron.  5,63,16:  wann  sich  etwan  mein  schwaches  fleisch 
wider  deinen  willen  regen  weite,  so  treibe  du  sokhe  be- 
wegung  hinter  sich.    Schcppils  440 ; 

ja  (ihr)  schreibt  auch  gar  gotslesterlicb, 

die  heilig  schrifl  zieh  hinder  sich 

und  binder  nur,  sei  unnütz  ding. 

Fischart  S.  Domin.  84  {dicht.  1, 125  Kur:)  ; 

und  thet  mich  die  grosz  lieb  bezwingen. 

eur  heürat  hinder  sich  zu  bringen. 

J.  Atrkr  420"  (2109.  4  AW/«»r) ; 
oder  auch  nur  dei-  begriff  des  wankens,  des  unzuverlässigen : 

er  igolt)  ist  ein  vater  gnediglich, 

seine  wert  gehen  nicht  hinder  sich. 

tiöDKKE  H.  TiTT«A!>is  liederb.  206,  11. 

y)  hinter  sich  hallen  auf  wucherische  art  zurückhalten,  in 
bezug  auf  Vorräte  {die  accusative  function  von  sich  ist  hier  icahr- 
scheinlieher  als  die  dative,  vgl.   unter  halten  sp.  28») ." 

das  sie  körn  hindersich  und  wjn 
halten,  bisz  es  werd  dürer  syu. 

Brast  narrenscU.  65,  31: 

die  buren  stecken  ganz  voll  gelt. 
körn  und  wyn  haltens  hynder  sich 
und  anders,  das  sie  werden  rieh, 
und  machen  selber  inn  ein  dür  (iheuruno).    s2,  25. 
ähnlieh  hinter  sich  kaufen: 

dem  soll  man  gryfen  zu  der  hüben  .  .  . 

der  hinder  sich  kouft  inn  s;n  husz 

alls  wyn,  und  kom  im  ganzen  land.    93,  4. 

8)  hinter  sich  mit  verben  des  denkens,  bittet  die  temporale 
bedeutung  zurück  {vergl.  oben  g):  darnach  aber,  als  er  (Jona) 
ist  genesen,  und  wider  lebendig  worden,  hat  er  hindersich 
gedacht,  und  solch  gebet  in  schrifl  verfasset.  Luther  3, 210'; 
darumb  steheis  mit  den  trewmen  also,  das  derselbigen  viel 
war  sind,  und  treffen  zu.  aber  des  zuvor  gewis  sein,  ehe 
es  geschieht,  das  vermag  natur  nicht  geben .  hernach  wenns 
geschehen  ist,  denkt  sie  denn  wol  hindersich.  und  spricht 
sihe,  das  hat  mir  doch  eben  also  getrewmet.    269'. 

e)  eigen  weist  hinter  sich  bei  Opitz  auf  die  zukunß,  wie  ja 
auch  unser  zurück  in  verbindtmg  mü  kommen ,  ketiren  so 
stehen  kann : 

ist  schon  (einmal)  der  geist  verOogen, 

und  ausz  der  baut  gezogen. 

er  kömpt  nicht  hinter  sich.    2,  131. 

vielleicM  hierher  auch:   gleich    wie  auch  Plato  ausz    eim  geist 

und    einer  jungfrawen   soll   hindersich  kommen  sein.    Garg. 

105*,  bei  aufzählung  einer  anzahl  merkwürdiger  geburten. 

?)  i;i  allen  sdchen  Verbindungen  ist  hinter  sich  derart  erstarrt, 

dasz  es  auch  mit  verbal  formen  der  1.  und  2.  person  steht  {vergl. 

gramm.  4,  319  und  für  sich  unter  für  th.  4',  sp.  620  /).     wanx 

diese  erstarr ung  eintrat,  ist  nicht  anzugeben,  mhä.  heiszt  es  noch 

ir  kunnet  wol  hindr  iuch  gän 

michel  baj  denne  vor.    //««/)(»■  zeiUclir.  1,398,  14; 

im  16.  jakrh.  dagegen  wird  hindersich  ausdrücklich  als  ein  wort 
angegeben  {capäur  averbialiter  et  pro  una  diclione  voc.  ine.  Iheut. 
k  l') ;  wenn  ich  hinder  sich  sehe,  und  gedenke ,  wie  es  im 
bapstuin  gestanden  ist.  Luther  6,347";  und  Christus  spricht 
zu  Petro,  als  er  menschlich  gesinnel  war,  trit  hindersich 
Satan.  Frank  paradoxa  38*;  auf  disz  alles  schickt  ich  hinder 
sich  vier  gewaltige  schiff  inn  die  insel  Spagnolam.  weltb.  233* ; 
ir  herren  ruckent  hindersich.  Aimon  bog.  e;  ruckent  hinder- 
sich, dann  der  keiser  ist  hie.  c ;  wenn  du  hinter  sich  ge- 
denken thust.  Gaimy  1S3;  so  wil  ich  hindersich  weichen. 
Amadis  65 ;  dasz  wir  nicht  ohne  sonder  grosze  scbandt  hinder- 
sich weichen  köndten.  96 ;  dem  wolt  ich  hindersich  weichen  . . 
flel  aber  hindersich  über  den  felsen.  Th.  Plateb  23;  wan 
ich  hindersich  sprunge.  24;  gehet  bindersieb  in  die  alte  weh, 
und  sagt  mir,  o  Europaei,  wivil  dise  3  sachen  aller  andefrer 
Sachen  gestalt  und  stand  verändert  haben  in  der  weit.  Schc^- 
pics  "67 ;   das  ich  fürsorg  irieg  wann  ich  mit  diser  antwnrt 


1495 


HINTER 


HINTER 


1496 


hinder  sich  käme  (nach  hause,  $.  oben  a),  es  möchte  ain 
oder  ander  Saxen  oder  Hessen  offendiert  und  dardurch  das 
nothwendig  werk  verhindert  werden.    Schertlin  br.  63 ; 

pox  grint,  ich  mein,  wir  gen  nit  recht. 

get  einher,  lieben  freunt,  und  secht! 

es  ist  nit  meier  Pilzans  haus. 

drett  hindersich  wider  hinausz !    fasln,  sp.  283,  8; 

hüt  dich,      hüt  dich! 

ste  hindersich !    Uhlamd  volksl.  655 ; 

ach  du  Satan  weich  hintersich.    H.  Sachs  3,  1,20T; 

warum  schaust  so  oft  hintersich.    261*; 

und  schaw  nit  nach  mir  hindersich.  3,  2,  52'; 
gedenk  ich  hindersich  an  das,  wasz  ich  begangen, 
so  wird  mir  grausam  hang.  Rompler  33. 

Tj)  schlieszlich  kann  hinter  sich  t»  der  bedeutung  zurück,  nur 
noch  als  adverbium  geßthlt,  auch  mit  verben  der  ruhe  verbunden 
wtrden :  inmaszen  als  hindersich  gcschriben  stat.  d.  stdiitechr. 
5,322,7;  oder  in  derselben  bedeulung  statt  auf  das  subjecl  des 
Satzes  auf  ein  object  desselben  sich  beziehen :  da  het  Ulenspiegel 
ein  lang  leinin  tuch  an  die  wand  hin  gespannet,  .  .  und  da 
zoch  Ulenspiegel  das  ein  wenig  hinder  sich.  Ulensp.  s.  36 
Lappenb. 

&)  hinter  sich  in  fbrmelltafter  Verbindung  mit  seinem  gegen- 
salze für  sich,  vor  sich:  aber  mit  den  unchristen,  der  die 
weit  vol  ist,  kan  niemand  hinder  sich  noch  für  sich.  Luther 
5,237';  dasz  sie  nicht  konten  sinken,  weder  zu  der  rechten 
noch  zu  der  linken,  sonder  fürsich  oder  hindersich,  wie 
die  kützelige  mägd  fallen.  Garg.  32';  wenn  einer  das  abc 
frei  hindersich  und  fürsich  auszwendig  kan.  Frey  garteng. 
84;  so  lasz  allenthalben  in  allen  dingen  deinen  willen  für, 
und  den  unsern  hinder  sich  gehen,  wo  er  mit  deinem  willen 
nicht  überein  stimmet.  Schoppiüs  440;  sie  kaufen  ander 
orten  woll  zusamen,  führen  es  hinder  und  für  sich,  doplen 
also  das  schifllohn.  751 ;  er  kan  weder  hinter  noch  vor  sich, 
haeret,  nee  habet,  quo  se  vertat.  Stei:«bach  1,756;  für  sich, 
hinter  sich,  ein  gesellschaftsspiel.  Wese.mgb  böse  spielsieben  (1702) 
*.  17 ;  der  alles  hinderfürsich  thut,  praeposterus  .Maaler  223'.  — 
Andere  gegensdtze  im  folgenden: 

vil  gandt  gar  stolz  in  schuhen  har, 
und  werfent  den  köpf  har  und  dar, 
dann  hvn  zu  tal,  dann  uff  zu  berg, 
dann  hindersich,  dann  tiberzwerg. 

Brant  narrensch.  9,  4. 

«)  hinter  sich,  spottende  oder  scherzhafte  Verneinung  und 
Weigerung,  etwa  durch  unser  umgekehrt  im  gegentheiU  zu  um- 
schreiben: 

gott  grüsze  euch  ir  n-omer  man, 

ja  hindersich  solt  irs  verstahn. 

DBDBunD  Christi,  ritler  1590  C7'; 
doch  höre  ich  nichts  neues,  denn  eben  mit  solchem  wappen 
und  beim  schmücken  und  zieren  mich  auch  in  unsern  lan- 
den etliche  ehrliche  und  warhaftige  leute  (er  spricht  ironisch), 
ja  hindersich,  als  die  ein  böses  gewissen  haben,  und  sich 
unterstehen  ir  Untugend  und  bubenstück  mir  aufzudringen. 
LoTBER  1,56',  schreiben  an  Leo  X,  das  lat.  original  hat:  nee 
non  audio,  talibus  enim  insignibus  et  in  noslra  regione  me 
oraaverunt,  homines  isti  honestissimi  et  veraces ,  id  est 
pessime  sibi  conscii,  qni  sua  portenia  mihi  conantur  im- 
ponere ;  ei  hinder  sich,  laszt  euch  doch  weren.  Fischart  in 
Zamckes  Brant  317";  solle  dieses  sein  ampt  wohl  verwallet 
hei»zen?  ja:  hinder  «ich,  mein  ich,  wie  die  bauren  die 
spiesz  tragen,  baurenst.  lasterpr.  67,  mit  anklang  an  ein  oben 
1,  h  angeßhrtes  Sprichwort ;  ähnlich : 

sih,  Adam  ist  uns  worden  gleich! 
ja,  hindersich,  wie  der  krens  kreucht. 

B.  Krüger  bei  Tittmann  tchausp.  des  18.  jh., 
«.  31,  546. 

So  gibt  noch  Frisch  an.'  hinter  sich  hinaus,  ironice  für 
nicht,  oder  für  das  gegentlieü,  minime:  fromme  leute,  hinter 
sich  hinaus,  probi  homines  scilicet.  454*. 

i)  über  die  Verbindung  hinter  einander,  s.  th.  3, 143  unter 
einander:  hiemit  hat  er  abermals  zwo  nationen ,  nämlich 
Normaner  und  Schwaben  hinder  ein  ander  gehetzet.  Fiscbait 
bienenk.  12«»';  in  temporalem  sinne:  niemand  denkt  daran, 
dn  nur   zwanzig   menschen    mit   einem    kunstwerke 

hii  I    eben  so  verführen,  der  eiiiundzwari/.ighte  nicht 

rotlji    111   ii.iniu  zu  sehen  hütte.    (iöTHK   17,26«. 

3)  hintr-r  mä  genilir ;  mhd.  nachweise  bei  Lexkr  wb.  1,1203: 
ir  auch  zwei  kinder,  die  er  eelicbcn  bei  ir  i.i.-ri ,,..,..,,  bjnder 
■eio  gelMsen.  Crnei.  urk.  Max.  22;  mich  hr.  diisz 

Bieaund  Öffentlich  nicb  an  den  d.  Ettner  <  i  ,i!li-  su 


heimtückisch  hinter  seiner  reden,  unvors.  hebamme  356  (daselbst 
379  auch  vor  seiner);  wechselnd  mit  dem  accusativ:  um  mir 
erstlich  hinter  die  hosen,  zweitens  hinter  die  oberherrlichkeit 
und  letztlich  hinter  meines  vieles  gelts  zu  kommen.  Simpl. 
3, 109  Kurz;  noch  jetzt  niederöstreichisch  hinter  seiner,  hinter  sich. 
Fromm.  6, 252.     vergl.  auch  hinterrücks. 

HINTER,  adj.  posterior.  Das  wort  ist  identisch  mit  dem 
vorigen;  das  adverbium  hat  adjectivische  functionen  und  damit 
flexion  überkommen,  eine  comparativbildunii,  etwa  zu  hin,  wie 
angenommen  worden  ist,  liegt  in  ihm  nicht  vor;  seinerseits  aber  ent- 
wickelt es,  aus  euphonischen  gründen,  im  nhd.  keinen  comparativ 
(Dasyp.  übersetzt  zwar  posterior  durch  der  hinderer,  aber  wie  es 
scheint  aus  pedanterei) ;  dagegen  tauchen  comparativ  formen  im  ahd. 
mehrfach  auf  Graff  4,  703.     der  Superlativ  ist  nicht  selten. 

1)  hinter  nach  hinten  befindlich,  zuriwk  liegend:  die  hinleren 
Zimmer,  hinteren  bänke ,  hinteren  reihen ;  lasse  dcrowegeu 
die  fünf  vorderste  glieder  (der  soldaten  beim  exerzieren)  still 
stehen ,  und  die  fünf  hindere  glieder  mit  den  gehalhirteii 
reihen  hinein  tretten.  Böckler  kriegsschule  (1668)  s.  313;  wen- 
det man  sich  mit  den  13.  hinlern  reihen  rechts  umb.  314; 
unsre  vordertruppen  litten  stark,  allein  die  hinlern  drangen 
ebenfalls  über  hals  und  köpf  nach.  a.  m.  im  Tockenb.  149 ; 
diese  hintere  säule  (eines  p flugs),  oecon.  lex.  (l73l)  1891 ;  um 
nun  den  hintern  räum  der  piedestalfläche  auszufüllen.  Göthe 
28.  114; 

dieser  Schlüssel  ölTnet 
die  hintern  zimmcr  im  pavillon 
der  königin.         Schiller  Karlos  2,4; 

die  hintern  beine  eines  thieres :  er  trafif  den  hirsch  zun  hin- 
dern klawen  hinein,  dasz  ihm  durch  bede  obrn  hinaus  gieng. 
ACR.  spr.  (1560)  322'; 

dine  hindern  lüeje 

süla  an  minem  munde  stän. 

Haupts  zeitschr.  1,  399,  54. 
In    Verbindung    mit    seinem    gegensatze   für:    das    hinder    für 
kceren,  ungereimte  und  unerhörte  ding  thun,  alle  arbeit  ver- 
lieren, mulgere  Mrcos.    Maaler  223";   temporal:   unser   fraueu 
tag,  der  hintere ,  festum  nativUalis  Mariae.    Frisch  1, 454'. 

Im  Superlativ:  wie  sie  dich  angriffen  auf  dem  wege,  und 
schlugen  deine  hindersten,  alle  die  schwachen  die  dir  bin- 
den nach  zogen.  5  Mos.  25,18;  jaget  ewern  feinden  nach, 
und  schlahet  ire  hindersten.  Jos.  10, 19 ;  (auf  das  commando) 
her  stellt  euch,  so  gehet  das  hinterste  glied  wieder  hmgsani 
zurück.  BöcKLtK  biegssch.  308;  der  hinterste  oder  2te  tlieil 
des  pfluges.    Jacobsso.n  6,  &i'; 

ircn  keiner  wolt  der  hinderst  sein, 

sie  teten  eilends  fliehen.    Uhland  vulksl.  508; 

die  muter  aber  in  der  schar 

die  hindrist  an  der  marter  war. 

WicKRA«  pilger  N  3  hl.  47 ; 

als  sich  die  sonn  begann  zu  neigen, 
darmit  den  abendt  anzuzeigen, 
die  bawrn  vom  acker  zohen  ein. 
wolt  er  auch  nicht  dnr  hinderst  sein. 

WoLGEMUTH  ncwrr  y..s(ip  (1623)  2.  ;tor>. 

2)  der  su])erlativ    ist  namentlich  in  formelhaftem  gebrauch 

a)  mit  seinem  gegensalze  vorderst:  kehret  das  hinderst  zu 
förderst.  Kirchhof  wendunm.  263'.  265";  Jahn  Clam  geht  ein, 
hat  einen  hämisch  zu  hinderst  förderst  angelegt  und  sieb 
gar  wunderlich  stafllrt.  J.  Ayrer  397*  (1997,  6  KW/er);  gedult, 
gedull !  sagte  ich  zu  mir,  gut  weil  will  ding  bähen  (dann  ich 
brachte  alles  das  hinderst  zum  vordersten  vor,  weil  ich  ganz 
verwirret  wäre).  Simpl.  Z,lbO  Kurz ;  in  rtN  wort  verschmolzen :  sie 
Irauerlen  und  wurden  wie  verstockt  und  Ihaten  alles  hinterst- 
Rlr.  E.  MöRiCRE  rter  erzähl.  (1R56)  s.  154.  als  Übersetzung  von 
vare^ov  n^öreQov:  was  der  prose  ein  unverzeihliches  hiu- 
tcrstzuförderst  wöre,  ist  dem  wahren  poelischen  sinne  nolh- 
wendigkeit,  lugend.  (Iöthe  33,203;  durch  welches  hinterst- 
/.uvördersi  die  wunderlichsten  Verwicklungen  und  \crwirrungen 
in  die  nuturlehre  gekommen  sind.  52,85;  Newtons  rortrag 
besteht  aus  einem  ewigen  hintersIzuvOrdcrst,  aus  d«n  tollsten 
transpositionen.  54,42. 

6)  in  den  Verbindungen  zu  hinderst:  da;  drill  klmerlein 
ist  ze  binderst  in  dem  h:nipl.  Mecenberg  4,29;  anfs  hin- 
terste, aufs  dusierste,  letzte:  kerten  do  iren  krieg  allen  Ober 
in.  und  schulten  in,  und  bändelten  in  bisz  uff  dn<  hinderst. 
Kl  bilg.    '•(,';    (der   schuUheisz)    schetzl    die    andern 

t  iiller  binderst.    hmrtiiniF  wendunm.  145*;    (land- 

fii.,..)   u  von  eineiii  bcrni  711111  .iiulern,  von  nnei    statt 

/ur  andern,  dirscibigen  bisz  aufs  hinderst  ausmergeln,  weg- 
küner   32*;    man    solt    den    lliehrnden    nicht    bi«T    auf    dos 


1497 


HINTER 


HINTERACHSE  —  HINTERBRWGER       1498 


hinderst  verderben  anligen  (non  usque  ad  pernicietii  fugienti- 
bus  imtare).   Fronsperger  Isriegsb.  3,  254'. 

3)  ßr  jenes  unhübsche  und  gemiedene  tcort,  vas  tk.  1,  564  ff. 
aufgeführt  ist,  wird  gern  verhüllend  und  mildernd  hinter  in 
substantiver  Stellung,  im  positiv  oder  Superlativ  rericendet: 

miiszt  all  die  garstigen  Wörter  lindern, 

aus  seh— kerl  schurk,  aus  —  mach  hintern.    Götbk  5C,66; 

oß   m   der   schriß   auch    nur   durch  den  anfangsbuchstaben  an- 

gedeutH: 

was  henker!  freilich  händ  und  füsze 

und  köpf  und  b die  sind  dein.    12,  91. 

rMl.  der  hindere  Leier  wb.  1,1293;  so  sol  er  (ob  gott  wil) 
ein  purgation  fressen,  die  im  bauch  und  hindern  zu  enge 
machen  sol.  Lctber  5, 40' ;  ich  were  wert,  das  man  mir  den 
hindern  mit  ruten  wol  zusteupt.  Albercs  tcidder  Wlöre/n  Ht'; 
wider  den  schwerenden  hindern  und  verwundten  maszdarm. 
Tabeb>.\eii.  602 ;  Orchester!  ja,  wo  du  kupplerin  den  diskant 
wirst  heulen,  und  mein  blauer  hinterer  den  konterbasz  vor- 
stellen. Schiller  kab.  u.  liebe  2,  4 ; 

der  hinter  ist  ir  also  schmal,    fastn.  sp.  633,22; 

und  urtail,  das  man  ain  lieht  preng 

und  im  sein  bar  im  hintern  ab  seng.    707,  1$; 

und  wenn  er  keinen  hintern  hat, 

wie  mag  der  edle  sitzen?    Göthe  2,279; 

macht  daher  dem  ersten  fremden  rechts 

einen  tiefen  bückling,  es  war  nichts  scblecbts ; 

aber  hinten  hält  er  nicht  voi^esebn, 

dasz  da  auch  wieder  leute  stehn, 

gab  einem  zur  linken  in  den  schoos 

mit  seinem  hintern  einen  derben  stosz.    13,  114; 

zum  kessel  sprach  der  neue  topf: 

was  hast  du  einen  schwarzen  bauch  I 

das  ist  bei  uns  nun  kücbgebrauch ; 

herbei,  herbei  du  glatter  tropf, 

bald  wird  dein  stolz  sich  mindern. 

behält  der  henkel  ein  glatt  gesiebt, 

darob  erbebe  du  dich  nicht, 

besieh  nur  deinen  hintern.    5,  237. 

In  sprichwörtlichen  Wendungen :  bis  so  lange  sie  selbs  die  feinde 
in  hindern  geschlagen  und  inen  ein  ewige  schände  angehenget 
hat.  Lother  3,  271'  {nach  ps.  78,66);  hat  gleichwol  den  köpf 
aus  der  schlingen  zihen,  und  die  sache  ganz  auf  Hornung 
schieben  wollen,  sihet  aber  nicht,  das  er  gar  mit  dem  hin- 
dern hinein  gefallen  ist.  5,267';  das  man  das  gute  aus  den 
äugen  setzet,  und  allein  in  die  äugen  bildet,  und  ansihet, 
wo  er  unrein  ist,  als  hette  man  lust  einem  andern,  mit  Ur- 
laub, nur  in  hindern  zu  sehen.  360';  gehen  von  der  wand, 
so  zustoszen  sie  den  hindern  nicht.  6, 9s' ;  ich  habe  unsem 
herm  gott  lehren  wollen,  aber  der  fromm  gott  hat  mich  fein 
in  hintern  sehen  lassen,  dasz  mein  meistern  ist  zu  nichte 
worden,  tischr.  27",  als  zeichen  der  Verachtung;  sunst  het  der 
mensch  .  .  .  gott  den  hindern  hotten.  S.  FR.\sii  guldin  arch 
(1538)  vorr.  bL  iij*; 

wau  ich  euch  dan  den  hindern  kort  (kehrte). 

Haupts  zeitschr.  8,  535.  134; 

die  (meretrices)  das  gras  mit  dem  hindern  ahmehen.  facet. 
facet.  430;  dasz  mich  auch  renete,  dasz  ich  meinen  prae- 
ceptoribus  mit  dem  hindern  nit  ins  angesicht  geloffen,  wann 
sie  mir  etwan  zu  zeit  einen  product  geben.  Simpl.  3, 152  Kurz; 
wann  euch  die  magd.  oder  der  knecht  nicht  anstehet,  so 
«hlagt  sie  mit  der  thür  s.  v.  vor  den  hindern  {stoszt  sie  i«r 
thür  hinaus),  unwürd.  doct.  755;  den  hinteren  nicht  bedecken 
können,  vuig.,  pauperem  esse  et  nudum.  Frisch  1, 454' ;  den 
hintern  küssen,  als  zeichen  dus:erster  demut :  so  würde  er  nur 
Jen  ganzen  tag  dem  bürgermeister  den  hindern  zu  küssen 
gehen.  .\.  Grvphiüs  1698  1,883.   als  seichen  liebkosender  neckerei: 

und  halset  und  küsset  in  an  ain  packen 

und  ward  iu  in  den  hindern  zwacken.    faHn.  sp.  325,5. 

In  superlativer  form:  das  die  kutten  am  hindersten,  und  an 
beinen  und  fornen  entgenzet  und  zurissen  ist.  Luther  2,295*; 
ein  ander  ward  mit  der  thür  vor  den  hindersten  geschlagen 
(muszte  aus  dem  hause).  Chr.  Weise  erzn.  75.  auch  im  neutr. : 
i'v  (Mahomet)  gebeut,  wenn  sie  beten  wollen,  sollen  sie  die 
hende  und  angesicht.  und  unten  (mit  urlaub)  das  hinderst 
und  förderst,  wie  ers  grob  gnug  nennet, . .  waschen.  Lcther 
S,  21";  es  {das  eherne  meer)  stund  aber  also  auf  den  zwelf 
ochsen,  das  drei  gcwand  waren  gegen  mitternachl,  drei  gegen 
abend,  drei  gegen  mittag,  und  drei  gegen  morgen,  und  das 
eherne  meer  oben  auf  inen,  und  alle  ir  binderstes  {rä  6ni~ 
O&M  avro»*')  war  inwendig.  2 cAron.  4.4;  welches  geschlecht  seüen 


auch  im  positiv  auftritt :  der  Melech  (ei«  hund)  setzte  sich  schön 
aufs  hintere,  bellte  einige  töne.  J.  Gottheit  schuldenb.  57. 

4)  der  Superlativ  auch  in  anderer  bedeutung :  das  hintere,  ein 
hinteres,  das  aßergetreide,  das  bei  der  Windmühle  hinten  abfälU. 
ScHM.  1, 1138  Fromm.,  vgl.  unten  hinterfrucht,  hintergetreide ; 
das  hintere  des  pfluges,  pflugsters :  die  natur  . .  hat  dir  groszen 
last  ab  dem  halsz  schieben  wollen,  sag  ir  dank,  dann  du 
darfest  kein  schwere  last  tragen,  laden  und  füren,  keinu 
pflüg  bei  dem  hinderen  umbziehen.  du  bist  zu  einem  anderen 
und  bessern  tauglicher,  du  solt  studieren.  Petr.  113*. 

HINTERACHSE,  f.  das  theü  am  hinterwagen,  woran  die  hinter- 
räder  laufen. 

HINTERARM,  m.  lacertus,  im  gegensatz  zu  förterarm,  ulna. 
Stieler  54.  —  plur.  hinterarme,  ist  an  einem  wagen  das  von 
einander  gesperrte  holz,  welches  zwischen  der  schaale  und  achse 
mit  den  von  einander  gesperrten  enden  durchgeht,  und  mit  dem 
vordem  ende  mitten  auf  dem  wagen  liegt.   Jacobssox  6, 8l'. 

HINTERRACKEN,  m.  plur.  nates. 

HINTERRAUM,  m.  der  hintere  Iheil  des  sattelbaums;  beim 
weber  ein  bäum,  der  hinterwärts  im  Webstuhl  zwischen  zwei  säulen 
oder  dabei  liegt,  und  worauf  die  kette  oder  der  nufzug  eines  zu 
webenden  zeuges  aufgebäumt  wird.  Jacobsson  2. 1«',  auch  garu- 
baum,  kettenbaum  genannt. 

HINTERREIN,  n.  das  hintere  bein  eines  thieres.  bildlich  sich 
auf  die  hinterbeine  setzen,  auf  die  hinterbeine  treten,  sich  zur 
wehre  setzen,  widerspenstig  werden :  ehemals  tappte  er  {mein 
mann),  nun  man  sollte  es  nicht  sagen,  aber  wahr  ists,  auf 
allen  vieren,  nur  so  durch  die  weit  hin,  und  sah  weder  rechts 
noch  links,  und  gehorchte  mir  blindlings ;  nun  aber  hat  er  sich 
auf  einmal  auf  die  hinterbeine  gesetzt.  Göthe  U,  309 ;  damit 
sie  sehen,  dasz  ich  keineswegs  gesonnen  bin  auf  die  hinter- 
beine zu  treten  {von  einem  vertrage  zurückzutreten).  Kotzebue 
dram.  sp.  3, 183.  in  einem  andern  bilde:  Klaus,  was  stehen  sie 
da,  und  glotzen  auf  ihren  hinterbeinen  wie  eine  Schildkröte? 
Fbeytag  handschr.  3,  62.  —  Auch  hinteres  bein  an  einem  haus- 
geräth :  die  hinterbeine  {eines  gartenstuhls).  J.  Fall  dämmer.  84. 

HINTERRLEIREN,  verb.  zurückbleiben,  l)  gegenüber  einem 
scheidenden :  hier  sprang  er  in  den  wagen,  halb  entseelt 
starrten  ihm  die  hinterbleibenden  nach.  Schiller  7,9  Kurz; 
vorzüglich  einem  gestorbenen: 

disz,  was  hier  hinterbleibt,  und  auf  die  erde  weist, 
ihr  wolgeschmückter  leib,  wil  hin,  woher  er  kommen, 
in  seiner  mutter  schoosz.  Fleming  132; 

und  hier  gewöhnlich  im  pari,  praet.:  die  hinterbliebenen  betrau- 
ren  den  todten,  superstites  lugenl  demortuum.  Steinbach  1,130; 

drosseln,  singt  in  leisen  cbören, 
amsel,  döt  im  tannenhain ; 
nur  wir  hinterbliebnen  hören 
eure  frühlingsmelodein.    SiLis  123. 

2)  in  bezug  auf  etwas  zu  geschehendes,  unterbleiben:  die  sache 
ist  hinterblieben,  res  intermissa  est.  Stein bach  1, 130. 

HINTERRODEN ,  m.  nennt  der  Uhrmacher  die  hintere  oder 
untere  der  beiden  metallscheiben.  ztrischen  denen  das  räderwerk 
einer  taschenuhr  enthalten  ist.  Jacobsson  5. 660'. 

HINTERBRINGEN,  verb.  nach  hinten  bringen;  bezüglich  einer 
nachricht,  zu  einem  von  der  that  weiter  weg  befindlichen,  femer 
stehenden  bringen,  referieren:  bald  rühmen  sie  {die  fuchsschwänzer \ 
uns  in  unserem  abwesen,  bei  andern,  so  sie  wissen,  das  es 
von  ihnen  uns  wider  hinterbracht  werde.  Rutschky  Po/m.  628; 
er  Ihät  seinem  schuldigen  gehorsam  geiniisz  wie  ein  treuer 
diener  und  hinderbrachte  mir,  dasz  sie  eine  vornehme  frau 
eines  reichen  herrn  wäre.  Stmpi.  3,97  Kurz;  wenn  nicht  in 
währender  schhuht  dem  kayser  von  Pegu  die  gefährliche  nach- 
richt wäre  hinterbracht  worden.  Zigler  Banise  59;  es  ihm 
treulich  zu  hinterbringen,  wenn  einer  oder  der  andere  nicht 
stille  sitzt.  Rabexer  4,  I3ö  ;  Keriin  war  in  der  that  von  der 
sultanin  erkauft,  und  hatte  also  nicht  ermangelt,  ihr  alles, 
was  er  von  Arujas  geheimer  audienz  im  kahinel  des  sultan« 
wuszte,  unverzüglich  zu  hinterbringen.  Wieland  8,443;  aber 
zugleich  hinterbringen  mir  meine  spionen,  dasz  der  ober- 
schenk von  Rock  auf  dem  sprunge  sei,  um  die  iady  zu  werben. 
Schiller  kab.  u.  liebe  3,2;  ich  gehe  zum  kOnige,  ihm  diese 
that  des  entsetzens  zu  hinterbringen.  Tieck  3, 117. 

HINTERBRINGER,  m.:  bald  geben  sie  {die  fuehsschwänzer) 
vor,  sie  betten  eine  und  die  andere  lobreden  von  dem.  dem 
sie  schmeicheln ,  gehöret ,  melden  aber  nicht .  wer  solches 
gesagt,  damit  nicht  der  lobende,  sondern  der  h  int  erbringer, 
möchte  dank  verdienen.  Bitschkv  Palm.  628. 


1499     inNTERBRlNGITNG  —  IIINTERDRETN 


HINTERDREIN  —  HINTERFORNIER 


1500 


HlMTERBHliNGl.NG,  f. :  bei  hinterbringung  dieser  naclirirlif. 

HINTERBHi;ST,  f.  rerhfilknd  ßr  podex:  J.  G.  Sniviin  sinkhl 
in  der  nKkenphil.  l.humlert  15.  cap.  von  dem  aberfit'iiilwn,  dasz 
man  als  gast  in  der  stiibe  sich  setzen  mnsse,  weil  sonst  denen 
kiiideni  die  ruhe  mit  genommen  werde.  ...  die  kindernihe 
nmsz  solcher  gestalt  in  der  frembden  ieute  hinlerhrn>t  ihre 
herberge  haben. 

HINTEHIU'G,  m.  l)  suffrago,  im  gegensuts  zu  vorderbiig 
armus.  vergl.  Iheil  2, 4!t4  unter  bug;  hinderhug,  lauf,  cluuis 
Dasypouius. 

2)  der  hintere  bindriemen  des  geschirrs  an  zug-  und  reitthieriii, 
schtBanzriemen :  poslela,  hindcrboge  an  einem  sadel,  hinderbiip 
au  dem  sattel,  hinderpüeg.  Dief.  44«';  hinderhug.  poslela.  est 
cinguUis  quo  retro  cingitur  eqiius.  voc.  ine.  theut.  k  l' ;  hinderf»ug, 
lignum  incurcum  sive  crassius  lorum  quod  sub  jumentorum  cnuda 
ponitur.  Ai.bkrds  bei  Fkisch  1,  151*.     vql.  fürbug. 

HINTEKBLKG,  f.  hintere  bürg:  ein  vierteil  wysten  sie  der 
hersthall  van  Brunshorn.  und  daj  ander  vierteil  der  hinder- 
burg  zu  Waldecke,  die  mau  nennet  die  nyderburg.  weisth. 
■2,  205  {Hundsrück,  von  1377). 

HINTEHDARM,  m.  beim  embryo  der  säugelhiere  und  vögel 
derjenige  theil  der  dartnanlage,  aus  welchem  sich  der  dirkdarm 
und  mastdarm  hervorbildet. 

HINTERDECK,  n.  deck  des  schi/fes  vom  hindertheil  bis  an  den 
yruszen  mast. 

HINTERDEICH,  m.;  die  achter-  oder  binderdeiche  sollen 
das  land  gegen  das  von  der  höheren  geest  herabflie^zende 
Wasser  schützen,  v.  Zesterfleth  beschr.  d.  alten  landes  56. 

HLNTERDENKEN,  verb.  zurückdenken,  zunächst  temporal,  wie 
noch  jetzt  schwäbisch:  30  jähre  musz  man  sich  zurückerinnern 
od«r,  wie  man  in  Schwaben  sagt,  hinterdenkeu  können. 
morgenbl.  1847,  «0.291;  Theagenes  antwort:  sie  solle  alles 
zum  besten  deuten,  hindersich  denken,  und  etwas  guts  dar- 
ausz  nemrnen.  Chariclia  schrei:  ei  dasz  mich  die  gütter  be- 
hüten, du  manest  mich  an  ein  sach  mit  dem  hinterdenkeu, 
es  kompt  mir  jetzt  ein  träum  zu  sinn.  b.  d.  liebe  217'; 
mein  lelien  hinterdenken  thet.  H.  Sachs  2,2,53'; 
dann  auch  reflexiv,  sich  besinnen: 

wenn  ich  mich  hinterdenke  zwar.    H.  Sachs  3,1,82'; 

bin  gelegen  die  ganze  nacht 

luid  nah  mich  i-rst  recht  hinterdacht, 

dat>  iül  heut  der  neuiiilt  tag-  mit  nain, 

das  ich  aul  erdt  von  himel  kam.    3,1,241'. 

bedenken,  narttentlich  allseitig  und  tief  erwägen  {wie  sclmn  nihd., 
wb.  l,34i>'):  wann  ich  djse  ding  nun  recht  hinterdenk,  so 
erzittern  ich  von  herzen.  Wirsu.ng  Calist.  h3;  dasz  wir  allzeit 
ein  hinderdenkens  haben  sollen,  ob  es  vielleicht  anders  ge- 
riete. FiscHART  10*'.     vgl.  hintersinnen. 

HINTERDKNKl  NG,  /..•  consideratio  hinderdenkung  Dief.  144". 

HLNTERDREI.N,  adv.,  die  Verbindung  des  adv.  hinler  mit  drein 

für  darein  (theil  2, 770),    eine   folge   in  einen  beschlossenen  oder 

wenigstens   abgegrenzten   bezirk   bezeichnend    und    reiben  der  be- 

weguag  beigegeben,     bas  wort  steht 

l)  local :  und  scheint  auch  einmal  einer  (der  Optimismus  oder 
der  Pessimismus)  allein  zu  gaste  zu  kommen,  so  tritt  do(h 
gleich  der  andre  hinter  drein.  Klikcer11,4;  pack  dich,  alte 
hexe!  sagte  er,  und  ging  vorüber,  sie  rief  ihm  den  bekannten 
Spruch  hinterdrein,  (jötiik  25,25t); 

du  rühren  zelin  husaren 

wie  teufet  nul'  mich  ein ! 

ich  mit  gesträubten  haaren, 

jagt  über  stuck  und  stein, 

allein  die  berreii  waren 

noch  schneller  liinter  drein.    Gökinck  1,  2Mt; 

der  satyr  hfipri  nun  liinterdrcin 

mit  ziegenlusz  und  dürrem  bein.     Götiir  41,5S| 

doch  diese,  nicht  gewohnt  besiegt  zu  seni, 

ermannten  sich  und  sturuiten  hiiiterdreiu.     131; 

liul'e,  laul'e  hinterdrein!  KoTZRsue  ilrnm.  s/i.  2,300. 
Unsinnlicher  in  festen  formein:  hinterdrein  sein,  auf  dem  sprumje 
sein:  gedulde  dich,  bis  ich  das  verlorne  wiederlinde;  denn 
eben  jetzt  hin  i<  h  liinterdrein,  es  zu  suchen.  K.nijki.  jihilus.  f. 
d.  well  1  (1770)20;  wachend,  hütend,  verfolgend  nachgehen,  auf- 
merken: wie  «ic  »ich  gleich  vor«al»en,  wenn  er  (der  fürsl)  über 
die  ><(  hfuir  hauen  wollte,  die  stuuten  waren  gleich  hinterdrein. 
(lortiK  H, 201;  in  diesem  xyitleiue  wird  gutt  ohne  unterlasz 
Kt'lubt  und  gepriesen,  wir  kein  rechtlicher  mensch  sich  selb»! 
niocbie  preiaeu  laaacn.  du  ist  nur  iiniurr  die  rede  von  seiner 
gilte  .  .  .  ohne  aiirii  nur  einmal  seiner  gerechtigkeil  zu  cr- 
wttttoeu.    da  ist  ihiu  alle«  eiiinlri ;   rr  l:iszt  sich  ulJe!<  gefallen, 


. . .  was  die  menschen  auch  thun  mögen,  er  ist  mit  seinem 
Segen  inuner  hinterdrein.  Fichte  Appell.  71 ;  hinterdrein  werfen, 
hinterdrein  gehgi :  wenn  sie  ein  gut  ohne  ihr  verschulden 
verloren  haben ,  müssen  sie  denn  alles  übrige  hinterdrein 
werfen?  GörnK  10,130;  sollt  ich  die  meinung  von  ihm  ver- 
lieren, so  mag  dieser  schätz  auch  hinlerdrein  gehen.  30,  24!t. 
2)  temporal:  das  erniefest  habe  ihm  zwar  ganz  wohl,  das 
bestellen  hinterdrein,  pflügen,  graben  und  abwarten  keines- 
wegs gefallen.  (iöTUE  22,153;  ein  herr  .  .  .  soll  auf  seine 
diener  nicht  so  übereilt  den  schweren  arm  fallen  lassen,  da 
hinterdrein  die  reue  nichts  helfen  kann.  34, 20R ; 

verflucht!  zur  rechten  zeit  fällt  einem  nie  waü  ein, 
und  was  man  gutes  denkt,  kommt  meist  erst  hinterdrein. 

7,  78; 
natürlich  fand  man  hinterdrein, 
es  sei  recht  hübsch  ein  teuM  zu  sein.    47,225. 

Das  adverbium,  neben  dem  getrenntes  hinter .  .  drein  (n//.  hinter 
II,  1,  A  sp.  1401)  geht,  kann  vor  dem  \%.jahrh.  nicht  nachgewiesen 
werden,  von  hintendrein  (sp.  I48C)  ist  es  so  unterschieden,  dasz 
bei  diesem  letzteren  drein  die  beireguni/,  hinten  aber  nur  die 
riclUung  derselben  angibt,  während  bei  hinterdieiu  durch  beide 
glieder  des  Wortes  die  nachgehende  beweg uug  gezeichnet  wird. 

HINTERDREINSICHT,  f:  die  vorsieiu  ist  einfach,  die 
hinterdreinsicht  vielfach.  Güthe  40,50. 

HINTERDRINGEN,  verb.  verdrängen,  vereiteln: 

so  weisz  ich  gar  ein  schedlicli  ding : 

wan  man  das  selbig  hindcrtring. 

so  wi'ird  es  zu  vil  gutem  kumun. 

MuRNCR  liUh.  narr  1153. 
HINTERE,  m.,  s.  hinler  sp.  1497. 
HINTERECK.  n.  hinteres  eck: 

secht  seind  disz  nit  gar  schöne  gaben, 

in  disem  hiiidereck  (des  Jesuiterhfillrin':)  begraben? 

FiscHART  (licht.  2,  260,  902  Kur:. 

HINTEREISEN,  n.  pflugsehar ;  auch  das  eisen  eines  hinter- 
hufes  bei  lliieren  die  beschlagen  ivenlen. 

HINTERERKER,  »n.  hinterwärts  angebauter  erker,  abtritt:  riech 
dran  obs  auch  stink  wie  keisers  Vespasians  scheiszhauszoll 
von  den  hinderärkern  und  arszcaminen.  üarg.  161*. 

HINTERFADEN,  «>.,  plur.  hinterfäden.  bei  den  tapetenwirkern 
die  keltenfäden  eines  hochschdfligen  Stuhls,  worauf  hochschaßiqe 
tapelen  (hautelisse)  gewirkt  werden,  welcfie  hinterwärts  ausgespannt 
sind.   Jacobssox  2.  2:)0'. 

H1NTERF.\HRTE,  f.,  auch  nachfahrte,  beim  jdger  die  spur, 
worauf  ein  thier  hinausgeiiangen  ist  oder  hingewechselt  hat,  im 
gegensalz  der  rückfährte;  desgleichen  die  fährte  mit  den  hinter- 
füszen.    das. 

HINTERFÄLLIG,  adj.  zuriukfaUend,  in  bezug  auf  nur  lehnv>eiie 
gegebenes:  dasz  solche  hinderfällige  guter  inventirt  werden. 
Frank f  ref.  5,  s,  §  2.  9.  vergänglich,  dem  verderben  verfallend : 
der  farnusz,  und  fürnemlichen  solcher  stuck  und  guter  halben. 
so  hinderfcllig.  und  durch  den  brauch  teglichs  vernossen. 
geschwecht  und  letstlicli  gar  verzerl  mögen  werden.  Hai.tal- 
913  (v.  1554).  als  rest  verbleibend:  fuchs  schleppen  die  art  des 
trinkens,  wo  drei  je  einen  trunk  und  der  vierte  das  hinter- 
fellige  ausleert,  jus  potandi  oder  zechrecht  (1616)  §  33. 

HINTERFALTE,  f:  ein  grifl'  nach  den  hinlerfallen  ihres 
kleidchens.  Reichenaü  aus  unsern  vier  wänden  1, 19. 

HINTERFENSTER,  n.  fenster  nach  hinten  heraus  sehend,  im 
gegensati  zu  einem  vorderfenster. 

HINTERFLAGGE,  /.  flagge  auf  dem  hintetlheU  eines  schiffes. 

HINTERFLECK ,  m.  und  n.  fleck  oder  stück  leder  auf  den 
absatz  eines  .<ichuhes. 

.HINTERFLLGEL,  m.  ala  jmterior,  bei  insecten. 

HINTERFüLGEN,  verb.  nachfolgen,  verfolgen:  weil  sie  ahei 
ihre  sache  nicht  hinterfolglen,  blieben  die  Non  Hamburg  bei 
ihrer  gerechtigkeil.    Haitaus  913. 

HINTERFOR.MIG,  adj.  von  der  form  eines  hintern:  da  doch 
desz  pferds  hirn  billicb  grösser,  die  canmiem,  w3rm-  und 
hinderförmige  trüszlein  aber  hergegen  kleiner  sein  sollen. 
I'ffenracm  neues  rossbuch  (1603)  8.     vergl.  hintrrmüszig. 

IIINTKHFORMER,  n.,  als  Iheil  der  rüstung: 

(du  sah  man)  rück,  krebs,  kragen,  armichlen, 

kniebuckel,  baiizrr,  helmelin, 

Kchilt,  darlsotien,  |ianen,  hinterromler, 

l'rderbusi  li  nnil  sonst  andere  zicj.    muokenkr.  1,  91i. 

(iii  verhiülender  ausdruck  für  podex: 

«üIhi  mir  doch  nicht  «ein  %\\\  ifenug, 

da«i  du  hudler  mir  wikcIiI  die  iichtib, 

uder  mir  mein  hinderromler 

leyal,  drtimli  üiull  <licli.  dii«  rahl  ich  dir      '    ^- 


1501 


HINTERFRIES  —  HINTERGANG 


HINTERGÄNGER  —  HINTERGEHEN       1 502 


HINTERFRIES,  «».  bei  sduknordnungen  der  hinlere  fries;  bei 
kanonen  der  fries  am  ersten  brttck  derselben,  ziitn  unterschied  des 
hodenfrieses  und  des  miUelfrieses. 

HIMERFRUCHT,  f.  aftergetreide,  das  bei  der  Windmühle  hinten 
abfällt:  was  durch  gottes  seegen  erwachsen  und  eingesammelt 
worden,  es  sei  an  allerhand  geträidig,  reiner  oder  hinterfrucht. 
HoHBERG  3, 2, 9*.     r^.  hintergetreide. 

HINTERFÜHREN,  verb.  in  eigentlicher  bedeutvng  hitUerwärts, 
vom  ziele  ab  führen,  datier  täuschen :  hinderfüren,  persuadere, 
failere.  Stieler  414 ;  du  hast  mir  mein  tochter  hinderfürt  und 
betrogen.  Hugoschapler  (1537)  9;  das  dieselben  mehnnaln  aus 
jugendt  und  unverstandt  .  .  von  andern  arglistigen  aufsetz- 
licher  weisz  und  boszhuftig  binderfürt  und  beredt  werden. 
Haltaus  913. 

HINTERFLLLliNG,  f  füilung  hinter  ufermauern,  im  Leipziger 
tageblatte  sept.  1S65  ward  erde,  sckutt  zur  hinterfülhing  gesucht. 

HINTERFUSZ,  m.  l)  pes  posterior,  bei  den  säugethieren.  in 
bildlichen  redensarten  (tgi.  oben  hinlerbein):  bishero  war  ihnen 
das  glürk  ziemlich  geneifjt  gewesen  und  jetzo  wolle  es  fast 
auf  die  hinterfüsze  treten,  pol.  hofmädg.  85;  will  du  schon 
wieder  anders  Sinnes  werden  und  auf  die  hinderfüsze  treten? 
das  birtigte  frauenz.  54;  die  zweite  stelle  des  Tertuilian  .  .  . 
würde  mir  eben  so  leichtes  spiel  machen,  wenn  ich  im  ge- 
ringsten auf  die  hinterfüsie  treten  wollte.  Lessi.sc  11, 5S3; 
als  jährlich  {in  die  weit)  schriftstellerische  (maulwürfe)  hinein- 
treten, um  sich  auf  die  hinterfüsze  zu  setzen  und  dann  mit 
den  vorderfüszen,  die  an  beiden  maulwurfarten  menschen- 
händen  gleichen,  in  den  buchläden  und  auf  dem  Leipziger 
huchhändlermarkte  ihre  erdhäufchen  als  kleine  musenberge 
anfzuwerfeu.  J.Paul  uns.  löge  1,60. 

2)  miiatursus,  metapedium,  der  ztcischen  der  fuszwurzel  (tarsus) 
und  den  ersten  gliedern  der  zehen  liegende,  aus  ßnf  knocken 
bestehende  theü  des  fustes,  auch  mittelfusz,  fuszbret.  Nekkich 
3,569. 

3)  hinterfusz,  franz.  petit-pied,  ist  eine  schmale  kante,  womit 
die  ndhterin  einen  leinwandbesatz  einfaszt.   Jacobsson  6,81'. 

HINTERGäLLERIE,  f  vorspringender  balkon  am  kintertheil 
eines  Schiffes. 

HINTERGäNG,  «I.  1)  das  gehen  hinterwärts:  es  mäste  doch 
den  weg  hienaus,  und  könte  nach  gestalt  der  sachen  nicht 
geändert  werden,  und  müsse  man  die  sache  richteji,  wie  man 
sie  finde,  dessen  und  kein  anders,  da  helfe  keine  bitte,  vor- 
noch  hintergang,  dem  müste  also  nachgesetzt  werden.  Drey- 
HAUPT  Saal-creys  1  (l"55)  s.  238. 

2)  hintergang  oder  ausgang  heiszt  bei  den  Jägern  der  gang 
eines  thieres  aus  dem  wald  ins  feld.    Jacobsson  2, 259*. 

3)  hintergang,  betrug,  arglist,  vgl.  unten  hintergehen  1 :  hinder- 
gang, fraus,  dolus,  deceptio  Stieler  628;  es  ist  ja  nichts,  das 
den  manschen  mehr  und  eher  umb  seine  gesundheit  und  leben 
bringe,  als  die  hochzeitmacher  und  proceszstifter  mit  ihren 
lügen,  fundgriffen,  schmachschriften,  stichreden,  umbtrieb  einer 
guten  sach,  hindergang,  triegereien,  Schindereien.  Pbilandex 
1,203; 

was  icb  Terheisz  das  ist  gewisz, 
OD  hindergank  on  alln  beschisz. 

MuRNBR  .scMmrnziinft  14*. 

4)  hintergang,  compromiss,  vergl.  hinler  einen  gehen  oben 
sp.  1492,  und  Haltads  913:  gestern  hat  kei.  nuie.  mit  dem 
landgraven  zu  Hessen,  neben  dem  bischofe  von  Hiltensheim 
gehandelt,  von  wegen  des  evangelien,  auf  ein  bindergang. 
Spalatin'  bei  Luther  5,34';  haben  ..  ihres  (der  frauen)  rahts 
gepflegt,  mit  ihrem  raht  alle  ding  gehandlet,  und  auch  auf 
sie  hindergang  gelhan.  Froneperger  A-rif^j!».  3, 203* ;  also  sollen 
wir  auch  vom  compromisz  sagen,  und  wissen  doch  auch  nit, 
(ib  wirs  zu  einer  heimstellung  oder  hindergang  bei  Jesu  bringen 
können,  dann  einmabl  ist  wahr,  dasz  er  es  unsern  teufein 
keinem  zu  gefallen  thue.  Atber  proc.  3, 1. 

5)  bintergang,  die  frist  auf  cergleiclisvorschläge  und  bedingunyn 
skh  zu  erklären:  weil  sie  aber  nicht  wissen  wie  dieselben  {auf- 
f.esetzten  artikel)  ihr  herr  könig  wird  annehmen  . .  haben  sie 
derbulben  einen  hintergang  genomen,  solches  s.  k.  m.  anzu- 
zeigen. Luther  br.  4, 6S3 ;  doch  so  wolle  er  hierzu  6  wochen 
einen  hintergang  geben,  also  doch,  dasz  binnen  derselben 
zeit  ein  jeder  seine  antwort  einbringen  solle.  Dreyhaupt  Sa<ü- 
creys  1,269. 

0)  auch  die  relation  solcher  vorschlage  an  seinen  außraggeber : 
welchen  Vorschlag  Heinrich  von  Einsidel  auf  ein  hindergang 
in  sein  bruder  Abraham  genommen.  Spalati.n  bei  Haltaus 
113;  und  ist  Schneppe  und  Brentius  auch  da  {<iuf  dem  coUo- 


quium  zu  Regen^rg)  die  ihnen  nichts  lassen  nehmen;  und 
ob  sie  wollten  etwas  lassen  nehmen,  so  ist  noch  der  hinter- 
gang da,  dasz  man  uns  auch  fragen  musz.  Lctbbr  br.  5,775. 

HINTERGÄNGER,  m.  deceptor.  subdolus.    Stieler  628. 

HINTERGÄNGIG,  adj.  einen  hintergang,  compromiss  Ihuend: 
hindergengig  werden  (hinter  orfer  auf  jemanden),  compromitr- 
tere.  Haltacs  914.  berufung  tkuend :  auf  solchs  icli  . .  under- 
richtung  thet  des  obbenierten  hinicrgangs  und  anlass  an 
ew«-  künigklich  mayestat,  auch  nuder  spruch  und  gerechtip- 
kait,  so  wir  zu  der  Sweinshaulitin  haben,  und  sunderlicli 
des  gespürten  geverlichen  hindergaugs,  so  sy  irs  tails,  wi«- 
obberiiert  ist,  nach  dem  sy  des  guts  nachmal  nicht  gewaltig; 
mer  gewest  ist,  dennoch  auf  ewer  kuniglich  mayestal  hinder- 
gengig ist.    Cbmel  urk.  Max.  no.  2fö,  s.  401. 

HINTERGÄNGNIS,  f:  hindergangnusz.  ausspähung,  sub- 
sessa.    Maaler  223'. 

HINTERGANGSBRIEF,  »1.  liUerae  compromissi.  Haltacs  914. 

HINTERGASSE,  f  HINTERGÄSZCHEN.  n.  abgelegene  ,jasse 
in  einer  Stadt,  Seitengasse. 

HINTERGEBÄUDE,  n.:  das  ganze  grosze  haus  baute  er 
auf,  mit  hintergebäude  und  waarenlager.  Excel  phil.  f.  d.  weit 
1  (1775)  73. 

HINTERGEBIRGE.  n.  der  hinter  den  höchsten  gipfeln  eines 
gebirges  liegende  theil  desselben;  gegensatz  Vorgebirge. 

HINTERGEDANKE,  m.  geheimer,  verborgen  liegender  gedanke : 
sie  hegen  gar  den  hintergedanken.  das  Journal  späterhin  .  . 
an  die  regierung  zu  verkaufen.  H.  Heine  9.98;  sein  Cha- 
rakter wurde  raenschensclieu  und  schwarze  hintergedanken 
sammelten   sich   in  seinem  Innern.   Frettag  handschr.  1, 274. 

HINTERGEHÄSE.  n.  die  hintertheiie  eines  hase,i. 

HINTERGEHEN,  rerft.  1)  hinter  einen  gehen,  im  falle  der 
kriegführung  und  Verfolgung,  überrumpeln  {vgl.  hinter  H,  2. 6 
sp.  1491):  und  zoch  zu  ainer  port  der  stat  und  hiniergieng 
daj  folk  und  schlug  des  von  Fern  folk  zu  tod.  d.  stddtechr. 
4,78,5;  daher  allgemeiner,  überlisten,  trügen,  täuschen,  mit  per- 
sönlichem object :  hindergon,  bescheiszen.  Maaler  223' ;  als  er 
sie  aber  mit  fuchslisten  hindergieng.  Wicsram  roüic.  55 ;  aber 
eben  an  dem  ort,  da  er  vermeint,  dasz  im  jedermann  solle 
gehorsam  leisten,  hindergiengen  in  die  lüst  und  dückische 
nachstellung  des  glucks.  Amadis  312;  ob  nun  zwar  die  prin- 
cessin  .  .  augenscheinlich  erkennen  kunte,  wie  arglistig 
Chaumigrem  sie  zu  hintergehen  suchte.  Zigler  Banise  (1700) 
112;  ich  redliche,  rechtschaffene  frau,  gehe  mit  ihnen  so 
vertraut  um;  und  sie  hintergehen  mich?  Gellert  3,230; 
einen  betrieger  betriegl  man  nicht,  sondern  den  hintergeht 
man  nur.  hintergangen  bah  ich  ihn.  Lessing  l,  285 ;  es  ist 
das  erstemal  in  meinem  leben,  dasz  ich  jemanden  auf  diese 
weise  hintergehe.  Göthe  20,  .33.  reflexiv  in  einem  Wortspiele 
mit  sich  übergehen,  eundo  confici:  'sie  scheinen  sich  über- 
gangen zu  haben,  mein  herr',  redete  er  mich  an  —  'hinter- 
gangen' fiel  ich  ihm  ins  wort,  'hintergangen  habe  ich  mich, 
indem  ich  einem  betrüger  geglaubt  habe!  ThCmmel  2,92; 

wenns  blosze  larve  war.  um  mich  zu  hintergehn. 

\ViEL.t?«D  21.305  (Kiel.  u.  Sinib.  6, 82); 
weh  deinem  pontifei,  der  stets  die  laieü 
mit  wundem  hintergeht!       Raxler  1,50; 

hintergangen 
von  meiner  blicke  unvorsichtger  spräche, 
gab  sie  der  süszen  täuschung  sich  dahin, 
sie  selber  sei  der  aogoti  dieser  blicke. 

ScHiLLM  Karlos  2,  15; 

wenn  ich  der  hintergangne  bin.    4,9; 

mein  vater  hier  in  PeckinI  meine  mutier 

im  grab!  —  du  hintergehst  mich,  Skirina!    Turand.  i,%. 

mit  sächlichem  object:  ich  war  der  einzige  freund,  den  er  auf 
der  well  verliesz,  um  so  weniger  darf  ich  seine  einzige  hoff- 
nung  hintergehen,    geisterseher,  2.  buch  (werke  7,124  Kurz); 
doch  schwerlich 
möcht  er  des  feindes  kundschaft  hintergehn, 
der  mit  zwei  beeren  seinen  fersen  folgt. 

Jungfrau  r.  Orleans,  prglof  3.  auftr.  ; 
freundschafl !  liebe!  arh!  euch  lassen  uns  die  götter 
nur  von  fern  aus  olTnem  himmel  sehn ; 
diesseits  her  versetzt,  sind  eure  fmcbio  —  bl.itter. 
die  mit  leerem  schmuck  dn^  augc  hinterg«!hn  I 

WiKiASD  9,  344 ; 

er  ändert  stets  (am  grditlit),  rückt  langsam  weiter  vor, 
steht  wieder  .still,  er  hintergeht  die  holtnung.    Götuc  9,  112. 

dann  auch  mit  list  etwas  entfremden :  dasz  Lucifer  meinem 
herreu  Jesu  sein  erb  betrieglicben  hindergangen  hat.  .\tRER 
proc.  1,6;  mein  versoffenes  weih  . .  hat  mir  meinen  Schlüssel . . 


1503 


HFNTERGEMACH  —  HINTERGRUND 


HINTERGUKT  —  HINTERHALT 


1504 


zu  den  geldkästel  hinteigangen  und  hierausz  mir  dreiszig 
reichsthaler  entfremdet.   Abele  4,215. 

2)  auf  einen  compromittiren :  ward  auch  der  krieg  zwischen 
den  Schweizern  und  denen  von  Ziirch  verriebt,  desz  sich 
beder  teil  mit  eid  hinder  tädingsieüt  hindergiengen.  Frank 
chro».  207'. 

HINTERGEMACH,  n.  conclave  posterius.    Stieler  1197. 

HIMERGEREITE,  n.  hinterer  IheU  des  reitzeugs,  Schwanz- 
riemen: hindergereit,  postela,  vulg.  hinderbug.  voc.  ine.  theut. 
K2*;  fr«  M.4ALER  das  hindergrät  am   rosz,   postilena  223*. 

HINTERGESÄSZE,  n. ;  mein  (von  schlagen)  hunter  arm  und 
binteigesäszc.    apantür.  1,  36. 

HINTERGESCHIRRE,  n.  das  Kai,engeschirr  der  beiden  hin- 
tersten kutschpferde,  die  an  der  deiehsel  ziehen,  wenn  nämlich 
eine  kutsche  mit  mehr  als  4  pferden  bespannt  ist.  Jacobsson 
2,  259". 

HINTERGESCHLEPPE ,  n. :  die  pferdekenner  wissen  das 
v(irder-  und  hintergeschleppe  des  pferdes  von  einander  zu 
unterscheiden,  das  hintergeschleppe  besteht  aus  den  hüften 
und  beinen.  die  kniekehle  ist  die  zusammenfügung  des 
liintergeschlepps ,  welches  den  schenke!  mit  dem  beine  zu- 
i^ammen  bindet.   Jacobsso>  8, 216'. 

HINTERGESCHÜHE ,  n.  heiszt  beim  Schuhmacher  derjenige 
theil  des  schuhes,  welcher  die  fersen  umgibt. 

HINTERGESICHT,  n.  scherzhaft    und   verhüllend   ßr  podex. 

HINTERGESTELL,  n.  l)  der  hintere  theil  eines  Wagengestelles: 
da  gieng  der  wagen  von  einander  und  das  hiudergestel  mit 
dem  höbel  {verdeck)  bleib  ston.  Ulenspiegel  s.  93  Lappenb. ; 
ferner  der  hintere  theil  eines  pßuges;  auch  der  hintere  gekrümmte 
rieyel  eines  sattelbaums,  wekfier  die  beiden  seitenstege  hinten  ver- 
einuity  und  dem  köpf  gegenüber  steht. 

2)  verhüllend  ßr  podex.:  brüste  .  .  die  jedoch  noch  innuer 
klein  waren  im  vergleich  mit  dem  kolossalen  hintergestell. 
H.  Heine  2, 95 ; 

ir  hintergstel  suptil  und  dein. 

meisterges.  ms.  yerm.  fol.  23,  no.  11; 
die  bewrin  ausz  irem  bett  recket 
ihr  hindergstell  gar  unbedecket. 

H.  Sachs  2  (1591)  4,  91". 

HINTERGETREIDE,  n..-  der  mensch  will  den  feuervogcl 
mit  hintergetreide  füttern,  das  nicht  einmal  unsere  gänse 
fressen  wollen  I  Walüaü  böhmisches  mdrchenbuch  s.  150.  vgl. 
hinterfrucht. 

HINTERGLATZE,  f  glotze  am  hinterkopf  bei  J.  Paul  scherz- 
haß von  einer  kahlen  stelle  an  plüschhosen:  der  Jude  Judas 
band  ihn  an  {zum  geburtstage)  mit  einem  paar  abgeschabten 
plüschhosen,  besetzt  mit  den  bekannten  zwei  vorder-  und 
einer  hinterglatze.   leb.  Fibels  57. 

HINTERGLIED,  n.  hinteres  glied,  an  einem  finger,  einer  zehe. 
auch  hinteres  glied  eines  logischen  oder  arithmetischen  Verhält- 
nisses,    s.  mittel-,  Vorderglied. 

HINTERGRATTELIG,  adj.:  Saturn  wird  retrogradus  hin- 
tergrattelig  sein  wie  ein  stättiger   esel.    Fischart  groszm.  39. 

HINTERGRUND,  der  hintere  theil  eines  grundes,  ein  wort 
das  zumal  in  der  makrei:  wo  denn  der  künstler  auch  solchen 
forderungen  genug  zu  thun  verstand,  indem  er  den  hinter- 
gnmd  enger,  an  den  seilen  mit  pflanzen  und  blumcn  be- 
setzter hofp,  durch  wohlgerathene  perspecti\iscbe  gemablde, 
ins  unendliche  zu  erweitern  .  .  unternahm.  Götbe  43.313; 
und  in  der  bühnensprache  gebräuihlich  ist:  bintergrund  der 
bühne,  des  theaters;  in  der  mitte  des  hintergrundcs  eine 
grosze  glasthüre.  Schiller  Fiesko  3,2;  was  (m  einem  drama) 
auszer  dem  theater  vorgeht,  was  der  Zuschauer  nicht  siebt, 
was  er  sich  vorstellen  musz,  ist  wie  ein  hinlergnincl ,  vor 
dem  die  spielenden  figuren  sich  bewegen.  GOtue  19,166; 
und  von  hier  aus  bildlich  und  in  festen  formein  auch  eingang 
in  dir  gewöhnliche  sprac^ie  gefunden  hat:  etwas  in  den  hinter- 
crund  stellen;  in  den  hintergrund  treten;  jetzt  aber,  da  die 
kaiser  immer  weiter  auf  den  hintergrund  zurücktreten,  und 
die  herzöge  in  Sachsen  uns  weit  mehr  vor  äugen  stehen. 
Moser  otnabr.  gesell.  2, 3 ;  die  allen  sprachen ,  deren  erler- 
nung  mit  so  viel  inUhseligkcit  verknüpft  ist,  sah  man  in  den 
hintergrund  gerückt.  Göthe  25,222;  so  könnte  ich  mich 
tadeln,  dasz  ich  sie  {mittelaücrliche  bauwerke)  nachher  ganz 
aus  den  äugen  verloren,  ja,  durch  eine  entwickeltere  kunst 
angezogen,  völlig  im  hintcrgrunde  gelns.scn.  272;  bedauern 
wir  den  (ruten  mann,  dem  diese  sorgen,  dem  diese  quälen 
wie  ein  beweglicher  nel"'  n,,  .i,i  m»ig  »orsch«'  '•''■"    »>•'•!    ■'- 


hintergrund   auf   welchem   sich   die    Wirklichkeiten   und   bc- 
scbäftigungen  des  dringenden  tages  hervorhoben,  bald  heran- 
tretend und  alles  gegenwärtige  bedeckend.   22,115; 
0  wer  weisz, 
was  in  der  zeiten  hiniergrunde  schlummert? 

ScHiLLEK  Kar  tun  1,1. 

HINTERGURT,  «i.  an  den  kanonen  derjenige  theil  an  den 
bodenfricsen,  worin  sich  das  Zündloch  befindet,  welcher  auch  das 
kammerband  genannt  wird.    Jacobsson  2,  259'. 

HINTERGÜRTEL,  m.:  hindergürtel,  Schwanzriemen,  po- 
stilena.  Stieler  7lfi. 

HINTERGUT,  n.  das  Meine  giU  eines  hintersassen :  item  nb 
ein  arme  man  uff  einem  hindergul  buete,  weres  sach,  ab 
der  von  dem  gut  zöge  oder  noinc  gehalten  mögt  oder  künde, 
der  soll  sich  des  gebrauchen  zu  verkaufen  oder  genissen,  sn 
er  aller  beste  mocht.    weisth.  3,  883  {fuldisch,  v.  1442). 

HINTERHA.\R,  n.  haar  des  hinlerkopfs;  bei  einer  perückr 
die  haare,  welche  von  der  fronte  und  neben  den  seitenhaaren  von 
oben  herunter  iiber  den  ganzen  hinterkopf  gehen. 

HINTERHABEN,  verb.  zurückhallen,  infinitiv  in  subslantivem 
gebrauch:  alsbald  aber  das  geschrei  und  die  red  unter  ge- 
meinen man  kam.  da  was  kein  hinderhaben  mer.  Tschudi  1,622. 

HINTERHÄßIG,  adj.  zurückhaltend,  karg  im  geben:  diser 
künig  Albrecht  was  ein  harwer  binderhebiger  mann.  Tschuüi 
1, 237. 

HINTERHALB,  adv.  nach  der  hintern  seile  hin:  henDrbricht 
er  durchs  gebüsch;  hinterhalb  schwarze  schaaren  zertreten 
die  Saatfelder.  Fr.  Müller  1,  360.  auch  prdposüional  mit  dem 
yenitiv  und  dativ:  in  Appenzell  henderhalh  dem  hfis.  Tobler 
262*;  Schwab,  enhalb  und  hinderhalb  der  Donau.  Birlincer 
augsb.  wb.  217*.  In  Baiern  scheidet  man  mit  wetterer  richtungs- 
bestimmung  herhinterbalb  hinter,  dem  sprechenden  näher,  binhin- 
terhalb,  dem  sprechenden  ferner :  herhinterbalb  ist's  Schuesters, 
und  hinhinterhalb  ist's  Mayrs.  Schm.  i,  1137  Fromm. 

HINTERHALT,  m.  in  verschiedenen  bedeutungen. 

1)  nach  halt  2,  sp.  270,  riickhalt,  rückwärts  befindliche  stütze, 
gewöhnlich  in  übertragenem  sinne:  defensio  subsidiaria.  Haltal'> 
914;  der  haubtman,  so  mit  im  geredt,  habe  seinen  hinderhalt 
von  herzog  Heinrich,  supplication  an  kais.  maiestat  der  mort- 
brenner  halben  (Wittern*.  1541)  B4';  um  durch  ihre  verwandten 
einen  schützenden  hinterhalt  gegen  die  anklage  zu  haben. 
Klincer  4,235; 

das  man  fertig  bald 
den  uachtruck  und  den  hinderlialt. 

Fischart  dicht.  2,  260,  940  Ku>:. 

Rist  braucht  das  wort  in  bezug  auf  einen  scIuUz  von  kenntnissen, 
indem  er  vom  fürslen  Ludwig  von  Anhalt,  dessen  sprachyelehrsum- 
keit  er  rühmt,  singt: 

was,  der  Hebreer  selbst  hat  dir  den  preisz  gegeben, 

dasz  du  sein  edle  sprach  ergrifTen  dergestalt. 

das  man  dich  billig  musz  deswegen  hoch  erheben, 

ja  herr,  es  war  bei  dir  «in  starker  hindarhalt.    Parn.  451. 

hinterhalt  geht  auch  sowd  auf  den  ort  des  rfickhaltes:  wir  haben 
freunde  im  hinterhall.  Fr.  Müller  3,310; 

er  licsz  uns  zwei  bein  knechten 
daheim  im  hinterhalt.    Rdckkrt  159; 

als  auf  eine  person,  die  ihn  bildet: 

ihr  luitgehüir,  ihr  rath,  ihr  hinterhalt  wcrd  ich. 
Hagedorn  1,  64; 

daher  collealiv  für  reservetruppen :  hierauf  führt  er  sein  beer 
ins  feld  und  stellet  die  ersatzung  und  hinderhalt  auf  beide 
seilen  des  bergs.  Garg.  265*. 

2)  hinterhalt  wird  gern  auch  gebraucht  von  rückhalten  und  heim- 
lichen vorbehalten  des  innem :  der  alte  kluge  Fonsera  merkte 
ihr  endlich  diesen  gemühts  hinterhalt  ab.  jhJU.  storkf  316; 
wenn  zwei  menschen,  wie  es  ja  lautet,  ein  leib  und  eine 
seele  werden  sollen,  so  darf  doch  auch  nicht  ein  stäuhchen 
zwischen  ihnen  sein  von  verschweigen,  hinlerhalt,  verstelluiif; 
und  kflnstelei.  Immermann  Münchh.  4,34; 

kurx  also, 
und  ohne  hinterhalt.    madaml  isu  wahr, 
noch  wahr,  dass  sie  mit  niemand  dort  gespruchni  ? 

ScuiLLBK  karliis  4,  VI ; 
ich  liebte  dich,  du  wärest  mein,  ich  dein, 
ich  kannte  keinen  hinterhalt.  kein  mintraun. 

TiKCK  OcdivKin  s.  101. 

3)  nach  halt  4  ip.  371,  der  ort,  wo  eine  streitbare  truppe  tich 
hirgt,  um  von  hier  den  feind  anzugreifen  oder  ihm  in  den  r&eJcfn 
zu    fallen:   aber   als    «ir    {die  beiden)  die   Franzosen   lioimurii 

.  ■!,,..,     ..;,.    wnndten    (.Millirh    niiid    ikiIhm-    ir-'    Imi.l.iliili    in 


1505        HINTERHALT  — HINTERHALTEN 


HINTERHALTEN  — HINTERHAND        1506 


Aimon  bog.  k,  hier  ungeicöhnlich  als  fem.;  sich  an  den  feind 
anhängen,  und  so  lang  bisz  zum  hinterhalt  locken.  Böckler 
in«5«cAu/e  (1668)  631;  reiten  fort  dem  hinterhalt  zu.  632; 
sollen  sich  in  ihren  hinterhalt  mit  ihren  Christen  begeben. 
633;  sollen  sie  aus  ihrem  hinterhalt  herfür  kommen,  das.; 
zu  mehrerer  Sicherheit  kan  man  auch  500  mnsquetierer  .  .  . 
in  ein  hinterhalt  stellen.  634; 

kartätscheofeuer  unter  sie, 

aus  tückschem  hinterhalt!    Gi.ini  4,9; 

und  kam  der  pilgrim  hergewallt, 

und  lenkte  io  die  unglücksstrasze, 

hervorbrach  aus  dem  hinterhalt 

der  feind  und  trug  ihn  fort  zum  frasze. 

ScHiLtER  kämpf  mit  d.  drachen. 

vid  in  freierer  Verwendung:  unter  dem  euserlichen  ansehen  der 
glükseligkeit  verbergen  sich  oft  die  allerhärtesten  beschwer- 
nässe, und  unter  der  larve  des  nngliikkes  eine  holdselige 
gunst  des  bimmels.  beide  sein  von  der  gnädigen  Torsehung 
in  den  hinterhalt  gelegt :  dasz  wier  im  glükke  nicht  Übermut 
treiben,  noch  im  unglük  verzagen.  Btitscbky  Patm.  24;  doch 
auf  alle  fälle  will  ich  im  hinterhalte  liegen  bleiben.  Göthe 
18, 280 ;  auf  einen  wink  fiel  nun  Jarno  aus  seinem  hinterhalte 
hervor.  281 ; 

iu  dieser  hoffnung  pflanzt  der  treue  Sinibald 

sich  ahermahl  in  emen  hinterhalt 

Rosinens  fenster  gegenüber. 

WiELASD  21,277  (Kiel.  u.  Sinib.  5,181); 

leer  von  lieb  ist  iede  falte 

meines  herzens,  kalt  mein  blut, 

Schwachheit  lauscht  im  hinterhalte 

nicht  mehr  in  gestalt  von  wuth.    Goiisr  1,206. 

4)  hinterhalt  ist  auch  der  act  jenes  bergens  selbst;  es  heiszl 
einen  hinterhalt  machen,  bestellen:  die  menner  zu  Sichem 
bestelleten  einen  hinderhalt  auf  den  spitzen  der  berge,  rieht. 
9,25;  und  da  Saul  kam  zu  der  Amalekiter  slad,  macht  er 
einen  hinderhalt  am  bach.  l  Sam.  15, 5 ;  es  sei  auf  ihn  und 
all  diejenigen,  die  mit  ihm  reisen  würden,  ein  hinderhalt  be- 
stellet. ZiSKGBEF  apophth.  1, 147 ;  wann  man  einen  guten  und 
nutzlichen  hinterhalt  machen  wil.  Böckleb  kriegsschuk  629; 
man  macht  auch  hinterhalt  damit  man  die  fouragierer  oder 
vielmehr  derselben  convoy  möge  schlagen  und  zu  nichte 
machen.  6S0;  hergegen  bestellet  man  auch  einen  hinterhalt. 
wann  der  feind  von  seinem  lager  aufbricht.  631;  bei  allen 
hinterhälten  solle  man  wol  zusehen,  dasz  diesdbige  nicht 
verrathen  (tcerden).  628; 

dorten  fle!  auch  Atta  Troll, 

fiel  durch  hinterhalt.    H.  Hsiüb  17, 101. 

5)  femer  die  dazu  tencendeten  mannschaften  {rergl.  halt  5, 
sp.  272) :  und  gebot  inen  und  sprach,  sehet  zu,  ir  soll  der 
hinderhalt  sein  hinder  der  stad.  Jos.  8,4;  da  brach  der  hinder- 
halt auf  eilend  aus  seinem  ort.  19;  da  Josua  imd  das  ganz 
Israel  sähe,  das  der  hinderhalt  die  stad  gewonnen  hatte.  21 ; 
unter  dessen  aber  musz  man  den  orth  recognosciren,  wo  man 
den  hinterhalt  hinführen  wil.  Böckleb  kriegsschuk  628; 

du  hast  auch  damahls  schon  bescbeid  zu  geben  wissen 
was  eine  Schlacht  erheischt,  wo  stürm  und  anlauf  gut, 
wo  hinderhalt  musz  stehn,  wo  wacht  von  nöthen  thut,' 
und  was  der  sachen  mehr.  Opitz  1,  3 ; 

endlich  liesz  der  dicke  wald 
einen  starken  hinterhalt 
frischer  hammelfresser  (wölfe)  sehen. 

LicHTWKH  fab.  3, 18. 
bildueh  : 

er  musz  bereiu  sein  hocbansebnlich  leben 
dem  kocli  nicht  anvertraun,  nur  ärzten  untergeben. 
e9  überfällt  ihn  schon  mit  wütender  gewalt 
der  reuerfüllie  schmen,  der  scheinlust  hinterhalt. 

Hagedorn  1,  23. 

6)  hinterhalt  dasjenige,  was  beim  wiegen  einer  soole  von  salz, 
vitrid  u.  a.  ton  der  wage  zu  venig  angegeben  wird;  dann  das- 
jenige Silber,  weiches  stets  in  dem  golde  zurückbkibt,  wenn  man 
dieses  auf  nastem  wege  ron  dem  süber  scheidet.  Jacobsson 
2, 259'.  260 . 

HINTERHALTEN,  verb.  zuräcJchaUen,  mit  sächlichem  objeet  ■ 
wann  dem  bischof  nur  v  Schilling  hinderhalten  werden,  er 
wurd  kein  ruw  haben,  sonder  die  weltlich  oberkeil  ernstlich 
umb  hilf  anrufen.  Schade  sat.  u.  pasq.  3,178,19;  soldt  aus- 
theilen  und  nicht  lang  hinderhalten.  R.  v.  Speib  kriegsordn  2- 
da  auch  die  an  got  verzagte  geizhälsz  das  kom  hinderhielten! 
KiBCHHOf  wendunm.  290';  die  geltmiltel  .  .  .  bezwacken  und 
hinderhalten  lassen.  Ph.lasder  2, 557;  von  hinderhaltenen 
schnften  Fkd.  Lugd.  3, 181;  übergab  diesen  beiden  alten  hausz 
und   hof  samt  meinem  ganzen  vermögen  bisz  auf  gar  wenig 


gelbe  batzen  und  cleinodien,  die  ich  noch  auf  die  äuszerste 
noth  gesparet  und  hinterhälten.  ^mpl.  2,  U  Kurz;  sonderlich 
hinterhielt  sie  ihr  freies  und  ausgelassenes  wesen.  Pierol  1,336; 
der  hauptschlüssel,  den  er  bis  dahin  hinterhälten  hatte.  Hippel 
2, 10 ;  aber  sein  agent  hinterhalte  ihm  sein  geld.  J.  Gottbelf 
schuldenb.  25.  in  bezug  auf  ein  geheimnis  zurückhalten,  verhehlen: 
ich  habe  dir  nichts  hinterhälten,  nttö  te  celavi.  Steinbach 
1,683; 

so  wenig  euch  vei^önnt  den  grund  der  weit  lu  spalten, 
so  wenig  könnt  ihr  heut  das  richtbeil  hinterhälten. 

A.  GRTPHres  1693   1,  310; 
ich  trat  mit  frohem  fusz  auf  die  begrasten  auen ; 
doch  unterbrach  mir  oft  die  Schönheit  meinen  schritt, 
ich  hinterhielt  oft  selbst  beschämt  den  tritt, 
der  schon  begonnen  war.  Brockes  2,84; 

beraubt  er  nicht  des  eignen  bruders  kind, 
und  hinterhält  ihm  sein  gerechtes  erbe?    Schiu.u  Teil  1,2. 

Mtt  persönlichem  objeet  zurückhalten,  hindern:  andere  .  .  treibt 
die  furcht  der  gefahr  .  .  mehr  fort,  dann  sie  die  krankheit 
binderbalten  kan.  Kircbhof  mil.  discipl.  119; 

dasselbig  (rerboi)  binderbaltet  mich 

das  ich  den  kejser  nicht  wil  laden.    H.  Sachs  3, 2, 166". 

mit  accusativ  und  genäir,  an  etwas  hindern,  von  etwas  surück- 
halten : 

ob  disz  leid  verbeut  zu  schauen 

eurer  hochzeit  offne  zier, 

hinterhält  uns  der  begier, 

und  last  euch  zu  hause  trauen, 

so  weisz  doch  ein  ieder  wol, 

wie  er  für  euch  wünschen  sol.    Flsiikg  375. 

intransitiv,  hinterhältig,  versteckt  sein  (vgl.  unten  unter  hinter- 
hältig): 

ich  habe  nicht  gelernt  zu  hinterhälten, 
noch  jemand  etwas  abzulisten. 

GöiHR  9,  63  Ophigenie  4,  1). 

HESTERHALTGEDANKE,  m. :  wer  wollte  nicht  den  mäszig- 
keitsgesellschaften,  wenn  sie  weder  für  ihre  personen  noch 
für  ihre  sacbe  hinterhaltgedanken  haben,  das  beste  gedeihen 
wünschen,  grenzboten  1846,  s.  467. 

HINTERHÄLTIG,  HINTERHÄLTIG,  adj.  geheim  haUend, 
zurückhaltend,  versteckt,  in  bezug  auf  gedanken,  ge fühle  und 
wissen :  es  sind  zwar  viel  mit  Offenbarung  ihrer  secreten  hinter- 
hältig. HoBBEBG  2,725';  ich  kann  und  darf  nicht  hinterhaltig 
sein,  fuhr  Eduard  fort:  ich  musz  dir  meine  gesinnungen  und 
Vorsätze  sogleich  entdecken.  Göthe  17,344;  frau  von  Stael 
sieht  in  ihm  .  .  .  einen  mystificierenden  dichter,  der  irgend 
einmal  ein  system  festsetzt,  und  nachdem  er  es  gelten  ge- 
macht, auf  einmal  aufgibt,  um  die  bewunderung  des  publi- 
cums  irre  zu  machen  und  die  gefälligkeit  desselben  auf  die 
probe  zu  stellen,  ich  aber  glaube  nicht,  dasz  mit  einem  so 
leichtsinnig  hinterhaltigen  gedanken  solche  werke  wären  her- 
vorzubringen gewesen.  46, 118 ;  ich  habe  nicht  gelernt,  hinter- 
haltig zu  sein,  noch  jemand  etwas  abzulisten.  57,  72  {Iphig.  in 
prosa  4, 1,  s.  oben  hinterhälten  am  ende) ;  als  ich  hierher  kam, 
dachte  ich  mir  den  herrn  als  einen  recht  hinterhaltigen  mann, 
und  er  ist  so  freundlich  und  sieht  aus  wie  ein  recht  guter 
hausvater.  Fbeytag  handschr.  2,  347. 

HINTERHÄLTIGKEIT,  f :  die  hinterhältigkeit  des  bruders. 
Aüebbach  dorfgesch.  4, 131. 

HINTERHÄLTISCH,  adj.  wie  hinterhältig:  der  Italiäner  .  . 
hat  unter  andern  eine  sehr  redende  pantomime,  womit  er  vor 
einem  falschen,  hinterhältiscben  menschen  warnet.  Ehcel  7 
(1804)  S.  105. 

HINTERHALTÜNG,  f  occultatio,  remotio,  dissimulatio.  Stik- 
leb  745;  hinderhaltung,  cessatio.  Maaleb  223';  nutz  und  gewün 
der  hinderhaltung,  foenus  cessationis.  das.;  hinderhaltung  des 
geweids  oder  fruchten,  frugum  conditio.  223*. 

HINTERHAMME,  f.  pelaso.    Stieler  748. 

HINTERHAND,  f  l)  metacarpus,  der  zwischen  der  handwwzel 
(carpus)  und  den  ersten  fingergliedern  liegende  theil  der  hand. 
Nemnicb  3,  569. 

2)  bei  den  vierhändem  die  hintere  hand:  die  hinterhände  der 
äffen  sind  der  menschenband  ähnlicher,  als  die  vorderhände. 
Bbebx  illustr.  thierleben  l,  3. 

3)  hinterhand,  6m»  kartenspiä,  das  spätere  ausspielen,  im 
gegensatz  zur  vorderhand,  vorband,  dem  anfang  im  ausspielen; 
in  der  hinterhand  sein,  sitzen,  bildlich:  wenn  man  nun  in  der 
hinterhand  sitzt  und  der  feind  bekönunt  die  matadorel  Tie« 
5, 17;  wenn  das  kalte  bewusztsein  einmal  in  die  binterhtnd 
gerathen.  jung,  tischt,  i,  53. 

4)  hinterhand,  in  der  reilkunstj  der  hintere  theil  des  pferdes. 

95 


1507 


HINTERHANG  —  HINTERHORN 


HINTERHUT  —  HINTERKOMMEN 


1508 


HINTERHANG,  m.  ein  fahneuq  auf  der  Weser,  dM  an  «>j<n 
sehifßock  angehängt  wird.  Jaccibsson  «.  S2'. 

HINTERHARHKNWÄRTIG,  adj.,  eine  bUdung  von  Fiscmart: 
•ier  hinderharrenwerlig  nathzug  ward  l)e8timpt  dem  herzopon 
\on  Rackedennarren.  Garg.  201". 
HINTERHAI  PI,  »i.  occiput: 

und  scbosz  durchs  hinterbaupt.  bis  vorn  liiiinus. 
den  scharfen  speer,  der  xuog  und  zahn  zci-scbnitt. 
BÜRGER  15t)'. 

HINTERHAUS,  ri.  l)  der  hintere  llieil  eines  fiauses,  odei  ein 
•in  ein  anderes  hinten  angebautes  und  zu  jenem  gehöriges  haus, 
mhd.  hinderhüs  (Le.xer  «*.  1,  1294);  tnnd.  ebenso  (urkundenbuch 
der  Stadt  Göllingen  2,  205,  104) : 

es  ist  ein  schusz  gefallen. 

mein !  sagt,  wer  scbosz  dadrausz  ? 

es  ist  der  junge  Jäger, 

der  schicszt  im  hinterhaus.    Göthe  2,277. 

2)  aJbgtlegenes,  \d>el  berüdUigtes  haus:  das  jetzundcj'  mehr 
zucht,  schäm  und  erbarkeil  im  Venusberg,  und  vor  zeitea  in 
den  hinderheusern  gewesen  ist,  als  bei  uns  Dcudschen.  Mus- 
ccLOS  hosenleufel  (1556)  C4'. 

HINTERHEFT,  n.  ein  hinten  befindliches  heß ;  bei  J.  Paul 
ncherzhafte  bezeichnung  eines  schiceincschwanzes :  sie  fing  endlich 
die  (scAifei«e)multer  am  schwänze  und  wollte  .  .  .  solche  an 
diesem  hinterhefte  heraus  zerren.  Nepomukkirche  134. 

HINTERHER,  das  adv.  hinter  mit  dem  die  richtung  näher 
uichnenden  her  verbunden,  doch  ist  die  scharfe  bedeutung  von 
her  insofern  abgeschwächt,  als  ein  geijensalz  liinterhin  sich  in 
der  Schriftsprache  nicht  entwickelt  hat  und  in  folge  davon  hinter- 
her nur  allgemein  zug  und  nachgehen  angibt,  ganz  wie  hinter- 
drein, eine  umkelirung  des  Wortes  herhinler  in  der  bedeutung 
dahinter,  darunter,  wird  aus  dem  bair.  dialecte  aufgeführt  Schm. 
1, 11S6  Fromm.;  über  das  dem  entgeyengesetzle  iiinhinter  vergl. 
o6cn  sp.  1443.  dasz  neben  der  adverbialen  zusammenrückung 
hinterher  auch  ein  praeposilionales  hinler  .  .  her  gilt,  ist  oben 
sp.  1491  unter  hinter  angeführt. 

hinterher  steht 

1)  örtlich :  einem  hinterher  folgen,  pone  aliquem  sequi  Stein- 
bach 1,  736;  wenn  aber  ein  so  warmes  product  {Göthes  Werther) 
nicht  mehr  unheil  als  gutes  stiften  soll :  meinen  sie  nicht, 
dasz  es  noch  eine  kleine  kalte  schluszrede  haben  müszte? 
ein  paar  winke  hinterher,  wie  Werther  zu  einem  so  aben- 
thcuerlichen  Charakter  gekommen.  Lessing  12,120;  der  be- 
diente voran  auf  der  treppe,  der  alte  baron  hinterher.  Immer- 
MA.NN  Münchh.  3,  159; 

bald  streut  sie  alles  in  den  wind, 
und  eilt  hinunter  in  den  garten, 
ich  liinterber.        Bcrger  19'; 

der  wildgraf  schwang 
sich  übern  rasen  rasch  voran, 
und  hinterher,  bei  ki^all  und  klang, 
der  trosz  mit  hund  und  rosz  und  mann.    70'; 

hinterher  sein,  etwas  verfolgen,  zu  erreichen  suchen :  ihre  ver- 
dammte Schuldigkeit  ist,  wie  das  weiter  hinterlior  zu  sein. 
Fbettac  handschr.  3,  22 ; 

und  es  Helen  wenig  tropfen 

auf  den  grünen  boden  nieder. 

emsig  waren  drauf  die  biencn 

hinterher,  und  saugten  fleiszig.    Gütue  2,  175. 

2)  seitlich: 

Biancbera  reichen,  wann  sie  (Fortuna)  kaum  gerüllei 

seinen  kästen,  hoch  bis  an  den  rand, 

hat  sie  hinterher  den  strick  getrillei, 

tuul  ihn  aufgeknüpft  durch  eigne  band.    Kürckr  57'. 

mNTERHI.N,  adv.  nach  hinten  hin,  von  einem  tpreclienden 
weg.  bairisch.  Scum.  1,1137  Fromm.;  liinterhin  gfin,  kemen, 
von  schwangern  auf  dem  lande,  sich  in  die  hintere  tlube  otler 
kammer  zurückziehen,  niederkommen:  einen  verslorbeneti  hiiitcr- 
hin  richten,  an  der  obern  Isar,  ihm  die  gMesdienste  richtig  halten 
lassen,  dat. 

HINTERHIKN,  n.  beim  entbryo  der  siugethiere  und  vögel  die 
hinterste  aUheilung  der  gdiirnanlage. 

HINTERHOF,  m.  hinlerer  hof:  dazu  »ein  hau«,  darinnen  er 
Honel,  im  hiiidiTliof.  1  kOn.  7,  h.  i«  litrtchaßslidusern  derjenige 
hof,  der  ton  stallen  und  wagenschui>pen,  auch  von  gebäuden  worin 
die  dienertchaß  wohnt,  umgeben  ist,  /ranz,  basse-cour : 

lux  durch  den  binterhof  die  roii  uuil  diener  i-iii. 

A.  Grtpuius  1698   1,230. 

RIffTERHORN,  fi.  plur.  bioterbOrner,  hintere  abtheilung  der 
MMe»  iei  granhimes. 


HINTERHIJT,  f  l)  die  nachhid,  der  hinler  dem  hauplheere 
befindliche  und  dasselbe  deckende  truppentheil,  sowie  der  ort,  wo 
derselbe  weilt:  nun  hellen  aber  die  von  Augspurg  nin  grosze 
hinderhuct.  d.  stddtcrhr.  5, 50,  37 ;  also  kam  ir  hindcrhuet  gar 
pald  mit  150  pförden.  173, 14 ;  machten  ain  ansclilag  und 
slieszen  (formierten)  ain  hinderhuet  mit  70  pfänden.  249, 13. 
dann  auch  [wie  liinicrhalt  3)  verborgene  stelle  und  truppe,  um 
einen  feind  zu  überfallen:  laszl  uns  den  gröslen  ihcil  unsers 
hanfens  in  die  binderhnt  verstecken.  Amadis  93;  (ein  ritter) 
welcher  heran szer  auf  ein  spitz  eines  felsen  gieng,  und  auf 
allen  seilen  umb  sich  sähe,  ob  er  kein  hindcrhut  und  leut 
entdecken  möchte.  356;  bildlieh:  derhalben  versteckt  sich  der 
knab  Cupido  in  die  hinderhut.  16; 

ein  hinderhut  von  nötlien  ist  (heim  angriff  des  feindes). 
I'hil.  lAigd.  4.  113. 
bei  Eyring  masc. : 

bat  noch  ein  guten  binierhut, 

der  thut  ihn  (den  feind)  bald  flüchtig  verjagn.    1,13. 

2)  allgemeiner,  schütz,  anhält,  stütze:  hinterhut  subsidium. 
Frischlin  nomencl.  471;  gute  binderhru  an  haab  und  gut, 
thesaurus,  subsidium.  Maaler  223';  auf  einen  bauw  an  galt  ein 
hinderhut  haben,  galt  an  ein  ort  legen  ze  bauwen,  seponere 
pecuniam  in  aedificationem.  das.; 

wo  muot  und  jugent  ist  an  (ohne)  guot, 

do  hat  die  lieb  kein  binderhnol.    fastn.  sp.  131,  "20; 

und  dieser  trosi  (o  got)  der  frommen  hinderhut, 

berichtet  möniglich  wamit  er  sich  zu  üben.    Wkckherlin  66. 

3)  wie  hinterhall  2,  verslecktsein  des  gemütes,  hinterlist:  und 
will  mit  der  schlangen  bedeuten,  das  wir  die  listigkeit,  hinder- 
hut und  syn  des  teufeis  ausz  der  schlangen  erkennen  sollen. 
Mei-anchthons  anzeigung  in  eil.  schwersten  cap.  \.b.  Mose  über- 
setzt (1523)  12;  auch  blosz  Zurückhaltung: 

und  alles,  was  er  {der  narr)  hört  und  sieht, 

das  lest  er  unbegeckert  nicht, 

ohn  all  schcw  und  hinderhut, 

darumb  man  in  oft  blewen  thut.    H.  Sachs  5,  366". 

HINTERKAMMER,  f.,  hintere  kammer  eines  bauses. 

HINTERKASTELL,  n.  1)  das  Mnlere  kaslell  eines  scliiffes,  tm 
gegensalz  des  vorderkastells.  Jacobsson  2,260*. 

2)  scfierzhaß  für  hinterer:  warum  will  er  sich  selbst  eine 
ruthe  für  sein  eignes  hinterkastccl  binden?  J.  G.  MCller  Siegfr. 
V.  Lindenb.  (1790)  3, 143. 

HINTERKAUFEN,  verb.  durch  kauf  belrügeu :  der  ha  die 
kaufmannische  beutelzauser  und  geltraauser,  die  genuesische, 
florenzische  und  vencdisch  buchhaltung  gelehret :  und  wie 
man  die  handwcrk  soll  vertrucken:  Iretten  und  spotten,  an, 
vor  und  hinderkaufen.  Garg.  190". 

HINTERKEHREN,  t>er6.  Irans,  nach  hinten  kehren,  der  kentnis 
vorenthalten  : 

im  Josephus  selbst,  der  nichts  nicht  hinterkehrt, 
was  bei  den  Juden  nur  geschehn  ist  wissenswerth. 

Opitz  Hugo  Grolius'  Wahrheit  f.  376. 

HINTERKEULE,  f.  der  hintere  oberscfienkel  eines  essbaren 
thieres:  hinterkeuie  eines  kalbes,  eines  hasen :  als  sie  die 
herren  zuiR  genusz  einer  hinterkeuie  des  erdaufwühlenden 
ebers  aufgefordert  .  .  hatte.  Freytag  handschr.  2.228. 

HINTERKIEMER,  «i.  thiere  mit  hintetwärls  gelegenen  kiemen: 
die  hinterkiemer  oder  ophisthobrunchia  der  Kieler  bucht  von 
H.  A.  Meyer  und  K.  Mübius  erschien  zu  l.ei}i:ig  1865. 

HINTERKLAFFEN,  verb.  hitUer  dem  rücken  schelten,  »cr- 
Idumden  :  hinderclaflen  diffamarc  Dief.  181*. 

HINTERKLÄFFEH,  wi.  verldumder: 

wil  nu  ein  hinderclefTcr  gein  dir  rüemen  sich. 

Kalmar,  meistert.  18,  45. 

HINTERKLAFTHJKEIT,  f  verldumdung:  ich  wil  mich  für 
zweierlei,  nach  des  h.  Augustini  lehre,  sonderlich  hüllen, 
als:  far  denen,  so  durch  ihre  hintcrkblTligkeit  vil  unrcchtx 
unter  den  menschen  stiften ,  und  dem  gleisuer.  Butscukt 
Palm.  71. 

HINTERKLAUE,  f.  hinkre  Idaue  eines  vigrfisters. 

HINTERKOMMEN,  verb.  Ititüer  einen  kommen;  daher 

1)  Um  idierführen.  IIaitaus  015:  da  solcher  hinderkonuucn 
wird,  oder  von  dem  pniviandtnicister  und  marklennergekln|ci. 
IIkutkr  v.  Spkir  krieg.sordn.  33; 

.»6lcbii  über  bn»tu  ails  verauhtot, 

noch  je  einmnl  bei  dir  hetrnohtet, 

dn»  gut  dein  luik  wird  liinderhuniiii  (liahinler  kommen). 

BcBBUN  Stuatme  5,  4,  •.  207. 

2)  iTin  umgehen,  betrügen,  iiberlisten  {wegen  itr  begrifftml- 
wirkelung  vergl.  ultrn   hiiiln^eliin  .«;>.  i.'iou):    hiiilrrkniueii  und 


1 509   HINTERKOPF  —  HINTERLASSEN 

gekawfte  urteil.  Ä.  v.  Evbe  41' ;  darumb  sollen  wir  . .  dieses 
zeuberers  argelist  wol  erkennen,  auf  dasz  er  uns  nicht  so 
sicher  und  schieferig  hinterkomme.  Lütbeb  tischr.  205';  also 
ward  er . .  ton  seinem  eipen  volk  mit  listen  hinderkummen. 
Frank  weltb.  231'. 

HINTEEIKOPF,  m.  occiput,  occipüium.   Stieler  1012. 

HINTERKOPFLOS,  adj.:  dem  kurznasigen,  halbstirnigen 
und  hinterkopflosen  volke  (den  Engländern).  H.  Heijce  9, 136. 

HINTERKORN,  n.  unterkorn,  geringeres  körn;  vergl.  hinter- 
frucht,  hintergetreide. 

HINTERKOSER.  n.  verläutnder  (vgl.  kosen  th.  5,1844.1845): 
verleiunbder,  hinderkoser  und  verlesterer.  Mathesids  kate- 
chismus  225. 

HINTERKRATZEN,  verb.:  der  falschen  erdichtungen ,  mit 
welchen  mich  etliche  Raszier,  wie  vorwärts  leckende  katzen 
hinderkratzt.   L.  Thlbneiszer  wAhgedrung.  aussehreib.  1, 104. 

HINTERKRIECHEN,  verb.  mit  schleichender  hinterlist  bethOren  : 

denn  ist  der  fromb  verklecket  worn, 

und  weisz  nicht,  wer  ihm  hat  geschorn, 

so  hats  ihm  thun  der  heuchler  schnöd, 

mit  seiner  falschen  zungen  öd, 

der  ihm  Schmeichlern  hat  hinterkrochen, 

darnoch  vei^iflet  und  gestochen.    H.  Sachs  2,4,43'. 

HINTERLADER,  m.  neu  aufgekommener  name  ßr  ein  von 
hinten  zu  ladendes  schieszgewehr. 

HINTERLADüNG,  f.  Uidung  eines  schieszgetcehrs  von  hinten; 
mit  einigen  tceiterbildungen:  hinterladungsgewehr,  hinterladungs- 
geschütz,  hinterladungskanone. 

HINTERLAG,  m.:  der  hinderlag,  das  hinder  einen  gelegt 
ist  oder  einem  zu  gehalten  gäben,  deposUum.  Maaler  223'. 

HINTERL.\GE,  f.  tcas  das  vorige,  deponiertes  geld  oder  gut. 

HINTERLAND,  n.  der  hinter  einer  hauplstadt  gelegene,  von  ihr 
wirtschaftlich  oder  poUtisch  abhängige  lanJstrich. 

HINTERLÄNDER,  m.  bewohner  eines  solchen  landstriches. 

HINTERL.\SZ,  m.  l)  das  was  zurückgelassen  oder  hinterlassen 
wird:  absichtlicher  hinterlasz  (liegen  lassen  eines  handschuhs). 
MusÄLS  3,  '25 ;  was  du  während  der  zeit  vom  hinterlasse  ver- 
storbener bürger  dir  hast  aneignen  können.  Fichte  über  die 
franz.  revol.  149. 

2)  das  zurückbleiben  des  hinterfuszes  gegen  den  vordem  in  der 
fährte  des  hirsches,  auch  zurückbleiben,  erfüllung  des  hirsches 
genannt.   Jacobsso?i  2,260*. 

3)  im  Nassauischen  heiszt  hinterlasz  (hinterlosz  gesprochen)  der 
hintere  theil  eines  gebäudes.  Kehrein  198.     vgl.  gelasz. 

HINTERLASSEN,  verb.  l)  hinter  sich  lassen,  einen  ort  ver- 
lassen : 

man  siebt  es  auch  daran, 
dasz  diese  kraft  die  see  empor  bewegen  kan 
aus  ihrer  teufe  her,  kan  städte  ganz  verschlingen, 
kan  Völker  ihren  sitz  zu  hinterlassen  zwingen.    Opitz  1,43; 
kaum  hinterliesz  sein  ross  der  festung  ehrnes  thor. 

J.   E.   SCHLBCEL  4,  8 ; 

aufgeschüttert  von  des  mitleids  triebe 
hinterlass  es  (^ein  liebendes  paar)  betend  unser  grab. 

ßi;sGSR  101*. 

2)  unterlassen:  beides  den  leib  und  die  seel  betreffend, 
jenem  habt  ihr  bei  ihrem  (der  tochler)  leben  zu  rahten  kein 
mittel  hinterlassen,  habt  verständige  ärzte  gefordert.  Opitz 
2. 302.     vgl.  hinterlässig. 

3)  hinter  sich  lassen,  zurücklassen,  eine  person,  sache,  befehle 
nachricht:  wo  hast  du  sie  (ritter)  hinderlassen?  sagt  die 
königin.  Amadis  264 ;  ich  sehe  wol. . .  das  ihr  streitbare  dapfere 
leut  seiet,  doch  halt  ich  darvor,  die,  so  euch  diese  zeichen 
(schrammen  am  leibe)  hinderlassen,  müssen  noch  dapferer  sein, 
als  ihr.  Zinkgref  apophth.  1,131;  die  see  bei  Zirkmisz  in  Kärnten, 
dessen  wasser  (nach  seinem  ablaufen)  fisch .  zwo  eleu  lang, 
hinderläst.  Simpl.  2,  195  Kurz;  der  bediente  gieng  und  hinter- 
liesz Wilhelmen  eins  von  seinen  lichtem.  Göthe  is,  25S ;  über- 
fiel mich  ein  blntsturz ,  der,  ob  er  gleich  nicht  gerährlich 
war  und  schnell  vorüberging,  doch  lange  zeit  eine  merkliche 
Schwachheit  hinterliesz.  19,309;  meine  kerls  haben  ihnen  ein 
andenken  hinterlassen,  sie  werden  ihre  neun  monate  dran 
zu  schleppen  haben.  Schiller  rduber  2,3; 

Karlof.  er  will 

doch  wiederkommen?  hinterliesz  er  nicht? 
prior,      vor  mittag  noch,  versprach  er.     kartos  2, 14. 

4)  namentlich  bezüglich  eines  gestorbenen:  die  alten  haben 
denen  nachkommen  zu  ihrer  zeit  mehr  denkmale  ihrer  tapfer- 
keit  hinterlassen  als  jetzo  zu  geschehen  pfleget.  Ett.ner  tin- 
gewissenhafler  apotheker  (noo)  89 ;  (der  kaiser  welcher)  den  unglück- 
seligen prinzen  Xemiudu,  al*  uiuit^eu  erben  und  besitxer  des 


HINTERLASSENSCHAFT  —  HINTERLEGER  1510 

groszen  reich»  Pegu,  hinterlassen  halte.  Zigler  Banise  bO ;  ich 
kann  dir  keine  reichthümer  hinterlassen,  deine  gestalt  und 
deine  gaben  sind  alles  was  du  hast.  Wielard  12,89;  das 
recept  zu  dieser  Willensstärke  hat  er  uns  nicht  hinterlassen. 
RiEHL  eulturgescA.  nov.  405; 

ein  auftrag,  sagte  sie, 
den  marquis  Posa  hinterlassen.    Schillki  Kariös  5,6: 

ich  gab 
zwei  könige  dem  spanscben  thron  und  hoffte, 
ein  fest  gegründet  werk  zu  hinterlassen.    5,  10. 

part.  hintergelassen  für  hinterlassen:  hait  der  miszthädiger 
nit  so  viel  hindergelassen,  dasz  man  die  kosten  erlegen  kan. 
weisth.  2,318  (ron  1508). 

5)  der  hirsch  hinterläszt,  icird  in  der  Jägersprache  vom  kirsch 
gesagt,  bei  dem  die  fährte  des  hinterlaufs  gegen  die  des  vorder- 
laufs  zurückbleibt,     s.  oben  hinterlasz  2. 

HINTERLASSENSCHAFT,  f.  das  von  einem  verstorbenen, 
auch  ron  einem  weggegangenen,  hinterlasse ne. 

HINTERLÄSSIG,  adj.  nachlässig,  vgl.  oben  hinterlassen  2: 
denn  er  ist  liederlich  und  hinderlessig.  Fronspercer  kriegsb. 
1, 69* ;  aus  meinem  magern  und  ausgehungerten  anblick  und 
hinterlässiger  aufziehung.  Simpl.  i  (1713)  s.  69,  die  früheren 
ausgaben  ciber  lesen  hinlässig. 

HINTERLASSUNG,  /".  das  zurücJÜassen ,  hitUerlassung :  er 
entfernte  sich  mit  hinterlassung  bedeutender  schulden ;  er 
starb  unter  hinterlassung  eines  kindes. 

HINTERLASTIG,  adj.  nach  hinten  zu  beladen,  oder  über- 
laden :  ein  schiff  ist  hinterlastig,    s.  vorlastig. 

HINTERLAUF,  m.  das  hinterbein  vier füsziger  jagdbarer  thiere : 

der  hinderlauf  am  basen,  lumbus  leporis   Maaler  223';  rech- 

I   Schlegel,  hinderlauf,  bug  vom  rech,  hirschenlummel,  lämmer- 

j   praten.    Garg.  53*.  —  Auch  in  der  form  lauft :  die  hinterläufte 

des  hasen. 

HINTERLAUFEN,  verb.  insidioso  cursu  circumvenire.  Stieler 
1085.     vgl.  hintergehen,  hinterkommen. 

HINTERLEDER,  n.  derjenige  ihtil  des  sckuhes,  der  die  ferse 
umgibt. 

HINTERLEGEN,  verb.  l)  verwahrlich  niederlegen  bei  einem 
(vgl.  hinter  einen  legen  oben  sp.  1492) :  hinterlegen,  deponere, 
commütere,  sequestrare  Haltags  915  (mit  belegen  aus  dem  16.  jh.) ; 
sequestrare  hinder  den  scheidman  legen,  sequestratio  das  hin- 
derlegen Alberüs  Li*;  der  nit  nach  dem  seckel  stell  und 
greift,  sein  band  nit  legt  an  hinderlegt  gelt.  Agr.  spr.  (1560) 
212*;  von  hinterlegten  geldt  ist  der  dritte  pfennig  desz  »chult- 
eiszen.  Kirchhof  mil.  disc.  257 ;  sie  verlasse  keinen  besseren 
schätz  hinder  ihr,  als  den,  welchen  sie  bei  den  armen,  und 
dann  bei  den  wolverdienten  dienern  hinderlegl  hätte.  Zins- 
CREF  apophth.  1, 162 ;  hundert  thaler  muszte  sie  damahls 
caution  hinterlegen  bis  zur  ausgemachten  sach.  Fr.  MCller 
1,274;  vor  kurzem  jedoch  ist  mir  offenbart  worden,  dasz  es 
(das  testamenl)  im  hiesigen  polizeiarchive . .  hinterlegt  worden 
sei.    IxiiERHANN  Münchh.  2,164; 

reichthum  macht  nur  mutb, 

wenn  mans  gebraucht  wie  hinterlegt  gut. 

SiaROCK  spnchw.  s.  452. 

auch  für  suh  verwahren,  zurücklegen,  von  erspamissen: 

wann  mein  feld  mir  so  viel  garben,  als  der  krieg  trug  unrecht, 

trägt, 
wil  ich  haben  grosze  schätze  gar  in  kurzem  hinterlegt. 

LoGAU  3,  110,  51. 

Früher  sagte  man  sich  hinderlegen  mit  etwas,  steh  mU  Hmas 
verwahren,  versehen : 

ein  wolf  eis  mäls,  als  man  uns  seit, 

hat  sich  mit  spise  binderleit. 

in  einer  vluo  nät  er  ein  hol 

mit  guoter  »pis  gevüilet  wol.    edetsiein  56,  2. 

2)  zurücklegen,  zurückhalten:  will  ich  auch,  was  mir  disz- 
fals  zu  gemüth  kommen  ist,  nicht  hinterlegen.  Spke  g.  tugend- 
buch C97;  zurückhalten,  utUerdrücken :  der  limoniensaft  hinder- 
legt das  zittern  des  herzen.    Tabernaem.  1868. 

3)  zurücklegen,  die  lebensjahre:  anerwündschen,  das  dieselbe 
noch  vil  einkommende  jähre  bei  ersprieszlichem  wohiwesen 
hinterlegen  mögen.    Rctscbky  kanzl.  529; 

jetzt  befiehlt  der  kurze  rest  von  dem  hinterlegten  jähre 
meiner  alten  Schuldigkeit,  dasz  sie  keinen  weihrauch  spare. 

GÖMHER  852. 

HINTERLEGER,  m.  l)  der  etwas  hinterlegt,  diniert. 

2)  im  bergwtrk  eines  der  bretstücke,  mittels  deren  bei  der  thür- 
itockzimmerung  der  zwischen  den  thürstöcken  an  der  forste  und 
an  den  stiuen  offen  bleibende  räum  verwahrt  wird,    Veith  273. 


1511        HINTERLEGUNG  — HINTERMANN 


HINTERMÄSZIG  — HINTERREDEN        1512 


HINTERLEGUNG,  f.  deposUio.  \ 

HLNTERLEHiSE,  f.  bei  den  bleiarbeüem  der  läiUertlieü   ihrer   \ 
kufe,  auch  rücklehne. 

HINTERLEIB,  m.  hinterer  theü  des  leilies  bei  thieren. 

HINTERLEITIG,  HINTERLEITISCH,   adj.   auf  einem   berg- 
hang (einer  leite)  lieijend,  welcher  sich  fiegen   norden   senkt   und   j 
daher  vxnig  sonne  hat.     in   Baiem.   Schm.  1,  1137  Fromm.   —   ! 
vgl.  olien  hinten  sp.  1484. 

HINTERLING,  m.  rückgang,  rückstand;  nachtheil,  schaden, 
sehveiicrisch  Tobler  262':  im  hinderling  sein,  zurück  sein, 
1.  b.  in  einer  arbeit.  Stalder  2,  44.  In  Kärnten  ist  hinterlink, 
in  noch  sinnlicherer  bedeutung  name  einer  wiese  und  eines  ackers, 
auch  für  podex.    Lexer  142. 

HINTERLIST,  f.  kunst  hinter  jemandes  rücken  zu  dessen 
schaden  angewendet,  versteckte  arglist,  nachstellung,  falhtrick ; 
mhd.  hinderlist  Le-yer  wb.  1,1295:  hinderlist,  insidiae,  durch 
hinderlist,  insidiose  Maaler  223';  hinderlist,  insidiae,  technae, 
plagae  Stieler  1168;  dieser  (Pharao)  treib  hinderlist  mit  un- 
serm  geschlechte,  und  handelt  unser  veter  übel,  apostelgesch. 
7,19;  dieweil  ich  tückisch  war,  habe  ich  euch  mit  hinder- 
list gefangen.  2  Cor.  12, 17 ;  des  feindes  hinterlist  entgehen, 
tnsidias  inimici  vitare.    Steinbacb  1, 1059 ; 

dein  vater  Siegewin  (mög  er  im  abgnind  brennen !) 

trug  über  meinen  einst  bei  einem  offnen  rennen 

mit  hinterlist  den  dank  davon.    Wieland  22,23  (Ob.  1,35). 

auch  im  plur.: 

Mars  hat  dir  oft  geflucht, 
wenn  du  Ton  fernen  hast  dem,  der  dich  hat  besucht, 
sein  hfiuflein  nutzbar  vieh  für  dessen  (jenes,  des  Mars)  hintsr- 

listen, 
wo  ginzlich  nicht  bewahrt,  doch  vielmals  helfen  fristen. 

LocAO  1,  192; 
gebunden  ward  der  fürst  der  hinterlisten. 

Arndt  ged.  (1340)  429. 
HINTERLISTEN,  verb.  insidiis  aliquem  petere,  tentare,  inclu- 
dere.   Stieler  1169. 

HINTERLISTER,  m. ;  welches  äugen  snell  varend  sint  und 
scharpfsihtig,  der  ist  ain  betrieger,  ain  hindcrlister  und  ain 
diep.   Megenberc  43,  27. 

HINTERLISTIG,  adj.  und  adv.  insidiosus,  insidiose,  mhd. 
hinderlistec :  welher  mensch  tief  äugen  hat  vast  hin  ein  ge- 
setzt in  da;  haupt,  der  ist  kündig  oder  hinterlistig  und  ain 
betrieger  .  .  .  aber  wenne  diu  äugen  nach  der  lengen  ge- 
setzt sind,  so  ist  der  mensch  hinderlistich  und  ain  betrieger. 
Mecekberc  43,20.  24;  sie  (die  fleischliche  liebe)  ist  eigennützig, 
hinderlislig,  schalkbaftig.    Agr.  spr.  (1560)  298*. 

HINTERLISTIGKEIT,  f.  hinterlistiges  wesen,  insidiae.  Stein- 
bach 1, 1060 : 

wann  er  uns  vor  oft  hat  erzeigt 

solche  falsche  hinterlistigkcit.    fasln,  sp.  81,  33. 

HINTERLOCH,  n.  anus:  es  werden  als  leckerbissen  aufgestellt 
storken,  ohn  das  hinterloch,  darinn  der  frOsch  hindenrier- 
theil  unverdawet  ligen.    Garg.  42*. 

HINTERLOCKE,  f,  plur.  hinterlocken,  sind  beim  perrücken- 
macher  die  haarlocken  einer  stulzperrücke  am  hintertheile  des 
köpfet.   Jacobsson  2,  260\ 

HINTERLCGEN,  verb.  durch  lügen  benachtheiligen,  zurück- 
bringen: das  ich  falsche  gezügnisz  geben  hab  wider  min 
nechsten,  den  betrogen  oder  hinderlogen  hab.  manuale  eu- 
ratorum  (1506)  85,2; 

der  fründ  zertrag  und  hinderlieg.    Bramt  narrensch.  7,27. 

HINTERMANN,  m.  der  hinler  einem  andern  sleliende  mann; 
im  allgemeinen:  dasz  der  junge  mann  (im  theater)  zum  ver- 
drusz  seiner  hintennänner  den  but  aufbehalten  und  ihn 
bartnackig  das  ganze  stQck  hindurch  nicht  abgethan  hatte. 
GOtbe  19,230;  hgtte  die  unartige  gewohnhcit,  seinen  stock 
horizontal  unter  den  arm  zu  nehmen,  wobei  er  seinen  hinter- 
mann  einigemale  empfindlich  auf  den  bauch  gcstoszen  hatte. 
Uacklämoer  neue  geschichten  (lt)C7)  290;  pertonificirend  von  einem 
gUede  des  körpert  (beim  tchriltschulifahren,)  wo  dus  vurwürts- 
dringen  dem  zurückbleibenden  fusze  zukommt,  indem  er 
zugleich  die  Obliegenheit  übernimmt,  noch  eine  solche  an- 
rcgung  zu  geben,  dasz  sein  nunmehriger  hintermann  auch 
wieder  eine  zeit  lang  sieb  vorwärts  zu  bewegen  die  beslim- 
mung  erhalt.  GOtre  M,  125 ;  müüiritch,  der  im  zweiten  oder 
dritten  gliede  stehende  mann: 

auf  die  kniee  geworfen, 

feuern  die  vordem,  viele  tleben  nicht  mehr  auf, 

locken  reitxt  die  streifende  karttUiche, 

auf  TonnaoDi  rümpfe  nprlngt  dar  hlniermann. 

8f an  I  la  äis  tdäaeht. 


hintermann  in  der  Schiffahrt,  der  beistdnder,  oder  ein  schiff, 
welches  dem  flaggenschiffe  hinten  zum  beistände  gegeben  wird. 
Jacobsson  2, 260'. 

HINTERMÄSZIG,  adj.  nach  art  eines  kintem:  dieweil  die 
pferde  haben  .  .  auch  gröszere  cammern,  wSrmförmige  und 
hindcrmäszige  trüszlein,  den  das  hirn  der  menschen.  Uffen- 
bach  rossarznei  (1603)  s.  8.  —  vgl.  hinterförmig. 

HINTERMADL,  n.  ßr  podex.  Luther  6,495'.  Leyermatzs 
lusHißr  correspondenziieist  (1668)  s.  139. 

HINTERM  STRAUCH,  m.  name  für  einen  buschklepper,  draszen- 
räuber.    Kirchhof  wendunm.  283'. 

HINTERNAHT,  /".  die  naht,  die  an  den  hinterquartieren  eines 
Schuhes  herunterijcht. 

HINTERNIEDERLASZ,   m.   nennt   es  der  jdger,   wenn   eine 
sau  mit  dem  hinlerfusz  völlig  zu  boden  tritt.   Jacobsson  2,  260'. 
HINTERNIETEN,  verb.  vernieten,  durch  umgeschlagene   nägel 
fest  nieten: 

da  fand  der  bawr  ein  Ssscbcn  holz, 
war  zäh  und  grad  gleich  einem  bolz, 
als  ers  het  in  die  axt  geschnitten 
zu  masz,  mit  negeln  hindernieten, 
er  hieb  ab  mit  seiner  axt  bald 
all  bäum  nach  einander  im  waldt. 

B.  Waldu  Esop  i,  39, 12. 

HINTERPFAND,  n.  im  bergbau  holz,  welches  zwischen  die 
Verzimmerung  und  das  gebirge  eingetrieben  wird  um  die  Zim- 
merung zu  befestigen. 

HINTERPFÄNDEN,  verb.  holz  zwischen  die  Zimmerung  und 
das  gebirge,  zur  Sicherung  der  erstem,  eintreäien,  auch  ver- 
pfänden. 

HINTERPFÄNDUNG,  (.  die  cintreibung  solches  holzet,  bei 
Jacobsson  2, 260'  steht  die  verderbte  form  hinterpfännige  im 
sinne  von  hinterpfand. 

HINTERPFANNE,  f.  im  salzwerk  die  gradierpfanne,  weil  sie 
sich  hinter  der  siedepfanne  befindet. 

HINTERPFÖRTCHEN,  n.  kleine  Mnterp forte;  auch  verhälUnd 
für  podex. 

HINTERPFORTE,  f.  hintere  pforte  eines  hauses,  hofes  oder 
gartens;  auf  schiffen  hintere  schieszscharte. 

HINTERPFOTE,  f  hintere  pfote  bei  thieren. 

HINTERQUARTIER,  n.  hinteres  quartier  eines  hauses;  beim 
Schuhmacher  die  hälfle  desjenigen  ilieiles  des  schuhes,  der  die 
fersen  umgibt,  so  dasz  zwei  hinterquarliere  das  Unterleder  aus- 
machen. Jacobsson  2,261';  sonst  verhüllend  ßr  podex;  to  in 
Vorarlberg  (Wolfs  zeitschr.  f.  myth.  2, 52)  wie  in  Niederdeuttch- 
land : 

dit  deit  de  hoffart  bi  dem,  dem  na  ehr 
und  bavenan  Sitten  jöket  dat  hinlerquarteer. 

LAURiasBRc  3,  482  Lappenb. 

HINTERRAD,  n.  hinteres  rad  eines  wagens.  beim  seiler  ein 
rad  worauf  mit  beihilfe  des  Vorderrades  mehrere  einzelne  ge- 
sponnene fäden  zu  einem  bindfaden  rund  zusammengesponnen 
werden.   Jacobsson  2,  261'. 

HINTERRAST,  f  in  einem  büchsen-  oder  flintenschlosz  der 
hinterste  einschnitt  und  der  daraus  entstandene   haken  der   nusz. 

HINTERRAUFWOLLE,  f.  diejenige  brauchbare  ifo//e,  die 
nach  dem  kämmen  hinter  der  kdmmlingswoUe  nach  dem  stiele 
des  kammes  zu  sitzt,  und  deswegen  so  genannt  wird,  weil  man 
sie  hinterwärts  von  dem  kämm  abrauft.    Jacobsson  2,  26l'. 

HINTERRAUM,  m.  hinterer  räum,  eines  hauses,  schiffes, 
kaslens  u.  dhnl. 

HINTERREDE,  f  afterrede,  verldumdung,  mhd.  hinderrede: 

mit  hinderred  und  liegen  grosz 
gibt  er  gar  manchem  einen  stosi. 

Brant  narrenteh.  7,  5 ; 
das  döt  yeti  trihen  yederman 
mit  hinderred,  abschnyd  der  cre.    101,  13; 

hinterred  des  guten.   Überschrift  von  110. 

HINTERREDEN,  verb.  afterreden,  verlAumden,  mhd.  hinder- 
reden :  einen  hindcrrcdi-n,  rinem  ahwilsenden  schandtlich  zu- 
reden, male  loqui  abtenti,  contumeliote  aliquid  dicere  de  absentt- 
bus,  einen  binderreden,  verschwatzen  und  vertragen,  rodrre 
aliquem.  Maaler  223';  biet  dich  ourh,  .  .  d;  du  nil  cint- 
wcders  ander  hinderredest,  oder  nit  ander  hinderreden  bOresi. 
GencENBACn  182,593;  ollen  gemeinen  heiligen  conrilien  widrr- 
apricht  er  olTeiitlicb,  mit  unvcrscheinptem  iniind,  und  hinder- 
redt« mit  gottsicsterlicber  zungcn.  pdpsll.  brere  bei  Liithkr 
2,28«';  (einfdltige)  die  Paulum  hinderredctend,  er  wäre  nit 
der  trctnichen  boten  einer.  Zwincli  1,177;  ein  «fihOrrr  der 
papisten  soll  alle  predigcr  goilit  licn  woris  ientcrn,  verm  htcn. 


1513   HINTERREDER— HINTERRÜCKLICH 


HINTERRÜCKS  — HINTERSASSE   1514 


schmehen,  sehenden,  hinderreden,  beilegen  und  helfen  ver- 
folgen und  verjagen.  Schade  sai.  u.  pasqu.  2, 265, 22 ;  mit 
aufhetzen  und  hinterreden  will  er  sich  selbst  die  zeit,  die 
ihm  zur  last  ist,  vertreiben.    Pestalozzi  Lienh.  u.  Gertr.  l,  165 ; 

worheit  ist  sterker  dann  all  die 

mich  hinderreden.    Brant  narrensdi.  104,62; 

und  hinderredet  alle  frist 

manchen,  der  nit  ru  gegen  ist.    110*,  125. 

HINTERREDER,  m.  afterreder,  rerläumder :  der  hinterreder, 
verschwätzer,  schmäher,  lästerer,  mordax  horno,  detracior,  ob- 
tredator.  M aaler  223';  oblrectator  hinderreder  Dief.  391*;  die 
hinderreder  und  nachsprecher.  S.  Rrast  bei  Steishöwel  113  ; 
Salomon  spricht,  du  solt  dich  nit  mit  den  hinterredern  ver- 
mischlen.    Ge5GE!«bach  193,609. 

HINTERREDUNG, /".  obtrectatio :  hinderredungen,  schmaach- 
reden,  iniqui  sermones  Haaleb  223'. 

HINTERREST,  m.:  gesetzt,  einer  von  uns  nähme  ein 
kurschwert  und  schnitte  ihn  {den  reichskörper)  damit  wie 
einen  ohrwurm  entzwei,  so  würde  sich  die  gezähnte  bälfte 
eben  wie  der  gespaltene  ohrwurm  umkehren  und  den  hinter- 
rest  rein  aufspeisen.   J.  Pacl  Tit.  1,25. 

HINTERRITTIG,  adj. :  ist  es  {das  pferd)  auch  hinterritlig, 
und  nicht  kützlich?  beiszt  oder  schlägt  es  auch  irgend?  d. 
bdrtiqte  frauenz.  56. 

HINTERRÜCK,  ade.  a  tergo;  enge  Verbindung  der  praepos. 
hinter  mit  dem  alten  accusativ  des  subst.  rücken,  aithd.  hrucki, 
rukke,  mhd.  rukke,  rükke.  der  accusativ  ü(  bedingt  durch 
rerben  der  bewegung,  die  zufrühest  mit  jener  Verbindung  er- 
scheinen :  dana  gewendet  habest  du  unsih  hinder  rukke 
{avertisti  nos  retrorsum).  Notier  ps.  43, 11 ;  tana  werden  ge- 
wendet hinder  rukke  {arertantur  retrorsum).   69,  4 ; 

ir  solt  mir  hinderrucke  siän 

mine  bende  imd  die  binden,    pass.  851,  50  Köpke'; 

«TM  es  anderveit  in  freierer  ßqung  heiszt:  sal  umi  {ihm)  dan 
bindi  die  hende  bindir  sienin  rucki  undi  die  duibi  dar  uf. 
Mähthiuser  reehtsbuch  in  den  neuen  miüheil.  des  thüring.-sdehs. 
Vereins  7, 1  (1843)  s.  83 ;  später,  bei  enger  vervachsung  beider 
theile,  stehen  auch  andere  als  verben  jener  ort:  wiewohl  die 
feindt  zwen  grosze  vortheil  gehabt  haben  (weder  wir)  nem- 
lich  den  berg  und  die  sonn  hinderrück,  wahrhaftige  und 
gewisse  newe  zeiiunq  (1543)  A  2* ;  griffen  sie  denselbigen  häufen 
binderruck  widerumb  an.  Fronsperger  3, 252*.  hinterrück 
nimmt  die  nebenbedeutunQ  heimlich,  unversehens  an : 
aber  verliegen  hinter  ruck 
das  sei  yetz  syn  ein  meisterstuck. 

Braut  Harren«;/!.  101,9; 
falsch  binternick  und  gut  vor  äugen. 

H.  Sachs  2,2,43»; 
dasz  wir  den  Neidbart  hinderrück 
überlisten  durch  dises  stück.    4,  3,  52* ; 
man  frage  im  umb  dise  stuck 
warumb  er  fräfen  bindemick 
on  üwer  urloub  predige  toufe.    trag.  Jnh.  E  7. 
vgl.  hinterrücken,  hinterrückens,  hinterrücks. 

HINTERRCCKEN  ,  m.  hinlerer  theil  des  rückens;  bei  den 
säugethieren  die  gegend  über  dem  abdomen,  bei  den  vögeln  das 
schwanzende,  bei  den  insecten  der  obere  theil  des  hinterieibes. 

HINTERRCCKEN,  adv.  jüngere  form  fftr  hinterrück:  die 
liebe  der  aufrichtigen  gemüther  ist  so  wohl  hinterrücken  als 
in  gegenwarth  allezeit  einerlei,  pers.  rosenthal  2,  4. 

HINTERRÜCKENS,  adv.  enge  Verbindung  der  praepos.  hinter 
mit  dem  gen.  rückens  {vgl.  hinterrücks):  wenn  er  dich  hin- 
terrückens lästert,  pers.  rosenth.  1,27  {dafür  getrennt  hinter 
rückens.  8,38);  gelehrte  und  hochverständige  männer,  welche 
sie  .  .  in  ihrem  abwesen  und  hinterrückens  schmähen.  Rist 
friedejauchz.  Teutschland,  vorbericht. 

HINTERRÜCKIG,  adj.  hinter  eines  rücken  befindlich,  versteckt, 
mit  böser  nebenhedeutunq :  dem  entgegen  begann  Metternich 
schon  hier  jene  hinterrückige  politik.  Gervisos  gesch.  des 
19.  jahrh.  1, 197.  als  adverbium :  ist  nicht  manche  lose  fettel 
80  vermessen,  welche,  wann  sie  eines  kinds  an  frembden 
ort  geneset,  sich  unterstehet,  auch  fremde  tauf-  und  zu- 
nahmen einer  andern  ehrlichen  weibsperson  hintemickig  zu 
spendirn,  und  in  das  taufbuch  mit  vorsätzlicher  verschweigung 
ihres  eignen  namens  und  wandeis  fälschlich  einverleiben  zu 
lassen?    Abele  künstl.  unordn.  70. 

HINTERRÜCKLICH,  adj.  und  adv.:  hinderrücklichen  handel 
wider  und  gegen  mir  . .  geübt.  Reucbli!«  aug.  i* ; 
(die  reserve  sehe)  das  ich  oieht  von  den  losen  possen 
hindeiTüeklich  werde  bp«chlo»«en.    froichmdus.  Zx8'. 


HINTERRÜCKS,  enge  Verbindung  der  praep.  hinter  mk  dem 
alten  genUir  von  rücken,  einst  nicke,  rergl.  hinter  II,  3  sp.  1495, 
zufrühest  in  präposüionalem  gebrauche  bejegnend:  dis  bitt  und 
I»eger  ist  och  in  kainen  weg  binderrncks  des  bischoffs  und 
abbt  Johannes  gcschechen.  Oebein  cAron.  r.  Reichenau  41,25; 
sonst  als  adcerb,  im  sinne  von 

1)  hinter  eines  rücken,  von  hinten:  also  innen  würde,  dasz 
ich  im  die  anken  binderrücks  genommen.  Frej  gartenges.  i2; 
ich  wurde  in  meiner  stattlichen  rede  durch  eine  noch  statt- 
lichere unterbrochen,  mit  der  mich  mein  wirth  hinterrück« 
anfiel.  ThI^iiiiel  4,333;  einen  hinterrücks  bei  dem  raantel 
nehmen ,  aliquem  pone  pallio  apprehendere.  Steixbach  2.  303 ; 
es  geschieht  hinterrücks,  a  tergo  fit.  das.;  die  feinde  hinter- 
rücks angreifen,  hostes  a  tergo  adoriri.  das.;  hier  nimm  diesen 
degen.  hurtig!  jag  mir  ihn  hinterrücks  in  den  bauch.  Schiller 
raub.  5,1;  weiber  hinterrücks  in  den  bauch  zu  stechen.  3,2; 
deutet  der  superklugen  gerechtigkeit  hinterrücks  eselsohren. 
2,  3,  die  erste  ausgäbe  las  ohne  umlaut  hinterrücks ; 

kein  schwert,  das  nicht  den  bund  gebrochen,. 

nicht  hinterrücks  den  gegenmann  durchstochen. 

Göthk  12,  214. 
namentHeh  mit  verben  des  schmähens  und  rerläumdens:  das  ver- 
mupfen  oder  verspotten   binderrücks,  postiea   sanna.   Maaler 
223' ;  wegen  derer  mir  hinterrücks  zugefügten  rerwundungen. 
RoTSCHST  kanzl.  15; 

wer  gern  am  tisch  von  leuten  sagt, 

und  einen  binderrücks  verklagt, 

dem  sei  man  ja  nicht  glauben  bald.    Phil.  Imgd.  4,  274; 

wer  reine  tugend  liebt, 
bricht  weder  treu  noch  eid  und  achtet  kein  verklagen, 
dafem  er  hinterrücks  wird  giftig  angetragen, 

A.  GiTPHics  169«  1,446; 
bis  Amory,  der  feiod  von  seinem  hause, 
beim  kaiser  (dessen  huld  sein  vater  schon  Terscherzt) 
ihn  hinterrücks  gar  böslich  angeschwärzt. 

WiKLA^D  22,21  (Oheron  1,30); 
die  jämmerlichen !  niedrig  erst  zu  schmeicheln, 
und  hinterrücks  mit  bösem  wort  zu  nrorden!      Tieci  3,  296; 

in  Verbindung  mit  seinem  gegensatze : 

du  schmähst  mich  hinterriicks?  das  soll  mich  wenig  kränken, 
du  lobst  mich  ins  gesiebt?  das  will  ich  dir  gedenken! 

LxssrfG  1,  11. 

2)  mit  dem  Ticken  voran,  rücklings:  er  fiel  hinterrücks  zu 
boden;  mein  glück  gehet  binderrücks,  m  modum  ocüpedis 
proeedunt  omnia  caneri.  Stieler  1572;  herr  Peter  Fix  machte 
einen  bückling  auf  der  stelle,  that  dann  rücklings  drei  grosze 
grosze  schritte  und  fabricirte  seinen  zweiten  bückling,  gieng 
darauf,  immer  hinterrücks,  bis  vollends  an  die  thür.  Siegfr. 
V.  Lindenb.  2,25;  hinterrücks  auf  einer  ruhbank  gelehnt. 
Stcbz  1, 15. 

3)  auch  im  rücken,  hinten :  keinen  feind  hinterrücks  lassen, 
nullum  hostem  relinquere.  Stei!»bach2,  303;  da  ist  keine  augen- 
dienerei  und  vorwärts  ein  emsig  thun  und  hinterrücks  faul- 
heit  und  hotscherei.   J.  Gotthelf  schuldenb.  404. 

HINTERRÜCKSINNIG,  adj. :  warausz  wollen  wir  aber  solche 
des  Vives  auszbündige  ebfraw  schnitzen  und  schnetzelen?. . . 
ausz  Pirre  hinderrucksinnigen  wackensteinen,  oder  des  Hans- 
sachsen hundsschwanz.    Garq.  70'. 

HINTERRUDERER,  m.  remex  in  puppi.  Frischlis  nomine/.  463. 

HINTERSASSE,  H1NTERS.\SSE.  m.  schutzverwandter,  mhd. 
hinders«je,  die  mitteldeutsche  form  hindersäze,  mit  einer  un- 
gewiss wann  einqetretenen  vocaikürzung  bindersasse  (Haltacs 
916  /".)  hat  in  der  Schriftsprache  nachher  den  sieg  über  die  erstere 
davon  getragen,  die  noch  im  16.  jahrh.  sehr  gewöhnlich  in  ober- 
deutschen quellen  erscheint.     Das  wort  bedeulH 

1)  einen  der  hinter  einem  herm  ivgl.  hinter  H,  l.d  sp.  1489) 
in  dessen  schütze  angesessen  ist,  als  diener,  zusüger,  unterthan, 
zinspflichli,er :  der  hindersäsz,  ein  frömbder,  der  sich  in 
unser  statt  und  landschaft  gesetzt  hat,  incola.  Maaler  223'; 
hindersäsz,  olim  montmann,  incola  precarius  Stieler  2038; 
hendersAsz,  jeder  einwohner  der  kein  landsmann  ist,  der  nieder- 
gelassene, der  nichtlandesbürger.  Tobler  262*;  wer  under  den 
obgenanten  herren  und  vögten  sitzet,  er  sye  eigenman  oder 
hindersäss.  weiäh.  1,  79  (Zürich,  15.  jahrh.) ;  noch  nier  Übels 
verbringen  etlieh  (adeliche)  .  .  an  iren  hindersessen  mit  un- 
gewonlicher  vogtei  und  hofarbeit  mer  dann  von  iren  vor- 
fordern auf  sy  geerbt.  Keisebsberg  granatapfd  1510  Cl*: 
diser  koler  {köhler)  was  ein  hindersesz  eines  graven.  Basler 
plenar.  (1518)  40*;  ich  bin  ein  frömbder  und  hindersäsz  bei 
euch,  gäbend  mir  ein  erbbegräbnisz  bei  euch.  ZärtrA«r  bibel 
l.%30  W.   It*  (l   Mos.  23,4,  Lcther  :    fremder  und  einwohner); 


1>516      HINTERSÄSSEL  —  HINTERSCHLAG 


HINTERSCHLÄGEL  —  HINTERSCHOPF     1516 


mit  meiner  gegen  Wertigkeit  meiu  dienstlicheu  willen  zu  er- 
zeigen, nicht  als  e.  k.  w.  underlhan  oder  hindersäsz,  dieweil 
ich  mein  landt  von  niemand  andcrm ,  denn  von  gott  und 
wehrlicher  faust  besitze,  sonder  als  c.  k.  w.  gutherzigen  nath- 
baur  und  freundt.  Amadis  314;  dem  entsprechend  ist  später 
durch  die  französische  revohition  das  princip  der  persönlichen 
Vollberechtigung  zur  geltung  gekommen,  wonach  das  volk  nicht 
mehr  der  hintersasse  privilegirter  stände  sein,  sondern  ein 
directes  Verhältnis  zur  Staatsgewalt  haben  soll.  Frantz  krilik 
aller  parteien  237; 

haben  si$,  das  si  ir  hindersäsz  beschwären, 

so  sag  in  für  war,  es  soll  si  nit  lang  wem.    fasln,  sp.  301, M. 

plur.  hinter$ass«n  freier  ßr  volk,  stamm,  gegenüber  seinem 
Herrscher,  obersten,  rater: 

nun  was  die  speis  anlangt,  so  ist  euch  nicht  vergessen, 
ilasz  gott  dem  Noe  hat  erlaub  gethan  zu  essen 
was  irgends  wird  durch  see,  durch  land  und  lul't  gesucht, 
sowohl  als  gnines  kraut  und  als  der  bäume  l'ruchi: 
disz  recht  der  (Vommc  Sem  hat  seinen  bintersassen, 
iogleichen  Abraham,  und  Jacob  auch,  gelassen. 

Opitz  Grolius'  wakrheü  s.  3S5. 

2)  mielsmann,  mietliewohner :  /»^i/i/jnus  hintersäsz  Dief.  moi. 
gloss.  21"';  wer  hindorscjen  hat  oder  hausgenojjen,  der  sdl 
haben  ze  sinen  hausgenojen  und  zö  sinen  hindersezen  ain 
prifet.  Nürnö.  poliz.-ordn.  289. 

HINTERSÄSSEL,  m.  wie  hintersasse,  unterlhan,  srhutzver- 
wandter : 

herr  der  wirt,  ir  schult  uns  nit  verübel  haben, 

das  wir  euch  so  spet  heint  übertraben. 

wir  haben  doch  kuntschaft  zu  euch  herein, 

wann  wir  all  eur  hintersessel  sein  (sprechen  bauern). 

fastn.  sp.  567,7. 

HINTERSASZHAFTIG,  adj.  als  hintersasse  lebend :  so  hat  i  r 
nit  mc  zu  gebieden,  dan  über  syn  hindersaszhaftigen  arnu' 
lüde,  teeisth.  i,  51  {Saar,  15.  jahrh.). 

HINTERSÄSZIG,  adj.:  unser  angehorigen  hinderseszigen 
armen  lüde.  urk.  v.  Eberhard  von  Eppenstein,  herr  zu  Königstein, 
von  1462. 

HINTERSÄSZIGKEIT.  f.  im  Hüttenwerk  die  überlidngige  oder 
schiefe  läge  eines  floszofens,  worin  eisenstein  geschmolzen  wird. 
Jacobssor  2,  261'. 

HINTERSATTELHOLZ,  n.  ein  rund  beschnittenes  holz,  welches 
auf  dem  hintern  ende  der  zwiesen  eingelassen  ist,  mit  dem  trarje- 
holze  durch  zwei  tragslützen  vereinigt  wird,  und  zu  mehrerer  halt- 
harkeil  der  wagenbdumc  dient.    Jacobssox  2,  26l'. 

HINTERSÄTTLER ,  m.  wie  iiintersasse  1,  schutzverwandter, 
armer  unlerthan.  auf  dörfern  sind  unterschiedem  dem  ränge  nach 
anspänner  (vollhüfner,  halbhütncr)  und  hintersättler  (kotsäten): 
es  sollen  mir  pferdner  und  anspänner  oder  hintersättler  her- 
treten und  sagen:   Lukas,  lasse  die  flausen!   J.  Paul  flcgelj. 

1,«»; 

ein  schrecken  solcher  forsten 

die  nach  dem  letzten  ei 

des  hintersättlers  dürsten.    Gökingk  2,  85. 

das  Wort  tst  eine  mitteldeutsche  verderbung  von  hintersedier,  ßr 
vdches  Haltaus  917  noch  die  ältere  und  einfachere  form  hinder- 
sedel  {vom  jähre  1304)  nachweüt.     s.  auch  unten  hintersiedler. 

HINTERSATZ,  f«.  /Unterer  satz,  gegen  einen  Vordersatz. 

HINTERSCHANZE,  f  das  hinterkaslell  au f  den  schiffen.  Egcebs 
kriegslex.  2  (1757)  754. 

HINTERSCHENKEL,  m.  der  hintere  schenket  bei  vierfüszern. 

HINTERSCHIFF,  n. .  hinder-  swe  achterschiff,  puppis,  jmsle- 
rior  pars  novit  et  locus  honestior,  ubi  gt^ernalor  sedet,  cui  pars 
opposita  dicitur  Vorschiff.  Stieler   1791. 

HINTERSCHLAG,  m.     l)  schlag   von   hinten,   heimtikkücher 

schlag,  angriff: 

npotwoisz  mit  ihren  hinilcrschlegen 

all  sein  ding  zum  ergtiien  ausilegen.     H.  Sachs  2,  4,  41V 

2)  das  zurückschlagen,  zurückkommen,  naehlheü:  ein  ietlicher 
vernünftiger  mag  versteen,  wie  durch  solirh  kaiserlich  decrel 
ein  groszer  hinderschlag  ist  hcschehen  den  VValhen  und  hilf 
und  ein  cnthaltung  den  Teiitschen.  d.  stddterhron.  3,108,2»; 
das  ward  dem  kaiser  ein  groszer  hinterschlag ;  wann  der 
babsl  gebot  zu  haut  den  kurfflrnten,  dasz  sie  weleteii,  wann 
der  wer  kein  kaiser  noch  nie  gewesen.  123,  13.  In  der  Schweiz 
keUzt  hintrrsrlilag  neben  hinlerhalt  auch  die  summe,  um  welche 
eine  fierjnomie  drmer  geworden  ist.  Staloer  2,  323 ;  das  zurück- 
koTT.  anomischen,  !  '  '  './.  Tohlkh  2ft3'.  in  Baiern: 
t\'-                   ''lg,    die  Uli!  ■    defrniidntin :    neben  einer 

tclu. — ,„..  .i.Jcntari:  au<  ..»chlai(  iki  ein  biotertcUag 


worden,  die  suche  ist  verkehrt  oder  anders  ausgefallen,  als  man 
erwartete.  Scnm.  3,  444. 

HINTKRSCHLÄGEL,  m.  hinlere  keule  eines  wildes,  kcdbes 
u.  dhnl. 

HINTERSCHLAGEN,  verb.  zurückschlagen,  zurückhalten,  mit 
persönlichem  ohjecl:  den  selbigen  hankarten  an  sin  slat  zu 
letst  die  pfründen  ühergeh,  do  fromer  lütcn  kinder  hinder- 
geschlagen werden,  die  vor  den  selbigen  stichlingen  nit  mögen 
.  .  .  fürkommen.  Schade  sat.  3,60,13;  reflexiv,  von  der  zu- 
riu:khattung  und  listigen  verbergung  seiner  eigentlichen  meinung: 
wer  wolt  ein  Juristen  über  euch  (philosophen)  zu  eim  sirafer 
setzen?  dann  ir  habt  euch  dermaszen  hindergeschlagen,  das 
keisern  und  häpsten  rotwclsch  ist,  was  ir  handeint.  Para- 
cELsus  opp.  1,  207  R.  mit  sächlichem  object:  er  kühlet  und  heilet 
die  enlzündung  und  hinlerschlegt  den  zuflusz.  Tabernaem. 
514;  es  hinderschlägt  auch  dis  wasser  die  schweisz.  1497; 
alles  was  den  mund  zusammen  ziehet,  stopfet,  machet  dick, 
.stoszet  aus,  hinterschlägt,  kältet  und  trocknet.  Hohberc  1,569'. 
Schweiz,  heiszt  hinterschlagen  mehr  ausgeben  als  einnehmen,  in 
den  rückstand  kommen  {s.  oben  hinlerschlag  2).    Tobler  263*. 

HINTERSCHLEICHEN,  verb.  l)  von  hinten  beschleichen,  mhd. 
hindcrslichen  (Lexer  wörterb.  1,1297);  so  vom  jäger  bezüglich 
des  wildes:  welchen  der  jäger  hindersrhleichet  und  erleget. 
Fischart  eA:.  544;  aber  auch  sonst  in  sinnlicher  schärfe,  eigent- 
lich und  bildlich :  gehe  hin  an  die  thür  und  gib  fleiszig  acht, 
dasz  uns  niemand  hintcrschleichen  möge.  engl.  comOd.  t,Bb3*; 
ich  hinterschlich  sie  {bauern)  unversehens,  und  sagte:  gute 
nacht,  oder  guten  tag.  Simpl.  2, 83  Kurz;  die  liebe  hinter- 
schleicht die  leute  wie  ein  dieb.  Bctschüy  Palm.  77,  sprich- 
wörtlich, auch  bei  Lehmann  1,  499 ;  ich  soll  so  ein  zwei-achseler 
sein  und  soll  sehen,  wo  ich  die  leute  in  ihrer  heimligkeit 
hinterschleichen  kan.  Chr.  Weise  freim.  redner  243; 

und  macht  daraus  ein  scbiingeii 

sich  gleich  daran  zu  henken. 

ich  ihet  mich  kurz  bedenken 

in  eilend  bintersclilicii, 

sprach  ihm  zu  senriiglich.    H.  Sacus  2,  2,56*; 

das  glück  ist  abj^ewichen. 

nuntiat  mich  huiterschlicben 

das  brestenhaflig  alter.    58"; 

und  hinterschleicht  ein  wie  ein  dieb.    3,2,5*; 

nimm  in  acht  des  todes  zeichen, 

soll  er  dich  nicht  hintcrschleichen.    Otho  25. 

2)  daher  berücken,  betrügen:  wirl  ihn  berücken  und  hinder- 
schleichen. Luther  tischr.  2.^8* ;  darumb  dasz  sie  zum  ofter- 
mal  durch  gute  listige  wort  .  .  .  sind  hinderschlicheu  und 
betrogen  worden.  Fronsperger  kriegt.  3,142';  der  wird  von 
der  opinion  hinderschlichen  und  betrogen ,  wer  nach  dem 
gemeinen  Sprichwort  glauben  wolle,  suum  cuique  pulchruin. 
ScHUPPius  524 ;  dasz  er  {Mirabeau)  nicht  gesehen  hat,  wie  ihn 
der  Deutsche  unter  einer  phlegmatischen  mine  eben  so  gut 
zum  besten  gehabt  haben  kann,  als  er  andere  zu  hintcr- 
schleichen gewuszt  oder  geineint  hat.  Moser  twrro.  scAr.  2, 197; 

das  .  .  man  sie  auch  fein  liinterschleich 
mit  falschem  schein  und  argem  lisl. 

Fischart  dickt.  2,  366,  i:WM  hur: ; 

mit  schmoiciieln  viel  und  mit  lialstrichen 

müüsondl  wir  in  fry  hinderschlicheu.    trag.  Job.  N  vij. 

3)  an  das  letzte  beispiel  anknüpfend,  mit  guten  warten  zu  etwas 
vermögen,  ohne  diisz  aber  die  nlisicht  des  twlritgens  hervortritt: 
wenn  man  inen  mit  beschaidenheit  zukommet,  sie  sanftiglich 
mit  glimpf  hinterschlaichet,  inen  mit  linden  worlen  ire  unweis 
ausredet.  Fischabt  e/ii.  422;  es  stehet  in  des  gereimten  Eulen- 
spiegels vorred,  es  sei  angenemer  ermant  werden  scherzlich 
als  schmerzlich,  .schiinpflirh  dann  stümpflich  .  .  .  also  auch 
hie.  nuisz  ich  euch  ffin  hindersrhieirhen,  und  wie  eim  kiini 
das  inusz  einstreichen.  Uarg.  21*. 

niNTFRSCHLEICHER,  m.  bctrüger : 

i>in  liuiil!<tn<iRhcr 
und  durnebon  ein  hinderschleicher. 

FiscHANT  Jesuittriml.  628  (dicitt.  2,  258  A'urt). 

HINTERStMILElCHl'NG,  f:  der  lod  wartet  der  alten  in 
der  thür  und  olTentlich.  der  jungen  aber  mit  listiger  hinder- 
schlcichung,  wenn  sie  sichs  am  wenigsten  ver.when.  CRRtoius 
1,247. 

HINTERSCHOPF,  m.  Itintertr  Ihml  eines  Schopfes,  einer  »cheuei 
in  der  scheuren,  lennen,  und  dem  v<ii'-  und  hioderschopf .  . 
da  banden  sie  garben,  schütteten  und  warfen  kom,  .  .  und 
ander«.   Oarg.  l>»6'. 


1517     HINTERSCHREIBEN  —  HINTERSTÄNDIG 


HINTERSTAUDE  — HINTERSTELLIG     1518 


HÜS'TERSCHREIBEN ,    i-erb.    hinter   das   sieget  einer  pfand- 
rerschreibung   oder  in  diese  verschiedene  bedingungen  anmerken;    , 
auch  unterschreiben,  vorndmlich  Wechsel,   in  Appenzell.  Tobler  263".    ; 

HIMEBSCHCTTEN,  verb. :  wo  an  der  festung  etwun  lücken,   ' 
die  nur  mit  einer  schlechten  inauren  yerwahret  weren,  hinder- 
schülte  man  dieselben  mauren  mit  erden,  wie  ein  wall.  Kirch- 
hof disc.  mil.  24. 

HINTERSEGEL,  n.  segel  des  grossen  oder  besaanmastes. 

HIMERSEITE,  n.  hintere  seile:  hinterseife  des  menschen; 
auf  der  hinterseite  des  briefes  steht  noch  mehr  geschrieben ; 
ein  hagelwetter . .  schlug  die  neuen  Spiegelscheiben  der  gegen 
abend  gelegenen  hinterseite  des  hauses  . .  zusammen.  GOtbe 
24,  43. 

HINTERSETZEN,  verb.  Irans,  hinterlegen,  als  depositum  geben. 
Halt.\cs  917.  im  schweizer ischeji  unterstfUzen,  beistehen.  Tobler 
2b"3* ;  wie  sollte  ich  euer  pächter  werden  können  ?  das  ver- 
mag ich  nicht ;  da  musz  einer  anders  mit  geld  hintersetzt 
sein  als  ich.  J.  Gotthelf  Uli  d.kneclU  (1S70)  269. 

HINTERSETZER,  m.  unterslützer;  hicrge? :  waranib  hastu 
dann  so  buch,  doch  lügenhaftig,  und  selbst  als  ein  hinder- 
setzer  geschworen?  Kirchhof  tcendunvi.  2SG'. 

HINTERSICH,  s.  unter  hinter  sp.  14<J3. 

HINTERSIEDLER,  m.  eine  geringe  klasse  von  bauern.  Vilm.^r 
170.     vgl.  hintersätller. 

HINTERSLNNEN ,  verb.  reß.  sieh  zurück  besinnen,  fdier  ver- 
gangenes nachdenken,  in  sich  gehen  (vgl.  hinterdenken):  solches 
machte,  dasz  ich  mich  hintersaun  und  von  mir  selbst  rech- 
nung  über  mein  gefürtes  leben  begehrete.  Simpl.  2,10S  Kurz; 
als  hatte  ich  auch  noch  so  viel  Vernunft,  mich  zu  hinder- 
sinnen, wie  ich  gelebt,  seit  mir  die  leirerin  mein  geld  ge- 
stolen.  darauf  folgt  ein  herzliche  reu.  4, 173.  Aus  der  Vor- 
stellung des  grüMns  entwickelt  $irh  im  oberdeutschen,  vornehmlich 
alemannischen  Sprachgebiete  die  bedeutung  wahnsinnig  werden, 
mit  Übergang  des  verbums  in  die  schwache  form :  es  müsse  sagen, 
es  hintersinnele  sich,  wcim  es  nicht  zu  seinem  Hans  Uli 
käme.  J.  Gotthelf  schuldenb.  i2o;  zuerst  erzählte  man  von  der 
Jesuitenmission  in  Andelsbuch  und  bedauerte  die  von  herzen, 
die  dabei  sich  hintersinnet  haben  sollten.  Felder  sondert.  2,2Q. 
sich  hintersinnen,  wahnsinnig  werden.  Schh.  1,1137  Fromm.; 
sich  hintersinnen,  durch  zu  vieles  nachdenken  über  etwas  rappelig 
werden.  Stalder  2, 375 ;  eben  so  Tobleb  263',  der  aber  auch 
noch  die  bedeutung  sich  abgrämen,  abhärmen  anführt :  'du  reust 
{dauerst)  alle  lente,  da  wo  ihr  seid',  o,  sie  werden  sich  un- 
serer öppe  (etwa)  nit  viel  achte,  unseretwegen  wird  sich  nie- 
mand hintersinnc,  antwortete  die  frau.  J.  Gotthelf  scftuWenfc.  9. 

HINTERSITZ,  m.  hinterer  sitz,  vornehmlich  eines  wagens. 

HrNTERSUNNlG,  adj.  und  adv.  hinter  der  sonne  befindlich, 
nordlich.  Schmid  schwdb.wb.2iO:  der  acker  liegt  hintersönnig. 

HINTERSPALT,  wi.  .•  Atanhasius.  meine  geehrte  gebieterin 
ehre  ich  fusfällig  mit  kOssung  des  Schweifs  ihres  seidenen 
Unterrocks.  Reitz.  warum  nicht  des  hinterspalts  der  ledernen 
Unterhosen?  ped.  schulfuchs  166. 

HINTERSPAN,  m.  bei  den  salzsiedem  der  hinterste  span  unter 
den  beiden  sugspänen. 

HINTERSPÄTIG,  adj.  wird  das  tuch  genannt,  dessen  haare 
ungleich  geschoren  sind. 

HINTERSPERRHOLZ,  n.  pl.  bintersperrhölzer,  die  hirUersten 
querhölser  einer  kutschendecke,  welche  mit  den  beiden  mittelsperr- 
hölzern  und  dem  vordersperrholz  die  decke  bilden. 

HINTERSPORN,  m.  einer  der  beiden  stacheln,  welche  heim 
goldplätter  die  rolle  mit  dem  zu  glättenden  gold-  oder  silberdraht 
tragen. 

HINTERSPRECHER,  m.  verläumder:  darnach  fragte  er,  was 
der  nachsprecher  oder  hindersprecher,  der  den  luden  die  ere 
benimmet,  vorschuldet  habe?  dar  uff  antworten  sie  und 
sprachen:  der  nach-  odir  hindersprecher,  der  den  luden  ir 
ere  benimmet,  der  sal  keren  dem  clegir  mit  worten  nach 
der  schefTen  spräche,  «eisth.  i,bil  {EUvill,  von  13S3).  vergl. 
hinterreder,  hinterreden  und  mhd.  hindersprechen  (Le.xer  wb. 
1, 12ff7). 

HINTERSTAB,  m.  hinterer  halbrunder  zierrat  am  mundstnek 
einer  kanone. 

HINTERSTALL,  m.  hipposlasium  posterius.   Stieler  21  IS. 

HINTERSTAND,  m.  rückstand,  residuum.   Stieleb  2131. 

HLNTERSTANDIG,  adj.  rücMändig :  ein  teulschcr  oberster 
hielte  vielfältig  umb  seinen  hindersttindifien  soid  an.  Zi:«kgref 
apophth.  2, 134 ;  wie  viel  ihm  noch  reslir  und  hindersiändig 
bleibe.   Frank f  ref   I,  50,  §  10. 


HINTERSTAUDE,  f  gespaltener  pfoslen  in  einer  papiermühle, 
zwischen  welchen  der  hintertheil  der  schwinge  vermütelst  eines 
bolzens  beweglich  befestigt  ist;  auch  hinterStänder  genannt.  J.^- 
COBSSON   2,  262*. 

HINTERSTECHEN,  fer6.  von  hinten  stechen :  da  sie  doch  so 
ehrlich  nit  sind,  solches  in  die  angesichter  deren,  die  sie 
dennaszen,  wie  die  giftigen  >iperattern  lügenhaftiger  weise 
hinderstechen,  zureden.  Thlrneiszer  v.  probier,  der  harnen  10; 
dasz  sie  mich  aus  neid  also  durch  ire  diebischen  lügen  hinder- 
stechen und  verkleinern,  nothgedrung.  aussehreiben  2, 146.  vgl. 
hinterstich. 

HINTERSTEHEN,  verb.  zurückstehen,  als  rückstand  gebühren  : 
was  dem  gesinde  und  taglöhnern,  so  bei  dem  verstorbenen 
in  dienst  und  brod  gewesen,  noch  hinterstehet.  Wurster  land- 
recht von  1661  bei  Hältäus  91«. 

HINTERSTELLEN,  verb.  hinter  einen  stellen,  anvertrauen:  zu 
treuwen  banden  hinder  sie  deponirt  oder  erlegt  oder  auch 
pfandtweisz  hinderstelt  gut.  Frankf.  ref.  10, 1,  §  6. 

HINTERSTELLIG,  adv.  was  hintertcärts  eine  stelle  hat,  mhd. 
hinderstellec;  in  verschiedenem  sinne. 

1)  zurückbleibend,  zurückgeblieben,  an  einem  zu  rerhs.%enden 
oder  von  andern  schon  verlassenen  orte;  vorzüglich  in  schlesischen 
und  verwandten  quellen  begegnend:  wir  haben  eine  person  von 
unsern  kanzeleiverwandten  hintersteilig  so  lange  zu  verharren 
anbefohlen,  bis  eine  andre  anordnung  beschehen  könne,  rer- 
handl.  der  schles.  fürsten  u.  stände  vom  j.  1619,  s.  217 ;  mit  den 
hinlersteliigen  bürgen  .  .  .  handlung  pflegen.  Schweisiches 
3, 145;  als  er  nun  zur  gartenthüre  ausgetreten,  ersähe  er  noch 
ein  hintersteiliges  mägdgen  von  der  priuzessin  frauenzimmer. 
ZiGLER  Banise  (1700)  s.  75.  —  In  der  Verbindung  hintersteilig 
bleiben :  muste  auch  bei  i.  f.  g.  etliche  tage  hintersteilig 
bleiben.  Schweixicbes  1,90;  das  i.  f.  gnaden  secretari  hinter- 
stellig  verbleiben  würde  {zurückbleiben  um  die  rechnung  zu 
bezaUen).  199;  wenn  aber  i.  f.  g.  noch  etlicher  sachen  halber 
mich  binterstellig  verlassen.  :375. 

2)  hieran  zunächst  rithrt  die  formet  einen  oder  etwas  hinter- 
slellig  machen,  zurücktreiben,  rückgängig  machen,  hindern,  mit 
list  oder  gewalt;  in  oberdeutschen,  vorzugsweise  in  alemannischen 
quellen:  hinderstellig  machen,  hindersich  treiben,  retundere, 
impedire.  Maaler  224*;  der  leüten  fürnemmen  widerston  und 
hinderstellig  machen,  hindersich  treiben,  conatus  hominum 
reprimere.  das.;  einen  hinderstellig  machen  ein  andern  ze 
schirmen,  mentem  alicuius  avertere  a  defensione  alterius.  das. ; 
einen  mit  galt  hinderstellig  machen  an  seinem  fürnemmen, 
auro  aliquem  compeseere.  das.;  einen  verstoszen  und  hinder- 
stellig machen  das  er  nit  zu  einem  ampt  oder  zu  eeren  möge 
kommen,  dejicere  aliquem  edilitate,  tel  honore.  das.;  noch  vil 
weniger  sollend  wir  das  evangelium  hinderstellig  machen  um 
unsers  eignen  nutzens  willen.  Zwingli  2,389;  wanim  machend 
ir  du  Mose  und  Aaron  das  volk  hinderstellig  an  irem  werk  ? 
Züricher  bibel  30'  (2  Mos.  5,4);  dasz  ich  nicht  weit  ursach  geben 
durch  meine  newen  bücher,  dasz  der  alten  mühe  und  arbeit 
undertruckt,  uud  der  leser  hinderstellig  gemacht  würde,  der- 
selben bücher  desto  weniger  zu  lesen.  Melanchthon  leben 
Luthers,  iibers.  von  Ritter  (1561)34;  der  schalkhaft  marschalk 
ist  listig,  er  wirt  mir  unterstehen  mil  allem  fleisz  unter  dem 
weg  zu  ligen,  damit  er  mein  frommen  hinderstellig  machen 
mög.  Galmy  278;  ich  bitte  eine  bitt,  du  wollest  die  bochzeit 
. . .  wider  hinderstellig  machen  und  aufsagen,  b.  d.  liebe  213' ; 
dadurch  dann  die  wunden  nicht  allein  an  ihrer  heilung  hinder- 
stellig sonder  auch  böser  und  gefehrlicher  gemacbet  wirt. 
WOrtz  practica  d.  wundarzn.  12;  bäte,  ihr  k.  m.  »ölte  es  doch 
durch  ein  offen  edict  verbieten  und  hinderstellig  machen. 
ZiXKGREF  apophtk.  1,83; 

ja  auch  das  träge  hausgesind, 
welchs  on  das  nicht  ist  zu  geschwind, 
erst  noch  mehr  machet  hioterstellig 
mit  euerm  kitzeln  uiigerällig. 

FiscHART  flöhhalz  3563  {didtt.  2,  94  huri) ; 
Aurora  spielt  einst  völlig 
.\stariens  rolle,  nur  mit  etwa^  besserm  glück, 
denn  arh!  Kombabens  stand  macht  alles  hinterstcllig. 
wodurch  man  (ohne  sich  7.n  schmeicheln)  bolTen  kann, 
(U  siegen  über  einen    -  niajin. 

W1BJ.AK0  10.  281  {tombab.  444). 

binterstellig  machen,  zurückstehen  machen,  in  bezug  auf  ein  rang- 
verhäitnit:  der  freinbdc  Jüngling  hal  uns  luiitcrsteilig  gemacht, 
man  hat  in  geheit^zcii  (bei  der  fürstliclten  tafel)  bei  dem  getränk 
stehen,  solche  ehr  und  wirde  stünde  uns  (eredenz^m  und 
schenken)  zu,  aber  wir  werden  dadurch  veracht.  b.  d.  l.  214*. 


1519     HINTERSTELLIG  —  HINTERSTICHREDE 

3)  in  Hessen  heiszt  hint erstellig  zurückbleibend  in  bezug  auf 
lebenskraß,  hinfällig,  kränklich.  Vii.mar  170.  wahrscheinlich  gilt 
diese  bedeutumj  auch  bei  Fischart:  dann  viel  eh  erlangt  ein 
end  solcher  hintersteiliger  gäul  leben ,  als  das  recht  welchs 
sie  (prozessierende)  fürgeben.  Garg.  159*. 

4)  hinterstellig,  allgemein,  rückständig:  hinderstelHg,  reliquus 
Albercs  i l' ;  das  er  hinfiut,  was  noch  hinderstelliger  zeit  im 
fleische  ist  (röf  inÜMiTtov  iv  aaoxi  . . .  xqovov),  . . .  dem 
willen  gütles  lebe,  l  Pelr.  4, 2.  namentlich  in  bezug  auf  schiild- 
forderungen :  der  schulden  halber,  so  im  unser  herr  der  römisch 
kaiser  noch  hinderstelHg  zu  tun  sein  soll.  urk.  Max.  140 ;  das  ich 
das  hindcrstellige  in  zwei  oder  drei  jarcn  bezalon  sol.  Luther 
2,488';  so  haben  wir  sie  zu  ihrer  bczidilung,  auf  die  alte 
hindcrstellige  cammergerichts-anschlüg  (taxen)  gewiesen,  absch. 
des  reichsiags  zu  Speyer  von  1529,  §  3ti;  alle  erschienen  und 
hinderstellige  zinsz.  Frankfurter  ref  2,  7,  §  5 ;  das  verordnete 
wöchentliche  und  noch  heute  hinterstellige  deputal.  Scuwei- 
MCBEN  1,  367 ;  meinem  vatcr  noch  am  kaufe  200  thlr.  hinter- 
stellig verblieben.  2,277;  der  noch  hinterstelligen  kaufgelder 
halber.  3,230;  mit  dem  hinterstelligen  nachstand  werden  sich 
die  herrcn  fürsten  und  stände  gedulden,  verhandl.  der  sMes. 
fürsten  u.  stände  von  1618,  s.  36.  aber  auch  in  anderm  sinne: 
wa«  ist  nu  hindcrslellig,  denn  das  ir  gewarten  müsset  der 
gallen  und  des  essigs,  das  ist,  der  verlesterung,  schmach  und 
terfolgung  umb  ewer  durstigen  rede  willen.  Luther  2,89'; 
noch  ist  hinderstelHg  von  der  kraft  der  gesatz  zu  reden. 
Melanchthons  anweisung  in  die  h.  schriß,  deutsch  v.  Spalatinus 
(1523)52;  in  Indien,  da ..  noch  etwas  von  dem  ersten  segen, 
den  gott  ubers  paradeisz  gesprochen,  hinderstelHg  ist.  Mathes. 
Sar.  36";  damit  das  hinderstellige  plei  nicht  im  garofen  ver- 
rauche. 7l';  bleiben  (6«  einer  krankheit)  manchsmal  grosze- 
wQlste  hinderstelHg.  Finter  pferdschatz  387  ;  so  trüge  ich  doch 
beifahr  (furcht),  dasz  bei  i.  f.  g.  noch  etwas  hinterstellig  im 
herzen  sein  möchte.  Schweinichen  2,  337;  der  könig  dagegen, 
als  sein  hinterstelliges  volk  aus  Preuszen  sich  nunmehr  ganz 
eingestellet,  versamlete  seine  meiste  macht  bei  und  in  der 
Stadt  Damm.  Michälius  alt.  Pommern  5,273;  darneben  soll  er 
(der  venealter)  auch  auf  mittel  und  wege  gedenken,  wie  .  .  . 
noch  hinterstellige  wüste  länderei  immer  unter  der  band 
vollends  in  die  arbeit  und  art  gebracht  werde.  Hohberc 
3,2,8';  stjfmma,  .  .  .  das  dicke,  so  nach  austruckung  der 
trauben,  oliven  oder  salben  und  dergleichen  hinterstellig  bleibt. 
COBVINUS   1,  642*. 

5)  hinterstellig  (nach  hinterstellen  oben  sp.  1518),  zur  auf- 
bevahrung  übergeben,  anvertraut:  bei  ihme  hinderstellige  pfandt. 
Frankf  ref  10, 1,  §  6. 

6)  hinterstellig,  icie  hinterhaltig,  versteckt,  licimtückisch :  ge- 
dungen, zu  Würzburg  etliche  fürsten  hinterstelliger  weise  zu 
ermorden.  Fr.  Müller  1,193; 

treibt  er  so  .  . 

ein  binderstellig  affenspiel.    B.  Ringwai.d  (.  w.  270. 

HINTERSTELLUNG,  f  l)  hindervng  (vergl.  hinterstellig  2) : 
aber  in  dem  hat  es  ein  irrung  und  ein  hinderstellung,  dasz 
gott  kraft  und  macht  gibt,  so  ferr  aber,  dasz  niemand  ge- 
brauch. Paracelsus  opp.  1, 90A;  thu  du  das,  thu  das,  und 
das  müssen  sie  thun,  und  darfOr  ist  kein  hinderstellung,  das 
musz  sein.  2,  413  A;  hat  sich  begeben,  das  solche  frembde  ein- 
ßll  irrsall  und  hinderstellung  der  arznei  gemacht  hat  (haben), 
darumb  newe  künst  zu  suchen  die  krankbeiten  erfordert  haben. 
Chirurg,  uhriß.  67  B. 

2)  hinterhalt:  hatt  seines  Volks  ein  theil  auf  biDderslellung 
geordnet.  Fhonspercer  3,  267*. 

HINTEHSTEVE.N,  wi.  hinlerer  tteven  des  schiffet. 

HINTERSTFÜH,  adv.  s.  unter  hinter  tp.  149«. 

HINTERSTICII,  m.  i)  aich  von  hinten,  versteckte  botheit,  vgl. 
oben  binterslechen : 

du  er  TOD  um  hie  werd  erslichen, 

da«  mactit  er  mit  sein  hinterttichen.    fa*tn.  »p.  202,  6; 

mit  tchlaoKnn  aber  sein  halsbandt 

bedeut  die  bindentich,  «chmacti,  schand  (die  loio  Icule  verübm). 
TBua!<(iszER  erkldruuij  der  archidoxcn  3. 

S)  plur.  hinterstiebe,  eine  besondere  art  des  nähent. 
HINTERSTICHER,  m.  boshafter  nachredner:   ein  vcrspollcr, 
ein  hindersticbcr,  ein  scbandredner.   Tiiuhmkikzer  magna  alch. 

HINTERSTICHIG,  adj.:  binderaticbige,  ehrendiebiscbe,  un- 
•''^    ■  '    '              '          n.    THURNEiitztR  nothgedr.  auttchr.  1,8. 
f:  ein  srhmarLrrd,  ein  nndred,  ein 
lui..-u ■•' ••  ■    ntlrfiym     '.'    '.'., 


HINTERSTIRN  —  UINTERTHEIL        1520 

HINTERSTIRN,  f.  podex: 

der  ofcii  wärmt  die  siube,  thut  solches  unbereut, 

ob  gleicli  ein  alte  mutier  die  hiriierstirn  ihm  beut: 

wer  recht  gebt  gehe  weiter  und  frage  nichts  darnach 

ob  hasser  oder  spötter,  braucht  list,  verläumdung,  schmach. 

LocAi;  2,  37,  35. 
HINTERSTOSZ,  m.:   hinausz  von  der  müudung,  bisz  zum 
hinterstosz   oder   boden   (einer  petarde).    Böckler  kriegsschule 
(1668)  256. 

HINTERSTREICHEN,  verb.   verstreichen,   vergehen:   warumb 
last  du  so  viel  stund,  ..  ja  (ach  leider)  so  viel  jähr  hinter- 
sfreichen,   in    denen    du   nicht   einmal    hieran  (an  das  ewige 
leben)  gedcnke.st?  Simpl.  3,425  Kurz. 
HIMEHSTRICH,  m.  apostroph.  Adelung. 

HINTEHSTRICK,  m.  der  hintere  strick  von  zwei  an  den  leüern 
der  ärntewagen  befestigten,  die  zusammen  einen  baucli  bilden, 
worein  man  beim  einfahren  des  getreidas  (jarben  legt.  Jacobsson 
1, 153'.     vgl.  auch  bauchseil,  bauchkette  Iheü  1, 1167. 1169. 

HINTERSTÜBCHEN,  n.  kleine  hinlerstube:  eben  dieser  will 
hatte  ein  klein  hinter-  und  kiiiderstübgen.  gefl.  finken  245 ; 
ich  will  meine  frau  selbst  bestrafen,  ich  will  sie  zu  mir  in 
mein  hinterstübchen  kommen  lassen,  ich  will  die  thüre  zu- 
schlieszen.  sie  soll  mir  eine  kniende  abbitte  thun.  Gellert 
3,237;  das  werk  ist  aus  dem  brittischen  museum.  nun  für 
ein  museum  war  das  kein  stück!  ins  hinterstübchen  damit: 
in  die  küche,  da  ist  sein  platz!  Göthe  33,11t;  kommt  nur 
gleich  auf  mein  hinterstübchen,  da  wollen  wir  eine  flasche 
alten  Werlhheimer  ausstechen.  Kotzebue  dram.  sp.  2,334. — 
In  gleiclier  weise  gilt  das  dim.  hinterstüblein. 

HINTERSTUBE,  /*.  nach  hinten  gelegene  stube  eines  hauses: 
hinterstube,  hypocauslum  posterius  Stieler  2216;  als  ich  meiner 
frau  beim  Italiener  eine  apfelsine  kaufte,  sah  ich  ihn  in  der 
hinterstube  sitzen,  mit  einer  Hasche  champugner  in  eis.  FHEYTAf. 
handschr.  2,  412. 

HINTERSTÜCK,  n.  hinleres  ^ück,  hitüertheü  eines  dinges : 
hinterstück  von  einem  fisch,  von  gcllügel;  hinderstück,  coxa, 
der  schlegel  Stieler  2221 ;  an  einem  kleidungsstück :  das  hinter- 
stück eines  mantels.  Happel  acad.  rom.  45 ;  dasz  ich  zwei  so 
wolgefütterte  hinder-  und  vorderstücke  an  hatte  (er  halte  sich 
geld  in  seine  kleider  genäht).  Simpl.  1,450  Kurz. 

HINTERSTUDEL,  m.  studel,  stehendes  eisen  im  hmterlheüe 
eines  deutschen  Schlosses. 

HINTERSTÜTZEN,  verb.  von  hinterwärts  stützen,  unterstützen, 
suffulcire,  sustentacula  conslUuere.   Stieler  2232. 

HINTERSTZUVÖRDERST,  i.  hinter  sp.  1496. 

HINTERSUCHEN,  verb.  untersuchen:  ob  nun  dieses  alles 
geschieht-  oder  gedicht-weis  vorgestellet,  wollen  wir  nicht 
eben  so  genau  allhier  hintersuchen  und  nachforschen.  Simpl. 
4,564  Keller. 

HINTERTHEIL,  m.  und  n.  hinterer  theü. 

1)  im  allgemeinen:  hintertheil  eines  hemdes,  eines  wagens, 
eines  pfluges;  hintertheil  des  schifTes,  vom  besaanmast  bis  an 
den  hinterSteven:  der  hindertheil  des  schiffs,  puppis  Maaler 
224' ;  hintertheil  der  laufgräben,  der  bei  weiterem  vorrücken  als 
aufenlhalt  der  verwundeten  dient;  hintertheil,  rückenstück  eines 
hämisches:  unter  heergeräthe  wird  aufgezählt  1  goller,  1  pickel- 
bawlien,  3  alte  armbrust,  2  pofesen,  1  hinterteil,  1  anuschin. 
Leipziger  urk.-buch  1,322  (ib.  jahrh.) ;  hintertheil  der  ruthe,  ei» 
theil  des  ankers,  das  man  an  der  seile  des  grosien  ringes  vier- 
eckig macht,  damit  der  ankerstock  desto  besser  außiege.  Jacobssun 
8,88';  aber  die  schandliche  mäusz  und  ralten,  schaben  und 
maden  . .  hatten  (von  einem  buche)  den  aniang  und  das  vurder- 
thcil  (hei  das  ihnen  der  tcufel  das  hinder  tiieil  gesegenc)  giir 
vcniaget.  Garg.  33';  sties  sich  das  schitT  an,  und  das  furder 
teil  bleib  feste  stehen  unbeweglich,  aber  das  hinder  teil  zu- 
brach, apostelg.  27,  41 ;  es  stund  (das  eherne  meer)  auf  zwelf 
rindern,  welcher  drei  gegen  initternacht  gcwand  waren,  drei 
gegen  abend,  drei  gegen  mittag,  und  drei  gegen  morgen,  und 
das  meer  oben  drauf,  das  alle  ir  hinder  teil  inwendig  war. 
ikön.  7,25;  es  musztc  also  einen  augcnblirk  geben,  du  sie 
(die  schlam/en)  den  vater  (iMokoon)  mit  ihren  köpfen  und  vurdur- 
ibeilen  schon  angefallen  hatten,  und  mit  ihren  hinterthcilen 
die  knaben  noch  verschlungen  hielten.  Lessikc  7,  409. 

2)  der  $pdt«r  kommende  theil,  der  zeit  nach;  in  einem  ieortti»ii 
mit  der  bedeutung  4: 

der  «itif  r  (anii«)  und  ein  alle«  w«lb ,  (wie  mu*<  docli  diese» 

kiimmi'ii?) 
sind  aiir  lni> !   '     •     '   .   '  ■•  ^    ■  ■  'ntmmen: 

jedoch  ob  di  M  dioweil 

da»  Kantig   >  i 

.'  :.s,  11. 


1521       HnsTERTHOR  —  HINTERTHÜRLEIN 


nWTERTRAB  —  HIMERWAGEN 


1522 


5)  am  fuchfe  der  fchwan: : 

bei  hof  ist  meistens  der  ein  tapfrer  edelmann. 
der  Reinken«  hintertheil  im  wapfen  weisen  kan. 

LoGAC  2,61.42; 

drum  fahr  ich  weiter  fort  zu  bilden  einen  mann, 
der  Reinkens  hintertheil  im  walT«n  fuhren  kan.    3,  215. 
rerijl.  Fuchsschwanz  theil  4',  3ö3. 

4)  häHßg  ak  rerhfiUendfr  ausdnick  ßr  podex-  und  wird  auch 
mit  cioem  schimpfliche  kleid  bedecken  dyn  schemliche  hinder- 
teil.  Cykill  30';  s»  wohlgebildet  ihr  (der  Alhmer)  gewicht  war, 
so  armselig  war  ihr  körper  an  dem  hintertheil.  Winrelma^s 
1.81;  da  ein  jed»r  dieses  volks  [hländer),  kann  er  auch  aus 
armnth  nicht  einmal  sein  gentiies  hintertheil  bedecken,  den- 
noch ein  geborener  gentleman  ist.  H.  Heise  3.  35 ; 

wen  ich  lu  ihr  {meiner  frau)  spricli  kum  zu  mir  herfure 
so  kehrt  sy  mir  das  hintertheil. 

meiiterijef.  ms.  gcrm.  f.  23,  no.  S9. 

HINTERTHOR.  w.  hinleres  tlior:  geht  ihr  zu  den  hinter- 
thoren  hinaus,  dasz  Dorias  Spionen  nichts  merken.  Schiller 
Fiesko  2,  IS ; 

allein  das  hiniertbor  ist  meiner  treppe  nah.    Göthe  7,  53. 

HI-STERTHCR,  HINTERTHÜRE.  f.  i)hinlere  tftüre  eines  hauses, 
hofes,  garlens :  poslica.  fwsticiim  hindertur.  hinderthiir.  hinderdur 
DiEF.  449';  die  hinderthür.  die  Ihflr  binden  an  dem  hausr,  p<M^i- 
(«m.  Maaler  224';  hinderthiiren.  heimliche  verborgne  thüren, 
fores  caecae.  das.;  {der  missethäler  s'jll  geßhrl  werden)  zu  der  fron- 
haus pforten  in,  zu  der  hinderthiiren  aus.  icft«/A.  2,  318  {Unter- 
mosel r.  1.508);  unsere  schildwacht  war  zwar  erschossen,  wir 
aber  in  dessen  gewarnet,  zu  unserer  hinderthür  hinausz.  auf 
die  pferde.  Ptiil.  Lvqd.  4, 1.53 ;  nachdem  sie  Solanden  erst  zur 
hinterthür  eingelassen  hatte,  po/.  dockf.  299.  häufig  in  bildern 
und  sprichvörtlichen  redensarten :  er  und  meine  raeüder  samt 
unsemi  ürsele  . .  halte  die  hinterthür  getroffen,  das  r-eiszaus 
gespielt,  und  wollen  dieser  heillosen  gaste  nicht  erwarten. 
Simpl.  1.  19  Kurz :  sich  eine  hinterthüre  offen  'lassen,  einen 
nusiceg,  eine  ausfhicht:  doch  sieht  man  hie  und  da,  wo  das 
gar  zu  abgeschmackte  überliefert  wird,  den  klugen  mann,  der 
sich  eine  hinterthüre  offen  läszt.  Göthe  53,  147;  er  trägt 
übrigens  die  newtonische  und  eulersche  lehre  in  der  bösen, 
halb  historischen,  halb  didaktischen  manier  vor,  die  sich 
nicht  compromilliren  mag  und  iuuner  noch  eine  hinterthüre 
findet,  wenn  die  lehre  auch  falsch  befunden  würde.  .54, 1S4 ; 
allein  der  Verfasser  hütet  sich  wohl,  dieses  zu  behaupten, 
weil  er  sich  abermals  eine  hinterthüre  auflassen  mnsz,  um 
einem  dringenden  gegner  zu  entgehen.  59, 279 ;  wir  wollen 
ihm  daher  unsere  gesinnungen  fühlbar  machen,  .  .  aber  so, 
dasz  ihm  noch  eine  hinterthür  offen  bleibt,  damit  wo  möglich 
seine  amhition  enveckt  wird.  Ixxerxann  Münchk.  3,120; 
ich  halt  euch  oft  ia-meiner  macht  und  liesz 
durch  eine  hinterthür  euch  stets  entwischen. 

ScHTLLE*  Wallensl.  tod  1,5; 
wie  kommt  nun  {bei  einer  newtonschen  deduetiom)  auf  einmal 
das  weisze  durch  die  hinterthür  herein?  wie  ist  es  abgeleitet? 
ja  wie  ist  es,  nach  dem  bisher  vorgetragenen,  nur  möglich? 
Göthe  59,70;  merkwürdig  ist  es,  wie  er  erstlich  diese  weisze 
mitte  durch  eine  hinterthüre  hereinschiebt  und  sie  nach  und 
nach  ..  überhand  nehmen  läszt.  1S8;  nichts  ist  mir  unter  den 
lenten  hier  so  unausstehlich,  als  ihre  ewigen  artigkeiten  durch 
die  vorderthür  und  ihr  kratzen  durch  die  hinterthür.  Freytag 
handsrhr.  2, 12; 

itzt  hat  die  zeit  zweimal  den  tag  zuiück  frebracht, 

der  mir  die  güldne  thür  zur  freude  zugemacht; 

die  freude,  die  man  itzt  an  mir  zu  sehen  meinet. 

kömmt  durch  die  hinterthür,  und  ist  nicht,  was  sie  scheinet. 

Haller  (17t)8)  s.  180. 
2)  rerhüUend  fitr  podex: 

(^alTus  sah  lum  fenster  au«i,  Lippns  hielt  der  nase  für, 
dann  er  meinte,  Calvus  köpf  sei  aes  roagens  hinterthür. 

LoGAC  2,  81.  134  ; 
die  hinterihör  lasz  offen  siehn 
und  den  doctor  seiner  wefe  gehn.    Siaxocs  »prichte.  251. 

HINTERTHIRCHEN.  n.  kleine  hinterthüre. 

HINTERTHLRLEIN,  n.  ebenso:  hinderthörle,  postieulttm 
.Maaler  224';  so  ist  es  am  rähtlichsten.  sich  solcher  leute 
mit  guter  manier  zu  entziehen,  und  weis  mancher  immer  ein 
verborgen  hinterthürlein.  Bitscbkt  Patm.  437.  in  der  bedeutung 
von  hinterthüre  2 :  leck  dem  p«el  das  hinderthürlin.  geschwerik 
ÄeW»i(155S)62;  o  wie  erkaltet  meuler  sind  westfeling  mculer, 
welche  die  bonnen  essen,  und  sie  mit  peper  und  magsamen 
bestrejen,  darumb  haben  sie  allzeit  das  hinderthürlein  offen. 
Garg.  44*. 

IV.  u. 


HINTERTRAB.  ni.  die  hinlere  ahlheiliing  eines  heeres,  beim 
marsche:  die  feinde  . .  wollten  umkehren,  um  ihrem  hiatertrab 
zu  helfen.    Schiller  1096. 

HINTERTR.\CHTIG.  (uij.  kinten  nach  tragend,  hinterhältig, 
hoshaft:  was  thut  aber  indessen  der  heimtückische  und  hinter- 
trächfige  feind.   Simpl.  2.903  Keller. 

HINTERTREFFEN,  n.  die  hinlere  abtheilung  eines  heeres,  tu 
der  sehlacht: 

mir  geziemt  es  nicht  im  hintertreffen  zu  kämpfen, 
noch  viel  minder  zu  zittern.    Borger  223*. 

übertragen,  in  Düringen  und  Sacfisen,  ins  hintertreffen  kommen, 
gerathen.  rernachlät^iigt,  hintangesetzt  tcerden. 

HINTERTREIBEN,  rerb.  zun'ick  treiben,  hindern,  hemmen : 
dasz  man  einen  willigen  gaul  und  ein  willigen  Soldaten  nicht 
übertreiben,  aber  auch  nicht  zu  lang  hintertreiben  solle,  sie 
möchten  sich  sonst  beide  verstehen  (ifitrcA  stehen  schaden). 
Opel  m.  Coh.s  385;  an  den  pfersigen  ..,  als  an  welchen  die 
hitzigen  kern,  wann  mau  sie  mit  geniesze,  die  schädliche 
kälte  des  pfersichs  selbst  hintertreiben.  Simpl.  i.r^-l  K'ir: ; 

du  denkest  noch  mit  viel  verstobliiea  thränen, 

und  viel  erdichteten  Sachen, 

meine  band  zu  hintertreiben  (die  dich  tödten  k'iII). 

Hoff«an:««waldao  getr.  tvhäfer  64 ; 
doch  kann  man  freilich  nicht  gebrauche  hintertreiben. 

heldenbr.  56; 
er  hat  durch  ernste  schreiben 
sich  euserstes  bemüht,  den  streich  (rnord)  lu  hintertreiben. 

.K.  Grtphics  1698  l,  323 ; 
eine  sache  hinderlreiben,  disturbare  rem,  officere  causae.  Stie- 
ler 2321;  die  raihschlage  hintertreiben,  consäia  praefidere. 
Frisch  2.384'; 

er  hintertreibt  doch  nicht,  worauf  mein  vorsatz  gehl. 

Opitz  1,  166; 
wagst  du  noch  mehr  zu  singen?  dasz  der  sieger,  .  . 
selbst  unerforschlich,  jeden" anscblag  kannte? 
früh  thätig  jeden  bintertrieb?    Ramlkr  1,73; 

zu  nichte  machen,  widerlegen :  habe  derer  meinung  mit  folgenden 
gründen  und  schluszreden  hintertrieben  und  widerlegt.  Scht  p- 
pics  420;  (eine  rede)  die  doch  durch  tägliche  erfahrung  und 
exempcl  hintertrieben  wird.  525. 

HINTERTREIBÜNG.  f.  impeditio.  Steisbach  2,857. 

HINTERTREPPE,  f.  hintere  treppe  oder  treppe  des  hinterhau.vs : 
ich  komme  die  hintertreppe  herauf.  Lessing  1,523;  die  kleine 
hinlerlreppe.  Frevtag  handschr.  3,174. 

HINTERTRIEB,  m.  hinderung,  hemmung: 

dasz  eur  beider  zimbliche  lieb 
hat  gewonnen  solchen  hindertrib, 
dasz  ist  in  der  warheit  nicht  gut. 

J.  Atrer  fasln,  sp.  64'  (2657,  35  Keller). 

HINTERTRITT,  m.  bericlU  einer  Verhandlung  an  seinen  atif- 
traggeber,  relatio.  Haltacs  919  (ron  1491).  tergl.  hintergang  6 
5/1.  1501. 

HINTERTROSZ,  m.  hinterer  theü  eines  heeres. 
HINTERTLCKE.  f.  heimlitcke: 

durch  arglistige  hinterdück.    H.  Sachs  4,  1,  14'; 
wo  man  urabgeht  mit  hindcrdücken.    5,  324*. 
HINTERTCCKISCH,  adj.  und  adr.  heimtückisch: 

dardurch  er  von  im  werd  beladen 
hiuteiiückisch  mit  schand  lud  schaden. 

H.  Sachs  2,  2.  91*. 

HINTERVERDECK,  n.  das  hinlere  terdeck  eines  schiffes: 

auch  Telemachos  trat  in  das  schiff;  ihn  führet  Athene, 
ging  zum  hinterverdeck  und  setzte  sich.    Udyfs.  2,  418. 

HINTERVIERTEL,  n.  der  hintere  rierte  theil  ton  scklnrhl- 
Ihicren :  ein  gebraten  hinterviertel  {eines  lammes).  Simpl.  z.:iH 
Kurz,  als  schitiipfKmt :  du  hinderviertel  Ton  einer  araeise. 
Chr.  Weise  kl.  leute  54. 

HINTERVOLK,  n.;  hof-  oder  thronstaat  und  dann  krieg- 
stand sind  die  beiden  wendezirkel  glänzender  zirkel.  haben 
beide  ihren  glänz,  den  guter  ürnis  gibt :  so  ist  das  verdeckte 
zurückgestellte  hintenolk  fast  nichts.  J.  Paul  dümmer.  84. 

HINTERWACHT,  f.  hintere  wmM,  wacht  im  rücken : 

und  als  disz  eck  (das  hinterste  am  jesuilerliiUlein)  nicht 

gwichiig  war, 
setzten  die  teufet  sich  drein  gar: 
die  hallen  recht  die  bind«rwacht, 
schützen  das  hutlein  in  all  macht. 

Fischart  dicht.  2,266,955  Kurt. 

HINTERWAGE,  f.  die  hintere  wage  an  einem  wagen,  woran 
die  beiden  hintersten  pferde  gespannt  werden.    Jacorssox   2,262'. 

HINTERWAGEN,  m,  pars  posticci  sire  posterior  eurrus.  Stie- 
LF.R  2528. 

96 


1523       HINTERWALD  —  HINTERWÄRTS 

HINTERWALD,  m.  hinirr,  ziirftck  gek(jcncr  ic<dd,  engl,  back 
vrood,  bezogen  auf  die  uncälder  des  wesfliclien  ?iordamerika. 

HINTERWÄLDLER,  «j. ;  hinweg  hatte  er  flüchten  müssen 
ans  der  geliebten  heimath.  übers  Weltmeer  hinüber  zu  den 
hinterwüldlern.  die  mit  dem  urwaldc  und  dem  Indianer  um 
die  dürftige  cxistenz  ringen.  H.  Laübe  in  den  grenzhoten 
1S64,  s.  440;  auch  in  Italien  hat  die  axt  des  hinterwüldlers 
lange  der  cultur  der  dörfer  und  Städte  vorarbeiten  müssen. 
Preli.er  rOin.  mylliologie  349. 

HINTERWAND,  f.  rtickwand:  hinferw'and  eines  zimmers, 
hauses,  schrankes ;  hinfcrwand  der  Schaubühne. 

HINTERWART,  f.  nachhut:  nach  oder  hinderwart.  Aimon 
bog.  Y2. 

HINTERWÄRT,  adv.  nach  hinten,  zurück,  mhd.  hinderwart, 
hinderwert :  hinderwJirt,  binden  zfi,  post  tergum,  pone  Maai.er 
224*.    rgl.  hinterwärts. 

HINTERWÄRTIG,  adj.  nach  hinfcn  befindlich:  an  dieser 
umgekarten  oder  hinderwerligen  figur.  Thurnkiszer  ]>rob.  der 
harnen  95 ;  hinderwärlig,  binden,  poslicua,  praeposlrnis,  a  tergo, 
relrorsus  Maaler  224'.  adv.  von  hinten  her,  rücklings:  dörften 
einen  frommen  Abner  im  grusz  hinderwerfig  wie  Joab  er- 
stechen. Garg.  263*;  die  zwen  patron  in  hinderwerlig  an- 
griffen. Bocc.  (l5S0)  1,89';  damit  die  am  stürm  nicht  hinder- 
werlig überfallen  (werden).   Ktrciihof  mit.  disc.  iS6; 

und  billicli  straft  man  disen  man, 
der  ain  greift  hinderwärtic:  an. 

Fischart  flöMaU  3360  (lUcht.  ^9  Kurz). 

HINTERWÄRTLICH,  adj.  von  hinten  hcrkonwiend:  (menschen, 
welche)  durch  neid,  hasz,  zorn,  miszgunst,  heimlich  und  öffent- 
liche verleumbdungen,  unzeitige  eifersucbt,  murmeln,  hinder- 
wertliche  nachred,  und  sonsten  so  wohl  mit  werten,  als  mit 
werken,  ihre  nebenmcnscben  verfolgt.  Simpl.  (|684)  3,264; 
adv.  von  hinten:  laufen  den  menschen  und  andern  fhiern 
hinderwärtlich  oder  von  hinten  nach,  üffenbach  neues  rossb. 
2.39;  hintei-wertlich  und  schelmisch  kan  der  beste  kerl  ge- 
schmissen  werden.    Chr.  Weise  Jsaaks  opferg.  1,14; 

lim  tiinterwcrtlich  greifen  an.    H.  Sachs  3,  1,52'. 

HINTER WÄRTLING,  adv.  ebenso:  welchen  nicht  an  die 
band  freurt,  sol  den  ofen  hindenvcrtling  ansehen.  Fischart 
in  Gödeke$  Gengenhachiib.W;  den  verordneten  ii>enschen  zum 
opfer  schlagen  sy  hinderwerlling  zurück.    Frank  wellb.  66'. 

HINTERWÄRTS,  adverbialer  geniliv  zu  hiuterwärt  ol>en. 

1)  in  der  richlttng  nach  hinten,  zurück:  wolt  zu  volführung 
dieser  reden  sich  nülier  zu  ihm  tbun ,  aber  der  rittcr  saget 
zu  ihm:  bleibet  hinderwerts.  Amadis  88;  hinterwärts  laufen. 
polü.  slockf  234;  indem  ich  diese  stufen  hinaufstieg,  ward 
ich  hinterwärts  in  einen  hafen,  welcher  bis  an  den  fusz 
dieses  hohen  felsens  gieng,  eine  menge  von  schiffen  gewahr. 
J.  E.  Schlegel  5,357;  dorf  und  schlosz  hinterwärts  waren 
nicht  mehr  zu  sehen.    Götbe  17,30; 

den  rlesen,  der  es  hört,  schlug  e»  hart  an  das  herz, 
also  da«  er  für  furcht,  lief  wieder  hinterwertr. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  15, 33,  8 ; 

fieb  ihnen  ein  gehorsam  herz, 
atz  sie  oicht  weichen  hintcrwerls  {hlite  von  eheteulen  für  ihre 
kinder).    Bist  himml.  lied.  3,  162; 
ein  löwe,  der  ein  held  in  seiner  Jugend  war, 
lag  einsam  nun,  im  höchsten  stufenjahr, 
in  seiner  höhle  hinterwärts.    Glbim  3,317; 

auch  in  die  ailgemeinere  bedeulung  fort,  weg,   verlaufend:  weib, 
machet  euch  hinderwerts,  dicweil  ir  ein  sach  fhut,  so  weder 
euch  noch  euwers  gleichen  zusteht.    Amadis  59; 
und  nimbt  dem  krieges  voik  das  herz, 
und  stürzt  che  reuter  hinterwerii.    H.  Sachs  3,  1, 150*. 

2)  in  der  richtung  von  hinten;  rückltngs:  wenne  seiner  (des 
kamelt)  prilnften  zeit  ist,  da;  ez,  unkäuschen  wil,  s6  Ruocht 
«5  im  haimleich  stet,  da;  e;  die  laut  iht  schent,  wan  e;  unkäu- 
■chel  hinderwarts.  Mece.-^berc  124,22;  für  dir  kan  er  süsze 
reden,  und  lobet  seer  was  du  redest,  aber  hinderwerts  redet  er 
ander»,  und  verkeret  dir  deine  wort.  .SVr.  27, 26;  es  lobet  sie 
auch  mancher  unter  augcn ,  der  sie  hinderwerts  verspottet, 
und  die  zunge  über  »ie  auszstöszt.  b.  d.  liebe  269' ;  (die  galgen- 
Khwengel)  welche  ihn  hinderwertz  in  die  schultern  verwundet. 
Amadis  76;  er  kondt  so  bald  das  gesiebt  nicht  gegen  dem 
dnen  wenden,  dasz  nicht  gleich  die  andern  hinderwerts  in 
.  .  .  schlugen.  241;  Werner,  der  ihnen  hinterwärts  nöhcr 
kömmt,  und  auf  einmal  der  Franciska  auf  die  schulter  klopft. 
Le«M5ic  1,M0;  Emilie  dagegen,  die  ihre  scbwcsier  zu  bc- 
gtttifen    nucble,',  gab    mir    hinterwärts   ein  /ei«  hcn,   dasr  ich 


HINTERWEG  —  HINTERZIEHEN       1 524 

mich  entfernen  sollte.  Göthe  2ö.  2S5;  die  meisten  jedoch 
sagten  Vreneli  ihre  gedankcn  nicht  an  den  köpf  heraus, 
aber  sie  verlästerten  es  desto  jämmerlicher  hinterwärts. 
J.  Gotthelf  Wi  d.  pächler  (1870)  s.  16; 

(ich  will  lehren)  das  kind  den  vater  wol  erzürnen, 
liiiiienverz  schellen  und  mengen,    fastn.  .sii.  443,  21 ; 
Minerva  schlich  ihr  nach  und  faszt  es  (ein  bild)  hinterwärts. 

GüjiTHKR  379. 
von  hinterwärts:  gleich« ol  ober  waren  wir  unsrer  brigade 
so  nahe,  dasz  wir  jeden  von  hinterwerls  an  den  kleidevn 
erkennen  konten.  Sinipl.  1,216  Kurz;  ein  groszcr  häufen 
Wölfe,  welche  uns  anfänglich  von  binderwärls  halb  monweis 
timbschlossen  hielten.    4,  28. 

3)  hinterwärts,  im  gegentheil.  Verneinung  und  surftckweisvng 
andeutend  (vgl.  hinter  sp.  1495).- 

jungfraw,  ewr  falsches  herz 

wird  euch  zur  zeit  bringen  schmerz, 

ich  dacht  ohn  allen  scherz. 

ihr  werd  (wämi)  stets  mein  trewes  herz,  .  . 

ja  hinderwertz,  du  unirews  herz. 

Thoiias  P^i.sbkth  iichc  auxzerles.  wcltl. 
lieUcr  (1599)  no.  31 ; 
alles  hiiilcrwärts  versleben  (verkehrt,  falsch).    Adsldkc. 
HI.NTERWEG,  m.: 

wenn  ein  hemilchter  hart  das  multergut  verstreut 
und  immer  wie  ein  krebs  den  hinteiwetf  geschlichen, 
so  längt  er  mit  der  zeit  auch  vorwärts  an  zu  kriechen. 
R.  Neckibch  (jeri.  127. 
HINTERZACKEN,  wi.  das  hinterste,   aus  eisen  gegossene  Matt 
eines  frischherdes.    Jacobsson  5, 595'. 

HINTERZANGE,  /".  die  zweite  hölzerne  schraube  an  einer 
hobelbank. 

HINTERZEITIG,  adj.:  einen  ausländischen  hinterzeitigen 
fast  unheimlichen  nienscbengcisf  zu  hören,  welcher  allein 
unter  den  eisgrauen  tausendschläfern  und  bekannten  (»ein»« 
schon  überlebten  grcisenallers  übrig  blieb.  J.  Pall  leben 
Fibels  209. 

HINTERZEUG,  n.  hinterer  riernen  an  einem  saltel,  Schwanz- 
riemen. Jacodssox  2, 2(i3'  (gegensatz  vorderzeug,  5.  d.):  z^tn 
hauptgestelle  (an  pferden),  vor-  und  hinterzeug  sehr  kCstlich 
gemachet,   pcrs.  reisebeschr.  1, 11. 

HI.NTERZIEHEN,  verb.  l)  mit  persönlichem  object  einen  von 
hinten  her  überziehen,  überfallen :  hinderzugen  dem  von  R<  rn 
sein  hör  gar  heimlich  und  schluegen  ir  gar  vil  zc  tod.  deuticJic 
städlechr.  5, 32, 17 ;  hinderzugen  die  ritter  und  knecht  rml 
fachten  mit  in.  42,23;  beratschlagten,  da;.,  (mehrere  hcrrcn) 
die  feindt  in  groszer  stille  hinderziehen  und  nacbvolgendls, 
so  der  sturmh  am  hertesten  und  ernstlichisten,  mit  groszem 
geschrai  angreifen  solten.    Zimm.  cliron.  1,36,36. 

2)  unsinnlicher  und  reflexiv,  sich  von  etwas  zurücJc  liehen, 
entziehen:  desz  bedacht  sich  Uriens  mit  den  seinen,  die 
richten  im  alle,  er  solt  seinen  bruder  darschicken,  und  sich 
desz  nicht  hinterziehen,  b.  d.  liebe  268';  ist  eben  als  wolle  er 
glauben,  einer  der  sich  von  jenem  gäben  felsen  stürzete, 
könne  sich,  wann  es  ihm  beliebte  iin  herabfallen  besinnen 
und  w iderhalten.  dann  wie  disz  zu  tbun  unmöglich ;  also 
kan  ein  verwirrtes  und  erhitztes  gemüthe  sich  weder  hinter- 
ziehen, noch  an  dem  orte  wo  es  wil  verbleiben.  Opitz 2, 255. 

3)  mit  sächlichem,  seilen  mit  persünlichem  object,  etwas  zniueJc- 
ziehen,  nußalten,  hintertreiben.  Haltaüs  919:  solches  soll  den 
herren  ohne  einiges  hinterziehen  iinverhalten  bleiben,  rer- 
liandl.  der  schles.  fürsten  und  stände  von  161S,  s.  77;  wi«>wohl 
er  hinterzog  es  bis  er  mit  herrn  Logau  reden  konnte. 
ScHWEiMCHEN  3,277;  dasz  er  auf  inständiges  begehren,  er 
solle  ihm  dem  kaiser  nur  etwas  von  seiner  fast  auszgefi  rtig- 
ten  Eneis  überschicken,  snbhes  nichts  destoweniger  hinter- 
zogen. Opitz  1,  rorr.  3*;  ich  wil  mich  aber  weder  den  neid 
noch  einige  nachrede  von  dem  guten  vorsatze  .  .  .  nicht 
hinterziehen  lassen.  9*;  nicht  ohne  grosze  müh  kao  (ich)  di 
heftigkeit  des  Verlangens,  so  ich  des  herrn  gesundhcit  zu 
erfahren  (habe),  hinterziehen.  ßorscnKi  kanxl.  4«;  also  s<>lte 
sie  sich  nicht  mit  vergebenen  thrflnen  bemühen,  seinen  so 
wenig  als  des  vrrhängnüsses  unerbittlichen  .«chltisi  zu  hinlcr- 
ziehcn.    Louknhtein  Arm.  1,909*; 

mag  nun  dUr  nrme  volk  mich  Idnger  hlnieriichn  ? 
nein,  nein:  sie  sollen  bald  crtahren  wer  ich  hin. 

Opitz  :t.  7t ; 
doch  wann  di>r  grosze  goit  auch  «twan  seinen  willen 
und  n)rsnli  zeigen  llesz  durch  rasende  Sybillen, 
mit  diesem  sierkl  er  nicht,  or  hlnterzRurlit  viel  mehr 
durch  solclirii  klaren  srhrln  der  lalsrlicii  Kalter  ehr. 

ftufo    (.'indin'   irohih     '.'     '; 


1525 


HINTERZIEHUNG  —  HINTRAGEN 


HINTRÄUFEN—  HINTRETEN 


1526 


er  bat  der  läger  ha$z  in  laifter  gUD.«!  rei-kehrt. ' 
er  hat  was  itzt  verbracht,  bis  itzund  biuierzogeii. 

A.  Grtphics  löUs  1,  412. 

4)  liinterzicben ,  unterschlagen,  für  sich  behalten:  dasz  sie 
nichts  Tcrschneigeu  nucli  hinderzieheii  solle.  L.  Thlh.neiszer 
nolhgeJrung.  aussciir.  l,  SS. 

5)  Strümpfe  hinterzicben ,  sie  auf  den  fersen  durchnähen, 
damit  sie  besser  halten. 

HINTERZIEHUNG,  /".  l)  (nach  hinterziehen  3)  aufhauen, 
hinderunq:  dessen  rest  soll  ohne  weitere  hinterziehung  der 
kaiserlichen  kanuner  angewiesen  werden,  verhandl.  der  schles. 
ßrsten  u.  stände  r.  161S,  s.  28. 

2)  (nach  hinterziehen  4)  unterschlügung,  nichtenlrichtung :  um 
der  erhebung  der  zolle ,  sowie  den  wegen  deren  hinter- 
ziehung zu  verhängenden  strafen  . .  eine  grundlage  zu  geben. 
Wetnutrisclies  regierungsblatt  1865,  no.  ö;  binlerziehungen  der 
uachtigallensteuer  sind  mit  dem  .  .  dreifachen  betrage  der- 
selben zu  ahnden.    Leipziger  tagebluU  1868,  no.  98. 

HINTERZI.MMER,  n.:  die  hinterzimmer  eines  hause». 

HINTERZUG,  >«. ;  hinterzug  eines  heeres,  agmen  extrem  um. 
ScHELLEB  deutsch-lat.  handlex.  (1796)  'i'. 

HINTHAÜE.N,  terb.:  hätten  sie  dann  die  milde  in  einen 
thrünennebel  hinthauende  gestalt  gesehen.  J.  Paul  Siebenk.  1,7; 

ihr  saht,  wie  auf  des  todes  kalte  hand 

sie  tbräaen,  freudig  schaudernd,  bingethaut. 

Mattuisso!«  ged.  128; 
da  weigern  ihre  äugen  nicht  alleine 
die  fluth  zu  mehren,  bingethaut  in  sehnen. 

A.  W.  Schlegel  werke  1,  HG. 

HINTHUN,  verb.  l)  hinuuirts,  an  einen  ferner  liegenden  ort 
thun:  den  chor  bereitet  er  inwendig  im  haus,  das  man  die 
lade  des  bunds  des  herrn  daselbs  hin  ihet.  l  kün.  6, 19 ;  re- 
flexiv sich  hin  thun,  sich  hin  wenden:  allein  diese  wenige 
Zeilen  brachten  ihm  so  vielerlei  Verwandlungen  seines  ge- 
uiütbs  mit  sich,  dasz  er  nicht  wüste  wo  er  sich  hinthun 
sülte.  polit.  stockf.  S>ö.  auch  einthun ,  einordnen,  gleichsam  in 
ein  bestimmtes  fach  seiner  erinnerung;  so  sagt  7nan  in  Sachsen 
iMsthümlich  und  recht  anschaulich  von  einer  person,  die  bekannt 
erscheint,  ohne  dasz  man  sich  genauer  auf  sie  besinnt :  den  mann 
musz  ich  kennen,  aber  ich  weisz  nicht  gleich,  wo  ich  ihn 
hinthun  soll. 

2)  wegthun,  fortthun :  Israel  wiltu  dich  bekeren,  so  beker 
dich  zu  mir,  spricht  der  herr,  und  so  du  deine  greuwel  von 
meinem  angesicht  hintun  wirst,  so  wirstu  nit  entweit.  Züricher 
übel  1530  35«'  (Jer.  4,1.    Luther:  wegthust); 

das  i^t  ein  zaghafter  muot: 

tuo  iu  hin,  er  ist  nicht  guot.    IIartia^n  2.  bucht.  550 ; 

gib  den  müden  büchern  feier, 

thu  die  malte  feder  hin.    Flemisg  416. 

einen  hinthun,  aus  der  aelt  schaffen :  (Heliogabalus  hat)  den  rö- 
mischen rathgeben  Sabinum  hingethon.  Frank  chron.  144* ;  eine 
Sache  hinthun,  beileyen:  man  würd  die  sache  hin  thun.  d.  städtc- 
chron.  2,128,22;  daj  sülich  zwitracht  hin  getan  würd.  131,12; 
bezüglich  des  geldes,  verwenden,  verbrauchen:  ich  war  aber  doch 
neugierig,  zu  erfahren,  wo  dieser  kleine  bankeruttirer  das 
erborgte  capital  hin  gelhan  hätte.    IlABE.'iEB  $at.  i,  138. 

3)  intransitiv,  sein  lassen,  abstehen: 

ich  .«prach  zu  ir  Juukfruw  dut  hin  (Lisst  euer  spotten), 
durch  euch  ist  mir  mein  herz  versert. 

H.  KoLTZ,  Haupts  teiticitr.  8,512,50. 
HIiNTILGE.N,  verb.  weijlilgen,  vertilgen: 

schaust  die  riesenschlange  dort  im  schatten  der  felsklufl 
liegen :  unsterbliche  selbst  erbeben  dem  schrecklich  anhlick. 
weckt  sie  vum  schlal,  und,  empört,  hintilgt  sie  die  kühnen 
gesellen.    Phhiler  Tunis.  7, 132. 
HliMHABE.N,  veib.:   ein    reiler    trabt    über   das   feld  hin; 
für  rücksiclUsloses  gehen : 

nun  schläli.  bei  andern  luusensohnen, 

die  saufte  herzeiizähmerin ; 

ohn  einen  seufzer  ihr  zu  fröhnen, 

trabt  man  auf  ihrem  böget  hin.    Gottii  I,  122. 

HINTR.KCHTEN,  verb.  nach  einem  ferner  liegenden  ziele  trachten: 
und  hüte  dich,  dasz  dein  äuge  nit  ein  schalk  sei,  dasz  du  es 
{das  jagen  nach  der  tagend)  nit  von  zeitlichen  nutzes  wegen 
thüest,  Sonder  lasz  dein  gemüt  hiulrachten,  ob  du  in  möclitesl 
gleich  werdeu.  Petr.  iit:f 

HINTR.\GEN,  verb.  hinwärts  tragen: 

der  ander  (Imnä)  der  truoge;  (das  bei«) 
von  dem  tische  hiu  ze  der  tür.      tninne*.  friihl.  28,10; 
wenn    aber   des    wegs    dir   zu    viel    ist,    das  du  solchs  (den 
Khnlen)  nicht  hin  tragen  kanst.   5  Mos.  14,24;    schütten    die 


laden  aus,  und  trugen  sie  wider  hin  an  Iren  ort.  2  chron. 
24,11;  einen  todten  hintragen,  ihn  beerdigen:  er  wird  hin  zu 
grabe  getragen,  defertur  ad  tumulum.    Stieleb  2314; 

man  läuft  hinzu,  man  ^elit  und  wirds  nicht  satt, 
dei  kinder  trägt  man  hin.  die  alten  gehn  an  kracken. 

WiKLAXD  2t,  294  (Ä/e/.  u.  Sinibald  5, 435)  ; 
ein  guter  enget  schienst  du  hingestellt, 
mich  aus  der  kindheit  fabelhaften  tagen 
schnell  auf  des  lebens  gipfel  hinzutragen. 

Schiller  Wollenst,  tod  4, 12. 

irt>  hinführen:  mein  weg  trägt  mich  einmal  bin; 

eine  processiöne 

von  pfafheiten  vil  genüc 

die  alle  ir  weg  so  hin  trüc 

bi  da;  mer  uffej  stat.    pass.^Hß.iO  Köpke. 

überbringen,  in  bezug  auf  nachrichten: 

manchmal  da  preist  er  (der  fuch»schwänter)  auch  den,  der 

gleich  nicht  zur  stelle, 
schaut  aber  dasz  alsdann  er  dieses  urtheil  fälle, 
wann  wer  vorhanden  ist,  der  solches  bald  trägt  bin. 

LoCAC  3.217. 

dazu  bringen,  in  bezug  auf  thun  und  denken: 

doch  tregt  mich  das  lieb  triokleiu  hin, 
das  mir  dest  leiehter  wird  mein  sinn. 

J.  Atur  366'  (16&4,31  Kelter). 
HINTRÄUFEN,  verb.: 

mit  jedem  tropfen  der  zeit  .  .  , 
der  iu  das  meer  hinträuft  der  Vergänglichkeit. 

Klopstocr  5, 203  (JtfeM.  13, 675). 

HINTRÄUMEN,  terb.  l)  reflexiv,  sich  an  einen  ferneren  ort 
träumend  versetzen :  seitdem  ist  kein  tag  vergangen,  wo  ich 
nicht  die  masze  meines  zunehmenden  reichthums  mit  kin- 
discher freude  berechnet ,  mich  nach  dem  stapelorte,  wo  «r 
anlanden  wird,  zurückgesehnt,  und  vor  den  schönen  maha- 
gonischrank hingeträumt  hätte,  der  ihn  aufnehmen  soll. 
Thüjoiel  5, 1S5;  hundertmahl  hatte  ich  mich  auf  den  gipfel 
dieses  berges  hingeträumt.    Caupe  kinderschr.  18,46; 

da  träumt  sie  sich  in  süszen  pbantasien 
mit  dir  iu  eine  taube  hiu.    Gök[:«gk  1, 131. 

2)  (nach  hin  I,  5, a  sp.  1375)  träumend  verbringen;  intransittv, 
weiter,  fort  träumen:  wälirend  wir  .  .  so  ruhig  hinträumen. 
Klinger  12,  275;  du  würdest  in  süszer  täuschung  hinträumen. 
7,  HO; 

mir  schien  es  mehr  denn  hundert  jähr, 

dasz  ich  so  hingeträumet  hätte.      Chla:<d  ged.i9S; 

oder  mit  cu:cuscUiv  der  zeit:  an  dem  orte,  wo  ich  meine  kind- 
heit so  glücklich  hinträumte.  Kli!«cer2,13$;  hier  träumt  ich 
an  der  mutter  band  die  frühen  jähre  hin.    146; 

und  nenn  ich  das 
ein  fröhlich  selbstbewustes  leben,  wenn 
uns  jeder  tag,  vergebens  hingeträumt, 
zu  jenen  grauen  tagen  (am  ufer  Lethes)  vorbereitet? 

GöiHK  9,7. 

HINTREFFEN,  terb.:  der  schütze  hat  genau  hingetroffen; 
auch  übertragen :  diese  bemerkung  trifft  nicht  bin,  berührt  den 
fall  nicht  eigentlich. 

HI.NTREIBEN,  verb.  hintedrts  treiben :  vieh  hin  auf  die  weide 
treiben ;  mit  unterdriickteni  object : 

er  ment  sin  ohsen,  hin  Ireip  er. 

Haupts  teitsclir.  6,183,309; 

wirst  ein  scheusal,  und  ein  Sprichwort  und  spot  sein  unter 
allen  Völkern,  da  dich  der  herr  hin  getrieben  hat.  5  Mos. 
28,37;  also  wird  der  könig  zu  Assyrien  hin  treiben  das  ge- 
fangen Egypten.  Jes.  20, 4 ;  indem  ein  verliebter  wind  die 
segel  meiner  sinnen  auf  das  unbeschiffte  meer  ihrer  niarmel- 
brust  hlutreibt.  Zicleb  Banise  (t700)  506;  man  bat  uns  eine 
handschrift  vorgelegt,  welche  das  jähr-  und  tagebucb  eines 
von  kindheit  an  hin  und  wiedergetriebenen  inannes  enthält. 
GüTHE  45,246; 

wer  weisz  wo  mich  der  wind 

noch  wird  hiutreibeu?    Schade  kandwerlist.  174; 

mein  herz  treibt  mich  hin  zu  ihr; 

aber  als  der  winter  kam, 

und  der  llur  das  leben  nahm, 

da  trieb  sie  (die  grille)  der  bunger  hin 

zu  der  ämse.  Gleim  3.320. 

HINTRETEN,  terb.  l)  hinwärts,  an  einen  andern  ort  treten : 
trettet  nur  hin,  untl  stehet.  2  chron.  20, 17 ;  sonderten  den 
sainen  Israel  von  allen  frembden  kindern,  und  traten  hin  und 
bekanteu  iie  sünde.  jVeA.  y,  2;  plage  gieng  aus,  wo  er  hin 
trat.  Habaeue  4,5;  dasz  sie  aus  den  culissen  ganz  strack 
vor  jene  hintraten.    Göthe  24,  US;    dafür  mit  dativer  fügung : 

90* 


1527 


HINTRITT  — HINÜBER 


HINÜBER 


1528 


daau   will    ich    vor    ihnen    hintrelcn,    nnd    eine  rede  hüllen. 

Claudius  3,  33 ; 

wenn  du  gleich  jetzt,  juui,  wie  du  bist  liiuträle.st 
vor  sie,  du  ßndest  keine  sehönre  stunde. 

ScuiLLgR  M.  Sliinrt  2,  9 ; 

nachdem  wir  anietzl  in  dem  stunde  deinüthiger  sciavinnen 
zu  der  betrübten  wohuung  des  todes  hinlreten.  Zigler  Ba- 
nise  (iTOü)  236. 

2)  mit  object,  zeit  hjntrelen,  sie  vergehen  lassen : 

die  tochter  des  Amons  liesz  keine  zeit  hintreten, 
den  liebsten  werthen  held  Ru^^iero  zu  erretten. 

D.  V.  D.  Werüeb  Ariosl  3,75,5; 
la  figliuola  d'.\mou,  che  per  sIegare 
di  prigione  il  suo  amante  non  assona. 

HINTRITT,  m.  lod  {vgl.  oben  hinlreten  1  am  ende):  hiii- 
tritt,  decessio,  obilus,  seliger  hintrilt  eulhanasia,  mors  facilis 
Stielkh 2337 ;  vielleicht  will  der  alle  für  seiben  hintritt  uuih 
etwas  nüthwendiges  erinnern,  peis.  rosenthal  7, 1 ;  über  Jung- 
frauen Susannen  geboruer  Eichhäuserinti  seligen  hinlritt. 
Opitz  2,119;  die  hüchstbelrauerlichc  zeitung  von  dem  töd- 
lichen hintrille  ihres  libsten.  Butschky  ikäuz/.  S45 ;  nach  zeit- 
lichem hintritt  und  abseglung  in  das  ewige  eiland.  Sandb.\rt 
maleracademie  (1675)  1,1;  nach  dem  seligen  hintritt  unserer 
drei  geliebten  nymphen  (nach  dem  eingang  der  Hören).  Götue 
an  Schiller  417 ;  testatoren  stellen  die  bewegenden  Ursachen 
ihrer  testamente  voran,  diese  sind  bei  mir,  wie  gewöhnlich, 
der  selige  biptritt  und  die  verlassenschal't,  welche  von  vielen 
gewünscht  wird.    J.  Paul  ßegelj.  1,5; 

des  Vaters  untergehnde  sonne  lohnt 

das  neue  tagwerk  nicht  mehr,    das  verspart  man 

dem  nahen  autgang  seines  sohns  —  o,  es  ist  klar! 

auf  meinen  hinlritt  wird  gewartet.       Schillek  Karlos  5,9. 

HINTRÖDELN,  verb.  trödelnd  hingehen:  da  trödelt  er  hin; 
transitiv,  verschleppen :  die  saclie  wird  hingetrödelt. 

HINTROLLEN,  verb.  eripere  se,  excedere  ex  loco,  cursilare 
Stieler  333:  alter  thorl  troll  immer  trotzig  hin;  ich  will 
dich  schon  zahmer  machen.  Klingeb  2,40;  wie  ich  so  auf 
dem  sandhÄgel  am  flusz  hinf  rolle.  ScuiMfiR  rauher  X  2.  auch 
reflexiv :  troll  dich  nur  liin  1 

HINTROTTEN,  verb.  hinwärts  trotten:  der  bär  trottete  hin 
in  die  höhle. 

HINTRUDELN,  verb.  verschleppen :  wo  hab  ich  denn  das  andre 
billet  hingetrudell?  ich  werd  es  doch  nicht  etwa  verloren 
haben,  die  beiden  billets  2.'$. 

HLVTSCH,  .f.  hinsch. 

HINÜBER,  adv.  über  eine  strecke  hinweg  nach  einem  ent- 
fernter liegendem  ziele;  vgl.  herüber  sp.  1169. 

1)  rückgang  der  form,  wie  bei  (Hinliciien  adverbien,  zu  nüber 
ist  in  der  spräche  des  gemeinen  lebens  sehr  gewöhnlich: 

hilft  ihr  noch  der  kaiser  nieber. 

J.  .\YRKR  372'(1865,28Äe//e»). 

eine  er»eileTtt  form  hinübern  erklärt  sich  aus  hin  überbin  {vgl. 
hinaufen  für  hinaufhin  sp.  1390,  u.  a.) :  warlich  ich  bin  noch 
nicht  hin  ubern,  ich  mus  mit  dem  lod  auch  noch  kenipfen. 
Luther  5,  li*S>'.  —  Die  umkehruag  überbin  {s.  d.)  ist  auch  dem 
sinne  nach  verschieden. 

2)  hinüber  wird  mü  verben  der  bewegung  im  weitesten  sinne 
terbundeu ,  wobei  die  bedeutting  des  adverbs  mehr  oder  weniijer 
in  sinnlicher  schärfe  hervortritt,  jene  verben  sind  unterdrückt 
nach  hüfswörtern  wie  dürfen,  mögen,  sollen,  müssen,  wollen, 
können  :  wollen  hin  über  gen  üibea.  rieht.  19, 12 ;  wolt  hin- 
über zu  den  kiadern  Ammon.  ier.  41,10;  oder  in  dringender 
rede:  da  ging«!  rick  !  rack !  herüber,  hinüber!    Uüthe  8,174; 

hinüber,  hinüber! 

cH  heben,  es  kraiLneln 

»ich  Oiehende  wellen.    11,150. 

hinüber  s^in  zeichnet  ende  und  abschlus:  einer  besüglichen  be- 
wegung, wobei  hinüber  eirustheils  auf  jene  well  gewendet  er- 
uheinl : 

ttn  int  vorbei  mit  ihm,  er  ifit  hinüber.    Scuillkr  Teil  4,  2; 

vgl.  auch  unten  hinüber  rufen,  hinüber  sehlaleii,  schlummern; 
andererteitt  erfolgte  bnieguug  von  hindeniissen  angibt :  das  nu 
nirine  ungnedigen  herren  die  geistlichen  sich  freweii,  als 
tejen  sie  hinüber,  titid  solle  inen  nu  hinfort  wol  gehen,  da 
wün!«rhe  ich  inen  glück  zu,  sie  dürfen'*  wol.  Luther  3,  4(ä'.  — 
\'erbrn  der  beweijnng  mit  hinüber  verbunden: 

blirk'Mi:  ich  blicke  hinüber  zum  nnchbar;  fdiertragen : 
mit  dem  srhuneii  gHben  mannor,  der  iii<t  röthliche  hinüber 
blickt.    GöTUK  20,  liw. 


bringen:  hebt  auf  aus  dem  Jordan  zvvelf  steine,  .  .  und 
bringet  sie  mit  euch  hinüber.  Jos.  4, 3 ;  brachten  sie  mit 
sich  hinüber  in  die  herberge.   v.  8. 

drängen:  die  Franzosen  waren  wieder  über  den  Rhein 
hinüber  gedrängt.    Göthe   15,  S7. 

drücken: 

nicht  eher  stund  ich  auf,  bis  sie  die  Zierde 

von  meinem  haupt  auf  seins  hinüber  dri'tckte.    Götuk  9,  156. 

fahren:  da  Jesus  viel  volks  uinb  sich  sähe,  hies  er  kin- 
über  jenseid  des  meers  faren.  Malth.  8,18;  treib  er  seine 
junger,  das  sie  in  das  schiff  tratteu  und  vor  im  hin  über 
füren  gen  Bethsaida.  Marc.  6,  45.  auch  von  heßigen  bewegungtn  : 
das  weih  fuhr  erzürnt  hinüber  ins  andere  haus. 

fallen:  sie  sind  über  die  maurc  hinüber  gefallen,  atcen- 
dendo  muros  irruperunt.   Stieler  42.3. 

fliegen:  hinüberfliegen,  transvolare  Hederich  1301. 

fliehen:  zu  den  feinden  hinüberfliehen,  Irans fugere  ad 
hostes.    Hederich  das. 

führen:  und  machten  die  fürt,  das  sie  das  gesinde  des 
königs  hinüber  füreten.  2  Sam.  19,18;  der  könig  sprach  zu 
seinen  knechten,  füret  mich  bin  uljer,  denn  ich  biß  seer 
wund.  2  chron.  35,23;  halt  .  .  geholten,  dasz  alle  ritter,  so 
dahin  {auf  die  insel)  zu  kommen  willens,  einer  nach  dem  an- 
dern hinüber  gefürt  werden.   Amadis  402. 

geben:  briefe  über  die  niauer  hinüber  geben,  lilteras  Irans 
murum  transdare.    Stei.nbach  1,  575. 

gehen:  werde  nicht  über  den  Jordan  gehen,  ir  aber 
werdet  hinüber  gehen.  5  Mos.  4, 22 ;  gewunnen  die  lurt  aiu 
Jordan  ein,  die  gen  .Moab  gehet,  und  lieszen  niemant  hin 
über  gehen,  rieht.  3,  28 ;  da  Jonathan  sucht  hinüber  zu  gehen 
zu  der  Philister  lager.    1  Sam.  14,4; 

bleibt  nur  in  Belriguardo,  geht  zusammen 
hinüber  nach  Consandoli!     Götue  9,115. 

geleiten:  so  gebe  er  mir  brieve  an  die  landpfleger  jen- 
seid  des  wassers,  das  si  mich  hinüber  geleilen,  bis  ich  kome 
in  Juda.   iVcA.  2,  7. 

gleiten:  ohne  dasz  ich  es  wusle  und  bemerkte,  glitt 
meine  unsterbliche  liebe  von  dem  einzigen  dichter  auf  seineu 
erklärer  hinüber.    Tieck  ges.  nov.  l,  161. 

greifen:  viele  fordern  von  einer  systematischen  darstel- 
lung,  dasz  in  derselben  nichts  vorkomme,  was  nicht  in  dem 
vorhergehenden  seine  vollstündige  begründung  gefunden  habe, 
dasz  also  auf  keine  weise  in  den  Inhalt  später  folgender 
theile  hinüber  gegriffen  weide.    Savigny  system  l,.\x\viii. 

hangen:  hinüberhangen,  superpendere.    Hederich  1301. 

hauchen:  das  ganze  hiiiüliergebauchte  lied  kehrte  ent- 
körpert  und  ätherisch  und  leise  zu  den  liebenden  zurück 
{als  echo).    i.  Paul  biogr.   betusl.  1, 95. 

heben:  jelzo  wirst  du.,  von  einem  tönenden  wehen  aus 
dem  regendunst  des  lebens  hinübergehobeu  in  die  lichte  ewig- 
keit !  J.  Paul  Hesp.  3,  76.  reflexiv :  wenn  sich  der  mensch  von 
einem  glauhensyslem  auf  einmal  zum  andern ,  oder  vom 
höchsten  punkte  des  grolls  schnell  zu  einer  zerschmelzenden 
Vergebung  aller  fehler  hinüberhebl.  101. 

helfen:  hinüberhelfen ,  Irans  partem  aliquam  promovere, 
transitum  juvare,  concedere,  procurare.    Stuler  839. 

hüpfen:  (die)  scharfe  stinmie,  welche  in  hohe  leuurlagen 
hinüberhüplle.  Frevtac  hamlscJir.  1,171. 

k  I  i  m  m  e  n :   hinüberkliimnen,  Irunsctnäere  muros.  Stieleh  UtfO. 

kommen.'  natu  sie  und  füret  sie  über  das  wasser,  da> 
hinüber  kam  was  er  helle,  l  Mos.  32,  2:i;  da  nu  David  hin- 
über auf  jenseid  kuinen  war.  l  .Sunt.  2U,  13;  ein  gar  schnelles 
und  tiefes  wasser,  welches  keinen  andern  lurlh  noch  pasz 
hinüber  zu  konnuen,  dann  ein  lange  aufziehende  brück  hell. 
Amadis  U4 ;  es  kommt  doch  wie  ein  lispeln  zu  etirh  hinüber. 
(Jötiie  2m,  94. 

kriechen:  hinüberkriechen,  o6reprrf,  o/irepfare.  STiEit.R  1035. 

langen:  mit  der  band  hinüberlangcu,  tiber  den  zäun. 

lassen:  wir  wollen  liic  kindiT  Innuli.i  lis^i-n  luhrt  .tif 
sIratze,  zum  nachbar). 

laufen: 

wird  KiiKl.nid  .  . 
von  dir,  der  anfrebeleten  muMiirchln. 
lu  Uanilejr«  morderin  biniiberlanrcnV 

ScHiLLK«  M.  Stuart  %i. 

Ieuchl<en:  hiiittberlruchten,  ultra  lurere,  Iramire  cum  face 
locuin  aliquem.  Stieier  1155. 

machen,  reflexiv:  bleibe  nicht  über  nacht  auf  dem  blacheu 
feldf  diT  «ii'^l'Mi,   (.oiiderii   m:i(hi'   dich  liiiiilbet.    }  Siim   \:.  \i; 


1529 


HINÜBER 


HINCBER  — HINUM 


1530 


ragen:  felscnzacken  ragen  hinüber  iib«r  den  bach. 

reisen:  hinüberreisen ,  transmeare,  transgredi,  supergredi. 
Stieler  1589. 

reiszen:  die  Verstümmelung  des  raus  für  heraus  aber 
scheint  ihn  (den  dichterischen  ausdruck)  doch  über  die  greni- 
linie  des  edeln  hinüber  zu  reiszen.  BCsger  132*. 

reiten:  Friedrich,  reite  hinüber  und  schaffe  die  masken 
zusammen.  GOthe  11, 57. 

rinnen:  ach  wenn  er  mit  dem  blutendufte  hätte  über  die 
blumen  hinüberrinnen,  mit  dem  winde  über  die  gipfel,  durch 
die  Wälder  hätte  strömen  können  I  J.  Fall  Hesp.  1, 16S. 

rücken:  mit  dem  volke  hinüberrücken,  transportare  copias. 
Stieler  1571. 

rufen:  über  die  strasze  hinüber  rufen;  der  nachbar  hat 
ihn  zu  sich  hinüber  gerufen;    hinüber  rufen,  «n  die  ewigkeit: 

woblan,  so  will  ich  von  euch  nicht  gehen, 
bis  gott  auch  euch  hinüberruA. 

KoTZKBUE  dram.  sp.  t,'29S. 

schaffen:  er  liesz  seine  sacheu  hinüber  schaffen. 

schicken:  er  schickt  pferde  in  Engelland  hinüber,  trans- 
miUii  equos  in  Angliam.  SrEi.\B.\CH  2.  -105. 

schieszen:  er  sprach  in  wohlgeordneten  klingenden  wer- 
ten, lieble  jeden  ausdruck,  der  über  die  gemeine  Vorstellung 
hinüberschosz.  Klisceb  6,291. 

schiffen:  und  sie  schifften  hinüber  {bei  Behaim:  dö  si 
ubir  geschiffeten),  und  kamen  in  das  land  Genezareth.  Matth. 
14,  34. 

schlafen,  entschlafen: 

beut  du  für  deiner  mutter  seele,  die 
durch  dich  zur  langen,  langen  pein  hinüberschlief? 

GöTHK  12,199. 

schlendern:  nahm ..  seinen  kleinen  söhn  bei  der  band, 
und  schlenderte  zu  dem  alten  korbmacher  hinüber.  Wjelasd 

S,  279. 

schlummern,  entschlummern:  er  würde  glücklich  zu  seinen 
Vätern  hinübergeschluniniert  sein.  Klinger  10,  6 ; 
stirb  sanft!  o  die  ich  mit  unaussprechlicher 
emptiodung  liebte!  scblummr  in  die  ewigkeit 
mit  ruh  hinüber.    Klopstock  1,53; 

schlummert  zu  glücklichen 
still  hinüber!    &2; 

still  in  Unschuld  waren  ihr  kaum  zwölf  jähre  verflossen, 
als  sie,  dem  jungen  leben  entblühend,  heiter  und  freudig 
m  die  gelilde  des  friedens  hinüberschlummerte.     3,197; 
imd  schlummern  sie  gelassener  hinüber, 
als,  in  des  glaubens  arm,  ein  Christ?    Goiier  1,398. 

schreiten:  über  etwas  hinüberschreiten,  transgredi  aliquid. 
Hederich  I3(r2. 

schwärmen:  die  feuertrunkne  seele,  die  oft  in  wonne- 
voller  Phantasie  in  eine  andre  weit  hinüberschwünnt.  Fh. 
.MOller  1,8. 

schweifen:  die  erwähnung  des  busens  auf  diese  art  hat 
etwas  zu  üppiges,  das  fast  über  die  sittliche  delicatesse  hin- 
über schweift.   BPrger  132*. 

segeln:  nach  .\merika  hinübersegeln. 

sehen:  er  sah  über  die  mauer  hinüber. 

sehnen:  ach  in  solchen  tönen  schlagen  die  zerlaufenden 
wellen  des  meeres  der  ewigkeit  an  das  herz  der  dunklen 
menschen,  die  am  ufer  stehen  und  sich  hinübersehnen! 
J.  Paul  Hesp.  3,  76. 

setzen:  in  die  insel  hinüber  setzen,  in  insulam  transmit- 
tere.  Steinbach  2,359;  mit  der  ersten  fahrt  hinüber  setzen, 
prröia  nurigalione  Iransfreiare.    das. 

spielen:    diese  parabel  und  die  von  der  katze  .  .  .  sind 
die  einzigen  in  den  scherz  hinüberspielenden,  aber  doch  ge- 
lungen. J.Pal'l  */.  bluherschau  1,152;  transitiv: 
ja  d.inket  ihrs.  dasz  sie  das  düstre  bild 
der  Wahrheit  in  das  heitre  reich  der  kunst 
lunuberspielt.     Schiller  Waltenaleiu.  pioUtg  t.  135. 

springen:  hinüberspringen,  Iransilire.  Stieler  2105. 

steigen:  in  die  schiffe  der  feiude  hinübersteigen,  i«  nares 
koHtum  transscendere.  Steinb.4ch  2,  702;  bildlich  t  alles  vollkom- 
mene in  seiner  art  musz  über  seine  art  hinausgeben,  es 
musz  etwas  anderes  unvergleichbares  werden,  in  manchen 
tönen  ist  die  nachtigall  noch  vogel ;  dann  steigt  sie  über  ihre 
classe  hinüber  und  scheint  jedem  gefiederten  andeuten  zu 
wollen,  was  eigentlich  singen  beisze.    Göthe  17, 3io. 

streben,  auch  in  die  ewigkeit  streben,  sterben' wollen : 
wirst  du  früher  zu  dem  thale  wallen, 
aU  der  treuod,  der  auch  hinüber  strebt?    GORweR  3,111. 


tragen:  hinüber  tragen,  transportare,  transferre.  Hederich 
1302. 

träumen: 

glückselig  ist,  wer  unerwacht 
hinüberträumt  in  jene  nacht, 
wenn  noch  ein  gläubiges  gebet 
als  frühlingsluft  von  dort   -   sein  licht  ausweht. 
Lenac  FauH  liü. 

treiben:  stellet  er  die  priesler  an  das  wasser,  und  gebot 
inen,  sie  sollen  alles  volk  hinüber  treiben,  das  sie  die  feinde 
hülfen  schlahen.  1  Macc.  5, 42. 

treten:  nur  wenige  stellen  {eines  buches),  wo  die  Wahr- 
haftigkeit über  die  gränze  der  ehrbarkeit  hinübertrilt,  wären 
zu  tilgen.  Göthe  45,247. 

wälzen,  transvolvere.  Steisbach  2,924. 

wandern:  jenen  ..  geist  der  isolirung,  der  dem  hinüber- 
wandernden aus  einem  süddeutschen  lande  in  das  andere 
weitere  hindernisse  bereitete,  preusz.  jaltrb.  20.  bd.,  s.  311. 

werfen:  einen  stein  in  den  garten  hinüber  werfen,  lapidem 
in  hortum  transjicere.   Steixbach  2, 1037. 

wiehern:  dein  rosz  wird  ..  sich  nach  Castilien  wenden, 
und  mit  schnaufender  nase  hinüberwiehern.  Klixgeb  theater 
4,130. 

ziehen,  intransitiv:  warumb  macht  ir  der  kinder  Israel 
herzen  wendig,  das  sie  nicht  hinüber  ziehen  in  das  land,  das 
inen  der  hen-  geben  wird?  i  Mos.  32,7;  der  könig  zog  hin- 
über gen  Gilgal.  2  Sam.  19, 40 ;  dasz  er  Urlaub  begeren  müszte, 
ihn  hinüber  ziehen  zu  lassen.  Amadis^;  ein  jeder,  der  wil, 
zeuhet  da  hinüber,  das.  transitiv:  einen  über  die  mauer  hin- 
über ziehen. 

3)  über  die  formelhafte  Verbindung  von  hinüber  mit  dem  gegen- 
satze  herüber  vergl.  sj>.  1169  i«n/en.- 

es  packt  ihn,  wie  mit  krallen,  an, 

und  schüttelt  ihn  wie  fieber, 

hinüber  und  herüber.    Böiger  52* ; 

hinüber-   und   herüber-wechselspiel  mit  diesen  drei  einander 

gegenstrebe nden  reihen   {gedankenreihen),    i.  Paul  vorsch.  der 

dsth.  1,161. 

4)  »B  altern  quellen  tritt  öfter  die  demonstrative  kraß  von  bin 
im  Worte  zurück,  es  steht  wie  darüber :  gab  ich  {ßr  das  reinigen 
von  gemäehern)  .  .  zwenunddreiszig  pfenning  und  sechtzehen 
pf.  hinüber  padgellz.  Tccher  baumeisterb.  114, 14 ;  oder  wie  vor- 
über:  legt  sich  ..  in  ein  dorf,  haist  Werthern,  dabei  fleust 
ein  wasser  hinüber.  Wilw.  v.  Schaumb.93;  oder  endlich  in  Ver- 
bindung mit  gegen  wie  gegenüber :  thät  zween  ganzer  tag  nicht 
anders,  als  dasz  er  gegeu  der  damen  palatio  hinüber  stunde. 
Simpl.  3,  99  Kurz;  bei  der  .  .  gegen  Crems  hinüber  liegender 
Donau-insul.  Abele  künsti  unordn.  3,  336. 

5)  hinüber  praepositional  mit  dem  accusativ,  wie  einfaches  über : 
rückt  er  aus  dem  halt  für  ein  dorf,  hinüber  ainen  grünt. 
Wilw.  V.  Schaumb.  83. 

6)  hinüber  in  zeitlicher  bedeutung;  in  Verbindung  mit  verben  wte 
blühen:  nur  von  dir  hing  das  glück  dieser  geschlechter 

ab,  konnte  nur  durch  dich  auf  die  künftigen  hinüber  blühen. 
Klinger  5,359. 

gehen: 

die  schwere  schuld  ist  schwer  gebüszt.  der  kaiser 
versöhnt,  nichts  geht  vom  vater  auf  die  tochter 
hinüber  als  sein  rühm  und  sein  verdienst. 

ScaiLUR  Wollenst,  tod  5, 12. 

leuchten:  imsre  sorge  soll  sein,  dasz  seine  {des  Jahr- 
hunderts der  Franzosen)  färbe  und  gerucb  allen  Unterdrückern 
in  die  künftigen  schrecklich  hinüberleuchten  und  dünsten  soll. 
Klisger  10,259. 

springen:  wäre  er  gewisz  aus  seinem  scholastischen  Jahr- 
hundert in  unser  hellphilosophisches  hinüber  gesprungen. 
Klinger  3,259. 

HINCBERFLHRL.NG,  f  trajectio.  Steinbach  1,  392. 

HINÜBERSCHIFFUNG,  f  transfreiatio.  Hederich  1301. 

Hl.NLBEHWARTS,  adv. 

HINLM,  adv.  um  und  hinirdrts,  rücksichllich  des  ersten  com- 
positionsgliedes  gegensatz  von  herum  sp.  1171,  aber  gegen  dieses 
im  gebrauch  bedeutend  zurück  tretend,  und  der  jetzigen  schriß- 
sprache  bis  auf  wenige  beispiele  verloren  gegangen;  in  der  Ver- 
kürzung num  dagegen  im  schlesischen  volksdialeet  häufig  noch  jetzt 
gehört,     es  steht 

1)  ürllich:  da  er  nun  das  sagt,  that  ich  mich  auf  die 
mauern  und  binum  zu  dem  thor.  Götz  v.  Berl.  77 ;  dero- 
wegen  schifften  wir  oft  binum  {um  das  gehirge).  Simpl.  2,  214 
Kurz;  auf  diesen  streich  thaleu  die  Calvinisten  wider  einen 
andern  hiuuni.  3,  313 ; 


1531 


HINÜM  — HINUNTER 


HINUNTER 


1532 


ein  Tinstrer  jager  blickt  iiis  aug  iliin  .■Alumni 
und  schwindet  um  das  l'elseneck  liiiitiiii. 

LtMAi;  Faust  10; 
als  jtraeposUion  mit  dein  accusaliv,  wie  einfaches  um : 

und  jetzt,  hinum  die  stäuiuie  schreitend,  augeiiblicks 
■weg  war  sie!  Göthk  40,409; 

mit  heriuu  verbunden:  sie  trillle  den  teller  lierumb  und  wieder 
liiuumb  wie  Hans  Wurst  seinen  hut.  Siinpl.  4,  ti3  Kurz;  es 
thel  mir  ninx  einfalln,  wan  ich  d'IVaisz  krieget,  ich  sinnet 
hinum,  ich  sinnet  herum.  Schwabk  tinteuf.  2. 

2)  ieülich,  einen  kreislauf  bezeichnend:  Ahdias  wuszte  aus 
seinen  unzähligen  Wanderungen  sehr  gut,  dasz  im  furtlau- 
fenden jähre  immer  andere  Sterne  am  himmel  prangen,  der 
einzige  schmuck,  der  in  der  wüste,  wu  keine  Jahreszeiten 
sind,  in  dem  einen  jähre  hinum  sich  erneuert.  A.  SriFTtn 
Studien  4,  61. 

3)  cdfstract,  wie  heuliges  umhin,  in  der  formet  nicht  hinum 
können :  die  ergernusz  aus  dem  w  eg  zu  räumen,  kan  ich  vor 
Christu  und  Paulo  nit  hinumb,  die  da  heiszcn  einen  man 
eines  ehelichen  weibs  man  sein.  S.  Frank  sprichw.  2,  lUS*. 
ACB.  spr.  276*. 

HINUNTER,  adv.  hinwärts  und  nach  unten;  mit  einer  erwei- 
terung  hinuntern  aus  hinunterhin  {vgl.  unlen  hinunter  fuhren, 
hinunter  sinken,  stuszen) ;  in  der  spräche  des  gemeinen  lebens 
aucli  XU  nunter  verkürU,  nebenlter  in  der  umkehrung  unterhiii 
(i.  d.)  früfier  begegnend,  und  rüclisichtlich  des  ersten  theils  der 
iusamnienseizung  gegensat:  von  herunter  sp.  lihUff.  u-älirend 
aber  dieses  letztere  seine  scharfe  riclitungsbestimmung  öfter  vertiert, 
tst  ditsz  bei  hinunter  nicht  der  fall,  es  geht  stets,  auch  im  bild- 
lichen ausdruck,  auf  eine  vom  sprechenden  sicli  entfernende  be- 
wegung  nach  der  tiefe,  und  seine  anwenduny  bei  rerben  des  essens 
und  trinkens  (vgl.  unten  hinunter  schlucken  «.  a.)  neben  der  von 
hinter  (hinter  schlucken  «.  a.  oben  sp.  Hb";)  ist  so  zu  fassen,  dasz 
hinter  nur  auf  die  einfidirung  in  die  mundhöhle,  hinunter  auf 
die  in  den  mayen  den  accent  legt,  die  berährung  der  bcdeutung 
des  letzteren  ativerbs  mit  der  von  hinab  (sp.  1378)  ist  eine  so  enge, 
dasz  gewöhnlich  beide  adverbien  vertauscht  werden  können,  und 
in  der  folgenden  stelle  z.  b.  wechseln  dieselben  nur  aus  gründen 
des  wolUangs:  du  gehest  einen  kleinen  hiigel  hinunter,  und 
lindest  dich  vur  einem  gewölbe,  da  wohl  zwanzig  stufen  hinab 
gehen,  wo  unten  das  klareste  wasscr  aus  inarmorfelsen  quillt. 
GöTHt  IC,  »,  wie  denn  auch  dem  alemannisclwn  dialecte  hinunter 
völlig  entgclü  und  in  allen  fällen  durch  abe  aus  abbin  ersetzt 
vird. 

Wie  zu  ähnliclien  adverbien  treten  zu  hinunter  ncUiere  ricli- 
tungsbestitnmungen  :  {die  erschlagenen)  die  hinunter  faren  zu  den 
Steinhaufen  der  helle.  Jcs.  14,19;  ich  hatte  .  .  .  gessen  und 
meinen  hut  durch  den  hals  hinunter  wieder  ausgeleert.  Simpl. 
3,3.'«  Kurz;  nahm  ein  licht,  dem  grafen  vorleuchlend  eine 
geheime  treppe  hinunter.  Göthe  17,128;  das  genisle,  das  den 
dürren  sandhügel  hinunter  wächst.  1«,  74;  (t/os  p/i'n/)  welches 
eine  arl  von  krippenbeiszer  war,  denn  es  sliesz  beständig  mit 
dem  kupfe  nach  vorn  hinunter.  iMHtitNANN  Münchh.  4,  51. 

Verben  der  beweguny  sind  in  dringender  rede,  bei  erzählung 
oder  befehl,  unterdrückt:  hinunter,  und  lege  dich  zu  den  unbe- 
üchnitteneu.  Ues.  32 ,  19 ;  ^o  machen  wir  uns  sacht  an  die 
iDszlichsten  verdammten ,  zu  denen  vom  zwischenreiche  aus 
doch  wohl  aucli  eine  hinlerthüre  sich  entdecken  lassen  wird, 
beginnen  bei  denen  unsere  missionsgeschüfte,  und  so  immer 
weiter  und  weiter  hinunter,  hinunter!  Immehianm  Münchh. 
2,13«; 

nur  frisch  hinunter  (mit  dem  tii'xentrank)l  immer  zu! 

es  wird  dir  gleich  das  hei-z  erfreuen.    Gutiik  12, 131 ; 

oder  nach  hilftverben :  der  geistliche  stand  kan  nicht  bleiben, 
viel  weniger  wider  zu  ehren  konien,  gutt  liat  in  augritTeii,  er 
mus  hinunter.  Lt;THER  3,139';  sie  musleu  auch  mit  im  hin- 
unter zur  helle,   lies.  31, 'l7  ; 

ich  muKzte  gleich  hinunter  {in  das  tital) 

mit  meinem  wunUerstuh. 

hinunter  und  immer  weiter, 

und  Immer  dem  hache  nach.    \V.  MÜLLeN  mulliiUeilur. 

Verben  der  beweyung,  mit  hinunter  veibunden: 
arbeiten,   bildücli   für   Verarbeitung  ton  etwas  widrigem  im 
ycmut,  reryl.  hinunter  würgen :    mir  ist  nicht  zu  helfen,    du» 
uiu%i  hinunter  gearbeitet  werden.  Fhluau  handschr.  2,423. 

baden:  wu  ich  luir  das  podugra  wieder  in  die  fiiHze  hin- 
unter baden  wollte,  das  ich  mir  blu»  durch  gegeuwarlige» 
buch  zu  weit  in  «leo  leib  hinaufgekcbrieben.  J.  Paul  um«,  toyc, 
vvntdt  $.  XIII. 


bringen:  so  weidet  ir  meine  grawe  har  mit  jainer  hin- 
unter in  die  gruben  bringen.  lAfo«.  44,  29;  zu  bodcn  brinyen, 
einen  yegner  im  kämpfe:  mich  mit  kratzen,  beiszen,  schlageii 
und  netten  dergestalt  wehrete,  dasz  ich  meinen  feind  hin- 
unter brachte.  Simpl.  3,13  Kurz;  versclducken  können,  speisen 
und  getränke:  Hichard.  nur  frisch  hinunter  getrunken,  trau 
schwiigerinn.  es  schmeckt  wie  ein  sirup  so  süsze  . .  fr.  Sleplian. 
ich  glaube  nicht,  dasz  ichs  hinunter  bringen  kann.  Gellert 
3,40«;  so  dasz  die  schlänge  kaum  die  kostbare  speise  schnell 
genug  hinunter  bringen  konnte.  Göthe  15,215.  bildlich:  für 
leute,  wie  ich,  ist  das  landleben  der  bonig,  worin  sie  die 
pille  des  sladllebens  einnehmen;  Falterle  hingegen  brachte 
das  bitlere  landleben  nicht  ohne  die  Versilberung  des  stadt- 
lebens  hinunter.  J.  Paul  Tit.  i,  124. 

burzeln,  purzeln:  kriegte  atjer  mitten  auf  der  stiegen 
einen  solchen  stosz,  dasz  ich  wieder  zurück  hinunter  burzelte. 
Simpl.  3,  335  Kurz ;  dasz  er  ohne  zweifei  von  der  bauk  hin- 
unter gepurzelt  wäre.  2, 277. 

drücken,  reflexiv,  zu  baden  gedrückt  wegschleichen : 

sin  widerwari  besiien  trat, 

wand  im  sin  wisheit  wart  so  mat, 

beide  verirret  und  geblani 

daj  er  nicht  Widerrede  vant: 

des  dructe  er  sich  hin  under.    paus,  iii.ib  Köplie. 

eilen:  mit  einer  nothdürftigen  Verbeugung  wandte  sie  sich 
weg  und  eilte  hinunter  nach  der  mooshütte.  Göthe  17, 119. 

essen:  hinunter  essen,  deglutire  cibum.  Stieler  897. 

fahren:  die  hinunter  in  die  gruben  faren.  spr.  Sal.  1,12; 
zu  der  zeit,  da  er  hinunter  in  die  helle  für.  fles.  31,15;  das 
er  zuvur  ist  hinunter  gefaren  in  die  untersten  orter  der  erden. 
£/)/(.  4, 9;  mit  dem  wagen  einen  berg  hinunter  fahren;  wir 
fuhren  mit  dem  dampfscbifl'e  den  Rhein  hinunter. 

fallen:  fiel  bin  unter  vom  dritten  süller.  apostelg.  20,«; 
dasz  ich  unib  die  wähl,  die  sich  zwischen  deiner  und  ihrer 
seeligkeit  findet,  keine  stiege  hinunder  fallen  wollte.  Simpl. 
3, 1S2;  also  dasz  ich  .  .  .  übern  häufen  und  endlich  gar  die 
siegen  hinunter  gefallen.  4,  60. 

fliegen:  ich  flog  die  treppe  hinunter  mit  dem  festen  Vor- 
sätze, das  haus  nie  wieder  zu  betreten.  Göthe  25, 280. 

flieszen:  die  künde  einer  so  eben  ausbrechenden  lava, 
die  für  Neapel  unsichtbar  nach  Ottajano  hinunter  flteszt. 
Göthe  28,  65. 

flöten:  eine  herrliche  Symphonie  tönte  aus  den  nebeu- 
zimmern  und  Hütete  den  leckerhaften  schmausz  und  die  feinen 
weine  den  gasten  lieblich  hinunter.  MusÄus  volksm.  237.  vgl. 
hinunter  geigen. 

fördern:  mein  söhn,  den  dein  deich  hinunter  (in  den 
Erebos)  förderte.  Klingek  2,227. 

führen:  du  hast  gewalt,  beide  über  leben  und  über  tod, 
und  du  fürest  hinuntern  zur  hellen  pforten,  und  fürest  wider 
heraus,  weish.  Sal.  10,13;  von  hier  oben  führt  nur  ein  fusz- 
pl'ad  hinunter  ins  thal. 

gehen:  gieng  Courage  selbst  mit  den  fertigsten  und  zwar 
eitel  wolbewehrten  zigeinein  mui  zigeinerinneu  den  Schwarz- 
wald  hinunder.  Simpl.  3,173  Kurz;  als  die  magd  mit  ihrem 
bruder  hinunter  in  keller  gieng.  334;  indesz  ich  die  treppe 
hiuunterging.  (jütiie  2s,  14.'>.  in  btzug  auf  essen  und  trinken: 
der  satte  sagt  jetzt  geht  nichts  mehr  hinunter. 

geigen:  kchrelen  wir  im  besten  wirtsbausz  ein  und  lieszen 
Spielleute  konnnen,  die  uns  wein  und  hier  hiimnter  geigen 
niusten.  Simpl.  1,278  Kurz;  indes.sen  fiengen  die  leute  an, 
allgemach  feine  rüuschlein  zu  kriegen ;  dann  wer  wulle  nicht, 
wann  man  einem  den  wein  so  hUpsch  hiimnter  geiget?  3,3^. 

gieszen:  einen  topf  mit  wusser  zum  fenster  hinunter 
gieszen;  von  hastigem  trinken :  er  gosz  ein  glas  wein  hinunter. 

jagen:  den  berg  hinunter  jagen. 

kommen:  vuniemblicb  schellen  die  Ue-streiilier  die  Hoch- 
teutsche,  welche  zu  ihnen  hinunter  kommen  (die  Ihni.u,  hin- 
unter).  Simpl.  4,  389  Kurz ; 

ich  komm  hinunter  In  die  kftche. 

ila  lii'^ji  ein  iilier  hailer  in  dnr  aschi-. 

und  dain|ilt  und  stinkt.    <>otiik  U.löi 

kiiitben:   hinunterkriecben,  (ieur^um  serperc.  Miiihn  lu.w. 

lassen:  lieszen  das  gefesze  bin  untei.  aptistelyeich.  27,  17; 
reflexiv:  bistu  gullcji  auu,  »u  las  dich  von  hinueu  hiuuuler. 
Luc.  4,9. 

laufen:  das  wusser  das  zum  uieer  hinunter  lief.  Jm.  9,10; 
ire  füMze  laufen  zum  tod  hinunter,  ire  genge  erlangen  die  hell. 
tpr.  SaL  b,!)-,  der  wem  luult  die  kcltlc  Liituiiici'. 


1533 


HINUNTER 


HINUNTER  —  HINWAGEN 


1534 


legen:  du  ha«t  mich  in  die  gruben  hinunter  gelegt,  ins 
finsternis  und  in  die  tiefe,  ps.  SS,  7. 

leiten:  er  ist  der  Hiskia.  der  die  höbe  wasserquclie  in 
Gihon  zudecket,  und  leitet  sie  bin  unter  von  abend  werts 
zur  slad  Da^id.  2  chron.  32,  30. 

machen,  reflerir :  wir  wollen  un?  hinunter  ins  Ihal  machen. 

marschieren:  also  marchirte  ich  den  Rhein  hinunter  auf 
Eglisau  zu.   Simji.  2.  1!>0  Kurz. 

nehmen:  und  solle  sie  gleich  sein  angedenken  mit  ins 
grab  hinunter  nehmen.   Simpl.  4,  43  Kurz. 

poltern:  der  roönchsteufel  polterte  die  treppe  hinunter. 
Kunger  3.  t55. 

rinnen:  hinunderrinnen,  demanare.  Stieler  1612. 

rücken:  etwas  weiter  hinunter  rücken,  auf  einen  unteren 
platz. 

rufen:  ruf  hinunter,  dasz  das  rosz  nicht  geführt  werde. 
Klopstoci  8, 199. 

rutschen:  so  rutscht  der  plunder  unter  mir  ab  und  ich 
zehn  rheinländische  schuh  lang  hinunter.  Schiller  raub.  3,2. 

saufen:  hinundersaufen ,  deglutire  sorbillando,  exsorbere. 
Stieler  1685. 

schäumen: 

ich  stand  am  hange  rtfs  felsen,  und  sah 
hinunter  schäumen  den  ström.    Klopstoce  S,  200. 

schieben:  an  beiden  seifen  scbrittstcine,  die  jeder  ladeu- 
und  werkstatibesilzer  mit  unablässigem  kehren  reinlich  hält, 
indem  er  alles  in  die  mille  hinunterschiebt.  Göthe  2S>101. 

schieszen:  wenn  auf  dem  langen  ström  das  menschen- 
ppschlecht  in  tausend  wiegen  und  sargen  hinunterschieszet. 
J.  Pacl   Titan  2.  S". 

schlängeln,  reflexiv:  wie  reiszend  schlängelt  sich  der 
Arno,  von  der  sonne  vergoldet,  hinunter!  Klinger  1,38. 

schleichen:  die  treppe  hinunter  schleichen. 

schlingen:  beschäftigte  sich  blosz,  die  gerichte.  die  er 
nachzuholen  hatte,  eifrig  hinunterzuschlingen.  Gothe  25,363; 

wer  wird  liünfli?  deinen  kleinen  lehren 
speei»  werfen  und  die  götter  ehren, 
wenn  hinunter  dich  der  Xanthus  scblinsrt? 

Schiller  rauher  4,4. 

schlucken:  wir  sehen,  das  etliche  menschen  ein  teil 
Sünden  gar  leichllich  hinunterschlucken,  die  andern  fast  in  der 
kehle  stecken  bleiben:  mancher  würget  sich  an  einer  mücke, 
wann  ein  ander  einen  karael  hinunterschlucket.  Bctschry  Palm. 
S93;  ich  schütte  das  pulver  in  ein  glas,  giesze  wasser  dazu, 
rühre  es,  und  so  wie  sie  das  hinuntergeschluckt  haben,  ziehen 
sie  ein  i^aures  gesiebt.    H.Heine  2.246; 

ich  kann  die  halben  pläser  [arznei)  .  . 
hinunter  schlucken.    Götre  11,  IM. 

schnieiszen:  ihren  advocaten  will  ich  zur  treppe  iiin- 
MUterschmeiszen  und  sie  durchs  fenster.  Rarener  »rerAe  3.222. 

schummeln,  refltxk :  ich  aber  schumell  mich  die  stiege 
hinunter.  Simpl.  3,350  Kurz. 

sinken:  ich  sank  hinuntern  zu  der  berge  gründe.  Jonal^x 

springen:  vom  wagen  hinunter  springen,  de  rheda  desilire. 
Steinbach  2, WS;  in  einen  abgrund  hinunter  springen,  in 
abyssutn  desUire.  das. 

steigen:  Jona  war  hinunter  in  das  schiff  gestiegen,  lag 
und  schlief.  Jona  l,  5 ;  man  steigt  sechzig  stufen  hinunter, 
in  eine  gruft.  Göthe  28, 61 ;  dasz,  wenn  deine  obren  nicht 
lust  haben,  in  meine  brüst  hinunterzusteigen,  mein  herz  dir 
halbwegs  auf  meiner  zunge  entgegen  kommen  soll.  Schiller 
Fiesko  1,3. 

stoszen:  du  wirst  sie  hinuntern  stoszen  in  die  tiefe  gruben. 
p.i.  55, 24 ;  da  wichen  sie  auf  eine  seilen  am  berg,  und  bunden 
Achiur  an  einen  bawm,  mit  henden  und  füszen,  und  stieszen 
in  hinunter,  und  lieszen  in  also  hangen.  Judith  6,9;  du  Caper- 
nanm,  die  du  bist  erhaben  bis  an  den  himel ,  du  wirst  bis 
in  die  helle  hin  unter  gestoszen  werden.  Matth.  11,23;  mein 
vatcr  . .  hat  meine  multer  einmal  die  ganze  treppe  hinunter 
gestoszen,  weil  sie  ihm  widersprochen  hatte.  Gellert  3,238; 
wenn  man  sie  gegenwärtig  unter  fremde  menschen  hinunter 
stiesze  (am  einer  6f,«ern  läge  in  eine  geringere).  Göthe  17,166. 

stürzen,  iutransitir:  in  den  keller  hiniinler  stürzen,  prae- 
ripüem  in  cellam  deferri.  Steinbach  2,764;  reflexiv:  erstarrt, 
ohne  sinne,  steht  sie  vor  einem  abgrunde  ....  und  blind, 
in  die  enge  gepresst  von  der  entsetzlichen  noth  ihres  herzens, 
stflrzt  sie  sich  hinunter.  Göthe  16,71;  Irantitit: 


das  Schicksal  stürzet,  früh  oder  spät,  da«  lied 
des  schalen  reiraers  und  des  dichters 

in  der  Vergessenheit  nacht  hinunter.    Höltt  88  Ha/m. 

mit  ungewöhnlicher  datirer  ßgung:  wenn  du  nicht  schweigst, 
pack  ich  dich  zusammen  und  stürz  dich  dem  fenster  hinunter. 
Klixger  theater  2,137.  für  hastig  trinken:  er  stürzte  ein  glas 
wein  hinunter. 

tragen:  einen  koffer  die  treppe  hinunter  tragen;  man 
trägt  den  arbeiten:  einen  schoppen  wein  in  den  hof  hinunter. 

treiben:  hinundertreiben,  detrudere.  Stieler  2322. 

treten:  und  giengen  durch  die  lange  gassen,  gar  langsam 
und  gravitätisch  hinunter  zu  trelten.  hist.  r.  Laz.  de  Tormes  68. 

trinken:  nur  frisch  hinunter  getrunken,  frau  Schwägerin I 
es  schmeckt  wie  ein  sirup  so  süsze.    Gellert  3,  406. 

wälzen:  hinunderwälzen,  adrolrere.    Hederich  1305. 

wehen: 

jenes  lüftchen.  welches  schon  säuselt, 
ihn  mit  stiller  kühlung  ins  grab  hinunterzuwehen. 

Klopstock  ö,  91  (Mets.  11,  1366). 

werfen:  einen  die  treppe  hinunter  werfen;  {das  unglürk) 
welches  mich  nimmermehr  so  weit  hinunter  hätte  werfen 
können,  da  es  mich  nit  zuvor  durch  solche  falsche  blick 
angeschaucl  und  so  hoch  erhaben  hätte.  Simpl.  l.  3S0  Kurz. 

würgen:  eine  speise  hinunter  würgen;  ihm  sagen  musz 
ich,  wie  ich  von  ihm  scheide,  er  mag  zusehen,  wie  er  das 
wort  hinunterwürgt  in  sein  freudloses  herz.  Frettag  Hand- 
schrift 3,  266. 

ziehen,  intransitiv:  vom  berg  hinunter  ziehen  in  das  thal; 
Iransitir: 

hängen  auch  alle  Schmierer  und  reimer  sich  an  dich,  sie  ziehen 

dich  nicht  hinunter,  doch  du  ziehst  sie  auch  schwerlich  hinauf. 

Schiller  xeii.  97  {werke  1,  330  Kurz). 

zwingen:  da  liefe  ich  hinaus  (aus  dem  keller],  als  wann 
mich  der  diebsburger  gejagt  hätte,  wäre  auch  vom  aller- 
grösten  durst  nicht  mehr  hinunter  gezwungen  worden,  wann 
schon  lauter  hippocras  und  malvasier  darinn  gelegen.  Simpl. 
3,  335  Kurz; 

kann  er  sein  herz  so  tief  hinunterzwingen, 
80  mag  er  keck  das  ärgste  nur  vollbringen. 

TiECK  Genov.  f.  139. 

HINUNTERFAHRT,  f:  die  hinunterfahrt  ins  thal. 

HINUNTERGANG,  m.:  hinuntergang  der  sonne,  occasus  solis. 
Hederich  1304. 

HINU.NTERSTURZ,  m.  abslurz,  scharfe  grenzscheide:  republi- 
kaner  Fiesko?  herzog  Fiesko?  gemach  —  hier  ist  der  gäbe 
hinuntersturz,  wo  die  mark  der  lugend  sich  schlieszt,  sich 
scheiden  himmel  und  hölle.  Schiller  Fiesko  2, 19. 

HINUNTERWÄRTS.  adr.  deorsum,  decliris.  Stieler  2440 :  die 
(mädchen),  die  statt  der  menschenliebe  nur  das,  was  sie  oft 
damit  verwechseln,  haben,  männerliebe  —  die,  wie  misogyne 
keine  frau  lieben  als  die  im  Spiegel,  und  die  nicht  blos 
hinunter-,  sondern  auch  hinaufwärts  hassen,  wie  die  affen- 
weibchen  unsere  nicht  ausstehen  können.  J.  Pacl  biogr.  bei.  1,4«. 

HINUNTERWEG,  m.:  nöthigte  man  mich  aucrst  den  hin- 
unlenveg  anzutreten,   arantür.  ],  195. 

HIN  VEREHREN,  rerb.  hinwärts,  an  einen  dritten  schenken: 
wie  er  dem  bnider  schon  zur  gäbe, 
was  er  in  Welschland  hatt,  ganz  hinverehret  habe. 

D.  v.  D.  Werder  Ariost  3,  2S,  2. 

HIN\'ERLANGEN,  verb.:  die  mutter  nach  der  er  hinver- 
langte, lag  aber  im  grabe.  Isisermann  Münehh.  4,45. 

HINVOR.  adr.  unter  hervor  sp.  1194  wird  bemerkt,  me  ein  getfen- 
satz  zu  diesem  icorte  hinvor  sich  niclU  entwickelt  hat.  Amadis  64 
steht:  dieweil  er  stets  an  das  fräwiin  Oriana  gedacht,  von 
deren  er  unlang  hinvor  gescheiden ;  doch  mag  es  ein  druck- 
fehler  ßr  hievor  sein,  was  sich  in  gleicher  Verbindung  öfters 
findet  (unlang  hievor  336.  430;  kurz  hievor  304). 

HINWACHEN,  verb.  wachend  verbringen: 

dasz  dn  in  tausend  sorgen 

vom  morgen  bis  zur  nacht,  und  von  der  nacht  zum  morgen, 

die  ahirekürzte  zeit  des  lebens  hingewacht? 

J.  E.  Schlegel  1,  16S. 

HIN  WAGEN,  rerb.  l)  transitiv,  auf  eine  gefahr  oder  einen 
ungewissen  erfolg  hin  etwas  wagen:  dasz  ich  mein  leben  hin- 
gewagt habe,  wie  könnt  ich  da«  anführen.  Klopstock  9,  33ö; 
grosze  männer,  .  .  deren  sich  nach  Ciceros  wohl  nicht  hin- 
gewagten äuszerung,  auch  das  volk  seiner  vorväter  rühmen 
konnte.  Niebohr  2. 101 ;  bürger,  die  dem  Staate  keine  kinder 
geben  und  für  ihn  hinwagen.  Jacobi  Übersetzung  des  TJiucyd 
1, 176 ;  den  so  oft  für  die  Wissenschaften  hingewagten  körper. 
J.Paul  kl.  bücherschau  l,  lit: 


1535 


HINWALLEN  —  HINWEG 


HINWEG 


1536 


drr  mir  fiinrzig  gülden  «oll.  waget  zwanzig  gülden  hin, 
da<!Z  er  meine  Zahlung  nur  möcnic  länger  noch  vprziehn. 

LoGAU  2,  i>,  :W. 

2)  reflexiv,  sich  hintcärl.t,  an  einen  dritten  ort  wagen: 

allein  da  blick  und  ton  ihm  schnell  ihr  herz  gewann, 
so  wagen  bald  kinder  sich  hin  und  spielen  mit  seinen  locken. 
\ViKi,AJ«n  2-2,  61  (OberoH  2.  8). 

HINWALLEN,  verb.  traliend  hingleiten :  die  locken  wallen 
ihr  ins  gesiclit  hin; 

jene  liebte  vordem  den  göttlichen  ström  Kuipcu«, 
welcher  .«tolz  ins  gelilde,  der  ström'  anmuthipstcr,  hinwallt. 

Örfy,«.  11,  2:1»; 
viUend  rerbringen  : 

ich  wünschte  seihst  mich  aul  das  land. 

um  dort,  als  hirte,  urihckannt. 

mein  leben  Triedlich  hinzuwallen.    Gökingk  1, 190. 

HLNWALTEN,  rerb. :  genug,  lassen  sie  ihre  geübte  fedor, 
die  sie  für  ihren  neffen  so  lange  nicht  eingetaucht,  auch  ein- 
mal zu  seinen  gunslen  auf  dem  papierc  hinwallen.  Göthe 
21,107;  man  liesz  es  geschehn  und  gehn,  ohne  gerade  zu 
fragen,  wa«  daraus  werden  solle,  und  welche  ellcrn  finden 
sich  nicht  genöthigt,  töchter  und  söhne  in  so  schwebenden 
zuständen  eine  weile  hinwallen  zu  lassen.  26, 29. 

HLNWANDELN.  rerb.  lunicärts  wandeln :  in  der  hiittcn  und 
wonung,  wo  icli  mit  allen  kindern  Israel  hin  wandelt.  2  Sam. 
7,7;  einen  weg,  .  .  den  wir  so  leicht  und  froh  hinwandeln 
konnten.  Klixger  8,129; 

(rta^z)  der  gast  hinwandle  zum  nachtschmaus  fröhlichen  herzens. 

Udyxs.  8,  395 ; 

Keiler  wandeln:  wandelt  hin  im  liecht  cwrs  fewrs.  Jes.  50,  11. 
ins  jenseits  vandeln,  sterben :  da  es  uns  allen  für  die  freiheit 
bis  zum  lodc  galt,  und  so  viele  (ihränen  euch,  die  hinwan- 
deilen I),  so  viele  von  uns,  der  tod  traf!  Klopstock  8,199. 

HINWANDERN,  tvr/>. ;  einer,  der  mich  also  hinwandern 
gesehen.  Simpl.  4,20  Kur:; 

Ton  dieser  groszen  niderlng 

ich  fünf  tönlicher  wunden  trag. 

musz  leider  jetzt  mein  seel  aufgeben, 

die  wanden  hin  ins  .schewig  leben,    mtickenkr.  1,  200. 

HINWARTEN,  rerb.  iceilei-  warten:  ich  musz  noch  lange  hin- 
warlen,  ehe  ich  gelt  bekomme,  hnife  est  expectalio  diritiarum. 
Stieler  2442. 

HINWÄRTS,  adv.  in  der  riclittin;)  naih  einem  dritten  orte. 
gtißjualz  von  herwärts  .«/>.  1204;  mhd.  hinwart,  hinwert: 

mit  hdher  .«timme  liuobens  an 

und  sungen  eines  unde  zwir 

'in  gotes  namcn  vare  wir' 

und  strichen  alle;;  hinewart.     Trist.  290,  21 ; 

es  sloszen  ihrer  {der  zimmer)  fünfzehn  an  einander,  davon 
ich  jedes  nur  einen  lag  hinwärts,  einen  lag  herwärls,  auf 
einem  monatlichen  durcbzug  bewohne.   ThCmmei.  .5, 61 ; 

als  du  die  segel  sich  auf  hinwerts  lieszest  wenden. 

Opitz  1,217. 

hinweg;,  m.  der  weg  hinwärts:  ich  habe  in  der  sanfte  auf 
dem  hinwege  zweimal . .  nnd  auf  dem  herwege  drei  bis  vier- 
mal gegfthnet.  Gellert  3.244;  den  hinweg  zu  dem  quartier 
der  hofdamen  hatten  sie  sich  wohl  gemerkt.  Götiie  17.12«; 
zeigen  sie  mir  den  hinweg ,  den  riickweg  will  ich  schon 
linden.  127. 

HINWEff,  adv.,  betOM  hinweg,  weg,  fort,  darnn. 

t)  das  mhd.  brauchte,  um  den  begriff  des  entfernens,  rer- 
srkwindens  aus  einem  gesiehtskreise  hervorzuhelten,  advnbinl  den 
nee.  sing,  von  wer  na  entweder  mit  artikel  den  wer:  ganc  den 
trec  (gramm.  .1.  140).  oder  ohne  solchen: 

Kprich,  ej  .«i  dir  wcc  getragen.  Haupts  zeilfclir.  7,  103.  43, 
oder  in  Verbindung  mit  der  praeposUimi  in,  woraus  das  häufige 
lusammenijerüekte  enwec  erwuchs,  das  noch  bei  Luther  (2  Thrss. 
2.7  der  früheren  ausgaben,  s.  Rikuseiis  bibel  7,  l.'iß)  liegegnrt 
und  auch  noch  jetzt  hie  und  da  im  ruike  lebt,  vgl.  Sern».  4.  ).'> 
und  th.  3  sp.  076,  mich  alemannisch  owec  aus  en  wer.  dnnelicn 
kommt  selten  zusatnmrnsirllung  des  ndrrrb.  hin  mit  dem  arlikel- 
ln%en  adverbialen  ncriisutiv  wer  vor,  nllerdiniis  wie  es  scheint,  erst 
in  sptitfrer  zett  und  nur  »n  mitteldeutschen  quellen:  ij  ist  w^r- 
liche  6sterlar  nnde  di  vasle  ist  hin  wec.  mi/*/.  l,  107,  20;  nnd 
hrr  II5  si  nnd  ginr  liinwer.  Hehaim»  erang.-bHck,  Malth.  16.4. 
rergt.  Rrcrkteiks  gtcssar  dazu  *.  267';  daz,  sal  he  in  virrehn 
«agrn  Iftn  te  fehle.  gAl  he  ubir  da/,  hinwee  unde  leistet  des 
geldf«  nirlil  .  ,  so  verbft/,el  he  deme  richtere  serhclr  srhil- 
linge,  Freitterqer  sladtr.  \m  Sehott ;  in  der  fiufung  hin  we<:  hin; 


tragit  dij  hinwee  hin  und  niachit  minet  vater  hös  nicht  ein 
hi^s  des  gewerbis.  Behaims  er. -buch,  Job.  2.  16;  alsi\  schire  also 
si  hinwee  ben  quämen.  myiU.  1, 11,'., 8,  was  wahrscheinlich  indem 
hinwege  desAnwdis:  hiezwiscben  hat  sich  diese  zutlel  hinwege 
verstolcn.  6ü.  noeh  uuchklingl.  seit  dem  ih.jahrh.  siegt  hinweg 
iiber  jenes  ältere  euwec  und  dringt  in  der  schrifl.^prathe  allein 
vor;  eine  genitire  Weiterbildung  hinwegs  ist  seilen  geUii-ben: 
als  Arctusa  einst  hinab  ins  wassor  schosz 
und  unterm  mcer  hinwegs  gar  finstre  straszcu  llosz. 

D.  V.  n.  Wkrper  Ariu"!  6,  19,  8; 

wie  auch  ein  gegvns'itz  herweg  sich  nicht  gebildet  hat. 

2)  hinweg  steht  in  örtlicher,  wie  seltener  auch  in  zeitlicher 
bedeutung  {vergl.  oben  die  stelle  aus  dem  Freibergcr  stadtrecht 
und  unten  hinweg  sein,  hinweg  schwinden)  mit  vcrben  der  be- 
wegung,  die  in  dringender  rede,  oder  nach  hilfsverben  unlerdriukt 
sind:  so  wil  ich  hinweg  und  meine  brüder  sehen.  1  Sam. 
20,  29 ; 

ich  will  hinweg  I  und  wenn  du  redlich  bist, 
.'o  zeig  es  mir,  und  lasz  mich  gleich  von  hinnen ! 
Göthr  9,242; 

da  schrei  der  ganze  häufe,  und  sprach,  hinweg  mit  ditüem, 
und  gib  uns  Barrabam  los.  /.«r.  23, 18;  hin  weg  mit  solchem 
von  der  erden,  denn  es  ist  nicht  billich,  das  er  leben  sol. 
apostcigesch.  22,22;  hinweg  also  politik  aus  dem  gebiet  der 
musenl    Herder  z.  Uli.  16,169; 

lasz !  hinweg  I 
ich  rathe  dir,  berühre  nicht  die  locken!    Götrc  9,53; 
hinweg!  es  dämmert  schon! 

WiEF.AND  23,  144  (Oheron  9,  341 : 
hinweg! 
hinweg  aus  dieser  gepeiid,  prinz  !      .'^CHir.LF.R  Karton  1.  5. 

Zu  hinweg  treten  nähere  orts-  oder  rieht ungsbestimmungen :  traf 
der  Junker  ihn  so  rauch  auf  den  heim  an.  dasz  er  ihm  sel- 
bigen vom  haupt  hinweg  risse.  Amadis  'b;  hinweg  von  hier  ins 
weite!;  er  griff  über  diesen  gegenständ  hinweg  einen  andern 
auf;  durch  adverbien  gegeben:  er  (lob  weil  hinweg;  schlecht 
hinweg,  in  Verbindungen  wo  hinweg  nnsinnlicher  steht:  in  sei- 
nem losamenl  aber  ging  es  zu,  wie  bei  des  konigs  Arturi 
hofhaltung.  da  er  täglich  viel  Schmarotzer  nicht  schlecht  hin- 
weg mit  kraul  oder  rüben,  sondern  mil  iheuren  franzischen 
botlagien  .  .  köstlich  tractiric.  Sivipl.  2.  150  Kurz;  er  ver- 
sprach, reinen  mund  zu  halten,  nnd  hielte  es  nicht  nur 
schlecht  hinweg,  sondern  log  noch  einen  .  .  hänfen  dings 
dazu.  3.217.     vgl.  schlechtweg. 

3)  neben  den  unten  no.  4  folgenden  rerbindnnijen  ron  hin- 
weg mil  trrben  der  bewegnng  bezeichnen  hinweg  sein  und  hin- 
weg haben  den  .^chon  erfolgten  ab.^rhlusz  einer  solchen.  hinwTg 
sein  in  mancherlei  Verschiedenheit  des  sinnes,  so  ro»  einem  orte 
fort  gegangen  sein,  ihn  verlassen  haben :  ist  der  könig  ni<lit 
bei  dir?  und  sind  deine  ralgr|»«'r  alle  hin  weg?  Micha  i,'>: 
des  anderen  tags  fragt  der  graf  nach  seinem  maier:  der 
was  hinweg.  IJIensp.  s.  :!8  Luppenb. ;  da  nun  des  königs  söhn 
ans  dem  tempel  hinweg  war.  pers.  bnumg.i.  fi;  der  doctor . . 
wolle  ihr.  nachdem  ich  hinweg  war,  frenndlirh  zusprechen. 
Simpl.  4,65  A'j(r:; 

sie  sind  hinweg,  sie  sind  erzürnt  auf  mich. 

GöTMK  9,243; 
er  ist  hinweg,  ich  finde  dich  gefaszier. 

ScHll.MR   WnlleHsl.  lud  4.  14; 

in  zeitlicher  bedeutung:  wenn  nun  die  osteren  hinweg  sind- 
so  ist  der  geist  auch  hinweg.  Wickrax  roWie.  f«,  7  A'nTr; 
uu.<nnnlirher  über  etwas  hitiweg  .«ein.  alter,  neigungett,  leiden- 
srhapen  hinttr  sich,  itberwunden  haben .  mit  hinüberspielen  in 
zeilliche  bedeutung  des  adrerbs  {vergl.  hinaus  sein  in  gleichem 
sinne  sp.  1391):  über  die  jiinglingsjahre  ist  er  hinweg;  tiber 
diese  mühselige  pedanterei  bin  ich  lange  hinweg.  riEii.KiiT 
3,226;  hinweg  sein,  fort,  vergangen,  verloren  sein,  in  bezug  auf 
dinge  und  eigenscluiften :  und  siliet,  das  der  stein  vom  grabe 
hin  weg  war.  ioli.  20.  1 ;  die  bl.isse  ihrer  wangen,  denen 
der  erste  rosenihau  hinweg  ist.  Hkrdb*;  krone,  scrpirr  und 
schwell  sind  hinweg.    Götmk  15,228; 

•0  will  ich  koln  »olrhs  vis  nn.iteehen, 

darauss  das  lauter  aU  ist  hinwek.      /'««(n.  «/>.  701,  2.S; 

die  blume  ixt  hinweg  aus  meinem  leben, 

und  kalt  und  farblo''  seh  ichs  xor  mir  liegen. 

ScMittt«   Watttnut.  (11/ 

hinweg  halten,  entnommen,  empfangen  haben:  dein  brnder  i»l 
komen  mit  lisl.  und  hat  deinen  segen  hin  weg.  I  ^o».  27,»; 
da  ich  nun  diesen  eid  hinweg  hatte.    SimjJ.   I,  146  Kurs. 

4)  Verben  der  Itewegung  in  Verbindung  mü  hinweg. 


1537 


beben: 


HIN^TEG 


HirmTG 


153S 


denn,  so  Ächilleus  allein  entgegen  kämpret  den  Troern, 

stebii  sie  wobi  kaum  einen  nu  dem  schenkelgescbwinden  Peliden, 

da  sie  sogar  vorhin  hinweg  schon  bebten  vom  anschaun. 

Bi^RGER  230*. 


.  alle  hinweg  begeben 
Maaler  225*. 


begeben,  reflexiv:  dasz  ihr  euch, 
solltet.   Ll-ther  br.  4, 47S. 

berufen:  hinwägberüefen,  avocare. 
beten: 

oft  hat  der  heiige  mann  für  uns  den  himniel 
gefragt  und  manchen  fluch  hinweggebetet. 

ScBiLLEB  br.  r.  ilessina,  r.  2108. 

betrügen:  o  büberei,  bübereil  das  glück  meines  lebens 
bübisch,  bübisch  hinwegbetrogen.    Schiller  rauher  4,  3. 

blasen:   fliegen  ihm  ja  Sonnenstäubchen  an  —  wie  bald 
bläst  diese  ein  freundschaftlicher  hauch  hinweg I  ThCmjcelB,". 
bringen:  bringe  das  kind  hinweg;    er  wurde  durch  Um- 
triebe von  einer  einträglichen  stelle  hinweg  gebracht;  flecke 
aus  einem  kleide  hinweg  bringen ; 
jetxo  bracht  er  den  sänger  hinwee  in  ein  wilderndes  eiland. 

Udy^i.  3,  270. 
drängen: 

dir  abpr  empfehl  ich.  wohl  zu  bedenken, 
wie  du  den  Schwann  der  freier  hinwegdrängst  aus  dem  palaste. 

Odyss.  1,271. 

drücken:  Min.  seine  zunge  vergötJerf  mich,  sein  herz 
hüpft  unter  dem  schattenrisz  einer  andern,  fiesko.  oder 
besser,  signora,  es  schlägt  unwillig  dagegen  und  will  ihn 
hinwegdrücken.    Schiller  Fiesko  1, 4. 

eilen:  ich  eile  hinweg,  praeceps  abeo.  STEisB.iCB  1,325; 
soJts  {das  passah)  essen  als  die  hinweg  eilen.   2  Mos.  12, 11 ; 

essen:  er  isset  alles  hinweg,  was  ihm  rorkommef,  cepas 
et  allium  coniedit,  nihil  fastidil.  Stieleb  «97;  die  gröszeren 
kinder  essen  den  antheil  der  kleineren  mit  hinweg. 

fahren:  da  nu  Mose  seine  band  recket  über  das  meer, 
lies  es  oer  herr  hin  weg  faren.    2  Mos.  11,  21 ; 

herold,  aber  was  reiset  der  söhn  mir?  nichts  ja  bewctt  ihn, 
dasz  er  in  hurtigen  schiffen  hinwegfährt.    üilyn.  4,  7Öi8. 

fallen,  fort  fallen,  fallend  vergehen:  wie  .  .  das  gras  wechst 
und  verdorret,  und  alle  ding  von  nafur  vergenglich  sind, 
und  wider  hinweg  fallen,  wie  ^ie  komen  sind.  LcrntR  6, 132' ; 
u/winn/ic/ier  fort  fallen,  in  bezug  auf  eigenschaften,  ritckskhten: 
unzählige  kleine  thorheiten ,  alle  koketterien  und  launen 
fallen  gleich  hinweg.  Göthe  19, 2S7;  alle  rücksichlen  auf 
seine  person  haben  jetzt  hinweg  zu  fallen. 

fertigen,  abfertigen,  zum  uegschieken  fertig  machen,  ab- 
schicken: derowegen  fertigte  ich,  was  ich  noch  vor  wahren 
in  vorrath  halte,  eilends  hinweg  und  machte  meine  Sachen 
aller  orten  richtig.    Simpl.  4, 153  Kurz. 

fliegen:    hinwäg    fliegen,    avolare,  provolare.    Maaler  225'; 
wollt  umarmen  die  seele  der  abgeschiedenen  mutter  .  .  . 
dreimal  hinweg  aus  den  bänden  wie  nichtiger  schatten  und 

traumbild 
flog  sie.    Ody»s.  11,  207. 

fliehen:  ze  fusz  hinwäg  fliehen,  pedibus  profugere.  Maa- 
ler 225'; 

die  nymfen  neigten  sich  und  (lohn 

in  einem  Wölkchen  schnell  hinweg  mit  Ilöon»  söhn. 

WiELASD  23,  145  (Oberon  9,  35) ; 

sondern  die  grosze  gewalt  der  brennenden  flamme  venehrt  dies 

alles,  sobald  aus  dem  weiszen  gebein  das  leben  hinwegfloh. 

Oifyss.  U,  221. 

flieszen:  hin  weg  flieszen ,  defluere.  voc.  ine.  theut.  k2'; 
der  dampf  flosz  hinweg.    Klixger  3,1". 

flöhen,  flUhen  tnachen,  flüchten  (th.  3,  1S14):  weil  damals 
jedermann  das  seinig,  was  ihm  lieb  war,  hinweg  flehete. 
Simpl.  4,  1.30  Kurz. 

f  I  ö  s  z  e  n ,  flieszen  m  achen : 

wie  gerne  mag  dein  träum  {der  mit  dir  betchäftigle  träum) 

,  .        ,        ,  zerstieben, 

von  deinem  kusi  hinweggeflöszt.      RfectEHT  ges.  ged.  1,  252. 

fluchen:  predigen  liebe  des  nächsten,  und  fluchen  den 
achtzigjährigen  blinden  von  ihren  thüren  hinweg!  Schiller 
rduber  2,3. 

flüchten:  er  hat  sich  mit  seiner  ganzen  habe  biawec 
geflüchtet. 

fressen:  sie  fressen  .  .  all  das  umbstehende  grasz  hin- 
weg.  Lokmam  fab.  3. 

füchseln,   listig   «eg  stehlen:  (das:  sie)  das  kleine  viehe 
entweder  in  oder  um  die  dOrfer  und  bauren-höf  hinweg  ge- 
füchslet  .  .  haben.   Simpl.  3,176  Kurz. 
lY.  11. 


führen:  das  übrige  volk  zu  Bethulia.  fiel  in  der  Assyrer 
lager  und  plünderten,  und  füreten  hinweg,  was  die  Assjrer 
da  gelassen  hatten.  Judith  15,8;  führten  ihren  sehwager  mit 
sich  hinweg.  Amadis  81;  die  hohe  thüme  werden  vom  blitr 
erschlagen,  die  mühlen  vom  wasser  hinweg  geführet.  Simpl. 
2. 113  Kurz;  einen  aus  seinem  vaterlande  hinweg  führen. 
aliquem  a  patria  arehere.   Stei.nb.\ch  1,3&1. 

geben:  in  betrachlung  und  erfahrung  der  fVeundtschaft 
und  liebe,  so  Gasinan  gegen  mir  erzeiget,  dasz  er  auch  jetzt 
viel  lieber  ein  gefehrlichen  kämpf  eingeben,  denn  er  mich 
hinweg  geben  wollen.   Amadis  292. 

gehen,  mit  persönlichem  subject:  ich  gib  eines  für  tusent 
guldin,  wann  ir  die  nit  geben  wollen,  ir  hund,  so  gond  mir 
hinweg.  Ulensp.  s.  50  Lappenb.;  Jhesus  gieng  hin  weg  voa 
dem  tempel.  Matth.  24,  l ;  aber  er  gieng  mitten  durch  sie  hin 
weg.  Luc.  4, 30 ;  da  sprach  Jhesus  abennal  zu  inen,  ich  gehe 
hin  weg,  und  ir  werdet  mich  suchen,  und  in  ewrer  sunde 
sterben.  Joii.  s,  21 ;  mit  diesen  Worten  gieng  er  hinweg  und 
verliesz  den  Galoar.  Amadis  401;  da  name  er  ihnen  (den 
rittem)  alles,  das  sie  hatten,  und  liesz  sie  zu  fusz  hinweg 
gehen.  73;  die  stimm  des  hinweckgehenden.  Schuppics  771. 
unsinnlicher:  er  gieng  leicht  über  diesen  gegenständ  hinweg. 
in  der  Verhandlung  oder  Unterhaltung,  berührte  ihn  kaum;  von 
gegenständen:  diese  brücke  geht  quer  über  den  flusz  hinweg; 
auf  der  gant  ist  jene  waare  weit  unter  dem  werthe  hinweg 
gegangen,  hingegeben,  verkaufi  worden;  das  stück  ist  zum  ersten 
male  über  die  bretter  hinweg  gegangen,  im  theater  aufgeßhrt 
worden  ; 
nichts  mehr  von  diesem  tragischen  spuk,  kaum  einmal  im  jähre 
geht  dein  geharnischter  geist  über  die  bretter  hinweg. 

Schiller  xen.  242  {Sliaketpeares  /.chatten; 
werke  1,  348  Kurz), 
für  sterben:  hinweg  gan  obire.  voc.  ine.  theut.  kt'. 

gieszen:  hinweggieszen,  profundere,  diffundere.  Stieler 648. 
gucken:  über  die  köpfe  der  umstehenden  hinweg  gucken, 
heben:   hinwegheben,   amoiere,   auferre  Stieler  807;    den 
ti'i'f  vom  feuer  hinwegheben; 

nur  heute,  mutter,  fodre  nicht,  den  Schleier 
hinwegzuheben,  der  mein  glück  bedeckt. 

Schiller  6r.  t.  Messina,  v.  1446 ; 
reflexiv:  hebe  dich  hinweg,  gehe!;  unsinnlieher:  solche  be- 
trachtungen  heben  mich  über  manche  sorge  hinweg :  wo  das 
Schicksal  gesprochen  hat,  sind  die  menschen  über  worte  hin- 
weggehoben.   Immersann-  Münchh.  1,58. 

helfen:  er  half  den  damen  über  den  bach  hinweg;  einem 
über  Schwierigkeiten  hinweg  helfen. 

holen:  der  arzt  wurde  von  einem  kranken  hinweg  zu 
einem  andern  geholt.  < 

horchen: 

('tank,  da-ot  du  mich)  von  der  nachtigall  gesang 
nicht  hinweg,  und  auf  den  klang 
feiner  gülden  horchen  lieszest.    Göki^gk  1,  51. 
jagen:   mit   bedrohung.   wann   sie    sich  nicht  besser   in? 
künftig  gegen  ihr  {die  magd  gegen  die  frau)  anlassen   würde, 
sie  vor  all  teufel  hinweg  zu  jagen.   Simpl.  4,  61  Kurz. 

kaufen:  höker  kaufen  alle  vorräthe  vom  markte  hinweg, 
kehren:    fort,   wie    mit  dem  besen    hinweg  gekehrt,  sagt 
man  von  spurlos  verschwundenen. 

kehren,  wenden,  reflexiv:  er  kehrte  sich  hinweg, 
klauben:  er  hat  das  beste  davon  hinweggekiaubet,  optima 
quaeque  furtim  detraxit.    Stieler  972. 

kommen,  wie  hinweg  gehen:  als  nun  die  gut  fraw  hin- 
weg kam,  da  nam  er  geschwind  ein  löffel  mit  senf  und 
schut  den  under  das  blut.  Wickram  rollw.  119,1;  in  anderem 
sinne:  ein  beamter  kommt  von  diesem  orte  hinweg,  wenn  er 
an  einen  andern  versetzt  wird;  diesmal  kommt  er  noch  mit 
einer  leichten  strafe  hinweg;  von  dingen  die  verloren  gehen 
oder  gestohlen  werden:  da  der  gülden  kleinol  schon  viel  hin 
wegkomen  waren.  2  Macc.  4,39. 

kriechen:  eine  schlänge  kriecht  über  den  rasen  hinweg, 
lächeln: 

mich  empfängt  die  tröstende  freundschaft, 
und  liebelt  jegliche  runrel  hinweg.    Giskke  116. 

lachen: 

lach,  engel  mir  die  nacht  hinweg! 

H.  Miller  gedickte  (1783)  385. 
lassen:  hinwag  lassen,  amittere  Maaler  225';  von  dingen 
ablassen,  zum  kaufe:  habe  .  .  die  schon  verbrante  und  na- 
hend verbrante,  ort  oder  gebäw  gekauft,  welche  die  herren. 
ansz  forcht  und  ungewiszheit  des  zufalls,  leichtlich  hinweg 
gelassen  haben.   Schcppils  761. 

97 


1539 


HINWEG 


HINAVEG 


1540 


laufen:    und  lief   hinwek    und   liesz    den    beiker   ston. 
Ulenstp.  s.  28  Lappenb. 
lecken: 
inenschea  leckt  die  zeit  hinweg,  wie  die  souiie  dun  frühthau. 

KOSECARTE!«. 

legen:  den  hut,  ein  buch  hinweg  legen;  er  aber  legelc 
bald  die  lane  seines  verstellens  hinweg.  A.  Gryphius  1698 
1, 88 ;  für  ablegen ,  abschaffen :  darumb  (sol  die  furbit  (der 
herligen)  nicht  genzlich  hinweg  gelegt  werden.  Luther  6,  32S»\ 

leihen:  geld  hinweg  leihen. 

lesen,  auslesen,  von  an  fang  zu  ende  ksen,  ohne  Schwierig- 
keit oder  anslosz:  er  liest  das  hebräische  hinweg,  als  ob  es 
deutsch  wäre ;  er  liest  seine  sachen  geschwinde  hinweg, 
agülimus  in  kgendo  est,  scripta  oculis  raplim  decurril.  Stieler 
1167. 

machen,  reflexiv:  er  machte  sich  schnell  hinweg. 

mähen: 

drei  ältre  brüder  hat  der  tod  vor  mir 
hinweggetnaht.    Schiller  Jungfrau  1,  5. 

nehmen:  den  raub  binwäg  nemmen,  spolia  adimere.  Maa- 
LER  225';  wenn  jemand  für  über  gehet,  und  eine  von  inen 
{den  da  sitzenden  weibem)  hin  weg  nimpt,  und  bei  ir  schleft. 
Baruch  6,  43 ;  so  were  es  ein  groszer  frevel,  das  man  es  {das 
fjold  und  sUber)  so  hin  wegncuie.  2  Macc.  3,12;  nimpt  inen 
ire  Waffen  und  pferdt  hinweg;.  Amadis  402;  damit  ihr  uns 
diese  peen  hinweg  nemmet.  83;  also  wird  die  einhelligkeit 
hinweg  genommen,  öffentlicher  und  heimlicher  hasz  wird  in 
den  gemütern  geboren.  Schuppils  771;  von  einer  eroberung : 
naiii  die  stadi  Wolgast  hinweg.  Micräliüs  altes  Pommern 
2,206;  ton  einer  Operation:  dasz  .  .  man  mir  den  schenke! 
alsobalden  bisz  über  das  knie  hinweg  nehmen  muste.  Simpl. 
3,274  Kurz;  gott  nimmt  einen  menschen  hinweg,  von  der 
erde;  und  die  weil  er  ein  göttlich  leben  füret,  nam  in  gott 
hin  weg,  und  ward  nicht  mehr  gesehen.  1  Mos.  5, 24 ;  hin- 
wäg nemmen,  umb  das  laben  bringen,  perimere.  Maaler  225'. 

packen:  kleider  hinweg  packen;  reflexiv:  pack  dich  hin- 
weg, von  dannen. 

raffen:  alles  was  die  andern  könige  zum  lempel  gegeben 
hatten,  zum  schmuck  und  zierde,  das  raffet  er  mit  seinen 
sündigen  henden  hinweg.  2  Macc.  5,16; 

du  droh<t  sogar,  mir  meinen  ehrenlohn 
hinweg  zu  raffen,  welchen  ich  mit  so 
viel  müh  errang?    Borger  143'; 
vom  sterben: 

er  ist  hinweg  gerafft.    Opitz  2,  117. 

räumen:  den  unflat  hinweg  räumen,  quisquilias  amovere. 
Steijibach  2,231;  hab  ich  darum  meine  nächtc  verpraszt, — 
darum  felsen  hinweggeräumt  und  abgründe  eben  gemacht? 
Schiller  rdlufcer  4,2;  einen  hinwegräumen,  heimlich  morden 
lassen;  vgl.  hinwegräumung. 

reden:  dasz  auch  Desdcmona  sich  das  böse  gewissen 
nicht  80  bald  mit  glattem  wort  hinwegredet,  erfahren  wir 
in  der  stunde  ihres  todcs.  evang.  kirchenzeitg.  1867,  s.  533... 

reisen:  hinwegreisen,  abreisen,  discedere,  secederc,  absccdere, 
alio  migrare,  ilineri  se  committere.    Stieler  15S0. 

rciszen,  transitiv,  enlreiszen :  und  traf  der  Junker  ihn  so 
rauch  auf  den  beim  an,  dasz  er  ihm  .selbigen  vom  haupt 
hinweg  risse.  Amadis  75;  welchem  er  sein  hellparlen  subtil 
hinweg  risse.  65;  und  würde  der  tcufel  bald,  beide  den 
glauben  hinweg  reiszen,  und  die  laufe  verderben.  Luther 
6,297*;  der  tod  hat  ihm  sein  liebstes  kiud  hinweg  gerissen; 

da  war  das  weib  mir  aus  den  äugen,  schnell, 

hinweg eerisaen  hatte  sie  der  ström 

des  Volkes,  und  der  heim  blieb  mir  in  hSnden. 

ScBiLLKR  Jungfrau  jtrolog,  3.  uufir. 
intransilii;  tich  jäh  entfernen  : 

lang  schaut  der  tiger  ihn,  den  tiger  er 
erwartend  ao;  dann  risz  der  waldbewohnar 
hinweg,    der  Europäer,  von  der  furcht 
entlastet,  ging  auch  seines  weges. 

Herden  zur  lilt.  17,  57. 
reiten:  er  ist  hinweg  geritten;  transiltv:   ein    pferd    hin- 
weg reiten ;  wie  aber,  .  .  wann  er  disz  böhmisch  handwcrk 
(das   ttehlen)   an    dir    antieng,   und   ritte   dir  zum   probslück 
deine  pfi^rdt  hinweg?    Simpl.  3,  15  Kurz. 

richten,  abthun,  umbringen:  Vespasianus  liesz  . .  den  ver- 
vMiiall''n  .  .  gar  hinweg  richten.  S.  Krank  chron.  3.'»';  (dass) 
t  <iri  ehrlicher  mann  in  vil  Jahren  von  seinem  feinde  nicht 
iiUrwunden  wird;  da  hingegen  ein  ungehorsamer  söhn  seinen 
vater  oft  mit  einem  einzigen  kümmcrnUsse  hinweg  richtet. 
nL'T>c.H(T  htinil.  354. 


rinnen:  hinwig  riinnen,  dimanare.    Maaikr  225*. 

rücken:  da  sie  aber  her  auf  stiegen  aus  dem  wasser, 
rücket  der  geisl  des  herrn  Fhilippum  hin  weg,  und  der 
kemerer  sähe  in  nicht  mehr,  apostelgesch.  8,  ,39 ;  wyt  hinwäg 
geruckt,  remotus,  semotus.  Maaler  225';  einen  tisch  hinweg 
rücken ;  auszerdem  rückte  dieser  weg  ihre  äugen  von  so 
vielen  bildern  des  grames,  so  wie  ihre  obren  von  so  man- 
chem misgetön  des  gespötles  hinweg.  J.  Paul  Hesp.  4, 83 ; 
die  gesellschaftlichen  schranken,  die  sonst  unter  den  leutcn 
walteten,  waren  für  diesen  abend  hinweg  gerückt. 

rufen:  er  ist  aus  diesem  leben    hinweg   gerufen  worden. 

saufen:  er  hat  es  ihm  vor  dem  munde  hinweg  gesoffen. 

schaffen:  alles  unnütze  volk,  alle  fremden,  ja  selbst  die 
weiber  und  kinder  sollten  aus  der  sladt  hinweggescbafft 
werden.    Schiller  7, 538  Kur:; 

schafft  diese.«  goid  hinweg,    der  kaiser  naht.    Turandot  4,2; 
einen  heimlich  hinweg  schaffen,  ermorden. 

scheiden:  hinwäg  scheiden  oder  gon,  discedere.  Maaler 
225';  so  doch  niemand!  die  ursach  deines  hinweg  scheidens 
erfahren  oder  wissen  mag.  CfOlmyiOl;  namen  sie  inen  (sich) 
für  hinweg  zuscheiden.    Amadis  424. 

scherzen:  scherzt  die  ernsthafte  stimme  der  religion 
hinweg.    Schiller  rduber,  vorrede. 

scheuchen:  die  feinde  hinweg  scheuchen. 

schicken:  einen  auf  die  jacht  hinweg  schicken,  aliguem 
venalum  ablegare.  Steinbacu  2, 405;  einen  nach  der  sfadt  hin- 
weg schicken,  aliquem  in  urhem  amandare.   das. 

schieszen,  inlransUiv:  er  schosz  hinweg,  aus  dem  zimmcr ; 
reflexiv  und  bildlich:  vermittelst  dieses  springslabes  schiesz 
ich  mich  über  den  vierten  theil  (einer  predigt)  fast  gänzlich 
hinweg.  J.  Paul  auswahl  aus  des  teuf  pap.  2,56;  transitiv: 
einen  vogel  vom  bäume  hinweg  schieszen. 

schlafen,  mit  accusativ  der  zeit,  durch  schlafen  vertreiben: 
wenn  er  sich  nicht  damit  geholfen  halte,  sich  in  irgend  ein 
dickes  gebüsche  hinzulegen,  und  den  ganzen  langen  tag  so 
gtit  hinweg  zu  schlafen,  als  ob  es  nur  eine  einzelne  stunde 
gewesen  wäre.    Wieland  14, 17. 

schlagen:  sein  hellpart  auch  ergriff,  und  mit  derselben 
im  den  halben  Schenkel  hinweg  schlug.  .Amadis  65 ;  sänger 
schlagen  die  sorgen  mit  singen  aus  und  hinweg.    Lither. 

schlingen: 

rück  bald  herauf,  du  wichtger  groszer  tag 
und  schlinge  schnell  die  kurze  nacht  hinwrg. 
TiECK  2,  32. 

schmelzen,  intransitiv:  der  schnee  schmilzt  hinweg. 

schmelzen,  transitiv:  sie  war  bürgerlicher  gehurt,  eine 
Deutsche  —  aber  ihr  anblick  schmelzte  die  vorurtheile  des 
adels  hinweg.   Schiller  rduber  3,2. 

schrecken:  welche  sich  nunmehr  wieder  mit  neuem 
succurs  verstärkt  hatten,  und  die  feindsvölker  desto  kühner 
von    der  belägerung   hinweg   schröckten.   Simpl.   3,249   Kurz. 

schwemmen:  ich  besinne  mich,  mit  welcher  Offenheit  sie 
ihren  Vorgänger  damals  zu  einer  parfie  piquet  beredeten, 
und  bei  ihm  die  halbe  nacht  mit  freundschüfllicbem  burgunder 
hinwegschwemmten.    Schiller  kab.  u.  liebe  3, 1. 

s(  hwimnicn:  hinwegschwimmen,  ihnvinsrhirimmen,  nbnu- 
tiire.    Stieler  197',). 

schwinden: 
aber  ach !  hinweggeschwunden 

sind  die  sciligsten  der  stunden!    J.  M.  MiLim  gedickte  '2':\, 
hier  ist  die  dimkb.irkeit  für  jene  goldnen  stunden 
lies  ersten  liebesglücks  nicht  ganz  hinwegi^eschwunden. 

GoTUK  7,  75. 

segeln:  das  schiff  segelte  heule  hinweg. 

segnen:  so  ruf  doch  den  beichtvater,  dasz  er  mir  meine 
Sünden  hinweg.segne.    Schiller  rduber  5, 1. 

sehen:  er  sieht  hinweg,  «•»//  etwas  nicht  sehen ;  übertragen: 
wir  müssen  über  seine  kleinen  fehler  hinwegsehen. 

setzen:  setze  den  stuhl  hinweg;  übertragen:  sieh  über 
eine  hache  hinwegsetzen,  so  dasz  sie  keinen  einflusz  auf  den- 
ken und  handeln  luU:  ich  könnte  mich  noch  wohl  iilx-r  ge- 
wisse dinge  hinwegsetzen.    Schiller  kab.  u.  liehe  ;t,  6. 

seufzen:  hätte  sie  lieher  in  todler  dunkelheit  ihr  leben 
hinweggeseiifzl.  Schiller  tnrrkw.  beisjiiel  weibl.  räche  (7,  Vi 
Kun). 

sitzen:  binwegsitzen,  concedere  scdes  suas  atteri,  remorere 
te  loco,  it.  de  jure  suo  decedere.    Stiki.kr  2037. 

spotten:  lausend  brennende  lampen  spotten  die  uiorgeii- 
siinne  binwi-g    --  altgemein  sei  die  lust!  ScuiLLER  Fiesil'')  i, i. 


1541 


HINWEG 


HINWTG  —  HINWELKEN 


1542 


sprengen:  felsstücke  hinweg  sprengen. 

springen:  er  sprang  über  den  bach  hinweg; 

und  so  sprang  ich  hinweg  das  bündelcheu  unter  dem  arme. 

GöTUE  1,  298. 

spülen: 

bald  ist  der  krarapf  des  lebens  aus  dem  busen 
hinweggespült.  Göthk  9,  57. 

stehlen:  hinweg  Stelen,  surripere.  suppilarr.  Stieler  2t&4 ; 
einem  ein  kleinod  hin  wegstehlen;  reflexiv,  sich  heimlich  davon 
machen:  du  hast  dich  Tom  mahle  hinweggestohlen.  Schiller 
Täuber  3, 1 ; 

die  nymfen  iwingt  der  lieuschen  götlin  schein 

sich  allgemach  hinweg  zu  stehlen.    Wizlamd  10,  140. 

streichen:  er  ist  hinweggestrichen,  evdavil  hinc,  de  media 
receisit.  Stieler  2203;  das  gelt  hinwegstreicben,  ducere,  capere, 
tollere,  accipere  nummos.   das. 
stürmen,  intransitiv: 

und  flucht  der  ersten  stunde 
da   sie  ihm  sah,  verwünscht  mit  bebendem  munde 
sich  selbst,  und  stürmt  hinwe?.    Wif.la^d  23,  270  (Ob.  12,  38) ; 

transitiv  : 

kommt  der  traurige  scheidetag, 

stürmt  die  freunde  hinweg,  stünet  den  seelendolch 

in  mein  blutendes  herz  hinab.    Höltt  92  Halm. 

stürzen,  hastig  davon  gehen:  er  stürzte  hinweg. 

thun:  hinwäg  thun,  removere,  amovere.  Maaler225';  denn 
es  reget  sich  schon  bereit  die  bosheit  heimlich,  on  das  der 
es  itzt  auf  hell,  mus  hinweg  gethan  werden.  2  Tliess.  2,  7 ;  der 
Junker  sich  fürchtet  dasz  ihn  der  könig  erkennen  würde, 
wolle  sein  visier  nicht  hinweg  thun.  Amadis  68;  erkennt  die 
wohlthat,  die  euch  erzeigt  wird,  . .  dasz  man  das  unnöthige 
hinweggethan,  damit  euch  das  nothwendige,  schöne,  nütz- 
liche, desto  mehr  reize.  Herder  zur  phit.  lO,  93. 

tragen:  ludent  in  uff  und  trfigent  in  hinweg.  Etteru:« 
chron.  der  eidgen.  (1507)  2';  ho  ho.  wo  bleibt  Franken?  das 
tregt  man  an  den  schuhen  hinweg.  Garg.  224* ;  hinwäg  tragen 
werden  vom  niaal,  auferri  de  cotiririo.  Ma.4Ler  225*;  er  hat 
den  gewinnst  davon  hinweggetragen,  considuit  utilitati  sitae, 
maximum  lucrum  inde  reportavit,  utilitalem  plurimam  ex  hac  re 
cnllegit.  Stieleb2312;  wer  wird  die  reichthumb  so  er  zusam- 
men geschahen  hat,  hinweg  tragen?  Nemo,  der  Niemand. 
SCHÜPPIDS  746. 

träumen:  so  träumt  ihr  den  entscheidenden  augenblick 
hinweg,  und  träumt  euch  um  eine  kröne.  Klinuer  2,  82 ;  sich 
aus  dieser  weit  hinweg  träumen. 

treiben:  die  frumden  aus  iren  landen  hinwäg  treiben, 
arcere  suis  finibus  extemos.  Maaler  225*; 

hinweg  getrieben  wurde  mit  gewalt 

die  rinderherde,  die  dort  weidete. 

ScHiLLEK  6raui  v.ilessina,  v.  1600; 
und  des  kammea  gerucb  ging  über  uelken  und  zimmet  .  .  . 
alle  Seuche  treibt  er  hinweg  und  alle  Vergiftung.    GötueIO,  170. 

treten:  tritt  von  dieser  stelle  hinweg, 
wälzen:  einen  stein  hinweg  wälzen, 
wehen: 

Uans,  da  pinkt  man  umsonst,  wo  der  wind  die   funken  hinweg- 
weht.   Voss,  2,43. 

weichen:  säet  er  eine  tonne  pulfer  zu  dem  stall  und 
keller,  wiche  darmit  heimlich  hinweg.  Zimgref  apophth.  1,353; 
den  dritten  tag,  nachdem  der  Junker  vom  meer  von  desz 
königs  Languines  huf,  da  er  zum  ritter  geschlagen  worden, 
hinweg  gewicheu.   Amadis  80. 

weisen:  bettler  von  der  thüre  binwegweisen. 

wenden:  er  hat  sich  trotzig  hinweggewendet. 

werfen:  faulkeit  und  liederliche  hinwäg  werfen,  socordiam 
(^jicere.  Maaler  225* ;  geld  hinwegwerfen,  verschleudern,  unnittz 
ausgeben  ; 

erheb  die  freche  stirne,  lyrannei, 
wirf  alle  schäm  hinweg !    Schiller  Teil  4,  1 ; 
Ich  weisz,  dasz  alle  männer  treulos  sind, 
nichts  lieben  können  als  sich  selbst;  hinweg- 
geworfen ist  an  dies  verräthrische  geschlecht 
die  schöne  neigung  -und  die  schöne  treue.     Turandot  3,  2. 

wischen,  transitiv:  den  unflut  hinwegwischen,  sordibus 
liberare,  inquinamenta  decerrere.  Stieler  2564.  auch  intransitiv, 
wie  entwischen.  2565. 

wOlfeln:  dasz  sie  obengedacbte  zahme  schnabelweid  und 
das  kleine  viebe  entweder  in  oder  um  die  dOrfer  und  bauren- 
höf  hinweg  gefüchslet,  oder  hin  und  wieder  von  den  heerden 
hinweg  gewölfeit  hohen.  Simpl.  3.  1T6. 


zechen:  Franz.  das  wirst  du  wohl  niemals  vergessen? 
Amalia.  niemals,  niemals!  wer  das  auch  zu  leichtsinnig  beim 
frohen  mahle  hinwegzechen  könntel  Schiller  räubcr  3,  l. 

ziehen,  intransitiv:  da  sie  aber  hin  weg  gezogen  waren. 
Matth.  2,  13;  und  einem  gab  er  fünf  centner,  dein  andern 
zween,  .  .  und  zog  bald  hinweg.  25, 15 ;  hierauf  beschlossen 
sie,  morgens  vor  tag  hinweg  zuziehen.  Amadis  417 ; 

wenn  ich  in  schulden  gar  besteck, 

ril  porg  ich  auf  und  zeuch  hinwegk.    Scbwarzekberg  137'; 

distichen  sind  wir.    wir  geben  uns  nicht  für  mehr  noch  für 

minder; 
sperre  du  immer,  wir  ziehn  über  den  schlagbaum  hinweg. 
Schiller  xenien  2  (werke  1,  319  Hart). 

transUiv:  er  zog  die  decke  hinweg;  sprichwürilich r  einem  den 
boden  unter  den  füszen  hinweg  ziehen. 

zücken,  entrücken :  das  der  leib  ein  ander  klcid  wird  an- 
ziehen, das  ist,  verkleret  und  hell  werden  sol,  viel  herrlicher 
und  schöner  denn  die  sonne,  aber  nicht  also,  das  solchs 
geschehen  sol,  weil  er  noch  in  dieser  herberg  und  in  diesem 
kleid  gehet,  sondern  alles  zuvor  desselben  augenblicks  nackend 
ausgezogen ,  und  zu  pulver  verbrand ,  und  in  demselbigen 
(augenblicke)  hinweggezückt.    Luther  6, 269". 

zwacken:  bisz  er  seine  schulden  bezahlete,  und  Avarus 
sein  part  hinweg  zwackte,  verbleib  wenig  mehr  {von  dem  er- 
haltenen gelde)  übrig.  Simpl.  2, 157  Kurz ;  da  nähme  er  die 
gelegenheit  in  acht  und  zwackte  mich  unversehens  von  den 
troupen  hinweg.  3,  58. 

HINWEGFAHRT,  f.  abscessio,  abitio,  mortis  cum  vita  com- 
mutatio.  Stieler  410. 

HLWVEGFLHRUNG,  f.  transportatio.   Steisbach   1,394. 

H1NVVEGG.\NG,  m.  abitus,  abscessio,  secessio.   Stieler  628. 

H1NWEGN.\HME,  f.:  so  viel  als  das  gewicht  einer  unend- 
lichen last  {entkräftet  vird)  durch  die  hin  wegnähme  eines  ein- 
zigen Sandkorns.  Wielasd  1,105;  die  hinwegnahme  der  festung 
geschah  mitten  im  frieden. 

HlNWEGRÄUMüNG,  f.  das  forträumen,  heimliehe  ermorden 
{s.  oben  hinweg  räumen) :  dieselben,  welche  seinem  vater  in 
hinwegräumung  des  Leonis  beigestanden.  A.  Gryphius  1698 
1,  SS ;  wem  hab  ich  durch  die  hinwegräumung  meines  Vor- 
gängers platz  gemacht?   Schiller  kab.  u.  liebe  1,7. 

HlNWEGSElN,  n.  abivesenheit :  achtete  er  mein  hinwegsein 
nicht  grosz.  Jucundiss.  160. 

HINVVEHEN,  rerb.  fortwehen,  wegwehen: 

treu,  warhait  und  stät 

hat  der  wind  hin  gewäit.    fasln,  sp.  490,  28. 

HINWEICHEN,  verb.: 

golt  sei  dank!  das  alte  jähr  ist  aufs  neue  ntm  Terstrichen, 
gott  sei  dank !  viel  arges  ding  ist  mit  solchem  hingewichen. 

LoGAD  2,  35,  28. 

HINWEI.NE.\,  verb.  weinend  hincerlangen ,  sich  weinend  hin- 
sehnen : 

wie  du  einen  Wanderer,  der,  zueilend  der  gattin, 

und  dem  gebildeten  söhn, 
und  der  blühenden  tochter,  nach  ihrer  Umarmung  schon  hinwaint, 

du  den,  donner,  ereilst, 
tödtend  ihn  fassest.        Klopstock  1,28. 

transitiv,  hinwärts  weinen: 

hell  an  jeder  betkoralle  funkelt 

eine  thräne,  hingeweint  für  dich.    Böiger  99*. 

weinend  verbringen:  sechs  jähre  waren  schon  hingeweint. 
Schiller  kab.  u.  liebe  2,  3. 

HINWEISEN,  verb.  zeigend  hin  halten:  er  wies  das  billet 
hin.  Frevtag  handschr.  3,296;  hin  zeigen:  er  wies  mit  dem 
finger  auf  eine  ferne  bergspitze  hin ;  unsinnlicher :  als  mich 
Oberlin  zu  den  denkmalen  der  mittelzeit  hinwies.  Güthe  26,48; 
bei  einer  stelle  in  einem  buche  wird  auf  eine  frühere  stelle  hin- 
gewiesen, wo  von  dem  besprochenen  gegenstände  schon  einmal  die 
rede  war;  dasz  solche  spiele  auf  parteiungen,  gefechte  und 
schlage  hinwiesen,  und  gewöhnlich  auch  mit  bändeln  und 
verdrusz  ein  schreckliches  ende  nahmen,  läszt  sich  denken. 
Göthe  24,  76 ;  auf  ein  ernstes  wesen  war  er  von  Jugend  auf 
hingewiesen ;  er  .  .  hatte  für  eine  mutter  zu  sorgen.  26,  255. 

HINWEISUNG,  f:  hinweisung  auf  das  früher  gesagte;  eine 
deutliche  hinweisung  darauf,   theol.  lUteraturbl.  1&67  s.  259. 

HINWELKEN,  t-er6. ;  wenn  mein  fast  ganz  hinwelkendes 
leben  nunmehr  allmählig  wieder  aufzugrünen  und  zu  blühea 
I    anßüigt.  BCrger  484'; 

I  ich  habe  selbst  den  gift  an  tausende  gegeben, 

sie  welkten  hin,  ich  musi  erleben, 
dasz  man  die  frechen  raörder  lobt.    Göibe  12,  58. 

97* 


1543 


HIXVVENDEN  —  HINWERFEN 


HINWERFEN  —  HINWIDER 


1544 


HINWENDEN,  verb.  himcärls  tcetide»;  transüw:  wende  deinen 
blick  hin; 

uud  suchte,  fabelgöttcrn  gleich,  mein  oheim, 

zum  nicderu  lireis  verstohlen  hingewandt, 

sich  liebesglück  und  väterlich  entzücken?    Göthk  9,252; 

draul  zuerst  zum  greise  das  nort  hinwendend,  begann  er. 

Odgss.  2,  39. 
reflexiv:  und  wo  er  sich  hinwnnd,  da  übet  er  strafe.  iSam. 
14,47;  wo  hat  sich  dein  freund  hingewaiid?  so  wollen  wir 
mit  dir  in  suchen,  hohel.  5,  17 ;  ach  wehe  hinimel,  ach  wehe 
erde,  ach  wehe,  ach  wo  werde  ich  mich  nun  hinwenden? 
ScHijppius  480;  in  der  erzähluiig:  in  huiTnung  meine  ernsten 
leser  durch  das  vorgetragene  einigermaszcn  befriedigt  zu  haben, 
darf  ich  mich  wohl  wieder  zu  denen  glänzenden  tagespunkten 
hinwenden,  wo  frcundschaft  und  liebe  sich  in  ihrcn^  scbönsteo 
lichte  zeigen.    GOthe  48, 49. 

HINWERF,  VI.  das  was  man  uegwirft,  auswarf,  mhd.  hinwerf 
(Lexeb  üb.  1, 13Ü1): 

die  cröttütr  versmaebt  mich  armen, 

ich  pin  ir  hinwerf  und  ir  spot.    erlösung  248,  171  barltch. 
vergl.  hinwurf. 

HINWERFEN,  verb.  in  verschiedenen  bedeutungen. 

1)  einen  oder  etwas  hinwärts,  an  einen  dritten  ort  werfen: 
ire  erschlagene  werden  hingeworfen,  das  der  stank  von  iren 
leichnamen  aufgehen  wird.  Jes.  34,  3 ;  aber  wie  er  viel  unbe- 
graben  hin  geworfen  hat,  so  ist  er  auch  hin  gestorben.  2  Macc. 
5,10;  lest!  lest!  rief  Gumpelino,  indem  er  uns  das  empfangene 
billett  hinwarf.  H.Heine  2,249; 

hingeworfen  ins  gefüngnis 

von  des  mädchens  stolzen  ehern. 

schmachtete  der  edle  .Machin.    Herder  r.  tili.  3,  230- 

ein  hingeworfnes,  armes  findelkind 

ist,  sonder  ihn  {den  menschen),  die  nackende  natur! 

Kl.  Schkidt  poei.  br.  91 ; 

unsinnltcher :  blicke  hinwerfen.  Gott.  gel.  anz.  1806  s.  493 ;  den 
eigennützigen  (tagenden),  die  er  allein  zuliesz,  konnte  er  diese 
d«8  herz  groszmacbende  acbtung  nicht  hinwerfen.  J.  Paul  aus 
d.teuf.pap.  1,154;  eine  lüge,  Luise  —  eine  lüge  —  o  wenn 
du  jetzt  eine  wüsztest,  mir  hinwürfest  mit  der  offenen  engel- 
miene.  Schiller  kak.  u.  liebe  5, 2. 

2)  hdußg  verwendet  in  bezug  auf  flüchtig  und  leiclU  gefertigtes 
und  geduszertes:  ich  habe  versucht,  von  einem  mismenschen 
dieser  art  ein  treffendes  lebendiges  conterfei  hinzuwerfen. 
Schiller  rduber  vorr.;  ein  ungefährer  wink,  den  mir  ihr  herr 
schon  hinwarf.  Gotter  3,113;  ich  warf  ihm  meine  zweifei 
über  die  entgeburt  hin.  Klincer  l,  57 ;  sie  warfs  hin  (ihr  wort), 
wie  einen  scheidenden  blick,  der  mehr  sagte,  als  alles  bleiben 
gesagt  hätte.  Göthe  7, 137 ;  klägerischer  mandatarius  will  hier- 
über nur  einige  gedanken  ausscbweifungweise,  wie  der  be- 
klagte öfter  thul,  hinwerfen.  J.  P.\ul  biogr.  bei.  1,110;  man 
gebt  damit  um,  sie  in  unserer  Stadt  festzuhalten,  warf  der 
obersthofraeister  hin.  Freytag  handschr.  3, 211. 

3)  hinwerfen,  xu  boden  werfen  (vgL  auch  unten  no.  6):  ein 
glas,  eine  lasse  hinwerfen;  seinen  gegner  hinwerfen,  im  ring- 
kampfe;  auch  sonst:  darumb,  weil  es  gottes  gewalt  und  Ord- 
nung ist,  mus  mans  ansehen,  als  man  gott  sehe,  wo  er  sie 
(dt«  Obrigkeit)  hinwirft.  Luther  4,  1S5'*, 

die  Wahrheit  sprach:  mein  blitz  musz  siegen, 

er  fährt  der  boszheit  durch  den  sinn, 

er  trotzt  die  zeit,  beschimpft  die  lügen, 

und  wirft  dea  höhn  4er  aisz^ott  hin.    Günthir  219; 

alt  uieken  der  demul: 

wenn  hingeworfen,  von  dem  unendlichen 
uotf  tief  aobeleod  ich  an  des  throne»  fuiz 
die  arme  weit  wisbreite.    KLorsiocK  1,  5Z 

4)  hinwerfen,  wegwerfun,  fortwerfen: 

da?,  •.■?-'■■■•■■.•  '•'■■■  i-rThe$  tcar)  kleine  undc  untuie, 

vil  rfeu, 

als  -11 

hicl  III   .iiii..iii;.i    iii-.     Trist.  434,25; 

zfi  jungest  warf  Jiilinnus  den  orden  hin  und  wart  ein  ab- 
trünnig mUnich.  d.  slddtechron.  8,368,26;  aber  wenn  du  es 
dafür  bellest,  das  des  Luthers  lere  evangelisch,  und  des 
bapsis  unevaru'i'li-ri,  >.ri.  so  mustu  den  Luther  nicht  so  gar 
binwerfea,  d<i  ist  seine  lere  auch  mit  hin.  Lcther 

«,104*;   (de'  I.  'jpttt)  schaffei,   das  man  die  iun^en 

kindJio  hin  vteritn  muste,  das  sie  nicht  lebendig  blieben. 
apoMgeuh.  7,  19;  wienol  die  Venetiancc  ihre  Soldaten  so 
wohl  als  ihre  hesem  pflegen  hinzuwerfen,  wann  sie  solche 
aasgebraucht  h.ibrn.  !>impt.  3,  Vi  Kurt ;  dir  tngrnd  »einer  alt- 
furdfreo    hinvrrf<>n.    aiuz  der  art  oder  gcschlacbt  ichlabrn, 


virtutetn  palriam  projicere.  Maaler229';  das  gewehr  hinwerfen, 
arma  jactare,  relinquere  et  abjeciare.  Stieler  2552; 

was  hab  ich 
verloren!  welche  perle  warf  ich  hin! 

Schiller  ,W.  Stnari  5,  10. 

in  bezug  auf  geld,  verschleudern,  vergeuden :  geld  auflesen,  das 
ein  anderer  wegschlaudert  und  hinwirft.   Simpl.  3,255  Kurz, 
preise  dem  kinde  die  puppen,  wofür  es  begierig  die  groschen 
hinwirli ;  waiirlirh  du  wirst  krämern  uud  kiudern  ein  gott. 

Göthe  1,  140. 
hingeworfen,   in  moralischer  bedeutung,  verworfen  (vgl.  hinwerf 
und  hinwurf):  ein  hingeworfen  mensche.  Kuhns  zeitsckr.  16,47 
(aus  dem  kaiserrechte). 

5)  hinwerfen,  abortieren:  hinwerfen  die  frucht  der  gehurt, 
aborlire;  aboriivus  hingeworfne  frucht.  t>oc.  ine.  theut.  k2*;  wenn 
ein  vieh  hinwirft :  nimm  des  unzeiligen  noch  lebenden  kalbs 
köpf,  brenn  ihn  zu  pulver, . .  giebs  dem  tragenden  viehe,  so 
wirfls  nicht  mehr  hin.  Hohberg  2,  283';  die  trächtigen  ziegen 
inusz  man  nicht  schlagen, . .  sonst  werfen  sie  hin.  30l' ;  auch 
sollen  die  kolbeten  geisze  nicht  so  leicht  hinwerfen,  das. 

6)  sich  hinwerfen,  mit  gewall  seinen  kürper  zu  boden  gehen 
lassen  (vergl.  oben  no.  3) :  sich  die  haare  ausrauft,  sie  über 
die  dampfenden  leichen  hinstreut,  dann  sich  selbst  auf  sie 
hinwirft.  Wieland  19, 284 ;  denn  der  marchese  hatte  . .  sich, 
erschöpft  von  der  deklamation,  auf  das  sofa  hingeworfen. 
H.  Heise  2,248; 

und  beide  werfen  nun  sich  bei  der  kalten  hülle 

der  reinsten  seele  hin.    Wieland  23,  147  (Oheron  9,  39). 

HINWERFUNG,  f.  abjedio.  Stieler  2552;  Verschleuderung. 
sie  können  durch  diese  binwerfung  ihres  einzigen  söhnen 
so  glücklich  nicht  werden,  als  sie  ihn  unglücklich  machen. 
Schiller  kab.  u.  liebe  l,  7. 

HINWIDER,  adv.  contra,  e  contrario,  rücksichtlich  des  ersten 
bestandtheiles  gegensatz  von  herwider  sp.  1206 ;  mhd.  hine  wider 
und  hin  wider  in  häufiger  Verwendung,  mhd.  wb.  3, 621* :  hin 
wider,  econverso,  ecorUrario,  econtra.  voc.  ine.  theut.  k2'.  die 
scharfe  beziehung  des  hin  auf  einen  entferntem  ort  tritt  schon  tn 
der  alten  spräche  nur  noch  selten  hervor,  und  hinwider  sagt  in 
den  meisten  fällen  nicJU  mehr  wie  wider  oder  dawider.  Üus 
wort  steht 

1)  tn  scharfer  örtlicher  bedeutung,  bewegung  gegen  eilten  drillen 
ort  bezeichnend: 

es  für  mich  dann  der  teufel  dar, 

kum  ich  als  pald  zwar  nit  hinwider.    fastn.  sp.  339, 32. 

2)  mehr  abstracl,  eine  gegenleistunq,  Vergeltung,  gegeiigabe  auf 
etwas  gethanes,  gegebenes  betonend:  haben  mich  befohlen  in  ir 
gebet,  der  gleich,  ob  gott  wil,  ich  hin  wider.  Luther  3,416'; 
auf  welches  ihnen  ein  jungfrauw  geantwort  haben  soll,  dasz 
sie  beide  ihr  gewalt  und  zuviel  thäten,  dasz  sie  also  ihren 
ritter  auf  zuhalten  begerten.  dessen  doch  alles  unangesehen, 
sie  ihr  hinwieder  gesagt,  und  dasz  sie  nicht  von  dannen  zu 
scheiden  willens,  bisz  er  mit  dem  schwerdt  und  wehr  mit 
inen  gestritten.  Amadis  399;  Eginhardus  . .  balle  sich  in  seines 
berrn  und  keisers  tochlcr,  Ima  genant,  und  diese  sich  hin- 
wider in  ihnen  (»/*;i)  verliebt.  Zixkgref  apophth.  1,13;  ob  sie 
schon  diepes  alles  ausz  Schuldigkeit  leisteten,  sei  sie  doch 
hinwider  ihnen  ebenmeszig  dankliarkeit  sciiuldig.  155;  diese 
erkaufen  mich  gleich  am  spielen  und  ich  sie  hinwieder.  Simpl. 
1,431  Kurz;  betrachte  ihn  als  einen  freund,  für  den  man 
alles  thul,  weil  er  hinwieder  alles  für  uns  zu  Ihun  bereit  ist. 
WiBiA«fn  8,397;  mir  war,  als  ob  ich  alles,  was  sie  sagte, 
durch  unmittelbare  anschauung  in  ihrer  seele  lese;  und  hi.i- 
wieder  schien  da»,  was  ich  sagte,  ..  ein  hloszfr  wiederhall 
ihrer  eigenen  empfindungen  .  .  zu  sein.  2,  .S8 ;  an»  unserer 
gegend  haben  wir  ihm  (Bürger)  hinwieder  folgenden  antrag 
zu  Ihun.  GftTBE  im  ttutuchen  merkur  177G,  februar  t.  194;  ich 
war  ehrlich  genug  meine  meinung  merken  zu  lassen,  itnd 
man  suchte  mir  hinwieder  beizubringen :  diese  Verfassung  sei 
gar  nichts  gegen  eine  ordentlich  eingerichtete  gemeine,  werkt 
19,  362 ; 

so  kumpt  <  lir  darzuu 

und  fragt  ''  P«'  der  tue  .  .  . 

ich  w.iitz  I....   hin  nider  prom.    fastn.  tp  331,23, 

du  ha«l  in  liep,  dns  waist  ich  wol : 

«huctttb  er  aaob  hio  wider  üiun  soll.    &6fti  9S: 

Ich  habt  oft  selber  gehaltt  und  gekuft; 

10  gat  lie  mir  ainn  sclimuiz  bin  wider.    733,  21 ; 

•r  lel  recht  mein"  -    ' '■  <■" 

und  ich  Ihn  nit  I 

ich  will  hin« 

mein  wvibliili  mu  >\\  .hr     M  '  u 


1545 


fflNAMDER  —  HIMV1MMERN 


niMVINKEN  — HINZ 


1546 


ich  steife  mich  auf  dich, 
und  achte  sie  (die  spöiiei)  für  ntcbta.    hinwieder,  lehre  mich, 
nach  deinem  willen   thun.  Fleiing  27  ; 

ist  das  der  grosze  dank,  den  du  mir  mensch  hinwieder 
vor  meine  gnade  gibst?  Rist  Parn.  596; 

nachdem  er  eidlich  sich  zu  einem  ewgen  schweigen 
Terlobt,  und  Sinibald.  dasz  seine  absieht  rein, 
ja  seihst  kanonisch  sei.  hinwieder  ihm  geschworen. 

WiELATto  21,  296  (KUl.  u.  Sinibald  »,  476); 
und  was  es  schadet,  fragst  du?    was  es  schadet? 
was  hilft  es?    dürft  ich  nur  hinwieder  fragen.    Lessih»  2,202. 

3)  hinwider  zeichnet  auch  einen  bloszen  gegeusatz,  nobei  bis- 
vxiien  conjunetionelle  Verwendung  statt  hat  {vgl.  hergegen,  hin- 
gegen): vollgesetzt  bauch  thun  wolgesetzt  streich:  hinwider 
wa  hunger  regiert,  da  stark  man  verliert.  Garg.  218' ;  ein  saw 
. . .  frisset  was  ir  fürkompt  und  gebracht  wird,  hinwider  ein 
geiziger  darf  sich  von  seinem  eigenen  brot  nicht  recht  satt 
essen.  Kirchhof  wendunm.  180';  wie  Oroondates  nun  sein 
Schlachtordnung  gemacht,  zog  er  den  Moren  unter  äugen, 
hinwider  rüstet  und  ordnet  Hydaspes  auch  sein  volk.  buch  d. 
liebe  220' ;  die  herrn,  so  debouchirtes  leben  geführet,  haben 
biszweilen  ausz  dem  tage  die  nacht,  und  hinwider  ausz  der 
nacht  den  tag  . .  gemacht,  da  ist  man  insgemein  den  abend 
für  neun  oder  zehen  uhr  nicht  zur  tafel  gesessen,  in  die  tiefe 
nacht,  ja  bisz  an  morgen  darbei,  und  iin  schwärme  geblieben, 
hinwider  die  beste  von  gott  zur  travaille  und  arbeit,  sonder- 
lich gewiedmete  frühstunden  .  .  verschlafen.  Scbufpics  105 ; 

jeder  richter  heist  gerecht,  und  auch  ungerecht  hinwieder; 
dem  gerecht  der  obgesiegt;  ungerecht  dem,  der  liegt  nieder. 

LocAU  1,  227,  43. 

4)  hinwider  mehr  zeitlich,  wiederum :  ich  bin  da  gewesen, 
ich  kom  nicht  hinwieder.  Schottel  1137' ;  der  wirth  war  froh 
und  traurig:  froh,  da  er  so  viel  geld  sähe,  traurig,  dasz  er 
solches  mit  mir  theilen  solte ;  doch  trOstet  ihn  hinwieder, 
dasz  er  hinfort  des  gespenstes  versichert  sein  würde.  Simpl. 
2,292  Kurz; 

sie  unterscheiden  wol,  was  ihr  und  gottes  ist, 

der  mehr  als  seines  nichts  hinwieder  ihm  {fich)  erkiest. 

FLEIfl^e  132 ; 

doch  ümm  zu  sein  bei  ihr, 
da  icbidocb  nicht  sein  kan,  so  bab  ich  dich  (ein  liebespfand) 

bei  mir. 
itit  nehm  ich  dich  herfür,  itzt  leg  ich  dich  denn  nieder, 
ich  schaue  dich  bald  an,  bald  nehm  ich  dich  hinwieder.    175. 

HiNWIDERÜM ,  adv.  in  den  bedeutungen  von  hinwider ; 
namentlich 

1)  gegenleistung,  Vergeltung  hervorhebend:  erbietig  euch  allen 
hinwiderumb,  in  gebühr,  alles  liebs  und  guts  zu  erzeigen. 
Wecebebun  ä51 ;  solcher  freundschaft  erkenne  ich  mich  hoch 
verbunden,  und  thu  dir  hinwiederumb  zu  gefallen,  und  dien- 
steu,  was  du  von  mir  immer  bitten  magst.  Phil.  Lugd.  4, 19ä ; 
weil  ihm  aber  beliebet  mich  zu  versuchen,  so  verzeihe  er  mir, 
dasz  ich  hinwiderumb  eine  frag  an  ihn  thue.  Scbcpp'ics  362 ; 
erzeigten  schöne  menschen  schöne  bildsäulen,  so  wirkten  diese 
hinwiederum  auf  jene  zurück,  und  der  Staat  hatte  schönen 
bildsäulen  schöne  menschen  mit  zu  verdanken.  Lessi.'«g  6,3S3: 

hinwiderumb  thönten  sie  auch 

mit  den  trommeten  scharf  und  rauch. 

FiscHAMT  gluckh.  schiff  521  (dicht.  2, 192  Kuiz) ; 
du  bist  mein  haupt,  hinwiederum 
bin  ich  dein  glied  und  eigenthum.    P.  Gbrhard  10,  19. 

2)  tnehr  zeitlich,  eine  folije  angebend:  mit  dem  wortausdruck 
verhält  es  sich  eb«n  so,  als  den  uns  gleichfalls  jede  (Wissen- 
schaft), vermöge  einer  allusion,  an  die  band  giebet.  und  den 
hinwiederum  nicht  nur  im  ganzen,  als  in  theilen.  vorrede  zu 
GtNTBüRS  gedickten  a3'. 

HINWIDERU-MEN,  ade.  erweitertes  hinwiderum,  aus  hinwider- 
umbin  entitanden :  welche  verhoffende  grosze  courtoisie  gegen 
ew.  excellenz  ich  hinwiderumben  gehorsamlich  zu  verdienen 
mir  die  tag  meines  lebens  angelegen  sein  lassen  werde.  Simpl. 
4,56  Kurz. 

HINWIDEBWCNSCHUNG,  f.:  nebensl  hinwiderwündschung 
alles  selbstbegehrendeu  wolergehens.  Bctscuky  fid.  kojizl.  25. 
ähnlich  303.  730. 

HINWIEGE.N,  verb.  aufwiegen :  dasz  die  zahl  vieler  groszea 
männer,  die  mir  buld  sein,  die  wenigen  abgünstigen  weit  tun 
wieget.  Opitz  poeterei,  vorr.  A2'. 

Hl.NWIMMERN,  t*r6.  sich  wimwurnd  verlieren: 

er  ist  hin  —  und  alle  lusi  des  lebem 

wimmert  hin  in  ein  verlornes  ach !    Schiller  rauher  3, 1. 


HfNWINKEN,  verb.: 

XU  zeigen, 
durch  hinwinken  hinauf  zu  dem  erbe  des  lichts. 

Klopsiock  4, 205  (Mets.  10, 267}  ; 
wann  sie  an  ihrem  tischchen  sitit, 
so  werd  ich  scherzend  hingewinket ; 
'komm,  schmücke  selbst  dein  mädchen  itzt 
wie  deiner  laun  am  besten  dünket ! '    Büscer  18'. 

HI.NWISCHEN,  rer6.  l)  wischend  über  einen  gegenständ  fahren: 
sie  wischte  mit  dem  tuche  über  den  tisch  hin. 
2)  eilig  sich  fortmachen  (vgl.  herwischen): 

da  sprach  eins  von  denselben  viseben: 
lieben  brüder,  laszt  uns  hin  wischen, 
und  springen  bin  ausz  dieser  pfannen : 
das  beisze  schmalx  wird  uns  sonst  zäunen. 

B.  Waldis  Kso}>,  2,51,6; 
ist  drauf  im  xom  so  hingewischt 
gen  Ingolstatt. 

Fischart  nndtlrab  2227  (dicht.  1,  59  Kurt); 
die  blasen  in  eile  verzischen, 
die  schlangen  in  eile  hinwischen.    Schottbl  909; 
dann  meine  tage  sind  vergebens  bingewischt. 

MÖBLPFORT   40. 

HINWISSEN,  verb.  die  richtung  hinwärts  wissen: 

wer  nicht  bin  weisz  an  das  meer 

geh  bei  einem  üusse  her.    Locau  2,160,4. 

HINWÖLBEN,  verb.:  es  war  aus  leichtem  gewölk  ein 
schmaler  bogen,  welcher  mit  dem  einen  fusz  auf  Sicilien  auf- 
stehend, sich  hoch  am  blauen  . .  himmei  hinwölbte  und  mit 
dem  andern  ende  in  südea  anf  dem  meere  zu  ruhen  schien. 
GöTHE  28, 173. 

HIN  WÖLKEN,  verb.  als  wölke  hinziehen: 

einst  wüthet  eine  pest  durch  Europas  oord, 
genannt  der  schwarze  tod.    wenn  der  schwänere. 
die  sittliche,  mit  der  ihr  heimsucht 
sich  nur  nicht  auch  zu  dem  norden  hinwölkt. ' 

Klopstogk  7,  U. 

HINWÜRF,  f.  l)  das  hinwerfen :  hinwarf,  projedus,  rejedio 
.MiAiER  225*;  Ramatb  Lehi  heiszt  ein  hlnwurf  des  kinbackens. 
Luther  glosse  zu  rieht.  15, 17  (und  da  er  das  ausgeredt  hatte, 
warf  er  den  kinbacken  aus  seiner  band,  und  hies  die  stet 
Ramatb  Lehi),  in  Bindseils  bibel  7,  493. 

2)  das  flüchtig  hingeworfene,  skizze :  der  ersle  hinwurf  eines 
gedichts,  einer  Zeichnung. 

3)  in  verächtlichem  sinne,  vgl.  oben  hinwerf:  hinwurf,  rejicula, 
rejectanea,  perispemata.  Stieler  2552;  (sagte)  jener  dorfschult- 
heisz:  sein  weib  sei  doch  auch  kein  hinwurf.  Crejdics  1,287; 
in  Hessen:  ich  habe  zehn  tbaler  verloren,  das  ist  doch  kein 
hinwurf.  Vilmar  170. 

HIN'WCRGE.N,  verb.  durch  würgen  tüdten:  sich  binwürgen 
lassen,  jugulum,  cervices  dare  alicui,  interficere  se  sinere.  Stie- 
ler 2515;  wie  das  vieh  binwürgen,  i'tcc  pecorum  obtruncare. 
das.;  es  giebt  keinen  gräszlicheren  anblick,  als  solchen  volks- 
zorn,  wenn  er  nach  blut  lechzt  und  seine  wehrlosen  opfer 
hinwürgt.  H.  Heixe  S,  176; 

er  würget  sträflich  zwar  viel  erstgeburten  bin.    Rompler  32 ; 

Ca&sius,  wo  bist  du?  —  Rom  verloren! 

hingewürgt  mein  brüderliches  beer!       Schiller  räuber  4,  5. 

HIN  WURZELN,  verb. :  Ferdinand  staiT  und  einer  bildsiule 
gleich,  in  langer  lodter  pause  hingewurzelt,  fällt  endlich  wie 
von  einem  donnersclilag  nieder.  Schiller  kab.  u.  liebe  5, 7. 

HINZ,  kosefoim  des  namens  Heinrich ,  in  derselben  Verwen- 
dung wie  die  neben  form  Heinz  sp.  889,  die  lu  vergleichen  ist; 
namentlich 

1)  m  der  formet  Hinz  und  Kunz  (vgl.  theil  5,2746^.):  diese 
beiden  namen  (Seidon  und  Amran)  stehen  aber  hi«-  zu  allge- 
meiner andeutung  von  gegnern,  wie  die  Deutschen  sagen : 
Hinz  oder  Kunz.  Guthe  6,  150; 

denn  Hinz  und  Kunz,  an  ihren  stellen, 
glaubten  doch  auch  was  vorzustellen.    56,83. 

2)  Hinz,  thiername,  besonders  für  den  kater: 

ein  bär  sasz  einst  an  einem  erlenstraucb, 

und  leckte  sieb  an  seiner  tatze ; 

ein  kat«r  sahs  und  eine  katze ; 

das,  sagte  Hinz,  das  kann  ich  auch!    Gliii  3,244, 

Hinz  de»  Mumers  Schwiegervater, 

schlug  den  taki  erbimilich  schön. 

LlCUTWER  filb,    1,  21; 

in  der  form  Hinze,  in  Tiecks  gestiefeltem  kater; 

jeoi  sprang  auch  der  kater 
Hinze  zornig  hervor.    Cöths  40,  7. 


1547 


HINZ  — HINZEUGEN 


HINZIEHEN 


1548 


HINZ,  aus  hin  ze  zusammengezogen,  im  mhd.  und  noch  bis 
ende  des  15.  jahrh,  vielfach  in  oberdeutschen  dcnkmalern  ange- 
troffen,    es  steht 

1)  als  adverlnum,  erstreckung  zu  einem  punkte  bezeichnend, 
im  sinne  von  bis;  örtlich:  ich  nmes  den  weg  von  Landegker 
prugken  hinz  an  Punzlazer  prucken  »ersehen  und  machen. 
CuMEL  urk.  Mas.  230.  mit  verben  des  gebens:  wir  laji^en  iwch 
wi.'ien  daj  dem  erhern  weisen  Hartman  An-sorgen  dem  ellern 
diu  ander  clag  hincz  ertailt  worden  ist  {zuerkannt,  zugesprochen). 
d.  sl'idlechron.  4, 188,  27 ;  zeitlich,  und  mit  dem  gleichbedeutenden 
unz  wechselnd:  (dasz  der  friede)  weren  und  hesteen  soll  unz 
auf  sant  Michels  tag  schierst  und  darnach  über  ein  gancz  jar, 
da?  nechst  chomend,  zu  der  sunnen  untergank,  daj  wirdet 
hincz  auf  sant  Michels  tag  (UiiO).  d.  städtechr.  2, 165,  32. 

2)  häufig  als  praeposition,  wie  zu  mit  abhängigem  dativ.  zahl- 
rtiche  beispiele  bei  Sch«.  1, 1117  Fromm.:  so  sol  man  hinz  sinem 
libe  rihtcn  als  hinz  einem  schedlichen  manne,  d.  stddtechron. 
4,138.20;  hellen  sie  ichtes  ze  sprechen  hinz  uns  oder  den 
unsern.  153,30;  wollen  ain  wissen  von  im  han,  wes  sie  sich 
hinz  im  versehen  sotten.  5,50,19;  zeitlich: 

st  hat  gedäht 
da;  ir  bins  naht  ir  bi  geliget,    frauendiensl  367,  1. 

3)  auch  als  conjunction,  bis  dasz:  hincz  er  mit  recht  daraus 
(der  gegenpart  aus  den  eroberten  schlossern)  gevertigt  oder  mit 
der  gütigkeit  davon  geteidingt  wirt.  d.  stddtechron.  2, 166. 12; 
oder  streck  ihn  {den  zu  operierenden)  auf  ain  bret,  darauf  soll 
ligen  ain  pfulgen  (pfühl),  das  ihm  das  best  wer,  hinz  zway 
oder  drey  bandt  {verbände)  ge.-fchehen,  hinz  das  du  auch  sicher 
bist,  das  kain  geschwer  darzu  schlagen  mag.  Hier.  Bbaun- 
8CUWEIG  ehirurgia  (tä39)  95; 

eur  gnad  beger  ich. 

durch  got  nun  fristend  mich 

hinz  das  ich  mein  sünd  gepüe^ze.    fasln,  sp.i'ib, 22. 

4)  aus  späterer  zeit  ist  das  wort  bezeugt  in  einem  um  1633 
gedruckten  schwäbischen  flugblatte: 

ei  lamm  mih  naun  bei  dar  bleiba  hensz  moarga. 
Fromm.  4,89,16; 

und  W»/  noch  jetzt  in  Baiern  und  Tirol,  theils  als  hinz,  tlieils 
als  hünz  und  hunz,  in  welchen  beiden  letzteren  formen  Ver- 
mischung mit  dem  gleichbedeutenden  unz  (s.  d.)  vorliegt.  Sch.m. 
1, 1139  Fromm.  Fromm.  3,  328.  6, 151.  aus  der  ostfiiesischen 
mundart  entspricht  licnto,  auch  bet  hento.  4,479;  in  der  frän- 
kischen Koburger  mundart  ist  die  Weiterbildung  hinza,  hinzig,  im 
sinne  von  jetzt,  gebräuchlich.  2, 140. 

HINZAHLEiN,  verb.  aufzahlen,  vom  gelde :  ich  muszt  ihm 
zwanzig  {goldgulden)  erlegen,  und  da  ich  sie  hingezahlt  hatte, 
.  .  wollt  mir  vor  wehmuth  fast  das  herz  brechen.  Göthe  8,  77. 

HINZÄHLEN,  verb.:  zählte  zwanzig  blanke  goldstücke  hin. 
Immerman.n  Münchh.  1,129; 

thöricht,  80  die  zeit  bestehlen, 

über  tage  hinzuzahlen! 

hast  du  deren  denn  soviel?     Röckirt  ges.  gi-d.  1,  261. 

HINZAUBERN,  verb.:  wie  glückselig  die  band  ist,  die  so 
etwas  hinzaubern  kann.  Fr.  MCller  3,46; 

gruppen,  wie  hingezaubert,  von  grotten  und  Wasserfällen. 

Herder  z.  tili.  15, 143. 

HINZEHREN,  verb.  durch  zehren  verringern,  weiter  zehren : 

80  geht«,  wer  arbeit  fleurlit,  und  liebet  faule  ruh, 

zehrt  von  dem  häufen  hin,  kommt  endlich  um  da«  seine. 

A.  TscHiRMiNu  deutscher  yedicktfrühling. 

HINZEHHUNG,  f.:  der  taumel  der  die  menschen  erfaszt, 
wenn  sie  durch  ein  glänzendes  ereignis  aus  der  iiinzehrung 
über  beschämenden  zuständen  aufgerüttelt  werden.  Gervinus 
9esc/i.  des  19.  jahrh.  l,  11 1. 

HINZEICHNEN,  verb. :  entwiirfe  eines  kun>itfertigeu  mahlers, 
mit  sicherer  band  und  breiter  kreide  hingezeichnet.  GOthb 
40,171;  auch  freier:  wenn  Shakspeare  feldherrn  hin  zeichnete. 
J.  Pacl  ddmmerungen  71. 

HINZEIGF.N,  verb.: 

••(i  tileibi,  wen  sie  {ilir  ndchirrti)  verdammt. 
It.  in  seine*  ^lüllt(.'ll(■^f(  gasxr, 
^1   i'iii,  ah  geid  der  rrsipu  kliM«, 
«i(if>t  Jeder  hiiger  hlngeti>igl.    üottir  1,45S('287). 

HINZEUGEN,  verb. :  unfere  »itlen  taugen  auch  nicht*,  weil 
wir  zu  Rinniicb  xind,  nicht  genug  in  der  bibel  lesen,  und 
londerlich  in  dem  zeugung4ge«cb8fte  nicht  genug  über  die 
lehrimoiite,  die  darin  verborgen  liegen,  meditiren,  londern 
bloM  10  hinzeugeo.  CriTos  33,  iic. 


HINZIEHEN,  verb.  in  verschiedenen  bedeutungen. 

1)  intransitiv,  hinwärts  ziehen,  von  personen  und  belebten  wescn: 

des  zöch  der  odie  kunic  zart 

mit  vroiiiiri  rö  hin  gliche 

widir  in  sin  riche.    Jkroschin  10095; 

nim  das  kindlin  und  seine  mutler  zu  dir,  und  zeuch  hin,  in 
das  land  Israel.  Matth.2,20;  und  zoch  hin  wider  jenseid  des 
Jordans.  Joh.  10,40;  Paulus  aber  welet  Silan,  und  zoch  bin, 
der  gnade  goltes  befolhen,  von  den  brüdcrn.  apostelg.  15,  40 ; 
zeuch  hin  lieber  gesel . .  du  wirst  an  allen  orten  finden  d;is 
dir  iiit  gefeit.  Acb.  spr.  (1560)  290";  zu  diesem  grabe  .  .  will 
ich  jeden  frühling  meines  lebens  hinziehn.  Klopstocr  8,  80. 
einen  kriegszug  an  eitien  dritten  ort  unternehmen:  und  er  zoch 
hin  und  schlug  Israel,  rieht.  3,13;  also  ward  Syria  David 
unterthenig,  das  sie  im  geschenk  zutrugen,  denn  der  herr 
half  David  wo  er  hin  zoch.  2  Sam.  8,6;  nun,  so  zeuch  bin, 
mein  söhn,  und  hilf  deinem  bnider  eine  kröne  erwerben. 
ZiCLER  Banise  (1700)  s.  52;  daher  mit  einer  personification : 
ausz  Deutschland  zieht  der  krieg  jetzund  in  Frankreich  hin. 

LoGAU  3,  138,3. 
die  richtung  hinwärts  nehmen,  von  unbelebten  gegenständen:  er 
verglich  es  einem  opfer,  dessen  rauch,  von  einem  sanften 
luftdruck  niedergehalten,  an  der  erde  hinzieht.  Göthe  27,255; 
wobei  ich  jedoch  nicht  lUugnen  will,  dasz  sie  ein  schwarz 
anwendete,  welches  nach  dem  blauen  hinzog.  54,  290 ; 

ein  sumpf  zieht  am  gebirge  hin, 
verpestet  alles  schon  errungne.    41,  320. 

2)  wegziehen,  fortziehen:  willu  des  Manunons  tocbter  ehe- 
lichen, so  soltu  den  dienst  haben,  wo  nicht,  so  ziehe  hin. 
ScHUPPius  644;  daher  in  schwäche  vergehen:  er  ziehet  ganz  hin, 
mentis  impos  est,  oculis  caligini  confusis  cdlabitur.  Stieler  2643 ; 
sterben:  hinziehen,  faren,  sterben,  in  zügen  liegen,  animam 
agere,  ducere  horas  extremas.  Maaler  225' ;  sanctus  Bernardus, 
do  er  an  sinem  tod  lag  und  hinzocb  zu  sterben.  Keisersrerg 
bilg.  4' ;  er  ziehet  hin  in  alle  well,  abit  ex  humanis  ad  plures, 
motte  in  alium  locum  migrat.    Stieler  2043; 

ein  guter  arzt  dar  umb  nit  flucht 
ob  joch  der  krank  halber  bin  zücht. 

Bba:it  narrenscli.  38,  22,  vgl.  Z*rnckes 
commentar  daiu  s.  373*; 
hildlieh:  do  mit  der  gloub  yetz  vast  hin  zücht.     103,36. 

3)  transitiv,  einen  oder  etwas  hinwärts  ziehen;  so  mit  unbe- 
stimmtem object  es,  zu  sich  zielten,  zu  gewinn  haben: 

ir  tratzeu  gein  uns  ist  umbsust, 

vil  tüte  das  ist  ie  gewinn : 

der  raerer  teils  zflchts  alles  hin! 

LiLiETiCRON  volksl.  1,176,220; 

aber  auch,  in  dem  erst  angegebenen  sinne,  mit  bestimmtem  object : 
niemals  that  er  es  aber  ohne  Widerwillen,  und  nur  wie  von 
einem  bösen  geisle  an  den  haaren  hingezogen.  Göthe  15,187; 
das  blut  anderschwo  hinziehen,  avertere  sanguinem.  Maaler 
225' ;  {die  bürgerliche  gesellschaft)  kann  die  menschen  . .  nicht 
trennen,  ohne  klüfte  zwischen  ihnen  zu  befestigen,  ohne 
scheidemauern  durch  sie  hin  zu  ziehen.  Lessinc  10,269; 

wein  flosz  über  den  tisch,  und  sie,  mit  zierlichem  flnger, 
zog  auf  dem  hölzernen  blait  kreise  der  feuchtigkeit  hin. 

GöTus  1,281; 
ei  zieht  mich  grausend  hin  (tu  der  l)ohrc)  und  zieht  mich 

schaudernd 
mit  dunkler,  kalter  tchreckenshand  zurück. 

ScuiLLER  braut  v.  Uestina  v.  2311. 

4)  weiter  ziehen,  fort  ziehen:  er  war  ein  gar  vernünftiger 
herr,  der  sich  und  seine  kinder  ehrlich  hinzohe,  mit  wenig 
guls.  b.  d.  liebe  262';  mit  accus,  der  zeit:  ich  zog  meine  tage 
ohne  freude  und  ohne  antheil  hin.  Göthk  19, 101 ;  jähre  lang 
wollte  ich  mein  leben  in  dem  tiefsten  kerker  hinziehen.  Leisf.- 
wiTZ  Jul.  V.  Tarent  2, 2  5.  3.'».  daran  angeschlossen,  einen  oder 
etwas  hinziehen,  ohne  entscheidung  dauern  lassen :  statt  ihm 
eine  bestimmte  erklürung  zu  geben,  zieht  sie  ihn  hin ;  er 
zieht  die  entscheidung  hin. 

6)  weg  ziehen,  fort  ziehen :  daruuib,  das  gott  nuige  seine 
kraft  und  trosl  ausgeben  und  uns  mitteilen,  so  zeucht  er  hin 
allen  andern  trost,  und  macht  die  seele  herzlich  betrübt. 
l.i'TMKR  1,20*;  zeuch  mich  nicht  hin,  unter  den  gottlosen, 
und  unter  den  ubelthetern.   ps.  28,  3. 

«)  hinziehen  reflexiv,  eine  richtung  hinwärts  nehmen:  die 
gesellschatt  bat  sich  allmUblich  aus  diesem  gasthufe  in  jenen 
hingezogen;  gegen  Persien  hin,  wo  sich  die  grenze  hinter 
Palmyra  .  .  hinzog.  Bccifrs  vtUgeich.  4,65;  die  wen«  harfe, 


1549 


HINZIEHUNG  — HINZU 


HINZU 


1550 


die,  wie  du  weiszt,  sich  über  das  grosze  bassin  hinzieht. 
E.  T.  A.  HoFFMANÄ  8,  2".  auch  mU  dem  nebenbfgri/fe  einer  ver- 
siigerung  (s.]oben  4  am  ende):  das  kann  sich  noch  lange  hin- 
ziehen ;  der  weg  zieht  sich  noch  weit  hin. 

HINZIEHt'iNG,  f.  defectio  animi^  mortis  cum  cUa  coiitmutatio. 
Stieleb  2643. 

HINZIELEN,  verb.  nach  etwas  hinbeslimmen ;  in  der  äUern 
spräche  transitiv,  hinbestellen: 

als  er  {ein  Spieler)  eins  tags  nach  seinem  brauch 

auf  des  ammeisters  stuben  spielet, 

Ton  etlicha  bürgern  hingezielet, 

da  tbet  das  glück  rerlassen  ihn.    H.  Sacus  2,  4, 70' ; 

neuer  inlransilir,  das  siel  worauf  richten : 

zurück  dort  stoben  die  Troer, 
als  hinzielte  der  held.    Utas  4, 497 ; 

die  cenlripctalfcraft  zielt  allenthalben  zu  der  sonne  hin.  Käst 
»*,  246 ;  kriege  ich  nun  von  etwas  wind,  so  ziele  ich  darauf 
mit  einem  Spruche  hin.  Immebäasn  Münchh.  i,  160; 

kein  thier  ist  so  eering,  du  weists.  o  Stähelin  I 
es  zieblt  doch  jeder  theil  nach  seinem  zwecke  hin. 

Halle«  (i7«S)«.61. 
HINZITTERN,  rerb.: 

vor  dem  sitze  gebeugt,  horcht  er:  ob  endlich  des  sobnes 
stimm  erschall,  und  narrt,  binzitternd,  der  frohen  uniarmuiig. 

Ptbk£r  Tunis.  9,159. 

HINZMAN.V,  m. :  hinzmannus  als  latinisierten,  studenlischen 
namen  für  eine  gewisse  sorte  bier  verzeichnet  Tbochcs  Q  ij '.  tijl. 
heinzel  4  und  heinzlein  2  5p.  S90.  S91. 

HINZÖGERN,  icrb.  tceiler  zügern.  verzügern:  eine  entschei- 
dung  hinzögern ;  das  hat  sich  so  lange  hingezögert. 

HINZU,  adv.  hinwärts  und  zu,  zu  in  bezug  auf  einen  vmt 
Sprecheruten  abliegenden  ort  oder  gegenständ;  grgensatz  tun  dem 
sp.  1262  ff.  behandelten  herzu,  das  sich  vtanchmal  {sp.  1263)  mit 
hinzu  mischt.  Nähere  richiungsbestimmungen  des  letzteren  und 
Verbindung  inü  verbcn  der  bewegung  verlaufen  vie  dort,  nach 
hü  fsverben  sind  dieselben  urüerdrückt: 

den  kaiser  michel  not  antrat 
und  wolde  gerne  so  hin  zu. 

pastional  206,  37  Köpke: 
sonst  finden  sie  sich  bei 

bringen:  etwas  zum  häufen  hinzu  bringen,  adferre  ali- 
quid ad  cumuluvi.    Stei.>bach  1, 17S. 

dichten:  indem  er  viele  umstände  hinzu  dichtete.  Ram- 
lEB  dichtk.  d.  Her.  53. 

drängen,  reflexiv:  zu  dem  Schauspiel  drängte  sich  viel 
Volk  hinzu. 

dringen:  das  volk  aber  drang  hin  zu.  Luc.  11,29;  die 
seele  jedes  menschen  verlangt  nach  der  höheren  beseelung, 
nach  dem  näheren  hinzudringen  zu  der  lichtquelie.  Kbitzler 
humanüdt  u.  christenth.  2, 102. 

eilen:  der  edle  unnennbare  sinn,  der  allen  fremden  plun- 
der  wegwirft,  und  hinzueilet,  das  nackte  ganze  hild  vom 
feist  eines  autors  zu  umarmen.   Hebder  litt,  u,  126. 

fügen:  auch  ein  detaillirter,  aber  sehr  mäsziger  anschlag 
war  hinzugefügt.  Götbe  26,32;  da  der  Schilderung  meines 
gegenwärtigen  zustandes  noch  einiges  unentbehrliche  hiazu- 
zufflgen  wäre.  60,  308 ;  indem  er  nach  dem  kabinette  seines 
herrn  deutete,  fügte  er  noch  leiser  hinzu:  so  liegt  er  alle 
abend  zwei  stunden  auf  den  kniceu.  H.  Heine  2,  231 ;  hatten 
.  .  zur  antwort  erhalten:  am  zweiten  tage  nach  der  hoch- 
leit,  mit  dem  hinzufügen,  dasz  dann  zugleich  der  Schwieger- 
sohn die  losung  empfangen  werde.   Immermaxn  Münchh.  l,  175. 

führen:  einen  vor  des  richtcrs  äugen  hinzu  führen,  ali~ 
quem  ad  oculos  judicis  adducere.  Steisbach  l,3iß;  mit  schiffen 
was  hinzu  fuhren,  nacibus  aliquid  advehere.   das. 

gehen:  er  sähe  einen  feigenbaum  an  dem  weg«,  und 
gieng  hinzu.  MaUh.  21,19;  der  geisl  aber  sprach  zu  Philippo, 
gehe  hinzu,  und  mache  dich  bei  diesen  wagen,  apostelg.%29. 

gehören:  ohne  diese  pein  aber  würde  dennoch  die  ganze 
existenz  des  alten  herrn  zusammenbrechen,  denn  der  ver- 
drusz  gehört  ihm  zum  leben  nothwendig  hinzu.  Imxernann 
Münchh.  3, 176. 

halten,  reflexiv : 

do  weit  ich  ganz  wen,  c»  wer  der  köpf, 

und  hielt  mich  bin  zuo.  ich  verheiter  dropf, 

und  meinet  sie  küssen  an  den  munt.    fasln,  «p.  331,9. 

heben;  (als  ich)  letztlich  aber  die  obren  hinzu  hebet. 
SCBUPPIL'S  772. 

holen:  der  arzt  ward  schleunig  hinzu  geholt. 


I  karren:  ein  nothfall,  zu  dem  vieles  einen  stein  hinzu- 
karrte.  Hippel  14, 136. 

kehren:  hinzukehren,  quam  proxime  admorere.  Stieler  944. 

kommen:  und  da  er  hinzu  kam,  fand  er  nichts  denn 
nur  blätter.  Marc.  10, 13 ;  da  er  nahe  hin  zu  kam.  und  zoch 
den  Oleberg  erab.  Luc.  19, 37 ;  das  gebet  der  elenden  drin- 
get durch  die  wölken,  und  lesset  nicht  ab.  bis  (bis  es)  hinzu 
kerne.  Sir.  35, 21 ;  zu  rechter  zeit  hinzu  kommen ,  in  tem- 
pore advenire.  Steisbach  1, 908.  unpersönlich  von  dingen  und 
begebenheiten :  es  kam  ein  bedenklicher  umstand  hinzu;  zu 
seinem  sonstigen  unglnck  kommt  hinzu ,   dasz  er  krank  ist. 

laufen:  da  sie  hinzu  liefen,  und  wollen  die  thür  auf- 
brechen. 1  Mos.  19,  9 ;  lief  mit  groszer  künheit  hinzu ,  drang 
durch  die  feinde,  und  tödtet  irer  viel  auf  beiden  seilen. 
1  Macc.  6,45;  da  lief  Pbiüppus  hinzu  und  höret,  das  er  den 
Propheten  Isaiam  las.  apostelgesch.  8,30;  es  lief  alles  hinzu, 
ihr  hilQich  beizuspringen.    Simpl.  3,  351   Kurz. 

legen:  das  geld  langt  nicht  für  den  ankauf,  wir  müssen 
noch  etwas  hinzu  legen. 

locken:  von  sanften  tönen  hiszugelockt  werden.  Klikger 
10,22. 

machen,  reflexiv:  also  trat  das  volk  von  ferne,  aber 
Mose  macht  sich  hinzu  ins  tunkel,  da  gott  innen  war.  2  Afos. 
20,  21. 

nahen:  dasz ,  wo  er  sich  hinzu  nahet ,  er  ihn  leichtlich 
herab  schlagen  möchte.  Amadis  290;  folgends  nahet  sie  sich 
hinzu,  fiel  dem  .\madis  zu  fusze.  291. 

nähern:  wie  er  disz  wort  auszgeredt,  nähert  sich  die 
jungfraw  hinzu.  Amadis  76;  Gasinan  gab  mit  dem  schwerdt 
seinem  pferdt  eins  auf  die  nasen ,  dasz  es  hernach  sich 
nicht  mehr  hinzu  nähern  wolt.  290. 

pfuschen:  der  optimism  und  pessimism  sind  zwilhngs- 
brüder.  ob  der  letzte  ehebrecherisch  durch  superfötati"» 
hinzugepfuscht  sei,  ist  .  .  schwer  auszumachen.  Kliscer 
11,3;  ich  glaube,  der  erste  erfinder  {des  mythos  von  den  neun 
museu)  hat  nur  die  neun  erschaffen,  und  ein  gelehrterer  im 
modernen  sinn  diesen  Präsidenten  (Apollo)  binzugepfuscht. 
12,  51. 

rennen:  auf  disz  rufen  rannte  der  Junker  .  .  geschwind 
hinzu.  Amadis  64. 

rinnen:  hinzuerinnen,  affluere.   Stieleb  1612. 

rücken:  zu  einem  den  krug  hinzu  rucken,  urceum  ali- 
cui  admovere.  Steisbach  2, 305;  er  rückt  auf  die  Stadt  hinzu, 
appropinquat  ad  urbem.   das. 

schenken:  was  das  leben  (die  lebensleschreibung)  des  Pro- 
perz  betrifft ,  so  musz  ich  meine  vorige  bitte  erneuern ,  die- 
ses mir  aus  ihrer  band  hinzuzuschenken.  Ksebel  in  Bötticebs 
litt.  zust.  2,218. 

schleichen: 

kein  blättchen  rauscht,    itzt  schleicht  sie  leis  hinein, 
bleibt  imentschlossen  vor  ihm  stehen.    Wiela:id  10, 152. 

schrauben: 

er  schraubt  allmählich  sich  hinzu,  so  leis  er  kann, 
und  schmiegt,  kaum  fühlbar,  sich  an  ihren  weichen  rucken. 

WiKLAND  18.  109; 
er  schraubt 
mit  beiden  armen  sich  .  . 

um  Röschens  leib,  drückt  sie  mit  festem  ichlusz 
an  seine  brüst.    21,  345. 

setzen:  dis  sind  auch  Sprüche  Salomo,  die  hin  zu  ge- 
setzt haben  die  menner  Hiskia,  des  königs  Juda.  spr.  Sal. 
25,1;  geld  hinzu  setzen,  peeuniam  apponere.  Steisbach  2,361; 
er  salzte  sich  im  testamente  hinzu,  tabulis  se  haeredem  ad- 
scribebat.  das.;  das  getränk  ist  noch  nicht  süsz  genug,  es 
musz  zucker  hinzu  gesetzt  werden;  sie  können  durch  solche 
Ziererei  ihrem  werthe  nichts  hinzusetzen.  Kli.hgeb  11,159; 
der  Zögling  lernt,  ich  setze  hinzu :  der  Zögling  lernt  gern. 
Fichte  red.  an  die  d.  nai.  61 : 

so  wird  —  hier  hält  sie  ein,  und  ihre  wangen  glühen 

wie  rosen  glühn  im  abendrotb. 

doch,  setzt  sie  gleich  hinzu,  jetzt  ist  nur  iiaes  noth ! 

WiELASD  21 ,  343 

ich  bin  ein  tempelherr,  und  ein  gefangner  — 

seu  ich  hinzu.    Lessi^c  2,216. 

springen;  wie  der  henker  dieses  erblickete,  sprang  er 
behende  hinzu,  raffle  und  henkele  sie  geschmnde  auf.  Zig- 
leb Banise  (1700)  238. 

thun:  hinzu  gethon.  zugefügt,  adjunctus,  additus.  Maaleb 
226*;  die  nu  sein  wort  gerne  annamen,  lieszen  sich  teufen, 
und  wurden    hin   zu   gelhan   an   dem   tage   bei  drei  tausenl 


1551 


HINZU  — HINZUG 


HINZWISCHEN  —  HIPFEHEPPE        1 552 


Seelen,  apostdyeseh.  3, 41 ;  der  tierr  aber  that  hin  zu  teglich, 
die  da  selig  wurden,  zu  der  gemeine.  47;  ein  rentner  wort 
oder  zwei  binzutbun.  Scuüttkl  1119';  kun  nicht  unterlassen 
den  meisten  leuten  diser  zeit  ihr  saumseligkeitcu  vonuwerfen, 
welche  zweiflen  den  erfundenen  suchen  etwas  liinzu  zu  thun. 
ScHUPPius  768;  ich  fügte  den  nächsten  zäun,  ein  scheunen- 
tbor  und  einige  gebrochene  Wagenräder  bei.  alles,  wie  es 
hinter  einander  stand,  und  fand  nach  verlauf  einer  stunde, 
dasA  ich  eine  wohl  geordnete,  sehr  interessante  Zeichnung 
Ncrierliget  hatte,  ohne  das  mindeste  von  dem  meinen  hinzu 
zu  thun.  GfiTHE  16,17.  reflexiv:  bisz  da«z  die  seinen,  ohne 
einige  Unordnung  sich  gegen  dem  schlosz  hinzu  theten. 
Amadis  97. 

treten:  der  engel  des  herrn  kam  vom  hiniel  herab, 
trat  hin  zu,  und  walzet  den  stein  von  der  thür.  Matlh.  2S.  2 ; 
sähe  einen  feigenbawm  von  ferne,  der  liletter  halte,  da  trat 
er  hinzu,  ob  er  etwas  drauf  fünde.  Marc.  11,13;  die  trat 
hinzu  von  binden,  und  rüret  seines  kleides  sawni  an.  Luc. 
s.,  44;  zum  grabe  hinzu  treten,  ad  sepulchrum  adyredi.  Stkis- 
BACH  2,852; 

da  trat  die  alte  königin,  deine  mutter, 

hinzu,  und  ...  in  die  arme  t'aszle  ne  den  knaben. 

ScuiLht.»  jinififraii  i,h. 
un»mnlieher :  es  tritt  ein  umstand  hinzu,  der  licht  auf  die 
ganze  angelegenheit  werfen  kann. 

wallen:  hinzu  wallen,  alluere.    M aaler  226". 

werfen:  wenn  das  nicht  eine  last  auf  ein  halbes  jähr 
gibt,  so  will  ich  an  der  ersten  episode  sterben,  die  sich  zu 
diesem  vierfach  verschlungenen  roiiiane  binzuwirft.  Göthe 
19,81. 

wischen:  der  moor  hebt  seinen  arm  auf.  ihn  zum  drit- 
ten mal  zu  schlagen,  da  wuscht  Theagenes  hinzu,  crwttschet 
ihn  in  der  mitte,   b.  d.  liebe  22"'. 

ziehen:  einen  arzt  hinzu  ziehen. 

HINZUCREN,  verb.  l)  transitiv,  hinwärts  reiszen :  darnach 
wir,  die  wir  leben  und  überbleiben,  werden  zu  gleich  mit 
demselbigen  bin  gezuckt  werden  in  den  wölken.  1  f/fcw. 
4, 17  (nach  den  früheren  ausgaben,  die  von  1545  liest  liingerückt) ; 
und  danach  Lltiieb  3,  51S'.  5,  505*.  6,267";  natnentlich  vorn  tode 
gesagt:  sie  sehen  nicht,  dasz  ihnen  der  todt  von  tag  zu  tag 
näher,  und  wie  ein  dieb  nachschleichet,  bisz  er  sie  in  iren 
Sünden  hinzucket,    b.  d.  liebe  292'; 

sin  leben  het  ^ezucket 

der  tot  vil  nach  mit  jämer  hin.     Wigulois  133,25; 

aber  der  tod  der  gar  nicht  trinkt, 

zucket  den  trinker  hin.    Gurg.  11'; 
und  du  wölkst  allererst  ihn  (gott)  frelelicb  bescliulüeti, 
als  hatt  er  dir  ein  kind  zur  unzeit  hingezuckt.    Ronpler  140. 

2)  das  pari,  hingezuckt  auch  vergriffen,  von  einem  buche: 

(lerhalb  es  auch  zuvor  gedruckt 

ist  worden,  aber  bald  hinzuckt, 

dasz  man  dann  noch  in  mangel  «tat, 

jederzeit  grosz  nachforschung  hat, 

welche  mir  dann  seht  ur.^ach  gegeben. 

vieler  becer  nicht  widerzustreben. 

und  solctis  von  ncwem  zu  publiciren.    E.  AtBsiitis  1. 

3)  in  der  neueren  spräche  ausschlieszlich  intransitiv:  der  blitz 
zuckt  durch  die  wölken  bin. 

HINZÜFLGSEL,  n. ;  das  gute  {im  koran)  ist  fast  durchaus 
aus  dem  evangclium,  das  andere  politischer  nolhbeheif  als 
binzufügsel.    Chamisso  5  (1664)  128. 

HINZLTCGL'.NG,  f.:  durch  geschehene  hinzufUgung  {eines 
din'ies).    FlAPPtL  acad.  rovi.  66. 

HI.NZUG,  m.  l)  das  ziehen  hinwärts,  yegensal:  von  hcrzug 
tp.  1264: 

0  selig  dem  der  tod  im  hinzug  ist  bescheret ! 

der  nicht  der  Perseii  reich,  nie  ihrer  ITir.'li'ii  «ladt, 

nie  ihres  konigt  bürg,  nie  den  iiallast  betrat. 

A.  GuYPHlts  1608  1.149; 
l'hilippu*  war  bemuht,  in  Tbracien  zu  dringen, 
und  in  dpm  hinzug  noch  Methone  zu  bezwingen. 

HtcEuoR!«  2,59; 
auch  die  hinziehende  kriei^rsfhaar :  agun  hinzug,  schar  Diep.  IS'. 
2)  {nach  hinziehen  2)  der  wegzug,  das  fortziehen;  hinziehen, 
recidere,  secedere,  inde  recestus  hinzuck.  tioc.  nie.  Iheut.  k  2* ; 
namenüich  aucJi  dat  luuen  in  den  letzten  tCn/en :  des  Calliinacb 
mfl,  der,  als  er  sab  wie  das  gesind  in  ihres  henn  tiidiichem 
biiuug  anQengen  auszzulragen,  zu  sielen  {stahl  er  auch,  sein 
herr  aller  lachte  steh  iäier  ^rin  gebühren  gesund).  Cürj.  6(»*;  und 
der  tod  uUnt:  so  ein  mcuscb  nach  gruizcr  Uhung  und  orbait 
dir  lii-itT  uhrnvuiidf-ii  hat  und  die  weit  111  im  lud  ist  oder 
zum  iniQsten  um  biuzug   ligt.    Kkiskhinkik,  Iff' '">  M't  1'. 


HINZWISCHEN,  adv.  unterdessen,  vgl.  zwischenhin:  unter- 
dessen und  hinzwischen  ist  gleichwol  bei  den  fürstentbumen, 
bei  land  und  bunten  der  gebrauch  der  lanae  caprinae  nicht 
ganz  und  gar  zu  verwerfen.    Sciioppius  415. 

lUOBSPüST,  /".  böse  nachrieht  {nach  Hiob  1,14—19).-  Liebe- 
traut. Ilcrlichiiigen  hat  ihn  und  drei  knechte  bei  Haslach 
weggenommen,  einer  ist  entronnen,  euchs  anzusagen.  Abt. 
eine  hiobspost.  (Jotue  8, 41 ;  heut  ist  eine  biobspost  hier 
eingelaufen,  tu.  MGller  3,338;  die  kinder  stunden  verblüfft 
ob  dieser  biobspost.    Mls.äus  kinderkl.  37. 

IIIOBSTIIUÄNE.N,  f  plur.  nanic  einer  grasart,  coix  lacryma, 
thrdnengras.    Nemmch  2, 1100. 

HIP,  ruf  der  hippenrerkäufer ,  waffelbäcker  auf  den  straszen : 
es  schreiet  elwan  einer  hüp,  büp,  auf  der  gassen.  Keisers- 
BKKü  brösaml.  lo!i*;  Imk'  hipp!  fnsln.  sp.  373,1.  vgl.  das  fol- 
gende und  hipptnhubc. 

HIPPE,  f.  ein  dünner,  zusammengerollter  oblatenkuchen ;  namc 
und  Sache  sind  seit  dem  I.j.  jnhrh.  bezeugt,  vgl.  Lexer  mhd. 
wb.  1,1302:  das  sechst  das  der  wanncnkremer  feil  tregt,  das 
.seind  oflatenrürlin,  bflppen,  dis  ist  als  ein  arme  war,  es  i?t 
ein  wenig  mel  tind  ein  wenig  honnig,  es  ist  ein  wenig  süsz 
iu  dem  mnnd.  Keisersuerg  brösaml.  109*;  rürlin  oder  hup- 
pen, die  haben  ein  wenig  süszigkcit  in  iuen,  und  ist  nül 
darhiiider.  109';  huppen  und  dergleichen  ränftige  speisz  die 
man  den  kindern  gibt,  .  .  crustulum.  Maaler  23l'.  das  ge- 
bdck  kommt  noch  heute  in  Ziirich  vor;  ilrium,  biepen,  liQioi'. 
diel,  lat.-germ.  {Frankf  1610)  s.  I4.i ;  einer  hatte  ein  vergültes 
lavor  voller  bippen,  zuckerbiod,  marzeban  und  ander  con- 
fect,  der  ander  aber  riiien  vergulten  becher  in  bänden. 
Simpl.  1,132  Kurz;  in  Baiern  die  bippen,  oblnt förmiger kuchen, 
wird  er  nach  dem  backen  zusammengerollt,  so  nennt  man  ihn 
bolhippen.  Schm.  1,1139  Fromm.;  .^chlesisch  bippe  und  bolippe 
crustula  Steikbach  1,757 ;  in  Holstein  heiszt  eine  arl  hohler  oder 
gebogener  backwerkc  hollhippen,  in  Hamburg  und  Altana  sagt 
man  holippen  von  mehl,  eier,  butter  und  zuckcr  in  eiiur  eisen- 
form gebacken ,  eiscnkuchen.  Schütze  2, 119.  vgl.  boblhippe, 
wo  auch  ausgeführt  wird,  wie  an  dem  nainen  des  gebacks  sich 
die  bedcutung  der  schmahung  und  schelte  enluickeln  konnte;  s. 
auch  unten  bippenbube. 

Der  name  bippe  scheint  mit  rüeksicht  auf  die  dünnheit  des 
gebacks  gewählt  zu  sein:  nebula,  .i.  tenvis  panis  hypp,  hyppy, 
hyppen  /.  rcstwisz  Dief.  377',  er  gehört  zu  der  unter  bappeln 
sp.  472  aufgeführten  Wortfamilie,  zu  Schweiz,  hupeli  Schwächling 
Stalder  2,21,  und  zu  dem  unten  folgenden  adjectiv  hippig, 
bipprig  mager,  elend'. 

HIPPE,  f.  messer  von  sichelarliger  gestalt  für  gärtner  und 
Winzer:  schlag  an  mit  deiner  scharfen  bippen,  und  schneite 
die  drauben  auf  erden,  denn  ire  beer  sind  reif,  offenb.  14,1»; 
mit  .  .  grabstickcln,  oggezinkeii,  gertbauen,  hippen,  pickeln 
{unter  gärlnerszeug).  Garg.  1S3';  auch  gar  nichts  bei  mir, 
nicht  mahl  meine  bippe.   Fr.  MCller  3,293; 

der  reben  reife  tracht 
erfordert  hipp  und  piesz.    A.  Grtpuiiis  1698  2,  261. 

nach   der   oben    angeführten    bibelstelle;    dieselbe,    da    in  dir  der 

engel  des  todes  mit  einer  bippe  versehen  aufgeführt  wird,  scheint 

den  anlasz  gegelien  zu  haben,  dasz  dichter,  aber  erst  des  18. 
jahrh.,  den  tod  mit  der  hippe  erscheinen  lassen: 

drohend  schwang  er  teiiie  hippe.    Lessinc  1,64; 

der  böse  tod 
mit  seiner  rurchtciiiciien  hippe.    Götter  1,360; 
lum  nackten  schndel  ward  sein  köpf, 
sein  körper  zum  gerinne 
mit  tiundenglat  und  iiippe.    Kürcbr  15'. 

hippe  steht  neben  dem  glcichliedentenden  hJlpe  sp.  171,  li.ippo 
sp.  472,  heppe,  hepe  sp.  öJK),  als  eine  mitteldeutsche,  sjieziell 
obersachsisehe  form,  die  EtriiER,  wie  er  bei  dergleichen  tech- 
nischen ausdn'u-ken  zu  thun  pflegte,  «0/  der  Volkssprache  ent- 
nahm, und  die  durch  seine  autorildt  eingang  auch  in  die  filiere 
schrißsprache  fand. 

HII'PE,  f  ziege.    vergL  unten  unter  bipplein. 

HIPPEHEPPE:    unter   hazardspielen    werden   rerbodn    iii|i|i< 
heppe  oder  das  grosze  loos,  Icibrenic,   rolhe  jacke,  Marian- 
cben ,  Seifensieders,  neunfflchlig.    ireiwur.  regierungsblatt  Ibö;», 
i.  358.     das   ablautspielende  wart  erinnert   an  das  ähnliche    hip- 

i)en  bnppen  für  haben,  erhalten  in  einem  unechten  Seidharlsrhen 
iede: 

frouwe,  da{  wit  ich  lu  gippen  gappen  (nehen). 
'bßtn,  4a(  tuh  Ir  lu  hlppm  hapi'Ti '    tiv,  is  llonpi. 


1553 


HIPPEL  —  HIPPENHOLER 


HIPPEL,  m.  penis.  Vilüar  170.  Nemnich  wb.  wol  mit  dem 
nächstfolgenden  terbum  zusammenhängend. 

HIPPELFASZ,  HIPPELMANiN,  5.  unten  hippenfasz,  hippen- 
raann. 

HIPPELN.  r«*.  sieh  zappelnd  fmihcKegen,  der  düringisehen 
Volkssprache  angehörig  und  in  bezug  auf  /ander  und  junge  mäd- 
ehen  gebraucht :  sich,  wo  hippcits  hin,  da?  lose  säckgen.  Fi- 
LiDOB  d.  vermeinte  prinz  s.  8.  Stiele«  856  führt  auf  hüppe- 
len,  tripudiare,  im  zusammenhange  mit  dem  gleichbedeutenden 
boppen. 

HIPPEN,  rerb.  schmähen,  lästern: 

das  schafft,  du  bist  ir  (der  heil,  fchrifl)  nit  geübt, 
allein  zu  hippen  dir  geliebt. 

ScHiDB  sat.  H.  pasqu.  3, 123,  36; 
auch  in  aushippen,  ausschelten,  aussthmähen  : 
es  hippet  einer  den  andern  usi 

wie  frouwen  in  eim  hurenhusz.     Eckstein  concil  824; 
nergL  theU  1  sp.  8S7   und  ausholhippen  sp.  888;   hessisch   aus- 
hiepen,  verspotten,  verhöhnen,  zumal  öffentlich.  Viljcar  171.    die 
nähere  erklirunq  des  vortes  wird  bei  holhippen  gegeben  «erden. 
HIPPENBÄCKER,  n. ;  hüppenbacher  mis/u/ari«.  Maaler  232'. 
HIPPENBUBE,    m.    knabe   der   hippen    auf  straszen    und   in 
Ktrts-  und  badehäusern  feü  trwj  und  seine   tcaate  durch    lauten 
ruf  anpnes  (tergl.  oben  hip) :    euch  ist  der  schilt  aiisgehenkt 
kehrt  hie  ein,  hie  wirdt  gut  wein  geschenkt:   was   lasset   ir 
lang    den   hypenbuben   vergebens    schreien?   Garg.  17'.     Wie 
dtese  knaben  der  niedersUn  volkskiasse  angehörten,  daher  noch  in 
Hessen  hippenbube  einen  untergeordneten,  zu  den  allergeringsten 
dunsten  gebrauchten  und  als  capul  vUe,  hudel,  behandeüen  kna- 
ben bezeichnet  (\'ilmar  171),  so  «aren  sie  bei  der  ausübuna  ihres 
geschdfis  dem  spoU  und  höhnischen  bemerkungen  der  icirtshaus- 
gäste  ausgesetzt:  in  der  trunkenen  lUanei  wird  ein  solcher  knabe 
angeredet:  hui   hipenbub,   stürz  das   vasz   umb.   versuch  un- 
seren  sauren  trank,    horcha  buba   Wechsel  hie  den  kreuzer 
butz  mir  die  bir,  du  butzst  wol,  gehst  ein  guten  goldschmid, 
machest  sauber  arbeit  u.  s.  w.  Garg.  &-\     ihrerseiu  aber  vergalten 
SU  s(Adu  neckereien  durch  ein  ausgibiges  mundtcerk,  das  sie  ebenso 
tcte  Ihr  sonstiges  betragen  (He  ßhrten  namentlich  würfet  bei  sich 
und  spulten  mit  den  gasten,  vgl.  auch  unten  unter  hippeniunge 
hipplein  und  hippier)  im  16.  jahrh.  sprichwörtlich  maehte:  wa^' 
von  einem  theologo  geschrieben  wird,  sol  derraaszen  lauten^ 
das  menighch  der   das   lese,   mög  verstehen,    das  ein  theo^ 
logus   solchs   geschrieben   habe,   in   meinung  die  warheit  zu 
suchen,  nicht  ein  hippenbub,  der  allein  die  leute  vermutet  zu 
schmchen.  E«  fre.  Lctheb  1,147';  si  rasseln  und  spilen  wie 
die  hippenbuben.   Schade  sat.  u.  pasqu.  3,  64, 19 ; 
sie  reiben  einander  selber  usz 
recht  wie  die  hippenböben  im  badhus.    2,165,10; 
richten  einandem  also  ausz 
wie  hippenbuben  vor  dem  hausz. 

fiscHART  dwA/.  2,374,1690  Jfur«; 
numwirdt  und  würfeltrager, 
hieppenbuben,  lugensager. 

McR>E«  narrenbesch».  675  SOteible; 
das  wort  schmutzkolb  und  hippenbub.    luth.  narr  1290 

tt.tVZTl'r.Zt,  "^^^"'''    -^  ^ebippenb8b.. 
wer  auf  lutherisch  predigen  sol 
der  schelt  die  münch  und  pfaffen  wol. 
und  huppenböb  auch  iederman 

HippENBüBTsrTr'::^'"' ": '""'""'  '^"-  '""■•  ""''■■  ^»«• 

süMa  vi^!^'  r'-  T*  ""  """  '''mnbuben,  schmäh- 
süchtig  verteuernd  als  ich  Uzt  auf  sein  vergifte  hipnen- 
bub^sche   schnft   drei   mal   geantwort  habe.   Ec^«  li  iZL 

HIPPENEISEN,  n.    eisen   worin    man    hippen    bäckt  ■   oHoüta 

hippeneisen.    Golti  onomast.  (t582)  320      "^    ™'^-    «««^fl 

HIPPENFASZ.   n.   gefäsz   des  hippenverkaufers .    in   dem   er 

'e,ne  waaren  herumträgt ;  dann  aucTbildlich  ßr    ni2   w^- 

(manner  die)  Martin  Luthers  grose  Sachen 

rflm  huppenfasz  und  gaukel  dachen.      jJtR^R  tu.H.  narr   22 

bei  H.  Sachs  die  form  hüppelfasz  (von  hiplein,  s   d)- 

HIPPENHOrpT"  '"  "r""""  ^""  *^'^>-  *''''''■ 
HIPPENHOLER,  m.:  also  vereinigen  sich  gaukler  unH 
h.ppenholer  in  e.m  friedt.  welche  zu  beiden  seifen  so  ^el 
s.  den  menschen  auszIegen  in  seiner  „alur,  nicht' mi?  Z 
n.gen  lügen  erkleren.  Paracelscs  opp.  1  mC  das  J!„^' 
der  oben  gegebenen  schlimmen  bedeut^  rol^^^p^fZTln;:. 


HIPPENJÜNGE  — HIPPLER  1554 

wendet,  ist  jedenfalls  nicht  umkehrung  von  bolhipper  {vgl.  a^. 
alphabetischer  stelle),  sondern  bedeutet  zunächst  einen  der  hippen 
holt,  herbei  bringt,  h^nverkäufer. 

HIPPENJUNGE,  m.  was  hippenbube:  einen  hippenjungen 
taufen,  batiser  un  gareon  aiix  oublies,  lui  jetter  un  seau  d'eau 
sur  la  tele,  apres  avwr  gagn^  au  jeu  toutes  ses  oublies.  RlntEw 
,  (1711)  869".  es  ist  ein  roher  spasz  der  wirtshaustrinker  mt  den 
htppenverkäufern,  die  zum  Würfelspiel  verleiten,  vgl.  oben  unier 
hippenbube  und  unten  hippiein.  hippler. 
HIPPENKNABE,  m.  was  hippenbube: 

denkt  ich  sei  ein  hippenknab.     Mcruer  schei-ntiiztiufi  i.i\ 

HIPPENMANN,  m.  mann  der  hippen  feil  trägt,  hippenverkäufer  ■ 

hiepenmann.  hippenmann  in  Frankfurter  Urkunden  von   1473, 

1483   und   1504   6«  Leier  mW.  «b.  1,1302;   ein  hüppehnann' 

H.Sachs  4,3,62'. 

HIPPENRÖHRLEIN ,  n.  kippe  in  röhren  form,  zusammen- 
gerollter Oblatenkuchen:  hie  hat  der  wannenkromer  .  .  auch 
hüppenrürlin  feil.   Keisersberg  brösaml  109*. 

HIPPENRUFER,  »1.  der  hippen  ausrufl,  hippenhdndler :  ba- 
lator,  balo,  ein  hyppenrnefer,  hüppenruefer  Dief.  65". 

HIPPER,  m.  hippenverkäufer;  wie  hippenbube  in  die  bedeu- 
lung  loser  mensch,  lästerer  übergegangen:  das  mich  einer  woll 
sehenden  und  schelten,  oder  für  ein  hüpper  anszachten. 
Paracelscs  chir.  Schriften  255  A. 

HIPPERLING,  m.  in  Obersaehsen  die  kleinen  unausgewachse- 
nen federn  der  gans.  die  beim  federscMeiszen  weggeworfen  wer- 
den. Früäm.4,504;  auch  kickerling,  vgl.  theü  5,662.  höpfner 
oder  hippo-lmge  hemen  auch  ansehnliche  hopfenhäupler,  unter 
deren  schuppen  einige  grüne  rankenbldtter,  reihenweise,  oder  auf 
andere  art  untermengt  sind.  Jacobsso.'?  6, 115'.  In  der  ersten 
bedeutung  gehört  das  wort  entschieden  zu  dem  nachfolgenden  ad- 
jecttv;  du  zweite  bedeutung  scheint  etymologisch  dunkler. 

HIPPIG,  adj.  und  adv.  ein  mitteldeutsches  wort,  dürinqisch 
hippig,  heppig,  hipprig,  dürr,  mager,  elend,  ein  hippriges  mäd- 
chen,  ein  dürres,  unansehnliches;  in  der  Pfalz  hippig  krankhaft, 
besonders  ron  dem  sonderbaren  appHü  der  kranken  und  schwän- 
gern gebraucht: 

mir  ist  oft  so  hämisch  und  damisch  und  dumm 
so  burrig  und  schnurrig  und  weisz  nicht  warum 
so  bippig  und  schnippig  und  weisz  nicht  wornac'h 
das  ändert  und  wende«  mit  jeglichem  las. 

Fr.  Mcller  1.  314. 
vgl.  das  bei  hippe  sp.  1552  bemerkte;  aber  auch  das  sp.  1309  auf- 
geführte hiefrig  scheint  nicht  abzuliegen. 

HIPPLEIN,  n.  kleine  hippe.  oblatförmiger  kuchen :  hippelein 
obeluie.  teutsch-lat.  Wörterbüchlein  (Sümb.  1703)  5S;  hippelein 
erustulum.  Kirsch  comuc;  ein  Verkäufer  solcher  kuchen  spricht 
{vgl.  oben  unter  hippenbube): 

so  trag  ich  hole  hiplin  gern, 

Eei  fursten  freien  grafen  und  hern 
ab  ich  damit  mein  niderlag, 
do  ist  nach  wurfein  pald  ein  frag, 
nu  wol.  her  an  mich,  wer  lustig  sei! 
hie  hab  ich  guter  wurfel  drei, 
die  mir  so  treulich  pei  gestan, 
das  sie  mir  oft  kein  faden  an  lao. 

fastn.  sp.  791,  18;  tgl.  373,  i. 
In  Düringen  und  Franken  war  und  ist  das  gebäck  unter  dem 
gekürzten  namen  hippel  (Jacobsso.n  2,263').  in  Obersaehsen  als 
hupel,  Tiüpelchen  bekannt  und  feil  geboten  : 

ein  korb  voll  hüpelgen  bringt  mir  am  besten  brodt 

Vi  i5l  ^u  ""^^  "'*?'.  "«'"^  "»''  a'»«n  «ri'len  quälen, 
so  leid  ich  auch  zugleich  im  naschen  keine  not. 

.\maba5thes  proben  der  poeHe  (niO)  294 ; 
und  die   Verkäufer   desselben,    die   auch   zwischenträgereien    und 
kupplerdunsU   verrichteten    (ebendaselbst)   hieszen  hfipeljungen : 
sie  wolle  dir  den  korb  statt  einer  antwort  schicken- 
schweig!  und  behalt  ihn  nur  mit  freudigen  geberden 
weil  du  nunmehro  kanst  ein  hüpel-iunge  werden. 

483  ('als  er  einen  Itorb  bekam'). 
HIPPLEIN,  n.  kleine  hippe,  falcula.  Stieler  7SS: 
porzellanene  wiozer  mit  hipplem  thaten  geschäftig  (auf  einem 
tafelaufmtze).    Voss^2,216  (fdW/    13?7l" 
HIPPLEIN,  n.  junge  ziege :  eine  ziege  wird  ja  wohl  wieder 
zu  erwerben  sein    und  hab  ich  die,  so  wirds  auch  nicht  an 
hipplem  fehlen.  McsÄcs  volksm.  2. 139.     sp.  999   ü(  anqeoi*en 
wuneben   der  verbreüeteren   form  heppe   auch    hippe  S,  «*« 
letztere  findet   suh  auch  in  der   westlichen  Mark   und  irn  Berai- 
schen.    Fromm.  262.63;  in  Tirol  hip  und  bap  ziege   5  44s 

HIPPLER,  ffl.  Verkäufer  der  hipplein,  oblatenßrmigJr  kuchen; 
^Ql.  hippenbube.     er  verleHet  auch  zum  würfdtpiel: 

98 


1555  HIPPOKR  AS  —  HIRN 

zum  vierdten,  äpracli  ein  hüppeler, 

mein  orden  ist  auch  warlich  schwer. 

wo  Ich  hlneinceh  in  wirtsheuscr 

90  wird  mir  oH  aus  otir  ein  fewser, 

so  ich  bei  mir  falsch  Würfel  hab, 

hompt  über  mich  ein  nasser  knab.     II.  Sachs  4,  3,  62*. 

HIPPOKRAS,  eine  art  mülelallerUchen  Würzweins,  wahrscheui- 
Uch  vorzugsweise  auf  anneiiiche  Wirkung  berechnet,  daher  mü 
dem  natnen  des  sprichwürüich  berühmtesten  arztes,  Hippokrates  in 
miUelalterlicher  entstellung  ivrsehai;  vgl.  W-^ckürnagei.  kleine 
Schriften  1,  102.  gelränk  und  name  haben  sich  über  das  tnittel- 
aüer  hinaus  erhalten,  in  Basel  kommt  hippokras  aus  rotem 
«ein  und  gewürzen  als  neujahrstrunk  vor,  auch  in  Frankreich 
ist  er  als  bypocras  bekannt  (Littre  1,  2076').  vinum  aromalites 
ippocras  Dief.  620';  sackwein,  vinutn  saccalum ,  sacco  castra- 
lum  vel  fractum,  alias  hippokras  Stieler  2478; 

ob  gleich  für  bippocrats  uns  galle  wird  gereicht. 

Horr>ANNswALDAi<  bcgräbnisged.  70; 
vergifTter  hipocras  will  uns  die  lippen  rühren. 

verm.  ged.  46. 

Die  arzneäiche  Wirkung  des  h^pokras  wird  öfter  hervorgehoben: 
Wermut-  salbei-  alant-  quitten-  und  citronen-wein  muste 
neben  dem  hippocras  den  säufern  ihi^  köpfe  und  mügcn 
wieder  begütigen.   Simfd.  l,  121  Kurz  : 

ach,  rief  Fritz,  befreit  mich  nur  vom  fleber. 
hilft  kein  Hippokrates,  so  hilft  der  hippocras. 

Hagbdor!«  2,  97 ; 
ihn  quäle  stets,  er  wisse  selbst  nicht  was; 
nur  wisz  er  wohl,  dasz  ihn  nicht  hippocras, 
nicht  chocolad  und  gallert  heilen  wollte.    151. 

jwei  anweisungen  bypocras  zu  machen  bei  Hourerc  l,  354*. 

HIBCHELN,  verb.  röchebi,  vgl.  hercheln  sp.  1073  und  unten 
hOrcbeln : 

die  kröpflcht  sind  und  hircheln  sehr. 

Schade  handwcrkd.  14. 
HIRN,  n.  cerebrutn. 

1)  das  wort  findet  sich  in  dieser  form  nur  in  dem  hochdeut- 
schen zweige:  ahd.  hirni  «nd  hirne,  auch  herne  (Lexkr  «*. 
1, 1303) ;  nahe  zu  ihm,  aber  im  geschlechle  abweichend  steht  das 
goth.  fem.  hvairnei  XQaviov,  das  altnord.  masc.  bvcrn  und 
bvörn,  weiche  masse  in  einem  fischkopfe  (Vigfüsson  300),  hiarni, 
sehwed.  fem.  hjerna,  dän.  hjerne  gehirn.  den  nicderdeutsciten 
dialedtn  fehlt  das  wort,  sie  ersetzen  es  durch  bregen,  engl. 
brain,  fries.  mnl.  brcin  {vgl.  th.  2,  sp.  353),  was  ihnen  sowol 
das  him  wie  die  hirnschale  bezeichnet,  auch  die  clt/mologie  von 
bim  weist  auf  die  gleiche  doppelbedeutung,  und  sogar  darauf 
hin,  dasz  die  letztere,  die  noch  manchmal  vorkommt  (unten  no.  6) 
die  ursprünglichere  ist.  als  urverwandte  Wörter  erscheinen  nämlich 
einerseits  sskr.  (;ira  köpf,  griech.  xd^a  und  xag/j  haupt,  xgä- 
yoy  und  XQayiov  schadet,  lat.  cerebrura  him,  andererseits 
griech.  xiqvo:  Schüssel,  opferschüs&el,  lett.  kerne  gefäsz  zum 
buttern,  womit  wieder  altnord.  hverna,  topf,  schale,  iiverr  kessel 
zusammentreffen,  so  dasz  birn  zunächst  0/5  bildliche  bezcichnung 
des  oberen  kopftheils,  hergenommen  von  der  Wölbung  eines  ge- 
fdszes,  sich  darstellt;  ähnlich  ist  franz.  töte  köpf  aus  testa 
schale,  seherbe  hervorgegangen. 

Der  plural  des  wortes,  mhd.  hirne^  besteht  noch  in  der  mo- 
dernen spräche,  obwol  selten  verwendet,  er  ist  im  laufe  der  zeit 
vom  Singular  differenziert  worden,  der  das  schlieszendc  f  verlor. 
eine  pluralform  birner  kommt  bei  Haiier  vor  (s.  unten  no.  5), 
hat  aber  weiter  nicht  durchdringen  können. 

2)  birn  bezeichnet  die  in  der  schidelhöle  befindliche  weiche 
weitm  masse;  birn  oder  gebirae,  cerebrum,  est  meduUa  capitis. 
voc.  ine.  theut.  k2*;  das  hirne.  cerebrum,  vilalia  capitis.  Hk.k- 
lEi  ««'; 

da«  him 

klebt  man  nicht  an  der  stim. 

SiHNOCE  tprichw.  252. 

«m  den  gelehrten  in  das  grosze  und  das  kleine  birn  unter- 
schieden :  Galitnus  der  spricht,  da;  sich  daj^  birn  tail  in  zwai 
siuk.  daj  ain  stuk  ist  gegen  der  rehlen  seilen,  da;  ander 
<tok  gegen  der  lenken  und  »prechent  die  raaister  von  der 
nitör,  da;  deu  rwai  stuk  underschaiden  sein  mit  ainem 
windJeio.  .Mr.CEHiiEac  fl,  14 ;  die  neuere  analomie  kennt  auch 
dai  mittlere  birn.  das  Verbindungsstück  zwischen  rückenmark, 
frmsem  und  kleinem  Airn.  die  Verwundung  den  birn«  führt 
den  tod  herbei: 

M  worbten  tnU  beides  werch, 

kl  ichrieteu  him  unde  verrh 

durth  heiro  und  durch  patwat. 

IHotrirhM  flucht  MM  Martin ; 


HIRN 


1556 


es  stürmte 
duich  deu  schade!  der  speer,  und  spritzte  blutigos  hirn  aus. 

Stolbkrg  12,  278; 
dann  stosz  an  die  mauer  die  schändliche  stirn, 
und  jag  eine  kugel  dir  fluchend  durchs  birn! 

BCrger  62^; 
und  stöszt  sich  in  der  raserei 
am  Spiegel  köpf  und  hirn  entzwei.    Gellert  1,307, 

der  aber  in  der  eigenen  beurthcilung  der  diese  stelle  enthal- 
tenden fabel  s.  317  den  ausdruck  tadelte  und  hirn  /lir  {das  doch 
nur  in  der  nicht  gehobenen  spräche  häufigere)  geliirn  ^unerträg- 
lich' fand,  bildlich  aber  bezeichnet  die  wunde  im  birn  einen 
rausch : 

trink  es  aus  bisz  auf  den  gründe ; 

kriegst  du  gleich  im  hirn  ein  wunde, 

hast  du  doch  drauf  gute  ruh, 

sie  macht  dir  nichts  mehr  zu  schalTen, 

wann  der  rausch  ist  ausgeschlafen. 

Simpt.  4,  319  Kuri. 

3)  hirn  ist  neben  dem  berzeu  {sp.  1211)  der  sitz  der  lebetis- 
krafJ,  und  es  wird  wie  das  letztere  erfreut,  erfnschl,  gestärkt, 
namentlich  durch  den  geruch : 

mich  dünkt  (runst,  ehre,  macht,  gemach  und  pute  bissen, 
die  stärken  ihm  das  hirn,  nicht  aber  das  gewissen. 

LOGAU  1,  113,75; 
und  dasz,  mit  holder  süszigkeit, 
ein  wenig  säurliches  und  bittres  sich  verbinden 
in  solchem  grad,  der  herz  und  hirn  erfreut. 

Hrockes  1,17; 
aus  denen  ein  gewürzter  myrrhenrauch  .  . 
unsichtbar  aufwärts  steigt,  und  hirn  und  haupt  erfrischet.    84; 
mit  diesem  balsamduft,  der  aus  ilir  (der  erdbeere)  quillet, 
wird  unser  hira  erquickt,  gestärkt,  erfüllet.    98; 

wovon  (vom  frischen  heu)  die  frische  süszigkeit 
ihm  nase,  hirn  und  herz  erfreut.    180; 
dein  lieblicher  geruch  erfüllt  mir  hirn  und  brüst 
mit  balsam-dünstendeu  vergnügungs-schwangern  geistern.  333. 

CS  wird  bemüht,  so  dasz  seine  kraft  sich  schwächt: 

so  will  ich  nu  die  ruh  nicht  fliehen 
noch  mit  der  sorgen  schweren  macht 
fürhin  mein  hirn  und  herz  bemühen. 

Weckuerlin  13  (nach  ps.  4,  S). 

4)  nametitlich  aber  als  sitz  der  denkkraft  wird  birn  hingestellt : 
von  dem  allen  sagt  Paulus  nichts,  und  die  Widersacher  er- 
tichten  es  doch  aus  irem  hirne.  Luther  6,403';  und,  wie  ich 
hör,  werden  mehr  zu  dem  doctorat  umb  der  geschicklichkeit 
willen  die  im  beutel  denn  im  hirn  steckt,  zugelassen.  Kirch- 
hof wendunm.  125*;  dann  das  hirn  ist  den  gelehrten  ohne  das 
immer  voll  lustiger  sachcn.  Phil.  Lugd.  4,  183;  so  vermehrten 
sich  meine  grillen  und  dauben,  die  der  fürwitz  in  meinem 
hirn  ausheckte.  Simpl.  3, 13  Kurz,  das  kommt  nicht  aus  seinem 
hirn,  hoc  non  ejus  est  inventum,  non  sui  ingenü  partus  est. 
Frisch  1,  455'.     so  in  mancherlei  festen  Wendungen. 

a)  der  kluge,  verständige  hat  hirn  im  köpfe :  wer  andersz 
hirn  im  köpfe  habe.  Kirchhof  wendunm.  289';  nun  weisz  ich 
dasz  du  auch  noch  hirn  in  deinem  köpfe  hast,  das  bMigte 
frauenz.  79; 

weiber  reich  von  hirne, 

weiher  schön  von  stirna 

Überwegen  (überwiegen)  lasten 

aller  vollen  kästen.    Logau  3,159,22. 

der  gedankenlose,  dumme  hat  wenig  birn,  kein  hirn :  wer  aber 
geld  genug  hat,  und  hnl  eine  nuszschale  vol  hirn  im  köpfe, 
und  ein  wenig  herz  im  leibe .  der  ist  rapabel  gnug  ein 
obrister  zu  sein.  Schüppius  113;  halte  den  frauen,  als  einem 
schwachen  Werkzeug,  welche  ein  schwaches  hirn  haben,  etwas 
zu  gut.  263; 

weil  ihr  him  gedankenleer.    Pl4TEn  250. 

dem  geistig  nicht  gesunden  ist  das  hirn  gesunken :  er  hat  vil 
bummeln,  mucken,  tauben,  meusz,  meusznester,  oder  grillen 
im  kupf.  also  sagt  man,  wann  einem  das  birn  sinkt,  er  ist 
bescngl,  besteubt,  er  ist  halb  und  halb,  ein  sellzamer  grillen 
meyr,  das  hirn  ligt  im  nil  recht,  .  .  es  schwindl  inis  birn. 
Krank  sprichw.  2,  40' ; 

hört  ein  spil  hie  von  uns  narni, 
die  in  ir  puUchafl  sein  ertrunken, 
und  In  das  hieni  ist  hin  gesunken,    fattn.  rp.  2.S8, 7; 
frau  V«nuk,  xo  wellot  ntmian, 
wie  die  siiit  in  ihr  lieb  ertrunken, 
do  Ton  da*  hirn  in  irti  gosunkon, 
dardurcb  sie  worden  «int  rn  Ihoren.     283,  16. 

neun-  heisst  es  das  hirn  isi  >(<rrUckt,  er  ist  im  birn  verrückt, 
vgl.  unten  birnverrücki ;  das  birn  ist  überspannt.' 


1557  HIRN  — HIRNABGÄNGE 

wollt  ihr  denn 
ihr  ohnedem  schon  überspanntes  hirn 
durch  solcherlei  subtilitäten  ganz 
zersprengen?    Lessisg  2,  200; 

er  hat  wasser  im  hirn :  und  wenn  dich  der  wanderer  so  hin 
und  her  fliegen  sieht  im  winde  {am  galgen)  —  der  musz  auch 
kein  wasser  im  hirn  gehabt  haben,  brummt  er  in  den  hart, 
und  seufzt  über  die  elenden  zeiten.   Schiller  räuber  l,  2. 

b)  etwas  steigt  zu  hirne,  will  nicht  ins  hirn :  sie  sprechen 
zu  Thoma :  wir  haben  den  herrn  gesehen !  das  will  ihm  nicht 
ins  hirn.  Otho  1126;  wunderseltzame  dauben  und  kauder- 
welsche grillen  stiegen  mir  damals  ins  hirn.  Simpl.  1,19  Kurz; 

kein  wunder  jetzo,  wenn  ein  deutscher  mann, 

dem  sonst  so  hohes  nie  zu  hirne  stieg, 

sich,  heimlich  forschend,  mit  den  hucken  masz. 

Uhla?id  Ernst  v.  Schuab.  64. 

etwas  steckt  im  hirne :  mein  hertz  Stack  voll  angst  und  forcht, 
...  das  hirn  toII  närrischer  einbildung.   Simpl.  l,  25  Kur:. 

c)  so  steht  öfter  hirn  gleichbedeutend  vfÜ  verstand  {vgl.  auch 
hirnlos): 

si  hete  ein  so  wise  hirn, 

ü;  dem  ir  wort  so  clüge  giengea. 

genet.  2,  164"  Dietner ; 

aber  der  wanwitzig  mensch  hat  nit  sovil  hirns,  salz  und  witz. 
Fbahk  uellb.,  vorrede; 

klug  an  hirne, 
schön  an  stirne, 
bringt  den  mann 
hoch  hinan.    Logad  2, 181, 18 ; 
Sil/,  was  hdr  ich,  Haß?  neidisch?  du?    AI  Hafi.  kann  sein! 
kann  sein!  ich  hätt  ihr  hirn  wohl  lieber  selbst; 
war  lieber  selbst  so  gut,  als  sie.    Lsssi^^e  2,234; 

müszt  ihr  euch  an  die  metaphysik  machen! 

da  seht  dasz  ihr  tiefsinnig  faszt, 

was  in  des  menschen  hirn  nicht  paszt, 

für  was  drein  geht  und  nicht  drein  geht, 

ein  prächtig  wort  zu  diensten  steht.    Göthe  12,96; 

das  htm  spinnt,  vie  sonst  gedanken  gesponnen  leerden,  vgl.  hirn- 
gespinnst:  aus  seinem  hirn  spinnen.  Schottel  1119'; 

was  Übels  sein  hirn  kann  erspinnen.    Wecshbrlim  24; 
es  hat  grillen,  hummeln  {vgl.  hirnhummel): 

im  hirn  da  het  er  grillen.    Uhlamd  voUssl.  654; 

hirn  und  herz  drücken  gemüt  und  gedanken  des  menschen  aus: 

noch  ist  sein  böses  hirn  und  herz 

auch  so  verwegen  und  vermessen.    Weckherlin  38 ; 

hirn  steht  auch  gleichbedeutend  mit  meinung: 

ich  bin  auch  ganz  und  gar  deins  gemüts, 

deines  hims  hab  ich  ein  kübel  toII.    Bikx  ehespiegel  42. 

5)  hirn  für  person  mit  rücksicht  auf  ihren  verstand  {vgl.  herz, 
köpf  in  ähnlicher  anuxndung):  eitern,  welche  selbsten  wie 
das  tumme  vieh  in  den  tag  hinein  leben,  derohalben  auch 
ihre  kinder  solche  tumme  und  wilde  hirne,  oder  viehische 
menschen,  und  halbklötzer,  werden,  baurenst.  lasterpr.  nn; 

Pomponius,  der  freien  geister  held  .  .  . 
Paris  ziert  selbst  sein  haupt,  weil  eine  mindre  stadi 
nicht  kunst  noch  puder  gnug  für  kluge  birner  hat. 

Halleü  (1768)  s.  \  10. 

6)  hirn  für  hiruschale :  gestirn  am  haupt,  vulg.  am  hirn, 
^ronj,  sinciput.    voc.  ine.  theut.  gS'; 

stähel  und  ei^en  wart  nie  so  hart, 

ich  schluoch  durch  hiern  und  durch  part 

und  tiefe  wunden  durch  sein  pain.    fastn.  sp.  446,34; 

vergl.  auch  unten  hirnhaube.  In  der  üstreichischen  volksaprache 
beieichiitt  bim  die  stirne,  wie  schon  bei  Sücbeswirt: 

ir  brawne  bra  gestrichen 

mit  einem  pemsel  warn  dar, 

Ir  hiern  weij  und  wol  gevar.    25,206; 

dain  antlütz  smirst  du  vrfi  und  spat, 

dein  hirn  glitzern  {glitzert,  glämi).    40,55. 

1)  hirn  in  fluchendem  ausrufe: 

botx  hirn,  botz  angst,  was  wil  dort  wern : 
ich  sehe  weit,  berg  und  felsz  von  fem 
erdbidmen.    mdekcnkr.  3,  377. 

S)  hirn,  die  seile  eines  breites,  «o  die  hulzfädeu  (Jahrringe) 
quer  durchschnitten  sind:  über  oder  vor  hirn  slgen,  hauen. 
Jacübsson  2,  624*.     vgl.  hirnende. 

HIRNAßG.\NGE,  m.  plur.,  was  dem  hirne,  verstände  abfallt, 
geringe  verstandesleistungen  {vgl.  abgang  am  ende  theil  1  «p.  43) : 
wie  die  katholiken  schon  Jahrhunderte  lang  mit  der  milch 
der  Maria  haudelo,  so  kaoost  du  es  mit  deioer  diote  wenig- 


HIRNADER  —  lURNGEBURT 


1558 


stens  etliche  jahrzehende,  oder  kannst  mit  deinen  hirnab- 
gängen  . .  wol  gar  dein  lebelan?  handeln.  J.  Fall  grönl.  proc. 
1,22. 

HIRNADEB,  f:  nenras,  sennader,  oder  himader  die  wn 
dem  hirn  kumpt.  GeRSDORF  feldb.  d.  «undarzn.  98 ;  dimin.  him- 
äderlein :  nenus  das  ist  senne  oder  hirnäderlein.  2. 

HIRNB.\LKE.\,  m.  das  obere  Verbindungsstück  der  beiden  hälften 
des  groszhirns,  auch  grosze  hirnbrücke,  hirnschwiele. 

HIRNBECKEN,  n.  himschale:  calvaria  ein  hirnbecken  DiEr.9l'. 

HIRNBETÄÜBT,  part. :  den  grillengirigen  zeitbetriegern,  ver- 
stockten, hirnbedäubten  naturzwängern.  Fischart  yroszm.  titel 
(gens  estourdis  et  musars  de  nature  Rabelais). 

HIRN'BLASE,  f  taenia  cerebralis,  eine  bandwurmart,  die  sieh 
im  hirnmark  drehender  und  springender  schafe  findet.  Nemnici 
4, 1416.  dem  analomen  aber  sind  hirnblasen  die  ersten  anlagen 
des  gehirns  der  säugethiere  und  der  vügel. 

HIRNBLATT,  n.:  himblat  do  mit  d;  hirn  umbgeben  ist, 
meniga,  mirago  idem,  et  dicitur  pellicula  circumdans  cerebrttm. 
voc.  ine.  theut.  k  2*.  —  dimin.  hirnblStlein,  cerefai  membranula» 
Stieles  187. 

HIRNBOHRER,  m.  instrument  zum  anbohren  des  tdtddeU, 
trepan.  Frisch  1,  455'. 

HIRNBRECHER,  m.  schlechter,  kopfschmerzen  verursachender 
wein.  Jacobssos  6, 83'.  auch  von  starkem,  leicht  berauschenden 
bier  oder  wein  gebraucht.    Stieler  230. 

HIRNBRUCH,  m.  kernia  cerebri. 

HIRNBRÜCKE,  f  was  hirnbalken. 

HIRNBRÜNSTIG,  adj.:  wann  es  sich  begab,  das  er  zor- 
nig, rasend,  hirnbrUnstig,  treckaufstöszig,  unsinnig,  grinunig, 
schreiend,  weinend,  wütend  und  teufeliscb  ward.  Garg.  lu'. 

HIRNBRÜTEN,  n.  Wahnsinn,  stiller  imAimiin  (Adeldnc)  ;  um- 
deutung  des  sp.  1457  aufgeführten  hionebritten.  dazu  das  adj. 
himbrütig. 

HIRNCHEN,  fl.  1)  spöttisch  oder  verächtUch  verkleinernd  für 
hirn : 

liebe  damen! 
diese  federn,  die  ihr  traget, 
fliegen  freilich ;  doch  ihr  flieget 
mit  dem  himchen  weiter  um.    Göthi  47,  100. 

2)  auch  das  kleine  gehirn,  cerebellum.     v^.  bimlein. 

HIRNDRÜCKEN,  n.  das  drücken  aufs  kirn :  leih  ihm  deine 
kappe  zum  hirndrücken,  die  ist  von  jeher  eines  zerbrocbencD 
Schädels  gewohnt.  Fr.  MüLLEit  2, 13. 

HIRNENDE,  n.,  nach  hirn  8,  das  ende  eines  stück  holxes,  wo 
sich  die  holzfäden  enden,  an  einem  abgehauenen  bäum  z.  b.  ist 
es  der  ort,  wo  der  bäum  vom  stamme  abgehauen  ist.  Jacobssok 
2, 264' :  die  andern  schönen  hölzer  Amerikas,  Afrikas  und 
Australiens,  die  ebenfalls  roh,  gehobelt,  geölt  und  polirt,  auch 
am  hirnende  gezeigt  wurden,  der  arbeiterfreund  1868  s.  24. 

HIRNERWEICHÜNG,  f  eine  krankheit,  degenerierung  der 
hirnmasse. 

HIRNFELL,  n.  meninges,  involucra  cerebri.  Stieler  465; 
maenica,  maenia,  hirnivel,  hernevel  Dief.  356';  hjTnwutigkeit 
aber  ist  ein  apostem  des  hyrnfells.  Herr  schachtafeln  der  ge- 
JundAeJt  (1533)  218.  dimin.  in  der  form  hirnfehlin:  die  salben, 
welche  ettliche  machen  und  zwischen  die  hirnfehlin  und  die 
schaln   legen.   WCrtz  pract.  der  wundarzn.  88.     vgl.  fehle. 

HIRNFERTIG,  adj.  mit  schnell  bereitem  verstände:  sondern 
auch  so  vil,  himfertiger  weis«,  ersehen,  wie  alle  diese  hohe 
küDSte  und  Wissenschaften  .  .  einem  jeden  fantasten  unver- 
merkter weise  einzugieszen.   Philander  l.  64. 

HIRNFUTTERÄL,  n.  derb  für  köpf: 

weh  deinem  hirnfuttral;  es  müszte  bersten, 
und  Wahnsinn  würde  gucken  au:i  den  ritzen. 
H.  Ubi!«!  16,  110. 

HIRNGEBÄüDE,  n.  etwas  im  hirn,  mä  den  gedanken  auf- 
gebautes: speculatio,  ein  untaugliches  hirngebäude.  Bacmcartsn 
metaphysic^l  (1763)  s.  252. 

HIRN  GEBURT,  f  was  das  hirn,  die  gedanken  geboren,  der 
reellen  existenz  entbehrend:  eine  philosophische  himgeburt. 
Ka5t  3, 95 ;  von  dieser  {heldenliebe)  wuszten  sie  {die  Griechen) 
eben  so  wenig  als  von  der  weinerlich-kümischen,  der  aben- 
teuerlichen himgeburt  einiger  neueren  weiblichen  skribeDten. 
WiELAiiD  2,278(237);  warens  nicht  die  mönche,  die  ..jenen 
meisterstücken  der  alten  dichter  und  weisen,  welche  sie  den 
leuten  auf  alle  mögliche  art  aus  den  banden  rissen,  ihre 
eignen  missgeschaffnen  hirngeburten  zu  tinterschiebeo  {track- 
leUn)f  15,  314(2&5);    HöUenbreugel,  {der)  .  .  durch  das  über- 

98* 


J  559      HIRNGESPENST  —  HIRNGESPINNST 


HIRNGEWÖLBE  —  HIRNLEIDEN         1 560 


aatürliche  und  widersinnige  seiner  hirngeburten  blosz  ge- 
lächler,  ekel  und  erstaunen  über  die  kiihnheit  seiner  Unge- 
heuern sch(>j)fnngen  erwecken  will.  30,568;  schade,  dasz  dieser 
sich  die  vermeinten  bedingungen,  die  hirngeburt  eines  der 
elendesten  annalisten,  hat  aufbinden  lassen.  Niebüiir  2,279; 
in  dieser  hirngeburt  eines  verständigen  inanues  (einem  lomiuie). 
GöTHE  33,223; 

menschheit,  arme  menschheil,  deine  lehren, 

alle  deine  weisen  wissen  nichts, 

Qattern,  ihrer  hirngeburt  Verehrer, 

gleich  iusecteu  um  den  strahl  des  licbts.    Skume  ged.  $.  63. 

HIRNGESPENST.  n.  schrieben  vornehmlich  Kkvt  und  Wielaxd 
umdeutend  ßr  das  ältere  und  berechtigte  hirngcspinnst,  zum 
theü  neben  diesem:  die  theologie  zur  Zauberlaterne  von  hirn- 
gespenstern  zu  machen.  Kam  4.265;  a  priori  zu  meinen,  ist 
an  sich  ungereimt  und  der  gerade  weg  zu  lauter  hirngc- 
spenstern.  7,355;  bei  dem  narren  ist  es  ein  albernes  hirn- 
gespenst,  welches  die  grimdsätze  der  Vernunft  umkehrt. 
10,12;  ein  hirngespcnst  im  wachen  fiir  eine  wirkliche  erfali- 
rung  halten.  14;  man  sieht,  dasz  alle  ahndung  (ahnung)  ein 
hirngespenst  sei.  196;  was  jagt  ihr  gi'illen  und  hirngespenslern 
nach?  Hamann  4,  S9;  da  er  selbst  gewisz  zu  sein  wünschte, 
dasz  er  der  weit  keine  hirngespensler  fiir  Wahrheit  verkaufe. 
WtELAND  l,xii;  aber  mein  herz  sagt  mir,  dasz  die  idee  eines 
solchen  fürslen,  die  ich  in  diesem  augenblick,  wie  durch  eine 
art  von  eingebung,  auf  einmal  in  meiner  seele  fand,  kein 
hirngespenst  ist.  7,162;  wenn  also  Kalos  lügend  eine  Dulcinec 
war,  so  war  sie  ein  bloszes  hirngespenst.  9,289;  der  alp,  der 
die  madchen  drückt,  die  berggeisler,  die  Wassernixen,  die 
feuermänner,  und  wer  weisz  wie  viel  andre  hirngespensler. 
11, 16 ;  die  alt  hergebrachten  wahnbegriffe  der  heidnischen 
weit  .  .  .  brachten  die  monströsesten  hirngespensler  hervor. 
29,51;  die  Aspasien,  die  Danaen,  die  Musarion,  sind  in  der 
natur;  es  sind  keine  hirngespensler.  30,522; 

doch  nein!  sie  täuschet  mich  nicht,  die  schönste  der  Ideen, 
sie  kann  kein  hirngespenst  sein!     4,56  (n.  Amad.  2,47); 
den  laster,  angst  und  gram  nicht  allzu  früh  ern-ecket, 
und  den  kein  hirngespenst  des  aberglaubens  schrecket. 

Cronege  2,  111. 

HIRNGESPINNST,  n.  was  das  hirn  spinnt,  müszig  aushecM. 
das  wort  wird  hier  zufriUtest  aus  quellen  der  l.  hdlße  des  18.  ja/»7/. 
nachgewiesen,  nmsz  aber  älter  sein,  da  die  ihm  zu  gründe  liegende 
redensarl  vom  spinnen  des  hirns  bereits  im  17.  jahrh.  r,äng  und 
gäbe  ist,  vergl.  hirn  4,  sp.  1557.  vor  ein  hirngespinsle,  fabcl 
und  mährlein  eines  lustigen  kopfs  hallen.  Plesse,  vorrede ;  und 
die  geistige  liebe,  die  sich  nur  mit  den  eigenschaften  der 
seele  galtet,  ist  ein  hirngespinsle  hochmüthiger  schulweisen. 
Gellebt  ;  diese  erkenntnisz  würde  gar  nichts,  sondern  die  bc- 
schäftigung  mit  einem  blosen  hirngespinnst  sein.  Kant  2, 171; 
meine  einbildungen  als  meine  eigenen  hirngespinnste  von  dem 
eindrucke  der  sinne  unterscheiden  3,80;  ob  nicht  die  an- 
schauungen  von  räum  und  zeit  blos  selbslgeraachle  hirn- 
gespinnste wären.  209;  das  musz  die  Vernunft  unter  hirn- 
gespinnslen  von  nalunermögen,  die  sich  gar  nicht  denken 
lassen,  herumschweifend  machen.  7,  290 ;  in  was  für  ein  ge- 
webe  von  hirngespinsten  hat  dich  die  lebhaftigkeit  deiner 
einbildungskraft  verwickelt !  Wieland  1, 111  (94);  welches  doch 
wohl  ein  beweis  ist,  dasz  was  ich  über  den  bürgerlichen 
gebrauch  des  zehnmonatlichen  Jahres  gesagt  habe,  kein  hirn- 
gespinnst ist.  NiEBDUR  3,36%;  eine  lebendige  spräche  fixieren 
wollen,  ist  ein  hirngespinst.  Adelung  magazirt  f.  d.  deutsche 
tpraehe  1,2, 60;  es  gehört  eine  eigene  gcisteswendung  dazu, 
um  das  gestalllose  wirkliche  in  seiner  eigensten  art  zu  fassen 
und  es  von  hirngespiunsten  zu  unterscheiden,  die  sich  denn 
doch  auch  mit  einer  gewissen  Wirklichkeit  lebhaft  aufdringen. 
GOtbe  n,  1S5 ;  wenn  der  kenner,  der  licbhaber  der  kunst  das 
schöne  nicht  aufgeben  darf,  so  musz  der  schUler  der  philo- 
»ophie  sich  das  ideal  nicht  unter  die  hirngespinnste  verweisen 
lassen.  3S,  100; 

du  ipricbst,  es  war  ein  träum?  nein  mann!  ein  liiragespinnst 
kann  nicht  so  tiefe  spuren  i^rahpn  I 

WiiLANO  22,  147  (Oberon  4,  4)j 
iodesvan  Ober  sie  (die  iiigend)  die  llipplasse  scherzen, 
und  sie  als  hlmgespiost  verschrein.    boTTta  1,394; 

und  dieses  blut  (Pota») 
wir  einem  hirngt«plnn«t  geflossen?    Schillir  Karlot  5,  11; 
die  ■'  linste, 

"*'  '^  ging  es  knapp.    ROrnk»  Z,W; 

«■»'■ -■    ■|.^:.l^-.      MIMirrkt    «S.       PLATII«    18t. 


auch  von  einer  person,  die  nur  in  der  einbüdung  lebt: 

das  fromme  weib,  das  nie  geschmählt, 

der  reiche  greis,  dem  nichts  gefehlt  .  .  . 

wo  trifft  man  die,  vielleicht  im  mond, 

wo  jedes  hinigespinoste  wohnt.    Lkssins  1,81; 

ihr  halt  koketterie  nicht  mehr  als  eifersucht,  .  . 

abtreten  muszte  sie  ihn,  und  an  —  ein  hirngespinniite  I 

WiELAKD  4,97  (n.  .lmfl(/.  3,33). 

selbst  als  Schimpfname  ßr  eine  leichte,  luftige  person :  was  sagt 
ihr  aber  dazu?  clarct  musz  ich  dem  jungen  hirngespinst  zu 
trinken  geben,  sie  sagen ,  er  könne  unser  schweres  hier 
nicht  vertragen,  letzt  soff  er  malvasier  auf  befehl  unsers 
hcrrn.    Tieck  3,52. 

HIRNGEWÖLBE,  n.  fomix,  testudo,  die  der  länge  nach  etwas 
tief  zwischen  den  beiden  halbkugeln  liegende  weiszliche  Substanz 
des  fiehirns.    Neun  ich  2, 1613. 

HIBNGRILLE,  /".  name  des  baumldufers,  cerüiia  familiaris ; 
vielUicIit  verslümmcluiig  des  fremden  citrinella,  was  einen  ähn- 
lichen vogcl  bezeichnet,  obschun  beide  auch  im  gewöhnlichen  leben 
auseinander  gehalten  werden:  citriiilein  und  hirngrillen  sind 
zweierlei  galtungen,  doch  fast  einerlei  färbe,  grün  und  gelb- 
licht, haben  ein  kurzes  schnäbelein,  singen  schön  und  lieb- 
lich.   Hohberg  2,  6S8". 

HIRNHAUBE,  /.  1)  die  haut  die  die  (jehirnmasse  deckt :  me- 
ninges  hirnhube,  hirnhawbe  Dief.  356'.     s.  hirnhaut. 

2)  kriegerische  kopßedeckung  {cgi.  haube  I,  d  sp.  563) :  gar 
wenig  betten  punzer  an ,  noch  vil  weniger  hämisch  oder 
hirnhauben.    S.  Frank  Germ,  chron.  (153S)  7'. 

HIRNHÄÜSLEiN,  n.  für  hirnschädel,  köpf:  dahero  «eng  ich 
wieder  an  zu  gedenken,  und  in  meinem  hirnhäuselein  zu 
überschlagen,  was  ich  doch  immerhin  anfangen  solle?  Simpl. 
1,63  Kurz;  indeme  ich.,  sehr  viel  rare  und  notable  sachen 
meinem  hirnhäuslein  einverleibet  hatte.  2,279. 

HIRNHAUT,  f.  die  haut,  die  die  hirnmasse  deckt,  mhd.  hirn- 
hül:  meninges  hirnhäutlein  Dief.  356*;  man  unterscheidet  die 
obere  und  untcrf.  auch  die  harte  und  dünne  hirnhaut,  dura 
und  pia  maier. 

HIRNHALTBRIJCH,  m.  Imnbruch. 

HIRNHÖHLE.  /".,  plur.  -höhlen,  ventriculi  cerebri. 

HIRNHOLZ,  u.  holz  das  über  hirn  {sp.  1557)  gehauen  ist. 

HIRNHL.MMEL,  /".  hummel  des  hirns,  bild  ßir  närrische  phan- 
tastische gedanken:  heben  dann  endlich  die  hirnhummeln  gar 
völlig  zu  schwärmen  an.    Simpl.  1  (1713)  s.  271. 

HIRNKAMMER,  plur.  -KAMMERN,  ventriculi  cerebri. 

HIRNKÄPPLEIN ,  ;i.  eine  frauenzimmerhaube  zu  Augsburg, 
im  Sommer  gelragen.    Jacobsson  6,  83'. 

HIRNKASTEN,  m.  kästen  des  gehims  {vgl.  kästen  7,  th.  5,267), 
köpf:  dasz  der  junge,  ohne  die  logik  gelernt  zu  haben,  mehr 
lofik  in  seinem  hirnkasten  halle,  als  er  meint.  Wieland 
8,52;  wofern  sie  selbige  {wahrheit)  nicht  ungebraucht  iu 
ihrem  hirnkasten  verschimmeln  lassen  wollten.  220;  die  logik 
bringt  licht  und  Ordnung  in  den  hirnkasten.  Siegfried  von 
Lindenberg  2,  56 ;  durch,  oder  ich  stosze  euch  allen  die  hirn- 
kasten entzwei.  Fr.  MI^ller  3,198;  willst  du  dein  niaui 
halten?  willst  das  Violoncello  am  hirnkasten  wissen?  Schil- 
ler kab.  u.  liebe  1,2;  wie  sie  zitiert,  die  inemme!  du  soll- 
test gütl  danken,  menime,  dasz  du  zum  ersten  male  etwa» 
in  deinen  hirnkasten  kriegst !  4,  3. 

HIRNKERN,  m.  callosum  corpus,  ein  länglicher,  aus  dichten 
markigen  fasern  zusammengesetzter,  weLszer  körper,  der  die  beiden 
hirnkammern  bedeckt  und  sie  zu  vereinigen  scheint.    Nemnich. 

HIRNKIND,  n.  bildlich,  erzrugnis  des  hirns,  poetisches  oder 
künstlerisches  werk:  sie  sitzt  und  brütet  über  ihren  hirn- 
kindern.    La  Roche  bei  Merck  briefs.   1.3C5. 

HIRNKLAPPE,  f.,  plur.  -klappen,  klappenartige  nervenverei- 
nigungen  am  gehirn. 

HIRNKNOTEN,  m.  die  starke  obere  außrtibung  am  miUW- 
hirne,  welche  die  hauptverbindung  de.<tselben  mit  dem  kleinen  hirn 
bildet. 

HIRNKORALLE,   f.  madrepnra  labi/rinthwa.    Nbxmim       i-- 

HIRNKRANK,  adj.  am  hirne  krank,  geisteskrank. 

HIRNKHANKMEIT,  f 

HIRNKRAUT,  n.  name  der  ruphrasia  officincJit,  augenirotl, 
und  des  ocymum  basilicum.  basilienkraut. 

IHRNKtCHLElN,  n.  backwerk  da»  mü  dem  hirn  von  thieren 
gebacken  oder  bestrichen  ist.    Frisch  1,455'. 

HIRNKUGEL,  f  ßr  köpf:  wer  die  einhildung  heget,  n.iie 
hirnkugel  sei  das  primuin  mobile.    BrTSciikV  Palm    :^'^. 

HIRNLEIPEN,   -i    leiden,  kr,inkheil  des  hirm. 


1561 


HIRNLEIN—  HIRNSCHALE 


HmNSCHALL  — HIRNVERRÜCKEM)     1562 


HIRNLELN,  n.  cerebelium,  das  kleine  hirn  oder  der  kintere 
theil  des  gehirns.  Nemmch  2,953;  das  hirnelin,  hirnle,  cere- 
belium.   Maaler  226*. 

UIRNLEISTE,  f.  bei  den  tischlern  eine  leide,  die  über  zwei 
zusammengesetzte  bretler  an  einer  seite  in  eine  nitlhe  eingeschoben 
wird,  damit  sich  das  zusammengesetzte  holz  j  nicht  werfe,  den 
namen  ßhrt  sie  davon,  weil  sie  über  die  fasern  des  holzes,  neben 
dem  kirn  oder  himende,  quer  über  geht.  Jacobssoh  2,  l&l*.  auch 
hornleiste. 

HIRNLOS,  adj.  ohne  Äim,  verstandeslos,  schon  mhd.  hiern- 
16s  if6.  1,  691';  rof/ia  hirnloser,  hirnlosz  o.  dorecht  Dief.  4S2'; 
die  art,  mit  welcher  diese  hirnlosen  buhler  stündlich  um 
sie  herum  faseln.    Rabener  sat.  4,157;    hirnlose   nachahmer. 

GOTTEB    1,  TU ; 

du  bist  erfahren,  weise,  scheinst  uns  gut  gesinnt, 
obschon  verkennend  hirnlos  diese  schaar  dich  traf. 
GöTHi  41,  199. 

HIRN'LOSIGKEIT,  f.  stupiditas,  Stupor,  amenlia. 
HIRNMARK,  n.  medulla  cerebri. 

HIRNMASZ,  n.  masz  das  der  verstand  anwertdet:  es  kan 
nichts  schändlichers  sein,  als  wenn  wir  uns  unterstehen, 
etwas  an  einem  andern  zu  strafen,  dessen  wir  uns  selbst 
schuldig  finden:  und  soll  deijenige  noch  gebohren  werden, 
der  alle  fehler  aus  eigenem  äugen-  und  hirnmasze  richten 
könne.   Bütschkt  Patmos  108. 

HIRNMASSE,  f.  die  eigentliche  masse  des  gekirns,  im  gegen' 
satze  zu  ihrer  Umhüllung. 

HIRNMÜCKE,  f.  mucke  im  htm,  bUd  für  toüheit.  rgl.  hirn- 
hummel: 

wan  auch  zur  heiszeo  sommeneit, 

begrilit  mit  hirnenmücken, 

die  bock  in  stolzem  Stirnenstreit 

mit  köpfen  sammen  rücken.    Spee  trutzn.  209^ 

HIRNNERVEN,  m.  plur.  zwölf  paare  ton  nerven,  welche  vom 
gehirne  aus-  und  zu  verschiedenen  abtheilunqen  des  körpers  gehen. 

HIRNOL,  n.  oleum  cerebri.    Stieler  13S1. 

HIRNPFANNE,  f.  hirnschädel :  cranium  hirnepanne  Dief.  155". 

HIRNRAD,  n.  nennt  der  müller  ein  groszes  rad,  dessen  zahne 
auf  der  kante  oder  dem  rande  des  rades  steckeit;  auch  Stirnrad. 
Jacobssok  7, 4Ö6'. 

HIRNREISZER,  m.  name  für  einen  leidU  ;»  köpfe  steigenden 
wein;  vgl.  hirnbrecher.  Stieler  1592.  hirnreiszer,  vin  qui  a 
du  montant;  vin  futneux ;  riolant.    Ro^deao  311. 

HIRNROTZ.  m.  eine  art  des  rotzes  bei  pferden. 

HIRNSCHÄDEL,  m.  der  das  hirn  einschlieszende  thed  des 
Schädels;  anatomen  unterscheiden  gesichtsschädel  und  hirn- 
schädel. cranium  ein  hirnschedel  Dief.  IsV;  calvaria  hirn- 
scheddel  91';  ein  houbit,  .  .  deme  was  der  hirnschedel  ge- 
spalden  mit  eime  swerte.  d.  myst.  1,224,13;  ich  ärgre  mich, 
dasz  ich  keinen  stein  bei  der  band  bähe ;  damit  ich  dem 
verdammten  kerl  .  .  den  hirnschädel  zerschmeiszen  könnte. 
Lessing  3,56;  weno  er  bei  völliger  Überlegung  einem  un- 
schuldigen den  hirnschädel  einscbmisz.  Moser  patr.  phant. 
1,257  noie.  Als  fem.:  an  welchem  sich  die  hirnschedel  umb- 
treit.  Thcrneiszer  von  probier,  der  harnen  39.  vgl.  scbädel 
und  unten  hirnscheitel. 

HIRNSCH.\LE,  f.  l)  schale  in  der  das  htm  geborgen  ist, 
oberer  theil  des  schädels:  ahd.  hirniscala,  hirnescala,  hirnscale 
cerebella,-  cerveUa  (Graff  6,474);  mhd.  hirneschal;  calvaria 
hirnschal  Dief.  91';  cranium  hirnschal,  hyernschaln,  hiren- 
scbal  155';  hirnschal,  cerebelium  aut  cerellum,  caruella  idem. 
toc.  ine.  theut.  k2';  die  hirnschal,  cranos  sire  cranium,  testa 
capitis,  calvaria.  Maaler  226';  des  menschen  hirnschal  ist 
au?  hertem  pain  gemacht,  dar  inn  sint  vil  naet  und  aller- 
maist  in  der  manne  himschal.  .Megenberc  4, 14 ;  könig  Al- 
bowin  .  .  der  ausz  seines  schwähers  hirnschal  ein  trink- 
schal macht.  Garg.  234';  ist  es  aber  sache,  dasz  die  hirn- 
schale  ganz  durch  wäre.  Agricola  neue  feldschererkunst  (1701) 
s.  32;  dasz  einem  verwundeten  die  hirnschale  nicht  aliein 
entzwei  wäre,  sondern  es  hätten  sich  auch  spreiszen  ab- 
geschlagen. 42;  {Ferdinand  zum  gericht.<idiener :)  wag  es  sie  an- 
zurühren, wer  nicht  auch  die  hirnschale  an  die  gerichte 
venniethet  hat.  Schiller  kab.  u.  liebe  2,7;  das  gehirn  bleibt 
immer  der  grund  und  daher  das  hauptaugenmerk,  da  es  sich 
nicht  nach  der  hirnschale,  sondern  diese  nach  jenem  zu 
richten  hat.  Göthe31,  205.  Auch  als  plurale,  die  hirnschalen, 
mit  rückzieht  auf  die  durch  die  hauptnaht  verbundenen  hälßen 
einer  solchen:  weil  mir  aber  .  .  als  einem  gar  jungen  und 
kleinen    kinde   die   hirnschalen   noch    nicht  recht  zusammen 


gewachsen  waren.  Hans  Üaweris  historien  .35 ;  noch  ärger  »eiu 
sie  {die  wunden),  wann  die  hirnschalen  zerspalten,  die  hirn- 
häutlein  oder  das  gehirne  wohl  gar  verletzt.  Agricola  fM- 
sehererkunst  -29. 

2)  h\rüschBi\e,  eine  galtung  der  Seeigel,  echinusspatangus.  Nemxich. 

HIKNSCHALL,  m.  papaver  rhoeas,  die  klatschrose.  Nemsich  4,  S.iO. 

HIRNSCHEITEL,  m.  ßr  hirnschädel :  cranium  hirnscheydel 
Dief.  155* ;  .\lboinus  hat  diesen  herrlichen  sieg  damit  ver- 
derbet, dasz  er  des  erschlagenen  königs  Chunimunds  hirn- 
scheitel zu  einem  trinkgesehirr  .  .  machete.  Micbälics  alt. 
Pomm.  1,  91 ; 

ich  finde  meistens  nichts  vor  mir, 
als  ganz  entfleischete  gerippe! 
hirnscheitel  «onder  haar  und  zier, 
antlitzer  sonder  nasz  und  lippe. 

A.  Grtphigs  1696  2, 13. 
*.  Scheitel  und  schädel. 

HIRNSCHELLIG,  adj.  toll  im  hirn,  nicht  bei  verstand:  capi- 
tosus,  eerebrosus,  eigenköpfisch,  hirnschellig.  Albercs;  sie  die 
also  himtobig  und  schellhörnig  und  hirnschöllig  von  wein 
rasen.  Garg.  3';  Hercules  {sei)  ein  hirnschälliger  Wüterich. 
Simfd.  1,266  Kurz;  also  lag  ich  ein  paar  tage  dort,  dasz  ich 
nichts  von  mir  selber  wüste,  sondern  wie  ein  bimschelliger 
fabelte.  378. 

HIRNSCHENKEL,  m.  starke  nercenfaserzüge,  welche  Verbin- 
dungen darstellen  zufischen  dem  rückenmarke,  dem  kleinhime  und 
dem  groszen  hirtie. 

HIRNSCHLEIFER,  m.  der  den  veräand  schleift,  schärft,  tUel 
eines  octavbandes  des  \;.  jahrh.,  vergl.  Gödeke  grundrisz  1,430: 
ich  gehorsamete  wie  biilich,  weil  es  eben  ein  ruhetag  war, 
und  läse  Interim  vor  die  lange  weil  den  hirnscUeifer.  Simpl. 
3  (1685)  849. 

HIRNSCHNALLE,  f.  geschwinder  schlag  an  den  köpf: 

darmit  (mit  der  streitaM)  ir  manchem  ein  biemschnallen 

gabt,  dasz  er  an  den  ruck  rauszt  fallen.    H.  Sachs  3.  2,  155*. 

vergl.  das  folgende. 

HIRNSCHNELLER,  m.  geschwinder  schlag  an  den  köpf;  nasen- 
düber.  Scheller  deutsch-lat.  handlex.  (1796)  739.  bei  Adelc.xg 
die  hirnschnelle. 

HIRNSCHWEINIG,  adj.  mit  schwindendem  htm:  toub,  hör- 
losz,  blind,  hirnschweinig,  stum.  Thurxeiszer  quinta  essentia  71. 

HIRNSCHWIELE,  f.,  was  himbalken. 

HIRNSCHWINDEN,  n.  schwinden  des  gekirns:  für  das  hirn- 
schwinden.   Secter  rossarzn.  34S. 

HIRNSCHWINDEND,  part. :  den  besessenen,  tauben,  stum- 
men, hirnschwindenden.    Thürneiszer  von  wassern  82. 

HIRNSIECH,  adj. :  hirosiech,  vom  hirne  krank  sein,  e»e- 
bro  laborare.    Maaler  226'. 

HIRNSTEIN,  m.  l)  calculus  cerebri,  ein  stein  der  im  gehirn 
erzeugt  wird.    Ne3i>ich  1,  754. 

2)  name  der  madrepora  labyrintkica,  sonst  himkoralle. 

HIRNSTOSZERLEIN,  n.  ßr  den  viereckichten  jesuiienhut : 
nun  mein  hirnstoserlein,  stos  hin. 

Fischart  jesuiterhäü.  1043  (dicht.  2,  268  Kurt). 

HIRNSUCHT,  f.  krankheit  des  gehirns,  mhd.  hirnsucht : /resejis 
hirnsucht,  hernsucbl   Dief.  247";   letargia  hirnsucht  325'. 

HIRNSLCHTIG,  adj.  mit  krankem  hirn:  liirnsuchtiger,  le- 
tamgs  i  freneticus.  voc.  ine.  theut.    k2*. 

HIRNTAFEL,  f.  das  hirn  unter  dem  bilde  einer  Schreibtafel: 
ich  will  mir  diese  lection  mit  goldnea  Ziffern  auf  meine 
hirntafel  schreiben.    Schiller  räuber  2,  3. 

HIRNTHEIL,  m.  theil  des  schädels  der  das  him  einschlies:t : 
der  schädel  ist  fast  vierseitig,  der  hirntheil  klein.  Breux 
illuslr.  thierleben  2,  706. 

HIRNTOBIG,  adj.  mü  tobendem  him,  tobsüchtig:  sie  die  also 
hirntobig  und  schellhörnig  und  hirnschöllig  von  wein  rasen. 
Garg.  3*. 

HIRNTOBIGKEIT,  /". ."  wider  frenesim,  i.  hyrnwüluag,  oder 
hyrndobigkeit.    Gersdorf  feldb.  d.  wundarzn.  17. 

HIRNLNSINNIG,  adj. :  freneticus  hirunsinnig  {so)  Biet.  847*. 

HIRNVERBRANNT,  part.  ron  neueren  dem  franz.  cerveau 
bruU  (LiTTRE  1,533')  nachgebildet: 

die  tollsten 
Fabeleien  in  legenden 
frommer  hirnverbrannter  raöncbe. 

11.  Btvfz  supplementband  t.  78. 

HIRNVERRLCKEND,  part.: 

was  musz  ich  hören,  feldherml  haltet  einl 
wa»  für  ein  hlmverrückender  planet 
▼erwirrt  euch  aHo  die  gesunden  sinne? 

SciniER  jurngfra»  t,  t. 


1563 


HTRNVERRÜCKT—  HIRSCH 


mRSCH 


1564 


HIRNVERRÜCKT,  part.  : 

dankt  mirs.  Fninrosen, 
dasE  ich  den  kcanken  stamm  mit  reinem  i^tig 
veredle,  euch  howahre  vor  dem  misz- 
geborncn  sohii  des  iiiriiveriückten  vaters ! 

ScHTLLKR  Jungfrau  l,  S. 

HlRNWANDELlNG,  f.  betdubung  des  Verstandes:  oder  gar 
eine  hirnwandehing  veraiuthel  hatte.    Felsenb.  2,241. 

HIRNWEHE,  '1.  pArenj/w,  scofoma.  Stieleb  2458;  allgemein 
krankhaftes  gefühl  im  köpfe: 

der  (Rheinwein)  ist  die  wahre  panace, 

der  ist  für  alles  gut; 

er  heilet  hirn-  und  magenweh, 

und  was  er  weiter  thut.    Höltt  190  Halm. 

HIRNWINDUNG,  f.,  plur.  -Windungen,  umiste  von  gehiin- 
substani,  trelehe  an  der  ober/lache  des  gesammten  gekirnt  gewunden 
verlaufen. 

HIRNWUND.  adj.  im  hirn  und  an  der  hirnschale  wund. 

HIRNWTNDE,  /.  wunde  des  hims  und  der  hirnschale.  Stie- 
LER   13S8. 

HIRNWURST,  f.  eine  ort  feiner  wursl,  deren  hau0ieil  da.s 
gehim  des  schwemes  bildet. 

HIRNWUTH,  f.  lobender  Wahnsinn,  (o6sucA/,  raserei:  oin  to- 
taler raptus,  eine  art  hirnwuth.  Brentano  die  lust.  musi- 
kanten  s.  21. 

HIRNWÜTHEND,  part..-  der  unsinnig  wutteude,  walt- 
«chellig,  hirnwütende  rüde  {kund).  Keisersbebg  bilg.  142': 
die  hirnwütenden  damit  {mit  einem  kraut)  gespeiset  und  ge- 
trankt, bringt  sie  wieder  zu  ruhen.   Tabernaem.  964. 

HIRNWÜTHIG,  adj.  Uybsüchtig:  freneticus,  hierenwuetig, 
hirenbutig,  hirnwutiger  Dief.  247";  hirnwütig  cerebrosus  Maa- 
LER  226' ;  als  krankheit  der  menschen :  (granatäpfel  sind)  den 
siechen  guot,  die  von  hitziger  materi  siech  sint,  und  von 
der  eolera,  die  hitzig  laut  habend,  himwüetig.  Megenberc 
329,21;  der  sSnger  und  pfeifer  und  kastraten  und  hirn- 
wQthigen  weiber  {yvirnixes  (pqevoßXaßeBs)  war  keine  zahl. 
WiBLAND  8,214;  der  thiere:  hirnwüetig  als  pferdekrankheit 
SEtrrER  rossarin.  74.  75;  hirnwütiger  tauber  ochsz  cerebrosus 
bos  Maaler  226". 

HIRNWl'THIGKEIT.  f.:  hirawütigkeit ,  gro.sze  und  ein- 
brünstige begird,  aestus  .Maaler  226';  hyrnwutigkeit  aber  ist 
ein  apostem  des  hymfells  und  hat  ein  mitleiden  mit  dem 
hym  und  den  nerven  die  darin  seind.  schachtafeln  der  ge- 
sundh.  deutsch  v.  Herr  (1533)  218;  wenn  sich  ein  mönsch 
also  haltet  in  seinem  gebett . .  so  fallet  er  nit  leichtiklichen 
in  hirnwütikeit,  würt  auch  nit  fantästig.  Keisersberc  eschengr. 
b  6' ;  der  saft  des  haarstranges  ist  vast  nutz  wider  die  schaf- 
sucht, hirnwütigkeit,  Schwindel.    Tabernaem.  165. 

HIRNWCTHUNG,  f.:  wider  frenesim  i.  hirnwütung.  Gers- 
DOBF  feldb.  d.  utindarzn.  17. 

HIRSCH,  m.  eervus.  anfr.  hirot,  nl.  hert,  herte,  hirt  (Ki- 
iiA!«),  nicderd.  ebenso;  ags.  heorot,  hiorot,  engl,  hart;  alln. 
hiCrtr,  dän.  schwed.  hjnrt ;  ahd.  hini^,  hire?,  hir;,  mhd.  hir; 
und  später  hirz.  Von  den  urierwandten  Wörtern  entspricht  dem 
ahd.  hiru;  am  allernächsten  der  griech.  stamm  xeoar-  nom. 
xt'^ae,  das  geweih  bezeichnend,  u'dhrend  das  ahd.  wort  der\ 
triger  des  geweihs  ausdrüclU.  lat.  cer-vus  ist  nur  in  der  wur- 
lel  verwandt,  nicht  im  suffixe,  ebenso  wie  lat.  cor-nu  auf  die- 
selbe wursel  iuritckfährt,  vgl.  unten  hörn. 

Üas  weiche  sehliesxende  i  des  wortes,  das  für  die  mhd.  zeit 
durch  den  reim  gesichert  ist: 

ir  jelit  ouch  de.s,  da^  ActäAn 

vor  ilaen  hund«n  wurde  ein  hin;. 

ad  wisset  da;,  geloubet  ir;  .  .  .    Bart.  256,  19; 

wrMWK  $i(h  »pdter  theäs,  vornehmlieh  doch  niiht  ausschlies:lich 
in  den  eigentlich  oberdeutschen  gegenden,  zu  z,  so  dasz  die  for- 
men hirz,  herz  außauchen :  eervus  hirtz,  liirtze,  hertz,  hertzf 
Dier.  115';  hirtz  rerruj.  voc.  ine.  theut.  k2';  \utU  neben  hirst  h 
ureus  Maaler  226',  die  entere  form  ist  die  ihm  geläufige  und 
noch  jelU  gewöhnliche  alemannische,  die  letztere  entnahm  er  dei 
tekrifttprache ;  hirlz  Alb.  Xx3*;  Erasmus  ist  wol  ein  geirrter 
man,  aber  er  war  all  zu  blOd,  ich  aber  hab  ein  hertz  wie 
ein  birtz.  widder  Witzeln  L5':  hül  dich  vor  der  brunst,  du-^ 
dich  kein  birtz  *\on.  ViacHhnt  grotzm.'ü»;  damhirtz  bei  Lu- 
ctm.  1S0;  ich  «ib  den  hin/  «pringen  au.«z  dem  waid.  Garg. 
W';  darumb  wird  zu  Slr;i»zburg  im  mön^ter,  an  einer  seulen 
am  eher  im  capital  Aex  rnmi^^cb  ahg(/t«dien<it  mit  bücken  und 
bocktbOroern  und  mit  birlzcn  und  Lirtzgeweiheii.  hildung«- 
wein.     aufgebaueu.    bttntnk.  200*;    dau  wiit  der  lam  (lahm) 


■wie  ein  hirtz  springen.  Reiszner  Jerus.  1,223";  an  dem  ge- 
schmack  nit  ungleich  dem  fleisch  der  hirtzcn.  Forer  fischb. 
92';  theils  geht  der  schlieszende  consonant  des  wortes  in  s  über: 
eervus  birsz,  hierss  DrEf.  nov.  gloss.  S7*  (15.  jakrh.) ;  da;  man 
in  den  wäldcrn  fand  vil  hirs  und  binden  {todt  liegen), 
d.  stddtechron.  4. 4;!.  10;  ein  hirsz  fordert  an  ein  schaf  ein 
gros  mesz  korns.  Steinhöwel  3S'  (1555);  der  hirsz  nam  die 
flucht.  Zimm.  chron.  4,237,35;  hirs  braucht  Luther  gewöhn- 
lich, in  der  bihel  durchaus  überwiegend,  auch  sonst:  eine  kue. 
pferd,  hirs.  4,16*;  da  sie  nu  einen  hirs  gefangen  .  ,  hatten. 
5,  27t' ;  von  ihr  aus  entwickelt  sich  die  verbreiterte  form  hn-sch, 
die  sich  schon  aus  dem  14.  jahrh.  (hirschgewlge  spica  eeltiea 
HoFFMANNS  fundgr.  1, 376  aus  einer  mediz.  handschriß)  nach- 
weisen Idszt,  wenn  hier  eine  richtige  altersbeslimmung  vorliegt, 
die  sonst  aber  im  15.,  t7ieAr  im  16.  'jaJirh.  aufkommt:  eervus 
hirsch  Dief.  115'  [aus  d.  voc.  ex  quo  von  t4S2;  vgl.  unten  die 
adjectivform  hirschin  aus  den  Nürnberger  polizeiordnungen  des 
\ö.  jahrh.);  sie  jagten  den  hirsch.  Zimm.  chron.  2,178,20; 
er  traff  den  hirsch.  Acr.  spr.  (1560)  322';  bei  Luther  noch 
sehen,  z.  b.  er  hat  meine  füsz  vergleicht  den  hirsschen. 
2  Sam.  22,  34  nach  den  lesarten  v.  1524  und  1527  (s.  Bindseils 
bibel  2, 225) ;  sie  verdrängt  in  der  2.  hälße  des  16.  jahrh.  die 
vorher  angegebenen  formen,  die  alsdann  nur  noch  als  versteinerte 
in  eigennamen  {wie  Hirzel,  Herzberg,  Hirzhach,  Hirsau  vergl. 
auch  hirsendorn  unter  hirschdorn),  oder  auch  bis  auf  beute 
lebendig  in  den  mundarten  dauern :  hirz  und  herz  in  Hessen 
Vilmar  171 ;  in  Siebenbärgen  hirz  und  hirz.  Fromm.  4,  409,  55 ; 
bair.  hirsz,  hirz  Schm.  1,1166,1171  Fromm.;  schwäb.  hirz 
SCHMI!)   280. 

Neben  dei-  starken  form  begegnet  ahd.  noch  nicht,  wol  aber 
mhd.  auch  die  schwache  der  hirge: 

er  vant  al  bluotec  ir  slä, 

als  ein  hirje  wa»re  erscho^^en  da.    Parz.  507,  26 ; 

welche  sich,  wie  wol  seltener,  neben  der  andern ,  bis  auf  unsere 
zelten  behauptet:  eervus  hirtze,  hertze  Dief.  115';  so  kumpl 
er  uff  ein  spur  eines  hirtzen  und  verloszt  den  hasen,  und 
ylet  dem  hirtzen  noch.  Keisersberc  bilg.  54'" ;  hastu  gemerkt, 
wenn  die  hirsschen  schwanger  geben?  Hiob  39,1;  sei  gleich 
einem  rehe  oder  jungen  hirssen.  hohel.  8,14;  da  die  hunde 
einen  frischen  birschen  verfolgeten.  Michälius  alt.  Pomm. 
3,465;  welchem  er  diesen  birschen  brachte.  Jucundiss.  184; 
eines  birschen.  Claudius  3,93;  durch  Verwundung  eines 
lieblingshirschen  des  kOnigs.  Niebuiir  1,214;  die  schlänge 
Mimia,  .  .  eh  sie  einen  birschen  verschluckt.  J.  Paul  frieden- 
pred.  34; 

ich  hab  erfahren  auf  disen  tag, 

dasz  Wolfdietrich  in  disem  hag 

birschen  zu  jagen  willens  sei. 

HO  hab  ich  durch  mein  Zauberei 

ein  grosen  birschen  zugericht, 

der  sich  durchausz  lest  fangen  nicht. 

J.  Atrer  215*  (1073,  11  Keller); 
hastu  nicht  vor  einen  birschen  eine  nyrfiphe  dir  erjagt? 

Hoffmannswaldau  gelr.  scMfer  50. 

Schweiz,  in  Appenzell  noch  hirza.    Tobler  268*. 

Bedeiäung. 

1)  hirsch,  eervus,  und  zwar  gewöhnlich  der  männliche  hirsch, 
im  gegensatze  zu  binde  oder  hirschin  (5.  d.) :  wo  ein  hubener 
fünde  einen  hirtz,  eine  binden  adir  ein  rech  {reh).  weisth. 
6,390  {v.  1338);  herci^  und  hindin,  dy  ich  in  meinem  gehege 
habe.  Magdeb.  blume  1, 166.  bei  den  jagern  ist  edel  stetes 
epitheton  des  hirsehes,  nametUlich  in  den  Jägersprüchen : 

hinun,  hinan  gen  holt, 

da  achleucht  heut  manch  edler  hirsch  stolz. 

Snii  felM).  M6,  wo  noch  eine  ansaht 
ihnlicher  tprüeke; 
auch  iunst : 

das  nüchtge  ilel,  das  hunde,  rosz  und  mann, 
auf  seini-  fährte  bannend,  nach  sich  reiszt, 
der  edle  liirxch,  hat  ober  berg  und  tfaal 
so  weit  uns  irr  geführt.     (>uthi  tt,  249. 

,4(1  ihn  lehnen  sich  eine  menge  technischer  ausdrücke  an :  der 
hirsch  hat  ein  maul,  haut,  gehfirn  oder  geweih,  von  zwei 
ütangen  und  vielen  enden,  laufte,  srbaalen  und  gejfftere. 
wenn  der  hir«ch  durch  den  natürlichen  gang  sich  erleichtert, 
üu  heiszt  es,  er  hat  geloset,  der  hirsch  stehet .  nimmt  die 
weide  an  oder  zeucht  ins  gras,  er  aaset,  zeucht  vom  feld 
(U  holz,  geltet  in  seineu  stand,  sucht  seine  ruhe,  wird  ge- 
spürt, durch  leit-hunde  aufgesucht,  gefunden,  bestätigt,  und 
verbrochen,  er  verfUhel,  wird  gejagt,  fleucht,  ist  den  bundeii 
entlaufen.  Über  d«D  uiig  gefallen    (wenn  »r  tllier  d  >■  lu.  I.cr 


1565 


HIRSCH  — HIRSCHBRÜL 


HIRSCHBRUNST  —  HIRSCHGERECHT  1 566 


gesprungen),  wird  zu  holze  geschossen  (wenn  er  nemlich 
nicht  gleich  fallt,  sondern  holz-ein  gehet),  schweiszet,  giebt 
ßhrte  oder  gemerk,  tbut  (nicht  legt)  sich  nieder,  wird  ge- 
pürscht  (nicht  geschossen),  gefangen  (nicht  gestochen)  und 
also  erlegt  oder  gefällt,  .  .  aufgebrochen  und  zerwürkl. 
oecon.  lex.  (i'30)  1031 ;  der  hirsch  tritt  auf  die  brunst,  ca- 
tuUt  certus,  der  hirsch  schreiet,  cerrus  gkcUat.  Stieler  S43; 
ausdrücke  die  auch  auszerhaib  der  jägerkreise  in  anicendung 
kommen : 

ein  spieszhirsch,  dem  die  nahe  jagd 

die  scblaDken  laufe  ziuern  macht, 

Qieht  schnell  zu  holz,  und  thut  sich  nieder. 

HAGED0II5  2,29; 

der  hirsch  rerändert  seioen  stand.    30; 
es  giengen  drei  Jäger  wohl  auf  die  birsch : 
sie  wollten  erjagen  den  weiszen  hirsch.    Uhlano  gerf.  303. 
fprichwörlUch : 

wohin  der  dieb  mit  dem  sträng, 

dahin  gehört  der  hirsch  mit  dem  fang.    Pisiomis  S,97, 

d.  k.  iver  recht  hat  auf  die  gerichtsbarkeit,  hat  auch  das  recht 
der  hohen  jagd.  Redensarten:  ich  möchte  grade  ein  hirz  wer- 
den {dacon  laufen,  auszer  mir  kommen).  Vilm.vb  171 ;  eine 
persou  oder  sache  dem  hirschen  auf  die  hörn  binden,  sie 
der  gewissesten  gefaJir  des  Verderbens  aussetzen.  Scum,  1, 116ti 
Fromm.;  dem  hirschen  seine  hürner  messen,  indem  man  sich 
streckt,  die  arme  emporspreizen,  man  sayt  dabei  «ol:  so  grosz 
seind  dem  hirschen  seine  hörner I  das.;  es  heiszt  gesund, 
munter,  frisch  wie  ein  hirsch;  kere  umb,  werde  wie  ein 
rehe  raeiu  freund,  oder  wie  ein  junger  hirsz  auf  den 
scheidebergen,   hohel.  2,  47 ; 

birsche  werden  langsam  alt.    Flesing  ü',  350  Lappenb.; 

unter  des  sprangen  wir  (Jlökc)  wie  hirz 

und  worden  bei  solch  sauberm  gsind 

verw^t,  feisxt,  frech  und  unbesinnt. 

FiscB.iKT  flöhh.  SOO  (dicht.  2,  24  Kvrz) ; 

darunder  (unter  bäumen)  etwan,  sehr  febuckt, 

sein  altvatter  am  stab  herruckt, 

wiewol  er  in  der  Jugend  vor 

wie  ein  hirtz  drunter  gsprungen  war. 

dicht.  3,311,  122; 

da  sing  ich  mir  die  arbeit  leicht, 

und  spring  und  tanze  wie  ein  hirsch.    HöLtx  39  Halm. 

2)  birsch,  ein  tcirtshaus  das  im  schade  einen  hirsch  fuhrt, 
und  davon  den  namen  empfängt  (wirtsbaus  zum  hirsch,  in 
Siiddeulschlttnd  regelmässig  zum  hirschen):  ich  hab  ihm  eben 
das  rosz  drauszen  angebunden,  es  ist  los  gerissen  im  hirsch 
und  sucht  ihn.    Hebel  2  (lSö3)  s.  1S2; 

nachdem  das  mal  nun  war  rollend, 

lait  sie  inn  ir  bstellt  losament 

zum  hirzen  die  herrschafl  der  stat  (Slraszburg), 

da  die  gselschaft  ir  rhu  dan  bat. 

Fischart  glückh.  schiff  bll  (dicht.  2,  201  Kurz). 

3)  hirsch,  ein  rind  mit  gerade  aufwärts  stehenden  hörnern. 
ScHM.  1, 1166  Fromm. 

4)  hirsch,  eine  käferart,  cerambyx,  auch  bockkäfer,  hobbock. 
Nemxich  2, 944.  in  Hessen  klammhirz,  knippherz,  auch  blosz 
hirz  der  feuerschrüter,  kirschkdfer.  Vilmar  171 ;  dieser  {lucanus 
cervus)  heiszt  anderswo  flieger,  sonst  auch  fliegender  hirsch. 
Nemsich  3,  457. 

5)  holz,  zur  fertigung  von  instrumenlen,  sowit  s«  mgäegßer 
und  dreehslerarbeit  tauglich. 

HIRSCHANTILOPE,  f  antüope  bubalus. 

HIRSCHAÜGE ,  n.  als  pfianzenname :  cerrorio,  cerviouüus 
hirtzaug.   Dief.  115*. 

HIRSCHBAUM,    m.  rhus  coriaria,   gerberstrauch,   gerberbaum. 

HIRSCHBEIN,  n.  ein  beinahe  dreieckiger  oder  kreuifürmiger, 
beinharter  knorpel,  der  am  gründe  des  herxns  aus  der  zusam- 
mentretung der  pultadem  entsteht,  und  nur  bei  ganz  alten  hir- 
schen gefunden  wird. 

HIRSCHBEZOAR,  m.  elaphopila,  pila  cervina,  im  magen  und 
in  den  i.cddrmen  der  hirsche  gefunden. 

HIRSCHBISAM,  m.  eine  verhärtete  viatene  in  den  trdhneu- 
holen  der  hirsche;  früher  als  medizin  geschätzt. 

HIBSCHBOCK,  m.  l)  der  männliche  auxgewtcktent  kirtch, 
cervus  elaf^us  mas. 

2)  antilope  cervicapra.  auch  hirscbziege. 

3)  zwei  käferarten:  cerambyx,  der  holzbock  und  lucanus  cer- 
vus, der  Hirschkäfer. 

HiRSCHBR.\LN,  adj.  cervinus. 

HIRSCHBRÜL.  m.  statio  cervorum  circa  loca  a(iuosa  et  vir- 
gultis  amoena.  Stieler  2ö1.  eine  gegend  Erfurts  hiesz  der  hirsch- 
brühl.  Michel«E5  Mainzer  hof  s.  4. 


HIRSCHBRLNFT,  HIRSCHBRUNST,  f  l)  die  seü  dtr  be- 
gattung  der  hirsche.    Jacobssün  2,  264\ 

2)  name  von  scJiwämmen :  hirschbrunst ,  fungus  cervinus. 
Stieler  229;  hirschbrunst  über  der  erde,  phailus  impudicus, 
hirschbrunst  unter  der  erde,    lycoperdum  cerrinum.    Nehmch  ; 

ha !  ein  dunkler,  romantischer  hain  roll  rissiger  eichen, 
heidenhonig  und  ginst  und  Wespennester  und  hirschbrunft. 

Schmidt  r.  Wi»!1ecch1!«  ge4.   121. 

HIRSCHBRLNSTIG,  adj.:  und  wann  sie  so  häszlich  wer 
als  die  fraw  Gerpina  in  der  hüllen,  noch  ist  sie  .  .  vor  den 
hirlzbrünstigen  mönchen  nicht  sicher.    Garg.  259*. 

HIRSCHBÜRSCH,  HIRSCHBIRSCH,  f  birsch  auf  hirsche. 
schieszzeil  der  hirsche:  bei  Jacobssos  2,264'  hirschburschc. 
hirschpursche. 

HIRSCHDORN,  m.  rhamnus  cathartieus,  spina  cerrina,  auch 
liirsendoru.    Nes.mch  4, 1144. 

HIRSCHEBER,  m.  sus  babirussa.  Nemnich  4,1409:  der 
hirscheber  (babirusa)  weicht  dem  menschen  aus,  so  lange 
es  geht.    Brehx  illustr.  thierl.  2,  744. 

HIRSCHEN,  adj.  vom  hirsche.  mhd.  hirjin:  hirtzin  cervinus, 
Dasyp.  ;  auch  noch  bei  Stieler  «44  hirschin,  cervinus  cervariusi; 
man  sol  auch  zu  ainicher  hochzeit  .  .  weder  hirsebin  noch 
rehiu  praten  nit  geben.  Nürnb.  polizeiordn.  s.  "8;  so  saszen 
die  frawen  auf  ihre  zeiter,  zohen  hirschen  hendschüech  an 
und  ein  Sperber  darauf.  Garg.  2S3';  salbe  die  schlaf  mit 
hirschinem  mark.  Hobberg  3.1,249';  welcher  in  der  schul 
fast  sieben  paar  hirschene  hosen  zerrissen.    Jucundiss.  52. 

HIRSCHF.AHRTE.  f  vestigium  cerri.  Frisch  1,455'. 

HIRSCHFÄNGER,  m.  Seitengewehr  der  jäger  zum  fangen, 
d.  h.  absteciten  des  Hirsches :  hirschfänger,  parazonium  Stieler 
394 ;  im  camisol,  ohne  hirschfanger,  ohne  perrücke.  Fb.  Müller 
2,  ISO. 

HUtSCHFARBE.  f  färbe  eines  hirsdies :  hirtzenfarb,  cervinus 
ceior  Maaler  226'. 

HIRSCHF.\^RBE.N,  adj.  von  der  färbe  des  Hirsches,  hirschbraun. 

HIRSCHFEISTE,  /"•  die  zeit  da  die  hirsche  am  feistesten  und 
so   am   besten  jagdbar  sind,   gegen  iacobi  angehend.    Jacob9So> 

2,  265* ;  auch  das  einzüne  jagen  zu  dieser  zeit :  (die  hochzeit  ward 
gemacht)   in  ainer  hirszfaiste  zu  Sigmaringen.   Zimmer,  chnm. 

3,  124,  4. 

HIRSCHFELL.  n.  corium  cervinum.  Stiele*  465.  Beckers 
weltgesch.  1.308;   hirtzenfäl,  nebris,  cerrina  pellis  Maaler  226'. 

HIRSCHFUSZ,  HIRSCHENFUSZ,  m.  l)  fusz  eines  hirsches : 
der  herr  herr  ist  meine  kraft,  und  wird  meine  fiisze  machen 
wie  hirsfüsze.  Habacuc  4. 19; 

eine  scblacht  »oh  jetzt  betreten 

Fugipus,  da  wolt  er  beten, 

sprach :  o  gott  ach  mache  mir, 

wie  dort  David  rühmt  von  dir, 

hirschenfüsz  und  fuhr  mich  ehe 

weil  von  hinnen  in  die  höhe!    Logac  1,  87.  «2. 

J)  eine  art  trinkgefäsze,  nach  der  form :  die  kannen,  die 
krQge,  die  humpen,  die  gläser  klein  und  grosz,  ja  die  ge- 
pichte schmeeremmer,  die  hirsch-  und  rehenfüsze,  die  gül- 
denen und  silbernen  pocal.   engl.  kom.  2,  Pl. 

HIRSCHGALLERTE,  /".  eine  von  hirschhorn  zubereitete  gallerte. 

HIRSCHGARN,  «.  groszes  gam  oder  netz,  hei  der  jagd  sowol 
zum  dupliren  als  zum  fangen  der  Hirsche  gebraucht.  Jacobsso!» 
2,265';   hirtzengarn,  cjssis,  rkete  ferarum.    roc.  ine.  theut.  k2'. 

HIRSCHGEÄSZ.  n.  pabiäum  cervinum.    Stieler  895. 

HIRSCHGEFAHRT,  n.  fährU,  spur  eines  Hirsches.  Jacobssoh 
6,83'. 

HIRSCHGEHÖRN,  n.  Hirschgeweih,  mhd.  hirsgehürne:  den 
allerschönestcn  hurszgehurnen.  Zimmer,  chron.  3. 159,  3S ;  mit 
etlichen  schönen  hiersz-  und  steinbockgehurnen.  4, 64, 23 ; 
zog  .  .  bisz  in  des  künigs  saal ;  darin  hiengen  ob  den  tau- 
senden  hürszgehiirn.  23S,  14. 

HIRSCHGELOS,  n.  Insung,  koth  des  hirsches,  auch  hirsch- 
losung. 

HIRSCHGENACK,  « .: 

Actäon.    bett  ich  doch  bei  mir  einen  spiecl. 
Cunz.       beim  Veiten,  ich  hab  ein  im  sack, 

darin  beseh  dein  hir^chgenack.    Gilbcsivs  84. 

HIRSCHGERECHT,  adj.  ein  jägerausdrucJc :  hirschgerecht 
wird  der  jäger  genannt,  welcher  den  hirsch  richtig  ansprechen, 
mit  dem  leithund  gut  arbeiten  und  mit  dem  zeugstelUn  tüchtig 
umgeben  kann.  v.  Train  l,  203 :  hirschgerecht  wird  der  jäger 
genannt,  welcher  die  hohe  jagd  gründlich  versteht,  v.  Thcsgeji 
300. 


1 567      HIRSCHGESCHREI  —  HmSCHHORN 


HIRSCHHORNBAUM  —  HIRSCHKR  ALT       1 568 


HIRSCHGESCHREI,  n.  cervi  venerrus  aeflus  et  damor.  Stie- 
ler 1932 ;  dann  auch  die  zeit  wo  der  hirsch  scbrfit,  Jagdzeit,  und 
selbst  das  einsehie  jagen  zu  dieser  zeit:  zu  zeitnn  hide  auch 
der  herzog  die  furstin  mit  iiPin  frawenzinimer  uf  die  jagen 
iider  das  hirszgesdiFai.  Zimm.  rhron.  2,443,36;  uf  cim  sol- 
lichen liirszgeschrai  macht  sich  diser  alt  Chremes  zu  der 
jungen  witfrawen.  3, 124, 10. 

HIRSCHGESTALT,  n.; 

0  heiiges  creutz,  o  mutter  gotts, 
kompt  da  der  teufet  her  gegangen 

in  hirschgestalt  mit  groszen  Stangen?  (es  kommt  Acldon). 

GiLnusiis  82. 

HIRSCHGEWEIH,  n.  l)  geweih  eines  hirscJies,  mhd.  hirj- 
gewige:  mit  hirtzen  und  hirtzgeweihen.  bienetüc.  200',  vgl.  die 
ganze  stelle  oben  unter  hirsch.  hirscbgeweihe  als  atlribtäe  eines 
haJinreies : 

ich  denke:  halt,  jetzt  ists  noch  zeit,  o  Ruprecht, 
noch  wachsen  dir  die  Hirschgeweihe  nicht; 
hier  muszt  du  sorgsam  dir  die  stiru  bel'ühlen, 
ob  dir  von  fern  hornartie  etwas  keimt. 

H.  V.  Kleist  zerhr.  krug,  '.  axtßy. 
tergl.  hörnerträger. 

2)  name  der  pflanze  Valeriana  celtica,  sonst  gelber  speik,  Marien- 
Magdalenenblume :  hirschgewige  spica  celtica  Hoff>ia.>ns  fundgr. 
1,376'  aus  einer  medicin.  handschr.  des  ii.  jahrh. 

3)  hirschgeweihkoralle,  eine  korallenart,  madrepora  damicornis. 
Nemmch. 

HIRSCHGRAS,  n.  plantago  coronopifdia.  Nemnich  4, 1000  in 
der  form  hirzgras. 

HIRSCHGCNSEL,  m.  eupatorium  cannabinum,  fürsckklee.  Nem- 
nich 2,  1541. 

HIRSCHHAAR,  n.    l)  das  haar  eines  hirsches. 

2)  in  Salzburg  nante  des  borstengrases,  nardus  striäa. 

HIRSCHHALS,  «i.  hals  eines  hirsches.  bei  pferden  nennt  man 
so  den  hals,  wenn  die  zunehmende  rundung  desselben,  welche  auf 
dem  obern  scharfen  theile  sich  befinden  musz,  an  der  kehle  zu 
bemerken  ist. 

HIRSCHHAUT,  /.  haut  eines  hirsches:  wie  der  lithauisch 
könig  Wftthold  .  .  der  die  leul  in  bärenheut  vcrnehet,  und 
die  hund  an  inen  übet:  wiewol  disz  slücklin  auch  wol  ein 
weidwenischer  bischoff  zu  Salzburg  mit  einer  hirtzhaut  gekönl 
hat,  wann  er  mit  den  Wildschützen  desz  Actaeons  spilet. 
Gorg.  234'; 

das  er  euch  so  vil  landts  wöll  geben, 

so  vil  wie  in  dem  walt  und  wiesen 

ihr  möchtet  in  ein  hirschhaut  bscblieszen. 

Athkh  328»  (1641,  24  Keller). 

HIRSCHHAUTEN,  adj.  von  hkschhaid:  ob  er  schon  in  der 
ersten  schul  auf  der  eselbank  ein  paar  hirschhäutene  hosen 
zerrissen.   Neiner  tdndlmarkt  380. 

HIRSCHHAUTER,  m.  träger  einer  hirschhaut :  darurab  meinen 
etlich  der  krieg  sei  darnach  auch  unter  die  menschen  er- 
vracbsen  von  wegen  der  thierheut,  damit  sie  sich  auf  ada- 
misch  kleideten,  wann  einer  ein  köstlicher  haut  an  hett  als 
der  ander:  .  .  .  der  hirschheuter  meint,  ein  wolfshaut  geh 
wtnner,  und  nam  ein  andern  sein  wolfshaut.  also  zog  der 
sterker  den  schwechcrn  ausz.  Garg.  194'. 

HIRSCHHEIL,  n.  alhamanta  eervaria,  auch  hirsehwurz,  hirsch- 
fftertilie.  Nemmch  1,  527. 

HIRSCHHERZ,  HIRSCHENHERZ.  n.  herz  eines  hirsches:  das 
hein  im  hirtzenherz  (der  sich  dort  findende  knorpel,  rergl.  oben 
hirschbein).   Paracelsos  1,30()R. 

HIRSCHHOLDER,  m.  pflanzenname:  von  viburnum  opulus, 
schneeballen,  und  von  sambucus  racemosa,  roter  hdunder.  Nen- 
mcH  4, 1562.  1219. 

HIRSCHHORN,  n.  l)  pJ«r.  hirschhörner,  das  geweilt  des 
htrsches;  auszerhalb  der  spräche  der  jaget.  Jacobsson  2,265*; 
birtzenborn,  cervinum  cornu  Maai.kr  226'; 

gleichwie  birtzhörner,  ko  »Ind  schön, 
aber  vorm  jAger  nicht  bestehn. 

I'ITHAHT  didit.  2,  248.  245  Kurz. 

2)  dte  masse  detulben,  in  verschiedenem  technischen  und  medi- 
einischen  gebrauch:  inesser  mit  Ktbalon  von  hirfrhhorn  ;  etliche 
{Würfel)  waren  von  hirschhorn,  Iciriii  oben  und  schwer  unten 
gemacht.  Simpl.  \,\H(i  Kurz;  der  apothrkir  verkauft  gebranntes 
gernspelte«  hirschhorn ;  birtzenborn,  sptidium.  voc.  ine.  theut. 
k  2',  meini  gebranntes;  nicht  doch,  liebe  frau  «cbwagerin,  ich 
bah«»  gernspeltes  hirschhorn  ;  diese»  wollen  wir  darunter  thun 
{unter  andere  medirin).  es  KchlSgt  vortrefflich  nieder.  Gemrst 
>,»«; 


aber  das  mütterchen  gosz  in  die  bräunliche  kann?  den  kaffe 

aus  der  papierenen  tute,  gemengt  mit  klärendem  hirschhorn. 

Voss  1,  37  (Luiii'  1,  270). 

3)  pflanzenname:  von  cochkaria  coronopus,  schweinskresse. 
Nemkicm  2,1094;  plantago  coronopifolia ,  groszes  hirschhorn. 
4,  1000. 

HIRSCHHORNHAUM,  m.  rhus  typhinum.  Nemnich  4, 1158. 

HIRSCHHORNFLECHTE,  f  liehen  islandicus,  das  isländische 
moos. 

HIRSCHHORNGEIST,  »?i.  eine  aus  dem  hirschhorn  deslü- 
lierte  wässrigc  und  flüchtige  flüssigkeit  von  belebender  Wirkung : 
die  doctorin  rief  nun  laut  um  hirschhorngeist.  Engel  12,227. 

HIRSCHHORNK.\FER,  m.  name  zweier  kdfer:  des  lucanit.'i 
cervus,  sonst  hirschkäfer,  und  des  curculio  cervinus,  einer  korn- 
wurmarl. 

HIRSCHHORNÖL,  n.  aus  hirschiwrn  destiUierles  Ol. 

HIRSCHHORNSALZ,  n.  aus  hirschhorn  bereitetes  salz. 

HIRSCHHORNSCHWARZ,  n.  ein  schwarz,  was  beim  destü- 
lieren  des  hirschhorns  in  der  retorte  zurückbleibt ;  von  den  malern 
verwendet.  Jacobsson  6,  SB*. 

HIRSCHHOKNZINKEN,  f  plur.  prosubulae.  Stieler  2650. 

HIRSCHIIU.ND,  wi..  plur.  hirschhunde,  die  englischen  und 
französischen  Jagdhunde,  welche  zur  parforcejagd  gebraucht  werden . 
um  die  hirsche  damit  zu  tode  zu  heizen.   Jacobsson  2,  265'. 

HIRSCHIN,  f  schon  alle  aber  nicht  jägermdszige  benennung 
des  weiblichen  hirsches:  cerva  hirczin  Dief.  nov.  gloss.  87*; 

als  wann  ein  lew  von  grimmer  an 
die  jungen  einer  hirschin  zart 
mit  Zähnen  grewlicb  faszt  und  bebzt, 
bis  er  sie  von  einander  reiszt, 
und  zorniglich  erwürgen  thut, 
obschon  die  alte  hirschin  gut 
die  jungen  gereu  wollt  erretten. 

Spreng  Utas  (1610)  140' ; 
0  fromme  hirschin.  die  aus  dunkelm  wald 
von  deiner  gute  uns  gesendet  ward.    Tieck  2,  199; 
die  hirschin  täglich  kam  das  kind  zu  g&ugen, 
sie  war  der  Geiioveva  einzger  trost.     205. 

HIRSCHINSCHLITT,  n.  sebum  cervinum.  Frisch  1,455'. 

HIRSCHJAGD,  f  .jagd  auf  hirsche.  Jacobsson  2, 265*.  früher 
in  der  form  hirschengejaid:  frawenzimmer  gehörn  uf  birscheii- 
gcjed  und  uf  kein  schweinhatz.  Wickram  trr  reitend  bilg.  17. 

HIRSCHK.\FER,  m.  lucanus  cervus. 

HIRSCHKALD,  n.  das  junge  vom  hirsch:  das  kalb,  es  sei 
nun  männlichen  geschlechts,  ein  hirscbkalb,  oder  weiblichen, 
ein  wildkalb,  behält  diesen  namen  bis  nach  der  brunft,  als- 
dann beiszen  erstere  junge  hirsche,  und  die  letitern  schmal- 
thierc.  Heppe  jagdlust  1783  1,  134. 

HIRSCHKAMEL,  n.  camelus  llama,  lama.  Nemnich  1, 777. 

HIRSCHKASTEN,  m.  ein  behälter  worin  ein  hirsch  lebendig 
von  einem  ort  zum  andern  gebracht  werden  kann,  öconom.  lex. 
(1730)  1030. 

HIRSCHKEULE,  f  keule,  hinterschenkel  eines  hirsches.  Frisch 
1,4.55'. 

HIRSCHKLAUE,  /".  klaue  eines  hirsches. 

HIRSCHKLAMMER,  lucanus  cervus,  hirschkäfer. 

HIKSCHKLEE,  m.  eupatorium  cannabinum. 

HIRSCHKLINGE,  f.  name  einer  art  messerklingen,  die  w 
Ruhla  verfertigt  werden.  Jacobsson  6,  87" ;  wol  nach  dem  darauf 
eingeschlagenen  zeichen  eines  hirsches. 

HIRSCHKOHL,  m.  pulmonaria  macuhita,  lungerücraid. 

HIRSCHKOLBEN,  wi.  l)  das  geweilt  eines  hirsches,  wenn  er 
erst  aufgesetzt  hat.  und  solches  noch  weich  und  mit  einer  rauhen 
haut  oder  bast  überzogen  ist.  Jacobsson  2, 265';  die  zarten  hirsch- 
kolbcii  {als  herrenessen).  J.  Paul  leben  FibeU  21. 

2)  hirschkoll)en  heiszt  auch  das  schön  goldgelb  geflammte  und 
zu  feinen  schreinerarlieiten  dienende  hol:  des  Sumahbautns,  rhus 
lyfhinum.  Jacobüson  h,  sg'.     vgl.  oben  birschhuriibaum. 

HIRSCHKOPF,  «I.  köpf  rtnes  hir.sches.  J.Paul  irh    f-'-'-     > 

du  (ArlAnn)  ha»t  «in  hlrsrhkopf  und  pewicht  (>;■ 
und  ganz  nicht  ein  menschlich  gesiclil.       Gilhi 

HIRSCHKRANKHEIT,  f  eine  kraukhrü,  da  das  pftrd  auf 
einigen  gliedern  oder  auch  auf  dem  ganzen  körjtrr  steif  ist;  auch 
klemme  oder  mauls}>erre  {wegen  damit  verbundenen  kinnbaeken- 
krampfrs)  genannt.  Ne<(nicii  wb. 

HIHSt'liKHALT,  n.  pflanzenname:  von  filago  germanica,  sonst 
gemeines  fihkraut,  fndrnkraut ;  von  tnlanum  dulramara,  WUer- 
tüsz,  hinsrhkraut:  und  von  plantago  eoronopifolia,  grosicj«  hirsch- 
horn oder  hirschkrant.  Nfmnich;  rerraria,  crrvioceUus,  hirtt- 
aug, .  .  hnizkraui   Du  i     tl5*. 


1569    HIRSCHKREUZ  — HIRSCHRUTHE 


HIBSCHSCH  ALE  — HIRSCHZUNGE   1570 


HIRSCHRUEUZ,  n.  ein  beinahe  dreieckiger  oder  kreuzförmiger, 
beinharter  knorpel,  der  am  gründe  des  herzens  aus  der  zusammen- 
tretung der  pulsadern  entsteht,  und  nur  bei  ganz  alten  hirschen 
gefunden  icird.  Nemxicii  2,  971.     vgl.  oben  liirscUbein. 

HIRSCHRRIMM.  adj.:  wolt  ir  .  .  birscbkrumnic  streiche 
lernen?  engl.  komOd.  2,8  7.  zu  krumme  strcicLc  tgl.  krumm 
theil  5, 2450 ;  das  bild  soll  vielleicht  durch  erinnerung  an  die 
kreuz-  und  quersprünge  eines  verfolgten  hirsches  noch  anschau- 
licher gemacht  werden. 

HIRSCHKUGEL,  /".  kugelförmige  masse  im  magen  «Jirf  in  den 
geddrmen  der  hirsche:  die  baarballen,  welche  aus  abgeleckten 
haaren  oder  andern  faserigen  dingen  im  niagen  entstehen, 
so  wie  die  birschkugeln,  welche  gelblich  aussehen  und  eine 
steinartige  rinde  haben,  machen  sie  {die  hirsche)  kränklich, 
verursachen  sogar  ihnen  zuweilen  den  tod.  v.  THt^xcEs  aeid- 
mannspractica  10. 

HIRSCHKUH,  f.  cerva.  Nehmco  2,964:  Genoveva  tritt  auf 
im  mantcl  eingehüllt,    die  hirschkuh  folgt  ihr.  Tieck  Genoveva. 

HIRSCHKÜREN,  n.  wol  aus  hirschgehürn,  hirschhom  verderbt: 
ninib  geschahen  hirschküren  .  .  .  nimb  hirschküren,  reib  es 
klein  wie  nuel.   Secter  rossarzn.  ISO. 

HIRSCHLATTICH,  m.  to"  Adellsg  als  name  des  hußatlichs, 
tussilago  farfara. 

HIRSCHLAUF.  -LAUFT,  fusz  des  hirsches: 

ach  hält  ich  liirschenlüur, 
und  flügel,  wie  ein  greif, 
von  hinnen  schnell  zu  rennen. 

L.  T.  ScBNDFFis  miranl.  ßdtt.  (16S2)  13 ; 

liirschläufte  als  speise,    öcon.  lex.  (1730)  1036. 

HIRSCHLEDER,  m.  leder  vom  hiisch.  Frisch   1.  455'. 

HIRSCHLEDERN,  adj. :  konnnl  auf  einmal  der  Schneider 
herein  mit  rothem  rock,  hirschiedernen  beinkleidern.  Hebel 
2  (1&.S3)  s.  182. 

HIRSCHLEIN,  ti.  kleiner,  zierlicher  hirsch: 

er  tbät  sie  höflich  befrageu, 
ob  sie  mit  ihm  wollte  jagen 
ein  hirscblein  oder  ein  reh? 

tolkslied  'es  giewj  ein  Jäger  jagen  ; 

schönstes  hirscblein  über  die  maszen. 

anfaiig  eines  ticdes  bei  IIebel  2,  1S2, 

HIRSCHLING,  m.  claiaria  coralloides,  korallenschwamm. 
hirschling,  wilder  hirschling.  Ne^imcb  2. 1039.  in  Baiem  heiszt 
der  essbare  blätterschwamm,  reizker,  agaricus  deliciosus,  hirschling. 
1, 107. 

HIRSCHLOSüNG,  f  losung,  koth  des  hirsches.  Jacobssos  2,265*. 

HIRSCHLUCHS,  m.  felis  lynx,  der  gewöhnliche  rotbraune  luchs. 
Nemmch  2, 1597. 

HIRSCHLUM.MEL,  m.  keule  eines  hirsches:  bug  vom  recli, 
hirschenlummel,  läramerpralen.  Garg.  53*. 

HIRSCHMA.NGOLD ,  m.  pulmonaria  maculata,  officinelles 
lungenkraut.  Nemmch  4, 10S8. 

HIRSCHMANN,  m.  männlicher  hirsch: 

du  wünschest  dir  im  wald  dem  hirschmann  nachzusetzen. 

Karscuin  auserli'S.  geii.  (1764)  27S. 

HIRSCHMELDE,  f.  impatiens  noli-tangere,  springkraul.  Nem- 
mch 3,224. 

HIRSCHMETZELEI,  f:  damit  er  zum  bcispiel  das  grau- 
same vergnügen  einer  hirsch-  und  schwcine-melzelei  schmecke. 
K.MGGE  umg.  m.  m.  3.  159. 

HIRSCHMINZE,  -MÜNZE,  f  mentha  cervina.  Nejimch. 

IHRSCHMÖHRE,  f  pastinaca  saliva,  die  pastinake.  Nemmch 
4,  S74. 

HIRSCHNETZ,  »i.  netz  zum  fangen  der  hirsche,  hirschgarn 
{s.  d.).  öcon.  lex.  (1730)  1034;  hirtzengain,  birtzennetz,  cassis, 
rhete  ferarum.    voc.  itit.  theut.  k2'. 

HIRSCHOHR,  n.  ohr  des  hirsches.  hirschohren  als  ein  be- 
sonderes essen,   öcon.  lex.  1036. 

HIRSCHPETERSILIE,  f  eine  ort  bänourz:  athamanta  cer- 
varia,  groszc  hirschpetersilie  oder  hirscbpetcrlein ;  athamanta 
oreoselinum  kleine  hirschpetersilie.  Nemmch  1,527. 

HIRSCHREH,  n.  tragulus  Guineensis,  eine  ort  kleiner  africa- 
nischer  bocke. 

HIRSCHRUF,  ni.  ein  kleines  Werkzeug,  gewöhnlich  von  hörn 
oder  auch  von  holz  oder  meer  Schnecken  schalen,  worauf  der  jäger 
in  der  brunßzeit  das  geschrei  der  hirsche  nachahmt.  Jacobsso.n 
2,  265'. 

HIRSCHRUTHE,  f.  das  männliche  glied  det  hirsches;  gedörrt 
als  heümittel  verwendet,   öcon.  lex.  (1780)  1038, 
lY.  II. 


HIRSCHSCHALE,  f..  p/ur. '-schalen,  die  hornartigen  theiie  oder 
klauen  an  den  füszen  der  hirsche,  worauf  sie  gehen.  Jäcobssox 
2,  265'. 

HIRSCHSCHL.\GEL,  m.  dunis  eervinus.    Stieler  1S14. 

HIRSCHSCHRÖTER,  m.  lucamts  cervus.  hirschkäfer. 

HIRSCHSCHUH,  wi.  erde  die  der  hirsch  an  seine  schalen  antrat 
und  sf^ter  nieder  fallen  läszt.  Jacobsson  2, 265'.  313'. 

HIRSCHSCHWADE.N,  m.  der  kurze  schwänz  des  hirsches.  das. 

HIRSCHSCHWAMM,  m.  name  mehrerer  schwammarten:  des 
lycoperdon  tuber,  des  phallus  impudicus,  und  der  clavaria  coral- 
loides. in  der  alten  spräche  cerviboletum  hirtzswam,  hirsswam, 
birsisswam  Dief.  115';  boletus  hirzswam,  hirswam.  78*;  hirzes- 
swainp  boletus  Moses  anz.  8,  403. 

HIRSCHSCHWANZ,  tii.  schwänz  des  hirsches;  auch  name  des 
sambucus  cbulus,  sonst  attich,  mauerkraut.    Nemsich  4, 1217. 

HIRSCHSPRUNG,  m.  das  bein  aus  den  hinterläuften  des 
hirsches.   Jacobssos  6,  SC'. 

HIRSCHSTEIN,  ni.  steinartige  masse  im  magen  und  in  den 
gedärmen  von  hirschen ;  vgl.  hirscbkugel,  hirscbbezoar. 

HIRSCHSTIER.  »?i.  antilope  bubalus.  Nehmcu  1,346. 

HIRSCHTHRÄNEN,  f  plur.:  hirschlhrönen,  welches  eine 
braune  und  zähe  inaterie  ist,  die  sich  in  einem  behältnis 
unter  den  äugen  dieses  wildpräts  sammelt.  Heppe  jagdlusl 
(1783)   1,153. 

HIRSCHTRÜFFEL,  f  lycoperdum  cervinum,  eine  schwammarl. 
Nemsich  3.  473. 

HIRSCHTRUNKEN,  part.:  und  in  diese  hirschti-unkene  zunfl 
gehören  alle  diejenige,  welche  wann  sie  doli  und  voll  sein, 
keine  ruhe  haben,  sondern  nur  hinausjagen,  pürscbeu  und 
beiszen,  und  nur  des  nachts  reisen  wollen;  gotl  geb,  es  er- 
gehe ihnen  darüber  wie  es  wolle.  Albebtisus  de  conviv.  et 
compotat.  (1601)  75.  vergl.  dazu  die  ausfuhrungen  in  Pfeiffers 
Germania  7,  3S9. 

HIRSCIIVIEH,  »1.  .•  einem  Oberförster  blute  das  herz,  wenn 
er  nachts  drauszen  stehe  und  sehe,  wie  das  landvolk  aus 
unglaublicher  misguust  gegen  das  hirschvieh  die  ganze  nacht 
. .  neben  den  feldcru  lärm  und  feuer  machte,  .  .  damit  das 
arme  wild  nichts  fräsze.  J.Paul  Hesp.  2,66. 

HIRSCHVOGEL,  m.  loxia  chloris,  der  grünfink.  es  ist  nur 
Verderbnis  von  hirsevogel,  s.  d. 

HIRSCHVOLK,  n.: 

das  kriegesheer  {nines  Ihierslaales)  trotzt  auf  die  treu 

geübter  tiegerschaaren ; 

das  leichte  hir::chvolk  dient  dabei 

statt  streifender  husaren.    Uacedors  3,  50. 

HIRSCHWILD8RET.  n.  alles  an  dem  hirsche  zum  essen  taug- 
liche fleisch ;  namentlich  aber  das  derb  gewachsene  fleisch  an  keulen 
oder  bug,  zintmel  oder  rücken.  Jacobssos  6,  86'. 

HIRSCHWUNDKRAUT,  n.  eupatorium  cannabinum.  Nemmch 
2,1541. 

HIRSCHWÜRMLEIN,  n.  eine  kleine  wurmart :  hirschwürmlin 
ist  guet  keder  im  herbst,  und  wassergrillen,  bolzwürmlen, 
waszerwürmlein  grab  (grau)  oder  plaicli  undter  den  stain. 
Tegernseer  fisch-  u.  angelbüchlein  (I5I6.  jA.)  6ei  Haupt  14,177. 

HIRSCHWURZ.  f  gewöhnlich  die  athamanta  cervaria,  hirschheil. 
Nemsich  1,527;  hirtzwurtz,  diptannus,  est  quedam  herba.  voc. 
ine.  thcut.  k  2*.  auch  andere  pflanzen  füliren  den  namen :  dryas 
ociopetala.  Nemmch  2,1449;  laserpitium  tatifolium,  beladen  apo- 
ihekern  radix  genlianae  albae,  weisze  hirscbwurz.  3,  33S;  endlich 
lordylium  officinale,  drehkraut.  4, 1465. 

HIRSCHWURZEL,  f  pflanzenname:  l)  athamanta  cervaria, 
schwarze  hirschwurzel.  Nemsich  1,  527.  2)  laserpitium  prute- 
nicum,  kleine  falsche  hirschwurzel.  3, 338. 

HIRSCHZIEGE,  f  antilope  cervicapra.     vgl.  hirscbbock. 

HIRSCHZIEMEN,  m.  hirschnäe. 

HIRSCHZIEMER,  m.  hinteriheä  vom  rvcken  det  hirsches;  auch 
hirschziinmel.     s.  ziemer. 

HIRSCHZUNGE,  f  l)  zunge  eines  hirsches.  2)  wegen  der 
ähnlichkeit  der  blälter  asplenium  scolopendria.  Nemsich  1,515: 
birtzungen,  cerriglossa,  est  quaedam  herba,  scolopendria.  voc. 
ine.  theut.  k2*;  hirtzenzung,  ein  kraut,  heiszt  auch  steinfarn, 
hemioinum,  asplenum.  Maaler  226'; 

zehcn  millionen  körner 

trägt  die  hirschzung  fast  allein : 

wer  sieht  dieses  wunder  ein?    Brockcs  9,  114. 

sie  ist  officinell :  der  wirkliche  vierbeinige  esel  weisz  mit  birsch- 
zunge  sicherere  kuren  zu  vollbringen,  als  mancher  esel  von 
der  mediciniscben  facultätjmit  einer  ganzen  apotheke.  Riehl 
cuUurgesch.  nov.  406. 

99 


1571 


HIRSE  — HIRSEGR  AS 


HIRSEGRÜTZE  — HIRT 


1575^ 


HIRSE.  »I.  vtifium.  das  vort  scheinl  in  der  allen  sjtrache  auj 
dns  oberdeutsche  gebiet  beschränkt:  ahd.  Iiirsi  und  liiipo.  mhd. 
hirs  und  birse ;  mit  der  einführung  der  [rucht  nach  norden  er- 
seheint auch  der  name  dort,  im  späten  isländisch  hirsi  (Vigfüssos 
264').  schwed.  hirs,  ddn.  Iiirsc,  engl,  hirse,  niederl.  hirs  /.  milic 
miliurti  (Ktli.vn).  Verbreiterung  des  auslautenden  Zischlautes  ist 
im  nhd.  seit  minde/^ens  dem  frühen  i6.  Jahrhundert  nachzuweisen: 
PtUium  liirsch  Dief.  361*  {ton  1521).  begegnet  auch  noch  im 
n.jahrh.:  erhscn,  lin«en,  hirsch  und  dergU'ichcii.  Simpl.  I.3'.i 
Kurz:  4as  fleisch  hlcihet  lang  frisch,  wann  mans  in  hirschcn 
einscharret  und  mit  zndeckt.  Böckier  kriegsschule  '.r,s\  hat  sich 
aber  später  in  der  Schriftsprache  nicht  behaujM  und  nur  in  mittel- 
deutschen mundarten  erhalten,  eine  form  liirze :  das  der  hirze 
woiil  gpriit.  BirscnKY  kanzl.  220.  steht  durchaus  vereinzelt,  die 
im  ahd.  vnd  mhd.  vorhandene  doppelfonn  des  Wortes  dauert  im 
nhd.  noch  insofern,  als.  namentlich  in  altern  quellen  nom.  acc. 
und  dal.  nach  der  starken  form  nicht  selten  begegnen,  und  noch 
RCcKERT  22S  reimt  der  hirs:dirs;  der  do  kaum  mil  iiirsz  und 
ruchem  hrot  den  hellenden  hauch  mucht  selügen.  Gengen- 
BAcn  pfaffensp.  30S;  so  nim  nu  zu  dir ..  hirs  und  spcll.  Hcs. 
4,9;  wasser  mil  dem  meel  von  hirsrh  oder  reisz  vermischt. 
UFFENBAcn  rossb.  2.  IC*,  die  femininform  hirse,  die  ohne  alle 
historische  berechtigung  ist,  scheinl  von  niederdeutschen  gegenden 
her  eingedrungen,  Schottel  1337  verzeichnet  sie  zuerst,  nach  ihm 
erst  wieder  Adelcnc,  in  der  heutigen  spräche  hört  man  sie  nicht 
urihdufig. 
(^  hirsc  bezeichnet : 

1)  die  also  genannte  grasaii  und  ihre  fruchl:  der  hirs,  milium 
Maaler  226" ;  milium  parvum.  milium  agrcsle,  wild  hirsen,  klein 
hirsen,  fcnch.  Ai.bercs  tll';  daj  ain  ist  gcmainer  hirs  und 
haijel  ze  latcin  milium.  .  .  da;  ander  ist  niht  so  gemainer 
hirs  und  haijet  ze  lalein  panicum  und  ze  dänisch  vcnich. 
Megenberg  403,  tS;  über  die  neuern  botanischen  bcstimmungen 
egi.  ISexmch  4, 843 /f. ;  holcus  sorghum,  mohrhirse,  welsche  hirse, 
indianische  liirse.  3,  ICS.  die  fruchl  des  hirsen  wird  wie  andere 
gelreidearten  gemessen,  auch  genialen :  den  hirsz  1  metzen  umb 
1  pfd.  d.  slädtechron.  2,304,0;  aher  weilz  war  etwas  mangel; 
darumb  su  mul  man  hirsz  zu  nmesmel.  302,  18.  ah  bdhung 
gebraucht:  leg  demselbigen  solche  Sachen  über,  so  es  erwär- 
men und  die  materien  zerlhcilen  und  ausztruckncn,  als  da 
sind  die  säcklein  mit  hirsch  und  salz  gcfült.  Uffenbacm  ross- 
buch 2,73.  Vögel  sind  darauf  begierig,  daher:  es  gehe  ja  .  .  . 
ichlechte  leute.  wo  lebten  wir;  die  vögel  im  hirse,  wo  es 
heisze,  lisclieli  zniorge  unil*  krehseli  znacht.  .?.  (iottiieif 
.'^huldenb.  ß-S. 

2)  die  aus  der^hirsen fruchl  bereitete  breiige  speise: 

drugcn  ein  warmen  hirsz  iniis  scIillT 

inn  einen  grosen  hafnn  tif, 

zA  zeigen  an,  das,  wie  »le  könteu 

den  hirs  wann  liefern  an  ferrn  enden, 

also  weren  sie  allzeit  gw,irti)f, 

zft  dienen  iren  freunden  färti);. 

Fischart  dicht.  2,  184,  1S7  Kur: ; 

.sie  lisen  aucli  gleich  pringen  dar! 

den  hirs,  der  zu  Zürch  kochet  war.    1200,1824 ; 
bftwslölTel  Ist  ein  strenge  spysz, 

frisi  lieber  dafür  hirsz  old  (oder)  risz.     Iraq.  Joh.  Dij ; 
die  herren  sPlzen  sich  ffin  balde  um  den  tisch, 
:;onst  wird  der  birsen  kalt  und  auch  dann  di  lisch. 

Ilarleqiiins  Hochzeit  u.  kimtlaufensclimaus  40, 

HIRSEBIRNE,  f  eine  birnensorte.  Newmcii. 

HIRSEBRF.I.  m.  brei  aus  hirse  bereitet:  hirszhrci,  miiium. 
rft  qunddam  genus  leguminis.  voc.  ine.  theut.  k2';  ein  hirsen- 
hrei,  miliarium.  Stieler  *>44.  auch  die  körner  des  hir.^en.  die 
zur  breibereitung  enthülst  sind,  hriszen  so:  bairisch  hirslirein, 
oder  nur  brein,  hirsegrülze,  hirse.  Sciim.  1,3.'>3  Fromm.;  {man 
>nu$z  einert  besonderen  ort  Itaben)  zu  meel.  griesz,  hirsprein, 
heiden,  haberkorn,  gersten  und  dergleichen.  Hoiihhrc  1,107'; 
liirsprcin,  haiden,  hnberkern,  und  hubermehl  {hailen  die  haus- 
mOUer  torräthig).  Wi*. 

UIRSEDORN,  IIIRSF.NDOHN,  m.  rhamnus  calharticus,  auch 
hirsvthdorn,  t.  d. 

HinSKIlKt'SE,  f  glandula  miliaris.  Nemnicii. 

Hlli'<KKFI.!>.  n.  felä  auf  dem  hirte  gebaut  wird. 

Hill  i        n.  febris  tnt/toru,  mit  kleinen  blasen  auf  der 

huiil  eines  hiriekorns.   Kniscii   l,  l.Ml'. 

Hl!t>l  t  l>h,  m.  miliaria  avi$,  die  ammer  und  ihr  getchlechl. 
dat.;  hirszfiuk.  ostifragu*  MAArER  22«*.     vgl.  hirsevogel. 

HIHSEFÖRMIÜ,  adj.  von  der  form  des  hirten  oder  Hirsekorns. 

IIIHSEÜRAS,  HIRStNGRAS,  n.  name  mehrerer  grusarten  ^  des 


milium  e/fusum,  des  panicum  und  des  scirpus  palustris;  phalaris, 
wild  meerhirsen  . .  sihet  mit  erst  wie  hirsengras,  henkt  sich 
gern  an.   .\i.b.  112'. 

HIRSEGRÜTZE,  f  grülze  aus  hirsen. 

HIRSEKNAUER,  m.  der  den  hirsen  dörrt  und  auf  der  slampf- 
mülde  zur  lüsung  der  hülsen  knaut,  stampft.   Jacobsson  2,  2(iii'. 

HIRSEKOLREN,  m..  dim.  hirsekülbleiu ,  ähre  des  hirsen. 
Frisci!  l,45ß';   hirszkülbli.  panicula  Maai.er  220'. 

HIRSEKORN,  HIUSENKORN,  n.  1)  körn  der  hirsenpflauzc ; 
dim.  hirsekörnchen,  -kArnleiu :  ir  sehend  das  oflmahl  in  den 
hingen  nil  allein  im  menschen,  sondern  auch  im  vieh  .stein 
gefunden  werden  gleich  wie  hirschkörnlin.  Paracelslis  opp. 
1,50C.  als  bild  der  kleinhcit  und  geringfügigkeil:  und  kemi 
ein  kleine;  vögclli  ie  über  hundert  titsent  j;ir  und  bissi  ab 
dem  stein  als  gro;,  als  der  zehende  teil  ist  eins  hirsköru- 
llns,  und  abei-  über  hundert  tiVsent  jär  su  vil,  also  da;  c; 
in  zehenslunt  hundert  lüsent  jiren  als  vil  ab  dein  stein 
gckh'iheli,  als  gro;  ein  ganze;  hirskörnli  ist.  Slso  «n  W'ackci- 
nagels  leseb.  1043,  15.     vgl.  auch  unten  unter  hirsenpfrieme.r. 

2)  ein  kleines  rundes  geschwür  in  den  augenwinkeln ;  isl  es 
gröszer,  so  heiszl  es  gcrslenkorn. 

3)  eine  schneckenart ;  vgl.  unten  hirsetute. 
HHtSENARTKi,  adj.  miliaris,  was  die  gestall  und  giösze  der 

hirsenkörner  hat.  Nemmch  3,  r)73. 

HIRSENFRESSER,  m.  loxia  panicivora,  eine  africanische 
vogelarf. 

HIRSENHCLSE,  /■.  hülse  eines  hirsekorns:  hirsenhülsen,  ap- 
pluda  Stieleb  865; 

ein  gelb  rübsamblatt  war  sein  schild, 
ein  starke  hirselnils  liüh.'^ch  vergüld 
war  sein  helmlein.        miickcnlir.  1,  792. 

HIRSENMÜHLE,  /".  Stampfmühle,  um  den  hirsen  von  seiner 
schale  zu  befreien.    Jacobssos  2,87*. 

HIRSENNATTER,  /".  coluber  miliaris,  auch  griesnaller.  >km- 
Mcn  2, 1119. 

HIRSENPFRIEMER,  m.:  so  hat  z.  b.  Rachel  die  Zesi;uur 
hirsenpfriemer  zum  spotte  geheiszen,  weil  sie  eben  solche 
künstler  in  der  dichtkunst  sein  wollten,  als  einer  der  hirsen- 
Ivörner  mit  einem  pfrienic  durchbohren  wollte.  Gottsched 
deutsche  sprachkunsl  1755  s.  187. 
SfHlRSENENKRAlJT,  n.  phalaris  canarieiisis.  Neiwicb  4,92?. 

HIRSESIEB,  n.  zum  sieben  des  hirsen:  feine  griesz-  und 
hirsensiebc.   .Iacobsson  4,  150'. 

HIRSESTAMPFE,  f  stampfmülde  zur  abläsung  des  hirsen  von 
seinen  hülsen.    .Iacobssos  2,266'. 

HIRSESTAMPFER,  «i.  was  hirseknauer.    Jacobssün  2,266*. 

HIRSESTEIN,  m.  cenchrites;  eine  roggensteinart,  deren  «rr  von 
der  grösze  der  hirsekörner  sind.    Nemnich  2,933. 

HIRSETUTE.  /'.  eine  schneckenart,  conus  miliaris.  Nexnich 
i,  1189. 

HIKSEVOGEL,  m.  loxia  chloris,  der  grünfink.  Nemnich  3, 4.'>n. 

HIRT,  m.  pastor :  in  allerer  form  auch  noih  hirte. 

qnih.  hairdeis;  alts.  allnfr.  hirdi.  niederl.  herde  und  lu-rdcr ; 
iigs.  hirde,  heorde,  engl,  (jetzt  veraltet)  herd ;  altuord.  hirdir, 
dän.  livrde;  ahd.  liirti.  mhd.  hirlc.  die  gothische,  und  auch 
die  alten  niederdeutschen  und  hm-hdeutschen  formen  zeigen  aufs 
deutlichste  den  nahen  etymologischen  Zusammenhang  des  Wortes  mit 
herde  sp.  1077,  indem  das  erstere  aus  dem  letzteren  auf  nicht 
ungewöhnliche  wehe  durch  ein  ableitendes  suffix  weitergebildet  (.</. 
was  Zusammenhang.  Verbindung,  abhangigkeil  ausdrückt,  das  nhd. 
hat  dieses  Verhältnis  dadurch  verdunkelt,  dasz  es  bei  herde  den 
dental  auf  niederdeutscher  lautstufe  gela.^sen,  bei  hin  zur  hwh- 
deittschen  veischi^en  hat.  für  liirt  begegnet  die  form  herl  ih 
Milleldeut Schlund,  wo  sie  imh  jetzt  volksiudszig  ist :  hot  er  uhir 
da/,  einen  riuderhertiu  oder  sowhertiu  c;u  sejncni  \\.  Magd, 
blumr  J.  •.'.!>< I.     die  Schreibung  hürt  ist  vereinzelt: 

guti  im  mehi  btirt.    Wkckbkrli!«  07, 
du  bist  der  hört  der  (dir  gelrewen)  lieerden.     UHl. 

Itas  wart  folgte  in  der  alten  sjirarhe  der  starken  declinatiou.  hat 
sich  aber  bereits  vn  mhd.  der  schwachen  so  entschieden  zuyrif 
dasz  die  starke  fmm  seilen  ist,  mhd.  wh.  1,070*:  zwai  atn 
in  Are  des  olierislen   hirles.   Haufils  :ritschr.  i^.  \i!>;  im  nhn    i« 
sie  <Ki  gut  wie  ausgestorben,  tritt  etwa  nur  in  der  aimftosition  noch 
hervor,  vgl.  unten  unter  hirlenlohn  das  erste  heispici. 

Uedeiitung 

I)  hin,  im  allgemein»n  der  bestellte  hiUcr  mer  herde  hiii.- 
thiere;  vgl.  fichoflfirt,  ziegenhirl,  rioderbirt,  gaimchirl.  »chweiiii- 


1573 


HIRT 


HIRT  — HIRTEN 


1574 


I 


hirt  «.  Q- ;  «»»  meisten  tcird  allerdings,  oltne  ausärücläiclien  au4ein 
beisatz,  der  hfder  der  schaff  darunter  verstanden ;  er  . .  pfleget, 
wie  ein  hirl  seiner  herde.  Sirach  IS,  13;  zurslrewet  wie  die 
Schafe,  die  keinen  iiirten  haben.  Matih.  9, 36 ;  es  waren  hirten 
in  derselbigen  gegend  auf  dem  felde,  bei  den  hüilcn.  die 
hüteten  des  nachts  irer  herde.  Luc.  2,  8 ; 

der  armen  hirten  volk  thut  tras  es  soll  und  kan, 
der  ochs  und  esel  stehn  und  beten  das  kirnt  an. 
Opitz  3,  106 ; 

wir  wagten  es,  ein  schwaches  volk  der  hirten, 
im  kämpf  zu  gehen  mit  dem  herrn  der  weit? 

Schiller  Teil  1,2. 

zur  allitterierenden  formet  ist  hirt  und  herde  verbunden:  wird 
eine  herd  und  ein  hirte  werden.   Joh.  10, 16 ; 

ein  furchtbar  wüthend  Schrecknis  ist 
der  krieg;  die  herde  schlägt  er  und  den  hirten. 

Schiller  Teil  1,  2. 

dem  hirten,  den  ein  viehbesitzer  für  sieh  allein  hält  (eigenhirle. 
Jacobsson  6,  S7"),  steht  der  gemeine  hirt  gegenüber,  der  von 
einer  ganzen  gemeinde  besteUt  ist:  nymant  sol  sin  vihe  cju 
houje  haldin,  do  man  einen  gemeinen  birtin  cju  einer  stat 
hol.  Magdeb.  blume  2, 2, 1S3.  der  hirt  treibt  aus,  treibt  ein, 
weidet,  wintert  die  herde;  schneid  zu  grosz  und  klein  {schuhe), 
wie  der  schweinhirt  us  dem  dorf  treibt.  Vlensp.  .?.  63  Lappenb. ; 
nach  Jacobi  ntachet  sich  der  bin  mit  dem  vieh  auf  die 
Stoppelfelder,  im  herbst  aber  .  .  .  niusz  er  solches  später 
austreiben,  öcon.  lex.  (1730)  1043;  ich  musz  allerhand  käuze, 
wie  sie  der  hirte  zum  thore  ausztreibet,  mitlaufen  lassen. 
inlerim  5S3 ; 

nun  eilen  blockende  heerden 
aus  dem  dorfe  die  trift  hinauf;  im  geklingel  der  schellen 
herrscht  sie  d«r  braune  hirte  mit  pfeifen  und  schellen  zur  weide. 
Z.iCHARiÄ  liigcszeiten  (175T)  s.  15 ; 

es  weidet  nicht  allein,  es  tränkt 

die  heerd  ein  guter  hirt.    Voss  4,  191; 

ein  solches  war  im  lande  nie  erlebt, 

80  lang  ein  hirte  trieb  auf  diesen  bergen. 

ScHiLLBR  Teil  1,4; 
wer  hirt  ist,  wintre  ruhig  seine  heerde.    2,2. 

Das  vieh  wird  vor  den  hirten  getrieben,  ihn  in  seine  hut  über- 
geben :  tribit  man  ein  vy  vor  den  birtin  dez  morgins  oder  dej 
mitlagis,  und  brengit  ij  der  hirte  nicht  wider  in  da;  dorf 
{musz  ers  ersetzen).  Magdeb.  blume  2,  2,  2^2.  bildlich  ist  der  aus- 
druck  verwendet,  um  eine  darlegung  an  die  Öffentlichkeit  zu  kenn- 
zeichnen : 

.'  swer  ie  gelas  ein  büechlin, 
da?  ist  geheimen  der  bilgrin, 
der  weij  vil  me  von  baesen  wirlen, 

'  denne  ich  hie  tribe  für  disen  hirten.    Renner  5408. 

Sprichwörtlich:  bei  vil  hirten  wirt  übel  gehüt.  Acb.  spr.  (1560) 
332'.  ScHOTTEL  1123";  viel  hirten  übel  gehüt,  einer  will  da, 
der  ander  dort  binausz.  baurenst.  lasterpr.  65;  wann  der  hirt 
auch  nicht  mehr  freiheit  hätte,  als  das  schaf,  so  müste  er 
auch  grasz  essen.  Pistoriüs  thes.  par.  4,  75 ;  was  der  hirt  in 
.seiner  hut  verliehret,  das  soll  er  gellen.  8,96;  ein  hirt  musz 
seine  schafe  kennen,  wie  der  hirt,  so  die  heerde.  irrender 
hirt,  irrende  schafe.  was  dem  hirtea  zu  leide  geschieht,  ge- 
schieht den  Schafen  zum  schaden,  ein  guter  hirte  schiert 
seine  schafe,  ein  übler  zieht  ihnen  das  feil  ab.  wenn  die 
hirten  sich  zanken,  hat  der  wolf  gewonnen  spiel.  Sixuock 
sprichw.  252.  253; 

ämter  haben  soi^eo, 

und  hürteo  müssen  hüten  und  horchen. 

Simpl.  1  (1713)  t.  S. 

Das  wort  hat,  durch  die  unten  folgenden  Verwendungen,  einen 
edlen  klang  bekotnmen,  so  dasz  es  vom  volke  in  der  eigentlichen 
bedeutung  selten  mehr  gebraucht  wird,  in  MUleldeutschland  ist 
dafür  hutmann  oder  schäfer  üblich  {in  Obersnchsen  wendet  man 
liirt  nur  noch  für  den  rinderhirten  an),  m  Niederdeutschland  ist 
überhaupt  hirt  als  simples  nictU  mehr  verwendet,  nur  noch  in 
compositen  (swinhirt,  swinhlr  schweineliirt).  Schiller  :.  mekl. 
thier-  u.  kräuterb.  2,  6.    Fromm.  2,  37. 

2)  die  Schäferpoesie  des  1' .  iS.  Jahrhunderts  hat  den  hirten  mit 
poetischem  glänze  umgeben :  des  künigs  söhn,  der  sich  als  ein 
hirt  grün  gekleidet.  Homburg  Dulcimunda  (1643)  s.  39; 

hört  wie  der  hirte  wol  von  seiner  Phylli»  singt. 

Out«  1,  155; 
als  ich  nechst  war  ausz  spazieret 
zu  den  hirten  in  den  wald, 
und  mit  ihnen  musiciret, 
dasz  der  ganze  busch  erschallt.    2,195; 


als  die  sonue 
zum  ocean  eiilwicli, 
und  flötend  liirl  und  scliäfer 
durch  abendschulten  schlich.     Holti  S  Halm; 
und  sie  führi  den  schönsion  Iiirten 
zu  der  schönsten  hirtiu  hin.    Schiller  das  eleus.  fest. 

3)  hirten  sind  die  glieder  der  menschlichen  gesellschafl ,  so 
lange  sie  die  Viehzucht  gegen  den  ackerbau  bevorzugen  und  keine 
festen  Wohnsitze  haben,  nomaden :  ewere  kinder  sollen  hirten 
sein  in  der  wüsten  vierzig  jar.  i  Mos.  14,33;  dann  von  an- 
beginn  der  weit  seind  jeweils  hohe  personen  hirten  gewesen 
{folgen  beispiele).  Simpl.  l.  H  Kurz ;  wie  dieser  mittlere  gebirg- 
slrich  {Asiens)  eine  fortdauernde  arehe  Noah,  ein  lebendiger 
thiergarteu  fast  aller  wilden  gatlungen  unsers  hemisphärs  ist: 
so  muszien  seine  anwubner  auch  lange  die  mitgenossen  dieser 
thiere,  ihre  milden  hirten  oder  ihre  wilden  bezähmer  bleiben. 
Herder  zur  jMl.  6.2:  Adam  baute  den  acker;  einen  seiner 
söhne  sehen  wir  schon  einen  neuen  nahrungszweig,  die  Vieh- 
zucht, ergreifen,  das  menschengeschlecht  scheidet  sich  also 
liier  schon  in  zwei  verschiedene  conditionen,  in  feldbauer 
und  hirleii.  Schiller  7.  26^  Kurz  {etwas  über  die  erste  menschen- 
gesellschaß).     vgl.  hirlenvolk. 

4)  übertragen  heisst  gott  der  hirt  der  menschen :  der  herr  ist 
mein  hirte,  mir  wird  nichts  mangeln,  er  weidet  mich  auf 
einer  grünen  awen.  ps.  23, 1 ;  du  hirte  Israel,  höre.  80, 2 ; 
gedenk  o  mensch,  wie  gott  der  herr  biszher  dein  guter  hirt 
und  wirlh  gewesen  sei,  so  dasz  du  und  dein  sauien  nicht 
hast  dürfen  nach  brodt  gehen.   Schuppius  209; 

gott  ist  mein  hirt,  ich  darf  nicht  mangel  leiden. 

Opitz  psalmen  s.  46. 

Christus  selbst  nennt  sich  einen  guten  hirten :  ich  bin  ein  guter 
hirte.  ein  guter  hirte  lesset  sein  leben  für  die  schafe.  Joh. 
10, 12 ;  und  so  werden  auch  die,  denen  nach  ihm  das  geistliche 
lehramt  anveitraut  ist,  hirten  genannt :  er  hat  etliche  zu  apostel 
gesetzt,  etliche  al)er  zu  propheten,  etliche  zu  evangelisten, 
etliche  zu  hirten  und  lerer.  Ephes.  4,11;  daj  wir  in  alle  ge- 
mainlich  reich  und  arme  gerne  zu  ainein  byschoff  und  hirten 
der  seien  für  menglichen  haben  wellen,  d.  stddtechr.  5, 345, 16 
(roii  1415); 

seht!  steigt  nicht  selbst  der  fromme  diener  9«ttes, 

der  würdge  pfarrer  mit  herab?  nicht  scheut  er 

des  Weges  mühen  und  das  graun  der  nacht, 

ein  treuer  hirle  für  das  volk  zu  sorgen.    ScuaLER  Teil  i,  t. 

vyl..  ober-,  seelenhirl. 

5)  den  herscher  eines  volks  seinen  hirten  zu  nennen,  ist  aUer 
brauch : 

alt-i.  thes  werodes  birdi, 

.  .  thie  beri-togo.       Hetiaiui  5551; 

ags.  gehyrde  oq  Beövulfe 

folces  hyrde  fastiidne  ge})öht.    Beov.  611; 

aber  auch  dei-  neuem  spräche  nicht  uübekannt: 

dasz  die  weisere  well  ein  goldenes  alter  beglücke, 
und  Aslräa  wieder  der  erde  beherrscherinn  üeisze, 
und  von  ihren  söhnen,  deu  hirten  der  Völker,  noch  lauge 
ihr  gellebtester  söhn  der  gerechte  Friederich  Wilhelm. 

Bailer  1,  120. 

HIRTE,  /■.  ein  innerschweizerisches  wort,  zunächst  {neben 
hirlig  für  hirtung)  die  hut  und  Wartung  des  viehes,  dann  die 
gehütete  herde  selbst,  und  endlich  auch  die  zeit  der  hut  bezeich- 
nend, aus  welcher  letzteren  bedeutung  die  allgemeine  zeit,  stunde 
flieszt.  vgl.  Stalder  2,46;  welcher  hirten  im  tag  sie  wellen. 
quelle  des  15.  jh.  daselbst. 

HIRTEN,  ier6.  als  hirt  hülen ,  das  vieh  warten,  ein  aus- 
schlieszUch  schweizerisches,  noch  jetzt  (Stalder  2, 46)  gebräuch- 
liches wort:  hirten,  dem  vych  auf  dem  väld  hüten,  pascere, 
paslum  dare.  .M.aaler  226";  die  schaaf  hirten,  zu  ässen  gäben, 
ribum  ovibus  dare.  das.;  pascuum,  phiraliter  pascua.  weid,  ein 
jeglich  ort,  da  sich  das  vieh  hirtet  oder  weidet,  weidgang 
oder  ahnet,  glosse  zu  Verg.  ed.  1,49  in  Vergil.  opp.  ed.  EgenolfM 
(1597)312';  der  hirt  mag  demselbigen  {der  den  hirle nlohu  niiht 
bezahlt)  ein  houpt,  das  er  gebirtet  hat,  abbinden.  ueuM.  4,343 
{Zürich);  {dasz)  er  das  {vieh)  selber  gebirtet  habi.  434  {Unler- 
walden  v.  1413);  nun  ging  er  nicht  mehr  fort,  trat  aufs  neue 
an  die  spitze  der  hausliallung . .  und  hirlele  die  kühe  selber. 
a.m.im  Tockenb.  17;  ohne  erinnening  eines  ehemaligen,  ohne 
argwöhn  eines  künftigen  jochs  hirten  sie  ihr  vieh.  J.  v.  MOllek 
gesch.  Schweiz,  eidg.  2,341.  im  compositum  behirten :  der  sol 
sin  vieh  behirten  und  versorgen,  weisth.  5, 183  {st.  Gallen  von 
1462).  auf  das  geistliche  hirtenamt  bezogen  {vgl.  hirt  4  am  tnäe): 
dannea  ist   euch   die  pine  kämmen,   dasz  die  wis  sin  soU- 

y9* 


1575 


HIRTENAMT  —  HIRTENHUT 


HIRTENHÜTTE  —  HIRTENNADEL   1 576 


lind,    das   gesind   gottes   ze  hirten,  ze  narren  worden  sind. 
ZWIXGLI   1,216. 

jr  HIRTENAMT,  m.  atnl  eines  hirlen:  das  liirtennmt  sei  eine 
Vorbereitung  und  anfang  zum  regiment :  dann  gleichwie  die 
bellicosa  und  marlialia  ingcnia  ersllich  auf  der  jagd  geübt 
und  angeführel  werden,  also  soll  man  auch  diejenige,  so 
zum  regiment  gezogen  sollen  werden,  ersllich  in  dem  lieb- 
lichen und  freundlichen  hirtcnamt  anleiten.  Simpl.  1, 15  A'ur;. 
in  geistlicher  bedeutung :  es  ist  eine  .  .  .  jjflicht  des  obersten 
hirtenamts,  die  irrenden  aus  dem  sumpfe  ihres  unkatholischen 
wahns  . .  hinaus  zu  führen,  er.  kirchenzeilung  1866  s.  754. 
HIRTENAMTCHEN,  n.  .• 

so  hoch  ein  propst  sein  hirteiiämtchen  achtet. 
TUCÜHKL  4,  130. 

HIRTENBIRNE,  f.  eine  birnenart,  franz.  pastoreile.  Nbnnich. 

HIRTENBRIEF,  f.  brief  eines  geistlichen  hirten,  epistola  pasto- 
ralis:  der  hirlenbricf  des  bischofs.  in  freier  anwendung:  er 
wollte  eben  medizinische  hirlenbriefe  gegen  diese  zernagende 
Schwärmerei  abfassen.  J.  Paul  Uesp.  2,  234. 

HIRTENBLBE,  m.  hirtenknabe. 

HIRTE.NBIBLEIN,  n. 

HIRTENBL'CH,  n.  buch  den  hirlen  gehörig: 

wol,  ich  weis  ihm  (dem  kiiul  der  Venus)  ganz  bereit, 

was  man  noch  bat  dieser  zeit 

von  den  ^Ottern  aufgeschrieben, 

und  im  hirtenbuch  ist  blieben.    Opitz  2,  195. 

HIRTENDIENST,  m.  dienst  eines  hirUn.  Winer  hibl  red- 
wOrterbuch  (lb33)  1,618. 

HIRTENFELER,  n.  feuer  um  das  sich  die  hirten  auf  dem 
felde  lagern: 

zween  knaben  liefen  durch  den  hain, 

und  lasen  eichenreiser  auf, 

und  ihürmten  sich  ein  hirtenfeuer.    Höltt  37  Halm. 

HIRTENFLÖTE,  f.  l)  fistula  pastoricia:  der  regcnt  .  .  ist 
der  oberhirt,  nicht  der  schüchter  des  Staats,  sogar  die 
woUenscheere  nehm  er  nicht  so  oft  als  die  hirtenflöle  in 
die  band.    J.  Paul  Tit.  l,  77. 

2)  eine  arl  des  Wegerichs,  planlago  aquatica. 

HIRTENFLUR,  f.  flur  auf  der  die  hirten  weilen: 

alte  sage  bringt  zu  obren: 
dasz  sie  (VVnu.s)  auf  der  hirtenflur 
selber  einst  den  sobn  geboren, 
den  belierrscher  der  nauir.    Bürger  115'; 
da  galt  kein  unter  und  kein  ober 
auf  gleicher  hirtenflur.    Voss  4,  232. 

HIRTENGEDICHT,  n.  das  hirtenleben  schilderndes,  empßn- 
dungen  der  hirten  ausdrückendes  gedieht :  cclogen  oder  hürten- 
gedichte.    Weckherlin  753. 

HIRTENGEHEGE,   »i.  abgeschlossener  räum  zum  viehstand: 

zu  dem  einsamen  hirtengehege  (mt  ft<tbul(i  aviu) 
kommt  sie  zuletzt  mitgehend,  ruft  Evo6,  bricht  durch  die  pforten, 
raubt  die  Schwester  hinweg. 

Voss  Ovid  nr.  30,  174  (meiam.  6,  596). 

HIRTENGERICHT,  n.  die  gerichtsbarkeü,  in  Sachen  der  weide 
und  triß  zu  erkennen  und  abxuurtheilen.   Adelung. 

HIRTENGESANG,  m.  wechselgesang  der  hirten:  hirtengesang, 
da  man  stuck  umb  stuck  singt,  wie  auch  mcistergesang, 
bucolica.    Maaler  226'. 

HIRTENGESPRÄCH,  n.  ecloga.   Stieieb  2103. 

HIBTENGOTT,  m.: 

von  Pan  dem  hirtengot.    Wickhirlir  725; 

aber  wo  bleibet  uns  Pan, 

welchen  man  sonsten  den  hirtengott  nennet. 

Görimc  liebesmeyenhltdimlcin  (1654)  s.  27; 

schmelzender  erklang  die  flöte 
in  des  hirtengottes  band. 

ScuiLLtR  ijOtler  Gricrherlandt,  1.  beiirb. 

HIRTENGRAS,  n.  phleum  praUnse,  auch  lieschgras.  Nemnich 
4,944. 

HIRTENHAL'S,  n.  haus  für  die  uiohnung  oder  Unterschlupf 
von  hirten:  untcrwegcn  aber  war  ein  hirlenhaus.  2  kOn.  10, 12; 
weide  deine  Locke  bei  den  hirlenheusern.  hohel.  1,8.  —  dim. 
birlenheüszie,  tectum  pattorale  casae,  attegiae.    .Maalkr  226". 

HIRTENHüRN,  n.  hörn  des  hirlen:  das  hirtenborn  blasen. 
Tn.  Plater  40.  ipnchKOrtlich :  das  hirtenborn  hast  verschlafen 
(du  kommst  zu  spat).  Fisciiart  in  Scheil-let  Uotter  10,636. 

HIRTENHLNÜ,  m.  canu  dometlicus.  Ne«?iicii  1,814;  birlen- 
hund,  der  das  vych  verbülel,  paaoralis  canit,  canis  pecuarius. 
Maaler  226*. 

HlhTE.NHUT,  f.  hut,  ukutz  der  hüten:  unter  hirU-nbut 
weiden.   Stoi.bkic  14, 170. 


HIRTENHCTTE,  f  attegiae.  Stieler  869;  in  einer  hirten- 
hütt  kihincn  nit  vil  freunde  zu  berbcrg  sein,  also  spolt  man 
der  falschen  freund,  die  zi^i  armen  freunden  nimmer  kom- 
men. Agb.  spr.  (1560)  332'.  an  stelle  des  compositums  genitivc 
fügung :  meine  zeit  ist  dahin,  und  von  mir  aufgereumet,  wie 
eins  hirten  hülle.   Jes.  38, 12. 

HIRTENHCTTLEIN,  n.:  zu  discr  seien  spricht  gol.  o  du 
;illersrhöns|p,  hasUi  diu  vergessen,  so  gang  anbin  und  loul 
dinem  fyhc  noch,  und  wcid  din  kylzen  bi  den  hirlenhütliu. 
Keisersberg  bilg.  54*. 

HIRTENJUNGE,  m.  puer  pasloris;  auch  puer  pastor  {vergl. 
hirtenknabe). 

HIRTENKASTE,  f.:  es  ist  eben  so  fremde  zu  fragen:  ob 
der  Sinesc  von  Kain  oder  Abel,  d.  i.  aus  einer  Iroglodyten-, 
hirlen-   oder   ackerkasle   abstamme.    Herder  zur  phil.  5,293. 

HIRTENKELLE,  f  stock,  stab  der  hirten:  hirtenkewi,  hut- 
kcwle,  nd.  hirtenkule,  agolus,  pedus.    Dief.  18*.  421'. 

HIRTENKLEID,  n.  pastoralis  habüus.  Maaler  220';  Lucide, 
Montcnor,   beide   in   biricnkleidern.    A.  Grvpiuus    1698  1,666. 

HIRTENKNABE,  m.  puer  opilionis.  Stieler  990;  höret  .  . 
seine  (gottes)  gedanken,  die  er  über  die  einwoner  in  Theman 
hat.  was  gilts  ob  nicht  die  hirtcnknabcn  sie  schleifen  wer- 
den, und  ire  wonung  zerstören?  Jer.  49,20;  die  jungen  hir- 
tcnknabcn, Juventus  pastoralis.    Maaler  226"; 

ich  bin  vom  berg  der  hirtenknab, 

seh  auf  die  Schlösser  all  herab.    Uuland  ged.  20; 

droben  stehet  die  kapelle, 

schauet  still  ins  thal  hinab, 

drunten  singt  bei  wies  und  quelle 

froh  und  hell  der  hirtenknab.    13. 

HIRTENKOST,  f  kost,  nahrung  eines  hirten: 

ist  dir  mit  hirtcnkost 
gedient,  mein  hirt,  so  komm,  weil  Titan  sich  von  ost 
gemach  nach  süden  wendt:  die  lasch  ist  noch  versehn'' 
mit  frucht,  vor  dich  und  mich.        A.  Grtpuius  1698  1,  656. 

HIRTENLAGER,  n. :  die  erste  rast  (beim  ausmarsch  der  kin- 
der  Israel  aus  Aegypten)  ward  zu  Suchot,  d.  h.  hirtenlager, 
gemacht.    Beckers  weltgesch.  1,109. 

HIRTENLEBEN,  n.  vita  pastoralis.    Frisch  1, 456*. 

HIRTENLIEBE,  f.:  des  Longus  vier  bücber  von  der 
hirlenlicbe  des  Daphnis  und  der  Chloc.  Eschenburg  handb. 
der  klass.  litt.  (1772)  s.   170. 

HIRTENLIED,  n.  carmen  pastorale,  schäferlied.  Stieler  HCl; 

verwegne !  dasz  du  dich  erquickst  in  deinem  herzen 
ob  meinem  hirienlied!  ich  singe  nicht  von  dir. 

A.  Gktphius  1698  1,66!>; 
dasz  von  des  Sinnes  niederm  triebe 
der  liebe  beszrer  keim  sich  schied, 
dankt  er  dem  ersten  hirienlied. 

Schiller  die  kfinsiter  v.  203. 

in  den  flötenden    hirtenlicdern    der   liebe.    J.  Paul  Tit.  2, 75. 

HIRTENLOHN,  m.  n.  merces  pastoralis:  da;  gemeine  herle- 
lon.  Magdeb.  blume  2,  2,  184 ;  wenn  ey  (ein)  küg-ald  süwhirt 
umb  hirtenlon  einen  verclagen  und  berechtigen  thut.  weisth. 
4,343  (Zürich  v.  1534). 

HIRTENLLST,  f.  gaudium  pastorale,  sehdferslust.  Stiri.br  1187. 

HIRTENMÄDCHEN,  n.: 

weil  gott 
mit  reicher  Schönheit  ihren  leib  geschmückt, 
mit  hohen  wundergabon  sie  gesegnet 
vor  allen  hirtenmadchcn  dieses  tnals. 

Schiller  junqjrau,  pro/.  2!  aufir. 

HIRTENMAGD,  f.  ancilla  pastoralis.   Stieler  1210. 

HIRTENMÄSZIG,    aäj.:   die    landschaft   (landschaflsmakic) 
enthält  zwo  arten,   die  heroische,  welche    nur   wohlgcw,ilili< 
gegenden,  ...  die  hirlenmüszige,    welche  uns  die  cinl.tlin;«' 
natur  und  gemeine  gegenslünde,   als  hirten,  hecrdcn,  ham  i 
hüllen,  büiinie,  felscn  elc.  vor  äugen  legt.    Jacobsson  2,  o../. 

HIRTENMEISTER,  m.:  die  kunsl,  bienen  aus  rinderaa- 
zu  erzeugen,  wird  als  erfindung  des  Arislaeus  gerühmt,  eini-- 
thessalischen  hirtenmeislers  oder  oberbirteti.  Voss  su  Vity. 
Georg.  4,281. 

HIRTENMONAT,  m.  6e»  Fischart  für  april:  die  geisen  im 
aprill  oder  birtcnmunat  junge  tragen,  ehz.  518;  im  aprill, 
farrenmonat,  nslermonal,  hirleninnnal ,  wann  der  hin  aul 
itmenisch  den  geisen  zum  werfen  aufpfeifl.    j^roiim.  104. 

HIRTENMl'SIK,  f.  musica  pasloralu,  campestris,  ruraUs,  feld- 
musik,  schdfermustk.    Stieler   1312. 

HIRTENNADEL,    f    "•-   "" '      •■—''"    ••••'""   ''•'"•"»• 

nadtlkerbfi    Nkmnich. 


1577   HIRTENPFAND  —  HIRTENSTAND] 


UIRTENSTECKEN—  HIRTIN 


1578 


HIRTE.NPFAND,  «.;  wann  der  hirt  die  ganze  heerde  hat 
schaden  thun  lassen,  und  gepfändet  wird,  musz  er  zwei 
neue  schock,  das  ist,  5  thaler  pfandschilling  geben,  das  ist 
ein  hirfenpfand.    Leiser  jus  Georgicum  bei  Frisch  1, 456*. 

HIRTENPFEIFE,  f.  fistula  pastoricia.  Frisch  1,456';  hirten- 
pfeif  die  sy  ausz  einem  halm  machend ,  calamus.  Maaler 
226";  divi.  gebälle  hirlenpfeiflein,  arguli  calami.    das. 

HIRTENPFLICHT,  f.  icas  ein  hirt  zu  leisten  schuldig  ist: 

nimm  groszer  waldgott,   nimm  die  arme  hirtenpfliclit  (kniet 

nieder), 
die  ich  dir  schuldig  bini  verschmäh  mich  Pan  doch  nicht! 
A.  Grtphils  1698  1,  658  ; 

auch  in  geistlichem  sinne:  dasz  die  prediger  ihre  gemeinde- 
glieder  aufsuchen  und  im  glauben  stärken,  gehört  zu  ihren 
hirtenpflichten. 

HIRTENPFRCNDE,  f.  merces  quae  pasiori  dafür.  Frisch  1,456'. 
HIRTENRECHT,  n.  tcas  bei  hirten  rechtens  ist: 

worzu  dients  mich  mit  den  lahmen  schwenken 
zu  quälen,  weil  ich  nicht  das  hirtenrecht  wil  kränken. 

A.  Grtphics  1698  1,  676. 

HIRTENREIHE,  f.  reihe,  schaar  von  hirten: 

wo  hirtenreihn  ein  maienfest  begehen.    Gott*«  1,  23  (15). 
HIRTENSCHAFT,  f.  das  hirt  sein:   {die  Karschin)  hielt  die 
jähre  ihrer  hirtenschaft  für  die  schönsten  ihres  lebens.  C.  L. 
y.  Rleske  in  den  gedickten  der  Karschin  (l'^')  23. 
HIRTENSCHAR,  f.: 

name  (in  eine  fichle  gesdinilten) ,  wachse  mit  den  rinden! 

wachse,  denkmal  meiner  band! 

werd  auch  in  entlegnen  gründen 

jeder  hirtenschar  bekannt!    Uagedor!«  3,60. 

HIRTENSCHCTTE,  /■.  certa  quantitas  frumenti,  quae  bubulcis 
paganis  quolannis  praestatur.  Stieler  1944.  bei  Adelung  auch 
hirtenschiitt,  masc,  als  obersächsisch. 

HIRTENSECKEL,  m.  name  eines  krautes.  sanguinaria  herba. 
Frisch  l,  456'. 

HIRTENSOHN,  m.; 

der  tod  fragt  darnach  wenig, 

er  nimmt  den  herrn  vom  thron, 

als  wie  den  hirtensohn.    Hilde>ra<<o  rolksl.  422  (v.  17%). 

HIRTENSPIEL,  n.  schäferspiel: 

wenn  nächsten  winter  man  kein  hirtenspiel  gespielet. 

A.  Grtpbics  1698  1,  661. 

HIRTENST.XB,  vi.  \)  stab,  wie  ihn  die  hirten  fiihren,  pedum. 
Maaler  226' ;  oft  durch  die  poesie  verherrlicht  (vgl.  oben  hirt  2) : 
wie  solle,  d«iner  meinung  nach,  so  Ijar  ungereumLt  sein, 
die  crone  mit  dem  hirtenstabe  zu  vereinigen?  Hombubc  Dul- 
ämunda  (1643)  s.  27; 

wer  hat  mehr  heil  und  lust  und  ehr  auf  dieser  well, 
als  der  den  hirtenstaab  mit  freier  rechten  hält? 

A.  ÜRTPUICS  1698  1,657; 

gönnt  dieses  band  zum  schmuck  auf  meinem  hirtenstabe.    682 ; 
sie  zupft,  auf  ihren  birtenstab 
gelehnt,  am  busenband.    Uöltt  15  Halm; 
ich  bin  nur  eine  Jungfrau,  eine  Schäferin 
geboren ;  nicht  des  schwerts  gewohnt  ist  diese  band, 
die  den  unschuldig  frommen  uirtenstab  geführt. 

Schiller  Jungfrau  2,  7, 
als  si/mtol  des  hirtenstandes : 

Pyrrbas  schöne  töchter  zu  besiegen, 
nahm  der  Leto  sobn  den  birtenstab. 

ijötler  Grteckenlandt,  2.  beurbeitung ; 

überhaupt  eines  schlichten  standet: 

Jupiter,  der  hirtenstäb  und  kronea 
aus  6iner  ume  streut.       Ramler  1,  76. 

2)  in  übertragenem  sinne:  was  würde  nicht  aus  den  unter 
so  wechselnde  hirtenstabe  hin  und  her  getriebenen  vOlkern 
werden,  wenn  sie  nicht  durch  landesväter  ein  vaterland  be- 
kämen, wie  sonst  durch  dieses  jene?  J.  Pacl  friedenpr.  3. 
namentlich  heiszt  birtenstab  auch  der  bischofsstab  und  metony- 
misch die  bischüfswürde.     vgl.  krummstah. 

3)  ebenso  metonymisch,  aber  nach  der  bedeutung  1  heiszt  birten- 
stab einerseits  das  recht  einen  solchen  zu  verleihen  und  also  einen 
hirten  einzusetzen,  womit  die  gerichtsbarkeit  über  weide  und  tri/t 
verbunden  ist  (vgl.  oben  hirtengerichl).  Frisch  1,456';  anderer- 
seits auch  dienst  und  gereclUsame  eines  hirten :  vom  birtenstab 
«erden  abgaben  gegeben  Leier  mhd.  wb.  1, 1305. 

4)  birtenstab  pftanzenname :  dipsacus  pilosut,  die  behaarte 
karde.    Nemmcu  2,  1426. 

HIRTE.NSTAND,  m.  stand  eines  hirten:  so  viele  gefahren 
drohten  mir  wahrend  meinem  hirteastand  mehrmal ,  Jeib« 
und  lebens  Terlu.<;tig  zu  werden,    a.  m.  im  Tockenb.  35; 


doch  als  mir  Atropos  den  vater  weggenommen, 
bin  in  den  hirtenstand  ich  von  dem  nof  abkommen. 

A.  Grtphils  1698  1,  685. 

HIRTENSTECKEN,  m. :  hirtensläckeu  agolum.  Maaler  226'. 

HIRTE.NSTIMME,  f  stimme  eines  hirten,  auch  in  übertrage- 
nem sinne:  sonderbar  genug,  dasz  ihr  (KIdrchens)  zäriliches 
obr  erst  ein  wenig  durch  die  beredsainkeit  der  kasuisten 
abgehärtet  werden  muszte,  um  nicht  vor  der  hirtenstimuie 
des  heiligen  vaters  zu  erschrecken !  TuGmiiel  3, 282. 

HIRTENSTOCK,  m.  stock  eines  hirten. 

HIRTENSTÖCKLEIN ,  n.  dim.:  mit  dem  hhrtenslöcklein 
wehren.   Tn.  Platw  31. 

HIRTENSTÜCKLEIN ,  n.  ironisch,  stück,  that,  wie  sie  ein 
hirt  ausült,  hier  vom  (,eistlichen  hirten,  dem  papste:  und  wel- 
ches das  treulichst  hirtenstücklein  ist,  schickt  er  (Paulus  HI) 
.  .  seinen  bruder  .  .  mit  eim  hör  (herr)  wider  die  evan- 
gelischen inn  Teutschland.    Fischart  &ieriA-.  132*. 

HIRTENTANZ,  m.  opilionum  et  pastorum  saltalio.  Stieler  2256. 

HIRTENTASCHE,  f.  1)  lasche  eines  hirten :  (David)  erwelet 
fünf  glatte  steine  aus  dem  bach,  und  thet  sie  in  die  birten- 
tassche  die  er  hatte.  iSam.  17,40. 

2)  name  der  pflanze  thlaspi  bursa  pastoris,  auch  täschelkraut, 
blutkraut.  Nemmch  4, 1456;  es  dient  als  Llutäülendes  mittel,  tgl. 
oben  birteuseckel. 

HIRTENTHAL,  n.  thal  in  dem  hirten  wohnen,  stilles,  beschei- 
denes thal: 

ihr  gabt,  ihr  nähmet  mir  Golkoudens  königskrone; 
ihr  führtet  mich,  der  Observanz  zum  höhne, 
vom  hirtenthal  hinauf  zum  gold-  und  marmorsaal, 
und  wiederum  von  da  hinab  zum  thal.    Bi^RCBR  HO';' 

mit  zugebundnen  äugen  wurde  der  unwissende  Jüngling  ton 
der  sonne  seiner  Jugend  herabgeführt,  und  aus  dem  hirten- 
thale  seiner  ersten  liebe  hinweg.  J.  Paul  Tit.  4, 58. 
HIRTENTRACHT,  /'.  tracht,  kleidung  der  hirten: 

kommt  gleich  mit  hirtentracht  dein  kleid  nicht  überein, 
so  kanst  du  anders  doch  nichts  als  ein  hirte  sein. 

A.  Grtpuils  1698  1,  656. 

HIRTENTUGEND,  f.  tugend  eines  (geistlichen)  hirien :  daher 
ist  es  auch  ganz  richtig,  wenn  man  den  character  und  die 
höchste  aller  hirlentugenden  in  der  lehrhafligkeit  findet.  Lohe 
der  evangel.  geistliche  2. 74. 

HIRTENVOLK,  n.  volk  von  hirten,  nomaden :  die  geschlechts- 
sage  eines  hirtenvolks  dieser  gegend.  Herder  jur  pAi/.  5, 291 ; 
erfindungen, . .  die  ein  hirten-  und  ackervolk  des  westlichem 
Asiens  betrafen.  290. 
HIRTENWEIB,  n.: 

zurück,  verwegner!  (schreit 
Tritonia),  drei  schritte  mir  vom  leibe ! 
vergesset  nicht  den  unterscheid 
von  einer  tochter  Zevs  uud  einem  birtenweibe! 

WiELASD  10,  188  (</(JS  urtheil  des  Pari*); 

du  hast  dich  ja  so  nettchens  geputzt,  das  bin  ich  nicht  ge- 
wohnet, darzu  gegen  abend  wie  die  hirtenweiber.  exorcist  27. 
HIRTENZELT,  ti.. 

wenn  in  meinem  birtenzelt 

mich  ein  Unglück  überfällt.    GöU5ck  1,  59. 

HIRTENZUNFT,  /".  zunft,  Vereinigung  von  hirten.  Spee  trutZ' 
nachtigall  324. 

HIRTENZUSTAND,  m. ;  in  Afrika  sind  die  festesten  despo- 
tien  Asien  nahe;  je  weiter  hinab,  desto  mehr  ist  die  tyrannei 
noch  im  rohen  zustande,  bis  sie  sich  endlich  unter  den 
Kaffern  in  den  patriarchalischen  hirteuzustand  verlieret. 
Herder  zur  phil.  5,257. 

HIRTIG,  adj.  genügsam  in  Wartung  und  nahrung,  leicht  zu 
hüten ,  dann  auch  ordentlich,  rechtzeitig,  schweizerisch,  nament- 
lich im  Berner  oberlande  gebräuchlich.  Stalder  2,  46 :  das  gute 
essen,  der  ungewohnte  wein  machte  die  kinder  erst  unbirtig, 
dann  schläfrig  und  Anne  Marie  schickte  sie  schlafen.  J.  Gott- 
HELF  sehuldenb.  149. 

HIRTIN,  f  weiblicher  hirt:  deszgleichen  als  iun  der  nähe 
die  andere  bangart  und  hirten,  sambt  den  bangartiuen  und 
hirliuen,  des  Schollentrits  gesciuei  gehört  hatten,  kamen  sie 
. . .  mit  ihren  schludern  uud  schlingen,  üarg.  198' ;  er  hatte 
sich  die  muglichkeit  eines  solchen  (lebenden)  biides  (anbetuny 
Christi  durch  die  hirten)  vollkommen  vergegenwärtigt,  ein 
schöner  frischer  knabe  war  gefunden;  an  hirten  und  hir- 
tinneu konnte  es  auch  nicht  fehleu.  Götue  17, 270 ; 

hört  grosxe  ajmte  hört,  hört  schönste  der  binüiueu, 
ihr  edlen  schaler  hört,  die  marter  meiner  sioueo! 

A.  Grtpuils  169s  1,  673. 


1579 


IlIRTISCH  —  HISSEN 


ITISSENBLOCK  —  HITSCHE 


1580 


in  überlragfner  bedeutunq: 

hciT,  ir  habt  eine  rrume  Iroiic  »virlin. 

die  ist  ir  eren  rin  treue  liiriin, 

und  hüeiet  «ol  zu  unden  und  oben,    fusln.sp.  105,22. 

HIRTISCH .  adj.  dem  hiHen  eigen  oder  gemäss :  hirti.srh 
pastoral  Ronde.\l-  312;  Germania  .  .  ffrobcr  hirli.''cher  sillen. 
S.  Kr.\nk  iceltb.  4S* ;  ein  büigisch  gegend,  da  eisllirh  hirliscli 
ein  woner  gcwe.<ien  sind.  S9\ 

HHlTLtlN.  »1.  junger  hii1,  lüiienknabe :  einst  waren  unser 
zwei  hirliin  im  wald,  redeten  mancherlei  kindlich  ding,  under 
andrem  wünschten  wier  das  wir  kenden  fliegen.  Th.  Plater 
12  (31). 

HIRTLICH,  adj.  dem  hirten  eigen,  gemäsz:  pnsloralis,  pasto- 
rius,  pastoricus  hirtelich,  nd.  hierdelic  Dief.  416" ;  driu  almiisen 
den  hailigen  hirten  (er:ra7em),  bit  Uaj  si  dich  behalten  mit 
hirtlirher  ruchc.  Haupts  zeüschr.  8,115;  Maria  aus  einem  hirl- 
lich  königlichen  stamm.  Hippel  14, 141 ; 

die  pfade  des  wandrers, 
der,  am  tosenden  ström,  aur  zu  der  hütte  sich  sehnt, 
2U  dem  ziele  des  tags,  der  stillen  hirtlichen  wohnung. ! 

GÖTHK  1,314; 
hirlliche  Schalmeien.    Lenau  Faust  154; 
jeiit  ergreifend  schnell  mit  den  bänden   den  hirtlichen  knunm- 
stab.    Ptrkbr  Tunix.  3,  3^5. 

HIRTSAME,  f.  rechte  und  pflichten  des  hirten,  Viehweide,  vieh- 
trieb: mit  hirtsami  «nd  mit  banzuni.  teeistli.  4,495  {st.  Blasien 
von  1383). 

HIRTSCHAFT,  f.  Viehweide:  und  sol  der  ammnn  an  des 
gotzhus  stat  rihten  . .  umbe  hirtschaft,  iinibe  vischen,  imibc 
vogelon,  umbe  lagen  und  umbe  alle  azzuugc-  weisth.  4, 501 
{Schwarzwald  r.  1321);  hirlschaft,  viehhul,  viehtrieb  Schm.  i,iito 
Fromm. 

HIRZELN,  verb. :  wenn  ein  hunl  zornig  ist,  so  setzt  er 
die  füsz  hert  an  die  erd  und  widerstrüszel,  und  widersetzt 
sich  Tj gentlich  {feindlich),  und  grollet  und  byszet  und  billet 
umb  sich,  wenn  er  lugenthaflig  und  frülich  ist,  so  hirzlet 
er  uff  dryen  füszen,  und  wedlet  und  luufet  vor  anbin.  Kei- 
SEBSBERG  bUg.  146'.  dem  Zusammenhang  nach  wie  hüpfen  oder 
hinken. 

HISPE,  f. :  hispen,  timbria,  est  quedam  lierba.  voc.  ine.  theut. 
k  2".  thymbra  heiszt  sonst  der  garicnisop ;  wahrscheinlich  dasz 
hi>;pe  nichts  als  eine  Verstümmelung  von  isop  ist. 

HISS,  intcrj.  zuruf  an  hunde : 

ein  Schäfer  spricht  da  führt  mir  der  böse  den  leitbock 
wieder  ins  körn !  hiss,  wachter  den  krummhorn  dort  mit  der 

schelle  !    Voss  2,  178  {idijlt.  11,  58). 

im  Westfdliichen  t^iss!  mit  dem  verbum  hissen  hetzen,  zu  dem 
die  bemerkungen  auf  sp.  12^  zu  vergleichen  sind;  um  Follers- 
leben  bis!  his!  Fbomm.  4.  35.  5,147.  in  Ihsnen  ist  hisse  neben 
hieze  lockruf  und  schmeichelname  für  ziegen.  Vii.mar   171. 

HISSE,  /:  eine  art  winde  oder  kloben,  womit  hsten  auf  schiffen 
in  die  höhe  gewunden  werden.  Jacobsson  2,206*.  vergl.  das 
folgende. 

HISSEN,  verb.  ein  schifferwort,  etwas  mit  kloben  oder  tauen 
in  die  höhe  ziehen.  Jacobssün  das.;  rj/.  aufhissen  th.  i  sp.n'O. 
die  dort  aufgestellte  ansieht  von  der  undeul.vhheit  des  wortes  darf 
indes  aufgegeben  werden,  hissen,  als  ursprünglich  niedwdeutsrhe 
form  in  die  Schriftsprache  nufgenommeu,  kehrt  so  im  schuvd. 
hissa,  sowie  in  romanischen  sprachen  wieder:  franz.  hissrr,  ital. 
iMsare,  span.  portugies.  izar ;  mit  langem  torale  im  holldnd.  iiij/.eii. 
ddn.  heise  neben  hisse,  überalt  m  trchnischrr  spiarhe :  allge- 
meinen gebrauch  hat  das  engl,  hiii-t  ih  die  hohe  ziehen,  und  dies 
berührt  sich  wieder,  namentlich  in  bczug  auf  seine  schlieszende 
dentalin,  mit  dem  srhwetz.  hi'^le,  koriihiäle,  eine  ort  kornleiter, 
Listen,  aiifhisten,  die  garben  auf  eine  solche  leiter  hängen,  auf- 
iiehen.  Staldeb  2.47.  In  ähnlicher  bedeutuuy  steht  das  norwegische 
krsje,  frames  or  raus  on  whirh  hay  or  mm  is  put  for  drging. 
Iwesj;!  to  dry  on  h(Tsje  (Vicfls.-ion  259') ;  isländ.  Jiisn  lieiszl 
funtbus  attollere  (IlAinARso«!  1,302').  die  Verbreitung  der  auf- 
geiählten  verwandten  formen  in  mehr  odei-  weniger  zusammen - 
sttmmendrr  bedeutunq  über  da%  ganze  deutsche  Sprachgebiet  Inszt 
die  deutscMieü  von  liisscii  und  die  entlehn ung  diaes  Wortes  roi» 
tnten  der  Homanen  ah  geirisii  erscheinen,  dagegen  ist  nbitam- 
mung  und  eigentliche  l>edeulung  des  wmtes  dunkel;  ein  zusam- 
iHenhang  mit  dem  unter  Henne  sp.  12»W  aufgeführten  nieder - 
dmllthtH  hi><Ren  remiri  /indH  tn  keinem  falle  statt,  auffallend 
üt  B.  Waidis  nufbptzea  für  aiitlii-itien : 

iro  rur«  »ie  Dtch  Corioibo  neirten, 

ir  «cfcl  gegem  wiudi  auHicttleD,     f.to;i.  2,30,  bs, 


aber  wahrscheinlich  für  die  forschung  nach  der  abstammung  des 
Wortes  bedeutungslos,  da  der  nulnr  auf  seinen  mannigfachen  See- 
reisen den  aiisdruck  von  den  schilfern  gehört  und  nur  nach  sei- 
nevi  gehör  ungenau  wiedergegeben  hahen  kann. 

HISSENBLOCK,  m.  block  mit  einem  kloben,  woran  die  segel 
in  die  höhe  gezogen  werden;  auch  hisseblock. 

HISSTAl",  n.  ein  seil  auf  schiffen,  womit  etwas  in  die  höhe 
gezogen  und  wieder  heruntergelassen  wird. 

HIST,  inlerj.  zuruf  des  fuhrmanns  an  pferde,  links  zu  gehen, 
es  steht  neben  jist  und  w  ist  (gramm.  3,  310)  und  ist  der  gegen- 
satz  von  hott  {das.); 

me  hört  (am  sonnfng)  im  dorf  kei  hüst  und  hott. 

IIebei.  1  (185,3)  104. 
sprichwüitlich  er  weisz  nicht  bist  noch  holt,  nicIU  rechts  noch 
links,  nicht  aus  noch  ein.  Wenn  wisl  nur  eine  Verkürzung  aus 
ahd.  winislar,  mhd.  winster  ist  {im  wetteraiäschen  wistchal. 
fuhrmannszuruf  aus  winslerhalp  Diefenbach  goth.  würterb. 
1,  143),  so  darf  bist  als  weitere  Verderbnis  von  wist  betrachtet 
werden. 

HISTÖRCHEN,  n.  kleine  geschichte,  nnekdole:  es  ist  ein 
bloszcs  bislfirchen.    Engei.  phil.  f  d.  weit  l«. 

HISTORIE,  f  schon  im  mhd.  aus  dem  tat.  hisloria,  in  dem 
sinne  von  geschichtscrzdhlung,  berichl  herühergenommen : 

der  biete  alher  daj  öre  sin, 

so  Wirt  im  ein  histörje  schin, 

diu  beide  war  ist  unde  guot, 

von  einem  ritter  höchgemuot.  Purlen(^ier  S2S; 
hislorie,  historia,  vulg.  geschehen  ding.  voc.  inr.  theut.  k2*; 
auch  geschichtsbuch :  in  der  selben  nacht  kund  der  köni;; 
nicht  schlafen,  und  hies  die  chronica  und  die  historien 
bringen.  Esther  G,  1.  Die  streng  lateinische  form  historia  ist  in 
der  neuern  spräche  nur  in  komischer  rede  gebräuchlich,  und  wird 
dann  auch  lateinisch  fleclierl: 

ist  die  historia 

von  Esther  in  drama.    Göthk  13,  19; 

die  ebentheyerliche  doch  wahrhaftige  historiam  von  der  .  . 
prinzessinn  Europa.  Bürger  2o'.  volksmäszig  ist  die  form 
histori:  history  historia  Maaler226';  dasz  man  die  bilder  an- 
bete, ist  vcrbotlen.  aber  dysz  man  sie  zum  zierat  und  zur 
gcdSchtnusz  einer  oder  der  andern  histori  sich  dabei  zu  er- 
innern, auflienge,  das  ist  nicht  verbotlen.  Schuppius  47.  in 
dem  sinne  einer  wahrhaften  begebenheil  der  fabel  entgegengesetzt : 
ich  wil  dir  etwas  erzchlen,  und  es  gilt  gleichviel,  ob  du  es 
für  eine  histori,  oder  für  eine  fabel  annehmest.  223;  die 
predigt  von  dem  reichen  scblenmier  Luc.  16  sei  eine  fabel 
und  keine  histori.  670.  auch  sonst  in  der  bedeutung  hergang. 
be(jebenheit,  ereignis :  weiszl,  wie  wir  die  werber  geprügelt  zu 
Laulern,  und  dann  die  hislori  zu  Brelzenbeim.  Fr.  MCller 
1,320;  seihst  im  sinne  der  bildlichen  darstellung  eines  solchen: 
die  history  von  erhabner  arbeil.  oder  gewürklen  tücheren 
und  der  gleichen,  argumentum  operis  arlali,  vel  textilis  picturae 
et  fwripetasmatum.    Maai.er  220". 

HISTORIENMALER ,  wi.  maier  der  geschichtlichen  begelien- 
heiien. 

HISTOBIENMEISTER,  wi.  geschichtsschreiber :  von  den  ge- 
schirhten  sagt  PIntarchiis  und  auch  Lucanus  und  Suelonius, 
hisloricnmaisler.    d.  slädlerhron.  3,  35,  20. 

niSTORIENSCHREIBEB,  w».  schreiber  von  geschichten,  er- 
ziihlungen  ;  das  rolk  nennt  rrmian-  und  norellenschreibei-  so.  in 
der  altern  spräche  ist  es  auch  der  geschichts.^chreiber :  hi.<ilorio- 
graphus  his|orien«breiber,  -schriber  Hief.  27»*. 

HLSTORIER,  m.:  die  spinnenfre>ser.  zanbrecher,  hislorier 
und  dergleichen  henkerslniben  verfiilschen  den  wurmsameu 
auch  mit  diesem  kraul.  Tarkrnaem.  51.  da  der  hislorier 
hier  unter  herumziehenden  küustlern,  die  zugleich  medizin  an- 
jmesen  und  verkauften,  aufgezählt  ist.  so  ist  mit  ihm  wol  ein 
umherziehender  geschichtenerzähler  oder  sdnger  gemeint. 

HISTt)RIKER,  m.  qes(hichtsf<trseher  und  -Schreiber. 

HISTORISCH,  adj.  geschichtlich:  hisl. irische  Studien  machen; 
wax  hifr  er/iilill  wird,  ist  streng  historisch;  der  hrief  wird 
dir  recht  sein,  er  ist  ganz  historisch  {eniMIt  nur  bericht, 
keine  refleriim).    ChIthe   10, 14. 

HITSCHE,  f  krC>te.  Nemmich.  als  anspachische  form  bei 
Senn.  1,1192  Fromm,  erklilrl;  anderswo  in  ähnUcher  form: 
schles.  hels.hr  und  welsche,  nnrdböhm.  hAlsche,  bremisch  üUe, 
im    Vinschqau   hrt|«cli   und  hol/.    Fbo»«.  5,  474.  «.  l.Vi. 

HITSCHE,  /.  nwdere  bank,  schemel,  zunächst  für  das  au/- 
hemmen  der  füsze,  aber  auch  scherihaß  oder  verdchllich  ßr  i/di 
kalheder   des   körsaals   gebraucht,     in    dem  Oäkeken  Mittut-  un4 


158U 


HITSCHEL  — HITZE 


HITZE 


1582 


^uiddeatschland  neben  hütsche  (s.  d.)  gebräuchlich:  und  am 
fenster  {des  hürsaal$)  steht  eine  hiltsche,  darauf  sitzt  'n  pro- 
fesäor  oder  so  etwas.  Claudius  1  und  2,  s.  10;  da  sitzen  die 
Jünglinge,  welche  die  beste  Vorbildung  genossen  haben,  die 
es  bis  jetzt  auf  erden  gibt,  oft  zu  hunderlen  vor  dem  einen 
mann  auf  der  hitsche.  Diesterweg  über  das  verderben  auf 
den  deutschen  Universitäten  {lS36)  s.  40;  einem  von  der  hitscbe 
helfen,  ihn  stürzen :  ich  konnte  diese  tyrannische  zucht  in 
der  länge  nicht  ertragen,  dachte  also  auf  allerhand  mittel, 
meinen  hitzigen  lehrmeisler  von  der  hitsche  zu  helfen  und 
mich  seiner  zu  entledigen,    d.  Leipz.  avant.  l  (1756)  35. 

HITSCHEL,  f.,  plur.  hitschein,  name  des  schwarzen  ht^un- 
ders,  sanUmcus  nigra.    Nehmcb  4, 1218. 

HITTERNESSEL,  f.  brennessei  urtica  urens.  Nem.mcb  4,  1535. 
neben  hcilcrnessel  sp.  f»2y  aus  allem  cilerncssel  {th.  3, 920) 
..'ntslellt. 

HITZ,  adj.:  hitz  geheizt,  auch  durcbgrüthig,  weisz  geheizt 
ist  das  eisen ,  welches  bei  dem  schnielzprozess  von  vielen  feuer- 
Iheilen  durchdrungen  und  schon  in  die  uriszglühhilze  gebracht 
ist.  Jacobsson  1, 4S5.  das  wort  hat  sich  in  der  tecJinischen 
Sprache  der  eisenluUlen  erst  aus  dein  subst.  kitze  (4,  a  unten) 
herausgebildet. 

HITZBL.VSE,  f.  blase  die  die  hilze  emporlreibt.  dim.  hitz- 
lilüscben,  namentlich  von  den  kleinen  blasen,  die  in  folge  in- 
nerer hilze  an  einem  theile  des  körpers  entstehen:  peinigt  dich 
noch  stark,  liebe,  dein  hitzbläschen  auf  der  zunge?  J.  Paul 
heibslblumine  3,  Sl. 

HITZBLATTER,  f.  dasselbe;  bildlich:  diese  sunimersprossen 
und  hitzblattern  des  reiselcbens.   J.  Paul  ßegelj.  1,  13C. 

HITZBRLNSTIG,  adj.  vor  hilze  brennend:  im  gelben  hilz- 
brünstigen  Mars.    Fischart  groszm.  69. 

HITZE,  /■.  aestus,  calor,  fervor.  allnord.  bila  neben  dem 
rnusc.  biti,  ahd.  bizzca,  bizzu,  mhd.  hitze.  sp.  903  ist  darauf 
aufmerksam  gemacht,  wie  das  adj.  heisz  calidus  in  engen  ety- 
mologischen beziehungen  zu  dem  adj.  bei  trocken,  dürr  sp.  794 
stehe,  als  dessen  wurzel  deutsch  bi  anzusetzen  ist,  eine  würzet 
die  mit  diphthongiertem  vocal  aiiszer  in  den  oben  genannten  Wör- 
tern gewiss  auch  in  hei-ter  sp.  f'21  und  seiner  sippe  erscheint, 
mit  einfachem  in  sskr.  ci-Ira  hell,  glänzend,  so  wie  in  hi-lze, 
dessen  sufßx  ah  ein  parlicipia  der  nutwendigkeil  und  zustands- 
wOrter  bildendes  {sskr.  -tva  und  -tjii)  angesehen  werden  musz. 
hitze  ist  daher  nur  ein  seilen  verwandter  von  heisz,  aber  insofern 
mit  diesem  aufs  engste  verbunden,  als  es  als  zustandsbildung  zu 
dem  adjeclivberjri/fe  {wie  sonst  beispielsweise  die  milde  zu  mild, 
die  helle  :«  hell)  fungiert,  weil  die  eigentliche  legitime  bildung, 
die  heisze  {sp.  90s),  verkümmert  ist. 

hitze  bezeichnet  einen  hohen,  für  das  geßhl  üechenden  oder 
brennenden  Wärmegrad,  in  mancherlei  weise. 

1)  von  der  sonne  oder  dem  feuer  ausgehend:  die  hitze  eines 
erntetages ;  in  dem  zimuicr  ist  eine  grosze  hitze ;  bei  der 
gröszten  hitze  im  jähre,  anni  tempore  gravissimo  et  caloribus 
maximis.  Steinbach  1,75S;  von  hitze  ausgetrocknetes  land, 
lonens  aestu  terra.  Frisch  1, 456' ;  vor  hitze  zerschmelzen, 
sdvi,  liquescere  aestu.  das.;  und  bleibet  nichts  für  irer  {der 
sonne)  hitze  verborgen,  ps.  19,  7 ;  wird  eine  bütten  sein  zum 
schatten  des  tages  für  die  hitze,  und  eine  Zuflucht  und  ver- 
bergulig  für  dem  weiter  und  regen.  Jes.  4, 6 ;  diese  letzten 
haben  nur  eine  stunde  gcerbeitet ,  und  du  hast  sie  uns 
gleich  gemacht,  da  wir  des  tages  last  und  die  hitze  getragen 
haben.  Malth.  20,12;  da  aber  Paulus  einen  häufen  rciscr 
zusamen  raffelt,  und  legt  es  aufs  fewr,  kam  eine  otter  von 
der  hitze.  apostelg.  2S,  3;  treibt  nun  in  der  hitze  den  berg 
nicht  weiter  hinauf!  hier  ist  eine  wiese  zum  ausruhen.  GOthe 
U,  19; 

der  edel  küuic,  der  milde  küuic  bat  mich  beraten, 
<lai5  ich  den  sumer  lul^  und  in  dem  winter  hitjte  hdn. 

Walther  28,  35. 

der  kälte  und  dem  frost  entgegengesetzt:   der   bauer   inusz   in 
liitze    und    in   külle    hinaus   aufs   feld ;    so    lange  die    erden 
«lebet,    sol  nicht  aufliören  samen  und  ernd,    frost  und  hitz. 
Sommer  und  winter,  tag  und  nacht.    1  Mos.  ü,  22 ; 
behaglich  fTthlst  du  dann  die  rast 
vom  thun  in  hiz  und  kälte.    Voss  4,  271. 

sjirichwöitliih :  er  gedachte :  viel  Zahnstocher  geben  auch  eine 
hitz.  Simpl.   i,X>l  Kur:. 

2)  hitze  im  innern  des  menschen :  da;  hirn  ist  kalter  nätftr, 
als  Aristotilcs  spricht,  und  da;  herz  ist  hai;er  nätftr,  und 
dar  umb  ist  da;  birn  gesetzt  aber  da;  herz,  da;  des  herzen 


kitz  des  hirns  kellen  senftig.  .Mege.>8ERG  6,  S;  der  wein,  der 
punsch  macht  ihm  hitze; 

in  seinem  Überrock  bis  an  die  nasenspitze 
gewickelt,  hält  er  über  hitze 
sich  mehr  als  über  Irost  beklagt. 

WiELASD  21,  278  (Ktetia  u.  Sinib.  5,  187). 
namentlich 

a)  in  der  krankheit ,  im  fieber  {vgl.  Qebcrhilze):  der  herr 
wird  dich  schlaben  mit  schwulst,  fiber.  hitze.    5  .Vos.  2S.22; 

ja,  in  der  hiire  spricht 
ein  kranker  oft  zum  arzi:  ich  bab  das  Geber  nicht. 
GÖTHE  7,  17. 

bei  ScHUPPius  aber  als  gegensatz  des  fieberfrostes  und  als  zeiche* 
der  genemng:  gott,  der  die  schinei-zen  lindert,  der  die  kalt 
in  hitz  temperirt,  welcher  ihm  diesen  patienten  gar  wul  last 
befohlen  sein.  697. 

b)  in  der  liebe  {vgl.  brunst,  liebesbninsl) : 

als  Myrta  nun  und  Filidor  mit  tust 

empfunden  gleiche  hitz  und  lieb. in  ihrer  brusl.' 

tWECKBERLI!«  753; 

hier  mag  sich  die  hitze  ein  wenig  kühlen. 

KoTZEBCE  dram.  sp.  2,  292. 

c)  in  aufwallendetn  zorn,  ärger:  erinnert  ab«*r  den  zorhigen, 
dasz  er  ja  nicht  so  bald  in  die  hilze  trink«:  es  möchte 
ihnie  schaden,  interim  107;  daher  ßtr  diese  affccte  selbst  gesetzt: 
die  hitz,  das  ist.  ein  gäher  zorn  der  (lux  koinpt,  und  auch 
behend  hinwäg  gadt.  M.ialeb  226';  ist  ihre  hilze  bald  vorbei? 
Geliert  3.236;  nein  liebes  kind.  du  kömmst  recht  in  die 
hitze.  du  schniählst  auf  mich  und  meinen  geliebten.  21 ;  wer 
sie  {die  ohrfeü,e)  giebt  wird  nichts  als  pöbelhafte  hitze,  und 
wer  sie  bekömmt  nichts  als  knechtische  klcinmuth  verrathen. 
Lessi?(g  7,252;  was  wollen  sie  von  mir.  berr  Gumpel?  ver- 
setzte Hyacinth,  nicht  ohne  anfliig  von  hilze.  H.  Heise  2, 253. 

d)  hitze  des  eifers,  der  begierde  etwas  zu  thun :  ir  lieben, 
lasset  euch  die  hitze  so  euch  begegnet,  nicht  befrembden. 
die  euch  widerferet,  das  ir  versucht  werdet  {urj  ^ni^ea&e 
xfl  h>  vfüv  Ttvooiaei  Tt^ös  neipaoftöv  vtiiv  ynoue'iT]). 
I  Petr.  4, 12 ;  weil  die  sache  für  die  hitze  und  den  eifer  zu 
lange  währt.  Imsierma.nn  Münchh.  1, 1S4;  in  der  hitze  der  cr- 
findung,  da  ich  ganz  von  meinem  gegenstände  durchdrungen 
war.  GöTHE  18,36;  diejenigen,  die  in  der  folge  mit  der  gröszlen 
hitze  an  meinem  verderben  arbeiteten.  Wieland  2,111; 

gib  dasz  mit  newer  hitz  und  tbränen 
ich  reinige  mein  alte  brüst.    Wecshesli?«  ö  ; 
so  fühl  ich  auch  nicht  hitz  auf  hofegunst  t\x  schnappen. 

1*  LoGAC  1, 97'; 
doch,  wiszt  ihr,  in  der  hitze  des  verfolgensl 
verliert  man  bald  den  anfang  aus  den  äugen, 

.  Schiller  Piccut.  3,  1 ; 
sprichwörtlich : 

hitz  im  rat,  eil  in  der  fhat 

gebären  nichts  dann  schadt.    Lehiia:«!«  72: 

es  heiszt  die  erste  hitze :  sie  kennen  mich,  und  ich  kenne 
mich  selbst ;  ich  musz  meine  erste  hitze  zu  nutzen  suchen, 
wenn  ich  etwas  zu  stände  bringen  will.  Lessi."<g  12,115;  was 
geschehen  ist,  ist  in  der  ersten  hitze  geschehen.  Götde  S.  141 ; 

die  erste  hitze  trinkt  oft  gift  vor  gerstensaft. 

GÖNTHER  bei  Steinbach  1,  75«!. 

Iliegende  hitze :  drumb  kam  inirs  oft  an  wie  eine  fliegende 
hitze,  dasz  ich  zu  meinen  bücbern  rantc  und  studierte  auf 
einen  doctor  los,  dasz  mir  der  köpf  hiitle  infigen  rauchen, 
jujmd  eines  reuigen  Studenten  A4';  er  erlaube  mir,  dasz  ich 
bei  seiner  fliegenden  hitze  für  uns  beide  Überlegung  behalte. 
Lessing  t.  593; 

der  mäszige  wird  öfters  kalt  gedannt 

von  menscheu,  die  sich  warm  vor  andern  glauben, 

weil  sie  die  hitze  fliegend  überfälll.         Götbe  9,  151. 

e)  auch  die  aufregung  des  kummers,  die  nnstrengung  der  arbeil 
begreift  man  unter  hitze:  er  liegt  in  der  hitze  {hat  verdrusz). 
Lehmann  95;  bei  einer  schweren  arbeit  hört  man  sagen:  das 
wird  noch  hilze  kosten,  ehe  es  fertig  ist.     vgl.  unten  4,  b. 

3)  hitze  u«c/i  das  im  menschen  hUze  erzeugende:  der  wein 
hat  hitze  {wie  sonst  hat  feuer). 

4)  hitze.  in  der  technischen  spräche. 

a)  die   schmiede   nennen    hitze   eine  erhäzuny  des  eisens  und 

Stahls   in    der  glut  der  kohlen,   die  dem  schmelien  nahe  kommt, 

und    nur   alsdann  staltßndet,    wenn  zwei  stücke  eisen  zusammen 

geschweiszt  «erden  sollen ;  hitze  geben,  eisen  und  stahl  im  kohlen- 

I  fever  bis  twr  idtMÜihitse  glühen  lassen.  Jacobsson  2,  266*. 


1583 


HITZE  —  HITZFLAMMEND 


HITZGEITIG  — HITZIG 


1584 


b)  bei  den  gerbern  wird  durch  bilze  die  hohe  temperalur  des 
auf  einander  liegenden  gewalkten  leders  bescichnci,  wovon  es  gelb 
wird.  Frisch  1,  456'. 

c)  liitzp,  eine  gewisse  anzahl  schlage  bei  einsloszuttg  der  pfdhlc 
mit  rammen,  nach  der  entweder  die  arbeilvr  von  andern  abgcldsl 
werden,  oder  einige  minulen  ausruhen,  man  rechnet  zwanziq 
schlage  auf  eine  hilze,  und  zahlt  nach  hitzcii  die  schlage  die 
ein  pfähl  erhalten,  zwölf  liilzen  müssen  in  einer  stunde  gelhan 
werden.  Jacobsson  0.  S7'.  ebenso  heiszl  liitzo  eine  anzahl  hinter 
einander  folgender  schlage  bei  der  bohrarbeit.  Vkihi  bergub.  27;f. 

d)  liilze  bei  den  backen  so  viel  backwaare,  als  bei  einer  durch- 
heizung  des  backofcns  gebacken  werden  kann :  pncgoii  llpiszigc 
haiiswiillir  viel  lnods  zu  li.ickcn,  olzlicho  hilzcn  oder  gelieclvc 
hintereinander.  Pistorils  salurn.  (l6G:i)  3SS; 

das  brot  ist  lieiit  wol  gangen  al). 
weil  ich  dann  keinen  vorralli  liah, 
so  wöll  wir  abbarliet)  ein  hitz, 
dmmb  tiiu  den  ofcn  heiuen  itzl 

J.  Ayrer  fnnln.  sp.  87'  (•2777,  2.5  Keller); 

vnd  die  bereitung  dieser  backwaarc  selbst : 

wenn  wir  mit  der  bilz  fertig  sein.    87'  (2778,  25). 

5)  hitze,  der  wcisze  klebrige  saß,  der  von  der  slute  geht,  wenn 
sie  hitzig  oder  brünstig  ist.  Jacob.sson  6,  87*. 

HITZE.  /".  ziege;  vgl.  liilzlein. 

HITZEGRAD,  m.  grad  der  hitze:  platin  schmilzt  nm-  bei 
einem  hohen  hilzegiad. 

HITZEL,  m.?:  ellirhe  klagen,  wie  die  liiicker  so  viel  hilzel 
nehmen,  andere  lieschweren  sich,  dasz  .sie  nimmer  kein  recht 
aiisgebacken  brnd  bekommen,  baurenst.  laslerpr.  SO.  liitzei 
mu$z  sein  was  liitze  4.  c,  die  reihe  backwaaren,  die  auf  einmal 
in  den  ofen  kommt. 

HITZEN,  verb.  calefieri  und  calefacere;  in  der  öinen  form 
sind,  wie  schon  im  mhd.,  ahd.  hizzön  und  hizjan  zusammen 
geschlossen. 

1)  heisz  sein  oder  werden:  secz  das  schmulcz  iiber  das  fewcr. 
lasz  (lasz  es)  hiczen.  kuchenmeisterei  c6';  dasz  dise  hitzige 
fewrige  wnrzel  im  mund  liilzet  um!  brennet.  B^ck  kräuterb. 
363;  alle  glider  hitzen,  und  sonderlich  ist  der  atlien  sehr 
hitzig.  Zeche.ndorfer  1, 1 ; 

(irir)  lernen  täglich  wissen, 
dasz  bloszes  fleisch  und  blut  den  Himmel  nicht  besitzt, 
der  nach  der  seelen  sieht,  die  von  nichts  andres  hitzt 
als  ihres  Schöpfers  briinst.  Opitz.2,  120; 

wenn  wir  edlen  menschen  sitzen 
umb  den  ofen  und  ein  glas, 
und  an  seel  und  Icibcrn  hitzen. 

Fleming  85,  330  Lappcnb. ; 
wie  hitzt,  wie  brennt  der  vatersinn, 
wie  gibt  und  .schenkt  er  alles  hin.    P.  •eiiharu  23,  2 ; 
frauenvolk  ist  offenherzig;  so  wie  sie  sich  kleiden  itzt 
geben  sie  vom  herg  ein  zeichen,  dasz  es  in  dem  thale  hilzl. 
LoGAU  2,  219,  49  ('won  den  culblösten  hrüiilen"). 

2)  heisz  machen,  hitze  geben  (vergl.  auch  erhitzen  th.  3,850), 
verschieden  von  heizen  sp.  929,  das  in  sehr  abgegrenztem]  ge- 
brauche ist. 

a)  ohne  objed:  der  h.  gcisl  ist  als  ein  feur,  das  schmelzet, 
hitzet,  reiniget  und  ausbrennet.  Scriver  seelensch.  i,  394 ; 

was  der  verbrannte  moor  besitzt, 

wo  stets  die  rothe  sonne  bitzt.    Opitz  2,92; 

diese  Steinkohlen  hitzen  schlecht,  holz  hitzt  besser;  dieser 
wein  hitzet  stark,  vinum  hoc  nimium  caloris  facit  bibentibus ; 
vis  ejus  nimit  est  excalfactoria.  Frisch  1,  457' ;  fragten,  wie  ihm 
das  wasser  {augenwasser)  'bekommen  wäre,  er  sprach:  es 
hätte  ihm  in  den  äugen  gehilzet.  Wesenigk  böse  spielsieben 
(1702)  *.  71. 

b)  mü  objed  im  accusativ:  thu  schmalcz  doran,  bicz  sie  in 
einer  pfann.  kuchenmeisterei  h  7 ; 

ah!  «flbt  es  lieber  an,  umb  euren  hasz  zu  wezon, 
bizt  euem  zorn  damit,  mich  in  den  tod  zu  sczen. 

UkErLiNGER  Cid  CS>: 
re^arde-le  plutöt  pour  exciter  ta  halne, 
pour  croitrc  la  colire,  et  pour  biter  ma  peine. 

HITZEK,  m.  für  heizer  {tp.  929):  kalkbrenner,  ofenhitzcr, 
wollzeiser.  Fischart  ^roiim.  78. 

HITZESCHIHM,  m.  schirm  vor  hitze,  bezeichnung  der  bäume : 

ihr  binmc  Jupiieri,  der  hinchea  aufenthalt, 
der  leichten  nindin  ruh,  ihr  biuicr  der  geflijfcrl, 
ibr  friachcr  hitzetcbinn.  Opitz  1,  Ol. 

HITZFLA.MMEND,  pari.: 

»ie  «pracb .-  ob  ich  nit  mit  erweck 
in  <l!r  <.i..  hKrAnmend  begir. 

H.  PoLt  <n*  Mn  fa$tn.  tp.  12M. 


HITZGEITIG,  adj.  hitzig,  eifrig  verlangend:  so  die  malrix 
so  hitzgoitig  ist,  und  der  spernia  den  gcwalt  iiinipl,  das  er 
nit  kompl  in  dir  zelje  dos  kindes.  Paracelsus  chir.  sciir.  274  C. 

HITZIG,  adj.  und  adv. ,  hitze  habend,  hitze  gebend,  mhd. 
liitzrr.  nach  dem  verschiedenen  gebrauche  des  ihm  zu  gründe 
liegenden  Substantivs. 

1)  bezüglich  der  hitze  der  .<!onnc  und  des  feuers,  wo  gewöhn- 
licher heisz  (sp.  903.  904)  gebraucht  wird,  sowie  bezüglich  des  von 
ihnen  erhitzten : 

clär  hitzec  sunnenblicke, 

des  mänen  kelle,  des  regens  sprät. 

minnes.  2,  390'  Ihvjen; 

im  julio  werde  nichts  hitziger  .«»ein  als  das  Teuer.  Schuppius 
576;  ich  gieng  durch  einen  hitzigen  und  sieinachtigen  wäg, 
aestuosa  et  pulverulenla  via  Her  conßciebam.  Maai-er  226';  ein 
hitziges  klimn,  in  dem  anhaltend  eine  hohe  temperalur  herscht; 
die  haselnüsse  lieiszet  man  in  hitzigen  und  warmen  landen 
avellaniers.  Sebiz  feldb.  347;  hitzig  eisen,  ferrum  iijnilum, 
candens.    Stiei.er  823; 

weil  das  eisen  noch  ist  hitzig, 

schmiede,  krümme,  mache  spitzig,    arnh.  spruliw.  11. 

auch  bildlich  und  obscön :  dn  wurdt  dem  müiich  das  eisen  ganz 
hitzig  und  woll  daran.    Zimm.  chron.  4,  106, 15. 

2)  bezüglich  der  innern  hohen  wärme  hei  menschen  und  thieren, 
die  zu  erhöhten  Icbensäuszerungen  antreibt:  er  ist  von  hitzigem 
gel)lül ;  sclinalle  und  liilzige  natur,  praeproperum  uc  fervidum 
ingenium.  Maalhr  226';  hitzige  leibesbeschaffenheil,  calidior 
natura,  colera.  Stiei.er  823;  die  sperken  sind  mör  hitziger 
nätftr  denn  all  ander  vogel,  und  darumb  entzündcnt  si  da7, 
bluot  und  machent  ej  aufwallend,  und  da  von  sint  si  auch 
gar  unkiiusch.  Megenberc  220,  7;  die  fuchse  (p/errfe)  sein  von 
dem  feucr  cholerischer  comple.xion,  daher  sie  mehrcntheils 
feurig,  hitzig,  begierig,  freudig,  aber  darbei  auch  zornig  und 
ungedultig.  öcon.  lex.  (1730)  1865.  scherzhaß  sagt  man  von  dem 
der  viel  trinkt:  er  hat  eine  hitzige  leber.  —  Namentlich,''  ' 

a)  hitzig  in  bezug  auf  krankiwiten :  (zimmet)  ist  guot  in 
hitzigem  iieber.  Megenberc  364,32;  das  geringste  ürgernisz 
kann  mich  so  mitnehmen,  als  andere  leutc  ein  hitziges  fieber. 
Gellert  3,255; 

bis  der  brausende  wintor  auf  Schneegestöbern  einherzieht, 
hitzige  Seuchen  verjagt.  Zacharia  lagcszciten  (1757)  s.  11. 

b)  in  bezug  auf  liebe:  hitzige  liebe.  Happel  acad.  rom.  67; 

der  hitzigsten  liebe  grund.    Weckuerlin  706; 
oder  auf  begierden:  dasz  sie  . .  besagten  Fritzen  seinen  hitzigen 
begicrdcn   nach   in  das  garn  laufen  lassen  .  .  weite.   Simpl. 
4,  69  Kurz; 

bei  leib  erzeig  dich  nicht  unziiclitig  oder  hitzig.' 

Weckuerlin  741 ; 
adverbial : 

sie  flog  voran ;  Apollo  keuchte 
ihr  hitzig  nach.      Hölty  3  llotm. 

c)  in  bezug  auf  schnell  aufwallenden,  gähen  zorn  und  ärger: 
hitzig,  zornig,  fervidus,  hitzig  sein  von  zorn,  fcrvere  iracundta 
Frisch  1,  456' ;  er  ist  hitzig  vor  der  stirn,  aeslual  ira.  Stieler 
823 ;  mein  freund  La  Roche  hat  das  beste  herz  von  der  weit  I 
ich  kenne  ihn.  aber  er  ist  hitzig  vor  der  stirn.  Schiller 
pdrasit  2,4;  so  wie  in  bezug  auf  die  äuszerungen  einer  solchen 
gemiitsstimmung :  hitzige  oder  zornige  brief,  ardenles  lUterae 
Maaler  226';  hitzige  reden,  verba  acerrima,  furiosa.  Stieler  823; 
dasz  hin  und  wider  ctzliche  hitzige  und  stechende  wort  mit 
unterlaufen.  A.  Grvphiis  1698  1,183;  es  entstand  ein  hitziger 
rangsireit  unter  den  thieren.  Lessinc  1,  l.'>7. 

d)  häufig  auch  in  bezug  auf  schnellen,  brennenden  eifer  und 
begierde  etwas  zu  thun,  obschon  in  diesem  sinne  der  wnW.'rn/'n 
Sprache  weniger  mehr  gerecht,    und    gewöhnlich  durch  eifr 

in  mehr  tropischer  rede  durch  feurig  ersetzt:    hitziger  jii 
animis   ralidus  juveni.i.     Maaieh  226';     haflig    hitzig,    H 
fervidus,  fervens  animus.  das.;  einem  hitzigen  köpfe  wn 
und  weile  lang,  animo  cupientt  nihil  satis  feslinatus.  STEi>UAi.n 
1,759;  alter  als  ein  hitziger  .spiier,    der  des  seckis  zu  dem  gelt 
geruten  wil,  hat  er  allen  Unfall  verarhi.    Witw.v.  Schaumb.  3'2; 
er    war    kein    hil/iger  \erehrer  der  Wahrheit.    Hahener  2.  Vi. 
Vi  heiszt  hil/.ig  sein  in  etwas,  zu  etwas,  auf  etwa.s:  ah  lieber 
herr   gotl    \ater,   erhalte  uns  warker  und  frisch,   hitzig  und 
vieiszig  in  deinem  wort  und  dienst.  Lithkr  6,309';  auf  dasr 
er  {der  heil,  gei.il)  den  irthum  wegreuine,  und  un»  hitzig  zur 
Wahrheit    mache.    G.  Wicelius  psaltes  ecdesiasticus  (15.VI)  113': 
Tuti  meiner  befOrdening,  auf  die  ich  eben  nicht  sehr  hitzig 


1585 


HITZIG  — HITZKOPP 


HITZLEIN  — HO 


1586 


bin,  wissen  andre  leute  immer  mehr,  als  ich  selbst.  Lessing 
12,30;  adverbial:  mit  den  starken  bänden  den  teig  hitzig 
kneten,  pers.  rosenlh.  1,3S;  sie  hätten  bald  hitziger,  bald  be- 
quemlicher  arbeiten  können.  Lessisg  6, 121 ; 

kennt  ihr  den  mann,  der,  als  er  nach  den  Sternen 

zu  hitzig  sah,  in  eine  grübe  fiel?    VVieland  9,  145; 

wie  magst  du  deine  rednerei 

nur  gleich  so  hitzig  übertreiben? 

ist  doch  ein  jedes  blättchen  gut.    Göth«  12,  87. 

so  auch  in  bezug  auf  die  aus  solchem  gemitt  hervorgehenden 
thaten:  mit  ewrem  hitzigen  herzlichen  gebet.  Lcther  3,414'; 
item  ein  gut  gebet  sol  nicht  lang  sein,  auch  nicht  lange  auf- 
gezogen werden,  sondern  oft  und  hitzig  sein.  6,  314' ; 

mit  guter  andäclit  zweimal  tet 
ein  brüder  hitzec  sin  gebet,    pass.  523,  94  K^e ; 
du  (i)oli)  hast  dich,  als  wir  sind  mit  hitzigen  gebeten, 
und  andacht  sonder  falsch  für  deinen  thron  getreten, 
ganz  väterlich  erzeigt.  Opitz  2,36; 

wann  s.  Andreas-abend  kümt,  pflegt  jeder  der  sich  wii  beweiben, 
auch  die  die  sich  bemannen  wil,  ein  hitziges  gebet  zu  treiben. 

LoGAU  3,  253,  205  ; 

die  jenige  predigt,  die  mehr  ausz  der  postilla  als  ausz  rech- 
tem herzen  geschOpfet  wird,  ist  nicht  so  warm  und  hitzig. 
ScHCPPiüs  533 ;  und  kam  deshalben  ein  ganz  hitziger  allerma 
in  die  knecht.  Wilio.  v.  Schaumb.  114 ;  die  hitzigen  entwürfe 
des  königs.  Dahlma:«^  dän.  yesch.  1,199; 

frolich  wollen  wir  alleluia  singen, 

aus  hitziger  gyr  unsers  herzen  springen. 

/oH.  Agricola  psalmus:  laudate  dominum 
omnes  gentes  ; 
sie  (eine  Jungfrau)  weisz  gleich  gut  zu  künnen 
Tyrtxus  muntre  kunst,  als  wol  ein  griebisch  mann, 
der  durch  ein  hitzig  lied  auf  seinen  feind  entbran. 
LoGAü  2,  14. 

e)  hitzig  auch  eifrig,  fanalisch  in  religiösen  meinungen :  dasz 
die  hitzige  Jesuiter  lieber  wollen,  dasz  die  verfluchte  teuf- 
lische lehre  desz  Mahomets  fortgepflanzt  werde,  als  dasz 
sie  uns  und  unsers  glaubens  genossen  dulden  sollen.  Scncp- 
pics  3T4 ;  ein  hitziger  eiferer  für  die  katholische  religion. 
Schiller  S29. 

3)  hitzig,  von  hitze  erzeugendem :  si  {die  tauben)  habent  gar 
prinnenden  und  hitzigen  mist.  Megenberg  181,11;  Galienus 
spricht,  so  der  wein  ie  elter  ist,  s6  er  ie  hitziger  ist.  351, 18; 
dise  hitzige  fewrige  wurzel.  Bock  kräulerb.  36S ;  eine  hitzige 
speise,  esca  fervens.  Steixbach  1,  758. 

4)  hitzig,  in  der  technischen  spräche. 

o)  in  der  landwirtschaft  heiszt  hitziger  boden  solcher,  der  zu 
schnell  trocknet  und  treibt :  steinigt-  und  auch  zugleich  sandigte 
äcker,  welche  sehr  hitzig  sind.  öcon.  lex.  (1730)  590. 

6)  im  hüttenbau  sind  hitzige  gesteine  die  leicht  fliissigen  eisen- 
steine,  gegeniiber  den  streng  flüssigen,  kaltbläsigen  {theil  5,85). 

c)  beim  Schmied  ist  das  eisen  hitzig,  in  der  weiszglühkitze. 

d)  hitzige  äugen,  bei  den  pferden,  solche  die  entzündet  scheinen, 
öcon.  lex.  156. 

e)  hitzige  wuth,  eine  art  der  hundswuth.  das.  2726. 
HITZIGEN,  verb.  hitzig,  heisz  machen :  wem  diu  gelider  wS 

tuon  von  vallen  oder  von  andern  sachen,  der  hitzig  rauten 
in  ainem  Scherben  und  pint  die  dar  auf.  Megenberg  417,29; 
dann  die  luft  das  fewr  hitzigt  und  sterker  brennen  macht. 
Paracelsls  1,890C;  (die  vogiilkirschbdume)  können  übel  warme 
luft  erleiden,  darum  begeren  sie  kein  mist,  dann  der  misl 
hitziget  sie.  Sebiz  feldbau  347.  intransitiv:  do  sprach  der 
satirus:  ich  hab  an  dir  gemerket  das  dein  mund  widerwer- 
tige  ding  vermag,  er  hitziget  und  kellet  {bläst  warm  und  kalt). 
Steinhöwel  (1555)  89. 

HITZIGKEIT,  /.  eifer,  begierde  {nach  hitzig  2,  d):  so  macht 
der  feurige  geist  eine  schreckliche,  grimme  hitzigkeit.  J.  Böhme 
Aurora  {Stuttg.  183.5)  134 ;  von  dergleichen  schädlichen  hitzig- 
kciten  und  unzeiligen  äuszerungen  künftig  abgehalten  werden. 
Leibsitz  2,  372. 

HITZIGLICH,  adv.  ferventer.  Maaler  226'. 

HITZROPF,  m.  von  einem  menschen  der  leicht  in  hitze,  zorn 
gerät;  nach  köpf  H,  A,  5,  theil  5, 1765,  vergl.  auch  5,  f  sp.  1767: 
das  sind  hitzköpfe  und  gleich  oben  hinaus.  Göthe  27,  188 ; 
ich  war  ein  hitzkopf.  Arni«  schaub.  l,  103;  mit  dem  jungen 
Terliebten  hitzköpfe  mochte  er  nichts  zu  Ihun  haben.  Immer- 
iiA!<N  Münchh.  4,  41 ; 

er  ist  ein  hitzkopf,  gott!  der  keine  seele  schont. 
Körmbr  3,  314. 
vergl.  auch  heiszkopf  sp.  919. 
IV.  II. 


HITZLEIN,  n.  zicklein;  es  wird  gebraucht  neben  kitzlein  {theil 
5,  8S4): 

wer  hat  schössen  dieses  rech  .  .  . 

armes  kitzlein  !  rrommes  bitzlein  !     Spkk  Irulzn.  299. 

tu  Hessen  ist  hitz  und  hieze  lockruf  für  die  liege.  Vilmar  171. 
vergl.  oben  unter  hiss. 

HITZLICH,  adj.  eifrig  {vgl.  hitzig  2,  d) :  eins  tiefen  weges 
han  ich  da  war  genomen,  da  man  stolcz  hircz  nach  hicz- 
lichem  ernst  hat  nider  geleit.    Suso  briefe  47. 

HITZSCHVVÄCHE ,  f.  jähe  verdorrung  der  bäume,  sideratio. 
Stieler   1949. 

HITZSTICH,  m.  heiszer  stick  der  sonne:  die  sonn  hiit  mit 
den  bitzstichen  .  .  haftig  und  kräftig  an.  Fiscbart  ehz.  431 ; 

wan  wir  dein  hitzstich  heut  emplinden. 

glückh.  schiff  211  (dicht.  2,185  Kuri). 

HITZCNG,  /".  aestualio,  flammatio,  fervor.    Stieler  823. 

HL\EN,  verb.  schlucken,  schluchzen,  ein  lautmalendes  wort, 
das  bereits  unter  dem  gleichliedeulenden  besehen  sp.  1266.  1267 
besprochen  ist:  hixen  oder  schnupfen,  das  hixen  haben,  singuUire 
Maaler  226*. 

HM,  interj.,  wie  hem  sp.  979, 

1)  eines  sich  räuspernden :  hm,  hm  I  es  lebte  vor  einigen 
Jahren  hier  im  dorf  eine  wittfrau  {beginn  einer  längeren  münd- 
lichen erzäfüung).  Fr.  MCller  1,299;  unter  dem  sprechen  zog 
sie  zuweilen  ein  ungemein  holdes  . .  hm  nach.  J.  Padl  Tit.  2,64. 

2)  eines  überlegenden,  bedenklichen,  zweifelnden :  L.  wie  fällt 
ihnen  der  ein?  er  ist  ja  in  der  Stadt  geblieben.  T.  hml  er 
könnte  ihr  doch  wol  gefolgt  sein.  Gotter  3,  331 ;  hm,  Faust, 
es  fehlt  den  teutschen  weibern  .  .  nicht  an  genie.  Klixger 
3,161;  hm!  was  will  ich  denn?  etwas  abscheuliches  musz  es 
sein,  weil  dieser  mensch  dazu  rathet.  Schiller  kab.  u.  liebe 
3,6;  wenn  wir  nur  einen  prozess  oder  ein  actenstück  ihm  in 
der  ferne  zeigen  könnten  I  . . .  mit  speck  fängt  man  mause  — 
hm !  wie ?  ja  —  was  —  richtig  —  ich  habs  —  victoria I  Immer- 
MAM!«  Münchh.  4,138;  hml  hm!  freilich,  freilich!  Kotzebce 
dram.  sp.  3, 240 ;  hm !  Rose,  du  hast  recht.   Göthe  14,  255 ; 

hm  —  ja  —  so  —  ja,  ja! 

Schiller  Wallenstein*  tod  2,  5. 

als  neckischer  kehrreim  eines  liedes: 

es  fing  ein  knab  ein  vögelein. 

hm!  hm! 
da  lacht  er  in  den  käfig  nein, 

hm !  hm ! 

so  !  so !  Götbk  8, 113. 

auch  auf  eine  frage,  um  einer  bestimmten  antwort  auszuweichen: 
Märten,  wo  kommt  ihr  her?   Schnaps,  hin!  hm!  14,262; 

wirth.  und  gnug,  ich  schafT  ihr  geld.   da  sein  sie  gar  nicht  bang«  1 
Alcest.  sie  wissen  also?  ir»r(/i.  nm!  ich  brings  heraus  das  geld. 

7,86. 

3)  eines  verwunderten :  hm !  dachte  ich  bei  mir  selbst,  es  ist 
eine  kuriose  weit.  Salzman.x  Konrad  Kiefer  (1845)  s.  41 ; 

hm!  dacht  ich,  welch  ein  hartes  köpfchen 
steckt  in  den  lieben  blonden  zöpfchen! 

J.  F.  Kind  gedickte, 
vergl.  auch  hum. 

HO,  interj.,  einen  lauten  und  gröberen  annif  in  sieh  schlieszend, 
vergl.  unter  ha  sp.  5. 

1)  es  ist  ermunternder  zuruf  an  Ihiere,  so  in  Baiern  hö,  h6 
ruf  an  das  uneingespannte  rindvieh,  wenn  man  es  zum  kommen 
ermuntern  will.  Schm.  1,1030  fromm. ;  au  pferde :  man  hat  das 
knarren  der  wagen  und  ein  ho !  ho  I  schreien,  die  pferde 
anzutreiben,  . .  gehört.  Grimm  d.  sagen  no.  170;  der  Jäger  hetzt 
die  hunde  auf  den  hirsch  mit  do,  do,  ho,  ho,  dabo,  daho. 
Sebiz  feldbau  567. 

2)  auch  anruf  an  menschen:  in  Tirol  antwortet  das  kind  auf 
den  ruf  der  mutter  mit  hö  !  Fromm.  6, 152 ;  der  schi/fer  ruß  h6 ! 
beim  landen;  vergl.  nnten  hoiho  und  hullaho;  ho,  oho,  ein 
stimm  gebraucht  wenn  man  ein  bekanten  oder  freund  unver- 
sehenlich  sieht.  Maaler  226'; 

trat  das  herrlein  mutig  hinan. 

sprach,  ho  glück  zu  mein  lieber  mann, 

ich  bin  an  ewren  see  ankommen. 

Froschmänseler  C8'  (b.  1,  cap.  2); 
bald  neck  ich  hier,  bald  da  die  leute, 
und  mit  hihi,  haha,  hoho 
verfiihr  ich  ein  bestandiges  hailoh.    Göthk  U,  339. 

bei  BCrcer  selbst  als  leiser  liebesruf: 

da  horch !  ein  süszer  liebeston 
kam  leis  empor  geflogen, 
ho!  Trudehen,  ho!  da  bin  ich  schon! 
risch  auf!  dich  angezogen!    53". 

too 


1587 


HO  — HOBEL 


HOBEL  — HOBELBANK 


1588 


auch  als  sckmerzensntf:   ho,    ho,  ho,  ho,  mein  gott  helf  mir. 
Garg.  208*.  . 

3)  interjedion  der  Versicherung  oder  betheuerung :  ho  bei  gott 
domine  jungherr,  ein  gut  paar  schu  .  .  stehn  nicht  zu  ver- 
achten. Garg.  153".     verdoppelt,  mit  Iriumphierendem  beisinn: 

hoho,  wes  habend  meine  gespilen  gepOegen !  fastn.  sp.  495,27. 
in  der  Verbindung  o  ho:  wie,  diesz  monstrum  wird  hier  zu 
sehen  sein?  o  hol  drei  batzen  für  meinen  eintritt!  Fr.MCller 

2,  122.  .  .  .   •   L 

4)  interjedion  des  einwurfes  und  Zweifels,  meist  mit  höhnischer 

nebenbedeutung : 

Villa.        ja  wie  lange  wird  der  vorrath  währen, 

wenn  man  den  so  liederlich  verpraszt. 

Stransky.  ho !  wir  werden  heute  nicht  verzehren 

was  verhanden.    A.  Grtphius  1698   1,643; 
ho,  närrinn,  so  hab  ich  es  nimmer  gemeint! 
wie  kann  ich  zum  weihe  dich  nehmen?    Bürger  61  . 
vielfach  verdoppelt  auftretend :  hoho,  sprach  Gurgelstrosz,  haben 
die  klüsterschatten  solche  kraft.  Garg.  259';    hoho!  sagt  der 
baur,  es  ist  noch  niendart  das  ziel  verfallen.  Wickram  rollw. 
73, 17  Kurz ;  Susanna,  wers  doch  nicht  wunder,  das  das  fewer 
welches  Sodoma  und  Gomorra  verzehret  hat,  ietzundcr  vom 
himel  fiele  und  verzehret  euch  beide  alten  buben  zusehendts. 
Simeon.  hoho  das  fewer  ist  lange  verleschet.  H.  J.  v.  Braün- 
scnwEiG  63;   ho,  ho!  meister  Hans  werfet  das  heil  nicht  zu 
weit,  interim  194.  342;  L.  ein  mann,  der  alles  gut  sein  läszt. 
A.  ho!  ho!    alles?   Lessing  1,259;    ho!    ho!    wird  man  mir 
nunmehr  entgegen  rufen,  diese  stelle  war  wohl  noch  nüthig, 
uns  recht  mit  der  nase  darauf  zu  stoszen?  4,81; 

ho  ho!  du  närrchen,  welch  ein  wahn!  Borger  29"; 
auch  der  ironiscfien  Verwunderung :  ho!  ho!  sie  machen  verse? 
Lessinc  1,289;  ho!  ho!  ich  fange  gar  an  zu  moralisiren. 
12,263;  Faust,  die  inoral  will  ich  hören,  teufel.  ho!  ho!  soll 
diese  der  teufel  auch  machen?  Klinger  3,161;  endlich  der 
Zurückweisung  eines  zweifeis:  H.  wird  man  mir  auch  glauben? 
Fr.  hoho !  dafür  lasz  mich  sorgen.  Schiller  rdubcr  2, 1. 

5)  eine  redensart  und  damit  ho  {wie  unten  damit  holla) 
genug,  fertig,  abgemacht,  läszt  sich  wol  zunäctist  an  no.  2  und  3, 
die  antwortende  und  betheuernde  kraß  der  interjedion  arikhnen: 
kompstu  in  einen  sack,  so  spot  man  din,  kompst  du  den  in 
einen  samaten  rock  so  ergcrt  man  sich,  darumb  halt  das 
recht  mittel,  trag  einen  guten  mantel  und  schub  (schaube), 
und  do  mit  ho.  Keisersberg  bilg.  58*. 
HOBEL,  m.  runcina,  planula. 

1)  der  name  dieses  Werkzeuges,  heute  allgemein  deutsch,  scheint 
dennoch  zufrühest  nur  niederdeutsch  gewesen  zu  sein,  zwar  be- 
gegnet mhd.  hovel  in  dieser  bedeutung  im  Parzival,  der  goldenen 
schmiede  und  bei  Suchenwirt  je  einmal  (Ben.-Müller  1,  "23'), 
aber  in  bildlichem  gebrauch  und  so  dasz  es  den  eindruck  eines 
unifcwohnlichen  wortes  macht,  dagegen  haben  die  vocabularien, 
die  seit  dem  14.  jahrh.  entstanden,  soweit  sie  niederdeutsch  sind 
oder  auf  niederdeutschen  einßusz  zurückgehen,  das  wort  überein- 
stimmend und  häufig:  dolabrum  ein  hofel,  hobbcl  Dief.  189"; 
leciga,  levigal  stoyszbloch  1  hobbel,  hubel,  hobel,  hobbcl,  hofTcl, 
hofel,  en  hovel  den  de  tymmerlude  hebben  325';  leviga  hovel 
dar  me  dat  holt  mede  suchtet  nov.gloss.2i2*;  während  gleich- 
zeitige oberd.  vocabukrien  entweder  andere  worte  dafür  setzen  (stojc- 
bloc;  stosz-beumlin ;  gestosz-ysen,  stosz-isen  325',  schliclit- 
holcz  440')  oder  das  wort  noch  durch  ein  anderes  erklären  {plana 
ain  sloszblock  t  hobel  440').  immerhin  darf  für  das  15.  jahrh. 
die  Verbreitung  und  der  allgemeine  gewöhnliche  gebrauch  des  worles 
auch  für  Oberdeutschland  angenommen  werden,  neben  der  gewöhn- 
lichen form  geht  eine  mitteldeutsche  hubel,  die  noch  im  V.  jahrh. 

schlesisch  iU: 

hie  ixt  mein  schurzfeil  und  mein  hubel. 

macht  doch  nicht  einen  solchen  trubcl. 

A.  Grtphius  1698  1,743; 
und  eine  umgelauiete,  nd.  hövel,  die  vielleicht  alt  ist,  aber  sich 
erst  tpäter  nachweisen  Idtzt :  hC>\cl  brem.  wb.,  bowel  Schamb.  80*; 
böbbel  um  FaUersleben  Fnouu.  5,148;  ihr  entspricht  eine  wn- 
gelautele  mitteldeutsche:  hübel  planula  Alb.  yl",  neben  hobel: 
doUüieUa  ein  hübel,  schroliiobel  11 4*;  vergl.  auch  unter  hobel- 
ei«en;  Stieler  805  idhU  die  formen  liebel,  hobel,  höbel  und 
hefcl  auf,  mit  der  pluralfnrm  hcbel ;  in  der  neuern  spräche  ist 
eine  umgelatUele  pluralform  i/anz  vergessen,  den  umlaul  zeigt 
aurh  dm  wol  aus  dem  nd.  entlehnte  dänische  hJivI,  schwed.  höfvcl 
und  liyfvel,  während  die  altnordiarh  noch  nicht  heieuijte,  erst 
uland.  form  helill  auf  den  zusammenhami  des  wnrirs  mit  dn 
wurul  haf,  golh.  haljan  heben  am  dfutlirhslcn  hinweist 


2)  hobel  ist  das  Werkzeug  der  holzarbeiter,  um  holz  eben  und 
glatt  zu  machen;  auch  in  der  eisen  Industrie  wird  der  hobel  zur 
glätlung  des  eisens  verwendet,  nach  grösze,  form  und  Wirkung 
wird  durch  composilen  unterschieden  (bank-,  faust-,  grund-,  kehl-, 
leisten-,  nuth-,  schrot-,  schlicht-hobel  u.  a.);  hobel,  rauch- 
hobel,  scalprum,  dolabra,  dolabrum,  dolabella  M aaler  226*. 
scherzhaß  erwähnt  Fischart  eines  hobeis  zum  zerkleinern  der 
grünen  Graubündcner  kräuterkäse:  stunden  derwegen  da  vil 
krautige,  külreckige,  graszgrüne  schabziger,  sambt  den  hol- 
eisen und  hobeln  ausz  Schweizcriand.  Garg.  55*. 

3)  redensarten.  den  hobel  fühlen:  bei  keiser  Oltens  hart, 
dein  mann  soll  den  hobel  fühlen  {gezüchtigt  werden)\  Ernst 
hktor.  bilderhaus  (1686)  s.  141;  den  hobel  ausblasen,  in  den 
hobel  blasen,  als  Umschreibung  einer  rohen  einladung  {vgl.  theil 
1.566.833.  2,69):  sie  künen  mir  und  den  herrn  Zürichern 
alle  mit  einander  mit  sal  veni  zredn  den  hobel  auszblasn. 
Schwabe  tintenf  A8*;  fertig  bin  ich.  wem  ichs  nit  recht 
ginacht  hab,  der  kan  mir  itzunder  den  hobel  auszblaszn.  s.  74  ; 
allachement  und  ehrfiircht  blas  mir  in  hobel.  Fr. Müller  2,44; 
vgl  Fromm.  6,279. 

4)  hobel  bei  den  sammctwebern,  eine  in  dem  sammetsluhlc  ein- 
genietete messerldinge,  womit  die  kettenfäden  aufgeschlitzt  werden. 
Adelung,     vgl.  driet  theil  2, 1409. 

5)  in  Appenzell  ist  hobel,  plur.  höbel,  das  Schneidemesser  in 
obslmülUcn  zur  Verkleinerung  des  vom  tricliler  herabgkitcnden  obstes. 
Tobi.eu  269". 

6)  hobel,  eine  art  fischnctz,  das  wie  eine  reuse  eingerichtet  und 
qebraucht  wird.  Schm.  1, 1039  Fromm. 

7)  auch  der  teufel  wird  {fränkisch)  mit  hobel  verhüllend  ge- 
nannt :  wei  der  hobel !  das. 

HOBEL,  HÖBEL,  ffl.  decke,  dcckel. 

1)  das  wort  ist  derselben  form  wie  das  vorhergehende,  aber  von 
anderer  ausbildung  des  grundbegriffes,  indem  die  würzet  haf  hel)en 
hier  die  bedeutung  des  deckenden  und  schützenden  hervorkehrt  {vgl. 
alts.  heban,  ags.  heofon  himtnelsdecke  von  derselben  würzet),  und 
von  eigentlich  oberdeutscher  hcimat  und  ausbreüung,  mhd.  hobel 
(Ben.-Müller  1,695');  das  engl,  hovel  schuppen,  hüUe  rührt  eng 
an.  hobel  bedeutet  decke  im  allgemeinen,  bArhobel  dcckel  einer 
bahre : 

ab  im  zart  er  (der  scheintate)  den  überdon  (leichenhülle) 
und  warf  den  bärhobel  dan.  Serval.  3421 ; 

am  nuiistcn  aber  decke  öfter  einen  wagen,  wagendeck,  so  noch 
im  16.  jahrh.:  da  gieng  der  wagen  von  einander,  und  das 
hindergestel  mit  dem  höbel  bleib  sten.  Vlensp.  s.  93  Lappenb.; 
vgl.  unten  hobeldecke  und  liobehvagen. 

2)  hobel,  plur.  höbel  ist  auch  der  gedeckte  wagen  selbst :  vier 
plahen  über  die  höbel.  d.  slddtechron.  4,257,11;  31  eilen  zc 
plahn  über  vier  höbel.  257, 42. 

3)  höbel,  hügel,  Verwechselung  mit  hübel  (s.  d.):  der  höbel 
oder  höbe,  da  Rcynhardt  auf  slundt.  Aimon  bog.  Jiij.  — 
Anders  uiederd.  höbel  höcker:  gibbus  hövel,  höker  Chytrakus 
cap.  29 ;  vgl.  hofer. 

4)  beim  zinngieszer  ist  hobel  derjenige  oberste  theil  einer  schüssel- 
oder  tellerform  u.  dcrgl,  der  innerhalb  eine  Vertiefung  nach  be- 
schaffenheit  des  gerdlcs  hat,  das  zwischen  ihm  und  dem  kern,  dem 
untern  stück  einer  solchen  form,  gegossen  werden  soll.  Jacobsson 
2,267".  der  bcschreibung  nach  fallt  der  name  hierher  und  nicht 
zu  dem  vorher  aufgefiihrtcn  hobel. 

HOBELBANK,  /.  bank  auf  der  das  zu  hobelnde  holz  befestuit 
wird:  dolatorium  \whe\\YAnk  Dikf.  189';  iiobelbanke  Jabu/a  jcri- 
naria  Steinbach  1,63.  bildlich:  einen  über  die  hobelbanke 
ziehen,  culpare,  carpere  aliquem.  das. ;  einen  auf  die  hobclbank 
legen,  für  etwas  ausbilden  {rgl.  unten  holtcln  3),  aufziehen :  wir 
hoffen,  du  werdest  deiner  vcUeru  einen  oder  zween  uf  die 
hobelbank  legen  und  sie  zu  unsern  dienslen  abrichten,  dasz 
sie  dir  und  deinem  vater  folgen  und  ihr  sinn  und  gedankeu 
dahin  stellen,  dasz  sie  ihrem  landesfürstcn  .  .  treulich  dienen. 
Bommel  gesch.  v.  Hessen  t.  I  .v.  614  {schreiben  v.  1585).  obscön: 
auf  dem  Ititlerbell  oder  hobelbank.  Garg.  72'.  in  der  form 
hubelhank,  und  hier  jedenfalls  mit  anklang  an  hübel  hügel: 

üollen  wir  ein  brautkleid  machen, 
muüz  din  damc  vor  un»  stehn, 
und  sich  obni  i;anz  nuskleiden, 
du«!  wir  Uli  diu  briiülchitn  .<ohn. 
dn  RRht  uti5  heri  und  hinge 
);:ini  frriidcnreich  lu  »priinge. 
(in  mi-!<M-ii  wir  um  ilin  h\ihi<lbank 
JKiliI  (Iriiir  hiillic  sttnidon  Hng. 

nchnriiirrlir'l  in:  neu  rrimmri*» 
hrrgliriterh.  no.  147. 


1589 


HOBELBINDE  —  HOBELN 


HOBELN  — HOCH 


1590 


HOBELBINDE,  f.  eine  binde  des  wuHdar:Ues  von  schneckeu- 
fürmiger  anlegung,  auch  spiralbinde.  Jacobsson  6, 89*. 

HOBELDECKE,  f.  decke  mAw  einen  wagen  {vergl.  das  letzte 
hobel  no.  2):  hobeldeck,  pabo,  est  teciura  curri,  bige  et  navis. 
voc.  ine.  theut.  k2*. 

HOBELEISEN,  n.  das  schneidende  eisen  des  hobeis.  Jacobsson 
2.26"':  die  hobelmaschine  von  Gerard  in  Paris  besteht  aus 
einer  senkrechten  scheibe,  auf  deren  seite  sich  zwei  hobel- 
eisen  mit  klappen  befinden,  der  arbeilerfreund  i&&8  s.  35.  in 
der  form  hübeleisen  {vgl  unter  hobel  l):  ferramentum  toiiso- 
rium  hübeleisen  Alb.  11 4'. 

HOBELFÖRMIG,  adj.  von  der  form  eines  hobeis.  hobei- 
förmiges blatt  nennt  der  gärtner  ein  blatt,  welches  zusammen- 
gedrückt, rundlich,  auswärts  hükrig  ist,  und  auf  dem  höker  eine 
erhabene,  unten  rundliche  schärfe  hat.  Jacobssos  6,89*. 

HOBELGEHÄUSE,  n.  am  hobel  der  schaft  oder  griff  des 
hobeleisens.  Jacobsson  2,  26"'. 

HOBELKLINGE,  f  das  schneidende  eisen  am  hobel:  hobel- 
klinge meche  Rondeaü  312. 

HOBELMASCHINE,  f  masciäne  zum  hobdn,  s.  oben  unter 
hobeleisen. 

HOBELN,  verb.  runcina  laevigare. 

1)  das  wort  begegnet  seit  dem  14.  jahrh.  häufig,  und  wie  das 
ihm  zu  gründe  liegende  subst.  hobel,  in  tnanigfachen  formen, 
indem  sein  stammcocal  theils  ohne,  theils  mü  umlaut,  die  labialis 
dahinter  theils  als  b,  theils  als  v,  theils  auch  zu  f  vergröbert 
erscheint,  dolare  hobeln,  behublen,  behoffeln,  höffelen,  hevelen 
DiEF.  189';  lenire  hofein  323';  levare  hobeln  1  suchten  325'; 
levigare  hobeln,  hovelen,  hoffeln,  huffein  1  hibeligkten  (?), 
hubeln  325';  celatus  gehobbelt  UO';  hobelen,  levigart,  dolare, 
asciare.  voc.  ine.  theut.  k2'.  mitteldeutsche  Schriftsteller  des  16. 
Jahrhunderts  geben  die  umgelautete  form,  die  sich  gegen  die  üier- 
wiegende  unumgelautete  doch  nur  vereinzelt  zeigt:  dolo  .  .  ich 
mach  glat,  hübel.  Alberds  II 4';  Luther  hat  höfeln:  und  er 
bawet  auch  einen  hof  drinnen,  von  dreien  riegen  gehawen 
steinen,  und  von  einer  riegen  gehöffelter  cedern  (xat  <rr//o3 
yareioyaaue-pr;s  xeSoov  xvx/.od'ev  sepiuag.)  lÄön.  6, 36,  neben 
hofein,  s.  unten  no.  3;  auch  Stieler  805  kennt  hebeln  neben 
hobeln  und  hebelung,  höfelung  neben  hobelung  politio.  jetzt 
ist  höveln,  höweln  nur  niederdeutsch  {brem.  wb.  Schambach  87*) 
und  hobeln  die  allein  sckripgemäsze,  auch  diaieJdisch  durchaus 
herschende  form. 

2)  hobeln,  mU  dem  hobel  glätten :  hoblen,  uberhoblen,  com- 
planare,  dolare  Maaler  226' ;  der  tischler  hobelt  die  leiste ; 
breter  hebeln,  levigare  asseres.  Stieler  SOS;  gehebelte  kästlein, 
arculae  dolatae.  das.;  gehawen  steine  und  gehöffelt  holz  zu 
keufen,  zu  den  balken  an  den  heusern.  2  chron.  34,  il.  oft 
mü  anlehnung  an  die  technische  spräche  in  mehr  oder  weniger 
freier  Verwendung:  die  civilisation  hat  bei  diesen  menschen 
(den  Italienern)  keine  so  auffallende  neue  politur  wie  bei  uns, 
wo  die  eichenstämme  erst  gestern  gehobelt  worden  sind  und 
alles  noch  nach  firnis  Hecht.  H.  Hei.ne  2,103;  vom  rasieren: 
inzwischen  hobelte  der  alte  mann  an  dem  sonntagmorgen  . . 
mit  seinem  messer  kühn  zwischen  dem  warzen-schagrin  {seines 
gesiebtes)  auf  und  nieder,  und  schnitt  ab.  J.  Paul //esp.  1,146; 
von  der  thätigkeit  einer  wespe :  die  wespe  hobelte  sich  aus  dem 
sparrwerk  papierspäne  zu  .ihrer  zwiebelkugel.  174 ;  auch  sonst 
von  einen»  allgemeinem  thun: 

ir  harren,  habt  unsern  schimpf  vergut !  .  .  . 

ob  wir  zu  grop  gehobelt  han, 

so  mugt  ir  selber  wol  verstao, 

das  man  die  vasaacht  fester  tobt, 

dan  in  der  kanvochen,  so  man  got  lobt. 

fastn.  sp.  223,  4. 

3)  hobeln  wird  namentlich  übertragen  auf  das  glätten  und  ver- 
feinern von  Sitte  utui  betragen :  mal  mir  sie  {eine  Jungfrau)  wie 
schon  du  will  und  hobel  sie  mit  allen  tagenden,  so  wil 
ich  doch  keinerlei  so  ser  fliehen  als  weiblich  geselschaft. 
A.V.  Eybe  1*;  hie  zimmert  und  arbeit  er  an  uns,  hofell  und 
schnitzet  uns,  das  er  den  alten  menschen  in  uns  tödte  .  . 
und  uns  also  volkomen  bereite,  das  wir  seine  newe  creatur 
sein.  LuTUEB  5,214*;  weil  mein  herr  von  meiner  einfalt  wind 
hatte  und  gedachte,  solche  würde  sich  legen,  wann  ich  herum 
terminirte,  etwas  sehe,  hörete  und  von  andern  geschulet, 
oder  wie  man  saget,  gehobelt  und  gerülpt  würde.  Simp/.  1,93 
Kurz,  als  schiderausdruck,  wie  auch  bei  den  handwerkern  der  als 
gesell  aufzunehmende  gehobelt  wird  (Jacobssom  2,267*),  und  zwar 
hier  mit  gewissen  ceremonien;  er  ist  noch  nicht  gehobelt  worden, 
muribus  nondum  est  emollUvs.  Stieler  S05;  vgl.  ungehobelt. 


4)  hobeln  geht  auch  in  den  sinn  strafen  über:  daruiub  hofele 
ich  sie  durch  die  propheten  {Stä  tovro  aTied'eoiaa  loi'i 
Tioofriras  vucöv  sefAuag.)  und  tödte  sie  durch  meines  mundes 
rede.  Hos.  6,5;  und  namentlich  die  bedeutung  prügeln,  bläuen 
ist  volksmäszig;  ein  Schweizer  erzählt:  weist  nit,  von  wannen  er 
{der  donner)  kommt?  ich  ^vil  dirs  sagen,  s.  Peter  hat  einen 
scheisz  gelassen,  so  laufendt  ihm  Christus  und  die  mutier 
golles  nabln,  und  woUendt  ihn  buhlen,  danuenber  entsteht 
ein  semlichs  bochslen,  prasseln  und  knaschplen  in  wolkchen. 
Melander  Jocoseria  2, 13 ; 

bis  zuletzt 
ein  tollkopf  aufsprinet,  und  mit  einem  weidenknittei 
dem  maufthier  und  dem  schilTer  köpf  und  rücken  hobelt. 

WiELAMD  übers.  T.  Horaz''  sat.  (1794)  1, 163. 

auch  von  schriftstellerischen  hieben:  W.  Pirkbeixer  schrieb  auf  Eck 
ein  pasquill:  Eckius  dedolatus,  auf  dessen  titel  sieh  ein  anderes 
bezieht:  der  Eck  ist  gehobelt  und  darzu  geschniten  worden. 
Schade  sat.  u.  pasqu.  2,191,20.350. 

5)  hobeln  in  der  landwirtschaft,  eine  wiese  von  den  maul- 
wurfshaufen  befreien  und  glätten :  wiesen  zu  hobeln  und  die 
scherhaufen  im  abnehmenden  monden  oder  letzten  viertel 
abzustoszen.  Hohbebg  1, 113*.  das  instruinent,  mit  dem  dieses 
geschieht,  heiszt  wiesen-schleppe  oder  wiesen-hobel  {Ocon.  lex. 
1731  s.  2673). 

HOBELN,  verb.  mü  einer  decke,  blähe  versehen?  {tergl.  das 
zweite  hobel  no.  1) :  lasz  dir  machen  ein  gehobeltz  bad  in 
einer  potigen  {zum  schwitzen).  Ortolpus  arzneibuch  bei  Schx. 
1,  1039  Fromm. 

HOBELSPAN,  m.,  gewöhnlich  plur.  hobelspäne,  1)  späne  die 
beim  holjeln  fallen:  die  hobelspänn,  flugspan,  runciuarum  raptus 
Maaler  226';  die  hobel-  und  Sägespäne  geben  eine  gute  garten- 
düngung.    öcon.  lex.  (1731)  1044. 

2)  nach  der  dhnlichkeit  der  form,  eine  ort  süszen  gebäckes. 
Ajiarasthes  frauenz.-lex.  (1773)  1426. 

HOBELW.\GEN,  m.  wagen  mit  einer  decke  {rergl.  hobel  i 
sp.  13sS,  und  die  ausführung  unter  kobelwagen  theil  5,  spalte 
1541.  1542) :  auf  den  hobelwägen.  Gorg.  137' ;  auf  den  hobel- 
wagen. 162*; 

ich  wil  mit  meiner  büchsen  schlagen 

den  münnicb  von  seim  hobelwagen, 

ihm  blewen  seinen  feisten  bachen.    II.  Sachs  5, 339'. 

HOBELWANZE,  f  eine  wanzenart,  cimex  dolabratus.  Nemnich. 

HOBE.N,    ade.    aus   hie  oben  {sp.  1313)  bereits  im  12.  jahrh. 

zusammengeflossen :  supra  hoben  glossen  in  Haupts  zeitschr.  3,211*: 

«       er  {iter  pfaffe)  leuft  vor  zom  wider  die  wandt : 
bleibstu  hoben  so  ist  dirs  ein  schandt. 

Albercs  contrafaclur  B  1" ; 

noch  jetzt  in  gewöhnlicher  rede  gebraucht  genug.  Scbm.  1, 1030 
Fromm. ;  die  junge  herzogin  war  heut  hoben  ganz  in  gestalt 
und  wesen  eines  engeis.  Göthe  an  frau  von  Stein  1,11;  ich 
blieb  heut  nacht  hoben,  s.  14;  gestern  abend  sagt  ichs  dem 
herzog,  als  er  hoben  bei  mir  war.  118. 

HÖBER,  m.  1)  höcker:  sprünkelicht  hüner,  mit  höbern, 
gibberae  sunt.  Alb.  Hb  2*.     vgl.  unten  hofer  und  huber. 

2)  auch  hufner,  hufenbesitzer ,  in  fränkischen  denkmälern. 
weisth.  1,  608.  009.     s.  unter  huber. 

HOBNER,  m.  bezeichnung  eines  rosses:  seh  da  .  .  .  mein 
englischen  zeiter,  mein  irländischen  hobner  und  rennbock, 
so  den  könig  Henrich  blind  rennet.  Garg.  134*.  —  spalte  724 
begegnet  heben  ro»  einer  gewissen  bewegung  des  pferdes,  was  auch 
Garg.  176*  vorkommt:  da  muszt  es  traben,  treiscblagen,  ren- 
nen, gengen,  anhalten,  passen,  schreiten,  heben,  hässiren, 
zabelen,  galopen;  dasselbe  scheint  mit  der  schr^bung  hüben 
gemeint  zu  sein :  der  caball  wird  traben,  dreischlagen,  passen, 
höben,  galopen.  Reinuold  reime  dich  (1673)  s.  36 ;  und  das  sub- 
äantiv  hobner  könnte  sich  leicht  an  diese  letztere  form  anschlieszen. 

HOBOE,  f  blasinstrument  von  hol:,  aus  dem  franz.  hautbois 
{vergl.  auch  oboe) : 

statt  hobo  und  bratsche  jubeln  lercben, 
und  statt  kronenleuchier  hängt  der  mond 
gegen  osten  dann  am  borizont. 

SCHSIDT   TOÜ   WeR<<KCCBS!«   Qcd.   211. 

HOBOIST,  m.  hoboenbläser :  flötenspieler  und  boboisten  er- 
öffnen den  zug.  Schiller  Jungfrau  4,  6. 

HOCH,  adj.  und  adv.,  altus,  alte. 

A.  Form  und  Verwandtschaft.  gUh.  hauhs ;  alts.  hob  :  ndl.  bog; 
fries.  bdch;  ags.  heäh,  engl,  high;  altnord.  hä-r;  schnei,  bog, 
dän.  höi ,  althochd.  haoh ,  höh ,  mhd.  hoch,  der  schlieszende 
stammhafte  consonant  des  wortes  hat  mehrfach  eine  schwankende 
Stellung,  während  er  sich  bisweilen  zu  g  verdichtet  {so  dasz  auch 

100* 


1591 


HOCH 


HOCH 


1592 


schon  im  ags.  die  nebenform  beagost  der  höcliste,  fries.  hugera 
höher  erscheinen),  ist  er  anderwärts  verflüchtigt  oder  verschwunden, 
und  wie  im  altnordischen  die  form  lid-r  ausscläieszlich  waitet,  so 
ist  schon  ags.  Lei  neben  heah  verbreitet  genug,  und  ahd.  wie 
mhd.  h6  neben  hoch  gewöhnlich;  ein  abfall  des  schlieszenden 
stammconsonanten,  der  bis  in  die  älteren  nhd.  zeilen  durch  be- 
stimmte schreUiung  bezeugt  ist : 

ach  junger  helt,  der  zäun  ist  ho, 

ilarumb  so  schrei  zu  f'rue  nit  fro.    fastn.  sp.  130,  24; 

so  stürzt  sie  doch  zuletzt  die  hogestiegne  pracht. 

V.  Haucwitz  Maria  Stuarda  i,  203 ; 
im  Superlativ: 

s&chstu  in  gelt  den  hosten  hört.  Schwarzenberg  145*. 
abgesehen  von  diesem  ab-  oder  ausfall  hat  sich  seit  den  mhd. 
Zeilen  die  Stellung  des  stammschlieszenden  consonanten  im  ganzen 
so  geregelt,  dasz  derselbe  zu  einem  fast  unhörbaren  hauche  zurück- 
geht, wenn  ihm  ein  bildungs-  oder  flexionsvocal  folgt  (geschrie- 
ben h :  ir  hohiii  minne  Nib.  509,  4 ;  ein  hoher  berg ;  höhere 
töne) ;  dasz  er  aber  kräßig  (und  alsdann  ch  geschrieben)  im 
auslaute  und  wenn  unmittelbar  consonanten  folgen,  sowie  dann 
herx'ortritt,  wenn  das  wort  das  erste  glied  von  compositen  bildet, 
doch  wird  sich  diese  Stellung  des  Stammesschlusses  immer  nur 
eigentlich  in  dem  kreise  der  schrißsprache  bewegt  haben,  denn 
noch  heute  hallen  die  mnndarten  sowol  des  mittleren  als  des  oberen 
Deutschlands  an  dem  stärkeren  laute  (cli)  in  allen  Verhältnissen 
fest,  so  dasz  ein  hocher  berg  wie  der  höchste  berg  gehört  wird. 
schrißsteller,  die  der  mundart  einflusz  auf  sich  gestatten,  bringen 
dies  vereinzelt  in  die  schrißsprache:  wann  die  jungen  kinder 
schätzen  ain  kJaine  gab  als  einen  apfel  oder  ain  schellen 
höcher  dann  die  ganzen  weit.  Keisersb.  granatapfel  1510  B3*; 

0  ihr  verborgne  rilzfih 

in  hocher  felsen  spitzen. 

L.  V.  ScHNÜFFis  mirant.  flötlein  (1682)  s.  29; 

auf  den  hochen  ehrenthron,  s.  308. 
Für  die  ältere  spräche  ist  der  superktiv  höhest  und  höhest  neben 
höchst  gebräuchlich:  goltes  höhestc  lesterer.  Lutheh  3,516'; 
gesegnet  bistu  tochler,  vom  herrn  dem  höhesten  gott.  Judith 
13,23;  dises  buch  ist  der  höhest  schätz  der  uff  erden  bleibet. 
Mela.nchthos  anriclUung  der  lat.  schul  (Bonn  1543)  A3"; 
glänzt  sternenhell,  und  schaut  des  höhsten  angesicht. 

HOHPLKR   lUO. 

hoch,  goth.  hauh-s  scheint  seiner  bildung  nach  ein  redupli- 
ciertes  intensivum  zu  sein,  dessen  reduplicationssilbe,  wie  es  ja 
auch  sonst  weise  der  intensiva,  dem  vocale  nach  möglichst  schwer 
ausgeprägt  ist.  die  zu  gründe  liegende  würzet  hu,  unverschoben 
ku  hat  im  allgemeinen  den  begriff  des  schwellens  und  Wachsens, 
verschiedenartig  hervortretend  in  griech.  y.v/un  welle,  woge,  xvfiüs 
schwangere,  lat.  cu-mulus  häufe,  redupliciert  in  slav.  kuku  ge- 
wölbt, krumm,  litt,  kaukaras  hügel,  anhöhe ;  auch  das  goth. 
biuh-ma  häufe,  menge,  ist  in  gleicher  weise  gebildet. 

B.  Bedeutung,  die  bedeutung  von  hoch  hat  sich  in  bezug  auf 
ort,  zeit  und  grad  manigfach  entwickelt. 

I.  hoch  örtlich,  erhebung  über  einen  punkt  der  ebene  bezeichnend. 
l)  ohne  beigesetztes  masz,  von  dingen,  die  in  bedeutender  weise 
ansteigen:  hohe  berge;  hohe  bäume;  ein  hohes  haus;  trat 
auf  einen  hohen  felsen.  2  Macc.  14,  45 ;  {die  Stadt)  hatte  grosze 
und  hohe  maurcn.  offenb.  21, 12 ;  hohes  wasser,  alveus  plenus, 
inundans  proxima  loca  humiliora  Frisch   1,457'; 

sie  trug  mich  auf  ein  hohe  stigcn.    fastn.  sp.  119,  15; 
gleich  einem  kahn  auf  hohen  wogen. 

WiELAüD  22,  185  (Oberon  4,  05); 
kilberfarhen  dein  (des  mnndm)  kicid,  wenn  du  vom  hohen  gewölb 
deines  liimmeis  die  Stadt  und  das  dorlchcn  beschaust. 

llöLTT  ü7  llalmi 
der  ahorn  und  die  linde  wchn 
mir  bange  seelcnschauer, 
und  hohe,  diistro  schatten  gebn 
rings  an  der  kircbhorraauer.    s.  173; 
durch  alte  siädtc  thät  ich  wallen 
und  sab  die  hoben  münstcr  an.    UntAND  ged.  223; 
bis  der  könig  sank  in  der  hohen  halle.    225 ; 
noch  ^ine  hohe  siule  zeugt  von  verschwundner  pracht.    302. 
ttchnitch :  ein  hober  ofen,  zum  schmelzen  der  erze,  vgl.  hochofen  ; 

da  rill  in  seines  zornes  wuth 
der  graf  im  nahe  holz, 
wo  inra  in  hoher  dien  ghil 
die  elsenstuTe  schmcHz. 

Schiller  {/nn?  narh  dem  eisenhammcr. 

7)  auch  von  dingen  die  in  einer  bedeutenden  erhöhung  sich 
befinden:  in  bergslädtrn  gibt  es  eine  holie  sirasze,  die  über  den 
andern  itrasTen  </rlegeu  itt  (rersrlneden  von  Injhr  slrnize  unten  III); 


auf  einen  hohen  altan  trat,    mückenkr.  1,  452 ; 
das  hohe  meer,  die  hohe  see,  die  offene  see,  die  vom  strande 
aus  gesehen  höher  zu  liegen  scfieint: 

du  hast  das  hohe  meer  durch  dein  gebot  erfunden. 

Flbikiig  28; 
doch  so  fähret  der  flscher  dem  hohen  meer  zu. 

GöTUE  1,  335 ; 
der  hohe  himmel ;  als  ausruf: 

hilf,  reicher  Christ  vom  himmel  hoch !    Uhla:id  volksl.  261 ; 
gott  im  hohen  himmel!    H.  v.  Kleist  Käthclten  5,  11; 
die  hohe  sonne: 

hohe  sonne,  du  weilst  und  du  beschauest  dein  Rom? 
GöTHE  1,  282 ; 

das  hohe  Deutschland  nannte  man  den  südlichen  gebirgigen  tlieil 
des  reiches,  gegenüber  den  niedern  ebenen:  Hochleutschlant, 
Norica,  Teutonia.  voc.  ine.  thcut.  h  2' ;  {meinen  söhn  schickte  ich) 
gen  Straszburg  oder  in  eine  andere  kaufmansstadt  des  hohen 
Teutschlands.  Schuppiüs  736;  vgl.  unten  hochdeutsch. 

3)  auch  von  körpern  und  kürpertheüen,  die  ansteigen :  er  ist 
ein  hoher,  stattlicher  mann ;  ein  mann  von  hohem  wuchs ; 
die  Emim  haben  vor  zeiten  drinnen  gewonet,  das  war  ein 
gros,  stark  und  hoch  volk  (i'd'vos  fte'ya  xnl  noXv  xai  ia^v- 
ovTES  septuag.).  5  Mos.  2, 10 ;  ein  gros,  hoch  volk,  die  kinder 
Enakim  {labv  /ue'yav  xai  noXvr  xal  ev/urjxt}  sept.).  9, 2 ; 
er  hat  eine  hohe  stirne;  hohe  schullern  haben;  eine  hohe 
Schulter  im  gegensatz  zu  der  andern,  niedrigem;  er  hat  einen 
hohen  rücken,  ist  ausgewachsen;  eine  schöne  mit  hohem  busen, 
vgl.  unten  hochbusig;  die  hohe  ader,  liervortretende,  spannader : 
daher  essen  die  kinder  von  Israel  kein  hohe  ader  auf  dem 
gelenk  der  büfte  . .  darumb  das  die  hohe  ader  an  dem  gelenk 
der  hilft  Jacob  gerüret  ward.  Luther  4,182'; 

Achilles  war  hoch  von  statur.    Wecebbrlii«  370; 
es  steigt  das  riesenmasz  der  leiber 
hoch  iiber  menschliches  hinaus. 

Schiller  kraniche  des  Ibykiis; 
an  wuchs  und  antliiz  hoch  und  hehr.    Bürger  37*. 

hier  ößcr  mit  specieUer  nebenbedeutung :  hohes  leibes  sein, 
schwanger:  da  sie  in  ihrem  6jährigen  chestande  noch  niemals 
so  glücklich  gewesen,  hohes  leibes  zu  sein.  Felsenb.  3, 3M; 
bis  endlich  der  hohe  leib  dieser  dame  ihre  unziemliche  liehe 
jedermann  offenbarte.  Guirsfeld  histor.  rosengeb.  "B  ;  sie  {eine 
schwangere)  sieht  auf  ihren  hohen  leib.  Klinger  5, 335 ;  die 
hohe  nase,  als  zeichen  von  hochmut  und  Verachtung  {vgl.  die 
nase  hoch  tragen  unier  7) : 

sie  ist  nicht  stolz,  wie  die  nach  standsgebüliren 

geehrten  fräuloin  oder  fraun, 
die  auf  uns  siinder,  die  das  von  nicht  führen, 

mit  hoher  nnsc  uiederschaun.    Höltt  180  Halm; 

vgl.  hochnäsig.  —   Kon  thieren: 

rasch  galoppirt  ein  graf  hervor, 

auf  hohem  ross  ein  edler  graf.    Bürgik  3C'. 

bildlich:  auf  hohem  rosse  sitzen,  traben,  stolz,  übermütig  sein ; 
vgl.  hochtrabend :  das  exempel  dient  uff  böse  exempel  geben, 
als  ordenslüt  thun,  die  etwan  hohe  rosz  reiten,  dadurch  die 
edlen  etwan  gecrgerl  werden.  Pauli  schimpf  u.  ernst  50  Österley. 

4)  der  tjegen.^atz  von  hoch,  tief,  wenn  eine  absenkung  unter 
den  punkt  der  ebene  bezeichnet  werden  soll,  oder  niedrig,  wenn 
nur  eine  mindere  erhebung  angedeutet  wird,  ist  oß  mit  hoch 
verbunden:  der  himel  ist  hoch  und  die  erden  tief.  spr.  Sal. 
25,3;  der  herr  ist  hoch  und  sihel  auf  das  nidrige.  p5.  13S,U; 
CS  war  nie  kein  berg  so  hoch ,  das  thal  war  so  niedrig. 
SCHOTTEL  1144*; 

s6  höher  borg,  so  tiefer  tal, 
so  hoher  dr,  so  tiefer  val.    Bonm  edeltl.  30,  37 ; 
auf!  scclen,  tretet  doch  zum  licilnnd  mehr  herbei, 
und  schaut  wie  nicthig  er,  wi«  klein  er  worden  sei, 
der  höher  als  die  slern,  und  liefer  als  die  erde. 

l.uHENSTEin  liimmelsschliisset  2C; 
0  diese  teil  hat  fOrrhtcrlichc  zeichen, 
das  niedre  schwillt,  das  liohe  senkt  sich  nieder. 

GöTHB  U,  266. 

6)  zu  hoch  tritt  eine  mastbeslimmung,  den  begriff  fester  be- 
schreibend, entweder  auf  dem  wege  der  comimsition  {ogt.  zullhuch, 
fuszhoch,  haushoch,  himmelhoch),  oder  im  accusativ :  der  bäum 
ist  dreiHzig  fusz  hocii,  das  gras  ist  noch  kaum  einen  zoll 
hoch ;  die  wogen  geiicn  berge  hoch ;  er  macht  auch  den 
reuchultar  .  .  .  zwo  eilen  hoch.  1  Mos.  :i7,  25;  zeben  ehern« 
gcktüle,  ein  jglicheii . .  drei  uUen  hoch,  likun.  7,  27;  cid  haus 
zwei  Stockwerke  hoch;  oder  endhch  auch  im  yenHw:  und  mnclil 


1593 


HOCH 


HOCH 


1594 


im  eine  leisten  umhber  einer  band  breit  bocb.  2  Mos.  37, 12 ; 
der  hals  mitten  auf  dem  gestüle  war  einer  eilen  bocb.  1  kün. 
7,31;  einer  halben  eilen  hoch.  35;  es  giengen  leisten  ber- 
umb  .  .  .  einer  quehrband  bocb.  Hes.  40,  43 ;  es  war  dreier 
gemach  hoch.  42,6;  die  edle  geschichtschreiberin  der  feen 
beschreibt  sie  als  eine  kleine  frau,  einer  band  hoch.  Wikland 
11,94,  anm.  10; 

die  alten  moosbedeckten  eichen  dort, 

ich  sah  sie  alle  einer  lanze  hoch!    18,23; 

(irenn)  er  glorreich  eines  hauptes  höher 

als  zehntausend  alltagsmensehen  ragt.    Borger  SiV 

6)  anderwärts,  trenn  gruffierung  und  gliederung  von  massen 
angegeben  irirrf,  betont  hoch  mit  näherer  viaszbestimmnng  er- 
streckung vom  messenden  weg  nach  dem  hintergrunde :  eine  gute 
zugordnung  insgemein  ist  5  schuh  breit  und  10  schuh  hoch. 
BuCKLER  kriegssch.  (166S)  s.  555.  so  auch  in  dem  abgeblaszieren: 
sie  kamen  zehn  mann  hoch  angerückt,  wo  ursprünglich  das 
aufmarschieren  hinter  einander  gemeint  ist. 

',)  besonders  hervorzuheben  ist  hoch  in  einer  reihe  fester  ftigungen 
als  praedicatires  adjectiv  mit  verben  der  bewegung  oder  der  ruhe  : 
die  band  hoch  heben; 

da  hebt  er  hoch  die  bände,  der  ritterliche  greis  : 
der  fink  hat  wieder  samen :  dem  herrn  sei  dank  und  preis ! 

Uhla?id  ged.  370; 

den  köpf  hoch  halten ;  machet  die  thore  weit,  und  die  thüren 
in  der  weit  bocb.  ps.  24.7;  er  trägt  das  haupt  hoch,  als 
zeichen  des  stolzes  oder  des  Selbstvertrauens;  da  müszte  sich  der 
hochmuth  einmal  legen,  da  wagt'  es  keiner  mehr,  den  köpf 
so  hoch  zu  tragen.  Armm  schaub.  1,  313 ;  eine  art  (menschen), 
die  ire  äugen  hoch  tregt,  und  ir  augenlied  empor  helt.  spr. 
Sal.  30, 13 ; 

stumm  weide,  gleich  dem  thiere  fem, 

in  staub  gebückt,  der  ihor. 

wir,  hoch  das  avtlitz,  singen  gern 

mit  bien  und  lerch  im  chor.    Voss  6,  90 ; 

trägt  hoch  das  haupt  mit  goldner  krön : 

er  dünkt  mir  wohl  ein  könig.    Uhlasd  ged.  385; 

ob  armuth  euer  loos  auch  sei, 

hebt  hoch  die  Stirn,  trotz  alledem ! 

Freiligratb  ges.  dicht.  3,  42  ; 

die  nase  hoch  tragen,  zeichen  des  hochmiUs  (vgl.  oben  3):  ei 
die  alte  lehre!  du  sollst  die  nase  nicht  allzuhoch  tragen. 
Engel  phil.  f  d.  well  69; 

ha!  wie  sie  hoch  die  nase  trägt.  Gotter  1,  82. 
ebenso  einen  hoch  über  die  achsel,  über  die  hohe  achsel  an- 
sehen, will  veraclUung;  etwas  auf  die  hocbachszlen  nemmen, 
etwas  aufnemmeh,  alsz  ob  es  ausz  stolze  und  Übermut  geredl 
wäre,  accipere  aliquid  in  superbiam.  Maaler  22b'.  einem  den 
brotkorb  hoch  hängen,  ihn  darben  lassen;  man  soll  ihm  den 
brotkorb  hoher  hängen.  Simrock  sprichw.  69;  die  trauben 
hängen  hoch; 

wol!  wol !  tretet  nur  für  das  loch, 

und  hebt  den  hindern  wacker  hoch. 

A.  Grtpbigs  1698  1,  739. 

8)  hoch,  als  adverb  der  richtung  in  begleüung  entsprechender 
verben :  bawet  sein  heiligthum  hoch.  ps.  7S,  69 ;  der  sich  so 
hoch  gesetzt  hat.  113,5;  die  könige  leszt  er  sitzen  auf  dem 
thron  imerdar,  das  sie  hoch  bleiben.  Hiobi6,l;  so  inen  {den 
gemsen)  nachgejagt  wirt,  so  steigend  sy  ye  lenger  ye  hücher 
auf  die  felsen.  Forer  thierb.  64";  faule  arbeiter  heben  hoch 
auf  {den  arm)  und  schlagen  hernach  niemand.  Schottel  1144'; 
hoch  gnug  und  weit  davon  ist  gut  für  den  schus.  1144' ;  der 
Main  ist  hoch  entsprossen.  Pistorids  7, 81 ;  steige  nicht  zu 
hoch,  so  fällst  du  nicht  zu  tief.  Siärock  sprichw.  533,  und 
danach  incorrect  mit  adjectiver  Stellung  die  hohen  Steiger  fallen 
gern.  Schottel  1132'.     bildlich: 

je  höher  dein  erkenntnisz  steigt, 

je  mehr  wird  diese  (die  liebe)  steigen.    Gkllert  2,  134 ; 

hoch  aufhorchen,  an  das  ^spitzen  der  obren'  erinnernd:  Ekkc- 
hard  horchte  hoch  auf.  Scheffel  Ekkeh.  81.  technisch,  in  der 
Jägersprache:  hoch  beschlagen  vU  ein  thier  oder  wildpret,  wenn 
es  traclUig  oder  tragbar  ist  und  nunmehr  bald  setzen  will.  Ja- 
coBssoN  2,268';  hoch  gebet  der  birscb,  wenn  er  völlig  ver- 
endet hat  und  gut  bei  leibe  i^.  das. ;  hoch  beschuhet  sagl  der 
rosshändler  vom  pferde,  dessen  weiszes  merkmal  am  fusze  gar  zu 
hoch  heran  geht.  6,  89" ; 

die  geometria  lert  Euclites, 

die  misset  hoch,  tief,  eng  und  weit,    fastn.  sp.  741,  IC; 

gi  schuszend  doch  vil  zii  hoch. 

LlLlBNCRON  vnÜsxt.  2,97,  12; 


das  war  ein  grill,  gar  guter  art, 
zu  kriegshändeln  mit  fleisz  gespart, 
abgericht  sich  hoch  zu  erheben, 
zu  springen  über  alle  graben,    mückenkr.  1,  799; 
wie  hoch  ein  floh  im  dunkeln  springe  ?    Wielahd  10,  166 ; 
die  mjrtbe  still  und  hoch  der  lorbeer  steht.    Götbe  1,  177 ; 
hier  musz  ich  rubn. 
ich  kann  nicht  höher  klimmen.    Ramler  2,  13; 
das  kleinste  seh  ich  zu  höchst  sich  schwingen.    Platen  55; 
hoch  und  höher  schwebten  beide 
durch  des  himmels  glänz  und  wonnen. 

Ublamd  ged.  279. 
in  einem  zweideutigen  salze: 

ein  man,  der  freuen  dienen  wil, 

der  bedarf  gesangs  und  seitenspil, 

damit  er  hoch  und  nider  reicht,    fastn.  sp.  743,  15; 

das  herz  schlägt  hoch,  in  der  erregung: 

nicht,  dasz  beim  kommen  oder  scheiden, 
das  herz  ihr  höher  schlug. 

WiELA!«D  22,  170  (Oberon  4,  44). 

Die  richtung  ist  durch  Zusätze  näher  benimmt :  hoch  am  himmel 
streichen  die  wölken ; 

doch  mich  leitet  die  andacht  auf  starken  brennenden  flügeln 
hoch  in  die  wölken,  tind  läszt  mich  die  hälfte  der  erde  be- 
schauen. 
Zachariä  tageszeilen  (1757)  s.  13 ; 

hoch  auf  dem  fernen  ufer  stand 

ein  schwärm  von  galTern,  grosz  und  klein.    Borger  36' : 

die  schnell  auf  flügeln  Dädals  eilen, 

hoch  über  meer  und  über  iand.    Railer  1,  26; 

sind  blitz  und  donner  unter  mir, 

so  steh  ich  hoch  im  blauen  hier.    Uhlasd  ged.  21 ; 

in  gras  und  blumen  lie^  ich  gern, 

.  .  .  wenn  hoch  oben  hin 

die  hellen  frühlingswolken  ziehn.    36. 

sogar  nach  dem  hier  auffallenden  Superlativ  höchst : 

ders  ^löckleiii  gegossen,  der  gieszt  nicht  um  lohn, 
der  gieszer  sitzt  höchst  auf  dem  himmlischen  thron. 
Arsdt  gedickte  333. 

Ungewöhnlich  und  incorrect  ist  die  bedeutung  von  der  höhe,  aus 
der  höhe:  ich  bin  zwar  hoch  gestiegen,  aber  auch  hoch  ge- 
fallen. ScHUPPics  132; 

in  den  öden  fensterhöhlen 
wohnt  das  grauen, 
und  des  himmels  wölken  schauen 
hoch  hinein.     Schiller  glocke  217; 

aber  schon  alt:  dann  ej^  ain  wenich  hoeber  velt.  Mege-Nberc  89,1. 
Auch  maszbeslimmungen  können   zu  dem  adverb  treten  {vergl. 

oben  5):    er  wohnt  zwei  treppen  hoch;    die  see  geht  büuser 

hoch ; 

der  kiehl  sasz  auf  dem  felsz,  es  schlug  der  zorn  der  wachten 
kajuteu  hoch  und  mehr.  Flemikg  80. 

9)  hoch  im  sinne  von  oben  bei  citaten :  Merkurs  kinder 
reuten  ein  apfelgrawes  pferd,  wie  hochgedachter  Eulenspiegel. 
Fischart  groszm.  Ö2;  zum  unterhalt  für  hochbesagtes  reichs- 
gericht.    Moser  patriol.  phattl.  2,311. 

II.  hoch  ron  der  zeit. 

1)  ton  der  tctgeszeü,  und  hier  zunächst  an  den  hohen  stand 
der  sonne  angelehnt:  es  war  schon  hoch  am  tage  oder  ara 
hohen  tage ;  laszt  uns  hinauf  ziehen,  weil  es  noch  hoch  tag 
ist,  ci  es  will  abend  werden,  und  die  schatten  werden  gros. 
Jer.  6,4;  bis  zum  hohen  mittage  lief  ich  atheinlos.  Schiller 

709; 

das  blaue  schlosz  des  himmels 
entfärbt  sich  ob  der  that.    von  stürmen  desz  getümmels 
erblaszte  Cynthia  samt  ihrer  güldnen  schaar, 
und  eilet  an  die  wacht,  als  es  noch  hoch  tag  war. 

Fleming  10; 

dann  auch  allgemein:  wie  hohe  zeit  haben  wir?; 

S.  wie  hoch  ists  an  der  zeit?    G.  glock  halb  auf  zwölf. 

H.  T.  Kleist  Kdlhchen  r.  Ileitbr.  3,6; 

in  diesem  augenblick  schlug  die  schloszglockc  zwölf,  es  ist 
hoch  mitternacht,  sagte  der  graf  lächelnd,  und  eben  gerechte 
zeit.  GöTHE  17, 126 ;  selbst  von  der  sommerliclten  jaltreszeit :  im 
hohen  sommer;  vgl.  hochsommer. 

2)  t'on  einem  seinem  endpunkle  zueUenden  Zeitabschnitt;  so  von 
der  menschlichen  lebenszeit:  er  hat  ein  hohes  alter  erreicht; 
hohes  alter,  grandaeritas,  Senium,  aetas  decrepäa  Stieler  36; 
eine  sehr  kluge  und  niäszige  niatron  .  .  die  auch  in  ihrem 
höchsten  alter  .  .  nie  die  kniitte  von  ihren  bänden  geleget. 
MicRÄLiDS  3,389;  er  war  ein  mann  noch  nicht  hoch  in  jähren. 
GOthe  20,247; 

doch  der  getreue  schläft  wohl  lange  schon 
den  ewgeo  schlaf,  denn  er  war  hoch  an  jähren. 

.Schiller  Mnnn  Stuart  5,  6. 


1595 


HOCH 


HOCH 


1596 


JH  beiug  auf  schteangenchaß,  die  tfirem  ende  zugeht :  mad.tme 
Melina,  ungeachtet  ihrer  hohen  Schwangerschaft.  Göthe  18,277, 
vgl.  hochschwanger ;  endlich  allgemein,  in  bezug  auf  den  nahen 
xhiusz  irgend  einer  frist :  du  hast  hohe  zeit  gehabt,  sagt  man 
drohender  weise,  ferres  infortunium  si  tardius  venisses,  vel  si  hoc 
non  fecisses.  FniscH  1,457';  es  war  hohe  zeit,  dasz  Sickingens 
reiter  zu  uns  stieszen.  Göthe  8, 96 ; 

jetzt  ist  es  hohe  zeit, 
dasz  du  ihr  gnädig  seist.    Fleming  23; 
aufl  es  ist  hohe  zeit,  dem  übel  zu  entstebu.    lOti ; 
komm  bruder,  lasz  uns  eilen, 
wir  haben  hohe  zeit.    214 ; 
nichtswürdge !  —  sie  ist  fort!  es  war  ihr  hohe  zeit. 
GöTHK  7,  84. 
3)  von    längst   vergangenen  zeiten :    die  Völker  des  höchsten 
alterthuins;  vou  höherer  zeit  und  kunst  sind  eine  Pallas  .  . 

WiNKELMANN    3,  129. 

HI.  hoch  vom  yrad. 

1)  hervortretend  in  bezug  auf  den  wert;  namentlich 
a)  bei  zahlen-  und  preisverluiUnissen :  etwas  um  eine  hohe 
summe  kaufen;  einen  hohen  preis  zahlen;  er  hat  an  ihn 
eine  höhere  forderung  als  ich ;  der  anschlag  für  diesen  bau 
wird  sehr  hoch ;  drei  ist  eine  höhere  zahl  als  zwei ;  er  findet 
ein  mittel,  gegen  ein  geringes  darlehn  ein  hohes  procent 
zu  erhalten.  Gellert  7, 67 ;  einen  hohen  gewinn  machen ; 
um  einen  hohen  einsatz  spielen,  und  daher  auch  synekdochisch 
ein  hohes  spiel  spielen ; 

sind  des  richters  obren  zu?   mache  du  die  band  nur  auf, 
recht  hat  jetzt,  wie  alles  ding,  einen  eben  hohen  kauT. 

LouAU  3,248,171  {'feile  gerechtigkeW). 

daran  angeschlossen  in  adverbialer  Stellung:  ich  habe  es  hoch 
zahlen  müssen ;  etwas  hoch  kaufen ;  das  kommt  ihn  hoch 
zu  stehen ;  eine  waare  hoch  im  preise  halten ;  und  wer  wein 
höcher  geb,  der  soll  l'/j  dn.  geben,  d.  stddtechr.  i,^9,Z;  wie 
man  sie  das  flesch  höher  hiesz  geben.  5, 168, 1 ;  mit  einer  durch 
das  verbum  scharf  hervorgehobenen  bildlichen  wendung  die  preise 
sind  hoch  gestiegen ;  nachdem  der  lohn  in  wenig  jähren  etwas 
hoch  gestiegen,  reform,  guter  policey  (Augsb.  1548)  til.  24,  §  2 ; 
hoch  spielen,  wie  schon  mlid.: 

wand  er  gerne  hübe  spilt.    Flore  4669 ; 

ir  spilnt  höbe  ud  nidere.    4767; 

und  daher  auch: 

friunt,  sprach  er,  nü  nement  war 

wie  höhe  ir  wellent  bieten  (als  sijieteinsatz).    5069. 

6)  an  diesen  gebrauch  von  hoch  lehnen  sich  freiere  fügunyen 
an ;  so  unpersönliches  hoch  kommen  {vgl.  th.  5,  sp.  1661  no.  25), 
das  wol  zunächst  an  die  Stellung  der  rcctienpfennige  auf  dem 
zahllu%che  anknüpß:  unser  leben  wehret  siebenzig  Jar,  wens 
hoch  kompl,  so  sinds  achtzig  jar.  ps.  ',Ki,  lü ;  denn  der  nacitste 
verwandte  dieser  redensarl  scheint  das  vollere  und  persOnlicIie  hoch 
ans  bret  kommen  zu  sein,  wo  dann  die  bedeutung  von  hoch 
unten  2,  e  eingreift : 

er  denkt  nicht  wie  er  komm  hoch  an  das  bret  Tür  allen, 
und  könne  k^nigeu  und  bcrren  wolgefalhin.    Uriiz  1,  154 ; 

kürzer  auch  hoch  dran  kommen : 

es  kritzlet  selber  mich  im  sinn, 

das  ich  so  hoch  drau  kummen  bin  (als  kunzltr). 

.Mlkmer  Qeuchm.  9ü5  Scheible. 
unter  bret  th.  2,  sp.  374  ist  die  redensarl  anders  bezogen,  ferner 
einem  etwas  hoch  anrechnen,  nach  der  lobenden  wie  der  tadelnden 
seite  hin:  Engländer  und  Franzosen  rechnen  es  sich  einander 
hoch  an,  wenn  sie  einige  lebende  sprachen  gelernt  haben. 
Klinger  11,106;  hoch  schätzen,  wo  das  verbum  bestimmt  auf 
zatdenverfuiltnisse  hinweist,  und  das  glmhbedeutende  hoch  achten : 
(wie  wenn  du  fragest)  einen  kanfiiiann,  wie  hoch  er  deine 
wahr,  gegen  seine  achten  wolle?  Syr.  37,12;  als  ich  seine 
gaben  wirklich  sehr  hoch  schützte.  Göthe  26,252;  achtel  euch 
uiilernander  einer  den  andern  höher,  denn  sich  selbs.  l'hil. 
2. 3 ;  auch  tuiammengerückt  geschrieben :  es  ist  mir  nicht  ein- 
gefallen üie  hochzuachten,  geschweige  zu  lieben.  Kabknek 
3,206; 

«s  stehe  wer  da  wil  hoch  an  des  glücke»  spitzen, 
ich  xchitze  den  für  hoch,  der  kau  hier  unten  kilzeo, 
da  keine  holTart  ist.  Opitz  1,  158. 

ebenso  von  einem  eine  hübe  meinung  haben ;  mein  oukel  bat 
rintn  »o  buhen  begriff  von  ihrem  cifer.  Gotter  3,27;  er  hat 
einen  zu  hohen  begriff  »on  Beineni  werth.   (Iöthe  57,  13. 

e)  OKcA  die  suprrluiive  fvrmel  aufs  höchste,  zum  höchsten 
id  mu  4kniicher  antrJiauunq  erwachten:  wenn  wir  um  fünf  uhr 
aufs  kOckMe  iililil   ..l.cti   i'.«i-^cii   sind;   ttu  ist  der  ganze  pru- 


cesz  zum  henker.  J.  E.  Schlegel  2,  76 ;  zu  was  sind  sie  (die 
galgen)  auch  nütze?  zu  nichts,  als  aufs  höchste,  dasz  unser 
einer,  wenn  er  vorbei  geht,  die  äugen  zublinzt.  Lessing  l,3ü5; 
alle  ihre  übrigen  regeln  können,  aufs  höchste,  nichts  als  ein 
schulmäsziges  gewäsche  hervorbringen.  5,  70 ;  und  was  wagen 
wir?  zum  höchsten  unser  leben.  Göthe  8,268.     vgl.  höchstens. 

d)  der  hohe  norden  geht  wol  von  der  hohen  zaiil  der  breite- 
grade  aus,  unter  welchen  die  zu  ihm  gehörigen  länder  liegen : 
alsobald  that  sich  als  erwünschte  Vermittlerin  die  schöne  kunst 
(des  schrittschuhlaufens)  hervor,  welche  die  ersten  raschen 
wintertage  zu  verherrlichen  und  neues  leben  in  das  erstarrte 
zu  bringen  im  hohen  norden  erfunden  worden.  Göthe  22,100; 
daher  adverbial:  da  diese  elenden  (die  Eskimos)  als  bärtige 
fremdlinge  von  den  unbärtigen  Amerikanern  hoch  hinauf- 
gedrängt sind.  Heruer  zur  philos.  5,  6. 

e)  hoch  stelU  allgemeiner,  bei  eigenschaßen,  thaten,  besitz,  in 
groszer  manigfaltigkeit,  wo  es  wert,  gute,  hervorragen  des  »ub- 
stanlivbegriffes  hervorhebt,  auch  bei  personen,  die  sich  durch  der- 
artige eigenschaßen  auszeichnen:  Albrecht  Dürer,  ein  hoher 
köpf.  AcRicoLA  sprichw.  no.  379,  auslegung;  hocher  redner,  alti- 
loquus,  vulg.  ein  trostiger  reder.  voc.  ine.  Iheut.  k2';  das  ist 
der  unterschied  zwischen  hohen  und  niedrigen  gemüthern. 
Weise  politischer  redner  iib ;  das  sind  hohe  gemüther,  welche 
allezeit  etwas  sonderliches  haben  wollen.  316 ;  in  jedem  edeln 
herzen  brennt  ein  ewiger  durst  nach  einem  edlern,  im  schönen 
nach  einem  schönern;  es  will  sein  ideal  auszer  sich  in  körper- 
licher gegenwart  .  .  erblicken,  um  es  leichler  zu  erstreben, 
weil  der  hohe  mensch  nur  an  einem  hohen  reift,  wie  mau 
diamanten  nur  an  diamanten  glänzend  macht.  J.  Paul  Tit.  1,7  . 

du  warfst  die  hülle  von  dir, 
die  mit  der  körperweit  dich  hoben  geist  verband. 
Kamler  2,  40; 
den  hohen  mann,  .  .  . 
den  göttei'gieicben  Agamemnon.    Göthe  9,  4; 
sie, 
das  hohe  kind,  wird  euren  plan  vereitein.    286; 

treffliche  personen  von  hohen  silten.  28, 254 ;  er  begegnet  ihm 
mit  hoher  achtung; 

vil  baben  durch  natürlich  art  .  .  . 

inn  bober  tugent  vil  volbracht.     Schwajlzs.xj)£RC  Ibti'; 

zu  hober  tugendt  stundt  ir  sinn.     157'; 

ihn,  der  hohe  tugendthaten  übte.    Höltt  62  Uatm ; 

habt  der  väter  ihr  gedacht, 

manche  hohe  that  besungen, 

aus  der  vorzeil  dämmerungen.     Uhlano  ijed.  5; 

und  hin  ich  nicht  geboren 

zu  hohem  heldeutbum.    70; 
göttinnen  .  .  .  sind  eine  gute  art  von  frauen, 
ihr  hober  stolz  sitzt  iu  der  miene  nur.    Wielamu  10,173; 

die  hohe  schönheil,  die  ewig  iu  mir  stralel.  J.  Paul  Hesp.  1,61 ; 

nun  glaub  ich  wohl,  wie  inirs  in  sinnen  steht, 

dasz  eure  l'reuodin  hohe  Schönheit  tragt. 

UuLANU  ijed.  424; 

also  prangt  die  natur  in  hoher,  voller  erscheinuug. 
Götuk  1,  328 ; 
weil  gott 

mit  reicher  Schönheit  ihren  leib  geschmückt. 

mit  hohen  wundergaben  sie  gesegnet. 

ScuiLi.KH /M/i(//'raii,  prulml  2.  aujlr.; 
eine  poesie  (wie  die  französische),  welche  alles  grosze,  die 
vulkane  der  leidenschaften,  die  hohen  formen  des  herzens 
und  des  geistos,  höchstens  zu  schaugerichlcn  ausgcharken, 
auf  spiegelplatten  aufträgt.  J.Paul  vorsch.  d.  asth.  3,20;  (der 
kolossalkopf  des  Anlinous)  ist  von  .  .  groszer  und  hoher  kunst. 
Winkelmann  6,303;  die  hohe  schöne  ruhe  mischt  sich  darin 
(in  der  eJegie)  so  schön  mit  der  leidenschaftlichen  färbe  des 
augenblicks.  Schiller  an  Göthe  248;  uinh  der  hohen  liebe 
willen,  so  er  hie  an  Christo  sihel.  Lutuer  6,357*;  sage  ich 
euch  hohen  und  groszen  dank.  Schupi'IUs  424 ;  mit  hohem 
dank  ein  ding  aufneinmen,  uvguo  uriimo  aliguul  accipere  Maaler 
230*;  für  diese  hohe  gnad  will  ich  deinen  schatten  ehreu. 
ScHui'i'ius  792 :  da  die  bürger  zu  Jerusalem  in  höchster  sicher- 
heil  lebten.   186;  dasz  die  iielrurier  .  .  ienen  hohen  frieden 

geUOliSeU.    WiNkELMANN    3, 171 ; 

auch  ihr,  der  Staaten  friedliche  warbier,  habt 
ein  hohes  recht  an  unscrn  gonngrlten 

gos&Mgon.  IUhlkr  1,  W; 

groszer  und  höher  werk  (als  die  iibrrgal>e  des  augsburgisrhen 
bekenntnisset)  .  .  isl  nicht  geschehen  von  der  upuslel  zeit  an. 
ScHUPPiUt  842; 

was  ihr  begehrt  (Her  riUtr$ehl<iq)  ist  eine  hohe  siehe, 
die  nur  ein  tiidrlluner  bitten  sutl.     Uhi.ano  l.uHiri'j  72; 


1597 


HOCH 


HOCH 


1598 


die  äuszere  luft  ist  in  hohem  grade  dephlogistisirt.  Hf.bder 
zur  phü.  5,  6 ;  in  hohem  grade  wunderbar  erscheint  uns  alles 
beim  ersten  hinabschauen  vom  Brocken.  H.Heine  1,78;  glück- 
lich ist  dein  loos,  auch  nur  einen  gerettet  zu  haben ;  du 
findest  hohen  lohn  in  deiner  that.  Klinger  5,23; 

o  frau  das  wer  mein  höchste  lab. 

wan  ir  neur  hie  mit  Worten  mir 

ganz  treu  vergecht  nach  meiner  gir.    fastn.  xp.  130,20; 

ohne  wein  und  witz  und  freude, 

was  ist  da  der  höchste  schmaus?    Gökisgk  1,  142; 

eine  hohe  fahrt,  eine  väte,  wichtige: 

gerne  gönnen  wir  die  schnellste  reise, 
gern  die  hohe  fahrt  dir;  güterfülle 
wartet  drüben  in  den  weiten  deiner. 

GöTHE  2,  75  (Seefahrt) ; 

wie  mhd. ;  sit  si  der  höhen  verte  beten  nu  gegert.    Hih.  356,  1 ; 
hier  gelangt  ein  wohldenkender  geschäfts-  und  hofmann  durch 
mancherlei  trübsale  zu  hohen  ehren.  Göthe  24,223; 

der  mir  so  höher  eren  gan, 

got  mCieje  im  ere  meren.    Walthkr  18,  23 ; 

das  höchste  gut.   Kant  7,317; 

das  leben  ist  der  guter  höchstes  nicht, 
der  übel  grösztes  aber  ist  die  schuld. 

Schiller  braut  r.  Messina,  schlus: ; 

so  kenn  ich  in  Europa  keinen  forsten, 

dem  ich  mein  höchstes  kleinod,  meine  freiheit, 

mit  minderra  Widerwillen  opfern  würde.    M.  Stuart  2,  2; 

komm  du  hervor,  du  bringer  bittrer  schmerzen, 

mein  theures  kleinod  jetzt,  mein  höchster  schätz.     7e//4, 3. 

f)  hoch,  «/»  bezug  auf  icillen  und  macht,  kann  durch  stark, 
gewaltig  umschrieben  werden:  der  du  dein  volk  aus  Egj-pten- 
land  gefüret  hast,  mit  starker  band,  mit  groszer  macht,  und 
hoher  gewalt.  Baruch  2, 11.  bildlich  und  an  die  sinnliche  be- 
deutung  des  adjectivs  angelehnt:  mit  einem  hohen  arm  (tiern 
ßoaxiovos  vxfrr;).ov)  füret  er  sie  aus  dem  selbigen  (Egypten). 
apostelgesch.  13, 17 ; 

so  manches  jähr  bewahrt  mich  hier  verborgen 

ein  hoher  wille,  dem  ich  mich  ergebe.    Göthe  9,  3. 

g)  in  bezug  auf  Schicksal,  strafen,  schmerz,  schmach,  Zwietracht, 
wo  es  das  schwere,  drückende  bezeichnen  will:  das  ist  bei  hoher 
strafe  verboten ;  bei  höchster  strafe  gebieten,  supremo  sup- 
plicio  sancire  Yttiscn  1,457';  höhers  und  kümerlichers  herzen- 
leid mag  einem  auf  erden  nicht  zustahn.  Garg.  214';  mit 
hohen   schmerzen   sprach    sie   dieses    stumme  nein.   J.  Paul 

Titan  3,81; 

und  kam  so  hoch  derselbig  span, 
das  auch  die  Franciscaner  han 
sich  in  die  vierzehen  sect  getrent. 

FisCHAHT  dicht.  1,148,611  Kurz; 

schände,  wenn  ich  was  versagte, 
hohe  schände  war  es  mir!    Büiker  3*; 
(das  lei'len)  das  ein  hohes  Schicksal  uns  auflegt.    Götbi40,328; 
in  hoher  noth  sein;  in  hoher  noth  stecken;  hohe  noth,  ingens 
urgens  necessüas  Frisch  1,45"'; 

da  zeigte  mir  gott,  zu  dem  ich  rief, 
in  der  höchsten,  schrecklichen  noth, 
aus  der  tiefe  ragend  ein  felseDrilT.    Schiller  tauch«-; 
auch:  ach  eile,  weil  die  noth  ietzt  in  dem  höchsten  ist, 
weil  du  mein  einge  hülf  und  starker  beistand  bist. 

Flehi;«g  20; 
mhd.  der  küneginne  riebe 

ir  ougen  fuogten  höhen  pin, 

dö  si  gesach  den  Anschevin.    Parz.  23,  23; 

die  eitern  waren  um  das  kind  in  hoher  angst ;  die  höchste 
sorge  haben;  hohe  brüche,  delicta  majora  Frisch  1,457';  davon 
hab  ich  ihn  kaum  noch  durch  meine  höciiste  erniedrigung 
abgebracht.  Schiller  kab.  u.  liebe  3,2.  —  Der  Superlativ  Sub- 
stantiv: einen  aufs  höchste  treiben,  zur  Verzweiflung: 

wie  scharf  und  schnell  sein  zahn  das  feine  gifl 

mir  in  das  blut  geQöszt,  wie  er  das  lieber 

nur  mehr  und  mehr  erhitzt  —  du  denkst  es  nicht! 

gelassen,  kalt,  hat  er  mich  ans^ehalten, 

aufs  höchste  mich  getrieben.    Göthe  9,  192. 

h)  in  bezug  auf  krankheit  bezeichnet  man  mit  dem  Substantiv 
gebratuhten  Superlativ  das  höchste  die  epüepsie :  das  höchste. 
med.  maulaffe  307; 

der  alte  bekam  vor  ärger  das  höchste,  und  blau 
ward  er.  Z.  \Veii?<er  der  24.  febr. 

t)  hoch  tn  bezug  auf  pflicht  und  eid: 

inn  meiner  kindbeit  on  verstand, 
kam  ich  inn  dieses  closters  band, 
desz  pdicht  und  regel  fcharpf  und  hoch. 

ScHWARzgoiiiie  140'; 


einen  hohen  eid  schwören;  einen  hohen  schwur  leisten; 

und  nimmt  in  Heinrichs  lande 
der  bürger  hohen  eid  zum  frühen  unterpfande. 

J.  E.  Schlegel  4, 14. 

entsprechend  steht  hoch  adverbial:  fieng  .  .  an  zu  brüllen  wie 
ein  ochs  und  zu  wiehern  wie  ein  pferd,  dasz  . .  einer  hoch 
geschworen  hätte,  es  wären  rosse  und  rinder  vorhanden. 
Simpl.  1,271  Kurz;  da  sie  aber  hoch  und  tewr  schwuren,  sie 
wüsten  nicht  wo  er  were.  2  Macc.  14, 32 ;  hoch  und  theur  sich 
verschwörend,  er  wolte  mich  nach  Amsterdam  ins  Zuchthaus 
thun.  Simpl.  1,431  Kurz;  hoch  und  theuer  schwur  er,  von 
dem  golde  nichts  angerührt  zu  haben.  Göthe  15,198; 

mit  hoch  gethanem  eid.    B.  Ri?«gwald  I.  warA.  146. 

ähnlich:  gesatz  hoch  und  theür  geholten,  bei  verlurst  leibs 
und  guts,  oder  beim  eid  gebotten,  sacratae  leges  Maaler  226' ; 
hoch  reden,  betheuern :  wolt  sich  nichts  underwinden,  dann 
mit  ains  rats  wissen  und  willen,  das  redet  er  als  hoch  als 
ers  reden  mocht.  d.  städtechr.  5, 203, 18.  in  einem  Sprichworte, 
mit  seinem  gegensatze  verbunden :  hoch  schweren  zeigt  an  tiefe 
lügen.   Luther  4,  365". 

k)  hoch,  in  bezug  auf  die  erkenntnis,  forschung,  wissen,  wo  es 
Wichtigkeit  und  eindringen  zeichnet,  übrigens  das  bild  tief  ebenso 
berechtigt  ist  und  häufig  angewendet  wird:  das  . .  verstand  und 
hohe  Weisheit  bei  dir  funden  sei.  Dan.  5,14;  Daniel  aber 
übertraf  die  fürsten  und  landvögte  alle,  denn  es  war  ein 
hoher  geist  in  im.  6, 3 ;  es  stehet  einem  narren  nicht  wol 
an,  von  hohen  dingen  reden,  spr.  Sal.  17, 7 ;  wie  aber  das 
zugangen  sei,  das  gott  also  rüget  von  allen  seinen  werken, 
ist  freilich  eine  hohe  frage.  Luther  4,15';  darumb  ists  hoch 
geredt  und  mus  hoher  verstand  hie  sein  {^tiefer  sinn  darin 
liegen'  würden  wir  jetzt  sagen),  das  gottes  gnade  und  wahr- 
heil,  oder  seine  gute  und  trew  walte  über  uns,  und  oblige. 
5, 135' ; 

so  kann  mein  geist  den  hohen  rath 

des  Opfers  Jesu  nicht  ergründen.    Gellert  2,  147. 

Als  prädicatives  adjectir:  darumb  bekenne  ich  das  ich  hab  un- 
weislich  geredt,  das  mir  zu  hoch  ist  und  nicht  verstehe. 
Hiob  42,  3 ;  wandele  nicht  in  groszen  dingen,  die  mir  zu  hoch 
sind.  ps.  131, 1 ;  solchs  erkentnis  ist  mir  zu  wunderlich  und 
zu  hoch,  ich  kans  nicht  begreifen.  139,6;  das  der  könig 
foddert  (kenntnis  eines  Iraumes)  ist  zu  hoch.  Dan.  2,11;  wie 
sollen  wir  denn  die  zwei  zusamen  fügen ,  das  die  schriff 
zeuget . .  das  gott  on  unterlas  schaffet  und  wirkt,  bis  an  den 
jüngsten  tag,  und  hie  Moses  dagegen  sagt,  er  habe  geruget 
am  siebenden  tage  von  allen  werken  ?  ich  habe  sorge,  es  sei 
höher  denn  maus  geben  künd  für  den  gemeinen  man.  Luther 
4,15*;  die  frag  ist  mir  viel  zu  hoch.    Schuppics  75; 

nein,  das  ist  mir  zu  hoch !  jetzt  klagen  sie  mich  an, 
und  sagten  nur  vorhin,  sie  hättens  selbst  getban ! 

Göthe  7,  83. 

/)  hoch  tn  bezug  auf  die  sinne,  gehör,  gesicht,  gervch. 

a)  ein  hoher  ton ,  ein  durch  schnellere  Schallschwingungen 
hervorgebrachter,  im  gegensatz  zum  tiefen  ton:  das  hohe  a;  die 
hohe  Stimmlage ;  daher  hoch  singen ;  hoch  blasen ; 

doch  zumeist,  bald  hoch  bald  tiefe, 
blus  er  dieses :  'Heinrich  schliefe'. 

Freiligratb  ges.  dicht.  4,  11  (in  einem 
komischen  gedichte) ; 

hoch  hinauf  können,  mit  der  stimme;  ein  lied  zu  hoch  neh- 
men, zu  hoch  anstimmen ;  so  in  der  trunkenen  lilanei  bei  an- 
stimmung  des  bohnenliedes :  man  sagt — 'nems  nicht  zu  lioch, 
bruder'.  man  sagt  —  'ist  noch  zu  hoch '.  Garg.  92'.  itber- 
tragen:  da  ich  zum  ersten  das  ablas  angreif,  und  alle  weit 
die  äugen  aufsperrete,  und  sich  lies  dünken,  es  were  zu  hoch 
angehaben.  Luther  5,53';  ein  Instrument  steht  hoch,  hat  eine 
hohe  tonlaqe ;  hoch  spannen,  die  saiten,  dasz  sie  hoch  klingen, 
tendere  chordas  ad  acutum  tonum  Frisch  1,458';  auch  bildlich, 
im  Sprichwort:  wenn  man  die  saite  zu  hoch  spannt,  so  reiszt 
sie.   SiMROC«  sprichw.  469; 

nach  disen  lieden  sang  ich  dö 

einen  leich  mit  noteji  hö 

und  ouch  mit  snellen  noten  gar.    frauend.  422,  14; 

und  enge]  stehen  da 
wie  die  kapellenmeister 
das  grosz  allelujah 

mit  uns  auf  hohen  «eigen  (violinen  im  gegensatt  tn  riolen), 
auf  lauten  und  pandor 
lu  machen,  nichts  sol  schweigen 
im  hast,  diskant,  tenor.     Rist  himml.  lied.  5,  334. 


1599 


HOCH 


hoch  entwickelt  hier  gern  auch  den  sinn  laut:  und  prediget  fast 
inn  dem  höchsten  ton,  wie  Muntrer  zu  Alstadt  und  hernach 
zu  Mülhausen.  Alberus  widder  Witzeln  G3*;  hoch  pfeifen  ist 
niclit  allezeit  lieblich  zu  hOren.  Lehmann  39; 

der  Jupiter  Tragt  nichts  darnoch, 

wann  sie  (lUe  frösclie)  schon  schreien  noch  so  hoch. 

E.  Alberus  22'; 
da  flog  der  han  .  .  . 

auf  die  haui^zthür,  und  sang  so  hoch.     164'; 
her  domine,  lieber  here  mein, 
nu  müsset  ir  hoge  Mngen  {könnt  laut  aingen,  vor  frcmlr). 

lliLDEBRAMD  volkH.  2ä3,  31 ; 
sing  dises  licd,  so  du  hast 
gestern  früe  von  uns  empfangen, 
und  thu  in  hoher  slimb  anfangen. 

i.  Atrer  -m'  (1981,21  Keller); 
hört  wie  die  braune  kuh  im  neclisten  thale  bri'illt, 
dasi  ihre  rauhe  stimm  hoch  über  fehl  erschöllt.    Opitz  1,155; 
ich  bins  ja,  der  recht  geist-  und  muth-  und  eivcrs  voll 
dich  in  dem  wüsten  thal  der  weit  ausrufen  sol, 
und  dich  mit  hoher  stimm  in  aller  obren  nennen ! 

A.  Grtpuius  1698  2,  393 ; 
gar  stolz  die  scliäferin  blicket, 
sie  ruft  mit  hohem  schall.     Uhland  <jed.  229; 
vergl.  mhd.  ir  (der  rögel)  sanc  was  so  mislich, 
hoch  unde  nidere.      Iwein  617. 

aber  auch  die  bedeutung  begeistert,  von  begeisterung  gehoben  trUl 
nicht  selten  hervor: 

hoch  klingt  das  lied  vom  braven  mann, 
wie  orgelton  und  glockenklang.    Bürger  36'; 
in  königlicher  Weisheit  unterwiesen, 
von  kriegestugend  gleich  erhitzt, 
sind  beide  bolier  hymnen  werth.    Ramler  1,71; 
provinzen  hatten  sie  mit  wachem  blick  beschirmet, 
in  hohes  saitenspiel  begeisterung  gestürraet. 

GOTIER  1,  91  (137) ; 

und  selbst  das  instrument,  das  beyeistnie  lirnc  hervorbringt,  wird 
mit  demselben  epitheton  bezeichnet: 

so  tönt  oft  zur  silbernen  laut  und  am  hohen  klavlere 
ihre  bezaubernde  stimme. 

Zacharü  vier  stufen  des  weibl.  alters  (1757)   13. 

ß)  hohe  färben,  die  besonders  frisch  und  scharf  ins  äuge 
fallen  :  eine  hohe  färbe,  color  floridus,  mit  hohen  färben  mahlen, 
coloribus  hilaribus  pingcre  Steinbxch  1,764;  die  hohen  und 
starken  färben  hieszen  hei  den  Römern  saluri,  und  die  flauen 
färben  und  von  nieürigerm  tone  diluti.  Winkelmann  5,193; 
eine  höhere  färbe.    Mathes.  Sar.  79*; 

die  blumen,  die  mit  gelb  und  blau 
und  roth  die  flur  bemalen, 
und  unterm  bellen  morgunthau 
in  höbern  färben  straleu.    J.  M.  Miller  gedickte  14 ; 
anmuth  und  hoheit  eröffnen  die  lippen, 
in  den  böhesten  purpur  getaucht.    Zacuariä  vier  stufen  12. 

y)  auch  vom  durchdringenden  geruch  gilt  hoch: 

es  dampfte  die  küche 
hoben  geruch,  von  braten,  pasteten  und  kräftigen  brühen. 

ZacuariX  Wurner  in  d.  holte  (1757)  s.  15; 
vergl.: 

hierauf  bot  sich  der  rücken  des  rehbocks,  welchen  ein  förstcr 
vom  blockshcrge  gesandt;  er  bezeugte  die  fernere  berkunft 
durch  den  erhöhten  geruch.     Voss  2,228  (Idyll.  13,185). 

8)  dasz  endlich  auch  hoher  geschmack,  wofür  wir  jetzt  das 
fremdworl  pikant  brauchen,  in  anwendung  gewesen,  beweist  eine 
bildliche  irent/un^  Lessincs:  ich  entsage  daher  gleich  anfangs 
allen  verbindlichen  Wendungen,  sowie  aller  Ironie,  womit  sie 
ihrer  anlworl  einen  so  hohen  geschmack  zu  geben  bedacht 
gewesen.  11,51«. 

m)  hoch  in  bczug  auf  dut  empfindung,  bezeichnet  das  hinaus- 
ragen über  das  gewöhnliche,  alltägliche;  so  schon  mhd.  in  der  so 
häufig  gebrauchten  Verbindung  bfther  muot: 

lougen  minne  diu  ist  guol, 
kl  kun  geben  hAben  rauot.    minnes.  friihl.  3,  13; 
vil  »ilbergesrbirr  und  rote»  gold 
ward  den  i-idgcnoKKen  zö  sold, 
darzii  fin  guldln  »ttntel, 
vier  liiindcrt  und  zwenzjg  büchsen  gut 
machten  inen  buhen  mut.     Lilieficrum  iiufV«/.  2,  so,  14  ; 
lanzt  um  hohen  muthc*  trinken.     L'ulanii  gcd.  12; 
der  iich(kn«le  der  diener  trug  hohe«  gemüth.    Küruih  32'; 
buber  sinn,  hoher  drang: 

Rom  war  nie  bexiier  auf,  «I«  wie  die  hohen  linnon 
ein  niedrig!)  dach  bewohnt.  Upiti  1,  IXi; 

du  hstt  irar  einen  hohen  sinn.    Uötat  1,  IVO; 


HOCH  1600 

bei  gott!  der  graf  trug  hohen  sinn, 
«loch  höher  und  himmlischer,  wahrlich!  schlug 
das  herz,  das  der  bauer  im  kittel  trug.    Bürger  37'; 
es  wallt  ein  pilger  hohen  dranges, 
er  wallt  zur  selgen  gottesstadt.    Uulamö  ged.  210; 
in  sehr  anschauliclmn  bilde: 

hoch  und  hehr  zu  jeder  frist, 
wie  die  sonn  am  himmel  ist, 

heiszt  ers  (der  sängcr  sein  heri)  vor  den  cdeln  werden. 

Bürger  75'. 

in  ähnlichen  Verbindungen:  hohe  cmplindungeii,  von  freund- 
schafl,  von  veracliluiig  der  well.  Kant  7,381;  wolllest  du 
nicht  .  .  unser  gefülil  nach  deinem  höhern  gefühlc  spannen. 
Fr.  Möller  1,9;  seine  liebe  war  höher  oder  seltener.  J.  Paul 
TU.  1,6; 

(dasz  du)  jetzt  der  höchsten  freundschaft  die  stunden  weihst. 

Rahler  I,  115; 
du  gabst  mir  schwingen  hoher  begeisterung!    Stolberg  1,13; 

dem  ich  das  hohe  sehnen  gab.     Uhland  gcd.  210; 

er  ist  von  hoher  wonne  trunken,    rfos. 

«)  in  gleichem  sinne  Substantiv  das  holie:  alles  hohe  und 
schöne  im  menschlichen  leben  ; 

sie  singen  von  allem  süszcn,  was  mcnscbeiibrust  duichbebt, 
sie  singen  von  allem  hohen,  was  menschenherz  erbebt. 

Uulamu  ged.  391. 

o)  der  mensch  den  solche  empfindungen  durchziehen,  fiihlt  sich 
hoch  gehüben,  hebt  sich  hoch;  weh  euch,  wenn  das  gefühl 
euch  nicht  höher  wirft!  Schiller  Fiesko  1,1; 

die  ewigen  gefühle 

beben  mich,  hoch  und  hehr, 

aus  irdischem  gewühle.    Götue  1,  98. 

eine  fügung  der  altern  spräche  ist  jetzt  ungewöhnlich  geworden : 
der  anne  wird  viel  öfter  und  herzlicher  lachen  und  frölich 
sein  {als  der  reiche) . .  und  ist  aller  angst  zu  hoch.  BurscnKV 
kanzl.  469. 

p)  in  manchen  Verbindungen  geht  hoch  mehr  auf  duszerliches 
und  kann  etwa  durch  stolz,  präclUig,  hochtrabend  umschrieben 
werden,  namentlich  wenn  es  der  rede  gilt:  ampuüari  hoher  und 
stolzer  worl  brauchen  Dief.  637';  und  ein  solcher  gebraucht 
sich  itzund  hoher  worl.    Aimon  bog.  i ; 

verzeih,  ich  kann  nicht  hohe  wortc  machen,  .  .  . 

mein  pathos  brachte  dich  gewisz  zum  lachen.    Götue  12,22; 

oder  dem  ganzen  gebühren  jemandes:  hastu  genarret  und  zu 
hoch  gefaren  und  böses  fürgehabl,  so  leg  die  band  aufs  maul. 
spr.  Sal.  30, 32,  vgl.  hochfahrend  und  hoffart ; 

sagen  :  Galcnus  (nls  Vertreter  der  medicin')  uns  reichlich  nerl, 
Justiniauus  hoch  her  fehrt  (die  rrchtsgetehrtheü  ist  vornehm). 
B.  Waldls  Esop  2,  21,  50 ; 
warlich  ich  musz  derer  lachen, 
die  so  breit  und  hoch  sich  machen. 

LooAU  3,  178,  27  ('groszsprecher') ; 

mit  jemand  in  einem  hoben  tone  reden ;  er  brauchte  gegen 
mich  einen  ziemlich  hohen  ton. 

q)  in  ettier  groszen  anzahl  adverbialer  ßgungen  ist  die  sinn- 
liche bedeutung  von  hoch  so  verblaszt,  dasz  es  nicht  mehr  ww 
das  adverbiale  stark,  sehr  bedeutet,  mit  welckem  letztern  es  auch 
einmal  tautologisch  veibunden  ist: 

liebst  du  mich  noch  so  hoch  und  sehr, 

wie  du  mir  sonst  geschworen.    Göthk  1,  217; 

das  verdrusz  nun  den  von  Argun  und  nam  die  wort  so  hoch 
verübel.  d.  städtechron.  5,201,29;  und  David  der  könig  frewet 
sich  auch  hoch,  l  chron.  ;«),  9 ;  w  iewol  über  diese  nicht  gar 
hoch  zu  klagen  ist.  «c(,s7i.  i»//.  13,  6;  da  sie  den  stern  sahen, 
vMirden  sie  hoch  erfrcwot.  Matth.i,  U);  denn  sie  hörelen  das 
sie  mit  zungen  redeten  und  golt  buch  preiseten.  apostelgcsch. 
10, 40 ;  weiwol  ablas  zu  lösen  nicht  geboten  ist,  jedoch  ist 
er  denen,  so  es  bedürfen,  hoch  zu  rahten.  Luther  1,15*;  es 
ist  hoch  gnug  golt  versucht.  3,85';  darauf  sich  das  jüdische 
Volk  hoch  verlies,  iw';  (hat)  manchmal  den  füisten  hoch  er- 
sucht. 410' ;  {wir  sollen)  gott  .  .  für  unsere  feinde  bitten,  so 
hoch  wir  können,  das  sie  golt  je  nicht  lasse  fallen  in  solche 
angst,  so  hoch  sult  uns  ir  jamer  erbarmen.  4,37*;  das  gott 
sicli  seiner  so  hoch  annimpt.  so*;  ilzt  warnet  er  in  so  hoch. 
dat.;  zwar  Kolrhe  fragi-ii  bekümmern  mich  niclit  hoch.  .102'; 
sie  verachten  gott  und  den  Türken  zu  hmh.  13«';  denn  ich 
fürchte  nichts  so  hoch,  denn  das  nicht  der  teufe!  iiinh  euch 
biile,  und  eurli  von  ('hrislu  reisze.  (i,  357' ;  wenn  ein  Jude 
sich    SU    buch    demütiget ,   du»  er  hetcii  wii.   ;>,  102' ;    es  ist 


1601 


HOCH 


HOCH 


1602 


darbei  hoch  zu  gedenken ,  dasz  keine  irrung ,  falsch  oder 
betrug  dahinter  sei.  buch  d.  liebe  22l';  so  den  Darison  so 
hoch  als  sich  selbst  liebet.  Amadis  416 ;  dasz  unniüglich,  dasz 
sie  ihn  höher  lieben  köndt.  402;  diese  wort  bedachten  und 
erwägen  die  andren  herren  gar  hoch.  Wickbam  roUw.  161, 6 
Kurz;  die  erkändtnusz  der  sprachen,  wie  hoch  sie  einem 
prediger  von  nöten  sei.  Kibchhof  wendunm.,  von.;  stilieten 
unsere  mägen,  dessen  ich  dann  trefflich  hoch  vonnöthen  hatte. 
Simpl.  l,  416  Kurz ;  so  dorfte  er  sich  auch  meiner  nicht  hoch 
annehmen,  dann  er  hatte  mit  ihm  selbst  zu  thun.  sieh  durch- 
zubringen. 397 ;  euer  ehre  . .  die  mir  doch  so  hoch  befohlen 
worden  zu  beobachten.  3, 13 ;  welches  mir  denn  hoch  küra- 
inerhch  zu  gemüthe  gestiegen.  Schwei.mche^  3,302;  dasz  er 
sich  über  das  verlorne  vieh  so  hoch  betrübt  und  bekümmert 
habe.  Schcppios  158 ;  {Christus)  der  so  hoch  und  inniglich  für 
uns  gebeten  hat.  390;  da  er  sich  denn,  wegen  der  darinnen 
(in  dem  handbrieflein)  gebrauchten  kürze  so  hoch  zu  ent- 
schuldigen nicht  gehabt.  Bctschky  kansl.  65;  o  himmell  strafst 
du  mich  so  hoch!  Lenz  1,91;  still!  dasz  kein  mann  uns 
belausche,  wie  hoch  wir  uns  mit  dem  abfall  seiner  fürtreff- 
lichkeit  brüsten.    Scbiller  Fiesko  1, 1 ; 

das  seinen  vater  hoch  vertrosz.    Theuerd.  104,  82 ; 

das  mich  so  hoch  betrübt.    Schwarze?iberg  151* ; 

all  sOndt  und  lasten  hoch  verpeüt.    154*; 

sein  lob  ist  hoch  zu  melden. 

KöRSKR  histor.  tolksl.  223 ; 

bei  fürsten,  potentaten  .  .  . 
wirt  sein  lob  hoch  erkandt.    217 ; 
es  müht  sich  mancher  hoch,  zu  sitzen  oben  au. 
LoGAU  1,  184,  73 ; 
Deutsche  mühen  sich  jetzt  hoch,  deutsch  zu  reden  fein  und  rein : 
wer  von  herzen  redet  deutsch,  wird  der  beste  Deutsche  sein. 

2,  162,  13 ; 
das  Perseus  doch 
so  unvertrewlich  handlet, 
mich  nicht  in  stein  verwandlet, 
die  ich  es  wünsch  so  hoch ! 

L.  v.  ScHWCFFis  mirant.  flöUein  24,  11 ; 

die  braut  holt  er  jetzt  ab  zu  Imisee, 

und  diese  nacht  wird  hoch  geschwelgt  zu  Küsznacht. 

Schiller  Teil  4,  3  ; 
ein  Schattenbild  ist  hoch  willkommen.    Göthe  3,  126." 

rgl.  hierzu  eine  anzahl  unten  folgender  adjeäivischer  composita, 
deren  begriff  durch  vorgesetztes  hoch  verstärkt  ir/rrf,  und  die 
zum  ausdruck  des  Superlativen  grades  gewöhnlich  höchst-  als 
erstes  composüionsglied  zeigen  {s.  an  alphabetischer  stelle),  trenn 
auch  die  gewöhnliche  superlativbildung  niciU  ganz  ausgeschlossen 
ist  (vergl.  z.  b.  hochbegabtest  unter  hochbegabt).  —  Im  com- 
parativ,  besser,  sorgfältiger:  solches  .  .  hub  er  höher  auf  als 
mancher  die  orientalische  perlen.  Simpl.  1,223  Kurz;  ausführ- 
licher: grosze  not  zwingt  mich,  hoher  hie  zu  schreiben  von 
Ludwico  dem  kaiser,  will  ich  anders,  dasz  die  nachkomend 
liistori  ire  Ordnung  liab.  d.  städtechr.  3. 125,  4.  im  Superlativ 
höchst :  ich  werde  solches  mit  ehestem  werkstellig  zu  machen 
mich  höchst  bemühen.  Bctschet  kanzl.  107 ;  bis  endlich  Nero 
höchst  verursachet  worden  den  kindlichen  respect  hin-  und 
abezulegen.  Schcppics  529;  {der  pöbel  der)  das  neue  höchst 
verabscheut,  das  ihn  aus  seinem  gleise  leiten  will.  Göthe 
8, 3" ;  was  Albert  .  .  gesprochen  war  Werthem  höchst  zu- 
wider gewesen.  16,149;  im  sinne  der  zeit,  die  ein  solches 
erscheinen  höchst  begünstigte.  26, 145 ;  für  mich  war  der  Um- 
gang mit  Lavatern  höchst  wichtig  und  lehrreich.  269; 

doch  jetzo  bitt  ich,  hoch  und  höchst, 

für  diesesmal  mich  zu  entlassen.    Göthb  12,  74. 

in  der  altern  spräche  auch  aufs  höchste,  zum  höchsten  (cer- 
schieden  von  oben  III,  1,  e  sp.  1596):  diser  irthumb  ist  zürn 
höchsten  dem  evangelio  entgegen.  MEi.A.tcHTHO.t  im  corp.  doctr. 
Christ.  (1560)  i.  34;  dessen  ich  dann  zum  höchsten  erschrack. 
Schweiniche»  1,280;  zum  höchsten  bitten.  288;  bedankte  mich 
vor  alles  mir  erzeigte  gute  zum  höchsten.  Simpl.  2,304  Kurz; 
da  die  erste  weit  den  erzvater  Noa  aufs  höchste  verachtete. 
ScHtppiLS  186;  darauf  der  schuster  aufs  höchst  lachend,  auf- 
geschrien. 709.  noch  jetzt  Itäufig  er  war  aufs  höchste  über- 
rascht, aufs  höchste  erschrocken. 

r)  bei  verben  des  auffassens  und  empfindens  hebt  hoch  nicht 
selten  ein  stark  nach  der  Übeln  seile  hervor  {vgl.  oben  g).  etwas 
lioch  empfinden  =  übel,  schmerzlich  empfinden:  können  wir 
uns  allhier  leicht  einbilden,  dasz  ihr  liebe  zuhörer  bei  euch 
Selbsten  anklagen  und  hoch  empfinden  werdet  der  Agrippae 
desz  Neronis  mutter  grausamen  todt,  den  er  ihr  anthun  lassen. 

IV.   II. 


ScHi'PPics  527;  sie  müssen  den  trockenen  empfang  meiner 
tante  nicht  so  hoch  aufnehmen.  Schiller  neffe  als  onkel  2.4; 
Eduard  empfand  .  .  die  hindemisse  sehr  hoch,  die  man  ihm 
in  den  weg  legte.  Göthe  17, 145 ;  erklärte  ich  ihnen  ernst- 
lich die  unart  und  Unschicklichkeit  ihres  betragens.  .  .  diesz 
nahmen  sie  etwas  hoch  auf.  57,5;  und  ob  ers  gleich  nicht 
fordert,  fühlt  ers  doch,  und  fühlt  es  hoch,  dasz  du  sorg- 
fältig dich  vor  ihm  verwahrst.  33; 

Tasso.      ich  bin  als  ein  verbrechen  angesehn, 

und,  was  mein  herz  auch  sagt,  ich  bin  gefangen. 
Alphons.  du  nimmst  es  höher,  Tasso,  als  ich  selbst. 

Göthe  9,  165. 

2)  hoch,  hervortretend  in  bezug  auf  rang  und  würde  {zum 
theil  an  oben  1,  e  sp.  1596  anrührend) : 

ging  die  hohe  Maria,  unwissend  der  eigenen  würde, 
die  ihr  die  mischuld  gab.        Klopstock  3,  195; 
der  hohe,  dem  wir  heut  ims  neigen  (Hölderlin). 

Freiligratb  ges.  dicht.  4,  60 ; 
zürnend  sprach  sie  und  hoch,  die  einzige,  würdiges  wesens. 

GöiHE  40,353. 

a)  auf  geburt  und  stand  zielend:  ein  mann  von  hoher  ab- 
stammung,  von  hoher  geburt ;  hohe  und  höchste  herrschaften, 
ici'e  schon  mhd.  höhe  herren.  Berthold  34,  32 ;  das  sich  bücken 
musz  alle  höhe  der  menschen  und  demütigen  was  hohe  leute 
sind.  Jes.  2, 17 ;  sintemal  ich  so  schlechten  nutzen  von  meiner 
hohen  geburt  zu  hoffen.  Simpl.  3,  51 ;  davon  ihr  hohes  haus 
wenig  ehr  haben  konte.  65;  dieweil  sie  ihn  allbereit  an  ein 
fast  hohes  haus  zu  verheurathen  versprochen.  66;  in  seiner 
hohen  familie.  Wielasd  19, 334 ;  welch  einen  schönen  som- 
meraufenthalt  würden  höchste  und  hohe  personen  finden. 
Göthe  43,336;  mit  beifall  und  gnade  seiner  höchsten  gönner. 
26,  258 ;  der  hohe  adel  {gegenüber  dem  niedern) ; 

(eine  lochter)  diu  zuht  unde  schoene, 

höhe  geburt  unde  jugent,  .  .  . 

güete  und  wise  rede  hat.    /wein  6465 ; 

got  gnisz  den  wirt  von  hoher  art.    fasln,  sp.  97,  4 ; 

je  höher  einer  ist  vom  stände.  Flebisg  502, 
vgl.  hochgeboren,  im  devoten  stile  wird  hoch  in  diesem  sinne 
viel  verwendet :  der  diamantfeste  knoten,  der  die  hohen  alliirten 
zusammen  verbindet.  Pasquini  staatspbantasien  {l69',) -216 ;  etwas 
von  hoher  band  bekommen ;  von  hoher  band,  e  lUeris  vel  per 
manum  vel  de  manu  magni  riri.  Frisch  1,457';  selbst  in  hoher 
person,  ipse  praesens,  das.;  femer  hohen  orts,  höchsten  orts 
{bei  hofe);  an  höchster  stelle  {beim  ßrsten);  es  ist  hohen  orts 
übel  vermerkt  worden ; 

der  edel  ritter  hoch  genent  (Zriny). 

KöRSER  hisfor.  volksl.  223. 

selbst  in  misbildungen,  auf  deren  ernsthaflen  gebrauch  ein  deutsches 
Wörterbuch  nur  mit  bedauern  hinweisen  kann,  wie  hochderselbe, 
höchstdcrselbe,  allerhöchstderselbe :  gnädigste  frau  I  von  Bock 
war  so  glücklich,  höchstdenenselben  das  Strumpfband  zu  über- 
reichen. Schiller  kab.  u.  liebe  3,2;  Tiece  sagt  einmal  scherz- 
haß: damit  sie  der  leser,  oder  ein  edles  publikum  so  ent- 
gegennehmen, dasz  höchst  es  die  geschichte  selbst  um  so 
annehmlicher  oder  verständlicher  finden,  und  sein  vergnügen 
daran  sich  herausstellen  möchte,  nor.  kränz  4,  3.  vergl.  auch 
unten  hochangeboren,  hochermeldef,  hochselig,  höchstselig  «.  a. 

b)  auch  Substantiv  heiszt  es  die  hohen,  proceres,  nobiles: 

es  ist  der  fluch  der  hohen,  dasz  die  niedern 
sich  ihres  offnen  ohrs  bemächtigen. 

Schiller  braut  r.  Metsina  487; 

da  ist  ein  brief ;  er  musz  von  jemand  hohem  sein, 
das  Siegel  ist  sehr  grosz,  und  das  papier  ist  fein. 
GÖTHE  7,  56. 
von  den  göttem: 

haben  uns  die  ewig  hohen 

eine  spräche  doch  vergönnt!    Schiu.br  klage  d.  Cere*. 

c)  hoch,  auf  den  rang  weisend:  ich  achte,  ich  sei  nicht 
weniger,  denn  die  hohen  apostcl  sind.  2  Cor.  11,5;  mein 
klügster,  liebster  und  trewesler  rat,  der  nach  dem  könig  der 
höhest  ist.  stücke  in  Esther  1,3;  der  hohe  priesler,  oß  in  Hn 
wort  (hoherpriester)  zusammtngeschriehen,  obschon  beide  bestand- 
Iheile  ihre  gesonderte  declination  behalten ;  erhebt  er  eine  blosze 
figur  zu  einem  hohem  wesen.  Lessing  «,442;  die  hohe  offi- 
cier.  Simpl.  3,  Ah  Kurz;  beides,  hohe  und  nidere  Soldaten.  46; 
bei  hohen  und  niedern  officiern.  88;  je  höher  der  officier, 
je  gröszer  das  verbrechen.  Pistorios  Ihes.  par.  4, 81 ;  hohe 
beamte;  herren  von  hohem  ränge;  der  hohe  rath  eines  Staates ; 

seit  der  hohe  gott  der  lieder 

musit  in  liebesschmerz  erbleichen.    Uhland  ged.  266. 

101 


1603 


HOCH 


HOCH 


1604 


Auch  hier  bei  tilulaturen :  die  hohe  uhrigkeit ;  die  hübe  Ver- 
sammlung; das  hohe  haus  der  abgeordneten;  das  hohe  mini- 
slerium;  um  die  aufmerksamkeit  des  hohen  Senats  nicht  ohne 
noth  ...  zu  ermüden.  Wieland  20,264; 

mein  hoher  herr,  hier  lieg  ich  dir  zu  füszen. 

H.  V.  Kleist  häthchen  4,  2. 

d)  m  diesem  sinne  gilt  hoch  auch  von  dingen;  von  festen: 
die  hüben  feste  der  Christenheit;  in  den  böhesten  festen. 
pers.  reisebeschr.  3, 1 ;  hohe  tage,  die  tage  der  charwochc.  Frisch 
1,457*;  der  hohe  mittwoch  {miltuoch  nach  pßnqsten).  diu.;  hohe 
zeit,  feslzeit  (vgl.  unten  hochzeit) ;  so  diu  z'it  ie  hoeber  unde 
heiliger  ist,  so  diu  sünde  ie  grocjer  und  swjErer  ist,  die  man 
dran  heget.  Berthold  128,30; 

bedenkt  den  hohen  tag  (das  christfesi),  der  alle  weit  erfreut. 
A.  Grtphius  1C98   1,39; 
erinnre  dich,  mein  geist,  erfreut 
des  hohen  tags  der  nerrlichkeit.    Gellbrt  2,  116; 
ein  schmuck!  mit  dem  könnt  eine  edelfrau 
am  höchsten  feiertags  gebn.    Göthk  12,  143 ; 
einmal  an  einem  hohen  feste 
beeilten  sich  die  frommen  gaste, 
zur  heiigen  messe  hinzuwallen.     Uhland  ged.  420. 

roM  dingen  des  cultus :  der  hohe  altar  {gegen  den  nebenaltar) ; 
und  üb  man  sie  auch  schon  mit  gülden  tüchern  unter  den 
hoben  altar  begrübe.  Luther  1,283';  eine  hohe  (f'eierliclie) 
messe,  von  schulen  und  stiften:  höhere  schulen  im  gegensatz 
zu  niederen;  die  höheren  lehranstalten  eines  Staates;  ein 
bühes  Stift,  eccksia  catliedralis.  Frisch  1,457*;  hoher  wohnsitz, 
ton  einer  residenz: 

so  sang  Urania,  die  voll  entzücken 

jüngsthin  zu  Friedrichs  hohem  wohnsitz  kam.    Bamler  1,27. 

hocbe  schul,  universüas,  gimnasium,  hocbe  schul  der  fechter, 
gimnasium,  est  scola,  ubi  docetur  rilus  et  consuetudo  gentilium 
bellatorum  dimicatorum.  vor.  ine.  theut.  k2';  der  jung  Ffauser 
hat  zu  Tübingen  uf  der  hochen  schul  studiert  und  den  gra- 
dum  magisterii  annemen  wellen.  Zimm.  chron.  4, 118,  25.  auch 
in  freierem  sinne:  das  Zuchthaus  ist  oft  die  hohe  schule  der 
Verbrecher;  und  selbst  als  titcl  von  lehrmilteln :  die  hohe  schule 
des  Violinspiels  heiszl  ein  notenheft  mit  stufenweise  erschwerten 
geigenstücken ;  von  einem  der  auf  einer  hoben  schule  gebildet  ist: 

wä  diu  nalür  verirret  ist, 

wa;  schikt  da  höher  pl'alTen  list?    edelslein  99,  74; 

und  von  einem  der  an  solcher  lehrt : 

er  hiiTt  vil  höher  meister  lesen, 

ein  tör  muoj  er  doch  iemer  wesen.    99,77. 

von  rechten  und  instüutionen :  die  hohe  gerichtsbarkeit  im  gegen- 
satz 2ur  niedern,  die  bestimmte  schwere  fälle  nicht  aburtheilen 
kann;  die  hohe  jagd,  das  recht  so  einer  hat  das  edlere  wildpret 
zu  jagen.  Frisch  1,45"',  und  darum  wieder  hoch  wildpret,  ferae 
ad  venationem  majorem  relatae.  das.;  die  freiheit  in  religions- 
sachen  ist  der  stände  höchstes  regale.  Pistorius  thes.  par. 
5,2;  die  höhere  Schreibart,  der  höhere  stil,  gegenüber  dem 
niedern,  dem  lat.  genus  dicendi  sublime  und  tenue  nachgebildet ; 
ein  lied  im  höheren  ton;  das  hohe  lied  Salomonis,  wo  das 
adjectiv  in  der  bedeutung  an  oben  III,  l,e  sp.  1596  anrührt;  und 
daher  wieder:  wenn  der  hohe  lyrische,  oder  epische  dichter 
spräche  und  kritik,  als  Sklavinnen,  an  seinen  triumphwagen 
fesselt.  Gotter  1,  vii ;  die  höhere  mathematik ,  und  viele 
andre  kenntnisse,  die  nicht  zum  gemeinen  gebrauche,  also 
auch  nicht  fürs  volk  dienen.  Herder  zur  phil.  6,43;  die  pflicht 
des  geistlichen,  sittlich  im  täglichen  sinne,  religiös  im  höheren, 
auf  die  menschen  zu  wirken.  Göthe  26,262; 

aber  die  andacht  leiht  höheres  leben  dem  stein. 

Schiller  spazierffam)  v.  70. 
hohe  karten,  Spielkarten,  im  gegensatz  zu  niedern,  die  weniger 
gellung  haben;  hohe  metalle,  edle;  hoher  weg,  hohe  sirasze, 
die  heerstrasje,  landstrasze,  gegen  den  bloszen  Verbindungsweg. 
MoNE  urgeseh.  des  bad.  landes  1, 148^.  (mit  lahlreichen  belegen 
am  dem  13. — 16.  jahrh.). 

e)  eine  reihe  von  hierher  fallenden  fügungen  zeigen  hoch  als 
prddieativet  adjectiv  oder  als  adverb:  du  bist  hoch  kommen, 
mein  non,  durch  grosze  sieg.  1  Mos.  40,9;  als  einer,  der  durch 
dm  drgen  hoch  zu  kommen  oder  zu  Nierben  gedenkt.  Stmjil. 
1,434  Kurz;  der  berr  ixt  gros  zu  Zion,  und  hoch  iibi-r  alle 
»ftlkcr.  pt.  M,  2;  er  lies  in  hoch  her  fareii  auf  rrdi-ii  (r/a/MAm 
einen  hohen  rang),  h  Mos.  32, 13  {verschieden  mn  hoch  fahren 
^.1600);  dl«  könige  IphzI  er  Kitzen  auf  dem  throne  iinerdar, 
dM  «i«  hoch  bleiben.  Hiob  3«,  7 ; 

(wir  trhrn)  ((pwali  inn  ponzhi^it  nchweben  hoch, 

dl  tuffünt  ghai  weil  hindnn  nach.     Sr.HW*iixKfi«Kiic  l.'>7' ; 


was  hoch  ist  unter  den  menschen,  das  ist  ein  grewel  für 
gott.  Luc.  16,  15,  und  hieran  angeschlossen :  was  der  weit 
hoch  ist,  das  ist  vor  gott  ein  greüwel.  Frane  wellb.  39";  eine 
hoch  gestellte  person.  auch  freier:  einen  hoch  stellen,  in 
seiner  achtung:  du  hast  mich  sehr  hoch  gestellt,  dasz  du 
damals  so  köstliche  gefühle  und  gesinnungen  vor  mir  aus- 
sprachst. Bettine  briefe  1,273;  ebenso  einen  hoch  halten,  in 
ehren  halten  {vergl.  aber  hierzu  oben  111,1,6  sp.  159,'>):  warum 
ich  dich  so  herzlich  liebe  und  so  hoch  halte.  Simpl.  l,  417 
Kurz;  von  dingen,  und  so  dasz  verbum  und  adverb  zusammen- 
gerückt geschrieben  werden :  einen  ring,  welchen  er  .sehr  hoch- 
hielt. ScHUPPiüs  226;  das  sie  {die  falsche  lehre)  die  weit  nil 
allein  werd  annemen,  sonder  loben,  bochhaben  und  machen. 
kriegsb.  d.  fr.  127  ;  ähnlich  hochzielon  bei  Fischart  hoch  schätzen: 
werden  ir  die  süsze  diser  holdseligen  büchlein  . .  fülen  und 
hocbzilen.  Garg.22';  hoch  ziehen,  ebenso: 

ein  reicher  sinn  und  gabenreicher  geist, 

dem  obenal)  der  gute  fug  verliehen, 

des  herren  lob  in  reimen  hoch  zu  ziehen.     Opitz  2,26; 

einen  hoch  empfangen,  wie  es  holten  jyersonen  zukommt:  und 
ist  er  gar  hoch  empfangen  worden.  Reiszner  Jerus.  2,111"; 
sich  hoch  ballen,  von  seinem  ramje  einen  hohen  begriff  haben: 

dan  weil  sich  Straszburg  hoch  thet  halten, 
als  wan  sies  römisch  reich  verwalten, 
sich  auch  für  hoch  und  gwaltig  schezen, 
man  must  ein  kaz  aufs  kelig  sezen  (sin  einsihiiihleni). 
Stöbsrs  Msnlia  1858,  71. 

zu  höherem  geboren,  berufen  sein :  es  geht  mir  auch  wie 
jenem  Schulmeister,  da  er  mist  auszführet,  und  ein  stimm 
vom  bimmel  hört,  Achaci,  Achaci  lasz  dein  klopfen  sein,  du 
bist  zu  höherem  berufen.  Garg.  151";  hoch  wollen  oder  hoch 
hinaus  wollen,  einen  hohen  rang  erstreben:  sie  wollen  lioch 
hinaus,  sie  wollen  gott  gleich  sein.  Schcppiüs  649 ;  auch  sonst 
verwegene  plane  ttnd  gedanken  haben:  der  ehrliche  Kodrich. 
der  so  erfahren  und  mäszig  ist,  nicht  zu  hoch  will,  und 
doch  nichts  fallen  läszt.  Göthe  8,  228.  doppehinnig  und  mit 
der  eigentlichen  bedeutung  von  hoch  spielend:  kurz,  der  major 
sähe,  dasz  er  mit  aller  gewalt  höher  wollte :  (das  hängen 
pantomimisch  anzeigend)  er  brachte  ihn  also  auf  guten  weg. 
Lessing  1,  546;  es  hoch  bringen,  eine  hohe  rangstufe  erklimmen  : 
Dörfflinger  hat  es  hoch  gebracht,  vom  Schneider  zum  gencral: 
dann  auch  in  anderni  sinne:  die  entsagung  bringt  niemand  so 
hoch,  als  ein  geplagter  ebemann.  Rabener  1,206;  hoch  laufen, 
auf  hohe  ziele  steuern: 

wolan  ffir  solches  gutt,  für  so  viel  hohe  gaben 
was  werde  gegentbeils  ich  zu  vergelten  haben? 
mein  wesen  lauft  nicht  hoch,    an  vieler  dinge  stat 
nemmt  meinen  gutten  sinn,  und  denket  für  die  that 
nimmt  gott  das  lierze  selbst.    Tscherwing  (1642)  28; 

hoch  leben,  auf  hohem  fusze  leben,  als  vornehmer; 
nun  lebt  ich  hoch.  Bürger  107". 
ß  der  wünschende  ruf  er  lebe  hoch!  oder  gekürzt  nur  hoch! 
hat  zwar  tieferen  sinn,  als  die  lelztangefültrle  gleiclte  fügung,  be- 
tont aber  doch  auch  das  fröhliche,  brausende  eines  festlichen  lebens, 
wie  es  durch  unpersOnlirlies  hoch  hergeben  {oben  sp.  llOl)  aus- 
gedrückt u-ird:  man  trinkt  auch  wohl  unter  freiem  bimmel 
gesundheitcn,  und  das  wörtlein  hoch !  läszt  sich  oft  besser 
als  die  Waldhörner  hören.  Gottsched  t-crnfm/I.  tadl.  1,  79; 
vival,  herr  könig,  hoch!  und  abermal  hoch!  Göthe  8,170; 
hoch  lebe  unsre  kaiserin!  Holtei  Chr.  Lammfell  11; 

drum  lobe  das  gelobte  land, 

das  uns  den  wem  erzog; 

der  Winzer,  der  ihn  pflanzt  und  band, 

der  Winzer  lebe  hoch!     Höltt  190  Halm; 

lebe  hoch,  wer  leben  scbaOTt!     (iöTHi  1,  135; 
dafür:  leben  jetzt  im  hoben  ton 

redlich«  gesellen !     1.3<); 

glAscr  klirrten,  lioder  schallten, 

die  cbnmpaRiier-pfropfen  knallten 

dreimal  hoch  das  hauptquartier ! 

l'HKILIUNATH    gi'S.    äulll.    3,  ."W  ; 

ungut  aber:  hoch!  dem  groszeu  Kginunt  hoch!  und  ahermal 
hoch!  Göthe  h,  174  ;  vijl.  das  subst.  hoch. 

g)  dir  sufKrlaliv  der  h("ichsle  wird,  nach  dem  Vorbild  der 
bibeltprache,  gern  auf  gott  gewendet:  und  er  war  ein  pricster 
gottes  des  höhesten.  1  Mos.  14,  18;  und  gedachten,  das  gott  ir 
bort  ist,  und  gott  der  höhest  ir  erbiser  ist.  ;w.  78,35;  wer 
unter  dem  schirm  des  höhesten  sitzt,  und  unter  dem  schatten 
des  nlliiicchligeii  bleibt.  91,  1 ;  der  heilige  geist  wird  über 
dich  kotneii,  und  die  kraft  des  höhesten  wird  dich  ul»er- 
srhntlrn.  Luc.  1,35;  gott  den  allerhöheiiten.  ScnupPiuR  809; 


1605  HOCH  — HOCH  ANGELEGEN 

der  reine  wille  nur  des  höchsten  ist  allein 
das  muster  und  die  art  der  dinge  so  hier  leben. 
Opitz  1,  ä44; 

dein  thron,  o  höchster,  höchst  erhöhet.    Weckuerii«  25 ; 

des  höchsten  wort  gern  zu  erfüllen.    Gkllert  2,  144. 

HOCH,  n.    1)  die  höhe: 

ich  bin  zwar  auch  ein  theil  und  denen  beigesiellet 
die  ihres  geistes  hoch  zusammen  hat  gesellet 
XU  treffen  einen  bund,  zu  würken  tapfre  frucht. 

LocAU  2,  56,  13. 

2)  nach  dem  adj.  Loch  (lU,  2,/)  irird  mit  dem  subst.  Loch 
kurz  auch  der  ruf  er  lebe  hoch  bezeichnet,  neben  lebehoch 
(s.  d.) :  man  brachte  ihm  ein  donnerndes  hoch ; 

diesen  sei  ein  hoch  gebracht.    Götuk  1,  136. 

HOCH,  f.  ßr  höhe,  s.  d. 

HOCH,  interj.  auf  der  jagd:  der  (Jäger),  so  sein  gesellen 
mit  der  stimm  berufen  wil,  sol  schreien  also :  hoch  da.  der 
antwort  geben  wil,  schreit  mit  langer  stimm,  also :  hoch  da. 
das  gegengeschrei  beschicht  doppelt,  also :  hoch  da,  hoch  da. 
weidw.  1,  3'.  4*.  auch  als  hetzruf  der  hunde  gegen  den  hirsch. 
4'.  5*.     vergl.  unter  ho  1,  sp.  15S6. 

HOCHACHTBAR,  adj.  sehr  zu  achten :  er  ist  ein  hochacht- 
barer mann,  in  der  altem  spräche  als  titel:  hochachtbar  am- 
plissimus  Frisch  1,  45S'.     dazu  hochachtbarkeit,  f 

HOCHACHTUNG,  f  1)  achtung  in  hohem  grade  (vgl.  hoch 
achten  sp.  1595  und  hohe  achtung  sp.  1596) :  hochachtung,  reve- 
rentia,  honor,  admiratio,  magna  de  re  opinio  Steisbach  1, 6 ; 
discurse  von  hochachtung  und  Verachtung  der  medlcorum. 
unmird.  doctor  524;  das  nenne  ich  tugend,  seinem  stände 
gemäsz  leben,  und  sich  die  hochachtung  der  weit  erwerben. 
Gellert  3, 2SG;  einen  seiner  hochachtung  versichern,  häufig 
am  schlusz  von  briefen;  alle  hochachtung,  hen-  doctor;  sie 
haben  nur  vergessen,  dasz  vater  und  tochter  nicht  ganz  das- 
selbe sind.  Fbe^tag  handschrift  2, 30 ;  es  heiszt  hochachtung 
für,  vor,  gegen  einen  oder  etwas  haben:  ich  hege  alle  hoch- 
achtung für  die  Verdienste  des  Thomasius.  H.acedorn  1, 112, 
anm.;  ich  habe  vor  ihrem  kräftigen  und  reinen  empfinden 
eine  recht  innerliche  hochachtung.  Fbeytag  handschr.  2,  53. 

2)  früher  auch  die  würde  des  amles:  hochachtung,  so  einer 
von  redlicher  thaat  überkonunen  hatt,  der  stand  oder  Ver- 
waltung und  das  ansähen  einer  oberkeit,  dignitas,  maiestas. 
Maaler  226*. 

HOCHACHTL'iNGSVOLL,  adj.  und  adv.:  hochachtungsvoll 
und  ergeben  häufig  als  versiclierung  bei  briefsciäüssen. 

HOCHACHTLNGSWLRDIG,  adj.:  mit  unserm  hochachtungs- 
wUrdigen  Wolfen,  meinem  ehemaligen  lehren  Hagedorn  1,92, 
anmerkung. 

HOCHACKER,  m.  acker,  der  hoch,  auf  einer  anhöhe  liegt; 
auch  altes,  ehemaliges  ackerbeet,  wie  man  sie  hie  und  da  in 
Wäldern,  und  nicht  selten  mit  tausendjährigen  eichen  überwachsen, 
findet.  ScHM.  1, 1042  Fromm. 

HOCHADELICH,  adj.  was  dem  hohen  adel  eigen  oder  gemäsz 
ist:  hoch-  et  groszadelich,  spiendidiore  genere  natus,  antiqua 
nobüitate  iUustris,  excelso  stemmate  ortus.  Stieler  21;  da  tritt 
herein  die  übergnädige  dame  von  S.  mit  ihrem  herrn  gemahl 
und  wohlausgebrüteten  gänslein  tochter,  .  .  machen  en  pas- 
sant  ihre  hergebrachten,  bochadeligen  äugen  und  naslöcher. 
GöTHE  16, 103 ; 

mein  schönster  trägt  hoben  und  züchtieen  muth, 
und  speiet  in  euer  hochadliches  blut.    BüacER  35'. 

HOCHALM,  f:  es  war  herrlich  unter  den  tahnen  und 
flehten  der  hochalme.  Bettixe  briefe  2, 149. 

HOCHALPE,  f.,  plur.  hochalpen,  die  höchsten  berge  der  alpen. 

HOCH.ALT,  adj. :  die  alexandrinischen  nachahmer  gingen 
sogar,  wo  sie  aus  Überbleibseln  neu  sticken  und  nähen  woll- 
ten, in  alte,  hochalle  zeilen.    Herder  zur  litt.  10,  305. 

HOCHALTAR,  m.  der  hauplaltar  einer  kirche. 

H0CIL\MT,  n.  die  feierliche  nusse  vor  dem  hocIuJtar:  mir 
ists  als  dufte  der  Weihrauch  des  hochamtes  aus  diesem  buche. 
H.  Hei!«e  6, 111. 

HOCHANGEBORE.N,  in  devotem  stile  {vergl.  hoch  sp.  1602): 
die  hochangebohrne  gute  des  fürslen.  Bra.ndt  bericht  vom  leben 
Taubmanns  s.  5S. 

HOCHANGEHORIG,  ebenso:  e.  excell.  und  alle  dero  liebste 
hoch-angehörige.  Schüppids  "89. 

HOCHANGELEGEN,  pari,  sehr  wichtig:  sei  nicht  sicher  bei 
einer  so  gefährlichen  und  hochangelegenen  sache,  als  das 
sterben  ist.  Scbiver  seelenseh.  1,23. 


HOCHASSCmMlLLEND  —  HOCHBEGABT     1 606 

HOCHANSCHWELLEND,  part. : 
rege  war  die  Versammlung,  wie  hochanschwellende  wogen 
auf  dem  ikarischen  meer.  Bcrcer  196*. 

HOCHANSEHNLICH,  adj.:  ihre,  an  groszer  herren  hOfen, 
hochansehnliche  verwandten.  Schlppils  501 ;  gräfliche  und 
hochansehnliche  guter.  26;  bitte  aber  uns  noch  etliche  Stünd- 
chen ihrer  hochansehnlichen  gesellscüaft  groszgünstig  ge- 
nieszen  zu  lassen,  unwürd.  doct.  525v  in  der  titulatur:  dero 
königl.  mayt.  in  Schweden  hochansehnlichen  general-majeur. 
ScHUPPiLS  SOS;  die  akademie  bittet  sich  .  .  von  allen  hoch- 
und  wohlansehnlichen  mitgliedern  des  Senats  . .  aufraerksam- 
keit  aus.  Wielamd  20,260; 

er  (der  schlemmer)  musz  bereits  sein  hochansehnlich 

leben 
dem  koch  nicht  anvertraun,  nur  ärzten  untergeben. 

Hagedok!«  1,  23. 

iü/ür  die  form  hochansehlich :  hochansehliche  leute.  Butschit 
Patm.  711 ;  di  hochansehliche  fürbitt  bei  dem  christkindlein. 
kanzl.  311. 

HOCHÄTZKLNST,  /".  erhöhU  monier  in  der  lithograpkie. 
HOCHALF,  adv.: 

du  glaubst  nicht,  frau,  wie  gedrängt  ist 
hochauf  boden  und  fach  von  unendlicher  fülle  des  segens. 

Voss  2.  46 ; 
und  die  lercbe  steigt  im  singen 
hochauf  aus  dem  duftgen  thal.    Uhlaüo  ged.  52. 

HOCHALFGLÜHEND,  part. :  endlich  wandte  er  sich,  hoch- 
aufglühend, gegen  das  fenster.  J.  Paul  uns.  löge  3,  30. 
HOCHAUFHIN,  adv.  in  sublime.  Maaler  226*. 
HOCHAUFRAGEND,  part. : 

meine  grosze 
bochaufragende  bürg.      Bcsger  223* ; 
gleich  hochaufragenden  tannen.    228*; 
hin  zu  der  hochaufragenden  mauer  des  groszen  Herakles. 

231»; 

tragend  in  mächtiger  band  die  hochaufragende  lanze. 

PiRKER  Tunis.  3,  153. 
HOCHAUFSCHNELLEND,  part. : 

(die  rosse  zeigten)  die  hochaufschnellenden  hufe. 
Stolberg  3,  311. 
HOCHAUFSCHWINGEND,  part.: 

letzt  betraten  sie  gegen  einander  die  grenzen  des   kampfraums, 
nochaufscbwingeud  die  speere,  voll  ingrimms  gegen  einander. 

Borger  210*. 
HOCHAUFTOSEND,  part. : 

und  gieng  schweigend  am  ufer  des  hochauftosenden  meers  fori. 

Borger  1S5». 

HOCHÄUGIG,  adj. :  des  stolzen  Clavigo,  der  sich  nie  öffent- 
lich sehen  liesz,  ohne  eine  herrliche,  hochäugige  Spanierin 
im  triumph  aufzuführen.  Götbe  10, 100.  vgl.  die  äugen  hoch 
tragen  ßtr  stolz  sein  sp.  1593. 

HOCHB.ALG,  m.,  plur.  hochbälge,  ßr  hoden:  {gestoszene 
rohrblätter)  vertreiben  die  hitzige  geschwulst  der  hochbelg 
oder  hoden.  Tabebxaem.  674;  lindert  die  hitzige  geschwulst 
des  männlichen  glieds  und  der  hochbälg.  12SS.  —  Der  ein- 
fache jAural  die  belg  für  tesliculi  bei  Dief.  nov.  gloss.  363*. 

H0CHB.\UM,  m.  in  die  höhe  ragender  bäum: 

die  sunu  durch  hocbbeim  er^litzert. 

WicKRAX  pilger  T2,  hl.  70. 

HOCHBAUTE,  f  über  der  erde  in  die  höhe  gehende  baute. 

H0CHBE.\MT.  adj.  mit  hohem  amte  versehen:  ein  hoch- 
bcamter  nuiiin.    Bltschky  Patm.  32. 

HOCHBECHER,  »i.  becher  mit  hohem  fusze:  trank  so  viel 
hochbecher  ausz,  als  viel  seiner  bulschaft  nam  buchstaben 
innhielt.  Garg.  91*. 

HOCHBED.XCHTIG,  adj.:  wüszte  ich  auszer  der  heiligen 
Schrift  nicht  viel  bücher,  die  diesen  (den  fabeln  Asops)  über- 
legen sein  »olten,  so  man  nutz,  kunst  und  Weisheit,  und 
nicht  hochbedechtig  geschrei  wolt  ansehen.  Luther  5, 268*, 
geschrei,  das  aus  hoher  bedenklichkeit  hervorgeht. 

HOCHBEDENKLICH,  adj. :  das  komme  ihm  hochbedenklich 
für.  Ayrer  proc.  2, 10. 

HOCHBEDEUTEND,  part..-  diese  hochbedeutende  formel 
(von  gottes  gnaden).  Klinger  11,225;  jeder  muszte  in  den 
Zügen  Liszts  den  Stempel  einer  hochbedeutenden  geistigen 
potenz  erkennen,    niederrhein.  musikzeitung  1S66  s.  347. 

HOCHBEFEHLEND,  part.:  ja,  ja!  ihre  anbeter,  welche 
bald  ihre  hochbefehlenden  ehemänner  sein  werden.  Lessixc 
1,4U2. 

HOCHBEGABT,  pari. :  was  dörfen  sie  sich  dann  also  grob 
an  irem  vatterland  vergessen,  welchs   beutigs  tags  so  hoch- 

101* 


1607      HOCHBEGEISTERT  — HOCHBEPACKT 


HOCHBEPFRÜNDET  —  HOCHBEWEGLICH     1 608 


begabt  und  an  klugem  verstand  und  künstlicher  erfindung 
allen  andern  nationen  vorzihet?  Fiscuart  ehezuclubüchl.  404 
Scheihle ;  ein  hochbegabtes  gemüthe.  pers.  rosenth.  1,27;  einer 
so  hochbegabten  person  kund-  und  freundschaft  zu  erwerben. 
BuTSCHEY  kanzl.  43; 

sie  ist  die  hochbegabteste  von  allen. 

Schiller  juiujfruu,  prolog  2.  auftr. 

HOCHBEGEISTERT,  part.  von  hoher  begeisterung  ergriffen. 
Klinger  3,172.  5,321;  hochbegeisterte  complimente.  Chr. 
Weise  pdü.  redner  (1684)  334; 

ja,  günstig  war  die  stunde  ihm, 

der  gott  war  hochbegeistert.    H.  Heine  18,  264. 

HOCHBEGLÜCKT,  a.^..- 

ich  bringe,  hochbeglückter,  dir  die  tochter. 

Schiller  Iphig.  2,  3; 
jene  hochbeglückten  damen, 
wie  sie  schön  gefeiert  worden !    Uhland  ged.  267. 

HOCHBEGNADET,  pari. :  das  hochbegnadete  haus  zu  Sach- 
sen. Mathes-.  Sar.  SS",     ebenso  hochbegnadigt. 

HOCHBEtJREIST,  part.  sehr  alt;  hier  von  der  zeit,  längst 
vergangen : 

er  {der  ruhige  geisl')  schaut,   wenn   mich  ein  falscher  freund 

betreuget, 
sich  um,  nach  treu,  der  hochbegreiszten  zeit. 

A.  Grtrhics  1698  2,  152. 
HOCHBEGRÜSZÜNG,  f.: 

den  herrn  erfragend  fürstlicher  hochbegrüszung  halb. 

GöTHE  41, 209. 
HOCHBEHERZT,  part.  fisyaki^vco^  : 

aber  dem  hochbeherzten  Odysseus  wars  nicht  beschieden, 
Zeus  gewaltigen  söhn  mit  scharfem  erze  zu  tödten. 

BORGER  229». 

HOCHBEINIG,  adj.  hohe  beine  habend: 
hochbeinigt  watet  im  wasser  (der  storch).    E.  v.  Kleist  2,  37. 
hochbeinige  jähre,   theure  jähre,   in  welchen  die  erwerbung  des 
Unterhalts  mühsam  ist,  Um  gemeinen  leben'  (Adelung)  ;  so  ist  es 
auch  im  folgenden  gemeint: 

ja,  jungmans,  löeft  et  mi  vorwahr!  et  sunt  hochbeende  jaren, 
et  let  sik  nu  so  licht  nich  mehr  mit  schönen  junfern  paren. 

Lauremberg  13'J,  17  Luppenb. 

HOCHBEKÜMMERLICH,  adj.:  wider  solchen  hochbekümer- 
lichen  engsligen  anblick  haben  wir  keinen  andern  .  .  trost. 
Crectziger  bei  Llther  8, 194'. 

HOCHBEKÜMMERT,  part.:  die  hochbekümmerten  eitern. 
HOCHBELEIDIGT,  part.  sehr  beleidigt:  er  stellte  sich  durch 
diese  äuszcrung  hochbeleidigt,     in  der  altern  spräche  aber  von 
hohem  leide  betroffen: 

wolt  euch  über  die  statt  erbarmen, 
und  erkennen  dasz  wir  armen 
hochheleidigten  unterthan 
für  uns  kein  schult  haben  daran. 

J.  Äther  237'  (1182,  14  Keller). 

HOCHBELESEN,  part. :  der  hochbelesene  Henricus  Smelius. 
Sieg  fr.  v.  Undenberg  1,44. 

HOCHBELIEBIG,  adj.:  dessen  hochbeliebig-  und  sehr  wil- 
kommenes  srciben.  Bütschky  kanzl.  84. 

HOCHBELIEBT,  part.  im  17.  jahrh.  für  sehr  geliebt:  die 
hochbeliblen  eitelkeilcn  der  weit.  Bütschky  Palm.  280;  die 
von  meinen  hochbelibten  eitern  an  mir  gewandte  unkostungs- 
geldcr.  kanzl.  274 ; 

mein  gott,  wenn  «oll  es  doch  geschehen, 

dasz  ich  mag  endlich  wieder  sehen 

das  hoclibeliebte  Vaterland 

und  meinen  wehrten  Unsterstrand  (ufer  der  Unsirul). 

NEUiiAS.K  lustwäldcben  50. 
HOCHBELOBT,  part. : 

Hans  Löter  liegt  allhier,  ein  knab  ohn  allen  tadel, 
ein  hoch-belohter  prcisz  der  meiszni.sclien  von  adel. 
Fleming  137 ; 
ja,  das  wir  weizen  haben, 
auch  zahm  und  wildes  vich,  dein  süiizos  obst  dazu, 
0  hochbelobter  herbst,  das  alles  schalTcst  du. 

Rist  l'arn.  787. 
HOCHBEMÜHT,  pari.: 

der  feind  verzehrt  uns  ganz  und  gar 

das  hochbemiihte  leben.    Rist  bimmt.  tied.  2,  86. 

HOCHBENAMT,  part.  mit  hohem,  vortrefflichem  namen  oder 
ruf  versehen  :  woledler,  geulrenger,  hoclibenainler  lierr.  anrede 
in  einem  briefe  bei  BuTscnKY  kanzl.  s.  li.  12 ; 

Rubelle,  die  ich  pnag  m<-lir  als  mich  nfllint  zu  liehen, 
Huhetlü,  von  gesinit  und  nitten  hoorli-licnuliml.    Fleminc  09. 

HOCHBEPACKT,  part.:  bold  darauf  fuhr  der  hocbbcpackle 
wagen  .  .  vor  dem  gastbaute  vor.  Göthe  ih,  238. 


HOCHBEPFRÜNDET,  päd.:  hochbepfründete  prülaten. 
Beckers  weltgesch.  12,62. 

HOCHBERÄMT,  part.  in  hohem  grade  besudelt  (vyl.  beräraen 
//iei7  1,1486);  fcei  Luther  einmal  witzig,  im  hinblick  auf  ähnlich 
klingendes  hochberühmt:  da  solche  hochberemple  und  wol 
beschiessen  Universität  (Ingolstadt)  in  verdampt  hat.  2,  44l'. 

HOCHRERÜF,  m.; 

weltseele  komm  uns  zu  durchdringen ! 
dann  mit  dem  weltgeist  selbst  zu  ringen 
wird  unsrer  kräfte  hochberuf.    Gotub  3,  89. 

HOCHBERÜHMT,  adj.  celeberrimus,  clarissimus.  Stieler  1637 : 
den  hüchberhüinlen  ritter,  harr  Amadis  ausz  Frankreich. 
Amadis  262. 

HOCHBESCHÄMT,  part.  in  hohe  schände  gebracht: 

ach  herr,  lasz  dich  mein  leidt  erbarmen! 
bring  mein  unschuldt  als  einer  armen 
hochbeschembten  frauen  an  tag. 

J.  Atrbr  264'  (1323,  3  Keller). 

HOCHBESCHLAGEN,  part.  von  wüdpret  und  kühen  hoch- 
trächtig,  bald  gebärend:  schon  früher  hat  sie  sich  von  dem 
stiere  getrennt,  mit  welchem  sie  vorher  wochenlang  zusam- 
men lebte,  und  dafür  sich  andern  hochbeschlagenen  kühen 
angeschlossen.  Brehm  illustr.  Ihierleben  2,650. 
HOCHBESCHNEIT,  part.  ayävptfoe: 
doch  bald  fahr  ich  hinan  zum  bocbbeschneiten  Olympos. 

liÖRGER  191*. 

HOCHBESCHWERLICH,  adj.:  in  diesen  letzten  hochbe- 
schwerlichen Zeiten  findet  man  sehr  vil  bekümmerte  herzen. 
Bütschky  Patmos  169; 

ein  hochbeschwerlicher  verlust.    J.  v.  Schwarzenbbrg  149". 
HOCHBESELIGT,  part. : 

hochbeseligt  durch  verheiszung.    Tieck  2,  30. 
HOCHBESINNLICH,  adj. :  unangesehen  das  etliche  von  der 
universitet  ir  hochbesinnlich  bedenken  betten.  Garg.  150'. 
HOCHBESITZ,  ni.  groszer,  gewaltiger  besitz: 

mein  hochbesitz  er  ist  nicht  rein.    Götub  41,302. 
HOCHBESONNEN,  part.  von  holten  sinnen,  groszem  verstände: 

got  grusz  euch,  wirt,  gar  hoch  besunnen !    fastn.  sp.  562,4. 
HOCHBESTALLT,  part.  mit  einer  hohen  bestallung  versehen : 
wie  sehnt  Servil  sich  nach  berufsbeschwerden, 
beträchtlicher  und  hochbestallt  zu  werden!    Hagedorn  1,71. 

HOCHBESTANDEN,  part. : 

den  hochbestandnen  föhrenwald 

pflanzt  ich  in  juugen  tagen.    Götur  3,  244. 

HOCHBESTRAFT,  part.:  das  hochbestrafle  lasier  des  foll- 
saufens.    Bütschky  Palm.  109. 
HOCHBETAGT,  part.: 

wie  noch  aus  grauer  zeit 
hochbetagte  lischer  wissen.    J.  F.  Kind  gedickte. 

HOCHBETRAUERLICH,  adj.:  hochbelraurliches  unglück, 
malum  sanguinolentis  lacrtfmis  deploranduni.  Stieler  2305. 

HOCIIBETRAUERT,  part.  von  hoher  trauer  heimgesucht:  die 
wittwc  ging  als  eine  hochbetraurte  frau,  nach  landes  gcwohii- 
heit  verhüllet  und  mit  schwachen  trittcn.  Scriver  seelensch. 
2,  332.  —  Der  heuligen  spräche  würde  eine  bochbelrauerte  frau 
eine  sein,  u>n  die  man  hohe  trauer  empfindet. 

HOCHBETRAüT,  part.  mit  einem  wichtigen  amte  betraut; 
früher  bei  tUulaturen :  seiner  fürstlichen  gnaden  huchbctrauter 
rentmeistcr; 

die  cammcr  (im  reiche  der  thiere)  n&hrt  aus  weiser  buld 
zehn  hochhctrautc  bfiren, 
den  anlauf  jeder  allen  schuld 
gebictrisch  abzuwehren.    Hagedorn  3,  50. 

HOCHBETRÜBT,  pari.:  ich  l.cvhclc  dir  auch,  o  du  gc- 
trewer  gott,  meinen  lieben  allen  hochbelrübten  valcr,  und 
meine  hcrzliebc  alle  hochbeliülile  mutler.  H.  Jül.  v.  Braun- 
schweig  s.  123;  klagelied  eines  hnchhcirUhten  und  unglük- 
seligcn  menschen.  Neumark  lustwäldch.  20;  in  solchem  hoch- 
helrübten  jähr.  ]>ers.  roseuthal  3,  10 ; 

KÜ»  frcililiche  (.'«Hlaiiken 

den  liochboiKihtcn  srolen, 

die  sich  mit  «chwcrmuih  quAlen. 

i'.  Gerhard  no.  13,  13; 
dich  (Hymen)  rufen  iungn  wiiwen  an 
im  liochbutrühleii  Kclilcicr.     Hamler  1,69. 

HOCHBEWEGLICii,  adj.:  er  hat  nunmehr  der  Christen 
glaulten  aus  hochbewcgiicbon  Ursachen  angenuiniiicfi.  Ataki 
proc.  2,  10. 


1609       HOCHBEWÖLBT  — HOCHDEUTSCH 

HOCHBEWÖLBT,  part.:  am  hochbewöliten  Olympus.  Fr. 
MGllER  2,214. 

HOCHBLÄSTIG,  adj.  hoch  aufgeblasen,  sehr  hochmütig :  allen 
zorn  der  hochblästigen  prälaten.  Zwingli  1,  SO. 

HOCHBLAU,  adj.  kräftig  blau:  feine  hochblaue  bergasche, 
tine  dunklere  arl  des  bergblaus.    Jacobsson  5, 190'. 
HOCHBLÜHEND,  part.  : 

die  schminkeieicben  wangeo 
hochblühend  von  caxmin. 

Zachariä  hinterlass.  schripen  (1781)  s.  26. 

HOCHBOOTSMANN,  m.  ein  schiffsbeatnter,  der  neben  dem 
schiffet  und  dem  ober-  und  untersteuermann  das  commando  auf 
einem  schi/f  über  die  matrosen  führt,  und  takelung  nebst  vorral 
des  Schiffs  besorgt.  Jacobsson  2,268". 

HOCHBORT,  HJ.  n.  schi/f  mit  einem  hohen  bort,  das  nur 
segel  führt,  im  gegensati  der  niederborte,  die  segel  und  rüder 
zugleich  führen.  Jacobssos  2,268".  seit  alten  Zeiten  aber  be- 
zeichnet man  am  Rhein  mit  dem  wart  ein  fährschiff:  dicti  domini 
sibi  de  gratia  et  curialitate  pemiiserunt,  ut  ipse  dominus 
Heinricus  habeat  in  Utenheim  naTiculam  parvam,  dictam  hoch- 
bort,  in  qua  nauta  ducere  possit  non  carrucas  sed  tantum- 
modo  quatuor  personas  cum  quatuor  equis.  Mose  Zeitschrift 
9,407  (von  1297);  sollent  sie  stellen  ein  hochebart  an  den 
Rine,  dem  hubener  über  zu  helfen,  neisth.  4,  532  (von  1571) ; 
vergl.  auch  Liliescros  volksl.  1,20".  auch  hochbortschiff:  de 
koment  zwene  noge  {naclien)  oder  hochportschiffe  (an  die 
Rheinbrücke  bei  Straszburg).  d.  städtechron.  9,  6S9, 15. 

HOCHBRANDENJD,  part.: 

oftmals  fodert  die  Elb,  in  des  herbstnachtsturmes  begleitung, 
mit  hochl)raadender  flut  zornig  ihr  alles  gebiet.    Voss  3, 121" 

HOCHBRAUSEND,  part.  inprjris: 

so  weiten  räum  durchspringt  mit  einem  sprung 
das  göttliche  hochbrausende  gespann.    Bcrger  167*. 

HOCHBRINGUNG,  f :    die   fortpflanz-   und   hochbringung 
(einer  spräche).  Bctschrt  kanzl.  174. 
HOCHBRUST,  f.  hohe,  gewölbte  brüst: 
gesinnung 
tragend  in  der  zotigen  hochbrust. 

U.  Hei!<b  17, 102  {Atta  Troll  24). 

HOCHBRÜSTIG,  adj.:  hochbrüslig,  der  ein  grosze,  weite 
oder  breite  und  starke  brüst  hat,  pectorosus.  Maaler  SO'; 
Heinrich  Kleist  hatte  dennoch  eben  so  viel  courage  wie  seine 
hochbrüstigen,  wohigeschnürten  kollegen  (officiere).  H.Heine 
1,209. 

HOCHBURG,  f:  in  dem  schlosz,  so  oberhalb  der  statt 
lag  und  Acropolis,  das  ist  hochburg  hiesz.  anm.  tceiszh.  lustg. 
741 ;  ferner  sind  unten  die  Athener  und  Rhodier  vorgestellt, 
auf  zwei  hochburgen.  GOthe  39, 4S ; 

nahe  der  Stadt,  auf  felsen,  erhob  sich  die  thürmende  hochburg. 

Pthker  Tunis.  2,  ISS. 

HOCHBCRGERSTAND,  m.  vornehmerer  bürgerstand :  bei  dem 
hochbttrgerstande  lehrte  er  die  kinder  tanzen  und  beim  adel 
die  hunde.  J.  Pacl  flegelj.  4,  22. 

HOCHBUSIG,  adj.  einen  hohen  busen  habend:  eine  hoch- 
busige  dirne. 

HOCHBUSZE,  f.  busze  die  einem  hochgerichtsherrn  zu  erkennen 
zusteht:  item  wo  iemandts  buszfellig,  wer  die  hochbuszen  zu 
setzen,  zu  entsetzen,  zu  heben  und  nachzulassen  hab?  ant- 
wurten  die  scheffen,  solichs  haben  beide  hochgerichtsherrn  zu 
thun  ingemeine.  tcets/A.  3, 754  (untere  Saar  von  1560);  lx  schil- 
linck  der  müntzen  zu  hoebusz.  2, 245  (Obermosel  15.  jahrh.). 

HOCHDENKEND,  part. :  der  feuereifer,  die  zerschmetternde 
kraft  des  hochdenkenden  Verfassers.  Heyne  briefe  an  Midier  95. 

HOCHDERO,  im  devoten  stiie  des  17.  18.  jahrh.  für  dero 
(Iheil  2,  sp.  1021). 

HOCHDERSELBE,  ebenso  für  derselbe,  im  plur.  majest. 
hochdieseiben,  dativ  hochdenselben,  hochdenenselben : 

nun,  berr  baron,  glück  zu,  in  den  bewuszten  orden 
sind  hochdieseiben  auf  und  angenommen  worden. 

KoTZEBCE  dram.  sp.  2,  172. 
HOCHDEUTSCH,  adj.  Germaniae  superioris. 
1)  zunächst  hat  das  wort  und  das  dazu  gehörige  Substantiv 
Hochdeutschland  eine  rein  geographische  bedeutung  und  ist  in 
dieser  seit  dem  15.  jahrh.  nachweislich  gäng  und  gäbe:  Hoch- 
teutschlant,  !^orica,  Teutonia,  hochteutscher  leutonus,  noricus. 
voc.  ine.  Iheut.  k2';  im  gegensatz  zu  Niederdeutschland:  nun 
ganz  Germania  wirdt  in  zwei  theil  getheilt,  das  zum  gebürg 
hinzu   gegen   mittag   wird   das  ober  hoch  Teutschland,   das 


HOCHDEUTSCH 


1610 


ander  . .  das  nider  Teutschland  geheiszen.  .  .  Hoch  Teutsch- 
land hat  alles  in  sich,  was  jhenseithalb  der  Thonaw  und 
Rhein  ligt,  von  dem  flusz  Magano.  Fbask  weUb.  (1567)  4l'; 
graven,  freien,  herrn,  ritter  und  edelknecht,  von  hochen  und 
nidern  teutschen  landen,  aus  (^allia,  Italia.  Zimmer,  chron. 
1,78,21.  Hochdeutschland  umfaszt  das  alte  gebiet  der  Franken, 
Baiern  und  Alemannen :  das  aber  die  Franken  so  alt  in  Hoch- 
teutschland sind,  kan  man  klerlich  beweisen  ausz  Strabone  . . 
diser  Strabo  setzet  die  Franken  klar  neben  die  Vindelicos, 
das  ist,  neben  Beyern,  daran  sie  noch  zum  theil  rüren.  Frank 
German.  chron.  (153S)  bl.  85" ;  mitler  zeit  sind  die  Alemani  die 
hochteutschen,  da  itz  sind  Schwaben,  Schweitz  und  Beyern, 
also  ward  Teutschland  erstlich  nach  der  Zerstörung  der  rö- 
mischen monarchi  in  zwei  teil  geteilt,  in  Älemanos  und 
Frankos,  aber  die  Franken  sind  zur  zeit  Pipini  .  .  .  herrn 
worden  über  die  Älemanos,  darumb  haben  darnach  die  Franken 
ir  reich  also  getheilt,  Hochteutschland  haben  sie  genent  Oster- 
reich, und  das  Niderland  und  Gallien  Westerreich.  So',  dem 
entsprechend  ist  der  Schwerpunkt  des  reiches  in  den  hochdeutschen 
landen,  die  wd  ßr  das  deutsclie  reich  genannt  werden :  Otto  der 
grosz  und  erst  imperator  und  augustus  in  hochteutschen 
landen  gesessen,  ein  herzog  ausz  Sachsen,  deutsche  städtechr. 
3,  67, 16.  im  16.  jahrh.  sind  Hochdeutschland  für  heutiges  Süd- 
dieulschland,  hochdeutsch  ßr  süddeutsch  häufige  Wörter:  wie  ich 
auch  weisz  das  in  Hochteutschland  vil  loblicher  stedt  sind, 
die  yhren  christlichen  predigern  und  schuldienern  ausz  eigen 
gutern  ihre  besoldung  geben.  Melanchihos  anriclU.  der  lat. 
schul  (Bonn  1543)  b4";  hat  er  inen  ain  gelegne  herberg  da- 
selbst bei  aim  gebornen  Hochdeutschen  von  Frankfurt  am 
Main  . .  bestell.  Zimm.  ehr.  l,  474,  23 ;  was  die  ketzermeister  inn 
Hochteutschland  mit  gewaltsamkeit  nicht  vermögen.  Fischart 
bienk.  (1581)  192*.  im  17.  jahrh.  wird  sowol  Böhmen  als  Jsieder- 
sachsen  in  gegensatz  gebracht :  solche  vermächtnusz  hinderlägten 
wir  .  .  .  eine  zu  Prag  hinter  den  senat,  und  die  ander  in 
meines  manns  heimath  in  Hochteutschland,  so  damals  noch 
in  seinem  besten  flor  stunde  und  von  dem  kriegswesen  das 
geringste  nicht  erlitten  (vorher  ist  co«  der  schlackt  bei  Lutter 
die  rede).  Simpl.  3,  57  Kurz.  sonU  ist  ein  gegensatz  gegen  die 
allgemeine  bezeichnung  Niederland  hervortretend:  nachdem  die 
iezemempten  historici  und  andere  mer  nit  Hochteutschen, 
sonder  Franzosen  oder  Niderlender  gewesen  (die  geschicht- 
schreiber  des  ersten  kreuzzuges).  Zimmer,  chron.  1,79,2,  es  wird 
hier  das  letztere  wort  «n»  heutigen  sinne  genommen;  doch  hat 
niederländisch  noch  einen  mehr  flüssigen  begriff  und  steht  auch 
ßr  das  was  wir  heute  niederdeutsch  nennen:  (das  narrenschiff) 
upp  dat  nye  uth  dem  hochdutzschen  in  sassche  efte  neder- 
lendesche  sprake  .  .  gesellet,  narrenschiff  s.  205'  Zamcke. 

2)  hochdeutsche  spräche  wird  allgemein  von  den  oberdeutschen 
dialekten  gesagt,  ohne  den  fest  abgegrenzten  begriff  einer  altge- 
meinen Schriftsprache,  c^schon  diese  sich  später  bildet,  so  unter- 
scheidet Adam  Petri  ini  Basler  nachdrucke  des  neuen  testaments 
1523  Luthers  und  unser  hochteutsch :  so  ich  gemerkt  hab,  das 
nicht  yederman  verston  mag  etliche  Wörter  im  yetzt  gründ- 
lichen verteutschte  neuwen  testament,  . .  hab  ich  lassen  die 
selbigen  auf  unser  hoch  teutsch  auszlegen.  s.  die  stelle  bei 
Fromm.  6, 41.  auch  später  noch :  derselbig  (Fläming),  nachdem 
er  guet  hochdeutsch,  auch  allerlai  sprachen  kundt.  Zimmer, 
chron.  3,318,33;  herr  (sagt  ein  Danziger),  ich  höre  an  der 
sprach,  dasz  ihr  ein  hochteutscher  seit,  aus  was  für  einer 
Stadt  seid  ihr?  Schuppiüs  251;  weisz  oft  die  helfte  nicht  was 
die  leute  reden,  ob  es  rothwelsch,  hoch-  oder  niderteutsch. 
Simpl.  4,463  Kurz. 

3)  neben  diesem  allgemeinem  sinne  (no.  2)  aber  scheint  hoch- 
deutsch auch  auf  die  gemeine  kanzleisprache  gewendet  worden  zu 
sein,  wie  sie  namentlich  seit  den  letzten  decennien  des  Ib.  jahrh. 
durch  Nürnberger  und  Augsburger  drucke  zu  allgemeinerer  Ver- 
wendung und  ansehen  gekommen  war.  so  braucht  das  wort  gegen 
1470  ein  Westfale,  der  ein  niederländisches  gedieht  in  diese  von 
ihm  nicht  gut  gehandhabte  spräche  übersetzte: 

der  hubschte  fürst  in  al  Teutschlant 
mich  seer  of  ein  zit  bot  ermaent, 

febetlcn  auch  durch  grosi  begyrt, 
as  ich  dis  buch  ym  transferjTt 
usz  flemscber  sprach  dv  ist  halb  jutsch  (jütisch), 
in  disse  sprach  als  ist  hochiuLsch.    Mone  anzeiger  4, 165. 

auch  franz.  le  hault  alcmant :  que  Tunstal,  angloys,  qui  en 
avoil  amplement  escript,  confessa  que  vrayement,  en  com- 
paratson  de  luy,  il  n'y  entendoit  que  le  hault  alemant.  Ra- 
belais Garg.  buch  l,  cap.  23,  «as  Fiscbart  anders  wendet :  dann 


1611 


HOCHDEUTSCH—  HOCHDRUCK 


Tunstal  der  Engelläiider,  welcher  weillüulig  davon  gesthriben, 
selber  ibin  den  preisz  gab  und  bekandt ,  das  er  iuu  ver- 
gleichung  seiner,  weniger  darinn  als  inn  knifwendischer,  fri- 
sischer,  und  aller  brittanniseber  wallischer  sprach  verstand. 
Garg.  175*.  die  Verdienste  Lütuers  um  die  ausbitdung  dieser 
gemeineti  kanzleisprache  als  allgemein  deutsche  schriflsprache  lieszen 
schon  im  m.jahrh.  die,  damals  noch  nicht  unbestrittene,  meinung 
entstehen,  als  ob  die  kursächsischen  landstriche  heimat  und  lierd 
dieser  spräche  seien :  sunt  qui  tractui  circa  Lipsiani  elegantioris 
sernionis  (quo  Lutherus  etiam  libros  suüs  condideril)  primas 
deferant:  alii  potius  Augustanis,  alii  Basiliensiuin  linguam 
magna  ex  parte  probant.  Gesner  vorrede  zu  Ma.^ler  4';  eine 
meinung  die  bekanntlich  im  17.  und  IS.  jalirh.  altgemein  wurde  : 
dasz  sie  {chur fürstliche  durchlauchl  zu  Sachsen)  ein  berrscber 
über  solche  stUdte  und  festungen  sein,  worinneu  die  hocb- 
leutsche  spräche  glücklich  geboren,  glücklicher  ei-zogen,  und 
aufs  glücklichste  ausgezieret  und  gescbniücket  worden,  auch 
noch  täglich  einen  erneuerten  und  mehr  lieblichen  glänz 
euipHlhet ;  ich  meine  das  prächtige  Dreszden ,  das  heilige 
Wittenberg,  und  das  süszeste  aller  städle,  Leipzig.  Stieler 
tn  der  tvidmung  seines  Wörterbuchs;  sie  redeten  so  feines  hoch- 
teutsch,  als  ob  sie  geborne  Sachsen  waren,  insel  Felsenburg 
1,  98 ;  und  der  im  jähre  1782  Wielanü  in  einer  längern  abhand- 
lutig :  über  die  frage  was  ist  hochdeutsch?  {werke,  a.  supple- 
mentband s.  298-366)  entgegen  trat,  hochdeutsch  in  diesem  sinne 
ward  nun  bezeichnung  der  vornehmern  einlieitlichen  schriß- 
sprache  jej/enüfeer  den  buntschillernden,  manigfachen  dialekten, 
indem  man  hoch  in  der  bedeutung  vornehm  (sp.  1602)  empfand: 
das  jetzt  in  Schriften  gebräuchliche  teutsche,  welches  man 
in  ansehen  der  pöbelsprach,  hochteutsch  nennet.  Frisch  vor- 
rede 2";  wie  denn  im  jähre  1578  zu  Basel  ein  buch  erschien  in 
dem  hoch  in  gleichem  sinne  auf  das  Ilaliänisclie  bezogen  ward: 
D.  Federmaun,  sechs  triumpb  Fr.  Petrarchs,  aus  höchster 
italiänisch-tuscanischer  sprach  .  .  in  teutsche  vers  gebracht. 
so  hochdeutsch  wie  Schriftdeutsch  bei  Fleming  : 

Rohm  ist  nun  Rohm  gewesen. 
das  edle  Latieii  wird  boochdcutsch  itzt  gelesen. 
das  volli,  das  mit  der  laust  sonst  alle  Völker  trutzt, 
sieht  uuu  erst,  wie  viel  mehr  die  macht  der  zungen  nutzt. 

s.  94; 
die  schöneii  Pierinnen, 
die  nun  duicb  Opitzen  auch  hochteutsch  reden  können.    150. 

im  gegensatz  dazu  steht  niederdeutsch  wie  niedriges,  dialektisches 
deutsch,  im  munde  des  Dürings  Neumark  :  so  misz  mir  nicht 
bei  . .  als  wenn  ichs  versehen,  und  ein  niederteutsches  wort 
unter  das  hochteutsch  gemenget,  lustwdldchen,  vorrede,  und 
so  endlich  hochdeutsch  ironisch,  von  vornehmerer  ausdrucks- 
weise, in  bezug  auf  ein  fremdwort:  mancher  wirft  den  spiel- 
leuten,  oder  hochteutsch  zu  reden  den  herrn  instrumentisten 
einen  thaler  auf.  Chr.  Weise  erzn.  320  (cap.  33). 

4)  um  die  Zweideutigkeit  von  hochdeutsch  (no.  2  und  3)  zu 
vermeiden,  hat  wie  es  scheint,  zuerst  Bödiker  für  die  dialekte  des 
höher  gelegenen  theiles  von  Deutschland  die  gesamlbezeichnung 
oberdeutsch  gefunden :  ich  theile  die  teutsche  spräche,  dasz 
ich  itzt  von  der  altleutschen  und  auch  niederländischen  nichts 
sage,  inner  Teutschland  ab :  l.  in  die  niederteutsche,  2.  ober- 
teutsche,  und  3.  hochteutsche.  grundsätze  der  teutschen  spräche 
{zuerst  1690,  hier  nach  der  ausg.  von  1746  s.  350) ;  die  hoch- 
teutsche Sprache  ist  keine  inundart  t'ines  einigen  volks  oder 
einer  nation  der  teutschen,  sondern  aus  allen  durch  lleis  der 
gelehrten  zu  solcher  zierde  erwachsen,  und  in  ganz  Teutsch- 
land im  schreiben  der  gelehrten  wie  auch  im  reden  vieler 
vornehmer  leute  üblich.  391.  Frisch  nimmt  die  neue  bezeich- 
nung auf,  deren  bedeutung  er  in  seinem  wörterbuche  angibt :  die 
bücher  so  im  oberteutschen  dialect  ehmal  geschrieben  sind  . . 
darunter  sind  die  meisten  die  schweizerischen  alten  Chro- 
niken . .  und  die  wenigem  die  oberrheinischen,  schwäbischen, 
bayerischen,  oesterreichischen,  etc.  vorrede  3*.  Adelung  hat 
dieses  wart  zur  allgemeinen  geltung  gebracht. 

HOCHDEIJTSCHLAM),  n.  s.  unter  hochdeutsch  no.  1. 

liOCHÜHÄLLICH,  aäj.  sehr  bedrohend  (s.  dräulich  th.  2, 1347): 
nil  seinen  und  der  seinen  bochdrewiichen  aufgeblasen  er- 
tichtcn  Worten.    Luther  1,340*. 

HOCüDiU.NGE.ND,  part. :  du  weist,  mein  golt,  dasz  ich  aus 
horhdringender  notii  zu  dir  komme.  Scriver  seelensch.  2,35«. 

liOCHDhL'CK,  m.  l)  erhöhter  druck,  der  druck  den  eine 
dampfmaichme  auiM,  wenn  ihre  tpannung  eine  atmosphäre 
ubertteigt. 

U)  in  der  lUhoi/Taphie ,   die  erhöhte  manier.     $.  kucbtttzkunit. 


HOCHDRUCKMASCHINE  — HOCHEBHABEN  1612 

HüCHDRUCKMASClUiNE,  f:  die  auPänge  der  dampf- 
maschine  gehen  bis  in  die  mitte  des  vorigen  Jahrhunderts 
zurück ;  beim  beginne  des  unseren  werden  die  ersten  zur  an- 
wendung  gekommenen  hochdruckmaschinen  gebaut  in  Amerika, 
England  und  Würtemberg.  Honecger  allgem.  cuiturgescli.  der 
neuesten  zeit  1,  80. 

HOCHEBENE,  f  hoch  über  dem  meeresspiegel  gelegene  grosze 
ebene,  hochplateau.    Cannabich  geographie  (1825)  s.  565. 

HOCHEDEL,  adj.  sehr  edel:  romane  voll  hohen  gefübis, 
erhabner  gesinnungen,  hochedler  Charaktere.  Klincer  12,297. 
als  tüelwort,  ursprünglich  epithel  des  ad»ls: 

höchedel  man,  du  schäm  dich  valscher  tücke. 

minnes.  2,  222'  Hagen  ; 

dann  höherer  bürgerlicher  kreise :  die  doctores,  professores  und 
reclores,  auf  denen  hohen  schulen,  und  andere  welche  ihnen 
im  ränge  nichts  nachgeben,  heiszen  billig  hochedler  herr  {in 
der  anrede  eines  briefes).  SEHiKtiuER  reclUschreib.  i.  158;  endlich, 
bevor  es  völlig  veraltete,  für  den  geringern  bürgei'stand  angewendet, 
auch  als  abstraclum  ew.  hochedeln:  e.  hochedeln  gestrengen. 
Scuuppius  467 ;  ew.  hochedeln  belieben  sich  darein  zu  finden. 
KoTZEBUE  dram.  sp.  2,  328. 

HOCHEDELGEBOKEN,  part.,  im  17.  jaltrh.  titel  für  höhere 
beamle.  Scuuppius  18.  785;  später  ßr  geringe  bürger.  item, 
wann  das  wort  edel  an  sich  selbsten  nichts  anders  als  hoch- 
schätzbarlicbe  lugenden  bedeute,  warum  es  dann,  wann  es 
zwischen  hochgeborn  (welches  wort  einen  fürslen  oder  grafen 
anzeige)  gesetzt  werde,  solchen  fürstlichen  titul  verringere? 
Simpl.  1,  95  Kurz. 

HOCHEHHEND,  part.  anstatt  hoch  zu  ehrend:  dieweil  ich 
mein  hochehrende  frau  aus  ihrer  gefährlichkeil  errettete. 
Simpl.  3,  76  Kurz. 

HOCHEHllWÜUÜIG,  adj.  bezeichnung  höherer  geistlicher  per- 
sonen  in  titel  und  anrede,  dazu  das  abstractum  ew.  hochehr- 
würden. 

HOCHEMPÖRT,  pari.: 

denn  wie  kann,  wie  soll  ichs  zähmen, 
dieses  hochempörte  herz?    Rdrgsr  42'. 

HOCHENTSPRUNGEN,  part. : 

{(ihnenruhm),  dessen  hochentsprungner  quell, 

durch  die  Zeiten,  thatenhell, 

rauschend  llosz  iu  edlem  Schimmer.    Stolbkrc  1,244. 

HOCHENTZÜCKEN,  n.  ; 

dann  verwandle  sich  in  hochentzücken 

alle  deine  herzbeklommenheit!    Uühcer  101*; 

seht  wie  wir  im  hochentziicken 

uns  mit  gohlnca  ketten  schmücken.    Göthk  41, 159. 

HOCHENTZÜNDLICH,  adj.:  nach  einer  so  hochentzünd- 
lichen krankheit.    Göthe  31, 107. 

HOCHERBOREN,  purt.  von  holur  geburt :  hocherborne  fürslen. 
.4imo;»  bog.  o  ij.     s.  hochgeboren. 

HOCHERFAHREN,  part. :  der  hocherfahrne  leibarzt.  Göthe 
31,90;  hocherfahrner  herr  doclor  {in  einer  dedication).  Kant 
8,  3; 

war  Oalchas  nicht  ein  hochcrfalirner  zedier 
und,  halb  berauscht,  ein  hehl  im  prophezein  ? 

IIaukduhn  3,  43 ; 
ihr  (der  hocke)  hocherfahnier  langer  barl 
hegt  auch  kein  haar  gemeiner  art.    51. 

HOCHERFREUT,  part.: 

ich  will  dein  thun  je  mehr  und  mehr 

aus  hucherlrculer  suelen 

vor  deinem  volk  und  aller  weit 

SU  lang  ich  leb  erzählen,     t*.  Gkruard  uu.  40,  18. 

HüCHERHABEN,  part.  sehr  erhaben: 
ach  wo  bleibt  das  edle  laub 
dieser  hocherhuhuen  eichen?    Rist  Parn.  688; 

in  bezug  auf  stand:  ich  liabc  gesagt,  dasz  die  barmherzigkeit 
eine  eigenschaft  der  hocherhabenen  sei.  pers.  baumgart.  2,  I ; 

der  hocherhabne  stund  kann  nur  in  dem  cnlzürken, 
dem  er  zum  millel  dient,  die  menschen  zu  beglücken. 

IIaukdurm  I,  37 ; 
ich  würde  mich  rürwahr  nicht  niiK'rKieheii. 
mit  ihrer  hucherhahnen  mnjestat  ((<i'r  aonne) 
lü  hniderllch  und  truuli<:h  uintugehcn, 
wie  mau  noch  wühl  mit  dir  (dein  mumle)  sich  unterütelil. 

llÜReKil  55'. 
in  bezug  auf  Worte: 

URU  musi  nicht  olleieli  wa»  hui-hcrhubnei  sagen. 
lUucooRN  1,  83. 


1613   HOCHERLAUCHT  — HOCHFAHRT 

HOCHERLAUCHT,  adj.  sehr  erlaucht,  rg/.  erlaucht  (A.  3,892: 
{wir)  genieszen  kaum  der  hocherlauchten  sonne, 
da  kämpft  sogleich  verworrene  bestrebung 
bald  mit  uns  selbst  und  bald  mit  der  Umgebung. 
GÖTHE  3,  21. 

als  tUel:  glaub  mir,  keine  hocherlauchte  (frau)  wird  dich  für 
deine  gottlosigkeit  bezahlen.  H.  Heine  1,301;  im  spott: 

siecher  mann!  hast  keinen  leib, 

keine  seel,  du  blödes  weib! 

drum,  du  hocherlauchtes  paar, 

paszt  zur  hochzeit  auf  ein  haar 

dir  das  Sprüchlein :  mann  und  weib 

eine  seele  und  ein  leib !    Lenaü  Faust  74. 

HOCHERLEBT,  pari,  bejahrt.  Werth.  ded.  1, 225 :  im  heutigen 
evangelio  tritt  ein  heiliges  hocherlebtes  paar  auf  den  plan. 
Otho  79. 

HOCHERLEüCHTET,  pari,  sehr  erleuchtet,  in  bezug  auf  den 
geist :  so  sich  defect  und  mängel  darinn  (in  der  apotheke)  be- 
finden, solche  durch  dero  hocherleuchte  scienz  .  .  zu  corri- 
giren.  &mji.  4,56  Kitrz; 

sein  hocherleuchteter  papa 

pflag  ihn  oft  selbst  zu  wiegen.    Hagedorn»  3,112. 

HOCHERMELDET,  part.  im  unterthdnigen  stile  von  einer 
bereits  genannten  hohen  herrschaß:  hochermelte  ihre  fürst), 
gnaden.  Weckherlin  dedic.  zu  den  geistl.  gedicIUen ;  gleichwie 
nun  Herzbruder  von  hochermelten  grafen  eine  angenehme 
wieder-antwort  .  .  erhielt.  Simpl.  2, 16  Kurz. 

HOCHFAHREN,  n.  stobes,-  anmaszendes  betragen  (vergl.  die 
Verbindung  hoch  fahren  unter  hoch  sp.  1600):  beseitiget  jetzt 
allen  übermuth  und  anmasziiches  hochfahren,  aber  fragt  euch 
demüthig  und  wohlgemuth  .  .  .  Göthe  43,2S7. 

HOCHFAHREND,  part.  .•  geschenke  werden  gebracht,  groszer 
prunk  damit  getrieben,  und  doch  werden  sie  bald  hochfah- 
rend verschmäht,  bald  darum  jüdisch  gemarktet.  Göthe  6,202; 
Johann  Grand,  bis  dahin  probst  von  Roeskilde,  königliches 
bluts,  hochfahrend.  Dahlmanx  dän.  gesch.  1,426.  in  .<!ubstan- 
tivem  gebrauche:  auch  eins  der  verrufenen  alltäglichen  worte, 
die  von  jenen  hochfahrenden  gebraudit  werden.  Tieck  noi'.- 
kranz  4,197. 

HOCHFAHRENHEIT,  f.  hochfahrendes  icesen :  so  wenig  eure 
hochfahrenheit  auch  dem  warnenden  freunde  glauben  und 
seine  liebe  und  hülfe  annehmen  will.  Tieck  nor. -/rrans  2,  SSO. 
HOCHFÄHRLICH,  adj.,  zu  stolzem,  hoffärtigen  tcesen  geneigt : 
dasselbe  mädchen,  welches  dir  am  tag  zuvor  so  hochfährlich 
vorkam,  illustr.  zeilung  no.  1607  vom  18.  aprü  1874  s.  290',  als 
ein  Salzburger  localausdruck. 

HOCHFAHRT,  f  stolzes,  triumphierendes  gebahren  (vgl.  hoch 
fahren  sp.  1600. 1603),  die  ältere  form  für  später  assimiliertes  hoffart 
(s.  d.) :  die  hofferligen  meinet  er  hie  (ps.  94, 2)  nicht  alleine, 
die  im  herzen  hochmütig  sind,  sondern  die  mit  verfolgen  und 
verfüren  (denn  er  beide  tvTannen  und  ketzer  damit  meinet) 
überhand  genomen  haben,  und  obligen,  als  betten  sie  schön 
gewonnen,  und  die  fromen  gedempft,  welchs  auch  die  art  ist 
des  Worts,  hoffart  oder  hochfart,  das  es  heiszt,  die  hoch 
faren,  und  oben  schweben.  Lother  3,302*.  anmaszendes  icesen, 
itbermut,  wie  mhd. : 

der  kan  mit  übermüete  wol  hdchverte  pflegen.  Kib.  55,2; 
dise  verbergung  der  hochfart  ist  so  vil  sorglicher  und  ver- 
färlicher,  so  vil  sy  under  der  gestalt  der  hailigkeit  betrügt. 
Keisersberg  siben  hauptsünden  (1510)  cc3';  nun  wie  kum  ich 
aus  dyszer  gaistlichen  hochfart,  sprichest  du?  cc4';  und  füret 
sie  (der  teufel  Adam  und  Eva)  abwegs  von  der  gehorsam  gottes 
zur  teufeis  folg,  vom  abbruch  zum  frasz,  von  der  demut  zur 
hochfahrt.  Nas  mdereinwarnung  12' ;  damit  bewegt  ich  sie  zur 
hochfart.   Ayrer  proc.  l,  7 ; 

ein  demütig  frow  ist  eren  wert 

und  würdig,  das  sie  werd  geerd, 

aber  welch  hochfart  nvmbt  für  hend 

deren  hochfart  ist  oucfi  ganz  on  end, 

die  will  ouch  allzyt  vornen  dran, 

das  Djeman  mit  if  gstellen  kan. 

Braut  narrensch.  92,  73. 

spielend  mit  der  eigentlichen  sinnlichen  bedeutung  des  Wortes: 

als  Lucifer  für  gar  zu  hoch, 
da  fuhr  er  ab  ins  höllenloch  : 
was  gar  zu  hoch  wird  umgekahrt, 
und  hochfahrt  wird  zur  niederfahrt. 

LoGAU  2,  89,  54  (Überschrift  '  hoffart, 
hochfahrt '). 

früher  auch  nur  leben  mit  pracht,  aufwand:  hetten  verzert  wol 
9  hundert  guldin  aun  (ohne)  nütz,  wann  ir  hochfart  was  gro;; 


HOCHFAHRT  —  HOCHFLUG 


1614 


und  ir  gut  was  ciain.  d.  städtechron.  4,38,20;  darnach  ver- 
hüten die  purger . .  allen  wucher  und  üppig  hochfart.  63, 18. 
im  mhd.  hatte  höchvart  auch  die  bedeutung  hochherziges  icesen, 
edler  stolr: 

sin  muot  stuont  hoch,  doch  jämers  vol. 

die  bßde  schanze  ich  nennen  sol. 

höchvart  riet  sin  manheit, 

jämer  lert  in  herzenleit.    Parz.  320,  3. 

HOCHFAHRT,  adj.  stolzes  gebahrens :  es  hat  auch  die  geisz 
etwas  hochfarts  in  iren  (sich) :  dann  wo  sy  under  den  schaafen 
gadt,  schämpt  sy  sich  binden  naher  zu  reisen,  sonder  ist  alle 
zeit  zu  forderst.  Forer  tläerb.  58' ; 

wer  hochfart  ist,  und  dut  sich  loben, 
und  sitzen  will  allein  vast  oben. 

Brakt  narrensch.  92«. 
mhd.  hochverte : 

doch  hat  der  künec  Günther  vil  manegcn  höhferten  man. 

iSib.  53,  4  in  B. 

HOCHFÄHRTIG,  adj.  stolzes,  anmaszendes  «esen  habend,  später 
hoffärtig  (s.  d.),  mhd.  höchvertec :  die  müssen  al  unterligen, 
ellieh  im  guten,  die  sich  demütig  mit  busze  bessern,  etlich 
mit  übel,  die  sich  hochfertig  verstocken  und  verherten.  Luther 
1,90*;  denn  da  werden  menschen  sein,  die  vil  von  inen  selbs 
halten,  geizig,  hochmütig,  hochfartig,  lesterer.  2,123";  eine 
hochfertige  schmähe  fraw.    Fischart  ehz.  22. 

HOCHFÄRRIG,  adj.  von  lebhafter  färbe  (vergl.  hohe  färben 
sp.  1599):  einem  edlen  hochferbigen  turkisz  gleich.  Thcrneiszer 
magna  alcht/m.  (1575)  45  ;  kam  ich  zu  etlichen  schönen  feldern 
und  wyszmädern,  welche  mit  so  vilen  hochfärbigen  blumen 
geziert  gewesen,  dasz  mirs  .  .  Apelles  nicht  besser  .  .  hätte 
vormalen  können.    Hörl  v.  Wätterstorf  Bacchusia  204. 

HOCHFEIERLICH,  adj.  und  adv. : 

bochfeierlich  in  amtsornaten 

zieht  er  nunmehr  mit  zween  prälaten  (por  den  thron). 

Voss  6,  243 ; 
bochfeierlich  scholl  der  segnende  zuruf 
auf  die  gewässer  hinaus.  Ptrker  Tunis.  3,  331 ; 

hochfeierlich  wird  die  entscheidung  sein.  Dräseke  glaube  liehe 
hoffnung  4. 

HOCHFEST,  n.  hohes  kirchliches  fest: 

von  eim  hochfest  aufs  ander  reichend. 

Fischart  diclitungen  3, 385, 80  Kurz. 

HOCHFESTLICH,  adj.  und  adv.: 

heut  mit  einander  an  gott,  der  das  jähr  hoch  segnete,  denkendi 
wollen  wir  uns  hochfestlich  belustigen. 

Voss  2,  70  (idyll.  4, 252). 

HOCHFLÄCHE,  f. :  (die  Apenninen  bestehen)  aus  einem  haupt- 
rücken und  vielen  . .  durch  hochflächen  mit  ihm  verbundenen 
nebenketten.    Schlosser  weltgesch.  3, 129. 

HOCHFLEISZIG,  adj.  sehr  angelegen,  mit  dem  subst.  bitte  ver- 
bunden :  mein  ganz  underthenigsle  hochfleiszigste  bitt.  Amadis 
146 ;  mein  hochQeisziges  bitten.  Bütschsy  kanzl.  296.  315 ; 

weil  ieh  in  hab  geweret  eben 

nur  seiner  hocbfleiszigen  bit.    H.  Sachs  5,  362* ; 

drumb  ist  unser  hochfleiszig  bitt, 

eur  heiligkeit  beschwer  sich  nit. 

J.  Atrer  141'  (707,  23  Keller). 

adv.  hochfleiszig  bitten:  (hab  ich)  ganz  underthenig,  hoch- 
fleiszig bitten  wollen.  Amadis  48;  hierumb  bitten  wir  euch 
alle  hochfleiszig.  243. 

HOCHFLIEGEND,  part.  gewöhnlich  bildlich:  will  mir  einer 
vorwerfen,  es  seie  meiner  Ungeschicklichkeit  schuld,  dasz  ich 
solche  sagen  nicht  verstehe,  sie  geheren  nur  für  vilgefüderte 
hochfliegende  hirn.  Rompler  vorrede;  die  hochfliegendste,  ab- 
gezogenste und  geistigste  einbildungskraft.  Wieland  l,  145 
(121);  soll  sich  mein  hochfliegender  geist  an  den  schnecken- 
gang der  materie  ketten  lassen  ?  Schiller  räuber  2, 1 ;  hoch- 
fliegende plane; 

dessen  fernhin  dämmerndes  licht  begeistrung 
kaum  erreicht,  hochDiegend:  den  geist  der  geister! 
betet  ihn  an!  Voss  3,  162; 

schon  mhd.  mit  höchfliegenden  gedenken  wb.  3,  343'. 

HOCHFLUG,  m.  i)  hoher  flug:  hochflüge  gereizter  einbil- 
dung.  U.  Hecner  m(4kenkur  3, 17. 

2)  das  zur  hohen  jagd  gehörige  geßitgel  und  das  recht  es  zu 
erlegen :   hochflug,  fischenzen  und  wildbann.  J.  MtiLLER  4, 17 ; 

sie  werden  kommen,  unsre  schaf  und  rinder 
zu  zählen,  unsre  alpen  abzumessen, 
den  hochflug  und  das  hochgewilde  bannen 
in  unsern  freien  Wäldern.    Schiller  Teil  2.  1. 


1615         HOCirFLUTH  —  H0CHGEBLÜ5IT 

HOCHFLUTH,  f.  hoch  steigende  fluth:  der  Rhein  isl  seit 
einigen  lagen  bedeutend  gestiegen  und  einige  straszen  der 
unteren  stadl  sind  durch  die  Lochflulh  heimgesucht.  Frankf. 
Journal  1870,  9.  iioi'. ;  bildtich:  unter  der  hocliflulh  eines  natio- 
nalen fanalismus.  preus:.  jahrb.  bd.  20  ä.  284. 

HOCHFREIHEHRLICH,  adj.  im  titel  eines  freiherm  {vergl. 
hochgräfiich): 

wann  der  bräutigam  kömmt  von  Scldorr,  jenes  berühmten 
hochfreiherrlichen  guts  hochwohlehrwürdiger  pastor. 

Voss  1,  82  (Luise  2,  4il). 

HOCHFÜHLEND,  part..-  als  äuszerung  eines  trefflichen  hocli- 
fühlenden,  sich  selbst  seine  gegenstände  schaffenden,  uner- 
schöpflichen geistes.  Göthe  4G,  229. 

HOCHFÜilSTLICH ,  adj.  einem  h(^wn  fürsten  gehörig  oder 
gemäsi:  in  einer  vornehmen  Stadt  trieb  einsmals  ein  baucr 
einen  .  .  esel  bei  einem  hochfürstlichen  hof  vorbei.  Cünlin 
narrenwelt  2,  ISO ; 

nie  hätt  ich,  bei  meiner  hochfurstUcheD  ehr! 
geglaubet,  dasz  so  spottwohlfeil  ich  war.    Bürger  67*. 

seit  dem  ll.jahrh.  im  titel:  euer  hochfürstl.  gnaden  ritterliches 
und  hochfürstliches  geniülh.    Schuppils  810. 

HOCHFUSZ,  «I.,  dim.  huchfüszchen,  wein-  oder  brannlwein- 
glas  mit  einem  hohen  fnsz  unter  dem  kelche.     am  Oberrlicin. 

HOCHFÜSZIG,  adj.  hohe  füsze  habend:  die  füsze  (t/es p/"m/ex) 
sollen  nicht  zu  hoch  sondern  kurz  und  niedrig,  nach  der 
Proportion  des  leibes  sein,  dann  die  hochfüszige  seind  zu 
dem  laufen  und  gehen  gefährlich.  Böcrler  kriegsschule  (1668) 
5.  970. 

HOCHGÄHNEN,  verb.  für  hojanen  (s.  d.),  Jahnen :  die  jungen 
raben  sperren  den  mund  gen  himmel  auf,  als  hochgähnten 
sie  und  schreien  den  lieben  gott  an.    Hippel  2,  442. 

HOCHGARN,  n.  hohes  klebegarn  zum  fangen  der  feldhxihner. 
KrCnitz  39,395. 

HOCHGEACHTET,  pari,  in  hoher  achtung ;  auch  zu  hoch- 
geachl  verkürzt:  hochgeacht,  ab  dem  sich  alle  wält  verwun- 
deret, conspicuus  homo,  clarus,  spectabilis.  Maaler  227* ;  welcher 
hochgeachter  und  weitberümpter  ist,  denn  kein  ander,  so 
leben  mag.  Amadis  307.  als  epithel  im  titel  eines  ratsherrn,  wie 
noch  jetzt  in  Basel:  nehmen  sie  sich  in  acht,  was  sie  ant- 
worten, hochgeachter  herr  ralhsherr!  Wieland  19,327. 

HOCHGEADELT,  pari. :  Seth  und  Sem  sind  unter  den 
menschen  hochgeadelt.  Reiszner  Jertis.  l,lil'. 

HOCHGEBENEDEIT,  part. : 

die  hochgebenedeite, 
die  den  heiland  uns  gebar.    Bürger  10'; 
zu  des  hochgebenedeiten  (Christi)  füszen. 

Seüiie  (1825)  s.  648. 
HOCHGEBIETEND,  part.:    meines   Vaterlands    hochgebie- 
tenden Vätern.  Schdppids  759 ;  hochgebietendes  fräulein.  med. 
maulaffe  TAI ; 

ja,  und  der  Friedländer  selbst,  sieht  er, 
unser  bauptmann  und  hocligebictender  herr, 
der  jetzt  alles  vprmas;  und  Kann, 
war  erst  nur  ein  schlichter  edelmann. 

ScHii.LF.R  Wdllensieins  tager,  7.  avfir. 
HOCHGEBILDE,  n.  franz.  haut  relief:  als  der  freundliche 
wirth  ihn  . .  in  ein  geräumiges  ziminer  führte,  das  ringsumher 
mit  hoch-  und  nacbgeliilden,  mit  gröszercn  und  kleineren 
figuren,  husten  und  wohl  auch  einzelnen  gliedern  der  schön- 
sten gestalten  geziert  war.  GOthe  23,27. 

HOCHGEBILDET,  part.  von  hoher  bildung  des  geistes:  ein 
hochgebildeter  mann. 

HOCHGEBIRGE,  n.  hoch  ansteigendes  gebirge  {im  gegensatz 
lu  mittel-  und  Vorgebirge),  .vhon  mhd.  höciigehirgc  von  den 
Alpen  (Lexer  mhd.  handwb.  l,  1313):  hochgcliirge,  montana, 
dicuntuT  montes  alti,  projirie  alpes.  voc.  iru.  theiU.  k  2' ;  zu  herbst 
und  Winter  zitten,  so  die  wasscr  vallen  und  des  hochgebirges 
fliuzgüsina  verloffenl,  gewint  sy  {die  insel  lirichmau)  zu  obrosl 
gen  Cüstenz  zu  ainen  trucknen  grat.  Okiiein  c/ir.  t.  Aeir/ietiau 
35,25.  in  der  neuern  seit  ist  das  wort  der  gehobenen  spraclie 
eigen: 

am  hochgebirge  Bchmoiz  der  scbnee.    Borger  .'t6' ; 
e(  war  kein  laut  im  hochgnhirg  zu  hören.    Lenau  neue  yed.  9 ; 
der  reitet  hat  sich  auch  am  quell«  kiitil  getrunken, 
lieht  nun  im  gronzen  blick  den  horhgehirgH  vfr!>iinken.    203 ; 
der  letzte,  der  Im  bochgebijrg  dem  kühnen  feind  Ktch  widersetzt. 

I'i.aten  34. 
H0CHGEBLI;MT,  pan.: 

o  bochtt«  «cbnn  ob  allem  ((lant, 

meiot  hcnen  bochgeblumbtar  kram  {anrede  an  eine  geliebte). 

fittln.  tp.  120,  26. 


HOCHGEBOREN  —  HOCHGEFÜHL   1616 

HOCHGEBOREN,  part.  von  hoher  gehurt,  mhd.  höchgeborn, 
früher  von  jedem  dem  höhern  adel  ungehörigen,  vom  kaiscr  ab- 
wärts, gesagt,  jetzt,  wo  es  überhaupt  noch  gebräuchlich  ist,  dem 
titel  gräßicher  personen  beigegeben:  die  stiftere  des  closters  zu 
Wciszenfclä  die  sind  gewesl  der  edle  und  bochgeborne  furstc 
markgrafe  Didrich  mit  seiner  edlen  frawen  Helenen,  chron. 
des  Ciarenklosters  zu  Weiszenfels  in  den  neuen  miltheil.  des  där.- 
sächs.  Vereins  11,384;  der  mich  ein  keiser  hochgeboren  reich 
und  incchtig  hat  lassen  werden.  A.  v.  Eyre  50';  so  wil  ich 
den  hochgeborncn  und  übermütigen  künig  in  Assyrien  sampt 
seiner  klugheit  und  stolze  heim  suchen.  Züriciur  bibel  1530 
324'  {vulg.  visitabo  super  fructum  magnifici  cordis  regis  Assur, 
Jes.  10,  12) ;  der  hogeborn  fürst,  marggraf  Ernst  von  Baden. 
WicRRAM  rollw.  183,19  Kurz;  man  nennt  die  fürsten  (durch- 
lauchtige) hochgebohrne,  dasz  sie  sich  allezeit  ihrer  hohen 
ankunft  gemäsz  bezeugen.  Scriver  seelensch.  1,340;  mancher 
ist  höchgeborn  und  nit  hoch  erkorn.  mancher  hocherkorn 
und  nieder  geborn.  Neander  sprichw.iZ;  dem  hoch- und  wol- 
gebornen  grafen  und  herrn,  hcrrn  Christian,  grafen  zu  Ranzau. 
ScHUPPius  1 ;  durchlcuchtigster,  hochgeborner,  gnädigster  fürst 
und  herr.  Weckherlin  dedication  zu  den  welti.  gedickten ; 
ir  hochgebornen  und  durchleuchten  (kaiser  und  könig  ist  an- 
geredel)- 
J.  Atrer  271"  (1354,  22  heiter), 
bei  GöTiiE  in  freierem  sinne: 

die  perle,  die  der  muschel  entrann, 

die  schönste,  hochgeboren.    5,234; 

nun  war  uns  himmlisch  hochgebornen  (den  huris) 

ein  solch  betragen  ganz  zuwider.      262. 

HOCHGEBRLSTET,  part.,   was   hochbrüstig;   bei  Wikland 

getrennt  geschrieben : 

so  breit  geschultert,  hoch  gebrüstet 

lag  Angulaffer  da.     22, 112  (Oberon  3, 29). 

in  übertragener  bedeutung,  sehr  sich  in  die  brüst  werfend: 

wie  sehr  ihr  vorspielscherz,  den  sie  selbst  ausgedacht, 
den  hochgebrüsteten  professor  klein  gemacht. 

Rist  verm.  ged.  5. 
HOCHGEDACHT,  pari,  von  schon  erwähnten  hoben  personen : 
hochgedachter  herr  legat.  Luther  1,132';  hochgedachtcr  herr 
rcichscanzler.  Schuppiüs  21 ; 

und  sing  das  lied,  das  man  hat  gemacht 
zu  lob  dem  keiser  hochgedacht. 

e.  chiistenlicher  zug  wider  den  Türken  C  4'. 

HOCHGEDANKE,  m.; 

auch  schau  ich  gern  der  menschen  bände  werk, 
woher  des  meistens  liochgedankc  strahlt.    Götue  13,268. 

HOCHGEDEIHLICH,  adj.:  damit  dero  reiche  und  laude  in 
allem  hochgedeihlichen  Wohlstände  erhalten  werden.  Bltschky 
Palm.,  einführung  s.  6. 
IIOCHGEDICHT,  n.: 

Homerus  singt  sein  hochgedicht.    Schiller  die  weltweiten. 
HOCHGEEHRT,  part. :  meine  hochgeehrte  frau  landsmännin. 
Simpl.  1,370  Kurz;    wie    meine    hochgeehrten  herren  wissen. 
Wieland  20,257. 

HOCHGEFÄHRLICH,  adj.:  {der  Nu)  zielet ..  das  zu  wasser 
und  land  hochgefährliche  thier  den  crocodil.  Schupimus  409. 
HOCHGEFIEDEKT,  part.  mit  hoher  feder  versehen :  carleil 
des  stutzerischen  aufzugs  der  durchsichtigen,  hücligelied<'rlen, 
wolgesporl-  und  gestiefelten  . .  cavaliern.  Opkl  u.  Comn  s.  412. 
neuerdings  als  botanischer  ausdruck,  in  bczug  auf  federfOrmige 
blätter:  hochgeüederte  palmen.   kosmos  1, 12. 

HOCIIGEFLOGEN,  part.:  eine  horhgeflogcne  einbildungs- 
krafl.  Klincer  0, 189. 

HOCHGEFÜHL,  n.  erhebendes,  iiber  das  alltägliche  hinaus 
ragendes  gefübl  {vgl.  hoch  jp.  I5%):  das  hochgcfühl  eines  bc- 
siuidern  werths.  Klincer  11,157;  das  hochgcfühl  fjeheiiiier 
liebesqual.  MlsXls  volksm.  79;  nicht  weniger  siehl  man  die 
lebendig  vorstehenden,  vorantrelenden  geliildelen  nieisler  und 
kentier,  Kiopstock  ,  Lessing,  Gleini  .  .  .  von  den  neu  aiif- 
sprieszenden,  im  liochgefühl  eigenen  Vermögens,  mit  kraft- 
voller selbstschUtzung  und  würdiger  deinuth  verehrt.  Göthe 
33,159; 

mit  der  süstcn  acbwArmerei 
der  bochBerOhle.     Wieland  1H,  175; 
die  nacbtignil  singt  immnr  neue  lieder 
dem  hochgcruhl  d«ii  ihr  entgegen  quillt.    GAtre  4,  126; 
wenn  vor  dorn  pl.ini,   der  um  die  In-rrin  scliwebel, 
dn»  vi)lk  »Ich  Ihcili,  in  dnuiKiMidi'ni  (;<nulile. 
dann  gleich  um  »i«  wich  neu  zu  üanimeln  xtrebal, 
atumm  ernl  und  iiiaun«nd,  dnnn  im  hocligcruhl« 
nit  lebenir  den  wiedcrhnll  belebet.     13,  ■i4.'>; 


1617  HOCHGEGIPFELT  — HOCHGELIEBT 

und  einer  freuile  hochgefühl  entbrennet 
und  ein  gedanke  lebt  in  jeder  brüst. 

Schiller  Jungfrau  4,  1 ; 

solch  ein  schönes  hochgefiihl.    Platin  29. 

HOCHGEGIPFELT,  pari.:  eilte  unter  den  hochgegipfelten 
eichbaum  zu  seiner  lagerstatt.    Musäls  volksm.  2ö6. 

HOCHGEHALST,  part. :  er  glaubte  öfters  die  hochgehalste 
gestalt  der  kamele  zu  sehen.  Wielaxd  ...; 

Achilleus  hocbgehalsete  rosse.    Stolbkrg  12,  186; 
Helene,  die  der  hochgehalste  schwan 
gezeuget.    Schiller  Iphig.,  3.  zwüchenhandlung. 

HOCHGEHÄÜFT,  part.  : 

hochgehäurt  zum  dache 

liegt  das  körn  im  fache.    Voss  4,  146. 

HOCHGEHERZT,  part.: 

ich  habe  nun  erkannt  die  hochgeherzten  Reuszeu, 
ihr  wesen  aufgemerkt.  Flkbing  626. 

HOCHGEHOBEN,  part.: 

mit  hochgehobnem  speer,  elf  eilen  lang, 
trat  er  zum  thor  hinein.    Borger  173*. 

HOCHGEHÖRNT,  part.: 
gehundne  rinder,  hochgehörnten  raub.     Stolberc  14, 1^4. 

HOCHGEIST,  m.  hoher,  über  das  getiöhnlkhe  ragender  geist : 
von  Frankreich  aus  kam  der  hochgeist  sowohl  als  die  Spiegel- 
fechterei des  scholasticismus.  Herdeb  *.  lUt.  18, 253. 

HOCHGEISTIG,  adj.:  der  hochherzige  und  hochgeistige. 
Klinger  11, 136. 

HOCHGEISTLICH,  adj.  in  hohem  grade  dem  geistlichen  zu- 
gewendet :  wenig  und  ganz  hochgeistliche  menschen  müssen  das 
sein,  die  in  ehre  und  lob  blos  gelassen  und  gleich  bleiben, 
das  sie  sich  derselbigen  nicht  annemen,  gutdünken  und  ge- 
fallen darin  haben.  Luther  1,233';  sol  ich  denn  nu  so  schew 
werden,  umb  der  zarten,  hochgeistlichen,  tiefheiligen  schwermer 
willen,  das  ich  auch  meinen  feind  nicht  nennen  sol?  3,476'. 

HOCHGEKEGELT,  part.  hohe  kegel  habend,  vom  pferde  {vgl. 
kegel  2,  o  theil  5,  sp.  3S3) :  die  fessel  .  .  soll  weder  zu  lang 
noch  zu  kurz  sein,  der  erste  fehler  ist  der  kurzgekegelte, 
und  der  zweite  der  hochgekegclte.  J.\cobsso>  5,  533*. 

HOCHGEKRÖNT,  part.:    unter    den    schutzüügeln    solcher 
hochgekrönten  adler  {des  enhauses  Ostreich).  Butscusy  Patm.  1&2 ; 
einen  hochgekrönten  hirsch.    Borger  151". 

HOCHOELAHRT,  part.  alterthümlich  und  allerthümelud  für 
hochgelehrt,  vgl.  gelahrt:  herr  Schroderus,  der  hochgelahrte 
mann.  Schcppids  27 ;  hochgelahrler  herr  doctor  {in  einer  dedi- 
cation  vom  j.  1747).  Kamt  8,  3.  5;  ich  halte  eine  starke  ahnung 
davon,  dasz  ihnen  meine  hochgelahrte  abhandlung  über  die 
ideale  langeweile  machen  würde.  Wieland  6«  Aferi  2, 103;  wo 
seid  ihr  her,  hochgelahrter  herr?  Göthe  42,45; 

lehret  nun,  ihr  des  gesetzes  kenner, 

weisheit-fromme,  hocbgelahrte  männer, 

treuer  mosleminen  feste  pflicht.    5,33; 

herr  doctor,  das  ist  schön  von  euch, 

dasz  ihr  uns  heute  nicht  verschmäht, 

und  unter  dieses  volksgedräng, 

als  ein  so  hochgelahrter,  geht.     12,55; 

ihr  flndet  hier  auf  diesem  leichenstein. 

Alpin  sei  hochgelahrt  gewesen.    Gökinck  3,  2S4. 

HOCHGELAHRTHEIT,  f.:  steiget  herab  von  den  gipfeln 
eurer  wolkigen  hochgelahrtheit.  Bürger  32l'; 

der  hochgelahrtheit  dunst  berauscht  mich  nimmer. 

KosEGARTKN  tn  Scliillers  hören  1796,  10.  st.  s.  4. 

HOCHGELEGEN,  part.."  hochgelegne  gegne  oder  berg,  ardua 
terrarum.  Maaler  227*. 

HOCHGELEHRT,  part. :  herzog  George,  der  hochgelerle  man. 
Lutber  6,24*;  dem  hochgelehrten  herrn  d.  Conrad  Gesner. 
Forer  fischb.  119'; 

mit  weltweisen  hochgelehrten.    WECKBERLtn  115. 

HOCHGELEHRTIGKEIT,  f.  hohe  gelehrtheü;  als  tilel  eines  man- 
nes:  mugen  auch  solchs  leugnen  die  geuche  herzog  Georgens 
und  seine  hochgeiertigkeit  selbs,  das  nicht  so  sei?  Luther 
6,24'. 

HOCHGELEITE ,  n.  das  geleite  auf  der  hauptstrasze  eines 
landes  und  die  dafür  zu  erhebende  abgäbe:  erkhandt,  dasz  ein 
herzog  zu  Lotiringen  das  hochgeleidt,  so  weit  die  landtstrasz 
des  bezirk«  ghondt,  allein  zu  heben  habe.  icetilA.  3,751  (r.  1558). 

HOCHGELIEBT,  part.:    hochgeliebter   und  geehrter  leserl 
Sf.HlPPIUS  426; 
IV.  11. 


HOCHGELOBT  — HOCHGERICHT    1618 

dea  hocbgeliebten  beiden.    Flemi!<g  138; 

horch  des  hocbgeliebten  todesstöhnen!    Bürger  97'; 

der  umsonst,  umsonst  durch  lange  jähre 

seiner  hocbgeliebten  nachgeweint.    101*. 

HOCHGELOBT,  part.  sehr  gepriesen,  mhd.  höchgelobet:  hoch- 
gelobt, eines  groszen  lobs  wärt,  gloriosus,  conspicuus  valde. 
Maaler  227" ;  in  dem  vordert  die  römisch  königlich  majestat 
den  hochgelobten  herzogen  {von  Sachsen)  zu  im.  Wüw.  ton 
Schaumburg  106;  die  hochgelobte  Jungfrau  (Maria); 

darum,  o  gott! 
sei  ewig  hochgelobt  von  uns  und  ihm!    Gleim  4,67; 
das  hochgelohte  sacrament 
wird  deinen  Jammer  lindern.     Borger  13'. 

HOCHGEMARTERT,  pari.:  der  einzige  ausweg  zur  beruhi- 
gung  der  hochgemarterten.  ThI^iimel  6,  50. 

HOCHGEMEIT,  adj.  von  hoher  Schönheit  oder  stattlichkeit,  «n 
Wort  das  aus  dem  mhd.  bisweilen  noch  in  dem  altern  nhd.  nach- 
klingt: 

ein  edle  herzoginne, 

ein  rilter  hochgemeit, 

sie  hatten  einander  von  herzen  lieb. 

Uhukd  tolksl.  190  (15.— 16.  jahrh.). 

HOCHGEMLTH,  adj.  von  hohem  miUe,  hoher  gesinnung  beseelt, 
nach  dem  mhd.  höchgemuot  erst  im  vorigen  Jahrhundert  wieder 
in  die  dichtersprache  aufgenommen: 

die  räche  nimmt  ein  edler,  stolzer  geist 
an  seinem  niedern  feinde,  hochgemuth 
verachtet  er  des  neides  schmach  —  und  schweigt. 

Uerder  zur  litt.  4,  35; 
trabt  ein  stolzer  zug  durchs  blacbfeld, 
glänzend,  hochgemuth.    L.  Tieck  ges.  not.  10,  306 ; 
jetzt  bin  ich  hochgemuth, 
cn 


jetzt  bin  ich  stark,  jetzt  führ  icn  selbst  mein  beer 
gen  Brandenburg  und  bin  des  siegs  gewisz. 

Uhland  Ludwig  154. 

HOCHGEMÜTZT,  part.:    ein  himmellanger,    hochgemützter 
dudelsackpfeifer.  Göthe  39, 153. 
HOCHGENABELT,  part.: 

trugen  die  heime  hinein,  und  die  hochgenabelten  schilde. 

Odyssee  19,  33. 

HOCHGENANT,  part.  noch  wie  das  mhd.  höchgeuant  (ton 
nenden  wo^ii),  von  hoher  kühnheit,  mulvoll: 

nu  hört,  ir  herru  all  hochgenant,    fastn.  sp.  654,  27. 

HOCHGENEIGT,  part.:  meinem  insonders  hochgeehrten 
und.  hochgeneigten  herrn,  vettern  und  paten.  Schcppiüs  824; 
die  hochgeneigten  anwesenden.  Weise  polit.  redner  (1684)  296 ; 
in  der  anrede:  woledle,  grosz  achtbare,  hochgelahrle,  hoch- 
und  wolweise,  meine  insonders  hochgeehrte  und  hochgeneigte 
herren  und  grosze  patroni  {an  den  rat  der  Stadt  Hamburg).  619 ; 
hochgeneigt  sein  einem,  favere  ac  cupere  alicui.  Frisch  l,  458*. 
als  adverb:  hochgencigt  verzeihen,  pdü.  maulaffe,  vorr. 

HOCHGENIAL,  adj.:  woher  schöpft  denn  der  hochgeniale 
herr  Alexander  diese  neue  theorie?  Tiece  noo.-kranz  4,350. 

HOCHGENUSZ,  m.:  das  kunstreiche  mädchen  (eine  tänzerin) 
erscheint  in  allen  dreien  (bildern),  und  zwar  im  ersten,  die 
gaste  eines  begüterten  manues  zum  hochgenusz  des  lebens 
entzückend.  Göthe  44,194; 

(mein  könig  der)  vollkommner  vaterfreude  hochgenusz 
mit  seinem  knechte  herzlich  theilen  wird.    9,  251 ; 
freund,  wehe  dir,  wenn  du  im  hochgenusse 
der  Schönheit  blind  zu  einem  götterkusse 
dich  in  des  engeis  arme  wirfst.     Seuhe  ged.  26. 

HOCHGEÖHRT,  part.  hohe  obren  habend ;  im  spiele  mit  hoch- 
geehrt: insonders  hochgeöhrter  eselmännischer  Hans  Wurst. 
Reinhold  reime  dich  1. 

HOCHGEPLAGT,  part.:  den  armen  und  an  allen  glied- 
maszen  hochgeplagten  mann.  Scbdppios  167. 

HOCHGEPRIESEN,  part.: 

reichlich  versorgte  sein  kind  der  hochgepriesene  Altes. 

BCRCER  234'. 

HOCHGERICHT,  n.  1)  das  recht  auf  handhabung  der  gerichts- 
barkeit  in  allen  vichtigen  civilen  und  peinlichen  Sachen.  Haltads 
930 ;  auch  der  bezirk  einer  solchen  hohen  gerichtsbarkeit :  item  ob 
auch  andere  hern  nebent  den  hochgerichtshern  einiche  frei- 
heit  oder  gerechtigkeit  in  diesem  hochgeiicht  haben,  und  wie 
hoch  oder  grosz,  nieder  oder  klein  sie  seien?  antwurten  die 
scheffcn,  sie  haben  darin  nit  hoher  zu  gepieten  noch  zu  ver- 
pieten  den  fünf  schiMingh  sich  erstrecken  thunt.  reirfA.  3, 754 ; 
were   es   sach,    dasz   zwoe    arme  zu  schaffen  betten  in  dem 

102 


1619   HOCHGERICHT  — HOCHGESCHÄTZT 


HOCHGESCHICHTET  —  HOCHGESPANNT  1620 


hochgericht  Schawenburgh.  761 ;  abe  ein  miszdediger  mensch 
gefangen  wurd  im  hochgericht  des  Sargauws.  2,  57. 

2)  das  peinliche  gericht:  ein  hochgerichte  hegen.  Haltaüs 
930 ;  die  statte  desselben :  item  das  hogericht  solle  staen  uff 
Scharberck,  da  stoszenl  der  vier  herren  gericht  des  dorfs 
zusamen,  das  plegent  die  vier  herren  gemeinlich  zu  machen. 
weisth.  2,51.  dann  aucli  statte,  wo  die  peinlichen  strafen  voll- 
streckt werden,  richlstätte  : 

sieh  da !  sieh  da !  am  hochgerichl 

tanzt  um  des  rades  spitidel, 

halb  sichtbarlicb  bei  niondenlicbt 

ein  luftiges  gesindel.    Borger  15*; 

die  raben  zieben  kräcbzcnd  zumal 

nach  dem  bochgericbt,  zu  halten  ihr  mahl. 

wen  flechten  sie  auls  rad  zur  stund? 

Chaxisso  tjedichte  202. 

endlich  der  galgen:  were  dann  sein  hochgerichl  bawfellig  {so 
sollen  alle  gerichtseingesessenen  xu  einem  neuen  helfen)  .  .  so 
soll  der  scholthes  handt  anschlagen,  und  das  hochgerichl 
heben ;  kann  er  es  nicht  allein  geheben,  so  soll  er  die  nach- 
pcrn  ansprechen,  die  sollen  ime  helfen  so  lang,  bisz  das 
hochgerichl  in  die  lufl  kommt,  weisth.  2, 410  {von  1499) ;  wie 
man  nun  zum  hochgerichl  konipt,  do  ward  der  gefangen  die 
laiter  hinauf  gefuert.  Zimm.  ehron.  4, 296, 13 ;  siehst  du  auch 
das  hochgericht  dorl  auf  dem  hügel?  Schiller  räuber  3,2. 

3)  hochgericht,  ein  jährlich  nur  ein  oder  einige  male  tneder- 
kehrendes  gericht  zur  entscheidung  wichtiger  fälle.  Haltaüs  930. 

4)  hochgericht,  bei  Göthe  in  freiem  sinne,  unter  anlehnung 

an  die  bedeutung  1 : 

(wir  sphiuxe)  sitzen  vor  den  pyramiden, 
zu  der  Völker  hochgericht, 
Überschwemmung,  Krieg  und  frieden  — 
und  verziehen  kein  gesiebt.    41,  124. 

5)  hochgericht  beim  vogelsleUer  ein  hoher  bügel  oder  geschneide 
zum  fang  von  vögeln.  Adelung. 

HOCHGERICHTSBOTE,  m.  böte  eines  Hochgerichtes  (l).  weisth. 
3,753. 

HOCHGERICHTSDIENER,  m.  diencr  eines  Hochgerichts,  das. 
HOCHGERICHTSHERR,  m.:  die  gemein  herrn  hochgerichls- 
herrn,  das  sollen  sie  haben  in  genantem  bezirk  stock,  galgen 
und  gericht.  weisth.  3,  "50. 

HOCHGERICHTSLEUTE,  jdur.  beanüc,  diener  eines  Hoch- 
gerichts, weisth.  3, 753. 

HOCHGERICHTSMEIER,  m.  Verwalter  eines  hocHgerichts.  das. 
HOCHGERÜHMT,  part. :  Hysirus  ist  von  gutem  wein  hoch- 
gerümpl.   Frank  weltb.  19*. 
HOCHGESALBT,  part.: 
vornehmlich  wollest  du  ((jolt)  der  hocbgesalbten  krönen, 
des  baiigen  Oberhaupts,  des  adlars,  alzeit  schonen, 
dasz  ihm  von  niemand  nichts  unbillichs  widerfahr. 

ROMPLER  161. 

HOCHGESANG,  m.  lobgesang  auf  gott,  von  Klopstock  nach 
dem  ahd.  höchsang  psaimus  in  einer  ode  verwendet  {werke  1, 182. 
378),  aber  auch  schon  früher  in  diesem  sinne: 

frisch  auf,  glück  auf,  o  ihr  bergleut  all, 
seid  lustig,  frölich  allezeit, 
lobet  gott  mit  hocbgesang. 

Köhler  alte  bergmannslieder  18; 
vnd  sonst:    allgütiger,  mein  hocbgesang 

fronloclte  dir  mein  leben  lang !    üörceh  12' ; 
des  weius  erschaffer,  ihm  zum  rühm 
ertont  der  bochgesaug!    Voss  4,  16i). 

im  itbrigen  gehobener  gesang,  festgesang: 

schall,  o  maigesang!  erschalle, 
Cytbereens  bochgesang!    Borger  3'; 
dir  nur,  glänzende  najade, 
deiner  unie,  deinem  bade 
weihte  keiner  hocbgesang?    27'; 

ein  »cböner  hocbgesang  (nai.rjiov) 
ward  von  den  knaben  der  Acbäer  laut 
dem  silberbogenspaniier  angestiromi.    147'  (Utas  1); 
veniebmt  ihr  jener  stimmen  hochgesang  (»iegeagesami  aus  der 

Irrne).     GoTUE  7,  322; 
deutscher  barden  hocbgesang 
tont  im  kreis  der  zedier.    Kühner  1,199: 
erwachsneu  biet  ich  wurdigtüi  liucliirviiantr.    I'litkn  133. 


HOCHGESÄULT,  part.: 


dasz  rings  der  bocbges<>iiiti'ii  niiirn 
durchdaramerte  gcwolb'  er.xchallcn 
von  gott,  der  crd  und  bimmd  schuf. 


Vom  6,  21«. 


HOCHGESCHÄTZT,  part.:   hoehge§ch«Ute  freunde;   er  i»l 
alt  kUnsder  buchgeschätcl. 


HOCHGESCHICHTET,  part. : 

hochgeschichteten  reichen  ersatz.    Platen  130. 
HOCHGESCHMACK,  m.   köstlicher  geschmack:    dasz   diese 
würze   des   lebens   {das  vergnügen),   in  zu  starken  dosen  ge- 
nommen, demselben  allen  hochgeschmack  und  anmuth  rauht. 
MüsÄus  volksm.  89; 

erinnerung  der  schmerzen 

ist  dem  erfreuten  herzen 

wie  hochgeschmack  beim  süszen  mahl. 

OvKRBECK  gcd.  98. 

HOCHGESCHOREN,  pari,  l)  mit  äuszcrst  geschorenem  haare 
versehen  : 

waj  wildü  Pölän  böchbeschorn? 

den  Ungern  waere  daj  vil  zorn 

der  ir  langem  bare  erkür 

die  höhen  püläaiscben  schür.    Ilelbliny  3,  225. 

meist  auf  die  grosze  tonsur  der  hohen  geistlichkeit  bezogen,  deren 
rang  Hierdurch  angedeutet  wird: 

swie  höhe  er  waere  bescborn, 

er  wart  dö  lülzel  ü?  erkom, 

ej  wajre  abt  od  biscbof.    Erec  6632. 

dann  überhaupt  so  viel  wie  vornehm,  hochgestellt,  das  noch  m 
viel  späterer  zeit :  sy  wirt  sichs  auch  nu  desz  hochgeschorenen 
achten.  Wirsung  Co/Js<.  cc3;  für  jähren,  wie  er  so  hoch  noch 
nicht  geschoren  war,  kennete  er  mich,  inlerim  338; 

doch  weisz  ich  nicht  weisz  oder  weg, 
dardurch  er  (köniq  Pipin)  uns  noch  unterleg, 
er  ist  uns  zstark  und  bochgescborn. 

J.  Ayrer  310*  (1551,  24  Keller) ; 
du  neider  bochgescborn.    Schade  handweiksl.  68. 
2)  technisch,   von  wolle  und  summet:    nicht  geschorene  und 
hochgeschorene  teppiche  auf  sammetart.  Göthe  43, 386. 

HOCHGESCHOSSEN ,  part. :  der  hochgeschossene  bäum. 
Klinger  12, 111,  hier  büdlich  von  einem  im  slaate  Hoch  empor 
gekommenen  manne. 

HOCHGESCHULTERT,  part.  ; 

allein  die  Achaier 
rückten  zur  mauer  heran,  mit  hochgcschulterten  Schilden. 

BiJRGER  234*. 

HOCHGESCHÜRZT,  part. :  als  das  pallctt  begann,  und  die 
hochgeschürzten  schönen  tänzerinnen  ihre  üppig  graciösen 
bewegungen  zeigten.  H.Heine  3,31; 

hier  war  zu  sehn  Dianas  wilde  jagd, 

ihr  folgen  hochgeschürzte  nymphen,  doggen.    18,  320. 

HOCHGESCHWELLT,  part. : 

mit  hocbgescbwellter  brüst  und  äugen  ohne  thrane 

schlingt  sie  den  starken  arm  in  liebevoller  wuth 

um  Hüon  her.     Wieland  23,  22  (Oberen  7,  29) ; 

aus  seinen  schwarzen  Stirnenlocken  droht 

die  hocbgeschwellte  zornesader  tod, 

wie  eine  schlänge  droht  aus  dunklem  strauch. 

Lenau  fausl  116. 

HOCHGESCHWOLLEN,  pari.: 

so  wüthct  nicht  der  hochgeschwollne  bach, 
der  schäumend  seinen  dämm  durchbrach. 

Schiller  zerstöi-ung  von  Trya  87. 
in  bezug  auf  empßndungen : 

der  Zwiespalt  eurer  hochgeschwollnen  herzen. 

Hicliaril  III.  2,  2, 
the  broken  rancour  of  your  high-swolii  hates ; 
und  deren  träger: 

fleuch,  bocbgeschwollner  erobrer! 

Klopstock  b,  66  (Hess.  11,  976). 
HOCHGESEGNET,  pari. : 

zu  des  Rheins  gestreckten  bügeln, 
hochgesegneten  gebreitcii.    Gotue  4,  165. 

ßr  hochschwanger:   eine  arme  hochgesegnete  frau  fand  ihren 
mann  unter  den  lodten.  Hall,  zeitung  no.  17  ron  1868. 
HOCHGESINNEN,  n.  hohe  denkart,  hohes  trachten: 

hier  ward  dein  hochgesinneu 
nach  wünsche  wol  gehört,    man  lohte  dein  begipnan. 
FLEHiriii  199. 

HOCHGESINNT,  ;xir(..'  buchgcsinnte  wcltgemUter  trachten 
immerdur  höher.  RuTiicHKv /*a/m.  703;  ein  hochgesinnter,  edler 
mann.  KLiNutR   12, 146; 

der  fürst  der  hochgesinnten  Abanter.    BbRiiia  201'; 
fem  von  der  hochgesinniMon  gattin, 
und  den  erzeugten.      Ptrkkr  rii»t.s.  2,  177. 

HOCHGESPANNT,  part.  l)  rm  büd,  von  den  hochgcspannlen 
Saiten  {tp.  1508)  auf  empfindungen  Obcrtragrn  (vgl.  auch  unten 
hochgestimmt):  die  grunds&tze  werden  desto  gefhbrlu'her  bei 
einem  wie  er,  der  mit  den  hochgespannten  »aiien  der  unähu- 


1621   HOCHGEST  ALT  — HOCHGEWALT 


HOCHGEWTHRT  —  HOCHGÜLTIG   1 622 


liebsten  kräfte  bezogen,  leicht  den  ton  eines  jeden  (menschen) 
angab.  J.  Pacl  Hesp.  2, 191 ;  ich  glaube  nun  einmal  nicht  .  . 
an  solche  erhabne  tugendhelden ,  und  weisz,  dasz  solche 
hochgespannte  leute  für  den  gewöhnlichen  gang  des  mensch- 
lichen lebens  ganz  und  gar  nichts  taugen.  Klinger  7,  S6 ; 
träume  und  Schwärmereien  hochgespannter  philosophen.  12, 
203;  beide  waren  von  schnellem  urtheii,  beide  hochgespannt 
in  den  forderuugen,  die  sie  an  sich  selbst  und  an  die  men- 
schen machten.  Freytag  handschr.  l,  45 ;  hochgespannte  er- 
wartungen. 

2)  technisch  redet  man  von  hochgespannten  i&ca\  fen  t»  einem 
kessel.     s.  Spannung. 

HOCHGESTALT,  f.: 

Epim.  0  göttliches  vermögen  mir,  erinnerung! 

du  bringst  das  hehre  frische  bild  ganz  wieder  her. 
Prom.  die  hochgestah  aus  altem  dunkel  Iritt  auch  mir. 

GöTHK  40,  403 ; 
ich  zaudre  noch,  die  kerzen  auszuhlasen. 
nun  hör  ich  sie,  wie  leise  sie  auch  gleitet, 
mit  gierigem  blick  die  hochgestalt  umschweir  ich, 
sie  senkt" sich  her,  die  Wohlgestalt  ergreif  ich. 

das  tngebuch  str.  9. 

HOCHGESTEIGERT,  pari.:  lange  jähre  erinnerte  sich  man- 
cher freund,  der  uns  dort  (in  Lauchstddt)  besuchte,  jener  hoch- 
gesteigerten  kunstgenüsse.  Göthe  31, 137. 

HOCHGESTELLT,  part.  gesellsctuißlkh  von  hoher  Stellung: 
eine  hochgestellte  person ;  hochgestellte  männer.  bei  Schilleb 
getrennt : 

so  hoch  gestellt  ist  keiner  auf  der  erde, 
dasz  ich  mich  selber  neben  ihm  verachte. 

W'allensteins  tod  4,  8. 

HOCHGESTIEFELT,  part.  von  pferden,  wenn  das  weisze 
merkmal  am  fusze  hoch  ansteigt. 

HOCHGESTIMMT,  part.  von  instrumenten  (vgl.  sp.  1598): 

frisch  auf  ihr  bocbgestimte  geigen.    Rist  Parn.  675. 

danach  in  bezug  auf  empßndungen :  ein  hochgestimmter  geist. 

Klinger  8,66;   in   der   menge  der  hochgestimmten  frommen 

sind  auch  wahre  taienle.  Tiem  ges.  nov.  1,113; 

gewisz  hat  ihn  Antonio  gereizt, 

den  hochgestiramten  kalt  und  fremd  beleidigt.    Göthe  9, 171. 

HOCHGETÄUSCHT,  part.  : 

seh  ich,  bei  d6s  tempels  harmonieen, 

ihr  gesiebt  von  seelenandacbt  glühen, 

ach!  so  wähnt  mein  hocbgetäuscbter  blick, 

eine  himmelsbraut  in  ihr  zu  schauen.    Borger  116*. 

HOCHGETHRONT,  part.: 

Here,  die  hochgethronte  göttinn.    Stolbrrc  12,56; 

der  hochgethronte  Kronion.    211. 
HOCHGETHÜRMT,   part.   mit   hohem  thurme  versehen,   auf 
hohem  thurme  hausend  oder  befindlich: 

ihm  ist  in  der  richtenden  wage,  die  oft  Verbrecher, 

oft  schon  hocbgetbürrate  bezwinger  der  Völker  zu  leicht  fand, 

eh  er  wurde,  sein  blut,  zum  gewissen  tode,  gewogen ! 

Klopstock  3,  163  (Hess.  4,  137)  ; 
wieder  erscholis,  heil  dort  den  nahenden  schiffen,  und  sechzig 
zählte  des  Strandes  wart  von  der  hochgethürmten  lateme. 

Ptreer  Tunis.  3,  34. 
hoch  vie  ein  thurm  aufgebaut: 

auf  des  Weltmeers  hochgethürmten  wogen.    Seumb  ged.  114; 
wozu  braucht  meines  Shakespeare  hehr  gebein 
ein  hochgethürmtes  monument  von  stein? 

Bode>stedt  Shahesp.  sonelte  s,  9. 

HOCHGETRAGEN,  part. :  hochgetragen,  hochtragen,  präch- 
tig, fastosus,  elatus,  animus  elatus  Haaleb  227*.  vgl.  auch  hoch- 
tragend. 

HOCHGETRIEBEN,  part. :  die  hochgetriebene  pracht  (eines 
gebäudes).  Siegfr.  v.  Lindenberg  2, 32 ;  es  giebt  bei  der  eng- 
lischen nation  mehr  auszerordentliche  und  hoch  getriebene 
Charaktere,  als  bei  der  französischen.  J.  E.  Schlegel  3, 264. 

HOCHGETROST,  adj.: 

er  träume  fort  und  .schaue  geistgen  blicks 
was  euch  die  götter  günstges  zubereiten, 
wir,  wachend  glücklich,  zeugen  eures  glucks 
und  hochgetrost  für  ewge  zeiten.    Göthe  4,  23. 

HOCHGECBT,  part.:  neben  ihrem  hochgclahrten,  in  allen 
Wissenschaften  hochgeühten  hufmeister.  Schuppiüs  788. 

HOCHGEWÄLD,  »».  im  forsttresen  ein  holz,  das  meist  grosze 
bäume  hat.    Jacobssos  6,89*. 

HOCHGEVVALT,  f: 

hier  leistet  frisch  und  weislich  dringende  hochgewalt 
erwünschten  dienst.  Götbr  40,418; 

mit  der  hochgewalt  des  hungers.  Pestalozzi  3  (1819),  160. 


HOCHGEWEHRT,  part.  mU  hoher  uehr  versehen,  w(Abe festigt : 

Magdenburg  ist  ain  schöne  statt, 

ain  hochgewertes  haus.    Uhla5D  rolksl.  552 ; 

in  der  niederdeutschen  recension  dieses  liedes  entspricht: 

och  Meideborch,  holt  di  veste, 
du  wol  gebuwede  hus!    553. 

HOCHGEWEIHT,  part.  mit  hohen  weihen  versehen: 

und  dringe  zu  des  gipfeis  zinne, 

zu  der  nur  hochgeweihte  nahn  (an  einen  freimaurer). 
Stolbkrc  1, 110. 
voll  hoher  weihe: 

bei  dem  hochgeweihten  orte, 

wo  den  herrn  man  niederliesz.    Göthe  41,  341. 

HOCHGEWEIHT,  part.  mit  hofiem  geweih  versehen,  vom  hirsche: 
als  das  frühlicht  mehr  und  mehr  zunahm,  konnte  der  beob- 
achtende sehen,  wie  der  hochgeweihte  in  heiszer  liebesbrunst, 
mit  gesenktem  köpfe  tief  am  boden  hinsuchend,  der  frischen 
fährte  des  voran  gezogenen  wildes  folgte,  gartenlaube  1866, 
j.  670. 

HOCHGEWICHT,  n..- 

wer  ist  hier  so  jung  an  jähren, 

weltgeschicht  und  dicbtung  fremde, 

der  verehrend  nicht  erkennte 

solcher  namen  hochgewicht!    Göthe  4,43  (Cid). 

HOCHGEWILD,  n.  wild  das  zur  hohen  jagd  (sp.  1603)  gehurt; 
6«  Maaler  227'  hochgwild,  bergwild,  ferae  montanae :  das  herr 
Wilhelm  Werner  .  .  .  allen  seinen  underthonen  und  armen 
leuten  gemainlich  an  zehen  pfundt  verholten,  kain  bochge- 
wildt  zu  schieszen.  Zimmer,  chron.  3,  22, 9 ; 

kein  hochgewild  ich  fahen  kan.    Uhlakd  volksl.  481 ; 

mag  mir  nit  gbirn  ein  hochgwild  schon 

so  Tasz  ich  mich  beniegen 

an  hasenfleisch.    das.; 

sie  werden  kommen,  unsre  schaf  und  rinder 

zu  zählen,  unsre  alpen  abzumessen, 

den  hoehOug  und  das  hochgewilde  bannen 

in  unsern  freien  Wäldern.    Schiller  Telt  2,  1 ; 

als  Amino  gesprungen  kam,  der  treffliche  spürer 

hochgewilds.  Ptrker  Tunis.  7,  737. 

HOCHGEWINN,  m.: 

in  dem  schlechten  waltet  es  (das  niederträchtige) 

sich  zu  hochgewinne.  Göthe  5,  106; 

Faust,  die  gegenwart  allein  —  Hei.  ist  unser  glück. 

Faufl.  schätz  ist  sie,  hochgewinn,  besitz  und  pfand.    41,218. 

schon  mhd.  hochgewin: 

we  dir  Tötl  wä  sümest  du  dich? 

kum  her  und  nim  uns  alle  hin! 

alhie  lit  din  hochgewin.    Mai  u.  Beäflor  150,  14. 

HOCHGEWITTER,  n.  starkes,  schweres  gewitter:  die  beim 
buch  saszen  und  nach  der  gewohnheit  der  alten  das  gebet 
bei  einem  bochgewitter  aufschlugen.  Pestalozzi  2,  326. 

HOCHGEWÖLBE,  n.: 

doch  der  boden  gegenwlrkend 
schnellt  ihn  zu  der  luflgen  höhe,  und  im  zweiten  dritten  Sprunge 
rührt  er  an  das  hochgewölh  (eines  hölitenraumes).    Göthe  41,229. 

HOCHGEWÜLBT,  part.:  ein  hocbgewölheter  groszer  saal. 
pers.  reisebesckr.  l,  17 ; 

als  sie  hinein  nun  kamen  zur  hochgewölbeten  wohnung. 

Odyssee  1,  125. 

HOCHGIPFELIG,  adj.  mit  hohem  gipfel  versehen:  der  berg 
ist  hochgipfelicht,  mons  altissimo  supercüio,  Verruca  tminentis- 
sima  extenditur.    Stieler  636. 

HOCHGLASTIG,  adj.  und  adv.  mit  heller  flamme: 
ein  sehr  grausamer  donnerstral 
zundt  an,  die  schiff  hochglastig  brunnen. 

H.  Sachs  5,  281'. 

HOCHGRAF,  m.  aüus  comes,  i.  e.  secularis  judicii  alti  praeses, 
judicU  provincialis  et  criminalis  administrator.  Haltaus  931. 

HOCHGRÄFLICH,  adj.  in  deroJer  rede /^ür  gräflich :  euer  hoch- 
gräfliche gnaden,  comes  celsissime.  Frisch  1,458';  das  ganze 
hochgräfliche  haus. 

HOCHGRIMM,  m.: 

(er,  ein  greis)  lernt  die  Schimmer  des  ruhmes,  lernt 
der  Fama  donner,  und  des  gefürchteteu 
hochgrimmes  hlitz,  der  ungewitter 
kühlende  regen  mit  füszen  treten. 

Herder  zur  litt.  12,  88. 

HOCHGÜLTIG,  adj.  von  hohem  wert,  kostbar,  mhd.  huchgültic 
(Lexer  wb.  1,1315):  hocbgüllig,  aeäimatus,  aestumatissimus, 
praeslantia  cxcellens  Stieler  6VJ;    aber  der  vitrioI,  so  in  den 

102* 


1623 


HOCHHALS  —  HOCHKAMM 


HOCHKANT  —  HÖCHLICH 


1624 


thermopyliscben  clausen  gefunden  der  aller  edelst  und  hoch- 
gultigst  ist.  TuuRNEiszER  mag»,  alchym.  45. 

HOCHHALS,  m.  luinie  des  kanwlparders  oder  der  gira/fe  wegen 
ihres  hohen  halses:  Jerhalben  wird  der  hocLhals  oder  kanie- 
lupardt  hierher  gestellet.  Thuhneiszer  beschreib,  influent.  Wir- 
kungen 64. 

HOCHHALTIING,  f.  nach  buch  halten  oben  sp.  1604:  ihren 
preis  und  hüchhaltung.  Butschky  kanzl.  681 ;  nit  als  sie  sagent 
ausz  füruemischeit  und  hochhaltung  mein  selbs.  d.  städtechr. 
3,  33,  12. 

HOCHHEBER,  m.  beseichnung  eines  pferdes,  nach  seiner 
gangart.  Garg.   176*. 

HOCHHEILIG,  adj.  sacrosanctus :  das  hochheilige  sacrament; 
wenn  ich  an  die  hochheilige  religion  gedenke.  Weise  polit. 
redner  (16&4)  296; 

deines  males  (des  abendmahles) 

hochbeiligs  prand.    Klopstoce  7,  161 ; 

darob  gesegnete  ich  die 

hochheilige  theologie 

und  schlug  mich  zu  den  laien.    Sbumr  ged.  132. 

adverbial,  in  bezug  auf  ein  versprechen :  von  jeher  hielt  ich  ein 
versprechen  hochheilig.  Götue  21,  2üO; 

die  ihre  tiefen  ^aunerein 

dem  volli  mit  gimpelhaften  launen 

hochheilig  in  die  oiiren  raunen.    Seuke  ged.  40. 

HOCHHEIT,  s.  hoheit. 
HOCHHEITER,  adj.: 

ins  licht,  das  mit  hochheiterm  schein 
durch  seine  kircbe  strahlt  und  brennet. 

A.  Ghtphius  1698  2,  291. 

HOCHHER,  adv.  von  der  höhe  lier: 

da  im  laufe  das  schiff  mit  der  (lamme  des  donners 
Zeus  hochher  ihm  zerschmettert  in  dunkeler  wüsle  des  meeres. 

Odyssee  5,  132. 

HOCHHERDONNERND,  pari.  v\pißosfurT]s : 

der  hochherdonnernde  Zeus.    Bürger  190'. 
HOCHHERRAUSCHEND,  part. : 

der  hochherrauschende  waldstrom.    Stolberg  12,10; 
hochherrauschender  wind.    20. 
HOCHHERRLICH,  adj. :   unsere    so  hocbherrliche,   reiche, 
reine  teutsche  spräche.  Schottel  liauptspr.  144;   ihr  blick  ist 
hochherrlich.  Götue  39,20; 

der  du 
beschirmest  Killa,  die  hocbherrliche.    Bürger  142'; 
Zeus,  hochherrlichster,  gröszter,  du  wolkenverdunkler  im  äther! 

199' ; 
und  du  hättest  dem  söhn  auch  geschafft  hochberrlichen   nach- 
ruhm.     Uäysset!  24,  33. 

HOCHHERRLICHKEIT,  f.  majestas:  in  kraft  unser  {des 
kOnigs)  hochherlicbkeit.  Haltaus  932  {von  1305). 

HOCHHERZIG,  adj.  l)  hohen,  stolzen  Herzens,  nach  hoher  ehre 
trachlcnd :  ein  von  der  natur  trefflich-begabter,  aber  dabei 
hochherziger  mann,  stund  immer  nach  gruszen  dingen,  und 
die  ihm  vielleicht  zu  hoch  waren.  Brandt  bericht  vmn  leben 
Taubmünns  69. 

2)  hohen,  edlen  Herzens: 

sie  störmten  gefühllos 
auf  die  zitternde  schaar  und  aufs  hochherzige  mädchen. 

GüTUK  40,294; 
er  kann  nicht 
Jenes  gelühl  hochherziger  freiheit 
unter  der  priester  gewalt  stets  b&ndigen.    Voss  3,244; 

ein  hochherziger  entschlusz. 
HOCHHIN,  adv.: 

o  «ei  gegrüszt  in  deiner  wunderbaren, 
in  deiner  hochhin  ziehndeii  steriie  schein! 

Kreiligrath  ges.  dielt,  i,  19. 
HOCHHINSCHWEBENÜ,  pari.: 

HO  schieszt  ein  hochhintchwebender  adler 
auf  das  feld  herab  aus  dämmernden  wölken.    Bühcer  238*. 

HOCHHOLZ,  n.  l)  ein  gehülz,  das  meist  grosze  bäume  hat. 
Jacobsson  6,  s»',  horhwald :  {der  wUdbunn  (jeht)  binder  Vilwdl 
byene  durch   das  hi>chlMilze.  weisth.   1,  4'.«h  (lon   13;tH). 

2)  die  abfallenden  baumusle  und  der  aßersciüag.   Nkmnich. 

HOCHHIHEH,  m.  erst»  der  huber  («.  d.),  viear  und  sleuer- 
empfanger  des  grundherrn.   IIai.taus  »32. 

HOt'HHLiiilG,  aäj.  win  hohem  hübe,  mü  bedeutender  hubhulie. 
Veith  bergwOrlerb.  277. 

HOCHKAMM,  m.  kämm  am  ttuhle  eines  bortenwirkers,  mehr 
koch  alt  brrü  und  am  höchsten  thrile  des  Stuhles  befestig!.  Jai;oiis- 
•ON  3,2C)>*. 


HOCHKANT,  m.  bauiiolz,  wie  es  beim  hausban  als  balken 
zwischen  zwei  Stockwerken  auf  die  hohe  kante  gelegt  werden  kann 
{vgl.  th.  5,174):  im  Gieszener  anzeiger  vom  Ih.  febr.  ls71  werden 
offeriert  beschlagene  floszhölzer  in  allen  dimensionen,  sowie 
auch  hochkant. 

HOCHKETTIG,  adj.  bei  Webereien  und  teppichen,  mit  hoher 
kette  {theil  5,  sp.  634,  no.  5)  versehen :  hocbkeltige  oder  senk- 
rechtkettige  tapeten,  deren  kette  auf  dem  stuhl  senkrecht 
oder  vertikal  angebracht  sind.   Jacobsson  2, 237'. 

HOCHKLOPFENÜ,  part. : 

als  deines  vaters  veränderten  sinn 

ich  mit  hochklopfendem  herzen  vernommen. 

Kotzebub  dram.  Sji.  1,303. 
HOCHKLÜFTIG,  adj.  in  hohem  grade  zerklüßet : 

ganz  hochklüflige  berg.     Weckherli?*  306. 
HOCHKOSTBAR,  adj.:    schöne,  hocbkostbahre  ziergürten. 
Butschky  Palm.  663. 
HOCHKÖSTLICH,  adj.: 

verehren  müsse  man  sein  priesterthura, 

und  nehmen  sein  hochköstViches  gesclienk.    Bürger  142'. 

HOCHKÜTIG,  adj.  vom  pferde :  die  kölen  oder  kegel  fangen 
an  wo  das  Schienbein  aufhört,  und  gehen  bisz  auf  den  säum 
oder  huf  hinab,  die  sollen  niedrig  und  kurz  bei  einander  und 
nicht  lang  oder  hocii  sein  . .  je  subtiler  ein  pferd,  je  höher 
die  köten  oder  kegeln  seind,  diese  hochkötige  pferd  solle 
man  scheuen.  Böckler  kriegsschule  969. 

HOCHKRAUT,  n.  anethum  graveolens,  dill.  Nenn  ich  1,  302. 
Stieler  1031. 

HOCHLAGE,  f.  hohe  tage,  z.  b.  eines  Stückes  land :  man  spricfU 
in  der  forstwirt schaß  von  bochlage,  tieflage,  freilage,  Irostlage. 

HOCHLAND,  n.  hoch  liegendes  land,  hochgebirgsland,  im  gegen- 
satze  zu  bloszem  hügelland  oder  zur  ebene;  in  bezug  auf  die 
innere  Schweiz: 

im  hochland  fiel  der  erste  schusz. 

Frbiligrath  ijes.  dicht.  3,  l.'iO; 
das  schottische  hochland; 

oft  vernahm  sie  (die  slimtne  des  hiflhorns)  mein  ohr  mit  freuJeii 
auf  des  hochlands  bergigten  beiden, 

wenn  die  tobende  jagd  erscholl.     Schiller  Jlfuria  Sliiart  3,  1; 
mein  herz  ist  im  hochland,  mein  herz  ist  nicht  hier! 
mein  herz  ist  im  hochland,  im  waldgen  revier! 

Freiligrath  ijes.  dicitl.  2,110  (nacli  Blrns). 

in  den  marsclien  ist  hochland  die  am  flusse  selbst  liegende  höhere 
marsch,  welclie  vom  vioorwasser,  das  die  hinter  dem  hochland 
liegenden  sietländer  überschwemmt,  nicht  erreicht  wird,  es  gibt 
ein  hochland  und  sietland  Hadeln. 

HOCHLÄNDER,  m.  bewohner  eines  Hochlandes:  wie  nun  der 
hocbländer  das  bolz  seiner  Wälder  in  hundert  formen  umzu- 
bilden weisz,  das  eisen  zu  einem  jeden  gebrauch  zu  verman- 
nichfaltigen.    Göthe  15, 306. 

HOCHLANDISCH,  adj.  dem  Hochlande  eigen  oder  gehörig: 
ein  mann  in  hochlündischer  tracht;  hochliindisches  eisenerz, 
minera  ferri  ochracea,  eisenwürfel,  eisenlinsen,  eisenocHer,  eisen- 
nieren,  bohnerz.  Nkmnich. 

HOCHLAIJTEND,  part.  alltsonus.  Dasyp.  373*; 

mein  lieber  Weidmann  liastu  nicht  vernomen, 

wo  meine  bochlautende  Jagdhunde  sind  hinkommen? 

ho  ho  ho  mein  lieher  Weidmann 

ich  höre  zu  dieser  stund 

weder  Jäger  noch  huchluuteiiden  Jagdhund. 

weidspr.  l!>4  ix  dm  nttdrutfcli.  wtild.  3,  s.  142. 

HOCHLAUTIG,  adj.  in  gleicher  Itedeutung:  allisonus  hucb- 
lautig  DiKF.  not',  gloss.  lt>'. 

HOCHLEITE,  f.  seile  eines  berges  mit  Waldung  besetzt.  Jacobs- 
son 2,  599'. 

HOCHLEICHTE,  f  mahn  alceu.  Nemnich  3,496. 

HtiCHLICIL  adv.  in  holier  art;  selten  örtlich,  in  der  bedeutung 
von  hoch  I,  1   sp.  1591 : 

wie  kömmt  es,  dasz  Jetzund  die  bAsen  oben  schweben? 

wer  höchlich  fallen  soll,  den  musi  man  hoch  erheben. 

l.ouAU  I.  20,  90. 
gewöhnlich  nur  in  beziehung  auf  den  grad :  hocblicb,  triilTen- 
lii  li,  finiecipue  Maai.kh  227';  die  sacb  trill'l  dich  hix  blich  .ui, 
CS  sladt  dir  vil  daraiitf,  fiennagna  res  tua  ogilur.  das.  mU 
Verben  der  empfindung  und  der  auszetung  dersellten,  wo  öfter, 
aber  durchaus  nicht  tmmer,  ein  unterschied  von  IukIi  in  der  art 
hervortritt,  dasz  das  einfache  adrerb  den  grad  starker  hervorhebt: 
liale  hix  blich.  Lutiikh  3,31*;  prolestirct  hörblich,  dat.;  be- 
klagt i«ich  höchlich.  32*;  ich  bin  aber  höchlich  erfrewet  in 
dein  herrn.  Phil.  4,10;  aber  der  könig  dankt  ihm  höchlich. 
biriik  i:ti';  «iiuol  mir  höchlich  miszfrlt,  da><z  i<  h  ml  ein  «u 


1625 


HÖCHLICH  —  HOCHMACHT 


HOCHMÄCHTIG  —  HOCHMUTH 


1626 


gut  und  gewaltig  pferd  iiab,  als  ir.  Amadis  4M;  welches  ihm 
höchlich  miszfalle.  Simpl.3,ZS0  Kurz;  bin  also  abermal  höch- 
lich geplaget  worden.  Scbweinichen  3,166;  dieser  zucker  wird 
heutiges  tages  höchlich  gelobet.  Tabernaeii.  342;  der  diesen 
Spruch  in  seiner  hauspostill  höchlich  gelobet.  Schdppiüs  442 ; 
ist  von  gott  höchlich  verboten.  299;  ich  habe  dem  lieben 
gott  für  seine  gnade  höchlich  zu  danken,  pers.  rosentli.  3,  3 ; 
worüber  man  sich  höchlich  verwundert.  Boie  in  Merks  briefs. 
1, 65 ;  da  ich  nun  von  der  v^ahrheit  dieser  bemerkung  höch- 
lich überzeugt  war.  Wieland  das.  1,2S2;  sie  lobte  ihn  darum 
und  war  höchlich  mit  dem  Vorschlag  zufrieden.  Göthe  17,247; 
der  arzt  und  der  geistliche,  über  diese  seltsame  entdeckung 
höchlich  erstaunt.  19, 250 ;  so  musz  ich  es  höchlich  billigen. 
22, 17 ;  Nicolais  beginnen  höchlich  zu  schelten.  26,  232 ;  auf 
Campers  antwort  verlangt  mich  auch  höchlich,  in  Merks  briefs. 
1, 445 ;  jedes  unserer  gemeinsamen  werke  hat  mich  immer 
höchlich  erfreut,  an  Voigt  401 ;  die  drei  kupferstiche  waren 
sehr  willkommen,  da  ich  den  meister  höchlich  schätze,  brief- 
wechsel  mit  Zelter  3,232;  habe  dank  für  deinen  langsam  vor- 
geschrittenen brief,  mich  erquickt  höchlich  jedes  wort  von 
dir.  279; 

0  seid  doch,  höchlich  bitt  ich  drum, 

seid  dies  mal  nur  nicht  liurrig!    Bürger  50'; 

ihr  müszt  die  wackern  leute  kennen  lernen, 

die  ich  vor  allen  lieb'  und  höchlich  achte.    Tieck  3,  220. 

im  s^iperlativ :  höchlichst  beflissen.  Kirchhof  icendunm.  33'. — 
Selten  als  Verstärkung  zu  adjectiven  tretend:  höchlich  zornig 
ward.  Aimon  bog.  f ;  der  mann  ist  mir  durch  diese  briefe  von 
neuem  wieder  höchlich  lieb  worden.  Wieland  in  Merks  briefs. 
1,  302.  bei  Logad  mit  einem  verbum  des  wertes  verbunden  [wor- 
auf auch  bei  Maaler  227'  hochlich,  prachllich,  sublaie,  excelse, 
hinweist) : 

dasz  nun  auch  die  spräche  herrscht,  höchlich  gilt  und  lieblich 
schillt  ^erschallt).    3, 105, 18. 
Der    adjedive    gebrauch   von  höchlich,   wie  er  im  ahd.  höhlich, 
mhd.  höchlich  hervortritt: 

so  manec  höchlicher  pris.    Wolfram  Willeh.  462,  5, 
ist   noch   bei  Stieler  bezeugt:    eine  höchliche  bitte,    obtestatio, 
flagitatio,  obsecratio  humilis,  rehemens,  diligentissima.  SOS. 
HOCHLICHT,  adj.  altiusculus: 

ein  schön  lang  richtig  gestrackte  nasz, 
die  im  nit  ein  wenig  hochlecbt  was. 

TuuRNEfszER  urchidox.  12. 
t«  bezug  auf  das  gehör,    in  einer  erweiterten  nebenform :    hoch- 
lächtig  glächter.  risus  tremulus  Maaler  227". 
HOCHLICHT,  n.  volles  licht: 

du  irrest  nicht :  des  mädchens  flamme  währet, 
bis  Lünens  hochlicht  zweimal  wiederkehret, 
dann  sucht  sie  neuen  Zeitvertreib.     Seoe  ged.  27. 

HOCHLICHT,  adj.  clarissimus:  Lucifer  meinte  {durch  seinen 
fall)  hochlichte  zu  werden.  Böhme  Aurora  {Stuttg.  1S35)  *.  91. 

HOCHLIEß,  adj. :  für  welches  hochlibes  gedächtnis  meiner 
hocbg.  fr.  muhme  dero  bände  in  gedanken  ich  küsse.  Bütschky 
kanzl.  310. 

HOCHLIED,  n.  AoAcs  lied:  Schillers  hocblied  {in  beziehung 
auf  dessen  lied  an  die  freude).  H.  Heine  18, 174. 

HOCHLÖBLICH,  adj.  hoch  zu  toben :  das  hochlöblich  recht 
zu  verbannen.  Helter  v.  Speir  kriegsordn.  56;  böse  leut  thun 
oft  hochlöbliche  thaten.  Lehmann  115.  gern  als  adjectiv  bei 
titeln  und  ähnlichen  phrasen:  wenn  wir  an  dein  edelst  hoch- 
löblichst  geschlecht,  und  an  dich,  desselben  heubt  und  zierd 
gedenken.  Luther  1,101*;  weiland,  milder  und  hochlöblicher 
gedächtnusz  käiser  Maximilian  unser  anherr.  landfried  zu 
Worms  1521,  eingang;  meines  gnedigsten  herrn  königs,  hoch- 
löblichster gedächtnusz.  Amadis  42;  eines  so  hochlöblichsten 
fürsten  söhn.  412;  bei  einer  so  hochlöblichen  versamblung. 
Weckherlin  857;  unsere  huchlöblichen  theaterdirektionen. 
H.  Heine  1,199; 

und  ihr,  o  hochlöbliche  rhäl, 
wol  wirdig  solcher  dignität.    mückenkr.  1,413; 
dieser  hochlöbliche  thewre  mann.    501. 
adverbial:    dasz  sigreich  er  mit  mayestet  und  zier 

geschmucket  stehls  hochlöblich  triumlier. 

Weckubrlin  83. 

HOCHLOBWl'RDIG,  adj.:  dieser  gewaltigen  und  hochlob- 
wirdigen  rede.  Amadis  299. 

HOCHLUST,  f  hohe  tust: 

und  sieh,  in  langen  Zügen  der  bochlust 
sog  ein  jeglicher  mann  im  beer  die  liebliche  kühlung 
ein,  und  jubelte  laut.  Ptrker  Tunis.  8,  74. 

HOCHMACHT,  /.  altitudo,  potentia  supertor.  Stieler   1204. 


HOCHMÄCHTIG,   adj.   hohe  maclä   habend:    hochmächtige 
kriegsfürsten ;  auch  bezüglich  der  leibesgestalt : 
gewappnete  ritter  dazwischen 
mit  goldnem  saitenspiel, 
bochmächtige  gestalten.    Uhland  ged.  40S. 
HOCHMAHL,  n.  prächtiges,    stattliches   gastmahl:    jedes  jars 
auf  den   tag,   als  die  stat  .  .  eingenomen  soll  worden  sein, 
ain  hochmal  zu  halten.  Zimm.  chron.  1,198,31. 

HOCHMANNHAFT,  adj.  frülier  im  tüel  von  ofßcteren :   wol- 
gebohmer,  gestrenger  und  hochmannhafter  herr.  Rist  Parn.  776. 
HOCHMASTIG,  adj.  mit  liohem  moste  versehen :  hochmastige 
schiffe ;  bildlich : 

hochmastige,  vollbesegelte  dichterwerke, 
und  dennoch  gesunkene,  schreckten  mich.    Klopstoce  2,42. 

HOCHMAUL,  n.  brochus,  bronchus.  Maaler  227'. 

HOCHMEER,  n.  .•  das  grosz  hochmeer,  so  das  ganz  erdt- 
rieb umbgibt,  oreanus.  das. 

HOCHMEISTER,  m.  l)  allgemein,  hoher  meister,  einer  wissen- 
schaß: ein  hochmeister  von  der  schrift  oder  von  rechte.  Statut, 
d.  deutsch.  Ordens  bei  Lexer  wb.  1,  1316. 

2)  der  oberste  vorgesetzte  eines  geistlichen  ritterordens : 
dö  wart  mit  gröjir  zire 

brüdir  Karl  von  Trire 

der  drizende  hömeistir  (de«  deutschen  orden.<:).  Jeroschin  24082 ; 
der  sibent  (bürge  ist)  der  hochmaister  zu  Preuszen. 
fastn.  sp.  766,  20  ; 
hochmeister,  der  zwei  noch  übrigen  hohen  ritterorden,  der 
Malteser  und  teutschen  ritter  Oberhaupt.  Frisch  1,45»'.  auch 
mit  declinalion  beider  worttheile,  und  dennoch  zusammengeschrieben : 
den  hohenmeister  in  Preuszen.  Lctber  3, 139'. 

3)  jüdischer  hochmeister,  der  geistliche  Vorsteher  der  Juden  im 
deutschen  reiche:  haben  wir  . .  denselben  Israhel  zu  unserem 
und  des  richs  judischen  hochmeister  über  alle  und  igliche 
judische  hohemeistere,  Juden  und  Judinn  in  tutschen  landen 
genomen,  empfangen  und  von  besundern  unsern  gnaden  ge- 
setzt. Urkunde  k.  Ruprechts  von  1407,  im  anzeiger  ßr  künde 
deutscher  vorzeit  1S5S  s.  222. 

HOCHMENSCH,  m. :  jetzo  könnte  man  mir  auch  die  be- 
dingung  abfordern,  unter  welcher  der  kindes-charakter,  und 
also  der  preis-  oder  hochmensch,  in  welchen  jener  auszu- 
formen ist,  gefunden  werden  kann.  J.  Padl  Levana  1,43. 

HOCHMENSCHLICH,  adj. :  noch  einmal,  hoff  ich,  werden 
wir  mit  gemütlichkeit  über  das  hochmenschliche  alterthum 
uns  besprechen,  und  die  leidigen  zeitteufel  der  barbarei  in 
die  wüste  bannen.  Voss  wie  ward  Fr.  Slolberg  ein  unfreier  72. 

HOCHMESSE,  f  feierliche  messe,  hochamt.  Frisch  1,458'. 
eine  noch  der  erklärung  bedürfende,  wie  es  scheint  sprichwörtliche 
redensart  bei  Luther  :  und  wie  lang  leben  wir,  wenn  wir  lang 
hie  sind?  es  weret  einen  tanz  zur  hochmesse,  darnach  wird 
es  anders  werden.  7, 49'. 

In  Arnstadt  in  Düringen  wird  noch  täglich  mit  einer  glocke  der 
liebfrauenkirche  hochmesse  gdäutet,  obschon  dieselbe  mit  der  refor- 
mation  wegfiel,  und  die  glocke  selbst  heis:4  danach  die  hömesse. 

HOCHMIETER,  m.  in  Ostpreuszen  eine  besondre  ort  ländlifher 
arbeiter,  welche  von  einem  gutsbesitzer  eine  kleine  wolinung  mü  etwas 
land  miticeise  erhalten  und  dabei  noch  als  Zuschlag  zur  miete  ver- 
pflichtet sind,  ihrem  mielsherrn  unentgeltlich,  besonders  zur  erntezeit, 
auf  erfordern  zu  arbeiten,  der  name  vielleicht  daher,  weü  sie  im 
Verhältnis  zu  den  instleuten  immerhin  einen  hohen  mietzins  zahlen. 

HOCHMILD,  adj.:  wer  verheizt  auch  heul  in  Hochteutsch- 
land etliche  fridsame  teutsche  fürsten  und  hochmilte  fürslin- 
nen  mehr  zur  Verfolgung  und  greulichkeit,  dann  ,  .  die  ge- 
nanten Jesuiter.  Fischart  bienk.  192'. 

HOCHMÖGEND,  adj.  viel  könnend,  viel  vermögend :  mit  hocb- 
mögendem  fleisz.  Philanüer  1,235;  durch  ihren  hochmögendeu 
befehl.  Chr.  Weise  ersn.  109.  als  titel :  hochmögend,  ein  titel 
der  holländischen  Staaten.  Frisch  1,458';  sie  haben  recht, 
hochmögende  herren  {die  franz.  nationalversammiung  ist  ange- 
redet), sich  so  unerschrocken  und  eifrig  gegen  . .  despotismus 
zu  erklären.  Wieland  29, 219.  Substantiv:  bei  dein  höchst 
interessanten  .  .  .  drama,  welches  ew.  huchmögenden  dem 
übrigen  Europa  auf  Unkosten  ihrer  nation  zum  besten  zu 
geben  geruhen.  209;  ich  halte  wahrhaftig  meine  gesellschafl 
und  meine  verlorne  zeit  eben  so  theuer,  wie  ihro  hoch- 
mögenden dero  pasteten  und  braten.  Knigge  umg.  m.  m.  2,180. 

HOCHMOOR,  n.  bei  den  torfgräbem  in  Ostfriesland  der  morast, 
wie  ihn  die  natur  geschaffen.    Jacobsson  6,  89*. 

HOCHMUTH,  m.,  in  der  altern  spräche  auch  hochmut,  ho- 
mut,  in  verschiedenen  bedeutungen,  die  schon  {mit  ausnähme  der 
no.  3)  im  mhd.  huchmuot  {mhd.  wb.  261')  erscheinen. 


1627 


IlOCHMUTII  —  HOCHMUTHEN 


HOCHMÜTHIG  —  HOCHNÄSIG 


1628 


1)  gehobener  mut  {wie  buher  nuith  sp.  1599) ;  stolz,  Selbst- 
vertrauen :  hocliinut,  miit,  slölze,  spirUtts,  anirni  altissimi  Maa- 
LER  227'; 

die  landschaft  wol  sich  nicht  sparen, 
beweisen  ihm  hochmuth  {im  Tnrkcnzuge). 

lIlLDEBRAND   VOlk$l.   287,5   (16.  /(l/ich.). 

namentlich  der  freudig  gehobene  mut,  freude:  Lochinut,  ein  üher- 
schwenkliche  fröud,  elatio  animi,  sublatio  animi.  das.; 

ghät  es  dir  hi  in  homiit  wol, 

dort  wirstu  ewigs  jamers  vol.     Scuwarzenberg  135'. 

2)  am  häufigsten  aber  Übermut,  überhebunij,  dünkelhaßer  stolz: 
hochmul  und  prachl,  superbia  et  arrogantia  Maaler  227' ;  das 
lasier  des  hochmuts  entsitzen,  arrogantiae  crimen  extimescere. 
das.;  hochmul  treiben,  arrogare,  superbire,  jaclitare.  voc.  ine. 
theut.  k2':  das  sie  hochmul  an  inen  geübt  haben.  2  Mos.  18,11 
{Variante  das  sie  vermessen  gewesen  sind  an  yhn) ;  wil  des 
hochmuts  der  stolzen  ein  ende  machen,  und  die  hotTarl  der 
gewaltigen  demütigen.  Jes.  13, 11 ;  dein  trotz  und  deines  herzen 
hochmul  hat  dich  betrogen.  Jcr.  49,  IC;  was  hilft  uns  nu  der 
prachl?  was  bringt  uns  nu  der  reichthum  sampt  dem  hoch- 
mul? weish.  Sal.  b,  S ;  nu  aber  rhümet  ir  euch  in  ewrem  hoch- 
mul, aller  solcher  rhum  ist  böse.  Jac.  4, 16 ;  aber  die  falschen 
demütigen  wundert  es,  das  ir  ihre  und  erhöhung  so  lang 
auszen  bleibt,  und  ir  heimlich,  falsche  hohmut,  lesset  sich 
nicht  benügen  an  seinem  geringen  wesen,  denkt  heimlich  nur 
höher  und  höher.  Luther  1,484";  der  leufel  isl  im  hochmut, 
das  keiner  dem  andern  weichen  wil.  4,185';  und  das  isl  der 
rooabitisch  hochmut,  der  mit  unerhörter  vermessenheit  tbar 
sagen,  obs  gleich  Christus  belulhen  hat,  das  mus  man  nicht 
achten.  6,320*;  ein  mädchen,  welches  sich  durch  ihren  hoch- 
muth alle  zu  feinden  gemacht  hatte.  Rabener  sal.  3,161; 

kanst  ausz  andrer  leut  schweis  und  blut 
treiben  dein  hofpracht  und  hochmut. 

FiscHART  dicill.  2,  247,  228  Kurz; 
viel  klagen  hör  ich  oft  erheben 
vom  hochmuth,  den  der  grosze  übt. 
der  groszen  hochmuth  wird  sicti  geben, 
wenn  unsre  kriecherei  sich  gibt.    Börgkr  79'; 
wie  leute,  die  der  hoclimuth  quält, 
nach  (eriien  inseln  die  aiiker  lichten, 
um  nicht  zu  hause  den  acker  zu  baun.    Göthe  45,  86; 

weil  gott 
mit  reicher  Schönheit  ihren  leib  geschmückt, 
mit  hohen  wundergaben  sie  gesegnet 
vor  allen  hirtenmädchen  dieses  tnals, 
so  nährt  sie  süudgen  hochmuth  in  dem  herzen, 
und  hochmuth  ists,  wodurch  diu  enget  fielen. 

Schiller  Jungfrau,  piotoij  3.  uuftr. 
sprichwörtlich:  wenn  hochmut  aufgeht,  so  gehl  das  glück  nieder. 
ScHJTTEL  1127*;  hochmuth  konmil  vor  dem  falle; 
hochmuth 

thul  nimmer  gut.    Sihrock  aprichw.  s.  254; 
hochmuth 
kommt  nicht  von  armut.    das. 

3)  hochmuth,  pflanzenname : 

a)  des  dianlhus  supetbus,  sonst  stolze  nelke,  prächtige  nelke, 
hohe  federnelke.  Nemnicii  2, 1405. 

b)  des  delpliinium,  rütersporn.     s.  bochmuthsblume. 

e)  der  lychnis  flos  ruruli,  kukuksblume,  pcchnelke.  NEMNicn  3,469. 
HOCHMUTHEN,  rerb.  Irans,  einen  übermütig- frevelliaß  be- 
handeln :  da  ward  Gandales  eines  ritters,  so  ihr  (der  Jungfrau) 
mit  dem  schwerdt  in  der  fausl  nacheilet,  gewar,  .  .  rennt 
gegen  im  zu,  die  frauw  zu  cnischülzen,  sagende:  ritter,  was 
bewegt  euch,  dise  fraw  also  schendlich  zu  hochmulen  ?  Amadis 
35;  groszen  verdriesz  und  \*iderwillen  namc  der  Junker  ah 
dem,  dasz  er  ircr  so  viel  den  könig  Perion  liochmuten  und 
trotzen  sähe,  derwcgen  rufet  er  inen  zu:  verrütherische  Jccker, 
wer  bewegt  euch,  dasz  ir  diesen  mannlichen  ritter  also  achel- 
loiscb  überfallet?  66; 

von  Cypern  der  könig  mit  seim  gesind 

sich  vor  unserer  statt  jetzt  find, 

der  erst  neulich  umb  mich  thct  freien. 

meint  er  es  mit  kein  andern  treuen, 

al(  das  er  uns  hochmuten  will, 

so  acht  ich  sein«  freieni  nit  vil. 

i.  Atreh  398*  (2ÜO0,  35  KelUr) ; 

und  der  zur  zeit  und  unzelt  gar  su  gern 

huchmuthete  und  nccktn  männiglich 

der  ihm  In  wurf  kam. 

Wikland  18,42  {Cnron  der  adlidie); 
hruder,  hörst  du  da 

die  ritter,  die  vermeinen  ungcitrafi 

uns  hochzumuthen?    43. 

üuch  geradezu  mitluindeln :  dieweil  sie  im  nil  gehorchen  wfillen, 
bat   er    sie  mit  eini-m  sli-iki'ii   ilnil/it'  frt'liiiriiniiilivl     Amiiilti 


131.'  entehren,  notzüchtigen  :  diese  jungfraw  zu  rechen,  welche 
man  srhmchlich  gehochniüligt.  76. 

HOCHMÜTHIG,  adj.,  mhd.  höchmüetec. 

1)  nach  hochmuth  1,  hochsinnig,  voll  stolzen  Selbstvertrauens : 
ich  bin  aber  . .  gegen  dir  und  Ecken,  bapst  und  ewrem  häufen 
auch  dem  teufel,  mit  gottes  hülfe,  in  einem  bestendigen, 
hochmütigen,  unerschrocknem  geist.   Luther  1,363*; 

der  grosze  hochmüthige  held, 
der  erbe  vom  thron  der  weit. 

Hildebrand  volksl.  422,  6  (18.  Jahrh.). 
von  einem  thiere: 

so  hat  des  herren  pfert  uns  underwegs  auch  eben 

mit  fallen  etlichmal  ein  zeichen  fast  gegeben  (von  jenes 

naheni  tuilc), 
da  es  doch  vor  der  zeit,  wan  iemand  auf  ihm  ritt, 
als  wie  Bukephalus,  hochmüthig  einher  schritt. 

itoapLER  137. 
auch  voll  freudigen  Vertrauens,  freudig:  nu  sehet,  welch  ein 
reicher,  hochmütiger  Irosl  euch  daraus  erwechst.  Luther 
2,385';  als  ein  hirsch  .  .  sein  bildnis  im  wasser  ansichtig 
ward,  beginnet  er  . .  gar  traurig  zu  werden,  darumb  weil  er 
so  dünne  und  magere  beine  hatte,  gleichwol  aber,  da  er  sein 
schon  grosz  geweihe  ersähe,  begunte  er  wieder  froh  und 
hochmüthig  zu  werden.  Lokmans  fab.  2. 

2)  am  häufigsten  im  Übeln  sinne  {nach  liochnmth  2)  dünkel- 
haft stolz,  sich  überhebend:  hochnnitig,  elattis,  arrogans  . .  con- 
tumax.  roc.  ine.  theut.  k2';  falsche  denmt  weis  nimer,  das  sie 
hohmülig  ist,  denn  wo  sie  das  wüszle,  würde  sie  bald  de- 
mütig von  dem  ansehen  der  heszlichen  anlügend.  Luther 
1,  4S4* ;  schaw  an  die  hohmütigen  wo  sie  sind,  und  demütige 
sie.  Iliob  40, 6 ;  da  sich  aber  sein  herz  erhub,  und  er  stolz 
und  hohmülig  ward,  ward  er  vom  königlichen  stuel  gestoszen, 
und  verlor  seine  ehre.  üan.  5, 20;  es  war  aber  ein  hochmie- 
tiger  cenlclam  {gentihwmo ,  edelmann),  welcher  vor  hoffart 
meint,  der  fackin  {laslträger)  sollt  ihm  v^eichen.  Wickram 
rollw.  58,1  Kurz;  den  köpf  hochmüthiger  weise  emporbeben. 
pers.  rosenth.  8,29;  eine  hochmülbige  rede,  oratio  superba  Steih- 
hach  2,91;  adverbial:  hochmüthig  einher  treten,  arroganter 
incedcre.  das. ;  deren  redliche  absiebten  ich  auf  eine  so  hoch- 
müthige und  spröde  art  von  mir  gewiesen  halte.  Kahener 
sat.  3, 154. 

HOCHMÜTHIGKEIT,  f  hochmüthiyes  benehmen:  arrogantia 
hochmuligkcit  Dief.  50';  das  sind  freilich  die  bochmütbig- 
keiten  in  dem  probirten  misch-verkebr,  aber  selbst  in  ihnen 
liegt  ein  kern  von  Wahrheit  und  recht  B.  Goltz  kneipen  u. 
kneipgenies  s.  58. 

HOCHMÜTHIGLICH,  adv. :  hochmütigklicb,  ferocüer  Maaler 
227';  arroganter  hochmutiglich  Dief.  5u';  alle  menschen  auf 
erden  stölziglicb  und  bohmütiglicb  verachten.  Luther  8, 5^'. 

HOCHMÜTHLER,  m.  veräclüliclie  bezeichnung  eines  hodi- 
müthigen : 

in  jenem  leben  sind  wir  gleich, 

die  stolzen  schämen  sich. 

seht  ihr  ein  Wölkchen  über  euch? 

hocliinüthlcr,  das  bin  ich  !    (>lkim  4,  280. 

HOCHMÜTHLICH,  adv.  wie  bochmütbiglicb:  orro^anffr  hoch - 
mutlicb  Dief.  50';  der  ander  rhum  und  ailel,  des  sich  die 
Juden  erbeben,  und  alle  menschen  stölzlich  und  huhmüllich 
verachten,  ist  dieser,  das  sie  die  beschneitung  von  Abraham 
her  haben.   Luther  h,  53'. 

HOCHMIJTHSBLUME,  f.  der  rittersporn.  Brockes  8,157.  vgl. 
hochmuth  3,  b. 

HOCHMIJTHSSAME,  m.: 

weil  der  in  seiner  brüst  bekliebne  hochmuthssaamen, 
wie  ctwnnn  bilscnkraut,  der  sinnen  krürte  schwAcht. 

(JÜMTIIKR  517. 

HOCHMUTHSTEUFEL,  »i..-    unter   dem  ihor  seiner  Vater- 
stadt fahrt  der  hochnmthteufel  in  ihn.  J.Vkvi  uns.  löge  1,95. 
HOCHMLTHSVOLL,  adj.: 

doch  kinderl  seid  getrost  und  schreit  mit  mir  zu  goit!  .  .  . 
klagt  ihm  die  reisxend  angst,  den  hocbmuth-vollGn  spult. 

A.  ÜRTPUius   169S   2.  17(1; 
ihr  hochmuihsvollen  spÖlier.    GCntukr  182. 
HOCHNACKEN,  m.   name   einer  famüie  der  gallung  gryllus, 
heuschrerke,  nach  dem  bau  Hires  thorax.  Nemnich  3,81. 

HOCHNÄSIG,  -NASIG,  adj.  die  nase  hoch  tragend,  als  seichen 
den  hixhmuts  {sp.  !5»3):  mancheui  hochnäsigen  verüchler  solcber 
wahrhaften  |iopularilät  zum  trotz,  votksblatl  für  ttadt  u.  land 
1m;7  I.  1107; 

d.-i>  war  dela  lettler  Widerspruch  1   hochnäsig  volk,  dein  maasz 

Ui  voll) 
FutiLioBATa  00«.  4uAl.  3,  lu7. 


1 629      HOCHNISTELND  —  HOCHPREISLICH 


HOCHPRIESTER  — HOCHSCHÄDLICH     1630 


HOCHNISTELND,  |)art. ;  der  hoch-nistlende  adler.  Bdtschet 
Patmos  717. 

HOCHNÖTHIG,  adj.  in  hohem  grade  nötig. ■  das  wir  in  dieser 
Sache  die  göttlich  warheit  und  eitel  heilsame,  huchnötigste, 
tröstlichste   Unterricht   der   gewissen   geleret  haben.   Lcther 

6,  42o';  darzu  gute  kundschaft  ..  hochnöthig.  Kihcohof  milit. 
disc.  IST ;  wie  viele  andere  hochnöthige  sachen.  Micrälius  alt. 
Pomm.  1,10;  eine  hochnöthige  sache.  Chr.  Weise  reife  geJ.  690; 

hochnöthig,  dasz  wir  seihst  genauer  acbtung  geben, 
wie  diese  pest  Tei^eh.     A.  Gbipuils  169S   1,  37. 

HOCHNOTHPEINLICH  ,  adj.  beiname  des  hahgeriehts  {pein- 
lichen gerichts): 

kein  armer  Verbrecher  fühlt  mehr  scbwulität, 

der  vor  hochnotbpeinlichem  halsgericht  steht.    Borger  66V 

HOCHNOTHWENDIG,  adj.:  solche  hochnohtwendige  mau- 
wer  und  festung.  Kirchhof  mtl.  disc.  244. 
HOCH.NüTZB.^RLICH,  ade: 

da  wh-d  er  bald  ohn  heuchele! 
was«  aller  Christen  zustand  sei, 
hochnutzbabrlich  unsz  lehren. 

RxsT  sabb.  seelenlmi  16. 

HOCHOFEN,  m.  hoch  aufgebauter  ofen  zum  schmelzen  von 
erzen,     auch  hoher  ofen,  sp.  1591. 

HOCHÖFNER,  m.  leiter,  aufseher  eines  hochofens:  die  stelle   \ 
eines  hochöfners,  der  den  betrieb  zweier  holzkohlen-hochöfen 
und  gieszerei  zu  leiten  versteht,  ist  vacant.  anzeige  im  Frank- 
furter Journal  vom  i.  dec.  1871. 

HOCHORTIG,  adj.  nach  der  fügung  hohen  orts  {sp.  1602) 
gebildet:  bis  zur  hochortigen  entscheidung  {entscheidung  an 
höherer   stelle),    artikel   aus  Wien   im  Frankf.  Journal  1S57    vom 

7.  mai;  diese  hochortigen  scrupel.  S.  Kappeb  in  der  beilage  zur 
allg.  zeilung  ISM  no.  63,  s.  1017. 

HOCHPäLäST,  m. : 

wer  seid  denn  ihr,  dasz  ihr  des  königs  hochpalast 
mänadiscb  wild,  betrunknen  gleich,  umtoben  dürft? 
GÖTHE  41, 190. 

H0CHPFL.\STER,  n.  Xi&öoTQonos :  salzte  sich  auf  den 
richtstuel,  an  der  stete,  die  da  heiszt  hohpflaster,  auf  ebreisch 
aber  gabbatha.  loh.  19,  13. 

HOCHPORTIG,  adj.  hoch  gestiegen,  wol  ßr  hochbortig,  vgl. 
bördig  abundans  /Aei/ 2,240:  ein  oel,  welches  gar  heftig  pur- 
gierdt  und  fast  füxbündig  {ausgezeichnet)  zu  allerlei  hochpor- 
tigen  und  faulen  schaden  ist.  Thcrseiszer  beschreib,  inßuent. 
wirk.  123. 

HOCHPRÄCHTIG,  adj.  und  adv.  wie  prächtig,  in  unterschie- 
denem sinne;  vgl.  brachtig,  prächtig  theil  2, 2S7. 

1)  sehr  stolz,  hochfahrend,  in  bezug  auf  betragen  und  worte: 
sie  {die  hausfrau)  sul  vveisz,  vernünftig  und  klug  sein,  . .  nit 
zornig  und  zänkisch,  ein  granöllin,  nit  hochbrachlig  sich  er- 
spitzen, sonder  sein  lind,  gütig,  senftraütig,  schämig,  züchtig. 
Frank  sprichw.  2,205";  sind  für  all  ander  fisch  hochprächtig, 
stolz  und  unverschampt.  Forer  ßschb.  82";  hochprächtig  ge- 
schwätz,  bullatae  nugae  Maaler  227* ;  auf  diese  hochprechtige 
wort  des  Münzers,  haben  sich  die  armen  leute  verlassen. 
Luther  3, 134'. 

2)  kostbar  geschmückt,  prangend,  in  bezug  aufkleidung  :  pracht- 
huren . .  die  täglich  neue  kleider  machen,  sich  bochprächtig 
herfürspitzen.   Fischart  ehz.  542; 

beklaidt  und  geschmueket  bochbrechtig.    H.  Sachs  3,2,71'. 
HOCHPRÄCHTISCH,  adj.  sehr  prangend,  sich  sehr  brüstend: 
durch  beiigen  pracht  und  höflichkeit 
und  durch  hocbpräcbtisch  beiligkeit 
führt  in  Versuchung  er  die  leut. 

FiscuART  dicht.  2,  247,  204  Kurz. 
HOCHPREISBAR,  adj.:  der  hochpreisbahre  gräfliche  Stamm- 
baum. Bütschky  kanzl.  5*28. 

HOCHPREISEN,  terb.  statt  des  riclUigen  hoch  preisen  {spalte 
1600),  uird  gern  in  ein  wort  zusammen  gerückt:  seine  Verdienste 
anerkennt,  sie  hochpreisl.  Göthe  26,  271 ; 

Susannen«  keuscbbeit  wird  von  allen  hocbgepriesen. 
IIagedoin  1,  96. 
HOCHPREISIG,  adj.  in  handelsberichten  unserer  zeüungen,  in 
hohem  preise  stehend,  hohen  preis  habend. 

HOCHPREISLICH,  adj.  hoch  zu  preisen:  hochpreisliche  that, 
factum  gloriosissimum  Frisch  2,70*.  im  tuet  von  hohen  c(Ale- 
gien;  nach  .\deluag  bekam  dies  prädicat  z.  b.  die  chur fürstlich 
mainzische  regicrung  zu  Erfurt;  es  musz  untersucht  werden, 
schrie  Strobylus,  hochpreislicher  herr  archoni  wohlweise 
herrenl  Wiela.id  19,190. 


HOCHPRIESTER,  »i.  was  hober  priester  (sp.  1602):  Airti- 
gonus  Hircani  bruder  wolt  hochpriester  sein.  Reiszser  Jerus. 
1,88*. 

HOCHPÜNKT,  ffi.  hochgelegener  punkl:  dem  liebhaber  da- 
gegen ist  darum  zu  thun,  durch  das  einzelne  durchzukom- 
men, und  einen  hochpunkt  zu  erreichen,  von  woher  ihm  eine 
Übersicht  .  .  gelingen  könne.  Göthe  5S,  101 ;  Moses  habe  so 
wenig  behauptet,  dasz  Adam  und  Eva  die  ersten  menschen 
der  erde  gewesen,  wie  dasz  von  irgend  einem  hochpunkte 
Asiens  aus  .  .  die  thiere  aller  zonen  .  .  sich  .  .  an  ihren 
jetzigen  aufenthalt  begeben  hätten.  Weslermanns  monalshefle 
hd.  2,  s.  49. 

HOCHQUELL,  m.  im  hochgebirge  entspringender  quell,  davon 
die  hochquellen-wasserleitung  von  Wien,  gartenlaube  1874  s.  213 ; 
hochquellenproject,  project  dieser  leUung.  214. 

HOCHRAGEND,  pari.,  von  einer  Stadt,  einem  wall: 

(mannet  die)  dich,  hochragende  Dios,  Karystos  und  Styra  be- 

saszen.    Bürger  201'; 
ihm  sank  der  treue  gefährte, 
Salm,  auf  Wiens  hochragendem  wall. 

Ptrker  Tunis.  3,  148  ; 
von  einem  helmbusch: 

und  des  heims  hochragender  fittig.    13S. 
HOCHRAIN,  m.:    der  hochrein,   das  erhebt  erdtrich  zwü- 
schend  zweien  furhend  {furchen),  scamnum.   Maaler  227*. 

HOCHREICH,  adj.  sehr  mächtig,  sehr  stark:  darumb  auf 
erden  unter  allen  fehrligkeiten  kein  fehrlicher  ding  ist,  denn 
ein  hochreiche  sinnige  Vernunft,  sonderlich,  so  sie  feilt  in 
die  geistlichen  ding,  die  seel  und  gott  antreffen.  Lcther  1,92" 
HOCHREIS,  n.,  plur.  hochreiser,  dürre  stangen  um  den 
vogdherd,  worauf  sich  die  rögel  setzen  können;  auch  fuszreiser. 
Jacobsson  2,  26S'.  wahrscheinlich  aus  hockreiser  verderbt,  s.  d. 
HOCHRICHTER,  m.  inhaber  der  hohen  gerichtsbarkeü :  v.  gn. 
h.  der  herzog  von  Lothringen,  der  da  hie  ist  ein  Schirmherr, 
der  da  hie  ist  ein  halber  hochricbter.  weisth.  2,  49 ;  erstlich 
erkennen  wir  den  . .  hern  Fridrichen  pfalzgraven  und  chur- 
fürsten  vor  unsern  herrn  und  hochricbter.  5,  660. 

HOCHROTH,  adj.  von  einem  intensiven,  mehr  dunkeln  roth : 
hochrothe  kleider.  Fb.  M(-u.er  3, 356 ;  hochroth  das  glas  zu 
färben.  Jacobssox  6,89';  hochrolher  lack.  das.  von  der  färbe 
der  Wangen  in  erregtem  zustande:  {Liane)  sagte  hochroth,  mit 
niedergesenktem  blicke.  J.  Paul  Titan  2,70;  die  hochrothe 
Chariton  machte  auszüge  aus  Dians  briefen.  3,44;  trat  der 
Schweizer  mit  hochrothen  wangen  herein,  und  voller  begei- 
sterung  erzählte  er  von  dem  erhabenen  anblick.  H.  Heine 
1, 104.  —  Als  Substantiv : 

nicht  zu  schamhaft  säum  an  dem  sonnenfeuster 
aufzublübn,  jungfräuliches  sinaröslein ; 
deines  bochrotbs  harrt  und  des  balsamdufles 
unsere  herrin.  Voss  3,229. 

HOCHRÜCKE,  HOCHRÜCKEN,  m.  l)  das  rückgrat:  hoch- 
ruck, spondalium,  spina  dorsi,  vulg.  ruckbein.  roc.  ine.  theut. 
k2';  Spina,  hochrück,  rückmeiszel,  rückgrad.  Albercs  xl*; 
abdomen,  das  schmalz  darinn  die  niern  ligen,  dasz  am  hoch- 
rück hengt.  pp4'. 

2)  ein  höcker,  buckel,  und  der  besilzer  eines  solchen ;  so  heiszt 
exne  sclineckenart,  bulla  gibbosa  der  hochrUcken,  der  buckel. 
Nem.mcu  1,716;  e6en50  hochrücken  ein  fisch,  kurius  indicus. 
3, 280.     vgl.  hochiückig. 

3)  hochrücken,  hofter  gebirgsrücken :  jene  gewaltigen  hoch- 
rücken, die  vom  Montblanc  aus  zu  beiden  selten  der  Rhone 
streichen.   Tscncni  thierl.  der  alpenweit  (1856)  213. 

HOCHRÜCKIG,  adj.  dorso  eminentiore,  exstantiore  inter  sca- 
pulas.  Frisch  2, 130';  hochrückicbt,  gibbosus  Stieler  1572. 

HOCHRÜHMLICH,  adj.  und  adv.:  dieselben  hochrhüm- 
Hchste  aposteln  zu  heiligen  fürbittern  gegen  dem  herrn  zu 
haben.  Luther  3,  94';  dise  hochrühmliche  Zusammenkunft. 
Weckuerlis  851 ;  ihre  angeborne  hochrühiuliche  humanität. 
ScHUPPiDS  786; 

fährt  einer,  der  ihr  (der  lugend)  dient,  ausz  di»er  wält  darroo, 

so  gibt  sie  ihm  zur  letz  erst  noch  den  grösten  lohn, 

dasz  nämlich  gute  leüth  hoch-rühmlich  von  ihm  schreiben. 

RoxpLER  122; 
der  kaiscr 

sann  bochrübmlichen  kämpf,    ihm  funkelten  heller  die  äugen 

Ptrker  Tunis.  7,  201. 

HOCHSCHÄDLICH,  adj.:  der  hochschädlichen  wipperer 
und  kipperer  als  geld-  land-  und  lentverderber  lehrmeister. 
ScuEiBLES  fliegende  Na«,  j.  175;  die  bisherige  bochschädliche 
Spaltungen  in  den  glaubenssachen.  Simpl.  1,264  Kurz;  hoch- 
schädliche  Unordnungen.  Butscbky  Palm.  262;  die  hocbschäd- 


1631    HOCHSCHÄFTIG  —  HOCHSCHÜSZ 

liehe  weise,  durch  gunst,  schwägerschaft  würden  und  hohe 
ämter  m  erlangen.  39S>;  ein  hochschädliches  exempel  der 
nachfolge.  852; 

das  hochschädlichc  licchi  nun  aber  zu  vermeiden,  .  .  . 
dazu  wil  zeigen  ich  dir  einen  schnellen  pfadt. 

D.  V.  D.  Wkrder  Ariost  3,68,5. 

HOCHSCHÄFTIG,  adj.  mit  hohem  schaft  versehen ;  hochschäf- 
tige  Stiefel,  in  der  weberei  heiszcn  hochscliäflige  tapeten  (frz. 
hautelisse)  solche,  deren  kette  senkrecht  aufgebäumt  wird. 

HOCHSCHÄTZBAK,  adj.  hoch  zu  schätzen:  hoch-  et  grosz- 
schatzbar,  honoratissimus,  venerandus.    Stieler  1742. 

H0CHSCH.\TZ1G,  adj.  hoch  zu  schätzen:  ettiiche  gepieten 
grosz  und  hochschetzige  dinge.  Carlstadt  v.  d.  sabbat  Cij"; 
wann  er  ein  solche  froliche  und  hochschetzige  hoffnung  hat. 
sermon  vom  stand  der  christglaubigen  seeltn  Aij";  dieweil  nän 
ir  todt  ein  tewer  hochschetzig  und  kostlich  ding  in  den  äugen 
gotlis  ist.  A  iij '. 

HOCHSCHATZUNG,  f. :  eine  geistreiche,  in  hochschätzung 
Byrons  mit  uns  verwandte  freundin.  Göthe  46, 227 ;  diese 
hochschätzung  eines  gefeierten  Schriftstellers  mag  aufrichtig 
gemeint  sein,  ist  aber  von  der  wahren  achtung  weit  entfernt. 
preusz.  Jahrb.  bd.  20,  s.  271. 

HOCHSCHAUER,  m.  cobilis  anableps,  ein  ßsch  in  Surinam, 
wegen  der  läge  seiner  äugen,  die  ihn  nur  in  die  höhe  schauen 
läszt.  Nemsich  2,  1084. 

HOCHSCHEIN,  m.  der  erste  lichtstrahl  der  sich  morgens  an 
den  spUzeri  der  berge  oder  thürvie  zeigt,  bildlich,  in  einer  ober- 
rheinischen redensart:  er  hat  keinen  hochschein  von  der  sache, 
auch  nicht  den  anfang  einer  kenntnis. 

HOCHSCHEINBARLICH,  adv.  in  holtem  grade  scheinend,  sehr 
offenbar:  ob  sie  schon  ihre  Verdienste  hochschcinbarlich  aus- 
streichen. Bdtsciirt  Palm.  252. 

HOCHSCHEITELIG,  adj.  einen  hohen  scheitel  habend: 

nymfen,  die  rinfc's  hochscbeitliche  berge  bewohnen. 
Odyssee  6,  123. 

HOCHSCHENKELIG,  adj.  hohe  Schenkel  habend:  ein  hoch- 
schenkeliges  pferd.   Adelung. 

HOCHSCHILDRAUPE,  f.  larva  gibbo  scutala.  Nemnich. 

HOCHSCHLAGEND,  part. :  ging  er  . .  fort  mit  einer  hoch- 
schlagenden brüst,  welche  die  nachtiarven  der  phanlasie  und 
die  freundschaft  und  die  liebe  und  die  ganze  Zukunft  ver- 
einigt aufregten.  J.  Paul   Tit.  2, 100. 

HOCHSCHNEIDIG,  adj.  mit  hoher  schneide  versehen,  hoch- 
schneidiger grabstichel,  beim  kupferstecher  ein  solcher,  dessen 
karUe  oder  vordere  bahn  ziemlich  spUzwinklicht  ist,  daher  tief  in 
das  metall  eindringt  und  einen  feinen  strich  beim  stechen  bildet. 
Jacobssos  2,269*. 

HOCHSCHOLLIG,  adj.  hohe  schollen  habend  (frucUbaren 
ackers): 

zum  hochschulligen  gau  tapferer  Angeln  trägt 
dich  das  stäubende  rad.  Voss  3,  17. 

HOCHSCHULE,  f.  hohe  schule  {vergl.  unter  hoch  sp.  1603), 
Universität:  hochschule  in  Bologna.  Haut  pilgcrf  lo,  3S;  die 
lehrer  an  hochschulen.  Göthk  31,  152.  im  16.  jahrh.  erscheint 
dafür  gern  hobeschulc  in  einem  wort,  mit  decliniertcn  beiden 
theilen:  sie  betten  mehr  ansgcricht  daim  alle  kiappercr  der 
hohenschulen.  Paracelsus  opp.  1,  102t  A ;  frage  nur  hie  alle 
Sophisten  aus  allen  hohenschulen,  stiften,  kiöstern,  pfarrhen. 
Lotheb  5,164';  speculationon  unser  professom  auf  römischen 
hohenschulen.  Fischart  bienk.  150*. 

HOCHSCHL'LER,  m.:  wie  oft  schickt  ein  hausvatler  den 
sobn  auf  die  hohe  schul,  und  entzeucht  biszweilen  zu  hausz 
ihme,  dem  weih  und  kindern,  was  er  diesem  verschwen- 
derischen söhn  in  die  academi  schickt?  und  der  neue  hoch- 
Rchfiler  redt  nichts  als  das  jenige  hoffartige  plus  ultra,  mehr 
Aber  das.  Schlppius  "27.  m  freierer  Verwendung:  die  hoch- 
schüler  und  nacbschreihi-r  der  kanlischen  und  scbellingschen 
schule.  J.  Paul  Vorschule  d.  ästhet.  2,  20S. 

HOCHSCHULISCH,  adj.  auf  der  hochschule  befindlich  odfr 
lehrend:   die  lehr  der  bucbscbullscbcn  orzt.  Paracelsub  opp. 

I,253B. 

HOCHSCHÜSZ,  m.  hochgerichteter  schütz,  i.  b.  emrs  geschiUxet: 
dieser  schanze  konnten  die  Franzosen  wenig  anbnben,  bocb- 
•chUtse  waren  sehr  ungewisz  und  gingen  meist  drüber  weg. 
GöTBE  30,300  (j.  3^)1  der  gegentati  eine  niedrig  aiiknmmcndc 
kogel).  dem  jdyer  ttt  boch<>cbu«z  ein  schütz  der  zu  hoch  geht, 
und  daher  nur  t.  b.  den  rücken  tinet  angeschottenen  wtldprels 
Mrnft    JAfoünidi  2, 2fiö*. 


HOCHSCHWANGER  —  HOCHSINNLICH        1632 

HOCHSCHWANGER,  adj.  in  vorgerückter  schwangerschaß  be- 
findlich. SciiwEiMciiEN  3,302:  sein  weih,  die  hochschwanger 
war.  GuiRSFELD  bist,  roseng.  837 ; 

gleich  wie  ein  hochschwangrer  leib,  der  die  herbe  zeit  erkannt 
die  ihm  zu  der  arbeil  ruft,  schmachtet  in  der  wehmiith  band  ' 
also  beb  ich!  A.  Grtpuius  1698  2,407. 

HOCHSCHWANZ,  m.  name  einer  drosselart,  des  turdus  plum- 
beus,  und  einer  Schnecke,  murex  trunculus.  Nemnich. 

HOCHSCHWELLEND, part..-  träume  einer  glühenden  jugend, 
wo  das  bochgchwcllende  herz  zu  gewagten  Unternehmungen 
laut  schlägt.  Klinger  1,274. 

HOCHSCHWIMMEND,  part. : 

hochschwimmendes  gewülk.    Weckherlin  304. 

HOCHSCHWUNG,  m.  schwung  in  grosze  höhe,  ein  turnerischer 
ausdruck:  den  bochschwung  machen;  vom  arm  des  glück- 
lichen valers  mit  bochschwung  geschaukelt.  Rbichenau  aus 
unsern  vier  wänden  1, 14, 

HOCHSEESCHIFF,  n.  in  der  österreichischen  marine  ein  schiff 
das  auf  hoher  see  fährt,  im  gegensalz  zu  laguncnscbiffen,  bin- 
nenseeschiffen. 

HOCHSEGLER,  m.  raia  pustinaca  altera,  ein  fisch  aus  der 
galtung  der  rochen.  Nemnich. 

HUCHSEL,  n.  Untersatz  den  man  einem  bicnenkorbe  gibt,  um 
den  räum  im  korbe  {durch  erhöhung)  zu  vergröszern,  wenn  die 
bienen  herunter  und  voUgearbcitet  haben.  Jacobsson  2,269". 

HOCHSELBST,  in  bezug  auf  hohe  personcn  statt  des  einfachen 
selbst:  der  graf  hochselbst.     vgl.  höchstselbst. 

HOCHSELIG,  adj.  l)  im  titel  verstorbener  hoher  personen: 
was  sie  wider  den  könig  mein  herr  vatter  hocbseligster  ge- 
dechtnusz  begangen.  Amadis  416;  doch  darüber  möchte  ich 
lachen,  wenn  sie  die  fürsten  und  herren  nach  dem  tode  hoch- 
seelig  nennet.  Chr.  Weise  kl.  leute  285. 

2)  sehr  glücklich:  die  w eiber  waren  als  hochselige  aus  den 
betten  gestiegen.  J.  Paul  Tit.  2,  76. 

HÖCHSELN,  verb.  mit  einem  höchsel  versehen.  Jacobsson 
2,  269". 

HOCHSINN,  m.  l)  streben  nach  hohem  rang,  das  hochhinaus- 
wollen : 

doch  würde  sie  der  erste  platz  beglücken : 

dem  hochsinn  ist  die  zweite  stelle  pein.    Göthk  9,  235. 

2)  sinn  für  hohes,  edles,  hervorragendes:  es  ist  (die  person) 
eine  Zusammensetzung  von  hochsinn  und  niederträchtigkeit. 
Göthe  36,  4; 

der  Terzk)  hochsinn,  Theklas  jugeiidlichl.    4,  59. 
namentlich   auch  der  wchrkräftige,    tapfere  sinn:    stieg  die  per- 
sische   monarchie  zu  höchster  macht  und  glückseligkeit,    die 
denn  doch  zuletzt  an  dem  hochsinn  einer  benachbarten,  klei- 
nen, zerstückelten  nation  endlich  sclieiterle.  6,27; 
sprachs,  und  wandte  den  schritt  voll  bochsinns  gegen  die  mauern. 

BÜRGER  23-1'  (llinf). 

3)  hochsinn,  hohe  bedeutung,  hoher  gehall  {eines  btiche.t):  das 
werk  wird  nicht  ein  wort  von  seinem  hochsinn  cinbüszen, 
wenn  auch,  wie  man  fast  glauben  sollte,  wenig  werte  darin 
wahr  sein  sollten.  Hippel  10, 65. 

HOCHSINNIG,  adj.  und  adv.  t)  nach  hohem  rang  strebend, 
hochfahrend :  bochsinnig,  arrogans,  fastuosus  Stiei.er  2032;  der 
fahe  nur  an  ein  rechts  leben  nach  dem  creut  Christi,  baide 
wird  er  linden,  das  die  ganz  weit  wider  in  ist  .  .  da  mus 
sein  gcstalt  und  wandel  veralten  und  zu  nicble  werden, 
sonderlich  für  den  bocbsinnigcii  und  gnmucistlichen,  die  sich 
allezeit  unterstehen,  dieselben  gerechten  zu  meistern.  Luther 
t,2l'; 

von  diesen  trotzig  herrischen  gcinfiihern 
sich  mei.stnrn  lassen,  von  der  gnade  leben 
hochsiiinig  eigenwilliger  vnsallen. 

Scmtttn  Jungfrau  1,6. 

2)  voll  hohen,  cdeln  Sinnes:  denn  zwischen  den  drei  nien- 
s(  bell,  welche  jetzt  die  bochsinnig  eingeleitete  braiitwerbung 
durchmachen  sollten,  war  plötzlich  die  Unbefangenheit  ver- 
schwunden. Frkttag  handsrhr.   l,2.')5. 

3)  hiifie,  urise  gtdanken  habend  [vgl.  hochsinn  3):  des  he- 
fbüintesten  hocbsinnigsten  philosophi  PIntarcbi.  Fischart  eks., 
titel. 

II0CHSINNI(;KEIT,  f  faslut,  ferocüas,  sublalio  onimi.  Stii- 

LKR    2032. 

IIOt.'MSlNNLICH,  adj.  in  holwm  grade  sinnlich  antchaultch: 
so  begegnet  un»  in  den  herrii!:iiiis(  licn  atleitlifinirm  derselbe 


1633  HOCHSOMMER  — HÖCHSTBESTEIERT 


HÖCHSTDRIXGEND  — HOCHSTRASZE   1634 


gegenständ,   freilich  nicht  in  so  hochsinnlicher  sphäre,  aber 
dennoch  sehr  schätzenswerth.  Göthe  39,53. 

HOCHSOMMER,  m.  hoher  sommer,  zeit  der  kundstage,  zu 
welcher  die  hüze  am  grösten  ist. 

HOCHSPIEL,  n.  ein  hazardspiel.  in  Österreich  isi  durch  gesetz 
vom  '.juli  1857  verboten  das  hoch-  nnd  nnterspiel  oder  grad 
und  ungrad. 

HÖCHST.  HÖCHSTER,  i.  unter  hoch. 
HOCHSTAFFIERT,  fart.: 

der  prunk  der  hochstafDrten  kunst, 
selbst  die  natur  im  feierkleide, 
berauben  nie  sie  {Selinden)  meiner  gunst, 
denn  sie  beschämt  an  reizen  beide.    Bcrgeb  IS*. 

HOCHSTAMM,  m.  bäum  mit  hohem  stamme;  namentUch  eine 
hochgewachsene  rosenart. 

HOCHSTÄMMIG,  adj.  l)  etnen  hohen  staitan  habend,  von 
bäumen  im  gegensatz  zu  niederm  gebüsck  oder  zu  zvergbäumen 
mit  unentwickeüem  stamme:  hochstämmige  bäume  ragen  über 
junges  dichtes  gebüsch.  Göthe  21,  73 ;  der  junge  hochstäm- 
mige birnbaum.  Bettise  briefe  2,  255;  aus  hochstämmigen 
weiszblühenden  rosenbüschen.  Arhim  kronenw.  1, 329 ;  dann 
die  berglehne  hinauf  durch  Unterholz  in  den  schatten  hoch- 
stämmiger fichten.  Fbeytac  handschriß  1, 157 ;  hochstämmige 
Waldungen.  Brebm  iUustr.  thierleb.  1,35;  hochstämmige  rosen, 
linden  u.  dgl.  werden  oft  von  kunstgärtnern  zum  verkauf  angezeigt. 

2)  bildlich  von  einem  hoch  urid  stattlich  getcachsenen  menschen : 
hier  sah  er  .  .  der  bejahrten,  aber  rothwangigen  und  hoch- 
stämmigen fürstin  . .  ins  freundliche  gesiebt.  J.  Padl  Tit.  1,152. 
auch  von  thieren:  hochstämmige  rinder. 

HOCHSTAMPFER,  m.  bezeichnung  eines  rosses  nach  seiner 
gangart:  ein  harttraber,  ein  hochheber,  ein  hochstampfer,  ein 
sanftzeltner.  Garg.  176*. 

HOCHSTAND,  m.  hoher  stand,  hohe  gesellsehaßsschicht :  wie 
anders  löset  der  luius  des  hochstande»  weniger  die  arbeit- 
knoten als  das  lebens-gewebe  selber  auf!  J.  Padl  friedenpr.  "iO ; , 
der  jetzige  hochstand-luius.  das. 

Ein  adjeetiv  hochsstand  bei  äyreb  : 

niemandt  Tveisz,  wo  sie  her  ist  kommen 

und  ob  sie  hochsstand  sei  gebom.    91'  (462,  8  Keller), 

steht  ungenau  nur  für  die  genitiwerbindung  hohes  Standes,  die 
sich  sonst  bei  ihm  findet: 

eur  majestat  bedenk  sich  basz, 

dasz  keiserin  ist  hoebs  standts  gebom.    92*  (467,  26). 

HOCHSTAPELEI,  f  das  verfahren  als  hochstapler. 

HOCHSTAPELN,  verb.  als  hochstapler  handeln:  ein  kauf- 
roann  aus  Schwerzens,  welcher  hochstapelte  und  seiner  Ver- 
haftung widerstand  entgegensetzte,  erhielt  für  das  betteln 
3  tage  baft,  für  den  widerstand  10  tage  gefangnis.  Frankf. 
Journal  vom  17.  märz  1S71. 

HOCHSTAPLER,  m.  gauner,  der  als  ein  vornehmer  bettelt; 
ein  ursprünglich  der  gaunersprache  ungehöriges  wort  (das  einfache 
stabuler  als  ausdruck  der  '■feldsprache'  und  in  der  bedeutung 
brotsamnüer,  bettkr  verzeichnet  schon  Phü.  Lugd.  4, 173),  das  aber 
als  spätere  polizeiliche  bezeichnung  allgemeiner  bekannt  geworden 
ist :  unter  dem  polizeilichen  namcn  hochstappler  versteht  man 
einen  menschen,  der  entweder  wirklich  der  gebildeten  gesell- 
schaft  angehörend  oder  unter  der  behauptung  ihr  anzugehören, 
wiederum  nur  die  mitglieder  dieser  gesellschaft  unter  aller- 
hand Vorspiegelungen  in  contribution  setzt,  publicist  von  i»5S 
no.  27 ;  die  Berliner  polizei  hat  einen  hochstapler  entlarvt, 
der  sich  für  einen  von  Rusziand  vertriebenen  armenischen 
fürsten  ausgab,  dorfzeitung  1&55  no.  206. 

HOCHSTAL'DIG,  adj.  hohe  Stauden  habend:  die  rüstige  Sol- 
datenfrau legte  in  einem  hochstaudigen  gärtlein  früherbsen. 
J.  Pacl  Tit.  1,64;  er  schritt  durch  ein  langes  hochslaudiges 
rosenfeld,  das  die  niederlassung  und  pQanzstadt  von  gras- 
mücken  und  nachtigallen  schien.  2,51. 

HÖCHSTBEGEHRT,  part.: 

auf,  meine  leyr,  iti  bricht  die  zeit 

der  höcbstbegehrten  fruchtbarkeit 

mit  aller  macht  und  lust  herfür, 

Irau  Ceres  öffnet  uns  die  thür.    Rut  Parn.  397. 

HÖCHSTBEKÜMMERND,  part.:  dir  ..  dich  um  meine  wol- 
fahrt  hüchst-bekümmerenden  leser.  Simj^.  2,266  Kurz. 

HÖCHSTBELOBT,  part. :  unter  deroselben  durch  alte  weit 
höchstbelobten  königlichen  herrschaften.  Bctscbky  Palm.,  etn- 
führung  s.  6. 

HÖCHSTBESTEUERT,  part.  die  höchsten  steuern  zahlend:  die 
höchstbesteuerten  gnindbesitzer. 
iV.  u. 


HÖCHSTDRINGEND,  part.:  ein  höchstdringendes  geschäft. 
Rabener  3,  IST. 

HOCHSTEHEND,  part.  1)  im  eigerMichen  sinne,  einen  hohen 
üandort  habend: 

die  zu  wecken 
der  hahn  sein  häszliches  kikri 
hochstehend  jeden  morgen  schrie.    Guni  3,  291. 

2)  einen  hohen  rang  habend :  eine  hochstehende  person ;  die 
hochstehende  kunst. 

HÖCHSTE.NS,  adv.  eine  geniHvische  fügung  {für  des  höchsten) 
m  zwiefacher  bedeutung. 

1)  im  höchsten  grade:  dasz  wir  .  .  unsers  häupts,  den  wir 
jetzt  auch  höchstens  bedürfen,  beraubet  sein.  Luther  briefe 
2,662;  nachdem  sie  nun  die  seltsamen  figuren  wohl  betrachtet 
und  sich  höchstens  darüber  gewundert  hatten.  Liscov  60 ; 
einen  höchstens  betrügen,  summe  aliquem  dec^re  Steinbach 
1,765; 

dieses  thun,  das  einzig  schätzenswerthe  .  .  . 

lob  ich  höchstens :  denn  es  zu  belohnen 

bin  ich  selbst  nicht  mächtig  gnug.    Göthe  U,  263. 

2)  in  beschränkenden  fügungen,  als  gegensatz  von  mindestens, 
um  eine  äuszerste  zahl,  einen  äuszersten  grad  einzuführen :  was 
wagen  wir?  höchstens  das  leben;  in  zwei  oder  höchstens 
drei  tagen,  biduo,  aut  ad  summum  triduo.  Stei:«bacb  4,765; 

könig.    so  schwach  sind  diese  gründe  ?  fürchtet  ihr 
dabei  zu  wagen  ?    marqu.  wenn  ich  zeit  gewinne, 
sie  zu  erschöpfen,  sire  —  mein  leben  höchstens. 

Schiller  Kariös  3,  10; 
denn  wie  er  steht,  ist  er  kein  freier  mann, 
es  waltet  über  ihm  ein  schwer  gesetz, 
das  deine  gnade  höchstens  lindern  wird.    Göths  9, 162. 

HÖCHSTERHABEN,  part.,  im  Superlativ,  der  dufdwus  unge- 
wöhnlich ist: 

jedoch  es  bats 
der  höchsterhabenste  des  beers  gesebn.    BCicbk  150*. 

HÖCHSTERMELDET,  part.:  über  den  tod  höchstermelter 
ihrer  glorwürdigsten  königl.  mayt.  von  Schweden.  Wecsher- 
UN  631. 

HÖCHSTERSEHNT,  part. :  indem  er  schrieb  ergriff  ihn  das 
gefühl,  sein  höchstersehntes  {seine  gelieble)  nahe  sich,  es  werde 
nun  gleich  gegenwärtig  sein.    Göthe  17,  386. 

HÖCHSTFLEISZIG,  adv.:  sich  höchstfleiszig  bedanken. 
BüTSCHKV  kanzl.  90. 

HÖCHSTGEDACHT,  part.,  vgl.  hochgedacht :  über  das  hätten 
höchstgedachte  fürsten  etliche  legein  voll  forellen  in  die  see 
setzen  lassen.  Simpl.  2,  49  Kurz;  als  welcher  sich  nicht  ent- 
blödet . .  an  höchstgedachter  prinzessinn  ein  crimen  raptus, 
zu  deutsch:  jungfernraub.  auszuüben.    Bürger  20'. 

HÖCHSTGETHRONT,  part.,  von  gott:  deijenige  kan  in  seiner 
hoheit  nicht  feste  stehen,  der  den  höchst-getröhnten  hasset. 
BcTSCHsT  Palm.  777. 

HÖCHSTHEILIG,  adj.:  das  höchstheilige  geheimnüsz  der 
dreieinigen  gottheit.  Bütschkt  Palm.  36. 

HOCHSTIFT,  n.  hohes  geistliches  stift:  das  hochstift  Naum- 
burg,    davon  hochstiftskirche,  domkirche. 

HÖCHSTLICH,  adv.  in  höchstem  masze :  {ich  habe  mich)  höchst- 
lich  beflissen.  Weckherlix  rorr.  zu  d.  weltl.  gedickten. 

HÖCHSTLÖBLICH,  adj.,  im  Superlativ  {rergl.  oben  höchst- 
erhaben) :  das  hOchst-löblichsle  erzhaus  Oesterreich.  Bctsehet 
Patmos  37. 

HÖCHSTMÖGLICH,  adj.  so  hoch  als  möglich:  durch  viel- 
jährige  literarische  Übung  gewinnt  er  sich  die  höchstmög- 
liche facilität  der  behandlung  und  des  rortrags.  Göthe  46,233. 

HOCHSTOLZIEREND,  part.: 

weit  her,  von  Hispaniens  reichster  prorinz. 

war  kommen  ein  nocbstolzirender  prinz.    Bcrcer  33'; 

jener  verheerte  die  heilige  Troia 
für  Laomedons,  des  hocbstolzirenden,  unsinn.    229*. 

HÖCHSTPERSÖNLICH,  adj. :  höchstpersönliche  rechte  {solche 
die  nicht  auf  erben  übergehen).  Hogo  heut.  röm.  recht  (1826)  *.  149. 

HOCHSTRÄFLICH,  adj.:  {irdische  guter)  die  du  ungetreuer 
und  h.vchsträflicher  weise  zusammen  zu  scharren  gedenkst. 
Stmpi.  2, 154  Kurz. 

HOCHSTRAHL,  m.  hoher  Wasserstrahl:  sein  {des  brunnens) 
sVt  zoll  im  diirchmesser  haltender  hochstrahl,  gartenlaube 
1874,  s.  215;  bochstrahlbrunnen  {Springbrunnen)  daselbä. 

HOCHSTRAHLIG,  adj.  einen  hohen  strahl  gebend:  hochslra- 
licht  flammeus  Stieler  2187. 

HOCHSTRASZE,  /.  heerstrasze,  hauptstrasze  eines  landes  oder 
beiirkes:  das  wwt  ia  häufiger  aus  dem  13. — 16.  jahrh.  belegt  bai 

103 


1635       HOCHSTRÄUSZ  — HOCHTRABEND 


HOCHTRABER  —  HOCHTRITT 


1636 


Mose  urgesch.  des  bad.  landes  l,  148  ff.;  der  heutige  weg  er- 
schien noch  trauriger  als  der  gestrige ;  ermattete  pferde  waren 
öfter  gefallen  und  lagen  mit  umgestürzten  wagen  häufiger 
neben  der  hochstrasze  auf  wiesen.  Götbe  30, 142  {campagne 
in  Frankreich). 

HOCHSTRÄUSZ,  adj.  sehr  zum  strausz,  sur  fehde  geneigt 
(j.  strausE  und  sträuszen):  herr  Dicpolt  war  ein  hochstreuszer 
und  unverträglicher  herr.  Zimm.  chron.  1,359,31;  da  er  sich 
nit  so  gar  hochstreusz  gegen  dem  kunig  und  dem  conne- 
stabel  Montmorenci  erzaicht.  3,  418,  5. 

HOCHSTREBEND,  pari.  : 

dich,  hochstrebeniler  busen, 
vom  Schleier  der  sittsamen  liebe  bedeckt.    Ramler  1,  58. 

auch  in  bezug  auf  geistiges:  hochstrebende  gedanken,  plane. 

HÖCHSTSELIG,   adj.,  tgl.  oben  hochselig  1:    am  montage 
werde  der  höchstselige  .  .  beigesetzt.    J.Paul  Tit.  2,45;  am 
probe-  und  Vorbildbegräbnisse  des  höchstseligcn.  75. 
HÖCHSTVERGNÜGT,  part: 

so  ahm  ich  höchstvergnügt  berühmten  männern  nach. 
Hagedorn  1,  17. 
HÖCHSTVERDIENT,  part.:  der  hochedelgeborne  herr,  herr 
Dumbsbirn,  fürstl.  Sachsen-AIdenburgischer  höchstverdienter 
canzler.  Schüppius  18.    s-  unter  hochverdient. 

HÖCHSTVERWILLIGT,  part.  von  höchster  stelle  aus  {sp.  1602) 
rerwüligt:    einmal    sind   schon   di«  wappen    höchstvcrwilligte 
uder  brüderlich  beliebte  churakterzeichen  der  personen ,   fa- 
niilien  und  länder.  Herder  z.  lüt.  14, 162. 
HOCHT.XNZ,  m.,  erhabener  tanz: 
da  tanzen 
sie  den  feierlichsten  hochtanz  — 
hochtanz,  wo  der  strahl  der  gnade 
das  talent  entbehrlich  machte, 
und  vor  Seligkeit  die  seele 
aus  der  haut  zu  springen  sucht!    H.  Heike  17,36. 

HOCHTHAT,  f.,  erhabene,  edle  ttiat: 

in  red  und  gesang  und  hochthat.    Voss  3, 13. 
HOCHTHEUER,  adj.  carissimus :  der  heilige  und  hochtheure 
geruch    steigt  auf  aus  dem   quellbrunn  des    heiligen  gcistes. 
J.  BÜH.ME  Aurora  97 ; 

hier  (in  der  laufe)  wäscht  uns  sein  hochteures  blut 
und  macht  uns  heilig.        P.  Gerhard  no.  3;j,  8. 

hochtheurer  eid,  vgl.  hoch  und  iheuer  schwören  oben  sp.  1598 : 
sich  mit  hochtheuren  eidschwüren  verlauten  liesz,  sie  sei 
ganz  unschuldig.  Sitnpl.  2,  306  Kurz. 

HOCHTHUEREI,  f.  vornehmthuerei:  die  Sänger  selbst  gaben 
sich  den  namen  der  barden,  mit  denen  sie  (knabenspiel !) 
auch  auszer  der  poesie  genannt  wurden,  eine  kindische  hoch- 
thuerei,  die  keinem,  am  wenigsten  dem  deutschen  charakter 
geziemet.  Herder  zur  litt.  18, 137. 

HOCHTHCRM,  m.:  die  Vollendung  des  hochthurms  von 
St.  Stephan  in  Wien,  ülustr.  zeitung  vom  13.  aug.  1864. 

HOCHTON,  m.  der  hohe  oder  hauptton  eines  Wortes  auf  dessen 
bedeutendster  silbe;  gegensatz  tiefton,  tonlosigkeit. 

HOCHTÖNEND,  part.  laut,  kräftig  tonend:  da  die  spräche 
der  Griechen  hochtönend  war,  und  auszer  langen  und  kurzen 
auch  hohe  und  niedrige  accente  hatte.  Herder  z.  litt,  l,  69 ; 
damals  schien  mir  das  hochtönende  meines  enthusiasmus 
die  natürliche  spräche  meines  herzens  zu  sein.  ThOmmel  2, 100. 

HOCHTRAB,  m.  hoher  trab  bei  pferden  (veryl.  bochtraber) ; 
übertragen  von  stolzem ,  hochfahrenden  wesen ,  auch  von  einer 
person  die  solches  wesen  zeigt:  der  hocbtrub  Günterodt  ver- 
stund nicht  wie  er  das  deputat  überantworten  sollte.  Schwei- 
niCHEN  3,107;  welches  dem  hocbtrab  .  .gebühret  hätte.  110; 
welches  ich  alles  dem  hochtrabe  Günterodt  zu  danken.    124. 

HOCHTRABEND,  part.  einen  hohen  trab  einschlagend,  über- 
tragen von  einen  nach  hohem  rang  strebenden :  liekömmet  nicht 
.  .  der  huchdrabende  seine  Schwung-  federn ,  «ich  aus  dem 
nidrigea  zu  erheben,  und  hoch  ans  bredt  zu  schwingen! 
BoTSCBKT  P<i/»i.  42;  öfter  aber  von  einem  stolzen,  hochfahrenden: 
ein  »ehr  ansehnlicher  und  ziemlich  hochlraJicnd  scheinender 
mann.  FeUenb.  i,  256.  von  übermüthigem,  hochfahrenden  wesen : 
die  aufführung  des  hochmüthigen  ist  steif  und  hochtrabend. 
Kant  7, 431:  ein  hocbtrabendes  gemülhe.  pert.  rosenthal  8,29; 
mit  dergleichen  hochtrabenden  dingen.  Pterot,  1,»»;  in  recht 
anschaulichem  bitdf : 

'"  •         ■  !pn  meine  feind 

'I  i  ochtrabend  «eind, 

'-'■•  iilnet  iehen.    Wiciiiirlin  120; 

odei  von  ttnlifH  und  prangenden  Worten:  dan  int  ja  eine  hoclv- 
Uabrndf  rede,  ichaubithne  engl.  u.  fr.  com.  i.  152;  keine  pre- 


digten gefallen  ihnen  besser,  als  die  nach  der  weit  sinn  ein- 
gerichtet sind,  fein  kraus  und  bunt,  hochtrabend  mit  schönen 
Sprüchen  der  heidnischen  pocten  und  propheten  ausge- 
schmucket.  Scriver  seelenschatz  (1684)  897 ;  dasz  man  nach 
beschaffenhcit  der  umstände  weder  zu  hochtrabend,  noch 
auch  zu  niederträchtig  schreibe.  GIInther  vorrede  a3';  es 
solle  derselbe  (bricf)  nicht  allzu  hochtrabend,  oder  spitzig 
herauskommen.  Felsenb.  4, 264 ;  es  führe  zwar  .  .  der  schulz 
sehr  starke  hochtrabende  worte,  sei  aber  ein  hase.  J.  Paul 
flegelj.  l,Z3;  eben  dieser  vorzug  erwarb  ihm  den  hochtraben- 
den zunahmen  Hyperbolus ;  denn  von  haus  aus  hiesz  er 
Hegesias.  Wieland  19,  278. 

HOCHTRABER,  m.  pferd  welches  einen  schweren  trab  hat. 
Nemnich. 

HOCHTRABIG,  adj.  und  adv.  hochtrabende  weise  hcd>end: 
machen  sich  fratzig  genug,  treten  fein  hochtrabig  herein  (etn- 
her).  wegkürzer  85. 

HOCHTRÄCHTIG,  adj.  1)  nach  hohem  trachtend,  hoch  hinaus 
wollend  (gegensatz  von  niederträchtig) :  das  arm  menschlich 
geschlecht  ist  us  dem  fall  Adams  so  stolz,  eigennützig,  hoch- 
trächtig. ZwiNGLi  2,9;  diese  bien  Oiegt  nicht  auf  die  hoch- 
trächtige rittersporn.  Abraham  a  s.  Clara  1, 207 ; 

wer  wil  Pertunda  stolz,  hoch-trächtig  auch  wol  nennen? 
er  gibt  genug  an  tag,  er  musz  sie  recht  nicht  kennen : 
heist  dieses  denn  wol  stolz?  sie  bleibet  unten  an 
und  duldet  über  ihr  so  leichtlich  jederman.    Locau  1,33,17. 

2)  hochträchtig,  von  einem  thiere,  das  bald  junge  wirft:  eine 
hochträchtige  kuh. 

HOCHTRAGEN,  part.  hochgetragen,  von  einem  menschen  der 
von  stolz  erfüllt  ist :  hochtragen ,  hochfertig  und  stolz ,  elatus 
et  inflatus,  gloriabundus,  insolens,  hochtragen  gmüt,  das  nach 
hohen  und  groszen  dingen  stellt,  pectora  sublimia.  Maaler  227'; 
es  ist  kaum  etwas  das  also  hochtragen  macht  als  die  schöne 
der  frawen.  A.  v.  Eybe  7*;  doch  ist  disz  volk  gleichwol  ein 
hoflich,  doch  ein  hochtragen  volk  gegen  anderen  nationen. 
Frank  weltb.  42';  bei  gott  hochtragener  ritter,  du  wirst 
jetzunder  erkennen  müssen,  dasz  du  dich  zu  unglückseliger 
stund  understanden  mich  zu  strafen  und  zu  underweisen. 
Amadis  280;  ein  edel  und  hochtragen  gemüt  erzeigend  die 
hund  indem  dasz  sy  nit  angreifend  die  so  sich  gegen  inen 
demütigend.  Forer  Ihierb.  87';  etliche  hochtragne  mathema- 
tici.  Thurneiszer  magna  alchym.  14; 

ein  gleiszner  sei  hochtragen! 

ich  nab  mit  zöllners-hand 

mein  arme  brüst  zu  schlagen.    Rompler  174. 

HOCHTRAGEND,  part.  1)  was  das  vorige  hochtragen,  stolz, 
ehrgeizig,  hochmfUig:  wurdent  {die  Juden)  also  hochtragendes 
mutcs,  daj  sü  niemanne  woltent  vorgeben,  und  wer  mit  in 
bette  zu  dunde,  der  künde  kume  mit  in  uberein  kumuien. 
d.  städlechr.  8,  127, 8  (14.  Jahrhundert) ;  einem  hochtragenden 
hochmütigen  menschen.  Luther  l,  3<<1';  Alhila  .  .  dem  sein 
stolz  zu  den  äugen  hcrausz  scliinc ,  und  sein  hochtragend 
mächtigkeit  auch  in  bewcgnus  scins  leibs  erscheinen  liesz. 
S.  Frank  chroti.  157";  solt  auch  manche  hochtragende  frau, 
ob  sie  schon  irer  bochfart  bei  fremden  nicht  masen  könnte 
doch  wan  ir  man  zugegen,  sich  einhallen.  Fischart 
ehez.  519;  hochtragend  unbenügig  prächtig  weih.  544;  der 
bischof  war  der  eeren  fro,  dann  er  ein  hochtragender  herr 
was,  und  fröwt  in  die  hoffart.  TscHuni  1,9;  adieu  weit! 
dann  du  verführest  jedermann :  den  ehrgeizigen  verheiszest 
du  ehre,  den  unruhigen  Veränderung,  den  hochtragenden 
gnade  hei  fürslen.  Simpl.  2,  111  Kurz,  noch  jetzt  schurizerisch 
{in  Luzern,  Zürich)  hochtragend,  stolz  im  du.<:zem.  Staluf.r  2,  4.S. 

2)  wie  hochlritchtig  2,  bald  iirbärend,  von  einem  thiere. 

HOCHTRAGENHEIT,  f  sublatio  animi.  Maaler  227*.  daneben 
hochtragne  des  groüts,  dapferkeit,  excelsitas  animi,  tlatio  et 
magnitudo  animi.  das. 

HOCHTRAGKNLICH.  adv.  sublate,  elate,  pracbtlich.  Maalkr 
227' ;  hochtrageniirh  reden,  sublate  dicere.  das. 

HOCHTRAGLICHKKIT,  f  hochmut:  und  nachdem  wir  in 
iren  teinpel  cingiengend  .  .  haben  sy  (die  Juden)  au»  alter 
hochlraglichkcil  beweget,  unii  den  cingang  versperret.  Zürcher 
bihrl    l.'.3ü  682'. 

JIOCHTREFFLICH,  adj.  sehr  trefflich.  Neanukr  syU.  loeut.  IS. 

HOCHTRITT,  m.  d<u  hoch  eitiher  treten  utui  dte  person  di* 
t'Achrs  Ihut  (vgl.  oben  bochtrab):  dem  bochd^idt  (hochmütigen 
narren).  ScnwKinicHEN  3,9;  dem  huchtricdt  (andtre  Mschr. 
biicbtrilt)  KeMeln  zum  spolt  beschabe.  3, 12. 


1637        HOCHTKAPPEND  — HOCHVERRATH 


HOCBV  ERRÄTHER  —  HOCHWALDUNG       1 638 


HOCHTRAPPEND,  part. :  geschweig  auf  rcichstagen  und 
hoQSgern  unsere  sammethutige,  seidenkappige,  goldrappirige, 
gelbringige,  befederde,  hochtrappende,  elenbogensperrige  .  . 
hoflfrätzlein  und  ha^ünkerlein.  Garg.  il'. 

HOCHTRÖSTLICH,  adj.: 

seht  wie  so  mancher  ohn 

hocbtröstiich  ist  zu  nennen, 

da  wir  ihn  {Chrixiunt)  flnden  können 

im  nachtmahl,  tauf  und  wohrt.    Rist  sabb.  seelenlust  5. 

HOCHTROTZEND,  part.  : 
auf  neun  schiffen  kam  Heraliles  starker  und  groszer 
söhn,  TIepolemos,  mit  hochtrotzenden  Streitern  aus  Rhodos. 

BOKGER  202'. 

HOCHTRÜTZ,  m.  termei^ner  trutz: 

für  idermans  hoch-trutz.    Melissls  ps.  M  5'. 

HOCHTYRANN,  »i.. 
so  beschwören  .  .  ihn  des  waldes  hochtyrannen  (den  löwen) 
frommer  sinn  und  melodie.  Götuk  15,  332. 

HOCHVERDIENST,  «.  .• 

dein  hochrerdienst  giebt  dir  den  neuen  stand. 

Shakesp.  die  beiden  Veroneser  5,  4 ; 
plead  a  new  state  in  thy  unrivall'd  merit. 
HOCHVERDIENT,  part.  hohes  verdienst  habend:  des  gar  für- 
sichtigen und  hochverdienten  herren  Ruprechts  Haliers.  d. 
städtechr.  3,  33,  15;  diejenigen  {männer)  welche  man  a,  die 
hochverdienten,  oder  b,  die  allverehrten  und  allgeliebten  nennt. 
Imxekmann  Münchli.  2,172; 

ein  schätz,  den  man  allein 
dem  hochverdienten  gerne  gönnen  mag, 
ein  andrer,  den  man  mit  dem  höchstverdienten 
mit  gutem  willen  niemals  theilen  wird.    Göthe  9,  145. 

HOCHVERECKT,  part.  sagt  der  jäger  vom  hirsche,  wenn  dessen 
gevxih  mit  seinen  Stangen  und  enden  völlig  geschoben  und  reif 
ist.   J.\COBSSON   2,  269". 

HOCHVEREHRER,  »n.  .■ 

dir  auch,  Michaelis,  groszer  lehrer, 
bringen  feiernd  deine  hochverehrer 
dieses  bohre  todtenopfer  dar.    Bqrcek  93*. 

HOCHVEREHRÜNG,  f.: 

schmerz  entpreszt  vor  Hades  thor  den  schaaren 
derer  welchen  sie  (<<«>  teeiseii)  einst  theuer  waren, 
keinen  trostbegehrenden  gesang. 
nur  der  hochverehrung  süsze  schauer 
füllen  ihre  herzen  statt  der  trauer.    Bijkcer  92'; 
ffrusz  zur  stunde,  die  bewegt 
Lunas  hochverehnuig  regt!    Göthe  41,  170- 

HOCHVERFLUCHT,  part.  : 

ein  hochverflucbtes  baupt.    Tieck  2,31. 

HOCHVERKLÄRT,  part.  : 

nicht  schäm  ist  gastfreundschaft  der  sänger, 

die,  am  beljeniscfaen  tage  der  freiheit, 

zu  hochverklärter  menschlichkeil  aufgestralt.    Voss  3, 172. 

HOCHVERLANGT,  part. :  hochverlangte  geistliche  musika- 
lische stücke  henorgeben  (herausgeben).  Rist  Parn.  134'; 

0  freud  und  lust  zu  dieser  frist, 
darin  der  beiland  Jesus  Christ, 
der  hochverlangte  wunderheld 
gebohren  ist  ein  mensch  zur  weit. 

Rist  .^a66.  seelenlust  30. 
HOCHVERLIERT,  part.  : 

der  hochverlieble  gott  (Jupiter)  liesz  seinen  nectar  stehn, 
in  lall  er  muste  fort  nach  andrer  weide  gehn.    FLsaiNC  153. 

HOCHVERMüGLICH,  adj.  von  hohem  vermögen,  groszem  be- 
sitz:  indehm  dergleichen  hochvermögliche  leute  vergessen, 
das  sie  dennoch  nur  menschen ,  asche  und  staub  sein. 
BcTSCHKY  Palm.  S37. 

HOCHVER.MUTHLICH ,  adj.  sehr  zu  vermuthen:  vorab  in 
Geldern ,  auf  welches  land  gemelter  Herzog ,  wie  hochver. 
mutlich,  vil  ein  mehrers  aufsehen,  dann  auf  andere  gehabt, 
berkht  über  Hossheimer  einfall  1513  Cij'. 

HOCHVERNÜNFTIG,  adj.:  durch  hochvernünftige  gründe 
und  unwidertreibliche  argumenta.  Simpl.  l,  2&1  Kurz;  wi  der 
herr  als  ein  hochvernünftiger,  selbst  erfahren.  Botsgoiy  kanzl. 
2S4.  adverbial:  hochvernünftig  urtheilen,  pro  prudentia  sua  ju- 
dicare  Frisch  1,  45S'. 

HOCHVERItATH,  m.  für  den  begriff  der  perduelho  sdieiiU 
das  wort  hochverrath  im  lo.  Jahrhundert  wie  auch  später  noch 
unbekannt  (Carolina  arl.  124.  127  wird  wol  die  suche,  aber  nicht 
das  wert  erwähiü),  und  erst  etwa  ende  des  17.  jalirh.  gebildet: 
hochverrath,  crimen  laesae  majestatis,  perduellio,  der  des  hoch- 


verraths  schuldig,  perdueUionis  reus,  einen  auf  den  hochver- 
rath anklagen,  actionem  perdueUionis  alicui  iiUendere  Steixbacb 
2,  224.  seit  der  2.  hälfle  des  torigen  jahrh.  häufig  in  freier  Ver- 
wendung :  es  ist  hochverrath  an  ihnen,  mein  wohlthäter,  wenn 
ich  zaudre.  Göthe  19, 11 ; 

Kallisto  liesz  sich  doch  von  einem  gott  besiegen ; 

das  milderte  die  scbnödigkeit  der  tbat : 

doch  einem  hirten  unterliegen, 

wahrhaftig!  diesz  war  hochverrath.    Wieland  10,  143; 

diesen  hochverrath 
an  seiner  menscbbeit  sollte  Posa  sich 
vergeben?  Schiller  Karlus  5,9; 

dient  denn  gott  ein  mensch  zum  spiele, 
wie  des  buben  band  der  wurm?  — 
nimmermehr!  dies  nur  zu  wähuen 
wäre  hochverrath  an  ihm.    Bürger  44' ; 
stets  handle  fest  nach  männlichen  gesetzen, 
die  du  dir  schriebst,  und  eines  zu  verletzen 
sei  hochverrath  an  der  Vernunft.     Seche  (jeä.  26. 

HOCHVERRÄTHER,  m.  der  hochverrath  begeht,  aucli  in 
freier  Verwendung:  hochverräther  an  unserm  vaterlande,  an 
uns  selbst,  und  an  unsern  nachkommen  zu  werden.  Klop- 
STOCK  12,  204 ; 

aber  es  sei  auch  kein  fluch 
gleich  dem  schrecklichen,  der  die  hochverräther  der  menschheit, 
welche  das  hehre  gesetz  übertraten,  verflucht.    2,  144 ; 
den  hochverräthern  der  menschlichkeit.    6,23; 
aber  wenn  einer  auch  wo  zum  hochverräther  a.i  ihr  (der  Schön- 
heit) ward.    7,  345. 

HOCHVERRÄTHERISCH,  adj. :  hochverrätherische  plane. 
HOCHVERSCHANZT,  adj. : 

so  ja^te  dich  der  tapfere  husar 

in  deine  hochverschanzte  felsenburg.    Gleik  4,65. 

HOCHVERSTÄNDIG,  adj.  hohen  verstand  habend:  es  sihet 
e.  k.  m.  ungezweivelt  wol,  was  für  grosze  fürsten  in  Deudsch- 
land,  was  für  commun,  stedte,  dazu  wie  viel  hochverstendige 
leute  es  mit  mir  halten.  Luther  3,  2S&' ;  mich  gelüst  warlich 
der  hochverstendigen  bücher  gar  nicht.  Alberüs  widder  Witzeln 
J2';  dann  er  für  einen  gewaltigen  ritter  und  fürsichtigen, 
hochverstendigen  mann  gehalten  w  ar.  Amadis  S4 ;  dasz  sie  . . 
allerhand  hochverständige  und  nachdenkliche  reden  von  ih. 
fürstl.  durchl.  hohen  rühm  führte,  pers.  reisebeschr.  i,  16 ;  der 
gar  hochverständige  und  weise  Lockmann.  pers.  rosenth.  2, 15 ; 
gelehrte  und  weise,  welche  mit  ihrer  lieblichen  und  hoch- 
verständigen zunge  .  .  die  gemüther  der  menschen  bewegen 
können.  3,  27;  sein  hochverständiges  bcirathen.  Bctscukv 
katizl.  257  ;  der  hochverständige,  weislich  geordnete  Aristoteles. 
Tieck  nov.  kränz  4,  350.  adverbial:  hiervon  hat  Verulamiui 
hochverständig  geurtheilet.  Butschky  Palm.  355. 

HOCHWACHT,  f :  specula,  eine  warte  oder  ein  hoher  ort, 
daraus  man  den  feind  ausspähet,  schauthurn,  wachthütte, 
hüchwacht,  lug  ins  land.  Kiascn  cornuc;  in  der  Schweiz  die 
waclU  auf  hohen  bergen ,  sowie  das  zu  einem  gewissen  zeichen 
angezündete  wacldfeuer.  J.\cobsso.\  6, 90*  (in  der  form  hoch- 
wache) ;  auch  der  wachthabende  selbst : 

hochwachten  stellet  aus  auf  euren  bergen. 

dasz  sich  der  bund  zum  bunde  rasch  versammle. 
Schüler  Telt  4,  2. 
von  einem  thurm  gedacht: 

steigt  auf  die  hocbwacbt,  blast  in  euer  hörn, 

dasz  es  weitscbmetiernd  in  die  berge  schalle.    5, 1. 

HOCHVVÄCHTER,  «i.  1)  der  die  hochwackt  hält,  auf  einer 
hochwacht  sitzt.  J.  Paul  Tit.  l,  93. 

2)  haupt-,  vornehmster  Wächter:  streifte  bis  an  den  puls, 
diesen  referenten  und  nachschlagenden  hochwächter  des 
herzens.  J.  Paul  palingen.  4, 63 ;  kein  kostbares  weibliches 
herz  wird  allda  in  Wäldern  und  feldern  oder  in  zimmern  ge- 
sichert und  gedeckt  genug  geglaubt,  ohne  eine  ehrenwache 
von  hundert  hoch-  und  uachwächtern  mit  schnarren,  leb. 
Fibels  107. 

HOCHWALD ,  m.  t«i/<i  von  alten ,  hochgewachsenen  bäumen, 
ohne  Unterholz:  es  sol  ein  probst  halben  teil  nemen,  wa^ 
nuzzes  und  genieszes  von  den  hochwälden  und  von  den 
hölzern  und  wälden,  die  gemeinewerk  sint  und  heiszent,  ge- 
vallet.  wcisth.  5,  &4; 

den  bocbwald  durch  gehts  ungehemmt. 

Schmidt  v.  Werübuchkn  alm.  17^^  i.  6b. 
HOCHWALDIG,  adj.: 

auf  gipfelfels  bocbwaldiger  Schlünde.    Götuk  4,  100; 

am  bocbwaldigen  see  der  alten  Rhetbra.    Voss  3,  35. 

HOCHWALDL'.NG,  f  ausgedehnter  hochwald.  Jacübsson  6,90'. 

103» 


1639 


HOCHWARTE  —  HOCHWOGIG 


HOCHWARTE,  f.  hoch  gelegene  warte. 

HOCHWASSER,  n.  wasser,  das  einen  besonders  hohen  stand 
hat  und  Überschwemmung  drolU. 

HOCH\N'EG ,  m.  Iwuplweg,  hauplstras:e  eines  landes  oder  be- 
zirkes:  uf  dem  howeg.  Mone  Urgeschichte  des  bad.  /andes  11146 
(i".  1511);  howeg.  145  (v.  1341);  der  name  zugleich  mit  rücksicht 
auf  die  dammartige  erhöhung  des  wegs: 

aber  aus  dem  gleise  gedriingt,  nach  dem  rande  des  hochwegs 
irrte  das  knarrende  rad  -.  es  stürzt  in  den  graben  das  luhi-werk. 

GöTUE  40,  240, 
daßr:  bis  zum  damraweg,  welchen  sie  ziehn.    s.  233; 
hochweg,    crepido  semitae,  eminenlia  viarum  dtxtra  sinistraque. 
SchOnsledkr  Nn  3*. 

HOCHWEISE,  adj.  von  hoher  Weisheit:  des  hochweisen  herrn 
Niclas  Grosz.  d.  städtechron.  3,  33,  17 ;  dieser  liefsinnig  schrifl- 
gelehrter  und  hochweise  bischoff.  Fischart  bienk.  158" ;  und 
hielten  den  Jovem  für  hochweisz,  dasz  er  der  Europa  so  und 
andern  seinen  bulschaflen  also  nach  gehengl.  Amadis  363 ; 
ein  sehr  gelehrter  und  hochweiser  mann.  Oleariiis,  vorrede 
zu  Lükmatis  fabeln ;  hochweise  königc.  Schuppius34;  der  hoch- 
weiseste könig  Salomo.  623; 

doch  ein  hochweiser  magistrat 

besetzt  das  thor,  und  sperrt  die  Stadt.    Lessing  1,  118. 

HOCH  WEISHEIT,  f  als  titel  von  ratsmitgliedern :  da  von 
diesen  zwei  wegen  der  letzte  zugleich  der  bequemste  und 
der  fähigkeit  der  hoch-  und  wohlweisheiten ,  mit  denen  er 
es  zu  thun  hatte,  der  angemessenste  war.  Wieland  20, 264. 

HOCHWEISLICH,  adv.:  seitemal  nun  ihr  kön.  mayt.  ganz 
hochweislich  hieran  handelt.  Amadis  323 ;  euer  käyserlichc 
raajest.  haben  von  zweien  dingen   gar  hochweiszlich  geredet. 

SCHL'PPII'S   82. 

HOCHWEISZ,  adj.  auszerordentlich  weisz :  als  ich..warnam, 
wie  künstlich  und  schön  die  hochweise  unter  die  liebliche 
rosenfarb  in  ihrem  .  .  angesicht  gemengt  und  auszgetheilet 
war.  Simpl.  4,92  Kurz. 

HOCHWELTVERSTÄNDIG ,  adj.  in  hohem  grade  die  weit 
kennend :  dem  hochweltverständigen  Piatoni.  Schuppius  522. 

HOCHWERDIG,  adj.  =  hochwürdig:  die  hochwerdigste 
bischoffe.  Alberüs  widder  Witzeln  L3'. 

HOCHWERTH,  adj.:  es  scheinet,  das  die  schrifl  noch  vil 
hochwehrter  zu  achten  (als  die  mündliche  rede).  Bütschky 
Palm.  551 ;  der  hochwehrte  heiland.  51 ;  meine  insonders 
groszgünstige  hochgeehrte  herren  und  hochwerthe  freunde. 
Schuppius  129; 

und  gibst  mit  groszer  gute 
mir  das  hochwerthe  piand 
zu  essen  und  zu  trinken  (im  abendmahl). 

P.  Gerhard  no.  34,  "  ; 
s'o  wünscht  ich  mir  vorjetzt  die  rcgung  abgeraahlet, 
die  über  dir  das  lierz  liochwerther  elteru  fülilt.    Günther  517  ; 
es  ist,  hoch-werthes  haupt!  die  alte  Schuldigkeit, 
womit  dir  jetzt  mein  kiel  ein  jährlich  opl'er  Dringet. 

659  (neujalnswunsoh  eines  sohncs  an  seinen  vater). 
HOCHWICHTIG,  adj. :  das  unser  widerwerligen  (gegner)  in 
dieser  hochwichtigen  sachen  oft  gar  nichts  merken  noch  ver- 
stehen. J.  Jo.NAS  bei  LuTBER  6,  380' ;  mich  verlaugt  sehnlichst 
nacli  einer  Unterredung  über  einen  mir  hochwichtigen  gegen- 
ständ. iMMERMAN.f  Müuchh.  2,  3S  ; 

disz  hochwichtig  und  gut  bedenken  (einsehen) 
thet  ir  der  heilig  geiüi  gwisz  sclienken. 

J.  Avher  126"  (634,  28  Keller). 
HOCHWICHTIGKEIT,  /". ;  ach,  anlwort  Galoar,  verklügel 
und  beschönet  meine  thaten  nicht  also,  dieweil  nit  allein  mit 
dem  werk ,  sondern  auch  mit  den  gedaiikeu ,  ich  solche 
hochwichtigkeit  und  furtrclTlichkcit  (solches  lob  und  ansehen 
wie  Amadis)  nicht  anrüreu,  viel  weniger  erlangen  möchte. 
Amadis  254. 

HOCHWILD,  n.  wUd  was  zur  hohen  jagd  (sp.  1603)  gehört: 

lier  voraus,  gloichsuiu  ul«  vortrab, 
abenteuerliches  hochwild, 
hirsch  und  säuc,  rudelweis.    II.  IIeinb  17,  07. 
s.  oben  hochgcwild. 

HOCHA^'ILÜPRET ,  n.  hochwild:  ein  eclirher  burger  desz 
Luffa  zu  Reinych  hayt  auch  ninclil.  alle  wyldtpretii  zu  faygeii 
(fahren),  usEgeicbciden  hocbwyltperth.  weisth.1,-iri  (Obemtoul, 
V.   1477). 

HOCHWIPFLIG.  adj.:  hohen  wipfel  habend: 
bocbwipniche  cyprritten.    Platin  134. 
HOCHWOGIG,  adj.  und  adv.: 

bochwogiK  erhebt  sich  letn  (dci  Hhein$)  itrom. 

KLorsTocK  1,  109; 
o  wie  tbünnt  et  empor!  hochwogig 
dooDcru  Mm  reUenfctiad !    177. 


HOCHWOHLEHRWÜRDIG  —  HOCHZEIT     1 640 

HOCHWOHLEHRWÜRDIG,  adj.:  in  tüeln  Verstärkung  des 
einfachen  ehrwürdig:  ein  hochwohlehrwürdiger  mann.  Rabener 
2,  196. 

HOCHWOHLGEBOREN,  part.  als  epühet  des  adeU.  bei 
BtiRGER  einmal    von  eigenschaßen,  wie  sie  beim  adel  erscheinen: 

und  meiner  jungen  brüst 
entstahlen  zwei  hochwohlgeborne  diebe, 
die  löfTelei  und  ehrsucht,  bald  die  liebe.    106*. 

HOCH  WOHLGELEHRT,  part.:  dem  .  .  hochwolgelehrten 
herrn  Georg  Philips  Riesen,  .  .  wolverordnetem  predigen 
Schuppius  685. 

HOCHWÜCHSIG,  adj.  von  hohem  wuchs:  die  hochwüchsige 
edeltanne.  Schubert  reise  l,  377. 

HOCHWÜRDE,  /■.  1)  Ao/ie  würde:  kein  aufsehen  weder  e. 
g.  hochwird  und  achtbarkeit  noch  auf  mein  unwird  zu  haben. 
Luther  br.  2,  225;  aussieht  seiner  (eines  fürslen)  künftigen 
hochwürde.  J.  Paul  Levana  2, 132. 

2)  ah  titel  einer  geistlichen  person :  das  ich  mich  unterwinden 
thar,  ein  brief  an  ewrer  hochwird  (den  erzbischof  zu  Mainz) 
zu  lichten.  Luther  l,  6';  gern  in  der  neuern  spräche  im  plural: 
eur.  hochwtirden  (ein  oberhofprediger).  Seriander  rechlschreiberei 
164. 

HOCHWÜRDIG,  adj.  und  adv.  «o«  hoher  würde,  mhd.  höch- 
wirdec :  welchen  (berg)  sy  gar  hochwürdig  achten.  Frank 
wellb.  169';  ich  begehre  aufgelöset  und  bei  Christo  zu  sein, 
ist  eines  apostels  hoehwürdige  stimme.  Rutschky  Patm.  338 ; 
wann  ich  zum  h.  hochwürdigen  abendmal  gangen.  Schuppius 
55  ;  und  schon  viel  früher:  von  dem  hochwirdigen  heiligtumb. 
Tucher  baumeisterb.  125, 26 ;  als  er  krank  lag  und  mit  dem 
hochwerdigen  sacrament  wardl  providirt.  Zimm.  ehr.  4, 163, 10. 
substantivisch :  der  katholische  christ,  wenn  er  in  seinen  tempel 
tritt,  sich  mit  Weihwasser  besprengt  und  vor  dem  hochwür- 
digen die  kniee  beugt.   Göthe  52,  295 ; 

hier  ist  kein  priester,  keine  kirche,  kein 
hochwürdiges.        Schiller  M.  Stuart  5,  7. 

im  titel  einer  geistlichen  person :  den  hochwirdigen  und  durch- 
leuchtigen fürslen  .  .  bischoven  zu  Bamberg.  Nürnb.  poUz.- 
ordn.  147 ;  hochwirdigsler  vater  in  gott  (anrede  an  den  erz- 
bischof zu  Mainz).    Luther  1,  7' ; 

so  will  ich  mir  bitten  zum  ehrlichen  lohn, 

l'ür  meinen  hochwürdigen  herren  pardon.    BBkgkk  67'. 

HOCHWÜRDIGKEIT,  f:  euwer  künigklich  hochwirdikeit 
(anrede  an  den  könig).  d.  städtechron.  1, 142, 29.  143, 16  (beide 
male  von  1388). 

HOCHZANGE,  f  eine  grosze  zange  mit  einem  breiten  srJmabel 
oder  kneipen,  womit  grosze  stücke  beim  hämmern  gezüngelt,  d.  h. 
gefaszt  und  regiert  werden.  Jacobsson  2,  269*. 

HOCHZEIT,  f,  mhd.  höchzit,  hohe,  festliche  zeit,  vgl.  unUr 
hoch  sp.  1603. 

1)  von  geistlichen  festen,  man  unterschied  vier  hochzeiten  i»i 
jähr  (weilinachten.,  ostern,  pfingsten,  allerheiligen.  Schm.  1, 1044 
Fromm.) : 

die  vier  hochzit.    Murnkh  bei  Scheible  8,  678 ; 

oiier  drei:  zwischen  dreien  hochzeiten  im  jähr,  nämlich  ein- 
mal zwischen  weihenachten  und  fasznacht,  das  ander  zwischen 
Ostern  und  pfingsten,  das  dritl  zwischen  den  zweien  frauwen- 
tagen  in  dem  soinmer  und  in  der  ernt.  «eiii/i.  5, 696  (f.  1476); 
desgleichen  gibt  der  vitzlumb  den  jungfrawen  (nonnen  eines 
klosters)  alle  hochzyt  ein  wagen  mit  holz,  weisth.  l,i3H  (Rheingau, 
von  1521).  auch  fieiligen feste  werden  hochzeiten  genannt.  Schm. 
a.  a.  0.;  die  hochzeit  sand  Kathrein.  urk.  der  Benedict. -ablei 
Altenburg  bei  Lk.xer  mhd.  handwörterh.  l,  1319.  hochzril  halten, 
ein  kirclunfcst  mit  bcgelwn :  ob  er  schon  ein  gut  gesell  mit  ist, 
ein  zechlirudiT,  oder  gerne  schöne  hauen  sihet:  wan  er  nur 
darbei  kein  ketzer  ist,  das  kan  ihine  nicht  schaden:  er  be- 
darf schlcchts  des  jahrs  einmal  heichten  und  hochzeit  halten, 
darinil  |>assiert  er  für  ein  guten  gttreueu  ziigethanen  der 
I    h.  rö.  kirchen.  Fisciiart  bienk.  232'. 

2)  auch  von  wellliclien  festen . 

d6  biet  sin  vnior  Sig«inunt      künden  sinon  man, 

pr  woidu  h<)chgezito      mit  liehen  Iriiiiidun  hün.    Nib.  38,3; 

der  könig  und  die  königin  cinpfiengen  die  rillor  gar  ehrlich 
und  mit  gro.izeii  frcuden,  hielten  inen  grusz  hüchzeil  und 
fest  vier  lag  lang.  b.  d.  liebe  280';  ein  frauw  sprach,  daw  .sie 
und  viel  andere  frawen  auf  einem  grunzen  fest  «i  s.  Mar- 
greten wcrcn  gcwcnen,  auf  solche  hoch/eii  kam  cm  jungfrauw. 


1641 


HOCHZEIT 


HOCHZEIT  —  HOCHZEITBALL 


1642 


2S9' ;  als  waa  er  etwa  zu  einer  hochzeit  oda*  gastung  gehen 
solle.  Sp£E  g.  t.  123; 

der  künig  der  bat  im  für  ^enumeu, 

der  wil  ain  grosze  hochzeit  haben.    fa$tn.  *p.  761, 13. 

drohend,  in  einer  redensart  auf  die  hochzeit  kommen,  auch 
dabei  sein  wollen,  vergl.  in  demselben  sinne  auf  die  kirchweih 
kommen  theil  5,  $32 : 

dardurch  war  dem  sein  gmüt  bewege, 
dacht  ich  wil  hie  auf  dhocbzeit  kommen. 

grobian.  (156»)  Jvj'  (b.  2,  cap.  8). 

3)  daher,  von  dem  aufwand,  der  bei  solchen  festen  geschieht, 
pracht,  glänz,  herrlichkeit :  zudem  soltu  wissen,  dasz  die  könige 
wegen  der  unterthanen  sind,  und  nicht  die  unterthanen  der 
könige  halber,  und  was  ists  nun  mehr  mit  solcher  hochzeit? 
heute  siehestu  einen  in  vollem  glück  und  groszer  herrligkeit 
sitzen, ...  es  kan  sich  zutragen,  dasz  nach  wenig  tagen  die 
erde  das  gehirn  aus  dem  köpfe  des,  der  wegen  seines  reich- 
thumbs  und  herrligkeit  viel  wnnderns  gehabt,  verzehret,  iters. 
rosenthal  1,31; 

(wir  sehn  yerne)  dasz  Zion  sei  erbaut, 
und  dasz  mann  gott  allda  in  meiner  hochzeit  schaut. 

FLEMiMe  23. 

4)  das  fest  was  bei  einer  Vermählung  ausgerichtet  wird:  im 
dritten  und  letzten  teile  {des  buchs)  will  ich  ein  frölich  hoch- 
zeit mit  einem  köstenlichen  male  und  Wirtschaft  machen  als 
dann  gewonlich  ist,  so  ein  man  ein  weih  genomen  hat. 
A.  V.  Eybe  l";  anno  dorn.  1400  und  in  dem  32  jar  da  was  der 
keltz  winter  . .  und  was  so  kalt,  das  man  . .  ein  hohczeit  auf 
der  Pegnicz  het,  und  man  tanczet  darauf,  und  die  hohczeit 
was  eines  satlers.  d.  städlechron.  l,  3S4,  21 ; 

die  ich  noch  nit,  wie  sich  gebürt, 

mit  hochzeit  hab  zu  hausz  gefürt.    U.  Sachs  3, 1, 183' ; 

und  die  vermählungsfeier,  sowie  die  Vermählung  selbst:  hochzeit 
der  brutschaft,  nuptie,  connubium.  voc.  ine.  theut.  k2';  die 
hochzeit,  brautlauf,  nuptiae.  Maaler  227';  wenn  du  von  jemand 
geladen  wirst  zur  hochzeit.  Luc.  14,  S;  am  dritten  tage  ward 
eine  hochzeit  zu  Cana.  Joh.  2,  l ;  noch  vor  zwanzig  jähren 
hatten  wir  kaum  zwei  oder  drei  poeten,  von  denen,  auszer 
etwa  an  geburtstagen  oder  hochzeiten,  kein  mensch  notiz 
nahm.  Wiela.nd  19, 269 ; 

nicht  in  ein  freudenbaus  bist  du  getreten, 
zu  keiner  hochzeit  Gndest  du  die  wände 
geschmückt,  der  gaste  haupt  bekränzt. 

Schiller  PiccoL  3,  8 ; 
vater,  ihr  hattet  doch  nicht  einwendungen  wider  die  hochzeit? 

Voss  1, 199  (Luise  3,  747). 

Es  heiszt  eine  hochzeit  machen,  halten,  bereiten,  anrichten, 
ausrichten:  das  die  kinder  Jambri  eine  grosze  hochzeit  an- 
richten, und  würden  die  braut  holen  von  Nadabath  mit  groszer 
pracht.  1  Macc.  9,  37 ;  das  himmelreich  ist  gleich  einem  könige 
der  seinem  son  hochzeit  machte.  Matth.  22,2;  ihr  werdet  eine 
stille  kleine  hochzeit  machen.  Göthe  10,  94 ;  die  hochzeit 
wurde  auf  des  oheims  schlosz  ausgerichtet.  19,333;  beim  hoch- 
zeithalten weisz  man  nie,  ob  einen  nicht  der  teufel  nimmt. 
J.  GoTTHELF  Uli  d.  knecht  i.  256; 

Grittus  solte  hochzeit  machen,  und  es  kam  was  andres  drein, 
dasx  er  ihm  gevattern  muste  unversehens  laden  ein. 

LoCAO  3,  79,  22 ; 

als  einst  der  löwe  hochzeit  machte, 

kroch  zu  der  neuen  königinn 

auch  eine  kleine  natter  bin.    Hagedob!«  2,  136; 

die  hochzeit  soll  auch  bald  geschehn, 

noch  vor  der  erndte  zeit.    3,  76 ; 

ist  das  die  hochzeit,  die  du  mir  bereitet? 

Schiller  Iphig.  2,  4. 
silberne,  goldene,  diamantene  hochzeit,  das  Jubelfest  der  ver- 
7ndhlung  nach  25,  50  oder  60  jähren.  —  In  Sprichwörtern  und 
bildern:  hochzeit  macht  alle  satt,  ist  ein  Sprichwort,  es  soll 
bei  euch  zutreffen.  Immehma:«'«  Münchh.  3,10;  eine  hochzeit 
macht  die  andre,  frühe  hochzeit,  lange  liebe,  öftre  hochzeit 
hat  nicht  ehre,  nach  der  hochzeit  erkenut  man  des  weibes 
bosheit.  es  ist  nicht  jedermann  auf  die  hochzeit  geladen, 
wer  bittet  den  armen  zur  hochzeit?; 

hochzeit  haben 

ist  besser  als  todie  begraben.    Sihbock  spr.  254. 
eine  schlackt  wird  einer  hochzeit  vergleichen : 

gar  nahe  umb  sant  Martins  tag 

ward  sieb  ain  hochzeit  machen. 

und  wer  den  heirat  gmachet  bat, 

lu  Augspurg  in  der  werden  »tat, 

die  wil  Ich  euch  hie  nennen. 

ÜHLANO  tollul.  471  (von  1512); 


also  fleng  man  die  hochzeit  an, 

drei  singerin  (es  sind  kanonen  gemeint)  die  solten  gan 

dem  brewtigam  hofieren. 

Hildebrand  volksl.  93  (von  1521). 

5)  hochzeit,  von  der  einsegnung  einer  geistlichen  person,  als 
himmlische  vermählungsfeier:  darnach  in  dem  selben  sumere, 
da  wart  das  closter  vollinbuwit,  und  da  begunde  man  zuhaut 
zu  schickinde  und  zu  bereitende  alle  dinc,  waj  man  bedorfte 
zu  der  hochzit  der  ynseinunge  (einsegnung  der  jungen  mark- 
gräfin  als  nonne).  chron.  des  Clarenkloslers  su  Weiszenfels,  in 
den  neuen  mittheil,  des  sächs.-dür.  alterthumsvereins  bd.  11  «.  391 ; 
ain  Statut  der  gaistlichen  hochzeit  halb  (teegen  der  ersten  messe 
eines  prieslers).  Nürnb.  polizeiordn.  84. 

6)  hochzeit,  die  bei  einer  vermählungsfeier  betheiti^en,  hock- 
zeitleute :  wollte  die  wirthin  ein  gespräch  anfangen  und  sagte, 
es  sei  heute  auch  schon  eine  hochzeit  durchgefahren.  .  . 
Vreneli  wurde  hochroth  und  zornig  und  sagte,  es  seien  nicht 
alles  hochzeite,  was  heute  auf  der  strasze  sei.  J.  Gotthelf 
Ulid.  knecht  (1870)  s.  254;  heute  würden  sie  doch  in  ein  wirths- 
haus  können,  ohne  für  eine  hochzeit  gehalten  zu  werden.  266. 

7)  hochzeit,  aussteuer,  heiratsgut:  einiger  erheirathelen  hoch- 
zeit oder  zubringenden  brautschatzes  wegen.  Simpl.  3,294  Kurz. 

8)  hochzeit  verhüllend  ßr  beischlaf,  hochzeit  haben,  coire : 
aufs  erste  möcht  jemands  fragen,  was  hat  Mosen  gelüstet, 
das  er  uns  daher  schreibet,  wie  Adam  bei  seinem  weihe  ge- 
legen sei?  es  ist  daiumb  geschehen,  das  man  das  lesen  mus 
in  aller  weit  für  jederman,  wie  die  zwei  hochzeit  mit  ein- 
ander haben,  das  das  gesetz  wird  angefangen.  Lcther4,  32'. 
in  stärkeren  Wendungen :  man  lasse  denen  edelleuten  ihr  wild- 
pret,  denen  bauren  ihre  kirchweih,  und  denen  hunden  ihre 
hochzeit,  so  bleibt  man  ungerauft.  Pistorics  Ihes.  par.  3,  58 ; 
fuszboden  von  marmor,  in  der  mitte  ein  breites  bell,  wor- 
auf die  flöhe  hochzeit  halten,  überall  groszartiger  schmutz^ 
H.  Hei.ne  2,94. 

9)  hochzeit,  im  karlenspiel: 

der  könig  und  der  oberknecht 
kein  hochzeit  machen  die  ist  recht, 
wann  sie  von  zweien  färben  sind. 

BiBK  doppehpiler  113. 

10)  hochzeit,  eine  abgäbe,  welche  gewöhnlich  zu  gewissen  fesl- 
zeiten  an  die  lehensherren  entrichtet  werden  muszte.  Scbm.  1, 1044 
Fromm. 

U)  eine  hochzeit  gemacht  haben  nennt  der  setzer,  wenn  er 
aus  versehen  ein  wort,  zeile  oder  stelle  doppelt  gesetzt  hat.  Ja- 
cobsso:» 6,  90*. 

12)  verlauf  der  form,  der  vocal  des  ersten  compositionstheiles 
wird  noch  im  17.  jahrh.  lang  gegeben,  wie  die  Schreibung  bei 
Fleming  beweist:  der  musen  hoochzeitwünsche.  s.  89;  jetzt, 
und  sicher  schon  seit  langer  zeit,  ist  er  kurz,  die  mundarten 
verwischen  die  beiden  worttheile  durch  zusammenziehung :  Schweiz. 
hocbsig  Stalder  2,48,  hochzig,  hostig  Tobler  277*;  schwäb. 
haochzig  Fromm.  3, 107,  32 ;  im  fränkisch-hennebergischen  hochzig, 
in  Nürnberg  hduchzet  2,275,12;  sonst  /ränA-«fA  hachset  6,468; 
düringisch  hochzg,  in  Obersachsen  höchst,  mit  dem  plural  hüchste. 
—  Bemerkt  musz  werden ,  wie  hochzeit  zuweilen  neutrales  ge- 
schlecht bekommt  {nach  analogie  von  fest):  es  hat  sich  genäheret  die 
österlich  zyt,  und  dg  fest  der  hochzyt  der  osteren,  uff  welches 
hochzyt  er  solt  und  wolt  gon  gen  Hierusalem.  wenn  es  was  .  . 
geholten  im  gesatz  den  mannen,  das  sye  drey  mol  im  jor  sich 
solten  antworten  und  stellen  gen  Hierusalem.  nammlich  zu 
osteren,  zu  pfingsten,  und  zu  den  loubertagen  am  herbst,  und 
die  zwey  hochzyt  der  pOngsten  und  der  loubertag  liesz  man 
etwenn  noch,  denen  die  ferr  dar  betten,  das  sye  doheimen 
hüben,  aber  d;  hochzyt  dj  liesz  man  nyemants  noch.  Kei- 
sersberg  ;)os/.  1,79';  dem  hochzeit  dienlich,  nuptialis  .Maaleb 
227*,  der  sonst  vom  femininen  geschleclit  nicht  abweicht. 

HOCHZEITAN'GABE,  f.  angäbe  eines  brautpaares  beim  pfarrer 
wann  sie  getraut  zu  werden  wünschen:  ein  freund  hat  mir  ge- 
schrieben, dasz  ihm  letzthin  an  einem  samstag  zwei  paare 
zur  hochzeitangabe  gekommen  seien,  beide  braute  hoch- 
schwanger und  alle  viere  voll  branntwein.  J.  Gotthelf  LH 
d.  knecht  (1870)  s.  298. 

HOCHZEITAPFEL,  m.  der  weisze  paradiesapfel.  Nemsich. 

HOCHZEITBAD,  n.  bad  des  brduligams  mit  einigen  seiner 
freunde  und  der  braut  mit  einigen  ihres  geschlechls  vor  der  hochzeit. 
die  braut  schenkte  dem  brdutigam  in  dasselbe  tüeher  zum  reinigen, 
vgl.  ScHMiD  schwäb.  wb.  2S2. 

HOCHZEITBALL,  m.  ball,  tanz  zur  feter  einer  Vermählung: 
die  neuvermählte,  an  ihrem  hochzeitballe,  tilel  eines  gedichts 
bei  Gotter  1,338(211). 


1643  HOCHZEITBECHER  —  HÜCHZEITFACKEL 

HOCHZEITBECHER,  m.    als  geschenk  bei  einer  Vermählung: 

80  sieht  man  auf  einem  emaillirten  hochzeitbecher,  wie  sich 

die  brautieute  . .  die  band  reichen,  christl.  kunstblalt  1867  s.  128 

HOCHZEITBETT,  n. ;  lief  drunten,  bereiten  sie  unser  hoch 

zeitbelt !  Fr.  Müller  3,  384  ; 

goll  Hymen,  der  du  dir  zum  thron 
das  hochzeitbett  erkohren!    Ramlkr  1,69; 
vollbracht,  vollbracht  ist  unser  lauf, 
das  hochzeitbette  thut  sich  auf!    Bdhgkr  15'  (Lenore). 
HOCHZEITBIER ,    n.  das  auf  einer  hochzeü  vorgesetzt  wird  : 
ein  kalt-  und  saurer  rausch  von  ihrem  hochzeitbiere. 

GÖMTIIKR  401. 

HOCHZEITBITTER,  m.    mann   der   zu   der  fcicr  einer  Ver- 
mählung einladet:    die  hochzeilbilter,   nuisicanten,  aufwärter, 
und  andere,  deren  dienste  man  sich  bei  hochzeiten  gebrauchet. 
der  Stadt  Leipzig  Ordnungen  (l'Ol)  s.  475;    weil    sich    nun    der 
hochzeitbitter   mit  einem  bunten  hulbande  gleich  eiustellete. 
Chr.  Weise  kl.  leute  375;    als  ein  junger  bursche,    der  hoch- 
zeitbitter,   langsam  .  .  gegen   das   haus  zu  geschritten  kam, 
dessen  verlegene  miene  mit  seinem  putze  und  mit  dem  lustigen 
husche    von   gewisz  fünfzig  farbigen  bändern  am  hüte  wenig 
nbercinslimmte.  Immermann  Münchh.  3,10; 
wenn  die  leulc  noch  im  trauren  am  begräbnishause  stehn, 
heist  sie  wol  der  hochzeitbitter  schon  zur  freudenmahlzeit  gehn. 
Chr.  Weise  ciiriose  yedankcn  von 
deulsclien  versen  45 ; 

schon  gieng,  mit  manchem  bunten  band 

um  hut,  der  hochzeitbitter 

im  dorf  herum.     Holt»  3ü  Jlalm  ; 

ein  hochzeitbilter  zog  der  lenz 

den  wald  entlang  und  sce.    1'laten  17. 

HOCHZEITBITTERIN,  f.:  der  hochzeitbitterin  sol  man  über 
fünf  bisz  sechs  groschen  von  jedem  tische  .  .  nicht  bezaiilen. 
der  Stadt  Leipzig  ordnuntjcn  (1701)  475. 
HOCHZEITBITTERSTRAUSZ,  m.: 

sie  brach  mit  zitternd  hastger  band 
mir  gnug  zum  hochzeitbitterstrausze. 

J.  Fk.  Kind  gedickte. 
HOCHZEITBRAUCH,  «i.,  plur.  hochzeitbräuche,  brauche  bei 
lermählungsfesten.     s.  hocbzeilgebrauch. 

HOCHZEITBRIEF,  «i.  darin  man  jemand  zur  hochzeü  lädt, 
literae  invitatoriae  ad  nuptias.  Frisch  1,  459". 

HOCHZEITCARMEN,  n.:  dieser  brief  wird  ihnen  einmal  so 
lieb  sein  als  ein  hochzeitcannen.  Rauener  c,  53. 
HOCHZEITCHOR,  m.: 

vor  woniie  trunken  riuT  ich  dann, 
viel  lauter  als  die  huchzeitcliöre  .  .  .    Iiökingk  1,128. 
HOCHZEITEN,  verb.  hochzeü  machen,  vemiäldung  feiern :  dein 
gemahl  hochzcitet  mit  einem  andern.  MusÄus  4,  ül. 

HOCHZEITER,  m. :  sponsus,  breutgam,  hochzeiter.  GoLii 
unomast.  (1582)  108;  ich  will  dich  zum  hochzeiter  macheu. 
Schiller  raub.  5, 1 ;  er  sieht  aus  wie  ein  hochzeiter.  Hippel 
4, 360.  der  plural  von  einem  hochzeüspaare :  ob  wol  di  ver- 
langte gleichheit  der  hochzeitere  selten  fulständig  zu  finden, 
so  wird  doch  ihr  chestand  so  vil  fridlicher  und  gesegneter 
sein,  so  vil  gleichartiger  si  sich  vereinbahren  mögen  und 
können.  Bltscuky  kanzl.  575.  In  Baiern  lieiszt  hochzeiter  auch 
der  geistliche,  der  daran  ist  seine  erste  viesse  zu  lesen  (vgl.  oben 
huchzeit  5) ;  sowie  die  ledige  mannspirson ,  welche  ein  kind, 
männliclien  geschlechts,  zu  grabe  trägt.  Schm.   1, 1045  Fromm. 

HOCHZEITEREI,  f.  das  freien,  der  brautstand:  was  soll 
i(h  machen?  meine  hochzeilhcrei,  meine  huEfnung,  meine  ein- 
bildungen  und  alles,  worauf  ich  ges|iannet,  war  dahin.  Simpl. 
3,67  Kurz. 

HOCHZEITERIN,  f.  braut:  gleichsam  als  ob  sie  seine  hoch- 
zcitenin    oder   liebste  gewesen  wiire.    Simpl.  2, 160  Kurz;    als 
Taubmann  seinen  hochzeiltag  in  Iteuden  vollbracht,  und  des 
:ibends  zu  bell  gehen  wolle,  seine  Jungfrau  huchzeiterinn  aber 
in  das  bell  zu  steigen  lang  verzöge.  Bhanut  beridU  vom  leben 
Taubmannt  s.  40  ;  seine  hochzcilerin.  pol.  sluckf.  260; 
iiiii  liinr  KiücLen,  die  jederzeit 
■■in  huchzciti-riii  tugeriiNnm 
bctraclit  uii  ihrem  breutigam. 

W.  Spancknbirc  fanißrifffv  Cv'. 

In  haiem  heiszt  hucbzeiterin  auch  eine  frauentjjersun,  die  zur  nonne 

iingeweihl  wird  (vgl.  oben  hochzeil  5),  sowie  eine  ledtge,  die  ein 

Liud,  weU/lirhen  gischlechts,  zu  grabe  tragt.  ScuM.  1,1045 /•>(;»»»». 

HÜCHZEITFACKEL,  f:  oder  ich  will  eine  hochzeiUacLel 

lin,    datiz   ihre    stadt   an    allen    ecken    leuchten    soll. 

1 1  k  dram.  tp.  2,  316; 

meiner  hochzcUrack«!  iirond 

■el  von  mir  jetzt  »elbii  bvkungcn !     Liiiino  1,289; 

wenn  ilif  hochzeltrackcl  lodert.    Gottm  1,129. 


HOCHZEITFEIER  —  HOCHZEITHERR      1 644 

HOCHZEITFEIER,  f.: 

da  schon  kammer  und  bette  zur  hochzeitreier  geschmückt  sind. 

Voss  1, 131  (Luise  3,  106). 
HOCHZEITFEST,  n.: 

dises  hocbzeitrest  zu  halten.    Weckubrlin  718; 

so  ward  von  den  himmlischen 

Theti.s  hochzeitlest  begangen. 

Schiller  Iphitj.,  4.  zwischenhandtung ; 
brav,  dasz  ihr  wackeren  leute  daran  denkt,  unserer  Jungfrau 
hochzeitfest,  obgleich  es  unangekundigel  einfiel, 
durch  die  edle  musik  zu  erfreuu.    Voss  1,198  {Luise  3,736). 

HOCHZEITFREUDE,  f:  wir  wollen  von  andern  dingen 
sprechen,  vom  jungfernkranz,  von  maskenbällen,  von  last  und 
hochzeitlreudc.  H.Heine  1,320; 

eure  süsze  hochzeit-freuden 

musz  ich  durch  das  absein  meiden.    Flebinc  392; 
der  zank,  der  götter  selbst  in  bocbzeitfreuden  stört. 
Wieland  10,  165. 

HOCHZEITGAST,  m.  conviva  nuptialis.  Friscu  1,459": 
ihr  frohen  hochzeit-gäste.    Fleming  170; 
hier  kommen  zu  dem  feste 
noch  mehr  der  hochzeitgäste. 

KoTZEBUE  dram.  sp.  1,  34. 

HOCHZEITGEBRAUCH,  m.,  plur.  hochzeitgebräuche ,  ge- 
brauche, wie  sie  ßir  vcrmählungsfeierlichkeüen  festgesetzt  oder  gang 
und  gäbe  sind.     s.  hochzeilbrauch. 

HOCHZEITGEBRÄUCHLICH,  adj.:  hochzeitgebreuchliche 
ehrentage.  Butschky  kanzl.  593. 

HOCHZEITGEDICHT,  n.:  Martini  Opitii  ander  buch  der 
poetischen  wälder,  von  hochzeitgedichten.  Opitz  2, 56. 

HOCHZEITGEIGE,  f: 

das  gibt  eine  freud,  ein  jubilieren, 
die  hocbzeitgeigen  werden  gestimmt. 

KoTZEBUE  dram.  sp.  1,  296. 
HOCHZEITGEPRÄNGE,  n.: 

weg  mit  den  Schalmeien  und  hocbzeitgepräng.    Köbnbr  1,225. 
HOCHZEITGESANG,  m.: 

wie  lieblich  erklang 

der  hochzeitgesang, 

den  zu  der  cither  tanzlustigen  tönen  .  .  . 

sang  der  Kamöuen 

versammelter  chor 

auf  Pelcus  hochzeit  und  Thetis,  der  schönen ! 

Schiller  Ipliig.,  4.  zwischcnhandLung. 

HOCHZEITGESCHENK,  n.  geschenk  wie  es  bei  einer  Vermäh- 
lung von  den  ungehörigen  und  freunden  der  brautieute  iibergeben 
wird,     in  freierem  sinne: 

sieh  Wilhelm,  die  mutter  hast  du  wieder, 
das  ist  ein  herrliches  hochzeitgescheuk. 

KüTZEBUE  dram.  sp.  1,  312. 

HOCHZEIT-,  HOCHZEITSGESCHICHTE,  f.:  unerschöpflich 
waren  sie  in  hochzeilsgeschichten,  welche  jedoch  sänunllich 
darauf  hinausliefen,  dasz  die  und  die  (braut)  dasselbe  ange- 
zogen habe,  was  nun  auch  die  lochler  vom  oberhofe  der 
landessilte  gemäsz  zu  tragen  hatte.  Immermann  Münchh.  3,14. 

HOCHZEITGESCHMEIDE,  n.  : 

als  Doris,  diu  freundliche  schöne, 

deu  Vorzug  der  freiheit  verlor, 

und  man  ihr,  nach  langem  gehönc, 

den  hiiszlichston  ehschatz  ei-kor: 

da  flohen  diu  gaukelnde  freude, 

das  scherzen,  der  liebreiz,  die  huld  ; 

doch  kamen  im  bochzeitgeschmoide 

die  treue,  die  pilicbt,  die  geduld.    Hagkdorn  2, 88. 

HOCHZEITGESCHMUCK,  m.  .• 

iude  koinuiendc  nacht  umschwebt  mich  dein  lächelndes  bildnis, 
bald  im  huchzuitgesclimuck,  von  rolben  handern  uinOattert, 
bald  im  schnitteniütcheii.  Holty  41  Hatm. 

HOCHZEIT-,  HOCHZEITSGESELLSCHAFT,  f  bei  einer  Ver- 
mahlung anwesend:  nach  dem  hufe  des  biituligams,  wo  schon 
die  ganze  hochzeitsgcsellschaft :  münner,  flauen,  mUdchen, 
junge  bursche  .  .  seiner  warten.  Immehmann  Münchh.  3,30. 

HOCHZEITGESICHT,  n.:  morgen  soll  hochzeil  sein:  sind 
das  hoclizeitge.sichler?  Klinuer  1,44. 

HOCHZEITGURTEL,  m.: 

wir  alle  «ilieii  nun  um  dich  her, 
.Hiiigfit  und  wi-bi'ii,  blau  und  Krau, 
ilen  hurhtciigurivl  der  artigsten  Itau. 

I'm.  .Müllih  2,  3UU. 

liOCHZKiTiiAUS,  tt.  domus  nuptialts,  nympharum.  Fni!>cu 
1,459*. 

HOCHZEITHERR,  m.:  bei  der  ubrigkeil  und  denen  aus 
ihrem  mittel  verordneten  bucbzeitberrn  müssen  sich  dicjenig« 


1645      HOCHZEITKERZE  — HOCHZEITLICH 

Personen,   welche   in  den  ehstand  treten  wollen,   zuvorderst   i 
anmelden.  Creidiüs  2, 196. 

HOCHZEITRERZE.  f.  kerze  die  hei  der  vermäUungsfeier  brennt: 
sie  wären  denn  nun  zwei,  doch  zwei  mit  einem  herzen, 
und  feilte  (leliUe)  wenig  zeit  zu  ihren  hochzeilkerzen. 

A.  Grtphics  1698    1,200: 

es  brennen  schon  die  hochzeitlserzen  (es  ist  alles  zur  hochzeil 
bereit).    Kotzbbuk  dram.  sp.  1,  29". 
HOCHZEITKLEID,  n..- 

ein  breutigam  in  meinem  hoch»eitklaid.    WiMHimLW  75. 
HOCHZEITKNECHT,  m.  der  festfreude  sklavisch  ergeben  (vgl. 
knecht  th.  5  sp.  1396  c*en) :  ist  ainer  gern  ain  hochzeitknecht, 
in  allen  spilen  und  dänzen,  so  spricht  er,  Christus  ist  auch 
auf  die  hochzeit  gangen.  S.  Fr.\>ck. 

HOCHZEITKOSTEN,  pl.  sttmtus  ti«/rfia/es.  Frisch  1,459'. 
HOCHZEITKRANZ,  m.  kränz   den  die  braut  bei  der  hochzeit 
trägt;  auch  für  hochzeit  selbst: 

bald  beginnet  der  tag  des  hochzeitkranzes,  o  Hannchen! 

HöLlT  40  Halm; 

ich  glaube  gar,  dich  plagen  grillen? 

das  war  doch  zu  früh,  vor  dem  hochzeitkranz.    Kör:<eh  3, 252. 

HOCHZEITKRAUSE.    HOCHZEITSKRAUSE,  f.    krause   die 

man  zu  einer  hochzeit  anlegt: 

ich  rausz  mir  auch  nunmehr  die  hochzeitskrause  borgen  (jtagt 
*ein  mann).    Wmsk  komödienprobe  s.  349. 

HOCHZEITKUCHEN,  m.  placenta  nuplialL^.  Stieler  908. 

HOCHZEITLADER,  m.  person  der  die  einladungen  zur  hoch- 
zeit und  überhaupt  die  ceremonien  des  ganzen  festes  übertragen 
sind.    ScHM.  1, 1045  Fromm. 

HOCHZEITLAGER,  n.  : 

doch  werd  ich  wohl  thun,  heute  schon 
mit  ihr  zu  theilen  das  bochzeitlager. 

KoTZKBOB  dram.  sp.  i,  294. 

HOCHZEITLEIER,  f.  lyra  nuplialis.  ThCmmel  2,376. 

HOCHZEITLEUTE,  plur.  convivae  nuptiales:  wie  können  die 
hocbzeitleute  leide  tragen,  so  lange  der  breutgam  bei  inen 
ist?  Matth.  9,15;  ir  müget  die  hocbzeitleute  nicht  zu  fasten 
treiben,  so  lange  der  breutgam  bei  inen  ist.  Luc.  5, 34 ;  es 
würden  andere  leute  auch  nach  das  recht  haben,  am  samstag 
herumzufahren;  die  strasze  werde  nicht  blosz  für  hocbzeit- 
leute sein.  J.  GoTTHELF  Uli  d.  knecht  (1S70)  s.  2.M. 

HOCHZEITLICH,  adj.,  mhd.  höchzitlich,  nach  hochzeit  in 
verschiedenem  sinne. 

l)  auf  eine  hohe  zeit,  eine  feslzeit  bezüglich;  so 

a)  namentlich  in  öitern  quellen  häufig  in  der  Verbindung  hoch- 
zeitlicher tag,  hochzeitliches  fest:  zum  ersten  soll  ein  jeder 
kircber,  so  mit  der  mutterkirchen  Eschweiler  begäbet  und 
presentirt  wird  . .  die  kirch  Eschweiler  zu  allen  hochzeitlichen 
tagen  bedienen  und  verseben  mit  miszlesen,  singen,  predigen 
und  taufen  zu  ewigen  tagen.  veisUi.  2,  262 ;  zu  dem  minsten 
einest  in  dem  jare  sich  alle  in  ein  färb  kleideten  und  zu 
hochzeitlichen  tagen  mit  einander  in  einer  färb  spazieren 
ritten  in  der  Stadt  umb.  Steinhöwel  decam.  39S,  16;  ir  hon 
gehört  an  demm  groszen  hochzeitlichen  fest  der  empfengnisz 
unser  lieben  frauwen  von  der  ewigen  göttlichen  empfängnisz. 
Keisersberc  Afarie  Aimei/art  14*;  fasten,  bychten,  hocbzytlicbe 
tag  begon.  Zwi!«gli  l,  145  ; 

Gloriose  heis  ich, 

di  hocbzsitlichen  fest  di  beleut  ich. 

gluckeninscbrift  von  1512,  im  am.  des  germ. 
mus.  1864,  f.  174; 
auf  heut  an  s.  Petri  stulfeür 
hat  man  frommen  Christen  zu  steür  .  .  . 
eingesetzt  ein  hochzeitlicbs  fest, 
welches  einem  jeden  zulest, 
das  er  sein  sünd  mit  reü  und  klag 
dem  bapst  persönlich  beichten  mag. 

i.  Atkk«  34l'  (1744,  35  Keller). 

hochzeitlich  tisl,  die  man  alle  jar  zu  gewüsser  zeit  haltet, 
solennia,  festus  dies  Maaler  227*  {der  hochzeit  in  der  allge- 
meinen bedeutung  fest  sonA  nicht  verzeichnet),  in  freierem  sinne 
wie  festlicher,  freudiger  tag,  steht  hochzeitlicher  tag: 

da.«  ist  ein  hochzeitlicher  tag, 

gegrüszet  seid  o  freunde  mein.    H.  Sachs  5, 218*. 

b)  hochzeitlich,  feülich,  in  bezug  auf  freude,  pracht,  kleidung, 
bneirlung :  das  die  Christen  hochzeitlich  freud  und  lenze 
hilten.  Albercs  vidder  Witzeln  G  ~* ;  hochzeitliche  rüslung, 
prachtlicber  zeug,  pompa,  hochzeitliche  begangnusz  und  hal- 
tung,   eeltbratio,    conceUbratio  Maaler  227';    so    ich  waisz  da; 


HOCHZEITLICH  —  HOCHZEITSCHLEIER     1646 

ich  von  hochzeitlicher  speisz  sol  gesettet  werden.  Steishöwei 
(1487)  54. 

c)  hochzeitlich,  adverbial:  und  lasz  uns  disen  tag  hochzeit- 
lichen begeen  und  in  freuden  leben.  Steishöwel  (1487)  lll'; 
der  tag  aber  an  dem  der  sig  erobert  was,  ward  hochzeitlich 
gehalten  und  von  den  Juden  under  die^al  der  heiligen  tagen 
gezelt.  Züricher  bibel  1530  618*  {Judith  16, 13);  auch  lassen  sich 
alle  weiber  des  lands  nach  ihrer  mann  abgang  mit  einer 
groszen  solennitet  hochzeitlich  verbrennen.  Frank  v:ellb.  220*. 

2)  hochzeitlich,  auf  eine  Vermählung  gehend  oder  bezüglich: 
nupita/«  hochzytlich  DiEF.  385*;  hochzeitlich,  fonnufria/w,  hoch- 
zeitlich ftst,  fast  der  heiligen  ee,  sacra  socialia  Maaler  227'; 
und  sähe  alda  einen  menschen,  der  hatte  kein  hochzeitlich 
kleid  an  {äv&ootTiov  ovx  ivSeSvutvov  svSvita  yaftov). 
Matth.  22, 11 ;  zu  hochzeitlichen  und  andern  ehren  und  zier. 
Mathes.  Sar.  49' ;  verflucht  sei  mein  hochzeitliches  bette  und 
seine  freuden.  Leisewitz  Jul.  v.   Tarent  act  5,  sc.  6 ; 

geliebter!  kann  er  (der  göttertrnnk)  süszer  sein, 
als  dieser  hochzeitliche  wein?    Railer  1,92; 
da,  unterm  klänge  der  pokale, 
der  gaste  schwärm  vom  hochzeitlichen  mahle 
wegtaumelt.  Gotter  1, 176  (114) ; 

um  der  gespielin 
ihr  hochzeitlich  gewand  zu  fertigen. 

Voss  1, 132  (/.ttise  3,  120) ; 
morgen  wird  erst  bochieitlich  geschmaust  bei  der  gnädigen 

gräfin.     197  (3,  733)  ; 
hast  du 
das  hochzeitliche  opfer  für  die  Jungfrau 
der  göttin  schon  gebracht?    Schiller  Iphiq.  3,4; 
mir  ist  nicht  hochzeitlich  zu  muthe.    Platin  199. 

HOCHZEITLICHKEIT,/",  festlichkeit,  feierlichkeU :  und  werden 
alle  die  ort,  dahin  die  göttin  kumpt,  mit  groszer  hochzeitlig- 
keit  begangen.   Mictll.   Tac.  450'. 

HOCHZEITLIED.  n. ;  hochzeitlied,  thalassio,  hochzeitlieder, 
die  man  der  braut  und  dem  breutigam  zu  eeren  singt,  car- 
mina  socialia  Maaler  227';  bald  klingen  die  hochzeitlieder. 
Kotzebce  dram.  sp.  2, 264. 

HOCHZEITMAHL,  n. ;  Labao  .  .  machte  ein  hochzeitmal. 

iMos.  29,22; 

die  göttinnen  dergleichen 
mit  ihrer  gegenwart  das  hochzeitmahl  bereichen. 

Wkceherlis  718; 

(da  sich)  die  freüd  in  leid  verkhert  in  deinem  hausz  und  sal, 
wie  bei  Pirithous  und  Perseus  hochzeit-mal.    Rompler  137; 
ein  hochzeitmahl  giebst  du  doch  auch?    Schiller  Iphig.  3,4. 

HOCHZEITMETZIGUNG,  f.  metzelei  bei  einer  hochzeit:  ja 
daher  ist  das  bartholomeisch  blutfest, .  .  die  parisisch  mord- 
metten,  und  die  verrhäterliche  hochzeilmetzigung  entstanden. 
Fischart  bienk.  192*. 

HOCHZEIT.MUTTER,  f  die  die  hochzeit  ausrichtende  mutter 
des  bräutigams  oder  der  braut,     vergl.  hochzeitvater. 

HOCHZEITPAAR,  n.  braut-  oder  neu  vermähltes  paar :  drin- 
nen empfieng  sie  der  ruf:  'das  geht  gut,  da  kommt  noch 
eins'  —  hochzeitpaar  nämlich  I  J.  GoiTHELr  Uli  d.  knecht  (1870) 
s.  255. 

HOCHZEITPRACHT,  m.,  erst  später  f : 
wil  eine  magd  sein  fraw,  so  darf  sie  viel  nicht  prangen : 
sie  wird  zur  hure  nur,   so  ist  die  kirchenfahrt 
und  aller  hochzeitpracbt  erhalten  und  erspart. 

LoGAU  1,  167,  16; 
die  braut  zeucht  ein  in  ihrem  hAchzeitpracht. 
geziert  mit  gold  und  seid  und  edlen  steinen. 

A.  GRTPHirs  1698  2,426. 

HOCHZEITREIEN,  HOCHZEITREIGEN,  m.  tanz  und  tanz- 
lied  zur  hochzeit: 

dasz  du  wol  ursach  hast  dich  härzlich  zu  erfreuen, 
so  sing  ich  billich  auch  dir  disen  hochzeTi-reven. 

RoarLER  154: 
tanz  uns  den  bochzeitreigen, 
wenn  wir  zu  bette  steigen.    Bcrcer  15' ; 

hochzeilreihen  Köbser  1,110;  hochzeitsreigen: 

bald  wird  der  hochzeitsreigen  getanzt.    Voss  2,  34. 
HOCHZEITSAAL,  m.: 

unsre  hiitte  sei  unser  hochzeitsaal.    Götbb  45,  88. 

HOCHZEITSCHIFFER,  m.  der  ein  fest  zu  schiffe  besucht: 
ihr  . .  mesz-  und  marktbesucher,  hochzeitschiffer,  aufhnspler, 
gutverlämnierer.  Garg.  17'. 

HOCHZEITSCHLEIER,  m.  brautschleier : 

dort  würgt  ein  Jüngling  seine  braut  ... 

mit  ihrem  eignen  hnchzeitt^chleier.    IIackdor!«  1,8. 


1647 


HOCHZEITSCHMAÜS—  HOCK 


HOCKAUF  — HOCKE 


1648 


HOCHZEITSCHMAUS,  «i.  .• 

ich  stau  in  unsenu  dorf  ein  hübsches  bräutchen  aus,  .  .  . 
und  sorge  für  den  hochzeitschmaus : 
darr  ich  zu  diesem  fest  dich  bitten?    Wieland  18,  181; 
viel  glück  zum  hochzeitschmaus.    Kotzebuk  dram.  sp.  2,302. 
HOCHZEITSIEB,  «.    bildlich  für   das  ehestandsexamen  beim 
Pfarrer  : 

lieber  sag  mir,  bist  nicht  ins  kaht 

geTallen  durch  das  hochzeitsib?    Birk  ehespiegel  106. 

HOCHZEITSPASZ,  ni.,  plur.  bochzeitspäsze,  neckereien,  wie 
sie  bei  hochzeitcn  gegen  das  brautpaar  veriü>t  zu  werden  pflegen. 
ScB«.  1, 1045  Fromm. 

HOCHZEITSTUBE.  f.  stube  in  der  eine  hochzeil  gefeiert  wird: 
den  eintritt  in  die  hochzeitstube,  wo  vielleicht  die  gröszten 
und  vornehmsten  leute  und  gerichte  des  dorfs  einander  be- 
gegneten, ein  pfarrer,  eine  pfarrerin,  ein  subpräfektus  und 
eine  braut.  J.  Paul  uns.  löge  3, 162. 

HOCHZEITTAFEL,  f.  vermählungsschmaus :  der  tag  des  bei- 
lagers  kam  herbei  und  Floramene  gieng  mit  Armatim  ihren 
(ftir  ihrem)  reichen  witber  von  der  trauung  zur  hochzeittafel. 
polü.  stockf  319. 

HOCHZEITTAG,  m.  tag  der  Vermählung.  Tscherninc  deutscher 
ged.  frühl.  302 ;  der  hochzeiltag,  lempus  conjugii  Maaler  227' ; 
der  kaufmann,  welcher  ihren  {der  braut)  putz  liefert,  leiht 
die  kröne  {brautkrone)  nur  dar  und  nimmt  sie  nach  dem 
hochzeitstage  wieder  zurück.  Ihmerhann  Münclih.  3,15; 

ist  nun  der  pfarrer  so  weltlich, 
dasz  er  den  abend  sogar  vor  dem  hochzeittage  die  tochter 
(ledelt  zu  belt  und  trompetet?    Voss  1,196  (Luise  3,717); 

der  andre  hochzeittag,  der  tag  nach  der  Vermählung  : 
Balantes  giebt  sein  weih  vor  7000  aus, 
der  andre  hochzeittag  macht  sieben  nullen  draus. 

GÖNTHKR  465. 

das   mhd.  brauclUe   huchzit-tac   noch   in  d^m  allgemeinen  sinne 
festlag  (Lexer  mhd.  wb.  l,  1320). 
HOCHZEITTANZ,  m.. 

Tcrpsichore  tanzt,  in  waffen,  im  schleier, 

den  heldentanz  und  hochzeittanz.    Railer  1,6; 
welch  ein  puz  wohl  morgen  zum  hochzeittanze  hervorkommt! 
Voss  1,  166  (Luise  3,  420). 
HOCHZEITVATER,  m.  der  die  hochzeü  ausrichtende  vater  des 
bräuligams  oder  der  braut. 

HOCHZEIT  VERSE,  m.  plur.  zur  feier  einer  Vermählung  ge- 
machte verse.   Rabener  2,  202. 

HOCHZEITWASSER,  n.  eine  ort  brannlwein.  Jacobsson  6,90". 
HOCHZEITWEIN,  m.   wein  wie  er  zu  einer  hochzeü  gereicht 
wird  : 

und  auch  einn  guten  hochzeitwein, 

gut  wettr  zum  tanz  musz  auch  dbei  sein. 

G.  Mauricius  comöd.  v.  graf  Walter 
(1606)  B,  8'. 
HOCHZEITWUNSCH,  m.  wünsch  zu  einer  Vermählung:  aus 
allen  winkeln,  wo  ein  autor  schwitzt,  kriechen  epische  hoch- 
zeilwünsche,  epische  todlenflüche,  epische  Wiegenlieder  hervor. 
Kabener  3, 6 ;  öfler  als  überschriß  zu  gedickten  Logaus,  z.  b. 
1,34.   3,203,70. 

HOCHZEIT-,  HOCHZEITSZUG,  m.  feierlicher  zug  zur  und 
aus  der  kirche  bei  einer  vtrmählung:  Lisbeth,  die  im  hoch- 
zeilszuge  nicht  fehlen  durfte.   Imhermann  Münchh.  3,28. 

HOCHZUEHREND,  in  tüulaturen:  hochzuehrender  herr  ratb, 
hocbzuehrende  frau.     besser  wäre  die  getrennte  Schreibung. 

HOCK,  m.  ein  nicht  gemeindeutsches  wort,  mit  der  allgemeinen 
bedeutung  des  zusammen  geschicfiteten ;  vergl.  unten  hocke  und 
bocken. 

1)  schweizerisch  ein  häufe,  besonders  ein  klümpchen  aus  vier 
nüssen,  äpfeln  u.  ähnl.  bestehend,  von  denen  drei  neben  einander 
in  einen  kreis,  das  vierte  stück  obenauf  gelegt  wird.  Staldkr  2,48. 

2)  reihe,  kreis  von  leulen,  die  wie  auf  einem  klümpchen  sitzen ; 
und  sitz  oder  plätichen  tum  sitzen,  Stalder  das.,  Tobler  26u\ 
mit  dem  plural  hock. 

3)  tn  Tkol  heiszt  huck  neben  hocker  ein  häufe  getreides  oder 
heuet  auf  dem  felde;  ein  getreidehock  besieht  aus  zehn  garben, 
sechs  bocken  bilden  einen  schober  oder  mandel.  Fromm.  6,  152. 

4)  bei  Frisch  1,  459*  wird  hock  als  volksausdruck  sowoi  für 
hügel  als  ßr  rücken  aufgeführt. 

b)  hock  oder  [lark  heiszt  in  einem  teeartenal  oder  teemagasin 
der  ort,  wo  die  general-  und  partieularmayitzine  verschlossen  sind 
und  «0  die  schiffe  des  princtpals  gebaut  werden ;  in  einem  schiffe 
.itt  et  ein  mit  breiern  verschlagenes  behdUnis,  zwischen  zwei  ver- 
itckiH,  worin  das  vieh  verwahrt  wird,  welches  di»  'afficure  zu 
ihrer  protition  einschiffen  lotsen.  Jacobsson  u,  704*. 


HOCKAUF,  m.  alp,  der  den  leuten  aufhockt.  Wücre  sagen  der 
mittlem  Werra  l,  47.  vergl.  aufhocker  theü  i,  670,  auch  unten 
den  Pflanzennamen  huckaufdiemagd. 

HOCKAUGE,  n.  .•  hockauge,  dicilur  de  eo  qui  alterius  mortem 
expeäat,  ut  in  ejus  locum  succedat,  substilulus,  observator,  aemulus. 
Stieler  67 ;  ein  erzlaurer,  corycaeus  vaferrimus,  dicilur  etiam 
ein  hockauge,  proditor.  1090.  es  sclieinl  dieser  bildliche  ausdruck 
das  äuge  schildern  zu  wollen,  wie  es  gleichsam  immer  an  einer 
stelle  hockend  auf  etwas  ganz  bestimmtes  lauert. 

HOCK-,  HOCKE-,  HOCKENRLATT,  ruscus  hypoglossum, 
zäpfleinkraut.  Nemnich  4,1188.  Hohbebg  1,237'.  vergl.  unter 
aufenblatl  th.  l,  636  und  oben  bauch  zäpflein  im  halse,  hauch- 
blatt  sp.  569.  570. 

HOCKE,  f  l)  gelreide-  oder  heuhau fen;  vornehmlich  ein 
liaufen  garben  die  zum  trocknen  auf  dem  felde  zusammengestellt 
werden,  die.  unten  folgenden  belege  sind  norddeutscher  heimat, 
gern  aber  ist  das  wort  auch  in  poetischer  spräche  gebrauclU :  korn- 
hocke, zehn  paar  zusammengestellter  garben  auf  dem  felde. 
Nesselmann  litt.  wb.  527";  mandel,  eine  hocke  von  fünfzehn 
garben.  Voss  2,337; 

ja!  sehet,  wie  die  sensen  blitzen,  wie  ämsig  hier  die  binder 

binden,  .  .  . 
wie  künstlich  sie  des  segens  hüeel,  die  hocken,  überall  erhöhn, 
und  wie  sie,  in  so  schöner  orJnung,  in  solchen  langen  reihen 

stehn, 
als  wie  das  schönste  perspectiv.    BroSkes  6,  93 ; 

der  garben  meng  und  hocken  Zierlichkeit.    122; 

viel  segens-schwangere  alleen 

von  zierlich  nufgethürmten  hocken, 

von  gersien,  habern,  und  von  rocken,    das.; 

(die  garben)  die  stellt  sie  denn  in  hocken  hin.    7,228; 

man  sieht  von  gersten,  weizen,  rocken 

die  hohen,  grosz-  und  schweren  hocken, 

gleich  kleinen  bergen,  aufgethürmt.    332; 

wenn  so  ein  leid  in  hocken  steht.    Claudius  5,  140; 

und  in  hocken  und  in  garben 

liegt  das  herrliche  getraide.    Caldcron  von  Guts  5,227 ; 

weizen,  gerst  und  rocken 

stand  in  langen  hocken.     Voss  4,  146; 

liebe  sonn,  uns  schienst  du  trocken 

unser  körn  in  scbwad  und  hocken !    5,  168. 

nebenform  ist  hucke  {s.  d.),  wie  zu  der  unter  2  folgenden  be- 
deutung: das  heu  wird  mit  forken  oder  gabeln  in  heuhaufeo 
oder  in  hucken  geschäufet.  Comenius  sprachenthür  v.  Docemius 
§  418.  der  Süden  Deutschlands  kennt  das  wort  unter  anderem 
geschlechte,  vgl.  oben  hock  3 ;  der  hocken,  hocker,  das  höcker- 
lein, der  häufe  heues,  getreides  auf  dem  felde.  Schm.  1, 1050 
Fromm.;  doch  auch  bei  norddeutschen  schriftstellem  erscheint  das 
wort  als  masc. :  wo  ein  viertel  vom  reinen  ertrag  der  felder, 
bisweilen  sogar  der  halbe  hocken,  .  .  an  den  regenten  er- 
legt wird.  NiEBiiHR  leb.  Nieb.  l,  311.  das  th.  6,  sp.  1565  auf- 
geßhrle  kocke,  häufe,  heuhau fe  zeigt  auffallende  berührung  mit 
unserm  worte;  vgl.  die  a.  a.  o.  gemachten  ausftihrungen.  s.  auch 
später  hüchel. 

2)  allgemeinere  bedeutung  zeigt  sich  in  hocke  =  bündel.  fasci- 
culus,  auch  ein  bündel  odei'  teuer  voll  hoch  auf  einander  gelegtes 
essen  von  braten,  kuchen  und  anderm,  das  nuin  vm  einer  hoch- 
zeü mit  nach  hause  nimmt.  Frisch  1,459'.  dem  entsprirlU  wieder 
das  masc.  hucken,  hucke  häufe  Sachen,  ißtting.  bei  Scpamh.  87'. 

HOCKE,  /.  hockende  Stellung ;  die  turns]>rache  hat  diesen  aus- 
druck für  mehrere  ihrer  Übungen  gebildet. 

HOCKE,  HOCKE,  m.  kleinverkäufer,  vornehmlich  von  esz- 
waaren;  mhd.  bücke,  tn  mitteldeutschen  quellen  hocke  {mhd. 
»6.1,698'.  Lexer  1,1374):  actionarius  hocker,  bock  üief.  lo*; 
penesticus  hocke,  hock,  hocker,  hucker,  hecker,  hock  Irr  422*; 
niederdeutsch  ist  der  vocal  der  Stammsilbe  verlängert  (hcike  das.), 
und  diese  ausspräche  hat  sich  auch  in  mitteldeutschen  gegenden 
{schon  früh,  vgl.  unten  die  stelle  aus  den  fiordhauser  yesetzen) 
eingebürgert,  so  dasz  Stikier  und  Fiiiscii  nur  hdke  geben  und 
auch  die  unten  aufjeführten  mitteldeutschen  schrißsteller,  wenn 
sie  auch  das  worl  nach  der  gewohtiheü  der  seit  mit  ck.  schreiben, 
doch  wol  von  der  volksmdszigen  form  mit  langem  voeal  nicht  ab- 
gewichen sind,  die  von  Haltaus  048  vorgetragene  annähme,  dass 
hocke  mit  dem  rerbum  hocken  ein»  last  tragen  zusammenhange, 
also  den  kleinen  krdmer  bezeichne,  der  das  vom  bauer  gekauflt 
und  von  ihm  feil  gebotene  selbst  auf  dem  rucken  verträgt,  hat 
grosse  Wahrscheinlichkeit,  ouch  8ul  kein  hoke  in  der  slat  wich- 
bilde  adu  tlurc  kouffti,  nach  nyinaude  koufcn  lassen,  huner, 
eiger,  potlern  adir  kesc,  die  sie  vorl  vorkuufen  woiden. 
tlatuten  der  Stadt  fiurdhausen  (15.  jahrh.)  in  den  neuen  mttthei- 
lungen  des  sächs.-dur.  alterthumsvertins  6,2,79;    gieng   zu  dem 


1649 


HOCKE  — HOCKEN 


HOCKEN 


1650 


hocken,  der  den  hasen  verkaufen  solle.  Siinpl.  1,351  Kurs; 
die  leute  Wissens  auf  dem  markte,  was  du  für  näscherei 
kaufst,  wenn  sich  der  herr  nicht  müste  bestehlen  lassen, 
so  würden  die  hocken  nicht  so  viel  geld  markten.  Chb. Weise 
liebesalliance  19 ;  es  soll  auch  kein  hocke  noch  gast  des  markt- 
tags  kaufen,  dieweü  der  wisch  aufgesteckt  ist,  noch  kein 
hocke  bei  dea  bauern  sitzen,  bei  des  raths  strafe,  der  sladt 
Leipzig  Ordnungen  (1701)  s.  292;  trödler  und  hocken.  Tiece  ges. 

nov.  3, 122 ; 

so  lasz  die  krämer  nicht  mein  lied  zu  düten  nehmen, 
noch  meine  reime  sich  bei  niedern  bocken  schämen. 
Zaciuriä  1,  22 ; 

jeder  kleiner  knabe,  der  schiffer,  der  höke,  der  bettler 
drängt  sich.  Götm  1, 361.  ^ 

HOCKE,  f.  kleinrerkduferin,  höckerin,  pencstica.  DiEF.  422, 
vgl.  unten  höckin. 

HOCKE,  f.  mantel,  Überwurf,  s.  hoike. 

HÖCKEL,  VI.  das  bündel.    im  Fuldaischen.  Vilmar  173. 

HOCKELN,  HÜCKELN,  rerb.  l)  frequenlatirbildung  des  fol- 
genden, intransitiv  kauern.  Stalder  2,  49;  transitiv  auf  dem 
rücken  tragen,  neben  buckeln  (Schm.  1, 1050  Fromm.),  wie  hucken 
neben  hocken  geht:  viele  leute  hatten  das  gespenst  hockein 
müssen.  Auerbach  dorfgesch.  1, 340.  vergl.  auch  huckeln  und 
aufhuckein  theil  l,  sp.  672. 

2)  nach  hock  1  sp.  1647  höckeln  mü  nässen  spielen,  ein  spiel 
der  kinder,  wo  eine  geu-isse  anzahl  ron  nuszhOckcn  aufgestellt  irnrf, 
die  man  mit  einer  grüszern  nusz  umzuwerfen  sucht.  Stalder 
2,4S;  schon  bei  .Maaler:  höcklen,  oder  mit  nussen  kurzweilen, 
ludere  nucibus.  227*. 

HOCKEN,  rer6.  gebückt  sitzen  und  gebückt  tragen,  ein  mit 
seiner  ebenso  häufig  gebräuchlichen  nebenform  hucken  (s.  d.)  seit 
dem  H.jahrh.  bezeugtes,  seit  dem  16.  jahrh.  vielfach  erscheinendes 
wort,  als  nächster  verwandter  desselben  ist  anzusehen  das  sp.  572 
aufgeführte  hauchen  kauern,  das  vielleicht  eintiuxl  ein  starkes 
verbum  gewesen  ist  (ahd.  hüchan  wie  süfan,  lüchan),  und  über 
mehr  als  den  oberdeutschen  dialcct  verbreitet,  wenn  das  im  alt- 
nordischen verwaist  stehende  particip  hokinn  bowed,  bent  (Yic- 
FUSSON  27S',  mix  hokra ,  to  go  bent,  crouch,  ebenda)  auf  ein 
verbum  hüka  zurückgeht,  hocken,  hucken  stellt  sich  als  intensiv- 
bildung  zu  dem  erwähnten  hauchen  wie  ducken  zu  mhd.  diubeo 
und  nhd.  tauchen,  vgl.  theU  2, 1491. 

hocken  bedeutet 

1)  in  gebückter  Stellung,  zusammengekrümmt  weilen,  kattem, 
ton  menschen  und  Ihieren :  hocken,  als  ein  henn  ob  den  hün- 
linen.  Maaler  227';  etlich  (a/fen)  auf  der  erden  hocktend, 
die  andern  aber  klebeten  an  den  bäumen.  Forer  thierb.  2'; 
sie  setzte  sich  neckisch  auf  ein  bänkeben,  das  sie  kaum  noch 
trug  .  .  .  pfui,  übers  hocken!  rief  sie,  sprang  auf  und  lief 
mit  dem  lustigen  bruder  voran.  Gotbe  21, 141 ;  während  sie 
absenker  von  ihren  lieblingsnelken  machte,  da  hockte  sie  am 
boden,  und  hielt  die  pflanzen  in  der  band.  BEin^iE  tageb. '0 ; 
der  soufilör,  der  in  seinem  seitenhöhlchen  und  dachskessel.. 
hockt.  J.  Paul  jubeis.  55;  neben  ihm  hockte  auch  ein  pol- 
nischer wolf.  H.  Heise  12, 124 ; 

auch  das  unter  Mariae  rock 

der  münchisch  baulen  wohn  und  bock. 

FiscBART  iliclit.  1,247,4546  Kurs; 
von  der  gekrümmten  läge  eines  kranken,  gichtbrüchigen: 

ich  hugke,  ich  ge  crump  unde  schieb. 

Germ.  7,  4SS  (anfang  15.  jahrh.) ; 

stet  aur  und  werft  hin  die  krucken ! 

ir  schält  nimer  also  jemerlich  hucken, 

ir  schult  nu  laufen  und  springen,    fastn.  sp.  603,  19 ; 
0  lieber  goti,  wie  lang!  wie  lang  willst  du  verstokken! 
ilu  »trufertt  sünd  mit  sünd,  und  laszt  uns  krüppel  bokkeo, 
bisz  dasz  wir  kümmerlich,  wie  fruhlings-eisz,  vergehn. 

ROIPLER  35. 

ron  einem  schlechten  sitzen  bei  tisch :  o  du  hockst  wol  zu  tisch. 
Garg.  97*. 

2)  auch  mit  mehr  abgeblaszter  grundbedcutung  sitzen  mü  der 
ncbenvorstellung  des  unbequemen,  sitzend  weilen,  entweder  erwar- 
tend oder  mit  eifer  etwas  betreibend:  hocken,  warten,  sitzen, 
obsidere,  desidere  Maaler  227' ;  unfal  hocket  uns  vor  der  thür, 
CS  ist  uns  Unglück  auf  dem  halsz,  oder  Unglück  wirt  uns 
angon,  und  das  bald,  impendet  nobts  malum.  das.;  ein  jeder 
theil  satzte  sich,  wohin  er  konte,  Hoffart  oben  an  die  decke, 
Verschwendung  an  des  Juli  seile,  der  Geilz  in  des  Avari 
herz,  und  ich  hockte  und  behalf  mich  auf  dem  narrenkistlein, 
weil  Demuth  nicht  vorhanden  war,  denselbigen  platz  ein- 
zunehmen. Simpl.  2,143  Aur:;  ich  kletterte  ..  an  einem  ast 
oder  zeigen  hinauf.,  da  hockte  ich  nun  in  der  hohe.  3,433; 


(er)  ist  im  unterirdischen  gang  im  sperrwasser  gefangen  und 
aufgefischt  worden,  seitdem  musz  er  hier  hocken.  .\rmm 
kronenw.  1,402;  die  mädel  so  allein  auf  deinem  zinimer  hocken 
zu  lassen.  Fr.  Müller  2,  60 ;  v.iT  möchten  .  .  uns,  wenn  es 
anginge,  ein  haus  hinter  dem  ofen  bauen,  und  warm  drin 
hocken.  H.  Heine  3,  11 ;  ein  gelehrter  hockt  über  seinen 
büchem ;  des  studirens  und  tag  und  nacht  über  den  büchcrn 
zu  hocken,  war  ich  schon  vorlängst  müd  worden.  Simpliciss. 

(1713)  2,29; 

disz  (krönunq  zum  dicliter)  kan  die  schönen  gaister  lokken, 
die  sonst  unnutzlich  schier  nur  ob  sich  selber  hokken, 
wan  niemand  ihrer  achtt ;  sie  stekken  da  und  dort 
durch  armut  undertruckt  und  können  niergend  fort. 

RoapLER  161; 

ihr  yater  bockt  in  dem  stübchen  und  flicht 
aus  eggen  warme  panioffeln. 

Voss  musenitm.  von  179S  s.  197 ; 

andere  hocken  zu  haus  und  brüten  hinter  dem  ofen. 
GöTHE  40,  260 ; 

hocken  bleiben,  nicht  vom  flecke  kommen ;  in  der  schule  hocken 
bleiben.  Kehrei.n  190;  der  verlag  (vom  Götz  ron  Berl.)  hört 
Mercken,  der  ist  aber  in  Petersburg,  ich  schicke  mich  nicht 
zum  buchhändler,  ich  fürchte  es  bleibt  hocken.  Göthe  und 
Werther  s.  174.  in  der  derben  spräche  des  wirtshauslebens : 
wenn  ein  miszlaut  hörbar  war,  so  galt  er  der  stubeninagd, 
die  sie  da  im  trocknen  hocken  lasse,  dasz  es  keine  art  habe. 
J.  GoTTUELF  schuldenb.  5.  in  Tirol  einen  in  der  brühe,  im 
butter,  auf  dem  mist  hocken  lassen,  in  der  Verlegenheit  lassen. 
Fromm.  6, 152. 

3)  hocken,  m'U  entsprechenden  beisätzen,  ein  enges  beisammen- 
sein  betonend:  man  bäte  nicht  mehr  für  die  seelecken  (seelchen), 
die  im  fegfeur  übereinander  hocken.  Fischabt  bienk.  5*;  ich 
habe  gar  zu  schlecht  geschrieben,  kein  buchstabe  steht  ge- 
rade, sie  hocken  einer  auf  den  andern,  als  ob  sie  junge 
hecken  wollten.  Lessi.ng  1,295 ;  und  wir  rechtgläubigen  Christen 
hocken  da  in  einem  einzigen  himmel  auf  einander  wie  die 
kaninchen.  13,220;  mir  ist  heute  so  tanzerlich  zu  inuthe  .  . 
ich  könnte  fast  von  einem  stern  auf  den  andern  springen, 
und  wol  darüber  weg,  da  sie  einander  so  nahe  hocken. 
J.  Paul  leb.  Fibels  108 ;  die  frau  accise-einnehmerin,  die  frau 
inspektorin  und  die  frau  infibulationsräthin  hocken  beisam- 
men. H.  Heuse  3,  34 ;  er  .  .  hockt  mir  immer  auf  dem  hals, 
obstat  importuna  praesenlia,  haeret  ad  latus.  Serz  70'. 

4)  hocken,  sich  auf  einen  kauernd  niederlassen,  niederkauern: 

und  umb  daj  so  wirt  funden  meuger  list, 

wie  ainer  den  andern  truck 

und  uff  in  mit  recht  oder  unrecht  buk. 

Mo!«E  schausp.  d.  mittelatl.  1,313  (rom  H.jh.); 
und  mir  war,  als  hockt  unfreundliche  last  auf  die  schuller 
Voss  2,  206  Odylt.  12.  122)  ; 
es  darf  sich  einer  wenig  bücken, 
so  bockt  mit  einem  leichten  sprung 
der  teufel  gleich  dem  teufel  auf  dem  rücken. 
GöTBE  4,  353. 

schweizerisch  einem  auf  das  maul  hocken,  es  ihm  stopfen  :  (eine 
magd  findet)  dasz  man  ihn  gar  nicht  gschweigen  könne  und 
es  sie  düeche  (gut  dünke),  wenn  sie  ihm  nur  auf  das  maul 
hocken  dürfe.  J.  Gotthelf  schuldenb.  3t ;  'höre  ich  euch  noch 
einmal,  so  hocke  ich  euch  kehrum  auf  das  maul,  dasz  ihr 
das  reden  auf  acht  tage  vergeszt,  zählt  darauf.'  die  drohung 
wirkte,  einen  zwei  und  einen  halben  centner  schweren  wirth 
auf  dem  munde  haben ,  ist  allerdings  ein  gewichtig  heft- 
pOaster.  Uli  der  pächter  (1S70)  s.  21S. 

5)  auch  reflexiv,  sich  niederlassen,  niederkauern :  vom  hügel 
kommen  nun  seine  kinder.  die  erwachsnen  schleppen  die 
kleinsten,  und  die  mittlem  kriechen  auf  allen  vieren  nach 
und  hocken  sich  um  den  traurenden  vatcr.  Fr.  Müller  1,116. 

6)  hocken,  transitiv,  in  gebiukter  Stellung  eine  last  zum  tragen 
aufnehmen  oder  tragen:  hucken,  auf  dem  rücken  tragen, 
bajulare,  vectare  dorso.  Frisch  1,459'  als  worl  der  vulgärsprache ; 
einer  hockte  den  mantelsack  auf  den  rücken.  Gütbe  16,2S5; 
einen  sack  körn  in  die  mühle  hocken. 

7)  getreide  hocken,  in  hocken  (sp.  1648)  setzen. 
HOCKEN,  HOCKEN,  rer6.    höckergeschäße,   kleinverkauf  he- 

treiben;  bei  Frisch  hoken,  in  kleinen  verkaufen,  insbesondere 
eszwaare.  463*;  aushükcn  oder  aushökern,  als  ein  hock  er 
verkaufen,  minutim  rendere  altquid.  463';  rheinisch  hocken  rolte 
eszwaaren  auf  öffentlichem  platze  verkaufen.  Kehrein  199;  es 
hokt  mancher,  und  hat  mehr  gelt  als  ein  groszer  kaufmann, 
multi  minutim  nundinantur,  qui  facultatibus  ipsos  magnarios 
vincunt.  Stieleb  849; 

104 


1651 


HOCKEN  — HÜCKERICHT 


HOCkERlCllT  —  HOCKERN 


1652 


weist  du  (iasz  deine  mutier 
den  pfeller  rieb  und  hockte  mit  der  butter? 

Heinmold  reime  liich  (1673)  s.  5. 

HOCKEN,  rerb.  hangen :  in  einem  geslräucii  kann  ein  wan- 
dersinann  nicht  wühl  lurtkoinmcn,  bleihet  bald  hie,  bald  dort 
hocken,  es  ritzt  ihn  ein  düinslrauch.  Scriver  seclenscli.  1,75. 
der  bedeulung  nach  beriüirl  sich  dieses  hucken  mit  haken  3, 
sp.  181;  auch  die  form  steht  nicht  fern,  wenn  man  berücksichtigt 
dasz  ö  für  umgelauletes  e  stehen  kann.  sp.  747  f$<  ein  hecken 
für  hängen  aufgeführt  und  als  druckfehler  für  henken  vermutet 
vorden ;  es  ist  aber  möglich,  dasz  dieses  wort  mit  dem  hier  auf- 
geführten in  der  nächsten  beziehung  steht. 

HÖCKENER,  m.  höcker,  kleinverkdufer :  vendipertts  hückener 
DiEF.  61ü' ;    hückener  Lexer  wb.  1, 1374  aus  Zeitzer  Satzungen. 

HÖCKENERIN,  f :  vendipera  hokeneryn  Dief.  610'. 

HÖCKENFR.\IJ,  f:  eine  höckenfrau,  sitzend  in  der  fülle 
eines  wohlversorgten  gemilskranis  ...  sie  ist  eben  im  handel 
mit  einer  stattlichen  bürgersfrau  begrififen.  Göthe  31, 220. 

HOCKE.NWEIB,  n.:  das  sind  auch  leutchen,  die  .  .  den 
allerkostbarsten  glauben  in  ein  hockenweib  verwandeln,  die 
zehn  wurf  für  einen  heller  gibt.  Fr.  MCller  2,  24. 

HOCKER,  m.  l)  der  da  hockt;  in  compositen  wie  Stuben- 
hocker, Ofenhocker,  der  müszig  hockende,  faulenzer;  so  in 
Tirol.  Fromm.  6, 152. 

2)  der  garben  in  hocken  legt;  auch  die  hocke  selbst  hciszt  so, 
s.  daselbst. 

HOCKER ,  HÖCKER ,  m.  kleinrerkäufer,  nach  alter  nieder- 
deutscher und  späterer  milleldeutscher  ausspräche  hoker,  hOkcr : 
inslitor  hocker,  nd.  hoker  Dief.  362' ;  penesticus  hocker,  hucker, 
hecker,  nd.  hoker  422';  bei  Stieler  S40  die  formen  hökcr, 
hoker  und  hucker ;  man  findet  {auf  sächsischen  dürfern)  .  .  . 
einige  höker,  die  mit  tbeer,  thran,  wagenstricken  und  schwefel- 
hölzern handeln.  Moser  phant.  1, 197  ;  welcher  höcker  erstand 
das  übrige  {von  maculatur)'!  J.  Paül  leben  Fibels  8. 

HOCKER,  HÖCKER,  m.  auswuchs  desrückens,  bücket;  jüngere 
form  des  ahd.  hofar,  hovar  gibbm  (Gr.\ff  4, 838),  ags.  hofer 
(Leo  gloss.  42),  das  sich  im  mhd.  als  hover  fortsetzt,  une  es  auch 
nhd.  als  hofer,  hüfer  {s.  d.)  noch  dauert,  aber  auch  in  die  seit 
dem  13.  jahrh.  nachweisbare  vornehmlich  schweizerische  form  lioger 
(s.  d.)  umschlägt,  dieser  zunächst  steht  die  form  hoker  gibber 
Dief.  262'  {aus  oberdeutschen  glossnren  der  ersten  jähre  des  15. 
jahrh.),  spdler  erst  erscheint  die  Schreibung  hocker :  hocker  gibber 
roc.  ine.  theut.  k3*;  der  bauch  wird  voran  hin  gehen  und 
der  hocker  binden  nach.  Fischart  groszm.  40 ;  gleich  einem 
höckrichten,  der  seinen  hocker  oder  bockel,  die  last,  so  er 
auf  dem  rücken  traget,  nimmer  siebet.  Schcppius  406.  sprich- 
wOrlluh  :  unsern  hocker  wollen  wir  nicht  wissen,  non  vidcmus 
manticae  quod  in  tergo  est.  Stieler  808.  die  umgelautele  form 
höcker:  sie  füren  ir  gut  auf  der  füllen  rücke,  und  Ire  schetze 
auf  der  kamel  höcker.  Jes.  30,6;  hat  die  ausschlieszliche  herschaß 
in  der  heutigen  Schriftsprache: 

ein  zwerg  .  .  mit  einem  spitzen  höcker.  Platen  325. 
böcker  ist  auch  auf  die  Unebenheiten  des  erdreiches  übertragen 
worden:  ich  wil  für  dir  her  gehen,  und  die  höcker  eben 
machen.  Jes,  45,2;  s.  unten  höckcricht.  der  anatom  redet 
ferner  von  einem  ellbogenliöcker,  armhöcker,  armbug,  ayxoip; 
auswuchs  an  einem  steine:  an  der  seile  (des  Beireisschen  dia- 
manten) bemerkte  man  einen  schwachen  böcker,  einen  nieren- 
förmigen  auswuchs.  Göthe  31, 233. 

HOCKERCHEN ,  n.  kleiner  höcker;  kleine  Unebenheit ,  hier 
bildlich  des  stils: 

ich  gehatze  zwar  der  edcin  feile  fleisz, 
doch  wird  ein  höckerchen  nicht  meiner  lust  gleich  sehailen. 

DIrger  104*. 

HOCKEREI,  f  replatus,  nixus  in  altiorem  locum.  Stieler 
80t»;  unsere  stuben-  und  canzlei-hockereicn.  Göthe  27,116. 

HOCKEREI,  HOCKEREI,  f  klcinverkauf,  kleinhandcl  rorzng- 
lieh  mä  eszieaaren ;  auch  {nach  dem  oben  gesagten)  hökerei : 
bökerei  treiben  nundinari  minuttis  Stieler  S4!i.  ferner  die  so 
verkauften  ettwaaren :  nymant  sal  ouch  synen  kotif,  esz  sie  an 
fisHcbwerke,  pottirn  adir  andir  hnckerie,  itteigen  adir  bncn. 
äalute*  der  üadt  tiordhausen  in  den  neuen  mittheil.  des  snchs.- 
Atr.  «erMU  6, 3, 79 ;  {alte  weiber)  die  ilpfel,  nüssc,  kraut,  klisc 
and  andere  böckercicn  feil  hatten.  Cur.  NVeise  erzn.  3>7. 

HOCKERGESTALTET,  part.  t«m  kamele: 

d«»  hAckerK«Malictun  ladthierit 
wolle  fchinnte  von  au«zen  du»  zeit  «•■!»  notier  und  rvKun. 
l'THKen  Tunit.  0,  .TIO. 

HOCKERICHT,  adj.  mit  einem  hOckrr  vrrxehen,  ungut  auch 
höckerig  geuhrieben.     neben  der  mhd.  form  hovercbl  gibbosus, 


die  schon  im  ahd.  bovaroht  vorhanden,  erscheinen  die  Jüngern 
formen  hogereht  und  hokereht  (Lexer  mW.  wb.  1, 1320)  loiii 
als  jüngste  auch  hockericht,  hogkericht  gibbosus  Dief.  262'  {vgl. 
oben  unter  höcker),  die  wir  in  der  verderbung  hackericht  sp.  105 
bereits  vorführten. 
Das  wort  ist  bezogen 

1)  auf  menschen  und  thiere:  der  an  einem  fus  oder  band 
gebrec^ilicb  ist,  oder  hockericht  ist.  3  Mos.  2t,  20;  gleich  einem 
höckrichten.  Schuppius  406 ;  ein  gesellschaftsspicl  führt  den  namen 
des  hökkericbten  boffemanns  {hofmanns).  VVesenigk  spiclsieben 
(1702)  16; 

du  gleichest  dem  Aesop;  doch  dein  verstand  ist  klein, 
der  kern  der  bucklichten  räumt  dir  gewisz  nicht  ein, 
so  dumm  als  hockericht,  und  dennoch  stolz  zu  sein. 

iUciiPOR^  1,  04: 
schielend  war  er  und  liihm  am  anderen  fusz.  und  die  schultern 
höckerig.  Iliix  2,  218. 

bei  Keisersberg  hochrecht:  einer  bat  ein  krum  angesiebt, 
der  ander  ist  hochrecht,  lain  oder  runzlecht.  bilg.  220*. 

2)  auf  dinge,  die  Unebenheiten  zeigen:  Streusand,  womit  ich 
die  schriftzüge  etwas  unleserlich  und  höckerig  gemacht.  J.  Paul 
Siebenk.  l,  xiv.  technisch :  hockericht  mineral,  das  bald  grOszere, 
bald  kleinere,  bald  stumpfe  und  scfuirfe  erhöhungen  und  tertie^ 
fangen  hat;  höckriges  blatt  nennt  der  gärlner  das  blalt,  welclies 
mit  einem  dertjcstalt  häufigen  marke  ausgestopß  ist,  dasz  es  auf 
beiden  seilen  erhöht  wird.  Jacobsso.n  6, 90' ;  böckcrigt ,  wird 
beim  kupferstccher  von  der  Wirkung  der  einschnitte  ins  kupfer 
gesagt,  welche  mit  einer  zitternden  band  gezogen  sind,  das  zittern 
mag  nun  von  einer  Schwachheit,  oder  von  der  kunst  herrühren. 
2,269";  der  höckerige  niond,  luna  gibba  Frisch  1,459';  sein 
eignes  höckeriges  gesiebt.  J.  Faul  Tit.  2,105; 

wiewol  sie  (die  nasr)  ist  högricht  und  krumb. 

H.  Sachs  3,  3,  15'; 

namentlich  oft  auf  das  erdreich:  alle  tal  sollen  erhöhet  werden, 
und  alle  berge  und  liügel  sollen  genidrigt  werden,  und  was 
ungleich  ist,  sol  eben,  und  was  hockericht  ist,  sol  schlecht 
werden.  Jes.  40, 4 ;  ich  wil  die  finsternis  für  inen  her  zum 
liecht  machen,  und  das  hockericht  zur  eben.  42,16;  an  orten, 
wo  gar  kein  pflaster  und  die  gegend  hockericht  ist.  Moser 
patr.  phant.  3, 156 ; 

rauhe  furchen,  weisz  von  reif,  öde  höckcrichte  Auren. 

Haceoork  2,  14; 
fortwandelnd  den  höckrichten  weg  des  gebirges. 

Odyssfi-  17,  201. 

bildlich:  der  . .  menschliche  verstand  verwirft  zuletzt  die  vielen 
Unterscheidungen,  die  ihm  nur  mühe  und  den  «cg  seiner 
erkenntnis  hockericht  machen.  Moser  rcrm.  sehr.  2, 122 ;  weil 
sie  den  einfachen  natürlichen  geschmack  im  putz  und  silten 
dem  böckerichlen  parfümierten  stadtgeschmack  vorzog.  Miller 
Siegw.  1,85;  wcgzukonimeu  über  das  höckerige,  kalte  leben. 
J.  Paul  Tit.  3, 173 ;  eine  höckerige  (ungleiche)  Schreibart.  Adelung. 

HÖCKERIG,  m.  name  einer  pflanze,  cynometra,  auch  hunds- 
scham,  hundsschwamm.  Nemmcü  2, 1343. 

H()CKERIN,  f  kleinverkä uferin:  hökerinn,  s(üsamenlaria, 
scrutaria  Stieler  849.     s.  auch  höckin. 

HÖCKERKANARIE,  f.  eine  schneckenart ,  slrombus  urceus. 
Nemmcu  4, 1388. 

H()CKERKORALLE,  f  madrepora  porites,  eine  korallenart. 
Ne.mnic». 

HÖCKERLANGLICH,  adj.  langgestreckt  und  mit  höckcrn  ver- 
sehen; von  einem  gebirgsrücken : 

dort,  da  Garumna  geht 
und  da  der  Apennin  ganz  hockerlcnglich  steht. 

ScuoTTEL  lamenl.  German 

HÖCKERLUMP,  m.  eine  fischart:  der  bcllische  höckeriump, 
cycl<n>terus  lumpus.  Nicmmic.h  2,1337. 

HOCKERMl'SKELN ,  m.  plur.  anconaei  musculi,  die  vier 
muskeln,  die  sich  in  den  ellbogenhücker  cinschlirszen,  uml  zur 
aufdehnnng  des  cllbogens  dienen.    .Nemiiich   I,2S>*. 

HÖCKERN,  verh.  oß  eine  kauernde  Stellung  annehmen,  frt- 
quentativ  :u  hocken  4  (j/j.  1650):  die  kinder  höckcrn  auf  tlem 
nopha  hiTUiii ;  im  <',i>llingischen  hökern  wiederholt  oder  gern 
hocken,  außiorken  Schaum.  si\  hier  auch  so  viel  wie  roire,  lasci- 
vire:  die  liiinde  hökrrn  auf  einander  herum. 

HÖ("KEHN,  rerb.  kleinrerkauf  treiben,  auch  hökrrn,  bei  Frisch 
t,4ft.V  aushökern  {neben  aushöken),  erhökern,  verhökern:  was 
ist  der  krüiner  dagegen,  der  mit  kaffee  und  zucker  börkerl, 
oder  mit  inttuüefnllen,  puppen  und  Schwärmern  haii.oirt?  Möjf.r 
patr.  phant.  1,30;  reiche  -«peknlanlen  .  .  (die)  ganze  »iraMco 


1653 


HÖCKEROCHS  — KODE 


HODENADERN  — HOF 


1654 


bauen,    worin    sie    die    häuser   einzeln   wieder   rerhökern. 
H.  Hf.i^e  3, 20. 

HÖCKEROCHS.  m.  bos  bison.  Nemxich  1,  W3. 

HÖCKERSCHWAN,  m.  eine  schicanart:  nicht  den  sing- 
schwan.  .  .  sondern  den  körperlich  schöneren  gewöhnlichen 
höckerschwan.  Rcsz  in  d.  freien  natur  s.  170. 

HÖCKERWAARE,  f.  «aare  vie  sie  von  hOckern  feil  geboten 
wird. 

HÖCSERWEIB,  f:  man  darf  ihn  nur  an  seine  trauen 
muhmen,  die  hückerweiber  erinnern.  Kotzebce  dram.  spiele 
2,329; 

das  publicum,  das  alte  höckerweib.    Plate;«  261. 

EÖCKiy,  f  kleinrerkäuferin:  ein  geschworne  höckin.  Frankf. 
ref.  1, 45  §  17 ; 

in  blättern,  die  die  käse-höckin  kennt. 

Rei!<hold  reime  dich  (1673),  torrede. 

HÖCKLER.  m.  tvie  höcker,  kleinrerkäufer :  wir  felschen  nicht 
gottes  wort,  den  lautern  zahr  {tropfen)  und  rebrechten  wein, 
wie  die  höckler  oder  pfragner.  Mathes.  Sar.  122*. 

HOCKLING,  m.  ein  entwöhntes  kalb :  ein  kleins  stälchen  für 
kälber,  hockling  oder  junge  külin,  die  man  erst  neulich  der 
milch  entzogen  hat.  Sebiz  feldbau  29. 

HOCKREISER.  «.  plur.  reiser  vor  einer  rogelhütte,  vorauf  die 
zu  fangenden  rOgel  sielt  niederlassen,  hocken;  auch  antrittreiser, 
fuszreiser,  laszreiser,  verderbt  hackreiser,  vgl.  sp.  107. 

HODDEL,  HüDDEL,  m.  bei  Luther  in  der  bedeutitng  lumpen: 
sondern  auch,  wo  etwa  ein  stankhart  inen  aus  dem  bauch 
entfüre,  oder  ire  stinkende  füsze  und  schuch  uns  für  heil- 
tumb  zu  küssen  geben,  wie  sie  mit  der  todten  gebeine  und 
unQetigen  hoddeln  zuvor  gethan  haben.  6, 324*.  bildlich,  von 
einem  menschen :  ja  es  ist  kein  hirtenbub  so  gering  der  von 
einem  frembden  herrn  ein  krum  wort  lide,  allein  gottes 
diener,  der  sol  und  mus  jedermanns  höddel  sein,  und  alles 
von  jederman  leiden.  8,  lOS".  es  ist  der  nächste  verwandte  des 
sp.  109  aufgeffihrten  hadel,  haddel,  tgl.  dazu  die  etymologischen 
ausführungen  unter  hader  sp.  112. 

HODE,  HODEN,  »i.,  auch  f.,  tediculus.  ahd.  gewährt  in  der 
pluralform  hodon,  hodun  dunes,  testiculi,  einmal  auch  als  baodun 
(Graff  4,  SOö),  trotz  der  letzteren  form  aber  beweist  die  ursprüng- 
liche kürze  des  stammvocals  die  friesische  form  hothan  (Richt- 
HOfEX  S27')  die  nach  der  spräche  des  denkmals  in  der  sie  er- 
scheint, unmöglich  wäre,  wenn  langer  vocal  in  der  äammsilbe 
vorläge;  mhd.  hode:  testiculus,  testis  hodo,  hode,  mit  dem 
deminutiv  bedlin  Dief.  öSl';  e/i-s/icu/are  hoden  auszhawen  21l'; 
verenda  hodin  nov.  ghss.  379* ;  die  hoden,  eins  manns  zeug, 
testis,  tcsliculus  Maaler  227';  hempflig  hoden,  oder  einer  faust 
grosz,  testiculi  pugülares.  das.;  wir  die  gnossen  süllent  och 
dem  gotzhuse  ze  Lucern  .  .  ein  osterlam,  d?  hörn  und  bar 
und  hoden  heg.  ifet5</i.  4,377  ( 14.  jaM.);  weinrauten  über  die 
hoden  oder  klOsz  gelegt,  vertreibet  die  geschwulst  derselben. 
Tabebsaem.  400;  die  hoden  ausschneiden,  castrare,  evirare 
Frisch  1,459';  auch  die  theile  der  schaam  haben  ihre  be- 
sondere Schönheit,  unter  den  hoden  ist  allezeit  der  linke 
gröszcr.  \Vi:«KEtMANji  4,229.  sprichwörtlich:  ich  habe  gute 
hoffnung  zu  dem  handei  und  da  man  folgen  wird,  wollen 
wir  den  hock  recht  an  die  hoden  greifen.  Moritz  t.  Sachse?( 
an  den  markgraf  Hans  von  Küstrin  13.  aug.  1551,  in  Raumers 
Aistor.  taschenb.  1S57  s.  132:  es  geht  fein  von  statten,  besser 
als  bech  von  hosen,  und  filzläus  von  hoden.  Garg.  13S*. 

/«  Pflanzennamen  erscheint  das  wort  mehrfach,  vergl.  bocks- 
hoden,  bockshödlein,  hahnenhoden.  pfaffenhoden. 

HODE,  f.  schütz,  hut,  ein  niederdeutsches,  von  Moser  in  »einen 
schrißen  oft  gebrauchtes  wort:  andere  aber,  die  auf  den  grün- 
den eines  Schutzheiligen  oder  schutzherrn  saszen,  waren  auch 
an  dessen  schütz  gebunden,  und  man  nannte  sie  nothfreie. 
ein  solcher  schütz  heiszt  bei  uns  hode  oder  hut,  anderwärts 
aber  hye,  hege  oder  pflege,  osnabr.  gcsch.  l,  70 ;  die  biester- 
freiheil  zwingt  die  leute  zur  hode,  und  hode  redet  wider  den 
leibeigenthum.  patr.  phant.  3, 143. 

HODE,  f?:  arca  plaustraria  ein  hode  Dief.  45*,  meint  den 
brettemen  kästen  eines  last-  oder  botenwagens,  vielleicht  auch 
diesen  selbst,  das  wort,  das  in  verwandtschaß  zu  dem  sp.  572  f. 
aufgeftthrten  haudern  und  den  daselbst  genannten  formen  zu 
stehen  scheint,  wird  gestützt  und  weiter  beleuchtet  durch  eine  reihe  [ 
oberdeutscher  verbal-  und  subslantirbildungen :  hodel-  oder  hudcl- 
wagen,  wagen  dessen  kiefe  oben  mit  ketten  zusammengeraitelt 
werden,  verschieden  vom  U-iterwagen.  Schm.  1,  1054  Fromm.;  I 
hodel,   hödel   handlet,   kleinhändler  mit  getreide.   das.  mit  dem   ■ 


verbum  hödeln  kleinhandel  treiben;  auch  schweizerisch  hodeln, 
hudeln,  mä  getreide,  besonders  mit  dinket  kaudem,  handeln. 
Stalder2,49,  mi/ bodler,  kornhudler  getrcidehdndler,  körn  Jude; 
bei  Maaler  227*,  der  hodler,  fürköufer,  der  körn  und  der- 
gleichen auf  theüre  binder  sich  halt,  der  redlich  mit  dem 
judenspiesz  ficht,  dardanarius,  frumentarius,  fmmentator,  sili- 
ginarius;  dazu  hodelros  saumpferd  Leier  wOrterb.  1, 1320  {aus 
Justingers  Berner  chronik).  vielleicht  ist  für  die  bildung  aller 
dieser  worte  der  ka^nwagen  eines  herumfahrenden  hausierers  der 
ausgangspunkt  gewesen. 

HOÜENADERN,  f  plur.  cremasteres.  Dastp. 

HODENBALG,  m.  tunicae  testiculorum,  hodensack.  Maaleb  227*. 

HODENBRUCH,  m.  bruch  mit  eintretung  des  darmes  in  den 
hodensack:  bodenbruch,  gschwulst  der  hoden,  ramex,  hemia 
Maaler  227*; 

dasx  gegicbt,  den  rysenden  stein,  die  malzy, 
der  hodenbruch,  und  dir  wee  am  zumpel  sy, 
du  frouwenschänder,  verfluechter  lotter!    fufln.  fp.  865,13. 

HODENBRCCHIG,  adj.  ramicosus,  herniosus  Maaler:  er  ist 
hodenbrüchig  bisz  ann  hals,  er  heiszt  ein  man,  aber  der 
nam  ist  an  im  verlorn.  S.  Frank  sprichw.  1.  2S". 

HODENGESCHWULST,  f. :  wider  die  hodengeschwulst  netze 
ein  leinin  tüchlein  in  diesem  wasser  und  legs  warm  über  die 
klösz.  Tabebxaem.  1247. 

HODENKERN,  m.  Highmori  corpus,  ein  weiszer,  ungefähr 
einen  halben  zoll  langer  kOrper  am  obern  theile  jeder  teslikel,  der 
den  aus  den  hoden  abgesonderten  samen  aufnimmt  und  in  die 
nebenhoden  führt.  Nemxich  3,  149. 

HODENKORIANDER,  «i.  coriandrum  testiculatum ,  kleiner 
koriander.  Nexmch  2, 1122,  ron  der  form  des  Samens. 

HODENKRAUT,  n.  orchh,  knabenkraut.  Neji.mch  4, 779. 

HODENLOS,  adj.  eviralus.  Maaler  227*: 

der  bodenlos  man  darf  keiner  das  maul  smirn. 
fustn.  Sil.  222,  16. 
HODENMÄNNLEIN,  n.  als  liebkosung:  was?.,  mein  kleins 
hodenmäniin,    ich    glaub   du   hast  in   die   kannen   geguck? 
Garg.  137'. 

HODENSACK,  m.  tesliculamen,  testicularium.  voc.  ine.  tlieut. 
k2';  ovaretis  hodensag  Dief.  403";  hodensack  scrotum  Dastp.; 
der  hodensack  eines  widers,  scrotum  rerrecinum  Maaler  227*. 
in  einer  betheuerung:  botz  hodensack  I  Garg.  22S*.  das  diminutiv 
als  liebkosungswort :  mein  Jungs  mäniin,  mein  liebs  hoden- 
secklin ,  wa  führt  man  uns  hin  ?  134* ;  du  liebes  hoden- 
secklin.  250*. 

HODENSCHNEIDER,  m.  casiralor  suum  rel  orium.  Frisch 
1,459';  bei  Maaler  227*  aber  lithotomus,  der  stein-  oder  bruch- 
schneider;  alle  länder  durcbtriegen  die  doctor  und  hoden- 
schneider.  Paracels.  1,165SC; 

ein  würfelmacber  one  bein, 

ein  hodeasctineider  one  stein  {ist  wider  natürliche  art). 

B.  Waldis  Esop  4,  93,  56. 

HODENSTEIN,  f7i.  enorchis,  wegen  der  gleichlwit.  Frisch  1,459'. 

HODEN  WIDDER,  m.  unverschnittenes  männliches  schaf.  schwei- 
zerisch. Stalder  2,  49. 

HODEPFENNIG,  wi.  abgäbe  ßr  die  hode,  den  schütz,  auch 
hodeschilling.  Moser  patr.  phant.  2, 30. 

HODIG,  adj.  hoden  habend,  unverschnitten,  von  zuchttiiieren  : 
hodiger  ochs,  taurus,  bos  non  castratits.  voc.  ine.  theut.  k  2' ; 
hodiger  eher,  rerr«,  pijrcus  non  castratus,  hodiges  schaff  oder 
lam,  aries  vulg.  wider,  k  3*.  in  Baiern  mit  umlaut  hödig :  der 
hödige  stier,  das  hüdige  rosz,  ein  hodiger  jxriiog.  Schm. 
1, 1054  Fromm. 

HODLER.  m.  s.  unter  hode  oben. 

HODRIHEIN,  interj.:  hodrihein,  hinnacht  nimmer  heim. 
Garg.  100*. 

HODROSS,  m.  ross  das  hoden  hat,  Hengst.  Scbx.  1,1054  Fromm. 

HOF,  m.  area,  villa,  aula.  im  gothischen  ist  das  wort  nicht 
überliefert,  sonst  zeigen  es  die  alten  dialekte  in  ungeänderter  form, 
der  altnordische  als  neulr.  die  ursprüngliche  bedeutung  von  bof, 
die  durch  vergleichung  mit  griech.  icrj:ios  garten,  lat.  campus, 
litt,  kampas  winket,  ecke,  gegend  (Fick  347)  vermittelt  wird,  tiitt 
noch  Üieilweise  zu  tage. 

hof  bezeichnet  nämlich 

1)  garten,  grasland,  nutzland,  so  alid.  hof  hortus  Graff  4,S2S; 
namentlich  aber  im  niederdeutschen :  ortus  hof,  hoff  (nf6en  garde, 
bongarl)  Dief.  402*;  noch  jetzt  hof  der  umzäunte  garten;  man 
unterscheidet  bämhof,  kälhof,  plantenhof.  Schambach  S3';  hoff, 
garten,  auch  jeder  befriedigte  platz  am  liause,  na'n  hof  faren 
sagen  die  Hamburger  ßr  nach  dem  garten  auszer  der  Stadt  fahren, 

104* 


1655 


HOF 


HOF 


1G5G 


ScbGtzb  2, 144 ;  bof,  tri  den  sächsischen  und  Kestfdlischen  ht- 
tirken  Hessens,  der  garten,  pflanzenliof  kraulgarlen,  grashof, 
grasgarten.  Vilmar  1"2;  ebenso  niederländisch  hof  hortiis,  viii- 
darium,  liofkeu  hortulus  Kilian  ;  vgl.  auch  das  kölnisclie  boflf- 
kamyn,  hüffkuym  gartenkümmel  Dief.  104*;  die  sogenannten 
höfe  (in  Wülsten  und  llattorf)  sind  hier  meist  mit  wohn- 
stellen und  gebäuden  nicht  versehen,  sondern  bestehen  nur 
aus  länderei.  Stlve  wesen  u.  verf.  43. 

2)  für  das  hochdeutsche  gebiet  hol  sich  statt  dieser  bedeutung 
die  eines  eingefriedigten,  von  gebättden  begrenzten  wirtschaftsplatzes 
an  einem  hause  ergeben,  und  hof  und  garten  sind  streng  ge- 
schiedene begriffe,  während  die  enge  Zusammengehörigkeit  von  haus 
und  bof  durch  eine  entsprechende  alliltcrierende  formet  betont 
K-ird,  ßr  die  sp.  641  zahlreiche  beispiele  gegeben  sind  : 

und  donnerte  durch  hof  und  haus 
und  weckte  seine  leute.    Bürger  53'; 

lief  in  einem  bausz,  cavaedium,  area  in  aedibus  urbanis  Maa- 
I.ER  229";  kamen  in  eins  mans  haus  zu  ßahurim,  der  hatte 
einen  brunnen  in  seinem  hofe.  2  Sam.  1',  IS;  trat  in  den  hof 
am  hause  des  königes.  Esther  5, 1 ;  kam  .  .  zu  mir  für  den 
hof  des  gefengnis.  Jer.  32,8;  salzte  man  mich  im  hof  mit 
verbundenen  äugen  in  eine  zugemachte  gutsche.  Simpl.  1,31« 
Kurz;  zwei  linden,  die  mit  ihren  ausgebreiteten  ästen  den 
kleinen  platz  vor  der  kirchc  bedecken,  der  ringsum  mit  bauer- 
höfcn,  scheuern  und  höfen  eingeschlossen  ist.  Göthe  16,16; 
dasz  auf  der  andern  seile  des  hauses  um  einen  geräumigen 
hof  Ställe  und  scbeunen  liefen.  Imhermann  Münchh.  1,148; 
halb  schlaftrunken  fuhr  er  aus  den  federn  und  an  das  fenslcr, 
sah  aber  . .  unten  im  hofe  eine  dunkle  gestall.  2, 38. 

3)  hof  heiszt  nun  auch  jedes  grundstück,  in  dem  dieser  wirt- 
schaßsplatz  einen  bedeutenden  umfang  einnimmt,  dadurch  zu- 
gleich auf  die  bedeutung  der  haushaltttng  hinweisend,  manchmal 
ist  mit  hof  in  diesem  sinne  haus  eng  verbunden,  um  wohnung 
und  Wirtschaft  in  einer  formet  zu  nennen:  einen  von  haus 
und  hof  jagen,  aiiquem  a  fundo  dejicerc.  Stieler  844;  wicwol 
ich  nicht  bin  gesinnel  gewesen,  den  friedliebenden  leser  mit 
dieser  leichtfertigen  rcuter  pursch  (schaar)  in  meines  knäns 
hausz  und  hof  zu  führen,  weil  es  sclilim  genug  darinn  her- 
gehen wird.  Simpl.  1,20  Kurz;  venjl.  auch  die  sp.  641  ange- 
fülirten  sprichwörtlichen  reden;  öfter  allein  stehend  gilt  hof 

a)  für  ein  gröszercs  bauerngut:  was  innrent  dien  muren 
und  dien  vorgenanten  zilen  lit,  das  ist  ein  friger  hof  des 
gotzhus  ze  Engelberg,  weislh.  1,3  {i\  jahrh.) \  zwar  des  geraden 
wegs  in  meines  knäns  hof  zu  eileten.  Simpl.  1,19  Kurs;  West- 
phalen  bestund  aus  einzelnen  höfen,  deren  jeder  seinen  eigen- 
tiiümlicben  und  freien  besitzer  hatte,  mehrere  solche  höfe 
machten  eine  bauerschaft  aus,  die  gewöhnlich  den  namen 
des  ältesten  und  vornehmsten  hofes  führte.  Kindi-inger  bei 
Imhermasn  3/ünc/i/i.  1,145;  da  sie  {banern)  von  Jugend  auf  in 
dem  glauben  erzogen  waren,  dasz  derjenige,  der  seinen  hof 
mit  einer  neuen  pflicht  belüde,  ewig  auf  demselben  spuken 
gehen  müszle.  Moser  palr.  phant.  2,  353.  in  Baiern  war  ein 
solches  bauerngut  von  einer  gewissen  grüsze  ein  ganzer  hof,  und 
man  pflegte  danach  kleinere  als  halbe,  viertel,  achtel  «.  s.  w. 
böfe  zu  taxieren.  Schm.  1, 1058  Fromm. 

b)  ßr  ein  landgul,  im  gegens'itz  zu  der  städtischen  wohnung 
eines  besitzers:  dasz  unter  andern  bei  Jerusalem  ein  lustiger 
stattlicher  hoff  oder  fuhrwerk  (vorwerk)  gewesen,  so  lletlan 
genennet,  welcher  wegen  seiner  herrlichen  gärten  und  darinne 
geleiteten  brunnen  über  die  maszen  lustig  und  fruchtbar  ge- 
wesen. Scnuppius  99;  sie  war  schön  und  reich,  und  hatte 
viel  gcsinds,  und  höfe  vol  ochsen  und  schafe.  JudUh  8,0; 
da  kam  Jhesus  mit  inen  zu  eim  hofe,  der  hics  Getbsemane. 
Mallh.  2G,  30.     vgl.  auch  Iflinhof,  meierhof. 

c)  auch  für  ein  slddliscbes  gebäude  mit  ausgedehnten  wirt- 
schnftsräumlichkeilen,  für  eine  grosze  haushaltung  berechnet:  in 
JfTUsalem  stund  ein  groszcr  verschlossner  hof,  Marcus  nen- 
net den  bof  auch  aulam.  Keiszner  Jerus.  1,  29';  patrizier- 
•ir^rhlechler  haben  einen  hof  »»  der  stadt,  ein  Heichensteiner, 
I  !i ;"r,ieiner,  Kbeinacher  hof  zu  Basel;  vgl.  auch  die  composita 
iiuirliuf,  pfarrhof,  bischufsbof;  curtis  hof  eines  prelatcn 
Dief.  IM';  femer  gasthof  für  ein  grüszeres  gasthaus;  doch  wird 
auch  einfache»  hof  mit  entsprechendem  örtlichen  beisatz  im  letz- 
teren sinne  gebraucht:  der  prcH»zi«rhe  hof;  der  hairische  hof; 
Drendfier  bof,  Stuttgarter  liof.  dieser  zusatz,  jetzt  willkürlich 
ftWdUt,  gab  früher  die  heimnt  des  besitzers  an. 

d)  für  einen  adlichen  huf,  dir  besüzung  eines  grundherrn,  auf 
itr  Jugleich  mlliche  rechte,   gericldtburkeil  u.  dltnl.  ruhi-n,    n-rgl. 


edelhof:  ich  kam  sehr  jung  auf  den  hof  und  ward  mit  dem 
gnädigen  fräulein  erzogen.  Lessinc  1,530;  und  die  zu  einem 
solclien  hofe  gehörigen  zinspfticiüigen  bauern :  so  ging  der  vater 
der  Sylika  nach  hause,  um  seiner  frauen  die  meinung  des 
hofes  bekannt  zu  machen  {die  bauern  waren  vorher  zu  einer 
beratung  zusammen  getreten).  Moser  pliant.  2,  358 ;  der  gehegte 
hof,  die  zur  spräche  versammelten  derartigen  bauern;  vor  ge- 
hegtem hofe.  4, 109. 

e)  endlich  auch  ßr  die  residenz  eines  vom  hohen  adel,  eines 
ßrsten,  künigs,  in  der  altern  spräche,  vgl.  Schneller  1,1058/". 
Fromm.; 

der  künic  hAt  Ä  wo!  vernomen, 
da;  in  sincn  hof  was  koraen 
BarlAäm,  der  guote.    liiirl.  191,20; 

müssen  kemerer  sein  im  hofe  des  königes  zu  Babel.  Jes. 
39,  7 ;  die  da  geschickt  werea  zu  dienen  in  des  königs  hofe. 
Dan.  1,4. 

4)  hof,  von  einetn  andern  eingefriedeten  platze,  so 

a)  um  eine  kirche:  umme  hof  gähn,  in  der  procession.  Frisch 
1,  459'  (aus  Rchlmajers  braunschw.  kirclunhislorie) ;  vgl.  freilbof 
theil  4',  sp.  123,  und  kirchhof  the'd  5,818/".;  in  der  bd)elsprache : 
des  hofs  am  hause  des  berrn, . .  des  schatzs  am  hause  goltes. 
Ichron.  29,12;  machten  inen  laubhütten  ..  in  den  höfen  am 
hause  gottcs.  JSeh.  8, 16. 

b)  freier  platz  in  einer  staJt,  zum  spazieren:  hof  oder  platz 
darauf  man  spaziert,  ambulacrum  Maalev^  229' ;  auch  sonst  platz 
vor  öffentlichen  gebäuden,  schlossern,  z.  b.  wo  ein  turniir  abge- 
halten wird,  vgl.  unten  5;  daher  noch  später  in  einer  redensart: 
in  welchem  kämpf  der  siger  den  hof  behält  (den  platz  be- 
hauptet).  Forer  lischb.  123'. 

5)  hof,  die  in  einem  hofe  befindlichen  oder  da  zusammen- 
kommenden personcn,  eine  gesellscliaft.  Schm.  1,1059  Fromm.; 
hoff  congrcgatio  aUquorum.  voc.  ine.  Iheul.  k  3" ;  so  zu  fröhlichem 
beisammcnscin :  umblaufen  als  ain  garnwind  da  zu  dem  tanz, 
da  zu  den  höfen,  da  man  den  kolben  gibt  (ball  spielt).  Kei- 
sersbeug  geisll.  spinn,  (granatapfel)  Pl';  der  abl  zu  st.  Gallen 
hat  ein  hof  und  panket  gehalten.  Stumpf  bei  Frisch  1,459'; 
will  denn  ewer  volk  so  bald  von  hof  (aus  einer  hochzeitge- 
sellschaft)  scheiden?  Wickram  rollw.  172,13  Kurz;  die  gesell- 
scliaft die  zu  einem  turnier  zusammenkommt,  und  das  turnier 
selbst:  item  in  dem  jar  als  man  zall  1416  jar  da  was  ain  so 
groszer  hoff  hie,  als  nie  kainer  weder  vor  noch  nach  ward : 
. .  die  fürsten  und  ir  ritter  und  knecht  stachen  all  in  hochen 
zeugen  und  waren  frölich.  d.  städtechron.  5,74,15.  vgl.  auch 
turnierhof,  stcchhof,  schützenhof. 

C)  da  die  gerichtsbarkeit  an  einem  adlichen  oder  fürstlichen 
hofe  haftet,  so  heiszt  auch  das  zu  ausübung  derselben  bestellte 
cotlegium  hof:  curia  hof,  dinghof  Dief.  124';  so  ordnen,  setzen 
und  wollen  wir,  dasz  die  assessorn  binfüro  mit  sonderlicher 
commlssion  von  unserm  kaiserlichen  hoff  (dem  cammergerichte) 
oder  sonst  unbelästigt  sein  sollen,  cammergerichtsordnung  von 
1521,  ///.  25,  §  4.  vijl.  amthof,  apellhof,  dinghof,  gericbtshof. 
7)  häufig,  auch  in  der  neuern  spräche  ist  hof  der  hoftialt  eines 
fürsten  und  die  gesamtheit  der  dazu  gehörigen  personen :  wann 
ein  bof  sol  wolbestellet  sein,  so  musz  ein  herr  haben  1.  leute, 
die  für  die  religion  sorgen.  2.  leute,  die  das  juslitienwesen 
wol  bestellen.  3.  leute,  die  den  krieg  verstehen,  und  das 
land  beschützen  können.  4.  leute,  die  eine  gute  bauszhaltung 
anstellen  können,  das  sind  die  vier  räder,  darauf  ein  herr 
seine  wolfahrl  füret.  Scnuppius  26;  groszer  herreu  höfe.  s.  2. 
auch  hier  treten  feste  Wendungen  auf 

a)  ein  herr  beruft,  verkündet,  versammelt  den  hof,  :k  ge- 
scMften  oder  vergnügen:  donoch  bette  l'hilippus  einen  gros/.en 
hof  zu  Menlze :  do  koment  vil  fürslen  und  herren  hin.  deut- 
sche städtechron.  4, 443, 22 ; 

ml  dlz  gcscliolien  was  ulsö, 

einen  liof  gi-liöi  im-  (ärr  könig)  d6, 

Aai  beidiu  tirliu  und  arme  gar 

von  sinem  luiidc  ka'int>a  dar.    Part.  303,0; 

der  kciscr  hiesz  weit  nusi  cnpitcii, 

wer  «ich  do  t(roscr  rrouil  woll  iiiton, 

wer  IVolicIi  woll  «ein,  dor  sult  kumen, 

gol  lict  Im  alls  5Pin  truren  ticiiuinRii ; 

und  llos  ein  holT  aust  sclircieii  und  jnhen. 

HoKiKBLLT  in  den  laxin.  tp.  It4s; 

Nobel,  der  kftniff,  vcruammelt  den  hof;  und  «oine  va«allei» 
eilen  KcrufiMi  lu'rliei  mit  groszeni  gfprftnttf.     Gothi  4U,  5, 
nac/t  Niilii>l,  do  koiiiiink  van  nllcn  dorcii, 

lii'jl  hof.  undo  liH  den  üikrciena 
»in  lullt  dorcli  overal. 
dar  quemen  velo  lieren  mit  grotem  •cnal. 

neinrcka  fuchs  10; 


1657 


HOP 


HOF 


1658 


freier:    sie  {die  glocken)   seind  unser  kirchtrommeten ,   daoiit   j 
unser  herr  gott  zu  hoff  blaszt.  Garg.  153'. 

hof  halten,  die  personen  des  hofes  in  der  residenz  um  sich 
versammeln,  vgl.  hofhält; 

als  noch  verkannt  und  sehr  gering 

unser  herr  auf  der  erde  ging  .  .  . 

liebt  er  sicli  gar  über  die  maszeu 

seinen  hof  lu  hallen  auf  der  straszen.    Göthe  13, 119; 

es  wird  ein  hof:  sich  begab  uf  ein  zeit,  das  ein  hof  soll 
werden,  und  L'lenspiegel  wolt  dar  reiten,  llenspiegel  s.  110, 
HO.  75 ;  den  hof  vollbringen,  die  pflichten  des  hofhaltes  bis  zu 
ende  ßhren,  irabren: 

herr  {könig),  laszt  hie  von  disen  dingen ! 

ir  sült  euren  hof  eerlich  volbringen.    fasln,  sp.  662,29; 

den  hof  vermeiden,  sich  des  hofes  enthalten: 

Relneke  Fuchs  der  schelm,  der  viel  begangenen  frerels 
halben  des  hofs  sich  enthielt.  40,5; 

einem  den  hof  abschlagen,  ihm  den  aufenthaU  daselbst  ver- 
vehren :  ein  diener  spricht  zu  einem  bischof  schlahen  inen  {schlagt 
ihnen,  den  bettelmönchen)  den  hof  ab  und  laszen  {lasst)  in 
verbieten,  im  ganzen  bislum  zu  stunzlen  und  termenieren. 
Schade  sat.  und  pasqu.  3, 16S,  S. 

b)  bei  hofe,  zu  Lofe,  nach  hofe,  vom  hofe :  wie  ein  yeder 
vermag,  also  reut  er  auf  sein  eigen  kosten  dem  künig  zu 
hof  und  zu  feld  in  krieg.  Frank  iceltb.  ISS';  hat  derohalben 
alle  .  .  priester  und  pfaffen  lassen  vor  sich  kommen,  und 
sie  Selbsten  zu  hoff  examinirt  und  ihnen  fragen  vorgelegt. 
ZissGREF  apophlh.  1,5;  die  groszen  herren  zu  hoffe,  pers. 
rosenth.  1,45;  ihm  ein  trompeter  zugegeben  wird,  der  ihn 
wider  sicher  nach  hausz  geleitet,  und  seiner  frauen  sagt, 
was  für  grosze  gnaden  ihrem  herzliebsten  bei  hofe  begegnet 
sei.  ScHCPPiLs  26;  wie  aller  ohrten  dieses  lasier  {die  Ver- 
leumdung) im  schwänge  ist,  also  kau  es  auch  zu  hofe  und 
von  desselben  zugethanen  nicht  gesondert  werden,  wer  zu 
hofe  ist,  wandelt  in  garn  und  slrikken.  Bctschkt  Patm.  111; 
sobald  er  in  London  angelangt ,  eilt  er  nach  hofe.  Lessing 
7, 2S1 ;  der  vornehme  herr  vom  hofe  machte  unterdessen 
vergebliche  versuche  sich  herabzulassen.    Imjiebxakn  Münchh. 

3,53; 

dö  leiter  an  sich  sin  gewant, 

ze  hove  huop  er  sich  zehaut, 

uud  gie  vür  sinen  herren  hin.    Bari.  189,  8  • 

ist  iemant  komen  her, 

der  da  wisse  neue  mär, 

oder  wie  es  zu  hoff  sei  nune?    fasln,  tp.  417, 14. 

in  Sprichwörtern :  lang  zu  hoff,  lang  zu  hell.  Agr.  spr.  (1560) 
lü2';  lang  bei  hofe,  lang  bei  hüll.  Göthe  26,323;  zu  hof 
gibt  mann  vil  händ  und  wenig  herzen.  Agr.  spr.  16"';  Al- 
bertus, erzbischoff  zu  Meintz  und  churfürst,  halt  disz  wort 
inn  stetem  brauch,  wann  er  seine  diener  lang  stehen  sähe, 
sagt  er:  setz  dich  nider,  bein  gibt  mann  nit  zu  hof.  16S', 
bei  ZiNEGREF  apophth.  1,  3  in  der  fassung  dann  man  gibt  die 
bein  nicht  von  hoff,  wie  futter  und  mahl,  mit  beziehung 
darauf  dasz  der  herr  ßr  die  bedürfnisse  der  hofhaltspersonen 
sorgt;  als  Petrus  zu  hof  kam,  ward  er  ein  schalk.  Scbottel 
1113';  es  gehet  zu  wie  in  könig  Artus  hofe.  1139';  gnädiger 
herr,  ungnädiger  hof.  Il4l';  Hansz  Schenk  hat  gnade  zu 
hof.  das.;  man  rufet  den  esel  nicht  eher  zu  hof,  er  solle 
dann  sacke  tragen.  Pistorius/A«.  pur.  3,  94  mü  der  erkldrung: 
schlechte  leute  kommen  nicht  eher  nach  hof,  als  wenn  man 
ihrer  nöthig  hat;  zu  hof  kan  man  sich  wohl  wärmen,  aber 
auch  verbrennen.  5, 60 ;  der  neid  wird  zu  hof  gebohren,  in 
clöstern  erhalten,  im  spittal  aber  begraben.  71,  7S ; 

so  lang  zu  hoff,  so  lang  zu  bei.    U.  Sachs  3,1,152'; 

alte  diener,  hund  und  pferd, 

sind  bei  hof  in  einem  werth.    Pistorics  1,  47 ; 

eins  gen  hof  schenken,  etwas  hingehen  lassen,  nachlassen,  knüpft 
icol  an  den  brauch  an,  dasz  die  unlerthanen  der  gegenden  in 
denen  ein  herr  hof  hielt,  freiwillige  gaben  zum  unterhalte  des- 
selben spendeten :  so  einer  ein  baunwirdig  laster  begangen  het, 
so  lieszen  sy  es  im  ausz  gnaden  nach,  gaben  einen  pacem, 
und  schenkten  ihm  je  eins  gen  hoff,  wie  man  spricht. 
S.  Fkaü»  ehron.  522*. 

c)  in  verschiedenen  fügungen  ist  die  persönliche  bedeutung 
des  Wortes  recht  scharf  ausgeprägt,  hof  =  hofleule,  hofpersonal  : 
desz  hofs  höchstes  kunst-stück  ist,  sich  wol  verborgen  halten, 
das  was  man  seie,  man  nicht  wisse.  Schuppids  561 ;  der  um- 
sonst sich  herablassende,  welcher  auszerlich  die  fassung  des 
bufes   behielt.    Imxerjias.'«   MühcMi.  3,53;   seit  jener  Unter- 


redung über  römische  kaiser  hatte  sich  der  fürst  durch  einige 
tage  seinem  hofe  entzogen.  Frevtag  handschr.  3,  &5 ; 
gegen  dir  geirew, 

und  gegen  jederman  aufrichtig, 

und  lu  des  hofs  betrug  untüchtig.    Wecxbeslu«  114; 

des  eiteln  hofs  stolz,  witz  und  raht.    115; 
nicht  ohne  viel  gespötte 

und  achselzuckerei  des  hofes  und  der  Stadt. 
Wiei.a;«d  18,  140 ; 

jetzt  wurde,  nach  des  hofes  brauch, 

sein  husen  plötzlich  lau; 

er  sasz  nicht  mehr,  am  schlebenstrauch, 

mit  Röschen  auf  der  au.    Höltt  15  ttalm ; 

der  mann  mit  einem  (lammenstem 

blickt  grosz  aus  seinem  strahlenscheine' 

mit  duust  des  hofs  herab  auf  kleine.    Secmb  ged.  40. 

hof  begreift  auch  den  fürsten  mit  seinem  hofpersonal:  vergebens 
werden  die  höfe  von  seilen  der  Stadt  an  die  Vorschriften 
der  .  .  goldnen  bulle  erinnert.  Göthe  24, 292.  endlich  be- 
zeichnet es  das  hofleben :  ohne  mich  um  das  zweideutige  gluck 
des  hofs  zu  bemühen.  Rabexer  sat.  3,21$; 

und  wer  den  hof  nicht  roch,  ist  ihm  ein  schuft« 
Seuxe  ged.  41. 

8)  einzelne  Wendungen  aus  dem  gebiete  oben  no.  7  sind  in 
freieren  gebrauch  übergegangen  :  eine  schöne  versammelt  einen 
hof  von  anbetern  um  sich,  sie  wird  dabei  gleichsam  als  fürslin 
gedacht;  dasz  Ninon  de  l'Enclos  durch  die  anmuth,  feinkeit 
und  lebhaftigkeit  ihres  geisles  beständig  einen  kleinen ,  aus- 
erlesenen hof  um  sich  her  versammelte.  Beckers  weltgesch. 
9,  354.  gern  iM  die  fügung  den  hof  machen,  eigentlich  hofdienst 
verrichten ,  sein  amt  als  hofmann  seinem  fürsten  gegenüber  ver- 
sehen: da  {bei  der  kaiserkrünung)  die  gesandten,  um  ihren 
hof  zu  machen  wieder  hereintraten.  Göthe  24,  32S,  in  freiem 
sinne  verwendet:  geistliche,  die  dem  herrn  des  himmels  den 
hof  machen.  Kaxt  10,328;  den  jüngling,  wie  er  mehreren 
schönen,  besonders  in  gedichten,  den  hof  macht.  Göthe 
6, 192 ;  der  gewandte  hofmann  steht  vor  uns,  eben  als  wenn 
er  uns  den  hof  machte.  21,116;  ein  frauenzimmer ,  dem  er 
von  fern  den  hof  gemacht  sei  in  ihn  aufs  äuszerste  verliebt. 
25, 264 ;  selbst  sich  den  hof  machen :  Julia,  sie  werden  mich 
zerstreaen,  madam !  (auf  und  ab,  sich  den  hof  machend.)  wenn 
sie  das  können,  madam.  Schiuler  Fiesko  2,  l. 

9)  hof,  übertragen,  von  farbigen  ringen  um  verschiedene  gegen- 
stände. 

a)  um  sonne  oder  mond:  man  ..  siht  den  regenpogen  und  des 
mühen  und  des  sunnen  hof.  Megenberg  74, 34 ;  hof  um  die 
sonne  oder  mond,  halo,  solis  vel  lunae  corona  Stieler  S44; 

gestern  abend  sah  ich  den  neuen  mond, 

ein  hof  war  um  ihn  her.       Uerder  ;.  IUI.  8,  269. 

bildlich :  er  hingegen ,  ein  sogenannter  starker  mann  in  ge- 
nialischem verstände,  eine  sonne ,  aber  umzogen  von  einem 
immerwährenden  ring  oder  hof  toII  stürme.  J.  Paul  biogr. 
belust.  1,  51. 

b)  um  leuchtende  punkte  überhaupt:  hier  finden  wir  den 
Übergang  zu  den  höfen,  die  wir  um  leuchtende  punkte  auf 
eine  oder  die  andre  weise  zu  sehen  pflegen  .  .  .  man  kann 
die  höfe  in  subjeclive  und  objective  eintheiien.  Götue  52, 54 ; 
ein  licht  musz  mäszig  leuchten,  nicht  blenden,  wenn  es  einen 
hof  im  äuge  erregen  soll.  55. 

c)  hof,  areola  papülae,  kreis  um  die  brustwarze.  Nemnich. 

d)  hof,  bläulidier  ring  um  die  äugen  bei  gescliwächten  oder 
verlebten  menschen:  einen  hof  um  die  äugen  haben. 

10)  hof,  in  der  heraldik,  der  blätterartige  sierrat  um  mandie 
Schilde. 

11)  in  Baiern  ist  hof  ein  viehstall  auf  den  alpen,  auch  der 
theil  einer  alpenhiäle,  in  welchem  sich  das  vieh  aufhält,  in  der 
Schweiz  ist  hof  der  platz  nächst  um  die  sennhütte  zum  melken 
der  kühe.  Stalder  2, 49.  in  Appenzell  ferner  die  stelle ,  wo 
kehricht,  mist,  überhaupt  unral  gesammelt  und  aufgehäuft  wird, 
meist  ein  breUerverschlag.  Tobler  274*.  in  Kärnten  dagegen 
derjenitte  räum  im  stallgebäude ,  wo  die  zunächst  nötige  äreu  u. 
s.  w.  sich  befindet.  Leser  143.  im  Salzburgischen  auch  ein  ge- 
treidemasz.  Schm.  1, 1(69  Fromm. 

12)  dasz  der  ursprünglich  kurze  stammrocal  des  wortes,  der 
jetzt  höchstens  noch  in  einigen  theikn  fiurddeutschlands  so  ge- 
blieben, im  allgemeinen  aber  verlängert  ist,  doch  noch  lange  seine 
ehemalige  kürze  aucJt  in  Süd-  und  ilitteldeutscIJand  bewahrte, 
daßr  zkugt  die  Schreibung  mit  ff,  die  durch  das  17.  und  bis  ins 
18.  jalirh.  ziemlich  gewöhnlich  ist,  und  sowol  bei  dem  einfachen 
Worte,   wie  bei  den  unten  foljjenden  ableitungen  und  composiien 


1659 


HOF  ABENTEUER  —  HOFBAU 


HOFBAUAMT  —  HOFBURSCH 


1660 


auftritt,  von  den  letzteren.,  soweit  namentlich  deren  zweiter  theü 
consonantisch  anhebt,  zeigen  manche  nie  im  vihd.,  so  auch  in 
der  nhd.  spräche  noch  vielfach  die  form  hofe-,  bei  der  das 
schlieszende  e  cäs  resl  des  alten  stammsrhlusses  vom  Substantiv 
anzusehen  if'  dieselben  sind  an  alphabetischer  stelle  besonders 
aufgeführt. 

HOFABENTEUER,  n.  abenteuer  an  einem  fürstlichen  hofe: 
welche  .  .  die  hof-  und  stadlabenteuer  als  gleichgültig  vor- 
übergehend, sugar  manchmal  als  unterhaltend  betrachteten. 
GüTBE  31, 129. 

HOFACKER,  m.  zu  einem  bauern-  oder  henenhofe  gehöriger 
acker. 

HOFADEL,  m.  adel  der  an  einem  fürstlichen  hofe  lebt.  Dahl- 
MANN  gesch.  d.  franz.  revol.  166;  der  dieiistadcl,  auf  den  der 
hofadel  mit  Verachtung  herabsah.  Beckkrs  ueltgesch.  12,  61. 

HOFAM.MANN ,  m.  richter  über  einen  edel-  oder  lelicnhof. 
s.  das  folgende  uort. 

HOFAMT,  n.  1)  amt  ßr  die  rechtsangelegenheüen  eines  oder 
mehrerer  edel-  oder  lehnhöfe:  item  alle  hofgüter  im  gericht 
zuo  Tablatt  gelegen  sind  leben  von  dem  hofanit  zuo  sanl 
Gallen,  und  licht  ains  berren  von  sant  Gallen  hofamman 
dieselben  guter  so  dick  das  zuo  schulden  kompt,  und  zuo 
üben  gebürt.  weisth.  1,224  [von  I47l). 

2)  amt  an  einem  fürstlichen  hofe:  abgestufte  Lofümter  mit 
bestimmten  auszeicbnungen.  Schlossers  weltgesch.  4,  4C4 ; 

wer  hat  d.is  hofamt  bei  der  königin? 
wen  traf  der  rang,  sie  heule  zu  bedienen? 

Schiller  Karlas  1,  C. 

HOFANTWORT,  f.  wie  man  sie  bei  hofe  gibt,  zweideutige 
hinhaltende  anlwort :  dieses  ist  Eulenspiegels  kunst ,  und  ist 
sehr  gemein  in  gericblen  und  in  boffantworten.  Melancutuon 
im  corp.  doclr.  christ.  (1560)  522. 

HOFAPOSTEL,  m. :  ob  schon  die  reichen  und  grosze  herrn 
fallen  und  ihrer  digniteten  und  empter  entsetzt  werden ,  so 
helfen  ihnen  doch  .  .  .  gute  freund  und  bofaposteln ,  und 
werden  also  weder  beschedigt  noch  bekehrt.  Albertinus 
schaw-  u.  lummelpl.  300. 

HOFARBEIT,  f.  arbeit  ßr  einen  hof,  z.  b.  einen  kloäerhof. 
Germ.  9,  194  (aus  Tegernsee ,  16.  jahrh.) ;  hofarbeit  nennt  der 
konditor  eine  künstliche  Verzierung  der  zuckerwaare,  womit  die 
tafel  vornehmer  herren  besonders  bei  feierlichkeile n  ausgeschmücld 
wird.  Jacoesso.n  2,  26(1".  bairisch,  die  arbeit  mit  dem  vich  in 
der  Wirtschaft,  im  gegensatz  des  nähens,  Strickens  und  anderer 
stubenarbcilen.  Schm.   I,  1059  Fromm. 

HOFART,  f.  art,  brauch  an  fürstlichen  höfen :  die  personen 
des  comitats  wurden  nach  fürstl.  hof-arth  mit  unterschied- 
lichen äinptern  und  titeln  beleget,  pcrs.  reisebeschr.  2,1;  bof- 
art,  mos  aulicus,  auf  bofart  mit  einem  trinken,  sine  praejudicio 
honoris  et  juris  sui  compotori  respondere  aul  piopinare.  Stikler 
5S  (vergl.  hofrecht  no.  3) ;  sie  war  zart  gebaut,  von  mittlerer 
grösze;  ein  herzliches  natürliches  betragen  war  durch  well- 
und  bofart  noch  gefälliger  geworden.  Göthe  25, 196.  sprich- 
wörtlich: gold  auf  den  hosen  und  keins  darin,  ist  bofart. 
SiMBOCK  sprichw.  j.  255; 

als  ihr  die  rede  vernommen,  versetztet  ihr:  sage,  wer  hat  dich 
so  nach  hoiart  theilen  gelehrt?  40,  IM, 

nach:  Reinke,  we  l£rde  di  dclen  also, 

so  rechte  hoveschliken?    Ucineke  Fuchs  5471. 

HOFARZT ,  m. :  welchen  der  groszfürst  zu  seinem  boff- 
und  Icib-arzt  berufen,  pers.  rei.^ebeschr.  1,2. 

HOFAL'GEN,  n.  plur.  wie  sie  an  fürstlichen  höfen  begegnen: 
so  begriff  er  nicht,  wie  er  . .  aus  diesem  italiänischen  feuer 
und  aus  diesen  schnellen  hofaugen  ein  verweintes  blondinen- 
gesicht  machen  können.  J.  Paul  Hesp.  2, 135.  träger  solcher 
äugen :  sie  hatte  bisher  in  seinen  äugen  ein  sehnen  gefun- 
den ,  dns  schönere  reize  suchte  als  die  übrigen  hofaugen. 
uns.  löge  3,23. 

HOFBACKER,  m.  pislor  aulicus.  Stieler  7B. 

HOFBALL,  m.  der  an  einem  fürstlirhen  hufe  gegebene  ball: 
wenn  sie  sich  noch  des  hoflialls  entsinnen  .  .  worauf  man 
den  ersten  englisclien  tanzte.  Schiller  kab.  u.   liebe  3, 2. 

HOFBAR,  adj.  dem  hufe  gemds:,  höfisch,  vgl.  Schm.  1,1062 
fVomill.  /  in  erweiterter  form : 

do  kamen  nach  mir  geriten  her 
twu  frau'-n,  diu  waren  horficper 
•0  gewand  und  an  geberden,    fantn.  xp.  WM, 

HOFBAU,  m.  inbegriff  der  gründe,  dcker  und  wieun  welche 
zu  einem  uhliat,  befreüen  tüx  oder  edelhof  gehören.  Scan.  1,  lO&V 
fromm. 


HOFBAUAMT,  n.  bauamt  eines  ßrsllichen  hofes. 

HOFBAUER,  m.  vUlicus.  Stieler  104.  daselbst  bofbeuerin, 
villica. 

HOFBEAMTER,  m.  der  ein  amt  an  einem  ßrstlichen  oder 
auch  edelhofe  bekleidet;  minister  aulicus  Stieler  53. 

HOFBECHER,  m.  1)  als  Irinkgcschirr :  da  risz  und  schält 
man  den  wein  ausz  polten,  ausz  pinten,  ausz  kelchen,  napfen, 
gonen,  kellen,  hofbechern.  Garg.  83';  aus  den  schwarzen, 
schnmlzigcn  hofbechern  zu  trinken.  46\ 

2)  als  masz,  wol  nach  einer  an  einen  edelhof  zu  leistenden 
abgäbe:  nimm  baber-mehl  einen  hofbecher  voll.  Hohberc 
2,  ISO'. 

HOFBEDIENT,  pari,  einen  dienst  an  einem  hofe  habend: 
wilst  dich  in  ein  hofbedientes  junges  mägdlein  verlieben. 
BuTsciiKV  hd.  kanzl.  580.  jetzt  nur  noch  in  substatitivem  ge- 
brauch {vgl.  hofbeamter) :  ein  hofl)edienler. 

HOFBEDIENUNG,  f  {nach  bedienung  2  und  3,  th.  1,  sp. 
1232)  amt,  dienst  an  einem  fürstlichen  oder  adlichen  hofe,  und 
gcsammtheit  der  dienerschaft  daselbst. 

HOFBEFREIT ,  part.  unter  dem  schütze  des  hofes  {eines  re- 
gierenden herrn)  von  gewissen  bürgerlichen  Verbindlichkeiten  be- 
freit, hand werker ,  welche  ihr  gewerbe  unter  dem  schütze  eines 
hofes  treiben,  ohne  zünftig  zu  sein ,  werden  bofbefreite  hand- 
werker  genannt.  Adelung. 

HOFBESCHEII),  «j.  wie  man  ihn  bei  hofe  gibt: 
die  red  brecht  mich  um  Icib  und  leben, 
wenn  mein  hofnung  nit  wer  dabei, 
das  die  red  nur  ein  hol'bscheit  sei, 
die  sich  biszweiien  oft  verendern. 

J.  Atrer  402'  (2023,  11  Keller), 
vgl.  hofantwort. 

HOFBESUCHER,  m.  besucher  eines  fürstlichen  hofes:  seine 
{des  Gargantua)  geheime  freund  und  bofbesucher.    Garg.  ni'. 

HOFBIER,  fi.  cerevisia  aulica.  Stieler  146. 

HOFBISZLEIN ,  n.  biszlein,  wie  man  es  zu  hofe  erhält,  hier 
bildlich  für  das,  was  bei  einem  hofdienst  ah  fallt,  kleiner  gewinn 
aus  einer  hoßedienung:  o  Fortuna,  wie  wol  bistu  denjenigen 
gewogen ,  die  du  ernehrst  ohn  die  hofbiszlein  (olm  dasz  sie 
hofdiener  zu  sein  brauchen),  eniß.  kom.  2,  Hh3'. 

HOFBLUME,  f  primula  veris.  Nemnich  4, 1060. 

HOFBODEN,  m.:  die  hoflcute,  die  immer  auf  dem  bof- 
boden  . .  mit  gebognen  knieen  am  festesten  zu  stehen  glauben. 
.1.  Paul  Levana  2, 110. 

HOFBRAUCH,  m.  consuetudo  aulica.  Frisch  1,  400'. 

HOFBRIEF,  m.  conlract  der  über  ein  erbgut  errichtet  worden 
ist.  Frisch  das. 

HOFBROT,  n.  brot  {bestimmter  form  und  grösze)  wie  es  auf 
der  tafel  eines  fürstlichen  hoftialts  aufliegt:  hoffbrot  .  .  dicilur 
panis  qui  dalur  in  curiis  domino.  voc.  ine.  theut.  K3';  hofbrod 
panis  caslrensis  Trochüs  Po";  (als)  der  prinz  eben  über  der 
tafel,  meinten  die  aufwartcr,  er  {ein  gelehrter)  were  da,  uinb 
ein  Stück  essens  zu  bettclcn,  langten  ihm  derowcgen  ein  hoff- 
brot und  was  fleisches  darzu.  Zinkgref  apopidh.  2,65; 

nam  für  hungersnot 
in  seinen  buseu  fünf  bolbrudi. 

II.  Sachs  4,  3,  6"'. 

dim.  bofbrötlein  auf  des  königs  tische.  1,425*. 

HOFBUBE,  m.  junger  diener  eines  fürstlichen  hofes:  do  fing 
der  vorbenant  burggraf  Friderich  und  sein  sun  Johannes  aber 
etwas  newes  wider  die  burger  an,  vNann  sie  verbeugten  iren 
hofljuben,  das  sie  herab  von  iier  bürg  in  alle  gaszen  litfen 
und  vil  Unzucht  und  mutwillens  triben.  d.  städtechr.  3,165,2; 
ja  vatter,  sagte  dieser  {junge  sperling),  . .  wenn  aber  die  stal- 
jungcn  bebritzen  machen,  und  ihr  maschen  und  schlingen  ins 
Stroh  binden,  da  bleibt  auch  manchrr  bebenken.  wo  hastu 
das  gesehen,  sagt  der  alte?  zu  hof  bcin  roszbuben.  o  mein 
söhn,  hollmben,  böse  hüben.  Scnippius  S37.     s.  hufebube. 

HOFBliCH,  n.  buch  worin  die  zu  einem  hofe  gehörigen  zins- 
pflichtigen und  ihre  Icislungen  rerzcichnrt  werden,  auch  ein  buch, 
in  dem  die  diener  des  fürstlichen  hofes  eingetragen  sind. 

HOFBURG,  f  bürg  in  der  der  hoftialt  eines  ßrsten  liefind- 
lich  ist.  jetzt  noch  von  der  residenz  des  katsers  von  0.<Jreich  zu 
Wien,     davon  das  liofliurglbeater. 

HOFBURSCH,  f  hofgem-lhchaft,  gcsamtheit  der  hfiftinge  {vgl. 
bursch  t/i.2, 547):  die  holTliiirsrh  begcrte  von  einem  prediger 
dasz  er  weil  es  fasznadit  were,  die  predig  kurz  machen 
woltc.  ZisiOREF  apoplith.  2,  71 ;  wann  nun  einer  ausz  der 
huffliursrh  sich  mit  fluchen  versündiget.  ALBRrrnT  fturh-AHC 
bl ;  uuf  diese  weise  wird  mancher  fruiniiier  mann  «um  hörn- 


1661 


HOFBURSCUE  —  HOFDING 


HOFDIRNE  — HOFEJAHR 


1662 


I 


träger  gemacht  und  unter  Actäons  hofbarsch  gerechnet,  gefl. 
finken  S4 ;  ihre  zwo  töchter  aber  waren  .  .  beides ,  bei  der 
hofburscb  und  den  kriegsofficieren,  wol  bekandt.  Simpl.  3, 26 
Kur:,    s.  hofebursch. 

HOFBURSCHE,  m.  glied  der  hoßursch  (vgl.  unter  bursch  th. 
2,  54S):  an  manchem  ort  bleibet  die  hurerei  ungestraft,  auf 
dasz  die  eheweiber  säugammen  bekommen  können  .  .  da 
höret  man  wol  unter  den  frauen  diese  gottlose  rede ,  was 
machen  doch  die  Schreiber,  was  machen  doch  die  hoff- 
bursche ,  .  .  dasz   man   nicht   eine   amme  bekommen  kann. 

SCHÜPPICS    512. 

HOFBCTT.NER,  m.  rietor  aulicus.  Stieler  106. 

HOFCAPELLE,  f.  1)  capdk,  kleineres  ßr  den  g<Atesdienst 
bestimmles  gebäude  auf  einem  adtichen  oder  fürstlichen  hofe. 

2)  musikcapelle  eines  fürsten :  das  concert  der  hofcapelle 
war  besucht ;  hofcapelle,  die  hofmusici.  Frisch  1, 460'. 

HOFCAVALIER,  m.  edelmann  aus  dem  hoßalle  oder  gefolge 
eines  fürsten;  hofcavallier,  nobilis  aulae.  Frisch  1,  460'. 

HÖFCHEN,  n.  kleiner  hof;  so  kleiner  hof  eines  liauses:  ein 
hübsches  zimmer,  das  aus  dem  engsten  höfchen,  wie  aus 
einer  feueresse,  doch  bei  sehr  hohen  fcnstern  genügsames 
hcht  erhielt.  Göthe  30,  146.  kleiner  hof  eines  fürsten:  der 
nicht  begreifen  konnte ,  dasz  alle  fürsten  des  reichs  nicht 
im  Stande  sein  sollten,  ihm  brodt  zu  geben,  er  war  schon 
an  mehreren  höfgen  abgewiesen  worden,  an  Knebel  53; 

er  kam  an  einen  hof  (ein  höfclien  wollt  ich  sagen). 
GOTIKR  1,  199. 

rgl.  höflein  und  hüfel. 

HOFCREATUR,  f  ßr  hofmjnn ,  höfling  mit  verächtlichem 
nebensinne:  vileicht  können  die  aus  nichts  geschaffene  hoff- 
creaturen  wider  zu  nichts  gemacht  werden. ,  Butscuky  Palm. 
369. 

HOFDAME,  /".     1)  dame  an  einem  ßrstlichen  hofe. 

2)  die  perl  fliege,  hemerobius  perla.  Campe. 

HOFDÄNK,  m.  dank  von  einem  fürstlichen  hofe:  loqui  ad 
gratiam,  den  hoffdank  verdienen.  Apherdi.\m  tyrocinium  (1581) 
».  IS.   danach  He.nisch  697. 

HOFDEGEN,  m.  zierlicher  degen,  tcie  man  ihn  bei  hofe  trägt, 
galanleriedegen.  Jaco^ssos  2, 269'. 

HOFDEUTSCH,  n. .-  Jon.  \.  Schwarze.nbergs  spruch  der 
kummertrost  ist  auf  dem  titel  {teutsch  Cicero  1534  156")  ange- 
geben als:  alles  in  gleich  gesilble  reümen,  auf  frängkisch 
hoffleütsch  gesetzt,  auf  dem  haupttitel  rückseite  heiszt  es :  alles 
in  hoffränkisch  teütsch  gebracht  und  beschriben.  er  meint 
damit  die  gemeine  kanzleisprache,  deren  ausbildung  zufrühest  auf 
fränkische  höfe  und  reichsstädle  fällt. 

HOFDICHTER,  m.  ton  einem  ßrstlichen  hofe  besoldet,  vgl. 
hofpoet. 

HOFDIENER,  m.  l)  diener  an  einem  ßrstlichen  hofe:  hoff- 
diener,  aulicus  Dasyp.;  het  er  .  .  über  alle  fürsten  seine 
hofdieaer  zu  obrist  zu  tisch  gesetzt.  Wilm.  v.  Schaumburg  17; 
ein  ehrgeiziger  capellan  liesze  bei  diesem  keiser  durch  dessen 
gemahlin  Hildegard  und  die  hoffdiener  urab  ein  bistumb  .  , 
anhalten.  Zi.nrgref  apophth.  l,  U;  als  nubn  die  deutsche  ge- 
sandten von  den  griechischen  hoffdienern  veranlaszt  wurden, 
das  sie  desz  keisers  kleider  und  prachl  recht  betrachten  .  . 
sollen.  40.  jelU  versteht  man  unter  hofdiener  mehr  einen  ge- 
ringen diener  des  hofes. 

2)  ein  bauer,  Kelcher  zu  hofdiensten,  frohndiensten  verbunden 
ist.     in  der  mark  Brandenburg.  Adelung. 

HOFDIENERSCHAFT,  f.:  die  bevölkerung  zerfiel  in  zwei 
theile :  solche  die  ihrer  eignen  Überzeugung,  und  solche  die 
den  befehlen  der  hofdienerschaft  folgten.  yrenzboteH2b.jakrg. 
S.   374. 

HOFDIENST,  m.  l)  dienst  an  einem  ßrstlichen  Iwfe,  als 
glied  eines  hofstaals. 

2)  dienst  ßr  einen  edelkof  (vgl.  hof  3,d  sp.  1656),  frohndienst: 
mutter  und  tochter  wuszten  damals  noch  nicht  was  wir  jetzt 
wissen,  dasz  ein  kusz  (es  ist  ton  dem  kusz  eines  bauermäddiens 
an  ihren  adlichen  grundherrn  die  rede)  aus  pflicht  gegeben, 
niemals  so  strenge  als  ein  andrer  hofdienst  gefordert  werde. 
Moser  po/r.  pAan^.  2, 353 ;  ein  baur  der  hofdiensle  Ihun  musz. 
Frisch  1,  4fiO*.  bildlich  einem  hufdienste  Ihun,  ßr  einen  etieas 
umsonst  arbeiten. 

3)  obscün :  er  verhiesz  ir  100  goldgulden ,  wenn  sie  im 
einen  hufdienst  thete  und  seines  willens  lebete.  Katzipobcs 
f.d. 

HOFDING,  H.  forum  aulicum,  hofyericht.  Fmscb  1,460*. 


HOFDIRNE,  f.  aufwdrterin  an  einem  hofe:  hoffdirn  maid 
oder  jung  frauw,  cliencula  aut  clientula.  voc.  ine.  tlieut.  k3'. 

HOFDOCKE,  /.  in  bezug  auf  aufgeputzte,  vornehm  scheinende 
Jungfrauen:  die  beide  hoffdocken.  Laz.  de  Tormes.  S3.  vergl. 
docke  2.  th.  2, 1210. 

HOFDRESCHER,  m.  drescher  auf  einem  edelhofe. 

HOFDRUSCH,  «i.  das  dreschen  auf  einem  edelhofe:  den  hof- 
drusch  verrichten,  zu  hofe  dreschen.  Adelung. 

HOFEÄMT,  fi.  ungewöhnlich  für  hofamt.  ein  gesellschaflsspiel 
ßhrte  den  namen  der  hoffe-ämter.  Wesenigk  böse  spidsieben 
(1702)  s.  17. 

HOFEBLBE,  m.  ßr  hofbube:  und  ist  David  als  eine  rose 
unter  den  dornen,  unter  solchen  gottlosen  hofebuben  gewest. 
Lütuer  3,  297'. 

HOFEBURSCH,  f.  was  hofbursch  : 

kein  herr  der  solle  mich  sehn  bei  dem  wagen  gehn, 
und  mit  der  hofepurscb  vor  seine  tafel  stehn. 

Opitz  1,  140; 
des  todes  hofebursch,  die  teürmer: 

bei  hofe  frist  man  küchejungen:  in  diesem  finstren  loch 
frisl  jetzt  desz  todes  holebursche,  wol  gar  den  guten  koch. 

LoGAU  3,  240,  124  (grabsdtrift  eines  kochs). 

HOFEBUTTER,  f:  (holsteinische  butter)  welche  von  den 
groszen  meyerhöfen  in  die  lande  kömmt :  daher  man  sie  mit 
einem  eigenen  namen  hofebutter  nennt.  J-^vcobssox  5, 319'. 

HOFEDONNER,  m.:  in  diesem  treffen  der  natürliche  luft-      | 
und  hüfedonner  vielmals  über  ein,  das  . .  auch  dieses  hofe- 
wetter  seine  beste  wohlthäter  zum  öftern  erschlägt.  Bctschry 
Palm.  745 ;  hofedonner,  bei  Logaü  überschriß  zu  folgendem : 

donner  der  vom  horebimmel  wird  herab  geschickt, 
trifft  zuvor,  eh  als  man  merkt,  dasz  er  bat  geblickt. 

2,  233,  141. 

HOFEEHRE,  /. .'  ja  die  hofeehre,  wirde,  gewalt  und  höhe 
weiten  sie  gern  haben ,  aber  die  hofemühe  wollen  sie  nicht 
mit  einem  finger  anrüren.  Luther  6, 162'. 

HOFEFALSCHHEIT,  /.  falschheU  bei  hofe.  Logaü  3,51,71 
überschr. 

HOFEFLIEGE,  /. ;  hofefliege  als  überschr.  eines  epigramms: 

groszen  harren  wehret  man  Sommerszeit  die  fliegen : 
die  am  meisten  an  sich  ziehn,  bleiben  aber  liegen. 

LoGAU  2,  127,  41. 

HOFEFOLGE,  f  folge  bei  hofe.  Logau  2, 109,  51  überschr. 
HOFEFÖRDERUNG,  f.  förderung  wie  sU  bei  hofe  staltfindet. 
hofefüderung  Logaü  2, 160,  4  überschr. 

HOFEFREü.ND,  m.:  hofefreunde  als  überschr.  von  folgendem: 

wer  schenke,  becker,  koch  bei  hofe  hat  zur  gunst, 

iszt  mehr,  als  der  sich  nehrt  von  einem  sack  voll  kunst. 

Logau  3,  ISl,  44. 

HOFEGACL,  m.  gaul  eines  ßrstlichen  hofes;  in  einem  bilde: 
hofegau]  und  hofemaul  (hofmaulesel)  ist  gut  zu  sein ,  aber 
bofesel  zu  sein,  ist  mühe  und  arbeit,  unlust  und  uberdrus, 
gleichwol ,  wo  bofesel  (zu  ergänzen :  nichts)  thet,  so  würde 
hofegaul  und  hofemaul  nicht  so  überQüssig  fressen,  saufen, 
niüszig  gehen  und  spielen.  Luther  6, 162'. 

HOFEGEDÄCHTNIS,  n.  wie  man  es  bei  hofe  hat.  Logaü 
2,  96,  94  überschr. 

HOFEGESINDE,  n.:  David  .  .  rhümet  nicht  allein,  das  er 
selbs  sei  nicht  hoffertig  gewest  gegen  seinen  unterthanen  . . 
sondern  hab  es  auch  seinem  hofegesinde  nicht  gestattet. 
Luther  6,  I60'.   s.  hofgesinde. 

HOFEGICHT,  f.: 

falschheit  ist  die  hofegicht, 

arzt  und  arzuei  heilt  sie  nicht.    Logau  3,  51,  71. 

HOFEGLIEDER,  n.  fJur.  als  überschr.  zu  folgendem: 

was  dient  bei  hoff  am  meisten ;  der  köpf?  nicht  gar,  die  zunge : 
was  dient  bei  hoff  am  treusten;  das  herz?  o  nein,  die  lunge. 

Logau  3,  77,  9. 

HOFEGUNST,  f  gunst  bei  hofe.  Logau  2,217,38; 
wer  hoTegunst  geneust,  und  nimmt  laback  in  brauch, 
dem  bleibt  zum  mei:^ten  asch,  und  was  er  neust  ist  rauch. 

2,  111,65. 

HOFEHIM.MEL ,  m.  ßrstlicher  hof  einem  himmel  verglichen, 
s.  die  stelle  unter  hofedonner. 

HOFEHRE,  /■.  ehre  wie  man  sie  bei  hofe  geniest,  vgl.  oben 
hofeehre. 

HOFEJAHR,  n. 

einen  monat  nur  hat  das  horejahr, 
weil  nur  der  april  da  im  brauche  war. 

Logau  2,  183,  28. 


1663 


HÖFEL  — HOFEMAUL 


HOFEMEISTER—  IIÖFEREI 


1664 


HÖFEL,  m.  für  licfel,  hclirl,  Sauerteig  (sp.  720):  so  in  Kärnten. 
Lexer  143;  wiszt  ir  nicht,  das  ein  wenig  höfelen  den  ganzen 
teip  verseüret?  Frank  trimkenli.  biij. 

HÖFEL ,  m.  nebenform  zu  hobel  runcina,  vergl.  die  sp.  1587 
aufgeführten  formen :  einer  (der  bauleule)  liegt  eine  ziinmer- 
iixt  und  Schnur,  der  ander  eine  Steinaxt  und  meiszcl,  der 
dritte  ein  bcil  und  böfel,  der  vierdte  ein  hainer  und  zangen. 
Luther  4, 244*. 

HÖFEL,  n.  dim.  su  bof,  kleine  gesellschafl,  krdnzchen.  Schm. 
1,1059:  die  weiber  heischen  immer  mit  zu  allen  höflen,  dj 
der  misl  deslcr  beider  ausz  dem  hoff  komm.  Frank  lasier  der 
trunkenh.  g  l. 

HOFELÄGER,  n.  für  hoflager: 

die  liebsten  sind  heim  horelägcr 

die  realer,  säufer  und  die  Jäger.      Logxu  2,  136,  90. 

HOFELEBEN,  n.  leben  bei  hofe :  hofeleben,  scwicben.  Luther 
6, 163' ; 

ei  man  inu.sz  dem  hofeleben 

für  den  andren  fürzug  geben.    Logau  1,  28,  no.  96 ; 
das  hofeJeben  ist  ein  rechtes  hofl'eleben ; 
denn  da  verspricht  man  gunst,  und  unguns't  wird  gegeben. 

no.  97. 
vgl.  hofleben. 

HOFELEUTE,  pl.  leule  bei  hofe:  angeneme  hofeleute.  Lo- 
CAu  2, 136,  !to.     vgl.  hofleute. 

HOFELIED,  H.  höfisches,  hofgemäszes  lied: 

do  redt  der  beste  dicnestmann: 

mein  herr  Moringer  fiet  die  ieb  (gewohnheil), 

dasz  kein  gast  auf  seiner  bürg  entschlief, 

er  sung  dan  vor  ein  hovelied.     Uhland  rolksl.  780. 

vergl.  boflicd.     bei  Logau   ein   lied   wie   man  es   bei  hofe  hört. 
2,  7,  23  überschr. 

HÖFELIEREN,  vcrb.,  wie  das  folgende  höfeln,  aber  mil  vor- 
nehmer, fremder  endung  (vgl.  unten  hofieren). 

1)  wie  höfeln  1,  in  gesellscliaflen  sein  oder  solche  geben  : 
derbalben  will  du  zu  friden  sein,  so  lerne  solche  lose  leuth 
mit  Iren  bossen  verachten,  und  thu  dich  ganz  und  gar  der 
gastereien  ab,  denn  darmit  würst  du  kein  lob,  ehre  nocli 
rhum  erjagen  . .  denn  das  für  kein  ehre,  sonder  schand  bei 
allen  geleerten  gehalten  wiirdt,  das  einer  zu  erlangen  aus 
solchem  höfelieren  vermeinet.  Petrarch.  17*. 

2)  wie  höfeln  2,  den  hof  machen,  schmeicheln:  dasz  des 
glirapfs  so  viel  und  das  höfelieren  so  gemein  worden,  das/. 
man  es  schier  nicht  mehr  achten  und  wider  recht  zu  reden 
anfangen  will.    Opel  und  Cohn  373. 

HÖFELN,  verb.,  nach  hof  in  verschiedenen  bedeutungen. 

1)  die  öltest  nachweisbare  nach  hof  5,  in  gesellschaß  sein,  eine 
fröhliche  gesellschaß  mitmachen.  Schm.  1, 1061  Fromm,  mit  zahl- 
reichen belegen  aus  der  altern  spräche :  hüflen,  convivare,  opipare, 
comesari.  voc.  ine.  theut.  k3';  wie  vil  huren  machet  der  wein, 
wie  vil  ehebrüch  rieht  das  höflen ,  zechen ,  bankatiern  an. 
S.    Fbank  trunkenh.  CA* ; 

ich  nim  mich  umb  den  adel  an, 

dem  Wirt  solch  grosz  mue  aufgetan 

mit  hol'eln,  tanzen,  rennen,  stechen, 

mit  ruckenpiegeo  und  sper  zubrechen. 

fastn.  sp.  380,  7 ; 
{i'ine  frau  die)  nicht  höfelt  stets  und  neue  tracht 
wil  haben  und  sein  grosz  geacht.    Matbesii  ucconomia. 

2)  neuer,  höflichkeiten  erweisen,  aufmerksam  sein  gegen  jemand 
schmeicheln  (vgl.  hof  h  sp.  1H5S):  sie  wurde  von  vielen  wegen 
ihrer  Schönheit  gehöfclt.  Harsdühfer  tust.  u.  hofrr.  gesch.  Wi; 
wenn  die  junker  den  betticrn  im  dorf  böfelcn,  so  hcH  golt 
den  bauero.  Pestalozzi  Lienh.  u.  Gertr.  1,46; 

ach  mit  welchen  honigreden 
höfelt  er  ihr  als  sponsier! 

Langbein  »clirificn  2,  49 ; 
mancher  TeriAndcIt  mit  wcibem  sein  leben, 
höfelt  und  üchmachtet  und  h&rniet  sich  krank.    2,  175; 
er  (rin  hund)  h/llelt  ihm  mil  muncheni  »prung, 
als  wären  sie  bekannt.  2,  103. 

3)  auch  hofgemisz,  nach  hofart  sich  betragen : 

»ei  »Ift»  auch  eifernd,  ungefAMcbt, 

du  «oliti  von  T<Mii  und  Mann  ! 

nicht  Kchluii  Reholelt,  noch  gowalscht 

mil  li'ickiitclier  tofntia!  Voss  5,46, 

HOKKLN,  HÖFELN,  rerb.  ßr  hobeln,  vgl.  sp.  15k;i. 

HOFEMANN,  m.  aulicut,  für  hofmann:  Selnecrer  erzilhll 
von  einem  hofemann ,  der  in  groszein  ansehen  bei  «einem 
herrn  gewesen.  ScmvEM  teelensch.  i,  144. 

HOFEMAUL,  m.  mauUsel  eines  hofet.  t.  die  stelle  unter  hofc- 
gauL 


HOFEMEISTER,  m.  für  hofraeister:  einem  fürstlichen 
kinde  werden  nicht  allein  diencr  und  aufwärter,  sondern  zu- 
vörderst ein  hofemcisler  zugegeben.  Scriver  seetensch.  1,  39. 

HOFEMEISTERN,  verb.  /Jir  hofmeistern:  andere  aber,  wel- 
che nicht  verstehen  was  hie  gesagt  wird,  haben  nicht  ur- 
sach,  nach  fleischlichem  sinn  und  witz,  solche  dinge  zu  hofe- 
meistern.  Scriver  seeleusch.  1,  409. 

HOFE.MODE,  /".  mode  wie  sie  bei  hofe  herschl:  hofemoten 
LoGAU  2,  222,  71,  überschr. 

HOFEMCHE,  f  mülic  die  man  am  hofe  hat.  Ldtbeb  6, 162*. 
s.  die  stelle  unter  hofeehre. 

HÖFEN,  verb.,  mhd.  Iiovcn, 

1)  intrans.  hof  halten :  herzog  Ott  hofet  zu  Landshnt.  Ludwig 
hofl'et  zu  Schwebischen  Werd.  Schm.  1, 1060.  1061  Fromm. 

2)  transitiv  in  einen  hof  aufnehmen ,  unterkunß  geweliren. 
sieh  eine  anzahl  belege  unter  hausen  H,  sp.  660.  hier  auch  die 
umgelatitete  form  höfen,  höven.  Luther  1,461*.  2,430*. 

HÖFENF.R,  m.     l)  in   Westfalen,  ein  ho/höritjer  unterthan. 

2)  frei  Moser  hofbesitzer :  das  meer  war  über  hundert  jähre 
stille,  dadurch  wurden  die  höfener  sicher  und  verlernlen 
die  teicharbeit,  phant.  1, 329  (kurze  geschichtc  der  bauerhöfe). 
vgl.  aber  hüfener. 

HOFErFARRER,  m.: 

Dokius  war  hol'epfarrcr,  wünschte  zu  dem  neuen  jähre 

kaiser,  königen  und  fürsten,  wem  auch  sonst  zu  wüntschen  wäre, 

disz  und  das.  Logau  3,  95,  98. 

HOFEQUELL,  m.: 

wem  bei  hofe  gnade  fehlt, 
seh,  dasz  er  zum  freunde  zehll 
den,  der  das  daselbst  geneust 
was  ausz  hofe-quällen  fleust. 

Logau  2,  160,  4. 

HOFEB,  m.  erhebunq  des  rückens,  auswvchs,  buchet;  die  alte, 
jetzt  durch  höckcr  verdrängle  form  des  Wortes,  die  in  ober- 
deutschen quellen  bis  ins  16.  jahrh.  dauert;  vergl.  unter  höcker 
sp.  1651:  hofer,  gibbus  Ai.b.  Ttl';  gibbus  ein  hofer  oder  huft. 
fiERSDORF  fcldb.  d.  wiindarzn.  97;  hoffer  Philand.  2,143;  in 
mitten  ein  hofer  habende ,  als  eins  keininelsthiers  ruck. 
Frank  weltb.  168* ,  harr,  ha.^t  das  glück,  es  wechset  dir  noch 
wol  ein  kröpf  oder  hofer.  sprichw.  (1541)  1, 50';  Venus  und 
Cuptdo  werden  blind  gemalet,  daiumb  dasz  sie  die  ihrn 
blenden,  alle  Vernunft  hinncmen,  dasz  der  narr  der  narrin 
nachlauft,  als  sei  sonst  niemand  auf  erden  . .  schlicht  (schielt) 
sie,  sie  liebäugelt  ihm.  hat  sie  cinn  hofer,  es  steht  ir  das 
bögbälslin  wol  an.  Agr.  spr.  (1560)  6l'; 

wer  häslich  i?syn  Lucrecia, 

sie  wer  geschmähet  nicht  also, 

hett  Djna  kröpf  und  hofer  ghan, 

Sychem  hett  sie  gelossin  gan. 

Urajit  narrensch.  26,  51. 

HOFERBE,  m.  der  einen  bauernhof  erbt:  Alban  penosz 
harmlos  die  ehre  des  hoferben.  Auerbach  dorfgesch.  4. 138. 

HOFERECHT,  n.  für  bofrecht  (s.d.),  in  mehrfachem  sinne, 
recht  und  brauch  bei  hofe:  und  ich  weis  nicht  viel  hoferecht, 
aber  gleichwol  hab  icbs  erfaren ,  wie  herzog  Friderich  den 
lügenern  so  wunderlich  feind  war.  Luther  6,16-1;  für  sein 
hoferecht  etwas  sagen,  mit  so  viel  recht  der  meinungsäuszerung, 
als  man  sich  in  gesellschaß  nimmt,  also  namentlich  mit  betonung 
der  höflichen  foi-m  bei  einer  behauf^ung,  die  uwh  eine  Widerlegung 
zuldszt:  für  mein  hoferecht  sage  ich,  das  auch  meines  dünken 
Lucas  und  Paulus  stark  auf  diese  meinung  huiten.  3, 4!ts*; 
ich  sage  für  mein  Imferecht,  des  Müntzers  aufrhürische  liücher 
hab  ich  gelesen,  aber  mich  dünkt,  dieses  meuchlers  buch  sei 
weit  drüber.  5,308*,  hoferecht,  ein  s/iinrfcAen,  serendJe;  diesen 
al)end  habe  ich  unvermerkt  der  Jungfrau  mit  trommeten  und 
kesseldroinmel  ein  huferecht  machen  lassen,  neben  andern 
instrumenten.  Schweinichen  3,276;  iiabe  abends  durch  die 
Stadtpfeifer  der  Jungfrau  ein  hoferecht   machen  lassen,  das., 

(Hana)  qiuicket  auch  ihr  hoferecht. 

froachmnit,  \  liij*. 

HOFERECiEL,  f.  reget  für  das  tvrhallen  bei  hofe:  die  hitfe- 

regul,    die    ein    fürneinner    teulsrher    reirhsfürst  einem    von 

adel  in  »ein  .statinnburh  geRciiriehen.   WKSENtr.ii  spiekieben  76. 

HOFERFAHRUNi; ,   f.  crfahrung  die    man   am  hofe  erwirbt. 

TmOnmel  2,  3(M). 

HOFEREI,  f.  renlrhllich  für  das  hofmaclien  (vrrgl.  hof  8  sp: 
1658)  • 

hinweg  der  grosien  stndt  genOhl. 

ihr  stnrreii  niiihl,  Ihr  !<lumni<'«  opicl, 

ball,  mntkonid  nrid  gntikclcl, 

tind  pntiik  und  !<i'i,it  iiixl  linferel!    Vom  B,  190. 


1665 


HOFERICHT  — IIOFET 


HOFETREUE  —  HOFFART 


1666 


HOFERICHT,  HOFERIG,  adj.  einen  hOcker  habend:  gibbosus 
hofericht,  lioferich  Dief.  262';  bei  inen  (in  priester  Johannes 
hnd)  sind  grosze  hoferechte  ochsen,  löwen,  elephanten.  Frank 
wellb.  1%' ;  wundcrbarliche  menscben,  boferig,  einäugig.  23"'; 
coxa  ist  ein  grosz  markecht  bein  an  beiden  enden,  die 
oberest  rondigkeit  ist  genant  das  gewerb  .  .  und  ist  ein 
wenig  hofferecht  gegen  dem  uszcren  teiJ.  Gersdorf  feldb.  d. 
u;undar:n.  (152S)  15. 

HOFERMEL,  m.  ermel  eines  liofUeides:  es  will  im  nicht 
schmacken  ausz  den  schwarzen  schmutzigen  hofbechern  zu 
trinken,  welche  die  bofleut  biszweilen  für  piszkacheln  brau- 
chen . .  .  item  die  schmutzigen  bofermel  und  kleberig  brüst 
an  statt  der  tischtüchlein.  Gary.  4b'. 

HOFESAAT,  f.  Saatfeld,  (lur  eines  bauernhofes;  in  Nkder- 
deutschland  gebräuchlicher  ausdrucJi:  so  haben  nur  unter  be- 
sonders begünstigenden  Verhältnissen  grosze  hofesaaten  bei 
den  gutem  gebildet  werden  können.  Stute  verf.  der  land- 
gi'tn.  S3. 

HOFESARBEIT,  f.  arbeit,    dienst   an  einem  ßrstlichen  hofe: 
herr  N.  N.  der  sein  leben 
als  secretarius  zu  diensten  hat  ergeben 
dem  fürsten  zu  Stettin  in  dessen  kauzelei, 
doch  macht  er  sich  hernach  von  boresarbeit  frei. 
Rist  Parn.  632. 

HOFESCHLCSSEL,  m.  ah  überschr.  zu  folgendem: 

Schlüssel  die  bei  hofe  schliszeu,  schliszen  auf  und  nimmer  zu, 
dann  das  geben  und  das  nemen  hat  bei  hoTe  keiue  mit. 

LoGAU  2,  154,  77. 

HOFESEL,  m.  esel  eines  Hofes.  Luther  6, 162'.  s.  die  stelle 
unter  bofegaul. 

HOFESERBE,  m.  erbe  eines  bäuerlichen  hofes:  hiervon  (von 
bau  und  besserung)  weisz  man  bei  der  erbesbesetzung  mit 
leibeigenen  nichts ;  alles  was  dieselben  in  den  hof  verwenden, 
kömmt  dem  hofe,  oder  dem  hofeserben ,  oder  wenn  dieser 
fehlt,  dem  gutsherrn  ohne  alle  erstattung  zu  gute.  Moser 
phant.   4,326. 

HOFESGENOSSEN,  m.  plur.  genossen  die  unter  einem  edel- 
hofe  stehen,  leibeigene  desselben :  ihr  männer  vom  hofe ,  fieng 
hierauf  der  beredete  redemeier  seine  rode  gegen  die  ver- 
sammelten hofesgenossen  an.  Moser  patr.  phant.  2,  355. 

HOFESGRUNDSTÜCK ,  n.  das  zu  einem  bauern-  oder  edel- 
hofe  gehört:  ein  theil  der  hoEesgrundstücke,  z.  b.  die  wiesen 
oder  das  ackerland.  Stüve  wesen  und  rerf  252. 

HOFESKRIEGER,  m.  krieger  eines  ßrstenhofes: 

und  wie  hat  er  (der  Cid)  dir  gedienet? 
hätt  er  es  getban,  wie  jene 
hofeskrieger,  die  dir  schmeicheln  .  . 
jetzt  noch  war  er  dir  gar  theuer. 

Herdek  o,  159  (Cid  44). 

HOFESLEUTE,  plur.  leute,  unterthanen  eines  edelhofes.  volksbl. 
f.  Stadt  u.  land  1867  s.  1126. 

HOFESMANN ,  m.  mann ,  unterthan  eines  edelhofes.  Moser 
patr.  phant.  4,  109. 

HOFESSE.N ,  n.  essen ,  malzeit ,  wie  es  an  einem  ßrstlichen 
hofe  gereicht  wird:  diener  bringt  der  kungin  das  hoffessen. 
trag.  Joh.  Qiij;  das  hoflcbcn,  hofessen  hat  ihm  völlig  den 
garaus  gemacht.  Güthe  an  frau  v.  Stein  3,  71.  sprichwörtlich 
ein  hofässen  schicken,  de  mensa  mittere.  Maaler  229',  gleich- 
sam wie  der  hof  dem  diener,  der  nicht  selbst  haushaltung  ßhrt, 
aus  der  hoßüche  geben  läszt. 

HOFESTOLZ ,  m. :  hofestolz  und  hoffart  hciszt  auf  grie- 
chisch tyrannis.   Luther  6, 160'. 

HOFP^SUPPE,  f.  suppe  wie  sie  bei  hofe  gereicht  wird:  wenn 
der  reicheste  und  mechtigslc  keiser  einen  armen  bcttler 
hiesze  bitten,  was  er  nur  begeren  möchte,  und  bereit  were 
gros  keiserlich  geschenk  zu  geben,  und  der  narr  nicht  mehr 
denn  eine  hofesuppen  bettelte.  Luther  4,  417*. 

HOFESVERBANl),  m.  verband  mehrerer  bauern-  oder  edel- 
höfe  unter  einander:  wenn  dem  hofesverbande  wieder  ein  be- 
stimmte» princip  untergelegt  wird,  und  das  kann  kein  anderes 
sein,  als  dasjenige  der  landwirthschaftlichcn  zweckniäszigkeil. 
StCve  wes.  u.  verf.  221. 

HOFET,  m.  das  gescilschaften  geben,  besuch  von  gesellschaften 
(hof  flo.  5  sp.  1656),  eine  bildung  wie  heuet  sp.  12S6  und 
zahlreiche  andere,  vornehmlich  ahd.  substantiva,  die  gramm. 
2,252  ff.  und  99S  aiifjezählt  sind  (lergl.  auch  Weinholü  alem. 
gramm.  §  247  s.  20«»  f.),  läszt  sich  aus  dem  mehrfach  erschei- 
nenden diminutivum  folgern :  hoffutcl ,  convivium  ,  opiparium, 
contubemium.  voc.  ine.  Iheut.  kn*; 
IV.  II. 


sunst  machen  wir  parätl, 

alLj  wa  man  Irowen  leibt  {ladet), 

hies  ctwan  ain  hofetl, 

mm  heist  es  ain  panket. 

fl.  bl.  vom  füririts  der  well,  16.  Jahrh. 

dazu  das  verbum  hofeteln,  gesellschaften  geben  oder  besuchen; 
die  hofetlerin,  frau  die  gern  in  solchen  gesellschaften  ist:  gute 
hofetlerin,  böse  ehefraw.  Schm.  1, 1061  Fromm. 

HOFETREUE,  f.  treue  wie  sie  an  einem  ßrstlichen  hofe  ge- 
übt wird.  LoGAü  2, 222,  6S  überschr. 

HÖFEVERFASSUNG,  f  Verfassung  der  bauernhöfe,  Ordnung 
ihrer  einthcilung.  Stlve  wes.  u.  verf.  12. 

HOFEWEISE,  f  weise,  brauch  bei  hofe:  denn  man  auch 
zu  hofe  solche  weise  hat  zu  reden,  das  ein  fürst  oder  herr, 
gnedig  sei,  diesem  oder  dem,  grosze  gnade  erzeige,  etc.  und 
recht  fast  so  viel  ist,  als  strafe,  wie  die  hofeweise  auch  ist, 
ich  wil  das  recht  gehen  lassen,  item,  wiltu  gnade  oder  recht? 
LCTUER   6, 13S'. 

HOFFAHNE,  /".  fakne  unter  der  ein  ßrsl  seinen  nächsten 
hoßalt  versammelt:  häupt-  oder  hofffahn  ist  die  fahne,  do- 
runter  desz  fürsten  hoff-  und  landtjunkern  oder  ritterschaft, 
von  ihm  lehn  tragend ,  gehören,  ist  allezeit  gröszer  und 
schöner,  dann  der  andern  fahnen  eine,  auch  dorinn  desz 
fürsten  oder  feldherrn  wapen  und  anders  mit  goldt  und 
Silber  aufs  scheinlichst  gemahlet  und  zugericht.  Kirchdof 
mil.  diso.  85;  was  under  der  häupt-  oder  hofffahnen  reitet. 
126.  bei  FiscHART  nach  dem  alten  geschleclit  von  fahne  nocA 
masc. :  hui  anneu,  bui  annen ,  lerma,  lerma,  ir  hofleut,  sagt 
der  teufel,  ritt  er  auf  der  sau,  hie  zum  hoffannen  I  Garg.  96'. 

HOFFARBE,  f.  färbe  eines  fürsten,  die  er  die  personen  seines 
hoßalts  tragen  läszt.  über  diese  färbe  handelt  Wacrernagels 
aufsatz  über  die  färben-  und  blumensprache  des  mittelalters,  kl. 
Schriften  1,  144;  Schriftsteller  des  16.  und  17.  jahrh.  brauchen 
das  wort  gern  in  freierem  sinne,  so  S.  Fra.nk,  mit  bezug 
darauf,  dasz  die  hoffarbe  auch  als  abzeichen  am  ermel  getragen 
ward:  wir  sind  all  kinder  des  zorns,  von  natur,  und  füren 
dise  hüflarb  .  .  all  im  ermel ,  also  das  alle  weit  an  einer 
Stangen  wol  wasser  tregt.  guldin  arch  (153S)  102*;  bei  andern: 
dieser  {arzt)  nennet  die  krankheiten  desz  tods  furirer,  und 
die  grawe  haar  sein  panner  und  liberei,  oder  hofiTarbe. 
Zl.NSGREF  apoplUh.  1,  274 ; 

des  adels  hof-farb  und  gemärk 

ist  weiszheit  und  behärztes  leben.    Rospler  85; 

die  hoffarbe  der  Christen,  von  gott  gegeben :  'und  die  weit  has- 
set sie',  da  stehet  unser  titel,  und  die  rechte  hoffarbe  der 
Christen,  so  wir  tragen  auf  erden.  Luther  6, 194* ;  was  goU 
ordnet,  dem  hengt  er  genieinlich  das  creuz  als  sein  zeichen 
oder  boffarb  an.  E.  Albeküs  ehbüchl.  D  4'; 

von  dieser  christen-wey  (weihf)  bist  du  ein  christ  genennet, 
trägst  gottes  hor-farb  an,  daraus  mair  dich  erkennet. 

RoxPLER  26; 
es  ist  ein  übles  ding,  dasz  wir  uns  Christen  näunen, 
und  tragen  doch  die  färb,  daran  man  uns  soll  kännen, 
die  hof-l'drb  (Christus  kreuz)  so  ungern  allzeit  an, 
ilasz  auch  der  börzog  selbs  uns  kaum  bereden  kan. 
mit  willigem  geraüth  in  solcher  zu  erscheinen.     150; 
ist  nun  das  adle  kreuz  die  hof-farb,  die  gott  liebet.    151. 

hoffarbe,  als  zeichen  der  zugehörigkeü  und  unterthänigkeit,  steht 
auch  für  den  letzteren  begriff:  sie  {die  liebkosenden  hoffreunde) 
loben  und  bestätigen  alle  das  jenige,  so  sie  billich  solti-n 
helfen  vriderrathen  und  abstellen ;  bestärken  sie  (ihre  Herren) 
mit  einer  scheinbaren  hoff-farbe.  Butschky  Patmos  s.  6.  — 
hoffarbröckleiu,  röcklcin  in  der  färbe  des  Herrn,  lirree.  Gary.  57'. 
HOFFAKT,  HOFFAHRT,  f  spdlere  assimilierte  und  im  viJial 
der  ersten  silbe  gekürzte  form  ßr  das  ältere  hochfahrt  sp.  1613; 
im  14.  und  15.  Jahrhundert  zwar  schon  auftauchend ,  aber  doch 
erst  seit  dem  16.  zur  Herrschaft  gekommen,  superbia  hoffart 
Dief.  566'  neben  dem  niederd.  superbire  hovart  driven ;  noch 
Maaler  226*  verzeichnet  iioffurt  als  ungewölmlichere  form  neben 
hochfart,  während  sie  umgekehrt  bei  Luther  die  gewölmliche 
ist.  eigen  erscheint  der  Umschlag  ins  männliche  genus  (der  liof- 
fai  l  wie  der  pracht ,  der  stolz)  bei  nord-  und  mitteldeutschen 
Schriftstellern  des  M.  jahrh. :  die  künige,  so  ihr  haupt  aus 
eitelem  hoffart  cmpohr  beben,  pers.  baumg.  4,  13 ; 

CS  war  bei  ihme  nicht  der  hofTari  eingerissen. 

M.  Kehpe  iiuesis  Iriumphnm; 
der  sie  so  voll  liofTarts  machet.    FtiiatNC  468; 
sie  ist  dem  hoffart  ungewogen, 
sie  ist  der  wollust  spinnenfeind. 

Nevmark  tuitwäldch.  85; 

105 


1667 


HOFFART  —  HOFFÄRTIG 


HÜFFÄRTIGEN— HOFFEN 


1668 


der  indes  gegen  das  gewöhnliche  uxibüche  selten  ist:  ir  lere  ist 
eitel  Sünde,  und  verharren  in  irer  hoffart.  ps.  59,13;  und 
wil  des  Luhmuts  der  stolzen  ein  ende  machen,  und  die  hof- 
fart der  gewaltigen  demütigen.  Jes.  13,11;  hoffart  las  weder 
in  deinem  herzen  noch  in  deinen  worten  herrschen.  Tobias 
4, 14 ;  zog  flugs  gen  Antiochia  mit  einem  solchen  stolz  und 
hoffart,  das  er  gedacht,  er  wolt  nu  die  erden  machen,  das 
man  darauf  schiffte,  wie  auf  dem  meer.  2  Macc.  5,  21 ;  was 
ich  geschrieben  habe,  das  ist  nicht  insolenz  oder  hoffart, 
sondern  es  ist  die  Wahrheit.  Sculppiüs  7S8;  es  war  ein  solche 
hoffart  bei  dem  kerle,  als  wann  er  ein  herr  über  ganz  Per- 
sien und  Macedonien  wäre.  812; 

(männi-r  und  tcribfi)  schmücken  und  sclimirn  sich  unter  äugen, 
gehn  rausher  und  lan  sicli  dann  schawen, 
so  treten  sie  stolz  und  hoch  herein, 
fallen  mitten  in  das  netz  hinein 
der  boflart.  Römolt  chrisll.  xpiel  C6'; 

mir  ist  ja  noch  sc  wol 
als  dem  der  wanst  zerschwüllt,  dicweil  er  hoffart  voll. 
LocAU  1,  168,  19,; 
den  Christus  in  der  haiid  {das  ciucifix), 
die  hoffart  und  die  weltlust  in  dem  herzen. 

Schiller  M.  Stuart  1,  1 ; 

sprichwörtlich:  hofart  und  geck  kennet  sich  nicht.  Schottel 
1120*;  waH  hofart  eine  kunst  were ,  so  were  dieser  längst 
doctor.  112l';  armer  leute  hoffart  wehrt  nicht  lang.  112G'; 
hofart,  zorn,  grimm,  argwöhn,  richten  nichts  gutes  an.  1142'; 
hoffahrt  musz  iiolh  leiden,  und  der  spasz  denn  auch.  Göthb 
25,353;  holfahrt  will  noth  leiden.  Freytag  handschr.  2,336; 
als  demuth  weint  und  hoffart  laclit, 
da  ward  der  Schweitzer  hund  gemacht. 

PisTomus  ihes.  par.  10,  72  ■ 

noch  mit  anklang  an  die  mhd.  bedeutung  von  huchvart  als  hoch- 
herziges wesen,  tgpferkeit  {vgl.  sp.  1614):  als  er  (ein  obrister) 
gefragt  wurd,  wann  hoffart  ein  ehr  sei?  antwortet  er:  wann 
die  fahnen  im  fcld  fliegen.  Zinkgref  apophth.  l,  200. 

Üie  bedeutung  äuszere  pracht,  aufwand,  an  die  eine  bibelstelle 
anriihrt:  aus  iren  edlen  kleinoten,  damit  sie  hoffart  trieben. 
lies.  ",  20,  und  die  anderwärts  deutlich  hervorlrUi :  pompa,  hof- 
fart DiEF.  446' ;  der  bischof  war  der  eeren  fro,  . .  und  fröwt 
in  die  hoffart.  Tschüdi  l,  9,  wie  sie  noch  heute  in  Basel  ge- 
bräuchlich ist,  verläuft  zur  bedeutung  schmuck,  putz:  ich  hab 
einen  mann  nach  meinem  wünsch,  er  kauft  mir  alle  hoffart. 
Abele  künsll.  unordn.  1, 94. 

HOFFARTIEREN,  verb.  hoffart,  aufwand  treiben :  verschwen- 
den, vernaschen,  verhoffartieren.  Roth  hausmnlter-ABC  C4'. 

HOFFÄRTIG,  adj.  und  adv.  stolzes  und  anmaszendes  wesen 
habend,  für  früheres  hochfährlig  sp.  1614:  arrogans  hoffertig 
DiEF.  50';  superbire  hoffertick  syn,  nd.  hoverdich  wesen  566'; 
su/ierbus  hoffertig  das.;  der  hoffährtige  ist  ein  stolzer,  der 
zugleich  eitel  ist.  Kant  7, 431 ;  es  ist  nicht  nöthig,  dasz  ein 
hüffiirlhiger  zugleich  hochmüthig  sei,  d.  i.  sich  eine  über- 
trieben falsche  Vorstellung  von  seinen  Vorzügen  mache,  son- 
dern er  kann  vielleicht  sich  nicht  höher  schätzen ,  als  er 
werth  ist,  er  hat  aber  nur  einen  falschen  geschmack,  diesen 
werlh  äuszerlich  geltend  zu  machen,  das.;  gotles  verechler, 
freveler,  hoffertig,  rhumredig.  Rom.  1,30;  so  bald  Siivius 
widerumb  im  sattel  sasze,  wurde  er  auf  einmal  so  hoffärtig. 
ScBUPPius  247 ;  nach  hoffärtiger  herrn  manicr.  das. ;  als  Jacob 
Hochstraes  wider  Reuchlin  geschrieben  hatte,  da  wurde  er 
endlich  hoffärtig ,  und  wolle  nicht  mehr  Jacob  Hochstraes, 
sondern  Jacohus  de  alta  platea  heiszen.  604 ;  hoßartige  mincn. 
Happel  acad.  rom.  t.  7  ;  mit  hoffartigen  weilgedankcn.  Cur. 
Weise  kl.  leute  162;  gott  widersteht  den  hoffartigen.  Sihrock 
jpricAw.  2.')6  {nach  l.  I'elr.  h,hj ;  kein  hoffärtiger  thier,  denn  so 
eine  magd  frau  wird.  das.  von  thieren:  {der  hahn)  schlaget 
seine  flügel  hoffärtig  von  einander,  krähet  und  froloket  über 
sdneu  erhaltenen  sieg.  Lokmans  fab.  36;  und  selbst  von  dingen, 
wenn  eine  gewisu  personification  hinzutritt:  wie  hoffärtig  sauset 
da«  wilde  mer!  BuiscukY  Palm.  511.  hoffärtig  kann  in  der 
(lltern  spräche  auch  nur  auf  das  äuszere  außreten,  pracht,  schmuck 
zielen:  pomjKaut  ineetsut  ein  hoffartig  gezoh,  var.  hoffcrtigs 
g/ttuüch^  binden  nach  gangen  mit  knechten  o.  megden.  Dief. 
44«';  und  haben  also  nicht  allein  solch  groszc  wunder  gottes, 
ftondern  auch  dazu  solchen  heiligen  iiainen  und  herrliche 
ehre,  denn  ev  iHt  ein  überaus  hoffertige  und  prechlige  ehre, 
wenn  sich  ein  mensch  thar  gotles  rhUmen.  Luther  5,216'; 
Alexander  hat  mit  verheiraten  zwei  teil  der  ganzen  well,  nein- 
lich Asiam  und  Europam  zusameu  bracht,  welrhs  er  doch 
mit  der  aller  boOertigislen  brücken  nit  zuwegea  bringen  kund. 


E.  Alberds  ehbüchl.  D2';  ein   hoffärtiger  vogel   {der  papagei). 
pers.  rosenth.  5, 13. 

HOFFÄRTIGEN,  veib.  hoffart  treiben:  suj)erbire  hoflertigen. 
Dief.  566'. 

HOFFÄRTIGLICH,  adv. :  arroganter  hofferticliche  >if6en  hof- 
fertlich  Dief.  50'. 

HOFFARTLOS,  adj.:  ihre  hoffarllose  wellentfernung.  Dya 
fia  Sore  2,81. 

HOFFARTS-,  HOFFARTTEUFEL,  «i.  die  hoffart  unter  dem 
bilde  eines  den  menschen  dazu  antreibenden  tcufcis :  wider  den 
hüffahrtsleufel  ist  der  tilel  einer  1563  erschienenen  schriß  von 
Joachim  Westphal;  dem  hoffart-  und  geiztcufel  wehren. 
BuTscHKY  Palm.  173. 

HOFFE,  f  hoffnung,  eine  in  den  nördlichen  deutschen  dia- 
lecten  zufrühest  vorkommende  bildung,  allniederfränk.  und  ags. 
tö-hopa,  niederl.  engl,  hopc,  die  auch  ins  miltvlävulsche  (Lex er 
mhd.  handw.  1, 1322)  und  vereinzelt  bis  ins  hwlidcutsche  hinüber 
geht : 

0  we,  hoffe  und  gedingcn !    Lader  466. 

HOFFEIERLICHKEIT,  f  feierlichkeit  bei  hofe.  bldller  für  litt. 

Unterhaltung  1810  s.  246. 

HOFFEL,  HÖFFEL,  m.  nebenform  für  hobel.  vgl.  die  sp.  1587 
aufgezählten  formen:  denn  ob  mein  lieber  riiilippus  inen  wol 
nieisleriich  hat  geantwortet ,  hat  er  sie  doch  zu  scnft  ange- 
rürt,  und  mit  dem  leichten  hüffel  überlaufen.  Luther  1,  548". 
auch  als  bezeichnung  eines  menschen,  nach  der  sp.  1589  gegebenen 
redensart  grob  hobeln: 

nu  hört,  ir  zwen  groben  ginloffel, 
wie  seit  ir  doch  die  groben  hoffei, 
das  einer  des  andern  also  remt 
und  euch  vor  den  leulen  nit  schemt? 

fastn.  sp.  222,  18; 
sonder  allein  der  unnütz  pöTcl 
der  grobe  und  lose  höffel.    H.  Sachs  4,  2,  40'. 

HÖFFEL,  m.  für  hebel,  hefel  Sauerteig  {sp.  720):  nimb 
hftffel  oder  sawert<'ig.  Seuter  rossarzn.  357. 

HOFFEL,  m.  nebenform  für  hofer,  hofel,  buckel  {sp.  1603); 
hier  von  den  rückschalen  der  hcbse :  nim  dann  dy  hotTel  oder 
dy  ruckschalen  und  füll  sy  wol  und  stürz  einen  andern 
hoffei  darüber,  küchenmeisterei  Ä  iiij. 

HOFFELEBEN ,  n.  leben  auf  hoffnung;  im  Wortspiele  mit 
hofeleben  (s.  sp.  1662)  bei  Logau  1,2^. 

HÖFFELN,  verb.  für  hobeln,  s.  .</>.  1589. 

HOFFEN,  verb.  sperare.  das  verbum,  den  alten  (Verdeutschen 
dialecten  unbekannt,  ist  zu  frühest  in  dem  ags.  (/es  0. — 10.  jalnh. 
als  hopian  nachzuweisen,  dasz  es  gleichzeitig  auch  in  den  cnn- 
tinentalen  niederdeutschen  dialecten  vorhanden  sei,  läszt  sich  nach 
dem  mehrmals  in  den  allniederfränkischen  psalmen  vorkommenden 
nahe  verwanten  Substantive  tö-hopa  hoffnung  vermuten,  später 
zeigt  sich  ein  miltelniederl.  hopen,  mnd.  hopen,  hoppen  (77ico- 
philus  1,  530  lloffm.,  Hölsciier  nd.  geistliche  lieder  s.  77),  engl. 
hope  hdußg,  und  dringt  in  die  amjrenzenden  Sprachgebiete  vor, 
sowol  nach  norden  ins  schwed.  als  hoppas,  ddn.  haabe  (im  alt- 
nordischen fehlt  es),  als  auch  nach  süden  in  das  oberdeutsche, 
durch  das  mitteldeutsche  hindurch,  in  welchem  letzteren  gebiete  es 
seit  dem  13.  jahrh.  viel  häufiger  als  im  oberdeutschen  erscheint, 
wo  sich  das  einheimische  gedingcn  lange  Mit;  doch  kann  auch 
hier  schon  für  das  ende  des  13.  jh.  das  durchdringen  von  hoffen 
angenommen  werden,  da  es  Konrau  von  WCrzburg  braucht; 
andere  haben  hoffen  und  gedingcn  taulologisch  verbunden: 

ich  hoffe  und  gedingo 

dni  mir  n\i  gelinge, 

nu  ich  iuch  liero  bringe. 

//iiu;)f>-  teilfchr.  11, -491,  71. 

Zur  ermittclung  der  sinnlichen  grundbedeutvng  ron  hoffen  dnrf 
das  ags.  hoppan,  niederd.  hoppen,  ahd.  hupfan,  mhd.  hupfen 
und  hüpfen  neben  buliben  und  huppen  wol  ah  nächst  verwant 
herangezogen  werden.  Übertragung  von  bezrichnungen  des  auf- 
springens  auf  gemfüserregumj  findet  auch  sonst  statt  {vergi  ent- 
setzen </(.  3,  621,  erschrecken  970),  und  ein  bairi.ichcs  .iiiflioffcn, 
verboffen  über  ein  ding,  davon  überrascht,  darüber  stutzig  wer- 
den, auffahren  (Schm.  1,  1063  Fromm),  schwM.<!rh  \erbiiffl,  un- 
vermutet,  unerwartet,  erschreckt  (Schmid  2^3),  ebenso  in  der 
Jägersprache  ein  hirsch  Irnfft ,  vcrhoBt  sieht  sich  um ,  .stutzt 
(Ai)Ei.u?(c),  kann  nicht  anders  als  im  engsten  zusammenhange 
mit  liüpfen  aufgefaszt  werden  ,  aus  der  bedeutung  des  in  die 
hiihe  springens  ergibt  sich  die  des  überrascht  auffahrrns;  anders 
htit  das  niederdeutsche  Sprachgebiet  die  alle  sinnliche  Ittdeutunq 
giwendet,  ihr  iit  das  hochspringen  das  bild  für  das  ungeduldige 


1669 


HOFFEN 


HOFFEN 


1670 


spähen,  erwjrUn,  ausschauen  gewesen,  woraus  der  stnn  sperare, 
wie  er  uns  in  dem  uorte  seit  alter  zeit  erscheint,  sehr  natürlich 
sich  abblaszt. 

Bedeutung  und  gebrauch. 

1)  die  allijemeine  bedeutung  etwas  erwarten,  warten  erscheint 
noch  manchmal:  venn  man  sichs  am  wenigsten  hofft,  ligt  der 
fisch  in  reusen.  Lehmann  1,221;  ich  befürchte  mich,  wenn 
er  {der  blinde  ehemann  meiner  tochter)  sein  gesicht  wieder  be- 
kähui,  möchte  er  ob  der  heszlichkeit  meiner  tochter  er- 
schrecken ,  und  sie  zu  verlassen  bewogen  werden ,  welches, 
weil  er  blind  ist,  nicht  leicht  zu  hoffen,   pers.  rosenth.  2,37; 

wer  andre  leule  schmebt 

hat  oftmals  über  hoffen, 

wies  in  gemein  den  Spöttern  geht, 

sich  selber  recht  getrolTen.    Neuhabk  lustw.  46. 

auch  warten,  lauern : 

dachten,  den  fuchs  feindlich  zu  strigeln, 
mit  zweien  dicken,  groszen  prügeln, 
und  fleiszig  nach  dem  fuchs  zu  hoffen. 

B.  Waidis  Esop  4,99,441; 
auf  jemand  warten : 

komm,  schürze,  spring  und  schwinge  dich! 

die  hochzeitgäste  Jioffen ; 

die  kammer  steht  uns  offen.    Bcrger  14\ 

2)  gewohnlich  ist  die  bedeutung  auf  etwas  künftiges  ange- 
nehmes warten,  dasselbe  erwarten,  in  verschiedener  construäion. 

a)  häufig  in  der  altern  spräche  mit  gen.  der  erwarteten  sache: 

mild,   ich  hoffe  des,  da;  min  reht  iht  si  so  guot, 
da;  si  mir  schiere  ein  tu  liebe;  ende  git 
der  grölen  swxre,  so  si  des  nu  duoket  zit. 

minnes.  1,321*  Hagen. 

nhd.  Daniel  cap.  9  hat  inen  angezeigt  ir  ende,  das  sie  (die 
.  Juden)  keiner  Tcrsamlung  mehr  hoffen  dürfen.  Luther  5,4"; 
da  ist  nicht  viel  rufens  zu  gott  gewesen,  sondern  eitel  ver- 
zweiveln  am  leben,  und  ist  nicht  wunder,  wer  solt  des 
lebens  in  solchem  fall  hoffen,  so  er  im  tiefen  meer  . .  ver- 
schlungen und  versunken  war?  3,213*;  das  wir  eines  andern 
lebens  hoffen.  6, 209' ;  der  tag  ist  nahe,  des  wir  hoffen,  und 
den  sie  fürchten  müssen.  S,  7*;  die  so  irden  herrn  fürchtet, 
hoffet  des  besten  von  im.  Sgr.  2,  8 ;  denn  sie  haben  Jacob 
getröstet ,  und  erlösunge  verheiszen ,  der  sie  gewis  hoffen 
sollen.  49,12;  die  hoffnung  aber,  die  man  sihet,  ist  nicht 
hoffnung,  denn  wie  kan  man  des  hoffen,  das  man  sihet? 
Rom.  8,24;  wir  aber  warten  im  geist  .  .  der  gerechtigkeit 
der  man  hoffen  mus.  Gal.  5, 5 ;  so  werde  ich  des  ärgsten 
warten,  und  des  bessern  hoffen.  Bctschkt  Patm.  3S5; 

hoffet  deiner  gute.    Msusscs  ps.  R  4' ; 
und  nodi  bei  Arndt: 

denn  olympisch  wird  der  tag  ersteben, 
dessen  wir  hoffen.  ged.  (1840)  161. 

b)  statt  dessen  mit  der  präposition  in  und  dem  acc:  in  dich 
habe  ich  gehoffet  mein  gott.  Luther  l,  26'  {ps.  38, 17,  später 
verändert  in  ich  harre  herr  auf  dich) ;  es  ist  nütz  umb  die 
uszerlichen  ding,  si  vermögend  nütz  zur  säligkeit :  hoffe  nie- 
man  darin.  Zwiynn  ton  dem  tauf  al';  es  ist  etwann  gewest, 
dasz  die  fürsten  in  das  regiment  nnd  das  volk  in  die  fürsten 
hat  hoffen  mögen.  Petr.  lOl' ; 

und  würt  doch  (derjenige)  funden  ungesehen!, 
der  hofft  in  gott  bisz  an  das  endt.    Schwarzekbeic  140*; 
(Dorirf)  allain  inn  gott  den  herren  hofft.    153'; 
wer  in  den  menschen  hofft  zu  weit, 
würt  in  der  scbrifl  vermaledeit.    158'. 

anders  bei  Göthe  ein  temporales  in:  warum  hofft  der  mensch 
nur  in  die  nähe,  da  musz  er  bandeln  und  sich  helfen,  in 
die  ferne  soll  er  hoffen  nnd  gott  vertranen.  23, 194. 

c)  gewöhnlicher  mU  der  präp.  auf  und  dem  acc,  und  hier 
wird,  wenn  auf  personen  bezüglich ,  wie  bei  der  vorigen  ßgung, 
ein  festes  zuwarten  auf  eine  künftige  fördernde  handlung  oder 
ein  sdches  verhalten  ausgedrückt :  mein  gott  ich  hoffe  auf  dich, 
las  mich  nicht  zu  schänden  werden,  ps.  25,  2;  wenn  wir  allein 
in  diesem  leben  auf  Christum  hoffen.  Luther  6,209';  wenn 
ich  gleich  derjenige  selbst  nicht  bin,  auf  welchen  unser  volk 
hoffet.  BCbcer  I3d';  der  auf  seinen  herrn  hoffet  und  harret. 
Petr.  lOl'; 

und  alle  weh  furcht  ihren  herrn, 

und  hoff  auf  ihn,  und  dien  im  gern.    Gkllert  2,146; 

soll  ich,  o  gott!  noch  länger  leben: 

so  wirst  du,  was  mir  gut  ist,  geben ; 

du  giebsts,  ich  hoff  auf  dich.    s.  151 ; 


hofft  auf  den  herrn! 

er  hilft  uns  gern ; 

seid  fröhlich,  ihr  gerechten!    s.  208; 

auch  in  bezug  auf  dinge  drückt  hoffen  vertrauen  auf  dwas  künf- 
tiges vorwärts  helfendes  aus:  ich  hoffe  aber  dar  auf  das  du 
so  gnedig  bist.  ps.  13,  6 ;  das  sie  nicht  gleubten  an  gott,  und 
hoffeten  nicht  auf  seine  hülfe.  78,22;  die  dich  fürchten, 
sehen  mich  und  firewen  sich,  denn  ich  hoffe  auf  deine  wort. 
119,74;  weh  denen,  die  hin  ab  ziehen  in  Eg)T)ten  umb 
hülfe,  und  verlassen  sich  auf  rosse,  und  hoffen  anf  wagen. 
Jes.  31, 1 ;  itzt  auch  auf  den  künftigen  sieg  und  hülfe ,  die 
ihnen  der  herr  schicken  würde,  hoffen.  2  Maec.  15, 8 ; 

merk  ob  du  weiszlich  hoffen  bist 

auf  glück  das  ni  gerathen  ist.    ScHWARzs^BBRe  120', 

zu  hoffen  bist,  woßr  jetzt  höchstens  hoffend  bist  verständlich 
wäre,  iä  auf  eine  bemerkung  bei  haben  sp.  65  zu  verweisen; 

so  hoff  ich  denn  mit  festem  muth 

auf  gottes  gnad  und  Christi  blut.    Gellkrt  2,  191 ; 
ich  hoff  auf  seine  (gottes)  gnade,  sir,  und  hoffe 
auf  strenges  recht  ron  meinen  irdschen  richtern. 

Schiller  }I.  Stuart  l,  2. 

In  andern  Wendungen  tritt  auch  der  begriff  der  Zuversicht  und 
des  Vertrauens  zurück  und  nur  das  warten  auf  etwas  künftiges 
und  erwünschtes  auf:  ich  hoffe  auf  baldige  antwort ;  wir  hoffen 
auf  sein  kommen;  sie  hoffe  anfs  liecht.  Hiob  3.9;  muste 
dero  wegen  verbleiben  und  auf  eine  ungewisse  erlösung 
hoffen.  Simpl.  I,394  Kuri; 

die  gunst,  worauf  umsonst  die  stolze  Schönheit  hofft. 
Wibla:«o  10,  139 ; 
hoff  ich  bei  dir  auf  gegenliebe, 
fühlloser  tauber  marmorstein?    Rahlbr  2,  19. 

dichterisch  auch  von  etwas  unbelebtem  gesagt: 

nur  die  Stoffe  seh  ich  gethürmt,  aus  welchen  das  leben 
keimet,  der  rohe  basalt  hofft  auf  die  bildende  band. 

Schiller  Spaziergang  r.  17S. 

d)  hoffen  zu  einem,  ist  selten  und  nur  in  Verbindung  mit 
weiteren  constructionen  gebräuchlich :  wir  hoffen  aber  zu  golt, 
das  der  herr . .  werde  sich  unser  bald  erbarmen.  2  Macc.  2,11 ; 

ich  hoffe  nichts  von  ihm.  ich  hoffe  zu  gott: 
er  werd  ihn  retten.        Klopstock  9,  14 ; 
er  wird  dir, 
hoff  es  freudi?  zu  xhm,  du  seine  mutter,  erscheinen ! 

5,  300: 
ich  hofft  es  zu  dir!    6,293. 

e)  statt  der  Verbindung  von  hoffen  mit  dem  genitiv  {oben  a) 
tritt  die  mit  dem  accusativ  zunächst  bei  allgemeinen  begriffs- 
bezeichnungen  auf:  der  böse  hat  nichts  zu  hoffen,  spr.  Sal. 
24,  20 ;  sterben  sie  aber  baide,  so  haben  sie  doch  nichts  zu 
hoffen,  weish.  3, 18 ;  es  ist  aber  der  glaube  eine  gewisse  Zu- 
versicht des,  das  man  hoffet.  Hebr.  ii,  i ;  etwas  hoffen,  ha- 
bere aliquid  in  spe.  Maaler  -229"; 

sie  (die  liebe)  hofft  und  glaubt  und  duldet  alles. 

Gbllert  2,  144  (nach  1.  Cor.  13,  7) ; 
hoffe  das  beste!    s.  158; 
laszt  mich  wissen, 
was  ich  zu  fürchten,  was  zu  hoffen  habe. 

Schiller  Stuart  1,  2 ; 
bei  gott,  du  wirst,  ich  hoffs,  noch  viele  jähre 
auf  ihrem  grabe  wandeln.  2,  3; 

freund,  hoffe  nichts  und  fürchte  nichts  auf  erden 
mit  leidenschafl.  Secxe  ged.  27; 

dann  aber  auch  bei  speciellen  begriffen ,  allerdings  mehr  in  poe- 
tischer spräche:  so  du  hoffest  die  Zukunft  deines  fürsten. 
Petr.  101"; 

fehnricb  Stolzer  der  küne  mann, 
setzt  mit  den  doppelsoldem  nach 
und  hoffet  gar  gewonnen  sach.    froschmeus.  Yj  4 ; 
die  für  dmng,  zwan?,  pein  und  schmacb 
endlich  mehr  kaum  kunien  giben, 
hoffen  luft  und  mehr  gemach.    Logau  2,  245; 
hier  stund  ein  glückstopf  offen, 
und  reizte  manche  Taust,  den  reichsten  grif  zu  hoffen. 

GÖTreiR  508; 
ich  hoff  ein  ewig  leben.    Gellert  2,  191 ; 
der  Jüngling  hofft  des  greise»  ziel.    221 ; 
die  gnaden  alle  der  himmel, 
ja  die  ganze  flille  der  wonne,  die  selige  fülle 
aller  deiner  erbarmungen  hoff  ich  nun! 

Klopstoce  5,  253 ; 
ersetzt  kann  mein  geraahl  mir  werden; 
kinder  zu  hoffen  erlaubt  mein  alter.    Railer  1,  116; 


1671 


HOFFEN 


HOFFEN  —  HÖFFLICHKEIT 


1672 


von  dem  die  künjein 
in  ihrem  unglürk  rettiing  holfl. 

Schiller  Stuart  2,  8; 
und  selbst  mä  dem  acr.  der  person: 

such  (wes/trinrf)  sie,  und  sag  ihr  das  in  ihre  leisen  ohren : 
dort  ist  er,  der  dich  wünscht,  du  göttliche  gestalt: 
dort  Ist  er,  der  dich  hodt.  Flkmimg  (ii6. 

tn  rrveiterter  consiruction :  auch  dich  hofft  er  halbwegs  zu 
eiuein  kühnen  komplott.  Schiller  Fiesko  1,3; 

sie  (die  sonne)  bofTt  ich  nach  der  trübe  doppelt  schön. 

ÜÖTHK  1,  4 ; 

im  passiv:  eine  zu  hoffende  besserung;  als  ob  ich  .  .  der 
bannherzigkeil  goltcs  vor  meine  hoffende  erlösung  bisz  in 
mein  ende  danken  wolle.  Simpl.  1,394  Kurz;  die  gehoffle 
antwort  lief  ein  ;  die  lange  gehofflen  gaste  sind  angekommen. 
Auch :  etwas  von  einem  hoffen ;  ich  hoffe  das  beste  von 
seinem  einOusse ; 

ich  seh,  als  im  gesiclit,  was  andre  von  dir  hoffen. 

I'.ANITZ    61. 

/)  hoffen  «11/  zu  und  einem  inßnUiv :  wenn  ir  leihet ,  von 

denen    ir  hoffet  zu  nemen.    Luc.  fi,  34 ;  der  würde  ihres  ge- 

schlechls  (dessen  Verehrer  er  allezeit  zu  bleiben  hofft)  zu 
nahe  zu  treten.  Wieland  12,53; 

ich  hoff  sie  zu  erwerben  frei. 

H.  Sachs  3  (1588),  2,  CS»; 
wie  hofft  ich  ihr  den  ersten  grusz  zu  bringen ! 

GÖTUE  1,  4; 

hofTt  (spricht  sie)  nicht  durcli  läugiien  zu  entgniin. 

WlELAND   10,  143; 

und  hoffe  noch,  das  äuszerstc  zu  hindern. 

Schiller  il.  Stuart  2,  8. 

<;)  es  folgt  ein  abhängiger  salz  mit  dasz  eingeleitet :  ich  hoffe 
schon,  das  der  ewige  euch  helfen  wird.  Bar.  4,22;  wiewol 
ich  hoffe,  das  es  sol  besser  mit  mir  werden.  2  Macc.  9,22; 
wie  ich  endlich  warte  und  hoffe ,  das  ich  in  keinerlei  stück 
zu  schänden  werde.  Phil.  1,  20 ;  wir  hoffen ,  dasz  seine  ge- 
sundheit  sich  bessere ; 

sie  holTi,  dasz  deine  nihmbpficrge  Jugend 
williährger  sein  wird  als  mein  starres  aller. 

Schiller  AI.  Stuart  2,  7. 

h)  auch  ohne  dasz  wird  ein  abhängiger  salz  angefügt:  wir 
hoffeien  es  soll  friede  werden.  1er.  14, 10 ;  ich  hoffe,  er  werde 
mirs  wol  widergeben.  2  Macc.  ",11;  ich  hoffe  ich  wolle  et- 
liche zeit  bei  euch  bleiben.  1  Cor.  16.7;  ich  hoff  er  werde 
dir  frisch  und  gsiind  wider  heimkommen,  spera  itlum  tibi 
salvum  affulurum.  Maaleii  229';  in  allerthümelnder  Schreibart: 
hoffende ,  ew.  liebden  werden  sich  durch  die  nähere  läge 
bewegen  lassen ,  eine  excursion  nach  Eisenach  zu  machen. 
Wieland  bei  Merck  2, 101 ; 

ich  holTe  stark, 
es  sei  ihm  schon  bestellt  der  sarg. 

Opel  u.  Cobn  103,39; 
ich  hoffe, 
der  herzog  wird  in  keinem  stücke  weichen. 

Schiller  HccoI.  1,1; 
ich  holT,  es  ist  noch  alles  herzustellen.  2,  7. 
t)  hoffen  endlich  absolut  gesetzt :  das  neme  ich  zu  herzen, 
darumb  hoffe  ich  noch,  klaget.  3,  21 ;  wie  wir  hoffetcn.  2  Cor. 
s,  5;  so  lang  ich  lebe,  hoffe  ich  auch,  dum  spiro,  spcro.  Stie- 
I.ER  846;  wie  gehoffet,  so  getroffen.  Otmo  626;  hoffen  konnte 
sie  nicht,  und  wünschen  durfte  sie  nicht.  Güthe  17,  195; 
hast  aber  leut  funden,  daran  du  dich  henkst  und  schwankst 
hin  und  her,  wartest,  harrest  und  hoffest.  I'elr.  08'; 

Maria  hofft! 
kehr  ich  mit  leerem  trost  zu  ihr  zunick? 

Schiller  ,M.  Stuart  2,  8; 
doch,  holT  ich  recht?  bin  ich  zu  schnell  vielleicht? 

Wikla)«d  17,  237  (IdriK  4,  49). 

alt  einfügung  in  tAtzr :  ich  will  dich,  wie  ich  hoffe,  bald 
sehen,  le ,  ut  spero,  propediem  videbo.  Steinbach  1,768;  das 
wird,  hoffe  ich,  unterbleiben ; 

HO  ist  deines  fOrtten  funst 
mir  nicht,  holTe,  gar  umm*on*l. 

i>.  FLcai?<(;  414  (352,  42  l^ppenb.). 

Im  partirip :  man  tagt  neuerdingt  eine  hdffenile  frau,  eine  frau 
die  guter  hnffnung  itl.  —  Der  infiniliv  sieht  Knbslanlirvirh  :  diircii 
■tille  sein  und  hoffen  würdet  ir  !«tnrk  «ein.  Jet.  :io,  15;  hoffen 
idl  nicht  haben,  tpet  non  ett  res.  Stikikk  s46 ;  ich  erblicke, 
wa«  ich  im  allgemeinen  gedacht  und  gehofft,  nunmehr  im 
Ciiueloeo  und  gar  manche»  über  JeitLvn  und  hoffen.  GOtiik 


55,326;    hoffen  und  harren  macht  manchen  zum  narren  (vgl. 
unter  harren  .ip.  496); 

wofern  mein  hoffen 
(mit  ItiCall)  mich  dieszmalil  nicht  betriigt. 

WiKLAND  17,238  {Idris  4,51); 
0,  zarte  Sehnsucht,  süszes  hoffen. 

Schiller  glocke  v.  74  ; 
jetzt  ist  sie  dn,  die  kalte  schreckenshand, 
r  die  in  mein  rröhlich  hoffen  schaudernd  greift. 

Wiitleiisl.  tod  3,  2  ; 
dem  alten  manne,  den  am  grabesrand 
kein  irdisch  hoffen  mehr  verführen  kann. 

M.  Stuart  2,  3 : 
herr,  so  umnachtetem  gemüth 
kein  hoffen  mehr  auf  erden  blüht. 

Lenau  Famt  38; 
gieng  die  liebe  ohne  hoffen 
traurig  durch  den  grünen  wald.    neue  ged.  130. 

3)  aus  dem  hoffen,  dasz  etwas  übles  nicht  eintreten  werde, 
ist  in  lässiger  redeweise  geworden  nicht  hoffen ,  dasz  etwas 
böses  einlreten  werde,  eine  weise  die  schon  Frisch  1,  46l'  als 
einen  misbrauch  bezeichnet,  die  sich  aber  seit  Jahrhunderten  fest 
eingebürgert  hat :  ich  will  nicht  hoffen,  dasz  ein  ehrlicher  kärl 
sein  werde,  der  dir  dieses  werde  übel  auszdeuten.  Schuppius 
264 ;  ob  ich  gleich  nicht  hoffe ,  dasz  durch  diesen  umstand 
dasjenige,  was  ich  liefere,  in  ansehung  der  gute  gelitten 
haben  soll.  Heilmann  vorrede  zur  fd)ers.  des  Thucydides  (1760) 
s.  1 ;  dasz  sich  etwas  schlimmeres  (hinter  der  krankheU)  ver- 
steckt halten  sollte ,  will  ich  nicht  hoffen.  Engel  Lorenz 
Stark  cap.  16;  ich  will  doch  nicht  hoffen,  dasz  ihr  mit  ein- 
ander komplimentirt?  Lessing  1,3.56;  ich  hoffe  nicht,  dasz 
er  darüber  ungehalten  werden  wird.  12,34; 

icli  will  nicht  hoffen,  dasz  man  ohne  mich 
vollziehen  wird,  was  nur  der  mutter  ziemt. 

Schiller  Jpliig.  3,  4  ; 
ich  hoff  nicht  dasz  ihr  geizig  seid.    Göthe  12,  141. 

4)  in  Baiern  heiszt  hoffen  auch  sonst  besorgen,  fürclUen:  ich 
hoff  dasz  mir  der  Inn  mein  liSuslein  auch  noch  mitnimmt, 
Worte  eines  Imianwohners  bei  Schm.  1, 1063  Fromm,  ob  dieser 
gebrauch  an  das  zu  eingang  erwähnte  gleichfalls  bairische  auf- 
hoffen, verhoffen  stutzen  anlehnt,  oder  an  die  oben  unter  no.  3 
aufgeführten  fugungen  des  schriftlichen  hoffen ,  soll  hier  nicht 
entschieden  werden. 

HOFFENTLICH,  adj.  und  adv.  was  zu  hoffen  ist;  mhd.  hof- 
fenlich  neben  hoffllch  (Lexer  «'6.  1,1322),  das  später  einge- 
tretene t  ist  nicht  zeichen  eines  participii  prdsentis,  sondern  hat 
(wie  der  gleiche  laut  in  flehentlich,  allenthalben  u.  ähnl.)  keinen 
etymologischen  wert,  die  adjcct irische  Verwendung,  dit  mhd.  statt 
hat,  findet  sich  in  der  neuern  spräche  nur  noch  selten :  in  guten 
stunden  hoffeiitlicher  friedensrulie.  Götiie  briefe  an  I'oi^t  275; 
gewöhnlich  ist  es  nur  adverb:  hoffentlich,  «/  spero,  ut  spes  est. 
Frisch  1,461';  ich  will  dich  hoffentlich  bald  sehen,  le  ut 
spero,  propediem  videbo.  Steinbach  1,  76S;  hoffentlich  werden 
sie  mich  kennen.  Schiller  kab.u.  liebe  1,2;  wo  doch  hoffent- 
lich deine  ehre  nichts  einwenden  wird?  1.7; 
es  wird  ihr  hoffentlich  nicht  schaden. 

GÖTHK  12,  1S4. 

HOFFER  m.  ein  hoffender:  ich  habe  sie  (meine  freunde) 
durch  meine  hoffnung  des  guten  erfolgs  zum  hoffen  gebracht, 
sie  waren  desto  eher  dazu  zu  bringen,  je  bekannter  es  ihnen 
ist,  dasz  ich  sonst  eben  kein  gro.szer  hoffer  bin.  Klupstock 
12,  421 ; 

du  kennst  mich,  Chalkol.    ich  bin  gar  kein  hoffer.    9,  14. 

HOFFER,  HOFFERICHT,  bttrJcel,  bHcklirht,  s.  hofer,  hi.fe- 
ricbt. 

HOFFEST,  n.  fest  an  einem  ffirsllichen  hofe. 

HOFFESTLICHKEIT,  /".  fesIlicMeU  bei  hofe.  morgenblatt  1>>40 
s.  tU9. 

HOFFESTSPIEL,  n..- 

die  kathoUchen  majestülen 

spanKcher  koiii^'iiiiu-ii  schmückten 

sich  damit  (mit  pcrtrii)  bei  lioffestsnielen. 

n.  lliiNR  18,  1U2. 

HOFFLICH,  adj.  uns  su  hoffen  ist,  mhd.  hoffitch:  so  i«t 
es  hofflirh  und  wol  zu  vermuten.  1'aracelscs  npp.  1,520  A. 
hoffnung  gewährend:  kein  Inisilirher  bdlTlicher  mitlel.  Lutiikh 
br.  2,  3;ir>.  hiifllich  in  der  spräche  der  bergleule ,  von  hoff- 
nun gerregender  liescliaffenheil ,  erz,  nutzbare  mineralien  verspre- 
rhend :  höfflichcs  geliirKc,  hnfflicher  gang.  Vkith  bergwOrlerb.i'X 

HOFKI.ICHKKIT,  hoffnung  tjebende  l>e%chaffcnheit ,  einn  ge- 
bildet imIci  ganges,  beryntännitch.  Vkitm  bergwi/rterb.  274. 


1G73 


HOF*FNUNG 


HOFFNUNG 


1674 


HOFFNUNG,  f.  spes;  mhd.  hoffenunge,  tconeben  eine  be- 
rechtigtere form  hoffung,  dem  niederd.  hopinge,  hoppinge 
(DiEF.  540'  unter  sperantia)  entsprechend,  nur  vereinzelt  erscheint 
(Lexer  mhd.  icb.  l,  1322).     das  wort  drückt  aus 

1)  nach  hoffen  1  {sp.  1669)  erwarlung,  hinsieht  auf  etwas 
künftiges:  wenn  nicht  die  hoffnung  entweder  zur  guten  be- 
lohnuDg  oder  strafe  einen  im  zäum  hielte,  pers.  rosenth.  1,  32. 
auch  das  streben  nach  etwas  künftigem,  zu  erlangendem: 

es  lebt  kein  mensch  so  frei  auf  erden, 

dasz  er  nicht  auch  (gewiser  masz) 

in  hoffnung  steck  ohn  underlasz 

mit  leibes-  und  gemüths-beschwehrden. 

begürden  plagen  mann  und  weih  ; 

letz  kommt  die  forcht,  ietz  kommt  Terlangen. 

ROXPLBR  41. 

erwartung,  rechtlicfier  ansprach  an  ein  schon  vorhandenes  ding: 
dieselbige  zankmeister  haben  meine  Tormünder,  einfältige 
leut,  einmal  weisz  nit  mit  was  groszgeschwätziger  hoffnung 
eingefüllet,  ein  mayerhof  gehöre  mir  zli,  nit  allein  von  erb- 
schaftgerechligkeit,  sondern  vermüg  des  testaments,  welches 
mein  vater  .  .  gemachet  habe.  Schuppics  769; 

darumb  so  gib  dich  heut  zu  ruh  I 
hast  ein  redliche  hoCTnung  du, 
so  bring  sie  an  morgen  bei  tag! 

J.  Atrbr  fastn.  sp.  3'  (2350,  21  Kelter). 

2)  gewöhnlich  nach  hoffen  2,  sp.  1669,  aussieht  vnd  erwar- 
tung von  etwas  förderndem  und  angenehmem;  mhd.  noch  ein 
nur  landschaftlicher  ausdruck:  äne  die  selben  tugent  kan  nie- 
man  behalten  werden ,  und  heijet  gedinge  eteswä  und  etes- 
wä  heijet  e;  hoffenunge,  eteswä  heilet  ei  Zuversicht,  e^  heijet 
in  latine  spes.  Br.  Bebthold  546, 17.  nhd.  allgemein :  nu  aber 
bleibt  glaube,  hoffnung,  liebe,  diese  drei,  aber  die  Hebe  ist 
die  gröszest  unter  inen,  l  Cor.  13,  13;  die  hoffnung  der 
heuchler  wird  verloren  sein.  Hiob  8,13;  seine  hof&iung  ist 
ein  spinnweb.  14;  züchtige  deinen  son  weil  hoffnung  da  ist. 
sprichw.  19,  IS;  seines  herzen  gedanken  sind  wie  asschen, 
und  sein  hoffnung  geringer  denn  erden,  weish.  Sal.  15, 10 ; 
hoffnung  aber  leszt  nieht  zu  schänden  werden.  Rom.  5, 5 ; 
weilen  weiter  zu  kommen,  die  leut  weder  mit  begierd,  noch 
hoffnung  aufgemuntert  werden.  Schcppils  766; 

wenn  die  hoffnung  nicht  war, 
so  lebt  ich  nicht  mehr.    voli-M.; 
wir  sind  nun  göttlichen  geschlechts, 
durch  dich  des  hiramels  erben, 
diesz  ist  die  hoffnung  deines  knechts. 

Gellert  2,  206. 
Eine  reihe  fester  rerbindungen  erscheinen. 

a)  die  ältere  spräche   fügt   zu  hoffnung  gern   den  genitiv  des 
gehofflen:    das  ist  gar  ein  gros    ding,   im  leiden  nicht  hülfe 
suchen  von  irgend  einem  menschen  oder  creaturen,  sondern 
.  .  in  gottes    hoffnunge   demütig   der   hülfe  warten.    Luther 
3,  26";    war  alle   hoffnung   unsers  ilebens   dahin,    ap.  gesch. 
27,20;    in    der   hoffnung    des  ewigen  lebens.    TU.  1,2;  todt- 
sieche  menschen,  daran  kein  hoffnung  eins  lebens  meer  ist. 
Frank  weltb.  I9i';  wir  hetten  in  summa  gleichsam  alle  hoff- 
nung des  lebens  von  uns  geworfen.   225";   weil  die  meinung 
desz  üherflusz  unter  den    grösten  Ursachen    der   armut   ist, 
und  ausz  hoffnung  der   gegenwertigen    die    rechte    hülf  ver- 
absäumt   worden.    Schuppics    766.    auch   noch   in    der   neuern 
spräche:  wo  ihn  nicht  hoffnung  der  beute  unter  ihre  fahnen 
lockte.  Schiller  880 ;  aussieht  auf  glanzende  beförderung  und 
hoffnung  der  beute  lockten  .  .  abentcurer.  913; 
das  mädcben  selbst, 
mit  welcher  er  mich  körnt,  mit  deren  hoffnung 
er  gern  mir  zu  bezahlen  schiene,  was 
ich  nicht  umsonst  für  sie  gcthan  soll  haben. 

Lessiso  2,312. 
l)  gewöhnlicher  ist  jetzt  hoffnung  auf  einen  oder  etwas,  was 
auch  schon  früher  erscheint:  das  deine  hoffnung  sei  auf  den 
herrn.  sprichw.  22,  19 ;  hofnung  auf  eines  andern  hülfe. 
ScHOTTEL  1133';  hoffnung  auf  gewinn;  er  hat  hoffnung  auf 
eine  reiche  erbschaft;  dafür  auch  hoffnung  zu  einem  oder 
etwas:  h:.be  die  hoffnung  zu  gott.  ap.  gesch.  24,15;  die  na- 
türliche liehe  zum  leljen  und  die  hoffnung  zur  Verlängerung 
desselben,  pers.  rosenth.  6, 1 ;  hoffnung  zur  dienstharkeit  {dienst- 
uilligkeil).  1,3t;  die  goldmacher,  welche  alle  das  ihre  umb 
hoffnung  zu  demselben  (gotde)  drauf  gehen  lassen.  Lokmans 
{ab.  20; 

er  schlummert  keine  nacht, 
als  bis  man  ihm  zum  falkcii  hoffnung  macht. 

ÜACEDOR!«  2,  175. 


andere  pigungen:  wenn  du  einen  sihest,  der  sich  weise 
dünket,  da  ist  an  eim  narren  mehr  hoffnung  denn  an  im. 
sprichw.  26,12;  ich  sprach,  mein  vermögen  ist  dahin,  und 
meine  hoffnung  am  herrn.  klagel.  3, 18.  mit  accusativ :  werde 
angeklagt  über  der  hoffnung  an  die  verheiszunge.  apostelgesch. 
26,  6  i  und  stehet  unser  hoffnung  feste  für  euch.  2  Cor.  1, 7 ; 
er  macht  sich  von  dem  mägtchen  gewisse  hoffnung,  spe  certa 
puellae  inducüur.  Steixbach  1,  768 ; 

sölchs  hy  (hier)  ain  jder  frummer  merk, 

inn  gott  darmit  sein  hoffnung  sterk. 

SCHWARZESBERC    107". 

mit  inßnitiv  durch  zu  vermittelt:  in  hoffnung,  den  Nürnbergern 

. .  auf  die  kirchweich  zu  kummen.  S.  Frank  chron.  1536  1,254'; 

die  hoffnung,  die  du  nährst,  dein  Schicksal  zu  bezähmen. 

WiKLAXD  17,  2SS  (Idris  5,  61); 
die  hoffnung,  sie  so  bald  zu  finden,  war  sehr  klein. 

313  (5,  107). 
mit  abhängigem  sotze:   die  hoffnung,   dasz  er  rechtzeitig  ein- 
treffen  werde;   wir  durften  auch  dies  mädchen  mit  der  ge- 
gründeten hoffnung  entlassen,    dasz  es  auf  dem  guten  wege 
beharren  werde,  evangel.  kirchenzeüung  1866  s.  748 ; 
ei!  so  steht  die  hoffnung  fest, 
dasz  der  finstre  weg  der  todten 
mich  zu  dir  gelangen  läszt.    Ca:iiz  175. 

c)  es  heiszt  hoffnung  haben,  behalten,  gehen,  machen, 
nähren:  ein  jglicher  der  solche  hoffnung  hat  zu  im,  der 
reiniget  sich,  l  loh.  3,  3 ;  die  wir  . .  halfen  an  der  angeboten 
hoffnung.  Hebr.  6, 19 ;  zum  allgemeinen  beifall  . .  konnte  sich 
ein  Charakter,  wie  der  seinige,  niemals  hoffnung  machen. 
ScmLLER  764;  nährte  die  stille  hoffnung,  sie  bald  wieder  zu 
sehen.  Göthe  25,351;  der  (kranke)  fürst  gebe  wieder  hoff- 
nung der  genesung.  J.  Paul  TU.  4, 190 ; 

von  Pinabel  red  ich,  der  unser  edle  dam 

hie  in  den  bittern  tod  zu  bringen  hoffnung  nahm. 

D.  V.  D.  Werder  .\riost  3.  4,  8 , 
für  sie,  die  schmeichelnd  jedem  hoffnun?  gibt, 
weiht  sich  die  Jugend  dem. gewissen  todr 

Schiller  Maria  Stuart  2,  3 ; 
so  lang  sie  lebt,  die  ihrem  schwärmereifer 
den  Torwand  leiht  und  ihre  hoffnung  nährt.    2,  5. 

man  setzt,  stellt  seine  hoffnung  auf  einen  oder  etwas:  wol 
dem,  der  seine  hoffnung  setzt  auf  den  herrn.  ps.  40,5;  das 
sie  setzten  auf  gott  ihre  hoffnung.  78,7;  setzet  ewer  hoff- 
nung ganz  auf  die  gnade,  die  euch  angeboten  wird,  l  Petr. 
1, 13 ;  wol  dem  .  .  des  hoffnung  auf  dem  herrn  seinem  gott 
stehet,  ps.  146,  5 ;  in  hoffnung  stehen :  der  bei  nachtzeiten 
seine  begierige  netze  auszbreitet,  stehet  in  hoffnung,  dasz  er 
heut  oder  morgen  etwas  fangen  werde,  pers.  baumgart.  2, 18 ; 
man  ist  Ton  hoffnung  trunken: 

der  schon,  von  hoffnung  trunken, 
des  oceans  gebieter  ist.    Raxler  1,  74; 

die  hoffnung  verlieren,  schwinden  lassen,  aufgeben,  rauben; 
die  hoffnung  vergeht,  erlischt;  die  hoffnung  ist  ihm  in  den 
brunnen  gefallen,  spes  occidit.  Frisch  I,46l';  wer  vor  zwanzig 
Jahren  nicht  hübsch,  vor  dreiszig  jähren  nicht  stark,  vor 
vierzig  jähren  nicht  witzig,  und  vor  fünfzig  jähren  nicht  reich 
wird,  bei  dem  ist  alle  hoffnung  verloren.  Steinbach  l,  7G9. 
in  der  altern  spräche  eine  hoffnung  fürchten,  fttr  dieselbe  fürchten, 
glauben  dasz  sie  vergehe:  dise  haben  mit  stätem  krieg  und 
niderlag,  so  sy  mit  den  Messenern  hetten,  alle  hoffnung 
schier  der  nachkummen  geforcht  und  den  undergang  all  yres 
Tolks  gesorgt.    Frank  weltb.  85'. 

d)  man  redet  von  einer  schönen,  sichern,  unsichem,  be- 
gründeten, geringen,  eiteln,  fehlgeschlagenen,  falschen,  leeren 
hoffnung;  sind  sie  doch  gewisser  hoffnung,  das  sie  nimer 
mehr  sterben,  weish.  3, 4 ;  darf  eine  einzige  fehlgeschlagene 
hoffnung  uns  gegen  die  weit  so  unversöhnlich  machen?  Les- 
siNC  2,181; 

oft  sproszt  ein  junges  reis  mit  gniner  hoffnung  aus. 
piUil.  stockf.  148; 
hat  falsche  hoffnung  mich  gewiegt? 

Wiela:<d  17,  238  (Idris  4,  51) ; 
mein  äuge  wendet  sich 
der  ersten  schönen  hoffuung  wieder  zu. 

Schiller  Maria  Stuart  2.  S ; 
ein  junger  prinz  nur  stand  noch  zwischen  ihm 
und  seiner  stolzen  hoffnung. 

ticmcinwi  1.  auft.,  v.  100; 

früher  auch  gute  hoffnung  im  allgemeinen  sinne:  ein  gute  huff- 
niing  haben,  esse  spe  bona^  guter  hoffnung,  confidens  Maaler 


1675 


HOFFNUNG 


229";  sie  sollen  guter  hoffnnng  sein,  das  du  wollest  busze 
für  die  Sünde  anncmen.  tf«.s7(.  12, 19 ;  ich  bin  guter  hoffnnng, 
ich  wöil . .  inen  beiden,  chur-  und  fürsten  die  haar  zusamen 
binden,  sich  mit  ainnnder  zu  verainigen.  Schehti.in  fcrir/e  38; 
das  Vorgebirge  guter  hotTnung.     der  gegcnsaiz  böse  bofl'nung: 

niclit  holTe,  wer  des  drachen  zäbnn  sät, 

erCreuliches  zu  crnlen.    jeile  iintliat 

irä^l  ihren  pi^tneii  racheengcl  sclion, 

die  böse  lioiriiung,  unter  ihrem  herzen. 

ScHiLLKR  Waltimsteinx  loii  1,  7. 
jetzt  ist  gute  hoffnung  geirOlinUrh  nur  noch  auf  schwangere  frauen 
bezogen:  wenn  ich  nur,  sagte  Philine  .  .,  keine  frau  mehr 
guter  hoffnung  sehen  sollte  I  Göthe  19,4;  junge  frauen  .  . 
die  sich  guter  hoffnung  befanden.  21,24;  doch  wird  Sara 
zuletzt  guter  hoffnnng  und  bringt  einen  söhn.  24,211;  mit 
anklang  an  die  allgemeine  hedeutung :  {ich  musz  hoffen)  dasz 
Eduard  sich  wieder  nüiiern  werde,  wie  kann  es  auch  wohl 
anders  sein,  da  sie  mich  guter  hoffnung  linden,  versteh  ich 
sie  recht?  fiel  Mittler  ein  —  vollkommen,  versetzte  Char- 
lotte —  tausendmal  gesegnet  sei  mir  diese  nachrichl!  rief 
er  .  .  mehr  als  tausend  wortc  wirkt  eine  solche  gute  hoff- 
nung, die  fürwahr  die  beste  hoffnung  ist  die  wir  haben 
können.  17, 192. 

e)  ein  mensch  von  hoffnung,  einer  der  zur  hoffnung  berech- 
tigt, auf  dessen  kitnßige  entfallung  man  hofft:  sein  drittheil 
an  der  beute  .  .  verschenkt  er  an  Waisenkinder  oder  läszl 
damit  arme  jungen  von  hoffnung  studieren.  Schiller  raub.  2,3. 
/)  f'u  der  allem  spräche  ist  häufig  der  genitiv  der  hoffnung, 
spe :  hab  ich  allen  flcis  angewand,  dasselbige  (buch)  zn  über- 
kommen, der  bofnung  es  möchte  mich  dieser  meiner  arbeit 
vielleicht  entschlagen.  Flschart  bienk.  (*;  unangesehen  desz 
Schreiens,  so  der  könig  Garinter,  der  hoffnung  ine  abwendig 
zu  machen,  thaf.  Atnadis  15;  also  hab  ich  letzlich  etlich  zu 
mir  zu  gast  geladen,  der  hoffnung,  sie  dahin  zu  bewegen  . . 
Ayrer  proc.  3, 1 ;  betete  für  dich,  .  .  der  hoffnung,  du  wür- 
dest mich  dessen  widerumb  geniesen  lassen.  Phil.  Lugd.  3,251. 
dafür  in  hoffnung:  man  hielt  mehr  als  man  versprochen 
hatte,  in  hoffnung,  die  blauen  {eine  parlei)  würden  sich  nicht 
geduldig  genug  miszhandeln  lassen,  um  keine  gclegenheil  zu 
gröszern  miszhandlungen  zu  geben.  Wieland  7, 107  (92) ;  cin- 
zelnheiten,  die  ich  wie  im  finge  wegfing  und  sie  niederlegti 
in  hoffnung,  dasz  sie  sich  einmal  irgendwo  lebendig  oa- 
schlieszen  würden.  Göthe  55, 326. 

g)  etwas  auf  hoffnung  machen :  der  da  pflüget,  sol  auf 
bofTnung  pflügen,  und  der  da  dreschet,  sol  auf  hoffnung 
dreschen.  1  Cor.  9,10;  die  ir  auf  hoffnunge  gefangen  ligt. 
Sacharja  9, 12 ;  etwas  auf  hoffnung  kaufen,  vergl.  unten  hoff- 
nungsbau,  hoffnungskauf. 

h)  der  plur.  des  worles  ist  häufig  im  gebrauche,  wenn  mehrere 
unter  sich  verbundene  und  aus  einer  grundstimmung  ßieszende 
eruartungen  bezeichnet  werden  sollen:  nnvveise  leute  betriegen 
sich  selbs  mit  törichten  hoffnungcn.  Sir.  34, 1 ;  ein  lügen- 
iiaftes  zusagen ,  wodurch  unsern  liebsten  hoffuungen  und 
wünschen  geschmeichelt  wird.  Göthe  53,129;  schmeichelst 
du  meinem  wahn.  meinen  hoffnungen.  17, 171 ; 

dasz  ein  orake)  mich  zu  hoCTnungcn  verpflichtet. 

WiELAKD  17,  293  {Idris  5,  71) ; 
wie  weit  ist  diese  königin  gebracht, 
die  mit  so  stolzen  holTnnngen  begann. 

Schiller  Maria  .Stuart  2,4; 
«0  stürzen  meine  liolTnungen.    2,  8 ; 
was  sind  holTnungcn,  was  sind  entwürfe, 
die  der  menxch,  der  vergängliche  liautV 

braut  V.  Stcxünn,  v.  19(p2. 

f)  penonipcation  der  hoffnung  tritt  mehr  oder  weniger  deutlich 
üßer  auf: 

e«  reixten  (wann?  vielieiclil  zu  unsern  zciicn.) 

ilie  hoffnung  und  die  furcht  durchs  land.    Hauedorü  2,130; 

die  hoffnung  führt  ihn  ins  leben  ein, 

■ie  umflattert  den  fröhlichnn  knahen. 

ScHiLLRR  die  lialfnung. 

SO  wenn  die  iioffnimg  mit  rerhen  oder  ndjerliren  ivrsehen  wird, 

die    sonst    thdiigkeit    oder    eigrnsrhußen  des    menschen  zeichnen : 

die    hoffnung    regt    sich,    wird    wach,  tiluscbl,    betrügt,    lügt 
um;  feurige,  rasche  hoffnung; 

■o  hat  die  hoffnung  denn,  die  wir  so  lang  ecnfihrct, 

uo»  nicht  getauArhi?       Wiklaid  17,  12.)  (Iitrin  J,  (W); 

da  wird  in  mir  die  liofTiiinig  wach,  oli  idi 

si«  jeut  noch  retten  konniü  und  b«*Kji(cn. 

ÜCHiLLU  Maria  Sluarl  i,  b  j 


nOFFNUNGGEREND  —  TIOFFNUNGSGRtN     1 676 

bruder!  ach  in  ewig  tiefer  pause 
feiern  alle  deine  hoffnungen. 

elegie  auf  den  lad  eines  jüngling<<; 
ob  seine  rasche  hoffnung  eigenmächtig 
sich  diesen  kühnen  schritt  erlaubt,    dun  Kinlon  4,  9. 

3)  hoffnung,  die  pcrson  oder  d»r  gegenständ,  auf  die  man 
hofß:  meine  seele  harret  nur  auf  gott,  denn  er  ist  meine 
hotTnung.  ps.  62,0;  an  dem  berrn,  der  ihrer  veter  hoffnung 
ist.  1er.  50,7;  welches  ist  Christus  in  euch,  der  da  ist  die 
hoffnung  der  herrligkeit.  Col.  l,  27 ;  denn  wer  ist  unser  hoff- 
nung oder  freude,  oder  krön  des  rbums?  seid  nicht  auch  irs 
für  unserin  herrn  Jhcsu  Christo,  zu  seiner  zukunft?  1  Thess. 
2,9;  aber  die  äugen  der  gottlosen  werden  verschmachten, 
und  werden  nicht  entrinnen  mügen,  denn  ire  hoffnung  (icaj 
sie  hoffen)  wird  irer  seelen  feilen,  llid)  11, 2ü; 

wenn  ich  die  gottcs-äcker  seh, 

und  alles  könnte  lesen, 

was  der,  auf  dessen  gruft  ich  geh, 

in  seinem  sinn  gewesen, 

was  eingescharrt  für  hoffnung  hier  {liegt).    Camiiz  44  ; 
hier  kann  ich  schaaf  und  rind  in  den  hegrünten  auen, 
die  Scheunen  voller  frucht,  das  leid  voll  hoffnung,  schauen. 

HS; 

0  Trojas  hoffnung  {Hektar),  die  uns  nie  betrogen, 
0  du,  nach  dem  das  herz  geschmachtet  hat! 

ScHiLLKR  Zerstörung  von  Troja  49. 
HOFFNUNGGEBEND,   pari.:    durch   ihre    froslvollcn  hoff- 
nunggebenden Worte  wieder  ermutbigt.  Göthe  17,  394.     besser 
nicht  verbunden  geschrieben. 

HOFFNUNGGLÄNZEND,  part.: 

'friede  der  seele 
sprach  aus  der  himmelsmilde  des  hoffnungglänzenden  auges. 

SONNEIHBERG. 

HOFFNUNGSANKER,  m. : 

er  zweifelt,  ob  auch  noch  der  hoffnungsanker  raich, 
indem  er  solchen  wirft.     Hohplkr  72  (itürmische  scbiff-fahrt 
nuin.ichliclten  lebens). 
HOFFNUNGSAUGE,  n.  ; 

des  himraels  hoffnungsauge  blaut,  du  kommst  zurück! 

REcKEBT  ges.  gvd.  1,  394. 

HOFFNUNGSBAU,  vi.  ein  grubcnbau,  welcher  in  der  hoffnung 
gelrieben  wird,  nutzbare  mineralien  aufzufinden;  auch  ein  bau, 
mittels  dessen  nutzbare  mineralien  schon  gewonnen  werden,  aber 
noch  nicht  in  solcher  menge,  dasz  di»  kosten  gedeckt  sind.  Veith 
bergwörlerb.  274. 

HOFFNUNGSCHÖPFEND,  part.  würde  besser  unreihunden 
gegeben:  der  zuruf  der  boffnungschöpfcnden  Bömer.  Becker 
weltgesch.  2,  359. 

HOFFNUNGSDUNST,  m. : 

durch  hoffnungsdunst,  der  sie  betrogen.    Brockrs  3,  575. 

HOFFNUNGSFADEN,  m. :  den  schwachen  hoffnungsfaden 
durchschneiden.  Dahlmann  gesch.  d.  franz.  rei\  3S8. 

HOFFNUNGSFREUDIG,  adj. 

HOFFNUNGSFREUDIGKEIT,  f :  die  abreise  Goethes  nach 
der  Universität  Leipzig,  welcher  er  mit  aller  neugicrde  und 
hoffnungsfrcudigkcit  der  jngcnd  zueilte,  morgenbl.  IMG  s.  123b'. 

HOFFNUNGSFRUCHT,  /.  ; 

ach  lasz  vor  deinem  angesichte 

voll  glaubens-  liebes-  hoffiiuiigsfmchte 

dann  meiner  seeten  bäum  hestehn.    Brockis  1,479. 

HOFFNUNGSFÜLLE,  ,.; 

in  hoffnungsfüllc  ihr  huscn  steigt, 
ihr  Wesen  ist  so  ahndovolf, 

weisz  nicht  was  sie  sich  wünschen  soll.    Göthi  13, 130. 
HOFFNUNGSFROH,  adj.  und  adv.: 

steht  hoffnungsfroh  nach  dir  allein 

mein  streben  und  mein  leben.    F«.  Möller  3,  166. 

HOFFNUNGSGARRE,  f: 

so  harrt  die  rciiibste  holfnutigsgarbe 

dem  schnittortag  der  bessern  weit.    Körker  1,  271. 

HOFFNUNGSGESTIRN,  n. ;  so  schien  auch  jedem  zuhürer, 
wenigstens  in  dem  augcnblick,  ein  hoffnuiigsgesijrn  zu  leucblcu. 
Göthe  31,  223. 

HOFFNUNGSGLÜCK,  «..- 

im  thale  gnlnot  hoffnungsgluck.    (iöTHE  12,  52. 

HOFFNUNGSGIJITM,  f: 

ncli  gott!  last  doch  hei  zelten, 
mich  von  dem  diriMt  der  morschen  eitrlkriten 
voll  RUsier  holfniiii)(sKlutli  enirerneii!     Krocik*  3,GG3. 

HOFFNUNGSGRÜN,  n..-  vielleicht  haben  die  bisherigen 
Qquiuokiiulslürme  um  da»  vatcriaud  wie  einen  frUhliug  uuf- 


1 677  HOFFNUNGSGRUND  —  HOFFNUNGSTROST 


HOFFNUNGSVOLL  —  HOFGENOSSE   1678 


gedeckt,  mancher  schnee  ist  geschmolzen  und  wir  sehen  das 
Lüffnung-grün  des  theuern  bodens.    J.  Pacl  friedenpred.  s.  30. 

HOf  FNUNGSGRU.ND,  m.:  so  wäie  {bei  der  alchymie)  z.  b. 
jene  höchst  bedeutende  Wirkung  der  farbennatnr,  die  Stei- 
gerung, am  ersten  zu  bemessen  und,  wenn  auch  nur  irrig, 
als  huffnungsgruud  der  geheimnisvollen  arbek  anzusehen 
gewesen.  Güthe  53, 132. 

HOFFiNCNGSHAFEN,  m.: 

was  ward  uns  für  ein  trost  zu  ilieil? 

wo  liegt  der  hcrtTuaugshafen  ?    Fb.  ML'lleb  3, 123. 

HOFFNÜNGSKäUF,  m.  kauf  von  Sachen,  die  noch  nicht  vor- 
handen sind,  aber  doch  gewis  gehofft  weiden,  tcenn  auch  über 
ihre  künftige  menge  nichts  sicheres  bestimmt  werden  kann,  so 
sind  der  kauf  des  getreides  auf  dem  halnte,  der  wolle  rw  der 
schür,  eines  fischziiges  vor  auslauf  der  dazu  bestimmten  fahneuge 
u.  lihnl.  büffnungskäufe. 

HOFFNUNGSLEER ,  adj.  leer  an  hoffnung,  ohne  hoffnung. 
GöKisGg  1,  211;  in  finstern,  hoffnungslecren ,  stürmischen 
Zeiten,    allg.  Hl.  zeit.  1S43  no.  147  *.  563. 

HOFFNL.NGSLICHT,  n.: 

hoffnungslicht 

schon  ourchhricht 

kerkernacht.    Fb.  Mdllbr  3,  251. 

HOFFNUNGSLOS,  adj.  ohne  hoffnung,  keine  hoffnung  habend: 

ganz  hoffnungslos,  und  zitternd  wie  das  laub. 

Weckhbrli!«  167; 
hoffnungslos 
weicht  der  mensch  der  göttersiärke. 

Schiller  gtocke  r.  207. 

keine  hoffnung  gewährend:  der  kranke  liegt  hoffnungslos  dar- 
nieder ; 

bofnunglose  pein.    WeckSeiilis  7.^4; 
gerichlsralli.  so  schnell  versagst  du  dir  und  mir  die  hoffnung? 
Eugenie.        das  boffnungsiose  kündet  schnell  sich  an ! 

GöTHB  9,  350: 
noch  verscbmacbt  ich  nicht 
in  femer  wüste  hoffnungslosen  räumen.    356 ; 
{der  Sturm)  bringt  dort  ein  hoffnungsloses  schiff  zum  Strand. 

Götter  1,  416. 
HOFFNUNGSLUST,  f.: 
ist  hoffnuDgslust  zu  freudigen  entwürfen, 
entschlussen,  rascher  that  sogleich  gefunden !    Göthe  3,  26. 

HOFFNUNGSMILD,  adj.: 

hoffnungsmilde  schmerzensträume.    Lknau  Faust  96. 

HOFFNUNGSMORGENRÖTHE  ,  f :  hornungsmorgenröthe 
glänzt  in  ihrem  glühenden  äuge.  Sturz  1,90. 

HOFFNUNGSÖL,  n.;  nährst  du  noch  vielleicht  geheime 
liebesflammen  mit  dem  hoffnungsül?  Mcsäus  volksm.  3S3. 

HOFFNUNGSQUÄL,  f: 

auf  ihn  {lesm)  hofft  alle  well,    er  macht  es  zimlich  lange, 
ph  er  disz  werk  fing  an.    es  ward  den  alten  bange, 
es  war  ihr  höchster  wünsch,  dasz  der  doch  kam  eiumahl, 
der  ihre  seelen  hielt  in  stäter  hoffnungsqual.    P.  Flerinc  3. 

HOFFNUNGSREICH,  adj. : 

dort  (am  Strand  der  Elbe)  hab  ich  oft,  in  längstvergrünien 

jähren, 
mich  hingelegt 

und  hoffnungsreich,  in  sorgen  unerfahren, 
der  freien  ruh  um  ihren  Strand  gepflegt.    H.4geoor:<  3,  63. 

HOFFNUNGSSCHIFF,  n.  poetice  pro  spe  dubia,  anxia  et  an- 
iipUi  sumitur.  Stieler  1791. 

HOFFNUNGS-,  HOFFNUNGSCHIMMER,  »i.; 
in  meine  dunkle  zelle  dringt 
kein  Sonnenstrahl,  kein  hoffnungscbimmer.    H.  Hjuhk  18,291. 

HOFF.NUNGSSPIEL ,  n.:  wenn  zwei  personen,  die  sich 
jung  gekannt  hatten,  alt  zusammen  kommen,  so  müssen  tau- 
send gefühle  entstehen,  eines  der  unangenehmsten  mag  sein, 
tlasz  sie  nun  sich  in  so  manchem  betrogen  linden,  was  sie  bei 
ihren  hoffnungsspielen  ehemals  als  gewisz  berechnet  hatten. 
Lichtenberg  1  {1M4),  179. 
HOFFNCNGSSTAB,  m.; 

was  ist  das  grab? 
ein  boffnuiig»iab, 
dasz,  wenn  dies  leben  aus, 
wir  ziehn  ins  Vaterhaus 
in  jene  well. 

Peter  voUuihüml.  aus  öslerr.  üMe^ien  1,310. 
HOFFNUNGSTROST,  m. : 

sei  mir  boffnungstrost  im  leide, 

du,  nun  als  ein  engel  schon.    Göthb  4, 15S. 


HOFFNUNGSVOLL,  adj.  voUer  hoffnung. 

1)  eine  fülle  von  hoffnung  habend,  von  personen  und  perso- 
nificationen : 

so  blieb  die  schaar  dabei  halb  furcht-  halb  hoffnungsvoll. 

GÜ.NTUER  512; 

wenn  pbanlasie  sich  sonst,  mit  kühnem  üug. 
und  hoDnungsvoll  zum  ewigen  erweitert.    Göthe  12,  40 ; 
mit  der  präp.  auf: 

nicht  hoffnungsvoll  auf  sieg.    Klopstocx  10, 36. 

2)  eine   fülle  von  hoffnung  andern  gewährend,    von  personen: 

gesellschaft  wie  man  wünschen  kann, 
wahrhaftig  lauter  braute ! 
und  Junggesellen,  mann  für  mann, 
die  hoffnungsvollsten  leute.    Göihe  12,  226. 
rort  dingen :  hoffnungsvolle  felder.  Kli.nger  4, 156 ; 
du  sähest  oft  an  hoffnungsvollen  bäumen, 
um  rind  und  stamm,  das  moos  zu  häutig  keimen. 
Uagedorn  1,  69; 
hoffnungsvolle  frische  pflanzen,  die  der  frost  noch  nicht  verletzt. 

2,  14 ; 
alles  was  zu  thun  und  zu  besorgen  war,  blieb  nicht  blos 
hoffnungsvolle  mühe  wie  bisher,  sondern  ward  zum  heitern 
genusse.  Götbe  17,304;  es  zeigte  sich  an  der  andern  seitc 
durch  Schluchten  und  waldrücken  eine  ferne,  schöne  und 
hoffnungsvolle  aussieht.  19,35;  und  neue,  in  der  ferne  ein- 
tretende berge  machten  die  aussieht  noch  hoffnungsvoller, 
indem  sie  nur  wie  eine  sanfte  beschränkung  hereintraten. 
daselbst. 

HOFFNUNGSWAHN,  m.; 

ich  sah  ihn  an,  und  ward  vom  guten  willen, 
vom  boffnungswabn  des  herzens  übereilt : 
der  sei  ein  mensch,  der  menschlich  ansehn  trägt. 
Götue  9,  194. 

HOFFNüNGSZYNTIFEL,  m.  spes  rerum  obscura.  Stieler  2660. 

HOFFNUNGTRUNKEN,  adj.:  in  der  hoffnung -trunknen 
jahrzeit,  im  frühling.  J.  Paul  leben  Fibels  s.  13. 

HOFFOLGE,  f  Verbindlichkeit  einem  ßrstlichen  hofe  in  gewissen 
fallen  zu  folgen,  auch  die  Verbindlichkeit  dem  aufyebote  eines 
edelhofes  für  gewisse  arbeiten,  als  unterthan  desselben,  folge  zu 
leisten. 

HOFFRÄTZLEIN,  «i.  als  schelte  für  einen  jungen  ungezo- 
genen menschen  aus  dem  ßrstlichen  hofgesinde  (vgl.  fratz  tiu  4', 
sp.  6S) :  fotzenbehelmte  hoffrälzlein.  Garg.  47'. 

HOFFRÄULEIN,  «.  fräulein  an  einem  ßrstlichen  hofe.  auch 
als  fem.  {vgl.  fräulein  theil  4',  sp.  SS/l):  diese  ist  eine  so  im 
gleichen  geist  verdorbene  und  verschrobene  hoffräulein.  Pesta- 
lozzi 3, 161. 

HOFFREUND,  m.:  die  neu-eingeschlichenen  liebkosenden 
hoffreunde,  welche  die  süsze  luft  des  hofelebens  anwehet. 
BuTscHKY  Palm.  5. 

HOFGANG,  m.  durchfall  {das  stete  gehen  auf  den  hof,  wo 
die  abtritte  sich  befinden,  vgl.  hofieren) :  auch  hat  der  hoffgangk 
dies  jähr  im  herbste  zimlich  bei  uns  grassiret.  Lisch  meklenb. 
jaJirb.  17,203. 

HOFGARTEN,  m.  garten  eines  ßrstlichen  hofes:  es  war  eben 
in  der  allee  des  hofgartens  zu  Düsseldorf.  H.  HEI^E  1,25t. 

HOFGÄRTNER,  m.  gärtner  eines  ßirsttichen  hofes:  ein  dort 
angestellter,  auf  nutzung  angewiesener  hofgärtner.  Götbe  31,33. 

HOFGAST,  m.  canis,  parasitus  aulicus.  Stieler  614. 

HOFGEDINGE,  w.  gerielitsverfahren  auf  einem  hofe. 

HOFGEFLÜGEL,  n.  geflügel  was  sich,  wie  hühner,  enten, 
tauben  u.  a.,  auf  einem  wirtscJiaflshofe  außnlt:  dagegen  die 
taube,  als  hofgeüügel,  niemals  sich  auf  bäume  setzt.  Hannov. 
mag.  1S44,  s.  310. 

HOFGEISTLICHER,  m.  geistlicher  an  einem  ßtrstlichen  hofe. 

HOFGENOSSE,  m.  l)  genösse  eines  ßtrstlichen  hofes:  Thttni- 
mels  Wilhelmine  .  .  .  erwarb  sich  groszen  beifall,  vielleicht 
auch  mit  deswegen,  weil  der  Verfasser,  ein  edelmann  und 
hofgenosse,  die  eigne  ciasse  nicht  eben  schonend  behandelte. 
GöTUE  26, 198 ; 

ein  armer  edelmann  hat  schon  das  ziel 
von  seinem  besten  wünsch  erreicht,  wenn  ihn 
ein  edler  fürst  zu  seinem  hofgenossen 
erwählen  will  und  ihn  der  dürftigkeit 
mit  milder  band  eatziehl.    9,  225. 

2)  der  zur  gcnosseuschaft  der  hofbesitzer  gehörige:  item  und 
rieht  man  des  ersten  umb  erb  und  umb  aigen  an  allen  jar- 
gerichteu,  darnach  wittwen  und  waisen,  darnach  den  frowen, 
darnach  den  gesten,  und  denn  den  hoffgenossen.  «eisth.l,l^ 
(st.  GaUen  von  1469). 


1679        HOFGEPRÄNGE  —  HOFGESINDE 

3)  auch  genvsse  eines  wirtschaßsliofes ;  so  vom  geftiiyel:  ain 
nächsten  morgin  weckte  den  professor  ein  lauter  gesang  der 
getlügelton  hofgeuussen.  Fbevtai;  handschr.  l,  126. 

HOFGEPRÄNGE,  n. :  endlich  glaubt  er,  dasz  das  hof- 
gepräng  nur  eine  leere  theatcrpracht  ist.  Sturz  t,  38. 

HOFGERÄTE,  »i.  apparatus  aiilae.    Frisch  1,460'. 

HOFGEREITE,  f.  area  ad  usum  pracdü  ac  domus  parata. 
Haltaüs  wo. 

HOFGERICHT,  i».  l)  von  einem  künigliclien  oder  ßrsllirhen  hofe 
eintjesetztcs  gerichl,  das  im  namen  eines  solchen  hofcf  die  yericIUs- 
barkcit  ausiibt ;  mlid.  hovegerihle  (Lexek  tvb.  1, 13(iü):  consi- 
storium  hofpericht,  cammergericht.  Alberus  dict.  rr4';  in  disen 
brief  besigelt  nii"t  unsers  hofgerihtz  insigel.  urk.  kaiser  Ludwigs 
des  Baicrn  von  1332  im  anz.  des  germ.  mus.  1S65  s.  273 ;  als 
weilunt  kaiser  Cuiiradt,  der  dritt  des  namens  .  .  der  stall 
Rutwcil  das  hofgericht  und  gerichtzwang  über  mertails  pro- 
vinzen  und  lender  deutscher  nation  zugestellt.  Zimm.  cltron. 
3,522,17;  als  die  jüden  vil  schelmenhäiidel  zu  Rolwei!  mit 
den  armen  leuten  haben,  kam  audi  einsmal  einer  an  das 
hofgericht.  Frey  garleng.  82'.  im  groszherzogthum  Hessen  lieiszl 
der  höchste  gericIUshof  jeder  der  beiden  provinzen  diesseits  des 
Rheins  {Oberhessen  und  Starkenburg)  hofgericht.  —  Im  scherze, 
von  einem  gasthofe: 

sein  appellucioii  hat  man  eingeschrieben 

an  das  hofgericht  zum  plobeii  sterii, 

do  wil  er  euch  sein  des  rechten  gern,    fasltu  sp.  102,6. 

2)  hofgericht,  in  Medcrsachsen  auch  ein  flur-  und  feldgcrichl. 
HOFGERINGE,  n.  die  grenzen  eines  bauernhofs.  Frisch  1,460'. 
HOFGESCHICHTE,  u.  geschiciUc  wie  sie  sich  an  einem  fürst- 
lichen hofe  zuträgt: 

er  liürzte 
mir  die  zeit  mit  hofgeschiuhlen.    H.  Heine  17,94. 

HOFGESCHIEI),  adj.  gescheit  ivie  an  einem  hofe  (geschied 
hat  hier  nocii  den  vocalstand  des  mhd.  geschide) :  dasz  sie  uns 
viel  zu  geschickt  und  hofgeschied  sein,  und  je  zu  zelten 
einen  teufel  mahlen.  Baumgärtnek  bei  Melanchthon  2,  373 
Brctschiu'ider.     vgl.  unten  hofschlau. 

HOFGESCHMEISZ,  «.  veräclülich  für  die  genossen  eines  fürst- 
lichen hofes:  verdammt,  über  das  hofgeschineiszl  so  viel  worte, 
so  viel  lügen!  Lessinc  2,164;  wenn  sich  nur  das  liofge- 
schraeisz  nicht  unter  gebildete  menschen  eindrängen  wollte. 
TiECs  10,69. 

HOFGESCHÖPF,  n.:  zu  hofe  fmdet  man  oft  solche  hoff- 
geschöpfe,  weiche  aus  staub  und  aschen  zu  gefäszen  der 
ehren  gemacht  werden.    Butsciiky  Patm.  252. 

HOFGESCHWÄTZ,  n.:  und  hat  ihn  nicht  das  blosze  hof- 
geschwätz  von  mailresse  wüthig  gemacht.  Klinceh  theut.  2,205. 

HOFGESELLE,  m.  einn  von  den  genossen  eines  fürstlichen 
hopialU:  dl»  nun  solicher  mutwill  (von  Seiten  des  burggräßichen 
hofes)  vorausz  des  nachts  beschach,  wurden  die  burger  be- 
wegt und  lingen  an  ein  maur  umb  den  berg  zu  bawen  . . . 
es  waren  auf  die  zeit  die  burggrafen  nit  zu  haus;  als  sie 
kamen,  da  mochten  die  hofl'gesellen  in  die  stat  nit  mer  komen. 
d.  städtechroM.  3, 165, 10 ;  etlicb  Voitlender,  die  Wilwolts  hoff- 
gesellen und  mit  im  bekent  waren.   Wilw.  v.  Schaumb.  68. 

HOFGESESSEN,  part.  mit  einem  hofe  angesessen,  gutsbesitzer : 
in  einem  lande,  wo  auszer  den  ursprünglichen  iiofpesessenen 
höchstens  etwa  ein  leibzüchler  vorhanden  ist.  Moser  patr. 
;Ww«t.  2,  3;  zur  iandesvertheidigung  war.,  jeder  Iiofgesessene 
unterthan  verbunden.  3,  95. 

HOFGESICHT,  n.    gesicJit   wie   es   an   einem  fürsllichen  hofe 

erscheint,  und  träger  eines  solchen :  ich  bin  meiner  rolhen  nase 

los  und  habe  nun  ein  wahres  hofgcsicht.  Klincer //leul.  3, 168; 

sein  fall  macht  alle  horgesichtur, 

lie  seine.s  hlickN  consi  l.iu«chten,  acheu.    Tuümhkl  2,  362. 

HOFGESINDE,  n.  i)  grsnmlheil  der  dienstthuenden  eirtes  fürst- 
lichen hofes,  hoßeute,  mhd.  hoveges'inde:  Herodes  mit  seinem 
hdfgesinde.  Luc.  23, 11;  grüsz  dein  hofgesind.  Canj. 'iw' :  wie 
man  an  des  papsls  geistlichem  hfiffgesind,  und  bei  der  car- 
diiitil  und  bischof  tafeln  täglich  sehen  mag.  bienk.  IWi';  der 
[htifmeister)  klagte  auf  ein  zeit,  dasz  da»  bofTgcsindl  so  vil 
wein  trinke.  Zi>KGREFr  apophth.  2,26; 

dann  gitnzllrheri  man  gar  keinen  find 
der  au«  d<-ni  ili-ydi-llMirgcr  hoHgcitiiid 
gcheiligcl  wrrd. 

SoLTAiJ  460  {Ti'hrllen  vater  unter  t.  1621); 

{kbniqin).   well  ich  nirht  lOtteni  war. 
mit  eurer  mnic*tat  um  dlemi  lr<!ih<'ii 
Vor  meinem  hurgoindo  mich  zu  »iroitcn. 
Schiller  A«> 


HOFGESINDE  -  HOFHALTUNG  1680 

i^t  deine  muttcr  .so  edle  dam, 

wie  du  berühnist,  mein  kind, 

so  hat  .sie  wohl  ein  schlosz  lustsam 

und  stattlich  hol'gcsind  ?    Uuland  ged.  336 ; 

blanke  ritter,  schmucke  Trauen, 

horgcsiiide,  festlich  blinkend.    H.  Heink  15,  59. 

bildlich :  die  weit  ist  des  teufeis  reich,  blut  und  fleisch  ist 
ir  boffgesinde.  Luther  3,426*. 

2)  hofgesindc,  auch  die  niedere  dienerschaft  auf  einem  edel- 
männischen hofe,  knechte  und  mägde  eines  bauernhofes. 

HOFGESINDE,  wi.    dienstmann    eines   hofes,    glied   des  hof- 

gesindes,  mhd.  hovegesinde : 

ich  tct  an  diu  kleidcr  geswind. 

e;  sprach:  nun  bistu  hofgesind.    Altswert  81,30; 

ich  lob  di  weit  und  ire  kind, 

und  schreib  mich  stät«  ir  hofgesind. 

SCUWARZEI«BERC  12.V. 

HOFGESINDEL,  n.  verächtlich  ßr  die  leute  an  einem  fnrsl- 
lichen  hofe:  in  diesen  schmucklosen  sälen  verschweigt  kein 
entmarktes  hofgesindel  die  schwcisze  der  uutcrlhanen.  Kuse- 

GARTEN. 

HOFGEVÖGEL,  «.  was  hofgeflügel : 

muthig  schwingt  der  adler  sich 
der  sonne  zu,  er  läszt  im  hohlen  ast 
den  tagescheuen  kauz  und  uhu  schrein, 
sieht  auf  den  gil'tgesclnvollnen  welschen  hahii. 
und  buntes  hol^gevogcl  nicht  herab.    Stolrerü  3,  3. 

HOFGEWAND,  n.  hofliberci.  Frisch  1,  460'. 

HOFGEWEHR,  n.  ausriistung  eines  bäuerliclu;n  hofes  mit 
schi[f  und  geschirr,  gutsinventarium :  der  fall  da  ihm  (dem  erh- 
pächter)  sein  hofgewohr  gepfändet  würde.  Moser  palr.  phaul. 
1, 151 ;  es  scheinet  weiter  hart  zu  sein,  dem  gutsherrn  die 
pflicht  aufzulegen,  dafür  sorgen  zu  sollen,  dasz  auf  seinem 
schätzbaren  bufe  jedesmal  ein  hofgewehr,  so  wie  es  das  ge- 
meine beste  erfordert  und  bestimmet,  vorhanden  sei.    3, 279. 

HOFGEWEND,  n.  grenze  des  zu  einem  bauerhofe  gehörigen 
landes : 

(wir  wollen  uns  treffen)  bei  nachbar  Kuntzen  hoffgewend. 
A.  Grtphius  1698   1,  740. 

HOFGEWÜHL,  «..• 

dasz  icli,  vom  hof-  und  stadtgcwühle 

nicht  irr  in  meinem  text  gemacht, 

stets  meine  roll  im  stillen  spiele.    Gökimgk  1,76. 

HOFGLÜCK,  n.  glück  wie  man  es  an  einem  fürstlichen  hofe 
genieszt:  wegen  seiner  beilern  vernünftigen  tugend  im  hof- 
glück und  im  leiden.  Stürz  1, 132. 

HOFGNADE,  f  gnade  die  man  an  einem  fürstlichen  hofe 
erfährt:  daher  kömmt  es,  das  oft  die  in  der  hofgnadc  ge- 
bohrcn,  in  der  Ungnade  sterben  müssen.  Butschry  /Wm.  6S9; 
um  sich  eine  stufe  der  liofgnade  zu  erwerben,  zeigte  sich 
eine  schöne  gelegenheit.  Heyne  briefe  an  J.  v.  Midier  14;'.. 

HOFGRAF,  m.  coines  p(datinus  caesareus.   Haltaus  935. 

HOFGRENZE,  f:  haus-  und  hofgrenze,  ßnes  qui  singulas 
domos  ac  villas  ab  aliis  vicinis  separant.    Stieleb  694. 

HOFGUNST,  /".  gunst  eines  fürstlichen  hofes.     vgl.  hofegunst. 

HOFGCT,  n.  erbzinsgut,  emphyleusis  Frisch  1,  460',  von  einem 
adlichen  hofe  in  erbjmcht  gegeben,  auch  ein  gut,  das  zu  einem, 
fürstlichen  hofe  gehört. 

HOFHAHN,  m.  hahn  auf  einem  wirtschaßshofe. 

HOFHALT,  «I.  das  hof  ballen  [sp.  1657)  eines  fürsten  und 
die  hierzu  gehörigen  personen  und  gegenstände:  in  Cobleiiz  war 
der  hofhalt  der  ausgewanderten  königsbnlder.  Dahi.xann  gesrh. 
d.  franz.  revül.  i[i\  so  trug  er  seine  ansprücbe.  sein  ungliick, 
seinen  irrenden  hoilialt  durch  ganz  Europa.  (;ERviNtJs  gesrh. 
des  19.  jahrh.  1,14;  der  hofmarsrhall  soll  das  Inventar  des 
hofhalts  in  gutem  stand  erhalten,  litteraturbl.  zum  morgrnblatl 
1846  no.  67,  bei  bisprechung  des  buches  von  v.  Mai.ortie  :  baiul- 
bucli  zur  eiiirichlung  und  lülnung  eines  Imlhalls. 

HOFHALTEN,  verb.  einen  hofhalt  haben  oder  führen: 

und  wnn  ein  könig  oder  gast 

in  einem  Klalllirhcn  palhist 

hoDialtct  oder  sun.sl  einkiliret.     WicKHKRLIK  547. 

HOFHALTl'NG,  f  das  hof  hallen  eines  fOrsUn,  der  ort  des- 
sellten  und  dir  gesnmiheil  der  dazu  gehörigen  personen :  zur  speise 
für  sich  (Snlomo)  und  »eine  hofhaltung.  Srnuppiiis  101 ;  dasz 
ich  kommen  sei  an  den  hof  desz  löblichen  kftysers  Theodosii. 
von  welchem  di<'  geschichtschreiber  sagen,  dasz  sein  kiljser- 
liches  hoflager  nu-lir  einem  stillen,  ordentlichen  klosteilebrn. 
nln  einer  hnfballung  gleich  gewesen  sei.  4tU ;  welcher  in  seiner 
'    buinialtung    ÜberHilssiger  (verschwenderisrher)   ist,    der  soll  in 


1 6S  l   HOFÜ  AND  WERKER  —  HOFJEREN 


HOFIEREN 


1682 


der  stallmeislerei  gespäriger  sein.  7S9;  (einevi  caialier  teerden 
empfohlen)  besuchungen  viler  hofflialtungen.  Bctschky  P'tlin.  6S5. 
HOFHÄNDWERKER,  m.  handtcerker  der  ßr  einen  lürstenhof 
arbeitel,  auch  der  unter  dem  schütze  eines  solchen  arbeitet,  oline 
zünftig  zu  sein  {vgl.  liofbefreit). 

HOFHAUS,  n.  wohnhaus  eines  ßrsten  innerhalb  seines  hofes, 
der  theil  seiner  residenz,  der  ihm  persönlich  bestimmt  ist: 
für  das  königliche  hoffhausz.    II.  Sachs  3,  2,  234\ 
HOFHAUSLER,  m.  tagelöhner  der  ein  zu  einem  edelhofe  ge- 
höriges kleines  haus  betcohnt  und  dafür  zu  diensten  verpflichtet  ist. 
HOFHERR,  m.  herr  eines  edelhofes. 

HOFHERRLICHKEIT,  f.:  unter  allen  bildenden  künstcn  ist 
das  münzengepräge  am  wenigsten  freies  kunstwerk.  landes- 
herrschaftlicbes  boheitszeichen,  denkmal  einer  begebenbeit, 
veranlasztes  sjinbol  —  also  der  büfherrlicbkeit,  der  gescbicbte, 
des  bedeutenden  wegen,  dazu  ists.  Hebder  zur  litt.  14, 195. 

HOFHIEB,  ffi.  schneiden  des  yetreides,  das  von  den  unter- 
thanen  eines  edelhofes  ßr  den  letzteren  als  fiohnarbeit  verrichtet 
werden  musz. 

HOFHÖRIG,  adj.  einem  adluhen  hofe  gehörig,  in  unterthanen- 
verhältnis  zu  ihm  stehend :  was  aber  hofhöriger  man  uszwendig 
den  geliebten  sitzt,  und  ir  sundrig  brot  essend,  der  yegliger 
sol  des  jars  den  vögten  geben  zway  >iertal  roggen  und  ain 
vasnacbtbun  für  all  dienst,  weisth.  1,106;  hofbörig  iQt.  das.; 
daj  umb  boffbörigi  guter  nieman  urtail  sprechen  sol,  denn 
der  in  den  hoff  geüüire.  108 ;  ze  disen  dryn  gedingen  sol 
ein  amptman  schaffen,  da;  den  gotshusliuten  und  den,  die 
von  im  belehent,  und  allen  den,  die  dahin  hofhörig  und  zu 
Iren  tagen  komen  sint,  dar  gebotten  werd.  4, 4S3  (Schwarz- 
tcald,  von  1413) ;  es  gibt  jetzt  in  unserm  stifte  noch  mehrere 
arten  von  freien  leuten,  worunter  die  sogenannten  haus- 
genossen  die  ersten  sein  mögen,  welche  anderwärts  hofhörige, 
oder  auch  hohes-  und  klobsleute  genannt  werden  ...  da  sie 
von  ihrem  hofe  einen  gutsherrn  erkennen,  so  können  sie 
nicht  als  wehren,  sondern  nur  als  leute  betrachtet  werden, 
die  aus  einer  besondern  Verpflichtung  dienen.  Moser  osn. 
gesch.  1,  66 ;  amier  wärt  s  wird  aber  bei  dem  letzteren  Schriftsteller 
hofhörig  und  leibeigen  nicht  unterschieden :  so  hat  man  die 
geschichte  uusrer  bauerhöfe,  und  mit  derselben  zugleich  die 
art  und  weise,  wie  freie  eigenthümer  ganz  natürlicher  weise 
zu  leibeignen  und  hofhörigen  pächtern  herunter  sinken  können. 
patr.phant.i,ääO;  in  dem  erbrechte,  was  der  leibeigene  oder 
hofhörige  an  dem  hofe  hat.  3,  2S0 ;  uns  arme  hofhörige  leute. 
2,356. 

HOFHUND,  m.  canis  domesticus,  haushund,  hirtenhund,  bauern- 
hund;  canis  laniarius,  metzgerhund,  kettenhund.  Nemmch  1,814. 
817.  in  der  spräche  des  gemeinen  lebens  überhaupt  ein  hund,  der 
zur  bewachung  eines  mrtschaßshofes  dient;  in  einem  bilde:  das 
gebeil  des  knurrischen  hofhundes  gewissen.  Göthe  42,66. 

HOFHURE,  /■.,  franz.  courlisane:  ein  junger  mensch,  welcher 
ien  hofhure  besucht  hatte  und  nun  wieder  heraus  gehen  wollte. 
piAit.  stockf  313. 

HOFIEREN,  verb.,  mhd.  Lovieren  und  hofieren,  ein  seit  dem 
13.  jahrh.  mit  fremder  endung  aus  hof  gebildetes  verbum  {cergl. 
i.  Grihm  kl.  Schriften  1,  357),  verschiedener  bedeutung. 

l)  einem  hofieren,  allgemein  einem  dienste  leisten  ivie  sie  bei 
einem  hof  (no.  5  und  7,  sp.  1656)  verlangt  werden,  aufwarten, 
sich  um  einen  bemithen :  die  alle  vor  dem  essen  und  der  tafeln 
musten  sl6n  und  hofieren.  Rozmital  im  mlid.  wb.  1,  701* ;  diese 
fastnatht  würde  mir  sonst  vieleicht  nicht  freudenreich  gnug 
sein,  ich  hette  denn  solche  mechtige,  hochgeborne,  gelerte 
larven  und  narren,  die  mir  hoffirten,  weis  inen  auch . .  kein 
ander  trankgelt  zu  geben,  denn  das  ich  bitte,  Sie  woltens 
nur  mehr  machen.  Luther  3, 33l'; 

wü  (wie)  man  hovgren  sacb 
de  stalten  iud  inanege  lüde, 
de  dem  keiser  iiid  der  brüde 
dieostes  plagen  zö  der  zil. 

Dkkthüld  V.  HoLU  Crane  2278; 
wir  wollen  im  gar  hübsch  hofieren. 

ScHMEiZL  verlorn,  tulin  18'; 
ob  wir  eim  klotz  wollen  hofieren.    Froschmdus.  i\  4. 
in  einem  Substantiv  aesetzten  Infinitiv : 
ihr  thron  ist  nun  ihr  (der  ßrsien)  höhn,  Verachtung  ihr  hofieren 
(=  der  hiifdienst  dt-n  man  ihnen  leiitet). 
Weckhsu.1»  255  (nach  ps.  107, 40). 
im  späten  mhd.  vom  dienst  gegen  goU: 
guot  gcsanc  daj  ist  bi  got  so  schoen, 
guot  gesanc  dringt  durch  die  bimel  trnrn. 
guot  gesanc  daj  ist  ein  edeistein,  damit  man  got  hofiere. 

RxciMBO»  in  den  minnes.  3,  300*  Hagen. 
IV.  II. 


2)  die  bedeutung  gebt  über  in  die:  sich  einem  Iwflich,  zuvor- 
kommend, dienstbereit  zeigen,  einem  schmeicheln  {vgl.  oben  höfe- 
licren  und  höfeln):  die  dir  itzt  hofieren,  werden  dich  ver- 
achten, sie  weiden  dir  nach  dem  leben  trachten.  Jer.  4,  30 ; 
wenn  den  leuten  etwas  angelegen  war,  oder  wollen  den 
tyrannen  hofieren,  gaben  sie  den  steinen  und  holz  solchen 
namen,  der  doch  denselbigen  nicht  gebürt.  weish.  14, 21 ;  aber 
da  der  könig  im  {dem  David)  feind  ward  ...  da  wolte  ein 
jglicher  dem  könige  hofiern,  und  das  beste  an  Davids  ver- 
derben thuen.  LcTHER  3, 29S' ;  ich  bin  ein  schaf,  und  bleibe 
ein  schaf,  das  ich . .  mich  so  füren  und  leiten  lasse,  solchen 
Junkern  zu  hofieren,  und  nicht  viel  mehr  meinein  sinn  folge. 
333" ;  das  ich  solche  frewde  im  himel,  und  lust  meines  herrn 
soll  hindern,  und  dir  mit  deinen  teufein  in  der  helle  .  .  . 
hofieren?  395*;  schelten  die  herin,  auf  das  sie  den  pübel 
kützeln,  und  den  bauwem  hofiren.  5, 15l';  gleich  wie  der 
grosze  heilige  phariseus  Luce  18  für  groszer  trunkenheit  eraus 
koket,  und  speiet  über  den  anuen  zölner,  that  im  so  herz- 
lich sanft,  das  er  gott  hoffirt,  und  danket,  das  er  allein 
frum,  und  ander  leute  böse  waren.  35ö';  desgleichen  lieset 
man  in  den  legenden,  das  etliche  stocknarren  wollen  den 
beiden  hofirn  in  einem  spiel,  und  der  Christen  spotten  mit 
der  taufe.  6,  lOO' ;  beständig  zum  hofieren  in  bereitschaft  stehn, 
wenn  sie  {die  ausländer)  nur  das  maul  aufthun.  Klopstock 
12,86  in  bezug  auf  die  Deutschen;  venneinen  mit  glatten  worten 
mir  zn  hofiren.  Mcsius  volksm.  469;  wer  hat  ihr  {der  natur) 
die  vollmacht  gegeben,  jenem  dieses  zu  verleihen  und  mir 
vorzuenthalten?  konnte  ihr  jemand  darum  hofieren,  eh  er 
entstund?  oder  sie  beleidigen,  eh  er  selbst  wurde?  Schiller 
Täuber  l,  l ; 

dasz  man  ihm  {dem  papst)  so  hofieren  thut, 

das  wird  er  nehmen  wol  in  hut. 

Opel  u.  Cohh  103,63; 

sie  werden  grausahm  schreien 

und  gahr  zu  späht  bereuen, 

dasz  sie  dem  satan  so  hofBert. 

Risi  himt.  lied.  5,  2>6. 

auch  schmeicheln  in  bezug  auf  die  sinne:  die  schleckküche 
hofieren  dem  mund  und  appetit.  Rvff  spieg.  der  gesundh.  hei 
Frisch  1,  46o';  keine  arzenei  brauchen,  die  nicht  dem  ge- 
schmack  hofiert,  das.;  und  obscön: 

das  ich  sein  esel  (vgl.  ih.  3, 1147  no.  6)  han  pein  oren  gnumen  . . 

noch  kund  ich  im  als  wol  nie  hofliern, 

das  er  in  freuden  wolt  erwachen 

und  wolt  ainsz  auf  der  geigen  machen,    fasln,  sp.  326,  IS. 

3)  namentlich  auch  um  eine  frau  sich  bemühen,  um  sie  werben, 
ihr  den  hof  machen :  {Adam)  hatte  ein  newe  braut  und  einig 
fleisch  und  blut,  dem  wolt  er  hoffiren  und  gefallen,  da  regt 
sicli  das  blut  also  daher,  ei  es  wird  nicht  so  grosze  not 
haben,  gott  kan  ich  imerdar  dienen,  itzt  mus  ich  meiner 
lieben  Heva  zu  gefallen  sein.  Luther  4,  4M'; 

ich  hah  einer  dirn  lang  gehoffiert, 

die  ist  so  schön  gepersoniert, 

das  sie  mir  ganz  ins  herz  ward  kumen. 

fasln.  >y.  703,  15  i 
ein  munich  hat 
ein  maidleiu  fein 
von  ganzen  herzen  hold, 
das  sein  kein  gnad  doch  haben  wold 
wie  lang  er  im  hoffiret.    meistert,  fol.  23,  no.  251 ; 

du  bist  ein  weih,  ihr  haszt  keinen  der  euch  hofirt.  Göthb 
8,129; 

(hauplmann  tu  L^onoren).  der  pater  euch  ja  holiren  thut? 

13, 70. 

4)  SU  durch  künste  und  Unterhaltung,  der  frau  zu  ehren  be- 
werkstelligt ;  z.  b.  turnieren : 

und  aus  der  tannen  machen  wol 

spiesz,  die  man  zum  stechen  nutzen  sol, 

domit  man  stechen  tut  und  turniren 

und  hübschen  frauen  mit  hofieren,    fastn.  sp.  556,10; 

wir  wollen  dafür  stechen  und  turniem 

und  wollen  der  edeln  künigin  hofiern.    661,  26. 

singen,  Ständchen  bringen :  seinem  bulen  mit  gesang  hofieren, 
ad  Urnen  amicae  cantare  Maaler  229'; 

ich  kan  tenor,  dritt  stim,  discant 

so  guot,  als  man  sie  nie  fant, 

da  mit  ich  schönen  frauen  hofier,    fasln,  sp.  362,3; 
wenn  ich  meinem  puln  sol  hofiern  und  singen, 
:o  wil  es  nimcr  als  wol  als  vor  cliogeu, 
das  macht,  das  öl  hot  mir  verderbt  di  stim.    630,25; 

lasi  mir  sie  an  ein  fenster  ston, 

in  der  nacht  bei  hellem  mon, 

so  wil  ich  ir  hoffiereD  schon.    JIirner  lulh.  narr  3961 ; 
ihr  singen  und  hofiren,  schmachten,  klagen.    Tieck  2, 111. 

106 


1683 


HOFIEREN 


HOFIEREN 


1684 


so  namentlich  von  einer  lollslimmiijcn  nachlmusik. 

so  sie  der  göuchin  dunt  hofyercn 
mil  seitenspvel,  mit  plifen,  sjngen. 

ÜHAit-t' narrenscli.  62, 15  ('von  nachtes  hofyercn'); 
mein  tochler!  mir  doch  sag, 
wer  heut  die  nacht  auT  der  gassen 
hat  so  hofQm  und  singen  lassen. 

J.  Atrer  412*  (2074, 14  Keller) ; 

{niemand  findet)  Studenten  die  iiicbt  lieber  vagicren,    gassi-n- 
Uawicren  und  hoffieren  dann  studieren.  Fischart  groszm.  o\ ; 

so  dunli  ich  midi  ein  stolze  dicrn 
und  hör  die  kiiaben  gern  lioliern, 
mit  singen  und  mit  seitenspil.    fasln,  sp.  519,  25. 

s)  so  geht  hofieren  in  den  sinn  musik  machen-,  tnuticiercn 
über:  liingegen  werden  andere  gar  viel  befunden,  die  in  d<T 
barpfen,  leiren,  das  ist,  in  boüren  gewallige  künsllcr  sein. 
ScHüPPius  742 ;  man  mus  dem  tcufel  das  crciiz  ins  angcsicbt 
scblaben,  und  nicht  viel  pfeifen  noch  hofircn.   Lütheii  6,4*; 

darzu  kuiit  si  hurpTeu  und  geiguii 

und  ander  seitenspil 

auf  dem  mer  hub  sie  an  zhotieren, 

ieilerman  da  wunder  nara.    Uhland  volksl.  787^ 

als  er  (.liion)  am  lieblichsten  hofiert, 

in  seinen  besten  kleidern  ziert, 

nam  er  sein  liarpfen  aiiT  den  rucken, 

und  tbet  sich  oben  abher  hucken, 

mit  seinem  spiel  und  süszen  gsaug 

hinab  ins  wilde  meer  da  sprang. 

IJ.  VValdis  Ks»/)  2,  30,  79. 

von  dem  gewerbmäszigen  musicieren,   aufspielen :    vier  spielieut, 
die  mit  Schalmeien  lieblich  boffieiten.  kinciiHOF  uendunm.  4'U' ; 

wie  wiliu  den  Sachen  thnn 

mit  der  tochter  Fridel  Milchschluut 

die  dich  stet  (kosli'l)  manches  pTunt 

mit  hofiren  auf  der  sackpfeil'cn?    fast»,  sp.  513,  1; 

Eljsa,  solt  er  pfophetieren, 

muszt  im  der  spilman  vor  hofieren. 

Akbr.  Ulaarer  vcrmantiiKj  zum  (jcsiiug  atr.  2 ; 
ein  geiger  saql  herrlcin  weil  ich  euch  hab  hoffirl, 
mir  der  versprochen  lohn  gebürt. 

Atrer  fastn.  sp.  100"  (2840,  12  Keller). 

so  auch  vom  blasen  eines  spottliedes  auf  den  eine  bclayerung  auf- 
hebenden feind: 

'zig  hin,  zig  hin  mit  deiner  beut, 

ich  halt  dich  hat  der  schimpf  gereut', 

lies  man  dem  feind  hoflieren. 

HiLUEBHAND  volkd.  245. 

von  der  nachtigall  die  als  musicant  hingestellt  wird: 

(der  pfiiu  spricht  zum  Jupiter) 
dargegcn  hast  die  nachtigal 
von  mir  und  andern  vögeln  all 
mit  einer  hellen  stimm  geziert, 
den  Icuten  sie  des  nachts  hofiert. 

D.  Waluis  i:sop  1,  06,  14. 

6)  bildlich  tmd  mit  humor  wird  von  geschiilzen  gesagt  sie 
hofieren,  spielen  zim  kämpfe  auf,  der  sonst  auch  einer  hochzeit, 
etnetn  fest  verglichen  wird: 

sie  hflbend  an  zu  schieszen, 

der  plalzgraf  im  {Franz  von  Sickiiuien)  hofieren  liesz. 

Uhlahd  vulksl.  403 ; 
also  tieng  man  die  hochzeit  an  (die  einnähme  von  Doornick), 
«irei  singerin  (kunvncii)  die  selten  gan 
dem  brcwtigam  hofic^ren.    Uiluebrako  volksl.  03. 

7)  hofieren  wird  weiter  gewendet  auf  das  hofgemäsze,  der 
höheren  gesellschaß  angemessene  verhalten  im  allgemeinen,  wie  es 
steh  in  Unterhaltung,  gang,  kleidung  n.  ahnl.  kund  gibt: 

(die  frau  spriclil)  das  ich  mich  so  hnbschlich  kan  zircn 
mit  singen  und  tanzen  und  hofircn.    fastn.  sp.  103,  24 ; 

ironisch  sagt  Bbant: 

ettlich  die  dOnt  also  hofieren, 
da«  sie  (hi-i  lafel)  das  brot  vast  wol  beschmieren, 
mit  scliniutzgen  (friiiiini)  honden,  pfeffer  bry, 
do  mit  es  wol  gcsalbct  »y.    nurrensch.  HO',  147. 

speciell  in  beiug  auf  den  aufwand  tm  sehmausen  und  putz;  so 
iiwderldndifch:  hosireu,  epulari,  comessari,  agitare  conviria, 
sphndide  et  taute  vivere  aulico  tnure ,  neben  hovcn  und  hof 
honden.  Kii  !*.'< ;  vergl.  in  Vorarlberg  liofierig,  schmaus  in  dem 
von  einem  neuvermählten  jmare  bezogenen  hause.  Fhojim.  4,321. 
hd.  was  sind  aber  die  fürstcn?  sie  sind  nichts  denn  lyran- 
sttt>,  .  .  unser  blut  und  srhwcis  vcribnn  sie  mit  hofflcrcn, 
mit  onniltzein  prarht,  mit  huren  und  hüben.  Mo.ntzrii  bei 
LoTn»  3, 12'.^;  der  drille  son  ton  der  andern  frawen,  ikti 
aiit  tauzeu,  springen  und  boficreo  umbgangen,  bal  sein  daluiu 


auf  gute  tage,  lust,  und  freudc  gesalzt.  4, 30';  euch  Schwär- 
mern, die  ihr  alle  tage  hofiert,  alle  tage  /u  gaste  seid,  musz 
freilich  ein  solches  leben  tod  dünken.  Lessing  12,247;  daher 
prangen  überhaupt :  sie  {die  vernunß)  wolt  gern  mit  irem  leiden, 
wie  mit  allen  andern  werken,  hofieren.  MtisTztR  bei  Luther 

5,  315' ; 

ich  urlail  iimb  sein  prankiorn 

und  ümb  sein  groszs  hofiern.    fastn.  ap.  786,  11. 

tanzen,  vortanxen:   hofieren,  den  tanz  füren,  jrracsuüare  Maa- 

ler  229'; 

Egkereich,  hebt  mit  leiren  an! 
wir  wellen  uns  frischlich  ziern 
und  gen  einander  holfiern.    fasln,  sp.  455,20; 

auch  von  Ihieren: 

als  nun  die  (abgerichielen)  allen  lang  hofieren, 

thet  sich  der  gestc  frcud  vermehren, 

warf  er  (ein  ijasi)  die  nusz  in  die  rappausz : 

da  war  ir  tanz  und  spielen  ausz. 

B.  Waluis  Esop  2,  22,  25 ; 
da  thäl  er  (Hans  Sachs)  einen  narren  spüren  (wahrnehmen), 
mit  bocks-  und  alTensprüng  hofircn.  Götue  13,  129. 

8)  transilives  hofieren:  also  hofiert  IJicnspiegel  die  braut 
mit  dem  jungen  hengst,  mit  schonen  Sprüngen  (er  läszt  der 
braut  zu  ehren  den  hengst  galoppieren).  Ulensp.  s.  99  «o.  07 ;  in 
Baiern  einen  mit  hrandwein,  hier  u.  s.  w.  hofieren,  Uin  trac- 
ticren.  Schm.  1, 1061  fromm. 

y)  der  euphc7nismus  hofieren  für  cacarc,  seit  dem  15.  jahrh. 
nachweisbar,  lehnt  gewis  an  hof  2,  sp.  1655,  den  offenen  wirl- 
schaftsrautn  an  einem  hause  an,  als  die  stalte  wo  auch  der  dänger 
aufbewahrt  wird  (vgl.  auch  oben  hofgang):  sie  {die  eitern)  haben 
dir  pappen  ingestrichen,  dein  windlen  usz  geweschen,  die  du 
beschissen  hast,  geabenlluirt,  es  heiszt  ielz  gehoffierl,  du 
werest  in  deinem  wSst  verdorben.  Keisersbekc  emeis  0  3* ; 
ao.  1301  . .  ward  kaiser  Carl  ein  söhn  geboren  und  zu  saut 
Sebalt  getauft  wurden,  der  soll  in  der  tauf  gehoffiret  haben. 
Ai«r;(&.  chron.  bei  Schm.  1,1002  Fromm.;  fürwar  hie  were  es 
zeit,  das  man  solchen  tapfren  kriegsbelten  in  die  scheiiiei-. 
hofieret.  Luther  1,3*4*;  i.\/,  ich  mich  zu  tod  hofiert,  wie 
Arius.  Aluerus  widder  Witzeln  M6';  auf  das  beuslein  holiercn 
gchn.  Katziporus  Lo';  dasz  .  .  .  der  röin.  bieneiiküiiij;  imb 
macht  in  seinen  eignen  honig  zu  hofficren.  Fischaht  bienk. 
48';  ich  red  nicht  in  träcbler,  und  hofier  auch  nicht  in  die 
sip  {lue  siebe),  groszm.  15;  in  der  nacht  ward  er  gar  krank 
und  hoffiert  in  das  belh.  Tn.  Pi.ater  154;  dann  sie  koiilcns 
machen  wie  der  teufel,  von  welilieni  man  zu  sagen  pllcfl, 
dasz  er  zugleich  laufe  und  {s.  v.)  hofire,  und  doch  nichts  am 
wege  versäume.  Sitnpl.  1,167  Kurz;  es  ist  ein  böser  \og(l, 
der  ihm  sellwit  in  sein  ncst  hofieret.  ScnoTTia  112^';  wer 
sich  in  dem  hart  grasen  lasset,  dem  hofiret  man  zuletzt  gar 
auf  das  maul.  Pistokius  thes.  par.  3,9;  wer  in  die  stubcn 
hofiert,  und  wer  es  binausz  trägt,  hat  gleichen  dank.  I0,4fi, 
s.  1008;  das  kind,  so  in  die  stubc  hofiert,  ist  gemeiniglich 
das  liebste,  s.  1009;  hab  ichs  dan  schmecken  künncn,  dasz 
ihm  die  Leipziger  in  sein  astrologisch-prophetisches  perspectiv 
hofieren  werdn.  ScnwAUE  (infen/".  Bs';  mit  dem  kleinsten,  so 
noch  in  die  windel  hofirt ,  liest  er  im  Virgil.  I'i.ate>  260. 
transitiv:  gold  hofiern.  Simpl.  2  (1713)  504; 

dasz  er  hin  auf  den  mist  ging  liofirn. 

fasln,  sp.  222,  15 ; 
wenn  man  mir  in  mein  werksladi  srlioi^zi, 
der  dreck  mit  dem  wasser  hinOeuszt. 
so  man  euch  In  die  ewr  hofiert,  .  .  . 
bleibt  drinn  ligen  derselbig  dreck. 

n.  Waldis  lliop  4.  38,  51 : 

der  weit  (ein  Spanier  i*t  gemeint)  in  deiner  kammer  wird 

zu  eine.);  sau,  so  da  hofllcrt, 

in  seinem  bett  es  stinkt  von  schweisz.    Opel  m.  Coun  404,58; 
allein,  wer  so  viel  fri.^zt,  der  musz, 
mit  gunst!  auch  viel  hofiren.    Körgkr  27'; 
die  kinder  hofiren  in  die  stuben.    Göthk  13,67. 
bildlich,  als  zeiciwn  von  Verachtung: 

was  die  blscholT  und  cardlnal 

zu  Trident  rtecrciiren : 

das  thnn  die  ketzrr  allzumal 

^ar  scliimpflirli  cludircn, 

ja,  thcils  wolln  gar  hoflirrcn  drein. 

Soltau  volksl.  465  {vun  1622). 

10)  das  verbum  ist,  so  weit  es  nicht  dinlcctisch  noch  lebt  {no.  8), 

der  modernen  spräche  fremd  geworden  {wie  denn  fchvn  Stikie« 

846  vor  seinem  gebrauche  tu  der  hohem  Schreibart  abrät),  höchstens 

in  der  bedeutung  i»  noch  allgemein  verstanden,     wo  neuere  schriß- 

1   geller  et  in  andern  bedeulumjen  brauchen,  gcfdiichl  ts  in  aUtr- 


1685 


HOFIERER  — HÖFISCH 


HÖFISCH  — HOFKATZE 


1686 


thümelnder  Sprechweise  oder  um  ein  alles  trort  wieder  aufzu- 
frischen. vielleicIU  ist  es  in  der  unter  7  tniigetheilten  stelle  aus 
Lessing  eine  mundartliche  reminiscen:. 

HOFIERER,  m.  nach  dem  verbum  kofieren  in  me)treren  be- 
deutungen  bezeugt. 

1)  nach  hofieren  2  höfischer  Schmeichler,  so  bei  Stieler  846 
(s.  unten  no.  6),  bei  Klopstock  :  ein  mäcenat  gab  wider  einen 
seiner  hofierer  eine  klage  ein,  dasz  ihm  dieser  auf  eine  ehren- 
rührige weise  stolz  beigemessen  habe ;  und  der  hofierer  hatte 
doch  weiter  nichts  gethan,  als  in  einem  langen  abschnitte 
von  der  edlen  ehrbegierde  eine  nicht  \iel  küi-zere  anwendung 
auf  den  inäcenaten  gemacht.  12,  56. 

2)  nach  hofieren  3,  verliebter,  ein  hofmacher:  darumb  haijent 
die  hofierer  der  minnen  göttin  Venus.  Megenbebg  62,  18 ; 
Werber  oder  hofyrer.  cariante  zu  226, 12,  vgl.  s.  525. 

3)  nach  hofieren  6  am  ende  spielmann,  musikant:  (nachdem 
zur  kenntnis  gelangt  ist)  das  den  gesellen,  die  ye  zu  Zeiten 
von  ainicher  prawt  und  lawtmerung  (verlobung)  wegen  nachts 
mit  den  staltpfeifern  iren  freunden  hoffiereu,  mitsambt  den- 
selben hofierern  vor  oder  nach  volpringiing  des  hoffierens 
köstliche  mal  gegeben  worden  seiudt.  !^ürnb.  poliz.-ordn.  75 ; 
einicher  hofirer  oder  spilman.  91;  so  musz  ein  pfleger  alle 
jähr  bestellen  zu  unsers  herrn  leichnams  tage  hofirer,  die 
vor  dem  sacrament  hofiren  . . .  und  derselbigen  hofirer  sollen 
sein:  einer  auf  der  lauten,  einer  mit  dem  portativ,  und  einer 
mit  der  quintern.  anz.  des  germ.  mus.  1SC5  sp.  67  (von  1442) ; 
mit  den  fechtern,  Springern,  hoffirern  und  andern  behenden 
leuten.  A.  v.  Evbe  bb' ;  also  nam  er  sich  an  (gab  er  vor)  er 
were  ein  hofierer,  dann  er  auch  meislergesang  kundt.  Wickra« 
rollw.  35,22; 

sambt  eim  hofirer,  das  wir  tanzen.    II.  Sachs  3,  1,  19S*. 

4)  nach  hofieren  7  am  ende  tänzer,  vortänzer:  hofierer,  der 
Tor  anderen  anhin  tanzet,  choragus,  vortänzer,  schicker,  praesul 
Maaler  229* ;  wo  sind  nun  die  in  den  federen,  in  krenzen, 
die  hoffierer  an  tanzen,  und  die  uff  der  gassen  mutwilHg 
sind.  EiTERLis  chron.  der  eidgen.  (1507)  26'. 

5)  auch  allgemeiner,  der  da  prangt,  aufwand  macht:  zu  der 
unter  hofieren  7  sp.  16S3  gegebenen  stelle  Lctbers  4,  39"  steht  am 
rande  Jubal  ein  hofierer. 

6)  Stieler  S46  verzeichnet  das  tport  unter  andern  bedeutungen 
auch  nach  der  von  hofieren  9:  hofirer,  venerator,  cultor,  para- 
situs.  sed  et  conquiniscentem  et  cacantem  vocabulo  modesto  notare 
solet. 

HOFIERUNG,  /".  reneratio,  observanlia,  eiiüus,  honor,  Studium, 
it.  blanditiae,  suaritas,  urbanüas,  et  haut  raro  ipsa  exoneratio 
ventris.  Stieles  846. 

HUFIG,  adj.  l)  zu  einem  hofe  (edelhofe)  gehörig,  ihm  ver- 
pflichtet: da  die  dingelutc,  ader  anders  genant  die  hofigen 
lüde,  pflegen  gericht  zu  besitzen  und  zu  halten.  ip«s/A.  3, 4S6 
(Wettcrau  v.  1441);  also  nu  die  hoifigen  menner  nidergesessen 
waren  mit  dem  schultheiszen  . .  und  dasselbe  hoifige  gerichte 
bestalt  und  geheget  wa;  als  recht  ist.  5,307  (das.  von  1443); 
item  wart  gefragt,  so  eime  soliche  hoifige  gute  ufersterbin 
und  an  ine  komen,  in  wa;  zite  he  soliche  gute  emphaen  und 
hoifig  werden  solle,  ebenda. 

2)  im  Berner  oberlande  ist  höfig  so  viel  icie  höflich,  wolgesütet. 
Stalder  2,  50. 

HÖFISCH,  adj.,  mhd.  hövesch,  l)  tr je  höfig  1  zu  einem  hofe 
gehörig;  einem  frohnhofe  angehörend:  ein  ieglicher  hovischer 
mann  (mann  des  domprobsteilichen  frohnhofes  zu  Frankfurt), 
weisth.  6,750;  ein  probst  oder  sein  geschworner  Schultheis 
mag  vor  den  schepfen  allen  oder  eintheils  in  seinem  hove 
zu  hovischen  leuten  empfangen  und  uffnemen  igliche  frome 
leute.  751;  solch  ungepottcn  ding  oder  hovisch  gericht.  753 
(und  noch  oft  in  diesem  weisthume).  einem  fürstenhofe  ange- 
hörend: (die  bulle  Clemens  VII)  zeigt  auch  an,  was  die  höfi- 
schen zu  Rom,  und  frembden  zu  thun  schuldig  sind,  den 
ablas  des  jubeljars  zu  erlangen.  Luther  3,92'; 

der  herzöge  was  selber  mete  uf  der  fart, 

und  sin  bruder  der  bastart 

und  mancbir  hobischir  man.    Liiiemcro!«  volksl.  2,86'. 

einem  ßrstenhofe  eigen,  an  Um  üblich:  also  soll  ein  kluger 
hoffinann  thun,  den  höffischen  verheiszungen  zwar  glauben, 
aller  mit  forcht  und  Vorsichtigkeit.  Zinkgref  apophth.  1,2S4; 
nun  hört  sie  nichts  mehr  von  ihm,  als  höchstens  berichte 
seiner  höfischen  freuden.  J.  Paul  Ilesp.  3,  99 ; 

du  findest  mehr  behagen 
an  höfischem  gerauscb.    Wcelamd  18,  198. 


2)  höfisch  auf  das  feine  und  zierliche  in  erscheinung,  betragen 
und  reden,  wie  es  an  einem  ßrstenhofe  erfordert  wird,  bezogen : 
höfische,  den  unterschied  der  stände  mit  sorgfältiger  pünct- 
lichkeit  bezeichnende  phrasen,  welche  von  der  höflichkeit, 
die  auch  sich  gleich  achtenden  nothwendig  ist,  ganz  unter- 
schieden sind.  Ka:<t  5,  270 ;  die  französische  nation  ist  höf- 
lich, wenn  es  gleich  jetzt  auszer  der  mode  gekommen  ist, 
höfisch  zu  sein.  10,352;  keineswegs  hab  ich  sie  zwischen 
diese  geweiszten  wände  in  diese  höchst  unedle  Umgebung 
berufen;  ein  so  schlechter  hausrath  fordert  nicht  auf,  sich 
höfisch  zu  unterhallen.  Göthe  22,116; 

geh  im  fürstenparke  nicht  spazieren, 

wo  sich  büsch  und  bäume  böflscb  zieren. 

Ri:csERT  39S; 
da  tanzt  die  schöne  herzogia, 
sie  lacht  laut  auf  beständig; 
ihr  tänzer  ist  ein  schlanker  fant, 
gar  höfisch  und  behendig.    H.  Heine  18,  30. 

3)  auch  mit  tadelndem  beisinne,  mit  betonung  des  kalten, 
lidigen,  oder  auch  schmeichelnden  des  höfischen  Verhaltens:  der 
höfische  mentor  halle  keinen  begriff  davon,  dasz  man  einem 
jungen  fürslen  die  ausübung  aller  lugenden  .  .  .  unter  der 
gestalt  von  Verbindlichkeiten  vorstellen  müsse,  deren  for- 
derunjen  eben  so  dringend  als  unverletzlich  sind.  Wiela.nd 
7, 11 ;  sie  ist  durchaus  höfisch  und  liebt  niemand,  als  aus 
eigennutz.  Tieck  12,  324 ; 

nie  durch  höfisches  lob  zu  entweihn 
die  heilige  dichikunst.    Klopstock  2,  11 ; 

deutlich  seh  ich  nun 
die  ganze  kunst  des  böfiscben  gewebes! 
mich  will  Antonio  von  hinnen  treiben, 
mid  will  nicht  scheinen  dasz  er  mich  vertreihl. 
GoiHE  9,  216. 
vergl.  hübsch. 

HOFJAGD,  f.  }agd,  ßr  einen  ßräen  und  die  glieder  seines 
hoflialls  veranstaltet. 

HOFJAGER,  m.  jäger  eines  ßrsllichen  hofes,  venator  aulieus. 
Frisch  1,  460'. 

HOFJAGERMEISTER,  m.  hölierer  jagdbeamter  eines  ßtrst- 
lichen  hofes. 

HOFJOCH,  n.  leben  an  einerti  ßrsllichen  hofe  unter  dem 
bilde  eines  jochs: 

daher  dan  kan  das  hofjoch 
keinem  weisen  lang  gefallen.    Weckherlik  563, 

HOFJÜDE,  m.  Jude  welcher  einem  hofe  in  handelsangelegen- 
heilen  fortwährende  diensle  leistet;  inglHchen  ein  Jude  welcher 
unter  dem  unmittelbaren  schütze  eines  hofes  steht.  Adeldsg. 

HOFJUNGE,  m.  der  an  einem  ßrsllichen  hofe  dient.  Klingeb 
3, 292. 

HOFJCNGER,  m.  höriger  eines  edel-  oder  lehnhofes:  ein 
rechter  hofjünger  und  ein  gotshausmann  des  gotshaus  in  der 
Reichenauw.  weisth.  1,250;  ein  hoijüDger,  der  in  den  kellhof 
zu  Wcllhausen  gehört,  ebenda;  und  noch  oft  in  diesem  weis- 
thume. 

HOFJLNGERGELD,  n.  geldgefdlle,  das  unter  die  hofjüngerj 
die  einem  lehnhofe  unlerlhänigen  genossen  vertheilt  wird:  mein 
vater  hat  viele  jähre  das  hofjflngergeld  bekommen,  a.  mann 
im  Tockenb.  6. 

HOFJUNGFER,  /*.  rirgo  aulica.  Stieler  547:  keine  hof- 
jungfer,  die  es  nicht  heimlich  schmerzele,  dasz  sich  ein  so . . 
schönes  licht  (Joseph)  aus  ihren  äugen  so  urplötzlich  ver- 
loren. Zesen  Assenat  (1679)  15;  das.  16  die  vollere  form  hof- 
jungfrau. 

HOFJUNKER,  m.  nobüis  aulieus.  Frisch  1,460*,  älter  hof- 
junkherre:  sol  man  in  ze  jar  ainen  rock  geben  als  andern 
hofljunkherren.  weisth.  4,420  (Thurgau,  von  1521);  —  tralte 
seiner  hofjunkern  einer  hinzu.  Zinegref  apophlh.  2,79;  als 
wenn  ich  ein  vollständiger  hofj unker  gewesen.  Schwein icben 
1,73;  da  werden  die  hofjunkern  gefragt  haben. .  Schlppius  14. 
bei  Steinbach  1,817  hofejunker,  nobüis  aulieus,  purpuratus. 

HOFKAMMER,  f  gericIUs-  oder  Verwaltungsbehörde  eines  ßrsl- 
lichen hofes  (vgl.  kammer  theil  5,113.114). 

HOFKAMP,  m.  kamp,  stück  feld  zu  einem  bauerhofe,  edelhofe 
oder  scldosse  gehörig,  in  Westfalen.  Wilhelm  Snuthen  garten  au 
dem  hoffkampe  gelegen,  pachtbrief  d.  d.  Elverfeld  7.  sept.  1546. 

HOFKANZELLEI,  /.  grammatophylacium  aulicum.  Sheler  929. 

HOFKANZLER,  m.  aulae  canceHnrius.    das. 

HOFKATZE,  f.  höfling,  mit  verüclUlichem  beisinne:  was  die 
hofkatzen  darzu  geredl.  Zimmer,  chron.  3,  400, 2 ;  der  canzler 
gas   darneben,   half  zu   dem  allen,   wie  dann  die  hofkatzeu 

lOß* 


1687 


HOFKELLER  —  HOFLAKAI 


HOFLASTER  — HÖFLICH 


1688 


solchs  im  geprauch,  lechlet  darzu,  und  gefiel  im  alles  wol. 
4,  39,  6. 

HOFKELLER,  m.  keller  ßr  den  bedarf  eines  ßrstlichen  hofes. 
der  Vorsteher  desselben  heiszt  der  Lofkellormeister. 

HOFKIND,  n.  l)  eddknabe  oder  Jungfrau  an  einem  fürst- 
lichen hofe  {vgl.  kind  11,  3,  p,  Iheil  5  s/».  711): 

(Insz  linder  allnn  holTkinden 

der  voririt  wurde  mein,    fastn.  sp.  411,  21. 

2)  nach  kind  11,  7,  a,  theil  5,  717,  der  auf  einem  lehnhofe 
geborene  uiUerlhan,  durch  geburl  dort  eingesessen:  man  sol  auch 
dieselben  dingen  (gerichlslage)  iewcders  vor  sime  zil  alile  tage 
anvohen  zuo  gebietende  den  liofekinden.  und  wolem  hofe- 
kinde  das  gebot  in  denselben  .  .  verkündet  wart,  der  sol  bi 
sime  eide  .  .  gehorsam  sin  zuo  dem  ding  zuo  kummende. 
weislh.  5, 3S5  {Elsasz  von  1349). 

3)  in   Westfalen,  das  kind  einer  hoßOrigen  person. 
HOFKIUCHE,  /".    kirche   ßr   den   gebrauch  eines  ßrsten  und 

seines  hofes.  davon  der  hofkirchner,  bescidieszer  und  Verwalter 
einer  solchen  kirche. 

HOFKLEID,  n.  stalUiches  kleid,  tvic  es  an  einem  ßirsÜichen 
hofe  getragen  wird,  niM.  hovekicit :  pfahgraf  OUheinrich  bei  Rhein 
gewährt  seinem  apothcker  jährlich  zway  liofclaid  wie  anderm 
unserm  hofgesind.  urk.  v.  1551  im  anzeiger  f.  künde  deutscher 
Vorzeit,  jahrg.li'i,  sp.  152;  Ludwig  XVI  von  Frankreich  ward 
zu  einer  zeit,  wo  fast  alle  fürsten  den  soldatenrock  trugen, 
nur  in  hofkleidern  sichtbar.  Beckers  wellgesch.  12,73; 

das  er  auch  holTkleider  het  gemacht. 

n.  Sachs  3,  3,  70'. 

HOFKLUGHEIT,  f :  ein  jeder  cavallier  qualifirirt  sich  in 
der  höfligkeit  und  hoff-klughcit  am  besten  durch  besuchungen 
viler  hoflialtungen.  Dctschky  Palm.  6S5. 

HOFKNECHT,  m.  knecht  der  auf  einem  herrenhofe  dient; 
auch  hoßöriger  knecht:  der  waibel  sol  alle  hochzit  ze  hof 
{auf  dem  bischopichen  hofe)  essen,  und  soll  man  im  darzu  alli 
hochzit  geben  zwölf  brot  und  zem  jar  aincn  rok  als  andern 
hofknechten,  weislh.  4,420  {Thurgau  von  1521). 

HOFKOCH,  m.  coquus  aulicus.    Stieleii  looo. 

HOFKÖMG,  m.:  Gustav  III  {von  Schweden)  wurde  nicht 
vülksfürsl,  sondern  hof-  und  heerkönig.  BClaü  neue  jahrb. 
IMG,  10.  heß  s.  371. 

HOFKKEIS,  m.:  wie  die  bestimmwürter  . .  eilen  und  fliegen 
müssen,  um  ihren  hofkreis  schnell  um  das  grundwort  als 
ihren  fürsten  zu  ziehen.  J.  Paul  über  die  deutschen  doppelwörter 
s.  75.  im  plur.  die  hofkreiäc,  die  um  einen  fiirstltchcn  hof  sich 
gruppierenden  gesellschaßskreise. 

HOFKRIEGSRATH,  m.  in  Wien  ein  kaüerliches  colleg  für  die 
(berste  Verwaltung  des  kriegswesens. 

HOFKLCHE,  f  culina  aulica.  Stieler  1001 :  seiner  mutter  . . 
eine  halbe  hofküche  in  der  lasche  zuzutragen  {delicatessen  aus 
einer  hoßüche).  J.  Paul  leb.  Fibels  s.  58. 

HOFKL'.NST,  f.  kunst  wie  sie  an  einem  fürstlichen  hofe  geübt 
irtrd;  leiden  und  danken  ist  die  beste  bofkunst.  Simrock 
sprichw.  s.  335;  mit  dem  nebensinn  der  lisl,  intriguc:  sie  haben, 
dünkt  mich,  der  biegsamen  iiofkunst  den  ganzen  Präsidenten 
zu  danken.  Schiller  kab.  u.  liebe  3, 1 ; 

czaar  Feodor^  ein  jfingling  scliwaclicr  kraft 
und  blöden  gelsts,  liesz  .seinen  obersten 
Stallmeister  walten,  Moris  Godunow, 
der  mit  verschlagner  hotkiinsi  ilin  beherrschte. 

th'inctiiiiii,  1.  ititfz.,  V.  93. 

HOFKLTSCHE,  f.  kutsche  die  an  einem  fürstlichen  hofe  in 
gebrauch  ist. 

HOFKLTSCHER,  m.  kulscher  an  einem  ßrstlichen  hofe:  im 
groszherzogl.  hessischen  regierungsblalt  no.  4  vom  ;.  1872  vird  ein 
hofstallbeiknccht  zum  hofkutschrr  ernannt. 

H()FLA(]ER,  n.  sedet  principis  cum  famulilio  suo  extra  aulam. 
Frisch  1,400';  aber  auch  gewöhnlicher  die  feste  residenz  eines 
fursten,  {>ft  Steimrach  1,1011  hofehiger,  scdes  regiii ;  dasz  mein 
herr  i.  f.  g.  in  dcro  Imllager  wolle  besuchen.  Schweimchen 
1,  :<M) ;  an  den  hof  de^z  löblichen  käysers  Theodosii,  von 
welchem  die  gcschichlsrhreiber  sagen,  dasz  sein  kiiyserlichea 
hollager  racbr  einem  Rtillen,  ordenllirhen  kloslerleben,  al» 
einer  hofbaltung  gleich  gewesen  «ei.  ScntPPius  4(;i ;  halle  er 
den  Euripides  unter  sehr  vurlheilbaflcn  hedingungcn  ver- 
mocht . .  nach  Peila  an  ücin  hoflager  zu  kommen.  Wibianu 
1»,  .133. 

HOFLAKAL  m.  lakai  an  einem  ßrstlichen  hofe: 

«nndl  ihr  no  m.Tnrliri  hUlPi  doiu 

durch  »<•!!■'■  '.-■II  .L  ...•-.     II...,,   .|  ii'lm. 


HOFLASTER,  n.  lasier  une  es  an  fürstlichen  Iwfen  zu  treffen: 
Tacilus  hat  die  hufelaster  zwar  entworfen,  aber  nicht  gehil- 
lichet,  wie  Machiavellus.  Butschky  Palm.  496. 

HOFLEBEN,  n.' vita  aulica.  Frisch  1,460'  {vergl.  oben  hofe- 
leben):  die  ritter  und  edlen,  die  dem  hoffleben  umb  inüszig- 
ganps  willen  nachziehen.  Zinkgrek  apophlh.  1,8;  weiter  sagt 
er  (!\abius)  vom  hoffleben,  es  sei  gleich  einer  hadstuben,  da 
die,  so  darin  sein,  heiausz,  und  die  hicausz  sein,  hieneia 
eilen,  item,  wer  die  freiheit  liebe,  hab  ein  abschcnen  vor 
dem  hoffleben,  s.  275 ;  das  hoflebcn,  bofessen  bat  ihm  völlig 
den  garaus  gemacht.  Götiie  an  frau  v.  Stein  3,  71 ; 

glick  zu,  du  hof  und  du  hoflebcn, 

da  wenig  trauben  und  vil  rebcn.    Wkiikhrrlin  834." 

HOFLECKER,  m.  Schmarotzer  am  hofe,  mhd.  hovelccker 
(Lexer  wb.  1,1362):  als  denn  groszen  lierren  geschieht  von 
den  hoficckern,  die  sie  loben,  auf  mein  eid  herr  ir  haben  im 
recht  gethon,  so  went  {glauU)  er  denn  es  sei  also.  Keisers- 
«erc  Sünden  d.  munds  3l'.  auch  höfischer  feinscitmecker :  das 
fleisch  desz  fisches  wirt  allein  von  den  reichen  und  hoff- 
leckern  begert.  Forer  fischb.  42*. 

HOFLEHEN,  n.  fcudum  guardiae,  gnstaldiae,  in  curte,  quando 
dominus  aliquem  de  feudo  co  paclo  investit,  ut  in  aula  sua  ahquo 
muiicre  fungatur.  Stieler  1126. 

HOFLeHHE,  f.  lehre  für  das  verhalten  an  einem  ffirstUchen 
hofe:  einem  guten  bekannten,  der  an  einem  holl  kommen 
solle,  gab  er  diese  hofflehr  auf.  Zinkgref  apophlh.  1.2S4. 

HOFLEHRER,  m.  lehrer  un  einem  fürstlichen  hofe :  vielleicht 
ist  Karl  XII  seinen  hofleulen  und  hoflehrern  gar  zu  früh 
entsprungen.  Klinger  II,  317. 

HOFLEIBLEIN,  n.  kleines  brot  für  die  fürstliche  tafel  (vergl. 
oben  hofbrol) :  hoflaiblein  oder  röcklein  backen.  Hohrerg 
2,  lOO'. 

HÖFLEIN ,  n.  kleiner  hof,  in  allen  bedeutungen  von  hof 
{sp.  1654^".):  höflein,  areola,  viltula,  praediolum,  impluvium 
Frisch  1,460';  höfle,  areola  domus,  atriolum,  böfle  im  haus, 
zwüschend  zweien  mauren,  andron  Ma.sler  227*;  niunentlich 
auch  gesellschaß,  unterhallungskränzchen :  hanlwerksknechl,  die 
. . .  alle  höfflein,  schenk,  kindpolt  etc.  auszwarten.  d.  städlc- 
chron.  3, 142, 22.     s.  höfel. 

HOFLEUTE,  plur.  1)  nach  hof  3,rf,  sp.  1056,  liofhörige,  einem 
edelhofe  unterthänige  leule ;  man  sol  och  die  hoflült  zuo  Ror- 
schach  mit  dhainem  frömbdcn  aniptman  wbcrsetzen.  urkth. 
1,  234  {von  1469) ;  zwei  brüder  von  Geusau  versprechen  als  sültnc 
eines  Vergehens  der  Stadt  Halle:  zehin  gewapinthe  rüstiger  und 
wolerz€ugtcr  boffelüthc  uff  ir  kost  und  zerung  und  unsir 
ebintbur  und  schaden  zu  yrein  werbe  und  behuf  vir  wochin 
zu  dinste  (2:1«  senden),  uik.  von  1455  bei  Drevhaupt  Saalkreis 
2, 302. 

2)  spielleulc,  musikanten :  der  chünig  macht  ein  gro?  Wirt- 
schaft . .  so  chomen  auch  dahin  holliiut  von  manigen  landen 
mit  allerlai  saiteuspil  und  pfiffen  und  crzaigten  ir  chunst  da 
vor  den  gesten.  quelle  />cj  Sciim.  1, 1002  yVomm.  die  bedeutung 
geht  hier  von  der  allgemeinen:  aufwärler,  dicner  bei  hofe  {vgl. 
hofieren  1)  aus,  und  hat  sich  mit  rficksichl  auf  huiierer  3 
sp.  16S5  spezialisiert. 

3)  gewöhnlich  {nach  hof  7  sp.  16:)6)  Umgebung,  höhere  diener 
eines  fürstlichen  hoßialts,  mhd.  hoveliule :  hofleule,  miniUirium 
aulae,  famulitium  aulicum  Frisch  1,  460*;  gleichwie  wir  durch 
viel  trühsal  ins  reich  goltes  müssen,  also  fahren  viel  hofleut 
durch  viel  irrsal  ins  teufcis  reich.  Opel  «.  Cohn  373;  die 
leutc,  mit  denen  ich  umgeben  war,  iiatlen  keine  ahiiung  von 
Wissenschaften;  es  waren  deutsche  holleute,  und  diese  klasse 
hatte  damals  nicht  die  mindeste  cultur.  Güthb  19,275;  dasz 
doch  unsere  hofleule  auch  das  gemeine  höfliche  nicht  immer 
beobachten  mögen,  an  Voigt  214 ;  wo  macht  mehr  al.<  hier  (in 
Deutschland)  das  corps  der  hofleule  eine  ganz  eigene  gatlung 
aus?  Knicce  umg.  «1.  menschen  1,10; 

diu  tioirieut  (ich  wcisz  ihr  nntur) 
dfukon  auf  leiicn  ((.  lutic)  «uppon  nur.    Gn.Ri'siis  22. 
I.  hofinann. 

Höflich,  adj.  und  adv.,  auf  hofgrmäste  veitt,  nach  art 
eines  furstlirhen  hofes,  mhd.  noch  oline  umlaut  liovclicli,  was 
auch  in  »/xJicrn  nhd.  quellen  nocli  nachklingt:  liolisch  vel  -lieh 
cumlis,  curialiter.    voc.  ine.  theut.  k  3*. 

1)  in  allgemeiner  Itcdrutung:  unter  den  Völkern,  die  nach 
höflichen  rechlen  regiret  werden,  wiiltel  sie  {die  herschsucM) 
mit  »chlatigen-tilicheii.  Rltschhv  /Wm.  0'>.%;  es  sihef  der  hof 
etoes    potciitatiii .    J:i    \i'isi:iiui    und    gfitchtigkeil    zu    i.ihtc 


1689 


HÖFLICH 


HÖFLICH—  HÖFLICHKEIT 


1690 


sitzen ,  dem  hellen  firmanient  ähnlich ,  wenn  es  mit  dem 
strahl  der  sonnen  seiner  untertahnin,  der  erde,  alle  ange- 
nehme beförderungen  tuht . . .  der  prinz,  als  das  giildne  herz 
und  leben  eines  so  höflichen  stats-himmels,  leuchtet  in  seiner 
majestätischen  klarheit  . . .  730. 

2)  auf  das  äuszere  ansehen  gewendet,  stattlich,  ansehnlich,  vie 
schon  mhd.  hoveliche  kraft,  hoveliche  schar  Lexer  wb.  1, 1362 ; 
so  die  kleidung  betonend:  bischof  Gebhard  war  ein  höflicher 
her,  trug  gar  schöne  kleider  an.  .  .  .  graf  Babo  liesz  seine 
32  söhn  anthun  so  höflich  und  hübsch  es  immer  sein  kunt. 
AvEXTis  bei  Schm.  1,1062  Fromm.;  schiceiz.  hofelig  schmuck 
gekleidet.  Stalder  2,49.  auch  in  bezug  auf  anderes:  mit  \il 
andern  hoflichen  essen,  kucitenmeisterei  a2  {vgl.  dazu  Lessisc 
11.322);  das  sein  czwey  essen  gar  hoflich  von  vischen  ge- 
geben. a3;  mach  es  von  hoflichen  varben,  das  stet  wol  czu 
gesiebte.  a5. 

3)  häufiger  aber  auf  warte,  untcrhaltungskünsle,  sitten,  betragen 
bezogen,  wie  sie  einem  hofe  gemdsz  sind,  also  fein,  gesittet,  artig : 
aulicus  hofflich  o.  züchtig  Dief.  6l';  facetia  ein  hofelich  ge- 
swetz  i  schimpfrede.  222';  darumb  was  Jacob  mit  höflichen 
Worten  redet  .  .  .  das  redet  Mose  schlecht  und  einfeltig. 
Mathes.  Sar.  2';  ich  red  alihie  nit  von  schimpflichen  höf- 
lichen bossen  und  fahlen.  Kirchhof  wendunm.  227';  neben 
diesem  haben  Eumolphus,  Museus,  Orpheus,  Homerus,  He- 
siodus  und  andere,  als  die  ersten  väter  der  weiszheit,  wie 
sie  Plato  nennet,  und  alier  guten  Ordnung,  die  bäurischen 
und  fast  viehischen  menschen  zu  einem  höffliehern  und  bes- 
sern leben  angewiesen.  Opitz  poeterei  3;  machet  16  schöner 
fabel,  die  voller  weiszheit,  guter  lehre,  und  höflicher  ver- 
mahnuog  sein.   Schuppids  82S; 

die  poetrey, 
darinu  an  tag  zu  geben  frei 
mannicbes  höfliches  gedieht.    II.  Sachs  4,  1,  124'. 

ron  einem  menschen,  welcher  sich  durch  derartiges  auszeichnet: 
facetus  ein  kluger  o.  hofifelicher  reder  Dief.  222'; 

dö  nam  ich  der  ritler  war 
und  markte  ir  geverte  gar. 
si  wären  hovelich  und  gemeit.    Helmbrecht  921 ; 

so  können  die  Amsterdamer  Achilles  und  Polytena  .  .  fas- 
dem  Seneca,  und  Terentio  dem  höflichsten  under  allen  lateit 
nischen  scribenten,  an  die  Seite  gesetzt  werden.  Opitz  (1624) 
an  den  Icser  A* ;  indem  ich  dieses  {von  Hiobs  geschtcüren)  sag 
und  noch  mehr  davon  zu  sagen  hätte,  werdet  ihr  vielleicht 
einen  eckel  empfinden,  . .  und  denken,  solche  rede  gehören 
ins  hospital . .  gesunden  und  höflichen  leuten  aber  solle  man 
damit  nicht  molest  sein,    darum  brech  ich  ab.  Schuppics  167; 

denn  artiich  ist  geziert  dein  leib, 

hölTlich  bistu  von  sitten, 

züchtig  dein  zung,      feins  mcgdlein  jung. 

Ambraser  liederb.  no.  227,  43. 

höflich  adrerbialiseh :  höflich  wol  und  geschicklich  reden,  facete 
et  commode  dicfre.  Maaler  229* ;  drunib  da  unser  Jotbam  sich 
bei  wilden  und  groben  leuten  auch  wolle  hören  lassen,  denket 
er  auf  ein  werkliche  fabuln,  darinn  er  Mosis,  Josue,  und 
seines  lieben  vatters  Gideons  treue  dienst  und  unzehtiche 
wolthat,  höflich  in  den  dreien  fruchtbarn  bSumen  widerholet. 
Schüppius  833; 

der  buchsbom  sprach :  ich  bin  so  fin, 

usz  mir  macht  man  die  krenzclin 

und  treit  mich  raeache  schöne  jungfrow 

gar  höflich  zu  dem  tanze.    Uhland  vulksl.  30; 

dein  lachen  steht  dir  höülich  an. 

Ambniser  liederb.  no.  227,  36 ; 
und  welcher  gleich  nit  danzen  will, 
der  hört  doch  höflich  singen.    Garg.  8S*; 
die  Junkern  giengen  seichte, 
sie  waren  nicht  weit  her,  und  zu  erreichen  leichte, 
wanns  hüriich  wo  gieng  zu,  so  klang  ein  reuterslied, 
der  grüne  tannenbaum  und  dann  tter  linde-schmicd. 

LocAO  2,  13. 

in  den  sinn  leise,  bescheiden  übergreifend,  wie  noch  jetzt  schireiz. 
hüfeli,  hofelig,  höfeli,  was  dann  auch  zu  nicht  ganz,  kaum, 
mittelmdszig  verläuft.  Stalder  2,49.   Tobleb  271*: 

ear  thät  die  tbüra  Tein  haoOi  auT, 

schleicht  d'steaga  nauf,      man  haerta  nit  tappa. 

iChtcäb.  lieä  grijen  1033,  bei  Fbohi.  4,88,11. 

4)  aus  dieser  bedeutung  {no.  3)  hat  sich  seit  langer  zeit  schon 
die  heule  noch  einzig  gebliebene  ron  höflich  herausgebildet,  die 
nur  noch  auf  das  feine,   artige  verhalten  gegen  andere,  im  Um- 


gang und  gespräch  mit  ihnen,  zielt;  schon  im  15.  jahrh.  liegt 
in  urbanus  hoflich  Üief.  629'  dieser  Übergang  des  Sinnes  an- 
gedeutet: bedankte  sich  der  burger  ganz  höflich.  Zinkgbef 
apophth.  2,  bü ;  {als  er  ilim)  gern  sein  unvernüglichkeit  hofflich 
zu  verstehen  geben  wolle,  s.  92;  gar  zu  höflich  sein  wird 
grobheit.  Schottel  1142* ;  er  war  ein  feiner  stattlicher  mann ; 
höflich  und  abgeschliffen,  wie  ein  mann,  der  mit  mancherlei 
arten  von  crdensöhneu  umzugehen  gelernt  hat,  zu  sein  pflegt. 
WiELA.ND  10, 31 ;  die  Abderiteu  hattens  gar  zu  gern,  wenn 
man  fein  höflich  mit  ihnen  sprach.  3'2S;  einer  von  ihnen 
sagte  zu  mir:  'aber  herr  Klotz  ist  doch  immer  so  höflieb 
gegen  sie  gewesen,  sogar  seine  recension  der  antiquarischen 
briefe  ist  noch  so  höflich I'  noch  so  höflich?  der  bauemstolz 
selbst  hätte  sie  nicht  gröber  und  plumper  abfassen  können. 
Lessi!«c  8, 208 ;  Moltr.  eine  ehre  ist  der  andern  werth.  wenn 
jemand  auf  dieser  halbinsel  eine  gurgel  für*  eucii  überzählig 
hat,  befehlt  I  und  ich  schneide  sie  ab,  unentgeltlich,  t'iesko. 
eine  höfliche  bestiel  sie  will  sich  mit  fremder  leule  gurgeln 
bedanken.  Schiller  Fiesko  1,  9  {später  in  höllische  bcstie 
geändert);  höfliche  worte  vermögen  viel  und  kosten  doch 
wenig.  SixROCK  sprichw.  s.  256 ; 

selbst  seine  Yastola  scheint  ihn  mit  höflich  kalten 
formalitäten  mehr  zu  scheuchen  als  zu  halten. 

Wiela:(d  18,204; 
das  alte  Sprichwort  ist  nicht  hohl : 
mit  groben  leutcu  bönich  sein, 
lieiszt  wusser  gieszen  auf  einen  stein : 
der  stein  wird  nicht  durch  wasser  weich, 
der  laur  nicht  mild  durch  höflicbkeit.    s.  374 ; 
sei  höflich,  man  bedient  dich  schlecht, 
den  grobian  zur  noth.    Göthe  1,  148 ; 
ein  mann  in  seinen  besten  Jahren, 
verbindlich  und  höflich  und  weiterfahren. 

U.  Hei:«b  15,  151. 

5)  aus  dem  hofgemäszen  hat  sich  in  der  früheren  spräche  auch 
die  bedeutung  des  gewandten,  geschickten,  klugen  entwickelt:  da 
{nach  einer  treffenden  antwort  des  Äsop)  gedacht  der  magister 
wol,  dasz  Esopus  ein  höffliger  und  geschickter  mann  were. 
E.  älbercs  3' ;  dieser  wird  schamlosz,  . .  yhener  wirt  hofflich 
und  naszweisz,  dasz  er  vor  groszer  weiszbait  zum  narren  wirt. 
S.  Frank  laster  f  ij  ; 

und  rat  den  jungen  meiden  auch, 

wo  sie  sehen  ein  jungen  gauch, 

der  wol  gelt  und  gelis  wert  hab, 

das  sie  dem  höflich  straifen  ab.    fastn.  sp.  390,  23. 

selbst  von  einer  manuellen  fertigkeit:  es  sy  denn  das  einer  so 
hüfflich  mit  einer  vedersnur  [angel)  sy,  das  er  4n  als  {(Ane 
alles)  kerder  und  feimen  vischen  könne,  weisth.  l,  156  {Ein- 
siedeln 15.  jahrh.). 

6)  höflich  in  der  spräche  der  bergleute,  aus  hofflich  verderbt, 
s.  d.  sp.  1672 : 

ich  weisz  das  höflichste  berkwerk, 

ist  fündig  überreich.    Ubla:<d  volksl.  893. 

HtlFLICHKEIT,  f,  nach  höflich  m  verschiedenem  sinne. 

1)  nach  höflich  2,  ansehnliclikeit,  höfische  pracht,  luxus.  hof- 
ligkeit,  pracht  und  herrligkcit  in  kleideren  und  malzeiteu. 
laulitia.  .Maaleb  2-29'; 

durch  heiigen  pracht  und  höflicbkeit 
und  durch  hocoprächtisch  beiligkeit 
führt  in  Versuchung  er  die  leut. 

FiscBART  dicht.  2,  247,  203  Kurz. 

2)  nach  höflich  3,  höfische  art  des  aesens,  feine  bUdung,  hoher 
anstand :  höflicbkeit  curialitas.  voc.  ine.  Iheut.  k  3' ;  facetia  hoff- 
lichkeit,  höfflicheit,  hofflicheit  1  manierlicheit.  Dief.  222';  urba- 
nitas  hoflicheit  in  sitten  etc.  629';  bofligkeit,  zucht,  urbanitas, 
condecentia.  .Maaler  229* ;  dises  letst  India  ist  mit  aller  reich- 
thumb  und  hoflicheit  des  volks  das  fürtreffenlichst  vor  den 
andern.  Fra.vk  wellb.  191*  {wenn  hier  niclU  die  bedeutung  1 
gemeint  ist); 

umb  sie  seind  nu  vil  junefrawen, 

welcher  schön  und  höflicbkeit 

nimmet  leichtlicb  die  freifaeit 

denen  welche  sie  anscbawen.    Wkckhebli!«  349; 

von  höflichkeii  hast  du  geberden.    372. 

3)  jet^,  nach  höflich  4,  das  feine,  artige  des  leesens,  sofern 
es  im  umgange  und  gespräch  mit  andern  sich  zeigt;  schon  bei 
Maaler  22</  bofligkeit,  scharj)fe,  stattliche  kurzweilige  reden, 
sales.  liegt  der  Übergang  in  diese  bedeutung  angedeutet:  dasz  eins 
bauten  höflicbkeit  und  curtesia  nicht  eher  gesehen  werd,  als 
wann  er  ein  bescbeiszea  oder  sonst  ein  gewinn  von  einem 


1691 


HÖFLICHKEIT  —  HÖFLING 


HÖFLINGSHERZ  —  HOFMANN 


1692 


haben  will.  Opki.  ii.  Cohn  374  (von  1621);  auch,  liebt  ihn  (den 
schleichenden  süszen  kompUmentierton)  der  Verfasser  überhaupt 
nicht,  der  mehr  das  lob  der  bescheidenheif,  als  der  hüflich- 
keit  sucht,  die  hescheidenheit  richtet  sich  genau  nach  dem 
Verdienste,  das  sie  vor  sich  hat ;  sie  giebt  jedem,  was  jedem 
gebühret,  aber  die  schlaue  höflichkeit  giebt  allem  alles,  um 
von  allen  alles  wieder  zu  erhallen.  Lessing  8,2;  die  allen 
kannten  das  ding  nicht,  was  wir  höflichkcil  nennen,  ihre 
Urbanität  war  von  ihr  eben  so  weit,  als  von  der  grobheit 
entfernt,  ebenda;  er  war  aus  dem  königlichen  liause,  und 
mich  wunderte  deswegen  seine  artigkeil  etwas  mehr,  da  liöf- 
lichkeit  in  der  regel  bei  uns  nicht  mit  zu  den  ausgezeich- 
neten lugenden  der  iiausoffizianten  der  groszen  gehört.  Seume 
spazierg.  1,130;  in  der  bibliothek  bewirthete  man  mich,  als 
einen  Leipziger,  aus  höflichkeit  mit  den  actis  eruditorum. 
2,23;  höflichkeit  ist  nicht  Schuldigkeit,  höflichkeit  ziert  den 
mann  und  kostet  nichts.   Simkock  sprichw.  256; 

höflichkeit  und  treue 

bringt  nimmer  reue,    ebenda. 

4)  auch  die  äuszerunr;en  solches  höflichen  u'esens :  einem  eine 
höflichkeit  erweisen ;  icii  hatte  indesz  der  frau  pfarrcr  meine 
höflichkeit  gemacht  {sie  zur  ankunfl  begrüszt).  Götiie  16,43; 
eine  höflichkeit  ist  der  andern  werth.  Simrock  spi-ichu:  256; 
von  den  übrigen  herren  habe  ich  viel  höflichkeil  erhallen, 
aber  nichts  zu  essen.  Seume  spaziert].  1,39;  auch  im  phiral: 
er  hat  mir  viele  höflichkeilen  erzeigt. 

5)  nach  höflich  5,  Idugheil,  gewandllwü:  (f 50/;)  berühmt,  beide 
seiner  guten  schwenk  und  höffligkeit  halben.  E.  Ai.berüs  14'. 

6)  höflichkeit,  in  der  spräche  der  bergleule,  hoffnung  enegcude 
beschaffenheil  eines  erzganges.  Veith  bergwOrterb.  274.  i'y/.  höf- 
lich 6  wnrf  hötriich. 

HÖFLICHKEITSBESUCH,  m.  besuch  aus  hüßichkeit.  Gotter 
3,  54. 

HÖFLICHKEITSBEZEÜGÜNG,  f.    Kunger  10,  100. 
HÖFLICHKEITSFORMEL,  f. 

HÖFLICHKEITSWORT,  n.:  übrigens  tadle  ich  auch  nicht 
ein  gutgemeintes  höflichkeitswort.  Knigge  umg.  m.  m.  1,63. 

HOFLIED,  H.  lied  von  höfischer  art  {im  gegensalz  zum  gasscn- 
hatier,  Volkslied) :  kam  der  hofmaister  und  sprach  dem  Moringer 
zu,  den  er  doch  nit  kant:  wolan,  bilger,  es  ist  der  sit,  das 
ain  ieder  frembder  ain  hoflied  singen  soll.  Zimmer,  chron. 
1,2S9,  30; 

und  ge  die  gassen  auf  und  ab, 
zu  fröden  singend  deinem  lieb 
sunderleich  da?  hofelied.    rimj  12»,  18; 
die  freuen  begunden  auch  zu  singen 
ein  hoflied  von  der  neuen  lieb, 
was  sie  wer  und  warauf  sie  blieb,    fastn.  sp.  1409. 
vgl.  hofelied. 

HOFLIN?  von  der  gangart  eines  pferdes:  den  pasz  gähn,  den 
mittelpasz,  den  trosz,  den  tritt,  den  schrill,  den  trab,  den 
trott,  hüflin,  den  zeller,  den  klop,  den  Ireckenarl,  den 
tamolin,  den  eselslrill,  den  treischlag.  den  stapf.  Garg.  132*. 
Höfling,  m.  l)  gUed  eines  fürstlichen  hofhatles:  auiicus 
hüveling,  hovelinck  Dief.  61*;  reyen  der  höflinge.  A.  Gryphiüs 
lüOs  1,42  {daßr  reyen  der  hofeleule.  s.  6);  so  pllegle  auch 
Goethe  im  tone  einer  humorislischen  ironie  dasjenige  zu 
sagen,  was  er,  der  staatsminisler  und  höfling,  nicht  unum- 
wunden auszusprechen  wagte.  H.  Heise  6, 147. 

2)  der  die  lebensart  eines  solchen  hat :  ach,  der  kerl  (prediger) 
bat  mich  ja  mit  seinem  calcchismus  wolgebrüct,  ich  habe 
vermeinet,  er  sei  ein  höfling  und  ein  eslatsmann,  allein  ich 
sehe,  dasz  er  auch  ein  pedant  ist.  Schuppius  504. 

3)  jetzt  meist  mit  tadelndem  nebensinne  und  mit  hervorhebung 
der  eigenschaßen  des  egoismus,  der  glätte,  list :  um  von  einem 
to  schlauen  hOflinge  nicht  unvermerkt  ausgckundschaflel  zu 
werden.  Wielakd  3, 11 ;  der  moralist  des  prinzen  Isfandiar 
war,  wie  es  scheint,  ein  zu  guter  höfling,  um  ein  guter  sillen- 
lebrer  zu  sein.  7,13;  dasz  er,  als  er  dem  sultan  seinen  be- 
richt  erstattete,  nicht  daran  denken  konnte,  die  aus  seinen 
augcD  funkelnde  freude  hinter  einem  nebel  von  angenom- 
menem gram  zu  verbergen,  wie  ein  besserer  höfling,  als  er, 
zu  thun  nicht  vergessen  halle,  h,  402;  von  hOflingen  erzogene 
forsten.  Ki-incKh  12,  Is.  sprichwörtlich :  wann  die  wolfshaut  ist 
abgezogen,  Meht  der  höfling  ganz  nackend.  LEnMAiti«  28; 

wo  nicht  die  rromme  reue  fleucht, 
durch  wolluit,  Islxclie  WRinheit,  louie  «rhmeicheleUn 
des  honiDg«  wrpi^rgrheurhl.  Hamlkii  1,  52; 

<te«  b^ning«  btlies  herz.    Gontii  1,  113; 


freiheit!  der  hfifling  kennt  den  gedanken  nicht, 
der  Sklave.  Stolberc  1,  18; 

ein  niedcrträchtger  bube, 
ein  höfling  musz  es  .sein,  ein  Spanier. 

Schiller   Wullcnxieins  tod  2,  6. 
4)  höfling,  lito.  Haltaus  937,  hofgehöriijer,  leibeigener. 
HÖFLINGSHERZ,  n..- 

für  welcher  golheil  thron 
sich  die  höflinghcrzen  neigen.    WECKBERLni  561. 
HüFLINGSSCHAR,  f.  : 

die  höfling.-ischaar  im  kreise  verlernet  jeden  spott. 
Uhland  ged.  391. 
HOFLINGSTAND,  m.: 

und  er  sehnte  .sich  ekel  zu  höfliugstand  und  des  mundkochs 
mischungen  heim.  Voss  Luise  1,  71, 

der  spätem  redaction;  fnVier: 

und  er  sehnte  sich  ekel  zur  kost  der  französischen  koche 
und  zum  gezier  der  höflinge  heim. 

HOFLIST,  /".  .•  wenn  er  diesen  tugendhaften  scribenten 
{Tacilus)  zu  dem  ende  lisel,  das  er  die  hof-  und  tjTannenlist 
lerne  erkennen.   Rutschey  Palm.  496. 

HOFLIVEREI,  f.  color  et  ornamentum  vcstium  famulÜH  aulici. 
Frisch  l,  460'.     jetzt  in  der  form  hoflivrec. 

HOFLOHN,  «I.  remuneratio  aulica,  i.e.  ingratUudo.  Stieier 
1175. 

HOFLl'FT,  /■.  laß  wie  sie  hei  liofe  irelit,  bildlich  für  die  Stim- 
mung und  anschauung  der  hofkreise:  wie  ist  ihnen  gestern  die 
kalte  hofluft  bekommen?  Rauener  6,113;  in  diesem  ange- 
sehenen, wohlcingerichteten  hause  {des  ministers  graf  Stadion) 
wehte  ihn  zuerst  die  weit-  und  hofluft  an.  Göthe  32,236; 
{er  erwog)  wie  .  .  die  hofluft  leibeigen  mache,  so  wie  nur  der 
poetische  himmel-aether  frei.   J.  Paul  Tit.  3, 16. 

HOFLUST,  f. :  Ferhabad  {die  reside7iz)  lag  . .  höchst  günstig 
zu  jagd-  und  hoflnst.  Göthe  0, 198. 

HOFLllSTBARKEIT,  f    ThMmkl  3,  294. 

HOFMÄDCHEN,  n.  auf  einem  edelhofe  dienendes  mädciten: 
derma  leinst  ein  geschicktes  hofmädchen,  denn  der  tifel  kain- 
merjungfer  war  zu  der  zeit  noch  nicht  üblich,  daraus  {aus 
der  dirne)  zu  erziehen.  Moser  palr.  phant.  2,  353. 

HOFMAGD,  /■.  auf  einem  edelhofe  dienende,  oder  hofhörige 
magd. 

HOFMAHL,  n.  mahl,  Speisung  an  einem  ßrstenliofe :  die  hof- 
raäler  an  der  herren  höfen.   Garg.AO'; 

für  blanke  majestät,  und  weiter  iiicht-s,  verbluten, 
wer  das  für  grosz,  für  schön  und  rührend  hält,  der  irrt. 
denn  das  ist  hundemuth,  der  eingepeit.scht  mit  nahen, 
und  eingefüttert  mit  des  hofmahls  brocken  wird. 

BiJRGER  102". 

HOF.M ANGEL,  m.  plur.  aulica  viiia.  Stieler  1230. 
HOFMANIER,  f.  mos  aulicorum.  Frisch  1,460*; 

den  Schäferknecht  glaub  ich  allhier  zu  spüren ; 
vom  prinzen  nichts  und  nichts  von  hofmanioren. 
GöiUK  41,  85. 

HOFMANN,  Hl.  l)  mann  der  einen  hof  bebaut,  als  eigen  oder 
im  unterlhunenverhdltnisse :  colonus  hofeman,  accola  freint  acker- 
man  1  hoveinan.  Voc.  Vrat.  ms.  15.  jahih.;  colonus  hülinan, 
holTman  Dief.  133';  hoßiöriger  mann:  wer  im  gericht  zuo 
Tablatt  sitzt,  und  darinn  verschint  uiianspr«chig  mit  dem 
rechten  ain  jar  sechs  wochen  und  dry  tag,  den  sol  man 
daniienthin  halten  für  ainen  bofmann  und  gotzhuszmann. 
u'cisth.  1,224  {st.  Gallen  1471);  wenn  ain  hofman  ain  hofguot 
ainein  der  nit  ain  hofman  ist,  ze  koufent  gilt,  denselben 
kouf  mag  ain  hofman  in  syben  nechlen  nach  dem  und  er 
offen  wirll,  versprechen.  1,233  (tlorschach,  von  1469). 

2)  Oberaufseher,  Verwalter  eines  groszen  landgutes :  villicus,  ein 
Schaffner  auf  einem  meycrhofT,  hulTinann.  Golii  onom«].«/.  (I5S2) 
49 ;  ritlicus,  epistutes,  ein  vogt,  meyer  oder  holTinann.  diel,  lat.- 
germ.  {Frankf  lüio)  399. 

3)  geuvhnlicb  diener  an  einem  ßirstlichen  hofe,  glied  rinn 
färstliihtn  hofhaltes :  bofmann,  hofdiener,  <it//ifi«  Maalkr  229*; 
an  dises  grösten  königes  {guttes)  hofe  gros  sein  und  etwas 
gellen,  beslehcl  in  gehorsam  leisten  imd  nach  des  herren 
willen  leben  .  .  so  ein  götilicher  hoffinann  war  könig  David. 
BuTSCRKT  Palm.  777; 

•ich  bloss  im  folde  wagen, 
Ist  eben  nicht  genuK.    du  knn«!,  wer  wirTl  was  ein? 
so  gut  uU  fcldlicrr  utelin,  und  auch  uin  hufinnnii  sein; 
da«  ii.i;  (In  leigom  dich  so  Krosi  im  cuhlnelte, 
als  auf  der  nicgi'ihahn.  tiÜNTHsa  730. 

dn«z  ein  hofniann  gleich  sei  einem  rerhenpfcnnlng,    der  gilt 
Luid  vir!  jiald  wenig  liald  gnr  nichls.  UruL  u.  Cuun  373,  r^ 


1 693        HOFMÄMCHEN  —  HOFMEISTER 


H0F>IE1STER  —  HOFMIENE 


1694 


hierzu:  das  mertails  aulici  den  rechenpfeningen  zu  yergleichen. 
Zimmer,  chron.  4, 358, 2.  Mit  hcrrorhebung  der  gefälligen  Um- 
gangsformen eines  hofmanns:  der  herzog  von  Liegnilz  ist  ein 
hofmann  {sagt  der  kaiser,  sein  betragen  rithmend).  Schweixiches 
2,56;  jedermann  drängte  sich  herbei,  den  Tortrefflichen  forsten 
zu  sehen,  und  jedermann  bewunderte  seine  leutseligkeit  und 
herablassung,  jedermann  erstaunte  in  dem  beiden  und  heer- 
führer  zugleich  den  geHilligsten  hofmann  zu  erblicken.  Göthe 
IS,  2S2;  der  gewandte  hofmann  steht  vor  uns.  21,  lt6.  von 
einem  ^ritlerlieher.  mönch'  heiszl  es:  was  seit  unser  bruder  Jan 
bei  solchem  fest  thun,  als  nur  sich  herunib  werfen,  sich 
-tummeln,  da  eym  die  recht,  dem  andern  die  link  nemen,  hie 
rwen  zu  gleich  umbfangen,  dort  dreien  danken :  und  seinen 
hoffman  recht  ausz  zulassen  und  zu  erzeigen.  Garg.  240".  andere 
fügungen  betonen  andere  eigenschaflen  eines  solclien :  der  Jung- 
frau niutter  hatte  ihr  gewehret  sie  sollte  ihr  herz  auf  mich 
nicht  setzen,  denn  ich  wäre  ein  hofmann  und  werde  sie  be- 
trügen. ScHWEisicHEX  1,376;  tentigo,  der  hofnian  in  der  fud. 
ScHV.  1,1060  Fromm.;  dasz  der  teufel  der  beste  hofmann 
seie.  Opel  u.  Coh>j  372.     vgl.  hofleute. 

HOFMÄNNCHEiN,  n. ;  lernen  sie,  nachplauderndes  hof- 
männchen  {die  Orsina  zu  Marinclli).  Lessi.ng  2, 165. 

HOFMÄIS'NEREI,  f :  den  abfall  des  sonst  lobenden  lehrers 
für  eine  hofmännerei-  ansehend,  die  gleich  einem  barbier- 
messer  sich  vor-  und  rückwärts  beugt.  J.  Pacl  flegelj.  1,77. 

HOFM.\NMSCH ,  adj.  und  adv.  nach  art  eines  hofmannes, 
einem  hofmann  gemäsz:  wüer  ritten  gahr  hofmannisch  hinaus 
{mit  hofmännischer  pracht,  er  sagt  es  ironisch).  Kiecbels  reisen 
196 ;  wovon  ich  dir  aber  aus  hofmännischer  discretion  nichts 
weiters  sagen  will.  Wieland  i«  Merks  bricfs.  1, 291 ;  gab  ihm 
mit  hofmännischer  ausführlichkeit  den  bestimmtem  bericht. 
J.  Paul  TU.  4.  46. 

HOFMAN.NSBESCHEIDENHEIT,  /". ;  mit  hofmanns-beschei- 
denheit?  die  erlaubt  sich  einen  lach  wenn  ihr  roth  werdet. 
GöTUE  42,68. 

HOF.MÄRE,  /■.  geschichte  vom  hofe,  mhd.  hovemare  (Leier 
ic6.  1,1363):  wenn  nun  die  oberherrn  in  die  städte  kommen, 
da  sind  die  obersten  die  ersten  bei  den  herren,  bringen  hof- 
märe, und  beklaffen  die  armut,  das  ire  eigene  bosheit  ver- 
borgen bleibet.  Waissel  chronik  (1559)  154*. 

HOFM.\RK,  f.  curtimurchia,  apud  Bararos  vi  vocis  est  parva 
regio,  ad  curtem  alicuius  domini  pertinens,  villis  aliquot  et  fami- 
liis  constans.  Haltaus  937,  vgl.  Schm.  1, 1060 ;  auch  die  Juris- 
diction eines  solchen  bezirks :  darauf  hat  der  richter  in  {Leonhart 
Keiser  in  Baiern)  gefenglich  angenomen.  da  ist  er  behalten 
worden  nach  irer  hoffinark  gebrauch  an  den  dritten  tag, 
darnach  überantwortet  für  die  hoffmaik  in  das  landgericht 
Scherding.  Lutheb  3,  410'. 

HOFMARSCH.\LL ,  m.  marschatl  an  einem  ßrstlichen  hofe: 
an  herrn  hofmarschall  von  Kalb.  Schiller  ka':.  u.  liebe  3, 6. 

HOFMÄSZIG,  adj.  und  adv.  einem  fitrstUchen  hofe  gemäsz: 
sie  werden  hofmäszig  {par  courtoisie)  gnädige  herren  genenut. 
Kaxt  5,  38S;  um  seine  kleider  hofmäszig  zu  erhalten.  Abmm 
2,  2S9. 

HOFM.VTTE.  /".  tciese  die  zu  einem  edelhofe  gehört,  als  name 
einer  bestimmten  iciese  in  einer  grenzbeschreibung  weisth.  1, 38 
{Zürich  von   146S). 

HOF.M.M  ER,  /■.  mauer  die  einen  hof  einschlieszt.  im  folgenden 
nach  hof  2  sp.  1655:  zum  fenster  gehts  hinaus  und  über  die 
hofmaucr  auf  die  strasze.  Riehl  culturgesch.  nov.  365. 

HOFMEDICUS,  m.  hofarzt. 

HOFMEIER,  m.  oberster  Verwalter  eines  landgutes;  hofmeyer 
oder  leeman  {lehenmann),  actor.  Maaler  229* ;  so  sol  der  hof- 
meiger  den  hubera  gebieten,  veisth.  4,40  {Elsasz,  von  1420). 

HOFMEISTER,  m.  l)  oberaufseher  über  einen  hof  ein  land- 
oder  riltergut,  mhd.  hovemcister  oberknedit  (Lexer  tri.  1,1361): 
gleichwie  die  knechte  eines  ernsthaften,  getreuen  und  ver- 
ständigen nieiers  oder  hofmeisters,  der  sie  täglich  zur  arbeit 
anweise,  und  dabei  im  zäum  halte,  bedürfen,  öcon.  lex.  (1731) 
1049;  verdorbene  bauern  geben  gute  hof-  und  schirrmeister 
ah.    PiSTORius  thes.  par.  5, 13. 

2)  häufiger  aufseher  über  den  liofhalt  eines  ßrsten :  {Karl  der 
kühne  hatte  am  hofe)  vier  hofmaister,  dem  iedlichen  des  jars 
vier  tausend  gülden  zu  sold  gebürten.  Wilw.  v.  Schäumt.  17; 
dem  Pütiphar,  des  Pharao  kenicrcr  und  hofemeister.  1  Mos. 
37,36;  Ahisar  war  hoffuieister  (frei  Sa/omo),  Adoniram  der  son 
Abda  war  renlmeistt-r.  \  kön.  4,6;  an  einem  fürstlichen  hoff 
wurden   etliche  kostbare  aufzüg  gehalten,   ein  bäurlin  wolle 


auch  hinein  tringen  zu  sehen,  der  hoffmeister  wolle  ihn  nicht 
ein  lassen.  Zi.vkgref  apophth.  2,%;  biszhero  bin  ich  eines 
fürsten  fürgeber  oder  spenditor  gewesen  .  .  wann  ich  nicht 
einem  jeden  habe  können  den  Schlund  einfüllen,  verklagte 
er  mich  alsobald  vor  dem  hofmeister.  Scbcppius  738;  herrn 
Christoph  Vitzthumb  von  Eckstätt,  churfürsti.  sächsischem 
hochansehnlichem  rath  und  hofmeister.  7S5; 

(köniij  .irlhavs  spricht)  hoTuaister,  mein  )iber  knecbt, 

Hs  uns  die  spangeu  und  sag  uns  recht  .  .    fislii.  sp.  667,  11 ; 

frau  Venus  hat  einen  hofmeister,  durch  den  sw  die  einladung 
zu  ihr  ergehen  Idszt.  Genge.nbacb  gouchmat  91.  100. 

3)  in  vornehmeren  Musern  ist  hofmeister  der  erste  unter  der 
häuslichen  dienerschap,  der  namentlich  dem  gesamten  uirtschaßs- 
wesen  vorsteht;  vgl.  haushofmeister.  —  In  Basel  wird  für  jede 
gröszere  hochzeit  ein  hofmeister  aus  den  freunden  des  brdutüjams 
ernannt,  dem  die  besorgung  dessen  obliegt,  was  zur  bewirtung 
gehört. 

4)  hofmeister,  aufseher  und  bewahrer  des  gesindes  und  der 
kinder  des  hauses:  wer  gewalt  übet  im  gericht,  der  ist  eben 
als  ein  hofemeister,  der  eine  jungfraw  schendet.  die  er  be- 
waren  sol.  Sir.  20, 4.  dann  auch  erzieher  der  kinder :  euer 
hochedl.  excell.  sind  hiebevor  zu  Marpurg  eine  geraume  zeit 
in  meinem  hausz  ausz  und  eingangen,  und  haben  neben 
ihrem  hocbgelahrten,  in  allen  Wissenschaften  hochgeübten 
hofmeister,  dem  unvergleichlichen  Reinhardt,  täglich  mit  mir 
conversiret.  Scnüppas  7S8;  diejenigen,  welche  sich,  unter 
dem  titel  hofmeister  und  informatoren,  der  Unterweisung  der 
kinder  in  familien  unterziehen.  Raben  er  sat.  3,13;  sein  hof- 
meister, zu  thätig,  ein  gelehrter,  zu  unlenksam,  ein  weitmann 
zu  sein.  Göthe  42,67.  in  weiterem  sinne:  niemand  kann  mehr 
für  uns  sorgen;  wir  müssen  unsre  eigenen  freunde  sein, 
unsre  eigenen  hofmeister.  17, 167 ;  das  Schicksal  .  .  ist  ein 
vornehmer,  aber  theurer  ho&neister.  IS,  192. 

5)  hofmeister,  an  einigen  orten,  wie  am  hofgerichte  in  Preuszen, 
der  Vorsitzende  hofrichter.  Adelung. 

6)  auf  kriegs-  und  groszen  kauffahrteischiffen  heiszt  hofmeister 
der  kajütenverwalter,  welcher  für  das  essen  und  die  andern  be- 
darf nisse  der  kajütc  zu  sorgen  liat. 

HOFMEISTEREI,  f.  amt  eines  hofmeisters  {läer  in  der  bedeu~ 
tung  2) :  nu  glück  zur  hofmeisterei.  Fb.  M(^ller  3, 11. 

HOFMEISTERLN,  f  frau  des  hofmeisters  {no.  1)  und  haui4 
der  mägde  auf  einem  landgtUe,  meierei  oder  Vorwerke,  üconom. 
lex.  (1731)  1049. 

HOFMEISTERISCH,  adj.  nach  art  eines  hofmeisUrs  (hier  in 
der  bedeutung  4):  hofmeisterische  strenge.  Rabener  werke  6,10. 

HOFMEISTERN,  verb.  den  hofmeister,  erzieher  bei  einem 
spielen;  in  tratisüiver  ßgung,  mit  dem  nebetisinne  tadeln,  mangel- 
haßes  an  eineni  rügen :  denn  sonst  gebührte  mir  i.  f.  g.  nicht 
zu  hofmeistern.  ScnwEi.McnEN  1,125;  ich  wüszte  wohl  dasz 
ich  i.  f.  gnaden  nichts  zu  hofmeistern  hätte.  309;  sein  werk 
ohne  Ursache  zu  hofmeistern.  Felsenburg,  i.  rorr.;  seine  filo- 
sofen  waren  keine  leute,  die  (wie  Plato)  sich  heraus  genom- 
men hätten,  ihn  hofmeistern  und  lehren  zu  wollen,  wie  er 
zuerst  sich  selbst,  und  dann  seinen  Staat  regieren  müsse. 
Wieland  2,379(324);  Biribinker  war  es  zu  sehr  gewohnt,  von 
den  damen,  denen  er  in  die  bände  fiel,  gehofmeistert  zu 
werden,  als  dasz  er  sich  durch  einen  verweis  hätte  klein- 
mütbig  machen  lassen  sollen.  12,227  (211);  sie  hat  einen  Starr- 
kopf, einen  dunkel  und  eine  zunge!  das  hofmeistert,  das 
schmält,  das  hechelt  durch,  das  verläumdet,  von  früh  bis  in 
die  nacht !  Götter  Jeannette  2, 13 ;  ein  würdiger  mann,  der, 
ohne  mich  eben  zu  hofmeistern,  auf  meine  jugend  groszen 
einflusz  gehabt  hat.  Göthe  21,214.  —  einen  ungehofmeistert 
lassen:  mit  Vermeidung  ich  sollte  ihn  {den  herzog)  ungehof- 
meistert lassen.  Schweimchen  1,124;  ei  vater,  lasz  du  mich 
ungehofmeistert.  Chr.  Weise  erzn.  227. 

HOFMEISTERSTELLE,  f.  l)  stelle  eines  oberaufsehers  über 
ein  landgut. 

2)  erzieherstelle :  er  wird  in  kurzem  eine  einträgliche  hof- 
meisterstelle bekommen.  Rabener  werke  4,  52. 

HOF.METZGER,  m.  melzger  der  fleisch  an  eine  hofhaltung 
zu  liefern  hat.  auch  rerliehener  titel.  in  der  neuesten  zeit  aucli 
wi:  güterschlächter,  zerstückeler  von  landgütem  ßr  den  einzel- 
verkauf. 

HOF.METZGEREI,  f.  güterschlächterei :  ein  gesetz  gegen  die 
hofnielzgerei.   Weserzeitung  1853  no.  2958. 

HOFMIENE,  f  miene  wie  sie  an  ßtrstlichen  höfen  gebräuchlich 
ist:  eine  ungewohnte  hofmieue.  Rabener  werke  6,107. 


1695 


HOFMUSIKANT  —  IlOFRATH 


HOFMUSIKANT,  m.  musicus  aulicus.  Stieler  1313. 

HOFNACHRICHT,  f.  nachriclU  von  einem  ßrstlichen  hcfe: 
die  Lofnachrichten  geben  sie  in  einem  zieinlicb  trockenen 
zeitungsslyle.  Rabener  werke  6, 123. 

HOFNARR,  m.  morio.  Maaler  229*:  zum  andern  wird  auch 
nicht  gedacht  wer  kurzweiliger  ruht  oder  hofnarr  gewesen 
sei  bei  Salumous  hufslatt.  Schuppius  42. 

HüFNER,  «I.  rgl.  oben  höfener,  ferner  hübner  und  hufner. 

HOFORDEK,  /.  imperium  curiae.  Stieler  1401. 

HOFORDNL'NG,  f.  Ordnung  wie  sie  an  einein  fürstlichen  hofe 
bestem  ist:  ehrcnspiegel  einer  wolbestelllen  hofordnung.  Schup- 
pius 26 ;  auch  rücksiclUlich  einzelner  dinge  daselbst :  das  der  herzog 
und  etliche  seine  geheime  rälh  ain  newe  hoffordnung  gemacht 
mit  fucterung,  und  mindert  etlichen  das  fuler  uf  die  pferd. 
Zimm.  chron.  2,  296,  37. 

HOFORNAT,  m.: 

liesi  sie  {die  königin)  sich  ihrenlhofornat 
durch  eine  traute  zore  bringen.    Borger  109*. 

HOFPAAR,  n.  bratUpaar  an  einem  ßrstlichen  hofe:  Ottilie 
wollte  sich  der  beiden  noch  als  des  schönsten  hofpaares 
erinnern.  Göthe  17,  79. 

HOFl'ARTEI,  f.  die  die  interessen  eines  fürstlichen  hofes  ver- 
tritt: (bei  den)  gewaltsamen  schritten,  wozu  ihn  {den  könig) 
die  hofjtartei  vermochte.  Wieland  29, 194. 

HOFPALKER,  ni.  paukensclUdger  bei  hofe,  hofmusikant.  J.Paul 
flegelj.  1,77. 

HOFPFALZ,  f:  wenn  der  hof  bei  üblem  weiter  oder  bei 
den  bösen  launen  des  kaisers  in  träger  langeweilc  schmach- 
tete, so  wurde  graf  Ulrich  berufen,  den  geist  des  miszmuths 
zu  verscheuchen  und  fröhlichkeil  und  scherz  in  die  kaiser- 
liche hofpl'alz  wieder  einzuführen.   Mlsäüs  volksm.  541. 

HOFPFALZGRAF,  m.:   kaiserlicher   raajestät  hofpfalzgiaf. 
Rist  Parn.  411. 
.  HOFPFAHRER,  m.  a  concionibus  aulicis.  Stieler  1405. 

HOFPFL'HL,  m.  fürstlicher  hof  und  das  leben  dort  unter  dem 
bilde  eines  pfuhls:  o  komm  nur,  Klotilde,  rief  er  glühend, 
der  hüfpfulil  wird  mir  dann  ein  italiänischer  keller,  ein  blii- 
menparterre.  J.  Paul  Hesp.  2,  Ol. 

HOFPFLND,  n.  pfund  von  einer  bestimmten  schwere,  wie  es 
an  einem  gewissen  hofe  gebräuchlich  ist:  2  putteren,  die  7"hofl'- 
pfuiid  haben,  kochbücläein  aus  Tegernsee,  Germ.  9,205. 

HOFPOET,  m.  hofdichter. 

HOFPOSSE.N,  m.  possen  wie  er  bei  hofe  gemacht  wird :  graff 
Christof  von  Werdenberg  wolt  herr  Hans  Jacoben  . .  ein  hof- 
bossen  machen.  Zimm.  chron.  3, 214,  31 ; 

wer  beisen,  hetzen  und  jagen  l<an, 

sich  nimbt  umb  fressen  und  saufu  an, 

kan  ein  guten  hofpossen  sagen  (der  ist  bei  hof  geehrt). 

i.  Avrkr  fastn.  sp.  50*  (2590,  6  Keller), 
vgl.  hofscherz. 

HOFPRACHT,  ««.,  später  f.,  höfische  pracht,  aufwand  wie  an 
einem  fürslenhofe :  die  prälaturen  möchten  dadurch  etwas  ge- 
schwächt, oder  sonst  ihrem  dienst  und  hofpracht  entzogen 
werden.  Buceb  bei  Melanguthon  3,776  Bretschncider ; 

banst  ausz  andrer  leut  schwcis  und  blut 
treiben  dein  hofpracht  und  hochmut. 

Fischart  dicht.  2,  247,  228  Kurt; 

doch  sag  ich  euch,  war  Salomo 
in  seinem  grösztcn  ruhrae 
und  in  der  bofpi'aciit  nicht  so  schön, 
ui»  eben  diese  blunie.    Günther  45. 

HOFPREUIGER,  »n.  prediger  an  einem  fürstlichen  hofe :  was 
unterwcilens  ein  canzler  nicht  wil  sagen,  und  was  ein  hof- 
prndiger  nicht  darf  oder  sich  erkühnt  zu  sagen,  das  sagt  ein 
narr.  Schuppius  42. 

HOFPSALM,  »I.  nennt  Schuppius  830.  845  den  101.  psalm 
den  Lltheh  (6,  l^ö//*.)  auf  die  hofverhäUnisse  ausgelegt  hat. 

HOFR.XNKE,  m.  plur.  ranke  wie  sie  bei  hofe  gesponnen  werden. 

HOFRATH,  m.  a  consilüs  aulicis.  Stieleii  1517:  discr  herr 
Andre  von  ('Onritz  ist . .  an  des  römischen  kunigs  Ferdinandi 
hof  kuininiMi  lind  daselbs  etliche  jur  als  ein  hofralh  blii)en. 
Zimiaer.  chron.  3,268,23;  doctor  Seiden,  keiser  Curoli  des 
fflnflen  fUrnempslcr  ductur  und  lioferhat.  Neander  vom  sei 
ab$lerben  Cj'. 

HOFHATIi,  m.  collegium  der  hofrälhc:  kaiserlicher  hofraht, 
Mum  aulicum  caetareum  SrieLü«  1518 ;  weit  grOszere  ur- 
biiitc  IT  {der  kaiser)  sein  eignet  geriebt,  seiaen  eignen 
bofrath  aut/ubildcn.  Güthr  26.  120. 


IIOFHÄTIIIN  — IIOFREDE 
HOFRÄTHIN,  f  gattin  eines  hofraths: 


1696 


die  liebe  musz  sein  platonisch, 
der  diirrc  liofrath  sprach, 
die  liofralhin  lächelt  ironisch, 
und  dennoch  seufzet  sie  :  ach  ! 


H.  Heink  15,114. 


HOFRAUM,  m.  räum  den  ein  wirtschaftshof  einnimmt :  wenn 
mir  das  haus  über  den  köpf  zu  brennen  anfängt,  so  packen 
meine  leute  gelassen  ein  und  auf,  und  wir  fahren  zu  hof- 
raum  und  sladl  hinaus.  Göthe  17,320. 

HOFRAUTE,  /".  artemisia  abrotanum,  stabwurz.  Nemnich  1,166; 
auch  ruta  graveolens,  die  raute.  4, 11S9. 

HOFRECHT,  ».  neben  hoferecht  {sp.  1664),  in  verschiedenen 
bedcutungen. 

1)  recht  unter  dem  die  hofhörigen  und  dienstmannen  stehen, 
auch  die  hiermil  rerbundciien  abgaben.  Haltaus  938.  939 ;  in  dem 
kirchspiele,  worin  ich  wohne,  sind  zwanzig  höfe,  so  unter 
hofrecht  stehen,  zu  kaufen,  und  der  hofcsherr  hat  seine  cin- 
willigung  dazu  erthcilet.  der  richter  hat  sie  schon  dreimal 
ausgeboten,  und  es  findet  sich  kein  kiiufer,  der  sich  ins  hof- 
recht begeben  w'ill.  Moser  patr.  phant.  3, 2S2 ;  besetzung  zu 
landrechte,  besetzung  zu  hofrechte,  besetzung  zu  ritterrechte. 
294. 

2)  auch  der  gerichtshof,  der  über  solches  recht  entscheidet.  Lexer 
mhd.  wb.  1,  1365. 

3)  recht  und  brauch  wie  er  an  fürstlichen  höfen  besteht,  mhd. 
liovereht  {mhd.  wb.  2, 1,  624').  dasz  dieser  brauch  im  16.  jahrh. 
zum  tlieil  kein  feiner  war,  dafür  zeugen  manche  stellen:  der 
ander  entblöszt  sich  gar,  und  macht  mit  sehicr  schand  den 
gesten  .  .  ein  gelecbter,  diser  macht  ein  hoffrecht,  das  die 
hund  auffressen.  S.  F'ranr  trunkenlieit  (1531)  D';  {ärzle  in 
Indien)  machen  im  abzug  (vom  kranken)  wider  ein  hofrecht 
mit  ihrem  gepölder  und  schculzlichen  gebärden,  weltb.  206'; 
währe7id  andere  wieder  die  hüflichkeil  dort  betonen;  so  in  der 
füyung  für  sein  hofrecht  sagen  (rgl.  oben  sp.  1604  unter  hofe- 
recht): und  sage  das  für  mein  hofrecht  frei.  Luther  1,304'; 
ich  zwar  für  mein  hofrecht,  danke  inen  von  ganzein  herzen. 
3,89';  jemandem  etwas  auf  bofrccht  erlauben,  ihm  eine  un- 
gewöhnliche und  sonst  uneilaubte  saclie  auf  einige  zeit  rerstatten. 
Adelung;  etwas  geschieht  auf  bofrecht,  ohne  dasz  etwas  schiim- 
vies  dabei  gedacht  werden  darf:  zu  dem  das  sie  (die  tochter) 
graf  Wolf  ein  gute  zeit  bei  inie  gehapt . .  so  hals  doch  nichts 
gölten,  und  ist  alles  uf  bofrecht  beschehen.  Zimmer,  chron. 
3,  236, 19 ;  was  dann  graf  Wolf  .  .  für  ain  lerman  in  dieser 
freundtschaft  angericht  und  wie  es  gangen,  das  lasz  ich 
iezmals  bleiben,  ist  alles  uf  bofrecht  und  nur  uf  die  mon- 
stranz  zugangen,  man  hals  für  guet  gehapt,  und  ist,  ob  gott 
will,  nit  mehr  war.  5üS,  5 ;  nach  hofrecht,  wore  aulico,  mit 
einem  also  umgehen,  und  sich  doch  vorbehalten,  was  man 
sonst  mit  ihm  auszumachen  hat.  F'risch  1,461";  scd  plerum- 
que  bibunt  litigantes,  saufen' auf  hofrecht  mit  einander,  salva 
injuriarum  actione.  Gumpelzhaimeii  de  exercitOs  academirorum 
434 ;  auf  hofrecht  (/r»«Ae»).  Carg.  99*.  vgl.  hierzu  unter  hofarl 
*/).  1659. 

4)  bofrecht,  musik,  Ständchen,  vergl.  hofieren  sp.  1682  und 
ScuM.  1, 1060  Fromm.; 

do  mu8Z  man  im  dann  hofTrecht  machan. 

IIrant  narrensch.  62,  23 ; 
wenn  bei  der  nacht  ich  schlafen  ihn, 
da  komnuMi  die  baueriibursch  herzu, 
und  spielen  mir  ein  hofrcchl  fein 
vor  inoiiieni  kaminerfenslerleiii. 

rolkslivä  bei  Wkisz  aus  d.  vutksU'ben  i.  23. 

büdlich,  in  bizug  auf  prügcl : 

denn  bot  der  fuhrmann  solchs  bedacht, 
(lern  fuchs  ein  besser  holi'LM'ht  trUKuht 
luit  dem  negel  auf  seinen  nicken. 

II.  Waldis  Hsiip  4,  73,  '.ifi. 

abgcblaszier  bedetUtt  bofrecht  auch  nur  lust,  vergnügen:  aiius 
cum  ludil,  morti  delitias  facit.  wann  ein  alt  weih  danzt,  so 
macht  sie  dem  tod  ein  hoffrecht.  S.  Frank  sprichw.  1,65*. 

HOFRECHTLEIN,  n.  dim.  zu  dem  vorigen  in  der  /  •' ■  l 

zu  ende,  spdszchen,  Unterhaltung: 

wil  in  ein  lins  holTrechtly  inarlien, 

das  »j  der  kiu'zwyl  nnis.Heiid  luchoii.     trag.  Jo/i.  ^'v(J. 

HOFREUE,  f:  und  ist  bei  allen  naiionen  und  lungen  die 
grOsI  weikbeil  aller  weisen  inii  bolche  hofred  und  abgekürzte 
Sprichwörter,  so  die  Griechen  upophtheginata,  paroeinia.H,  die 
Lalinrr  dicieriu  und  proverbiu  nennen  ..  eingelegt.  Acr.  sjt. 
tonede;   anbang   dcc   hoffredvn    anderer   Völker  des»   altern 


1697 


HOFREITE  —  HOFSCHALK 


UOFSCUATZMEISTER  —  HOFSCHBANZE     1698 


gröszera  Teütsclilandts.   Ziskcref  apophth.  2, 104.     tergl.  hof- 
spruch. 

HOFREITE,  f.  1)  kofraum,  der  für  virischaftszwecke  dienende 
freie  räum  eines  herrenhofes  oder  landgutes:  hofraithe  wird  auf 
einem  wohl  sngebaulen  herrenhof  der  räum  genennet,  darauf 
alle  diejenigen  gebäude  mit  ihren  zugehörigen  theilen,  welche 
zu  einer  vollständigen  landwirthschaft  vornemlich  nölhig,  .  . 
zu  finden,  öcon.  kx.  (l'3l)  1051 ;  die  bauren  nennen  . .  ihren 
mit  einem  zäun  eingefaszten  platz  beim  hause  die  hofreut. 
Fbisch  2,113';  hessisch  hofreidc  (in  und  um  Wolpiagcn  hofe- 
reise)  Vilmab  173;  bair.  und  frank,  hofrait ,  huffreth  Scum. 
2, 172  Fromm. ;  hofreit ,  hofrait ,  hofriet ,  hofgereit ,  area  ad 
usum  praedii  ac  domus  parata.  Haltais  940 ;  was  obendig  der 
strasze  leit  von  hewsern  und  hofreit,  weisth.  3, 524  (Franken 
von  13S0) ;  daj  Fritz  Schaufel  . .  pawen  soll  ein  hofreit  und 
hause  hie  zwischen  und  sant  Jacobstag,  der  schirst  kümt. 
d.  städtechr.  1, 212, 13  {urk.  von  1352) ;  man  sei  auch  nyniant 
pfenden,  der  sein  holcz  in  sein  hofrait  gepracht  hat.  30, 17. 
auch  abgcijrenzter  bauplatz  eines  gutes:  were  es  sach,  das  cmet 
queme  gen  Aseha  und  weit  da  bawen,  so  sol  ime  der  schult- 
heisz  ein  hofrid  lihen  für  4  heller;  und  wer  es,  das  kein 
hofrid  vorhanden  were,  so  sol  man  grifen  in  die  hofe  oder 
in  die  hübe  und  sol  im  ein  hofrid  lihen.  veisth.  6, 41  [Franken 
von  1460,  weiierhin  auch  hofstel  genannt);  platz  um  eine  kirche: 
welcher  in  dem  gotzhus  ze  Ittingen  und  in  der  hofraitin,  als 
denn  dasselb  gotzhus  begriffen,  gefräfelt .  .  hat.  5,110  (Thurgau 
ron  1420). 

2)  hofreite,  das  inrentar  eines  solchen  wirlschaßsplatzes :  nach 
den  gesetzen  sollten  die  bauern,  deren  wehr  gelegt  ward, 
nebst  ihrer  ganzen  familie  wenigstens-  mit  voller  freiheit  und 
mit  ihrer  ganzen  lebendigen  hofraid  ausziehen,  welche  oft 
einen  ganz  beträchtlichen  werth  ausmachte,  da  es  Vollbauern 
gab,  die  wohl  zwölf  pferde,  zehn  bis  zwölf  kühe,  einige 
ochsen  und  dazu  schweine,  schafe  und  geflügel  auf  ihrem 
hofe  hegten.  Arndt  leben  92. 

3)  hofreite  endlich  auch  das  gut,  der  hof  selbst:  curiis  hoff- 
reyt,  closterhofe,  hub  Diek.  iw';  ein  behausung,  hoffrailh 
oder  dergleichen  bewohnlich  gut.  Frankf.  ref.  2,  3,  §  19 ;  also 
zu  Zeiten  auch  grafen  und  freiherren,  ritter  und  edelknecht.. 
hofrait  do  betten  {im   Voigtland),  d.  stddtechron.  3, 45, 2. 

HOFRICHTER,  m.  richter  oder  präsident  eines  hofgerichtes : 
acomentator  hovericliter  Dief.  nov.  gloss.  7* ;  hofrichler,  praeses 
curiae  provincialis  Stieler  1556. 

HOFROLLE,  f.  Verzeichnis  der  zu  einem  hofe  gehörigen  leib- 
eigenen oder  hopiörigen  personen  und  ihrer  grundstücke,  und  dann 
die  gesamtheü  dieser  selbst:  die  zu  einer  hofrolle,  oder  zu 
einem  freigericht  gehörigen  gründe.  Moser  patr.  phant.  3, 292. 

HOFROTTE,  /".  aulae  faclio.   Stieler  1619. 

HOFRÜSTU.NG,  /■. ;  hofrüstung,  hoher  pracht,  apparatus 
aulicus.  Maaler  229'. 

HOFSAAL,  m.  saal  ßr  die  hoßeute:  also  hat  ein  cavalier 
von  der  ritterstuben  oder  hofsaal  hinunter  geschrjen.  Cosli» 
narrenweit  2,  ISO. 

HOFSACHE,  f.  dachtraufe,  dann  auch  ßr  haus,  hof  selbst 
gebraucht  {vergl.  duchtraufe  theil  2,670):  {ein  gut  das)  an  der 
Berlin  von  Bemen  haws  und  hofsach  gelegen  ist  und  stoszt 
ainhalb  an  die  strasz  .  .  und  anderhalb  an  der  Bezin  von 
Beuren  hofsach.  d.  stddtechron.  4,316  {urk.  von  1392);  hus  und 
hofsach  gelegen  bi  dem  Berlach  zu  Augspurg.  5, 145  (r.  1427). 
das  u'ort  ist  entstellung  des  mhd.  obese,  vgl.  Leser  icb.  1, 1366. 

HOFSACHE,  f:  hofsachen,  negolia  aulica.  Stieler  1655. 

HOFSÄSSE,  HJ.,  mild,  hovesjeje,  der  auf  einem  hofe  ange- 
sessen ist:  und  sol  der  herre  und  der  aple  herli.,hen  und 
erberlichen  empfangen  werden  von  den  hoffsessen  dej  hoffes 
zue  ihnen,  und  der  selbe  hoffsesse  sol  behalten  die  zoümc 
uud  die  setfei  ..  daj  sie  nit  verloren  werdent.  ueistli.  l,no; 
die  dryg  omen  wyngelts,  die  denselben  hoffsessen  von  der 
Altenburg  zugehorend  ierlich,  die  sollen  den  hofsessea  .  . 
gegeben  werden.   Moxe  zeilschr.  3,286  {von  1492). 

HOFSCHAFT,  /".  treiben  bei  hofe:  mit  solcherlei  lieb-  und 
hofschaften  (irje  bei  Canitz  und  Besser  geschildert  werden).  Göthe 
45, 2s2. 

HOFSCHALK,  m.  schalk  am  hofe,  listiger  oder  neckischer 
hößing:  so  baldt  das  die  andern  hofschelk  vom  adcl  ver- 
merkt, haben  sie  uiu  gar  übelschmcckendt,  stinkendt  wasser 
zubereiten  .  .  lassen.  Zimm.  chron.  2,  502,  l ;  die  ander  hoff- 
scbelk  haben  dise  reden  uszgepracbt.  3, 503, 3-  das  mhd. 
hoveschalc  luitle  nur  den  stnn  hofdiener. 
IV.  u. 


HOFSCHATZMEISTER,  t«.  schatzmeistir  eines  ßrstlichen 
hofes. 

HOFSCHAÜßÜHNE ,  f.  Schaubühne  eines  fürstlichen  hofes: 
die  aufsieht  über  die  neue  hofschaubülme  zu  übernehmen. 
Wielasd  19,  333. 

HOFSCHAUM,  m.  gesellschaß  eines  ßrstlichen  hofes  unter  dem 
bilde  des  schaums:  iu  Frankreich  stand  sonst  viel  hofschaum 
auf  dem  beweglichen  volk.  J.  Pacl  herbstblum.  3, 241. 

HOFSCHAUSPIEL ,  n.  .•  dieser  könig  Archelaus  war  auf 
den  einfall  gekommen  ein  eignes  hofschauspiel  zu  haben. 
WiELAXD   19,332. 

HOFSCHAUSPIELER,  m.  am  Iheater  eines  ßrstlichen  hofes 
angestellt. 

HOFSCHENK,  m.  schenk  an  einem  fürstlichen  hofe.  H.  Heixe 
1,246. 

HOFSCHERZ,  m.  facetiae  polüissimae,  ludibria  aulica.  Stie- 
ler 17C2. 

HOFSCHLÄCHTER,  m.  Schlächter  für  einen  ßrstlichen  hof; 
auch  als  titel.  dann  auch  zerslückeler  von  geschlossenen  land- 
gütern,  ein  spottender  ausdruck  der  neuzeit.  vergl.  auch  güter- 
schlächter,  hofmetzger. 

HOFSCIILÄCHTEREI ,  f:  der  gesetzentwurf  zur  Verhin- 
derung übereilter  güterzerslückelung,  oder  wie  man  es  hier  {in 
Berlin)  nennt,  der  hofschlächterei.  ^yeserzeitung  1S53,  no.  2931. 

HOFSCHLANGE,  f  cduber  aulicus,  eine  südamerikanische 
Schlangenart.  Nem.mch. 

HOFSCHLAU,  adj.  scidau  nach  ort  eines  hOßinjs:  der  hof- 
schlaue Walter.  Schiller  kab.  u.  liebe  2, 1. 

HOFSCHMEICHLER,  m.:  wehe  dir  könig  Herodes.  dasz 
du  deinen  gottlosen  hofschmeichlern  glauben  gibst.  Reiszner 
Jerus.  2,  91* ;  disz  waren  seine  {des  Gargantua)  hofschmeichler, 
seine  aufwarter,  wie  die  mäusz  des  Biogenis  Schmarotzer, 
die  ihm  aufwarteten  weil  er  etwas  hat.  Garg.  131' ; 

es  habens  die  hoCTschineichler  tban.    H.  Sachs  3,  i,  152:. 

HOFSCHNACK,  m.  lustigmacher  bei  hofe:  kennet  ihr  doch 
Morohu,  den  alten  hofschuacken.   engl.  kom.  2,  LI  6. 

HOFSCHNEIDER,  m.  Schneider  ßr  einen  hof,  z.  b.  einen 
klosterhof:  hoffschneider  kumbt  an  die  hofarbeit  nach  pfingstcn 
oder  so  die  tiecher  geschorn  seint,  ante  coxp.  Christi.  Germ. 
9, 194  {aus  Tegernsee,  16.  jahrh.) ;  ßtr  einen  fürstlichen  hof:  hof- 
schneider,  sarcinalor  aulicus  Stieler  1900;  befahle  dem  hof- 
schneider  er  solle  den  pagen  und  laqueien  nur  einen  schub- 
sack in  die  hosen  machen.  Schcppics  31 ;  als  tUel,  der  auch 
in  andern  Verhältnissen  scherzhaß  angewendet  wird:  von  meister 
Jacobs  der  Studenten  hofschneiders  frau.  gefl.  finken  13. 

HOFSCHMTT,  m.  schnitt  der  kleidung  an  einem  ßtrstlichen 
hofe: 

ist  es  (ilie  form  eines  mantels)  eiu  neur  hofschuit, 
so  taugt  er  keiner  kaiserin  nit.    fasln,  sp.  671,  17. 

HOFSCHÖFFE,  m.  gerichtsbeisitzer  aus  dem  stände  der  unter- 
tltanen  eines  adlichen  hofes:  vor  ganzem  gericht  der  hofscheffen 
und  laudtscheffen.  wersfA.  2, 1S9  {Hundsrück,  ron  1506);  die  14 
gerichtsscheffen,  die  man  nent  die  hofscheffen,  darzu  auch 
die  14  landtscheffen.  190. 

HOFSCHRANZ,  -SCHRANZE,  m.  verächüiche  bezeichnung 
eines  höheren  hoßedienten  mit  hervorhebung  des  kriechenden  und 
schmeichelnden,  das  wort  ist  seit  dem  16.  jahrh.  gebräuchlich 
{das  einfache  schranz  und  schranze  älter),  die  starke  form  selten 
{genitiv  des  hofschranzes  Happel  acad.  vom.  95),  gewöhnlich  die 
schwache:  wie  wir  auch  noch  jtzt  in  heirenhöfen  sehen,  .  . 
das  die  hofeschrauzen  und  finanzer,  wenn  sie  nur  sehen,  was 
den  fürsten  und  herrn  gefeilt,  und  hoffnung  da  ist,  etwas 
zu  erschnappen,  thun  und  reden  sie  getrost,  was  sie  dünkt 
es  gefalle.  Luther  3,297*;  Saul  und  alle  seine  hofeschranzen. 
29S';  der  bischoff  zu  Mentz  mit  seinen  hofeschranzen.  515';  und 
ist  auch  ein  grosze  eiferung  unter  denselben  hofscbranzen. 
.MicYLL.  Tacü.  442';  trib  er  sein  gespai  nach  der  jungen  hof- 
scbranzen an.  Zimm.  ehr.  3, 233,  5 ;  Lazarus  von  Schwendi  .  . 
pilegte  zu  sagen:  der  Studenten  und  gelehrten  freundschaft 
entspring  ausz  ehrliebigkcit.  der  hofscbranzen  ausz  zutrinken, 
und  der  kaufleut  ausz  nulzbarkeit.  Zixkcbef  apophth.  1,1S7; 
die  herren  vom  adel  {sollen  sein)  tapfer  und  mannhaft,  nicht 
aber  aufgeblasen  und  hoffärtig.  die  hoffschranzen  nicht  fuchs- 
schwänzer und  trunkenbolde.  Schcppics  539;  ein  hofschranze, 
der  gut  tanzt,  ein  nachtessen  wohl  anzuordnen  weisz,  und 
ein  überwindendes  talent  hat  sich  bei  den  weibem  in  gunst 
zu  setzen.  Wielaxd  2, 292  (249) ;  verkriechst  dich  zum  ersten 

107 


1 699  UOFSCURANZENBLUT  —  HOFSPEISE 


HOFSrERLING  —  HOFSTATT 


1700 


hofschranzen  eines  eigensinnigen  neidischen  pfaffen  (des  bischofs 
von  Bamberg).  Göthe  8,  30 ;  alle  das,  womit  die  bofscliraazen 
ihn  von  seinem  volke  geschieden  haben.  10,  S7 ; 

manch  hofschranz  suchte  zwar  sofort 
das  kiiifTchcn  zu  vereiteln.    IIürger  26*. 

mit  weiblichcin  gescIdeclUe :  was  plaudert  nicht  eine  hofschranze! 
und  hülle  ich  ihn  doch  nur  plaudern  lassen!  Lessinc  3, 180. 

H0FSCHR.\NZENBLL1T,  n. :  dasz  noch  kein  tropfen  hof- 
schranzenblut  in  meinen  ädern  lauit.  Boue  in  Merks  briefs. 
1,  173. 

HOFSCHRANZISCH,  adj.  und  adv.  nach  art  eines  hofschranzen. 
GuMPELziiAiHER  de  excrcU.  acad.  95. 

HOFSCHRIFTSTELLEH,  m.:  denn  der  Homer  Tacilus  ist 
in  gewissem  sinne  ein  hofschriftstcllcr,  mittelpunkt  seiner 
erzüblung  sind  die  Charaktere  der  kaiser  .  .  Fhevtag  hand- 
schriß  3,  47. 

HOFSCHULE,  f.  schule  eines  fwstliclien  hofes:  das  Zeitalter 
Ludwigs  des  frommen  lehrt,  was  die  hofschuie  die  Carl  er- 
richtet, gutes  gestiftet.  PnuTz  museum  1^66  5.  711.  in  freierem 
sinne,  Unterricht  wie  man  bei  hofe  sich  zu  veihalten :  Tacitus, 
welcher  gerühmet  wird  ein  lehrer  der  fiusten,  professor  der 
hoff-schule,  ein  fürst  und  fahnfühper  aller  geschichlschreiber. 
BuTSCiiKY  Palm.  «l. 

HOFSCHCLER,  »1.  besucher  einer  hofschuie:  hofschüler  und 
edelknaben.  Rommel  6, 454.  455. 

HOFSCHURKE,  m. :  günstlinge  und  übrige  hofschurken  des 
königs.  Dahimaxk  gesch.  d.  franz.  revol.  367. 

HOFSCHUSTER,  wi.  schusler  für  einen  hof,  z.  b.  einen  kloster- 
hof:  nach  Jacobi  stet  der  hoffschuester  an  sein  werk.  Genn. 
9, 195  {Tcgernsee,  16.  jalirh.).  für  einen  fiirstlichcn  hof,  sulor 
aulicus  Stiei.er  1938. 

HOFSCHWAMM,  m.  im  bilde  für  einen  bösen  hofdiener: 
biszweilen  findet  man  einen  {fürslen),  der  druckt  ein  hoEf- 
schwam  ausz,  der  viel  wasser  in  sich  gezogen,  und  henkt 
ihn  an  die  sonne,  wicAsverus  seinem  untreuen  Haman  thate. 
SciiLPPiLS  833. 

HOFSCHWÄTZER,  wi. ."  den  langweiligen  hofschwätzer  Ein- 
hard.  Pbutz  museum  1SG6  s.  711. 

HOFSEELE,  f:  eine  von  den  weiblichen  hv-Iicelen  {damen 
des  hofes).  J.  Paul  anh.  zum  Tit.  1, 74. 

HOFSEITE,  f  1)  scüe  eines  gebäudcs  nach  dem  hofraume: 
die  besten  zimmer  dieses  hauses  liegen  auf  der  hofseite. 

2)  seile  auf  der  sich  die  personcn  eines  fürstlichen  hofes  hallen ; 
it'iH  local:  auf  der  einen  seile  (standen)  die  faniilien  des  hofes, 
auf  der  andern  die  Stadt .. .  die  haronesz  machte  nach  kühler 
bi-grüszung  eine  gehaltene  handbewegung,  durch  welche  Ilse 
an  das  ende  der  hofseite  . .  gcslellt  wurde.  Fueytac  haudschr. 
2,403.  in  freierem  sinne:  der  vornehmsten  prälalen,  die  immer 
auf  die  hofseite  hinken.  Wielanü  29,197. 

HOFSITTE,  f.,  früher  m.,  höfische,  feine  sitle: 

mein  frau  die  kan  sicli  schon  aurpQanzcn 

mit  neuem  siten  und  mit  tanzen : 

so  kan  sie  auch  allen  hof^iitcn  wol.    fastn.  $p.  104,19; 

ich  bin  auch  ein  frau  wolcetan. 

nii  wil  icli  niicli  geiuigen  lan 

auch  au  dem  alten  holsitcu.     106,29; 

du  gcschn-urst  schon,  wir  kundcu  nit 

tanzen  noch  der  hofsit.    581,  2 ; 

eines  bloszen  adcpten ,  wie  graf  Brühl  einer  war,  welcher 
noch  übenein  durch  hofsitte  und  hofton  eingeengt  wurde. 
H.  Laube  das  norddeutsche  tlieater  (1872)  s.  22. 

HOFSITTLICH,  adv.  höfischer,  feiner  sUte  gemäss:  sage  also 
bofsitlich,  das  meine  giöstc  angelegcuheit  ist,  mit  der  Iaht 
zu  beglaulten,  das  .  .  BtJTSCHkY  kanzl.  325. 

HOFSITZ,  m.  residentia.  Stieler  2037. 

HOFSKLAVEREI,  f.:  fürslen-  sive  hofsklaverei,  splendida 
aulae  $ervitu$  Stielek  1830;  das.  1829  auch  hofsklave,  manci- 
pium  palatinum,  fürstenskluvc. 

HOFSONNE,  /■.  gunst  eines  hopialtenden  ßrsten,  unter  dem 
bilde  einer  sonne:  so  sehr  sicIi  dieser  auch  in  den  strahlen 
dor  . .  bofwiine  gcliel.  menmren  des  rittcrs  v.  Laug  1, 2s. 

HOFSPASZMACHER,  m. :  der  bofspaszinacher  um  hofe  der 
Chrislina  von  Schweden.  Göki.fCR  1, 101,anm.  1;  willkommen 
bofspaHZDiacher!  Fn.  MCli.ei  2,9. 

HOFSPEISE ,  f  in  Obersachsm  die  rszuaaren,  welche  eine 
ailicht  Killte  nach  dem  dreitzigstcu  tage  nach  ihres  ehegatten  lodt 
ton  dem  hofe  oder  dessen  gute  mit  sich  nimmt;  auch  mustbeil. 

▲OKLON«. 


HOFSPERLING,  »«.  haussperling.  Nemnich. 

HOFSPRACHE,  f  l)  der  versammlungstag  der  hopwrigen 
leute  im  stifte  Osnabrück.  Moser  fMtr.  phant.  2,352;  eilte  der 
alte  zum  meierhofe,  und  erhielt  sogleich  von  dem  redemeier, 
dasz  eine  bofsprache  angesaget  wurde.  355.  sie  ist  auch  mit, 
Vergnügungen  verbunden:  wenn  sie  jährlich  auf  der  bofsprache, 
welche  die  berrschaft  damals  noch  mit  ihrer  gegenwart  zu 
beehren  pflegte,  tanzte.  352. 

2)  die  spräche  eines  fürstlichen  hofes:  wie  man  der  franzö- 
sischen spräche  niemals  den  vorzug  streitig  muchen  wird, 
als  ausgebildete  hol-  und  Weltsprache  sich  immer  mehr  aus- 
und  fortbildend  zu  wirken.  Götue  23,264;  da  die  haagsche 
bofsprache  {die  spräche  des  hofes  im  Haag)  französisch  ist. 
Signale  für  die  music.  weit,  jahrg.  1866  s.  hl3. 

HOFSPRUCH,  m.  höfischer,  kluger  spruch:  Sprichwörter, 
schöne,  weise,  herrliche  clugieden,  und  hoffspiüch.  S.  Frank 
sprichw.  (1341)  bd.  1,  tilel.     vgl.  hofrede. 

HOFSTAAT,  m.  ursprünglich,  nach  der  allen  bereits  vor  dem 
16.  Jahrhundert  ausgebildeten  bedeutumj  von  Staat  =  lat.  Status 
die  ^  Ordnung  eines  hoßialls,  geordneter  zustand  desselben :  (die 
zchenden  sollen)  allhero  zu  unserm  holsiatt  in  die  kastkellcrei 
...verschafft  (werden).  Würtemb.  zehcndordnung  1650  s.  53;  als 
churfürst  Fridrich  der  vierdlc  den  hoffslaateu  einziehen,  und 
den  kosten  ringeren  wolle.  Zinugrek  ü/(0/;W/».  1,331;  auch  zu 
dem  hofstaat  eines  deutschen  kaiscrs  gehörte  ein  solches 
gericht,  das  ihn,  bei  seinen  zügcn  durch  das  reich,  immer 
begleitele.  Götue  26, 124.  auch  in  emjerm  sinne,  nur  auf  die 
personen  die  zu  einem  hofhalte  gehören,  angewendet:  der  fürst 
wohnte  mit  seinem  ganzen  hofstaate  der  feierlichkeit  bei ; 
und  hier  auch  freier  gebraucht:  so  peitschte  Luciane  den  lebens- 
rausch  im  geselligen  Strudel  immer  vor  sich  her.  ihr  hof- 
staat vermehrte  sich  laglich,  .  .  weil  ihr  treiben  so  manchen 
anregte.  17,242;  einer  von  ihrem  hofstaat  hatte  stets  eine 
börse.  das.  Verwechselung  mit  dem  unten  folgenden,  ganf  deut- 
schen Worte  bofslall  komml  vor,  z.  b.  wenn  von  dem  ktztereu 
hofstaat  das  geschlecht  annimtnt: 

es  hatte  Sulimanu  die  Leyen,  agas,  hassen, 
der  ganzen  hofstaat  zug,  in  scIincUera  ritt  verlassen. 
Hageuorn  2,  11. 
s.  weiter  unter  hofslatt. 

HOFSTADT,  f  residenzsladt :  die  fürstl.  hofsladt  Weinmar. 
neuspross.  palmb.  424 ;  Tefflis,  andere  königliche  bofstadt  in 
Armenien.  A.  Ghypuius  1698  1, 179. 

HOFSTATT,  /".  1)  mhd.  hovcstat,  ahd.  bovastat,  die  statte 
worauf  ein  baucrn-,  adlicher  oder  fürstlicher  hof  errichtet  werden 
soll  oder  auch  errichtet  ist,  sowie  die  darauf  stehenden  gebäude 
selbst:  area  hofstat  üief.  46';  curlis  hofslat  164';  hoffstal, 
arca,  spacium  teire  quod  udscribitur  curie.  voc.  ine.  theul.  k3'; 
bisz  er  . .  im  himmel  irgends  ein  hoffslatt  mag  kaufen,  darauf 
er  ein  pallasl  der  verdinsten  und  guter  werk  kan  zimmern 
und  bauen,  bicnk.  167*.  selbst  der  bauplatz  für  eine  ganze  sladt : 
Elia  ist  nicht  auf  der  hofstatt  da  Jerusalem  gestanden,  ge- 
bawi.  Reiszner  Jenij.  2, 162';  und  die  wüste  statte,  worauf  ehe- 
mals ein  gehöft  stand,  vgl.  Sciim.  1, 1060 /Vomm..'  «las  die  leere 
Yvüsle  hofeslat  deste  gröszer  werde.  Luther  3,250'.  ferner  die 
Scheunentenne:  area  hofslat  1  sciurenlennc  Dief.  not'.  i//o5s.  33'; 
auch  ein  bestimmtes  flächenmasz.  Le-XER  mhd.  handwörterb.  1,1369. 

2.)  hofstatt  ist  umdeulung  des  halbfremden,  bereUs  im  17.  jh. 
belegten  hofstaat  (s.  d.),  und  bedeutet  die  hopialtun'j  eines  fürsten 
xind  die  dazu  gehörigen  personen;  der  gang  der  umdeutung  er- 
scheint deutlich,  wenn  hofstatt  zunächst  den  ort  einer  solchen 
hofhaltung  bezeichnet:  als  sie  nun  in  eine  fürstliche  hofstalt 
in  Teutscblandl,  die  den  ruf  des  vilen  zulrinkens  halle,  an- 
kamen. ZiNKGHEF  apophthegm.  2,  53;  glünzel  alles  an  einer 
königlichen  hofstat.  Butschky /'ü/m.  730 ;  ich  weisz  aber  dasz 
allerband  huchversliindige  cavallier,  und  andere  gelahrte  und 
curiuse  leut  ausz  allerlei  platzen,  bei  e.  bocbgr.  excell.  buff- 
stat  pflegen  sich  zu  samlen.  Scnurpius  2; 

eilt  er  von  seiiiur  herrschcrinn 

den  augcublick  zur  hofstatt  hin.    IUgidorh  2,87; 

das    wachs    davon    zu   unserer   bofstadt    anhero   zu    liefern. 
veiordnung  von  1719  bei  Moser  ;w/r.  i)hanl.  3,164; 

dort  wird  er  jagen,  hauu,  gettüte  ballen, 
»ich  eine  hoututt  gründen  .  .  . 
und  kun,  ein  grusier  koiiig  sein. 

ScuiLLER  Wallenitein*  tod  1,  '; 

eure  hofsiott  lit 
der  liti  der  raiiuie,  lagi  mnn,  und  der  markt, 
wo  alles  schüno  luusi  den  itapel  halten.    Jungfrau  S,  3; 


1701 


HOFSTÄTTE— HOFSUPPE 


HOFTAFEL  —  HOFVERSTAND 


1702 


hofstatt  halten,  trie  hof  halten: 

ich  aber  lobe  mir  das  ländliche  vergnügen, 
das,  fern  von  deiner  groszen  weit, 
auf  frischen  blumen  hofstatt  hält. 

Klaver  Sch»idt  poel.  bnefe  55. 

dann  tcesen,  art,  rerlauf  der  hofhaltung :  der  {künig  ron  Frank- 
reich) sei  vor  einem  Tornehmen  closter  vorüber  geritten,  habe 
gedacht,  das  closter  könne  sehr  dienlich  seia  zu  der  könig- 
lichen hofstatt.  ScHCPPiüs  95;  wann  mancher  fürst  oder  graf 
in  Oberdeutschland  das  holz,  welches  ihm  gestolen  wird  .  . 
zu  Hamburg  hätte,  er  könte  seine  ganze  hofstatt  davon  halten. 
s.  101.  endlich  triit  die  persönliche  bedeutung  scharf  hervor :  ist 
er  {der  könig)  mit  seiner  ganzen  hofstatt,  diese  wunderlcnthe 
zu  schauen,  vor  den  berg  gekommen,  pers.  rosenth.  1,6;  (der 
churßtrst)  kömpl  mit  seiner  churfürstlichen  gemahlin  und  kin- 
dern,  mit  seiner  ganzen  hochansehnlichen  hofstatt  in  die 
kirche.  Schcppics  IS2;  auf  den  platz  vor  dem  schlosz  in 
gegenwart  der  ganzen  hofstatt.  geß.  finken  227 ; 

für  deine  hofTstat,  berr,  ist  dein  pallast  von  eisz. 

Weckherlis  222  0'*-  104). 

HOFSTÄTTE,  7-,  trie  hofstatt  1,  die  statte  worauf  ein  hof 
oder  eine  gebäulichkeit  sieht  oder  stand:  eine  hoffstette  in  der 
Stadt  Halle  am  kommarkte  gelegen,  da  vor  etlichen  jähren 
eine  capelle  s.  Lamperti  gestanden,  urk.  ron  1522  bei  Dret- 
HAüPT  Saalkr.  1,  940 ;  statte  eines  virtschaftshofes :  aus  der  ferne 
klang  der  schritt  des  Wächters,  der  die  hofstätte  umkreiste. 
Freitag  handschr.  1, 108. 

HOFSTÄTTEL,  n.  curtile,  parvus  locus,  parva  area.  Halt- 
AUS  942. 

HOFSTÄTTER,  m.  in  Österreich  ein  kossat.  Jacobssox  6,9l'; 
ihre  guter  und  häuser  (in  gewissen  dörfern)  werden  in  ganze, 
halbe  und  viertelhöfc,  oder  in  mayerbauern,  zwirössler,  hof- 
stätter und  kleinhäusler  eingetheilt.  Hohbebg  2, 10*. 

HOFSTAUB,  m.  staub  eines  fürstlichen  hofes:  gebe  uns  der 
himmel  den  genusz  davon  und  stäube  allen  akten-  und  hof- 
staub um  uns  weg.   Güthe  an  frau  v.  Stein  1, 2S7. 

HOFSTECHBAHN,  f  stechbahn  an  einem  ßrstlichen  Hofe: 
es  verging  kein  tag,  wo  nicht  die  hofstechbahn  mit  einigen 
wohlgerüsteten  rittern  besetzt  war.  McsÄcs  rolksm.  "6. 

HOFSTIMME,  f.  feine  stimme,  icie  sie  an  einem  ßrslUchen 
hofe  gehört  icird:  darauf  lunannte  sie  ihren  alten  weinenden 
vater,  der  vor  der  hofslimme  seiner  tochter  erschrack  und 
nicht  wüste,  ob  er  mit  seiner  bäurischen  spräche  ihre  obren 
beleidigen  dürfte.  TbCmmel  WUhelmine  (lTft4)  28. 

HOFSTOLZ,  m. ;  sie  (die  ßrstin)  allein  am  hofe  schien 
den  barschen  jüngling,  dessen  stolze  offenheil  so  oft  gegen 
den  verdeckten  hofstolz  und  besonders  gegen  den  offnen  des 
fürsten  anrennte,  mild  und  recht  zu  nehmen.  J.  Padl  Tit. 
3, 185. 

HOFSTREICH,  m.  streich  wie  er  an  einem  ßrstlichen  hofe 
verübt  uird :  ein  fein  entworfener,  glücklich  ausgeführter  hof- 
slreich.  Klinger  3, 129 ;  indem  er  das  ganze  als  einen  lustigen 
hofstreich  ansah,  den  man  in  gefolg  meiner  unarten  habe 
ausgehen  lassen,  imi  mich  zu  kränken  und  zu  beschämen. 
GOtbe  48, 185. 

HOFSTUBE,  f.  Stube  eines  ßrstenhofes  ßir  die  hofleute: 

für  die  hofTstub  lauf  ich  behendt. 

Weller  ZOjäbr.  krieg  ft4  (ron  1620); 

disen  zwen  bofstubenstänkern  (hofleuten).  Garg.  134*.  im  fol- 
genden scheint  die  formel  hofstuben  machen  obseönes  zu  ver- 
hüllen : 

du  sok  mit  in  (den  fraven)  schimpfen  und  lachen, 
vil  mit  in  hofstuben  machen,    teufels  netz  2164. 

HOFSTÜCK,  m.  stück,  sugehOr  eines  ßrstlichen  hofes;  ver- 
ächtlich von  einer  person :  ich  sah  wohl  ein,  dasz  ich  auf  diesem 
wege  so  ein  hofstück  werden  würde,  das  man  nicht  mehr 
entbehren  will,  weil  man  sich  zu  sehr  daran  gewöhnt  hat. 
Kli^ger  9,215. 

HOFSUPPE,  /".  (neben  hofesuppe,  s.  d.),  suppe  icie  sie  bei 
hofe  gereicht  wird,  entweder  mit  herrorhebung  des  gut  bereiteten: 
hofsuppe,  jus  adipatum,  seu  adipale  Stieler  lü87;  oder  des 
reichlich  gespendeten:  brief  und  hoffsuppen  sind  zu  hoff  wol- 
feiler  dann  ein  baurn  juppen.  S.  Fbam  sprichw.  1,  Sl'.  als 
redensart:  der  hofsuppe  nachreiten,  bei  hofe  gegen  das  essen, 
vmsonst  dienen :  herzog  Erich  . .  hell  einen  allen  diener,  der 
lang  der  hofsuppen  nachgeritten,  auf  gnad  gedienet.  Kirchhof 
vendunm,  40';    die   hofsuppe   deuen   aber  heiszt  bei  H.  S.acbs 


dende  suppe  verzehren,  wie  sie  von  hofe  weg  an  arme  gereicht 
wird,  daher  sich  ärmlich  behelfen: 

die  hofsuppen  musz  ich  wol  dewen, 
und  musz  die  berenklawen  saugen, 
meins  elends  kan  ich  nicht  rerlaugen.    2,  4,  5*. 

HOFTAFEL,  f.  l)  accubatio  aulica.  Stieler  190 ;  (der  fremde) 
wird  gelegentlich  zu  kleiner  hoftafel  eingeladen.  Frettag  hand- 
schriß  2,306. 

2)  hoftafel,  Judicium  curiae  in  Bohemia.  Haltaus  943  (von 
14S4). 

HOFTAG,  m.  tag  an  dem  man  zu  hofe  gehl;  nach  den  ver- 
schiedenen bedeutungen  von  hof  verschieden:  zum  dienste  an 
einen  edelhof,  frohfitag;  zur  Schlichtung  eines  rechtshandels  an 
einen  gerichlshof,  rechtstag;  endlich  auch  zur  dienstleistung  an 
einen  fürstlichen  hof. 

HOFTANZ,  m.  tanz  nach  hüßscher  art:  weit  von  dannen  ir 
hofdänz.  Garg.  S3" ; 

trompeten  und  pauken  erklangen, 
und  den  hoflanz  führte  man  auf  mit  guten  manieren. 

GÖTHE  40, 113, 
nach:  men  danzedc  den  hofdanz  bi  manneren, 
mit  trumpen  unde  mit  schalmeiden. 

lieinecke  fuchs  3286. 

bei  M.aaler  ist  hoftanz  ein  reihentanz:  hoftanz,  ein  brandle, 
orbis  sallatorius  230%  vgl.  dazu  branle  th.  2,  304 ;  in  N'elsidlebs 
newgeordnel  künsll.  lautenbuche  (^ürmberg  1536)  ein  tan:  in  vier- 
theiligem tact:  hie  folget  der  recht  artlich  hofftanz  im  abzug. 
theil  1,  bl.  t3';  ein  geringer  hoStanz.  vi*. 

HOFTÄ.NZLEIN,  kleiner  hoflanz,  mhd.  hovetenzel: 

da;  wir  treten 

aber  ein  hovetänzel  nach  der  gigen.    Neidbart  40,  24; 

in  Necsidlers  lautenbuche  ßthrt  ein  mtisikstick  in  vierOieiligem 
tact  die  Überschrift:  ein  guls  hoftenzlein  für  ein  schuler.  th.l, 
bl.  e2". 

HOFTAUBE,  f.  columba  domestica.  Nehxich. 

HOFTEIDING,  n.  placitum  curiae,  Judicium  curiae  provin- 
cialis  in  Austria.   HaltaüS  943. 

HOFTEUFEL,  m.: 

der  listig  hofteufel  ich  bin.    H.  Sachs  3, 1,  97*. 

HOFTHEOLOG,  m. :  nachdem  unter  Louis  XIV  durch  Bos- 
suet  und  die  übrigen  hoflbeologen  die  lehre  vom  göttlichen 
recht  proclamirt  worden  war.  Frantz  krüik  aller  parteien  36. 

HOFTHOR,  n.  thor  das  zu  einem  wirtschapsliofe  führt:  waren 
wh-  . .  eben  im  begriff  unsern  gegen  das  hofthor  gerichteten 
wagen  zu  besteigen.  Göthe  30, 133. 

HOFTHCR,  f.  janua  cohortis,  sice  areae.  Frisch  1, 461". 

HOFTON,  m.  ton,  art  und  weise  des  ausdrucks  und  Umgangs, 
wie  er  bei  hofe  herscht :  der  Inhalt  der  gedichte  der  truuba- 
dours  war  theils  allegorisch,  und  auf  die  damalige  pracht 
und  feierlichkeit  des  hoftons  gestimmt.  Esche."»bcbg  entwarf 
einer  theorie  u.  literalur  der  schönen  wissenschaßen  (l7S9)  s.  67; 
es  gehörte  nun  ordentlich  mit  zum  hofton,  dem  admiral  mit 
ehrfurcht  zu  begegnen.  Beckers  weltyesch.  8, 135.  man  sagt 
auf  hofton  mit  einem  leben,  stehen,  trenn  bei  tiefgreifenden 
differenzen  die  form  des  begegnens  eine  unladelhaß  höfliche  ist. 
vgl.  nach  hofrecht  umgehen,  auf  hofrechl  trinken  oben  sp.  1696. 

HOFTRAUER,  f  Irauer  um  einen  verdorbenen,  die  ein  fürst- 
licher hof  ßr  seine  glieder  anordnet. 

HOFTRAUFE,  f  implurium.  Stieler  2329. 

HOFTROMPETER,  m.  tubicen  aulicus.  Stieler  2340. 

HOFTRUCKS,  m.  bezeichnung  eines  langsamen,  trägen  men- 
schen aus  der  hofdienerscliaft,  vgl.  druckser  theil  2, 1451 : 

für  die  hoffstub  lauf  ich  behendt, 
und  seh,  wo  die  hofftnickse  bleiben. 
,  Weller  30;n/ir.  krieg  M  (ron  1620). 

HOFTUGEND,  f:  vertraute  geheimnüsse  verschweigen 
ist  eine  königliche  aussteuer,  die  nothwendige  hofflugend. 
BCTSCBET  PatmM  114. 

HOFUHR,  f  uhr  auf  einem  wirischaflshofe :  die  hofubr  schlug. 
Frettag  handschr.  i,  112. 

HOFUMGEBÜNG,  f.  die  einen  fürsten  umgebenden  diener  und 
minister.  Göthe  33, 131. 

HOFVERHÄLTMSSE,  n.  plur.  Verhältnisse  eines  ßrstlichen 
hofes:  die  hof-  und  kriegsverhältnisse.  Göthe  6,79;  prun- 
kende hofverhällnisse.  Gztyiyvs  gesch.  d.  deutscJi.  dichlung  l,9Z. 

HOFVERSTAND,  m.,  in  der  formel  haus-  und  hofverstand, 
verstand  wie  er  ßir  haus  und  hof  ausreicht,  gemeiner  verstand: 
eine  klare,  plane  darslellnng  seiner  (des  nachdrucks)  unrecbV* 

107* 


1703 


IIOFVERWALTER  —  HOFWERK 


HOF  WERKLEUTE  —  HOFZWANG        1 704 


maszigkeit  für  den  gemeinen  gesunden  haus-  und  hofverstand. 
J.  Paul  herbstblumine  3,  109. 

IIOFVERWALTER,  in.  Verwalter  eines  wirlschaßshofes :  ge- 
schäftig eilte  der  hofvcrwalter  um  die  otTenen  scheuern. 
Freytac  handschr.  1.  112. 

HOFVERWANDTER,  m.  einem  fürstlichen  Itofc  zum  erscheinen 
und  persönlichen  dienst  tcrp/lichtel :  heut  bin  ich  wieder  ein 
hofverwandtcr,  sehe  aber  meine  beste  noch  vor  tische.  Göthe 
an  fr  au  v.  Stein  1,  372. 

HOFVOGT,  m.  vogt  über  die  zu  einem  Itofe  gehöriyen  unler- 
thanen. 

HOFVOLK,  n.  volk  oder  menschen  an  einem  ßrstlichen  hofe. 
Klinger  10, 101 ;  seine  (Molieres)  genialen  posscn  werden  einer 
Lcrahlassung  zum  gassenvolke  angedichtet,  anstatt  dasz  man 
hesser  manche  rcgelniäszigen  hi;;tspiele  einer  herablassung 
zum  hofToIke  zuschriebe.  J.  Paul  vorsch.  d.  ästliet.  1, 197 ; 

ich  wnis  das 

und  noch  mer  ctzwns, 

das  das  tiofrolk  nit  cnknn 

den  neuen  trit,  den  wir  lian.    fastn.  sp.  397,  6. 

HOF  WA  GEN,  m.  wagen  ßr  den  gebrauch  eines  ßrsilichen 
hofes.  bildlich:  damit  er  ihn  vielleicht  noch  besuchen  könnte, 
eh  er  an  die  deichscl  des  hof-  und  slaatswagcns  gescl)irrl 
(j«  hofdienste  getreten)  wäre.  J.  Padl  Hcsp.   l,  127. 

HOFWART,  f7i.  hüter  eines  wirtschaßshofes.  so  wird  der 
hopiund  in  alten  quellen  genannt,  mhd.  bovewart  (Lkxer  wb. 
1,1370);  der  rittcr  schalt  das  Windspiel:  du  böser  hofwart. 
Bechstein  mährch.  49. 

HOFWARTER,  m.  aufseher  eines  wirtschaßshofes,  hofmeister: 
oder  das  einer  grosze  und  herrliche  mcycreicn  wöll  haben, 
der  iren  {ihrer)  mit  bauwen  nicht  auszzuwartcn  vermag :  er 
wöll  dann  vileicht  alles  zu  meiner  jungherrn  (ironisch),  der 
hofwarter,  bedingtlcuten  und  gültbawren  genad  setzen.  Sebiz 
feldbau  26. 

HOFWEHR,  /.  wie  hofgewehr  sp.  1650  die  ausrüstung  eines 
bäuerlichen  hofes  mil  schiff  und  geschirr,  gutsinventar :  die  bauern 
von  Neuenkirchen  (klagen),  sie  hätten  nicht  genug  ausstat- 
tung  mit  saat-,  brot-  und  trinkclkorn  und  übriger  hofwehr. 
schreiben  von  1763  bei  BAtHSTARR  die  univ.  Greifswald  vor  100 
und  vor  50  jähren  (lS66)  s.  25 ;  bei  erlüschung  eines  contracls 
sollte  man  die  grundstückc  . .  an  freie  Icute  vergeben,  damit 
vermögende  sich  ein  eigenthum  an  der  hofwehr  verschaffen 
können,  anstatt  dasz  die  universitflt  in  der  hofwehr  ihrer 
60-70  bauern  ein  groszcs  und  sich  schlecht  verzinsendes 
kapital  stehen  bat.  commissionsbericht  v.  1771,  ebenda  s.  34. 

HOFWEHRUNG,  /".,  wie  hofwehr,  gerate  zum  ackerbau,  so 
viel  ein  bauer  dessen  von  seinem  kerrn  bekommt.  Friscu  l,46l'. 

HOFWEIB,  n.    l)  ein  hopiöriges  weib. 

i)  mit  etwas  grobem  ausdruck,  auch  ein  an  einem  fürstlichen 
hofe  lebendes  weib:  wie  könnten  sie  ihren  Friedanot  auch 
anders,  als  durch  cntfernung,  vor  den  hofweibern  schirmen, 
welche  auf  ihn  eindringen  müssen  von  seinen  drei  grazicn 
angelockt,  dasz  er  nämlich  zugleich  ein  fürst,  ein  kind  und 
ein  knabe  ist.  J.  Paul  Levana  2, 129.  dim.  hofweibchcn :  was 
kann  denn  ans  dem  kleinen  wesen  (einem  vielgereisten  kinde) 
werden?  ein  hofmünnchen  oder  hofweibchcn  ohne  hof,  kühl, 
hell,  fein,  matt,  satt,  sUsz  und  schön.  3,  6t. 

HOFWEISE,  f  hofische  art  des  betragens:  mit  .  .  artlichen 
züchtigen  gcbcrden  und  hofweisz.  Frank  weltb.  lOS';  die  vollen 
zapfen  . .  die  solch  narrenthäding  für  ein  hofweisz  und  wol- 
»landl  hallen,  laster  d,  trunkcnh.  VC;  wuszten,  dasz  er  gar 
Tiel  hofweisz  unter  groszen  herren  und  frauwcn  üben  kundtc. 
b.  d.  liebe  290* ;  was  hofweise  treilicn  heiszc.  Petrach.  46*  am 
rande,  im  texte  eine  längere  auseinandersctzung  darüber; 

was  bofweiii,  bist  du  untcrrictit  (du  wrisi,  wie  du  (Uch  bei  hofe 
tu  benehmen  hast).    II.  Sachs  3,  2, 23.*)'. 

MpCUivh:  das  ist  eine  schöne  hofweis c  (eine  schlechte  hopich- 
keii).  Frisch  1,461'. 

HOFWELT,  f  well,  leule  eines  fürstlichen  hnfes:  bekannt 
rnit  der  hof-  und  staatswolt.   Götiie  24,115. 

HOFWERK,  n.  kistung  mitiVlrisdier  dienstpflicht  von  teilen 
der  hofunterthänigen  Irule  an  den  hofherrn.  Haltauh  943;  dann 
kriegtdienst  überhauj4 :  (die  gebrUder  von  Geunau  stellen  dem  rate 
XU  Halle  zehn  mann  zum  kriegsdienst  auf  vier  wochen)  und 
wann  uns  der  gnanic  rath  »on  Halle  ehir  uszlaufung  der  vir 
wücbin  Urlaub  gibt . .  Süllin  wir  den  von  Halle  gnurh  gclhan, 
und  zu  vorderin  deinstc  und  hoffwerk  unvorpflichlil  syen. 
DiETHAcrr  Saalkreis  3,303  (r.  I4&&);  kritg$dientt«  Umende  mann- 


schaß. Haitaus  944;  in  unsen  dagen  wart  in  dussen  landen 
tu  Sassen  nue  (nie)  gebort  noch  vernomen  dat  so  grot  menlik 
volk  van  geringen  hovewerk  so  verstrawet  worde.  d.  slädteehr. 
7,  254,  17,  vgl.  390, 16. 

HOFWERKLEUTE,  plur.  werkleute  eines  ßrstenhofes;  in  der 
folgenden  stelle  von  einem  maurer  und  einem  Zimmermann: 

gnedigcr  fürst,  ich  bring  bereit 
eur  fürstlich  gnaden  hofwerkleut. 

i.  Atrkr  121'  (612,  17  Keller). 

HOFWESEN,  n.  hofhalt:  Lundcrs,  da  der  kttnig  von  Engel- 
lant  sein  hofwesen  het.  Wilw.  v.  Schaumb.  90;  leben,  art,  zu- 
stand des  hofes:  doctor  Luther, . .  wenn  er  zumal  vom  regiment 
und  hofwesen  geredet.  Sciiurpius  845 ;  abschaffung  der  misz- 
bräuche,  welche  das  hof-  und  bcamtcnwesen  durchdrungen 
hatten.  Becker  wcllgesch.  11,117;  schenkte  er  den  fortschritten 
der  Wissenschaft  die  aufmcrksamkeit,  welche  vormals  das  hof- 
und  Staatswesen  in  anspruch  genommen  hatten.  425. 

HOFWIESE,  /".  wiese  an  einem  fürstlichen  hofe: 

unden  auf  unser  grün  tioffwicsen  (xoli  ein  lurnier  qehnUrn 
werden).    H.  Sachs  3,2,235'. 

HOFWIND,  m. :  manche,  wann  sie  auf  das  weite  mer  der 
statsgeschäften  gebracht,  und  ihnen  die  segel  eines  gar  zu 
günstigen  hoff-  und  ehrenwindes  an-  und  aufgespannet  werden. 
BuTscHKv  Palm.  6S8 ;  der  ehrsüchtige  lecker,  welchen  der  hof- 
wind allbercit  aufgeblasen  und  wie  eine  kröte  geschwcllet 
hatte.  polU.  stockf  56. 

IIOFWORT,  n.  höfisches  wort,  höfische,  vcrbindliclie  rede  • 

ein  fromme  fraw  sol  haben  gbcrd, 

ir  ougen  schlagen  zu  der  erd 

und  nit  holfwort  mit  yedcrman 

trj'hcn,  und  yeden  gätnen  an.    Bratit  narrenfch.  32, 27  ; 

schöne  hofworte  (der  hößinge,  die  anders  sagen  als  sie  denken). 
BüTSCiiKY  Palm.  446. 

HOFWUNDE,  f   wunde   die   das   hoßeben   schlägt:    schöne 
kunst  und  nichts  als  kunst  war  für  die  fürstin  die  Passaucr 
kunst  gegen  hof-  und  lebenswnndcn.  J.  Paul  Tit.  3, 187. 
HOFZAÜN,  m.  zäun  um  ein  gchöß. 

HOFZEIT,  /".  zeit  die  man  an  einem  ßtrstenhofe  verlebt  hat: 
sie  waren  .  .  genaue  freunde  aus  früher  hofzcit  her.  Göthe 
17,104;  zeit  zu  der  vran  bei  hofe  sein  musz:  frau  von  Stael 
trat  einen  abend  vor  der  bofzeit  bei  mir  ein.  31, 173. 

HOFZINS,  «J.  zins  der  an  einen  lehenhof  zu  entrichten  ist : 
(der  Schaffner  des  klosters  von  st.  .Alban  soll)  under  bloszem 
himel  sitzen  und  also  ein  zit  warten  der  zinslttten  und  die 
hofzins  do  ufnemcn.  weisth.  1,305  (Basel  von  14S6);  sol  der 
meyger  und  die  huber  einem  probst  die  hoffzins  richten  und 
antwurlen.  4,  40  (Elsasz,  von  1420). 

HOFZIRKEL,  m.  zirkel  der  an  einem  hofe  lebenden  höheren 
gesellschaß,     s.  hofkreis. 

HOFZORN,  m.  .•  wo  er  (der  die  schuhe  bestellt)  nicht  möchte 
bisz  an  den  morgen  heilen,  wülle  er  (der  schuster)  einen  hof- 
zorn  wagen,  und  ein  paar  schuch,  so  er  seinem  eignen  weib 
gemacht  .  .  holen.  KiRcnnoF  wendunm.  427*.  es  ist  als  bild 
für  einen  groszen  zorn  gebraucht,  wie  ihn  hohe  herrschaßen  zu 
äuszern  pflegen. 

HOFZüCHT,  f  wolgezogcnheit,  wie  sie  bei  hofe  gilt,  mhd. 
hovezuht:  und  das  (unmäszige  trinken)  ist  laider  ein  hoff- 
zucht  und  adclichc  that  worden.  S.  Frank  laster  der  trunken- 
heit  c2'; 

ach,  ir  groszen  vorhciten  strüt;!ol, 

ir  kunt  der  hofzucht  all  gar  lützcl.    faün.  sp.  221,26; 

des  fursten  weib  irs  auch  wol  gunt, 

wan  sie  lil  hübscher  holTzncht  Mint. 

RoSENHLt'T  äiis.  s.  1143; 
ob  sie  schon  ein  miszbrurh  hnnt 
do  mil  die  holTziicIit  würt  geschaut. 

Krajit  uiirrrnfch.  110*,  6; 
(ein  armer  mann)  darf  nit  aller  holTzucht  pflegen.    209; 
(tront«c/i)  dir  ober  Isis  ein  hoHtuchl  swnr, 
wen  dir  voll  fcdorn  hangt  das  har. 

SciimiiT  ijrob.  (l.Miü)  a3'  (6.  1,  cap.  1); 
denn  es  mcrklirhcn  schndvn  bringt, 
so  m.nn  lüp  hlnsit  im  leih  verzwinpt,  .  .  . 
und  wirst  scliwiiili,  krnnk,  nnd  ungehewr, 
so  itolit  dich  hofzucht  viel  zu  thowr. 

a  «•  (b.  1.  cap.  i) ; 
musz  ich  dich  hofzucht  lehren? 
dnrffit  du  vom  kränz  der  ehren 
ein  l&uhicin  nur  begehren?    Urlakd  ged.  2:>'' 

HOFZWANG,  m.  1)  zwang  welchen  das  hoßeben  auflegt:  des 
langweiligen  bufzwangs  müde.  Klinof.r  5,140;  ich  hmgweilc 
mich  und  andere  in  dem  hofzwang.  Armin  2,  33C. 


1705 


IlOGER  — HÖHE 


HÖHE 


1706 


2)  das  recht  du  dienstpflichtigen  unterthanen  zu  leistung  der 
hof-  und  frohndienste  anzuhalten.  Adelung,     rgl.  bauernzwang. 

HO  GER,  m.  1)  hvcker,  buckel,  vergl.  über  die  entslehung  der 
form  sp.  1651:  gibber  hoger,  hocUer  Dief.  262';  der  hoger, 
buckel,  tiiber,  gibbus,  Struma.  Maaleb  230*  mit  dem  dim.  bögcrle 
tubercuhim  2"2S* ;  noch  jetzt  schireiz,  hoger  Stalder  2,  50 ;  den 
hoger  oder  rucken.  Forer  fischb.  136';  und  noch  unlängst  in 
nolhind  ergangen,  d;  ein  arm  hogerig  oder  buckelecht  weiblin, 
unser  1.  frauen  zu  Henkelem  sehr  andächtig  besucht ,  ihr 
Opfer  gethan,  darnach  zu  hausz  gangen,  und  iren  hoger  und 
buckel  dahinden  gelassen  hat.  bienk.  141';  er  wäre  gleich 
einem  bucklichten,  der  sein  hoger  nicht  sehen  könfc  und 
denselbigen  doch  hätte.  Q.  Pegecs  kunstquell.  3. 104.  in  der 
form  hogger :  ein'  schädliches  miszgewächs,  welches  durch  die 
bürde  der  vielen  lästerungen,  damit  es  seinen  rücken  beladen, 
zweifelsohne  eine  art  vom  hogger  zuwege  gebracht.  RicnET 
der  Patriot,  3.  jähr  (1729)  5.  433. 

Bei  Boxer  ist  hoger  ein  bucklichter  {rgl.  unten  högerling): 

vil  schier  beschac.h, 
da;  der  zolner  einen  sacli 
hogrecht  iif  die  bru^ge  |än. 
er  nie;  in  balde  stille  stan, 
und  sprach :  ein  phenning  seit  du  ^eben ! 
da  geriet  der  hoger  wider  streben, 
der  zolner  sach  den  hoger  an : 
einen  kropb  sach  er  in  hän.    edelst.  76,  24. 

2)  hoger  heiszt  auch  der  härenkrebs,  Cancer  squdla.  Nehnich 

1,  S04.  der  hier  gleichfalls  angeführte  name  hegerling  {cergl. 
sp.  7S3)  kann  trol  aus  högerling  entstellt  sein. 

HOGERFALK,  m.  ßr  hegerfalk,  rgl.  sp.  153. 154:  der  hoger- 
falk  ist  nicht  grosz  von  leib,  aber  desto  beherzter.  Hobberg 

2,  6.>4'. 

HÖGERLING,  m.  ein  bucklichter:  wie  solts  wunder  sein, 
das  etwann  grosze  henen  zwerg  und  högerling  zu  erben 
haben,  so  doch  jener  könig  den  zwerg  auf  seiner  frawen 
fand,  und  jener  herr  seinen  moren.  Garg.  29*. 

HÖGRICHT,  adj.  buckticlU:  gibbosus  hogericht,  hogkericht, 
hogerechtig  Dief.  262';  hogerächtig,  der  ein  hoger  hat,  gibbus, 
gibbosus,  incurrus  humeris  Maaler  230';  dieser  (fisch)  ist  durch 
den  rücken  minder  hogcrecht.  Forer  fischb.  90*;  Esopus  der 
weise  mann  ward  verkauft  als  ein  ungeschickter  mensch, 
bögrecht,  bogenruckecht.  Agr.  spr.  (1560)  29;  des  hogerigen 
hofmanns  {ein  gesellschaßsspiel).  Garg.  166*;  krümbt  sich  zu- 
samen  wie  ein  hogeriger  ige).  2.30*;  von  einem  durch  alter 
gekrümmten:  es  kriegt  der  pfafif,  der  mönch,  der  alt  hoggert 
greise  sampt  seinem  son.  kriegsb.d.fr.lS;  von  mehl  das  durch 
feuchligkeit  knoten  hat: 

fürwar,  heck,  mich  genzlich  gedeucht, 
es  sei  das  meli!  so  grausam  leicht 
oder  gar  patzet  und  so  höaret. 

J.  Airer  f.istn.  sp.  87'  (2779,  30  Keller). 

HÖH,  interj.  ßr  ho  sp.  15S6:  höh!  hop!  da  zeigt  schon  an 
der  thüre  mein  mops  mir  auf  Zwei  fQszen  sein  talent  zum 
tanz.  KoTZEBCE  dram.  sp.  8, 149. 

HÖHE,  f.  aUiludo. 

ahd.  bühi,  mhd.  hoehe;  die  ältere  spraclie  seigt,  mit  scharfer 
gutluralis,  vorüber  auf  sp.  1591  zu  vergleichen,  die  neben  form 
höche  und  ohne  umlaut  auch  hoch  ßr  hoche:  {eine  bahre)  die 
hett  nach  der  läng  14  ein  und  nach  der  hoch  4  eleu,  deutsche 
slädtechron.  5, 22,  Is ;  sy  (die  gemsen)  woncnd  in  . .  die  höche 
der  gebirgen.  Forer  thierb.  63*;  grosze  männer,  welche  in 
schlipferige  höche  der  höfe  und  gemeiner  Sachen  gesetzt  sein. 
ScHCPPics  765; 

kain  pbantasey  soll  haben  statt 
zu  ^ninden  gottes  haimligkait. 
ir  dief  und  hoch  ist  ungesait.    Scbwarze^derg  155'. 

der  alemannische  erweiterte  plural  hOhincn  steht  zu  häufigen 
andern  gleich  gebildeten,  die  bei  Weinhold  alem.  gramm.  s.  442 
§  407  aufgezählt  verden:  auf  den  hühincn  und  spitzen  der 
berge.  Sebiz  feldb.  41 ;  so  vil  altär,  capellen  und  höhinen  (hat 
die  rOm.  kirche)  an  allen  enden  . .  aufgericbt.  Fiscuart  bienk. 
55*  (bei  Mabnix  47*  aber:  altaren  en  capellen  of  alle  hoogbe 
plaetsen  .  .  opgericbt).  Htm  zur  seile  geht  ein  singular  höhia 
höhe: 

je  mehr 
ein  berg  sich  in  die  höhin  strecket.    WECKBiRLn  491. 

dem  entgegen  steht  der  Sprachgebrauch  Lcthebs,  der  neben  höhen 
auch  den  plural  höhe  rervendet:  die  höhe  der  berge  sind  auch 
sein.  fw.  95,4;    sie   baweten   inen  auch  höhe,    l  kOn.  14,23. 


übrigens  hat  ein  plural  ron  höhe  gewöhnlich  nur  in  den  bedeu- 
tungen  unten  1,  e,  f,  g  statt,  doch  vergl.  auch  unter  3. 

höhe  und  hoheit,  roii  einem  und  demselben  grundbegriffe  aus- 
gehend (rergl.  die  ausführungen  unter  heit  sp.  920),  haben  sich, 
nicht  ohne  einiges  schwanken  in  der  älteren  spräche,  jetzt  so 
geschieden,  dasz  uns  höhe  das  hoch  sein  und  dann  das  hoch- 
liegende in  eigentlichem  und  übertragenem  sinne  überhaupt,  hoheit 
dagegen  diese  beiden  begriffe  übertragen  und  mit  der  nebenbedeu- 
tung  des  würderollen  und  erhabenen  bezeichnet. 

Bedeutung  ron  höhe. 

1)  nach  hoch  I  sp.  1591  in  örtlichem  sinne,  ansteigung  über 
einen  punkt  der  ebene. 

a)  der  bäum,  das  haus  hat  eine  beträchtliche  höhe;  hohe 
eines  ufers ;  höhe  des  Wasserstandes  eines  flusses ;  der  ist 
wohl  thoricht,  den  nach  ihren  (der  bäume)  fruchten  gelüstet, 
und  aber  ihre  höhe  nit  ermessen  thut.  Ziskgref  apophth. 
1,415;  es  stund  ein  bawm  mitten  im  lande,  .  .  seine  höhe 
reichet  bis  in  bimel.  Dan.  4, 8.  mit  maszbeslimmungen :  ein 
l)erg  von  tausend  fusz  höhe ;  drei  hundert  eilen  sei  die  lenge, 
fünfzig  eilen  die  weile,  und  dreiszig  eilen  die  höhe  (der  arche). 

1  Mos.  6, 15 ;  die  lenge  des  hofes  sol  hundert  eilen  sein,  .  . 
die  höhe  fünf  eilen.  2  Mos.  27, 17 ;  wir  baweten  die  mauren, 
und  fügten  sie  ganz  aneinander,  bis  an  die  halbe  höhe.  ?ieh. 
4, 6 ;  das  fünf  schuch  in  der  höhe  hat,  oder  fünf  schuch 
hoch,  altus  pedes  quinque.  Maaler  22S'. 

b)  mit  Verben  der  bewegung:  einer  klimmt,  klettert,  steigt 
in  die  höhe;  steigt  er  (der  felsen)  senkrecht  in  die  höhe. 
Göthe  27,16;  mülter  hoben  ihre  kinder  in  die  höhe;  hebet 
ewer  äugen  in  die  höhe.  Jes.  40,  26 ;  den  dolchen  in  die  höhe 
haben,  alte  extollere  pugionem.  Maaler  228*;  er  bebt  seinen 
arm  in  die  höhe ;  hub  ich  das  linke  bein  samt  dem  schenke! 
in  alle  höhe  auf  (so  hoch  ich  immer  konnte).  Simpl.  1, 104  Äi<rr; 
einen  stein  in  die  höhe  werfen ;  wer  den  stein  in  die  höhe 
wirft,  dem  feilet  er  auf  den  köpf.  S/r.  27,  28;  wenn  du  denn 
gleich  in  die  höhe  fürest,  wie  ein  adeler.  Obadja  4;  das  feuer 
lodert  in  die  höhe,  bildlich :  er  war  recht  nahe  daran,  sein 
wie  von  einem  gewitterschlag  auf  einmal  in  die  höhe  bren- 
nendes wesen  auch  so  zu  zeigen.  J.  Paul  7»/.  3,24;  der  kranke 
richtete  sich  mühsam  in  die  höhe ;  soll  ich  denn  nur  immex 
die  höhe  erkriechen?  Göthe  16,199; 

beide  theile 

stehn  in  eile 

schon  als  knechte 

völlig  fertig  in  die  höbe!    Göthe  1,  240. 

c)  tVi  einer  anzahl  beispiele  betont  höhe  nicht  sowol  die  ganze 
strecke  der  ansteigung,  als  vielmehr  den  endpunct  derselben :  hohe 
eins  tiu-ns,  arx,  est  summäas  turris,  hohe  eins  gebeu.  pinna- 
culum,  rulg.  fürst,  voe.inc.theut.  k2';  auf  der  höhe  des  wegcs 
sah  man  ein  schlosz  liegen ;  als  der  sein  grab  in  der  höhe 
hawen  lest,  und  als  der  seine  wonung  in  den  felsen  machen 
lest.  Jes.  22, 16;  Deugel  der  adeler  aus  deinem  befeih  so  hoch, 
das  er  sein  nehst  (nest)  in  der  höhe  macht?  Ifiob  39. 21 ;  die 
Sternen  droben  in  der  höhe.  22, 12 :  (wölken  die)  eine  zeit  lang 
in  der  höhe  schwebend  verweilten.  Götbe  51,216. 

d)  so  wird  golt  in  der  höhe  iro/incnJ  gedacht:  er  schawet 
von  seiner  heiligen  höhe,  und  der  herr  sibct  vom  bimel  auf 
erden,  ps.  102,20;  der  herr  ist  erhaben,  denn  er  wonet  in 
der  höhe.  Jes.  33, 5 ;  ehre  sei  gott  in  der  höhe.  Luc.  2, 14 ; 
er  (Christus)  ist  aufgefaren  in  die  höhe.  Eph.  4,8; 

der  aufgang  aus  der  höh  herab 
hat  uns  besucht  (Chrixlns). 

Selnecceh  pscUmen  (1587)  421. 

e)  »n  der  bibel  werden  soicol  gott  als  auch  gOtzen  sinnbildlich 
höhen,  statten  ihrer  Verehrung,  errichtet :  das  volk  opferte  noch 
auf  den  höhen.  1  kön.  3,2;  da  bawete  Salomo  eine  höhe 
Charaos  dem  grewel  der  Moabitcr.  11,7;  sie  baweten  .inen 
auch  höhe,  seulen  und  haine  auf  allen  hohen  bügeln.  14,23; 
er  lies  komen  alle  priester  aus  den  stedtcn  Juda,  und  ver- 
unreinigt die  höhen,  da  die  priester  reucherten . .  und  brach 
ab  die  höhen  in  den  thoren,  die  in  der  thür  des  thors  waren. 

2  kön.  23, 8 ;  verbrand  die  höhe,  und  macht  sie  zu  staub.  15 ; 
sie  haben  dem  Baal  höhen  gebawet,  ire  kinder  zu  verbrennen, 
dem  Baal  zu  brandopfem.  Jer.  19,5. 

/)  höhe  ist  der  gipfel  eines  berges  oder  bergrückens,  der  höchste 
punkt  eines  gebirgszuges :  und  machten  sich  des  morgens  früe 
auf,  und  zogen  auf  die  höhe  des  gebirgs.  4  Mos.  14,39;  oben 
auf  der  höhe  dieses  felsen.  rieht.  6,  26 ;  unter  diesen  worlen 
und   gedanken   war  er  auf  die  höhe  des  berges  gekommen, 


1707 


HÖHE 


HÖHE— HOHEIT 


1708 


und  sah  an  dessen  abhang  ...  ein  wunderliches  gehüude 
liegen.  Göthe  20,6;  nun  ist  endlich  die  höhe  erreicht,  die 
höhe  des  gebirgs.  21,9;  wenn  er  {der  weg)  ..  seit  Beuedict- 
beuern  herauf,  von  höhe  zu  höhe  stieg.  27, 16 ; 

indem  man,  seines  heers  la  schonen, 

von  sichrer  höh  weit  um  sich  hlickt.    RAHtKR  1,  49. 

übertragen:  auf  phantastischen  höhen.  J.Paul  Tit.  3,23;  die 
literarischen  höhen,  kl.  bücherschau  1, 69.  vergl.  bergeshöhe, 
berghöbe,  felsenhöhe. 

g)  verschieden  hiervon  ist  höhe,  neben  anhöhc,  eine  kleinere, 
sanftere  erhebung  des  erdreicJis,  hüqel:  ich  wil  wasserflüsse  auf 
den  höhen  offenen,  und  brunnen  mitten  auf  den  felden.  Jes. 
41,18; 

in  dieser  zeit  lebt  einst  auf  Latmos  höhn 
ein  junger  hirt.  Wiela:«d  10,  136; 

auf  hügeln  und  höhn,  in  huschen  und  hecken 
übten  ein  fröhliches  lied  die  neuermunterten  vögcl. 
GÖTHK  40,  5. 

oft  in  der  gegenidterstellung  Ihal  und  höhen: 

alleemeine  ruh 
herrscht  weit  umher  im  thal  und  aur  den  höhen. 
WiELAr«D  10,  152 ; 
es  wurde  nacht,    ein  düstrer  flor 
bedeckte  thal  und  höhn.    IIöltt  16  Halm; 
0  thäler  weit-,  o  höhen, 
o  schöner  grüner  wald  ! 

EicHEMDORFF  laugenickts  (1826)  239. 
tiefen  und  höben : 

die  schönen  sind  fürwahr  geplagt 

in  tiefen  und  auf  höhen.    Gotter  1,  87  (58). 

eine  Urkunde  der  grafen  von  Nassau  von  1360  nennt  den  ganzen 
Taunus  die  höhe:  unser  graveschaft  und  herschaft  hie  diesyt 
der  höhe,  veislh.  1,5S6  anm.;  vgl.  die  Stadtbezeichnung  Homburg 
vor  der  höhe. 

höhe  hier  auch  in  ,'reierem  sinne:  der  Unterleib  hat  zwei 
zarte  einwöibungen,  bis  wo  die  höhen  der  freuden  sich  heben. 
Heinse  Ardingh.  2,278. 

h)  die  höhe  des  meers,  vergl.  hohes  meer  sp.  1592:  für 
seinem  verstand  erhebt  sich  die  höhe  des  meers.  i/io&  26,12; 
fare  auf  die  höbe,  und  werfet  ewre  netze  aus,  das  ir  einen 
zug  thut.  Luc.  5,4. 

«)  höhe,  technisch:  höhe  der  gliedcr,  in  der  baukunst  das 
masz  der  tlieile  in  den  gesimsen  der  sdulenordnungen,  in  der- 
selben Proportion;  höbe  eines  fasses  heiszl  dem  büttcher  die 
chorde  des  bogens,  den  die  daubc  vorstellt;  höhe  eines  bataiilons 
odcfr  eskadrons,  die  länge  der  reihen  desselben.  Jacobssün  6,92' 
(vgl.  hoch  1,6  sp.  1593);  höhe  in  der  seefahrt,  die  erhebung  des 
Polarsterns  über  den  horizont  oder  die  entfernung  des  orls  vom 
aequator.  Eggers  kriegslex.  1,1203;  höiie  in  der  astronomie,  die 
zahl  der  grade  in  einem  vertikalcirkel  vom  horizont  an  gerechnet 
bis  in  die  mitte  des  körpcrs,  von  dessen  ort  die  rede  ist.  maihem. 
lex.  (1747)  1,660;  die  maierei  nennt  höhen  die  an  einem  land- 
schafta-  oder  anderm  bildt  stark  hervortretenden  parlien:  ein 
bemooster  fcls,  ein  Wasserfall  hält  meinen  blick  so  lange 
gefesselt,  ich  kann  ihn  auswendig ;  seine  höhen  und  tiefen, 
seine  lichter  und  schatten,  seine  färben,  halbfarbcn  und 
wiederscheine,  alles  stellt  sich  mir  im  gciste  dar.  Göthe 
16,212;  vgl.  hierzu  das  verbum  höhen  1  am  ende. 

2)  höhe  von  der  zeit  {nach  hoch  II  sp.  1594)  ist  selten;  nach 
dem  hohen  tage  kann  man  von  der  höhe  des  tages  reden; 
höhe  des  alters ;  für  die  höhe  seiner  jähre  ist  er  noch  recht 
rüfitig;  auch  höbe  der  Schwangerschaft. 

3)  höhe  in  bezug  auf  den  grad  (buch  III  sp.  1595  f.),  bei 
fireit-,  icert-  und  rangvirhältnissen :  die  preise  der  lebcnsmittel 
haben  eine  bedeutende  höbe  erreicht;  die  höhe  seiner  for- 
dening  schreckte  mich  ab ;  höhe,  ein  gewisser  grad  der  dunkel- 
lifU  bei  dem  blau  des  tmaltenglases  und  dessen  zubereilnng. 
Jacobssom  2,  27ü';  höhe  des  lasters,  der  Sittenverderbnis; 
höhe  der  gesinnung,  des  geistcs ;  eine  leichtigkcit,  höhe  des 
geisles,  sicberhcil,  die  entzücken.  Göthe  an  frau  v.  Stein  3,48; 
(Christus)  zeigt  allen,  denen  es  um  eine  gewisse  höhe  im 
lehren  und  leben  zu  tbun  ist,  was  sie  von  der  well  zu  er- 
warten haben,  werke  22,25; 

befcligend  war  ihre  nfihe, 
und  alle  herzen  wurden  weit; 
doch  eine  würdr,  eine  hi<hn 
eotfrmte  die  vettraulirhkr^ii. 

ScaiLLKR  mddchrn  nin  drr  frrniile. 

gignuata  hohe  und  tiefe  der  menschlichen  Sittlichkeit:  ruhige 
ftwhaltaog  eines  eifenen, niTenllichen  chrbankbriKb^   't/i  ent- 


weder eine  fast  unmenschliche  tiefe,  oder  eine  übermensch- 
liche höhe  voraus.  J.  Paul  nachddmmer.  s.  78.  plural  höhen 
und  liefen  der  menschlichen  brüst: 

aber,  sie  schärfer  und  schärfer  zu  prüfen, 

wählet  der  kenner  der  höhen  und  liefen 

tust  und  entsetzen  und  grimmige  pein.    Gütiik  1,  252. 

Verbindungen  mit  verben  lassen  hier  die  sinnlichere  örtliche  be- 
dcutnng  des  Substantivs  (oben  t)  noch  recht  lebhaft  durchscheinen : 
die  nolh  hatte  eine  furchtbare  höhe  erreicht;  das  laster  ist 
zu  bedenklicher  höhe  emporgewachsen ;  modephrasen  sind  jetzt 
auf  der  höbe  der  zeit,  der  bildung  stehen ;  diese  tcmpelstille 
des  naturclls,  dies  ewige  thronen  auf  der  höhe  der  dinge 
{seitens  der  königin).  Auerbach  auf  der  höhe  1,325; 

du  gabst  mir  schwingen  hoher  begeistening! 
gefühl  des  wahren,  liebe  des  schönen,  du! 
du  lehrst  mich  neue  höhen  finden, 
welche  das  äuge  der  kunst  nicht  spähet. 

Stolberg  1,  13. 

höhe  in  bezug  auf  rang  und  stand :  die  höhe  seiner  gehurt 
schützte  ihn  vor  gerichtlicher  Verfolgung;  ein  bruder  aber 
der  nidrig  ist,  rhüme  sich  seiner  höhe,  und  der  da  reich  ist, 
rbüme  sich  seiner  nidrigkcit.  Jac.  1,9;  die  höhe  eines  men- 
schen hoch  achten,  proceritatem  hominis  magnifacere  Steinbach 
1, 705.  auch  hier  mit  verben  die  dem  subst.  eine  bedeutende  sinn- 
liche anschaulichkeit  verleihen:  der  rhuni  der  gottlosen  stehet 
nicht  lang . . .  wenn  gleich  seine  höhe  in  den  himel  reichet. 
Hiob  20,6;  das  sich  bücken  mus  alle  höbe  der  menschen, 
und  demütigen  was  hohe  Icute  sind.  Jes.  2,17;  da  mit  wir 
verstören  die  anscblege,  und  alle  höhe,  die  sich  erhebet 
wider  das  erl.enlnis  gottes.  2  Cor.  10,  5. 

4)  den  grad  beschldgt  auch  eine  seit  dem  16.  jahrh.  geteöhn- 
liche  ironische  redcnsart  das  ist  die  rechte  höhe!:  sihe  da, 
sihc  da,  das  ist  die  rechte  höbe,  mägdchen,  was  sol  das 
bedeuten,  was  macbestu  hier  bei  einem  jungen  gesellen? 
engl,  komöd.  1,  Bb8;  das  ist  auch  anzeigung  eines  tapfern 
fürsten,  wann  seine  diener  wol  mundiret  sind,  wo  aber  die 
Junkern  geben,  haben  kragen  und  bembdcr  an  wie  die  Schorn- 
steinfeger, die  federn  sind  nicht  ausz  den  haaren  gckenimet, 
...das  ist  die  rechte  höhe.  Sciiupimus  107;  wer  am  meisten 
über  die  regierung  schimpft,  oder  wider  die  physiognomik 
eifert  und  dergleichen,  bruder I  das  ist  die  rechte  höhe! 
Schiller  raub.  2,3;  frau.  da  sieht  maus  ja  sonnenklar,  wie 
es  ihm  pur  um  ihre  schöne  scele  zu  tbun  ist.  Miller,  das 
ist  die  rechte  höhe!  auf  den  sack  schlagt  man,  den  esel 
meint  man.  kab.  u.  liebe  1,  1 ;  Clavigo.  sie  will  nichts  von  mir 
hören.  Carlos,  das  ist  die  rechte  höhe.  Göthe  10,82;  zu 
hause  sitzt  der  fürst  und  macht  einen  operationsplan ;  das 
ist  die  rechte  höhe!  42,111; 

sih  dnr,  das  ist  die  rechte  höhn, 

magdchen,  wie  sol  ich  das  verslehn? 

atnantes  amentcs  E8; 
'das  dächt  ich  nimmermehr,  sie  ihun  ja  so  bescheiden, 
und  werden  roth  und  weisz,  wenn  sie  ein  küssgen  leiden', 
das  ist  die  rechte  höh,  das  Ist  der  klare  kern, 
ich  will  ein  schelme  sein,  sie  habeiis  herzlich  gern. 

I'ICA!«DRR  2,  295; 

das  wäre  mir  die  rechte  höhe, 

da  zu  befehlen,  wo  ich  nichts  verstehe!    Göths  41,263. 

HOHEIT,  f.  celsitudo,  altüudo. 

1)  ein  im  mhd.  erst  spät  als  hochheit  (Lexer  üb.  1,  1316) 
auftauchendes  wort:  altituilo  hockeit  Dief.  26';  celsitudo  hoch- 
ki'it,  hocheit  Itl',  das  sich  auch  im  altern  nhd.  bis  ins  11.  jh. 
als  hochheit  fortsetzt  und  erst  spater  allgemein  die  heutige  form 
annimmt  {belege  im  folgenden),  eine  nebenform  hochheitigkeit 
in  der  bedeutung  hochmut,  stolz,  erscheint  bei  Keisersberc: 
wenn  wir  opferen  sollen,  und  wir  denn  nit  hoch  gmig  geacht 
sindt,  so  schicken  wir  ein  andern  für  uns  zu  opferen,  so 
wir  nit  »int  myn  gnad  junker  und  gnod  frowe,  so  ist  es  nit 
recht  .  .  .  von  diser  holTart  und  hochheitigkeit  hüten  <lch. 
bilg.  23*;  eine  bedeutung  die  auch  spUer  der  ein  fachen  form  inne- 
wohnt: also  hat  Cyrus  die  babylonisch  hochbeit  und  huffart 
auszgetilgt.  Rkisz^kh  Jerus.  2,30'. 

2)  gewöhnlicher  Mt  hoheit,  auf  die  sociale  Stellung  betagen, 
in  der  hedeutun^i  hoher  rang,  würde,  erhabene  steltung  verwendet: 
sein  (des  papsts)  hochhcit  und  würde  ist  so  grosz,  dass  «ie 
kein  zung  auszsprerhcn  noch  kcins  menschen  verstand  be- 
greifen kan.  KiscHART  bienk.  134*;  die  grflszie  weisheil  und 
geschirklichkeit  sei  glauben,  dasz  allein  ehrbarkeil  und  tugrnd 
zur  hochheit  und  reputalion,  und  hingegei)  lat>ter  und  un- 
tu^-ciid  /um  f;ill  und  vcr;nhtung  befilrd'-  ■    *''■'  ■<  ''■'•'<  377; 


1709 


HOHEIT 


HOUEITBLICKEND  —  HÖHENBESTIiDIÜNG     1710 


die  hochheit  seines  amples.  peis.  rosenth.  4, 12 ;  es  sol  auch 
ein  regenl  immer  zu  seine  majestüt  und  hochheit  wol  und 
genau  in  acht  haben.  Schcppius  556;  diese  (die  brillen)  sind 
in  Spanien  so  sehr  eingeführet,  dasz  ich  mir  sagen  lassen, 
man  könnte  an  deroselben  unterschiedlichen  grösze  auch  die 
hohcit  der  personen  von  einander  unterscheiden,  reise  durch 
Spanien  bei  Hagedorn  2, 4S  anm.  spiichuürllich  hoheit  dunkt 
sich  gern  zu  hoch.  Otho  65; 

grosz  ist  des  golds  und  der  bochheit  gewalt. 

Weckuerlis  751 ; 
schon  stürzen  die  altäre, 
von  hoheit,  ehr  und  gh~ick,  von  der  gewalt  der  beere, 
dem  arm  des  vorurtheils,  des  lasters  und  der  iist 
vergebens  unterstützt,    der  beide  würd  ein  Christ. 

Gellkri  2,  46 ; 
alle  boheit  der  erde  {ist  ihm) 
sonder  berzlicbe  liebe,  staub.    Uöltt  06  Ualm; 

verdienst 
ums  Vaterland  wiegt  bobeit  und  geburt, 
gescheuke  blinden  Zufalls,  auf.    üotter  2,  146; 
ich  warf  ihm  deinen  handscbuh  bin  und  sprach, 
du  wolltest  deiner  hoheit  dich  begeben 
und  als  ein  ritter  kämpfen  um  dein  reich. 

SCBU.LER  Jungfrau  1,  5 ; 
in  angestammter  hoheit  machtbesitze.    Röckert  136. 

zuweilen  bezeichnet  hoheit  die  bevorzugte  sociale  Stellung  so,  dasz 
die  macht  mehr  betont  ist,    das  erhabene,    die  trürde  zurücktritt: 

vergieb  dem  ekeln  stolz,  der  gern  nichts  wagen  möchte, 
als  was  ihm  rühm  und  Bern  die  alte  hoheit  brächte. 
LESS1M6  3,  336 ; 
was  kann  das  lasier  nicht  erzwingen, 
wenn  es  die  hoheit  unterstützt  i 

Gellert  bei  Aoelcnc  ; 

vie  andererseits  auch  die  blosze  rangschätzung  henorgehoben  wird: 
die  sibeu  anipeln  zeigten  an  die  hochheit  desz  sibenden  tags 
bei  den  Juden.  Reiszxer  Jfr«j.  2, 140'  (vgl.  hierzu  hoch  111,2, d 
sp.  1603).  —  hoheit,  auch  von  der  erhabenheil  gottes: 

macht,  rubm  und  hoheit  immerdar 

dem,  der  da  ist  und  der  da  war!    Gellert  2,  116; 

gebaszt  in  deiner  niedrigkeit 

warst  du  ein  ziel  des  spottes 

und  zeigtest  doch  zu  gleicher  zeit 

an  dir  die  hoheit  gottes.    205. 

3)  hoheit  bezeichnung  der  person,  die  eilte  hohe  würde  ein- 
nimmt, namentlich  der  herscher;  früher  allgemeiner  als  titel  ver- 
wendet: die  Schmach,  die  unserer  keiserlichen  hocheit  durch 
euch  aufgeladen.  Zisegref  apopluh.  1,14;  Wiela.nd  läszt  im 
goldenen  Spiegel  den  sultan  mit  hoheit  angeredet  werden:  ilu-e 
hoheit  befehlen  also.  7, 6 ;  ihre  hoheit  erinnern  sich  ohne 
zweifei  noch.  102  (S7);  wenn  ihre  hoheit  dicsz  im  ernste 
meinen.  197  (169).  jetzt  hat  sich  der  titel  auf  prinzen  königlicher 
Häuser  und  regierende  herzöge  fixiert:  deijenige  . .  der  glück  und 
gelegenheit  hat  das  vorzimmer  des  groszherzogs  von  Olden- 
burg hoheit  im  schlösse  neben  dessen  cabinet  zu  betreten. 
Güthe  39,209. 

4)  hoheit,  die  mit  der  hervorragenden  Stellung  verbundenen 
rechte,  namentlich  die  regalien,  sowie  die  hohe  gerichtsbarkeU. 
Haltaüs  945;  kaiserliche  hoheit,  die  macht  so  der  kaiser  ßr 
sich  hat,  als  posten,  universitäien  aufzurichten,  in  den  ßrsten- 
stand  zu  erheben,  u.  s.  w.  Fbisch  1,  457' ;  ferner  das  gebiet,  wo 
dieselben  ausgeübt  iccrden,  herschaftsgebiet :  die  baich  (bach) 
scheidt  drei  herrn  nochheit,  dem  herrn  von  Prüm,  Gerhard- 
stein und  Jiayll,  und  kunten  wohl  die  drei  herrn  alda  an 
einem  tisch  sitzen,  doch  ieder  auf  seiner  hochheit,  weisth. 
2,529  anm.;  daselbst  ...  ein  stein  gestanden,  darauf  drei 
heiTcn  ncmblich  der  churfürst  von  Collen,  der  hertzoch  van 
Giulich  und  der  gräff  von  Blankenheim  sitzen  sollen,  und 
jeder  uf  seiner  hocheit.  6>)2. 

5)  erst  später  ist  hoheit  auf  die  innere  würde,  den  geistigen 
adel  bezogen  worden:  hoheit  des  gemüts,  altitudo  animi  Stie- 
ler 808;  jal  mein  freund,  sagte  sie  lächelnd  mit  ihrer  ruhigen, 
sanften,  unbeschreiblichen  hoheit.  Göthe  20,195;  (Voltaire  hat) 
eine  leichtigkeit,  höhe  des  geistes  und  Sicherheit,  die  ent- 
zücken, —  ich  sage,  höhe  des  geistes,  nicht  hoheit.  an  frau 
v.  Stein  3,4S;  Johanna  unterbricht  ihn,  mit  klarheit  und  hoheit 
ihn  aiischauend.  Schiller  Jungfrau  1,10;  die  milde  und  un- 
bewusztc,  unzerstörbare  hoheit,  womit  sie  ihr  Unglück  trug. 
0.  Ludwig  zwischen  himmel  u.  erde  (1856)  s.  226; 

schön  ist  der  mutter 

liebliche  hoheit 

zwischen  der  söhne  feuriger  krafl. 

Schiller  braut  v.  Messina  v.  263 ; 


bei  Gellebt  noch  mit  bezug  auf  die  bedeutung  2: 

dasz  das  vollkommenste  glück  in  einem  reinen  gewissen, 
die  wahre  hoheit  im  herzen  besteht. 

2,  72  ((/n  den  grafen  von  Brülil). 
HOHEITBLICKE.XD,  adj.: 

ihm  antwortete  drauf  die  hoheitblickende  Ilere  (ßoähiis  ^orvta). 

Voss  Ilius  4,  50  u.  ö. 

HOHEITLICH,  adj.  der  hoheit  (no.  2)  geindsz:  hoheitliche 
rechte. 

HOHEITSPFAHL,  wi.  pfähl  als  zeichen  der  hoheü  (no.  4).  in 
freian  sinne,  von  dem  stock  eines  Schulmeisters:  bring  ich  bei 
der  männlichen  (schuljugend)  meinen  hoheitpfahl  an  ort  und 
stelle.  J.  Paul  herbstblum.  3, 145. 

HOHEITSPFLALME,  f.  eine pflaumenari,  franz.  prunt  d'aUesse. 

HOHEITSRECHT,  n.  recht  das  aus  der  höchsten  landesherr- 
lichen gewalt  her/lieszt  (vgl.  hoheit  4).  auch  in  freierem  sinne: 
(das  christenthum)  welches  doch  eben  durch  Wiederherstellung 
des  göttlichen  ebenbildes  im  menschen  ihm  diese  hoheits- 
rechte gab,  die  er  jetzt  auszuüben  beansprucht.  Feastz  krüik 
alier  parteien  s.  23«. 

HOHEITSSCHULTHEISZ,  m.  früher  in  standesherrlichen  be- 
zirken, in  welchen  ßr  einen  ort  die  standesherschaß  den  schull- 
heisz  als  oberste  ortsbehörde  ernannte,  der  vom  staale  ernannti 
schultheisz,  der  namentlich  die  steuern  einzunehmen  hatte. 

HOHEITSWAH.X,  m.  wahn  einer  erhabenen  Stellung: 

für  ihn  eutDieben 
aus  meinem  busen  mulh  und  stolz  und  bobeitswahn  (worie 
der  sich  auf  die  knie  werfenden  Elektro). 
GoiTER  2,  115  (162). 

HOHELIED,  n.  zusammengerückt  wird  öfters  geschrieben  ßr 
das  hohe  lied  (sp.  1603) ;  auch  in  den  obliquen  casus  des  hoheo- 
licdes,  dem  hohenliede. 

HOHELOHE,  adv. :  die  bölifunken  (des  dreiszigjährigen 
krieges)  haben  von  dar-aus  (Böhmen)  rings  umher  angezündl, 
dasz  gleich  das  ganze  Teutschland  hohelohe  gebrunnen 
RoMPLEB  vorrede  ij\ 

HÖHEN,  verb.,  ahd.  hohjan,  mhd.  hcehen,  hoch  machen,  ein 
im  nhd.  zu  gunsten  von  erhöhen  seltener  gewordenes  verbum. 
Es  bezeichnet 

l)  hoch  machen,  in  örtlichem  sinne:  die  insul  ..  bucht  und 
spitzt  sich  in  irer  lengi  in  dem  mittel  in  eines  büchels  (bühels) 
weise.  Gallüs  Oueix  ehr.  von  Reichenau  25, 22 ; 

Ossa  zu  höhn  auf  Olympos  gedachten  sie,  aber  auf  Ossa 
Peliou,  rege  von  wal'd ,  um  hinauf  in  den  himmel  zu  steigen. 

See  11,  315. 


bildlich:  weil  er  damit  länger  und  rüstiger  am  neuen  baue 
(Üeutschlandi)  helfen  und  höhen  kann.  J.  Paul  nachdämm, 
s.  70.  technisch,  in  der  maierei  (vgl.  hierzu  höhe  1,  t  sp.  1707) : 
sechs  gemählde  auf  goldgrund.  die  lichter  in  den  gewäadern 
mit  gold  gehöht.  Götbe  39,274;  bei  den  hohen  lichtem  (do» 
glasmalereien)  ist  der  grund  scharf  weggenommen,  die  übrige 
haUung  aber  mit  kleinen  strichlein  hervorgebracht,  wie  man 
auf  einem  dunklen  grund  mit  kreide  höhen  würde.  43,133. 

2)  hoch  machen,  dem  grad  nach;  steigern,  kräftigen,  von 
empfinduugen  und  ihrem  ausdruck:r 

die  Vögel  höhen  ihren  sang.    Höltt  145  Halm, 
in   einer  sehr  freien   nachbildung -eines  Uedes  des  Schenken  von 
Limpurc,  wo  es  heiszl: 

diu  vogellin  hoDhent  ir  gesanc.    minncs.  1,  133*  Hagen; 

er  treibt  mein  rad  und  schüret  mein  feuer  gut 

und  singet  so  hell :  das  höhet  mir  den  muth. 

Uhl^ihd  ged.  349; 
bezüglich  des  ranges: 

ich  darf  mich  so  nicht  höhen.  -  v.  Birke;«  Guelfis  248. 

HOHE.NASTER,  m.  scherzhafte  bezeichnung  des  apfelweins: 
hochenaster,  achasea,  est  succus  de  pomis  et  piris  expressus, 
pomacium.  voc.  ine.  theut.  k2';  darausz  (aus  fruchten)  sie  Ire 
hohenaster  und  köstliche  öpfel-  und  birnmöst  geschlagen. 
Mathes.  Sar.  9';  noch  jetzt  in  der  Wetlerau  Hohenastheimer, 
vielleicht  mit  anspielung  an  den  Ortsnamen  Astheim,  wie  z.  b.  ein 
dorf  bei  Trebur  heiszt. 

HOHE.NAU,  /■.  auch  hocbenau,  das  hauptscMff  bei  einem 
schiffzug,  d.  h.  bei  mehrern  schiffen,  die  in  Verbindung  mit  ein- 
ander mittels  Pferden  stromaufwärts  gezogen  werden  (auf  der 
Donau) ;  auch  ein  ganzer  solcher  schiffzug.  davon  das  verbum 
hohenauen,  hochenauen.  Scim.  1, 1042-1044  Fromm. 

HÖHENBESTIM.MUNG,  f.:  die  höhenbcslimmung  der  berge 
auf  dem  inonde.  Bba.ndes  astronomie  2, 18. 


1711    HÖHENINSTUUMENT  —  HOHERR 


HOHESCHULE  — HOHL 


1712 


HÖHENINSTRIJME.NT,  n.  ein  instrument,  höhen  der  berge 
und  ihre  basis  ohne  viesskette  zu  finden.  Jacobsson  C,  92'. 

HÖHENKARTE,  f.  die  die  höhenverhältnissc  veranschaulicht: 
im  jähre  1S65  erschien  :.  b.  eine  böbenkurte  der  würtember- 
giscben  staalseisenbabnen. 

HÖHENKLIMA,  u.  klima  der  höher  gelegenen  gegenden :  seine 
beobacbtung  bat  zuerst  die  botaniker  auf  den  verändernden 
einflusz  aufmerksam  gemacbt,  welcben  das  böbenklima  auf 
die  Pflanzenwelt  übt.   Weslermanns  monatshcße  1.  hd.  s.  52. 

HÜHEN.MARKE,  f.  eine  die  höhe  eines  punlUcs  bezeichnende 
marke:  fünfundfunfzig  böbeuinarken  wurden  auf  dieser  strecke 
eingesetzt,  deren  angaben  innerbalb  einer  febiergränze  von 
3-4  zoll  genau  sind,  ausländ  40.  Jahrgang  s.  1006. 

HÜHE.NMESSER ,  m.  instrument  behufs  livhenmessung ;  bei 
den  Schiffern  instrument,  um  die  höhe  eines  Sternes  zu  messen. 
Jacobsson  2,270*. 

HÜHENMESSLNG,  f.  messung  einer  höhe,  bei  J.  Paul  wird 
dieses  sonst  rein  technische  tcort  freier  gebraucht :  ihr  rubendcs 
nur  in  fromme  rübrung  eingesenktes  äuge,  das  nicht  einmal 
auf  die  nabern  frommen  scbünbeiten  zur  böbenmcssung  der 
taillc  fiel.  Hesp.  3, 1S7  ;  kann  der  mcnscb  mit  den  unzähligen 
wogen  der  liebe  böbenmessungen  anstellen  und  auf  diejenige 
zeigen,  die  am  meisten  stieg?  Tit.  2, 156. 

HÖHENIMLOT,  m.  pilot,  der  die  schiffe  auf  das  hohe  meer 
führt,  zum  untersdiiede  von  einem  küstcnpilot  und  bootsmann. 
Jacobsson  2,270*. 

HÖHENPLNKT,  HÖHEPUNKT,  m.  der  punkt  der  die  bedeu- 
tendste höhe  von  irgend  etwas  bezeichnet:  man  siebt  aus  der 
ferne  nur  einzelne  böbenpunkte  des  gebirgszuges ;  auch  bild- 
lich: der  böbepunkt  seiner  enfwickelung  ist  beschritten;  so 
verwirft  Sieyes  die  reine  deraokratie  und  giebt  der  reprä- 
sentativen Verfassung  den  vorzug,  läszt  auch  die  kröne  ohne 
bedenken  den  böbepunct  der  pyraniide  bilden.  Dablnann 
franz.  revol.  1C5. 

HÖHENRAUCH,  HOHERAUCH,  m.  haarrauch,  vgl.  über  dies 
wort  die  bemerkung  oben  sp.  35,  und  beiraucb  unter  liei  sp.  794 : 
briefe  des  berrn  Michael  Torcia  an  den  berrn  professor 
Toaldo  zu  Padua  von  dem  höbenraucb  des  vergangenen  jabres 
zu  Neapel  und  in  Calabrien.  teulscher  Merkur  17S4  2,  3 ;  wie 
ich  weiter  binab  kam,  konnte  ich  deutlich  bemerken,  dasz 
alle  dünste  die  aus  dem  Botzner  tbal  .  .  aufsteigen,  nach 
den  böbern  mitternächtigen  gegenden  zu  zogen,  sie  nicht  ver- 
deckten, aber  in  eine  art  böberaucb  einhüllten.  GOthe  27,53; 
es  war  ein  ganz  reiner  binimel,  kein  wölkeben,  nur  am 
borizont  eine  art  böberaucb.  164 ;  die  luft  hatte  alle  feucb- 
tigkeit  in  sieb  aufgenommen,  es  entstand  daher  bei  Sonnen- 
aufgang eine  art  von  böberaucb.  51, 211 ;  die  vollkommen 
wolkenlose  atmosphäre  liesz,  wenn  auch  durch  einigen  böbe- 
raucb, die  ganze  gegend  bis  an  ihre  letzten  gränzen  über- 
schauen. 60, 141 ;  wir  haben  hier  eine  art  von  böberaucb,  der 
sich  an  den  gebirgen  schön  zeigt,  an  frau  v.  Stein  3, 167. 

HÖHENUNTERSCHIED,  ni.  .•  dem  golfstrom  aber  weist  das 
Ton  norden  andrängende  kalte  wasser  und  der  böbenunter- 
schied  des  meerbodens  ein  ziemlich  bedeutendes  bett  an. 
Spiller  die  wellschöpfung  s.  80. 

HÖHENZUG,  m.  .•  böhenzüge  von  kalkgebirgen ;  seine  ab- 
siebt ist,  auf  feldwegen  den  reisenden  zuvorzukommen,  welche 
auf  schlechter  strasze  manchen  böhenzug  zu  überwinden 
baben.   Daiilmann  gesch.  d.  franz.  revol.  376. 

HOHEPRIESTER,  wi.  zusammengerückt  geschrieben  für  der 
hohe  priester,  vgl.  bohelied,  bobescbule  und  oben  sp.  t602. 

HOHEPRIESTERLICH,  adj.:  wie  Spener  liesz  er  sich  zur 
«larkung  im  letzten  kämpfe  das  bohepricsterlicbc  gebet  vor- 
lesen, evang.  kirchenzeilung  I8<j6  s.  707. 

HÖHER,  m.  einer  der  höht,  erhöhl,  heringshöber  heiszen  in 
Rostock  die  zum  aufhöhen  {vollpacken)  der  heringsfdsser  befugten 
arbciler. 

H()HERN,  verb.  hither  machen,  mhd.  hcebern :  in  dem  jar 
und  in  der  zeit  ward  .  .  die  statmauer  daseli>en  geböcbert. 
d.  tlidtechron.  5,  10t,  6; 

wer  hochrart  triht,  d(?n  nydert  got, 
dcmQl  er  allzyi  ^eUoUttex,  hat. 

llii*!»T  narren*ch.  92,  124  ; 

absolut,  den  preis  steigern :  nachdem  er  aber  der  stut  pau- 
roeistcr  dringen  und  bucherti  wolt.  Tucokb  baumeiüerh.  !H,2i. 
HOHERR,  m.  hoher,  oberster  grundhen :  ob  tach  wcre,  dasz 
der  bnbtberr  ein  {einen)  nit  »clber  richten  wuld.  so  kiiII  be 
den  menschen  bollcn  und  Ucbcrn  dem  hoberra.  weisth.  1, 530 


{Prüm,  von  1537);  damit  sie  dem  hohem  sein  gericht  nit  er- 
scbmehen  noch  erstenken  noch  schwecbcn.  531  {von  1565); 
sollen  den  bochern  bitten,  dasz  er  inen  lasz  richten,  ebenda. 
HOHESCHULE,  f.  zusammengerückt  für  hohe  schule,  vergl. 
unter  bocbschule  sp.  1631 :  in  der  bobenscbule.  Luther  3, 2So' ; 
Bononia  . .  da  ein  berubmpte  boheschul  ist.  Kihcuuof  uend- 
unmut  125*; 

hie  einer  auf  der  hobcnschul 

will  doctor  oder  canzler  werden.    Wkckhkrlin  574. 

HÖHESINN,  m. :  bei  erblickung  des  schloszberges  hatte  der 
knabe,  bei  frischem  und  lebendigem  höhesinn,  den  vater  be- 
wogen, diesen  gipfel  von  jenseits  zu  ersteigen.  Götiie  45,262. 
HOIIESPRIESTERGEVVAND,  n.  .• 

auf  einmal  entfiel  mir 
schwindend  mein  hohcspriestergewand,  wie  asch  auf  die  erde. 
Klopstock  3, 160  (Hess.  4,  75). 

HOHL,  adj.  cavus.  ein  goth.  bul-s  wird  nur  nach  bezeugten 
en(jen  verwandten,  buljan  hidlen,  buleins  hüllung,  bulundi  höhle 
vorausgesetzt;  altengl.  hole,  neuengl.  hollow;  fries.  hol,  aün. 
bol-r,  dän.  buul;  alid.  mhd.  hol;  mitteldeutsch  auch  die  neben- 
form  bal: 

item  rat  was  ist  das :  es  ist  hat 

und  liecht  gen  tal  {die  liasctnusz).    fasln,  sp.  1458. 

bobl,  wie  hüllen  {s.  d.)  haben  engsten  bezug  zum  verbum  hehlen, 
mhd.  beln  {sp.  786)  und  den  dort  aufgeführten  Wortbildungen. 
bobl  bedeutet 

1)  im  innern  leer  oder  unausgefüUt,  in  bezug  auf  dinge  die 
man  sich  sonst  aus  einem  slück  bestehend,  massiv  oder  auch  an- 
gefüllt denken  kann:  {die  säulc)  war  vier  (inger  dicke,  und 
inwendig  hol.  Jer.  52, 21 ;  die  tauben  so  da  nisten  in  den 
holen  löchern.  48, 28 ;  solt  in  {den  allar)  also  von  brettern 
machen,  da:  er  inwendig  hol  sei.  2  Mus.  27,8;  eine  bohle 
kugel;  unterwegs  erzeblete  ich  ihrer  etlichen,  dasz  ich  ver- 
meint hätte,  das  centrum  der  erden  wäre  inwendig  hol,  in 
welchem  holen  tbeil  die  pigmei  wie  in  einem  kranrad  herum 
liefen  und  also  die  ganze  erdkugel  herum  trilleten.  Simpi. 
2,76  Kurz;  bobler  Würfel,  hohle  bäume; 

liebhabcr  sucht  er  oH  in  jedem  hohlen  bauni. 

Kotzebub  dram.  sp.  2,  175; 

hoble  Zähne  ;  hoble  bippen,  hoble  hippiein,  ein  dünnes,  hohles 
gebäck,  vgl.  s/).  1552. 1554 ;  ein  hohler  bcrg,  berghöhle:  etleicheu 
{see)  babent  irn  ursprinch  in  dem  gröjen  holn  geperg,  daj 
kalt  und  velsik  ist,  wann  da  entsleujt  sich  der  wüjjrig  dunst 
in  wajjers  tropfen.  Mecenberg  102,  27 ;  da;  .  .  allermaist  in 
bolem  gepirge  vil  erdischer  dünst  gesament  werdent.  107,27; 
wo  etwa  ...  der  widerball  aus  den  holen  bergen  schallet. 
weish.  Sal.  17, 19 ; 

er  macht  sich  zu  ihr  zu,  und  hiesi  sie  mit  ihm  kommen, 
hinauf,  da  er  den  fels  und  holen  berg  vernommen. 

D.  V.  D.  Werder  Arioft  2,  72,  6; 
hoble  fasser;  in  allen  landen  sind  bohle  fässer  und  kübel. 
SiMRocK  sprichw.  258 ;  hohle  fässer  klingen  am  weitesten ;  das 
publicum,  besonders  das  weibliche,  liebt  solche  hoble  gefäsze 
{von  nichtssagenden  gedickten  ist  die  rede),  um  sein  biszchen 
herz  und  geisl  darein  spenden  zu  können.  Götbe  an  Schiller 
476;  eine  bohle  nusz,  die  keinen  kern  hat;  öfter  als  bdd  des 
nicIUiyen:  es  ist  schade,  dasz  sie  mit  hohlen  nüssen  um  hohle 
nüsse  spielen.  Göthe  18,283;  aber  die  tragödie  miisz  über 
die  natur  gehen,  oder  ich  gebe  nicht  eine  bohle  nuss  darum. 
Wieland  19,  2S2.  —  So  berührt  sich  hohl  mit  dem  begriff  leer, 
des  inhalts  beraubt: 

trinket  und  schlinget,  der  krug  wird  nicht  hell ! 
wie  mag  das  zugehn!  schaut,  bloilit  er  doch  voll. 

A.  Grtpiiius  1698   1,  635; 
ich  sollte  aufstehn  mit  dem  schöpfungswort 
und  in  die  hohlen  Ift^er  menschen  sammeln. 

Schiller  Wnllrnftrins  toil  3,  13. 
im  gemeinen  leiten  redet  man  von  eineni  bohlen  niagen,  der 
mageii  ist  ihm  hohl,  bei  gro.^zem  humjer. 

2)  hohl,  leer,  nicJUig,  in  (xler  zu  dem  nicIUs  ist,  in  mancherlei 
uindungen:  ein  hohler  köpf,  in  dem  keine  gednnken  sind  {vgl. 
bohlkopf);  zwei  miiarbcitern  des  vorigen  literarischen  an- 
zeigers,  welche  ich  als  hohle  köpfe  ...  zu  kennen  glaubte. 
J.  Paul  kben  Füxls  4; 

mir  war»  ccbundcn  vor  der  »tirn 

und  hohl  im  innersten  grhirn.    Göthi  3,31 

verschieden  ist  der  hohlu  schadet  eines  gerippes  und  itt  du  bt- 
deutung  1  fallend,  doch  in  antpielunyen  mit  dieser  (2)  zusamnun- 
gebrucht : 

a»HrU\  nur,  euer  irhAdt'l,  curi!  alMte 

Ul  nicht  m«hr  worlh  als  jene  hellten  dort?    41,  101. 


1713 


HOHL 


HOHL 


1714 


ein  hohles  herz,  das  kein  mitgfßhl  hat' 

allein  das  herz,  an  das  er  schlägt,  ist  hobl, 

Schach  Lolo  ist  nicht  zu  hewegeu.    Wielasd  10,  349. 

ein  hohler  geist,  ein  phnntom:  do  greif  sü  uf  ein  holen  geist 
(als  sie  ihren  mann  :u  greifen  «ähnle),  v.  d.  Hages  heldenb. 
1,  cxx; 

gleich  gespenstern,  stumm  und  hohl  und  hager, 

zieht  in  schwarzem  todtenpompe  dort 

ein  gewimmel  nach  dem  leichenlager. 

ScBiLLEB  1  (leichenphantasie) ; 

(der  bekenner  der  remirhlung)  sehe  dann  zu,  ob  er  den  an- 
büik  geliebler  edler  oder  weiser  menschen,  als  zweckloser 
stundenlanger  lufterschcinungen,  als  hohler  dünner  schatten, 
die  dem  lichte  nachflattern  und  im  lichte  sogleich  zcrflieszen 
und  die  ohne  spur  und  weg  und  ziel  nach  einem  kurzen 
schwanken  hinaus  in  die  alte  nacht  verrinnen,  ob  er  diesen 
anblick  ertragen  könnte.  J.  Paul  Kamp.  67.  hohl  in  bezug 
auf  gesinnungen,  anschauungcn  und  deren  ausdruck:  Wieder- 
geburt aus  dumpfer  dunmiheit ,  hohler  narrheit ,  schalem 
glauben.  Armm  schaub.  2,211;  dasz  \nr  eine  falsche  hohle 
meinung  los  sind.  Göthe  59,  135;  eine  leere,  hohle  natur 
wird  sich  wenigstens  einen  äuszern  schein  zu  geben  wissen. 
22,45;  so  war  ich  in  traurigster  einsamkeit  befangen,  meine 
tagebücher  melden  nichts  von  jener  zeit ;  die  weiszen  blätter 
deuten  auf  den  hohlen  zustand.  31, 195 ; 

eitles  niühn. 
sich  zu  rergegenwärtgen  fernceschiedenes, 
uuwicderherstellbares!  hohle  leidge  quäl!    40,411; 

da  sprach  er  . .  vom  einzigen  glück  des  hohlen  lebeus,  von 
der  liebe.  J.  Pacl  Tit.  2. 243 ;  (dieser  roman)  ist  ein  neuer 
beweis,  wie  weit  diese  dilettanterei  wenigstens  in  dem  mecha- 
nischen und  in  der  hohlen  form  kommen  kann.  Schilleb  an 
Gvlhe  77S;  Hageniannische  und  Hagemeistersche  stücke,  ob- 
gleich hohl,  doch  für  den  augenblick  theilnahme  erregend. 
Göthe  31, 20 ;  wie  hohl  übrigens  das  ganze  stück  sei,  würde 
sich  bei  der  ersten  Vorstellung  deutlich  zeigen.  33, 217 ;  in 
substantiver  Stellung:  das  hohle,  das  falsche  einer  tlieorie. 
51.13;  hohle  worte,  schon  im  lo.jahrh.:  nach  solichen  holen, 
gifitragenden  worten.  d.  städtechr.  3,\3X9;  beides  sind  hohle 
worte,  die  dem  denkenden  gar  nichts  sagen.  Götue  50, 197 ; 
und  diese  (die  wache)  treibt  ein  hohles  wort  des  herrscbers, 
nicht  ihr  gemüth.  S,  298;  mit  schlechtem  dank  und  hohlen 
redensarten  der  schule.  31, 17 ;  zu  hohlen  und  nichtigen  pro- 
saischen und  poetischen  phrasen.  50, 1S7 ;  so  ist  denn  auch  . . 
Venedig  mir  kein  bloszes  wort  mehr,  kein  hohler  name.  27,  97 ; 
es  waren  .  .  bekannte  Sprüche,  reime,  ausdrücke  und  Wen- 
dungen, die  ich  hundertmal  gehört  und  als  an  hohlen  klängen 
mich  geärgert  hatte.  23, 1S6; 

nun  (spricht  der  voge!)  seh  ich  wohl, 

das  alte  Sprichwort  ist  nicht  hohl.    Wielasd  IS,  373. 

die  hohle  nacht,  die  das  geßhl  der  leere  gibt :  nur  hinter  dem 
hause  schlich  sich,  aber  ungesehen,  die  grosze  hohle  nacht 
aus  Osten  heran.  J.  Fall  flegelj.  1, 116 ; 

bis  sie  zuletzt  des  orcus  hohle  nacht  umfängt.  Göthe  41, 190. 
die  ältere  spraclie  hatte  zu  hohl  in  diesem  sinne  einen  abhängigen 
gcnitiv  geßgt: 

manec  mensch  ist  süejer  worte  vol. 

des  herze  doch  inne  ist  trluwen  hol.    lleiiner  &670. 

das  befjegnel  noch  im  16.  jaJtrh.,  später  nicht  mehr: 
sunst  bistu  aller  künsten  hol. 

ScuADB  sat.  N.  pasqu.  3,  119,  3. 
3)  hohl,  von  tönen,  die  nie  aus  einem  hohlen  räume  klingen: 
eine  hohle  stimm,  rox  quasi  e  cavema  sonans;  sonus  obscurior 
quasi  ex  inßmo  specu  redditus  Frisch  1,  461';  darnach  die 
stimmen  dester  diefer  und  höler  lauten.  Micyil.  Tue.  43!»'; 
die  meisten  (kranken)  überfiel  ein  holer  schlucken.  Heilman 
Thucyd.  236;  die  dicken  eulen  schrien  ihr  hohles  klaggeheul 
von  bäum  zu  bäum.  Bronn  er  fischerged.  (I7s7)  27;  wie  hohl 
der  schlag  vom  gewölbten  münster  herunter  tönti  Fr.  MJ^ller 
2. 151 ;  auch  unser  hohles  winmiern  in  eins  geschmolzen. 
ScHiLLEti  kabale  u.  liebe  4,4;  in  hohles  beben  hinabgefallen 
(beben  mit  hohler  stimme).  Fiesko  5, 13 ;  ich  kann  hohl  reden 
wie  aus  dem  grabe.  Kotzebue  dram.  sp.  3,141;  leere  fässer 
klingen  hohl.  Simrock  sprichw.  s.  119; 

e^  wa-net  niangcr  singen  wol, 

des  stimme  hert  ist  unde  hol, 

und  brieschet  als  der  escl  tuet.    Bomeii  edelsl.  82,  52 ; 

der  glocken  ängstlich  hohler  schlag  (grab<jelduif). 

D.  Stoppk  l'amats  131 ; 
rv    II. 


mntter!  mutter!  spricht  sie  bohle  norte: 

so  miszgönut  ihr  mir  die  schöne  nacht!    Göthe  1,24S; 

wie  der  stimmen  hohles  brausen 

aus  der  tiefe  tönt  empor!    Kör:<er  1,  125. 

so  giU  hohl  auch  von  den  dumpfen  tönen  des  rauschenden  wassers: 

rollt  eure  krausen  silbenvellen 

mit  hohlem  murmeln  durch  das  bunte  veilchenthal, 

ihr  Wiesenbäche  und  ihr  quellen. 

Meliude  ist  nicht  mehr! 

HöLTT  48  Halm  (elegie  einex  fcliäfers); 
und  stille  wirds  über  dem  wasserschluud, 
in  der  tiefe  nur  brauset  es  hohl.    Schiller  laudier. 

die  hohle  see  irjrd  theUs  hierher,  Iheils  auf  die  folgende  bcdeu- 
tung  ton  hohl  (no.  4)  bezogen: 

wohin  noch  wirlt  uns  dieser  tolle  stürm? 
das  wogt  und  brandet  wie  die  hohle  see. 

Uhlasd  Lu-iifii;  &1 ; 
den  ganzen  tag  ging  der  wind  ziemlich  stark  und  gut;  aber 
gegen   abend  legte  er  sich,   und  die  see  ward  hohl.   Seche 
spaziergnug  1, 140. 

hohle  Wälder  können  tom  geschrei  der  jagenden  widerhallende, 
oder  auch  solche  sein,  deren  baumkronen  sich  icölben,  so  dasz 
man  hinein  wie  in  eine  höhlung  blickt  (vgl.  unten  uiäer  höhle  1): 

der  sonnen  schwester  (Diana)  hetzt  durch  alle  hohle  wälder 
und  jagt  pusch  ausz  pusch  ein.  Flexing  65. 

4)  hohl  vertritt  auch  die  bedeutung  concavus,  einwärts  geboten, 
muldenförmig  vertieft;  so  in  einer  anzald  technischer  ausdrücke: 
hohl  geschliffene  gläser,  hohl  geschliffene  klingen ;  hohl  ge- 
gossene arbeit,  beim  gelbgieszer  der  gusz  nach  einem  modeil, 
das  vorher  auf  der  linken  seite  hohl  getrieben  ist.  Jacobsson 
2,273;  hohles  blatt,  concarum  folium,  das  in  der  mitte  ein- 
yetieß  ist;  auch  sonst:  vela  concava,  hohle  scegel.  Kirsch 
cornuc.;  der  bruder  redner  sasz  unten  zwischen  alten  schat- 
tigen bäumen,  und  vor  ihm  hatten  sie  an  einem  bügel  in 
hohler  rundung  sitze  mit  rasen  nach  einander  in  der  höhe 
rückwärts  angelegi ,  und  so  saszen  sie  übereinander,  und 
hörten  zu.  Hei.nse  .irdingh.  1,57;  hiesz  ihn  den  hohlen  weg 
einher  reiten.  Götz  v.  Bebl.  64;  wo  die  rauher  em-en  herm, 
in  einem  hohlen  wege,  angefallen  hatten.  Lessüsg  1,306,  vgl. 
hohlweg ; 

durch  diese  hoble  gasse  musz  er  kommen. 

Schiller  Teil  4,  3. 

t'on  körjjertheilen  :  der  hohle  fusz.  gegensatz  des  jdattfuszes; 

nu  tanze  eht  hin,  min  süejel ! 

so  hol,  so  suial  so  wurden  nie  kein  vüejel. 

minnes.  2,  93*  Hagen ; 

die  hohle  (einwärts  gekrümmte)  band ;  wasser  aus  der  bohlen 
band  trinken;  die  holen  hend,  als  wenn  man  etwas  darein 
wil  nenunen,  palmae  cavae  Maaler  230'; 

ach !  die  wachtet  ist  todt,  Naidens  wachtet, 

die  so  gern  in  Naideus  hohler  band  sasz.    Raxlir  I.IS. 

als  zeichen  der  begehrlichkeit :  ach,  da  (beim  kammergericht) 
macht  alles  hohle  pfötchen.  Göthe  8,  77 ;  —  hohle  äugen, 
bei  kummcr  und  not: 

manch  Seladonchcn  wurde  durch  ihrer  äugen  macht 

aus  einem  zweiten  Narciss  in  dreimal  tag  "und  nacht 

so  leicht  wie  ein  seul'zer,  und  bohler  von  äugen  und  grüner 

als  eine  dirne,  der  Hymen  das  warten  zu  lange  gemacht. 

Wielano  4, 127  (ji.  Amadis  6,  11) ; 

blickt  drauf  den  ehnrergesznen  mann, 

den  schauer  überscbleicht, 

dreimal  mit  bohlen  äugen  an, 

und  wimmert,  und  entweicht.    Höltt  17  Halm; 

dalier  der  hohle  blick : 

sie  (die  Erinnyen)  horchen  auf,  es  schaut  ihr  hohler  blick 
mit  der  begier  des  adlers  um  sich  her.     Göthe  9,4$; 

hohle  Wangen: 

das  haar  schneeweisz, 

die  wancen  so  hohl, 

bald,  bald  lebwohl.    Lesaü  neue  gril.  174; 

hohl  von  tiefgehenden  wunden:  von  holen  schaden,  die  holl 
seindt  einer  spannen  oder  noch  tiefer.  WtRz  wundarzn.  40; 
hohl  von  Pferdehufen :  die  huefe  sollen  hoch  und  nicht  hohl 
sein,  auch  nicht  schmahl  wie  an  den  eseln,  sondern  fein 
breit  und  rund,  weilen  in  den  holen  schmahlen  höfen  gern 
der  kern  und  das  leben  schwindet,  und  seind  den  horn- 
klüften  geneigt.  Böckler  kriegs.Khule  969;  ro«  den  flanken: 
dasz  das  pferd  hohle  flanken  habe,  wenn  der  räum  zwischen 
der  letzten  ribbe  und  dem  hüftbeine  hobl  ist.  Jacobsson  5,559'. 
HOHL,  n.  höhle,  loch,  Vertiefung,  ahd.  mhd.  ags.  hol :  man 
siht  auch  oft,  als  ob  in  den  himel  ein  tiefe;  gröje;  hol  g^. 
Mecemserg  74,26;  zeuht  er  (<ier /urjc//)  mit  seinen  naslöchern 

lOS 


1715 


HOHL  — HÖHLE 


HÖHLE 


1716 


slangen  auj  den  hölrn  uud  ij^jet  die.  129,20;  etleich  sprechent, 
das  der  fulis  üii  selber  nOiuiner  kain  hol  grab,  aber  der 
dahs  grebl  alliu  hülr,  d4  die  fühs  inne  wonent.  163, 19 ;  {ein 
drache)  den  verpannl  sant  Silvester  der  bapst  in  sein  bol, 
das  er  nimmer  her  für  kom.  d.  stddlechr.  4,291,3;  da  kund 
man  sant  Ulrichs  grab  lang  nie  vinden.  am  leisten  vand 
man  zwai  hui  üb  ainander.  303, 25 ;  das  grusze  drusen  und 
hüler  werden.  Mathes.  Sar.  157';  (ein  elennlhier,  das  sich)  in 
die  höler  und  schrofen  versteckt.  Foreb  tltierb.  4ü' ;  hiatus 
aul  discessio  terrae,  ein  ingefallen  hüll  der  erden.  Cuvtkaeus 
(1594)  cap.  8,  ip.  37;  derselbe  hcrr  hat  die  jungfraw  verkund- 
schaft  in  einem  hole,  darein  sie  sich  von  furcht  wegen  vor 
ihm  hatte  verborgen,  buch  d.  liebe  2S5'; 

hält  ich  mein  naisch  also  getödt, 
so  wöll  ich  frei  und  ungenöt 
yetz  ziehen  bei  euch  inn  ain  hol. 

J.  V.   SCUWARZKMBERC   151 ; 

hohler,  leerer  räum  im  allgemeinen: 

Thraso  meint :  zu  Amors  possen 

sei  er  viel  zu  viel  verdrusseu, 

lade  lieb  in  ein  pistol, 

schiesze  sie  ins  weite  hol ; 

wann  er  dieses  fürgenunimen, 

sei  sie  selten  wieder  kunimen.    Locau  3,  62,  26. 

Höhlung  an  körperlheilen :  vola  das  hol  in  der  band  oder  under 
dem  fusz.  Alb.  Cc4";  stelle  den  spiesz  unter  das  hol  des 
rechten  fusz.  v.  Wallhausen  der  soldat  zu  fusz  ABC  s.  22  ;  leck 
mir  das  hol !  Andreas  Tharaeus  weiberspieyel  (eine  comüdie  162s). 

HOHLADER,  f.  vena  cava. 

HOHLAST,  m.  cecropia,  trompctenbaum,  kanonenbaum,  wegen 
seines  hohlen  hohes.  Nemnich  2,  926. 

HOHLAUGE,  n.  hohles  äuge,  und  träger  eines  solchen : 

eilt  euch  ihr  liehchen  zu  verstecken, 

dort  wo  die  alten  schachtein  stchn, 

hier  im  bebräunten  pergamcn, 

in  Staubgen  schcrben  alter  töpfc, 

dem  bohlaug  jener  todtenköp/e.    Göthe  41,  94. 

HOHLÄUGIG,  adj.  mit  eingefallenen  äugen-,  reduclos  habens 
oculorum  orbes.  Frisch  1,461';  hohläugigl.  Klincer //le«^.  2,200. 

HOHLBÄCKIG,  adj.  liolUe  backen  habend,     vgl.  hohlwangig. 

HOHLBACKSTELN,  n.  .•  hohlbacksteine  für  leichte  Scheide- 
wände und  gewölbe,  desgleichen  für  ziinnicr-  und  slalldecken, 
angeboten  im  Frankfurter  Journal  no.  69  von  1869. 

HOHLB.^U,  «1.  die  gewölbe  unter  der  erde  oder  unter  einem 
walle  bei  häusern  und  festungen.  Jacubsson  2,  272*. 

HOHLBEERE,  f  name  der  himbeere,  wie  der  mauWecrc. 
Nemnich;  bei  Albehus  Gg4'  der  plur.  holbirn,  stengelbirn, 
mora  dumi. 

HOHLBOHRER,  m.  bohrer  der  hohl  und  nicht  wie  eine  schraube 
gestaltet  ist.  Frisch  1,  461*. 

HOHLBUNZEN,  m.  bunzen,  der  eine  hohle  grübe  in  sich 
enthält.  Jacobsson  6,  93*. 

HOHLDECKER,  m.-^anomia  reticularis,  eine  art  bohrmuscheln. 
ISENfilCB   1,  326. 

HOHLDEICHSEL,  f  krumme  deichsei  oder  krummhaue,  deren 
klinge  nach  der  breite  gehöhlt  ist,  und  womit  man  einen  nach  der 
rundung  holden  körper  im  innern  bearbeitet.  Jacobsson  2,  272'. 

HÜHLDOCKE,  f.  docke  oder  spindel  bei  drechslern  {vijl.  th.  2 
sp.  1211),  um  feilte  zu  drechselnde  arbeiten  einzuspannen. 

UOHLDO.N.NERND,  part.  : 

hobldonnerad  stürzt  die  felskluTt  in  den  schoosz 
des  dumpfen  Hades  dich. 

A.  W.  Schlegel  im  musenalm.  179S  s.  70. 

HOHLE,  f.    in  altern  quellen,    namentlich  mUteldeutsrhen,   so 

viel  wie  höhle  (t.  das.  unter  1  und  2) :  caverna  hole  rieben  hüle 

DiKT.  lOS*: 

tnkd.  ich  hftD  ü(  einer  hole  wit 

geieben  ralken  vllegen.    Haupts  teitschr.  5,2'.)ü,  80H; 

später  von  bOhle  geschieden,  und  selten  geworden;  in  der  bfdeu- 
tung  hohlheit,  höhlung:  die  hole  meines  stabs.  Simpl.  3, 'is  A'ur:. 
in  büringen  und  Obersachsen  ist  hohle  aber  die  länglich  laufende 
muhöhlung  des  erdrriciu,  holUweg,  schlucht:  die  hohlu  liinler 
DreMnbof  ist  in  den  glinnnerschiefer  eingeschnitten.  Göthe 
61,86;  ebenso  bairisch:  die  hf)\,  höhle  und  hotägasse.  Senn.  1,10S3 
Fromm.;  Schweiz,  hole,  hohle,  hohlueg;  jede  einsenkung  des 
bodens,  sie  sei  lanq  oder  kurz,  schmal  oder  breit,  eingeschlossen 
oder  zum  Iheil  offen.  Stai.der  3,  61. 

HÖHLE,  f.  carerna,  sjielunca,  ahd.  holt,  mhd.  büle,  eine 
form  die  auch  im  altern  nhd.  noch  nachklingt:  wie  ein  lOuw 
in  »einer  bülc.  ReitzNERirru«.  2, 132*;  »u  das  wciblin  anhebt 


zu  leichcn,  so  vorschlieft  es  sich  in  ein  hüle.  Forer  fischb.  9* ; 
vgl.  weitere  belege  unten  verstreut; 

in  d'  hüle  han  ich  ouch  kein  lust, 

wil  mich  recht  wyter  bhelTen  sust.    fraij.  Joh.  Diij; 

plur.  hülincn,  später  höline:  die  brüdcr  zu  sant  Gallen  woll- 
tent  entrinnen,  .  .  .  fluchend  derselben  nacht  zertrcnt  und 
zerstört  uf  die  velsen,  bcrg,  bülincn  und  ainödinen.  Gallus 
Oheim  c/jron.  t;. /?etc/ienou  120, 17;  fliehen  sie  in  grosze  gruben 
und  höline  under  der  erden.  S.  Frani  weltb.  226";  welcher 
wieder  zu  den  siilgularformen  hiilen,  hülin  in  Verbindung  steht : 
concavitas  hulin  Dief.  13t>';  ward  ich  einer  einsamen  und 
finstern  hiilen  gcwar.  Kirchhof  it't'nrfuHm.  202*;  kompt  in  die- 
selbige  hiilen  dieser  low.  203' ; 

ia  wie  ein  low,  unwillig  schier 

In  eine  hölin  sich  vcrbirgct.    Wecxherlin  37 ; 

in  diser  hölin  frei 
von  kaltem  wind  und  schnec.    783. 

höhle  bezeichnet 

1)  aushölUung,  verliefung  im  allgemeinen:  concavitas  bule, 
hulin,  hole  (neben  holigkeit,  holheil)  Dief.  13s';  ire  (der  elenn- 
thicre)  haar  sind  alle  hol :  vvicwol  herr  Geszncr . .  in  haaren 
kein  hölin  gefunden.  Forer  thierb.  40*;  noi'h  bei  Göthe  von 
der  höhlung  eines  bechers,  die  auch  voriwr  so  genannt  wird: 

hier  ist  ein  saf't,  der  eilig  trunken  macht. 

mit  brauner  fluth  erfüllt  er  deine  höhle.    12,  44; 

hohlweg:  und  entlieh  in  die  glanicn,  felscn  und  holen  oder 
enge  weg  getrieben.  Fhossp.  inW/sfc.  3, 142*  (sonst  hohle,  s.d.); 
Schlupfwinkel,  abgelegener,  verborgener  ort:  daj  sü  von  sime 
angesiht  fluhent  und  sich  wider  in  ir  hüle  leilenl.  d.  städte- 
cliron.  8,52,  27;  bei  Fleming  wird  ein  dichter  wald  höhle  genannt, 
jedenfalls  mit  rücksicht  darauf,  dasz  man  in  Um  wie  in  eine 
dunkle  höhlung  hineinblickt: 

erbarme  du  dich  meiner  quahlcn, 

du  dicker  wüster  hain, 

dem  Titans  allerhellste  strahlen 

doch  geben  keinen  schein. 

wie  dunkel  hier  ist  deine  schwarze  hole, 

so  Unstcr  auch  ist  meine  kranke  sccle.    48G. 

von  den  eintufungen  an  körpcrilwilen  und  aushöhlungen  in  solchen, 
vergl.  achsel-,  äugen-,  bauch-,  brüst-,  mund-,  nasen-,  ohrcn- 
höhlc  M.  d/»i/.  (und  im  bilde  auch  fensterhöhle  thcil  3,  1524) ; 
Maaler  unterscheidet  hole  am  körjter  von  hüle  spelunca:  hole 
under  der  nchs  da  das  haar  studl,  alarum  vallis,  die  hole 
eines  gschwars,  sinus  ulceris,  die  hole  oder  tiefe  im  aug, 
recessus  in  oculo,  die  hole  des  munds,  die  liefe,  oris  recessus, 
oris  inanitas,  die  höly  in  dein  huQ'bein  acetabula  228*  (gegen 
hüle  oder  grub  under  dein  erdlrich,  antrum,  hüle  und  läger 
der  wilden  thicrcm,  luslrum,  hülinen  und  klüft  da  sich  die 
thicr  erhaltend,  cubilia  23l')-  "uc/t  der  ganze  leib  wird  als 
höhle  gedacht: 

Prometheus  hatte  zwar  aus  seiner  weiszheit  starke 
dem  menschen,  welchen  er  vor  ohne  goist  gemacht, 
des  feuers  edlen  schein  vom  hiiumel  eingebracht, 
durch  nütze  dichcrei  in  seines  leibcs  hole, 
die  erstlich  dunkel  war.       Uimtz  1,  53 ; 
disz  ist  der  letzte  hauch,  in  dem  die  fromme  seele 
aus  ihrem  niielhausc,  desi  keuschen  lethes  hohle 
iu  ihr  recht  vatcriaiid,  den  hoben  himmel  reist. 

Fleming  132. 

2)  um  häufigsten  ist  höhle  ein  ausgehöhlter  gröszerer  räum  iiw 
innern  der  erde:  antrum  hole,  hole,  hule ,  hüle  Dief.  39*; 
caverna  hiilc,  hüle  108*;  sfwcus  liüli,  hule  515';  im  mhii.  noch 
selten  gegen  liolil  (sp.  1714)  und  mit  diesem  wechselnd: 

die  (rii-sf>ri)  lägen  in  der  hülu 

und  waren  alle  zoriies  vol 

und  iltcn  balde  vür  dal  hol.    vinjinul  505,  3, 

später  ist  das  neutrum  hohl  zu  tjunsten  von  liölile  untergegangen : 
Lot  .  .  bleib  also  in  einer  hole  mit  seinen  beiden  töchlern. 
\  Mos.  19,30;  das  wilde  Ihier  gehet  in  die  hüle.  Utob  37,8; 
darnach  begrub  Abraham  Sara  sein  weih,  in  der  hole  des 
ackcrs,  die  zwifach'isl.  i  Mos.  23,10.  bildlich:  da  die  blitze 
(k'r  leidensrhafl  über  sein  ganzes  leben  fuhren  und  das  ge- 
birge  der  zukunfl  und  die  höhlen  der  vcigaiigeiibeil  heleuch 
tcten.  J.  I'aül   Td.  2,212; 

nl«  ein  fuchii  »eiii  jungen  enoch 
vor  lenem  liurg  iir  einem  loch, 
ein  Kleineii  füchKilin  wnit  grhn  «pirien 
blnauii  Int  veldl  vor  jener  hiilen. 

lt.  Walims  /.i<)/>  1.49,4; 

ein  beiller  kani  IXir  cine'mOlen, 

lag  vor  eim  bvig  bei  einer  bülen.    4,47,2; 


1717 


HÖHLE — HüHLENTE>n>EL 


HÖBLE>THIER  —  HOHLHirPELN        1718 


ich  denk,  ir  häuscr  sind  kein  hülen, 
darinn  löwen  und  baren  wülen. 

FiscuART  dicht.  2,  42, 1503  Kurz ; 
es  daucht  si,  das  sie  die  stimm  fül, 
als  wann  ein  wind  bliesz  in  ein  hüI.    189,  370  ; 
ja,  Vögel  haben  auch  begrifTen, 
näster  zubauen,  drein  zu  schliefen, 
und  der  vierfüsig  grose  häuf 
hat  gworfen  schanz  und  hülen  auf.    3,  263,  56 ; 

roszfliegen,  die  in  den  rönnen 
und  in  der  erden  höln  woneu.    mückenkr.  1,738; 
ein  stilles  schattenTolles  thal 
führt  ihn  der  höhle  zu,  wo  sich  die  iirmfen  baden. 
WuLAJiD  10,  159; 
keine  höhle, 
kein  buscb,  kein  sumpf  verbirget  mich.    Ravler  2,  12; 
in  höhlen  wohnt  der  draehen  alte  brut.    Götbe  1,  177. 
als    verächtliche    beseichnung    eines    schlechten    icohnkauses:    sie 
schwur,  eine  solche  höhle  nicht  zu  betreten  . . .  vater.  hörst 
du?    eine   höhle!    das  soll  man  mir  nicht  zum  zweitenmale 
sagen,  morgen  musz  das  dach  herunter!    ich  will  die  höhle 
schon  luftig  machen.  11, 2S3; 

da  macht  ich  mich,  mit  donnerstimme, 
noch  endlich  aus  der  höhle  fort.    1,  212. 

3)  bei  den  bergleuten  heiszt  höhle,  auch  hole  und  hülle  ein 
kästen  von  bestit/imten  dimensionen  {ursprünglich  aus  gehölüten 
baumstämmen),  in  icelchtm  das  erz  auf  die  hüllen  geschafft  wurde. 
Veitb  bergu-Orterb.  274. 

4)  auch  anderweit  technisch:  hölin  oder  hole  löcher  in  den 
aufgerichten  hölzeren  oder  haspeln,  darein  man  die  end  der 
wallböumen  stoszt,  das  sy  darinnen  umbgangind,  chelonaria, 
chelonia  Maaler  22S\ 

HÜHLEGRUFT,  f: 

in  Cyperns  rauhen  höhle-?rüften, 

Tom  meergott  nicht  verschüttet, 

vom  seismos  nicht  zerrüttet.    Göthe  41,  173. 

HOHLEISEN,  n.  eisernes  instrument  zum  hMmachen  eines 
dinges:  holeisen,  caestrum,  quo  ebur  cavalur  Stieler  373.  bei 
Fischart  als  inärument  zum  schaben  des  Glarner  kräulerkdses: 
stunden  derMegen  da  vil  krautige,  kütreckige,  graszgrüne 
schabziger,  sambt  den  holeisen  und  hobeln  ausz  Schweizer- 
land (dann  dise  gefüln  ihm  besser  dann  die  reibeisen  zun 
muscatnussen,  und  die  rubeneisen  für  faul  megd).  Garg.  55'. 

HÖHLE.N,  verb.  hohl  machen,  ein  seltenes  wart,  häufiger  in 
aushöhlen  (l,  SSS),  wte  auch  mhd.  das  einfache  holn,  hüln  gegen 
erholn,  erhüln  kaum  bezeugt  ist:  cavare  holen,  helen,  halen 
DiEF.  107';  holen,  auszhölen,  holmachen  excatare,  incavare, 
concavare,  cavare,  effodere  Maaler  22»';  wörtlicher  widerstand 
. . .  presse  und  höhle  die  Ike  idee  nur  noch  tiefer  und  fester 
in  sein  gehirn.  J.  Pacl  komet  2, 152 ; 

wie  den  marmor  selbst  der  tropfen  folge  höhlt. 
GÖTHS  13,  277 ; 
cavernatus:  gheholet,  i.  perforatus.  Dief.  nor.  p/oss.  81*.     in  der 
neuern  spräche  zeigt  aber  das  part.  gehöhlt  mehr  die  bedeutung 
höhlen  form  habend: 

wie  wenn  schaaren  der  bienen  daherziebn,  dichtes  gewimmeis, 
aus  dem  gehöbleten  fels  in  beständigem  schwärm  sich  erneuernd. 

llias  2,  SS ; 
ihn  erschlug  der  arge  kyklop  dann 
in  der  gehöbleten  klullt.  Udyssee  2,  20. 

HÖHLENB.\R,  m.  ursus  spelaeus,  vorweltliclies  thier. 

HÖHLENBRÜTER,  m.  vogel  der  in  höhlen  brfUet. 

HüHLENFORSCHER,  m.:  wir  krochen  ins  freie,  wie  höhlen- 
fürscher  auf  dem  bauche  in  die  schimmernden  höhlentempel. 
J.  Paul  Nep.-kirche  147. 

HUHLENFUND,  m.  fund  der  in  höhlen  gemacht  wird;  in 
neuester  zeit  namentlich  in  bezug  auf  die  entdeckung  vorweUliclier 
thierüberreste  in  höhlen:  einzelne  moderne  entdeckungen,  be- 
sonders die  höhlenfunde  und  die  pfahlbauten.  Kritzler  huma- 
nität  und  christentkum  2, 90. 

HÖHLENGANG,  m.:  ein  gewirre  ton  höhlengängen.  Schlos- 
ser weltg.  1, 173. 

HÖHLENG.VST,  m.:  eben  waren  mittags  kirche  und  gruft 
—  vielleicht  weil  man  dem  neuen  sterbenden  hühlengast  räum 
vorbereitete  —  offen  gelassen.  J.  Paul  Tüan  5,  im. 

HÖHLENKLOSTER,  n.  kloster  das  in  höhlen  angele^  ist: 
die  hostienbückcrei  des  berühmten  höhlenklosters  zu  Kiew. 
preusz.  Jahrb.  bd.  20  s.  300. 

HÖFlLENSCfiNECKE,  f  cavatica  Cochlea.  Stieler  1897. 

HÖHLENTEMPEL,  m.  höhle  einem  tempel  verglichen,  i.  Paul 
^cp.-kirche  147.     s.  die  stelle  unter  höhlcnforscher. 


HÖHLENTHIER,  n.  thier  das  in  höhlen  lebt :  wie  die  meisten 
andern  hühlenthiere  hat  das  ziesel  sehr  kurze  obren.  Brebx 
illustr.  thierl.  2,84. 

HÖHLENVOLL,  adj. :  an  der  einen  seile  war  ein  hoher 
höhlenvoller  berg.  Göthe  34, 286. 

HOHLER,  m.  name  des  holunders;  s.  das. 

HÖHLER,  m.  hohlmacher;  vgl.  aushöhler. 

HOHLERN,  HÖHLERN,  verb.  frequentativbüdung  zu  höhlen, 
hohl  machen:  cavare  holern  Dief.  107';  höler  die  kern  au?  in 
und  leg  lauter  honig  in  diu  grübel.  Megesberc  320,  5 ;  steter 
tropf  hohlert  den  stein.  Schottel  1122';  schneidet  citronen 
nach  der  länge  entzwei,  höhlert  das  mark,  wie  auch  das 
weisze,  alles  genau  heraus.  Hohberc  3,  3, 99*.  daßr  di;  form 
holdem  mit  eingeschobenem  d :  da  sie  kain  ander  potschaft  in 
die  stat  haben  mochten,  holderten  sie  drei  buchsenstein, 
darein  schuhen  sie  die  brief.  WUw.  v.  Schaumb.  23;  daj  man 
die  laib  und  ander  prot  innen  auszholdert.  d.  städtechron. 
2,  335, 15.  vgl.  die  formen  holen,  holern,  hölern,  hülern  neben 
hölschen,  hulgen  und  höldern,  alle  einer  bedeutung,  bei  Schm. 
1,10S3  Fromm.,  und  aushöhlern  theil  1,888. 

HOHLFEILE,  f.  feile  bei  den  goldschmieden,  um  hohle  oder 
verließe  Sachen  damit  auszufeilen. 

HOHLFLÖTE,  f  ein  offenes  flötenwerk  unter  den  orgelregistern. 
der  name  vom  hohlen  klänge.  Jacobssox  2,272'.    auch  hohlpfeife. 

HOHLFÜSZIG,  adj.  dicuntur  equi,  quorum  altior  est  ungula 
et  insignis  cavitas  pedis.  Stieler  590. 

HOHLGANG,  m.,  plur.  hohlgänge,  die  bei  einer  feäung  unter 
den  bollwerken.,  halbmonden  und  allen  auszenwerken  gegrabenen 
ginge. 

HOHLGERINNE,  n.  eine  art  gefluder  bei  den  bergmaschinen, 
aus  einem  trog  oder  krippe  in  einem  bäum  ausgehauen  bestehend. 

HOHLGESCHIRR,  n.  beim  zinngieszer  die  gefäsze,  welche  nicht 
im  ganzen  gegossen  werden  können,  sondern  aus  mehreren  theilen 
zusammen  gesetzt  werden  müssen. 

HOHLGESCHLIFFEN,  part.  concav  geschliffen :  hohlgeschlif- 
fene klinge,  lamina  ensis  incavata  Frisch  1,461*;  hohlgeschlif- 
fene gläser.  Jacobssox  2, 273'. 

HOHLGESCHWÄR,  n.:  holgeschwär  bei  dem  aug,  argema. 
Maaler  230'. 

HOHLGLAS,  n.,  plur.  hohlgläser,  vitra  concavata.  Frisch 
l,  462*. 

HOHLGüSZ,  n.  gegossene  waare,  die  hohl  ist. 

HOHLHEIDE,  f.  genista  tincloria  et  germanica.  Nemjtich. 

HOHLHEIT,  f  hohlsein  und  holde  stelle:  concaritas  holheit 
Dief.  138'; 

wo  hohlheit  ist,  es  (das  licht)  aufzufangen, 

da  fährts  mit  ungestüm  hinein.    Claudius  6,  73. 

gern  m  der  neuern  spräche  nach  hohl  2  sp.  1712 :  die  hohlheit 
des  herzens;  die  innere  hohlheit  dieses  menschen; 

verkannt  wird  seel  und  geist  des  regiments, 

und  seht!  so  viele  Griechenzelte  hohl 

stehn  auf  dem  feld,  so  viel  parteien-bohlheit. 

Shaksji.  Troilus  u.  Cress.  1,  3; 
how  many  Grecian  tents  do  stand 
hollow  upon  this  pl'ain,  so  many  hollow  factions. 

HOHLHERING,  m.  hering  der  weder  rogen  noch  mäch  bä 
sich  hat. 

HOHLHIPPE,  /".  hohle  htppe,  dünner,  oblatförmiger  und  zu- 
sammengerollter kuchen.  s.  die  nachweise  unfer  hippe  sp.  1552 ; 
holohippen,  holehippen  in  einer  anwetsung  sie  zu  backen  bei 
HouBERG  1,232'.  dieselben  wurden  öffentlich  feil  geboten  von  hohl- 
hippenbuben  oder  hohihippern,  hippenverkdufern  (vgl.  hippen- 
bube  spalte  1553),  die,  von  ihren  käufern  verächtlich  behandelt, 
auch  ihrerseits  in  dem  rufe  besonderer  schmähsucht  banden,  da 
hiernach  hohlhipper  mit  zurücktreten  seiner  eigentlichen  bedeu- 
tung bald  einen  schmäher,  lästerer  bezeichnete,  so  bildete  sich 
hierzu  ein  verbum  hohlhippen  lästern,  mit  aushohlhippen  (theil 
1, 888)  und  dem  frequentaliv  hohlhippeln,  von  dem  hohihippern 
nur  nebenform  ist :  wie  hat  er  den  heiligsten  vater  den  bapst, 
die  heiligen  väter  und  uns  wirdige  herren  auszgeholhipt,  wie 
ein  holhipbub.  H.  Sachs  rter  dialoge  s.  2, 12. 

HOHLHIPPEISEN,  n.  eisen  zum  backen  von  hohlhippen:  item 
ain  holahipeisen  {unter  dem  küchengeschirr  bei  ausstattung  einer 
königin).  fönt.  rer.  austr.  1,1,355  (16.  jahrh.);  in  den  runden 
groszen  flachen  holobippeneisen  gebachen.  Hobberg  1,232'. 

HOHLHIPPELN,  rer6.  schmähen,  lästern,  spoUen  {s.  oben  unter 
bohlhippe): 

das  du  mich  nun  zum  andern  mal 
boblhipelsi.    ilAT.iiccras  Harnnfnimea  4,3; 

108* 


1719 


HOHUIIPPEN—  HOHLKEHLE 


nOHLKEHLEN  — HOHLRICHTUNG   1720 


und  rhümest  dich  doch,  du  wollest  leiden  als  ein  goftes 
priestcr  mein  holhippellen,  wclchs  ich  von  dir  nu  drei  mal 
eilidden  und  geschwiegen.  Lctheu  1,361';  es  het  das  hol- 
hipeln  uhcr  diesen  mann  noch  eine  weile  gewehret,  waim 
nit  ellithe  Schergen  gelaufen  gekommen.  /'/<»/.  L«^(/.  3, 297. — 
In  Düringen  und  im  osterlande  ist  der  volksauadiucli  holmiepeln 
aufziehen,  rcrspollen,  gewis  nur  eine  umdeulitng  von  hohlhippcin 
mit  anlehnung  an  höhn,  und  es  fragt  sich,  ob  nicht  auch  in 
dem  schriftiwsdrucke  hohnecken,  hohnnecken  {s.  d.),  sowie  in 
hohnäffen  eine  ähnliche  solche  umdculung  vorliegt,  rgl.  die  form 
holhimpfcn  unter  dem  folgenden  tvoite. 

HOHLHIFFEN,  verb.,  wie  das  vorige,  lästern,  schmähen,  spoHen : 

(unter  pfnrrer)  kan  nichts  dan  das  er  schendt  und  schmecht, 
bolbipt  uns  auf  der  canzel  aus.    Wittel  zclclypia  (1571)  DU'; 

der  gar  mutwillig  schmecht  und  sehend 

all  wäre  lerer,  die  man  kent 

und  meint  darffir,  das  leren  heis 

holhiepcn  auf  des  tcufels  weis. 

FiscBART  dicht.  1,  224,  3G28  Kurz; 

die  wirdtin  wolt  im  ein  haller  nicht  nach  lassen,  sonder  hol- 
heupt  in  gut  ding  darzu  aus  und  ward  nur  seiner  dapfcr 
spotten.  WiccnASi  roHw.  143, 26  Kurz,  in  der  entstetlung  liul- 
himpfen : 

was  alle  andere  gut  lohn, 

müssen  sie  holhimpfen  darohen. 

Zeter  spt'culuni  virluliim  et  tilionim  14. 

HOHLIIIPFER,  m.  ursprimglich  hausierender  Verkäufer  von 
hahlhipivn  (s.  d.  und  hippenjnnge),  der  bei  seinem  gesclulft  einer 
schlechten  behandlung  ausgesclzt  war:  ich  darf  euch  schellen 
wie  die  holliipper.  Paracelscs  opp.  1, 202B,  der  aber  seiner- 
.v-iis  dies  vergntt,  datier  das  wort  in  der  bedcutuiig  schmähcr, 
lästerer  seit  dem  IG.  Jahrhundert  gewöhnlich  ist:  wer  iederman 
schrepfen  wil,  der  leid  auch  dasz  man  im  schrepf.  holbipper 
sollen  sich  mit  dreck  lassen  beschütten.  Fhank  spr.  2,112'; 
welchen  doct.  Peneer  .  .  ein  scurram,  das  ist  ein  carlhüu- 
serischen  lotlerbuben  und  holliiepcr  nennet.  Fischart  bienk. 
194*. 

HOHLIIIPPERN,  verb.,  wie  hohlhippeln,  schmähen,  lästern : 
die  Spötter  so  dich  hier  bei  den  obren,  dort  bei  den  bahren 
zupfen  und  rupfen,  zucken  und  rücken  und  iKtblbüppcrn  nach 
alles  herzens  lust.  Heiniiold  reime  dich  (1G73)  178. 

HOHLHIPFISCH,  adj.  schmähsücluig,  lästeilich :  mit  langem 
gezcnk  und  holhippischen  schelten  auszzurichten.  Rein,  fuchs 
(15S3)  27;  verwundcr  mich  selbst,  dasz  ich  als  ein  alt  man, 
auch  sonst  mit  anderm  thun  gnug  beladen,  mich  mit  dieser 
unfruchtbarn  holbippischer  arbeil  beladen  bab.  Paul  Baciimann 
auf  Luthers  Verantwortung  {Dresden  1533),  am  sciäusz. 

HOHLHiPPLER,  m.  vericäufer  von  hohlen  hipplcin,  liippcn- 
junge:  solchs  soll  der  Pomer  billich  bedacht  haben,  und 
die  unschuldigen  nicht  so  leichtfertig  wie  ein  holhipeler  ge- 
schmehet  und  gelestert  haben.  Amshork  wider  Pomern  (1551)  C  4 ; 
lästerer,  verspotter:  da  bcdarfs  hinfurl  keines  hocks,  keines 
liolbiplers,  keines  lollerbubens.  LurnEti  1,547';  weil  man  aber 
gottes  wort  und  gebot  so  gar  verecbtiich  hell,  als  bette  es 
irgend  ein  holhiplcr  peredt.  4,39S';  welche  possen  {satirische 
bildwerke  im  münstcr  zu  Straszburg)  ein  liolbjplcr  daselbst  .  . 
zu  Schmach  der  catholischcn  gedcut  und  trucken  lassen. 
Nas  uidereinuarnung  s.  ISO;  darum  ordnen  wir,  dasz  jeder 
lebrer  des  göttlichen  worts  den  predigistubl  unnöthiger  weise 
nicht  zu  einer  hollhippcler  schule  machen  solle,  ciderstddlische 
jwli^eiordnung  (1591)  Iheil  1,  artikcl  5,  §  5  (in  Eccers  magazin 

b,  100/:). 

HOHLHn'PLEREI,  f.:  kurze  antworl  auf  des  larvenbiscboiTs 
zu  Sydon  holbiplerci,  damit  er  seinen  anlichrislischen  cate- 
ciiismum  vertedigen  will,  lilel  einer  scliriß  v.  Flacius  Ii.i.vricus. 

HOHLIG ,  adj.  hohlen  habend,  voll  höhlen :  die  sollen  be- 
Achen,  ob  es  {das  land)  si.'i  eben  oder  uneben,  grübig,  bergig, 
hClig,  wässerig,  höllzig,  süniplig  oder  niössig.  Fro.vsp.  kriegsb. 
1.  132*.  —  Enccilerle  form:  cavernotut  holcciilig,  lücherlich 
FiiiKii;»  bei  DiF.F.  10*>*. 

IKHiLKAKKEN,  m.  tehicbekarren  mit  einem  kästen  alt  gefdsz. 
vgl.  holilwagen. 

IKiHLKKilLE,  f.  ein  glied  der  baukunst,  das  in  seiner  breite 
und  tiefe  nach  cimm  halben  zirkel  oder  nach  einem  quaJranten 
autgehöhll  itt.  hei  den  timhlem  heiszt  jede  nach  einem  zirkel- 
bogen autgthühlle  rinne  einer  vcikihlung  oder  etnn  grsimsct  $o. 
j,., .■-...«  V  271";  vgl.  kcble  .'»,  ü  Ihid  U,  tp.Zi'i:  ttriget,  cana- 
<i  >'))  bolkclen.  Jumu»  nom.  1577  155*;  holkiil,  lang 

gl  iien   an   eim   ding,   wie  an  ellichen  »edlen  und 


stüden,  canaliculus  columnarum,  sirta,  striatirra  Maaik»  230'; 
sol  meister  Hans  Herbst  dj  werk  {altarwerk)  uff  dj  best  und 
kosllichest  fassen,  nämlich  den  tabernackel  ganz  vergulden 
brünieren  und  von  dem  besten  gold,  und  sollen  die  hol- 
kiil cn  bluw  sin,  desglicben  die  bild  im  tabernackel  mit  ir 
kleidung  alle  verguldel,  och  die  pfiler,  und  söllent  die  hol- 
kclen  bluw  sin.  anz.  d.  gcrm.  mus.  iSCG,  272.  273  {Basel  v.  151S). 
die  tischlcr  brauchen  zur  fertigung  von  hohlkchlen  einen  hohl- 
kehlhobel,  die  drechslcr  einen  hohlkelilstahl. 

HOHLKEHLEN,  verb.  mit  hahlkehlcn  versehen:  ein  flaches 
portal  mit  gesims  und  ausgemachten  pilaslern  oder  pfeilern 
geholkellet.  Sandrart  acadenüc  1675  1. 15. 

HOHLKEHLICHT,  adj.  mit  hohlkchlen  ausgestaltet:  die 
schlangenkürbs  sein  lange  krumme  holkeelichle  gurken. 
Tabernaem.  SGö;  eine  alcmannisch-bairischc  form  bohlkejet  {in 
der  auf  dort  übliclu:  weise  der  guttural  ausgefallen)  ersclteint  in  der 
nasalierten  form  hoblkcblcnt:  ein  Stengel  mit  seinen  nebendt- 
schossen,  die  der  lenge  nach  bolkelendt  seindt.  Tmurneiszer 
beschreib,  influent.  wirk.  (1578)  3. 

HOHLKIRSCHE,  f  prunus  padus,  vogelkirschbaum  und  seine 
frucht.  Neumch  4,1074;  auch  rhamnus  frangula,  faulbaum  und 
seine  frucht.  1146. 

HOHLKLINGE,  f  degenklinrjc,  die  unter  der  angcl  statt  der 
kanlc  eine  ausgcschlifjfene  hohlkchle  hat;  auch  schilfklinge.  Ja- 
conssoN  2,  274". 

HOHLKOPF.  »1.  hohler,  innen  leerer  köpf:  der  eiserne  hohl- 
kopf  {ein  folterinslrutuenl  für  neger,  deren  köpf  in  jenen  gesteckt 
wird).  J.  Paul  llesp.  2,226;  nach  hohl  2  sp.  1712  köpf  oline 
denken  und  träger  eines  solchen:  dieser  aufgeblasene  bolil- 
kopf,  der  unter  dem  vorigen  minister  alles  machte.  Schiller 
parasU  1, 1. 

HOHLKÖPFIG,  adj.  einen  hohlkopf  habend :  ein  hohlköpfiger 
mensch. 

HOHLKÖPFIGKEIT,  f:  so  kann  er  mit  hülfe  eines  ge- 
schickten und  discretcn  secrelärs  seine  hohlköpfigkeit  lange 
vcrliergen.  Sciui.ler  parasil  1,  2. 

HOHLKH.\ilE,  f.  picus  martius,  der  .ichwarzsjwcht.  Nemnich 
4,  9G3.  mhd.  erscheint  holichrä  als  Übersetzung  von  parva  parra 
DiEF.  414';  para,  parra  ist  ein  vogclnamc  (ein  unglückvogel 
411*),  vielleicht  ist  hoblkrähe  nur  aus  dem  geschrei  eines  vogels 
entnommen  und  umgedeutet. 

HOHLKÜATZE,  /'.  ein  instrument  der  sackzieher  bei  den  Tyrotcr 
hütlenwirken,  aus  einem  krumm  gebogenen  bleche,  dessen  äuszere 
enden  einen  halbkrcis  bilden,  beziehend,  sich  für  ihre  last  den 
weg  zu  bahnen.   Jacodsson  G,  93'. 

HOHLKIIEISEL,  «i.  inwendig  hohler  kreiset,  brummkreisel. 

HOHLKREPPE,  f  in  Baiern  ein  sehr  tiefer  fahrweg ,  der 
schon  seit  langer  zeit  nicht  mehr  befahren  worden,  wie  auch  eine 
durch  frühere  anschireintnuugrn  entstandene  feld Vertiefung,  deren 
grund-  und  seilcnwändc  mit  ijeslrduch  bewachsen  sind.  v.  TbCngen 
waidm.  pract.  103.  zu  krep])e  stellt  sich  das  bair.  die  greppen, 
graben  vom  wassrr  ausgespidt,  der  dabei  zum  fahrweg  dient, 
hohlweg.  Sciim.  1,1006  Fromm.;  hohlkrej)pe  ist  also  ungenaue 
Schreibung  für  holilgroppe. 

HOilLKUGEL,  f  hohle  mit  pulver  gefüllte  kanonenkugel. 

HOHLLALCH,  hj.  allium  fistulosum.  Nenmch  1,  Ibl, 

HOHLLEISTE,  f.  hohlkchle  bei  tischlern. 

HOHLMASZ,  n.  das  meszgefdsz,  Itesonders  ein  trockenmasz. 

HOHLMEISZEL,  m.  mekzel  dessen  schneide  eine  austiMung 
hat,  im  gegensatz  zum  flachmeiszel  {theit  3,  1700). 

HOHLMÜ.NZE,  /".  alte  nur  einseitig  geprägte  münze  von  concaver 
form,  bracteat:  hohlniilnzeu,  nummi  bracteati  Frisch  1,462'; 
einen  aufsatz  über  die  liohlinün/.en,  regenbogcn-schüssclclien 
genannt ,  theil  ich  den  freunden  solcher  curiosilUtcn  mit. 
GöTlIK  32, 127. 

HOHLOHR,  m.  1)  hezeichnung  einer  hundeart,  nach  der  form 
ihrer  obren.  Sciim.  1.  I0S3  Fromm. 

2)  eine  schncckenarl,  haliotis  Midae.  Nemnich  3, 103. 

liOHLPFEIFE,  f.  eine  ort  von  Orgelpfeifen,     s.  hohinöic 

HOHLI'FEIFER,  «i.  eine  art  kanarienvOg^l,  nach  der  ort  ihra 
pfeifcns.     s.  hohlroller. 

HOHLPFENNING,  m.  was  holilmdnzc. 

IIOlU.yriNTE,  f  hohlpfeife  di-  nur  drei  töne  hat;  dim. 
hoblquinllein  {von  l'/j  Ion).  JAConssoN  2,274*. 

IlOHLItAUM,  ni.  holder,  seiklüßeter  räum,  namentlich  in  ge- 
birgizngen. 

HOilLRICHTUNG,  f.  $tri«^ura  in  eolumnis,  strigi., 
1,412'. 


17-21 


HOIILRIXG  —  HOHLWANGIG 


HOHLW-EG  — HOILN 


172-2 


KOHLRI.NG,  m.  runder  metallener  kränz,  vorauf  die  schusseln 
gestellt  werden,  um  das  tischtuch  rein  zu  hallen,  schiisselring. 
Jacübsson-  4, 69*. 

HOHLRÜHRE,  f.  beim  drecMer  ein  eisernes  tcerkzeug  oder 
dreheisen  in  gestall  eines  lü(fels,  icomit  das  holz  aus  dem  groben 
abgedreht  tcird.  Jacobsson  2, 274*. 

HOHLRÖHRIG,  adj. :  falls  der  erbprinz  Luigi,  der  letzte 
hüblrührige  scLusz  und  fecliser  des  Hohenflieszer  inannstam- 
mes,  verdorrte.  J.  Pacl  Tit.  1,  76. 

HOHLROLLER,  m.  eine  art  kanarientögel  mit  eigenthitm- 
licliem  schlage.  Harzer  rogelhdndler  preisen  in  zeituntjen  hohl- 
pfeifer,  holilroller  und  nachtigallenschläger  an. 

HOHLRUND,  adj.  concave.  Ro.nüeao  315. 

HOHLSCHN.\BEL,  m.  cancroma  cochlearia,  löffler,  eine  Süd- 
amerika niscite  vogelart.  Nemsicb  1,  S06. 

HOHLSEITE,  f. :  wie  eine  geschlossene  mnschel  aus  zwei 
bohlseiten  zusammengesetzt.  Freytag  handschr.  2, 427. 

HOHLSIEGEL ,  n.  ein  sieget,  in  welches  name  oder  figurcn 
eingegraben  werden,  zum  gebrauch  bei  Siegellack  oder  oblaten. 
unterschieden  ist  das  schwarzsiegel  (s.  d.). 

HOHLSPIEGEL,  m.  Spiegel  dessen  fläche  hohlgeschli,fen,  ein- 
gebogen ist.  Jacobssox  2, 274*.  bildlich :  dem  pöbel,  diesem 
staarmatz  . .  diesem  hohlspiegel  des  geriichtcs.  H.  v.  Kleist 
1,24;  der  krieg  ist  nur  der  vergröszerndc  hohlspiegel  der 
wunden,  die  wir  so  leicht  machen  {einzelnen  zufügen).  J.  Paüi. 
friedenpr.  1. 

HOHLSPCLEN,  verb.  spiüend  unterhöhlen :  die  wogen, . .  die 
unser  ufer  hohlspülen.  J.  Pacl  Tit.  1, 18. 

HOHLSTÄHLER,  ffi.  drelieisen  der  horndrechsler  zum  ver- 
fertigen kugelförmiger  sachen.   Jacobssox  2, 274*. 

H0HLST.\MPFEH,  m.  Werkzeug  der  hutmacher,  mit  welchem  die 
schnür  hinubgestoszen  wird,  wenn  man  den  hut  anformt,  ebenda. 

HOHLSTEIN,  m.  hohlziegel. 

H0HLT.\UBE,  f.  columba  oenas,  wilde  taube,  auch  bergtaube, 
blochtaube.  Nesnich  2,1133;  palumbi,  siltestres  columbae  sunt, 
waidtauben,  hülltauben,  Apherdiam  tyrocinium  (läSl)  146. 

HOHLTON,  m.  .•  wer  die  nuszschalen  leerer  worfe  aus  der 
Philosophie  wegkehret,  nicht  etwa  der  schule  allein,  dem 
verstände  der  nation  selbst  leistet  er  damit  dienste;  denn 
alle  diese  hohltönc  kommen  früher  oder  später  durch  Um- 
gang in  die  gemeine  rede.    Herder  *.  ////.  18,  ISl. 

HOHLTÜNEND.  ftart. :  ein  schaler,  gefühlloser,  hohltöncn- 
der,  abgeschmackter  Schwätzer.  Wieland  sal.  des  Horaz  1.262. 

HOHLTREPPE,  f  Wendeltreppe  deren  Spindel  ein  holder  dicker 
Pfeiler  ist. 

HOHLLNDER,  s.  holunder. 

HÖHLUNG,  HÖHLUNG,  f  1)  hohler  räum,  aushöhlung: 
holung  des  fusz,  succellc^  concavilas  pedis.  voc.  ine.  theul.  k  3* ; 
ihre  kleider  liegen  ganz  nahe  am  fleische,  und  nur  in  den 
hohlungen  legen  sich  falten.  Wineeljians  5,49;  fallen  die 
sich  dahin  senken,  wo  eine  hohlung  ist.  das.;  dergifichen 
laibe  (brol),  dieszmal  in  ihren  inneren  hohlungen  hoch  pome- 
ranzenfarbig anzusehen.  Göthe  30, 94 ;  diese  {quarztheile)  .  . 
nehmen  nach  und  nach  in  der  masse  dergestalt  überhand, 
dasz  sie  einander  berühren  und  hohlungen  zwischen  sich 
lassen.  51, 23 ;  hohlung  nennt  der  kammacher  den  untern  starken 
tlieU  eines  elephantenzahns,  der  hohl  und  daher  unbrauchbar  ist. 
J.-.coBsso>  2,274'.  mit  umlaul:  die  untern  gewölbe  .  .  sind 
an  handwerker  vermiethet,  und  es  sieht  lustig  aus,  diese 
hohlungen  wieder  belebt  zu  sehen.  Göthe  27,61; 

des  trinkers  pllicht  .  .  . 

auf  6inen  lug  die  höhluog  auszuleeren  (des  hechers). 

12,  44. 

2)  wie  der  wind  durch  die  luftlöcher  pfeift  I  wie  der  regen 
auf  das  kupferne   dach   schlägt!    welche    huhhing!    welche  | 
feuchtigkeit    hier!    Lessisg  2, 5.')7.      Ai>r   scheint   hohlung  das  ! 
hohle  pfeifen  des  windes  bezeichnen  zu  sollen. 

HOHLWA.\RE,  f  heiszen  auf  glashütten  krüge,  flaschen,  gläser 
u.  dergl.  Jacobsson  6,  93*. 

HOHLWAGEN,  in.  .■  currus  arcarins,  ein  liolwagen.  Trochüs 
04*.     den   bergleuten   ist  unmeiillich  holilwagen  ein  wagen  mit   1 
lawem   kosten,   worauf  die  erze   zu  den  hüllen  geftdirl  werden. 
Jacobssos  2, 274*.     vgl.  liohlkarren.  | 

HOHLWANGIG,  adj.  holde  wangen  h(d>end,  als  zeichen  des 
liUmmers  und  der  sorge: 

nun  suctit  er,  ein  bleicher  hohlwangiger  Werther,  ■ 

in  Wäldern  und  feldero  die  einsamsten  6rter.    Üörgbr  66^.   ' 

v(jl.  b"hlhackig.  ' 


HOHLWEG,  m.  ria  profunda,  cava,  derexa,  excavata.  Stie- 
ler  2455:  der  ausgefahrne  hohlweg  aufwärts  am  berge  her 
nöthigte  uns  auszusteigen.    Götbe  30,5; 

bemmcten  nicht  hohlweg  und  verschneiete  giünde  die  durchfahrt, 
sicherlich  kämen  sie  beide,  das  fest  mit  dem  vater  fu  feiern. 

Voss  2,  270 ; 

sogar  durch  prediger  und  sogar  auf  höhere  stände  wäre 
religiöser  einfliisz  und  einige  lösung  der  herzenstarrsucht 
möglich,  wenn  jene  aus  ihren  alten  hohlwegen  heraussteigen 
wollten,  auf  frische  höhen.  J.  Paul  dämmer.  s.  145. 

HOHLWEIDE,  f  salix  caprea,  die  saalweide.  Nemsich  4, 1199. 

HOHLWERK,  »i.  hohle  holzarbeiten,  gefdsze:  da;  holz,  davon 
man  macliet  legiln,  kuphin,  unde  bodiche  unde  aller  leige 
holwerk.  Höfer  älteste  urk.  s.  42  {Erfurt,  von  12S9);  6«  de» 
maurem  ein  nach  alter  art  mit  hohlziegcln  statt  mit  flachziegeln 
bedecktes  dach,  im  gegensatz  des  flachwerks.  Jacobssox  2, 274*.  — 
Im  mhd.  heiszt  holwerc  auch  eine  that  in  einer  höhle  vollbracht 
{vgl.  oben  hohl  5^.1714  und  hohle  5p.  1715): 

ist  da;  du  wilt  in  disen  berc 
würken  als  holwerc 
da;;  du  dich  lägest  dar  in, 
hästu  danne  seihen  sin, 
da;  du  mir  bringst  den  valken  guot, 
so  mahl  du  werden  wol  gemiiot  (satjl  kaiser  Friedrich 
zu  einem  zum  tude  rcrurlheitlen  Verbrecher), 
tlduplx  zcilsclir.  5,  291,  ^4. 

HOHLWTRZ,  /■.  aristolochia,  Osterluzei:  aristolochia  holwurz 
DiEF.  4S';  auch  dän.  huulurt,  huulrod,  scÄjred.  hallrot,  holländ. 
holwortel.  eine  andere  pflanze,  fumaria  bulbosa,  knolliger  erd- 
rauch,  heiszt  auch  runde  hohlwurz,  runde  hohlwurzel.  Nesjsich. 

H0HLZ.\HN,  m.  1)  hohler  zahn ;  bei  den  pferden  heiszen  die 
mittelzähne  auch  vorschieber,  hohlzähne.  Nemsich  3,322. 

2)  Pflanzenname :  gelber  bohlzahn,  galeopsis  galeobdolon,  gelbe 
hanfnessel;  kleiner  hohlzahn,  galeopsis  ladanum,  rothe  hanf- 
nessel.  Nemxich  3, 14. 

HOHLZIEGEL,  m.  imbrex,  tegula  concava  Frisch  1,462*: 
tncurrus  later  hol  ziegel  Albercs  y3';  die  fenster  waren  von 
papicr,  und  der  stubcnofcn  von  gebachenen  steinen  uail  hol- 
zigcln  zusammen  geslicket.  Simpl.  3,  360  Kurz. 

HOHLZIEGELMUSCHEL,  /.  chama  gigas,  die  riesenmuschel. 
N'EMMcn  2,  996. 

HOHLZIFFER,  /".  null:  nur  mit  dem  cbrirtenthum  wandelt 
und  hebt  sich  die  wahre  gcsitlung  der  Völker,  die  jüdische 
Wirksamkeit  verliert  sich  wie  eine  hohlziffer  auf  der  Zeittafel 
der  menschlichen  bildung.  Hexbici  im  hannoc.  magazin  1S46 
S.  4-23. 

HOHLZIRREL,  m.  ein  doppelter  zirkel  mit  auswärtsgebogenen 
ßszen,  womit  man  aushOhlungen,  z.  b.  den  durchmesser  in  der 
höhle  einer  hohlen  kugel  miszl.  Jacobsson  2,  275*. 

HOHMEIER,  m.  in  Düringen,  auf  einem  landgute,  der  oberste 
der  knechte,  Vorsteher  der  knechte,  was  schtceizerisch  meisterknccht. 

HOH.N,  m.  contumelia;  catiilalio,  ludibrium.  ahd.  und  mhd. 
nicht  bezeugt,  daßr  im  ahd.  ein  fem.  höna  bei  Otfrid,  häufiger 
ein  fem.  honida;  im  mhd.  ebenso  hone,  hiBue  und  luende. 
zufrühest  ist  das  masc.  hön  im  mitteldeutschen  des  14.  jahrh.  auf- 
gefunden : 

zubrochin  ist  mit  valle 

dinis  houhtis  cröne, 

gedigin  ist  zu  hone 

Uin  rüm,  din  ere  und  al  din  pris.    Jsroschiü  2.1973; 

später  wird  es  auch  in  oberdeutschen  quellen  häufig.  —  Die  ur- 
sprüngliche bedeutung  des  Wortes  erniedrigung,  schmach  {vgl.  auch 
unten  das  adj.  höhn)  weist  auf  eine  zu  gründe  liegende  sinn- 
liche Vorstellung  enticcder  des  zu  boden  liegens  oder  auch  des 
serstückeltseins  hin;  doch  sind  die  beziehuugen  von  höhn  zu 
Wörtern  der  urverwandten  spräche  noch  nicht  klar,  und  nur  zwei- 
felnd kann  griech.  ^eir,  reiben,  abschaben,  kratzen  und  sanskr. 
kshud  stampfen,  zerstampfen  herangezogen  «erden. 

höhn  bezeichnet 

l)  erniedrigung,  schmach,  schände  die  einem  widerfährt:  ver- 
stund wol,  das  dem  knccht  der  hon,  so  ime  widerfaren, 
übel  verdros.  Wilw.  v.  Schaumb.  67;  las  den  höhn  über  dich 
gehen,  wo  du  in  der  sachen  pefeilet  hast.  Sir.  4. 30  {ne^l 
ri;s  ajtaiSeiaias  aov  t>T^(i:Tr^i)'i  septwig.) ;  da  kompt  ver- 
achtunge,  und  schmach  mit  hone.  spr.  Sal.  1*>,  3;  die  götzen- 
macher  müssen  alle  sampl  mit  schänden  und  höhn  bestehen. 
Jes.  45,16;  das  du  tragen  müssest  deine  schände  und  höhn, 
für  alles  das  du  gelhan  hast.  lies  16,54;  disz  mein  bfichlein 
ist  allein  von  girier  kurzweil  wegen  an  tag  gehen,  .  .  nic- 
mandts  zu  sclimacb,  hon  oder  spott,  W'ickram  ro^ic.  3, 20  Kurt; 


1723 


HOHN 


HOHN  — HOHNECKEN 


1724 


als  ewer  haupt    .... 

die  reind  bald  ihren  wohn  (teahn)  und  pracht  in  höhn  und  rew, 

die  freind  ihr  leid  in  l'rewd  zu  verkehren  gelehret. 

Weckherlin  650; 
o  haupt  voll  Mut  und  wunden, 
voll  schmerz  und  voller  höhn !    P.  Gerhard  22,  1 ; 
sieh  her!  sieh  her!  mit  Jammer  und  höhn 
trag  ich  dafür  nun  den  schmerzlichen  lohn 
an  meinem  zerschlagenen  leibe!    Uürcer  til'; 

ZU  höhne  werden,  ru  schänden  werden; 

Ilerodes  lobte  sehr,  er  furchte  seiner  crono, 
beginge  kindermord.    die  list  ward  doch  zu  höhne, 
gott  lallt  durch  säbel  nicht,   das  kind  neucht  bei  der  nacht. 

P.  Fleming  s.  4. 

2)  in  gewissen  Verbindungen  gehl  das  worl  auch  auf  die  person, 
der  Schmach  widerfährt,  höhn  =  gegenständ  der  schmach:  dar- 
umb  hab  ich  die  fiirsten  des  hciligthums  entheiliget,  und 
habe  Jacob  zum  bann  gemacht,  und  Israel  zum  höhn.  Jes. 
43,  28 ;  m  der  Verbindung  spolt  und  höhn :  d-u  machest  uns 
zur  schmach  unsern  nachbarn,  zum  spot  und  höhn,  denen 
die  umb  uns  her  sind.  ps.  44,14;  sie  sollen  zum  fluch,  zum 
wunder,  zum  höhn  und  zum  spol  unter  allen  Völkern  werden. 
Jer.  29, 8 ;  sind  zu  schänden  und  spot  und  höhn  worden 
den  frembden.  Tob.  3,4;  schmach  und  höhn:  und  soll  eine 
schmach ,  höhn ,  exempel  und  wunder  sein  allen  beiden. 
Hes.  5,15. 

3)  höhn,  die  schmach,  die  einer  gegen  andere  ausübt:  dann 
sie  ihrem  keim  (keinem)  den  hon  Ihun  wollen,  wie  keiser 
Henrich  der  vogler  den  hunischen  Ungarn ,  das  sie  ihne 
schäbige  ..  hünd  sollen  für  triinit  auferlegt  haben.  Garg.llh'; 

ja,  wenn  wirs  jetzundt  rechnen  wollen, 
so  hat  der  bapsi  viel  gröszern  hon 
und  mehr  Schadens  der  well  getbon, 
denn  der  Symon,  so  Troja  zsiörl. 

B.  Waldis  Esop  4,  83,  31 ; 

ungewöhnlich  einen  höhn  geben: 

nicht  drumb,  dasz  einen  sie  mehr  als  den  andern  liebt, 
nein :  allen  beiden  sie  gleich  einen  höhn  dran  giebt. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  12,  24,  4; 
non  ch'ella 
piu  caro  avesse  Tun  che  Taltro  amante ; 
anzi  di  par  fu  a'lor  disii  ribella; 

(als  kaiser  Friedrich)  dem  pabst  Alexander . .  defl  linken  Steg- 
reif hielte,  und  der  pabst  dieses  vor  ein  (einen)  höhn  .  . 
hallen  thele-.  Zijckgref  apopJdh.  1,30; 

da  ward  er  {Xerxesi)  so  ergrimmet  sehr, 

das  er  liesz  gciselen  das  mer, 

und  wurf  kälten  drein,  es  zu  stillen, 

und  es  zu  fässeln  nach  seim  willen. 

aber  was  half  in  dieser  hon? 

so  vil  als  nichts :  er  (loch  davon. 

Fischart  dicht.  2, 180  Kurz  {glückh.  schiff  11). 

4)  die  neuere  spräche  verbindet  mit  höhn  den  begriff  der  über- 
mütig spottenden  Verachtung,  dieser  begriff  war  früher  am  verbum 
höhnen  soir«;  an  höhnlich  (s.  d.)  als  am  Substantiv  ausgebildet. 
ScHOTTEL  1337  gibt  zu  höhn  nur  die  bedeutung  pudor,  contu- 
melia,  honte,  Stieler  847  neben  diesen  auch  sanna,  irrisio,  ludi- 
brium,  ludificatio,  cavilla;  ich  habe  des  dingcs  meinen  lion, 
nihili,  nauci  habeo  hanc  rem,  explosione  dignum  haec  aeslimo, 
wer  den  schaden  hat,  bekommt  den  hon  dazu,  ludibrii  haut 
expers,  mala  quem  fortuna  fatigat.  das.  auch  schon  früher  kommt 
das  eine  oder  andere  vereinzelte  beispiel  dieser  bedeutung  vor: 
wegcu  etlicher  teutschcr  liedlin  und  pasquill,  so  ihm  zu  höhn 
weren  gemacht  worden.  Zi.nkcref  apoplUh.  1,83;  aber  erst  seil 
dem  vorigen  Jahrhundert  ist  dieselbe  zur  herschenden  geworden : 
mit  einem  höhn  treiben,  ludibrio  aliquem  Imbere.  Steinbach 
1,')>0;  bohn  für  lohn,  stank  für  dank.  Sihrock  sprichw.  258; 

wie  die  gattin,  ihn  zu  retten, 
sich  ingitete,  ihn  fest  umschlang,  gefahr  und  höhn 
nicht  achtend.  Gotter  2,  123 ; 

Tlirkla.  ich  fürchte  keineit  menschen  zürnen  mehr. 
,\>ufcr.    den  höhn  der  weit!  de»  tadeln  arge  zunge! 

Schiller   Wallfnitcins  taii  4.  11: 
%agt  mir!  was  meint  er  mit  dem  göckelhahn, 
den  der  feldherr  nicht  krähen  hOren  kann? 
es  war  wohl  uur  so  gesagt  ihm  zum  scliinipf  und  IiuIiih-V 

Wnllcnnleins  laijer,  9.  auftr. ; 
ihr  spottet,  slr.  —  zur  hlrte  fiigt  ihr  noch 
den  biileni  höhn.  M.  Stuart  1,  1. 

in  den  fetten  formein  hübn  sprechen,  reden,  singen: 
alt  voo  jähren,  frisch  von  lasteni,  Ist  die  well  bei  unsern  tagen, 
fütgl  d»4  alter  zu  begehVen,  alten  aber  höhn  zu  sagen. 

LoUAU  3,  41,  10; 


weit,  an  dieser  iheuern  stelle  (am  grabe  der  geliebten), 
Sprech  ich  deinen  Ireuden  höhn.        Gotter  1,  104; 
ich  rauller  spreche  dir  mehr  als  die  Schwestern  höhn. 

2,  116; 
so  kannt  ich  dich !  es  sprach  dein  ton 
in  wenig  worten  viel ; 
der  franzensitte  sprach  er  höhn 
und  in  mein  herz  gefühl.    J.  M.  Miller  ged.  41 ; 
und  in  der  königlichen  halle 
sein  (dw  Galliers)  erster  sänger  höhn  uns  sang. 

GÖEINGK  1,  258 ; 
an  spröden,  die  mir  höhn  gesprochen, 
hat  mich  noch  allezeit  ihr  eignes  herz  gerochen  (worie 

Amors).     Wisland  10,  14ü; 
rede,  mftdcben,  nicht  dem  starken  höhn! 

Schiller  nielanchoUe  an  Laura ; 
höhn  lachen,  liLcheln  (vgl.  auch  unten  hohnlachen,  schon  mhd., 
hohnlächeln  an  alphabetischer  stelle),  zischen,  vgl.  unten  bohn- 
gezisch: 

sie  lächeln  bittern  höhn 
auf  unsrer  majeslai  enlheiligle  ruiuen.    Gotter  2,430; 
die  mit  heiszem  liebesgeize 
deinem  kuss  entgegenflohn, 
zischen  dem  erloschnen  reize, 
lachen  deinem  winter  höhn.    Schillsr  an  Minna; 

einem  zum  höhne,  ihm  zu  spott,  trotz  seiner: 
ja,  es  sind  die  bunten  mohne, 
die  sich  nachbarlich  erstrecken, 
und,  dem  kriegesgott  zum  höhne, 
felder  sireilweis  freundlich  decken.    Göthe  5,  16. 

5)  eigenlhümlich  erscheint  bei  Göeijjgk  höhn  in  der  bedeutung 
Übermut,  überhebung  zunächst  an  oben  no.  3  und  das  unten  fol- 
gende adj.  höhn  angeschlossen : 

lasz  du  dem  Brillen  seinen  wahn  und  höhn, 

dasz  er  der  erst  geborne  söhn 

der  freiheit  sei,  wir  aber  sclaven.    3,  154. 

HÖHN,  adj.  ein  nicht  üfcer  das  16.  jahrh.  hinausgehender  nach- 
klang des  mild,  hane,  ahd.  höni,  in  zwei  bedetäungen. 

1)  aus  der  ursprünglichen  passiven  bedeutung  niedrig,  gering, 
verachtet  (auch  im  golh.  hauns,  ags.  bean)  hcU  sich  der  sinn 
schlimm,  schändlich  herausgebildet,  mehrfach  bei  Fiscuart  er- 
scheinend : 

in  dem  hausz,  spricht  man,  slehts  nicht  wol  .  .  . 

wann  die  henn  kräht  über  den  hanen.  .  .  . 

also  wie  viel  mehr  musz  es  hön 

in  einem  regimeiii  dann  stehn, 

welchs  gröszer  ist  und  sorgenvoll, 

wann  die  henn  will  die  hanen  lühren.    dicht.  3,79  Kurz; 

aine  erwischet  ainsmal  zwen, 

zerknitschi  sie  auf  dem  korb  ganz  hön.    2,  37,  1304; 

gering  von  aussehen,  häszlich: 

fornen  schön  und  lieb  geslalt  als  frawen, 

und  binden  hön  und  dib  mit  kinwen.     Giirj;.  18'; 

gering  an  verstand,  unklug: 

der  nachgibt  on  lang  widersiehn. 

{halt  ich)  für  kluger  und  den  andern  hön.    dicht.  3,293. 

2)  wie  im  mhd.  auch  in  activem  sinne  srhmdhsüchlig,  zornig, 
böse:  hön  sein,  übel  zefriden  sein,  irasci.  Maaler  22s';  hön 
über  einen  sein,  rauch  besträlen,  inclamare  aliquem.  das. ; 
noch  jetzt  Schweiz,  liöh,  zornig,  böse,  unwUlig  (mit  dem  subst. 
die  höhne  wie  bei  Maaler)  Tobler272';  was  ist  dir  jelz  ge- 
schehen ?  bistu  hön  ?  Garg.  94' ; 

losz  wittern  in  (goii),  lasz  machen  schön, 
dann  ob  du  jocli  darmnh  bist  hön, 
so  gschicht  es  doch  nit  dester  ee. 

Brant  narrensch.  28, 18 ; 
doctor  Mumar  ist  yetz  hön. 

M.  Mamuel  415  GrUnii/en. 

in  Nürnberg   einem  hön  thun,   ilim  nrdrusz  macJten,   ihn  ver- 
drieszen.  Sern«.  1, 1119  Fromm. 

HOIINAFKKN,  verb.  höhnen,  verspotten:  lleng  ich  an  ..  dii- 
Icute  die  bei  mir  vorüber  giengen,  zu  hohnälTen  und  aus 
ziizisrben.  Hesse  1,49.     vgl.  hoblhippeln  sp.  1718. 

HOHiNHILI),  n. .'  ganz  wie  ich  jetzt  endige, ..  einsam,  ver- 
kannt, verlassen  von  allen  königeii  und  fiirsten,  ein  bobii- 
bild  ehemaliger  herrlichkeit!   H.  Heine  4,277. 

HüHNKCKF.N,  verb.  höhnen,  verspotten,  zuerst  von  Stiki.hi 
aufgeführt:  honecken,  irridere,  naso  susprndere,  tub-tannari. 
jcdernian  honeckt  «iardlier,  res  luditur  trrisione  hominum.  :tri». 
neben  honcclieln,  albis  denlibus  aliquem  ridere,  subsannare,  äi».Wi 
Itter  imdne  u.  t.  w.  848;  eine  form  die  sich  als  höhnet  kein, 
verhohneckeln  mit  den  bedeutungen  aushiihnen  und  rerhun:en, 
verunstalten  auch  bairisch  ßndcl  (Srnn.  I.  llPt  Fromm.) ;  so  haben 


1725 


HÖILNEISEÄ  —  HÖHNEN 


HÖHNEN 


1726 


sie  angefangen,  die  Teutschen  mit  ihren  eleganliis  auszu- 
bonecken  und  zu  versputlen.  Reimmans  hisloria  littcraria  2 
(Halle  i'M)  4.  bl;  das  ganze  publikum  zu  hühnekken!  (Scuclz) 
almanach  d.  belleirisleii  für  17S2  s.  -15 ; 

weniger  scheu  hohnecken  die  mägdelein ,  nennen  galan  dich. 

Voss  .... 

in  der  schreibuny  hohnnecken :  dann  soll  das  donnenvetter 
dem  in  die  cingeweide  fahren,  der  mich  noch  ferner  hohn- 
necken  oder  verachten  will.  Imjiebman.n  Müncfüi.  4,  29.  —  Schon 
Stieler  und  danach  Fbisch  (l,  215')  betrachten  das  wort  als  ein 
compositum  von  höhn  und  ecken  und  ziehen  ausecken  (theil 
1,  &49)  heran,  das  zuerst  ermessen,  erwägen,  dann  bekritteln,  tadeln 
Iwis2t.  allein  es  fragt  sich,  ob  wir  in  hohnecken,  was  jetzt  rück- 
sichllich  seines  zweiten  theiles  sogar  mit  necken  zusammengebracht 
wird,  nicht  eine  seil  dem  17.  jahrh.  erscheinende  Verstümmelung 
und  umdeutung  des  nicht  mehr  verstandenen  huhlhippeln  zu 
erblicken  haben;  vgl.  die  ^wischen formen  bei  diesem  worte,  sp.  171S. 
HÖHNEISE.X,  n.  schundeisen,  wol  dem  sinne  nach  dasselbe 
wie  mhd.  lastcrblech  (Kenner  üJöO.  91S6);  ursprünglich  ist  das 
anhängen  des  höhneisens  als  strafe  für  einen  Verbrecher  zu  denken, 
den  man  dadurch  vor  dem  volk  kenntlich  macht,  später  ist  nur 
die  abyeblaszte  redensart  geblieben  (wie  einem  etwas  anhängen 
1,  36S) : 

ein  jeder  achte  seiner  Sterke 
bei  seiner  eigen  that  und  werke,  .  .  . 
vermesz  sich  nicht  mehr,  denn  er  kan, 
sonst  hengt  man  ims  böneiscn  au. 

B.  Waldis  Lsup  1,03,20; 
wer  thet  des  wegs  hingabn, 
so  wardts  zwar  keim  von  im  geschenkt, 
dem  ers  höneisen  nit  auheukt.    4,  3S,  Iti. 

vgl.  auch  kleniperlein  4,  theil  5, 1143. 
HOHNELN,  terb.  leise  höhnen: 

das  vorurtheil  der  losen  zeit, 
die  höbneiud  ihren  gift  in  lächeln  hüllt.    Stolbebc  3,24. 

HÖHNEN,  verb.,  mhd.  hcenen,  ahd.  honjan,  in  verschiedenen 
bedeutungen. 

l)  gering,  niedrig,  verächtlich  machen  {vgl.  oben  das  adj.  höhn 
in  ursprünglichem  sinne): 

dö  wolte  got  Ermrichen  hoenen.    rabenschtachl  562, 
im  folgenden  verse: 

des  muoste  Ermricb  geligen  under; 
namentlich  auch  durch   worte,   schelten,   schmähen :   conlumeliari 
hone  (für  honen)  Dief.  148*; 

daj  ich  die  getiuret  hän 
und  mit  lobe  gekroenet, 
diu  mich  wider  hcenct.    Waltheh  40,  25 ; 

eine  bedeutung  die  nlid.  noch  bis  ins  18.  jahrh.  vorkommt:  wen 
hastu  gehöhnet  und  gelestert?  -2  kön.  19,22;  du  hast  den 
herrn  durch  deine  boten  gehöuet.  23;  v*er  des  dürftigen 
spottet,  der  honet  (Ttaoo^ret  septuag.)  desselben  schepfer. 
spr.  Sal.  17, 5 ;  etliche  aber  griffen  seine  knechte,  höneten 
(ViSoiaav)  und  tödten  sie.  Malth.  22,  6 ;  sie  aber  steupten  den- 
selbigen  auch,  und  höneten  in  (ot  8e  y.axslvov  Seioavxas 
xai  aTiuaoavTse).  Luc.  20, 11,  der  Basler  nachdruck  der  Über- 
setzung des  neuen  lest,  zäldt  höhnen  unter  die  der  erklärung 
bedürfligen  Wörter  und  erläutert  es  durch  spotten,  schmähen, 
sehenden  (Fromm.  6,43*),  wie  auch  Dasvp.  und  Maaler  das 
wort  nicht  verzeichnen; 

denn  wer  gedecht 

zu  leben  schlecht, 

gantz  frumb  und  grecht  .  .  . 

der  wirdt  durchecht 

und  gar  gescbwecht, 

gehont  und  gschmecht.    U.  Waldis  4,96,133; 
der  neid  der  auch  das  beste  höhnet.    Picasder  2,  419 ; 
sagt,  wer  ist  schimpflicher  gehöhnt, 
der  held  von  dem  ein  Sch(önaich)  dichtet, 
der  dichter  den  ein  G(oitsched)  krönt V    Lessi.-^o  1,  34. 

auch  bei  Wieland,  docA  nach  dessen  eigener  erklärung  in  nach- 
ahmung  der  spräche  des  16.  jahrh. : 

gehöhnt  auf  ewig 
und  aller  ehren  bar  war  ich  geblieben, 
hält  euer  muth  die  schmach  mir  nicht  vergaumt. 

18,  51,  vergl.  datu  torrede  s.  9; 
in  den  sinn  beflecken,  verunehren  übergreifend: 

vor  wehmuth  brach  ihm  herz  und  blick, 
doch  schlang  er  stolz  den  ström  zurück, 
um  nicht  durch  vatertbranen  * 

den  ritlersinu  zu  höhnen.    Bürger  54^ 


2)  unpersönliches  es  höhnt  mich,  es  kränkt  mich: 

das  höhnt  den  gsellen ;  er  war  nit  faul, 
mit  einer  baudt  warf  umb  den  gaul, 
und  sprach :  gott  geh  dem  hund  den  ritt ! 

B.  Waldis  Esup  4,  59,  3.1 ; 
langweilig  wurde  mir  in  mancherlei  betracht 
mein  bandwerk  nun ;  auch  höhnte  mich  sein  name. 

BÜRGER  107* ; 

auch  mit  dativ,  es  höhnt  mir: 

und  wolt  mir  nit  denselben  (mörser)  leihen, 
solt  euch  etwas  zu  pfände  setzen, 
wiewol  mirs  hont  und  thet  mich  letzen, 
jedoch  kundt  ich  sein  nit  entbern. 

B.  Waldis  Esop  4,  27,  44. 

3)  höhnen,  auch  an  die  bedeutung  1  anknüpfend,  in  sdiaden 
bringen,  zum  untergange  ßhren,  vgl.  niederl.  hoonen,  fraudarc, 
defraudare,  fallere,  decipere  Kilian  ;  Schweiz,  verhöhnen,  rer- 
derben,  zu  gründe  richten.  Stalder  2, 50 ; 

man  sagt  vil  von  dem  zwang 
der  reizenden  Sirenen, 
wie  sie  die  schifT-leuth  honen 
mit  lieblichem  gesang. 

ScHSÖFFis  tniraiU.  flöllein  (1682)  51,  18; 

auch  in  minder  scharfer  bedeutung,  unterdrücken,  an  etwas  ge- 
dcüüichcm  hindern : 

und  Phoebus,  dem  ich  sonst  kein  gutes  wori  geschenkel, 
mir,  der  ich  reimen  will,  es  wiederum  gedenket, 
so  dasz  er,  eh  ich  ihn  durch  busz  und  reu  versöhnt, 
mich  fast  drei  wochen  her,  trotz  aller  müh  gehöhnt. 

GÜNTHER   748. 

4)  höhnen,  übermütig  und  viit  veracldung  spotten,  ist  xwa 
schon  seit  alters  bezeugt :  ahd.  gahönjan  illudere  (neben  der  viel 
häufigem  bedeutung  l)  Graff  4,  691,  vgl.  auch  verhöhnen  und 
aushöhnen  (l,  887) ;  nhd.  es  ist  ein  hochtrabend  volk  (die 
Franken),  welches  über  andere  nationen  sich  erhebt,  ja  sie' 
auch  honet  und  verspottet.  Frank  weltb.  50";  hat  aber  doch 
erst  in  der  neueren  spräche  sich  recht  entfaltet:  honen,  irridere, 
exagitare,  ludificare,  deludere,  subsannare  Stieleb  847,  und  steht 
entweder 

a)  absolut: 

der  nichts  dann  höhn  und  spotten  kann. 

E.  ÄLBERCS  78'; 

man  lasse  neid  und  pöbel  höhnen.    Günther  217 ; 

mädchen  mit  stolzen 

höhnenden  sinnen.    Götue  12,52; 

nicht  schämet  euch  zu  singen, 

ob  dunkel  höhnt  und  grollt!    Voss  5,210; 

das  höhnende  wort,  dasz  sieben  tage  hingereicht  hätten,  die 
monaichie  . .  umzustürzen.  Becker  wellgesch.  14, 389.  der  in- 
finitiv  substantivisch : 

als  man  mit  myrrhenessig  ihn 

in  höchster  wehmuth  tränkt, 

mit  dem  Elias  fort  heiszt  ziehn, 

und  mit  viel  höhnen  kränkt.    A.  Grtphils  1698  2,233. 

b)  mit  accusativ  der  person :  einen  hiuderrücks  honen,  sub- 
sannare aliquem  a  tergo.  Stieler  848;  soll  ich  in  einem  sol- 
chen alter  gehont  werden,  me  hoc  aetalis  ludificaii?  847; 

disz  that  die  weiszheit,  die  nunmehr 

die  frechen  tadicr  höhnte.    Gc.mher  30; 

und  höhnen  sie  uns  heute,  leicht  mags  sein 

es  reut  sie  morgen.  Wiela^d  18,  43; 

ha!  wie  will  ich  dann  dich  höhnen! 

höhnen?  gott  bewahre  mich!    Schiller  an  Minna; 

ihn  (den  gpfanijenen)  ih  betrachten,  sammelt  um  und  um 

die  wilde  Jugend  sich  aus  Ilium ; 

wetteifernd  höhnt  mit  herbem  spotte 

den  eingebrachten  fang  die  rachbegiei^e  rotte. 

Zerstörung  ton  Trvja  11. 

c)  mit  accusativ  der  sache: 

man  mutzt  an  ihnen  (frauen)  stets  auch  alles  haarklein  auf, 
ja  wüszten  sie  einmal  auch  unscru  lebenslauf  .... 
was  meinst  du?  wie  sie  dir  die  sitten  höhnen  selten. 

Güntb£r  487; 
ich  spiel  auf  meinem  baberrohr 
to  manch  herzbrechend  lied  dir  vor, 
und  du,  und  du, 
du  lachst  dazu, 

und  höhnest  meine  pein!    Wiela:«d  26,214; 
soll  ich  verehren  was  du  höhnst? 

Schiller  Karlos  5,  4. 

d)  auch  mit  dem  genitiv  der  person  (wie  spotten)  und  der 
Sache  teiKLincER:  er  glaubte,  ich  höhnte  seiner.  1,57;  höhnt 
des  ewigen!  3,27;  der  grausame  höhnt  meiner.  5,343;  dasz 
er  meines  allers   höhnt.   2,303;    sein  herz  höhnte  des  enl- 


1727 


HÖHNEN  —  HOHNGEZISCH 


HÖHNISCH 


1728 


Schlusses.  3, 190 ;    vielleicht  auch  bei  Hagedorn,   wenn  höhnen 
MI  der  folgenden  stelle  nicht  absolut  steht: 

Iris  tändelt,  scherzt  und  singet, 

hölint  uud  lacht  der  leidenschal't.    3,  57. 

5)  höhnen  mit  accusativ  der  sachc  heiszl  auch  (uie  spotten) 
eine  sacJie  nicIU  achten,  über  sie  hinweif  sehen,  ihr  trotzen;  die 
beispiele  reichen  niclU  über  das  vorige  Jahrhundert  hinauf: 

lächelt,  muntre  schönen, 

un.«ern  ernst  zu  hoüneii.    IIackuokh  3,  90; 
die  göttin  steht  au  ihren  spicsz  gelehnt, 
und  sieht,  mit  einem  hlick  der  ihren  kummer  höhnt, 
im  ganzen  kreise  nichts  als  l'euerrothe  wangen. 

WiELANi)  10,  143; 
wcibcrlist  höhnt  scblosz  und  riegel.    Gottüh  1,  2G2 ; 

soll 
der  ftevler  deine  nachsieht  höhnen?  oder 
höhnst  du  die  meinige  ?  2,  208 ; 

durch  eine  unbegreifliche  Verbindung  der  ereignisse,  welche 
allen  menschlichen  Scharfsinn  höhnte.  Fhevtag /lanrfic/ir.  1,189. 
HÖHNEN,  verb.  heulen  wie  ein  wolf  oder  hund,  ahd.  honun, 
bönen  ululare  (Grakk  5,  753),  iiihd.  hoenen  und  hünen  Scum. 
1, 1120  Fromm.;  honen  oder  huelen,  ullularc.  vuc.  ine.  Iheut. 
k3';  ululare  honen,  hüen  (für  honen),  hüenen  Dief.  025';  hon 
(lies  honen)  not',  gloss.  3S4'.  es  ist  wie  heuuen  (sp.  1291)  und 
die  dort  aufgeführten  neben  formen  wol  iiicIUs  als  ein  laiUma- 
kndes  wort  und  luit  mit  dem  vorigen  höhnen  nichts  zu  Ihun. 

HÖHNER,  m.  sannio,  scurra,  subsannio,  nasutus,  irrisor. 
SnELER  848: 

trau  ihm  nicht, 
dem  höhncr  der  religion,  o  jüngling! 

Heuueh  z.  litt.  9,  165. 

HÖHNEREI,  f  cavillatio,  ludibrium.  Steinbach  1, 780 :  (das 
epigramm  soll  mehr  in  anderem)  bestehen,  als  spötlicher  hönerei 
und  aufruck  anderer  leute  laster  und  gebrechen.  Opitz  poe- 
terei 24 ;  hönerei,  spotl  und  betrug.  Wesenigk  spielsieben  (1702) 
69 ;  in  einem  buche,  in  welchem  der  persifflirende  ton  so 
herrschet,  dasz  den  meisten  lesern  auch  das,  was  guter  ge- 
sunder verstand  darinn  ist,  nichts  als  posse  und  höhnerci  zu 
sein  scheint.  Lessing  7,370;  doch  alle  diese  höhnerei  prallt 
auf  mich  selbst  zurück.  10, 87 ;  aus  erbaulichem  phrasen- 
scbwall  fällt  er  in  niedrige,  grimassirende  höhnerei  herab. 
Stbal'Sz  die  halben  und  die  ganzen  37 ; 

wer  durch  den  kummei'zahn  ihm  mark  und  saft  verzehrt, 
hat  nur  den  feinden  zeug  zur  höhiierei  gewehrt. 

lloKFiiANNswALiiAü  venii.  gcd.  8: 
nein;  selbst  ihr  lächeln  nicht!  ich  liah  es  ja 
wohl  schöner  noch  an  abcrwitz,  an  tand, 
an  höhnerci,  an  Schmeichler  und  an  buhier, 
verschwenden  sehn  !  Lessimu  2,  334. 

im  plur.  höhnereien :    konnte  er  alle  die  bitlern  höhnercien 
vorausdenken,  womit  ihn  zu  hause  der  vater,  und  auszer  dem 
hause  die  vielen  familien  verfolgen  würden.   Engel  12,  43. 
HÖHNERIN,  f    foemina  cavillans,  subsannans.    Stielek  848. 
HOHNGELACH,  n.: 

brich  die  ketten, 
und  stürm  dich  los  mit  lautem  hohngelacb.    Tuck  3,  343. 

HOHNGELÄCHTEH,  n.,  vergl.  oben  die  forma  höhn  lachen 
(sp.  1724)  und  unten  hohnlachen : 

doch  läszt  der  gleiszner  bald  sein  hohngelächter  schallen, 
wenn  sein  altar  versinkt,  und  seine  gotzen  lallen. 

Haueoohm  1,  55 ; 

8ol!  de«  verbuhlten  paares  hohngelächter 
dein  grablicd  werden.?    Gotter  2,  508 ; 

wenn  mit  hohngelächter 
des  rechtes  rechtliche  verächter 
der  tugend  kaum  den  götterwerth  vcrzeihn. 

Seuiie  ijcd.  48; 
der  gegucriu  iriumph  und  hohngelächter. 

ScuiLLER  ilavia  Stuart  4,  4. 

HOHNGESANG,  m. .'    hör  ich  nicht  in  der  ferne  hobnge- 
•aoge  jetzt?  Fr.  MCUER  2,211. 
HOHNGESCHREI,  n.; 

i\;m  »ie,  trotz  dem  hohngeschreie, 
trotz  der  holTniinK  Untergang  .  .  . 
mir  gehalten  lieb  und  treue.    KüiiueR  73*. 

HOH.NGESPKÄCH,  n. ;  einem  platten  köpfe,  der  ein  huhn- 
grupritcb  bei  Göschen  darüber  (idter  Campet  Verdeutschungen) 
drucken  lie»z.  J.  Pacl  vortch.  der  itth.  2,  205. 

HOHNCEZISCH,  n. : 

vor  %ir\ni'.n  bangen  obren  saunt 

das  hohngpziich  der  höllc.    Stoi.HRü  1,  IUI; 

deiner  feinde  hobogcziach.    14, 104. 


HÖHNISCH,  adj.  und  adv.  1)  mit  schmäh  verbunden, 
schmählich  (vergl.  höhn  1  sp.  1722) :  das  ist  der,  welchen  wir 
etwa  iur  ein  spott  hatten,  und  für  ein  hönisch  beispiel 
(tiä  7iaoaßo).i]v  oi'eiSia/wi  septuag.).  weish.  Sal.  5,  3 ;  doch 
es  liff  mit  dem  guten  stümper  gar  höhnisch  ah.  Cur.  Weise 
Id.  leute  203. 

2)  nach  höhn  3,  schmach  anthuend,  einen  andern  durch  uorte 
erniedrigend:  verstummen  müssen  falsche  meuler,  die  da  reden 
wider  den  gerechten,  steiff,  stolz  und  hönisch.  ps.  31,19 
(ivv7i£QT](fapict  y.ai  i^ovSsvcöoet  septuag.,  eine  Variante  hofler- 
tiklich  und  verechtlich) ;  so  scherzet  ein  höhnischer  prinz. 
Cur.  Weise  comöd.  21 ;  der  hiischer  war  etwas  höhnisch  und 
begehrele  er  solle  seiner  wege  gehen,  kl.  leute  221 ;  waren 
die  letzlern  schon  mit  worten  und  geberden  gegen  Solanden 
hönisch  mit  dem  vorsatz  ihn  zu  schimpfen,  polil.  slockf  2S0. 
eine  redensart:  ist  der  berr  auch  hünisch?  faccl.  facet.  133 
wird  von  Stiei.er  848  erklärt:  fumumne  vendilarc  edodus  es?; 
seid  ihr  noch  so  höllisch,  dasz  ich  euch  sagen  soll,  was  ihr 
zuvor  wol  wisset?  S.  v.  Rikkln  Marg.  201.  einige  beispiele 
rühren  schon  ganz  an  die  heutige  hcdeutnng  des  worles :  dariimb 
das  du  . .  über  das  huid  Israel  von  ganzem  herzen  so  hönisch 
dich  gefrewet  liast.  lies.  25,  0  (ini/^aoaa  ix  yvjc^s  oov  ini 
i7]v  yijp  Tov  'lü(iaT;?.  sepluag.); 

wie  hönisch  man  mir  spricht, 
wie  harten  schimpf  mau  wider  mich  darf  regen. 

Opitz  psalmcu  ».  129; 

als  Christus  eben  in  dieser  woch,  da  er  über  die  Stadt  Jeru- 
salem geweinet,  ist  gecreuziget  worden,  weiden  die  phariscor 
und  schriflgelahrte,  welche  gehört  hallen,  was  Christus  der 
Stadt  Jerusalem  für  einen  erbUrmlichcn  Untergang  verkün- 
diget hatte,  sich  ohne  zweifei  hönisch  darüber  gemacht,  und 
gesagt  haben:  der  arme  Jesus  von  Nazareth  ist  kein  poli- 
ticus.   Scuüppius  185. 

3)  bei  einer  formel  einen  höhnisch  hallen  tritt  thcils  mehr 
der  begriff  der  Schmähung  und  erniedrigenden  behandlung,  thcils 
schon  der  bloszen  Verhöhnung  hervor;  das  erstere  frei  Sciiuprics : 
als  neulich  der  schifler  Jan  von  Amsterdam  kam,  verehrele 
uns  die  schönen  holländischen  käse  und  die  zweibacken,  und 
wolle  freundschaft  mit  dir  machen,  da  hieltest  du  ihn  so 
hünisch,  dasz  mich  seiner  jainmerle :  aber  als  Menelaus  .  . 
kam  mit  seinen  schönen  gelben  haaren,  da  thätest  du,  ul> 
ob  du  dein  herz  mit  ihm  l heilen  und  ihn  ausz  liebe  fressen 
wollen,  was  bildest  du  dir  ein,  dasz  du  schiffer  Jan  also 
verachtest?  4S3;  das  letzlere  bei  andern:  er  hält  den  Pyrrhus 
höhnisch,  als  solle  er  sprechen:  du  magst  dich  wol  eines 
andern  berühmen.  Opitz  1,2C2;  in  der  ausgegangenen  Pegnitz- 
schäferei  werden  dergleichen  deutsche  Franzosen  hönisch 
gehalten,  daraus  wir  dieses  nur  zum  e.xempel  anziehen  wollen 
(folgt  eine  Verspottung  der  sprachmengerei).  E.  Hanman.n  anmerk. 
zu  Opitz' poelerei  123;  deinetwegen  (sagte  er,  mich  hönisch  zu 
hallen)  wirt  die  morgenröthe  nit  schamroht  werden.  S.v.  Birken 
04//.  lorbeerh.  1;  l'ürtrcflliche  nymfel  es  beliebet  euch,  meine 
persou  also  hönisch  zu  hallen,  weil  ihr  eine  amaznnin  seil. 
Margenis  32;  wer  aus  eigner  nachlä».<igkeit  in  schimpf  ge- 
setzt wird,  der  mag  höhnisch  gehalten  werden.  Cur.  Weise 
kl.  leute  Gl. 

4)  nach  und  nach  verschwindet  bei  höhnisch  (wie  6eim  subst. 
höhn)  der  begriff  der  schmach  und  schände,  und  der  begriff  des 
bösen  Spottes  kommt  auf,  der  in  der  hculiiicn  spräche  ausschliesz- 
lich  wallet :  ein  höhnischer  mensch,  homo  cavillator,  ein  höh- 
nisches frauenzimmer,  cavillalrix  Steinuacii  1,780;  höhnische 
Worte,  höhnische  blicke,  ein  höhnisclies  naserüinpfen ;  hölli- 
sche briefe,  litterac  aculeatae  Stieler  848;  indem  sie  einen 
höhnischen  Seitenblick  auf  die  schöne  mit  den  groszen  aiigeii 
warf.  Wieland  1», 41>;  ihr  hlick  ist  höhnisch.  Kutzehue  (frd»i. 
spiele  2, 201 ; 

ob  CS  {(In*  (jlOcIt)  noch  .'io  stürmisch  thu, 
singt  mein  geisi  bei  »tilUir  ruh 
docli  ein  hunisch  lied  dazu.    IiÜntiier  214; 
hu,  dachte  der  kiii.oer,  7iir  );|jif-klii'lu<n  stunde ! 
uud  grÜ!*zie  das  pfalfleiii  mit  holiiüsrhein  munde. 

ÜiJHbKR  00*. 

atlvcrbial:  einem  höhnisch  begegnen,  aliquem  aceto  perfundere 
Stein  BACH  1,  "80; 

wie  huhnisch  sollen  «Io  de*  blinden  horhrouih«  lachen! 

GÜNTHim  488. 

ungcwiihnlich  ist  die  formel  hOhnivch  auf  etwas  sein,  es  höhnen, 

venipotten : 


1729 


HOHNLACH  —  HÖHNLICU 


HÖHNLICH1;E1T  — HOIA 


1730 


^Eumnlp)  von  schreiberischer  eitelkeit, 

wie  er  vermeinte,  ganz  befreit, 

uuil  höhnisch  auf  den  stolz,  der  schriftverfasser  blendet. 

doch  sein  Verleger  kömmt,  sein  Tryphon,  der  ihn  rührt, 

ihm  lust  und  feder  schärft,  ihn  schmeichlerisch  verführt. 

er  wagt  ein  neues  werk,  er  grübelt  tag  und  nacht, 

und  schreibet  um  den  rühm,  den  er  zuvor  belacht. 

Hacedorm  3,  lOS. 

HOHNLACH,  m.  das  hohnlachen:  baarfiisz,  ohne  mantel, 
vur  der  kircblhür,  jdermann  zum  hohnlach  stehen.  Mestwert 
ftuchspiegel  (1674)  88. 

HOHNLACHE,  f.  eben  das:  vielleicht  reizt  auch  wohl  ein- 
mal die  erzgeneralfelddummheit  .  .  die  hohnlache  zum  aus- 
bruche.  oder  die  Unverschämtheit  zu  einem  geiszelhiebe  . . . 
aber  oft  wird  das  nicht  kommen,  denn  ich  bin  fast  zu  sehr 
schon  an  die  ernste  stille  Verachtung  dessen  gewöhnt,  welches 
die  hohnlache,  oder  die  geiszel  verdient.  BCrgeh  184';  die 
dünkelhafte  Überweisheit  erregt  ebenfalls  nur  affecte«,  in 
welchen  man  sich  wohl  fühlt:  Verachtung,  spott  und  hohn- 
lache. 351". 

HOHNLÄCHELN,  verb.  die  formel  höhn  lächeln  sp.  1723 
zusainmengerücki : 

'die  Schuldverschreibung  lautet  an  die  todten', 
bohnlächelte  die  weit.     Scuiller  renignation. 

gewöhnlich  im  subslantio  gesetzten  inßniliv  oder  im  pari,  praes.: 
er  sagte  diesz  mit  einem  diunm  -  naseweisen  hohnlächeln. 
Wieland  19,314; 

die  geiszel,  die  eiust  Rom  empfand, 

hohnläcbelnd  über  euch  zu  scnwingen.    Gotter  1,  447 ; 

gebahnt  ist  dir  der  we» 
zum  thron,    besteig  ihn,  ohne  sie,  und  blicke, 
hohniächelud,  auf  der  thörin  stolz  herab !    2,  149. 

HOHNLACHEN,  verb.  zusammengerüc/Ues  höhn  lachen  (spalte 
1723):  lesset  die  weit  wol  honlachcn  und  spotten,  sihet  ir 
zu,  wie  lang  sie  lachen  kan.  Luther  4,116';  welche  mein 
land  eingenomen  haben,  mit  freuden  von  ganzem  herzen, 
und  mit  hohnlachen.  Hes.  36,  5 ;  sie  aber  vermeinte,  dieses 
huhnlachen  sei  ein  zeichen  der  erworbenen  affection.  polit. 
stockf.  90; 

auf  hohen  felsen  stehen  sie, 

in  ihrem  adlernest, 

hohnlachend;  brüder,  sehet  sie, 

sie  träumen  siegesfest.    Gleix  4,  23. 

hohnlachen  kann  als  eigentliches  compositum  beliandeÜ  und  z.  b. 
gebildet  werden  er  hohnlachte  (neben  lachte  höhn,  s.  oben 
höhn  3  SJ5. 1723);  diesz  schon  mhd.: 

der  wirt  hönlachte, 

swie  im  sin  herze  krachte.    Meier  Uelmbr.  1775 ; 

vgl.  dazu  unten  hohnreden. 

HOHNLACHER,  m.:  an  sieben  und  siebzig  grösztentheils 
ausrufern  wurden  'die  vieleu  stimmen'  durch  den  hohnlacher 
gerügt.  Klopstock  12, 27S,  vgl.  279 ;  in  der  gelehrtenrepublik  ein 
eigens  bei-teUtvr  beamter  zum  aufschlagen  des  hohngeldcliters. 

HÖHNLICH,  adj.  und  adv.,  wie  höhnisch. 

1)  schmählich,  schändlich,  wie  a)id.  honlich,  infamis,  foedus, 
ridendus,  dedecor  (Jraff  4,  689 ;  honlich  inglorius  sumerl.  10, 42 ; 
6t'«  Maaler  auf  ein  häszliches  äuszere  bezogen:  honlich,  hon- 
lich sähende,  torce,  torvus,  hönlichs  angesichts,  vultuosus  22$'. 

2)  Mufiger  in  activem  sinne,  zornig,  Schmähungen  redend,  über' 
iniitig  schmähend  (vgl.  auch  höhn  ip.  1724):  contumelia  honlich 
spräche  Dief.  14S";  haben  sich  allenthalben  also  mutwillig 
und  trotzig  gestellet  .  .  und  haben  gottes  zorn  gleich  aufs 
aller  hönlichst  trotz  geboten.  Luther  3, 145' ;  er  sol  mit  inen 
helfen  gott  lestern,  und  seine  geschepf  höhnlich  verachten. 
8,  50'; 

des  kundt  das  thierlin  (ein  kaninchen)  nicht  vergessen ; 

dorft  im  (dem  adlei)  nicht  höhnlich  widersprechen, 

gedacht  sich  doch  an  im  zu  rechen. 

B.  Waldis  Esop  3,  7.  15. 
fiton   früh  greift  höhnlich  in  den  sinn  unseres  höhnisch,   ver- 
höhnend über: 

swa;  mans  geflShet  und  gebat, 
swes  mans  tKpnlich  an  geschre, 

^i  beliben  üf  dem  veld  nibt  me  {ritter,   die  nicht  luv- 
niereu  wollten),    frauendieiisl  502, 1 ; 
dö  si  hattin  da^  erhört, 
vil  honlich  si  sin  lachten.    Jeroscuim  3609; 

dieselben  feinde,  die  mich  honlich  und  spötlich  lobeten. 
Luther  3,  is' ;  Isaac  wird  auch  viel  leute  gehabt  haben,  die 
nichts  von  im  gehalten,  und  in  gar  honlich  verspottet  haben. 
4, 144' ;  darauf  hat  ehr  mich  bonlich  widerumb  gefragt.  Carl- 
IV.  11. 


STADT  tcider  bruder  Johan  aij';  dann  ich  hab  auch  oft  höhn- 
lich gnug  vom  bapsthumb  geredt.  Alberus  widder  WUzeln  Lö'; 

belacht  gar  höhnlich  einen  stawber  (Jagdhund), 

drumb  das  er  seinem  berren  war 

in  allen  sacben  ghorsam  gar.    B.  Waldis  Esop  2,  71, 2. 

HÖHNLICHKEIT,  /.  torvUas.  Maaler  22S'. 

HOHNMÜTH,  m.  übermütiges  gebahren,  schmähliche  behand- 
lung :  wie  mich  die  im  dorf  nun  gesehen  und  allen  hohnmut 
angethan  hatten.  H.  Stadex  h  (i). 

HOHNREDE,  f.  höhnende  rede:  diesem  thaten  die  schmeh- 
worle  und  hohnreden  wehe.  pers.  rosenth.  2,  IS ;  der  mann 
giebt  ihr  ihre  hohnreden  zuiück.  Gervi.nus  gesch.  d.  deutschen 
dichtung  1,  28. 

HOHNREDEN,  verb.  höhnende  «orte  sagen:  es  hat  eiumahl 
ein  ruchloses  volk  eines  dervsisches  heiligkeit  und  frömmig- 
keit  angefeindet,  mit  schimpflichen  verdriesziichen  Worten 
gehohnredet.  pers.  rosenth.  2,  34. 

HOHNSPRACHE ,  /".  schmährede :  contumelia  honsprache 
Dief.  148*;  mit  hoinspraichen  verunrocht.  Fromsans  2,439' 
(kölnisch,  15.  jalirh.). 

HOHNSPRECHE,  adj.  schmähend,  ein  mhd.  hunspraeche  »or- 
aussetzend:  dieser  artikel  ist  wider  die  christliche  kirche  die 
braut  Christi  honsprech  und  ketzerisch,  urtheil  der  Pariser 
tlieol.  bei  Lcther  1,  54l'. 

HOHNSPRECHEN,  verb. :  conhtmeliari  hoensprecben,  bon- 
spreken,  bonspraken  Dief.  148*. 

HOHNSPRECHEND,  part. :  die  dogmatische  spreche  eines 
hohnsprechenden  vernünfllers  auf  den  ton  der  bescheidenheit 
herabstiminen.  Kant  2,  478. 

HOHNSPRECHER,  m. 

HOHNSPRECHIG,  adj.:  conlumeliosus  honspreekich,  hon- 
sprekelich  Dief.  14s*. 

HOHNSPRECHUNG,  f.:  gewisz,  wenn  das  nicht  bohn- 
sprecbung  dessen  ist,  was  kirche  und  Versöhnung  mit  ihr 
sein  soll,  was  wäre  es  denn?  Herder  in  den  eiinnerungen 
aus  seinem  leben  2, 151. 

HÖHNUNG,  /".  das  schmähen,  verhöhnen :  conluvielia  honunge, 
honinge  Dief.  148' ;  höhnung,  cavillatio  Steixbach  l,  780 ;  das 
sye  die  hönung  und  belachung  jts  vatlers  mit  dem  todt  yrs 
mans  gedacht  zu  rechen.  Frank  chron.  1631  160*;  freudenfeier 
ist  höhnung  des  leidenden.  Relchli.x  gesch.  v.  Italien  2, 1, 5S ; 

die  unglückseligen  darf  man  nicht  sehr  vexiren, 
sie  nehmens  gar  zu  leicht  vor  eine  höbnung  an, 
wie  man  die  blut-scbwehr  nicht  mit  kützeln  darf  berühren, 
.     da  es  doch  frische  haut  gar  wohl  vertragen  kann. 

Wiede«a:hm  gefamjenschaften,  juti  s.  20. 

HOHNVOLL,  adj.:    eher  dürfte  das  gegentheil  geschehen, 

dasz  er  bohnvoUer  noch  sein  haupt  erhebt  gegen  eine  theo- 

logie,  die  solche  waffen  ihm  entgegen  hält.  Protestant,  kirchen- 

zeitung  1867  s.  779. 

HOHNVVORT,  n. : 

tbut  mich  mit  vil  honworten  fatzen.  H.  Sachs  4,  3,  33*. 
HÖHNZELN,  verb.,  iterfüiv  von  höhnen,  kleinlicJi  schmälten 
oder  spotten:  welcher  under  yne  beiden  eyner  den  andern  zu 
zorne  reisze,  hontzel,  spei  oder  schelle  oder  fluche  und  die 
rachtunge  überfare.  Frankfurter  urk.  vom  jähre  1481  in  Tuohas 
oberhof  s.  403.  im  Nassauisclien  bohnseln  (Kehbein  186),  das 
die  bedeutung  von  hänseln  angenommen  Iml,  aber  der  (^slam- 
mung  nach  nicht  mit  Htm  gemischt  werden  darf.  vgl.  hänseln 
sp.  4C4. 

HOHO,  interj.  s.  unter  ho  sp.  1587. 

HÜHUNG,  f.  erhöhung :  des  (verrenkens)  zaichen  seind  au 
etlichen  enden  ungemainliche  böbung  (plur.).  Hier.  Rrad!«- 
SCHWEIG  Chirurg.  (l539)  107 ; 

auch  was  sein  (Saturni)  fal  und  höchung  war. 

THCBitsiszES  archidoxa  (1575)  9; 
Luna  so  sj  sich  erzeigt 
bei  eim  planeten  in  seim  haus, 
fall,  hocuung,  im  gang  oder  draus,    sl. 

HOIA,  interj.  in  aufmunterndem  sinne:  hoya,  fraw  .Melibea, 
hör,  hör  wunder.  WiRStJ.NG  Calixstus  (1520)  Q  8* ;  oder  als  aus- 
druck  der  freude:  er  brett  einen  braten  und  settiget  sich, 
wermet  sich  auch,  und  spricht,  hoia,  ich  bin  wann  worden, 
ich  sehe  meinen  lust  am  fewr.  Jes.  44, 16 ; 

hoia,  hoia,  das  ist  ein  guter  sinn!    fastn.  sp.  818,  9; 
vgl.  heia  sp.  737.  —  Der  jägerschrei  hoiacbtaa  seheint  tn  seiner 
ersten  silbe  die  interjeclion,  in  den  letzten  den  durch  die  partikel 
ä   verstärläen  imperativ  des  mhd.  äbten  Verfolger,  zu  enthalten: 
sollen   sie   (bei  der  Verfolgung  eines  hirsches)  .  .  iren  hunden 

109 


1731 


HOIE  — HOKUSPOKUS 


HOKUSPOKUS 


1732 


lieblich  zusprechen  und  hoiachtaa  schreien.  Sebiz  feldb.  586; 
daßr  die  verkürzte  form  hoichta  568;  hoichta,  ju,  ju,  den 
gatter  zu,  dasz  auszUieg  kein  kuh.  Garg.  S4'. 

HOIE,  f.  Schlägel,  ramme,  für  heie  sp.  St2:  mit  handscblä- 
geln  und  nicht  mit  hoyen.  Scim.  1,  1021  Fromm,  (daselbst  die 
nebenfonn  hoyer) ;  hoja  oder  stöszel,  fistuca.  teulsch-lat.  wörter- 
büchlein  (Sümberg  1703)  109. 

HOIIIO,  interj.: 

hoibo !  hoiho  !  da  kommt  der  wind ! 

die  segel  auf!  sie  Qattern  und  schwelln!    II.  IIei!«k  15,237. 

IIOIKE,  f.  mantelartiger  Überwurf;  zufrühest  der  französischen 
Iracht  eigen,  und  hier  gegen  die  mitle  des  14.  jahrh.  als  Iheil  der 
weiblichen,  später  auch  der  männlichen  kleidung  crsclwineud,  unter 
dem  namen  heuque,  huque,  hucque,  müteUat.  huca,  später  fiber 
die  Niederlande  nach  Deutschland  eingeführt,  wo  das  klcidungs- 
slücii  sich  unter  verschiedenen  formen  lanye  hält :  lange  hoicken, 
die  waren  geknauft  fornen  nieder  bis  auf  die  füsz.  fast.  Limb. 
18;  pa//»um  hoyke  Dikf.  407";  toga  heucke,  heuck,  hoyke  586'; 
niederländ.  huycke  toga,  pallium  Kilian  ;  bei  Maaler  227'  der 
hockelen,  ein  güttung  eins  leibmcks,  saga,  mit  dem  dim. 
hocketle,  sagalum;  bair.  hocke,  f  Schm.  1,1020  Fromm,  im 
17.  jahrh.  ist  die  niederl.  huike  ein  einfacher  mantelartiger  Um- 
hang über  den  köpf  genommen  (Weisz  kostümkunde  2, 1026),  und 
wird  von  hier  aus  auch  modetracht  der  niederdeutschen  lande: 

o  hcuk  und  snei  {ein  liopfschmuck).  du  brave  dracht,  der  proct- 

möm'  beste  zierde! 

wo  stund  et  doch  in  Hamburg  lo,  als  raau  die  noch  recht  licrde ! 
Laurehbkrg  V.  lAippt'ubeiy  150,49; 

und  haftet  noch  in  den  niederdeutsclicn  Volkstrachten  als  liök, 
huck,  huike,  heuke,  heike.  Fbomm.  5,520;  auch  im  Sprichwort  : 
he  dregt  de  heik  up  beide  schulders.  6,  281 ;  im  Göttingischen 
ist  eine  heikendreiersche  eine  die  den  mantel  nach  dem  winde 
dreht.  Schambach  77*,  wie  niederl.  huyck  oft  huyckskcn  na  den 
wind  hanghen,  servire  scenae,  servire  lempori.  Kilian.  in  West- 
falen ist  hoike  der  mantel  eines  scluifers:  der  scliäfer  selbst, 
welcher  seine  haidschuucken  weidet  und  trotz  der  somnier- 
wäinne  seinen  weiszen  mantel  nicht  abgelegt  hat,  den  er  selt- 
samer weise  mit  demselben  worte,  wuniit  ihn  Schütten  und 
die  Beduinen  Afrikas  nennen,  haiken  bezeichnet.  L.  ScuCcüing 
die  ritterbürlige  (1846)  1,259. 

HOJAH.NEN,  HOJÄH.NEN,  verb.  gähnen,  ein  seU  dem  15.  jA. 
nachzuweisendes  lautmalendes  wort:  hiure  hoianen  Dief.  276'  {aus 
eitlem  niederd.  vocabular);  oscüare  huganen  402'  (aus  Trocuus); 
mit  nmdeutung :  oscilatio  das  geimen  u.  hochgehncn.  das.;  noch 
jetzt  niederdeutsch  weit  verbreitet:  higa;nen,  hojiunen,  höjänen 
gähnend  den  mund  weit  öffnen  Schambach  71*  mU  der  neben- 
form  häjappen,  höjappen;  hujanen  gähnen  neben  hoclijappen 
Schütze  2, 147 ;  ei«?/iio  Fkomm.  3,284  und  anderweit ;  auch  in  der 
sdtriftspraclie  gebraucht:  Hans  hojanet.  amantes  amentes  F2'; 
durch  das  öftere  hujähneu  und  die  schläfrigen  augeu.  Irr- 
garten 114; 

an  des  pallastes  thor  steht  das  hojanen  wache, 
ein  widerliches  weib,  verdrieszlich  wie  ein  drache ; 
doch  ht  der  eingang  leicht:  wer  eingeführt  will  .^ein, 
der  gahut  sie  dreimal  an,  und  sie  läszt  ihn  herein. 

Zacuariä  1,  206 ; 
wer  {wetclier  scitnilter)  hojahnt  am  schalt  der  sense. 

Gkhstkkbehu  i'ci'/n.  sckr.  2,  221 ; 

ulbst  WiELA?iD  bedient  sich  des  wortes  gern,  obwol  es  sonst  den 
SQddeuitchen  fremd  ist:  und  wenn  sie  (theatei stücke)  denn  auch 
bei  der  Cftern  wiederhuhiung  mitunter  gähnen  und  hujahncn 
machten  dasz  die  kinnladcn  hatten  auseinander  gehen  mOgen. 
19,  276  (243) ; 

wiszt  ihr  was  traurigers,  im  himmel  oder  hier  .  .  . 

als,  unergetzt,  bei  langen  frostigen  scenen 

mit  »ang  und  ohne  sang,  einander  anzugähnen? 

auch  hieltens  die  schönen  des  himmels  nicht  manchen  abend 

aus. 

Tiel  lieber,  sprachen  lio,  bojabnen  wir  zu  haus. 

5,  266  IVLikl.  Amor  5,  43); 

um  die  göttin  des  bojabncns  von  sich  abzuhalten,  i^rselzuny 
von  Huraieiu  sat.  2  (1749),  249. 

HOHE,  HOKE,  m.  kleinvcricäufer,  s.  Ijuckc,  hncke  sp.  \MK 

HOKEN,  HdKEN,  n-rb.  kleinvnkauf  tretben,  vrnj.  hucken 
tp.  Ki.y»/'.,  wo  auch  dir  tätriiß-n  ißieder  der  wortfamdie. 

HOKJSI'OKCS,  m.  n.  gaukelei. 

1)  das  vurl  Ultzl  sich  bis  im  17.  jahrh.  zuriukverfolgen  und 
iCheiiU  xuertt  in  England  gebildet.  1634  erschien  zu  iMndon  eine 
$eknß:  Hocuk  Pocus  junicir.  thc  anatomic  of  legerdemain ; 
tfäter  üu  deutsche  übertettt  unter  dem  türl:  Huru«  l'ocui  junior. 
oder  iMcbea-Bpicl-kuDit.   aus  üugiiscbcr  sprach  in  die  deul- 


sehe  übersetzt  (o.  o.  1667  in  12").  hiernach  ist  Hocus  Pocus 
als  eigenname  eines  fertigen  taschenspiclers  genommen,  und  der 
beiname  junior  weist  darauf  hin,  dasz  derselbe  schon  länger  im 
Umlauf  gewesen  sei.  die  nächsten  veiwendungen  des  wortes  im 
deutschen  wahren  auch  den  character  als  eigennamcn  durchaus: 
es  ist  ein  kunst,  unterschiedliche  spiel  üben,  wie  der  Juan 
Pütage,  oder  Ockes  Bockes  der  Amsterdamer  zu  machen 
pHegte.  ScHUPPius  708;  kurzweilige  und  zuvor  in  trück  nie 
gesehene  approbirte  kahrtenkünste,  zusammen  gebracht  vou 
einem  in  viel  künsten  erfahrnen  und  also  genannten  meister 
Hocus  Pocus.  titel  eines  büchleins  (Künstburg  1667) ;  und  erst  in 
zweiter  linie  erscheint  das  wort  als  nomen  appellativum,  im  sinne 
von  gaukelei,  blenduerk:  das  hogges  und  pogges  einer  ver- 
schraubteu  oder  zweii'elliaftigen  rede.  Abele  gerichtsh.  1,317; 
denket  ein  solcher  sauberer  schultheisz  wohl,  sie  können 
sich  schon  wieder  erholen,  und  etwa  auch  eiu  haitzlcn,  oder 
hockes  bockes  für  sich  machen,  baurenst.  lastcrpr.  18;  dünn 
auch  als  inlerjection,  Schnelligkeit  zu  bezeicknen: 

das  musz  nicht  okes  boks,  wie  aus  der  laschen  gebn. 

Rachel  8, 144. 
«n  einer  komischen  beschwörun gs formet : 

hocus  pocus  schwarz  und  weisz, 

fahre  stracks  auf  mein  geheisz 

schuri  muri  aus  den  knabeu.    Schcluiuffslii,  1,  5. 

2)  die  bisherigen  erkldrungsversuche  des  wortes  haben  theils  auf 
einen  mö(jliclten  zusammenliang  mit  ochse  und  bock  als  opfer- 
thiercn  hingewiesen,  theils  auch  eine  Verstümmelung  der  abend- 
muhlsformel  hoc  est  corpus  meum  darin  gesucht,  allein  wenn 
auch  zur  stütze  dieser  letzteren  ansieht  beigebracht  werden  könne, 
dasz  schon  Fischart  im  bienkorbe  die  transstd)stantiation  eine 
brotvcrgaukelung  nennt  (h7")  und  über  die  fünf  worte  der  abcnd- 
mahlsformel  (hoc  enim  est  corpus  meum)  spottet:  die  fünf  wort 
haben  ein  kraft  wie  dj  wort  pfuat,  dasz  der  teufel  sprach, 
da  er  monch  machte.  82' ;  Petrus  von  Alliaco  .  .  pleibt  fest 
darbei,  dasz  die  fünf  wort  das  spil  verrichten,  und  das  brot 
transsubstantiiren.  85',  und  dasz  es  hiernach  nahe  zu  liegen 
sclieint,  wie  protestantische  spottlust  heilige  worte  misbrauchte  und 
sie  als  formel  für  laschen spielcrkünste  verwendete,  so  stefU  dem 
doch  das  erste  auftauchen  des  wortes  als  eigenname  entgegen, 
der  oben  angeführte  Hocus  pocus  junior  mag  auf  eine  wirkliche 
persönlichkeit  dieses  (angenommenen)  namens  hinweisen,  wie  ja 
die  neigung  der  gaukler  für  hochtönende  nutnen  ohne  sinn  bekannt 
ist;  man  erinnere  sich,  wie  Hebel  (2, 17)  einen  medizinschwindler 
sich  Schnauzius  Rapunzius  von  Travalgar  nenne»  läszt.  in  dem 
dcutsciten  Hocus  pocus  junioi'  s.  50  wird  die  höhctne,  bei  gauke- 
Icien  benutzte  figur  eines  mätinchens  neben  bonus  genius  oder 
nuntius  invisibitis  auch  Hiccius  doctius  genannt;  ebenso  ein 
klingender  name  ohne  allen  sinn. 

3)  die  neuere  spräche  verwendet  hokus  pokus  oder  liokus- 
pokus,  zusammengerückt  in  einem  worte  geschrieben,  Substantiv 
als  masculinicm:  (ein  politisches  drama)  Julius  Cüsar,  das  der 
t.  durch  seinen  hokus  pukus  zum  trauerspiel  gemacht  hat. 
Mendelssohn  bei  Lessi.ng  13,  129;  sie  werden  heute  ihren 
hokuspukus  am  ireisluhl  machen.  Ihmermann  Münchh.  4,33; 
häufiger  als  neutrum :  o  Bergmann  ist  ein  ganz  anderer  zau- 
lierer!  .  .  Bergmann  macht  sein  hocus  pocus,  und  alle  ge- 
danken,  alle  einfalle,  die  wirklich  da  waren,  sind  weg! 
Lessing  6,8;  so  läszt  sich  frcilidi  darüber  noch  so  ein  diplo- 
matisches hokus  pokus  maclien.  Göthe  an  Schiller  841 ;  wie 
würde  ich  mich  nur  irgend  mit  recht  einen  physikus  nennen 
können,  wenn  ich  niclit  durcii  die  wunderbaren  mittel,  durch 
die  man  das  unmögliche  möglich  macht,  so  bequem  wie  ein 
anderes  hoku.s  pokus.  in  iiänden  hätte,  werke  11,292;  wenn 
uns  der  Staat  gegen  eine  billige  regelmäszige  abgäbe  das 
lehns-hokus-pokus  erlassen,  und  uns  mit  nnsern  gülern  nacli 
belieben  zu  schallen  erlauben  wollte.  20,146;  wurden  mit 
niystilicatiunen  und  anderm  hokus  pokus  theils  aufgehalten, 
theils  bei  scitc  gebracht.  213;  desto  strenger  hielt  er  auf 
einige  hauptpunkle,  welche  bisher  durch  ein  geringeres  hocus 
pocus  waren  verschleiert  gewesen.  22, 77 ;  das  ganze  kunsl- 
slück  ist,  dasz  zu  ultigen  bedingungcn  {bd  einem  exiiertmente) 
noch  ein  paar  hinzugefügt  werden,  wodurch  das  hokuspokus 
sich  noch  mehr  verwi(kell.  r.o,  189; 

wu«  hvM  ?  «T  will  sich  uutcrstehD, 
und  hier  .sein  ImkiLspokiis  treiben?    12,  116; 
■I«  muKt  al»  nnt  ein  hokuspokus  machen, 
damit  der  saft  dir  wühl  gedoitien  kann.     129. 

alt  interjeäion:  der  graf.  sie  schien  mir  doch  niedergeschlagen? 
Florutn.  bra !  das  glaub  ich.    sobald  m  herein  traten,  bokus- 


1733 


HOL  A  — HOLD 


HOLD 


1734 


pokus  ward  ein  andres  gesicht  daraus,    man  hofte  sie  noch 

zu  rühren.  Gotteb  leannelte  3, 3. 

HO  LA,  inierj.  zum  aufmerken  auffordernd:  hola  herbei,  zu 

unserm    prei.     Garg.  192' ;    hola ,    meine    herrn ,    höret    auf. 

Amadis  35; 

holal  ruft  er  uns  tu.    WECKHE»Li«t  294; 

hola,  junger,  geh  und  frage, 

wo  der  beste  trunk  mag  sein.    Opitz  2,  207 ; 

hola,  junger,  hole  jene, 

jene  die  du  kennest  wol.    FLBxr!«G  426. 

in  der  Verbindung:  hola  hola,  ferg,  hol.  de  ßde  concub.  bei 
Zarnke  univ.  des  miUelalters  scheint  die  interjeäion  deutlich  an 
Jas  verbum  holen  angelehnt,     s.  hülla. 

HOLBRET,  HOLBllOT,  m.  name,  theils  ßr  das  Wasserhuhn, 
theils  für  den  kibüz,  vergl.  theil  1, 1439  {unter  belche)  und  theil 
5,  659  no.  6;  holbrot  fatcorde  Ronde.m;  315;  hoihret  tringa 
vanellus  Nem}»icb  ;  schneehüner,  holbrot  und  sonst  ein  ge- 
schwader  merchen  und  lerchen.  Garg.  237* ;  auch  in  der  form 
hoibruder  (Nem.mch)  : 

der  hoibruder  und  goldbenlein, 

der  mervogel  und  andre  mehr,    fianszköitig  Aiij*. 

holbrot  als  siliimpfname  ßr  menschen: 

hierein  komm  kein  heuchler,  windhalsz  und  nollbruder, 

kein  bruder  Rollus  von  Bruchfartzius, 

kein  lollhar,  werdsack,  holbrot,  teulelsfuter.     Garg.  279'. 

HOLD,  adj.  benerolus;  gralus.  goth.  hul|)S ;  alts.  ags.  fries. 
hold ;  niederl.  houd ;  altnord.  hoUr,  dän.  schwed.  huld ;  ahd. 
mild,  holt ;  neben  der  gewöhnlichen  nhd.  form  hold  geht,  wesent- 
lich bei  mitteldeutschen  Schriftstellern  des  16.  17.  jahrh.,  und  in 
yrddicaliver  Stellung,  nicht  unlidußg  die  form  buld  her,  die  ganz 
dem  subsl.  huld  yratia,  dementia  angeschlossen  scheint,  wie  sich 
wiederum  umijekehrt  ßr  diese  substanlivform  auch  hold  findet, 
s.  unten:  gott  hat  mich  also  gesetzt,  das  ich  meiner  mutter 
liedli  singen  mus,  mir  und  dir  ist  niemand  huld,  das  ist 
unser  beider  schuld.  Luther  6,315*;  die  zahl  vieler  groszen 
mäuner,  die  mir  huld  sein.  Opitz  poeterei  vorrede  l' ; 

dasz  Pallas  nicht  allein 
sich  •rühme  nechst  der  schlacbt  den  büchern  huld  zu  sein. 

ijeäiclile  1,  SS; 
[dat  weib)  ehrt  ihn  (ihren  mann),   ie  mehr  er  herrscht,   und 

hält  gewisz  darfür, 
ie  schärfer  er  sie  hält,  ie  hulder  sei  er  ihr.    Flkhikg  72; 

verleihe  nur  geduld, 
du  mein  gerechter  gott,  und  sei  mir  wieder  huld. 

Meumark  tuslwätdchen  194. 
comparativ  hulder: 

het  warhait  ich  geschwi^en, 

mir  wären  hulder  vil.    Lula:«d  volksl.  918  (HirriEn); 

selbst  bei  neueren:  einer  schrieb  so  satiris«;li  über  die  weiber, 
der  in  solchem  alter  . .  sich  nichts  schOners,  besseres,  hul- 
deres  hätte  denken  sollen,  als  ein  weib  ?  J.  Paul  grönl.  proz. 
1,  III. 

Für  hold  wird  die  sinnliche  bedeutung  geneigt,  abwärts  sich 
neigend  angenommen  und  es  zu  den  auf  sp.  liiff.  behandelten 
Worten  balde  abhängende  stelle,  halden  sich  neigen,  hälden  etwas 
neigen,  ijestellt  werden  müssen,  die  alte  spräche  braucht  darum 
zunächst  und  zu  häufigst  das  wort  in  bezug  auf  die  Zuneigung 
des  herrn  zu  seinem  untergebenen,  in  zweiter  linie  auf  die  neigung 
dieses  zu  jenem,  und  die  modernere  freiere  bedeutung,  die  uns 
die  alte  sehr  zurückgedrängt  hat,  ist  dort  nur  wenig  entwickelt. 

hold  bedeutet 

1)  zugeneigt,  von  treuer  und  freundlicher  gesinnung;  und  zwar 

a)  bezüglich  des  herrn  zum  diener,  gnädig,  gewogen:  goth. 
gu[),  hul[)S  sijais  ((jricch.  l?.äad'r,ri  fwt,  vuly.  propitius  esto) 
Ulis  fravaurhtamifta.  Luc.  18,13; 

alts.  thö  sprak  irou  eft  is  herro  angegin, 

märi  mahtig  Krist,  was  imu  an  is  möde  hold. 

Iletiiind  3100 ; 

ngs.     ac  him  (ist)  bis  drjhten  td  |)äs  hold.    Seefahrer  41 ; 

mhd.  so  wil  ich  boten  senden      nach  minen  mägen 
ich  enbiute  in  holden  willen.    Gudiun  34. 

nhd.  nur  noch  selten,  meist  von  der  gesinnung  goltes,  des  obersten 
herrn,  gegen  die  menschen,  seine  unterthanen :  je  höher  du  bist, 
je  mehr  dich  demütige,  so  wird  dir  der  herr  hold  sein.  Sir. 
3,20; 

ihr  seid  der  väter  haar,  ihr  häuft  noch  ihre  schuld: 
ihr  teufclisches  volk,  solt  euch  denn  gott  sein  huld? 

KLBliriu  13; 
vertilge  meine  schuld, 
verbirge  dich  vor  ihr,  und  sei  mir  wieder  huld.    21 ; 
ach  bleib  mir  hold  und  gutes  muths, 
bis  mich  die  ströme  deines  bluts 
ganz  rein  gewaschen  bahfn.    I*.  Oi«haiid  17,  4. 


b)  bezüglich    des   unterthanen  zum  herrn,   treu  ergeben  (rergl. 
hierzu  das  verbum  huldigen): 

alts.  ne  bist  thu,  quädun  sia,  thes  kesures  friund, 

thinon  hSrron  hold,      ef  thu  ina  hinan  lätii 
sidön  gisundan.  Hetiand  5:361 ; 

ags.  ähte  ic  holdra  }>y  las 

deörre  dugude,      \ie  ]>ä  deäd^  fornam  {worle  des  liönigs). 

Beövulf  487  ; 
mhd.   nu  schowe.  künic  here,      Volker  ist  dir  holt: 

er  dient  willeclichen      din  silber  und  din  golt.    üib.  1943,  1 : 
nhd.    si  mochten  ome  mogelichen  (»ach  tennögen)  sin  gar  holde 
{die  Schweizer,  dem  lierzog  von  ßun/iind,  iioniscU). 
LiLtE:<ciio:<  mllisl.  2,  87,  36. 

gewöhnlich  in  festen  formein :  diesem  könig  . .  treu,  hold  und 
gehorsamb  sein.  Schcppics  3S5;  die  clienten  dagegen  waren 
verbunden  dem  schuzherm  mit  redlichem  herzen  hold  und 
gewärtig  zu  sein.  Niebuhr  1,  361 ;  der  senat  forderte,  dasz  sie 
die  majestät  des  römischen  volks  anerkennen  und  ihr  hold 
und  gewärtig  zu  sein  geloben  sollten.  3,236; 

für  sie  ist  ihm  sein  volk  getrew, 

hold  ist  es  ihm  für  sie.    Wkckherli^t  426 ; 

auch  in  freierem  sinne: 

sei  stets  der  Wahrheit  hold.    Hagedorn  2,  73. 
2)  frühe  heiszt    hold    auch   freundlich,    geneigt,   liebend,    ohne 
bezug   auf  ein   herren-   oder  dienerverhältnis :    mnd.  holt  carus 
DiEF.   104"; 
ags.  is  his  eafora  nu 

heard  her  cumen,  söhte  holdne  vine.    Beövulf  376; 
mild,  holt  wird  ich  in  nimmer,      die  e;  da  hänt  getan. 

Aiü.  1052,  3 ; 

und  zwar  ist  das  adjectiv  gewendet  auf  personen  wie  auf  ihr 
denken  und  thun : 

mhd.  daj  truoc  min  holder  friede],      dö  ich  in  jungist  sach. 

iSib.  2309,  3 ; 
dir  enbiutet  holden  dienest      der  liebe  herre  min. 

ISSO,  2 ; 
auch  nhd. : 

umt  mancher  grobian  nicht  kegel,  und  fällt  nicht  gleich  ein 
holdes  ja  (ron  der  umworbenen  achönenj. 
GiJrtiBER  429; 
dein  vergnügen 
blüht  jetzo  durch  ein  holdes  ja. 
so  musz  die  keusche  liebe  siegen.    150; 
es  geht  die  sonne  mir  der  schönsten  gunst 
auf  einmal  unter;  seinen  holden  blick 
entziehet  mir  der  fürst.    Göthk  9,  194. 

in  prädicaticer  Stellung :  ich  bin  hold,  die  liebe  hat  mich  ge- 
fangen, cepit  nie  amor.  Maaler  230'; 

ach!  da  warst  du  so  hold  und  schütztest  ein  trauriges  leben, 
das  die  verwegene  flucht  endlich  dem  knaben  entrisz. 

GÖTHB  1,  316. 

häufig  ist  die  formet  einem  oder  etwas  hold  sein:  einem  hold 
und  günstig  sein,  bene  reite  aticui  ex  animo.  Maaler  23o';  der 
seinem  vatterland  hold  ist,  amans  patriae,  das.;  (dasz)  beide 
golt  und  menschen  im  (Mose)  hold  waren.  Sir.  45, 1 ;  man 
musz  ihm  hold  sein!  das  ist  wahr,  er  ist  immer  so  freund- 
lich, frei  und  offen.  Göthe  S,  193 ; 

ich  fröu  mich  doch  der  maere,      daj  ir  mir  sit  so  holt. 

NU/.  156,  3 ; 
und  kumt  her,  mein  liebe  kint, 
als  lieb  und  holt  ir  ainander  sint, 
und  pietet  an  ainander  di  beut,    fasln,  sp.  57S,  t ; 
kein  welscher  ist  den  teütschen  hold. 

Gemgi!<i8acb  21,  334; 
wie  du,  war  sie  bequemen  tagen, 
der  freundschaft  und  der  freudc  hold.    Gotter  1,122; 
und  dieses  ufer  ward  dir  hold  und  freundlich, 
das  jedem  fremden  sonst  voll  grausens  war. 

GöTHB  9,  7 ; 
eine  dim  des  Schlosses  ist  mir  hold. 

SCBILLEE   Teil  2,  2 ; 
ihr  habt  heut  viel  tapferkeit  bewiesen, 
und  hold  war  euch  das  glück.    Shakesp.  Lear  5,  3; 

you  have  shown  to-day  your  valiant  strain, 
and  fortune  led  you  well. 

früher  auch  einen  hold  haben  {vgl.  unler  haben  sp.  64): 

ich  baisz  ilans  Narrolt 

und  hab  des  wirts  raait  holt,    fastn.  sp.  653,  12; 

ich  glaub  sie  hab  mich  herzlich  holdt. 

H.  Sachs  3,2,  113'; 
der  könig,  sprach  sie,  hat  dich  hold, 
für  könig,  keiser,  fürsten  und  gold. 

Ambras,  tiederb.  no,  225,  134; 
die  königin  aus  Frankreiche, 
die  hett  die  Teuischen  sonder  hold,    das.,  v.  202 ; 

109* 


1735 


HOLD 


HOLD  — HOLDE 


1736 


das  macht,  dasz  wir  euch  haben  hold, 
ihr  thut  uns  unser  herz  erfreuen. 

J.  Atrer  210'  (1048,  28  KeUer). 

man  macht  sich  hold,  lieb,  beUebl: 

nol  Leratben,  gut  gerathen,  niaclii  den  rath  geehrt  und  hold. 

LoGAU  2,  5,  10; 
Aristea,  du  bist  schön;  allen  leuten  macht  dich  hold 
zier  am  leibe,  zucht  im  sinn,  und  im  beute!  eignes  gold. 

241,  191 ; 

etwas  thut  liold,  erweckt  freundliche  empfind ung : 

Teuer  glänze't  raebr  als  gold, 
doch  verbrennt  es  sehr : 
ob  die  Wollust  uns  thut  hold, 
doch  verletzt  sie  mehr.    3,  1S3,  CO. 

3)  die  heute  vorwiegende  bedeulung  von  liold,  freundlKli,  lieb- 
lich, anmutig  in  erscheinung  oder  empfindung,  läszt  sich  u-ol  vor 
dem  17.  jahrh.  nicht  nachweisen,  obwol  sie  schon  früher  am  com- 
positum holdselig  (s.  d.)  ausgebildet  ist : 

sie  (die  verstorbene)  war  an  Schönheit  reich, 
an  vielen  gaben  hold.  Fleming  133; 

mein  (der  wiilrn  rose)  herz  ist  holdes  gold. 

Harsdöhfer  Nolhan  u.  Jotham  (1659)  1,  Hb  2'; 
diesz  ahndt  vielleicht  dem  holden  kinde.    Günther  1S4; 
du  holde  braut!  wirst  hier  gemeinet.    218; 
täuschen  mich  die  holden  blicke  (der  schönen).    240 ; 
(ich)  wähle  mir  die  holden  strahlen, 
womit  die  vollen  rosen  prahlen.    329; 

der  hlumen  buntes  beer, 
der  holden  färben  schmuck  und  prangen.    Brockes  2,118; 

seil  dem  vorigen  jahrh.  ungemein  häufig:  Ventis  ist  dem  bild- 
bauer  nichts  als  die  liebe ;  er  musz  ihr  also  alle  die  sitt- 
same verschämte  Schönheit,  alle  die  holden  reize  geben,  die 
uns  an  geliebten  gegenständen  entzücken.  Lessixg  6,433;  eine 
Irohe  herzliche  betrachtung  holder  und  erhabener  naturscenen. 
(iöTHE  23, 176 ;  ihr  holder  busen  bewegt  sich  auf  eine  gewalt- 
same weise.  25, 279 ;  gärten,  terrassen  .  .  überall  freien  aus- 
gang  nach  der  holden  umgegend  erlaubend.  48,42;  {ich)  hoffe 
gut  zu  schlafen  zu  holdem  erwachen,  an  Auguste  Stolberg  130. 
ironisch:  ebensowenig  wie  ein  mann  seines  weibes  los  wird, 
wenn  er  einmal  das  glück  gehabt  hat,  sich  die  holde  be- 
scherung  aufzuladen.  H.Heine  3,82; 

der  schönen  nach  der  weit, 
die  unser  lob  erhält, 
und,  voller  dankbarkcit, 
uns  holde  mäulchen  leiht.    IIagedobh  2,83; 
dir,  mutter  holder  triebe, 
0  freundschafl,  dir  zur  ehre.    3,  80 ; ' 
dem  vater  holder  kleinigkeiten  (dein  dichter  Hagedorn). 
Uz  (1768)  2,  312  ; 
sie  bückte  sich  noch  einmal  hin,  und  sah  .  . 
den  holden  scbläfer  an.    Wieland  10,  156; 
die  holde  schöne,  denkt  einmal, 
that  aber  arge  thaten.     IIoltt  2U  Halm; 
nimmer  wich  der  seraph  Unschuld,  nimmer 
von  der  holden  schläl'urin  zurück.    60; 
ihr  holder  name  wird  aus  jener  felsenkluft  .  . 
noch  oft  ertönen.  49; 

holde,  unschuldsvolle  schäm.    Gökingk  1,  121 ; 
in  einer  laubc  holden  nacht.    Gotter  1,228; 
daheim,  im  holden  Lacedämon.    Kürcer  153'; 
holder  friede, 

süsze  eintracht!    Schiller  glocke  v.  322; 
ich  weisz  nicht,  was  mir  hier  gefällt, 
in  dieser  engen,  kleinen  weit 
mit  holdem  zauberband  mich  halt?    Götbi  1,  113; 
von  holder  lebenskraft  erfüllt,    das. ; 
auf,  in  der  holden  stunde 
ttoszt  an.  130; 

ach,  wer  bringt  nur  eine  stunde 
jener  holden  zeit  zuriick  !    63; 

und  der  göttliche  schlaf  eilet  gefällig  voraus, 
dieser  holde  geselle  des  reisenden.    314 ; 

wie  aus  dem  keim  der  bekanntschaft 
nach  und  nach  in  uns  holde  gewohnheit  entsprusi.    329; 
wider  meinen  willen 
zwingt  mich  dein  holder  niund.    9,47; 
doch  daxz  das  leben,  das  dich  treibt, 
immer  bei  holden  kräften  bleibt, 
hab  ich  deinem  Innern  wesen 
nahrung  und  bul.tam  auserlesen,     li,  lüo, 
wenn  ich  nun  im  holden  baine 
unter  ineini>ii  IrrMindrn  wandle.    47,260; 
reiche  ti'  Und  des  golden; 

do<  l>  d'  u  holdes 

•liihl'  Vo.»  .',.  2'.»; 


uns' armen  ineuschenkindern 
ein  holder  ammenlaut.    210; 

würzt  unsern  trank 
mit  holder  red  und  chorgcsang.    257. 

t;i  prädicaltver  Stellung : 

war  ich  doch  so  hold  wie  jener 
freund  der  licbesköniginn.    Ucrgbr  5'; 
denkt  euch  ein  roädchcn,  das  jczl  hold, 
jezt  finster  sich  gestaltet.    Götter  1,  89. 

ndrerbial:  sie  hatte  mein  concept  der  poetischen  cpistel  vor 
sich  hin  gezogen  und  las  es  halb  laut,  gar  hold  und  an- 
inuthig.  GöTHE  24, 271 ; 

küsstc  mich  so  hold,  so  süsz.    1,22; 
aber  was  leuchtet  mir  dort  vom  felsen  glänzend  herüber, 

und  erhellet  den  duft  schäumender  ströme  so  hold?    314; 
nun  vereinzelt  schwellen  sogleich  unzählige  keime, 

hold  in  den  muiterschoos  schwellender  fruchte  gehüllt. 

328; 
der  Suada  mit  hold  einladenden  lippen.    Ramlea  1,  6. 

4)  Substantive  Verwendung  des  adjeclivs  in  der  zuletzt  ange- 
gebenen bedeulung: 

komm  herab,  du  schöne  holde, 
und  verlasz  dein  stolzes  schlosz ! 

.Schiller  parai.it  4,  4  ; 
0  was  in  tausend  liebespracht 
die  holde,  die  ich  meine,  lacht!    Bürger  37' 

(die  holde  die  ich  meine  überschrieben). 
vgl.  unten  holdchen. 

HOLD,  f  bei  den  schlesischen  dichtem  des  17.  Jahrhunderts 
für  huld,  s.  d.: 

0  werthcs  edles  pfand,  o  bürgin  ihrer  hold, 
an  dir  ist  umb  und  umh  geringers  nichts  als  gold  (ein  arm- 
band  ist  gemeint).    Opitz  2,  241; 
ein  könig  bin  ich  so,  mein  haus  ein  königreich, 
da  weder  hold  noch  gram  mich  roth  macht  oder  bleich. 

Logal'  1,  97; 
dein  (eines  geistlichen)  warnen,  das  so  gut 
setzt  manchen  aus  gcfahr  in  gottes  hold  und  gut.    I,'i32,  6Ü; 

dasz  nun  der  fürst  disz  gold 
schätzt  werther  als  es  wertb,  rühm  ich  als  höchste  hold. 

LouENSTKiN  Agrippiiia  22,  38  ; 
seht  der  prinzessin  hold 
wird  ungefärbt  bei  den  gefangnen  stelin. 

Hallmann  TheudoricU  s.  24 ; 

bei  LoCAü  auch  im  reime  auf  schuld : 

gottes  gut  ist  immer  new,  immer  alt  ist  unsre  schuld, 
neue  rew  verleih  uns,  herr,  und  beweis  uns  alte  hold. 

2,  35,  27, 

«•0   auch  der  plural  holde  =  gunstbezeigungen  gebraucht  wird: 

der  morgen,  treuer  freund,  entdecket  unsre  schulden, 
dadurch  wir  deine  sind,  für  so  viel  reiche  holden, 
die  uns  dein  abend  gab. 

1, 60, 42  (an  einen  freund,  über  gestrige  bewirthung). 

HOLDANLÄCHELND,  pari.: 

einen  sessel  ergrilT  die  holdanlächelnde  Kyprit. 
Ifias  3,  424. 
HOLDAUFBLÜHEISD,  part.: 

als  mutter  der  holdaufljlühenden  kinder. 

Ptrker  Tunis.  8,  226. 

HOLDCHEN,  n.  dim.  von  hold  tn  substantiver  Verwendung 
(x.  oben): 

fand  mein  holdchen 
nicht  daheim  ; 
musz  das  goldchen 
drauszen  sein.    Götuk  1,  89. 

vgl.  frühlingsholdchen  theil  4*,  304. 

HOLDE,  m.  1)  nach  hold  1,  b  der  zu  einem  herrn  im  unter- 
thanenvcrhältnisse  stehende,  diener,  dieuslmann,  Hintersasse,  ahd. 
holdü,  mhd.  iioldc  (Lexed  üb.  l,  1325):  colonus  inajer  o.  Iiulden 
DiEF.  133';  hat  uns  der  pharrer  darfur  geben  ein  wisen,  dy 
der  srnid  sein  hold  iiin  gehabt  hat.  urk.  v.  1343  bei  Haltaus 
048;  al.s  ander  mein  holden  und  liindersUsse.  Sciim.  1,1090 
Fromm,  (von  1464);  ain  ylleirher  lanlman,  der  hiildeu  ndcr 
bindersessen  auf  dem  laut  hat.  das.  (von  1423).  auch  der  sich 
goll  gelobt  hat,  wird  holde,  gutes  holde  ^enann^; 

da);  got  geschuof  AdAmen 
unz  uf  Aurnhänien, 
der  shi  irrste  holdo 

was.     ALtRKCHT  v.  IltLiBRSTADT,  lloupix  tettichrifl 
6,2S»,17  (nach  1  Mos.  l.,7/f.); 

baushold,  an  der  Sahach,  der  bei  einem  andern  sur  miete  irohnt. 
ScHM.  (I.  a.  0. 

2)  gute  holden  heiszen  die  wolthdtigen  hausgeisler  (vgl.  dagegen 
unhold):  penatet  gutholden,  guede  holden,  de  guten  holden, 


1731 


nOLDE  — HOLDERSAFT 


HOLDERSPROSZ  —  HOLDIN 


1738 


gutenbelde,   nd.  gode  hollen  Dief.  422';   penates  wicht,   gude 
holden  nov.  gloss.  2ib' ;  niederrhein.  giithoulde  hausgeist  (15.  jh.). 
HOLDE,  /■.  6«  GöTHE  als  Übersetzung  von  grazie  : 
die  grazien  sind  leider  ausgeblieben, 
und  wem  die  gaben  dieser  holden  fehlen, 
der  kann  zwar"  viel  besitzen,  vieles  geben, 
doch  läszt  sich  nie  an  seinem  busen  nihn.    9,  140. 

vgl.  holdin. 

HOLDE,  f.  mkttcohnung,  am  Inn  und  an  der  Salzach.  Schm. 
1, 1090  Fromm,     vgl.  das  masc.  holde  1  am  ende. 

HOLDE,  f.  für  halde  im  bergmännischen  sinne,  vgl.  sp.  221 . 
no.  2: 

(etliche  bergkna/ypen)  Stelen  stüef,  en  und  handstein  .  .  . 

verkaufents,  nemeut  was  es  gilt, 

sprechent,  ich  hab  es  in  der  holden 

aulgelesen,  kratzt  und  zamen  tolben  (zufsammen  geklauhl). 

Thlr:<kiszer  archidoxa  (1575)  52. 

HOLDEN,  rerb.  zu  etilen  geben  (rgl.  oben  das  adj.  hold  1,  b 
sp.  1734):  bei  meinem  eid,  den  ich  gott  imd  unserm  gnedig- 
sten  heim  geholdet  und  geschworen  habe.  Reüter  v.  Speib 
kriegsordn.  54. 

HOLDER,  m.  sambucus,  die  gekürzte  form  von  bolunder 
(s.  d.) :  sambucus  holder,  hulder  Dief.  509' ;  sambucus  bai^t  ain 
holjer  oder  ain  holder  in  anderr  däutsch.  Megesberg  34«,  5; 
wir  Teutschen  heiszens  einen  holder  oder  hohler,  auch  wol 
bolunder,  weil  er  inwendig  mit  einem  schwammechten  mark 
auszgefüllet,  gar  leicht  bohl  gemacht  werden  kann.  anm. 
veiszh.  lustg.  7ls;  der  bolder  ist  fein  und  grün  wann  er 
blüet,  und  schmeckt  (riecht)  wol,  wann  er  aber  zeitig  würt, 
so  stinkt  er  und  bringt  schwarze  frucbt,  und  schwerzl  man 
mit.  Keiseksberg  brösaml.  90' ; 

den  edlen  roszmarin,  ginst,  holder,  nägelein.    Rist  Parn.  65. 
bei  Brockes  fem. : 

es  hat  ein  ander  grün  ein  maulbeer-  und  ein  pdaum-, 

ein  birn-,  ein  nusz-,  ein  aplel-baum, 

der  Stachelbeerenbusch,  die  ho4der.    2,  121. 

vergl.  auch  holler. 

HOLDERBALM,  m.  sambucus :  es  möchten  alle  länder  der 
weit  ihre  arzneibäume  rühmen,  wie  sie  wollen ;  so  reichte 
doch  keiner  hierinnen  seinem  (Deutschlands)  an  allen  zäunen 
und  graben  wachsenden  holder-baume  das  wasser.  Lohenstein 
2,334". 

HOLDERBEERE,  f  beere  des  holunderbaumes :  wunderbsB-e 
Wirkung  der  holderbeer.    anm.  veiszh.  lustg.  721. 

HOLDERBLUST,  m.  holunderblüthe.  Müralt  beschr.  der  pest 
(Zürich  1721)  s.  54. 

HOLDERBLCTHE,  f  dasselbe,  eselkönig  347;  weisz,  kraus, 
wie  holderblüth.  Fr.  MCller  1, 118. 

HOLDERBROSZLEIN,  n.  zarter  blülhensprosz  des  holunders 
(vergl.  brosz  theil  2,399):  so  nemineu  ein  halb  loht  gedörrt 
holderprüszlin.  Paracelscs  opp.  l,  t}S4  C. 

HOLDERBLSCH,  m.  hdunderbusch : 

ringet  ringet  reihe, 

.•iind  der  kinder  dreic, 

sitzen  auf  dem  holderbusch, 

schreien  alle  husch  husch  husch,    kinderlied. 

HOLDERDKLSCHEL,  m.  kosende  benennung  einer  geliebten 
person.  rgl.  Schm.  1,  6S1  Fromm,  und  drüsserlein  theil  2,1463: 

mein  liebe  Grett,  heb  an  und  sing 
das  new  liedla,  ich  künds  auch  gern, 
vom  holder  drüscbel  und  morgen  stem. 

H.  Sach.s  3  (1588)  3,  5*. 

HOLD-ERGÖTZLICH,  adj.:  Edens  holdergetzliche  Huren. 
Ff.  .Mlller  1,92. 

HOLDERKAüZ,  m.:  in  einem  flecken,  Tornauw  genannt, 
ein  meil  vom  läger,  kompt  ein  hakenschütz  mit  seiner  gesel- 
schaft  desz  morgens  ein  holderkauzen  zu  stoszen,  bekuckt  und 
besieht  nach  allem  vortheil  die  haltslett.  Kirchhof  wendunm. 
102'  (1, 125  Oesterley).  der  sinn  der  redensart  ist  klar  der:  beute, 
raub  zu  erlangen ;  der  eigentlichen  bedeutung  nach  kann  sie  nicht 
erklärt  werden. 

HOLDERLAUS,  f  aphis  sambuci,  eine  blattlausart. 

HOLDEKMUS,  n.  mus  von  holunderbeeren.  kuchenmeisterei  bj. 

HOLltERM,  adj.  von  holder:  holderin  jamfruceMs  .Maaler  230  . 

HüLDEKN,  rerb.  s.  hohlem. 

HOLDERROSE,  /.  riburnum  opulus,  schneeballen,  wasser- 
holunder,  hirschholder.  Nemnich  4, 1562. 

HOLDEHSAFT,  m.  saß  von  holunderbeeren:  h9tten  die  opfern- 
den menschen  nicht  nur  ihre  antlilze,  sondern  gar  die  hilder 
ihrer  götter  mit  holdersafte  gefärbt.  Lo he.s st e« x /irm.  2,335'. 


HOLDERSPROSZ,  m.  sprosz  eines  holunderbaums.  holder- 
sprossen nennt  man  auch  die  sommerjlecke.  Ritdicer  neuester 
Zuwachs  2,  S2. 

HOLDERST.\B,  m.  stab  vom  hoiunderbaume :  ein  holderstab 
mit  gold  auszgefüllet.  anm.  weiszh.  lustg.  718. 

HOLDERSTAUDE,  /".  holunderstrauch.  ebenda  719;  dasz  ein 
offner  wäg  sol  gähn  gegen  der  bolderstuden  für  Ana  Wider- 
mens  husz.  weistli.  1, 136  (Zürich  von  1484). 

HOLDERSTOCK,  m.  l)  hiAunderstamm,  mhd.  holderstoc  Lexer 
trfc.  1,1326:  band  das  pferd  an  einen  starken  holderstock. 
Simpl.  1,294  Kurz;  als  redensart:  so  (mit  solchen  reden)  könnte 
man  einen  holderstock  wirbelsinnig  machen,  geschweige  eine 
junge  frau.  J.  Gotthelf  schuldenb.  s.  10. 

2)  schmeichelnamen  für  den  geliebten  oder  die  geliebte,  die 
anwendung  des  ausdrucks  in  diesem  sinne  beruht  auf  dem  Wort- 
spiele, dasz  man  den  ersten  theil  des  composilums  auf  hold  düectus 
bezieht,  und  den  bäum  als  Sinnbild  der  liebe  nimmt;  ein  teppich 
in  der  mittelalterliehen  Sammlung  zu  Basel  aus  dem  15.  jahrh. 
zeigt  eine  Jungfrau,  die  einem  jüngltng  gegenüberstehend  auf  einen 
blühenden  holunderbaum  einen  zweig  mit  3  paaren  verschlungener 
bände  impft,  mit  umschriß :  ich  inpfe  hie  in  holder  trüwe. 
Wackernacei.  kl.  sehr.  1, 229.  holderslock  ßr  liebster,  liebste 
darf  irol  wenigstens  gegen  ende  des  15.  jahrh.  als  volksmdszig  an- 
gesehen werden:  was  er  redt  und  thut,  das  rieht  er  allein  auf 
gute  schwenk  und  schimpfrede,  damit  er  seinem  holderstock 
mit  solchen  scherzreden  gefalle.  Keisersberg  narrensch.  43' ; 
was  sie  anfangen  und  denken,  so  denken  sie  an  iren  holder- 
stock und  herzliebes  Grelle.  9S';  doch  bildet  ich  mir  ein,  er 
möchte  irgends  .  .  zu  einem  holderstock  gehen  wollen  (weil 
er  sich  so  geputzt  hatte).  Simpl.  4, 37  Kurz; 

das  hausz  das  sei  doch  allernechst, 
da  er  mit  seinem  holderstock 
oft  spalten  manchen  dicken  block, 
lieb  und  leid  williglich  getbeilt, 
manch  liefe  hauszwundea  geheilt. 

JoH.  Val.  .\ndreae  das  gut  Irbrn  t.  616. 

es  ist  noch  jetzt  schwäbisch:  so?  man  hat  auch  schon  seinen 
holderstock?  das  hält  ich  ihr  nicht  zugetraut!  wer  ist  denn 
der  liebste?  E.  Murike  rier  erzählungen  (1856)  *.  51 ; 

ey  grüesz  di  mein  heartzagar  holdarstock. 

alles  Schwab,  lied  bei  Fromm.  2,87. 

früher  auch  in  weiterem  sinne:  dann  wj  sie  (die  weit)  liebt, 
ist  gottes  grewel  und  leindschaft,  wen  sy  aber  als  untüchtig 
auszwirft,  der  ist  gottes  holderstock.  S.  Fbank  ckron.  1531  98' ; 
das  seind  die  lieben  kind,  der  weit  holderstock,  sprickw.  2,20*. 

HOLDERSTÖCKLEIN,  n.  holunderzweig :  ire  (der  Jungfrauen) 
sfräuszlin  je  lenger  je  lieber,  holderstöcklin,  kränz.  Garg.  122'. 

HOLDER"STR.\UCH,  m. :  wann  nun  der  holderstrauch  sein 
blüet  auszspreitet.  anm.  wdszh.  lustg.  718 ; 

lieblich  unterm  blätterkranze 

fleht,  versteckt  im  holderstrauch, 

mit  der  thräne  perlenglaoze 

der  viole  blaues  aug.    J.  F.  Kind  gedickte. 

HOLDERZWERGLEIN,  n.  stehaufchen  in  form  einer  kleinen 
figur  von  holundermark:  liesz  ihn  also  hinab  fallen,  und  ful 
er  hernach,  beide  auf  die  füsz  wie  die  katzen  und  wie  die 
bleiene  holderzwerglin.  Gary.  253*. 

HOLDGESCH.MÜCKT,  part.:  o  holdgeschmückter  knabe. 
Fr.  .Miller  2,  346. 

HOLDGÖTTLN,  f  grazie  (vgl.  huldgötlin): 

zeit  (seil)  dasz  ich  von  euch  bin,  ihr  liebsten  Amstelinnen, 
ihr  Jungfern  bei  der  .Mas,  ihr  andern  holdgöttinnen. 

Zesem  aäriat.  liosemund  (1664)  $.  9. 

HOLDIG,  adj.  ßr  einfaches  hold  no.  3  sp.  1735 : 

mit  dem  süszen,  holdgen  mund.    Tikck  Sternb.  1,325. 

HOLDIGKEIT,  f: 

denkst,  empündest  ihre  holdigkcit.    ebenda  1,  324. 

HOLDIN,  f.  eine  tibersetzung  Zesens  von  grazie: 

es  tanzen  um  si  (die  lustinne ,  Venus)  rüm  di  fräundüchen 

holdinnen, 
di  ihre  zobfen  sein,  di  hold-süu-räuberiunen. 

adrüil,  liosemund  t.  303, 

mä  der  anmerkung  auf  ».326:  di  holdinnen]  also  nännen  wihr 
di  drei  grazien,  ciiarites  oder  Charitinnen,  das  wort  trird,  wie- 
wol  selten,  auch  nach  ihm  gebraucht,  in  dem  freieren  sinne  von 
grazie,  auf  eine  höchst  anmutige,  geliebte  person  bezogen : 

holdinne  (Christine  von  Schweden  ist  gemeint)  lasz  mich  mahlen 
nur  deinen  schatten  ab,  mein  pinsel  ist  zu  klein. 

KiST  l'arn.  227; 
0  lerne  meine  holdioa  sein !    Hacedosn  3,  94 ; 


1739    nOLDLÄCHELND  — HOLDSELIG 


HOLDSELIG  —  HOLDSELIGKEIT    1740 


gern  bei  Borger  : 

bei  der  süszen  holdinn  wohnet 
«iennoch  immerdar  sein  sinn.    45* ; 

o  lioldinn,  kannst  es  glauben, 
ivas  dir  mund  und  herz  verspricht!    ebenda; 
schön,  wie  du,  o  hoidinn,  blüht  der  garten, 
den  des  dichters  phantasie  dir  schalTt.    79'; 
werfe  sich  der  ganzen  weit  gebieter 
huldigend  zu  meinen  ri'iszrn  hin : 
stolz  verschmäh  ich  ihn  und  alle  guter, 
wenn  ich  nur  des  liebsten  holdinn  bin.    9"*. 

HOLDLÄCHELND,  part.: 

dieser  offene  himmel 

im  holdiachelnden  augesicht.    Voss  3,  79. 

HOLDNER,  m.  mietbetcohner.  bnirisch.  Schm.  1, 1090  Fromm, 
vgl.  das  fem.  holde  mietuvhnung  oben  sp.  1737. 

HOLDSAM,  adj.  amabilis,  jucnndus,  charus:  ein  holdsanier 
mensch,  hovio  dulcis,  graliosus,  acceptabilis,  feile  carens  Stie- 
ler S52. 

HOLDSAMLICH,  adt'.  amice,  amabilüer,  amanter:  einen  hold- 
samlich  begegnen,  dare  signa  amoris,  benecolentia  aliquem  pro- 
sequi.  ebenda. 

HOLDSCHAFT,  f  (nach  hold  2  sp.  1734),  Zuneigung,  freund- 
liclikeit,  freundscbaft,  liebe,  mlid.  holtscliaft  Lexer  wb.  1,1328: 
amatio  holdschaft  Dief.  2!»';  von  holdschaft  beleidiget  oder 
bekilnimert  werden,  uri  amore  D.\syp.  ;  lioldschaft  oder  fcind- 
schaft  zu  machen.  Paracei.sus  opp.  l,  llcC;  dasz  s.  mayt. 
keiner  (frau)  .  .  holdtschaft  trcgt.  Amadis  21 ;  dasz  nimmer- 
uielir  sie  einigem  holdscliaft  trüge.  (U ;  ward  Baiais  auch  mit 
liebe  und  holdtschaft  gegen  ihr  entzündet.  295;  all  Sipp- 
schaften, verwandschaften,  vetlerschaften, . .  gevatterschaften, 
holdschaften.  Garg.  65*;  Pomana  ein  gütlin  der  fruchten,  deren 
ein  ritler  mit  naimnen  Verlumuus  holtschaft  trug.  Wickram 
pHq.  V  3,  bl.  76 ;  wenn  er  dich  widenmib,  wie  vor  umb  deine 
holdtschaft  bitten  wirt,  so  sags  im  on  weiter  abschlagen  zu. 
Kirchhof  wendunm.  299*;  auch  lieb-  und  holdschaft  oft  da- 
durch zuwegen  gebracht  werde,  anm.  teeiszh.  lustg.  275 ;  ein 
sonderlich  merkzeichen  der  liebe  und  holdschaft.  63C; 

umbTangs  und  halt  sie  denn  ein  weil, 
das  sie  dir  nicht  entlliehen  kan, 
und  zeig  ir  deine  holdtschaft  an. 

grobian.  (1568)  C3'  (6.  1,  cap.  5); 
alsbald  ir  holtschaft  von  ir  heisch.    C3^; 
der  nie  kein  lieb  auf  sie  thet  wenden, 
trug  ihr  auch  kein  holtschaft  und  gunst. 

i.  Atrer  175'  (871,  8  Keller). 

holdschaft  konnte  durch  zaubermiUcl  erregt  werden:  holdschaft 
trank  oder  speisze  philtrum,  latine  amalorium  Dasyp.  ;  darauf 
musz  uul  das  folgende  bezogen  werden: 

ettlich  tuond  och  zobri  machen 

mit  wunderlichen  saclicn  .  .  . 

si  wend  aim  holdschaft  ze  es.scn  geben 

und  brechend  im  ab  sin  jung  leben. 

leufeU  netz  10452. 

um  Tuttlingen  bedeutet  holdschaft  die  sinnliche  neigung,  liebes- 
rerh'iltnis  sinnlicher  ort.  Kuhns  zeitschr.  15, 264. 

Holdselig,  adj.,  verstilrktes  hold,  eine  erst  späte,  mhd.  noch 
uuiit  nachweisbare  bildung,  im  Id.jahrh.  auch  in  der  assimilierten 
furm  hdlselig  erscheinend  (belege  s.  unten);  es  ist  theils  auf  die 
freundlifhkeü  der  gesinnung  bezogen  {s.  hold  2  sp.  1734),  theils, 
und  zwar  früher  als  das  einfache  hold,  auf  die  anmut  der  er- 
tcheinung. 

1)  freundlich  gesinnt,  geneigt,  gewogen :  synen  mitburgcrn  ist 
er  lieh,  den  fremden  holilzelig,  niemand  hessig,  schwer  noch 
leidxam.  N.  v.  Wti.e  vorrede  ',' ;  so  du  grosze  ding  tust  und 
wenig  redest,  damit  machcstu  dich  bollsciig  allen  menschen. 
Keisersberc  Sünden  d.  munds  75";  ins(mderhait  gegen  denen 
••dien  frawen  imd  jungkfrawen  ist  er  ganz  holsellig  gewesen. 
Zimm.  chron.  2,  181,  7 ;  ist  »chenk  Albrecht  ein  gar  frftlicher, 
hoUeiliger  hcrr  gewest.  3,140,2;  ihe  mehr  er  sie  besähe,  ihe 
basz  sie  ime  gefiele,  und  schöner  sein  bedauchte,  auch  das 
»je  ie  hollselliger  siih  gegen  ime  erzaigte.  4,  »09, 13;  Saul 
und  Jonathan,  lieplich  und  holdsälig  in  irem  liilien,  sind  auch 
am  tod  nil  gesr beiden.  Zitriclier  bibel  l.'.3ü  i  Sam.  1,23  [ebenso 
Luther);  ein  boldseliger  niensrh  gibt  gute  wort  und  willige 
gab.  Lehhakm  .'>;  ein  könig  balle  einen  cüinnierliiig,  welcher 
far  ein  frommer  lioldfeliger  bescbeidrner  mennch  war.  pers. 
nuenlh.  1,27;  seine  rahischlitge  sol  er  ihm  {dem  fürsten)  mit 
einer  butdM-ligen,  und  doch  demüttigeu  freimütligkeit  erteilen. 
Vurscukt  tttlm.  «OO; 


diewji  ich  sy  holdsälig  anredt,    fastn.  sp.  878,  29; 

sy  ist  lioldsellig  wie  ein  faust  auf  einem  aug. 

meisterg.  MS.  germ.  Uerol.  f.  23,  iio.  11. 
2)  holdselig,  freundlich  in  der  erscheinung,  wird  bei  Luther 
zunächst  in  passivem  sinne  genommen,  dem  man  hohl  und  freund- 
lich ist:  wir  künnens  nicht  besser  nennen,  denn  holdselig, 
dem  jederman  hold  und  günstig  ist.  Luther  4, 179',  von  wo 
der  Übergang  in  die  angegebene  bedentung  nahe  liegt:  du  lielte 
Maria,  oder,  du  holdselige  magd,  niedliche  jimgfrau,  du  zartes 
weih  und  dergleichen  (soll  Luc.  1,28  übersetzt  werden).  5,143"; 
wunderten  sich  der  holdseligen  wort  (ini  roTs  ?.öyoie  rr,; 
'/(igiTos),  die  aus  seinem  munde  giengen.  Luc.  4,  22 ;  du  bist 
der  schönest  unter  den  menschen  kindcrn,  holdselig  sind 
deine  lippen.  ps.  45,3;  sie  ist  lieblich  wie  eine  binde,  und 
holdselig  wie  ein  rehe.  spr.  Sal.  5,19;  boldseliger  mensch, 
lepidus  homo  Dasyp.;  wie  man  sagt,  hat  der  graf  nacbmaln 
bekennt,  das  ime  kain  schöner  oder  holseliger  weibsbildt  sein 
tag  nit  zu  sehen  worden.  Zimmer,  chron.  1,31,36;  sihe  wol 
reich  ist  die  holdselig  leutsch  spraach  wider  die  geltsüchtigen 
geizwürm.  Frs^k  .tpricliw.  2, 112*;  hui.  flascbentrager,  wie  hast 
so  ein  holdseligen  rucken  ?  (er  trägt  die  ßaschen  auf  dem 
rücken).  Garg.  87'  (der  trunkenen  lilanei) ;  deruw  egen,  holdselige 
Solnnde,  verzeihet  mir.  polit.  stoekf  47;  auf  der  holdseligen 
insfl  im  herzen  des  paradieses.  Kit.  Müller  1,10;  so  hold- 
selig (würden)  ihre  vvangen  lächeln.  Wieland  2,  36 ;  wer  hätte 
gedacht,  rief  er,  dasz  so  holdselige  mädchen  so  misztrauisch 
sein  könnten!  10,42;  sie  hatte  eine  andere  kleine  fee  oder 
nymfe . .  bei  sich,  das  allerdrolligste  holdseligste  kleine  ding, 
das  einer  mit  äugen  sehen  mag.  11,312;  und  hoffte,  sein 
holdseliges  milchmädchen  hier  vielleicht  wieder  zu  linden. 
12,183;  die  graziöse  wendung,  mit  der  die  holdselige  zur 
thür  hinausschwebt.  Tieck  3,18;  eine  boldselig  erquickende 
gestalt  (warGöthe)  ähnlich  den  ewigen  göttern.  H.Heine  6,99; 

in  dem  holdtseligcn  gesprech.    11.  S.4Chs  5,75'; 
0  Basel,  du  holtselig  statt, 
die  den  Rein  in  der  mitte  hatt. 

FiscuART  glückh.  schiff  491 ; 
du  tlieurer  Messias, 
könnt  ich  dich  auch,  holdselig  in  jener  menschlichen  Schönheit, 
wie  der  serapli  hier,  sehn!        Klopsiock  3,  34  (.Wess.  1,4%); 
(.Maria)  hoch,  wie  ihr  lied,  holdselig,  wie  Jesus,  und  geliebet 
von  dem  söhne.  s.  196  (4,  650) ; 

geht  einen  söhn  dem  Daphnis, 
des  vaters  holdseliges  bild.    Ramler  2, 11; 
dazu  sprach  ihr  holdseliger  mund : 
nimm  hin  li'ir  die  nuihe!  der  apfel  ist  dein. 
UuRGSR  33*; 
mich  verbannt  aus  einer  besessenen  Jungfrau 
von  holdseliger  bildung  ein  abessinischer  bischof. 

Voss  2,  258  (idyll.  15,  68). 

ironisch:  so  bald  sie  die  geringste  Unrichtigkeit  findet  (bei 
Zählung  des  Silberzeuges):  so  hält  sie  inne  mit  singen,  und 
zählt  . .  ist  die  sache  richtig,  so  geht  ihr  holdseliges  singen 
wieder  fort.  Gellert  3, 157. 

HOLDSELIGKEIT,  f.  1)  hoUseliges  wesen:  holdsäligkeit, 
amabililas,  affabililas,  comitas,  decor,  festivitas,  lepor,  urbanita.t. 
Maai.er  23ü' ;  holdsäligkeit,  lieblichkcit  und  giiadreiche  ze 
reden,  vcniistas.  ebenda;  das  sy  weder  gesalz,  gericht,  noch 
einig  holdtseligkeit  gebrauchen.  Franii  weltb.'.n';  von  schlafen, 
spatzieren,  jniigfrawendinst,  reverenz,  und  anderer  holtselig- 
keit.  grob.  (I.MiS)  BS"  (Überschrift  zu  b.  1,  cap.  5);  wi  nun  aus 
seinem  munde  alle  holdseligkeit  angehört  wird,  also  kan  auch 
nichts  anders  als  milde  freundligkcit  aus  seiner  feder  flüszen. 
Rutschky  kauzl.  325;  sie  (Virgilia)  ist  ein  ver.^bttmt  sanflcs 
weih,  und  in  ihrer  zarten  holdseligkeit  bildet  sie  den  reinsicn 
gegensalz  zu  ihrer  scliwiegcr,  der  römischen  wöllln  Voliiiiiiiia. 
H.  Hkine  3,200; 

du  bist  der  nicnschpiikindcr  schftnster, 

von  deinen  lippen  lleuszt  holdseligkeit.     Rahi.br  2.43; 

sie  dankt  ihm  mit  holdseligkeit.    Hückkrt  209. 

im  plur.  duszerungen  des  freundlichen,  holdseligen  wesens :  iiiiil 
nun  folgte  eine  herzensorleichtenmg,  die  mit  allen  biddselig- 
keilen  ehelii'her  Vertraulichkeit  gewürzt  war.  Enc.fi.  Lorenz 
Stark  rnp.  15. 

2 )  hiililsrlige  fterson  : 

goll  gscjjn  dlrh,  mfln  holtsellgkrit. 
mein  bliitii  iin<l  mein  hUourvr  goriich ! 

J.  Atrkr  33V  (10»S,  12  Kelln); 

den  groliis,  das  ist  den  boldseligkeilen  und  anmutgoilin. 
EllCHART  ehi.  35. 


1741 


HOLDSELIGLICH  —  HOLEN 


HOLEN 


1742 


HOLDSELIGLICH,  adv. :  holdsäligklich,  affabilüer,  amabüüer, 
blande,  fucete  .  .  .  Maaler  230';  sie  lebten  mit  yederman  .  . 
holtseligklich.  Aimon  bog.  D ;  er  kust  und  uinbfing  sie  holdt- 
säligklich.  bog.  Jij. 

HOLEN,  verh.  offene,  adducere,  advocare. 

ahd.  alts.  lialiin,  liolun,  altfnes.  halia,  mlid.  haln,  holn, 
niederl.  haalen ;  engl,  hule,  ddn.  hale,  schwed.  isl.  hala  ist  nur 
in  der  unten  folgenden  bedeulung  10  gebräuchlich,  die  urrer- 
tcandtschaß  des  wertes  mit  yriech.  vcaXsiv,  lat.  calare  ist  laugst 
erkannt,  Uir  gemäsz  bezeichnet  es  in  der  altern  spräche  noch  ößcrs 
rufen,  herzurufen:  shd.  var  inti  halü  thinan  gomman  {vade, 
voca  lirum  tuum).   Talian  S",  5; 

alts.  et  imu  thao  thes  wirüig  ne  si, 

tliat  he  thi  gehörie,     halö  thi  thär  ötfrau  tö 
KÖdorö  cumonö,     eodi  Iah  imu  is  grimmun  werk. 
"  *  lleliand  32-29 ; 

eine  bedeutung,  die  bis  auf  heute  durchklingt,  Kenn  das  icort  mit 
belebten^  objecte  sieht,  siehe  hernach  1. 

holen  heiszt  allgemein  zu  sich  kommen  machen,  an  sich  nehmen 
oder  ziehen,  im  gegensatze  von  bringen,  das  zvar  manchmal  an 
holen  rührt,  dessen  grundbedeutung  aber  nur  bewegen  und  über- 
liefern von  einem  orte  zum  andein  schlechthin  bezeichnet,  wäh- 
rend bei  holen  der  eujene  irille  des  subjects  und  eine  vorgängige 
beicegung  an  den  ort  wo  das  object  sich  befindet,  verstanden  wird. 

holen  steht 

1)  mU  persönlichem  object,  jemanden  kommen  machen,  zu  sich 
liehen  oder  führen: 

mhd.  er  hiej  sine  bruodere  varn,     haln  ir  vater  joch  Ire  barn. 

genesU  in  den  fundgruben  2,  70,  33 ; 
er  begunde  mofeo     raste  über  die  fluot. 
nu  hol  mich  hie,  verge,     sprach  der  dcgen  guol. 
AJ6.  1490,2; 

nhd.  sendet  einen  unter  euch  hin,  der  ewrn  bruder  hole. 
1  Mos.  42, 16 ;  da  holeten  sie  Sinison  aus  dem  gefengnis.  rieht. 
10,25;  wer  wil  hin  ab  in  die  tiefe  faren?  das  ist  nicht  an- 
ders, denn  Christum  von  den  todlen  holen.  Rom.  10,  7 ;  ecce ! 
conveni,  kommst  du  nicht,  so  hol  ich  dich.  Pistobius  thes. 
far.  5,43;  in  der  Verbindung  holen  lassen:  da  sandte  er  hin 
und  lies  in  {David)  holen.  1  Sam.  16, 12 ;  David  sandte  boten 
hin  und  lies  sie  (Bathseba)  holen.  2  Sam.  11,4;  sand  er  hin 
und  lies  holen  seine  freunde.  Esth.  5, 10.  —  Man  sagt  sich 
eine  frau  holen,  heimführen,  wie  schon  ahd. :  thie  thär  thie 
furläjanün  halöt  (gut  dimissam  duxerit).  Tatian  29,2;  die  braut 
heim  holen. 

2)  im  fluche :  der  teufel,  der  henker,  die  pest  hole  dich  I : 
der  teufel  soll  dich  lecken,  der  hol  dich,  der  nem  dich,  der 
zerrcisz  dir  das  üdle,  der  hol  dich  in  der  senfte,  so  zer- 
stoszst  kein  knie.  Garg.  94';  skal  my  de  tüfel  balen,  ik 
schiele  diki  Simpl.  1,24  Kurz; 

wer  mich  lobt  in  praesentia, 
und  schilt  mich  in  absenlia, 
den  hole  die  pestilentia.    Pistobics  thes.  par.  7,  22. 

auch  auszerhalb  des  flucbes:  wer  sich  in  herrn-diensten  zu  lod 
arbeilet,  den  liohiel  der  teufel.  2, 31.  in  mildernden  Umschrei- 
bungen: ja,  jal  sagte  Springinsfcidj  hole  mich  dieser  und 
jener,  wann  du  ein  fShdein  bekomst.  Simpl.  1, 302  Kurz ;  hohl 
mich  dieser  und  jener!  ich  nehme  keinen  advokaten  an. 
Lessisc  1,2SC;  ich  gesteh  ihnen  kein  wort  ein,  wenn  es 
weiter  käme ;  nein,  hohl  mkh  gott  I  nicht  auf  der  folter  I 
WiELArtD  11,221. 

3)  reflcxices  sich  holen ,  wie  jetzt  sich  erholen ,  ist  mhd. 
(Leier  wb.  1, 1227),  aber  auch  noch  nhd. :  das  verpflanzte  kraut 
slirlwt  manohmal  nfi  den  äuszerlicben  blallern,  dasz  nur  das 
herz-kölbleiu  grün  bleibet,  doch  holt  sii  hs  endlich,  und 
wachset  mit  lusl  daher.  Scriveb  seelcnsch.  1,406. 

4)  holen,  mit  sächlichem  object,  in  manigfachen  fiigungen,  in 
der  bedeutung  gehen  und  etwas  herbeibringen :  er  aber  lief  zu 
den  rindern,  und  holet  ein  zart  gut  kalb.  1  Mos.  18,7;  da 
sie  heimlich  wasser  holeten.  Judith  7,  7 ;  wer  auf  dem  dach 
isl,  der  steige  nicht  ernider  etwas  aus  seinem  hause  zu  holen, 
und  wer  auf  dem  felde  ist,  der  kere  nicht  umb,  seine  kleider 
zu  holen.  .Vo/Z/i.  24, 17.  IS ;  da  sie  das  kestlin  im  schilf  sähe, 
sand  sie  irc  nurgd  hin,  und  lies  es  holen.  2  Mos.  2,5;  lies 
von  dannen  holen  die  lade  des  bunds  des  herrn  Zebaotli. 
iSam.  4.  4;  solchs  (erklärende  worte)  hab  ich  mirssen  so  weit 
holen,  den  teil  Luce  gewis  zu  machen.  Lutber.  3,  49-1' ;  {da) 
wir  uns  in  unser  keiserlich  gcmül  gesetzt  und  fürgenounnen 
haben  .  .  unser  keiserlich  krön,  wie  sich  gebürt,  zu  holen 
und  zu  erlangen,  reichslagsabsch.  1521 ;  {ein  postbote)  der  innner 


bei  der  generalität  ordre  holen  könne.  Schlppils  107;  um  mir 
raths  zu  holen  beschlosz  ich  eine  reise  nach  Wien  zu  machen. 
Unterhaltungen  atn  häusl.  herd  (lSö4)  2,644; 

hol  wein,      schenk  ein, 

wir  wollen  frölich  sein.    Garg.  86" ; 

und  murmelte :  mein  Kätchen, 

hol  eine  kanne  hier.    Uöltt  9  Halm. 

auch  kommen  und  davon  führen:  {dächer)  welche,  dasz  der 
wind  sie  nicht  buhle,  mit  steinen  belastet  sind.  Stolberg 
6, 306 ;  fluchend  (s.  oben  2) :  der  henker  hol  es  überhaupt, 
dasz  sie  {die  ellern)  .  .  gerade  dann  verdoppelte  foderungen 
machen,  wenn  die  kinder  unmäszige  befriedigt  haben.  J.  Pacl 
n.  1,107; 

und  wenn  mein  stündlein  kommen  nun, 

der  henker  soll  es  holen !    Schiller  rdubcr  4,  5. 

5)  athem,  luft  holen :  ich  mus  reden,  das  ich  ödem  hole. 
Hiob  32,20;  und  ist  uns  bange  das  wir  kaum  ödem  holen. 
Jes.  26, 18 ;  dasz  alle  in  der  gröszten  demuth  vor  so  einem 
erleuchteten  kenner  und  erlauchten  beschützer  standen,  und 
kaum  athem  zu  holen  sich  getrauten.  Götue  18, 239 ;  das  sie 
allerlei  götzen  der  beiden  für  götter  hallen,  welcher  äugen 
nicht  sehen,  noch  ire  nasen  luft  holen,  weish.  15,15; 

kein  athem  schier  mehr  holen  kundt. 

mückenkr.  1,  130; 
früher  auch  Seufzer  holen: 

dö  holte  der  arme  Heinrich 

tiefen  süfl  von  herzen 

mit  bitterlichen  smerzen.    a.  Heinrich  376; 

als  dise  anliquitet  ward  auszgelesen,  holet  Gurgelstrotza  et 
liehe  tiefe  seufzen  darüber  . . .  darauf  sagt  bruder  Onkapaunt: 
ihr  holls  mächtig  tief.  Garg.  2S6* ;  als  der  käiser  hiervon 
redete  holte  er  einen  tiefen  seufzer.   Scbcppics  SS. 

6)  eine  krankheil,  den  tod,  wunden  u.  s.w.  holen  :  schlechter 
kriegspöfel,  der  nur  den  häufen  mehret,  und  schlege  holet. 
Luther  4, 294' ;  zu  holen  ist  hier  nichts  als  beulen.  Göthe 
S,  123;  die  wunden  zu  heilen,  die  sich  ihr  muth  holen  könnte. 
ebenda;  die  unglückliche  en>deckung  von  Lessings  geheimer 
spinozistischer  Sinnesart  durch  Friedrich  Jacobi,  worüber 
Mendelssohn  in  buchstäblichem  sinne  sich  den  tod  holte. 
60, 292 ;  {wie  er  sich)  vielleicht  den  tod  hole  vom  trunke  auf 
den  Zorn.  J.  Paul  Tit.  1, 100 ;  seine  rothen  äugen,  die  er  ge- 
wisz  . .  von  keinen  gröszern  stacheln  holte,  als  von  insekten- 
stacheln.  biogr.  belust.  1,182; 

dasz  wir,  bis  man  sich  niüd  un  uns  gesebn, 

in  einem  «eichen  aulzug  stehn 

und  uns  den  schnupteu  hohlen  sollen? 

WiELASD  10,  ISl  (170) ; 

das  war  also  eine  lehre,  sagte  Ilse,  die  ich  mir  geholt,  in 
Zukunft  wollen  wir  vorsichtiger  sein.  Freitag  luindschr.  1,313. 

7)  Worte,  aussprüche  «.  s.  w.  holen,  herbeibringen :  ist  alles 
zuvor  geredl,  er  holet  es  aber  noch  einmal  wider,  auf  das 
er  etwas  hinzu  setze,  und  weiter  beschreibe.  Luther  4, 4l'; 
darauf  gehet  nu,  das  hie  Sacharja  die  vorige  predigt  wider- 
umb  holet,  wie  Serubabel  sol  di\g  gebew  volfüren,  und  thut 
hinzu  das  stück,  wer  ist  der  diese  geringe  tage  verachtet? 
263'  {vgl.  widerholcn) ;  wie  aber  ein  wort  so  das  andre  holte : 
so  kamen  wir  endlich  auf  die  jetzt  allgemein  herrschende 
Verfeinerung  der  begriffe.   Mose«  patr.  phant.  3,244. 

8)  das  object  ist  unterdrückt:  sprach,  hole  mir  ein  wenig 
wasser ...  da  sie  aber  bin  gieng  zu  holen,  rief  er  ir.  1  kvn. 
17,11;  schenk  ein,  wirtskuecht.  gib,  reich,  hol,  lang.  Gari/.  S3*; 
der  krieg  bringt  nichts,  er  holt.  Hebel  schatzkästl.  53; 

steht  if^endwo  verpicht  im  keller 
ein  elirenwein,  ein  herzensschwelUr, 
hiniib,  und  hol!    Voss  4,240; 
zum  holen  sind  zwar  oft  die  guten  freunde  da, 
docli  einen  der  was  bringt,  den  hab  ich  noch  zu  sehen. 

GoTHE  7,  49. 

mit  dem  llteilungsgenitio  ist  holen  verbunden :  wer  wil  mir  zu 
trinken  holen  des  wasscrs  aus  dem  brun  zu  Bethlehem  unter 
dem  Ihor?  2  Sam.  23, 15. 

9)  die  allgemeinere  bedeutung  erlangen,  erwerben,  gewinnen, 
die  schon  in  no.  6  o6fn  ansireifte,  und  die  sonst  atuh  schärfer 
hervortritt,  wie  in  dem  landläufigen :  dabei  ist  nichts  zu  holen ; 
weil  ich  aus  ihrem  eigenen  nmnde  wcisz,  dasz  sie  meine  ge- 
ringe pcrson  lieber  haben,  als  mein  groszes  vermögen,  bei 
welcher  ich  sie  denn  lasse,  so  wenig  auch  an  ihr  zu  holen 
ist.  J.  VKOiflegelj.  1,6;  wiewol  es  das  höchste  werk  isl,  gottes 
wort  predigen,  und  kein  gröszer  gottesdienst  mag  geschehen, 
denn   die   seelen   holen,   und  selig  machen.   Luther  3,267'; 


1743 


HOLEN  — HOLLA 


HOLLAND  — HÖLLE 


1744 


aber  künftig  wird  man  seine  kinder  selbst  säugen,  .  .  oder 
mit  dem  zwanzigsten  Jahre  aufhüren  müssen,  kinder  zu  holen, 
MO  die  weit  den  menscbcnkiadern  nicht  zu  enge  werden  soll. 
Moser  patr.  phant.  4,65; 

die  ianzknechte  befunden  to  pralcii 
he  kao  uns  nicht  einen  munth  betalen, 
dar  is  kein  gelt  vor  banden, 
syne  breve  wyllen  dar  nicht  vele  balen, 
wy  wyllen  blyven  to  lande. 

iiiLDKBRAMD  volksl.  117, 10  (iiiederdeutsch  v.  1  j25) ; 

hat  ihre  rechte  ausbildung  in  der  kaufmännischen  spräche  er- 
fahren: 3350  harrel  (ueizen)  bullen  43  bis  41  fr.  Weserzeituni) 
1S53  no.  3054 ;  buchweizen  ab  ostküste  Schleswigs  holte  56  Ihlr. 
bancü.  Hamburger  bOrsenhulle  1S59. 

10)  holen,  niedad.  balen,  haalen,  in  der  schi/ffahrt,  der  länge 
nach  ziehen,  wobei  die  bolsletUe  alle  zugleich  dem  lau  oder  seil 
einen  druck  geben.  Jacobsso.n  2,  19ö';  (ein  schiff)  ist  hier  auf 
der  rhede  leck  geworden  und  in  den  balen  geholl.  Weser- 
zeüung  1859  no.  4S84.  auch  neutral,  und  hier  wol  nur  vom  inne- 
halten eines  courses :  man  fahre  längs  der  nurdseite  von  Gozo  . . 
bis  das  leuer  von  st.  EImo  in  sieht  kommt,  welches  man 
zuerst  s.  s.  o.  ^/4  o.  peilen  wird,  alsdann  hole  man  nach  und 
nach  südwärts.    Weserzeitung  l!>53  no.  3057. 

11)  holen,  bei  den  zuckersiedein,  den  zum  erslairen  in  die 
formen  gebraclUen  zucker  das  enlemal  umriüiren. 

HÜLKTER,  /".  vergl.  halfler  (sp.  227)  und  hulfter. 

HOLHIPPELN,  vergl.  hohlhippeln. 

HOLk ,  m.  eine  art  laslschi/f  mit  ßacliem  baden.  Jacobsson 
2,275*;  ahd.  holcho,  rnfid.  holche  (mhd.  üb.  1,703');  auch  in 
der  form  hülk  neben  hullick  und  holk: 

sie  betten  eia  bülk  mit  wein  genommen. 

.imbia:>.  llcdcrb.  no.  215,56; 
sie  glen^  herbrausen  durch  die  wilde  see, 
den  hollick  wolle  sie  verslören.     SO; 
der  Schiffer  sprach  zu  dem  siürman, 
treib  utnb  das  rüder  zum  sturbort  an, 
80  bleibt  der  bolk  bei  den  winden.    83. 

HOLRE?  Luzernerklee :  damals  {im  le.  jahrh.)  nannte  man 
in  Deutschland  die  lucerne  wälsche  holken.  Kkünitz  39,  595 
anmerk. 

HOLkRICHT,  adj.  ucu  holpricht :  was  für  elende  holke- 
richle  aaderthalb  zeileu,  für  die  malende  barmonie  der  grie- 
chischen. Lessihc  5,  83. 

HOLLA,  interj.  neben  hola  sp.  1733. 

1)  aufmutUernd  oder  zum  aufmerken  auffordernd:  holla  pro- 
betur,  das  man  sing!  Garg.  48*;  holla  schenk  ein,  wirlsknccht. 
83';  holla  hieher  zu  trinken.  101";  holla  frisch  auf!  242*; 
holla  bub,  zur  trenk,  schenk,  senk,  dasz  ich  mein  gehenk  zu 
guter  nacht  schwenk.  248";  holla,  holla,  frischen  wein  her! 
248';  holla,  bindet  die  frawen  ledig  und  losz.  H.  J.  v.  Braün- 
scnwKiG  103 ;  holla  bauer,  das  vieh  heraus.  Lehmann  57 ; 

boiia !  kommt  berein,  der  koch  laszt  sagen, 
dasz  es  zeit  die  speisen  aufzutragen. 

A.  GKtFHius  1098   i,  043. 

huila  ruß  man  namentlich  um  gehört  zu  werden,  wenn  niemand 
tu  sehen  ist:  Schweizer.  Roller,  (hinler  der  scenc).  holla  ho! 
holla  ho!  Scriixer  rduber  2,3; 

bolin!  holla!  ich  hör  euch  kommen, 

bub  eure  stimmen  schon  vernommen  !     Fh.  Möller  2, 141 ; 

holla,  holla!  thu  auf  mein  kind !    Uühgkr  14*. 

2)  zum  hemmen  und  einhalten:  da  rufet  keibkamp:  holla 
ir  Stallbrüder,  holla,  büpschlich  ihr  jungherrn,  hüpschlich, 
was  wolt  ihr  mit  mir  anfangen,  ihr  secht  doch,  ich  bin  nur 
ein  armer  leufel.  Garg.  228' ;  holla,  holla,  Ihut  gemach.  II.  J. 
V.  bRAiLtscHWEic  133;  haltet  einen  (lies  haltet  ein  ein)  weinig  mit 
der  Susanne,  hoila,  stehet  stille.  135;  hulla,  gnädiger  herr,  hei 
ihm  Fedrillu  ein,  mit  erlaubnis,  woher  konnten  sie  das  wissen? 
\ViELA.'«D  11,191;  bollu,  frau  Zigeunerin,.,  ihr  sagt  mehr  als 
wir  wissen  wollen.  234;  auch  beim  einlutUen  und  verbessern  in 
etgener  rede:  ich  habe  für  diesem  bei  einem  sclmeider,  holla! 
kieidermacher,  aber  nicht  aus-gelernet.  ped.  schulf  83;  ferrur 
bi-im  stutzen  und  mtslrauiKh  werden:  halt!  (sagte  der  visUatin') 
was  habt  ihr  in  euern  tacken?  der  baucrsmann  sagte  halb 
leiite  und  mit  vertagter  stiiiune:  baber,  und  schaute  mit  einem 
ängstlichen  blick  nach  den  plerden.  der  visilator  meinte,  er 
blicke  nach  den  itückeu,  und  dachte:  hulla!  Ueukl  3  (18&3) 
Mite  9. 

3}  an  die  bedeutung  1  lehnt  die  redensarl  un;  damit  holla, 
damä  fertig,  genug:  dannl  a\i*  und  holla.  Swgfr.  v.  I.indenb. 
i, 41«;  unter  liebwcrtistrn  elurn  liekzcleii  die  zwei  rviseiideo 


handwerksbürscheln  brav  auszfeuchteln  und  damit  holla!  o 
das  wäre  uns  zum  erstaunen  gesund.  Schwabk  Unten  f.  a7'. 

HOLLAND.  «.  der  landsname,  mhd.  nd.  Hollant  aus  altem 
Hollland,  mdtellat.  H(jllandria,  Hollandra  neben  Ilolsacia  und 
Hulutria  (Uief.  279'),  in  sprichwörtlichen  Wendungen:  Holland 
dolland.  Frank  last.  d.  IrunkenJi.  9 ;  nun  ist  Holland  in  noth. 
SixRocK  sprichw.  s.  258. 

HOLLÄNDER,  m.  l)  einuvhner  Hollands :  gieng  hiemit  durch 
wie  ein   Holländer.  Simpl.   l,  144  Kurz.     vgl.  holländisch. 

2)  östlich  von  der  Elbe  der  müchwirlschafler  auf  einem  gute, 
meist  Pächter. 

3)  beim  papiernüUler  eine  maschine,  wodurch  der  halbe  zeug 
oder  die  zermalmten  hadern  oder  lumpen  völlig  klein  gerieben 
werden.   Jacobsson  2,  275*. 

4)  eine  besondeie  art  windmüJUen  mit  drehbarem  köpfe. 

5)  eine  apfelsorte. 

6)  der  fliegende  Holländer,  bei  den  Seefahrern  ein  gespenster- 
schiff,  das  von  einem  holländischen  kapitän  geführt  wird:  den 
fliegenden  Holländer,  den  ewigen  Juden  des  oceans.  H.  Heine 
4,  132. 

HOLLÄNDEREI,  f  ein  wirtschaßsgut,  bei  dem  die  haujilsache 
in  Viehzucht  und  im  wiesenwachse  bestellt.  Jacobsso.n  6,94*;  der 
mensch  überhaupt  sieht  den  mond  für  eine  monatuhr,  die 
fixslcrne  für  sein  Immobiliarvermögen  an,  und  die  Wandel- 
sterne für  seine  beweglichen  guter, . . .  das  pflanzenreich  für 
sein  musztheil  und  das  thierreich  für  seine  Hulländerci. 
J.  Paul  paling.  2, 12. 

HOLLÄNDERHOLZ,  n.  groszes  holz  für  den  Schiffbau :  unter 
dem  kiefernhülze  giebt  es  sogenanntes  Holländerholz  zu  sech- 
zig, siebenzig,  achtzig  füszigen  stammen,  . .  auch  finden  sich 
darunter  besonders  solche,  die  wegen  ihres  festen,  etwas 
wimmerichten,  aber  vollkommenen  Schaftes  eben  die  recht 
guten  und  groszen  maslen  geben.  Heppe  jagdlust  (1784)  3,397. 

HOLLÄNDERIN,  /".  Batava.  Frisch  1,464';  das  weih  des  flie- 
genden Holländers,  die  frau  fliegende  Holländerin.  H.  Heine 
4, 136. 

HOLLÄNDERMAGD,  f  magd  in  einer  Holländerei,  vieh-  und 
milchwirlschaß. 

HOLLÄNDISCH,  adj.  und  adv.  Batavus,  Hollandicus,  Hollan- 
dice. Frisch  1,464*;  (Hiram)  zog  ausz  die  städle  zu  besehen, 
und  sie  gefielen  ihm  nicht,  und  sagte,  was  sind  das  für 
Städte,  mein  bruder,  die  du  mir  gegeben  hast?  das  isl  fast 
etwas  unhöflich  geredet  und  gehandelt  von  Hiram.  es  ist  ein 
recht  holländisch  complement,  welches  ein  nachgeschmack 
von  einem  pfeffersack  von  Tyro  hat.  Schuppius  91; 

Jonas  nach  Thar.sis  flüchtii; 
hielt  alles  schon  fiir  richtig 
hollandisch  durclizugehn, 
könnt  aber  nicht  entweichen. 

L.  v.  ScuMÜKFis  miiant.  Ilollcm  (.i<J'-i  ■•  •>*• 

HOLLANDSGÄNGER,  HOLLANDGÄNGER,  m.  JViVdrr.wf/».'« 
der  nach  Holland  geht,  um  sich  dort  für  landuiirtschaßliche  oder 
technische  arbeiten  zu  verdingen:  will  ich  alles,  was  wider  die 
Hollandsgäiiger  aus  diesem  (dem  osnabriwkischen)  stifte  ange- 
fübret  worden,  zugestehen.  .Moser  patr.  phant.  1,97.  in  freierem 
sinne:  während  er  selber  nur  der  nmsikalische  Hollandgängcr 
und  Grönlandfahrer  bei  fürslen  war.  J.Paul  komet  1,6s; 

naclirauscbt  er  (der  tannenbaum)  bohl      ein  lehewohl 

dem  Ilheiu,  dem  Hollandsgäuger. 

Fhkilicratb  ges.  diclil.  3,  2ol. 

HOLLANDS-,  HOLLANDGEHEN,  u. :  wenn  diesem  schäd- 
lichen Hollandgehen  abhclfliche  maasz  gesetzet  würde.  Moser 
patr.  pluint.  1,95;  erwerb  durch  Hullundsgehcn.  StLve  wes.  u. 
verf  73. 

IKiLLRANk,  f  Ofenbank  (s.  unten  hölle) :  er  aber  erwiedertc 
diese  herzigen  liebkosungen  gar  kalt  und  frostig,  setzte  seinen 
korb  ab  und  warf  sich  iniszmuthig  auf  die  hüllbank.  Musiis 
volksm.  220. 

HOLLHRENNEND,  />ur(. .'  sampt  des  gerechten  gottes  im 
himmel  unerlräglichen  hollbrennendcn  zorn.  Scduppius  09*. 

HdLLDACH,  M.  dach  der  höUt: 
ilan  wird  der  leichte  bau  (des  schiffe»)  gen   berg  auf  bald  gc- 

willirl. 

bald  ruili  er  in  die  klufl,  stoül  «chier  duü  liolldach  ein. 

KulPLBR  71. 

HOLLE,  f  fuhrt  Nuhnich  als  name  für  dir  kuppe  der  hiihner 
und  enten  auf:  aber  auch  als  name  des  stirrs. 

IIOLI.E,  f  in/rrnum.  goth.  halja.  alls.  hellia,  iz/s.  hell,  liyll, 
uUn.  bei,    gen.  hcljar;    engl,  hell,  nicdnl.  bei,    diin.   iielvcuc, 


1745 


HÖLLE 


HÖLLE 


1746 


schwed.  helvete ;  ahd.  hilla,  mhd.  helle,  eine  form,  die  auch  im 
16.  jahrh.  noch  fast  durchaus  erscheinl  (doch  Fischart  schreibt 
schon  votwiegend  Lulle),  und  erst  im  17.  :u  gunsten  der  heu- 
ligen sich  verliert,  welche  sich  zur  früheren  verhäü  wie  zwiilf  :a 
altem  zwelf,  ergützen  zu  ergetzcn,  scböpfer  zu  scüepfer  u.  a., 
veral.  gramm.  l^,  iJO.  die  declination  des  wmies  war  noch  mlid. 
die  starke,  später,  und  namentlich  im  16.  jahrh.  wird  sie  vor- 
wiegend die  schwache  (gen.  der  helleu),  bis  äe  in  die  naclilier 
aufgekommene  gemiscJite  verläuft ;  zeugnis  der  mittelalterlichen 
wortfonn  sind  die  compositen,  in  denen  das  erste  glied  noch  als 
böll-,  bölle-  ersclieint,  s.  an  alphabet.  stelle,  eigenlliümlich  ist 
ein  mehrfach  erscheinende^-  gen.  helle»,  s.  unten  1.  dem  deut- 
schen lieidenthum  bezeichnete,  wie  aus  dem  altnordischen  noch 
ersichtlich,  das  wort  die  person  und  den  wohnsitz  der  todesgöttin 
[Hei),  und  zwar  mit  vorwiegen  der  schon  abgeblaszten  Ortlichen 
bedeutung,  genau  wie  griecJi.  uSr^s,  dem  i'tfilas,  wo  er  es  im 
neuen  testamenle  fand,  sein  iialja  entgegensetzte  (und  halja 
gadrausjaza ,  i'coa  aSov  y.araßißaad'r^ar,.  Luc.  10,  15;  in 
haljai  ushafjands  aitgöna  seina ,  ev  tm  qSr;  inäoa»  zois 
ofd-aXucva  avrov.  16,23).  dieses  vorwiegen  der  örtlichen  be- 
deutung  liesz  bei  der  christlichen  mission  «n/tT  allen  deutschen 
stammen  das  wort  ßr  die  kirchliche  Verwendung  geeignet  er- 
sclieinea.  dasz  in  ihm  dieselbe  würzet  steckt  icie  im  rerbum 
hehlen  {sp.  7S6)  und  seinen  teiwandten,  wird  ziemlich  allgemein 
angenommen. 

hölle  bezeichnet: 

1)  den  ort  der  quäl  ßr  die  nach  dem  tode  verdammten  {vgl. 
unten  höllenpein). 

a)  sie  wird  gcdaclit,  im  gegensidz  zu  dem  holten  himmel,  in 
der  erde,  im  viiUelpunkte  derselben  liegend:  wijj,  als  daj  herz 
ze  iiiitelst  in  dein  tier  ist,  ulsü  ist  diu  hell  ze  niitelst  in 
dem  erlreich,  also  sprechen!  die  hailigen  lerer.  Megesberc 
107, 1 1 ; 

der  ineusch  auf  dem  ertrich  lebt  und  gat, 
die  hell  wie  mau  sagt  iu  mit  drin  stat. 

Tui'RXEijZEB  quinta  essentia  (1570)  16; 

<*/*  bau  mit  thüren,  pforten :  so  ist  doch  die  helle  mein  haus. 
Hiob  17, 13 ;  nu  mus  ich  zur  helle  pforten  faren.  Jes.  3»,  10 ; 
auf  diesen  felsen  wil  ich  Lawen  meine  gemeine,  und  die 
pforten  der  hellen  sollen  sie  nicht  ubenveldigen.  3/a///i.  16,  IS ; 
habe  die  Schlüssel  der  helle  und  des  tods.  offenb.  1,  IS ;  oder 
als  grübe  {vergl.  höllengruhe,  höllenloch,  auch  höUenschlund), 
als  stinkender  pfuhl: 

was  geht  der  Scbtved  mich  ao?  ich  hasz  ihn  wie 
den  pfuhl  der  hölle.    Schiller  Wollenst,  lad  3,  15; 

als  abgrund :  {das:  herzog  George)  in  ubgrund  der  hellen  feret. 
Luther  6, 12'; 

des  nimbt  er  zu  der  hell  ciu  stürz. 

Brant  na rrensch.  3S,  36. 

daher  mit  entsprechenden  beisäizen:  wird  brennen  bis  in  die 
untersten  hell.  S.Vos.  32, 22;  wer  in  die  helle  hinunter  feret, 
kompt  nicht  wider  er  auf.  Hiob  7,9;  tiefer  denn  die  helle. 
11,  S;  hast  meine  seele  errettet  aus  der  liefen  helle,  ps.  S6, 13; 
der  hülle  grund: 

du  pöser  logeuscblunt, 

du  niuost  in  der  helle  gi-und.    fastn.  sp.  507,  12; 

si  iQuos  hie  an  diser  stund 

mit  uns  in  der  helle  grund.    508, 14; 

der  stein  lit  in  helles  grünt, 

den  nie  kein  glock  überschal.    Uhlasd  ro/fcs/.  }>; 

die  innerste  hölle: 

das  hellisch  beer  erschrack  so  fast, 

dasz  siclis  für  lauter  furcht  bekleckt, 

und  in  die  innerst  hell  versteckt,    mückcnkr.  1,34. 

sie  wird  als  oil  des  feuers  gezeichnet,  wo  pech  und  schwefel 
brennen  (vgl.  höllenschwefel) :  als  er  nu  in  der  helle  und  in 
der  qua!  war,  hub  er  seine  äugen  auf, . .  rief  und  sprach, . . 
ich  leide  i>€in  in  dieser  flammen.  Luc.  16,23;  nun  eröffnet  ihr 
{geistlicJic)  die  tiainmeu  eurer  böllen,  eurer  fegefeuer.  Guthe 
20,  266  [Cä}er  die  deulsch-natiunale  vorslellung  einer  wasserhüUc 
vergl.  Haupts  zeilschr.  9, 175 /f.);  daher  die  heisze  hölle.  der 
hölle  glut,  der  hölle  flammen : 

da  mite  lüst  er  die  kristeoheit 

von  der  heijen  helle,    minnes.  frfihl.  30,  17 ; 

gott  bhüt  euch  vor  der  helle  glflie.    Uula:«o  eolkal.  13; 

kummend  gar  vyl  inn  helles  glöt. 

KoLROsz  tftiet  V.  fünferlei  betrachtnnssen  D  ij  *; 
domit  wir  alle 

vor  helles  flammen,     sicher  syn  allsammen.    Füj'; 
IV.  II. 


ihr  heulenden  geister  der  feurigen  hölle. 

IIoFFMANJiswALDAU  yelv.  schäfev  90; 

der  höllen  hrand 
lösch  ich  mit  dieser  Duth.    Brocuüs  2,  264. 

daran  angelehnt,  sprichwörtlich  einem  die  hölle  heisz  machen, 
terriculis  äußere  (Serz  71*):  wie  man  jtzt  spricht,  sie  machen 
uns  die  hellen  heis,  und  den  teufel  schwarz.  Lltueb  3,22»'; 
wir  wollen  ihnen  die  hölle  heisz  machen.  Göthe  S,  56 ;  ich 
mache  ihr  die  hölle  heisz.  ich  setze  ihr  tag  und  nacht  zu. 
14, 285 ; 

dabei  will  ich  die  hölle  heisz  ihm  machen, 
dasz  meine  tocbter  morgen  sich  vermählt. 

Arkim  schuttb.  1,  110; 
auch  einem  die  hölle  rulh  malen: 

er  malte  seinen  bauern 

die  hölle  ziemlich  rotb.    Höltt  12  Halm ; 

die  hölle  ist  schwarz,  finster: 

ags.     Satan  ic  j)spr  secan  ville  :    he  is  on  ]);ere  svearian  helle 

bäf't  mit  hringa  gespanne.    yenefis  761 ; 
mhd.  in  der  belle  ist  michel  unrät. 

.swer  da  heimüete  hat, 

die  sunne  scheinet  nie  so  lieht, 

der  mäne  bilfet  in  niebt, 

noch  der  lichte  Sterne,    minnes.  frahl.  2S,  20 ; 

nhd.  wan  die  sonne  in  die  höll  scheinet  (raro  vel  nunquam). 
ScbüTTEL   1125'; 

du  must  kein  weibesbild  nächst  zu  den  göttern  stellen ; 
dein  Opfer  macht  aus  ihr  ein  bild  der  schwarzen  hellen. 

HoFFMASjiswALDAt  gelr.  Schäfer  31 ; 
das  ist  schwarz, 
schwarz  wie  die  hölle!    Schiller  Wallenst.  lud  2,2; 

voll  der  quälenden  teufel: 

auch  was  der  teufel  in  der  hellen 
dort  nieden  thut  mit  seinen  gesellen. 

B.  VValdis  Esop.  4,  46,  111; 
ich  schlinge 
den  arm  um  dich,  auf  meinen  armen  trag  ich 
durch  eine  teufelvolle  bölle  dichl 

Schiller  Karlos  2,  8 ; 
0,  du  ausgeburt  der  hölle!    Göthe  1,239. 

Es  heiszt  zur  hölle  fahren,  ziehen,  gehen :  auf  das  nicht  .  . 
ich  gleich  werde  denen,  die  iu  die  belle  faren.  ps.  2S,  1 ;  wolt 
für  («/.•>)  ein  edelmann  in  die  helle  faren.  Wickra»  ro//if. 
144,6  Kurz;  als  Verwünschung:  geh  du  zur  hölle  I  Kotzebce 
dram.  sp.  2,  264 ;  geh  in  den  neunten  kreis  der  hölle!  Schiller 
Fiesko  5, 13; 

wolauf,  lieben  gesellen  (sftrichl  der  teufet) 

und  lat  uns  farn  zu  der  helle !    fusln.  sp.  509,  IS ; 

einen  zur  hülle  schicken,  Um  in  seinen  Sünden,  plötzlick,  tvdten : 
einen  vorher  zur  höllen  schicken,  aliquem  prius  in  acheiontcm 
praemittere.  Steisbach  1,77S; 

und  mein  seel  ab  gen  belle  Jagen. 

11.  Sachs  3,  1,  73''; 

in  der  hölle  bleiben,  lassen :  sie  ligeu  in  der  helle  wie  schale, 
der  lod  naget  äe,  .  .  in  der  helle  müssen  sie  bleiben,  ps. 
49,15;  du  wirst  meine  seele  nicht  in  der  helle  lassen.  16,10; 
die  hülle  bauen,  wie  schon  mhd.  die  helle  buwen  Lexer  «b. 
1,1232:  liebe  ehebei-zen,  die  friedlich  miteinander  gelebet, 
trennel  gott  oft  durch  den  lod,  und  läszt  andere  bei  ein- 
ander, welche,  wie  man  sagt,  die  hölle  mit  einander  b<-iucn. 
ScRivEB  seelensch.  2,  276 ;  ich  . .  bedauretc  den  manu,  der  bei 
dem  maiigel  der  leilizucht  die  hölle  mit  seinen  kindern  bauen 
inüszle.  Moser  pair.  phunt.  3,143;  in  die  hülle  gepfarrl  sein: 
der  reiche  mann  hat  sich  bei  lebenszeil  in  die  hüll  gepfaiTel. 
da  ward  er  begraben,  steht  in  der  lateinbibel.  Otuo  633.  — 
Sprichwörtei- :  er  ist  ausz  der  hell  kommen  (ron  einem  böten 
menschen).  Agricola  spr.  309';  eigen  will  brennt  in  die  höll. 
ScHüTTEL  1114*;  bei  den  gottlosen  bat  man  gewisse  post  in 
die  hülle.  114l';  «{uinquennellen  (schutzbriefe  der  Schuldner  auf 
ßnf  jähre)  kommen  aus  der  hüllen.  Vistuhws  thcs.  par.  \,-,2; 
wer  vor  der  hülle  wohnt,  iiuisz  den  teufel  zu  gevatler  bitten, 
in  die  hölle  kommt  man  mit  grüszerer  mühe  denn  in  den 
himmel.  in  die  hülle  ist  es  überall  gleich  weit,  in  der  hülle 
gilt  kein  stimmensaimneln.  wenn  eine  hülle  ist,  so  steht 
Rom  darauf,  wo  ein  ort  auf  der  hölle  steht,  tritt  man  dem 
teufel  leicht  auf  den  köpf.  Simrocs  sprichu:  j.  258;  der  teufel 
ist  lodU  die  hölle  gesäet  mit  ruhen :  nun  darf  es  sich  erst 
sündigen  lassen.  Interim  22 ;  man  sagt  sonst  in  gemein,  wcy 
nahe  bei  hofe  sei,  der  sei  nahe  l»ei  der  hüllen.  Scruppils  111; 
so  lang  zu  hof,  so  lang  zu  heil. 

H.  Sachs  3,  1,  152'. 

110 


1747 


HÖLLE 


HÖLLE  —  HÖLLENANGST 


1748 


bei  fluch  und  rcnriinsrhung :  himmpl  und  hölle!;  Spiegelfech- 
terei der  hölle:  es  ist  mein  weil)!  Schiller  Fiesko  5,12; 
höll!  teufel!  meine  frau!    Göthk  7,66; 

die  hölle  dank  es  euch, 
ich  habe,  was  mich  reut,  gethan. 

ScHiLLKR  Karlos  4,  10. 
h)  auch  unter  dem  bilde  einen  thieres,  namentlich  eiiiea  drachen, 
wird  die  hölle  vorgestellt  (veryl.  o/fenb.  20) :  d;iher  hat  die  lielle 
die  seele  weit  aufgespenet,  und  den  rächen  aiifgetiian  on 
alle  inasze.  Jes.  5, 14 ;  aus  dem  tiefen  rächen  der  hellen.  .Sir. 
51, 7 ;  ich  rief  zu  dem  herrn  in  meiner  angst,  und  er  ant- 
wortet mir,  ich  schrey  aus  dem  bauche  der  hellen,  und  du 
hftretesl  meine  stim.  Jonas  2,3;  der  hellen  in  rächen  stoszen. 
Ldther  6,  272* ; 

Zusehens  wird  der  bär  noch  siebenraahl  so  grosz, 
sperrt  einen  rächen  auf,  so  präszlich  wie  die  hölle. 

WiELAND  22,  1,=>3  (Oberun  4,  14) ; 
ob  weit  die  menge  der  feinde  sich  dehnt, 
oh  weit  der  rächen  der  hölle  gähnt,    ßiey.  hlalt  von  1813. 

2)  hölle,  die  betcohner  oder  lierscher  der  hölle: 

wenn  Christus  seine  kirche  schützt, 

so  mag  die  hölle  wüten.    Gellert  2,226; 

(der  ritter)  kämpfte  sie  der  ganzen  hölle  ab. 

Wieland  22,  156  (Uheton  4,  20); 
wie  eine  losgelaszne  hölle  tobt 
der  Sturm,  die  erde  bebt.     Schiller  juwifrnn  5,  1 ; 
und  kam  die  hölle  selber  in  die  schranken.    3,  9. 

daher,  mit  bezug  auf  die  eigenscliaflen  der  höllenbeicohner :  unver- 
söhnliche I ...  groll  der  hölle  wohnt  in  ihrem  busen!  Gotter 
3, 124 ;  mü  hinbliek  auf  die  list  der  teufel  : 

(fla)  verliesz  dich  gottes  schild, 
ergriffen  dich  der  hölle  schlingen ! 

Schiller  Jungfrau  4,  1. 

3)  hölle,  nicht  in  ausgeprägt  jüdisch-christlichem  sinne,  sondern 
den  heidnischen  begriff  der  Unterwelt  ausdrückend :  der  vortreff- 
liche sing-meister  Orpheus,  von  deme  die  reimen-dichter 
dichten,  dasz  er,  auf  seine  künstliche  leier  sich  verlassend,  zu 
den  understen  geislern  der  hölle  gestiegen,  umb  seine  liebe 
verstorbene  ehegemahlin  darausz  zu  erlösen.    Sctiuppius  779; 

ausz  irem  (Circes)  ralh  für  er  (Utiss)  gen  hellen. 

H.  Sachs  2,2,  09^ 
dem  dichterischen  (tlinle)  gleich,  wo  einst  der  gott  der  höllen 
der  blonden  Ceres  kind,  das  blumen  las,  geraubt. 

Wiklaisd  17,  133  (/(/eis  3,  1); 
reisz  mich  ...  in  der  hölle  nächtliches  thor. 
töne,  Schwager,  ins  hörn, 
raszie  den  schallenden  trab, 

dasz  der  orcus  vernehme:  wir  kommen.     Göthe  2,69; 
durch  rauch  und  qualm  seh  ich  den  matten  schein 
des  todtenflusses  mir  zur  hölle  leuchten.    9,52, 

vgl.  höllenbach.  schon  in  der  allen  spräche:  hello  .s^yj*  Graff 
4,  S6S;  slyx  die  helle  Dif.f.  554*;  orcus  die  helle  399';  wo  auch 
die  nlttialionale  Vorstellung  des  todtenreichs  gelegentlich  hcrvor- 
briciü :  Jacob  spricht  nach  1  Mos.  42, 3S 

geschihet  im  iuweht  unter  wegen    so  muo;  ich  den  lip  irgeben, 
sd  muoj  ich  ieiner  cholen  [mich  grämen),    unze  ich  »ö  vare  ze 

der  helle. 
i/enesix  in  den  funiiip-uUen  2,  64,  44. 

4)  hölle,  nacli  der  bedeutung  1  übertragen  auf  einen  qualmllen 
ort  oder  zustand:  soll  eint  die  höll  im  leib  anzünden,  (iarg.  57'; 
eine  hölle  von  Übeln  in  einem  noch  so  gesiltelen  zustande. 
Ka<it  4,  3ü2;  wie  sidl  ich  dir  danken,  dasz  du  mich  aus  dieser 
hölle  befreit  hast  (durch  wecken  aus  einem,  träume).  Göthk 
IH,  (Kt;  wer  einmal  in  dieser  hölle  brannte  (in  der  gual  ge- 
tdutchter  Mie).  i.  I'aui,   7'««.  3, 174 ; 

und  rollt  die  äugen  voller  wiith, 
die  eine  hölle  blicken.    Höltv  35  llntm  ; 
eiferxuchl,  der  liebe  hölle!    Gottir  1,  127; 
rte  »ind  für  mich  verloren  —  o,  in  diesem 
Kefnhl  liefet  boll»     -  hnlle  liegt  im  andern, 
lie  zu  br-Kiizen.      Schiller  hiirlu»  i,f>; 

tergl.  eine  anzahl  der  folgenden  composita,  wo  hölle  das  abseheu- 
lithf,  griinliche  mu7Mh<dlenangst ,  höllenblick,  iiidlendiirst, 
böllengetrank,  höllenconcerl,  hölleiiliirm  «.  «.).  —  Von  einem 
ätr  hölle  rergleu-hbaren  heiszen  orte:  aiirii  wohne  ich  noch  auf 
der  erhnitiieii  hölle  (iii  der  hfüle  des  einxiedlers  auf  dem  Vesur). 
4.  Palm.   Tu.  4,  if.n.     rgl.  iir,llengipfel. 

5)  jo  eruheinl  dm  wort  auch  rielfofh  ah  Ortsname  für  eine 
enge,  vilde  gegenä :  ge^'-n  morgen  auf  Cadaii  zu  rinnet  der 
Holzbarh   durrh   dir  Hell^,   welcher  bei  Damitz  In  die  Eger 


feilet.  Mathes.  Sar.  117*;  wenn  man  von  der  lelzlen  ..  senn- 
hülte  nach  der  quelle  (des  Hinlerrheins)  geht,  erblickt  man 
auf  dem  jenseitigen  rechten  ufer  eine  wilde  felsmasse,  an 
deren  fusz  der  junge  Rhein  einen  kleinen  steilen  fall  macht, 
diese  gegend  heiszt  die  Hölle.  Bädeker  Schweiz  (1869)  s.  367 ; 
im  Cristallinenthal  bei  I'erdatsch  gibt  es  einen  Höllenschlund,  im 
Illwnegehiel  einen  HöIIengraben,  im  Schwarzwald  ein  Hi)llenlhal, 
bei  Oherstorf  in  den  Algäuer  al^wn  einen  Hellenlobel,  Helll(diel, 
und  vieles  ähnliche,  rergl.  nachweisungen  aus  liiedeideutsrhland 
bei  Sciiamrach  78*;  m  Oberwesel  mündet  in  das  Rheinlhal  ein 
enger  grund,  die  enge  Helle  genannt,  ein  Strudel  im  Hhein  bei 
Rlieinfelden  heiszt  der  Höllenhaken ; 

noch  musten  sie  sieb  weiter  schicken 
zu  einem  Strudel  undor  bücken, 
welcher  der  drill  ist  inn  dem  Hein, 
und  »chrecklich  liuit  vom  nameii  sein, 
dann  er  genant  ist  im  hollhacken, 
weil  nach  den  scbilTen  er  thut  zwacken. 

Fischart  tjluckh.  sctiiff  429. 

6)  hölle,  der  enge  räum  hinter  dem  ofen  zwischen  diesem  und 
der  wand;  zufrühest  aus  dem  jähre  1488  nachgeteiesen  bei  Schm. 
1, 1080  Fromm.;  es  ist  vielleicIU  nichts  als  eine  volkswilzige  xd}er- 
tragung  der  bedeutung  1  auf  einen  engen  und  lieLszen  räum : 
der  ander  lag  noch  hinder  dem  ofen  in  der  hell  und  mochl 
vor  faulkeil  nit  anfslon.  VVickram  rollw.:\^,'Ui  Kurz ;  gibt  anl- 
\v(ul  mit  heischer  stimme,  wie  (ainzlin  aus  der  hellen.  Khode 
weiher.<!piegel  (l.'>86)  Fij'.  rgl.  hierzu  unter  Knnz  //».  5,  .«;/).  2752; 
in  die  hölle  oder  hinter  den  ofen  liesz  er  einen  Schinken 
und  knackwurst  mahlen,  polit.  colica  IM;  der  sammele  bell/, 
und  das  rolhe  mänielchen  und  piret  machen  keinen  doclor, 
sondern  die  innere  Wissenschaft  und  fundament  der  erlernten 
medicin,  wie  öfters  hat  mancher  vermeinter  doctor  promotns 
hinter  der  helle  stehen  und  zuhören  müssen,  was  ein  recht- 
schaffener candidatns  medicinae  vorgebracht,  unw.  doct.  429, 
hier  ist  hinler  der  helle  stehen  in  derselben  bildlichen  weise 
angewendet,  wie  sonst  sich  vor  einem,  vor  "eines  wissen  ver- 
stecken müssen,  rolksmäszig  ist  dies  hölle  auch  jetzt  nmh  weit 
verbreitet,  in  Kärntlien  der  freie  räum  hinter  dem  ofen,  wo  ge- 
wöhnlich die  IwlzsiMne  getrocknet  und  außewahrl  werden.  Lexer 
143,  vgl.  Sr.iiM.  a.a.O.;  s.  auch  höllbank.  eine  form  hil  wird 
wol  dasselbe  sein  sollen,  doch  rührt  dieselbe  meikwürdig  an  an 
das  niederd.  hille,  bretterverschlag,  oben  sjt.  1331 : 

ich  lig  dahainien  in  der  hil 

und  sauge  oft  die  klo.     l'HLA!«n  rnlkst.  722. 

7)  hölle,  ein  räum  unter  dem  tische  der  .Schneider,  in  wrlrhen 
der  darauf  sitzende  die  beine  steckt;  nach  der  volksmeinung  sollen 
hierein  die  Schneider  von  den  ihnen  anveitrauten  Stoffen  das  mög- 
liche verschwinden  lassen: 

kein  Schneider  kleidet 

so  viele  nackte, 

wenn  er  auch  liöllcn 

aus  höllen  packte.     Göthe  qcd.  (Ilrntpet.':  au.':<j.)  3,20."i. 

s)  hölle,  ein  räum  im  rorderscinjf ,  zur  aupiewahrung  von 
allcrluind  suchen.  Jacorsson  6, 98' ; 

IJIisse,  geh  zum  scliiff  ans  nieer, 

lieft  (las  schilt'  an  den  anker  siat, 

all  eurt!  wehr  und  schill'^erntb 

verbergt  in  die  hellen  hinein.     11.  Sachs  3,2,2""'. 

9)  j'n  den  liiUlenwerken  beim  treibhnd  der  dem  gebldse  gcgen- 
fiber  befindliche  räum,  unter  dem  treibehut,  wo  der  stärk.<te  yrad 
der  hitze  ist,  wenn  getrieben  wird.  Jacobssün  2,277*.  auch  die 
nebenseite  einer  malzdarre  neben  dem  hitzofen. 

10)  hölle,  ein  kartenspiel,  bei  dem  mehrere  grösz^re,  und  in 
der  mitte  ein  kleinerer  kreis  mit  kteitle  auf  den  liscJi  gezogen 
werden,  welcher  letztere  auch  die  IWdIc  /iei4:<.  SchCtze  2,150. 

Iltil.I.KNAB,  adv.: 

ilasz  meine  phanlasei,  voll  kraft, 

M'rnichlei  weiten,  wellen  schalfl, 

und  holleiiiih  und  liiininelan 

sich  senkvn  iiiid  i-rlii>hen  kann.     Dünger  12'; 

schon  bei  Opitz,  aber  hier  als  zwei  warte  gedruckt: 

ein  thell  (ilrr  menxrltfn)  das  nllegflt  sich  zum  erie  lu  venlummen, 
und  höllen  oh  in  gelin ;  da  lesen  sin  zunammen 
das  Rold.       1,  54, 

bergleute  sind  gemeint,  die  in  die  erde  steigen,  in  deren  mUtrl- 
puukl  die  holte  liegt,   vgl.   Iiölle   I,  a. 

HlH.LKNANtiST,  f.  angst  vor  der  hölle:  wenn  und  hellen 
angsl  und  lodes  g«tahr  bedrengel.  Mathes.  Sar.  43*.  angsl 
wie  tnan  iie  tu  der  hölle  empfindet:  sie  hatten  in  höllennngst 
genensen.  Göthk  28, 220. 

HÖLLKNANGST,  aäj.:  e«  iM,  et  wird  ihm  höllenangM. 


1749        HÖLLENBACH  — HÖLLENBRAND 

HÖLLENBACH,  f».; 

flieh,  wenn  du  willst,  zum  schwai-zen  höllenbach, 
ich  folge  dir  ins  reich  der  schatten  nach. 

WiKLASD  17,29  (Idris  1,34). 

HÜLLENBAHN,  f.: 

die  breite  höllenbahn.    aus  einem  kirchenUede. 
HÖLLENBANDE,  n.  plur.:    der   teiifel    bat  diejenigen  mit 
hüllenbanden  bestrickt.  Bütschsy  Palm.  194. 
HÖLLENBANG,  adj.: 

acht  höllenbange  monde  sind  es  schon, 

dasz  von  der  hohen  schule  mich  der  könig 

zurückberief,  .  .  . 

acht  höllenbange  monde.  Roderich, 

dasz  dieses  feur  in  meinem  busen  wüthet. 

Schiller  Karlus  1,  2. 

HÖLLENBESEN,  »?i.  schelte  ßr  ein  böses  tceib;  der  zweite 
theil  des  compositums  steht  vol  in  dei-  bedeiäung  zuddnde  {vgl. 
besem  l,  theil  1, 1614),  der  erste  theil  hebt  das  bösartige  hervor: 
zum  Unglück  schritt  ich  gar  in  die  ehe  mit  einer  .  .  Wie- 
nerin, .  .  einem  wahren  höllenbesen.  J.  Paul  TU.  2, 94 ;  du 
müsztest  denn  gar  an  einen  höUbesen  gerathen  sein.  Clau- 
dius 3, 17. 

HÖLLENBLICK,  in.: 

Verbannung,  tod,  entwürdigung  umschlleszen 

mich  fest  und  ängsten  mich  emander  zu. 

und  wie  ich  mich  von  einem  schaudernd  wende, 

so  grinst  das  andre  mir,  mit  hölleublick.    Götue  9,  372. 

HÖLLENBRAND,  HÖLLBRAND,  m.  einer  der  in  der  hölle 
brennen  tcird,  das  hüllenfeuer  speist,  groszer  bösetcicld  (vgl.  unten 
hüllenscheit),  bereits  mhd.  hellebrant;  so  du  von  ttetlichen 
Sünden  ein  hellebrant  worden  bist.  d.  myst.  1,  27S,  32;  nhd. 
das  herzog  George,  sampl  seinen  belfern,  . .  in  abgrund  der 
hellen  feret,  daselbs  in  ewiger  glut,  als  ein  hellebrand,  zu 
brennen.  Luther  6,12';  also  kans  denn  geschehen,  das,  wer 
auf  der  oberkeit  seilen  erschlagen  wird,  ein  rechter  marterer 
für  gott  sei,  . .  wideruinb,  was  auf  der  bawren  seilen  umb- 
kompt,  ein  ewiger  hellebrand  ist.  3,125';  was  fürchtet  ihr 
denn  die  hellenbrände,  euere  feinde,  briefe  5,  SOO ;  Grickel 
(Agricola)  als  ein  unbusfertiger  hellenbrand.  Alberus  iw»  6051- 
lisken  B2';  die  gottlosen  und  ungetauften  teufeis  schlacken 
und  hellenbrende.  Mathes.  Sar.  114*  {ausgäbe  von  VoM  hell- 
brende);  obwol  der  leib  .  .  eine  Zeitlang  in  der  erde  ligen 
bleibet  und  verfaulet,  so  wird  er  doch  am  jüngsten  tag  wieder 
aufstehen  und  nach  dem  letzten  urtheil  mit  der  seele  ein 
ewiger  höllenbrand  sein  müssen.  Simpl.  2, 116  Kurz  ;  disz  liebe 
schöne  kind,  das  ihr  jetzt  herzet  und  küsset,  das  ihr  euer 
engelchen  und  seelichen  nennet,  kann  ein  gottes  und  men- 
schen feind  und  greuel,  ein  atheist,  ein  mörder,  ehbrecher, 
dieb,  und  kurz  zu  sagen  ein  höllenbrand  werden.  Scriver 
seelensch.  (l6S4)  124;  unterdessen  trösteten  sich  die  unschul- 
digen an  dem  untergange  dieser  höllenbrände.  colica  33S;  bei 
dem  begräbnisse  dieses  höllenbrandes.  Felsenb.  1,  219 ;  der  ver- 
zweifelte höllenbrand.  2,9;  0  ich  racker  allzumal,  und  ver- 
flucht-bekannter alter  höllenbrand  I  J.  Paul  uns.  löge  1,121; 

das  erdreich  überdrüssig  ist, 

zu  tragen  solche  hellenorend.    E.  Albkrus  kirchenlifd 
u.  JesusbüMein  (1608)  B6'; 
der  alte  Kunz  war,  bis  ans  grab, 

ein  rechter  höllenbrand  : 
er  pflügte  seinem  nachbar  ab. 

und  stahl  ihm  vieles  land.    IIölty  1S7  llutm; 

auf  Hildebiand,  spdlern  papst  Gregor  VII,  ist  eine  seit  dem  16. 
jaitrh.  bezeugte  reimspielende  Verbindung  bezogen,  wie  man  auch 
seit  dieser  zeit,  aber  zu  unreclU,  die  Hildebrandsgriflfe  mit  ihm 
in  Verbindung  braclUe  {sp.  1322):  Hildenbrand,  höllenbrand. 
Pistorils  lltes.  par.  4,55; 

der  erzböswicht  bapst  Hildeprandt 

erregt  grosz  krieg  in  teütschem  landt  .  .  . 

noch  kundt  der  helbrand  feiren  nicht, 

des  kaisers  son  er  auch  anrieht, 

sein  vater  zu  verjagen.    Körser  hisl.  votitsl.  183.  184. 

mä  höllenbrand  tcirrf  selbst  der  teufel  gemeint :  wie  viel  gröszer 
Sünde,  schand  und  schaden  ist  es,  wenn  das  edle  bilde 
gottes  . .  vom  rechten  hellebrand,  dem  leidigen  teufel,  ange- 
steckt, verbrandt,  zerstöret  und  verwüstet  wird.  Suevus  trewe 
varnuug  ßr  der  leidigen  verzweifelung  {Görlitz  ISse)  Fij;  um 
sich  pathetischer  auszudrücken,  würden  sie  mich  einen  höllen- 
brand, einen  eingefleischten  teufel  genannt  haben.  Lessing 
1,390; 

was  uns  beschert  dein  milde  band, 

das  iiehm  uns  gern  der  hellenbrand  {der  teufel). 

\ü.  Alibrl's  kirchenlied. 


HÖLLENBRÄNDISCH  —  HÖLLENFINSTER     1 750 

HÖLLENBRÄNDISCH,  adj.  und  adv.:  sie  fangen  es  mit 
einem  worte  zu  teufelmäszig  an,  zu  satanisch,  zu  höllenbrän- 
disch.   Tiecr  1ü,  119. 

HÖLLENBRAUCH,  vi.: 

ilepfiislopheles  (:u  den  salanen).  was  duckt  und  zuckt  ihr?  ist 
\  das  höllenbrauch?    Götuk  41,327. 

HÖLLENBRECHER,  «i.  der  selbst  die  IwUe  bricht,  ironisclte 
bezeichnung  eines  kriegshelden :  solche  mechtige  eisenfresser  und 
hellenbrecher.  Lutbeb  3,490'. 

HÖLLENBRODEN,  wi.  höllischer  brodem: 

sieh,  da  flammt,  da  zieht  der  böse! 

aus  dem  boden 

dampfet  rings  ein  böllen-broden.    Göthe  1,  236. 

HÖLLENBRUDEL,  wi.  dasselbe:  vnr  entwanden  uns  diesem 
höUenbrudel  {auf  dem  Vesuv).  Göthe  28, 67. 
HÖLLENBRUT,  f.: 

bosheit  und  hadersucht, 
ämsig  spähend  den  zwist,  hämische  rachbegier. 
groll  und  gieriger  ^eiz,  vater  des  feilen  Spruchs: 
ha,  wie  tobet  die  höllenbrut!    Stolberg  1,8; 
es  flimmt  und  flammt  rund  um  ihn  her 
mit  grüner,  blauer,  rother  glutb  ; 
es  wallt  um  ihn  ein  feuermeer; 
darinnen  wimmelt  höllenbrut.    Bürger  71'; 
für  solche  halbe  höllenbrut  (Mephistopheles  unter  dei-  ge- 

stalt  ei'ie.i  thieres) 
ist  Salomonis  Schlüssel  gut.    Göthe  12,  67. 

HÖLLENBUBU,  m.  für  teufel:  o  hol  sie  der  schwarze 
höllenbiibu!  (Scbink)  marioneltentlteat.  (1778)  s.  52.  —  bubu  ist 
sonst  eine  interjection,  gebraucht  um  kinder  ßrchten  zu  machen. 

HÖLLENBUCH,  n.; 

Satans  fioger  schreibe 
ihn  in  sein  böllenbuch.    Thchiel  6,  53. 

HÖLLENDE,  n.  Jacobsson  6, 98'  ßr  hellende,  s.  oben  sp.  971. 
HÖLLENDRACHE,  m.    l)  draco  infemalis.  Stei.nbach  1,286, 
vergl.  oben  hölle  1,6; 

so  hielt  er  wie  der  höllendrache 
am  fusz  des  gottesbauses  wache. 

Schiller  kämpf  mit  d.  drachen  r.  187. 

2)  ein  in  die  haut  sich  einbohrender  fadenförmiger  wurm,  furia 
infernalis.  Nemmch  2,  16S3. 

HÖLLENDURST,  m.  dursl  wie  man  ihn  in  der  hölle  em- 
pfindet, groszer  quälender  durst: 

wann  uns  ein  höllendurst  die  zunge. 

die  bittern  geifer  schäumet,  plagt.    Broceks  4,295; 

auch  in  freierem  sinne,  quälende  gier: 

des  geizes  höllendurst.    Hagbdor:«  2,  74. 
HÖLLENEIFER,  m. : 

hölleneifer 
gibt  zum  letzten  streich  ihm  kraft.    Herder  Cid  55; 

in   seiner  französ.   vorläge  steht:   il  lui  vint  alors  un  courage 
d'enfer. 

HÖLLENFACKELSCHEIN,  m. : 

bei  mord  und  höllenfackelschein 

soll  unser  hochzeitslager  sein.    Fr.  Möller  1,208. 

HÖLLENFAHRT,  /".  fahrt,  gang  in  die  hölle :  Christi  höllen- 
fahrt;  aber  auc/»  Fausts  leben,  thaten  und  höllenfahrt.  bildlich: 
wer  sich  nicht,  mit  dem  erhabenen  Kant  zu  reden,  den  weg 
zur  Vergötterung  durch  die  höllenfahrt  der  Selbsterkenntnis 
gebahnt  hat.  Klinger  12,257.  fahrt  in  die  unterweit:  die  ver- 
gleichung  der  homeiischen,  virgilischen  und  pulygnütischen 
höllenfahrten.  Göthe  44, 130. 

HÖLLENFEUER,  n.: 

{icli  habe)  verdient  das  höllenfewr. 

ScHNÜFFis  miraiil.  ftödein  27,  19 ; 
und  wünscht  den  todten  bösewicht 
ins  tiefste  höllenfeur.    Hölty  187  Halm : 
ein  überteufliscb  element!  (ist  die  tiebe) 
weit  spitziger  als  höllenfeuer!    Göthe  41,329. 

bildlictt:  noch  ist  es  zeit,  Tertullia, 

diesz  höllenfeuer  {der  eifersuchi)  auszugieszen. 

GÖKIMGK    1,  86. 

Im  mhd.  war  hellefiur  nidd  nur  appellaliv,  sondern  auch  eigen- 
nume,  so  eines  falirenden  Sängers: 

von  Wirzeburc  meister  Cuonrät, 

der  besten  singer  einer,  .  .  . 

der  ilelleviur  der  ander  si, 

der  Unverzagte,  so  ist  ir  dri.    minnes.  3,65'  Hagen; 

vergl.  die  lieder  desselben  ebenda  33. 
HÖLLENFINSTER,  adj. : 

in  höllenfinstrer  nacht.    Shukyi.  k.  I.eur  3,  7 ; 
in  hell-black  night. 

110* 


1 751         HÖLLENFLIIS2  —  IIÖLLENGOTT 


HÖLLENGRIIBE  —  IK^LLENKIND         1 752 


HOLLENFLLSZ,  rw.  flus:  der  unlerwell,  Slyr.  bei  J.  Paul 
gtrii  in  freierem  gebrauche:  reiszend  iimszl«'  der  liitllpiifliisz 
sein,  der  ein  so  festes  leben  wegrisz.  TU.  5,  IGl ;  [sein  sehnen 
war)  dieses  wesen,  das  so  ofl  gelillen,  .  .  durch  die  tiefen 
kalten  hrillenfliisse  des  lebens  miichtig  zu  tragen.  2.  B7 ;  der 
höllenflusz  des  zorns.  3,  \SI ;  weil  der  sinn  und  die  hand- 
habe des  Schmerzes,  das  körperliche  gefühl,  uns  in  jedem 
liauptpunkte  die  quelle  eines  höllenflusses  werden  kann. 
vorscli.d.iislh.  \,  121;  mit  reiszenden  hüllenflüssen  der  leiden- 
schaften.  leb.  Fibels  vorrede  s.  v. 
HÜLLEN FHL CHT,  f.: 

des  liochniuths  sant,  .  .  . 
aus  welchem  scheuszlichen  verilnmnuen  sameri 
des  eigennutzes  l)lüth  und  höllcnl'riichtc  kamen. 

Rrockks  2,  20«. 
HÖLLEN  FUCHS,  m.    «/.<   sriielte   ßr   einen   bösartig -lliligen 
tnetisehen : 

der  untlankhare  höllenfuchs!    H.  v.  Kleist  2,  172. 

HÖLLENFLRST,  wi.  fftrsl  der  hOUe,  teufel:  höHcnfürsl. 
Lucifer  Stieler  5Sj. 

H(>LLENGEBILD,  w.  .•    ob    ihm  sein  famulus,    das  höllen- 
geliild,  dann  zur  hülfe  sein  wird.  L.  Tieck  <jes.  nor.  (i,  237. 
H(»LLENGEFn.DE,  h.  : 
.sieh!  in  des  liimniels  tiöhii  ist  seligkeil;  tief  in  des  ahgrunds 
höllengcrdden  ist  (|ii;il.  I^yrkf.r  '/'hmi*.  1,2S0. 

HÜLLENGEIEll,  m.  in  einem  fluche: 

all  meine  hübschen  kleineu  {sind  geliUltel).   saglest  du  alle? 
0  höllengeicr!  alle?  Shakcsp.  Mnclieih  4,3; 

all  my  pretty  ones? 
did  you  say,  all?  o,  heli-kite!  all? 

HtlLLENGEIST.  «i.  hüllischer  yeisl,  teufel,  mhd.  hcllegeist:  es 
ist  eine  gefärliche  sache,  mit  gelde  umgehen,  und  fanget  der 
liiillengeist  die  meisten  seien  mit  güldenen  nezzen.  Bütschky 
/'(lim  OS  113; 

sieh,  spricht  der  höllengeist,  auf  diesem  pialz 

liegt  em  geschenk  für  dich,  der  schätz.    Hagedorn  2,  71 : 

{die  he.ve)  rief,  wenns  ihr  gclallig  war, 

ein  rudel  höllengeister.    IIölty  20  Halm; 

0  lasz  von  jener  stunde 
sich  höllengeister  nächtlich  unterhalten  !    Göthk  !),  2!) ; 

hochmulh  ists,  wodurch  die  enget  fielen, 
woran  der  höllengeist  den  menschen  laszt. 

Schiller  jtmijirun,  prolof]  2.  uuflr. 
Iiöllengeister,  die  bösen  löste: 

hAllengeister,  die  bei  tage  schlieren, 

spornen  rascher  der  begierde  laul.     lii;RGKR  99*. 

HÖLLENGEJ.\LCHZE,  n.:  übenu  höllengejauchze  schwe- 
bend. Vti.  Müller  2,  1S&. 

HÖLLENGENIE,  n.:  Mephislopheles,  das  höllengenie,  lacht. 

Fr.  MtLLER    2, 10. 

HtlLLENGEIUCHT,  »i.  gerichl  fd)er  die  lodlen  in  der  unler- 
vell.  Wieland  19,64.     s.  die  stelle  unter  höllenrichterlich. 

HtlLLE.NGESCHMACK,  m.  sapw  graveolcns,  virosus,  infer- 
nnlis.  Stieler  ls7l. 

höllengf:slndel,  «.  .• 

sind  diese  geschöpl'e 
eure  kinder?  sie  scheinen  rürwahr  ein  liüllengesindel. 

ÜÖTBE  40,202. 
Hi)LLENGF:TKÄNKE,  «..•  that  ich] wohl  klug,  dasz  ich  noch 
gnlle  zu  dem  höllengclränke  mischte?  Thümmel  0,242. 

HttLLENGll'FEL,  m.  vom  Vesuv  {vergl.  hölle  4  zu  ende): 
dieses  milten  im  paradies  aufgethünnten  höllengipfels.  Göthe 
2«»,  6S. 

H(ILLENGL.\NZ,  m.   höllischer   (jlanz:    mit    so   tiefer  ehr- 
erbietnng,  als  mir  schwerlich  je  ein  könig  durch  den  hölleii- 
yhm.  seiner  zeughflnscr  abnöthigen  wird.  ThL'mmel  .'»,  tos. 
HliLLENtiLlTH,  f.  glut  der  hölle,  mhd.  helleglnot : 

■0  «ol  sie  ewiglich  breiiiieii  in  der  hcllcngliii. 
fuxlH.  sp.  029,  23; 

ruht,  muht,  bbermiiht, 

bringt  manchen  In  die  höllenglut.    Schottrl  J143'; 

aber  ofl  vleicbt  deine  wuht 

einer  rechten  hrtllen-gluht.    llRniM  s  l,:!MO; 

liebend,  voller  küinmi-riiiKHe, 

«laüz  iliT  Kiinienidcn  »chaar, 

ilin  um  ihn  gelaeiTt  wnr, 

nicht  in  li'itleiiKnuh  ihn  risto, 

bot  Kic  sich  zum  «cbirme  dar.    ntiantR  7.V. 
iturh  glut  wie  in  der  holte,  furcJitbare  hüze:  An  ufeii  wirft  eine 
bidb-nglutti  auM. 

HOLLK.N(;OTT,  m.  gUl  der  hülle,  teufel,  mJtä.  Iii-iiegol : 

bei  allen  büllcngüurrn  1    KuIkkr  4,  IXt. 
kcilenfou,  Pi$,  liulo.  Stiele*  «80. 


HtiLLENGRLBE,  /".  .•  eine  abscheuliche,  finstere  hüllen- 
grube,  darinnen  hasz,  feindschaft,  neid  .  .  hausen.  Bitschkv 
Putmos  73t. 

H()LLF]NGRlJND,  m.  grund  der  hülle:  herebus  hellgrunt 
DiEF.  275';  hellegrunt  nov.  gloss.  202*. 

HÖLLENHAIJS,  »i.  hülle  als  haus  gedacht:  du  muszt  mit  mir 
ins  höllenliaus.  das  volksschauspiel  t'ausl ,  lierausg.  von  Engel 
(ts74)  s.u. 

HÖLLENHEER,  n.  beer  der  hülle,  teufel: 

sei  getrost,  das  höllcnheer 

wird  dir  schaden  nimmermehr.    P.  Gerhard  no.  49,  3. 

HÖLLENHEISZ,  HÖLLHEISZ,  adj.,  hei.sz  wie  die  hülle,  bild- 
lich von  eifer,  eid :  ein  barfttszermüncli,  der  war  seines  hell- 
lieiszen  eifers  halben  in  predigten  sehr  beschrien.  Wiszbad. 
wisenbr.  2, 164 ; 

der  erbpflichl  eisern  joch,  ein  böllenheiszer  eid, 
wirkt,  knechtisch,  treu  und  pllicht,  doch  keine  zftnlichkeit. 

Hagedorn  1,  36. 

HÖLLENHITZE,  /".  ignis  Gehennae.  Stieler  822.  auch  eine 
unerträgliche,  iwinigende  hitze. 

HÖLLENHUH.N,  n.  höllisches,  gespenstisches  huhn: 

da  krähte  das  andere  höllenhtihn, 
die  gräblein  tliaten  sich  alle  zu. 

viilksticil  «HS  (/ein  kuhländchen 
bei  Wackerkacei,  */.  schriflen  2,  405, 

vgl.  dazu  ebenda  anvierl;.  10  und  Kürler  in  Pfeiffers  Germania  11 
Seite  92. 

HOLLENHl'ND,  m.  1)  leufH  unter  der  Vorstellung  eines  hundes: 

Gorjo  huob  dia  hant  üf:    geb("it  er  uper  den  hellehunl. 
.Müllknuoff  u.  Scherer  denkm.  ivii,&9; 
wäfen,  herre,  wäfcn, 
über  des  hellehundes  list, 
da j  er  uns  so  geva>rec  ist !    Gregnr.  163 ; 

das  pös  alt  weih  spricht  zu  dem  teufel  Sathanas : 
wisse,  du  pöser  hcllchund.    /Visin.  ,«;>.  505,  0 ; 
bringe  sie  {die  seele)  zu  diesen  stunden 
von  den  bösen  bellehunden 

und  bringe  sie  in  die  Seligkeit.    952,9,  vgl.  951,20; 
schaw,  wie  mit  tiefem  Schlund, 
und  aufgesperrtem  rächen, 
den  garausz  mir  zu  machen, 
dort  siebt  der  böllen-hund. 

ScHNÜFFis  mirnnt.  ßötlein  21,4; 

als  Schimpfwort  ßr  einen  büsewicht :  willst  mich  die  leut  ver- 
giften machen  ?  meinst  ich  liab  kein  gewissen,  du  In'tllen- 
hund?  H.L.Wagner  kindermörderin  10; 

steh,  höllcnhund!    Schiller  Macbeth  5,12; 

turn,  hell-hound,  turn ! 

2)  ein  hüULscIier,  gespenstischer  hund:  Lucifet:  auf  mein  feuer- 
rosz  dann,  und  die  nenangekoininenen  seelen  mit  meinen 
schwarzen  höUenhundcn  wi«;  die  basen  gchet/t.  Kr.  MCli.er 
2,26; 

iach  fahren  tausend  böllenhundc, 

laut  angehetzt,  empor  vom  Schlünde.    Hürcer  71'. 

schimpfend  von  einem  gewöhnlichen  hunde: 

er  wedelt,  wenn  den  andacbtbund 

gebctb  und  wink  und  kiiss  bclehen ! 

er  wedelt!  o  der  bnllenhund. 

der  Unschuld  ärgernis  zu  gehen!    Hagedoii!«  2,27. 

3)  fier  Cerberus:  er  habe  die  pforien  der  liölle  erbrochen, 
den  weg  ans  dem  reiche  der  schatten  zurück  gefunden,  und 
schleppe,  über  sie  Iriuiuphirend,  mit  stolzer  faust  den  höllen- 
hund  durch  die  sliidte  Grieclionlands  zur  schau.  Lessinc 
4,227.  bildlich:  welcher  drei  strittigkeiten  hat.  der  richte 
zwo,  wenn  er  kan.  zu  n'cbt,  das  ist  mein  raht.  aber  ich 
rahtele  auch  disz,  dasz  er  den  drillen  zu  eiid  brilcbte,  damit 
dieser  höllhund  kein  köpf  niclit  habe.  ScHüepiis  77t.  höllen- 
liund,  cerlierus,  heiszl  auch  ein  gestirn  im  nördlichen  thcile  des 
himmels.  mathemnl.  le.r.   I   (1747)  294. 

HoLLENJAGER,  m.:  Iiellenjitgrr.  Satttanas,  venatur  animn- 
rum,  r/(M  etiam  seeleiijäger  dicUur.  Stiei.ER  S75. 

HOLLENKIMl,  n.  kind  der  hiille,  des  trufeh,  ein  mensrh  der 
in  des  teufeis  gewall  ist,  mhd.  hellekint.  l'ttiLANnKiis  seefitles 
ftiieht,  in  dem  er  die  seelen  in  der  hülle  schildert,  heiszl  hidlen- 
kiiider;  der  scbulratb  Indi  erboszet  die  geballte  faust  in  du* 
lüfte  und  sogie,  mit  ilir  in  diese  hauend:  du  höllenkind! 
du  rittiberbauptinann  und  llilmsiin!  J.  I'all  Sieltrnk.  t,  i:i2. 
auch  teufel  seUmt : 

nii  kompi  her  ann  holze  und  tut  fBldcn.  .  .  . 

alle  meine  lii'hr  b<<lleliint, 

die  mit  mir  In  «1er  belle  «Im  {ruft  l.urifei).    fnsln.  «p.  901,5. 


1753     HÖLLE>^KLEEBL  ATT  —  IlÖLLENNOTH 

HÖLLENKLEEBLATT,  n.  ton  den  Eumeniden.  Gotter  3,3ii2. 

HÖLLENKLL'FT,  f.: 

wenn  Satans  schwärm  in  höllenklüfle 
sie  (die  aposlel)  scheuchen,  samt  dem  priesiergräul. 

Voss  4,4. 

HÖLLENKONZERT,  n.  abscheulicltes,  gräszlkhes  konzeH  (sieh 
hülle  4  a.  e.) :  kaum  saszen  die  buben  auf  der  bank.  als  sie 
auf  ihren  instnimenten  ein  höllenkonzert  anfingen.  Schweichei. 
Jura  und  Genfcrsee  s.  115.     rgl.  höllenmusik. 
HÖLLENKRAFT,  f.  höllische,  teuflische  krafl: 
durch  argwöhn  war  noch  nie  die  eintracht  unterbrochen : 
doch  endlich  trennte  sie  der  bosheit  höllenkraft. 

Hagedor?!  2,  44. 
HuLLENKÜCHLEIN,  n.  s.  hüllkiichlein. 
HÖLLENLÄRM,  »i.  abscheulicher  lärm  (hülle  4  a.  c):  das  war 
den  kindern  recht  und  der  höllenlärm  ging  weiter.  Freytag 
handschrifl  3.226. 
HÖLLENLEHRE,  f.: 

wenn  der  mensch  sich  noch  der  armen 

will  erbarmen, 
suchts  der  hungrige  geiz  zu  hindern 
durch  die  schwarze  höllen-lehr: 
haltl  du  wirst  dein  gut  Termindern.    Brockks  1,  95. 

HÖLLENLOCH,  n.    hölle    unter   der  Vorstellung   eines  loches 

oder  einer  grübe: 

und  feilt  zu  letst  zu  boden  doch 

zu  Luciler  inns  hellenloch.    Brast  narren*c/i.  92, SS; 

als  Lucifer  fuhr  gar  zu  hoch, 

da  fuhr  er  ab  ins  höllenloch.    Logaü  2,  89,  54 ; 

drum  bleib  ein  weinig  (iceni'y)  stehen, 

wir  wollen  erst  das  höllenloch, 

den  Schwefelpfuhl,  des  satans  joch 

mit  rechtem  ernst  betrachten.    Rist  html.  lied.  5,270. 

<i«c/j  loch  das  von  der  hölle  (im  mittelpunkt  dir  erde)  zur  Ober- 
fläche aufgerissen  ist:  initlen  in  der  stat  zu  Ronie  det  sich 
die  erde  uf  und  wart  ein  gros  hellenloch  do :  us  dem  loche 
ging  für,  rouch  und  böser  gesmag . .  do  frogetent  die  Römer 
iren  apgot,  was  sQ  tun  soltenf,  das  dis  schadeber  loch  und 
für  zerginge,  d.  städtechr.  8, 323,  7 ;  donoch  wart  eine  kirche 
gebuwen  an  die  selbe  stat  in  sant  Anthonien  ere,  die  heiszet 
noch  hütes  tages  die  kirche  bi  dem  hellenloche.  324,  2. 
endlich,  im  gemeinen  leben,  loch  wie  das  der  hölle,  abscheuliches 
loch:  von  einer  ganz  schleclUen  vohnung  sagt  man  das  ist  ja 
ein  höllenloch. 

HÖLLEN  LOHE,  f.  höllische  glulh: 

und  wol  dem  I  der  also 
noch  hie  gestrafet  wird,  damit  die  höilenloh 
nicht  ewig  an  ihm  straf.       Rompler  77. 

HÖLLENLUCHS,  «i.  tückischer  teufel  unter  dem  bilde  eines 
luchses : 

wie  im  eisen  der  fuchs, 

zagt  ein  aller  höllenluchs.    Göthe  12,  67. 

HÖLLENLLGE,  f.: 

in  deine  zahne  schleudr  ich  den  verratli, 
werf  dir  ins  herz  zuriick  die  höllenlüge. 

Shakesp.  Lfnr  ö,  3  ; 

back  do  I  toss  these  treason.«  to  thy  head. 
wiih  the  hell-hated  He  o'erwhelm  iny  hearl. 

HÖLLENMACHT,  f. : 

bald  nach  des  berren  himmelfart 
der  Lucifer  sich  kümmert  hart, 
das  ihm  sein  finster  höllenmacht 
zerstört  het  Chnsti  helle  macht. 

FiscBART  dicht.  2,  242,  ü  A'iir:.- 
wollt  dich  auch  wecken 
höllenmacht.       Fr.  Müller. 

HÖLLENMANTEL,  m.:  ist  zu  einem  doctor  Faustus  ge- 
worden, der  mein  armes  kind  durchaus  auf  seinem  höllen- 
mantel  nach  Bielstein  tragen  will.  Frevtac  handschr.  3,236. 

HÖLLENMARTER,  f.:  die  furcht  hat  pcin.  das  ist,  sie 
ntacht  dem  herzen  angst  und  wehe,  das  es  nicht  weis,  wo 
es  bkiben  sol,  und  ist  ein  rechte  hellenmarter.  Lcther  6,62"; 
hundert  vorwürfe  zeigten  sich  ihr,  aber  auch  hundert  höUen- 
martern.  Rabeser  trerie  2,121.    vgl.  höllenplage,  höUenschmerz. 

HOLLENMASCHLNE,  f.  maschiue,  bestimmt  um  eine  furchtbare 
explodon  zu  bewirken  und  dam  mit  Sprenggeschossen  angefüllt. 

HÖLCENMUSIK,  f. :  Tarlinis  teufelssonate  war  äolsharfen- 
gesäusel  gegeu  diese  höllenmusik.  Riehl  culturgesch.  nov.  25t. 

HÖLLENNACHT,  f.  nacht,  finsternis  der  hülle:  falsch  und 
untreu  wie  höllennachl.  Fr.  .Müller  i,  190. 

HÖLLENNOTH,  f.  nolh  die  in  der  hcMe  herschl,  mhd.  hellennt  : 
nur  ewig,  ewig,  schreiet 
die  grausabm  höllennoht.    Rist  himl.  lied.  5,294; 


HÖLLENORT  —  HÖLLENREICH 


1754 


auch  nolh  wie  in  der  hölle,  grosze  nolh:  mit  denen  {gedürmen) 

der  mensch,  er  überschnüre  sie  mit  ordenbändern  oder  trag- 

riemen,  allemal  seine  höllennoth  hat.  J.  Pacl  uns.  löge  1,79. 

HÖLLENORT,  m.  locus  inferni,  gehenua.  abyssus.  Stieler  1395; 

da  ihm  schon  band  und  fusz  erstarrten, 

schien  ihm  der  ehmals  schöne  garten 

ein  höllenort,  ein  ort  der  pein.    Lichtwer  /Vi//.  2.1. 

HÖLLENPEIN,  f.  pein  in  der  hülle,  mlid.  Uelle-pine: 

will  du  nu  ersterben 

und  die  hellenpeiu  ewiglich  erwerben,    fnxln.  sji.  929,  36 ; 

der  armen  sünderiu,  die  da  notdürltig  ist 
in  der  hellenpein  zu  dieser  frist.    951,  14; 
gehet  hin  zur  hellenpein.    Rist  himl.  lied.  4,  265 : 
als  dasz  du  dort,   frei  von  der  höllenpein, 
dereinst  raögst  ewig  selig  sein.    Brockes  2,  264. 

jwin  wie  in  der  hölle,  ungeheure  pein : 

sein  ganzes  herz  dahin  zu  geben, 

und,  götter,  so  verachtet  sein ! 

das  untergräbt  das  innre  leben, 

das  ist  die  tiefste  höllenpein.    Göthe  57,  129; 
er  hört  ihr  ängstlich  schrein,  will  nach  —  o  höllenpein  I 
und  kann  nicht !  Wiela:«d  22, 132  (Oberon  3, 63). 

HÖLLENPEINIGER,  m.  tortor  infemalis.  Stieler  1423. 

HÖLLENPFORTE,  f.  pforte  der  hölle  (vgl.  unter  hölle  l.a), 
mhd.  helle-porte,  hellephorte  Lexer  1,1236:  wie  maus  malet, 
das  er  {Christus)  mit  der  fahn  hinunter  feret,  die  hellepforten 
zubricht  und  zustöret.  Luther  6,77'.  in  freier  Verwendung: 
er  lachte,  aber  die  ministerin  machte  selber  den  flammen, 
die  er  noch  wollte  herausschlagen  lassen,  die  höllenpfoite  zu. 
J.  Paol  tu.  3,71. 

HÖLLENPFUHL,  n».  hölle  unter  der  Vorstellung  eines  pfuhles. 
Rist  himl.  lied.  5,280; 

der  du  von  gifl  und  galie  recht  gesprudelt 

und  uus  verflucht  zum  tiefsten  höllenpfuhle.    Uhlasd  oed.  I3S. 

HÖLLENPL.\GE,  f.  plage  wie  in  der  hölle.   ungeheure  plage. 

GÖKI.NGK   3, 86. 

HÖLLENPOSSEN,  m.  plur.: 

trotzen  kann  ich  deinen  geistern, 

deinen  dunkeln  höllenpossen.    H.  Heise  18,  22.3. 

HÖLLEN POTZM ARTER,  eigentlich  ein  fluchender  attsntf  (vgl. 
hölle  1,  a  am  ende) ;  in  der  folgenden  stelle  in  substantirer  Ver- 
wendung und  in  einem  leortspiel  mit  hellebarte:  diese  nante  man 
wammesklopfer,  weil  sie  den  picquenirern  mit  ihren  prügeln 
und  helienpotzmarter  den  rucken  so  wol  als  den  köpf  abzu- 
fegen .  .  pflegten.  Simpl.  1,  56  Kurz. 

HÖLLENQU.\L,  f.  crriciatus  infemalis.  Stieler  14s7 : 

was  ich  mir  gelobt 
in  jenes  augenblickes  höllen^ualen, 
ist  eine  heilee  schuld,  ich  will  sie  zahlen. 

Schiller  l'rU  4,  3. 

HÖLLENRÄCHEN,  HÖLLRACHEN,  m.  rochen  der  hölle  (vgl. 
oben  hölle  1,6):  darumb  alle  klöster  als  des  teufeis  hell- 
rachen,  zu  fliehen  und  zu  verfluchen  sind.  Lcther  6, 178' ; 
der  gräuliche  hölleniachen  thut  sich  linksauf.  Göthe  41,324; 

gntt  der  uns  vom  höllen-rachen 

gab  das  mittel  los  zu  machen.    Logau  1,139,100; 

der  ganze  horizont  in  einen  höllenraehen 

verwandelt,  lauter  glulh.    Wiklajid  23,16  (Ob.  7,19); 

und  wie  aus  offnem  höllenraehen 

speit  es  verderben  zündend  aus. 

Schiller  glocke  r.  S4S. 

als   Schimpfwort  ßr  einen  mensclien :   darumb  heiszt  man  die 
Wucherer   recht   und   billig   Schinder,   stulreubcr   und   helle- 
rachen.  Palm  schimpf  87'. 
HÖLLENRAUM,  m.; 

und  schwarz  au«  dem  weiszen  schäum 
klafft  hinunter  ein  gähnender  spalt, 
grundlos,  als  gicngs  in  den  höllenraiim. 

Schiller  lanrier. 

HÖLLENREICH,  n.  gebiet  der  hollf,  die  vom  teufel  regierte 
holte,  mhd.  helleriche : 

er  (der  levfet)  wirft  zu  Christi  fusz 

sein  bölienreich  und  rousz 

seihst  in  des  siegers  band 

ergeben  fusz  und  band.    P.  Gerhard  n».  27,  ?•. 

auch  in  freiet  er  Verwendung,  gebiet  wie  das  der  hölle: 

auch  pulvergänse  haben  sie  gegraben, 
und  üoer  einem'  höllenreiche  steht 
die  bange  »ladt,  gewärtig  jede  stunde, 
dasz  es  mit  donners  krachen  sich  entzünde. 

Schiller  yMny/"rn«,  prolog  3.  auflr.; 


1755    HÖLLENREISE  — HÖLLENSTEIN 


HÖLLENSTRAFE  — HÖLLENWÜRM   1756 


i^ebiet  der  Unterwelt : 

$0  haben  mich  die  göuer  ausersehn 
zum  boten  einer  thai,  die  ich  so  gern 
ins  klanglos-dumpfe  höllenreich  der  nacht 
verbergen  möchte?  Göthr  9,46. 

HÖLLENREISE,  f.  Her  ad  inferos.  Stiei.er  1590. 
HÜLLENRICHTER,  m.  richter  über  die  todten  in  dertuUerueU: 

ob  er  schon  seinen  ernst  nicht  von  dem  höllenrichter, 

noch  fürstenstoli  von  seinem  nachbar  borgt.     TuÜMaKL  2,  35 ; 

die  göttingischcn  gelehrten  anzeigen  sind  gute  hüllen-  und 
himinelrichtcr  des  mathematikers,  reisebeschreihers  u.  s.  w. 
J.  Paul  kom.  anh.  z.   TU.  1,  94. 

HÖLLENRICHTERLICH,  adj.:  die  runzligen  beisilzer  des 
hüllengerichts,  Minos,  Äakus  und  Rbadumanthus,  in  ihrem 
höllenrichterlicben  ornat.  Wiei.anü  19,64. 

HÖLLENRIEGEL,  m.  s.  hüllriegel. 

HÖLLENRUF,  tn.  ruf  zuvi  kommen  in  die  hülle: 

vergessen  sollt  ich  ihn?  dies  wäre  todessünde,' 
verdiente  höllenruf! 

Karschin  in  l'oss  musenalm.  von  1798  s.  7". 

HÖLLENSASSE,  m.  mancipium  SaHianae.  Stieler  2038. 
HÖLLENSCHAR.  /".  infemalium  congregalio.   das.  2048. 
HÖLLENSCHEIT,  n.: 

ich  verfluchtes  hellenscheid.    B.  Ringwald  tr.  Eck.  G3\ 
vergl.  höllcnlirand. 

HÖLLENSCHLUND,  m.,  mlid.  helle-slunl: 

über  nie  erforschte  gründe, 
über  dunkle  höilenschh'inde 
leitet  schwankend  uns  der  steg.    Köbner  1,  115. 

HÖLLENSCHLUSZ,  hj.  Iiöllische,  grausenhaße,  verderbliche 
scMuszfolgerung  : 

es  glänzt  des  himmels  schein 
selbst  in  dem  hölienschlusz,  den  du  anitzt  gemacht. 

Brockes  1,  443 ; 
will  mich  des  hochmuths  bnit  mit  demuth-lan'en  schrecken,  . . . 
und  durch  den  hölienschlusz,  Verzweiflung  mir  envecken : 
'was  bist,  was  weiszt  du  doch?  nichts,  daraus  folget  klar, 
dasz  deine  seele  nie  was  göttlichs  ist,  noch  war'.    5,  IbO. 

HÖLLENSCHMAUCH,  m.  infernalis  vapor.    Stieleb  1253. 
HÖLLENSCHMERZ,  m.  höUischer,  ungeheurer  schmerz  {vergl. 
hülle  4):  Siegfried  liegt  im  zeit  in  hüllenschinerzen.  Fk.  Müller 

3,  231 ; 

aufgerissen  seine  feuenvunde ! 
durch  die  seele  höllenschmerz ! 

Scuillkr  leicheiiphanlitnie ; 
und  droht  sogar  —  o  höllenschmerz  I 
recht  oft  an  dich  zu  schreiben. 

GöKiNGK  bei,  BÜRGER  39*. 
HÖLLENSCHMID,  m.   Vulcan: 

vom  Vulcano,  meim  hellenschmid. 

FiscuART  äicIU.  2,  257,  589  Kurt. 
HÖLLENSCHWEFEL,  m.  : 

soll  die  glulh  denn  ewig, 
vorsätzlich  angefacht,  mit  hollenschwefcl 
gen&hrt,  mir  iiuf  der  seele  marternd  brennen?    Göthb  9,52; 

nun  wanstge  schuften  mit  den  feuerbacken! 
ihr  glüht  so  recht  vom  hollenschwefel  feist  (jk  ilen  dirkleufeln 

ijesaijt)-     41,  3'25. 

HÖLLENSEE,  f.  see  in  der  unlerwell;  bei  Opitz  «.,  u-iv  ineer: 

der  dicke  wüste  wald  war  sonn  und  mondes  hiosz, 
da«  schrecklich  hölleusee  grundlos  ohn  rauschen  flosz. 

iculsclie  poem.  (Hi'ii)  81. 
HÖLLENSOHN,  m.: 

triigst  du  einen  feuernamen  auch 
wie  nur  ein  höllcnsohn.     Shakesp.  Mnchelli  5,7; 

ihough  thou  call'st  ttiysclf  a  hotter  name, 
than  any  is  in  hell. 

HÖLLENSPOTT,  m.  spolt  vun  einem  aus  der  hülle: 

höllenspott! 
er  listen  unsem  herrlichen  gott!    Görui  13,  OG. 

HÖLLF.NSTEI.N,  m.  tUzmütel  aus  salf teter  sau  rem  siUier  in  fesler 
form,  hei  IIThneh  handlungs-les.  (IVn)  sp.  b'.Kt  hüllidcher  stein, 
l'ipis  iiifernatu:  uhgleiih  gegen  das  ende  der  iieiinng  {einer 
i^euhwulsl)  das  immer  fortdauernde  l)f|u|i|M-n  mit  li<illenslein 
und  andern  ützendeii  dingen  liüeiiHt  \erdrie»zli(  he  aussicliteii 
auf  jeden  neuen  tag  gehen  inuszte.  üöthe  V>,  I9:i.  bildluh: 
der  kalte  hrt|len»tein  de»  »cliuudert»  zog  sein  herz  znsaiimieii. 
J.Faul  Tu.  2,100; 

wirnn  lauter  lu((<^nd  unleriochl, 

und  bouhcii  hiibri  auf  mnrht  und  nn«ehn  pocht,  .  .  . 

dann  li>-b>T.  kukt  Falk,  dann  beizt; 

init  «itriul  und  hollenitciul     Sivai  grd.  37. 


HÖLLE.NSTRAFE,  f:  diesz  (dasz  man  sich  vor  dem  lode 
fürchtet)  küminl  von  den  groben  vorurtheilen  her,  welche  die 
christliche  dogmalik  eingeführt  bat,  von  ewigen  büllenstraien 
. . .  Fr.  Nicolai  in  Gükings  leben  iksselben  s.  151. 

HÖLLENSTRASZE,  f    via  ad  Orcum  ducens.   Stieler  2190. 

HÖLLENSTROM,  m.  hüllischer  slrom:  weil  man  sieb  unbe- 
sorgter den  reiszenden  paradiesllüssen  der  entwürfe  als  den 
zurückgebenden  büllenstrümen  der  fehlschlagungen  übergibt. 
J.  Paul  leb.  Fihels  100. 

HÖLLENSTUFE,  /". ;  es  sein  drei  stufen  der  Sünden:  das 
gelüsten,  die  einwilligung  in  solche  lust,  und  das  vollbringen 
. .  und  sein  dieses  die  rechten  böllenstufcn.  Butschky  Patm.  250. 

HÖLLENSTÜRMER,  wj..-  dasz  man  noch  des  allen  herr- 
lichen Luthers,  dieses  büUcnstürmers  vormaliger  hiniinel- 
stürmer,  .  .  gedenkt.  J.  Paul  Katzenbergers  badereise  3,  70. 

HÖLLENSTÜRZER,  m. :  die  zelotae,  die  conscientiae  tor- 
tores, . .  und  böllenstürzer,  wie  sie  Venator  nennet,  interim  551. 

HÖLLENTHOR,  «. .'  so  künd  ich  auch  (in  bezug  auf  Christi 
hüllenfahrt)  meisterlich  allegorias  draus  machen,  und  deuten, 
was  fahne  und  stab  oder  tuch,  und  hellethor  lieisze.  Lltiiek 
0,77"; 

lang  strecket  sich  der  hals  hervor, 
und  gräsziich  wie  ein  höllenthor, 
als  schnappt  es  gierig  nach  der  beute, 
eröffnet  sich  des  racheus  weile. 

Schiller  kämpf  mit  d.  drachen  v.  110; 

bildlich:  mit  berzklopfen  faszte  der  graf  den  tbürklopfer  am 
binimel-  oder  böllenthore  seiner  zukunft  an  (eines  hauses,  in 
dem  sich  seine  zukunß  entscheiden  sollte).  J.  Pall   Tit.  2,  5. 

HÖLLENTHÜR,  f  porlae  inferorum.  Stieler  2294. 

HÖLLENTRANK,  «».; 

wollen  euch  dazu  schenken  den  helletrank, 

das  ist  Schwefel  und  pech, 

das  sollet  ihr  haben  zu  ewer  zech,    fasln.  .<ip.  937,  31 ; 

und  geus  ihr  zu  dem  hals  hinein 

den  faulen  und  stinkenden  hellenlrank!     939,  C; 

fraw  bepstin,  den  hellenlrank  säur  und  nicht  süsza 

trinket!        29. 

HÖLLENUNGEHEUER,  n.: 

doch  wie  das  grosze  höllenungeheuer 
den  Zorn  gestillt,  die  herzen  ruhig  sieht. 

Griks  Tassos  befr.  Jeru-i.  9,  1. 

HÖLLENVVÄRTS,  adv.  ad  tartara.  Stieler  2439. 
HÖLLENWEG,  wj.  weg  zur  hülle.   Logal  3,46,43  fU)erschrift. 
HÖLLENWEH,  n.  cruciatus  infernalis.  Stieler  2458: 

woher  entstellt  nun  gogentheils,  an  so  viel  orten,  in  der  eh, 
auch  bei  nicht  unvernünftigen,  das  gleichsam  irdsche  höllenweh, 
das  fast  die  meisten  unter  sich  nicht  anders  sind  als  hund  und 
katzen?    Brockks  U,  569; 
im  plur. : 

in  diesen  höllenwebn 
der  Verzweiflung.    Bürger  44'. 

HÖLLENWERMUTH,  f : 

dein  mund  wird  lauter  gall 

und  höllenwermuth  schmecken.    Rist /um/,  lied.  5, 2S8. 

IIÖLLENWICIIT,  m.  der  teufel: 

der  schlaue  höllenwichl.    Wiklamd  1><,  98. 

IlÖLLENWINKEL,  m.  der  hülle  ähnliclter  u-inkel: 

dorthin  vcrstöszt  man  mich!  in  ^enes  laiid, 

als  höllenwinkel  mir  von  kindheit  auf 

in  grauenvollen  Zügen  dargestellt.    Göthk  9,  340. 

IIÖLLENWIRKLICHKEIT,  f: 

so  mitten  aus  des  himmels  schönsten  träumen 

in  diese  böllenwirklichkeit.     Körner  2,81; 

denn  bis  zu  dieser  hölleiiwirkliclikeit 

wagt  kcinPR  rociischeii  trauinbild  .sich  hinunter.    297. 

IIÖLLENWIRTII,  m.    teufel:     die    schwarzen   büllenwirthe. 
ZiNt.KHLE  kinder-  u.  haustndrchen  107. 
HÖLLENWUNDE,  f : 

wenn  von  eines  miWlchous  weiclicni  munde 

dir  der  liehe  sanft  gelispel  i|ullll, 

biihr  f.'i  pliittlii'h  eine  liiHlenwunde 

in  der  wollu.«!  msenliild  !     Schiller  kimleiiniürderiH. 

IKH.LENWURM,  m.  I)  der  teufel  unter  der  rarslrlhing  eines 
drachen  (vgl.  auch  böllendiacbe): 

bnider  Lutz  .  .  .  bringt  über  dreiozig  inhrc 
bereliH,  dein  höllenwurin  und  .«einem  tlelscli  /u  iniu. 
in  dieiier  feNenklufl  iiU  wie  in  .iviner  bahre 
ein  traurig  leben  hin.      Wikland  18,  "ii. 

2)  ein  in  die  haut  su-h  bi>lirendi>r  uumi,  furia  infernufu,  auch 
külleiidruclie.  Nkmmcu. 


1757         HÖLLENWUTII  —  HÖLLHAFEN 

HÖLLENWUTH,  f.    l)  höllische,  ungeheure  u-ut. 
2)  bei  RoMPLER  furie: 

die  hölle-wiihiPti  koniraen, 
Alekto  stost  den  braiid  dieT  in  das  sündi?  herz, 
Tisitone  die  rast,  und  wachet  das  der  schmerz 
noch  viel  mal  pröszer  wird,  Megära  reizt  die  schlanpen  .  .  . 
zu  scharpfen  Stichen  an.      12; 

als  .sich  disz  läster-bild  (ein  riese)  mit  prüllendem  geschrei, 
wie  fast  ein'  höllen-wuth,  urplätziich  h.it  ci-zeiget?    104. 

HÖLLE.NWÜTHERICH,  m.  der  leufei: 

auf  lieber  Christ,  und  welire  dich, 

ergreife  bald  die  waffen, 

damit  der  höllenwühterich 

an  dir  nichts  raüge  schaffen.    RtsT  /um/,  lieit.  4,  212. 

HÖLLE.NZAHN,  wi..'  oft  lacht  er  {ein  feindseliger  böser  geltt) 
um  alle  seine  offnen  höllenzähne  herum,  nur  zuweilen  knirscht 
er  sie  bedeckt  unter  dem  lippenfleisch.  J.  P.\cl  Tit.  3,  114. 

HÖLLENZ.\L"BER,  m.  höllischer,  teuflUcher  zauber : 

ich  weisz  es  nicht,  durch  welchen  höllenzauber 
ihr  mich  gerissen  aus  der  Christenheit 
und  fest  mich  haltet  in  verhasztem  bann. 

Ubland  gedickte  1C6. 

HOLLENZELT,  w.  hülle  unter  der  Vorstellung  eines  zeltes: 

wie  Satan  ligt  gebunden 

im  schwarzen  höllenzelt.    Rist  sabb.  seelenl.  11. 

HÖLLENZOPF,  in.,  plur.  höllenzöpfe,  auch  fuchsschwänze, 
nixhaare,  ein  besonderes  gewächs  in  den  Wasserrohren,  tcelches 
sich  als  ein  geicirre  ron  den  kleinsten  fäserchen  durch  die  röhren 
ausbreitet,  und  selbige  zidetzt  icol  rerstopfi.  Nemmch.  auch  von 
menschlichen  witren  haaren :  denn  seine  haare  wurden  lauter 
höllen-zöpf,  die  ihm  umh  die  achseln  herum  hiengen  wie 
indianische  schafschwänze.  Simpi.  (16S4)  3,S99. 

HOLLENZWANG,  m.  tUel  von  zauberbüchem,  um  die  geister 
der  hülle  zur  dienslbarkeit  zu  zwingen,  seit  dem  16.  jh.  bekannt 
und  mit  dem  numen  des  dr.  Faust  in  Verbindung  gebracht,  vgl. 
E«fGEL  bibliolheca  Faustiana  (1S"4)  5.28 /f.;  aber  sagen  sie  mir 
nur,  was  lesen  sie  denn  da  für  ein  buch?...  solche  krakel- 
fiisze,  solche  fürchterliche  Zickzacke,  die  kann  ein  mensch 
lesen?  wenn  das  nicht  wenigstens  Fausts  höllenzwang  ist... 
Lessing  1,214;  die  dritte  hauptquelle  der  Faustsage,  die  so- 
genannten hftllenzwänge,  sind  geisterbeschwörungsbücher,  die 
. . .  dem  doktor  Faust  selbst  zugeschrieben  sind.  H.  Heine 
7,  167 ;  nur  vor  eins  möchte  ich  euch  warnen,  nämlich  vor 
dem  moniteur  von  1793.  das  ist  ein  höllenzwang,  den  ihr 
nicht  an  die  kette  legen  könnt,  und  es  sind  beschwönings- 
worle  darin,  die  viel  mächtiger  sind,  als  gold  und  Hinten.  8, 3S. 

HOLLER,  m.  sambucns,  mhd.  holer,  vergl.  holder  sp.  1737 
und  holunder:  holler  sambucus  voc.  ine.  theut.  k3';  davon 
hcdlerbaum,  mhd.  holerboum  Hei.nr.  v.  Müglin  bei  Schröer 
die  dichtungen  Heinrichs  v.  Müglin,  sitzungsber.  der  Wiener  acad. 
bd.bö  s.  47»;  hollerbeere  Hobberg  1,  23S';  sambucum  hollerber 
DiEF.  509' ;  hoUerblühe  Hohberg  1,  244" ;  flores  sambuci  holer- 
plüt  Dief.  641* ;  hol'.erbüchse,  holunderröhre,  in  welcher  ein 
jnopf  von  flachs  u.  ähnl.  durch  einen  andern  mittels  des  luß- 
drucks  mit  einem  knall  fortgetrieben  wird,  ähnlich  hoUerspritze. 
ScoM.  1, 10S4  Fromm.;  hollerpfeife  :  hollerpfiefen,  cmnena,  sam- 
buca,  est  instrumentum  musicum.  voc.  ine.  theut.  k  3' ;  vgl.  dazu 
holerblaser  pfeifer  Schm.  a.  a.  o. 

HOLLEREI,  interj.  in  einem  Martinsliede : 

wollen  wir  nach  gras  gan, 

hollerei  o  I 
so  singen  uns  die  vögelein 

oollerei ! 
in  hoc  solemni  festo.    Ubla^id  rolksl.  573. 

HÖLLFREI,  ndj.  frei  von  der  hölle :  gedanken  sind  zollfrei, 
aber  nicht  höllfrei.  Felher  Sonderlinge  1,265. 

HÖLLFüNKE,  m.  höllüicher  funke:  als  nun  der  blutdurstige 
Mars  mit  seinem  uiort-schwert  (so  zu  reden)  den  ersten  zorn- 
hiew  in  das  böhmische  pflaster  gethan;  wie  ist  es  ergangen? 
die  höllfunken  haben  von  daraus  ringsumher  angezündt,  dasz 
gleich  das  ganze  Teutschland  hohelohe  gebrunnen.  Rompler 
forr.  2'. 

HÖLLGRUNDSUPPE,  f:  ich  hab  noch  nit.  will  auch  noch 
nit  rüren  die  rechte  heilgrundsuppen  von  den  persönlichen 
lästern.  Luther  adel  deutscher  nation  Dij'  {werke  1,297',  wo 
hellegrundsuppen  gelesen  wird). 

HÖLLHAFEN,  m.  länglicher  kessel  zum  wärmen  und  sieden 
des  im  liauswesen  benöthigten  wassers,  im  ofen  nach  der  hölle 
zu  {oben  sp.  174>>)  eingemauert.  Sch*.  l,  loso  Fromm.;  mer  soll 
der  stat  haffner  keinem  kein  hellhaffen  noch  roren  einlegen 


HÖLLHAKEN  — HÖLLISCHHEIT         1758 

{in  dem  ofen),  es  woll  in  dann  einer  oder  eine  selber  zallen 
von  irem  gelt.  Tccher  baumeislerb.  105, 5 ;  in  eim  hellhafen. 
Garg.  41"; 

wenn  im  das  arsloch  wer  zu  gewachsen, 

so  scholt  es  (ein  nrinpipulver)  imsz  als  weit  ausz  etzen, 

das  man  ainn  beiihafen  wol  drein  möcht  setzen. 

fasln,  sp.  768,  19. 

HÖLLHÄKEN,  m.,  vergl.  unter  hölle  5  sp.  1747. 1748. 
HÖLLHEISZ,  HÖLLHUND,  s.  unter  höllenheisz,  höllenhund. 
HÖLLIGKEIT,  /".  in  einem  litel,   wortspielend  mit  heiligkeit: 

päbstlich  hölligkeit. 

Fischart  ermanung  an  die  bundbäpsller  r.  69. 

HÖLLISCH,  adj.  und  adv.  infernalis,  mhd.  hellisch,  hellesch: 
hellisch  Erebeus  .Maai.er  218". 

\)  der  hölle  zugehörig,  in  ilir  befindlich,  aus  ihr  kommend: 
iz,  ist  dir  bejzir  da;  vorlerbe  eine;  diner  gelide,  wan  da;  din 
licham  gancz  pi'  in  das  hellische  für  {feuer).  Behaims  erang. 
buch.  Matth.  5,29;  ir  schlangen,  ir  Ottern  gezichte,  wie  wolt 
ir  der  hellischen  verdamnis  entrinnen?  Luther  Matth.  23.33; 
warumb  soll  denn  der  nicht  ehre  verdienen,  der  die  helli- 
schen feinde  erkündet,  und  die  Christen  erweckt  und  beruft? 
werke  1,202';  es  were  nicht  wunder,  das  pott  vom  hiniel 
schwevel  und  hellisch  fewr  regenet.  und  Rom  in  abgrund 
versenkt.  295';  lasset  euwern  grimmigen  zorn  fallen,  welchen 
euch  die  hellischen  gölter  zugefügt  haben,  buch  d.  liebe  20S* ; 
hellisch  weib,  furia,  die  hellischen,  inferi  M.ialer  218';  die 
Schilderung  des  höllischen  reiches  bei  Milton.  Kant  7,  SSO ; 

got  beliüt  uns  vor  den  hellischen  Dämmen ! 

fiislH.  x]i.  678,  6 ; 
auch  sol  sie  (die  arme  seele)  werden  sali 
von  dem  hellischen  stänke.    938,  32; 
das  hellisch  beer  erschrack  so  fast, 
dasz  sicbs  für  lauter  furcht  hekleckt, 
und  in  die  innerst  hell  versteckt,    mückenkr.  1,32; 

es  stank  in  ihrem  reviere 
är^er  als  höllisches  pech.    Götbe  40,  199; 
strauchelt  der  gute,  und  fällt  der  gerechte, 
dann  jubilieren  die  höllischen  mächte. 

Schiller  ilacheih  1,  1. 

bei  Luther  der  Superlativ  hellischt  {fTir  höllischst)  als  spottlitel 
des  papstes:  der  hellischt  vater  selbs  leret.  8,8'.  vgl.  hölliscb- 
heit. 

2)  der  halle  gemäsz,  teuflisch,  von  menschen,  deren  characler, 
streben,  denken,  thaten:  welchs  nicht  anders  denn  teufelisch 
und  hellisch  irrthuin  were.  Luther  1,292";  hal  noch  meinen 
bruder  erschlagen?  blutdürstiger!  höllischer!  Fr.  MCller 
3,418;  höllischer  betrug!  Kotzebue  rfrawi.  sp.  2,  219 ;  höllische 
Schurken !  Göthe  8, 98 ;  dasz  du  noch  solche  höllische  kunst- 
griffe  brauchst,  um  meine  marter  zu  schärfen.  20,  93.  ästhe- 
tisch, in  bezug  auf  maier,  die  scheuszliches  und  abstoszendes  pro- 
ducieren : 

so  verwirret  mit  dumpf  willkürlich  verwebten  gestalten, 

höllisch  und  trübe  gesinnt,  Breughel  den  schwankenden  blick. 

GöTHK  1,  360; 

auch  die  nialer  aus  der  höllischen  schule  schätzt  man  nach 
verdienst.  J.  Paul  grünl.  proc.  1,  47. 

3)  das  höllische  feuer  hiesz  früher  eine  krankheit:  so  ist  e; 
(kresse)  guot  für  den  nagenden  siehtum,  der  ze  latein  ignis 
persicus  hai?t  und  haijent  in  elleich  laien  da;^  hellisch  feur. 
Megenberg  410,  14;  dann  ein  sehr  zerstörendes  spreng-  oder 
Zündpulver:  das  letzte  dieser  geheimnisse  erinnert  mich  an 
das  höllische  feuer,  welches  in  dem  vorigen  kriege  der  könig 
von  Preuszen  zu  haben  geglaubt  ward.  Lessinc  11,238. 

4)  höllisch,  verstärkend,  mit  dem  nebenbegriff  des  abstoszenden : 
hier  ist  eine  höllische  hitze;  das  riecht  ja  hier  höllisch  übel; 
ein  höllischer  gestank;  nd.  hellsehen  warm,  auch  hellsehen 
klAk  {klug); 

's  ist  höllisch  schwül.    Görus  13,84; 
da  kanns  höllisch  was  geben.  Holtei  Lammfell  84;  vgl.  schon 
bei  Stieler  2490  hellenweit  wben  himmelweit  als  ausdruck  für 
enorme  entfemungen. 
HÖLLISCHFROH,  adj.: 

so  sieht  das  weih,  mit  höllisch  frohem  lächeln 
des  galten  Scheiterhaufen  giühn.    Gotter  1,  425. 

HÖLLISCHHEIT,  f  als  spolltüel  des  papstes  {vgl.  höllisch  1 
am  ende):  allcrhellischter  vater,  weil  es  gleich  viel  ist,  was 
vor,  oder  im,  oder  nach  dem  concilio  beschlossen  ist,  oder 
wird,  so  wollen  wir  eben  so  mehr  (on  alle  concilia)  ewer 
hellischeit  gleuben  und  anbeten.  Lother  8,209*. 


1759 


HÜLLKLCHEN—  nöLLRAUNE 


HÖLLUIEGEL  —  HOLPEKH 


1760 


HULLhlCHJtN,  HÜLLENKLCHEN,  m.  im  simtc  von  extra- 
flisclienken,  xportdn :  sie  {die  milglicder  <i«  sUidtrab)  brachten 
iler  flau  gefatterin  hundert  dukateii  und  ein  verguldetcs 
kandt,  war  ein  guter  hellkuchen  aus  des  von  Neuhaus  güll. 
LcüwiG  cluuiiik  von  Brunn  'b;  so  haben  auch  die  herreu 
hiirgenneisler  neltenst  dem  lierrn  sihiilllieisxen.  inuner  so 
einen  sclilanipanip,  und  hülleukucheu  mit  neben  bei  zu  ver- 
schlucken, oder  auf  den  pump  zu  saufen,  baurenst.  Imtetjrr.  31 ; 

tu  nick  slon  sy  dy  arm  gemein 

iln  nmb,  ol'  das  für  gee  allein 

yr  -.vil  und  nutzuii^,  dy  sv  brucLen, 

iijs  wan  nicu  yu  gibt  dy  lielkuchcn 

und  spriclit  einer  also  iu  yn 

'sc,  nim  x  guldou  vor  dyu  stya'  (slimme,  bei  iiHÜileu). 
MoNK  nnzcigrr  3,292  (lö.  j(Juh.) ; 

lielkuoclieii  und  liantsalbvii  vor  gericlit, 

dar  mit  man  eiin  armen  sein  recht  znpricht. 

fasln.  Kp.  294,  5. 
5.  das  foigemie. 

HOLLKÜCHLEIN,  »i.  pliir.  küddein,  naschwirk,  ursprfmglich 
u'ol  wie  sie  in  der  liölle  liinler  dem  ofen  aujhewahrl  sind,  um, 
durch  die  wärme  frisch  und  zart  erhidten,  jeweilen  ein  heimliches 
miscJuielüst  zu  befriedigen,  oder  einem  Iwsuche  schnell  vorgesetzt 
oder  auch  kindern  als  leckerLissen  zugesteckt  zu  werden ;  in  diesem 
sinne  icenigsletis  scheint  das  wort  im  G arg.  vorzukommen:  meister 
Janot  von  Uraccamodo,  auf  cesarnisdi  besclioren,  von  guten 
sorbonistcnharen.  bekleidet  auf  die  alt  vveisz  mit  seinem 
lyripipi  und  achsellinich :  und  den  niagcii  wo!  anlidolirt  und 
eingeweihet  mit  hollenküchlin  ansz  dem  höllhaien  inn  der 
fägisch  und  pfaffentüsch.  151";  der  warlich  seiner  mutler  nicht 
an  den  fersen  gewachsen  ist,  das  man  ihm  also  die  hollcn- 
küchlein  verbitterte.  47'.  sie  werden  wie  die  krapfen  in  fett 
gebacken,  datier  in  einer  stelle,  wo  freilich  beziehung  zu  hülle 
infernum  gesuclU  ist: 

da  sach  ich  das  ganz  hellisch  feucr,  .  .  . 
da  hört  ich  die  hellkücblein  schnalzen. 

H.  Sachs  1,  359". 

Der  name  dieses  gebäckes  konnte  leiclu  ßtr  einen  kleinen  neben- 
vortlwU.  etwas  beiläufig  gutes,  das  einem  erzeigt  wird,  verwendet 
werden;  so  heiszt  es  in  einer'  sl.  Blasier  handschriß  von  1440: 
libenlius  accipiunt  propinas  schmuchaies,  hellküclilin.  Mo.ne 
sduusp.  des  mdlelaUers  2,110;  der  sinn  eines  ungerechten  vor- 
Ihcüs,  bcstechungsmütels  entstand  hieraus  um  so  leichter,  als  das 
wwt  erlaubte  sowol  an  hehlen  aJs  auch  an  iiülle  infernum 
{s.  oben  die  stelle  aus  H.Sachs)  zu  denlien ;  dabei  ist  die  ur- 
sprüngliche Vorstellung  eines  backwerks  in  der  antvendung  nur 
selten  verwischt :  die  täglichen  hellküchliu  gegen  ihrem  obern. 
l'ARACtLs.  cliir.  Schrift.  367  C ;  denn  sobald  ein  Teutscher  in 
Italien  den  epiciuismum  gelernet  hat  und  verdewet  das  helle- 
küchlein,  so  ist  er  viel  erger  und  tückischer  denn  ein  wähl 
iwdlscliei).  LuTHEK  tischr.  432';  da  werden  die  Juristen  leicli 
voll  den  schenken  und  lielküchlein.  11.  Sachs  rfwl  50, 29,  vgl. 
dazu  die  bemcrkungen  höiiLtRs  ä.  105-107 ;  in  vir  wcge  wird 
des  menschen  verstand  verkehret ;  besonders  durch  di  helb^- 
küchlein,  oder  ungcrechle  geschenke.  BurscriKV  kanzl.  045; 
solches  gibt  ihnen  (den  beamten)  auch  per  se  stattlich  geld  zu 
zehlen,  und  ein  extra-ordinari  eliam  oder  gutes  fettes  kraut- 
iutter  und  höllküchlein  in  die  kuchen.   baurenst.  laslerpr.  10; 

der  reichen  tliu  ich  mich  erbarmen, 

di  tragen  mir  lielküchleiu  zu.    H.  Sachs  2,2, 'Mi*; 

si'buw  (las  du  niemiui  dise  woclien 

iiiil  eim  belkuchlciii  habsl  gustuclicii.    2,2,37'; 

das  mir  ein  weil  durch  iist  und  renk 

se.r  vil  hclküchcl,   gab  und  schenk 

in  meinen  beute)  hat  getragen.    3,  3,  7S* ; 

die  bellküchlein,  die  er  venert, 

die  haben  im  den  bauch  beschwert. 

I*.  HeiiucN  SiisaHiie  5,5; 
er  (ein  rnth)  bekumrol  auch  daffir  (fiir  seine  fürspraclte) 

vil  scliinir. 
dif  bellkürblein  rrist  er  gnr  gern, 
die  im  iiucb  nern  aiiüz  dem  leib  bchwerii 
durch  zippcrlcin  odr  wascersucht. 

J.  Arie»  fnttn.  »;>.  50*  (2.VJI,  14  Kftter). 

tlÖLI^LKIDiü,  adj.  in  der  hölle  leid  habend:  erschein  ich 
Helial,  ein  armer  hellleidiger  geint.    Avri:«  pror.  t,  10. 

IIOLLPUTZ,  H0U.BI:TZK,  m.  hidlischer  grist,  vergl.  bulzr 
llieil  2,  5SS: 

bat  uns  dann  der  höllpuiz 

mit  die«i'ui  i-Kel  beschlsxiMi?    oelköiuij  '.iZ\. 

II^ILI.HAI  .NK,  m.  vielleicht  nur  umdeiUunq  von  nlraune,  Iheil 
1,240,  et  tfemuhnt  aber  an  agi.  lielrAna  hollitcher  unlwld,  bel- 
IcrAue  pijthonma  Uhkih  sprachtdul:  2,33;  vgl.  auch  ahd.  hrlli- 


rftna  und  hellirün  necromanlia  Gbajk  2,525;  SritLüR  1537  gibt 
hellcrnu  und  liellerann,  runa  infcrnalis,  i.  c.  foemina  et  sacer- 
dotissa  cum  inferis  cummcrcia  liabcns:  es  habe  alter  nun  der 
leufel  und  seine  hellraunen  oder  drullen  dem  cobalt,  oder 
der  cobalt  den  zcnherin  den  namon  geiien,  so  ist  der  cobalt 
ein  giftig  und  schedlich  metall,  es  halle  silbcr  oder  nicht. 
.Math ES.  Sar.  lOit'. 

HÖLLUIEGEL,  HOLLE.NRIEGEL,  m.  rwyel  der  hölk,  d.  i. 
der  teufel,  der  den  rückwcii  aus  der  hölle  wehrt,  mhd.  Iiellerigel 
(wb.  2, 1, 702") :  «liier  teufelnamen  erscheint  Hellrigel  fastn.  sp. 
445,32.  als  bezeichnung  eines  bösen,  teuflischen  weibes:  hcll- 
riegel,  vectis  infernalis,  objectaculum  tartari,  ita  /x-r  convUium 
appeUanl  vetulam  deformem  et  rixosam.  Stieler  1572:  zu  dem 
sind  etliche  vvyber  von  arl  und  nalnr  halb  rössj  und  hell- 
rigel, nur  mannlicher  dann  wybischer  arl.  RCkk  trostbiiclüe  hs ; 
bei  .  .  dem  büsen  licUriegel  (meinei-  frau).  Frey  garteng.  41; 
bedenke,  was  du  dir  für  ein  crenz  aufladest,  wann  du  nnbe- 
dachtsamer  vveisz  hinein  plunibesl,  und  einen  bösen  hell- 
liegel  zum  weihe  bekommest.  CriEiuits  1,391;  o  du  höUeu- 
riegell  ist  das  der  dank?  ('.  F.  Weisze  kom.  opern  2,243; 

ei  du  hellrigel  und  Lucifer! 

ei  das  dein  sei  dem  teufel  wer!  (der  ehcnumn  zur  fti/p/ilmn). 

fusln.  sp.  2M,  22. 

HÖLLRIEGLERISCH,  adv.  me  ein  teufel,  teufelmäszig :  dero- 
wegen  fieuge  ich  an,  mich  mit  gänsz-sciimalz,  liiuszsalbc  und 
andern  haaiferbcnden  unguenten  also  lleiszig  zu  beschmiren, 
dasz  ich  in  kurzer  zeit  so  höll-riglcrisch  aussähe,  als  wann  ich 
milteii  in  Aegyplen  gebohren  worden  wäre.  Simpl.  3, 134  Ami;. 

HÜLLSLl*PE,  /'.  hüllisclw  suppe,  bild  für  ein  greuliches  durch- 
einander: es  ist  (bei  der  sündftul)  ein  gros  grewlich  abnemcn 
gewesen,  von  so  viel  heiligen  vetern,  die  on  zweivel  wol 
gelebt  und  regiert  haben,  was  sol  denn  jlzt  in  der  hell- 
suppen  werden?  Luther  4,43';  wer  ist  davon  gebessert,  das  so 
viel  heiligen  zu  Rom  ligen  in  der  hellsuppen,  da  kein  goltcs 
wort,  sondern  eitel  teufeis  lere  und  sein  reich  ist?  158'. 

HÖLLTEL'FEL,  m.:  summa  der  höllteufel  steckt  in  allen 
ketzern.  J.  Nas  der  warnungsengel  16S. 

HOLLL.NKE,  r».  für  halunke  s;i. 305:  dasz  ich  nicht  wie  ein 
anderer  hollnnke  und  bernhänter  wieder  nach  hause  komme. 
ScuocH  stud.  leben  M  iij ;  was  wollt  ihr  di'iiii,  ihr  holinnkeu, 
ihr  slraszenräuber?  Tieck   14,267. 

HÜLLVERSTÖRER,  m.  von  Ütristus : 

wilkomm !  höhl  und  schlangentreller, 
höllvcrstöhrer,  todesgii't.     Kompler  29; 
und  ist  kein  arzl,  der  (der  ^eete)  helfen  kan, 
als  nur  der  liail-reich  höllvcrstöhrer.    40. 

HOLM,  m.  hügel,  ein  aus  dem  niederdeiüschen  in  die  Schrift- 
sprache gekommenes  wart,  <igs.  en/jl.  holm,  altnord.  holinr,  tat. 
columeii,  culmen  (Fick  349.  729);  in  der  siebenbürgisch-sdch- 
sischen  mundart  Inmmi  kleiner  hügel.  From».  4,  194.     es  bezeichnet 

1)  aus   dem   wasser   aufragende  landerhöhung ,    insel.    Fiiiscii 

1,403'; 

aber  es  freute  sich  Karl  der  schreienden  wnsseoögel 
über  dem  holm,  und  des  becht«,  der  beginnzi  vom  abend  oui- 
porspruiig.    Voss  1,U8  (Luise  l,5ti9), 

mit  der  erkldrung  des  Wortes  auf  s.  221 :  lioiin,  kleine  insel, 
auch  halbiu'^cl  und  werder. 

2)  in  den  nordischen  seestddliti  der  plalx  wo  die  schi/fe  gebatU 
werden,  schilTsholiu.  Jacoiisson  2,  277". 

HOI-M   im  bergwerk,  s.   hulbc. 

HOL.MItlE.\K,V-  «'f  helmbieue  (.y*.  978),  die  drolme.  Neumch 
1,  375. 

HOLüPS,  interj.  freudensprünge  zu  malen :  ich  sang  und 
sprang  heute  holops  wüiirend  meiner  arbeit,  ob.schou  es  Kunol 
eine  traurige  arheil  war.    a.  m.  im   Tockenb.  TM. 

liOLPKR,  »I.  t)  eiH  sliisi,  den  man  auf  eiuetn  ratüien  weg 
im  fiiliren  beliommt,  auch  holperer.  Frisch  l,4(i3'. 

i)  die  unebenlteit  des  erdreichs,  die  solchen  slusz  rcrur$acäl: 
waH  vcrscliiügls,  wann  auf  einem  nch(ig<Mi  wege  gleich  cllicke 
holpern  und  steine  sind?  Menantks  allem,  ort.  s.  7(J. 

HOLl'tK,  als  ad),  bei  Stieler,  asjier,  sotber,  inaetjualis, 
saansiu:  ein  holpeier  weg,  via  affiera,  holpere  slirn,  fivn.<> 
rvgottt  KM. 

IIOLI'F^RN,  veib.  im  gehen  anslomen,  .«/iJ/ktii,  stolfiernä  laufen  , 
wol  nur  ein  Uulmulendes  wort,  wie  auch  -«Ittlpern,  srliweiteri.srh 
gUl  ähnlich  hillpen  hinken  und  /.itipen,  httiper  clauäicanf  und 
liilper.  Stm.iik«  2.  »>I.  Tom  er  2T»';  in  Ituringeu  und  dem  oslei- 
lunde  holpern  itolptmä  gehen  ntl>en   horpriii,  wie  fiU  «(ol|>ei'u 


1761 


HOLPERN  —  liOLTERPÜLTER 


HOLUNDER  —  HOLÜNDERWELN 


1762 


doli  storpeln  gesagt  «cw-rf,  rergl.  auch  bolkericht,  und  holler- 
polter.  holpern  begegnet  bereits  im  späten  mhd.  in  einem  un- 
lichten  Hede  Seidharts  als  holpcln : 

l'nslich  holpelt  e;  {das  kind)  da  abe.  xLiii,  13  Uaupl, 
wo  eine  handschrift  hilpelt,  die  beste  hoppelt  liest,  seil  dem 
16.  jatirh.  häufiger:  ich  holper,  impingo,  offendo,  stolper.  Alb. 
aa3*;  holpern.  tUubare,  vaciUare,  quati,  conculi,  hdsUure,  offen- 
dere,  cespitare.  gressu  rtutare  Stieler  Sö3;  holperen,  stolperen, 
tUubare,  racillare  Scbottel  133S;  in  Tirol  holpern,  stolpern, 
stoszeti,  mit  holpe.  dummes,  unbehdfenes  tceib.  Fromm,  ü,  153, 
woran  wieder  pfähisches  und  nürnbergisches  holpel  (masc.)  grober 
ungeschickter  mensch,  holpeln.  einen  heruniholpehi  ihn  hertim- 
stoszen,  hudeln  (Schm.  1.1095  Fromm.)  steht.     Es  begegnet: 

1)  in  persönlicher  fügung,  und  auf  das  gehen  und  fahren  be- 
zogen : 

mit  starrem  fusze 

kommt  er  g-ebolpert. 

einher  gestolpert.    Göthe  41,  143; 

von  einem  fuhrwerke :  da  kommt  der  wagen  hergeholperl ; 
seäut  von  einem  kollernden  buche:  lieszen  den  Virgil  fallen, 
dasz  er  vor  ihnen  den  berg  hinunter  holperte.  Miller  Siegw. 
1, 1&4. 

2)  auf  das  sprechen  bezogen :  wenn  die  guten  leute  nur  erst 
wollten  reden  lernen  I  dieses  stoszcn  und  holpern  und  stol- 
pern und  drücken  und  quetschen  der  consonauten,  das  sie 
wie  ein  pfahlwerk  vor  der  iuftröhre  stehen  haben,  hindert 
jede  gute  intention  und  ihr  eigenes  gefiihl.  Zelter  in  Göthes 
u.  Zelters  briefwechsel  2, 164. 

3)  unpersönliches  holpern: 

spuile  dich,  Krouos! 
fort  den  rasselnden  trottl 
bergab  gleitet  der  weg  .  .  . 
frisch,  holpert  es  gleich, 
über  stock  und  steine  den  trott 
rasch  ins  leben  hinein! 

GöTUE  2, 6S  (an  Schwager  Kronos). 

4)  reflexiv:  das  land  holpert  sich  an  vielen  orten,  regio 
pluribus  in  locis  saxis  exasperatur.  Stieler  853. 

HOLPERH.\FT,  adj.  asper,  salebrosus,  confragosus,  oslreatus, 
hispidus,  scaber.  Stieler  ebenda,  neben  holpericht. 

HOLPERPFLOCK,  m.  kleiner,  in  die  erde  gesteckter  pflock, 
der  den  weg  uneben  macht: 

wie  holperpflöcke  pflanzest  deine  verse  du. 

auf  dasz  du  selbst  im  rausche  drüber  stolperest.    Platk«(  300. 

HOLPRICHT,  HOLPERICHT,  adj.  uneben,  das  gleichmäszige 
gehen  oder  faliren  hindernd,  ursprünglich  nur  vom  wege :  salebrae, 
holpericht,  rawer  weg  Alb.  g4*;  ain  holperichter  weg,  via 
salebrosa,  holperichte  örter,  loca  confragosa  Steisbach  1,  '7S ; 
wurden  (die  steine)  nach  und  nach  theils  ans  nothwendigkeit, 
thcils  aus  muthwillen  in  die  geleise  geworfen  und  da  ist  nun 
der  weg  freilich  ein  biszchen  holperig  geworden.  Göthe  15,34; 
hatte  nunmehr  seine  freude  daran,  wenn  er  {auf  dem  kirch- 
hofe) . .  statt  der  holprigen  grabstättcn  einen  schönen.  Itunten 
teppich  vor  sich  sah.  IT,  201 ;  nun  wurde  die  gescllschaft 
durch  einen  holperichten  weg  zwischen  zwei  mauern  in  das 
alle  hintere  schlosz  gezogen.  1>,  253;  nun  muszte  man  über 
geackerte  stellen  und  holprichle  pfade  .  .  wandern.  21, 142. 
von  Versen:  sie  weisz  den  venvorrensten,  holprichsten,  dunkel- 
sten vers,  mit  einer  leichtigkeit,  einer  präcision  zu  sagen. 
Lessi.ng  7,21;  tagelang  konnte  sich  Gotter  mit  der  Verbes- 
serung einer  noch  nicht  correcten,  oder  holprichten  stelle 
(seiner  gedichte)  tragen.  Gotters  leben,  in  dessen  werken  3,  xlvi  ; 
der  schülerhaft  holprichte  versbau.    Platkn  2S0.  ; 

HOLST,  »I.  Hex  aquifolium.     vgl.  hülst. 

HOLTERPOLTER,  HOLTERDH'OLTER,  ifiterj.  fdH.rstürzende 
eile  malend;  der  letzte  theil  des  reimwortes  ist  deutlich  an  pol- 
tern angelehnt,  der  erste  theil  scheint,  bis  auf  den  wurzelaus- 
lautenden  dental,  an  das  auch  lautmalende  rerbum  holpern  sich 
anzulehnen:  hoher  die  polter,  inordinate,  mirtim.  commistim, 
confuse,  confusim.  lurbide,  lurbate,  lumultuose  Stieler  1464; 
es  gehet  alles  hoUer  die  polter  über  einander  her,  omnia 
sursum  deorsum  feruntur,  confunduntur.  das. ;  besonders  mittel- 
und  niederdeutsch ;  tri  letzterem  als  hulter  de  bulter  (brem.  wb.), 
hulter  de  pulter  über  hals  und  köpf  Fromm.  2, 22S;  assimiliert 
hullerdebuller  Rldiger  neuest.  Zuwachs  2,  S2;  es  gehet  alles 
holder  die  polder.  Filiüor  Emulinde  s.  32 ;  wie  es  (das  mädchen) 
aber  holler  polter  durch  dicke  und  dünne  laufen  muszte,  um 
dein  bösen  manne  zu  entkommen.  Moser  pittr.  phant.  4, 37 ; 
berr  Peter  Fix  hatte  für  den  tag  mit  beschickung  seines  bauses 
IV.  II. 


und  emballage  seines  reisebündleins,  so  holterdiepolter  er 
auch  das  alles  betrieb,  beide  bände  voll  zu  schaffen.  Siegfr. 
V.  Lindenb.  2.  3 ;  am  letzten  abend  des  Jahres  wird  er  (der 
Weihnachtsbaum)  der  plündemng  preisgegeben  und  holterpolter 
hinausgethan.  Reichenac  aus  unsem  vier  wänden  2,15«;  auch 
oberdeutsch:  hoher  die  polter  kam  izt  mein  hochgedacbler 
hcrr  raths-  und  bauberr  mit  entbranntem  gesiebt.  Weübrlix 
Chronologen  bd.  10,  no.  3  (1781)  5.  335  (dialog  zwisclien  einem 
Schwaben  und  Schweizer) ;  bairisch  holterpolter  bunt  über  eck 
Schm.  1,1102  fromm.;  in  der  form  bulter  puller : 

ein  gehörnter  schwarzer  mann 
kommt  oft  hulter  pulter.    Voss  4,  75. 

älmliche  reimworte  sind  heuster  die  peuster  (sp.  1294),  boUribul 
(theil  2,234),  holländ.  hol  over  bol. 

HOLUNDER,  ni.  sambitcus;  ahd.  holantar,  boluntar,  holaudir, 
mhd.  holunter,  holenter,  bolnder,  verkürzt  holder  und  bollcr 
(s.d.);  deutlich  an  hohl  rarus  angelehnt,  <^schon  die  ganze  bil- 
dung  des  Wortes  noch  niclit  ins  klare  gestellt  ist,  namentlich  darf 
die  natur  der  letzten  silbe,  ob,  icie  angenommen  wird,  wirklich 
verdunkelter  rest  eines  uralten  lern  bäum,  also  compositionsglied, 
oder  blosze  ableitungssilbe,  noch  niclit  als  atisgemacht  gelten,  die 
betonung  war  früher  hölunder,  u»id  noch  die  Schreibung  hoh- 
luiider  des  vorigen  Jahrhunderts  neben  hollunder  (öcon.  lex.  1054) 
deutet  diKse  betonung  an,  die  auch  in  mitteldeutschen  mundarlen 
z.b.  der  düringischen  und  mekzniscben,  bis  jetzt  haftet:  in  der 
Schriftsprache  ist  der  ton  auf  die  zweite  sUbe  gesciwben  (holünder, 
wie  man,  auch  seit  dem  vorii/en  Jahrhundert  lebendig  statt  des 
alten  lebendig  betont),  der  holünder  ist  namentlich  als  lieilkräf- 
tiger  bäum  geschätzt  (vgl.  unter  holderbaum  sp.  1737) :  vor  hol- 
lunder soll  man  den  hut  abziehen,  und  vor  wacbbolder  die 
knie  beugen.  Simrock  sprichw.  s.  25S;  es  kömmt  bei  den  ge- 
setzen  auf  die  zeichen  an  und  auf  den  luond  .  .  wie  beim 
holünder.  schneidet  man  diesen  im  abgänden  mond,  kocht 
ihn  und  trinkt  darab.  so  wirkt  er  nitsig  (nach  unten  hin), 
schneidet  man  ihn  im  wachsenden  mond,  treibt  er  obsig  (nach 
oben  hin).  J.  Gotthelf  schiddenb.  14.  —  spanischer  holünder, 
türkischer  holünder,  springa  vulgaris.  Nesxich  4, 1414. 

HOLUNDERRAUM.  m.  sambucus.  Trochus  K2'. 

HOLUNDERREERE,  f :  er  hatte  gelesen,  dasz  jene  leute 
zu  so  hohen  jähren  gekommen,  weil  sie  neben  einer  diät 
von  milch,  brot  und  «alz  fleiszig  holiunderbeeren  gegessen. 
Riehl  culturgesch.  nor.  400. 

HOLUNDERRLLTHE.  f  blute  des  holunderbaums.  auch  bkäe- 
zeit  des  hi^unders:  in  der  bolnnderhlülhc  ist  man  schlafsöcbtig. 

HOLUNDERRUSCH,  m. : 

holnnderbüscbe  ragen, 

um  ihre  gnifl,  empor.    Höltt  13  Hatii  . 

HOLUNDERKNÖPFLEIN,  m.  knospen  des  "wlundei  k.  öconom. 
lex.  (173J)  1055. 

HOLUNDERL.\URE,  f : 

erbebe  dich  (maientnfichen),  mit  allem  süsz  n  rauh  \ 
nach  jener  dämmernden  hollunderlaube!    B  rger  4  . 

HOLUNDERLAUS,  f  aphis  sambuci.   Nemmch. 

HOLUNDERM.\NNCHEN,  n.  stehaufchen  von  h- lundei  nark : 
dasz  sich  der  kegel  oder  das  hollundermännch*  n  mit  dem 
bleifusz  durch  keine  gewalt  auf  den  köpf  stellen  lä;».l.  K/  üxe 
comoedia  humana  xiv. 

HOLUNDERMARK,  b.  mark  in  den  zweigen  des  ho'undeis. 

HOLUNDERMUS.  n.  mus  aus  holunderbeeren  gekocht 

HOLUNDERSAFT,  m.  soft  aus  holunderbeeren:  ihri'i  hnU 
Inudersaft  kochte  sie  seihst.   Moser  ;xi/r.  phant.  1, 125. 

HOLUNDERSALAT,  m.  acetarium  sambuci.  Stieler  1676. 
vgl.  bolundersprosz. 

HOLUNDERSCHWAMM,  m.  peziza  auricula,  agaricus  auri- 
culae  forma.  Nemmch  4,  Olli. 

HOLl  NDERSPROSZ,  m.  blattsprossen  des  holunders:  die  im 
frühlinge  im  monat  .Marlio  ausschlagende  junge  bollunder- 
sprossen  werden  zur  seihen  zeit  gesammelt  und  unter  den 
Spinat  gekocht,  oder  aber  .  .  .  stall  eines  salats  gegessen, 
öfon.  lex.  10.54. 

HOLUNDERSTAMM,  m.  stamm  des  holunderbaums. 

HOLUNDERSTAUDE,  /".  sambucus.  Stieler  2126. 

HOLUNDERSTRAUCH,  m.  sambucus: 

am  bäcbleiu,  beim  hollunderstraucli.    Göthe  13,  130; 
dort  der  hollundcrstrauch  verbirgt  mich  ihm. 

Schiller  Teil  4,  3. 

HOLU.NDERWEIN,  m.  riHiim  floribus  sambuä  conditum. 
Stieler  2477. 

m 


1763 


HOLÜNKE  — HOLZ 


HOLZ 


1764 


HOLUNKE,  m.  ffir  lialunke,  s.  sf.  305:  bisz  dip  heucliler 
und  Schmeichler,  die  holunkeri  in  den  stubcndnnken  ausz 
den  käfichen  herauszschlicfen.    FrscHART  groszm.  34. 

HOLÜNKEN,  verb.  für  hainnkcn,  schmähen,  nchellen.  rergl. 
sp.  305  am  ende:  hergegen  einen  vorliefflichon  und  wohiuali- 
ficirten  menschen,  wann  er  etwan  ohne  hulrücken  in  ge- 
danken  einmal  vor  sie  vorbei  gegangen,  hohinken  sie  {die 
franenzimmer)  dergestalt  aus,  als  wann  er  erst  von  siinhirten, 
gleich  dem  rerloreneu  söhne,  nach  hause  gekommen,  medic. 
maulaffe  (1694)  404. 

HOLWANGER,  m.  achselträger,  verräler,  ein  der  eigentlichen 
bedeutung  nach  dunkles  trort,  in  dem  angegebenen  sinne  schon 
im  späten  mittelaller  gebraticht  {mhd.  wb.  3,502*.  Sciim.  4,110, 
mit  dem  ivrbum  liohvangcn,  einen  hegünsligen,  da  das  gegenlheil 
geschehen  sollte):  transfuga  holwanger  Dief.  593';  schändliche 
zulütlerei,  mit  der  etlich  holwanger  und  jaherrn  die  armen 
zum  verderben  treiben.  S.Frank  ...  35;  holwanger,  feder- 
klauber.  heuchler,  jaherrn,  orenkrawer,  gleiszner.  36;  der 
herr  ist  ein  rechter  hoHwanger  und  heeder  achseltrager,  bald 
will  er  den  connnissarium  liebkosen,  bald  aber  den  commis- 
sarium  aufhenken.    Abele  kiinsll.  unordn.  3,2S6. 

HOLWANGEKEI,  f.:  wegen  dieses  geübten  schelmenstücks 
und  schädlicher  hollwangcrei  öffentlich  verklagen  sollten. 
Abele  kitnsll.  unordn.  4,  304. 

HOLWANGERISCH,  adj. :  ich  gedachte,  steckt  solche  holl- 
wangerische  Schalkhaftigkeit  in  einem  fleisch-  oder  vielmehr 
beinhackcr.  Abele  kiinsll.  unordn.  3, 338.  in  der  form  holl- 
wankerisch  gerichtshändel  2,  305. 

HOLWANGISCH,  adj.  falsch,  hinterlistig:  nit  ,  .  .  dasz  ich 
wöll  sein  ein  holwangischer  zuschmeicher.  deutsche  städiechr. 
3,  33, 13. 

HOLZ,  n.  lignum;  alts.  ags.  fries.  altnord.  niedcrd.  holt, 
niederl.  hont,  ahd.  mhd.  holz,  im  gothi.ichcn  nicht  bezeugt,  als 
nächster  verwandter  dieses  uralten  gemeindeutschen  woiies  .ftellt 
sich,  icie  MiKLOSicH  lex.  palaeoslov.  287'  beibringt,  altslav.  klada 
Irabs,  nsl.  klada  truncus,  arbor  in  silva,  und  da  hier  die  ror- 
slellung  des  abgehauenen,  gefällten  entschieden  heirorlrill,  das  wort 
auch  als  eine  pasäre  bildung  genommen  werden  kann,  so  darf 
«ol  bei  ermiitelung  der  ursprünglichen  bedeutung  sanskr.  krnAti 
er  tödtet,  <,«rn;\ti  macht  nieder,  griech.  y.ei^fo  schneide  ab,  heran- 
gezogen und  holt,  holz  eigentlich  als  der  niedergeschlagene,  zu 
feuerung  und  bau  verwendete  Imumstamm  bezeichnet  werden. 

Uns  bezeichnet  das  wort 

l)  holz  als  malerie. 

o)  eichenes,  buchenes,  lannencs,  kiefernes  u.  s.  w.  holz; 
brennholz,  bauholz ;  holz  in  stammen,  scheiten,  (löszen ;  (ein) 
fuder  holz.  Nürnb.  poliz.  30Z ;  ein  klotz,  ein  stück  holz;  eichein 
und  linlcin  hfilzer.  weislh.G,  109;  was  ist  holz  vom  weinstock 
fnr  anderm  holz,  oder  ein  reben  für  anderm  holz  im  waldc? 
Hes.  15,2;  junges,  altes,  grünes,  dürres,  glattes,  krummes, 
knorriges,  gesundes,  faules,  wurmstichiges  holz:  so  man  das 
Ihut  am  grünen  holz,  was  wil  am  dürren  werden?  Luc.  23,31; 
als  das  kruni  und  estig  holz  ist.  weish.  Sal.  13,13;  er  achtet 
eisen  wie  stro  und  erz  wie  faul  holz.  Hiob  41,18;  überlliis- 
sige  feuchligkeil  der  erden,  der  bäume,  der  faulen  hölzer 
und  anderer  faulen  dingen.  Tabernaem.  1520;  sie  dürfen  mir 
kein  wurmloch  ins  holz  konnnen  lassen,  oder  ich  srhmiile. 
MßsE«  pair.phant.  1, 137;  das  holz  {der  sarge)  war  Hisi  nlicrall 
noch  gesund.  LtcnTENBERC  5  (1803)  151 ; 

nehmet  holz  vom  flchtenstaramc, 
doch  recht  trocken  laszt  es  sein. 

ScatLLKR  olocln'  V.  21. 

M  heisit  steif  wie  holz:  so  steif  wie  holz,  als  wenn  kein 
leben  in  ihm  wäre!  GOthe  14, 1«0;  s\mchwörtlich :  alle  krumme 
hrdzer  sind  quaat  zu  richten.  Sciiottel  IIM';  je  knmmier 
das  holz,  je  besser  die  krücke.  Simrock  sprichw.  ISS ;  alt  holz 
brennt  besser  als  junges,  alt  holz  gibt  gut  feiier.  grünes 
holz,  grosze  hilze.  259 ;  scherzhaft  kaltes  holz,  prfigel,  wie  un- 
gebrannte aschc  {vgl.  h(*lzen): 

Tehll  dlra  im  mngen  od«r  ilärmen, 
wll  din  bei  kaltem  holz  wo)  wermen. 

II.  WaLdi«  Knnp  4,  10,  10«. 

dM  bolz  Wichst,  wird  genill,  gewchlagen,  gehauen,  geschunden, 
aife$ehäU  (ej  ensol  anch  dehnine?,  bnrgers  kneht  knine  holz 
iner  »cbynten  norh  kaine  lo  davon  verkaufen.  Piürnb.  poliz.- 
ardn.  303),  gespalten,  gesägt,  gehackt,  gezinnucrl ;  dürr  Imlz 
wtrd  gelf»en,  gehrnnnl:  holz  und  iingHUk  wachHeii  ftlier  narhi. 
LtMMANN  M;  Abraham  ..  Kpaltel   holz  zum  brandopfer.   l  Moi. 


22,3;  holz  zimmern,  zu  machen  allerlei  künstlich  erbeit. 
2  Mos.  35, 33 ;  die  ihn  drob  fiinden  halten,  da  er  holz  las. 
4  Mos.  15,  33 ;  holz  samlen,  lignari.  Dasyp.  ;  dürr  holz  beygen, 
aridum  cotnponere  lignum.  Maaler  230',  vgl.  unten  holzbeige ; 
wenn  jemand  mit  seinen  neheslen  in  den  wald  gienge,  holz 
zu  hawen,  und  holet  mit  der  liand  die  a\l  aus,  das  holz 
abzuhawen.  5  Mos.  10,  5;  der  weg  ist  eine  wohlgemachle 
Chaussee,  um  das  {gefällte)  holz  aus  dem  gebirgc  bequemer 
in  das  land  herunter  zu  bringen.   (Jötiie  16, 227 ; 

(wiril)  die  scliarfe  axt  zur  band  ccnommen, 

und  holz  im  hain  gelallt  bis  in  die  dunkle  nachi. 

VViKLAND  23,  95  (Ol)cron  8,  40); 

wenn  nimcr  holz  da  ist,  so  verlescht  das  fewr.  spiichw.  Sal. 
26,20;  wie  die  kolcn  ein  glut  und  holz  ein  fewr,  also  rieht 
ein  zenkischer  man  haddcr  an.  21;  sprichwörtlich:  hilft  holz 
zum  feur  tragen  {schürt  die  Zwietracht).  Schotte!,  11 18';  da 
hat  sich  was  mäkeln  lassen;  da  hat  sich  was  fischen  lassen! 
da  hast  du  noch  holz  obendrein  zugetragen !  Schiller  kab. 
u.  liebe  2, 4 ;  auf  einem  holz  hacken,  ihn  schlecht  behandeln : 
zu  hofe  fällt  keiner  liärler,  als  der  in  des  henn  »mgnade 
fällt;  da  wil  iedermann  holz  auf  ihm  hauen.  Butschkv /"(ilm. 
302;  das,  wann  er  {in  Ungnade)  fällt,  iderman  holz  auf  ihm 
hacken  wil.  hochd.  kanzl.  279.  technisch  ein  bäum  hat  zu  viel 
holz  (Frisch  1, 464'),  schieszt,  wächst  ins  bolz,  leenn  er  im 
Verhältnis  zu  den  fruchten  zuviel  neue  zweige  treibt;  auch  in 
freierem  sinne:  eine  überreife,  ins  holz  gewachsene  Schöpfung. 
TiECK  20,209;  holz  legen,  beim  gärlner  abgeschnittene  ranken  in 
die  erde  legen,  damit  sie  zweige  bekommen.  Frisch  1.464". 

holz  in  der  Verwendung  beim  bau  tmd  im  kunslhanduerk : 
und  bereiten  zu  holz  und  steine  zu  bawen  das  haus,  l  kön. 
5,  18;  ich  habe  aus  allen  meinen  kreften  geschickt  zum  hause 
gottes  gold  zu  güldenem,  silber  zu  silberm,  erz  zu  ehernem, 
eisen  zu  eisenein,  holz  zu  hnlzenem  gerete.  1  chron.  30, 2 ; 
der  könig  Salomo  lies  im  eine  senfte  machen  von  holz  aus 
Libanon,  hohel.  3,  9 ;  allerlei  gefes  von  kestlichem  holz,  offenb. 
18,12;  holz  schnitzen. —  vgl.  unten  no.  3  und  holzbau,  holz- 
bude,  holzgefäsz,  holzschnitt  «.  o.  composita. 

b)  der  ptur.  hölzer,  holzarten :  es  waren  vorhin  nie  gesehen 
solche  hölzer  im  lande  Juda.  2  chron.  9, 11 ;  die  nutzbaren 
fluchtbäume  rodete  er  aus,  und  pflanzte  ausländische  hölzer 
an  ihre  stelle.    Musäus  4, 71. 

c)  das  letzte  beispiel  zeigt  den  Übergang  des  Wortes  in  die  be- 
deutung bäum,  der  mehrfach  deutlich  sich  vollzogen  hat: 

all  frücht  zu  essen  hab  eewalt, 

vom  holz  des  wissen  dicli  enthalt  {vom  bäum  der  cHtennlnif). 

SCHWARZKNBKRG   99'; 

er  lehnte  seine  feuchten  wangen 

ans  grüne  holz  (.4j)o//o  an  den  lorbecrbauml. 

HöiTt  4  finlm. 

auch  in  andern,  mehr  technUchen  Verbindungen:  todtes  holz 
nennt  der  forstet  die  nadelbäume,  weil  sie  aus  den  stücken,  stam- 
men oder  wurzeln  nicht  wieder  ausschlagen,  im  gegensatze  zu 
lebendigem  holze,  laubholze;  der  ort  liegt  zwischen  frucht- 
baren, mehr  oder  weniger  steilen,  zum  theil  mit  holz  be- 
wachsenen bügeln.  GöTHE  43,  142,  rgl.  h(dzbewachsen.  holz 
«11/  näherem  beisatze  als  bäum-  oder  auch  strauchname :  weiszes 
holz,  bignonia  leucoxylon,  lulpenbaum,  auch  melaleuca  leuca- 
dendra,  der  kajaputbaum ;  ewiges  holz,  pislacia  lentiscus,  der 
maslirbaum;  heiliges  holz,  lebensholz,  blatterholz,  pocken- 
holz,  guajacum  sanrtum,  rcn//.  dazu  unten  holzkur,  und  die 
ScHM.  1,1104/".  Fromm,  beii/ebrachte  redensart  ins  holz  legen: 
solche  kranke  und  dürftige,  die  sich  am  stein  schneiden, 
oder  wohl  gar  in  holz  legen  lassen  müssen,  aus  e.  lest,  von 
l.')16,  was  auf  die  holzkur  gedeutet  wird;  s.  auch  unten  holzhaus; 
grünes  holz,  gelbes  holz,  laurus  rhlororylon ;  stinkendes  holz, 
cnssia  ocridentalis :  wildes  hol/.,  iienbia  linctoria,  färbeginsler, 
auch  s]}arlium  .vrtijwr/Mni,  pf)iemkriiul. 

d)  mit  ii'uksirhl  auf  seinen  wert  und  seinen  innem  gchall  wird 
der  mensch  dem  holze  i'erglichen :  er  ist  aus  gulein  holze;  ein 
grobes  holz,  ein  ungeschickter  mensch,  truncus,  stijtes,  bomo 
qui  ligno  similis  er  quo  mm  fiel  Merrurius.  Frisch  1,4('>4';  denn 
ich  bin  auch  .  .  desz  hollz  desz  ihr  jetzt  seit  (iwi  glrichetn 
stände).  KiRcMHor  urndunm.  1.S7';  ich  bin  so  gut  vom  adel 
nU  ihr,  imd  eben  so  wol  desz  holzcs,  da  lunn  die  bischoff 
auszschnilzell.  Zimkcrkf  apophlh.  1,  327  ;  es  war  unmöglich  aus 
diesem  pndien  liolz  einen  iloctor  oder  lieenlialen  zu  sehnilitrn. 
Scnui'Pit's  vn2 ;  je  höflicher  du  mit  einem  schlechten  kerl  und 
groben  holz  iiniligehesl.  prrs.  rosenih.  •«,  s7;  {da  adtirhe)  in 
ihrem  herzen  die  bürgerlichen  wenig  oder  gar  nichts  arbtrlcn. 


1765 


HOLZ 


HOLZ— HOLZAPFEL 


1766 


weil  sie  in  den  ungegründeten  gedanken  stünden,  sie  wärtn 
aus  einem  ganz  andern  holze  gewachsen,  ehe  eines  mannes  49; 

kan  man  uicht  galant  betrügen, 

nennt  man  uns  ein  grobes  noiz.    Gdnthek  S3. 

2)  holz,  eine  mit  waldbäumen  und  slräuchern  didit  bestandene 
fläche,  H-ald,  wie  franz.  bois:  schon  ahd.  saltus  holz,  pergä,  ze 
holz  indrinnen  Silvas  requirere  Gbaff  4, 931 ;  mhd. 

Dii  fiten  si  beide 

nd  holz  nii  beide, 

unz  da;  si  der  lac  verlie.    Erec  3107 ; 

solde  ich  mit  iu  ze  holze  gän, 

mich  sta>che  lihte  ein  dorn,    mianes.  2,  172'  Hagen; 

nhd.  hohe  hölzer,  tiefe,  iceit  umfangene  wälder  {gegensatz  zu 
»orhöizern).  Ocon.  lex.  (l"3l)  1160;  reit  also  dem  weg  nach, 
hisz  ich  kam  ausz  dem  holz.  d.  slädtechron.  5, 107,  27 ;  unsere 
herrschaft  haben  inen  die  hölzer  alle  allein  geeignet.  Luther 
3,112';  darnach  hat  er  wollen  einen  andern  bekandten  weg 
durchs  holz  reiten.  3S5';  gehen  gar  sicher  durch  wälder, 
hölzer,  durch  ort  so  vor  den  mördern  nicht  sicher.  Schcppiüs 
697;  ein  holz  zu  besichtigen.  Schweisichen  3,  ISS; 

'ijauf  dasz  ich  recht  mit  ihnen  (rfen  nymphen)  frölich  sei, 
such  ihren  Sammelplatz  ich  in  dem  holz  hierbei. 

A.  Grtphics  1698   t,  704  ; 
der  berg  war  hoch,  mit  biisch  und  holz  bedeckt, 
und  im  gesträuch  der  krumme  pfad  versteckt. 

WiBLASD  10,  169 ; 

da  ritt  in  seines  zornes  wuth 
der  grar  ins  nahe  bolz. 

Schiller  gang  nach  d.  eisenliammer ; 

und  die  blümlein  blühn  im  bolze.    Rcckebt  40. 

sprichwörtlich :  das  holz  musz  pfleglich  gehalten  w  erden.  Pisto- 
Rics  thes.  par.  5,  64 ; 

welcher  kriegt  aus  fürwitz  und  stolz, 

derselb  jagt  in  seim  eigen  holz  (richtet  sich  selbst  tu  grund). 
Kirchhof  wcndunm.  34'. 

Feste  Verbindungen  sind  gen,  ins  holz,  zu  holz  gehen,  laufen, 
fliehen,  fahren: 

e;  was  bie  vor  unbillich,  da;  nu  mengiu  tuot, 
da;  si  ze  bolze  liefen  reijen,  sam  die  knaben. 

ininnes.  2,  77'  Hagen ; 

ir  müssen  zu  holz  gon,  und  müssen  mir  weiszes  lindenholz 
holen.  Eulensp.  no.  30  s.  42;  oß  mit  der  bedeulung  des  davon 
geliens,  weg  gehens,  vgl.  th.  3,  sp.  1253 :  sie  luffen  auch,  als  man 
da;5  stetlein  anliesz  mit  stürm,  gen  holcz  und  vermochten  die 
haubtleut  sie  nit  an  stürm  zu  bringen,  d.  städtechr.  2,  67, 15 ; 
es  geschieht  aber  oft  eh  ein  monat  hinkorapt . .  das  ye  eins 
wolt  das  ander  were  ein  wolf,  und  lief  zu  holz.  Fraxk  sprichw. 
2, 6S';  einem  ein  röhr  zuverderbcn,  dasz  er  alles  wildbret 
damit  zu  holz  scheust  {dasz  es  durch  den  schusz  nur  versciteuehi, 
nicht  getroffen  wird).  Simpl.  2, 186  Kurz;  nocli  iii  aller  frische  der 
bedeutung : 

ein  spieszhirscb,  dem  die  nahe  jagd 

die  scblanken  laufte  zittern  macht, 

flieht  schnell  zu  holz  und  thut  sich  nieder.    Hagedors  2,  29. 

ein  holz  wird  gerodet,  geschlagen,  gehauen:  die  wäld  und 
hölzer  {siivae  lucique),  so  abgehawen  seind,  wider  erstatten. 
RiHEL  Li$ius  42S;  die  meisten  hölzer  sind  privatbesitzungen, 
werden  unter  aufsieht  geschlagen  und  so  ins  land  gefahren. 
GöTHE  16,232. 

3)  holz,  das  aus  dem  holze  gefertigte,  aus  dem  holze  geschnit- 
tene {vgl.  oben  l,a  am  ende)  in  dem  verschiedensten  sinne,  vom 
pflock,  stock  oder  knappet  bis  zum  künslliclteii  gerate;  so  in  der 
bibel,  ein  stock:  schlcgt  er  in  aber  mit  einem  holz  (damit 
jemand  mag  tod  geschlagen  werden).  4.Vos.  35, 18;  ein  schiff: 
geschichts,  das  die  menschen  ir  leben  auch  so  geringem  holz 
vertrawen,  und  behalten  werden  im  schiff,  damit  sie  durch 
die  meerwellen  faren.  weish.  Sal.  14, 5;  hölzerne  schreibtafel  : 
nim  dir  ein  holz,  und  schreibe  dar  auf.  Hes.  37, 15;  das  kreuz: 
der  gott  unser  veter  hat  Jhesum  auferweckt,  welchen  ir  er- 
würget habt,  und  an  das  holz  gehangen,  apostelgesch.  5,30; 
welcher  unser  Sünde  seihs  geopfert  hat,  an  seinem  leibe, 
auf  dem  holz.  1  /Wr.  2, 24 ; 

die  ecirige  gerechtigkeit  zu  sühnen, 
starb  an  dem  bolze  gotte»  söhn.    Schillir  Karlos  5, 10 ; 
sonst  der  galgen :  wurden  an  einem  inslrument  von  3  hölzern 
gezüchtigel  (gehängt).  Happel  acad.  rom.  32; 

da  bete  er  {ein  mann)  einen  galgen  üf  gerihtet. 

der  künec  sprach :  guoter  man,  warumbe  biatu  da;  getan, 

da;  du  diu  hölzer  ül  rihles?         minnes.  3,  5*  //aj^cn; 


daran  anschlieszend,  im  galgenhumof  holz  in  die  erde  ziehen, 
den  galgen  beschweren:  {die  diebe)  werden  ..  in  die  eisen  ge- 
liffert,  oder  auch  wol  holz  in  die  erden  zu  ziehen,  an  die 
hälsz,  bis  die  hörner  wachsen,  gebunden.  Kirchhof  milit. 
disc.  120 ;  in  einer  Verwünschung  {vergl.  hölzlein) :  f uhrmann. 
wahrhaftig  es  ist  das  erstemal,  dasz  mich  ein  so  vornehmer 
herr  lieber  freund  geheiszen  hat.  Lauer,  danks  ihm  ein  spitz 
holz  I  GöTHE  42,  4 ;  holz  daran  man  trähet,  mymphur.  Dasvp.  ; 
gehölt  holz,  wie  ein  schiff  gemachet,  naustibulum.  ebenda; 
grosz  holz  mit  einem  eisen  köpf  und  handhaben  zu  beiden 
seilen,  da  man  weg  mit  pJlestert,  oder  pfal  nnt  in  die  erden 
treibt,  ftstuca.  ebenda;  höher  pfälile,  balken:  wo  hülzerne  oder 
auch  steinerne  brücken,  so  etwa  mürb  oder  sonslen  schad- 
haft, .  .  musz  man  dieselbige  unterstützen,  und  mit  starken 
hölzern  belegen.  Böckler  kriegsschule  (l66S)  s.  565;  holz  her! 
rufen,  die  zimmerleute,  wenn  sie  sich  balken  zureichen;  hölzer 
im  keller,  alias  lagerhölzer,  canterii  dolus  subjecti.  Stieler  853 ; 
im  bergwerk: 

da  man  die  schachten  stracks  mit  hölzern  unterbawt.  ' 

D.  V.  D.  Werder  .Ariost  11,  3S,  11. 

loses  holz,  beim  fensterkreuz,  der  den  rerticalen  pfosten  durch- 
schneidende titeil.  hölzer  heiszen  beim  schuster  im  groben  aus- 
geschnittene hülzerne  absätze  zu  frauenzimmerschuhen,  die  nach 
dem  jedesmaligen  schuh  ausgebildet  und  mit  teder  überzogen  werden. 
Jacobssos  2,278";  holz  do  mit  man  die  ochsen  brickelt,  ;u(/«m. 
voc.  ine.  theul.  k  3' ;  holz  dar  in  die  thur  get  oder  henkt,  postis. 
ebenda. 

Von  feineren  geraten :  holz  die  steine  des  damen-  oder  Schach- 
brettes : 

der  meint,  der  fjrrtag  sy  erdacht 

das  kleiner  arbeit  gott  nit  acht 

als  das  mans  holz  im  spielbrät  schlag 

und  karten  sitzt  ein  ganzen  tag. 

Bra:<t  narrensch.  95,26; 
holz,  schaß  der  lanze  und  lante  selbst: 

manch  bolz  sy  auf  ein  ander  zubrachen.    Tlieuerd.  103, 18 ; 
die  tasten  der  orgel: 

der  Amsterdamer  Assaph  (mrisler  Joh.  Petersen)  hat 

den  Schulzen  seine  kunst  gelehret, 

der  so  die  hölzer  schlug  und  trat, 

dasz  alle  weit  ihn  schier  verehret.    Rist  Pani.  423. 

die  harfe : 

doch  scheint  das  schnarrende  bolz  von  Orfeus  geist  beseelet, 
so  bald  sich  Rezias  gesaug  mit  ihm  vermählet. 

Wiela:«d  23,  100  (Uberon  8.  49). 
endlicJi  holz,  die  kegel  beim  kegelspiel:    wir  schreiben  uns  . . 
wie  viel  holz  jeder  gemacht.  J.  Paul  flegelj.  (1804)  1,234; 
neun  musen  stell  ich  mir,  so  wie  neun  kegel,  vor. 
man  wirft,  und  trilTt  doch  holz :  es  sei  viel  oder  wenig. 

Hagedorn  1,  62; 
schieb  ich  bolz,  da  wird  gejubelt! 
dreie !  fünfe !  sechse !  neune !    Götbx  47,  267. 

vergl.  auch  holz  im  namen  von  geraten,  rollbolz,  glättebolz, 
mangholz,  kerbhoiz,  ferner  bürstenholz  {theil  2,552);  holz  am 
Spiegel,  der  spiegelrahmen. 

4}  holz,  obscön,  wie  sonst  ruthe : 

ich  pin  ain  starker  wittwen  (lies  wittwer)  stolz, 

und  han  noch  unten  ain  gut  vol  holz, 

da  mit  ich  ain  Trauen  woi  wil  strafen,    fasln,  sp.  733,8. 

5)  holz,  eine  bestimmte  quantitäl  holzes;  auch  ein  block  h<Az 
von  bestimmter  grüsze.     in  Baiern.  Schm.   1, 1103. 

HOLZABGABE,  f.  abgäbe,  Überlassung  von  holz:  in  gegenden, 
wo  man  nur  holzfeuerung  hat,  wird  theils  durch  leseholz, 
theils  durch  holzabgabe  ...  zu  sorgen  sein.  StCve  wesen  u. 
verf.  249. 

HOLZACkER,  m.  umzduntes  stück  land  mit  holjwuchs:  wo 
bolzackcren  gelegen  sind,  die  sich  selbs  bezünen  müessen. 
weislh.  1,213  {st.  Gallen  1495). 

HOLZAMT,  fi.  anü,  aufsichtsbehOrde  über  ein  hob  oder  watd. 
Frisch  1,  464'. 

HOLZANEMONE,  /".  anemone  sylveäris. 

HOLZANPFLANZLNG,  f 

HOLZANSTRICH,  »i.  anstrich  des  hdzes  mit  färbe.  Jacobsson 
6,  lOO'. 

HOLZANZUCHT,  f:  Vermehrung  eigner  holzanzucbt.  SttivE 
wesen  u.  verf  127. 

HOLZAPFEL,  m.  pyrus  malus  sylvestris;  mhd.  hulzapfel, 
6e«  Mecenberg  329,26  auch  t»»  sing,  bolzöpfel ;  macianum  holz- 
apfel  DiEF.  311' ;  als  herbe  und  schlechte  speise  in  vielen  sprich- 
wörtlichen redensarten  verrufen :  beschwernus  ist  wie  ein  rauch 

111* 


1 767      HOLZAPFELBAUM— HOLZBERICHT 


IlOLZBEWACHSEN  —  HOLZBÖCKISCII     1768 


in  äugen,  wie  ein  hulzapfel  in  zühnen.  I.kiimann  9:^;  man  hat 
ihm  holziijtfel  angericht  (ihm  verdrusz  gemacht).  (»5;  eitern  essen 
oft  holzäpfel,  davon  den  kindern  die  zühn  stumpf  werden, 
l*»;  er  hat  holzäpfel  gcsseu  (sieht  sauer).  Schottel  112«';  tliue 
als  wenn  du  in  einen  sauren  holzapful  aus  dem  Westerwalde 
gehissen  hättest,    reime  dich  164 ; 

und  soll  zwei  jar  eitel  liolzöDfel  essen, 
die  man  den  Schweinen  het  nirgeraesseii. 

/«s/ii.  xp.  .•«)S,,20; 
langt  die  pasteten,  bringt  die  Oadcii, 
wolt  ihr  gest  zu  holzöpt'eln  laden? 

•irobuniHs  (1508)  F  ij "  (li.  2,  cnp.  l) ; 

in  einem  spoUvers  auf  die  Hessen  heiszt  es: 

wann  schleen  und  holzäprcl  nicht  gerathcn, 
so  haben  sie  weder  zu  sieden  noch  zu  braten. 

zimmerwninui''iiiuchr  B "'.     Simrock 
spricliie.  24S ; 

ich  hahe  doch  so  viel  Vernunft,  dasz  ich  weisz,  dasz  holz- 
äpfel keine  (|uitlcn   sind.   WiELANn   II,  ISs. 

HOLZAI'KELB.^l  M,  m.  pomus  maciauus.  roc.inc.lheul.ki'. 

HOLZAHBEITEH,  m.  jeder  handwerker,  dir  holz  zu  geiälen 
verarbeitet.  Jacobsson  2,  27"'. 

HOLZ.\nT,  f.:  die  natiirgeschichte  der  häume  und  holz- 
arlen.  Campe  kinderschrißen  IS,  ST. 

HOLZASBEST,  m.  amianthus  lignosus,  eine  asbeslart. 

HOLZASCHE,  f.  asche  von  holz. 

HOLZAST,  m.,  plur.  holzäste  oder  hauptäsle,  die  (jrösle» 
und  stärksten  äste  eines  baumes. 

HOLZAUFSEHER,  m.  aufseher  über  den  holzhestand  eines 
toaldes. 

HOLZ.VLFSETZER,  m.  eine  vereidete  person  in  wdUern,  die 
das  geschlagene  brennliolz  in  klaßern,  häufen  u.  s.  w.  nach  dem 
masz  setzt.  Jacobsso.v  2, 277'. 

HOLZALGE,  n.  ein  nicht  fruchtbringendes  äuge  vom  allen 
hdz  der  reben  oder  anderer  ziivige. 

HOLZALSTEH,  f.  afrikanische  und  amerikanische  auster,  die 
an  den  zweigen  und  wurzeln  der  am  ufer  stehenden  manglebdumc 
gefunden  wird. 

HOLZAXT,  /".  ajct  zum  schlagen  und  spalten  des  brennholzes: 

zwar  anfangs  will  es  ihm  nicht  gleich  nach  wünsch  gelingen, 
die  holzaxt  statt  des  ritterschwerts  zu  schwingen. 

Wieland  2:{,  95  {Uberon  8,  42) ; 

Sprichwort :  er  stirbt  nicht,  man  schlägt  ihn  dann  mit  der 
holzaxt  zu  todt,  il  ne  mouna  jamais,  si  on  ne  Ic  tue.  DijEz  40. 

HOLZBAHN,  f  Irames,  conrullis,  anfractus.   Stieler  82. 

HOLZBALKEN,  m.  hölzerner  balken  an  gebäuden,  thitren, 
fen  Stern. 

HOLZBALSAM,  m.  das  holz  des  balsambaumes  ron  .Mekka. 
NtMMcn  1,  -253. 

HOLZBAU,  adj.  ßr  das  abholzen,  iwlzschlugen  geeignet :  holz- 
l»ar  machen  heiszt  eine  blüsze  im  walde  wieder  mit  holz  anfliegen 
lassen,  so  dasz  sie  zu  seiner  zeit  wieder  abgetrieben  werden  kann. 
Jacobsson  2, 27''. 

HOLZBAU,  m.  1)  errichlung  eines  gebdtides  aus  holz,  und  so 
errichtetes  gebäude  selbst .  das  haus  war  nur  ein  holzhati ;  der 
scandinavische  holzhau. 

2)  anbau  einer  holzung,   eines  waldes.    ücon.  lex.  (17.31)  lOGl. 

HOLZBAL'EH,  m.  bauer  der  haujAsächiich  waldwirtschnß  treibt  : 
einen  hebel,  den  etwan  ein  holzbauer  ligcn  lassen.  Simpl. 
2,  IßS. 

HOLZBEAKBEITL'NG,  f:  eine  reihe  anderer  maschinen.. 
deren  man  sich  in  gröszcrn  elablissements  für  die  verschie- 
denen zwecke  der  holzbcarbeilung  bedient,  der  arbeiterfreund 
186S  t.  u. 

HOLZBFDAKK.  m.  bedarf  an  holz,  namentlich  brennliolz. 

HOLZBEKBE,  f  prnnus  fiadus,  schwarze  vogvlkirsche  und  ihi 
bäum. 

HOLZßEIGE,  f.,  un  amas  de  bois,  un  Imber,  strues  ligno- 
rum,  ptjra,  rogut.  diel.  (Genf  HVVt)  17i).     vgl.  Iieige  theil  i,  lll'l. 

HOLZBEIL,  n.  beit  zum  spalten  des  holzes:  liiuft  noch  ein 
iianer  daher,  der  bat  ein  holzheihel.  GOtz  v.  IL  Mi. 

HOI.ZBEIN,  n.  bein  von  holz,  Stelzbein:  der  slaal  lasse  doch 
einmal  den  iimern  menschen  sich  die  lehendigen  glicdmaszcn 
«elher  zuhilden,  eh  er  ihm  spiller  die  nölhigen  h<dzheine  . . 
aii«i  hieiii'l.  J.  I'all  freiheil  bucht.  10&.  auch  träger  eines  solchen, 
und  hier  ron  Stikikr  mit  männlichrm  ijeschlecht  verzeichnet:  der 
h(d/:liein,  lignio  jiede  innilent.    124. 

HOLZBEBI'  MT    • '•ih.her  berirht  uh'>   •■„..■  M-,,»»     J*- 

COBSHOX   0,  In .' 


HOLZBEWACHSEN,  pari.:  in  einiger  entfernung  gegen  Süd- 
ost hohe  holzbewachsene  berge.  Göthe  43,142; 

tief  in  einem  holzbewachsnen  thale.    Wielakd  18,49. 

HOLZBIENE,  /'.  apis  violacea. 

HOLZBILDUNG,  f:  (es  wurde)  ein  eigenes  botanisches 
mnseum  eingerichtet  und  darin  .  .  anlange  einer  zusanimen- 
slellung  von  Sämereien,  nicht  weniger  heispiele  dessen,  was 
sich  auf  hülzbiidung  bezog,  angelegt.  Götue  32,  HC. 

HOLZBINHER,  m.  im  ludlischen  salzwerke  an  arbeiler,  welcher 
das  zum  sieden  nötige  holz,  röhr  odei-  stroh  in  wellen  oder  bfindel 
bindet.  .Iacobsso.n  2,  27s*. 

HOLZBIRNBAUM,  jh.  pirus  silvestris.  Fniscn  1,464'. 

HOLZBIRNE,  f  wilde,  im  walde  wachsende  birne  {gegensalz 
zur  gartenbirne),  inlid.  hoizbir:  an  jeder  blnmen  erscheinet 
auch  die  frucht  anzusehen  als  die  kleine  wilde  holzbiren. 
Tabeknaem.  S62;  gestern  gings  Instig  zu,  da  schössen  die 
ehrenveslen,  gestrengen,  wie  ein  holzhirn  auf  einander  zu. 
engl.  kom.  2  IM. 

HOLZBLÄTTCHEN,  n.  blällchen  aus  holz:  mit  einer  be- 
stimmten anzahl  verschiedenartig  ausgeschnittener  holzblätt- 
chen.   H.  Heink   U,  137. 

HOLZBLUME,  f  die  anemone:  blaue  holzblume  anemone 
hepalica,  wcisze  holzhlunic  anemone  ncmorosa.  Nemmcii  1,290.297. 

HOLZBOCK,  m.  l)  wilder  bock,  waldbork:  holzhock,  f«peo- 
lus,  cajier  silvestris.  ror.  ine.  theul.  k  3",  in  andern  vocabularien 
rehliock  oder  Steinbock,  vgl.  Dief.  9s'.  in  Düringen  heiszt  es 
von  einem  besonders  gesunden  und  ertragiingsfäliigen  menschen 
er  ist  gesund,  derb  wie  ein   holzbock. 

2)  holzbock,  ein  gestcll  (vergl.  bock  10,  theil  2,204)  mit  ge- 
kreuzten beinen,  zum  sägen  des  holzes.  Jacobsson  2,  278*.  auch 
ein  gesteil  im  kamin ,  zum  draußegen  des  brennenden  holzes, 
brandhock,  feuerbock. 

3)  holzbock,  Schimpfwort  ßr  menschen,  mit  besonderer  heto- 
nung  des  steifen,  störrischen,  knfipß  wol  ehei-  an  die  bedeutung  2 
als  an  die  erste  an;  so  ron  weibern :  es  seindt  (viele  weibei) 
holzböck,  wilde  unlläler,  den  kein  gflt  wort  ausz  dem  numd 
geht.  S.  Fhank  sprichw.  2,201*;  die  slörrigeu  holzböcke  und 
ungeratene  unholden,  welche  hie  weder  man  noch  kindern 
haben  gut  gethan.  V.  Roth  hmismiUler ABC  ke';  von  männern: 
ein  holzbock  zum  manne,  hocc.  1,  181' ;  weil  ihn  (einen  pre- 
diger)  bedünkle,  es  hätten  sich  an  seiner  person  etliche 
saturnische  holzböcke  geärgert,  die  da  vermeinelen,  geist- 
liche sollen  nur  innner  säur  sehen.  Simpl.  l,  122  A'«r:;  ein 
holzhock,  der  stets  ein  catonianisches  gesichle  machet,  die- 
net zu  keinem  politico.  Bltschkv  Palm.  860;  gott  eilet  mit 
einem  bedrängten  und  betrübten  eheweib  manchmalen  aus 
der  weit  und  läszt  dem  holzbock  das  nachsehen  und  die  zu 
späte  reue.  Scriver  seelensch.  2, 2S2 ;  das  ist  immer  ein  ganz 
ander  leben,  wenn  die  französische  ein(|nartiernug  hier  auf 
dem  platz  ihr  brod  imd  fleisch  ausgetheilt  kriegt,  als  wenn 
die  prenszische  oder  hessische  holzböcke  einrücken.  Bettine 
briefe  1,  ix ;  dem  genie  in  der  iniisik  steht  der  gelehrte  in 
der  musik  allemal  als  ein  holzbock  gegenüber.  2, 28.''>; 

du  iinvei'standtner  grober  holzbock.    H.  Sachs  3, 3,  S4*; 
Holzböck    t«    einem   f  ist  nachtsspiele  als  eigennantc  eines  bauern 
unter  andern  liezcichnenden : 

Mault'ranlt,  l.fillars  und  Lniisniisloch. 

Langbals,  Scblutmock  \inil  Kuestrlck, 

llulzpock  und  Lnllzapr,  iiiorket  mich.    3^10,  11. 

4)  holzböck,  ein  käfer,  ccrambyx,  auch  bockkafer  (wegen  seiner 
fiildhörner,  die  den  hörnern  eines  .v/finWA-.s  ahnein),  dessen  larven 
im  holze  iJire  nalirung  finden :  der  weiche  holzküfer,  leplura, 
mit  cerambyx  nahe  verwandt.  Nemmch  3,  378. 

.'))  holzbock,  acarns  reduvius,  eine  in  gestriluchen  lebende 
milbe,  die  thieren  lästii)  wird.  .Nem.mcii  1,19;  holzliock,  re(/iVi«i.v. 
waldhcinz.  Ai.b.  \x3';  redivius  ein  holzbock,  ein  wnrmlin  das 
den  thieren  an  der  haut  kläbel,  und  das  blilt  ausz  sauget 
onablässig,  bis  d{  gestirbl.  I)as\p.  ;  holzhock,  hundslausz, 
plaget  die  Intiid  und  die  ochsen,  rediviiu,  rtcin«.«.   Maai.er  2:>o'. 

HOLZRtiCKKUEI,  /.  (ii«f/i  holzhock  3),  slomiich4S  Ittnehmen: 
sündigen  hingegen  etliche  mttnner  mit  holzhöckerei  und  tv- 
runnei.   i'iiiLAMintit  2,367.  , 

HOLZBOCKET,  adj.  ^ir  holzbockicht,  steif  wie  ein  holzbock : 
wenn  er  nicht  mit  ihnen  s(  herzen  kann,  da  licisl  es  gleich : 
es  i<t  ein   iKil/bockeii-r  manu.  Creidiis  2, 2r>4. 

HOLZBÖCKISCII.  <idj.  (nach  holzhock  3),  steif,  üünisch  wie 
ein  holzböck:  duer  irawen  mürrische,  htdzbuckische,  freinbde 
wrim  {tptitt)   tnnrhrt   ihre   xurht   und   «chnme  unMchrinbar. 


1769 


HOLZBODEN  — HOLZEN 


HOLZEN 


1770 


Fischart  eA;.  36 ;  als  mich  aber  auch  diejenige,  die  sich  um 
das  frauenzimmer  umthun  konten,  meiner  holzbricki sehen  ait 
und  ungeschickligkeit  halber  anstachen.  Shnpl.  1,291  Kurz;  da 
gab  sie  mir  ein  kusz  bis  ins  maul  hinein  und  sagte :  mein 
herr,  warum  erzeiget  ihr  euch  gegen  mir  su  holzböckisch  und 
unfreundlich?  franz.  kriegssimplic.  2,297. 

HOLZBODEN,  m.    l)  dachboden  zur  aufbeicahrung  des  hohes. 

2)  erdboden,  der  für  Wildungen  sich  vorzüglich  eignet. 

HOLZBOHRER,  m.  l)  bohrer  dessen  spitze  nur  einmal  getflfüit 
ist;  zum  bohren  des  holzes,  nicht  härteren  mnteriales.  2)  name 
det  insecten,  phalaena  cossus,  und  teredo  naralis.  Nehsich. 

HOLZBRA.NE,  /".  vorholz,  das  Unterholz  am  rande  eines  tcaldes; 
auch  hnlzbrame.     s.  brane  (/(.  2.  und  brame  2,  ebenda  sp.  293. 

HOLZBRAUN,  adj.  braun  wie  holz: 

holzbraunes  äpfelein, 

wie  bitter  ist  dein  kern.    Meihkrt  197. 

HOLZBL'DE,  f.  bretterbude :  eine  kleine  holzbude  war  näm- 
lich in  der  mitte  {des  amphUheaters)  emchtei.  H.  Heine  2, 107. 

HOLZBLNDEL,  n.  bündel  von  geschlagenem  oder  gelesenem 
dünnen  holz:  weil  sie  in  den  wald  gegangen  wären  und  holz- 
biindel  holeten.  Felsenb.  3, 366. 

HÖLZCHEN,  n.  dim.  zu  holz  in  allen  seinen  bedeutungen, 
namentlich  auch  in  der  bedeutung  2:  vor  der  stadl  befand  sich 
ein  höizchen,  das  als  vergnügiingsort  viel  besucht  ward. 

HOLZCULTUR,  f.  p/lege  eines  valdes  in  bezug  auf  seinen 
holzbestand. 

HOLZDEICH,  m.  deich,  welcher  am  fusze  mU  holz  bekleidet 
ist.  Jacobsson  2, 27S*. 

HOLZDIEB,  wi.  1)  rfieft  der  holz,  vornemlich  im  walde,  stiehlt. 

2)  auch  name  von  j^alaena  eosstu,  holzbokrer.  Nemsich  4,924. 

HOLZDIEBSTAHL,  m. 

HOLZDING,  n.  gericht  über  Waldfrevel.  Haltaüs  952:  czum 
ersten  hayn  die  menner  von  Eiben  .  .  gesaget  und  gewjset 
umb  das  hoiltzdyngk.  weisth.  3,321  {yiedersachsen  von  1440). 

HOLZDRAM,  m.  holzbalken  {vgl.  dram  th.  2,  i;ö2):  holzdräme 
und  laden  {legt  man  über  die  gruben,  in  denen  man  getreide 
nufhebl).   Hohberg  2,  59*. 

HOLZDRECHSLER,  m.  dreclisler  der  in  holz  arbeitet  {gegen- 
über dem  bein-.  hörn-,  bernsteindrechsler). 

HOLZDREHER,  m.  hdzdrechsler. 

HOLZEINSCHL.VGER,  wj,  der  die  holzhaufen  in  gehöriger 
masze  setzen  läszt,  holzaufsetzer.  Frisch  1, 464'. 

HÖLZEL,  s.  hölzlein. 

HOLZEN,  verb.  l)  hdz  schlagen,  im  walde  holz  holen,  mhd. 
holzen  (Lexer  wb.  1,  l:i30) :  luinor  ich  ghe  bolzen.  Alb.  JJ2'; 
holzen,  zu  holz  faxen  oder  gon  holz  ze  füren,  lignari,  male- 
riari  Maaler  230';  lieszen  zu  Zeiten  ain  tag  oder  2  in  der 
Wochen  . .  iedennan  holczen,  wer  wolt,  in  dem  newen  wald. 
d.  st'ldtechron.  2.  327,  3 ; 

die  ait  esklingt,  da  blinkt  schon  jedes  beil, 

die  eiche  fällt,  und  jeder  holzt  sein  iheil.    Göthb  3,244; 

f »  der  form  holzen : 

gerne  wil  ich  bei  dir  pflügen, 
gern  auf  harten  ^erstenstroh, 
liebstes  kiiid  Karille  liegen, 
gerne  dreschen,  holzen:  wo 
ich  bei  dir  nur  möge  leben 
und  zur  zeit  ein  küszgen  geben. 

ScuwiECER  ijfhnrnischle  Venux  172. 

2)  technisch,  in  transitiver  ßigung:  einen  deich  holzen  oder 
beholzen,  Um  m'U  holz  bekleiden;  beim  b<icker  den  ofen  holzen 
oder  beholzen,  ihn  mit  holz  versehen.  Apeluxc. 

3)  holzen,  bei  den  Jägern,  auf  einen  bäum  springen  oder  klet- 
tern, vom  fuchs,  marder  und  eichhorn.  ebenda. 

4)  holzen,  in  der  burschikosen  spräche,  pritgeln. 
HOLZEN,  HOLZERN,  adj.  ligneus;  ahd.  Iiolzin  bei  Notker 

(Graff  4,  932),  inlul.  dagegen  vorwiegend  liülzin  {neben  holzin 
Lexer  mhd.  wb.  l,  13S2),  was  auf  ahd.  hiilzin  hinweist,  das 
wort  steht,  bei  allmähliclun-  formverdnderung,  in  eigentlichem  und 
in  übertragenem  sinne. 

l)  in  eigentlichem,  aus  holz  gefertigt. 

n)  die  mhd.  form  klingt  in  hiilzen  oJer  oltne  umlaut  geschrie- 
benem hulzen,  noch  bis  ins  17.  jahrh.  nach:  hulzin  lineus,  est 
lüiiiuod  factum  de  ligno.  voc.  ine.  theut.  k4';  lege  ez,  uf  einen 
hiilzinen  rost.  buch  v.  g.  sp.  4;  henket  sich  mit  den  hindern 
füszen  an  einen  hiilzin  nngel.  Steinhöwel(1487)6S';  der  hiilzeu 
weinstock  bedeul  Christum.  Luther  3,142';  {da)  Jeremias  eine 
hülzen  kellen  am  halse  trug.  4,27.3';  denn  wir  sind  ja,  gott 
lub,  so  grob   nicht,  das  wir  gleulifii  «hI.t  -iMtfi'ii,   ,\:,<  ,•<  Icit». 


lich  so  zugegangen  sei  {bei  der  hüllenfahrt)  mit  euszerlichem 
gepreng,  oder  hülzen  fahnen,  und  tuch,  oder  das  die  helle 
ein  hülzen  oder  eisern  gebew  sei.  6, 77' ;  alles  hülzen  gefesz. 
i  Mos.  31,20;  holz  zu  hülzenem  gerete.  Ichron.  30,2;  bawen 
bülzin  stell  und  thürn.  Frank  weltb.  i' ;  wasser  in  einer  bülzin 
Schüssel.  Aimott  bog.  Z;  eine  hülzene  fläschen.  Pauli  schimpf 
135' ;  mit  einem  bock  oder  dolchen  in  einer  hülzen  scheiden 
umbgürtet.  Kirchhof  wendunm.  150';  und  also  rausz  man  auf 
den  palmtag  ein  hülzinen  esel,  inil  laufenden  phariseern  und 
pfaffen  ninds  umbgeben,  umbher  schleppen.  Fischart  bienk. 
149' ;  zu  der  zeit,  .  .  da  die  kelch  hülzin  und  die  priester 
guldin  waren.  171' ;  wollen  die  frösch  den  hülzinen  ploch 
nicht,  so  will  ich  den  stocken  über  sie  schicken.  Ziskcref 
apophthegm.  1, 73 ; 

so  kumbt  man  zA  der  bicht  zfi  zjt, 

wann  man  die  hülzen  taQen  lüt  [zur  charwoche). 

Bra^t  narrensch.  110',  91 ; 
ein  könig  auf  eim  hülzen  ross. 

Atrer  294«  (1470,  22  Keller) ; 

hülzes  für  hülzenes :  geht  gar  wunderlich  daher,  hat  ein  hülzes 
Schwert.  454'  (22S2, 21). 

6)  daneben,  vorzüglich  im  16.  jahrh.,  schon  vielfach  holzen : 
ligneus  holzen  Dief.  329'  {mitteldeutsch,  15.  jahrh.) ;  steinen  oder 
holzen  kirchen.  Luther  1,  I9l';  steinen  und  hülzene  bew 
{gebdude).  Schade  sat.  u.  pasqu.  2, 36, 32 ;  ob  die  ampel  for 
den  hölzenen  götzen  brennen.  3, 282, 2 ;  hiilzin  bild,  Signum 
ligneum.  Maaler  22s';  ein  hölzius  röszlein.  Th.  Platter  19. 
sprichwörtlich:  hölzin  oder  küpferin  gell  {geringe.<t,  schlechtes), 
hölzin  seelmesz.  Frank  sprichw.  2,65*; 

den  liebsten  bulen,  den  ich  hab, 
der  ligt  beim  wirt  im  keller: 
er  hat  ein  hölzins  röcklin  an, 
und  heiszt  der  moscatteller.    Garg.  S5'; 
in  der  .\chiver  langem  weiber-kriege 
bair  ietzlicli  noch  ein  hölznes  pferd  zum  siege. 
LoGAü  1,  159,  82. 
noch  Frisch   führt  die  form   hülzen   ne6en  hölzern  als  gleich- 
berechtigt an. 

c)  unter  eintritt  des  pluralen  r  der  Substantiven  mutterform 
entsteht  die  form  hülzern  (irte  beinern,  steinern,  gläsern,  flei- 
schern ßr  beinen,  steinen,  glasen.  Heischen)  schon  früh: 
ligneus  hulzern  Dief.  329'  (15.  jahrh.,  mitteldeutsch);  hulzeni 
pfulfe  {pfithl,  in  der  badestube).  Micbelsen  Mainzer  hof  i\ ; 
öfters  bei  Lcther  neben  hülzen :  es  sind  mancherlei  rosen,  als 
silbern,  gülden,  lüchern,  papiren,  steinern,  hülzern.  3, 47l'; 
kein  eisern  noch  hülzern  creiiz.  6,  S' ;  in  hülzern  und  stei- 
nern gefeszen.  2  Mos.  7, 9 ;  eine  hülzerne  seule  in  einem  könig- 
lichen saal.  Baruch  6,  58 ;  manchen  eisznen  und  hulzern  nagel 
verschlagen.  Pauli  schimpf  165" ;  von  einem  hülzern  Johannes. 
Kirchhof  wendM/im.  314';  dasz  schier  nützer  wer  es  würd  ein 
hülzern  stock  an  ire  statt  gestellet.  154';  warf  ein  hülzern 
liechtstock  in  der  kammern  ober  sich.  403'. 

d)  die  heute  in  der  schrißsprache  ausschtieszlich  herschende 
nebenform  hölzern  irirrf  hiei-  aus  dem  17.  jahrh.  nachgewiesen, 
ist  aber  wol  auch  schon  im  16.  vorhanden  gewesen : 

als  bald  nirapt  Jupiter  ihm  gold  zu  seinem  throne,  .  . 

Mercur  umb  seinen  stab,  der  vor  nur  hölzern  war. 

Opitz  1,  55 ; 
hölzerne   nägel ;    hölzerne   kisten ;   hölzerne  häuser,   säulen ; 
das  hölzerne  (trojanische)  pferd.  Lessing  6,405; 

eingeschlummert,  matt  vor  alter 
sasz  auf  seinem  bulzem  stuhle 
Cid,  der  feldherr.        Herder  Cid  62; 

an  diesem  tone  vermulhe  ich,  dasz  er  einer  jener  leule  war, 
die  inwendig  im  leibe  grau  angestrichen  sind  und  hölzerne 
gedänne  haben.  H.  Heine  It,  142. 

e)  manchmal  wechseln  die  formen  dicht  hintereinander:  auf 
ein  hölzin  geschirr  gehört  ein  hülzener  deckel.  Lehmann  lt>ö; 

warn  holzen  kelch  und  gülden  pfalTen, 
die  man  nit  tadlen  kiindt  noch  strafen, 
jetzt  aber  habens  kelch  von  goldt 
und  sein  dem  geiz  daneben  holdt, 
und  sein  die  pfatTen  jetzt  gar  hülzen, 
und  gar  viel  gröber  denn  die  rülzen. 

R.  Waldis  Exnp  4,  S.3,  J3.  17. 

2)  das    hölzerne    gelächler   hiesz  früher  die  strohfiedel,    eine 

art   holzharmonika :   das    hülzene  gelächler,    baculi  in  Stramine 

jncentes  symphoniaci  Frisch  1,562';  des  Ions  ungefchrlich  wie 

ein  hilzes  gelechier.  Winkelfelder  339; 

hülzen  gelechier  und  drommeten, 
Schalmeien,  lleiten. 

Schade  siil.  u.  patqu.  2,  233,  1366. 


1771 


HOLZEN  — HOLZFEILE 


HOLZFEIMEN  —  HOLZGELD 


1772 


3)  hölzern  in  übertragenem  sinne. 

a)  steif,  von  dem  benehmen  eines  menschen,  nicht  geschmeidig : 
sie  werden  so  einen  hölzernen  Peter  nicht  zum  rathshcrren 
machen.  Chr.  Weise  erzn.  4uO;  (wir)  verachten  einen  andern 
also  genannten  hölzernen  Peter,  kl.  leule  336;  sie  linden  ihn 
ohne  zweifei  ein  wenig  steif  und  hölzern.  Lessing  1, 573 ; 

Uvnofern)  die  nicht  wie  stumme  götzen 
sind  in  die  kirche  nur,  nicht  an  den  tisch,  zu  .setzen, 
und  die  man  billich  heist  ein  hölzern  Trauenbild, 
das  nur  zum  schauen  taug,  und  nicht  zum  brauchen  gilt. 

LOCAL  2,  13; 
pfui,  schäme  dich;  so  hölzern  bist  du  nie, 
so  unertr&glich  langsam  nie  gewesen. 

ScHiLLSR  Karlof-  2,  7 ; 

von  seinem  fühlen  und  denken,  ohne  schwung:  und  dann  der 
trockne  alllagsmensch,  der  kalte,  hölzerne  Franz,  und  wie  die 
titelchen  alle  heiszcn  mögen,  die  euch  der  conirast  zwischen 
ihm  und  mir  mocht  eingegeben  halten.  Schiller  rauher  l,  l ; 
reisen,  die  immer  das  hölzerne  ans  den  menschen  nehmen, 
wie  die  Versetzungen  das  holzige  aus  den  kohlrüben.  J.  Paüi. 
flegelj.  (1804)  1,235;  das  hölzerne  herz  im  mcnschcnklotz.  7/cs;). 
1,104; 

hölzern  ist  sonst  sein  verstand.    Logai'  3,  170,90; 

m  he:ug  auf  die  äuszcrungen  dieses  füldens,  in  rede  und  kunst : 
ich  weis  nicht,  es  klingt  im  deutschen  alles  so  hölzern,  man 
kann  in  dieser  wendischen  spräche  gar  keinen  charmanten 
gedanken  anbringen.  Gelleht  3,  280 ;  gewisse  kalte  allerwelt- 
schreiber  geben  uns  musivischc  oder  hölzerne  gcmäldc,  welche 
man  leicht  kopirt,  indem  man  sie  blos  der  länge  nach  ver- 
doppelt und  durchschneidet.  J.  Paul  vorsch.  d.  ästk.  3,28;  die 
hölzerne  nichtigkeit  der  romantischen  kunst.  H.  Heine  6,127. 

b)  liölzern,  von  einer  klanglosen  slimtne:  polterte  Barthle . . 
mit  lauter,  hölzerner  stimme.  Felder  sondert.  1,3;  selbst  vom 
gescJimack:  hölzerner  geschmack,  sapor  insiindtis.  Stieler  855. 

c)  als  bild  für  geringes,  nichtiges:  hölzin  oder  küpferin  gelt, 
hölzin  seelmesz.  S.  Fraxk  sprichw.  2,65';  Salomc  bittet  für 
ihre  söhne,  einen  soll  er  zum  groszcanzler,  den  andern  zum 
vice  re  machen,  o  der  närrischen  bilt !  o  der  hölzernen  an- 
schlug! Otho  1350. 

HOLZER,  m.  lignarius.  Dief.  329";  liolzer  oder  holzman, 
lignarius,  dicitur  opifex  ligni  aut  inhabilalor  ligni.  voc.  ine. 
tlieut.  k3'. 

HOLZERDE,  f  erde  aus  verwestem  holze. 

HÖLZERMESSER,  m.  messer  der  Schuhmacher  zum  schneiden 
der  hölzer  oder  absätze. 

HÖLZERNAGEL,  m.  nagel  zum  befestigen  solcher  absätze. 

HÖLZER.NHEIT,  f.  nach  hölzern  1,a:  die  (von  Wolf  über- 
setzten) hundert  verse  der  Odyssee  litten  an  hülzernheit, 
Schwerfälligkeit.  Berliner  jahrb.  1846  no.  119  s.  1017;  in  den 
eckigen  krümmungen  seines  (Paganinis)  leibes  lag  eine  schauer- 
liche hölzernheil.   H.  Hkink  4,223. 

HÖLZEKRAND,  h».  ein  stück  leder  oder  zeug,  womit  die  höher 
oder  hölzernen  absdlze  der  frauenzimmerschiüie  überzogen  werden. 
Jacobssok  2,  278*. 

HOLZERSPARLNG,  f. 

HOLZESSENZ,  f  essenz  aus  heiikrdßigcn  hölzern.  Jacodsson 
6, 104'. 

HOLZESSIG,  m.  essig  der  durch  trockenes  destillieren  vegeta- 
bilischer Stoffe  gewonnen  wird,  dazu  liolzessigofen,  ofen  behufs 
derartiger  deslillalifm.    Jacobsson  2, 27S'. 

HOLZELLE,  f.  strLc  sihestris. 

HOLZFAHRT,  f  liguatio.  Stieler  4U4;  doch  soll  sie,  die 
hoffrau,  jedes  jahrs  zwo  holzfahrlcn  iiacber  Wetzflar  in  meines 
ordens  hausz  daselbst  zu  thun  verpflichtet  und  schuldig  sein. 
Lex  N  EP  lundsiedelrecht  2,118  (von  1C29). 

HOLZFÄLLER,  m.:  die  axt  des  hoizfailcrs.  Frevtac  verl. 
hnndschriß  1.57. 

HOLZFARB,  adj.  von  der  färbe  des  hohes: 

die  rCiuri  (möttclmkamie)  ctchenTarb  und  holzCnrli. 

FiKciiART  iiicUt.  I,  I.'i3,  790  Kurt. 

HOLZFARBE,  f.  färbe  des  hohes,  oder  auch  einer  bestimmten 
bolzart.  ferner  die  färbe  die  man  aus  irgend  ciunn  firhhn!:!' 
nhüt.   JaC(ibhso.'<   6,  104'. 

HOLZFASER,  f  fater  des  hulzes. 

HOLZFASSL.NG,  /. .'  die  hulzfasHuiig  (des  kanztl-  und  Mn- 
ttuhls).  J.  Paul  vorsch.  d.  däh.  2, 117. 

HOLZFAILE,  f.  faulwrrden  des  holzes:  holzfeüic  caries 
Maaler  rto'. 

IIOLZFEILE,  f.  feile,  um  holt  damit  zu  feilen,  ratpel. 


HOLZFEIME.N,  «».  kunstgerecht  aufgesetzter  holzhaufen.  in 
Sacli.'ien.  niederd.  hollfimme,  fem.  schober,  aus  splUterholz  zu- 
samnicngt'lcgl.  Scham  räch  270*. 

HOLZFERGER,  m. :  holzfergker,  holzflölzer  zii  einem  bauw, 
materiarius.  Maaler  ZW'. 

HOLZFERTIG,  adj.:  hidzfertiger,  holzreicher,  gerichteter 
meiler  heiszt  bei  den  kühlem  ein  nieder,  dessen  erforderliches  holz 
bereits  gehörig  gelegt  und  aufgericldet  ist,  so  dasz  er  nur  noch 
bedeckt  werden  darf   Jacobsson  2, 279*. 

HOLZFEUER,  n.  feuer  aus  holz  entzündet  und  nut  holx  unter- 
halten. 

HOLZFEUERUNG,  f  feuerung  mit  holz,  im  gegensatz  zur 
kohlenfeuerung  (theil  5, 1587) :  in  gegenden  wo  man  nur  liolz- 
feuerung  hat.  StCve  wes.  u.  verf.  24«. 

HOLZFIGUR,  /'.  aus  holz  geschnitzte  figur :  er  gritf  zum 
Schnitzmesser  und  machte  allerlei  drollige  holzfiguren.  Riehl 
culturgesch.  nov.  313. 

HOLZFLIEGE,  /".  musca  ligniperda,  beerfliege.   Stieler  510. 

HOLZFLOSZ,  »I.  veibundene,  einen  flusz  hinab  geleitete  (ije- 
flöszte)  baumstämme,  holländ.  houtvlot.  dafür  holzflotz,  plur. 
holzflötze:  die  holzllotzhendler  bei  ihrn  holzmarklen.  Garg.  Ihü'. 

HOLZFLÖSZE ,  f  eine  anslalt,  woiturrh  holz  weiter  geflöszt 
oder  gescha/Jl  wird.  Jacobsson  2,  279*. 

HOLZFLOSZER,  m.  der  höh  flöszt.  im  15.  ;//.  holzvlölzer 
Lexer  mhd.  wb.  1,1332. 

HOLZFLÖTE,  f.  flöte  von  holz  (im  gegensatz  zur  metallflüte). 
I«  der  orgel  ein  hölzernes  flötenwerk. 

HOLZFORST,  in.  und  f  wald,  forst,  eine  lautolo<iisilw  com- 
posäiou:  ob  auch  jemands  der  holzforst  ohne  erlaubnusz  der 
Obrigkeit  des  liauses  Lauenstein  zu  nahe  graben  oder  zeunen 
inügc.  weisth.  4, 649 ;  soll  es  alsdann  dem  liolzforste  zuge- 
wachsen sein.  das. 

HOLZFÖRSTER,  m.  försler,  aufsehei-  über  den  bloszen  wald 
(nicht  auch  zugleich  das  wild);  holzforster,  cuslos  nemorum 
Maaler  230'. 

HOLZFRAU,  f  dryade: 

bei  dieser  eichen  thet  man  schawen 
und  hören,  die  meng  der  holzTrawen 
die  man  da  hört  pusten  und  lachen.    If.  Sachs  4,  3,  112*. 

HOLZFRESSER,  m.  der  holz  friszt.  1)  im  gemeinen  leben 
von  einem  ofen,  zu  dessen  heizung  viel  holz  gebraurlU  wird:  er 
ist  ein  holzfresser. 

2)  namc  eines  das  schiffhoh  anfressenden  wurmes,  leredo  na- 
valis,  schifl'tvurm,  bohrwurm. 

HOLZFREVEL,  m.  frevel  im  walde,  hohdiebstald. 

HOLZFREVLER,  m. 

HOLZFROHNE ,  f  frohndiensle  bei  schlagen  und  fortführen 
des  hohes. 

HOLZFUHRE,  /".  führe  zutn  fortschaffen  oder  herbcißhren  des 
geschlagenen  hohes. 

HOLZFIHRER,  m.  materiarius.  Maaler  230*. 

HOLZFÜRST,  »».  .•  brieve  an  Assaph  den  holzfürsten  des 
königes  (tTnaroXi}!'  ejii  ^aaf  fvXaxa  roi>  naoaSeiaou  oi 
tan  rot  ßaodsl  septuag.),  das  er  mir  holz  gebe  zu  balkeii 
der  pl'orten  am  pallasl.    Neh.  2, 8. 

HÖLZGARTEN,  m.  sammlunysiüatz  des  holzcs,  vorzüglich  des 
geflöszten  brenn-  und  Scheitholzes  nalie  an  floszbaren  wassern. 
Jacobsson  G,  105*. 

HOLZGEBÄUDE,  »i.  .•  das  alte  schwarze  wunderliche  Indz- 
gebäudc  (eine  müJde).  Göthe  17,81;  ein  ernstes  hidzgebäude 
nach  ältester  art  und  construction.  mit  säulen  von  baiun- 
stämnien,  und  kaum  gekanteten  gebälkeii  und  gesinisen.  40,373. 

HOLZGEBER,  m.  beumter,  der  das  im  walde  gesriäagene  hui: 
verabreicht,  die  erneute  (ungedruckte)  Carber  markurdnung  von 
1657  enthält  einen  eid  <ler  holzgeber. 

HOLZGEBUNI),  n.  hohbiindel  : 

eilt,  M-tzt  (Ion  boUsiusz  uul.    bringt  pcch,  bringt  holzgobüud'T.' 

A.  GüTPHiut  1008  1,  107. 

HOLZGEDING,  n.  u-as  holzding. 

HOLZGEFALLE,  »t.  gefalle,  cinkünfle  an  holz  oder  auch  aus 
eineni  walde. 

HOLZGEIST,  m.  flüchtiges  deslillat  aus  dem  holze,  das  swh 
in  der  rt>lien  hohmture  findet.   Kahmarscii  2.  275. 

IHlLZGELANtiE,  u.  ein  zum  anbau  des  holzet  bestmmlet 
(Hier  mit  höh  hewarhseues  gelange.   AiiKLIinc. 

H0L/<;KLI),  »I.  geld,  ahjabe  aut  dem  holze:  ej  schoi  ain 
iedich  Inirger  verlonungeii  (rersteuern)  snringell,  Ti.Thrgell. 
kummo4t,  rflhengell,  liolzgidl.  Sürnb.  pol.  16.  auch  geld,  erlu^ 
aus  rerkaupem  holze;  emllieh  geld  das  zum  halzeinkauf  he>timmt  nl. 


1773 


HOLZGERECHT  —  HOLZHASE 


HOLZHAU  — HOLZKOPF 


1774 


HOLZGERECHT,  aiij.   kentnis  des  hoizicescns  habend,   forst- 
gerecht: der  lebrpursch  imisz  ferner  bei  deu  holzanweisungen, 
dein  abposten  und  holztaxirungen  fleiszig  mit  zugegen  sein  und 
auf  alles  was  dabei  vorgehet,    genaue  achtung  geben;    denn 
dadurch  wird  er  bolzgerecht.  Heppe  jagdlust  1  (lTs3)  31. 
HOLZGERECHTIGKEIT,  f.  gercchtigkcU  über  einen  wald. 
HOLZGERICHT,  n.  gericht  über  Waldfrevel. 
HOLZGESCHMTTE.N,  pari,   aus  heiz  gescImiUen :    in  einer 
reinlichen  holzgeschuittenen  schale.  Fr.  Müller  l.  59 ;  in  hoh- 
schnilt   attsgefüiirt :   ich  sah  Jacksons  holzgeschnillene  blattet 
beinahe  vollständig  ziun  erstenmal.  Göthe  32, 147 ;    die  holz- 
geschnittenen bildet  des  todes  in  Hünigets  vetdeutschung  von 
Geilets  nattenscbiff.  Wacker>agel  kl.  sehrift.  2.372. 

HOLZGESCHMTZT,  part.  aus  holz  geschnitzt:  wo  auf  blät- 
tetn  und  holzgeschnitzten  schusseln  sie  ein  ländlich  nacht- 
iiiahl  etwartet.  Fr.  Müller  1.  5S;  auch  wie  holzgeschnitten,  in 
holzschnitl  oder  holzschnitlartig  ausgeßthrt:  hernach  muszt  ich 
lachen  Aber  den  holzgeschnitzten  Egmont.  Göthe  S,19ö  (rorÄ^r 
wie  du  den  holzschnitl  und  die  beschteibung  fandst);  wie 
seht  unsere  geschminkten  puppenmahler  verhaszt  sind,  mag 
ich  nicht  declamiten  . . .  männlicher  Albrecht  Dürer,  den  die 
neulinge  anspöttcln,  deine  holzgeschnitzteste  gestalt  ist  mir 
willkommener.  39, 350. 

HOLZGESCHÜTZ,  fi.  eine  ort  armbrust,  scorpio.  Frossp. 
3,  -232'. 

HOLZGEWERBE,  n.  hohhandel:  auszer  Viehzucht  ist  holz- 
gewetbe  .  .  nabtun gszweig  det  einwohnet,  v.  Kobbe  Bremen 
und   Verden  1,117. 

HOLZGÖCKER,  m.  picus  martitis,  sch»!ar2specht.  Nemkich 
4,963. 

HOLZGÖLLE,  f.  plattes  fluszschi/f  zum  fortschaffen  von  holz. 
Jacobssos  2,279";  auch  holzjolle. 

HOLZGRAF,  m.  comes  silvae,  grafio  mareae  sUreslris,  judex 
judicii  quod  conseirationem  sUcarum  procura!  et  causas  Iraclat 
silveslres.  Haltacs  953 ;  richter,  oberster  einer  markgenosscnschafl 
überhaupt:  in  dem  falle,  wo  ein  ehtlichet  markgenosse  nicht 
von  der  Weisheit  seines  holzgrafen,  . .  sondern  vgn  dem  ur- 
theile  seiner  mitmärker  abhängt.  Moser  patriot.  phant.  1,301; 
wenn  det  holzgraf  mit  seinen  markgenossen  es  nicht  dienlich 
findet,  die  mark  damit  (mit  anschaffung  einer  neuen  feuerspritze) 
zu  beschweren.  3. 1>4. 

HOLZGRAFSCHAFT,  n.  amt  und  bezirk  eines  holzgrafen. 
Haltaus  953. 

HOLZGRÄSEREI,  /".  grasnutzung  in  einem  walde.  öconom. 
lex.  S4S. 

HOLZGRAl  PEN,  fplur.  silbergraupen  in  holzältnlichem  schiefer. 
HOLZGRU.ND,  m.  gegend  die  zum  wald  bestimmt  ist.  Frisch 
1,  464'. 

HOLZGRLNDUNG,  f.  das  grundieren  des  holzes,   außragung 
eines  farbengrundes  behufs  weiterer  bemalung.  Jacobsson  2,279*.'. 
HOLZGÜRTEL,  m.  landschaflliche  zone,  innerhalb  deren  noch 
holz  wächst:  es  bewohnt  die  höchst  gelegenen  stellen,  höch- 
stens bis  zum  holzgiirtel  herab.    Brehx  illustr.  titierl.  2,92. 

HOLZHABER,  m.  abgäbe  von  haber  ßr  gewisse  rechte  in  einem 
gemeinde-  oder  herschaßlichen  walde:  darnach  fragt  der  obg. 
richter,  was  rechts  die  in  dem  walde  haben,  die  holzhabern 
und  forsthabcrn  geben.  icets//i.  6. 109 ;  sin  zinskorn  und  hulz- 
haffern  liffern.  4,621. 

HOLZHACKE,  f  holzaxt.  Jacobsso.n  2, 279*. 
HOLZHACKER,  m.  1)  der  holzfäller:  die  holzhacker  .  ., 
wenn  si  daj  holz  oder  die  paum  hawcn  wellent.  Mecesberc 
309, 9.  jetzt  mehr  derjenige,  der  brennholz  zu  kleinen  stücken 
spaltet:  dasz  ich  abends  so  müde  wie  ein  bolzbacker  bin. 
E.  KöxiG  bei  Lessing  13, 2S5. 

2)  sitta  europaea,  der  blauspecht.  Neh.mch  4, 1310. 
HOLZHACKERSPAN,  m.    spnn    wie   er  beim  holzhacke»  ab- 
fällt :  hat  . .  ein  kurzen  holzbackerspan  in  bänden.  J.  Ayrer 
377'  (1S)90, 1  Keller). 

HOLZHAFT,  adj.  liolzarlig:  das  übtig  gebliebene  holzhafte 
(einer  pflanze).    Göthe  55, 120. 

HOLZHÄHER,  m.  coracias  garruUi,  mandelkrdlie,  birkenhäher. 
HOLZHAKEN,  m.    haken  der  zimmerletUe  sum  befestigen  des 
Imuhdzes  beim  beschlagen. 

HOLZHANDEL,  m.  handel  mit  bau-  oder  brennhoh.  Frisch 
1,464". 

HOLZHÄNDLER,  m.  händler  mit  solchem.  Simpl.  2.  Ihi  Kurz. 
HOLZHäNDLLNG,  f  handlung.  handelsgeschdß  mit  holz. 
HOLZUASE,  m.  hase  der  im  «aide  lebt,  gegensatz  zu  feldhase. 


HOLZHAU,  m.  oH  in  einem  walde  wo  holz  geschlagen  wird. 
Jacobssox  2, 279' ;  holzhauw ,  ein  Ott  da  man  holz  hauwt, 
lignatio.  Maaler  230*.     vgl.  hau  4  sp.  562. 

HOLZHALER,  m.  holzfäller :  bringen  exte  . .  wie  die  holz- 
hewet.  Jer.  46,  22 ;  man  beneidete  die  jaget,  kohlet  und  holz- 
hauet, leute,  die  iht  betuf  in  diesen  glücklichen  wohnplätzen 
festhielt.  Göthe  19,36;  holzhauer  und  betgleute.  21,57. 

HOLZHAUERWERKZEUG,  n.  Beckers  weügesch.  2,367. 

HOLZHAUFE,  m.  häufe  aus  geschlagenem  oder  gespaltenem 
hdz:  bolzhaufen.  slrues,  cumulus  lignorum.  voc.  ine.  theut.  ks'. 

HOLZHAUS,  »I.  1)  aus  holz  erbautes  haus.  2)  haus  zur  auf- 
bewahrung  von  holz :  holzhaus  ligmle  Dasyp.  ; 

zu  letzt  fandt  man  die  armen  gecken 
in  einem  alten  holzhausz  stecken. 

.grobianus  (t'raukf.  156S}  W  (6.  2,  tu/).  8). 

3)  haus,  spital  in  dem  die  hdzkiir  gegen  syjMlis  angewendet 
ward.  Seil».   1, 1104  {von   1519  und  1620). 

HOLZHEFT,  n.  hölzernes  heft :  messet  und  gabel  mit  bolzheft. 

HOLZHEIE,  f  hdzsehlägel. 

HOLZHERR,  m.  ratsherr  der  beim  hallischen  salzwerke  über 
das  hdzwesen  gesetz-t  ist. 

HOLZHOF,  fw.  hof  zur  aufhemüming  von  holz,  vorzüglich 
name  ßir  ein  städtisches  gebäude,  das  zur  aufbewahrung  der 
städtischen  holzvorräte  und  ähnlicher  dinge  dient;  in  Liipzig  und 
andern  orten. 

HOLZHUHN,  n.  l)  picus  martius,  schwarzspechi.  Nemmch 
4,  963.     2)  huhn  als  zins  ßr  waldnutzung.     s.  das  folgende. 

HOLZHÜHNERZLNS,  m.  zins  an  kühnem  ßr  waldntazung. 
Haltacs  953. 

HOLZHÜTTE,  f  lignarium.   Stieler  869. 

HOLZICHT,  adj.  holzartig,  holzähnlich:  holzächtig,  herl  wie 
holz,  dem  holz  geleich,  lignosus.  Maaler  230*;  johanneskraut 
hat  ein  hatte  holzechte  wurzel.  Tabernaeäost.  1249;  cytisus, 
ein  klein  holzechte  staud  mit  dtei  und  drei  bletteren  von 
klee  und  gelben  blumen.  Egesolfs  Virgil  1597  312*;  die  so 
genannte  spteng-  odet  sptingwutzel,  welche  ich  von  beiden 
obengedachten  companen  verehrt  kriegte,  sähe  sehr  hulzecht 
ausz.  Simpl.  4, 134  Kurz ;  bölzichte  ruben,  rapa  dura,  nervosa. 
Stieler  SK.     holzbewaclisen : 

so  gleich  erfrischet  sich  das  holzigte  revier. 

0^'ERBECK  Virgii."  hirtengeä.  (1750)  125. 

HOLZIG,  adj.  von  hdz  oder  holzartig:  ir  werk  folgen  inen 
nach,  wenn  das  fewet  utteilet  ire  wetk  und  vetbtendt  den 
alle  wetk  die  holzig,  hewisch  odet  stiipelich  sein.  Carlstadt 
sermon  vom  standt  der  christglaub,  seelen  Bij*. 

HOLZKÄFER,  m.  cerambyx  und  leptura.     vgl.  holzbock. 

HOLZKAMMER,  /".  kammer  zur  aufbewahrung  von  hdz.  bild- 
lich von  einer  holzreichen  gegend:  und  sind  die  gebitge  umhet 
die  holzkainmet  von  dem  pays  de  Vaud.  Göthe  16,231. 

IlOLZKASTEN,  m.  kästen  zur  außewahmng  von  gespaltenem 
brennholz.  in  der  kiuhe  oder  im  zimmer. 

HOLZKAUF,  m.  kauf  von  hdz :  auf  den  holzkauf  gehen. 

HOLZKÄUFER,  m. 

HOLZKERN,  m.  das  innerste  des  hdzes,  vgl.  ketn  3,  a  Ih.  5 
sp.  595 : 

ein  wurm  der  do  wechst  in  holzkeren. 

UaupU  zeilschr.  9, 106. 

HOLZKIRCHE,  f.  aus  hdz  erbaute  kirche:  der  blick  des 
ptofessots  haftete  an  der  alten  holzkirche.  Fbeytag  ftand- 
sckriß  1.  89. 

HOLZKIRSCHE,  f  prunus  avium,  wilde  kirsche. 

HOLZKITT,  m.  kitt  ßir  holz,  leim-  wit  haben  in  disen 
landen  .  .  unsete  bolzkütten  odet  leime  ausz  den  kölhen, 
füszen  und  viehohten  sieden  . .  müssen.  Matbes.  Sar.  57*. 

HOLZKLAFTER,  f  klaßer  bei  der  hdzmessung:  die  neue 
Wicuet  holzklafter.  Zobels  tageb.  bei  Schöpf  tirol.  id.  M2. 

HOLZKLOTZ,  m.  truncus.  auch  bildlich  ßir  einen  unbehd- 
fenen  oder  unförmlichen  menschen :  hab  nie  ein  schönctes  kind 
gesehen,  alle  andern  sind  holzklötze  dagegen.  Armx  kronenw. 
1,24. 

HOLZKNECHT,  m.  servus  euratoris  rei  Hgnariae.  Frisch  i,4&t*. 

HOLZKNOI'F,  m.  aus  hdz  gedrehter  knöpf 

IIOLZKNOPFM.\CHER,  m.    Jacobssos  2,279'. 

HOLZKOHLE,  f  l)  aus  hdz  geschwelte  kohle.  2)  auch  stein- 
und  braunkohle  werden  so  genannt.  NEN.^iiCH. 

HOLZKOI'F,  m.  l)  köpf  atts  holz  geschnitzt:  eine  tabaks- 
pfeife  mit  einem  hoizkopfe ;  holzkopf,  der  hölzerne  liaubenkopf 
der  ptüzmachervnnen. 


1775 


HOLZKRACUSE  —  HüLZLEIN 


HOLZLEITE  —  UÜLZM  ARK 


1776 


2)  scheue  ßr  einen  dummen  menscJien :  seid  ihr  litMin  sliuiim 
geworden,  ilir  bolzköpfe?  Lenz  1,331;  du  briltischer  holz- 
k(i|tf.   Gehstenbkbg  Minona  s.  %. 

HOLZKHACHSE,  f.  Scheltwort  {vergl.  kraclise  theil  5,15124): 
■lasz  CS  (üir)  versaiKTt,  es  stinkenden  und  {linkenden  hulz- 
kraxen.  Schwabe  tintenf.  50. 

H(>LZKHAHE,  f.  name  dreier  vöiicl :  des  picus  marlius,  schwarz- 
spechl,  holzhuhn ;  coracias  garrula,  hdzhäher ;  cmrus  comix,  nebel- 
krähe. 

IIOLZKL  NST,  f.  scienlia  lignortm.  Frisch  1, 464'  aus  Chlebüs 
haushucJi. 

IIOLZKLH,  f.  kurgebraitch  des  Franzosenholzes:  von  einer 
weihspersun  . .  die  noch  kaum  der  holz-cur  entronnen.  Simpl. 
;t.  123  Kurz. 

HOLZKIX,  m.  kux  der  ron  den  zechen  detn  lundcslwirn  für 
imenlijcllliche  lieferung  des  hohes  frei  und  olmc  kosten  verbaut 
wird.    Jacousson   2,  2Sü'. 

IKILZLACh,  m.  und  n.  l)  yummilack  das  noch  an  den  ästen 
befindlich  ist,  unterschieden  von  plaUlaek  oder  lack  in  kOrnern. 
.Iacobsson  2,  2S0'. 

2)  lack  für  das  lackieren  des  holzes. 

HOLZL.\GE,  f  läge  aufgeschichteten  brennholzcs :  als  er  .  . 
unter  dem  schaltiftcn  (liederbaum  neben  der  holzlagc  sasz. 
blälter  für  litter.  Unterhaltung  1866  s.  753. 

HOLZLAND,  n.  holzreiches  land. 

HOLZLAUS,  f  lermes  pulsatorium,  holzmade,  holzwwm.  IV em- 
Pticii  4, 1432. 

HOLZLEGE,  f  lignüe,  holzhaus.  Dasyp. 

HOLZLEGER,  m.  custos  lignorum  et  mensurac  illorum  pi-ae- 
fwsilus.  Frisch  1,  464'  aus  der  Straszburger  polizeiordnung  von 
l(i2s.  im  aiendorfsclien  salzwcrk,  der  das  Scheitholz  in  gleicher 
masze  lei^  und  hütet,  ^enda. 

HOLZLEHEN,  n.  leiten  in  einem  wald:  der  das  holzleiien 
hat.  da;  da<  bisluom  haigjel.  weislh.  6,293  {Augsb.  von  1316). 

HOLZI.EIM,  t».  kirn  für  holz. 

HOLZLEIN,  n.  dim.  zu  bolz  in  seinen  verschiedenen  bedeu- 
tungen,  mlid.  bölzelin. 

1)  kleines  stück  holz: 

nam  {um  ,?«;/i  etwas  si»  merken)  ein  liolzil  sän 
und  siieit  ein  zeichin  dran.  Jcroxcliin  4241. 

häufig  in  spricJiwörtlichen  Wendungen :  bölzle  s|tilzen ,  ^juien 
spitzen,  in  kleinen  Sachen  vergäbens  arbeiten,  aranearum  tclas 
texere.  Maai.er  22s';  aber  auch  als  bild  für  etwas  anfangen,  ins 
leben  rufen:  wenn  er  wüszt  nur  wo  das  hölzlein  zu  spitzen 
wer.  KiBciiiioF  wendunm.  158";  ein  spitz  hölzli,  eine  spitze 
redensart : 

und  gend  (gebet)  unsz  allso  spitze  hölzli  dran. 

N.  Manuel  350  Gritiieisen ; 
dutnil  steht  wol  in  zusammenhange  die  Verwünschung:  dasz  ver- 
Reh  in) . .  ein  spitz  bölzlin.  Wickram  rollw.  56  (=  spitzhölzlin 
77,16  Kurz),  rergl.  oben  unter  bolz  sp.  1766;  ein  ursach  von 
(•im  hölzlin  schaben.  Kirchhof  wendunm.  52*;  sich  zu  einem 
hölzlein  lachen,  sonst  sich  krumm  lachen :  wenn  dir  enldeckcl 
{wäre),  wie  artig  ich  und  Sylvia  von  dieser  sacbcii  zu  reden 
pflegen,  wenn  wir  alleine  in  der  förderkannner  sitzen  und 
mit  einander  arbeiten,  du  würdesl  dich  zu  einem  hölzlein 
lachen.  A.  Gryphius  16ij*<  l.%77  (die  seugamme,  aus  dem  ita- 
lidniscben).     hölzlein  und  hölzlein  weit  holen : 

als  halt  gen  hoT  neu  mär  wirl  liracht 

(darauT  sonst  ninniant  hat  kein  aclit, 

xoiider  iuder  darrtir  heilig  sclieiiclil, 

hrilzcl  und  pölzel  zu  holen  weil), 

bo  beruft  man  mich  vil  armen  mau. 

Schaue  shI.  u.  pusiiu.  t,  14.'),  8; 
wUl  Kol  dem  zusammeiUiange  nach  so  viel  sagen,  als  sich  in 
schwierigen  sadten  malte  gelten. 

2)  hölzlein,  vom  menschen  (vgl.  bolz  sp.  1764):  dnrund)  las 
deinen  son  gelrosl  sludiren,  und  soll  er  auch  dieweil  nach 
brot  geben,  so  gibstu  unserm  bcrr  goll  ein  leines  hölzlin, 
da  er  dir  einem  (lies  einen)  herrn  aus  schnitzen  kan.  Luther 
■.  i^r,  'in   grobe*  hölzli.  Frey  yarteng.  cap.  4s; 

»Uo,  ir  gruben  hölzlin  alle. 
KU  jemandl  iitt,  dum  woIgpfHlIc 
grob  bewriüch,  und  unhöflich  an,  .  . 
der  late  di»  buchlin  wol  geitalzen. 

yriiuian  A  1*  (b,  t,  etnyitny). 

«D    hölzlein,    ein   hiAierner   mensch,    t.  unten  4  den  beleg  aus 

Zl^hGREF. 

3)  bolzlein,   kUiner   wtM:   HDgl  ir,   c»  wiJr  aiii  ander  dorf 

^„,,...  1...   .i,.r,|,  j,„  |,|;,j„  |,o|i|i„.  ,/.  tiadle^r.  5,301,16;    ein 


lustiges  bölzlin  mit  anger  bäumen  und  biumen  wolgeziert. 
STEnnöwEL  (1487)  !i.5';  wurden  wir  zween  reiter  bei  einem 
hölzlein  gewahr.   Götz  v.  Berl.  62; 

als  denn  geli  ich  .sam  on  gefehr 
aus  dem  liulzlein  die  straszeu  lior. 

H.  Sachs  5,351*. 
4)  hölzlein,  das  aus  liolz  gefertigte,  hier  die  hölzerne  kanzel: 
aber  der  mehrerlheil  unser  heuligen  Iheologen  meinen,  so 
bald  sie  aufs  hölzel,  das  ist  auf  die  canzel,  ein  hölzel  nem- 
lich  aufs  ander  steigen,  dörfen  nur  die  andern  und  niemand, 
auch  die  obrigkeit  selbst  nicht,  ihnen  lectimi  geben.  ZiXfcGREt 
Schulbossen  (t627)  103.  hölzlein,  in  den  .schmelzhütten,  das  brust- 
holz, das  mitten  im  ofen  auf  die  sotäe  gelegt  wird,  übers  hölzlein 
schmelzen,  eine  besondere  art  des  schtnelzens  mit  benulzung  dieses 
brusthohes.  Jacobsson  2,  28ü" ;  die  ander  weisz  zu  schmelzen 
heiszet  ubern  gang  oder  krunnneu  ofen  oder  ubers  hölzlein 
gearbeil.  Mathes.  Sar.   148'. 

HOLZLEITE,  f  mit  holz  bewacitsener  bergubliang.    oberdeutsch. 
HOLZLEU,  m.  holzarbeÜer :    lignarius  bolzler  {neben  bolzer) 
DlEF.  32!('. 

HOLZLEKCHE,  f  alauda  pratensis. 

HOLZLESE,  f  das  auflesen  düncs  holzes  in  den  tvdldcrn  van 
seilen  armer  leutc.  Frisch  1,464'. 

HOLZLESEU,  m.  der  dürres  holz  aufliest. 
HOLZLESERJN,  f 

HOLZLEUTE,  plur.  l)  leute  die  im  holze  arbeilen,  holzhauer, 
holzfällei- : 

ein  hnuT  lioizleut  .  . 
bäum  in  den  walden  föllei.    Wbckhkblin  183; 
weil  die  holzleut  die  arm  und  axi  anfböben.    'S«. 
2)  leute   die   im  holze   leben,   wilde  männer  aus  dem  waldc : 
item  satiri  bolzleilt,  die  on  beüser  hin  und  her  schweifen  in 
wälden.    Frank  wellb.  5';    ctllich    wild  bolzieüt.   131*;    bei  be- 
schreibung  einer  fasnacht:  da  gehl  man  auf  hohen  stelzen  mit 
flügeln    und    langen    schncbeln,    wollen    storken    sein,    und 
scbeiszen  hackmesserslil :    da  gibis  wild  holzleut,  tragen  ein 
dreck  auf  ein  küssen  hernmb.  Garg.bl'. 

HOLZLiMMEL,  m.  grober  Himmel,  der  gleichsam  nur  im  walde 
lebt:  ich  werd  ja  kain  so  grober  bolzlimmel  sein.  Scrwabe 
tintenf  A  4*. 

HOLZMACHER.  f?j.  der  höh  fällt:  stehet  auf  und  versuchet 
den  herrlichen  saurbruun,  den  ihr  und  alle  harz-  und  liolz- 
uiacber  hinfort  in  dieser  wildnus  meinetwegen  (dtirch  mich) 
zugcnieszen  haben  werdet!  Simpl.  2,  s6  Kurz;  vor  etwa  acht 
Jahren  waren  in  dem  walde  Miolzmacher'  mit  dem  fällen  einer 
tanne  beschiiftigt.  Peter  volksthüml.  aus  öslerr.  Scliksien  2.  .57 
{das  wort  steht  in  anführungszeichen,  um  es  als  ein  dort  volh- 
Ihiimliches  lierrorzuheben).  auch  der  holz  klein  macht,  für  den 
brennbedarf  spaltet. 

HOLZMADE,  f  cossus,  holzwurm.  Frisch  1,464';  die  larve 
von  termcs  jmlsalonum.    Nemmch. 

HOLZ.MAGAZIN,  u.  ItaujAaußewahrungsorl  des  in  den  Wäldern 
geschlagenen  holzes.  Jacobsson  6, 107*. 

HOLZMAH!.,,  n. :  jagd-  et  holzmal,  lapides  quibus  discernunlur 
lermini  venalium  et  juris  lignandi.  Stiei.er   1217. 

HOLZMANGEL,  m.  lignorum  ])enuria.  F'risch  1. 465*. 
HOLZMANGOLD,  »i.  pyrola  rolundifolia,  Wintergrün  mit  runtlen 
blättern. 

HOLZMANN.  m.  {vgl.  olien  bolzleute).  t)  der  hoharbeiler. 
holzhauer:  holzer  oder  holzman,  liynaiiiis,  dicitur  opifex  ligm 
aiit  inliabilatur  ligni  {rgl.  2).  roc.  ine.  Ilieut.  k  3'.  in  Struszbury, 
der  holz  auf  den  Rhein  zitm  verkaufen  führt.  Frisch   t,46l". 

2)  der  waldbeirohner,  wilder  mann:  wie  \on  der  babiloni- 
schen  verwüsten  coniiision  geweiszagt  ist  worden  dasz  die 
teüfel  und  wilde  holzinänner  darein  gegen  einander  laufen 
und  wider  einander  sclireien  und  willen.  J.  Nas  der  »amungs- 
engel  185; 

da^z  du  nl.ao  hemeuchst  (in  einer  hAretilinul), 
l'orcht  ich,  du  niüclii.si  ein  IiuIziiiiimii  üciii. 

II.  Sachs  1.  :>;I8'. 
in  ges^H-nstiwlier  art  gedacht:  also  siht  man  diu  kindlen  schreien 
vor    den    witiden    («m  ein  echo  zu  wecken),   wan  die  wa-nent, 
ain  b(dzniau  antvulrl   in  au;  dem  wald.   Mkuknuehc   16,2». 

llOLZ.MANNt'HEN,  »i.  l)  kleiner  holztnann,  nanwntlich  in 
der  Meutung  2. 

2)  iLijtline  tnctereum,  der  kfllerhals,  seiilelbasl.  Nkn.mch  2,1375. 

HOLZMAItK,  f     1)  marca  lignaria,    silva  communis  H  herr- 

ditarta  cunsortilius,  ifui  i'ucaiUur  marcani.   Haltah«* '.».S4 ;  a^  bei- 

•piel  (des  verkenttens  der  gemtinänerfiUMHg)  mag  dienen,  dasz 


1777 


HOLZMARKT — HOLZOPAL 


die  Lingensche  holzordnung  den  ausdruck  holzmark,  der  den 
grund  oder  die  gemeinde  bezeichnet,  auf  das  holzgericht  an- 
wendet, und  so  aus  dem  höliing  einen  holzmarkt  macht. 
Stüve  vesen  u.  rerf.  142. 

2)  locus  silcestris,  silva,  portio  süvae  ad  lignandum  concessae. 
Haltais  a.  a.  o. 

HOLZ.M.^RhT,  wi.  öffentlicher  verkauf  des  in  wäldem  geschla- 
genen holzes,  zeit  vnd  ort  desselben:  einen  holzmarkt  halten; 
zum  holzmarkt  kummen  wir  nach  der  Stadt,  namentlich  der 
platz  einer  sladt,  auf  «ekhem  das  hol:  aufgefahren  und  feil  ge- 
hallen wird,  und  darum  forldauernder  name  eines  solchen  pl(Uzes: 
unde  gieng  daj  fiur  an  üf  dem  hoizmerkete.  Closeseb  76; 

es  ist  die  freüd  in  warheit  klein, 

inn  wiDiers  uächt  also  erfrören, 

so  sie  der  goucbin  dönt  hofyren, 

mit  scitenspTel,  mit  ntifen,  singen, 

am  holzmar^t  über  die  blöcher  springen. 

Braut  narrensch.  62, 16. 

HOLZM.\SER,  /■-  maser  im  holz,  und  dann  das  so  gemaserU 
holz  selbst:  erst  führte  derseibige  weg  gerade  nach  Pograd, 
da  denn  die  eisensleingruben  abermals  am  wege  beschaut  und 
sehr  schöne  niineralisirte  holzmasern  aufgefunden  wurden. 
GüTRE  51,  l"l. 

HOLZMAST,  f  mast  die  die  schweine  in  hölzern  und  icdldern 
finden.  Jacobssü.n  2,2S0'. 

HOLZ.MASZ,  n.  masz  ßr  geschlagenes  holz,  kla/ler,  häufe, 
slosz  u.  ähnl.  Frisch  1, 465*. 

HOLZMATTE,  f  wiese  m  oder  bei  einem  ioalde:  so  sei  die 
holczmatte  stan  ze  banne,  uncz  das  amathöwe  abkommet. 
weisth.  4, 125  (Elsasz). 

UOLZMAUS,  f  myoxus  nitela,  eichelmaus,  grosze  haselmaus. 
Nemsich  3,  6SS. 

HOLZMEHL,  n.  das  aus  dem  holze  kommende  vurmmehl. 

HOLZMEIER,  m.  .•  Geiler  in  seinen  predigten  de  arbore 
bumaua  nennt  ihn  (den  tod)  einen  holzmeyer  d.  i.  förster  .  . 
und  so,  den  wald  aushauend,  bilden  ihn  auch  die  holzschnitte 
der  deutschen  ausgäbe  dieses  buches  (Straszburg  1521)  ab. 
\V.  Waceer>agel  kleine  sehr.  1,  361  anmerk.  190.    vgl.  mylh.  811. 

HOLZMEISE,  f.  parus  ater,  waldmeise,  kleine  kohlmeise.  Nem- 
jiica  4,  866. 

HOLZMEISTER,  m.  l)  Zimmermann,  faber  lignarius.  Frisch 
1,465*.  auch  Koldaufseher :  so  hat  der  hulzmeister  gefraget, 
ob  jemand  in  der  mark  hulz  mnge  hauwen  ohne  der  marker 
lauhe.  weisth.  l,  5S7  (rlieinisch,  von  1423). 

2)  name  eines  hdzkdfers,  cerambyi  aedilis.  Adelcsg. 

HOLZMESSE,  f  messe  für  das  holz,  gröszerer  holzmarkl :  die 
bolzmesse  zu  Naumburg  an  der  Saale. 

HOLZMESSER,  m.  vereidigte  person  zum  messen  des  geschla- 
genen holzes. 

HOLZMIST,  m.  das  als  dünger  gebrauchte  laub  der  bäume. 
Jacobsso."«  6, 10"'. 

HOLZMÖRDER,  m.  epidendrum,  eine  den  bäumen  schädliche 
Schmarotzerpflanze,  holldnd.  booniplaag. 

HOLZMLCKE,  f  eine  mückenart:  die  hoizmuck  als  fischköder. 
Tegernseer  anyel-  und  fisclibüchlein  bei  Ilaupi  14, 165. 

HOLZ.MUTSCHEL,  m.  fringilla  montana,  hoUsperling,  audi 
hulzmitschel.  Nem.mch  2, 1664. 

HOLZMUTZE,  f.  so  heiszt  die  beim  preuszischen  beere  ein- 
geführte Soldatenmütze  ohne  schirm:  im  kriegsministerium  (zu 
München)  ist  man  zur  zeit  lebhaft  mit  der  frage  beschäftigt, 
üb  man  die  seit  dem  1.  august  nach  preuszischem  muster 
eingeführten  sog.  holzniützen  nicht  doch  wieder  mit  einem 
schinne  versehen  solle.  Frankf  joum.  v.  27.  aug.  1S73,  hauptbl. 

HOLZNAGEL,  m.  nagel  von  holz,  auch  nagel  um  die  höl- 
zernen absätze  eines  frauenzimmerschuhs  zu  befestigen.  Jacobsson 
2,2S0*. 

HOLZNARR,  m.:  ein  christlicher  grafe  so  nu  verschieden, 
saget,  er  wolt  lieber  mit  einer  leibskrankbeit,  dan  mit  der 
jagtsucht  beladen  sein,  da  einer  sein  iebenlang  mus  ein  holz- 
narr bleiben,  und  von  einem  bäum  zum  andern  reiten,  wie 
ein  unsinnig  mensch.  C.  Spa5cenberg  jagleufel  (1560)  Q*. 

HOLZNOTII.  f.  lignorum  penuria,  holzmangel. 

HOLZNLTZU.NG,  /.  syltarum  commoda.  Stieler  1355. 

HOLZORST,  n.  das  wilde,  ungebaute  obst.  Jacobsso."«  6,10S*. 

HOLZOFEN,  w».  bei  glashütten  ein  ofen,  worin  das  zum  glas- 
ofen  erforderliche  holz,  das  sehr  trocken  sein  musz,  getrocknet 
wird.   Jacobsson  2,  2S0*. 

HOLZOTAL,  m.  opalus  liüioxylon,    gestreifter  opal.    Nemkicb 
4,771. 
IV.  u. 


HOLZORDNUNG  —  HOLZSCHARRE   1778 

HOLZORDNUNG,  f.  Ordnung  über  das  zu  schlagende  und  zu 
verbrauchende  holz :  holz-ordnung  vor  die  verordnete  zum  holz- 
amt  zu  Halle,  vom  9.  august  1647.  Houxdobf  beschreibung  des 
salzwerks  s.  191. 

HOLZORT.  m.  ligniU.  Stieleb  1395. 

HOLZPANTOFFEL,  m.  pantoffel  aus  holz  gefertigt. 

UOLZPFERD,  n.  l)  aus  holz  geschnitztes  pferd,  als  Spielzeug: 
der  knabe  mit  seinem  hoizpferd. 

2)  holzpferde,  equi  lignarii,  ligna  vectarites.    Stieleb  1441. 

3)  schiff: 

du  hast  den  licbtenbaum  zum  ersten  beiszen  hauen, 
hast  unsern  mutb  gereizt  ein  holzprerdt  auT  zu  bauen, 
das  segel  hoch  zu  ziehn,  zu  reisen  durch  den  wind, 
wo  mehr  und  todt  von  uns  in  gleicher  weite  sind. 

Opitz  1, 108. 

HOLZPFLANZüNG,  /".  Pflanzung  eines  waldes. 

HOLZPLATTE,  f.  hölzerne  platte  auf  der  die  figuren  des 
hcdzschnittes  gefertigt  werden :  das  verfahren,  in  holzpiatten  ge- 
schnittene bilder  und  selbst  schriftteit  mittels  eiuer  presse 
zu  vervielfältigen,  war  schon  zu  ende  des  14.  Jahrhunderts 
bekannt.  Frauke  catechismus  der  buchdruckerkunst  s.  3. 

HOLZPREIS,  »I.  preis  des  geschlagenen  holzes:  ein  theurer 
bolzpreisz  muntert  die  leute  auf,  Qeiszig  zu  pflanzen.  Möseb 
jkilr.  phant.  3, 140. 

HOLZRAND,  m.  rand  eines  gehölzes:  ein  leichtes  raucb- 
wülkchen,  das  am  schwarzen  holzrande  dahinzog,  gartenlaube 
1S66,  s.  670.  auch  hölzemer  rand  eines  gerätes:  eine  metall- 
platte mit  einem  holzrande  umgeben. 

HOLZRASPEL,  f.  raspel  welcfieholz  und  andere  weiche  gegen- 
stände, knoclten,  hom,  leder  u.  ähnl.  abraspelt  und  glättet.  Jacübs- 
sos  2,2S0'. 

HOLZRAUPE,  f.  phalaena  cossut,  larva  lignicora.  Nemhich 
4,924. 

HOLZRECHEN,  m.  pfahlwerk  quer  durch  ein  flöszwasser,  zum 
anhalten  der  geflöszten  holzscheHe. 

HOLZRECHNCNG,  f.  rtUio  rei  lignariae  reddenda.  Fhiscb 
1,465*. 

HOLZRECHT,  n.  recht  an  der  benutzung  eines  waldes :  holz- 
recht, wann  und  waid.  neues  scliueizer.  mus.  4, 196 ;  darimib 
hat  da;  gut,  da  die  vorgenante  vvis  in  gehört,  holzrechL 
weisth.  1,107.  ein  bestimmter  antheil  an  einer  solchen  nutzung: 
es  ist  ouch  zu  wissen,  das  zu  einer  hub  gehört  iiij  fuder 
holzrechtz  und  zu  ainer  schuposs  zwai  fuder  holzrecht,  ebenda, 
auch  abgäbe  ßr  die  waldnutzung.  Lexeb  mhd.  wb.  1, 1332. 

.  HO  LZ  RECHTLER,  m.  der  ein  gewisses  recht  auf  die  benutzung 
eitles  waldes  hat.  Adelcng. 

HOLZREGISTER,  «.  Verzeichnis  über  die  aus  den  Waldungen 
entfallenden  nutzungen.  Jacobsso."«  6, 10»'. 

HOLZREICH,  adj.  reich  an  schlagbarem  holz:  es  ist  ein  holz- 
reiches land.     holzreicher  meiler,  vgl.  oben  unter  holzferlig. 

HOLZREISZER,  m.  l)  ein  arbeiter,  der  tannenholz  zu  schach- 
teln «.  0^1«/.  spänt  oder  reiszt:  holzreiszer  neben  schachtel- 
macher,  siebmacher  in  Reckha:«ns  techndogie  (1777)  s.  xivi. 

2)  ein  eisernes  instrument  zuvi  zeichnen  der  geschonten  bäume 
eines  waldes.  Jacobsso!«  6, 10S\ 

HOLZREUSE,  f.  eine  art  fischreusen,  mit  denen  in  Baiern  zu 
fischen  verboten  war.  Kubaisser  jus  piscat.  bei  Frisch  l,  4C5". 

HOLZRICHTER,  m.  l)  Vorsitzender  eines  holzgericfäs,  ober- 
aufseher  des  zu  diesem  gehörigen  reviers:  der  bolzrichter  (in 
den  östlichen  provinzen  Hannovers)  tritt  nicht  auf  als  ein  haupt 
der  gemeinde,  sondern  er  ist  der  herr  eines  geschlossenen 
forstreviers,  in  dem  die  genossen  berechtigt  erscheinen.  StCve 
wes.  u.  verf.  116. 

2)  im  Clevischen  ein  angestellter,  der  das  holi  nach  gewissem 
masz  in  häufen  setzen  läszt.  Fbisch   1,465*. 

HOLZRING,  m.  l)  ring  aus  hdz.  2)  der  jährliche  in  ring- 
form sich  zeigende  Zuwachs  des  holzes. 

HOLZRUSZ,  m.  rusz  aus  holz:  braune  färbe  aas  holzrusz. 
Jacobssox  5, 292* ;  auch  holzruszbraun  genannt.  6,  lO*»'. 

HOLZRUTSCHE,  f.  ein  abschüssiger  pfad  in  den  bcrgwäldern, 
auf  dem  geschlagenes  holz  abgelassen  wird. 

HOLZSÄGE,  f  zum  umsägen  der  bäunte. 

HOLZSAGER,  m.  ligna  serris  caedens.  Stieleb   1662. 

HOLZS.AME.  WI.  same  der  geuächse,  die  eigentliches  holz  haben. 

HOLZS.VMMLUNG,  /".  lignatio.   Stieler  167S. 
i       UOLZSÄURE,  f.  säure  aus  holz  gewonnen.  Kabxarscb  2,275. 
I        HOLZSCHARE,  f.  cossus,  leredo.   Stieler  1700. 
I        HOLZSCIIARRE,  f.    scharre,   krumm  gebogenes  messer,   zm 
t   gewinnung  des  harzes  in  den  wäldem. 

112 


1779 


HOLZSCHE  —  HOLZSCHNEPFE 


HOLZSCHNITT—  HOLZSCHÜH 


1780 


HOLZSCHE,  vgl.  holzschub. 
HOLZSCHEER,  *.  holzschreier. 

HOLZSCHEIT,  m.  scheu  von  holz:  holzscheid  sollen  neun 
Tierlei  eilen  lang  sein,  bergw.-lex.  302*. 

IIOLZSCHEITER,  m.  arbeiter  der  das  hd:  :u  scheitern  IheiU : 

(ilir  thut)  wie  ein  fuler  holzscliiter, 
der  allein  die  weciien  (keilr)  steckt, 
Schlacht  nit  daruf,  das  holz  nit  kleckt. 

Ui  EcKSTKiit  in  ScUcibles  klosler  8,877. 

HOLZSCHIEBER,  «i.  1)  name  von  gewissen  arbeUern  auf 
der  schi/fsuerß  zu  Danzig:  die  holzschieber  und  Schiffsstauer. 
Danziger  aiiikel  im  frankf.  Journal  vom  28.  attg.  1872. 

2)  bei  den  bäckern  ein  gerät  mit  einem  langen  vierkantigen 
blatte,  um  das  holz  damit  in  den  backofen  zu  schieben.  Jacobsson 
2,28t*. 

HOLZSCHIFF,  m.  l)  schi/f  aus  holz,  im  gegensatz  zu  den 
neuern  ])anzerschiffen :  die  marine,  die  fast  durchaus  noch 
aus  holzschiffen  bestand. 

2)  schi/f  zum  verßthren  von  holz  bestimmt:  calonis,  calilria 
holzschif  DiEF.  9l';  tiui'w  liynaria  holzschiff  Frisch  1,4G5". 

HOLZSCHLAG,  m.  das  schlayen,  fallen  des  hohes,  das  recht 
dazu  und  der  ort  wo  es  geschieht:  holzschlag,  das  recht  holz 
zu  fallen,  jus  lignandi  Frisch  1,466";  gleich  der  axl  im  holz- 
schlagc.  HuLTEi  Chr.  Lammfell  ICft. 

HOLZSCHLÄGEL,  m.  l)  hölzerner  schlägel  zum  eintreten 
der  eisenkeile  beim  spalten  des  brennholzes: 

die  schidachs  und  den  holsschlegel.    fa.iin.  .<:p.  821,24; 
mein  nasen  ist  grurmbt  wie  ein  holzsclilegel. 

H.  Sachs  3,  3,  15; 
dein  arm  geben  zwen  trüscbelflegl 
oder  zwei  helh  an  zwen  hotzschlegl. 

i.  Atber  fasln,  sp.  74'  (2708, 24  Keller). 

spricliu-ürllich :  wer  glück  hat,  dem  kälbert  der  holzscblägel ; 
einem  mit  dem  holzscblügel  winken,  «n  grober,  nicIU  miszu- 
verslehender  weise:  Sepp,  dem  man  sonst  doch  nicht  mit  holz- 
schlägcln  zu  winken  brauchte,  hiitte  von  rechtswegen  schon 
lange  merken  sollen,  wie  viel  es  geschlagen  habe.  Felder 
sondert.  1,71;  ja,  fraueli  .  .  etwas  recht  musz  ich  dir  geben, 
dasz  du  dich  wehrst,  man  sieht  daraus  .  .  dasz  deine  nase 
kein  bolzschlägel  ist.  J.  Gottheif  schuldenb.  8. 

2)  bolzschlägel  bei  den  kupfer schmieden  ein  hölzerner  Hammer, 
womit  die  kessel  gerichtet  werden.  Jacobsson  2, 281". 

HOLZSCHLÄGELN,  vcrb.  mit  dem  holzschlägel  scidagen :  holz- 
scblegelet  den  wecken  (keil)  dapfer  drein.  Carg.  79'. 

HOLZSCHLÄGEH,  ni.  l)  der  holz  fallt  oder  es  zu  brennholz 
spaltet:  die  küchin  lieng  mit  dem  holzschläger  unten  im  hole 
bändel  an.  Chr.  Weise  comöd.,  vorrede;  er  war  ein  holz- 
schläger und  verdiente  ein  geringes  tngelohn.  Arnim  1, 24U. 

2)  holzschläger,  beim  deichbau  an  der  see  arbeüer,  welcher 
pfähle  vor  den  seedeichen  einschlagt.  Jacobsson  2,  281*. 

HOLZSCHLAGUNG,  f  das  vor  secdeiclien  eingeschlagene  pfahl- 
«erk. 

HOLZSCHLEIFE,  f.  glatte  abschüssige  balm  in  einem  berg- 
walde,  das  oben  gespaltene  holz  in  dcis  thal  zu  befördern. 

HOLZSCHLEI'PEND,  part.:  bolzschleppende  weiber  begeg- 
neten uns.  GoTHE  43, 1<J4. 

HOLZSCHLITTEN,  m.  schlitlen  zur  befürderung  des  gespal- 
tenen liolzes  vom  berge  ins  thal. 

HOLZSCHNEiDEKLNST,  f.  kunst  des  holzschneidens  (s.  das. 
no.  2). 

HOLZSCHNEIDEN,  n.    l)  das  zerschneiden  von  baumslämmen. 

2)  das  einschneiden  von  bildern  und  seiclien  in  eine  Holzplatte 
behufs  des  abdruckes. 

HOLZSCHNEIUEK,  m.  1)  arbeüer  der  aus  grosien  blocken 
breiter,  bohlen,  kreuiholz  und  anderes  bauholz  scimeidel;  auch 
breltschncidcr.  Jacoikson   1,  297*. 

2)  kiinstUr,  der  in  Holzplatten  bilder  und  zeichen  behufs  des 
abdruckes  schneidet. 

HOLZSCHNEIDEREI,  f.  nach  bolzschneider  2:  auszerdem 
besteben  in  Bornheim  noch  eine  backsteinfabrik,  eine  bicr- 
brauerei ,  verschiedene  bolzschneidereien.  frankfurter  Journal 
wm  3.  fior.  1872. 

HOLZSCHNEIDERGERÜST,  n.  gerüst  zum  tertehueiden  von 
baumttammen  zu  bauholz.  Jacobsson  2,281*. 

HOLZSCHNKIUEBSAGF^,  f.  grosse  sehrotsage  zum  zerschneiden 
von  baumstammen ;  auch  brettsage. 

HOLZSCHNEPFE,  f.  seohpox  rutticola,  Waldschnepfe,  busch- 
uhtitpfe.  Nr.« nick  4, 1265. 


HOLZSCHNITT,  m.  l)  Holzplatte  mil  eingcschnütenen  figuren 
oder  zeichen  behufs  des  abdrucks;  ein  wort,  das  erst  viel  später 
als  die  betreffende  kunst  aufkommt,  und  wie  es  scheint  zuerst 
von  Frisch,  dem  zusammenhange  nach  als  neues,  erwähnt  wird : 
schnitt  in  holz,  geschnittene  figuren,  scidptura  fiyurarum  in 
ligni  su])erßcie,  holz-schnitt.  2, 216*,  wo  es  noch  die  Handlung  des 
holzschneidens  selbst  bezeichnet,  während  es  sonst  auf  das  producl 
bezogen  ist:  die  schraffuren  der  bolzschnitte  und  drucker- 
stöckc.   GöTHE  25,132. 

2)  abdruck  einer  solchen  Holzplatte:  ein  buch  mit  vielen  holz- 
schnittcn ;  die  eingedruckten  bildnüsse,  ob  sie  zwar  nur  bolz- 
schnitte sind.  DREYnAUPT  Saalcreys  1  (1755)  vorr.  a2'. 

HOLZSCHNITT-,  HOLZSCHNITTSART,  f  art  eines  Holz- 
schnitts («0.2);  von  derbem,  kräßig  umrissenem  gesagt:  (ein 
Volkslied,  gedicIUet)  in  der  holzschnittsart,  so  gut  als  man  es 
nur  wünschen  kann.  Göthe  33,  202.     *.  bolzschnittmanier. 

HOLZSCHNITTARTIG,  adj. :  von  dem  rciterhaften,  holz- 
schnittartigen die  allerbeste  sorle  (das  Volkslied  vom  Linden- 
sclmicd).  GiJTHE  33, 189. 

HOLZSCHNITTER,  m.  was  bolzschneider  l,  sp.  1779:  bolz- 
schnitter  finden  dauernde  beschäftigung  in  der  Frankfurter 
Waggonfabrik  in  Bockenheim,  anzeige  im  Frankfurier  Journal 
vom  11.  febr.  1S72. 

HOLZSCHNITTFIGUR,  f:  man  halte  .  .  den  neckischen 
einfall  ausgeführt,  anstatt  der  personennamen,  kleine  holz- 
schnittfiguren  zwischen  den  dialog  zu  setzen.    Götbe  26,325. 

HOLZSCHNITTHEILIGER,  m.:  hier  ist  die  englische  Lotte, 
sie  führt  den  namen  wie  mancher  bolzschnittheiliger.  Götbe 
an  frau  v.  Stein  2,  308. 

HOLZSCHNITTMANIER,  f  vgl.  holzschnittart. 

HOLZSCHNITZER,  m.  künsller  der  büdwerke  aus  Holz  feitigl. 

HOLZSCHNITZEREI,  f  bildwerk  aus  Holz  geschnüzt. 

HOLZSCHOPF,  VI.  schöpf  für  außewahrung  des  brenn-  oder 
andern  Holzes,  oberdeutsch,     vgl.  holzschuppen. 

HOLZSCHRAGEN,  m.  strues  ligni,  ein  gewisses  holzmasz. 
Frisch  1,465*. 

HOLZSCHRAUBE,  f  schraube  die  in  das  holz  ohne  eiserne 
mutier  geschraubt  werden  kann.  Jacobsson  2,  282*. 

HOLZSCHREIBER,  m.  Schreiber  in  einem  holzamte.  Frisch 
1,465*. 

HOLZSCHREIBETAG,  m.  festgesetzter  tag  an  dem  diejenigen 
sich  bei  einem  forstbeamten  einschreiben  lassen  miissen,  die  holz 
aus  Waldungen  haben  wollen.    Jacobsson  8, 132*. 

HOLZSCHREIER,  m.  corvus  glandarius,  häher.  der  nusz- 
hähcr,  corvus  caryocataclcs ,  heiszt  der  türkische  holzschreier. 
Nemnich   2,  1243.  1237. 

HOLZSCHRüTER,  m.  lucanus  eervus,  der  Hirschkäfer.  Ne»- 
NICH   3,  457. 

HOLZSCHUH,  m.  schuh  aus  Holz  verfertigt:  calopodium  bolz- 
schuoch,  holdschuch  Dief.  91*;  calopes  bolscbou,  boUsch6, 
holezschu,  bolczschuech  nor.  gloss.  68* ;  verstanden  sind  theUs 
übcrschulie,  die  wesentlich  nur  aus  hölzernen  sohlen  bestanden: 
holzscbuch,  solcn,  calopodium  Dasyp.  ; 

do  (in  den  kirchi-n)  ist  ein  klappern  und  ein  schwätzen, 

do  mflsz  man  richten  usz  all  saclien 

und  schnjp,  schnap,  mit  den  holzschuh  machen. 

Bkant  narrmscli.  44,  10 ; 

in  einem  Sprichworte,  womit  eine  drohung  luriickgewiesen  wird: 
hastu  ein  schwerdt,  so  bub  ich  einn  degen.  kanstu  regnen, 
so  kan  ich  auf  holzscbuhcn  gehn.  Acr.  spr.  (1560)  218*;  — 
Iheils  schuhe  an  iloszen  füszen  zu  tragen:  castugnetten-rhythinus 
der  kiuder  mit  holzschuhen.  Göthe  43,  190;  so  auch  namentlich 
seitens  eines  gewissen  mönchsordens  (vgl.  unten  hol/schnlier  2): 

du  soll  heiißfn  Franri»cus  lag. 

darzö  ein  gruiie  kutten  trag! 

trag  holzsoiiAch  !  luii  ciin  strick  dich  gürti 

das  heiszt  ein  geistlich  leben  grürt. 

ScuAUt  sal.  2,  271,  4  (der  hurfiutermünck 
tchen  ijebol) ; 
fltlioh  han  bolifchuch  an  den  füszen, 
meinen,  lanct  Peter  müs  auTschlieszen, 
wenn  er  sie  höret  Iraplen  weit. 

KiscHAHT  dicht.  1,  l.Sö,  891  Kuis. 

auch  in  der  yekiinten  form  bolzscben  oder  lioltscheD,  die  »och 
jetzt  niederdeutsch  ist  (ScuCtze  2, 152) : 

(ich,  ein  münch)  trug  hellsehen  und  zerschnitien  ichurh. 
kein  hosen,  nur  fin  Ivinc  brurh.    H.  Wali^is  Ki>u|<  4,69,05. 

die  redensari  auf  hulzschuhrn  gehen  auf  deutliches,  nicht  mis- 
tuvtrstehendet  sprechen  und  darleyung  bezogen: 


1781   HOLZSCHUHBAUM  —  HOLZSTÄTTE 

und  meint  (Johann  yasut)  es  seien  bei  uns  kein, 

die  im  entgegen  dürfen  gehn, 

und  seinem  geschrei  widerstehn, 

das  doch  so  grob  auf  holtsschen  gebt, 

das  ein  jeder  bawer  verstbet. 

G.  N16RWCS  V.  Nasen  esel  D'. 

HOLZSCHUHBÄUM ,  m.  nyssa  aquatica,  ein  amerikanischer 
bdum.  Nemnich. 

HOLZSCHUHER,  m.  1)  Itolzschukmacher :  calopifex  holU- 
schoer,  hulcz-scher  Dief.  91'  ;  eolopifex  hülczschuher  ü.  laisler 
(leislenmacher)  nov.  gioss.  6S*. 

2)  holzschulüräger,  und  in  diesem  sinne  namenilich  auf  eine 
secte  Franiiskanermütuhe  bezogen:, 

nun,  dise  sect  (die  Uinnriten)  hat  einen  nammen, 

und  stimmet  doch  nicht  recht  zusammen, 

dann  sie  noch  zanken  und  sich  schlagen, 

was  Franz  für  schüch  bab  angetragen. 

der  ein  möncb  ein  holzscbüber  ist, 

zu  disem  streit  gar  wol  gerüst. 

der  ander  schuch  von  leder  treit, 

und  ist  zu  schwach  schier  in  dem  streit; 

aber  ein  vortheil  hat  er  doch, 

er  kan  viel  gringer  (leichter)  laufen  noch 

dann  der  holzschüher  mit  dem  bolz. 

FlscHART  dicht.  1,  115,  576  £urz; 
die  holzschucher  und  die  barfüszer.    136,  117; 

es  ist  ein  heiliger  gestrenger  orden  oder  münche,  es  seien 
cartheuser,  barfüszer,  hoIzscbucLer,  oder  benedicliner,  sie 
müssen  sich  Schemen  gegen  den  türkischen  müucheo.  Lotbeb 
5,  259*. 

HOLZSCflUHMACHER,  m. :  holzschuchmacher  calopifex  voc. 
ine.  theut.  k3';  niederd.  holschenmaker  Dief.  9l'. 

HOLZSCHUPPEN,  m.  schuppen  für  aufbeuiqjirung  von  holz, 
in  ^orddeutschland.     vgl.  holzschopf. 

HOLZSCHüSTER,  m.  hAzschuhmaclier :  calopifex  holzschuster 
Dief.  91'. 

HOLZSCHWARZ,  n.  bet  den  fdrbern  das  durch  farhhOlzer 
enteile  schwarz. 

HOLZSCHWU.ND,  m.  das  verschwinden  von  holz:  nach  be- 
leuchtung  des  in  früheren  jähren  so  merkwürdig  starken  holz- 
und  kohlenschwunds  aus  dem  magazine.  Frankfurter  Journal 
l!>69  no.  69,  2.  beilage. 

HOLZSIEB,  n.  sieb,  dessen  boden  von  höliernen  schienen  oder 
sprügeln  geicirkl  ist.  Jacobsso:»  2, 2s2'. 

HOLZSPALTER,  m.  der  holz  für  den  brennbedarf  klein  spaltet. 

HOLZSPAN,  »».  span  der  bei  bearbeüung  des  holzes  abfällt. 

HOLZSPARKLNST,  f  kunst  holz  zu  sparen  (beim  Iteizen) : 
ein  weibsparkunst  erQnden,  wie  jene  (icet^er)  die  holzsparkunst. 
Garg.  106*. 

HOLZSPAROFEN,  m.  ofen  der  mit  »eniger  holx  ah  ein  andrer 
hitze  gibt.  Jacobsson  2,283'. 

HOLZSPERLIN'G,  m.  fringiUa  montana,  feldsperling.  NEiinicH 
2,1664. 

HOLZSPINDEL,  f  Spindel  von  holz,  audt  name  einer  schnecken- 
art,  murex  lignarius.  Nex.nicb  3,642. 

HOLZSPINNE,  /■.  phalangium  opilio.  das.  4,  927. 

HOLZSPLITTER,  m.  splUler  der  sich  vom  holze  löst. 

HOLZSPREISZE,  m.  holzsplitter.  oberdeutsch,  auch  in  der 
form  holzspriesze,  die  sich  an  die  hessische  form  spriesz  splilter 
(ViLHAB  394)  ansdtlieszt :  oft  wirdt  auch  ein  finger  gelämbt 
mit  dem  glasz,  eisen,  stich  oder  holzsprüssen.  Würz  pract. 
d.  timndarzn.  16S.     vgl.  spreisze  und  spriesze. 

HOLZSPREISZLING,  m.  kleiner  hcAzspliUer:  darnach  so  zer- 
stuszt  man  gemelte  rinden  fast  wol,  und  weschet  dasselb 
gestoszen  in  einem  flieszenten  wasser,  so  flötzt  das  wasser 
die  kleine  bolzspreisziing  hinweg,  imd  bleibet  das  übrig  zähe 
bei  einander.   Beci  kräuterb.  845. 

HOLZSPREIZE,  f  holzlalle  zwischen  zwei  Wandungen  gespannt 
und  sie  auseinander  haltend :  die  pianinos  haben  eigentlich  statt 
des  bodens  holzspreizen  parallel  von  oben  nach  unten,  kunst 
des  clavierstimmens  s.  6. 

HOLZSTAB.  m.  stob  von  holz. 

HOLZSTÄBCHEN,  n. ;  ein  käfig  von  bülzstäbcben  zusam- 
mengesetzt. 

HOLZSTALL,  m.  stall  zur  außewahrung  von  hdz:  holzstall 
lignale  Steihbach  2, 657 ;  statt  Tassos  gefängnis  (in  Ferrara) 
zeigen  sie  einen  holzstall,  oder  kohlengewOlbe,  wo  er  gewisz 
nicht  aufbewahrt  worden  ist.  GOtub  27, 158. 

UOLZSTANGE,  f  Stange  von  holz. 

UOLZSTÄTTE,  /.  statte  wo  geschlagenes  holz  lagert,  holzplatz : 
lassen    sie  es  (die  hallischen  talzsieder)  .  .  auf  die  ihnen  von 


HOLZSTELN  —  HOLZTRANK 


1782 


rathe  zum  gebrauch  eingeräumte  holzstetten  vorn  Claus-thore, 
fuhren,  hoch  auf  einander  schlagen  oder  legen.  Hcmdorf 
beschreib,  des  salzwerks  zu  Halle  (1749)  s.  75. 

HOLZSTEIN,  m.  lilhoxylon,  versteinertes  holz.  Ne>:<ich. 

HOLZSTICH,  m.  eine  besondere  art  der  holzschneidekunst,  die 
die  manier  des  kupfersiechen s  auf  die  holzplatte  überträgt,  und 
das  so  erzeugte  bild:  dem  ersten  bände  ist  ein  kärtchen  mit 
farbendruck  beigegeben,  welches  wir,  so  gut  es  durch  den  holz- 
stich geschehen  konnte,  wiederholt  haben,  ausländ  40.  jahrg. 

1.  S66. 

HOLZSTOCK,  m.  l)  stock  oder  klotz  zum  zerkleinern  des  holzes: 
holzstock  spensiva,  est  truneus  seu  cippus  super  quo  ligna  secatitur. 
voe.  ine.  theul.  k3'.    als  schelle  für  einen  alten  steifen  mann: 

dasz  ich  mein  zeit  zubringen  solt 
mit  dir  alten  holzstock! 

J.  Atbbr  falm.  sp.  155'  (3100, 23  Keller). 

2)  holzpUüte  für  die  herstellung  eines  holzschnitlbildes :  indem 
er  die  neun  bilder  Mantegnas,  auf  eben  so  viel  blättern,  mit 
holzstOcken,  in  bedeutender  grösze  nachgebildet . .  hat.  Gütuk 
39,  148. 

HOLZSTÖCKLING,  m.  pyrus  malus  sylvestris,  der  wilde  apfel- 
baum.  Nemxich  4, 1098. 

HOLZSTOSZ,  m.  ligni  ämes.  Stieler  2181:  was  geschieht 
nun,  wenn  der  regelmüszige  holzstosz  (eines  köhlers)  dicht 
und  doch  luftig  geschichtet  worden  ?  *nun  denn !  man  zündet 
ihn  an'.  Güthe  21,54;  der  so  lange  geschichtete  tmd  rau- 
chende holzstosz.  33,139; 

schlage,  flamme,  durch  den  holzstosz  bin! 

SCU11.LKK  kiiiitesmörderin. 
namentlich  auch  der  scheiterhaufe  zum  verbrennen  von  menschen : 

sol  der  so  hohe  tag  .  .  . 
den  holzstosz  auf  der  bürg  voll  menschen-beiner  finden? 
sol  leicbenschwerer  stank  vor  unsern  Weihrauch  gehn? 

A.  GsTPUtcs  169ii   1,  40 ; 
mit  welcher  stirne,  musz 
ich  fragen,  schrieben  sie  das  bluturtbeil 
der  hunderttausend  schwachen  seelen,  die 
den  holzstosz  für  nichts  schlimmeres  bestiegen? 

ScuiLLSB  Karlos  5,  10 ; 
sah  er  den  tapfern  Menelaus 
durch  deinen  pfeil  auf  den  betrübten  holzstosz 
gestreckt.  Bcrckr  157*. 

HOLZSTRÄNLING,  m.  pyrus  malus  sylvestris,  der  wilde  apfel- 
baum.  Nemnich  4, 1098. 

HOLZSTÜCK,  n.  stück  holz,  durch  spalten  oder  sdyen  erzielt: 
der  ofen  ward  mit  dicken  holzstücken  geheizt. 

HOLZSTÜCKCHEN ,  n.  .•  auf  dem  boden  lagen  zernagte 
holzstückchen,  an  denen  der  todtenwurm  sein  werk  bereits 
gethan.  Fbettac  liandschr.  3, 131. 

HOLZSTUHL,  m.  stuhl  der  statt  einet  geflochtenen  oder  ge- 
polsterten Sitzes  nur  einen  solchen  von  breit  hat. 

HOLZTAFEL,  /".  tafel  von  holz. 

HOLZTAG,  VI.  tag  in  der  woche,  an  welchem  man  holz  aus 
dem  walde  holen  darf  Frisch  1, 465*.  auch  lag,  an  welchem 
seitens  eines  forstamtes  holz  angewiesen  wird.  Adelung. 

HOLZTAUBE,  f  columba  oenas  und  columba  palumbus,  auch 
als  blaue  holztaube  und  grosze  holztaube  unterschieden.  Nen- 
51CB  2,1133;  holztuben,  palumbus,  est  columba  silveslris.  voc. 
ine.  tfieut.  ks". 

HOLZTAUBENpRAÜ,  adj.  eine  der  grauen  Schattierfarben, 
die  die  färber  der  wolle  und  seide  zu  geben  wissen.    Jacübsson 

2,  283'. 

HOLZTÄUBLING,  m.  agaricus  cyanoxanthus,  eine  schwammart. 
Nemnich  1,107. 

HOLZTAXE,  /*.  Schätzung  des  holzes  nach  cubis^em  Inhalt 
und  «erth.    Jacobsso^  6, 111*. 

HOLZTELLER,  m.  teller  von  holz  gedreht  oder  geschnitzt. 

HOLZTHEIL,  m.  l)  tlieü,  antheil  an  einer  holzung.  2)  aus 
holziger   malerie  bestehender  theil:    die  holztheile  einer  pllanze. 

HOLZTHEILÜNG,  f  wie  holztheil  1:  (sie)  hätten  theils 
hülztheilungen  und  theils  gewisse  läudereien  für  ihre  mühe. 
Urkunde  von  1745  in  Groteks  gesch.  von  üortheim  s.  179. 

HOLZTRAGE,  f.  trage  zum  fortschaffen  des  brennholzes.  min. 
lex.  (1743)  302*. 

HOLZTRÄGER,  m.  der  holz  Iterzu  schafft:  holztrager,  calo, 
est  porlator  lignorum.  voc.  ine.  tlieul.  k3*. 

HOLZTRÄGERIN,  f:  holzlrägerinnen  stiegen  (den  berg) 
herauf.  GOtue  43, 195. 

HOLZTRANK,  m.  trank  aus  of/ieinelUn  holzarlen  bereitet,  vgl 
bolzkur. 

112* 


1783 


HOLZTRAUBE  —  HOLZ^^TDEL 


H0LZ\M:G  — HOLZVVElß 


1784 


HOLZTRAUBE,  f.  (los  labruscae;  aenanthe.,  ein  kraut.  Frisch 

1,  465'. 

HOLZTREPPE,  f.  treppe  von  holz,  im  gegensal:  zur  stein- 
treppe, eisentreppe. 

HOLZTRICHTER,  m.  trichler  aus  holz  gefertigt. 

HOLZTRIEB,  m.  holziger  trieb  oder  scJiosz  einer  pflanze:  in 
laubknöpfen,  holztrieben  und  ranken.  J.  Paul  Titan  1,80; 
{menschen,  welche)  den  geist  für  einen  almoscnsaminier  des 
leibes,  das  herz  für  eine  bintspritze  und  nnsere  scele  für 
einen  neuen  holztrich  des  körpers  {ansehen).  Hesp.  1,83. 

HOLZTRIFT,  f.  1)  recht  in  einem  waUe  das  vieh  zu  iceiden. 
Frisch  1.465'. 

2)  in  Königsberg  i.  Pr.  heiszen  holztriftcn  die  flösze,  welche 
aus  LUtauen  und  dem  innem  des  landes  dort  ankommen,  und 
fotcol  schiff-  und  stob-,  als  bau-  und  brennholz  liefern.  Jacobsson 

2,  2S3'. 

HOLZTROG,  m.  ans  holz  rerfertigter  trog. 

HOLZÜHR,  f.  ganz  aus  holz  verfertigte  Schwarzwdlder  uhr. 

HOLZUNG,  f.  1)  das  holzen,  holzsammeln,  mhd.  holzunge 
(Lexer  wb.  1,1332):  lignatio  holzsainmking,  hulzung  Kirsch 
cornucopiae. 

2)  Waldung,  holz,  silva:  lenkten  wir  etwas  auszcr  dem  wege 
narh  einer  holzung.  Plesse  3, 68.  auch  eine  mit  waldbdumen 
bewachsene  gcgend.  Nemsich. 

3)  holzung,  holzwand,  eine  verpfählte  ufereinfassung,  das  ab- 
spülen bei  einem  deiche  zu  verhüten.  Jacobsson  2,  283'. 

HOLZVEILCHEN,  n.  viola  hirta.  Nemnicii  4, 1568. 
HOLZVERKAUF,  m.:    neben   dem   holzverkauf  treiben  sie 
die  Viehzucht.  Göthe  16, 232. 

HOLZVERSCHALUNG,  f  das  verschalen  einer  wand  oder  eines 
daches  mit  holz,  und  das  so  hergestellte  selbst. 
HOLZVERSCHRÄNKT,  part.  : 

schon  geht  der  wald  in  flammen  auf, 

sie  züngeln  leckend  spitz  hinauf, 

zum  holzverschränkten  deckenband, 

uns  droht  ein  allgemeiner  hrand.    Göthe  41,  60. 

HOLZVERSCHVVENDUNG,  f:  das  haus  ist  mit  groszer  holz- 
verschwendung  gebaut;  holzverschwendung  im  winter  treiben 
{mit  heizen). 

HOLZVERSTEINERUNG,  f:  holzversleinerungen,  lignum 
petrefactum.  Nemmich. 

HOLZVERWALTER,  m.  Verwalter  des  geschlagenen  und  zum 
verkaufe  bestimmten  holzes;  auch  Vorsteher  eines  landesherrlichen 
holzhandels  oder  holzhofes.  Adelung. 

HOLZVOGEL,  m.  der  pßngstvogel,  oriolus  galbula. 

HOLZVOGT,  m.  cuslos  sylvae  in  certis  locis  Marchiae.  Frisch 
1,  465'. 

HOLZWAARE,  f.  l)  hölzerne  waare,  theils  geschirr,  theils 
Spielzeug:  er  handelt  mit  holzwaaren. 

2)  holzwaare,  in  Westfalen  die  nutzungen  aus  dem  holze  einer 
holzmark.  Adei.dnc. 

HOLZWAARENHÄNDLER,  m.  händler  mü  hölzerner  waare. 

HOLZWACHS,  m.  was  an  holz  zuwächst,  holz  oder  walii  mit 
rücksicht  auf  den  nutzungswert : 

die  Weinberg  liegen  oben  strachs 
haurens  weisz  und  schöne  holzwachs 
samht  einem  grosen  ackerbau 
hat  alhie  lUiser  liebe  (iau. 

J.  Atrer  353"  (1770,7  Keller). 

HOLZWAGEN,  m.  womit  man  holz  fahrt,  plaustrum,  sarracum. 
Frisch  1,465*:  holzwagen,  peloricum,  est  currus  lignorum.  voc. 
inc.lheut.  k3';  marktplatz  für  holz-  und  fruchtwagcn  {in  Jena). 
(ioTRE  32. 145. 

HOLZWALDREBE, /:  dematis  flammula,  brennende  ttaldrebe, 
brennwurzel.  Nehjuch  2,1063. 

HOI-ZWAM),  f  von  holz  errichtete  wand,  im  gegensalz  lur 
steinwand,  lehmwand,  ziegelwand,  beim  Wasserbau  ist  Imlzwaiul 
das  was  bolzung  {t.  dat.  no.  3). 

IIOLZWANZE,  f  cimex  tilvearis. 

HOLZWART,  m.    custos  lilcae:    unter  personen  zi'ini  weid- 

wf-rk    und  pfpii  gehörig  werden  aufgezählt  forslknetht,  wild- 

'.  jägerknecht,  hSgerbijben  oder  bundshäben. 

ii<>i./.i>  \l»irt(,  m.  cuslos  tilvae  inferior.  Frisch  1,  4«5*.  (tu$ 
der  fi(mtmerMfhen  holzorduung. 

HOL/W  AKTS,  adv.  dem  hau  oder  vaUe  tu:  bolzwerts 
Bore.  1,  I»*. 

HOLZWEDEL,  m.  teit,  in  der  das  holt  am  voriheHhaftestm 
tu  fallen  ist,  auch  holzwndrl,  holzwadel ;  narh  Auki.unc  «w- 
tiigikh  in  Hiedertachte»  üblich,     wedel  ist  plenüuntum,  «ii«  zeü 


des  Vollmondes  (Grimm  mythol.  674) ;  man  glaubte  dasz  holz,  vor- 
züglich brennholz,  am  besten  im  wachsenden  monde  zu  fällen  sei 
{öcon.  lex.  1059);  vgl.  bei  Mecenoerg:  dar  umb  prüefent  die 
holzhacker  an  daj  wädel  und  da;  new  des  mftnen,  wenn  si 
da;  holz  oder  die  paum  hawen  wellent.  309, 10. 

HOLZWEG ,  m.  weg  der  zu  wirtscliaftszwecken  in  ein  holz 
gemacht  ist  und  nicht  der  Verbindung  zweier  orte  unter  einander 
dient:  daj  der  holzweg  von  Uwisen  untz  gen  Moria  offen  sol 
sin,  wäner  uszer  den  güttern  geniainlicii  geben  ist.  weisth. 
1,108;  ein  holzweg,  da  sie  endlich  keine  strasze  vor  sich 
behielten.  Chr.  Weise  kl.  leule  166;  allvveg  ist  es  kein  holz- 
weg, auf  dem  wir  sind  (spricht  der  lenker  eines  gefährts),  und 
selb  ist  gut,  da  helfe  ich  zufahren,  bis  wir  zu  jemanden 
kommen  oder  zu  häusern,  wo  wir  vernehmen  können,  wo 
wir  eigentlich  sind.  J.  Gotthelf  schuldenb.  2S4.  bildlich:  er 
wuszte  alle  holzwege,  hohlwege,  diebsgänge  und  kürzere  fusz- 
steige  in  diesem  liebegarten  ordentlich  auswendig.  J.  Paul 
Titan  3, 192. 

Der  gegensatz  des  holzwegs  zur  geraden  und  rechten  strasze 
scheint  in  häufigen  sprichwörtlichen  redcnsarten  wieder,  die  den 
holzweg  ah  weg  des  irrthums,  als  falsche  bahn  hinstellen: 

mhd.  dar  an  (auf  dem  wege  der  lugend)  sich  manger  verschriet, 
der  einen  noizwec  geriet : 
der  dünket  in  der  beste; 

dar  nach  so  vindt  er  ronen  (umgestürzte  stamme)  und  este, 
die  von  den  boumcn  sint  ger^ret; 
swelch  tumber  da  niht  wider  keret, 
daj  spriche  ich  wol  in  sinen  hulden, 
der  muoj  vil  unrede  dulden.    Haupts  zeitschr.  8, 580, 1034. 

nhd.  auf  dem  holzwege  sein,  in  irrthum,  auf  den  holzweg 
kommen,  gerateten;  das  Christus  sei  nicht  allein  anfenglich 
der  weg,  sondern  der  rechte  gewisse  weg,  und  allein  end- 
lich der  weg  bleibe,  daran  man  sich  imer  halten  mus,  und 
nicht  verfüren  lassen  die  holzweg,  so  uns  abweisen  etwas 
anders  zu  suchen,  neben  Christo.  Luther  7,60';  man  findl 
under  tausent  nicht  einen,  der  dem  rechten  weg  nachlrachtet, 
sonder  sie  gehn  all  dem  holzweg  nach  und  eilen  heftig  bisz 
sie  zu  der  hellen  kommen.  Keisersb.  narrensch.  377';  wenn 
fromme  seelen,  welche  der  üppigen  wellfreuden  ganz  gewohnt 
gewesen,  sich  derselben  enlschlagcn,  so  kommt  iiirein  fleisch 
die  stille  einsamkeit  verdrieszlich  vor,  es  verlanget  immer 
seine  alte  holzwege  wieder  zu  gehen.  Scriver  iee/efisr/i.  i,875; 
die  well  wil  doch  der  wege  keinen  recht,  sondern  imerdar  den 
holzweg  gehen.  Luther  6,54*;  das  mangelt  unsern  Schwer- 
inern, das  sie  meinen,  wenn  sie  in  ire  hohe  geistliche  ge- 
danken  faren,  so  haben  sie  es  troffen,  und  sehen  nicht,  wie 
sie  on  wort  des  holzweges  faren,  lassen  sich  eitel  irrewische 
verfüren.  17l';  daher  kömpls  auch,  wenn  man  solchs  ver- 
wirft {die  guten  werke),  und  dawider  leret  .  .  das  jederman 
schreiet:  wolan,  so  wollen  wir  keine  gute  werk  thun,  und 
faren  flugs  des  holzwegs.  4,457';  sie  {die  herzöge  zu  Sachsen) 
haben  solchs  gethan,  und  wol  thun  müssen,  als  patroneu 
des  Stifts  {Naumburg),  die  kirchen  des  slifts,  bei  dein  heiligen 
evangelio  und  erkandlen  warheit  zu  erhalten,  als  rechte  imi- 
bischove  in  solchem  fall,  da  ein  capilel  den  holzweg  wil. 
8,  10' ;  da  sie  leren  oder  wehnen,  das  wir  durch  unser  werk 
oder  erfüllung  des  gesetzs,  so  wir  thun,  für  golt  gt-reclil 
werden,  und  weisen  uns  den  holzweg  zu  vertrauen.  (>,  4U!t'; 
dazu  haben  wir  auch  diese  warnuiig.  das  falsche  prupheleu 
konicn  werden,  und  grosze  zeicheu  thun,  aber  alle  des  holz- 
wegs abfüren,  von  Christo  auf  ander  ding.  5,456';  des  teu- 
feis rath,  das  er  uns  frey,  durch  so  vil  coiunienlarien,  scri- 
bcnten,  dichter  und  buchschreiber,  so  täglich  new  auf  die 
ban  kommen,  wider  von  der  schriftc  auf  menschen  diciit, 
glosz  und  coniinent,  sein  alten  holzweg  abfüren  will.  S.  Frank 
guldin  arch  vorr.  bl.  ij';  der  teufel  .  .  will  uns  immer  von 
der  rechten  ban  auf  seine  irr-  und  holzwege  füren.  Mathesius 
hislur.  von  Jesu  Clirislo  1, ««'.  holzwege  suchen,  krumme  wege, 
winkflzüge:  der  salan  sucht  immerdar  winkelhidzer  und  Itei- 
rcde,  holzwege  wider  gotles  Ordnung.  LtriiKU  ttschr.  ;il2'. 

IIOLZWEIH,  n.  l)  wildes  oder  ges/n-nstiges  im  holze  lebendes 
weib  {rgl.  iiben  holzmann  2):  ahd.  holzwlb /<i»ii<i  (Jkakf  1,653; 

Ir  schreien  grad  wie  ein  hulzweib.     UnLAN»  rolksl.  149; 
vgl.  mythol.  403.  451 ;   das  iiolzweiblein,  auf  dem  bairischen  »aide 
der  name  eines  gewissen  waldgespensles.  Scim.   I,  1lü4  Fromm. 

2)  auch  holzleserin  im  valde:  geht  richtig  davon  {aus  einem 
gehi'tlz),  so  knllblillig,  als  wenn  er  ein  alles  liol/.weib  gefundiii 
hallp,  und  nicht  seine  jugendknineradin,  den  ausbund  von 
•chOnbcil.  Hkysi  nuvelUn  4  (1873)  179. 


1785 


HOLZ  WEIDE  —  HONETTITÄT 


HONIG 


1786 


HOLZWEIDE,  f.  pascua  in  silvis,  weide  im  gehölz.  Frisch 
1, 465'. 

HOLZWELLE,  f.  l)  walzenförmiger  kvrper  von  holz:  ein 
rad,  das  um  eine  holzwelle  sich  dreht. 

2)  walzenfürmiger  bündel  von  dünnem  asltcerk  als  brennhoU: 
dürre  holzweilen.  Kirchhof  disc.  mit.  44 ;  alle  die  darvon  {von 
der  kirche)  abweichen,  müssen  wie  die  dörresten  holzwellen 
in  der  hellischen  flamm  verprant  werden,  bienk.  lü'. 

HOLZWENDEL,  f.  der  kellerwurm :  die  holzwentel,  ein  esel, 
ist  ein  thierle  mit  vil  füszen,  grauw  und  eselfarb,  an  feuchten 
orten  under  steinen  oder  holz,  oniscus.  Maaler  230";  holz- 
wendel,  une  chenille,  oniscus.  dict.  [Genf  1695)  176. 

HOLZWERK,  n.  aus  holz  bereitetes,  balken  und  breiter:  nach- 
dem {bei  aufriclUung  eines  gerüstes)  des  holzwcrks  auf  dem 
markt  ein  nacht  also  eins  teils  musz  ligen  bleiben.  Tücher 
baumeisterb.  127,  21 ;  wo  klümsen  in  holzwerk  waren,  das  ver- 
stopften sie  mit  werk,  lumpen  und  bech.  b.  d.  liebe  21'/ ;  die 
flamme  .  .  hatte  schon  das  holzwerk  des  bodens  und  eine 
leichte  treppe  gefaszt.  Göthe  19,219;  holzwerk,  an  einem  bau, 
materia.  Frisch  1, 465' ;  vgl.  ahd.  carpentarius  wagenäre  1.  holz- 
wercman  Haupts  zeüsclir.  3,  470'. 

HOLZWESE.N,  n.  res  lignaria.  das. 

HOLZWESPE,  f.  sirex,  schwanzwespe.  N'ejimch  4, 1307. 

HOLZWURM ,  m.  i)  ein  im  holze  sich  ausbildender  und 
lebender  uurm,  lennes  pulsatorium,  auch  die  larve  von  cerambyx 
(.Nemnich):  theredo  hai^t  in  kriechisch  ain  holzwurm  ..  der 
wurm  wechst  in  den  hölzern,  diu  man  ze  unrehter  zeit  ab- 
hawet.  Megenberg  309,2;  holzwurm  teredo,  est  vermis  corro- 
dens  ligna,  qui  comedil  semper  et  nunquam  bibit.  voc.  ine.  Iheut. 
k3';  es  wird  unterschieden  holzwurm,  maden  so  in  den  höl- 
zern under  den  rinden  wachsend,  cossus,  und  holzwurm  der 
das  holz  durchfriszt,  thryps.  teredo  Maaler  230'  ;  anderwärts 
tritt  solcher  unterschied  zurück:  cossus  .i.  teredo  holtworm  Dief. 
154*  (niederdeutsch). 

2)  holzwurm,  phryganea,  wassermoUe,  deren  larve  sich  cylin- 
drische  gehäuse  von  holzspliUerchen  schafft.  Nemmch  4,954. 

3)  holzwurm  bei  pferden :  euszerliche  würm  (in  der  haut  des 
Pferdes),  man  nennet  sie  wolfwürm,  holzwurm,  reitende,  aus- 
beiszende,  aaswerfende,  siegende  würm.  Pinter  pferdschatz  410. 

HOLZWLRMLEIN,  n.  .■  cossis  ein  klein  holzwürmlein  Kirsch 
cornuc.;  holzwürmlin  Luther  3,442'. 

HOLZWURZ ,  f  aristolochia.  Frisch  1  465' ;  agatieia  holtz- 
burtz  Dief.  17';  holzwurz  brenn  zu  aschen.  Seuter  ross- 
arznei  253. 

HOLZWURZEL',  f  was  holzwurz  (oslerluzei):  holzwurzel 
(unter  den  pflanzen  des  märz)  Sch.xcrr  157. 

HOLZZEH.NTE,  m  der  zehnte  der  vom  holze  in  einer  waldung 
yeyeben  wird. 

HOLZZEICHEN,  n.  zeichen,  womä  die  zu  verkaufenden  bäume 
gezeichnet  werden.  Frisch  1,465'. 

HOLZZEIT,  /".  zeit  des  holzfdllens;  im  frühjahr.  min.  lex. 
(1743)  302'. 

HOLZZETTEL,  m.  zeugnis  eines  bergschreibers,  wie  viel  holz 
eine  zeche  benötigt  sei.   min.  lex.  302'. 

HOLZZIN.N,  n.  eine  art  zinnerz.   Jacobssojc  6,  lU'. 

HOLZZUCHT,  f.  Zucht  und  pflege  des  hohes  in  einem  walde 
zu  nutzungszwerken.  ullg.  anzeiger  der  deutschen  1844,  no.  230, 
5.  29S5. 

HOLZZWANG,  m.  sedum  telrphium,  feite  kenne.  Nemnich 
4,  1573. 

HO.MBEERE,  f  ßr  himbeere,  s.  sp.  1332. 

HO.NETT,  adj.  im  l".  jahrh.  aus  dem  französischen  (honnfte) 
herübergenommen,  im  sinne  von  achtbar,  anständig:  in  den  kata- 
logen  findet  man  wohl  lauter  honnete  namen.  Göthe  17, ISO; 
will  ich  denn  honett  handeln?  wer  bezahlt  mir  das?  Kotzeble 
dram.  sp.  2,  330.  meist  nur  in  bezug  auf  rang  oder  äuszerlichen 
anstand  gebraucht:  mißte  ich  mich,  wenn  ich  galans  haben 
wolle,  an  die  bedienten  von  der  prinzlichen  bände  halten ; 
nicht  ein  einziger  honetter  mensch  sähe  auf  mich.  span.  Ro- 
binson 3  (1736)  s.  61 ;  (er  musle)  eines  honetten  mords  —  eines 
duells  wegen  entfliehen.  Lessing  I,32S;  es  schickt  sich  für 
honette  mädcben  nicht,  wenns  später  in  die  nacht  dauert. 
Fr.  MCUER  2,113;  man  hielt  ihn  für  nichts  besseres,  als  für 
ein  stück  honetten  gauners.  Immermann  Münchh.  l,  167. 

HONETTITÄT,  f  ehrbarkeit,  anständigkeit :  honette  jung- 
fern!  weisz  her  einmahl  die  finger,  musz  doch  sehn,  wo 
diese  honettetät  auf  einmabl  gewachsen.  Fr.  MCller  2, 114 ; 
in   s«inem  (Terrassons)  Selbos  sind  treffliebe   stellen,  aus- 


sprüche  reiner  Vernunft  und  honnetetät.  Herder  zur  IUI. 
17,118;  was  man  ehmals  Wahrheit,  würde  des  gelehrten, 
honettilät  und  dergleichen  nannte.  Tieck  nov.  kränz  4, 23S. 

HONIG,  m.  und  n.  mel.  der  Gothe  übersetzt  griech.  ftih 
Marc.  1, 6  mit  mili{) :  alle  späteren  dialekte  haben  gleichmäszig 
das  heutige  wort,  ßr  das  sich  in  den  urverwandten  sprachen 
nichts  übereinstimmendes  findet :  altnord.  hunang.  schwed.  honing, 
dän.  honning;  ags.  hunig,  engl,  honey;  cdtnfr.  honog,  aus. 
honeg,  hanig,  niederl.  honigh  (Kilian),  honing;  althochd.  honac, 
honec,  honic  und  honang,  mhd.  honec,  honic,  doch  erscheint 
auch  nasaliertes  honing  mel  noch  spät  (Dief.  354'),  und  hung 
neben  honig  bei  Maaler  2.30''  kann  sich  daran  anlehnen;  auch 
umgelautete  formen  zeigen  sich,  hünic  und  hönic  (Lexer  1,1334), 
welche  letztere  sich  lange  hält:  es  werden  viel  häring  ausz  See- 
land kommen,  viel  hönig  ausz  der  Eifel.  Fischart  groszm. 
129;  das  hönig.  Otho  4;  ein  groszen  last  hönig  und  wax. 
ScHCPPics  736;  ausz  dem  hönig  meth  kochen,  ebenda; 

so  leck  ich  lieber  hönig  denn  wagenschmier. 

fustn.  sp.  736.  18 ; 
die  (wespen)  fliegen  für  der  bienen  hausz, 
und  fressen  ihn  das  höng  herausz.    C.  .A.lberus  109. 

das  neutrale  geschlecht  trf  das  frühest  bezeugte  und  herscht  auch 
im  nhd.  noch  lange,  so  bei  Luther:  was  kan  sie  (die  rose) 
dazu,  das  ir  süszes  honig  der  spinnen  zu  gift  wird?  6,316*; 
das  er  das  honig  von  des  lewen  asz  genomen  hatte,  richter 
14, 9 ;  seine  speise  aber  war  heuschrecken  und  wild  honig. 
Matth.3,1;  und  später:  die  immen  machen  ein  gutes  nutzlichs 
honig  darvon.  a.  weiszh.  lustg.  727 ;  um  in  ermangelung  des 
corsischen  honigs,  unser  gemeines  honig  mit  zerquetschten 
bu.\baumblättern  oder  blülhen  abzureiben.  Lessing  S,  127. 
das  männliche  geschlecht  erscheint  bei  Keisersberg:  der  honig. 
.Vari>  Itimelfart  lü*,  manche  schrißsteUer  schwanken  zwischen  ihm 
und  jenem :  der  oder  das  honig,  mel.  Maaler  230* ;  das  honig. 
Hohberg  3,2,289'  und  den  honig.  290*; 

da  schwärmen  hummeln  um  den  strauch,   ein  frisches  bonig 

auszustechen.    Gcnther  429; 
dem  Periander  schmeckt  der  honig  von  der  brüst, 
die  ihm  Melissa  reicht,  noch  süszer  als  von  bienen.    1064;' 
eil  verschmähet  ihr  so  den  honig,  den  mancher  begehret? 

GöTHS  40,23; 
sparet  das  bonig  für  andre.    3S. 

heute  darf  das  neutrale  geschlecht  in  der  schrißsprache  als  völlig 
veraltet  gelten. 

Von  der  bereitung  des  honigs  durch  die  bienen  werden  bilder 
genommen:  mit  denen  (epicitrischen  schrißen)  wir  aber  ümb- 
gehen  müssen  wie  bienen,  welche  ihr  honig  aus  den  gesun- 
den blumen  saugen,  und  die  giftigen  kräuter  stehen  lassen. 
Opitz  poeterei  11;  aus  nichtswürdigen  blumen  . .  das  schönste 
honig  saugen.  Messe  3,  vorrede,  der  honig  als  bild  für  süszes, 
angenehmes  in  manigfachem  gebrauch  (veryl.  eine  anzahl  der 
folgenden  compositen) :  dein  wort  ist  meinem  mund  süszer., 
denn  honig.  ps.  119,103;  deine  lippen,  meine  braut,  sind  wie 
triefender  honigseim,  honig  und  milch  ist  unter  deiner  zungen. 
hohel.  4,11; 

dan  der  Griech  an  weiszheit  sehr  grosz, 

von  dessen  zung  der  honig  flosz.    Weckheilik  375; 

doch  musz  ich  etwas  davon  sammeln,  als  ein  süszes  honig, 
unsere  seelen  mit  trost  zu  erquicken.  Scriveh  seelensch.  1,510; 
um  bei  ihr  den  kuss  zu  suchen,  dem  das  verbot  und  die 
entbebrung  wieder  den  honig  gab.  J.  Paul  Tit.  3, 167 ;  der 
junge  honig  der  liebe.  5, 16t ;  nur  aber  war  er  unter  solchem 
honig  (einer  so  angenehmen  beschäßigung)  erstickt,  leb.  Fü).ii'i; 

fraw,  wo  man  ewem  namen  nent, 
der  suszt  til  pasz  in  dem  herzen  mein, 
den  regent  es  eitel  honig  dar  ein. 

Rose:ibli't  in  den  fastn.  sp.  1 143 ; 
ach  der  weiber  freundligkeit 
ist  das  honig  dieser  zeit, 
süszer  kan  auf  erden 
über  sie  nichts  werden.    Rist  Parn.  470. 

ein  anmutiges  land  ist  in  der  bibelsprache  ein  land,  darinnen 
milch  und  honig  fleuszt.  2  Mos.  3,8,  und  oß;  das  gott  selbs 
ein  erdtrich  hat  geheiszen  mit  honig  und  milch  flieszende. 
Frane  weltb.  142'; 

0  land,  durch  welches  milch  und  mildes  honig  rinnt! 

A.  GuTFHiis  169»   2,  22. 

Spriehwürtlieh :  der  böse  geist  hat  ein  verleckert  maul,  frist 
gern  das  allerbest,  das  niedlichst,  das  auszerweltest,  wie  der 
beer  das  bonig.  Luther  1,495*;    schmierte  ihm  derowegea 


1787 


HONIG  — HONIGBIER 


HONIGBIRNE  —  HONIGFLÜSZ 


1788 


honig  ins  maul,  und  gab  ihm  galle  zu  trinken ;  denn  es  war 
nichts  dahinter.  Scuweimciien  1,104;  dasz  sie  (die  zauberer 
bei  der  Passauer  kunsl)  das  h.  crouzzeichen  so  oft  und  viel- 
fältig hiei'zu  iniszbraucbcn,  geschieht  zu  keinem  andern  ende, 
uls  dasz  es  bei  den  einfältigen  das  honig  sei,  damit  man 
den  kindern  den  ranft  an  einem  geschirr  bestreicht,  auf  dasz 
mau  ihnen  den  bittern  trank  vor  die  würm  dardurch  desto 
füglicher  beibringen  könne.  Sünpl.  4,187  Kurz;  das  maul  mit 
hünig  beschmieren.  Sciiottel  1115';  ich  besorge,  wir  gewin- 
nen auch  als  vil  ere  au  diser  erbeit  als  der  honig  im  sprach- 
hause {abtritt)  sucht.  Schade  sat.  u.  pasqu.  2,  257, 10 ;  honig 
im  munde,  gulle  im  herzen,  honig  im  «lund,  schermcsser 
in  der  band,  kein  honig  ohne  gift.  wer  honig  will ,  musz 
der  bieuen  sumsen  leiden,  wer  honig  lecken  will,  musz  der 
bienen  Stachel  nicht  scheuen,  der  honig  ist  nicht  weit  vom 
Stachel,  theurer  honig,  den  man  aus  dornen  musz  lecken, 
honig  essen  ist  gesund,  zuviel  macht  speien  (vergl.  spr.  Sal. 
25,  IC),  wer  viel  honig  schleckt ,  nmsz  viel  wermut  fressen, 
mit  einem  lötfei  honig  fängt  man  mehr  fliegen  als  mit  einem 
fasz  voll  essig.  honig  ist  der  mucken  lod.  wer  sich  zu 
honig  macht,  den  bcnascben  die  fliegen,  es  ist  zu  gewinnen, 
wie  honig  von  wcspcn.  Sihbock  sprichw.  $.260; 

nicht  schlaue  ranke  sind  sein  (des  preuszüschen  volkes)  witz, 
es  trägt  nicht  honig  uuC  der  zung,  und  gall  im  herzen. 

Rahler  2,  32 ; 
handelt  einer  mit  honig,  er  leckt  hisweilen  die  linger. 

GoTBS  40, 131  {Reineke  fuchs  S ;  nicht  im 
nicäeräeuticlien  original). 

Man  unterscheidtt  weiszen  und  gelben  honig;  gezeidelten  und 
geseimten  bonig  (Ocon.  lex.  106');  zuckerhonig,  jungfernhonig; 
geläutertes  honig,  tnel  liqualum,  quod  nuUam  habet  spurcitiem. 
Fbisch  1,465*;  gesponnener  honig,  ausgelassener  honig,  der  sich 
fadenförmig  zieht:  andere  {neapolüanische  knaben)  suchen  einen 
kleinen  gewinn,  indem  sie  obst,  gesponneneu  honig,  kuchen 
und  zuckerwaare  einkaufen.  Götbe  28,  260.  in  Oberhessen  be- 
zeichnet honig  nicht  nur  den  eigentlichen  honig,  sondern  auch 
das  aus  baumfrüclUcn  gekochte  ntus  (compoll).  Vilmar  174. 

HONIG ,  adj.  aus  honigig  gekürzt  (vergl.  unten  honigt  aus 
honigicht) :  dasz  er  honige  worte  zum  tröste  ihren  obren 
zusandte.  t>om  k.  Artus  u.  von  dem  ritler  Wieduwilt  (l7SG)  s.  108. 
HOMG.VPFEL,  m.  eine  apfelsorle,  süszapfel,  melimelum. 
Fbisch  1,465*.  auch  ein  südamerikanischer  und  indischer  bäum, 
annona  squamosa,  und  seine  fruclit.  Nemmcu  1,317. 

HONIGAUSBHUCH,  m.  das  einsammeln  der  honigsdieiben  aus 
den  Stöcken  der  waldbienen.  Jacoüsson  6, 112'. 
HOMGBACH,  m.; 

und  wenn  ich  nun  lang  genung 

hier  aus  Mara  trinken  müssen, 

ach,  so  lasz  den  letzten  trunk 

mir  zur  sanften  nih  genieszen, 

dasz  ich  dort  in  Canaan 

honigbäcbc  trinken  kann. 

B.  ScuaoLCK  lied:  'o  du  herre  Zebaoth\ 

HONIGBÄR,  m.  ursus  arclos. 

HOMGBAU,  m.  die  kunst  den  honig  von  den  bienen  zu 
gewinnen. 

HONIGBAL'ER,  ro.  der  den  honigbau  betreibt:  mellifex,  honig- 
bauer  Kirsch  cornuc.  auch  ein  bauer,  der  neben  seiner  land- 
wirlschaß  bienen  hält. 

HONIGBALM,  m.  melianthus.  Frisch  1,465*. 

HONIGBEHALTEB,  m.  im  kclclie  von  blumen  ein  behdlter, 
der  den  honigsaß  enthalt  (vgl.  boniggefäsz  2,  huuiggrube,  honig- 
keich).  bildlich:  sie  hatten  jene  heitere  uiibcfangenheit  der 
kinder,  der  künstler  und  der  südlichen  Völker,  die  nur  den 
bunigbebäller  der  minute  ausnascht.  J.  1'i.iL   TU.  l,  17. 

HONIGBEHALTMS,  n.  was  honigkelch.    Jacobsso.n  6,112*. 

HONIGBESCMMIEHT,  part. :  dasz  er  (der  pabsl)  den  ketzern 
schmeicheln  will,  und  mit  honigbeschmirten  wortea  licb  bei 
inen  einkaufen,  bienk.  170*. 

HONIGBEL'LE,  was  honiggeschwuist  («.  unten):  von  den 
bonigkpeulen.  Zkcbenourfek  gebreclicn  der  rosz  (1571)  2,21. 

HONIGBIENE,  f  l)  apit  mellifica,  die  gewöhnliche  bient. 
Nkm.'<ich  1,375. 

2)  tn  einem  bienentlock  die  kleinen  arbeüibienen ,  gegenüber 
dröhnen  und  weiser.  Jacoh<(sun  2,  2>s3*. 

HONIGBIEB,  n.  bter  mü  houiy  bereitet:  ^enn  der  biicbuf 
jährlich  seine  kircben  besuchte:  so  musztc  ihm  Jedes  kirch- 
•piel  .  .  zwanzig  eimer  (silulas)  metb,  zwanzig  eimcr  honig- 
bier,  und  ebeu  »u  viel  ander  bier  dJtrbringen.  MOtu  patr. 
fhant.  3,  Mi. 


HONIGBIRNE,  f  pirum  melleum,  musteum.  Stieler  167. 
HONIGBLASE,  f  der  magen  der  bierun.  Nem.nich. 
HONIGBLUME,  f.     l)  im   allgemeinen  jede  blume,   aus  der 
dit  bienen  honig  gewinnen.  Frisch  1,  465*. 

2)  im  besondern  mclissa  ofßcinalis.  Nemnicu  3, 543;  melissen- 
kraut  heiszt  auch  honigblum.  Tabernaehont.  738 ; 

das  laub  an  dieser  bonigbluhme,  gleicht  völlig  einer  helleparten. 

Brockbs  8,  245. 

3)  auch  melianthus,  weil  seine  blitten  viel  honigsaß  enthalten. 
Nemnich  3,  541. 

HOMGBLÜMCHEN,  n.  gnaphalium  arenarium.  Neknich  3,61. 

HONIGBLÜTE,  f  honigsaß  enthaltende  blute,  übertragen: 
wenn  schon  überhaupt  die  weiche  duftende  honigblüte  der 
Jungfrau  im  treibkasten  des  ehebetles  zu  einem  winter-  und 
lagerobste  zeiligt,  das  erst  später  so  weich  wird.  J.  Paul 
vorsch.  der  äslh.  3, 143. 

HONIGBROCKEN,  m.  plur.  favorum  reliquiae.   Stieler  231. 

HONIGBUSSARÜ,  m.  falco  upivorus.   Nemnich. 

HONIGDACHS,  m.  vieles  mellivorus.  das. 

HONIGDICK,  adj.  dick  wie  honig:  die  honigdicken  extrakte 
{von  früclUen).  J.  Paul   Tit.  2, 123. 

HONIGDORN,  m.  gleditsia  triacanthos,  ein  amerikanischer 
bäum.  Nemnich  3,  53.     derselbe  heiszt  auch  honigerbse. 

HONIGDRÜSE,  f.  nectarifera  glandula,  theil  der  blumenbldtter, 
welcher  den  honigsaß  absondert.   Nemnich  3,711. 

HONIGERBSE,  f  s.  honigdorn. 

HONIGERNTE,  f  das  einsammeln  des  honigs  aus  den  stocken 
der  gartenbienen.  Jacobsson  6,112*;  honigernde,  mellatio  Stie- 
ler 19. 

HONIGESSIG,  m.  ein  aus  honigwasser  durch  gährung  berei- 
teter essig.  Jacobsson  6,112*:  stosz  es  zu  einem  pulver  und 
gibs  mit  dem  sauren  bonigessig,  aceto  mulso.  Tabernaem.  392. 
bildlich:  ohne  dasz  der  bonigessig  zurückgewünschter  freuden 
über  seinen  gaumen  lief.  J.  Paul  Hesp.  3,  50. 

HONIGFARB,  adj.  von  der  färbe  des  honigs:  melleus  honig- 
farb  DiEF.  354';  des  kaisers  sündl  {das  sühnlcin  des  kaisers 
der  bienen)  ist  zehant  {sobald  es  aus  dem  ei  schließ)  hongvar. 
Megenberg  294,  9. 

HONIGFARBE,  f  color  mellinus,  melleus.  Stieler  433.  honig- 
farben  auch  die  ungißigen  saßfarben,  die  in  den  tusMästen  der 
kinder  liegen. 

HONIGFARBEN,  adj.  von  der  färbe  des  honigs;  auch  honig- 
farbig. 

HONIGFASZ ,  n.  •  mellarium  honigfasz,  niederd.  honichvat 
DiEK.  354*.     vgl.  honiggeschirr. 

HONIGFLADEN,  m.  n.  l)  die  mit  honig  angefüllte  Scheibe  in 
einem  bienenstocke.  Jacobsson  2,284*:  nimb  honigfladen,  wie 
mans  von  den  bienen  ausznimbl.  Seuter  rossarzn.  307 ;  also 
ist  die  fleischliche  sündcnlust  die  hauptkwälle  aller  laster, 
und  die  tödtliche  gift,  so  aus  der  bienen  süsz-belibten  honig- 
fladen auswächst.  Butschky  Palm.  432.  Stieler  494  schreibt 
hiefür  nur  honigflad,  favus  mellitus,  nach  der  allen  form  von 
vlade,  aber  mit  unbereclitigtem  formunterschied  von  dem  folgenden, 
schon  früh  ist  die  Jungfrau  Maria  einem  honigfladen  verglichen : 

wis  gegrüe^et,  honeges  vlade ! 

Slariengrüsze  in  Haupts  zeiischr.  8, 2S0, 145. 

2)  mit  honig  bestrichener  oder  im  teig  versetzter  fladen :  honig- 
fladen, panis  melle  ülilus,  sive  mellitus  Stielgr  494;  du  glaubst 
nicht,  wie  süsz  das  lieben  ist;  sUszer  als  honigfladen.  Fr. 
MtlLLER    1, 126. 

HONIGFLECKEN,  m.  honigfarbene  flecken  auf  der  haut;  auch 
solthe  auf  marderbälgen.  Adelung. 

Hü.NIGFLIEGE,  f  musca  mellina.  NEM.ticu" 

HONIGFLIESZEND,  part.  metlifluus.  Dief.  354'.  vielfach  über- 
tragen :  mellifluens,  der  eine  honigQieszende  rede  hat,  wohl  be- 
redt. Kirsch  corn.;  die  bonigflieszende  begird  deiner  schöne. 
Spek  g.  t.  272;  in  deinen  (Jesu)  süszen  und  bonigflieszendeo 
wunden.  Schufpius  4üO. 

HONIGFLÜG,  m. .-  bis  . .  die  biene  bald  wieder  ihren  bunig- 
flug  zur  erde  beginnt.  Fr.  MCller  1,22. 

HONIGFLÜSZ,  m.  flusz  ton  honig,  reichlicht  ergieszung  du 
honigs:  melUftuvius  bongllusz  Dikf.  354*;  bildlich: 

■I«  wann  mit  hunigOüMen 
und  andrem  lüiien  oms  die  lippen  idei  iiunnern)  sich  ergAaten, 
ao    luckt,   io   acbmuliell  «r   (der  fucluitchwiintrr) ,    tbul  wie  \ur 

teileu  that 
der  Buai  dtm  draifuai  ber  tu  Delphis  lauicht  auf  rath. 

Liti,AU  i,  217. 


1789       HOMGFLÜSSIG  —  HONIGKÜKÜK 


HONIGKUSS  —  HOMGPROBE 


1790 


HONIGFLCSSIG,  adj.:  mellifluus  honigQussig,  hünigflassig, 
iiiederd.  honichvlotig  Dief.  354'; 

die  höngflüssigen  spün  (hriiste)  z\i  suchen. 

H.  FoLZ  in  den  fastn.  sp.  1304. 
HOMGFRUCHT,  f.  honigsüsze  frucht: 

wem  ich  dieses  beets  durtende  meloae, 

dieses  feigenbaums  bonigfi-üchte  scnoae?    IUxler  1,  &S; 

mir  wächst  vom  süsresien  der  triebe 

nie  hoDigfrucht  zur  tust  heran. 

denn  ach!  mir  mangelt  gegenliebe, 

die  6ine  nur  gewähren  kann.    Borger  Vi'. 

HONIGGABEL ,  f.  gabel  um  die  abgeladen  honigscheiben  in 
den  bienenstöcken  heraus  zu  heben. 

HOMGGEBEIZT,  pari. :  ir  feine  verzuckerte  gallen  und 
pillulen,  und  honiggebeizte  spinnen.  Garg.  17*. 

HONIGGEFÄSZ,  n.  l)  gefäsz  um  honig  darin  aufzubewahren, 
tcie  honigfasz. 

2)  honiggefäsz,  nedarium,  der  theil  an  der  blume,  der  den 
honig  entweder  absondert  oder  nur  zur  außewahrung  desselben 
bestimmt  ist.  Nejcmch  3,  710.  bildlich:  die  tausend  honig- 
gefäsze  schöner  gedanken.  J.  Pacl  Hesp.  3, 83 ;  lieber  wollt 
ich  die  seele  doch  in  das  feinste  honiggefäsz  der  sinnen,  in 
die  äugen  verlegen  als  ins  unempfindlichere  g«hirn.  4,  9. 

HOMGGEHRE,  f.  die  mit  honig  angeßlUe  scheibe  eines  bienen- 
stocks.  Jacobsson  2,  284'. 

HO.NIGGELB,  adj.  melleus.  Stieler  595. 

HOMGGELD,  n.  zins.  abgäbe  vom  honigbau :  und  soll  auch 
jeder  zeidler  von  seinem  gut  geben  sein  honiggeld  uns  und 
dem  reich,  weisth.  3,  611  (liürnberg  von  1350). 

HONIGGELDER,  m.  bauer  der  honigqülde  gibt.  Frisch  1,465*. 

HONIGGERUCH,  m.  odor  mellüus.  Stieler  1531. 

HONIGGESCHIRR,  n.  mellarium.  Maaler  230*,  zur  auf- 
bewahruny  von  honig. 

HONIGGESCHMACK,  m.  sapor  melleus.  Stieles  1871. 

HONIGGESCHWULST,  f.  meliceris,  geschwulst  mit  eUer,  der 
honigfarbe  hat.  Frisch  1,  465*. 

HONIGGESTELL,  n.  mellarium.  Maaler  230*. 

HONIGGEWIRKE,  n.  die  wabe  in  den  bienenstöcken:  wer 
nicht  das  sparrwerk  und  zellenwerk  des  menschenherzens 
kennt,  den  nimmt  es  wunder,  dasz  Viktors  freundschaft  gegen 
Klotilde  ein  ganzes  honiggewirke  von  liebe  für  Joachime  in 
seine  zellen  eintrug.  J.  Pacl  Hesp.  2,211. 

HOxNIGGOLD,  n. : 

kommt  Fatime  dann,  die  holde, 

tochter,  gattin  sonder  lehle, 

englisch  allerreinste  seele 

in  dem  leib  von  honiggolde.    Göthr  5,  256. 

HONIGGRAS,  n.  holcus,  eine  gattung  gräser  mit  mehrern  arten. 
ISemmch  3, 166. 

HONIGGRUBE,  f.  nectarium.  Nemmch.     rgl.  honigkelch. 

HONIGGULDE,  f.  sins  an  honig.  Frisch  1,465'. 

HONIGHAFEN,  m.  honigtopf:  die  importune  hummeln,  die 
umb  mich  wie  umb  einen  fetten  honighafen,  der  keinen  deckel 
hat,  herumb  schwermten.  Simpi.  3,  36  Kurz. 

HONIGHALTER,  m.  nectarium.  Neh:«ich.  vergl.  honigbe- 
hälter. 

HONIGHA.NDEL,  m.  handel  mit  honig.  jACOBsso.f  6,113*. 

HONIGKELCH,  m.  nectarium,  der  honigbehälter  in  bluten. 
Nemnich;  wenn  der  frühling  glühte  und  alle  seine  honig- 
kelche  öffnete.  J.  Pacl  Tit.  2,86;  ich  habe  oft  leute  .  .  um 
die  besten  und  vornehmsten  weiber  gaukeln  und  aus  dem 
honigkelch  ihrer  herzen  saugen  .  .  sehen.  Hesp.  2,28. 

HONIGKELLER,  m.  cella  mellaria.    Stieler  915. 

HONIGKIRSCHE,  /".  eine  kirschenarl,  zuckerkirsche. 

HONIGKLEE,  m.  trifolium  melilotus,  gemeiner  Steinklee.  Neü- 
sicH  4, 1478.  kleiner  gelber  honigklee  ist  latus  corniculatus, 
der  wilde  Steinklee.  3,  447. 

HONIGKRUG,  m.  zur  aufbewahrung  von  honig:  dasz  sönlein 
war  schon  so  wol  gerahten,  dasz  es  ihm  den  honigkrug  zer- 
brach.  Garg.  225*. 

HONIGKUCHEN,  m.  l)  die  mit  honig  gefüllte  wabe  in  einem 
bienenstocke  (auch  honig fladen,  honigscheibe).    Jacobsso!«  2,284*. 

2)  mit  honig  gebackener  kuchen,  Pfefferkuchen,  lebkuchen.  Frisch 
1,465*; 

wie  man  bonigkuchen  bacht. 

GciPKLZHAiHtR  gymn.  de  extrc.  acad.  406. 

HONIGKÜCHLER,  m.  der  honigk-uchen  bäckt,  pfeffer küchler. 
auch  honigkuchenbacker.  Jacobsso:»  2,284*. 

HONIGKUKUK,  m.  eueulus  indicator,  ein  afrikanischer  die 
bienennester  aufsuchender  vogel.  Nbvnich  2, 1300. 


HONIGKUSS,  m.  honigsiiszer  kuss: 

deiner  lippen  honigkuss.    Kosegarte5  poen.  1,318. 

HONIGLEBEN,  n.  leben,  nahrung  vom  honig:  der  bär  ... 
hebt  die  obren  und  erinnert  sich  von  neuem  des  honiglebens. 
Fr.  .Müller  1, 23. 

HONIGLECKER,  m.  l)  der  honig  ledd,  gustator  mellis. 
Stieler  1105. 

2)  name  eir^es  Schmetterlings,  phalaena  mellonella:  in  den 
bienenstöcken  wohnt  phalaena  tinea  mellonella,  erst  eine 
weisze  raupe  mit  14  füszen,  riehwurm,  motte,  auch  schabe, 
genannt,  die  sich  in  den  grau-  und  purpurgeflügelten  honig- 
lecker verwandelt.  Voss  zu   Virg.  georg.  4, 243. 

HONIGLEIM,  m.  leim  zum  vergolden,  der  aus  honig,  leim- 
wasser  und  etwas  essig  bereitet  wird.  Jacobssos  2,  284*. 

HONIGLESE,  f  das  einsammeln  des  honigs  aus  den  bluten 
seitens  der  bienen;  mellatio  Frisch  1,465*. 

HONIGLEUTE,  plur.  die  bienen: 

machte  draus  (Venus  von  den  Itüssen  des  Ädonis]  die 

honigleute, 
dasz  sie  geben  süsze  beute, 
dasz  sie  aber  auch  daneben 
einen  scharfen  Stachel  geben.    Locad  3,  100. 

HONIGLIPPE,  f  l)  süsze  lippe  (im  reden  oder  küssen) :  war« 
nur  eine  büste  des  allvaters  (Homer),  vor  die  er  euch  in- 
zwischen stellte,  euch  deutete  auf  der  hohen  stirne  würdige 
runzeln,  auf  den  tiefen  blick,  auf  das  schweben  der  honig- 
lippe.  Göthe  33, 14 ;  lasz  michs  heute  noch  einmal  von  deinen 
honiglippen  vernehmen.  Fr.  MCller  1, 10. 

2)  honiglippe  heiszt  auch  das  unterste  blalt  an  den  bluten  der 
Orchideen,  das  meist  eine  abweichende  gedalt  hat  und  honig  ab- 
sondert. 

HONIG.MACHER,  m.  mellarius.  Kirsch  cornuc,  von  einem 
honigbauer  (sp.  1787).  auch  von  bienen :  pordutz  lag  der  bien- 
stock  auf  dem  boden,  welches  die  honigmacher  dermaszea 
erzörnte,  dasz  sie  . .  armeeweis  mit  ihren  stacheln  gleichsam 
wie  mit  eingelegten  tanzen  darauf  losz  (auf  das  pferd)  flogen. 
Simpl.  3,  427  Kurz.     s.  das  folgende. 

HONIGMACHERIN,  f  die  biene: 

biszweilen  leert  er  ausz  den  honigmacherinnen 
ihr  wachsiim  königreich,  das  sie  mit  klugen  sinnen 
sehr  artlich  aufgebaut.  Opitz  1,  155; 

wie  die  honigmacherinnen 
ausz  viel  blumen  saugen  künnen 
ihren  süszen  nectar-saft.    Logao  1,  6,  12. 

HONIGMEISTERIN,  f  biene: 

schlagt  eure  Werkstatt  auf  in  dieser  linden  hier, 
die  hohl  ist  von  natur,  ihr  honigmeisterinnen. 
P.  Flsii;«g  656 ; 
wie  die  honigmeisterinnen. 
wie  das  wollen-träger-volk,  was  sie  samlen,  samlen  künnen 
ihnen  selbst  nicht.  Logad  2,  48,  70. 

HONIGMO.NAT,  m.  l)  monat  in  dem  die  bienen  honig  ein- 
sammeln. Campe. 

2)  bildlich,  von  der  ersten  zeit  der  ehe,  flitterwochen  (auch 
franz.  la  lune  du  miel.  Voltaire  Zadig  cap.  3) :  was  macht 
herr  Nicolai?  als  bräutigam  hat  er  nicht  zeit  meine  briefe 
zu  lesen,  ich  will  den  honigmonat  vorbeigehen  lassen,  ehe 
ich  ihm  schreibe.  Lessisg  12,146;  nach  den  verrauschten 
honigmonaten  ihres  ehestandes.  Moser  pa/r.pAan/.  3,38.  auch 
auf  anderes  übertragen:  das  (niederländische)  ministerium  ge- 
nieszt  noch  seine  honigmonate.  Frankf  Journal  1868  no.  182, 
1.  beilage. 

HONIGMOND,  m.  wie  honigmonat:  junge  gatten,  die  .  .  . 
mit  nicht  genügsamen  gutem  versehen ,  in  diese  zustände 
sich  einlassen,  mögen  ja  sich  keine  honigmonde  versprechen. 
Göthe  48,63. 

HONIGMOTTE,  f  f^aiaena  soäeUa.  Neulich  3,  925,  eine  den 
bienenkörben  schädliche  motte. 

HONIGÖL,  n.  oleum  mellis.  Frisch  1,465*. 

HONIGPFEIFE,  f  honiqzelle.  Neji!»ich. 

HONIGPLÄTZCHEN,  n.  pldtzchen  oder  küchelchen  von  honigteiq 
gebacken:  steckte  ihm  den  mund  >olI  honigplätzcben.  Wielasd 
13,21;  so  werden  sie  euch  den  mund  mit  honigplätzcben 
füllen.  22; 

so  wie  milde  pädagogen 
die  kleinen  Zöglinge  durch  bonigpläzcben 
lum  abc  rerftinren. 

äers.  übers,  v.  Horateni  Satiren  (1794)  1, 12, 

HONIGPROBE,  f  eine  Untersuchung  ob  der  honig  verfdltchl 
sei.   Jacobsso?)  6, 113* 


1791       HONIGRASZ  —  HONIGSCHLUMMER 


HONIGSCHMETTERLING  —  UONIGT      1 792 


HONIGRASZ,  «1.  honigwabc,  oberdeutsch.  Jacobsson  6, 2S4* : 
favus  honigrasz,  honigraszc,  honigraszcn,  honiprosz  Dief.  268'; 
trieffender  hongrasz,  destillans  favus  Melbkr  bei  Scim.  2, 138 
Fromm.;  ein  honigrosz.  Keisersberg  bei  Frisch  1,465'.  vgl. 
rasz  und  uuten  honigrnse.     Fischart  hat 

HONIGRATH,  «i.  dem  niederländischen  honiglirato,  honigh- 
rote,  honighratcl  (Kilian)  gemäsz,  nur  im  geschlechl  abweichend: 
aber  darin  sind  sie  {die  fHipsllichen  unter  dem  bilde  von  bienen) 
den  andern  (bienen)  ungleich,  dasz  sie  keinen  neuen  honig- 
ralit  können  machen,  sondern  nuisz  zuvor  von  gewissen  apo- 
leckern  .  .  bereit  werden,  und  machen  den  hohnigraht  also. 
bienk.UO*;  sie  abtreibt  wie  die  immen  die  horlitz,  oder  weffzen 
vom  waben  und  honigrat.  Garg.  245';  gieidiwol  über  der 
immen  stich  aus  verlrusz  den  honigraht,  welcheu  er  alibereit 
inn  der  band  hiil,  hinwcgwurfe.  ehz.  415. 

HONIGREDE,  f.  süsze,  wollautende  rede  (vgl.  sp.  1786):  honig- 
rede, «w  zuckerrede,  oratio  mellita,  verba  dulcia  Stieleh  1540; 

und  dessen  mund  mit  üherflusz 

köDt  eine  honigred  auszgieszen.    Wkckherlin  453; 

der  Suada  ^leicii  am  munde, 

der  honigrede  spricht.    Bcrcer  7'. 

HONIGREICH,  adj.  mellosus.  Frisch  1,465*;  immen-  sive 
bienenreicbes  land,  eliam  honigreich,  apibus  et  melle  abundans. 
Stieler  1582;  durch  die  honigreiche  flora  der  Insel.  J.  Paul 
Titan  1, 17 ; 

wollt  ihr  wissen,  holde  bienen, 

die  ihr  süsze  beute  liebt, 

wo  es  mehr,  als  hier  im  griinen, 

honigreiche  blumen  gibt.    Bürgsr  83*. 

HONIGROHR,  n.  das  Zuckerrohr,  canna  mellis,  mhd.  honig- 
roere  (Lexer  1, 1334) :  es  ist  gewachsen  bei  einem  honigror 
ein  santror.   Cvrill  37; 

das  kristallene  mark, 
von  den  hydaspischen  nymphen  dem  bonigrohre  entnommen. 

Kahler  1,  24. 

HONIGROSE,  f.  oder  m.,  t)e?dcr6/ aus  honigrasz,  honigwabe: 
die  schütlein  anzusehen  wie  die  bienenhäuszlein  in  den  honig- 
rosen.    Tabernaemokt.  553. 

HONIGSACK,  m.  honigbehdlter  der  bienen.  Shakcsp.  Sommer- 
nacht slr.  3, 1. 

HONIGSAFT,  m.  meüigo,  syrupus  mellitus.  Stieler  1663. 
auch  der  saß  den  die  bienen  aus  den  blumen  saugen  und  woraus 
sie  den  honig  bereiten. 

HONIGSAM ,  HONIGSAME ,  m.  verderbung  von  honigseim, 
s.d.:  favus  honigsam,  honigsame  Dief.  228';  von  deme  jeder- 
zeit als  von  einem  triefenden  honigsamen  die  .  .  .  wort  des 
lebens  abgeflossen  seind.   Spee  g.  t.  770; 

auch  ist  des  honigsams  und  andre  süszigkeit 

der  lieblichkeit 
des  freudenreichen  worts  mit  nichten  zu  vergleichen. 
Wkckherlin  77. 
(.  auch  honigsaum. 

HONIGSÄMER,  m.  verkaufet  von  honigseim: 
der  bauern  ungezählte  scbaar.  die  obstverkäurer,  honigsämer. 

ItROCKES  8,  29'J. 

HONIGSAMMLUNG,  f  mellatio,  vindcmia  mcllis.  Maaler  231'. 
HONIGSATT,  adj.  satt  in  bczug  auf  honig:. 

houigtatt  mach  ich  euch  heute.  Götue  40,24. 
HONIGSAllER,  adj.:  der  Verfasser  .  .  arbeitete  .  .  noch 
neun  jähre  lang  in  seiner  satyrischen  cssigfabrik  (losen-  und 
honigessig  lieferte  aus  ihr  die  auswahl  aus  des  teufeis  pa- 
pieren), bis  er  endlich  im  dezeinber  1790  durch  das  noch  etwas 
honigsaucre  leben  des  schulmeistcrlein  Wuz  den  seligen  über- 
tritt in  die  unsichtbare  löge  nahm.  J.  Paul  uns.  löge  1,  xxxi. 
HONIGSALGENI),  p'^rt. : 

bonigaaugende  bienen.    nCcKERT  350. 
HONIGSAUGER,  m.  trochilus,  der  colibri.  Nemnich  4,1405. 
HONIGSAUM,  m.  verderbung  aus  bunigseim  {vgl.  oben  hunig- 
sam):  favus  honigsaum,  hunigseume  Dief.  22s';  brenn  hunig- 
saum  ausz  zu  wasscr.  Seuter  rosscurxn.  126;  niinb  leinsainen, 
honigsaum  . . .  433. 

HONIGSCHEIBE,  f  favus,  honigwabe:  nimmt  zu  wie  eine 
bonigscbeibe.  Heikse  an  Gleim  1,427; 

m(M(cn  wir  freilich 
honigscbeiben  renehren,  die  «ind  wohl  immer  zu  haben. 

GOTUi  40,  23. 
HONIGSCHIMMEL,  m.  ein  orlblich  veiszcs  pferd. 
HOMGSniLEt  KKR,  m.  mcllis  linctor.  Stiele»  1830. 
HONIGSCHLUMMER,  m.  fislifoior  Z:T,oi: 

w«nn  nun  deinen  äugen  der  honli(*chlumiii<-r  «Di«chwlnd«t. 
Stolikrc  11,42  (lliai  'i.ii). 


HONIGSCHMETTERLING,  m.  papüio  argus,  auf  honigblumen 
sich  aufhaltend. 

HOMGSCHNITT,  «i.  l)  das  ausschneiden  des  honigs,  honig- 
emte :  wo  solche  bienen  bauen,  da  bat  der  tcufcl  einen 
reichen  honigschnitt,    haurenst.  lasterpr.  2fi. 

2)  schnitt,  abgeschnittenes  s/iicA  brol  mit  honig  bestriclicn: 
Doris  bracht  ihm  honigschnidte.    Logau  3,8,18. 

HOMGSCHNITTE,  f  wie  honigscbnilt  2:  die  kinder  be- 
kamen honigschnitten. 

HONIGSCHUPPE,  /".  an  den  llitten  die  honigdrüse,  nedarium. 

HONIGSCHWER,  adj.  schwer  von  lu>nig:  so  von  allen  ecken 
und  herzen  bereichert  und  gf'fiillt,  brach  denn  Nikolaus  honig- 
schwer nach  Liebenau  auf.  J.  Paul  komel  3,  31 ; 

genicsz  den  honigscliwcren  thau  des  sclilummers. 

Sliiiksii.  Jul.  1'ä.tar  2,  1 ; 

enjoy  ihe  honey-heavy  dew  of  slumber. 
HONIGSEIM,  m.  der  ungeläuterle  honig,  wie  er  als  zdhßieszende 
masse  in  den  honigscheiben  vorhanden  ist,  auch  die  honigscheibe 
selbst,  mhd.  honigseim,  honigsein  (Lexer  1,1334):  favus  honig- 
seim, liunigseim,  honichseme  Dief.  228';  honigseim, /«ühs,  ein 
stück  des  von  den  bienen  verfertigten  gebdudes,  worin  das  honig 
ist.  Frisch  1, 465' ;  recket  seinen  stab  aus, . .  und  dunkel  mit 
der  spitzen  in  den  honigseim.  1  Sam.  14, 27 ;  und  sie  legten 
im  für  ein  stück  vom  gebraten  fisch  und  honigseims.  Luc. 
24,  42 ;  isz  des  süszen  honigseims,  er  ist  lieblich.  Fk.  Müller 
1,61; 

kein  mensch  vermag  so,  wie  die  kleine  bien, 

aus  blumen  honigseim  zu  zichn.    Brockes  2,  47. 

Oß  als  bild  für  liebliches,  anmalendes:  die  rede  des  freund- 
lichen sind  honigseim,  trösten  die  seele  und  erfrischen  die 
gebeine.  spr.  Sal.  16, 24 ;  deine  lippen,  meine  braut,  sind  wie 
triefender  honigseim.  hohcl.  4,11; 

bringen  in  den  rath  geklärtes  honigseim. 

A.  Gktpuils  16'J8   1,889; 
durch  ein  so  dich  vergnügendes,  als  ehrerhiviiges  bcmühn, 
bist  du  geschickt,  aus  honigbluhmen  der  andacht  honigseim 

zu  ziehn.     Brockes  8,245; 
war  ich  es  nicht,  der  aus  der  liebe  kciche 
dir  honigseim  drei  sommer  eingeschenkt?    Gökingk  1,90; 
bald  träufelt  auf  Hymens  geliedcr 
der  liebe  honigseim.    Kotzebue  dram.  sp.  2,  264 ; 
dann  will  ich  honigseim  ohn  allen  kummer 
zum  hochzeitlied  dir  singen.    Bcckert  142. 

HONIGSPEISE,  /■.; 

die  unverdroszne  bienenschar 

zeucht  hin  und  her,  sucht  hier  und  dar 

ihr  edle  honigspeise.    P.  Gerhard  103,  6, 

HONIGSTADT,  f  vom  bienenkorbe: 

geschäftiger 
als  die  bürger  der  honigstadt.    Oterbkce  ged.  90. 

IIONIGSTEIN,  m.  melitites ,  ein  grauer  stein  in  den  berg- 
werken,  welcher  zu  pulver  zerstoszen  einen  weiszen  süszen  saß 
gibt.    Frisch  1,  465*. 

HONIGSTIMME,  /".  vox  mellea,  dulciloqua.  Stieler  2167: 

eh  aus  unserm  munde  die  honigstimm  er  gehöret. 
Odyssee  12,  187. 

HONIGSTOCK,  m.  bienenstock:  uns  und  allen  und  jeden 
dienstbaren  bienen  an  dem  groszen  honigslocke  der  weit. 
TnÜMMEL  6,427. 

HONIGSUPPE,  f:  ist  noch  übrig  der  actus,  dasz  die  weiber 
die  braut  fangen  (bei  der  hochzeit)  .  .  viel  müh  und  verstand 
kosteis,  bisz  man  die  braut  dem  jungen  gesiiid  abpracticiret. 
da  bekommen  dann  weiber  und  nulimer  die  hoiiig-  oder  braul- 
siippe.    bnurenst.  lasterpr.   tS5. 

IIONIGSUSZ,  adj.  süsz  «n«'  honig,  mhd.  honecsüeje:  aiii 
honigsüe/,  füuht  (flu-isigkeü).  Mkcenberg  375,  16;  honigsüsz 
mellitus  Maaler  231*;  ein  honigsilszer  schlaf.  Logau  t,  147.40 
itberschr. ;  honigsüszc  lippen.  Gökingk  2,109;  eine  honigsüszere 
form.  Platf.n  132. 

HONIGSÜSZIGKEIT,  f  mellis  dulcfdo.  Stielbr  2243: 
nur  flürhilgf  miiiiiien  wahret 
der  wohlluKt  honigsuszigkell.    BCrcir  110'. 

HONIGSÜSZSAM,  adj.  gleich  süsz  wie  honig:  und  was  desz 
lieblichen  honigsUssamen  dings  und  fürgcbens  mehr  ist.  Airer 
;?rof .  2, . . . 

HONIGT,  adj.  honigreich,  mit  honig  versehen:  an  booiglem 
wein  Rolls  euch  nicht  fehlen,  v.  Stein  Dido  11; 

sliuelt  biiiaui,  ihr  blenon,  ihr  kinder  dm  honiglen  (Hlhllngs. 
IUroir  tur  Im.  10,  81. 


1793   HONIGTAFEL  — HONIGVÖGELEIN 

honigt  gekürzt  aus  hunigicht  (eine  bildung  wie  steinicht,  hol- 
zicht  aus  stein,  holz  ti.  ähnl.);  vergl.  meUeus  honelhtig  Dief. 
354',  für  honechtig,  tcas  mit  ähnlicher  kürzung  aus  honigechtig 
entstanden  ist,  und  oben  honig  adj.  aus  honigig. 

HONIGTAFEL,  f.  honigscheibe,  honigicabe.  Jacobssoü  2,  284*. 

HOMGTÄUBLLNG,  m.  agaricus  russ(^,  ein  eszbarer  sckwamvi. 
Nehnicb  1, 115. 

HOMGTEIG,  m.  teig  ton  honig  und  mehl,  zum  backen  von 
Pfefferkuchen.    Jacobssox  2,  284\ 

HOMGTHAÜ,  m.  n.  eine  süsze  klebrige  flüssigkett  aufpflanzen, 
die  ihnen  verderblich  ist  und  von  blattläuscn  herrührt,  nach  altem 
glauben  aber  vom  himmel  fällt: 

bi  sente  Jöhanais  tac 

des  baptistin  dort  gelac 

in  Galliä  ein  honiclow, 

der  daj  getreide  so  durchzow, 

swer  sin  iu  den  munt  genam, 

da;  der  hongis  smac  voruam.    Jeroschin  12S6; 

honigtau,  das  ausz  dem  himmel  auf  die  prophetische  und 
apostolische  bäum  fall,  bienk.  240*;  so  oft  ein  hagel  in  der 
luft,  ein  honigthau  oder  ein  beer  von  mausen  bessere  zeiten 
{ßr  einen  kornuntcherer)  verkündigte.  Moser  patr.  phant.  2,54; 

so  wenn  die  rosen  liegen 
auf  die  die  sonnen  fallt,  sieht  man  die  bienen  (liegen, 
die  vor  der  honigthau  auf  iedem  blat  erquickt ! 

A.  Grtphius  169S   1,246; 

kleiner  schritt  und  hoher  sprung 

durch  honigthau  und  dufte!    Göthb  12,225. 

bildlich:  auf  deine  hiimnlische  bescheidenheit  war  der  honig- 
thau des  beifalls  ..  zerstörend  gefallen!  J.  1'aül  uns.  löge  3,7; 
{ein  Sturm)  der  keine  biene  vom  honigthau  der  ehre  wirft. 
Kampanerth.  IS;  den  bienen  gleich,  die  .  .  auf  der  rose  der 
Schönheit  nur  den  honigthau  des  nutzens  suchten.  Katzenb. 
bader.  3,  63 ; 

den  süszen  honigthaw 

gibt  desz  mündleins  rosenaw.    Logau  1,160,85; 

mir  liebt  eioe  hübsch,  eine  zart,  eine  junge  .  .  . 

ausz  derer  lefTzen  ich  honigthaw  sauge.    2,  126,  34. 

HOMGTHUM,  n.  honigreieh:  der  liebe  honigthum.  Logac 
2,  48,  74  überschriß. 

HONIGTON,  m.  süszer  ton: 

mit  honigtönen  lockt  der  mund, 
doch  gälte  birgt  des  berzens  gnind. 

J.  M.  Miller  in  Voss  mutenalm.  1789  s.  147. 

HONIGTOPF,  m.  topf  worin  honig  bewahrt  wird:  honigtopf 
Ma  mellaria  Stieler  2295;  {eine  fliege,  die)  Ton  einem  honig- 
topfe weggetrieben  wird.  H.Heine  1,1S2;  so  ein  bürschchen, 
das  geld  hat,  ist  gerade  wie  ein  honigtopf  für  die  wespen. 
J.  GoTTBELF  Uli  d.  kneclit  68. 

HONIGTRAGEND,  port.;  eine  honigtiagende  biene.  Lokmans 
fab.  24. 

HONIGTKÄGERIN,  /.  biene: 

da  kömmt,  in  dir  {back)  zu  baden, 

mit  süszem  raub  beladen, 

die  honigträgerin.    J.  G.  Jacobi  2,  205. 

HO.MGTRANK,  m.  aus  honig  bereiteter  trank,  süsier  trank, 
mhd.  honectranc  (Lexeb  1,1335):  bonichtrank,  melüiles  Stkin- 
BACH  2,875;  die  speis  der  götter  und  hönigtrank.  ScBUPPiuä  773. 

HONIGTROPFEN,  m.  tropfen  von  honig,  süszer  tropfen :  die 
honigtropfen  der  freuden.  J.  Paul  Tu.  3, 205. 

HONIGTROST,  m.  dulce  lecamen.    Stieler  2343. 

HONIGTRU.NKEN,  part.:  die  biene,  ..  die  .  .  honigtrunken 
taumelte.  J.  Paul  Hesp.  3, 194 ;  (Obstbäume)  die  sich  jetzt  über 
meinen  wagen  ihre  mit  bluten -guirlanden  umwundnen  arme 
reichen,  und  die  auf  jedem  arm  eine  neugeborne  well  voll 
singender,  voll  honigtrunkner  kinder  tragen,   biogr.  bei.  1,21. 

HONIGUMSPONNEN,  part.: 

üb  sie  den  groll  dir  zähme  mit  honigumsponnener  Sanftmut. 

Plate:!  125. 

HONIGVOGEL,  m.  von  honigsaß  sich  nährender  rogel,  kolibri. 
vgl.  bonigsauger. 

HONIGVÖGELEIN,  n.  dU  bUne: 

ihr  honigrögelein,  die  ihr  von  den  violeo 
und  rosen  abgemeit  den  wunderstisien  saft. 

Opitz  2,  217 ; 
dariim  kommen  her  geflogen 
auch  die  bonig-vögelein, 
bis  dasz  sie  sich  satt  gesogen, 
lieben  sie  da  aus  und  ein. 

GöRiffG  liebet-mayen-blühmlein  (1654)  125; 


HONIGVOLL  — HOPF 


1794 


ein  bonigvögluin.  weich  und  zart, 
ist  leichte  tinnenliebe.    Büii«s*  101*. 


IV.  II. 


HONIGVOLL.  adj.  toll  honigs.  Göii>gs  1,269. 
HONIGWABE,  /.  l)  die  mit  honig  geßllU  Scheibe  eines 
bienenstocks,  mhd.  honecw.ibe  und  honecwap  (Leier  1,1335): 
letztere  neutrale  form  noch  bei  Keisersberg:  ir  wissen  wol, 
was  ein  honigwab  ist.  im  bynkorb  inwendig,  do  machent 
die  bynen  ein  hüszlin,  das  do  ist  wachs,  und  hat  vil  kleiner 
löchlin,  dorin  steckt  das  honig,  das  heiszet  ein  honigwab. 
postUl  3, 7* ;  ward  süsz  gemacht  die  speisz  mit  dem  honig- 
waben.  das.;  in  der  neuern  spräche  fem.:  die  honigwabe  der 
liebe.  J.  Pacl  Siebenk.  2,  121 : 

könnt  ich,  Zufriedenheit,  an  deinen  honigwaben^ 
mich  immer  letzen,  immer  freunl    Göki:<gk  1,  151; 

laben 
mit  süszen  fruchten  oder  bonigwaben.    Platbti  2$6. 

2)  honigwabe,  boletus  favus,  ein  in  China  wachender  schwamm. 
Nemnich  1,634. 

HONIGWAFFEL,  f  waffel  mit  honig  bestrichen,  dimin.  neutr. 
ein  solches  honigswäffelin.  Garg.  77*. 

HONIGWASSER,  n.  mischung  von  honig  und  wasser,  zur 
bereüuny  von  met.    Jacobsson  6, 113*. 

HONIG WEI.N,  m.  olvog  fislifocov : 

mit  nichten,  theurc  mutter,  reiche  mir 
jetzt  honigwein!    Borger  172'  (//ios). 

HONIGWEINBEERE,  f.  eine  sorte  trauben  mit  runden,  gelblich- 
grünen, honigsüszen  beeren. 

HONIGWEISER,  m.  cuculus  indicator.  Nem.mch  2,1300.  vgl. 
honigkukuk. 

HONIGWERK,  n.  was  honiggewirke  (s.  oben) :  nimb  honig- 
werk, wie  maus  ausz  den  körben  nimbt.  Seuter  rossarzn.  265; 
nimb  ein  honigwerk  mit  wachs  und  allem.  369. 

HONIGWICKE,  f.  lathyrus  pratensis,  vogelwicke,  zaunwicke. 
Nemnicb  3,  313. 

•HONIGWOCHE,  /.  bildlich  ßr  eine  angenehme  kurze  zeit 
(vgl.  auch  honigmonat,  honigzeit):  wallet  nur  hin,  ihr  hübschen 
Schmetterlinge,  und  genieszet  die  honigwoche  des  kleinen 
seins.  J.  Paul  flegelj.  3, 58 ;  weil  wir  die  flitter-  und  honig- 
wochen  vor  der  ehe  abthaten.  4,  58. 

HONIGWORT,  n.  süszes  wort :  sagte  (sie)  mir  aber  mit  einer 
schüchternen  gebrochnen  stimme  die  honigworte.  Heinsk 
Ardingh.  l,  84. 

HONIGVVÖRTCHEN,  n.:  da  setzte  es  tausend  und  hunder- 
terlei verliebte  gespräche,  da  eiferten  wir  in  die  wette,  ein- 
ander in  honigwörtchen  zu  übertreffen,  a.  m.  im  Tockenb.  75 ; 

doch  wirst  du  künftig,  ohne  leid, 
sie  {die  braul)  auf  den  bänden  tragen, 
und  immer,  nach  veruienst,  wie  heut, 
ihr  honigwörtchen  sagen.    Borger  17'. 

HONIGZEHNTE,  m.  der  zehnte  der  vom  honig  entrichtet  wird. 

HONIGZEIT,  n.  süsze  zeit  [vgl.  honigwoche) :  die  gebnrts- 
stunde  seiner  honig-  und  flitterzeit.  J.  Pacl. 

HONIGZELLE,  f.  in  den  honigscheiben  befindliche  und  für 
den  honig  bestimmte  zelle.  Jacobsson  2, 284*. 

HONIGZEUG,  m.  blumensaß,  aus  dem  die  bienen  honig  be- 
reiten, melligo.  Maaler  231*. 

HONIGZINS,  m.  zins  in  hotiig  oder  ton  dem  erbauten  honig. 

HONORABEL,  adj.  nach  dem  latein.  honorabilis,  ehrenwert, 
anständig:  besonders  aber  zog  sich  der  bergmann  auf  die 
honorabelste  arl  aus  diesem  streite.  Götbe  18, 148. 

HONORAR,  n.  ehrensold:  honorar  für  Unterricht;  der  bucli- 
händler  zahlt  ein  honorar  für  die  schrift.  früher  noch  mU 
laleinisclier  endung :  ein  honorarium  für  gütigen  unterriebt. 
Lessing  3,  443. 

HONORATIOREN,  plur.  die  höheren  schichten  eines  bürger- 
liclten  gemeinwesens  in  geselischaßliclter  bezivhung.  honoratio- 
rinnen  die  weiblichen  glieder  desselben.  J.  Padl  uns.  löge  3,11. 

HONORIERE.N,  verb.  ehren:  er  glaubte,  er  werde  in  der 
gesellschaft  nicht  genug  honoriert,  der  kaufmann  honoriert 
einen  Wechsel,  nenn  er  ihn  acceptiert  und  zahlt.  HCbners  hand- 
lungskx.  (1722)  901 ;  Seefahrer  honorieren  eine  klippe,  weichen 
ihr  aus.  auch  einen  ehrensold  zahlen :  die  arbeit  wurde  gut 
honoriert. 

HONORIERUNG,  f  l)  bezahlung  eines  ehrensoldes.  2)  an- 
nähme und  Zahlung  eines  wechseis.  Jacobsso.n  6, 114*. 

HONORIG ,  adj.  ein  erst  neu  aufgekommenes  wori,  im  sinne 
von  anständig,  ehrenhaß  in  seinen  bexiehungen  zu  andern:  er 
ist  ein  honoriger  mensch ;  er  bat  sich  honorig  benommen. 

HOP,  interj.  s.  hopp. 

HOPF,  m.  am  Inn  und  der  Salzach  die  feste  su'^stanz  der 
gesäuerten  milch  nach  abseihung  der  molken.  Senn,  i.iui  Fromm. 

in 


1795 


HOPFAHO  —  HOPFEN 


HOPFENANLAGE  —  HOPFENKORB   1796 


vitlltkht  lehnt  hieran  die  bezeichnung  hopfe  an,  die  nach  Adelung 
ältere  Soldaten  den  neu  angeworbenen  aus  Verachtung  gaben ;  man 
rriieht  nicht  ob  allgemeiner  oder  nur  in  bestimmten  gegenden ;  viel- 
leicht gehört  aber  atich  dieses  hopfe  zu  hopfen  springen  {s.  unten). 

HOPFAHO,  interj,:  hopfaho.  sind  die  unfläter  do.  Garg.f,'*. 

HOPFE,  HOPFEN,  t».  humulus.  im  ahd.  nicht  vor  dem 
11. — 12.  jahrh.  nachgeiciesen :  hppfo  vüiscella,  hophe  humulus 
Graff  4,^32;  mit  mitteldeiäschem  consonanlenstande  vitecella  Loppo 
Germ.  9, 23 ;  mhd.  hopfe,  mlat.  hupa  Dief.  2'52' ;  nieder/,  hoppc, 
hoppe-kniyd  (Kilian),  niederd.  und  müteld.  hoppe,  hoppcn ; 
humulus  happen  Dief.  546';  der  rauch  und  stank  darvon 
(vom  spieszglanz)  verderbet  laub,  grasz,  hoppen  und  gelreide. 
Mathes.  Sar.  99*.  AU  näc-hster  verwandter  des  Wortes  erscheint 
lUis  ahd.  hiafo,  hiufo  tribulus,  hiufaltar  rubus,  tribiilus  (Graff 
4,  836),  alts.  hiopo  dornstrauch,  es  scheint  beiden  Worten  nur  die 
cUlgemeine  Vorstellung  eines  rankengewächse^  zu  gründe  zu  liegen, 
und  rfai  griech.  xvtttü)  xe'xvfa  sich  ducken ,  sowie  das  latei- 
nische ciibare,  cumbere,  die  auf  eine  würzet  mit  schwankendem 
conson antischen  schlusz  weisen  (kup  und  kul)),  können  zeigen, 
wie  diese  Vorstellung  aus  dem  begriffe  des  liegenden ,  am  boden 
geduckten  sich  entwickelte. 

Wie  früh  der  hopfen  für  die  bicrbereitung  verwendet  wird,  ist 
nicht  zu  ermittein,  das  mittelilter  braucht  ihn  auch  für  den  meth : 
nim  denne  ein  halpme;5igen  hafen ,  unde  tuo  in  halp  vol 
hopphen  unde  ein  hantvol  salbey ,  unde  siede  daj  mit  der 
wirr  (des  methes).  Haupts  zeitschr.  5, 12 ;  hopfen  humulus,  est 
quaedam  herba  pro  cervisia  et  pro  pLHoribus  in  aliquibus  partibus. 
voe.  ine.  theut.  ks';  aus  hopfen  macht  man  hier.  Seuiz  feldb. 
262 ;  das  bier  ward  im  hause  gebraut ,  das  malz  selbst  ge- 
macht, und  der  hopfen  daheim  besser  gezogen,  als  er  von 
Braunschweig  eingeführt  wird.  MJ^ser  patr.  phant.  1,  125;  hopfe 
ist  eine  herrliche  sache  vor  einen  hauswirth,  nicht  nur  zuui 
bierbrauen ,  sondern  auch  zum  handel ,  wo  er  damit  recht 
umzuspringen  weisz.  öcon.  lex.  1072.  Sprichwort,  an  die  bicr- 
bereitung anlehnend:  es  ist  doch  hopf  und  malz  an  ihm  ver- 
loren. Ebnst  gemütsergelzliclikeiten  595; 

da  man  schrieb  den  edel  und  vcst, 
da  stund  die  sach  am  allerbest, 
da  man  schriebe  hochgebohrn, 
da  war  hopfn  und  malz  verlohrn. 

PiSTORius  Ihes.  par.  8,  94 ; 

denn  oft  ist  malz  und  hopfen, 
an  so  viel  armen  tropfen, 
so  viel  verkebiten  thoren, 
und  alle  müh  verloren.    Göthb  11,  134; 
doch  mäoner  sind  ganz  unverbesserlich  geboren, 
an  ihnen  ist  der  hopfen  wie  das  malz  verloren. 

Kotzebub  dram.  «/).  2,  lö3. 
Man  unterscheidet  den  wilden  hopfen ,  auch  rasenhopfen, 
waldbopfen ,  hcckhopfen,  dornhopfen  vom  zahmen  hopfen, 
gartenhopfcn,  fcldhopfen.  der  taube  hopfen  ist  der  männliche, 
zapfenhopfen  der  weibliche,  fruclU  tragende  hopfen  (Nemnich 
3,  IM.  184).  man  baut,  zieht  den  hopfen ;  vlichtet  der  hopphe 
über  den  zun,  swer  die  worzeln  in  deme  hofe  hdt,  der 
grife  deme  z&ne  s6  he  ntste  niiige,  und  zihe  den  hopphen. 
Saduentp.  2,  52,  1 ;  der  hopfen  schöpft,  blüht.  Jacorssok  4,  36' ; 
den  hopfen  lähmen  heiszt  die  ranken  unter  der  erde  zerschneiden, 
um  den  hupfen  noch  an  den  Stangen  stellen  zu  lassen.  6,115'; 
den  hopfen  stängeln ,  depangere  palos  ad  singulos  cauliculos 
lupult.  Stieler  85" ;  hopfen  Hocken ,  abstringere  fiores  lupuli. 
dat.;  hopfen  abbrechen,  hopfen  bialten.  Frisch  1,460*.  Hopfen- 
ähnliche gewdchse  führen  diesen  namen:  spanischer  hopfen, 
origanum  creticum  (4,7S6);  unsrer  lieben  frauen  hopfen,  trifo- 
lium  agrarium,  gelber  wiesenklee  (1476). 

HOFFEN ,  verb.  mit  hopfen  verseilen :  hier  dasz  nit  stark 
gchopfet  ist.  Pabacelsüs  cliir.  sehr.  43  C;  da  der  kaplan  gern 
die  konUturen  des  Schicksals  .  .  .  mit  etwas  versauerte  und 
bopfte.  J.  Padl //<fip.  2,81.  auch  in  uingelauleter  form:  höpfcn, 
hüpfen  das  bier.  Schm.  1,1141  fVfmini.;  hopfen,  den  hopfen  ins 
hier  thun.  FRISCH  1, 406*.     vgl.  unten  hOpfncn. 

HOPFEN,  verb.  nebenform  zu  hupfen,  httpfen  (».  d.  und  vgl. 
auch  hoppen): 

da«  loch  dir  dein  got  nit  maf^  TerstonTcn, 
dein  baupt  muots  dir  Ober  ein  swertklingen  hopfen. 
fattn.  f/<.  297,  21 ; 

er  fiel  den  rechten  fu*z  entzwei, 
auf  den  linken  da  hoprt  er  hnira. 

Ambra$.  lieii&rl.  259,66  «.  878; 

Zniliiü  li;ilt  iiiihi.  vorn  lirliten, 
Pl--  "• 

\\>u.  ,pf.    LocAU  I,  22,  70. 


HOPFENANLAGE,  f.:  hopfenanlagen  nach  neuestem  System 
an  drahtseilen.  der  arbeiterfreund  1868  s.  141. 

HOPFENARBEIT,  f:  in  denen  vom  corbeyischen  abte 
Adaiard  im  jähre  822  ertheilten  Statuten  werden  die  mütter 
des  Stifts  von  der  hopfenarbeit  befreit.  Jacobsson  6, 114*. 

HOPFENART,  f.:  unter  den  böhmischen  hopfenarten  ist 
besonders  der  vorzüglich  und  berühmt,  der  im  Saazer  kreise 
gebaut  wird.   Scbedel  waarenlexicon  (1834)  l,r)64*. 

HOPFENBAU,  m.  lupuli  cultura.  Stieler  103: 
pfleget  eures  hopfenbaiis 
Ferner  unverdrossen.    Fört<stf.in  liei  Götbe  45,242. 

HOPFENRAUER,  m.  der  sich  mü  hopfenbau  befaszt. 

HOPFENBAÜM,  m.  carpinus  ostrya,  die  üaliänisclu:  hagebuche. 
Nemnich  2,  897. 

HOPFENBERG,  m.  ein  abhängig  gelegener  hopfengarten.  öcon. 
lex.  (1731)  1076;  hopfberg  Mainzer  hof  40. 

HOPFENRIRNE,  f  eine  abart  der  Mibirne.  Nemnich. 

HOPFENBITTER,  adj.  bitter  wie  von  hopfen:  das  bier  ist 
hopfenbitter.  auch  als  subst.  n.:  das  bitter  dieses  bieres  ist 
kein  hopfenbitter. 

HOPFENBLATTER,  m.  der  den  hopfen  blauet:  hopfenblaler, 
operae,  quae  lupuli  globulos  carpunt.  Serz  7l'. 

HOPFENBLUME,  f.  blüle  des  hopfens:  die  hopfenbiuomen. 
Mecenberg  404,23. 

HOPFENBLÜTHE,  f.  flores  lupuli,  squamalus  fruäus,  sive 
folia  semen  teqentia.  Frisch  1,406*. 

HOPFENBRAME, /■.  hopfenranke:  hopfenbramen  caule; lu/rnZt 
Stieler  246.     vgl.  brame  theil  2,  2fl3. 

HOPFENBRUDER,  m.  zechgeselle,  biergeselle,  der  an  diebstaM 
und  gewinn  theil  nimmt,  nach  Frisch  1,466*,  der  aus  BCntings 
braunschw.  chronik  dazu  beibringt:  das  gut  auf  dem  beraubten 
wagen,  wurde  unter  die  iiopfenbriider  und  gute  gesellen  aus- 
getheilet.  dasselbe  wort  ist  wol  Fischahts  lioppenbrüder:  was 
bemühet  und  bemüdet  d.inn  ihr  ungeweihcte  reuterkerles  und 
hoppenbrüder  lang  euwer  giiul.  Garg.  207'. 

HOPFENBUCHE,  f.   carpinus  ostrya.     s.  oben  hopfenbaum. 

HOPFENCLLTUR,  /".  anbau  und  pßege  des  hopfens. 

HOPFENDARRE,  f.  darre  für  den  hopfen. 

HOPFENDOLDE,  f  erste  sprosse  des  hopfens.  Frisch  1,466*. 
aus  CoLbRus  hausbuch. 

HÖPFENER,  m.  s.  höpfner. 

HOPFENERNTE,  f  messis  bryonia,  lupuli  saliäarii.  Stieler  19. 

HOPFENEULE,  /.  phalaena  humuli,  ein  dem  hopfen  schäd- 
licher nacht falter.  Nemnich  4,925. 

HOPFENFÄCHSER,  m.  junge  hopfenwurzel,  zur  foripflanzung 
des  hopfens  in  die  erde  geschlagen,  bei  Frisch  1,  466*  (atu 
CoLERüs  luiusbuch)  hopfeufäscr.     vgl.  f^chscr  theil  ?,  1225. 

HOPFENFALTER,  m.  papilio  C  album.  Nemnich. 

HOPFENFELD,  n.  lupuletum.  Stieler  m. 

HOPFENFLACHS,  m.  flachs  aus  hopfenranken  gewonnen,  xu 
groben  sacken  und  kilteln  vencendet.  Jacobsson  6, 114*. 

HOPFENGARTEN,  m.  garten  in  dem  hopfen  erbaut  wird. 
öcon.  lex.  (1731)  1076;  hopfgarlen  Mainzer  hof  30. 

HOPFENGÄRTNER,  m.  besorger  eines  hopfengarlens.  Frisch 
1,  466*. 

HOPFENHAINBUCHE,  carpinus  ostrya,  hopfenbaum,  hopfen- 
burhe. 

HOPFENHANDEL,  m.  handel  mit  hopfen. 

HOPFENHÄNDLER,  m. 

HOPFENHAUPT,  n.   die  rundliche  bhmendecke  des  hopfens. 

HOPFENHEFE,  f  die  erste  hefe,  die  das  gährende  bier  sum 
spundloche  ausslöszt  und  die  viel  hopfen  bei  sich  führt.  Adelung. 

HOPFENHELMKRALT,  n.  sculellaria  lupulina,  eine  art  des 
helmkrautes.  Nemnich. 

HOPFENKAMMER,  f  kammer  eines  brauhauses,  worin  der 
zum  lirauen  nüthige  hopfen  rerualirt  wird.    öcon.  lex.  1076. 

HOPFENKASTEN,  m.  kästen  zur  außewahrung  des  hopfens. 
daselbst. 

HOPFENKEIM,  m.  keim  des  hopfens,  der  im  friütjahr  aus 
der  Wurzel  lum'or  sproszt.     dim.  hopfenkeimchen. 

IIOPFENKLEE,  m.  trifolium  flore  lupuli,  eine  art  Idee  die 
icie  hopfen  blülit.  Frisch  1,466*. 

HOPFENKLETTE,  f  arclium  lappa,  die  gemeine  kleUe.  Nm- 
RICH    1,422. 

HOPFENKOCHER,  m.  lupularius,  coäor  florum  lupuli,  hopfen- 
sieder.    Stieler  h.s". 

HOPFENKORB,  m.  beim  Inerbrauen  ein  korb,  wvrm  der  gt- 
kochte  hopfen  xunlek  bleibt.  Frisch   1,406*. 


1797   HOPFENKÜHN -- HOPFENTRANK 

HOPFENKÜHN,  m.  hopfenkeim,  hopfenspargel.  Nemsich.  , 

HOPFENLäND,  n.  1)  land  auf  dem  köpfen  gebaut  wird, 
hopfenfeid.  2)  land  in  dem  der  köpfen  vorzüglich  gedeiht: 
Böhmeu  und  Baiern  sind  liopfenländer. 

HOPFENLUZERNE,  f.  medicago  lupulina,  gelber  mesenklee. 
Nejinich  3,  526. 

HOPFENMARKT,  m.  markt  ßr  hopfeneinkauf  und  -verkauf. 

HOPFENMEHL,  n.  der  gelbe,  biUere,  starkriechende  staub  unter 
den  kelch'ildttern  des  hopfens,  welcher  zugleich  den  samen  üier- 
lieht.  Nemmcb  3, 1S4. 

HOPFENNACHTVOGEL,  m.  pltalaena  humuli,  bopfeneule. 

HOPFENÖL,  n.  öl  aus  den  hopfenbliUen. 

HOPFENPFÄHL,  m.  pfähl  an  detii  der  köpfen  sielt  aufrankt, 
hopfenstange. 

HOPFENPFANNE,  f  cortina  pro  coquendo  lupulo.  Stieler  1433. 

HOPFENPFLANZE,  f  hopfen. 

HOPFENPFLLCKER,  m.  arbeUer  der  den  hopfen  pflückt: 
man  soll  denselben  (köpfen)  durch  das  gesinde  oder  beson- 
dere hopfenpflücker  fein  bald  von  den  reben  abpflücken  lassen. 
ücon.  lex.  1075. 

HOPFEN  RANKE,  /".  sarmentum,  braehium  lupuli,  palmes. 
Fbisch  1,  460'. 

HOPFENRANKENGARN,  n.  gam  das  aus  hopfenranken  be- 
reitet wird.  J.\coBSSON  6, 115*. 

HOPFENREBE,  f  das  holz  der  hopfenpflanze: 

ich  main  das  ein  hopfenreben 

am  lengsten  wachs  ia  kurzer  zeit 

für  alles  das  do  wachseu  geit.    fastn.  sp.  1454. 

HOPFENREICH,  adj.  reich  an  hopfen:  ein  hopfenreickes 
bier,  cerevisia  lupulo  affcdim  medicata.    Stieleb  15S2. 

HOPFENREIHE,  f  series  plantati  lupuli.  Friscb  1,466*. 

HOPFENS.\CK,  m.  saccus  lupuli.  Stieler  16öS:  dasz  man 
ihnen  ganze  kräuter-  und  hupfensäcke  voll  satyrischer  ge- 
wächse  auflade.  J.  Pacl  biogr.  belust.  l,  107. 

HOPFENSALAT,  m.  salat  aus  jungen  hopfenkeimchen,  ücon. 
lex.  1077. 

HOPFENSCHEFFEL,  m.  scheffel  über  den  der  Hopfen  gemessen 
wird.  ücon.  lex.  1077.  2157. 

HOPFENSCHIM.MEL,  m.  mucor  erysiphe,  blätlersdümmel. 
Neünich. 

HOPFENSEIDE,  f.  cuscata  europaea,  eine  den  hopfen  um- 
schlingende Schmarotzerpflanze.  Nemnicb  2, 1330. 

HOPFENSEIGE,  HOPFENSEIHE,  f  korb  zum  durchseihen 
des  hopfens :  colistrum  hopfenseich  Dief.  131* ;  qualus  hopseye, 
hoppenseige,  hoppensei  477' ;  hopfenseige  qualus  ad  separandum 
lupulum  Frisch  1,466*;  hopfenseihe  Adelü.'^g. 

HOPFENSEIHER,  m.  dasselbe. 

HOPFENSEIL,  n.  hopfenranke.  Nemmcb  3, 1&4. 

HOPFENSIEDER,  m.  was  hopfenkocher  [sp.  1796). 

HOPFENSORTE,  f  bestimmte  art  des  hopfens,  i.  b.  böhmischer, 
bairischer,  elsässer :  die  guten  hopfensorten  erzielten  hohe  preise. 
vgl.  hopfenart. 

HOPFENSPARGEL,  m.  hopfenkeim,  wie  spargel  eszbar  und 
zubereitet,  öcon.  lex.  1077. 

HOPFENSPINNER,  m.  phalaena  humulL  Nemsich.  vergl. 
hopfeneule,  hopfennachtvogel. 

HOPFENSPROSSEN,  m.  plur.  hopfenkeime,  öcon.  lex.  1077. 

HOPFENSTANGE,  f  Stange  an  der  der  hopfen  sich  empor- 
rankt: e;  sol  auch  niemant  kein  hopfestangen  weder  stoj;en 
noch  hawen  auj  beden  weiden.  Aümt.  polizeiordn.  300;  item 
ein  guten  wagen  voll  hopfenstangen.  Le.-^nep  lands.  2, 159 
(v.  1565).  die  ungeheuer  langen  sptesze  der  landskneckte  werden 
hopfenstangen  genannt: 

die  fuszknecht  wart  der  Behem  belangen, 
sie  gaben  yn  der  hopreaatangen, 
dasz  sie  noch  wyter  gerten  fliebea. 

LiLiEüCBON  volksl.  2,  54S,  164 ; 
lange  und  dürre  personen  werden  hopfenslangen  verglichen:  wie 
sahen  die  geister  der  lehrgebäude  aus?  sie  waren  lang  und 
dürr  wie  hopfenstangen.  Klüpstoci  12, 3S4. 

HOPFENSTALB ,  m.  hopfenmehl:  durch  anwendung  des 
hupfenstaubes  (für  die  bierberettung).  Scbedel  uaarenlex.  (18^4) 
1,565*. 

HOPFENSTICHEL,  m.  stange  mü  einem  xugespitzttn  eisernen 
kijllen  oder  schuh  an  dem  untern  ende,  die  löcher  zu  den  hopfen- 
stangen damit  in  die  erde  zu  stoszen.  Jacobssox  2,  2^5*. 

HOPFENTRANK,  m.  trank  aus  hopfen  gekocH  (hopfen  gut 
als  blutreinitjendes  mittel,  öcon.  lex.  1072):  hupa  hopfentrank, 
nd.  hoppedrauk  üief.  252*. 


HOPFENWASSER  —  HOPPE 


1798 


HOPFENVVASSER,  n.  wasser  worin  man  hopfen  zum  bier- 
brauen siedet:  (die  gerste  zum  brauen)  iu  gesottenem  bopfen- 
wasser  .  .  wässeren  lassen.  Sebiz  feW).  4M;  mit  hefel  oder 
bier  oder  hopfwasser.  kiichenm.  ciij. 

HOPFEINZUNSLER,  m.  phalaena  rostralis.  Nenmch. 

HOPFICHT,  adj.  lupulosus.  Stieler  857. 

HuPFNEN,  verb.  wie  hopfen,  hopfen,  beim  bierbrauen  hopfen 
zusetzen :  das  höpfnen.  Hobberg  2,  S2'. 

HOPFNER,  m.  l)  ein  mann  der  sich  mit  bau  und  Verwen- 
dung des  hopfens  beschdßigt:  höpfener,  hopfengärtner  Frisch 
1, 466*  (aus  CoLERCS  hausbuch) ;  höpfner,  kopfenkodier,  hopfen- 
sieder  StiEler  857 ;  dafür  auch  höpfer  Bavaria  3,  2.  969. 

2)  höpfner  oder  hipperlinge  sind  ansehnliche  hopfenhdupler, 
unter  deren  schuppen  einige  grüne  rankenbldtter,  reütenKeise  oder 
auf  andere  art  untermengt  sind.  Jacobsson  6, 115*. 

HOPFUNG,  f.  das  hinzutkun  des  hopfens  beim  bierbrauen, 
auch  in  der  form  höpfung.    Hohberg  2, 82*.'. 

HOPHE,  HOPHEl,  n.  verächtliche  bezeichnung  eines  geringen 
hob  und  gutes:  fränL  hopphe,  hoppehe ,  hoppetih^,  dimtn. 
hopphilein  Sch«.  1,1140  Fromm.;  meiszniscb  hophe,  hophechen; 
mark,  hopphei,  hoppheiken.  Dan.neil  85;  sein  ganzes  hopp- 
höhe. WccBE  sagen  der  Werra  l,  91 ;  wenn  uns  der  grosze  kerl 
nur  nicht  einmal  mit  all  unserm  hophey  davon  läuft.  Abnih 
1, 57 ;  heb  frau ,  Ruthe  kömmt  die  treppe  herauf,  er  will 
gewisz  sehen,  ob  die  gerichtlichen  hundsfütter  unser  hopheh- 
chen  ganz  aufgeschrieben  haben.  Weiszk  kom.  opern  2, 222. 
Das  uort  ist  nichts  anders  als  die  interjection  hopp  hei  in  sub- 
stantiver Verwendung,  die  zunächst  ein  ausdruck  des  lustigen, 
leichten  emporsprinyens,  sonst  als  Substantiv  auch  verwendet  wird 
in  der  bedeutung  lustiges  fest,  lustige  gesellschaß  (Schütze  2, 162. 
Brem.  uörterb.  2,  655) ,  länn ,  getümmel  (Froxjiasx  5,  148  aus 
Fallersleben),  und  selbst  fehler,  miszlingen  (hoppheu,  hopphe  ia 
diesem  sinne  im  Lippeschen  und  Ravensbergschen  6,212).  die  oben- 
angegebene bedeutung  denkt  an  die  leichte  habe,  die  ein  luäiges 
tanzen  durch  die  well  nicht  hindert. 

HOPP,  HOP,  1)  ititerj.  zur  bezeichnung  lustigen  springens 
oder  trabens,  an  das  verbum  hoppea  anlehnend: 

ich  brings  herm  ...  da, 
siugt  darzu  hop  hey  sa  sa. 

Harlequins  twchzeit-  u.  kindtaufenschmausz  49; 
und  hurre  burre,  hop  hop  hop! 
giengs  l'ort  in  sauseudem  galopp.    Borges  14'; 

vgl.  unten  hops  und  hopsasa,  bei  Fr.  Müller  als  interjection 
des  rufes:  (dunkler  wald,  nacht).  Carl  allein  im  finstern. 
Carl:  hopp!  hopp!  im  wald:  hopp!  Carl:  hast  noch  nichts, 
feuer  oder  licht  erblickt?  3,236;  vgl.  hupp  aU  jägerruf  Scbm. 
1,1141  Fromm. 

2)  als  subst.  in  der  bedeutung  springender,  Ubhafler  tanz  {wgl. 
auch  unten  hoppeltanz): 

so  rennet  nun  alles  in  Tollem  galopp 
und  kürt  sich  im  saale  sein  plätzchen; 
zum  drehen  und  walzen  und  lustigem  hopp 
erkieset  sich  jeder  ein  schätzeben.    Göthb  1,  197. 

3)  tn  der  Verbindung  hopp  sein,  mit  seinem  vermögen  tu 
ende  sein,  bankerot  sein,  auch  todt  sein,  so  hessisch.  Yilmab  174 ; 
nassauisch  hupp  sein  und  hopp  sein.  Kebrein  205.  hier  erin- 
nert hopp  an  das  leichte  auf-  und  wegküpfen,  wie  in  ähnlichem 
bilde  studentisch  eine  Verbindung  aufgeflogen,  zu  ende  gegangen 
ist.     vgl.  auch  hoppas  und  hops. 

HOPPAS,  1)  interj.  ein  springen  oder  auch  stolpern  bezeich- 
nend: entweder  sagt  (beim  fallen  eines  kindes)  trocken,  fest, 
ruhig:  es  thut  nichts;  oder  sagt  noch  viel  besser  ein  lustiges 
altes  dakapo-wort,  z.  b.  hoppas !  J.  Padl  Levana  l,  130. 

2)  masc.  der  Sprung,  satz  über  ein  hindemis:  der  benker! 
das  war  mir  ein  hoppas!  unser  Junker  hat  den  teufei  im 
leibe  mit  reiten.  Siegfr.  v.  Lindenb.  1,  61 ;  zugleich  warfen  sie 
(seine  gnaden)  ihren  gaul  links  und  hielten  nach  zehn  oder 
zwölf  hoppassen  vor  der  Ihür  ihres  lektoris  ordinarii  still. 
3,85. 

3)  hoppas  gehen,  fort,  zum  teufei  gehen:  ich  setzte  einen 
thaler:  husch,  war  er  weg!  noch  einen,  auch  der  gieng 
hoppas!  der  deutsche  Gilblas  190. 

HOPPASSEN,  verb.  einen  Sprung  oder  sat:  thun : 

nun  war  nur  aocb  die  Trage,  wer 

voran  hoppassen  sollte  (:urn  (rnster  hinunter).    LA!«eBUN. 

HOPPE,  /*.  erhöhung,  anschwellung,  zunächst  an  hocke,  hucke 
aufhäufung,  bündel  rührend,  deren  Verkleinerungsform  huckei 
auch  tubercuium  bedeutet:  bair.  die  hoppen,  pocke,  blatter  auf 
der  haut,  finne  im  gesicht.   Sch«.  1,1140  Fromm.;   die  zaichen 

113* 


1799 


HOPPELN  — HOPPERN 


IlOPPEVOGEL  —  HOPSEN 


1800 


diser  krankheit  seind,  das  dem  ross  die  ädern  auflaufen, 
und  erzeigen  sieb  am  hindern  ort  des  leibs  hoppen  oder 
peülzel.  Seüter  rossarzn.  60. 

HOPPELN,  verb.  iterativ  tu  hoppen,  kicAt  springen:  hoppelen 
saltare  Stieler  S56  {vgl.  hoppern);  hoppeln  (neben  hoppen  und 
hoppern)  sich  auf  und  nieder  bewegen,  wie  ein  schlechter  reiter 
auf  trottendem  pferde.  Seim.  1,1140  Fromm.;  Schweiz,  hoppeln, 
possenhafte  sprünge  machen,  in  die  höhe  springen,  auch  ge- 
bräuchlich vom  aufprallen  eines  wagens.  Stalder  2,54.  beiden 
Jägern  heiszt  hoppeln ,  wenn  der  hose  sich  langsam  fortbewegt. 
V.  Thisgen  weidm.  pract.  300. 

HOPPELPOPPEL,  m.  eine  reimende,  zunächst  an  die  verben 
hoppeln  und  poppein  (bobbeln,  babbeln  Iheü  2,198)  sich  an- 
schlieszende  Wortverbindung,  die  allgemein  elwc^  bewegliches,  un- 
ruhiges bezeichnet;  J.  Paul  hat  sie  auf  das  herz  angewendet,  doch 
in  der  rede  eines  gespreizten  metischen  und  nicht  ohne  jenes 
wort  erklärend  hinzuzusetzen:  nun  können  sie  vor  feinheit 
nichts  mehr  vorbringen,  und  wenn  sie  toll  würden,  ich  für 
meine  person  setze  vieles  in  den  hoppelpoppel  oder  das  herz. 
flegelj.  2,  39.  sonst  bezeichnet  man  mit  hoppelpoppel  ein  gewisses 
getränk,  dessen  bereitnng  durch  anhallendes  schlagen  und  rühren 
geschieht;  so  rheinisch:  hoppelpoppel,  getränk,  das  aus  rhum, 
eiern  und  zucker  besteht.  REnREi.N  nachtr.  25;  'dal  gel  von't  ei' 
zerschlagen  mit  zucker  und  rum  vermischt  wird  unter  dem 
namen  hoppelpoppel  genommen,  'um  de  bost  smidig  tö 
maken'.  Schiller  zum  mecklenb.  thier-  und  kräuterbuch  3,17. 
J.  Kerner  hielt  sache  und  namen  für  russisch:  hopelpobel  war 
ein  getränk  von  thee,  eigelb  und  kirschengeist,  acht  russischer 
art,  wie  wahrscheinlich  auch  der  name.  bilderbuch  s.  222. 

HOPPELTANZ,  m.  ein  tanz  mit  hüpfenden  bewegungen: 
erfunden  newe  bünd,  newe  dänz,  newe  sprün.g,  newe  passa 
repassa,  newe  hoppeltänz.  Garg.  193*.  als  bild  ßr  wirres 
treiben :  ein  man  meinet  in  der  ehe  zu  finden  lust . .  so  fahet 
dann  der  hoppeldanz  an,  und  fahen  an  zu  zanken,  zu  kriegen. 
J.  Pauli  39.  es  scheint  hoppeltänz  (wofür  hoppendanz  tripudium 
bei  Maaler  231*)  die  umdeulttng  des  alleren,  bei  Neithart  als 
bauerntanz  öfter  erwähnten  hoppaldei,  dessen  erste  silbe  deutlich 
an  hoppen  anlehnt,  während  aldei  dunkel  ist  (vgl.  Haupts  ausg. 
5. 1S6  u.  BENECKE-.MtiLLER  1,22*),  Und  wofür  auch  eine  andere, 
mit  unserm  worte  gleichwertige  umdcutung  hoppalrei,  hüppelreie 
auftaucht;  vgl.  Schm.  1, 1140  Fromm. 

HOPPEN,  verb.  springen,  hüpfen;  dem  consonantenslande  nach 
würde  man  die  form  ßr  nur  nieder-  und  mitteldeutsch,  neben 
oberdeutschem  hupfen,  hüpfen  halten,  wenn  sie  nicht  gerade  vor- 
zugsweise auch  in  alemannischen  gegenden,  seit  alter  zeit,  begeg- 
nete und  dadurch  den  gedanken  an  directe  ableitung  von  der 
interjection  hopp  (sp.  179S)  nahe  legte:  hoppen  saltare,  redlich 
umbhin  hoppen  plaudere  choreas  pcdibus  Maaler  231" ; 

gsundlieit  im  namen  Jesu  Christ 
emplieng  der  lam  zur  selben  frist 
und  hoppet  vor  im  (Pclrua)  im  tcmpel. 

U.  EcKSTEi!»  concit  hei  Scheible  8, 724  ; 

wie  tUKh  heute  Schweiz,  hoppen  Stalder  2,54,  und  wieder  niederd. 
saltare  huppen,  springhen  Dief.  not',  p/oii.  325';  hoppen,  saltare 
Stieleb  (556;  vgl.  niederl.  hoppen,  hobben  ia/«>e,  saltare  Kilian 
und  engl,  hopping  das  tanzen,  hüpfen,  hopsen,  das  aufags.  hoppan 
hüpfen  sich  stützt,  auch  von  den  bewegungen  der  schlangen,  krölen 
und  fröscbe  gesagt:  reperr  huppen,  hoppen,  sliiigen  Dief.  493*. 
t«ryi.  hopper,  hopzger,  huppin. 

HOPPEÜ,  HÜPPEK,  m.  der  frosch,  ein  sowol  ober-  wie  nieder- 
deutsches landschaftliches  wort:  Schweiz,  hopper  Stalder  2,54; 
iiiederd.  rana  hopper,  huppcr  DitF.  4S3*;  an  der  Dicmel  höpper 
175;  im  fürstenthum  Lippe  heiszt  hOppcr  50wo{ /rotcA  o/s 
;/er.  Fronm.  6,212. 
lluPPERLING,  m. :  dem  herrn  ist  ein  höpperling  Über  die 
leber  gelaufen,  dasz  er  gar  so  erschrecklich  thut.  Chr.  Weise 
id>erß.  gedanken  2, 226.     nach   dem    nächst    verwandten  hopper, 
hfipper  kann  der  frosch  oder  auch  der  grashüpfer  gemeint  sein; 
tnn.i    ,.,r.i    ton    einem    unmutigen    nur  gesagt,    es  sei  Uim  eine 
li  leber  gelaufen. 

t  .        N,  verb.  iterativ  zu  hoppen,  hüpfen;   landschaftlich 

in   tmchiedetUT   autbilduug   der   bcdentuny   mehrfach  verbreitet : 

hftpprrn   saltare  Stiele*  H50  mit   fortiioppern    und   »ich  zer- 

'  ri,  membra  ad  modos  movere,  terram  yide  pulsare ;  tirvhsch 

1  hüpfen,    sich  auf  und  nieder  bewegen.    Fromm.  6,154; 

1    ftiAi>frn,    das    uien'-fi    hopprrl   iliier  den 

2S1,    mü  hoppcrig,  holjierig  ebendas.,    wozu 

>'  "■     •■   ■ :v    wagen    auf  brückhülzern 


fährt  1,477'  zunächst  stellt  (vergl.  oben  hoppeln);  das  Schweiz, 
dim.  hüpperlen  ii'irrf  von  hindern  gebraucht,  die  hüpfend  einher 
trif^ln.  Stalder  2. 54.  anders  aber  ist  das  ebenda  verzeichnete 
hoppern,  frösche  fangen,  nämlich  denominativ  zu  hopper  frosch, 
s.  oben. 

HOPrEVOGEL,  m.  name  des  Wiedehopfs,  von  seinem  rufe 
hupupup,  rgl.  Wackernacel  voces  variae  animantium  i.  38: 

wonn  der  hoppevogel  schreit, 

ist  der  tag  nicht  mehr  weil.    EicHKWDORFr  1,  48. 

HdPPlN,  f    die   krüte;    auch   verächtliche   bezeichnung   einer 
Weibsperson.  Schm.  1, 1140  Fromm. 
HOPPOHAN,  interj.: 

hoppo  hnn  das  ist  mein  wSsen, 
ich  l<nn  dir  nit  vyl  fiider  lasen. 

I'.  Gewgenbach  in  den  fastn.  $p.  1036,18. 
HOPPTANZ,  m.  hüpfender  tanz;  in  der  folgenden  stelle  auf 
zappelnde  bewegungen  bezogen:  zum  glücke  halt  er  nun  .  .  . 
eine  reizende  italienische  süngerin^etroffen ,  welche  gerade 
an  den  hopptänzcn  seiner  glieder  und  worte  besondern  ge- 
fallen fand.  J.  Paul  komet  l,  2. 

HOPS,   1)  interj.,  eine  springende  bewegung  malend: 
über  deine  partenheciien 
sprüog  ich,  nops !  mit  einem  sprung. 

GöKiNGK  licdcr  ziriirr  lieb.  (1779)  54. 

in  Baiern  interjection  der  Überraschung.  Schm.  1,1142  Fromm. 

2)  als  subst.  masc.  der  sprung:  mit  einem  hops  hoch  in  die 
luft  springend.  Acerbach  dorfgesch.  l,  252.  in  Baiern  der  hops 
die  betrunkenheit.  Schm.  1,1142  Fromm.;  s.  das  folgende. 

3)  die  Verbindung  hops  sein  bedeutet  wcq,  verloren  sein;  in 
Düringen  er  ist  hops,  todt  oder  auch  fertig  in  bczug  auf  ver- 
mCnjen  und  Stellung,  bankerott;  ä/inWcA  er  geht  hops ;  meisznisch 
das  gcld  ist  hops,  in  Baiern  hops  sein ,  berauscht ,  närrisch, 
schwanger  sein.  Schm.  o.  a.  o.;  Schweiz,  hopps,  ein  bischen  be- 
trunken oder  verwirrt.  Stalder  2, 54.  im  Elsasz  gilt  jo  hops  I 
oder  ]o  hopsa I  jo  hopsameiell  als  verneinende  redensart.  Fromm. 
3,  t4.     vergl.  hopp  sein  oben  sp.  1798. 

HOPSA,  interj.  einen  sprung  bezeichnend,  erweiterte  form  von 
hops;  so  in  freude,  lustigkeit:  hopsa,  victoria,  vivat!  Lknz 
1,127;  aber  auch  als  ausdruck  der  Überraschung  beim  stolpern. 
Kehrein  201  (vergl.  oben  hoppas);  oder  überhaupt  beim  eintritt 
von  etwas  plötzlichem:  jung  sind  wir  und  hoppsal  haben  wir 
uns  vergallopiert.  J.  C.  Bock  geschwind  eh  es  jemand  erfährt, 
1.  aufz.  1.  auftr. 

Die  verlängerte  form  hopsasa,  ein  munteres  davonreiten  malend: 

drauf  ritt  der  ritter  hop  sa  sa ! 

und  strich  sein  härtchen  trnllaia.    ItÖRGER  29'; 

sonst  interjection  der  lauten,  springenden  frOhlicIikeit.  Schm.  1, 1 142 
Fromm.;  hörst  drauszen  lärmen?  hopsasa!  Fr.  MCller  2,94. 
selbst  wie  ein  eigenname  gebraucht,  herr  hopsasa,  wol  in  der 
bedeutung  wie  sonst  Springinsfeld: 

denn  wenn  man  den  professor  (Gollsched)  nähme, 

und  thät  ihn  in  eine  schul,  so  käme 

der  so  gelehrte  herr  hopsasa 

kaum  zu  sitzen  in  terzia. 

Rost  leulelsep.  in  d.  n.  herl.  mmuitschr. 
1S05,  13.  40. 
HOPSEN ,  verb.  hüpfen ,  springen ,  der  form  nach  (es  wäre 
eigentlich  iiopszen  zu  schreiben,  une  denn  in  dem  folgenden 
hopzger  frosch  diese  dentalstufe  noch  vertreten  ist),  iterativ  zu 
hoppen,  wie  ags.  Iioppetan  hüpfen  lehrt,  das  landschaftlich  weit 
reichende  wort  wird  in  altern  Wörterbüchern  übergangen,  erst  die 
idiotika  der  neuzeit  verzeichnen  es:  kftrntnisch  iiopsen  hüpfen, 
springen,  dann  auch  eine  art  knrtenspiel.  Lexer  143;  bairisch 
hopsen,  hupsen,  hapsen,  springen  (mit  einem  belege  aus  dem 
15.  jahrh.  in  der  letzteren  form),  dann  auch  hüpfend  tanzen, 
ferner  hops  oder  hopsasa  rufen,  und  endlich  auch  ein  gewisses 
kartenspiel  spielen.  SciiM.  1,  1142  Fromm.,  zu  welcher  letzteren 
bedeutung  das  schwäbische  hopsen  'ein  kartenspiel,  welches  auch 
rnthen  heiszt,  verhopsen  verspielen,  sein  vermögen  mit  spielen 
durclibringen'  (Schhid  2ai)  stimmt;  im  nassautschen  linpsen 
tanzen.  Kkiirein  201 ;  im  henneberysclien  lioppsen  hupfen  Fiidmm. 
3,131;  in  7>u/imoH-.W(iArfn  hupsen  Aö;)/c'n  5,  4f>5,  in  Siebenbürgen 
hapsen  0,  lü8,  auf  Helgoland  hopsken  3,  2h  u.  a.  die  sehnft- 
spräche  nimmt  das  wort  nur  schiuhtern  auf: 

ei  (da§  tiulitein)  hopit  drauT  (nuf  dem  pferd)  hin  und  her. 

HbcKKiiT  lUb; 
tn  hesug  auf  einen  Vortrag:  indem  viele  unserer  jungen  schau- 
(ipieler  einen  stoizeudcn  hopsenden  vurtiag  annehmrn,   wo- 
durch »ie  eben  unverglUndlich  werden.  Götue  u.  Zelter  brief- 
«.  c/mW  1 ,  152. 


1801 


HOPSER  — HORBEL 


HORCHANGST  —  HORCHEN 


1802 


HOPSER,  m.  l)  einer  der  hopst:  in  Düringtn  und  Schlesien 
iä  Stoppelhopser  ein  spollname  des  bauern;  bei  Oke:»  heissen 
hopser  die  dickschndbler  unter  den  vögeln. 

2)  ein  munterer,  hüpfender  tanz.  Aderbach  dorfgesch.  1, 102. 
Kehrein  201. 

3)  auch  nur  ein  sprung  in  die  höhe :  wo  andere  kleine  leute 
vielleicht  auch  ?or  innerer  lust  ein  hopserchen  machen  würden. 
Reichenac  aus  unsern  vier  u-änden  1, 19. 

HOPZGER,  VI.  der  frosck,  ue:en  seines  hopsens;  die  von 
Nem.mch  4,1120  aufgeführte  form  hopzer  aus  Maaleb  berulit  auf 
einem  Usefehler,  es  steht  dort  144'  frosch,  frösch,  hoptzger  rana, 
und  ebenso  das  fröschle,  hoptzgerle  ranuncula  144" ;  rana,  ein 
frosch,  hoptzger  Dasyp.  ;  doch  beschränkt  sich  das  wort  nicht  auf 
das  alemannische  Sprachgebiet: 

die  (leibguardey)  fürt  Marcon  ein  tapfer  man, 
ein  hübscher  hoptzger  wolgethan. 

frii'ChmeuseJer  Xs'  (3,  2,  6). 

HÖR,  n.  koth,  schmuz,  ein  nachklang  des  ahd.  horu,  horo, 
mhd.  hör,  gen.  horwes ,  der  nur  in  die  anfange  der  neueren 
schrißsprache  hinüber  reicht,  theils  in  der  form  hör,  theils  auch, 
mit  verhärteter  labialis,  als  horb,  harb,  und  selbst  mit  Umsetzung 
derselben  in  die  gutturalis,  als  tiorch :  lulum  hör,  horch,  hare 
DiEF.  340*;  6«  ScH».  1,1157  Fromm,  die  formen  hör,  horwe, 
horh,  harb  mit  mehrfachen  belegen;  es  so!  menglichen  das 
her,  das  vor  seinem  huse  und  gesäsze  iiff  dem  pflaster  ligt. 
allweg  wenn  des  not  beschicht ,  an  ainen  huffen  schüffein. 
d.  städtechron.  5, 146  anm.  3  {Augsburg  15.  jahrh.) ;  do  sprachen 
sy  zu  im.  wie  seind  dir  deine  äugen  aufgethan.  antwurt  der 
mensch  der  do  heist  Jesus  der  macht  ein  horb  und  be- 
streichet mir  meine  äugen.  Spiegel  menschl.  behaltnusse  1492  72". 
vgl.  auch  oben  haargans,  haarigel,  haarschnepfe. 

HÖR,  /.  hora:  hiut  frü  zwüschen  fünf  und  sechs  hören, 
d.  städ/ecAr.  5,  359,  30 ;  umb  sechs  hör  auf  den  abend.  Ldtber 
3.401';  bis  umb  10  hör  in  die  nacht.  5,26';  zwisschen  zehen 
und  eiif  hör  im  mittag.  Spalatix  das.  5,33';  zwisschen  sechs 
und  sieben  bor  auf  den  abend.  35*.     vergl.  unter  uhr. 

HÖR,  f  l)  das  hören :  seine  complimente . .  sind  wechsel- 
briefe  auf  sieht,  auf  hör.    Hippef.  10,35. 

2)  das  aufhören ,  vergl.  unten  hören :  {dasz  er  uns  nachzu- 
stellen) nit  ru  noch  hör  haben  wirdet.  d.  städtechron.  5,  322 
anm.  3. 

3)  in  Westfalen,  von  hofhörigen  gutem  die  lehenwaare:  um 
die  belehnung  ansuchen  und  die  hör  bezahlen.  Adelung.  — 
vgl.  höre. 

HÖRA,  vergl.  unter  hören. 

HORB,  s.  bor. 

HÖRBANK,  f.  bank  der  hörer  in  einem  unterrichtsraume : 
eine  solche  schulenge  (wie  in  Padua)  denkt  man  sich  nicht, 
ob  man  gleich  als  Studiosus  deutscher  akademien  auf  den 
hörbänken  auch  manches  leiden  müssen.  Göthe  27,  90. 

HÖRBAR,  adj.  und  adv.  gehört  zu  werden  geeignet,  ein  von 
Frisch  noch  nicht  verzeichnetes  uort,  das  seit  der  2.  hälfte  des 
vorigen  jahrh.  häufig  begegnet:  die  Vereinigung  wilikührlicher, 
auf  einander  folgender,  hörbarer  zeichen,  mit  natürlichen, 
auf  einander  folgenden  hörbaren  zeichen.  Lessing  11,152;  es 
war  sein  unglück,  dasz  die  zunächst  ihn  umgebenden  und 
hörbarsten  stimmen  die  partei  seiner  leidenschaft  nahmen. 
Schiller  901; 

harmonieen,  den  zarteren  seelen  nur  hörbar. 

Klopstock  3,  "205  (>/f>s.  4,  816) ; 
du  zitterst  ja  so  heftig,  und  dein  herz 
klopft  hörbar  an  dem  meinen. 

Schiller  Wallensteins  tod  4,  14; 
die  blüthenlrunknen  h'ifle  schwinden,  schwellen, 
und  hörbar  rieseln  alle  lebensqueilen.    Lk!<au  Faust  95. 

HÖRBARKEIT,  f. 

HÖRBEEHE,  f:  mit  himbeerkraut,  welches,  sampt  seiner 
frucht  von  vielen  hörbeer  genant  wird.  Tourneiszer  von 
Kassem  306.  es  mag  dieser  name  nur  eine  entslellung  sein  von 
haarbeere,  icte  die  himbeere  auch  heiszt  (vgl.  sp.  24). 

HÖRBEGIERIG,  adj. :  aures  bibulae  begierig  zu  hören,  hör- 
begierig. ScBELLER  lat.-deutschcs  lex.  {r,h3)  1,  346. 

HORBEL ,  f  1)  das  gemeine  Wasserhuhn ,  fulica  atra.  Nem- 
NirH  2, 1679.  dasz  dieses  ohne  sueifel  alte  wort  im  ersten  theile 
mit  bor  hA,  pluhl  zusammenhängt,  und  auf  den  liebUngsaufenl- 
hali  des  rogels  im  sumpfe  hinweist,  ist  klar;  eine  einfache  ab- 
leilung  von  hör  ist  es,  wenn  man  die  glosse  fulica  horbollein 
1  swartzduther  Dief.  250'  in  belracht  zieht,  wol  niciit,  da  deren 
letzter  be^tandtheil  wieder  offenbar  mit  einem  andern  namen  des 


Vogels  belchine,  bellhenne  (das.)  zusammenhängt,  wahrscheinlich 
ist  also  horbel  aus  hor-belchine  oder  etwas  ähnlichem  verkürzt. 

2)  in  Franken  heiszt  horbel  ein  schlag,  slosz  an  den  köpf. 
ScHM.  1,1159  Fromm.;  im  Osterlande  und  Meiszen  eine  maul- 
schelle.  ob  zwischen  den  bedeulungen  1  und  2  irgend  welcher 
Zusammenhang  bestehe,  kann  nicht  gesagt  werden. 

HORCHANGST,  f.  angst  die  man  im  horchen  nach  etwas 
empfindet:  in  steter  horchangst  vor  einem  zweiten  marsch- 
befehle.  J.  Pacl  Siebenk.  3, 8. 

HÖRCHELN ,  verb.  röcheln ,  schwer  und  dumpf  atmen ,  wie 
röcheln  ein  lautmalendes  wort:  im  Hennebergischen  hörcheln 
und  härcheln.  Fromm.  3, 132 ;  schwäb.  hörcheln  und  hürcheln. 
ScnM.  1, 1159  Fromm. ;  den  jungen  kindern,  die  mit  dem  hör- 
cheln und  herzgesperr  beladen  seindt.  Tabernaemont.  364. 
s.  auch  hercheln  sp.  1073  und  unten  das  zweite  horchen. 

HORCHEN,  verb.  auscultare;  eine  iteratirbildung  zu  ahd. 
hörjan,  hörran,  goth.  hausjan  hören,  die  zuerst  bei  Williram 
sich  nachweisen  läszt:  dine  friunt  hörechent  des.  77,19;  dine 
friunta  hörechent  gerno  dtner  stimmo.  27 ;  und  im  mhd.  mit 
verkürztem  stammrocal  als  horchen  bezeugt  ist  (Lexer  1, 133S): 
auscultare  horchen  Dief.  62';  niederd.  auscultare,  obedire  hören 
borken,  underdenich  sin  nov.  gloss.  44";  eine  form,  die  dem 
ags.  hearcnian,  engl,  hearken  horchen  nahe  steht,  während  sie 
mit  dem  gleichbedeutenden  engl,  hark  sich  deckt;  niederl.  herken, 
harken  auscultare  Riliav.  Maaler  führt  wol  gehorchen  auf, 
nicht  aber  das  einfache  horchen ,  das  im  alemannischen  durch 
losen  ersetzt  wird,  irte  denn  auch  Dasyp.  horchen  aures  arrigere, 
auscultare,  animadverlere  noch  durch  losen  glossiert,  jedenfalls 
weil  jenes,  aus  irgend  einer  schrißqueUe  herüber  genommen,  im 
Elsasz  nicht  ohne  weiteres  verständlich  war;  ebenso  fehlt  bei 
Schmeller  horchen,  während  losen,  lasen  in  dessen  bedeutung 
stelit  (l,  1515  Fromm.). 

horchen  drückt  aus 

1)  angestrengt  oder  aufmerksam  das  gehör  worauf  richten, 
lauschen;  und  wird  gesetzt 

a)  absolut:  kucket  zu  irem  (der  Weisheit)  fenster  hinein, 
und  horcht  an  der  thür.  Sir.  14, 24 ;  er  schleget  die  äugen 
nider,  und  horchet  mit  schalksohren.  19,24;  als  aber  Petrus 
an  die  thür  klopfet  des  Ihores ,  trat  erfur  eine  inagd  zu 
horchen,  ap.gesch.  12,13;  alles  war  still,  hörte,  horchte.  Göthe 
15,  327 ;  die  mutler  jedoch,  mit  heilerem  gesiebt,  übergebogen 
horchend,  liesz  nicht  die  mindeste  unruhe  bemerken.  330; 

oft 
'durchfliegt  sein  rühm,  vermischt  mit  harfenklang,  den  baio 

und  jeder  wipfel  horcht.  Uöltt  45  Halm ; 

nur  schweiget  und  horchet  wie  mäuslein.    Götbk  1,227; 
in  Verbindung  mü  personification  des  <^es: 

doch  werf  ich  einen  blick  auf  dich,  vernimmt 
mein  horchend  ohr  ein  wort  von  deiner  lippe, 
so  wird  ein  neuer  tag  um  mich  herum.    9,  133. 

bei  den  bergleulen  heiszt  horchen  aufmerken  wenn  die  uhr  schlägt, 
oder  ob  ein  bergbeamter  ankommt.  Jacobsson  2. 2>t5'. 

b)  so  steht  gern  der  imperativ  horch !  in  der  alten  spräche  auch 
horchal:  horcha,  welchen  (irein),  lieb,  trinkst  am  liebsten? 
Corp.  SS';  hört  hört  ihr  herd  säu,  wie  die  hinder  posaun  so 
schön  zu  häufen  aufplaset,  zu  jedem  ock  und  tritt  und  trott 
ein  fürzlein,  horcha.  137'; 

und  auszen,  horch!  gings  trap  trap  trap, 

als  wie  von  rosaeshufen.    Bcrcer  14"; 

horch  —  die  glockeo  hallen  dumpf  zusammen. 

Schiller  kindesmörderia ; 
horch,  der  küster  beiert.    Voss  4,  176. 

c)  mit  dativ  der  person  oder  der  saclie,  gern  in  gehobener  oder 
poetischer  spräche:   unser  freund  .  .  horcht«  gern  den  beleb 
renden  Worten  seines  wirthes.  Göthe  23, 27 ; 

es  horchen 
ihm  die  bemerkungen  deiner  freunde, 

ihm  horcht  entzückt  die  feinere  Schäferin.    Klopstock  1,  15; 
was  horchest  du  unter  dem  weitverbreiteten  Qugel  der  nacht 
dem  fernen  sterbenden  wiederhaile  des  bardengesangs?    23S; 
ach,  dann  wall  ich  am  grabe,  dem  ich  so  nah  war,  und  weine 
meinen  jammer.    mir  horcht  die  «chauernJe  loile.sstille. 

3,  205 ; 
ja,  sobn,  die  ahnuDff,  deren  leiser  stimme 
du  oft  in  deinem  innera  horchtest,  tnigt  dich  nicht.' 
WiKLAHD  26,  1S3 ; 
das  rebengrün, 
wo  du  horchtest  der  nachiigall.    Höltt  93  Halm; 
da  horch  ich  oft.  im  mondenelanz, 
der  grillen  nachtgesaoge.    179; 


1803 


HORCHEN 


HORCHEN  — HORDE 


1804 


es  saszen  die  Griechen'' 
nach  der  sitte  schweigend  umher,  dem  könige  horchend. 

Stolberg  12,  246 ; 
so  sprich!  du  siehst,  ich  horche  deinen  werten.    Götbb9, 91; 
mit  wie  leichtem  herzensregen 
horchet  ihr  der  glocke  nicht, 
die  mit  zwölf  bedachtgcn  schlagen 
ruh  und  Sicherheit  verspricht!    l'J,  230; 
ich  horche  vergebens 
ihrer  nimm  in  der  fern,  und  ihrem  kommenden  Tuszlritt. 

Voss  1,  151. 

d)  horchen  auf  einen  oder  etwas:  auf  solche  worte  horchte 
Börne  mit  beiden  obren.  Heine  12,14,- 

(ijlücklich)  dasz  ich  kein  dienstbar  ohr 
um  weg  verkaufte  pdicht  darf  recken  hoch  empor, 
und  horchen  auf  befehl.    Logao  1,  168,  19; 
(eins  lamm)  nahm  aus  unserm  becher  trank, 
horcht  auf  locken  und  gesang.    Voss  5,251; 

die  bedeulung  des  lauschens  schlägt  hierbei  in  die  des  warlens  um: 

von  churfiirst  von  Brandenburg, 

auf  (ein  hulT  nicht  umher  horch, 

thut  dich  verlaufenen  plafTen  nicht  lieben. 

Soltau  444  (ron  1583). 

e)  horchen  mü  abhängigem  salze :  da  giong  Bagoa  bin  ein, . . 
und  horchet,  ob  er  sich  regen  wolte.  Judith  14, 13 ;  ich  dächte, 
wir  gingen  sachte  diese  dunkle  allee  hinauf  und  horchten 
immer  im  geben ,  ob  wir  nicht  irgend  etwas  kommen  oder 
lispeln  hören.  .  .  ganz  recht,  geh  nur  voraus  und  horche, 
ob  der  weg  sicher  ist.  Götiie  14,225; 

ich  sinn  und  horche, 
ob  nicht  zu  irgend  einer  frohen  flucht 
die  götter  rath  und  wege  zubereiten.    9,28; 

er  horcht,  was  geredet  wird,  sermones  atlendii.  Steindach 
1,  787. 

ß  horchen  mit  accusativ,  durch  horchen  vernehmen^  aufnehmen, 
nur  in  freierer  poetischer  spräche :  hier  . .  lauschte  ich  oft  von 
des  vaters  lippen  auf  die  thaten  der  edlen  Griechen!  horchte 
liebe  zum  Vaterland  in  das  junge  herz!  Klincer  2,146; 

so  sangen  die  parcen ; 

es  horcht  der  verbannte 

in  nächtlichen  höhlen  • 

der  alte  die  lieder.    Göthb  9,  79; 

6«  Klopstock  ein  gerne  geborchter  fusz,  dessen  trilte  man 
gern  vernimmt: 

deckt,  heilige  stunden,  decket  mit  eurer  nacht 
den  stillen  eingang,  dasz  ihn  kein  sterblicher 
betrete,  winkt  selbst  meiner  freunde 
gerne  gehorchten,  geliebten  fusz  weg.    1,  55. 

2)  der  begriff  drs  aufmerksam  zuhörens  geht  über  in  den  des 
beobachlens,  beaufsichtigens,  acht  habens: 

ämter  haben  sorgen, 

und  hurten  müssen  hüten  und  horchen. 

Simpl.  1  (1713)  $.  8; 

wann  hie  (in  Nürnberg)  gesessen  warent  vil  freiherren  graven 
und  edel,  die  da  kaiserlichem  hoff  verbunden  warent,  und 
horchten  auf  das  laut.  d.  stddtechron.  3.  68, 1. 

3)  andrerseits  aber  auch  in  den  des  befolgens,  horchen  rtihrt 
an  gehorchen,  oder  ist  ihm  in  einigen  stellen  geradezu  gleich: 
wan  Herödes  vorchle  Jöhannem  .  .  und  ime  borchinde  tot 
her  vile.  Behaims  evang.-buch,  Marc.  6,20;  doch  seit  ir  all  in 
irer  {der  ratsherrn  zu  Nürnberg)  ungnad,  wcrdt  veracbt,  lialit 
ganz  keinen  gewalt  und  müst  auf  sie  horchen,  d.  städtechron. 
3,132,18;  in  der  poetischen  spräche  vorzüglich  der  neueren,  mit 
dem  dativ  der  person  oder  sache  {vgl.  dtcn  l,  c) : 

da  macht  die  angst  und  grosze  forcht, 
du  jederman  dem  schilTlierrn  horcht. 

U.  Waldis  Etop  4,  13,  32 ; 

so  weit  des  adlers  augcn  sehen, 

horcht  die  naiur  vom  isop  bis  zur  ceder 

nur  dir  (di-m  zufnilr).    Tuiümil  3,  24 ; 

viele  Jünglinge  horchen  deinen  befehlen.    Stolbirg  11,99; 

und  wenn  euch,  ihr  kinder,  mit  treuem  gesiebt 

ein  vater,  ein  lehrer,  ein  aldcrman  spricnt, 

10  horchet  und  folget  ihm  pünktlich !    GOtub  1,228; 

ruf  ich,  da  will  mir  keiner  horchen.    4,312; 

horcht  den  befehlen,  folget  sogleich.    10,  255. 

4)  horchen,  mit  einem  niedrijen  nebensinne,  unberechtigt 
lauuhtn  (r^i.  behorchen  1,1342):  es  ist  ein  Unvernunft,  einem 
an  den  tbür  horchen ,  ein  vernünftiger  hielt  es  für  eine 
■cbmacb.  Sir.  21, 2C;  die  tbrinen  eines  armen  m9drhcns  .  . 
deren  zutraulichkeil  ihnen  gelcgenbcit  gab  zu  borchen.  (jOrut 
14,345;  'ich  habe  an  der  Ihüre  gehorcht,  sie  bat  sich  ganz 


dem   abbe   entdeckt*,    unverschämter!    sagte  Lothario,   wer 
heiszt  dich  horchen.  20,  306 ; 

ah!  dasz  ich  meine  Schwester 
nicht  horchen  lassen!  Lessinc  2,284; 

ich  will  doch  horchen,  stchts  gleich  nicht  fein.    Kotzibub. 

5)  borchen,  in  dem  mehr  abgeblaszten  sinne  zu  erfahren  streben, 
aufmerkend  erforschen  {vgl.  aushorchen):  ich  horchte  an  dem 
iühnbedientcn,  der  sich  mir,  jedoch  nur  langsam  und  auf 
eine  kluge  weise,  näherte.  Götiie  16,213;  Wilhelm  horchte 
oft  ins  publicum,  und  nur  selten  kam  ihm  eine  stimme  ent- 
gegen, wie  er  sie  zu  hören  wünschte,  ja  öfters  vernahm  er, 
was  ihn  betrübte  oder  verdrosz.  19, 230. 

HORCHEN,  verb.:  horchen  der  bälge,  im  hültenwerk,  wenn 
die  luft  aus  ihnen  nur  stoszweise  in  den  ofen  geblasen  wird. 
Jacobsson  6, 115*.  kaum  zu  dem  eben  aufgeführten  borchen 
gehörig,  eher  wol  zu  hörcbcln  sp.  1S02,  welches  letzlere  als  iterativ- 
bildung  zu  ihm  gefaszt  werden  kann. 

HORCHER,  m.  l)  der  da  horcht,  aufmerksam  zuhört  {vergl. 
horchen  1) :  wer  von  den  . .  quälen  und  plagen  {unter  einem 
despotischen  treiben)  eine  beschreibung  machen  wollte,  der  .  . 
würde  den  borcher  auf  einen  punkt  des  .  .  schaudervollen, 
leer-erhabenen  treiben.    Klincer  11,81; 

allwiszbegieri^e  horcher,  hörer 

versammeln  sich  um  ihn  zu  häuf.    Göthe  41,  96. 

2)  nach  horchen  4,  der  unberechtigt  lauschende,  spion:  der 
horcher  an  der  wand  hört  seine  eigne  schand.  Sprichwort  bei 
Frisch  1,466'; 

sie  wissen,  dasz  ich  ihn 
iT)it  meinen  horchern  rings  umgeben  habe ; 
vom  kleinsten  schritt  erhalt  ich  Wissenschaft. 

Schiller  Piccol.  1,  3. 

3)  horcher,  das  ohr  eines  esels:  ich  nahm  ein  stücklein 
feuerschwamin  und  steckts  dem  langohr  in  den  borcher. 
MüsXus  kinderkl.  19. 

HORCHERIN,  f.  die  da  horclU,  lauscherin.  Klincer  5,166; 

schachern  wird  mit  dir 
schon  meine  Schwester  (das  der  horcherinn).    Lbssinc  2,273. 

HORCHEROHR,  n.  ohr  des  horchcrs: 

bis  hin  zur  Temse,  bis  zu  dem  Rhodan  hin 
erschallts,  und  schaaren  trinken,  im  dichten  drang, 
mit  horcherohr,  zu  neuer  einsiclit, 
all  die  belehrung,  wovon  du  triefest.    Klopstock  2,  56. 

HORCHHÄUSCHEN,  HORCHHÄUSEL,  n.  eine  kleine  hütte, 
in  welcher  gegen  ende  der  schicht  ein  bergjunge  auf  das  schlagen 
der  uhr  acht  gab.  Veith  bergwörtcrb.  275. 

HORCHSAM,  adj.  und  c^v.  zum  aufmerken,  horchen  gescliickt 
oder  geneigt ,  aufmerksam ;  ein ,  wie  es  scheint ,  erst  im  letzten 
viertel  des  vorigen  jalirhunderts  alterthümehid  gebildetes  oder  aus 
einer  mundart  in  die  Schriftsprache  verpflanztes  wort,  es  laszt 
sich  zuerst  {doch  vgl.  auch  unten  horchsamkeit)  bei  Fr.  MCller 
nachweisen:  der  horcbsame  Veit  entsetzte  sich  ob  der  schauer- 
lichen mähr,  erzdhlungen  88 ;  und  fast  gleichzeitig  Öfters  bei 
MusÄus:  morgen  um  das  erste  babnengeschrei  sei  wach  und 
horchsain.  volksmährchen  (1788)  2,69;  wenn  ihre  melodische 
band  dem  horchsamen  ritter  die  weichsten  ukkurde  ins  herz 
zu  lautcnieren  gedachte,  ausgäbe  von  1842  s.  216 ;  und  die  be- 
redte laute  ermangelte  nicht  seine  frohen  cinplindungen  in 
das  horcbsame  ohr  der  schönen  bluinenfreundin  über  das 
enge  gäszchen  hinüber  zu  muduliren.  5.446; 

auch  ein  najadchen,  schlank  und  zart, 

spielt  horchsam  im  bassin  verstecken,    kinderkl.  b5; 

einmal  auch  bei  Göthe  : 

(wo)  dem  lügenfürsten  du  ein  horchsam  ohr  geliehn.    41,294. 

HORCHSAMKEIT,  f.:  im  hirseben  .  .  leichtigkeit,  horch- 
samkeit, stille,  sanftmUtbige  Unschuld.  Lavatsk  pkysiogn. 
fragm.  (1775)  2,  21. 

HORDE,  f.  1)  flechlwerk  von  reisig  oder  Stäben,  und  der  mit 
einem  solchen  umschlossene  räum,  neben  der  mhd.  form  burl. 
plar.  hürtc,  aus  der  sich  unser  bürde,  plur.  bürden  entHnckelt 
hat  (s.  d.),  erscheint,  namentlich  mitteldeutsch  und  niederdeutsch, 
auch  hurt,  bort,  horte  crates  Dikf.  155*,  niederl.  bdori  " '''< 
noi'.  gloss.  lls',  dem  sich  ein  untermoselsches  hoerle  uns 
womit  der  rost  zum  verbrennen  eines  Verbrechers  gemcf^ 
itcin  weiset  man  in  diesem  reich  {zu  Crövc)  an  dem  hohe 
geriebt  acht  gerirbl,  das  ein  ist  der  strank,  das  ander  das 
ratt ,  das  drill  die  kulc,  das  vierte  der  style,  das  fünft  die 
hoerle  .  .  weitlh.  2, 378.  die  mitteldeutsche  form  hordc  neben 
der  oberdeutichen  iiürde  hat  sich  zunächst  nur  in  der  technischen 


1805 


HORDE — HORDENWILDER 


HÖRE  — HÖREN 


1806 


Sprache  erhalten,  bei  icdlarbeiiem,  brauern,  in  tabaksmanufacturen, 
KO  es  ein  viereckiges  ßechtwerk  ton  reisem  oder  draht,  ähnlich 
einem  tischblatt,  bezeichnet.  Jacobsson  2, 2S5'.  6,115*.  6«  den 
Schäfern  heiszt  horde  das  reisiggeflecht,  das  den  räum  auf  dem 
die  Schafe  nachts  bewahrt  werden,  einhegt:  mit  leimen  getünchte 
horden  von  schilf.  Heiljiass  Thucyd.269;  wenn  ich  dich  nun 
in  meine  horden  einnähme,  sage  mir  doch,  wer  sollte  als- 
denn  meine  armen  schafe  gegen  dich  (den  tro//)  beschützen  ? 
Lessikg  1, 161 ; 

ein  hirte  liesz  auf  erüner  beiden 
ein  tausend  und  acnt  schaafe  weiden, 
bisz  . .  grauer  abend  es  war  worden, 
da  führte  er  sie  in  zwölf  borden. 

Seru;«der  recittschreiberei  (1739)  *.  465 ; 
die  triften  wurden  leer,    man  sah  die  dichten  häufen 
mit  blökendem  gescbrei  nach  ihren  horden  laufen. 

Rost  schäferged.  92 ; 

die  schafe  liefen  fort  und  blieben  in  den  feldern 
bei  fremden  horden  stebn.  daselbst; 

so  vergnügt  ist  nicht  das  scbäfcben, 

wenn  es  aus  den  borden  eilt. 

EscHE!<BüRC  Luka*  II.  Männchen  34. 

2)  horde,  schaar,  umherstreifender  häufe,  vird  von  Weigasd 
1, 703  als  ein  ganz  anderes  wort  von  asiatischem  Ursprünge  (vgl. 
russ.  orda,  pers.  orda  kriegsheer,  lager)  genommen,  mit  erst- 
maligem vorkommen  um  1768.  allein  die  belege  reichen  weiter 
hinauf,  der  hervorgang  dieser  bedeutung  aus  der  vorigen  Idszt 
sich  ebenso  gut  denken,  als  ein  fremdländischer  Ursprung:  horden, 
also  heiszen  die  lagerstätte  derer  Tartarn  . .  item  von  weiden 
oder  anderen  Stäben  geflochtene  quadrat  länglichte  lager, 
darauf  das  malz  getreuget  wird;  ingleichen  kleine  wände  von 
dinnen  Stäben,  oder  sonst  gemacht,  deren  sich  die  schäfer 
bei  dem  pferchen  bedienen.  Nehring  histor.-polU.  lexicon  (1736) 
564,  diese  stelle  kann  den  Übergang  zeigen; 

lasz  ihn  (ilen  Vulcan)  sammt  seinen  horden 
nur  hämmern  tapfer  drauf. 

Ko!<GEHL  Innocenl.  (1683)  69; 
(Friedrich  ist)  den  pbalangen 
Eui'opens  nicht,  auch  nicht  der  wuth 
der  borden  Asiens  bezwinglich.    Rajq.eh  1,54  (r.  1762). 

das  Kort  erscheint  aber  erst  seit  dem  ende  des  vorigen  jahrh.,  in 
m  der  gewähltem  spräche,  häufiger:  Hagar  flieht,  um  bei  an- 
dern horden  einen  bessern  zustand  zu  finden.  Göthe  24,210; 
(greuel)  so  jene  scheuszlichen  horden  dermaleinst  in  diesen 
Auren  verübet.  Holtei  Lammfell  1S7.  auch  in  allgemeinerem 
sinne,  der  an  die  nomaden  anknüpß:  losung  und  feldgeschrei, 
woran  sich  die  glieder  unserer  kleinen  academischen  horde 
zu  erkennen  und  zu  erquicken  pflegten.  Götbe  26, 57 ;  von 
einer  schaar  wölfe: 

es  kracht  der  schnee,  schnell  sind  die  grauen  horden. 
Le!«ad  neue  ged.  61. 

horden ,  phalanges ,  die  familien  z.  b.  der  papüionen ,  phalänen. 
Nemnich  4,  926. 

HORDENDRAHT,  m.  draht  der  zu  mah-  oder  darrhorden 
gebraucht  wird.  Jacobsso.n  2, 2S5'. 

HORDENGESTELL,  n.  yeslell,  worauf  in  den  tabaksmanu- 
faäuren  die  horden  zur  trocknung  des  tabaks  ruhen.  Jacobsso» 
6, 115'. 

HORDENGRUPPE,  f.  gruppe  von  nomadisierenden  v(Jks- 
äämmen  oder  familien:  eine  ganz  ähnliche  bewandlnis  wie 
mit  den  Crens  hat  es  mit  der  hordengruppe,  welcher  unser 
Verfasser  den  namen  Guck  oder  Coco  ertheill.  ausländ  iO.  jahrg. 
s.  S70. 

HORDEN'NAME,  m.  name  eines  nomadisierenden  volksdammes. 
daselbst. 

HORDENRAHMEN,  m.  rahmen,  in  den  die  horden  in  den 
tabaksmanufacturen  eingespannt  werden.    Jacobsson  6, 115*. 

HORDENSCHLAG,  m.  das  aufschlagen  von  horden:  so  heiszt 
es,  wenn  die  schafe  über  nacht  im  felde  bleiben,  und  ihre  lager 
auf  dem  zu  düngenden  acker  innerhalb  einer  Versicherung  haben. 
Jacobssos  6, 115'. 

HORDENSPRACHE,  f  spräche  nomadisierender  horden:  wenn 
sich  nur  reisende  finden,  die  der  hordcnsprache  mächtig. 
ausländ  40.  jahrg.  s.  872. 

HORDEN  WILDER,  m.  wilder  einer  nomadisierenden  horde: 
bordenwilde,  heilige  und  weise 
nennen  Zevs  dich,  Jorab  oder  gott. 

SiiMs  ged.  (1804)  (.  1, 
noch:  .  .  .  ador'd, 

bj  Saint,  by  savage  and  bj  sage 

Jehorah,  iort,  or  lord.    Pope  the  vnktertal  prafer. 


HÖRE,  f.  was  zu  etwas  gehört,  einschlusz,  umfang,  in  kirch- 
höre, s.  tfieil  5,  S20.     s.  auch  hör. 

HOREMONAT,  m.  ßr  december:  im  wolfmonat,  .  .  heilig- 
monat,  höremonat,  jahrsendemonat  und  letstmonat  Fiscbart 
groszm.  121.  es  ist,  mit  bezug  auf  hören  =  außören  (s.  hören 
unten)  umdeutung  aus  dem  niederl.  horemaent,  horenmaent, 
»05  wahrscheinlich  kothmonat  heiszen  soll  {nach  altem  horo,  vgl. 
o6en  bor,  horb  5p.  l SOI):  \Vei:<hold  monalnamen  45. 

HÖREN,  verb.  audire. 

l.  Formelles. 

1)  das  wort  geht  über  alle  deutsche  dialekte:  qoth.  bausjan; 
altsächs.  hörian ;  ags.  hyran ,  engl,  hear ;  fries.  hera ;  nieder- 
deutsch niederländ.  hören;  altnord.  heyra;  sehwed.  höra,  dän. 
h6re;  ahd.  hurran  {ßr  höijan),  hi'jran.  mhd.  beeren,  prät. 
hörte,  eine  rückumlautende  form  die  bis  ins  nhd.  reicht: 

berr  biscbof,  nu  gebt  antwort, 

wann  ir  die  dag  habt  wol  gebort,    fastn.  sp.  643,5; 

do  schlug  si  auf  der  lauten 

gar  freudenreiche  wort, 

die  beiden  sprachen  all  überlaute: 

si  hetens  besser  nie  gebort.    Ublahd  tolksl.  788; 
als  nun  Ruggier  .  .  . 

auch  nunmehr  innen  ward,  dasz  sie  bereit  sich  fort 
und  weg  begeben  hat,  und  daiz  sie  ihn  nicht  hört. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  11. 13,  4; 
es  werte  wenig  noch,  dasz  er  am  dicksten  ort 
des  Waldes  einen  lerm  und  grosz  getümmel  bort.    11,  15,  8. 

Das  unumgelautete  präsentische  boren,  mitteldeutsch,  aber  auch 
oberdeutsch  bezeugt:  audire  hören,  hörn  neben  hören  Dief.  60*; 
hören  audire  voc.  ine.  theut.  ks'; 

do  si  zesamine  chömen, 

er  bat  si  ime  hören,    fundgruben  2,  53,  29 ; 

darf  vielleiclU  mit  der  Schweiz,  interj.  bor,  äill,  zur  besänftigung 
einer  uilden  kuh  oder  eines  wilden  äieres  gebraucht  (Stalder 
2, 54)  in  bezug  gebracht  werden ,  eine  interjection  die  sich  der 
bedeutung  unten  II,  10  anschlieszen  würde :  da  schrie  es  neben 
ihm  auf:  uy,  du  donner!  bor  du  kuh!  J.  Gottb elf  scAu/Jen- 
bauer  283. 

Die  Zusammenstellung  des  worles  mit  grieeh.  axovsiv  aus 
axovaetv  wird  von  den  meinen  etymologen  vertreten,  kann  aber 
nicht  als  sicher  gelten. 

2)  wie  bei  haben  sp.  74  näher  ausgeführt,  steht  in  Verbindung 
mit  jenem  hilfsverbum  statt  des  part.  präteriti  gehört  oß  der 
Infinitiv  hören,  wenn  ein  anderer  Infinitiv  vorhergeht  oder  fdgt. 
ich- habe  rufen  hören,  s/aW  ich  habe  rufen  gehört;  wir  haben 
in  hören  sagen,  Jbesus  von  Nazareth  wird  diese  stete  zu- 
stören.  ap.  gesch.  6, 14  ;  ich  habe  erzehlen  hören,  pers.  rosenth. 
1, 4 ;  mir  träumete,  ich  hätte  dich  hören  predigen.  4, 12 ;  ich 
habe  beides  wol  nennen  hören.   Kli.ngeb  7,64; 


doch  hab  immer  sagen  hören,  dasz 

geberdenspäber  und  geschicbtenträger 

des  Übels  mehr  auf  dieser  weit  gethan, 

als  gift  und  dolcb  in  mörders  band  nicht  konnten. 

ScaiLLER  Karlos  1,  1 ; 

eitle  fügung,  die  auch  der  alten  spräche  nicht  unbekannt  ist: 
ich  hän  des  jehen  beeren.    Gudr.  637,  3; 
ir  habt  ej  ofte  beeren  sagen,    rabenschlacht  98,  4, 

vgl.  dazu  die  von  Martin  weiter  beigebrachten  beispiele,  heldenb. 
2,  329.  aber  das  particip  gehört  in  diesem  falle,  obgleich  es  uns 
hart  klingt,  wird  doch  auch  von  guten  Schriftstellern  gesetzt :  von 
der  ertödtung  der  Sinnlichkeit,  wovon  er  ehmals  den  Plato 
zu  Athen  sehr  schöne  dinge  sagen  gehört  hatte.  Wielakd 
1,88  (73);  ich  habe  davon  reden  gehört.  Klinger  7,57;  ich 
habe  degen  blinken  gesehen  und  kugeln  um  mich  surren 
gehört.  ScBiLLER  räuber  3, 2 ;  wechselnd  mit  dem  Infinitiv :  frei- 
lich hat  er  lauten  hören :  nur  zusammenschlagen  hat  er  nicht 
gehört.  Lessing  11,527.  ist  das  hilfsverbum  unterdrückt,  so 
sieht  gewöhnlich  das  particip:  diejenigen,  welche  den  Virgilius 
behaupten  gehört ,  die  erde  sei  rund  und  auch  auf  der  an- 
dern halbkugel  bewohnt.  Wiela:«d  6,  295  (264);  Bolingbroke  .. 
gedenkt  mit  beifall  eines  gelehrten ,  den  man  einst  .  .  gott 
auch  dafür  danken  gehört,  dasz  er  die  weit  mit  lexicons- 
roacbern  verseben  habe.  Lessing  6, 7. 

3)  der  Infinitiv  einmal  In  passivem  sinne:  eine  rede,  ob  sie 
schon  lieblich,  ..  und  würdig  ist  zu  hören,  pers.  rosenth.  4,6. 

II.  Bedeutung. 

t)  hören,  den  sinn  des  gehörs  haben,  durchs  gehör  wahr- 
nehmen können:  er  hört  nicht,  er  ist  taub;  da  selbs  wirstu 
dienen   den   göltern,   die  menschen  bende  werk  sind,  holz 


1807 


HÖREN 


HÖREN 


1808 


und  stein ,  die  weder  sehen  noch  üören.  5  Mos.  4, 2»;  ich 
aber  luus  sein  wie  ein  tauber,  und  nicht  hören,  ps.  38,14; 
der  das  ühre  gepflanzt  bat,  soll  der  nicht  hören?  94,9;  sie 
haben  obren  und  hören  nicht,  sie  haben  nasen  und  riechen 
nicht.  115,6;  seine  obren  sind  nicht  dicke  worden,  das  er 
nicht  höire.  Jes.  59,1;  wer  obren  hat  zu  hören.  Matlh.  ll ,  ib ; 
die  tauben  macht  er  hörend.  Marc.  7, 3" ;  gut ,  leise ,  fein, 
übel,  schlecht,  schwer,  hart,  grob  hören ;  du  hörst  übel,  ich 
inusz  dich  einmal  zum  bade  führen.  Simrück  sprkhw.  261 ;  nit 
wol  hören,  auribus  parum  audire  M aaler  22S'; 

die  einTnlt  kann  nicht  sehen; 
ihr  lachen  nicht  die  tbaler  und  die  höhen, 
sie  hört  auch  grob,  und  in  der  melodie 
der  oachiigali  erschallt  kein  ton  Tür  sie.    Hagedorn  1,62. 

in  yroszer  Verwirrung  oder  tcildem  treiben  vergclil  einem  hören 
und  sehen;  ich  weisz  nicht  wie  mir  geschah,  mir  vergieng 
hören  und  sehen.  Götue  24,95;  die  postillons  fuhren  dasz 
einem  sehen  und  hören  verging.  27,32; 

und  wagen  auf  wagen  mit  allem  geräth, 

dasz  einem  so  hören  und  sehen  vergeht.    1, 1% ; 

und  in  den  salen,  aur  den  biinken, 

vergeht  mirs  hören,  sehn  und  denken.    12,  94. 

die  bibelsprache  belebt  gern  das  oftr,  indem  sie  ihm,  statt  dem 
menschen,  das  hören  zuschreibt :  äugen  die  da  sehen,  und  obren 
die  da  horeten.  5  Mos.  29, 4 ;  ein  hörend  ohr,  und  sehend 
äuge.  spr.  Sal.  20,12;  denn  dieses  volles  herz  ist  verslockt, 
und  ire  obren  hören  übel.  Matth.  13,15;  selig  sind  cwer  äugen, 
das  sie  sehen,  und  ewr  obren,  das  sie  hören.  16. 

2)  hören,  durchs  gehör  wahrnehmen,  etwas  mit  dem  ohr  ver- 
nehmen; in  verschiedenen  Verbindungen. 

a)  mit  sächlichem  object,  eine  stimme,  ein  wort,  gesang, 
musik  U.S.W,  hören:  alles,  was  wir  fühlen,  sehen,  hören, 
schmecken  und  riechen.  Wieland  9,283;  ich  hörete  deine 
stimme  im  garten,  und  furchte  mich,  i  Mos.  3,10;  ich  hab 
der  kinder  Israel  murren  gehöret.  2  Mos.  16, 12 ;  das  ir  die 
posaunen  höret.  Jos.  6, 5 ;  das  man  kein  hamer  noch  heil, 
noch  irgend  ein  eisen  gezeug  im  bawen  hörete.  ikön.  6,7; 
wenn  sein  donner  gehört  wird.  Hiob  37,  4 ;  der  wind  bleset 
wo  er  wil ,  und  du  hörest  sein  sausen  wol.  Joh.  3, 8 ;  ich 
merkte  wol,  dasz  disz  lob  von  den  gedachten  patribus  mit 
unwilligen  obren  gehöret  wurde.  Simpl.  3,384  Kurz;  ich  will 
nicht  länger  .  .  .  ihnen  eine  nachricht  vorenthalten,  die  sie 
vielleicht  schon  lange  zu  hören  gewünscht  haben.  Gellert 
4,410;  Tellh.  ihr  familienname?  bed.  den  habe  ich  noch  nicht 
gehört.  Lessikc  1, 521 ; 

sechs  schritte  fehlten  noch  zum  markte, 

so  hörte  sie  ein  blind  geschrei.    Günther  162; 

die  Sterbeglocke  schallt  mirs,  nächtlich 

hör  ich  ihr  schallen.     lIöLTt  79  Halm; 
doch  hörten  sie  kein  Sterbenswort.    Götbb  47,  85 ; 
das  klimpern  hör  ich 
doch  gar  zu  gerne.    10,  232  ; 

selbü  ein  schweigen  hören,  weil  durch  das  ohr  auch  die  ab- 
wetenheü  ein  yeräuscfies  wahrgenommen  wird: 

ich  hör  ein  groszes  schweigen  (heim  wMtsitigen), 
das  krenzlein  will  mir  bleiben.    Uuland  volksl.  11. 

Mit  unbestimmtem  object:  das  hör  ich;  du  hast  es  gehört; 
aber  etliche  lose  leute  sprachen,  was  solt  uns  dieser  helfen? 
. . .  aber  er  that,  als  höret  ers  nicht,  l  Sam.  lO,  27 ;  das  letzte 
höre  ich  gern.  Gellert  3,149;  ich  lese  ja  laut,  recht  laut.  .. 
hätte  er  das  nicht  hören  können?  152;  was  höre  ich?  Les- 
Sinc  1,581.599; 

giaubstu,  dasz  für  ihrem  tode,  wie  man  schreibt,  die  schwanen 

singen? 
ja,  wo  du  mir  «inen  möchtest,  der  es  selbst  gehöret,  bringen. 

LoüAU  2,  ill,  «6; 
tauherin.  sah  sie  dich  auch?     Alcindor.  sie  schlier,    ihr  hört 

es  ja.    Lkssinc  113; 
die  lampe  losch,  der  herd  verglomm, 
zu  hören  ist  nichts,  zu  sehn.    Götuk  47,  85. 

d$eae$  objecl  wird  durch  einen  abhängigen  tatz  näher  bestimmt: 
0  wenn  sies  nur  hätten  hören  sollen,  wie  er  dem  himmcl 
dankt,  da«  er  ihn  aus  der  gefungenschafl  errettet  hat! 
GeLLBtT  4,413. 

*)  fMJier  hiets  et  auch  bQcber  hören,  mit  bexug  auf  ihr  vor- 
lUutf  9ergl.  n^iä. 

als  wir  dln  bnoch  hdren  schribun. 

U.  V.  UiLK  «riiui«n0i(;cn  138; 


itoch  bei  Mdbnbr: 

(die  drucker)  lond  myn  ernstlich  bücher  lygcn,  .  .  . 
und  sprechen  das  mans  (man  Mi-)  hör  nit  gern. 

Scheibles  kloster  8,  lUfl; 

daher:  streben  wider  den  glauben,  welcher  allein  die -gnade 
gülles  erlanget,  on  alle  werk,  wie  gehört  ist  (er  hat  das  eine 
seile  vorher  tiachgewiesen).  Luther  3,400':  wie  oben  am  73.  blatt 
gehört.  Fisciiabt  bienk.  lu';  gehörler  maszen.  Gützv.  B.  56; 
ob  nun  zwar,  gehörter  maszen,  der  abcrglaubc  der  menschen 
damals  gros  gewesen.  Butscukv  kanzl.  763.  man  sagte  auch 
rechnung  hören:  die  rechnung  hören,  oder  rechnen  von  gälts 
wägen,  rationem  argentariam  putare.  M aaler  228';  nun  laszt 
unsern  herren  frei  kommen,  rechnung  zu  hören,  wan  er  wil. 
bienk.  148*. 

c)  mit  acc.  der  person,  einen  hören,  der  durch  irgend  welchen 
ton  seine  anwesenhcit  kund  gibt :  er  ist  weder  zu  hören,  noch 
zu  sehen;  wir  zaudern,   ich  höre  ihn  schon.  Lessing  1,599; 

auf  einen  hohen  altan  trat, 

davon  ihn  jedermann  hören  kundt.    mückenkr.  1,453; 

ein  bild  der  deinen,  das  in  deiner  seelc 

noch  nicht  verloschen,  sollte  mehr  vermögen, 

als  die  ich  sehn,  und  greifen  kann,  und  hören, 

die  meinen?  Lkssinc  2,  261; 

Sal.  nun  so  rede ! 

CS  hört  uns  keine  secle.    Nath.  möcht  auch  doch 
die  ganze  weit  uns  hören!  275; 

ich  will  heut  nacht  zum  schlosz  von  Villa  Bella 
mich  heimlich  schleichen,  will  versuchen  ob 
Lucinde  mich  am  l'enster  hören  wird ; 
und  hört  sie  mich,  erhört  sie  mich  wohl  auch, 
und  laszt  mich  ein.  Götue  10,219; 

gleich  hör  ich  einen  auf  dem  gange.    12,92; 
ich  hör  meinen  schätz, 
den  hammur  er  schwinget.    Uulanu  <jed.  31. 

d)  das  object  wird  durch  ein  adjecliv  oder  particip  näher  be- 
stimmt: ich  höre  ihn  schon  nahe  (höre,  dasz  er  nahe  ist). 
Klinger  1,452; 

wir  sorgten  alle  für  das  edle  kind ! 

ich  freue  mich,  sie  mir  verwandt  zu  hören.    Göthe  9,254; 

ich  hörte  mich  gerichtet.    Shakesp.  Lear  2,  3 ; 

I  heard  myself  proclaim'd. 

e)  hören,  mit  einem  inßnüiv  verbunden  (vergl.  unten  hören- 
sagen):  und  ganz  Israel  höret  sagen,  Saul  hat  der  phiiister 
lager  geschlagen.  1  Sam.  13,  4 ;  wer  .  .  .  höret  fluchen,  und 
sagets  nicht  an,  der  hasset  sein  leben,  spr.  Sal.  29,24;  ich 
höre  gar  nicht  gern  von  dem  sterben  reden.  Gellert  3,204; 
ich  habe  nie  fürchterlicher  fluchen  hören,  als  sie  lachen. 
Lessing  1, 578.  dieser  infinitiv  kann  seinerseits  wieder  einen 
objedsaccusativ  nach  sich  ziehen: 

von  küener  recken  striten  mugct  ir  au  wunder  beeren  sagen. 

Mb.  1,4; 

nhd.  wir  hören  sonderbare  nachrichten  verkündigen ;  er  hörte 
so  manches  erzählen,  was  ihm  nicht  gefiel ;  Büfl'on  hörte  ich 
mit  groszer  Verehrung  nennen.  Götue  25,  66 ; 

so  hört  und  sieht  man  dich  beneiden.    Göntubr  278. 

f)  hören  mit  wirklichem  acc.  cum  inf.: 

mhd.  ich  hörto  ein  wajjer  diesen.  Waltbbr  8,  28 ; 
nhd.  das  .  .  .  man  auch  nicht  ein  vieh  schreien  höret.  Jer. 
9,10;  ich  höret  die  flügcl  rausschen,  wie  groszc  wasser.  Hes. 
1,24;  wir  haben  ihn  gehöret  lestcrwort  reden  wider  Mose 
und  wider  gott.  ap.  gesch.  6,  tl ;  ich  hab  nit  ein  einigs  dingle 
darvon  hören  reden,  ne  tenuissimam  quidem  anditionem  de  ea 
re  accepi.  Maaler  228';  als  ich  die  arme  (pauperes)  überall 
höre  angeklagt  werden,  dasz  sie  das  allmusen  schändlich  vcr- 
thun.  ScnuHPiüs  749;  wenn  man  sie  reden  und  schmähen  hört, 
so  sollte  man  glauben,  sie  hätten  keine  religion.  Gellert 
3,208;  sie  kommt,  ich  höre  sie  leise  herschleicbcn.  Stcrz 
3,242; 

wie  angenehm  wird  sie  erschrecken, 
wenn  sio  mich  reden  hört!    Gfi.lkrt  3,  132; 
ich  hör  ihn  schreien !  er  ist  da ! 

ich  hör  ihn  koichenl  jetzt  ergreift  er  mich!    KAatK*  2,  13; 
ich  höre  nun  die  leisen  tritlo  rauschen.    Göthk  9,  24t ; 
ich  hör«  deren 
und  walTen  klingen.    10,  235 ; 
die  frauen  haben  ein  gerAusch  der  wnlTeD, 
ein  ächzen  tönen  hören.    ^. 

g)  slaU  des  acc.  e.  inf.  steht  ein  abhängiger  tatx:  ich  hörte, 
das  sie  sagten,  laüzt  unn  gen  Dothnn  gehen.  1  Mos.  37,17; 
(i/rr  werdet)  hOren,  wie  man  die  drumeten  blasen  wird.  Ja, 


1809 


HÖREN 


HÖREN 


1810 


18,3;  man  höret,  das  ire  rosse  bereit  schnauben  zu  Dan. 
Jer.  8,16;  ich  höre,  wie  mich  viel  schelten.  20,10;  hören 
sie  denn  nicht,  dasz  alles  erdichtet  ist?  Lessing  1,69S;  er 
lauschte  an  der  thüre  und  hörte  dasz  sie  von  ihm  sprachen; 
daneben  hörte  ich,  man  solle  reden  wie  mau  schreibt.  Göthe 
25,58; 

sie  .  .  hörten  nicht,  wenn  deine  Schwestern  schlugen, 
0  nacbligall!  Höltt  57  Halm. 

h)  in  getvisscn  rerbindungen  fehlt  auch  das  object  ganz:  dasz 
man   meines   hörens  wenig  von  politik  redet.   Niebühr  leben 
Hieb.  1, 1S2;  hören  sie?  sie  klingelt.  Lessinc  1,585; 
'mein  Adelstan !  ich  armes  Llut!' 
er  sah  und  hörte  nicht.    Uölti  15  Halm. 

i)  reflexiv,  sich  hören :  er  hört  sich  selbst  gern ;  er  hört 
sich  gern  reden ;  das  äuge  sihot  sich  nimcr  sat ,  und  das 
ohr  höret  sich  niraer  sat.  pred.  Sal.  1,8.  —  Anders  ist  etwas 
hört  sich,  mit  bestimmendem  beisatze,  wird  gehört : 

eine  hohe  nobiesse  bedien  ich  heut  mit  der  flöte, 
die,  wie  ganz  Wien  mir  bezeugt,  völlig  wie  geige  sich  hört. 
xeiiien  in  icliillcrs  musenalm.  1797  s.  271. 

k)  die  Verbindung  hören  lassen,  machen  dasz  etwas  gehört 
uird,  ist  manigfach:  ir  solt  kein  fcldgeschrei  machen,  noch 
ewT  stimme  hören  lassen.  Jos.  C,  lü ;  vom  himel  hat  er  dich 
seine  stimme  hören  lassen.  5  Mos.  4, 36 ;  mit  unterdrücktem 
object :  sie  sprachen  zu  im,  gib  dein  relzel  auf,  las  uns  hören. 
rieht.  14,13; 

Carlos,  mir  bleibt 

noch  manches  Zeugnis.    Pedro,  lasz  mich  hören.    Götue  10,269. 

auch  mit  abhängigem  salze:  lasz  hören,  was  du  aufgesetzt  hast. 
dafür  hören  machen : 

sein  hohe  tapferkeit,  rath,  that  und  grosze  sacheo, 
(wann  ihr  das  ohr  verleibt)  will  ich  euch  hören  machen. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  1,  4,  6. 

verschieden  ist  hören  lassen,  nicht  hindern,  dasz  etwas  gehört 
werde:  wann  du  in  deiner  Verwirrung  auch  ihn  das  hättest 
hören  lassen  I  Lessi.^g  2,136. 

l)  namentlich  auch  reflexiv,  sich  hören  lassen:  rufet  nicht 
die  Weisheit,  und  die  klugheit  lesst  sich  hören?  öffentlich 
am  wege  und  an  den  siraszen  stehet  sie.  sp:  Sal.  8, 1 ;  die 
dordeltaube  lesst  sich  hören  in  unserm  lande,  hohel.  2, 12 ; 
gehe  hinauf  auf  den  Libanon  und  schrey,  und  las  dich  hören 
zu  Basan.  Jer.  22,  20 ;  da  mein  seliger  mann  die  zeitlicbktit 
verlassen  sollte:  so  hat  er  {der  lodtenwumi)  sich  drei  tage 
zuvor  hören  lassen.  Geliert  3,  lüO; 

0  thor!  läszt  Zevs  sich  zornig  hören, 
wird  dich  der  nahe  pfeii  nun  lehren, 
ob  ich  dem  stürm  zu  viel  erlaubt?    Gellert  1,  75. 

auch  vom  außrelen  eines  sdngers,  virtuosen :  die  Sängerin  hat 
sich  öffentlich  hören  lassen ;  heute  abend  läszt  sich  ein  be- 
rühmter geigenspieler  hören. 

m)  prägnant:  das  läszt  sich  hören,  gleichsam  wird  gut,  als 
etwas  gutes  gehört,  wöbet  hören  schon  in  die  folgende  bedeutung 
hinüberspielt:  mutter  (die  gleichfalls  von  zeit  zu  zeit  auf  den 
gesang  gemerkt),  wie  meinst  du  alter!  ich  dächte  das  liesze 
sich  hören.  Göthe  11,2S3;  auch  in  bezug  auf  gründe  und  dar- 
legungen :  das  läszt  sich  hören,  daran  ist  etwas  wahres ; 

bum !  sagte  der  kaiser,  der  grund  läszt  sich  hören. 

liÖRCER  67'; 
Fauft.  allein  ich  will.    Me}>h.  das  läszt  sich  hören! 

Göthe  12,89; 
Pedro.  ich  gebe  treu  und  wort, 

dasz  ich,  was  ich  verspreche,  pünktlich  halte. 
liiisco.  das  läszt  sich  hören;  nur  hier  ist  der  platz 
zu  der  Verhandlung  nicht.  10,265. 

3)  hören,  in  stärkerer  bedeutung,  mit  aufmerksamkeit  hören, 
auf  etwas  gehörtes  acftten,  anhören ;  wieder  in  manchen  ßgungen. 

a)  absolut:  rede  herr,  denn  dein  knecht  höret.  1  Sam.  3,9; 
sei  ruhig  und  höre  weiter.  Schiller  raufe.  2,  l ;  um  seine  auf- 
merksamkeit recht  hervorzuheben,  heiszt  es  scherzhaft:  ich  höre 
mit  beiden  obren,  wie  entgegengesetzt,  um  Zerstreuung  auszu- 
drücken, er  hülle  nur  mit  halbem  ohr ;  alles  war  still,  hörte, 
horchte.  Götue  15,  3'.:7 ; 

Saih.  du  hörst  doch,  sultan? 
Sal.  ich  hör,  ich  höre  !  Lessinc  2,  278 ; 

sag  an,  was  du  verlangst.  Ich  höre  gern.    Götue  10,268; 

im  imperativ  höre!:  höre  Israel,  der  herr  unser  gott,  ist  ein 
einiger  herr.  5  .Vcw.  6,4;  hör  o  himniel  und  los  auf  o  erdt- 
rich:  dann  der  herre  redu  Zürcher  btbel  1530  320*  {Jes.  1,2); 
IV.  II. 


höre  nur,  Paul ;  dem  wirthe  hier  müssen  wir  einen  possen 
spielen.  Lessisg  1,525;  hören  sie  nur  kurz.  582;  hör  sie 
doch,  luein  schönes  kindl  wie  gefällt  ihr  der  spasz?  549; 
mit  anklingen  an  die  bedeutung  1  {die  auch  sonst  hervortritt: 
wer  regiren  wil ,  der  musz  hören  tind  nicht  hören ,  sehen 
und  nicht  sehen.  Agh.  spr.  174') :  hör  und  schweig.  Schottel 
1125'; 

hör  und  sei  nicht  taub. 

aber  langsam  glaub.    Simbock  sprich«.  261 ; 

verstärkte  alte  form  höra :  aber  höra ,  hieher  zu  trinken  ,  zu 
trinken  her.  Garg.  247* ; 

wil  andern  das  gefallen  nii, 

so  sprich,  hörah,  das  ist  mein  sit. 

grobianus  (1568)  Biiij*  (6.  1,  cap.  4). 

b)  mit  sächlichem  object:  herr  neige  deine  ehren  und  höre, 
thu  deine  äugen  auf,  und  sihe,  und  höre  die  worl  Sanherib. 
2  kön.  19,16;  gott  höre  mein  gebet,  ps.  54,2;  er  hörte  die 
stimme  der  leidenschaften,  um  den  befehl  der  religion  nicht 
zu  hören.  Gellert  4,  301 ;  höre  viel  und  rede  wenig.  Sijirock 
sprichu:  261 ;  zurückweisend  sagt  man  :  ich  will  nichts  hören  I ; 
sie  will  von  den  zehntausend  thalern  gar  nichts  hören.  Gellert 
3,163. 

c)  so  namentlich  auch  in  festen  Verbindungen :  einen  Vortrag 
hören ;  eine  predigt  hören ;  Vorlesungen  hören ;  er  hört  eine 
Vorlesung  bei  professor  N.,  oder  mit  knappem  ausdrucke  er 
hört  bei  professor  N. ;  da  sollte  ich  denn  philosophie,  rechts- 
geschichte  und  Institutionen  und  noch  einiges  andere  hören. 
Göthe  25,  51 ;  beichte  hören ;  {die  frau)  hört  ihn  selbs  beicht. 
Garg.  72*. 

d)  mit  persönlichem  object:  wenn  sie  zu  mir  schreien,  wil 
ich  sie  nicht  hören.  Jer.  11, 11;  mein  herr  konig,  höre  mich. 
37,20;  höret  ewren  vater  Israel.  lA/os.  49, 2;  höre  den  armen 
gerne,  und  antworte  im  freundlich  und  sanft.  Sir.  4, 8 ;  sün- 
diget aber  dein  bruder  an  dir,  so  gehe  hin  und  strafe  in  . . 
höret  er  dich,  so  hastu  deinen  bruder  gewonnen.  Matth. 
18,15;  welche  euch  nicht  aufnemen,  noch  hören,  da  gehet 
von  dannen  heraus.  Marc.  6, 11 ;  warum  hörst  du  solche  leute? 
cur  his  hominibus  aures  praebes?  Stei.xbach  1,7S2;  fassen  sie 
sich  doch,  und  hören  sie  mich.  Lessing  1,596;  doch  er  darf 
mich  ja  niu"  hören.  597 ; 

il.  höre  mich,  mutter.    C.  mutter,  höre  mich! 

Schiller  braut  ton  Hess.  v.  394. 

einen  redner,  einen  Torleser  hören ;  dieser  prediger  wird 
gerne  gehört ;  Agrippa  aber  sprach  zu  Festo,  ich  möchte  den 
menschen  auch  gerne  hören ,  er  aber  sprach ,  morgen  soltu 
in  hören,  ap.  gesch.  25,  22. 

e)  statt  des  aecusativs  ein  genitiv;  diese  im  mhd.  nachgewie- 
sene fügung  {mhd.  wb.  1,  711*.  Leser  1, 1339)  kommt  auch  nhd. 
noch  vor: 

wenn  ihn  (den  mann)  jäher  muth  empört, 

er  nicht  mehr  des  freimdes  hört.    Stolbbkg  1,  30. 

/)  es  folgt  ein  abhängiger  satz :  er  sprach  zu  inen ,  höret, 
lieben,  was  mir  doch  getreumet  hat.  l  Mos.  37,  6 ;  hören  sie, 
mein  fräulein,  was  ich  fest  beschlossen  habe.  Lessinc  1,579; 

nu  hör  was  ich  dich  hie  wil  leren.    Gemce;(bacu  137,  390} 

höre,  wie  zu  lust  und  tbaten 

altklug  sie  rathen  I    Göthe  12,  83. 

g)  häufig  auf  jemand  oder  etwas  hören: 

ach  ja!  kind  knecht  und  magd,  die  stehen  und  verstarren, 
die  Schweine  sehn  empor,  küh,  kälber,  ochsen,  farren 
und  alles  federvieh,  hört  mit  venvuudern  drauf, 
wie  ihre  kluge  frau  gibt  einen  guten  kauf 
am  Zuwachs  edler  wort.  Locac  2,  71 ; 

bei  ratschlagen  oder  befehlen :  sihe  und  höre  vieiszig  auf  alles 
was  ich  dir  «agen  wil.  Ues.  44,  5 ;  {ein  vater),  welcher  nicht 
mehr  weis ,  wie  er  seinen  kindern  helfen  soll ,  die  auf  ihn 
nicht  hören  wollen.  Kabener  sat.  4,340; 

hör  Uli  (das)  was  dir  thät  sagen  got. 

Ge»genbacu  62,  320; 

aber  auch  bei  der  benennung  eines  hausthieres,  das  von  aller 
menschlichen  rede  nur  den  klang  seines  namens  beachtet:  der 
hund  hört  auf  den  namen  Waldmann. 

h)  nach  etwas  hören,  aufmerksam  das  gehör  wMn  ridUen : 
es  kompt  die  zeit,  spricht  der  herr  herr,  das  ich  einen  hunger 
ins  land  schicken  werde,  nicht  einen  hunger  nach  brot,  .  . 
sondern  nach  dem  wort  des  herrn  zu  hören.  Arnos  8, 11 ;  er 
hörte  nach  der  thüre.  aber  es  blieb  drauszen  still. 

4)  dieses  hören  =  anhören  steht  namentlich  häufi'j  auch  in 
der  gerKhlUclien  spräche  tu  bezug  auf  den  richter,  mit  daliv  der 

114 


1811 


HÖREN 


HÖREN  — HÖRENSAGEN 


1812 


fxrson,  oder,  nie  in  der  neueren  spräche  gewöhnlich,  mü  accusativ: 
clagen  si  ouch  zu  male,  da;  stfil  an  deme  richtfire,  wilchenie 
bcr  er  hören  wolle.  Sachsensp.  l,Gl,  2;  keine  person  soll  ir 
im  gericht  ansehen,  sondern  soll  den  klemen  hören  wie  den 
groszen.  5  Mos.  1,17;  sie  .  .  .  verdammen  mich,  ohne  mich 
gehört  zu  haben.  Gellert  3,213;  wer  sich  an  ihren  richter- 
sluhl  wendet, . . .  wird  gehört.  Gotter  3, 64 ;  wer  nicht  recht- 
mäszig  gehört  ist,  wird  nicht  rechtmässig  verdammt.  Sihrock 
sprichw.  261 ; 

eines  mannes  rede  ist  keine  rede, 

man  musz  sie  hören  alle  beede. 

auch  mit  sächlichem  object,  ein  Zeugnis,  eine  klage,  verthei- 
digung  hören; 

ich  sprich  das  man  darnach  auch  wol 

des  mannes  zeuknus  auch  hören  sol. 

fastn.  sp.  542.  24. 

in  freierem  sinne,  wenn  jemand  einen  Schiedsspruch  abyeben, 
ein  urüieä  sich  bilden  soll:  wenn  ich  diesen  höre,  so  hat  er 
recht ,  höre  ich  jenen ,  so  hat  der  auch  recht ;  aber  wenn 
man  seine  nichtfreunde  in  Prag  und  Wien  hörte,  wäre  er 
ein  .  .  geck.  Seüme  spazierg.  415. 

5)  aus  der   bedcutung   des   anhörens   flieszt   die   des  fdgens, 

gekorchens,   das   verbum   sieht  theils  absolut:   wer  nicht  hören 

will,  musz  fühlen ; 

die  schreckenstat^e  die  ein  reich  erfährt, 

wo  jeglicher  befiehlt  und  keiner  hört.    Göthk  4,  49; 

theils  mit  dativ:  noch  hat  er  (der  pudel)  keinen  bissen  brod 
aus  meiner  band  bekommen;  und  doch  bin  ich  der  einzige, 
dem  er  hiJrt,  und  der  ihn  anrühren  darf.  Lessing  1, 520 ; 

es  hört  don  Florisel  der  Helena  befehlen.    Logau  2,  13; 
thcüi  mit  accusativ:    die  kinder  sollen  den  vater  hören,  liberi 
obsequium  parenlibus  debent.  Stieler  S5"  ;  verlogene  kinder,  die 
nicht  hören  wollen  des  herrn  gesetz.  Jes.  30,  ;> ; 

den  die  säw  vor  hörten  nicht, 

wann  er  sie  staJI-ein  getrieben, 

der  hat  fürsten  jetzt  vernicht.    Locau  2,  244. 

6)  dann  auch  die  des  zugehörens,  eigen  seins,  sich  tchickens, 
in  der  allen  spräche  liäufig:  al  seczen  da  die  liVe  manger 
bände  ding  zö,  daj  dar  zö  nicht  en  höret.  Sachsensp.  1, 22, 4 ; 
swer  in  deme  hosten  gerichte  vervestet  ist,  der  ist  in  alle 
den  gerichten  vervestet,  die  in  da;  gerichte  hören.  3,24,1; 

16  Samen  btrrt  nicht  arm  und  rieh.    Boner  cdelst.  77,48; 
da;  troestet  mich,  da  beeret  ouch  geloube  zuo. 

Walihkh  66,  12. 

auch  der  altern  nlid.  spräche  noch  geläufig,  doch  selten  bis  in 
unsere  zeiten  reichend:  es  höret  viel  in  ein  haus.  Luther  br. 
2, 600 ;  so  hört  es  {das  almosen)  armen  leuteu  und  nit  euch 
(den  pfaffen).  Schade  sat.  u.  pasqu.  2,141,33;  wo  hört  er  zu 
hause?  MusÄus  physiogn.  reisen  4,99;  der  verlag  (vom  Götz) 
hört  Mercken,  der  ist  aber  in  Petersburg.  Göthe  u.  Werther  174; 

und  asz  in  (den  kuchen)  mehr  denn  halber  auf, 
und  sprach:  ein  guter  trunk  hört  drauf. 

B.  Waldis  Esop  4,'19,  80; 
ach  vetter,  das  sein  dorechte  wort, 
und  huren  nit  an  dises  ort.    Murner  lulh.  narr  4541; 
nicht  jedes  gleich  ein  handwerk  heiszt, 
was  einen  kleidet  oder  speiszt, 
•ondcrn  was  einen  ehrt  und  nehrt, 
dasselb  eins  bandwerks  naraen  hört  (schickt  sicii  zum 
namen  eine«  hanäwerkn). 

FiscBART  grostm.  63 ; 
«uch  hörend  nit  in  rottes  reich, 
die  mit  hörej  befieckend  sich. 

K.  Wü!«LiCH  d(i$  himmelifche  Hierutalem 

(1.S84)  sir.  24. 

7)  bOren ,  mÜ  betonderer  betonung  der  Wirkung  des  hörtns, 
hörend  entnehmen ^  vernehmen,  erfahren;  in  verscfiiedenen  Ver- 
bindungen. 

a)  mit  einem  sächlichen  accusativ,  meist  nur  allgemeiner  art: 
und  Sara  sprach,  .  .  wer  es  boren  wird  (dasz  ich  schwanger 
sei),  der  wird  mein  lachen,  i  Mos.  21,6;  Delus  also  ist  eine 
Stadt?  das  iil  das  erste,  was  ich  höre.  Lessing  3,438;  komm 
nur,  du  soiUt  dein  wunder  hören!  1,525;  ich  hörte  so  was, 
wenn  ich  mich  nicht  irre,  tchüri  beute  Vormittage.  575 ;  waH 
ich  nicht  höre!  ...  also  auch  schelmen  erkennen  gcsetze 
r     '  hiung?  lasz  mich  doch  von  der  untersten  hören. 

ko  1,9;  ich  habe  die  gettchidile  gehört,  kann 
-..  ...,.,  ..„  Iit  glauben;  ich  habs  vom  vater  gehört,  e  patre 
audiebam  Maai  er  2%*;  etwan  dreimahl  de»  Jahres  daher  wn» 
hOren,  indr  rix  Irr  in  anno  audire  nuntium.   Stküibach  l,""»!. 


das  object  wird  durch  ein  adjectiv  oder  particip  näher  bestimmt, 
so  dasz  die  oben  2,  c  belegte  eonstruclion  auch  hier  auftritt :  bei 
dem  Dante  hören  wir  die  geschichte  als  geschehen.  Lessing 
12, 192 ; 

ich  höre  Orleans  bedroht,  ich  fliege 

herbei  aus  der  entlegnen  Kormandie. 

Schiller  Jungfrau  1,  1. 
statt  des  objects  ein  adverb  der  art:  verabschiedet  sind  sie?  so 
höre  ich.  Lessing  1, 575. 

b)  häufig  von  (d.  h.  über)  etwas  oder  einem  hören:  wenn 
du  hörest  von  irgend  einer  stad,  . .  so  soltu  fleiszig  suchen, 
forschen  und  fragen.  5  Mos.  13, 12  ;  die  haupticute  böreten  von 
irein  .sieg  und  groszen  tbaten.  i  Macc.  5,56;  ein  weih  hatte 
von  im  gehört,  welcher  töchleilin  einen  unsaubern  geist  hallo, 
und  sie  kam.  Jtfarc.  7,  25 ;  eher  von  eines  anderen  Unglücke 
hören,  als  er  selber,  prius  de  alicujus  malis  audire,  quam  ipse. 
Steinbach  1,  782 ;  du  sollst  ein  ander  mal  mehr  davon  hören. 
Schiller  raub.  2,  1 ;  der  prinz  Heraklius  musz  ja  wohl  von 
dem  major  Tcllheim  gehört  haben.  Lessing  1,524;  nach  allem, 
was  wir  von  ihm  hören,  musz  es  ihm  übel  gehn.  536;  ich 
will  von  Justen  nichts  hören.  550; 

0  herr  doctor,  seit  ir  der  man, 

von  dem  ich  lang  gehöret  han.    H.  Sachs  1,  466*. 

c)  mit  abhängigem  satze:  ich  höre  es  sei  in  Egypten  ge- 
treide  veil.  1  Mos.  42,  2 ;  da  üalak  börete ,  das  Blleam  kam, 
zgch  er  aus  im  entgegen.  4Afoi.  22, 36;  ich  hab  gehöret,  das 
du  schafscherer  hast.  1  Sam.  25, 7 ;  er  höret ,  wie  ehrliche 
thaleu  sie  gethan  wider  die  Gallos.  1  Macc.  8, 2 ;  ein  .  .  pfaff 
stall  nach  einer  gCiten  reichen  pfarr,  dann  er  bort,  wie  sy 
so  vil  inkommens  bette.  Wick ram  roW».  56,  5  Äurj;  wenn  du 
nun  von  mir  hörst:  dasz  die  Marloffin,  heute  ganz  früh, 
selbst  bei  mir  gewesen  ist?  Lessing  1,554;  der  mann,  der 
mich  ietzt  mit  allen  reichthiimern  verweigert,  wird  mich  der 
ganzen  weit  streitig  machen,  sobald  er  hört,  dasz  ich  un- 
glücklich und  verlassen  bin.  564;  ich  fliege  herzu,  und  höre, 
dasz  der  graf  Appiani  verwundet  worden.  2, 171 ;  durchstrich 
flüchtig  den  markt,  um  zu  hören,  was  kauf  und  lauf  sei. 
Gotthelf   Uli  der  knecht  (ISTO)  82; 

will  hören,  ob  Ichs  recht  gemacht.    Lbssing  2,274; 
in   Zwischensätzen:    er   ist,   wie   ich  höre,   glücklich  zurück- 
gekehrt. 

8)  hören  betont  aber  auch  das  vermögen  des  folgerns  aus  etwas 
gehörtem,  es  heiszt  hörend  schlieszen,  merken ;  in  der  Verbindung 
aus  etwas  hören,  vgl.  auch  heraus  hören  sp.  1035:  ich  hörte 
aus  seiner  art  zu  reden  nunmehr  sehr  wohl,  dasz  er  ein 
edelniüthiges  herz  hatte.    Gellert  4,  408 ; 

Quadruncus  sticht  gemein  gelehrte  männer  an ; 

ausz  diesem  hör  ich  uul,  dasz  er  gewisz  nichts  kan. 
LoGAO  2,  100,  1. 
auch  in  anderer  fügung:  ich  höre  es  schon,  sie  sind  ein  in- 
differentist. Gellert  3, 176. 

9)  eigen  ist  hören  in  folgendem : 

ich  will,  sprach  Grimbart,  allezeit, 

herr  könig.  euch  bedieneu  : 

der  fuchs  hört  übel  weit  und  breit, 

doch  wil  ich  midi  erkühnen, 

hin  zu  ihm  gehn  mit  einem  brief. 

Reinecke  fuchs  (Rostock  1652)  107. 

ist  übel  berufen;  gewis  nur  nachahmung  des  lat.  male  audire, 
griech.  xaxcüi  axovetv. 

10)  hören  =  aufhören  ist  seinem  entstehen  und  seiner  fort- 
dauer  nach  bereits  Ih.  1,670.67t  besprochen,  es  ist  noch  batrisch 
(ScH».  1,1155  Fromm.),  schwäbisch  (Schmid  $86),  vorarlbergisch 
(Fromm.  2,  5U9)  und  allgemein  Schweiz.  (Staluer  2,54.  Tobler 
274',  vergl.  auch  oben  unter  1,1  *p.  1806): 

ulT  hören  (auf  aufhören)  sei  ein  ieder  geritt, 

so  der  schimpf  am  besten  ist.    Murner  lulh.  narr  05; 

u  lieber  narrenbcschwerer,  höre, 

durch  got  nit  iiIüo  hert  beschwere.    260. 

HÖRENSAGEN,  n.  Verbindung  der  infinitive  hören  und  sagen 
{vgl.  hören  11, 2,  e  sp.  iSüS),  ih  substantivem  gebrauch  und  meist 
nur  in  festen  von  prapositionen  eingeleiteten  formein ;  erst  in 
neueren  quellen  als  rtn  ttor<  geschrieben:  das  man  von  hören 
sagen  oder  von  lesen  oder  vuu  gröszer  incislerschafl  der 
Hchrift  meinet,  man  wisse  gar  vil.  theol.  deutsch  cap.  41  i.  172 
I'feiffer;  was  mann  hört,  ist  nicht  so  gewisz,  als  das  mann 
»ihet.  und  wenn  einer  sagt,  er  habs  von  hören  sagen,  so 
stell  er«  in  einen  zwrifd ,  und  wil  es  nicht  für  eine  ganz« 
warhril  narh«ngen.  Agr  »/>r.  S7*;  ich  hah  es  nicht  von  hören 
sagen   {hnhe  es  selbst  angesehen).  KiRcnnor  mU.  diic.  thb;  nicht 


1813   HÖRENSVMIRTH  — HÖRERSCHAFT 


HÖRFEHLER  —  HORIZONT 


1814 


Ton  hören  sagen ,  sondern  aus  der  erfahrung  reden.  Roth 
hatismüUer  ABC  B"';  hören  sagen  ist  halb  gelogen,  ex  relatu 
referre  fere  mentiri  est.  Stieler  857  ;  wer  bewundert  ihn  {Cäsar) 
nicht?  und  wem  ist  diese  bewunderung  unbekannt,  zu  der 
man  nun  so  durchs  hörensagen  konunt?  Klopstock  12,  2öS; 
ob  der  gegenständ  seines  vorurtheils  die  hochachtung  auch 
wirklich  verdiene,  die  er  auf  hörensagen  demselben  gewidmet 
hatje.  WiELAXD  9, 293  (260) ;  auf  hörensagen  ehrt  ich  die  har- 
monie  der  massen ,  die  reinheit  der  formen ,  war  ein  abge- 
sagter feind  der  verworrenen  willkürlichkeiten  gothischer  Ver- 
zierungen. GöTBE  39,344;  und  nun  soll  ich  nicht  ergrimmen, 
heiliger  Erv\in,  wenn  der  deutsche  kunstgelehrte,  auf  hören- 
sagen neidischer  nachbam,  seinen  vorzug  verkennt,  dein  werk 
mit  dem  unverstandenen  worte  gothisch  verkleinert.  347 ;  vom 
hörensagen  kommen  die  lügen  ins  land.  vom  hörensagen  leugt 
man  viel.  Simrock  sprichtc.  s.  261 ; 

andre,  die  mir  hier  und  dar  nur  vom  hören-sagen  fluchen, 
werden  so  vernünnig  sein,  und  es  besser  untersuchen, 
eh  sie  einen  mensc)i  verdammen  .  .  .    GBiitbkr  865; 
zwar  wer  den  Pindus  nur  vom  hören-sagen  kennt.    1066; 
vom  hörensagen  und  wiedersagen 
ward  mancher  schon  aufs  maul  geschlagen. 

Simrock  sprichw.  s.  261. 
auch  englisch  I  speak  on  hearsay,  nach  dem  gerüclit.     tgl.  auch 
unten  hörsage,  hörsagen. 

HÖRENSAVERTH,  adj. :  eine  hörenswerthe  rede.  pers.  rosen- 
thal  4,  6. 

HÖRER,  m.  l)  suhörer  (nach  hören  II,  3),  mhd.  hoeraere 
Leteb  1,133S:  der  hörer  göttlicher  rede.  4  Mos.  24,4;  seid 
aber  theter  des  worts,  und  nicht  hörer  allein.  Jac.  l,  22 ;  hörer 
und  zuloser,  audUor  Maaler  228" ;  andächtige  und  rechtschaf- 
fene hörer  des  wortes  gottes.  Schcppics  639;  wenn  dieses 
amt  {eines  Vorlesers)  leicht  zu  sein  scheint,  so  versichre  ich 
dich,  dasz  ich  nicht  leicht  zu  befriedigen  bin,  und  dasz  du 
kenner  zu  hörern  haben  wirst.  Wielasd  1,86;  hat  er  nicht 
schon  den  himmlischen  hörern  den  namen  Amalia  vorge- 
sungen auf  der  seraphischen  harfe,  und  die  himmlischen 
hörer  lispelten  leise  ihn  nach?  Schiller  raub.  2,2;  hier  hielt 
er  mit  himmlischer  musik  die  hörer  der  lüfte  gefangen.  4,4; 
je  ferner  sie  {die  sich  antwortenden  sänger)  also  von  einander 
sind,  desto  reizender  kann  das  lied  werden :  wenn  der  hörer 
alsdann  zwischen  beiden  steht,  so  ist  er  am  rechten  flecke. 
GöTHE  27,132; 

seine  hörer  zu  bewegen, 

sprach  er  wie  ein  Cicero.    Hagedor:«  2.  32 ; 

0  du  (Hora:),  mein  freund,  mein  groszer  lehrer, 

verzeih,  dasz  ich,  dein  alter  hörer 

und  dein  bewundrer,  dennoch  dir 

einmahl  zu  widersprechen  wage.    Gökingk  2,  107;' 

des  beifalls  lang  gehemmte  tust 

befreit  jetzt  aller  hörer  brüst, 

so  wie  der  ritter  diesz  gesprochen. 

ScHiLLKR  kämpf  mit  rf.  drachen  t.  254; 
wenn  es  (das  wort)  nicht  aus  der  seele  dringt, 
und  mit  urkräfiigem  behagen 
die  herzen  aller  hörer  zwingt.    Göihe  12,  36. 

bezogen  auf  die  academischen  zuhOrer,  Studenten :  heute  abend 
feiern  die  hörer  der  medicin  an  der  Wiener  Universität  ein 
solennes  fest.  Frankf.  joum.  vom  17.  märz  1871 ; 

prinzen  und  grafen  sind  hier  von  den  übrigen  hörem  gesondert. 
Schiller  1,340  Kur:  (xen.  no.  188:  •hörsäle  auf 
gewissen  unirersitäten^). 

auch  nach  hören  II,  4  anhörer  und  richler  von  klagen  und  be- 
schwerdcn:  so  versprechen  wir  ...  ine  des  zu  aller  tzit  jt 
rechter  hörre  {fitr  hörerc)  und  wehre  zu  sin.  Lesnep  lands. 
2, 104  {von  1 176). 

2)  im  bairischen  Sprachgebiete  hörer  ein  lässiger,  träger  mensch. 
ScBM.  1,1155;  kärntnisch  hörar  armer  tropf.  Lexer  144;  tirolisch 
hörer,  armer  bedauerlicher  mensch.  Fromm.  6, 154.  vol  zunächst 
an  hören  =  außüren,  ablassen  {oben  sp.  1812)  anlehnend. 

HÖRERIN,  f  zuhürerin:  nachdem  ich  .  .  meine  erzählung 
vollendet,  .  .  sah  ich  meine  hörerinnen  .  .  von  meiner  selt- 
samen darstellung  aufs  äuszerste  verzaubert.  Götue  26,5; 
ein  mädchen,  .  .  meiner  lieder  hörerin.    Klopstock  1,50; 
so  klagte  die  hörerin  Jesus  (Magdale).    5,  123; 
und  die  hörerin  hört  entzückt  nach  der  stimme  Benonis.    185. 

HÖRERKREIS,  m.  *reis  von  xuhörern:  er  hielt  einen  Vor- 
trag vor  einem  gewählten  hörerkreise. 

HÖRERSCHAFT,  f  gesamtheü  der  zuhörer:  {auf  einem  bilde, 
unter  Jungfrauen,  links  ein  jünglimj  mit  der  flöte),  auf  ihn  sind 
viele  blicke  gerichtet,  wohl  die  hälfte  der  hörerinnen  scheint 


ihm  zu  vertrauen,  von  ihm  angezogen  zu  sein,  aber  an  der 
andern  seile  hat  sich  ein  faun  unter  die  njinphen  gemischt, 
er  zeigt  eine  vielrohrige  pfeife  .  .  .  auch  mag  er  sich  wohl 
die  hülfte  der  hörerschaft  gewonnen  haben.  Göthe  39, 193 ; 
gleich  jenem  tragiker,  der  nur  einen  zuhörer  zum  vorlesen 
seines  trauerspiels  fand,  und  ausrief:  dieser  einzige  sei  ihm 
eine  glänzendere  hörerschaft  als  das  ganze  volk  von  Athen. 
RiEHL  culturqesch.  nor.  244. 

HÖRFEHLER,  m.  fehler  der  beim  hören  gemacht  wird:  den 
sprachgelehrten  ist  es  längst  bekannt,  dasz  bei  Verbesserung 
alter  manuscripte  manchmal  bemerkt  wird,  dasz  solche  dictirt 
worden  und  dasz  man  daher  auf  hörfehler,  woraus  die  Schreib- 
fehler entstanden,  aufmerksam  zu  sein  Ursache  habe.  Götbk 
45,158  {mit  der  Überschuß:  hör-,  schreib-  und  druckfebler). 

HÖRG.ANG,  m.  anditorius  meatus,  sonst  gehörgang :  der  hör- 
gang ist  so  eng,  dasz  man  kaum  den  kleinen  finger  hinein- 
stecken kann.  Brebm  illusir.  thierleb.  2,868. 

HÖRGEFÄLLIGKEIT,  f.:  minister  und  kabineträthe  habe 
genug  .  .  .  seine  {des  ßrsten)  hörgefalligkeit  in  anspruch  zu 
nehmen.  J.  Paul  dämmer.  99. 

HÖRIG,  adj.  1)  unterthänig,  eigen;  eigentlich  nur  zu  einem 
gute  gehörig,  vom  herm  desselben  abhängig  {vergl.  hören  11,6 
sp.  ISll),  und  in  diesem  sinne  scheint  das  wort  seine  rechte  heiniat 
im  niedern  Deutschland  gehabt  zu  luiben,  oberdeutsch  ist  vielmehr 
gehoerec,  aJid.  gahorig,  subjectus,  obediens.  Graff  4, 1008 :  daj 
ich  dir  hold  pin,  N.  demo  piscophe, . .  kahorig  enti  kahengig. 
Mt;LLE>H0FF  u.  ScBERER  s.  ISO;  auch  hofhörig,  vgl.  oben  sp.  16S1. 
die  friesischen  gesetze  verwenden  die  formet  heroch  and  hanzoch 
häufig,  RicHTHOFEx  Sil'.  Das  wort  kann  nicht  über  das  14.  15. 
jahrh.  nachgewiesen  werden  (Grimm  rechtsalt.  310),  ist  aber  von 
neueren  allgemein  für  das  Verhältnis  der  loseren,  sich  dem  stände 
der  freiheit  nähernden  knechtschaß  im  allen  Deutschland  ver- 
wendet: der  grenzstein,  woran  sich  der  hörige  mann  (litus 
oder  lito)  von  dem  eigentlichen  leibeignen  (homine  proprio) 
scheidet.  Moser  patr.  phant.  3, 179  {der  aufsatz  handelt  '■von  dem 
wichtigen  unterschiede  zwischen  der  hörigkeit  und  knechtschaß'); 
hörige  oder  leibeigne  leute  bedurften  aber  so  wenig  eines 
Schutzes,  als  sie  anfangs  in  einer  kriegsrolle  stehen  konnten. 
osn.  gesch.  3, 81 ;  der  hörige  den  sein  herr  am  festläge  zur 
arbeit  zwingt,  soll  frei  sein.  Dahlmax:«  ddn.  gesch.  1,164; 
patronus  und  matrona  sind  bausvater  und  hausmutter,  für 
kind  und  gesinde,  und  ihre  hörigen,  die  dienten ;  denn  diese 
Übersetzung  ist  buchstäblich  {nämlich  von  cluere).  Niebubr 
1,359. 

2)  hörig  schweizerisch  wie  fertig,  zu  ende,  unpersönlich  ge- 
braucht: es  ist  hörig.  Tobler  274';  hörig  genug  Stalder2,55. 
vergl.  hören  II,  10  sp.  1812. 

HÖRIGKEIT,  f.  nach  hörig  1 :  die  rechte  der  deutschen 
hörigkeit.  Moser  jAant.  3, 180 ;  der  unterschied  zwischen  der 
hörigkeit  und  der  knechtschaft.  ebenda;  als  das  band  der 
hörigkeit  .  .  sich  gelöst  hatte.  Niebcbr  1,455.  niederdeutsch 
hoirichgheit  aus  einer  Jülichschen  urk.  von  1437  bei  Haltads  957. 

HORIZONT,  m.  gesichtskreis ,  dem  griech.  ö^i^tov  entlehnt, 
nicht  vor  dem  17.  Jahrhundert :  endkreis,  finito\;  alias  horizont 
Stieler  946; 

madam  stand  unbeweglich  da, 

als,  fern  am  horizonte, 

sie  die  geschwoUnen  segel  sah.    Höltt  30  Halm; 

am  fernen  horizonte 

erscheint  wie  ein  nebelbild 

die  Stadt  mit  ihren  thürmen.    H.  Heine. 

bildlich:  euer  Schönheit,  welche  weit,  weit  über  den  horizont 
der  Vollkommenheit  gestiegen.    Schcppics  550; 
sein  trüber  sinn  erzeugt  nur  wölken,  die, 
ach!  meinen  horizont  so  oft  verfinstern.    Göthe  9,251. 

frühe  schon  auf  den  geistigen  gesichtskreis  gewendet:  ich  war  ein 
knab  von  15  jähren,  als  ich  auf  Universitäten  kam,  und  nichts 
hörte  als  von  darapti  und  fclapton,  von  dem  collegio  conn- 
imbricensi,  von  dem  Ruvio,  von  dem  Suaretz.  es  stiegen 
diese  logische  beiden  ein  wenig  über  meinen  horizont.  Schcp- 
pios  816;  die  bestimmung  des  horizonles  unserer  erkennt- 
nisse,  unter  welchem  die  angemessenheit  der  grösze  der 
erkenntnisse  mit  den  fähigkeiten  und  zwecken  des  subjectes 
zu  verstehen  ist.  Kant  1,36.^;  sobald  sie  {ideen)  aber  ganz 
über  ihren  horizont  waren.  Göthe  18,169;  den  horizont  meiner 
geistigen  wünsche.  25,  ISS. 

Beim  maier  heiszt  horizont  der  theil  des  gemäldes,  wo  die 
erde,  wie  in  der  natur,  anfängt,  unsern  äugen  die  fernere  weite 
dft  himmels  zu  verbergen.  Jacobssos  2,  285' ;  bei  den  bergleulen 

lU* 


1815 


HORIZONTAL  — HÖRN 


HÖRN 


1816 


die  etage,  sohle,  und  auch  die  gesamtheit  der  in  und  beziehungs- 
weise über  einer  sMe  befindlichen  grubenbaue.  Vkitii  hergicürler- 
buch  2:5. 

HORIZONTAL,  adj.,  wagrecbt,  wassergleich,  mit  dem  schein- 
baren oder  wahren  horizont  des  orles  parallel  laufend.  Jacobsson 
6, 115*.  davon  Zusammensetzungen  wie  horizontallläche  (Bürger 
134*).  horizontallinie,  horizonlalplan,  horizontalwage  «.  a. 

HÖRKRAFT,  m.  kraß,  vermögen  zu  hören:  im  alter  schwinden 
vielfach  hör-  und  Sehkraft. 

HÖRKREIS,  «1.  kreis  des  gehörs,  soweit  rings  die  fdhigkeit  zu 
hören  gehl:  so  weit  mein  eigener  hörkreis  reichte.  Campe 
vorrede  zum  wörterb.  l,iv;  bei  Göthe  für  hürerkreis:  wobei 
(bei  erzählung  von  mdrchen  vor  kindern)  icjj  den  groszen  vor- 
theil  hatte,  dasz  kein  glied  meines  hörkreises  mich  etwa 
zudringlich  gefragt  halte,  was  denn  wohl  daran  für  Wahrheit 
oder  dichlung  zu  halten  sein  möchte.  26,  2h0. 

HÜRKL'NST,  f  kunst  zu  hören :  Walt,  der  Vults  murrsinn 
blos  seiner  unkünsllerischen  hörkuust  zuschrieb.  J.  Paul 
ftegelj.  2,89. 

HORLE,  f  bremse,  hummel:  asilus  horle  l.  hummil.  voc. 
Vratisl.  manusc.  sec.  15;  horle,  honiyl  Dief.  nov.  gloss.  37'; 
sonst  auch  asilus  herle  Dief.  54*.  der  name  uol  wegen  des 
summenden  /luges,  vgl.  unten  hurr  unrf  hurliburli ;  auch  horlitze. 

HORLEI'IJTZE,  f  für  schlag  oder  stosz:  thut  dir  es  weh! 
wie  wird  dir  denn ,  wenn  ich  dir  so  eine  horleputze  im 
nacken  gebe?  (schlägt  ihn).  Chr.  Weise  unvergnügle  seele  99. 

HÖRLICH,  adj.  audiens,  percipiens,  cognoscens  auditu,  auritus, 
neben  hörend  Stieler  858,  der  auch  das  compos.  scharfhörlich 
gleichbedeutend  mü  wolhörend  gibt,  sonst  aber  ist  hörlich  hörbar, 
wie  aus  der  folgenden  adverbialform  hörlichen  hervorgehl:  dasz 
alle  ihre  red  schier  köstbarlicher  geacht  wurden,  denn  hett 
es  gott  selbs  hörlichen  gesagt.  Fronsperger  kriegsb.  1, 174'. 

HORLING,  m.  hOrer,  der  zu  hören  hat:  wiegt  hingegen  {beim 
Unterricht)  die  thatsache  vor,  so  sinkt  wort  oder  name  unter; 
daher  ich  oft  bemerkte,  dasz  knaben  oder  hörlinge  gerade 
desto  schwerer  die  heldennamen  alter  griech-römischen  ge- 
schichte  behielten ,  je  feuriger  und  umfassender  diese  ihnen 
in  die  seele  gespiegell  wurde.  J.  Paul  Levana  3, 123. 

HORLITZE,  HÖRLITZE,  f  l)  die  hornisse,  vespa  crabro. 
Nemnicb  gibt  horlitze  und  horatzel,  nach  Kehrein  201  ist  die 
letzlere  form  coblenzisch ;  crabro  hornausz,  horlitze  Golii  ono- 
masticon  (1582)  305;  und  wie  kompts  dann,  dasz  man  ..  sie 
{die  mönclte)  abtreibt  wie  die  immen  die  horlitz,  oder  weffzen 
vom  waben  und  honigrat.  Garg.  245". 

2)  horlitze,  hürlitze  auch  cornus  mascula,  vgl.  sp.  1112  unter 
herlitze.  der  name  ist  auch  weiter  zu  horlske  verstümmelt. 
RCdiger  neuester  Zuwachs  2,85. 

HÖRLOS,  adj.  oime  gehör :  hörlosz  werden,  die  gehörd  ver- 
lieren, umbs  gehörd  kommen,  obsurdescere  Maaler  228';  ge- 
schieht in  wie  den  glocken,  die  jederman  zu  der  predig 
rufen,  und  sie  selbs  höilosz  auszer  der  kirchcn  bleiben. 
Acricüla  spr.  351'; 

der  durchaus  Ist  worden  hürlos.    Meiissus  ptalm.  Q5'. 

HÖRN,  n.  curnu;  goth.  haürn,  sonst  gleichmäszig  in  der  form 
hörn  über  alle  germanische  dialckle  verbreitet;  das  geschlecht  ist 
gewöhnlich  das  neutrale,  nur  ags.  und  fries.  männlich,  eigen- 
Ihumlich  findet  sich  aber  auch  im  nhd.  der  hörn,  s.  unten  no.  12. 
—  hörn,  dem  lat.  cornu,  und  griech.  xe'^as  urverwandt,  be- 
zeichnet 

1)  das  hörn  an  der  »/trne  der  sehafe,  liegen,  rindcr  und  ähn- 
licher thiere,  als  ein  nur  einfach  gekrümmter  oder  gewundener 
ragender  auswuehs;  der  gegliederte  an  den  hirscharten  wird  als 
geweih  unterschieden,  doch  nicht  durchaus,  vergl.  hirscbhorn  1 
tp.  \XT:  ein  dier  heilet  autula,  da;  .  .  .  bebet  vil  wassiu 
(scharfe)  boren  unde  vile  langiu,  unde  alle  die  zuoge,  die  imu 
widerstänt  ao  slneiTio  loufte,  die  segut  e;  abu  mit  dcro  wasst 
sinero  home.  MOllbkuuff  u.  ScHEhta  no.  81,9;  einen  fulen 
ochsea  mit  offgeracbten  bornern,  weisth.  i,4y*i  (v.  1338);  sabe 
öoeo  wider  binder  im,  in  den  hecken  mit  seinen  hörnern 
haageo.  l  Mos.  22,13;  ein  farr,  der  hOrner  und  klawen  hat. 
p*.  M, 32;  ein  groszer  roter  drach,  dir  hatte  .«ieben  heubtcr 
und  zcben  hörner.  u/fenb.  12, 'i;  »-in  starker  stier  zersplitterte 
mit  seinen  Lurneru,  indem  er  »ich  durch  die  niedrige  stall- 
thflre  drängte,  die  obere  pfoste.  Lehirc  1,  U3; 


Dm;. 
die  ..<. 


1.  31 


da  droben  im  gbirg  die  wilden  ziegen, 
wenn  ich  eine  bcin  hörnern  thu  kriegen, 
fass  mit  dem  maul  ihre  vollen  zitzen.    Göthe  13,80; 
wenn  der  csel  hörnrr  bette,  das  ist,  wcre  ich  fürst  zu  Sachsen 
d.  Carlstadt  sollte  nicht  vertrieben  sein.  Lcther  3, 105'. 

2)  auch  der  teufel  wird  mü  hörnern  versehen  gedacht,  was  nur 
eine  abschwächung  seiner  Vorstellung  in  bocksgeslall  ist,  vgl.  Grimm 
mythol.  946.  947: 

wann  wir  (trufel)  uns  schon  erzeigten  greulich 
mit  klogcn  {klauen),  hörnern  gar  abscheulich. 

Fischart  dicht.  2,  243,  5C  Kurz; 
auch  die  cultur,  die  alle  weit  beleckt, 
hat  auf  den  teufel  sich  erstreckt; 
das  nordische  phantom  ist  nun  nicht  mehr  zu  schauen- 
wo  siehst  du  hörner,  schweif  und  klauen?    Göthe  12,  127. 

3)  auswüchse  von  hornähnlicher  form  an  kopßheilen  bei  menschen 
und  thieren  heiszen  hörn  :  so  ein  krankhafter  fleischiger  auswuehs 
an  der  menschlichen  stirne,  schweizerisch.  Tobler  274*;  auch  eine 
beule.  Stalder  2,55;  der  hornartige  theil  über  der  nase  des  nas- 
horns;  der  zahn  des  Narwals,  monndon  monoreros,  vgl.  Nemnich 
3,595;  beim  pferde  eine  vom  Stirnbeine  ausgehende  erhebung ;  bei 
verschiedenen  fischen  eine  hornfürmige  Verlängerung  am  köpfe, 
vgl.  hornfisch.  endlich  bei  insekten  die  aus  dem  köpfe  hervor- 
ragenden fitliler,  vgl.  die  ausführliche  darlegung  unter  fühlhorn 
theil  4*,  418. 

4j  hörn,  der  träger  von  hörnern,  das  mit  einem  hörn  oder  mit 
hörnern  versehene  Ihier  selbst;  vgl.  einhorn,  nashorn;  krumm- 
horn,  eine  kuh  mit  krummen  hörnern,  theil  5,  2464 ;  vgl.  englisch 
shorthorn,  ein  mit  kurzen  hörnern  versehener  rindviehschlag ; 
und  es  gilt  hörn  synekdochisch  geradezu  für  rind: 
ein  boden  voll  körner, 
ein  stall  voll  hörner. 

Wolfs  zeitschr.  3,410.    Froh«.  6,517; 
herr  Ulrich  hats  vernommen :  er  ruft  im  erimmen  zorn : 
in  eure  Stadt  soll  kommen  kein  huf  (pferil)  und  auch  kein  hom. 

IJhlasd  ijed.  363. 
5)  sprichwörtliche  redensarten  lehnen  sich  an  hörn  m  der  be- 
deutung  1  an. 

a)  man  faszt  einen  stier  bei  den  hörnern,  wirft  ihm  das  seil 
über  die  hörner,  um  ihn  zu  fesseln  und  wehrlos  zu  machen; 
daher:  weil  die  worte  so  gut  waren,  liesz  ich  mir  wieder 
das  seil  an  die  hörner  werfen.  Schweinichen  3, 105;'nachbar 
thuls  nicht,  lasset  euch  nicht  das  seil  über  die  hörner  werfen. 
Scriver  Seelen  seh.  2,  3b2;  bis  ihm  eine  unbesonnene  den  strick 
über  die  hörner  wirft.  Lessing  7,  153 ;  aber  diese  ehrlichen 
männer  müssen  nur  andern  ehrlichen  männern  nicht  auch 
den  strick  um  die  hörner  werfen  wollen,  mit  welchem  sie 
an  die  krippe  gebunden  sind.  10, 136; 

man  hat  mim  strick  an  dhörner  bracht.    H.  Sachs  1,  517»; 
gott  gibt  einen  ochsen,  aber  nicht  bei  den  hörnern.  Schottel 
1119*.  —  einen  stier  bei  den  hörnern  packen  heiszt  auch  gerade 
und  ohne  Umschweife  auf  ein  ziel,  ein  vorhaben  in  der  rede  los- 
gehen. 

b)  man  bietet  die  hörner,  wie  der  zum  kämpfe  bereue  stier; 
die  hörner  gegen  eim  keeren  und  bieten  zestüchen,  rornua 
obvertere  alirui  Maaler  22S';  vgl.  schweizerisch  enn  ofs  hörn  neh, 
mit  einem  fechten,  einen  sticheln,  auf  das  körn  nehmen.  Tobler 
274*;  hörn  gewinnen,  mutig  werden:  ein  iel lieber  verzagter 
der  gewan  do  hörn  an  der  stirn  und  gabent  in  das  spil 
gewunnen.  d.  städtechron.3,H2,2l;  man  setzt  die  hörner  auf, 
rüstet  sich  zu  widersprach  und  streit:  weil  sie  {die  gottlosen)  ire 
hörner  aufgesetzt  haben,  und  wider  Christum  nicht  aufhören 
zu  toben.  Lltuer  4,357*;  {hofleute)  betten  in  {den  churfürsten 
von  Sachsen)  gern  geregirl,  so  setzt  er  doch  seine  hörner  auf, 
und  lies  keinem  gut  noch  recht  sein,  der  im  raten  wolt. 
fi,  140*;  auch  mutvoll,  übermüthig  machen: 

nun  will  Ich  in  als  (nllr>)  li>id  ergeiien, 

die  hftrniT  dem  esel  aufsetzen, 

und  will  im  jucken  .sein  ohrn, 

das  er  inriut  kudreck  sei  ücbmtli  wom. 

H.  Sachs  2,  4,  30*. 
vgl.  aufsetzen  J,  th.  l,  jp.  736. 

r)  einem  die  hörner  schaben ,  ihn  am  kämpfe  hindern,  wie 
man  dem  stier  das  stoszen  verwehrt,  dadurch  das:  man  ihm  seine 
hörner  weich  srhal'l :  aber  es  sollen  im  die  liörner  geschabt 
werden,  da  er  nicht  wirt  aufhören.  Llthfh  tischrtd.  277*. 

d)  in  wildem  trrilien  stöszt,  liiufl,  rennt  mau  sich  die  hörnrr 
ab:  wenn  sie  .  .  die  hörner  abgeworfen  haben,  werden  sie 
tichitn  vr)n  sich  sellwten  geschmeidig.  .Srnor«  s/urf.  leb.  K ; 
wenn  sie  die  hörner  etwas  würden  abgelaufen  haben.  Chr. 
Weis«  ersn,  150;    er   müsse   erst   ein  wenig  in  der  «eli  die 


1817 


HÖRN 


HÖRN 


1818 


liörner  abgelaufen  haben,  eh  er  an  eine  fraii  denke.  Schhöder 
dram.  werke  l,  201 ;  er  {der  junge  graf)  soll  da  dem  schwä- 
bischen bunde  dienen ,  und  die  tollen  hörner  sich  ablaufen. 
Arnim  kronenw.  1,  407 ; 

Tielleicht  wenn  er  die  hörner  nu 

bas  ablauft,  wird  er  noch  gut  thu.    Wiitbl  Zelotypia  E4'; 

ein  ältlicher  Student, 
der  sich  bereits  schon  längst  die  hörner  abgerennt. 

Rost  cenn.  ged.  (1769)  s.  67. 

e)  etwas  auf  die  eigenen  hörner  nehmen,  eine  last,  arbeit: 
es  ist  auch  in  der  that  besonders ,  mit  einem  stolzen  ich 
anzufangen,  und  alsdann  die  musen  anzurufen,  nachdem  man 
schon  alles  auf  die  eignen  hörner  genommen  hat.  Lessing 
3,  316 ;  damit  ich  jedoch  (bei  einer  kritischen  bcmerkung)  nicht 
scheinen  möge,  alles  auf  meine  eigene  hörner  zu  nehmen. 
8,486;  was  kann  mich  aber  in  aller  weit  bewegen,  eine  solche 
last  auf  meine  hörner  zu  nehmen?  MüsEn  patr.  phant.  2,95; 
es  sind  nur  leute,  die  andern  etwas  auf  die  hörner  geben, 
und  selbst  nichts  tragen  wollen.  71. 

6)  Umschreibung  für  das  anlhun  einer  ehelichen  unbill  ist 
einem  hörner  setzen,  difse  redensart  scheint  die  unverstandene 
erinnerung  an  eine  im  miltelalter  rerbreitele,  auch  poetisch  dar- 
gestellte erzählung  zu  enthalten,  nach  welcher  der  Zauberer  Virgilius 
SU  Rom  ein  erzbild  gefertigt  habe,  das  jeder  wegen  untreue  an- 
geklagten frau ,  die  ihm  die  finger  zum  schwüre  in  den  mund 
legte,  dieselben  abbisz;  die  untreue  der  frau  selbst  aber  ward  an- 
gezeigt, indem  ihrem  manne  ein  hom  aus  der  slirne  wuchs: 

Filius  ein  erzine;  bilde  gemachet  hat 

mit  sinre  kunst  al  da  ze  Röme  in  der  stat: 

daj  bilde  da;  trelp  wunders  Til  mit  zornberät. 

swer  üf  dem  bild  meineide  swuor,  e;  bei;  ira  abe  die  vinger, 

swelch  frouwe  ir  e  zebraeh,  als  balde  e;  was  geschehen, 

wie  schier  da;  an  irs  mannes  stirne  wart  ersehen! 

im  wuchs  ein  born,  des  wil  ich  in  der  wärheit  jehen. 

Kolmarer  meisterl.  no.  55,  14 ; 

Germania  4,  237  ist  aus  dem  14.  jahrh.  eine  andere  poetische 
bearbeitung  derselben  sage  mitgetheilc : 

die  keiserin  des  nicht  enlie;,  si  prach  ir  wiplich  £re. 

mit  einem  ritter  da;  geschacb: 

alsä  zehant  man  an  dem  keiser  wachsen  sach 

ü;  sinem  houbt  ein  hom,  das  muot  in  sÄre.    v.  ITff. 

es  scheint  auch  an  die  erwähnte  erzählung  anzuklingen,  wenn  es 
von  falschen  liebenden  heiszt: 

ich  gunde  in  innecliche  wol  ^ 

"*  da;  si  mit  einem  hörne 

an  ir  tinnen  vorne 
bekumbert  iemer  müesteo  wesen. 

MoNK  anzeiger  4,320  (13.  jahrh.). 

nur  entartung  des  ursprünglichen  viag  es  sein,  wenn  später  statt 
eines  horns  deren  ein  paar,  oder  wol  ein  geweih  erscheint  {vergl. 
unter  kröne  Iheil  5,2378): 

wer  Irden  mag  das  man  in  göich, 
oder  man  in  die  schQch  im  seicb, 
oder  setzt  hörner  uff  die  oren, 
der  hat  ein  reigen  mit  den  doren. 

narrenschiff  von  Zamcke  s.  34  nole; 

wann  ihn  dann  jemands  vexirte ,  dasz  er  mit  der  zeit  wohl 
hörner  kriegen  dörfte.  Simpl.  3,34  Kurz;  als  Mars  den  Vul- 
canus  mit  hörnern  kröhnete.  polit.  stockf  300 ;  Liebetraut,  nun, 
gnädige  frau,  was  verdien  ich?  Adelheid,  hörner  von  deinem 
weihe,  denn  nach  dem  zu  rechnen,  habt  ihr  schon  manches 
nachbars  ehrliches  hausweib  aus  ihrer  pflicht  hinausgeschwatzt. 
GüTHE  8,  59; 

vorweilen  mahlet  man  den  göttern  hörner  an, 
die  giebt  dir  ilzt  dein  weib.    A.  Grtpuius  1698  2,475; 
was  dame  sei,  und  denn  was  dama,  wird  verspüret, 
das  jene  hörner  macht,  und  diese  hörner  führet. 

LocAU  1,  2t ; 
ein  Junker,  der  nach  Junkersbrauch 
dem  kutscber  Ruhbart  hörner  setzte.    Borger  102\ 

vielleicht  hiervon  leitet  sich  hörn  als  zeichen  eines  nur  albernen 
menschen : 

ist  es  nicht  eines  blöden  bims  j 

und  eines  hasenkopfs  merkzeichen, 

der  wohl  wehrt  eines  langen  horns, 

und  gar  nicht  wehrt  mit  uns  zu  zechen?    Weciheriin  534;    ! 

born,  bairisch,  scheltbenennung  für  eine  junge  {unerfahrene)  person 
des  andern  geschlecläs  im  sinne  von  tardi  ingenii  oder  eigensinnig. 
ScHM.  1, 1164  Fromm.  i 

7)  die   bibelsprache   braucht   das  hörn  als  symbol  der  üärke:  \ 
der  herr  wird  .  .  macht  geben  seinem  könige,  und  erhöhen 
das  hurn  seines  gesalbten.  1  Sam.  2, 10 ;  mein  herz  ist  frölich 
in   dem   heiru,   mein  hom  ist  erbüLel  in  dem  heim,   t-,  i; 


er  hat  alle  hörn  Israel  in  seinem  grimmigen  zorn  zubrechen. 
klagel.  Jer.  2, 3 ;  er  hat  den  feind  über  dir  erfrewet ,  und 
deiner  Widersacher  hörn  erhöhet,  v.  17 ;  zur  selbigen  zeit  vril 
ich  das  hörn  des  hauses  Israel  wachsen  lassen.  Hes.  29, 21 ; 
und  danach  bei  dichtem,  die  ron  der  bibelsprache  beeinfluszt  sind : 

auch  jener  hohes  hom, 

gewalt,  heerzug  und  zorn, 

ist  nu  dahin,  zerschlagen  und  vernichtet. 

Weckherli^  81 ; 
und  dein  schwert  mit  gerechtem  zorn 
wird  deiner  hässer  stolzes  hora 
zerbrechend  gar  vernichten.    84. 

8)  namentlich  wird  gntt  und  der  Messias  hörn  des  heils 
genannt:  gott  ist  mein  bort,  auf  den  ich  trawe,  mein  schilt 
und  born  meines  heils.  2  Sam.  22,  3 ;  hat  uns  aufgericht  ein 
hörn  des  heils,  in  dem  hause  seines  dieners  David.  Luc.  1,69; 

(den  herrn)  der  unsre  freiheit  nicht  hat  länger  aufgeschoben, 
und  uns  ein  hom  des  heils  in  Davids  haus  gemacht. 

A.  Grtphics  169S  2.  437  ; 
dich,  0  hörn  meines  hails,  ruf  ich  an  in  gefahr 

>VKCEHERLin   59. 

mit  beziehung  auf  die  bedeutung  9,  d  unten :  dises  {das  comu 
copiae)  ist  ein  ertichtetes  hörn,  Christus  ist  ein  wahres  hörn 
des  heils.  Bctschkt  kanzl.  601. 

9)  dos  born,  innerlich  hohl,  wird  als  gerät  gebraucht:  fülle 
dein  born  mit  öle.  1  Sam.  16, 1 ;  (goldtinte  zu  machen)  thue 
das  gold  aus  dem  glas,  und  thue"  das  in  ain  boren,  kochbuch 
in  Haupts  zeitschr.  9,  369,  vgl  dazu  dintenhorn  theil  2  sp.  1182, 
und  als  gerät  in  hornform  dann  auch  von  metall  nachgebildet. 
So  namentlich 

a)  hörn,  blashorn  {vergl.  golh.  |)uthaürn): 

so  da;  himilisca  hörn     kiblütit  wirdit.    Muspitli  73; 
ich  schell  mein  born  ins  jamertal.    Udlaj^d  volkst.  481 ; 
und  wenn  man  des  halljars  hörn  blesel.  Jos.  6, 5 ;  man  bläst, 
stöszt,  tutet  ins  hörn,  namentlich  als  signal  ptr  eine  drohende 
gefahr,  oder  zum  sammeln : 

ee  einer  tüten  mocht  ein  hom  (signal  geben  konnte). 
hett  ich  sie  baide  sant  verlorn,    fastn.  sp.  544,  10; 

0,  dasz  ich  durch  die  ganze  natur  das  hörn  des  aufruhrs 
blasen  könnte,  luft,  erde  und  meer  wider  das  hyänengezücht 
ins  treffen  zu  führen !  Schiller  raub.  1, 2 ;  ein  nachtwächter 
(tritt  auf  und  stöszt  ins  hörn),  feuo-!  feuer!  H.  v.  Kleist 
Käthchen  von  Heilbronn  3,7; 

steigt  auf  die  hochwacht,  blast  in  euer  hom, 
dasz  es  weitschmetternd  in  die  berge  schalle.    Teil  5,  1 ; 
da  schallt  mit  scharfem  stosze  das  wächterhorn  vom  thurm : 
wohlauf,  wohlauf,  ihr  scbläferl  das  hora  verkündet  stürm. 

Uhland  ged.  361. 

im  Orchester  werden  die  hörner  nach  dem  ton  unterschieden,  in 
dem  sie  stehen :  c-horn,  d-horn  u.  s.  w. ;  ein  allegro  aus  dem 
e-moll,  mit  der  nehmlichen  inslrumentenbesetzung  des  vorher- 
gehenden, nur  dasz  e-hörner  mit  g-hörnern  verschiedentlich 
abwechseln.  Lessing  7,  123.  man  unterscheidet  von  dem  gewöhn- 
lichen Waldhorn  das  klappenhorn ,  ventilhorn ,  das  englische 
born,  eine  Iwboenart;  vergl.  auch  alpborn,  Jagdhorn,  posthorn 
u.  dhnl. 

b)  sprichwörtlich  in  ein  hörn,  aus  einem  hörne  blasen,  das 
nämliclie  wollen,  übereinstimmen  {vgl.  auch  blasen  th.  2  sp.  68) : 
er  blaset  mit  Theophilo  ausz  einem  born :  man  musz  den 
Ihon  änderen,  alam.  technol.  interim  267 ;  sie  blasen  nicht  mit 
ihnen  ausz  einem  born.  556;  regen  und  wind  würden  mit 
hitze  und  kälte  in  ein  hom  blasen.  Butscbky  Patmos  661 ; 
jedoch,  da  alle  meine  Widersacher  .  .  .  fast  immer  einerlei 
liedlein  mir  vorgeleiert  haben ,  so  bin  ich  .  .  beinahe  keck 
genug,  zu  glauben,  dasz  auch  er  in  das  nämliche  hörn  ge- 
blasen habe.  Bürger  175';  aber  wenn  sie  nicht  das  übel 
ärger  machen  wollen,  müssen  sie  jetzt  in  mein  hörn  blasen 
{bestätigen  was  ich  gesagt  habe).  F.  Lewald  Stella  5.152; 

Rom,  das  vorhin  zu  rasen 
gewohnt  war,  lernt  numehr  in  andre  hörner  blasen, 
die  wöllin  wird  zum  lamm.    Lobknsteim  Cleopatra  34,30. 

f)  hom ,  Irinkhorn ,  ist  schon  altgermanisch :  amplitudo  cor- 
nuum  {des  urs)  et  ligura  et  species  multum  a  nostrorum 
bouin  cornibus  differt.  haec  studiose  conquisita  ab  labris 
argentu  circumdudunt  atque  in  amplissimis  epulis  pro  poculis 
utuntur.  Caesar  bell.  Galt.  6,28;  später  namentlich  im  altnor- 
dischen bezeugt,  vgl.  Vigflsson  279*;  die  mitnachlische  Völker 
hielten  die  lioiner  vom  wilden  ochsen  so  hoch,  dasz  niemand 
ausz  denselben  als  allein  die  vorneuibst  herren  trinken  dOrfea. 


1819 


HÖRN 


HÖRN 


1820 


IM.  Lugd.i,U6;  und  danach  ins  neuhochdeutsche  übernommen: 
ein  volles  hörn,  jüngling!  Klopstock  9,  IS'J;  dn  schollen  die 
Inaiillieder,  die  hörner  gingen  herum.  192;  bringt  ihm  ein 
volles  hörn,  noch  cinsl  bringt  mir  auch  eins,  trink  I  256; 
auf  erhöhter  stelle  (in  der  feslhüttc  eines  sängerfesles),  wo  die 
lu  preisen  und  festgeschenken  bestimmten  schaalen  und 
börner  in  gold  und  Silber  leuchteten.  G.  Keller  leute  von 
Seldiryla  4,  IM. 

rf)  hörn,  fruchthorn,  füllhorn,  vergl.  theil  4*,  5p.  274.517,  uo 
auch  ein  beleg  aus  Scbottel  für  einfaches  hörn; 

schon  seht  ihr  den  triefenden  herbst  mit  leerem  fruchthorn  ent- 

Aveichei).    Kahler  1.  12; 
was  dem  glfibenden  stralil  Afrikas  boden  ge'biert. 
was  Arabien  kocht,  nas  die  äuszeiste  Thule  bereitet, 
hoch  mit  erlreiiendem  gut  füllt  Amalthea  das  hörn. 

Schiller  fpaz^ergang  v.  120; 
und  mit  dem  bang  ersehnten  körne 
und  mit  den  lang  entbehrten  wein 
brir(,-  uns  dies  jalir  in  seinem  hörne 
das  alte  gute  recht  herein!     L'bland  ged.  97; 
hast  du  aus  deiner  fülle  hörn 
etwa  gleich  Hatto,  jenem  allen, 
zu  melil  und  brot  das  theure  körn 
dem  mund  des  Volkes  vorenthalten? 

Frkilicratu  dicht.  3,  104. 

10)  hörn,  als  kopfschmuck ,  entuedcr  aus  wirklichen  hörnern 
bestehend,  oder  solchen  aus  mclall  nachgebildet,  so  auf  den  helmen 
des  mitlelalters  : 

eins  bockes  houbet  schöne  stuont 
mit  eimc  gehürne  guldin 
uf  dem  riliclicn  helme  sin. 

K.  V.  WBrzbürc  turnei  185  Barisch; 
»in  heim  was  mit  rwein  hörnen 
gezieret  wol  in  fursten  wis, 
diu  lübten  beide  silbergris 
und  heten  schöne  sich  gebogen.    48S. 

als  kopfpull  der  frauen,  und  hier  uol  von  haaren  und  bdndern 
nachgebildet  {vergl.  auch  hörnermütze):  meldet  er,  dasz  die 
frawen,  die  also  hörner  und  geschew  auf  iren  häuptern 
trügen,  dem  teufe!  nicht  ungleich,  der  auch  solcher  niasz 
gehörnet  werc.  buch  d.  liebe  289';  da  tritt  dann  frau  Venus 
herein,  mit  vsohl  aufgchulztcm  köpfe,  mit  aufgelegten  huschen, 
mit  auf  der  seilen  aufgebundenen  hörnen,  mit  gelben  braunen 
blauen  grünen  schwarzen  weiszen  baarQecbten.  Phil.  Lugd. 
5, 2S: ; 

wicklen  vil  budlen  in  die  zöpf, 

grosz  hörner  machen  ufT  die  köpf, 

als  ob  es  wer  ein  groszer  stier. 

Urant  iiaiiciisch.  vorrede  120,  tgl.  datu  i.  300'. 

die  bi^rner  des  Bacchus  waren  keine  natürliche  hörner,  wie 
sie  es  an  den  fautien  und  satyren  waren,  sie  waren  ein 
stirnschmuck,  den  er  aufsetzen  und  ablegen  konnte.  Lessing 
6,431. 

11)  hörn  gehl  auf  den  stoff  des  hnrnes,  icie  er  namentlich  zur 
Verarbeitung  seitens  der  handuerker  dient :  der  drechsler  arbeitet 
in  hörn  und  in  bolz;  eine  pfcifenspilze  von  hörn;  biicher- 
einband  von  hörn ;  messcr  mit  einem  griffe  von  hörn ;  Intern 
. .  mit  fcnslern  von  glas  oder  hörn  . .  versehen,  öcon.  lex.  1367. 

12)  hörn,  hciszt  so  auch  die  hornartige  enlarlung  der  mensch- 
lichen haut,  namentlich  an  händcn  und  füszen:  hörn  an  bänden 
bekommt  man  von  schwerer  hondarheit; 

die  aber  in  banden  tragen  hörn, 
leind  in  ziiclit  und  keuscbheit  geborn, 
trinken  wass«r,  essen  schlecht  speisz, 
arbeiten  gern  darzu  mit  flcisz. 

AtRKB  fdstii.  sp.  50"  (2587,  25  Keller). 

horn  ist  ferner  derartig  hartes  am  lliierischen  kOrper,  z.  b.  die 
masse  uoraus  die  schale  der  schildkrOte,  die  schuppen  des  kroko- 
dtls,  der  Schnabel  des  rogcis  besieht;  ebenso  der  huf  an  säuge- 
thieren:  horn  wird  auch  der  iluszerstc  theil  an  dem  fusze 
eine.«  pferdes,  escls  oder  mnulthicres  genennet,  v»e!cher  sonst 
der  huf  heiszct.  Ocon.  lex.  Iü78.  hier  braucht  Skdiz  horn  als 
masc.:  so  inen  {den  rindern)  ir  horn  entweders  gespalten 
oder  gescbifert  ist,  soll  man  inen  daselbs  zuvor  mit  Wein- 
essig .  .  bücn ,  .  .  oder  man  ni;ig  im  die  fessel ,  oder  die 
geicicb  unten  am  fusz  damit  .  .  schtnieren,  solchs  erweicht 
und  crmiliert  den  horn,  und  nimpl  die  schrunden  hinweg. 
feldb.  130;  so  sie  {die  schafe)  von  wegen  erweicbung  dest 
borni  . .  hinken  oder  nicht  wol  gebn  mögen,  so  soltu  inen 
den  born  an  der  spitze,  der  am  meisten  verlirbl,  abschnei- 
den. 142. 

horn,  krankkeü  am  pferde :  et  geschieht  oft  datz  dem  pferd 
das  fleisch  auf  dem  ruclieti,  so  ddMibst  vermehrt  genesen, 


hart  wird,  als  ein  horn,  von  wegen  dise  krankbeit  auch  das 
horn  genendt  v^ird.   Seutkr  rossarzn.  417. 

13)  liorn,  uegen  ähnlichkcit  mit  der  hornmasse,  der  hornstein, 
petrosilex.  Jacorsson  C,  lis'. 

14)  hörner  des  mondes,  cornua  lunae,  die  spitzen  des  mondes 
im  ersten  und  letzten  viertel:  vergl.  lat. 

tertia  jam  lunae  se  cornua  lumloe  complent. 

Vinj.  aen.  3,  645 ; 
mhd.  das  diu  mininne  chrump  wirt  unde  chleine, 
also  si  an  daj  niu  gät, 
unde  iewederen  halben  ein  horn  hat. 

DiEMER  ilettlsche  <jcd.  des  11.  u.  Xi.  jh.,  341,2.1; 
nhd.    der  bleiche  monde  hat  eilfmal  erst  abgenommen, 
und  neue  börner  kriegt.  Opitz  1,31; 

wenn  .  .  Cynihie  dreimal  mit  vollem  angesichte 
und  wider  noch  dreimal  mit  neu  enistecktem  lichte 
(nicht  länger  bin  ich  frist),  der  horner  namm  erhöht. 

A.  (iRTPHiLS  1G98   1,  249. 

15)  schweizerisch  horn  ein  spitziger  fels  auf  einem  hochgebirge. 
Stalder  2,55;  horn  beiszen  sie  hier  (im  ßerner  oier/and)  den 
höchsten  gipfel  eines  felsens,  der  meist  mit  schnee  und  eis 
bedeckt  ist  und  in  einer  seltsamen  borngestalt  oft  in  die 
luft  steht.  GöTHE  an  frau  von  Stein  1,255.  dann  auch  ein 
vorgehrge,  eine  landspüze,  die  gegen  das  wasser  abfällt  oder  sicli 
weil  ins  wasser  hineinzieht:  sunst  sind  vil  andere  hörner  und 
Jandspitzen  an  beiden  obern  und  undern  see,  die  aber  gemein- 
lich mit  Zunamen  underscheiden  werdend,  als  Rommiszhorn, 
Nunnenhorn,  Argenhorn.  Stumpf  2,68'.  in  anderm  sinne  bei 
Wieland: 

nun  eilie  sie,  beim  ersten  morgcnroth 
dem  berge  zu,  den  ihr  der  geist  beschrieb, 
fand  den  erwünschten  bach,  und  ging  so  lange 
mit  froher  liucht  an  seinen  hörnern  fort, 
bis  sich  die  klippe  zeigte,  wo  er  sprudelnd 
aus  einer  ritze  quoll,    supptem.  2,  191, 

er  scheint  hier  das  felsig-zackige  ufer  des  baclies  zu  meinen. 

16)  überhaupt  bezeichnet  horn  etwas  von  horndhnlicher  form, 
in  der  manigfachsten  weise. 

a)  biblisch  hörner  des  ailars,  hornförmige  ecken  desselben: 
börner  sollu  auf  seinen  vier  ecken  machen,  und  soll  in  mit 
erz  überziehen.  2  Mos.  27,2;  er  macht  auch  den  reuchaltar 
von  foern  holz ..  zwo  eilen  hoch,  mit  seinen  hörnern.  37,25; 
gieng  hin  und  fasset  die  hörner  des  aitars.  ikün.  1,50;  bis 
an  die  ort  oder  ecken,  die  da  des  aitars  hömer  heiszen. 
Luther  5,  69*. 

b)  die  seitlichen  enden  einer  leier: 

kan  bei  der  leier  wohnen, 
die  vormahls  wild  und  wald  beweget  und  gerührt, 
itzt  desz  gestirnes  schar  mit  ihren  hörnern  ziebrt. 
Opitz  3,314. 

f)  andere  hornförmige  theile  an  geraten  und  gegenständen;  so 
hörner  eines  amhoses,  spitzen  an  der  seile,  um  darauf  rühren 
von  melall  zu  bilden.  Jacobsson  2,286';  horn  jede  spitze  des 
sperrhorns  der  schmiede;  im  bergbau  der  äuszere  und  obere  theil 
über  dem  knie  des  haspelhorns  am  göpel;  an  den  Salzpfannen 
jede  ecke:  jedes  horn  oder  ecke  der  pfannc.  Hondorf  beschreib, 
des  salzwerks  zu  Halle  59;  in  der  baukunst  die  verschnittene  ecke 
der  platte  eines  kapitäls;  bei  den  holzarbeitern  die  beiden  zapfen 
am  handsägengestcll,  worin  das  sägenblatt  befestigt  ist  und  gestellt 
werden  kann;  börner  die  sterien  des  pfluges,  die  obren  an  einem 
rammhockc ;  börner  des  kummets  die  zwei  krummen,  oben  etwas 
breiten,  unten  aber  schmäler  und  geschweiflen  stücke  holz.  Jacobsson 
6, 117*.  auch  ein  gewisses  horn  förmiges  gebdck  heiszt  horn.  Frisch 
1,468';  hörner  am  segel,  die  duszersten  zipfel  der  segei  40S'; 
hörner,  die  arme  des  kreuzes ;  cornu  horn  i  arm  des  cruces 
UiKF.  152';  endlich  em  theil  der  fesseln  eines  gefangenen:  stark 
geknebelt  wurd«  er  {ein  rduber)  beute  hier  eingeliefert  und 
mit  kellen  und  hörnern  bel.islet.  Frankf  Journal  1868  no.  23'J. 

(/)  born,  wahrscheinlich  auch  der  schröpfkopf.  vgl.  Senn.  1,1164 
Fromm,  und  unten  hörnlcin. 

e)  börner,  die  flügel  eines  kriegsheeres : 

nii-in  linkci  hiro  rerstiesz  l'ompejens  ganze  macht. 

l.oHifiSTKiN  Ctropalia  8,245; 
ulf  Cnstiut  geschlagen 

von  inciiK'Tii  ) ri-  ward,  da  macht  Augii»!  ticb  krank 

und  ilriiiu«  srhjiig  sein  hurn.  2'iO. 

bei  MtcKNRKHC  bezeichnet  horn  das  ende  eines  halbkreiset:  {ein 
regenliogen)  der  het  ainen  volkoinenn  halben  krai;,  und  het 
niii  born  gegen  niillem  tag  und  da;  ander  gegen  norden  oder 
gegen  der  bimeUpiiz  gekiVl.  »s,  lt. 

f\  mederdeutfch  horn,  hörn  ecke,  winkel,  biege,  namenlltch 
auch   cm   uinkel   in    dem   taale   ftgtn   der  Ihüre  Übfr^   vitrsaal. 


1821 


HÖRN  — HORNBAND 


Schütze  2, 162.  vergl.  engl,  corner  vinkel,  ecke,  cornerhoase 
eckhaus. 

g)  hörn,  der  aus  dem  hom  der  thiere  verferligle  bogen,  vgl. 
hörnerkrachen. 

17)  der  plural  von  hörn  lautet  in  der  alten  spräche  theils  hörn, 
theils  horner,  hörner,  hürner  (Leier  1,1340),  formen,  von  denen 
die  mittelste  sich  im  nhd.  fast  ausschlieszlich  festgesetzt  hat;  der 
plural  hom  ist  neben  hörner  noch  jetzt  bairisch.  Schm.  1, 1164 
Fromm.,  in  der  Schriftsprache  aber  nur  in  altern  quellen  manch- 
mal noch  gefunden:  mit  aufgebunden  hörnen.  Phü.  Lugd.  5,2S7 
(s.  die  stelle  oben  lO).  trenn  in  der  bedeutung  U  ein  plural 
gefunden  utrd  {im  sinne  von  hornarten),  so  ist  er  in  der  neuern 
spräche  die  hörne.  Weigand  syn.  wörterb.  3, 1139. 

HÖRN,  m.  monatnamen;  groszer  hörn  Januar,  kleiner  hörn 
februar,  in  Mitteldeutschland:  der  Januar  führt  in  Anhalt- 
Dessau  bisweilen  noch  den  namen  der  grosze  hörn ,  der 
februar  der  kleine  hörn.  Fiedler  volksreime  99;  der  kleine 
hörn,  so  nennet  der  gemeine  mann  (in  Haue)  den  februar 
in  gegensatz  des  Januars  als  des  groszen.  Mdiger  neuester 
Zuwachs  2,  85 ;  ebenso  im  Meininger  oberlande.  ScHLEicnER  volks- 
thüml.  atis  Sonneberg  82 ; 

hier  wurd  ein  arm  und  dort  ein  bein 
mir  in  der  scblacht  zerschlagen; 
und  bats  der  feldscher  gleich  geflickt, 
mit  jedem  !;ro$zen  tiorue  drückt 
das  flickwerk  mich  verteufelt.    Seuis  ged.  131 ; 
als  neutr. :  das  kleiue  boru  spricht  zum  groszen  hörn : 
bätt  ich  die  macht  wie  du, 
lissz  ich  erfrieren  das  kalb  in  der  kuh. 

SiHROCK  spricbw.  261. 

Der  Zusammenhang  dieses  monatnamens  hörn  mit  dem  vorigen 
hörn  cornu  uird  angenommen  und  von  dem  hornharten  froste 
hergeleitet,  vgl.  Weishold  monatnamen  s.  46.  s.  auch  horner, 
horuung. 

HÖR.N ,  bei  den  schreinern  auch  für  hirn  8,  sp.  1557.  über 
hörn  sägen,     vgl.  Schjj.  l,  1163.  1164  Fromm. 

HORNACH,  m.  eine  art  fahr  zeuge : 

falleen,  fast,  kragk,  nawen,  park, 
iel,  weidliug,  hornacb,  rennschiff  stark. 

Brakt  uairenscli.  vorr.  16, 

vergl.  dazu  s.  297*.  hornacb  steht  icol  für  horn-nach  und  be- 
zeichnet ein  schiff,  dessen  schnabel  vom  in  gestalt  eines  hornes  in 
die  höhe  ragt. 

HORNACHAT,  t?i.  ei»  achat  von  wachsgelber  färbe. 

HORNAFFE,  m.  l)  eine  art  gebäck,  in  gestalt  zweier  anein- 
andergeßgter  hörner,  anderswo  in  bretzelgestalt.  der  name,  dem 
eigentlichen  sinne  nach  dunkel,  ist  alt:  artocopus  hornaffe,  hornaf, 
hornaph,  harnaff,  harnof  Dief.  51';  coliphium  hornaffe  131'.  es 
ist  mitteldeutsch,  besonders  düringisch  (ixcoBSSom  2,286'),  »neüinücA, 
schlesisch  (artocopus  kreppel  i  hornoff.  voc.  vratisl.  1422) ;  hessisch 
(ViL)iA£  175),  und  scheint  ehemals  auch  tiefer  nach  Süden  bekannt 
gewesen  zu  sein,  Schm.  1,  41  und  1164  Fromm,  hat  weitere  belege 
aus  der  altern  spräche;  Frisch  1,469'  führt  auch  die  formen 
hornap  und  hornäpgen  an,  die  nicht  niederdeutsch  zu  sän 
brauchen,  da  Stieler  776  der  hornab  sive  hornaff  species  spira- 
rum  mense  Februarii  Erfurti  coctarum  gibt,  bei  welcher  erklärung 
übrigens  sogar  bezug  auf  hörn,  hornung  =  februar  genommen 
lu  sein  scheint.  —  Anderswo  heiszt  diesz  gebäck  hörnchen  oder 
hörn,  s.  d. 

2)  hornaffe,  triangulum,  ein  zwickel  zwischen  den  fenster- 
scheiben.  Frisch  1,469'  aus  Frischlins  nomencl.  gemeint  sind 
die  kleinen  glasstücken,  die  bei  zusammengesetzten  fenstem  zwischen 
den  runden  mit  blei  umgebenen  butzenscheiben  eingesetzt  werden; 
in  diesem  sinne  schweizerisch  der  hornaff.  Tobler  274';  ein 
gemeine  scheuben  {sollen  die  glaser  einsetzen)  umb  iij  pfenning, 
ein  gemeine  waldscbeuben,  ij  pfenning.  und  sollen  der  kleinen 
hornaffen  vier,  aber  der  groszen  zwo,  deszgleichen  vier  haften, 
und  denn  zwo  halbe  scheuben  für  ein  ganze  gerechnet  v*erden. 
Heidelberger  handwerksordnung  1579  B2'. 

HOR.NA.MBOS,  hj.  ambos  mit  hörnern  (s.  hörn  16,  c). 

HOR.NARBEIT,  f.  arbeit  in  hörn,  gerät  aus  hom  gearbeitet: 
überhaupt  musz  man  den  Chinesen  vor  allen  andern  nationen 
in  der  hornarbeit  den  preisz  zugestehn.  Jacobssox  5,  341*. 

HORNARBEITER,  m.  künstier  oder  handwerker,  der  gerät  von 
hom  verfertigt. 

HORNARTIG,  adj.  von  art  oder  aussehen  des  homes:  eine 
hornartige  masse ;  hornarliges  Silbererz.  Jacobsson  6, 117'. 

HORNAUS,  5.  bornisse. 

HORNBAND,  m.  büchereinband  von  pergament,  welches  durch 
cv\  besonderes  verfahren  Itart  wie  hom  gemacht  wird.  Jacobsson 


HORNBASZ  —  HORNDÖSCHEN    1822 

2, 2S6';  dann  auch  das  so  gebundene  buch  selbst:  sie  hob  einen 
hornband  de.s  Sanchez  in  die  höhe.  ThCmmel  3,552. 

HORNBASZ,  m.,  dim.  HORNBÄSZLEIN,  h.  in  der  orgel  ein 
register  von  zwei  ton,  welches  wie  ein  hörn  klingt.  Jacobssox 
2,  286'.     das  pedal  kennt  einen  nachthornbasz.  3,  HS*. 

HORNBAUM ,  m.  carpinus  betulus,  die  hagebuche.  Nemmcb 
2,  895.  auch  ceratonia  siliqua,  der  Johannisbrotbaum  heiszt  horn- 
baum,  bocksbornbauni.  948. 

HORNBEIZE,  f  beize  um  unansehnlichem  hom  eine  bessere 
färbe  zu  geben. 

HORN'BEREITER,  m.  homarbeüer: 

hieraus  (aus  den  hörnern  des  Steinbocks)  hatte  der  hornbereiter 
den  bogen  verfertigt.    BSrger  213'. 

HORNBERG,  m.  hornstein,  feuerstein,  wegen  des  homartigen 
aussehens  auf  dem  brücke.    Jacobssos  2,  28S'. 

HORNBESCHÄDIGUNG,  f  schaden  am  hufe  eines  pferdes: 
die  beschädigungen  des  fessels  entstehen,  wenn  sich  ein  pferd 
selbst  tritt,  oder  von  einem  andern  pferde  getreten  wird,  sie 
theilen  sich  in  die  einfache ,  in  die  halbe  und  in  die  ganze 
hombeschädigung.  . .  die  ganze  hornbeschädigung  dringet  bis 
auf  das  hörn  ein.   Jacobssos  5,  534'. 

HOR.NBESCHWINGT,  adj.  mit  schwingen  von  hörn  versehen, 
vom  käfer  gesagt,  in  bezug  auf  seine  flügelschalen : 

der  hornbeschwingie  käfer.    Shakesp.  ilr.cb.  3,  2: 
the  shard-borue  beetle. 

HOR.NBEWEHRT,  adj.  mit  hörnern  als  wehr  versehen: 

so  ragt  er  auf  mit  hombewehrtem  haupte. 

Gries  Tussok  befr.  Jerus.  4,  6. 

HORIS'BLASEN,  n.  das  blasen  eines  homes,  als  signal:  nachts 
mit  einer  brennenden  fackeln,  neben  dem  hornblasen  ver- 
melden.   Kirchhof  discipl.  milit.  36. 

HORNBLÄSER,  m.  cornicen,  buccinatoi-.  .Maaler  231' ;  bucci- 
nator  hornbloser  Dief.  83';  in  einem  fastnachtsspiele  von  dreien 
bösen  weü)en  heiszt  ein  teufet  Hornplaser  und  Hornplas.  fastn. 
sp.  493, 5.  8.  jetzt  wird  die  umgelautete  form  hornbläser  twr- 
gezogen. 

HORNBLATT,  n.  ceratophyüum,  gehörntes  blatt,  eine  pflanzen- 
gattung.  Nem.mcb  2,  948. 

HORNBLEI,  n.  plumbum  corneum,  Verbindung  des  bieis  mit 
der  säure  des  kochsalzes.  Jacobsson  6, 117*. 

HORNBLENDE,  f.  talcun^  corneum,  eine  grobbkUterige  steinart. 

HORNBOCK,  m.  bock  mit  hörnern,  als  schimpficort  für  einen 
hahnrei  {vgl.  hörn  6) :  hahnrei,  hornbock,  actäonsbruder.  gefl. 
finken  234 ;  du  hahnrei,  du  hornbock.  235. 

HORNBRET,  n.  brett  für  die  ecken  oder  hörner  einer  Salz- 
pfanne (born  16,  c  sp.  1820):  setzen  (die  satzsieder)  mehrentheils 
vorne  auf  die  eine  ecke  der  pfannen  ein  bret  (das  hornbret 
genannt),  dasz  die  kalte  luft  nicht  in  die  pfanne  schlage. 
Hosdürf  beschreib,  des  satzwerks  zu  Halle  (1749)  59. 

HORNBRILLE,  f.  brille  mit  einer  einfassung  von  hörn. 

HORNBL'CHE,  /.  carpinus  betulus. 

HÖRNCHEN,  B.  corniculum,  nach  den  verschiedenen  bedeu- 
tungen  von  hörn. 

1)  kleines  hom  an  thieren :  die  hörnchen  eines  jungen  bockes; 
auch  kleine  fuhlhörner  (hom  3):  die  feinen  hörnchen,  die  die 
Schnecke  hervorstreckt;  im  plur.  auch  hörnerchen: 

bald  sind  die  köpfchea  (der  fliegen)  platt,  bald  sind  sie  lang, 

bald  rund, 
es  zieren  selbige  bald  kleine  schwarze  zöpfe, 
bald  hörnercben,  die  eingekerbt  und  bunt.    Brocees  4, 202. 

2)  kleines  gerät  von  hörn  form;  so  ein  kleines  hörrohr:  ich 
habe,  wenn  die  Witterung  kalt  wird,  einen  flusz  auf  dem 
rechten  obre,  der  aber  gottlob!  su  arg  nicht  ist,  dasz  ich, 
wie  mein  nachbar,  ein  hörnchen  mit  mir  herumtragen  müszte. 
ESGEL   12,216. 

3)  ein  gebäck  in  form  eines  kleinen  hornes.  in  der  Wetterau. 
Kehreis  201;  auch  in  Düringen,  Sachsen  u.a. 

4)  nach  dem  misverstandenen  eichhorn,  eichhörnchen  (vergl. 
theil  3,81)  haben  neuere  die  ganze  gattung  hörnchen  genannt: 
als  edelste,  weil  klügste  nager  haben  wir  die  hörnchen 
(sciurinae)  anzusehen.  Brebx  Hluslr.  Ihierl.  2,  62. 

HORNDECKE,  f  decke  von  hom:  einen  ganz  neuen  einband 
von  gebetbüchern.  .  .  das  innere  buch  ist  blosz  kartonnirt 
und  hängt  in  zwei  horndecken ,  welche  halbrund  über  dem 
rücken  schlieszen.  der  arbeiterfreund  1867  s.  164. 

HORNDÖSCHEN,  n. ;  ihrerseits  hatte  die  mutter  das  päck- 
lein  frischen  Schnupftabak  schon  geöffnet  und  . .  ihr  kleines 
horadöschen  damit  gefüllt.  G.  Keller  leute  v.  Seldu-yla  4, 239. 


1S23 


HORNDOSE  —  HÖRNEREULE 


HÖRNERFORM  —  HORNERZ 


1824 


HOHNDOSE,  f.  schnupßabaksdose  von  hörn. 

llOKNDHECHSLtH,  m.  der  in  hörn  drechselt.  Friscb  1,469'. 

HOKNDHEHER,  «».  horndrechslir. 

HOUNDL'MM,  adj.  dumm  wie  ein  hornvieh  (vgl.  auch  schaf- 
dunmi):  das  Iciilscüe  honiduimiie  puhlikuin.  Wielanü  j;i  Mercks 
briefs.  1,402;  inzwischen  iiuiszte  einer,  der  mir  nacbsali,  wenn 
er  nicht  horndunini  war,  zugleich  bemerken  .  .  J.  1'aui.  lU. 
nachl.  4, 87  j  warum  sind  denn  al)cr  unsere  Icute  so  horn- 
duinm  gewe£en?  Sculeiermacher  an  Bekker,  preusz.  Jahrbücher 
29,  574. 

HÖHNELSPFENNIG,  m.  Pfennig  mit  darauf  geprägtem  jäger- 
horn :  in  dem  neuen  gesprdch  vom  jetzigen  unerträglichen  gelt- 
aufsteigen 1C2I  {gehallen  von  verschiedenen  miinzsorten)  sagt  der 
dreyhelier  oder  hörnelspfenning : 

ic)i  hab  mich  init  ineim  jagcrhorn 

auch  schier  ausz  teuuchein  laad  verUhrn. 

WsLLER  Ziijähr,  kneg  146. 
tgl.  auch  hurngroschen. 

HORISE.N,  HÖRNEN,  verb.  mit  hörnern  versehen;  nach  hörn 
sp.  1817  einen  hörnen,  zum  hahnrei  machen,  vergl.  das  particip 
gehörnt;  auch  als  strafe  (hörn  16,  c  sp.  1820):  ferner  wird  im 
reichsabschiede  von  1427  verboten,  gar  keine  frauen  mit  zur 
armce  zu  bringen,  in  dem  vom  jähr  1431  aber  wird  dieses 
auf  die  gemeinen  frauen  eingeschränkt,  wer  dergleichen  mil- 
drächle,  heiszl  es,  soll  gehörncl  werden.  Mösek  pAa«/.  1,359. 

HORNE.N,  HÜR.NE.N,  verb.  das  hörn  blasen,  gcih.  haürnjan, 
mhd.  hürnen,  eine  form  die  auch  uhd.  noch  fortdauert:  ze  naiit, 
alse  nien  die  dirle  (dritte  stunde)  gehürnet  bette,  d.  städtechr. 
9,754,13;  men  hurnde  auch  keinen  Judenbios  den  ganzen 
winler  {es  wurde  in  Straszburg  jede  nacht  zweimal  den  Juden 
zum  schimpf  gebl'jsen).  852,16;  es  waren  hasen  in  einem  wald, 
die  horten  den  Jäger  hürnen;  do  erschraken  sy.  Keisersberg 
hdslein  (1510)  Ccl";  als.  .  auf  der  sirasze  die  geiszeln  knallten 
und  der  kubhirl  hürnte.  Hebel  2  (1853)  101.  sonst  schweizer. 
hörnen  auf  dem  hörne  blasen ,  auch  übertragen  auf  kinder  die 
weinend  ein  starkes  geschrci  erheben  Stalder  2, 55,  welches  letztere 
anderwärts  trompeten  genannt  wird ;  hessisch  hiJrnen :  der  hirle 
hörnt  {zum  austreiben  des  viehes).  Vilmar  175;  ebenso  wesler- 
wäldisch  hürnen:  wann  der  Wächter  zehn  hörnte  {die  zehnte 
nachlsiunde  durch  hornruf  verkündigte).  Keiirei-n  201. 

HÖRNEN,  HÜRNEN,  UÖRNERN,  adj.  corneus;  ahd.  hurnin, 
mhd.  hürnin ,  hurnin  und  burnen.  im  nhd.  geht  die  form 
hürnen  noch  durch  das  16.  jahrh.,  wenigstens  in  den  oberdeutschen 
quellen:  bürnin  corneus,  hürnin  und  bcrt  wie  hörn  werden, 
cornescere,  bürniner  scbnabel,  corneum  roslrum  Maaler  232*; 
Octavius  hat  das  thier  mit  einer  hürnen  iiascn ,  naszhorn 
genannt,  in  seinem  triumpb  cingefürt.  Reiszner  Jerus.  i,  1H' ; 

alle  sein  prerdi  zurichten  lies, 
die  waren  aus  der  kefer  art 
mit  hürnen  parsen  (ruslungsslücken)  wol  verwart. 
mückenkr.  1,  326. 

die  form  bornin,   mitteldeutsch  schon  früh  nachgewiesen  (Lexer 
mhd.  wb.  1, 1397),  ist  als  hörnen  und  hörnen  später  gebiauchlich : 
die  verschämt  hornin  hurnstirn. 

FiscuAHT  dicht.  2,  263,  856  Kurz  ; 

hörnin  Stiele«  776;  bornen  corneus  Ffliscn  1,469';  eine  hor- 
nene  scbnupftobacksdose.  J.  G.  J acübi  werke  { 1770)  1,31;  hörnen, 
mü  einer  hornliuut  versehen:  den  börnenen  Siegfried.  Swgfr. 
t.  Lindenb.  1  (1790),  85.  daneben  seil  dem  17.  jahrh.  hörnern, 
was  jetzt  die  überhand  gewonnen  hat  {vergl.  zur  entstehung  der- 
selben bei  hölzern  sp.  1770) :  da  er  zuvor  gclban ,  als  ob  er 
den  hörneren  Seyfried  fressen  wolle.    Schuppius  264; 

maocber  meinet,  dasz  er  tapfer  als  ein  hörnern  Scvrried  sei. 

LoCAU  3,  lis2,  51 ; 

hörnerner  bogen ,  corneus  arcus  Stieler  776 ;  eine  hörnerne 
messer.scbale,  manubrium  cuUri  corneum  Steinuach  1,788. 

HORNER,  m.  der  februar ;  in  der  Scliwei:  und  im  tiroltschen 
Sarnlhal.  Weinhold  monatnamen  45.     vgl.  hurnuiig. 

HORNER,  HORNER,  m.  l)  j«  der  Schwel:  einer  der  sich  mü 
gälten  und  uhünmachen  der  hörner  an  kulien  befaszl.  Tobler  275*. 

2)  hornblttser:  italienische  citarislen,  schweizerische  alpeu- 
hörncr.  Fischart  groszm.  88. 

HÖRNERARTIG,  adj.:  eine  mächtige  perr(kke  scblosz  die 
stirne  ein,  zu  beiden  seilen  mit  gruszen  hörnerartigen  wultteo. 
RiENL  cuüurijesch.  nov.  236. 

HORNERRAL'.M ,  m.  cornut  mascula,  kornelkirKhenbaum. 
Neii.'«ich  2,  vii:. 

UOrCSLRELLE,  f.  Uru  rtui.     vgl.  boriicuie. 


HORNERFORM,  f. :  eine  andere  . .  antilopenarl  . .  ist  der 
gazellc  gleichfalls  sishr  ähnlich ,  aber  durch  die  hörnerform 
und  den  schwarzen  nasenlleck  spezifisch  verschieden.  Wesler- 
manns  monatsheflc  2.  bd.,  s.  58. 

HOR.NERKLANG,  «».  klang  der  geblasenen  hörner. 

HÖRNERKLEE,  m,  medicago  sativa,  luxernerklee.  Nemnicb 
3.527. 

HüRNERKRACHEN ,  n.  das  krachen  der  aus  hörnern  ver- 
fertigten bogen: 

da  klang  waffengctön  und  mit  der  Täuste  wuth 
hornerUrachen  vermischt.    Stolberc  14,  119, 

nach  rö^iov  näxayos.   Sophokl.   Track.  517. 

HORNERKRANKIIEIT,  f  eine  krankheü  der  bienen;  vergl. 
hörnler  2. 

HÖRNERKRONE,  f.: 
i'appus  sagt :  er  sei  die  sonn,  und  fraw  Zizn  sei  der  mon : 
wann  der  mon  nicht  stets  ist  voll,  macht  er  eine  hörncrkron. 

LooAU  1,  212,  86. 

HÖRNERMOHN,  m.  chelidonium  glaucium,  gelber  gehörnter 
mohn.  NEMNicn  2, 1009. 

HÖRNERMOOS,  n.  corallina  comiculata,  eine  koralline,  deren 
gliedcr  in  zwei  hörnerähnliche  äste  getheilt  sind.  Nem.mch  2,1216. 

HÖRNER.MÜTZE ,  f  eine  von  schwarzem  sammet  verfertigte 
und  mit  vier  hohen  hörnern  umgebene  zobel-  oder  mardermiüze, 
so  von  ehrbaren  matronen  getragen  wurde.  Jacobsson  6, 117*. 
sie  gehörte  der  Nürnberger  tracht  des  17.  Jahrhunderts  an. 

HÖRNEHRAUFE,  /".  larva  cornuta,  raupe  mit  hörnern  am 
kopftheile. 

HÖRNERSCHALL,  m.  hörnerklang: 

mit  horridoh  und  hussasa, 

und  klifT  und  klalT  und  hörnerschall, 

verl'olgis  (das  wild)  der  wilde  schwärm  auch  da. 

Borger  71*; 
mit  hörnerschall  und  lustgesang, 
als  ging  es  froh  zur  jagd.    112'. 

HÖRNERSCHMUCK,  m.  nach  hörn  sp.  1817 :  er  . .  habe  eine 
glückliche  nacht  als  ehcmann  zugebracht,  darauf  habe  ihn 
seine  frau  des  andern  morgens,  als  er  in  der  probe  gewesen, 
nach  Standesgebühr  mit  einem  hörnerschmuck  beehrt.  Göthe 
19,  30. 

HÖRNERSCHORF,  m.  anlhoceros,  ein  aßermoos,  nach  der 
gestalt  der  männlichen  fruchttheile.   Nem.nicb  1,  338. 

HÖRNERSCHOTE,  f  bunias  cornuta,  eine  scholenpflanze  der 
Levante. 

HÖRNERSCHWAMM ,  m.  clavaria,  nach  der  gestalt  dieser 
schwammart. 

HÖRNERSPITZIG,  adj.  mit  spUzen  hörnern  versehen: 

wenn  des  mondes  schein 
nicht  wolte  höckerig  und  hörnerspltzig  sein. 

ScuoTTEL  tamcnlalio. 

HÖRNERSTEINE,  m.  plur.  korallinische  undderhörner,  keratiten. 
Nemnich  2,947. 

HÖRNERSTREIT,  w..- 

{wir  wollen)  sehn  der  lammer  fröhlichkeit 
und  junger  stiere  hornerslrcit.    ISürcer  47'. 

HÖRNERTEUFEL,  m.  gehörnter  teufet  (vgl.  hörn  sp.  1816): 
die  hund«  von  camaraden !  mich  mit  diesem  unthier  so  allein 
zu  lassen !  er  hängt  wie  ein  hürnerteufel  an  mir.  Fr.  MCllbr 
2,67. 

HÖRNERTRÄGER,  m.  der  hörner  an  der  sttrne  trägt;  im 
eigentlichen  sinne  bei  HA6ED0Rt«,  auf  den  bock  bezogen,  doch  mit 
neckischem  seilenbltck  auf  die  folgende  bedeulung: 

es  halte  sich  zu  ihm  (dem  fuclis)  der  Ziegenbock  gesellt, 
der  dumm  und  sicher  war,  wie  viele  hurnertrnger. 

llAbKDORn  2,  20; 
sonst  nach  boro  sp.  1817  l>e:ogen  auf  einen  betrogenen  ehcmann, 
liahnrei : 

aller  hörncnrägcr 
ihr  vater  bt  Vulcan.     Opitz  1,  9t ; 
das  Ist  mir  hcrilich  lieb,  mein  schätz, 
erwiederte  der  huriiertruger.    IIackdorn  3,92, 

auf  einen  hörnerlrägcr  ist  die  Überschrift  lu .' 

der  lieb  \%i  nichts  zu  schner.  pflegt  Cornigcr  tu  sagen; 
druiu  in  Ihm  auch  nicht  cell»  er,  au«  licbo  hömer  tragen. 

Loch  1,  37,  3(>. 

HÖRNERTRUTZIG,  adj.  durch  höiner  trutzig: 

0  ttörncrtruuif  eckecbt  tum  {der  mit  dem  tiergeh/imii'n  jnutifr-' 

hüte  bckltflrte  koi>f). 
Kiscuart  duhl.  2,  269,  1088  hui: 

HORNERZ,  n.  argentum  corneum.  Nemnicu  1,452.  vgl.  unter 
bornfarb,  und  hurusilbcr. 


1825 


HORNEULE— HORNHAUT 


HORNHÄUTIG  —  HORNIGELN 


1826 


HORNEULE,  f.  eule  mit  groszen  empoi  stehenden  oliren :  {die 
eulen)  werden  in  zwei  familien  eingelheilt,  nämlich  in  geohrte 
eulen  (ohreulen,  horneulen,  auritae  -  .  .)  und  in  ungeohrte 
eulen  (glattköpfige ,  ungehörnte  eulen ,  käuzlein).  Nem:(ich 
4, 1373.  strix  bubo,  der  uliu,  heiszt  die  grosze  horneule ;  ^ruc 
olus  die  Lorneule  oder  hörneieule  schlechthin. 

HORNl  ADEN,  m.  hornartiger  faden :  der  leib  {eines  thieres) 
ist-  voUkomiuen  nackt ,  mit  ausnähme  einiger  wenigen  haare 
oder  besser  groben  horufäden.   Brehm  illustr.  thierl.  2,  S64. 

HORNFARB,  adj.  von  der  färbe  des  hornes:  aufm  Maiienberg 
ist  hornfarb  silber  gebrochen.  Mathes.  Sar.  2S'. 

HORNFARBE,  f.  färbe  des  horns:  hornfarb  corneus  color 
Maaleb  231*.  auch  färbe  womit  das  hörn  gebeizt  wird.  Jacobsson 
6,  in'. 

HORNFARBEN,  HORNFARBIG,  adj.  von  der  färbe  des  horns. 

HORNFEILE,  f  eine  hohraspel,  womit  der  grubschmid  den 
Huf  des  Pferdes  beim  beschlagen  feilt. 

HORNFELS,  m.  was  hornberg  und  hornblende. 

HORNFESSEL,  f  rietnen,  woran  der  jäyer  das  hißhorn  trägt. 
Fbisch  1,469'. 

HORNFEST,  adj.  von  der  festigkeit  des  hornes,  ein  ausdruck 
des  forstwesens  in  bezug  auf  bäume:  das  birnbaumen  holz  ist 
hornfest  und  kleinjährig  verwachsen.  Fleming  t.  jäger  76; 
{der  birnbaum)  hat  ein  hornfestes  holz,  welches  kleinjährig 
erwachset.  Göcühälsen  nolab.  venat.  176;  das  holz  an  der 
sommerseite,  im  guten  gemäszigt  feuchten  grund  erwachsen, 
ist  öfters  bornfeste,  kleinjährig  und  sehr  dauerhaft.  Heppe 
jagdlusl  1784  3,  46S. 

HORNFISCH,  m.  name  mehrerer  fischarten  nach  ilirem  korn- 
artig verlängerten  vorderkopfe :  ostracion  cornutus,  auch  seestier. 
Nemmch  4,  S06;  syngnaihus  acus,  meernadel,  nadelfisch.  1411; 
xiphids,  Schwertfisch.  15S4 ;  balistes.  1,  573. 

HORNFLÖTZ,  n.  flötz  oder  schiebt  kalksteins  von  hornartiger 
färbe.  Jacobsson  2,  2>>7'. 

HORNFORM,  f  forvi  eines  hornes. 

HORNFÖRMIG,  adj.  coniiformis.  Nehmch  2, 1224. 

HORNFLSZ,  HJ.  cornipes.  Stieler  590. 

HORNFÜSZIG,  adj.  was  hufe  hat,  cornipes.  Frisch  1,469": 
hornfüszy,  was  hürnin  schule  hat,  als  die  geiszen,  cornipes. 
Maaler  231'. 

HÖRN  GESICHT,  n.  gesicht  mit  hörnern;  vom  monde: 

komm,  Lune,  säume  iiiclil, 
die  ganze  weh,  die  SL-hläft.    ich  wache  dich  zu  loben, 
strohm-lurstiim,  jäeer-frau,  nacht-auge,  horngesicht, 
berab;  itzt  Tang  ich  an  das  süsze  lobgedicbt. 

P.  Fleii-sc  632. 

HORNGESTANK,  m.  gestank  wie  von  angebranntem  hörn: 
er  pichts  {der  satan  das  gehörnte  jef^uiterhüllcin)  auf  alle 

eck  und  spalten, 
auf  das  es  mög  sein  unflat  blialten.  .  .  . 
er  feurls  so  sehr,  das  etlich  hörnlein 
tieugen  zu  zeigen  an  ein  zörnlein, 
eaben  von  sich  solch  lionigestank, 
aasz  die  halb  weit  darvon  ward  krank. 

FiscHART  dicht.  2,  267,  999  Kurt. 

HORNGESTEl.N,  n.  petrosilex,  hornstein.  Jacobsso.x  6,117*. 

HORNGEWÄCHS,  n. ;  die  gattung  gorgonia  begreift  alle 
diejenigen  seeproducte  in  sich,  welche  bei  den  autoren  bald 
litophyta  (steinpflanzen),  bald  lithoxyla  (Steinhölzer),  bald 
keratophyta  (horngewächse)  genannt  werden.  Nemmch  3,69. 

HORNGLASERZ,  n.  hornfarbujCs  glaserz ;  oft  dasselbe  was 
hornerz. 

HORNGOLD,  n.  eine  legierung,  da  auf  die  mark  91/2  karat 
yold,  das  übrige  am  gewichte  abei  silber  und  kupfer  ist.  Jacübssor 
2,  287'. 

HORNGROSCHEN,  m.  ein  düringischer  yruschen,  im  wappen 
mit  zwei  oben  gebogenen  hörnern.  Frisch  1,  46ü'.  vgl.  hörnels- 
pfennig. 

HORKHANS,  m.  Schimpfname  für  einen  betrogenen  ehemann, 
hahnrei.   gefl.  finken  211.     vergl.  hörn  sp.  1817. 

HORNHART,  adj.  hart  wie  hörn:  eine  hornharte  haut; 
honibert,  hert  wie  hurn,  corneolus  Maai.er  231*. 

HORNHASPEL,  m.  ein  mit  einem  horu,  einer  vorstehenden 
handhabe  versehener  haspel,  um  berge  und  erz  damit  aus  der 
grübe  zu  haspeln.  Jacobsso.n  2, 2S7*. 

HORNHAUT,  f  hornartige  haut;  namentlich  auch  Cornea,  eine 
haut  im  äuge:  die  äuszcre  haut  des  auges,  die  dickste  und 
stärkste  augenhaut,  .  .  besteht  aus  zwei  theilen  a)  trans- 
parens,  die  eigentliche  hornhaut,  die  vordere,  durchsichtige, 
runde  hornhaut;  und  b)  opaca  s.  sclerolica,  die  hintere, 
IV.  u. 


undurchsichtige,  dunkle,  harte,  gröszere  hornhaut.  Nemmcu 
2, 1224. 

HORNHÄUTIG,  adj.  mit  einer  hornhaut  versehen:  entblöszt 
am  riesen  eine  so  tödtliche  stelle  als  an  dem  durch  drachen- 
blut  hornhäutigea  Siegfried  (im  Nibelungen-lied)  die  kleine 
verwundbare  war.  J.  Paul  dämmertingen  62. 

HORNHECHT,  m.     l)  esox  betone  rostro  subulato.   Nexnich. 

2)  auch  ein  hecht,  der  in  den  beiden  ersten  monaten  des  Jahres 
laicht,  ebenda,  vgl.  hörn  für  januar  und  februar  oben  sp.  1S20, 
und  bornungshecht. 

HORNICHT,  adj.  mit  einem  hörn  oder  mit  hörnern  versäien, 
alui.  hornaht,  hornoht  cornutus,  cotniger  (Gbaff  4, 1038),  mlid. 
hoinebt  (Lexer  1,1342):  cornutus  hornecht  Dief.  nov.  gloss. 
115';  eerastes  hornecht,  hornicht  slange  gloss.  113';  gehörnte 
sive  hörnichte  hirsche,  cornigen  cervi,  hürnichte  schlänge, 
eerastes,  hörnichter  komet,  ceratias,  cometa  cornutus  Stieler 
776;  was  du  . .  aus  deinem  hürnichten  köpf  spinnest.  Lcther 
1, 361'  {an  den  bocJc  zu  Leipzig),  von  ranken  unter  dem  bilde 
eitus  stüszigen  bocks:  haben  ..  uns  also  mit  einem  horuichten 
und  stutzigen  rank  und  syllogismo  angetastet  und  überfallen. 
144'.     vgl.  hornig,  und  hörnricht. 

HÜRNICKE,  f  Crataegus  torminalis,  eisenbeere,  darmbeere. 
Nemmch  2, 1271. 

HORNICKEL,  m.  schelte  für  ein  böses  weib:  heuszlicher  hor- 
nickel.  gefl.  finken  211.  ob  an  die  stechende  und  sausende  hor- 
nisse  gedacht  ist?  vgl.  wegen  dei  form  unter  hornisse  7.  eine 
Zerlegung  des  wortes  in  hor-nickel  {schmutznickel)  wäre  wol  zu 
gewagt. 

HORNIG,  m.  hornisse,  s.  unter  diesem  warte  8. 

HORNIG,  HÖRNIG,  aij.  jünger  ßr  hornicht,  5.  oben : 
vernähet  drein  (ins  jesuiterhüilein)  die  hoffart  geistlich, 
durch  die  nadel  der  herschung  fleischlich,  .  . 
so  wirds  ein  hober  borniger 
und  ein  holTertig  zorniger.    Fiscbart  dicht.  2,248,261  A°ui^,- 

welche  die  natur  zu  schafifen  gemacht,  die  sollen  nit  hornig 
wie  bock  abgerichtet  werden.   Lehsans  1,556; 

sprang,  als  flöhe  vor  ihm  ein  kizlein  hörniger  gemsen, 
an  das  ufer  hinab.     F.  L.  Siolberg  die  insel  (1788)  155,48. 

schwartig  oder  hornig  nennt  der  weiszgerber  das  leder,  wenn  es 
nach  dem  gerben  hart  ist.  Jacobsso.»»  4, 78'. 

HORNIGEL,  m.  medicago  interlexta,  igelklee,  verworrener 
schneikenklee.  Nemnich  3,  526. 

HORNIGELN ,  verb.  ein  landschaftliches  oberdeutsches  wort, 
von  wechselnder  form  und  verschiedener  bedeutung. 

1)  hornigein,  prickeln,  jucken,  vor  kälte;  bair.  hurnigeln, 
von  den  exlremitälen  des  leibes,  als  fingern,  Ohrläppchen,  zehen, 
vor  kälte  jucken  und  brennen  {auch  urigeln,  ainigeln,  nigeln, 
igeln).  ScHM.  l,  1165  Fromm.;  in  Tirol  hurnöglen,  urneglen, 
vom  prickeln  der  nägel  vor  kälte,  umgedeutet  fuirnöglen.  Fromm. 
5,337;  schwäbisch  hornigein,  hurnigeln,  hurnielen,  empfindlich 
in  den  fingerspitzen  frieren.  Schsiiü  2S7  {auch  in  der  bedeutung  2); 
da  war  dem  patienten  nit  änderst,  wie  einem  ist,  der,  wann 
in  im  winter  heftig  frewrt,  in  ein  gäbe  wärme  kommet,  dar- 
von ihm  die  bände,  alsz  man  sagt,  hornägeln.  WCrtz  pract. 
d.  wundarzn.  3S1. 

2)  hornigein,  äark  hageln,  schneien  und  regnen;  im  aleman- 
nischen Sprachgebiete:  schweizerisch  hornela  stark  schneien  und 
weltern.  Tobleb  275';  schwäb.  hornigein,  hurnigeln,  hurnielen, 
hageln  des  winters,  schneien  und  regnen;  auch  schurnigeln. 
ScBMiD  a.  a.  0.;  im  Sund(]au  und  im  badischen  oberlande  es  hur- 
niglet,  hagelt,  in  Straszburg  es  hoinisselt;  ein  fögelin,  ein 
distelzwiglin,  oder  was  es  ist,  dj  selb  lidet  lieber  hunger 
und  durst ,  kelte  und  frost,  sehne  und  regen  im  winter,  so 
es  hürenyglet,  und  dg  es  frei  sei,  weder  dz,  es  gefangen  sei 
in  der  kefig,  und  zu  essen  und  zu  trinken  hab.  Keisersberg 
postUl  2,22*. 

3)  schweizerisch  ist  horuigern  auch  ein  spiel,  bei  dem  ein  klotz 
oder  eine  sciwibe  in  hochfiiegendem  bogen  geschleudert  und  vom 
gegentheüe  abzufangen  gesucht  wird.  Stalüer  2,  56.  Tobler  275/".; 
eine  Variante  desselben  heiszt  hornussen.  Stalder  a.  a.  0.,  und 
hurnussen:  das  hurnusscn  ist  nämlich  eine  arl  bailspiel, 
welches  im  frübjahr  und  herbst  im  kanton  Bern  auf  wiesen 
und  ackern,  wo  nichts  zu  verderben  ist,  gespielt  wird.  .  . 
die  spielenden  theilen  sich  in  zwei  parteieu ,  der  eine  hat 
den  hurnusz  zu  schlagen,  der  andere  in  aufzufangen,  der 
hurnusz  ist  eine  kleine  scheibe  von  nicht  zwei  zoll  im  durch- 
messer.  J.  Gotthelf  Uli  der  knecht  37.  bei  Fischart  unter 
spielen,  die  inns  feld  gehörten  zu  iiben,  auch  hurnausz.  Garg. 

115 


1827 


HORNISSE 


HORNISSE— HORNISSENBIRNE 


1828 


171*,  der  sonst  das  verbum  hurnauszcn  im  sinne  von  sausen, 
schwärmen  irauclU:  Wenden,  Sciaven,  Rügen,  Walen,  die 
undereinander  gehurnauszet,  gewalet,  gewandelt  und  gewendet 
haben.  27' ;  (als)  sie .  .  mit  büchsstralen  zu  im  lierausz  prasz- 
leten,  tonnerlen  und  hurnauszten.  233* ;  tck  auch  bei  Stalder 
2,  56  hornäszen  im  sinne  von  heftig  und  laut  mit  worlen  streiten 
verzeichnet  wird. 

Wie  die  formen  hornigein  und  liornisseln,  hornussen  neben 
einander  laufen,  so  ist  wol  auch  kein  zucifcl,  dasz  das  verbum 
mit  dem  unten  folgenden  namen  der  hon.  sse,  die  auch  hornig 
heiszl,  zusammenhängt,  ob  in  directer  ableitnng  davon,  oder  laut- 
malend mit  dem  worte  sich  eng  berührend,  zunächst  scheint  das 
verbum  den  sausenden ,  schwirrenden  klang  zu  malen ,  wie  er 
ähnlich  beim  fluge  der  honiisse  ertönt,  und  in  der  bedeutung  3 
tritt  das  noch  ganz  offen  hervor,  indem  man  die  scbeibe,  die  den 
hauptbestandtheil  des  Spieles  bildet,  in  ihrem  fluge  mit  jenem  thier 
vergleicht,  in  den  bedeutungen  l  und  2  ist  aber  wol  mehr  der 
stich  des  thieres  zur  verglcichung  heranzuziehen. 

HORNISSE,  f.  vespa  crabro,  in  manigfach  wechselnden  formen 
auftretend. 

1)  dem  ahd.  und  mhd.  masc.  hornuj,  ags.  hyrnet,  entspricht 
auch  noch  nhd.  horiiusz,  hurnusz,  hürnusz:  crabro  hurnusz, 
hornuz,  hornus  Ditr.  154';  der  hurrnusz,  crabro  Maaler  233'; 
von  hurnussen  und  bremen.   Pinter  pferdschatz  421; 

die  wesp,  hürnusz  und  bihn.    Weckherlin  766. 

2)  häufiger  aber  ist  die  form  hornaus,  hurnaus,  der  diphlhong 
der  zweiten  silbe  setzt  voraus,  dasz  man  früher  auch  hornüj 
gesprochen  habe:  crabro  ein  hurnausz  Dasvp.  ;  crabro  hornausz, 
horsseln.  Apberuiani  Tyrocinium  (15S1)  151 ;  crabro,  hornausz, 
hörlitze.  Golii  onomast.  (15S2)  305;  bair.  der  hurnausz.  Schm. 
1, 1165  fromm. ;  schrecklich  von  den  bremen,  hurnausz,  wefzen 
geplaget  werden.  Fischart  groszm.  132;  brunipt  ein  basz  wie 
ein  hurnausz  inn  eim  stiffel.  Garg.  227';  plur.  hurnauszen: 
die  hurnauszen  hurrnen  die  bienen  aus.  245" ;  den  haben 
tausend  hurnauszen  mit  einem  schwärm  herausz  farende  zu 
todt  gestochen.  S.  Fra.nk  chron.  2%' ;  neben  der  vorher  an- 
gegebenen form :  hurnauszen  reizen ,  in  ein  hurnussen  näst 
stächen,  das  ist  ein  unrüwigen  menschen  reizen,  crabrones 
irritare.  Maaler  233'.  in  compositen :  hurnausenstürmig  und 
bramenschwirmig.  Garg.  82*;  damals  .  .  pflegt  das  volk  hur- 
nau?;;eu  weisz,  legionisch  und  belzeiibubbisch,  dürmisch  und 
stürmisch  zusammen  zu  kommen.  15ü'. 

3)  auch  umgelautet  in  letzter  silbe,  hornäus,  hurnäus :  crabro 
horneüsz  Dief.  154' ;  die  fliegen ,  weffzen  und  hurneyszen. 
Steisböwel  (14S7)  ss';  ist  gut  wider  allerlei  thier,  so  da 
stechen,  als  da  sind  die  hurnausz  und  dergleichen.  Taber- 
.>AEM0STANüs  kräuterb.  847. 

4)  mit  Schwächung  des  vocals  der  letzten  silbe  schon  ahd.  hornij, 
hurni;  (Graff  4, 1039),  auch  mhd.  hornij,  harnij :  scarabei,  die 
sint  rül  als  die  hornij,  si  sint  aber  klainer  wan  die  websen. 
Megenberg  292,36;  si  (die  bienen,  acc.)  laidigent  {schädigen) 
auch  von  nätör  die  websen  und  di«  harnij.  291, 35 ;  crabro 
hurnisz,  hurnis,  hornisz  Dief.  a.a.O.;  verbreitert  hornüsch: 
von  dem  hornüsch  und  einer  bynen.  B.  Waldis  Esop  3,  S5 
uberschr.;  umgelautet  hörnis:  das  in  hart  beiszct  oder  stiehl, 
als  ein  hörnis  oder  wurm.  Lütoer  3,246*;  so  wil  er  aber  ein 
anders  haben,  so  kriegt  er  denn  bumeln  für  fliegen,  und  zu 
letzt  hörnissen  für  bumeln.  321*. 

5)  auf  dieser  form  beruht  die  heute  allein  schriftgemäsze  lior- 
nisse,  wobei  das  männliche  geschleckt  in  das  weibliche  sich  ändert, 
und  die  hauptbetonung  wenigstens  jetzt  meist  auf  die  zweite  silbe 
geruckt  ist  (hornisse).  wie  friüi  beides  statt  hat,  ist  nicht  zu 
sagen,  die  alte  betonung  h6riiisse  noch  bei  Scdiller  : 

und  unterwegs  begegnet  ihm  liti  schwärm 

von  homtssen,  die  fallen  auf  .sein  russ, 

da»z  e«  für  marter  lodt  zu  boden  sinkt.     Tctt  4,3. 

der  plur.  hornis.sen,  den  Lctiikr  häufig  braucht  {vergl.  auch 
oben  2  den  plur.  hurnauszen)  scheint  schon  weiblichem  hornisz, 
bornisse  anzugehören :  ich  wil  horni^isen  für  dir  her  senden. 
1  JVoi.  2.1,  28 ;  da  zu  wird  der  hvrr  dein  gutt  bornissen  unter 
sie  senden,  bi^  umbhracht  werde,  was  uberig  iM.  b Mos. ',20; 
und  sandte  homissen  für  euch  her.  Jos.  24, 12 ;  sandtest  für 
dir  her  deine  vordraber,  ncmlich,  dein  beer,  die  homissen, 
auf  das  sie  die  selbigen  mit  der  weile  uinbbrechlen.  weish. 
Sal.  12,7.  die  Wörterbücher  seit  dem  17.  jahrh.  verzeichnen  das 
mrt  nur  noch  alt  weiblich:  die  burnis  crabro  Sciiuttel  13:)9; 
die  br.rni^,  hornü»,  crcAro  Stiei.er  776;  die  borneisz  Fm.icH 
1,499*;   die  hurnisz  Adelung;   die  bornisse,   erabro,  oettrum 


Steinbach  1,788;  hornisz,  ist  ein  fliegendes  Ungeziefer  .  .  . 
wenn  ein  mensch  von  einer  hornisse  gestochen  ist.  soll  man 
etliche  fliegen  fangen  und  auf  dem  stich  zerdrücken,  öcon. 
lex.  1079;  die  wuth  .  .  einer  zur  räche  gereizten  hornisse. 
Wieland  3, 126(105).  Sprichwörtlich  bornissen  im  köpfe  haben, 
böse  sein;  was  stellet  er  manchmabl  nicht  mit  allerlei  künsten 
an,  wann  er  recht  aufgeräumet  ist?  ist  ihm  aber  eine  hor- 
nisse im  köpf,  mag  sich  einer  hüten,  wann  das  weller  ein- 
schlaget, ped.  schulf  74.  bergmännisch  homissen  auslassen, 
Unfug  treiben.  Veith  bergwörterbuch  275;  hornussen  auslassen, 
ist  so  viel,  als  wenn  die  bergjungen  unfug  treiben,  bergwerks- 
lex.  303*.     s.  unter  6. 

6)  gekürzte  form  zu  hornisz,  hornisse  ist  hornse,  hörnse, 
männlich  oder  weiblich:  crabro  hörnsen ,  hürmscn  Dief.  154'; 
und  dem  (Midas)  man  sein  hornsen  auf  der  hornstadt  bat 
ausgelassen  (vergl.  oben  5  und  bornslatt),  wie  dieser  brauch 
noch  heuliges  lags  bei  dem  bergwerk  geblieben  und  die  gugcln 
von  bergkappen  an  die  kauen  genagelt  werden.  Mathes.  Sar. 
13*;  das  verdrosz  den  abgott  Apollo,  der  schuff  seinem  richler 
(Midas)  zwei  eselsohren ,  die  trüge  er  ein  lange  zeit  unter 
seiner  bergkhaub  oder  bergkap  verborgen,  bisz  ihm  sein  diener 
den  hornsen  ausziiesz  und  bracht  sein  thorheil  in  die  gruben. 
14*;  aber  gleichwol  ist  Salomon  ein  kluger  und  glückseliger 
bergman,  ob  er  schon  in  fremde  zechen  eingefaren  und  seine 
weiber  im  den  hornsen  haben  auszgelassen.  22' ; 

die  biene,  fliege,  muck,  und  wespen,  hornsen,  hummeln. 

WlEDEMANW  Jut.  23; 

noch  jetzt  rheinisch  der  hermes,  hornisse,  wespe.  Kehrein  194. 
niederdeutsch  entspricht,  da  das  s  dieses  wortes  auf  früheres  j 
zurückgeht,  hörnte  bei  Frisch  1,409*  aus  Chytraeüs. 

7)  verschiedene  erweiterte  formen :  crabro  hurnüssel,  hurnesscl, 
hornessel  Dief.  a.a.O.;  fand  er  ungevarlich  einen  hurneiszel, 
das  ist  einen  gar  groszen  wefl"zen.  Steinhöwel  (1487)  65*; 

im  köpf  so  stechen  in  die  egein, 

die  hurneuszl,  die  bundsmuckn  und  grillen. 

H.  Sachs  4,  3,  9' ; 
wenn  der  groszc  hurneiszel  nit 

als  ein  mitler  werd  machen  frid  (twischen  mucken  und 
ameisen).    müclienkr.  1,609; 

der  groszen  rosskäfer  oder  hürnisseln  eine.  Kibcbhof  wend' 
unmul  256*; 

zu  dem  hornüschel  kam  ein  byn. 

B.  Waldis  Esop  3,  85,  1 ; 

wer  kann  der  flamme  befehlen,  dasz  sie  nicht  auch  durch 
die  gesegneten  saaten  wüthe,  wenn  sie  das  genist  der  hor- 
nissel  zerstören  soll?  Schiller  raub.  2,3;  rheinisch  die  hor- 
nessel; hornissel  Kehrein  201. 

8)  auch  formen  mit  gutturatis  in  der  zweiten  silbe:  crabro 
hornig,  horning  Dief.  a.a.O.;  horneche,  hornech  nov.  gloss. 
117*;  noch  niederdeutsch  hornekc,  hornke  Aonuwe  Scuamb.  86'; 
bork  Schütze  2, 164.  eine  forni  bomigel  (die  sich  zu  hornig 
verhielte  wie  hornissel  zu  horni.sz)  wäre  vorauszusetzen  (vergl. 
bornigeln  zu  ende),  kann  aber  nicht  belegt  werden,  doch  s.  hor- 
nickel  sp.  is26. 

!))  endlich  formen  mit  1  statt  n,  manigfach  wechselnd :  crabro 
horlitz  Dief.  a.  a.  o.;  von  dem  barli^.  crabro  haijt  ain  harlij 
oder  ain  liarnij.  Megenberg  300,12;  hörlitze  Nemnich;  hur- 
lassen in  Kärnthen  Lexer  146.  niederländisch  ist  horsel,  crabro, 
tabaiius,  asilus,  oestrttm  Kilian  ;  vergl.  auch  deutsches  horssel 
oben  unter  2. 

10)  hurneuscl  in  foigendem:  item  wie  man  (dtm  doctor  Luther) 
meldet,  dasz  etliche  hurneuscl  grosze  klöstergüler  an  sich 
gezogen  und  bofschranzen  damit  begnadet  hätten.  Scruppids 
830  (aus  .Mathesius).  (>l>  hierbei  dir  hornisse  als  bild  für  einen 
groszen  bösewidtt  gebraucht  ist,  steht  dahin,     vgl.  oben  hornickel. 

11)  m(/ii  faszt  hornisse  gewöhnlich  als  ableilung  zu  hörn 
(i/rumm.  2, 223),  und  denkt  sich  den  namen  zusammenhangend 
mit  dem  summenden  tone  beim  fluge  des  thieres,  den  man  für 
einen  hornahnltrhrn  nimmt  (WACkKiiNAGEL,  voces  var.  nntm.  71). 
aber  urnn  aiuh  mhd.  dicjen  vom  hörne  wie  vn»  der  hornisse 
gebraucht  wird: 

der  hornus  »ol  diejen.    twein  'iW. 

so  ist  doch,  da  als  kern  des  wortes  neben  hörn-  auch  iiorl-  und 
bor»-  gellt,  u<ihrscheinlicher,  dnsz  dasselbe  ein  lautmalendes  und 
erst  später  tu  hom  in  beziehung  gebiailitcs  grbilde  sei.  so  ist 
kymrüch  chwyrnu  schnarchen,  schnarren  lautmalend  und  chwyr- 
nores  hornisse  aufs  engste  damit  zusammenhängend. 

IIORMSSENRIRNE,  f  pt/rus  poUvileria,  lojeronenbime , 
mitpelbirne,  mehlbirne.  Nemnicb  4,  IIOO. 


1829         HORNISSENNEST  — HÖRNLEIN 


HORNLEISTE  —  HORNRICHTER 


1830 


HORMSSENNEST,  n.  nest  der  hornissen :  in  ein  hurnussen 
näst  stächen,  das  ist,  ein  unrüwigen  menschen  reizen,  cra- 
brones  irritare  Maaler  233';  wolle  er  nicht  in  ein  hirnisennest 
stören,  polit.  hofmädgen  69. 

HORMSSENSCHWARM,  m. 

HORNISSENSTICH,  m. 

HORNIST,  m.  hornbläser  in  einer  viusikiapelle. 

HÖRN  JAGD,  f.  jagd,  wobei  die  hunde  durch  blasen  auf  hOmern 
tum  suchen  ermunleii  tcerden.  Jacobssos  2,  2S7'. 

HORNJAGEN,  n.  dasselbe.  Adelii.-hg. 

KORNKÄFER,  m.  lucanus  cervus,  hirschkäfer.  Nemmch  3,437. 

HOR.NKAMM,  m.  kämm  aus  hörn  verfertigt. 

HORNKERN,  m.  am  pferdehuf  der  innere  theil,  das  mark 
des  homes;  bei  den  hörnern  das  inttere,  der  keim  aus  dem  sie 
wachsen,  rergl.  kern  theil  5,  sp.  596:  kamen  uns  drei  unge- 
heure hornkerne  {vom  stier)  zu  statten,  weiche  schon  vor 
mehreren  jähren,  im  kies  der  lim,  bei  Meliingen  gefunden 
worden.  Göthe  55,  291 ;  nun  krümmen  sie  (die  hOrner  des  ur- 
stiers)  sich  einwärts  und  laufen  in  einer  solchen  Stellung  aus, 
dasz,  wenn  man  auf  die  hornkerne  sich  die  hornschale  denkt, 
die  als  sechs  zoll  länger  anzunehmen  ist,  sie  in  solcher  rich- 
tung  wieder  bis  gegen  die  wurzel  der  hornkerne  gelangen 
würden.  297;  die  äuszere  hornschale  . .  erst  den  noch  kleinen 
hornkem  verdeckend.  299. 

HÖRN  KIRSCHE,  f  comus  mascula,  komelkirschenbaum  und 
seine  frucht.     vgl.  hörnerbaum. 

HORNKLEE,  m.  latus  corniculatus ,  gehörnter  Schotenklee. 
Nesi.mcb  3,  447. 

HORNKLUFT,  f.  krankhafte  spaltenbildung  im  Hufe  der  pferde, 
esel  oder  des  rindviehs:  die  hornkluft  ist  ein  spalt,  von  dem 
haar  bisz  zum  eisen,  um  die  gegend  der  wand,  nemlich  dasz 
der  huf  von  oben  bisz  unten  inwendig  der  wand  als  am 
schwächsten  ort  aufspringt.  Hohbebg  3,2,224';  item  die  ring 
an  hüfen  feilen  sie  {betrügerische  rosstäuscher)  glatt  hinweg  und 
bestreichen  die  hornklüfle  mit  wachs  oder  pech.  2, 173' ;  {die 
hohen  schmalen  hufe)  seind  den  hornklüften  geneigt.  Böckler 
kriegsschule  969 ;  eine  gute  rote  salb  zu  machen  zu  gespallnen 
füszen,  hornklüften.    Seüter  rossarzn.  220. 

HORNKLtFTIG.  adj. :  ob  das  pferd  nicht  vollhüfig,  horn- 
klüftig,  floszgallicht  oder  bockbeinicht  sei.  Hoüberc  2, 173'. 

HORNKOBALT,  m.  eine  schwarze,  sehr  harte  und  mit  stahl 
feuerscidagende  koballart.  Jacobssok  5, 189'. 

HORNKORALLE,  f.  plur.  hornkorallen,  gorgonia,  seestauden 
mit  hornartigem  stamm.  Nem.mch  3,  69.     vgl.  horngewächs. 

HORNKRAUT,  n.  cerastium,  wegen  der  homförmigen  Samen- 
kapsel. Nem.^icu  2,945. 

HORNKUCHEN,  m.  kuchen  in  hornform,  hornaffe  (s.  d.). 

HORNKÜM.MEL,  m.  delphinium  consolida,  ritlersporn.  Nemmich 
2, 13S7.  auch  hypecoum  procumbens,  lappenblume,  schotenkümmel. 
3, 197. 

HORNLATERNE,  f  aus  hörn  verfertigt :  hornlaterne,  laterna 
Cornea  Stieler  1121 ;  die  hornlaternen  .  .  sind  eine  der  vor- 
nehmsten Verzierungen  in  den  chinesischen  gemächern,  wo  sie 
die  stelle  unserer  krön-  und  armleuchter  vertreten.  Jacobsson 
5,  341'. 

HORNLEI.M,  m.  leim  der  aus  den  lederabgängen  der  lohgerber, 
pergamentmachcr  und  weiszgerber  gemacht  wird,  und  der  seines 
ansehens  und  seiner  Steifigkeit  wegen  diesen  namen  erhalten  hat,  im 
gegensatz  des  fischleims  oder  der  hausenblase.  Jacobsson  2,287". 
eigen  cerimonia  hornleym,  hornsalbe  Dief.  114';  der  ghssator 
hat  an  xe^a^,  an  cera  oder  an  cervus  gedacht,  vergl.  cerimmia 
zalve  van  hertes  {hirsches)  hörn  nor.  gloss.  86'. 

HÖR.NLEIN,  n.  corniculum.  Steinbach  1,788;  comiculum 
hörnlin  Dastp.,  wie  hörnchen  sp.  1S22. 

1)  kleines  hörn  an  thieren. 

2)  kleines  hörn  zum  blasen:  es  seind  nicht  alle  Jäger,  die 
hörnlein  führen.  Scbottel  1128'; 

auch  leit  ein  schul  bei  der  smelzhutten; 

da  musz  man  in  ein  bomlein  tutten, 

so  zeucht  man  auf  und  lest  in  ein.    fastn.  sp.  357,27. 

3)  Weiner  hornförmiger  gegenständ,  so  das  *  vierhornige  und 
viereckichte'  hütlein  der  Jesuiten: 

0  hörolein,  aller  hom  ein  trutz, 

0  hütlein,  vor  dem  man  sich  hüt. 

FiscHAni  dicht.  2,  268,  1020  Jfur:  ; 
auch  ein  schröpßopf:  hörnle  ansetzen ,  schräpfen ,  admovere 
cucurbitulam  Maaler  228*;  hornförmiges  oder  aus  einem  hom 
gefertigtes  gerät  zum  saugen:  han  also  durch  ein  hürenlin,  wie 


im  land  der  bruch  ist,  wen  man  die  kind  entwent,  mieszen 
kiemilch  sugen.  Platter  4. 

4)  hörnlein,  eine  krankheit  der  pferde:  es  begibt  sich  auch, 
dasz  beiderseits  an  diesem  oder  jenem  fusz  bei  oder  an  der 
Wurzel  der  huf  zween  knolln  oder  beulen  eines  halben  eyes 
grosz,  mit  den  spitzen  in  die  höhe  gerichtet,  erwachsen: 
welche  etliche  dieweil  sie  das  lebendige  desz  fuszes  hart 
zusammen  zwingen  oder  eng  einziehen,  den  zwang  nennen, 
etliche  aber  die  hörnlin,  dieweil  sie  sich  den  hörnern  etlicher 
thier  vergleichen.  Uffenbach  neues  rossbuch  (1603)  2,  270. 

5)  hörnlein ,  zweifelhörnlein  wurden  von  den  alten  bienen- 
vätem  die  an  den  enden  der  waben  herrorstelienden  bauchigen 
Zellen  genannt,  bei  deren  dasein  die  fortdauer  eines  schwarmes 
immer  als  sehr  zweifelhaft  angesehen  wurde.  Scbm.  1,1164  Fromm. 

HORNLEISTE,  f   leiste  die  in  eine  nulhe  eingeschoben  wird, 

um  das  werfen  eines  bretes  zu  verhindern;  vgl.  hirnleiste  sp.  1561. 

HÖRNLER,  m.    l)  der  hornkdfer,  hirschkäfer,  huanus  cervus. 

2)  hörnler  lieiszen  die  bienen,  wenn  der  auf  ihren  köpf  ge- 
fallene blumenstaub  zu  kleinen  biischeln  wäcftst.  man  pflegt  diese 
krankheit  hörnerkrankheit  oder  büschelkrankheit  zu  nennen. 
Nemnich. 

3)  hörnler,  ein  bienenschwarm ,  dessen  waben  an  den  enden 
hervorstehende  bauchige  zeUen  zeigen  {vgl.  hörnlein  5).  Schmeller 
1, 1164  Fromm,  auch  in  der  form  hörndler,  die  auch  ßr  l 
überliefert  ist. 

HORNLERCHE,  f.  blennius  cornutus,  ein  fisch  des  indischen 
meeres.  Nemnich  1,  622. 

HORNMACHER,  m.  1)  ehemals  ein  besonderer  handwerker  in 
Tiürnberg,  der  lalernen  von  hörn  verfertigte;  auch  hornlaternen- 
macher.    Jacobsson  6, 117'. 

2)  hornmacher,  hahnreimaeher,  subagitator  alienae  uxoris,  fundi 
alieni  arator.  Stieler  1193. 

HORNMEHL,  n.  mehlartiger  abfall  von  gedrechseltem  oder 
sonst  verarbeitetem  hörn:  400  centner  h<irnmehl  sind  zu  ver- 
kaufen. Frankfurter  journ.  vom  3.  nov.  1S72,  3.  beilage. 

HORN.MESSER.  »i.  ein  groszes  messer,  womit  der  kammacher 
das  gepreszte  hom  behaut. 

HORNMOHN,  m.  chelidonium  glaucium,  hörnermohn. 

HORNNASE.  f  rhinoceros.  Nehnich. 

HORNNEIFE,  m.  bei  DCrer  die  volute  eines  kapitells:  dise 
lini  ist  zu  brauchen  zu  den  blettern  under  ein  hornneifen 
under  ein  captel.  underweisung  der  messung  (l525)  Cij';  under 
andern  ist  sie  {die  schneckenlinie)  zu  einem  horneifen  an  ein 
capitel  nützlich.  A  iij  *.  zu  neife,  welches  eine  krümmung  aus- 
drücken musz,  liesze  sich  etwa  vergleichen  Schweiz,  nifen,  nyffen 
die  nase  rümpfen  Stalder  2, 238. 

HORNOCHSE .  »/».,  gehörnter  ochse,  auch  Schimpfwort  ßr 
i'inen  dummen  menschen. 

HORNPATELLE,  f.  palella  pellucida,  eine  schneckenart.  Nem- 
NicH  4,878. 

HORNPFORTE,  f :  nein,  das  dachte  ich  doch  nicht,  dasz 
dieszmal  die  hornpforte  aufgehen  würde.  Klopstock  gramm. 
gespr.  146.  bildlich,  vom  hervorkommen  einer  waltren  Vorstellung, 
mit  bezug  auf: 

denn  es  sind  zwo  pforten  der  luftigen  traumgebilde : 
diese  von  ell'enbein,  und  jene  aus  hörne  verfertigt, 
welche  nun  gehn  aus  der  pforle  geschliffenes  elfenbeines, 
solche  täuschen  den  geist  durch  wahrheitlose  verkOndung. 
aber  die  aus  des  hornes  geglätteter  pforte  herausgehn, 
Wirklichkeit  deuten  sie  au,   wenn  der  sterblichen  einer  sie 
schauet.    O'/ussee  19,  562/f. 

HORNPLATTE,  f  aus  hom  gepreszte  platte. 

HORNPOGGE,  f  coltus  quadricornis.  ein  fisch.  Nemnicb. 

HORNPOMERA.N'ZE,  f  eine  art  pomeranzen  mit  homförmigen 
hückem. 

HORNPRESSE,  /".  presse  um  das  hom  zwischen  eisernen  platten 
gerade  zu  pressen. 

HORNQUECKSILBER,  n.  quecksUbererz,  worin  das  quecksilber 
mit  Vitriol-  und  Salzsäure  verbunden  ist.  Jacobsson  7,10*. 

HORNRASPEL,  f  raspel  um  hom  damit  zu  raspeln. 

HORNRAliCHBllCHE,  f  carpinus  betulus,  hagebuehe.  so  im 
Hohenlohischen  wegen  ihrer  rauhen  blälter.  Neun  ich  2,  895.  vgl. 
hornbuche. 

HÖRNRICHT,  adj.  hörnerartig,  hörnerähnlich:  weil  .  .  ihr 
{der  Fenns)  gestirne  eben  so  wie  der  monde  ab  und  zunehme, 
wenn  es  der  erden  am  weitesten  entfernet,  voll  und  am 
grösten ,  bei  näherung  der  erden  aber  hörnricht  und  am 
kleinsten  wäre.  Lohenstein  Armin,  t,  320*. 

HORNRICHTER,  m.  ein  kammacher,  welcher  die  oehsenhürner 
gerade   richtet   und  pres:t.    Jacobsson  2.288':    der  mensch  .  . 

115^ 


1831 


HORNROSE  —  HORNSTEIN 


HORNSTIRN—  HORNWERK 


1832 


hatte  als  liorndrechsler  da  (in  Piümberg)  gearbeitet  .  .  und 
lange  als  sogenannter  hornricbter  und  weibergeselle,  weil  er 
nun  nicht  mehr  ineister  werden  konnte,  klauen  für  die  kam- 
macher  zugerichtet.  J.  Paul  palingenes.  l,  34. 

HORNROSE,  f.  rosa  canina,  hundsrose,  gemeine  wilde  rose. 
Nemmch  4,1169. 

HORNSALBE,  f.  salbe  für  die  hufe  der  rosse  uiid  anderer 
huftliiere.  ücon.  lex.  lOSO.     vgl.  auch  unter  hornloin. 

HORNSAME,  m.  ceratospermum ,  eine  krijptogamisehe  pflanze 
tnil  hornförmigem  samen.    Nemnich  2,949. 

HORSs.VTZ  ,  »?J.  schnüre  am  hiflhorn  der  Jäger,  von  bocks- 
oder  hammelhaaren  gepochten ,  neijst  einem  grünen  schleifbande. 
Frisch  1,469*. 

HORNSCHADEN,  m.  schaden  an  dem  hufe  eines  thieres: 
allerlei   horn>;cli8den  und  hufmiingei.  iJcon.  lex.   lOSO. 

HORNSCHALE,  f.  der  äuszere  theil  eines  hornes,  der  den 
hornkern  umschlieszt.  (Iöthe  55,297.    $.  die  stelle  unter  hornkern. 

HORNSCHALLLNG,  f.  stosz  ins  jägerhorn.  Frisch  1,469'. 
hornschällung.  Becher  47.  älter  hornschellung,  s.d.  und  horn- 
scheilen. 

HORNSCHEIBE,  f.  scheibe  von  harn  gefertigt,  zu  laternen 
u.  ähnl.  verwendet. 

HORNSCHEIN,  m.  der  schein  oder  neitmond  im  hornung, 
februar.  Adelung. 

HORNSCHELLEN,  verb.  ins  harn  blasen  (zur  jagd):  und  sol 
nieman  in  disen  zilen  {grenzen}  hornschellcn  noch  gewilt  vellen. 
ueisth.  1,4  (Zürich,  U.  jahrh.). 

HORNSCHELLUNG,  /".  slosz  ins  jägerhorn :  als  dann  kompt 
der  leidhund  mit  groszer  begird  und  hochlautend :  wird  im 
sein  theil  (vom  hirsch),  im  jagerrecht  von  dem  jager  gereicht, 
mit  lauteren  schönen  weidsprüchen ,  von  hellem  halsz  und 
hornschellung,  bou,  hon,  hou.  Sebiz  feldb.  5C8. 

HORNSCHIEFER,  m.  petrosilex  schistosus,  schiefriger  hornstein. 
Nemmch  4,  916. 

HORNSCHLANGE,  f  schlänge  mit  einem  hörne:  cerastes  horn- 
slang  DiEF.  113';  hornscblange,  gehörnte  schlänge,  cerastes, 
alias  krön-  sive  gekrönte  schlänge  Stieler  1&55.  auch  eine 
Schneckenart,  serpula  lumbricalis.  Nemnich  4, 12S7. 

HORNSCHLAPPE,  f  kopßedeckung mit  hörnern;  vom  jesuiler- 
hüilein : 

drumb  ist  den  schneidern  keine  schäm, 

(lasz  sie  disz  hütlein  mit  sein  laiteo 

lür  ihr  grösl  meisierstuck  heut  halten, 

weils  doch  die  leulcl  (uls  erlindei)  säur  kam  an, 

ehe  sie  vollbracht  die  hornschlapp  han. 

FiscuART  iliclit.  2,  2C3.  820  Kurz. 

HORNSCHNABEL ,  m.  schnabel  von  hom ,  und  träger  eines 
solchen;  daher  name  des  nashm-nvogels ,  buceros  rhinoceros,  und 
einer  schlanqe,  boa  hipuale  (.Nemnich  1,C29). 

HORNSCHNECKE,  f  buccinum,  auch  trompctenschnccke. 

HORNSCHROT,  m.  n.  abschnitt  eines  hornes,  woraus  durch 
Spaltung  die  hornplatten  gewonnen  werden.  Jacobsson  2,  2SS'. 

HORNSCHRdTER,  m.  lucanus  cervus,  hirschkäfer. 

HORNSCHUH,  m.  schuh  von  hom,  huf:  die  einhurer  be- 
sitzen ein  gewisses  taslgefüh!  in  ihren  füszen  trotz  des  horii- 
schuhes.  Bbehk  illustr.  thierl.  l,  xxiii. 

HORNSE,  s.  hornisse. 

HORNSILBEH,  n.  argentum  corneum. 

HORNSOHLE,  f  die  untere  fläche  eines  hufes. 

HORNSPALTE,  f.  was  hornkluft:  so  ein  rosz  hornspall 
hat :  nimm  rockenkorn,  send  das  in  wasser,  biods  heisz  auf 
die  hornspall,  das  weichet  das  hörn  und  zeucht  es  wieder 
zusammen.  Tabernaemont.  &(i9. 

HORNSPALTIG,  adj.  hornspalten  habend. 

HORNSPAN,  m.,  plur.  bornspäiie,  die  abgänge  beim  befeilen 
und  schaben  des  hörnt;  ein  dünyemillel.  Jacobsson  2,  2Ss'. 

HOHNSPiTZE,  f  die  tpilze  eines  rinder-  oder  andern  horns, 
die  der  drechtler  zu  einer  pfeifenspilze  verarbeitet,  das. 

HORNSTATT,  f  der  räum  über  einem  schacht  oder  einer 
ifTube,  worauf  der  haspel  sieht;  genannt  nach  den  hnspelhörnern, 
die  einen  grötzeren  platz  zum  umdrehen  beanspruchen,  es  ist 
der  ort,  wo  die  bergleule  mit  einander  plaudern.  Frisch  l,4üü*: 
damit  ihr  nun  euch  «olches  zu  sinne  füren  und  in  ewern 
kawen  und  hornstelen  darvon  reden  ..  könnet.  Picakuer  S,43I. 

HÜRNSTÄTTER ,  m.  hatpehieher  auf  einer  hurnstaU.  VsiTi 
btrgwvrttrb.  276. 

HORNSTAFDE,  f.  hornkoralk. 

HORNSTEIN,  m.  i)  wn  mekrtren  ^einarlen:  petrosilex,  silex 
c«rn€iUf  alt  nmuMner  liornstein  und  «rliirfrigrr  hornsleiu  vor- 


kommend. iNemnich  4,916;  auch  silex  pyromachus,  feuerstein. 
1296;  bornstein,  silex  M aaler  23l' ;  was  ein  sehr  gemeiner 
hornstein  bei  einem  sehr  echten  üarmslädter  stähle  thul. 
Carl  August  an  Merck  (1S5:?)  s.  257.  bei  den  bergleuten  in  wei- 
terem sinne:  hornstein  ist  eine  schwarze,  weisze,  rölhlicbe 
und  von  allerhand  couleurcn  strenge  bergart,  worauf  bisz- 
weilen  siiber  angeflogen  ist,  und  welche  bei  reichballigen 
geschicken  brechen,  bergwerkslex.  (1793)  303'. 

2)  hornstein  im  salzweik:  dasz  sie  (die  salzwirker)  auf  den 
herd  unter  jedes  hörn  oder  ecke  der  planne  ein  stücke  Ziegel- 
stein (die  horn-steine  genant)  legen.  Hondorf  besclireib.  des 
salzwerks  zu  Halle  59. 

HORNSTIRN,  /".  hornbewehrle  slirn : 

0  hornstirn,  o  hurnstirn, 

o  hörncrlrutzig  eckechl  hirn  (in  6/'s«!;  auf  das  jesuilnhiillein). 
FiscHART  äiclit.  2,269,1087  Kurz. 
HORNSTOSZ,  m.  stosz,  rasches  blasen  in  ein  hörn:  mit  einem 
hornslosz  den  feind  ankimdigen. 

HORNSTÖSZIG,  adj.  mit  den  hörnern  stoszend.  Frisch  1,469'; 
hornstöszig,  geil,  pelukus  Maaler  231'. 

HORNTELLINE,  f.  tellina  cornea,  eine  muschelart.  Nemhich 
4, 1426. 

HORNTHIER,  n.  gehörntes  thier: 

sei  du  (jesuiicrhiillein)  das  hornthier,  welches  schallt 
dasz  man  anbett  der  besiy  krall. 

FiscHAHT  fliclit.  2,  269,  1007  Aiirr. 
HORNTRAGER,  m.  träger  eines  hornes,  horntrager,  der  hörn 
tregt,  corniger  Maaler  231*. 

1)  nach  hom  sp.  1817  hahnrei.  Happel  acad.  roman  43.  vgl. 
hörn  er  trager. 

2)  horntrager,  ein  vogel,  palamedea  cormda,  brasilianischer 
kranich.  Nemnich  4,  834. 

HORNCBEND,  part.  das  hom  fleiszig  brauchend,  d.  h.  zum 
angriffe  schnell,  ein  biki  vom  stier  hergenommen  (rergl.  born 
sp.  1S16):  Gurgcllangewang,  als  ein  junger  horniibender  ritler, 
ward  über  d;is  ganz  beer  feldoberster.  Garg.  204'. 

HORNUNG,  ni.  februar,  wie  amjenovtmen  wird,  eine  patro- 
nymische  bildung  zu  hörn  januar  (groszer  und  kleiner  honi 
vgl.  sp.  1820),  doch  findet  sich  auch  der  grosze  und  der  kleini' 
hornung  für  januar  und  febrwir.  Peti:r  volkslhüml.  aus  östnr. 
Schlesien  1,391.392.  schon  ahd.  hornimg,  hornnngmünoth,  mbd. 
hornunc,  jetzt  in  süddeutschen  muudarten  noch  lebend,  in  der 
Schweiz  ofßciell  für  fcbiuar  auch  in  der  schrißsprache  verwendet, 
vergl.  die  ausführliehen  nachweise  bei  Grimm  geseh.  der  deutsclien 
Sprache  s.hlfgde.  Weiniiold  monatnamen  4h fg. 

HORNUNGSBLUME,  f  galanlhus  nivalis,  Schneeglöckchen: 

hyacinthen  und  narcissen, 

hornungshliimen  mancher  ahrt.    Rist  Parn.  376; 

es  kann  doch  die  meerawybel  ja 

kein  rose  bringen  eben, 

noch  auch  ein  hornungbluin  allda 

mit  ciscul'arb  umbgeben.    m.  weis:h.  luslg.  685; 

Jim.  hornungsblümchen  Nemnich  3,1t. 

HÜRNUNGSIIECHT,  m.  ein  herlit  der  in  den  beiden  eyslen 
monaten  des  jahres  laicht ;  nur/i  frübbecbt,  hornhecht  Nemmich. 

hornungskälte,  /•..• 

bei  dieser  rauhen  horiuingskalt.    Neuhark  lustwäldch.  121. 

HORNUNGSNARCISSE,  f.  narcissus  pseudonarcissus ,  gelbe 
narcisse.  Nemnich  3,  703. 

HORNVIEH,  n.  altes  hürnerlragende  vieh;  speciell  das  rind- 
vieh:  auch  hornvieh  zog  .  .  .  weg,  wahrscbeiulicb  geforderte 
weggenoinmeue  heerden.    GOthe  30,136; 

schwerhinwandelndcs  liornvicb.    Oiiysxee  1,92; 

heerden  vielleicht  von  hornvirh  oder  von  wollvieh.    12,  399. 

HORNVIFIIRREMSK.  f.  oestrus  bovis. 

HOltNVOGEL,  wi.  burems.     vgl.  iiorn.xrhnabcl. 

HORNWACHSE,  f  flechse :  eine  nniskcl  oder  tieiscblappen 
liicill  sich  in  drei  partlieicn ;  anfang  und  ende  heiszen  ge- 
meiniglich luunwüchse  oder  llechse.  Fr.  MTilkr  3, 31.  ti/wr 
wüchse  vgl.  unter  liaarwachs  sp.'M;  liorii-  ist  wegen  der  horn- 
artuirn  luirle  vnrgettetzt. 

HORNWARZK,  f.  eine  hornartige  warze  am  untern  innern 
theile  des  arms  der  pferde ;  auch  knstanie,  kesle,  vergl.  theil  5 
sp.  627.  Kporn  oder  runde  Inirnwarze  heiist  eine  kleine  hatte 
würze  am  unteriheile  des  km'ifhrh.  Nemnich. 

HORNWERK,  n.  auszenwerk  einer  festung,  aus  zwei  hallten 
bullwrrken  und  einem  zwisihentialle  zusammengcsetzl,  frz.  uuvrage 
d  corne :  hnniwerk  werden  gcniriniglicb  fiii  die  corliite  oder 
auch  tilr  du-  bollwiTke  gelcget.    UöckLtB  Am-'  «<Wii-/.'  :io. 


1833 


HORNWICKE  — HORST 


HORST  —  HORST\\'EISE 


1834 


HORNWICKE,  f.  lotus  eorniculatus,  hornklee.  Ne)i:«icb  3,447. 

HORNWURM,  m.  ein.  ßstelhaßer  schaden  am  hufe  des  pferdes 
bei  der  kröne;  auch  kronwurm,  kronfistel ;  vgl.  th.  3,  sp.  23S8. 
tn  der  allen  spräche  aber  hiesz  hornwurm  cerasles,  die  horn- 
schlange.  Dief.  113'. 

HORNZ.\NGE,  f.  eine  zange,  Komil  der  kamtnachei  die  horn- 
schrole  gerade  biegt.  Jacobsso:*  2, 2SS'. 

HORRES  .MORRES,  von  Schuppics  ßr  unversländiiche  schriß- 
Züge  gebrauclä:  wann  er  mir  hernach,  als  er  widerumb  im 
sattel  sasze,  ein  schreiben  beantworten  wolle,  so  must  es  der 
secrelarius  concipiren,  und  es  war  viel,  wann  er  mit  solchen 
litern,  die  man  nicht  recht  lesen  konte,  nach  hoffärliger 
herren  manier  etwas  darunter  kratzte,  welches  so  viel  be- 
deuten solte,  euer  wol  affectionirter  Sjivius.  ich  lachte  über 
das  horres  morres.  24". 

HORRIDOH,  ein  jagdgeschrei,  zur  Verfolgung  aufmunternd  : 

rischrasch  quer  übern  kreuzweg  gings, 
mit  horridoli  und  hussasa.    Bcrcer  7ü". 

HÖRROHR,  n.  uerkzeug  in  form  einer  rühre  oder  eines  ge- 
wundenen horns,  um  schwachem  gehöre  aufzuhelfen.  J.\cobsson 
2, 2S9* ;  der  zorn  mit  seinem  Sprachrohr  und  hörrohr,  sprach 
und  hörte  alles  zu  stark.  J.  Pacl  TU.  5, 61. 

HÖRS.\AL,  m.  saal  ßr  das  anhören  eines  Vortrags,  besonders 
eines  akademischen,  bei  Frisch  1,467"  noch  hörstube,  auditorium. 
aber  bald  nachher  gebräuchlich:  wenn  er  es  nun  gar,  indem 
er  in  allen  gesellschaften  der  falschen  Weisheit  die  larve 
abrisz,  dahin  brächte,  dasz  ihre  hörsäle,  ich  will  nicht  sagen 
leer,  doch  minder  voll  würden.  Lessisg  11,28  (ro»  1750);  die 
aufsätze,  mit  deren  ausarbeitung  ich  mir  die  zeit  vertreibe, 
in  meinern  hörsahle  vorzulesen.  Wikland  i,S6;  ein  seraph 
ündet  auch  in  unsern  kollcgien  und  hörsälen  keine  geschäfte, 
sondern  nur  spiele.  J.  Paul  uns.  löge  3, 124 ; 

bis  in  den  hörsaal  war  der  neid  ab  neid  gekommen. 

Rosi  verm.  ged.  (1769)  s.  10; 
als  solltet  ihr  in  den  hörsaal  hinein, 
als  stünden  grau  leibüal'iig  vor  euch  da 
pbysik  und  metaphysika !    Gothe  12,  141. 

auch  wie  sonst  auditorium ,  die  im  hörsaal  versammelten :  fünf 
acte  freilich ,  welche  nur  für  den  philosophen  oder  einen 
ausgesuchten  hörsaal  genügsame  fülle  haben.   Göthe  46, 143. 

HÖRSÄGE,  f  das  sagen  vom  hören,  gerücht,  vgl.  unter  hören 
sp.  1S08:  sintemal  ich  allbereit  die  hürsage,  dasz  die  see  keine 
forellen  leide,  am  mineralischen  geschmack  des  wassers  waar 
zu  sein  befunden.  Simpl.  2,  54  Kurz. 

HÖRSAGEN',  n.  dasselbe:  da;  nieman  von  ime  selben  ge- 
dohle  noch  von  horsagenden,  da;  so  groszes  sterben  ie  do 
gewere.  d.  slädteckron.  8,120,16;  item,  welher  och  kuntschaft 
über  den  andren  sagen  will  vor  recht,  der  sol  sagen.,  was 
im  von  der  sacb  ze  wissen  si  und  uf  in  bezügt  sie,  och 
darli  und  mit  gewesen,  das  gesehen  und  gehört  hab,  dann 
man  sol  nieman  da;  sin  ahkennen  uf  hörsagen ,  sonder  sol 
man  es  wissen,  ueisth.  5, 152  {st.  Gallen  von  1466);  ausz  dem 
auditu,  bericht  oder  hersagen.  Thcrneiszer  beschreib,  inßuent. 
wirk,  vorrede  s.  1;  er,  als  ein  Soldat,  wurde  etlicbmal  von 
einem  kriegenden  theil  zum  andern  gefangen  und  dannenhero 
bei  beeden  armeen  entweder  persöhnlich  oder  durch  hör- 
sagen bekandt.  Simpl.  4,227  Kurz;  von  hürsagen  leugt  man 
gerne.  Pistoriüs  Ihes.  par.  8,  &5. 

HORSELEICHE,  f  eiche  die  aus  stammloden  emporgetiachsen 
ist.  Nemmcu,  mit  der  nebenform  horseneiche.  bei  Dief.  210' 
horseleiche  esculus,  woneben  bageiche. 

HORST,  »n.  Strauchwerk;  nesl  der  raubvögel.  dem  alten  ober- 
deutschen masc.  und  fem.  hurst  gegenüber,  das  manigfach  im 
nhd.  noch  fortlebt  {s.  an  aiphabet,  stelle),  findet  sich  ein  ebenso 
zu-iegeschlechtiges  meist  mitteldeutsches  und  niederdeutsches,  doch 
auch  bis  nach  Augsburg  (im  sinne  von  gebüsch,  wald  Schmid  28S) 
reichendes  borst,  schon  früh  in  Ortsnamen  (Graff  4. 1042),  das 
theils  dialektisch  und  in  der  technischen  spräche  haßet,  theils  sich 
[in  den  bedeutungen  2  und  3)  bürgerrecht  in  der  gewählten  spräche 
errungen  hat. 

1)  mit  dem  sp.  49S  aufgeßihrten  harst  eng  verwandt,  entwickelt 
hörst  aus  der  allgemeinen  Vorstellung  reiswerk,  gestrüpp  heraus 
mancherlei  bedeutungen :  niederl.  horsciit,  hörst,  virgultum,  sylva 
humiles  tanlum  frulices  proferens,  frutetum,  fruteetum,  senticetum 
KiLiAK ;  mitteldeutsch  und  niederdeutsch  eine  bewachsene  anhöhe 
über  niedrigerem  sumpßande ,  rcrgl.  Llrben  im  der  Germania 
8,371;  borst,  ein  im  moorland  liegender  erhabener  platz  oiler 
hügel,  der  auch  in  nassen  jähren  trocken  bleibt.  Jacobsson  2, 2S9*, 


vgl.  ScHAHB.ACB  Sö' :  host,  eine  bewaclisene  kleine  erhi^iung  im 
sumpfe,  vermöge  welcher  man  denselben  passieren  kann,  indeni 
man  von  der  einen  auf  die  andere  springt;  horsl  coUiculus,  a 
quibusdam  virgultum  hörst  dicitur.  Alberls  RR  4*;  '■ollis  ein 
hörst  Tbochcs  J2',  also  bewachsene  anhölie  im  allgemeinen,  w'e 
im  Reineke  fuchs: 

dat  he  alles  ^udes  nicht  hadde  mer, 

dan  alleine  eme  kleine  worst 

in  eineme  winier  up  einer  hörst,    v.  76,  tgl.  258. 

dann  kleiner  wald :  hörst,  ein  buschiger  oder  waldiger  ort.  Ffitscn 
1,469';  {wir  gewahren)  seitwärts  in  dem  winkel  einer  thal- 
schlucht  . . .  einen  hochwald  alter  eichen,  obgleich  zurück- 
gedrängt beinahe  zu  einer  bloszen  baumgruppe  oder  wie  der 
forstmaftn  es  benennet,  zu  einem  horste  u.s.w.  Adoi.f  Mi^ller 
in  der  Didaskalia  vom  5.  august  1S71 ;  endlidi  aucli  eir,  bloszer 
büsrhel  sumpfgras  oder  im  wasser  stehendes  röhr.  Friscb  a.a.O.; 
nach  ScHAMBACH  auch  büschel  kartoffeln,  vilsbohnen,  erdbeeren, 
wismulh  u.a.;  sogar  eine  mit  getreide  bewachsene  kleinere  fläche, 
in  allen  diesen  bedeutungen  ist  das  wort  der  allgemeinen  schriß- 
sprache  unbekannt  geblieben. 

2)  hörst ,  das  von  reisern  gebaute  nesl  eines  gröszeren  raub- 
oder  stoszvogels,  schnnt  als  jäyerausdruck  zufrühest  nur  in  ost- 
müteldeutsclien  gegenden  heimiscli  zu  sein:  hörst  ist  ein  ter- 
minus,  so  nur  bei  den  raub-  und  stoszvögeln,  dergleichen 
adler,  habichte,  falken  u.  s.  f.  gebraucht  wird ,  und  ein  nest 
bedeutet,  öcon.  lex.  {Leipzig  1731)  10S2;  bei  Göchbause:»  sowol 
als  masc,  wie  als  fem.:  (dasz  der  schuhu)  einen  ganzen  haasen 
in  seinen  fangen  heben,  und  in  der  luft  zu  seinem  hörst  fort- 
tragen kan.  noiab.  venat.  (Weimar  1741,  zuerst  I7t0)  144;  seine 
borst  hat  er  {der  adler)  in  denen  wäldern  an  einsamen  und 
düstern  örtern.  143;  ihre  (der  neuntödter)  borst  und  brut  ist 
auf  heckichten  oder  dornichten  Sträuchen.  152 ;  sonderlich 
ist  zu  merken,  dasz  sie  (die  elstern)  ihre  nester  oder  horsten 
oben  mit  geniste  zuwölben.  15S;  und  ist  seil  der  zweiten  hälfte 
des  vorigen  Jahrhunderts  als  masc.  in  der  allgemeinen  schriß- 
sprache  gebräuchlich:  wenn  der  adler  .  .  in  gesellschaft  eines 
Weibchens  um  den  gipfel,  dem  er  seinen  hörst  und  seine 
jungen  anvertrauet  hat ,  grosze  kreise  in  sanfter  eintracht 
zieht.  GöTHE  16,199;  Flamin  hatte  eine  grosze  männliche  ge- 
stalt,  seine  ineinander  und  zurückgedrängte  schmale  stirn 
war  der  hörst  des  muths.  J.  Pacl  He.^.  3, 154 ;  stand  er  wie 
ein  Sturmvogel  mit  aufgeblättertem  gefieder  auf  dem  blühenden 
hörst  {einer  hohen  garte nterrasse).   Tit.  1,13; 

•  und  ward  bei  rings  verhegiem  könig<forste 
mir  nie  ein  wild  mit  stauiicliera  geweih,  .  .  . 
ein  vogel  kaum,  mit  hungrigem  geschrei 
hintaumelnd  um  die  dürren  klippenhorste.     UHLA^D  ged.  430; 
nur  zuweilen  kreischt  verspätet  ein  vom  hörst  verirrter  geier. 
Freiligkatb  dicht.  1, 153. 

3)  übertragen  auf  eine  hoch  gelegene  menschliche  wohnung, 
namentlich  eine  ritlerburg  {vgl.  felsennest): 

was  sitzet  ihr  daheim  in  euren  horsten.    Röccert  125; 
es  ragt,  umkrönt  von  tbürmen,  empor  aus  dunklem  forst 
ein  steiler,  luftger  felsen,  das  ist  der  raubherrn  borst. 
Chamisso  [lfd.  229. 

4)  obersächsisch  heiszt  borst  auch  ein  häufen  sand  oder  erde, 
den  besonders  das  wasser  zusammengeßihrt  hat.  Adelusg  ;  bei 
den  mannsfeldischen  bergleuten  ist  es  eine  scharfe,  unregelmäsziye 
biegung  eines  flötzes  nach  oben  oder  unten,  kleiner  sattel  oder 
kleine  mulde.  Veitb  bergwörterb.  270. 

HORSTEN,  verb.  einen  hörst  bauen  oder  haben,  eigentlich  {nach 
borst  2)  und  freier:  sie  (die  mäusegeier)  horsten  auf  die  arth, 
wie  andere  raubvögel.  GöcniiACSEX  no/.  ce«.  149;  {der  kdkrabe) 
hurstet  auf  die  höchsten  tannen  und  andere  bäume.  156; 
denn  sie  {die  doMen)  auch  gerne  beisammen  horsten  oder 
nisten.  157;  der  sonnenadler,  der  auf  den  steilsten  klippen 
horstet.  Fr.MCller  1,25;  ein  prächtiger  eichenwald,  in  welchem 
tausende  von  ackerraben  ihren  horstenden  wohnsitz  zu  haben 
pflegten.  Arndt  leb.  6;  der  fischreiher  horstet  auf  den  gipfeln 
der  höchsten  bäume,  v.  Tiiüxge.n  waidm.  pract.  223; 

in  Stämmen  und  im  laubgebüsch  zu  horsten. 

Griks  Tassos  befr.  Jerus.  13,  II; 

ein  durchsichtiges  Wäldchen  von  goldgrünen  birken  stieg  in 
hohem  gras  drüben  den  nördlichen  berg  hinan ,  auf  dessen 
kuppet  fünf  hohe  tannen  als  ruinen  einer  gestürzten  walduog 
horsteten.  J.  Paul  Hesp.  1,242. 

H(»RSTUBE,  f  auditorium.  Frisch  1,467*.     vgl.  hörsaal. 

HORSTWEISE,  adv.  nach  der  weise  eines  kleinen  waldes 
(vgl.  Iiorsl  l) :  das  gruppen-  oder  horstweise  vorkommen  {von 
eichen).  Adolf  MCli.er  in  der  Didaskalia  vom  5.  aug.  1S71. 


1835 


HORT 


HORT  — HOSCHA 


1836 


HORT,  m.  schall,  goth.  huzd;  alls.  hord;  ags.  hord,  engl. 
Loard ;  altnord.  hodd ;  ahd.  hört ;  überall  neutruni,  diif  männ- 
liche geschlecht  zeigt  sich  erst,  aber  auch  ohne  schwanken,  im  mhd. 
hört,  im  worte  liegt  der  begri/f  des  bewachens,  hfüens,  es  ist 
mit  lat.  custos,  custodia,  curare  für  cusare  aufs  engste  verwandt, 
vergl.  Grimm  mylhol.  922.     Es  bezeichnet 

1)  aufgeltdufte  kostbarkeiten,  gesammelter  schätz,  vorzüglich  mhd.: 

da;  (land)  b'iei  Mblunge,      da  er  den  gröjea  hört  besä;. 

Kib.  453,  4 ; 
dö  si  den  hört  behielten      in  Gunthdres  lant 
und  sich  diu  iiüniginne      des  alles  underwant, 
kamere  unde  turne      sin  wurden  vol  getragen.    1065,  1 ; 

vielleicht  auch  spüter  {wenn  in  der  folgenden  stelle  nicht  die  be- 
deutung  4  schon  anzunehmen  ist): 

.uff  myn  libry  ich  mvch  vertan, 

von  büchern  hab  ich  groszen  hört.     Brant  narrenxch.  1,5; 

kaum  aber  noch  hie  und  da  in  diesem  sinne  im  16.  jahrh.:  sie 
bebalt  das  wort,  ain  ander  den  hört.  S.  Frank  paradoxa  61 ; 
doch  mundartlich  im  bairisciten  als  hourt  und  heurt  bis  jetzt 
erhalten.  Schm.  1, 1170  Fromm,  in  der  neuern  Schriftsprache  ist 
es  wieder  aufgefrischt  worden  {in  dieser  wie  in  der  bedeutung  6, 
5.  unten): 

ihr  seid  der  schätze  würdigste  custoden, 

ihr  l(ennt  den  weiten  wohlverwahrten  bort, 

und  wenn  man  gräbt,  so  seis  auf  euer  wort. 
GöTHK  41,68; 

so  birgt  der  Weisheit  süszen  hört 

in  seiner  hrusi  der  morsche  greis.   Lknad  neue  ged.  98; 

für  deutsches  recht,  ffir  deutsches  wort, 

für  deutsche  sitt  und  art, 

für  jeden  heiigen  deutschen  bort, 

hurrah!  zur  kriegesfahrt! 

Freiligrath  dichlungen  4,  67 ; 

wo  dein  herz  wohnt,  da  liegt  dein  hört.  Simrock  sprichw.  247. 

2)  der  oder  die  geliebte  ward  mit  bort  angeredet,  wie  sonst 
mit  schätz: 

ich  puolt  umb  eine  eins  wol  zwir, 

die  pot  mir  doch  die  süesten  wort, 

meint  ie,  ich  wer  ir  höchster  hört,    fasln,  sp.  340,26; 

gib  her  dein  haut,  du  edler  hört! 

ich  pin  mit  dir  hie  und  dort.    620,8; 

freu  dich,  libster  bort,    fundgr.  1,334,5; 

der  knab  erfrewet  sich  der  wort, 

er  sprach  mein  allerhöchste  bort, 

mit  weiszen  armen  er  sie  urablieng! 

Ambraier  liederh.  no.  155,  32 ; 

Lord  Ton  einem  weih,  ein  auszerwälte  schöne  fraw,  lectissima 
foemina.  Maaler  231* ;  mein  der  allerliebst  und  höchst  freund, 
mein  hord,  mein  trost  und  laben,  animae  meae  pars.  das. 

3)  bort,  etwas  erlesenes,  kostbares,  im  mhd.  zu  einem  vorher- 
gehenden genitiv  begri/fsteigernd  gesetzt,  vgl.  gramm.  4,  "25 : 

minne  ist  aller  tugende  ein  bort.    Waltber  14,8; 

ungezieret  sint  min  wort; 
doch  hänt  si  kluoger  sinnen  bort.    Boseh  epilog  14; 
darauf  fuszt  noch  Mdrners 

mit  schriben  treib  er  groszen  hört 

und  kundt  doch  reden  nit  ein  wort,    geuchm.  Xij, 

schrieb  auserlestn,  geuählt.     vgl.  auch  unten  hortreich. 

4)  gewöhnlich  aber  ist  im  15.,  16.  Jahrhundert  hört  zu  einer 
bezeichnung  dessen  wes  man  sich  tröstet,  worauf  man  sich  ter- 
läszt  oder  stützt,  abgeblaszt:  der  rächt  hord  under  dem  volk, 
/los  delibalus  populi  Maalfr  231";  L.  Quinlius  Cincinatus  der 
einzige  bort.  Kihi;i.  Livius  130; 

die  warheit  ist  nur  unser  bort. 

Mi'RNBR  Schelmenzunft  8*; 
sQchstu  in  gelt  den  hosten  bort, 
»0  glaybsiu  wenig  Christi  wort.     .Schwarzewbkrc  145*. 

in  dieser  bedeutung  kannte  und  benutzte  für  die  bibeläberselzung 
LoTBER  das  wort,  bezogen  auf  galt:  bort  hab  ich  verdeudscht 
{pi.  62,  3),  da  aur  ehreisch  stehet  zur,  welches  heiszt  einen 
feU,  denn  bort  heiszen  wir,  darauf  wir  uns  verlassen,  und 
uns  sein  trösten.  3.297';  goll  ist  mein  hurt,  auf  den  ich 
trawe.  2Sam.  22,  3;  es  hat  der  gott  Israel  zu  mir  gesprochen, 
der  bort  Israel  hat  geredt.  23,3;  wo  ist  ein  gott,  on  der 
herr?  oder  ein  bort,  on  unser  gott?  p*.  18,32;  mein  gott  ist 
der  bort  meiner  Zuversicht.  04, 22 ;  jauchzen  dem  hört  unser* 
beil«.  95, 1 ;  danach  gab  Aiberls  bort  mit  petra,  fortis,  servalor, 
und  ward  es  auch  sonst  gebraucht,  selbst  zur  zeit  des  17.  und 
bis  iiu  18.  jahrh.  hinein,  wo  es  auszerhalb  der  bibelsprache  ver- 
altet war:  das  diser  wäre  Messias  ...  der  seeicn  bort  uod 
beilaod  sei.  Matrks.  Sar.  i*-. 


du  heiliges  licht,  edler  bort, 

las  uns  leuchten  des  lebens  wort.    Luther  8,360'; 

mein  bort,  mein  trost,  mein  aufenthalt. 

G.  Wickram  irr  reuend  bilgrr  e  2,  bl.  6 ; 
sie  suchten  ihres  herzcns  bort  (Jcsum). 

P.  Gerhard  no.  29,  11 ; 
indessen  gib,  dasz  ich,  o  wahre  seelenspeis, 
mich  von  der  faulen  weit  und  ihrer  lusi  abreisz, 
und  bald  zu  dir,  mein  bort,  mit  adlersflügeln  schwinge. 

A.  GrtI'UIIs   I6"j8   2,  424; 
gott  ist  mein  horti    Gkllirt  2,  152; 
herr  unser  bort, 
lasz  uns  diesz  wort!     153. 

in   schwungvoller   rede  wird  hört  selbst  auf  die  weltliche  geliebte 
gewendet  : 

o  meiner  schien  siiszer  hört, 

ich  tra^  zu  dir  in  meinem  herzen 

mehr  lieb  dau  augenblick  ein  jähr.    Weckhbrlin  409; 

der  lieb  wahrer  bort  und  port.    587, 
wenn  hier  nicht  ein  nachklang  des  gebrauchs  2  vorliegt. 

5)  wie  viele  alte  Wörter,  erfahrt  hört  in  dieser  bedeutung  (4) 
erneuerung  in  der  2.  hälfle  des  18.  jahrh.,  indem  es  zugleich 
seiner  ausschlieszlich  religiösen  Verwendung  enthoben  und  in  dem 
allgemeinen  sinne  schütz,  schirm,  sowol  auf  personen  wie  seihst 
auf  dinge  bezogen  wird: 

Ajas  der  held,  der  gewaltige  bort  der  Achaier.    lUus  3,229; 
der  für  seine  hausaltäre 

kämpfend  sank,  ein  schirm  und  bort.    Schiller  sipQesfeit ; 
ich  redete  vom  vergangnen,  verlornen,  und  glaubte,  die  zweige 
sproszten  schon  wieder,    ohi  und  sie  finden,  dasz  sie  neuer- 
dings  abgehauen ,    dasz    neuerdings   kein  schalten  und  kein 
hört  darunter  ist.   Göthf  an  frau  v.  Stein  1,124  {von  1777); 

entzwei  und  gebiete!    tüchtig  wort: 

verein  und  leite!  bessrer  bort,    werke  2,  262. 

HORTREICH,  adj.  eigetUlich  reich  an  schätzen,  daher  ver- 
stärktes reich,  wie  liort  {no.  3)  t»  der  alten  spräche  begri/fs- 
steigernd  steht:  hordreich,  gar  reich,  praedives,  perdives.  Maaler 
231';  hordreicher  acker,  der  erneert,  almus  ager.  das. 

HORTSCHIFF,  n.  franz.  vaisseau  de  convoi,  kriegsschiff  das 
kauffarteischiffe  schirmend  geleitet,  gewöhnlicher  deutsch  geleits- 
scbiff: 

wer  ohne  bortschiff  fuhr,  wie  ich, 

was  wunder!  wenn  der  gleich 

die  segel  willig  vor  euch  strich  !     Göei^gk  2,  26  ; 

allein,  ein  bortschiff  widersteht 

euch  räubern,  selbst  nur  schwach.    27. 

HÖRUNG,  /".  audientia,  auditus,  perceptio,  das  hören.  Stikler 
858;  horung,  audientia,  vulg.  verhorung  voc.  ine.  theut.  k3'; 
aus  lesung  der  heiligen  Schriften  oder  hörung  der  predigten. 
Simpl.  3, 97  Kurz. 

HÖRWEITE,  /■.  entfernung  in  der  man  noch  etwas  bestimmtes 
hört:  auf  hörweite  nahe  kommen;  nachdem  wir  der  übrigen 
gesellschaft  auszer  hörweite  gekommen  waren,  theilte  ich 
ihm  mein  geheimnis  mit;  geeignete  mittel,  .  .  die  .  .  bald 
eine  wesentliche  besserung  und  gleichzeitig  eine  Zunahme  der 
hörweite  erzielen  lieszen.  gartenlauhe  1867  s.  6S2. 

HÖRWILLIG,  adj. :  hör-  et  lernwillig,  docilis,  diclo  audiens, 
quod  etiam  est  gehorsamwillig.  Stieler  2538. 

HÖRZEUGE,  m.  ohrenzeuge,  testis  auritus.  das.  2015. 
HOSCH.\ ,  interj.  des  anrufs,  zum  aufmerken  auffordernd; 
der  spräche  des  10.  und  17.  Jahrhunderts  angehörend,  mit  riner 
vollem  form  hoscliau,  die  entstehung  aus  ho  und  dem  imperativ 
schau  wahrscheinlich  macht:  hoschaw,  hoschaw,  wer  ist  hie,  ist 
niemand  hie,  will  dan  niemand  hörn.  Alberus  widder  Witzeln 
k8';  sonst  ist  nur  \\osc\id  gebrducläich :  hoscha,  vocantis,  heusl 
Maai.fr  231*;  boscba,  wer  weiter  kan,  der  sing  fortan. 
Garg.  89'; 

hoscha,  ir  kriegsziüt!  M.  Manuel  379  Grünrisrn  ; 
hoscha,  hosriia.  wo  bist  Leo.  H.  Sachs  3,  2,  179>; 
hoscha,  hoscha.  frembder  man.     3,3,28'; 

hoscha  ! 
ist  Diemanis  da,  der  furliar  gang?    trag.  Joh.  ilviij ; 

hoscha!  .  . 
wer  Ibuoi  mir  uff,  wer  iasii  mich  in?    Nj; 
hoicha  ihr  kinder  alle  vier 
kompl  aus  dem  haus  bieher  zu  mir, 

Dkdekind  ;in;iM((i  convertus  acl  5,  sc.  7 ; 
hoscha  macht  rilendi  auf  die  Ibür!    sc.  9; 
hoscha,  hoscha,  ihr  kriegtleit,  wiitl 

i.  Atrer  2«6*  (1478.  17  Keltei): 
botcha,  hoscha,  herr  wirt!  knraht  rein! 

42t'  (Jt4Ü.  24) 


1837 


HOSCHE  — HOSE 


HOSE 


1838 


als  hoscha  ho:  hoscha  ho,  sind  wir  alle  de?  Gorj.  84*;  Hans 
(klopfet  an)  holla!  hoscha!  ho!  pedant.  schulfuchs  273; 

hem,  hoscha,  ho!    Weckhkblis  527. 
hoscha    auch   als   inlerjection   der   ermunterung :   hop  hop  he ! 
evax,  idem  quod  heisa,  et  juch  hoscha!  Stieleb  856;    hoscha 
laetae   mentis !    Garg.  49' ;    hoscha   wann    wollen   wir  frölich 
sein.  87';  im  kehrreim  eines  liedes: 

es  soll  sich  ein  schäfer  weiden 
juch  hei!  hoscha  bo  dei !    Uklatid  volksl.  700; 
ein  baurenlöchterlein  woll  gersten  aufbinden, 
da  stachen  sie  die  dislei  inn  die  flnger, 
boschoho  he  ha,  wol  inn  die  finget.    Garij.  6-V. 

HOSCHE ,  f.  l)  in  Obersachsen  ein  von  brellern  zusammen- 
geschlagener schlauch  oder  eine  röhre,  um  malz  oder  getreide  ton 
den  böden  hinabzulassen.  Jacobssoji  2,289*. 

2)  hoschen  bei  den  Schuhmachern  verschiedene  stücke  altes 
leder,  die  so  geschnitten  und  gebogen  sind,  das:  sie  auf  das  blatt 
des  leisten  passen  und  unter  das  Oberleder  gelegt  werden  können, 
dienlich  den  leisten  zu  vergröszern,  um  dem  schuh  seine  erforder- 
liche weite  nach  dem  mas:  3u  geben,  ebenda. 

HÖSCHELN,  rerb.  singultire,  auch  höschezen.  Stieler  7v2,  mit 
hösche\,  singultus;  6e«  Hobberc  hötschetschen:  das  schluchzen 
oder  hötschetschen  vertreibt  ein  schluck  essig.  1,  374*.  vgl. 
besehen  sp.  1266.  1267. 

HOSCHEN,  verb.  im  ^ürnbergschen  auf  dem  eise  gleiten ;  auch 
ausgleiten,  straucheln.  Schji.  1,1185  Fromm.;  sonst  auch  u>ie 
huschen,  leise  hervor-  oder  hinwegkommen: 

so  wil  ich  den  span  heimlich  lassen  (aus  dein  ermel) 
herfür  hoseben  auf  mein  hendt.    H.  Sachs  2,  4,  22; 
herr  abt,  last  ewren  zorn  hoschen.    3,  3,  61". 

HÖSCHEN,  n.  plur.  d.i.  hös-chen,  kleine  hosen;  als  bein- 
bedeckung:  der  knabe  hat  die  ersten  höschen  an; 

mit  deutschbeit  sich  zu  zieren  itzt 

bat  jeder  sein  armes  wamms  zerschlitzt,  .  . 

sie  schonen  sogar  der  böseben  nicht.    Götuk  13,55; 

bei  den  bienen  die  wachsblättchen  an  den  hinter füszen : 
wir  (hienen),  die  wir  in  den  warmen  tagen 
die  höschen  in  die  Zeilen  tragen.    Gellbrt  1,  258. 

beim  flachs  die  röhrenförmigen  häutchen  um  die  würzet:  einige 
sehen  auch  darnach,  üb  er  {der  flachs  beim  rösten)  die  höszgen 
fallen  lasse,  welches  so  viel  ist,  als,  wenn  das  häutlein  an 
der  Wurzel  sich  linde  mit  den  fingern  abstreifen  lasset  öcon. 
lex.  (1731)  2044 ;  höschen  beim  Schuhmacher  ein  stück  kalbleder, 
welches  im  kleinen  dem  Oberleder  gleicht  und  den  mittlem  theil 
der  sohle  bedeckt,  damit  sich  der  schuh  desto  leichter  aus-  und 
anziehen  lasse.  Adelung. 

HOSE,  f,  meist  plur.  hosen,  femoralia. 

1)  vom  ahd.  pruoh,  mhd.  bruoch  unterschieden,  welches  die 
um  die  schamthdle  gehende,  nach  ort  unserer  schwimmhosen  ver- 
fertigte und  kürzer  oder  länger  zum  Oberschenkel  hinabreichende 
betnbekleidung  bezeichnet,  drückt  hose  allgemein  die  bedeckung 
des  Unterschenkels  aus,  und  findet  sich,  diese  bedeutung  mehrfach 
einengend  und  näher  bestimmend,  durch  die  germanischen,  roma- 
nischen und  keltischen  sprachen :  ahd.  hose  caliga,  hosun  catigae 
Gbaff  4,1049;  caliga  bosa,  calcei  scuohi,  ficones  hososcuoha 
Schlettstädter  glossen  in  Haupts  zeitschr.  5,  363' ;  mhd.  hose ;  ags. 
hosa  catigae,  engl,  hose;  altn.  bosa  ein  weit  hinaufreichender 
Urumpf,  vgl.  Möbios  altn.  gloss.  201.  Vigfcssos  280",  bryn-hosa 
beinsctiienen  das.  85*;  üal.  uosa,  gamaschen,  usatto  Stiefel,  alt- 
sptin.  liuesa  gamasche,  altportvg.  osa,  provenz.  oza ,  aUfranz. 
hosa,  heuse,  mittell.  hosa,  osa  ocrea  caliga,  vgl.  Diez  wörterb. 
d.roman.spr.  1,436;  comisch  hos  ocrea,  welsch  hosan,  hossan, 
plur.  hossaneu  braccae  Ebel  »n  Kunx  «.  ScnLEicHERs  beitragen 
zur  vergl.  Sprachforschung  2, 175.  dasz  hier  enllehnung  von  Seiten 
einer  spräche  aus  einer  andern  stattgefunden  hat,  ist  gewis,  aber 
die  frage  wer  hat  entlehnt,  kann  nicht  leiclU  beantwortet  werden, 
am  unwahrscheinlichsten  das  deutsche,  wenn  man  erwägt,  dasz 
.jedenfalls  dem  warte  der  allgemeine  begriff  des  röhrenförmigen 
innewohnt,  der  in  den  bedeutungen  11,  o,  b,  c  unten  noch  sehr 
deutlwh  hervortritt,  und  gewöhnlich  auf  die  hülle  des  Unter- 
schenkels gewendet  ist. 

2)  auch  die  ältere  nhd.  spräche  kennt  hose  nur  als  eine  art 
hoch  hinaufgehenden  strumpf,  von  zeug  oder  leder:  caliga  ledrein 
hoj  0.  stifel  DiEF.  90';  hosa  huuse,  osa  i.  ocrea  lederhosz  281*; 
tibiale  hosen  582' ;  hose  caliga,  est  vestis  pedibus  apta.  voc.  ine. 
(Aeul.  k3';  hosz  oder  kriegszsti fei  ca/i<;o  Uasvp.;  hostn,  caligae, 
pedalia,  testimenta  pedalia  .Maaler  231' ;  ex  tela  cotifeclae  caligae 


[   gestrickt   hosen   Albercs  c  l" ;   ton   der  brach   genau  unter- 
I   schieden :  ein  ascetischer  mönch 

I  trug  holtscben  und  zerschnitten  »chuch 

kein  hosen,  nur  ein  leine  brucb. 

B.  Waldis  Esop  4,69,%; 
sie  bscblossen  auch  mit  gmeinem  rath, 
wenn  sie  zsamen  giengen  ins  bad, 
so  bhieltens  an  hosen  und  scbucb, 
so  dorften  sie  sunst  keiner  brucb.    90,  45. 

es  wird  als  anstoszerregend  betrachtet,  wenn  einer  ohne  hosen 
(d.h.  nur  in  der  bruch)  einher  geht,  vgl.  Schm.  1,1  ISi»  das  gebot 
der  Bamberger  badeordnung  von  1481,  dasz  dieselben  sonn-  und 
feiertags  gehost  und  nicht  mit  ploszen  peinen  und  on  schwe 
sich  zeigen  sollen;  hüben,  die  kein  hosen  tragen,  landstreicher, 
bummler.  OsESBBt^ccES  rechtsalt.  aus  d.  Schweiz  1,  68;  so  spricht 
derselbige  scheffen  zu  den  andern :  ihr  scheffen ,  steht  der 
man  {der  einen  eid  leisten  soll),  wie  er  stahn  soll?  hat  er 
dann  keine  hosen  an ,  so  mosz  er  hosen  anthon ,  ehe  ihn 
der  schefiFen  zu  dem  eidt  geleidt ;  hat  er  dan  hosen  ahn,  so 
steth  er  rieht,  weisth.  3, 779  (rheinisch,  von  1456  h.  1573). 

Als  eine  art  strumpf  ist  die  hose  aber  auch  weibertracht  (vgl. 
auch  unten  unter  hosenbendel):  das  die  flöh  den  weibern  fast 
über  die  knie  steigen  und  weder  schuh  noch  hosenbendel 
vor  umb  erlaubnusz  fragen.  Fischart  groszm.  31 ;  so  ein  fraw 
oder  magd  ihre  hosen  losbindet  auf  der  straszen  und  sie  ver- 
Icuret  den  hosenbendel,  das  ist  ein  zeichen,  dasz  ihr  mann 
oder  freier  ihr  nicht  getrew  ist.  der  allen  weiber  philosophei 
(1612)  nr.  11  (cf.  zeitschr.  f.  mylh.  3,310;  die  rockenphilosophic 
hat  dasselbe,  setzt  aber  ßr  hosenbendel  Strumpfband) ;  und  noch 
später  im  17.  jahrh.,  wenigstens  als  redensart:  wenn  wir  die 
partheien  in  den  langen  hosen  (die  weiber)  auf  unserer  seile 
haben ,  so  wird  es  mit  den  männern  und  mit  dem  richter 
selber  heiszen  cuschi.  Chr.  Weise  comöd.  308. 

3)  seitdem  nach  und  nach,  hauptsächlich  seit  dem  15.  jahrh., 
bruch  und  hosen  in  ein  kleidungsstück  vereini'J  worden  sind, 
ist  der  erstere  ausdruck  absterbend  (vgl.  theil  2, 41l),  hose  be- 
zeichnet schon  im  15.,  allgemein  seit  dem  16.  jahrh.  was  heute, 
mundarten  bewaltren  aber  noch  die  erinnerung  an  die  ehemalige 
bedeutung:  in  Westfalen  heiszen  hosen  strumpfe:  ebenso  holsteinisch 
hase  strumpf  Schütze  2, 108 ;  helgoläudisch  licesen ,  strumpfe 
(wo  brök  nofA  die  weite  schifferhose  bezeichnet).  Fromm.  3,30*; 
Km  Koblenz  hossen  strumpfe  Jacübsson  6, 120' ;  in  Baiem  hosen 
die  hohle  bekleidung  blos  ßr  den  untern  theil  des  beines,  vom 
knie  abwärts  bis  zum  knöchel.  Schm.  1, 1180  Fromm.,  ebenso  in 
Tirol  hos  wollener  beinstrumpf  Fromm.  6, 154 ;  vgl.  unten  hosen- 
lapperin,  hosenstricker. 

4)  hose,  in  gewählter  spräche  gern  vermieden  und  durch  bein- 
kleid  ersetzt,  und  zwar  schon  zu  Frischs  zeüen  (l,470'),  ist  selten 
collectiver  singular ;  man  hört  im  gemeinen  leben  der  Schneider 
macht  mir  eine  hose ;  zu  einer  gelbledernen  hose,  die  er  für 
den  mond  hielt.  H.Heine  1,96;  gewöhnlich  wird  der  plur.  hosen, 
oder  mit  bezug  auf  die  entstehung  des  kleidungsstfickes  aus  zwei 
Strümpfen,  ein  paar  hosen  gebraucht:  (ein  kind)  welches  dann 
dort  in  seinen  ersten  hosen  herum  lief.  Simpl.  2,26  ifur;; 
als  sie  mir  auch  hosen  und  wambst  angezogen.  3, 14 ;  war 
(ein  weib  spricht)  im  übrigen  mit  hosen  und  einem  dünnen 
daffeten  röcklein  darüber  also  versehen,  dasz  ich  all  augcn- 
blick  schrittling  sitzen  und  einen  jungen  reuterskerl  präsen- 
tiren  konnte.  34;  mit  seinen  erbsengelben  hosen  über  den 
dürren  lenden  und  den  hoch  hinauf  reichenden  ledernen 
kamaschen.  Immermann  Münchh.  1,133; 

nebst  einem  halben  schock 

zerriszner  blauer  hosen.    Höltt  10  Halm; 

0  bätt  ich  ein  wämmslein, 

und  hosen  und  hut!    Götue  S,  189. 

besonders  schmuck  erscheinen  die  roten  hosen :  (Unterhändler, 
die)  hochzeitcn  anrichten,  damit  sie  ein  brautstück  und  ein 
par  rother  hosen  verdienen.   Puilandeb  (1644)  314; 

trat  einher  wie  ein  edelman, 

het  ein  par  rotber  hosen  an.    B.  Walbis  Esop  4,94, 158. 

Man  redet  von  engen,  weiten  hosen,  pumphosen,  pluderhosen ; 
kurzen,  langen  hosen,  kniehosen,  ganzhosen ;  somraerhosen, 
winlerhosen,  unterschieden  nach  der  dicke  des  Stoffes ;  oberhosen, 
Unterhosen,  letzlere  auch  von  frauen  getragen,  u.  dhnl.;  hosen 
werden  gemacht ,  gebletzt ,  geQickt ;  hosen  läppen  interpolare 
ealigas  Stieler  1070;  vergl.  hosenlapper;  hosen  sitzen  gut, 
schlecht : 

ihr  habt  da  einen  :>aubern  spitzen 

am  kragen,  und  wie  euch  die  hosen  sitzen! 

ScHiLLE*  Wattenst.  lager,  6.  auftr. 


1839 


HOSE 


HOSE  — HÖSELN 


1840 


5)  spriehnüitliches  und  redensarten. 

u)  dus  weit  an  hosen  trägt  man  immer  oben.  Lehmann  103; 
nimbt  einer  ein  weil»,  der  zeucht  Unglücks  hosen  an.  15»; 
man  siehls  an  den  hosen,  wo  das  bein  entzwei  ist.  Simiiocr 
sprkhw.  26t;  wer  subtil  ist,  dem  eiilfallcn  die  hosen.  262; 
von  den  ersten  hosen  an,  von  früher  kindheit  an:  alle  Schwach- 
heiten, dummheiten,  welciie  er  von  den  ersten  hosen  an  ge- 
Diacht.  J.  GoTTiiELK  Uli  d.  pdchter  'im-,  sich  mit  hosen  decken, 
sich  behetfen,  so  gut  es  eben  geht:  wer  sich  behelfen  nuisz,  der 
hat  nit  vil  iibrigs,  als  da  sich  ainer  im  winter  mit  hosen 
deckt.  Reuchi.in  augensp.  14'; 

nu  hört,  wie  wo)  er  schmaiciien  kan  (sich  schmeichelnd  heraus- 
reden) 
mit  sr^iner  künlKi»  wul  gettian! 
er  deckt  sich  mit  hosen,  als  er  schol.    fm^tn.  sp.  658,  26; 

uns  das  folgende  bild  eigentlich  sagen  uill,  ist  nicht  klar: 

hün  zun  teufel  mit  denen  wüsten  losen  {bitlilrriiinen)l 
die  aim  gueten  gesellen  an  die  staiig  henken  die  hosen. 

Ziinm.  chron.  2,  123,  15. 

//)  von  zwei  gteichartlijcn  lieiszt  es  sie  sind  zwei  hosen  eines 
luclies,  oder  spdter,  ueiin  nach  dem  hosenpaar  gezählt  wird,  vier 
hosen  eines  luchs:  ich  nimm  es  für  eins,  procurator  und 
advocat.  es  seind  zwo  hosen  eins  luchs.  Keisersberg  Marie 
kimelfart  2'; 

zwo  hosen  gemacht  von  einem  thuch. 

N.  Manuel  421  Grünciscn; 
desz  sind  wir  zwo  hosen  eins  tuchs. 

II.  Sachs  4,3,43»; 

vier  hosen  eins  luchs,  hurn  und  bfiben  ein  gespan.  S.  Frank 
ipr/cAit'.  2, 131' ;  eines  wie  das  ander:  vier  hosen  eines  luchs. 
Fhilander  1,43;  rüstet  ich  mich  aufs  beste  aus  mit ..  einem 
knechl  und  einer  magd,  die  mit  mir  vier  hosen  eines  luchs 
war.  Simpl.  3, 17.2  Kurz;  es  wai-  halt  gaul  als  gurr,  vier  hosen 
eins  tuchs.  220. 

c)  seil  dem  17.  jatu-h.  wird  mU  dem  stand  der  geflickten 
hosen  der  ehestand  bezeichnet:  in  den  stand  der  geflickten 
husen  kommen,  pers.  roscnth.  6,5  überschriß;  haiien  nun  solche 
grosze  leut  sich  nicht  geschewet,  geflickte  kleider  zu  tragen, 
ei  so  müssen  wir  uns  fürwar  nit  über  sie  dünken ,  sonder- 
lich junge  leulh,  wann  sie  in  den  stand  der  geflickten  hosen 
zusammentretten ,  da  ihut  wol  von  uöthcn,  dasz  sie  etwas 
ersparen.  Creidius  1,233; 

wenn  man  das  jawort  gelten  solte, 
und  in  den  kummervollen  stand 
geflickter  hosen  treten  wolle. 

AiARANtHES  proben  der  pocsie  (1710)  s.  333. 

d)  die  hosen,  obschon  in  modißcirrter  form  auch  ein  Ihcil 
der  weiblichen  garderobe  (vgl.  unter-,  schlafTiosen),  doch  ei'jenl- 
liche  manneslrachl :  sie  {die  herzogin  von  Angoutcme)  ist  der 
einzige  bourbonische  sprösziing,  der  hosen  zu  tragen  ver- 
diente. Grabbe  Napoleon  s.  123;  zum  symbol  der  herschaft  in 
der  ehe  genommen:  Margaretha  wolle  die  hosen  und  das 
regiment  im  hausz  haben,  das  wolle  Cornelius  auch  haben. 
Cornelius  wolle  die  hosen  und  das  regiment  im  hause  nicht 
fahren  lassen.  Sciiupfius  326;  sagte  mein  hochzeiter  zu  mir: 
ja!  liebste,  ihr  wisl,  dasz  jederman  darvor  gehalten  und 
geglaubt,  ihr  ballet  bei  euers  vorigen  roanns  lebzeiten  die 
hosen  getragen ,  welches  ihme  dann  bei  ehrlichen  gesell- 
scbaften  zu  nicht  geringerer  beschimpfung  nachgeredet  worden. 
Simpl.  3, 3S  Kurz;  ich  antwortete:  mein  liebster!  .  .  so  hab 
ich  auch  niemalcn  in  sinn  genommen ,  euere  hosen  zu  prU- 
tendirn.  ebenda;  etliche  vexirlen  ihn,  dasz  er  den  rock,  seine 
frau  aber  die  hosen  anhiille.  geß.  ßnken  70;  ich  halle  es 
damit,  dasz  sich  ein  mann  männlich  halle  und  ihm  die  hosen 
nicht  nehmen  lasse.  85 ;  wie  viele  schlaflose  nachte  würde 
mir  die  bewahrung  und  bewachung  meiner  hosen  zuziehen, 
wollte  ich  sie  nicht . .  meiner  IVauen  preisz  geben  und  mithin 
meiner  Oberherrschaft  gänzliches  recht  verlieren.  avantür.2,6i; 
ein  frisches  rundes  mtigdchen,  welche  gute  hofl'nung  macht, 
dasz  sie  ihren  künftigen  eheherrn  wird  ohne  husen  herum- 
laufen lassen.  Habeneb  bru-fe  2ttS ;  dasz  er  eigentlich  sein 
Icblag  nie  ein  mann  gewesen,  die  mutier  die  husen  angehabt 
habe.  J.  (iorriiELr  Uli  d.  pächtrr  s.  296, 

f)  verschiedtn  ist  die  hosen  gewinnen,  erster  oder  sieijer  in 
etnem  weltkampfe  sein,  hergenommen  davon  dasz  bei  weltschieszen 
und  wdlk'impfen  alt  siegeipreit  ein  paar  houn  geüi/let  waren 
(ScHii.  1,  \l^\   Fromm.): 


der  trtt  suT  Bubachcr  ilalge, 

der  halt  diu  hosen  gewunnen. 

HiLUBBaAnD  I 


i.,.<.  ii  ii«M  1Ö34J. 


/)  zum  ausdruck  der  mutlosigkeil :  (war)  ihm  das  herz  ganz 
in  die  hosen  gesunken.  Harnisch  217;  ja  nun  wil  mir  das 
herze  gar  in  die  hosen  lallen.  A.  (iRyphius  169S  1,724;  diesem 
war  das  herz  ohnedem  schon  in  die  iiosen  gefallen.  Pierot 
2, 154  ;  das  mädel  kann,  gott  verzeih  mir,  einem  Louis  qua- 
torze  selber  das  herz  in  die  hosen  fallen  machen.  Lenz  l,2ss; 
weil  er  keinen  muth  habe,  sondern  allezeit  das  herz  in  den 
hosen.  J.  GoTTiiELF  Uli  d.  pächter  128,  es  ist  derbe  ausfUkrung 
des  unter  herz  l,6,g  sp.  1219  aufgcfiihrten  bildes;  fähret  vrtr 
furcht  aus  den  hosen.  A.  Gryphius  16%  1,763.  derber  ist  das 
folgende  bild  der  angst:  o  wie  stinken  hie  dem  teufel  die 
hosen,  wie  fület  er  so  wol,  d/,  er  solchs  schuldig  sei,  und 
thuts  so  ungcrne.  Luther  3,  344" ;  ich  wolt  das  alle  papislen 
auf  einem  häufen  iiiüsslen  .  .  hierauf  antworten,  wie  sollen 
inen  die  hosen  stinken  ,  und  ir  folgerkunsl  so  rot  werden. 
530* ;  da  inen  das  gefeilel,  und  der  churfürsl  zu  Sachsen  der 
aller  erste  erschein,  hilf  gotl,  wie  begunslen  inen  die  hosen 
zu  stinken.  5,  273* ;  dasz  der  Böhm . .  vor  angst  in  die  hosen 
gel  ha  n  hätte.  Simpl.  3,217  Kurz; 

eh  dasz  er  hin  gen  Schwabach  kam, 
hell  er  in  die  husen  geschissen. 

Soltau  vidksl.  129  (von  1140j. 

dieselbe  Wirkung  hat  auch  trunkenhcU,  heftiges  lachen  :  (es  fressen) 
die    sew    was    sie    (die   trunkenen)   in  die  hosen  haben  Ihon, 
pfey  dich  schand.    S.Frank  lastcr  der  trunkcnheil  (1531)  E4'; 
ich  wird  vor  lachen  in  dhosen  schTszen.    fasln.  .■<p.  861, 15. 

6)  hose  für  den  träger  der  hose,  den  mann: 

bei  manchen  bücken  sich  die  husen  vor  den  hauben. 

GÜNTHER  468 ; 
herein,  was  hosen  sein, 
weiber  sollen  drauszen  bleiben ! 

ZiNCKRLE  kiiidcr-  ii.  hausmärch.  119; 

die   französischen   Soldaten   werden    nach   üaer   beinkleidung  die 
rothen  hosen  genannt. 

7)  hose,  übertragen,  bei  thieren, 

o)  bei  Pferden,  der  mil  gröberen  haaren  besetzte  Unterschenkel. 

b)  bei  vögeln  die  starke  beficderuny  des  Unterschenkels:  die 
lieine  (von  spizaelos  tyrannus)  sind  hoch  und  sehr  stark,  adler- 
artig, dicht  mit  federn  bedeckt,  am  Unterschenkel  bemerkt 
man  sogenannte  hosen.  Brehm  bilder  u.  skizzen  (Uamb.  1S65) 
s.  39.     vgl.  hosichl. 

c)  bei  den  biencn:  wenn  aber  si  zuo  werk  kernt,  so  sam- 
nent  si  pluomen  an  ir  fücj,  als  ob  si  hosen  haben  gewunnen. 
Megenberg  289,22.     vgl.  höscben  und  höslein. 

8)  hose,  bei  pflanzen, 

o)  die  oberste  noch  verschlossene  blattscheidc  einiijer  gräscr, 
z.b.  der  gerste,  auch  hülse,  schoszkiel.  Nemnich.  vergl.  univn 
hosenwoche. 

b)  hosen  sind  unhölzer  an  den  schneidreben  des  weinslocks, 
welche  weggebrochen  werden  müssen,  das. 

9)  hose,  an  geraten, 

a)  der  untere  erweiterte  theil  des  stiefeis,  an  pump-  und  saug- 
werken. 

b)  beim  Orgelbauer  der  fusz  an  der  mentchenslimmc ,  der  dis 
trompetenmund stück  nebst  der  kritcke  einschlieszi.  Jacobsson  2,2S'.t'. 

10)  hose,  die  wirbelnde  und  trichterförmige  bewegung  des  windes 
oder  des  wassers,  vgl.  vsindhose,  Wasserhose; 

der  wind  zieht  seine  Iiosen  an, 

die  weiszen  Wasserhosen !     II.  Heim  15,  137. 

U)  hose,  ein  röluen förmiges  Iwlzernes  oder  metallenes  gefasz, 
scheint  auf  Obersachsen  beschränkt. 

tt)  zum  wasserholen  oder  -schöpfen:  hose  auf  den  salzuerken 
soviel  als  eine  gelte,  um  damit  zu  schöpfen,  uvnn  sie  einen 
stiel  hat,  so  heistt  sie  eine  schaufelhose.  Jacobsson  2, 280*.  so 
namentlich  in  Halle  a.S.:  neben  dem  Ständer  sah  man  auch 
die  hosen,  die  Wasserhosen,  hölzerne,  oben  olfene  fäszclirii 
mit  (]uerbolzer!i  über  der  oirnting,  in  denen  von  den  niJigdrn 
das  Wasser  aus  den  bruiiiien  oder  :ius  dem  flussc  in  die  küche 
gelragen  wird.  (i.  üesekiel  Schellen-.SIorilz  (1869)  1,51. 

b)  hose,  ein  Iwlzernes  gefäsi,  in  das  Untier  eingedrückt  uvd 
wir  biirger  werden  uns  schneiden  lassen  wie  bulter  aus  dn 
hose,  und  muesz  aus  dem  topfe.  Chr.  Wkise /ujfrer/nrr  51;  ah 
man:  zwei  hosen  bulter,  sieben  mandel  kilse.  ali$.  com.  35'. 

r)  liiise,  kupfernes  oder  blechenes,  langes  und  tiefes  gefan 
zum  hrrbetbrm  ,en  der  kolilcn  in  die  kiiche.     rgl.  kohlenhuse. 

HOSKt.M,  verb.  sich  md  hosen  versehen,  von  den  bienen  gesagt, 
wenn  sie  brol  oder  wachsmrhl  eintragen  (rgl.  hOscheii  und  hu>« 
7,c):  die  bieneu  höseln.  Aueli;m..     srhuetz.  dagegen  bOselen, 


1841 


HOSEN — HOSENKNOPF 


HOSENKOCH  —  HOSENSEÜFZER 


1842 


bei  den  hosen  nehmen,  packen  im  rittgkampfe  oder  sonst.  Staldeb 
2,57. 

HOSEN,  verb.  1)  hosen  anlegen:  caligoTe  hosen  neben  hosen 
anlegen  Dief.  90'; 

ein  teil  {der  biene»)  die  fasten  in  ir  kröpflein 

der  alier  süsten  dawes  tröpflein, 

ir  peiolein  sie  mit  plümlein  hoseten. 

FoLZ  in  den  fasln.  .</>.  1304; 
daher  sich  zum  fortgehn  rüsten : 

lieber  mit  seiner  allen  koset, 

denn  das  er  sieb  zu  wandern  boset. 

{rofchmniseler  2,  4,  5  (Ji  ij  '}. 

2)  ein  anderes  hosen  bei  Stieleb  863:  hosen,  hinhosen, 
negligere,  relinquere,  susque  deque  habere,  er  host  so  hin,  trahit, 
maralur  rem,  wozu  ein  schweizerisches  subst.  böseler,  unent- 
schieden und  nicht  fest  außretender  mann  stimmt:  wenn  es 
schon  zuweilen  Vreneli  dünkte,  Uli  sollte  auf  festeren  füszen 
stehen,  so  war  er  doch  ein  mann,  und  nicht  so  ein  züt'.el, 
ein  fösel  und  höseler.  J.  Gottbelf  Uli  d.  pächter  IST. 

HOSENBAND,  n.  l)  band  zur  befestigung  der  hosen:  wann 
er  zweierlei  hosenband  hat.  tceisth.  l,  797 :  1639  it/r<i  t«  Ulm 
den  gemeinen  handtcerksteuten  das  tragen  von  gülden  und  silberin 
spitzen  an  hosenbändern  verboten.  Adrian  mittheilungen  316; 
bei  tceibem,  zur  befestigung  der  unter-  oder  schlafhosen : 

etlich  die  hosenband  luck  binden; 

wilt  du  {ein  ßok  aprichl)  dich  dan  dazwischen  finden, 

so  ziben  si  denselben  zu 

und  fangen  dich  in  guter  ruh.    Fischabt  dicht.  3,30,1049; 

der  orden  des  blauen  hosenbandes  in  Engelland ,  ordo  peri- 
scelidis  Frisch  1,470*.     j.  hosenbendcl. 

2)  hosenband,  auch  Strumpfband,  eine  fischart,  syngnallius 
periscelis.  Nemxich  4, 1412. 

HOSENBANDORDEN  ,  m.  englisch  order  of  the  garter;  ein 
im  14.  jahrh.  gestifteter  rüternrden. 

HOSENBEIN,  n.  der  das  bein  bedeckende  theü  der  hose. 

HOSENBENDEL ,  m.  binde  zum  befestigen  der  hosen  {oder 
der  beinstrümpfe ,  nacA  hose  2) :  die  hosenbendel ,  genualia, 
fasciae  Maaler  231* ;  liga  hoesenbendel  Dief.  329' ;  sie  (frauen) 
trugen  weisz  scharlachen  hosen,  die  giengen  gerad  drei  finger 
breit  über  die  knie :  die  hosenbendel  waren  eben  der  färb, 
deren  die  armband  und  händschuch,  und  bunden  sie  kreuz- 
weis oben  unter  dem  knie.  Fischar,t  Garg.  251' ;  bind  den 
rechten  hosenbendel  steifer  auf  dann  den  linken,  groszm.  86 ; 
unter  den  knien  herum,  allwo  man  dazumal  die  hosenbändel 
zu  binden  pflegte  (an  ofßciershosen).  Simpl.  3, 13t  Kurz. 

HOSENBLETZER,  ni.  hosenßicker:  sarcinator,  flicker,  hosen- 
hletzer  Golii  onOTJ.  (1582)  207 ;  hosenplätzer  sarcinator  Maater 
231*;  ettliche  hümpler  und  alt  hosen  pletzer.  F.  Genge.n- 
bach  186. 

HOSENBOMPER,  m.  crepitus  ventrU.  Stieler  212. 

HOSENBU.ND,  m.    der  breite  streif  zeug  oben  >an  den  hosen. 

HOSENBLSZER,  m.  femoralium  refector.  Stieler  261. 

HOSENBUTTER,  f.  butter  die  man  in  hölzerne  fäszchen  ein- 
zudrücken pflegt  {vgl.  hose  11,6).  Jacobssom  6,119'. 

HOSENFLICKER,  m.  caligarum  interpolator.  Stieler  517 : 

gleichwie  die  unverscbempte  Nas, 
der  nur  ein  bosenQicker  was. 

Fischart  dicht.  1,  172,  1560  Kurz. 
hosenflicker  nennen  die  jäger  scherzhaft  ein  angehendes  oder  vier- 
jähriges schteein,  weil  es  wegen  seiner  geschwi>tdi(ikeit  und  herz- 
haßigkeit  den  beinen  am  gefährlichsten  ist.  Jacübsso:«  2, 259*. 

HOSENGERUCH,  m.  pedor.   Stieler  1530. 

HOSENGESÄSZ,  n.  der  theil  der  hosen  der  das  gesdsz  bedeckt: 
die  hembder  leilachen  und  hosengesäsz  mit  wasser  darin 
werrauth  gesotten  ist,  bestrichen  {Schutzmittel  wider  insecten). 
Tabernaemont.  12. 

HOSENHAFTE.N,  m.  plur.  haßen  oder  haken  an  den  hosen, 
woran  ehemals  die  hosenträger  befestigt  wurden.  Frisch  1,  470'. 

HOSENHALFTER,  m.  hosenträger.  Jacobsson  2, 289*.  vergl. 
halfter  2,  sp.  226. 

HOSENHEBE,  f  hosenträger;  vornehmluh  im  östlichen  Mittel- 
deutschland.   RCdigeb  neuester  Zuwachs  2,  86. 

HOSENJAUCHZER,  -JUCHZER,  m.  .•  hosenjauchser  crepüus 
tentris  Corvinls  (1060)  im  regiMer;  hosenjuchzer  Stieler  901. 

HOSENKACKERLING,  m.:  ich  bin  von  den  Freundsinseln, 
der  grosze  hosenkackerling,  epops  maximus  poljcacaromer- 
dicus.  Göthe  14. 101  {die  vOgel). 

HOSENKLAPPE,  f  hosenlatz,  s.  d. 

HOSENKNOPF,  m.  knöpf  zur  befestigung  der  hosen,  glans 
hraccarum.  Stiele«  998; 

IV.       II. 


die  schiele  Tbestylis  hat  äugen  in  dem  köpfe, 

so  hat  ein  luchs  sie  nicht. 

glaubt  ihr,  sie  sieht  euch  ins  gesicht, 

so  sieht  sie  nach  dem  hosenknopfe.    Ltssine  1,  30. 

HOSENKOCH.  m.  eine  schimpfliche  benennung,  die  die  schneidet 
ihren  pfuschern  geben.  Jacobsson  2,  289*. 

HOSENKREUZ,  n.  der  die  beine  verbindende  obere  und  hintere 
theü  der  hosen. 

HOSENLADEN,  m.  hosenlatz.  romehmlich  oberdeutsch,  schwei- 
zerisch. ToBLER   276'. 

HOSENLAPPER.  m.  sarcinator.  Stieler  1070.  bei  Fischart 
hosenlepper:  hosenlepper,  schuhslepper.  gro5im.48;  Nas  hosen- 
lepper,  lügenstepper,  sarlor  inter  doctores,  anser  inter  olores. 
dicht.  1. 130  Kurz,  randglosse. 

HOSENLAPPERIN ,  f:  hosen-  iite  strümpflapperin,  sarn- 
natrix.   Stieler  1070. 

HOSENLATZ,  m.:  hosenlatz,  hosenklappe  torn  an  den 
hosen,  tegmenlum  fissurae  femoralium  Frisch  1,47o';  sie  meinen, 
dasz  ihr  todos  los  diabolos  in  dervorbnich,  wie  die  Schweitzer 
in  dem  hosenlatz,  traget.  A.  Gryphics  1698  1,  762;  eine  mutter 
überreicht  ihrem  auf  reisen  gehenden  söhne  drei  nadeln :  die  dritte 
zeige  an,  seinen  hosenlatz  fleiszig  damit  zuzustechen,  das  ist, 
er  sollte  sich  ja  nicht  an  die  huren  hangen,  kurzweil.  Stock- 
fisch (1724)  5.42. 

HOSE.NLUMP,  m.  Schimpfwort  für  einen  der  in  serlumplen 
hosen  einher  geht :  darauf  wollen  wir  die  luderteufel  und  hosen- 
lump'en  immer  lassen  dahin  gehen,  so  lange  es  weret.  Mcs- 
cüLts  hosenleufel  D' ;  hessisch  hoselümper  für  einen  abgerissenen 
jun(,en,  auch  für  den  lumpensammler.  Vilmar  175. 

HOSENMACHER ,  m.  braccarius.  Stieler  863 ;  caligarius 
hosenmacher  Dief.  90'. 

HOSENNESTEL ,  m.  nestel  sur  befestigung  der  hosen :  liga 
hosennestel,  hosencstel,  hosnestel  Dief.  329* ;  ligamen  hosen- 
nistel  das.;  wer  yhn  gab  ein  stuck  von  einem  Spiegel  oder 
ein  hoszennestel,  dem  gaben  sy  gold  darfür.  Frank  weltb.  220*. 

HOSE.NQU.\RTIERER,  m.  hosenbereiter,  von  Fischart  ge- 
braucht: der  tcufel  mahl  oder  schreib  disen  fundschwangern 
kleidfuhrierern  und  hosenquatierern  {so)  ein  formularbuch 
von  kleidern  für.  Garg.  157'.  auch  sonst  werden  furierer  und 
quartierer  zusammen  und  in  einem  sinne  genannt,  vgl.  tA.  4*,  752. 

HOSENSACK,  m.  lasche  in  den  hosen :  schiebsack,  sive  hosen- 
sack  funda  Stieler  1658 ;  besagtes  instrument ,  welches  ich 
gemeiniglich  neben  einem  perspectiv  im  hosensack  trug.  Simpl. 
1,246  Kurz;  diese  münze,  die  ringe  und  kleinodien  steckte 
ich  in  meine  hosensäcke,  stiffeln,  hosen  und  pistolhulftern. 
296;  da  er  aber  sähe,  dasz  sowol  in  meinen  hosensäcken 
als  in  den  halftern  pistolen  Stacken.  3, 42 ;  ich  küssete  sie 
einmal,  und  sie  füUete  mir  alle  beide  hosensäcke  voll  zucker- 
näscherei.  A.  Gryphics  1698  1, 811 ; 

doch  als  ich  unten  mich  besah, 
potz  element!  wie  ward  mir  da! 
ich  hatte  keine  hosen  ! 
der  mutb  steckt  nicht  im  hosensack, 
dacht  ich.     Blvmaikr  2,  30  {aeneide  2). 

Sprichwörtlich:  so  wil  ich  . .  meine  feder  und  mein  maul  nicht 
in  hosensack  stecken,  sondern  mit  gottes  hülf  sehen,  dasz 
ich  ihnen  allein  manns  genug  sei.  Schlppils  271 ;  dasz  ich 
mein  maul  nicht  in  hosensack  gestecket  habe,  werden  mir 
e.  hochrahts  deputirte  zeugnisz  geben.  636.  in  Mittel-  und 
yorddeutschland  ist  jetzt  dafür  hosentasche  allein  üblich. 

HOSENSCHEISZER,  m.  maculans,  conspurcans  caligas.  Stie- 
ler 1758;  entweder  als  derbe  bezeichnung  eines  kleinen  knaben, 
wie  bei  Frisch  1,470*,  wie  das  dim.  das  Jung  hosenscheiszerlin. 
Garg.  112*,  oder  für  einen  alten  mann :  ein  alter  hosenscheiszer, 
senex  defloccatus,  tremulus  Steinbach  2,420;  auch  Schimpfwort 
für  einen  mutlosen,  ängstlichen,  nach  hose  5,  f. 

HOSENSCHLEICHER,  m.  creptus  ventris.  Stieler  1833. 

HOSE.NSCHLITZ,  m.  der  schlitz  an  den  hosen :  als  er  eins- 
mals  auf  dem  markt  mit  einem  guten  freunde  redete,  flöge 
ihm  eine  taube  zum  hosenschlitze  aus.   u;iir.  doct.  522. 

HOSENSCHNEIDER,  »«.  Schneider  der  vorzüglich  hosen  ver- 
fertigt. 

HOSENSCHROTER,  m.  hosenschneider  {vgl.  Schröter):  seinem 
alten  hosenschröler.  Rode   T.  Jones  3, 156. 

HOSE.NSEICHER,  m.  caligas  urina  humcctans.  Stiel»  1998. 

HOSENSENKEL,  m.  senket  zur  befestigung  der  hosen  :  es  war 
ihm  so  noth,  dasz  er  vor  der  thür  schon  den  hosensenkei 
gelöset,  polit.  maulaffe  19. 

HOSENSEUFZER,  m.  crepUus  ventris.  Stieler  2013. 

116 


1843 


UOSENSTRICKER  —  HOSSEN 


HOST  — HOTT 


1844 


HOSE.NSTRICKER,  tn.  slricker  langer  beinstnmpfe  (vergl. 
hose  2) :  hosenstricker  ist  noch  au  vielen  orten  so  viel  als 
strumpfstiicker,  Ubialium  lexlor.  FniscH  l,47ü';  mein  valer  ist 
sonst  ein  hosenstricker  gewesen ,  und  wann  ich  schweren 
solte,  so  hätte  er  die  strumpfe,  die  ihr  da  anhaht,  gestricket. 
ped.  schul  fuchs  242; 

dann  sonst  war  er  (ein  bürget)  ein  husenstricker. 

Fischart  dicht.  2, 153,  702. 

HOSENSTRUMPF,  m.  beinstrumpf :  die  hosenslrümpf  libiale 
Haaler  231^ 

HOSENSTÜRMER,  m.;  wettete  einsmahl  mit  einem  für- 
nehmen  herrn,  er  wolte  einen  groszea  hoscnstürmcr  in  ihrer 
königl.  mayest.  gegenwart  streichen  lassen.  Leyennalzs  lustiger 
correspotidenzgeist  (l(j6S)  s.  130. 

HOSENTASCHE,  f.  sacculus  in  latcribits  femoraliutn,  hosen- 
sack  Frisch  1,470':  der  Engländer  steckt  die  hünde  in  die 
hosenlaschen,  sieht  ruhig  zu.  Holtei  Lammfell  I8ö. 

HOSENTEUFEL,  m.  leufel  der  die  mcnschea  zur  ausschreüung 
in  der  hosenlracht  verführt;  tilel  eines  buchcs  von  Musculus 
(s.  quellenverz.  zum  1.  bände). 

HOSENTRÄGER,  »i.  plur.  über  die  schultern  gehende  boHen, 
an  denen  die  hosen  gctraijen  werden. 

HOSENTUCH,  n.  tuch  zu  hosen :  hosentuch,  pannus  de  quo 
ßunt  calige.  voc.  ine.  theul.  ka';  eine  faule  cntschuldigung  ist 
so  viel  nutz  als  Adams  feigenblutter  zu  hosentuch.  Leu- 
MANN  204; 

da  bieng  ein  rote»  hostuch  bei  (ids  iirris  lieim  kegelscbicben). 

H.  Sacus  1,  530' ; 
Adams  erstes  hosentuch  waren  bläller  von  den  feigen. 

LoGAü  3,  30,  40. 

HOSENVVIND,  m.  crepüus  venlris.   Stieleb  2464. 

HOSENWOCHE,  HOSEVVOCHE,  f.:  die  funftzehnde  woche 
nach  Weihnachten  nennen  sie  die  hosewoche,  darumb,  das 
irem  vorgeben  nach  die  gerste,  so  in  dieser  wochen  geseet 
wird,  geineinlich  mit  den  ühren  in  den  schoszbalgen,  wie  in 
hosen,  stecken  bleibet.  Martin  GRussEit  anleilung  zu  der  land- 
u-irtschaft  (Görlitz  1590). 

HOSICHT,  adj.  1)  mil  hosen  versehen,  nocA  hose  7,6;  hosicht 
sagt  man  von  tauben  und  anderem  geflügel,  das  federn  an  den 
unterfüszen  hat.  Frisch  1, 470*. 

2)  anders  bei  Stielek,  als  adv.:  hosicht  tarde,  lente,  cunc- 
tanter,  ein  hoser,  Icnlulus,  cunclator,  tnorator  u.  s.  w.  863.  vgl. 
hosen  2  oben  sp.  1841. 

HÖSLEIN,  n.  kleine  hose,  in  den  verschiedenen  bedeulumjen 
des  eben  genantUen  ivurtes:  der  erweit  abt  soI . .  die  lobenipter 
ander  der  infel,  mit  ringen,  hendschuchcn,  daimatic  und 
höszlin  singen.  Oheims  ehr.  v.  Reichenau  135,  21 ;  als  Ueiduny 
eines  federspiels: 

lancvesjel,  würrel  und  hoselin 

da;  wären  diu  kleit  sin.    Haupts  zeitschr.  1,  341,  9; 

höslein,  die  linsen förmioen  anhänge  an  den  hinlerbeinen  der 
arbeüsbienen.  Jacousson  2,2i9',  vgl.  hf^schen. 

HOSPITAL ,  11.  au*  lat.  hospitale  frühe  übernommen ,  denn 
schon  ahd.  begegnet  hospitaihfts  und  liospilaröhüs  ;)<ocft;um  Graff 
4, 1055,  mhd.  hospiläl ,  doch  wird  das  gekürzte  spital ,  spitlel 
(».  d.)  in  gewöhnlicher  rede  bei  weitem  vorgezogen :  hospitale 
hospitael,  hospital  Dief.  2SI';  es  ist  theils  ein  pflegehaus  für 
alter,  armut  und  gebrechlichlwä,  Ifieils  ein  krankcnhaus  durunter 
verstanden :  von  anstellung  reputirlicher  hospitälcn,  darin  ein 
redlicher  cavallier  seinen  unterhalt  haben  könne,  wann  er  in 
Unglück  komme.  Schuppius  82 ;  haben  wir  nicht  schöne  hospi- 
lalia  bauen  lassen?  88;  denen  armen  leuten  in  den  hospitalen 
verehre  ich  eine  goldwage.  (>U8;  er  neige  seine  obren  zu  dem 
wcisenhausz  und  andern  hospilalien.  ü<>9;  hospiläl  für  alle 
leute,  geronlocomium  Frisch  1,470'.  der  plural  wird  jetzt  ge- 
wöhnlich hospilaler  gebildet. 

HOSPITALMEISTER,  m.  provisor  xenodochii,  inßrmarius,  in 
den  klöttem.  Frisch  1,470*. 

HOSPITALPFLEGKR,  m.  praefectui  ]4ochü.  das. 

HOSPITALSCHIFF,  n.  schiff  bei  einer  floUe,  das  die  kranken 
und  verwundeten  fiüirt.  Jacobssün   2,  'IS'/. 

HOSI'ITALVEHWALTEH,  m.  praefectus  ptochü. 

MO;^l'ITALVOhSTEHER,  m.  dasselbe. 

HOSSEN,  verb.  schultern,  sich  stark  bewegen,  ein  butn.yihei 
und  schwibischei  wort,  mhd.  hopsen  schnell  laufen  LtvtR  wb. 
1,1345;  bairisch  hossen  gchn,  laufen,  kmhicm,  aus  dem  haust 
griUltt  titugeken,  ausier  dem  hause  herum  gehen,  hausieren^ 
iptaktm  teke»  Scbm.  l,  llSl  Fromm.;  die  kugel  rennt  hosieo, 


sagt  der  keyelspieler,  wenn  sie  von  der  bahn  abspringt.  1182;  in 
7iro/  hossen  rütteln,  stark  in  bewegung  setzen  mil  dabei  verbun- 
deneni  gelOse,  z.  b.  der  wagen  hossl,  der  vater  hossl  das  kind 
auf  den  knien.  Fromm.  G,  155;  tn  Kärnten  hossen  schaukeln, 
namentlich  auf  den  knien,  wobei  hoss!  hoss!  gerufen  wird. 
Leier  144;  t«  Schwaben  hossen  wiegen,  schaukeln,  hin  und 
Iter,  auf  und  ab  bewegen  Schmid  288.  H.  Sachs  braucht  das 
wort  von  der  erschütlerung  beini  lachen  (wofür  sonst  hotzeln, 
s.  unten): 

des  laclit  man  mein,  das  man  thut  hossen.    1,542'; 

ir  wert  lachen,  das  ir  niüst  hossen.    3,  1,  238'; 

jelx  lacli  wir  all  sein  das  wir  hossen.    3,  2,  32'. 

In  anderm  sinne:  es  will  nicht  hossen.  hossen  heiszt  ge- 
leiten ,  weichen ,  fort  gehen,  was  nun  nicht  fort  will ,  und 
da  kein  glück  bei  ist,  das  kann  nicht  hossen,  es  stehet  und 
will  nil  fort.  Acricola  sprichw.  1537  no.  620.  in  dieser  bedeu- 
tung,  wofür  aber  sonst  hollen  (s.  d.)  gebraucht  wird,  würde  das 
wort  zunächst  mit  hessisch  huscheln  eilfertig,  ungenau  arbeilen, 
huschelig,  hosselig,  unordentlich,  huschel,  hosscl  eine  unordent- 
liche fraucnsperson  (Vii.mar  180)  sich  berühren. 
HOST,  antreibender  fuhrmannsruf: 

zwo  her  an,  groniiiiuun  und  pleszlein  (jtferdenamen), 

hotic  host  sunder  und  zwuder  herein, 

fclblein,  preinilein,  streichet  zu.    fasiii.  sp.  248,  4. 

HOSTIE,  f  nach  lat.  hostia:  hostia  hostie  Dief.  281*,  auch 
ostcy  ScuM.  1,1180  Fromm.;  die  hoslie  nehmen,  das  abcnd- 
mahl  nehmen; 

sagen  sie 
dem  priuzen,  dasz  er  denken  soll  des  eides, 
den  wir  in  jenen  schwärmerischen  tagen 
auf  die  getheilie  hoslie  geschworen. 

Schiller  Karlos  4,  21 ; 
und  inüszt  ich  auch  die  königiu  durchbohren, 
ich  hab  es  auf  die  hoslie  geschworen.    M.  Üluarl  3,  6; 
auch  diese  sühne,  die  wir  jetzt  vollbracbl, 
wünscht  er  zu  heilgeu  ;  sein  begehren  ist, 
dasz  wir  auf  unsern  buud  die  hostie  nehmen. 

UuLAND  Ludwig  124. 
IIOSTIENBACKER,  m. 

HOSTIENEISEN,  »i.  oblaleneisen.  Jacobsson  6, 120*. 
HOTT,  HOTTA,  HOTTE,  zuruf  an  thiere,  meist  fuhrmanns- 
wort. 

1)  im  allgemein  treibenden,  sclwuchenden  sinne: 

die  naclitigal,  die  nacbtigal, 

die  sasz  auf  einer  stunden, 

siu  sang  der  braut  den  'hott  vom  zäun!' 

sie  dacht  sie  selber  zbrautcn. 

UuLANU  vulkst.  42  (voijelhociiziit) ; 

und  dann  rein  ermunternder  zuruf  an  zuyvieh :  wenn  ein  roller 
etwan  ein  pferd  hat  und  spricht  Heinzliii  holla,  hilsla  Heinzlin, 
CS  kcrt  sich  nit  daran.  Keisersuerg  sünd.  d.  munds  35';  nun 
holla  Rläszle  hcijuni,  dasz  man  noch  ferner  kum.  Fischart 
gruszm.  Ol ;  hotia  schimmele  schelmele  I  Carg.  134 ; 

nun,  weils  denn  so  ist,  holt!  mein  gäulcbiMi.  grad  nach  hau.«! 

WlBLAHD  18,  130. 

2)  häufiger  zuruf  nach  rechts  zu  gelten  ;  vielleicht  hat  sich  dieser 
sinn  aus  dem  vorigen  nur  herausgebildet  wed  bei  dem  Zweigespann 
der  zuruf  holt  an  das  haupipferd,  das  rechts  gehende  saltelpferd 
am  meisten  gerichtet  wurde:  hott  lechls,  schwudc,  links,  bei 
deu  fuhileulen.  Rüdiger  neuester  zuw.  2,  MS;  rufen  sie  holla, 
so  gehls  wüst.  Garg.  213';  sind  wort,  so  die  ackerleule  in 
brauch  haben:  fornen  dran,  ist  bot  fornen,  auf  die  rechte 
band.  Puii.ander  2, .104;  die  herrcn  inüssens  einnehmen  wie 
sie  es  atisgeben,  rufen  sie  holt  so  gehls  suder.  Lehmann  87; 
wenn  ich  holte  schrie,  lenkten  sie  wüste.  Thlmmki.  :..  iii2; 

da  lenkt  sich  all  mein  leben,  hott! 
leicht,  wie  mein  »attclpferd ! 

K.  Schmidt  im  Leipziger  mu.u-iidini     ' 

bei  aufzäldung  ton  fuhrmannsrufcn : 
wer  mit  pferdcn  roden  wil, 
darl  den  Amadis  nicht  viel; 
huttc,  dtoh, 
l.schwuid  und  o ! 

wor  OS  kan  mit  ftisz.  hand.  ininid, 
kau  der  spräche  meidiMi  griind. 

LocAU  1, 125,  'Mi  {die  fuhrmannsspracht)  i 

als  kehrrtim  in  einem  spoltliede  auf  bauern  : 

die  bauern  von  lanct  Pölton, 
darxu  dio  gante  gmcin, 

wUiie!  noita  ho! 
de  ritten  out  ein  hucliicil, 
Ir  kßinor  bllb  duheiin, 

wUilo  1  holla  bo  bo !    ühi.aiip  voUuL  661. 


1845 


HOTTE  — HOTTEN 


HOTTEN  — HOTZELN 


1846 


3)  daJier  ah  adverb  der  richiung:  wie  ein  wagen,  so  in  der  | 
nacht  feret,  und  nach  gedunken  gehen  mus,  oft  nicht  weis,   i 
wohin,  und  wenn  er  meinet,  er  wolle  holhin  faren,  so  ist   | 
er  schwothin  gefaren.   Lcther  6,  13S';    das  auf  dem  rechten   | 
wege  nichts  bleiben  wil.  es  wil  entweder  hotte  oder  schwode   j 
hinaus,   wie    die   kollern  und  tollern  geule  thun.    157';    ein   | 
ungleich  paar  ochsen ,  die  ackern  sollen,  da  einer  hott,  der 
ander  har  gehet,  die  werden  nimmermehr  keine  starke  forch 
machen.  Creidics  1,476;  einer  will  hol,  der  ander  wüst  oder 
haar.  Würhsaam  wurmland  38; 

einer  lauft  hotie  hin, 

der  ander  zwutte  nach  seinem  sin, 

der  dritt  gradaus.    Etkhisc  2,  48  ; 
hotta  tibi  deilram,  sed  dat  tibi  westa  sinistram.    interim  513. 
vgl  auch  hotto  und  hotten. 

HOTTE,  /.  1)  ein  gefäsz  auf  dem  rücicen  zu  tragen;  theils 
von  hol:,  eine  bültc:  hotte,  ein  langes  hölzernes  gefäsz,  eine 
biitte  so  man  auf  dem  rücken  trägt  Jacobssox  2,289*;  schicäbisch 
hotte  butte  Schmid  282;  rheinisch  hotte  eine  art  bütle  die  an 
riemen  auf  dem  rücken  getragen  unrd  Kedreix  202 ;  theils  von 
weidengejlecht,  so  in  der  Schweiz:  hutte,  ein  derartiger  rücken- 
korb, auch  als  masz  für  trockene  fruchte  gebraucht.  Stalder  2, 67. 
die  mnzer  tragen  in  der  hotte  die  trauben  zur  kelter,  daher: 
item  zum  eilflen  mal  fragt  der  schnltes  den  schöffen ,  wie 
dick  der  gemein  man  . .  soll  und  verpflichtig  sei  burgkwerk 
gen  Hornbach  in  dem  jähr  zu  thun?. .  antwortt  der  schöffen, 
das  der  benant  man  soll  solches  in  dem  jähr  thun  dreimal 
mit  der  hauwen  und  mit  der  hotten,  weisth.  5, 6ft7  (rheinisch, 
von  1476),  d.  h.  zu  den  zeiten  wenn  der  wein  behauen  und  wenn 
er  gelesen  wird. 

2)  hotte,  buttermilch  oder  quark,  im  öälichen  Mitteldeutschland 
und  niederdeutsch:  serum  secundarium  hotte  1  bottermilch  Dief. 
530"  {aus  Teochus)  ;  'seruncula  hotte  das.  {niederd.  vocab.  von 
1420) ;  battudo  hott ,  hotte  70' ;  battudo ,  balducta  hotte  nov. 
gloss.  50'  {aus  niederdeutschen  vocabularien) ;  hotte ,  die  geron- 
nene und  dann  aufgewärmte  milch,  woraus  käse  gemacht  wird. 
ScHAMBACH  SC' ;  niederländisch  hotte  t.  matten,  lac  coagulatum 
KiLiA5 ;  in  der  zeilung  Deutschland  vom  10.  sept.  1S65  zeigt  ein 
käsefabrikant  aus  Vogelsberg  bei  Weimar  an:  ich  mache  hier- 
durch bekannt,  dasz  ich  gut  aufgetretene  und  ausgepreszte 
käsehotten  (käsematz)  kaufe. 

3)  in  ^iederhessen  sind  hotten,  schwinghotten  die  wolligen 
ßachsabfäUe,  welche  sich  bei  dem  schwingen  des  flachses  bilden. 
VlLHAR   176. 

4)  hotte,  »n  Bünden  ein  leitseil.  Stat.der  2,  57. 

Die  bedeutungen  1-3  sind  wol  nicMs  anders  als  Vereinzelungen 
der  allgemeinen  zu  gründe  liegenden  Vorstellung  des  schaukelns 
und  Schwingens,  die  in  einer  reihe  von  hierher  gehörigen  land- 
schaftlichen Wörtern  deutlich  zu  tage  tritt:  in  der  bernischen 
kindersprache  heiszt  hottel  die  kutsche  und  die  Schaukel,  hottern 
schütteln,  rütteln  auf  und  ah  (SrALnER  2,57):  schwäbisch  hottern 
tieften  hotschein  und  hotschen  zittern  (Schmid  282) ;  kärntnisdi 
hottein  herumschweifen ,  lüdcrlich  sein  (Lexer  144) ;  im  nas- 
sauischen hetszt  hottern,  wenn  maulwürfe  und  grosze  mause 
im  fortkriechen  fast  auf  der  Oberfläche  das  Imd  durchwühlen 
(Keiirein  202),  vergl.  unten  hotten;  seibat  auf  schwankende 
gemütsbewegungen  ist  der  begriff  übertragen:  hotterig  unwillig, 
launisch  Stalder  2,  523.  speciell  die  bedeutung  oben  2  berührt 
hessisches  hottein  und  {selten)  hotten,  den  scheidungsprocess  der 
milch  bezeichnend,  wenn  sie  zusammenläuft,  d.  h.  käswasser  und 
käsestoff  sich  scheiden.  Vilnar  176;  im  göltingischen  hölteln,  zu 
hotte  werden,  gerinnen,  sauer  werden  Schambach  86';  hoUänd. 
hotten  coagulare,  coalrre,  coalescere,  concrescere  Kilian.  —  hotte 
leitseil  {oben  4)  geht  wol  direct  auf  das  holten  vorwärts  treiben 
der  fuhrmannsspracite  zurück. 

HOTTEIAHLM,  interj.: 

hotteiabum,      nun  sin^  herumb, 

bisz  es  auch  an  mich  kuro.    Garg.  87*. 

HOTTEN,  rer6.  vorwärts  treiben  oder  vorwärts  gehen. 
1)  es  ist  ein  fuhrmnnnswort,  zur  oben  behandelten  interjeclion 
hott  gehörig;  entweder  transitiv,  gehen  machen  diepferde.  Stai.der 
2,  57 : 

so  mücht  man  auch  wol  unser  spotten, 

wenH  wir  das  plint  ros  mfisten  hotten,    /a»*».  >p.  788,22; 

häufiger  intransitiv,  vorwärts  kommen  (Stalder  das.):  hielt  es 
härter,  als  bei  einem  fuhrmann,  der  mit  geruiielem  gespann 
auf  der  ebne  wol  fortkommen ,  am  berg  aber  nicht  hotten 
kann.   Simpl.  1, 102  Kurz,     bildlich :  aber  es   wolle  mit  dem 


römischen    reich    nun    forthin    nimmer   weder   hotten   noch 

schwoden.  Mathes.  Sar.  87',  vgl.  dazu  oben  hott  2  und  3; 

wil  es  nicht  schwudn,  so  musi  es  holin. 

RiSKHART  eiszleb.  chrixtl.  ntter  F3. 

2)  nun  auch  auszerhalb  der  fuhrmannssprache  und  unpersön- 
lich, vorwärts  gehen,  gedeihen,  anschlagen :  wenn  nun  das  bösz 
gewissen  innen  würt,  das  es  an  got  zu  einem  scbelmen 
worden  ist,  .  .  so  will  es  vil  hofierens  mit  gott  anfahen, 
dasz  es  sich  wider  zuflick,  aber  es  will  nit  hotten.  S.  Frask 
paradoxa  65';  sonder  allein,  wann  wir  zu  bezalung  unserer 
schulden  unser  äuszersts  und  bestes  . .  gelhan,  oder  nit  gnug- 
same  bürgschaft  zu  finden ,  und  dasz  es  gar  nicht  hotten 
will:  so  sagt  unser  liebe  muter  die  h.  kirch,  dasz  Christus 
herfür  musz,  ut  suppleat  nostros  defeclus.  Fischart  bienk. 
101';  und  dasz  man  dan  auch  fürgeben  wil,  dasz  alle  junge 
und  kleine  sacramenllin  under  dem  sacrament  der  busz  be- 
griffen seien  . .  das  will  auch  nicht  wol  hotten.  166" ;  so  will 
es  doch  nicht  hotten.  Philander  2,226; 

aber,  ach  gott,  es  will  nit  hotten, 
die  bawren  lassen  sich  nit  spotten. 

Fischart  diclit.  1,9  Kurz  (nachlrab  231); 
thet  mich  zu  den  gauklem  gsellen, 
da  es  mir  auch  nicht  hotten  wollen. 

Mangold  markschiff  (15%)  E  iiij. 

auch  in  anderer  fügung:  als  er  aber  die  hosen  herabstreifte, 
wollen  solche  nicht  hotten.  Simpl.  3, 131  Kurz ;  aber  da  es 
wider  an  das  ufsetzen  galt,  wolt  die  kunst  nicht  mehr  hotten. 
wiszbad.  wisenbrünnl.  2, 156. 

3)  persönliches  hotten,  vorwärts  geJien,  wie  noch  jetzt  schwäbisch 
einen  weg  wandeln  (Schmid  2S2): 

do  sy  ('lie  bauem)  aber  nit  anders  wollen, 

musztend  wir  oucb  nahin  hotten, 

und  erretten  vätterlich  erb.    rychstag  855  Seh.; 

(der)  auf  einer  merrhen  (mähre)  dahin  drottet 

und  über  ein  wiesen  hin  hottet.    IL  Sachs  2,  4,  74' ; 

wan  dan  kein  mensch,  der  nicht  wil  mii-hin-hotten, 

kan  redlich  sein  ohn  sorgen,  angst,  gefahr.    WEcrueBLüt  43. 

4)  der  Zusammenhang  von  hotten  nii7  holteln  und  die  grund- 
bedeutung  des  rüitelns  und  schaukelns  wird  durch  das  bei  dem 
letzteren  warte  aufgeführte  klar,  im  Niederdeutschen  hat  hotten 
nefccn  der  bedeutung  2  auch  die  schleudern ,  schaukeln ,  uiegen. 
Schambach  S6'.     vgl.  auch  hotze,  hotzeln  und  holzen. 

HOTTEPFERDLEI.N ,  n.  schon  lange  in  der  kindersprache: 
{einen  brief)  darinn  er  auch  der  vögelein,  pölzlein  und  kleinen 
hottepferdlein  väterlich  gedenket.  Mathes.  Sar.  53';  wie  sie 
auch  vorzeiten  ire  meszstebe  oder  rulen  und  die  kinder  ire 
hottepferdlein  von  solchen  glatten,  leichten  und  holen  röhren 
macheten.  104';  könig  Agesilaus,  da  er  mit  seinen  kindern 
auf  den  stecken  und  hülzenen  hollepferdleinen  spielende 
herum  reit,  katechism.  112. 

HOTTO,  ruf  der  kinder  um  ein  pferd  anzutreiben :  da  saszt 
ihr  mir  im  schoosz  und  rieft  hotto !  und  ich  lief  fort,  euch 
den  hottogaul  zu  holen.  Schiller  räuber  4,  3. 

HOTTOSTAN,  »».  name  eines  tanzes.  in  einem  Neithartsliede 
heiszt  es: 

do  pfif  er  ir  den  firlefanz 

wol  nach  der  dörfer  Sitten. 

do  tanzten  sie  den  hottostan.    Uhland  rolksl.  648. 

der  name  des  tanzes,  da  er  ein  bäurischer  ist,  scheint  herge- 
nommen von  dem  zuruf  hotlesla,  der  sonst  dem  Zugvieh  gilt, 
vgl.  unter  hott  sp.  1S44. 

HOTTICHT,  n.  lumpenpack,  lumpiges  gesindel;  in  verstär- 
kender Zusammensetzung :  das  ärgste  lumpenhotligt.  causenm.ii. 
es  ist  jedenfalls  mit  dem  von  Vilmar  ISO  als  vorzugsweise  nieder- 
hessisch verzeichneten  hultich,  holtich,  butch,  masc,  Schimpfwort 
fitr  einen  arm.vligen,  lumpigen,  bettcllisiften  menschen,  auch  in 
dem  verschärfenden  compositum  lausehottich,  lausehutch,  aufs 
engste  verwandt,  das  sicii  seinerseits  wieder  mit  hudel  berührt, 
s.  dort. 

HOTZE,  /*.  wiege,  cunae,  eunabulum,  ineunabulum  Stieler 
8G3.  holze  hotsche  Lexer  1, 1345  {aus  Rothes  düring.  cJtrwiik). 
vgl.  unter  holzein. 

TIOTZEL,  f  getrocknete  birne,  s.  hulzel. 

nOTZELN,  verb.  schrumpfen,  s.  bulzcln. 

HOTZELN,  verb.  rütteln,  schüitern.  der  büdung  nach  iterativ 
zu  dem  unten  folgenden  ziemlich  gleichbedeutenden  hotzen ,  ist 
es  nächster  verwandter  zu  holteln  und  hotten  {oben  sp.  1845), 
und  mit  seiner  sippc  durch  Ober-  und  wenigstens  das  östliche 
Mitteldeutschland  Ins  nach  fiiederdeutsciüand  verbreitet,  mit  etwas 

116* 


1847 


HOTZELN  —  HOTZENBLOTZ 


HOUP  —  HU 


1848 


vechselnder  dentalis:  schweizerisch  hotzeln,  hotzern,  riUleln  und 
ijeriiUeÜ  icerden  mit  hutzel,  hutzle  schaukel  Stalder  2,58;  es 
hat  mich  gehotzelt,  ich  mustc  lachen,  dasz  der  bauch  mir 
schüUerte.  das.;  bei  Maaler  231*  hotzicn  und  sich  gar  er- 
schütteu  vun  lachen ,  concuti  cachinno ,  hotzlen ,  einen  stosz 
gäben,  succtüere;  hotzeln,  secouer,  elre  secoue  Ronüeau  317; 
scliwäbisch  hotschein ,  hantschein ,  hutsclieln  ziUern  vor  frosl 
ScHMiD  282;  bair.  hotzeln  und,  in  der  allem  spräche  hützern, 
rütteln,  schütteln  Scim.  1,1195  Fromm.;  ßr  Hessen,  Ditringen, 
Obersachsen  deutet  der  ganghare  name  der  wiege  holze,  holz 
(Vii.MAR  1"6.  Adelung)  auf  die  exislenz  des  worles,  vergl.  cuna 
hocze  DiEF.  162'  und  oscUlum,  ludus  minoris  hoczelreyde  Dief. 
nov.  gtoss.  274*,  scuta  huczelreyte  333'  {aus  müleldeulschen  roca- 
bularen  des  ib.jatirh.);  niederdeutsch  holze,  hötze  «'tei/e  Scham- 
BAca  86';  vergl.  auch  hossen  sp.  1S43.  die  ältere  Schriftsprache 
hat  das  wort  nur  mdszig  verwendet  namentlich  in  zwei  bedeu- 
tungen  : 

1)  schaukeln,  wiegen,  wie  vian  kindern  thul:  (die  mi'Uter) 
lehren  sie  {die  söhne)  dem  vatler  . .  auf  den  beinen  hotzeln, 
'also  reuten  die  bauren'.  Garg.  68*;  dann  die  arzet  rhieten 
nacii  verscheinung  der  zeit,  das  man  alszbald  das  kind  an- 
fangen soll  zu  tragen,  zu  hotzelen,  zu  blotzelen.  in";  und 
ward  ein  solcher  vater  ein  solchen  sons  hoch  erfrewet :  halset 
und  küsst  in,  rätschelt  in,  pfetzelt  in,  kützelt  in,  hotzell  in. 
136' ;  wann  das  kindt  weinet  und  nicht  mehr  dasz  hotzlen, 
umbhintragen  und  aufheben  erleiden  kan.  WCrz  pract.  der 
wundarzn.  (1612)  489;  auch  buckeln,  auf  den  schullern  tragen: 
sie  sind  mit  bänden  und  iuszen  binangekrochen,  dann  lieszen 
sie  sich  hotzlen  auf  den  achseln.  Frisch  1,471*  {aus  Hedions 
kirchenhistorie). 

2)  schultern,  vor  lachen:  der  kaiser  nam  die  zwen  heller 
und  fieng  an  zu  lachen  dasz  er  hotzlet.  Pauli  schimpf  i' ; 
lachen  dasz  wir  hotzlen.  Philander  2,437;  Simplicius  aber., 
fing  an  zu  lachen,  dasz  er  hotzelte.  Simpl.  3, 160  Kurz;  hier 
hätte  man  sehen  sollen,  wie  sich  die  herren  zerlacht  haben, 
dasz  sie  gehotzelt  und  die  hosen  halten  müssen,  geß.  fink.231. 

3)  Fischart  braucht  hotzeln  auch  in  der  viehr  verblaszten 
bedetttung  bewegen,  sich  bewegen:  der  bauch  {musz)  den  füszen 
nicht  zu  schwer  und  untrüglich  werden,  ihn  hernach  zu 
hotzeln.  Garp.  113*;  darumb  holzelt  der  ein  hernider,  das  der 
ander  aufbotzel  wider  {bei  complimenten).  45*. 

HOTZE.N,  verb.,  wie  hotzeln. 

1)  sich  auf  und  nieder  bewegen,  hüpfen,  so  schweizerisch 
(Stalder  2,  58),  mü  hotz,  hutz,  antauf,  salz  zum  schnellen  auf- 
stehen, springen,  auch  einzelner  sprang,  und  mü  hützen,  rütteln, 
zusammenrütteln ,  dann  auch  auffahren;  in  diesem  sinne  auch 
bei  Paracelsüs  :  folgt  darausz  mächtiger  iiTsal ,  in  welchem 
schmierben,  rauchen,  waschen,  schwitzen,  holzen,  ätzen  ein- 
gefürt  worden,  chir.  schriß.  323  B,  von  dem  herumrülteln  eines 
kranken;  rennen : 

do  mit  so  sach  man  Cbnoczen 
gen  Triefuasen  hoczen.    ring  8',  41; 

unruhig  hin  und  her  rücken :  nit  wais  ich ,  wie  es  gangen, 
oder  was  sie  für  ain  warme  ader  befonden ,  sie  (eine  Jung- 
frau) ist  dem  edelman  in  der  schosz  (auf  dem  schosze)  über 
sich  gesprungen  und  gehotzet.  Zimmer,  chron.  1,440,1;  tn 
obscünem  sinne  bei  Schm.  1,1195  Fromm,  aufgeführt  (aus  dem 
\b.jahrh.);  von  dem  schultern  beim  lachen:  Moyses  lachet,  dasz 
er  botzet.  Ayrer  proc.  2,3;  mittel-  und  niederdeutsch  holzen 
wiegen.  Schambach  86*;  einiiotzen ,  quietum  aliquem  reddeie, 
proprie  motando  et  demukendo  Stieler  863.  ab  davon,  doch 
auf  üne  grundvorstellung  aurückfülirend  steht  das  kärntnische 
holzen,  houlzen,  trage  sein,  sich  bald  da  bald  dort  niederlassen, 
langsam  arbeiten,  mü  der  nebenform  hotseben,  houtschen,  und 
mü  hotiche,  hotze,  hütsche,  houtze  lästige,  träge,  langsame 
person.  Lexeb  144.  das  schwäbische  hotzen  auf  dem  rücken 
tragen,  schleppen,  scheint  (doch  vgl.  hotzeln  1  a.  e.)  nur  deno- 
minativ  zu  hutze ,  das  zwar  oben  in  der  bedeutung  wiege  auf- 
geführt ward,  leiclU  aber  auch,  u-ie  das  verwandle  holte  {sp.  1845) 
den  korb  bezeichnet  haben  kann;  über  die  berührung  beider  be- 
griffe und  der  worte  dafür  vergl.  auch  unter  kötze  3,  a.  b  tlieü 
5,1904. 

HOTZK.NBLOTZ,  m.  name  eines  gewürzten  gerichtes,  geringer 
ali  pfr  ff  erbruhe :  (du  sprichst)  wie  thel  ich  im  daM  ich  etwa« 
an  Hat  des  pfeffers  tiet  . .  Ihu  du  aimt  und  mach  ain  hotzcii- 
blotz  oder  ain  züsenlin  . .  wie  macht  man  ainen  holzenblotzT 
wenn  dir  ain  kaltes  hünlin  überbleibt,  so  scbiieidcHt  du  e» 
Iq  ain  fcbüs«el,  und  tcbneideit  rodecbl  (rellig)  oder  rutunde  1 


zwibcll  dar  an,  und  essich  darüber,  und  machest  es  under- 
ainander,  das  haiszet  dann  ain  bolzenblotz  oder  zusenlin, 
den  mach  für  den  pfeffer.  Keisersberg  hos  im  pf.  isu  e  6' 
(1510  Ff  4'). 

HOUP,  interjed.  des  anrufens :  Treufreund,  still  ich  hör 
ihn  wieder,  houp!    Hoffegut  (antwortend),  houp !  Göthe  14,79. 

Hl),  interj.  in  mehrfacher  Verwendung. 

1)  ein  brummen  bezeichnend:  darumb  soll  du  nil  allwcg 
über  sy  (deine  zöglintjc)  brummen  als  ein  brummender  ber 
und  ymermeder  machen  bu  hu.  Keisersberg  has  im  pf.  Cc8'. 

2)  jämmerliches  heulen  wiedergebend : 

M.  hü,  hü!  es  wird  mir  noch,  bü  hü!  das  herz  zersprengen. 
E.  was  gibts  denn?     AI.  u  liu  hu,  ich  soll  heut  abend  hängen! 

GöTUK  13,  32. 

3)  das  gefühl  des  schüttelnden  frostes  malend:  wenn  er  (der 
vogel,  eine  eulenarl)  schreit,  sö  schreit  er  zitternt  hu  hu  hu, 
als  ob  in  friese  oder  er  zandklaffe  vor  froschl.  Megenberg 
224,15;  0  schu,  schu ,  kalt,  kalt,  o  weh!  hu,  hu,  hu,  wie 
friert  mich  so  sehr,  der  verirrte  soldat  80;  huh!  wie  das  eis- 
kalt durch  meine  ädern  schauert!  Schiller  kab.  u.  liebe  5,7; 

hu!  üeberfrost!  wie  schüttelst  du  mein  haupt! 

GoKiNCK  lied.  zweier  tieb.  (1779)  82; 
0  weh!  in  den  bu.seu  hinab  laufls  (das  wasser)\ 
hu  !  wie  kalt !  Voss  2,  104  ; 

dann  liesz  er  still  das  buschig-e  fleckchen, 
und  zitterte,  und  sagte  :  liu  !    Freiligratu  dicht.  3,  85. 

norwegisch  hututu ,  interjecliou  des  frierens.  Asbjörnsen  norske 
folkenventyr  s.  202. 

4)  am  gewöhnlichsten  schauder,  plötzlich  packendes  entsetzen 
ausdrückend:  und  als  sy  in  das  haus  kam,  sprach  sie  zu 
den  andern  dirnen  huw  was  ubergroszeu  Übels.  Stei.nbowel 
(1555)  bl.l;  bu,  er  ist  heisz!  Klinger  theater  4,116; 

hu,  wenn  ich  dessen  gedenke  mit  grausen, 
so  überlauft  mich  eine  gansehaut. 

KoTZEBUB  dram.  sp.  1,309, 
hu!  ich  erschrak!    Voss  2,99; 
nie  kam  mir  damals  in  dem  sinn, 
ihr  (cnnordcleii)  könntet  wieder  auferstehen! 
hu  —  ob  ihrs  könnt!     Freiligratu  diclil.  3,65. 

gern  mehrfach  gesetzt:  hu  hu  hu  du  böses  weib!  A.  v.  Ekbe 
liautus  102';  ein  bajonetstich?  hu!  hu!  Kotzebdb  dram.  sp. 
3,201; 

ha  sieh!  ha  sieh!  im  au|;enblick. 

huhu!  ein  graszlich  wunder!    Bürger  15*; 

hu  hu!  despotenbudelei! 

gott  wahre  mich  vor  sciaverei.    20'; 

das  grausen  weht,  das  weiter  saust, 

und  aus  der  erd  empor,  huhu ! 

fahrt  eine  schwarte  rieseiifaust.    71'; 

hu  hu!  weh,  web,  oh  mitte  der  nacht!    Platin  264. 

5)  auch  das  komische  entsetzen  bezeichnend:  Franiiska.  berr 
Wachtmeister!  VV'«ner (mürrwc/i).  geh  sie !  /■ranz,  hu!  was  sind 
das  für  männer!  Lessing  1,597; 

hu  hu!  mit  welchem  feuerblicke 
die  scheimin  dort  mir  lieblich  winkt! 

KoTZEBUE  drum.  s;>.  1,30; 

selbst  nur  komisches  erstaunen:  hu!  würde  ein  stolzer  alge- 
braist murmeln,  ihr  mein  freund  ein  philosoph?  laszt  ein- 
mal sehen.  Lessing  11,28. 

6)  hu,  lielz-  uttd  jagdruf:  er  spottete  des  wilden  Jägers 
und  schrie:  huhu,  huhu,  kliffklaff,  kliffklaff!  und  hetzte  die 
bunde  noch  mehr  an.  Grimh  deutsche  sagen  no.  173;  hurra! 
hu  s;^  sa!  hinten  drein,  camaraden!  Fr.  Müller  2,112; 

da  höret  maa:  juch  schweio!  bu  sau!  hu  sfiuleiu!  schreien. 

Upbl  w.  Coun  279,  71. 
geschrei  eines  tobenden  mordlusligen : 

hie  mit  schray  er  hfi  liA 

und  ward  wider  uiisyiiuig  als  ee. 

Vinblkh  blHine  d.  t»g.  hei  Havpl  9,93. 
vgl.  Iiussa. 

HU,  m.  in  der  redensart  in  einem  hu,  sofort,  augenblicklich: 
ich  wiszt  im  wol  in  einem  iiu  zi'i  hellen.  Wickram  rotlw. 
116,25  A'urz.     vgl.  hui. 

HU,  «1.  strix  bubu,  wegen  seines  geschieis  (vergl.  oben  hu 
no.  3):  ahd.  hun  bulm  (Iraff  4,  s30  ;  bubo  huwo ,  iiuo,  huw, 
hue,  hüw,  hw,  haw  Uief.82';  slnjr  wff  I  huw  .S.Vi* ;  der  sperber 
mit  meiner  arl,  das  keuzlin,  der  huw  . .  sol  eurli  unrein  sein. 
Züricher  btbel  1580  98';  man  soll  ein  spttriing  iieiiimen,  um/ 
inte  die  llügel  oder  füszlin  hart  zusammen  binden,  und  also 
densciliigen  lassen  schreien,  so  tliegen  andere  vOgel  zu,  und 
wCileo  iine  belfeu,  daou  sie  meinen  nicht  anders,  dann  ein 


1849 


HÜ  — IltBEL 


HÜBEL  — HÜBEN 


185Ö 


I 


hu  oder  ein  kauz  habe  ine  irgend«  gefangen.  Sebu /eW*.  611. 
vgl.  hub  und  huhu. 

HÜ,  interj.  eines  schluchzenden: 

Esth.  so  sag  mir  was  du  willt,  uud  hör  nur  auf  zu  weinen! 
liard.  hü  hü!  es  hälls  mein  herz,  hü  hü!  es  hälts  nicht  aus. 

GöTHS  13,  32, 
s.  die  fortsetzung  dieser  verse  unter  hu  2. 

HÜ,  in  der  fuhrmannssprache,  antreibender  zuruf:  hü,  Schim- 
mel !  in  Düringen  auch  hüa !  hü  und  hi  Tobleb  27>>'.  auch 
zuruf  an  das  Zugvieh,  linkt  zu  gehen  [gegensatz  zu  hott),  tgl. 
hi  sp.  1305. 

HLß,  m.  1)  die  handlung  des  hebens :  der  den  köbel  .  .  . 
mit  vielversprechendem  hub  anseUI.  Lichtenberg  erklärung 
von  Hogarths  kupfern  (Stuttg.  ls6S)  1,273;  das  ausheben,  wählen: 
hub,  eleclio,  segregatio,  electio,  ein  hub  aus  der  herde,  oves 
electibiles  ex  grege  Stieler  S05.  meist  in  der  technischen  spräche: 
hebung,  sire  hub  der  pferde,  moüis  crurum  glomeralio  Stieler 
das. ;  hub  bei  den  l ergmaschinen  das  masz,  nie  hoch  der  kolben 
in  einer  kolbenröhre  am  kunstgezeuge  in  die  höhe  steigt,  vas  man 
an  der  stange  in  der  obersten  röhre  beim  ausgusz  messen  kann; 
es  ist  auch  zugleich  das  masz  des  vassers,  Kelches  ein  kunst- 
gezvug  oder  saugverk  mit  einem  hub  ausgieszt  {tergl.  auch  kol- 
benhub  unter  kolbe  ~,b,  theü  5,  spalte  1606 f.).  im  hiUtenwerk 
heiszt  hub  dte  hebung  oder  das  hochsteigen  der  puchstdmpel  im 
puchwerk  und  andern  maschinen,  uv  hebarme  und  stämpel  vor- 
handen sind,  die  in  die  höhe  gehen  müssen;  auch  der  halbe 
Umlauf  eines  Wasserrades,  bei  den  zünßen  war  der  hub  die 
gerechtigkeü  der  u-itwe  eines  verstorbenen  meisters,  sieh  aus  den 
sämtlichen  Werkstätten  iltrer  zunß  den  geschicktesten  gesellen  aus- 
zuheben, der  in  ihrer  werkstätte  meisterstelle  vertreten  sdite.  der 
bergmann  nennt  dem  schusz  den  gehörigen  hub  geben,  wenn 
er  bei  dem  bohren  des  gesteins,  welches  man  mit  schieszpulver 
sprengen  will,  den  bohrer  etwas  schief  nach  dem  einbruch,  der 
schon  im  gestein  vorhanden  ist,  und  nicht  in  das  ganze  gestein 
setzt.  Jacobssos  2, 2b9'.  290*. 

2)  auch  das  gehobene,  was  ausgehoben  wird,  waffenfähige  mann- 
schaft:  binnen  vier  und  zwanzig  stunden  ist  der  hub  eid- 
genossischer mannschaft  unter  den  vtaffen.  Stolberg  6, 124. 
was  abgehoben  wird,  abhub,  schlechtes  Überbleibsel;  bildlich  {vgl. 
abhub  theü  1,5S):  diesz  (eine  künstlerschitle)  ist  gar  der  hub, 
durchlaucht  I  J.  Paul  komet  3, 139.  was  empor  gehoben  ist,  gip,el: 
ich  habe  die  ehre  den  inonsieur  Wüstemann  zu  kennen,  und 
bin  mehrmal  mit  ihm  in  gesellschaft  gewesen  —  das  ist  der 
hub  aller  leichtfertigkeit.  C.  F.  Weisze  kinderfreund  5,  89. 

HUB,  f.  ein  schweizerisches  wort,  lange  Öffnung  oder  Vertiefung 
unter  der  erde,  in  welcher  den  u-inter  durch  sich  murmelthiere 
aufhalten.  Stalder  2, 5S ;  auch  eine  gegrabene  Vertiefung :  die 
arbeiten  {am  Gotihardtunnel)  sind  energischer  angepackt ,  die 
rainirer  dringen  von  hüben  und  drüben  in  den  berg,  haben 
sich  schon  eine  tiefe  hub  herausgewühlt,  neue  Zürcher  zeitung 
1*)72  wo.  50S. 

HUB,  f  dialektische  form  von  haube,  in  der  bedeutung  5,  vgl. 
oben  sp.  565 :  das  end  des  Schwanzes  heiszt  balanum ,  die 
hub,  capellus,  preputium.  Geesdohf  feldb.  d.  wundarznei  15 ; 
balanum,  preputium,  capellus  ist  die  hub,  oder  das  end  der 
inansruten.  %. 

HUB,  «1.  strix  bubo.  Nemsich.     vgl.  auch  oben  unter  hu. 
HUBE,  /.  s.  hufe. 

HUBEL,  m.  trog  in  den  zinnhütten,  worin  beim  schmelzen  der 
zinnstein  mit  schlacken  beschickt  wird.  Jacobsso.n  2,290*.  vergl. 
unten  bübeltrog. 

HUBEL,  m.  die  alte  und  jetzt  noch  ober-  und  theils  mittel- 
deutsche form  für  hügel :  alts.  huvil,  liuvel ;  mhd.  hübel ;  collis 
hobel ,  hubbel ,  hübel ,  büebel ,  mit  vocalverbreiterung  auch 
hewtTel  und  mü  tenuis  hoppel  Dief.  132',  welche  form  itn  hessi- 
schen hüppel ,  hoppel  fortlebt  (Vilnar  179) ;  der  selbige  see 
adder  das  w asser  gyng  um  eynen  groszen  berg,  an  dem 
berge  hjng  eyn  grosz  hofvel,  dor  uff  lag  eyne  schöne  borg, 
der  hofvel  wasz  .  .  gar  genowe  an  dem  berge,  altd.  blätter 
1,133  (aus  einer  Leipziger  handschr.  des  Ib.  jahrh.);  die  Thonaw 
aber  die  entspringt  aus  dem  berg  Abnoba  auf  einem  hübe! 
oder  reyn.  Micvll.  Tacit.  43S' ;  an  demselbigen  hübel ,  der 
sehr  hoch  zu  steigen  ist.  Thcrkeiszer  magn.  alchym.  1,118; 
es  wachset  auf  dünen  hübein  und  rechen.  Tabebnaeu.  516. 
auch  ßr  erhöhung  von  fleischtheilen :  die  fleischichten  hübel  an 
dem  gaum  sind  hoch  erhaben.  Zechenoorfer  1,28.  bei  den 
Jägern  heiszt  huhel  die  kleine  höhe  von  erde,  welche  zuischen  den 
klauen    bleibt    m    der   hirschfährte.  Frisch  1, 471*  aus  Flemungs 


teutschem  jäger  (Göchhausen  not.  ver.  24  nennt  sie  hüglein). 
das  wort  ist  jetzt  noch  bairisch  {wo  es  nicht  nur  eine  anhöhe, 
sondern  auch  die  beule,  und  in  der  redensart  he  henkt  de  hübe! 
auch  den  köpf  bedeutet.  Sch».  1,  1039  Fromm.);  östreichisch 
(Castelli  169),  kärntnisch  (Lexer  145),  und  namentlich  längs 
dem  Rheine  bekannt  (Fromm.  2,  552.  3,  47 ;  hübel,  hüwel,  hüw- 
wel,  hiwwel,  hüppel,  hippel,  heppel,  hoppel,  böppel,  huppel 
Kehbein  203),  geht  auch  durch  Westfalen  und  Hessen,  und  findet 
sich  in  Schlesien  wieder  (Weinhold  37');  hübel  pro  hügel  yrumus, 
umbo  Steinbach  1,  7S9  als  landschaftlich;  auch  in  Obersachsen 
wenigstens  in  der  bedeutung  einer  geschwulst  oder  eines  wulstes: 
hübel,  tuber,  hübeigen  an  einer  höhne,  tuberculum  fabae. 
Hederich  1334,  hier  von  hügel  unterschieden;  nied^^rl.  hovel, 
heuvel  collis,  monticulus,  clivus  Kilian.     s.  hügel. 

HÜBEL,  m.  hobel,  s.  sp.  15S7. 

HÜBELBEERE,  /".  vaccinium  oxycoccos,  moosbeere,  kranich- 
beere.  Nemmch. 

HÜBELER,  m.  lädier,  schmäher,  vergl.  hübein:  dasz  nicht 
grobe  hübeler,  ausschwätzer  und  wascher  darüber  {über  das 
buch)  kommen.  Schweisichex  l,  13. 

HÜBELICHT,  adj.  mit  hügeln  versehen,  voüer  hügel;  in  der 
erweiterten  form  hübelechtig:  sollen  ein  erdreich  erwählen, 
das  hübelechtig  und  bergechtig  seie.  Tabernaem.  659; —  mit 
buckeln  versehen :  hübelicht,  tuberosus,  hübelichte  Stirn  tuberosa 
frons  Hedebicb  1334 ;  in  dem  hublichten  bein  am  ohr.  Thübs- 
EiszEB  magna  alchym.  2, 97. 

HUBELN,  verb.  schelten,  strafen;  es  ist  landschaßiche  neben- 
form  zu  hobeln  in  der  bedeutung  4,  vgl.  sp.  15S9. 1590;  schwäb. 
hüblen,  buhlen,  an  den  haaren  schütteln,  ausschelten  Schmid  2»»; 

dann  ir  band  all  beid  furz  gelan, 
darum  soll  man  ücb  hüblen. 

N.  Manckl  442  Grüneixen. 

HÜBELTROG,  m.  setztrog,  ein  ausgehauener  groszer  trog  an 
dem  Zinnschmelzofen,  mit  einem  haupt  an  einem  orte,  an  dem  an- 
dern aber  offen,  zum  vermischen  des  zinnsteins  mit  den  schlacken, 
min.  lex.  (1743)  304*.  es  berührt  sich  hier  hübel  der  bedeulunq 
nach  weniger  mit  hübel  collis,  tuber,  als  vielmehr  mit  dem  sp.  15S» 
aufgeführten  hobel,  höbel  decke,  decket,     vgl.  auch  oben  hubel. 

HÜBEN,  adv.  auf  dieser  seile,  zusammengezogen  aus  hie  üben. 
das  einfache  üben,  das  sich  zu  über  verhält,  wie  oben  zu  der 
mundartlichen  präposition  ober,  trjrd  von  Frisch  2,  398*  als 
alemannisch  bezeichnet,  die  Zusammensetzung  daüben,  drüben  ist 
zufrühest  von  Steinbach  2,8S6  aufgeführt;  später  erst  scheint  die 
nur  nachgebildete  form  hüben  aufgekommen  zu  sein.  Stalder 
2,  58  gibt  hüben  und  drüben  als  bündnerisch,  es  ist  aber  ebenso 
düringisch:  höben  und  hebben  im  gegensatze  von  droben,  drebben 
Fromm.  3,54s.  549,  koburgisch:  hühm  M/id  dübra  2, 137,  und  beim 
Pfälzer  Fr.  .MCller  begegnen,  so  viel  ersiclttlicA ,  die  ersten  bei- 
spiele  des  gebrauchs  in  der  Schriftsprache:  wären  wir  denn  nicht 
hüben  in  Elysium?  2,284;  die  beine  hüben  und  drüben  im 
sattel.  125;  wenig  später  wird  das  wort  von  Götbe  sehr  bevor- 
zugt, entweder  in  der  verstärkenden  Verbindung  hier  hüben :  es 
habe  die  nacht  über  von  der  capelle  dergesMJt  gestöhnt  und 
gebrummt,  dasz  felsen  und  häuser  hier  hüben  hätten  erzittern 
mögen.  23, 57 ;  oder  gewöhnlich  in  Zusammenstellung  mit  dem 
gegensatz  drüben  {s.  manche  beispiele  theil  2, 143S.  1439) :  da  war 
der  neuerrichtete  Springbrunnen  mit  zwei  groszen  kufen  rechts 
und  links,  in  welche  der  doppeladler  auf  dem  Ständer,  weiszen 
wein  hüben  und  rolhen  wein  drüben  aus  seinen  zwei  schnä- 
beln ausgieszen  sollte.  24,315;  wie  sonderbar  müszte  mir 
Jena  erscheinen,  wenn  ich  sie  drüben  nicht  anträfe?  ich 
freue  mich  nunmehr  auf  diesen  aufenthall,  da  ich  sonst, 
wenn  ich  sie  hüben  (hier  in  Weimar)  hätte  lassen  müssen, 
nur  zwiespältig  mit  mir  selbst  gewesen  wäre,  an  Schiller  386; 

wohin?  wohin?  die  breite  schwoll; 
des  Wassers  ist  hüben  und  drüben  voll,    werke  2,  38 ; 
schon  hüben  und  drüben  sind  berge  versunken.    4,  201 ; 
und  wie  ich  das  liolTe,  so  kommt  mir  die  menge, 
nimmt  hüben  und  drüben  mich  derb  ins  gedrange.    322. 

nicht  so  häufig  bei  andern  Schriftstellern :  herr,  wir  sind  über 
den  bergen  hüben  .  .  .  wenn  sie  drüben  sind ,  befehlen  sie 
in  Frankreich,  wie  sie  wollen.  Schiller  1083 ;  wie  ein  schäu- 
mender drache  mit  aufgesperrtem  rächen  braust  er  hüben 
und  drüben.  Bettine  briefe  2,63;  weil  die  streitenden  viel- 
leicht   nur    hüben    und    drüben    ein    syslem   gellend  machen 

:   wollten.   TiECK  ges.  nov.  1,5; 

I  rill  voran  durch  grüne  ■waldung, 

durch  die  sanften  thale  hüben,    werke  1,3}; 


1851 


HUBER  — HÜBSCH 


HÜBSCH 


1852 


hüben  ich,  du  drüben.    Rückert  340; 

vom  gedanken  bis  zur  that 

schlug  ich  dreist  die  briicke ; 

hüben  .steh  ich,  und  kein  pfad 

(ührl  mich  je  turückc!    Fkeiligrath  (UcIiI.  2,  113. 

HL'BER,  VI.  nebenform  zu  hofer  Intckel,  Iwcker,  sp.  16&4,  am 
Mittehhein:  gibber  liuber  Dief.  202*  {aus  dem  vor.,  ex  quo  von 
1472) ;  huber,  gibber,  gibbus,  tuber,  xvfös  der  ein  hubcr  hat. 
Ai.BERDs  dict.  Ssij  {neben  hofer,  gibbus,  huber  Tt  l'). 

HÜBER,  m.  6e.<fi7rfr  eines  halben  hofs  oder  einer  Itufe.  bairisch, 
neben  Iiübner  und  hübler.  ScnM.  1,1039  Fromm.;  ehässiseh 
huber  und  hucber.  iceislh.  1,CS5;  fränkisch  hüber:  wir  die 
hüber  gemeinlich  des  hubgerichls  zu  Hünerscher.  ireisth.  i,'T, 
{von  1566);  und  hoeber:  so  sollen  die  boeber  Ire  frucht,  die 
binnen  der  hoben  West  {wächst),  daselbst  und  nirgenl  anders 
malen,   veisth.  l,  608  {von  150').     vgl.  hüfner. 

HUBERDE,  f.:  der  {Prometheus)  kond  usz  huberden  oder 
Ictt  schön  und  rninneclich  pestalt  der  menschen  formieren. 
Spiegel  der  naren  rhetoric  (1493)  e  l'. 

HUBERRECHT,  n.  recht  der  huber:  frcihcilen  und  huebcr- 
recht  desz  dinkhoffs  zue  Güllweiller.  u-eisth.  A,hb.    s.  hubrecht. 

HÜBERSCHAFT,  f.  gesamthcü  der  huber  und  ihre  Zusammen- 
kunft: zu  Gemünden  ist  ein  huberscbaft  jarlich.?  uf  trinitatis 
under  der  linden,  weislh.  2. 169.     vgl.  hubschaft. 

HÜBGELD ,  n.  zins  von  einem  erblehcngvte.  Haltaus  9C0. 
s.  hubpfennig,  hubzins. 

HUBGERICHT,  n.  ein  aus  hubern  zusammengesetztes,  über 
rechtsverhäUnisse  von  gruud  und  boden  aburtheilendes  gericht : 
wir  die  hüber  gemeinlich  des  hubgerichts  zu  Hünerscher. 
veisth.  1,797  {fränkisch,  von  1566); 

jetzt  dachten  unsre  freien  männer  nicht 

an  hub-  und  hainpericht  und  markpeiling. 

wo  raan  um  esch  und  holztheil  spräche  lialt.    Uhland  Ernst  64. 

dazu  hubgerichtsherr.  hubgerichlstag  weislh.  a.  a.  o. 

HURGUT,  n.  erblehengut:  alda  sollen  ersflichen  die  hueber 
durch  den  meyern  bei  ihrem  aidt  gefragt  werden ,  ob  kein 
buobguet  ohn  empfangen  versetzt  oder  verendert  seye.  weislh. 
4, 55  {elsässisch) ;  ein  haupthuobgutt.  s.  29  {von  157S). 

HüBHAUS,  fi.  haus  in  dem  der  meister  der  huber  wohnt: 
mit  sambt  dem  ungelt  jarlich  in  das  huebhaus  zu  Wien  ver- 
raiten  {zahlen),   urk.  Max.  17t. 

HüBHOF,  m.  hof  eines  hubers:  swenne  die  huober  bedorfent 
uffen  ir  huophöve  bolzes.  weisth.4,2M  {Elsasz,  i^.jahrh.);  sol 
man  sine  {des  vogtes)  ros  stellen  uf  den  huopbof,  und  der 
dar  ufTe  gesejjen  ist,  der  sol  ime  truckenen  stal  und  ge- 
rumete  cripfe  geben,  das. 

HUBHOLZ,  n.  holz  was  zu  einem  erblehngule  gehört:  ouch  sol 
nyemand  das  buhholz  verkoufen  und  die  hoffalmend  nieszen 
dann  die  huber.    weisth.  4,  33  {Elsasz,  von  1420). 

HÜBIG,  adj.  hüben  enthiltend:  hubige  guter,     vgl.  hufig. 

HÜBIG,  adj.  einen  hub  in  sich  schlieszend  oder  betreffend,  in 
der  bergmannssprache  und  in  den  Zusammensetzungen  gering-, 
hoch-,  vollhübig.  Veith  bergwörterb.  277. 

HÜBMANN.  m.  huber,  besitzer  einer  {dem  erbherrn  zinspflich- 
tigen) hufe:  huhnian.  feodnlis  voc.  von  1419  bei  Scni«.  l,1040Fr(wnf??. 

HÜBMEISTER,  m.  aufscher  über  die  {zinspflichtigen)  huber: 
wil  mir  der  hubmeister  den  macherinn  .  .  .  nit  geben,  urk. 
A/ox.  S6;  die  becden  ungelter  {zu  st.  Pulten)  sollen  dem  hueb- 
meister  zu  Wien  gelobt  und  gesworn  .  .  sein.  171. 

HCBNER,  m.  vergl.  unter  hüfner. 

HUBPFENNIG,  m.  hubgeld.    Haltaos  960. 

HUBRECH J,  n.  was  den  hubern  rechtlich  gebührt:  und  sol 
ouch  geben  den  hubem  zu  huprehte  ein  vierteil  vvines.  weisth. 
1,677  {Unlerehasz) ;  auch  abgäbe  die  die  huher  zahlen  müssen: 
so  Til  der  erben  seinl,  die  ein  hauptguet  zu  teilen  halten, 
die  alle  sollen  einen  träger  und  hubrechl  geben.  685;  und 
von  den  minercn  und  den  meren  und  winzins  roI  ein  huop- 
recbt  sin  18  pf.  5,424  {ebendaher,  von  1472);  wer  sin  huprecht 
in  eime  monade  .  .  sinnig  ist  zuo  geben,  das. 

HI'BRICHTFH,  m.  vorsilzer  und  beiiitzer  des  hubgerichts:  uf 
dornstag  nach  Michaelis  anno  21  (1424)  haben  die  hubrichler 
n«z  beveih  mins  gn.  h.  von  Htrsou  mit  willen  und  gunsl 
aller  bubner  bi  im  eitlen  den  hubspruch  erofoeL  «viit/i.  <t,3l2 
{Schwallen). 

HÜBSCH,  adj.  elegant,  pulchellut. 

I)  das  zu  hof  gehörige  adjrcliv  hat  »ich  bereits  im  mhd.  {ßr 
die  altere  spräche  entgehen  lielei/e)  in  zwei  formen  gespulten: 
h'ivesrh  {rt/l.  bAriHch  tp.  Ifls:,)  und  hiivescb,  hiibesrli.  letztere 
form  ntclU  avtsrhttesjluh,  aber  doch  vorwiegend  dem  sCiden  Deutsch- 


lands zufallend,  und  in  der  bedeutung  von  der  erstem  ursjmtng- 
lich  nicht  geschieden :  beide  lehnen  sich  vornehmlich  an  hof  7 
sp.  1056  an  {curius  hubessche  Dief.  163'),  und  betonen  das  zier- 
liche, feine,  wie  es  einem  hofholte  gemäsz  ist,  in  ansehen  und 
betragen,  letzteres  bei  Konrad  von  Würzburc  selbst  in  bezug  auf 
einen  hund: 

ein  hübescher  hunt.  der  .ipilte  gegen  »Inem  herren  schöne, 
wan  er  sprang  ür  in  unde  bal  in  süejer  stimme  döne. 

3'.I4,  U.6  Bailich. 

2)  hübesch,  hübsch  gehl  zunäclist  auf  die,  hofessilte  ken- 
nende und  übende,  dann  überhaupt  gebildete,  fein  gesittete  person: 
honestus  hübsche,  hübsch,  hubs,  huhisch,  hovesch  Dief.  280"; 
urbanus  hubische,  hobiscb,  hübsch,  hibsch,  hibs,  hübsch  nach 
der  stet  sytien  629'; 

er  wa."«  des  rate."!  brücke. 

und  sanc  vil  wol  von  minnen  .  .  . 

er  was  hübesch  und  dar  zuo  wis.    a.  Heinrich  74; 

muoter,  ich  wil  iuch  vertreten  (heim  tarne). 

Pin  hobescher  man  hat  mich  geiieten ; 

der  kürzet  uns  die  wile  lanc.    ISciitliart  von  Haupt  L,  23; 

suraliche  bijent  ab  der  sniten 

n.ich  gar  gebiurischen  siten 

und  stö^ents  in  die  sehüj^el  wider: 

dise  unzuht  länt  die  hübschen  nider.    Haupts  ttschr.  7,175,39 

ein  weibspild,  ein  hübsche  person, 

der  all  ir  liendel  wol  an  stan.    [a.itn.  sp.  265,  20. 

hübsch  steht  dann  auch  mehr  euphemistisch :  amasia  hupsch  wyb. 
bupsch  weih  Dief.  28';  amasius  hübsch  man  nor.  gloss.  19'; 
rgl.  unten  hübscherin,  hübschkind,  hübschweib,  franz.  cour- 
tisane;  wiederum  abei-  auch  dem  sinne  nach  verließ,  gebildet, 
geustreich :  nu  hän  ich  kurz  begriffen ,  wie  der  mensch  der 
ganzen  werk  sei  geleich,  dar  umb  haijt  er  in  kriechischer 
sprach  microcosmus,  daj  ist  als  vil  gesprochen  als  die  ciain 
werlt.  dar  umb  sprcchent  hübsch  leut :  ich  sach  alle  werlt 
in  ainem  rock.  Mecenberc  4,  9.  —  selbst  von  gott,  in  der  be- 
deutung wolwoUend,  mild,  gnädig:  o  herr  mein  gott,  schöpfer, 
erlöser  und  mein  behalter,  aller  almerhtigster,  aller  weisester, 
aller  bester,  ganz  hüb.sch,  süsz  und  barmherzig.  Keisersbehc 
eschenqrüdel  bo'. 

3)  liübsch  von  gebaliren,  handlungen  und  reden  solcher  per- 
sonen :  was  du  ungeschafens  und  wüstes  findest  an  deinen 
Sitten  soltu  strafen,  was  hübsch  ist  soltu  behalten  und  noch 
hübscher  machen.  Keisersberc  «rr/j  sc/ia/"  50';  die  natürlichen 
meister  haben  in  irer  schul  und  ubung  furgenummen  und 
gedispuliert  ein  hübsche  gemeine  frag.  A.  v.  Eyde  i'orr. ;  was 
aber  hübscher  wort  die  frawe  geprauchet,  so  sie  unrecht  und 
wider  iren  man  gelhan  hat  und  .sich  entschuldigen  wil.  31* ; 
solch  hübsche  rede  der  frauen  liesz  Dionisius  der  wülriih 
ungestraft,  wer  wolt  auch  nit  preisen  die  hübsche  rede  und 
gescheidikeit.  das.;  welche  {hebräische  spräche)  seer  ein  gött- 
liche freundliche  sprach  ist,  gibt  der  sachen  feine  namen. 
das  lusl  ist,  hat  die  hübschsten  schönsten  worl  der  liebe 
und  crkentnis.  LurnER  4,114';  hüpsche  und  angenäme  lieb- 
liche .Sitten,  die  weit  furträfTend  gleich  wie  dj  gold  under 
anderem  metall,  mores  nnrei  Maaler  232"; 

nichts  edlers  mag  .sein  auf  erden, 

daii  ein  reinsz  wcip  mit  hübschen  geperden, 

die  ganz  mit  tugenden  ist  gezirt.    laxtn.  .<;>.  2C0,  31  ; 

ich  kund  auch  hübsche  siten  wol.    105,6; 

und  ob  iemant  kem,  der  nach  uns  wurd  fragen. 

so  sprecht,  ir  wiszi  nicht  hulisch  von  uns  zu  sarr        ""v    U. 

adverbial : 

wann  ich  euch  oft  v»r  hab  sehen  tanzen," 

das  ir  so  hübsch  kund  umher  schwänzen.    716,  25. 

4)  die , neuere  spräche  bewahrt  noch  m anig fache  iü>erreste  dieser 
sittlichen  bedeutung  von  Iiübsch. 

a)  iiübsch  von  personen,  wolgezogen,  freundlieh,  so  in  Paiem 
Senn.  1,1040  Fromm.;  in  Ih'iringen  und  OI)ersachsen  nicht  nur 
artig,  gesittet,  sondern  auch  von  guter  bürgerlicher  Stellung,  er 
ist  hübscher  leute  kiiid,  stannnt  aus  einer  angesehenen  fimilie ; 
Amalia.  aber  warum  vcrlicur;ttlii-l  ihr  sie  nicht  {der  bauer  die 
tochter)1  Thomas,  ji!  es  ist  auch  im  weike.  ich  habe  titirn 
bUlischen  kerl  für  sie.  t'iiii.  F.  Wki«ze  kam.  op.  (1777)  :t.  IT'; 
Lieschen,  alier  Peter  dauert  mich  {dasz  er  mich  nicht  Lnr^ifn 
soll) . .  die  herren  sind  wid  hübscher,  sie  können  auch  liüb- 
«cher  reden,  aber  es  ist  mir  doch  als  glaubt  ich  Pelern  mehr. 
154;  hübsche  Idirger.  Stiiiinc  1,1;  oft  ward  Eutin  ..  durch- 
mustert, wie  andere  hübsche  leule  so  hübsch  wohnten,  die 
rflthe,  die  prediger,  der  kaufmann,  der  bierbraiier,  der  berker. 
Voss  liriefe  2.  «<t ;  Umgang  iiiil  bübsriien  leuten.  75;  da  ich 
den   Jüngern    bruder  {Wilhelm  (Irimm)   bei    »einer  durchreise 


1853 


HCBSCH 


HÜBSCH 


1854 


hier  kennen  gelernt  und  ihn  als  einen  ganz  hübschen  in 
diesem  fache  ganz  fleiszigen  mann  gefunden.  Guthe  briefe  an 
Voigt  s.  290;  wie  man  siehl,  beschranken  sich  die  beispiele  auf 
die  trauliclie  rede. 

b)  vom  betragen,  namentlich  in  der  formet  hübsch  thun,  zuvor- 
kommend, artig,  herzgcinnnend  behandeln;  so  vom  liebhaber  gegen 
das  mädchen:  es  war  ein  Unglück  für  mich  und  sie,  dasz 
ich  von  ihr  weggehen  muszte,  grade,  da  sie  ihr  gemüth  auf 
mich  richtete  und  die  andern  abhielt,  welche  hübsch  gegen 
sie  thaten.  Freitag  Imndschr.  2,  4iy ;  aach  von  einer  erzieherin 
gegen  die  kinder :  wenn  ich  ja  wieder  heirathen  würde,  müste 
ich  eine  haben,  die  mit  den  kindern  hübsch  thäte  und  dabei 
die  wirthschaft  wohl  verstünde.  GCnther  99".  —  Auch  in 
andern  Wendungen  der  spräche  des  yemeinen  lebens:  er  hat  ein 
hübsches  betragen;  er  hat  sich  ganz  hübsch  benommen;  es 
war  hübsch  von  ihm,  dasz  er  das  that ;  es  ist  nicht  hübsch, 
praeter  decorum,  flagitium,  turpe  est.  Stieler  809.  in  der  Schweiz 
heiszt  hübsch  sein  zu  gevatter  stehen.  Stalder  2, 58. 

c)  häufig  ist  hübsch  in  adverbialer  Stellung  und  in  dem  sinne 
gezwmend,  wie  sich  schickt,  doch  oft  so  dasz  die  bedeulung  nicht 
mehr  in  toller  schärfe  gefühlt  wird;  ungefähr  wie  das  adv.  fein 
(th.  3, 1455)  üeht,  mit  dem  hübsch  auch  verwechselt  werden  kann  : 
es  war  ein  bal  en  masque  vergangenen  freitag  .  .  aber  ich 
sähe  ihn  nicht,  ging  hübsch  nach  bett.  Elis.  Charl.  v.  Orlea.ns 
(li6')  438;  man  musz ,  auch  in  der  gelehrten  weit ,  hübsch 
leben  und  leben  lassen.  Lessi.ng  9,22%;  es  war  doch  gut  in 
der  weit,  wenn  jeder  so  an  seinem  platzchen  blieb,  leben 
lernte,  und  hübsch  um  sich  bebaute.  Klinger  theater  4, 274 ; 
hättest  du  alter  esel  den  bullen  hübsch  bullen  sein  lassen, 
so  könntest  du  nun  auch  hübsch  in  heiler  haut  schlafen. 
Siegfried  v.  Lindenb.  3,  ST ;  anstatt  hübsch  frisch  zu  rudern, 
lassen  sie  den  kahn  treiben.  Göthe  11,  95 ;  nenn  er  sich  aber 
endlich  entdecken  müszte,  so  solle  er  hübsch  artig  und  galant 
sein.  Ib,  305 ;  hegte  mein  vater  eine  neue  Sorgfalt,  dasz  auch 
Jas  englische  hübsch  in  der  reihe  der  übrigen  Sprachbeschäf- 
tigungen bliebe.  24, 195 ;  gott  erhalte  uns  alle  hübsch  gesund. 
briefw.  mit  Zelter  416; 

wer  sind  iie  dann,  niaüam?  ich  lebe  so  hübsch  stille; 

nach  fremden  frag  ich  nicht.  Cao:<>GK  1,  7 ; 

doch  fahre  hübsch  in  einer  reihe  fort. 

was  soll  das  sein?  du  bist  bald  hier  bald  dort !    Göthk  11, 141; 

ihr  alten  herrn,  wa:>  macht  ihr  hier  am  ende? 

ich  lobt  euch,  wenn  ich  euch  hübsch  in  der  mitte  Tände. 

12,  212 ; 
mit  guusten,  berr  kai:>er,  das  laszt  nur  hübsch  bleiben. 

BCRGIIB  t>7V 

in  der  spräche  des  gemeinen  lebens  lujrt  man  mit  knappem  aus- 
druck:  da  bittet  man  hübsch  um  Verzeihung  (d.h.  wer  hübsch, 
geziemend  verfährt  der  handelt  so) ;  da  klatscht  man  hübsch,  rief 
ein  arbeiter  in  Leipzig  einem  kulscher  nach,  der  rücksichtslos  auf 
die  leute  losfuhr. 

d)  auch  ironisch  wtrd  hübsch  so  gesetzt;  in  Baieni  das  wirst 
du  auch  hübsch  kriegen  (d.  h.  nicht)  u.  ähnliches  Schm.  1, 1140 
Fromm.;  also  ritten  sie  mit  einander  in  Paris  hinein,  und 
zwar  das  bäuerlein  hübsch  auf  der  rechten  seile  des  köni^s. 
Hebel  3  (1S53)  21;  vergl.  schon  in  der  altern  spraclie: 

gedacht  die  stad  zu  stürmen, 

gar  hübsch  er  da  eutpfungeu  ward, 

von  mauren  und  von  tbürmen. 

Uii.OEBKi.>D  volksl.  243  (von  1547)- 
5)  schon  früh  ist  hübsch  auch  auf  das  zierliche  aussehen  einer 
person  oder  ihrer  kleidung  und  ausrüstung  bezogen  worden,  eine 
bedeulung  die  jetzt  die  herschende  ist.  pulcher  hübsch,  hibsch 
i  suberlich  DiEF.  471';  j?uk7(«T  hübesch,  hübsch  nov.gloss.30S*; 
hübsch  cenustus  (neben  urbanus)  voc.  ine.  theut.  k4';  hübsch 
schon  suber  und  wolgcstalt,  formosus,  huhsch  machen,  pexare, 
redimire,  venustare.  das.;  hüpsch  schön  angesicht,  forma  bona 
Haalek  231*;  do  sach  Lutziier,  das  er  der  schönesle  und 
der  hybeste  engel  was  under  den  engein  allen:  dovon  viel 
er  in  Übermut,  d.  städtechr.$,233,T;  hienoch  gebar  eine  judin 
gar  einen  hübeschen  kuaben  genant  Moyses.  260, 26 ;  also 
kuste  ime  eine  hübesche  frowe  sine  hant;  do  viel  er  in 
grosze  bekoruuge  und  glust  gegen  der  frowen.  9,523,9;  ist 
das  (eine  Jungfrau  ist  vorher  geschildert)  nit  ain  hübsche,  so 
waisz  ich  nit  wj  hübsch  ist.  Keiseksberc  schiff  d.  pen.  54* ; 
eine  hüpsche  Jungfrau.  Luther  tischt.  402';  Lea  hatte  ein  blöde 
gesiebt,  Raliel  war  hübsch  und  schön  (Pa/'ri?.  Se  fji>  xalrj 
r<^  etSet,  y.ai  oi^aia  rfj  ö^ei  aiföS^a  sepluag).  1  Mos. 
29,17;  Joseph  war  schön  und  hübsch  von  angesicht.  39,6;  , 
am   lau   lügt   er  allweg,   das  im  die  hüpschte  metz  audu-  ! 


ziehen  ward.  WiCkRAM  rollw.  62,21  Kurz;  bedunken  nicht  einem 
jeden  äffen  seine  jtmgen  die  hipscheste?  AVeckherli.n  torr. 
zu  d.  weltl.  ged.;  wer  vor  zwanzig  jähren  nicht  hüpsch,  vor 
dreiszig  jähren  nicht  stark . .  wird,  an  dem  ist  alle  hofnung 
verlohren.  Scuottel  1133';  ist  die  Jungfrau  hübsch  und  schön, 
sie  ist  von  bösem  sinn.  1144'; 

darzu  bin  ich  hübsch  und  geran, 

meius  gleichen  mau  nicht  uudeu  kaa.    foitn.  sp.  103,  25; 

manches  sieht  stats  den  Spiegel  au, 

sieht  doch  uüt  hübsches  darin  stan. 

Brant  narrensch.  60,  30 ; 

ein  hipscbes  angesicht.    Wcckuerli.m  29S; 

gott  grüsze  dich,  hübsche,  du  feine ! 

von  herzen  gefallest  du  mir! 

volkilieU  'nichts  sciwners  kann  uns  erfreun' , 

und  bei  den  grillen  der  hübschen  frauea 

muszt  du  immer  vergnüglich  schauen.    Goiue  2,  296 ; 

das  milchmädcheu  da  ist  ein  hübsches  ding.  13,30. 
sehr  gewöhnlich  ein  hübsches  mädchen,  ein  hübscher  mann, 
die  frau  ist  noch  immer  hübsch,  sprichwörtlich  hübsche  leute 
haben  auch  gern  hübsche  kleidung.  in  bezug  auf  den  anzug 
und  körperliche  haltung:  on  dise  schuw  wer  ir  gang  nit  hübsch, 
sunder  krum,  irrig  und  verfariich.   Keisersberg  bilg.  91*; 

ich  trag  gern  au  ein  hübsches  kleiu    fastn.  sp.  519,  23. 
adverbial:   sich   hübsch   kleiden;    und  so  die  kommen  sind, 
hast  du  gebadet,  hast  dich  ausgestrichen  und  auf  das  hüp- 
schest  aufgemutzt.    Züriclier  bibel  (1530)  397. 

6)  einen  ganz  allgemeinen  begriff  hat  weiter  hübsch  heraus- 
gebildet, insofern  es  das,  was  angenehm  auf  die  sinne  wirkt, 
schlechthin  bezeichnet,  wir  sagen  hübsches  weiter,  das  uns  eine 
angenehme  empfindung  weckt ,  eine  hübsche  musik ,  die  uns 
gefällig  ins  ohr  gelit;  ein  hubscher  anblick;  auf  dem  ball  bei 
N.  war  es  hübsch ;  der  valer  erzählte  eine  hübsche  geschichte, 
«.  ähnl.,  selbst  von  ideen :  ein  hübscher  eiufall,  ein  hübscher 
gedanke;  aus  dem  begriff  angenehm  sogar  in  den  passend  ver- 
laufend: das  ist  eine  hübsche  gelegenheit;  wir  haben  jetzt 
gerade  hübsche  zeit,  dieser  gebrauch  hat  sich  ebenfalls  schon 
in  der  dllern  spräche  entwickelt:  Vicencius  schribet  in  sime 
buche  genant  speculuin  historiale,  eine  hübesche  rede  von 
der  urstende.  <i.  stä^ttechr.  9,  501, 12 ;  der  herr  . .  hatte  wachsen 
lassen  allerlei  hübsche  bewme  (vorher:  allerlei  bewme  lustig 
anzusehen  und  gut  zu  essen).  Luther  4,17';  das  man  nicht 
nach  werken  richten  sol,  und  nur  sich  hüten  für  hübschen 
gleiszenden  werken ,  denn  je  hübscher,  je  fehrlicher  es  ist. 
34" ; '  getäfelt  mit  hübschen  grünen  zweigen,  briefe  4, 8 ;  mit 
einer  hübschen  schminke  anstreichen,  tischr.  402' ;  ein  hüpsche 
seel  wil  auch  ein  schönen  leib  haben.  Frank  spr.  1, 14l'; 
darnach  fährst  du  in  hübschen  wagen,  oder  es  geht  dir  ein 
hübscher  diener  nach.  Cur.  F.  Weisze  kom.  op.  (1777)  3,15s; 
noch  schwebt  ihnen  das  hübsche  frohe  leben  vor,  das  sie 
diese  tage  her  dort  gesehen.  Götbe  23, 188 ;  das  vierte  ist  noch 
ein  ganz  hübsches ,  vernünftiges  gebietendes  gebot.  17,  401 ; 
der  geist  des  gebirges  . .  wuszte  wohl,  dasz  so  ein  dichter- 
mensch viel  hübsches  wiedererzählen  kann,  und  er  liesz  mich 
diesen  morgen  seinen  Harz  sehen,  v*ie  ihn  gewisz  nicht  jeder 
sah,  H.  Uei>£  1,  68 ; 

das  in  einem  halben  jar 

nie  hübscher  welter  wart  für  war 

denn  es  hiunacht  ist  gesin.    Uioctel.  2628; 

dort  in  der  alten  vätter  hoch, 

davon  ein  hüpsch  bistori  such.     Scuwakzekberc  155'; 

uf  einen  sambstag  das  geschach 

das  mau  ein  hübsch  scuermuizei  sach 

nicht  weit  von  Weideubrugke. 

Uu.OKBRA>D  tolksl.  252,27  (i'on  1519j; 

(man  sah)  die  andern  mucken  eiubertrabeu 

auf  grillen,  die  im  traben  brungteu, 

vor  aiiilem  plerden  preis  erlanRten. 

nach  diesem  hübschen  zeug  salie  man 

die  dapiru  bremcn  ziehen  au.     mUckcn!.i.  1,  ^21; 

dann  regneten  die  mäulchen; 

auf  ihren  rotheu  mund  ; 

ein  hübsches,  festes  siege! 

für  ihren  ebebund !    Höltt  12  Halm  ,- 

nicht,  dasz  es  was  hübsches  sei, 

einen  freund  zu  küssen.    Göthb  1,  151 ; 

willst  du  dir  ein  hübsch  leben  zimmern.  2,300; 
an  sant  .\ffran  tag  .  .  ritten  der  von  Augspurg  Söldner  hie 
ausz.  der  was  sicher  ain  so  zierlicher,  wol  bezeugter  zeu^. 
das4  es  hüpsch  ze  sehen  was.  d.  städtechr.  5,  40,  22 ;  der  hulf 
und  die  geselschaft  was  hübsch  anzusehen.  Aimon  bog.  d ; 
wenu  dii"  ctwau  ain  anmutiger  gedank  cinfelt,  so  laufest  du 


1855 


HÜBSCH  — HÜBSCHEN 


HÜBSCHERIN  —  HÜBSCHLICH 


1856 


im  nach  (wie  einem  Schmetterling)  .  .  und  machest  dir  es  zu 
tausent  malen  hüpsclier  im  köpf  dann  es  an  im  selbs  ist. 
Keisfrsberg  geistl.  spinn,  (granalapfel)  N4';  das  werk  das  am 
scheinbarlichsten,  hübschten ,  und  besten  ist,  verdampt  er, 
das  ander  lobet  er.  Luther  4,34*.  adverbial:  freilich  mag 
sichs  .  .  hübscher  in  einer  schönen  kutsche  zu  markte  fahren 
lassen,  als  auf  einem  korbwagen.  C.  F.  Weisze  kom.  op.  (17"7) 
3,157;  K.  wo  ist  Fiesko?  V.  ertrunken!  Z.  antwortet  die 
hölle  oder  das  tollhaus?  V.  erlrünkl,  wenn  das  hübscher 
lautet.  Schiller  Fiesko  5,17;  und  er  setzte  hübsch  ausein- 
ander, weshalb  dieser  vcrlust  so  sehr  zu  bedauern  sei.  Frevtag 
kandschr.  1, 117 ;  hörte  einige  ihrer  lieder,  die  sie  mit  der  zither, 
ihrem  lieblingsinstrumente ,  gar  hübsch  begleiten.  H.  Heine 
1,33;  bei  den  Chinesen  gar  ist  es  eine  ordentliche  lust  zuzu- 
sehen, wie  sie  .  .  die  geliebten  gräber  gar  hübsch  zu  ver- 
zieren wissen.  44. 

7)  hübsch  auch  ironisch:  das  wird  eine  hübsche  gcschichle 
werden ;  du  hast  mich  da  in  eine  hübsche  Verlegenheit  ge- 
bracht ;  er  wird  euch  gar  hübsch  seinen  zorn  fühlen  lassen ; 
aber  eine  hübsche  suppe  wird  da  für  den  beiden  nicht  blos, 
sondern  auch  für  den  lebensbeschreiber  eingebrockt.  J.  Paul 
uns.  löge  2, 175. 

8)  hübsch  geht  endlich  auch  auf  das  der  quantität  nach  nicht 
als  sehr  grosz,  aber  als  angenehm  auffallende:  Bartli  Kinder- 
knecht hat  unerlaubt  ein  hüpsche  eich  us  dem  bannwald 
genommen,  urk.  von  1557  bei  Hotz  Zürcher  urkundenb.  1,84; 
das  falkenbergischc  haus  hebe  sich  seit  einigen  jähren  und 
thue  hübsche  kapitalien  aus.  J.Paul  uns.  löge  2,175; 

das  beste  gut  im  dorf  ist  sein, 
von  allen  bösen  schulden  rein : 
er  hat  hübsch  feld  und  wiesewachs. 

Chr.  f.  Weisze  kom.  upcrn  (1777)  3,179; 

mein  vater  hinterliesz  ein  hübsch  vermögen, 

ein  bauschen  und  ein  gartchen  vor  der  Stadt.    Göthe  12,162; 

madame  Hahn  war  eine  gute  frau,  ruhig,  gleichmiiszig,  mit 
einer  hübschen  kleinen  anläge  zur  beleibtheit.  Freytag  hand- 
schnß  1, 191.     vgl.  unten  hübscht. 

HÜBSCH,  adj.  aus  hübisch,  zur  gemeinschaß  der  huber,  hüfner 
gehörig :  zu  dem  hübschen  gutte  (gute),  weisth.  3,  742  {fränkisch, 
10»  14S9);  were  da  hübsche  gutt  habe,  viel  oder  wenig,  das. 
(Keiler  unten  hubgut  genannt). 

HUBSCHAFT,  f.  die  gcsamtheit  der  huher:  im  fahl  einem 
ein  urthel  vor  gericht  müssfallen  wurde,  hat  er  dieseibigc  für 
den  dinkhoff  zu  appelieren,  . .  nach  demselbigen  für  die  ge- 
meine huobschaft.  ueisth.  4,  54  (Elsasz,  von  1661). 

HÜBSCHE,  f.  seltener  für  hübschheit,  5.  unten. 

1)  glänz,  würde  der  duszern  Stellung:  hüpsche  diynUas  Üasvp. ; 
die  hübsche  des  herren  ist  crhöcht  über  die  steinen.  Keisers- 
BERG  Sünden  d.  munds  86. 

2)  Schönheit,  anmut  der  form:  hüpsche,  pulcliriludo,  forma, 
lenustas,  species  u.  s.  w.  Dasvp.  ;  die  hübsche  nimpt  ab  nach 
hinfal  der  jaren,  fit  minor  annis  forma.  Maaler  232';  dyn 
hübsche  macht  dich  unflelig.  Cyrill  39";  die  natur  verwun- 
dert sich  ab  der  natürlichen  hübsch.  79';  von  der  lybiichen 
hübsche,  das.;  die  heilige  schrift  ist  als  ein  spiegel,  .  .  da 
mügen  wir  unszere  ungeschaffne  und  hübsche  erkennen. 
KtisERSBERC  irrig  scliaf  50";  die  gütliche  zierde  und  hübsche. 
bilg.  91';  von  der  hübsche  einer  solchen  gnadenrichen  selc 
verwunderen  sich  sunn  und  mon,  wenn  ire  hübsche  mag  nil 
verglicht  werden  mit  diser  sele.  das.;  solche  ob  beschrybne 
meinung  diendl  als  mer  zu  underschyd  dann  zu  gestalt  der 
hübsche.  DL'her  vier  büclier  meiischl.  proporl.  Qiij';  veibunden 
mit  dem  gleichbedeutenden  schöne:  solche  sorg  pflegen  sie  auf 
ire  schöne  oder  hüpsche  zu  wenden.  Micyll.  Tacit.  449';  es 
gab  ir  auch  gott  darüber  eine  schöne  und  hüpsche.  Zürcher 
btbel  1530  615'  (Judith  10,4;  cui  etiam  dominus  contulU  splen- 
dorem  tulg.);  uinb  seiner  hüpsche  und  schöne  wegen.  Amadis 
3% ;  man  sol  der  hüpsche  und  schöne  nit  vertrauwen ,  »lon 
credendum  colort.  Maaleh  232*.  —  I^och  jetzt  schweizerisch :  dann 
kam  ihm  wieder  vor,  dasz  man  am  ende  von  der  hübschi 
nicht  leben  könne.  J.  Gotthklf  Uli  d.  knechl  (ih7u)  s.'h;  ich 
sagte:  schon  mit  manchen  vornehmen  herren  hülle  ich  ge- 
redel, gehör  hätte  mir  jeder  gegeben,  abgehen  werde  ihm 
nichts  an  seiner  hübsche,  wenn  er  schon  ein  paar  worte 
höre.   Uli  d.  pdchter  $.  78.     vgl.  hübsc hie. 

HÜBSCHEN,  rer6.  l)  hübsch  machen:  wir  scchen  das  die 
zierung  und  das  aufmutzen  die  frawcn  hüpscht  und  das  alter 
jünger  und  die  jungen  noch  jünger  scheinen  macht.  Wirsuhc 


Calixstus  (l520)  R  ij  *.  in  Düringen  Iteiszt  sich  anhübschen  lier- 
liche  kleidung  anlegen:  ich  musz  mich  erst  anhübschen;  die 
frau  hat  sich  einmal  angehübscht ! 

2)  hübschen,  hfibsch,  nett,  schön  uvrden.  in  der  Schweiz. 
Stalder  2,  58. 

HÜBSCHERIN,  f  buhlerin,  kebsweib.  Frisch  1,477'  aus  Schillert 
gloss. ;  hübscherin,  hübslerin  Schm.  I,tl40  Fromm.,  vgl.  oben 
hübscli  2,  und  hcubscherin  sp.  1277 ;  mhd.  hübcschxrinne  Lexer 
1,  1373. 

HÜBSCHHEIT,  f.  nach  den  verschiedenen  bedeutungen  von 
hübsch. 

1)  nach  hübsch  3,  feines,  gesittetes  betragen,  feinlieit  des  be- 
nchmens,  uie  mhd.  hübescheil  Lexer  1,1.367:  /lones/as  hubsch- 
heit,  hiibsheit  Dief.  280";  urbanitas  hobischeit,  hubischeit  629'; 
da  (auf  dem  concil  von  Constanz)  soviel  büpschhait,  klueghail 
und  sovil  wunders  da  beschechen  ist,  dasz  ain  inentsch  vor- 
mals oder  nach  nie  gehört  noch  gesehen  hat.  d.  städtechron. 
5,66,14;  verdeckte  wort  werden  oft  zu  belriegen ,  oft  zu 
schimpfe  und  hübscheit  geiedt.  A.  v.  Eybe  84';  da  war  einer 
under  inen,  der  die  andern  all  ubertraff  in  person  und  klei- 
dung, in  hübschheil.  Pauli  schimpf  40' ; 

der  ding  ich  nit  gelernet  han, 

wie  man  sich  nach  huhscheit  sol  koren,     fnitn.  tp.  105,4; 

nu  hört  mein  hübscheit  von  mir  jungen ! 

ich  han  in  dorfen  getanzt  und  gesprungen. 

darzuo  truib  ich  solch  gcradigkuit, 

das  mir  holt  warn  alle  rockenmait.     343,  17  ; 

wer  CS  hint  aller  pest  macht 

mit  hübschait  und  mit  singen, 

mit  tanzen  und  mit  springen, 

des  sol  diser  spiegel  sein.    451,  16; 

ich  wil  es  auf  mein  warhait  jehen, 

ich  hab  kain  hübschhait  da  von  euch  gesehen.    671,  24. 

auch  auf  die  liebeskünste  gewendet  (vgl.  unter  hübsch  2,  sp.  1852): 

tanzen,  stechen  und  spatiern 

und  des  nachts  auf  der  gassen  hofiern, 

und  was  man  von  der  hübschhait  sagt, 

dasselb  mir  alles  mishagt, 

und  das  Ist  alles  an  mir  derloschen, 

wenn  ich  hab  unten  ausz  getroschen.    fasln,  sp.  720,  18. 

dann  aber  in  tieferer  bedeutung  wohollen,  milde,  gnade,  von  goll 
(hübsch  2  a.  e.,  5p.  1852):  die  gütikeit  gots,  in  deren  er  allen 
mönschen  vvol  will . .  des  gleichen  sein  barniherzikeil,  süszi- 
kcit,  hübscheit.    Keisersberc  eschengrüdel  bti*. 

2)  nach  hübsch  5 ,  Schönheit ,  zierliches  duszrre :  pulcliriludo 
hupscheit,  hupschkeit  Dief.  471';  das  im  Welschland  kein 
statt  sei  an  hübscheit  offner  gemeiner  gepew  der  stat  gleich. 
.S.  Frank  chron.  2l';  von  einer  heszlicben  alten  frawen  sagt 
er  (Geiler  von  Keisersberg),  sie  hab  alle  slück  der  hübschheil 
an  ir,  nur  das  sie  versetzt ,  und  an  den  unrechten  orten 
stünden,  als  das  roth  in  den  äugen,  das  schwarz  an  den  zänen. 
ZiNKGREF  apophth.  1,222;  hilbscbheit  eines  gartens,  amoenüas 
horti,  hübschheit  des  gesiehts,  honor  frontis  Stieler  809 ; 

wur  hübscheit  im,  und  synem  kinü 

wünschet,  der  sucht  ursach  zii  sünd. 

wer  Helena  tut  gwssen  schon, 

l'arisz  het  sie  in  Kriechen  gelon.    Bramt  narrenacli.  26,45. 

seit  dem  17.  Jahrhundert  ist  das  wort  erloschen,  zum  schaden  der 
spräche,  der  nun  ein  Substantiv  lu  hübsch  entgehl. 

HÜBSCHIGKEIT,  f  uilor,  elegantia,  dccor,  venustas,  formo- 
sitas,  dignitas.  Stieler  809. 

HÜBSCHKIND,  n.  uneheliches  kind  (vergl.  unter  hübsch  2 
sp.  tS52),  srhweizerisrh :  liübsclikind,  bankert,  kebskind  Stalder 
2,  .58.  Tom  er  26!i';  dannenher  bei  inen  der  miszbrauch  ein- 
wuchs, dasz  zwüschend  eckindern  und  hüpschkindern  oder 
haslarden  wenig  undersrheids  gehallcn  ward.  Stumpf   I,20ü'. 

HÜBSCHLICH,  adj.  und  adv.  in  hübscher  art ;  hubschlich, 
fiicete,  urbane,  venusle,  pexe.  voc.  ine.  theul.  k  4*. 

1)  nach  hübsch  3,  artig,  klug,  fein,  der  guten  gesellschaß 
angemessen,  von  reden,  benehmen,  leibeskünsten,  putz:  hübsch- 
li<  h ,  fein  wnl ,  pulchrr,  eleganter,  roncinne  Maai.kr  232*;  du 
hast  hübsrhiich  oder  wysziich  geredl ,  dixli  pulchrr.  das. ,  er 
kund  aber  pii  n  sieden,  dasz  die  slil  nil  nasz  wurden  (tpnch- 
U'örlltch)  und  tieng  ainiiuil  in  ainem  rat  an  zu  reden  g:ir 
hübschhch,  als  er  wnl  kund.    d.  städtechron.  5,73,8; 

daf  ich  mich  so  bnbscblich  kan  tiren 

mit  Ringen  und  tanzen  unil  hollren.     fiisln.  fp.  103,23; 

wenn  ich  tliu  über  das  pflnsier  traben, 

«0  mir  die  Iriiiien  nach  lu  Meheii  liabon. 

und  rrnurii  nil ;  wer  1*1  der, 

der  so  hubschlich  lelt  daher?    362,  >; 


1 857      HCBSCHLICH  —  HÜBSCHT  WETTER 

hüb^chlich  sagen  uod  frölich  singen 

und  mit  den  juukirauen  tanzen  und  springen.    737,  13; 

lasset  mich  nu  bald  umbwenden, 

mein  lied  hipscbüch  zu  vollenden.    Weckherli»  377.' 

!)  daraus  enttnckelt  sich  die  bedeutung  artig,  ruhig,  gemach, 

die  im  schweizerischeri  hübsclieli,  sanß,  bescheiden  im  thun  und 

lassen,  sachte  (Stalder  2,  öS)  noch  haßet:   er  [Uli)  schosz  das 

Werkzeug  herum,  als  ob  alles  drauf  müszle  an  einem  tage, 

und   die   thiere  brüllle  er  an,   dasz  es  dem  meister  in  alle 

glieder  kam ;  allein  er  hielt  ruhig  an  sich,  sagte  ein  einziges 

mal :  nume  (nur)  hübscheli  I  J.  Gottdelf  Uli  d.  kriecht  J.  5 ;  — 

hüpschlich,  sittlich,  sensim,  lente,  suavUer,  senftlich,  faulklich. 

Mäaler  232' ;  hüpschlich  anruren,  permukere,  hübschlich  gon, 

fnsz  für  fusz,  gradu  modice  ire.  das. ;  musz  man  . .  hübschlich 

mit  umbgehn.  Pauli  schimpf  20* ;  hübschlich  und  gemach  thun. 

124';    fahrt  hüpschlich,  ihr  gesellen.  Fischart  bienk.  4ä';    da 

rufet  Keibkamp:    holla  ir  stallbrüder,   holla,   hüpschlich  ihr 

jungherm,   hüpschlich,   was   wolt  ir  mit  mir  anfangen,   ihr 

secht  doch,  ich  bin  nur  ein  armer  teufel.  Garj.  22s'; 

aber  lug  far  büpscblich  und  gemacb. 

Jrphthes  {Strastb.  bei  Rihel)  Diij». 

in  bezug  auf  essen  und  trinken :  das  ander  das  ein  esel  an 
im  hett  do  wir  im  ouch  glich  sint,  das  ist  er  trinkt  gar 
hübschlich  und  verzwunzen.  es  ist  kum  etn  thier,  das  also 
züchtjglichen  verzwunzen  und  hübschlich  trinkt  under  allen 
thieren  als  der  esel,  wie  ein  grob  thier  er  doch  susz  {sonst) 
ist.  Keisersberg  bilg.  128';  welcher  ochs  langsam  und  hüpsch- 
lich iszt,  derselb  pleibet  allwegen  in  einer  stärke.  M.  Sebiz 
feldb.  124. 

3)  hübschlich  gehl  über  in  den  sinn  leise,  heimlich:  wasser, 
das  da  stillschweigend  und  hübschlich  eindringet  in  das  schif. 
Keisersberg  schiff  d.  pen.  20'; 

und  als  der  touw      ein  dürre  ouw 

hüpscblicb  begüszt,      das  grasz  dünn  dann  sprüszt 

uff  abgemäyter  wiesen.  Leo  Jod  der  72.  psalm; 

ruckten  wir  das  bett  hübschlich  von  der  thür.  F.  Platter 
141 ;  schlich  er  hüpschlich  ausz  dem  sessel  (in  dem  er  gesessen 
halte)  und  satzt  sich  wider  under  die  thür  an  sein  altes  örtlin. 
WicKBAM  rollw.  186,21  Kurz;  die  thür  hübschlich  aufthun,  on 
alles  geiren,  aperire  placide  forem.  Maaler  232";  gar  still  und 
hüpschlich  widerumb  keeren,  quietissime  se  recipere.  das. 

4)  hübschlich  auch  in  bösem  sinne,  heimlich,  hintcrlislig  Scbh. 
1,1040  Fromm,  {beispiete  aus  Avestis): 

noch  künDeu  wir  ainen  list, 

das  der  aller  poss  ist: 

mit  hübschliciien  Sachen 

künden  wir  zu  treiben  und  auch  machen, 

das  die  knecht  die  maid  swachen.    fastn.  sp.  495,  18. 

HCBSCHLICHEN,  adv.  fein,  zierlich:  und  besteck  es  bubsch- 
lichen, das  stet  wol.  kuchenmeist.  avij. 

HCBSCHLICHT,  udj.  ein  wenig  hfibsch:  hüpschlächt  venu- 
stulus  Maaler  232". 

HUBSCHÜFFE,  m.  beisitzer  des  hubgerichts:  da  der  veste 
Junker  Dietterich  von  Erlenbach,  .  .  Schultheis  daselbs,  mit 
den  erbarn  hubscheffen  . .  oiTentlich  zu  gericht  gesessen  was. 
«eislh.  3,741   (fränkisch,  von  i4S9). 

HÜBSCHT,  adj.  ßr  und  neben  hübsch,  in  elsässischen  quellen : 
so  wir  doch  alle  ding  wollen  hübscht  haben  und  wol  geziert, 
und  uns  selber  versumen.  Keisersberg  bilg.  91';  des  verwun- 
dert sich  der  liebhaber  der  sele,  das  sie  also  gar  hübscht  ist, 
und  spricht  zu  ir  also  canticorum  am  sibenden  wie  hübscht 
ist  din  gang  in  den  schuhen.  91*;  dise  schuw  der  lugenden 
i!o  von  du  seist,  sint  nit  gar  hübszte  zierungen,  sie  sollen 
mich  wol  mer  verwüsten  weder  hübsch  machen,  das.;  gienge 
strack  . .  in  den  anderen  breiten  hübschten  gebahnten  weg. 

PlIILANOER    1  (1642)  2b6. 

HCBSCHTE,  /".  für  hübsche:  sie  wellen  alle  ir  ding  hübsch 
haben,  aber  nach  der  hübschte  der  sele  frogen  sie  nit  vil. 
Keisersberg  bilg.  91*;  fraw  myn,  dein  clarheit  ubcrlengt  und 
übertrifft  alle  hübste  riiser  weit.   Marie  himelfart  17'. 

HÜBSCHTLICH,  adv.  für  hübschlich,  fein,  zierlich: 
solt  ich  .  .  hübstlich  mit  ir  scherzen,    teufeis  netz  5254. 

HCBSCHTWETTER,  HLBSTWETTER,  n.  hübsches  uettcr: 
auf  der  weit  haltet  man  dafür,  hübstwetter  seie  ein  dieb,  und 
es  ist  auch  warbafftig  also,  nach  dem  Sprichwort :  screnum  et 
amici  sunt  fures  temporis ;  dann  hübstwetter  und  gute  gesell- 
schaft  die  stehlen  einem  die  theurc  zeit  hinweg.  Philander 
1,377. 

IV.  11. 


HUBSCHWEIN  —  HUCKE 


1858 


HüBSCHVVEIN,  n.  schwein  als  zins  der  huber:  so  sol  eins 
bischofs  püeger  vor  an  dem  abend  ze  Laufen  sin,  .  .  und 
sond  ouch  denn  die  hüber  iri  swin  da  han,  der  sind  fünf 
hubswin.  iceisth.  l,  104  {Zürich,  15.  jahrh.)  ■  so  soll  ain  keiler 
von  Loufen  kiesen  das  erst  hübswin  und  da;  best.  das. 

HUBSPRüCH,  m.  sprach  des  hiü>gerichls.  iceisth.  6,812.  s.  die 
stelle  unter  hubrichter. 

HLBWEIN,  m.  wein  der  bei  der  einsetzung  eines  hubers  ge- 
trunken itird:  den  hubern  ein  viertel  wins.  wer  ouch  sach, 
das  ein  buber  zu  dem  hubwin  kerne,  der  nit  doby  und  mit 
gesin  were,  do  man  den  huber  gesetzet  hctte,  der  sol  als 
wol  recht  darzu  haben,  aeislh.  4, 33  {Elsasz,  von  1420).  auch 
icd  nein,  den  du  huber  bei  den  gericlitssitzungen  trinken ;  vergl. 
die  huober  haben  auch  jedes  jähr,  so  geding  ist,  von  dem 
hof  einen  omcn  edeln  weins.  5,402. 

HUBZINS,  frt.  zins  den  der  huber  von  seinem  gute  entrichtet : 
wer  anderthalb  nitr.  habern  gibt  zue  hubzinsz.  tceisth.  2, 151 
{aus  Creuznach).     vgl.  hubgeld,  hubpfennig. 

EUCH,  m.  salmo  hucho.  Nemmcu  4,1207;  buchen  unter  den 
eszbaren  fischen  Hohberg  2,465'.  466'.  vgl.  beuch  5p.  1277,  und 
hauchforelle  sp.  572 ;  der  buch ,  eine  ail  von  forellen ,  trutla 
piscinaria  Steinbacb  1, 789. 

HUCH,  m.  der  zapfen  itn  halse,     vgl.  hauch  sp.  569. 

HCCH ,  interj. :  eine  spielte  die  zilhcr,  und ,  so  wahr  ich 
ehrlich  bin ,  sang  ein  deutsches  lied  dazu,  buch !  da  ging 
mir  das  herz  auf.   Sturz  2, 410. 

HÜCHEL,  m.  in  Oberliessen  und  der  grafschaß  Ziegenhain  ein 
kaufe  von  ijetreidetjarbeu,  welche  alsbald  nach  dem  schnitt  gebunden 
und  zum  dürrwerden  und  nachreifen  im  freien  felde  zusammen- 
gestellt werden.  Viluab  176.  das  wort  gehurt  ^  wie  gleichbedeu- 
tendes hocke  sp.  1648  zu  hocken ,  so  zu  hessischem  buchen, 
zusammensinken,  kauern,  und  wie  für  das  letzlere  sonst  schriß- 
deutsch  hauchen  steht,  so  brauchen  hessische  quellen  für  hücbel 
auch  heuchel.  a.  a.  o. 

HüCüEN,  m.?:  funiculus  sehn  o.  buchen  Taocbcs  bei  Dief. 
252'.  aus  der  Helyoldnder  mundart  wird  bei  Froxx.  3,  32*  ein 
bück  angel  uut>r  fischereigeräten  beigebracht,  welches,  wenn  es 
auf  die  angelschnur  gienge,  sich  mä  dem  aufgeführten  werte  am 
nächsten  berühren  würde. 

HL'CHT,  /".  verein  mehrerer  stämmchen  oder  schüszlinge  auf  oder 
aus  einer  würzet,  stände,  mit  dem  verbum  buchten,  buchten, 
solche  schöszlinge  treiben,  ein  westphalisches  wort  (Fromm.  6,212), 
von  Freiligrath  als  masc.  und  in  der  Zusammensetzung  scherben- 
hncht  {stände  in  einem  blumentopfe)  aufs  hochd.  übertragen: 

da  krönt  sie  (die  erica)  brunn  und  relsenschlucht  — 
0,  möge  dieser  scherbenbucht 
an  alles  das  dich  mahnen! 

aiclituittjen  3,140  Cnteiner  frau  mm  geburtstage, 
mit  einer  erica.') 

HUCK,  m.  l)  hervorragender  hügel,  bery;  hessisch.  Vilmar  177; 
den  28.  januarii  kriegen  wir  einen  huck  landes  ins  gesiebt. 
H.  Staden  aiij. ;  vergl.  hock  4  sp.  1647  und  unten  hug. 

2)  aucA  ecke,  uinkel:  im  westmärkischen  und  tergischen  hut, 
Winkel,  innere  seile  der  ecke  Fhumm.  5,360;  holstein.  buk  und 
hurck.  Scuütze  2, 177 ;  dasz  sie  auf  dem  huck  oder  ecke  des 
Weigats  etliche  100  solche  rauhe  und  unförmlich  geschnitzte 
bilder  gesalzt  gefunden,  pers.  reisebeschr.  3,  3.  vgl.  unten  hucke 
fem.  no.  4. 

HUCK,  m.  neben  buch  und  hauch,  der  zapfen  im  halse: 
das  zäpflein  (giugulio)  kan  entzündet  und  lasiret  werden,  . . 
alsdann  spricht  man  der  huck  ist  niedergefallen.  Wlrtz 
wundarzn.  34.  auch  niederdeutsch  buk,  bök:  de  hük  is  mek 
eschurret  oder  runder  eschurret  (gefallen).  Sckaxbacb  87'; 
hamburgisch  de  hük  is  em  dälschaten.  ScuCtze  2, 177. 

HUCK ,  m.  uhu ,  eine  niederdeutsche  und  mitteldeutsche ,  in 
älteren  quellen  belegbare  form  neben  dem  oberdeutschen  hu,  huhu, 
huw  (s.  d.) :  bubo  huck ,  huc ,  huic  Dief.  83*.  nor.  gloss.  60' 
(aus  niederdeutschen  vocabularien);  md.  bubo  huc  Pfeiffers  Germ. 
9, 20  (glossen  zu  Heinrici  summaiium). 

HL'CKAUFDIE.M.\GU,  name  der  syringa  vulgaris;  vgl.  hucken. 

HUCKE,  f.  nebi-nform  zu  hocke  sp.  164S. 

1)  häufen  getreide  oder  heu :  das  heu  wird  . .  in  heuhaufen 
oder  in  hucken  gehäufet.  Comenius  sprachenthür  von  Oocemius 
§  418;  hucke,  so  viel  an  gras  oder  heu,  als  die  grasmdgde  an 
einigen  orten ,  wo  keine  körbe  gebräuchlich  sind,  in  einem  grat- 
tuclte  oder  in  einem  strick  zusammen  binden,  auf  einmal  auf- 
hucken und  auf  dem  rücken  nach  hause  tragen  können.  Jacobssoh 
6, 120',  mü  den  einigen  orten  sind  wol  die  düringischen  und  ober- 
sächsischen  gegenden  gemeint,  wo  das  wort  in  dieser  bedeutung  lebt. 

117 


1859 


HUCKE  — HUCKEN 


HUCKEPACK  — HUDEL 


1860 


2)  hucke,  die  auf  dem  rücken  getragene  Insl  tm  allgemeinen, 
ontix,  sareina,  et  rernm  saretarum  congeriex:  liucken  tragen, 
onera  stixlinere,  sarcina  premi.  Stikler  SO!»,  in  der  redensart 
einem  die  hucke  voll  hauen,  schlagen  (AnKiuNc),  die  wieder 
düringisch  und  obersäclisKch  ist,  u-ird  sclierzltaß  verhüllend  das 
rückenhündel  statt  des  riickens  selbst  genannt. 

3)  hucke,  irol  zunäehst  das  büudel  des  hansierers  (vgl.  unter 
dem  masr.  hocke  sp.  \MS)  und  dann  der  luiusierkram  selbst,  klein- 
rerkauf:  und  soll  man  1  pfd.  schmalz  gehen  an  der  wag  umh 
9  dn.  und  ausz  der  huck  umh   10  dn.  d.  slädleclir.  5,257,19; 

ich  kauf  vast  ausz  der  hucke, 

dnrinn  piht  man  mir  icur.     Uhland  volksl.  ~il. 

4)  hucke,  im  leasserbau,  hervorstehende  ecke  eines  deiehes  oder 
Vorlandes  (Jacobsson  0,  l2o'),  deckt  sich  mit  dem  masc.  huck  2, 
s.  oben. 

HÜCKE,  f.  tnantel,  pallium  Frisch  I,  47l'.  vgl.  hocke  und 
hoike  sp.  1731. 

Hl'CKEL,  m.  kleine  erhöhung,  soicd  im  nrge ,  als  auf  der 
haut,  geschtcuhl;  düringüch,  und  oß  formrihnß  mit  buckel 
(theil  2,  s;j.  4S5)  verbunden:  ein  weg  voll  huckcl  und  buckel. 
vgl.  huck  liügel  oben,  und  unten  hucklicht. 

HUCKELEI,  f:  von  einem  sich  erbrechenden  säufer  heiszl  es: 

dasselbig  schütt  er  bund  und  krau« 
(mit  züchten)  haufenwels  heraus, 
und  slehiit  in  solcher  huckeici, 
als  wrr  ihm  hals  und  bauch  entzwei. 

I'..  Ki^cwAi-ii  (nul.  warb.  05. 
rfa.<  tcort  hangt  uol  nicht  viit  dem  folgenden  rerbum  zusammen, 
sondern  ist  eher  ein  tonmalendes,  indem  es  dem  eigenthümlichcn 
latite.  der  das  erbrechen  begleitet,  nachgebildet  ist. 
BUCKELN,  verh.  nebenform  zu  hockein  sp.  IMO. 

1)  bairüch,  auf  den  rücken  setzen.  Schm.  1,  1050  Fromm., 
ebenso  hessüch  huckeln,  hockein,  aufbuckeln,  auf  den  rücken 
setzen  und  auf  demselben  tragen,  vorzugsweise  gebräuchlich  von 
dieser  arl  des  tragens,  icclchc  für  kinder  in  anuendung  kommt. 
ViLMAR  17«;  aucn  düringi.ich,  ober.mchsisch. 

2)  huckeln,  hückeln ,  mit  nüssen  spielen;  niederd.  hückeln, 
häufchen  machen,  ein  bekanntes  kartenspiel,  mlmentlich  der  kinder. 
Schambach  87'. 

3)  huckeln,  'hugkeln'  neben  Imgken  und  hugknen,  hiikern, 
Ueinverkauf  treiben,  bairuich.  Schm.  1, 10.">0  Fromm,     vgl.  iiucke  3. 

HüCKELOCH,  n.  bei  den  kühlem  ein  loch  in  einem  garen 
meiler,  das  zwar  dann  und  wann  noch  etwas  raucht,  dessen  rauch 
aber  nicht  blau,  sondern  weüz  i.st.    Jacobssos  2,  290'. 

HUCKEN,  vrrb.  namenllirh  in  ober-  und  müleldeutsclien  mund- 
arten  neben  hocken  .tp.  Iöi9  gebrauclä,  so  schweizerisch.  Fromm. 
6,  410  (aus  dem  canton  Rem) ;  bairisch.  Schm.  1, 1040  Fromm., 
in  Kdmthen.  Le.xer  14Ö;  in  Tirol.  Fromm.  6,  ir)2,  und  anderswo, 
auch  in  Düringen  bekannt,  und  bis  ins  niederdeutsche  reichend 
(Schambach  87').  daher  auch  bis  auf  die  Jetztzeit  in  der  schriß- 
sprache  verwendet,  wenn  auch  nicht  so  lidufig  als  hocken. 

1)  hucken,  kauern :  die  ganze  fasten  durch,  so  hucken  ire 
vermummte  bilder  hinder  den  blauen  umhängen.  Fischart 
bienk.  140"; 

da  fand  ich  ^rosz  liluppcn 
der  Schelmen  über  einaiiiJt-r  micken. 

Murnkr  fchvtmpnzunft  4*. 

2)  sitzen,  sitzen  bleiben,  veripeilen:  under  dem  schein  des 
almöszens  bleiben  wirauf  unsern  alten  gütern  hucken.  S.Frank 
ehron.  1.WI  404";  sich  wunderte,  dasz  ich  noch  strenue  hier 
hucke.  Hermes  Sophicns  reise  3, 141 ;  willst  du  ewig  zu  hause 
hucken?  Le5z  I,  ns. 

3)  sich  hucken,  sich  niederkauern  : 

eh  sich  «in  langer  bückt. 

M»  hat  »Ich  ein  kurzer  gehuckt.    Knttiporus  ES"; 

da  hat  nun,  der  bei  jeder  kunst  gern  spuckt. 

hier  unten  auch  der  wiiz  sich  biii^inhuckt.     IIückk.rt  Kt: 

ein  nachtgeipt ,  der  sich  einem  «anderer  auf  die  schullern 
blickt.  WiEi.AND  H,  20.1.  06  QHch  der  oljen  oufgefnbrle  nnnie  der 
sijrimia  vulgaris,  hucknufdieniagd.  als  eine  imper'iliihildung  mü 
vuUriciU  obseOnem  sinne  hierher  gehöre,  kann  nicht  entschieden 
werden. 

4)  hiickm,  trannlh,  in  gelHicktfr  ftellung  eine  last  zum  tragen 
aufnehmen  oder  tragen :  der  biir  huckle  sie  (die  frdulein)  auf 
seinen  rücken.  Felsenburg  4.  4.13 ;  auch  einem  andern  auf  den 
rüeken  legen: 

irovchwinde  duck  dich!  roaufl  dich  bfick«  i, : 
ich  huck  dira  auf  den  starken  rOcken.    )i»tiiic  tl,  ;^o>. 
fUXKEN,  rerfc.  liCfkern,  kleinrerkauf  treiben,  bairiseh.     rergl. 
unter  hiirkoln  3. 


HUCKEPACK,  adr.,  namentlich  in  der  Verbindung  huckepack 
tragen ,  auf  dem  rücken,  dieses  seit  dem  vorigen  juhrh.  nach- 
gewiesene, nieder-  und  mUteldeutsche  wort  hat  in  seinem  zweiten 
theile  mit  dem  längst  ausgestorbenen  allen  back  rücken,  wte 
ScHAMBACH  s;'  will,  nichts  zu  thun ,  sondern  an  pack  fascis, 
.sarcina  anlehnend,  will  es  an  den  bnndel  des  hansierers  erinnern, 
den  dieser  huckend  trägt:  ich  will  dich  huckep.ii  k  tmc^n,  «■• 
schwer  du  bist.  Arnim  schaubfihnc  1,30; 

indessen  trug  ich  meinen  .«ack 

ganz  unverleizel  huckepack 

ilurcli  nacht  und  graus  und  flammen.     Blumavkr  2,3.'»; 

(hl  (Christoph  aller  Passer  trag 

atit  ilcincni  rücken  huckepack 

mich  hin  jetzt  zu  Kvandern.    200; 

jedes  Weibchen  ziehet 
mit  ihrem  männchen,  schwer  im  sack, 
so  wahr  ich  lebe!  huckepack.     Börgkr  26". 

.ScHAMRACfl  a.  a.  0.  gibt  die  formet  encn  upn  huckeback  nömen. 
einen  den  rücken  besteigen  lassen,  besonders  von  kindern  die  man 
auf  dem.  rücken  trägt. 

HUCKER ,  m.  kleinverkdufcr,  vcrgl.  unter  hücker  sp.  Uijl : 
etlich  zünft  . .  das  waren  die  pccken,  bierschenken,  .  .  und 
die  hucken  und  maurcr.  d.  städlechr.ö,ll%2i;  melzler,  fragner, 
höcker,  hucker.    Fisch art  groszm.  49. 

HUCKERIN,  f  kleinverkäuferin :  es  war  ein  hdckin,  oder 
ein  huckerinn,  die  hei  ein  kleine  kram,  netrc  zeilung  von  1541, 
Germanüi  20,  6S. 

HÜCKER.N,  verb.  frequenlaliv  zu  hucken,  vgl.  höckern  sp.  1652: 
über  einander  her  gehückert  als  wie  ungeduldige  .«schafe.  Rein- 
hold  reime  dich  (I673)  165.  in  Oberhessen  hehzt  transitives  hiickern 
einhüllen  und  wärmen:  die  glucke  huckerl  ihre  hinkcl;  hucker 
dich  recht  ins  bell.  Vii.mar  17S. 

HUCKERSCHEIT,  m.:  Iiucke.rscheile  nennt  der  kühler  scheite 
holz,  welche  auf  die  fuszscheilc  gelegt  werden,  damit  hiedurrh  der 
zug  der  luß  in  den  meiier  befördert  nird.  Jacopsson  2, 2flo". 

HIK^KLICHT.  tidj.  mit  einem  huckcl  oder  mä  huckeln  ver- 
sehen;  düringisch  ein  hucklichter  weg;  das  brct  ist  nicht  glatt, 
sondern  hucklicht;  bei  H.Sachs  hucklet  for»  rfer  mwocftscnr h 
leibesgcstalt : 

so  bucklet, 
so  hdckricht,  kroptet  und  so  bucklet.    5,242*; 
dasz  sie  ir  lehenlang  ward  bucklet, 
hinkend  nul'  beiden  seilen,  buckelt.    3Sl*. 

HUCKNEN.  ref/>.  höckern,  kleinverkauf  treilien ;  bairisch.  vgl. 
oben  unter  huckeln  3. 

HUCKSTEIN,  m.,  plnr.  hucksleine,  belemnitae,  zapfensteine, 
Versteinerungen  von  kegel-  oder  zapfenfürmiger  geMalt.  Nemmch 
1,5S7. 

HUDEL,  m.  1)  lumpen,  läppen,  zerfetztes  stück  zeug:  zu  frühest 
als  huder  belegt  (s.  unten),  in  einem  niederländischen  glossar  des 
14.  jahrh.  als  hudc  exuviac  Ducf.  221"  außretend,  später  ößer 
und  aus  verschiedenen  namentlich  oberdeutschen  landschaßen  be- 
zeugt: panniculus,  ein  hudel,  lumpe,  fetzen  Dasvp.;  die  hudlen, 
biisz  alt  platz,  von  thuch,  assumenta  Maaler  231";  (triy.oi, 
lacer  pannus  vel  lacera  vestis.  Alberus  ;  liüddel  rhacus.  das. : 
hudel,  panniculamentum,  peniculus  Stiei.er  «04 ;  bei  Schottei. 
als  fem.:  hudel,  lump,  lap.  verlegen  ding,  panniculamentum, 
haillon  133«;  er  sie  {die  kleinode)  in  alte  zerrisziie  hudlen 
bände,  ßorc.  ( 1580)  1.  .'»s";  lasz  dich  benügen.  wenn  du  so  vll 
hudlen  hast,  das  du  dich  bedecken  imd  erwärmen  magst. 
Keisersberc,  siben  haupisünd  1510  ee3*;  denn  wie  der  augen- 
schein  weiset,  .  .  so  ist  die  perti(|uenhaube  von  allen  huleln 
und  läppen  zusammengeflickt.  Snlinde  211 ;  sprichwörtlich  sich 
aus  den  hudlen  schütten  {aus  der  nrmnt).  I'etr.fj'; 

gnn  in  bAszen  hudlen  und  l'atzen. 

>.  .Ma"<i:ki.  3.'i"  Grüneiten. 

als  verächtlicher  ausdrurk  für  kleidung:  ob  er  (der  pilger)  über- 
laden würt  mit  cleidung.  ob  im  vatler  und  lunller  oder  die 
geswyster  zu  vil  hudlen  an  den  hals  biengen.  Keisebsrerc 
l)ilg.  111'.  bildlich  für  den  hinsiechenden  leib:  du  spri'list,  ich 
bin  nit  alt,  ich  bin  aber  krank  und  vol  weeiagen,  ich  hin 
an  allen  enden  zi'i  hudlen  zerfallen,  die  arzt  haben  tegjirh 
an  mir  zu  blelzen  {flicken}.  73*.  aber  auch  als  kleines  stück 
zeug:  schenken  derselbigen  {majestät)  hieuiit  zehen  guMiu 
giild  zu  ainer  vererung  in  discm  hudeliii  verknüpft,  Zmmi-r 
f/)ron.  3,  431,  0;  zum  kopfpiilz,  wenn  auch  viellrirht  mit  rerarhl 
liebem  netten sinnr :  redimieulum,  villa  huil'-In    Hin    iss '• 

wickicn  vll  hudlen  in  ilir  rrtpf. 

gioxt  bOmer  machen  iifT  die  kofi 

lla*!«T  n'irri'i'iii.  •'  • 


1861 


HUDEL  — HUDELEI 


HUDELLAUFEN  —  HUDELN 


1862 


als  zeug  zur  attsßUung  der  spitzen  an  den  schuhen  : 
den  lullet  man  die  spitzen  syu, 
Til  hudeln  mäi^z  mau  dar  in  sioszen.    95,  10. 

Ji'tzt  bezeichnet  Schweiz,  hudel  kindswindel,  lap])en,  lumpen  von  lein- 
ivand.  Stald.  2,59;  die  jungen  kinder  läszt  sie  barfusz  laufen 
und  in  armen  büdelen  halb  erfiieren.  J.Gotthelf  errü/i/.  4, 2s2, 
schtcäb.  budel,  lumpen,  tucliplelz,  hadcr.  Schmid  2S9;  bair.  budel 
ScHM.  1, 1055  Fromm.,  im  Untei-Jnnthale  (masc.  «.  fem.)  lumpen, 
tappen,  zerfetztes  kleidungsstück.  Fromm.  3, 197 ;  im  Fuldaischen 
ein  kleineies  stück  lach  zi'i  bestimmtem  gebrauche,  Iröckelhuidcl, 
handtuch,  waschbuidel,  uaschtuch,  abputztuch,  knephuidel,  knüpf- 
tuch,  von  frauenspersoiien  unt  den  köpf  gewunden ;  in  Oberhessen 
banderbodel  handtuch;  in  Schmalkalden  budel  nur  zerrissenes 
kleidungsstück,  lumpen ;  im  Hersfeldischen  und  Schwarzcnfelsischen 
hoddel,  bull  der  mit  lumpen  umwickelte  backofen feger.  YiLii.\R 
177;  im  östlichen  MUteldeulschland  seJieint  das  uort  wenig  oder 
nicht  bekannt  (doch  vgl.  die  bildliche  bedeutung  unten  4,  die  von 
einem  Obersachsen  und  einem  Schlesier  gewährt  mrd),  eben  so  wie 
t»  den  niederdeutschen  gegcnden.     vgl.  auch  buder. 

2)  budel,  die  puppe,  die  von  stücken  zeug  verfertigt  vird: 
oder  als  wann  ein  gaukler  sein  band  in  einer  puppen  oder 
budein  bat,  damit  lliul,  was  und  wie  er  will,  so  bald  er 
;iber  die  band  darausz  zeucbt,  so  ligt  es  da,  on  leben,  wesen. 
S.  Fr.\nk  guldin  arch  (153S)  bl.  39'. 

3)  budel ,  Schimpfwort  ßr  einen  nichtswerten  menschen  (wie 
lump ,  schweizerisch  lappi  u.  dlini),  noch  jetzt  schweizerisch  viel 
fiebraucht,  als  bottel  lump,  mensch  von  üblem  duszern  auch 
kärntnisch  (Lexer  144),  früher  weiter  verbreitet:  der  büdel  bat 
nocb  nicbt  guvig  gesobneiket  {herujngeschnüffdt).  Keisebsberg 
s;>i«nenn  (151ü)  b«';  in  der  Zimmersciwn  chronik  Spottname  einer 
schlechten  dirne:  der  ist  etlicbe  jar  darvor  binder  ein  durnen 
{dirne)  im  dorf  kommen,  wie  manicbem  gueten  gesellen  mer 
bescbücht,  genant  der  budel.  4,150,35;  vgl.  alle  tabern  waren 
voll  budein  und  buben.  d.  städtechr.  3, 14C,  9,  wo  eine  hand- 
schiifl  buren  und  buben  liest; 

sprich,  du  liast  noch  nicht  bscheidt  gethon. 

ehe  ich  dir  diesen  trunk  nach  liesz, 

ich  wolt  eh  das  ich  hudel  hiesz. 

ijrubiauus  D  7'  (/;.  1,  cap.  7); 
hudle  dauren  mich  nicbt.  J.  Gotthelf  schuldenb.  15;  nuu  ist 
es  aber  merkwürdig,  wie  die  budelkrankbcit  eine  ansteckende 
ist,  die  budcin  am  maiktorle  macben  budein  auf  dem  lande, 
und  ein  budel  steckt  andere  an.  96;  wenn  Uli  ein  budel  sei. 
Uli  d.  knecht  19;  wenn  sie  einem  solchen  verflucbten  budel 
und  lump  ihre  tocbter  geben  würden.  242. 

4)  budel,  bildlich,  nugae  Heüerico  1333  und  danach  Stein- 
üACH  der  budel,  res  objecto,  nugae  1,789.     vgl.  budelung. 

5)  die  zugehünijkeit  des  wortes  zu  bader  tind  seiner  sippe  ist 
sp.  112  erwähnt,  der  begriff  des  zwistes,  wie  er  bei  bader  neben 
der  bedeutung  lumpen,  fetzen  hervortritt,  ist  bei  budel  nicht  sehr 
ausgebildet,  fehlt  aber  doch  nicht  ganz,  so  namentlich  niclit,  wenn 
ein  zänkisches  weib  eine  budel  genannt  wird: 

Tullia  aber,  die  hö.sz  hudi, 

kan  vil  hochl'art,  gschwetz  ttnd  gschnudi. 

J.  Atkkb  54'  (2s7,  30  Kelter) ; 
rergl.  auch  unten  budelei. 

HL'DEL,  m.  bäum  oder  unterläge  auf  einem  wagen,  wenn  man 
ohne  leitern  fährt,  obersächsisch.  Auellnc.  Jacoussun  2,290*. 
wol  kaum  ein  worl  mit  dem  vorhergehenden. 

HUDELAHZT,  m.  lumpenarzt  (nach  budel  3):  der  andern 
gemein  budelarzten  gescbweig  icb.  1'aracei.sl's  r/i/r.  sc/jr.  255  A. 

HL'ÜELBÜBE,  m.  lumpenbube :  nun  redeten  die  beiden  erst 
von  lumpenwaare  und  budelbuben,  so  komme  mau  dran, 
wenn  man  leule  von  der  gasse  nehme.  J.  Gottuelf  Uli  der 
Pächter  132. 

HUDELEI,  f.  1)  lumpichtes,  liederliches  wesen:  budelei  üi 
quod  non  est  sine  sordibus  Schottel  133S;  budelei  parsimonia 
rusltcana,  fnigalitas  inculta,  illiberalitas  et  tenacitas  Stieler  S04; 
namentlich  liederliches  arbeiten:  womit  er  (Apelles)  nicbt  die 
eilftirlige  budelei  gelobet,  sondern  zu  erkennen  geben  wollen, 
dasz  ein  allzugroszer  fleisz  und  viel  zu  geschäftige  niübe  bis- 
weilen aucb  schädlich  seie.  Sanurakt  academie  (t«75)  2,31. 

2)  schereiei,  plage,  vexieren:  budelei,  exugiiatio,  diiexatio, 
molestia  Stieler  Sü4  ;  auf  der  lauten  schlagen  allerlei  sudelei 
etlicben  zum  lobe,  und  allerlei  budelei  eliicben  zum  tadel. 
Klopstock  12,59; 

was,  spricht  er,  schiert  mich  wohl  die  grillenräugerei? 
was  nützt  der  ganze  kram  gelehrter  hudelei?    GuNiHtR  574; 

je  weniger  ich  von  der  weit 

und  ihrer  hudelei  erfahren.    Goki:«c(  1,214- 


hu  hu!  dcspotenhudelei! 

gott  wahre  mich  vor  sciaverei.    BSrger  20' ; 

vgl.  auch  lobbudelei,  eigentlich  das  plagen  mit  lob.     s.  budein. 

HUDELLAUFEN,  «.  vermummtes  laufen  zur  fasnachtszeU ;  m 
Tirol.  ScHM.  1, 1055  Fromm. 

HUDELLUMP,  -LUMPE,  m.  xcie  baderlump  sp.  115. 

1)  lumpe,  fetzen:  hudellumpen,  panniculamenta ,  pannkuli 
Stieler  S04. 

2)  vgl.  baderlump  2,  der  mit  lumpen  handelt,  lumpensammler : 
(der  kleine  Gargantua)  forcbt  den  kemmetfeger,  den  budelump, 
und  den  mann  mit  dem  sack.  Garg.  129* ;  daßr  auch  bude- 
lumper.  ^ros;>?i.  49;  auch  der  in  lumpen  einhergeht,  und  hier  als 
kehireipi  von  schelmenliedeni : 

ei  da.«  man  im  lang  ein  gläselein, 

ein  grosz  gläselein, 
darausz  er  schiesz  sein  nachbaur  Jäckelein, 
Hans  Jackel  Guttuch  hudelump!    Gary.  92'; 
es  ist  ein  sehne  gefallen, 
es  giengen  drei  gut  gesellen, 

Jörg  Nissell,  Sig  Michel,  hudelumn!  Hans  Jackel, 
spazieren  umb  das  hausz,  hudelumpe: 
denn  es  ist  noch  nicht  zeit, 

0  lempe ! 
der  weg  der  ist  verschneit.    92'. 

HUDELMANN ,  «i.  lumpenmann,  liederlicher  mann,  ein  vor- 
zugsweise in  der  Verbindung  budelmanns  gesinde  im  16.  und 
17.  jahrh.  oft  vorkommendes  wort,  welches  wie  ein  vom  volksuitz 
erfundener  eigennamc  aussieht  (vergl.  xtber  solche  erfindungen 
Wackernagel  kl.  schri/len  3,97/^.):  d^  budelvolk,  leichtfertig 
unnütz  leüt,  faex  civitatis,  budelmanns  gsind.  Maaler  23l'; 
ein  volk ,  überall  zusammengelesen ,  budelmanns  gesinde. 
Ll'ther  tischr.  33l';  dazumal  (unter  Claudius)  war  es  dabin 
kommen,  das  kein  frommer  man  im  keisertbumb  platz  bell, 
und  zum  regiment  vor  disem  budelmans  gesind  tauget.  Framk 
G'erw.  chron.  (153S)  20";  der  ander  schwärm  aller  wai-  nicbt 
daim  ein  trüwlosz,  glaubbrücbig,  budelmans  gesind,  verbüt- 
schieit  buch  (1559)  219' ;  ein  fubrmann  bracht  budelmanns  ge- 
sindt  gefüret,  die  zu  einem  papyrer  auf  die  fasznacbt  geladen 
waren,  wie  sieb  denn  die  lumpenleut  zusamen  ballen.  Katzi- 
porus  o  1* ;  (geistliche  beschweren  sich)  dasz  sie  müssen  Soldaten 
werben  und  auszmundiren  helfen,  viel  uewe  rüstwägen  schaffen, 
allerlei  budelmans  gesinde  zu  sieb  in  die  clöister  nenieu  und 
ihnen  unterhalt  versebaffen.  Pliil.  Lugd.  3, 121 ; 

es  ist  gar  losz  budelmans  gsindl.    H.  Sachs  3,  1,  167* ; 
das  lose  budelmans  gosind. 

ß.  Walüis  päpstt.  reich  Qq  iij ' ; 
das  ist  recht  budelmanns  gesind, 
das  langsam  schalTt  und  trinkt  geschwind. 

Leumaio  2,42  (iloFF]iA>>s  spenden  1,71). 
andeie  seltenere  Verbindungen:  sieb  auf  müsiggang,  faulkeit, 
kurzweil  und  budelmans  leben  zu  legen.  Fischart  ehz.  497 ; 
der  ist  budelmanns  art ,  der  meint,  jeder  soll  seines  feinds 
feind  sein.  Leuma.n.n  1,29;  schwäb.  budelmanns  waare,  schieclites 
gcsindel.   Schmid  289. 

HUDELN,  verb.  in  zwei  hauptbedeutungen,  ähnlich  denen,  die 
das  verwandte  subst.  bader  und  das  verbum  hadern  (sp.  109  ff. 
l\' /f.)  entfaltet  haben,  nur  so  dasz  bei  budcin  beide  manigfach 
sich  bcrüliren,  namentlich  wenn  die  zweite  (des  zankens,  Streitens) 
durch  die  miltelvoisetllung  des  schlecht,  verächtlich  behandelns 
(unten  no.  2,J))  an  die  erste  anknüpß. 

budein  sagt  aus 

l)  aussehen  und  art  eines  fetzens  odtr  lumjiens  haben. 

a)  intransitiv,  im  eigentlichen  sintie:  schweizerisch  budein, 
schlollern,  bammeln,  reiszcn;  es  budell  alles  an  ihm,  was  man 
UM  thm  sieht,  ist  lunifiig.  Stai.der  2,59;  wann  einen  der  schlag 
gerührt ,  ist  alles  weich  und  lodlecbt ,  die  bul  lumlet  und 
lapet:  so  hudlet  alles  um  einen  den  die  sQnde  lutnlecbt 
gemacht  bat,  es  ist  keine  dapferkeit  da.  Keisersuerg  post.  bei 
Friscu  1,471';  auth  jxrsönlich,  einher  budein,  in  lumpen  ge- 
kleidet gehen :  in  den  gros/en  langen  lumpeuboseu  wie  die 
monslra  einher  buedlen.  Zimmer,  chron.  2,  520, 31.  —  bildlich, 
vom  schlechten  weiter,  es  hudlet,  schneit  und  windet  durch  ein- 
ander. Stalüer  a.  a.  o. 

b)  nach  dir  moraliscJten  bedeutung  von  budel  (oben  no.  3), 
wie  ein  nichtsuviter  mensch  verfahren ;  schweizerisch  er  budelt 
nur,  führt  nur  eine  schlechte  Icbensweise.  Staluer  2,  59 ;  in  der 
Umgebung  dis  Fgtrlandes,  reflexiv  er  liudelt  sich,  eiveisl  sich 
schmutzig,  indisoet  beim  s/i<7e.  Fromm.  6,  172.  so  umhei- 
schueifen,  bummeln:  (wenn)  diejenigen  von  knechten  oder 
trossz,  so  diesem  regiment  zuständig,  vorbin  hudeln  oder 
auszer  der  Ordnung  laufen  wollen.   Kirchuof  milit.  disc.  110; 

117* 


1863 


HUDELN 


HUDELPACK  — HÜDERN 


1864 


gestattet  (der  hurenweibel)  von  denselben  keinem  .  .  .  hinvor 
under  oder  neben  die  iinecht  zu  hudeln ,  bisz  so  lang  der 
hauff  kommen  ist  auf  halben  weg.  115;  nun  giebt  es  aber 
an  allen  orten  leule ,  die  nichts  glücklicher  macht  als  eine 
gelegenheit  zum  faulenzen  und  hiuleln.  J.  (Gottheit  schuUlen- 
bauet  94;  —  kärntnisch  liudcln ,  nbcmit  und  scldcclil  handeln, 
arbeiten  Lexer  145;  ebenso  bairisch.  Sciim.  1,1055  Fromm.;  der 
reiche  wie  der  arme  handwerker  wird  hudeln.  H.\man\  1,31; 
die  arbeit  geschwind  weghudeln,  als  handtcerkerausdruck.  Frisch 
1,471*; 

weil  sie  ir  meszstrudcln 
selbst  nicht  rerstehn,  was  sie  da  hudeln. 

Fischart  dicht.  3,  Gl,  ICO  Kurz. 

selbst  von  eiligem  gelreibe:  nun  in  dem  hin  und  widerlaufen 
imd  hudlen  warden  sie  ainandern  so  unbekannt,  das  kaine 
mehr  grundtlichen  wissen  mocht,  welches  die  herzogin  oder 
wer  aine  oder  die  ander  wer.    Zimmer,  chron.  1,510,17. 

f)  transitiv,  etwas  von  einander  hudeln,  :e(Tm:en,  zerfetzen  : 
ich  sagte  darauf  zu  ihr,  es  wäre  gleichwohl  scliad,  dasz  sie 
diese  Schriften  {ein  manuscript)  so  von  einander  hudelte ; 
wann  sie  noch  bei  einander  wären ,  so  wolle  ich  ihr  gern 
etwas  darvor  verehren.  Simpl.  4,209  Kurz;  niederdeutsch: 

wiliu  mi  de  wundel  hudeln  in  stücl<en? 

Laubembeug  2,  168  Lnppenb. 

2)  budelD,  zanken,  plagen,  scheren. 

a)  von  einem  ernstlichen  herumschlagen :  der  waltbruder  Malt- 
gisz . .  hat  sich  sein  lebenlniig  nie  so  dapper  wie  ein  wapner 
mit  allem  seini  pilgerstab  wider  die  Zarrazenen  gehalten,  als 
hie  unser  bruder  Jan  wider  die  Pieroscholler  mit  seiner  kreuz- 
stangen:  hei  der  soll  aht  zu  Fulda  werden,  der  künt  mit 
den  bischoflichen  von  Hildesheim  auf  dem  tag  nmb  die  Session 
herum  hudlen.  Garg.  207*.  rerijl.  auch  aushudeln  theil  1,  SSO ; 
kompt  sein  weib  auch  darzu,  hudelt  ihn  übel  ausz,  reiszt  es 
ihm  ausz  den  bänden,   a.  weiszh.  lustg.  407. 

b)  einen  hudeln,  plagen,  quälen,  scheren,  schlecht  behandeln, 
ist  in  gegensatz  zu  den  bisher  angeführten  bedentungen,  in  der 
schrißsprache  sehr  verbreitet,  auch  bei  Schriftstellern  norddeutscher 
heimal,  aber  erst  aus  der  neuern  spräche  zu  belegen:  hudelen, 
contemnere,  contemplim  instare,  daidaijner,  niespiiser  Schottel 
1338;  hudeln,  vexare.  Hindere,  contemnere,  conlemlim  instare, 
vellicare  Stiei.er  804;  hudeln,  nugari  Hederich  1333;  hudeln, 
vexare,  exagüare  Frisch  l,47i';  bairisch  einen  hudeln,  orfer  m 
der  reimenden  Verbindung  hudeln  und  pudeln,  achtlos  und  zu- 
gleich hart  behandeln,  quälen.  Schm.  1, 1055  Fromm.;  der  (richter) 
hudelt  sie  nach  seinem  gefallen.  Chr.  Weise  kl.  leute  202; 
sich  durch  ceremonien  .  .  .  geduldig  hudeln  lassen.  Kant 
10, 146 ;  fiel  gar  einer,  so  ward  er  mit  losem  muthw  illen 
gehudelt.  Stolberc  8, 353 ;  hudeln  den  armen  schelm ,  den 
sie  nicht  fürchten.  Schiller  räuber  1,2;  die  bauern  wie  das 
vieh  hudeln.   Acerbach  dorfgesch.  1, 131 ; 

vier  scenen  haben  mich  Tünf  wochen  schon  gehudelt. 

GÜNTHER   1097; 

doch  dasz  stets  eingedenk  er  sei, 

die  Treiheit  sei  ein  goldner  schätz, 

so  hudelt  man  ihn  erst,  hen-  spatz.    Borger  20'; 

alles  andre  tbäten  sie  ilijrannen  und  lioifey)  budein  und 

schänden, 
den  Soldaten  trugen  sie  auf  den  banden. 

Schiller   yVnlleiisl.  lagfr,  11.  anftr.; 

und  wenn  so  einen  denn  die  liebe  weidlich  hudelt. 

GöTUE  7,44; 

wie  iontt  ton  einem  übel:  der  schwären  hudelt  mich  über  die 
maszen,  ulcus  vehemenlissime  me  urit  et  cruciat.  Stihler  S04. 
oß  in  der  fügung  einen  ungebudelt  lassen,  ungehudell  bleiben : 
ich  nebst  einigen  andern  blieb  ungehudell.  Felsenintrg  1,89; 
anderer  leutc  angefangene  arbeit  aber  ungebudelt  lassen.  3, 
vorrede;  wenn  wir  nur  mit  einem  scbille  ungehudell  von 
Amsterdam  hinweg  kämen.  3,5;  laszt  mich  mit  euren  possen 
ungebudelt.  J.  E.  Schlegel  2,  5<);  meinen  freund  ügul  soll  er 
ungebudelt  lassen.  NVieland  6,62(59);  dasz  .  .  sie  mich  mit 
solchen  schulpnssen  ferner  ungebudelt  lassen  sollen.  Lessino 
10,225. 

r)  «ich*  hudeln  mit  etwas,  $tch  mit  elwat  plagen,  quälen, 
teheren:  ich  mag  mich  mit  keinem  kleinen  buche  hudeln, 
sondern  ich  wil  gleich  aus  diesem  groszen  buche  lesen  lernen. 
FfUenb.  2,404;  das  subjcct  bat  sich  von  den  ersten  acade- 
mi*cben  jähren  an  mit  bofmcistern  hudeln  mOssen.  Hauann 

3,1«; 

wer  «ich  mit  erobcn  filzen  hud<<li, 

tum  lohn  wird  mit  undank  bo«udelt.    I.khmaiiii  1,22; 


sich  um  etwas  budein,  scheren,  bekümmern:  was  hudelst  du 
dich  drüm,  quid  tu  haec  moraris?  non  laborandum  est  tibi  ea 
de  re.  Stieler  804;  ach  die  grafen  hudeln  sich  nicht  viel  um 
drittehalb  groschenstücke.  Chr.  Weise  comöd.  299 ;  so  werden 
wir  uns  viel  drum  hudeln  ob  wir  solche  hungerleidcr  kriegen 
oder  nicht.  310;  wollen  uns  wenig  darum  hudeln  und  stets 
antworten.  J.  Prätorius  Suluvnalia  (lf.fi3)  130;  was  hudelt  ihr 
euch  um  das  stück.  Felseiib.  2,  435. 

d)  sich  iiudeln  auch  sich  scheren  im  sinne  von  fortgelien  {vgl. 
forlbudeln  2,  theil  4',  20):  hudel  dich  fort  apagesis  Hederich 
1333 ;  hudelt  euch  von  einander.  Chr.  Weise  comöd.  47. 

HUDELPACK,  n.  lumpcnpack:  weil  ihr  .  .  ein  hudel-  und 
schelmenpack  seid,  alt  und  jung.  J.  GuTTHEi.r  Uli  d.  pdchler 
S.  134. 

HUDELSACK,  m.  als  Schimpfwort  für  ein  lüderlicbes  mädchen: 

ir  sindt  wol  X  oilcr  mer, 

dy  sinl  pci  deiner  tachier  gelegen  .  .  . 

so  wildu  mir  den  liudelsack 

aller  erst  fassen  auf  jneincn  nack.    fastn.  sp.  992,  12; 

mucsz  ich  dein  hudelsarjt  sein?    16. 

HUDELTAG,  m.  tag  des  lumpens,  faulenzens:  wo  nun  der 
inarkttag  für  einen  menschen  zum  hudellag  wird,  da  kann 
man  sicher  annehmen,  dasz  ihm  auch  der  sonntag  ein  hudel- 
tag  ist.  bekanntlich  hat  aber  jeder  hudellag  einen  ganzen,  oder 
wenigstens  halben  blauen  montag.  J.  Gottiielf  schuldcnb.  95. 

HUDELUNG,  f.  res  nullius  momenti,  nugae  {vergl.  hudel  4, 
xp.  1861 ;  fxirsimonia  ruslicana,  vexatio,  exagitalio.  Frisch  1,471'. 

HIIDELVOLK,  n.  lumpenvolk:  hudelvolk,  leichtfertig  unnütz 
leül,  faex  civitatis  Maaler231'';  hudelvolk,  faex  civitatis,  sordes 
urbis  Schottel  1338. 

HUDELWEHK,  n.:  lumpen-  siVe  budelwerk,  opera  ingloria, 
rudia,  iqnobilia,  iirila.  Stieler  2557. 

HUDELWINKEL,  m.  abditorium  i.  locus  occultus.  Dief.  2' 
{aus  einem  vocabular  des  15.  jahrh.). 

HUDELWiSCH,  wi.  .•  hudel-,  sive  schuh-  et  reibewisch, 
abslersorium,  peniculus  linteus.  Stieler  2563. 

HUDELWOCHE,  /".  woche  des  lumpens,  faulenzens:  nicht  zu 
vergessen  ist,  dasz  der,  welcher  vier  hudeltage  bat,  nach 
dem  gesetz  der  mnjoriläl,  welciie  bekanntlich  die  minorität 
friszt,  alsbald  zu  hudelwocben  kömmt  und  naturgemäsz  selbst 
zum  hudel  wird.  J.  Gotthelf  schuldenb.  95. 

HUDEK,  m.  nebenform  zu  hudel  sp.  1860,  ««  dem  compositum 
huderwat,  zerlumpte  ktcidung  bereits  mhd.  bezeuifl  (Ben.-Müller 
3,777'),  jetzt  nur  noch  landscluftlich :  huder  neben  hudel  lumpen, 
haderlump  Schm.  1,  1055  Fromm,  {uns  Schönsleder)  :  huder, 
dim.  hüderle,  hader,  schlechtes  tuch,  kärntnisch.  Le.\er  145;  in 
Ulm  lieiszcn  huder  die  allen  kieidungsstiieke,  Hausgeräte  u.  dergl., 
ivas  die  im  Hospitale  verstorbenen  dürftigen  Hinteilussen.  Sciimid 
289.     in  Bünden  linder  auch  lumpiger  inen.tch.  Stalder  2,5'.i. 

HUDER,  m.  glechoma  hederacea,  gundeircbe ;  in  niederdeutschen 
gegendcn  auch  huderich.  es  i.<st  eine  entstellung  aus  liedera. 
Schiller  zum  mekicnb.  thier-  u.  kräuterb.  1,22'. 

HUDERUUTZ,  m.  efne  in  lumpen  gehüUte  schreckgeslall, 
srheuclie,  vgl.  unter  butze  tlwil  2,  589 :  w  er  nun  ein  huderbulz 
will  sein,  der  verschwer  den  wein,  (r'arc;.  94';  es  weren  nichts 
als  buderbutzen,  grindpfutzcn.  232'. 

HUDERN,  vcrb.  landschaßliche  nebenform  zu  hudeln:  bairisch 
hudern  in  eile  und  obenhin  verriclilen ;  etwas  überhudern,  ver- 
hudern.  Scum.  1,1055  Fromm.,  mit  dei  interjection  liudri-hudri! 
über  hals  und  köpf,  tUter  stock  und  stein ;  in  Kärnihen  hudern 
übereilt  und  schlecht  arbeiten ,  derbndern  verwickeln ,  reririrren, 
zerzausen.  An  (einen)  lindern  oder  derbndern  ihn  üM  behan- 
deln ,  schelten ;  si'  hudern ,  sich  auftosen ,  in  /Mm/ien  zerfallen, 
oder  sich  verwirren,  verwickeln,  mii  hudri  wudril  uhrr  hals  und 
köpf.  Lexer  145 ;  vgl.  auch  unten  biidri.  waHr.^rheinlich  gehiirt 
auch  das  bair.  biidern  jäten,  das  gras  mU  der  würzet  aus  dem 
arker  ziehen  und  die  daranhangende  erde  absduUleln,  aiKhndern 
filder  vom  unkraute  reinigen  (Scum.  o.  a.  o.)  hierher, 
das  fiilgrnde  hiidcrn. 

HUDEKN,  rerh.:  hudern  wird  die  gewobnheil  des  gnn/cn 
biihnergeschlei'hls  gpnannl,  «ich  im  saiid  und  staub  zu  baden, 
lind  heiszt  auch  bei  den  liennen  der  schöne  beweis  der  mut- 
lerliebe,  wenn  sie  ihre  jungen  unter  den  lilligen  sammeln, 
v.  Thais  1,20«.  in  der  zweiten  bedeutung  wird  das  teort  in  der 
furm  hullerii  aus  Siederhessen  {gleich  oberhessi.<!rhem  huckern, 
s.  </.)  beigebracht:  das  huho  hulterl  die  küihlein  unter  den 
flügeln ;  auch  sich  in."  bell  bullern  oilir  rinhuliern.  Vilnar 
180;  vgl.  iiu4dercn,  frosteleo,  fiigtUire,  »chauderen  Scuuttel 


1865 


HUDERN  — HUDLER 


HüDLEREI  — HUF 


1866 


1338.  ob  die  zuent  angegibene  bedeutung  mit  der  zweiten  fng 
zusammenhängt,  und  ob  irgendwie  ein  bairisches  liudeln  sitzen, 
sich  setzen  (Schm.  1, 1055  Fromm.)  in  beziehung  gesetzt  werden 
kann,  steht  dahin. 

HUDERN,  rerb.  viehern,  ein  lautmalendes  aort:  bairisch 
Schm.  1,1055  Fromm.;  im  Fuldaisdien  liudeni,  huidern,  hud- 
licrn ,  hultern ,  das  wiehernde  atmen  der  pferdc ,  auch  trol  das 
wiehern  selbst  bezeichnend.  Vilmar  17",  uo  auch  hudergeisz, 
huidergeisz  als  name  der  heerschnepfe  gilt,  wegen  iJires  tnehemden 
rufes  (ebenda) ;  er  hörte  ein  pferd  hudern.  Bindewald  oler- 
liess.  sagenb.  34 ;  hooder,  wiehern,  wiehernd  lachen.  Spiesz  volks- 
thüml.  aus  dem  fränkisch-hennebergischen  15.  vgl.  das  ebenfalls 
lautmalende  kudern  Iheil  5,  sp.  2530. 

HUDLER,  HUDELER,  m.  i)  nach  hudeln  1,  mensch  von 
lumpigem  duszern ,  verlumpter,  herabgekommener  kerl;  seit  dem 
16.  jahrh.  weit  verbreitet  und  gewöhnlicher  als  hudel  in  gleicher 
bedeutung  (no.  3,  sp.  1S61) :  hudler,  leichtferliger  mensch,  scurra, 
nequam  Maaler  231*;  hudler,  ein  nichts  sollender  kerl.  Schottel 
1338;  hudeler,  sordiJus,  homo  semissis,  rilis,  es  ist  ein  loser 
hudeler,  nequam,  nebulo,  item  callidus,  astutus,  furäfer  est. 
Stieler  804;  hudler  nugator  Steijibach  l,  759;  ir  noppen- 
theurige  hudler.  Garg.  79*;  die  hudler  so  mich  hergeschickt, 
werden  mir  ihr  verheiszen  nicht  halten.  153' ;  wiewol  wer  ist 
arm?  sind  wir  doch  reich  hudler,  wir  haben  zerrissen  kleider. 
163";  die  hudeler  (kriegsknechte  sind  gemeint)  gaflften  in  an  wie 
ein  kalb  ein  new  thor,  sperrten  die  gurgel  schuwcit  auf,  und 
streckten  die  zungen  ausz  spannenlang  wie  ein  leithund,  also 
durstig  waren  sie.  229' ;  ist  das  mein  dank  und  lohn ,  das 
ich  dich  kalen  hudeler  vor  deinem  schaden  gewarnet  habe? 
H.  J.  V.  Brau.nschw  EiG  289 ;  nun  w  irdt  der  fleischer,  der  hudeler, 
der  bube,  noch  manchen  ehrlichen  man  betriegen.  7(i9;  hiesz 
er  ihn  ein  alten  partheyischen  losen  hudler.  Ayber  proc.  1,14; 
ein  loser  hudler  hat  mir  ein  stück  vom  briefe  gerissen.  Chr. 
Weise  überfl.  ged.  2,139;  es  verlohnt  sich  nicht,  dasz  man 
des  hudlers  wegen  so  viel  reden  soll,  freym.  redner  ö22 ;  gehts 
einmal  zu  felde,  so  schont  das  blei  jene  glüekskinder  so 
wenig,  als  dich  armen  hudler.  a.  mann  im  Tockenb.  122.  auch 
in  halb  scherzendem  sinne:  ihr  kleine  hudler  {von  einem  kin- 
dischen menschen  zu  den  figuren  eines  holzschnüles  gesagt),  habt 
ihr  dann  keine  mäuler  mehr?  Simpl.  1,37  Kurz; 

wolt  ir  denn  als  ein  cleusner  lehn? 
ein  hudler  und  ein  lauser  sein? 

Dedbkind  Christi,  ritter  K8*; 
{icli  sage)  das  ir  flöh  allsambt  in  gemein 
verzagte  lose  hudler  sein, 
die  sieb  rühmen  so  groszer  that 
und  keiner  doch  kein  herz  nii  hat. 

Fischart  dicht.  2, 168,  1234  Kurz ; 
aber  sie  soiln  uns  nicht  bethören, 
wir  wissen,  was  die  hudler  schweren.    1,88,3382; 
du  schlimmer  hudler,  furchst  dir  nicht? 

J.  Atrkr  379'  (1901.  16  Keller); 
der  hudler  wolle  nicht  antworten  noch  verziehen, 
mit  diesem  edlen  raub  begierig  zu  entfliehen. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  12,  7,  1 ; 
und  weil  von  ihm  nunmehr  der  könig  woli  erfahren, 
wer  doch  der  schlimme  kerri  und  kahler  hudler  wer, 
als  der  so  wenig  nahm  in  acht  sein  lob  und  ehr. 

17,106,7; 
speckhökers,  klempeners, 
fohrlüde,  timmerkiiecht,  scholappers,  hudelers. 
de  süt  men  alle  gähn  mit  sammitten  upschlegen, 
so  balde  se  men  wat  tom  brode  hebt  {;>'kregen. 

Lavreiberg  2, "726  Lappenberg. 

von  einem  lüderlichen  arbeiter  oder  stiimper  in  seinem  fache  (rgl. 
unter  hudeln  1,/y):  so  wird  hudler  ein  landsknecht  genannt,  der 
bei  dem  schieszcn  nach  dem  ziel  immer  schleclU  und  neben  vorbei 
geschossen  hat.  Kirchhof  icendunm.  95';  der  diebs-i;chneider . . 
hat  das  gewand,  das  oben  um  den  hals  gehört  und  die  brüste 
bedecken  solle,  unten  an  dem  rock  stehen  lassen,  darum 
schleift  er  so  weit  hinten  hernach;  man  solle  dem  hudler 
die  bände  abhauen,  wenn  er  nicht  besser  schneidern  kan. 
Simpl.  1,  142  Äurz;  wir  müssen  die  hudler  nicht  für  künstler 
ausrufen.    Matthesojt  kleine  gencralhaszschule  33. 

2)  nach  hudeln  2,  b,  der  da  quält,  peinigt :  den  hudler  musz 
man  wieder  hudeln,  bei  Stieler  heiszt  so  der  geizige  und  der 
komwuclierer :  ein  hudler  etiam  exponitur  parcus,  ararus,  cumi- 
niseetor,  item  annonae  ftagellator,  dardanarius.  804. 

3)  hudler,  eine  aus  Italien  stammende  vorzügliche  abänderung 
des  gemeinen  weinstocks,  aus  zwei  Sorten  bestehend,  wovon  die 
eine  weisze,  die  andere  schwarze  beeren  trägt.  Nemnich. 


HÜDLEREI,  f.  Schererei,  büswiltige  neckerei:  dasz  ich  mich 
endlich  in  dem  schlosz  mit  allerlei  hudlereien  hervor  tbate. 
Jucundiss.  58. 

HUDLERIN,  f.  mulier  levis  armaturae^  abjecUu  condUionis  et 
famae.  Stieler  804. 

HUDLERSGESINDE,  n.  fex  populL  ebenda. 
HUDLICHT,  adj.  und  adr.  lumpicld:  budlacbtig,  übel  be- 
kleidet, pannosus  Maaler  231* ;  hudelicht,  laceratus  Scbottel 
1338;  er  het  nit  vil  an,  iergens  ein  hudlechten  rock  vol  lochen 
Keisersberg  bilg.  67';  auch  in  moralischem  sinne,  despectus, 
inglorius,  frivolus,  hudelichtes  volk  sive  hudelvolk,  fex,  sordes 
civitatis  Stieler  804. 

HUDRI,  inlerj.,  vergl.  hudern  sp.  1864:  da  muszien  wir  über 
hügel  von  todten  und  verwundeten  stolpern,  alsdann  gings, 
hudri,  hudri,  mit  den  panduren  die  Weinberge  hinunter, 
sprungweise  über  eine  mauer  nach  der  andern  herab,  in  die 
ebene,  a.  mann  im  Tockenb.  150. 

HUEULE,  /■.  uhu.  Katziporus.  g2*.  vgl.  oben  hu  sp.  1848. 
HUF,  CT.  1)  ungula,  ahd.  mhd.  huof,  in  alemannischen  quellen 
auch  huob,  vgl.  unten  hufeisen,  hufschlag;  alts.  ags.  höf,  engl. 
hoof,  niederl.  hoef;  altnord.  hofr,  schwed.  hof,  dän.  hov;  bei 
Frisch  1,472'  auch  neutral  das  huf,  bei  Steixbach  weiblich 
die  hufe,  ungula  1,790;  tn  der  Stammsilbe  übereinstimmend  mit 
dem  allslavischen  kopato,  kopyto  ungula,  ottItJ,  n«öen  kopati 
axä^reiv  fodere,  nsl.  kopiti  castrare,  vergl.  Miklosich  lex. 
palaeoslav.  302.  hueff,  caba  est  ungula  equi.  roc.  ine.  tltettt.  k4'; 
hfiiT,  roszhüff,  klauw,  ungula  Maaler  233";  der  alte  plural  war 
hüfe,  wie  im  mhd.  hüeve :  seiner  rossen  hüffe  sind  wie  felsen 
geacht.  Jes.  5,  2S ;  die  hueffe  (eines  reitpferdes)  sollen  hoch  und 
nicht  hohl  sein,  auch  nicht  schmahl  wie  an  den  eseln,  son- 
dern fein  breit  und  rund,  weilen  in  den  holen  schmahlen 
hüffen  gerne  der  kern  und  das  leben  schwindet.  Böckler 
kriegsschule  969;  jetzt  in  der  Schriftsprache  nur  hufe,  wie  schon 
Stieler  863  ausschlieszlich  verzeichnet.  Man  unterscheidet  gespal- 
tene und  ungespaltene,  volle,  platte,  tiefe,  hohe,  harte  hufe; 
den  huf  auswirken,  das  huf  aushohlen,  um  das  hufeisen  an- 
zuschlagen. Frisch  1,  472' ;  sie  (die  band)  w  ird  mit  ringen  wie 
ein  huf  beschlagen.  J.  Paul  ;  das  ross  stampft  mit  den  hufen ; 
das  mächtige  ross,  einen  stolzen  weg  verfolgend,  kann  sich 
um  die  ameisenhäuilein  nicht  bekümmern,  die  es  unter  seinen 
hufen  zerstampft.  Holtei  Lammfell  10; 
hier  lieg  ich 
mit  meinen  kindern  —  lasz  die  armen  waisen 
von  deines  pferdes  huf  zertreten  werden ! 

.Schiller  Teil  4,  3; 
um  das  feuer  auf  der  erde, 
vor  den  hufen  seiner  pferde 

liegt  das  östreichsche  piket.    Freiliürath  diclit.  1,45; 
alle,  die  das  sandmeer  schon  verschlungea, 
deren  sturmverwehte  asche  heut  vielleicht  an  unsern  zuogen 
klebte,  deren  mürbe  schädel  unsrer  rosse  huf  zertreten.    154 ; 
schallt  ein  huf  recht  dreist  metallen.    3,  56. 
vergl.  auch  ross-,  pferde-,  esels-,  kamel-huf. 

2)  der  teufel  wird  mit  pferdefusz  gedacht  (vgl.  Grinx  mt/th.  946) 
und  sein  huf  ausdrücklich  erwähnt: 

und  ob  der  teufel  reagirt 

mit  huf  und  hörn  und  alledem. 

Freiligr4TH  dicktungen  3,  171; 
daher:  ist  nicht  Dorinde  ^on  gesiebt 
ein  engel?   ohne  zweifei. 
allein  ihr  plumper  tusz?  der  hindert  nicht. 
sie  ist  ein  engel  von  gesicht, 
von  huf  ein  teufel.    Lessing  1,  5. 

3)  hufe  für  die  huftraijcnden  thiere : 

ich  führe  dieses  beer  von  hunderttausend  hufen  .  .  . 
zurück,  0  könig,  vor  dein  schlosz.    Freiligrath  dicM.  1,  89. 

4)  huf,  die  hufspur:  einem  in  die  hufe  traben,  eines  fusz- 
slapfen  nachfolgen,  aufsieht  auf  ihn  haben,  und  wo  er  auf  un- 
riclUigem  weg,  dasselbe  bestrafen.  Frisch  1, 472'  als  sprichwürtiiche 
redensart  aus  Matbesids  :  tyranncn  leiden  doch  nicht,  das  ists 
licd  vom  ende ,  das  inen  ir  arzt ,  prophet  oder  beichtvatter 
inasz  und  Ordnung  stellen  und  inen  in  die  büß  draben  wollen. 
S'jr.  11*;  drabt  ir  mit  solchen  »orten  weidlich  in  die  hufe 
denselben  abend.  Luther  tisckr.  335". 

5)  huf,  im  Meisznischen  die  hornhaut  an  den  bänden,  die  sich 
durch  harte  arbeit  bildet,  callus;  ich  habe  rechten  huf  in  den 
bänden  sagt  ein  arbeiter. 

6)  huf,  beim  fleischer  das  erste  stück  fleisch,  welches  von  der 
hinlerkcule  des  rindes  gehauen  wird,  und  sich  unten  am  schosze 
anhängt.  Jacobsson  6, 120*.  wol  kaum  hierher  gehörig,  sondern 
eher  für  hub  {sp.  1849)  stehend. 


1867 


HUF  — HUFE 


HUFEFOSZER— HUFEN 


1868 


HUF,  «I.  in  bi'huf,  vergl.  lltcil  1,  sp.  1343. 

HUF,  interj.  zuruf  an  diis  ztnjvieh,  zurück  zu  gelten  und  den 
wagen  zuriukzuschivben.  Fmscii  1,472'  ah  vorzüglich  fränkisch; 
auch  hessisch.  Vilhar  177,  lull'  ziniick  I ;  heniiebcrgisch  fränkisch 
Löfl  und  liüf  zeröck!  Fhojjm.  5, 4öü;  hair.  hüf,  liuif,  Lüf! 
SciiM.  1,1063  Fromm.;  in  Tirol  und  Schwaben  aber  h,xaV.  Fromm. 
3, 110.  «,  233.     vgl.  Imfen. 

HUFBEIN,  n.  l)  der  grösle  von  den  zwei  knochen  im  hufe, 
aiiih  kleiner  fusz,  löffel  genannt.  Nemnich.      2)  .<i.  liiilllx-iii. 

HUFBESCHLAG,  m.  l)  das  beschlagen  der  hufe:  an  land- 
uirtschaßlichen  anstallen  wird  eine  voilcsung  über  den  buf- 
bescblag  gehalten. 

2)  das  uomit  die  hufe  beschlagen  werden:  die  biifbescbliige 
aber  an  des  pferdes  fiiszen  waren  von  feinem  silber,  daliero 
man  sie  aucb  keine  bufeisen  nennen  kan.  Simpl.  2, 133  Kurz. 

HUFE,  f  ein  landmasz.  ahd.  buoba,  nihd.  buobe,  alts. 
liöva,  dem  ags.  und  ultnord.  fehlend,  gothisch  nicht  nachgewiesen ; 
im  altern  nhd.  liube.  daneben  begegnen  die  formen  mit  innerm 
V  oder  f  in  mülel-  und  niederdeutschen  quellen  seil  dem  Ib.  jalirh. 
häufig:  mansus  bove ,  buyf,  bauf,  bull',  boef,  bufe ,  luievc 
u.  ähnl.  DiEF.  347'.  noch  im  17.  utid  beginnenden  18.  jahrh. 
gehen  für  die  schripsprache  die  formen  Imbe  und  bui'e  neben 
einander,  die  wOrterbiicher  führen  beide  als  (/leichberechtigt  au/ 
(hübe  und  hufe  mansus  Schottel  133S.  Stieler  724.  Stei.n- 
BACU  1,789),  Frisch  1,471*  bevorzugt  bereits  die  seither  allein 
geschriebene  form  bufe,  der  gegenüber  bube  nur  den  mundarten, 
namentlich  den  westmitteldeutschen,  geblichen  ist. 

Dasz  bube,  bufe  in  Zusammenhang  mit  baben  stehe,  ist  längst 
bekannt;  nur  wird  nicht  sowol  der  begriff  des  besitzes,  als  der 
des  umfassens  und  Zusammenhängens  (vergl.  babeii  1,1,  sp.  50) 
fiir  die  eigentlicJie  bedeulungsbestimmung  von  bufe  heranzuziehen 
sein  ,  so  dasz  das  wurt  zunächst  nur  ein  zusammenhängendes, 
einheitliches  stück  land  bezeichnen  soll,  als  nächster  verwandter 
darf  ein  golhisches  eben  so  auf  baban  zurückführendes  veibum 
ga-buban  angesehen  werden,  das  durch  .sein  Verbalsubstantiv  ga- 
bübains  in  dem  übertragenen  sinne  iyy.Qt'txEia ,  continentia, 
castüas  Gal.  5, 23  bezeugt,  und  von  der  bedeutung  des  zusammen- 
halls  im  allgemeinen  auf  die  innere,  sittliche  geschlossenheil  ge- 
wendet ist.  formell,  weniger  detn  sinne  nach  steht  eben  so  nahe 
ags.  bc-bolian  brauclwn ,  dürftig  sein,  nhd.  bebuhen  und  be- 
bufen,  vgl.  theil  1,  sp.  1343. 

bufe  bezeichnet 

1)  ein  gemessenes  und  gehegtes  landstück  in  flur  oder  wald, 
dessen  ijrösze  schwankt,  vgl.  die  angaben  bei  Grim.m  rechtsalt.  530 
und  bei  Frisch  l,47l',  dreiszig  oder  vierzig  morgen,  anderswo 
ßnfzehn  oder  zwanzig  (Schm.  1,1039  Fromm.)  werden  genannt; 
mansus  ein  bulT  lands  von  XII  iucbarlen  Dikf.  347";  bueb 
mansus,  huba  idem,  est  possessio  agrorum,  vel  juger.  voc.  ine. 
Iheul.  k4',  hier  ist  bufe  und  jucbart  gleichgestellt,  wie  noch  bei 
Kirsch  comuc:  jugerum  .  .  .  ein  morgen  oder  buf  landes; 
also  das  die  ersle  scblaclit ,  die  Jonathan  und  sein  waffen- 
treger  tbet,  war  bei  zwenzig  man,  bei  nahe  in  halber  huffen 
ackers,  die  ein  jocb  treibet,  i  Sam.  14,14; 

auszer  dem  Hof  cisireckt  ein  garten  ^ich,  nahe  der  pforte, 
eine  bul  ins  gevierl,  und  rings  uiiilänlt  ihn  die  niauer. 

Odyssee  7,  113; 
weil  an  Eurupus  groszeni  besten 
ihm  mehr  liegt  als  an  ein  paar  hulen  landes, 
die  Oe.stieich  mehr  bat  oder  weniger.    Schiller  Piccut.  1,4; 

sprichwörtlich : 

heute  mein, 

roorpen  dein. 

»o  tlieilei  man  die  hüben.     Sihrock  spricliw.  s.  249. 

2)  das  von  einem  colon  bewohnte  ackerland ,  stehe  es  in  ab- 
hängigkeil von  einem  herrenhufe,  oder  sei  es  unabhängig  (Grium 
reclüsalt.  &35.  53«),  das  ackergut :  unser  herre  bat  zwölf  bube, 
der  giltel  iecliche  Ane  vier  nun  sehillinge.  wcisth.  i,\04{Elsasz, 
15.  jahrh.);  wan  ein  hubner  die  herren  oder  den  vogl  iiil 
hczall  und  uf  den  hüben  wonet,  soll  man  inen  (ihn)  pfenden. 
iSO  (fränkisch,  von  1402);  nach  StCvk  wesen  und  verf  umfaszl 
du  hufe  8lel8  die  3  hliicke,  die  wohiislatt  (aiea,  woid,  wehr, 
«ohlslällc,  curia,  turlis,  hof,  easa,  nolbsirll,),  ,lus  ackeiinasz 
im  felde,  und  den  ideellen  iheil  der  genieinheil  in  «:il.l  mu.i 
weide.  1.24.     vgl.  auch  hauplhufe  .t/j.  til7. 

8)  bufe,  in  freierem  sinne,  bndz,  landbesitz : 

wa«  «precbl  ihr  nochharV  diencr  niii, 
••••r  »oljtr,  meioi  ihr,  euer  nein? 

:■'■■■■      ,  i'.-iiori  /ii  meinen  buOn.     liMi. 


auf  seiner  bufe  sitzen ,  leben :  der  brief  wird  dich  immer 
mit  einem  sehr  seltenen  manne  bekannt  machen ;  mit  einem 
Vasallen  namlicb,  der  zufrieden  auf  seiner  bufe  sitzt.  THtJMMEi. 
4,419;  ihm,  der  auf  seiner  bule  ganz  ruhig  gesessen.  Göthe 
23,  2i(i;  Junker  Siegfried,  .  .  .  der  auf  seiner  bufe  in  gutem 
wolstande  lebte.  Musaus  volksm.  A'^'i;  noib  und  mangel  treiben 
die  nuinner  von  ihrer  bufe  in  die  weite.  Piturz  museunt  I8ü6 
s.  712. 

HUFEFÜSZEIl,  wi.  mil  behuften  ßszen  versehen: 

wo  der  .schnelle  huleniszer 

scharrend  eine  quell  ergic.>izi.    v.  Üikken  ösit.  lorb.  418. 

HUFEISEN,  n.  i)  eisen  am  hufe  eines  pferdes,  eselsu.s.w., 
mhd.  buofisen,  huobisen ,  böbeisen  {mhd.  wb.  1,756'):  buef- 
eisen,  batum,  babatum.  voc.  ine.  Iheut.  k4*;  auch  unconecl  von 
einem  hußcschlag  aus  anderem  metall  (vgl.  unten  bufbescblag  2): 

die  siibere  hurei.scn 
des  Pcgasi.        Wkckiiemlin  Cöl; 

wer  ein  bufeisen  oder  ein  stück  davon  tindel ,  hat  glück. 
gestr.  rockenphil.  2,  no.  37 ;  findet  er  ein  bufeisen  mit  allen 
nageln  und  nagelt  es  ob  seiner  bauslbüre,  so  verbrennt  das 
haus  nicht.  Wolfs  zeilschr.  4, 48  («ms  Schwaben) ;  ein  blinder 
lindet  aucb  ein  bufeisen.  Lehmann  112;  er  könte  ein  bufeisen 
verdauen.  Dt!Ez  24;  eines  hufeisens  willen  verdirbt  oft  ein 
pferd.    SiMRocK  spricliw.  262. 

2)  von  einem  gefallenen  mädchen  heiszt  es  bildlich,  sie  Iiabe 
ein  bufeisen  verlojen  {vergl.  auch  unter  eisen  theil  3,  .s/).  3ü5): 
sie  hat  ein  bufeisen  abgeworfen.  Dt;Ez32;  einer  vexirte  eine 
dirne,  so  einem  jungen  gesellen  zu  nah  gewesen  und  ein 
kind  von  ihm  gezielel,  sprechend,  sie  biitle  ihr  ein  bufeisen 
von  demselben  abwerfen  lassen,  und  das  verloren.  Dach 
kurzw.  zeilvertr.  304 ;  ein  nieusche,  die  vor  wenig  wocben  ein 
bufeisen  abgeleget.  polit.  hofmädgen  2«.  rheinisch  einem  die 
bufeisen  abreiszen,  sterben.  Kehrein  203. 

3)  bufeisen  von  gegenständen  ähnlicher  form: 

a)  in  der  kriegskunst  eine  art  von  runden  schanzen ,  die  um 
die  feldwerke  gebaut  werden.  Jacobsson  2,291";  rundes  oiler  auch 
ovales  werk  zur  hedcckung  der  thore.  6,  121'. 

b)  in  den  glashütteu  irdene  röhren,  durch  welche  die  Öffnungen 
des  glasofens  über  dem  hafen  in  etwas  verengert  werden ,  um 
dadurch  die  hilze  mehr  oder  weniger  zusammen  zu  halten.  2  291'. 

c)  ej»ie  erdzunge  in  einem  ströme,  die  vorn  breit  und  hinten 
schmal  ist,  auch  ochsenborn.  ebenda. 

d)  in  Smyrna  eine  gewme  galtung  weiszer  und  feinei-  lein 
wand,  die  aus  Bengalen  kommt,  franz.  fer  de  cheval.  ebenda. 

e)  eine  art  gebackenes  in  der  form  eines  hufeisens.  6, 121*. 
/■)  eine  pflanze,  hippocrepis.  Nemnich. 
HUFEISENBOGEN,  m.  in  der  architeklur :  der  bufeisenbugen 

(an  maurischen  bauten),  eine  form,  die  ihre  beiden  schenke! 
wieder  zusamiiienkrüramt,  also  mehr  als  eine  halfle  des  kreis- 
bogens  ausmacht.  LtluKE  abiisz  der  geschichte  der  baukunst  (ISOI) 
s.  115. 

HUFEISENDOBN,  m.  spitzer  eiserner  dorn,  womit  die  löiher 
des  hufeisens  wieder  geöffnet  werden,  wenn  sie  steh  bei  der  ein- 
richtung  desselben  verschlossen  haben.    Jacohsson  2,  291*. 

liUFEISENFOBM,  f:  die  tafel  im  Speisesaal  war  in  huf- 
eisenfoini  erstellt. 

JiUFEISENFüBMlG,  adj. 

HUFEISENKBAUT,  «.  hippocrepis  (vgl.  bufeisen  3./). 

HUFEISE.NLEBCHE,  f.  alauda  magna,  ein  anifiikanischer 
vogel.  dei-  uame  wegen  des  schwanen  gürlels,  womit  seine  brusl 
gezeichnet  ist. 

HUFEISENNASE,  f  vesperlilio  fnrum  equinum,  eine  fledcr- 
mausart.   Nemnich  4,  I5GI. 

HUFEISENSTAB,  m.  schmaler  geschmiedeter  eisenstall,  woraus 
die  hufrisen  geschmiedet  werden.  Jacousson  2, 291*. 

HUFEISENTHEI'I'E,  /".  eine  art  freilreppe,  franz.  escalier  rn 
fer  d  cheval.  Jacobsson  6,121*.  5,592'. 

HUFEISENVüGEL,  tn.  alauda  magna,  httfeiseninclie.  Nemmi  h 
1,145. 

HUFEN,  irrt,  nach  dan  fuhrmaunsruf  bul  oben  (sp.  Kd',) 
rückwärts  weichen:  hessisch  hiifeii,  eiiihnfen,  ziirückbufen,  das 
fuhrwerk  zurürksrliiel>en ,  machen,  dasz  dasselbe  zuuickgesi  holten 
wird,  auch  /igürlirh  von  dem  angefangenen  abstehen,  die  grlhanrn 
schrille  zurucklhun  oder  zuhuknehmcu,  von  etwas  ablassen.  ViI.mar 
177;  und  so  ähnlich  in  andern  mundaiien,  s.  b.  bair.  huelen. 
zurückgehen  machen.  Schm.  1,1063  Ftomm.;  urslerwäld.  houfe, 
bull'  mckwaits  gvhen  {das  yesirht  nach  vorn)  Schhiot  74;  düring. 
hulen,  /uruckblifeii,  riiiAicJr/i  gehen,  auch  bildlich,    ichwäbnch 


1869 


HUFEN— HüFIG 


HUFLATTICH  —  HUFSCHLAG 


1870 


häufen,  zuriitk  gehen,  zurück  schieben:  auch  seine  aussage  än- 
dern, von  seinem  versprechen  abgehen.  Schmid  265;  da  wird 
{beim  römischen  carneval,  von  den  tragen  im  corso  gesagt)  pehiift, 
geschoben,  gehohen,  und  indem  einer  huft,  müssen  alle  hinter 
ihm  auch  zurückweichen.  Göthf,  29, 260. 

HUFEN-  in  zusammeugeset:den  icOrlern,   s.  auch  unter  hiib-. 

HtFENER.  m.  s.  hüfner. 

HUFENGELO.  n.  abgäbe  von  einzelnen  hufcn,  hufcnstcucr. 
Frisch  1.  472". 

HUFENGERICHT,  n.  was  hnbpericht. 

HUFENGROSCHEN,  »i.  hufensteuer. 

HUFENGUT,  n.  bauerngut,  zu  dem  eine  ganze  hufe  ackers 
gehört,     vgl.  auch  halhhflfner  .«/).  204. 

HUFENH.XBER,  m.  zinshaber  von  hufcn. 

HUFENMEISTER,  m.  hubmei.fler. 

HUFENPFENNIG,  »j.  hufensteuer. 

HUFENRFCHT.  n.  recht  des  nrundherrn,  nach  dem  tode  eines 
zinspflichtigen  hüfners  von  dessen  verlassenschaß  zu  fordern. 

HUFENRICHTER,  m.  hubrichter.  auch  benennung  eines  dorf- 
schulzen. 

HUFENSCHOSZ.  m.  abgäbe  von  hufen. 

HUFENSTEUER.  f  dasselbe:  hufenzins.  Frisch  1.472'. 

HUFER,  wi.  thier  mit  huf,  wendet  die  neuere  nalurgesehichle 
in  den  Zusammensetzungen  ein-,  viel-,  Zweihufer  an. 

HÜTERN,  vcrh.  zusavimenschauern ,  sich  klein  machen,  wol 
eins  mit  bair.  hüfeln,  sich  zusammenhüfeln.  sich  klein  machen, 
sich  zusammen  krümmen,  um  nicht  gesehen  zu  werden:  es  kan 
ihnen  {den  falken)  auch  nicht  schaden,  dasz  man  sie  bis- 
weilen im  Winter  unter  dem  freien  himmel  ein  wenig  frieren 
lasse,  jedoch  sind  auch  etliche  unter  ihnen,  wenn  sie  wohl 
purgiret,  und  darnach  sehr  frieren  sollen,  so  hüfern  sie  sich, 
und  wollen  schier  gar  sterben.  Becher  jdgcrcabinet  93  {ausg. 
von  i77<»  s.  926).  vieisznisch  sich  zusammen  hüfern.  vor  kälte  in 
sich  kriechen,  sich  einhüfern  im  bett,  .^ich  fröstelnd  eimrickeln. 

HUFERSCHÜTTERUNG,  f.  fehler  am  hufe  der  pferde,  vcnn 
sich  der  knochen  des  kleinen  fuszes  vom  hörne  des  hufes  ablöst, 
.to  dasz  der  huf  daselhst  hohl  wird. 

HÜFF.  5.  hüfte. 

HUFFE,  f  ßr  hiefe,  hagebulte:  hüEfen  oder  hagebutten. 
Hohe  ERG  3, 1,207*. 

HÜFFEHALZ,  adj.  lahm  in  der  hüfle,  hinkend,  mhd.  in  gleicher 
form: 

ein  kicelingps  smalz, 
da;;  ist  den  meiden  guot,  die  do  sin  hüfTehalr. 

ttnuplx  zfilschr.  5,  14. 
t»  späteren  geschichlsquellcn  fülirt  kaiser  Heinrich  II  den  namen 
niederd.  de  hüfflialte.  Frisch  1,472';  hoclid.  huflialz.  hufeholz, 
vgl.  ScHM.  1,  1063  Fromm.    Giesebrecht  gesch.  d.  d.  kaiserreichs 
2  (1960)  .<t.  .S99. 

HUFFRICHT.  adj.  statt  hofericht  bucklicht  sp.  1665 :  Ludwig, 
ein  vatter  des  huffreten  künings  Caroli.  geschwenk  Bebelii  n5. 

HüFGALOPP.  m.: 

so  deckte  die  Achner  weiszer  staub, 

der  unter  ihnen,  von  dem  huT^alopp 

herum  geschwenkter  rosse  los  gewühlt, 

empor  zum  firmament  des  himmels  stieg.    BSkckk  164*. 

HUFGERASSEL,  n..- 

siehe ,  da  scholl  entlang  die  Wölbung  des  dröhnenden  thonregs 
hulgerassel.  Ptrker  Ttinit.  1,29; 

neben  hufesgerassel : 

hufesgerassel  erscholl  ins  geklirr  de?  ■wafT^ngeschmcides.    4.35. 

HUFHAMMER,  m.  hammer  zum  einschlagen  des  hufeisens, 
mhd.  huofhamer :  marcellus  hufhamer  Dief.  34<>' ;  mittels  seines 
Wurfes  werden  grenzen  bestimmt  {vgl.  hammer  2,  a  sp.  314) :  so 
fcrre  einer  mit  eim  huffhamcr  under  arme  obendig  und  niede- 
Mindig  der  brücken  gewerfen  maigk,  das  sie  macht  haben 
mit  eim  hamen  zu  fischen.  »rcii//j.  3, 472  {Wetterau,  von  1453). 

HUFHOLZ,  n.  geh^,lz,  das  zu  einer  hufe  gehört:  Felix  Studer 
von  Oerlikon  begärt  us  der  stift  huobholz  etwas  holzes  ze 
koufen.  Hotz  Zürcher  urkundenb.  1, 132  {von  1565). 

HüFIG.  adj.  einen  huf  habend,  in  den  zu.iammensetzungen 
einhufig  {theü  3,205),  zweihufig,  vielhufig;  vgl.  auch  erzhufig 
3, 1090,  ehemhufig  4s.  —  In  Meiszen  hufig  schwielig  {vgl.  oben 
huf  5):  eine  hufige  band. 

HUFIG,  adj.  eine  hufe  haltend:  ein  zwcihufiges,  dreihufiges 
gut.  der  alten  spräche  bezeichnete  hubig  gut  tc<«  hubgut  (spulte 
1S51) :  were  es,  dasz  einem  ein  hubigk  guet  von  erb  anfiel. 
«wrfA.  5,  410  {Elsasz,  16.  jo/wA.);  als  dick  ouch  ein  huobig  guot 
von  einer  hant  zuo  der  andern  vcrendert  wurt.  424  {von  1472). 


HUFLATTICH,  m.  tu.^silago  fnrfara,  ungula  eaballina.  Neji- 
MCH  4,1515;  von  der  dhnlichkeit  der  hlättcr  mit  einem  hufeisen. 
ahd.  huofleticha.  mhd.  huofleteche  lapathum  Dief.  31S'  ;  M.^aler 
23.3'  unterscheidet  der  hublattich,  ein  kraut,  chamaeleuce  von 
der  hnflattich,  lussilago,  bei  Steisbach  1,  9S9  i.H  chamaeleuce 
brandlatlich.  tu.^silago  hnflattich,  sonst  bezeichnen  aber  beide 
namen  nur  ^ein  kratä. 

HUFMANGEL,  m.  ungulae  vitium.  Stiei.er  1230. 

HUFMESSER,  n.  mcsser  zum  beschaben  der  hufe  beim  beschlag: 
abscidium  hufmesser,  hufemesser,  höfmesscr  Dief.  5" ;  abscin- 
dium  hufmesser  nov.  gl.  4* ;  huefscharh  oder  hufmesser,  scaber, 
vttlg.  schnitmesscr  voc.  ine.  theut.  k4'. 

HUFNAGEL,  m.  nagel  zur  befesligung  der  hufe.  mhd.  huof- 
nagel:  hufnagel,  clarus  solearius  Stiei.er  1324;  von  dort  wurde 
die  Umkehr  beschlossen,  weil  es  an  hufnägeln  fehlte,  und 
ein  unbeschuhlcs  ross  in  jenen  felsenwirrsalen  völlig  un- 
brauchbar sein  musz.  ausländ  iO.jahrg.  s.  1000.  nach  Adelung 
ist  hufnagel  auch  die  bezeichnung  eines  alten  Ungarweins,  der 
durch  die  länge  der  zeit  alle  süszigkeit  eingebüszl  hat. 

HÜFNER,  HÜFENER,  m.  besitzer  einer  hufe  oder  eines  hufen- 
gutes, als  freier  eigenthümer  oder  zinspflichtiger,  neben  der  alten 
form  huber.  mhd.  huober  {sp.  IS51)  ist  die  form  huobencr, 
huobner,  die  an  hüfner  zunächst  rührt,  gebräuchlich  genug 
(Lexer  mÄrf.  tr&.  1, 1.390):  swelch  burger  sinen  hubner  andern 
enden  zc  reht  stellet  denne  hie  zc  Nüremberg.  der  ist  dar- 
umbe  schuldig  dem  rihter  und  der  stat  zehen  pfund  haller. 
yftrnb.  poliz.  ordn.  20;  da  gclopte  und  gchiej  der  vorgenant 
herre  der  burcgrafe,  da;  er  uns  und  ieclichem  unserm  bnrger 
und  allen  unsern  hübnern  rihten  sol.  2t ;  haben  die  hub- 
richter usz  bevelh  mins  gn.  h.  von  Hirsou  mit  willen  und 
gunst  aller  hubner  bi  irn  eiden  den  hubspruch  erofnet  und 
vor  allen  hubnem  verlesen  lassen,  wei^th.  6, 3t2  {Schwaben,  von 
1424);  bair.  hüebner  und  huebner  neben  hueber.  Schm.  1,1039 
Fromm.;  mit  den  hubenern  und  zinsmennern.  Le!«^ep  lands. 
2. 421  (rori  1555).  die  neuere  form  ist  hufner.  hüfner :  wenn 
die  schenke  nur  der  Versammlungsort  für  rechtlich  steurende 
hüfener  wäre,  und  der  heuermann  sich  in  der  ferne  halten 
.  .  .  würde?  Moser  patr.  phant.  2, 6S;  man  spricht  .  .  sonst 
auf  gütern  von  Versetzung  der  hufner.  Niebihr  leben  ^iebuhrs 
1,  391 ; 

wann,  da  sie  ('lic  snnne)  sich  den  fetten  ackern  zeiget, 
der  hulner  singt,  und  auch  sein  vieh  nicht  schweifet! 

Hagkdor:«  1,  70. 

Das  worl  hüfener  (sp.  1664)  ist  wol  nach  hüfner  gebildet  und  der 
unterschied  in  der  bedeutung  zwischen  beiden  scheint  nicht  immer 
gewahrt:  zu  bemerken  ist,  dasz  in  Thedinghausen  der  acker- 
mann  höfner  heiszt.  der  halbspänner  pflugköther,  und  der 
kothsasse  handköther.  Stüve  wes. «.  verf  21.  vgl.  ganzhüfner. 
halbhüfner,  vollhüfner. 

HÜFNERDIENST,  w».  rfi>n.<;/  den  ein  zinspflichtiger  hüfner 
seinem  grundherrn  zu  leisten  hat:  huffnerdienst  bei  Frisch 
1, 472*. 

HCFNERGERICHT,  h.  gericht  über  feld-  und  flursachen,  von 
hüfnem  einer  gemeinde  gebildet,  hubgericht.  hubergericlit :  hufner- 
gericht  Judicium  mansionarium  Haltaus  960. 

HUFPLETSCHE,  f.  Mette:  lasz .  .  grosze  kielten  oder  Unf- 
pletschenwurzen  graben.    Hohberc  1, 24;?'. 

HUFSCHARBE,  /".  inslrtiment  zum  beschaben  der  hufe  beim 
beschlag:  huefscharh  scaber  voc.  ine.  theut.  k4*.  vergl.  unter 
hufmesser. 

HUFSCHLAG,  m.  in  mehrem  bedeutungen, 

1)  das  aufschlagen  der  hufe  seitens  der  ratse,  das  geräusch 
derselben  und  die  .^pur  davon  im  boden: 

da  kommt  das  Schicksal  —  roh  und  kalt 

laszt  es  des  freundes  zärtliche  gestait 

und  wirft  ihn  unter  den  hufschlag  seiner  pferde. 

Schiller  Wnllrvsi.  tmi  4,  12  ; 

sein  ohr  vernahm  entfernten  hufschlag;  sasz  er  auf  seines  die- 
ners  pferdt  und  folget  des  ritJers  hufschlag  nach.  Amadis  235; 

urab  ein  ur  fand  er  den  hilbschlag 
und  sin  gesellen  mit  ir  zal. 

LlLIKJtCROT«  volk.<l.  I,  311,  50. 

hufschlag,  bei  der  Schiffahrt  auf  der  Donau  von  Ungarn  bis  Ulm 
der  weg  den  die  pferde  neltmen ,  trenn  dieselben  die  schiffe  dem 
Strom  entgegen  ziehen.  Jacorssox  6, 122*. 

2)  das  beschlagen  der  pferde,  die  eisen  und  die  kosten  dazu. 
Frisch  1,472":  auch  auf  sich  und  sein  gcsindlein  frei  futter, 
mahl  und  hufschlag.  Schweimchen  2,69;  ein  gut  rosz  zu 
schicken  würde  40  11..  sattelzeug,  hufschlag.  Stangen  und  röhr 


1871 


HÜFSCHL  AG  — HÜFTE 


,  HÜFTE  — HÜFTWEHE 


1872 


zum  wenigsten  20  fl.  kosten,  verliandlungen  der  schles.  fürsten 
u.  stände  im  j.  1619  s.  139.  hufschlag  von  golde.  Ernst  histor. 
btiderhaus  2  (1686)  im  register;  die  im  texte  s.  sis  entsprechende 
stelle  lautet :  dieses  pferd  hatte  an  den  füszen  silberne  huf- 
eisen,  mit  güldenen  nageln  angcsclilagen. 

HUFSCFILAG,  m.  die  in  ordentliche  hufenslüeke  abgetheilten 
felder,  im  ijcgensat:  zu  den  beiländern,  den  auszer  jenen  liegenden 
ackern.  Jacobssoi»  6, 12l\ 

HUFSCHMID,  m.  faber  equarius.  Stieleii  1879;  babatarius 
hufsmil,  hufschmidl  Dief.  64'. 

HUFSTÄMPEL,  m.  ein  spüzhammer  der  auf  der  einen  seile 
eine  stumpfspUzc  ßnne  hat,  mit  welcher  die  lOcher  in  der  falze 
des  hufeisens  vorgestdmpel  oder  vorläufig  durchgeschlagen  werden. 
Jacobsson  2,292'. 

HÜFT,  m.  stosz  ins  jägerhorn.  Adelünc.  vgl.  hief  und  hift 
sp.  1309.  1321. 

HÜFT,  «.  büfle. 

HÜFTADER,  f  gröszere  schenkelader,  in  zwei  äste,  die  gröszere 
und  kleinere  hüftader  gelheilt.  Frisch  1,473";  schlag  dem  rosse 
die  hüffader.  Seuter  rossarzn.  292. 

HÜFTBEIN,  n.  ischium,  os  ischii,  os  coxae,  os  coxendicis, 
einer  von  den  drei  ungenannten  knocken,  welche  nebst  dem  kreuz- 
bein  und  schwanzbein  das  heinbecken  bilden.  Nemnich  3,  255. 

HÜFTBLATT,  n.  was  Lüftbein.  Ne.mnich: 

warf  Aineien   damit  (mit  dem  feUstiick)  ans  hüftblatt,   da  wo 

der  schenke! 
in  dem  hüftgewerbe  sich  dreht.    Borger  224*. 

HÜFTDRÜSE,  f  lymphdrüse  in  der  hüßgegend. 
HÜFTE,  f.  coxa,  coxendix,  femur. 

1)  über  die  etymologischen  bezüge  s.  unter  häufe  sp.  583;  die 
allgemeinere  Vorstellung  des  emporragenden  oder  hervorstehenden 
scheint  auch  noch  durch,  wenn  das  wort  mit  höcker  gleichbedeu- 
tend gebraucht  wird:  gibbus,  ein  hofer  oder  hufft.  Gersdokf 
feldb.  d.  wundarzn.  (1528)  s.  97. 

2)  hiifte  bezeichnet  am  menschlichen  kürpcr  den  zwischen  den 
letzten  rippen  und  den  Schenkeln  befindlichen  äuszeren  etwas  er- 
habenen theü  unter  den  weichen,  der  vom  hüßbeine  gebildet  wird 
(.Nemnich  3,255),  aber  auch  die  zunächst  liegende  schenkelparlie : 
femur,  die  auswendige  dicke  an  dem  schenke!,  die  Lüfte 
Kirsch  cornucop.,  selbst  nach  Frisch  1,473'  für  lende  gebraucht, 
vgl.  unten  2  a.  e.  und  hüftlos.  die  ällest  nachweisbare  form  ist 
das  goth.  masc.  hups,  dem  sich  zunächst  anschlieszt  das  ahd. 
fem.  huf,  plur.  huffi,  mhd.  huf,  plur.  hüffe  (Lexer  1,1376), 
formen,  die  auch  im  altern  nhd.  noch  dauern:  coxa,  coxendix 
ein  huff  am  Schenkel  Dasyp.  ;  die  huff,  femur  Maaler  231', 
gleich  darauf  die  hufft  am  Schenkel,  coxa,  coxendix;  mundart- 
lich selbst  bis  jetzt  sich  hallen:  huff  hüfte,  in  Kärnthen  Lexer 
145;  in  siebenhürgisch-sächsischer  mundart  haff  Fromm.  6,108; 

und  werft  sie  under  euch  und  cebt  in  grosze  pülTe, 
slagt  si  paide  auf  die  lende  und  auf  die  hüffe ! 

fnstn.  sp.  490,  23. 
daneben ,  mit  angetretenem  t ,  die  form  huft ,  plur.  hüfte ,  vor 
dem  15.  jahrh.,  wie  es  scheint,  nicht  nachweisbar:  coxa  hufft, 
coxendix  hufft,  diech,  brat  Dief.  154';  fernen  hSß't,  liifft  (plur.) 
1  lenden  229',  es  wird  unterschieden  fernen  ein  wybeshofl',  wei- 
beshufft  von  femur  manszhuf,  mannesbufft,  manhufft  229'.'; 
beifuszkraut  auf  die  linke  huft  des  gebärenden  weibes  gelegt 
.  . .  beifusz  auf  den  leib  unter  den  nabel  bisz  auf  die  hüfte 
(plur.)  und  düchbein  überlegen.  Tabernaemont.  krdulerb.  35; 
wann  man  die  wurzel  zerstosze  und  mit  einem  schmeer  auf 
die  huft  lege,  so  benemme  es  die  schmerzen  derselbigen.  848; 
in   Tirol  noch  heule  huft.  Fromm.  6,155; 

hier  ringt  ein  kühnes  paar,  vermahlt  den  ernst  dem  spiele, 
umwindet  leib  um  ieiti,  und  scblioget  huft  um  huft. 

Hallkr  schweizer,  gcdichle  (1768)  s.  25. 

Unsere  heutige  singularform  liüfte  gehl  aus  der  allem,  eben  an- 
gegebenen pluraJform  zu  hufl  hervor,  wie  sich  ganz  gleich  das 
batruche  huff  (Schm.  1,  1063*),  scliles.  hüffe  (Weinhold  37')  aus 
dem  plural  des  allen  h\if[  gebildet  hat.  hüfte  erscheint  im  16.  jA. 
bei  Alberus  mit  wechselndem  geschlecht  (auch  als  masc,  wie  itn 
gothischen) :  incoxo  ich  sitz  uf  dem  hüft.  KK2',  gleich  darauf 
femur  die  hüft;  nur  aU  fem.  bei  Luther:  lege  deine  band 
unter  meine  hüfte  und  schwere  mir.  l  Mos.  24,2;  rürel  er 
Am  gelenk  seiner  hüft  an,  und  das  gelenk  .seiner  hüft  ward 
über  dem  ringen  mit  im,  verrenkt.  32,25;  soll  inen  leinen 
iiiderkleid  machen,  zu  bedecken  da»  fleisch  der  schäm,  von 
den  lenden  bis  un  die  Lüften.  2  Afoi.  2*»,  42;  gürtet  es  (das 
s(hwrrt)  unter  sein  kleid  auf  seine  rechten  hüft.  rieht.  3, 16 ; 
ein  jglicber   bat   sein  scbwcrt  ao  seiner  büflen.   holul.  3,8; 


wie  gehets  denn  zu,  das  ich  alle  mcnner  sehe  irc  hendc  auf 
iren  hüfteu  haben,  we  weiber  in  kindsnöten.  /er.  30, 6;  dringt 
aber  noch  im  17.  jahrh.  nicht  allgemein  durch,  denn  Schottel 
1339  verzeichnet  als  cinziije  form  huft,  femur;  wogegen  Stieler 
wiederum  nur  Lüfte  femur,  femen,  coxa  gibt:  auf  die  hüfte 
schlagen,  femur  plangere,  instar  ulierum  ejulantium,  an  der 
Lüfte  gelämet  werden ,  coxam  frangere ,  sich  auf  die  hüfte 
niederkaucheii,  incoxare,  ut  cacantes  solent.  816,  nachher  schwanken 
die  lexicographcn  nicht  mehr; 

er  eilt,  des  Schildes  Zierde  zu  vertauschen, 
und  läszt  ein  griechisch  schwert  von  seinen  hüften  rauseben. 
Schiller  Zerstörung  von  Troja  v.  69 ; 
und  fasset  sie,  mit  l'curig  schlauen  blicken, 
wohl  um_  die  schlanke  hülle  frei, 
zu  sehn,  "wie  lest  geschnürt  sie  sei.    Götbk  12,  100; 
das  schwerl  an  der  hüfie.    Platkn  2. 

hüfte,  als  sitz  der  zeugungskruft,  wie  sonst  lende :  und  Gideon 
hatte  siebenzig  söne,  die  aus  seiner  hüft  koinen  waren,  denn 
er  Latte  viel  weiber.  rieht.  8,30;  vgl.  hüftlos. 

3)  im  ringkampfe  hiesz  ein  stück  die  halbe  huft:  wenn  er 
(der  gegner)  sich  aufriebt,  so  du  in  in  dem  hacken  hast,  so 
nim  das  stuck  das  haiszt  die  halb  Luft  und  ist  ain  rccLtz 
kainpfstuck.  seiapeum  5,  34  (aus  einem  xylograpliisclien  ringbuche 
des  15.  jahrh.). 

4)  Lüfte ,  im  Schiffsbau ,  derjenige  theil  der  Verkleidung  unter 
der  gallerie  auf  einem  schiffe,  welcher  an  den  spiegel  slöszt,  und 
dem  schiff  ein  förmliches  anselu:n  gibt,  franz.  hanclie.  Jacobssü.n 
2,  292*. 

HÜFTE,  /".  rosa  canina,  nebenform  zu  Liefe  sp.  1309,  bei 
Nemnich  4,1168  in  der  pluralform  Lüften,  Liften,  bagehüften, 
habnehüften ,  hainhüften.  in  der  bcdeutung  hecke  stellt  eine 
form  huft:  (dasz  einer)  IX  bauren  in  eiiu  leid,  under  einer 
hufl  fand  stecken,  die  den  köpf  in  die  cid  sietktcn,  als  soll 
man  sy  nit  sehen.  S.Frank  c/jroii.  246';  bull  oder  busch  . .  . 
hufl  oder  hecke.  Mechtild  v.  Hakenborn  fuiuigrub  der  gaist- 
lichen  gnaden  (1597)  b.  2,  cap.  20  (wo  das  lat.  orig.  riibus  hat). 

HÜFTENLAHM,  adj.  lahm,  in  den  hüften. 

HÜFTENSTÜCK,  HÜFTSTÜCK,  n.  eins  von  den  zwei  stücken, 
worin  das  hintcrvierlcl  eines  geschlachteen  rindes  gelheilt  wird. 
Jacobsson  2,292";  aber  auch  beim  Schweine:  die  hüflenstücke 
eines  geschlachteten  Schweines.  Beckers  weltgesch.  1,310. 

HÜFTGEFLECHT,  «.  Verbindung  der  lymphgefäszc  in  der 
hüßgegend. 

HÜFTGELENK,  n.  gelenk  in  der  küße: 

hiermit  (mit  dem  stein)  traf  er  Äneias  am  hürtgelciik ,  wo  des 

schenkeis 
bein  in  der  hüfte  sich  dreht,  das  auch  die  planne  genannt  wird. 

i/j./.v  5,  305. 

HÜFTGEWERBE,  n.  dasselbe.  Borger  224*.  s.  die  stelU  unter 
hüftblatt. 

HÜFTHORN,  «.  verderbt  oder  umgedeutet  aus  hifthorn  spalte 
1321,  wol  mÜ  rücksu-IU  darauf,  dasz  das  hörn,  an  einem  ricnun 
getragen,  in  der  gegend  der  hüfte  herab  Itängl:  da  war  er 
(Capriccio)  der  muntere  spürhund,  der  in  einer  schallenden 
Jagd,  die  das  hüfthorn  bis  in  die  abgelegensten  duiikelnsicn 
Winkel  der  menschlichen  keiintnisse  ertönen  laszt,  das  selt- 
.samstc  wild  aufjagt.  Lessing  6, 267.  auch  huftborn.  Jacobsson 
6, 122*. 

HÜFTKNOCHEN,  f«.  hüßbein. 

HÜFTKRÜMMüNG,  f  die  obere  begrenzimg  des  hüßbeins. 

HÜFTLOCH,  n.  beim  anatomen  eine  grosze  Öffnung  in  der 
obern  gegend  des  hüßbeins. 

HÜFTLOS,  adj.  elumbis.  Frisch  1,473*,  gleichbedeutend  bei 
ihm  mit  Icndenlos.     vgl.  hüfte  2  (i.  e. 

HÜFTMÄüSLEIN,  n.  niauWcin  oder  muskel,  die  bewegung  der 
hnße  erregend.  Adelung. 

lUJFTMESSER,  m.  längeres  messer,  das  in  einer  scheide  an 
der  hitße  (letraf/en  wird. 

111  !•  TMIJSKEL,  m.  der  die  bewegung  der  hüfte  verunatht. 

HLFTI'FANNE,  f  acrtabulum,  cotyle,  auch  im  dim.  hilft- 
ptaiiiilein.    Stieler   1433. 

HÜFTSTÜCK,  s.  hüflenstück. 

HÜFTSüCHT,  /■.  uchins:  liiiU.siuht ,  poilagra ,  chiragra. 
Tmuhneiszer  probieruug  der  Itarnen  104.  bei  Maai  er  das  bufl- 
gsucht  ischtas  TM';  huffwee,  huffgesücbt  ischiaJtcus  dolor,  das. 

HÜFTSÜCHTIG,  adj.:  hufUücLiig,  der  lendwee  hat,  ischia- 
dicus  Maaler  231'. 

HtiFTWKHE,  n. .'  tsrhiat  das  buflwee  oder  gri«n  D*(TP. ; 
huffwce  ijr/ii(2(/iruj  dolor  Maaieb2:ii*;  diese  würze!  (rtirArurr) 


1873 


HUFZANGE  — HÜGEL 


pflastersweisz  gebraucht,  ist  eine  sondere  arznei  wider  das 
Luftweh.    Sebiz  feldbau  262. 

HÜFZANGE,  f.  zange  womit  die  alten  ndgel  aus  Hufeisen  und 
huf  gezogen  werden.    Jacobsson  2, 292". 

HUFZWANG,  IM.  krankhaße  enge  an  einem  pferdehufe.  öcon. 
lex.  (1731)  lOSfe. 

HUG,  m.  hügel,  cap: 
ihr  njmreD  dieses  orts :  steigt  sicher  auf  den  hug. 
kommt  her  uud  seht  uns  {auf  dem  schiffe)  zu.    Flehing  585, 

Ko  Lappe.nbebgs  ausg.  479, 42,  6  ungut  und  ohne  aulorität  einer 
ausgäbe  in.  bug  (corderiheil  des  schi/fes)  ändert,  aber  hug  steht 
zunächst  zu  mhd.  houc,  gen.  houges  und  dem  oben  sp.  1858 
behandelten  huck. 

HÜGEL,  m.  collis;  ein  ehemals  nur  landschaßliches ,  wie  es 
scheint  vorzugsweise  in  Düringen  und  den  östlich  angrenzenden 
yegenden  einheimisches  wort:  tumulus  hugel  Dief.  601'  [aus 
Tbochüs),  doch  vgl.  unten  no.  4  auch  die  stelle  aus  Keisersbebg, 
und  Pfalz,  hugel  hügel,  anhöhe  Sch».  1,1069  Fromm.;  von  Llther 
zuerst  in  die  schrißspraclie  eingefüJtrt  (s.  unten),  in  Petris  Basler 
nachdruck  des  neuen  teslamenis  (1523)  als  nicht  ßr  jedermann 
verständlich  durch  gipfel,  bühel  erklärt  (Fromm.  6,43');  die  alte 
ober-  und  theils  mitteldeutsche  form  dafür  war  hübel,  sp.  1S49. 
dasz  aber  hügel  nur  eine  veränderte  form  zu  diesem  hühel  sei, 
etwa  wie  hofer  und  hoger  höcker  ein  wort  sind  (vgl.  sp.  1651), 
darf  ßr  geu-is  nicht  gelten,  wenn  man  einerseits  mhd.  neutrales 
houc,  gen.  houges  hügel,  und  die  diesen  zunächst  stehenden  mittel- 
deutschen masculinen  formen  huck  (sp.  1S5S)  und  oben  hug  erwägt, 
zu  denen  hügel  als  diminutive  ableäung  gefaszt  «erden  könnte. 

hügel  bedeutet 

1)  erderhöhung  von  mdszigem  umfange,  geringer  als  berg,  in 
der  bibelsprache  oß  mit  letzterem  verbunden :  denn  werden  sie 
anfahen  zu  sagen  zu  den  bergen,  fallet  über  uns,  und  zu  den 
hageln,  decket  uns.  Luc.  23,30;  alle  berge  und  hügel  sollen 
ernidriget  werden.  3, 5 ;  morgen  will  ich  auf  des  hügels  spitzen 
stehen.  2  Mos.  17,  9 ;  und  richteten  seulen  auf,  und  haine  auf 
allen  hohen  bügeln,  und  unter  allen  grünen  bewmen.  2  kön. 
17,10;  lobet  den  herrn  auf  erden,  .  .  berge  und  alle  hügel. 
ps.  147,9;  grüner  hügel,  collis  vestitus,  sandhügel,  tumulus 
arenae,  wallhügel,  aggeris  propugnaculum.  Stieler  SOS;  weg 
der  über  einen  hügel  gehet,  trames.  S09 ;  das  bewog  den  ver- 
storbenen grafen  von  M.  seinen  garten  auf  einem  der  hügel 
anzulegen,  die  mit  der  schönsten  mannichfaltigkeit  sich  kreu- 
zen, und  die  lieblichsten  thäler  bilden.  Göthe16,7;  entfern- 
tere hügel  rechts  ganz  bedeckt  von  rebgeländern.  43,249;  die 
hügel  verflachen  sich,  ihre  sanften  seilen  und  rücken  sind 
mit  weinstöcken  überdrängt.  251 ; 

alle  farbenpracht 
der  bunten  hügel  und  der  felder.    Höltt  4S  Haim; 
entzückt  bestieg  der  hin  den  hügel.    Krktscuhanh  2, 113; 
hügel  und  thal,  wie  sonst  berg  und  thal: 

der  fürst  ist  dal  sagt  itiäler  es  den  hügeln. 

Schiller  1,23  Kurz; 
wonne  weht  vom  thal  und  hügel, 
weht  von  Dur  und  wiesenplan.    Borger  72'. 

auch  die  letzte  erhöhung  eines  berges  heiszt  hügel:  und  fureten 
in  auf  einen  hügel  des  berges,  darauf  ire  stad  gebawet  war, 
das  sie  in  hin  ah  stürzeten.  Luc.  4, 29 ;  selbst  ganz  kleine  erd- 
aufwürfe  werden  so  genannt,  wo  sich  das  wort  mit  häufe  berührt; 
vergL  ameisenhügel,  maulwurfsbügel. 

2)  die  neuere  diclder spräche  braucht  hügel  gern  ßr  das  auf- 
ijewor/ene  erdgrab,  entweder  in  der  Verbindung  grabes  hügel 
(5.  auch  grabhügel): 

wer  pflanzt  auf  seines  grabes  hügel 

die  trauerweide  Babylons?    Rau.sr2,  95; 

uJer  allein: 

man  pflanzt  ein  kreuz,  mit  flitter^old 

bekränzet,  auf  ihr  grab  ; 

und  auf  den  frischen  hügel  rollt 

so  manche  thrän  herab.    Höltt  IG  Halm; 

welch  gemisch  von  grünen  leichcnhügeln ! 

gelbe  blümchen  breiten 

teppiche  darüber,  wilder  wermuth 

überragt  die  hügel.     49; 

nun  schläft,  bei  andern  musensöbneo, 

die  sanfte  herzenzähmerinn, 

ohn  einen  seufzen  ihr  zu  frohnen, 

traht  man  auf  ihrem  hügel  hin.    Götter  1,  122; 

kränze  stolz  zu  neuen  siegen 

dich  mit  meines  hügels  moos.    261 ; 

bis  auf  diesen  leichenvolleu  hügeln 

die  allmächtige  posaune  klingt. 

Schiller  ele'jie  auf  d.  toä  eines  Jünglings  r.  77. 
IV.  11. 


HÜGELAMEISE  — HCGELSTAMM        1874 

3)  hügel  auf  etwas  hügeldhnliches  übertragen :  hügel  auf  der 
luiut,  sonst  buckel;  bei  den  atialomen  heiszt  der  gesUcifte  hügel 
eine  rundliclie  erhebung  am  gehirn,  sehhügel  solche  erhebungcn 
an  den  Sehnerven; 

der  mond  von  einem  wolkenhügel 

sah  kläglich  aus  dem  duft  hervor.    Göthe  1,  75 ; 

vergl.  doppelhügel    vom   weiblichen    busen  theil  2,  sp.  1265  (aus 
Wielaxd  Oberou  3,  44),  und  unten  hügeln  3. 

4)  eine  redensart  bei  Keisebsberg  den  hugel  henken:  man 
sol  frölich  syn,  man  sol  nit  alwegen  den  hugel  henken,  bilg. 
16S',  vergleicht  sich  der  bairischen  den  hühel  henken  traurig, 
niedergeschlagen  sein  (sp.  1S50) ;  hier  wie  dort  ist  der  köpf  unter 
dem  bilde  eines  hübeis  oder  hügels  gefaszt. 

HLGELÄMEISE,  f  formica  rufa.  Neüsicb  2, 1642. 

HÜGELCHEN,  n.  kleiner  hügel.  ThChmel  3,404;  hüglichen 
cdliculus  Steinbach  1,  790. 

HCGELFL'SZ,  m.  fusz  eines  hügels  (vergL  tlial  4*,  sp.  1003 
unten):  aber  am  hügelfusze  wollte  der  gerittene  Blondin  .  . 
die  natur  genieszen ,  die  für  ihn  in  gras  bestand.  J.  Paul 
flegelj.  1,90. 

HUGELGEBURT,  f.:  aufgeblasene  klug-dünkler,  die  mit 
groszen  hügelgeburten  schwanger  gehen,  wenn  es  aber  zum 
kreiszen  kommt,  betrügen  sie  die  weit  mit  einem  herfür 
hupfenden  meuslein.   Bctscbkv  Palm.  2S8. 

HÜGELIG,  s.  hüglicht. 

HÜGELKETTE,  /".  eng  verbundene  reihe  von  hügeln: 

mit  leichter  hügelkette 
Europens  letztem  bergast  angeknüpft.    Göthe  41,224; 

hügelketten  von  rothen  abendwolken.  J.  Pacl  Hesp.  3, 101. 
HÜGELKREIS,  m.: 

diesz  ist,  erhabne  herrscherin,  der  mann 
mit  seltnem  augenhlitz  vom  hohen  thurm 
umherzuschaun  bestellt,  .  .  . 
was  etwa  da  und  dort  sich  melden  mag, 
vom  hügeikreis  ins  thal  zur  festen  bürg 
sich  regen  mag.  Göthe  41,  211. 

HÜGELLAND ,  n.  land  von  vielen  hügeln  durchzogen :  der 
hof  lag  ganz  allein  an  der  grenze  der  fruchtbaren  Börde,  da 
wo  sie  in  das  hügel-  und  waldland  übergeht.  Ixxerxann 
Münchh.  1, 147. 

HÜGELN,  verb.  l)  als  Itügel  formen;  so  technisch,  vom  be- 
reden der  grabhügel:  das  hügeln  der  gräber  (ausschlieszlich 
des  berasens)  hat  fernerhin  lediglich  durch  die  todtengräber 
zu  erfolgen.  Leipziger  tageblatt  1S67  no.  137 ;  auch  in  poetischer 
Sprache : 

auf  dem  see,  dem  ruhevolleo, 
nicht  ein  hauch  die  welle  bügelt. 

Strachwitz  ged.  s.  11 ; 
auf  dem  gebügelten  düng,  der  ihm  vor  dem  thore  des  bofes 
von  maultbieren  und  rindern  gehäuft  lag.    Odyssee  17,  297. 

2)  intransitiv,  einen  hügel  bilden: 

wo  in  dem  sandigen  boden 
bügelnd  kein  dämm  sich  hob,  ...  da  fugten  die  krieger 
stamm  auf  stamme,  dem  wall  zur  dauernden  stütze. 

Ptrker  Tunis.  7,  231. 
I        3)  das  pari,  gebügelt    steht    auch,    nacJi  hügel  3,    ron  etwas 
I   bucklichtem :  ein  kind  soll  sich  nicht  auf  den  elenbogen  legen 
I   wie   ein    schmidt,    noch    gebogen    sitzen   wie  ein  gebügelter 
j    mayenkäfer.  catholische  einfalt  oder  kinderlehr  (Mainz  1712)  s.  79; 
•   es  musz  wol  ein  volkswitziger  ausdruck  gewesen  sein. 
\        HÜGELPFAHL,  m.  pfald  auf  einem  hügeU    der  dem  förster 
!    anfanq  oder  ende  einer  schlaglinie  bezeichnet.  Jacobssox  5,39*. 
HÜGELPOLEI,  ffi.  slachys  hirta,  eine  pflanzenart.   Nemmich. 
HÜGELREICH,  adj.: 

in  bügelreicber  küstenlandscban.    Plate.'«  327. 
HÜGELREIHE,  f.  reihe  von  hügeln.  Brakoks  astrononüe  (iS27) 
2,  22. 

HÜGELROHR,  n.  arundo  eplgeios,  auf  dürren  hCtgeln  wachsend; 
auch  hügelschilf.  Neumch  1, 4S9. 

HÜGELSCHWER,  adj.  lastend  wie  ein  hügel: 
fürstenhasz  lag  auf  ihm  hügelscbwer. 

ScacBART  ged.  2,  426. 

HUGELSPITZE,  f.  spitze  eines  hügeU: 

erheb  ihn  (den  tchöpfer),  wenn  das  milde  abt^iulrotii 
die  hügelspitzen  malt.  Höltt  120  Halm. 

I  HÜGELST.\M.M,  m.  volkssiamm  der  in  einem  luigellonde  woiml: 
I  mit  Cyrus  fängt  jene  Verschmelzung  der  hügelstämme  mit 
'  den  hewohnern  der  ebenen  an,  welche  mit  dem  bau^des 
'■•  reiches  des  groszen  küuigs  endete.  Asher  übers,  von  BurkUs 
i   Essays  $.  17. 

118 


1875 


HÜGELSTRECKE  —  HUHN 


HUHN 


1876 


HÜGELSTRECKE,  f.  strecke  landes  aus  hitgcln  bestehend: 
der  auf  der  hügelstrerke  gewonnene  wein.   Götiie  43,250. 

HCGELUFER,  n.  Ufer  roll  hügel:  bald  slrömlen  thäler  voll 
Miimen  um  ihn,  bald  erhoben  ihn  heisze  leere  hügelufer. 
J.  Padl  Hesp.  1,241. 

HÜGELVOLL,  adj. :  bei  Lützelstein,  einem  alten  bergschlusz 
in  einer  sehr  hiigelvollen  gegend.  Göthe  25,  321. 

HÜGLEIN,  «.  kleiner  hügcl:  hügelein,  divulus,  tnonticulus 
Stieler  809;  dasz  es  (das  zeichen  des  hirsches)  mitten  in  dem 
trilte  einem  kleinen  hüglein  oder  berglein  gleichet.  Göch- 
iiADSEN  not.  ven.  24. 

HCGLICH,  ad}.,  ein  nachklang  des  tnhd.  hügelich  freudig, 
froh,  munter,  der  im  alemanniiclwu  des  IG.  jahrh.  noch  hervor- 
bricht: die  Appenzeller  warend  gar  hüglich  und  freudig  dero 
zilen.  TscHüDi  1,627.  der  heutige  dialekt  scheint  das  wort  nicht 
meltr  zu  kennen;  das  Simtncnthal  nur  bewahrt  von  demselben 
stamme  huglos  gedankenlos,  leirtUsinnig,  ruclilos.  Stai.deh  2,  60. 

HÜGLICHT,  adj.  voll  hügel:  hügelichl  cliiosus  Stieler  80") ; 
hüglig  und  hügelichl  clirosus  Frisch  1,473';  ein  weites  hüg- 
lichtes  thal  bewegt  sich,  zwischen  zwei  ansteigenden  höhen, 
gegen  den  Hundsrück  zu.  Göthe  43,252. 

HUHLAH,  ein  ermunternder  zuruf  an  hunde.  Gökingk  3,18. 

HUHN,  n.  pullus,  alui.  Iiüii,  huon,  mhd.  huon;  alts.  \\(m; 
niederl.  hoen ;  allnord.  findet  sich  das  nculr.  pltir.  hocns  und 
hains ,  hahn  und  kenne,  kühner,  auch  hoensn  und  hoesn ,  das 
als  dän.  höns  kühner,  schwed.  höns  huhn  fortlebt,  während  ein 
davon  abstekender  ddn.  sing,  hone ,  plur.  höncr  wol  aus  dem 
deutschen  eingedrungen  ist.  ags.  engl,  fries.  ist  das  wort  nicht 
beuugt. 

1)  huhn  wird  zunächst  von  jedem  gliede  der  hühnerfamilie 
gebraucht ,  es  reicht  als  allgemeine  bezeichnung  iiher  hahn  und 
henne,  die  das  natürliche  geschleclU  hervorheben,  daher  kann  in 
der  alten  spräche  huon  stehen ,  wo  wir  den  kalm  darunter  be- 
i/reifen : 

tliu  lougiiis  min  ze  wäre,      er  hinaht  liano  krähe, 

in  nötlicbemo  thinge,      er  thaj  huan  singe.    Otfbid  4,  13,  36; 

e;  was  dennoch  so  spxte 

das  ninder  liuon  da  traeie.    Pnrzivul  194,  6. 

von  den  jungen,  wo  das  geschlecht  noch  zurüclclritt,  wird,  wie 
jetzt  noch,  allgemein  huhn  gesagt:  ptillus  ein  iung  huon  o.  ein 
ieglich  iung  thier  Dief.  472" ;  ebenso  kann  der  plural  in  dieser 
allgemetnen  bedeutung  stehen :  hüner  aulem  in  plurali  totum 
gregem  gallinarum  et  gallorum  romplecluntur.  Stieler  750,  wäh- 
rend Frisch  1,473'  den  plur.  nur  von  jungen  hünern  von  bei- 
derlei geschlecht  gelten  lassen  will;  er  (der  fuchs)  läget  auch 
allermaist  baimlichem  gefügel ,  sam  hüenren  und  gensen. 
Megenberg  163,27;  als  festliches  gericht: 

gense,  hüener,  vogel,  swin, 

uermel  (wurue),  pl'äwen  suint  du  sin. 

Steinmaii,  minnt's.  2,  154*  llagrn; 

if»  Sprichwort:  jemandes  hühner  und  gänse  wissen,  aufzählen, 
iillen  seinen  besitz  oder  seine  verhdltnis.^e ;  ich  kenne  weder  seine 
hühner,  noch  seine  gänse,  albus  aterve  sil  nescio.  Serz  72'. 
vgl.  auch  die  allgemeine  bezeichnung  huhn  bei  den  külinerartigen 
vögeln  unten  no.  3. 

2)  diese  alte  bedeiäung  von  huhn  aber  wird  alleriert,  indem 
der  begriff  liaiin  sicli  von  dem  allgemeinen  huhn  scharf  loslöst, 
so  dasz  das  letzlere  nur  noch  das  weibliche  huhn  bezeichnet  und 
ganz  mit  henne  zusammenfällt :  gallina  hriilhen,  henne  hiine 
Dief.  256'  {aus  einem  voc.  des  15.  jahrh.);  hun,  henn  gallina 
Dasyp.,  ebenso  Maaler  233* ;  wer  eier  haben  will ,  musz  der 
hüner  gatzen  leiden,  devilat,  quicunque  molam  fugit,  ille  farinam. 
Stieler  750;  trittst  du  mein  huhn,  so  wirst  du  mein  hahn. 
SinRocK  tprichw.  262;  ihre  zoten  seien  nur  wie  die  kranklieit 
der  hühner,  wenn  sie  anfangen  zu  krühen,  ohne  gleichwohl 
durch  solche  stimmübungen  jemals  die  rechte  hahnenhaftig- 
kcil  zu  erringen.  Immerma.nm  Münchh.  1, 110;  selbst  das  geschlecht 
wird  mit  rückticht  auf  henne  bestimmt:  eben  zu  der  zeit  lieng 
eine  von  unsern  hUnern  erhürinlich  an  zu  schreien  .  .  mein 
kind,  fieng  endlich  der  selige  mann  zu  mir  an,  die  henne 
schreit  nichts  gutes  lierau«.  Gkllrrt  3, 161. 

Wie  rou  der  lienne  (.tp.  99«)  heiszt  es  auch  vom  huhn ,  es 
gackert,  gatzet,  scharrt,  kratzt,  legt,  briitet,  gluckt ;  thaligkeit 
und  nutzen  des  vogel*  werden  in  einer  reilie  sprichwörtltcJier  redens- 
arlen  gezetehnel:  hUner  legen  gern  in  neue  nester.  Schottkl 
IIU';  die  hüner  im  korbe  {vergl.  hühnerkorb)  wollen  gern 
heraus,  und  die  drauszen  wollen  gern  hinein,  nemo  sua  sorte 
contentu*.  112»';   wer  wil  die  eier  haben,  musz  das  kakelen 


der  hüner  leiden.  1131";  das  huhn  legt  gern  ins  nest,  worin 
schon  eier  sind.  Simrock  sprichw.  262;  bereitet  man  den  hüh- 
nern  nicht  bei  zeiten  ein  bett,  so  legen  sie  die  eier  in  die 
nesseln,  kluge  hühner  scheiszen  auch  in  die  nesseln,  hühner 
die  daheim  essen  und  anderswo  legen ,  soll  man  am  brat- 
spiesz  ziehen,  sieh  auf  die  hühner  und  nicht  auf  die  nester. 
kein  huhn  scharrt  umsonst,  ebenda;  was  zum  huhn  geboren 
ist,  scharrt  nimmer  vor  sich,  sind  die  hühner  brütig,  so 
hätten  sie  gern  eier.  seine  hühner  legen  eier  mit  zwei  dot- 
tern.  263 ;  die  letzten  kinder  der  irdischen  vätej  müssen 
manchmal  besorgen ,  dasz  die  ersten  das  beste  und  meiste 
hinnehmen  nach  dem  Sprichwort:  das  erste  huhn  sammelt 
die  besten  körner.  Scriver  seelensch.  1,836;  ivn  einem  nase- 
weisen heiszt  es:  das  ei  Icret  das  hun,  und  die  saw  meistert 
gott.  Luther  6,139';  zeichen  boshaßen  mutwillens  ist  es,  den 
hühnern  den  schwänz  aufzubinden :  es  ist  schon  allzu  viel 
mutwillens  in  der  jugent  und  dem  pöbel,  darumb  denken 
sie  vollend  leuse  in  den  pelz  zu  setzen  und  den  hünern  den 
schwänz  aufzubinden,  wie  sie  ir  vater,  der  lügncr  und  mörder 
treibt,  lio';  ton  einem  betrübten  wird  gesagt:  ich  zeigte  es 
darnach  mit  einem  solchen  .  .  armensüiidergesicht  vor,  als 
hätten  mir  die  hühner  das  brod  gefressen.  Hiehl  culturgesch. 
Jiot).  373.  mit  Sonnenuntergang  gehen  die  hühner  auf  ihre  hiüiner- 
stangen  schlafen,  daher  eine  zcilbeslimmung :  wäret  nicht  lenger 
denn  von  der  vesper  bisz  die  hüner  auffliegen.  Kirchhof 
wendunm.  42'; 

wenn  die  hühner  sich  auf  ihren  latten 
eine  schlall)ank  wählen  für  die  nacht, 
und  die  sonn  aus  meinem  schatten 
einen  ackerlangen  riesen  macht, 
husch  ich  in  den  garten. 

Gökingk  tieder  zweier  lieh.  (1779)  s.  44 ; 

und  die  Sprichwörter:  wer  mit  den  hühnern  zu  bette  geht, 
kann  mit  den  bahnen  aufstehen.  Simrock  sprichw.  262; 

früh  mit  den  hühnern  zu  bette, 

und  mit  den  bahnen  zur  wette,    ebenda; 

das  gefkhl  des  hungers  wird  dem  kratzen  der  hühner  verglichen : 

umb  rünfe  hin,      so  kratzen  ihn 
die  hüner  in  dem  magen, 
mit  groszem  e:rimm,      dnimm  mos?  man  im 
das  essen  bald  licr  tragen.    Mittlkr  (/.  vulk.sl.  nn.  855,4 
(aus  einer  sammliiiig  von  1583); 

von  einer  schlechten  schriß  wird  gesagt,  sie  sehe  aus,  als  ob  die 
hühner  über  das  papier  gelaufen  wären ,  vgl.  unten  liühner- 
schrift ;  nach  dem  geringen  wert  den  das  leben  eines  bukns  kat : 
die  armen  hübner,  die  man  der  eier  wegen  hält  die  sie  legen 
sollen ;  denn  wenn  sie  nicht  recht  fleiszig  legen ,  so  wird 
man  sie  abschlachten,  und  aus  ihrem  fleische  die  brühe  aus- 
kochen. Nicolai  bei  Lessing  13, 188,  heiszt  es  einen  abwürgen 
wie  ein  huhn,  mit  leichtigkeit,  ohne  bedenken:  ihr  müsset  mir 
sie  in  diesem  augenblick  copuliren,  . .  oder  ich  will  sie  alle 
beide  wie  die  hüner  erwürgen.  Simpl.  1,337  Kurz; 

der  bidemt  vor  girde  (monilnsl)  sam  ein  loup. 
er  sprach :  icli  briche  In  als  ein  huon.    Meier  Helmhr.  1851 ; 
wie  si  in  wollen  zureiszen  als  ain  huon.    fasln,  sp.  461,33; 
hinrichten  als  die  hühner  warm.     B.  Ringwald  /.  warb.  :<85 ; 

wie  auch  in  manchen  andern  Wendungen  ein  geringer  wert  des 
kuhns  überhaupt  vortritt:  keinem  auf  dem  marsch  ein  huhn 
kränken,  in  ilinere  militari  ordinem  servare,  iitcolas  non  laedere. 
Frisch  1,473'; 

und  hab  im  nie  kein  leit  getan. 

bet  ii'li  im  neur  erschreckt  ein  hun, 

so  soit  e.s  mir  nit  zorii  tliiin.    fnsln.  sp.  269,  15; 

und  was  du  wilt  liai,  wil  ich  tiinn. 

ich  acht  der  aiiilern  niclil  ein  huon.     ri'ni/  II',  6. 

vom  rupfen  des  geschlachteten  kuhns  ist  das  bild  hergenommen 
ein  huhn  mit  einem  rupteii ,  ]inücken,  eine  sacke,  Streitsache 
mü  einem  ausmachen:  die  loryblätter,  die  keine  gelegenheil 
passiren  lassen,  um  mit  der  admiralität  ein  huhn  zu  pflücken. 
Weimar,  zeitung  ISM,  no.  277 ;  als  zeichen  eines  mäs:igen  wol- 
standes  gilt  sonnlaijs  das  huhn  im  topfe :  (der  bauer  i/ab)  dem 
könig  auf  seine  fragen  nach  ilein  landhau,  nach  seinen  km- 
dern,  und  ob  er  auch  alle  sonnlage  ein  hnhn  im  topfe  habe, 
gesprächige  antwort.  IIkiikl  3  (is.'.:i)22;  es  fliegt  einem  kein 
gebraten  hulin  ins  maul,  das  gUuk  kommt  ntckt  mühelos ;  aber 
etliche  sagen,  ja  verlas  dich  darauf,  sorge  nirlil,  und  sihe, 
ob  dir  ein  gebraten  hun  ins  maul  fliege.  Luther  1,  2.%4'  (sonst 
auch  gebratene  taulie,  r<j/.  theil  2, '.\10).  —  Von  einem  schleckten 
getange   heitil   es  die  hühner  sterben  davon  (sonst  er  vertreihl 


1877 


HUHN  — HÜHNCHEN 


HUHNDIEB  —  HÜHNERDIEB 


1878 


ratien,  mause):  weilen  ich  mich  meiner  meuder  erinnert,  .  . 
dasz  sie  oft  gesagt,  sie  besorge  die  hüner  würden  dermal- 
eins  von  meinem  gesang  sterben,  als  beliebte  mir  auch  zu 
singen,  damit  das  remedium  wider  den  woIf  desto  kräftiger 
wäre.  Simpl.  1, 17  Kurz. 

3)  huhn,  föfi  hühnerartigen  vögeln. 

a)  bei  grüszern  slelU  das  allgemeine,  beide  geschlecliler  bezeich- 
nende huhn  nur  im  pluraL  itn  singular  wird  immer  das  männ- 
liche hahn  vom  weiblichen  henne  oder  huhn  unterschieden,  und 
zwar  heiszt  es  bei  zahmen^  derartigem  geflügel  lieber  henne :  trut- 
henne,  pfauhenne,  fasanhenne,  bei  wildem  lieber  huhn :  auer- 
huhn,  birkhubn,  haselhuhn:  es  sind  etliche  unerfahrene 
weidleuthe  in  der  meinung ,  es  habe  der  auerhahn ,  weiln 
er  .  .  auf  denen  bäumen  stehe,  mit  seinem  hune  die  brut 
auf  demselben.  Göchhaüsen  not.  ven.  72;  dieser  auerhahn 
oder  hun.  73;  es  ist  der  birkhahn  ein  vogel,  welcher  nicht 
in  solcher  enge  bleibet,  als  der  auerhahn,  . .  hat  meist  sein 
hun  bei,  oder  doch  nicht  weit  von  sich.  7". 

b)  bei  kleineren  gilt  huhn  im  singular  als  allgemeine  bezeich- 
nung  der  gattung  und  nur  wenn  das  geschleclil  ausdrücklich 
hervorgehoben  wird,  ist  zwischen  hahn  und  huhn  ausdrücklich 
unterschieden;  vergl.  die  ausführungen  unter  hahn  sp.  162.  163. 
gern  wird  auch  das  rebhuhn  unter  bloszein  huhn  verstanden : 
so  stand  mein  hund  vor  einer  kette  von  einigen  hundert 
hühnern.  Münchh.  reisen  (llbS)  5.36;  eine  flucht  hühner.  s.  25; 

wer  darum  nur  die  raorgenröthe  grüszet, 
nur  darum  cern  durch  saat  und  hecken  streicht, 
weils  ihn  ergötzt,  wenn  durch  sein  blei  erreicht, 
ein  huhn  die  rotben  äuglein  schliefet. 

GöKi^GK  lieäer  zweier  lieb.  (1779)  s.  34; 

doch  das  wilde  huhn  bei  Schiller  meint  einen  hühnervogel  im 
allgemeinen : 

das  wilde  hubn  kann  ich  im  fluge  zählen, 
den  falk  erkenn  ich  in  den  höchsten  lorten. 

Jungfrau  v.  Orteans  5,  11. 

4)  einmal  ist  auch  huhn  auf  das  junge  anderer  vögel  gewendet  : 
da?  si  geben  ein  opfer,  alse  gesaget  ist  in  der  S  des  herren, 
ein  par  torteitüben,  odir  zwei  tübenhuon.  mitteld.  evangelien- 
ühers.  in  Haupts  zeilschr.  9, 299  (Lue.  2, 24,  vulg.  duos  pullos 
columbarum). 

5)  huhn,  vom  menschen,  in  halb  verächtlichem  sinne;  man 
schimpft  du  dummes  huhn.'; 

man  hell  ihn  für  ein  garstig  hun.    Ringwald  laiil.  warh.  170; 

machs  nicht  darnach,  sei  kein  leicht  huhn. 

ÜRODTKORB  ileulsclie  wahrh.  120. 
aber  das  dim.  hühnchen  ist  kosewort  (s.  nachher),  wie  im  miltel- 
hoclideutschen  huhn  selbst,  wenn  auch  hier  unter  ausführuny  eines 
bildes : 

'sine,  ein  guldin  huon ;  ich  gibe  dir  weije'. 

schiere  dö 

wart  ich  vro : 

nach  ir  hulden  ich  vil  gerne  singe.    NEiouARt  40,  1  ; 

und  im  niederdeutschen  : 

Anke  van  Tharaw,  dat  war  wy  nich  dön  (iiiclic  zanken), 
du  böst  myn  dyllien,  myn  schäpken,  myu  hon. 

S.  Dach  bei  Göoekk  eilf  bücli.  dculsclier  äiclu.  1,337*. 

HÜHNCHEN,  n.  Verkleinerungswort  zu  huhn. 

1)  junges  oder  kleines  huhn:  hühnchen  pullus  galllnae,  pul- 
laster,  yallinula  Steixbach  1,792; 

ein  verhungert  hühnchen  fand 

einen  leinen  diamani.    Hagedorn  2,42; 

es  ist  kein  hühnchen  noch  so  klein, 

übers  jähr  wills  eine  henne  sein. 

SiMROCK  siiricitw.  262; 
ein  hühnchen  pflücken,  vgl.  oben  unter  huhn  2 :  aha  rief  der 
alte  Münchhausen  entgegen,  kommt  der  ausreiszer  endlich? 
ich  habe  mit  ihm  noch  ein  hühnchen  zu  pflücken.  IsiUEftHANN 
Münchh.  2,06;  ein  hühnchen  im  salze  liaben,  wie  sonst  werk 
am  rocken,  an  der  kunkel  haben,  etwas  aliverschuldet  haben: 
und  was  dünkt  ihnen  ...  von  einer  frau,  die  das  so  hin- 
schreiben kann,  dasz  sie  mit  ihrem  kammermadchen  aus 
guten  Ursachen,  nicht  schmälen  dürfe ;  sollte  die  nicht  schon 
wohl  so  ein  hühnchen  im  salze  haben?  Möseb  patr.  phant. 
3,21.     vgl.  auch  hühnlein  und  hünkel. 

2)  hühnchen ,  liebkosend  von  einem  Jungen  mädchen :  hui ! 
spricht  so  mein  hühnchen?  Fr.  MOllek  2, 114;  ich  wollte  sie 
nur  fragen  ob  sie  nicht  wüszlen  wo  mein  hühnchen  hinge- 
koDunen,  mein  liebes  Suschen,  ein  böser  hübe  hat  sie  mir 
gestohlen.  Lenz  l,20b. 


HUHNDIEB,  «i.  der  hülmer  stielt:  hundib  Garg.  279'.  vgl. 
hühnerdieb. 

HUHNE,  ffi.  s.  hüne. 

HUHNEI,  n.  hühnerei:  {der  trappe)  hat  nieinahls  mehr  als 
zwei  eier,  welche  weisz-gelbe  und  in  der  grösze  zwischen 
welschen  hun-  und  ganse-ei  sind.  Göchhaüsen  not.  ven.  75. 

HÜHNERAAR,  »«.  falco  milvus,  hühnergeier.  Nemnicu;  (die 
henne)  beschirmt  si  (die  küchlein)  vor  dem  weien  oder  dem 
hüenrarn.  Megenberg  193, 7.     vgl.  auch  hühnerarn. 

HUHNERABEND,  ni.  für  polterabend,  Vorabend  einer  hochzeil : 
meine  mutter  entdeckte  mir  schon  sonnabends  am  hühner- 
öder polterabend,  womit  sie  mich  sonntags  erfreuen  würde. 
Hippel  lebensl.  1, 126. 

HÜHNERALK,  m.  alca  tetrattila,  ein  vogel  um  Kamtschatka. 
Nemmch  1, 156.         • 

HÜHNERARN,  n«.  falco  milvus,  hühneraar:  in  gestalt  eines 
adlers  oder  hünerarns.  S.  Frank. 

HÜHNERAUGE,  n.  schmerzendes  hornhäutchen  am  fusze^  nach 
dem  aussehen  so  genannt  (sonst  auch  egerstenauge,  elsterauge, 
theil  3,34.  418):  gemursa,  ein  leichdom  oder  hunerauge  voc. 
opt.  (Lc^ips.  1501)  M2";  ein  agesteraug,  hüueraug  Dasvp.  292'; 
von  einem  leichdorn  oder  so  genanten  hunerauge  an  einem 
fusze.  Ernst  hist.  confecttafel  298;  die  füsze  sind  dir  voll  hüner- 
augen.  Jucundiss.  120 ;  (die  obrigkeiten  und  magislrate)  haben 
äugen,  die  um  keinen  pfiff  mehr  werth  sind  als  hühneraugen, 
die  nicht  sehen,  sondern  nur  schmerzen,  predigt  bei  Ebelixc 
gesch.  der  kam.  litt,  in  Deutschi.  1, 115;  wenn  einer  dem  andern 
zufällig  auf  die  hühneraugen  tritt.  H.  Heine  1, 19S. 

HÜHNERAUGENBAUM,  m.  prunus  padus,  faulbaum,  schwarze 
vogelkirsche,  und  rhamnus  frangula,  fatäbaum.  Nemnicb  4, 1074. 
1146. 

HÜHNERBEERE,  f  sedum  album.   Nemmch. 

HÜHNERBEIZE,  f.  aucupium  perdicum.   Stieler  83. 

HÜHNERBER,  m.  netz  zum  fangen  von  rebhühnern.  Hohberg 
2,  703". 

HÜHNERBIRNE,  f  eine  birnenart,  franz.  poir  d'automne. 

HÜHNERBISZ,  f?J.  name  einer  pflanze,  alsine  media,  morsus 
gallinae.  Nemnich  1,202;  morsus  gallinae ,  iltecebra,  hünerbisz, 
hünerserb,  hünerdarm  Albercs  FF  2';  auch  ähnliche  pflanzen 
heiszen  so:  cucubalus  baccifera  der  grosze  schwarze  hühnerbisz; 
sagina  procumbens,  sonst  auch  vierüng. 

HÜHNERBLIND,  aJj.  s.  das  folgende. 

HÜHNERBLINZ,  m.:  hühnerplinz,  eine  blüdigkeit  der  äugen 
da  man  nichts  mehr  siehel,  wann  die  sonne  untergegangen.  Frisch 
1,  473'.  diese  krankheü  Iteiszt  sonst  bühnerblindbeit,  der  davon 
befallene  ist  hühnerblind. 

HÜHNERBLüT,  n.  blut  von  hülinem :  weisz  der  einsichtige 
psychische  arzt  seinem  patienten  eine  mit  hühnerblut  ge- 
ladene pistole  unterzuschieben.    Göthe  26,231. 

HÜHNERBRÜHE,  f  juscutum  de  gallina  cocta.  Frisch  1,473': 
wer  .  .  den  ersten  löfl'el  steck  inn  die  hünerbrü.  Garg.  45"; 
sie  ist  nahrung  der  Wöchnerinnen,  darauf  wird  wol  in  folgendem 
angespielt:  da  ligen  wir  (mann  und  frau)  beide  alleine,  alleine, 
das  man  die  hünerbrü  verdiene.  73';  und  nahrung  der  schwaciten 
und  kranken :  so  dasz  er  zuletzt  keine  lasse  hühnerbrübe  mehr 
nehmen  darf.  Thünhel  6,100;  eines  von  den  schwachen  ge- 
sf höpfen ,  .  .  deren  kakochymische  seele  nichts  als  molken 
und  leichte  hühnerbrühen  verdauen  kann.  Wieland  12,54. 

HÜHNERBRUT,  f  das  brutgeschdft  und  die  ausgebrüteten 
jungen  von  hühnern  und  hühnerartigen  vögeln:  dasz  ein  trappe, 
wenn  er  lerchen  oder  andere  kleine  vögel,  auch  hüner-  und 
wachtel-brutheu  gewahr  wird,  diese  jungen,  wenn  sie  eist- 
lich  auskommen  sind,  ganz  verschlucken  und  zu  schänden 
machen  soll.  Göcubause.n  noiab.  ven.  74. 

HÜHNERDARM,  m.    l)  dann  von  hiümern. 

2)  Pflanzenname,  vorzüglich  der  alsine  media  (vgl.  oben  hühner- 
bisz), aber  auch  der  anayallis  arvensis.  Frisch  1,473',  und  ähn- 
licher, hühnerdarm  ist  ein  leckerbissen  für  vöyel:  das  Schicksal 
fasse  den  leser,  wie  einen  kanarienvogel ,  stets  mit  warmen 
bänden  an !  es  stecke  ihm  immer  ein  Stückchen  zucker 
zwischen  die  stäbe  seines  käfigs,  und  verhänge  letztern  nie 
mit  etwas  dunklererm,  als  mit  dem  grünea  hühnerdarm  der 
hoffnung.  J.  Paul  jubeisen.  8. 

3)  der  gespaltene  hühnerdarm  heiszl  auch  eine  schneckenart 
des  indi.<ichen  meeres,  serpula  anguina.    Nemnicii  4,  1286. 

HÜHNERDIEB,  m.  der  hühner  stiehlt:  er  liesz  den  kopl 
hängen  und  .sah  zu  boden  wie  ein  hühnerdieb.  Kiehl  cultur- 
yesch.  nov.  4i'>.     vom  fuchs: 

IIb* 


1 879  HÜHNEREI  —  HÜHNERHANDEL 

was  wird  wohl  unser  ende  sein? 

fräst  Isegriram  den  fuchs :  mein  vater  ward  gehangen. 

und  meiner  starb  an  gliederpein, 

ihn  hatten  bauern  grol)  empfangen, 

Tersetit  der  hühnerdieb.    Hagkuorn  2,  139; 

vom  veihen,   falco  mikus,    als  dessen  name  auch  das  woit  er- 
scheint (Henisch  691.   Nemnich,  vgl.  niederd.  müvus  kukendief 
DiEF.  361') : 
erschröckt  der  schwebend  schall  des  hünerdiebs,  des  weihen, 
die  kücklein  ungefähr  dasi  sie  getukkelt  schreien. 

RoMPLER  104  ; 

hühnerdieb  endlieh  auch  name  des  haiiswiesels.  Nemnich.  ', 

HÜHNEREI,  n.   et  von  hühnern :    legt  hüenrair  under  ain  j 

küssein   und  sprach,    er  mOht  si  so  lang  dar  under  hallen,  ; 
unz  hüendl  dar  auj  würden.  Megenbebg  195,34;    hünereyer, 

ova   gaüinacea   Frisch  1,  473*.  —    hühnerei    auch   name   einer  I 

schneckeiiart,  Imlla  ovtm.  Nemnich  1,  "17.  | 

HÜHNERFANG,  m.  venatio  perdicum,  rebhühnerjagd.  Frisch  j 

1,473': 

und  unterm  dach  sasz  einsam  auf  der  stange 

sein  edler  falk.    dem  war  im  hiihnerfange 

kein  andrer  gleich.  Hagedorn  2,  174.  ] 

HÜHNERFÄNGER,  m.  l)  hühnerdieb:  'wie  bist  du  gewisz- 
lich  so  ein  arger  baurenscbinder,  so  ein  schlauer  hünerfänger 
gewesen!'  was?  mutter,  antwortet  Springinsfeld,  hünerfänger? 
wollet  ihr  euch  dann  einbilden,  ich  seie  mit  solchen  kinder- 
bossen,  mit  solchen  pubenspiel  umgangen?  es  musten  vier- 
füszige  thierer  sein,  . .  wann  ich  sie  würdigen  soltc,  selbige 
mir  zuzuschreiben.  Simpl.  3,218  Kurz.  | 

2)  hühnerfängcr,  der  rebhuhner  fängt,  venator  qui  capü  per-  \ 
dices  Frisch  1,473';  es  wollen  auch  verständige  hünerfänger  | 
wahrgenommen  haben,  dasz  oftmals  ein  bahn  (i'om  rebhuhn)  , 
sich  an  zwei  hüner  züchtet.  Göcn mausen  nci.  ven.  82. 

HÜHNERFARBE,  f.  färbe  der  kühner,  als  pflanzenname : 
quendel,  so  man  auch  hünerfarb  nennt.  Hoiiberg  3,1,430'. 
v^.  bühnerkohl. 

HÜHNERFEDER,  f  feder  von  hülmern.  auch  name  einer 
Schneckenart,  conus  auratus.  Nemnich  2,1170. 

HÜHNERFELL,  n.  altUamentum  gallinaccum.  Stiki.er  465. 

HÜHNERFLEISCH,  n.  fleisch  von  hühnern.  die  gerber  nennen 
hühnerlleisch  ein  zartes  auf  der  rechten  seüe  kOniichles  und 
harlnarhichlcs  ziegenieder  zu  handschuhen  und  fächern.  Jacobsson 
2, 292'.     vgl.  hüiincrleder. 

HÜHNf>RFRAU,  f  die  hühner  besorgt  oder  mit  ihnen  handelt; 
femina  gallinaria,  pnllaria  Sri  ei. er  540. 

HÜHNERFRESSEN,  n.  anfressen  des  getreides  von  seilen  der 
hüliner:  solle  dem  herren  geben  zwa  garben  habern  ;\ne  müsc- 
fressen  und  äne  hunrfrcssen  und  äne  argelist  gebonden  uff 
dem  velde.  weüth.  2, 1S5  {Hundsrück  von  1407). 

HÜHNERFRESSER,  m.  der  hühner  friszt;  qui  gallinarum  csa 
dtleclutur  Stieler  899;  ein  aller  liünerfresser  veteranus  miles 
ebenda;  vom  iltis:  etliche  ilken  oder  hünerfresser.  Lokmanns 
fab.  32;  vom  fuclis  : 

wie,  spricht  er  (der  ruhe),  hühnerfresscr, 
ist  itzo  speck  dein  mablV    du  lebest  zu  genau. 

Hagkdorm  2,  121. 

HÜHNERFÜLLE,  f?  als  pflanzenname:  origanus  agrestis, 
cunila  agrestis,  salurei,  büneriül.  Alb.  FF  1*. 

HÜHNERGALLE,  f  tjnlle  von  hühnern.  Sebiz  fcldb.  109. 

HLHNERGARN,  n.  ein  netz  rebhuhner  zu  fangen.  Frisch 
1,473'. 

HÜIINERGEHACK,  n.  speise  von  gehacktem  hnlmerfleisch. 
AxARAMTHEs  fmuenz.-kx.   (1773)   14S8. 

HLHNERGEIER,  m.  falco  mikus,  hühneraar. 

HÜHNERGESCHREI,  n.  lockruf  der  rebhuhner  und  vogel- 
l'feife,  einen  solchen  lockruf  nachzuahmen.  Jacobsson  2,292*. 

HCHNERGIFT,  n.  name  des  büsenkrautes,  hyoscyamus  niger, 
auch  hflhnertod.  Nemmc»  3, 195. 

HÜHNERHARICIIT,  m.  falco  palumbarius  {vgl.  habiclit  H,l 
((.  e.,  «p.  93):  alle  ..  werden  wissen,  dasz  der  eichclhilher  . . 
;iu«/.ersl  häufig  den  schrei  aussVfgzt,  der  mit  geringem  unler- 
«<bicd  in  der  inodulalion  dem  hühnerhaliiciit  .  .  eigen  ist. 
autlnnd  40.  Jahrg.  t.  9S9. 

HÜHNERHAHN,  m.  hahn  als  mann  der  hühner: 

die  hehre  himmeU^onne  gehet 

unwandelbar  die  gnt-ize  bahn, 

»orgloH,  ob  krncbzet  oder  krähet 

•ui  »einem  mi.it  der  hiibnerhiiliii.    Vosk  0,  251. 

HtHNKRHAMK.  m.  ein  Ibeit  vom  rebhü/inerneti.  FluncH  1,478'. 
H(  MNKHIINMiKI.,   m    h'KuIrl  mit  hiihneTn. 


HÜHNERHÄNDLER  —  HÜHNERLOCH      1 880 

HÜHNERHÄNDLER,  m. 

HÜHNERHAUS,  n.  gallinarium.  Maaler  231': 

doch  jenes  (geßiigel)  macht  sich  unter  dach, 
und  krähet,   ihm  {dem  fnvhs)  zum  höhn,   im  sichern  hfihner- 
hause.    Hagedorn  2,  122; 

schlich   vil   hurtiger   davon   als   der   fuchs  vom  hünerhause. 
Felsenb.  1,32. 

HÜHNERHIRT,  m.  pullarius.  Maalfr  231*. 
HÜHNERHOF,  m.    septum    ad   nutriendos   gallos   et  gallinas. 
Frisch  1,473'. 

HÜHNERHUND,  m.  hund  der  zur  rebhfütncr-  und  wachteljagd 
abgerichtet  ist ;  eine  eigene  hundeart :  hünerhund  et  Wachtelhund, 
cauis  cubitor  Stieler  967. 

HÜHNERJAGD,  f  jagd  auf  rebhuhner:  (edelleute)  die  mit 
der  flinte  im  arm  auf  die  hasen-  und  hübnerjagd,  so  oft 
sich  nur  gelegenheit  zeigte,  auszugehen  nicht  versäumten. 
Göthe  25, 101. 

HÜHNERKÄFIG,  m.  käfig  um  hühner  darein  zu  sperren. 
HÜHNERKÄLFEL,  »?i.  händler  mit  hühnern  {vergl.  käufei  1 
Iheü  5  sp.  323):   unser  burger  ain,  ain  hönrkäufTel.   d.  städte- 
chron.  4,  331,  3  {Augsburg). 

HÜHNERKETTE,  besser  HÜHNERKITTE,  f  küte  von  feld- 
hühnern,  vergl.  unter  kütte  Iheil  5,2995;  bildlich:  er  rauschte 
schnell  dicht  hinter  der  bühnerkette  von  pilgern,  die  scheu 
auseinander  spritzte.  J.  Paul  flegelj.  1,93. 

HÜHNERKLEE,  w».  thymus  serpyllum,  quendel:  serpillus  vel 
serpilluni,  herba,  kleiner  costentz,  quendel,  huncrklee,  huner- 
serb,  hunerkol.  glossc  zu  eklog.  2,  ll  in  Vergil.  opp.  {ed.  Egenolph 
1597)  314". 

HÜHNERKOBEL,  m.  behälter  worin  die  IMner  über  nacht 
bleiben.  Jacobsson  6, 122*.     vergl.  kobel  tlieil  5  sp.  1539. 

HÜHNERKOHL,  wi.  thymus  serpyllum,  quendel.  vergl.  oben 
hühnerklee;  quendel,  so  man  auch  hünerköhl  nennt.  Hohberg 
3, 1,  430'. 

HÜHNERKORB,  m.  korb  zur  einsperrung  von  hiVtnern  :  bofula 
hunerkorp  Dief.  77' ;  puUinacium  honerkorp,  hunr-korp  ;  auch 
hüerkorp  u.ähnl.  formen  471';  hüneikorh  (/u/Zinunum  Stieler 
1014;  hunerkorh,  darein  die  hüncr  legend,  qualus  Maaler  231'. 
HÜHNERKOTH,  m.  kolh  von  hühnern:    liünerkaht  gedörret 
{als  millel  dm  haarwuchs  zu  befördern).  Sebiz  feldb.  109. 
HÜHNERKRARBE,  f  cancer  maenas.  Nemnich  1,800. 
HÜHNERKRÄTZE,   /".    hülinerlcorb:     hüneikretzen    ornithon, 
vivarium  Maaler  231'. 

HÜHNERKRALT,  n.  thymus  serpyllum,  quendel.  das  hühiiei- 
kraut  mit  spitzen  blättern  bezeichnet  cassia  sophera  wler  galli- 
naria aculifolia.  Nemnich  2,  909. 

HÜHNEBLAGER,  n.  platz,  wo  ein  volk  feldhüiiner  des  nachts 
auf  dem  felde  beisammen  sitzt.  Jacobsson  2,  292'. 

HÜHNERLAUS,  f  pediculus  (jaltinarius.    Fri.sch  1,473*. 
HÜHNERLEREB,  f  Icber  von  hühnern.     bünerlebern-gehäek, 
eine  spci.ie.  Amabanthes  frauenz.-lex.  (1773)  1489. 

HÜHNERLEDER,  n.  bei  den  gerbern  ein  zartes  ziegenieder  zu 
handschuhen  und  fäclmn.  Jacobsson  2,  292'.  vgl.  oben  hübner- 
fleisch. 

HÜHNERLEITER ,  /".  scala  gallinaria  qua  ascendunt  gdlinae 
in  gallinarium.    Frisch  1,473". 

HÜHNERLOCH ,  n.  scidupftoch  für  hühner  und  hund  neben 
der  thür  eines  bauernhauses : 

die  hiiner  hrachiens  (ilir  Imneru)  in  ein  Kammer  .  . 
das  hiiiier  loch  lieszen  sie  olfen. 
umb  milternacht  da  kam  der  luchs, 
besorget  sich  nun  keins  bcirugs,  .  . 
slillscliweigens  kroch  ins  hfincrloch. 

H.  Waldi«  Ksop  4,  9».  442. 

als  eine  eigenthümliche  sitte:  csz  soll  auch  ein  jeglicher  in- 
whoner  schullich  sein  umb  ein  recht  ein  masz  weins  bei 
ime  {dem  ausschenker  des  bannweins)  ze  iiolen,  es  were  dan 
sarh,  das  der  wein  ze  deuwer  were  und  nit  bezalen  kuudt: 
und  weliiher  dasz  nit  thell,  so  hctt  der  wirdt  macht,  ime 
ein  masz  weins  zum  liünerloch  in  ze  schfiden  {schfUten),  und 
most  sie  ime  bezalen.  weisth.  2,  :>9  {Saargegend  von  1529). 

Für  den  mensclwn  ist  der  eintritt  in  ein  haus  durch  das  hühner- 
lorh  ein  heimlicher: 

Ich  gnnd  jcmerlich  heim  triefen  (ton  finer  huhhchaft) 
und  miwt  »u  dem  hunerinch  einschliefen,    fasln.  *p.  119,  r«. 
aber  auch  das  sterben  wird  einem  kriechen  durchs  hühnerloch  rei- 
glicken:    kurz  es  ist  ein  liilgerschaft  hie  uf  diser  erden,  wir 
inüs,«pn  all  durch  das  hftnerloch,  dns  ist  der  tod.   Kkui»»- 
iiKM(;  ^l7l^.  vorrede  cap.  3. 


1881         HCHNERMANN  —  HCHNERSERB 

HÜHNERMANN,  m.  l)  viann  der  kühner  pflegt  oder  mit  ihnen 
liandelt:  hünermann,  der  hüner  zeucht,  go/imanus.  Maaler23i'. 
vergl.  hühnerfrau. 

2)  hahn,  ah  mann  der  kühner  gedacht: 

nie  kräht  der  hühnermann  allein, 
man  hört,  wo  hähne  sind,  auch  gleich  mehr  hähne  schrein. 
BosT  rcrm.  (jeit.  1769  s.  67. 

HÜHNERMILCH,  f.  l)  milch  von  hühnern,  als  bild  für  etwas 
unmögliches,  schwindet-  oder  lügenhaftes:  nacli  dem  text  des 
evangelii,  füren  sie  dahin  ins  schlauraffenland,  einer  predigt 
aus  Aristoteles  und  den  heidnischen  büchern,  .  .  ein  ander 
von  blaw  enten,  ein  ander  von  hüner  milch.  Luther  6, 96". 

2)  mit  eiern  abgezogene  milch,  eiermilch,  eierevmlsion.  J.\cobsso.n 
6, 122'. 

3)  htibnermilch,  pfianzenname,  ornithogalum.  Fbisch  1,473'. 
HÜHNERMIST,  vi.  mist  von  kühnem.   Sebiz  fcldb.  109. 
HÜHNERMYRTHE.  f.  alsine  media,  auch  hühnermjTrhe. 
HÜHNERN,  verb.  einen  mit  einer  abgäbe  von  hühnern  belegen, 

oder  mit  solcher  abgäbe  belegt  sän.  ehemals  hessisch,  vergl. 
ViLMAR    179. 

HÜHNERNEST,  n.  nidus  gallinarum.  Frisch  1,473';  mhd. 
hüenernest  (Lexer  1,1375);  als  Schimpfwort  für  einen  filzigen: 

pfuy  dich  du  garstig  hünnernest. 

B.  BiNGWALD  /.  warh.  108. 

HÜHNERPASTETE,  f.  pastete  von  hühnern.  Amarantues 
frauenz.-lex.  (1773)  1476. 

HÜHNERPOLEI,  m.  thymus  serpillum,  quendel. 

HÜHNERRAUTE,  f  veronica  triphyllos. 

HÜHNERRUF,  m.  was  hühnergeschrei.  Jacobsson  2,292'. 

HÜHNERSALRE,  f  alsine  media,  sonst  hühnerserb.  Frisch 
1,473'.  mit  bezug  auf  das  dichte  wachsthum  vnd  die  deckkraß 
dieser  pflanze  ist  das  folgende  bild  gebraucht:  das  ist  eine  gar 
köstliche  hünersalLe  für  die  herren  bauren,  dasz  man  ihnen 
nicht  in  das  herz,  und  den  verborgenen  schalk  sehen  kan, . . 
sonst  würde  es  oft  gar  kauterwelsche  sprünge  und  närrische 
müsterlein  oder  anschlüge  geben,  baurenst.  lasterpr.  4.  vergl. 
auch  hühnerschwarm. 

HÜHNERSCHLAG,  m.    l)  schlag,  art  von  hühnern. 

2)  verschlug  iti  dem  die  kühner  untergebracht  werden :  ist  er 
wirklich  hinein?  mein  seel,  wie  der  fuchs  in  hühneisclilag? 
Fr.  Müller  1,343; 

unmuthig,  wie  ein  fuchs,  der  einen  hühnerschlag 

IM  wohl  verschlossen  fand.    Wieland  5,49  (n.  Amail.  13,  IS). 

HÜHNERSCHRIFT,  f.  griffonerie,  gritzerei.  DCez  nomencl. 
(1663)  166,  schlecht»  schriß,  die  mit  den  spuren  der  hühnertrittc 
vergliclten  wird,  schon  l'lautus  braucht  den  vergleich,  vgl.  unter 
hahnenfusz  sp.  167  ;  s.  ferner  oben  huhn  sp.  1S76,  und  krähenfusz. 

HÜHNERSCHROT,  m.  eine  art  mütelschrotes,  feldhükner  damit 
zu  sckieszen.  Jacobsson  6, 122". 

HÜHNERSCHWANZ,  m.  «ropi/(/ium.  Stieleb  1954.  auchname 
einer  laubenarl,  columba  laticauda.  Nem.mch  2, 1131. 

HÜHNERSCflWAK.M ,  m.  l)  name  des  hühnerbisses ,  alsine 
media,  bei  Nemnich  1,202  hühnerschweren:  jeder  narr  dünkt 
sich  itzt  berechtigt  mit  einer  anekdote  von  einem  groszen 
mann  zum  Vorschein  zu  kommen ,  und  statt  lurbeer  wächst 
hünersciiwarm  um  sein  grab ,  oder  blumen  von  widrigem 
geruch.  Elise  Reimarüs  an  Hennings,   ^yattenback  s.  36; 

der  boden  ist  noch  hie  und  dort 
mit  hühnerschwarm,  an  manchem  ort, 
der  auch  der  kälie  trotzt,  verstecket.    Brockks  6, 191; 
der  sogenannte  hühnerschwarm,  der,  als  gewebte  grüne  decken, 
sich  in  einander  recht  geschlungen,  sich  übers  land  pflegt  her- 

lustrecken.    «.  207. 

nach  diesen  belegen  sckeint  der  ausdruck  namentlich  in  Hamburg 
gebräuchlich  zu  sein. 

2)  hühnerschwarm,  ein  schwärm,  grosse  menge  von  kühnern, 
namentlich  feldhüknern.  der  jäger  wird  aber  hier  hübnerkette 
oder  -kitte  brauchen. 

HÜHNERSEDEL,  m.:  hünersädel ,  stang  darauf  sich  die 
htlner  zu  nacht  setzend,  fulcrum  pullarium  Maaler  231'. 

HÜHNERSERB,  m.  name  des  quendels:  quendel  werden  auch 
genennet  künlein,  hünerkoi,  costcnz  und  hünerserh.  Taber- 
naemont.  748;  hünerklee,  hftnerserb,  hflnerköl,  serpyllus  vel 
serpyllum ,  asyla  .Maaler  231';  auch  name  des  hühnerbisses, 
hühnerdarms ,  alsine  media:  serpillus,  vel  serpillum,  herba. 
kleiner  costenlz,  quendel,  hünerklee,  hunerserb,  huncrkol. 
doch  nennt  man  das  alsine  auch  hunerserb.  glosse  zu  eclog. 
2,  11  in   Vergil.  opp.    ed.  Egenolph  1597  314';     morsus   gnllinae, 


HÜHNERSTALL  —  HÜHNLEIN 


1882 


illecebra,  hünerhisz,  hunerserb,  hünerdarm.  Alb.  FF  2. —  Bet 
Nexmch  neben  hühnerserb  die  form  hühnersieb;  bei  Frisch 
1, 473'  hünerscherb  oder  -serb. 

HÜHNERSTALL,  m.  stall  ßr  hükn er :  hunerstal,  hunerhausz, 
ort  da  man  die  hflner  und  gefügel  zeucht  und  neert,  ornitko- 
boscium  Maaler  231'; 

das  heisz  ich  recht  gesoffen! 
hub  Reinke  bellend  an ;  und  zum  vollkomranen  schmaus 
fehlt  nur  ein  feister  hahn :  der  hühnerstall  steht  offen. 

Haceoor:«  2,  20. 

HÜHNERSTANGE,  f.  stange  worauf  die  kühner  des  nachts 
sUzen :  da  war  nur  die  sag  von  .  .  vierspännigen  Juden  inn 
arabischen  gebürgen,  deren  Hercules  für  floh  zwelf  Schilling 
in  ein  nackenden  busen  schob,  als  sie  ihm  zwischen  den 
beinen  umbgiengen  zu  grob,  und  ihm  die  hönerstang  oder 
das  daubenstänglein  unterstützten,  darauf  zu  sitzen.  Garg.  40'. 

HÜHNERSTANGLEIN,  n.  fulcrum  pullarium.    Stieler  2133. 

HÜHNERSTEIGE,  f  kühnerkäfig,  ornithotrophiuni  partum  e 
baculis  ligneis  factum  eorum  qui  in  foro  gallinas  vendunt.  Frisch 
1,473'. 

HÜHNERSULZE,  f.  sulze  von  hühnern.  Amara.vthes  frauenz.- 
lex.  (1773)  1489. 

HÜHNERSUPPE,  /".  suppe  aus  der  bn'ihe  gekochter  kühner. 

HÜHNERTAUBE,  /'.  columba  laticauda. 

HÜHNERTOD,  m.  name  des  bilsenkrautes,  kyoscyamus  niger 

HÜHNERTORTE,  /".  torte  aus  hüknerfleisch.  Amaramthes 
frauenz.-lex.  (1773)  1490. 

HÜHNERTRÄÜBCHEN,  »i.  plur.  name  des  mauerpfeffers,  sedum 
acre. 

HÜHNERTRITT,  m.  anagallis  arvensis,  gauchkeil;  auch  alsine 
media,  küknerbisz. 

HÜHNERTROG,  m.  trog  aus  dem  die  külmer  fressen: 

beschlüsz  den  spicher  und  duo  die  hüener  in,  .  . 

die  schidachs  und  den  holsschlegel, 

den  hüenertrog  und  unsern  pflegel, 

dan  die  beiden  sind  in  dem  laud.    fa.'^tn.  sp.  S21,  26. 

HÜHNERVOGT,  m.  l)  der  die  kühner  pflegt:  gallinarius  eiü 
hunervogt  Trochus  G  l" ;  gallinarius ,  der  hühner  erziehet, 
hühnerwärter,  hühnervogt  Kirsch  cornuc. 

2)  beamter  der  den  hühnerzins  einnimmt;  auch  der  ein  register 
über  korige  leute  fiikrt.  Haltaüs  964.  «n  der  form  hühnerfanth 
{vergl.  faut  theil  3, 13S5) :  vor  mir  waren  die  arlequiniana  der 
erde  aufgeblättert,  die  hUhnerfauthe ,  die  mauthbedienteu, 
die  hofstäbe,  wenige  rezensenten  . . .  J.  Paul  paling.  2,  SO. 

3)  auch  ein  hühnerkändler.  Jacobssox  6, 123*. 
HÜHNERVOLK,  n. ;    die    hennen    und  junges  hühnervolk 

standen  im  kreise  umher.  Freytac  handschriß  l,  r26.  unter 
hühnervolk  wird  auck  ein  rolk  rebhühuer  verstanden. 

HÜHNERWAGEN,  m.  wagen  worauf  hühner  geführt  werden : 
als  ich  hinter  jedem  preuszischen  bataillon  fünf  oder  sechs 
hühnerwagen  herziehen  .  .  sähe.  Seume  (1S35)  s.  345. 

HÜHNERWÄRTER,  m.  gallinarius.  Kirsch  cornuc. 

HÜHNERWÄRTERIN,  /".  gallinaria,  hühnerfrau.  ebenda. 

HÜHNERWEH ,  n.  krampfartiger  husten  viit  tönen ,  die  dem 
geschrei  der  kühner  ähnlich  sind. 

HÜHNERWEIDE,  f.  ornüh(^oscium.  Maaler  231*. 

HÜHNERWEIHE,  f.  hühnergeier,  falco  milvus. 

HÜHNERWINKEL,  m.  winket  worin  kühner  gekalten  werden : 
den  hühnerwinkel ,  worin  mich  vater  gewöhnlich  einsperrte, 
wenn  ich  trauben  genascht.  H.  Heine  1,  226. 

HÜHNERWURZ,  f.  tormentilla  erecta,  tormentüwurz,  blutwurz, 
und  geranium  sanguineum,  blutiger  storchscknabel. 

HÜHNERZEHNTE,  m.  der  zeknte,  welcker  von  küJmern  oder 
in  kühnem  gegeben  wird. 

HÜHNERZEUG,  n.  rebküknernetze,  retia  ad  perdices.  Frisch 
1,  473'. 

HÜHNERZINS,  m.  zins  von  hülinern  oder  in  kühnem :  man 
sol  ouch  demselbigen  meiger  {als  bevollmäclUigtem  des  hofherm) 
die  pfenningzins ,  hfinnerzins,  haberzins,  winzins  und  alle 
zins  geben,  wy  man  dan  von  Zinsen  geben  soll,  ireutf//.  4,201 
{Elsasz). 

HÜHNERZUCHT,  f.  zucht  von  kfüinem. 

HÜHNERZÜCHTER,  m. 

HÜHNLEIN,  n.  junges  oder  kleines  huhn:  das  hönle  oder 
hännele,  pullaster  Maaler  231*;  gallinula  ein  hübnlein,  kleines 
huhn,  kleine  henne  Kirsch  cornuc; 

das  was  ein  hübsche  und  ein  raine, 

des  mir  das  herz  gleich  nach  ir  echzet, 

als  ain  liiiiiliii,  das  an  der  sunnen  lechzet,    fastn.  sp.  333,22; 


1883 


HUHU  — HUI 


HUI 


1884 


ihr  lauft  ja  so  rasch,  wie  die  hühiilein  1 

über  den  hof,  wenn  die  niagd  an  der  hausihür  (iitter  umhersireut! 

Voss  1,  32 ; 

in  s}iricbwürlern  und  redensarten  {vgl.  huhn  sp.  1S7G) :  dasz  ich 
ihnen  vestiglich  versprach,  es  solle  gut  rcgiment  gehalten, 
und  nicht  ein  hiinlein  gescheuchel  werden  (auf  dem  marsche). 
IM.  Lugd.  3, 246  j  wir  haben  auch  noch  ein  hiinlein  mit  ein- 
ander zu  rupfen  (etwas  auszutragen).  Eiselein; 
es  ist  kein  hühnlein  also  kiein, 
es  gatzget  so  viel,  als  der  hahnen  neun. 

Lehmann  bei  Lessinc  11,  ti'9; 

im  vergleich  von  einem  menschen:  ich  iiin  auch  ein  armes 
hühnlein,  das  eures  brodes  bedarf,  sagte  Franziska  (zu  .einer 
die  hiJiner  fütternden  frau),  und  bat  sie  um  dienst.  Hehel  3 
(1S53)  s.  13. 

HL'HÜ,  tnter;,  des  enlsctzens,  s.  unter  hu  sp.lUSfy. 

HL'HU,  m.  strix  bubo,  neben  hu  sp.  1S48  und  hub  1849 :  bubo 
ein  huhu,  nachlewi.  Serranüs  diel,  cs';  also  friszt  nnd  ver- 
derbt nicht  die  eul  des  hiihers  und  der  tauben  cier?  der 
kauz  die  amsclncier,  . .  der  lisch  der  wasserhüniin  eier,  der 
huhu  der  krehen?  Garg.  194';  widhopfen,  eulen,  huhu,  fleder- 
mäusz,  geiren  .  .  bienk.  217' ;  der  huhu  hat  zu  nacht  gar  ein 
scheützlich  geschrei,  von  welchem  er  dann  seinen  nammen 
überkommen.  Heuszlis  vogelb.  159'  (wo  die  formen  huhu,  huw 
und  hüru  uediseln); 

am  hculhach  schreien  greszlich  hu 
die  sclilciereuln  und  die  huhu. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  1,  140,  484. 

bei  Stalder  2,60  huher.     vgl.  auch  schuhu,  uhu. 

HUI,  interj.  i)  im  allgemeinsten  sinne  etwas  schnelles,  plötz- 
liches malend;  gewöhnlich  einsilbig  kurz  gesprochen,  auch  huj 
geschrieben  (s.  unten  die  stelle  aus  Uomi'leh  unter  no.  2,  und 
vergl.  unter  huien),  selten  zweisilbig  gebraucht: 

und  hui!  kommt  im  vollen  lauf 

der  waijen  angerollt.    Ovkbbeck  ged.  10"; 

und  hui !  gehts  im  raschen  trab,    ebenda. 

Es  steht 

a)  zufrüliest  zu  raschem  handeln  antreibend :  hui  age  Alb.  s  3' ; 
hui  agednm,  hui  dran!  Hb 3';  buyauf,  wolan  dran,  agitedum, 
huy  auf,  bebend  euch  darvon,  streichend  hiiiwüg,  abile  Maaler 
233';  die  könige  haben  sich  mit  dem  schwert  verderliet,  und 
einer  wird  den  andern  geschlagen  haben,  hui  Moab,  mach 
dich  nur  zur  ausbeute.  2  kön.  3, 23  (ebenso  in  der  Zürcher  bibel) ; 
hui  verklagt  in!  Jer.  20,10;  hui,  hui,  flieht  aus  dem  miller- 
nacht  lande.  Sacharja  2,6;  hui  Zion,  die  du  wonest  bei  der 
tochter  Babel,  entrinne,  k.  7 ;  so  warens  auch  nit  ganz  büchcr 
vül  lester  wort,  es  war  auch  nit  hui  und  trotz  (trotz  ist  hier 
interjeclion),  jagten  auch  nie  kein  ausz  dem  land.  IcKELSAMkR 
Uag  etlicher  brüder  a3';  hui  hipenbub,  stürz  das  vasz  umb. 
Garg.  s7' ;  hieher  Cordele,  imi  auf,  an  mein  grüne  seilen.  92| ; 
hui  annen  (=  anhin),  hui  annen,  lerma,  Icrma,  ir  bofleut.  %' ; 

so  hui,  schnell  uf,  ir  lieben  gsellen. 

RÖFF  Adam  u.  Ileva  D  3* ; 

nun  hui,  gang  naher,  lüpl  den  siil.    trag.  Juh.  kij; 

ei  das  essen  wird  aller  kalt, 

setzt  euch  ihr  leuilein  hui  nur  bald. 

amanlci  amentes  F8. 

alt  weidnuinnischer  hetzruf:  als  einen  jiiger  träumet,  wie  er  in 
einem  fruchtbaren  aichwald  ein  wolgewaffnetes  Wildschwein 
antreffe,  dessentwegen  mitten  im  schlaf  aufschreiet:  hui  sau! 
AuR.  A  S.  Clara  Judas  d.  erzschelm  1, 2.  vgl.  dazu  auch  hu  6 
sp.  1S48. 

b)  den  fdOlzlichen  uusbrucli  einer  freude  begleitend:  wenn  die 
dromele  fast  klingt,  spricht  es  (das  ross)  hui,  und  reuchl  den 
streit  von  ferne.  Htob  39,26;  aber  das  beste  ist,  das  sie  .^. 
umb  sonst  gerbüniel  und  hui  gesungen  haben.  Luther  5,  &1*; 
summa,  wir  wollen  beten  und  hoffen,  bis  voliend  ganz  gut 
werde,  und  nicht  für  den  hamen  lischen ,  noch  bei  (dabei?) 
hui  sprechen,  ehe  wir  recht  gründlich  eins  werden,  /ir.  4,220; 
V.»  »oll  keiner  hui  sagen,  ehe  er  ubern  bach  kenie.  Matmes. 
Sor.  16';  er  spicch  nicht  hui,  che  er  über  den  iterg  koimne. 
^KARDEll  sprichw.  11 ;  hui  flaschenlrager,  wie  hast  »u  ein  hold- 
»eligeu  rucken?  Garg.b''; 

und  dacht  in  seiiiem  llebetsino : 
hui,  hui,  ich  bilde  mir  last  ein. 
dasz  die  wird  meine  liebste  »ein. 

Nkuhaiik  tuttwatdclicn  121. 

mii   einff»   genütv  verbunden:    hui  der  künftigen  morgenrülhe 
in  der  h  ind  eines  bessern  erben.  Clauuiüs  1, 113. 


c)  hui  ermunternd:  aber  das  sind  mir  die  allerbesten  ge- 
sellen, die  sich  für  der  schlacbt  ermanen  und  ermanen 
lassen,  durch  die  löbliche  andacht  ircr  bulschaft,  und  lassen 
inen  sagen,  hui  nu,  denke  ein  jglicher  an  seinen  liebsten 
bulen.  LuTDER  3,  329' ;  hui  nu,  antwortet  doch  mir,  ich  darf 
hie  nötiger  Unterricht.  360';  hui  las  hie  antworten,  sie  mügen 
ja  nicht  leugnen,  das  hie  gottes  wort  sei.  386";  hui  nemet 
ein  exenipel  ihr  betrüglichen  herzen,  hui  neinpt  ein  exempcl 
ihr  getrewen  herzen.  e»(//.  comöJ.  1,  Nn  3;  hui  kom  geschwind. 
Cc3';  da  gedachte  ich  dann:  hui,  Simplici,  lasz  dich  adeln! 
Simpl.  1,300. 

d)  hui,  als  cinleUung  zu  einem  Widerspruch,  als  zeichen  der 
7iichtberikksicbiigung  von  etwas  vorher  gebrachten :  und  kan  ich 
bei  meinen  pirn  wol  merken ,  wann  andere  zeitig  sein,  hui 
geck!  niögte  mir  einer  antworten,  wann  du  ein  narr  bist, 
meinest  du  darum,  andere  sein  es  auch?  i>imp/.  1,316  Äur;; 
frau.  sieh  doch  nur  erst  die  prächtigen  bücher  an,  die  der 
herr  major  ins  haus  geschafft  haben,  deine  tochter  betet 
auch  immer  draus.  Miller  (pfeiß)  hui  da  I  betet  I  du  hast  den 
witz  davon.  Schiller  kab.  u.  liebe  l,  1 ; 

hui,  singt  er,  hui!  wer  macht  aus  wind, 
wer  sich  aus  regen  was?    Uürükr  4". 

e)  auch  als  zeichen  einer  Überraschung :  hui  bislu  der  schelm 
der  ...  engl.  com.  2,  V8';  hui:  spricht  so  mein  hühnchen? 
Fr.  MtJLLER  2,114; 

hui  da!  was  wollt  ihr  nur?  —  verdammt! 
zu  mäclilig  sind  mir  die  hallunkcn! 

Freiligratu  dichtungen  3,  6<J. 

f)  sehr  häufig  leitet  hui  einen  plötzlidien  einfail,  einen  schnell 
außauchenden  gcdanken  ein:  da  sagte  ich  dann  oft  zu  mir 
selber:  hui,  Simplici,  meinest  du  auch  wol,  es  geschehe  dir 
unrecht,  wann  dir  einer  wieder  wett  spielte,  was  du  zu  Parisz 
begangen?  Simpl.  1,316  Kurz;  hui!  dacht  ich  da  bei  mir 
selbst,  wie  der  hcrr  Veit  musz  man  es  nicht  machen.  Enuel 
phil.  für  die  weit  16 ;  hui  I  dacht  ich  da  wieder,  das  ist  doch 

drollig,  das.; 

hui, 
der  terapellicrr  ist  drum  (um  die  tochter).    Lbssing  2,32S. 

vielfach  vor  einem  abhängigen  salz  mit  dasz:  hui  dasz  sich  das 
blätgen  umkehrt,  ich  werde  fürste  und  du  wirst  narr.  Chr. 
Weise  erzH.  228 ;  hui!  dachte  sie,  das  deine  ellern  durch  ihr. 
geld  und  gut  sich  unsterblich  machen  wollen,  pol.  stockf  341 : 
und  musz  er  sich  denn  eben  gleich  bei  mir  anmelden  lassen? 

hui  dasz nein,  herr  Valer,  damit  kommen  sie  zu  spät. 

Lessing  1,225;  Chrys.  kaum?  was  willst  du  mit  dem  kaum 
sagen,  schlingel?  Anton,  hui,  dasz  sie  etwas  schlimmers 
darunter  verstehn,  als  ich.  230 ;  hui !  dasz  Valer  schon  den 
vogel  gefangen  hat.  236;  hui,  dasz  ihm  mein  bruder  von 
Leandern  elwas  in  den  köpf  gesetzt  bat?  361;  ich  merke 
zwar  bald,  was  es  sein  kann?  hui!  dasz  sie  die  liebe  (|u:ill. 
2,370;  hui,  dasz  sie  denken,  feriam  heisze:  ich  will  tragen; 
weil  sie  sich  erinnern  von  ferain  einmal  ein  gleiches  gehört 
zu  haben?  3,409;  wie  weit  bin  ich?  hui,  dasz  mir  meine 
leser  alles,  was  ich  mir  so  mühsam  erstritten  habe,  von 
selbst  geschenkt  hätten?  5,381. 

g)  hui,  in  der  neuern  spräche  gewöhnlich,  allgemein  grosze 
geschwindigkeil  vialend :  bei  Frisch  ist  hui  antrieb  elwas  yescJiwind 
zu  tliun,  oder  ein  geschrei,  dasz  elwas  zu  geschwind  geschieht. 
1,473';  hui  bin  ich  aus  dem  bette  in  die  küche.  Götuk  7,129; 
hui!  wie  beide  auf  die  füsze  fuhren,  als  vor  ihren  langsam 
sich  öffnenden  äugen  plötzlich  der  helle  lag  stand.  J.  Güit- 
HKi.F  Uli  d.  päcläer  s.  10; 

und  hui !  wars  unter  ihr  hinab 

verichwunden  und  versunken.    Uörukk  15'; 

hui!  nur  der  fieiherr,  hui!  heraus, 

bewehrte  sich  zum  streite.     53'; 

hui!  will  sie  ihn  beim  wirbel  packen; 

hui!  stellt  sein  angesichl  im  nacken.    'I'; 
hui!  ich  über  den  zäun,  und  im  flug  durch  dornen  und  disteln 
renn  ich  die  koppel  entlang.  Voss  2,  76  {ulyll.  0.  29). 

/i)  hui  in  JiT  reimenden  Verbindung  hui  und  pfui,  rintn 
plötzlich  hirvurbrechcnden  ekel  bezeichnend : 

buhlerisch  gewogen 
war  sie  mutichem  jungen  .schonen  muini. 
doch,  SU  bald  sie  satt  der  tust  gepHot^tii. 
spie  sie,  hui  und  plui !  s.mm  antlitz  un. 
hui  und  plui !  wanl  er  zum  ungeheuer, 
dessen  iiumen  ihre  zungo  sprach.     Ilütiicii  5'*. 

2)  hui  iU,  nactiweislich  seit  ätm  m.jahrk.,  auch  als  tHbOantw 
nel  gebraucht,  entweder  in  neutralem  gesclileclit :  da»  der  alluicch- 


1S85 


ULI 


HUIEN  —  HULD 


i8S6 


tige  gott  nicht  hat  die  weit  auf  ein  hni  geschaffen.  Lother 
4,4';  oder  auch  in  männlichem :  der  hui.  momentum  Steisbacb 
1, 700 ;  etwas  auf  einen  hui  tuhn ,  subUo  facere  Stieler  STl ; 
geicühnlich  aber  begegnen  nur  die  festen  Verbindungen  im  hui, 
in  einem  hui:  in  einem  hui,  das  ist  augenblick.  Katziporus 
hl*;  wenn  er  die  sonne  aufgehen  lesset,  treibet  er  sie  also, 
das  sie  von  morgen  an  bis  auf  den  abend  leuft,  so  sie  doch 
wol  in  einer  stunde,  vom  morgen  bis  zum  abend  gehen  künd, 
ja  in  einem  hui,  an  beiden  orten  sein,  er  thuts  aber  nicht, 
sondern  gibt  räum  und  weil  dazu.  Luther  4,  s' ;  mit  lauter 
Tollen  leuten,  die  inn  einem  hew  mit  dem  köpf  hindurch 
wollen,  wie  das  thoU  vich.  S.  Fraxk  laster  d.  trunkenb.  h  iij ; 
im  hui  begundt  der  geharnischte  zu  fliehen.  Kirchhof  icend- 
unmnt  25"';  dörfer,  heuszer,  zeune,  fruchtbare  bäume  sindt 
im  hui  dahin,  dasz  niemandt  ihre  statte  finden  kan.  hin- 
wider  . .  wirstu  in  einem  hui  so  viel  zelten,  losamenter  und 
hütten,  auch  feuwerstätle  finden,  als  ob  in  einem  augenblick 
ein  grosze  statt  da  worden  wäre,  milit.  disc.  130 ;  im  hui  und 
schleunig . .  die  knechte  in  eine  Schlachtordnung  zu  bringen. 
162;  der  poet  kan  dich,  wie  Jupiter  Europam,  in  einem  hui 
über  das  wilde  nieer,  ja  bis  in  den  himniel  führen  BcTscnnT 
Palm.  270;  bisz  er  eine  band  voll  {erde  eines  am. eishau fens) 
ergriff,  durch  deren  kraft  und  würkung  er  mir  in  einem  hui 
verschwandt.  Simpl.  4, 29  Kurz;  gerieth  er  ans  spiel ,  und 
ward  des  geldes  im  hui  los.  Wesemgk  spielsieben  (1702)  s.  100; 
stellte  ich  mich  neben  eine  der  gröszten  kanonen,  die  so 
eben  nach  der  festung  abgefeuert  ward,  und  sprang  im  hui 
auf  die  kugel.  Münchhausens  reisen  52;  hier  und  dort  im  hui, 
hieb  und  stosz  zugleich.  Fr.  MIilleb  1,365; 

im  hui  Tie)  tausend  kugel  kamen 

daher  geflogen  wie  die  Talken.    mückenkr.  3,586; 

in  einem  hui  wird  dir  das  glücke  ganz  geneiget. 

Opitz  2,  225  ; 
in  einem  huj  hernach  fallt  ungewitter  ein.    Romplir  77 ; 
betrachte,  wer  ich  bin  : 
im  hui  tahr  ich  dahin.    P.  Gerbard  37,6; 
man  zeucht  in  einem  hui  die  Schwerter  aus  den  scheiden. 

A.  Grtphius  169S  1,  73; 
wer  schwere  Sachen  lehrt  und  grosze  bücher  schreibet, 
die  man  auf  einmal  nicht  im  hui  durchlesen  kan. 

Wiedeman:«  ijefangentchaflen,  märz  s.  14 ; 
in  einem  hui  verderben  seine  kinder.    Necbare  liisliFäldch.  4 ; 
(liomit  ich)  vermögend  war,  im  hui  den  reichsten  bettler 
in  einen  armen  reichen  zu  verwandeln?    Lessi^ic  2,210; 

regiert 
nicht  eine  Windsbraut  oft  und  rührt 
io  einen  garstgen  brei  die  liebe  weit  zusammen, 
setzt  euch  in  einem  hui  das  gröszte  schlosz  in  flammen?' 

WiELA!«D  10,315  (307); 
führt  mich  in  einem  hui  dabin,  zurück 
in  einem  hui.  Schiller  16; 

auch  freier: 

kennst  du  das  wunderbare  loo.« 

der  pflanze,  die  in  ihrem  schoos 

zu  viel  empGndung  nährt? 

von  einem  linder  angestört, 

fährt  sie,  in  blitzes  hui.  zusammen. 

Kl.  Schiiot  poel.  briefe  106. 
hui    auch  personificiert :    es  sagen  die  Spieler  selbst,    hui  sei 
der  Spieler  .gott.    wen  rufen  sie  denn  an?  wer  wird  sie  denn 
erhören?  5/)iW/fu/i?i (1564)  De'.  —  im  nassauischen  heiszl  der  hui 
tausch  in  bausch  und  bogen.  Kerreix  204;  s.  unten  huien. 

3)  hui,  adjectir,  meist  prädicativ  in  der  formet  hui  sein, 
schnell  überhin  sein:  dieser  (ariikel)  ist  wol  ein  wenig  zu  hui, 
aber  doch  nicht  ganz  falsch.  Luther  2,442';  darumb  secht 
ihr,  auch  wie  die  zimmerleut  die  feinen  hauen,  also  hui 
sind,  wann  sie  über  die  blöcher  springen.  Garg.  127";  sei 
nicht  hui  das  innerste  deines  gemüths  zu  offenbahren,  pers. 
baumg.  7. 4 :  er  ist  hui  in  allen  sachen ,  res  suas  celeriter 
eipedit,  ventis  remisque  properal.  Stieler  &71;  er  ist  hui  im 
reden,  lingua  celeri  est,  praecipitanter,  inconsiderate  loquüur. 
872;  der  mensch  ist  von  natur  hui  aufs  böse,  hämo  natura 
fertuT  in  scelera.  das.;  du  bist  immer  zu  huil   Göthe  lt,17; 

drauf  sein  die  münch  so  hui  und  wacker. 

B.  Waldis  li.  päbstl.  reich  2,  11. 
auch  in  attributiver  Stellung:  ein  huier  sinn,  homo  praeproperans, 
praecipilavs  res  suas,   praeceps,  ein   huier  köpf,  ingenium  acre,    '■ 
felix,  persficax,  acumen  ingenii  Stieler  S7l ;  nachdem  aber  die    ! 
(allzu  huie  und  geschwinde)  execution  war  vollzogen  gewesen.    ! 
curiöse  griller.  {Chemnitz  I72S)  .«.  2<'6;  j 

(er)  fast  (f'ixii)  sein  huies  pferd 
im  grimmen  zwischen  beide  sporn,    mückenkr.  3,  394.  ; 


femer  als  adrerbium :  der  allzu  hui  gesandte  (abgeschickte),  zeit- 
rertreiber  (I66S)  s.  54;  im  nassauischtn  ich  bin  hui  wieder  da. 
Kehreix  204;  redupliciert:  grozse  tiefe  graben  durch  die  schanz- 
bauwren  nur  huihui  einebenen.  Kirchhof  mil.  disc.  157. 

HUIEN,  rerb.  schnell  thun ;  Schweiz,  hujen,  hüjen,  in  die 
welle  eilen.  Stalder  2.  61,  kärntn.  huien,  eilen,  übereilen  Lexer 
145;  Schwab,  huien  plagen  das.;  nassauisch  huien  eilen,  aber 
auch  tauschen,  wobei  aus  eile  nicht  alles  genau  erwogen  icird. 
KEBREi:f  204;  überhuicn  übereilen  (das.),  etwas  obenhin  machen : 
so  mag  man  es  (ein  schriftstellerisches  stück)  dan  auch  so  über- 
huijet  wiederkriegen  (ron  der  erbetenen  durchsiciU).  Krause  ers- 
schrein  der  fruchtbring,  gesellsehaft  s.  143  (ron  1637).  huien  aber 
auch  schlemmen,  schwelgen :  dasz  er  gestern  in  einer  compagnie 
gewesen ,  in  welcher  man  stark  gehuiet  hätte ,  da  er  denn 
so  unglücklich  worden,  und  in  trunkenheit  sich  betäuben 
lassen ,  seinen  guten  hut  vor  einen  so  liederlichen  hinzu- 
geben. Salinde  33. 

HülG,  adj.  subitus,  cilus,  velox,  praeceps,  praepes,  praepro- 
perus;  als  adrerb  rapide,  raplim,  incUate,  derepente,  festinanter, 
praecipitanter.  Stieler  872  neben  den  formen  gleichen  sinnes 
huiglich,  buicht,  und  huihaft,  und  mU  dem  subsl.  huigkeit. 

HUIHLSS.X,  interj.: 

es  ist  ein  schlosz  eegnindet, 

ein  feuer  angezündet, 

ein  fabnlein  aufgestellt, 

den  jungfraun  in  dem  leid. 

chor.  huihussa,  huihussa! 

die  mägdlein  der  Libussal     Brk;ita!«o  6,  165. 

HUISCH,  adj.  dasselbe  was  huig :  ich  sag  dir  wyder,  Luther, 
bei  meinem  gewissen,  ist  dein  trotzischer  und  huischer  geist 
recht,  so  ist  mir  unser  herrgott  feindt.  Ickelsamer  clag 
etlicher  brüder  bl';  wir  bitten  dich  [Luther)  dasz  du  inn  deinen 
schreiben  mehr  scharpf  und  gelert,  dann  polderisch  oder 
wollest  huisch  sein.  b4*. 

HUK.  m.  zapfen  im  halse;  bei  Nen.mch  ib  der  Schreibung 
huhk  und  büke.     t'<;/.  hauch  und  buch. 

HUKER,  »7».  t«  Holland  und  ?iiedersachsen  ein  leichtes  fahrzeug 
mit  rundem  bord  und  plattem  boden,  auch  hucker.  Jacobsson 
2,292';  niederl.  hoeck-boot,  baeck-boot,  naäs  piscatoria,  ab 
liamis  dicta  Kilian. 

HüLBE,  /■..  plur.  hulhen,  oder  in  lässiger  ausspracht  holm, 
riegel  oder  balken,  wodurch  Ständer  oder  pfähle  oberhalb  vereinigt 
werden;  so  jochträger  bei  brücken,  oberholzer  an  feldgestängen, 
welche  die  bijcke  zusammenhatten;  holz  am  kreuz  des  gOpels, 
welches  die  büclise  trägt  worin  das  kreuz  an  der  spindel  geht; 
endlich  das  durchlöcherte  holz  am  pumpenstocke,  worauf  das  leder 
liegt.  Jacobsson  2,  277'.  dem  worte  entspricht  das  niederd.  fem. 
holwe  grundbalken  des  daches  (Frojiii.  5,  361),  verwandt  ist  ohne 
zweifei  das  sp.  930  aufgeführte  helb  und  halb  sttel,  griff  an  axt 
und  beil. 

HÜLBE,  s.  hüle. 

HÜLCHEN.  rerb.  hohl  machen,  aushöhlen,  zuerst  im  ib.jahrh. 
nachzuweisen :  holern  cavare ,  rulg.  hulchen  roc.  ine.  theut. 
k3',  »ro  16.  einigemal  belegt:  man  soll  sie  (die  ausgedroschenen 
bahnen)  .  .  auf  den  kornkasten  schütten,  so  werden  sie  als- 
dan  von  den  w^rmern  nit  zerstochen  noch  gehülcht.  M.  Sebiz 
feldb.  499;  diser  wurzel  thun  im  winter  die  meusz  gedrang, 
hülchen  sie  ausz.  Bo«  kräuterb.  136.  bairiseh  ist  bälgen,  aus- 
hulgen  hohlen  bezeugt  (Schm.  1. 10S3),  und  da  sich  dort  auch 
ein  fem.  hülgen ,  hühlung  im  boden  mit  wasser  angefidlt ,  lache 
(das.  10«>4)  vorfindet,  als  neben  form  zu  gleichbedeutendem  hül- 
wen.  so  gehört  vielleicht  das  verbum  hülchen  (mit  Überyang  einer 
labialis  in  eine  gutturalis)  zu  der  unten  unter  hüle  aufgeßhrien 
Wortfamilie. 

HLLCHERIV,  terb.  dem  zusammenhange  nach  stumpf  werden, 
von  den  zahnen  :  von  fruchten  und  dingen,  so  die  zän  schau- 
dern oder  hülchern.  schachlafeln  d.  yesundh.  (1533)  s.  8 ;  nusz 
braucht  man  auch,  so  einem  die  zun  verschlewt  (stumpf 
geworden)  seind  oder  hOlcbern.  als  so  man  säur  oder  unzei- 
tige ding  ysset.  so  mag  man  darnach  kein  speisz  kewen.  9. 
aus  dem  fiassauischen  wird  verzeichnet  hellgern.  hullgem.  krän- 
keln und  sich  dabei  bald  da  bald  dorthin  setzen,  von  hellig, 
helg  schwach,  angegriffen,  wofür  auch  die  form  hilch  gilt  (ryl. 
Kehrei!«  193. 196).  hülchern  könnte,  mit  angenommener  specia- 
lisierter  bedeiäung,  dazu  gehören. 

HLLD,  f  gratta,  favor.  ahd.  huldl,  mhd.  hulde  lebt  auch 
im  dltern  nlid.  in  der  form  hulde  fort  (s.  d.);  daneben  ergibt 
sich,  seit  dem  15.  jahrh.,  eine  gekürzte  form  huld,  m  oberdeut- 
schen,   namentlich  fränkischen   quellen,   die  (als  gleiche  iildung 


1887- 


HULD  — HULDA 


HULDAUSSTRAHLEND  — HÜLDE    1888 


wie  schuld,  gcduld  aufgefaszt),  nach  und  nach  die  stelle  der 
allern  berechtigten  form  ganz  und  gar  einnimmt.  Sie  begegnet 
tn  den  bedeutungen 

1)  abhängigkeit  des  dienstmanns  gegen  den  Ichnslierrn,  treue, 
ergebenheil,  und  die  bekraßujung  derselben :  humagium  huld  Dief. 
879*;  w  beiug  auf  ein  liebesrerhdltnis : 

sei  nicht  erzürnt,  Asterie  mein  leben, 

weil  ich  anietzt  so  sehr  weit  von  dir  bin, 

daüz  ich  mich  hah  in  andre  huld  ergeben.     Opitz  2,  172 ; 

oder  auch  anders  in  freierm  sinne: 

llerodes  in  (Johnunes  den  tänfcr)  enihaypt  on  schuld, 
solchs  kam  im  ausz  der  tugeiidt  huld  (weil  Joliaimcs  der  luiiriiit 
ergeben  ivar).    Scuwarzemskrc  150*. 

2)  Zuneigung  des  höhern  gegen  einen  niedern,  gnädige,  geneigte 
gcsinnung,  eine  bedeutung  die  jetzt  ausscläiesilicli  geblieben  ist: 

da  mit  ir  unser  aller  huld  habt  gewunnen.  fustii.  sp.  7C7, 32 ; 
dann  stet  der  ann  arbeiter  zitrend  bei  der  liir  mit  gescblosznen 
benden,  stilscbweigend,  auf  dasz  er  des  kaiinierren  buld  nil 
verlier.  H.  Sachs  dial.  47,  l'J ;  seil  dem  17.  jahih.  auch  bei  nieder- 
und  mitteldeutschen  Schriftstellern :  huld,  gratia,  favur  Schottel 
133U;  huld  {neben  hulde)  gratia,  favor,  clemcnlia,  propensio 
Stieler  852,  als  vorwiegend  poetisches  wort: 

auch  dürft  ihr  nicht  erschrecken 

vor  eurer  sündenschuld, 

nein!  Jesus  will  sie  decken 

mit  seiner  lieb  und  huld !    P.  Gekuard  3,  8 ; 

davor  begehr  ich  nur  mit  redlicher  gedult 

den  ewigen  besitz  von  deiner  gut  uiid  huld.     Günthkk  377 ; 

die  erd  ist  voll  der  huld  des  herrn.    Gkllkht  2,  9U ; 

geiszic  mich  des  hartsinns  tadel! 

wölke  sich  ob  meiner  schuld 

selbst  die  stirne  milder  huld!    üürgek  73'; 

bei  allen  meinen  herrscherthaten 

begleitet  mich  des  himmcis  huld. 

Schiller  ring  des  Polykrates; 
was  sind  wir, 
wenn  kaiserliche  huld  sich  von  uns  wendet!    Piccul.  2,2. 

duszcrung  einer  solchen  gesinnung: 

jetzt  stand  der  mensch  und  wies  den  sterneu 

das  königliche  angesicht  .... 

und  scherz  mit  huld  in  anmuthsvollem  bunde 

entquollen  dem  beseelten  munde,    die  künstter  v.  1U5. 

3)  buld  die  geneigte  gesinnung  der  geliebten  gegen  den  geliebten, 
s.  unten  hulde  2  a.  e.  und  buldpfelz,  buldtrank : 

ein  einzig  lächeln  voller  huld  (des  harten  mädclien$) 
würd  allen  kummer  lindern.  Bürger  7' ; 

es  wird  mir  manche  schöne  band 
ein  pl'and  der  huld  verleiben, 
bald  wird  sie  mir  ein  busenbaud, 
bald  eine  locke  weihen.    11*; 

auch  umgekehrt: 

bnmstig  wird  das  neue  bild  (der  gclicblen)  geküszt; 
alle  huld  wird  froh  ihm  zugetheilet.     (58'. 

4)  auch  das  freundliche  des  äuszern,  anmul  der  erscheinung 
{nach  hold  3,  s/».  1735);  vgl.  tinlen  buldpötlin,  huldin  2. 

J»)  huld ,  nur  beliebtheit ,  ansehen :  der  herrschaft  selbsl- 
regiinent  hat  bessere  huld  als  derer  Statthalter,  dieweil  sie 
sich  ius  gemein  ihres  ampls  inisbruucben.  ped.  schulf.  146. 

6)  über  den  plural  s.  unter  hulde ;  die  nebtnform  hold  sp.  1730. 

HULD,  adj.  für  hold,  s.  sp.  1733. 

HL'LÜA,  liLLUE,  als  einenname  in  der  Verbindung  fiau  Hulda, 
torzitglich  bei  LurnER :  zum  andern  bescbleüszt  er  (golt)  das 
alle  person,  so  sy  noch  in  der  natur  und  ersten  gehurt  sind, 
unrecht  und  bösz  ...  hie  tritt  Iraw  Hulde  herfiir  mit  der 
putznascn,  die  natur,  und  darf  irem  gut  widerpellen,  und  in 
lügen  strafen,  auslegung  der  episl.  (Basel  ir)22)  08';  hiufürder 
lercl  er  (Carlstadt)  uns,  was  fraw  Hulde  die  natürliche  Ver- 
nunft zu  diesen  sachcn  sagt,  gerade  als  wüszten  wir  nicht, 
das  die  Vernunft  des  teufeis  hure  ist.  wertes,  71*;  von  fraw 
Hulda  der  klugen  Vernunft  d.  Carlstads.  78*;  weil  der  texl 
spricht,  das  ist  iiit;in  leib,  der  für  euch  gegeben  wird,  welch 
wort  deutet  fraw  Hulda  also,  es  sei  eben  so  viel  gesagt,  als, 
das  brul  wird  für  euch  gegeben,  ebenda;  wo  seid  ir  nu  fraw 
Hulda  mit  cwcr  klugheit?  7'/;  das  dritte  stück  fraw  Hulden, 
damit  sie  beweiset ,  das  Christus  leib  nicht  im  siicranient 
Ml.  81*;  dii  sind  fast  die  besten  und  schönsten  stücke  fraw 
Hulden,  in  diesen  sacben,  darin  man  sihet,  wie  sie  des  teu- 
feU  braut  ist.  87';  darauf  habe  ich  im  büchlin  wider  die 
himlitchen  prophelen  reichlich  der  fraw  Hulda  geantwortet. 
4M';   bi«   toilcD  wir  aber  fraw  Hulda  der  tollen  nenin  der 


Vernunft  antworten.  4, 16l' ;  gott  ist  die  Ursache  zu  sündigen ; 
waiumb  hat  ers  also  geschaffen?  spricht  frau  Hulda,  die 
veruunft.  tischr.  290'.  auch  bei  Mathesius:  in  diseiu  läreu 
Scheffel,  da  weder  trost  noch  lehr  innen  ist,  der  nur  ein 
euäserlicbe  geslalt  und  ansehen  hat  .  .  du  sitzt  fraw  Hulda 
die  abgütterei.  Sur.  (1502)  143'  (9.  predigt);  hier  iiberall,  im 
gegcnsatz  zur  göttlichen  Offenbarung,  von  der  nalürliclicn  an- 
schauung  und  denkart;  sonst  aber  auch,  noch  sinnlicliei;  von 
einem  bösen  u-eibe:  fordert  er  (Lamech)  seine  Jesibel  uud 
lierodias,  beide  fraw  Hulden,  zu  sich  über  tische  und  fehet 
an  Adams  predigt  und  golles  straff  zu  verlachen.  Mathesius 
6ur.  11';  einer  liexe:  die  alle  fraw  Hulde  wüste  ohne  das 
wol,  wo  der  pelz  entzwei.  Joh.  Hoiide  tugendsamer  weiber  Spiegel 
(Erfurt  1580)  F"  (vorher  eine  alle  hure  .  .  die  jederman  für 
eine  kluge  fraw  hicll) ;  wider  den  teufel ,  bapsl,  weit ,  und 
fraw  Hulden.  G '.  frau  Hulda  ist  die  vorziiglirh  in  Hessen  und 
Duringen  gekannte,  oft  unter  dem  bilde  einer  luiszlichen  struppigen 
allen  gedachte,  dem  haushält  vorstehende  und  Hin  prüfende  mylliu- 
logische  figur,  vgl.  Guimm  d.  inytlwl. '1\' f.  sie  erscheint  unter  den 
genossen  der  wilden  jagd,  mit  ihren  beglvilcrinnen,  den  hulden: 

die  hulden  sie  kommen  von  durstiger  jagd 

und  laszt  ihr  sie  trinken,  wies  juder  behagt, 

dann  sind  sie  euch  hold  die  unholden.     Gotue  t,  220. 

HULDAUSSTRAHLEND,  pait^: 

im  rosigen  alber 
flatterten  Wölkchen  empor,  die  an  ihrem  verglühenden  suum  noch 
lange  den  huldausstranlenden  wink  der  lieblichen  zeigten. 

1'yrker  7'M/ii«.  3,  210. 
HULDAUSSTRÖME.ND,  pari. : 

den  frieden 
ihm  aus  dem  born  der  huldaussirömenden  milde  gewahret. 

PvKKER  Tunii.  7,  388. 

HULDE,  f.  gratia,  favor,  die  ältere  form  für  das  nlid.  gekürzte 
huld  (s.  d.).  wie  das  mhd.  hulde  gewöhnlich  ohne  umlaut,  trotz 
der  ahd.  form  huldi ;  vereinzelt  nur  steht  die  umgelautete  form 
hulde :  hülde  und  gnade.  Heutter  v.  Si'EIIi  kriegsordn.  77 ; 

ach  du  mein  zartes  fräueicin, 
schleusz  auf  das  junge  herze  dein, 
nimm  iJiich  in  deine  hülde. 

Hoffkann  gesetlsch.  Ucder  no.  6. 
hulde  bezeichnet: 

1)  ablidngigkeit ,  treue  des  lehnsmanns  gegen  den  lehnsherrn, 
und  die  feierliche  bckrdftigung  derselben :  hulde,  omagium,  vulg. 
uianschaft  voc.  ine.  thcut.  k4';  denjenigen,  so  mit  leib  und 
gut  unter  irem  (des  kaiscrs  und  der  fürsten)  schütz  leben  sollen, 
und  mit  eiden  und  hulden  verbunden  sind.  Luther  4,  440'; 
ob  man  cid,  hulde  oder  pllicht  halten  solle.  8,7';  gern  in  den 
Verbindungen  hulde  schwüren,  hulde  thun: 

si  euphicngen  albesuuder 

ir  lehen,  ir  liut  unde  ir  lant 

von  ir  herren  Tristandes  haut: 

si  swuorcii  hulde  und  wurden  man.     Trist.  134,  13  ; 

daj  her  deme  kunge  hulde  tu  nach  vries  mannes  rechte. 
Sachscnsp.  3,  54, 1 ;  alle  die,  die  des  gotzshuss  ze  sant  Blasi 
eigen  sind,  und  im  hulde  habend  getan,  ucisth.  1,31  (Zürich, 
von  1347);  damit  sie  trew,  hulde,  eide  und  pflicht,  so  sie 
irer  obcrkeit  gelhan  und  geschworen  haben,  brechen.  Luther 
3, 108' ;  das  sie  irer  oberkeit  trew  und  hulde  geschworen 
haben,  unlertbenig  und  gehorsam  zu  sein.  121";  du  scheud- 
licber  reiszender  wolt',  mein  cid  und  hulde  bab  ich  dir  nicht 
gelhan,  sondern  meinem  rechten  liirten.  8,7*;  hulde  nehmoii, 
sich  huldigen  lassen :  nennen  sich  christliche  brüder,  nemcn 
eid  und  hulde.  3, 124' ;  hulde  führen ,  im  stände  der  unter- 
thänigkeit  leben:  wenn  untersassen  irem  herrn  huldeten,  der 
meinung  sie  wollen  in  lödlen,  und  über  drei  tage  rewele  sie 
es,  und  geben  sich  recht  in  gehorsam  von  herzen,  lieber, 
were  es  hie  auch  noi,  aufs  ncwe  und  anders  hulden?  nein 
zwar,  weil  sie  nu  die  hulde  recht  füren,  die  sie  doch  fclsch- 
lich  gelhan  hallen.  4,320*.  —  hulde  tragen,  treu,  ergeben  sein: 

die  Deutschen  wüsten  wenig  für  Zeilen  von  dem  goldc, 
sin  trugen  trew  unit  glauben  l\ir  allein  alle  hulde: 
jetzt  wiaüun  UeuL-ichen  wenig  vom  glauben  und  von  trotte, 
i>ie  dienen  mehr  dem  golde,  dünn  gott,  obn  ullu  «cheui!. 

LouAU  2,  173,  hl. 

2)  hulde,  gunst,  giiade  des  höhern  gegen  den  ntcdern:  »o  lieb 
euch  meines  gnüdigen  herrn  hulde,  guust,  gnade  (uler  ungnndc 
isl.  ItEUTTER  V.  SpEiR  kriegsordu.  32;  einem  inil  hulde  lUge- 
tabu  sein,  i»  aniorihus  aliquem  habere,  et  alicui  est«.  Stikler 
852;  in  der  form  holde: 

Apollo  iinhin  iiiitli  auf  in  Keine  guiitit  und  holdo. 
ViilrniMiit  liiiiin  M'lion  gemilcht  von  guleni  f^oldo 
die  ledrr  meiner  fiiUDl.  Uritt  2,  14^^. 


IS89 


HULDE  — HULDEiN 


HÜLDEN  — HÜLDER 


1890 


von  gott:  befelil  damit  dieselbigen  in  gottes  hulde,  barm- 
beragkeit,  schütz  und  trust.  Lutheb  3,  Ol';  es  fare  mir  lieber 
weg  fürsteu  und  menschen  guust,  und  bleibe  mir  gottes  hulde, 
bleibt  mir  guttes  hulde,  sü  wird  sich  menschen  hulde  wol 
finden,  findet  sie  sich  nicht,  su  fare  sie  zum  teufet,  guttes 
hulde  ist  mir  gnug.  verliere  ich  aber  gottes  hulde,  so  bleibt 
mir  zuletzt  menschen  hulde  auch  nicht,  so  fare  ich  denn  zum 
teufel  sampt  meinem  fürsten,  beide  mit  gottes  und  menschen 
unhulde.  'iuT' ;  der  herr  war  mit  im,  und  neiget  seine  hulde 
zu  im.  1  Mos.  39, 21 ;  ja  du  bist  viel  williger  die  sünde  zu 
vergeben ,  denn  wir  sind  deine  hulde  zu  suchen ,  und  die 
besserung  fürzunehmen.  Schuppils  444.  auch  die  gunst  der 
geliebten  gegen  den  liebenden  heiszt  mhd.  hulde,  das  liebesverhdltnis 
ist  ja  von  dem  lerhältnis  des  dieners  zum  herrn  beeinfluszt  (auch 
nhd.  huld  wieder  in  gleichem  sinne,  vergl.  oben  sp.  ISS"): 

so  dien  ich  ir  üi'  sölben  wän, 

da;  si  mich  hulde  iä!;e  hän. 

U.  V.  LlCUTENSTEIK  129,  16 ; 
e  da;  ich  min  ritterliche  sisete  bra'cb  an  guoten  wiben, 
icb  wold  e  immer  valscber  wihe  hulde  vri  belibea.    425,  2. 

Z)  der  plural  in  mehrfiichem  gebrauche. 

a)  im  sinne  von  gnade,  gute:  das  verdrosz  aber  die  von 
Augspurg . .  und  wurden  zu  rat,  sie  wollen  über  sein  knecht 
richten ,  .  .  und  woll  dan  der  Onsurg  nit  nach  iren  hulden 
stellen  und  gedenken,  so  wollen  sie  über  sein  sun  und  die 
andern  knecht  auch  richten,  d.  städtechr.  5,  51, 10 ;  nach  dem 
mich  gott  aus  lauter  gute  und  barmherzigkeit,  aus  dem  elend 
dieser  weit  zu  seinen  hulden  erfoddert  . .  hat.  L.  Keiseb  bei 
LiTHER  3,421*;  verbleiben  euch  mit  beharrlichen  churfürstl. 
hulden  und  gnaden  wohl  beigethan.  Dbevhacpt  Sad/c/ey»  1,459 
(aus  einem  churßirstl.  schreiben  von  1650); 

und  steht  in  groszeu  huldeo. 

B.  RiMGWALD  geisll.  Heder  A7'; 
"  alles  was  Beuget,  was  wandert  und  springet, 
freue  sich  solcherlei  himmlischer  gaben, 
die  wir  zu  hulden  und  gnaden  uns  haben.    Locaü  3,  213; 
ton  der  geliebten  gegen  den  geliebten : 

vind  ich  si,  ich  sol  so  ritterlichen  nach  ir  hulden  ringen. 
LiCHTENSTCi;«  425,  24 ; 

als  schluszformel  eines  briefes:  mich  zu  gunst  und  hulden 
empfehlend.  Götiie  briefe  an   Voigt  373. 

b)  bei  jemandes  hulden,  bei  Verlust  der  huld  jemandes:  dar 
nach  sal  her  gezAg  (zeuge)  sin  aller  dinge ,  die  man  an  in 
zöhet  (wegen  deren  man  sich  auf  sein  zeugnis  beruß)  bie  des 
riches  hulden.  Sachsensp.  3,  54, 2 ;  und  sol  nieman  dhain  Wider- 
rede darnach  tun  by  dej  rates  hulden.  d.  städtechr.  4.145,42; 
ich  ermahne  euch  bei  des  reichs  hulden.  reform,  kaiser  Sigmunds 
von  1436  bei  H.  a  Lapide  dissert.  de  rat.  stat.  s.  US. 

c)  bei  meinen  hulden  aber  auch  als  bekrdßigungsformel ,  so 
wahr  ich  treu  bin  (nach  hulde  l): 

gnediger  herr,  bei  meinen  hulten, 
damit  eur  fürstlich  gnad  ich  bin 
verwand  und  zugethau  vorhin, 
so  will  ichs  alls  mit  fleisz  verrichten. 

J.  AvBER  141^  (719,  19  Keller). 

d)  mit  hulden,  mit  gunst,  erlaubnis: 

ich  var  mit  iuwern  buhlen  herren  unde  mäge. 

Hartsa;»;«  v.  Aue  licder  22,  4  ; 
ich  sprach,  o  brüder  ich  euch  haisz, 
wann  ewren  namen  ich  nit  waisz. 
mocht  ichs  mit  hulden  von  euch  han, 
ich  bitt  euch,  laszi  mich  den  verstan. 

i.    V.    ScUWARZKrtBERb    151. 

e)  die  hulden,  auch  boldseligkeiten ,  süszigkeUen,  annehmlich- 
keüen  (vgl.  das  adjectiv  hold  3,  sp.  1735) : 

sprecht  vom  lieben,  theuern  heerd? 
von  des  friedens  hulden? 

FocQUE  im  frauentatchcnbuch  von  1818  s.  34. 
HLLDE,  adj.  gnädig,  geneigt:  so  werden  dir  gott,  die  enget 
und  menschen  hulde.  M.  Neasdeb  mcnschensp.  119'. 

HLLDE.N,  verb.,  wie  ahd.  huldan,  mhd.  hulden,  nach  ver- 
schiedenen bedeutungen  des  oben  aufgeführten  hulde. 

I)  treue,  dienstbarkeU  geloben,  vom  äiener  oder  unUrthanen 
grgcn  einen  herrn.     Es  heiszt 

a)  einem  hulden:  nun  het  der  inarggrave  du?  laut  alles, 
er  und  sein  helfer,  inne  und  da  verbrant  allenthalben,  wa; 
aber  nicht  verbrant  was,  da;  het  im  gehuIdeL  d.  slädlechron. 
2, 132, 2 ;  die  burger  entpliengcn  in  als  iren  herrn  mit  fro- 
lichcm  herzen  und  huldten  im.  Aimon  bog.  ¥  l ;  gebot  Bein- 
hart allen  seinen  undertbanen  . .  das  sie  seinem  siin  Aymonet 
IV.  II. 


hulden  sollen.  Tl;  wenn  unlersassen  irem  herru  huldeten. 
Llther  4,326';  wenn  ein  fürst  einen  eid  foddert ,  das  man 
im  hulde.  5,385';  wenn  man  zu  Leipzig  gefraget  würde,  ob 
man  herzog  Georgen  daselbst  hulden,  und  im  unterthan  sein 
soll.  6, 14';  huldet  dem  sone,  das  er  nicht  zürne.  3,  3S5'  (nach 
ps.  2, 12,  wo  aber  Llther  in  den  text  küsset  den  son  gesetzt 
hat,  veryl.  Bindseils  bibel  3  s.  63  zu  dieser  stelle);  der  Rhein 
auf  bisz  ghen  Basel  huldet  im  (dem  könige),  Basel  weit  im 
ab^  nit  hulden.  Frank  Germaniae  chronicon  (ib3>i)  194*;  da 
huldeten  im  alle  freiherrn,  obersten  der  sladl.  c/iroiijca  204*; 
so  nuhn  ihn  die  fürsten  zu  einem  keiser  haben  wollen,  .  . 
so  wolle  er  gern  weichen,  und  der  erst  sein,  der  ihm  hul- 
dete.  ZiSKGRjiF  apophth.  l.2ü; 

damit  der  söhn  auf  euch  nit  zornig  sei, 
so  huldet  ihm  und  geht  ihm  ehrcuküsse. 

Opitz  i)sulmen  s.  14. 

in  der  formet  hulden  und  schwören :  da  nötet  der  marggraf 
und  die  sein  und  der  bischoflf  von  Bamberg  und  ander  sein 
helfer  alle  die  pawern ,  die  den  von  Nürmberg  zustunden, 
da;  sie  in  hulden  und  swern  musten,  furbasz  in  die  gült  zu 
raicbcn  und  für  herrn  ze  haben,  d.  städtechr.  2, 167,  12 ;  wie- 
wol  .nun  ich  dem  lahdvogt  im  nanien  ewer  k.  mt.  gehuldet 
und  gesworn.  Urkunde  Max.  2S8;  (dasz  der  kaiser)  noch  viel 
weniger  dem  bapst  hulde,  und  treue  unferthenigkeit  schwere. 
Luther  1,  300* ;  wir  haben  in  der  tauf  nicht  dem  bapst,  son- 
dern Christo  geschworen  und  gehuldet.  376*;  wenn  einer  von 
seinem  herrn,  dem  er  geschworen  und  gehuldet  hat,  abfeit, 
und  den  geschwornen  eid  nicht  hell.  4,64';  dasz  ihr  meine 
tochter  empfahen ,  und  ihr  euwer  leben  bekennen ,  und  ihr 
huldet  und  schweret,  als  euwer  frawen.    buch  d.  liebe  26b* ; 

so  musz  nu  hinfurt  eur  herr  sein 
mein  junger  bruder,  der  Keinmundt, 
und  ihr  solt  ihm  zu  dieser  stundt 
als  eurm  erbberrn  huiten  und  scbwern. 

J.  AiRER  344»  (1725,  7  KeUer). 

einem  hulden  auch  als  herrn  haben ,  ergeben  sein :  die  Bur- 
gunder hulden  dem  s.  Andres  für  ein  patronen.  Fischart 
ijienk.  183': 

wiltu  der  Faulheit  (personificierl)  hulden,      * 
so  mustu  armuti  dulden. 

meisterijes.  ms.  gcnn.  Bert.  fu.  23,  nu.  SS. 

b)  zu  einem  oder  etwas  hulden :  von  ihren  fendlin,  darzu 
sie  gehuldet  und  geschworen ,  entlaufen.  Reutter  t.  Spejb 
ktiegsordn.  s.',i; 

fünfzehen  könig  bei  treu  und  ehr 
haben  zu  mir  gehult  und  geschworn. 

J.  AiREK  316'  (15S1,  10  Keller). 

auf  etwas  hulden:  hat  nit  gewolt,  dasz  man  schwüre  und 
huldet  auf  sein  Satzungen.    Micyll.   Tac.  3o'. 

c)  das  particip  gehuldet  von  einem  der  den  treueid  geschworen 
hat :  er  vcrheiszet  sich  getreu  zu  sein  mit  allen  seinen  unler- 
sassen, e.  ko.  wilden  und  dem  reiche  zu  Polen,  gleich  als 
es  sich  geziemet  und  angehöret  einem  gchuldeten  und  be- 
lehncten  fürsten  seinem  erblichen  herrn.  Waissel  cAron.  (1559) 
27^*;  auf  das  du  uns  und  unsern  nachkommen  und  dem 
reiche  zu  Polen  getreu  bist  und  ein  gehuldeter.  279*;  einem 
gebuldeten  und  belehnelem  friedsamen  fürsten.  ebenda. 

2)  hulden,  iw/»  höhern  gegen  den  niedern,  mit  huld  behan- 
deln, gnädig  sein;  mü  dem  accusaliv:  aber  keiserlicb  mayestat 
dorft  sy  nit  hulden  oder  zu  gnaden  annemen.  S.  Frane  chronica 
247';  befridet  und  huldet  er  das  landl.  178'; 

Chaira  ist  gehaiszeo  mein  nam. 
meinem  brüder  Abel  ward  ich  gram, 
iJ,j-z  in  i.'i)t  hiilil.'i  ba»z  dann  mich. 

ScuADi  tat.  «.  pasqu.  2,  178,  98 ; 
auch  mhd.: 

w,!/,  i^i.  iii^  iluii  besten  rät 
j:ot  ze  tröste  der  kristenheit  gegeben  hat, 
der  uns  mit  im  gehuldet  hat     um  sioen  strengen  zom 
bat  hin  geleit? 
minnef.  1,3:19'  Hagm. 

3)  sich  mit  einem  hulden,  amicitia  jungi:  mit  der  Stadt 
s.  Gallen  huldet  sich  dieser  abt  träffealich.  Sruxpr  bei  Frisch 
1,474*.     vgl.  huldschaft. 

4)  in  etwas  hulden,  willigen: 

der  rath  ist  gnot,  ich  hulden  driu.    Iraij.  Joh.  iiviij. 

5)  jetzt  und  bereits  seit  dem  17.  jahrh.  ist  hulden  ganz  von 
huldigen  vcrdr'ingl,  s.  d. 

HULDER,  m.  courmarher,  liebhahcr.  Lessing  11,625  (beitrage 
iu  einem  Jeutsciten  gloisarium)  aus  unbekannter  quelle. 

119 


1891 


HULDERFlI.Ll  —  HULDIGEN 


HULDIGEN—  HULDIGUNG 


1892 


HÜLDERFLLLT,  pari.  : 

vielleicht  verbirgt  er  sich  im  reJen  und  im  schweigen, 
!^ein  bulderriilltes  herz  nicht  gar  zu  früh  zu  zeigen. 

IIagkdor!«  1,  6',. 
HULDGEKOSE,  n.    gckose    der    liebenden    gesinnung    (vcrgl. 
huld  3); 

(in  Venus  ijUitel)  war  witz  verwebt,  von  gut'  erzeugt, 

und  ah!  das  süszo  huidgekose, 

da«,  gleich  dem  milden  öhl  der  rose, 

sogar  des  weisen  herz  beschleicht.    Borger  63*. 

HULDGESICHT,  »i.  facies  indulgenlior,  vultus  ereclior.  Stie- 
LEK  2023. 

HULDGESPRÄCH,  n.  freundliches,  geneigtes  gespräch: 

es  schmarzt  und  jamert  mich,  dasz  ich  ietz  mus  entpären 
der  lieben  gegenwart,  des  huld-gesprachs,  der  lahren  (lehren). 

ROKPLER  äl. 

HULDGESTALT,  f.  freundliche  gestaU: 

da  werden  deine  (Wiens)  theuren  huldgestaltcn 
in  lieb  uad  Sehnsucht  meine  seele  spalten. 

KöH>ER  teier  u.  schmert  35. 

HULDGOTTIN,  f.  seit  dem  17.  jahrh.  Übertragung  von  grazie 
{älter  war  Luidin  in  diesem  sinne  oben  sp.  1*38,  s.  auch  huldin) ; 
schon  bei  Stieler:  huldgöttinnen,  charitcs,  grutiae  6S6;  die  übel, 
die  über  euch  kommen  werden  ,  wenn  ihr  die  luusen  und 
huldgöttinnen ,  mit  ihrem  gefolge  von  scherzen  und  freudcn 
des  landes  verwiesen  habt.  Wielanü  13,147(145): 

wo  Chloe  sasz  und  niaienblumeu  pOückie, 

gleich  einer  jungen  huldgölün.     IIölty  125  llalm; 

(überall)  sieht  er  die  huldgöttiuuen  spielen. 

ScuiLLEK  äie  kunstler  v.  300; 
huldgöiiinnen  altern  nie.    Bürger  ö3'. 
HULDIG,  adj.    huld   habend;    ahd.  huldig  placabilis  (Graff 
1,916),  mhd.  huldic  geneigt,  freundlich  (Lexer  1,13S0);  nhd.  in 
rttchr fächern  sinne: 

1)  nach  hulde  1,  treu  wie  ein  unlerlhan  gegen  seinen  Iwrrn; 
ein  huldiger  herr,  ein  lierr  dem  man  treue  gelobt  hat :  de  nemen 
(nahmen)  ön  vor  ein  huldigh  heren.  Haltaus  969  (aus  script. 
Brunsvic.  3,  399) ;  sich  huldig  mactien,  den  treueid  leisten :  zum 
beispiel  will  ich  setzen ,  dasz  ein  höriges  kind  sich  auszer- 
halb  landes  oder  nur  auszer  hofrecht  (extra  curtem)  besetze, 
und  einem  andern  herrn  huldig  mache  .  . .  fällt  dann  diesem 
kinde  hiernächst  ein  erbe  zu,  so  musz  es  zurückkommen  und 
sich  auch  huldig  machen,  dann  ist  es  ein  höriger  und  hul- 
diger erbe,  wie  es  die  hofrechte  nennen.  Moser  patr.  pliant. 
3, 1&7. 

2)  nach  hulde  2  ufid  3,  gütig,  freundlich:  der  .  .  knaben- 
huldigen  nachtsonn,  fraw  Mona  {mit  anspielung  auf  Endymion). 
Fischabt  groszm.  93; 

gestern  war  der  freund  mir  huldig.  RSckert  128; 
abhuldig,  viisgünstig,  unfreundlich:  es  ist  durch  meine  un- 
verursachte  abhuldigc  und  widerwertige,  auch  derselben  an- 
henger  und  hclfer,  ain  erdichter  und  uuwarhafler  leumut  uff 
uns  auszgangen.  gedruckt  ausschreiben  von  Heinrich  detn  dllern 
burggr.  zu  Meiszen  u.  herr  von  Hauen  vom  17.  juni  1532. 

HULDIGEN,  verb.  huldig  machen,  huld,  abhängigkeit  darthun; 
in  verschiedenem  gebrauche. 

1)  aU  ist  die  reflexive  fügung,  sich  huldigen,  sich  unterwerfen, 
sich  in  unlerthanigkeit  geben :  daj  wir  llen  unsih  ime  (golt) 
gehuldigcn.  Graff  4,917;  Tschytscheil  .  .  und  ander  neben- 
flecken sich  von  stund  an  huldigen  und  an  e.  ml.  ergeben. 
urJt.  Max.  240 ;  wir  haben  Weiden,  das  sich  gestern  auch  ge- 
huldiget und  in  e.  mt.  henndc  zu  ergcbn  gepracht.  ebenda; 
Civitat  . .  werde  sich  huldign  und  ergeben,  ebenda. 

2)  häufiger  einem  huldigen:  omagium  prestnre,  huldighen, 
den  berren  borsain  loven  Dif.f.  nov.  gloss.  iOh";  dar  wart  dem 
bischop  gehuldiget  van  dem  rade  und  der  meinheit  na  wise 
und  wonheit,  als  de  huldinge  plecht  to  (o  gan.  d.  slädtechr. 
',A{h,  Vi  (Magdeburger  schOppenchronik) ;  waim  die  uiiterthanen 
einem  furslen  huldigen  sollen.  Löiineys  rei/ter&uni(  (1679)  90*; 
ich  hoffe,  ein  cbrisle  bleiben  zu  dörfen,  da  ich  euch  huldigle 
{baniel  tu  Franz  Moor).  Schiller  rduber  4,2;  so  huldigten 
>ie  ihm  narb  alter  sitle  auf  fränkischer  erde  als  Karls  des 
groszen  nachfulger  und  kOnig  der  Franken.  Giesebrecut  geuh. 
der  deutschen  kaiserzeÜ  (l8«o)  1,243; 

erneuert  iit  der  glänz  der  allen  kröne, 
und  Frankreich  huldigt  seinem  königsiohne. 

Schiller  juuijji .  vnn  Orlcant  4,  1. 

S)  dat  part.  gehuldigt  von  einem  der  gehuldigt  hat:  gcbul- 
difrle  Lauern,  die  grenzbaunn  in  Ungarn,  die  dem  Türken  und 
dem  kOntg  in  Ungarn  gehuldigt  lubeu,  einem  jeden  amudeuten, 


wann  ihn  der  andere  mit  volk  überziehen  will.  Frisch  1,474';  — 
orfer  dem  gehuldigt  worden  ist:  die  gesicherten  und  gehüldigten 
(denen  Sicherheit  und  huldigung  geleistet  ist),  fuszknechl-liestaltung 
von  Speier  1570,  tit.  17  (s.  die  stelle  vollständig  unter  huldigung  l); 
neben  dem  gehuldigten  lehenherren  stand  sein  justizdepar- 
temcnl,  .  .  nämlich  h.  Kolb,  der  gerichlhalter.  J.Paul  uns. 
löge  1, 176. 

4)  die  neuere  spräche  braucht  huldigen,  in  anschlusz  an  rfi/ 
bedeutung  2,  freier,  in  poetischer  spräche: 

an  jenes  feisens  andrer  seile  liegt 

am  grünen  hang,  ein  arlig  haus  ver.'^l'iickt, 

dich  zij  bewirihen  keineswegs  gebaut; 

allein  bereit,  dich  (köiiig)  huldgend  zu  empfangen. 
Göthe  9,  250; 
einer  frau  huldigen : 

sie  (Thekla)  fanden  sich  in  ihres  vaters  armen, 

in  einer  neuen  weit,  die  ihnen  huldigt. 

Schiller  Piccol.  3,  4 ; 
der  Schönheit,  liebe,  macht  huldigen: 

wie  der  regen  des  mais  über  die  biüthen  träufi, 
naht  die  liehe;  des  Jünglings 

seele  zittert,  und  huldigt  ihr!    Holtt  96  Halm; 
und  zwischen  trug  und  Wahrheit  schwebet 
noch  zweifelnd  jede  brüst  und  bi-bet, 
und  huldiget  der  furchtbarn  macht, 
die  richtend  im  verborgnen  wacht. 

Schiller  kraniche  des  Ibykus; 
sieh  uns  hier,  das  glas  erhoben, 
huldigen  der  schönlieit  macht.    R.  Reinick  tiedcr  323; 

einem  geschmack,  einer  richtung,  neigung,  lehre  huldigen; 
man  musz  nicht  unbedingt  dem  zeitgeiste  huldigen ;  sobald 
sie  (frau  von  Stael)  aber  fremden  einflüsterungen  gehorcht, 
sobald  sie  einer  schule  huldigt,  deren  wesen  ihr  ganz  fremd 
und  unbegreifbar  ist.  H.  Heine  6, 17;  selbst  der  noth  huldigen: 
und  huldige  der  noth.    Gotter  2,  28. 

5)  einem  etwas  huldigen,  huldigend  bringen  oder  leisten: 
aber  sieh,  wie  langmülhig  ich  bin  —  ich  biete  dir  eine  be- 
lohnung  für  das,  was  du  mir  huldigtest  (als  untcrthan  geleislel 
hast).  Schiller  rduber  4,2;  in  gehobener  ipraclu:: 

sie  (Cäcilia)  huldigte  in  milder  zarter  :ichöne 

als  meisterin  in  jeder  kunsi  der  töne 

dem  glauben  ihr  begeistert  lied.    Kohneh  1,  227. 

HULDIGUNG,  f  das  huldigen,  seit  dem  m.  jahrh.  für  huldung 
(s.  d.). 

1)  gelöbuis  der  treue  von  seilen  der  unteithanen  an  die  hei- 
schaß:  habt  ir  von  uns  gefoddert  huldigunge,  dazu  wir  uns 
willig  ergeben.  Waissel  chron.  (1559)  175";  sie  (dw  fuszknechle 
bei  der  einnähme  eines  Schlosses  oder  einer  Stadt)  sollen  auch  die 
gesicherten  und  gehüldiglen  bei  der  Sicherung  und  huldigung 
bleiben  lassen,  und  niclil  weiters  gegen  ihnen  fürnemmen  und 
handien,  fuszknecht-beslallung  v.  SfH'yer  1570,  tit.  17;  wer  landes- 
herr  ist ,  dem  gebühret  auch  die  erb-  und  landes-huldigung. 
PisTORius  thes.  pur.  4,  91 ;  mit  den  erzstiflischen  ständen  und 
der  Stadt  Magdeburg  über  der  bevorsteh«nden  huldigung  Un- 
terredung zu  pflegen.  Drevhaopt  Saalcreys  1,458;  der  lange 
Kunz  sagte  uns,  dasz  heute  keine  schule  sei,  wegen  der  hul- 
digung (/iüc/(  einem  stattgehablen  regierungswechsel).  H.  Heise 
1,  233.  Es  heiszt  huldigung  thun  orftT  leisten,  homaijium  prae- 
stare.  Frisch  1,474';  huldigung  ablegen:  welcher  gestall  die 
erzstiflischen  berren  stände  sich  nach  dem  friedensschlusz 
i.  churfürstl.  durchl.  dieevcntual-huldigung  zu  leisten  eiklähret. 
Drevhaupt  Saalcr.  1,466;  dasz  sie  nurt  mit  dem  handschlage 
die  huldigung  thun  .  .  möchten.  476;  unserin  gnädigsten  herrn 
die  eventual-huldigung  abzulegen.  474.  —  die  huldigung  auf- 
sagen, das  abgelegte  treugelübde  fernerhin  ßr  unverbindlich  er-' 
klären :  so  sagen  wir  riltcrschafl  und  slädte  des  bundes  euer 
ehrwiirdigkeil  auf  huldigunge  und  alle  pilicht  von  der  hul- 
digung. Waissel  chron.  175'. 

2)  ir»  der  neuern  spräche  gern  in  freierem  gebrauche  (vgl.  oben 
Luidigen  4):  Schillers  huldigung  der  kün«te; 

licrtog.     erneute  huldigung  gi-üiatte  mir. 

Luijenie.  zu  ewigen  vaballen  iiinini  uns  an.    Goihe  9,266; 

Johaniiuü  »chun.sit'r  irhmuck, 
kenn  irh  .sie  recht,  ist  ihr  bcsrhcidncs  hcri. 
der  huldigung  des  groüztuii  ist  sie  werih. 

Schiller  Jungfrau  3,  4  ; 

an  mann  und  weib,  alt  oder  jung, 

xiehu  (i/iii  titumchin  Wundeiholii),  wie  ein  talimnan, 

der  «rhoiision  xeelen  huldigung 

unwid«r»lchlich  an.        llftRGi>i(  «4*; 

«X  hat  «Ich  dir  ein  caiil"  i. 

der  jcdcü  hrri  riir  hiil'! 

Körner  2, 1 . .  i,  getungen  liatl,) , 


1 893       HULDIGUNGSBRIEF  —  HULDPFETZ 


HULDREICH  — HÜLE 


1894 


der  gmsz  der  liebe  von  dem  treuen, 

der  ohne  gegenliebe  schwur 

dir  ewig  huldigung  zu  weihen, 

wie  der  allwaltenden  natur.    A.  W.  Schlegel  1,  25. 

der  plur.  huldigungen  von  tciderholten  oder  allgemeineren  bezeu- 
gungen  der  ergebenheit: 

Anna  wird  im  land  besungen 

als  die  allerschönste  frau, 

sie  empfängt  die  huldigungen 

wie  die  rose  ihren  thau.    Lbsau  neue  ged.  292. 

HCLDIGUNGSBRIEF,  m.  brief,  Urkunde  über  eine  huldiqung : 
die  zwei  neuesten  huldigungsbriefe,  als  kaisers  Ferdinand!  III 
und  erzbischofif  Augusti.  Dreyhadpt  Saakr.  l.  474.  in  freierem 
sinne:  weil  der  decan  für  zahlreiche  Zusendung  theologischer 
werke  und  bewundernde  huldigungsbriefe  von  dem  fürsten  be- 
reits das  comthurkreuz  seines  ordens  erhallen  hatte.  Frevtag 
handschr.  2, 164. 

HULDIGUNGSEID,  m.  eid  bei  der  huldijung:  sie  wollen  den 
gewohnlichen  huldigungseid,  so  ihnen  vorgelesen  werden  soll, 
mit  aufgerichten  fingern  wirklich  abstatten.  Löhneys  regier- 
kunst  (1679)  90'. 

HULDIGUNGSFORMEL,  f.  formet  ßr  die  huldigung. 

HULDIGUNGSLEHEN,  n.  lehenuaare,  welche  die  unterthanen 
einem  neuen  eriherrn  entrichten,  wenn  sie  ihre  giUer  von  ihm  in 
lehen  nehmen,  weil  sie  gleich  nach  der  erbhuldigung  entrichtet  wird. 
Adelung. 

HULDIGUNGSLIED,  n.  einer  schönen  huldigendes  lied.  Bür- 
ger s'  Überschrift. 

HÜLDIGUNGSMÜNZE ,  f  münze  zur  feier  einer  huldigung 
geprägt,  und  vertheilt  oder  unter  das  volk  geworfen:  eine  frau 
wie  diese  . .  hatte  aus  den  bänden  der  natur  selber  die  hul- 
digungsmünze.  J.Paul  Hesp.  3.  20S;  unglaublich  steigerte  die 
musik  seine  Zuneigung  zu  unverheifatheten,  er  hörte  die  hul- 
digungsmünzen  klingen,  die  er  unter  die  lieben  warf,  ßegelj.  2,71. 
danach  huldigungspfennig,  huldigungsgroschen ,  huldigungs- 
tbaler. 

HULDIGUNGSPFLICHT,  f  pßicht  zur  huldigung:  die  hul- 
digungspQicht  i.  churfürstl.  durcbl.  unterthänigst  abzulegen. 
Dreyhaüpt  Saalcreys  1,  477.  auch  Schriftstück  in  welchem  diese 
Pflicht  formuliert  ist:  verlasz  {verlas)  die  huldigungspflicht.  479. 

HÜLDIGUNGSPREDIGER,  m.  der  die  predigt  zur  feier  einer 
huldigung  zu  thun  hat.  i.  Paul   Tit.  2,  96. 

HULDIGUNGSPREDIGT,  f :  eodem  ist  . .  eine  huldigungs- 
predigt  in  der  stadtkirchen  zu  Saltze  angeslellet  worden. 
Dreyhacpt  Saalcreys  1,476. 

HULDIGUNGSS.\AL ,  m.  saal  m  welchem  die  huldigung  ge- 
schieht:  eine  zuscbauer-loge  am  huldigungsal."  J.  Paul  Tit. -2,91. 

HULDIN,  /■.  in  :wei  bedeulungen. 

1)  in  der  formel  frau  Hnidin  wie  frau  Hulda  oben  sp.  1S87: 
Herodes  und  seine  fraw  Huldin,  die  alte  Berchte,  müssen  ir 
land  mit  dem  rücken  ansehen.  Mathesius  fastenpred.  86*. 

2)  in  neueren  quellen  wie  holdin  sp.  1738,  grazie,  auch  freier 
bezeichnung  einer  anmulreiclien  person:  die  huldinn  Mecour 
{eine  Schauspielerin).  Gotter  1,  271 ;  die  begierde  die  jeder 
mensch  hat,  die  hulbin  und  infanlin  seines  freundes  zu  sehen. 
J.  PwLHesp.  1,62;  ihr  sollt  meine  nachtigall  hören,  die  sanft- 
zaubernde huldin,  die  beseelerin  der  näcbte!  Götiie  14,92; 

eine,  die  an  Jugend  und  an  witz  und  silte, 
und  an  jedem  liebreiz  der  huldinnen  dritte.    Ramler  1,97; 
aber  täglich  begrüszt  dich  (Vfnu.^  Urania)  die  gerecht        it, 
die  nun  unter  uns  bleibt,  dich  die  tief  forschende 
Weisheit,  leichtes  gesprächs,  dich  die  verschwiegene 
freundschaft,  deinen  huldinnen  gleich.    101 ; 
das  war  ein  mädchen,  traun,  das  war 

ein  mädchen  zum  entzücken, 

huldinnen  ähnlich.     IIöltt  19  Halm; 

einen  sessel  ergriff  Aphrodite,  die  huldinn  des  lächelns. 

Borger  211'. 
der  sing,  alterthümelnd  huldinne: 

sei  süsz  mir,  o  huldinne,  « 

sei,  wehrauth,  mir  gegrüszt! 

Ar;»dt  geit.  {1840}  <t.  271  (an  itie  wehmul). 
HüLDLÄCHELN,  n.   lächeln  als  zeichen  der  gnade  oder  ye- 
uogcnheit.  Klixger  3,42. 

HüLDLUDER,  n.  lockmiUel,  um  huld  oder  geneigtheit  jemandes 
zu  erwerben:  {eine  ehefrau  die)  sich  beflciszet,  inn  ir  selbs  das 
heurahtgut,  den  adel,  das  huldluder,  den  libzwang  und  das 
je  länger  je  lieberkraut,  ja  den  huldreizenden  venusgürtel  zu 
haben.  Fischart  ehz.  435. 

HULDPFETZ,  m.  zwick,  kneipen  aus  liebe:  sein  {des  ehe- 
mannes)  streich  halt  sie  {die  gute  frau)  für  huldpfelz.  Garg.  70*. 


HULDREICH,  adj.  gratiosus.  Stieler  15s2 ;  in  passivem  sinne 
nach  einer  etymologischen  bemerkung  Luthers:  wir  künnens  nicht 
besser  nennen,  denn  holdselig,  dem  jederman  hold  und  günstig 
ist ,  davon  unser  deutscher  name  Huldereich  gemacht  ist. 
4,179*;  jetzt  in  aäivem  sinne,  reich  an  huld,  reichlich  gnade 
zeii;end:  schon  hebt  sich  der  ernst  von  des  fürsten  stirne 
hinweg,  huldreich  sieht  er  mich  an,  wie  in  jenen  tagen,  als  er 
mir  diese  kostbaren  gemählde  unvermuthet  schenkte.  Göthe 
14,170; 

wie  hat  (golt)  dein  väterlichs  erbarmen, 

wenn  wir  gar  oft  in  sünden-strudel  kommen, 

auf  erden  dort  sich  unser  armen 

so  huld-  und  liebreich  angenommen!    Brockes  3,643; 
an  die  stelle 

huldreich  vertraulicher  herahlassung 

war  feierliche  förmlichkeit  getreten.    Schiller  Kcco/.  2, 2. 

HULDREIZEND,  part.  zur  huld,  liebe  reizend:  den  huld- 
reizenden VenusgürteL   Fischart  ehz.  435. 

HULDSAM,  adj.  anmut  habend,  lieblich:  sie  war  schön  und 
geberdhuldsain.  ehz.  30. 

HULDSCHAFT,  f  {neben  gewöhnlichem  holdschaft  sp.  1739) 
Zuneigung,  liebe,  gunst:  von  simonei  der  buler,  so  sie  mit  der 
huldschaft  treiben.  Garj.  20*;  gnade,  huld:  du  gnädiger  Jesu, 
der  du  die  sünder  annimmst,  ach  nimm  auch  mich  in  deine 
huldschafl  auf.  Otho  676;  freundschaft,  freundliche  Verbindung: 
der  abt  stund  in  groszer  huldschaft  mit  den  fürsten.  Stdhpf 
bei  Frisch  1,  474*. 

HULDTRANK,  m.  lisbestrank:  ich  sihe  nun  wol  das  die 
Verzauberung  und  huldtränk  in  deiner  person  selbs  stecken. 
Fischart  ehz.  434. 

HULDUNG,  f.  treugelöbnis  der  unterthanen  gegen  den  heim: 
homagium  huldunge  Dief.  279*;  als  er  nun  gepürlich  huldung 
von  den  venvandten  des  reicbs  forderet.  S.  Frans  chron.  192*; 
häufig  in  der  Verbindung  huldung  thun :  auf  das  tetten  im 
huldung  die  von  Frankfurt,  deutsche  städtechr.  3,  27S;  inen  zu 
schweren  und  huldung  zu  thun.  bei  Lcther  3,106';  montags 
nach  Jobannis  des  heiligen  teufers  haben  bürgermeister,  raht 
und  gemeine  stad  Augsburg  röm.  keiser.  maie.  huldung  ge- 
than  .  .  .  und  die  huldung  ist  geschehen  mit  aufgereckten 
fingern.  5,  33' ;  so  thun  die  leute  recht,  dasz  sie  den  kaiser 
annehmen,  und  thun  ihm  huldung.  Melanchthon  6,619  Bret- 
schneider;  dasz  sie  {die  räthe)  von  der  ritterschaft  und  Städten, 
geistlich  und  weltlich,  alier  stände  des  landes  Preuszen,  hul- 
dung thun  sollen.  Waissel  cAron.  (1559)  2S3*.  seit  dem  17.  jÄ. 
durcA"  huldigung  verdrängt. 

HULDUNGSPFLICHT,  f  pßicht  zu  huldigen: 
wie  er  in  letzten  zelten 
dan  schier  dem  Paulus  cleich  gewünscht,   aus  allem  streiten 
bald  aufgelöst  zu  sein,  aamit  der  freie  geist 
leib-lädig  seinem  gott  die  huldung^pflichten  leist. 

RoiPLER   117. 

HÜLE,  f  alte,  bereits  sp.  1715  erwähnte  form  für  höhle:  da; 
sü  von  sime  anegesiht  flulient  und  sich  wider  in  ir  hüle  leitenl 
{se  in  concavis  .  .  reponerent).  d.  städtechr.  8,  52,  27 ;  ihr  wiszt 
die  ersten  menschen  wonlen  in  Lülcn,  da  begab  sich  oft, 
das  die  wilden  thier  und  menschen  wollen  vor  ungewitter,  kalt 
oder  hitz  inn  eine  httl  schliefen ,  da  wolt  keins  das  ander 
einlassen.  Garg.  194*;  der  fürst  oder  regent  über  das  stille 
meer  und  dessen  hülen.  Simpl.  2,77  {vorher  i.76  kehreten  wir  . . 
durch  eine  andere  hole  aus  dem  meer  in  das  cenlrum  terrae); 
sein  bule  war  vom  blut  gesprengt. 

Spremc  afii.  (1610)  58". 

HÜLE,  f.  sumpf,  pßtze,  das  ahd.  huliwa,  mhd.  hülwe,  in 
älteren  quellen  wie  noch  jetzt  in  oberdeutschen  mundarten  fort- 
lebend:  palus  hül,  hulgen  Dief.  40s';  locus  hulgen  316";  lacus 
tief  hulben,  see,  püczen  nov.  gloss.  227' ;  nachdem  und  oft  ein 
hüll  und  pöser  wege  ist  in  den  zeun  und  gerten  vor  der 
stat.  Tuch  ER  baumeisterb.  204,13;  teich,  stehendes  wasser  im 
allgemeinen :  man  lest  den  Viscbpach  gern  durch  dieselben 
hüll  laufen  ein  stund  oder  zwue  und  füllt  die  hüll  von  fewers 
wegen,  auch  darumb,  das  das  wasser  nit  als  übel  schmeckt 
{rieclU).  238,35;  {zur  Verbesserung  der  luft)  die  sümpf,  hülen, 
lachen,  inn  ein  flieszend  wasser  zu  richten :  dieweil  kundbar 
ist,  das  solche  mosz,  mur  und  pfutzcn  iaule  dämpf  erregen. 
Sebiz  feldb.  8; 

di  frösch  quaken  in  iren  hulen.    H.  Sachs  2, 1,  88'. 
jetzt  noch  schwäbisch  hile ,  hilb  wassergrube.    Schmid  277;    batr. 
hül ,   hulgen ,  hülwen ,   hohlung  im  boden  mit  wasser  angeßllt, 
lache.  ScHM.  1,  1084/".   Fromm,  mit  manchen  Weiterbildungen,  auch 
in  Ortsnamen,     vgl.  auch  gülle,  und  unten  hüilmoos. 

119* 


189J 


HÜLER  — HULKENBOLD 


HÜLLE 


1890 


HLLER,  tn.  als  sclumpfuofl :  also  gieng  einer  zu  E<opo  und 
«prach  zu  im,  ach  du  mein  schöner  knabe,  sag  mir  warumb 
ha«tu  so  innicklichen  gelachet,  sprach  Esopus  du  hülcr.  do 
sprach  er  was  Liilers  bin  ich.  Esopus  sprach  gehe  an  galgen 
du  wüste  sau.  Steinhöwei.  (1555)  5'.  die  nähere  bedeidung  bleibt 
unklar. 

HÜLFE,  und  composüa,  s.  hilfe. 

HLLFTJER,  f.  behdltcr  am  sattel  für  pistolen.  ursprünglich 
name  für  eine  decke  oder  ein  hehältnis  überhaupt,  corylus  trird  ver- 
deutscht theils  arnprustschcid,  theils  pogenfuoter,  theüs  kodier, 
theils  hulfter,  hülfe,  hoifte  Dief.  15l'.  hukilum  heiszt  hulit, 
salil-hulft ,  hulf  und  mit  einer  $^-ableilung  hülst  2Sl',  welche 
letztere  form  zu  goth.  hulistr  decke,  schleier,  einer  ableitung  von 
iuiljan  hüllen,  tritt;  vergl.  mhd.  hülst  und  hulft  decke,  hülle 
Bbn.-MCi.ler  l.CSO'.  schueij.  heiszt  noch  hulf  'rfas  auf  dem 
schullerbein  eines  pferdes  liegende  sätlelchen,  wodurch  ein  riemen 
gezogen  wird,  an  dessen  ende  zu  beiden  seilen  ein  eiserner  ring 
angebracht  ist,  in  welchem  die  arme  eines  wagciis  ruhen  (Stalder 
2,  61).  —  hulfler  ist  nachweislich  seit  dem  10.  jahrh.  als  name 
für  den  pisloknbehäller  verwendet:  holflcrn  sive  Lulftern  thecae 
bombardularum  Stieler  747;  pislolenhulftern  sclopolhecae  ebenda; 
ein  held,  ein  landzwinger  .  .  kan  nicht  alles  so  geschliffen 
nach  seim  willen  haben:  er  inusz  zuzeiten  mit  keiser  Cyro 
ansz  einer  schmotzigen  beckelhaub  trinken ,  und  mit  dem 
kärntischen  fürslen  ausz  eim  gebichten  filzhiillin ,  und  mit 
könig  Gwischard  ausz  meermuscheln,  und  mit  jenem  vertrie- 
benen könig  ausz  einer  schafschellen,  und  mit  den  hofleulen 
ausz  der  scbwerzgcspickten  hulfter,  oder  gar  ausz  der  schwerz- 
bQchsz.  Gacj.  223*;  seine  hosen  sein  wie  zween  aller  teutscher 
puffert  hui  flern.  schulbossen  {\(JTi)  Ti ;  die  ringe  und  kleinodien 
steckte  ich  in  meine  iiosensäcke,  stiffeln,  hosen  und  pistolcn- 
huiftern.  .Sm/;/.  1,  290  A'urz;  weil  er  mit  einer  pist ölen  hulfter 
zwei  frauen  todt  geschlagen.  Jucnndiss.  147. 

!^euer  ist  für  hulfter  die  form  halftcr  aufgetreten  (s.  oben 
sp.  226  no.  6),  die  sich  doch  schon  im  17.  jahrh.  nachweisen  Idszt : 
auf  welchen  (hengsten),  wie  man  bemerkte,  nur  der  kämpfer 
ein  par  pistolen ,  die  andern  zwei  aber  statt  derer  ein  par 
auf  solche  art  ausgeschnizte  brügel  in  den  aus  alten  stiefeln 
mclamorphosirten  halflern  stecken  hatten.  Winki.er  edelmann 
(I69i)  s.  10;  ein  schönes  rosz,  dem  zu  beiden  seilen  des  sat- 
teis anstatt  der  pistolenhalftern  ein  paar  prächtige  . .  beutel 
befestigt  hingen.  Götiie  24, 324. 

HILFTEHSCHAFT,  ni.  scapus  sclopolhecae,  seu thecarum  sclopi 
pugilldlorii.  Stiei.er  171&. 

HLLGEN,  verb.  ist  für  helligen,  plagen,  quälen,  beunruhvien 
{sp.  974)  geschrieben :  item  hat  der  scheffen  geweist,  dasz  nie- 
mandts  den  andern  im  hochgcricht  Schawenburgh  binnen- 
wendig einer  bannnieilen  zu  liiilgen  oder  zu  liekuuiniern  b;ibe, 
er  iiabe  dann  iimen  erstlicii  ersucht  und  erfordert  guittlich 
r.n  seinen  herrn  und  darnach  richtlich,  wehre  aber  iernandts 
so  freventlich,  dasz  er  sulches  alles  verfolgte,  so  habe  dann 
der  ander  zu  hiilgen,  zu  kümmern,  zu  lieclagen  oder  mit  recht 
anzufallen,  who  ihine  das  allerbcquemlichst  wehre,  weiith.  3,702 
(Lothringen,  von  ir>>i7). 

HLLIG,  adj.  wol  ncbenform  zu  höhlig  sp.  1710,  höhlen  habend, 
hold:  das  podagra  ist  ein  ziirug  in  den  nulrimenten  dieser 
cuagulierung  an  die  gleich,  da  es  sich  anhengt  und  nimmen 
weiter  mag:  ausz  der  Ursachen,  dasz  die  wege  unter  den 
gleichen  nit  billig  sein,  dasz  an  dem  endt  sie  sich  mögend 
setzen.   Faracei.sus  opp.  \,4hQk. 

liÜLK,  IILLK,  m.  luslschiff  mit  flachem  boden,  nebenform  zu 

hülk  sp.  1743:    naris   onerariu,    hokas,    ein  hullich  Apherdiani 

Tyroein.  (läsi)  157;    da^z    es   (das   holz  des  hreuzes)  also  ver- 

manigfaltigl  und  gewaciisen  ist,  dasz  man  wol  sibcn  haupl- 

schiff   oder  Holländer    hulken  darmit  beladen,    belasten  und 

liefmdilfii   niuiht.  Fischaht  bienk.  175*; 

I'   heuen  ein  liülk  mit  wein  genommen. 

Atnlirn.i.  tieäiirb.  no.  215, 5ti. 

IKjLKE.  f  k'ipßuch,  kopfUedeckung,  i.  unter  hülle  i,b. 

lILLkfc.NBOLl),  m.  als  nrhtmyfworl : 

einer  dri  iii«  wiiln 

datZ   (Tri  :'   IHIll   liilln 

Af'j  i.t.  •  t>lii. 

nn.i  '.,ii(fdit, 

.1.1  I. 

l»t  , 

auf  »tun  iiii:k<-ii   lri>'l  iiIht  t.iiul. 
und  im  iloeb  nimmer  nirl  Itrkuniit. 

KiarHMor  fendunm.  4h3*. 
itr  tigenthche  tinn  dts  warte*  id  nitM  klar. 


HÜLLE,  f  decke,  Umhüllung;  subslunlivbildung  lu  dem  fol- 
genden hüllen. 

1)  wie  ahd.  hnlla  (aus  btilja) ,  mhd.  hülle  ttnd  gekürzt  bül 
(Lexer  wb  t,  1380. 1381),  bezeichnet  nttd.  hülle  zunächst  ein  dm 
körper  schützendes  stück  zeug,  als  theil  der  kleidung  oder  als  decke. 

a)  eine  art  mantel,  ahd.  hulla  palla  Graff  4,  S49:  calipson 
bulle  DiEF.  90";  terislrum  sluck  1  bulle  579*;         ^ 

tniegen  si  (die  fniuru)  mcnlel  oder  hüllen  an, 

wie  söiten  danue  die  jiuigen  man 

uf  den  absein  die  schule  gesehen?    Henner  424. 

b)  häufiger  eine  arl  kopfbedeckung,  als  nonne n schleier :  veloinen 
non-sleycr,  augenduch,  unibhank,  bulle,  hultuch  Dief.  009*; 
oder  als  frauenkopfluch :  capitalis  ein  bulle,  hülle  o.  huubttuoch 
97';  kopjbedeckung  überhaupt:  die  hüllen,  hauben,  sunder  der 
weibern.  i'i7/a  Maater  23l';  hülle,  rica,  reticulum,  peplum,  taenia 
Stiei.er  S64,  mit  der  nebenform  liulke,  die  vielleicht  aus  einem 
nieder-  oder  müleld.  bullige  =  hüUunge  erwuchs,  auch  Schottel 
1339  hat  liulke,  rica,  relkulum,  haar  ha  übe ;  auch  in  der  form  höll 
rka  Ai.r.  Cc4",  welche  neben  hülle  sich  noch  in  heuligen  mund- 
arlen  behauptet;  niederd.  hüll,  bullen,  hülle  als  kopfbedeckung. 
mutze,  besonders  auch  weibliche  und  namentlich  verheirateter  frauen, 
under  de  hüll  kamen  einen  mann  bekommen ,  under  de  bull 
trouen,  i'Oii  der  trauung  der  gefallenen,  die  nicht  den  jungfern- 
kranz  tragen  dürfen  {nnt(!egen  in  den  baren  tmuen).  Fromm. 
."•,432;  redensart  he  bett  wat  in  de  hüll  (etwas  im  köpfe).  430; 
in  der  Helgoländer  mundart  hüll  eine  mutze  mit  rauchuitrk, 
bündelhüll  schwarze  haube,  mit  perlen  besetzt,  kirchentracht  der 
frauen,  hüllenduk  weisze  haube,  kirchentracht  der  mddchen.  3,29*; 
nordfries.  hol  kopfbedeckung  für  frauenzimmer,  nordschle.^w.  hol ; 
auch  6o»nsf/i  bille,  kopßuch,  mutze,  haute.  Senn.  l,10t)5  fromm. 
in  Luzern  ist  hülle  eine  kopfbedeckung  für  kinder,  die  Verletzungen 
fce/i»  fallen  vorbeugt,  anderswo  beiileknppe.  Stai.der  1, 159. 

e)  auch  ein  deckbelt  oder  decklachcn  hiesz  hülle:  hui  oder 
bulle  damit  man  sich  bedeckt,  tegumen.  lodex.  voc.  ine.  Iheut. 
k4',  wie  noch  jetzt  bairisch  hille  deckbelt,  oberbett.  Scn«.  1, 10S5 
Fromm. ;  kärnln.  hüll,  hülle  Lexer  145. 

2)  alle  diese  spcciaWedeutungen  faszt  hülle  in  der  Verbindung 
futter  und  hülle,  oder  in  der  reimenden  formet  hülle  und  fülle 
zusammen,  wo  es  das  den  körper  schützende  im  allijemeinen,  klei- 
dung, decke  und  auch  Mach  bezeichnet  (vgl.  dazu  auch  die  stelle 
aus  Steinr.  1,  791  unter  4):  derhalben  nicht  sorgen  noch  geizen 
nach  dem  verdanilichen  gut,  wenn  wir  haben  futer  und  hül, 
daran  wollet  gnflgig  sein.  (L.  Keiser  bei)  Luther  3,421*;  der 
halben  sollen  wir  auch  denken,  das  einem  menschen  nichts 
besser  ist  denn  armut,  das  wir  nicht  uberleng  haben,  sondern 
nur  hülle  UJid  fülle,  umb  und  an,  damit  davon.  4,109*;  da  nun 
die  vierzehen  jar  umb  waren,  und  er  keinen  lohn  veidiencl 
hatte,  denn  hülle  und  fülle,  futter  und  decke,  li'*';  wenn 
man  inen  hüll  und  fülle  gebe,  so  weren  sie  versehen  und 
versorgt,  lischr.  183*;  wir  sollen  uns  genügen  lassen,  wenn 
wir  hülle  und  fülle  haben.  373';  der  biscboff  soll  dann  die 
armen  kranken,  die  yr  brot  nit  mögen  erarnen,  so  vil  ybm 
immer  müglich  ist.  mit  hüll  und  füll  dauiit  (durch  das  opfer) 
erhalten.  S.Frank  c/i;üh.  (1..31)  3ü',t*j  demnadi  merk,  goll  hat 
futer  und  deck,  hüll  und  füll  gentlgsau'  im  vorrhat  vorsehen. 
paradoxa  102*;  wer  aber  umb  solche  zeitliche  gaben  re.  ht 
beten  wil,  der  musz  es  dein  genedigen  willen  und  wolgefallen 
gottes  heimstellen  und  umb  hüll  und  füll  und  sein  bescheiden 
theil  wie  der  weise  könig  Salomon  teglicli  bitten.  Mathksiüs 
S(ir.  40*;  wie  gottes  segen  die  füll  und  hüll,  ja  reicbthumb 
gibt.  Ar.R.  .ipr.  102';  hülle  und  fülle,  rock  und  kröpf,  jujipe 
und  siippe,  kleider  und  narung  ist  zu  diesem  leben  genug. 
l'KTBi  der  Teulschen  weiszheit  {\cm:,)  ;  wenn  ein  fraw  ihren  mann 
soll  lieb  und  wcrth  hallen,  iiukz  er  hüll  und  fülle  können 
schaffen.  Lehmann  163;  wenn  es  dabin  koinnit,  dasz  man  die 
hülle  und  die  fülle  verdienen  sol.  Chr.  W  eise  kl.  leule  M ; 

wa«  von  austcn  kämmen  »oll,   knmm  euch  auch  mit  niiltlem 

hfluren, 
Inbeo,  fnügen,  freude,  troii.  negen,  hiill«,  vAll  und  uufun. 

l.ouiU  3,  Mi,  53  (liochteiliiH'UUTi-'i)i 

weih,  gehl,  gut,  vich,  hülle,  vidle, 

iiriil  w;i.t  (nn.>>t  ern.irb  «ein  wilte,     12S,  52. 

3)  seit  man  mit  fülle  in  der  angegebenen  formet  nicht  mein 
den  liegriff  der  nahrung,  sondern  den  des  uberflussts  verband, 
vi  bidle  und  fiille  dte  hezeichnung  für  ein  überaus  grosses  masz 
i/etiorden,    wöbet    bulle  freilich  nunmehr  in  der  t>edtulun)  piii: 

I    zurücktritt   (vgl.  über   die  eiilwickelung  auch  unter  fülle  Ihfü  V, 
I   ip.  491   403):   wir  wollen  ihm  leinwitnd  lu  weben  verschaffen 


1897 


nÜLLE 


HÜLLE  — HÜLLEN 


1898 


die  hülle  und  die  fülle.  Kotzeble  dram.  $;).  3,253;  sie  halten 
von  allem  die  hülle  und  fülle.  Beckstein  märch.Ui;  in  hülle 
und  fülle  leben,  in  überflusz; 

da  trieb  es  der  junker  von  Falkenstein 

in  hüll  und  in  füll  und  in  Ireude.    Borger  60'. 

4)  die  neuere  spräche  braucht  hülle  im  gcgcnsatz  zu  der  Ver- 
wendung 1  entschieden  als  gewählten,  ja  als  poetischen  ausdruck. 
bei  Stein  BACH  1,791  das  letztere  noch  neben  dem  volksmäszigen, 
uenn  er  aufführt  mein  kleid  ist  eine  alte  hülle,  mihi  amictus 
est  obsolelum  legmcn,  er  hat  eine  schlechte  hülle  um,  male 
vestilus  est,  woneben  das  gewählte  eine  hülle  des  leihes,  corporis 
tegumentum ;  so  begegnet  schon  früher: 

was  hilft  es  dir,  dasz  du  ein  geistlich  kleid  will  tragen, 
und  will  im  herzen  dich  der  lasier  nicht  entschlagen, 
unnöhtig,  dasz  du  wllt  in  wülner  hülle  gehn, 
dein  herz  sei  from,  dein  köpf  mag  wie  ein  Tarier  sehn. 
pers.  rosenlh.  2,  12. 

später,  seil  der  mitte  des  vorigen  Jahrhunderts, 

a)  hülle  kleidunq,  kleidungsslücke :  mein  leichtes  gewand  war 
in  kurzer  zeit  völlig  durchnäszt, . .  und  ich  säumte  nicht,  es 
mir  ganz  vom  leibe  zu  reiszen.  die  pantoffeln  warf  ich  von 
mir,  und  so  eine  hülle  nach  der  andern.  Göthe  24,%;  ich 
hatte  schon  seine  hübschen  kleider,  wie  sie  über  den  stuhl 
hingen,  längst  beneidet,  und  war  er  von  meiner  taille  ge- 
wesen, ich  hätte  sie  ihm  vor  den  äugen  weggetragen,  mich 
drauszen  umgezogen  und  ihm  meine  verwünschte  hülle,  in 
den  garten  eilend,  zurückgelassen.  25,350; 

{Thomas)  war  auf  die  schwelle  gesunken,    er  deckte 
mit  der  hülle  sein  antlitz.  Klopstock  I>,  51: 

und  ihr  mitleid  gab  mir  wenig  speis  und  wenig  hülle  nur. 

Stolrerg  14,  270. 

b)  der  leib  ist  das  kleid,  die  hülle  der  seele: 

welch  ideal  aus  engelsphaniasie 

hat  der  natur  als  niuster  vorgeschwebet, 

als  sie  die  hüll  um  einen  geist  gewebet, 

den  sie  herab  vom  dritten  bimmel  lieh?    BcrcerGO*; 

die  Seele  ward  mir  aus  dem  leibe  gezogen,  und  ich  eilte  in 
jene  gegenden. . .  nun  ist  mein  geist  wieder  hier,  verbunden 
mit  der  irdischen  hülle,  die  inzwischen  als  ein  lebloser  klotz 
zurückblieb.  Göthe  14,160; 

du  starbst?  o  nein !  du  warfst  die  hülle  von  dir, 
die  mit  der  körperweit  dich  höhern  geist  verband. 

Ramler  2,  40; 
ein  finstres  grab,  dort  wo  die  linde  winkt,  umfaszt, 

der  schönsten  seele  schönste  hülle.     HeLTi  48  Halm; 
wanke  naher  Sn  das  Sterbebette, 
wo  Lucindens  hülle  starrt.    141. 

c)  allgemeiner  jedes  deckende,  bergende,  umschlieszende,  oß  mit 
ausdrücklicher  anlehnung  an  die  brdculung  a:  es  ist  nicht  jedem 
äuge  gegeben ,  die  hülle  zu  durchschauen ,  in  welche  der 
dichter  eine  Wahrheit  zu  kleiden  für  gut  findet:  aber  wenn 
eine  dergleichen  hülle  einmal  für  den  körper  selbst  gehalten 
worden,  so  ist  ganz  begreiflich,  wie  sich  mehrere  hintergehen 
lassen.  Lessing  8,519;  Themistokles  besasz  eine  vorzügliche 
geschicklichkeit,  durch  die  hülle  der  zukunft  zu  sehen,  was 
dienlich  oder  nachtheilig  sein  würde.  Heilman  Thucyd.  15S; 
die  hülle  der  religion  für  die  religiun  selbst  nehmen.  Kant 
1,244;  vom  thron  gottes  bis  zum  gewürm  der  erde  kann  alles 
lügenbeweis,  pfeil  und  hülle  des  allbetrügers  werden.  Herder; 

aber  seitwärts  an  dem  gebirge  kam  Abbadona 
in  den  hüllen  der  schweigenden  nacht.    Klopstock  3,269; 
als  er  die  hangende  hülle  des  allerheiligsten  wahrnahm  (den 

vurliany).    4,  52 ; 
doch,  hülle  vor  gottes 
wegen,  du  hängest  herab,  und  dich  hebet  einst  das  gericht 

nur.    5,  352 ; 
du  hattest,  o  festliche  nacht,  des  mitleids  viel, 
und  nahniest  in  deine  hüllen  auf 
die  blutigen  legionen.    V,  203; 
des  nintcrs  bulle  deckte 
nicht  mehr  die  ude  tlur.     Gutbe  1.26; 
Pul.  warum  hast  du  nicht 
ins  priesterrecht  dich  weislich  eingebullt? 
/yj/i.  als  eine  bulle  liah  ichs  nie  gebraucht.     Üöthe  9,  71  ; 
das!  uns  mit  fabeln  oft  ein  fremder  tauscht, 
Biusz  auch  der  nahrheit  schaden,  weiin  wir  sie 
in  abenteuerlicher  hülle  sehn.  363; 

leis  komm  ich  her  in  deine  stille, 
du  schön  belaubtes  buchenzell, 
verbirg  in  deiner  grünen  hnlle 
die  liebenden  dem  aug  der  weit! 

Scbiller  das  gehchnnis; 


erstiegen  ist  der  wall,  wir  sind  im  lagerl 

jetzt  werft  die  hülle  der  verschwiegnen  nacht 

von  euch,  die  euren  stillen  zug  verhehlte.    Jungfrau  2,  4. 

d)  in  aufgetragener  rede  hülle  selbst  vom  papierumschlage  um 
waaren : 

du  (dichter  in  deinen  teerken)  magst  mit  Klopstocks  lluge  der 

ewjgkeit 
entgegenQiegen  oder  braunem 

pleffer  und  würze  zur  hülle  dienen.     Höltt  88  Ilulm. 

5)  hülle,  in  der  botanik,  inrolucritm,  eine  ort  Umschlag  welcher 
eine  oder  mehrere  blumen  umgibt,  vornehmlich  bei  den  doUien- 
pflanzen.  Nemnich  3,244;  auch  in  anderm  sinne:  die  iiuszerc 
hülle  und  der  innere  faden  (des  leins)  steigen  stracks  und 
innigst  vereint  hinauf;  man  gedenke  welche  mühe  es  kostet, 
eben  diese  spreu  vom  faden  zu  sondern,  wie  unverweslich  und 
unzerreiszbar  derselbe  ist,  wenn  die  üuszere  hülle,  selbst  mit 
dem  gröszten  widerstreben,  den  durch  die  natur  bestimmten 
Zusammenhang  aufgeben  soll.  Göthe  55,114. 

In  der  analomie  ist  hülle  die  sackförmige  umkleidung  eines 
innern  körpertheils. 

6)  hülle,  in  Baiern,  der  decket  eines  krugs.  Sch«.  1,1085 
Fromm.;  fülls  in  einen  krug  mit  einer  hülle,  wie  man  sie 
sonst  zum  wasscr  sieden  brauchet.    Hohberc  1,246*. 

')  hülle,  in  Kärnten,  schutzgebäude  für  garben ,  sonst  harfe 
(sp.  476).  Le.xer  145.  hier  steht  hülle  wol  für  hille,  vgl.  sp.  1331 
am  ende. 

HÜLLEN",  verb.  celare.  goth.  huljan;  ahd.  hullao,  mbd.  hüllen; 
altnfr.  bi-hullean;  altn.  hyija;  von  den  uncrwandten  wOrlern 
entspricht  am  meisten  lat.  oc-culere,  die  nähere  Verwandtschaft 
ist  bei  hehlen  sp.liOf.  aufgezählt. 

1)  die  ältere  spräche  verwendet  das  wort  niclU  häufig:  velare 
bullen  DiEF.  009';  bullen,  palleare,  tegere.  voc.  iuc.  theut.  k4'; 
den  köpf  hüllen,  caput  fascia  quadam  redimcre,  ut  li.  qui  cepha- 
lalgia  laboranl.  Stieler  864;  zureis  er  seine  kleider,  und  hüllet 
einen  sack  umb  sich.  Jes.  37, 1,  und  mit  rücksicht  auf  diesen 
jüdischen  brauch  bei  Stieler  a.  a.  o.  gehüllet  einher  gehen, 
opertum  ingredi,  et  metaph.  Irisliam  prae  se  ferre ;  in  bezug  auf 
die  kleidung  auch  in  der  reimenden  formet  sich  hüllen  und 
füllen  {vergl.  oben  hülle  2):  daruiub  sollen  wir  die  wellliche 
guter  nicht  mehr  brauchen,  denn  das  man  sich  hülle  und 
füll,  und  damit  davon,  und  in  ein  ander  laud.  Llther  2,346'. 

2)  vielfach  in  der  neuern  spräche,  als  gewählter  ausdruck.  wie 
das  subst.  hülle  (x.  d.  4),  und  schon  früher  verhüllen,  und  m 
mehrfacher  construction. 

a)  etwas  hüllen,  oder  einen  hüllen : 

die  finsternusz  ist  ar^,  weil  sie  viel  Sünden  hüllet. 

LoGAU  1,  228,49; 
und  mein  klagegesang  ruft  der  vergangenhi-it 

bis  mich  hüllet  die  laseiignift. 
und  die  hüllet  mich  bald!     IIölty  93  Halm; 
SU  neu  verherrlicht  leuchtete  das  angesicht 
l'andorens  mir  aus  buntem  Schleier,  den  sie  jetzt 
sich  umgeworfen,  hüllend  guttlichen  glicüeibuu. 

GOTHE  4U,  407. 

b)  einen  oder  etwas  in  etwas  hüllen:  so  wird  er  (Apollo) 
ihn  (den  priester)  gehüllt  in  dunkel,  durch  die  feinde  führen. 
Klinger  2,  96;  erst  als  er  alle  blumen  auseinander  gespalten, 
alle  freudlg-zitternde  vögel  in  den  glanzhimmel  gestreuel,  in 
alle  gipfel  singsliminen  gehüllt  ..  balle.  J.Paul  Heap.  4,62; 

und  hüllt  in  blütlie  den  wald.    Railer  1,  13; 
der  du  dem  blutenden  Cäsar  beim  dolcbe  des  freundes  das  antlitz, 
(las  noch  den  niörder  liebreich  straft,  in  purpur  hUllsl.    30; 

(i/fp  mni)  löst  die  haare  des  hains, 

hüllt  den  schlehstrauch, 

hüllt  den  hagilorn. 

der  den  garten  zäunet. 

hüllt  den  kirschbaum  in  blüthenscbnee.     Höltt  136  //  dm  ; 

so  jammervoll,  durch  glauhenszwaug  entstellt, 

gehüllt  in  öde  linsiernisse, 

lag  Ueut-schland  einst.    Gotter  1.426; 

das  töchterchen,  lieblich  erröthend, 
hüllete  schnell  in  die  soide  den  schon  aulwnllenden  busen. 

Voss  1,  115; 
(die  qöllin)  wollie  nicht  mein  blut,  und  hüllte  rettend 
in  eine  wölke  mich.  Göthe  9,  20. 

für  den  acc.  bet  in  steht  der  datic: 

sitzt  er  noch  im  pelz,  dem  braunen, 

wahrlich  wie  ich  ihn  vcrliesz, 

noch  gehüllt  ira  rauhen  vljesz !    41,98; 

oder  statt  sokher  fügung  ein  adverb :  da  tritt  herein,  schwarz 
gehüllt,  das  schwerl  ihrer  heimtückischen  macht  in  der  faust, 
die  königin  der  todtcn.  33,282. 


1899 


HÜLLEN— HÜLLWECK 


HÜLS  —  HÜLSE 


1900 


c)  reflexiv,  sich  in  etwas  hüllen:  dasz  ihr  euch  jetzt,  wie 
damals,  in  eure  kalte  eigenliebe  hüllet,  wenn  uns  das  herz 
bricht.  GöTHE  20,  92; 

dasz  du  in  das  geheimnis  deiner  ziiiiunn 

vor  mir  wie  vor  dem  letzten  stets  dich  hüllest, 

war  unter  keinem  volke  recht  und  gut.    tt,  14; 

in  trübe  wölken  hüllt  sich  jenes  bild, 

so  heiter  du  es  mahlst,  vor  meinen  äugen.    280; 

der  jede  maske  kennt,  in  die  auT  dieser  weit 

die  leiJenschal't  sich  hüllt.     Gotter  1,2S3; 

du  hüllst  in  räihsel  dich.    2,  28. 

d)  etwas  um  etwas  hüllen :  der  mond  hatte  schon  das  süd- 
östliche gewitler  um  sich  gehüllt.  J.  Paui.  Hesp.  4,49: 

also  sprach  er  und  hüllte  die  stattliche  wehr  um  die  schultern. 

Odyssee  23,  3ü5. 

3)  die  neuere  spräche  braucht  auch  aus  etwas  hüllen ,  eine 
hülle  wegnehmen,  enthüllen : 

hüllte  das  töchterchen  dann  aus  bärenzottigem  l'uszsack. 

Voss  2,  2S8  (iilyll.  16,  188) ; 
unter  den  thron  lag  jener  geschmiegt  und  harg  in  des  rindes 
frische  haut  sich  den  leib,  die  dunkele  Ker  zu  vermeiden, 
eilig  enttaucht  er  dem  thron   und  hüllte  sich  rasch  aus  der 

kuhhaut.     Uiiyssee  22,  364. 

HÜLLEN,  n.  decke,  Umhüllung,  für  das  gewöhnliche  fem. 
hülle:  und  er  wird  auf  diesem  berge  das  hüllen  weglhun, 
damit  alle  Völker  verhüllet  sind,  und  die  decke,  damit  alle 
beiden  zugedeckt  sind.  Jes.  25, 7. 

HÜLLENLOS,  adj.  ohne  hülle: 

die  sie  {Urania)  auf  ewig  flammenden  altären 

erkor,  das  heiige  teuer  ihr  zu  nähren, 

vor  deren  aug  alloin  sie  hüllenlos  erscheint. 

Schiller  ilie  künsller  v.  97. 

HÜLLEPRACHT,  f.  pracht  in  der  kleidung  : 
o!  rufe  mir  nicht  jene  hüllepracht  hervor!     Göthe  40,406. 

HÜLLER,  m.  der  hüllende,  nur  in  enlhüllcr  {vgl.  enthüllerin 
theil  3,  558),  verhüller. 

HÜLLER,  f.  bairisch  der  oberste  räum  unter  dem  haus-  oder 
scheuerdach,  der  dachboden.  Schm.  1, 10S5  fromm,  es  slelU  zu- 
nächst dem  oben  sp.  1898  aufgeführten  hülle  {no.  l),  und  gehurt 
zu  hille  sp.  1331. 

HL'LLERN,  verb.  rollen:  der  köpf  flog  ihm  vom  rümpf 
und  bullerte  den  berg  hinab.  Bechsteim  märch.  40.  hullern, 
düringisch,  auch  osterländisch  und  mei.':znisch,  ferner  im  Fuldaischen 
und  Schmalkalden  gebräuchlich  (hier  mit  dem  masc.  huller,  dicker 
pack,  bauen,  besonders  ein  rund  gepackter  ballen,  dann  auch  halb 
scherzhafte  bezeichnung  eines  unverhällnismäszig  dicken  kindes. 
ViLMAR  178),  ist  als  nebenform  zu  kullern,  kollern  th.  5  sp.  1619 
erwähnt  und  beleuchtet. 

HÜLLHAFEN,  m.  topf  mit  einem  decket?  (vgl.  hülle  6,  sp.  1898): 
es  ist  dannoch  ein  schöner  ermcl  Hippocratis ,  darinn  man 
hauszhniten  kan,  wie  die  Gasconier  inn  iren  Garageskenhosen, 
und  Diogenes  im  vasz,  und  die  Tartaren  im  karren,  und  der 
linkenritler  in  der  lauten,  und  jener  ungebachen  jung  scblüngel 
im  bölzpletz  im  büllhafen,  und  du  im  narrenkleid.   Garg.  \li'. 

HÜLL.MOOS,  n.  fontinalis,  fluszmoos,  qucllmoos.  Nemnicb 
2, 1638.  der  erste  theil  des  Wortes  gehurt  zu  hüle  sumpf,  teich 
sp.  1894. 

HÜLLTL'CH,  n.  tuch  zum  verhüllen,  Überwurf  über  die  kleidung: 
ralipson,  hultuch  Dikf.  90';  manide  hulleducli,  hulletucb  348'; 
relamen  hultuch  609*;  der  erben  zeher  (za/iren)  sind  undcr  der 
klagkappen  ein  gelechter,  dann  wie  die  kindthcllern  dariinih 
einn  umbhang  für  die  betstat  machen,  das  die  man  ir  gut 
leben  nit  sehen,  also  schlagen  die  erben  dariimb  ein  hülttjch 
umb  sich,  das  man  ir  gelechter  dcrunder  nit  sehe.  Frank 
sprich«.  1,47*; 

>o  will  leb  meiner  locbter  geben  {zur  atutteucr), 

dat  Hie  wol  dester  pas  mag  geleben, 

ain  allsz  nut\gn  hülltuch.    Jasln.  sp.  547,  13. 

HÜLLUNG,  f  \)  das  hüllen;  vergl.  die  Zusammensetzungen 
ent-,  um-,  Verhüllung. 

2)  das  hüllende:  der  mann  im  schlillen  sah  auch  fester 
nach  dem  manne,  welcher  das  gesiebt  immer  freier  aus  seiner 
hüllnng  Uerausgestreckt  balle.  Didaskalia  vom  27.  decbr.  1872. 
vgl.  auch  Umhüllung. 

HÜLLWECK,  m.:  die  aus  dem  ausgeliöhllen  weck  (einem 
tcatzenqebark)  criialtenen  brosame  werden  .  .  in  diei  .schüs- 
ft<>ln  vcrtheilt,  noch  mehr  weck  binzugehrockt  und  wein  dar- 
auf gegossen.  .  .  der  herrKchafiliche  boh-  ruft  3mal:  herbei, 
teerhei,  drr  hüllwerk  ist  fertig,  bei  drni  drillen  ausruf  eilen 
alli-   kinder   des   dürft   vi    i'ii>it.  |,ii./ii  und  Tcrzebren  da« 


eingebrockte  nach  gebetelem  vater  unser,  v.  Stramberc  das 
Rheinufer  von  Coblcnz  bis  Bonn  l,  186  (beschreibung  der  bis  ende 
des  vorigen  jahrh.  beobachteten  gebrauche  bei  besiellunq  des  bürger- 
meistrrs  und  der  beiden  waldförster  zu  Aisbach),  hüll-  geht  noch 
auf  mhd.  hüln  für  holn,  hold  machen,  zurück. 

HÜLS,  HÜLSCH,  n.  Hex  aquifolium.     vgl.  unter  hülst. 

HÜLSCHEN,  n.  d.  i.  hüls-chen,  kleine,  geringe  hidse :  der 
Verlust  triff  nur  die  paleas  levis  fidei,  nur  die  leichte  christ- 
liche spreu  . .  von  dieser,  sagt  Tcrtullian,  mag  doch  verüiegen 
so  viel  als  will  . .  aber  nicht  so  unsre  heuligen  kirchenlehrer. 
auch  von  der  christlichen  spreu  soll  kein  hülschen  verloren 
gehen,  lieber  wollen  sie  die  körner  selbst  nicht  lüften  und 
umwerfen  lassen.  Lessing  10, 181. 

HÜL^E,  f  folliculus,  gluma.  ahd.  hulsa  (aus  hulisa)  süiqua 
Graff  4,  849,  als  hüllender,  einschlieszender  gegenständ,  mlul. 
hülse,  wjrf.  hülse;  vorzüglich  in  den  alemannisclten  gegenden  mit 
Verbreiterung  des  inlautenden  s  auch  hulsclie,  hülsche:  folliculus 
hülse,  hnische,  hilsz,  holszen  Dief.  241';  gluma  kornhülsen 
266';  siliqua  hülse,  hulss,  hülschen  i.  käfen  534*.  m  mehr- 
facher Verwendung. 

1)  e.<!  ist  von  alters  her  vorzüglich  auf  die  schale  oder  decke 
von  fruchten  bezogen  worden,  innerhalb  der  ein  nicht  fest  ver- 
wacfisencr  kern  steckt;  die  neuere  botanik  unterscheidet  die  hülse, 
legumen ,  als  samengehdusc  mit  zwei  klappen ,  worin  die  samen 
nur  an  einer  nat  sitzen,  von  der  schote  siliqua,  worin  die  samen 
an  beiden  näten  sitzen  (Nemnich  3,  359),  die  gewöhnliche  spräche 
kehrt  sich  an  diese  einschränkung  nicht:  siliqua,  ein  hülsze  der 
flüchten,  welche  legumina  genant  werden,  als  bonen,  erbsen, 
kichern  etc.,  ziigemüsz  hülsen,  schmälsät  hülsen.  Dasypoo.  ; 
hülse  der  fruchten,  siliqua,  valvuli,  scapus,  calyx,  follis.  ebenda, 
kifel  oder  bülscben,  als  an  ärbsen ,  bonen  und  dergleichen, 
siliqua.  Maai.er243';  die  bülscben  einer  yetlicben  frucht,  als 
der  nussen  und  mandel,  calyx  231';  hülschle,  das  klein  heülle, 
darinn  der  kernen  und  saamen  eines  jeden  dings  ligt,  folli- 
culus. ebenda;  wcinbeerhülsen,  alias  tröstern,  tunica,  cutis, 
folliculus  acini,  hirscnhüisen  appluda  Stieler  865;  hülsen  von 
oliven  nach  dem  pressen,  fraces  Frisch  1,474*;  Hart,  wenn 
eine  nusz  leicht  aus  der  hülse  fällt,  ist  sie  denn  auch  wohl 
schon  vom  wurme  gestochen?  Barth,  ist  das  eine  frage  für 
einen  klugen  mann?  die  wurmstichigen  sitzen  allemal  fest 
in  der  hülse.  Mosers,  34;  fruchte  mit  balm  und  hülse  (Aa/m- 
friiclite  und  hülsen  fruchte).  Freytag  handschr.  1,117; 

die  knospen  küss  ich  (der  mnrneniiniid)  auf  im  träum, 
reisz  ab  die  alten  hülsen!     Freiligrath  dicht.  3,92. 

oß  im  gegensatz  zu  kern :  auch  sol  er  nichts  essen,  das  man 
vom  weinstock  macht,  weder  weinkern  noch  hülsen.    4  Mos. 
6,4;    sprichwörtlich  und  bildlich:    kern  essen  wollen,    ehe  die 
hülsen  drab  sein.  Schottel  1113*;   lasset  sich  aber  indessen 
ein   und    andrer   (leser)   der   hülsen  genügen  und  achtet  der 
kern    nicht ,    die   darin  verborgen  stecken ,   so  wird  er  zwar 
als   von  einer  kufzweiligen  histori  seine  Zufriedenheit,   aber 
gleicbwol  das  jenige  bei  weitem  nicht  erlangen,  was  ich  ihn 
zu  berichten  eigentlich  bedacht  gewesen.    Simpl.  2,124  Kurz; 
Babcnberg.Trc  ir  spräche  brengent 
von  den  hülsen  üf  den  kern.     Henner  22258; 
weswegen  wird  der  kern  dem  .  .  vetter 
und  mir  die  hülse  zugewandt?    Lichtwkr  2,8. 

hülse  am  schaß  der  kornfrucht :  hülsen ,  hosen ,  scbloszkiele, 
die  landleute  plleycn  also  die  oberste,  noch  verschlossene 
blaltscheidc  einiger  graser  (z.  b.  der  gersle)  zu  nennen.  Nem- 
MCH  wörterh.; 

es  bestehet,  an  der  ähre,  die  so  zierliche  stnictur 
blosz  aus  einerlei  »elinuse,  einer  netieii  hülse,  nur, 
die,  wo  sich  der  obre  Ibeil  ilires  lialms  gcniahlich  spitzet, 
als  ein  eigenes  gewachs,  in  so  nciier  Ordnung  sitzet, 
dasz  es  nett  die  eine  seile  von  der  abreii  bau  bescblagt. 
da  die  andre  seile  gleirblalls  eine  solche  hülse  tragt, 
die  «in  wenie  höber  sitzet;  diesz  geht  wecbselswcite  fort, 
bis  zu  ihres  nalnies  spitze,  an  dem  allerhAchsien  ort. 

Brocku  0.  73; 
jede  von  den  buszern  hülten  schlicszt  ein  onder  In  sich  ein. 
welche  weichlicher  und  zarter,  die  diu  blühten  in  sich  heget. 

etuHila. 

2)  von  dieser  Verwendung  (l)  aus  noch  manche  bildcr :  wohin, 
wir  Wissens  fast  wol,  das  die  W'uiheii  uns  Peudschcn  nuht 
für  ineiisrhen,  sondern  für  eitel  hülsen  oder  scheinen  ballen. 
Luther  5,227';  das  al,«o  nur  die  fünf  sinn  dahin  sterben, 
das  ist  das  geringst  sterben,  und  nur  die  büUen  vom  UiA, 
da  mau  allem  mit  dem  leiblichen  Iml  ringet,  wiewol  es  uns 
uiiversuihle  leute  das  grOszcst  dünl.i'i    r>oo* ;   da  ist  es  denn 


1901 


HÜLSE  —  HÜLSEN 


HÜLSENBAUM  — HLM 


1902 


alles  aus,  und  bleibt  weder  liebe,  glaube,  noch  Christus, 
sondern  lauter  hülsen,  und  taube  nüsse,  die  wol  den  namen 
der  Christen  behalten,  aber  den  kern  verlieren,  und  sich  selbs 
ausschelten  und  verweben,  wie  die  sprew  von  dem  reinen 
körn.  6,49';  und  ist  niemand  so  evangelisch  als  sie,  aber 
das  es  eine  lauter  hülsen  sei,  sihet  man  dabei,  das  sie  nicht 
denken,  dainach  zu  leben.  52';  die  etwan  uszerlich  den  namen, 
schyn  und  hülschen  der  reichthumb  nit  habend.  S.  Frank  . . 
2,  20';  und  das  sy  nüt  dann  die  hülschen,  schyn,  won  und 
namen  der  rychthumb  habend.  22" ;  es  ist  fürwar  ein  Wunder- 
ding, dasz  der  jenige  theil  eines  oratoris  oder  redners,  welcher 
nicht  über  die  hülsen  eingehet,  und  vielmehr  eines  gauklers 
tugend  ist,  als  eines  oratoris, . .  als  wann  er  der  fürnembste 
theil  were ,  gleichsam  allein  gelobt  werde.  Schcppics  754 ; 
yertrauen  sie  es  mir  allein,  Harlekin;  bei  mädchen  sind  die 
geheiraiiisse  ohnebin  etwas  lose  verwahrt,  sie  fallen  leicht 
aus  der  hülse.  Moser  S,63.  das  folgende  bild  isl  seiner  sinn- 
lichen bedeutung  nach  nicht  klar:  so  ums  gewislich  folgen,  das 
solche  meister  zuweilen  gröblich  irren ,  mit  treumen  umb- 
gehen  und  durch  die  hülsen  sehen,  schreiben  Maximilians  I  an 
Leo  X  bei  Luther  1,  99'  (im  lat.  originale:  necesse  est  interdum 
hallucinari,  somniare  et  cecutire  magistros  istos) ;  Stei.vbach 
1, 791  hat  ebenfalls  durch  die  hülsen  sehen,  obcaecatum  esse. 

3)  hülse,  in  fernerer  bildlicher  Verwendung,  von  dem,  was  der 
mensch  duszerlich  an  sich  hat,  im  gegensatz  zu  seinem  wesent- 
lichen, innern:  hülse  verblümt,  das  worinnen  etwas  bessers 
als  ein  kern  gewesen ,  der  leib  ist  die  hülse ,  worinnen  die 
seele  gewesen ,  der  reichthum  die  hülse  des  seegens  gottes. 
Friscb  1,  474' ;  wie  ganz  anders  hat  sich  da  Klopstock  (körjier- 
lich)  abzuhärten  und  die  hülse  seiner  psyche  zu  erhalten  ge- 
wuszt.  Wieland  in  Böttigers  liUer.  zust.  1,21S.  gern  von  der 
kletdung,  dem  stände,  der  Umgebung  eines  menschen  (aber  unedler 
als  hülle):  überhaupt  schälte  ihn  der  romanschreiber  so  eifrig 
aus  seiner  militärischen  hülse.  J.  Paul  uns.  löge  2,49;  (die) 
h&lse  der  beine  eines  grafen.  teuf  pap.  l,  82;  so  oft  er  hin- 
über sah  zu  Lianen,  die  heute  in  ihrem  langen  Schleier  ohne 
schwere  dicke  gallahülse  . .  ging.  TU.  3,  lOS ;  wenn  die  schran- 
ken des  Unterschieds  einstürzen,  wenn  von  uns  abspringen 
all  die  verhaszte  hülsen  des  Standes,  menschen  nm-  menschen 
sind.  Schiller  kabale  u.  liebe  i.S;  (tische,  schreine ,  sessel  auf 
einem  eslrich)  jetzt  ruhten  sie  zusammengeschichtet  in  wüsten 
häufen,  die  abgethanen  hülsen  früherer  geschlechter.  Freytag 
handschr.  3, 129 ;  —  wir  achten  eine  geschichte ,  die  einmal 
die  unsrige  war,  und  welche  die  hülse  der  verflognen  stunden 
ist,  viel  zu  wenig.  J.  Fall  Hesp.  1,89;  jede  physische  Unord- 
nung ist  nur  die  hülse  einer  Ordnung,  jeder  trübe  frühling 
die  hülse  eines  heitern  herbstes.  2, 220. 

4)  hülse,  nun  auch  von  anderm  umschlieszenden,  in  technischem 
gebrauch. 

a)  in  der  gieszerkunst :  wir  brauchen  messing  hülsen,  darein 
man  blei  oder  glockenspeisz  geuszet,  damit  sich  die  gewicht 
nicht  abnützen  und  leichter  werden.  Mathes.  Sar.  loi'; 

sehet!  wie  ein  goldner  stern 

aus  der  hülse,  blank  und  eben, 

schalt  sieb  der  metaline  kern.    ScaiLLEft  glucke  v.  384. 

b)  hülse  auf  den  hammerwerken,  ein  behdllnis,  das  den  hammer- 
helm  umgibt.  Jacobsson  2,293'. 

c)  am  Schaft  einer  flinte  die  metallenen  röhrchen,  worin  der 
ladestock  steckt;  bei  den  Jägern  auch  das  hörnerne  mundstück 
eines  sckrotbeulels.  ebenda. 

d)  beim  lustf euer  werker  die  papierne  röhre,  welche  nachgehends 
viü  ihrem  gehörigen  salz  angefiält  und  geschlagen  wird,  ebenda; 
wie  wenn  von  ungefähr  unter  der  zurüstung  ein  feuerwerk 
in  brand  geräth,  und  die  künstlich  gebohrten  und  gefüllten 
hülsen  . .  unordentlich  und  gefährlich  durch  einander  zischen 
und  sausen.  Göthe  18, 118.  auch  bei  einer  patrone  heiszt  der 
behaller  der  ladung  hülse. 

e)  hülse,  an  den  jonischen  capitälen  drei  den  bohnenhfäsen 
ähnliche  zweige  oder  lange  blatter,  welche  aus  der  Schnecke  zurxtck 
auf  das  capitetl  treten.  Jacobsson  6, 123*. 

/)  bei  einem  flatclienzuge  heiszt  hülse  die  flasche. 
<j)  auch  das  papier,    worein  geld  in  rollen  verpackt  ist,    wird 
so  fjcnannt. 

5)  hülse,  eine  muschelart,  solen,  auch  messerscheide,  scheide- 
muschel.  Nem.nicu  4, 1321. 

HtXSE,  f.  Hex  aquifolium.     vgl.  unter  hülst. 
HÜLSEN  ,  verb.     1)  hülsen  bekommen :    hülsen ,   hülsen  ge- 
winnen, siliquari,  siliquas  nancisci  Stieleb  665 ;  namentlich  auch 


(nach  hülse  1  a.  e.)  bezüglich  der  blattscheiden  der  gräser  gesagt: 
wirdt  das  gewechs  umb  desz  heiligen  creutzes  erfindungs  tag 
ausz  einem  hülsenden  Stengel ,  wie  der  fenchel  herfür  zu 
schieszen  gesehen.  L.  Thdrneiszer  beschreib,  infl.  wirk.  62. 

2)  hülsen  entfernen :  glubere,  hulszen,  glumas  exuere  Trochls 
J6*.     reflexiv:  beim  kochen  hülsen  sich  die  erbsen. 

HÜLSEN  BAUM,  m.  hymenaea,  ein  südamerikanischer  bäum. 
Nemnich  3, 194. 

HÜLSENBEERE,  f  Uex  aquifolium.     vgl.  hülst. 

HÜLSENFRUCHT,  f  frucht  in  einer  hülse:  hülsenfrucht 
legumen  Alb.  ttl';  hülsenfrüchte,  legumina,  als  höhnen,  erbsen, 
kichern,  linsen,  wicken.  Frisch  1,474'. 

HÜLSENGEVVÄCHS,  n.  was  hülsenfrucht.  J.acobsson  6,123'. 

HÜLSE.NMOTTE,  f.  phalaena  pisi.  auch  phryganea,  weil  die 
larve  ein  cytindrisches  gehäuse  um  sich  macht. 

HÜLSE.NPFLANZE,  f  leguminosa  planta,  pflanze  deren  samen 
mit  einer  hülse  umgeben  ist:  fast  die  ganze  klasse  diadelphia 
im  Sexualsystem  besteht  aus  hülsenpjlanzen.    Nemmch  3,  359. 

HÜLSENSTRAUCH,  m.  ilex  aquifolium.     vgl.  hülst. 

HÜLSICHT,  adj.  siliquatus,  siliquis  veslitus  Stieler  865;  hül- 
sichte  fruchte,  legumina,  hülsenfrüchte  ebenda,  in  der  neben- 
form  hülschet  ßr  hülschecht  (hülsche /ur  hülse  5.  o6en):  also 
auch  weiter,  wie  ein  nusz,  die  soll  voll  in  der  schalen  sein 
mit  ihrem  kernen,  ganz  und  gut :  wo  nicht,  sondern  sie  ist 
dumm,  das  ist,  leer,  doli,  hülschet :  jetzt  ist  die  nusz  nicht 
änderst  gegen  den  andern  nüssen  zu  rechnen,  als  ein  solch 
raonstrum  gegen  den  menschen.  Paracelsus  opp.  2,  279  B. 
erweiterte  form  hülsechtig:  werden  die  aber  grünfarb,  dar 
zwischen  wachsen  kleine  hülsechtige  schöllein  heraus.  Taber- 
naemontancs  552. 

HÜLST,  m.  ilex  aquifolium,  Stechpalme,  ahd.  hulis  ist  von 
ruscus,  dem  mäusedorn  gebraucht  (Graff  4,8S1),  der  seü  uralter 
zeit  zu  zäunen  verwendet  wurde,  der  name  scheint  mit  rücksicht 
darauf  (als  hüllender,  einschlieszender)  gewählt,  auch  nhd.  ruscus 
hüls  DiEF.  504';  daneben  taxus  hüls,  hulsbaum,  verderbt  holcz- 
baum  574';  chamaeleon  hülse  92'  (sonst  chlette,  distel,  eber- 
wurtz) ;  mit  angetretenem  t  zufrühest  niederländisch :  hülst  ruscus 
silvestris,  aquUenta,  aquifolia  Kilian  ;  ins  französische  aufge- 
nommen als  houlx,  spater  hous  (Diez  2,348);  der  mäusedorn 
heiszt  dort  petit  houi ,  hoiuc-frelon ,  hou.x-fourgon ,  bousson. 
«Ad.  isl  das  wort,  meist  auf  die  Stechpalme  bezogen,  in  verschie- 
denen formen  vorhanden,  die  Neünich  3,217  aufführt:  die  hülse, 
der  hülsenbaum,  hülsenstrauch,  hülse,  hülst,  hülst,  hülsch, 
holst ,  hülze ,  hüllgeholz ;  hülst  führen  norddeutsche  dichter  in 
die  Schriftsprache  ein: 

umschattet  rings  von  erl  und  hängebirk  und  hülst. 

Schmidt  von  Wernecchen  atm.  1802,  s.  122 ; 
(wo)  Wacholdergesträuch  um  die  hünen^raber  der  vorwelt 
wuchernd  kroch  und  stechender  hülst  mit  gfänzenden  blättern. 

Voss  1,  54. 
HÜLZEN,  adj.  s.  unter  hölzern. 
HUM,  interj.  wie  hem  sp.  979  und  hm  sp.  15S6. 
1)   meist   zur   einftihrung   einer   Überlegung ,  ,ej)ies    btdenkens, 
zweifeis:  jetzt  ist  guter  rath  theuer.  —  humi  mir  fällt  was 
ein.  Wieland  11,148;  aber,  humI  ich  höre  jemand  kommen. 
12,39;   hum,  humI   ich  kenne  den  pfarrer  sehr  genau.    Fr. 
MCller  1,  294  ;  hum,  dachte  ich,  hinein  kommst  du  nun  wohl, 
allein   wie   hernach   sogleich   wieder    heraus?    Münchhauseiu 
reisen  53; 

hum!  sagte  der  kaiser,  der  grund  läfzt  sich  hören, 
und  mag  den  durchlauchtigen  stolz  wohl  bekehren. 

Borger  67*; 
was  hat  man  von  dem  dichten?  bura! 
vielleicht  das  biszchen  ehre: 
gekannt  zu  sein  vom  publicum?    Gokinck  daselbst  39*; 

hum!  mich  dünket, 
dasz  sein  hart  so  blau  nicht  sei.    Gotter  1,  49. 

zeichen  der  verdricszlichkeit : 


auch 


aber  sieh !  wie  bleich  und  stumm 

.\marant  dort  sitzet. 

und  den  round  zu  einem  hum! 

so  verdniszlich  spitzet.    Gokinck  Ued, 


.lib.  61. 


2)  hum ,  ton  eines  unterdrückten  schluchzens :  so  fahr  denn 
wohl,  weil  es  nicht  anders  sein  kann,  liebes,  liebes  weih  du! 
gedenke  meiner,  ehe  du  aus  der  stillen  quelFe  trinkst  — 
hum  —  grab  meinen  nahmen  in  einen  felsen  —  hum  —  dasz, 
wenn  ich  einst  entgegen  komme,  dir  die  band  reiche  — 
hum  —  du  nicht  zurücke  gehst,  mich  allein  stehen  lassest 
—  hum  —  das  würde  im  bimmel  noch  mein  herz  zerreiszen. 
Fb.  MCller  1, 119. 


1903 


HUM  — HUMMEL 


HUMMEL  —  HUMMEL  VOGEL 


1904 


HL.M,  bei  den  fuhrleulen  ein  seichen  für  die  pferde,  sich  mit 
dem  hinlern  herein  zu  drelien,  und  sich  in  die  sUänije  zu  stellen. 
Jacousson  6, 123*.     H'ol  aus  bie  um. 

HÜM,  inlerj.  lecte  cocanlis :  büm,  hüin!  audi,  aUenU\  expeäal 
Stieleb  865. 

HL'MLICH,  adj.  hörncrlos:  nobis  vulgu  huiiilicbe  bocke, 
huraliche  ziehen,  caeci,  viulili.  Klein  quadrupedum  disposUio  \b; 
dixeriin,  moschoriim  ulios  esse  corniilos,  alios  excornes,  biim- 
iicb.  IS.  nicderd.  biiiniiielicb,  in  Uamburij  huinmig,  niedrig, 
kuri,  dick  nach  Aüeiunc  (Schutze  2, 171  kennt  daijegvn  luiinmip 
nur  vom  mehl,  das  sich  angesteckt,  einen  faulen  widriijen  geschmack 
bekam);  in  Danzig  honiinbch,  hürnerlos  Fromm.  6,  »69 ;  bairisch 
humlet  ungebörnt.  Sciix.  1, 1112  Fromm,  vgl.  unten  das  zweite 
humincl. 

HC.MMEL,  f.  1)  apis  bombinatrix,  ahd.  huinbal  und  buniniel, 
»lAd.  humbel,  buiiiiiiel,  buinel  (Le.xer  1.  i%'i):  niet/eri.  bummel 
und  bommcl  bombylius,  fucus,  crabro  Kilian  ;  engl,  bunible- 
bee;  dänisch  bumle-bi,  schwed.  hiimla,  aus  dem  tonnuilenden 
Worte  huinmen  summen  (s.  (/.)  herausgebildet,  venß.  auch  unten 
humse  und  humsea.     das  geschlechl  ist  im  mhd.  das  masculinc: 

der  humbel  der  sol  siechen.  Iwein  106; 
noch  im  16.  jahrh.  der  buiniiiel  Maai.er  232';  seit  der  2.  hdlfle 
des  11.  jahrh.  geben  die  uOrterbiicher  (Sciiottei.  1339.  Stieleh  865. 
Steinbach  1,792)  nur  noch  ueibliclies  geschk'cht  an,  oline  dasz 
jedoch  das  männliche  ganz  untergegangen  wäre:  Franz  kam  sieb 
in  diesem  au>;enblicke  beinabe  vor  wie  ein  buniniel  in  einem 
bienenkorbe.  Felder  sondert.  1,189  {vorarlbcrgisch) ;  schwäbisch 
der  bummeler,  brunneobummclcr  hummel  Schmid  291 ;  vergl. 
auch  unten  3,  c. 

2)  der  name  wird  auch  übertragen  auf  verwandle  insecten: 
apis  terreslris  erdbumtnel,  grosze  immmel,  hummel  Nemnicii 
1,37«,  vgl.  auch  moosliummcl,  sieinhummel.  selbst  die  dröhne 
der  bienen  wird  aflcrbunimel  oder  schlechtweg  buniniel  genannt 
(Nehnich  1,375);  humel,  oestrus,  asilus,  allus,  fucus,  vulg.  brcni 
IOC.  ine.  theut.  k  i';  der  iiumniel,  das  sind  die  groszeii  liyiile 
die  kein  angel  habend  und  nit  arbeilend,  fucus.  Maaler  232*; 
es  sei  unbillicb,  das  die  hummelen .  die  keine  arbeil  Ibiin, 
des  honigs  genieszen ,  der  durch  andere  mit  groszer  niiilie 
erworben.  Zinkgref  apoplilh.  1,410,  s.  unten  buinnieininser ; 
auch  eine  grosze  fliege  (vergl.  unten  buninielllicge):  heclzebub 
heiszet  eine  grosze  fliege,  die  wir  Dcudscben  eine  buininel 
nennen.  Luther  8, 257'. 

3)  hummel  in  bildern  und  vergleichen. 

a)  2udringliche  bublcr  werden  so  genannt: 

die  Jugend  schmückt  ein  liebreich  kiiid,  die  rosen  wollen  täglich 

brechen, 
da  schwärmen  humiuelu  um  den  strauch,  ein  fiischcs  hoiiij;  aus- 
zustechen.    GÜNTUKi;429; 
die  bubcn  sind  den  bummeln  gleich: 
ihr  magdlein  mögt  euch  liüten . 

Ut^RbER  89*  ('hummellicd'). 
6)  auch  unruhige,  umherschwärmende  mädclien:  eine  tolle 
hummel,  dicitur  de  jutulanli  et  effronti  puella  Stieler  865;  bei 
unverständigen* leuten  ist  das  acadcmische  fraueiiziiniiicr  in 
gar  üblen  credit  . .  hat  eine  . .  einen  Uiuntern  und  frischen 
gang,  welches  doch  nur  von  einem  muntern  und  aufgeweckten 
gemülbe  und  verstände  zeuget,  so  nennet  man  sie  eine  wilde 
hummel.  Parthenophilus  das  bei  academien  hb.  fraueni.  s.  5 ; 
das  ist  eine  kleine  ungezogne  hummel.  Hakener  6,62;  mit 
der  tocbter  de^  liederlichen  pachters,  einer  wilden  hummel 
von  brünette.  Götiie  21, 111. 

c)  in  altern  quellen  besonders  gehl  hummel  auf  faule  und 
raubeiische  leule :  solchs  (brave  leute  am  hofe  verdrängen)  thun 
die  allerlöscsten  bummeln ,  so  die  erde  tregt ,  die  nur  viel 
speien  und  waschen  k'inncn,  und  einem  künigi-  oder  liirsleu 
die  obren  füllen,  das  er  gar  taub  wird  gegen  s^jineiii  trewen 
diener.  gleichwie  die  bnniineln,  das  unliiiluig,  faulfressig 
nnziffer,  so  kein  honig  machen  kdnneii,  alles  auifressen,  was 
die  fromen  bienljn  machen,  on  das  sie  mit  iren  tliigeln  ja  so 
geer  oder  auch  iiielir  >cbarren,  sauissen  und  biiinseji  können, 
denn  die  rechten  lieben  bienen.  Luther  6,149*;  faule  leut 
und  lose  bummeln.  Mathes.  !i<tr.  'ü' ;  dasz  der  nacbdruck 
unbillig  sei,  dasz  der  nachdrucker  sich  schämen  sollte,  zu 
enidlen ,  W4»  er  nickt  gesäei  bat,  und  der  faulen  hummel 
gleich  über  den  bonig  der  lleiszigen  bienen  berzufullen :  wer 
leugnet  das?  Leüsimu  II,  181;  daher  als  Sprichwort:  ich  brauche 
kr-Kie  liumaieln  m  meinem  bienenkorbe.  Simhock  s/rrichw.  263. 

d)  bummeln  haben,  übler  laune  sein :  denn  es  um  i.  f.  g. 
otchl  gut  sein  war,  wenn  i.   f.  g.  bummeln  hatten.    ScHwei- 


NicHEN  1,114;  bummeln  im  köpfe  haben,  tolle  gcdanken  (vgl. 
unlen  biimmelhirn,  hunimelwilzig):  er  hat  bummeln  im  köpf, 
die  beginnen  izt  zu  schwärmen.  S.  v.  Birke.n  Androßu  49; 
bummeln  im  gesäsz  haben,  unruhig  sein,  nicht  ruhig  an  einem 
orte  bleiben  können;  einer  der  bummeln  im  sleisze  bat,  homo 
inquielus  ÜEDERicn  1339;  in  anderem  sinne  aber  bei  Fiscuart: 
bi>rt  zu,  die  magd  hat  hummelen  int  gcsäsz,  ich  hab  sie 
huren  prummen.   Garg.  137*. 

e)  sprichwörtlich :  das  niiitklein  bleibet  bangen,  der  hummel 
reiszet  durch;  den  reichen  am  geld,  den  ariiieu  im  feld 
(gestraft,  d.  h.  am.  galgcn),  so  gelits  jetzt  in  der  weit.  Otho  514. 

4)  hummel,  eine  arl  seileninstrument,  von  nur  zwei  seilen :  so 
rief  er  seine  niagd  herein,  und  duettirte  mit  ihr  die  schone 
aria:  komm  mit  mir  in  grüne  gehalten  u.  s.  w.,  wobei  von 
seiner  seile  das  spinett  redlich  dran  muszte,  und  die  küchen- 
nymplie  auf  der  hummel  accompagnirtc.  Siegfr.  v.  Lindenberg 
1, 157.  —  Auch  eine  arl  sackpfeife  von  nur  zwei  tönen,  bei  Frisch 
1,  474'  biimnielchen. 

5)  rheinisch  ist  der  hunimel  ein  zur  zicrde  nalie  am  ende  des 
masti's  befindlicher  knöpf.   Kehrei?!  204. 

llü.M.MEL,  m.  in  Schwaben  und  im  Eiclistadtischen  ein  lucht- 
stier.  ScHM.  1,1112  Fromm.;  berr  Hummel,  der  ochs,  eselkönig 
bei  Wackernauel  roc.  t'ur.  aitiHi.  4ü  ;  im  Oldcnburgschen  dagegen 
eine  eigene  rare  rindvieh  ohne  unterschied  des  alters  und  ge- 
schlechtes, oline  hörner.  Fromm.  3,497 ;  im  Ihinzigtr  diaUlU  hommel 
hörnerloses  thier.  6,369.  nach  dem  was  zu  liiimincl  4,  sp.  310 
erwähnt  worden,  ist  die  letztere  bedeutung  uol  die  ursprüngliche, 
und  die  zuerst  erwähnte  nur  der  nachklang  davon ,  dasz  einsl 
über  ganz  Deutschland  eine  kurze  hörncrhse  rindvichracc  lerbrcüet 
war:  ne  arnientis  quidem  suus  lion(U'  aut  gloria  fronlis. 
Tacitus  Germ.  5.     vgl.  auch  hummelbock. 

HUiMMEL,  f.  malzlenne,  in  Übersachsen  und  Sclilesten.  ein 
aus  dem  slavischen  herubergenommenes  wort,  an  böhmisch  humno, 
Scheune,  tenne,  malztenne  angelehnt;  vergl.  Fromm.  6,368. 

mj.MMELBIKNF^,  f  apis  violacea,  holzbiene.  Nem.mch   1,379. 

IlUiMMELULL'ME,  f.  opl\rys  apifera,  wegen  der  ähnlichkeil  der 
blume  mit  einer  hummel  oder  bienc.  INemnich  4,776. 

HUMMELBOCK,  m.  bock,  widder  ohne  hörner.  ebenso  buni- 
melgeisz,  ziege  ohne  hörner.     bairisch.  Scim.  1,1112  Fr^nm. 

HUM.ME1.,FÄISGEH,  m.  eine  maschine,  die  man  vor  den  flug- 
löchern  der  bienenslöckc  oder  körbe  anbiirnj,  und  die  so  ein- 
gerichtet ist,  dasz  sie  die  kleinen  arbettsbienen  aus-  und  einßwgcn 
läszt,  die  gröszern  droncn  oder  hummeln  aber  vor  dem  emgang 
zuriickhdlt,  da  man  sie  denn  fangen  und  tödten  kann.  Jacobssun 
2, 293'.     vgl.  unter  hummel  2. 

HUMMELFLIEGE,  f.  musca  mijslacca.  Nemnich:  die  bluinen 
(von  grosz  und  klein  knubeuwurz)  sind  anzusehen  gleich  wie 
die  huinniellliegen.  Lomcerus  kraulerb.  233'. 

Hl'MMKI.IIIH.\.  n.  htm  voll  hummeln  (vergl.  unter  hummel 
3,  (/),  voller  gedanken  und  ungewvhnliclwr  einfalle;  bummelhirns 
gesinde  werden  bei  Kirciihoe  wendunm.  5ü'  leute  genannt,  die 
gegenüber  einem  erlassenen ,  aber  von  dem  erlasser  selbst  nultt 
gehauenen  befehle  ihre  eigene  meinung  kund  gelicn. 

HIJMMELLIED,  n.  bei  Bühüer  89*  als  ubersihri/l ;  s.  oben 
hummel  3,  a. 

HUMMELMILBE,  f.  name  zweier  mübenarten,  acarus  coleoiAra- 
torum,  und  acarus  gi/mnopterorum.  ^EM.\ICH   1, 16.  17. 

HL.MMELMUTTE,  /".  sphinx  fucifornüs,  ein  dämmeruH§sfalter. 
Nehnick. 

HIJM.MKLN,  verb.  summen  wie  eine  hummel:  hummelen  neben 
liummen  bombilare  Scikittel  1339;  buimnelii,  bombilare,  bom- 
bilare  (neben  bununen  und  bumsen)  Stiei  kr  865,  niU  einigen 
ableitungen:  buminelicbt,  bombilans,  boinbttans,  mussilans  et 
mutiens,  humnieler,  bombitans,  bombilans,  depressa  tme  cancns, 
mussans,  hummelei,  bumbus.  ebenda  (wenn  er  bei  IctUerem  wvtte 
hinzufügt:  sed  biiimuelei  etiam  pro  timiditale  el  cuiutaltont 
siimitur,  so  ist  es  m  diesem  falle  aus  hunipclei,  s.d.  asstmdieit); 
kärntnisch  humpeln  summen,  brummen  Lexeh  115;  mit  deinen 
biiicn  hastu  auch  cinii  llicgenden  und  /.ergangkliiben  lust, 
iniist  das  sausen  und  hummlcn  unib  deine  uhren  steU  hOren. 
l'etr.  hl'. 

HUM.MEL.NGAltTLN,  m.  garten  in  dem  hummeln  sich  auf- 
halten :  (dir  garten  ist)  ein  bienen-  und  bumnielngarlcn ,  m» 
oft  sie  gerade  hineinlli(>gen.  J.  I'aul  lUsp.   I,  KU. 

HI'M.MELSTASCIIK,  /.  eine  art  seefiuhr,  die  brt  Jevrr  und 
Ostfriesland  gefangen  werden.  Frisch  1,171'  (aus  \Vimi.li.man."|| 
Oldenburg,  chronik  s.  II). 

UL'.MMELVUGEL,  m.  trochüus,  der  koltbri.  Nen.iich. 


1905 


HÜMMELW  ASSER  —  HUMOR 


HUMOR 


1906 


HUMMELWÄSSER,  n.  honiijKosser ?  mel?  oder  ich  sei  des 
teufeis,  wa  sie  (die  feinde)  niclit  schon  inn  unserem  klosler 
sind,  und  so  lustig  zäun,  reben  und  trauben  abhawen  und 
klauben,  dasz  wir  bei  sant  Olmars  wareiu  schimmeligen 
raalzenlegelin  disz  jar  nichts  als  daubenseufzen  nach  trauben- 
seu&en  und  hummelwassern  werden.  Garg.  204'. 

HU.MMELWlTZiG,  adj.  tolle  gedanken  habend,  unsinnig  (vgl. 
hummel  3,  d) :  er  ist  bald  (beinahe)  hummelwitzig  worden,  der 
aufgebrachte  eliemann  (1753)  s.  IftS. 

HLMME.N ,  terb.  summen,  brummen,  ein  lautmalendes,  und 
dialektisch  verbreitetes  tcort,  auch  niederl.  hummen,  hemmen 
mutire  Kiiiax  ;  engl,  lo  hum;  niederd.  hummen,  summen,  sausen, 
stridere  Schambach  SS';  hessisch  hommen,  hummen,  vom  brüllen 
des  rindviehs,  namentlich  von  dem  tießonigen  brüllen  desselben, 
dem  brüllen  nach  futter.  Vilxar  174 ;  auch  in  den  oberdeutschen 
mundarten  nicht  unbekannt,  vie  zum  theil  die  fdgenden  belege 
ertcetsen.  es  trirrf  gebraucht  von  dem  summen  der  bienen  und 
hummeln:  die  peinen  ruoent  in  irm  va;  des  morgens  in  der 
mettenzeit,  unz  da?  aineu  under  in  zwir  oder  dreistund  ge- 
prumt  oder  gehumt  gegen  dem  liebten  tag,  als  ain  wahter, 
der  mit  aim  herhorn  prummet  gegen  dem  tag.  Mege.nberg 
289, 15 ;  so  ej  an  den  äbent  get,  so  prumment  si  (die  bienen) 
in  dem  vaj  und  daj  prummen  wirt  ie  klainer  und  kiainer, 
unz  aineu  under  in  urob  fleugt  und  hummet  in  der  weis, 
als  da  si  wecket  des  morgens.  290, 15 ; 

das  bienlein  sumbt,  die  hummel  humbt.    Etrisc  2,  130; 

kein  mäuseben  schleicht,  kein  käfer  summt, 

kein  Sperling  zirpt,  keine  hummel  hummt.    Wisland  18,248; 

vom  summen  der  käfer: 

(wir  wulUen)  mit  brumn  und  humn  die  meusz  erschrecken 
(warte  eines  groszen  käfen). 

froschmätts.  3, 3, 12  (Bbb  6") ; 

vom  brummen  eines  baren  und  eines  bösen  tceibes:  wann  das 
weih  aber  das  maul  hengt  einer  eleu  lang,  und  nicht  eh  lacht, 
es  gehe  dann  ein  dorf  unter,  oder  lauft  im  hausz  herum  zu 
hummen  und  zu  brummen  wie  ein  danzbeer,  und  siehet  aus 
wie  ein  nest  voller  eulen,  da  vergeht  dem  mann  all  lust  und 
freud.  Cbeidics  2,  9 ;  von  dem  leise  singen :  etwas  daher  hum- 
men (sire  humsen),  obscura  voce  canere,  ul  nutrices  infantes 
gestantes  sdent.  Stieler  865; 

der  rüstige  Jäger,  soi^Ios 
bummt  er  ein  lied  von  den  freuden  derjagd.    Stolbkrg  3, 270 ; 

hummen  endlich  auch  hum  machen,  alt  einleitung  zu  einer  üA«"- 
legung  (vgl.  hum  l): 

bumm !  humrot  der  triton,  hier  müssen  wir  uns  dazwischen  legen, 
sonst  giebts  ein  neues  stiergefecht. 

Wiela;<d  4,  176  (ii.  Amaäis  8,  8). 

schweizerisch  aber  heiszt  hummen  ohrfeigen  geben  Stalder  2,61 
(so  das:  es  saust?  oder  dasz  der  köpf  summt?),  humme,  ohr- 
feige; Schwab,  homm,  humm  o/ir/ifjy  Schmid  2S6;  im  Fuldaischen 
homme  Vilmar  174. 

HU.M.MER,  m.  ein  grosser  seekrebs,  Cancer  gammarus,  vor- 
zugsweise an  den  kästen  Norwegens  gefangen ,  daher  der  name, 
zu  frühest  altnordisch  bezeugt  (humarr  Vigfdssox  292*),  dänisch 
schwedisch  hummer,  wahrscheinlich  nur  durch  entlehnung  s^idlicher 
gekommen,  niederl.  hummer,  franz.  homard;  die  Engländer 
saiien  lobster,  nach  ags.  loppestre,  lopystre.  griech.  entspricht 
xäftfiagos,  lat.  cammarus  seekrebs,  nach  Fick  347  von  kamar 
krümmen ; 

wer  kann  rochen,  kabbeljauen, 

hummer,  crocodillen,  stör 

ohn'  ein  furchtsam  wundern  schauen?    Brockks  1,308; 
die  leber  ist  vom  hecht,  und  nicht  von  einem  hummer; 
der  erde  Phöbus  wacht,  der  meine  liegt  im  Schlummer. 

Rost  «»-in.  ged.  24. 

HUMMERS.\LäT,  m.  salat  von  kümmern. 

HIIM.MERSCHERE,  f  schere  eines  hummcrs;  als  leckere  speise: 
die  Session  war  schon  lange  zu  lisch  gesessen,  als  ich  mit 
meinen  hummerschecren  erschien  als  letztes  gericht.  J.  Paul 
kom.  anhang  zum  TUan  2,66; 

vergehen  des  Verdrusses  Talten 

nach  einem  flügel  vom  kapaun? 

und  wird,  von  einer  hummer-scbeere, 

ein  hofmann  wohl  dem  andern  trauo  ?    Gökihgk  1, 204. 

HL'MOR,  m.  Stimmung,  laune. 

1)  das   wort   ist   seit   dem    16.  jahrh.  aus  der  gelebrtensprache 
in  das  deutsche  aufgenommen  worden ,    zunächst  im  lateinischen 
gewande,  mit  dem  plur.  humores  (belege  s.  unten)  und  mit  der 
betonung  hümor  des  Singulars: 
IV.  u. 


dann  mau  au  der  kleiduug 
gar  bald  und  leicht  abnimmet, 
wie  herz,  rede  und  zung 
auch  humor  zsamen  stimmet. 

Opbl  u.  Coh;«  412,  3  (lon  1628). 

später  nach  der  mode  der  zeit  in  «älscher  form  gebraucht,  wie 
denn  Röcelers  kriegsschule  (1668)  s.  1023  unter  den  ^kriegswürtern 
(d.  i.  uiäer  den  zierlichen  warten  der  Soldaten)  auch  humeur  mit 
der  erklärung  natur  auffuhrt,  und  Rädleix  556'  köpf,  sinn, 
meinung,  humör  gibt;  von  dieser  im  17.  jahrh.  viel  gebrauchten 
form  sind  wir  seit  dem  IS.  zur  lateinischen  zurückgekehrt,  aber 
die  romanische  betonung  humür  ist  uns  davon  geblieben. 

2)  humor  war  in  der  natur-  und  heiUehre  des  mittelalters  auch 
auf  die  feuchtigkeit,  den  saß  im  innern  des  menschen  bezogen: 
naturlich  feuchtigkeit,  humor  naturalis  voc.  ine.  theut.  o4';  und 
da  mit  der  beschaffenheit  dieses  saftes  die  menschliche  art  als  eng 
zusammenhängend  gedacht  ward,  so  nahm  das  wort  diesen  letz- 
teren sinn  an ,  man  unterschied  bekanntlicli  vier  hauptarten  des 
vienschen  in  bezug  auf  das  gemüt  (vgl.  unter  kalt  3  und  kom- 
plexion):  complexion,  die  naturliche  Vermischung  und  tem- 
peratur  der  vier  humoren.  He.msch  611.  daher  erwuchs  die 
bedeulung  Stimmung,  gesinnung,  laune,  die  bis  in  unsere  zeit 
vielfach  beseugt  ist :  weil  aber  mergedachter  monsieur  Fontaine 
des  graven  von  Essex  humores  bekant,  hab  ich  mich  bei 
ihme  erkündiget  (wie  bei  ihm  zu  verfahren  sei).  Bbecnikg 
V.  BccHENBACH  69 ;  trabcte  fürders  in  holländ.  dienste,  allwu 
ich  zwar  richtigere  bezahluog,  aber  einen  langweiligen  krieg 
vor  meinem  humor  fand;  dann  da  wurden  wir  eingehalten 
wie  die  inönche  und  selten  züchtiger  leben  als  die  nonnen. 
&mjj/.  1, 436  Ä'ur; ;  man  hätte  eine  Zeitlang  an  meinem  melan- 
cholischen htunor  wohl  gesehen ,  dasz  ich  halber  desperat 
gewesen  wäre.  2, 56 ;  die  zeiten  verändern  die  humorn,  sonder- 
lich in  amptleuten.  Lehmax.x  flor.  pol.  1,23;  ein  fromm  weib 
thut  ihrem  manne  nichts  zuwider,  sondern  richtet  sich  in 
billichen  dingen,  so  viel  immer  möglich,  nach  seinem  humor. 
Creidius  2,70;  jeder  buhe  kann  seinem  humor  nachlaufen, 
jeder  narr,  jedes  genie.  Fr.  Mt?LLER  2,  44 ;  da  siehst  du  nun, 
wie  viel  vernünftiger  es  ist,  die  gelegenheit  zu  benützen,  als 
dem  humor  etwas  nachzufragen,  wie  verwöhnte  kinder.  Felder 
sondert.  1,229. 

3)  die  ausläufer  dieser  bedeutung  namentlich  bei  Götbe,  irejin 
er  das  wort  in  festen  formein  braucht,  guter,  bester,  übler, 
schlimmer  humor,  anlehnend  an  das  häufige  französ.  belle, 
bonne,  mauvaise  humeur  (Littre  1,  2065") :  wenn  ich  in  dem 
ei^ensinne  künftige  standhaftigkeit  und  festigkeit  des  Charak- 
ters, in  dem  muthwillen  guten  humor,  und  leichtigkeit,  über 
die  gefahren  der  weit  hinzuschlüpfen ,  erblicke.  16, 41 ;  es 
sei  mehr  eigensinn  und  übler  humor,  als  eingeschränkt- 
heit des  Verstandes,  der  ihn  sich  mitzutheilen  hinderte.  44; 
'ich  habe  noch  nie  gehört,  dasz  man  gegen  die  üble  laune 
vom  predigtstuhle  gearbeitet  hätte',  das  müssen  die  sladt- 
pfarrer  thun,  sagte  er,  die  bauern  haben  keinen  bösen  humor. 
46 ;  ihren  mann  fanden  sie  gleichfalls,  da  sie  zu  tische  kamen, 
bei  sehr  üblem  humor,  und  er  fing  schon  an,  ihn  über  klei- 
nigkeiten  auszulassen.  18,202;  jedes  verSäumnis,  jedes  Unglück 
muszte  mit  geld  gebüszt  werden,  und  man  ward  noch  oben- 
ein ausgelacht,  diesz  gab  mir  den  allerschlimmsten  humor. 
24,233;  ich  fing  mit  dem  besten  humor  meine  h>'pot betische 
lebensgeschichte  zu  erzählen  an.  277;  drum  wünschen  wir, 
dasz  er  (Bürger)  möge  in  guten  humor  gesetzt  werden,  (in 
der  Übersetzung  des  Homer)  fortzufahren,  im  teutschen  Merkur 
1776  febr.  s.  193;  ebenso  bei  Wielasd: 

wofern  er  durst  und  guten  humor 

zu  bringen  schwört  (wird  er  zu  einem  feste  tugelassen). 

WiKLASB  5,  11  (n.  .imait.  12,  13). 

4)  der  neuere  begriff  des  humors  hat  sich  zuerst  in  England 
ausgebildet,  wie  er  auf  grund  der  altern  bedeutung  der  indivi- 
duellen Seelenstimmung  erwuchs,  zeigt  Lessing  7,  414,  wie  er 
durch  Smß  und  Sterne  gepflegt  und  vorzugsweise  auch  auf  geistes- 
verwandtem deutsclien  boden,  zunächst  als  liUerarische  erscheinung 
entwickelt  ward,  beschreibt  die  liiteraturgeschickte.  i.  Paul  definiert 
in  diesem  stnne  den  humor:  der  humor,  als  das  umgekehrte 
erhabene,  vernichtet  nicht  das  einzelne,  sondern  das  endliche 
durch  den  konlrast  mit  der  idee.  es  giebt  für  ihn  keine 
einzelne  thorheit ,  keine  thoren ,  sondern  nur  thurheit  und 
eine  tolle  well,  er  hebt  —  ungleich  dem  gemeinen  spasz- 
macher  mit  seinen  seitenhieben  —  keine  einzelne  narrheit 
heraus,  sondern  er  erniedrigt  das  grosze,  aber  ungleich  der 
parodie,  um  ihm  das  kleine,  und  erhöhet  das  kleine,  aber 

120 


1907 


HUMORISCH  — HUMPE 


HÜMPELARZT  —  HUMPELN 


1908 


ungleich  der  ironie,  um  ihm  das  grosze  an  die  seite  zu 
setzen  und  so  beide  zu  vernichten,  weil  vor  der  Unendlich- 
keit alles  gleich  ist  und  nichts,  vorsch.  d.  äslh.  l,  166.  humor 
wird  der  bhszen  laune  entgegengesetzt:  in  hloszen  lyrischen 
ergieszungen ,  worin  der  geist  sich  selber  beschauet,  malet 
Leibgeher  seinen  welt-humor,  der  nie  das  einzelne  meint  und 
tadelt,  was  sein  freund  Siebenkäs  viel  mehr  thut,  welchem 
ich  daher  mehr  laune  als  humor  zuschreiben  möchte,  s.  168. 
—  Lessing  hatte  das  englische  humour  noch  in  dem  allen  sinne 
durch  laune  übersetzt:  vor  itzo  will  ich  nur  die  erklarung 
nülnehmen ,  welche  Dryden  von  dem  was  die  Engländer 
bumor  nennen,  giebl.  ich  erinnere  zugleich,  dasz  ich  humor, 
wo  ich  das  wort  übersetzen  will,  durch  laune  gebe,  weil 
ich  nicht  glaube,  dasz  man  ein  bequemeres  in  der  ganzen 
deutschen  spräche  fiiulen  wird.  4, 3;<'J,  nahm  aber  dwse  Über- 
setzung 7,416  als  falsch  zurück,  mit  reclU,  wegen  des  damals 
mehr  uie  heute  völlig  verschiedenen  begri/fs,  vergl.  das  weitere 
unter  laune. 

Die  heutige  spräche  braucht  humor  häufig  nur  in  dem  sinne 
einer  scherzhaften  Stimmung  tind  deren  duszcrung :  man  sagt, 
redet  mit  humor;  man  findet  sich  mit  humor  in  diese  oder 
jene  läge;  bei  längerem  Zusammensein  der  gesellschaft  machte 
sich  der  humor  gellend ;  man  redet  sogar  von  einem  ausgelas- 
senen, sprudelnden  humor,  mit  beiwörtern  die  das  gute  deutsch 
bisher  nur  auf  spasz  oder  witz  bezogen  hat. 

HUMOKISCH,  adj.  dem  humor  eigen:  humorisebe  totalität. 
J.  Paol  vorsch.  d.  äslh.  1,160. 

HUMORIST,  m.  Schriftsteller  von  humor:  als  man  Sterne  in 
Deutschland  zuerst  ausschiffte,  bildete  und  zog  er  hinter  sich 
einen  langen  wasserigen  kometensthweif,  damals  sogenannter 
(jetzt  ungenannter)  humoristen ,  welche  nichts  waren ,  als 
ausplauderer  lustiger  selbstbehaglichkeit.  J.  Paul  vorsch.  der 
ästh.  1, 169 ;  wenn  es  dem  humoristen  erlaubt  ist ,  das  hun- 
dertste ins  tausendste  durcheinander  zu  werfen ,  wenn  er 
kecklich  seinem  leser  überläszt,  das  was  allenfalls  daraus  zu 
nehmen  sei,  in  halber  bedeutung  endlich  aufzufinden.  Göthe 
22, 206 ;  nehmen  wir  sodann  das  bedeutende  wort  vor :  er- 
kenne dich  selbst,  so  müssen  wir  es  nicht  im  ascetischen 
sinne  auslegen,  es  ist  keineswegs  die  heautognosie  unserer 
modernen  hypochondristen ,  humoristen  und  heautontimo- 
rumenen  damit  gemeint;  sondern  es  heiszt  ganz  einfach: 
gib  einigermaszen  acht  auf  dich  selbst.  4'.),  110. 

HüMOKISTISCH,  adj.  mit  humor,  humor  habend:  ein  humo- 
ristischer schriftsteiler ;  jetzt  auch  eine  humoristische  rede, 
anspräche,  eine  humoristische  darlegung. 

HUMPE,  HUMPEN,  f.  und  tn.  groszes  trinkgefdsz.  auffallend 
ist,  dasz  dieses  wort  bis  jetzt  vor  dem  17.  jahrh.,  wo  es  im  Ost- 
lichen Mitteldeutschland  vorkommt  und  von  da  aus  sich  verbreitet, 
nicht  nachgewiesen  werden  kann,  da  es  doch  als  ein  uraltes  sich 
durch  die  vergleichung  verwandter  sprachen  kennzeichnet:  es  ent- 
spricfit  genau  dem  griech.  xvußoi  gcfäsz,  bccher,  y.vußr}  gefdsz, 
hecher,  kahn,  ohne  nasal  xvßaä  urne,  aschenkrug,  sanskr. 
kumbha-s  topf,  krug,  urne,  aschenkrug  (Kick  45),  und  gehört 
zu  jener  würzet,  die  auch  in  haube,  häufe  und  haupt  lie(jt  und 
sp.  565.  5S3.  5%  besprochen  wurde,  wenn  aber  Kii.ian  ein  nieder- 
landisches  horape,  pars  abscissa,  extrema  pars  abscissa,  hompe 
broods,  cuneus  panis,  pars  panis  instar  cunei  abscissa,  frustum 
praecidaneum,  mit  dem  verbum  hompen  abscindere  partes  extremas 
anführt,  das  in  der  bedeutung  an  das  sanskr.,  zu  den  vorhin 
genannten  Wörtern  in  engster  Verwandtschaft  stehende  kumba  köpf, 
dickes  ende  eines  holzes,  reicht,  so  legt  dieses  gleichförmige  nicderl. 
wort,  mit  berücksichtigung  des  griech.  tcvftßr)  kahn,  die  Vermutung 
nahe,  dcux  humpe  einst  einmal  tiulUs  bedeutet  hat,  als  ein  aus- 
gehöhlter klotz,  ein  durch  schnitzen  hergestelltes  holzgefdsz,  und 
erst  viel  spdler  zu  seiner  jetzigen  bedeutung  gelangt  ist,  was  durch 
das  aus  dem  Schwäbischen  von  ScnMiD  291  beigebrachte  viasc. 
hump,  'groszes  weites  trinkgefdsz,  unten  ohne  fusz,  folglich  ab- 
gestumpft', gestützt  wtrd.  eine  gleiche  begriffswanddung  hat  auch 
bei  kumpf  {vergl.  Iheil  5,  ip.  2615  oben)  stattgefunden,  dessen 
rtijm'ilogische  Verwandtschaft  zu  unterm  bumpen  indes  höchst 
:uiil>lhaft  iü. 

h'ii  ijfirUlecht  von  humpe  ist  beim  frültesten  vorkommen  des 
worti-i  frinunn,  ertt  seit  dem  li».  jahrh.  männlich:  die  humpe, 
pif"  I,  urnfhora,  vilrum  amplum  et  capax  .  .  .  gmsze  humpe, 
fi/ithu\,  craler  tnagnus,  et  cratcra,  congius  .SrittHti  h6(>;  humpe, 
.u/u//ui,  einem  mit  grotzen  humpen  zusetzen,  viullis  aliquem 
urgert  culullis  et  lorquere  mero  HeoERiCH  1339  und  danach  Stein- 
iiACH  1,7V2;   culullus,  ein  rutuler  becbcr,  weiukrusel,  irdener 


Opferbecher,  himipe,  irdenes  geschirr  Kirsch  cornucop. ;  das 
wort  ist  vielleicht  zufrühcst  nur  ein  aus  einer  mundart  aufgegrif- 
fener Studentenausdruck  gewesen,  und  dann  weiter  vorgedrungen, 
wie  so  mancher  andere,  denn  seine  lebendige  ailuendung  Ut  zu- 
frühest  von  dorther  bezeugt:  wir  nahmen  das  buch  der  vier 
könige  und  lieszen  die  groszen  humpen  wacker  dabei  lierumb- 
gehen.  jugend  eines  reuigen  Studenten  (1064)  Ab';  also  dasz 
herr  Storax  dem  Florindo  eine  humpe  zutrank.  Chr.  Weise 
erzn.  14S;  er  verstund  sich  endlich  auf  die  humpe  {d.h.  mU 
ihr  bescheid  zu  thun).  149;  alle  dinge  ..  lieber  allein  thun,  als 
so  hinter  einer  humpe  gepflanzt  sein,  ohne  prosit  und  pro- 
ticiat.  Fr.  MtJLi.ER  2,  181;  ein  humpen,  aus  dem  die  kurfürsten 
gezecht,  ist  schön.   Bettine  briefe  1,50; 

hastu  die  grosze  hump  jetzt  redlich  ausgemacht? 

so  wirf  sie  auf  den  tisch,  das  alles  klingt  und  kracht. 

W.  ScuERFt'KH  i/ruhiaii.  (1640)  s.  146 
bid  FboJIJI.  4,  172; 
doch  mit  g:eljüla  und  glied  und  köpf 
bireb  er  (iirr  mmscli)  ein  halber  klumpen, 
iiis  endlich  Noah  für  den  trop! 
das  wahre  fand,  den  humpen.    Götue  5,  14; 
der  stadtrath  musz  sein  lager  auch  verzapfen, 
man  greift  zu  humpen,  greift  zu  napfen.    41,  14; 
gib,  0  schenke,  die  gläscr  raaszigen  lumpen, 
und  mir  reiche  den  unermeszlichen  humpen.    RCckert  369. 

HÜ.MPELARZT,  »j.  pfuscharzt :  so  du  es  nit  weist  und  ken- 
nest,..  so  bist  du  ein  hümpelarzt.  Paracelsls  opp.  1,229A; 
Jesus  ist  kein  solcher  leulbctrieger,  kein  solcher  hümpel- 
und  stümpelarzt.  Oxno  37. 

HUMPELEI,  HÜMPELEI,  f.    l)  schwerfällige  art  zu  gehen. 

2)  Stümperei  im  arbeiten :  die  hümpelei ,  inora ,  cunctatio, 
dilatio,  productio,  sutcla,  es  ist  lauter  hümpelei,  farturae,  con- 
glutinationes  et  centones  sunt.  Stieleb  (566;  auch  nichtswerte 
waaren:  es  könnens  auch  die  bauren  wol,  die  zu  markt 
kommen,  bringt  einer  faule  stinkende  eier  oder  garstige  kesz 
zu  marke,  der  macht  sich  stolzer  damit,  denn  etwan  einer 
mit  einem  kram,  der  etlich  hundert  gülden  werd  ist,  ein 
ander  kümpt  mit  ander  hümpelei ,  und  kau  sich  nicht  ekel 
gnug  damit  machen.  Lutiieh  4, 527'. 

HÜMPELMANN,  wt.  mann  der  schlecht  arbeilet:  er  ist ..  ein 
hümpelmann.  Schottel  1136',  gleichbedeutend  mit  hümpler,  s.  d. 

HUMPELN,  HUMPELN,  verb.,  iterativ  zu  dem  unten  folgenden 
humpen,  in  zwei  hauptbedeutungen. 

1)  schwerfällig  und  schlecht  gehen,  unterscliieden  von  hinken, 
insofern  als  durch  das  letztere  ein  ungleichmdsziger  gang,  hervor- 
gerufen durch  einen  fehler  an  einer  bvslimmlcn  stelle  der  gehurrk- 
zeuge,  bezeichnet  wird,  während  huni|)cln  den  durch  allgemeine 
lähtnung  oder  uuvollkommenlieit  der  gtiedcr  hervorgebrachten  lang- 
samen und  schleppenden  gang  ausdrückt.  —  Das  wort  steht  «r» 
engster  beziekung  zu  hampeln  sp.  322  und  den  dort  beigebrachten 
verwandten;  es  war  als  mundartlicher  ausdruck  auf  Niederdeutsch- 
land eingeschränkt  {im  gegensatz  zu  humpen ,  was  auch  ober- 
deutsch erscheint,  und  humpeln  in  der  zweiien  bedeutung),  bis 
die  neuere  schriftspraclw  es  allgemeiner  gemacht  hat:  humpeln 
und  humpumpen  hinken ,  auch  im  tanz  nachlassig  hüpfen  und 
schlendern  SciißTZE  2,171;  humpeln,  hunkeln,  lahmen,  lahm 
gehen,  etwas  hinken  Scuambach  s^'  mä  himipelig,  hunkelig, 
hinkelich,  etwas  hinkend,  lahm;  hmn|ieln ,  schwerfällig  gehen, 
hinken  Fhümm.  3, 2S5  {aus  Jevcr);  huin|ieln  sich  hinkend  fort- 
bewegen 5,  347  {aus  der  Ruhrgegend)  u.  s.  w. ;  der  gichlbrüchige 
humpelt  an  seiner  krückc  daher; 

humpl  ich  dann  auf  beiden  krücken 
ihr  mit  sack  und  packu  nach. 

HoLTY  206  llntm  (bcUterode) , 
humpelt  auf  der  krücke  fort 
zum  wald,  Voss  2,  147  ; 

erst  nachdem  die  nacht  völlig  eingetreten  ist ,  bumpell  der 
womhal  ins  freie.  Ürehn  illustr.  thierl.  2,57;  im  latifen  iiber 
der  erde  humpelt  der  gnfl'er  schwerfällig  dahin.  9'.);  manch- 
mal legt  der  seehund  seine  beiden  rüder  an  den  leih  und 
humpelt  ebenso  rasch  vorwärts  als  wenn  er  sie  mit  ge- 
hrauchen wollte.  7Sl. 

2)  humpeln,  und  gewöhnlich  mit  umlaut  bümpoln ,  in  über- 
tragener bedeutung,  langsam  und  schlecht  etwas  machen,  iä  allge- 
meiner veibrcttit  und  weil  früher  in  der  Schriftsprache  beteu'it : 
humpelen ,  muere,  quod  agendum  est,  agere  Schottel  1339; 
bumpelen ,  hilmpelen ,  misere  quod  agendum  est  ngere,  morarl, 
tardiire,  languere,  desidiae  plenum  esse,  trahrre  et  protrahere  rem, 
cunctari  Stieleu  k6«;  lieber  leser,  wisse  dich  zu  hillrn  vor 
den  bücbliu  »u  undcr  disetu  namen  gcstüropcll  und  gcbüm- 


1909 


HUMPELWERK  —  HUMPLER 


HUMPLER  —  IIÜND 


1910 


pelt  sind  und  doch  nicht  die  halb  meinung  frater  Johannis 
i'aiili  ist.  Pauli  schimpf,  auf  der  rückseile  des  titeis ;  verhümpcin, 
durch  schlechte  arbeit  verpfuschen :  stünipeln  ist  verhtimpeln. 
LtHMASN  101;  es  war  null  und  vcrhinipelt.  Simpl.  X70S  Keller. 

3)  humpeln,  abgebrochen  treinen  Lexer  mhd.vb.  1,13S3  steht 
ganz  ron  dem  oben  angeßhrlen  ab  und  gehört  zu  der  unter 
liimmein  sp.  13G9  aufgezählten  reihe. 

HUMPELWERK,  HÜMPELWERK,  n.  schlechtes,  liederliches 
werk:  du  inust  (sagt  ein  beichtrater)  ein  regist-er  haben,  darinne 
rechtscliaffenc  sünd  stehen ,  sol  Christus  dir  helfen ,  must 
rricht  mit  solchem  hunipehvcrk  und  puppensflnden  umbgehen, 
und  ausz  einem  jeglichen  bomhart  eine  sünde  machen.  Luther 
tischr.  101";  welche  eitel  hflmpelwerk  auf  das  papier  schmitzen. 

5.  Frank  ...  42. 
HUMPEN,  m.  s.  humpe. 

HUMPEN,  verb.  Stammwort  zu  humpeln,  nur  mundartlich, 
aber  tceit  verbreitet :  humpen  7im:<  im  gemeinen  reden  in  Nieder- 
sachsen an  einigen  orten  eine  art  des  hinkens'  Frisch  1,474';  bair. 
humpen  Hinken  Scnsi.  1,1113  Fromm.;  humpen,  hinhumpen, 
pigere,  desidere,  oscilari  Stieler  S65  mit  der  nebenform  himpen 
(vielleicht  =  humpen,  vgl.  unten  himpler  für  hümpler) ;  er  ent- 
nahm das  u'ort  vol  der  düringischen  Volkssprache,  wo  es  heute  noch 
sehr  gewöhnlich  den  langsamen  wackelnden  gang  eines  menschen 
bezeichnet;  —  basleiisch  verhumpen,  liederlicher  weise  verscherzen 
Stalder  2,  C2. 

HUMPLER,  HUMPLER,  m.  nach  humpeln  und  humpeln  in 
mehrfachem  sinne. 

1)  schwel- fällig ,  schlecht  gehender:  Iiümpelser,  ein  etwas  hin- 
kender mensch  Schambach  88'  {auch  in  der  bedeutung  2); 

lange  benannten  wir  dich  (einen  nelähmten)  den  humpeler. 
Voss  2,  255  (idyll.  15,  40). 

2)  viel  häufiger  {nach  humpeln  2) ,  und  gewöhnlich  in  der 
umgelauteten  form  hümpler,  ein  langsamer,  träger;  dann  einer 
der  in  seinen  Verhältnissen  zurückbleibt;  endlich  auch  stümper, 
Pfuscher  in  seinem  fache:  hürapeler,  homo  miser,  nundinalis, 
iners,  languidus,  deses,  interpolator,  veteramentarius  Stiele«  866; 
hümpler,  nundinalis,  der  in  neun  tagen  etwas  zu  arbeiten 
kriegt.  ScBOTTEL  1339 ;  hümpelasr,  einer  der  in  seinen  verviügens- 
verhältnissen  nicht  weiter  kommen  kann;  ein  stümper,  pfuscher 
Schambach  a.  a.  o. ;  ein  guter  meister  macht  ein  ding  recht, 
aber  wer  einen  hümpler  dinget,  dem  wirds  verderbet,  spr. 
Sal.  26, 10 ;  bleiben  auch  endlieh  bettler  und  hümpler.  Luther 

6,  30S';  wer  was  lehrnen  wil,  der  wende  fleisz  daran,  sonst 
musz  er  zum  hümpler  drüber  werden.  Kirchhof  icendunm.  277'; 
kecke  büchsenmeister . .  die  vorm  feindt  zu  hanthleren  wissen, 
nicht  hümpler,  schreier,  da  nichts  denn  wort  hinder  seind. 
milü.  disc.  26 ;  übel  genehrt  und  wol  gebleut,  ist  aller  himpler 
arbeit.  Schottel  1120';  er  ist  ein  humpeler,  ein  hümpelmann. 
1136';  wer  einen  hümpler  zum  meister  hat,  der  ist  die  zeit 
seines  lebens  betrogen.  Chr.  Weise  freim.  redner  674;  die 
gröszesten  hümpler  machen  die  meisten  spähne.  Pistorics 
thes.par.  1,48;  der  grüszte  hümpler,  die  meisten  späne.  Hippel 
1,208.  oft  mit  ähnlichen  ausdrücken  verbunden:  und  werden 
{aus  ungehorsamen  menschen)  eitel  suddeler,  hümpler,  sucker 
draus,  die  viel  verseumen,  und  niemand  nichts  zu  liebe  oder 
dank  machen,  noch  thun  künnen.  Luther  6, 147' ;  desgleichen 
gehets  in  allen  andern  künsten,  ja  in  allen  handwerken,  das 
die  rechten  meister  müssen  solche  hümpler  und  sudler  leiden. 
220';  die  hümpler  und  störer  {ahmen  nach)  den  handwerken, 
wollen  auch  künstreiche  meister  sein,  tischr.  55* ;  ein  hümpler 
und  störer,  der  nicht  den  rechten  Steinmetzen  grusz  kan. 
.Mathes.  Sar.  98* ;  hümpler,  sturer,  südler  und  faule  kommen 
auf  keinen  grünen  zweig.  Petri  der  Teutschen  weiszheil  (1605) ; 
gern  auch  in  der  reimenden  Verbindung  hümpler  und  stümpler: 
wann  in  mancher  groszen  Stadt  ein  handwerksmann  eine 
tochter  hat,  die  weder  zu  sieden  oder  zu  braten  taug,  .  .  . 
so  trotzt  sie  gleichwol ,  und  sagt ,  sie  werde  noch  wol  ein- 
mal einen  mann  bekommen,  warumb?  es  könne  niemand 
ins  ainpt  kommen,  er  nehme  dann  eines  meisters  tochter. 
und  das  gibt  gemeiniglich  böse  ehelcut,  böse  meister,  himpler 
und  stimpler.  Schuppius  8;  hümpler  und  stümpler.  Harnisch 
274;  gar  schimpflich  stehet  es,  dasz  heut  zu  tage  ein  jed- 
weder elender  hümpler  und  stümpler,  wen  er  nur  ein  weinig 
kann  reimen,  alsobald  zufahret  und  seine  närrische  grumpen 
öffentlich  lasset  auszulegen,  auf  welchen  ofte  mehr  fehler 
als  verse  sind.  Rist  Parn.  vorbericht  b7*;  es  ist  an  dem,  dasz 
die  künste  in  der  weit  von  denen  hümplern  und  stümplern 
am  meisten  prostituiret  werden.  Chr.  Weise  kurzwed.  redner  652; 


der  ain  andern  haist  ain  himpler, 
der  selbig  ist  ain  rechter  stympler. 

IL  FoLZ,  näujits  zeitschr.  8,  539,  91 ; 
stümpler  und  hümpler.    Melissus  ps.  06". 

3)  hümpler,  nn  lump,  nichtswerter  kerl: 

der  mdsz  ein  schmürzler  (geithals),  humpeler  sin, 
wer  nil  will  sitzen  Lv  dem  wyn  (am  feierlage). 

Brant  narremch.  95,42; 
wird  ein  loser  Iiümpler  geehrt  (kommt  tu  ehren), 
von  im  wird  jederraan  beschwert. 

lleinecke  fuchs  hochdeutsch  (Frankf.  1583)  164', 
nach:  wer  ein  kerleman  wert  ein  here, 

dar  geit  it  over  de  armen  sere.    Rein,  vos  5357. 

4)  hümpler,  heiszen  schiffer  in  Mannlieim ,  welche  den  ranj- 
schiffern  mit  leichtschiffen  entgegen  kommen,  und  so  viel  ron  iltrer 
ladung  übernehmen,  bis  die  gröszem  schiffe  hinlänglich  geleichtet 
sind,  um  auf  dem  üeckar  bis  Heilbronn  gebraclU  werden  zu 
können.  Jacobsson  6,123*;  auch  schiffleute,  die  in  kleinen  fahr- 
zeiigen  holz  und  andere  waaren  auf  dem  Main  rerßltren.  Schm. 
1.1113  Fromm,  der  name  kommt  rheinisch  schon  1464  ror;  der 
kaufmann,  verechter  {frachtschiffer),  schiffherre  und  humpeler 
mit  iren  schiffen.  Moxe  zeilschr.  9, 31.  der  name  des  faiir- 
zeuges  dessen  sie  sich  bedienen  heiszl  hümpelernaclien  {das.  s.  33), 
humpelnachen  (Lexer  mhd.  wb.  1,  13S3),  hümpelschelch,  himbel- 
schelch  (Schm.  a.  a.  o.).  —  Dasz  in  dieser  bedeutung  hümpler 
sich  zunächst  an  ein  humpe  anlehne,  des  begriffs  nachen,  dem 
griech.  xvfjßrj,  lat.  cymba  urverwandt  und  der  form  nach  eins 
mit  dem  oben  sp.  1907  behandelten  humpe,  darf  indes  wol  kaum 
angenommen  werden;  der  in  Mannheim  bestehende  gegensatz 
zwischen  hümplern  und  rangschiffern,  ßhrern  bedeutender  falir- 
zcuge,  deutet  vielmehr  darauf  hin  ,  wie  handwerksstolz  das  wort 
in  der  oben  gegebenen  bedeutung  2  auf  geringere  genossen  an- 
wendete. 

HÜMPLERISCH,  adj.  und  adv.  pfuschermäszig :  {es  werde  hei 
der  behandlung  eines  kranken)  nichts  barbierisch,  baderisch 
odcr_  hümplerisch  gehandlet.  Paracelscs  opp.  1,1010  C. 

HÜMPLICHT,  adj.  mutilatus,  productus,  prorogatus,  assutus, 
consarcinatus,  interpolalus.  Stieler  866;  in  demselben  sinne  das. 
auch  humpelhaft. 

HCMSCHEN,  i'er&.  leviter  tussilando  quid  indicare.  Schottel 
1339.  Stieler  865,  eigentlich  hüm  maclien,  vgl.  diese  interjeclion 
oben  sp.  1903 ■;  hümschen ,  chucheler,  parier  bas;  einem  etwas 
zuhümschen ,  chucheler  quelque  chose  d  l'oreille  de  quelcun 
ROXDEAÜ   318. 

•  HUMSE,  f  hummel:  ein  anderer  seufzet,  ein  anderer  grum- 
met  und  brummet  als  wie  eine  humse  in  einer  drummel. 
Philander  (1642)  s.  16;  die  weiber  wehren  oft  den  mannen 
mucken,  wenn  sie  humbsen  haben.  Lehmann  159. 

HUMSEN,  verb.  summen  wie  eine  hummel :  bubire,  vox  apium, 
bumsen,  susen  Dief.  82';  gleich  wie  die  hummeln.  das  un- 
tüchtig faulfressig  unzifer,  so  kein  honig  machen  können, 
alles  auffressen,  was  die  fromen  bienlin  machen,  on  das  sie 
mit  iren  Hügeln,  ja  so  sehr  oder  auch  mehr  scharren,  sausen 
und  bumsen  können,  denn  die  rechten  lieben  bienen.  Luther 
6, 149* ;  der  folgende  beleg  kann  zu  hummen  oder  bumsen  ge- 
hören : 

also  was  hilfts  dich,  hurnaus  thumm, 
das  du  -lang  bumst  und  prummst  berum? 

Fischart  äiclif.  2,  232  (Iwhrab  692). 
t'on  menschen :  er  hatte  sich  kaum  ein  wenig  gewärmet ,  als 
er  eine  kleine  discantgeige  hervor  zog,  dieselbe  stimmte,  vor 
unsern  tisch  träte  und  eins  daher  striche,  worzu  er  mit  dem 
maul  so  artlich  bumset  und  quickelirt,  dasz  ein^r,  der  ihn 
nur  gehört  und  nicht  gesehen,  hält  glauben  müssen,  es  wäre 
dreierlei  seitenspiel  untereinander  gewesen.  Sw/jp/.  3, 157  Aur:. 
mit  dem  folgenden  ist  wol  leises  singen  gemeint  {vgl.  hummen): 
er  thut  nichts  als  bumsen,  ü  ne  faU  que  bourdonner,  il  bour- 
donne  sans  cesse  Rondeag  318.  —  !^iederdeutsch  ist  die  bedeu- 
tung von  bumsen  eine  sehr  verschiedene,  am  näcftslen  stimmt 
noch  laut  schnarchen  im  schlafe;  aber  mausen,  stehlen  {wozu 
obersächsisches  behumsen  betrügen  tritt),  und  im  tanz  nacfäässig 
schlendern  und  hüpfen  (SchIStze  2, 171)  liegen  weit  ab. 

HUMSUNG,  f.  dashumsen:  bombatus,  vox  apium,  humpszung 
als  die  pynen  thun  Dief.  78*. 

HUND,  m.  eünis. 

goth.  hund-s ;  alts.  altnfr.  ags.  fries.  hund,  niederl.  hond; 
engl,  hound  geht  nur  noch  auf  den  Jagdhund;  altnord.  bund-r, 
dän.  schwcd.  hund;  ahd.  bunt,  mhd.  hunt.  die  urverwandten 
sprachen  gewähren  sanskr.  ^uni-s  und  (jvä ,  gen.  9una< ;  zend. 
9uni-s;  griech.  xvcör,  gen.  xvvöi;  lat.  canis;  Itlt.  szunis,  und  szu, 

120* 


1911 


HUND 


HUND 


1912 


gen.  szuns ;  allpreusz.  siini-s  (Ficn  52),  so  dasz  der  schlteszende 
l-latU  au  dem  namen  dieses  allen  hatislhieres  der  Indogermanen 
eigenthümlich  deutsch  erscheint,  nach  welcher  eigenschaß  der  hund 
seine  benennung  empfangen,  ist  iinswher ;  das:  an  die  golh.  würzet 
han|),  inßnitiv  hinj)an  in  fra-liin|)an  fangen,  gefangen  nehmen 
nicht  gedacht ,  der  kund  also  nicht  als  fänger,  jäger  hingestellt 
werden  darf,  ist  längst  erkannt;  ob  Zusammenhang  mit  griech. 
xvEiv  schwanger,  träclUig  sein  besteht  und  das  thier  von  seiner 
groszert  fruchtbarkeit  genannt  worden  sei,  steht  dahin. 

Bedeutung. 

I.  hund  im  eigentlichen  sinne. 

1)  das  woit  geht  auf  die  grosze  familic  des  canis  familiaris, 
und  zwar  in  beiden  natürlichen  geschlechtern ;  nur  wenn  der  weib- 
liche hund  ausdritcklich  hervorgehoben  werden  soll,  wird  hündio 
(s.  d.)  gesagt.  Zusammensetzungen  bezeichnen  die  einzelnen  racen, 
entweder  nach  ihrer  ähnlichkeit  mit  andern  thieren  in  kopfbildung 
oder  feil,  vgl.  Wolfshund,  löwenhund,  tigcrhund ;  oder  häufiger 
nach  ihrer  Verwendung :  Schäferhund,  hirtcnhund,  nielzgerhund, 
Haushund,  hofhund,jagdhund,j;igerhund(hiihnerhund,  Wachtel- 
hund, dachshund  zur  jagd  auf  solche  thierc),  kettenhund  u.s.w. 

2)  besondere  eigenschaßen  der  hunde  durch  adjectiva  gegeben: 
der  hund  ist  treu,  falsch,  böse,  munter,  faul,  bissig;  böse 
hunde  haben  zerrissen  feil.  Schottel  1118";  alte  hunde  sind 
übel  bendig  zu  machen.  1113';  stinkende  hunde.  Happel  acad. 
rom.  25; 

herzog  Ruprecht  verachi  das  offenbare, 
er  kam  zS  ban  grosz  und  schwäre, 
er  stank  im  bau  als  ain  liund. 

LiLiEMCRON  volkst.  2,  46,  53; 

der  hund  ist  toll,  wüthend :  rapidus  canis  wütender  o.  toben- 
diger  hundt  Dief.  4S2*;  ein  toller  hund  laufet  nicht  über 
sieben  tag.  Pistoriüs  thes.  par.  10,21;  damit  ein  wütender 
hund,  er  seie  so  rasend  wie  er  wolle,  dem  schäfer  keinen 
schaden  thwe.  Sebiz  feldb.  147 ;  alemannisch  heiszi  es  tauber 
hund.  wütiger  oder  tauber  hund,  rabiosus  canis  MaalEr  232'; 
sonst  auch  törichter  hund,  rabiosus  canis  Stiei.kr  866; 

der  trag,  der  nit  gern  gat  her  für, 
der  spricht,  der  low  stal  vor  der  thür, 

der  dorecht  hundt  in  heim  behalt  (er  fürchte  sich  vor  einem 
tollen  hunde,  dei'  ihn  begegnen  könne), 
narrennch.  97,  31 ; 

räudige    hunde;  ein    bunter  hund,    im  gegensatz  zu  dem  mit 

einfarbigem   feil,  gilt  als  auffallende  erscheinung ,    sprichwörtlich 

er    ist    bekannt  wie    ein    bunter    hutid,    notus  est  omnibus  et 

singulis.  Stibler  866;  aber  auch  als  falsch,  tückisch: 

der  letzte,  Trie^ewicht, 
ist  wie  ein  bunter  hund,  er  laszt  die  tiicken  nicht. 

KoncEUL  Innoc.  47 ; 

ein  wachsamer,  lauter  iiund ;  gegensatz  der  stumme  hund : 
alle  ire  Wächter  sind  blind ,  sie  wissen  alle  nichts ,  stumme 
hunde  sind  sie,  die  nicht  strafen  können,  sind  faul,  liegen 
und  schlafen  gerne.   Jes.  56,  10; 

weil  aber  ich  in  meinem  sinn 
ein  stummer  hund  gewesen  bin, 
der  nicht  gethan  nach  seiner  pilicht. 

b.  BiNGWALD  tr.  Eck.  114'; 

der  nasse,  begossene,  zitternde  hund,  ein  bild  äuszcrsler  kläg- 
lichkeit :  stund  so  elend  und  erbärmlich  allda,  dasz  es  einen 
nassen  hund  bette  erbarmen  sollen,  cselkünig  335;  er  und 
sein  camerad  zitterten  wie  nasse  hunde.  Simpl.  1,253  Kurz; 

da  kam  ich  aus  der  schlacht  wie  ein  begossner  hund. 

KoTZKBUE  dram.  sp.  1,  216. 

3)  der  hund  bellt,  gauzt,  heult,  jault,  knurrt,  winselt;  des 
abends  las  sie  widerumb  auch  heulen  wie  die  hunde.  ps. 
50,7;  and  wird  nicht  ein  hund  dich  thüren  anbellen.  Judüh 
11,13;  lasse  inzwischen  die  leute  reden,  und  die  hunde  bellen. 
SCBOTTEL   1147; 

lasz  iire  hunde  heulen 

vor  ihrer  herren  haus.    W.  Möller  winterretse ; 

tr  schlagt  an,  kläfft,  plafTt,  päfft,  packt,  beiszt:  todtcr  hund 
beiszt  nicht.  Schottei.  1114*;  wann  ein  aller  hund  hälfet,  so 
siebe  aus.  112!';  machst  du  dich  selbst  /um  scbaaf,  so  beiszcn 
dich  die  bunde.  1130* ;  es  schadet  nicht  wan  die  hunde  schon 
bellen,  wan  sie  nur  nicht  beiszen.  1143';  hunde,  die  viel 
bellen,  beiszen  nicht;  er  läuft,  ist  läulisrh;  der  hund  läuft, 
tanit  caiulü  Stieler  H66|  im  schmerz  und  in  der  angst  zieht 
der  hund  den  schwänz  ein,  in  der  frewle  txley  bittend  wedelt 
er  mit  dem  schwänze :  da  lief  der  hund  vorhin,  welchen  sie 
mit  sich  genomen  halten,  und  wedelt  mit  leiiipm  schwänz, 
•prang  und  stellet  sich  frOlicb.   Tob.  II,  «j; 


der  hund  wirt  kaum  halp  gewert, 
was  er  mit  seinem  schwänz  begert.    fastn.sp.  528,20; 
ttt  demut  kriecht  er,  liegt  er  auf  dem  bauche; 
doch  einen  hund  an  Unverschämtheit  gleich 
lebt  er  (der  Schmeichler),  und  bellt,  und  kriecht  sich  adelich 

und  reich.    Voss  6,  301. 
durch  setne  kunstslücke  belustigt  er  den  menschen,  er  wird  dazu 
abgerichtet ; 

auch  betten  sie  bei  inen  einen  hunt, 
der  kunt  tanzen  und  überspringen  : 
da  lachten  sie  derselben  dingen. 

Schade  snl.  u.  pasqu.  1,  172,  655. 
4)  der  hund   ist  der  begleiter  des  menschen ,    und  sein  haus- 
und    zimmerqenosse.     seine   treue   und  anhdnylichkeil  ist  sprich- 
wörtlich, vgl.  hundetreu;    fremden  lockungen  widersteht  er:    an 
fremden  hunden  und  kindern  ist  das  brod  verlohren.  Fisto- 
Rius  thes.  par.  9,35;  wie  kein  anderes  thier  wird  er  geschätzt: 
einen  mann  hungerte  manche  stund : 
er  gieiig  und  kaufte  sich  einen  hund. 

SiHRocK  sprichw.  267. 

mit  der  katze  und  dem  bahn  gehört  er  notwendig  zu  einem 
hausslande  (rechlsalt.  588);  daher,  wenn  Verbrecher  mit  einem 
hunde  und  einem  hahne  ersäuß  werden,  hierdurch  die  Vertilgung 
des  gesamten  hauses  angedeutet  sein  soll:  wer  seinen  valer  oder 
muter  totit  oder  andir  sein  elderen,  den  sol  man  . .  in  einen 
lederin  sag  vornehin  (einnähen)  mit  einem  affin  unde  eini 
notern  und  mit  einem  hanen  und  mit  einem  hunde,  und  sol 
in  werfin  in  ein  wajsir.  Magdeb.  blume  2,h,lS.  mildem  bahn 
ist  er  auch  formelhaß  verbunden  in  der  redensart  da  krähl  weder 
hund  noch  hahn  danach,  wahrscheinlich  doch  aus  weder  hubn 
noch  hahn  (sp.  I6I)  verderbt ; 

unds  würde  weder  hund  noch  hahn  nach  krähen. 

(ScHi:«E)  tlieuter  (177S)  ».  48. 

auch  in  andern  formcln  ist  seine  Zugehörigkeit  zu  menschen  und 
hausstande  betont:  kein  hund  und  kein  seel  heiszt  in  Tirol  gar 
niemand.  Schöpf  tirol.  idiot.  s.  v;  dasz  ich  bisz  an  die  kitzing 
weder  hund  noch  katze ,  viel  weniger  einen  menschen  an- 
treffen würde.  Simpl.  i, 412  Kurz;  unangesehen  auf  dem  ebenen 
land  in  den  dörfern  weder  hund  noch  katze  anzutielTcn.  2,3t; 
kein  freund,  kein  mensch,  kein  hund  erfährt  mein  ungemach. 
GÖNTHER  '/('''•.  nacUleae  56. 
sein  amt  ist  das  hauswescn  zu  hüten,  daher  können  die  schdtze 
bergenden  Schlösser  bildlich  des  Schlossers  hunde  genannt  werden: 
weil  selbiges  (geld)  sampl  vielen  klenodien  in  einem  gewülb 
aufgehoben  und  von  etlichen  desz  Schlossers  starken  hunden 
verwahrt  war.  Simpl.  4,91  Kurz;  —  und  durch  bellen  gcfahr 
zu  verkündigen:  aber  wer  in  einem  hause  zutritt  sucht,  der 
musz  auch  den  hunden  schmeicheln,  damit  sie  nicht  zu  un- 
rechter zeit  bellen,  ich  trage  immer  ein  Stückchen  kuchen 
für  die  hunde  in  der  tasche.  Kotzebue  dram.  sp.  3,239;  ron 
fremden  und  bettlern  wird  der  hund  aufgeweckt:  dann  indem 
er  (der  landsknecht)  so  herumb  zeucht  den  bawren  die  hundt 
aufzuwecken  und  ein  paar  würst  zu  samlen,  musz  er  manch 
unnütz  wort  mit  undcr  fressen.  Kircuhof  m«7.  (/isc.  215;  daher 
sjirichwörtlich :  man  musz  den  schlafenden  hund  iiicltl  «erkcn. 
Lehmann  82; 

drumb  magstu  wol  dein  maul  zu  drücken 

und  liest  den  hundt  wol  billig  schlafen.     II.  Sacds  3,3,13'. 

Als  hüfwart  {sp.  1703)  ist  der  platz  des  hundes  auf  dem  miste, 
daher  er  alid.  mistbella  (Graff  3, 92),  mhd.  und  noch  spater 
mistbelle  (Lexer  1,2176)  heiszt:  der  hund  ist  tapfer  auf  &eineiu 
luist.  SiMRocK  sprichw.  265; 

iih»t  sie  zu  haiLi  auf  irm  mist 
wie  die  verzagten  hunde  bellen 
die  an  helsen  tragen  schellen. 

Schade  sal.  u.  pasqu.  1,  5t,  90; 
dem  Sprichwort  nach  nllteli  du  bist 
ein  freidig  huiii  ul  deiiit-r  niisi.    3,  125,  14. 

aber  auch  das  zimmei  ist  thm  nicht  verschlossen,  er  sucht  suh 
seine  nahrung  unter  dem  tische: 

es  niii.«t  gar  ain  ge.'icheider  hunt  sein, 

der  unterm  lisch  hut  gefunden  ain  j>ein   ytieim  gaslmahl  eints 
geiztijrn).    fa»tn.  $p.  783,17; 

namr»i//ir/i  liei  üblem  welter  trird  er  in  der  stulie  geduldet:  weil 
CS  denn  heute  so  ab'icheiilich  weiter  ist ,  das/  man  keinen 
hund  vor  die  ibür  jiigl.  Kkttink  briefe  l,ix;  und  sein  fdatz 
m(  hier  gern  in  der  fiisrhiililung  des  uuiruwn  »fens,  tum  wo  ihn 
fortzubringen  rs  der  tiHkiniKel  bedarf;  daher  spnchwvrllirh ,  für 
einen  der  uirlil  rininal  etwas  yeiri>hnliches  verstellt :  der  doch  mit 
all  seinem  verstund  kaum  eineii  hund  könie  ausi  dem  ofen 


1913 


HUND 


HUND 


1914 


locken.  Phjlasder  1,60;  gestallen  ich,  wie  ich  den  wald  ver-  [ 
lassen,  ein  solcher  elender  tropf  in  der  weit  war,  dasz  man 
keinen  hund  mit  mir  aus  dem  ofen  hätte  locken  können. 
Simpl.  1,  41  Kurz;  wir  (muskelierer)  müssen  städt  und  festungen 
einnehmen, .  .  da  hingegen  ihr  reuter  auch  vor  dem  geringsten 
rattennest  keinen  hund  aus  dem  ofen  locken  könnet.  2"9; 
da  musz  einer  weisz  und  fürsichtig  heiszen,  da  er  doch  nicht 
versteht  einen  hund  aus  dem  ofen  zu  locken.  Gcnse.n  schalk- 
heitshechel  (Gera  1689)  ode  22 ;  wo  mit  der  poeterei  kein  hund 
mehr  aus  dem  ofen  zu  locken  ist.  Wieland  in  Mercks  briefs. 
2, 213 ; 

damit  lock  ich,  ihr  herrn,  noch  keinen  hund  aus  dem  ofen. 

Schiller  95*; 

versteh  ich  gleich  nichts  von  lateinischen  brocken, 

so  weisz  ich  den  huud  doch  vom  ofen  zu  locken.    Borger  67*. 

5)  auch  dem  jäger  ist  der  hund  unentbehrlicher  begleiter: 

es  riit  ein  Jäger  wolgemut 

wol  in  der  morgenstunde, 

wolt  jagen  in  dem  grünen  wald 

mit  seinem  ross  und  hunde.    Uhla^id  vnlksl.  243. 

die  weidmannssprache  hat  in  bezug  auf  ihn  mancherlei  technische 
ausdrücke;  der  hund  wird  abgeliebt,  abgedankt,  durch  lieb- 
kosungen  von  der  fährte  zurückgerufen :  darauf  bringet  man  den 
hund  vermittelst  dem  zuspruche  wie  beim  arbeiten,  mit  recht 
geben  und  ablieben ,  wo  möglich  auszer  dem  winde  herbei. 
GöcHHADSEN  uot.  vcH.  15;  der  hund  wird  gefaszt,  am  hänge- 
seil,  oder  am  pürsch-  oder  hetzriemen  gefesselt;  der  hund  faszt, 
wenn  er  ein  wild  anpackt,  niederzieht  und  würgen  will.  Jacobsson 
1,  669* ;  man  ruft  die  hunde ,  gibt  ihnen  Signale  mit  harn  oder 
stimme,  wenn  sie  bei  der  jagd  sich  verlaufen  oder  falsch  jagen. 
2,294';  die  hunde  haben  gut  gepackt,  wenn  sie  etwas  gut  an- 
gefallen haben.  3, 181*. 

Bei  Brai^t  faszt  hund  die  vorher  aufgezählten  jagdhundarten 
zusammen : 

dann  leidthund,  w^^nd,  rüden  und  bracken 

on  kosten  Tüllen  nit  ir  backen, 

des  glich  himd,  vogel,  fäderspil 

bringt  als  kein  nutz,  und  kostet  vil.    narrenscft.  74,7. 

Sprichwörter  und  redensarten  die  vom  Jagdhund  ausgehen :  viele 
hund  der  haasen  tod.  Schottel  1122";  mit  willigen  hunden 
Tähet  man  bald,  ebenda;  hingegen  aber  ist  ein  junger  hund 
zum  jagen  viel  freudiger  als  ein  alter  low.  Simpl.  1,60  Kurz; 
mit  allen  hunden  gehetzt  sein,  sehr  schlau,  wie  das  wild,  das 
dem  jagenden  hunde  immer  zu  entgehen  wüste;  wir  erschrecken 
nicht  darvor,  wir  sind  mehr  für  den  hunden  gewesen.  Fischart 
bienk.  47" ;  der  mit  allen  hunden  gehetzte  pater.  Riehl  cultur- 
gesch.  nov.  283. 

6)  der  hund  als  gehilfe  des  schäfers  {vgl.  hirtenhund,  Schäfer- 
hund, schafhund):  (meine)  herde  ...  zu  dero  hut  gleicher 
gestalt  mein  hund  Phylax  verblieben.  Homburg  Hulcimunda 
(1643)  35; 

wie  er  mit  hangender  zung  um  die  heerd  amtseiferig  wandelt! 

klug  ist  wahrlich  ein  hund!  Voss  2,  179; 

dann  Tolg  ich  der  weidenden  heerde, 
mein  bündchen  bewahret  mir  sie.    Göthb  1,  94. 

Sprichwörtlich:  wenn  der  hund  wacht,  mag  der  hirte  schlafen, 
wenn  die  hunde  schlafen ,  hat  der  wolf  gut  schafe  stehlen. 
SiMROCK  sprichw.  263. 

7)  der  lohn  für  die  treue,  Wachsamkeit  und  hilfe  des  hundes 
ist  oft  schleclUe  behandlung  und  geringes  futter,  daher  es  haben, 
leben  wie  ein  hund :  halten  das  volk  gottes  wie  einen  hund. 
Waissel  cAron.  (1559)  153";  und  leiden  deszhalh  einen  guten 
theil  des  jahres  wie  die  hunde.    Göthe  27,190; 

es  möchte  kein  hund  so  länger  leben.    12,30; 
ein  hund  habe  es  besser  als  so  eine  bäurin,  welche  auf  dem 
hofe   der    schuhwisch    sei    und   alle   tage   die  erste  und  die 
letzte  sein  müsse.  J.  Gotthelf  schulde'nb.  323; 
alte  diener,  hund  und  pferd 
sind  bei  hof  in  einem  werth. 

PiSTORiüs  thes.  par.  1,  47. 
sein  mühevolles  ieften  zeichnet  die  redensart  arbeiten  müssen 
wie  ein  hund:  dann  sei  es  nicht  gesagt,  dasz  man  immer 
gesund  bleibe  und  arbeiten  möge  wie  ein  hund  bis  in  das 
höchste  aller.  Uli  d.  pächter  s.  97 ;  damit  zusammen  hängt  müde 
sein  wie  ein  hund,  vergl.  hundemüde.  t;on  dem  schelten  des 
hundes  heiszl  es  einem  den  hund  lesen  {vergl.  bunzen):  von 
diesem,  was  er  dachte,  sagte  der  reisende  dem  wirthe  eben 
falls  nichts,  kein  wörtchen,  geschweige,  dasz  er  ihm  den 
hund  las  nach  noten.  er  wollte  den  wirth  nicht  beleidigen. 
schuldenb.  n ;  das. strafende  instrument,  stock  oder  knültel,  droht 


ihm:  damit  nu  denselbigen  stolzen  göttern  der  rhum  und 
trotz  genomen  werde  .  .  .  wird  inen  hie  ein  pflöcklin  dafür 
gesteckt,  und  der  knüttel  bei  den  hund  gelegt.  Luther  5  150'; 

alle  gpsetz  acht  man  gering, 

wo  nicht  der  knüttel  war  beim  hund, 

der  ihn  zur  folge  bringen  kunt. 

froschmäus.  BbS'  (2,  2,  11). 
er  tst  launischer  behandlung  ausgesetzt:  wie  man  saget,  wenn 
man  dem  hund  zu  will,  so  hat  er  das  leder  gefressen.  Lutber 
6,316';  wenn  man  dem  hunde  an  die  haut  will,  so  sagt  man, 
er  sei  wüthig.  Sixrock  sprichw.  265;  wer  einen  hund  wil 
werfen,  findet  bald  einen  prügel.  Schottel  1131"; 

Hans,  der  hund  den  hängen  man  will,  hat  leder  gefressen. 

Voss  2,  2H. 

8)  schlechte  eigenschaflen  des  hundes  werden  vielfach  hervor- 
gehoben, seine  gefräszigkeü ,  frechheit,  geilheit,  Unverträglichkeit: 
man  lasse  denen  edelleuten  ihr  wildpret,  denen  bauern  ihre 
kirchweih,  und  denen  hunden  ihre  hochzeit,  so  bleibt  man 
ungerauft.  Pistorius  tlies.  par.  3,  5S ;  der  hund  friszt  wieder, 
was  er  gespieen  hat.  SiMtiocK  sprichw.  266  {nach  2.  Petr.  2,22); 
neidisch  wie  ein  hund.  Schottel  1145"; 

zwei  hunde  an  einem  bein 

kommen  selten  überein.    ebenda; 

es  ist  dem  einen  hunde  leid, 

dasz  der  andre  in  die  küche  geit.    ebenda. 

die  Unverträglichkeit  äuszert  sich  namentlich  auch  gegen  die  katzen, 
daher  wie  hund  und  katze  leben,  in  gröster  feindschaß:  wie 
wir  aber  miteinander  gelebet,  kan  sich  jeder  leicht  einbilden, 
nembiich  wie  hund  und  katzen.  Simpl.  3,40  Kurz; 

der  Herr,  leben  sie  auch  in  einigkeit? 
S.  Peter,    ja  herr,  wie  hunt  und  katzen, 

wo  einer  den  andern  kan  betriegen  und  kratzen. 

Schade  sat.  1,  169,  550; 

den  amaysen  so  spinnen  feindt, 

als  wie  die  hund  den  katzen  seind.    mückenkr.  1,742; 

leichte  gesellen  wollen  sich  an  ihren  ehegatten  nicht  ersät- 
tigen lassen,  sondern  wärmen  sich  bei  andern  weibcrn,  und 
halten  ihre  eheliche  pflichte  wie  der  hund  die  fasten.  Crei- 
Diüs  1,241;  wann  er  mant  seine  wort  hielt,  und  nehm  sie, 
wie  er  spricht,  zu  seiner  fraw.  aber  ich  denk,  er  wird  halten, 
wie  der  hund  die  fasten.  Homburg  Dulcimunda  (1643)  s.  40; 
schwerlich  essen  die  hunde  bratwürste,  sie  stehlen  sie  denn. 
SiMROCK  sprichw.  265;  den  hund  nach  bratwürsten  schicken. 
Schottel  1113"; 

schwerlich  indesz  mir 
waget  er  wol,  auch  frech  wie  ein  hund,  noch  zu  schauen  ins 

antlitz  !    llios  »,  373. 

9)  hunde  haben  bisweilen  ein  verstelltes  hinken : 

an  der  hunde  hinken, 
der  huren  winken, 
der  Trauen  weinen, 
und  krähmer  schwören 
soll  sich  niemand  kehren.    Pistorius  thes.  par.  5,20, 

und  von  dieser  Vorstellung  aus  heiszt  es  der  hund  hinkt  an 
einem  bein,  es  ist  etwas  nicht  in  Ordnung,  nicht  richtig,  auf 
eine  geschlechtliche  aussckreüung  bezogen: 

dein  herr  musz  ja  gar  sein  ein  narr, 

wolt  er  den  bock  zum  gärtner  stelln? 

zur  Trawen  schickn  ein  jungn  geselln?  ... 

ich  hab  mich  allzeit  lahn  bedünkn. 

es  müst  der  hund  an  ein  bein  hinkn. 

H.  J.  V.  BRAUNScuwErc  632. 
davon  wieder  den  hund  hinken  lassen,  niederdeutsch  den  hund 
hinken  läten,  falsch,  unzuverlässig  sein.  Schiller  zum  meklenb. 
thier-  u.  krduterb.  3,  4* ; 

weil  ich  sies  abr  geheiszen  hab, 

und  sie  nicht  dürlen  stehen  ab 

götlichera  gwalt  und  müszen  dran, 

woldn  sie  den  hunt  gern  hinken  lan. 

Schade  sat.  1,  126,  550. 
sich   eine  ausschreitung  erlauben,    namentlich  von  frauen  gesagt 
{vgl.  auch  hinken  sp.  1447):  etliche  frauen  .  .  .  welche  zwar 
ihren   männern  allein  trew  zu  sein  geschworen ,   und  lassen 
doch  das  hündlein  ein  wenig  hinken,  engl.  kam.  2,  MS; 

es  het  ein  man  ein  junge  fraw, 
die  must  er  warten  gar  genaw; 
drumb  liesz  crs  selten  auT  die  gassen, 
denn  sie  den  hund  pllag  hinken  lassen. 

B.  Waldis  Esop  2,  88,  4  ; 
disi  alle«  gieng  noch  hin,  als  banketieren,  trinken, 
auch  keifen,  wann  sie  nur  den  hund  nicht  liesze  hinken.' 

(Kachel)  verkehrtet  weiber-lob. 


1915 


HUND 


HUND 


1916 


10)  auf  der  rerdchlltchkeü  des  hundes  beruht  dte  alte  strafe 
des  hundetragens,  worüber  rechtsalt.  '\off.  ausführlich  gehandelt, 
und  der  nach  'IS  die  idec  zu  gründe  liegt,  dasz,  wie  der  ver- 
urlheilte  das  schwert,  die  rute,  den  sträng  um  den  hals  trug,  er 
auch  den  hund  tragen  sollte,  damii  anzuzeigen,  dasz  er  wert  sei, 
gleich  einem  hund  erschlagen  und  aufgehängt,  an  der  seile  eines 
hunds  aufgehängt  zu  werden  (vgl.  unten  12) : 

er  musz  xich  olTenlich  Ion  schlagen, 
ein  Schwert,  brand  oder  hund  umb  tragen, 
dasz,  ob  man  dsund  sunst  nit  gdar  nennen, 
sie  doch  mög  bei  der  bQsz  erkennen. 

Schade  sat.  2,  227,  1157. 
das  andenken  an  diese  strafe  lebt  noch  in  entsprechenden  redens- 
arten,  wobei  der  erscheinende  Ortsname  ursprünglich  als  gaugrenze 
verstanden  werden  tnusz  (a.  a.  o.  717) :  im  Elsasz  hunde  nach 
Lenkebach  führen.  Arnold  pfingstm.  120 ;  in  Gieszen  hunde 
nach  Endehach  führen;  in  Franken  hunde  führen  bis  Buschen- 
dorf; am  verbreitetsten  ist  hunde  nach  Bautzen  führen;  er 
musz  hunde  führen  bis  Bautzen  {in  Verachtung  und  ungemach 
sein).  SiMRocK  spr.  2G8 ;  sonst  abgeblaszt:  er  musz  die  hunde 
führen,  ultimus,  extremus  est  omnium  Stiei.er  866.  wobei  aber 
auch  die  Vorstellung  vom  hundejungen  (s.d.)  eingreifen  kann; 
bairisch  den  hund  hüeten  oder  fail  haben,  von  mädchen,  auf 
dem  tanzplatz  zugegen  sein  und  nicht  zum  tanz  aufgezogen  werden, 
den  hund  haiin  füeren,  vom  tanzplatz  nach  hause  gehen,  ohne 
getanzt  zu  haben.  Scum.  1,1128  Fromm.;  in  Hamburg  heiszt 
hundmamsel  ein  mädchen  die  auf  ballen  nicht  zum  tanz  auf- 
gefordert ward.  SchCtze  2, 171. 

11)  eine  redensart  auf  den  hund  kommen  ist  mehrfach  zu 
erklären  versucht  worden;  theils  aus  einem  Würfelspiel  der  Griechen, 
in  dem  ein  gewisser  verlierender  wurf  der  hund  (xvcov)  hiesz, 
vergl.  morgenblalt  1819  no.  276;  theils  aus  einer  strafe  der  berg- 
leule,  die  für  vergehen  den  hund,  den  karren  im  bergweike 
(unten  II,  2,  a)  ziehen  müsten,  vergl.  deutsche  romanzeüung  1864 
no.  48,  eine  erkldrung  die  aber  auch  Veith  bergwörterb.  279  als 
höchst  unuahrsclieinlich  abweist;  theils  endlich  soll  die  redensart 
aus  mundartlichem  hund  sein  =  hunten  (drunten,  für  hie  unten) 
sein ,  sich  gebildet  haben,  am  besten  wird  sie  an  den  reclUs- 
gebrauch  oben  10  angeschlossen,  auf  den  hund  kommen,  eigent- 
lich bis  zur  strafe  des  hundetragens  kommen,  jetzt  bedeutet  es 
theils  in  verächtliche  oder  schlimme  äuszere  Verhältnisse,  theils  mÜ 
der  gesundheit  herunter  kommen :  er  ist  ganz  auf  dem  hunde, 
elend,  krank;  die  bühne  kam,  nach  dem  etwas  derben  aus- 
drucke der  Jugend,  durch  Isidor  auf  den  hund.  Immermann 
Münclih'i  1,28;  einen  auf  den  hund  bringen,  herunter  bringen. 
über  den  hund  kommen,  eigentlich  jene  strafe  überstehen,  jetzt 
über  widrige  Verhältnisse  hinauskommen  ;  mit  ausfiihrung  des  bildes: 
komm  ich  über  den  hund,  komm  ich  auch  über  den  schwänz, 
«6«-  die  nacliklänge  des  elends;  wahrscheinlich  gehört  auch  hierher: 
das  war  das  rechte ,  dann  kommst  du  vom  hund  auf  den 
bettelsack.  Simrock  sprichw.  268.  so  steht  iiund  in  freierer  an- 
wendung  dann  auch  für  mangel,  fehlen  alles  erwünschten:  ich 
hab  den  hund  in  den  topfen  gefunden ,  me  absente  omnia 
peresa  sunt,  nihil  mihi  eduliorum  reliquum  fecerunt.  Frisch 
1,475*;  du  wirst  den  hund  in  dem  hafen  finden,  post  festum 
venies.  ebenda  (aus  Apherdiamus). 

Wie  Grimm  rechtsalt.  717  als  hierher  fallend  die  fügung  bei- 
bringt:, das  ding  wird  den  hund  haben  (res  redibü  ad  restim 
aus  Schilter  gloss.  474*),  so  gehört  wieder  wol  hierzu  eine  hand- 
uerksformel :  meister  geben  »Virer»  gesellen  den  hund ,  entlassen 
sie;  die  gesellen  bekommen  den  hund,  werden  entlassen.  Köder 
lebensgcsch.  eines  bad.  Soldaten  s.  4G.  47.  49.     doch  vgl.  hundsluhn. 

12)  die  verächlliclikeil  des  hundes,  wie  sie  im  obigen  rechts- 
gebrauch sich  äuszert,  uie  sie  auch  sonst  im  alten  Strafverfahren 
zu  tage  tritt:  ao.  1462  am  tage  Matthiii  ward  zu  Halle  ein 
Jude,  Abraham  genannt,  wegen  dieherei  zum  galgcn  vcrur- 
tbeilet,  und  weil  er  sich  nicht  wolle  taufen  lassen,  nach 
daniabliger  manier  mit  einer  ketten  bei  denen  füszen  auf- 
gehangen ,  und  neben  ihm  auf  jeder  seile  ein  hund  aufge- 
benkt.  Dreyiialpt  Saalcreys  2,  512,  zeigen  auch  eine  reihe  Ver- 
bindungen des  gewöhnlichen  lebens.  einer  ist  so  verachtet,  dasz 
qicht  einmal  ein  hund  ein  stück  brot  vim  ihm  nimmt;  er 
richtet  sie  .  .  aus  (schalt  sie),  das  ein  hund  (wie  man  sagt) 
nicht  ein  stück  brods  von  ihren  einem  gcnoinen  hette.  Albkru* 
uutder  Witzeln  G3';  da  macht  sie  mich  aus  es  hette  kein 
hundt  ein  stück  brots  von  mir  ncinen  sollen.  !i.  J.  v  Kradn- 
•cawetc  Ml;  ausgemacht,  dasz  kaum  ein  hund  von  ihnen 
einen  binen  brod  nehmen  mOchte.  A«eie  unordn.  1C6U  i.  90; 
bei  »traf   einer  j,ihtnerlicben  scbimplir  und  laslerungslegt-nd, 


die  ihm  so  mitfahren  soll ,  dasz  kein  hund  mehr  ein  biszl 
brod  von  ihm  nimpt.  Schwabe  tinlenf.  A  l' ;  dasz  nicht  ein 
hund  sich  um  ihn  kümmert,  sein  gedenkt:  ist  doch  nicht 
ein  hund  in  der  ganzen  weit  der  meines  namens  gedenk, 
ich  will  der  menschen  geschweigen.  Alberus  widder  Wüzeln 
K2';  dasz  die  hunde  ihn  anpissen:  soll  ich  den  nrticul  ver- 
teidigen, der  so  gar  explodiert  ist,  das  die  hunde  widder  ihn 
seichen.  L6';  von  welcher  zeit  an  er  hei  münniglich  so  ver- 
acht  ward,  dasz  ihn  die  hunde  hätten  anpissen  mögen.  Simpl. 
1, 198  Kurz ;  vor  4  wochen  war  ich  ein  kerl,  der  die  fürsten 
zur  Verwunderung  bewegte,  .  .  jetzt  aber  so  unwerlh,  dasz 
mich  die  hunde  anpiszten.  381 ;  nun  wird  erstlich  die  böse 
Cathrina  auch  die  verachtete  werden ,  da  die  hunde  auch 
werden  beigehen  und  ein  bein  aufheben,  kunst  üb.  alle  künste 
105,8;  dann  nacher  ists  nit  wcrth,  dasz  (dasz  es)  die  hund 
anbrundeln.  Schwabe  lintenf.  s.  20.  anders  die  redensart  et 
musz  es  haben  als  hätte  ihn  ein  hund  gebissen,  nach  Adelungs 
deutung  es  ungeahndet ,  ungeklagt  hingehen  lassen :  ich  musz 
meine  feinde  toben  lassen ,  musz  ihre  schmach  hinnehmen, 
als  hätte  mich  ein  hund  gebissen.  Scriver  seelensch.  2, 90. 

Etwas  sclüechtes  wirft  man  den  hunden  vor,  deren  gefräszig- 
keit  auch  das  sonst  verschmähte  verschlingt;  etwas  gutes  soll 
man  nicht  den  hunden  vorwerfen :  es  ist  nicht  fein,  das  man 
den  kindern  ir  brot  neine,  und  werf  es  für  die  hunde.  Matth. 
15,26;  denn  weil  ein  pfarrherr  sol  ein  trewer  diener  Christi 
sein,  inus  er,  so  viel  im  müglich  ist,  das  sacrament  nicht 
für  die  sew  oder  hunde  werfen,  sondern  hören,  wer  die  laute 
sind.  Luther  6,109*.  etwas  geht  vor,  für  die  hunde,  geht 
zu  gründe,  geht  unter,  verdirbt:  für  die  hunde  gehn.  Gonsen 
schalklieilsliechel  (las^)  odeii;  wann  dich  deine  seelig  verstor- 
bene mutter  nicht  ernähret  hätte,  du  wärest  in  deinem  wittib- 
stande  vor  die  hunde  gegangen.  Jucundiss.  121 ;  gewisz ,  ich 
beklag  es  nunmehr  recht  herzlich,  dasz  ihre  rede  so  vor  die 
hunde  gegangen  ist.  Lessing  1,369;  über  deren  verzweifelte 
und  unauflösbare  theorien  so  mancher  feine  köpf  vor  die 
hunde  gegangen  ist.    Bode   Tristr.  3,79. 

Eine  reilie  composita,  deren  erstes  glied  hund-  bildet,  steigern 
hierdurch  den  begriff  des  zweiten  gliedes  nach  der  seäe  der  nie- 
driijkcit  und  Verachtung  hin;  vgl.  hundearbeil,  hundcdemuth, 
bundeJumm,  hundedürr,  hundcieben,  huiidezeug  u.a. 

13)  noch  manche  andere  Sprichwörter  und  redensarten  von  den 
eigenhcilen  des  hundes  übernommen. 

a)  hund  und  flölie  gehören  zusammen :  je  magrer  der  hund, 
je  giöszer  die  flöhe.  Simroce  2C6;  er  schüttelt  es  ab,  wie 
der  hund  die  tlöhe;  wer  sich  mit  hunden  niederlegt,  steht 
mit  flöhen  auf.  II.  Heine  9, 176. 

b)  wann  der  hund  nit  lüstig  ist  zu  jagen,  so  reit  er  uff 
dem  arsz.  Acr.  sjir.  173';  der  hund  reitet  auf  dem  arsche  mit 
ihme,  in  extremis  angustiis  versatur,  fortuna  illum  frustrata  est, 
fefcllit,  elusit.  Stieler  57;  wenn  du  aber  zu  grosz  werden 
weitest,  würde  der  hund  auf  dem  a.  reiten  und  wir  keine 
gute  freunde  bleiben,  kunst  id>.  alle  künste  20,11;  nun  reitet 
der  hund  auf  dem  spunde  (nun  ists  aus).  55,8;  die  lose  möhre 
(meine  tochter)  hat  lange  nicht  dran  gewolt  (eine  liebschaß  ein- 
gehen) ,  ich  dachte  immer  der  hund  würde  reiten  (es  würde 
niciäs  draus  werden).  Schoch  stud.  leb.  D2'. 

c)  hunde  bellen  den  mond  an,  ein  bild  sinnlosen  thuns : 
sorgen  wie  die  hund,  die  bellen  den  mon  an,  meinen  er 
wöll  ins  hausz  steigen.  Garg.i\3'; 

der  hund  ballt  nur  umsonst  des  mondens  fackel  an. 

A.  Urtphius  1698   1,  349. 

d)  im  15.  16.  ;oArA.  begegnet  öfters  eine  redensart  der  hund 
geht  mir  vor  dem  licht  um,  im  sinne  iWi  habe  verdacht,  merke 
etwas;  nähere  nachweise  über  entstehen  derselben  können  niciu 
gegeben  werden: 

hausfrau,  du  zeihest  mich  einer  «ach, 

wie  ich  auf  fremder  geigan  mach ; 

du  ieit  dir  den  hunt  vor  dem  licht  umh  laufen. 

mir  geht  der  hund  umh  vor  dem  liechl. 

mich  duiikt  unser  plalt  der  bostwirht 

der  hui  iK'itnlirli  tiiit  nirinor  fraweii.     li.  Sa<  i 

da»  i«l,  so  ein  l'ravv  in  dor  eh 

heimlich  der  hukrei  nachseh, 

henk  sich  bei  .-indem  gsellen  an, 

10  dasz  zum  (iK'il  nierkei  ir  mann, 

dasz  sie  i.Ht  luiwilz  ubi'rauüZ. 

und  vil  uinlischweifet  aiisz  dem  haust, 

dergleich  etwas  hurt  oder  sieht, 

der  hund  im  umbgi-hi  vor  dem  lierht,  .  .  - 

10  ihul  fr  ii    <li>nn  niitrl   «nl   ti.iwi't»      M*, 


1917  HUND 

das  ich  weder  desz  keisers  trauen, 
noch  ihm  so  vil  giiis  wolt  ziuraueu, 
als  ich  wolt  trauen  desz  keisers  söhn, 
doch  darf  ich  nichts  sagen  davon, 
der  hund  geht  mir  umh  vor  dem  liecht. 

J.  Ayreh  372"  (18W,  36  Kellei). 

e)  an  kleinen  rieinen  lernen  die  hunde  leder  kauen;  ann 
riemen  lernet  der  hund  leder  fressen.  Agk.  sjtr.  310';  an 
riemen  nagen  lernen  die  hunde  leder  fressen.  Pistobius  Ihes. 
par.  7,  71 ;  schon  alt:  föne  derao  limble  so  beginnit  ter  hunt 
leder  ej/^en.  Müllenhoff  u.  Scherer  41, 13;  aber  das  ist  auch 
tvar,  welcher  hund  die  leplin  friszt,  der  fresse  gewislich  auch 
das  leder,  wo  er  dazu  komeu  kündte.  Lutuer  5,  SOS*. 

ß  es  bekommt  einem  wie  dem  hund  das  gras,  übel :  wenn 
sich  der  hund  purgieren  wil,  so  friszt  er  grasz,  und  gibt  es 
baldt  wider  von  sich,  und  empfahet  vom  grasz  kein  speisz 
oder  Sterke ,  denn  es  ist  wider  sein  natur,  das  selbige  zu 
verdewen.  wer  nun  etwas  fürnimpt,  anhebt  oder  thut,  das 
im  nit  zimel,  odder  des  er  keinen  fug  hat,  und  da  fahr  bei 
ist ,  zu  dem  saget  manu ,  es  wcrd  im  bekommen ,  wie  dem 
hunde  das  grasz ,  und  nit  wol  drob  ergehen ,  es  werd  kein 
glück  dabei  sein,  es  werd  im  nit  gelingen.  Agr.  spr.  bO' ;  ich 
sasz  zwar  emsig  über  allerhand  büchern,  aus  denen  ich  viel 
gutes  lernete,  es  kamen  mir  aber  auch  theils  unter  die  bände, 
die  mir  wie  dem  hund  das  gras  gesegnet  wurden.  Simpl. 
1, 321  Kurz;  solche  vermahnung  bekam  mir  wie  dem  hund 
das  gras,  dann  ich  hatte  von  dieser  zeit  an  weder  glück 
noch  Stern  mehr.  2,  29 ;  aber  es  wurde  ihnen  gesegnet,  wie 
dem  hund  das  gras.  3,  32 ;  wie  gewissenlos  manche  Vormün- 
der mit  allerhand  fündlein  ein  fremdes  aas  angreifen  und 
auffressen ,  ist  gott  bekandt ,  der  manchem  schon  das  aas, 
wie  dem  hund  das  gras  gesegnet  hat.  Ohio  lOfrJ. 

14)  die  redcnsart  da  liegt  der  hund  begraben  {da  ist  der  kern 
der  saclie)  kommt  seit  dem  17.  jahrh.  häufiger  vor ;  ihrem  Ur- 
sprünge nach  ist  sie  dunliel :  da  liegt  der  hund  begraben,  hinc 
illae  lacryviae,  es  liegt  ein  hund  dahinter  begraben,  aliquid 
monstri  alunt  Steinbach  1,  793;  ich  merke  schon  wo  der  hund 
begraben  ist.  Chr.  Weise  comöd.  283;  wie,  wenn  sie  sich  ent- 
schlössen, sie  (die  geschickte)  noch  einmahl  zu  lesen?  man 
entdeckt  oft  erst  beim  zweiten  oder  dritten  mahle ,  wo  der 
hund  begraben  liegt.  Wieland  8,  71 ;  wenn  ich  schon  einfältig 
aussehe,  so  merk  ich  doch  wohl,  wo  der  hund  begraben  liegt. 
11,58;  wer  nicht  merkt  wo  der  hund  begraben  liegt,  oder  wo 
es  fehlt,  der  sieht  auch  das  feinere  schöne  nicht,  bei  Merck 
1,194;  daliegt  der  hund  begraben.  Niebühr /e6en  2,2S8;  Lukas. 
ich  weisz  nicht.  Tobias,  du  weiszt  nicht?  hihil  ja,  so  weisz 
Ichs,  mein  seel,  auch  nicht,  der  ältere  bauer.  der  hund  inusz 
doch  irgendwo  begraben  liegen.  Gotter  Jahrmarkt  81 ; 

wo  aber  liegt  der  hund?  da  liegt  er,  dasz  kein  fleisz 
uns  klug  und  ernstlich  treibt,  die  ursach  vom  ergetzen, 
das  ewig  dauren  soll,  blosz  in  sich  seihst  zu  schätzen. 

GiSnther  422. 

Lessing  gibt  eine  notiz  über  die  entstehung :  in  einer  (erzdhlung) 
. .  will  er  (Lemnius)  uns  unter  andern  bereden,  dasz  Lutherüs 
durch  eine  gewisse  sträfliche  handlung  zu  dem  bekannten 
sprüchworte :  hier  liegt  der  hund  begraben ,  gelegenheit  ge- 
geben habe.  3, 291.  vgl.  auch  unten  II,  6.  —  Ähnliche  redens- 
arlen  sind  möglicherweise  nur  abdnderungen  der  aufgeführten: 
es  hat  einen  hund,  remora  quaedam  tatet.  Steinbach  1,793; 
nur  der  vers :  und  so  soll  mein  deutsches  herz  weich  flöten 
—  das  ist  ein  harter  hund  und  will  sich  nicht  (zum  gesange) 
fügen,  ich  habe  mir  selber  schon  die  zunge  daran  wund  ge- 
rieben. Zelter  briefw.  mü  Göthe  2,  366. 

15)  H.  Sachs  vergleiclit  einmal  den  rausch  einem  beiszenden 
hunde : 

o  wie  war  ich  nechten  so  vol, 
drumb  thut  mir  heudt  der  köpf  nit  wol. 
kan  mich  schier  weder  bueken  noch  regen, 
wil  gleich  des  hars  heindt  überlegen 
vom  hundt  welcher  mich  nechten  beisz.    3,1,240', 
vergl.  hundshaar. 

16)  wenn  menschen  hunde  genannt  werden,  so  gehl  dieses  bUd 
gewöhnlich  von  der  verächtlichen  Stellung  des  hundes  aus. 

a)  ein  hund  sein,  ein  veracläeler,  unterdrückter  mensch :  und 
der  Philister  sprach  zu  David,  bin  ich  denn  ein  hund,  das 
du  mit  stecken  zu  mir  kompst?  l  Sam.  17,43;  wüst  sich  sagen 
lassen  den  ganzen  tag,  hund  sein  sollen  und  nichts  fressen, 
obendrein  noch  schlüge,  diese  lebweise  habe  es  satt.  J.  Gott- 
helf  Uli  d.  pdcht.  s.  88;  aber  auch  ein  geizhals  sein:  eim  lauser 
stehet«  nicht  wol  an,  das  er  reich  ist,  und  was  sol  geld  und 
gut  einem  kargen  hunde?  Sir.  14,  3;  wann  ich  wüste  die  kunst 


HUND 


1918 


gold  zu  machen,  ich  wolle  kein  hund  sein,  ich  wolle  es  auch 
nicht  miszbrauchen,  sondern  ein  ganz  land  soll  dadurch  ver^ 
bessert  sein.  Schuppiüs  118;  ich  diente  bei  einer  frau,  deren 
mann  ein  hund  gegen  sie  war.  sie  sollte  per  exempel  in 
einer  woche  nicht  mehr  als  '/#  pfund  kafle  brauchen.  J.  Gott- 
HELF  schuldenb.  153;  ein  schurke,  schlecläer  kerl  sein:  wer  kein 
hund  ist,  rette  den  hauptmanni  Schiller  räuber  2,3.  mit 
geniliv,  in  der  bedeutnng  geizhals,  filz:  er  ist  hunds  genug,  er 
thuts.  J.  Gotthelf  Uli  der  pächter  s.  134 ; 

sich  bruder  Luchs,  bistu  des  hunds, 

so  soll  du  wol  das  erb  vediern.    H.  Sachs  1,  228'. 

b)  hund,  als  Schimpfwort:  aber  Abisai  .  .  .  sprach  zu  dem 
könige,  soll  dieser  todler  hund  meinem  herrn  dem  könige 
fluchen?  ich  wil  hin  gehen  und  im  den  köpf  abreiszen.  2  Sam. 
16,  9 ;  die  wälschen  hunde.  Göthe  8,  173 ;  abgehauen  I  ich 
möchte  toll  werden,  ich  könnte  den  hund  ermorden,  der  den 
ersten  hieb  dran  that.  16,  123 ;  dann  gab  er  dem  spielmann 
einen  streich  mit  der  band  und  rief:  lauf,  du  hundl  Imhee- 
mann  Münchh.  4, 12; 

noch  schreit  vil  kristelichu  schar 

fast  main  und  mord  gar  ofenbar 

über  den  haidnischen  hund.    Liliencron  vo<ü»1.  2,  7,  279 ; 

ich  torst  dir  wol  eins  auf  das  maul  geben, 

du  schwarzer  bunt!  (zu  einem  Juden),    fasln,  sp.  172,24; 

wolt  er  umh  gnad  nicht  werben 

bei  dem  türkischen  hund.    Soltac  volhsl.  422; 

die  hunde  regnen  kugelsaat 

von  ihrem  thurm  herab  !    Gleim  4,  10 ; 

ruft  laut:  der  hunde  nicht  geschont!    33; 

schlagt  ihn  todt,  den  hund!  es  ist  ein  recensent! 
Göthe  2,  214 ; 

was?  was?  ihr  redt  ihm  das  wort  noch  gar? 

dem  hunde!  thut  euch  der  leufel  plagen? 

Schiller  Wallcnst.  lagcr,  10.  auftr. ; 
ha  ihr  hund,  ihr  wähntet,  ich  kehrete  nimmer  zur  heimat! 

Odyssee  22,  35. 
mit    näher   bestimmendem   susatze   (wie   franz.  chien    d'homme, 
chien  de  chrelien  Littre  1, 602') :  meine  hunde  von  reitern ! 
Göthe  8,100;  der  hund  von  einem  alten  bedienten.  10,80. 

17)  ein  bild:  zwischen  hund  und  wolf  (im  Zwielicht)  ist  dem 
franz.  entre  chien  et  loup  (Littre  1, 602*)  nachgeahmt :  es  war 
zweidunkel,  zwischen  hund  und  wolf.  Seume  spazierg.  1,50. 

18)  der  eigentlichen  bedeutung  nach  unerklärt  bleibt  hier  einen 
hund  ins  spiel  werfen,  mit  dem  deutlichen  sinne  es  stören: 

ir  sind  wol  sicher  das  ich  wil 

kein  hund  hie  warfen  in  das  spil  (die  coinödie), 

ich  will  mich  züchtig  halten  fyn. 

JffoJiE  schausp.  des  ma.  2, 413  (16.  jahrh.). 

II.  hund,  in  übertragener  bedeutung. 

1)  die  Zoologie  begreift  unter  hund  alle  glieder  der  famüie 
canis.  —  fliegender  hund,  eine  fledermausart ,  vespertilio  vam- 
pyrus.  Nemnich  4, 1560. 

2)  in  der  spräche  der  gewerbe. 

a)  bei  den  bergleuten  ein  länglich  viereckiger,  oben  offener,  auf 
vier  rädern  ruhender  kästen  zur  förderung  auf  stollen  oder  strecken. 
Veith  bergwOrterb.  277 ; 

die  winde  keucht,  es  rollt  der  hund, 
der  hammer  pickt,  die  stufe  fällt. 

Annette  t.  Drostk-Hölshoff  gcdichle  s.  178 ; 

dann  auch  die  quantität  mineralien,  die  ein  hund  faszt;  endlich 
ein  an  den  Schwengel  eines  pferdegöpels  angehängter,  mit  steinen 
angefüllter  kästen  als  bremsvorrichtung.  Veith  279.  die  deutsch- 
heit  des  wertes  in  dieser  bedeutung  wird  jedoch  angezweifelt ;  es 
soll  {a.  a.  0.)  mit  slowak.  hyntow,  magyar.  hinto  kutsclu;  prachl- 
wagen  zusammenhängen,  aber  auch  franz.  heiszt  das  gerät  chien 
des  mines. 

b)  bei  den  böttchern  ein  Werkzeug,  die  reife  um  die  fasset 
damit  zu  legen  und  zu  halten.  Adelung;  vergl.:  harpago,  in- 
strumentuin  quod  nonnulü  canem  vocant,  quo  circi  vasis 
aptantur.  Trochos  R4'. 

c)  bei  brauern  ein  stttck  holz,  welches  den  zapfen  in  der  schirr- 
grube  Mit.  Adeldnc. 

d)  bei  den  floszleuten  auf  der  Isar,  die  verbundenen  breter 
oder  bäume,  welche  sie  unter  einem  gegen  den  ström  mehr  oder 
minder  offenen  winket  an  einen  auf  dem  sand  fest  sitzen  geblie- 
benen flosz  bringen  und  mittels  seilen  fest  halten,  um  durch  diesen 
auffang  den  andrang  des  wassers  wirksamer  und  sich  wieder  flott 
zu  maclwn.  Schm.  1, 1127  Fromm,  hund  lieiszt  auch  rheinisch 
ein  starker  tannenbaum,  der  bei  St.  Goarshausen  ins  wasser  ge- 
lassen wird,  um  das  flosz  vor  gefahr  auf  der  'bank'  (felsen)  zu 
bewahren.  Keubein  204. 


1919 


HUND  — HUNDASZ 


HÜNDCHEN  —  HUNDEFREUND 


1920 


e)  im  ofen  oder  kamin,  das  eisen  worauf  das  brennholz  gelegt 
tcird :  brandeisen,  .  .  .  der  liiind,  fulcrnm  focarium,  dalopus, 
instrumentum  ferreum  quod  in  foco  ligna  suslinel  Hemsch  475,57. 
vgl.  feuerhund  theil  3, 1594. 

ß  hnnd,  ein  hier,  was  in  Dassel  im  stiß  Hildcsheim  gebraut 
wird.  Jacobsso.-«  6, 123'. 

g)  im  Berner  oberland  eine  han/breche;  in  Zürich  und  im 
Aargau  einer  der  quer  über  die  katzen  {blocke  der  keller,  die 
parallel  mit  dem  kelterbaum  hiufen)  gelegten  tdücke,  auf  denen  der 
trott-  oder  kelterbaum  beim  herunterlassen  ruht.  Stalukr  2,  62. 

h)  hund ,  in  Schwaben  eine  sperrslange  an  der  hintern  achse 
des  Wagens,  um  den  wagen  zu  halten,  wenn  man  an  einem  ab- 
hänge die  Pferde  ausruhen  lassen  will.  Schmiü  2ai. 

3)  astronomisch,  groszer  hund,  kleiner  hund,  name  zweier 
Sternbilder,     vgl.  hundsstern. 

4)  der  rothe  hund,  die  rOteln,  eine  krankheit.  RCdiger  Zu- 
wachs 2, 86 ;  auch  dänisch  (im  plural)  de  rode  hunde ;  früh 
niürgens  hatten  wir  (nachdeni  sie  die  nacht  im  fieber  gelegen) 
beide  grosze  dicke  köpfe,  weiche  krankheit  der  arzt  den 
rothen   hund  nannte,  avantür.  l,  &6. 

5)  hund  im  spiel:  bei  einem  gewissen  karlenspiel,  hundein 
odei-  bündeln  genannt,  ist  es  ein  blalt  das  man  nicht  los  werden 
kann.  Schm.  1,1128  Fromm.;  im  kegelspiel  eine  gewisse  von  den 
kegeln  gebildete  figur:  dahinter  steckt  blüsz  das,  dasz  sie  (die 
Wucherer)  mit  dem  armen  teufei  in  verkehr  kommen ,  eine 
handhabe  an  ihm  anbringen  wollen,  ist  das  einmal  richtig, 
dann  ist  er  der  hund  im  kegelspiel  und  kömmt  nicht  raus, 
bis  alle  4  beine  weg  sind.  J.  Gotthklf  schuldenb.  13. 

6)  wenn  bairisch  hund  auch  der  verborgene  schätz  heiszt  (Schm. 
1,  1128  Fromm),  so  ist  hier  metonymisch  der  häter  für  das  ge- 
hütete, mit  bezng  auf  den  glauben  gesetzt,  dasz  hunde  auf  unter- 
irdischen schätzen  sie  bewachend  liegen,  vgl.  mylhol.  929.  davon 
redensarten :  hunt  hint  haben,  einen  heimliclien  schätz  besitzen; 
übertragen  den  hund  schmecken  wissen,  wo  vermögen  und  etwas 
zu  erhaschen  ist ;  den  hund  finden ,  die  Ursache ,  den  anstand 
finden.  —  Dasz  aber  die  oben  1, 14  mitgelheilte  formel  da  liegt 
der  hund  begraben,  wie  Schmeller  will,  von  hier  ausgehe, 
dafür  spricht  nichts. 

HUND,  ältere  form  für  hundert,  noch  in  einer  bairischen 
quelle  des  14.  jahrh.  als  zahlwort  auftauchend,  vergl.  Weinhold 
bair.  gramm.   §  25S  s.  264;  sonst  gewöhnlich  erstarrt. 

1)  in  der  rechlssprache,  nur  in  compositen,  eine  unterabthcilung 
des  gaues  bezeichnend,  in  altaletnannischen  quellen  huntari,  huntre 
(rechlsall.  532);  in  fränkischen  quellen  hundding  gerichtssitzung 
über  eine  solche  landstrecke:  diese  virhorunge  und  wisunge  von 
der  warer  rechter  mase  der  fruchte,  mels  und  des  wins,  daj 
da  heiszct  da;  huntdink.  weisth.  2, 174  (Hundsrück,  von  1442) ; 
in  der  form  hundelding:  wa;  busze  in  dem  hundeldinge 
gevallent,  die  sint  zweileil  des  probstes  und  ein  teil  der 
centener.  6,516  (Obermosel,  von  1380);  hundschaft  die  bevöl- 
kerung  eines  solchen  gautheils  {v(jl.  Lacomblet  archiv  1,  s.  209/7'.): 
die  huntschaf  von  Cleinenbroiche  ind  die  huntschaf  van  Ilot- 
husen  die  gievent  samen  einen  scheffen  an  die  grififliche  banc. 
weisth.  2,  759  (Eifelgegend,  von  1359)- 

2)  hnnd,  in  niedersächsischen  gegenden  ein  ßächenmasz  zur 
ausmessung  der  felder,  ein  stück  landes  von  zwanzig  ruten  lauge 
und  vier  ruten  breite,  als  torfmasz  enthält  ein  hund  torf  sechzig 
bis  siebzig  grosze  körbe  voll  torf.  Jacobsson  2,294';  60  morgen 
4>/i  hunt  Kehdinger  masze.  Hannoversche  bekanntmachung  von 
1853.  dem  masze  liegt  die  eintheilung  eines  landstrichs  in  hundert 
theüe  zu  gründe. 

HL'ND,  HU.NDE,  m.  centenarius,  ein  unterrichter :  item  hant 
sie  gewiesen,  dasz  die  gerichtiherrn  macht  haben  ihr  gcseig 
(geaicIUet  mau)  zu  geben  klein  und  grosz,  keins  uszgenum- 
men,  und  »oll  der  schullheisz  und  hundt  die  von  der  herrn 
wegen  geben,  weisth.  2,  30  {Saarge<iend,  von  1421) ;  und  soll  der 
hundte  den  (verbrecher)  antworten  an  die  bucbenstaude.  das.; 
were  »ach,  dasz  die  gerichtsherrcn  wollen  ihr  jahrgcding  oder 
ander  geriebt  ballen,  so  soll  der  schullheisz  und  der  hundl 
ir  ieglicber  einen  knecht  haben,  und  dieselben  knecbt  sollen 
da  steen  mit  gewapneter  handl.  32.  vgl.  die  assimilierte  form 
bunne. 

HUNDASZ,  n.  fuUer  für  hunde,  ahd.  hunlAj  cantubrum,  fur- 
furet  tritici  GiiArr  1,528:  bunlasz,  cantabrum,  est  cibus  canum. 
voe.  ine.  theui.  ks';  ob  dat  gescbücb  da»  meiner  frawen  hunt, 
und  der  berrscbaft  bunt  an  gevür  mit  einander  über  ein  bunt- 
uz  kamen,  so  so!  man  der  berrscbaft  bund  bindan  scblaben, 
binti  das   meiner  frawen  bunt  des  als  genicszen,   und  dar- 


nach   erst   der  berrscbaft  bunt  nycssen  lassen,   weisth.  3, 674 
(Chiemsee,  von  1462). 

HUNDCHEN,  n.  kleiner  oder  junger  hund:  bündichen,  catulus 
Steinbacu  1,793; 

(während  wir)  schmeicheladeo  hündchen  gleich,  zu  ihren  füszen 

UMS  schmiegen. 
W1KI.AND  5,  63  (n.  Aniaä.  14,  3). 

HUNDDING,  n.  vergl.  oben  hund  1. 

HllNDE-  vergl.  auch  hunds-. 

HU.NDEAAS,  n.  aas  eines  hundes,  todter  hund.  auch  Schimpf- 
wort für  einen  niedrigen  menschen,  schwäbisch  bundaasen,  einen 
so  schimpfen.  Schmid  291. 

HUNDEARBEIT,  f  schwere,  niedrige  arbeit  {vergl.  hund  1,7 
sp.  1913  und  1, 12  sp.  1916) :  wir  hätten  bis  abends  um  vier  uhr 
keine  lust  gehabt,  sondern  bundearbeit.  J.Paul  Hesp.  1,90. 

HUNDEART,  f.  1)  art,  schlag  des  hundegeschlechts :  pudel, 
spitze,  hühnerhunde,  doggen  sind  hundearten. 

2)  art,  benehmen  der  hunde:  schweifwedeln,  auf  dem  bauche 
kriechen,  das  ist  hundeart. 

HUNDEAHTIG ,  adj. :  verschiedene  hundartige  raubtbiere. 
Hannov.  magaz.  1844  s.  308. 

HUNDEAUSFEITSCHER,  »1.  der  die  hunde  auspeitscht,  nament- 
lich beim  gottesdienste  sie  aus  der  kirche  jagt:  die  collegius  müs- 
sen zusammenhalten,  sagt  der  bundauspei(scher  zum  priester. 
Interim  165. 

HUNDEBELLEN,  n. ;  das  hundebellen,  latratus  canum  Fhisch 
1, 475'. 

HUNDEBENGEL,  m.  bengel  zum  prügeln  der  hunde.  als 
Schimpfwort:  und  schalten  sie  .  .  .  baurcnflege),  bundbengel, 
galgenschwengel.  Garg.  19"'. 

HUNDEBETTE,  n.  bette  des  hundes,  des  bergmännischen  fahr- 
zeugs,  bildlich  für  das  ruhen  desselben  gebraucht :  die  zeche  liegt 
vm  hundebette  {die  arbeit  in  ihr  geht  schlecht  und  lohnt  nicht). 
Jacobsson  2,294*;  es  liegt  alles  im  hundebette,  es  will  nicht 
fort,  ist  der  nächste  grad  zum  aupässig  werden  (d.  h.  zum  auf- 
geben der  zeche),    miner.  le.r.  (1743)  305'. 

HUNDEBIRNE,  f.  eine  art  backbirnen. 

HUNDEBISZ,  m.  bisz  eines  hundes:  sie  {die  liebe)  gemahnet 
mich  wie  ein  hundebisz,  welcher  unversehens  geschieht  und 
mit  nichts  bessers  geheilet  wird  als  mit  des  hundes  haaren. 
polit.  stockf  108. 

HUNDEBLAFF,  m.  einmaliges  kurzes  bellen  eines  hundes 
{vergl.  blaffen  theil  2,  sp.  60).  als  Zeitbestimmung  für  eine  sehr 
kurze  strecke :  einen  hundeblaff  weit.  Nieüeriiöfkeh  AfeA/cufcurji 
Volkssagen  4,70;  vielleicht  auch  so  weit  man  den  hundebla/f  hört? 

HUNDEBLUME,  f.  leontodon  taraxacum;   auch  hundsblume. 

HüNDEBROD,  n.  brol  wie  es  für  die  hunde  gut  genug  ist. 
so  heiszt  ein  aus  kleien  und  dem  schwärzesten  mehle  gebackenes 
brot,  auch  hundsbrot.  Jacobsson  6, 124'. 

HUNDEDACHS,  m.  eine  dachsart;  ehedem  wurden  die  dachse 
nach  der  etwas  verschiedenen  gestatt  des  kopfes,  in  schweine- 
dachse  und  hundedachse  eingetheitt.  Nem.mch  4,  1533;  noch  jetzt 
im  Göttingischen  hunnetax  und  swinetax.  Schambach  227'.  322*. 

HUNDEDEMUT,  f  hündische,  kriechende  demut :  ich  spreche 
von  jener  religion  {der  katholischen),  die  ebenfalls  durch  die 
lehre  vim  der  Verwerflichkeit  aller  irdischen  guter,  von  der 
auferlegten  hundedemuth  und  engelsgeduld ,  die  erprobteste 
stütze  des  despolismus  geworden.  H.  Heine  6,  20. 

HUNDEDRECK,  m.  dreck  vom  hunde:  crctum  albitm  bunde- 
dreg  DiEF.  157'.     i.  hnndsdreck. 

HUNDEDU.MM,  adj.  hündisch,  verächtlich  dumm:  unter  den 
zu  Hanswursts  hochzeit  einijeladenen  personen  {in  einem  un- 
gedruckten manuscript  von  Göthe)  kommt  auch  vetter  Michel 
vor,  mit  dem  epitheton :  guter  ge^ellschafter,  aber  hundedumm. 

HUNDEDÜRR,  adj.  schmählich  dürr  (wie  ein  wmdhund): 

dein  han  war  hunddQrr,  zech  und  all.     II.  Sachs  2,4,14*. 
vgl.  hundsmager. 

HUNDEESSEN,  n.  schlechtes  essen,  wie  für  hunde:  hund- 
essen, coena  paufterrima,  llecales  SriELtR  hU4. 

HUNDLFALL,  aäj.  auszersl  faul,  catulo  segmor  Stkinbaci 
1,418. 

HUNDEFELL,  n.  feil  vom  hunde. 

HUNDEFETT,  h.  fett  vom  hunde.  ehemals  alt  millel  gegen 
Schwindsucht  yescliatzt. 

HINDEFLEISCH,  n.  fleisch  von  hunden:  man  bereitet  ein 
mahl  von  hundlleiscb  in  bürentalg  gesotten  mit  heidriberren, 
wobei  jeder  tapfer  zulangen  inusz.  Liciitenrerc  (I803)  5,138. 

HLNDEFHtUND,  m.  freund  von  hutuJea,  hunäelubtutber. 


1921      HÜNDEFUCHS  — HUNDEJUNGENHAFT 


HUNDEKALT  —  HUNDEMISERABEL        1 922 


HÜNDEFUCHS,  m.  ah  bezeichnung  eines  hündischen  und 
schlauen  menschen,  nach  gr.  xvvaXo/TtT]^ :  ich  bin  schon  wieder 
mit  einem  dialogus  zwischen  Wilibald  und  Heribert  nieder- 
gekommen, wobei  ich  dem  holden  directoire  {dem  dircctorium 
Frankreichs)  einige  harte  pillen  zu  verschlucken  gebe;  alles  in 
der  hoffnung,  dasz  das  regiment  dieser  hundefüchse  nicht 
mehr  lange  dauern  werde.  Wiei.asd  in  Bölli'jers  litt,  ztist.  2,176. 
HUNDEFÜHRER,  m.  ductator  canum  venaticormn.  Stieler  411. 
HUNDEGEBELL,  n.  gebell  der  hunde :  was  für  ein  hund- 
gcbelle  auf  der  gassen,  quid  canes  glaucitant  in  vicis?  Stie- 
ler 132. 

HUNDEGEKLÄFF,  >».  das  klaffen  der  hunde: 
und  als  du  wichst, 
verfolgt  vom  hundgeklaff,  von  meiner  grenze, 
rief  ich  den  nachbar  auf,  dich  zu  verfolgen? 

H.  V.  Kleist  Kälhchen  v.  Heilhromi  1, 2  ; 

bei  Uhland  auszerhalb  der  composition : 

und  als  er  (rfer  hirsch)  sprang  mit  der  hunde  geklafl". 

ged.  304. 
HUNDEGELD.  n.     1)  geld ,   abgäbe  zum  unterhalt  von  Jagd- 
hunden. Lexer  mhd.  tcb.  1, 13S3  {von  1417). 

2)  geringes,  spottgeld :  er  muste  seine  waare  für  ein  wahres 
hundegeld  verkaufen. 

3)  in  der  bibelsprache  lohn  für  unzucht :  du  soll  kein  hurlon 
noch  hundgelt  in  das  haus  deines  herren  bringen.  Züricher 
bibel  1530  103'  (5  Mos.  23,18,  auch  bei  LuTnER),  nach  der  vulgata: 
non  offeres  mercedem  prostibuli  nee  pretium  canis  in  domo  do- 
mini  tui. 

HUNDEGESCHWÄTZ,  n.  niederträchtiges,  verachlungsurürdiges 
geschivätz:  'aber  die  leute'  —  schon  wieder  das  hundege- 
schwütz.  Lenz  1,183;  und  da  man  nun  heule  gar,  wo  ich 
hintrete,  mich  bedauert,  da  ich  höre,  dasz  meine  neider  nun 
triumphiren,  und  sagen :  da  sähe  mans,  wo  es  mit  den  über- 
müthigen  hinausginge ,  die  sich  ihres  biszchen  kopfes  über- 
höben .  .  .  und  was  des  hundegeschwätzes  mehr  ist.  Göthe 
16,  106. 

HUNDEGESTÄNGE,  n.  gestänge  ßr  den  bergmännischen  kund, 
bergmännische  fürderbalin.  Veith  bergw.  235. 

HUNDEGEWÜHL,  n.  gewiVil  der  anstürmenden  hunde: 
das  grinsende  hundegewübl.    Voss. 

HUNDEGIFT,  n.  giß  zur  Vertilgung  von  hunden.  Freytag 
handscbr.  2, 15. 

HUNDEHAAR,  n.  haar  von  hunden.     vgl.  hundshaar. 

HUNDEH.\LSBAND,  n.  halsband,  nie  es  die  hunde  tragen. 

HUNDEHAUS,  n.  haus  ico  die  hunde  iliren  aufenthalt  haben, 
hundehüUe:  daj  man  uf  iglichem  sedilhofe  sal  finden  ein 
buhus ,  ein  backhus ,  eine  schüren  und  ein  bunthus.  ircisth. 
6, 398  {^i'eckargegend,  von  1338).  auch  als  veräcMiche  bezeichnung 
einer  geringen  menschlichen  wohnung. 

HUNDEHEULEN ,  n.  .■  das  hundeheulen ,  ululattis  canum 
Stieler  62. 

HUNDEHOCHZEIT,  f.:  denn  so  blind  und  unsinnig'  ist 
beide  bapsfhum  und  Türke,  das  sie  beide  die  stummen  sünde 
unverschampt  treiben,  als  ein  ehrlich  löblich  ding,  und  dle- 
weil  sie  den  ehestand  nicht  achten ,  geschieht  inen  recht, 
das  eitel  hundehochzeit  (und  wolt  gott,  das  eitel  hunde- 
hochzeit  weren),  ja  eitel  welsche  hochzeit,  und  florentische 
breute  bei  inen  sind.  Luther  4,  444' ;  denn  er  wil  keuscheit 
haben,  und  ehebruch  nicht  leiden  .  .  .  sonst  wäre  es  nicht 
müglich,  für  den  unsaubern  teufel,  eine  stunde  sein  weib, 
kind,  gesinde,  bei  zucht  und  ehren  zu  erhalten,  es  würde 
eitel  hundehochzeit  und  viehisch  wesen  draus.  6, 313'.  vergl. 
dazu  unter  hochzeit  8,  sp.  1642. 

HUNDEHÜTTE,  f.  hütte  für  hunde:  kreuch  mir  zu  gefallen 
in  eine  hundehüttel  Chr.  Weise  kl.  leute  .58.  auch  kleines 
schlechtes  vohnhaus :  das  ist  ja  eine  wahre  hundehütte.  sieh 
hundshütte. 

HUNDEJAHR,  n.  luklist  schlechtes  jähr:  dann  hätte  er  ein 
hundejahr  gehabt  und  könnte  am  ende  mit  leeren  bänden 
gehen.  J.  Gotthelt  Schuldenbauer  113. 

HUNDEJUNGE,  m.  junge  der  die  Wartung  der  hunde  besorgt; 
bei  den  Jägern  name  des  lehrlings  während  des  ersten  jahres  seiner 
lehrzeit.  auch  als  ausdruck  der  Verachtung :  aber  sagen  sie  mir, 
warum  wechseln  sie  briefe  mit  solch  einem  hundejungen? 
Lemz  1,280.  bergmännisch  ein  junge,  der  mit  dem  hund  erze 
fördert,    s.  hundsjunge. 

HUNDEJUNGENHAFT,  adj.:  von  der  bundejungenhaften 
art,  wie  sich  der  kerl  in  meinen  handel  mit  Nicolai  in  Berlin 
gemischt  bat.  Wielasd  bei  Merck  1, 199, 

rv.  II. 


HUNDEKALT,  adj.  abscheulich  kalt:  in  diesem  zimmer  ists 
hundekalt. 

HUNDEKÄLTE,  /".  abscheuliche  kälte:  hier  herscht  eine  wahre 
hundekälte. 

HUNDERNECHT,  m.  knecht  ßr  die  Wartung  der  hunde;  bei 
den  Jägern,  was  hundejunge. 

HUNDEKOCH.  m.  coquus  putidus.   Stieler  1000. 

HUNDEKOTH,  vi.  koth  vom  hunde;  bei  den  saffianmacliern 
in  einer  lauge  zum  lederbeizen  verwendet,  bundekoth,  hunds- 
koth  heiszt  auch  eine  art  rasch,  die  man  im  17.  jahrh.  häufig 
verfertigte.   Jacobsson  2, 29,>'. 

HUNDEKRANKHEIT,  f.  eine  seuche.  von  der  oß  junge  hunde 
befallen  werden. 

HUNDEKUPPEL,  f.  zwei  oder  drei  vereinigle  halsbänder  mit 
ringen  oder  wirbeln,  worart  der  jäger  die  hunde  fuhrt.  Jacobsso.n 

2,  294'. 

HUNDEL.AGER.  n.  lager  ßir  hunde;  abscheuliches  lager. 
HUNDELAGERSTÄTTE,  f: 

das  ist  eine  hunde-Iagerstätt! 

ein's  missethäters  folterbett! 

aufliegen  hab  ich  than  mein'n  rücken.     Göthe  13,  82. 

HU.NDEL.AND,  n.  abscheuliches  land  (schimpfend,  im  munde 
eines  handwerksburschen).  J.  Gotthelf  II,  162. 

HUNDELAÜF,  m.  bergmännisch,  ßrderbalm  für  hunde,  auch 
hundslauf.  Veith  bergwOrlerb.  319. 

HUNDELÄUFER,  m.  der  auf  solcher  förderbahn  arbeilet, 
das.  320. 

HUNDELEREN,  n.  vita  ingloria.  Stieler  1098:  überhaupt 
hatte  man  im  Hoppedizelischen  hause  ein  verdammtes  hunde- 
leben.  J.  Paui.  uns.  löge  1,111; 

wahrhaftig,  das  ist  nur  ein  hundeleben.    HsntE  16, 109. 

HÜNDELEDER,  n.  leder  vom  feil  der  hunde.  Jacobsson  2,294*. 

HUNDELEITSTRICK.  m.  venatoria  copula.  Stieler  2196. 

HUNDELN,  HÜNDELN,  verb.  in  mehrfacher  bedeutung. 

1)  wie  ein  hund  riechen ;  schweizerisch.  Stalder  2,  62 ;  in  dem 
hornung  ist  ir  {der  hunde)  zeit  zu  zölen  {läufisch  zu  werden), 
hündlend  erst  so  der  tag  am  lengsten  ist  sommers  zeit.  Forer 
thierb.  86'. 

2)  sich  wie  ein  hund  betragen,  namentlich  kriechend,  schmeich- 
lerisch: ein  bündelnder  Schmarotzer;  schweizerisch  in  anderm 
sinne:  er  bündelet  recht  mit  seiner  frau,  beträgt  sich  gegen 
sie  auf  die  niederträchtigste  art.  Stalder  a.  a.  o.,  wo  auch  das 
subst.  hünde!,  mensch  ohne  gefüld  und  schäm,  ebenso  abgehärtet 
gegen  die  leiden  anderer,  als  im  höchsten  grade  sinnlich  und 
wollüstig,  aufgeführt  wird. 

3)  hundein,  bündeln,  bairisch,  ein  gewis.'ses  kartenspid  spielen. 
ScHM.  1.1128  Fromm,     vgl.  oben  unter  hund  II.  5  s;>.  1919. 

HUNDELOCH,  n.  canis  tugurium,  carcer  canis,  cubile  canL<t. 
Steisbach  1, 1063 ;  auch  auf  ein  schleclites  gefängnis  übertragen : 

wollten  ihn  (Wallcnstein)  drauf  die  Nürnberger  herren 

mir  nichts,  dir  nichts  ins  carcer  sperren ; 

's  war  just  ein  neugebautes  nest, 

der  erste  bewohuer  sollt  es  taufen. 

aber  wie  fängt  ers  an?   er  läszt 

weislich  den  pudel  voran  erst  laufen. 

nach  dem  hunde  nennt  sichs  bis  diesen  tag. 

Schiller  Waltenst.  lager,  7.  aufir.  ; 

so  ein  flegel  gehört  ins  hundeloch.  Chr.  Weise  comöd.  178; 
da  kamen  die  scberganten  bald  .  .  . 
und  führten  ihn  ins  hundeloch. 

Wichgrevii  Cornelius  relegatus,  deutxch 
von  SoMER,  Ciiij; 
den  Fritzen,  die  Canaille, 

wirft  man  ins  hundeloch.    Freiligratii  dicht.  3,  76. 
s.  hundsloch. 

HU.NDEMAGER,  adj.  macies  ipsa,  pumice  aridior.  Stieler  1249. 
HUNDEMARKT,  m.  markt  für  ein-  und  verkauf  von  hunden: 
in  Apolda  wird  jährlich  ein  hundem.irkt  gelialten. 

HUNDEMÄSZIG,  adj.  und  adv.  in  burschikoser  redewcise  unserer 
tage  steigernd  nach  der  schlimmen  seile  hin  verwendet  {vgl.  hund 
sp.  1916  und  hündisch  3):  einen  hundemäszigen  bunger  haben, 
einen  sehr  heßigen;  hier  ists  hundemäszig  kalt. 

HUNDEMELKER ,  m.  Spottname  eines  hundenarren ,  hunde- 
melker  et  katzenmc^lker,  catellos  et  feles  in  manibus  volutans 
Stieler  1266,  einer  der  diese  thicre  immer  unter  seinen  händen 
streichelnd  bewegt;  hundemelker  stultus  Trochcs  Gs'. 

HUNDEMISERABEL,  adv.  höchst  miserabel:  ich  bin  recht 
hundemiserabel  krank  gewesen,  zwei  volle  wochen  nicht 
arbeiten  ,  nicht  sehen ,  nicht  schlafen ,  nicht  aufsein ,  nicht 
liegen  können,  das  ist  keine  art  meiner  ait,  Zelter  an  Göthe 

3,  463. 

121 


1923 


HÜNDE5IÜSIK  —  HUNDERT 


HUNDERT 


1924 


HUNDEMUSIK,  {.  ululatus  canuni.  Stieler  1313.     auch  ver- 
äclUlich  toH  einer  sehr  schlechten  musik. 
HÜNDEMUTH,  »».; 

für  blanke  majeslat.  und  weiter  nichts,  verbluten, 

wer  das  für  crosz,  für  schon  und  rührend  halt,  der  int. 

denn  das  ist  hundemuth,  der  eingepeitscht  mit  ruthen 

und  eingefüttert  mit  des  bofmahls  brocken  wird.    Hühcer  102". 

HUNDEN,  adj.  vom  hund,  vihd.  hundin:  huiidin  caninus 
voc.  ine.  theut.  k5";  hündcin  scLuoch  sint  guot  an  den  füejen 
für  die  gicht.  Megenberg  126,16;  zu  seinen  nesteln  hat  er 
fünfzehen  hundert  neun  haut,  und  dieselben  zu  eira  theil 
hünden.  Garg.ivs';  wie  denn  auf  einen  wolfencn  praten  eine 
hündene  salsc  schüret.  Matuesios  hislor.  von  Jes.  Chr.  1,62'. 

HUNDENAME,  m.  name  den  ein  hund  führt:  Söliinann, 
Gesellmann  und  Waldgesell  sind  bei  uns  .  .  .  gebräuchliche 
hundenarnen.  Hagedorn  2, 134,  anm.  l. 

HUNDENEST,  ii.  schlechtes  ncsl,  als  Schimpfwort  ßr  eine 
kleine  Stadt ,  im  munde  eines  handwerksburschen.  i.  Gottuelf 
11,162. 

HU.NDEPACK,  n.  hundegezücht ,  auch  Schimpfwort  für  einen 
häufen  niedriger  menschen:  mitten  in  diesem  unheil  (eines 
gefechts)  spricht  der  graf  von  Soisons  zum  rilter  Joitiville 
.scherzend:  senechal,  lasz  das  hundepack  bellen  und  blocken. 
GöTHE  30,92. 

HUNDEPEITSCHE,  f.  flagellum  ad  casligandum  cancm.  Stein- 
BACR  2, 171. 

HUNDEPEITSCHER,  m.  virgarius,  virgator.  ebenda,  vyl.  auch 
hundeauspeitscher. 

HÜNDERECHT,  n.  reclU  der  Jagdhunde  auf  gewisse  Iheile  des 
erlegten  wildes  (bei  Sebiz  5S7  der  hund  wildrechl).  uuch  acci- 
dentale  quoddam  praefectorum  venalionis.  Stieler   1550. 

HUNDERT,  centum. 

l)  das  dem  lat.  centum,  sanskr.  yatam  entsprechende  nume- 
rale  hund  lud  zufrühest  im  gothischen  nicht  sowol  die  Vollendung 
der  zahlreihe  von  eins  bis  hundert  auszudrücken,  da  hiefür  taihun- 
taihund  oder  taihuu-tehund  gilt,  als  vielmehr,  nur  im  plural, 
und  mit  entsprechenden  andern  numeralien,  gruppen  von  hun- 
deHen  zu  bezeichnen,  tva,  |)rija,  ümf,  niun  hunda.  auch  im 
ahd.  und  noch  mhd.  wird  einfaches  hundert  durch  zehanzo, 
zChanzug,  zehenzec  gegeben,  hund  ebenso  plural  für  hundert- 
reihen genommen  (zwei,  Ihriu,  finf  bunt  bei  Tatian),  doch  kommt 
bei  Notier  ps.  S9,  5  bereits  ein  bunt  vor.  dieses  hunt  bleibt  ein 
immerhin  seltenes  wort,  obschon  es  lange  dauert  (vyl.  sp.  l'Jiy), 
weil  sich  die  Weiterbildung  hundert  verbreitet,  dieselbe  Idszt  sich 
zufriihest  in  den  nordgermanisciten  spraclwn  nachweisen,  altnord. 
hundrad,  plur.  hundrud,  ags.  hundred,  fries.  hundred,  alls. 
(9.  jahrh.)  huuderöd,  und  begegnet  südlicher,  zuerst  im  mittel- 
deutschen des  späten  eüflen  jalirhunderts : 

Römere  scrivin  cisarain 
io  einer  guldine  tavelin 
driu  hunderit  altheirrin, 
die  dir  plegin  zuht  und  erin.    anno  263, 

seit   dem  12.  jaltrh.  auch  im  eigentlich  oberdeutschen,    und  zwar 
häufig,  so  dasz  sie  schon  frülier  eingebürgert  gewesen  sein  musz. 

Die  ursprüngliche  Verwendung  von  hundert  scheint  im  angel- 
sächsisrJien  zu  tage  zu  liegen,  hier  bedeutet  es  die  centena,  die 
eitMeilung  des  volkes  in  reilien  von  hundert,  hundertschaßen, 
und  das  von  einer  solchen  reihe  bewohnte  land,  in  freierem  sinne 
dann  irgend  eine  schaar  von  hundert,  endlich  auch  eine  solche 
Zahleinheit  in  bezug  auf  gegenstände,  in  welcher  bedeulumj  es 
dann  namentlich  im'allnotdtschen  und  im  altsäcltsischcn  gebraudi- 
lieh  ist. 

Bei  der  erwäguny  des  Verhältnisses  von  hundert  zu  dem  oben 
erwähnten  einfachen  hund  darf  wol  an  die  alts.  form  hunderüd 
als  die  vollste  angeknüpß,  und  darauf  aufmerksam  yemaclU 
werden,  dasz,  wie  das  worl  von  anfang  an  subst.  neutr.  ist,  auf 
-öd  neutrale  verbal substatitivc  gebildet  erscheinen,  vgl.  aitd.  mit()i 
augmentatto  von  mhöti  augere,  hanlalüd  Iractatio  von  hanlalön  i 
tractare,  opfiiröl,  opfarud  sacrificium,  von  (ipliilron  sacrificare, 
u.  a.,  denen  auch  tolclte  auf  -id  zur  seile  stehen  (ferid  navigium  j 
ton  faran  Graff  3, 5s8).  danach  würde  hunderöd  auf  ein  verbum 
bunderön  zurückführen,  von  dem  alteu  hund  ausgelund,  mit  der 
btdeulung  in  gruppen  von  hundert  gliedern,  wie  noch  Iwule  von  \ 
drei  das  verbum  dreiern  (<//.  2,137s),  von  fünf  fünfern  (4',5«l), 
«m  »ecb»  Sechsern,  von  zehn  zebnern  gebräuchlich  ist,  und 
ursprüngluh  einiheilung  m  Hundeti  besagen,  mit  frühester  anwen- 
^ng  auf  das  sociale  gebiet  und  mit  enger  verwandlschaß  zu  dem 
q».  191»  aufgeführten  alemannischen  huiilari. 


2)  daher  ül  hundert  von  alters  lier  ein  collectives  neutrum, 
hundert  in  einer  Zusammenfassung  bezeichnend,  wir  sagen  das 
hundert;  manche  waaren  werden  nach  dutzendcn,  andere 
nach  schocken  oder  hunderten  verkauft;  das  gcld  trügt  fünf 
TOin  hundert ;  das  hundert  ist  in  seeslddten  ein  sulzmasz :  ein 
grosz  hundert  salz  rechnet  man  für  vier  kleine  hundert. 
SciiEDEi.  waarcnlex.  2,340".  der  beigesetzte  galtungsname  steht 
jetzt  im  nominativ:  das  hundert  eier,  ein  hundert  schreib- 
federn; in  der  altern  spräche  im  genitiv:  das  erste  hundert 
nützlicher  und  lustiger  histoiien.  acerra  philoloyica  (nii)  s.i; 
alts.  other  half  hunderöd  hönero.  Freckenhorsler  heberollc  6; ' 
m/irf.  si  giengen  üf  ein  palas. 

hundert  kröne  du  gehangen  was  (krunlruchler), 
vil  kerzen  drüf  geslöjen.  Patz.  229,21. 

das  hundert  jähre,  das  volle,  erfüllte  Jahrhundert: 

doch  jedes  hundert  jähr,  vielleicht  auch  seltner  noch, 
kömmt  so  ein  geist  empor.  Lessinc  1,  183. 

das  hundert  war  auf  den  alten  zähl-  und  reclienbrettcrn  die  mü 
C  bezeichnete  rubrik  (im  gegensalz  zu  den  mit  M,  X,  I  bezetch- 
nelen);  darauf  gründet  sich  die  rcdensart  das  hundert  in  das 
lausend  werfen,  vom  unordentlichen  setzen  der  rechenpfenniyc 
auf  unordentliches  treiben  überhaupt  übertragen:  tausent  ist  ein 
gröszere  zai  dann  hundert,  wer  nun  hundert  zu  tausent  wirft, 
und  rechnet  nit  darzwischen  die  andern  hundert,  und  als 
dann  tausent,  der  macht  es  also,  dasz  nicmandt  weisz  was 
er  rechnet  oder  redt,  daruinb  wirt  disz  wort  gebraucht  wider 
die,  so  vil  gewäsch  machen,  aber  selbs  nit  wissen  wo  es  hat 
angefangen,  odder  wo  sichs  endet.  Agr.  spr. -m' ;  sie  haben 
eine  seltzame  weise  zu  reden,  als  die  keine  Ordnung  hallen, 
sondern  das  hundert  ins  tausent  werfen.  Luther  3,224';  der 
teufel  ist  zornig,  und  wirft  das  hundert  ins  tausent,  und 
rieht  so  mancherlei  gewirre  an,  das  schier  niemand  weis, 
was  er  gleubt.  4,332';  wiewol  er  (Jornandes)  der  Gcten  und 
Gothen  historien  . .  wunderlich  vermenget,  und  das  hunderl 
ins  tausend  wirft.  Opitz  1,145;  er  warft  das  hundert  ins 
tausent.  Sciiottel  1136'.     vgl.  auch  unter  hunderte,  hundertste. 

3)  dieses  Substantiv  hat  seine  volle  flexion ,  so  namentlich  im 
yeniliv  sing,  und  im  plural:  wir  bedürfen  eines  vollen  hun- 
derts  von  diesen  brettern ;  in  den  siebziger  und  achtziger 
Jahren  des  vorigen  hunderts.  Güthe  50,223,  ungewöhnlich  für 
Jahrhunderts ;  und  si  sä^in  nider  h\  teilen,  bi  Imaderten  und 
bi  funfzigen.  Behaims  cvangelienbuch,  Marc.  6, 40 ;  er  verkauft» 
bei  hunderten,  centum  simul  vendit  Frisch  l,47ü';  der  plural 
steht  gern  im  sinne  einer  unbestimmten  yrösze  (vergl.  nachher 
unter  7):  hunderte  von  leuten  strömten  in  die  kirche;  da 
liegen  die  feinde  bei  hunderten  lodt,  hostium  integrae  centu- 
riae  prostratae  jacent.  Frisch  1,  474'. 

4)  häufiger  abei-  ist  seit  dem  mhd.  hundert  als  reines  zahlwort 
verwendet  worden,  und  hier  unflectiert.  ein  hundert  wird  (auszei- 
in  gröszeren  Zahlenreihen,  vgl.  auch  unter  ein  2,  th.  3,  sp.  113), 
nur  in  ausdrücklicher  Sprechweise  verwendet,  sonst  heiszt  es  kurz 
hundert:  vant  einen  von  sinen  züknechten,  der  solde  ime 
hundert  jjfenninge.  Behaims  ev.-buch,  Malth.  is,  2& ;  und  war 
dem  Italiäncr  diese  lection  so  angenehm,  als  wann  ihm  ein 
anderei-  hunderl  thaler  verehret  hatte.  Haim'el  acad.  rom.  9; 
es  ist  ein  guter  gülden,  der  hundert  erspart.  Schottel  1115'; 
was  hundert  jähr  ist  unrecht  gewesen,  das  ward  nie  kein 
stund  recht.  1129'; 

hundert  nette  er  ligen  vaiit,  .  . 

hunderl  kulter  drülTe  lagen,    fan.  229,28. 

Man  zählt  von  zwei  bis  neun  hundert  (zehnhundert  tst  unge- 
wöhnlich und  höchstens,  wo  es  das  unten  no.  7  aufzuführende 
unbestimmte  hundert  verstärken  soll,  angewendet:  heisa!  heisa I 
so  ist  ja  unser  Roller  zchnhundertfach  vergütet!  Schiller 
raub.  3,  2),  und  wieder  von  eilf  hundert  bis  neunzehn  hundert : 
das  gruiidstück  kostet  sechzehn  hundert  thaler;  acht  hundert 
und  vier  Ihaler  tbiin  vierzehn  hundert  und  sieben  gülden ; 
bei  der  angäbe  von  Jahreszahlen  heiszt  es  lieber  sechzeiin,  sieb- 
zehn hundert  u.  s.  iv.  als  ein  tausend  -•iechs  hundert,  ein 
lausend  sieben  hunderl,  eilf  hunderl  für  ein  tausend  ein  hun- 
dert oder  tausend  einhundert,  zwölf  hundert  für  ein  tausend 
zweihundert  ist  sogar  das  übtrwiegend  gebriiiichliche.  dasz  aber 
ßr  ein  tans<Mid  ein  hundert  nur  tausend  limidert  gesagt  werde: 

lauM>nd  hundert  /wol  und  dreitzig, 
um  drclichnten  tag  de»  maiinouds 
war  et,  uU  der  gute  Icldhurr 
von  llivar  die  weit  vprlleii. 

Umkkk  zur  IUI.  i,  200  (Ud  «i>. 


1925 


HUNDERT 


trf  nur  dichterische  freiheit,  da  bei  angaben  von  Jahreszahlen,  icie 
von  summen  überhaupt,  die  neben  lausenden  auch  hunderte  nen- 
nen, jede  zahl  der  letzteren  ausdritcklich  hervorgehoben  werden 
musz.  —  Höhere  reihen ,  über  neunzehen  hundert ,  zu  zälüen, 
ist  ungewöhnlich,  weil  in  solchen  fällen  die  lausende  markiert 
werden,  man  hört  etwa  im  volke  noch  drei  und  zwanzig  hundert 
für  zwei  tausend  drei  hundert  und  ähnliches,  kauin  aber  gröszere 
zahlen,  wie  sechs  und  fünfzig  hundert,  sondern  dafür  stets  fünf 
tausend  sechs  hundert. 

Die  hunderte  anstatt  mit  der  bloszen  einer-  oder  zehnerzahl 
zugleich  mit  dem  multiplicationsworte  mal  aufzußhren  (wie  die 
hunderttausende,  s.  unten),  ist  nur  der  dichterischen  spräche  erlaubt: 

dem  kaiserlichen  ohr 
das  huldigung  und  preises  melodei 
in  dreimal  hundert  völkerspracben  trinkt. 

Kl.  Schkidt  poet.  hr.  S9. 

5)  liundert  im  gegensai:  zu  eins  läszt  den  zahlbegriff  schon 
unbestimmt  erscheinen  und  will  nur  eine  weit  gröszere  zahl  der 
geringsten  entgegenhalten  {dhtilich  zehn  gegen  eins .  tausend 
gegen  eins) :  ein  jähr  büsz,  hundert  jähr  bösz.  Pistorids  thes. 
par.  2,  96 ;  nicht  nur  Europa,  ganz  Asien  und  Africa  werden 
für  ein  beispiel  dieser  Wahrheit  wol  hundert  geben.  A.  Gry- 
PHics  169S  1,3;  du  wirst  unter  hundert,  die  ein  groszes  glück 
gemacht  haben,  schwerlich  einen  einzigen  finden,  der  es  nicht 
einer  geschickten  anwendung  unsrer  gnindsätze  zu  danken 
habe.  Wielaxd  1, 191  (163) ;  es  ist  hundert  gegen  eins  zu 
wetten,  dasz  die  sache  nicht  geht,  ähnlich  so  ist  hundert 
zu  drei  in  gegensatz  gebracht:  was  drei  wissen,  das  erfahren 
hundert.  Schottel  1131'. 

6)  anders  ist  bei  ungefähren ,  nicht  ganz  exacten  zahlbestim- 
mungen  die  Verbindung  von  eins  und  hundert  (vergl.  darüber 
tlieil  3,  sp.  114):  man  sagte  früher  einen  tag  oder  hundert,  wenn 
man  mit  belassung  eines  Spielraums  aufs  höchste  hundert  tage 
meinte;  es  wil  mir  nit  zuston,  euwer  gelt  zu  bihalten,  sonder- 
lich dieweil  es  so  vil  ist,  es  wer  dann  ain  guldin  oder  hun- 
dert ODgevarlich.  Schade  so/.  3,  217;  so  reiten  irer  einer  oder 
hundert  mit  einander.  109;  so  ich  dann  die  kuntschaft  von 
dir  hett,  traut  ich  mir  auf  einen  tag  ein  pferd  oder  zwei 
hundert  zusammen  bringen,  ebenda,  das  oder  in  dieser  Ver- 
bindung ist  in  der  heutigen  Volkssprache  zu  angehängtem  er  ge- 
worden: eine  kieinigkeit  von  ein  liunderter  fünfe.  Engel  pAi/oj. 
f.  d.  well  19  (für  altes  ein  hundert  oder  fünfe). 

')  hundert,  mit  ganz  geschwundenem  zahlenbegriff,  bezeichnet 
nichts  als  eine  grosze  menge  (wie  ähnlich  tausend,  dalier  auch 
aUi  Steigerung  eines  adjectirbegriffs  verwandt,  vgl.  unten  hundert- 
schön, und  altnord.  hundvlss  auszerordentlich  kundig),  ößer  auch 
in  der  Verstärkung  viel  hundert:  ob  es  müglich  were,  das  er 
hundert  tode  möcht  erliden.  theol.  deutsch  s.  62  Pfeiffer;  schelten 
schreckt  mehr  an  dem  verstendigen,  denn  hundert  scblege 
an  dem  narren,  spr.  Sal.  17, 10 ;  war  wol  hundert  mcile  von 
seiner  meinung.  Schottel  1119"; 

Gramont  ward  gewunnen, 

in  blut  lag  menger  rot, 

gar  snell  es  ward  verbrunnen, 

man  släg  ir  hundert  tot.    Lilie<(chon  volksl.  2,67,12; 

in  seinem  reich  viel  hundert  städt 

und  unzehlicbe  dörfer  hett.    mückenkr%  1,  123; 

auf  dieses  wurde  mein  mann,  beim  schein  von  hundert  Tackeln, 
und  auf  des  negers  wink,  beim  spiel 

von  hundert  schnarrenden  geigen,  die  ihm  entgegen  rackeln, 
herbei  geführt.  Wieland  5,  12  (h.  Amud.  12,  14) ; 

erzählten  .  .  viel  hundert  ebentheur.    Höitt  9  Hatm ; 

rings  zitterte  das  goldne  band 

der  sonn'  in  hundert  bäcben.    24; 

hier  schlingt  sie  (die  glut)  eine  ganze  strecke, 

mit  hundert  ädern,  sich  durchs  thal.    Göthk  12,206. 

die   Verbindung    ein    hundert  klingt  hier  an  den  gebrauch  no.  6 
an,  sie  soll  so  viel  sagen  wie  wol  hundert: 

das  ist  kein  kleiner  räum, 
da  sieh  nur  hin!  du  siehst  das  ende  kaum, 
ein  hundert  Teuer  brennen  in  der  runde.    212. 

S)  das  multiplicativ  von  hundert ,  im  bestimmten  wie  im  un- 
bestimmten sinne  wurde  mihelhochdeutsch  durch  hundert  warp, 
hundert  werbe,  hundert  stunt  anschrieben,  nM.  durch  hundert 
mal:  centesies  hundert  male,  hundertmal,  hundert  mol  Dief. 
112'  (mittelfränkisch,  i.  hälße  des  15.  jahrh.);  ob  ein  Sünder 
hundert  mal  böses  thut.  pred.  8,7; 

der  auf  halbes  götter-leben 

thäte  hundert  mal  verzieht.    Kl.  Schmidt  pnel.  br.  87. 

häufig   zusammengerückt   gegeben :   ein  ding  hundertmal  sagen, 
centies  dicere,    hundertmalen  centies,  hundertmalen  theüwrer. 


HUNDERT  ARM  —  HUNDERTFÄLTIG   1 926 

■  eentuplicate  raeneunt  Maaler  232*;  habe  ich  ihnen  nicht  hun- 
dertmal gesagt,  sie  sollen  sich  eine  reiche  frau  wühlen? 
i  Gellert  3,339;  aber  hundert  und  hundertmal  .  .  sagte  ich 
I  mir  die  geschichte  .  .  vor.  Göthe  18,  33 :  dasz  Rom  . .  voller 
j  ruinen  stehe,  welche  hundert  und  aber  hundertmal  gezeichnet 
:   worden.  27, 46 ; 

denn  Molly  trillert  hundertmal 

so  hell  und  silberrein  {wie  die  nachligatl).    BiSrcer  13*. 

j        9)  hundert  eins  ist  ein  kartenspiel: 

'  es  kam  ein  weih  ins  haus  (einen  .^telsiichligen), 

wein,  hier,  kamüffel,  trumpf,  und  hunderteins  war  aus. 

kofent  ward  eingeschenkt.      Rachel  .iiUi/r.  ged.  (1677)  s.  22. 

bei  H.Sachs  1.518'  wird  ts  eins  und  hundert  genannt. 
HUNDERTARM,  m.  exaToy/si^os : 

du  .  .  riefst  hinan  in  den  Olymp 
den  hundertarm,  bei  göttern  Bria'reus, 
Ägäon  unter  sterblichen  genannt.    Bürger  147". 

HUNDERTÄUGIG,  adj.  hundert  äugen  habend:  (verwandelte) 
den  hundertaugigen  Argum  in  ein  pfahenschwanz.  Schade  sat. 
u.  pasqu.  3,112,15;  der  hundertäugige  Argus,  pol.  stockf  336; 
unmöglich. . .  einer  hundertaugigen  beobachtung  zu  entgehen. 
Spielhagen  in  der  zwölften  stunde  (1863)  s.  120; 

du  hundert-äugichter! 

Lohe:«stei»  in  den  auserles.  ged.  1,  279. 

HUNDERTRLÄTTERIG,  adj.  centifolia,  die  rose  mit  hundert 
j   blättern.  Frisch  1, 476' : 

wenn  sie  lächelt  voll  zier, 

die  hundertblättrige  mir; 

wenn  sie  grollet,  die  zornige, 

ist  sie  die  hundertdornige.    R(;gkert  ges.  ged.  1,  292. 

HüNDERTBüRGIG.  adj.  hundert  bürgen  habend: 

besteller  der  hundertburgigen  Kreta.    Hins  2,649. 

HUNDERTDORMG,  adj.  hundert  dornen  habend.  Rlckert 
ges.  ged.  1,  292.     s.  die  stelle  unter  hundertblätterig. 

HUNDERTE ,  ungewöhnlich  ßr  die  Ordinalzahl  hundertste : 
der  hunderte,  centesimus  Steinbach  1.794,  u-oselbst  auch  die 
zusamrt^nsetzungen  acht-,  drei-,  fünf-,  neun-,  sechs-,  zwei- 
hunderte  octingentesimus  u.  s.  w.;  dabei  hielt  ich  meine  Sachen 
so  geheim,  dasz  mich  der  hunderte  vor  keinen  buhler  halten 
konte.  Simpl.  l,  324  Kurz  (vergl.  wegen  dieser  anwendung  unten 
unter  hundertste) ; 

ist«  möglich?  rief  herr  .\madis,  neun  und  neunzig  (hiliter  auf 

•^oKel  felllern  einen  fächers)? 
und  diese,  wie  es  scheint,  in  ziemlich  kurzer  zeit! 
so  bleibt  gewisz  das  hunderte  leid  nicht  einzig 
in  seiner  art.  Wieland  5,  71  (h.  Amart.  14,15). 

in  einer  Variante  der  unter  hundert  2  aufgefülirten  redensart 
(vgl.  hundertste) :  weil  ich  auch  sonst  in  meinem  discurs  das 
tausende  ins  hunderte  warf.  Simpl.  l,  ist  Kurz;  frage  du  selbst 
einen  alten  rübenscheeler,  was  ist  deine  oder  der  gemeinde 
gerechtigkeit?  der  alte"  wird  das  hunderte  in  das  tausende 
werfen,  baurenst.  lasterpr.  120. 

HUNDERTEL,  n.  der  hundertste  theil  eines  ganzen ;  aus  hun- 
derttheil  (s.  d.)  zusammengezogen,     vgl.  auch  hundertstel. 

HUNDERTER,  m.  zahl  aus  der  Ordnung  der  hundert;  vergl. 
über  die  bildung  unter  einer  theil  3,  sp.  16«.  in  einer  zahl 
nehmen  die  hunderler  die  dritte  stelle  von  rechts  nach  links 
ein.  das  wort  scheint  vor  dem  18.  jahrh.  nicht  vorzukommen; 
Adelung  ßhrt  es  auf. 

HUNDERTERLEI,  adv.  auf  hundert  arUn,  hundertfach  geartet 
(r^i.  lei):  es  bedurfte  der  entschiedenen  Zudringlichkeit  dieses 
niannes,  um  die  hunderterlei  bedenklichkeiten  ..  zu  beseitigen. 
Göthe  17,299: 

da  sähe  man  hunderterlei  wehr, 

Schwert,  dolchen,  federspies  und  speer.    müciceukr.  1,965. 

HUNDERTFACH,  adj.  und  adr.  hundeHfäUig,  seü  dem  IG.  jh. 
nachzuweisen :  hundertfach  oder  hundertfaltig,  centum  geminus 
Maaler  232';  hundertfaclk  centuplex  Stieler  392;  sie  würden 
sie  doppelt  und  dreifach  liehen,  wenn  nicht  jede  wahre  liebe 
an  und  für  sich  zehn-  und  hundertfach  wäre.  Göthe  21,16!». 

HUNDERTFALT,  adj.  und  adv.  centuplex,  wie  mlid.  hundert- 
valt,  später  durch  das  folgende  verdrängt:  centuplex,  c^ntufdus 
hundirtfall,  hundertfalt.  hundirtvolt  Dief.  113';  dö  her  (der 
same)  öf  gtnc,  dö  machte  her  bundertvalt  vrucht.  Beliaims 
ev.-buch,  Luc.  8, 7 ;  her  sal  intfän  hundirtvalt.  Matth.  19, 28. 

HUNDERTFALTIG,  -FÄLTIG,  adj.  und  adv.  centuplex,  im 
späten  mhd.  hundertvaltec  (Lexer  wb.  l,  13S4).  die  unumgetautete 
tcie-die  umgelautete  form  kommt  im  15.  und  16.  ;A.  gleich  häufig 
vor :  centuplex,  centuplus  hundertfaltig,  bundertfeldig  Dief.  113'; 

121* 


1 927  HUNDERTFALTIGEN  —  HUNDERTSCHÖN 


HUNDERTSORGEN  —  HUNDERTTAUSEND  1928 


hunderlYcltig  centuplum  voc.  mc.  Iheut.  k5';  hundertfaltig  een- 
tuplus  Dasvp.  ;  und  Isaac  sccte  in  dem  lande,  und  kriegt 
desselben  jars  hundertfeltig.  l  Mos.  26,12;  etlichs  fiel  auf 
ein  gut  land,  und  trug  frucht,  etlichs  hundertfeltig,  etlichs 
sechzigfeltig,  etlichs  dreiszigfeltig.  Matlh.  13,  S ;  der  niiht  hun- 
dertfeltig cnipfahe ,  itzt  in  dieser  zeit ,  lieuser  und  brüder. 
Marc.  10,  30 ;  hundertfaltige  frucht,  cenlesimus  fructus,  hundert- 
fältige maur,  murtts  centupU'x  Maalek  232';  neit  dem  l'.jahrh. 
herschl  in  der  schrißsprache  die  umgelaiUcte  form :  hundertfältig, 
centuplicatus ,  cetUuplicaio  Fbiscu  1,476';  es  kunimt  hundert- 
fältig zu  stehen,  venit  Cfnluplicato  Steinbacu  1,36S. 

HUNDERTFALTIGEN,  verb.  cenluplkare.  Dief.  113". 

Hl'NDEUTFÜSZIG,  udj.  cenlipes.  Frisch  l,47e'. 

HUNDEKTFÜTTEH,  verhüllend  ßr  hundsfutt  (s.  d.):  du 
hundertfutter!  narrenspital  (16S2)  x.  IS. 

HUNDERTHÄNDIG ,  adj.  cctüimamis.  Frisch  1,  476';  sie 
wären  doch  keine  hunderthändichte  riesen-söhne  des  himmels 
und  der  erde.  Lohesstein  Arm.  2,  379'. 

HÜNDEIITHAUPT,  u.  pflanzenname:  rubi  rosarum,  wild 
rosenstrauch,  bringt  rauhe  knöpflen,  die  heiszt  man  hunderl- 
haubt,  seind  zum  stein  gut.  Alberus  diä.  Gg3';  bei  Nemmcu 
2, 1526  aber  ist  hunderthaupt  oder  hundertkopf  eryngium  cam- 
pestre,  sonst  krausdistel,  mannstreu. 

HUNDERTHÄUPTIG,  adj.  hundert  häupter  habend:  hundert- 
hüuptig,  centipes,  das  hundert  höupter  hat.  M aaler  232'; 

den  bunderthäuptigen,  den  stürmenden, 

mit  mactit  bezähmten  Typhos.     Stolbbrc  15,21; 

aus  hundert  häuptern  bestehend: 

mit  fleisz  will  ich  dir  (Minerva)  dienen  nun, 

ein  hunderthewblich  opier  thun^    H.  Sachs  3,  2,  96'. 

HUNDERTJ.ÄHRIG,  adj.  hundert  jähre  zählend,  mhd.  hundert- 
jaerec:  weil  er  (.Abraham)  fast  hundert  jeiig  war.  ßöm.  4, 19; 
hundertjährige  bäume ;  hundertjärige  zeit ,  hundert  jar  lang 
wält,  seculum  Maaler  232' ;  diese  unsere  vorstehende  hundert^ 
jahrige  alterszeit.  Scnui-Pius  775  (d.  i.  das  siebzehnte  Jahrhun- 
dert; der  dort  stehende  tractat  trägt  den  lilel  serinon  von  der 
siebcnzehenden  dieses  hundertjährigen  zeitlaufs  glückseligkeit 
beschreibung) ;  der  hundertjährige  kalcnder,  der  für  die  zeit 
vor  hundert  jähren  berechnet  war;  die  Witterung  nach  dem 
hundertjährigen  kalender  voraussagen,  weil  man  glaubte,  dasz 
alle  hundert  jähre  die  gleichen  uilterunysverhältnisse  wiederkehrten. 

HUNDERTJAHRSZEIT,  f  zeit  eines  Jahrhunderts:  es  hat 
diese  hundert  jahrszeit  (das  16.  jahrh.)  mehr  gelehrte  gezeugel 
und  her  fürgebracht ,  als  vorhin  in  fünfzehenhundert  jähren. 
Scuuppius  77s. 

HUNDERTJÄHRUNG,  /".  für  Jahrhundert:  für  Wörter,  die 
aus  dem  latein-  oder  griechischen  entlöhnt,  und  dannenher 
aigentlich  unteUtsch  sein,  liab  ich  bisweil  versuecht ,  einen 
tausch  zu  treffen,  und  gunz-teiitsche  an  ihrer  statt  zu  ge- 
brauchen: da  ich  nämlich  schulen  und  kirclicn,  lähr-  und 
bäthäuser  nänn,  das  opfer,  eine  hailgen-gab,  seculum,  eine 
bundert-järung.  Rohpler  vorrede  s.  20;  es  hat  in  nächstver- 
llossener  hundert-järung  die  entstandene  zwitracht  des  gottes- 
diensts  eine  gräuliche  Zerrüttung  verursachet,  s.  1. 

HUNDERTJLNGENWURZEL,  f.  name  der  pflanze  cyno- 
ijlossum.  Nehmcu. 

HL'NDERTKOPF,  m.  eryngium  campestre;   s.  hunderthaupt. 

HL.NDERTKüPFlt»,  adj.  hundert  köpfe  fiabend :  ein  hundert- 
köpfiges ungeheuer;  bundertköpficiit,  centiceps  Steinbach  1,915. 
auch  hunderterlei  denkart,  geschmack  habend  (vergl.  köpf  theil  5, 
sp.  1758 /f.),  vielfältigen  sinnes :  das  hnnderlköpfige  publicum. 

HUNDERT.MAL,  adv.,  vergl.  unter  hundert  8,  sp.  1925. 

HUNDERT.MALIG,  adj.  zu  hundert  malen,  zu  viel  malen: 
hier  hilft  ein  hundertmaligcs  befehlen  nichts. 

HLNDERTPFÜNÜER,  m.  kanone  die  kugeln  von  hutidcrt  pfund 
tchtent  {vgl.  Vierpfünder,  scchspfünder  u.  (Ütnl.) : 

doch  hat  er  (der  ft-ind)  Hinten  und  nicht  minder 
kanonen,  viele  hundcrtptünder.     H.  IUikb  18,  283. 

HLNDEBTPFLNDIG,  adj.  das  hundert  pfund  wiegt,  cente- 
nariui.  Frisch  1,476'.  auch  das  hundert  pfund  schieszt,  vom 
geschult:  eine  bunderipfündige  kanonr. 

HUNÜERTSCHÜN,  adj.  hervorragend  schön  (»///.  hundert  7): 

dem    lii'tt    .llr    tum  Ir'.lntn-J    i-I.imi 


dann  kte  mil  «cliuii  weil  ubi;iHuiiill 
fraw  ili-lrnam  auiz  lirierlit-iiland.    mUckenkr.  l.Stt, 
VfL  auch  tau^f-riihi  lir>ii. 


HUNDERTSORGEN,  f.  plur.:  von  diesem  schach-  oder 
könig-spiel  etwas  mehr  zu  gedenken,  so  nennens  die  Perser 
sedrenz,  hundert-sorgen.  pers.  rosenlh.  7,  t3  anm. 

HUNDERTSTE,  m.  cenlesimus.  neicn  der  vollen  form :  cen- 
tenus,  cenlesimus  hundertst,  hundcrtest,  hunderztc  Dief.  112'; 
der  huudertist  centesitnus  Maalek  232',  ist  im  15.  bis  18.  jalirh. 
auch  hunderst  gewöhnlich:  cenlenus  hundirste  Dief.  a.  a.  o. ; 
wann  in  einem  kiiegsheer  ein  regiment  Soldaten  rebelliren, . . 
so  last  sie  der  gencral  nicht  alle  aufhenken,  sondern  last 
sie  spielen,  wer  unter  ihnen  sterben  sol,  und  strafet  etwa 
den  hundersten  oder  den  zehenden  mann.  Schuppiijs  322;  da 
doch  heut  zu  tage  ihrer  {der  menschen)  viel  das  hundersle 
jähr  erreichen.  777,  vergl.  auch  das  cital  aus  ThCmmel  3, 145 
unten,  es  stellt,  wie  die  cardinalzahl,  theils  in  genauer  arithme- 
tischer bedeutung :  der  liundertste  theil  eines  ganzen;  es  ist 
unter  ihnen  gar  nicht  selten ,  dasz  männer  und  frauen  das 
hundertste  jähr  zurücklegen.  Immermann  MüncZ/A.  1,9;  so  gebt 
inen  nu  heuts  tages  wider  ire  ecker,  Weinberge,  ölegarlen, 
und  heuser,  und  den  hundertesten  am  gelde,  am  getreide, 
am  most,  und  am  öle,  das  ir  an  inen  gewuchert  habt.  iVe/j. 
5,11;  theils  nur  zur  bezeichrrung  einer  hohen  stufe:  {leute  die) 
den  hundersten  bauern  und  ackerbauer  in  der  zahl  über- 
treffen. ScHOTTEL  1128';  der  hunderste  verstehts  nicht,  paun 
intelligunl.  Steinbach  1,794.  Die  redensart  das  hundertste  in 
das  tau.sendstc  werfen ,  etwas  vermengen ,  verwirren ,  ist  später 
bezeugt  als  das  hundert  in  das  tausend  werfen  {sp.  1024),  und 
wol  erst  aus  dem  letzteren  variiert,  als  man  das  bild  nicht  mehr 
verstand:  fieng  er  wieder  an  zu  wöten  und  das  tausendste 
ins  hundertste  zu  werfen.  Simpl.  i,  336  Kurz ;  lasset  den  teufcl, 
wenns  ihm  golt  um  der  weit  boszheit  willen  verhänget,  das 
hundertste  ins  tausende  werfen,  lasset  ihn  das  unterste  oben 
kehren,  trotz  sei  ihm  geboten!  Scbivek  seelensch.  1,547;  wenn 
es  dem  humoristen  erlaubt  ist,  das  hundertste  in  das  tauiend- 
ste  durcheinander  zu  werfen.  Götue  22,206;  jenes  mangelnde 
Verständnis  hat  auch  das  verbum  manigfach  wechseln  lassen :  sie 
alsdenn  das  hundertste  in  das  tausendste  mengte,  ehe  eines 
mannes  172 ;  doch  lassen  sie  uns  nicht  das  hundertste  ins 
tausendste  schwatzen.  Lessinc  1,  402 ;  die  einbildungskraft 
geht  vom  hundertsten  aufs  tausendste.  Ka.nt  10, 1S2;  so  kam 
ich  von  Margots  halsluch  auf  das  halstuch  der  heiligen,  von 
dem  hundertsten  ins  tausendste.  Thümmei.  3, 145 ;  sie  kamen 
besonders  über  diesen  letzten  punkt  aus  dem  hundertsten  ins 
tausendste.  Göthe  19,  17  ;  er  verfällt  immer  aus  dem  hundert- 
sten in  das  tausendste.    Immermann  Münchh.  1,8. 

HUNDERTSTEL,  adj.  der  hundertste  theil  eines  ganzen:  ein 
hundertstel  centner  ist  ein  pfund.  ursprünglich  ist  es  ein  Sub- 
stantiv, das  hundertstel,  da  es  aus  hundertste  theil  zusammen- 
gezogen wurde,     vgl.  auch  hundertel,  hunderttheil. 

HUNDERTSTIMMIG,  adj.  mit  einer  groszen  anzahl  von  stimmen: 
als  ungesehen  jetzt  vom  hoben  eher 
herab  die  orgel  anfieng  sich  zu  regen, 
und  hundertstinimig  der  gesung  begann. 

Schiller  braut  v.  Mes.'iina  v.  1505. 

HUNDERTTAUSEND,  num.  centum  millia,  mhd.  hundert- 
tClsend.  in  arithmetischem  sinne  heiszt  es  ßr  centutn  millia  ebenso 
oß  blosz  hunderttausend: 

gcneral  Daun  der  ist  geschlacen 

mit  hunderttausend  mann.    Iiiloerrand  volkü.  417; 

als  ausdrücklich  cinhunderttausend,  oder  mit  einfügung  von  mal 
{s.  d.)  cininalhunderttausend ;  dieses  mal  ßndet  sich  bei  den 
folgenden  hunderttausenden  in  der  modernen  spräche  öfter  ah 
dasz  es  fehlt  (lieber  zweiinalhunderttausend  als  zweihundert- 
tausend M.  ähnl.).  für  zehnmalhundertt.nusend  und  folgende 
brauclwn  wir  jetzt,  doch  erst  seit  dem  is.  jahrh.,  die  Zahlenreihe 
der  niillioncn  und  ihrer  verwandten,  früher  wurden  auch  diesen 
angehörende  zahlenreUien  durch  multiplication  von  hunderttausend 
ausgedrüclit.  die  ältere  sjrrache  verwendet  hierbei,  wie  bei  den 
reihen  unter  zehn  hunderttausend  das  multiplication swurt  mal 
nur  schwankend:  hundertmal  hunderttausend  centies  US  Maaler 
233';  viei-zehen  liundertinal  tausend  inünche  und  nonneii. 
Schottel  1128';  elfmal  hundert  und  zwei  und  neunzig  tau- 
send menschen.  Schuppius  781 ;  fünfzehen  mal  hunderttausend 
Soldaten,  ebenda;  C.  Marius  hat  2.  hundert  tausend  Dcnne- 
märker  und  mitternachtischer  Völker  zu  boden  geschlagen. 
ebenda;  sechszehn  mahl  hunderttausend.  Happel  acad.rom.  II; 
sechs  hunderttausend  und  secbsr.  Seriander  rerhlschreibumi 
(irM>]  ■r.-i; 

iiiülir  dann  drui  hundert  tausend 

Nrurht  er  gerUit  in«  land.    Soltao  volk*l.  430  (■'.  I5(t(>); 

wol  mit  vierhundert  tausend!.    471  (lon  1623). 


1 929  HUNDERTTAUSEND  —  HUNDESCHLAG 


HÜNDESCHLÄGER  —  HÜNDETUGEND  1 9^0 


hunderttausend  auch  in  unbeslimmiem  sinne,  nur  eine  un- 
ge'iuure  menge  bezeichnend: 

in  Böhmen  seindt  erschlagen 
viel  hundert  tauseudt  man. 

SoLTAU  volksl.  469  {von  1622) ; 
uns  umspülen  hunderttausend  wogen.    Götbe  1,84; 

der  straüsz,  den  ich  gepflücket, 

grüsze  dich  viel  tausendmal! 

ich  habe  mich  oft  gebücket 

ach  wol  ein  tausendmal, 

und  ihn  ans  herz  gedrücket 

wie  hunderttausendmal!    S7 ; 
nun,  Deutschland,  horch  mit  hiuiderttausend  obren, 
nun  schau  mit  hunderttausendrachem  blicke.    Kückkbt  137; 

tt'ie  schon  mhd.: 

treit  ieman  ganzen  lip  mit  hundert  tüsent  wunden. 

minnes.  3,451*  Hagen; 
in  freierer  Verbindung: 

me  danne  tüseni  hundert  wunder, 
die  von  disme  lande  sint. 

W.  V.  d.  Vogelweide  v.  Wackernagel, 
s.  Sl  anmprk. 
die  Steigerung  zehnhunderttausend  mal  ßr  millionen  mal  noch 
in  neuerer  spräche: 

ein  reines,  lichtes  wesen,  über  mich 
zebnbimderttausendmal  erhaben. 

Kl.  Schmidt  poet.  briefe  84. 

die  alemannische  form  hunderttüsig  {nach  tüsig  aus  tusendig, 
für  tausend,  Weixhold  alem.  gramm.  s.  309)  als  kosewort  in 
adjectivischer  Verwendung : 

ei,  min  hunderdusige  Gret, 

denk  an  dasz  guot,  dasz  ich  dir  det, 

do  ich  dich  nam  zuo  der  ee.    fastn.  sp.  S25,  17. 

vgl.  zu  diesem  gebrauche  herztausig  sp.  1261. 

HUNDERTTAUSE.NDFISCH,  wt.,  dim.  -üschchen,  ganz  Ueine 
fischchen,  welche  m  menge  herumschwimmen  (cyprinus  aphya  und 
ähnl.)  Nem.mch;  das  fischlein,  das  in  Oesterreich  sänglein 
genennet  wird,  davon  auch  herr  Cülerus  meldet,  dasz  man 
es  in  der  mark  Brandenburg  grübe  oder  hundert  tausendfisch 
heiszet.  Hobberg  2,  509*  {gemeint  ist  cyprinus  gobio,  der  gründ- 
ling);  die  heurlingen  werden  in  dem  Neuenburger  see  häufig 
gefangen,  zu  Genf  nennet  man  sie  hundert- tausend-fisch. 
3,  2,  305'. 

HL.NDERTTAUSE.NDSTEL,  n.  der  hunderltausendsle IheU  eines 
ganzen. 

HUNDERTT.\LSENDTHEIL,  n.  ebenso: 

und  jeder  junge  tag, 
und  jedes  tages  bunderttausend-theil 
Dicht  inniger  uns  in  einander. 

Kl.  Scbhiot  pvel.  briefe  122. 

HUNDERTTHEIL,  m.  der  hundertste  theil  eines  ganzen:  in- 
dess  schritt  ich  doch  nun  zu  der  chemischen  prüfung,  und 
bestimmte   die   bestandtheile   in    hunderttheilen   des  ganzen. 

LiCHTENBEBG    5    (lS03)    S.   165. 

HL.NDERTTHEILCHE.N,  n.  dimin.: 

wüszt  ich,  wüszt  ich,  dasz  du  mich 

lieb  und  werth  ein  biszchen  hieltest, 

und  von  dem,  was  ich  l'ür  dich, 

nur  ein  hunderttheilchen  fühltest.    Borger  11S^ 

HUNDERTTHORIG,  adj.  iy.axSu^iv/.os :  die  hundertthorige 
Stadt  {Theben  in  Ägypten).  Becker  tceltgesch.  1,43. 

HU.NDERTWEISE,  adv.  nach  der  zahl  von  hundert:  Streich- 
hölzchen sind  hundertweise  verpackt,  werden  hundertweise 
verkauft ;  er  hat  die  thaler  hundertweise  ausgegeben. 

HUNDERTZUNGIG,  adj.  und  adv.  mit  hundert  zungen:  o  sie 
müssen  noch  alle  hervor,  all  die  götter,  die  in  mir  ver- 
stummen, hervorgehen  hundertzüngig,  ihr  dasein  in  die  weit 
zu  verkündigen.  Fb.  Miller  2,  35 ; 

hundertzüngig  singen 
heil  dir!  die  ihäler  nach.    345. 

HUNDESART,  f  arl,  wesen  eines  hundes  {vgl.  hxindein):  ein 
neidischer  und  geiziger  sind  hundesarth.  pers.  rosenth.  8,41. 

HL'NDESCHAFT,  f.  gesammtheit  der  hunde:  den  mops  bei 
der  hundeschaft  der  allee  aufzuführen.  Kl.  Schmidt  bei  Campe 
unter  aufführen. 

HUMDESCHEU,  adj.  scheu  vor  den  hunden: 
ein  eher  fragt  den  hirsch :  was  macht  dich  bundescheu? 
Bacedorn  2,  136. 

HUNDESCHLAG,  m.  i)  art,  race  von  hunden:  Neufundländer 
sind  ein  guter  hundeschlag. 

2)  toätschtag,  Vertilgung  herrenloser  hunde  {s.  hundeschlager). 
in  freier  Verwendung:  wöchentlich  zweimal  einen  hundeschlag 


der  ketzer  anzuordnen,  ist  stets  genug.  J.  Paul  aus  d.  teuf 
pap.  2,3, 

HÜNDESCHL.\GER,  m.  schar frichterknedü,  der  lierrenlosc 
hunde  auff'Jnyt  und  tödlet,  sciunder  überliaupl:  hundeschlager 
canicida  Hederich  1341;  hundschlager  Kirsch  cornuc;  älter 
huntslaher,  huntschlaher:  dasselb  heuslein,  .  .  ee  und  man 
das  abprach  und  für  die  stat  setzt,  darinnen  itzunt  der 
huntslaher  sitzet.  Tücher  baumeislerb.  267, 24 ;  hundsschlaher. 
fastn.sp.  376,9;  sprichwörtlich:  wann  got  einen  hund  schlagen 
wil,  so  beschert  er  im  einen  hundschlager.  Fbask  sprichw. 
1, 50';  sein  name  als  der  eines  ehrlosen,  dient  als  Schimpfname: 
das  er  uns  so  schendHch  lestert,  und  hundschlaher  nennet, 
und  mit  fudder  vol  schmachwort  uberschütt.  Lütuer  3,66';  er 
wohnt  in  ehrloser  Umgebung:  mein  {eines  hurenwirts)  nachbauer 
der  huntschlager  geb  eim  ein  ganz  roszhaut  und  xx  pfund 
waks  dran  umb  v  gülden.  Schade  sal.  3, 2S1,  36 ;  daßr  mein 
nachbaur  der  hundschlachter  und  keibenschinder.  179,10. 

HU.NDESCH.NAUZE,  f  rostrum  canis.  Stieler  1906. 

HUNDESEELE,  f.  seele  eines  hundes  oder  wie  von  einem  hunde: 
ich  will  dir  eine  kürzere  beschreibung  machen,  wenn  ich 
sage,  dasz  Ämourette  . .  alle  Schönheiten  eines  schooszhundes 
hat.  was  wunder,  wenn  in  einem  so  schönen  körper  auch 
eine  schöne  hundeseele  wohnt !  Rabe.ner  sat.  l,  93 ;  ihr  {der 
paviane)  familienname  ist  auch  hundskopf.  hätten  sie  zimt 
hundskopf  nur  auch  die  hundeseele.  Brehm  illustr.  thierl.  1,73. 

HUNDESEICHE,  f.  urin  vom  hund.  auch  name  der  pflanze 
lepidium  ruderale,  wilde  kresse,  wegen  ihres  starken  yeruchs  und 
selurrfen  geschmacks;  verhüllt  hundeseig,  hundeseife.  Nem.mch 
3, 375.  • 

HU.NDESMüTTER,  f :  wo  musz  doch  das  gebelle  nur  her- 
kommen? ich  sehe  weder  hund  noch  hundesmulter  {sagt  einet 
dem  es  geschienen  als  ob  ein  hund  bslle).  pers.  baumg.  4, 16. 

HUNDESPCR,  f.  fuszspur  von  hunden.  auch  name  der  bären- 
raupe,  wolfsmilchraupe.  Nemmch.  bei  Frisch  1, 476'  aber  heiszt 
diese  raupe  hundespor,  als  niedersdchsisch. 

HUNDESTALL,  m.  stall  ßr  hunde:  wurst  im  hundestali 
suchen  {etwas  vergebliches  unternehmen).  Schottel  1115*;  auch 
verächtlich  ßir  eine  geringe  wohnung: 

wohn  in  stolzer  pracht  des  Schlosses, 

und  verlasz  den  hundestali!    Voss  2,141  {Idijtl.  8,129). 

HUNDESTEUER,  f  Steuer  für  das  halten  von  hunden.  nach 
altem  sprachgebrauche  Steuer  der  unterthanen  zur  Unterhaltung 
herschaftlicher  Jagdhunde.  Haltacs  980 ;  jetzt  eine  Steuer  an  die 
olirigkeil  für  eigene,  zum  vergnügen  gehaltene  hunde:  jene  blech- 
münze, die  man  den  hunden  umhängt,  zum  zeichen,  dasz  die 
hundesteuer  entrichtet  ist.  Riehl  culturgesch.  nov.  375. 

HUNDESTÖSZER,  m.  ein  bergarbeiter,  welcher  hunde,  karren 
stöszt,  mit  diesen  fördergefäszen  fördert.  Veith  bergwörterb.  470. 

HüNDESTREUE,  f.  treue  eines  hundes.  hundestrew  Locac 
3, 184,  67  überschr.     s.  hundetreue. 

HUNDESTUBE,  f  stube  ßr  die  hunde,  schlechte  gaslstube: 
der  gastmeister  {eines  klosters)  fürt  in  {den  gast)  in  die  hund- 
stuben,  die  stank  fast  übel.  Pauli  schimpf  u.  ernst  51  Üsterlei. 
vgl.  hundsstube. 

HUNDESUPPE,  f  schlechte  suppe  wie  für  hunde,  jusculum 
caninum,  aqueum.   Stieler  1687. 

HUNDETRAB,  m.  trab,  wie  ihn  die  hunde  anschlagen:  setzt 
sich  plötzlich  in  einen  kurzen  bundetrab.  H.  Heine  1,288; 
zumeist  waren  es  bandelsleute,  die  .  .  .  von  einigen  hoch- 
bepackten markthelferu,  die  in  kurzem  bundetrab  hinter  ihnen 
herliefen,  ihre  einkaufe  nach  der  herberge  schleppen  lieszen. 
4,34;  und  vergnügt,  im  gemütblichsten  bundetrab,  lief  er 
{Börne)  mir  zur  seile.  12,  25. 

HÜ.NDETRAGE,  f?  glechoma  hederacea,  die  gundelrebe. 

HUNDETREUE,  f  treue  von  hunden: 

der  beste  freund  in  unsrer  weit, 

Mops,  war  mit  Hector  aulerzogeo, 

und  blieb  ihm  immer  unverstellt, 

mit  wahrer  hundetreu  gewogen.    Hacbdoim  2,26; 

gestärkt  am  herzen  durch  hundetreu.    BSicbr  82*. 

auch  treue  wie  von  hunden:  der  alte  diener  hieng  mit  wahrer 
hundetreue  an  seinem  herrn ;  für  solche  herzbewegende  hunde- 
treue fand  ich  keinen  gangbaren  spruch  des  dankes.  Riehl 
culturgesch.  nov.  395. 

HUNDETUGE.ND,  /".  .•  bei  zunehmendem  alter  ward  sie  {eine 
hündin)  zu  allen  möglichen  hundelugenden  angehalten,  ich 
Terstehe  darunter  die  Wachsamkeit,  die  treue,  ein  freund- 
liches wesen,  und  die  reinlichkeil.  Rabeser  sat.  i,  90. 


1931 


HUNDEWACHE—  HÜNDLEIN 


HUNDNAGEL  —  HUNDSBENGEL 


1932 


HUNDEWACHE,  f.  auf  den  schiffen  die  dritte  wache  der  nachi. 

JAC0BSS05    6,  124\ 

HUNDEWÄRTER,  m.  udrter  der  hunde:  es  ist  nicht  einerlei, 
ob  man  ein  liunde-,  ein  löwen-  oder  ein  bienenw5rter  ist. 
J.  Padl  Hesp.  1, 181. 

HUNDEWOHL,  adv.  wohl,  wie  sich  ein  hund  befindet:  mir 
war  80  recht  kregel  zu  muthe,  so  was  mnn  hundewohl  nennen 
konnte.  L.  Tieck  schrißen  (1S53)  24,  81. 

HL"NDEZ.\HN,  m.  zahn  vom  hunde,  Sinnbild  der  begehrlichkeit  : 
den  hundczähn  weisen.  Schottel  1115';  nun  kamen  die  hunde- 
ziihne  bei  dem  münche  zum  durchhruche ,  und  er  rief  der 
beichttochter  zu,  er  absolviere  sie  nicht,  wenn  sie  nicht  laut 
der  kirche  die  steine  vermache.  J.  Paul  komet  l,  10.  vgl.  aber 
bundszahn. 

HUNDEZEUG,  n.  verächtlich,  niedriges  zeug;  von  menschen: 
0  ihr  hundezeug,  das  zuschwänzelt  dem,  der  sie  lockt!  Fr. 
Mt5LLER  3, 196 :  von  Sachen :  wo  ich  in  eine  stube  trete,  find 
ich  das  Berliner  .  .  .  hundezeug  (Sicolais  freuden  des  jungen 
Werther).   Göthe  an  .Auguste  Stolberg  42. 

HUNDEZWLNGER ,  ni.  ein  oben  offener  platz  in  hüfen  und 
gärten,  mit  mauern  oder  zäunen  umgeben,  zur  außehaltung  von 
hunden.  Jacobsson  2,294':  ging  herr  Hummel  selbst  zum  hunde- 
zwinger  hinab,  um  die  neuen  wüchler  in  ihren  beruf  einzu- 
weihen. Frevtac  handschr.  i,  1S2. 

HÜNDIN,  /■.  weiblicher  hund:  canicula  hundynne,  huntin, 
hüntin  Dief.  95';  wann  aber  die  hündin  oder  brecken  ire 
jungen  tragen.  Sediz  feldbau  578;  jetzt  nur  in  gewählter  spräche 
üblich,  da  sonst  fttr  den  weiblichen  hund  eigene  benennungen,  land- 
schaftlich wecliselnd  (hetze,  zauche,  lusche  u.  ähnl.)  existieren. 
läufisch,  geil,  schamlos  wie  eine  hündin;  eilte  die  hündin 
nicht,  so  würfe  sie  nicht  blinde  jungen.  Simrock  sprichw.  267. 

HÜNDISCH,  adj.  und  adv.  nach  der  art  eines  hundes;  cani- 
cttianj  hundisch  Dief.  95*;  cuntnux  hündisch  Stieler  867,  doch 
auch  im  i'.jahrh.  noch  ohne  umlaut  hundisch.  pers.  baumg.  4,9; 
hundischer  mensch,  ctnoccphalus,  est  homo  caninum  caput  habens. 
voc.  ine.  theut.  k  5* ;  gewöhnlich  auf  die  charactereigenschaften  eines 
Hundes  gewendet,  und  zwar      l)  in  lobendem  sinne: 

da  der  fTemdling  ihn  (den  Argux),  mit  nassen  äugen,  streichelt, . . 
ichzt,  heult  er,  siehet  auf,  erkennt  Ulysz,  und  stirbt. 
»0  hündisch  lieben  nicht  die  klugen  unsrer  zelten.    Hagedorn  1,41. 

2)  meist  aber  mit  bezug  auf  die  verächtlichen  eigenschaflen  eines 
hundes:  der  geizige  ist  hundisch  und  nmirisch,  wenn  er  etwas 
ausgeben  soll.  Scriver  seelensch.  l,S41;  man  redet  von  hün- 
dischem {niedrigem,  kriechendem)  benehmen,  hündischer  gier, 
hündischer  frechheit  eines  menschen ; 

dein  huntische  weis,  die  du  teglich  treibst, 
last  sehen,  wie  lang  du  Ireunt  dinnen  (iIh  innen)  seist! 

fifl^m.  ap.  54,  12 ; 

was  birgt  wohl  das  zaudern?   verwegene  that; 

das  lächeln,  das  neigen,  was  birgt  es?    verrath ; 

die  heiligen  blicke?    vernichtenden  scherz; 

der  göttliche  busen?    ein  hündisches  herz.    Görav  40,  397; 

trunkenbold  mit  dem  hündischen  blick. 

Stolbehg  11,16  {»cvroe  Ofiunx'  Ü/mi'  II.  1,225); 
und  $0  Schimpfwort:  Golol  venätherischer,  hündischer  Golo! 
Fr.  MCller  2,205; 

nur  dir  gefolget  insgesammt  sind  wir,  .  .  . 

den  Menelaus  und  dich  hündischen  {xwajTtfje  Ilias) 

zu  riehen  an  den  söhnen  Ilions.    bSRCKn  143V 
adrerliial : 

hündisch  karg  und  genau.    11.  Sachs  1,513'; 

indem  ihr  mund  so  hündisch  spitzt  und  höhnet. 

A.   GrTPHIU«   IfitS    1,499; 

die  herlichste  gemühter 
sind  stets  des  Momus  spiel,  den  wen  er  unsre  );ülitcr, 
welch  überirdisch  sind,  nicht  i'üglich  ladlen  kau, 
so  greift  er  die  person  auf  »ein  guht  hündisch  an. 

hisT  l'iirniig«  Bj*. 

3)  wie  das  subsl.  hund  (sp.  lOlo)  namentlich  in  compositen, 
nur  sttigernd  nach  der  übeln  seile  hin  verwendet  wird,  so  auch 
höndisch :  man  gähnte,  seufzte,  wischte  sich  die  stirne,  rieb 
die  äugen,  hatte  hündische  lange  weile.  Wielan»  19,266(235). 

4)  bundische  tage,  dies  canicularet  (vgl.  hundstag) : 

euch  will  ich  dir  mit  triwen  sagen, 
hüt«  dich  vor  den  hundischen  tagen. 

munntmmK  in  der  tittm.  8.  tOb,  7  (Itt.  Jh.). 

HGNDISCHHEIT,    f    invidia    canina,    avaritta    sordidisiima. 

Stiele!  867.    dafär  ungut  bundischkeit :  der  ausgnng  zu  Neapel 

bat    die    buDdischkeil    dieser  WUlschen    in    ihr  rechtes  licht 

gestellt.   NiEBORB  Irben  2, 467. 

HÜNDLEIN,  n.  kleiner  oder  junger  hund,  tnfid.  hundelln, 
buudel :    rarucu/ii  hiHidtliti,  liiridllin   llif>    <•.'<*;    \iiiui\r\  ninimliit 


voc.  ine.  theut.  k  5' ;  aber  doch  essen  die  bündlin  von  den 
brossamlen,  die  von  irer  herrn  tisch  fallen.  Afott/i.  15,  27 ;  ein 
fraw  die  hatte  zwei  bündlin.  b.  d  liebe  288* ;  der  edelmann 
stunde  wie  das  hündJein  von  Breda  {beschämt).  Sciidppils  89. 

HUNDNAGEL,  m.  hei  den  bergmaschinen  die  abhängend  stehende 
Stange  am  korbe  des  güpels,  woran  der  gOpelhund  mit  einem  seil 
befestigt  ist,  um  den  güpel  aufzuhalten.  Jacobsson  2,  205*. 

HUNDS-,  dieser  gekürzte  genitiv  von  hund  wird  vom  14.  jh. 
ab  häufig  in  uneigentUchei-  composition  angewendet,  wovon  nach- 
stehend eine  reihe  von  beispielen.  die  moderne  spräche  seit  dem 
18.  ;aAr/j.  ist  diesen  compositen  abgeneigt,  sie  zieht  die  eigentlichen 
mit  hunde-  vor,  und  so  haben  sich  nur  wenige  solche  genithe  als 
erste  composUionsglieder  allgemein  erhalten  (liundsstern,  hunds- 
tage ,  hundswuth  «.  a.,  sowie  pßanzennamen).  in  den  mund- 
arten  jedoch ,  vorab  den  oberdeutschen ,  sind  sie  noch  ganz  gäng 
und  gäbe,  im  alemannischen  gibt  es  mit  hunds-  eine  graste 
reilie  verstärkender  Zusammensetzungen  (hundsdürr,  hundselend, 
hundsschlecht ,  hundserbärmlich  und  ähni,  als  fluch  hunds- 
dunner,  bunAs-chetzer.  Fromm.  5,  13),  ebenso  im  fränkischen 
(3,360.  Kehrein  204),  und  im  bairischen  (Scioi.  1, 1128  Fromm.), 
vergl.  dazu  unter  hund  sp.  1916. 

HUNDSAFFE,  »».  cynocephalus.  Stieler  24. 

HUNDSALBE,  f  salbe  vom  fett  der  hunde:  hund-salbe  vor 
abgerittene  pferde.    Pinteh  pferdschulz  429. 

HUNDSAPFEL,  m.  alropa  mandragora,  der  scblafapfel.  Nemnich. 

HUNDSAPOTHEKER,  ni.  schlechter,  verächtlicher  apotheker: 
für  bunds-apteekern  uns  bewahr, 
die  gute  zehn  auszbrechen.    Ringwald  rv.  Ee  Ib. 

HUNDSARBEIT,  f  arbeit  ßr  dressur  der  Jagdhunde:  {der 
jägerjunge  musz)  wie  sie  {die  Jäger)  mit  den  hundei.  arbeiten, 
acht  geben :  zugleich  auch  auf  alle  vorkommende  fährten, 
deren  zeichen  und  mancherlei  unterschied  wohl  merken,  auch 
den  Zuspruch  bei  der  hundsarbeit,  femer  die  vorfallenden 
waidmännischen  redensarten  sich  fein  ins  gedächtnis  fassen. 
Heppe  jagdlust  (1783)  1,28;  diese  hundsarbeit  {zu  sauen)  ist 
mühsamer  als  zum  hirschen.  48.     verschieden  hundearbeit,  s.  d. 

HUNDSAUGE,  n.  l)  äuge  eines  hundes;  Schimpfwort  eines 
verächtlichen  menschen,  nach  griech.  xvvcÖ7ir,s : 

dir,  schamloser,  zu  lieb  bat  jeder  hierher  dich  begleitet, 
für  Menelaos  und  dich,  du  hundsaug,  rühm  zu  erstr^iteu 
von  den  Troeni.  Ucrger  187'. 

2)  name  mehrerer  pflanzen :  plantago  cynops,  ständiger  wegerich. 
Nemnich  4,1000;  gnaphalicum  dioicum,  ruhrkraut.  3,62;  inula 
dysenterica,  ruhralant,  ruhrwurz.  242 ;  conyza  squarrosa,  gemeine 
dürrwurz,  flöhkraut.  2, 1212. 

HUNDSBAD,  n.:  wenn  sie  hören  sagen  {von  den  wider- 
täufern),  die  taufe  ist  ein  hundsbad.  Luther  4,331*;  wie  wollen 
sie  auch  bestehen ,  wenn  gott  ein  mal  zu  inen  sagen  wird, 
horestu,  warumb  hastu  meine  liebe  taufe  so  grewiich  ge- 
lestert,  und  ein  hundsbad  geheiszen,  von  welchem  ich  selbs 
gesagt,  das  maus  solt  halten,  nicht  für  schlecht  wasser,  sun- 
dern für  mein  (das  ist,  gotles)  wasser.  6, 279*. 

HUNDSBAND,  u.  halsband  eines  hundes:  ersache  der  wolf 
wie  der  hund  uinb  den  hals  mit  dem  hundsband  geseret 
{verletzt,  durch  reiben)  was.  Steiniiöwel  (1556)  48*. 

HUNDSBAUM,  m.  pflanzenname :  des  evonymus  europaein, 
spindelbaum,  pfaffenhödchen.  Nemnich  2,1551;  lonicera  xylosteum, 
heckenkirsche.  3,443;  prunus  padus,  faulbei^e.  4,1074;  rhamniis 
catharticus,  gemeiner  kreuzdorn,  auch  bundebauni.  4, 1144. 

HUNDSBEERE,  /".  häufiger  pflanzenname:  für  rhamnus  cathar- 
ticus, kreuzdorn  ;  viburnum  opulus,  wasserholunder ;  ribes  ruhrum, 
rothe  Johannisbeere ;  auch  für  verschiedene  arten  von  cornus;  lonicera 
caerulea  blaue  hiiiidshecre,  lonicera  nigra  schwarze  hundsbeere, 
lonicera  xylosteum  rothe  hundsbeere.  Nemnich;  /aftnjsca  huntes- 
pere,  ahd.  hundesberi  Dief.  314*;  hundsbeere,  baccae  caninae 
siiv  sambuci  sylvestres  Stielek  119. 

HUNDSBEGR.XBNIS,  n.  schlechtes  begrdbnis,  tepuüura  canina. 
Frisch  1,  475*. 

HUNDSBEIN,  n.  bein,  knocken  eines  hundes:  andere  .  .  . 
wollen  neue  Verfassungen  und  sitten  schnOrkeln  und  mit 
einem  hundsbeiu  die  weit  ausglätten.  Fr.  MOller  2,  22. 

UUNDSBENGEL,  m.  bengel  oder  prügel  am  yüpelhund  {vgl. 
hund  II,  2,  a  s/).  luis).  den  huudsbengrl  stechen  (d.  A.  stecken) 
wird  bergmannisch  gesagt  von  arbeitern,  die  an  ihrer  arbril  faulenzen. 
min. -iex.  (1743)  :«)5*.  das  am  scliurngel  des  giipels  oder  vor  dem 
hunde  angehrarhte,  mit  in  den  erdboden  eingreifenden  tpüten  ver- 
sehene, statke  sturk  holi  {bengel)  hat  dir  bestimmung  gehabt,  selbtl- 
standig  oder  zur  vristärkung  der  hemmenden  uirkung  des  huitdtt 
dm  zu  raschen  umgang  des  gupeU  zu  verlangsamen. 


1933 


HUNDSBLUME  —  HUNDSDRECK 


HUNDSBLUME,  f.  leontodon  taraxacum.  iNenmch  3, 365.  bei 
Fbisch  1,  475'  ist  es  colila  foelida,  die  stinkkamille. 

HUNDSBLÜTHE,  f.  gnaphalium  dioicum,  hundsauge,  ruhr- 
kratit. 

HUNDSBOCHT,  m.  n.  hundekot  (vgl  bochl  Ih.  2,201):  nim 
weiszen  wejTOUch,  inastix,  und  weiszen  hundsbocht,  dg  ist 
albuin  grecüni.  Gersdorf  feldb.  d.  wundarzn.  56. 

HUNDSBOCR,  n«.  acarus  ricinus,  eine  milbenart,  die  häufig 
auf  Jagdhunden  gefunden  icird.   Nemsich  1,  lü. 

HUiNDSBBAUTLAUF,  m.  hundehochzeit  (s.  spalte  1921):  was 
heiszen  welsche  hüchzeiten,  Qorentiniscb  bundsbrautlauf. 
FiscBABT  bienk.  230*  am  rande. 

HUNDSBREMENHECKE,  f.:  daher  werden  diese  gewächs 
auf  griechisch  kynosbatos,  hundsbremenhecken ,  hundsdorn 
genennet,  anm.  veiszh.  luslg.  '10.  vergl.  brenienhecke  Iheil  2, 
s|>.  363. 

HUNDSBROT,  «.,  wie  huuilebrot  sp.  l'J2ü,  schkchUs,  grobes 
brot,  wie  zum  futter  für  hunde:  paiiis  acerosus,  grob  brod, 
hundsbrod  Alberus  Ri";  hundsbiod,  ßr  die  hunde,  panis 
furfuraceus  et  sordidus  canum,  caidainum  Fhisco  1,475'. 

HüNDSBUBE,  m.,  vie  hundejunge  sp.  1921,  ein  jdgerlehrling 
der  noch  auf  der  untersten  stufe  stelU,  die  hunde  führen  musz:  ; 
Jägerknecht,  hägerbuben  oder  hundsbuben.  Sebiz  feldb.  563; 
die  hundsbuben  sollen  holdselig,  stark,  kurzweilig  und  pos- 
sirig  sein ,  und  die  hunde  von  nafur  lieb  haben.  579.  dann 
auch  veräclülich  für  einen  tief  stehenden  menschen :  darauf  hat 
mir  der  hauptmann  öffentlich  übers  maul  gefahren,  als  wenn 
ich  ein  hundsbube  wäre.  Schweiniches  3,159;  und  ist  sie 
(die  schuldverschreUmug)  so  aufgesetzet,  dasz  sich  ein  hunds- 
bube, geschweige  denn  ein  edehuann  und  verständiger  mensch, 
derer  schämen  musz.  A.  Gryphics  I69b  l,  8S3. 

HUNDSBUCHSTABE,  m.  vom  R,  nach  dem  knurren  eines 
hundes:  hört  und  merket  vier  verenderte  teil  in  disem  wort 
(merz),  nenilich  zum  ersten  den  brummer  M,  darnach  den 
geiszlaut  E,  zum  dritten  den  hundsbuchstaben  R  und  zum 
letsten  den  spatzen-  oder  sperlingsschrei  Z.  Ickelsaxeb  B7'. 

HUNDSCHAFT,  f.  die  gesamtheit  der  cenlenarii  und  ihr  ge- 
licht;  vgl.  unter  hund  sp.  1919  und  hundert  sp.  1923.  von  Voss 
ist  dieses  erloschene  wort  in  einer  'schwergereimten  ode'  wieder 
hervorgesucht  und  in  freierem  sinne,  als  genossenschaft,  verwendet: 

eia  stall  von  dunkler  eib  umgrünt, 

stand  am  parna^z  für  Föbus  bunilscbaft. 

die  ibm  als  hirten  einst  gedient.    Voss  6, 119. 

HÜNDSCHLAGER,  m.  schinderknecht ,  der  herrenlose  hunde 
tödlet,  Schinder  überhaupt,  s.  oben  hundeschläger,  und  hunds- 
scblager. 

HUNDSCHLAGERISCH ,  adj.:  solche  hundtschlagerische 
räht  und  solche  henkerische  arznei.  Paracelsüs  opp.  l,  730A. 

HUNDSDARM,  m.  darm  eines  hundes;  auch  name  der  serpula 
arenaria,  einer  schneckenart.  Nemnich  4, 1286. 

HUNDSDEMUT,  f.  kriechende  demut  (vgl.  hundedemut):  er 
bewiese  gegen  mir  fast  eine  huudsdemut.  Simpl.  3,  37  Kurz ; 
weil  er  mehr  als  eine  hundsdemuth  gegen  mir  verspüren 
liese.  111. 

HUNDSDIEB,  m.  der  hunde  stiehlt;  Schimpfwort  für  einen 
niedrigen  menschen  : 

den  alten  stinketen  buudsdieb.    H.  Sachs  2,4,32'; 

sieb  auf,  du  fauler  bundsdieb, 

und  bald  den  rossen  ein  futter  gib.    4,  3,  6ä'. 

HUNDSDILL,  m.  pflanzenname :  für  aethusa  cynapium,  garten- 
schierling,  und  anthemis  arvensis  und  cotula,  kamillenarten. 
Nem.nich  1,  »S.  331.  332. 

HUNDSDING,  n.  verhüllend  für  vulva  canina:  herzog  Heinrich 
Julius  von  Braunschweig  sagt,  das  Justizwesen  sei  wie  ein 
hundsding,  wer  darein  kompt,  der  kompt  oft  sehr  schwerlich 
wider  rausz.  Lehna.nn  1,650. 

HUNDSDISTEL,  f  colila  foetida.  Fbisch  1,475',  auch  hunds- 
blume.     er  meint  die  stinkkamüle. 

HUNDSDORN ,  m.  name  von  rosa  canina  (heckenrose)  und 
Crataegus  oxyacantha  {hagedorn). 

HUNDSDRECK,  m.  kiA  vom  hunde:  hundsdräck  caninum 
stercus  Maaleb  232*;  weiszer  hundsdreck  ist  ein  arzneifnittet : 
weiszer  hundsdreck,  in  den  aputheken,  graecum  album  Friscu 
1,475';  in  der  arznei  haiszt  man  album  grecuro  bundstreck. 
Reijcblin  augensp.  xl' ;  ein  kfdmer  wird  beschuldüjt : 

und  gibst  hutzeln  für  feigen  hin, 

gibst  weiszen  bunisdreck  hin  für  zucker.    fastn.  sp.  470, 13. 

vgl.  auch  hundsbocht. 


HUNDSENTWÖHNER  —  HUNDSFOTT   1934 

HrNDSENTWÖHNER,  m.  der  hunden  dressur  beibringt: 
unter  niedrigen  gewcrben  sind  genannt  hundsentwener  Fischart 
groszm.  79  (607  Scheible). 

HUNDSFELL,  n.  pelUs  canina.  Frisch  1,475': 

boren  sie,  sprach  ich  mit  wehmuth, 
kann  ich  etwa  von  dem  hundsfcll 
sie  belreiu?     U.  I1ei.-«e  17,92. 

HUNDSFISCH,  «l  carcharia,  eine  art  groszer  seefiscJie.  Frisch 
1,475*.  Scumelzl  lobspruch  lxuiii  ;  hundiiscli  squalina  Alberus 
rl*;  hundfisch  carclmrias,  mustelus  Maaler  232*. 

HUNDSFISEL,  «i.  penis  caninus;  als  Schimpfwort:  darnach 
sah  er,  was  für  huudsiisel  dise  zwen  birschützen,  seine  ver- 
warer,  wern.  Garg.  255'. 

HUNDSFISELIG,  adv.:  dessen  {des  hosenlatzes)  form  ward 
fein  gemouelet  nach  gestalt  eines  gespanten  bogens,  wie  er 
zu  Roan  in  der  kirchen  hanget ,  war  nicht  so  hundstiselig 
gespitzel,  wie  der  Spanier  geiszreuter.  Garg.  lU'. 

HUNDSFLECHTE,  f.  liehen  caninus.  Nem.mch  3,395. 

HÜNDSFLIEGE,  /.  musca  canina.  Stieleb  510;  mW.  hunt- 
TÜege  und  hundsvliege:  cinomia  haijl  ain  hundsmuck  oder 
ain  hundsvlieg.  .  .  diu  vlieg  belaidigt  der  hund  örn  gar  ser 
suraerzeiten,  wan  wie  dick  si  die  hund  dar  ab  slahent,  als 
dick  koment  si  wider.  Megenberg  2'}8,  9  [sie  wird  dann  auf 
den  teufel  ausgedeutet);  hundsüiege  als  bild  ßr  eine  plage,  etwas 
quälendes : 

und  wenn  nun  solche  hundesfliegn 

im  bittern  tod  verborgen  liegn.    Rij(gwald  l.  w.  405; 


ich  hat  viel  bundesOiegn, 
that  manchen  guten  man  betricgn. 


I.E.  y 


HUNDSFLOH,  f?i.  ricinus,  redurius.  Stieleb  521. 

HUNDSFOTT,  HUNDSFUTT,  m.  Schimpfwort  ßr  einen  ver- 
ächClichen,  vorzüglich  feigen  menschen,  dasz  dieses  wort,  dessen 
zu  zweit  gesetzte  form  die  ältere,  aber  heule  nicht  mehr  vorkom- 
mende ist,  eigentlich  vulva  canina  bedeute  und  nur  übertragen  in 
seiner  heutigen  bedeutung  stehe,  ist  unter  fut  theil  4*  sp.Km/f. 
zu  ausführlich  abgehandelt  worden,  als  dasz  hier  darauf  zurück- 
zukommen sein  dürfte,     auch  Logau  kennt  den  eigentlichen  sinn 

wol: 

den,  der  sich  nicht  wehren  wil,  beist  man,  wie  man  beist  das 

theil, 
das  desz  hundes  weib  so  frei  pflegt  zu  brauchen  und  so  geil. 

2,  93,  79. 

als  sdwnpfwort  Idszt  es  sich  seit  dem  16.  jcJirh.  nachweisen: 
(Gargantuas  herkunß  lasse  sich  darthun)  vil  besser  als  der 
schöiisten  wüsten  unflätigen  parisischen  pastetenbecken,  wei- 
bische hundsfutt  Paris  von  Troia.  Garg.  31* ;  sind  freche 
Parides,  die  in  den  toden  Achillem  stechen,  sind  hasen,  die 
umb  den  toden  lewen  danzen  und  ihm  den  hart  auszreiszcn, 
daher  sie  heiszen  vom  bartreiszen,  sind  öpfelspiler  zu  ernst, 
wie  ihr  hundsfutt  Parisz.  149*;  auch  als  derbes  scherzhaftes 
kosewort:  dann  ihr  meine  lieben  hundsfutt  wüszt ,  im  krieg 
ist  das  gebralens  das  allerbest.  22S';  hier  sieht  walirscheinlich 
das  wort  noch  als  femininum,  wie  noch  manchmal  im  11.  jahrh. 
{theü  4',  1062  unten),  aber  der  umband ,  dasz  mit  ihm  mannet 
gescholten  werden,  läszt  es  seit  dem  11.  jahrh.  allgemein  als  masc. 
verwendet  werden,  es  bilden  sich  die  zwei  zu  anfang  genannten 
formen  aus, 

1)  hundsfutt  mit  dem  plur.  hundsfütter:  so  bald  er  unter 
die  thüre  kam,  sagte  sie  zu  ihm:  ach  schätz,  was  seit  ihr 
worden?  er  aber  lief  die  stiege  hinauf  {ärgerlich),  und  im 
vorbei  gehen  sagte  er  zu  ihr:  ein  hundsfutt  bin  ich  worden! 
Simpl.  2,  200  Kurz;  (die  Studenten)  fahen  einen  tumult  an, 
schärfen  in  die  steine,  und  schreien  hundsfutt  koin  raus  von 
der  hure.  Schoch  stud.  leben  Kv*;  es  ist  nicht  zu  sagen,  v*ie 
greulich  sie  mich  armen  hundsfutt  verfolget  und  angefeindet 
j  {der  teufel  sprichts).  Schcppiüs  405 ;  ich  bin  ein  armer  hundes- 
fut,  ich  hab  mein  tage  zu  fusze  gedient.  Chr.  Weise  comud.  19; 
I  du  hunnsfuti  Juc umius.  121 ;  so  hieszen  sie  ihn  einen  hunns- 
!  fut  über  den  andern.  123;  wie  ein  lustiges  wasser  uns  die 
hunnsfüter  zu  saufen  gegeben.  1S3;  ihr  hundsfütter!  Schurken! 
Fr.  MI3LLEB  3, 1S5;  das  ist  ein  schurkischer  streich  darüber 
du  ohrfeigen  verdient  hättest  von  einem  hundsfutt.  Göthe 
57, 198 ;  niemand  macht  mir  mehr  freude  als  die  hunds- 
fütter, die  ich  nun  so  ganz  vor  mir  gewähren  und  ihre 
rolle  ausspielen  lasse,  un  frau  v.  Stein  1,135; 

der  Tüffenbach  sagt  zu  der  zeit, 
das*  ihr  schlimme  buudslüder  seid. 

Opel  «.  Coh:<  2S,  66  (con  1619). 

hundsfütter,  kerls,  seid  ihr!    Zacuaki.«  1.77. 


1935 


HUNDSFOTT  —  HUNDSFREMD 


HUNDSFüRZ  —  HUNDSHÄRICHT 


1936 


2)  hundsfutt  inil  dem  plur.  hundsföttcr:  gnädigster  könig 
und  heiT,  wir  sind  für  unscrm  hcrren  gott  alle  arme  hundes- 
fölter.  Leyermalzs  /«st.  correspondenzgeist  (1668)  s.  170:  nun  so 
hat  er  an  mir  wie  ein  anderer  Lundsvott  gethan.  causen- 
tnacher  99;  die  kerlc  hieszen  einander  hundsvötter.  107;  du 
extract  von  allen  hundsvöttern.  125;  du  hundsfolt,  sagte  er. 
avanlür.  1,73;  kann  man  euch  hundsvötter  so  ins  bockshorn 
jagen?  Lessisg  1,416;  ich  wollte  lieber  mein  ander  bein  dazu 
verlieren  als  so  ein  bundsfott  sein  [wie  WeisUnqen).  Götiie 
8,71;  ahal  ein  rothröckiger  schurke,  der  uns  die  frage  vor- 
legen wird,  ob  wir  bundsfölter  sein  wollen.  106;  angefaulte 
hundsf&tter.  42, 151 ;  so  gewinnt  man  auch  bei  einer  solchen 
behandlung  des  Franz  Moor  {wie  sie  Ifftand  in  spätem  jähren 
macMe)  nur  das,  dasz  endlich  ein  würdiger  bundsfott  fertig 
wird,  den  ein  cbrlicber  mann  ohne  schände  spielen  kann. 
49,  177. 

3)  die  eigentliche,  nodt  lange  nachgefühlte  bcdeutung  des  wortcs 
läszt  manche  rerhüllungsversuclie  außommcu,  entweder  indem  man 
CS  in  der  Schreibung  unvollständig  läszt:  ich  köntc  nicht  er- 
sinnen, welcher  unter  diesen  beiden  s.  b.  der  gröste  hundsf. 
sei.  Sinipl.  4,217  Kurz;  ich  will  meins  nams  imer  und  ewig 
ein  bunds  et  cetera  sein ,  wan  ichs  nit  auf  der  stell  zruck- 
schick.  Schwabe  tinlenf.  A5';  oder  indem  man  es  umdeutend 
verändert:  einem  eingebildeten  ungescbrumpclten  bundespfuten. 
Leyermatzs  lust.  correspondenzgeist  (166S)  x.  142;  bundsvoigt,  wehr 
dich!  Chemnitzer  rockenphil.,  2.  hundert,  cop.  52; 

wer  eine  hure  nahm  wissentlich, 
der  war  ein  hundsvoigt  ölTentlich. 

das.  cap.  11  (rt/s  alles  sprichworl). 

wie  denn  auch,  unter  manchen  andern  etymologischen  versuchen, 
die  abstammung  des  bundsfutt  aus  hundsvoigt  verfochten  wird : 
liundsvoigl,  canum  praefectus,  dieses  ist  der  teutscbe  hunds- 
futt, und  bedeutet  mithin  einen,  der  über  die  bunde  gesetzet 
ist.  Hederich  1342.  vgl.  auch  hundertfutter  sp.  1927,  und  unien 
bundskutt,  sowie  hundsnase. 

4)  bundsfott,  bei  den  Seeleuten,  ein  kleiner  slropp  {kurzes  tau), 
der  am  stropp  eines  blockes  befestigt  ist,  um  daran  vermittelst 
eines  maulstiches  den  läufer  oder  tnantel  eines  talcels  festzumachen. 

5)  das  dim.  bundsfüttchen  heiszt  bei  den  buchbindern  eine 
Ideine  umbeugung  an  beiden  enden  des  rückens  von  pergament- 
bdnden.  J.\cobsson  C,  124'. 

HUNDSFÖTTEREI,  HüNDSFLTTEREI,  f.  hundsfötlisches  ver- 
fahren :  kriechende  gefälligkeit,  ein  schales  loben,  wo  nichts 
zu  loben  ist,  sinnlose  titular-  und  bücklingsscbmeicheleicn,. . 
jene  süszliche  hingäbe ,  die  man  (man  verzeihe  der  niedrig- 
sten Sache  einen  niedrigen  ausdruck)  kaum  anders  als  deut- 
sche bundsfölterei  nennen  könnte ,  legen  uns  {er  meint  die 
deutsche  nation)  treudevotest  zu  füszen  der  majestät  Dullness. 
Herder  *i(r ///f.  18, 174;  wann  man  bei  der  schönsten  berbst- 
zeit  im  bette  liegt  und  noch  dazu  mit  s.  v.  hundsfüttcreien 
geplagt  wird.    Höpf.ner  in  Mercks  briefsamml.  2, 110. 

HU.NDSFÖTTISCH,  HUNDSFÜTTISCH,  adj.  und  adv.  einem 
kundsfotl  gemdsi,  erbärmlich: 

Barrabas  was  dankt  dich  desz  gselln, 
er  tbut  sich  gar  tiundsrotlisch  .stelln, 
und  ganz  verzagt  zu  unsern  tliaten, 
förcht  er  werd  uns  ein  mal  verraihen. 

II.  Sachs  3,  1.  194*; 

ich  werde  sagen,  dasz  ich  gelogen  habe,  und  dasz  es  eine 
hundsföllische  Sache  ums  lügen  ist,  weil  man  drüber  ertappt 
werden  kann.  Lessinc  1,555;  's  ist  bundsfüttiscb,  herr!  spitz- 
bübisch! Fb.  MCi-LER  2,41;  bei  meiner  bundsfüttischen  ehre! 
(der  Mohr  zu  Fiesko).  Schiller  Fiesko2,ib;  wie  1700,  so  fand 
das  jähr  ISOl  den  schwülstigen  Lohenstcinschen,  oder  jenen 
nervIosscblatTen  geschmack,  den  ich  den  bundsföttischen 
nennen  möchte.  Herder  zur  litt.  19,108; 

das  weih  ist  toll,  rief  Salomo! 

hat  zu  viel  schnaps  genommen! 

was  seiner  m.ijcstat  also  -- 

so  —  hundsloilscli  anzukommen?    Dürcer  49*. 

HüNDSFOTTKRIEG,  ni.  ertonnener  name  für  einen  erbärm- 
lichen krieg:  ja  ich  bin  im  bund.sfutlkrieg  darbei  gewesen, 
da  ein  e<el  zu  dem  fensterladen  hernusz  spninge,  und  also 
die  pferd,  die  ihn  geschlagen  betten,  verrihf.  Garg.  133*. 

HUNDSFRE.MD,  adj.  wildfremd,  ganz  fremd:  Bcaumunt  und 
FIet*cber,    .Hieb   bundfri  '   'ii  an  einem  gemcinschaft- 

licbcn    schnriderti«(he  J.  Paul  flegetj.  1,  114,   die 

ausgabt  ton  1604  hat  bui. ..-,.' ...u. 


HUNDSFURZ,  m.:  'hör  Juvenal,  slosz  den  bund  ausz,  wer 
hat  so  gefeust?'  was?  kanst  du  kein  bundsfui-z  riechen,  so 
solst  du  kein  wildpret  fressen.  Garg.  87'. 

HUNDSGEHEUL,  «.  gehenl  eines  hundcs:  hundsgeheul  und 
nachteul  bedeut  kein  beil.  Fischart  dicht.  1,186  Kurz  am  randr. 
HUNDSGEILEND,  part.   begehrend,    lüstern   wie  ein  Imnd : 
stecken    sie   {die  prasser,   wenn   sie   die   braten  zisclien  hören), 
die  unvcrschnmptc  bundsgeilendc  obren  . .  vier  spannen  lang 
in  die  höhe.  Kirchhof  wendunm.  212'. 
HUNDSGERRER,  m.,  ah  ein  Schimpfwort: 
hiesz  den  bierlirew  ein  wasserferber, 
und  den  Schlosser  ein  hundsgerbcr. 

H.  Sachs  4,  3,  58'. 

HUNDSGERECHT,  adj.  bei  den  Jägern,  di»  gehörige  kennlnis 
von  den  hunden  habend.  Jacobsson  6, 124'. 

HUNDSGESICHT,  n.  gesiebt  eines  hundcs;  auch  name  der 
pflanze  plantago  cynops,  ständiger  wegerich.  Nemnich  4, 1000. 

HUNDSGRAS,  »i.  eine  grasart:  hundsgrasz,  grasz  dasz  die 
bund  frässend,  sieb  darmit  zc  purgieren,  canaria,  lappa. 
Maaler  232';  bundsgras,  gramen  caninum  arvense,  quecken 
Frisch  1,475'.  die  neuere  bolanik  zählt  unter  diesem  namen 
mehrere  grasarten  auf:  triticum  repens;  dactylis;  agrostis  canina 
und  stolonifera;  plantago  coronopifolia ;  elymus  caninus  {vergl. 
Nemnich). 

HUNDSGRIND,  m.:  buntzgrint,  serpedo,  est  cutis  rugosa  et 
scabiosa.   voc.  ine.  Iheut.  ks". 

HUNDSGURKE, /".  eine p/Zon:e,  momordica  elaterium.  Nfhnmch. 

HUNDSHAAR,  n.  haar  vom  hunde.  es  wird  zur  Verfälschung 
des  wollenzeuges  verwendet  {vergl.  unter  haar  sp.  22),  daher  die 
redensart  hundsbaar  eintragen,  einhacken,  betrügen,  verfälschen: 
und  trifft  {Paulus  in  einem  aussprach)  auch  damit  seine  rotten, 
die  im  bundshar  eintrugen  in  diesen  artikel,  mit  mancherlei 
geschwetz,  und  etliche  sagten,  die  auferstehung  were  lengest 
geschehen,  und  nicht  als  erst  künftig  zu  warten.  Luther 
6,235";  jetzt  giebt  man  sich  nun  auf  die  practik,  verwinet 
die  Sachen,  schiebet  und  zeuhcts  auf,  backt  allerlei  hunds- 
baar mit  ein.  tischr.  406"; 

wer  aber  hunde.'ihar  eintregt, 

mit  lügen  gute  leut  bewegt.    Ringwald  l.  w.  134. 

Nach  dem  allen  heilaberglauben  dasz  von  einem  Schädiger  auch 
wieder  die  heilende  kraß  ausgehe,  heilen  aufgelegte  hundshaarc 
den  bisz  eines  hundcs:  ich  fand,  dasz  mich  der  bund  blutig 
gebissen  halte,  zum  glück  fand  sich  unter  den  gasten  ein 
balsamhilndler,  welcher  mir  seine  hülfe  anbot,  mir  die  wunde 
auswusch,  und,  nachdem  er  hundshaare  mit  baisam  darauf 
gelegt  hatte,  verband,  d.  d.  Güblas  163.  wenn  nun  der  rausch 
unter  dem  bilde  eines  hundebisses  gefaszt  ward  {oben  sp.  1917), 
so  nannte  man  die  beseitigung  der  folgen  dieses  rausches  durch 
neues  trinken  hundshaare  auflegen :  ich  musz  hierzu  hunds- 
baar brauchen;  licsz  ihm  darauf  voll  einschenken.  Arele 
künstl.  unordn.  4,  487 ;  katzenjamincr,  ein  name,  mit  welchem 
die  vollen  brüder  die  nacbwehcn  der  trunkcnheit  bezeichnen; 
von  neuem  trinken,  um  den  katzenjammer  zu  überteufeln, 
heiszt  in  derselben  spräche  hundshaare  auflegen.  Brentano 
schrißen  6,  441 ; 

ein  gläsernes  pistol 
tanzt  manchen  ümm  den  mund,  dasz  er  hinsinken  sol. 
das  ist  ein  schöner  todt,  der  bald  nach  sieben  stunden 
uns  wieder  leben  läszt.    wir  schlaeen  frische  wunden, 
und  heilen  uns  durch  sie.    kein  pllaster  ist  so  gut, 
als  wenn  man  hundcsbaar  aul  diese  schaden  thut. 

I*.  FLiaiNG  IHC. 
ah   die   heilung   hinderndes   mittel   aber  werden   hundshaare  in 
folgendem   angeselten:     beute    {nach   der   krankheit)   schon    .*o 
schwärmen,  dasz  hiesze  hundshaare  auf  eine  kaum  geschlos- 
sene wunde  legen.  Arnim  kronenw.  l,  178. 

HUNDSHABER,  m.  habcr  als  zins  zur  Unterhaltung  herschnß- 
licher  Jagdhunde,  eine  redensart  einem  den  hundshajier  ausz- 
drescben  heiszt  einen  uol  abschmieren ,  durchpriigeln :  und  bei 
er  lenger  verharrt,  sollten  iine  die  pauren  wol  den  hunds- 
babern  auszgedro.schen  und  ine  sauber  und  ruMi  il..-.  >-  luniil.t 
haben.    Zimmer,  chrnn.  2,545,27; 

das  nicht  dein  mann  kom  in  das  haust, 

und  drt'sch  mir  den  hundshabern  ausx.    H.  Sachs  2,4,  li>'; 

auch  nur  schelten:  allnin  das  zu  achten,  es  hab  iine  sein 
gemahl ,  die  herzogin ,  vielleucht  hernach  den  hundRhabcrn 
darumb  auszgcdrosrheii.    Zimmer,  chron.  1,508,31. 

HLNDSHALSRAND,  n.  coUare  canis.    Frisch  l,47r/. 

HrNDSHARICHT,  adj.  und  adv.  pilu  camnis  praedilm.  nach 
dem  salze,  vom  dunrrn   nufs  innere  :u   sihUr^-"^     i,.<<-i  ^» .-  or 


1937 


HUM)SH  AUPT  —  HUNDSKLINKE 


sieht  hiindsliäricbt  aus,  discordiae  gliseent  Steitib&ch  1,700 
(d.h.  er  wird  bissig  werden  vie  ein  hund). 

HUN'DSHAUPT,  n.  haupt  eines  bundes:  Jeronymus  der  liailig 
lerer  sagt  von  läuten,  die  Laijt  er  cynocepbalos,  die  habent 
bnndeshanpt.  Megesbebg  490,6.     s.  hundskopf. 

HUNDSHAUPTIG,  adj.:  bundsLauptiger  cynocepiialus  Dief. 
120'. 

HCNDSHAUS,  n.  luitti  für  die  Jagdhunde  : 

Adolf,  geht  bald  ins  bundshatuz ! 

Ys'iT  müssen  auf  die  schweinhatz  nausz, 

und  alle  sach  richtig  bestellen. 

J.  Atbe»  326'  (1631,  23  Keller). 

HUNDSHAL'T,  f.  haut  eines  hundes.  allgemein,  ßr  eine 
schlechte  haut,  schlechtes  pergament: 

(ablast  und  bann)  der  allein  umb  gelt  wirt  erdacht, 
von  Rhom  uff  einer  hundszhui  bracht. 

a.  Mahuil  fastn.  399  Grüneifen; 

sprichvürilich  :  er  bat  eine  bundsbaut  troffen  (wann  einer  bös, 
böses  findt).    Schottel  1124*. 

HUNDSHOCHZEIT,  f.  vie  bundebochzeit  sp.  1921 : 

(ein  baus)  wenig  fresscns,  vil  laufens  geit 

gleich  wie  auf  einer  hundshoclizeit.    ll.  Sachs  3,  2,  16S*; 

wie  kommen  wir  in  die  unrhu, 

es  geht  wie  auf  einr  hundshochzeit  zu.    5,  340'. 

vgl.  auch  hundsbrautlauf. 

HüNDSflODEN,  f.  plur.  die  hoden  eines  hundes.  auch  name 
der  zeillose.  Colchicum  autumnale.  Nemmch  2,1101.  Maaler  232*. 
im  diminutiv  bundshödlein,  cynosorchis  Frisch  1,475*. 

HUNDSHOLZ,  n.  der  gemeine  kreuzdom,  rhamnus  cathar- 
ticus.  Nemnich  4,-1144. 

HUNDSHÜNGER,  m.  heiszhunger ,  appetitus  caninus,  eine 
krankheü  der  menschen:  den  bundshunger  oder  kuehunger, 
welcbs  ein  morbus  ist,  do  die  leut  nimmer  satt  werden. 
Thcrseiszer  magn.  alchym.  2,115;  rockenbrot  in  baumöl  ge- 
weicht ist  gut  wider  den  bundsbunger,  dasselbig  gessen. 
Tabernaem.  592;  und  doch,  wenn  das  extrablätteben  mitten 
im  entscheiden  wäre,  würde  jeder  aus  hundhunger  nach 
bioszen  vorfallen  reiszaus  nehmen  und  auf  nichts  auslaufen, 
als  auf  die  fortsetzung  der  vorfalle.  J.  Paul  Hesp.  3,  29.  auch 
krankheü  der  pferde:  von  dem  woIfs  oder  bundshunger.  diese 
krankheit,  so  von  den  alten  scribenten  der  bundshunger  ist 
genennet  worden,  quälet  und  schwächt  die  pferde  gewaltig. 
Uffesbach  neues  rossbuch  2,159. 

HUNDSHCTTE,  f.  tcie  hundehülte  sp.  1921 ;  audi  verächtlich 
für  ein  kleines  schlechtes  haus.  Frisch  1,475*. 

HUNDSIGEL,  m.  erinaceus:  einige  haben  die  igel ,  nach 
der  bildung  ihrer  schnauze,  unterschieden  in  bnndsigel  und 
Schweinigel.  Nemsich  2, 1521. 

HUNDSIMBISZ,  m.  nach  dem  lat.  prandium  caninutn:  beim 
bundsimbisz  trinkt  man  keinen  wein.   LEDXAnif  1,213. 

HÜNDSJACKE,  f.  eine  art  bekleidung  der  sauhetihunde,  auch 
bundspanzer.  Jacobssox  6, 124'. 

HUNDSJUNGE,  m.,  une  bundejunge  sp.  1921,  die  unterste 
stufe  des  jägerlehrlings :  im  ersten  behäng  {d.h.  lelrrjahre)  wird 
er  {der  j'igerlehrling)  genennet:  lehrling,  junge,  jägersjunge, 
hundsjunge.  Heppe  ;a<;rf/ust  (17S3)  1,27;  endlich  kömmt  er  auf 
seine  hundesjungen,  und  sagt:  mein  hundsjunge  gibt  einen 
gnten  forsten  Schdppius  106; 

sich!  dort  kommt  der  hundtsjung  gleich  eben. 

J.  Atrkr  326'  (1631,  21  Keller). 

uherzhaft  heisxt  man  auch  in  einem  kaufmännischen  geschäß  den 
letzten  lehrling  den  bundsjungen.  spru.htrürtUth :  sie  machten 
den  guten  tropfen  aus  wie  einen  bundsjungen.  gefl.  fink.  23S. 

HUNDSK A.MILLE,  f  anlhemis  cotula,  die  stinkende  kamille. 
NEM5ICII  1,332;  anthemis  arvensis,  die  wilde  hundskamille.  331. 

HUNDSKAPPE,  f.  eine  heim  form  des  15.  jahrh.,  nach  der 
form  des  visiers :  buntzkappen ,  mitra  ferrea ,  est  genus  galee. 
roc.  ine.  llieut.  kb'. 

HUNDSKETTE,  f  bergmännisch,  das  seil,  Komit  der  hund 
im  Stollen  gezogen  vird.  bergv.-lex.  .'JOs';  bunds  und  bunds- 
ketten  halten  die  lenge  nicht.  Mathesics  fastenpred.  3%' ;  bunds- 
ketten  schmieden  für  verschvören  braucht  derselbe,  Ltäher  l5i', 
vgl.  unter  Katharina  2,  theü  5,276. 

HUNDSKIRSCHE,  /.  lonicera  xylosteum,  heckenkirsche ;  auch 
cornus  florida,  ein    Virginiseher  bäum.  Nemxich. 

HUNDSKLINKE,  utiprünglich  f,  ein  aus  der  altem  hollän- 
dischen Volkssprache  bezeugter,  aber  icd  allgemein  niederdeutscher 
name  für  cunnus  caninus  {vgl.  vajc  HEl.TE^,  proeren  ran  iroord- 
verklaring,  Rotterdam  1S71,  s.  60),   dann    wie   bondsfott,    und 

IV.   H. 


HUNDSKLTNKERISCH  — HÜNDSLEICHE  1938 

masculin,  als  Schimpfwort  ßr  einen  erbdrmlicJien  kerl,  auch  holländ. 
bondsklinck:  sie  seind  privilegiert  einander  zu  injurieren 
und  diffamiren,  gleich  den  comödianten,  da  ich  oft  im  spiele 
gesehen ,  dasz  söhn  oder  tochter  dem  vater  eine  ohrfeige 
gegeben  und  mit  einem  huntzklinken  oder  bärenhaut  bedecket 
{d.h.  ihn  so  oder  bärenhäuter  genannt  haben),  interim  524;  ihr 
dörft  noch  wol  einen  guten  prediger  geben ,  aber  nicht  für 
cavallier  und  Standespersonen ,  sondern  für  coujonen ,  für 
hundsklinken  und  bernhäuter.    Schcppiüs  3S2. 

HUNDSKLINKERISCH,  adj.  erbärmlich :  aber  der  tropf  war 
viel  zu  eselbaftig  und  bundsklinkerisch  darzu  {zu  spitzbuben- 
künsten).  Simpl.  3, 13S  Kurs. 

HUNDSKNOBLAUCH,  m.  eineknoblauchart:  bundsknoblauch 
aUium  caninum  Alberüs  CC2'. 

HUNDSKOHL,  m.  name  des  bingelkrauls,  mercurialis  perennu, 
eynocrambe;  auch  apocynum  und  aselepias  st/riaca  heiszen  so. 

HUNDSKOPF,  m.  l)  köpf  eines  hundes :  cynocephali  thier  in 
Etbiopia  wie  äffen  mit  hundsköpfen.  Dastp.  ;  darnach  kamen 
wir  an  die  grosze  leute  mit  hundsköpfen,  so  cynocepbalia 
genannt  werden.  Roi.lexhages  wunderb,  reisen  (1717)  «.36;  in 
vielen  bergen  aber  sind  auch  menschen  mit  hundsköpfen, 
bekleidet  mit  der  wilden  thiere  häuten,  reden  nicht,  sondern 
bellen,  s.  77;  bergmännisches  Sprichwort:  wer  schweinsköpfe 
haben  will,  musz  bundsköpfe  dran  setzen,  das  ist,  wer  verlag 
und  ausbeute  haben  will ,  musz  fleiszig  und  willig  zubusze 
geben,  bergw.-lex.  305'. 

2)  träger  eines  hundskopfs:  die  paviane.  ihr  familienname 
ist  auch  hundskopf.  Brehx  illustr.  thierl.  l,  73.  hundskopf  ah 
Schimpfname  Bode  T.  Jones  3, 161 ;  da  ward  Abncr  seer  zornig 
über  diese  wort  Isboseth ,  und  sprach ,  bin  ich  denn  ein 
hundskopf?  2  Sam.  3, 8. 

3)  daher  auch  name  von  thieren ,  deren  kopfbUdung  mtt  der 
eines  hundes  entferntere  oder  grössere  ähnliclikeit  hat,  einer  hai- 
ftscliart,  squalus  carcharias,  einer  fleiermausart,  vespertüio  vam- 
pyrvs  {sonst  der  fliegende  hund),  und  einer  schlänge,  boa  canina ; 
ferner  pflanzenname  von  antirrhinum  oronticum ,  orani,  doranl, 
nac/i  der  gestalt  ihrer  Samenkapsel.  Nemäicu. 

HUNDSKÖPFIG,  adj.  einen  hundskopf  habend :  hundsköpGgte 
leute  werden  in  Indien  gefunden.  BoLLEftUAGEN  icunderb.  reuen, 
im  register. 

HUNDSKOT,  m.  stercus  caninum,  hundsdreck.  auch  name  det 
pflanze  pedicularis  sylvestris,  w<ildläusekratü.  Nexmcb4,  SSS;  und 
einer  art  rasch,  eines  zeuges  aus  seiäe,  wolle  und  leinen.  Friscr 
1,476*  {mit  beleg  aus  dem  17.  jahrh.). 

HL'NDSKRä.MPF,  m.  spasmus  cynicus,  da  einem  der  munä 
gekrümmt  und  verzogen  wird.  Kirsch  comuc. ;  das  lacbkraut, 
und  so  auch  die  belladonna  und  andere  giftpflanzen  ziehen 
die  lacbmuskeln  krampfhaft  zusammen ,  so  dasz  man  zu 
lachen  scheint,  wie  im  hundskrampfe  oder  im  hoben  grade 
der  trunkenheit.  Weber  Demokr.  1,49. 

HUNDSKRAUT,  n.  bingelkraut,  mercurialis  perennis.  Nemmch; 
huntzkrut,  uligo,  est  quedam  herba.  roc.  ine.  theiU.  kö". 

HUNDSKRESSE,  f.  iberis  nudicaulis,  wilde  kresse. 

HUNDSKÜPPEL,  f.  kuppet  an  der  die  jäger  hunde  ßkren. 
Adelung. 

HUNDSKCRBIS,  m.  bryonia  alba,  die  zaunrübe;  bryonia 
hündskürbs  Alberus  DD  3*;  bundskürbe  frryonja  Maaler  232*; 
wilde  oder  hunds-kürbis.  anm.weiszh.lustg.U6.  nocÄ  Nemmch 
auch  momordica  elaterium,  eselsgurken. 

HUNDSKUTT,  m.  Verstümmelung  von  hundsfutt,  vergl.  oben 
sp.  1934 :  lieber  Hans ,  golt  gibt  nicht  jedem  bundskull  eine 
solche  frau.  Lehmann  173. 

HUNDSLANGWEILIG,  adj.  äuszersl  langweilig  {vergl.  hund 
sp.  1916  und  bunds-  sp.  1932):  das  musz  ihm  hundlangweilig 
werden,  es  täglich  wiederholen.  J.  Pacl  flegelj.  1, 15S;  die 
ausgäbe  von  1804  1,240  liest  aber  noch  hundslangwcilig. 

HUNDSLATTICH,  m.  leontodon  taraxacum,  hundsblume. 

HUNDSLAUCH,  m.  aUium  vineale.  weinlauch,  u-Uder  lauch. 

HUNDSLAUFT,  wi.  lauß  eines  hundes.  der  plur.  hundsläuflc 
für  Cichorium  intybus,  wilde  cichorir,  wegwart.  .Nemsich  2,  103<«; 
intuba  hundtsluuff  Gersoorf  feldb.  d.  vundarzn.  102,  ist  ver- 
derbt aus  bindläufte,  vgl.  sp.  1412. 

HU.NDSLAÜS,  f.  acarus  ricinus,  tergl.  hund.sbock ;  hunds- 
laus,  ricinus  Maaler  232*;  ricinus  .  .  ein  zeck  oder  hunds- 
lausz  beiszt  die  hunde  inn  die  obrn.  Alberus  Xi3'. 

HUNDSLEICHE,  f  leiche  und  leichenbegängnis  eines  hundes; 
im  folgenden  in  letzterem  sinne:  soll  ich  dir  von  der  groszen 
hundsleicbe  vorerzählen?  Schiller  räuber  1,2. 

122 


1939 


HWnSLOCH  —  HUNDSREBE 


HUNDSR^'G  —  HUNDSSTERN 


1940 


HIJNDSLOCH,  ti.    wrtwu   imiidelucli  sp.  1922:    wurf   er   sie 
öffentlich  ins  hundslocb.  Fiscuart  bienk.  'lii'; 
(ich  will)  euch  tollen  und  vollen  nanu 
ins  bund^loch  fülirea. 

iVichijrcvii  Cornelius  rrligntus,  deutsch 
von  SoMMZM  F2'. 
HUNDSMAGER,  adj.  magtr  nie  ein  windhund.  Fniscu  1,476'. 
vgl.  hundedürr,  bundemager. 

HUNDSMEISE,  f.  parus  aler,  die  tannentneise ,  und  parus 
palustris,  die  sumpftneise. 

HUNDSMELÜE,  f.  chenopodium  bonus  Hcnricus,  gdusefusz ; 
stinkende  bundsnielde,  chenopodium  vulvaria.  auch  amarauthus 
ilUum,  der  kleine  amarant,  und  mcrcurialis  perennis,  bingelkraut, 
hciszen  hundsnirlde. 

HLNÜSMILCH,  f.  lac  caninuni.  Maai.er232';  auch  pflanzen- 
name:  hundsmilch,  wulfsniilcii,  esula,  upocynuni  Krisch  1,476*. 
HL'NDSMÜÜS,  H.  liehen  caninus,  hundsßechte. 
HUNDSMIJCKE,  f.  cynoinia,  hundsßtege.  Mkcenherg  298,9 
(s.  die  stelle  unter  hiindslliege):  roszmuck  oder  hundsinuck, 
ein  gatlung  deren  l>rämen,  die  den  thieren  das  hlut  ausz- 
saiigend,  cynomia,  asylus,  Maaler  336*;  die  vierde  {egyplische) 
pUige:  das  laut  kam  vol  hundesinucken.  d.  stddlcchr.  8,203,9 
(bei  LcTiiF.R  unzifer) ; 

und  die  bumlgniucken.  die  do  haut 
geJurechtet  Kgjrpteu  landt.     Ukamt  nunensch.  27,  23; 
umb  in  stachu  die  bundsmiicken.    II.  Sacus  1,529'; 
die  burneusel,  hundsmuckn  und  grillen.    4,  3,  9\ 
als   bild  für  launen,   lücken:    wenn    sie   bezecht  siindt,   so 
stecken    sie   toU    hundtsmucken ,    und    murren    und    beiszen 
umb  sich,   de  generib.  ebriosor.  15; 

wie  sclimecken  dir  nun  die  bundsmucken, 

du  must  dich  vor  dem  jiidcn  bücken.     H.  Sachs  4,1,27'; 

niemand,  als  ebn  der  vatter  dein, 

ist  schuldig  an  deinem  Unglück. 

er  ist  vull  eifersucht  und  duck 

und  hat  den  nagel  glegt  daher, 

das2  unser  eins  drau  gelenict  wer. 

0,  ich  kenn  sein  hund.sinucken  vrol. 

J.  Atkkr  fastn.  32'  (2498,  15  Keller) ; 
vea  darf  ich  hie  deiner  bundsmucken?    38*  (2529,  24); 

hinder  dem  berge  lielt. 
steckt  Toller  hundesmückeu.    B.  Rl!4G^TALD  geistl.  lied  D 

HUNDSMÜDE ,  adj.  so  müde  wie  ein  hund  nach  der  jagd. 
Frisch  1,476*. 

HUNDSMLHE,  f.  müht  wie  sie  ein  hund  hat:  hal)t  ihr  nicht 
gesehen,    wie  andechtig  er  (der  hund)  das  markbcin,    wann 
er  eins  lind,  Terschiitwachtet,  wie  eiferig  er  es  halt,  wie  ver- 
nünftig   er   es  anatoinirt  .  .  .  was  ist  nun  die  huffnuug  der 
bundsmühe?    was   Termeint   er    hieraus   guts    zu    erlangen? 
Dtcbts  meiir,  als  ein  wenig  schincrhaft  uiark.   Cary.  22*. 
HUNDS.MUT,  ni.  gemüt,  gesinnung  eines  hundes : 
ich  batt  einen  hundesmut, 
der  sich  mit  keinem  knebelspies, 
sondern  mit  gut  versönen  lies.     Ri:46Wald  Ir.  tkk.  G  G', 

der  nicht  der  drohung  mit  waffen ,  sondern  guten  warten  zu- 
gänglich war. 

HUNDSNASE,  f.  nase  eines  hundes.  als  Verhüllung  für  huu^is- 
fütt :  er  ist  eine  reciile  hundsnase,  mulier  est,  animus  ejus  est 
in  pedibus.  Stieler  1333;  wenn  einem  rechtschaifenen  dienir 
die  bände  gebunden  sind ,  dasz  er  als  ein  schclm  uder  gar 
als  ein  hundsnase  {wegen  des  masculinen  geschlechts  vergleiche 
sp.  1934)  leben  soll.  Chr.  Weise  comüd.  i. 

HUNDSNELkE,  /.  saponaria  officinalis,  Seifenkraut. 

HL'.NDSOHIl,  n.  ohr  eines  hundes.  auch  name  der  perlmutter- 
muschel,  mylilus  margaritiferus. 

IIUNDSFANZEH,  m.  vgl.   hund.sjacke. 

HUNDSl'ARD,  m.  felis  uncia,  die  unze.  Nkmxicii  2, 1003. 

HUNDSPEITSCME,  /:  peitsche  für  hunde.  Adelung. 

HUNDSI'ETERSII.IE,  /".  aetliusa  cynapiwn.  gartensehierling, 
und  coniutn  maculatutn,  gefleckter  oder  groszer  Schierling. 

HUNDSJ'KLAUME,  f  eine  gelbe  und  frühzeitig  reife  pflaumenarl. 

nCNDSPHILOSÜPHit,  f  philusuphia  cynicorum: 

tt*  (>(>>■  iioeirrei)  wird  mir  nutzer  sein,  ali  migden  zw  Kefalltn,.. 
au  dasz  mein  sinn  im  wein,  und  wein  ncbwuuim  in  Jitm  sinne; 
als  dasz  der  spieler  dank,  der  schlecht  ist,  ich  uewünna; 
als  da*x  ich  mich  bafliesi  auf  hunds-philosuphei 
und  trieb  als  eine  kuost  «in  bfluritch  Icldgutcbrei,    Logau  1,97. 

HINDSHACKEHMUDE,  adj.  dusierst  müde.  Aukrbacub  durfg. 
(lH4e)   l,2ä.     vgl.  hniidsinude. 

HLNDSRAITE,  f  scrophularia  canina,  auch  helmraulc. 

HUNDSKEBK,  f.  s'xifraga  granulata,  ueuser  tteinbrtch,  keil- 
kraul. 


HUNDSRING,  m.  ring,  woran  im  bergwerk  der  hund  befestigt 
wird,  wenn  man  holz  in  die  grübe  lassen  wUl.  Krisch   1,1 7f/. 

HLNHSHIPPE,  f.  rippe  eines  hundes ;  auch  name  von  plantago 
lanceolata,  Spitzwegerich. 

UUNDSRüMEI,  m.  anthemis  colula,  stinkende  camille. 

HINDSROSE,  f.  rosa  canina,  heckenrosc. 

HÜNDSRÜBE,  f.  bryonia  alba,  zaunritbe,  auch  hundskufbts. 

HUNDSKUTUE,  f.  der  schwänz  und  das  muitnlwhe  glied  einci 
hundes;  auch  nach  der  ähnlichkeit  mit  letzterem  name  eines 
sihwatnmes,  cynomorium  coccineum,  und  einer  thierpflanze,  alcyo- 
nium  epipelrum.  Neh.mcu  2, 1343.   1,  166. 

HUNDSSCHADEL,  m.  schadet  eines  hundes;  auch  wie  hund»- 
küpf,  pflanzenname,  von  antirrhiuuni  minus  und  oronticwn. 

HUNDSSCHAM,  f.  weibliches  glied  eines  hundes;  auch  cyno- 
metra,  eine  oslindische  pflanzengattung. 

HUNDSSCHL.ÄGER,  m.,  wie  hundeschiäger,  schmderknecht, 
der  herrenlose  hunde  aufgreift  und  lödlet,  abdecker  tdierluiupt: 

ieduch  kein  basen  sy  (mi-iiie  frau)  erlauft, 

wer  sy  noch  so  rainig  und  hager. 

ich  wolt  das  sy  het  der  bundlsscblager. 

meinerl.  lut.  23,  no.  250; 
man  thut  doch  als  nur  von  gelds  wegen  .  .  . 
daher  wird  einer  ein  ankleger, 
der  andfr  wird  ein  hundtsschleger, 
der  tiritt  ein  siaitkneclit  oder  büttel, 
der  viert  ein  baur  in  seinem  kittet  .  .  . 

J.  .\iRER  ny  (21S6,  i6  Kellrr) : 
ihr  .  .  habt  nicht  mehr  als  ein  rechts  ohr. 
das  steht  zunächst  hinder  dem  backen 
über  dem  lialsz  und  bei  dem  nacken, 
und  seclit  recht  wie  ein  liiindsschlager 
oder  ein  alter  relflrager.    450'  r228ü,  31) ; 
wer  bislu  mit  der  langen  Stangen? 
ein  hundschlager  und  wildhundTangen? 

futtn.  sp.  W  (2838,  11). 

HUNDSSCHLAMP,  m.:  vil  weniger  acht  er  den  cynischcn 
hundsscUamp,  das  ist  ein  maizeit  ohn  wein.  Garg.  44*.  vgl. 
huudsimbisz. 

HÜNDSSCHLANGE,  /".  boa  canina.     vgl.  hundskopf  3. 

HUNDSSCHLUND,  m.  caninus  rictus.  .Maaler  232*. 

HUNDSSCHMETTERLING,  m.  paptlio  rhamni. 

HUNDSSCHNABEL,  m. :  huntzsclinabel,  cathocolla,  est  herba 
quedam.   voc.  ine.  theut.  k5*. 

HUNDSSCHNAUZE,  f.  schnauze  eines  hundes:  ein  runder 
dicker  manu,  der  zwar  weder  einiiugig  war  wie  die  Agriofagcn, 
noch  eine  huudsschnautze  hatte  wie  die  Cjmoigen.  Wielanu 
19,36. 

HUNDSSEICHE,  f.  was  hundeseiche.  Nkümch. 

HUNDSSOKF,  in.  grad  der  trunkenheit  in  der  du  bissigkttl 
eines  hundes  hervortritt:  was?  du  alter  schelm!  sagte  der 
leutenant,  der  eben  einen  rechten  bundssoff  hatte,  soltcst 
du  einem  cavalier  solche  werte  vorhalten  dürfen?  zog  damit 
von  leder  und  stach  meinen  lieben  alten  Herzbruder  im  bette 
zu  tode.  Sinipl.  i,i(H  Kurz;  bei  btuscu  einen  hundssuff  haben, 
so  gesoffen  haben ,  dasz  man  sich  anfängt  zu  zanken.  1, 476' 
vgl.   hundstrunk,  hundstrunken,  huudsvoU. 

HUNDSSPRUNG,  m.  sprang  eines  hundes;  einem  den  hunds- 
Sprung  weisen,  ihn  fortjagen:  vermeinete  nicht  anders,  als 
es  müsten  wolfe  sein,  wolle  derowcgen  diesen  schrürklicheo 
reulauris  den  hudds-prnng  weisen,  und  sie  wieder  abschaffen. 
Simpl.  1,  18  Kurz. 

HUNDSSTALL,  m.  wie  bundeslull.  Klägers  Ihealer  4,  lü5; 
hunizstal,  incastralura ,  est  locus  et  slabulum  canum.  voe.  ine. 
theut.  k  5* ;  der  hundsstail  für  Jagdhund.  Sebiz  feldb.  579. 

HUNDSSTERN,  «».,  wie  griech.  xiiuir,  stern  im  slernbtld  des 
hundes  (sp.  1919),  der  üirius,  der  als  besonders  heiss  gedacht 
wurde;  in  der  Meinauer  naturlehre  hriszt  er  noch  lateinisch- gelehrt 
canis:  (in  den  hundstagen)  sü  g&l  die  kunne  bi  eime  sterncu, 
der  hei^it  canis,  wun  er  als  rebt  ubii  ist.  f.  14 ;  erst  tm  15.  jk. 
ist  die  deutsche  ubciselzung  nachzuweisen :  sirus  die  huDdestcrue 
DiEF.  »a*»'  (niederrhetiiisch,  aus  der  yemma  gemmarum);  und 
hieraus  erkennet  man  den  wahu  der  Sterndeuter,  welche  die 
bitze  der  hundstage  dem  buuds!<lerne  zugeschrieben,  der  als- 
deuu  mit  der  sunu«  aufgehet.  Chr.  Wol»k  wn  den  würkungen 
der  natur  t.m-,  üb,  du  Qauimeoder  hundsstern!  Fr.  MOller 
I,  162; 

jaiiund  da  eban  dar  buiidssteru  sich  auch  erieigel. 

VVt(.AMiaLi<i  »67 , 
wia  wenn  zu  souimerstait  die  dutialigi'u  geUldcr 
dar  gtimme  humit.^trni  brennt.    P.  FLiaiiib  17; 
nun  sich  der  hundaitmi  U<i  sbiiran.  da  man  auch 
dia  frucht  wil  scIiHaMau  ab.     Umt  t'arn.  4u3. 


1941 


HUNDSSTÜBE  —  HCNDSVOLL 


HUNDSWADEL  —  HÜNE 


1942 


HüNDSSTLBE,  f.  stube  in  der  hunde  aufbewahrt  tcerden; 
auch  übertragen,  schiicJUe  stuhe,  in  der  gan:  geringe  gaste  be- 
herbergt «erden,  in  einem  kloster: 

auf  CID  abeiit  ein  Sprecher  kam, 

der  im  kloster  auch  herberg  nam 

▼011  dem  pastmeister  obberürl. 

der  in  hin  int  liundsstuben  fürt, 

doriiineii  was  ein  wüst  gesteok.    H.  Sachs  2,  4,  125*. 

HL'NDSTAGE,  m.  plitr.  die  sommertage,  in  denen  der  hitzige 
hundssiern  regiert  (24.  juli  bis  23.  august),  niederl.  hondsdagen 
(KiLiA!^).  im  li.  jh.  huntliche  tage:  danne  (uenn  die  sonne  im 
lüwen  stellt)  die  lüte  versniahtent  sint  von  hitzcn  unde  TOn  durre- 
keit.  so  sint  huntlich  tage,  wan  sü  gät  die  sunne  bi  eime 
Sternen,  der  heigit  canis,  wan  er  als  reht  ubil  ist.  Meinauer 
naturlehre  s.  14,  rgl.  auch  hündische  tage  oben  sp.  1931 ;  das  com- 
positum neit  dem  15.  jA.  7iachzuiceisen :  des  sommers  in  der  heilen 
tid  dat  raen  heilet  de  hundedage.  d.stddtechr.-|,T^S,2i\  lasz  niht 
zu  ädern  Tom  dntten  tag  nach  Vita  uncz  auf  den  andern  tag 
nach  Egidii,  wann  es  seven  die  hundstag.  kalender  von  1428 
im  anz.  für  knnde  deutscher  rorzeit  11,334;  bei  disen  heiszen 
hundslagen.  FrscnART  bienk.  51' ;  es  war  sehr  heisz  und  eben 
in  den  Dundstagen.  Götz  t.  ß.  75;  die  hitre  der  hundstage. 
Christian  Wolff  veriiürtfl.  gedanken  r.  d.  tmnkungen  der  natur 
325  {s.  die  stelle  ausführlich  unter  hundsstern);  in  der  hölle  ist 
es  ganz  höllisch  heisz,  und  als  ich  mal  in  den  hundstagen 
dort  war,  fand  ich  es  nicht  zum  aushallen.  H.  Heine  1,190; 

in  den  hundestagen  herzen  {lieben) 

ist  sehr  treftlich  ungesund.    Rist  iiirn.  401 ; 

mit  bezug  auf  die  unrkungen  der  hundstage :  das  jederman  sehe, 
wie  dich  die  hundstage  reiten.  Lctber  1,3S4';  sein«  närriscJien 
aufzüge  und  wunderlichen  redensarten  legeten  zur  genüge  an 
den  tag,  dasz  in  seinen  gehirn  immer  hundstage  sein  müsten. 
Darbennime  660. 

HUNDSTAGFLIEGE,  f.  musca  canicularis.  Nemmch. 

HUNBSTAGSHITZE,  f.  hitze  t«  den  hundstagen  oder  wie  in 
den  hundstagen. 

HUNDSTASCHE,  f.  rtüva  canina;  als  srhimpftcorl  hunds- 
tüschen  (plur.,  in  Lezug  auf  mehrere).  Garg.  197'. 

HUNDSTHEIL,  m.  antheil  der  Jagdhunde  an  getcissen  stücken 
des  erlegten  Ihieres  (rergl.  hunderecht):  hundsteil,  aiioi  jäger- 
recht, poiluctum  canarium  Stiei.er  2268. 

HCNDSTICKE,  f.  hundslaus,  aearus  ricinus,  in  yorddeutsch- 
land;  ticke  ist  das  oberdeutsche  zecke. 

HIINDSTOD,  m.  aconitum  lycoctonum.  gelber  sturmhut,  eine 
pflanze;  auch  arnica  montana,  fallkraut,  Lucianskraut. 

HUNDSTRITT,  m.  tritt  wie  man  ihn  einem  hunde  gibt: 
sprang  aus  dem  wagen,  indem  ich  ihn  durch  einen  hundstritt 
drei   ehlen  lang  auf  die  seile  sliesz.    Kern  er  reisescbatten  13. 

HUNDSTROPF,  m.  niederträchtiger  tropf,  (emeiner  kerl:  wie 
etliche  wohnweisen ,  pharisaeischen  hundstropfen  mich  un- 
schuldiger weise  gehönet,  verleumbdet.  L.  Thcrkeiszer  noth- 
gedrung.  ausscltreiben,  vorr.  s.  4. 

HUNDSTRUNK,  m.  grad  der  trunkenheit,  in  der  man  bissig 
ist  wie  ein  hund  (renjl.  oben  hundssoS):  einstmalen  kam  ich 
nach  haus  mit  einem  bundstrunk.  Abele  Arünj/i.  unotdn.  1,42. 

HUNDSTRUNKEN,  part. :  ellich  werden  bernlrunken  (d.  i. 
trunken  dasz  sie  plump  und  faul  ersclieinen  uie  ein  bar),  etlich 
sewevoU,  etlich  hundstrunken,  ellich  der  tcufel  gar.  S.  Frakk 
laster  d.  trunkentitit  (l.i3l)  C3'.     rgl.  hundsvoll. 

HUNDSÜBEL,  adj.  und  adv.  duszersl  übel  {vgl.  hunds-  sp.  1932): 
es  ging  mir  .  .  hundsühel,  wie  man  zu  sagen  pfleget.  Simpl. 
1,440  Kurz;  das  hundsüble  fortfüllen,  als  ich  die  kugel  zum 
fenster  hinaus  gehangen.  J.  Paul  kom.  anh.  zum  Tit.  2,  70 : 
traute,  passe  nur,  bis  wir  wieder  blutarm  und  hundsübel 
dran  sind:  mit  freuden  will  ich  dann  mit  dir  ächzen  und 
lechzen.  Siebenk.i,ä;  damals  schöpfte  ich  die  erste  erfalirung 
von  dem  satze,  dasz  die  menschen,  wenn  ihre  liebe  recht 
heisz  ist,  dem  gegenstände  derselbeu  hundsübel  machen 
können.  Ihhermann  2,  57. 

HUNDSVEILCHEN,  n.  tiola  canina;  viola  hirta  das  grosze 
hundsreilcheu  Neh.mco  4,  I5es.  bei  Frisch  t,  476*  bundsviole, 
eine  blume  wie  eine  viole,  aber  ohne  geruch,  viola  sine  odore. 

HUNDSVOGT,  m.  anfscher  über  die  hunde;  kirchenknecht  der 
verhüten  soll,  dasz  die  hunde  während  des  gottesdienstes  nicht  in 
die  kirche  laufen.  ADtlu.NC     vgl.  hundevogt. 

HUNDSVOLL,  adj.  uie  liuudstrunken  .  item  aliqui  assimulant 
caoinam  ebrietatem:  vulgariter,  etliche  werden  hundtsvoll,  hoc 
est,  wenn  sie  bezecht  seindt,  so  stecken  sie  voll  hundtsmucken, 
und  murren  und  beiszen  uiub  sich,  de  generib.  ebrios.  s.  15. 


HUNDSWADEL.  m.  schwänz  eines  hundes:  der  bös  ist  wie 
ein  hundswadel,  so  lang  man  den  in  banden  hat,  so  ist  er 
grad,  laszt  man  ihn  aus  der  band,  so  ist  er  krumb,  wie  sein 
art  ist.  Lehmann*  117. 

HUNDSWEIZEN,  m.  trilicuni  repens,  quecke,  und  elymus 
caninus,  letzteres  auch  hundshaargras. 

HUNDSWINDE,  f.  periploca,  eine  gattung  ausländischer  winden. 

HUNDSWINKEL,  m.  winket  fiir  einen  hund:  und  weiset  uns 
mit  unserer  bitte  in  den  hundswinkel  (fertigt  uns  verächtlich  ab). 
LCTHER  br.  4.  458. 

HUNDSWOLF,  m. :  weiter  spricht  Aristoteles  .  .  das  auch 
hundswölf  sollen  gefunden  werden,  dieselbigen  sollen  art 
und  natur  der  hund  haben,  und  ire  jungen  wie  sonst  andere 
wölf  werfen.  Sebiz  feldb.  615. 

HUNDSWCRGER  ,  m.  pflanzenname ,  von  cynanchum ,  einer 
Schlingpflanze;  asclepias  vincetoxicum ,  schwalbenkraut ,  und  von 
minium  cuspidalum.  einer  sternmoosart. 

HUNDS\VURM.  m.  lytta,  eine  kleine  oder  unter  der  zunqe  der 
hunde,  in  gestall  eines  runden  oder  flachen  wurms,  welche  zur 
Verhütung  der  tollwut  entfernt  wurde.  Kirsch  comuc;  rgl.  Sebiz 
feldb.  157.  auch  eine  kranklieü  derpferde:  zum  dritten  (unter  der 
wurmkrankheit)  der  hundswurm,  entspringt  zwischen  den  hüften. 
und  «teigl  durch  die  Schenkel  hinab.  Uffenbach  neues rossb.  2.29. 

HUNDSWTRZEL,  f.  triticum  repens,  quecke,  hundsweizen. 

HUNDSWUT,  /■-  tollwut  der  hunde.  als  wiedergäbe  eines 
französischen  pflanzennamens :  das  Colchicum  oder  die  weiszen 
zeitlosen,  welches  auch  zu  französisch  chien  rage,  das  ist 
hundsnüte,  oder  saftran  bastard  ..  genant  wird.  Sebiz  feldb.  457. 

HUNDSWÜTIG,  adj.  die  hundswtit  habend:  hundswütige  Ihiere 
{hunde,  fuchse,  wülfe,  katzen).  Hannov.  mag.  1S44,  «.  315. 

HUNDSZAHN,  m.    l)  zahn  eines  hundes. 

2)  nach  der  ähnlichkeit  heiszen  bundszähne  die  äugen-  oder 
spitzzähne  der  menschen,  canini  dentes. 

3)  bundszahn,  name  der  pflanze  erythronium. 

4)  name  einer  schneckenart,  dentalium  entalis. 

5)  ein  spitzer  meiszel  oder  eisen  der  bildhaucr. 
HUNDSZECKE,  f.  hundshus,  aearus  ricinus  (oberdeutsch,  vgl. 

hundsticke) :  bei  Maaler  masc. :  der  hundszäch,  redivius  232'. 

HUNDSZOHiN,  m.  carlina  acaulis,  stammlose  eberwurz.  im 
Würtembergischen.  Nemxich  2.  S91. 

HUNDSZUNGE,  f.  zunge  eines  hundes;  auch  name  der  pflanzen 
cynoglossum  und  auchusa  ofßcinalis,  und  des  fisches  pleuronedes 
cynoglossus. 

HÜNE,  m.  rieu.  das  mhd.  Hiune,  dem  ahd.  Hftn,  und  mittel- 
lat.  Hunnus  entspricht:  die  Hunnen,  Hünen  Hunni  Maaler  233", 
trar  von  dem  begriff  des  Hunnen  seil  dem  13.  jahrh.  auch  amjf 
den  eines  riesen  übertragen  worden  {vergl.  Grimm  mythol.  4S9/1), 
und  hielt  sich  in  dieser  bedeutung  unter  verschiedener  dialektischer 
form  bis  ins  16.  jA.  hinein,  mittel-  und  niederdeutsch  als  hftne,  o6er- 
und  schrifidetäsch  als  heune  {vgl.  sp.  1290) :  gigas  rese  i  hune. 
hune  1  heune  Dief.  263';  gygasrecVe.rese,  hune  nov.gloss.  192'; 

des  achten  wie  kleine  so  ein  har, 
si  bringen  hunen  ader  resen. 

Lilie?icro:<  volksl.  1,223'  {brandenburgisch,  t.  1414). 

die  oberdeutschen  gegenden  lassen  um  die  oben  angegebene  zeit 
das  wort  aussterben  (soweit  nicht  in  dem  ersonnenen  eigennamen 
Hans  von  Hun  stratiola  bei  Stieler  750  ein  nachklang  erhalten 
sein  mag),  während  die  niederdeutschen  mit  der  ihren  lautverhält- 
Ttissen  angemessenen  wort  form  hüne  einen  reiclien,  um  dieselbe 
angeschossenen  sagensdiatz  bewahren,  einen  sagenschütz,  der  gleich- 
mäszig  im  norddeutschen  tieflande  von  der  Weichsel  bis  über  die 
Ems  hinaus,  so  weit  sächsisches  und  von  Sachsen  colonisiertes  tand 
geht,  sich  erstreckt,  und  der  auch  bis  in  mitteldeutsche  gegenden, 
wie  Hessen  (Vilmar  17s).  hinunter  reicht,  als  der  sammelflei<s 
des  17  jalirh.  curiositdten,  darunter  auch  sagen  jener  landslriche 
sammelte,  wurde  das  wort  in  der  niederdeutsdien  form  dem 
deutschen  publicum  wieder  bekannt  gemacht,  nun  unterschieden 
von  Hunne,  das  nach  der  oben  angegebenen  mittellateinischen 
form  sich  festgesetzt  hatte,  obschon  die  gelehrten  schriflsteller  der 
zeit  sich  des  Zusammenhangs  von  hüne  und  Hunae  bewust  sind : 
es  sind  noch  heutiges  tages  nachrichtungen  in  Hinterpuiu- 
mem,  das  Hungeren  drin  uiusten  gewesen  sein,  dann  wenn 
sie  einen  groszen  und  slarken  menschen  sehen .  nennen  sie 
ihn  eineu  bünen,  wie  also  die  Hungern  zu  der  zeit  genennet 
sein.  MicrXlils  altes  Pommern  2,  200.  hüne  wird  nun  vom 
solchen  scJiriflstellern  als  synonym  mit  riase  ausdrücklich  erklärt: 
sonsten  linde  ich  auch  nachrichten  von  hünen  oder  riesen  in 
Vorpommern,  ebenda;  ein  hüLne  oder  riese.  Bebrens //ercj^nM 

V12* 


1943 


HÜNENBETT  — HUNGER 


HUNGER 


1944 


curiosa  127 ;  Ut  aber  vor  der  2.  Itdlfte  des  18.  jh.  in  diesem  sinne 
nicht  verbreitet,  zuerst,  wie  es  scheint  bei  Wielahd,  der  für  seine 
romanlischen  epen  ein  solch  seltenes  tcort  sich  nicht  entgehen  liesz: 

auT  abeiiteur  lu  getiu, 
und  wilde  bfliieu  zu  bestehn. 

21,  20S  (Hlelia  und  Sinibalä  2,  249) ; 
bekämpft  die  hüuen  und  die  drachen, 
die  um  das  scblosz,  worin  sie  schmachtet,  wachen. 

22,  184  (Ober.  4, 2C,  später  m  riese  tjedndert); 
dann  von  andern: 

i^ein  lanzenwurf  traf  einen  kriegesraann, 
den  hühnen  Akamas,  Eüssors  söhn, 
den  rüstigsten  der  Thracier.    Uöhgkr  169*; 
vgl.  auch  hünenscbultiig,  liünensclmert,  liünenwuchs. 

HUNENBETT,  n.  riesenhügel,  riesengrab ;  niederdeutsch  liüne- 
LeJde.  Grimm  mythol.  489.    Frisch  1,  448*. 

HÜNENGESTALT,  f.  von  eitum  gros:  gewachsenen  mensciun, 
neuerdings -beliebt:  es  ist  eine  wahre  bünengestalt.  vergl. 
büneD>Tuchs. 

HÜNENGRAB,  n.  grab  eines  riesen,  hünen;  oberdeutsch  »m 
14.  und  15.  jahrh.  heiszen  vrllichkeiten  ze  Hiinengrebern ,  au 
HünuDgreber  weg  Mone  urgesch.  des  badtschen  landes  216,  vgl. 
220 /y.  (j.  auch  beidengrab  sp.  805):  spältr  ist  der  name  auf 
!^orddeutschlünd  eingeschränkt:  da  die  Gieirswaldiscben  iiu  Jabr 
1594  in  der  Buggenbagen  guter  .  .  .  etlicbe  grusze  fellsteine 
aus  deu  bügeln,  oder  wie  sie  sonst  geneunct  werden,  büuen- 
grabren ,  kieuben  und  abscblichteu  lieszen.  Micrälius  altes 
Pommern  2,  200 ; 
wo  .  .  .  waclioldergettrauch  um  die  hünengräber  der  vorweit 
wuchernd  kroch,  und  stechender  hülst  mit  glänzenden  blättern. 

Voss  1,  54  (Lu«>«  1,  438). 
HÜNENHAFT,  adj.  riesenhaft,  riesenmdszig :  ein  büuenbafter 
wuchs. 

HÜNENHÜGEL,  m.  hünengrab.  Frisch  1,448". 
HÜNENSCHULTRIG,  adj.  und  adv.: 

hünenschultrig,  wohlgebaucht, 

glänzt  die  schneeige  durchlaucht  (ein  st;hneemanu').  Voss  5, 216. 

HÜNENSCHWERT,  ».  riesenschwert : 
er  schwingt  sein  hüiienschwert  empor.    UuLAno  ged.  202. 

HÜNE.NWüCHS,  m.:  es  ist  altsäcbsischer  stamm, ..  breite 
schultern,  hünenwuchs,  offne  züge,  wucbt  in  jeder  bewegung. 
Frevtxc  handschr.  l,  109. 

HUNGER,  n«.  fames.  das  uort  ist  über  alle  germanischen 
dialekte  gleichmdszig  verbreitet,  ohne  dasi  sich  eine  sichere  Ver- 
knüpfung mit  Stämmen  der  urverwandten  sprachen  darböle:  goth. 
b&hru-s  mit  dem  verbum  huggrjan  Aun^ent;  allnfr.  alts.  hungar, 
bunger,  niederl.  bongber,  buiiger;  ags.  hungor,  engl,  bunger; 
altfries.  bunger,  bonger;  altnord.  Iiüngr,  schwed.  ddn.  bunger; 
ahd.  bungar,  mlid.  bunger.     Es  geht 

1)  auf  die  starke  begierde  nach  speise,  unterschieden  vom 
appetit,  das  einen  bloszen  reiz  nach  der  speise  bezeichnen  will, 
der  bunger  gelU  voft  magen,  der  appetit  vom  gaumen  aus:  ich 
hatte  bunger,  aber  keinen  appetit.  H.  Heine  11,141;  oft  ist 
bunger  mit  durst  formelhaft  verbunden  {vgl.  Ih.  2,  174h) :  frost  — 
blosse  —  bunger  —  durst.  Schiller  räuber  4,6; 

wan  da{  in  zailen  ziten  v/6 
von  bunger  und  von  durste  was.    iwein  02u9 ; 
werden  von  einer  stat  zu  der  andern  gejagt, 
im  geleugnis  mit  bunger  und  durst  geplagt. 

ScuAOK  sat.  u.  pasqu.  1,  159,  163; 
od  hatt  er  kaum  wasser  zu  Schwarzbrot  und  wurst; 
und  olter  noch  litt  er  gar  hunger  und  durst.     Ucruer  üO' ; 

bunger  und  verschniacbtung :  indem  er  hunger  und  ver- 
scbmachlung  vor  äugen  gesehen,  poiit.  slockf  183. 

Et  heitzt  groszer,  arger,  wütender,  scharfer,  beiszer  bunger; 
itäter  bunger,  der  nit  abnam  oder  nacblicsz,  continua  fames, 
unersettiger  bunger,  hians  semper  fames  Maaler  232* ;  den 
galligen  bunger  vertreiben,  durum  famem  depellere.  ebenda; 
da  zu  leiden  sie  groszeii  hunger,  und  iiiüssen  für  durst  ver- 
scbniacbten.  Judith  11,10;  unser  baut  ist  verbrant,  wie  in 
eini  ufen,  für  dem  grcwlichen  bhnger.  klaget.  5.10;  es  halte 
ein  graf  .  .  .  den  predigern  und  scbuldienern  kaum  so  viel 
gelassen ,  dasz  sie  sich  des  schwarzen  bungers  erwehren 
können.  VVeio.ier  apophthegm.  5  (1655)  i.  50; 
Hecltii.  ((esalllgt.  will 

ich  nun  nicht  sagen;  nein   -  bei  weitem  nicht  — 

Üiijii.  deu  huiszeu  bunger  nur  gcilillt. 

LissiNs  2,  208  [tgl.  heiszhunger). 
man  tagt  hunger  haben;  den  hunger  ertragen ;  hunger  leiden: 
da  nu  da«  ganze  Egypteniand  auch  hunger  leid.  l.Vos.  41,55; 
•ic  witien  das  wir  bunger  leiden.  2  kin.  7,  I2 ;  vor  bunger, 
durch  btinger,  im   hunger  uiukuiuinen,  verderben  :    das  nicht 


das  land  für  bunger  verderbe,  l  Mos.  41,  36;  für  hunger  sollen 
sie  verschmachten.  5  Afoj.  32,  24 ;  wie  viel  taglöner  hat  mein 
vater,  die  brot  die  fülle  haben,  und  ich  verderbe  im  hunger. 
Luc.  15, 17 ;  durch  bunger  sterben :  wer  in  dieser  stad  bleibt, 
der  wird  durch  scbwert,  bunger  und  pestilenz  sterben  müssen. 
Jer.  38,2; 

mit  gefahr  und  tod  umgeben, 

lebst  du  kümmerlich  dein  leben 

einen  sommer,  und  du  stirbst 

halb  vor  hunger.  Glkim  3,  336  ; 
gewöhnlich  bungers  sterben:  das  ir  diese  ganze  gemeine  hungers 
sterben  lasset.  2  Mos.  16,  3 ;  den  {denen)  so  da  bungers  stürben. 
klagel.  4,9;  bungers  sterben.  Lokmans  fab.  3;  unterdessen, 
liis  ein  kenner  uns  auffindet,  kann  man  bungers  sterben. 
GüTBK  19,  20; 

mir  lag  das  prot  heut  vor  den  äugen, 

noch  was  ich  also  faul  und  las,  ' 

das  ich  schier  hungers  gestorben  was.    failn.tp.  565,  1; 

dafür  auch  bunger  sterben :  da  bergegen  Gertrud ,  die  den 
reichen  Wucherer  gebeiratbet,  bunger  stirbt.  A.  Gbyphius  1698 
1,765;  —  bei  tausend  seind  gen  Straszbuig  kummen  schon 
halb  bungers  todt.  S.  Frank  ehr.  243';  den  bat  man  vermauret 
und  hungers  getödt.  408*;  tödte  ditb  nicht  selbst  hungers, 
du  hast  in  viel  tagen  nicht  gessen.  buch  d.  liebe  215*;  ent- 
deckte mir,  wie  ich  zum  tode  des  bungers  verurtiieilt  gewesen. 
Schiller  räuber  4,5;  den  bunger  schärfen: 

du  gabst  —  doch  gleich  auch  nahmst  du  —  schier, 
um  unsern  bunger  noch  zu  scharfen. 

Fhkilichatu  dicht.  3,  105; 
den  bunger  stillen,  famem  explere,  compescere  Frisch  1,476'; 
hat  . .  ihnen  also  den  hunger  gestillet  und  vertrieben.  Scbup- 
Pius  783; 

sie  stillten  ihren  hunger, 

und  löschten  ihren  durst.     Höltt  9  Halm; 

den  bunger  büszen:  suchen  nicht  dann  den  hunger  zu  büszen. 
Frank  wellb.  14';  etliche  wollen  aus  diesem  samen  brot  machen, 
dasz  man  dasselbige  in  der  theuren  zeit,  so  das  körn  schwer- 
lich zu  bekommen  ist,  essen,  und  den  bunger  mit  büszen 
möchte.   Tabehnaemont.  krduterb.  539; 

ich  bitt,  gebt  mir  ein  bissen  brot, 

zu  büszen  hier  den  hunger  mein.    H.  Sachs  ä,  23U' ; 

dem  bunger  ratben,  abhelfen:  gott  gäbe  im  {so  viel  brot),  das 
er  wol  kund  dem  bunger  ratben.  Lütheh  4,184';  vor  hunger 
{durch  hunger  getrieben)  etwas  tbun:  leder  vor  bunger  esseu, 
corjo  famem  levare  Fiuscu  1,476';  der  scblucker,  der  vor  lauter 
bunger  verse  machte.    Koizebüe  dram.  sp.  2,  325. 

Sprichwörtliches  und  redensarlen.    der  bunger  kost  wenig,  der 
verdrusz  vil,  Acr.  spr.  327';  bunger  leidt  keinn  verzug.  307'; 
bunger   ist   ein    guter   koch,     bunger   macht  rohe  honen  lu 
mandeln.     der  bunger  ist  die  best  würz,     der  bunger  macht 
hart  brot  zu  lebkucben.  67*;  freund,  hier  habe  ichs  erfahren, 
dasz  der  hunger  rohe  bobnen  gar  kocht.  Rieul  culiurg.nov.Ali; 
die  dinge  wie  sie  sind,  und  was  der  topf  bescheret 
würzt  hunger  zu  götterkust,        wie  unser  lioraz  uns  lehret. 
WisLAMD  5,  55  (>i.  .■imad.  13,  26); 
bunger  lehrt  mausen.  Scbuttel  ill4*; 
der  liebt  sonder  tust, 
trinkt  sonder  durst, 
isset  sonder  hunger, 
stirbet  desto  junger.    1130*. 
der  bunger  personißciert      wa  bunger  regiert ,   die  slerk  man 
verliert.   Garg.  218'; 

ihr  des  magern  hungers  buiidsverwandte, 
der  pest  verschworene!        ItAHLnit  1,51; 
dann  wie  ein  wolf,  am  hellen  tage 
kühn  tritt  der  hunger  in  das  haus.   Frkilicratm  dicht.  3,  IbS. 

2)  bunger,  die  dauernde  läge  des  hungers,  leben  in  dem  man 
nicht  das  nötige  hat  sich  zu  saltigen:  er  kann  sich  des  hungers 
kaum  erwehren.    Schott  el  114U*; 

laszt  weih  und  kind  am  hunger  gan.    II.  Saci«  1,  51&*; 

in  hunger  und  armulh.     Frcilicrath  dicht.  3,  152; 

(i(/i  irniiniii)  von  den  «ieleii.  vielen  quälen  und  mühen, 

die  das  leben  grimiii  hrlnllpii: 

krankheil  und  hunger  und  inangel  und  schmerz.    205; 

in  bezug  auf  einen  ganzen  bezirk,  die  hungertnol:  aber  ioi 
iieunden  monde  ward  der  bunger  stark  in  der  stad,  das  das 
Tulk  des  lands  nichts  /.u  essen  hatte.  2  kön.  25,3;  da  war 
verstörung,  schaden,  bunger  und  srhwert.  Jes.  51,19;  ja  bunger 
und  böse  wilde  tliier  wil  ich  unter  euch  schicken,  i/et  6,  17; 
wir  gott  lob  durch  göttliche  gnade,  haben  noch  nicht  einen 
solchen  hunger,  wiewul  einige  theurung  empfunden  und  gc- 
spuret.  SciiLFHius  783;  es  ist  ein  groszer  hunger  im  lande, 
tngens  annonae  difftcullat  in  rrgione  est  Stbi.>r*ch  1,795. 


1945 


HUNGER — HUNGERGOTT 


3)  bunger,  übertragen  auf  irgend  ein  heftiges  teelisdies  ver- 
langen, begter:  {ein  büchlein)  daliin  ich  meine  zuhörer  hätte 
weisen  können,  ihren  geistlichen  hunger  daraus/  zu  stillen. 
ScHCPPiüs  215 ;  eine  art  von  unnatürlichem  wissenschaftlichen 
hunger.  23,25;  die  vorrede,  über  welche  der  leser  noch  mit 
dem  ersten  hunger  herfällt.  J.  Paul  grönl.  proc.  2,  viii ;  aber 
der  ehrgeiz  fängt  jedes  mal  von  neuem  an  ...  ja  dieser 
hunger  begehrt  noch  nahrung  nach  dem  tode  des  magens. 
nachddmmtrungen  79;  auch  bei  Schiller  hunger  so  viel  wie 
ekrgeiz:  kann  mein  herz  deinen  ungeheuren  hunger  nicht 
stillen  —  0  Fieskol  das  diadera  wird  noch  ärmer  sein. 
Fiesko  4,14; 

mit  reich-frembder  waar 

des  geizes  groben  hunger  büszen.    Wecshibli!«  380; 

irdisch  nennt  es  und  Tergänglich, 

was  mit  lust  so  überschwenglich 

nur  der  sinne  hunger  stillt.    Bcrcer  74*. 

es  heiszt  hunger  nach  etwas:  sibe  es  kompt  die  zeit,  spricht 
der  herr  berr,  das  ich  einen  bunger  ins  land  schicken  werde, 
nicht  einen  hunger  nach  brot,  oder  durst  nach  wasser,  son- 
dern nach  dem  wort  des  herrn  zu  hören.  Arnos  8, 11 ;  soll 
man  den  hunger  nach  bedienungen  {staalsänüern),  der  jetzt 
überhand  nimmt,  .  .  noch  durch  Vorzüge  und  ehre  reizen? 
Moser  patr.  phant.  l,  151 ;  wie  soll  ich  meinen  hunger  nach 
empfindungen  stillen  ?  Leisewitz  Jul.  v.  Tarent  1,1;  vor  hunger 
nach  edlen  thaten  schmachten.  2,  5 ;  aber  wofür  der  heisze 
hunger  nach  glQckseligkeit?  Scbiller  räuber  4,5;  so  wenig 
auch  für  meinen  künftigen  unterhalt  da  zu  hoffen  war,  so 
viel  versprach  sich  mein  hunger  nach  räche,  in  der  rhein. 
Thalia  2.  31 ;  was  sie  (die  roman-  und  tragödieuschreiber)  und 
die  weltleute  noch  reell  erhält,  ist  der  hunger  nach  geld  und 
nach  lob.  J.  Paol  Tit.  3,172; 

verlassen  hatten  ihn  zum  ersten  mahl 

in  seinem  leben  ehr  und  biedertreu, 

und  heiszer  bunger  nach  der  süszen  frucbt 

der  minne  jedes  edlere  gefühl  in  seiner  brüst 

verdruDgen.  Wielasd  18,  61. 

hunger  obscün  {vgl.  nachthunger): 

einer,  der  seim  weib  ir  nachtmal  stilt  (tliehll), 

und  das  unter  andern  Trauen  verspiii,  .  .  . 

und  sein  frauen  daheim  lest  hunger  leiden, 

dem  sei  man  sein  beide  nieru  auszsneiden.    /aiCn.  sp.  309, 25; 

nachpaur,  ich  hab  ein  diern,  die  ist  stark  und  faist, 

und  tuot  alles  das  gern,  das  maus  heist; 

die  geet  umb  nach  dem  zersigen  hunger.    348,2; 

der  püszt  irs  bungers  unter  irm  nabel.    747,  33. 

HÜNGER,  adj.  ßr  hungrig,  tgl.  heiszbunger  sp.  919. 

HUNGERBISSEN,  m.  bissen  ßr  den  hunger :  ein  schätz  zum 
hungerbissen  der  armen,  pers.  rosenth.  l,  15. 

HUNGERBLICK,  m.  blick  der  hunger  anzeigt:  weit  schreck- 
licher durch  lumpen  und  den  hungerblick  der  einwohner. 
Niebcbr  leb.  1,  423. 

HUNGERBLÜMCHEN,  n.  draba,  ein  auf  dürren  platzen  vor- 
kommendes schcdengeicdciu.  auch  iberis  nudicaulis,  die  stein- 
kresse,  heiszt  so. 

HUNGERBLUME,  f  Chrysanthemum  segetum,  die  gelbe  Wucher- 
blume; die  blaue  hungerblume  ist  veronica  triphyllos,  dreibldlt- 
Tiger  ehrenpreis  (Nemmch  4, 1556). 

HU.NGERBHOT,  n.  name  von  juncus  campestris,  feldbinsen. 

HUNGERBRUN.NE.N,  ffi.  ein  quell  der  nicht  immer  wasser  gibt. 
Frisch  l,  476' ;  schweizerisch  hungerbrunnen  ,  periodische  quelle, 
oder  ein  brunnen ,  der  bei  einfallender  trockenheil  leicht  ver.Hegt. 
Stalüer2,  63;  vgl.  G&inn  mythol.  hbl :  dann  der  hungerbrunne. 
selbiger  trocknet  zu  Zeilen  aus,  und  zeigt  in  diesem  fall  ein 
unfruchtbares  jähr  an.  Rlling  beschreibung  der  Stadt  A'ord/tm» 
(1779)  s.  327.     tgl.  hungerquelle. 

HUNGERD.XR.M,  m.  hungriger  dorm: 

zureis  des  Tressers  bungerdarm.  Rmcwald  l.  icarh.  428. 
als  Schimpfname  ßir  einen  armseligen  mensclien,  hungerleider : 
lasset  diese  hungerdärme  alle  jähr  zweimahl  kommen  und 
gebet  ihnen  soviel  dasz  sie  die  rächen  füllen  können.  Fetsenb. 
4,310;  allein  Rudolph  ist  ein  bungerdarm,  und  kann  nicht 
mehr  verthun ,  als  ihm  seine  arme  mutier  zuschicket,  west- 
phdl.  Robinson  15. 

HUNGERKILZ,  m.  zweiwüchsige  aolle.  Jacobsso:«  6, 125*. 

HUNGERFRANZOSEN,  m.  p/«r.  eine  art  der  Franzosen- 
krankheit beim  rindvieh,  welche  dasselbe  mager  macht  und  gänz- 
lich abzehrt,  auch  mit  stinkendem  husten  verbunden  ist. 

HUNGERGOTT,  m.  golt  des  hungers.  H.  Sachs  4, 3, 112'. 
t.  die  stelle  unter  hungersucht. 


HUNGERGRIMSHG  — HUNGERLEIDER     1946 

HDNGERGRIMMIG,  adj.: 

(in  dieser  nacht,  wo)  der  löwe 
und  hungergrimmige  wolf  gern  trocken  halten 
ihr  feil.  Shakesp.  Lear  3,  1 ; 

thid  night,  wherein  .  .  . 

the  lion  and  the  bellj-pincbed  woir 

keep  their  für  dry. 

HUNGERGRÜBE,  f.  eine  Vertiefung  beim  vieh,  welche  sich 
beim  rückgrate  zwisclien  den  letzten  rippen  und  der  grüben  dicke 
der  schenket  befindet.  Stalder  2,  63. 

HUNGERHAAR,  n.  spärliclies  haar;  hungerhaare  nennt  man 
die  keime  des  hartes  bei  jungen  mdnnern;  bei  den  pferden  die 
haare  in  den  obren,     vgl.  unter  haar  sp.  11. 

HUNGERHARKE,  m.  f.  groszer  scldeppharke ,  um  nach  dem 
schneiden  des  gelreides  die  kurzen  und  zerstreut  liegenden  ähren 
damit  zusammen  zu  raffen.  Frisch  1, 476'.  bildlich  in  bezug  auf 
reisende,  die  nachrichten  aus  einem  lande  zusammen  schleppen: 
der  hungerharke  einer  gewissen  art  von  reisenden.  Stolberg 
6,337. 

HUNGERHARKEN,  verb.  mit  dem  hungerharken  die  zerstreuten 
Öhren  sammeln: 


nicht  hungrig  hungerharken  wir; 
genug  noch  fand  zu  lesen  hier 
der  wais"  und  wittwe  band.    Voss 


2,91. 


HUNGERIG,  s.  hungrig. 

HUNGERJAHR,  n.  jähr  in  dem  hungersnot  herscht,  mhd. 
hungerjär:  der  slern  (komet)  bedäut  hungerjär  in  dem  land, 
da  er  den  schöpf  hin  kert.  Megenberc  75, 21 ;  wenn  es  in 
disem  mon  {dem  monat  mai)  donret,  so  wirt  ein  hungerjär. 
anzeiger  für  künde  d.  deutschen  vorz.  11,  334  {aus  einem  kalender 
von  1428);  das  hungerjahr  1817.  Hannov.  mag.  1847  s.  56. 

HUNGERKORN ,  n.  eine  entartung  des  roggens,  bei  der  das 
Samenkorn  in  einen  langen,  pfriemenfürmigen,  auszen  schwarzen, 
inwendig  schwarzblauen  oder  weiszlichten  körper  auswdchst.  Neh- 
Nicu  4,1269. 

HUNGERKRAUT,  n.  name  des  rumex  acutus,  mlden  rhabarbers, 
des  Chrysanthemum  segetum,  der  gelben  Wucherblume,  und  der 
viola  tricolor,  des  Stiefmütterchens.  Nemmch. 

HUNGERKUM.MER,  m.  kummer,  beschwernis  durch  hunger: 
ob  wir  jetzt  dem  teufel  und  der  weit  müssen  ein  bock  halten, 
und  aller  weit  schawspil  und  sichermal  sein,  und  in  hunger- 
kummer  zu  fuszen  gehen  müssen.  Mathesids  hist.  von  Jes. 
Christ.  2, 109'. 

HUNGERKUR,  /".  heilung  einer  krankheit  durch  fasten:  be- 
durfte man  einer  hungerkur.  H.Heine  6,21; 

lebt  mäszig  wie  Cornar, 
auch  eh  ihm  noch  der  arzt  die  hungercur  empfiehlel. 
Hagedor:«  1,  121. 

HUNGERLAND ,  n.  verächtlich  ßir  ein  armes  land:  zwar 
wann  man  einen  musicanten  vonnölhen  gehabt  hätte,  so  wäre 
ich  wol  bestanden ;  aber  dasselbe  hungerland  behalf  sich  nur 
mit  trommeln  und  pfeiffen.  Simpl.  l,  390  Kurz. 

HUNGERLEIDER,  m.  einer  der  hunger  leiden  musz: 
so  dacht  ich  auch  und  theilte  ein  die  menschen 
in  zwei  nationen,  die  sich  wild  bekriegen, 
n&mlich  in  satte  und  in  hungerleider.    U.  Ueim  16,  108. 

seit  dem  17.  jahrh.  oft  verächtliche  bezeichnung  eines  dürftigen 
und  kargen  oder  auch  gierigen  menschen:  hungerleider,  esurio 
Stieler  ;  wenn  sie  gleich  bette  so  einen  hungerleider  gekriegt, 
was  were  es  denn  auch?  Schoch  stud.  leb.  D4;  und  damit 
ich  nicht  vor  einen  hungerleider  gehalten  würde,  steliele  ich 
auch  zwo  gaslereien  ...  an.  Simpl.  1,323  Kurz;  karge  filze 
und  hungerleider  gebrauchen  sich  ihres  vorralhs  nicht,  pers. 
rosenth.  8,140;  so  werden  wir  uns  viel  drum  hudeln,  ob  wir 
solche  hungerleider  kriegen  oder  nicht.  Chb.  Weise  cömörf.  310; 
ich  dachte  die  Franzosen  wären  hungerleider.  er:;i.  70;  die 
Pfälzer  sind  dir  keine  schmalhänse  und  hungerleider.  Fr. 
MC'LLER  3, 77 ;  ihr  redet  wie  groszmüthige  hungerleider.  Götbe 
33, 278 ;  hätte  ich  dein  hungerleider  doch  kaum  so  viel  con- 
sequenz  zugetraut!  Kotzebüe  dram.  ip.  2,  328;  ich  habe  man- 
chen gelehrten  hungerleider  gesehen.  J.  Paul /7ege//.  1,67 ;  die 
Veränderung,  die  er  den  winter  über  mit  seinen  räuberischen 
Vögten  und  beamten  traf,  setzte  neue  und  um  so  gierigere 
hungerleider  an  die  stelle  der  alten  gewaltthäter  ein.  Dahl- 
MA.'t.f  ddn.  geseh.  1,507; 

was  Pharaoni  träumt,  wie  sieben  magre  rinder 
verschlungen  sieben  fett,  ereignet  sicn  nicht  minder 
bei  uns  und  in  der  that;  dann  mancher  hungerleider 
ist  fett  vom  raubebrot,  und  glänzt  durch  fremde  kleider. 

LocAU  1,  85,  bi; 


1947 


HUNGERLEIDEREI  —  HUNGERN 


die  Gothen  sollens,  diese  hungerleider, 

die  nach  dem  segen  nnsers  deutschen  landes 

mit  neidesbliclien  raubbegierig  schauen. 

Schiller  I'iccol.  2,  5. 
in  freierem  sinne: 

diese  unvergleichlichen 

wollen  immer  weiter, 

sehnsuchtsvolle  hungerleider 

nach  dem  uncrreichlichen.    Götiik  41,  165. 

HUNGERLEIDEREI,  f.  zustand  des  hungerleidens ,  dSrßifjes, 
karges  uesen :  hei  ilim  zu  hause  ist  nichts  als  hungericiderei. 

HUNGERLEIDERISCH,  adj.:  ein  hungerleiderisches  l.e- 
nehmen. 

HUNGERLING,  m.  eine  soHe  roter  Weinbeeren,  die  bald  reif 
Verden  und  vielen ,  aber  scfdechten  und  geringen  nein  geben. 
Nkmnich;  ftei  Frisch  1,476'  hiingerling;  hüngerling  ist  gur  ein 
schlechter  und  dürrer  mos!.  Hohberg  3, 1,  258'. 

HUNGERMANN,  m.  tcie  hungerleider: 

was  fängt  er  an,  der  magre  thor! 
hat  so  ein  hungermann  humor? 

GöTUK  41,  53  ('/er  herold  zum  gein). 

HUNGERMATT,  adj.  viatt  von  liunger:  die  hungcrmalten 
Spechte  konnte  man  mit  der  hand  fangen,  dorfzeil.  1^44,  s.  210. 

HUNGERN,  verb.  esurire,  esurientem  facere.  goth.  huggrjan, 
alls.  hungrian,  ags.  hyngran ,  altnord.  hungra ,  ahd.  linngeran 
und  hungarün ,  mhd.  hungern ;  dus  ältere  nhd.,  wie  noch  jetzt 
die  wettei'auische  mundarl  kennt  neben  hungern  auch  hungern 
{belege  unten  1  und  ').     die  fiigungen  sind  mehrfach. 

1)  am  frfihesten  bezeugt  ist  unpersönliches  hungern  mit  accu- 
sativ,  das  geßhl  des  hungers  haben ;  goth.  |iana  gaggandan  du 
mis  ni  huggroi)».  Joh.  6,35;  ahd.  mih  hungrita  inli  ir  gäbut 
mir  ejwn.  Talian  152,3;  mW.  nhd.  und  dö  her  gevastete 
virzek  tage  wnd  virzek  nacht,  dar  nach  hungirte  en.  Behaims 
evang.-buch,  Malth.  4, 3 ;  und  inen  hrot  vom  himel  gegeben, 
da  sie  lumgerle,  und  wasser  aus  dem  felsen  gehen  lassen, 
da  sie  dürstete.  Luther  i^'eh.  9,15;  hungert  deinen  feind,  so 
speise  in  mit  brot,  dürstet  in,  so  trenke  in  mit  wasser.  spr. 
Sal.  25,  21 ;  mit  seinem  schöpfen  war  er  gar  nicht  zufrieden, 
dasz  er  ihm  einen  magen  gegeben  hatte;  denn  er  glaubte, 
der  mensch  würde  viel  ersparen  können,  wenn  ihn  nicht 
hungerte.    Raheneb  sal.  1,196; 

da  sprach  der  wolf  (tum  lamm) :  die  sach  ist  schlecht, 

du  korapst  mir  jetziindt  eben  recht, 

dieweil  mich  hiingert,  soit  du  mir 

zutheil  werden.    Albehls  Esoji  (1550)  s.  14; 

mutter,  rouiter!  es  huugert  mich, 

gib  mii  brot,  sonst  stirt)  ich!    Ubland  volksl.  270: 

es  hungert  mich  nach  etwas  schlägt  schon  in  die  bedcutung  4 
über:  mich  hungert  nach  fischen,  piscis  e.iurilur  Stieler  C45. 

2)  auch  unpersönliches  hungern  mit  dativ  findet  sich  {vergl. 
ebenso  6e»  dürsten  </ieii  2,  sp.  I75l):  ob  deinem  feind  hungert, 
gib  im  ze  essen  und  ob  im  dürst,  gib  im  wasser  zu  trinken. 
bibel  14S3  304;  als  ihnen  hungerte,  pers.  rosenth.  i,G;  es  sei 
denn  dasz  ihnen  hungere.  3,6; 

dem  railLsherrn  hungerte.    Zachariä  1,  195. 

3)  persönlick,  ich  hungere  habe,  ertrage  hunger:  ahd.  we  iu, 
thie  thar  gisatöl^  birut,  bithiu  wanta  ir  hungeret.  Tatian  23,2 
{Luc.  6,25;  bei  Luther  tu  unpersönlicher  fügung  euch  wird 
hungern);  weil  nun  die  glocke  eben  zwei  schlug  und  jeder- 
mann hungerte.,  so  wurde  einhellig  für  gut  befunden ,  dasz 
man  vor  erst  zu  mittag  essen  ..  wolle.  Wikland  11.207;  so 
weisz  der  magen  recht  gut,  wenn  er  hungert  und  durstet. 
GJ^the  23,  243  ;  —  doch  wird  in  der  neuern  spräche  dien  persön- 
liche hungern,  gegenüber  der  unpersönlichen  fügung,  immer  mehr 
durativ  verwendet:  die  reichen  müssen  darben  und  liungern. 
ps.  34,11;  fiihe,  meine  knechte  sollen  cs.<!en,  ir  aber  soll 
hungern.  Jes.  65, 13;  da  sie  \n\  lange  hungerten.  Luther  4,  IM*; 
ich  aber  wolle  lieber  hungern,  als  meinen  leib  so  abmergeln 
{mit  wache  stehen).  Simpl.  1,300  hurz; 

in  freiheit  dich  zu  setzen  und  in  ihr 
zu  hungern.  Glkiii3,  37U; 

einen  hungern  lassen :  er  demütiget  dich  und  lies  dich  hungern. 

S  Mos.  H,  3 ; 

und  weh  dem  armen  leurel  von  lakaien, 

der  eine  nacht  fie  (die  nac/i(i<;"//frii  iMiiigern  I6«zi! 

Kl.  ScimiDT  popt.  br.  67; 

ein   hungernder   magen ;   der   arme  hat  nicht  brot  fdr  Mine 
hungernden  kinder; 

ihr  dkmpn  den  zonirur.  o  dcipoifn, 

d«<i  Volke«  nicht,  da«  Umigrrna  droiil. 

i'lllllLII.IIATH    iIilKI       t,    l"--! 


HUNGERN— HUNGERQUELLE    1948 

4)  hungern  übertragen  {vgl.  oben  hunger  3),  heftige  begierde 
haben,  verlangen;  in  persönlicher  und  unpersönlichn  construction, 
häufig  wird  da.s  veila?igte  durch  nach  mit  dem  dativ  verbunden : 
selig  sind  die  da'  hungert  und  dürstet  nach  der  geiechtigkeit, 
denn  sie  sollen  sat  werden.  MaUh.  5,6;  meine  predigt  ist 
süsrer  denn  honig  . . .  wer  von  mir  isset,  den  hungert  inmier 
nach  mir.  Sir.  24,28;  aber  die  seulc  ..  hungert  und  dürstet 
nach  dir.  Scnuppiüs  435;  liebe  hat  nur  ein  gut,  thut  verzieht 
auf  die  ganze  übrige  schüpfuiig;  herrschsucht  hungert  beim 
raube  der  ganzen  natur.  Schiller  Fiesko4,H;  schon  hungert 
ihn  nach  dem  vermögen  anderer,  welches  er  als  seine  beute 
ansieht.  Rabener  sat.  4,360; 

hab  er  beinah  sich  blind  und  stciT  gegafTt, 

ob  seiner  hungernden  begierde 

ein  günstig  fenster  nicht  sich  endlich  ölTnen  würde. 

WlKLA-«!.  -21,  1S7. 

in  obscönem  sinne  {vgl.  hunger  3  a.  e.): 

ich  urteil,  ainer,  der  ein  Trauen  hat, 

und  si  des  nachts  ser  hungKrn  lai, 

und  l'uoters  guuog  hat  in  seim  parn, 

uml  wil  das  iiudren  pübin  sparu, 

und  sein  Trauen  lest  hungern,  dasz  si  nicht  mag  slafen, 

den  sol  man  an  seinem  leib  durunih  strafen. 

fii\tn.  sp.  310,  5; 
hungert  die  dirn  ob  im  knice;)., 
so  schol  ir  mulcr  darnach  stellen, 
und  schol  ir  vor  gehen  aiim  jungen  gesellen.    747.  29. 

5)  in  dieser  bedcutung  (4)  ist  hungern  auch  transitiv,  aber 
ungewöhnlich,  gebraucht : 

herr,  speise  mich  mit  dir,  ich  dürst,  ich  hunger  dich, 
du  bist  das  himinelhrodt.  Fleui>g  30; 

vgl.  dazu  dürsten  2,  titeil  2,  sp.  1751. 

6)  reflexives  hungern,  mit  einem  ortsadverbium,  hungernd  wohin 
gelangen : 

so  lang  ein  edler  bicdermann 

mit  einem  glied  sein  brot  verdienen  kann, 

so  lange  schäm  er  sich,  nach  gnadenbrot  zu  lungern! 

doch  thut  ihm  endlich  keins  mehr  gut, 

50  hab  er  stolz  genug  und  niuih, 

sich  aus  der  weit  hinaus  zu  hungern.    Bürger  79'; 

auch  mk  angäbe  der  Wirkung:   ich  war  krank,  aber  ich  habe 
mich  gesund  gehungert. 

7)  einen  hungern,  hungrig  machen,  hunger  leiden  lassen  {rgf. 
au.xhungern),  sich  hungern,  sich  der  nahrung  enthatten:  die 
fnio  äjen  und  trunken  und  in  der  füll  lebten  {bei  einer  seuclte), 
den  geschach  nihts.  welche  aber  sich  hungerten ,  sam  die 
Walhen  pflegcnf,  die  stürben,  wan  der  püs  lull  duichgienc  si. 
Megenberg  112,13;  bairisch  einen  hungern,  ihn  hunger  leiden 
lassen.  Schm.   1,1132  Fromm.; 

0  diese  krankhcit  ist  verflucht, 

sie  hungert  beide  leib  und  seel.    H.  Sachs  3,  3,  10; 

mit  angäbe  der  Wirkung:  einen  zu  tode  hungern,  jugiJare  aliquem 
inedia,  fame  suffocare,  enecare  Stieler  645. 

b)  in  der  spräche  der  gerber  heiszl  es  die  leder  haben  in  der 
grübe  gehungert,  wenn  sie  nicht  lohe  genug  bekommen  haben. 

HUNGERNUTIG,  adj.:  famelicus,  das  ist  hungerig,  hunger- 
stölig,  hungcrnotig.   Thur.neiszbr  magn.  alch.  2,115. 
HUNGERPEIN,  n.; 

hier  soll  sie  liegen, 
bis  hungerpein  und  lieber  sie  verzehrt. 

.SliiiUesp.  Uaclielb  h,  5; 
here  Ict  them  lle, 
tili  faminc  anJ  tlie  ague  eai  them  up. 

HUNGERPFOTE,  f.:  in  der  redensart  die  hungerpfoten 
saugen,  in  hunger  leben  (Auelung),  nach  dem  bdr,  der  im  utnler 
darbend  an  seinen  tutzen  saugt. 

HUNGERPREDIGKR,  m.  hungriger,  armer  prediget :  dasz  ich 
mich  srhaiidc  ballier  krumm  biege  und  daher  trete,  wie  ein 
hungerprediger,  kein  aulselm  zu  erregen.    Fr.  Müller  2,  Ibo. 
IIUNGERQUAL,  f  media,  csuries;  hungcrsqual  Srium  us:; 
ihn  (den  wolf)  quälte  hungorqual.    Hückku 
ich  hin  ^;;ll   ein  ;uiiii'r  wicht, 
|.        ■  .  ■  • 

!  <\\n\ 

II  '  >     iiiiiic.    UDrckr  50>. 

HUNGERQUELLE,  /.  was  huugerbrunnrn:  {ein  tliurm  in 
Halle)  hat  einen  qiiellbruiinon,  .  .  web  her  vor  eine  hunger- 
qui-lle  ausgegeben  und  ans  dessen  starken  oder  schwaibtii 
aherlaufen  von  dem  gemeinen  mann  Iheurung  oder  wohlfnle 
zeit  geweisHagel  wird.  DrkyhauI'T  Saalcreys  t,  1016.  in  über- 
trayrner  bedtutiiny:  die  leichligkeit,  durch  titglich  wiederholte 


1949   Hl  >  GERRECHEN  —  HUNGERTHURM 

versuche  die  hungeiquelle  des  Vergnügens  zu  erschöpfen. 
Thüüjiel  5,55;  diese  bisher  bald  strömende,  bald  stockende 
hungerquelle  von  thränen.  J.  Faul  biogr.  belusL  1,90;  in  uns 
verfeinerten  ständen  hingegen  musz  . .  die  hunger(juelle  der 
rübiung  nur  alimälig  versickern,   leben  Ftbels  62. 

HÜNGERRECHE.N ,  m.  tras  hungerharke.  Jacousson  2,2%'. 
HÜNGERSCHLANK,  adj.  schlank  durch  huwjer: 
der  hungerschlanke  leib.    Lksau  Faust  93. 
HUNGERSCHREI,  m.  schrei  vom  hunger  hervorgerufen: 
es  schien  des  volkes  hungerschrei 
recht  in  der  seele  dich  zu  kränken. 

Freiligrath  dicht.  3,  105  ; 

der  schrei  der  nolb,  der  hungerschrei.    149. 

HUISGERSCHWARM ,  m.  ein  hienenschtcarm ,  der  mit  der 
kOnigin  den  stock  aus  mangel  an  nahrung  gänilich  verldszt. 
Nehhich. 

HÜNGERSFALL,  m.: 

im  huugersrall  ein  bissen  brot, 
ein  labescliluck  in  durstesnoth 
genügen  uns  zur  kost.    Bi^RcsB  112*. 

HUNGERSNOTH,  f.  i)  quälender  Hunger  {eines  einzelnen 
menschen) : 

lone  beter  ke^d  noch  smalz, 

weder  pfeffer  noch  salz  : 

sin  salse  was  diu  hungernöt, 

diu5  (Jus  erlegte  uild)  im  briet  unde  söt. 

daj  ei  ein  süejiu  speise  was.    Iwein  3279; 

klagte  dem  wirte  hungersnöt.    Parz.  142,  21 ; 

gab  mir  al  tag  für  hungersnoth 

nicht  mehr,  als  nur  zwei  stücklein  brot. 

}.  Atrer  341'  (1711,  29  Keller); 

voll  angst  ist  dem  sein  herz,  wer  leidet  hungersnoth. 

pers.  rofentli.  7,  20; 

des  müllers  henn  und  wittwers  magd, 
hat  selten  hungersnoth  geklagt. 

PisTORics  thes.  par.  5,  30 
ich  jage  (spricht  der  weiß 
nach  einem  bissen  sieben  tage, 
die  freiheit  bringt  mir  hungersnöt.    Glkiii  3,  380. 

2)  not  des  hungers  {in  einem  ganzen  bezirke):  in  hungersnöt 
oder  in  hungers  zyt,  t«  fame  Maaler  233* ; 
die  üjeren  sprächen :  hungersnöt 
habt  ir  gedolt,  ir  armen  (belagerten).    Pari.  209,  4 ; 

unter  dein  käyser  Honorio  ist  zu  Rom  eine  solche  grausame 
hungersznoth  entstanden,  dasz  die  menschen  haufenweis  ein- 
ander angefallen.  Schüppios  782; 

{ich  habe)  die  Stadt  in  hungersnoth  mit  Ostens  körn  gespeiset. 
A.  Grtphics  1698    1,378; 

hungersnoth  am  Nil.    Gottbr  1,  t>3. 

HLNGERSPLAGE,  f.  malesuada  fames,  inedia.  Stieler  1458. 

HUNGERSTELLE,  f.  anstellung  die  das  darben  nicht  hebt: 
wir  haben  hier  eine  hnngerstelle  {sagt  eine  arme  lekrersfrau). 
Auerbach  neues  leben  (1862)  2, 14. 

HUNGERSTERBEN,  n.  das  sterben  durch  hunger:  so  hette 
er  das  hungersterben  auch  gewisz  vor  sich.  anm.  weiszh. 
lustg.  681. 

HUNGERSTÖTIG ,  adj.  hungerig,  der  groszen  hunger  hat, 
esurio,  cibi  avidus  Maaler  233*;  hungerstötig  wölff,  turba  im- 
pasta  luporuvi  ebenda ;  famelicus ,  das  ist  hungerig ,  hunger- 
stötig, hungemötig.  Thur.seiszer  magn.  alchym.  2, 113. 

HUNGERSTÖTIGE,  f.  jejuna  cupido.  Maaler  233*. 

HUNGERSUCHT,  f.  krankhafter  hunger :[ 

der  hungergott  fuhr 
ausz  seiner  kalten  hölenkluTt 
und  schwang  sich  gar  schnell  durch  die  luft, 
fund  Eristcbton,  d^s  er  schlief, 
dem  bliesz  er  ein  gar  stark  und  lief 
die  unersetten  hungersucht.     H.  Sachs  4,  3,  112*. 

HUNGERTAG,  m.,  plur.  -tage,  tage  uo  Hungersnot  herscht: 

aus  feldesfrüchten  bah  ich  ihn  (den  kiant)  gewunden, 
wie  du  in  hungertagen  sie  gespendet.    Uhland  geä.  148. 

HUNGERTHURM,  m.  thurm  in  den  veibrecher  zum  verhungern 
geworfen  werden:  dann  werden  wir  (in  einem  trauerspiel  Ugolino) 
in  den  hungerthurni  geführt.  Güthe  33,214:  wenn  ökonomi- 
sche Schreiber  den  Icscr  lange  durch  uöthige  hungerkuren 
und  fastenzelten  durchgezogen,  und  sie  ihn  eben  nun,  da  er 
fürchtet ,  in  einen  Ugulinus-hungerthurm  hinab  zu  steigen, 
plötzlich  vor  eine  suppenanstalt  bringen :  hiinmel ,  wer  be- 
schreibt das  entzücken  und  den  genusz?  J.  I'aul  vorseh.  der 
isth.-l,U;  der  könig  schrieb  zurück,  die  mutier  solle  in  den 
bungerthurm   geworfen    werden,    da  wurde  die  geniahlin  des 


HUNGERTITEL  —  HUNGERTUCH 


1950 


königs   wirklich   in    den    bungerthurm  gesperrt.   Ver.nalese!« 
ötterr.  kinder-  u.  hausmärchen  s.  178. 

HUNGERTITEL,  t».  titel  bei  dein  man  hungert,  der  iiulUs 
einbringt : 

sich  nicht  aus  phantasei  nach  hungertitelu  dränget. 

B.  Neukirch  geil.  U'J. 

HUNGERTOD ,  m.  tod  durch  verhungern :  den  hungertud 
sterben ;  die  wenigen  terzinen,  in  welche  Dante  den  hunger- 
tod  Ugolinos  und  seiner  kinder  eiuschlieszt.  Götue  33,211. 

HÜNGERTUCH,  «.  l)  luch  womit  zur  fastenzeit  der  altar  ver- 
hangen ward,  mhd.  hungertuoch  (Leser  wb.  1,13S7):  telum  hunger- 
tuchDiEF.  009';  item  ein  mechtig  schön  fastentuch  oder  hunger- 
tucb  uff  200  linwat.  verz.  des  kirchenschatzes  im  Berner  münsler 
in  MoNEs  anz.  5,  376;  dich  soll  Icrcri  das  hungertüch,  das  man 
uf  spant,  im  selben  1er  zu  dem  ininsten  abstinenz  und  fasten. 
Keisersberg  narrensc/i.  153*;  die  fasten,  palinlag,  und  marter- 
wochen  lassen  wir  bleiben  (bestehen)  .  .  .  doch  nicht  also, 
das  man  das  hungertüch,  palinenschieszen,  bilde  decken,  und 
was  des  gaukelwerks  mehr  ist,  halten  {soll).  Llther  3, 254' ; 
da  (m  den  fasten)  verhüllet  man  die  altar  und  heiligen  mit 
tucb,  und  läszt  ein  hungertüch  herab,  das  die  sündigen  leulh 
die  götzen  nicht  ansehen,  noch  die  heiligen  bilder  die  Sünder. 
S.Frank  weltb.  (1567)  133';  darnach  hat  man  .  .  die  bilder 
in  kirchen  verhenget  mit  dem  hungertüch.  Matuesius  postilla 
3,  86' ;  Toniials  ist  nach  päpstischen  gebrauch  das  so  genannte 
hungertüch  in  der  kirchen  s.  Johannis  zu  sehen  gewesen, 
welches  a.  1472  Jacob  Gürtler,  ein  gewürzkramer,  verfertigen 
lassGii  und  in  die  kirchen  verehret,  es  war  ein  groszes  auf 
leinwand  gemalles  gemälde,  worauf  90  biblische  geschichte 
alten  und  neuen  testaments  entworfen  .  .  dieses  tuch  ward 
alle  jähre  in  der  fastnacht  aufgehenkt  und  mitten  in  dem 
groszen  gange  der  kirchen  bis  oben  hinauf  gezogen  von  einem 
pfeiler  die  quer  über  bis  zum  andern,  alhvo  es  bis  auf  den 
guten  freitag  hangen  bliebe,  nachdem  es  200  jähre  gehangen 
hatte,  wurde  es  a.  1672  gar  abgeschafft.  J.  B.  Carpzov  analecla 
fastorum  Zitlaviensium  {Zittau  1716)  1,  63/'.;  das  hungertüch, 
ein  mit  biblischen  historien  bemaltes  tuch,  das  die  papislen 
von  der  fastnacht  bis  zum  charfreitag  aushingen.  J.  Fall  briefe 
u.  lebensl.  rorr.  j.  viii.  sprichwörtlich :  es  rcimpt  sich  eben 
wie  der  teufel  und  unser  berget  am  hunger  tucb.  S.  Fran« 
sprichw.  2,51'.  büJlich,  von  einer  finsternis:  von  diesem  hunger- 
thuch  das  fürgefallcn  ist ,  und  der  sonnen  ihr  bildtnusz, 
glänz,  schein  bedeckt  halt.  Paracelsus  opp.  2, 659A. 

•2)  im  16.  Jahrhundert  erscheint  die  redensart  am  hungertuche 
nähen,  flicken,  fasten,  kümmerlich  sich  behelfen,  die  keinen  bezug 
mehr  auf  das  kirchliche  Hungertuch  zeigt:  uiusz  oft  eine  gute 
fette  küchen  lassen ,  und  am  hungertuche  flicken.  J.  Rhode 
tugendsamer  weiber  Spiegel  (1586)  D  5' ; 

dein  eigen  weih  und  kind 

knecht,  meid  und  alles  hausgesiud 

das  musz  am  hungertüch  dir  nahen.    U.Sachs  1,164', 

er  musz  am  hungertüch  erst  neben.    364'; 

das  mus  er  neen  am  hungertüch.  5,  327'. 
gleichzeitig  und  später  heiszt  es  daßr  am  hungertüch  nagen . 
warlich,  gnädiger  berr,  am  hungertüch  nagen  macht  schwecb- 
lich  zu  schlagen.  Garg.  218';  andere  narren  sihe  ich,  welche 
ihren  reichtum  und  pracht  nur  berauszen  auf  der  gassen 
erzeigen  und  sich  statlich  sehen  lassen ,  aber  anheimbs  in 
ihien  häusern  am  hungertüch  nagen  und  nichts  weder  im 
zipfl  noch  sack  haben.  Albertiäds  Gusman  v.  Alfarache  (1616) 
*.  398;  inuste  ich  an  meinem  ordinari  hungertüch  nagen.  Laz. 
de  Tormes  44;  am  hungertucbe  nagen.  Schottei.  1112';  denen 
zum  theil  an  dem  hunger-  und  kummertuche  nagenden  cre- 
ditoribus.  mandat  des  herzogt  Friedrich  von  Gotha  vom  29.  nm 
1753  »»  den  Eisenachschen  wöchentl.  nachrichten  1753,  25.  stück; 
und  wenn  ich  auch  am  hungertüch  nagen  müszte.  Betti:<e 
briefe  1, 149; 

icb  Tüll  mein  wanst  und  wasch  mein  kragen, 
lasz  weib  und  kind  am  hungertüch  nagen. 

H.  Sachs  4,  3,  37" ; 

ich  war  ein  biedermann  und  nagte 
am  hungertüch.    Wulasd  4,  301  (106). 

3)  andere  redewendungen :  auf  königlichen  tafeln  breitet  man 
kein  hungertüch.   Otho  1365 ; 

dann  trat  ich  (der  sühn  eines  armen  webers  tprichl)  froh 

ins  kleine  zimmer, 
und  riefe:  vater,  geld  genug! 
dann  flucht  er  nicht,  duun  sagt  er  nimmer: 
ich  web  euch  nur  ein  bungerluch! 

Frf.ilicrath  dicht.  3,  84. 


1951       HUNGER  VIERTEL  JAHR  — HUNGRIG 

HUNGERVIERTELJAHR,  n.:  dir  drei  lelzlrn  monate  vor 
dfr  roggenernte  (juni,  juli,  august)  pflegt  man  das  trockene 
oder  hungerviertcliahr  zu  nennen.  Mülha-c*e  die  urreligion  des 
d.  Volkes  2S0. 

HUNGERWACH,  adj.  ttach  vor  hunger  : 

jetzt  heulen  wöIfe  am  verschneiten  gründe, 

wie  bettler,  hungerwach,  in  nächtger  stunde 

am  grabe  eines  milden  königs  jammern.    Linav  neue  ged.  79. 

HUNGERWIESE,  f.: 

(die  kunst  zu  reimen,  die)  dich  aber  auf  den  weg  der  hunger. 
wiesen  führt.     H.  Niuxiacu  yed.  141- 

HUNGERWURM,  m.  hunger  unter  dem  bilde  eines  uurms: 
ach !  niemand  that  mir  wa.s  ni  leide : 
allein  der  bungerwurm  nagt  mir  am  eingeweide. 

Mi'sÄL's  kiiiderkUippfr  64. 
HÜNGERWÜSTE,  f.  trüste,  hungersnot  erzeugende  gegend: 
was  thaten  wir,  als  halb  im  sa-nd 
Dourgoynes  beer  sein  grab 
durch  jene  hungerwüste  fand, 
und  halb  sich  uns  ergab?    Gökikgk  3,77. 

HÜNGERWÜTHIG,  adj.  mit  der  wut  des  hungers  behaßet: 
ein  griff  gäbe  dem  Lungerwülhigen  das ,  wofür  er  mahlzeit, 
rimmcr,  gastgeber  und  das  liaus  des  gnstgebers  kaufen  könnte. 
TiECR  not',  kränz  4.96. 

HüNGERZAHN,  m.,  phir.  -ziiline,  kleine  zacken,  fast  wie 
nadelspitzen,  auf  den  maldzälinen  junger  schafe;  es  pflegen  sich 
diese  zacken  zu  bilden,  wenn  die  jungen  schafe  nicht  zunehmen 
vollen,  wenig  fressen  und  elend  aussehen.    Nemnich. 

HüNGERZElT,  ti.  zeit  der  kärglichen  oder  stockenden  nahrung: 
das  fett  musz  hei  einigen  (Ihieren)  zur  erliaitung  des  lebens 
während  der  hungerzeit  dienen.  Brehm  iilitstr.  thierl.  i,xxxiv. 

HüNGERZITZE,  f.,  plur.  -zitzen,  zitzen  welche  sich  öfters 
innerhalb  der  lefzen  und  am  gaiimen  der  pferde  befinden.  Nemnich. 

HU.NGRIG,  adj.  und  adv.  hunger  habend;  aM.  hungarag, 
hungercg,  mhd.  hungere. 

1)  nach  hunger  1,  im  eigentlichen  sinne:  (sie  waren)  hungerig 
imd  durstig,  und  ire  seele  verschmachtet,  ps.  107,5;  brich 
dem  bungerigen  dein  brot.  Jes.  58,7;  ich  bin  hungerig  ge- 
wesen, und  ir  habt  mich  gespeiset.  ich  bin  durstig  gewesen 
und  ir  habt  mich  getrenket.  Malth.  25,  35 ;  hungerige  mucken 
beiszen  übel.  Schottel  1120*;  dem  hungrigen  ist  nicht  lang 
predigen.  1142';  lasset  mir  die  satten  fliegen  sitzen,  kommen 
hungerige,  die  saugen  und  saufen  viel  härter.  Schuppiüs  833 ; 
dem  hungrigen  bauch  schmeckt  alles  wohl,  hungriger  bauch 
singt  einen  bösen  alt.  eiaem  hungrigen  Lauch  kann  niemand 
lügen.  SiMBO«  sprichw.  269 ; 

auf  eines  felsen  steiler  höh, 
die  weder  gras  noch  fetten  klee 
dem  hungrigen  zur  speise  gab, 
stand  eine  ziege.    Glei*  3,  324; 
wann,  wie  ein  winterstrom,  der  brausend  überflieszt, 
sich  in  Campanien  dein  (Hannihals)  hungrig  beer  ergieszt. 

Uz  2,  58. 
bildlich,  vom  feuer :  itzt  verschlingt  dich  schnell  die  hungrige 
flamme.  J.  Paol  flegelj.  1,74; 

und  flammen  aihmcnd  in  die  bötten  drangen, 
und  ihren  Schlund  —  ein  hungrig  grab  — 
mit  menschen  fülleten.       Kahler  1,  39. 

2)  hungrig,  von  leiten  und  orten,  die  hunger  leiden  lassen,  wo 
nahrungsnot  berscht:  mhd.  hungerige  jär  hungerjahre  Lexer  wb. 
1,13*6;  dann  die  fuhr-  und  kaufieut  die  meiden  oft  die  weg 
zu  den  gastbäusern ,  wo  es  hungerig  daher  gehet ,  fahren 
weitem  umkreisz  herumb,  damit  sie  für  einen  bösen  und 
mühsamen  tag,  ein  guten  abend  bekommen.  Schlppius  740; 
aber  besichtige  Polen,  Preuszen  und  andere  niitnächtige 
lünder  . .  und  wer  ist  doch  der  nicht  weisz,  dasz  selbige  ort 
nicht  hungerige,  sondern  dem  paradeisz  schier  selbst  glei- 
chende ftrtcr  sein?  741. 

3)  hungrig  («ad»  hunger  3),  heftiget  verlangen  liabend,  be- 
gierig: füllet  die  hungerige  seele  mit  gutem,  ps.  107,9;  dann 
würde  mein  hungriger  stolz  satte  demuth.  J.  Paol  um.  löge 
t, 57;  wollen  wir  auf  die  deutschen  philosophen  hinschauen? 
jetzt  haben  wir  deren  so  viele,  dasz  nicht  einmal  der  hung- 
rigste eklektiker  noch  eine  neue  mehr  verlangt,  nachdämme- 
rungen  *.  66;  mit  entschieden  verdcluliclier  nebenbedeutung :  er  ist 
ein  hungriger  kerl,  gierig  nach  gewinn;  so  entstand  in  hungriger 
gescbwmdigkeit,  in  bankerotter  begeisteiung  das  leben  Napo- 
leon« (ron  IV.  SeoU],  ein  buch  das  .  .  .  gut  bezahlt  werden 
soll'»-.   M   Hnr»e  3,4«  ; 

nicht  hungrig  hungerharken  wir. 

Srnug  noch  (and  zu  lesen  hier 
er  wtii  und  wittw«  band.    Voss  2.  91. 


HUNGRIG  — HUNNE 


1952 


1,1  der  altern  spräche  heiszt  es  hungrig  eines  dinges :  dasz  die 
jungfrawp,  welche  so  lange  zeit  dem  Palinges  widerstanden 
und  ir  jungfrawschafl  erhallen,  dasselbige  in  ihres  bulen 
herrn  Galoars  armen  verlöre ,  welcher  dazumal  dieser  kurz- 
weil  ganz  hungerig  ward.  Amadis  277 ;  später  hungrig  auf, 
nach  etwas :  als  sei  er  nach  neuen  wundern  hungrig.  J.  Paul 
flegelj.  3,  81 ; 

wer  hungrig  ist  auf  lob,  ist  gern  an  tugend  leer. 

LoGAU  2,  144.  15; 
der  teufel,  hungrig  nach  dem  raube.    Gotte«  1,  156; 
die  lust,  die  jede  frau,  die  jedes  mädchen  hat. 
ich  bin  nicht  hungrig  drauf,  doch  bin  ich  auch  nicht  satt. 
der  putz,  der  ball!  Göthk  7,49; 

60  niederträchtig  unser  richter  ist,   so  hungrig  er  ist,  sich 
bestechen  zu  lassen.  Rabe<<er  sat.  3,  52. 
hungrig  in  obscönem  sinne : 

nimpt  er  ein  weib  zuo  der  ee, 

die  under  der  güriel  wer  hungrig  und  geitig.    fasln,  tp.  317, 12 ; 

ir  ding  ist  hungerig  als  des  wolfs  roagen, 

so  hat  mir  der  schaur  In  die  pnich  geschlagen. 

also  hungerig  ist  sie  und  so  geitig, 

das  mir  die  Kifarbeis  alle  nacht  sein  zeitig.    346, 16  (=  732, 10). 

4)  hungrig  in  der  gewerblichen  spräche  der  tuchmacher:  kein 
fleming  sal  sin  tuch  czu  hungerig  nvachen,  by  der'gesaczten 
busze.  Ortloff  rechtsquellen  1,291,  soll  jedenfalls  bedeuten  zu 
arm  an  kern,  zu  lockern  gewebes. 

HUNGRIG -NÜCHTERN,  adj.: 

dein  bungrich-nüchtrer  mund.    Wsckherlik  215. 

HÜNIN,  /".  riesin:  eine  hühnin  oder  riesentochter  ergieng  sich 
einst  auf  dem  rücken  des  Harzes.  Grimm  d.  sagen  1,368  no.  320. 

nÜNISCH ,  adj.  einem  riesen  eigen:  eine  bünische  gestalt. 
öfter  im  alemannischen  des  ih.jahrh.  war  hünisch  {mhd.  hiunisch) 
=  roh,  grob,  gering  an  stand,  eine  bedeutung,  über  deren  ent- 
wickelung  unter  heunisch  sp.  1291  nachzusehen :  den  tod  Über- 
sicht nyeman,  er  sig  jung  oder  alt,  edel  oder  hünisch,  gelert 
oder  ungelert,  rieh  oder  arm.  Keisersberg  trostspiegel  (1503); 
sonst  wol  auch  sittlich  roh:  racha  ein  unwirsch  1  hunnisch  {var. 
honisch)  wort  Dief.  4S2'.  —  Dasz  auszerdem  mhd.  hiunisch  als 
hinsch,  krankheitsname,  versteinert  sich  fortsetzt,  ist  sp.  1468  gesagt. 

HÜNKEL,  n.  junges  huhn ;  ahd.  huonichli,  huonichlin  (ale^ 
mannisch,  fränkisch),  mit  doppeltem  Verkleinerungssuffix  (vergl. 
jramm.  3, 681) ;  mhd.  buoniclin  (Ben.-MOller  1,622*),  pulcinus 
hunichlin  Dief.  47l';  später  zu  hünkel,  hinkel  verkürzt  und 
auf  die  mittel  fränkischen  und  benachbarte  landstriche  eingeschränkt, 
doch  übersetzt  es  noch  in  Petris  Basler  nachdruck  des  Ltilherschen 
neuen  testaments  desselben  küchlin:  kücblin  ,  hunklen,  junge 
hilnlin,  vgl.  Promm.  6,43*,  sonst  gilt  es  heute  in  der  Wetterau 
und  zwar  als  hünkel,  hinkel,  henkcl  Kehrein  205;  pullus  galli- 
naceus  ein  hünckel  Alb.  Hh2*;  im  bairischen  Rheinkreise  hünkel 
ScHM.  1, 1133  Fromm.;  im  westlichen  und  südlichen  Hessen  hinkel, 
küchlein  und  huhn  bezeichnend  Yilmar  170;  aus  diesen  land- 
strichen  stammen  auch  die  altern  in  der  Schriftsprache  angetroffenen 
belege:  vor  ein  baummeise  (die  unerlaubt  erlegt  ist,  soll  einer 
geben)  eine  huhenrechte  henne  mit  12  hinkein.  weisth.  1,465 
(Lorsch,  von  1423);  ein  koppechte  henen  und  zwölf  hunkeln. 
499  (Dreieich  bei  Frankfurt,  von  1338);  eine  falbe  henne  mit 
sieben  hünkeln.  535  (Rheingau,  von  1324);  wenn  euch  der  narr 
beim  halskragen  erdappt  hätte,  er  hätte  euch  zerrissen  als 
ein  junges  hinkel.  schaub.  engl.  u.  franz.  com.  2,145;  in  der 
form  hünklein:  die  junge  hinkelein,  so  noch  in  den  eyern 
stecken.    Uffenbach  neues  rossbuch  2,81. 

hünkel  ist  kosewort,  aber  auch  Scheltwort  für  eine  frauens- 
person  :  hinkel ,  dummes  hinkel  Vilmar  a.  a.  o. ;  für  personen 
ohne  unterschied  des  gesrhlechts :  und  da  sie  nicht  zu  ihrem 
gewöhnlichen  taglohn  kommen  mochten,  musten  sie  ihre  zeit 
(wie  dann  solchs  liederliche  hinkel  im  brauch  haben)  mit 
fratzcn  und  bossen  vertreiben,  wiszbad.  wisenhrunnl.  1,77;  im 
begegneten  drei  nasse  nackete  hinkel  mit  bickeln ,  hämern, 
schaufeln  etc.  In  willens  ein  grab  zu  berauben.  2,  5. 

HÜNKELDIER,  m.  habicht :  gesetzt  aber,  der  habicht  oder 
hünkeldieb  kSme  über  die  hüner.  Hätt-ckrn  den  ko  W*. 
im  Stift  Hersfeld  heiszt  der  habicht  hinkelhopcb  (hähntrhahichl) 
Vilmar  170. 

HUNNE,  n.  llunnut;  vergl.  beune  und  Hüne. 

HUNNE,  m.  centenarius,  ein  unterrirhter ;  schon  ahil.  bunno 
OHI  hundo.  rechtsall.  75«;  niedenhein.  bonne :  der  srboultis 
(irhultheisz)  sali  denie  boeden  bevelen,  dat  he  gebode  die  hon- 
nen  ind  (und)  dat  l.ind.  die  up  der  gerirbte  nnirh  geboerirh 
•int.  weitlh.  2,  708  (von  1375).     vgl.  bund,  hunde  tp.  191». 


1953 


HÜNSCH  — HÜPFEBEIN 


HÜPFELN  — HÜPFEN 


1954 


HÜiNSCH,  f.  pest.  s.  hinsch  $p.  1468 : 
das  dich  die  bül  emurgen  mi'isz, 
die  liünsch  und  ouch  do  mil  die  driesz.     Mikser  fjeuchm.  y2*. 

HUNSTKRAUT,  n.  sonÄ  hinsclikraut  s/>.  1470;  tgl.  die  stelle 
unter  beinskrniit  sp.  8^7. 

HLNTE.N,  adv.  kürzung  aus  hie  unlen  sp.  1321:  sein  land 
ligt  im  sogen  des  lierrn,  da  sind  edle  fruchte  vom  himel, 
vom  taw,  und  von  der  tiefe  die  hunden  ligt.  b  Mos.  33,13; 
es  ist  kein  gott.  weder  drohen  im  himel,  noch  hunden  auf 
erden.  1  km.  S,  23 ;  fodder  dir  ein  zeichen  vom  herrn  deinem 
gott,  es  sei  hunden  in  der  helle,  oder  droben  in  der  höhe. 
Je«.  7, 11 ;  auch  ßir  drunten  oder  bloszes  unten :  der  pfarrer 
hat  heut  ein  hirschkalh  geschenkt  kriegt ;  das  hängt  bunten 
in  der  küchenkanmier.  Göthe  57, 167. 

HUNZ,  adj.:  und  will  der  huntz  und  karg  bauer  als  .  .  . 
erkargen  und  ersparen.  Valextis  Schumann  nachlbiichlein  (l559) 
2,  47.  dieses  hunz  ist  uol  nicIUs  anders  als  der  gen.  hunds  aus 
der  phrase  des  lunuls  sein,  karg,  filzig,  schmutzig  sein  {veryl. 
hund  16,  a  am  ende),  hier  adjeelirisch  gebraucht. 

HLNZE.X,  rerb.,  zunächst  in  reflexiver  ßtgung  sich  hnnzen, 
sich  schinden,  plagen:  vergessen  wir  nicht  ganz  unsere  existenz 
und  kraft,  da  wir  länger  uns  mit  solchen  dampfseelen  hunzen, 
die  weder  für  himniel  noch  hölle  geschaffen  sind.  Fr.  MClleb 
2, 17,  ist  deutlich  an  hund  in  der  bedeutung  7,  5/).  1913  ange- 
lehnt, und  wol  nichts  als  eine  frcquentativbildunq  auf -zen,  ahd. 
-azan  {gramm.  2,  21' fg.),  also  mit  der  urs]}rünglichen  form 
hundezen,  hundzcn,  vie  ein  hund  sich  gebirden  oder  wie  ein 
hund  es  haben,  gerade  nie  ahd.  riinazan  susurrare  auf  das  subst. 
rftna,  und  das  noch  heutige  bair.  himlizen  (Schm.  1,1112  fromw., 
vgl.  oben  sp.  1371)  auf  himmel  zurückgeht,  an  fremde  herkunft 
des  uorics  ist  nicht  zu  denken,  auch  nicht  dasz  es  ableitung  ron 
dem  compos.  hundaas  {sp.  1910)  sei.  zu  der  angenommenen  her- 
leitung  slimmt  auch,  wenn  einen  hunzen  Iteiszt  einen  übel  be- 
handeln (Fromm.  5, 465  ausiglau);  vgl.  dazu  die  redensart  einem 
den  hund  lesen  sp.  1913,  und  die  composita  herunterhunzen 
sp.  11S9,  aushunzen  th.  1,  SS9.  die  bedeulungen  ron  verhunzen, 
verderben,  schimpfteren  (schweizerisch  lieiszt  es  verbunden  Stalder 
2,  62),  und  zerhunzen  verderben ,  vernichten ,  viderslreben  eben- 
falls der  gegebenen  deutung  nicht. 

HÜP,  s.   hip  sp.  1552. 

HUPE ,  f.  siißtalhorn  viit  nur  einem  tone,  dem  ton  aus  dem 
nachtwächterhorn  ähnlich:  dasz  es  .  .  zweckmäsziger  wäre,  als 
Signal  für  das  ausweichen  (auf  einer  pferdeeisenbahn)  eine  sog. 
hupe  einzuführen ,  wie  man  sie  hei  feuerwehren  und  auf 
manchen  bahnen  bei  den  bahnwärtern  zum  signalgeben  be- 
nutzt. Leipziger  lagebl.  vom  M.juni  1^72,  l.  beitage;  das  hupen- 
signal.  ebenda. 

HÜPELCHEN,  HCPEULNGE,  s.  unter  hippiein  sp.  1554. 

HUPF,  m.  saltus,  ««  saut,  diction.  (Genf  1695)  s.  178;  that 
einen  hupf  hinunter  ins  wasser.  Bechstein  märchen  4.  vgl. 
hopp  2,  sp.  1798. 

HUPFAUF,  HLPFAUF,  eigentlich  imperativ  zu  aufhüpfen 
th.  1,  sp.  672,  als  subst.  masc.  in  zweifaeher  bedeutung  begegnend. 

1)  name  eines  tanzes  in  dreilheiligem  lad.  der  hupfauf  als 
vAerschr.  in  Newsidlebs  netrgeordent  künstl.  lautenbuehe  (iiürnb. 
1536)  th.  I,  bl.  e2'; 

ei,  jizt  geht  erst  der  hupfauf  an : 

drumb  habt  nur  achtung  auf  mein  geign! 

i.  Atrer  fastn.  sp.  100*  (2840, 4  A'cMcr) ; 
Prelor:  ach  hör  auf!  dann  ich  aller  mann 

fürwar  nit  lenzer  tanzen  kan. 

siehst  nicht,  wie  mir  der  schweisz  rab  lauft? 
Dölla:    ei  herr,  jtzt  kummt  erst  der  hupfauf.    101'  (2S46.20). 

übertragen  auf  eine  geile  regung:  ein  wolbelagter  man  bei  siben- 
zig  jaren  all,  dem  der  hupfauf  schier  gelegct,  doch  darumb 
im  die  flammen  und  brunst  der  liebe  nit  gar  auszgeschlagen 
noch  vergangen  waren.  Bocc.  (töSO)  1,36'. 

2)  hupfauf,  der  sattelförmige  bruslknorhen  von  vögeln,  vorziig- 
lich  von  gänscn.  aus  denen  kinder  rin  von  selbst  aupiüpfendes 
Spielzeug  machen.  RCdicer  neuester  Zuwachs  2,86;  auch  hopf- 
haus genannt,  ebenda  5,207;  in  Baiern  hupfhainzel,  hupfer- 
hänsel.  Schm.  1,1142  Fromm,  aus  seiner  färbe  weissagt  man 
das  künftige  winterweiter,  vgl.  Grimm  mythol.  loes/".  ; 

der  hüpuf  ist  so  gut  als  .sonst  ein  allmanach, 
die  Itauern  sehn  daraus  des  winters  ungeniach. 

neu  ernffnrtes  musencnliinpt  (lj>z.  1702)  .«.  1141 
(ijed.  mU  der  iibcnclir.  Gänsc-TolTels  gebratene 
märtensgans). 
HCPFEBEI.N  ,  m.   scheltnamc  ßr  einen  funkenden ,   empusa, 
claiidicans.  Stieler  124. 
IV.  II. 


HCPFELN  ,  rerb.  leicht  oder  viel  hüpfen :  saitare  hopfein 
Diet.  509' ;  das  er  anfieng  vor  rachgieriger  boszheit  zu  veils- 
dänzelen,  zu  hupfeien,  schupfelen,  zabelen,  strabelen,  zitteren. 
Cart/.  lll';  da  muszt  sie  der  jung  reutersknab  anführen  und 
üben  mit  sprengen,  dummelen ,  umbwerfen,  springen,  den- 
zelen,  hupfeien.  132';  und  rennt  und  springt  und  hüpfelt  in 
allen  linien  um  unsern  körper.  Tiecr  ges.  nov.  6,338;  als 
daher  der  kreis  sich  gebildet  hatte ,  schritt  oder  hüpfelte 
vielmehr  diese  dichterin  des  woblthäligkeitsvereins  zur  heiligen 
quelle.  Immerman.n  Münchh.  2,  S7. 

HUPFELKEI,  m.  hüpfender  tanz,  vcrgl.  unier  huppellanz 
sp.  1799:  der  hupfelrei  unter  namen  von  spielen  Garg.  165*. 

HÜPFEN,  rerb.  saitare.  auf  die  interjeclion  hopp  fithrte  direct 
das  sp.  1799  aufgefidirte  verbum  lioppen  zurück,  das  nicht  nur 
nieder-  und  mitteldeutsch,  sondern  gleichmäszig  oberdeutsch  bezeugt 
ist.  nebeufonn  zu  diesem  hoppen  ist  das  unten  folgende  huppen, 
huppen  ;  diesem  zunäclisl  steht  die  form  hüpfen ,  dessen  labiale 
pf  nach  oberdeutscher  neigung  aus  pp  verschoben  ist.  der  umlnul 
ist,  namentlich  in  der  altern  spräche,  sehr  schwankend  durch- 
gedrungen, neben  hopfen  sp.  1795,  das  sich  dem  vocale  nach  ganz 
zu  hoppen  stellt,  ersciieint  hupfen  häufig,  und  noch  ron  G^ithe 
bevorzugt;  hupfen  saliie  Graff  4,833  (vom  ende  des  ll.  jahrh.); 
hupfen,  salire,  assilire,  saitare,  rulg.  springen,  hupten  vor 
freiden,  assilire,  pre  gaudio  salire.  voc.inc.  lheut..kb';  tripudiare 
utTspringen  I.  -hupfen  mit  schritten  vor  freuden.  Dief.  59"' ; 
hupfen  als  alleinige  form  verzeichnet  Frisch  1.477";  ebenso  hair. 
nur  hupfen  Schm.  1, 1141  Fromm.,  wie  tiberhaupt  in  den  süd- 
deutschen mundarten. 

Das  wort  bedeutet 

l)  sich  in  kurzen ,  stoszweisen  Sprüngen  bewegen ;  selten  als 
eine  art  des  hinkens,  rergl.  oben  hüpfebein ;  weil  er  (der  hund, 
dem  drei  beine  abgehauen  waren)  gleichwidl  auf  dem  riiicn 
hüpfete.  }>ers.  rosenth.  1,6;  vielmehr  als  eiiienthümliche  bewegvng 
leicht füsziger  oder  freudig  bewegter  menschen  und  gewisser  thier- 
arten :  das  kind  hüpft ;  vögel  hüpfen  auf  den  zweiten ;  der 
(loh,  der  frosch  hüpft;  frewet  euch  als  denn  nnd  hüpfet, 
denn  sihe ,  ewer  lohn  ist  gros^  im  himel.  Luc.  6, 23 ;  da  ist 
die  stimme  meines  freunds,  sihe  er  kompt  und  hüpfet  auf 
den  bergen,  und  springet  auf  den  bügeln.  Iiohel.  2,  S ;  ir  berge, 
das  ir  hüpfetet  wie  die  lemmer,  ir  hügel ,  wie  die  jungen 
Schafe,  ps.  114,6;  doch  das  solt  ir  essen  von  vögeln,  das  sich 
reget  und  gehet  auf  vier  füszen,  und  nicht  mit  zweien  beinen 
auf  erden  hüpfet.  3  3/os.  11,21;  die  krähe  gebet  irs  hupfens 
nicht  ahe.  iSeandeb  spr.  8 ;  mit  gleichen  füszen  hüpfen,  ludere 
jnnclis  jiedibus,  mil  einem  beine  hüpfen,  unica  iibia  saitare, 
Empusac  ludum  ludere  Stieler  856; 

vil  kleine  grasemücke  {zu  einem  mädchcn  gesägt), 

wä  w^iltu  hüpfen  hin 

üj;  dem  neste?    minnes.  Ilagen  2^124*; 

man  soll  den  fröschea  ein  tanz  machen  (ihnen  zu-'trtzen), 

das  ihnen  das  hüpfen  vergieng.    froschmdus.  Kn5"  (3, 1,  I); 

die  elster  renkt  den  steisz  und  last  das  hüpfen  nicht. 

GC5THER  972; 

schon  als  hüpfender  knab,  ehe  der  bardenkunst 

funken  in  mir  entglomm.     Hcltt  69  Halm; 

der  kleine  flügelbube  hupft.  Göthe  1, 149. 
als  sinnverwandt  wird  formelhaß  verbunden  hüpfen  und  springen, 
und  auf  die  wesentlich  gleiche  bedeutung  zielt  die  redensart  ge- 
hupft wie  gesprungen,  tout  meme  chose  Fromm.  6, 156  (aus  Tirol, 
aber  auch  in  Mitteldeutschland  verbreitet);  doch  ist  auch  hüpfen 
dem  springen  entgegengesetzt: 

wie  jeder  doch  die  beine  lupft! 

sich  wie  er  kann  herauszieht! 

der  krumme  springt,  der  plumpe  hupft 

und  fragt  nicht  wie  er  aussieht.    Göthe  12,  228. 

es  heiszl  davon ,  dahin ,  fort ,  heran ,  herein ,  hervor  «.  s.  w. 
hüpfen ;  auf  etwas  oder  einen,  in  etwas,  über  etwas  hüpfen : 
wo  die  stigel  nider  ist,  da  hupfen  die  hund  all  über.  S.  Frank 
sprichw.  2,  38' ;  die  andern  hupften  alle  einer  uinb  den  andern 
hernach  (der  erste  war  über  den  zäun  gesprungen).  Kirchhof 
tcendunm.  257*;  mit  diesen  wortcn  hüpfte  ich  .  .  zu  meiner 
theorbe,  leierte,  indesz  ich  sie  stimmte,  ein  präludium. 
WlELAND    12,92; 

sie  hüpfet  mit  im,  als  ein  liege, 

in  der  Stuben  en  twcr.     Haijemt  gm.  abcnl.  3,  121,  372; 

konik.  der  Markolf  ist  uns  cntslupfi, 

ausz  UDsem  panden  ganz  gehupft,    fattn.  sp.  539,24; 

drumb  lasz  mich  (einen  floh)  wider  anhin  hupfen. 

B.  Waldis  Emp  3,  82,  9 ; 

der  frosch  hüpft  in  den  pfuel, 

wan  er  auch  säsze  auf  güldnen  stuel.    Schottel  1131*; 

123 


1955 


HÜPFEN 


HUPFEN  — HÜRDE 


1956 


inil  dem  blumenstrausze  vurii  am  busen 

hupTte  dann  das  niadchen 
durch  die  veilchen.    IIöltt  50  Halm; 

Laura,  die  grazie, 
Laura  hüpfet  daher.    70; 
vergönne  doch  auch  der  süszcn  Cythcrc 
den  zutritt,  und  o !  dem  freundlichen  Amor, 

der  leicht  gerüstet  vor  ilir  hüpl't.    IUmlbr  1,  6; 

hüpfte  die  kleine  liederfreuudin  (eine  wuchlcl) 
auf  die  laute  des  mädchcns.      IS; 
Freude  hüpfe  voran,  Unschuld  begleite  dich.    100; 
»inicr  dem  schauer 
hüpfte  Packan  (der  hund)  frohknurrend. hervor;  und  sie  wehrte 

dem  schmeicheln. 
Voss  1,  1U2  (Luixe  2.  225). 
mit  einer  ins  zeülidie  umschlagenden  näheren  beslimniung: 

wie  solch  ein  nützlicher  roman 

fing  eure  liebe  sich  einst  an. 

doch  nach  verlauf  der  ersten  bände  .  .  . 

da  hüpftet  ihr  geschwind  ans  ende 

und  wurdet  glücklich.     Gottkr  1,  44. 

unter  spielen  Kird  aufgezählt  hupf  inn  klce.  Garg.  16S';  ein 
ersonnener  eigenname  ist  Hupfinsgrasz.  ebenda  161*. 

2)  hüpfen ,  tanzen ,  tanzsprünge  machen :  tripudio  ich  hupfe, 
lianze  Dasyp.  ;  da  sie  den  könig  David  sähe  hüpfen  und  spielen 
(i'or  der  bundeslade).  1  chron.  16, 29 ;  da  danzlen ,  sclmpflen, 
liupflcn,  lupften,  sprungen  (sie)  .  .  nach  den  lustigen  Schal- 
meien. Garg.s2';  da  hüpfen  sie  auch  wol  nach  einer  rostigen 
truinpel,  hackniesser,  liecken  oder  dergleichen,  fac.  fac.  42S ; 

zippelzchen,  hüpfen  nach  der  gigcn, 
wandelieren  hin  unt  her, 

des  sint  si  meister  gar.    mmnes.  3,  280,6  Hagen; 
da  fiengen  sie  auf  einem  plan 
bei  Arnensberg  zu  hupf«n  an, 
und  hielten  einen  singentanz.    E.  Albehus  238; 
wie  sich  leise  der  kahn  schaukelt  auf  silberner  Ihn, 
hüpft  der  gelehrige  fusz  auf  des  lacts  melodischer  woge. 

Schiller  der  tanz. 

3)  hüpfen,  von  ähnlichen  bewegungen  des  hcrzens,  des  blules 

in  der  freude:  ein  reizender  gegenständ!  riefSerlo;  das  herz 

hüpft  mir,  wenn  ich  sie  ansehe.  Gütue  19,169; 

miu  herze  hüpfet  nibncgen  sprunc. 

miiincs.  3,  370*  Hagen ; 

vor  freudt  hupft  mir  das  herze  mein. 

J.  Ayrer  45«  (240,  22  Kelter) ; 

dasr  die  hoffnung  zu  ct^^erhen  das  blul  in  den  ädern  iiüpfcn 
macht.  Freytag  handschr.  3, 124 ; 

wohl  dem  menschen,  dem  das  blut 

in  den  ädern  hüpfet.     Gotter  1,  109. 

in  grausamem  scherze  ward  bei  der  entluiuptung  gesagt,  der  kojif 
hüpfe  über  die  klinge  (vgl.  t/i.  5. 1173):  man  soll  wol  fürsten 
funden  haben,  wenn  er  (Carlsladl)  solche  stücke  in  iren  landen 
fürneine, .  .  die  im,  sampt  seiner  rotte,  den  köpf  hellen  über 
eine  kalte  klingen  lassen  hüpfen.  Lutheb  3,46'; 

das  er  in  lasz  hupfn  über  klingn.    II.  Sachs  3,  1,  118*. 
das    ungebome   kind    hüpft  im  miilterleibe:    sihe,    da  ich  die 
stimme  deines  gniszes  hörele,   hüpfet  mit  freuden  das  kind 
in  meinem  leibe.    Luc.  1,44. 

4)  hüpfen  bildlich,  von  flüchtigem  hingehen  über  eine  sache: 
Ecolampad,  wenn  er  uiter  die  schrifl  gehü|ift  hat,  die  im 
fürgelegt  wird.  Llther  3.319';  ich  hüpfte  mit  dem  äuge  blos 
auf  den  nahen  lauh-  und  blülenknospen  herum.  J.  I'aul  Ilesp. 
1,21. 

5)  hüpfen  von  dingen,  die  dadurch  ein  eigenes  leben  bekmnmen: 
das  bächlein,  das  durch  Kllerlein  liüpft.  1.  l'wi.  flcgrlj.  1,54; 
erst  plumplen  die  scliwercren  (steinbrocken)  und  hupften  mit 
dumpfem  gclön  an  die  kegelseite  (des  Vesuvs)  hinab,  die  ge- 
ringeren klapperten  hinterdrein.  Götiie  2s,  30; 

schnee  die  von  dem  gebürg  abgehend  brnuscnd  ruu»chcn, 
hüpfende  hagelstein,  frost  und  steinhartes  eis. 

Wkckhihlin  129; 

(wifl  rr)  manchen  goldene  stomchen 

auf  die  hupfenden  wellen  streut.    IIöltt  08  Uatm; 

ich  ralhe  der  jugnnd  nicht,  dasz  sie  sich  um  daclyÜHche 
tpr»e  bekümmere  (sie  zu  machen  strebe),  denn  sie  hüpfen  zu 
»ehr.  IJdiiiRtB  grundsätze  der  tetäsch.  spr.  (ilTt)  iVSh ;  hüpfende 
Kerne.  Pi.ATEM  27S;  die  trunkener  enlgegenhüpfeuden  töne. 
J.  Paul  Tit.  3.  lo« ; 

•chnelt  hiipfl«  zwar  der  leichte  lldclhogen 
...  in  de.H  geigcri  liaiid.     Gökinck  2,  214 ; 

»rhrme,  iinzuKammrnhangende  hüpfende  gedanken  und  emplln- 
diingrn  dachte  unA  fühlte  die  begeisterte  «eclc  des  knal)en. 
KLiHceR  8,335;    fuhf  oll  Ubcr  die  nassen  äugen     um  den 


feurigen  schatten  wegzuwischen,  der  auf  alle  gipfel  und  alle 
stufen  hüpfte.  J.  Pall  Tit.  1,14;  das  blumige  lustiager  des 
hüpfenden  frühlings.  141.  —  der  hüpfende  punkt,  functu/n 
saliens:  eben  wt^il  die  akademie  noch  der  einzige  hü|ifende 
punkt ,  wo  noch  der  geistige  bijdungtrieb  gestaltet ,  in  den 
neuem  Staaten  ist.  freih.-büchl.  104. 

HUPFEN,  n.  apium  gravcolens,  eifich.  Nehmcii  1, 380.  der 
name  aus  apium  entstellt;  vgl.  auch  hepfen  s/).  999. 

HÜPFEU,  m.  1)  e»icr  der  hüpft,  saltator.  Stieler  856;  t« 
7Vro/  gras-  oder  lieuhu|)fer,  licuscltrecke,  erdfloh.  Frojii».  t>,  156; 
auch  die  tanzfliege,  empis,  heiszt  hüpfer.  Nemmch  2, 1486. 

2)  hupfer,  ein  sprung.  Schm.  1, 1142  Frorwm.  in  der  Wetterau 
ist  hüpfer  ein  tanz,  sonst  hopser  (sp.  1801). 

3)  hu[ifer,  eine  arl  fuszfcssel.    bairisch.   Scim.  a.  a.  o. 

4)  ein  theil  der  angelschnur  zur  kleinen  springfischerei.  Jacobs- 
soN  6, 125". 

HÜi'FERLING,  m.  monoculus  salyrus,  eine  art  schild flöhe. 
Nemnich  3,  594. 

IIÜPFIIAFT,  adj.  saltans,  saliens,  tripudians.  Stieler  856. 

HÜPFHAHN,  «I.  hahn  der  so  yrosz  ist,  dasz  er  bis  auf  eine 
gewisse  höhe  hüpfen  oder  fliegen  kann.  Grimm  rechtsalt.  376,  anm.  1. 

HÜPFICHT,  adj.  gern  hüpfend:  hüplichlcs  feuer,  ignes  fatui, 
hüpfige  flöhe,  salientes  jmlices  Stieleh  856. 

HLPFIGLICH,  adv.  subsultim.  Dasyp. 

HilPFLElN,  n.  kleiner  hupf,  s]n-ung ;  sclinalter-,  sclmilter- 
büpi'lein,  sprilchlein,  aus  vier,  gewöhnlicher  zwei,  gereimten  rcrscn 
bestellend,  das  als  tanzweise  gesungen  oder  aufgespielt  werden 
kann.  Sciim.  1, 1142  Fromm. 

HL'PFLL'STIG,  adj.:  gelangt  endlich  das  geschöpf  auf  die 
Oberfläche,  so  ist  es  hupf-  und  sprunghistig.  Göthe  55,320. 

HÜPFUNG,  f.  das  hüpfen :  bupfung  Iripudium  Dasyp. 

HUPP,  interj.  der  Jäger,  wodurch  sie  die  bcendigung  des  treibens 
anzeigen,     vgl.  nachher  huppen. 

HÜl'PELN,  veib.  tiipudiare,  frequentativ  zu  huppen,  wie 
hüpfcln  zu  hüpfen.  Stieler  856;  das  wort  ist  vorzugsweise  in 
UUringen  üblich,     vgl.  auch  hoppeln  sp.  1799. 

HUPPEN,  verb.  in  abliuppcn,  vergl.  die  interj.  hupp:  der 
schütze  musz,  von  dein  augenblick  an,  wo  ihm  sein  stand 
angewiesen  wird,  diesen  mit  aller  waidmännischen  pflicht 
behaupten,  und  ihn  nicht  einen  inument  früher  verlassen, 
als  bis  abgeblasen,  abgepfifl"en  oder  abgchuppt,  d.  h.  das 
zeichen  der  geschehenen  bcendiguiig  des  treibens  und  der 
Zusammenkunft  auf  neuem  vcrsammlungsplatz  gegeben  wird, 
v.  Tiit5NGEN  waidmanns  pract.  32;  die  schützen  beim  anstand 
lieben  sich  gegenseitig  abzuhuppen  oder  abzujuchen.  v.  Train 
1, 102. 

HUPPEN,  HUPPEN,  verb.  ßr  hüpfen,  s.  d.:  wollen  er- 
forschen, wie  lang  ein  floch  leben  könne?  wie  weit  ein  fluch 
huppen  könne?  Scnuppius  818; 

wenn  der  bunt  thct  tanzen  und  huppen, 
licszen  sie  im  machen  ein  leiste  suppen. 

ScuADE  sal.  u.  pnsgu.  1,  172,  658. 

HUPPEN,  HÜl'PENBUHE,  s.  hippe,  hippenbube  sp.  1552. 
1553. 

HUK,  st.  n.  Unzucht,  ehebruch,  ahd.  mhd.  als  huor  ziemlich 
oft  begegnend,  später  zu  gunsten  von  hurerei  selten  geworden  und 
abgestorben,  nur  noch  als  erstes  glied  der  comjwsita  huriiaus, 
burheit,  buikind,  bursohn  geblieben,  adulterium  ubirbCir  Dief. 
15* ;  incestus  sippchiir  291". 

HÜUCHEU,  f,  dim.  hürchelein,  tauchente :  etliche  (Mc««ert 
den  vogel  mergulus)  ein  hürchele.  Heuszlin  vogelb.  49";  das 
iiürcbeiin,  ducheiillin,  düchclin  culijmbus  minor  Maalek  232*. 

HilK.'IIFLN,  verb.  röcheln,  vgl.  hörchelii  sp.  1802. 

HÜHl'HEN,  »1.  meretricula,  scortillum.  Steinuacii  1,796;  «lerc- 
tricula  imricliin  Diek.  357*.     vgl.  hürlein. 

HCHDE,  f.  flecittwerk  von  reisig  oder  Stäben,  neben  horde 
sp.  1804 ;  eine  /um»  die  sich  aus  der  gen.-  und  fJur.-fonn  bürde 
vmn  enls}>rechenden  mlid.  Iiurt  cntwicJiell  hat,  doch  vor  dem 
10.  jahrh.  nicht  nachgewiesen  werden  kann,  und  so,  dasz  «(h/* 
in  dieser  zeit,  namentlich  in  oberdeutschen  guellen,  die  alte  form 
hiird ,  hurt ,  aber  erstarrt ,  und  oline  umlaut  tm  gen.  wu-  tm 
plural,  dauert:  erates  hiirl,  hunl  Diek.  15.'i';  hurd  cratis,  est 
inslrumentum  de  virgultis  contextum.  voc.  ine.  tlieul.  k  5* ;  craies, 
cratis  ein  flonz  oder  hurd,  cralicus  da»  von  bürden  ist,  cratire 
mit  bürden  decken  Dastp.  ;  die  hurd,  erates  Maalkr  233'; 
hurd,  korb  erates  Frikciiiin  nomencl.  470;  dy  (apfel\  leg  in 
einen  truckrn  keller  auf  ein  hurd.  küchenm.  b  1 ;  also  iiameii 
sie  in  uf  ein  burdt.  Zimmer,  chron.  3, 270, 12 ;   noch  im  öcon. 


1957 


HÜRDE  —  HÜRDENLAGER 


HCRDENMACHER  —  HÜBE 


1958 


lex.  (lT3l)  sp.  1077  hurt  viereekigtes  gefleeläe  von  ireidengerten,  aber 
als  minder  gebräuclüiche  nebenform  zu  horde;  darausz  machen 
sie  küglein,  machen  sie  dürr  auf  hurten  im  heiszen  sommer. 
Bock  kräulerb.  204 ;  der  immenkorb  oder  dasz  papiapiarium,  da 
unsere  binen  in  wonen,  schwärmen  und  iren  honig  machen, 
wird  mit  zähen  und  starken  Logischen  und  Parisischen,  Jesu- 
widerischen und  Dillingischen  wilgengerten,  hurten  und  zäunen, 
durch  einander  geflochten,  bienenk.  235' ;  die  brücken  überlegt 
man  mit  brettern  oder  bürden.   Kirchhof  disc.  milü.  42 ; 

der  bäumen  rnicht  und  obs  lag  sicher  auf  der  hurt  (zum  dörren'). 

Wkckherli?«  772; 

beim  vollentreber  das  geflecitt  worauf  die  volle  zum  schlagen  liegt : 
holt  dann  die  woll  von  der  hurt.  Ulensp.  51,  s.  75  Lappenb.; 
noch  heute  in  Baiern  die  hnrd ,  aber  mit  dem  plur.  die  hürd 
bewegliche  wand,  Ihfir  u.  dgl.  aus  flechtwerk.  Schj».  1,1160  Fromm.; 
auch  Maaler  232*  kennt  die  pluralform  die  hürd ,  geflochten 
körb,  gerrae. 

Zwischen  der  alten  form  hurd  und  bürde  stelü  das  erweiterte, 
aber  unumgelautete  bürde,  plur.  Iiurden  {noch  heute  in  Kärnten 
blosz  liegende  baiimwurzeln,  einen  mit  den  wurzeln  ausgegrabenen 
baumslrunk  bezeichnend,  Lexer  14ß):  das  der  ein  einen  häufen 
nüsz  auf  einer  bürden  ersehen.  Wickram  rollw.  105,4;  eine 
form  die  auch  bei  Luther  in  den  früheren  drucken  seiner  bibel 
und  auslegungsschrißen  erscheint,  in  der  ausgäbe  von  1545  aber 
dem  umgelauteten  bürde  oder  hurte  gewichen  ist.  und  zwar  ist 
das  wort  nun  vorwiegend  auf  die  wände  aus  reisiggefleclU  be- 
zogen, mit  denen  die  hirten  des  nachts  ilire  hulstatt  umstellen,  in 
welcher  bedeutung  es  Ins  heute  gebräuchlicher  als  horde  {sp.  1S05) 
und  besonders  auch  in  gewählter  spräche  üblich  ist:  wir  wollen 
nur  schafbürten  hie  bawen  für  unser  vieb.  4  Mos.  32, 16 ; 
warumb  bleibstu  zwisschen  den  hürlen,  zu  hören  das  blecken 
der  berde  ?  rieht.  5, 16 ;  ich  wil  sie  auf  die  beste  weide  füren, 
und  ire  bürten  werden  auf  den  hohen  bergen  in  Israel  stehen, 
daselbs  werden  sie  in  sanften  hürlen  ligen,  und  fette  weide 
haben.  Hes.  34, 14 ;  es  waren  hirten  in  der  selbigen  gegend 
auf  dem  felde,  bei  den  hurten,  die  hüteten  des  nachts  irer 
berde.  Luc.  2,  s ;  in  iren  bürden  und  bei  ihren  altarn.  Mathes. 
&jr.  S2';  in  schafstellen,  bürten  und  pferchen,  lis'; 

und  den  hürlen  an  dem  Rheine  (bei  den  schäfern) 
bleibt  sein  schöner  gei.<t  bekandt.     Nechark  litstw.  101 ; 
munter  eröfnet  bereits  der  schäfer  die  bürden. 

ZicBARiÄ  2,  7 ; 
hurtiger  treibet  vom  berg  der  schäfer  auf  steinigtes  brachfeld 
seine  heerde  zur  bürde,  die  ihre  schranken  verschlieszet.    62; 

wie  die  schafe  des  reichen  manns  in  der  bürde 
zahllos  stehn.  ItUis  4,433; 

wo  lebte  wohl  in  forst  und  bürde, 
und  wo  in  luft  und  meer  ein  thier, 
das  nimmermehr  geliebel  würde?    Bürger  27*. 

auf  menschliche  wohnstatt  übertragen : 

was  noch  so  wüthend  ringt,  sich  zu  zerstören, 
verträgt,  vergleicht  sich,  den  gemeinen  feind 
der  menschirdikeit,  das  wilde  thier  zu  jagen, 
das  mordend  einbricht  in  die  sichre  bürde, 
worin  der  mensch  geborgen  wohnt. 

Schiller  Wallenstein.'s  lad  1,6. 

bürde,  vinea,  flechtwerk  zum  schütz  bei  belagerttngsarbeiten :  die 
Römer  schanzten  zu  den  mawren  mit  ihrem  sondern  gezeug 
bedeckt  und  gerüst,  als  mit  Schnecken  und  bürden.  Rihel 
Liv.  403;  flechlwerk  zum  trocknen  von  etwas:  an  demselben  ort 
{Trebbin)  bat  jeder  bawcr  über  seinem  kacbelofen  eine  ge- 
flochten hürlen,  darauf  sie  winterzeit  die  kesen  zu  trucknen 
pflegen.  B.  KbCger  Hans  Ciawert  {Berlin  1591)  s.  5;  und  fiel 
mit  der  hürlen  vom  ofen  heruntr.  s.  7;  die  magd  des  Ver- 
walters bat  einige  bandkäse  oben  auf  der  bürde  vor  dem 
giebelfensler  zum  trocknen  ausgelegt.  L.SchCckisc  im  deutschen 
nov.-schatz  bd.  15,  s.  210;  bürde,  flechtwerk,  als  hindernis  bei 
Pferderennen:  die  distanz  war  4500  meter,  die  hindernisse 
eine  anzahl  bürden.    Karlsruher  zeitung  vom  31.  aug.  1S75. 

HLHDEN,  adj.  aus  reu^iggeflecht :  hürdine  wände  parieles 
cratilii  Frisch  1, 47S'  {aus  Wurstise.xs  Basler  chron.). 

HLRDEN,  verb.  bürden  machen:  bürden,  hordcn  flechten 
ScHOTTEL  1339;  in  bürden  einthun:  die  schafe  werden  des 
nachts  gebürdet. 

HLR1>F:NDR.\HT,  m.  dicker  dralU,  vie  er  zu  darrhürden 
gebraucht  wird. 

HLRDENtJERTE,  f  gerte,  wie  'sie  zum  flechten  der  Schaf- 
hürden dient;  hürlgerten  rimen  Schottei.  13.39. 

HÜRDENLAGER,  n.  mit  bürden  umschlossener  lagerplatz  für 
eine  Schafherde. 


HÜRDENMACHER,  m.  verferliger  von  bürden;  6«  Stieler  S6S 
hurtmacher,  cratitor,  hurtmacberin,  ejus  uxor  aut  alia  femina 
crates  vinciens,  sive  cratiens. 

HÜRDENPFAHL,  m.  pfähl  zur  befestigung  von  Hürden. 

HÜRDENRECHT,  n.  das  recht  auf  einem  felde  hürden  auf- 
zuschlagen. 

HÜRDENRENNEN,  n.  Pferderennen,  bei  welchem  hürden  als 
hindernisse  aufgestellt  werden. 

HÜRDENSCHLAG,  m.  aufschlagen  von  hürden  auf  einem  felde, 
und  das  recht  dazu. 

HÜRDENSTECKEN,  m.  stecken,  der  das  flechtwerk  der  hürden 
zusammenhält;  bei  Frisch  1,47S'  hurlenslecken. 

HÜRDENWAND ,  f  aus  hürden  geflochtene  wand :  hürden- 
wände,  cratitius  Frisch  1,  47S*;  cratitii  parietes  hürdwände 
Kirsch  rorniic;  hürdwend,  wend  von  bürden  gemacht,  cratitii 
parietes  Maaler  232'. 

HÜRDE.NWERK,  n.  opus  cratilium,  aus  hürden  gefertigtes 
geringes  bau  werk. 

HLRDLER,  m.  eine  ort  Breslauischer  fuhrleutt,  die  hürden- 
wände  an  ihren  wagen  haben.  Frisch  1,  47S*;  sie  besorgen  im 
weichbilde  der  stadt  das  verßhren  schwerer  lasten.  Fromm.  4, 172. 

HÜRDLERPFERD,  n.:  {ein  bauer  wird)  so  wenig  hüHig- 
keit  erlernen,  als  ein  hürdlerpferd  das  passagieren.  Bctschkt 
Palm.  154. 

HÜRDüNG,  /■.  das  hürden;  auch  das  aus  hürden  geflochtene, 
so  in  der  kriegskunst  die  bedeckung,  welclie  sich  der  belagerer  bei 
Mageruugen  von  hürden  macht,  um  sich  gegen  feindliche  geschosse 
zu  decken;  desgleichen  dämme  von  hürden  an  sumpfigen  orten. 
Jacobsson  2,  295*. 

HLRDWAGEN,  m.,  dim.  hurdwägelein ,  wagen  mit  wänden 
von  flechtwerk.  Schm.  1, 1160  fromm. 

HLRE,  f.  meretrix. 

1)  gM.  ist  uof/ös  durch  hörs  widergegeben,  während  rrooiiy 
das  fremde  kalkjö  {Luc.  15,  30)  ausdrückt,  ahd.  geht  neben 
buorari  moechus,  huorra  {aus  huorja),  huora  meretrix,  scortum, 
lupa,  prostituta,  mhd.  huore,  später  auch  mit  vocalverkürzung, 
die  vielleicht  das  wort  mehr  verhüllen  sollte,  hurre,  hurr  lupa 
DiEF.  339'  {vergl.  dazu  unter  huren  1,  hurenhaus,  hurer);  ags. 
altengl.  höre,  engl,  whore;  altnord.  schwed.  hora,  dän.  höre. 
aus  den  urverwandten  sprachen  stimmt  kirchenslav.  kuruva  meretrix, 
russ.  kyrwa ,  poln.  kunva ,  wie  zu  dem  goth.  masc.  hörs  das 
sanskr.  g;ira  der  buhle  tritt,  das  von  Böhtlixck-Roth  3,90  mit 
gar  .sich  nähern,  sich  anliängen,  vermittelt  wird,  doch  ist,  wie 
uof/fi?  auf  ouiyeiv,  mingere  zurückführt,  sicher  enger  Zusammen- 
hang des  Wortes  mit  har-n  urina  und  einem  grundbegriffe  etwa 
flieszen,  ergieszen,  anzunehmen. 

2)  im  mildesten  sinne  bedeutet  das  wort  ein  gefallenes,  jung- 
fräulicher ehre  baares  mädchen : 

dum  llos  odorem  perdit  et  virgo  pudorem 

lunc  nos  lit  dorre,  et  virgo  manet  ein  hörre.    Dfep.  240» ; 

eine  zur  hure  machen,  stuprum  inferre  virgini,  ludificari  rtr- 
ginem,  virginitatem  eripere,  zur  hure  werden,  devirginari,  cor- 
rumpi  Frisch  1,477*;  auch  eine  beischldferin ,  concubine,  und 
hier  der  rechtmäszigen  galtin  entgegengesetzt:  meine  tochter  ist 
zu  schlecht  zu  dero  herrn  sohnes  frau,  aber  zu  dero  herrn 
sohnes  hure  ist  meine  tochter  zu  kostbar.  Schiller  kab.  u. 
liebe  1,1; 

pfui !  speit  ihr  aus :  die  hure  da !  — 

bin  doch  ein  ehrlich  weib.    Göthr  1,204; 

ferner  ein  ungetreues  eheweib :  der  man  . .  scbleucht  herzu  und 
lindt  den  pfaffen  ob  dem  weib  .  .  die  huer  springt  davon. 
Zimm.  chron.  3, 65, 2S ;  endlich  aber,  und  am  häuftgden ,  die 
sich  um  gewinnes  willen  preis  gibt,  und  hier  oß  mit  den  beisätzen 
gemein,  feil,  öflenllich :  hur  umb  zwen  haller  diobolare  scortum 
Maaler  UZ' Jvergl.  auf  sp.  972);  es  ist  kein  sierkere  oder 
gwalligere  hur,  nulla  proslibula  magis  prostat,  zu  einer  olTent- 
licben  hi'iren  werden,  cdlocare  se  patam  in  meretricia  vita. 
ebenda;  eine  gemeine  hure  lieben,  scortum  vulgare  amare. 
Steisbach  1,796;  bist  du  der  scbelm,  der  die  gerechtigkeit 
zur  feilen  hure  macht?  Schiller  rduber  2,3;  Genuas  freiheit 
ist  dahin  —  Fiesko  hin  —  werde  du  eine  hure!  {Verrina  zu 
Bertha).  Fiesko  1,10; 

ich  sag  dirs  im  vertrauen  nur: 

du  bist  doch  nun  einmal  eine  hur; 

so  seis  auch  eben  recht.    Göthb  12,  196. 

es  heiszt  huren  ballen  lenocinari  Steisbach  1,796;  sich  mit 
huren  nähren:  wer  aber  mit  huren  sich  neeret,  kompt  umb 
sein  gut.  spr.  SaL  29,3;    sich  an  huren  hängen:  henge  dich 

123* 


1959 


HURE 


HURE  — HUREN 


1960 


nicht  an  die  huren,  das  du  nicht  unib  das  deine  körnest. 
Ar.  9,0;  wisset  ir  nicht,  das,  wer  au  der  huren  hanget,  der 
ist  ein  leih  mit  ir?  1  tV.  ü,  IC;  der  sein  gut  mit  huren  ver- 
schiungen  hat.   Luc.  15, 30. 

Als  böses  Schimpfwort :  bot  zö  sein  von  ainem  hausz  zu  dem 
andern,  von  ainer  fraweii  zu  der  andern,  nyinnier  hörend  sy 
ire  aygeue  nauien,  aliaiu  hur  da,  hur  dort.  Wirsung  CalixsUts 
L4';  hat  mich  und  meine  trau  einen  schehnen  und  einen 
dich,  eine  hur  und  eine  hex  gescholten.  Simyl.  3,325  Kurz; 
die  hirngespinste,  welche  die  alte  hure,  deine  groszmulter, 
von  ihrer  ällermutter  geerbt  und  dir  in  dein  dunmies  hirn 
gesetzt  hat.  Wielano  11,175; 

wann  ir  sie  aber  wolt  hei.«zon  liureu, 

so  heu  irs  mit  uns  nit  gut.    (usln.  xp.  251,  5; 

niuiue  muuer,  die  hur, 

die  mich  uniget)racht  hat!    Göthk  12,237; 

aber  auch  als  niedriges  schmeifhelirorl  {vergl.  unter  hürlein):  er 
(der  gnädige  hcn)  kriegte  mich  beim  kinne,  und  sagte,  wie 
er  innner  ganz  spashaft  ist:    he!  kleine  hure,  willst  du  dir 

den  informator Kaiie.ner  sat.  3,  2S. 

Formelhaft  ist  verbunden  huren  und  hoben,  vgl.  bd.  2,  sp.  4G1 : 
linden  (die  nachbnrn)  allda  huren  und  bjben  bei  einander. 
Luther  tischr.  327';  bei  einem  kriegslieere  hii'sz  der  trosz  huren 
und  buhen,  vgl.  unter  hurenweibel ; 

ja  uns  huren  und  hüben  all. 

Manuel  fastn.  sp.  3G1  Griincisen ; 

huren  und  buhen, 

rettich  und  ruhen, 

hiincr  und  hanen 

bleiben  gespanen.     Wkidner  aj.ojjhlhrgm.  5(1055)221; 

huren  und  Juden: 

ist  der  vater  auf  geld  ersessen, 

und  nutzt  sogar  die  lanipenschnuppen, 

kriegen  sie  den  söhn  in  die  kluppen, 

Juden  und  huren  die  werdens  Iressen.    Göibe  47,  230. 

3)  sprichwörtliches,  dann  es  ist  kein  hur  so  verrucht,  sie 
zog  dannoch  gern  ein  from  kind.  (lurg.  225';  sein  geld  ist 
eine  huhr  (wil  immer  unter  frömden  leuten  sein).  Sckottei, 
1125';  huren  und  hüben  sprechen  immer  von  ihrer  ehr.  1132'; 
man  spricht:  jung  eine  hur,  alt  eine  hex.  Üirio  87;  es  wird 
selten  eine  hure  um  eines  kerls  willen,  scortum  raro  uni 
saitem  copiam  sui  facit.  Stieleu  S34;  huren  und  hüben  freihen 
gerne  zusammen,  dignum  patella  operculum,  Mopso  Sisn  datur. 
ebenda;  den  dieb  soll  mau  henken,  und  die  hur  ertränken. 
PiSTORius //les.  per.  3,  4S ;  wer  eine  hure  zur  ehe  nimmet,  der 
ist  ein  schehn,  oder  will  doch  einer  werden.  4,7;  huren 
pfeifen.  5,6;  barbiercr  und  huren  musz  man  recht  bezahlen. 
C7;  einer  ieden  hure  trost  ist,  dasz  sie  die  erste  und  letzte 
nicht  seie.  6S;  was  von  huren  säuget,  das  ist  zmn  huren 
geneiget.  69 ;  es  ist  gleichviel,  ob  einen  eine  hur  lobt,  oder 
ein  Schelm  schiltet.  7, 2 ;  aus  einer  argen  hur  wird  selten  ein 
gut  eheweib.  Simrock  spricliw.  270;  es  sind  nicht  alle  huren, 
die  einem  manne  zu  willen  sind,  eine  hure  nimmt  lieber 
mit  einem  äuge  verlieb,  als  mit  einem  buhler.  junge  hure, 
alte  beLschwester.  junge  huie,  alle  kuppicrin.  ebenda;  junge 
huren,  alte  wettermacherinnen.  271 ; 

wann  man  die  junge  burn  ertränkt, 
wer  man  mit  alten  nicht  behängt. 

UiRCK  eltcsiiiegel  103; 

da  hielte  ich  mich,  wie  das  alte  Sprichwort  lautet: 

ein  Schneider  auf  eiro  rosz,  ein  hur  aufm  scbloüz, 
ein  laüsz  auf  dem  grind  seind  drei  stolzer  hol'geüind. 
Simiil.  3,  05  kurz  ; 

Stroh  im  sehn, 

spiiidel  im  sack, 

huhr  im  haus, 

gucken  aller^vcgen  heraus.    Sciiottkl  1145'; 

junK«  huren,  alte  nonncn, 

ballen  sonst  schon  viel  gewonnen, 

wiMUi,  viin  pfafTen  wohlherulhcn, 

sie  im  klo«ti>r  wunder  tlinten.    tiöruR  .')G,  88. 

4)  die  litbeisjiraclw  braurlU  das  U'ort  fnr  abgöttische  stiidte  oder 
stamme:  darunib  du  hure  (Jerusalem),  höre  des  herrn  wort. 
lies.  10,35;  ich  kenne  Ephraim  wol,  und  Israel  ist  für  mir 
nicht  verborgen,  das  Kphraim  nu  nw  hure  ist,  und  Israel 
ist  unrein.  Ilosea  5,3;  ich  uil  dir  zeigen  das  urteil  i|cr  groszen 
huren,  die  du  auf  vielen  wassern  sjl/t  (//-///y/rm).  o/ftnb.  11 , '1 ; 
in  anlehnung  an  diesen  brauch  hei  I.utiikr  :  (dw  gegner)  sehenden 
damit  . .  die  gauze  heilige  chri.Htliche  kirclie,  als  eine  irrige, 
verdampte  burc,  die  uicht  das  rechte  alle  worl  gotles  ge- 
ballen. &,2tt5'. 


5)  rolksmäszig  ist  hure  als  erstes  glied  rnn  compositen  ver- 
uendel,  um  etwas  schädlich  wucherndes,  oder  ungehöriges  zu  be- 
zeichnen; vgl.  unten  luirenast,  burenkind,  liurenweg. 

6)  hur,  cenlo,  diciiur  pannus  guo  utrumiiue  membrum  post 
coUum  tergitur.    voc.  ine.  theut.  ks'. 

7)  thier-  und  pflanzenname :  hure,  wasserhure  Iteiszt  die  libelle, 
hure,  die  muscheln  venus  meretrix  und  donax  scortum;  nackte 
hure,  Colchicum  aututnuale,  die  herbslzeitlose  (in  Franken):  stin- 
kende hure,  nackte  hure,  chenopodium  vulvaria,  stinkender 
giinsefusz,  schamkraut.  .Nemnich. 

Hl'KK,  f.  hurerei,  und  ort  wo  solche  getrieben  wird,  ahd. 
höra,  huora  adulterium,  proslibulutn  Graff  4, 1011;  nthd.  huore: 
ein  hauszvatter  bet  einen  erweiten  son,  der  alle  zeit  in  der 
hur  lag  und  nimmer  zu  haus  kam.  Steinhöwel  (1555)  47'. 
das  schimpfliche  bild  einer  mutier  in  der  hure  dient  als  rohe 
abwe.isung : 

so  zai  mir  vor  den  hanen  mein, 
oder  du  must  mir  in  den  thurn. 
'ich  zaI  dir  deine  mutter  in  der  hurn'. 

II.  Sachs  2.  4,  14* ; 
Wilin-iiU.     allein  bitt  ich  euch  umb  verzug, 
bisz  dasz  ich  etwas  zu  gell  mach. 
es  steht  so  übet  nicht  mein  sacb, 
dasz  ihr  nur  trohet  auf  den  thurn. 
Srrciaprl:  sie  steht  der  mutter  in  der  hurn. 

J.  Ayhkr  fiislii.  I.JI.  129'  (•29S4,  2  Keller}. 

HL'REI,  f.  hurerei:  hurei,  uneerlirbe  beiwonung,  es  seie 
mit  eefrauwen  oder  anderen  weiberen  und  töchtern ,  durchs 
gesatz  verholten,  stuprum,  ßagilium,  fnrnicatio,  prohruni  .Maai.cr 
233'  (der  hinerei  nicht  aufführt);  wolt  ich  zwar  weitleufliger 
auszfüren,  was  schad  an  leib,  seel,  ehr  und  gut  ausz  dem  spil 
erwuchs,  nit  weniger  dann  ausz  hürei  und  saufen.  S.  Frans 
sprichw.  2,  lOl'  (gleich  darauf  aber  spil,  saufen  und  hi"irerei); 

auch  hörend  nit  in  gotles  reich, 
die  mit  hurei  befleckend  sich. 

RüB.  WoNLicu  dax  himmelische  llierusalem 
(1584)  Str.  24; 
Unzucht,  hurei  und  chbruch  meid. 

Welle  R  lieder  des  dreistigj.  kr.  269. 

HLREiV,  verb.  scortari,  fornicari;  ahd.  huorün  fornicari, 
mocchari,  adulterare,  mhd.  huoren. 

1)  intransitiv:  und  Israel  wonet  in  Sittim,  und  das  volk 
buh  an  zu  huren  mit  der  Moabiler  töchler.  4  Mos.  25,  l ;  so 
s(d  man  sie  er  aus  für  die  thür  ires  valers  haus  füren,  und 
die  leute  der  stad  sollen  sie  zu  tod  steinigen,  darumb,  das 
sie  .  .  in  ires  vaters  hause  gehuret  hat.  5  Mos.  22, 21 ;  ein 
levitischer  man  . .  hatte  im  ein  kehsweib  genomen  von  Beth- 
lehem Juda.  und  da  sie  hatte  neben  im  gehuret ,  lief  sie 
von  im.  ric///.  19, 2;  wer  aber  huret,  der  sündiget  an  seinem 
eigen  leibe.  1  Cor.  6,  Ih ;  das  ir  nit  eures  herzen  dünken  nach 
richtet,  noch  euren  äugen  nach  hurind  (nee  sequantur  cogita- 
tiones  suas  et  oculos  per  res  varias  fornicantes.  vulg.).  Züricher 
bihel  1530  77*  (4  Mos.  15,  39,  ebenso  bei  Luther)  ;  in  der  form 
hurren ,  deren  kurzes  u  alt  ist  (vergl.  dazu  unter  hure  1):  es 
wissen  doch  alle  leute,  dasz  man  nicht  stehlen  soll,  nicht 
morden,  nicht  hurren  und  keinen  falschen  eid  Ihun.  J.  Gott- 
heit schuldenb.  45  (aus  dem  munde  einer  Unner  bäuerin).  — 
huren  und  buhen  formelhaft  verbunden  (vgl.  oben  hure  2  und 
buhen  theil  2,402):  dieweil  du  denn  ..  so  lange  hurest  und 
buhest.  Luther  5,343';  er  huret  und  buhet  was  er  kan,  i« 
omnibus  lupanaribus  cum  scortis  volutatur.  Stiei.er  s34. 

2)  huren  (fi«c/i  hure  4)  in  der  bibelsprache  ahgöUerei  treiben, 
abtrünnig  werden :  der  priesler  soll  .  .  .  mit  nicht  ire  opfer 
hinfort  den  feldleufeln  opfern ,  mit  den  sie  huren.  3  Mus. 
17, 7 ;  willu  Israel  ja  huren ,  das  sich  doch  nur  Juda  nicht 
auch  verschulde.  Ilosea  4,15;  ich  sehe  im  hause  Israel,  da 
mir  für  grawct,  denn  da  huret  Ephraim,  so  verunreinigt  sich 
Israel.  0,10;  du  (Israel)  hurest  wider  deinen  gott.  9,1. 

3)  huren  tramitiv,  eine  eine  hure  schimpfen:  die  frauen 
haderten  miteinander  und  hureten  einander.  J.  Paui.i  schimpf 
24;  (dasz  du)  dazu  umb  sonst  und  nichts,  irgend  ein  ursacb 
und  schuld  vom  zäun  brechest,  und  sagest :  sie  hab  disz  und 
das  nicht  gelhan,  sie  darzu  hurest,  seckesi,  und  aufs  aller 
schendilichst  sclimehesl.  (E.  Scmi.no)  spielteujel  (I5tt4)  Eo*; 

wifwol  er  aber  für  uiul  hin 

mich  huret,  sacket,  rauft  uml  schlug 

lind  wie  ein  fuszhadern  iimbiug.     II.  Sacm 

Hl  HKN,  verb.  alemannische  form  für  hnuern,  kaunn,  iit,/. 
tp.  bsi: 

nun  llg  da  bindet  denen  mureii, 

darinnen  muoitu  ewig  huren,    frag.  Joh.  Hü, 


1961 


HUREN  AST  —  IIURENGLCCK 


HUBENGUT  —  HURENKIND 


1962 


HURENAST,  m.  Kasserast,  Wasserreis  an  fruchlbäutnen.  ober- 
hessisch.  ViLMAR   179. 

HL'RENAUGE,  n. :  hurenaugen,  oculi  emissüii,  vagi.  Stie- 
ler CT.  ; 

HL'RENBALG,  m.  hurerischer  leib:  auf  das  sie  (die  Mainzer 
pfa/fen)  ire  hurnbelge  und  bubenbeuche  in  frieden  und  lust 
mücbten  sicher  erhalten.  Luther  3,  3S4';  ah  Schimpfwort: 
hurenbelg,  schleppseck.  Garg.  47* ; 

so  spotten  si  mein  erst  darzuo. 

das  tuet  der  pös  huornpalk  (meine  liebstf)  dan  auch. 
fastn.  sp.  34U,  15. 
HURENBAUCH,  m.  als  Schimpfwort: 

so  sei  nun  trutz  geboten  euch 
ihr  widerchristlich  hurenbeuch. 

drei  jesuitenlntein  durch  ein  Altdorf-pfatTerlein 
(Peter  Denais  1607  s.  34). 

HURENBEIN,  n.: 
du  (ein  mäJclieii)  pist  ein  pesz  hurrenpein.    /Vi.>!<n. «/?.  997, 28. 

HÜRENBEISZ,  m.  ein  alemannisches  wort,  die  ersllinge  von 
jungem  {heurigem)  obsl,  fruchten  und  gemüseii,  dann  überhaupt 
leckerbissen  bezeichnend,  bei  Maaler  220'  in  der  forvi  der  Schrift- 
sprache heurenpeisz,  die  erst  zeitig  frucht  allerlei  gattung, 
primetium;  noch  jetzt  schweizerisch  hürenbeisz,  hüripeisz,  hüra- 
peisz  Stalder  2,  M ;  öfters  auch  /«*j  Keisersberc  :  soll  er  nil 
alle  ding  die  uszgiengen,  zii  dem  ersten  durch  sin  mul  strichen 
und  die  fressen,  nein ,  das  ist  nüwer  rot ,  hürenbeisz ,  soll 
ich  des  nit  ouch  in  minem  husz  haben,  bilg.  125*;  wann  du 
will  den  win  der  weit  geben ,  und  erst  din  alter,  das  sind 
die  trusen,  got  geben,  das  ist  im  nit  so  angenem.  .  .  aber 
die  iungen,  die  gent  got  die  erste  frucht,  Az,  ist  der  nüw 
rot,  die  hierenbeisz,  die  sint  allewegen  werder  dann  die 
nochgenden  frucht ,  und  den  hierenbeisz ,  die  ersten  frucht, 
gent  sie  got,  die  gefallen  im  wol,  und  schmacken  im  wol. 
151*;  es  seind  drei  hüerenbeisz  hie  zu  Straszburg,  da  man 
d;  feber  an  isset.  da;  erst  ist  (vegetabilibus)  die  unzeitigen 
rettich,  das  ander  ist  (in  sensibilibus)  die  unzeitigen  gens, 
d;  drit  (in  rationabilibus)  seind  die  unzeitigen  meidtlin  oder 
töehterlin.    brüs.  12*. 

HURENBETT,  n.  lustrum.  Stieler  13C. 

HURENBLICK,  m.  cvntuitus  lascivus.  Steixbach  1, 132. 

HURENBLUT,  n.,  als  Schimpfwort: 

was  sagt  dies  hurenblut!  (zu  einer  frau). 

A.  Gktpbh's  H>96   1,  öSS. 
HURENBRAUCH,  m.: 

der  freundschaft  keuscher  stand,  war  weiland  voller  ehren : 
jetzt  last  sie  sich  durch  geld,  zum  hurenbrauch  betiiören. 

LoGAU  1,  25,  SS. 

HURENBRÜCHE,  f  geldsirafe  ßr  eine  uneheliche  Schwängerung. 
Adellng  als  besonders  niedersächsisch. 

HUREN  BUBE,  f«.  buben  die  huren  nachlaufen:  wenn  keine 
bureububen  wären,  so  gäbs  lauter  brave  mädels.  H.L.  Wagner 
kindermOrderin   11. 

HURENBUCH,  n.: 

Prava  stand  im  hurenbuche,  bessert  aber  ernstlich  sich  ; 
ward  diauf  ausgelescht  im  buche ;  dennoch  aber  bleibt  der  strich. 

LoGAL-  3,  179,  31. 

HURENFEIND,  wi.  absteniius  a  re  renerea.    Stieler  4C1. 

HURENFLEISCH,  n.:  nehmen  geld  von  den  pfaffen,  das 
sie  die  hurn  bei  sich  behalten  mögen,  verkaufen  also  burn- 
fleisch.   .\lberls  widder  Witzeln  Fl'. 

HURENFKEUND,  m.  scortorum  seclator.    Stieler  555. 

HURENFUHRER,  tu. .•  hiironfiirer,  hurer,  kuppler,  per- 
ductores,  aquarioli,  ganeones,  scortatores  Maai.er  233*;  Crobilus 
war  ein  riffener,  benszeliner  und  hurnfürer,  der  het  zwo  schön 
hurn  dero  er  sich  neret.  S.  Fraxk  .«spr.  2,  131';  dieser  huren- 
führer  (schimpfname  ßr  einen  geilen  riller).  Amadis  73. 

HURENGANG,  m.:  dasz  in  einer  solchen  Stadt  die  Jungfern 
solche  hurengänge  nicht  thun  dürfen.  Chr.  Weise  kl.  leide  231. 

HLRENtiAST,  m.  guneo  cincinnalus.  Stieler  «14. 

HURENGEIST,  w». ;  sie  denken  nicht  darnach,  das  sie  sich 
kerelen  zu  irem  gott,  denn  sie  haben  ein  hurengeist  in  irem 
herzen.  Hos.  5, 4. 

HURENGEL.\GE,  n.  convivium  meretricium.  Stieler  1121. 

HLRENGLIEI),  n..-  wisset  ir  nicht,  das  ewre  leibe  Christi 
glieder  sind?  soll  ich  nu  die  glieder  Chri.sti  iieuien,  und 
hurenglieder  draus  machen?  l  Cor.  6,15;  das  die  unbedachl- 
saine  Jugend  ihre  glieder  zu  hurengliedem  hinreicht.  Bctschky 
Patm.  432. 

HURENGLUCK,  n.  amores  faciles,  Venus  farens.  Stiei.eb  675; 
hat  er  niemals  das  Sprichwort  gehöret,  das  man  saget :  dieser 


hat  hurenglücke?  wenn  es  nun  den  huren  nicht  wol  gienge, 
woher  würde  das  Sprichwort  entstanden  sein?  Eksst  gemüts- 
ergetzlicltkeüen  (1697)  s.  25. 

HURENGUT,  n. :  weil  sie  {die  widertäufer  zu  Münster)  selbs 
rhümen,  die  vorige  ehe  sei  eitel  hurerei,  so  müssen  sie  alle 
sampt  eitel  hurenkinder  sein ,  sind  sie  aber  hurenkinder, 
warumb  erben  und  besitzen  sie  dann  der  stad  und  vorfarn 
guter?  sie  sollen  je  biliich  die  guter  lassen  faren,  die  sie 
selber  hurngüter  schelten,  und  sich  für  keine  erben  halten, 
und  eigen  ander  guter  suchen  oder  erwerben,  in  irem  newen 
ehestand,  die  nicht  hurngüter,  sondern  eheliche  ehrliche  guter 
weren.  Llther  6, 318*. 

HURE.NHAUS,  «.:  fornix  hurenhaws,  hurnhausz,  und  mit 
kurzem  vocal  {rergl.  unter  huren  1)  hurrenhaws  Dief.  244"; 
gemein  hurenhausz  auf  dem  graben  bei  den  rinkmauren, 
summoenium  Maaler  2.'53';  darentgegen  hat  der  pabst  und 
seine  cardinaln  . .  ausz  dem  bethause,  welches  zu  Jerusalem 
tempore  Samuelis  gewesen ,  hernacher  nunnenklöster  und 
hurenhäuser  fast  bei  allen  kirchen  gemacht,  facet.  fac.  192; 

ich  hab  aber  des  ouch  nit  vergessen, 
dasz  du  selb  bist  by  der  laden  gesessen 
im  selben  huomhus  mee  dann  zeheu  jar, 
kempt  TOD  Straszburg  usz  der  schwanzgasz  dar. 

fiistn.  gp.  866,  25. 

von  geistlichen  Stiftern :  ich  w  il  der  rechten  hurnheuser,  Mentz, 
Würzburg,  Bamberg,  Halberstad  etc.  jetzt  schweigen.  Lctber 
3, 517'.     vgl.  hurhaus. 

HURENHAUT,  w.; 

die  zarte  nackent  burenhaut.    Weckherlin  821. 

HURENHENGST,  m.  scortator,  qui  ut  equus  hinniens  equas 
sequilur.  Frisch  1,477';  du  selbst  (Jupiter),  sagen  sie,  seist  ein 
(lizlausiger,  ehebrecherischer  hurenhengst.  Simpl.  l,  266  Kurz. 

HURENHERBERGE,  /".  lenocinium.  Stieler  165. 

HURENHEUER,  f.,  miete  solcher: 

Judenzins  und  hurenheuer 
sind  gemeiniglich  sehr  theuer. 

I*isT08ics  Uies.  par.  S,  68. 

HURENJAGD,  f.  meretricium.   Stieler  875. 

HURENJÄGER,  m.  scorta  venans  ut  venalor  feras.  Frisch 
1,477':  die  pfaffen,  so  frawenreuber,  eheschender  und  hurn- 
jeger  sind.  Luther  3,517';  Apollo  (sei)  ein  unverschämter 
hurenjäger.  Simpl.  1,266  A'«»;;  hurenjäger  und  ebebrecher, 
huren  und  ehebrecherinnen.  Schcppids  465;  an  einem  vor- 
nehmen ort,  da  viele  vornehme  hurenjäger  versamlet  waren. 
ebenda;  ich  habe  ihn  {den  neffen)  nur  auf  die  hohe  schule 
geschickt,  um  ihm  den  umgang  zu  beschneiden,  welchen  er 
vor  diesem  mit  Soldaten,  neuezeitungsträgern  und  hurenjägern 
geführet.  A.  Gryphius  1698  l,  863. 

Das  dim.  hurenjägerlein  als  kosewort  ßir  einen  kleinen  knaben: 
das  klein  hurenjägerlin  griff  allezeit  seinen  seugamen  zum  aug. 
Garg.  131'. 

HURENKAUTE,  f.  hurenschlupfwinkel,  vgl.  kaute  //ipi7  5,  364: 
{ihre  klOster)  so  abgesondert  stehn  von  aller  politischer  ge- 
meinschaft,  wie  die  arsspulkäramerlin  in  häusern  und  die 
hurenkauten  inn  statten.  Garg.  245*. 

HURENKIND,  m.  nothus,  spurius,  manser.  manser  huren- 
kind  Dief.  347',  nov.  gloss.  246*;  bie  mügen  hürnkinder  elich 
werden.  Luther  adel  <deutsclier  nation  Dij " ;  gehe  hin,  und  nim 
ein  hurenweib  und  hurenkinder.  Hos.  1,2;  das  ich  .  .  mich 
irer  kinder  nicht  erbarme,  denn  sie  sind  hurenkinder.  2,4; 

weist  du  auch,  wie  es  darumb  leit, 

das  ir  all  drilach  hurukinder  seit?    fiistn.  sp.  27,33; 

ein  wolbenamtes  volk  .«ind  gleichwol  hurenkinder! 

bei  bauren  heisl  man  sie  zwar  so  nichts  desto  minder,' 

bei  bürgern  besser  noch,  bankhart;  und  im  geschlechte 

der  edlen,  bastarten :  und  beischlag  und  unachte 

bei  fürst-  und  königen.  Logau  1,2:13,75; 

von  einem  kuckuck:  bachstelzen  .  .  .  welche  dergleichen  ein- 
gelegtes ei  ausgebrütet,  und  hernachnials  in  einem  Vogel- 
bauer, allwobin  man  ihre  brut  mit  diesem  burenkinde  gesetzet, 
auferzogen  haben.  Göcbhausen  not.  ven.  I.i3 ;  auch  sonst  tn 
freierem  sinne: 

das  hen  und  zung  ist  wie  vermählt, 
die  zeugen  kinder  ungezählt; 
wenn  beide  sie  nicht  eines  sind, 
wird  jedes  wort  ein  burenkind.    Logau  1,67,74; 
weil  französisch,  wie  man  saget,  ist,  latein,  dein  hurenkind. 

3,  83,  43. 
in    der   spräche   der   htichdrucker   heiszt  hurenkind  die  als  erste 
zeile  einer  seile  placierte  ausganyszeile  eines  satzes,   eine  Stellung 


1963      IIURENKINDISCH  —  HURENPUÜCESS 


IIURENSACK  —  HURENTHAT 


1964 


die  sie  nach  den  regeln  der  lijpoyraphie  nie  einnehmen  darf.  — 
vgl.  burkind. 

HURENKINDISCH,  adj.:  bankartisch,  burenkindiscb.  Para- 
CELSüs  opp.  2,  322  A. 

HüRENKRALT,  n.  polypodium  filix  mos,  das  männliche  farren- 
kraul.  Nemmch  3, 103S. 

HÜRENLEBEN,  «. ;  dasz  sie  von  dem  schantlicben  buren- 
leben  ahstabn.  Schade  sal.  u.  pasqu.  3,  2!»2,  40 ;  bfiicn  und 
buben  laben  pellicatiis  Maalek  233'; 

Faiinia  meint:  lainMilcben 

sei  ihr  mehr  als  elistnnd  eben.     Logau  t,81,34. 

HURENLEIB,  m.: 

dich  freiiis,  aus  hnrenloib 
dir  deine  erben  zu  erzeugen. 

SUalu'sp.  Troilus  «.  Cressida  4,  1 ; 

you,  like  a  lecher,  out  oT  whori.<h  loins 
are  pleas'd  to  breed  out  your  inhcrilors. 

HlJRENLELiTE,  plur.:  weilen  icb  sihe,  dj  sü  viel  Cbrisli 
briider  bunger,  so  viel  der  schulen  und  kirchen  dücl(ues 
uiangel  leiden ,  und  icb  sihe  biszweilen ,  dasz  den  hunden 
und  andern  burenleulen  die  vor  Zeilen  gott  geweihte  suchen 
fürgeworfen  werden.  Schuppius  "52. 

HURENLIEBE,  f.  amor  meretricius:  ein  weib  das  gott  nicht 
liebet,  wird  niinmerinebr  ihren  mann  reciil  lieben,  sondern 
es  wird  nur  eine  hureuliebe  bei  ihr  sein,  so  lange  ihr  der 
mann  gibt  was  sie  haben  wil,  und  tbut  allen  ihrem  begehren 
ein  genügen,  so  wird  ein  solches  weih  sagen,  sie  habe  ihren 
mann  lieb,  allein  wo  der  mann  in  unglück  geräth,  so  wird 
ihre  liebe  ein  ende  haben.  Schüppius  110;  solche  leute  die 
nicht  reines  herzen  sind,  sondern  ihren  leib  . .  mit  hurenlieb 
verunreinigen.  197 ; 

wer  .sich  selb.«ten  liebt  und  acht,  la.s.se  hurenliebe  fahren ; 
bureu  geben  immerdar,  für  gut  geld  gar  l'aule  wahren. 

LoCAU  3,54,90; 
hurenlieb  so  lange  währt 
als  das  Teuer  auf  dem  heerd.     Simrock  sprichw.  2G9. 

HURENLIED,  n.  versus  fescennini:  alter  nach  siebcnzig 
Jahren  wird  man  von  Tyro  ein  burnlicd  singen.  Jes.  23, 15. 
dim.  burenliedlein :  in  krng  und  Wirtshäuser, ..  da  die  spiel- 
leute  sitzen,  und  ein  burenliedlein  nach  dem  andern  daher 
liedein.    Schuppius  198. 

HIRENLIST,  f.  artes  merelriciae.  H.  Sachs  1  (1590)  16S'. 
HURENLUCKCHEN,  n.  pt. :  hurenlöckle  anliae  Maaler  233'. 
HURENLOHN,  m.  quaestus  merelricius :  du  soll  kein   burn- 
lohn  noch  hundgelt  in  das  haus  deines  herrn  bringen.  5  Mos. 
23,18;  war  das  erste  wort,  das  ich  ihn  ..  fragte,  ob  er  gelt 
hätte?  und  da  er  mit  ja  antwortete,  dann  er  vermeinle,  ich 
fragte  allbereit  um  s.  v.  den   hureiilobn.  Simpl.  3, 81  Kurz. 
HURENLUST,  f.: 
die  glocke  desz  Virgilius,  wann  diese  weiland  klang, 
bei  desz  Arturus  holcstat,  so  sah  man  wie  da  sprang 
und  stürzte  sich  ins  wasser  ein,  wer  ihm  niu'  war  bewust 
von  schändlicher  ehbrechcrei  und  andrer  hureninst. 

LoGAii  2,  78,  97. 
HURENMÄRLEIN,  n.: 

was  meinsiu,  wölst  die  leut  verfüren 
mit  reimen  und  mit  kelherieren, 
durch  hnrenmerlcin,  grobe  schwenk.' 

KiscHAHT  (ticlil.  1,  174,  10.')9  Ah»:. 
HURENMILCH,  f.:  manche  annne  bildet  ihr  ein,  das  sie 
ein  werk  der  hannherzigkeit  an  einem  Iremhden  kind  thue, 
dasz  sie  dasselbe  mit  ihrer  hurenmilch  säuge.  Schuppius  476; 
so  wolle  ich  mich  elier  zcheninal  in  die  zunge  beiszcn,  eher 
ich  mein  kind,  das  im  keuschen  ehebetle  gezeuget,  einer 
huren  übergeben,  und  mit  hurenmilch  wolle  auferziehen  und 
ernehren  lassen.  480. 

HURENMUTTER,  /".  lena :  hnrenmuicr  Arsbasia.  Garg.  02'. 
lll.RENNEST,  n.  luslrum,  lupanar.    Stiei.er   1311. 
HURK.M'ACK,  n.    merclrifps,    el    qiii  sunt    in  domo  tenonis. 
Frisch   1,477';  hurcnpakl.   BuTscHkY  l'alm.  952; 

hurenpack,  zuletzt  prophetcn  !     Cötuk  ■'>(!,  88. 
HURENTKAKKE,  m.  pfaffe  der  mü  einer  hure  oder  mit  huren 
lebt:   einer  hure  aber  gieng»  wol  hin,  wenn   sie  gleich  alles 
gut    irc»    hurenpfufTenK    ererbet.    Luther  3,420*;    da  richlens 
(die  miinrlie)  vinunder  in  der  kirchen  golles  ans,  .  .  heiszen 
einander  kflitjäger,  hurenpfalTen.    Aventim  cliron.  370'; 
HO  Wim  du  biiit  ein  burenprafT.     II.  .Sacu»  4,3,42*. 
HURKM'HOCKSS,  m.  prttcets  ueijrn  uneheliiher  schwiinijerung : 
die  erMe  probe  meiner  gescbicklicbkeil  waren  einige   liiiien- 
procesM;,  die  ich  glücklich  ouHgefuhrt   habe.    Ramk.ner  vvrke 
3,  141. 


HURENSACK,  «i.  scortum,  proslibulum,  ein  Schimpfwort:  du 
loser  stinkender  hurensack.  Melander  ;'ocoser.  3, 35;  wie  dein 
bapsibumb,  der  arme  hßrnsack  die  äugen  verwendlund  schlickt 
nach  dem  tode.  Ai.berus  widder  Witzeln  C4'. 

HURENS.\LBE,  f  sie  dicilur  Spiritus  frumenli,  schlechter 
branlwein.  Stieler  1G73. 

HURENSAME,  tn.:  und  ist  fast  nicht  das  geringste  dürf- 
lein, darinnen  man  nicht  hurensamen  linden  solle.  Ernst 
gcmi'Uhsergelzl.  25. 

HURENSCHALK,  m.; 

du  hurnschalk,  du  kumst  mir  doch !  {frait  zu  einem  buhler). 

fnsln.  sp.  281,  5. 

HURENSCHELM,  m.  slupralor.   Frisch  1,477'. 

HURENSCHMÜTZEN,  n.  buhlerische  freundlichkeit :  wan  man 
einem  mit  einem  hnrnscbmolzen  freundlich  anlachet.  Schottel 
1125'. 

HURENSCHMUCK,  m.  ornalus  mcielricius :  sihe,  da  begegnet 
im  ein  weib  im  burnschmuck.  spr.  Sal.  7,10;  fromme,  von 
allem  hurenscbmnck  falscher  Weisheit  entkleidete  sillenrein- 
heil.  Stolberg  3, 143. 

HURENSCHNEIDER,  m.  in  Ulm  ein  amtsdiener,  der  unzüch- 
tige dienen  zur  anzeige  zu  bringen  hatte.  Schmiü  srhwäb.  wb.  292. 
den  namcn  hat  er  unstreitig  davon,  dusz  er  an  solchen  die  strafe 
des  haarabschneidens  vollziehen  muste,  vgl.  unter  haar  sp.  13. 

HURENSOHN,  «i.  als  schimpfwmt :  burensiin,  bnb ,  weich 
von  mir.  Aimon  bog.  d;  heraus,  Hassan!  hurensohn  der  hülle! 
Schiller  Fiesko  2,8; 

Ott,  lieber  gevatter  mein, 

ain  hurnsun  mag  der  arzt  sein,    fiixln.  sj>.  085,27; 

was  schreibst  du  vor,  ausländscher  hurensohn? 

A.  (Jhyphius  109»    1,  628. 

auch  bezeichnung  des  (unehrlichen)  henkers.  Schmid  schwäb.  wb.  293. 
vgl.  hursohn. 

HURENSOLD,  m.  hurenlohn:  darüber  alles  was  ich  vom 
hurensolt  bah  {s])richt  ein  hurenwirl)  dabinden  lassen  als  ein 
verbaut  gilt.  Schade  sat.  u.  pasqu.  3,292,42. 

HURENSPEER,  wi.; 

so  sei  verflucht,  der  solch  unehr 
an  dir,  du  keusche  dame, 
verrhäterlich,  durch  hurenspeer, 
verübt,  mit  groszem  namen. 

liiLDERRAND  vvlksl.  375,15  (roti  1631). 

HURENSPIEGEL,  m.  von  dem  gesteht  eines  mannes:  huren- 
spiegel  vuUus  insubidus,  lascirus,  purpurissatus ,  itlex  Stieler 
2060;  der  hurnspiegel  wurde  mir  glatt  und  meine  leibskräl'te 
nahmen  handgreiflich  zu.  Simpl.  1, 105  Kurz  (einfaches  spiegel 
fiir  gesiebt  steht  dort  mehrmals,  z.  b.  vernarrete  sich  dermaszen 
in  meinen  glatten  s]iicgcl  und  geraden  leib.  1,207);  dann 
aber  auch  von  einem  liederlichen  menschen :  cathedralitius,  i.  asotus, 
vinulüs,  viniolus  archscbalk,  bohrnspygel,  loszmensche  Trochus 
bei  DiEF.  lOO'.  nach  Campe  «•/></  im  gemeinen  leben  mancher 
gegenden  ein  liederliches  uvibsbild  ein  hurenspiegel  genannt. 

HURENSTIRN,  f  frons  expudorata:  du  hast  eine  hurnstirn, 
du  will  dich  nicht  mehr  scheinen.  Jer.  3,  3. 

HURENSTRANG,  m.  clemalis  jUimmula  und  ritalba,  die  bren- 
nende und  qemeine  watdrebe.  Nem.mch  2,  1003.  1064.  die  pflanze 
Iteiszl  in  Schwaben  hurenseil.    Sciisiiu  293. 

HURENSTlCK,  n.  meretriciac  artes:  die  iimb  alle  buren- 
slück  der  Arsace  wiiszte.  b.  d.  liebe  209';  die  sich  ihr  leblag 
in  allerhand  scband  und  lästern  uinbgewclzt  und  mit  iiieb- 
lern  misselbalcn  als  Jahren ,  mit  iiiehreni  hurenstücken  als 
monalen ,  mit  mehrerii  diebsgrilfcn  als  wochen  .  .  beladen. 
Simpl.  'A,'.i  Kurz;  erzehlte  ich  meinem  mann  mein  ganzes  ge- 
führtes leben  bisz  auf  die  hiirenstücke ,  die  icb  hie  und  da 
begangen.  .'>4. 

HURENSUCHT,  f  furia  libidinis,  salacUas.   Stiele«  2010. 

Hl  RENTANZ,  wi..*  es  iiiinpt  mich  selber  wunder,  wie  ich 
den  linrendanz  weisz  also  zu  erzelen.  (iarg.  Ci* ;  ja  auch  bei 
den  allerheiligslen  Übungen,  an  stall  dasz  ihr  (der  Jugend), 
zur  ehre  golies,  geisl-  und  anmulreicbe  |isalnien  erschallen 
sollen,  ihr  mit  wälschcn ,  lusen ,  leichllerligcn  fugen,  fusen, 
fantaslereieii  und  coiicerlen ,  zu  iin/.ücbligen ,  leicbtsjnnigen 
hurend.'Inzen  aniasz  gegeben  und  nlT  der  orgel  aufgespielel. 
PuiUNbER   1,381. 

HURENTEUFEL,  m.:  behfltc  gott!  was  hat  doch  der  leidige 
hnreiileurel  vor  macht  und  gewnit  in  den  sterblichen,  wenn 
er  einen  menschen  i-inmal  eingemiinineii?  Ernst  A«'<>r.  con/(*r/- 
tafel  :m. 

HURENTHAT,  f.  üuprum.    Krisch  1,477*. 


1965   HÜRENTHRÄNEN  — HÜRENNMJRZ 


HÜRENZEIT  —  HURISCH 


1966 


HUREMHRANEN,  f.  plur.:  hurenthränen ,  säckelzieher. 
SiMROCK  sprichw.  270. 

HL  RENTREIBER,  »i.  hurenjdger,  burer:  wenn  sie  (die 
bischöfe)  es  gelüstet ,  hurntreiber  und  hüben  zu  verleidigen, 
arme  leute  zu  plagen.  Lcther  3,517';  das  viel  grosze  hurn- 
treiber, ehebrecher,  buhen  und  schelke  solche  heiligkeit  tragen 
und  anhaben  (geistlicheil  ornal).  527*  (und  noch  oft  bei  Him. 
z.  b.  4, 190".  526'.  5, 8S'.  90'.  6,  30*.  97') ;  ich  halte  dafür,  dasz 
es  auch  bei  uns  in  Teutschland  huren  und  hurentreiber  gnug 
gehe.  Ernst  gemtähsergetzl.  25; 

du  lotter,  du  scbalk  und  hurntreiber.    fasln,  sp.  89,10. 

HüRENTROST,  »?».;  das  ist  der  hurentrost :  ich  bin  nicht 
die  erste,  auch  nicht  alleine,  werde  auch  nicht  die  letzte 
sein!  Fabricics  kippe  die  ivippe  oder  münzbetrug  (16SS)  D3. 

HURENVOLK.  n.  grex  scorlorum  et  pellicum.   Stieler  23S7. 

IIURENWAGEN,  m.  iresen  und  genossenscliaft  buhlerischer 
personen  unter  dem  bilde  eines  mil  solchen  beladenen  tragens; 
im  sprichtrorte  den  hurenwagen  treiben.  Schottei.  1116'. 

HURENWEG,  m.  meretricum  divorlia.  Stieler  2455.  in  einem 
aj^wnzellisclien  gesellschaflsspiele  ist  hueraweg  der  falsche  iceg, 
abiceg,  den  ein  spielgeselle  geht.   Tobler  27S'. 

HURENWEIB,  n.  .•  gehe  hin,  und  nim  ein  hurenweib.  Hos. 
1,2. 

HURENWEIBEL,  m.  weibel  der  die  aufsieht  ftber  die  einem 
heerc  nachziehenden  gemeinen  iceiber,  überhaupt  iiber  den  trosz, 
den  man  huren  und  buhen  nannte  (Frisch  1,477'),  fithrte: 
hurenwaibel,  der  wirdt  etwan  ansz  einem  alten  verlebten  und 
vor  den  feinden  beschädigten  kriegsmann  erwehlet.  Kirchhof 
mil.  disc.  115;  in  der  rangordnung  der  militärischen  ämter  steht  er 
mit  zu  Unterst:  zwischen  dem  essen  bestellt  er  die  änibter, . . 
ernanl  .  .  den  feldmarschalk ,  cardinal  obersten,  und  wa  er 
etwann  nicht  zugegen  wer,  sein  lochotenent,  die  unterhaubt- 
leut,  fenderich ,  rittmeister,  quartierineister,  Wachtmeister, 
profosen,  fcldweibel,  fürer,  rottmeister,  hurnweibel,  stecken- 
knecht,  brandmeister.  Garg.  200*;  rumormeister,  wagenmeister, 
hurnwaibele.  Kirchhof  mil.  disc.  54;  dasselbe  waren  lauter 
personen  vom  stab,  als  welche  gemeiniglich  hinter  die  regi- 
menter  zu  den  marquetender  logirt  werden,  nemlich  der 
caplan,  regimentsschultheisz ,  regimentsquartiermeister,  pro- 
viantmeister,  provosz,  henker,  hurenwaibel  und  dergleichen. 
Simpl.  3, 108  Kurz,  in  der  fojpt  hurenwebel :  so  will  ich  ihn  zu 
einen  hurenwebel  verordiniret  haben ,  das  er  soll  den  drosz 
in  zugordnung  richten.  Redter  v.  Speir  kriegsordn.  31. 

In  freierem  sinne:  wer  sich  aber  mit  huren  nehrct,  und 
vvil  lieber  ein  hurenweibel  als  ein  ehrlicher  hräutigam  sein, 
der  kompt  umb  sein  gut.    Creidius  1,  379. 

HURENWESEN,  n.:  lose  leute,  welche  des  sontags  morgens 
in  die  kirch  gehen,  und  nach  mittag  ihrem  hurenwesen  nach- 
laufen. ScHüPPics  198. 

HUREN  WINKEL,  vi.  lupanar,  lustrum:  gieng  dem  israe- 
lischen man  nach  hin  ein  in  den  hurenwinkel.  4  Mos.  25,  S ; 
ihr  .  .  huren  und  ehebrecher,  ich  bitte  euch  umb  der  liebe 
gottes  willen,  ihr  wollet  .  .  in  euren  hurenmnkeln  an  das 
einzige  wort  'ewig'  gedenken.  Schüppius  469;  er  hat  .  .  alle 
hurenwinkel  durchkrochen.  Schoch  slud.  leb.  k3'; 

all  humwinkel  thus  du  durchlaulTeu. 

H.  Sachs  4,  3,  20'. 

HURENWIRT,  m.  leno,  ganeo,  sdicitator,  aquariolus,  firo- 
duclor  Maaler  233',  mil  dem  dim.  hurenwirthle,  lenulus,  lenun- 
culus ;  meretricarius  hurnwirt  Trochüs  bei  Diefesb.  357';  sie 
morden,  henken,  würgen,  radbrechen  die  edle  tugend  der 
jungfra» Schaft,  .  .  die  sind  ja  so  böse,  als  kein  hurnwirt 
oder  mörder.  Luther  3,52';  unverschaniptc  buhen,  .  .  die 
gar  nicht  gleuben,  das  ein  golt  sei,  und  den  es  nur  um  gelt 
zu  thun  ist,  gott  geh  mit  ehren,  oder  Unehren,  wie  den  hurn- 
wirten.  Ol';  in  freierem  sinne:  (dasz  tt-ir  jetzt  handeln)  von 
solcher  kirchen,  die  sich  über  und  wider  gott  und  sein  gebot 
setzt  und  hebt,  nemlich  von  des  hellischen  Lucebers  crz- 
huren,  du  die  jtzige  hurnwirte,  die  Niclas  bischove  in  regieren. 
518'; 
er  (der  fucbsschwänzer),  ist  ein  hurenwirth,  und  kuppelt  jedem  bei 
von  schänden,  waserwil,  von  sünden  mancherlei.    Locac  3,217. 

HURENWIRTIN,  f.  lena.  Maaler  233'. 

HURENWIRTISCH,  adj. :  hurenwirtische  treüw  und  glauben, 
fides  lenonia.  daselbst. 

HURENWIRTSCHAFT,  f.  hurenherberge,  lenocinium,  ganeum. 
ebenda. 

HURENWURZ,  f.  polypodium  ßix  mos,  hurenkraut.  Adelusg. 


Hl^RENZEIT.  f.  zeit  tn  der  buhlerische  gelüste  walten.  Über- 
schrift eines  sinngediclits  bei  Logad  1,  27,  93. 

HURENZEN ,  rerb.  hure  schimpfen :  er  fieng  an  sie  zu  hu- 
renzen.  il  se  mit  ä  l'appeller  putain.  Ro.vdeac  320. 

HURENZL3FT,  f.:  das  kräftigste  mittel  .  .  mag  das  hel- 
lische feuer  sein ,  dahin  die  unflätige  hurenzunft  dermahl- 
einsten  soll  geworfen  werden.  Ernst /ii5<.  tiWer/iai«  (16S6)  413. 

HURER,  wi.  scortator,  moechus.  ßr  das  goth.  einfache  hör-s, 
ahn.  hor-r  fioi^os  hat  bereits  das  ahd.  das  erst  von  dem  fem. 
huora  aus  gebildete  huorari,  scortator,  moechus,  adulter  (Graff 
4. 1012),  mhd.  huorsere ;  nhd.  findet  sich  auch  eine  form  viit 
kurzem  vocal  (s.  unter  hure  l):  meretricarius  hurrer  Hief.  3.57' 
(mittelfränkisch,  15.  jahrh.);  scorto  horer  520';  hurer  scortator, 
meretricator,  meretricarius.  roc.  ine.  theut.  k  5* ;  das  ir  nichts 
soll  zu  schaffen  haben  mit  den  hurern.  1  Cor.  5, 9 ;  so  jemand 
ist,  der  sich  lesset  einen  bruder  nennen,  und  ist  ein  hurer, 
oder  ein  geiziger,  oder  ein  abgöttischer.  11;  weder  die  hurer. 
noch  die  abgöttischen,  noch  die  ehebrecher  .  .  werden  das 
reich  gottes  ererben.  6,9;  alle  hurer  und  ehebrecher  im 
ganzen  lande.  Schcppiis  467 ;  es  ist  kein  gesclilecht,  darinnen 
es  nicht  hurer  und  buhen  giebt.  Pistorics  thes.  par.  9,67. 

HUREREI,  f.  stuprum,  scortatus ,  fornicatio;  erst  seit  dem 
späteren  mitlelalter  gebräuchlich,  da  früher  das  einfache  neutrum 
huor  (sp.  1956)  dafür  vencendet  ward,  scortatio  horerye  Pief. 
520';  hurerey  meretricium,  crissarium,  scortatio.  hurerey  triben. 
scortari,  crissari,  meretricari,  mecliari,  fornicari.  roc.  ine.  theut. 
k5';  herzog  Steffan  lag  ze  Badaw  und  lept  wol .  und  hett 
ain  gueten  muet  und  trib  grosz  huererei  mit  schönen  frawen. 
d.  städtechron.  5.  43.  37 ;  denn  von  innen  aus  dem  herzen  der 
menschen  gehen  heraus  böse  gedanken ,  ehebnich,  hurerei. 
mord.  3/arf.  7,  21 ;  es  gehet  ein  gemein  geschrei,  das  hurerei 
unter  euch  ist,  und  eine  solche  hurerei.  da  auch  die  beiden 
nicht  von  zu  sagen  wissen,  das  einer  seines  vaters  weih  habe. 
1  Cor.  5, 1 ;  aber  umb  der  hurerei  willen  habe  ein  jglicher 
sein  eigen  weih,  und  eine  jgliche  habe  iren  eigen  man.  7,2; 

du  pist  mir  auf  der  hurerei  hie  eben,    fastn.  sp.  281,  10, 
auch  bildlich,  von  der  abgöUerei  (s.  hure  sp.  1959) :  das  land  lenft 
vom  herrn  der  hurerei  nach.  Hos.  1.  2.     rgl.  hurei. 

HURERISCH,  adj.  und  adr.  meretricius,  libidinosus,  libidinose. 
Stieler  835.     vgl.  hurisch. 

HURHÄUS,  n.  ßr  hurenhaus,  vgl.  unter  hur  sp.  1956 :  ist  dj 
nit  ein  hurhausz  uher  alle  hurheuser,  die  yemandt  erdenken 
mocht,  so  weisz  ich  nit  was  hürheüser  heiszen.  Lcther  adel 
deutscher  nation  D  2' ;  treiben  sie  ehebnich ,  und  laufen  ins 
hurhaus.  Jer.  5,  7 ;  das  vil  adels  ab  dem  Schwarzwaldt  und  am 
Necker  in  disem  closter  den  ufritt  gehapt ,  und  het  domals 
mit  gueten  ehren  und  der  warhait  rilmehr  des  adels  hur- 
haus, dann  des  adels  spittal  mögen  genempt  werden.  Zimm. 
citron.  3,  69, 12 ; 

wir  wissen  wol,  ein  pessere  stut 

leit  in  dem  dorf,  haist  das  burbaus.    fasln,  sp.  251,  8. 

HURHEIT,  f.  meretricium.  Dief.  357*. 

HURIG,  HÜRIG.  adj.  der  hurerei  ergeben:  die  all  ihr  leben 
fräszig,  geizig,  hürig  und  faul  gewesen  seind.  Paracei.sus 
Chirurg,  sehr.  17  A.  es  steht  ßr  huricht,  hüricht,  die  erweiterte 
form  hurachtig.  hurcchtig  meretricius  Dief.  357'. 

HURISCH.  HÜRISCH,  adj.  und  adv.  hurenmäszig,  unzüehtig, 
nach  iinzüchtiger  weise:  ein  hürisch  weih  kennet  man  bei  irem 
unzüchtigen  gesiebt ,  und  an  iren  äugen.  Sir.  26, 12 ;  ist  es 
nicht  ein  hürisch  ebentewrer  (Jacob),  das  im  nicht  genügt  an 
zweien,  sondern  noch  zwo  dazu  haben  mus?  Luther  4.164'; 
das  hurisch  weih.  C.krl^tabt  wider  bruder  Man  a3;  es  waren 
auch  hurisch  männer  im  land  Juda,  und  theten  alle  schand 
wie  die  beiden.  S.  Frank  f/*ron.  (1531)  49';  d;  der  mensch, 
so  er  viehisch  sein  will,  das  ist,  er  will  hürisch  sein.  Para- 
celsus  opp.  2, 215C;  im  Superlativ  hürist  statt  hürischst:  dasz 
die  hurerei  ärger  und  schändlicher  nie  gewesen  ist .  auch 
von  dem  hürestcn  volk.  c/itr.  scAr.  134  C;  wenn  ich  ir  hüri.sch 
herz,  so  von  mir  gewichen,  und  ire  hürische  äugen,  so  nach 
iren  götzen  gesehen,  zurschlagen  habe.  Hes.  6,9; 

wenn  ich  nur  ein  mannsbild  an  sich  (ansehe), 
so  eifert  er  schon  über  mich, 
sagt  ich  hab  gar  burische  augn. 

Atrer  fastu.  sp.  67'  (2674,  14  Keller) ; 

das  hürisch  und  hübisch  leben.  Luther  2,172";  durch  ihr 
hurisch  Unwesen.  Hotten  5.1t  Münch;  hürisch  lieb.  H.Sachs 
2,2.74';  die  hurisch  unkeuschheit.  Paracelsds  chir.  Schriften 
137 A;   andere  ledige  weibs  personen,   welche  nicht  offent- 


1967 


IIURISCHHEIT  —  HÜRLIBURLI 


HÜRLING  — HURRE 


1968 


lieber  hürischer  weise ,  und  doch  gleitiiwoi  in  uiikcusclieidl 
beiinlicli  leben,  gedr.  cliepoliceyordnnn<j  der  yrafen  von  Yfenburg 
von  li'*4 ; 

weil  du  mit  aii^en  hast  pesehen  und  pespfiret, 
auf  was  für  weise  sie  ein  tiürisch  leben  liihret. 

D.  V.  D.  Wr.RnER  Ariust  6,  54,  6. 

ak  adv.:  sjrissarc,  i.  mtilliter  vivere,  ziiillicii  laben,  sieb 
weibisch  oder  bfiriscb  sielln.  Ai.rerus  |)1';  auf  das  leichl- 
verligest.  bürisch  geziert.    I'rank  iceUli.   121*. 

HI:H!SCHHH1T,  f.  merfUidum,  liürisebkeil  Hif.f.  'Mu  ;  {die 
tuerke  des  fleisches)  dye  do  sind  unkeuscbeil,  kebeslinn,  liin- 
scbeil.  dienste  der  ahgötler.  npieyel  mcnscid.  beluilliius:  (W'.ri)  iss\ 
HrnKlNl),  n.  unelielirlies  kind ,  vergl.  luuenkind ,  und  bur 
5/).  l'JöH:  es  sol  anrii  kein  burkind  in  die  gemeine  des  bcrrn 
kennen.  5  Jt/»s.  2.3,  2 ;  .lephlhah  ein  Gilcaditer  war  ein  streitbar 
bell,  aber  ein   burkind.  riclil.  II,  1. 

HIHLEHALS,  m.  lärmen,  luinuU,  saus  ttnd  braus,  inlid. 
burlehüs  {mhd.  wb.  1,7.34');  burlahfis  bei  Schm.  1.  tifil  Fromm, 
(von  14,55).  ein  vialendes  frort,  das  sich  an  das  unleu  folgende 
bnrlen  und  an  l)ausen  (llwil  l.l2(Ki)  anschlicszl;  dann  auch  auf 
das  lärmen  machende  kriegsinstrumcnl ,  die  bikhsc  oder  kanone, 
übertragen : 

das  thut  die  biirhsz,  der  burleliusic.    Mukner  lulli.  iiurt  71); 

nu  sunt  dicli  nit  und  sags  lierusz, 

ec  (lasz  ich  kuni  mit  hurlebiisz.    2511; 

dreimol  chlöpfl  der  hurlibaus.  nei  loset,  wies  schüttet, 

luepet,  wies  dur  d'  chlimse  blitzt.     IIerkl  (18.53)  1,150. 

iw  niederdeutschen  aber  ist  das  offenbar  identische  buripnlz  ein 
.schlag,  stosz: 

hedd  ik  dat  nicht  pedan,  ik  liedd  ol'troals  pekrcpen 
huriputzen,  ok  wol  oft  musl  kamen  vor  den  depen. 

I.ALtREiinKRu  1,  3S4  Ln\ipenh. 

Hl'RLEBArSISCH ,  adj.  und  adv.  lärmend,  ungestüm:  d; 
hnriebansiseb  gescbiilz.  Garg.  1^2";  biemit  schirmt  tmd  stür- 
met Gargantoa  mit  seim  groszen  banm  so  burlebausisch  wider 
das  scblosz,  dasz  er  thnrn ,  manren  und  pollwerk  nider- 
sliesz.  23.3'. 

HUKLEIN,  n.  meretricula,  dein  bnrlin  Dief.  357';  das  geile 
bürlin.  b.  d.  liebe  20!t';  eine  pluralform  hnrnlein:  das  gott  ein 
sidcbcr  herr  ist,  der  seine  gnade  gibt  den  armen  bürnlin  und 
Sündern,  und  verwerfe  die  groszen  heiligen.  Luther  4,201*. 
in  der  form  iiürrel  viü  gekürztem  vocal  {vgl.  unter  bnre  l) : 

du  macht  ein  hi'irrcl  sein,  ' 
mich  triegen  dann  die  .sinne  mein,    ring  14',  12; 

als  schimpf-  und  koseworl:  wie  oft  nennet  eine  mutter  irc 
tochtcr  ein  hiirlin ,  beide  fiir  zorn  und  für  liebe?  LtTHER 
3,  52*. 

HL'KLEN,  verb.  rollen,  kollern,  der  bedeutung  nach  eins  mit 
bullern  sp.  1*«!>0 ,  nach  der  form  aber  iterativ  zu  dem  unten 
folgenden  bnrren.  es  ist  mundartlich  oberdeutsch,  bairisch  als 
bnrlen,  horlen,  borgein,  bnrgeln  Schmei.ler  1,1161  Fromm., 
ebenso  fränkhch.  Fromm.  0,400;  schwäbisch  daßr  nur  borglen, 
bnrglen ,  kurglen  uälzcn ;  schueiz.  burrlen ,  mit  dem  brumm- 
kreisel  spielen,  neben  burrli ,  bnrrlibnb,  brummkreiscl  STAi.rtER 
2,05;  englisch  buri,  scideuilern,  werfen,  schmelzen;  niederdeutsch 
ist  ein  adjectiv  burri  besliirzl,  auch  aufgebracht ,  betroffen  vor- 
handen, he  wur  gans  biirrl,  er  kam  sehr  in  hämisch.  Scmütze 
2,175;  an  es  lehnt  sich  die  folgende  inlcrjection  un,  wol  auch 
die  formen  borlassen,  horlitz,  bCrIilze,  neben  formen  zu  Hor- 
nisse sp.  l'»2*<. 

HrKLIlUiKLI,  inlerj.,  überstürzende  eile  malend:  bnrii  liurii 
musz  es  gebf-n.  Immermann  Münchh.  4,141; 

mit  ihrer  raschen  Tantasic 
husch!  durch  die  liiric,  hurlihurli ! 

(ScHl!«K)  mnriouctientitcairr  (177•^)  s.  121. 

in  der  form  bnripnri :  anstatt  den  ström  des  gesangs  vom 
inJiitligen  abbange,  mit  distinclem .  vernehmbaren  wobigetön 
dahin  strömen  zu  lassen,  stellt  man  sieb  auf  eine  schroffe 
frlsensjiit/.e,  wirft,  unter  priiszlirlien  Verzückungen,  den  köpf 
in  den  nocken.  verdreht  die  äugen,  und  slür/l  sein  krüglein, 
mit  unvcrnebmiicbem  verwirrenden  geriiusch  buripuri  hinab, 
und  am  ende  ists  doch  wojti  nicht  so  viel,  dasz  eitn-  mücke 
ftich  daraus  satt  trinken  ka;in.  lifncER  320*;  bei  (jotme  bur- 
liirli  biirli: 

und  Rchmnlm  den  keri  die  kreiii  imd  <|ucr 

hiirlurli  hurli  In»  ihnl  daher.     i:(,  !>. 

englisch  tU  hm\\]iur\^  subst.  und  adj.,  tumull,  nußauf,  uufruhr, 
mmcarr,   getUmmrl,    und  Idrmrnd ,   aufritlirrritch,  verwirrt;   in 


beiden  bedeutungen  gilt  auch  einfaches  burly.  franz.,  und  hier 
wol  als  lehnwurl  aus  dem  englischen,  heiszt  burluherlu  celui  qui 
est  incon-tidere ,  brnsgue,  etourdi.  Litthe  1,206S';  in  der  form 
burlulirelu  bezeichnete  es  im  17.  jahrh.  auch  '«ne  sorle  de  coiffure 
de  fe.mmc'.   ebenda. 

IIIjKLING,  «».  s.  beuerling  sp.  12S5.  12S6. 

HUHMÄDCHEN,  n.."  virgo  puella  Cypria,  pcsl  partum,  ein 
bobrmedicbcn  Trociius  G5*. 

HTHNAUSZ,  m.  vgl.  unter  hornissc. 

Hl'ltNE.N,  verb.  s.  burnen. 

HLHMCELN,  verb.  s.  bornigeln. 

Hl'HH,  intcrj.,  eine  eilende  bewegung  malend  {vgl.  burre  und 
bnrren):  derseiliigen  {eigensinnigen  köpfe)  spottet  mann,  dasz 
sie  sieb  des  understebn,  das  ihnen  scluidlich  ist,  bnrr,  oben 
au.sz  und  niergent  an.  Agr.  spr.  110*.  jetzt  noch  gebräuchlich, 
auch  um  das  auffliegen  von  vögeln  zu  schildern:  burrI  (log  die 
kette  rebhiihner  auf. 

Hl'HHA,    HLHHAH,    intcrj.,   die   erweiterte  form  der  vorigen 

{wie    heia    aus    liei    erweitert   ist,   sp.  7!»2.  794),    schon  im  mhd. 

begegnend : 

we !  wer  sach  in  rehte  gän? 

hurrä!  wie  er  tohel,  so  man  in  nihi  her  enpreht! 

winues.  3,  1H8'  Hitgen  ; 

nbd.  erst  seit  der  zweiten  hälfle  des  vorigen  Jahrhunderts  tn  der 
schrißsprache  nachzuweisen,  betont  In'irra  und  bnrräb,  als  hetz-, 
eil-  und  jagdruf:  btirra  I  Im  sasa !  hinten  drein,  camaraden  I 
.  .  .  beute  gefallen  mir  nnsre  jungen  degenpnppcben  wieder 
einmabl !   burral  burra  !   Fr.  Müiler  2,112; 

hurrah!  die  todten  reiten  .schnell! 

BÜRGKR  15"  (ron  1773). 
in  substantiver  Verwendung: 

wer  liist  du,  dasz  durch  saat  und  forsi 
das  hurrah  deiner  japd  mich  treibt?    20". 

als  freudenruf:  hurrah!  bcrr  bofmarscballl  es  wird  eine  stelle 
vacant.  gut  welter  für  kupplerl  Schiller  kab.  u.  liehe  4,9; 
auch  in  einer  Weiterbildung  freudige  eile  malend: 

ein  schlückchen  auf  den  weg  vom  hciszen  traubensohn, 

und  hurra  rax  da.vl  gehts,  als  Mögen  wir  davon,     rriiilier  4,  5. 

die  interjection  war  in  den  bcfreiungskriegen  Schlachtruf  der 
preuszischen  tru])}}cn  und  ward  auch  von  fremden  angenommen: 

und  I'reuszens  hlüllie  die  knospe  sprengt,  hurrah ! 
ein  jeder  zur  lanze,  zum  scliwert  sich  drängt,  hurrah! 
CS  dröhnte  das  hurrah  durch  mark  und  hein, 
die  schaar  .Mexanders  stimmt  mächlig  mit  ein: 
hurrah,  hurrah,  hurrah!      Soltau  592; 
wir  Prcuszen  ziehen  in  ilas  Feld 

hurrah,  hurrah,  hurrah!     IIildebrand  volksl.  466; 
unser  könip  ist  ein  braver  held,  .  .  . 
und  er  soll  leben  mit  hurrah! 
hurrah,  hurrah,  hurrallerallcra  !    clienda  ; 
das  hurrah  jauchzt,  und  die  biichse  knallt. 
es  fallen  die  frankischen  Schergen. 

KöBNKH  1,  135  (Liitiotts  witile  jainl); 

der  hoclizeitmorpcn  praut. 
hurrah,  du  cisenliraut. 

hurrah!     144  (.sc/iireil/ifiO; 

uiiff    ist    seit    der   zeit  beliebt  geblieben,    als  krieger-,   matrosen-, 

jubelruf: 

stoszt  an,  Jena  soll  leben ! 

hurrah  hoch!     Uinzeh  (ron  1818); 

das  hurrah  schallt,  die  harke  neiipl  mit  vollen 

pefiedern.  Hhlank  i/ci/.  454; 

ha,  wie  das  blitzt  und  rauscht  und  rollt! 

hurrah,  du  schwarz,  du  roth,  du  pold  ! 

Freili(.natu  rfii7il.  3,  161  ; 

hurrah,  du  stolzes  schönes  weilt, 

hurrah,  Cerniania  !     4,  05. 

auch  engl,  burra,  hurrah,  burraw,  dan.  Iimra,  schwed.  hurra, 
»(ii7  deni  vcrbum  hurra  hurrah  rufen ,  wofür  deutsch  hnrraheii 
gesagt  werden  kiinnle.  selbst  das  franz.  Imt  das  wort  aufge- 
nommen :  bomr.i ,  rris  dncclamation ,  al>er  auch  imprerations, 
malcdictions  I.ittrk  I.2(I.'>o'. 
lllHhAIKlKSCUHKI.  »1.. 

Doria  luliri  Ihn  an  Ixiril.    ihm  folgt«*  der  munteren  KcbifTer 
hurrahpcsrhrci.  I'trkbr  Tiiiiin.  4,  7'.(. 

iil  KltAIIKIF,  m.:  er  ward  mit  begeisterten  biirrahnifen 
empfangen. 

liritItK,  i'ntrr;'.  zur  IwieitJinung  sau sendir  eile ;  enreiterlc  form 
von  hurr  {s.  d.):  « 

und  hnrre  hiirre,  hon  hop  bii[i ! 

ging*  fort  io  latuanaero  galopp.    Htmciii  14*; 


1969 


HüRREN — HURST 


HURT— HURTIG 


1970 


gehorsam  seinen  rufen, 

kams,  hurrc  hurre  I  nachgerannt, 

hari  hinier's  rappen  hulcn.    15"; 

und  hurre  liurre,  vorwärts  gings 

feld  ein  und  aus,  herg  ab  und  an.    TO*; 

den  lauf  eines  Spinnrades  malend: 

hurre,  hurre,  hurre ! 

schnurre,  rädchen,  schnurre !    29*. 

HLRREN,  verb.,  lautmalendes  wort,  aus  der  inlerjcction  hurr 
gebildet,  sich  sausend  bewegen,  sausend  eilen,  schon  mhd.  hurren 
Le.xeb  wb.  1,1397;  im  fuldaischen  land,  im  HauiUhal,  hurren 
wild  vorwärts  rennen,  blind  hineinstiinnen  Vilmar  179; 

und  kamen  so  grosz  stein  geschnurrt, 

auch  so  viel  bleikugel  gehurrt.    mUckenkr.  3,  634. 

schweizerisch  ist  hurren  und  hurrnen  activ,  einen  baUon  $chlagen. 
Stalder  2,  65. 

HURRI,  n.  zusammcnslosz,  zank,  streit: 

ich  furcht  es  wird  ein  hurry  geben, 

wenn  der  hauptmann  hört  euer  leben.    Götbk  13,70. 

aus  dem  verbum  hurren  selbständig  gebildet,  und  wol  nicht  in 
hinblick  auf  das  gleichförmige  englische  hurry,  eUe,  getümmel, 
lärm,  das  mit  dem  rcrbum  hurry  ungestüm  eilen,  auch  treiben, 
jagen,  verwirren,  dennoch  der  engste  verwandle  zu  hurren  ist. 

HURRIG,  adj.  bei  Fr.  MtSLLER,  soll  wol  das  summende,  dre- 
hende gefühl  eines  kranken  kopfes  bezeichnen: 

mir  ist  oft  so  hämisch,  so  dämiscli  und  dumm, 

so  hurrig  und  schnurrig  und  weisz  nicht  warum.    1,  314. 

BURSCHEN,  verb.  accelerare,  die  hunde  anhurschen,  an- 
hetzen, incitare  canes  Frisch  1,  47S*  als  altes  worl,  ohne  quellen- 
an-jut'C.  es  gemahnt  an  ahd.  hurscan  exercere,  properare  Gbaff 
4,1041,  dem  denominativ  von  horsc,  alacer,  celer,  praepes  und 
ähnl.,  was  später  ausgestorben  ist.  doch  ist  wol  darauf  zurück- 
zuführen das  schweizerische  hurrsch,  hursch  eine  interjeclion  zur 
bezeichnung  einer  „mit  geschnurr  verbundenen''''  geschwindigkeit, 
auch  in  der  bedcutung  hinweg,  fort.';  mit  hursch  /rei6t  man 
tchweine  zum  gehen  an;  das  davon  gcbildele  verbum  hurrschen, 
harschen  heiszt  sich  raufen,  zanken,  lärvien,  verwirren.  Stalder 
2,  65. 

HURSOHN,  m.  auszerehelich  erzeu0er  söhn,  folglich  unehrlich; 
und  daher  als  hartes  Schimpfwort: 

ich  klag  euch  über  disen  scbalk, 

ein  hursun  deckt  im  seinen  palk.    fastn.  sp.  155,34; 

der  hürsuns  paur  leugt  in  sein  mund.    349,  2; 

ach  Gruomatsack,  lieber  gvatter  mein, 

wie  gar  huoisunn  mögen  die  pauren  sein!    367,  18; 

wiltu  dich  des  nicht  maszen 

und  dein  unnütz  claffen  laszen, 

so  mustu  iu  dem  treck  auf  stan 

und  wirt  dir  als  eim  hürsuu  ergan.    5S7,  26; 

wan  er  der  gröst  hürsun  was.    590,  31. 
vgl.  hurensuhn. 

HURST,  m.  und  f.  oberdeutsche  form  zu  hörst  Strauchwerk, 
gebüsch  {sp.  1S33),  in  quellen  des  16.  jahrh.  häufig:  so  wolt  er 
(Christus)  das  sie  (Maria)  wer,  wie  ein  gilg,  die  in  den  hürsten 
und  in  den  dornen  wechset.  Keisersberg  Marie  himelfart  15*; 
darumb  sol  er  (der  hui)  haben  zwo  schnüer,  das  .  .  er  dir 
von  den  hürsten  und  brombcrhecken  nit  abgezogen  und  gezert 
müg  werden,  b'üg.  61* ;  einer  hüw  (hieb)  widen  ab,  der  ander 
hesel  hürst.  62';  musz  erst  abstigen,  und  erst  die  hürst  und 
die  bengel  (eines  hags)  zerhouwen.  120';  das  er  den  ganzen 
vrald ,  alle  bäum ,  stock  und  standen ,  das  hoch  und  nider 
gehölz,  das  baw-  und  daubholz,  alle  hürsten,  vom  nidersten 
licbstöcke!  an  bisz  zum  cederbaum  hinauf,  und  überall  den 
f'irst  niderschlug.  Garg.  147' ;  der  haur,  welcher  ein  heilige 
uilgemeinhilfliche  purgaz  seinen  verlobrenen  esel  zu  finden 
einnam,  und  denselben  als  er  sich  zu  pQülteren  beim  zäun 
nidersetzet,  durch  die  hurst  ersähe.  172';  wiewol  wann  ich 
vil  soll  durch  hürsten  kriechen,  und  über  zäun  und  standen 
klimmen,  so  laszt  mein  kutl  das  haar.  244' ;  kroch  zu  aller 
necbst  am  wasscr  in  ein  dicke  hurst.'  Wickbam  rMw.  120, 15 
Kurz;  kroch  er  ausz  der  hurst.  121,7; 

si  schluffen  beid  in  einen  Strauch, 
verbargen  sich  in  hürsten  rauch,    reit.  hilg.  13; 
der  ander  garten  umbzeunt  war 
mit  rosenhürsten  ganz  und  gar.    7S. 

sprichwörtlich  auf  die  hurst  schlagen  wie  auf  den  busch  schlagen 
{llieü  2,  55>) :  die  alle  schlug  von  fernen  auf  die  hurst,  wolle 
IV.  u. 


die  begier  der  Arsace  im  nicht  so  deutlich  offenbaren,  buch 
d.  liebe  211*.  —  hurst  geradezu  für  wald: 

das  ich  mein  kind  musz  sterben  lan 
in  der  verfluchten  wilden  hurst. 

Habere»  Abraham  (1592)  G3". 

die  jüngere  nhd.  spräche  hat  das  wort  zu  gunslen  von  borst  auf- 
gegeben, oder  gewöhnlicher  ganz  fallen  gelassen  ;  wenn  es  erscheint, 
ist  es  auffrischung  des  allen:  wo  dies  münster  jetzt  steht, 
waren  zuvor  nichts  denn  hürsten,  wildnis  und  mistlachen. 
SiMBOCE  volksb.  2, 295. 

HURT,  m.  das  mhd.  hurt  der  turniersprache ,  stosz,  anprall, 
stoszendes  lotrennen,  dem  franz.  heurt,  ital.  urto  stosz  entlehnt 
(vgl.  Lexeb  wb.  1, 1397),  ist  seit  dem  14.  jahrh.  erlosclien,  soweit 
es  nicht  noch  in  dem  unten  folgenden  adj.  hurtig,  sowie  in  der 
kärntnischen  mundart  fortlebt:  hurt,  m.  die  Schnelligkeit,  das 
rasche  muntere  arbeiten,  an  hurt  haben,  schnell  sein,  eile  haben 
Lexer  146. 

HURT,  f  flechtwerk,  s.  unter  horde  und  bürde. 

HURTE.N,  verb.,  das  mhd.  hurten  der  turniersprache,  stoszend 
losrennen ,  später  fast  verschollen :  arielare  stoszen  t  hurtten 
sicut  aries  Dief.  nov.  gloss.  33'  (von  1432),  ist  von  der  neuem 
turnkunst  wieder  aufgenommen  worden,  wo  es  ein  abstoszen  der 
Oberschenkel  im  stütz  am  schwingpferde  u.  ähnl.  durch  hilfe  des 
kreuzes  bezeichnet,     vgl.  hürzen. 

HURTIG,  adj.  und  adv.  alacer.  wie  das  mhd.  hurteclkh  auf 
hurt  stosz,  anrennen  zurückgehend,  ursprünglich  turnierwort,  aber 
atuh  nacJidem  hurt  ausgestorben,  und  das  adjectiv  seiner  eigent- 
lichen beziehung  nach  ganz  unverstanden  geworden  war,  doch  bis 
heute  in  einigen  der  ursprünglichen  bedeutung  nicht  fern  stehenden 
lebendig  geblieben. 

1)  bis  in  das  17.  jahrh.  ist  hurtig  als  tapfer,  zu  angriff  oder 
abwehr  gerüstet ,  gebraucht  worden :  accinctus ,  ringferig ,  hurtig 
Dasyp.  ;  hurtig  und  mutig,  mit  groszer  dapferkeit,  acri  animo 
se  defendebat.  Maaler  233';  der  fürst  in  Röhmen,  einer  von 
den  hurtigsten  herren  seiner  zeit  HoFFMAK.tswALOAi}  bei  Steik- 
B.ACH   1,  797  ; 

(tod)  nimm  dein  geschosz  zur  band :  mein  herze  steht  dir  offen, 
der  ganze  leib  ist  da,  ich  will  dir  hurtig  stehn. 

V.  Scuö:«bor:i  bei  Grtphics  1698  2,  32. 

2)  häufiger  aber  in  dieser  zeit  und  später  noch  ist  hurtig  auf 
geistige  fähigkeiten  bezogen,  es  heiszt  gewandt  in  erfinden  und 
reden;  man  sagte  ein  hurtiger  mann,  ein  hurtiger  köpf,  ver- 
stand ,  ein  hurtiges  gemüt :  hurtiger  mensch ,  scUus  homo 
Maaler  233';  der  ist  ein  hurtiger  mann,  der  ein  Juden  und 
zöller  ubervortheilen  kann.  Lebxa:<>  2,44;  der  eine  hiesz 
Maroboduus,  oder  Marboll,  der  ander  Arminius,  oder  Herman, 
beide  tapfere,  hurtige,  kluge  männer.  Micbälius  altes  Pommern 
1,77;  ein  hurtiger  kluger  vogel.  pers.  rosenth.  2,25;  je  das 
musz  noch  wol  ein  hurtig  kerl  sein.  Schoch  stud.  leben  D  4' ; 
die  freiheit,  welche  junge  und  hurtige  gemuther  der  maszen 
vergnüget.  A5';  nach  antrieb  ihres  hurtigen  geistes.  A.  Grt- 
pniLs  169S  1,651;  diese  und  andere  hurtige  leuthe  (französische 
dichter).  Hoffmansswaldaü  vorrede;  ein  hurtiger  und  gelehrter 
geist.  ebenda ;  er  dichtete  . .  eine  so  artige  inscription,  dasz 
man  einen  gar  hurtigen  köpf  darausz  schlieszen  muszte. 
maulaffe  105;  ein  hurtiger  und  listiger  köpf.  polü.  stockf  89; 
das  ist  das  beste  mittel ;  und  w  ir  sind  nicht  drauf  gefallen ! 
0  es  lebe  ein  hurtiger  verstand  I  Lessisg  2, 39S ;  auch  von 
dingen,  die  auf  solchen  geistigen  fähigkeiten  beruhen:  wie  nun 
die  vermeinten  rilter  ihren  hurtigen  kehrab  bekommen,  in 
dein  ausbündigen  spanischen  buche,  iu  welchem  das  leben 
und  thaten  des  dorn  Quichot  lächerlich  genung  abgebildet. 
A.  Gbypoil's  1698  1,651;  das  ist  hurtig!  das  gefällt  mir!  (es 
ist  vom  knoten  eines  lustspiels  die  rede).  903.  —  Man  sagte  hurtig 
in  oder  auf  etwas  sein :  dasz  er  (Carl  F) . .  in  hoffreden  oder 
apophihegmatibus  sehr  gut  und  hurtig  gewesen  sei.  Zinkcref 
apoplith.  2,  S ;  doch  bin  ich  nicht  mehr  so  hurtig  auf  die 
Schelmerei,  ped.  schulfuchs  68. 

hurtig  adverbial:  dasz  sie  (die  gelehrten  und  weisen)  dem 
Studiren  und  der  weiszheit  desto  freimühtiger  und  hurtiger 
obliegen,  pers.  rosenth.  2, 28 ; 

die  durch  vieler  jähre  wissen,  die  durch  vieler  jähr  erfahren, 
innerlich  sich  schön  und  hurtig,  voller  geist  und  witz  gebahren. 

LoGAU  3,  91,  77  ; 
gebraucht    von    dem    schmucken    und    netten,    was   der   witz  zur 
hebung  des  duszem  einer  person  erfindet :  w  eil  die  Schneider  sich 
mit  kleider  sauber  und  hurtig  halten.  Kircbiiof  wendunm.  232'. 

3)  hurtig,  flink  im  anrennen,  flink  auf  den  beinen,  schnellen 
laufes,    eine   bedeutung   die   bis  heute  sich  gehalten  hat:   hurtig 

124 


1971 


HURTIG  — HURÜBEL 


inJR  WEISE  —  HUSARENTHEE 


1972 


impiger  Dasyp.  ;  gebraucht  von  tcesen ,  dingen ,  gliedmaszen ,  die 
sidi  so  betcegen,  wie  von  den  bevegungen  selbst :  ein  freier  und 
hurtiger  sprung,  saltus  strenuus  Maaler  233';  noth  macht 
dem  hinkenden  hurtige  füsz.  Lehmann  1,574;  mit  hurtigen 
schritten.  Chr.  Weise  kL  leute  26 ; 

auch  muntert  ich  den  leib  zu  allen  künsten  aur, 
«prang  aur  ein  hurtig  pTerd,  begab  mich  in  den  laur. 

A.  Grtphics  1C98   1,  193 ; 
wie  hurtig  ist  der  gang!  wie  artig  steht  das  kleid.    222; 
erst  erlegt  er  die  mäuler  (maulthiere)  und  hurtigen  hunde  der 
Griechen.    Börcrr  1S6'; 
den  hurtigen  fersen  vertrauend,    llias  2,  792 ; 
dann  unsere  hurtigen  rosse 
hemme  zurück,  das  gezäuni  am  sesselrande  befestigt.    5,261; 
denn  auch  dorthin  stairt'  im  hurtigen  scbifTe  Odysseus. 

Odyssee  1,  201 ; 
schnell   zum  hurtigen  schiff  an  den  Strand  des  raeeres  enteilt 

ich, 
kam  an  das  hurtige  schiff  und  fand  die  theureu  genossen 
jammervoll  wehklagend.  10,  4ü8. 

hurtig  adverbial:  wenn  er  {der  soldat)  mit  leerem  bauch  fechten 
soll,  wird  er  sich  hurtig  mit  der  flucht  wehren,  pers.  rosenth. 
1, 17 ;  hurtig  geh  fort !  Lessinc  1,  305 ; 

der  fürst  ist  hinder  dir,  und  jagt  so  hurtig  nach, 
als  der  geschwinde  falk  den  tauben  an  der  bach. 

A.  Grtpuids  1698   1,  55  ; 
ich  lief  ihr  hurtig  zu.    GBnthkr  508; 
hurtig  mit  donnergepolter  entrollte  der  tückische  marmor. 

Odyssee  11,  598. 

4)  hurtig,  auf  jedes  behende  thun  bezogen:  ich  geschweig 
der  procession  und  kreuzgäng,  da  sie  ire  crucifix  durch  alle 
straszen  und  gassen  füren  und  spielen  auch  den  ganzen 
passion  so  hurtig  nach,  ...  als  ob  es  änderst  nit  geweszt 
were,  dann  ein  lauter  fasznachtspiel.  bienk.  151*;  macht  sie 
von  ihren  banden  hurtig  los.  ehe  eines  mannes  287 ;  vor  einigen 
stunden  konnte  ich  mich  nicht  hurtig  genug  entschlieszen? 
Lessing  1,275;  den  Dacier  nachgesehen!  hurtig!  3,426;  das 
geht  so  hurtig  nicht.  Wieland  19,324; 

sieh,  dort  sinket  schon  ein  haus ! 
und  hier  auch!  nun  musz  man  eilen! 
lasz  uns  noch  die  flasche  theilen! 
hurtig!  hurtig!  trink  doch  aus! 

Lessikg  1,  80  (das  erdbeben); 

frisch  gewagt,  ist  halb  gethan ; 

hurtig  musz  ihn  TruUe  freien.    Gottkr  1,49; 
was  henkerl  du  bist  nicht  der  abt  von  St.  Gallen? 
rief  hurtig,  als  war  er  vom  himmel  gefallen, 
der  kaiser  mit  frohem  erstaunen  darein.    Borger  67'; 
hurtig,  geliebteste  kinder,  gewährt  mir  dieses  verlangen. 

Odyssee  3,  418 ; 

der  burtge  dienst  gefällt  den  königen. 

Schillrr  Wallenstfins  tod  4,  6 ; 

mach  hurtig,  Jenni.    zieh  die  naue  ein.    Teil  1,  1. 

et  heisü   hurtig   sein  zu  etwas:    hurtig  zu  tisch,   hurtig  zur 
arbeit,  ut  quis  tnanducat,  sie  etiam  laborat.  Stieler  862; 
weiber  sind  zum  zörnen  hurtig.    Locau  2,236,101. 

5)  schweizerüch  lieiszt  hurtig  sowol  munter,  als  auch  gesund, 
vol  auf.   Stalder  2, 66. 

HUKTIGREIT,  f.  agilitas,  concinnilas,  strenuitas.  Maaler  233', 
nach  den  verschiedenen  anwendungen  des  adj.  hurtig;  von  ge- 
denken und  reden:  nichts  ist,  welches  die  hurtigkeil  des 
gemüttes  also  schwäche,  als  die  wobllust.  Butscbky  Pu^m.  99; 
die  hurtigkeit  der  gedanken.  Kant  8,369;  das  ist  eine  sachc, 
die  eine  hurtigkeit  und  biegsamkeit  des  Verstandes  erfordert. 
Liscov  61 ; 

die  rede  flosz  mit  froher  hurtigkeit.    Hackdorn  2,  169. 
von   betcegungen:    sie    geben    dem   körper   der  menschen  ein 
freies    wesen    und  eine  hurtigkeit,   die  ihn  nicht  anders  aU 
angenehm  machen  kann.  J.  E.  Schlegel  5,50;  im  plur.: 

de«z  «cbneilen  AzaheU  behende  hurtigkeiten. 

P.  Flkmino  34  (vijt.  2  Sam.  i,  18). 

HURTIGLICH,  adv.  erpedite,  impigre,  hurligklich  Dasyp. 

HUKÜBEL,  n.  tortura  veneris:  amorerium  hunihel  Diep.  31*; 
%o  gehet  CR  zu,  das  hurübel  nicht  knn  gebüszet  werden,  es 
komme  denn  ein  ander  uhel  drein,  wie  der  poet  nagt,  cedit 
amor  furii«,  weil  sie  (Potiphart  weib)  sihct,  das  nie  veracbt 
wird,  und  knn  iren  mutwiilen  nicht  erlangen,  keret  sich  der 
sinn  iimb,  und  wird  toll  und  töricht.  Luther  4,204';  der  kan 
vor  spiel  nit  schlafen,  der  bat  das  h&rUbel.  S.  Krank  chron. 
tut  lOl'. 


HURWEISE,  /■.  art  des  unzüclüljen  lebens  und  dieses  selbst: 

die  hauszthür  wil  ich  riegeln  zu, 
mich  stellen  in  cim  laden  nider, 
bisz  das  der  schlepsack  (eine  untreue  frau)  komb  her- 

widcr, 
von  ir  hurweisz  ausz  den  schlopfecken, 
ob  ich  ir  solches  ab  möcht  schrecken, 
das  sie  solch  hurweisz  nicht  mehr  trieb. 

».  Sachs  2.4,24', 
ein  kchsweib  nam  zu  Bethlehem, 
welche  doch  hurweisz  trieb  bei  im.    3,  1,  5C*. 

HURWIRTIN,  f.  vgl.  hurenwirtin:  gleich  als,  wenn  ich 
leret,  die  hurwirtin  soll  burgermeisterin  heiszen  und  doch 
bleiben  so  frumm  als  sy  ist.  Luther  adel  deutscher  nation  Dl*. 

HÜRZEN,  verb.  anprallen,  rennen,  stoszen :  bair.  hurzen, 
hürzen,  hörzen  Schm.  1,  1172  Fromm.,  und  entstellt  blitzen, 
rennen,  auch  wie  die  bocke.  1195;  kärntnisch  horzen,  stoszen, 
balgen  Lexkr  144;  transitiv  etwas  weg  hürzen,  uegsloszen,  ab- 
stoszen :  und  verbindet  sie  mit  dem  rechten  naphtha,  caniphcr 
und  sparkalch,  was  sich  nicht  wil  bessern  lassen,  das  hürzct 
er  wegk.  Mathes.  Sar.  58*.  atuh  mhd.  ist  ein  hürzen  bezeugt 
{mhd.  u'b.  1,737'  aus  einem  unechten  ?ieidharlUede ,  vgl.  Uau]As 
Neidhart  s.  xiii,  wo  die  participialformen  gehürzet,  gehortz  und 
gehurzet),  aber  mit  unsiciterer  bedeutung ;  entbürzen  heiszt  ent- 
eilen, entfliehen:  abe  ein  man  einen  doitslach  getaen  bette, 
und  enthürze  in  den  hoff,  man  solle  yne  nit  da  ynne  nemen. 
weisth.  2, 311  {Untermosel,  von  1409).  —  hürzen  wird  wol  aus 
hurtezen  entstanden  und  iterativ  zu  hurten  {sp.  1970)  sein. 

HUSA,  inlerj.,  ruf  der  freude:  hasa!  husa!  lustig,  lustig! 
Fr.  Müller  1,310; 

husa!  wie  er  zuckt  und  zappelt!    BtSRcsR  303*. 
vgl.  hu  6  sp.  1848  und  hussa. 

HUSAR,  m.  Soldat  zu  pfcrde,  ursprünglich  des  ungarischen 
hccres,  dann  nach  ungarischer  kleidung  und  bewaffnung.  sie 
sind  seil  dem  16.  jahrh.  in  Deutschland  bekannt,  der  name  geht 
auch  als  huser,  busseer,  vgl.  Frisch  1, 479' :  da  weisz  keins 
wo  es  beleiben  soll  vor  den  Welschen  und  huessern.  Imhop 
briefe  {in  den  beitrügen  von  Knaake)  46;  Moränen  (Jlifauren)  in 
Granaten,  husarn  und  heyducken  in  Ungarn.  Fischart  grosz- 
muUer  72 ;  das  sein  busar  und  heuducken.  Kiechel  reisen  100, 
s.  die  stelle  sp.  812 ;  wann  selbe  {das  weib)  der  zorn  übergehet, 
so  förcht  sie  auch  ein  ganze  troupen  husarn  nit.  Simplicissimi 
albern,  briefsteller  (1725)  9.  in  der  neuern  spräche  allgemein  ist 
die  betonung  husir:  so  trat  ein  weimarischer  busar  zu  mir. 
Göthe  30, 113 ;  gingen  wir  mit  dem  busar  in  das  bezeichnete 
haus.  114; 

und  ein  hussar,  wovon  der  anblick  schrecket, 
dem  das  gesicht  blut,  staub  und  pulvcr  decket. 

Hagkuorn  1,  126. 

polnische  busaren  waren  schwer  bewaffnete  reiter  des  könig- 
reichs  Polen.  Ecgers  kriegslex.  1,1230.  auch  herscliaßliche  diener 
sind  busaren:  die  faustscblüge  irgend  eines  herrschaftlichen 
huszaren,  panduren  oder  beiducken.  Holtei  der  letzte  komOdiant 
(1866)2,56;  vgl.  auch  leibhusar.  —  In  Franken  heiszt  man  ein 
keckes  und  gleiclisam  männlich  auftretendes  weib  einen  busaren. 
Fromm.  3,  356. 

Der  name  ist  ungarisch,  huszär  der  zwanzigste,  d.  h.  der  von 
zwanzig  ackerleulen  zum  heere  gestellte  reiter,  vgl.  Aiielünc. 

HUSARENKLEID,  n.: 

natürlich  war  mein  prinz  bei  so  gestalten  dingen 

im  achten  jähre  bereits  ein  kleiner  Salomon, 

ein  kleiner  Trismegist,  wie  auch,  den  damen  zur  freude, 

schön  wie  ein  Amor  in  seinem  husareukleide. 

WiELANi)  4,  02  (neuer  Amad.  3,  8). 

HUSARENMASKE,  f:  unter  der  busareninaskc  dieses  arztes 
{der  arzt  war  wie  ein  husar  gekleidet).  TnOmiEL  2,  25. 

HUSARENPELZ,  m. ;  der  prinz,  den  arzt  im  husurcnpelze 
an  seiner  seile.  ThCmmel  2,84. 

HUSARENSÄBEL,  m.  ein  Seitengewehr,  dessen  klinge  krumm 
ist  und  dessen  gefdss  keinen  korb  hat.  Jacorsson  2,  295*. 

HUSARENSATTEL,  m.  saltel  mit  einem  ganz  liesondern  bäum, 
ebenda. 

HUSARENSCHWERT,  n.: 

der  kreisel,  und  das  stenkenpferd,  .  .  . 

da»  hAlzcrii«  hii«arenschwert 

beluMlgen  ihn  Itzi  {dm  kniihru).    IIAltt  121  Halm. 

HUSARENTASCHE,  f.  lascJte  eines  hu.%aren.  nach  der  ähn- 
lichkeil  eine  muschelart,  ostrea  ephippium.  Nkmnich  4,  KtO. 

HUSARENTHEE,  m.  nennt  man  in  der  mark  Brandenburg 
eine  mtschung  von  halb  cognat,  halb  glühwein. 


1973 


HUSCH 


HUSCHE  — HUSCHEN 


1974 


HUSCH,  interj.,  auch  aU  subst.  und  adj.  entwickelt. 

1)  als  interjection  in  mehrfacher  Verwendung. 

a)  um  den  schauer  der  kälte  zu  bezeichnen,  schon  im  späten 
mhd.,  vgl.  Lexer  tcb.  1, 1401 :  o  himmel  und  erde ,  erbarmet 
euch  doch  über  mich,  husch,  husch,  husch ;  er  schlug  sich 
creuzweis  mit  beeden  händen,  aber  husch,  husch,  husch!  er 
war  vor  kälte  fast  ganz  erstarret.  Co>li\  narrenueü  3,  2ö7; 

wie  lang  sol  ich  bie  sitzen  (im  bad)l 
husch,  es  ist  kalt,      precht  man  mir  palt 
ein  pelz  ob  ich  möcht  schwitzen. 

meistert.  Bert.  ms.  fol.  23,  no.  93 ; 
o  husch,  wie  kalt!  hart  thut  mich  frirn. 

J.  ATisa  fasln,  sp.  3'  (2349,8  Keller); 

noch  heule  in  diesem  sinne  itn  bairisclien  spradigebiele  tiblich, 
vgl.  ScHM.  1,  llSö  Fromm.    Leier  kärntn.  vb.  146. 

b)  husch,  scheuchruf: 

so  hudelt  man  ihn  erst,  herr  spatz, 

und  scheucht  ihn  hin  und  her  husch!  husch! 

nun  fenster  auf!  hinaus  zum  busch!    Bösger  20^ 

bairisdi  ist  husch,  husch!  ausruf  beim  hetzen  eines  hundes. 
ScBX.  a.  a.  0.     vgl.  dazu  aber  huss. 

c)  husch,  zur  bezeichnung  einer  groszen  geschicindigkeil :  so 
bald  er  hört ,  dasz  ich  geld  bei  mir  habe :  husch  I  ist  er 
Anselmo.  Lessi.ng  1,500;  husch  ist  ihm  denn  ein  ringelchen 
an  den  finger  prakticirt;  er  weisz  selbst  nicht,  wie  es  dran 
kommt.  552 ;  es  ist  nacht,  man  liegt  im  bette . .  es  schleicht 
was  herbei ,  die  rorhänge  rauschen ,  klipp  I  klapp !  die  pan- 
toffela  fallen,  und  husch!  man  ist  nicht  mehr  allein.  Gütue 
19,170;  sobald  das  rebhuhn  mich  erblickte,  lief  es  in  den 
Weizen,  lockte  —  husch  da  waren  alle  seine  jungen  bei  ihm. 
Salzii.\nn  Conrad  iC«c/er(S<ittt5. 1S45)  41;  husch  aus  dem  wagen 
mit  einem  Sprunge !  Kotzebce  dram.  jp.  i,  22 ;  busch !  bin  ich 
wieder  hier.  3,311; 

und  sprang,  nachdem  er  gnug  geguckt, 

husch,  in  den  bach  hinunter.    Uöltt  7  Halm; 

husch !  steht  sie,  wie  Cornelia 

mit  des  Pompejus  urne, 

so  schwarz  und  majestätisch  da, 

als  trügen  sie  Cothume.    Gottkr  1,  93; 

husch !  sie  voran ;  husch  !  ich  ihr  nach, 

wie  leichter  frühlingswest.    Bcrcer  103*; 

und  hu«ch  ist  es  {das  gerippe)  unter  dem  rasen. 

GöTHX  1,  230 ; 
hu£ch!  den  riegel  vorgescboben, 
husch!  den  Schlüssel  umgedreht. 

KoTZKBCB  dram.  sp.  2,304; 
mein  liebchen  kommt  gesprungen,  husch ! 
und  herzt  mich  fast  zu  lod.     Lhland  ged.  24; 

oß  in  mehrfacher  Stellung:  husch,  husch,  und  ich  bin  fertig! 
Lessknc  2,140;  husch,  husch!  ich  bin  hinüber.  Kotzebce 
dram.  sp.  2,213; 

mir  hat  geträumt,  ich  klopf  auf  den  busch : 
da  rauicnte  der  hirsch  heraus,  busch  husch ! 

Uhlamo  ged.  303; 
und  das  gesindel,  husch  husch  husch! 
kam  hinten  nachgeprasselt, 
wie  Wirbelwind  am  haselbusch 
durch  dürre  blätter  rasselt.    BErcbr  15*. 

d)  husch ,  ruf  um  aufmerksamkeit  zu  erregen ,  lehnt  sich  an 
uoscha  fp.  1S36  an:  husch!  nur  näher  angerückt !  Fr.  MCll£r 
t,294. 

2)  busch,  als  mascuünes  subslantivy  an  busch  l,c  angeschlossen, 
bezeichnet 

a)  grosze  geschwindigkeit,  eile,  in  Kärnten  husch  eine  schnelle 
bewegung.  Lejek  146: 

doch  nimmt  es  richtig  seinen  husch 
und  mit  gewandter  schnelle 
eilt  es  durch  anger,  feld  und  busch 
zur  kirche,  zur  capelle.    Göihb  1,225; 
man   sagt  einen  auf  den  husch  besuchen,   ganz  flüchtig;   ich 
sah  ihn  nur  auf  einen  husch ;  im  husch  war  die  erscheinung 
verflogen ; 

und  thöricht  wars  von  uns,  so  unterm  husch 
ihn  zu  bestalten.    Shakesp.  Humlet  4,  5 ; 

and  we  have  done  but  greenly, 
in  hugger-mugger  to  inter  bim. 

b)  einen  geschwinden  scJUag,  eine  ohrfeige:  busch,  alapa 
Fbischlin  nomencl.  397;  hnsch,  masc.,  un  soufflet,  alapa  Genfer 
dict.  (1695)  i:s;  Schweiz,  der  husch  ohrfeige  neben  die  husche 
(s.d.).  Stalder  2,66;  äienso  bairisch.  Sch».  l,  11S5  Fromm. 

3)  husch,  als  adjeäiv  verwendet,  eilig,  geschwind: 

ach  1  wie  der  wind, 

»0  husch,  so  schwind.    Klimcbr  theater  4,  160. 


HUSCHE,  /.,  nach  der  interj.  husch  etwas  schnell  packendes 
ausdrückend. 

1)  einen  schnell  kommenden  regen  oder  Schneefall,  den  man 
sonst  schauer  nennt;  schnebe,  nix,  husch  voc.  ine.  theut.  12'; 
eine  husche  heisit  an  einigen  orten  ein  plötzlicher  regen,  der 
aber  bald  vorbei  geld,  ein  Strichregen.  Frisch  1,479';  in  Düringen 
und  Obersachsen  namentlich  spricht  man  in  diesem  sinne  von 
einer  schneehusche,  regcnbusche. 

2)  husche,  griff  ins  haar,  haarraufen,  vgl.  haarhasche  sp.  29: 
nachdem  sich  Gargantua  mit  frischen  kleidern  angethan,  und 
nun  angefangen  sich  mit  eim  sträl  ...  zu  kemmen  und  zu 
reiben,  da  fielen  zu  einer  jeden  huschen  übersieh  und  jedem 
abzug  untersich  herausz  mehr  dann  sieben  ballenkugeln,  weklie 
ihm  .  .  im  langen  haar  behangen  gebliben.  Garj.  235';  der  griff 
des  Scharfrichters  in  die  haare  des  delinquenten  vor  dem  kopf- 
abschlagen. YlLMAB   179: 

Caivus,  der  ganz  kahl  am  köpfe  (meint  man)  werd  ans  holz  noch 

kleben, 
sorgt  drum  selbsten,  wie  der  henker  ihm  wird  doch  die  husche 

geben.     Logau  3,  51,  69. 

3)  auch  die  ohrfeige,  heute  aus  der  Schriftsprache  ganz  in  die 
mundarlen  zurückgetreten,  alemannisch  und  bairisch,  vgl.  unter 
busch  2,  6,  auch  oberhessisch.  Yilmab  179;  hoscha,  buscba  oAr- 
feige,  schlag  mit  der  flachen  Iiand.  Tobler  277';  schw(U)isch  die 
husch  ohrfeige  Schxid  293 ;  niederd.  husche  sowol  schelte  wie 
schlage.  Schaxbaco  89':  den  gewalt  und  empfangene  husche. 
Pbilander  1,108;  eine  darre  oder  husche.  236;  wegen  vieler 
huschen  und  kniestösz,  so  er  mir  denselben  ganzen  tag  über 
gegeben.    Laz.  de  Tormes  24; 

soll  ihm  die  schwarte  nicht  von  mancher  husche  knacken. 

GC5THER  418. 

4)  bergmännisch  heisst  es  der  bergmann  hat  eine  husche 
bekommen,  trenn  er  in  der  grübe  zu  schaden  kommt  oder  von 
einem  gespenst  vexiert  wird,    bergw.  lex.  306*. 

HUSCHELN,  verb.,  frequentatio  zu  dem  folgenden  huschen. 
hessisch  lieiszt  huscheln  eilfertig,  ungenau  arbeiten,  drüber  hin 
huscheln,  oberflächlicli  ungenau  und  in  unbrauchbarer  weise  ein 
geschäft  vollziehen.  Yilxar  ISO,  mit  dem  fem.  huschel,  unordent- 
liche frauensperson,  woßr  aber  auch  hossel,  hosel ,  und  dem 
adj.  huschelig,  hoselig,  unordentlich,  vergl.  dazu  unter  hossen 
sp.  1843;  sonst  sich  raschelnd  und  flüchtig  bewegen:  wenn  der 
alte  mann  im  zimmer  huschelt.  Gutzkow  ritter  vom  geist  5,  ISS ; 
j  fränkiscli  aber  ist  huscTieln,  an  die  interj.  husch  1  angescläossen, 
•  frösteln,  vor  frost  zusammenkauern,  einhüllen.  Fbomm.  6, 132  ;  in 
Tirol  huscheln  sich  im  belt  erwärmen,  von  kindem.  154 ;  henne- 
bergiscli  huscheln  sich  einhüllen.  3, 132.  vgl.  auch  huschen  und 
huscbem. 

HUSCHEN,  verb.,  nach  der  interj.  husch  gebildet. 
1)  in  der  bedeuiung  flüchtig  über  etwas  hin  gleiten,  erscheint 
es  vor  dem  18.  Jahrhundert  in  der  Schriftsprache  niciU  verbreäet 
(M.  Krämer  wortbuch  in  deutsch-ital.  sprach  1678  646'  verzeichnet 
es  zuerst  als  eines  smnes  mit  gleiten,  glitschen,  das  war  das 
hoschen  des  16.  jahrk,  vgl.  sp.  1S37 ;  nach  dem  Iteutigen  begriffe 
steht  es  zu  frühest  bei  Adelung,  als  wort  des  gemeinen  lebens), 
bürgert  sich  aber  schnell,  und  vornehmlich  in  der  dichlersprache 
ein:  bohren  sie  das  bret,  wo  es  am  dünnsten  ist.  das  ist, 
huschen  sie  über  das  weg,  was  sie  zu  lange  aufhalten  wird. 
Lessisg  12,489;  und  ein  junges  mädcben  huschte  rasch  hin- 
über. Gutzkow  rMer  vom  geiste  7,  93 ;  verdächtige  gestalten 
huschten  im  zwielicht  an  uns  vorüber;  vgl.  auch  hinhuschen 
ip.  1444; 

bald  huschen  wir 
leis  aus  der  thür, 
und  fliegen,  und  fliegen  zum  tanze!    Uoltt  195  Halm; 
allnächtlich  herunter  vom  rabenstein, 
allnächtlich  herunter  vom  rade 
huscht  bleich  und  molkicht  ein  schattengesicht. 
^     ,  BSrgb»  62» ; 

hui :  wir  Schwestern,  band  in  band, 
huschen  über  see  und  laud.  2j>9*; 
da  sie  (die  fledermaus)  durch  das  offne  fenster 

abendlich  hereingehuscht.    Plats»  2S3; 
und  hinter  ihm,  wie  eine  docke, 
ein  armes  kind  im  flittersiaat. 
mit  seidnem  fäbnchen,  seidner  locke, 
huscht  frierend  durch  den  engen  pfad. 

A.  V.  Drosik  ged.  (1873)  145; 
durch  die  waldung  huschten  eigne  scheine. 

Friiligratu  dicht.  3,  31 ; 
was  huscht  vorüber  dort  im  nu, 
verlegen  und  beklommen?    89. 

12-1* 


1975 


HUSCHERN  — HUSS 


HUSSA  — HUSTEN 


1976 


2)  huschen,  raufen,  nacli  husche  2,  aus  der  spräche  des 
17.  jahrh.  bezeugt:  ich  husche,  vellico  STEiRSAcn  Ij'G?  alt  ein 
provinci'iles  wart : 

wer  die  warhcit  singt,  den  huscht  nuiii  bei  dem  scliopf. 

WlEllKHANN  JhI.   21 ; 

bairisch  einen  huschen,  ))ehuschen,  mU  der  hand  an  den  köpf 
schlagen.  Schm.  1, 11S5  Fromm.,   alem.  huschen.  Stalder  2,66. 

3)  nach  husch  l,  der  inlerjection  bei  kälteschauer,  ist  fränkisch 
geblieben  huschen  {neben  huscheln  und  huschern)  frösteln  und 
vor  fräst  sich  zusammenkauern,  einhüllen.  Fromm.  3, 132. 

4)  huschen,  hetzen.  Schm.  1,1185  Fromm.  Schmid  293;  vgl. 
dazu  oben  den  hetzruf  husch,  aber  auch  hursclien  sp.  1969.  auch 
niederländ.  hussen,  hussehen,  hisschcn,  sligare,  instigare  Kuian. 

HUSCH EHN,  verb.  sich  ins  bell  schmiegen,  um  sich  zu  er- 
wärmen, vgl.  oben  huscheln  und  liuschen  3:  sie  h;il  es  wol 
▼erredt,  in  4  wochen  nicht  hei  dem  bräutigain  zu  schlafen; 
aber  stille  nur,  laszt  sie  sich  nur  zusammen  huschern ,  ich 
weisz,  dasz  sies  keinen  augenblick  lassen  kan.  Schoch  stud. 
leb.  D4'. 

HUSCHKOPF,  m.  wirrkopf,  köpf  mit  wirren ,  nicht  glatt  ge- 
kämmten haaren:  eine  dolde  grellrother  ebereschbeeren  lose  in 
den  huschkopf  gesteckt  —  und  das  kleine  ding  {ein  mädchen) 
sah  bezaubernd  aus.  Ueichenaü  aus  unsern  vier  wänden  2,23. 

HUSECKE,  f  ein  mantcl  des  15.  bis  17.  jahrh.,  ursprünglich 
für  beide  geschlechter,  zuletzt  nur  für  frauen;  betont  hüsecke. 
das  worl  geht  auf  das  franz.  housse  decke,  überklcid,  mantel 
(LiTTRi  1, 2057')  zurück,  welclics  der  name  für  ein  im  14.  jahrh. 
dort  aufgekommenes  modisches  kleidungsstück  war,  das  sich  seit 
anfang  des  15.  jahrh.  auch  in  andere  ländcr  verbreitete  {vergl. 
Weisz  koslümkunde  3,  72.  73) ;  zunächst  in  die  Niederlande,  wo 
wahrscheinlich  die  bezcichnung  auch  eine  Weiterbildung  erfuhr,  die 
zum  theil  in  umdeulung  übergieng:  hussack,  husseck,  hushuyck 
loga,  pallium,  mastruca  Kiliax,  die  letzlere  form  mit  bczug  auf 
hoike  sp.  1731;  dann  nach  Oberdculschland :  maslruga  buseck, 
hasuyk  Dief.  351";  husszäcken,  langer  rock,  pallium,  praetexta 
toga  .Maaler  233*,  und  mit  ausdeutung  auf  alemannisch  hüs, 
Schriftdeutsch  haus:  mit  einer  hauszäcken  bekleidet,  palliatus 
214';  pd/a  schaub,  huseck,  frawcnmantcl  Golii  OHomasf.  (1583) 
206;  pallium,  husacken  oder  mantel  dict.  lat.-germ.  {Frankf. 
1610)  619 ;  cyclas,  sockeney-  oder  husacken  621 ;  bei  Stieler 
buschk  und  husack,  diphthera,  ein  frauenmantel  872;  nach- 
dem undter  den  mannsbilden,  nit  allein  den  crbcrn,  sonder 
auch  den  gemainen  mann ,  ein  mergkliche  kostlichait  ent- 
standen ist,  nemlich  mit  geprawchung  merdreiner  veher  und 
ander  kostlicher  rawber  claydung  an  schawben ,  bussecken, 
rocken  und  menteln.  Nürnb.poliz.-ordn.xa^;  das  nun  binfuro 
einich  mannsbildt,  burger,  burgerskindt  oder  innwoner  diser 
statt ,  an  einichem  rock ,  bussecken,  schawben  oder  mantel, 
weder  von  samat,  atllass,  damasco  oder  ander  seiden  über 
ein  halhe  eleu  allenthalben  nit  verpremcn  oder  verpremen 
lassen,  noch  die  also  verprembt  tragen  soll.  107;  wölcber 
wind  hat  den  layen  ir  rOck  und  mentcl  auf  die  achszel  gc- 
wäet,  wölcher  wind  hat  in  ire  hnszöcken  vornen  zerrissen, 
allso  das  man  in  sieht  d;  die  natur  undcrstat  zu  verbergen. 
Keisersberg  schiff  d.  pen.  4o';  Pura  die  jungkfraw  gehet  ab, 
der  ritter  setzt  sich  in  ihr  huseckcn  und  piret  trawrig  nider. 
H.  Sachs  3, 1, 234' ;  der  trabandt  zeucht  im  die  handt  mit  der 
busecken  vom  angesicht.  234';  in  schwarzen  huseckcn  ein- 
gewickelt, nemmen  sie  {die  Portugiesen)  den  schlaaf  auf  dem 
Stroh.  S.  Frank  weltb.  70* ;  {die  Ungarn)  tragen  ob  allen  klei- 
dern  ein  husecken  oder  langen  rock.  80* ;  und  da  man  noch 
busecken  und  feine  lange  jenker  und  ander  ehrliche  kicidung 
trüge,  stünde  es  vil  besser.  Matbes.  Aoctot/prcrf.  28' ;  die  aller 
schönste  husücken,  so  jemals  in  occident  gesehen  worden. 
Amadis  302;  heutiges  tages  weisz  man  auch  manchmal  nicht, 
wie  man  die  kiciderkäslen  gnug  füllen  soll,  da  haben  manche 
frauen  ihre  10.  20.  rock  nach  einander  hangen  in  der  Ord- 
nung ,  so  viel  müder,  so  viel  hussegen ,  dasz  ihnen  nur  die 
wähl  wehe  Ihut.  Creidids  2,  56.     vgl.  auch  heisockc  sp.  903. 

HUSEli,  jagdruf:  mit  seiner  Jllgerstimme  und  in  seiner 
weidmannssprachc  hub  er  an  zu  schreien :  frisch  auf,  gesell ! 
frisch  auf,  husch !  Bode  Th.  Jones  ft,  477. 

HUSS,  hetzruf  an  hunde ;  auch  gebraucht  zum  verjagen  von 
thieren.  Scn».  1,  UM  Fromm.  Lexeh  kärntn.  wOrterb.  146.  bei 
tdülderung  der  Verfolgung  ren  menschen :  und  gilit  ein  ieder 
htitx  zß,  dasz  der  iiuden  tigt  in  nOten  ycmeiir  von  iedcnnan 
Terlasscn,  und  als  gol  und  der  weit  ein  grewcl,  gehaszt  wirt. 
S.  FiATiK  sprithw.  2,  3<>';    da   schreyet  jcdcrinau  husz  an  den 


ketzcr.  Mathesiüs  hist.  von  Jesu  Chr.  2,12';  einige  waren  so 
muthwillig,  dasz  nie  durch  ein  unaufliörliches  husz!  busz! 
diese  erhitzten  vertheidiger  der  Wahrheit  in  ihren  kritischen 
Untersuchungen  {gemeint  ist  eine  halgerei  aus  anlasz  einer  Streit- 
frage) noch  mehr  anfeuerten.  Uaukner  sat.  2,  249. 

Schweizerisch  hat  sich  ein  masc.  liusz,  hausz  der  hund,  aber 
auch  Unmensch ,  Wüterich  gebildet  (Stalder  2, 28.  66),  wol  nach 
dem  hetzruf  —  husz,  lang  gesproclien,  aber  ist  daselbst  ein  aus- 
ruf  des  ekels  und  abscheus.  Stalder  2, 66.    Torler  282'. 

HUSSA,  jagd-  und  verfolgungsruf: 

(wenn  nicht  hei)  dem  hussa!  in  erschrocknen  lüften 
dreiszig  stimmen  durch  einander  schreien.    Güüinck  1,46; 
da  mnszlen  sie  springen  wie  hasen  über  feld, 
und  hell  liesz  erkiiiiguii  sein  hussa!  der  held. 

Arndt  gcä.  (1840)  284 ; 
erweitert : 

riscbrasch  quer  übern  kreuzwcg  gings, 
mit  horridoh  und  hussasa.    Uörgeh  70*. 

hussa  auch  jubelruf: 

ein  lautes  hussa  schallt  baccliantisch  durch  den  sahl, 
und  jung  und  alt,  was  lüsze  bat,  musz  springen. 

Wieland  22,  216  (Oh,-ron  5,  46). 

Englisch  ist  huzza  nationalruf  der  freude  und  des  bcifalls,  und 
in  der  englischen  form  wird  das  wort  bisweilen  auch  von  deutsclien 
schrißstcllern  gebrauclit:  frciheit  war  ihm  nun  nichts  mehr  als 
ein  leeres  huzzagcschrei ,  das  aus  sklavenhälsen  erschallt. 
Sturz  1,242. 

HUSSEN,  verb.  huss  rufen;  hetzen,  zunächst  von  hunden, 
aber  auch  von  menschen,  aufhussen  aufhetzen,  anhussen  an- 
treiben, es  ist  bairisch-üstreichisch  Schm.  1, 1183  Fromm.  Lexer 
kärntn.  wb.  146.  Fromm.  6. 156;  und  es  hat  sicli  daran  ein  adjectiv 
hussig,  husig,  kärntn.  hussik  schnell,  frisch,  hurtig,  munter,  in 
jenen  ländern  gebildet. 

HUST,  m.  und  f.,  vgl.  unter  dem  subst.  husten. 

HÜST,  fuhrmannsruf,  für  hist  sp.  1580;  alemannisch  hüst 
fuhrtnannswort ,  um  die  pferde  links  zu  leiten.  Stalder  2,06; 
der  Theodor  sagte :  .  .  luist  um !  dort  links  ist  die  stuhen- 
thür.  denn  der  gast  taumelte  nach  der  thür  eines  mikh- 
scbranks.  Hebel  3,  8. 

HÜSTELN,  HÜSTELN,  verb.  leicht  oder  öfter  ein  wenig  husten: 
nach  einer  ängstlichen  stunde  bequemte  sich  endlich  die  alte 
in  einem  groben  hasse  zu  husten,  und  zugleich  hüstelte  auch 
Klärchen ,  aber  wahrlich  so  harmonisch ,  dasz  der  gröszte 
kenner  es  eher  für  eine  passage  von  Gluck  hätte  halten 
müssen,  als  für  einen  kaiharr.  Tii(5mmel  3,211; 

so  schielend  und  schleichend, 
so  hüstelnd  und  keuchend.    Fr.  Möller  1,339; 
{  er  hüstelt  schon,  er  magert  ab, 

die  Sehnsucht  schaureli  sein  trübes  grab.    H.  IlEinE  18,28. 

HUSTEN,  m.  tussis.  die  vollste  germanische  form  des  Wortes 
hat  das  ugs.  im  masc.  hvösta ,  was  noch  im  englischen  dialek- 
tischen whoost,  und  im  schweizerisclwn  der  wüsten  (wuesten) 
husten  Stalder  2,  4G1  nachklingt;  alle  andern  dialekie  haben  den 
labial  vor  dem  langen  vocale  untergehen  lassen:  lüid.  buosto, 
masc.  und  huosta  fem.,  mtid.  iuiDste.  masc,  niederl.  hoest  tussis 
KiLiAN,  altnord:  hösti,  scliwed.  hosta  {fem.),  dän.  hoste,  jene 
labialis  war  eine  eigenthümlich  germanische  erscheinung,  die  ur- 
verwandten spradien  kannten  sie  nicht:  sanskr.  kisa  der  husten, 
k4s  husten ,  litt,  kosu ,  kosli,  lett.  käset  tussire,  kirchenslavisch 
kuiili  tussis,  venjl.  Fick  42.  —  Für  das  bis  auf  unsere  teilen 
allgemein  gesprochene  husten  wird  jetzt  in  Norddeutschland  viel- 
fach kurzes  Imslen  gehört. 

Für  die  mhd.  form  huosle ,  mitteld.  huste  tussis  Dief.  603', 
ist  wenigstens  seit  dem  15.  jahrh.  husten  gebräuchlich:  liuesten 
tussis.  voc.inc.lheut.kA';  der  husten  tussis  .Maaler  233';  doch 
hält  die  form  ohne  n  noch  bis  ins  17.  jahrh.  sich  hie  und  da. 
Stieler  868  gibt  der  huste  und  der  husten,  tussis,  tussedo; 
gekünt  und  in  die  starke  declination  übergetreten  der  busi,  gen. 
des  liustes: 

wen  der  hust  wolt  verdorben, 
der  ncni  des  KcbmnU  in  seinen  munt, 
du4  milchet  In  piild  gosunl.    fusin.  »/i.  H,  16; 
ir  »preclit,  ir  biet  uns  mcr  gei&jrl, 
du  mocbt  ir  hiebt  vor  huoales  lulü. 
nu  dar,  der  huosl  der  ist  do  hin : 
nagt,  wn;  biet  Ir  in  dem  sin?    ling  20'.  32; 
du  bnltCRt  vier  tbhn  vor  xwsi  jähren, 
von  Henpn  kIoiz  dir  auix  der  huitt  dai  letin-  jubr 
ein  pnar.  Wkckherlin  808; 

I.Ingus  folte  für  den  huit  brauchen  loch  de  Tarlara. 
LoOAU  2,  S3,  23. 


t977 


HUSTEN 


HUSTEN— HUT 


1978 


Auch  das  fem.  die  husteo,  gekürzt  die  hust  lebt  noch  nhd.,  es 
gehört  dem  bairischen  und  hochfränkischen  Sprachgebiete  an:  die 
huesten  Schm.  1,  11S6  Fromm.;  die  huoste  Lexer  kärntn.  tcb. 
146 ;  Frisch  (aus  der  Oberpfalz  i;ebürtig)  führt  in  erster  reihe 
das  fem.  huste,  husten  an,  das  masc.  nur  als  minder  gebräuch- 
liche nebenform  1,  479* ;  so  hat  die  hust  ihren  Ursprung  aus 
keldt.  Zechendorfer  1, 50 ;  die  husten  kommt  den  pferden 
aus  mancherlei  Ursachen.   Hohberg  2,206'. 

Man  sagt  leichter,  schwerer,  trockner,  feuchter  husten ; 
Idauer  husten,  keichhusten,  wobei  man  vor  anstrengung  blau  im 
gesichte  wird: 

ich  hab  gar  gute  arzenei  .  .  . 

für  die  blaw  husten  und  das  pipperlein. 

U.  Sachs  1,  529* ; 
ein  dürrer  husten ,  sive  schafhusten  tussis  sicca  Stieler  S6S ; 
ein  trockner  husten  tussis  arida,  kleiner  husten  tussicula  Stein- 
bach 1,797;  der  kranke  hat  einen  bellenden  husten;  ein  mittel 
wider  oder  für  .den  husten ;  eine  arznei  wider  die  husten, 
tussiculare  medicamenlum  Frisch  1,479'; 

ir  kauft  ein  küdrecii  für  ein  fladen, 

der  ist  euch  nüchtern  gar  gesunt, 

des  eszt  alle  morgen  für  den  huosten  ein  pfunt! 

fustn.  sp.  370,  7. 
Sprichwörtlich:   trockner  husten  ist  des  trompeters  tod.   Sim- 
ROCK  271 ; 

liebe,  husten,  rauch  und  geld, 

mit  aller  macht  man  nicht  behelt.    Schottel  1134'; 

einer  sache  so  viel  bedürfen  als  des  hustens,  gar  nicht: 
sidmal  der  kindertouf  ie  in  zwispalt  kumen  ist ,  des  man 
doch  so  vil  bedarf,  als  des  husten,  wie  man  spricht  {des 
Zwiespaltes  nämlich).  Zwingli  vom  toufrl';  einen  husten  an 
eine  sache  geben,  nichts,  sich  nicht  drum  kümmern : 

wann  dweil  all  küngreich  nemen  schaden 

und  alle  weit  im  blut  solt  baden, 

und  alle  land  mit  krie^  verwüsten, 

so  gebens  nur  daran  ein  husten. 

B.  Waldis  päbstl.  reich  E  4' ; 
in  bösem  scherze  einem  den  husten  büszen ,  vertreiben ,  indem 
man  ilin  niederschlägt,  tödlet: 

mit  meinem  gsang  so  büs  ich  dir  den  deinen  hust, 
nun  her  (liörc)  ich  wol,  dir  kurret  ser  dein  kragen. 

meislerges.  in  der  Herrn,  3,  318 ; 
ich  main  man  thet  im  dhusten  püeszen  (schnitt  ihm  den  hals  ab). 

ScBMELZL  zug  i\ 
der  husten,  eine  seurhe  der  schafe: 

mein  rieh  trägt  wenig  ein,  die  zahl  ist  auch  nicht  grosz, 
ich  werde  gar  zu  viel  durch  raud  und  husten  los. 

Rost  sihältnjed.  126. 
der  plural  des  worles  ist  ungewöhnlich:  maszen  die  tituln  eine 
art  der  husten  an  sich  haben,  als  welche  sich  nicht  in  der 
kehle   lassen   bezwingen,    sondern  herausgercuspert  werden. 
Brandt  briefe  vom  leben  Taubmanns  24. 

HUSTEN ,  verb.  tussire ,  ahd.  huostön ,  mhd.  huosten  ,  ags. 
hvöstan,  engl,  whoost;  in  verschiedener  anwcndung. 

1)  husten,  vermöge  eines  krankhaften  reizes  in  der  kehle,  und 
unwillkürlich : 

von  huosten,  rützen  und  speiben 

mocht  wir  in  der  kircben  nit  pleiben.    fasln,  sp.  472,  1 ; 

drink  sittlich  und  huest  nit  darein  (hei  liscli). 

meistert,  fol.  23,  no.  212; 

auch  mit  angäbe  der  Wirkung,  blut  husten,  schleim  husten, 
vgl.  aushusten ;  und  reflexiv :  sich  halb  zu  tod,  sich  ganz  von 
athem  husten ; 

ein  bündel  reiser  wird  auf  dürren  kien  gelegt, 
und  als  sie  asch  und  kohlen  aufgeregt, 
facht,  blist  und  hustet  sie  den  ganzen  stosz  zu  flammen. 

IIagedor?)  2,  lül ; 
verhüllend:  er  wird  vor  angst  in  die  hosen  husten.  anticoUo- 
quinm  745;  ist  man  gut,  so  hustet  man  einem  gar  aufs  maul, 
lenem  vulgus  calciil.  Serz  73*; 

hustet  oft  unden  und  oben.    II.  Sachs  5,  354*. 

Sprichwörtlich  die  flöhe  husten  hören.  Schottel  ll2l';  die  .  . 

ihnen    einbilden,    dasz   sie  in  ihrer  witz  das  grasz  wachsen 

und  die  flöhe  (so  zu  reden)  husten  hören.  Simpl.  l  (1713)270; 

wer  die  flöh  husten  höret, 

und  das  grasz  wachsen  sieht. 

DoMAn  lied  r.  d.  hanse  63. 

2)  husten,  als  ein  zeichen  der  verlegenlieit ,  oder  um  discrd 
einen  wink  zu  (jeben: 

der  ritter  also  hing  die  obren, 
und  sprach  kein  wori:  als  endlich  Ferafis 
sein  Sekretär,  nach  öfierm  husten,  es  wagte, 
und  seinen  herrn  um  den  ^rund  von  dieser  traurigkeit  fragte. 
W  ISLAND  5,  50  (neuer  Amad.  13,  l»j  ; 


die  dame  stand  so  ganz 

wie  eine  göttin  da, 

dasz  unser  mann  vor  lauter  glänz 

nicht  wuszte, 

wie  ihm  geschab. 

und  bis  er  seine  anred  fand, 

wohl  dreimahl  husten  muszte.    18,  345. 

3)  husten,  in  der  altern  spräche,  für  unverständlich,  leise, 
schüchtern  sprechen:  ich  hoff,  dasz  die  toben  neider  wol  ver- 
steen,  das  diese  wort  Nero  und  Colonia  nit  aigen  namen 
seind,  als  etlich  über  die  canzel  {den  lehrstuhl)  gehustet  haben. 
d.  städtechr.  3,  39,  6 ;  er  wil  so  viel  gestammelt  oder  gehustet 
(ich  solt  sagen)  geredt  haben.  Luther  3,445*;  und  so  einer 
nur  hust  wider  unsem  glauben,  den  mögen  wir  nit  leiden. 
Frank  wellb.  154*;  ja  die  warheit  bat  niemant  dörffen  husten. 
cAroB.  298*; 

drutz  das  einer  darwider  hust.    H.  Sachs  3,  1,  63*. 

4)  auf  etwas,  in  etwas  husten,  ausdruck  der  Verachtung: 
denn  irer  {der  papislen)  kircben  gewalt,  da  hust  ich  auf,  und 
las  sie  faren.  Luther  3,  515* ;  ich  huste  auf  meine  jungfer- 
schaft und  meine  Unschuld  dazu.  (Schink)  marionettentheater 
1778  s.  66 ;  will  seine  chocolade  nicht  versuchen ;  hust  ihm 
in  seine  chocolade !  Fr.  MtJLLER  2, 45 ;  (er)  legt  dem  ober- 
sächsischen kreis  die  frage  vor,  wenn  ein  solcher  herr,  der 
mit  diesem  feuer  die  landeshistorie  und  die  familiengeschichte 
des  kleinsten  landkindes  treibe,  nicht  ein  frommer  und 
menschenliebender  herr  wäre,  so  müss  er  selber  (der  salz- 
revisor)  nicht  recht  bei  sinnen  sein  und  er  huste  auf  den 
kreis.  J.  Paul  hohschnilte  146.  —  einem  etwas  husten,  derber 
ausdruck  der  verwägerung:  ich  will  dir  etwas  husten,  ne  erres; 
nihil  auferes  inde.  Serz  "3*. 

HUSTENäNFALL,  m.  anfall  vom  husten. 

HUSTENFIEBER,  m.  das  mit  dem  husten  verbundene  fieber. 
Adelung:  hustfieber,  febris  tussiculosa  Frisch  1,479*. 

HüSTENRRAüT,  n.  tussilago,  huflaltich.  Nejinich. 

HüSTENKÜCHLEIN,  n.  arznei  wie  küchlein,  wider  den  husten. 
Frisch  l,  479*. 

HUSTENREIZ,  m.  reiz  zum  husten. 

HUSTENWURZEL,  f  hustenkraut,  huflaltich.   Nehkich. 

HUSTER,  m.  einer  der  hustet,  in  älteren  quellen  Spottname 
ßr  einen  allen  welken  mann:  als  nun  sein  hochgedachter 
preceptor  inn  dem  63.  jar  .  .  starb:  ward  ihm  geordnet  ein 
anderer  alter  huster.  Garg.  142*;  diser  alt  huster.  15S*;  {die 
frau)  must  sich  demnach  mit  dem  alten  kalten  huster  be- 
gnügen lassen.  Phil.  Lugd.  3,221;  aber  lebte  der  alte  huster 
noch,  ich  wolle  ihm  die  schrift  dergestalt  allegieren  lehren  . . . 
Armatüs  (Rist)  rcllung  13. 

HUSTFIEBER,  n.  vergl.  oben  hustenfieber. 

HUSTIG,  adj.  mit  husten  behaftet:  zu  schliszen,  das  die 
medici  macht  haben,  sich  zu  lib  den  kranken  in  allerlai  leut 
zu  verändern,  wie  ain  hofman,  der  ruhen  laszt  biren  sein, 
iz  (jetzt)  rollig,  nun  schmollig:  iz  runzelend,  dan  schmunze- 
lend: iz  hustig,  nun  lustig.  Fischart  pod.  trostb.  bei  Scheible 
10, 657. 

HUSTLICH,  adj.  exscreabilis,  exscreans,  phthisicus,  aushustlich 
Stieler  869. 

HUSTPILLEN,  f.  plur.  pilulae  ad  tussim.  Stieler  88. 

HüSTPÜLVER,  n.  pulvis  contra  tussim.  ebenda  447. 

HUT,  m.  pileus.  ahd.  mhd.  buot ;  niederl.  hoed ;  dem  alt- 
nord.  fehlt  das  wort,  daßr  erscheint  ein  mit  ihm  wurzelhaft  wol 
kaum  verwandtes  hattr,  was  in  schwed.  halt,  dän.  hat  fortlebt; 
dds  angels.  kennt  sowol  hüd  als  hat  in  der  bedeuCung  pileut, 
ebenso  engl,  hood  und  hal,  nur  dasz  das  erslere  der  ungewöhn- 
lichere ausdruck,  die  bezeichnung  ßr  doclorhut,  kappe,  das  letztere 
das  wort  des  gewöhnlichen  lebens  ist;  fries.  steht  höd  und  das 
seltenere  hat  in  völlig  gleicher  Verwendung.  —  Die  eijentliche 
bedeutung  von  hut  ist  jedenfalls  nur  die  allgemeine  decke,  schütz, 
das  wort  scheint,  wie  das  folgende  und  das  verbum  hüten,  zurück- 
zuführen auf  eine  u-urzel  skad ,  sanskr.  chad ,  mit  Verlust  des 
anlautes  und  mit  derselben  mangelnden  lautverschiebung  des  aus- 
lautenden consonanlen,  den  auch  das  gleicher  wurzel  entstam- 
mende, aber  anlautend  vollständig  gebliebene  goth.  skadu-s  schatten 
zeigt. 

hut  ist  kopftracht  beider  geschlechter,  wird  auch  in  freierem 
sinne  verwendet. 

l)  hut,  als  männliche  kopfbedeckung. 

a)  form,  sloff  und  färbe  des  hutcs  werden  näher  bestimmt: 
hoher,  niedriger,  flacher,  runder,  spitzer,  dreieckichter  hut ; 
ein   aufgestülpter  hutt,  pileus  succinctus,    collectus  Steinbacu 


1979 


HUT 


HUT 


1980 


1, 797 ;  hut  von  filz,  seide,  slroh ;  den  hut  {des  hohenpriesters) 
vou   weiszer   seidcu.   2  Mos.  39, 28 ;    nam   er   ein    filzen  hut. 

Aimon  v4'; 

inli  hab  eiii  hilt, 
isl  plab,  der  tut  mich  frewen.    Uhland  volkd.  644 ; 
der  erste,  der  mit  kluger  hand 
der  manncr  schmuck,  deu  hut,  erfand, 
trug  seinen  hut  unauTgeschlugen ; 
die  krempen  hiengen  llach  herab.    Gkllkrt  1,9; 

der  hut  wird  geschmückt,  staffiert  (fertig  gemacld  durch  aus- 
putzen), veryi  hulschmücker,  hutstaffierer ;  er  isl  viit  Iressen, 
band  oder  federn  versehen:  da  brachte  man  mir  ein  weis/es 
hemd,  schuhe  und  strumpfe  samt  einem  üherschlag  oder 
kragen,  auch  hut  und  federn.  Simpl.  1,  73  Kur:; 

der  erbe  reis/.t  die  sclinüre  los  {vom  hüte), 

umzieht  den  hut  mit  goldnen  dresseu, 

verherrlicht  ihn  durch  einen  knöpf, 

und  drückt  ihn  seitwärts  auf  deu  köpf.    Gkllert  1,  11 ; 

bin  ich  als,  edler  Junker,  hier, 

in  rothem  goldverbrämten  kleide,  .  .  . 

die  hahnenfeder  auf  dem  hut.    Götub  12,  79. 

verschiedene  hutform  und  hutfarbe  zeigt  verschiedene  stände  an, 
rergl.  doctorhut ,  fürstenhut,  kurhut,  jügerhut,  jesuitenhut, 
kardinalshut,  iifaffenliut ;  daher  als  symbol  der  beireffenden 
würde:  bede  bebeste  ..  malitent  ander  nuwe  cardinale.  doch 
was  ir  vil,  die  in  dirre  zweigunge  den  hut  und  da;  cardi- 
naletum  nüt  woltent  nemen.   d.  stddtechron.  9,610,31; 

wie  ihr  denn  auch  den  lohn  des  fleiszes  überkämet, 
als  ihr  den  blauen  hut  vou  Klio  bänden  nähmet. 

Fleming  02  (um/'  heim  Michels  sein  tioctoral). 

der  spitze  hut,  ursprünglich  baurenlraclU,  isl  seit  dem  17.  jahrh. 
cluirakterislisch  für  den  aus  dem  plumpen  bauer  entwickelten 
hanswurst,  dann  auch  ßr  den  inlriguanten,  und  spilzhut,  spitz- 
hüler  bezeichnet  einen  Zuträger,  zungendrcscher,  verldumder :  über 
das  sind  noch  die  spitzhüter,  stiegenträger,  die  den  jungen 
herreu  alles  was  sie  hören  und  sehen,  vor  die  obren  bringen, 
wenn  es  gleich  erdichtet  und  erlogen  ist.  Löhneys  regierkunst 
(1079)  S'. 

b)  der  eiserne  hut,  wie  der  heim  kopßedeckung  des  kriegers, 
vgl.  eisenhut,  sturmhut,  auch  haube: 

im  (dem  riiter)  wart  bedecket  ieslich  loc 

mit  dem  tiuren  huote  herte.    Wolfram  Willehalm  296,9; 

wollen  sie  rennen,  das  sie  sich  mit  iren  hüten  und  was  zum 
rennen  gehört,  als  ander  von  d^r  ritterschaft,  erwarten. 
Wilw.  V.  Sdiaumb.  65;  selbiger  zeit  ist  eine  höchste  ehr  ge- 
wesen, bei  früher  tagszeit  die  adeliche  bände  an  den  pflüg 
legen,  nachmittag  aber  den  heim  und  huht  ergreifen,  und 
selben  ritterspielen  obliegen.  Schuppius  711. 

c)  der  hut  ist  von  alters  lier  zeichen  des  adels  utid  der  freiheü, 
die  edeln  werden  in  den  frühlaleinischen  quellen  des  mütelalters 
pÜeati  (jcnannt,  vgl.  die  nachweise  bei  Grimm  rechlsall.  271.  der 
ein  leiten  übertragende  reichte  seinen  hut  dem  lelwnempfänfjer  zum 
berühren  hin  (a.  a.  o.  14S.  Hamaus  9b3),  zum  zeichen,  dasz  ein 
theil  von  jenes  reclden  auf  diesen  übergieng.  daher  der  hut 
symbol  der  lierschaß :  liesz  . .  ze  Altdorf  am  platz  bi  den  linden, 
da  mengklich  für  gon  muszt,  ein  Stangen  uffrichten,  und  ein 
hut  oben  drulT  legen ,  und  liesz  gcbielen  mengklichen,  im 
land  wonhaft, . .  dasz  jeder,  so  da  fürgienge,  solle  mit  neigen 
und  parel  abziehen  eer  und  reverentz  bewisen ,  als  ob  der 
künig  selbs,  oder  er  {der  landtogl)  an  siner  slatt  persönlich 
da  wäre.  Tschudi  1,  23ö',  und  danach  bei  Schiller  : 

und  dici>e«  ist  des  landvogt.-«  will  und  meinung: 
dem  hut  soll  gleiche  ehre  wie  ihm  selbst  geschehn. 
man  soll  ihn  mit  geboKiiem  knie  und  mit 
eutblosztem  haupt  verelircn.      Teil  1,3; 

audt  tpMer  zeigt  sich  das  noch,  so  wenn  der  hut  als  symbol  des 
ehelichen  rcgimenls  anßrilt,  den  bei  eingehung  der  ehe  die  frau 
dem  manne  überreiclit :  braut  und  bräuligam  liefern  einander 
die  gewöhnlichen  präsenten,  wie  bei  dieser  löblichen  »ladt 
bräucblicb  und  herkommens  ist.  *r  iln  ...  einen  ring,  sie 
ihm  einen  hut.  Creiüius  1,496; 

und  das  liebende  mädchen  (kclienkle)  zur  gcgi  iiguhe  dem  jiingling 
einen  prunkenden  hut,  und  »laltiicho  brautitcunishumdo. 

lluLTr    4U    llllllll  . 

der  frau  den  hut  überlassen,  unter  den  panloffel  konimm 


drauf 

Uli: 

iliii  i<  1 


'■iit  in  selnom  muth 
Iran  den  hut, 
.iipeii : 
■  KKirvn.    UvKHtitcK  yil.  IM, 


der  mann  ward,  wie  es  sich  gebühret, 

von  einer  lieben  frau  regieret. 

trotz  seiner  stolzen  männlichkeitl 

die  fromme  herrschte  nur  gelinder! 

uns  blieb  der  hut  und  ihm  die  kiuder.     Hackdorn  3, 72. 

ebenso  zeigt  auch  der  hut  die  e:ccmlion  von  der  lierschaft  eines 
andern,  die  ffciheü  an: 

du  bists  der  uns  den  hut  der  göldnen  freiheit  schenket. 

LoGAU  3,  243,  142  ; 
im  hut  der  freiheit  stimmet  an 

voll  ernst  der  freundschaft  lied.    Voss  4,  128; 
des  menschen  zierrath  ii-t  der  hut,  denn  wer 
den  hut  nicht  sitzen  lassen  darf  vor  kaisern 
und  königen,  der  ist  kein  mann  der  freiheit. 

ScuiLLKH  l'icculumini  4,  b. 

d)  durch  das  abnehmen  des  hutes  bekennt  man  sich  daher  als 
diener  jemandes,  eine  sittc  die  ursprünglich  nur  von  dem  niedern 
gegen  den  hölter  stehenden  geübt  werden  konnte: 

und  als  er  im  (ein  eilelkmibe  einem  Junker)  so  nähen 

quam, 
sinen  huot  er  abe  nnm. 
hie  mite  eret  er  in  also, 
der  junkherre  gruojt  in  dö.     Wigaloit  41,  12 ; 

auf  der  wol  auch  die  ceremonie  des  studentischen  landcsialers 
ruht,  dergestalt  dasz  der  abgenommene,  auf  den  scUäger  gesteckte 
hut  die  hingäbe  an  die  vertheidigumj  von  fürst  und  Vaterland 
ausdrücken  soll,  das  durchbohren  der  aufgethürmten  hüte  von 
Studenten  mit  den  degen  auf  das  wolergehen  der  landesherren  wird 
bezeugt  in  Reupsch  Schilderungen  2  (1759)  137 ;  sie  {die  sludenten) 
singen  einer  nach  dem  andern  landesvater,  trinken  wein  und 
stecken  die  hüte  auf  den  degen  an  die  decke,  der  deutsclie 
Student  (1779)  IS; 

seht  hier  den  geweihten  degen, 
thut,  wie  brave  bursche  pllegen, 
und  durchbohrt  den  freien  hut. 

A.  NiKMAMN  vom  j.  1781,  vgl.  Hofpmanm 
volksthüml.  lieder  6. 

jene  sille  schwächt  sich  zur  reinen  hüfliclikeitsbezeugung  ab;  in 
einer  reilte  von  redensarlen :  vorm  seiden  kleid  ziehet  man  den 
hut  ab.  Lehmann  10«;  wann  man  ein  jähr  vor  einem  den  hut 
abgezogen,  so  siebet  man  was  hinder  ihm  ist  und  wie  fromm 
er  ist.  17 ;  kleine  dieb  hänkt  man,  vor  den  groszen  thut  man 
den  hut  ab.  136;  den  hut  in  bänden  tragen,  schadet  nicht. 
134;  deswegen  hielt  ich  vor  nötig,  mich  wieder  demüthig  zu 
stellen,  obschon  ichs  nicht  sei,  mit  den  gemeinen  kerlen 
wieder  unten  und  oben  zu  ligen,  vor  den  höhern  aber  den 
hut  in  bänden  zu  tragen.  Simpl.  1,304  Kurz;  greife  langsam 
nach  dem  beulel  und  oft  nach  dem  huth.  Schuppius  263; 
gute  wort  im  mund  und  den  huth  in  der  hand,  das  kostet 
kein  geld,  und  bringet  einen  ehrlichen  kärl  oft  sehr  weit. 
daselbst ; 

hut  in  der  hand 

hilft  durchs  ganze  land.     Simrock  sprichw.  272; 

heute  yrüszt  man  durch  abnehmen ,  ziehen  des  hutes ,  in  be- 
quemerer weise  nur  durch  rücken,  lüften,  lüpfen  des  hutes: 

hier  lupft  er  ein  wenig  den  hut. 

WiKLAND  5,  180  (neuer  .\madis  18,  32); 

von  einem  der  lässig  zu  dieser  höflichkeitsbezeugung  isl,  sagt  ntan 
scherzweise,  er  hat  Sperlinge  unter  dem  hut,  kann  ihn  nicht 
abnehmen ;  er  hat  vögel  unter  dem  hut ,  sein  hut  ist  auf- 
gelcimet.  Duez  sprichw.  60. 

e)  der  hut  wird  abgelegt,  wenn  man  in  ein  zimnur  tritt,  er 
wird  wieder  genommen ,  trenn  man  aus  dem  hause  gehen  wiU, 
daher  den  hut  nehmen,  sich  bei  jemand  verabsdiieden :  wie  er 
sah  dasz  die  romanze  kein  ende  nehmen  wollte ,  nahm  er 
seinen  hui,  zog  seinen  reverenz,  und  entfernte  sich.  Wiblan» 
12,92;  aber  auch  durchgelten,  ausreiszen,  sich  lieimlich  entfernen: 
kerl,  der  nunmehr  den  hut  aufsetzen,  und  davon  gehen  will. 
causenmacher  39. 

/)  in  der  freude  wird  der  hut  geschwungen: 

jetzt  schwingen  wir  den  hut. 

der  wein  der  war  so  gut.    IIkbkl  1,  241 ; 
wohl  jauchzen  die  andern  und  schwingen  die  hüt', 
viel  bund«r  darauf  und  viel  edle  blüth  .    UuLAnu  yed.  211, 

im  fetlesjubel  bekränzt: 

mit  elchenlaub  den  hut  bekränzt  1 
wohlauf!  und  trinkt  den  wein!    Voss  4,36; 

inler  iiul  blindem  geschmückt:  der  huchzeitbiltcr, . .  drs^cn  »n- 
Ifgene  micne  mit  hcine.m  putze  und  mit  dem  lusligen  husch« 
Villi  gewisz  fünfzig  farbigen  bändcrn  am  hüte  wenig  übcrein- 
»timiiite.  IxMKHiiANN  3/ünf/iA.  3, 10 ;  to  bei  den  zu  toUaUn  aui- 
gi-liulienen  burschen .' 


1981  HUT 

als  ich  tur  fahne  fortgemüsft, 

hat  sie  so  herzlich  mich  geküsst, 

mit  bändern  meiDen  hut  geschmückt.    Hauff  1,  41 ; 

tu  kecker  Kimmung  auf  ein  ohr  gesetzt:  als  Berlichingen  und 
Werther  noch  neu  waren ,  nam  jeder  junge  mensch ,  der 
geniedrang  fühlte,  oder  vielmehr,  zu  fühlen  glaubte,  sich  vor 
andern  was  heraus,  sezte  den  hut  auf  ein  ohr,  zog  den  rock 
aus,  schmis  alle  die  ihm  zu  nahe  kamen,  mit  kot.  almanach 
ßr  heUeUrislen   1782  ».  102 ; 

frisch  auf,  ihr  beckknecht  alle, 
schafft  euch  ein  frischen  mut! 
laszt  die  trompeten  schallen ! 
setzt  nach  der  seit  den  hut! 

ScHADK  handicerkslieder  3  (i'.  jahrh.); 

setzt  den  hut  frei  nach  der  selten! 

fragt  wo  ist  das  beste  hier.    s7  (17/18.  jdtrh.). 

g)  den  hut  drückt  in  die  äugen,  vet  sich  nicht  sehen  lassen 
tciÜ  oder  sich  schämt:  wer  inn  seinem  herzen  keinen  nagenden 
wurm  hievon  fület  und  darf  für  menniglich  den  hut  nit  in 
die  äugen  ziehen.  M.\thes.  Sar.  156";  dem  dummen  icird  ein 
breiter  hut  aufgesetzt,  der  ihn  am  sehen  hinderte  ein  breit  her- 
unter hängender  hut  ist  zeichen  eines  hanreien.  Pftjtz  Holberg 
s.  309.  479.  4S0 ;  er  wolte  lieber  keinen  köpf  als  einen  breiten 
hut  tragen.  E.  Fbaxcisci  lustige  Schaubühne  3,  9S6;  und  damit 
stillete  sie  den  guten  mann,  dasz  er  den  breiten  hut  willig 
aufsetzte  und  fünf  grade  sein  liesze.  lyrum-larum  no.  7 ;  um 
einen  zu  hänseln,  dreht  man  ihm  den  hut:  wie  ich  in  erst- 
gedachter bursche  höhnischen  angesichtern  lesen  kondte, 
bedunkte  mich ,  sie  wurden  sich  endlich  underfangen ,  mir 
den  hut  zu  trähen,  und  den  Kunzen  mit  mir  zu  spielen. 
Simpl.  3, 149  Kurz  {vgl.  dazu  auch  unter  Kunz  theil  5,  sp.  2751) ; 
hätten  sie  ihm  . .  nasenstüber  gegeben,  ihm  den  hut  gedrehet 
und  ihn  vor  ihren  narren  gehalten.  412. 

h)  der  beltler  hält  den  hut  hin,  um  eine  gäbe  darin  aufzu- 
fangen: die  Pfennige,  die  er  euch  abquälte,  dem  ersten  dem 
besten  bettler  in  den  hut  warf.   Schilleb  rdtiber  1, 1. 

i)  unterm  hüte,  für  im  köpfe;  unterm  hüte  nicht  richtig 
sein,  nicht  recht  bei  verstände:  derowegen  er  denn  für  un- 
richtig unter  dem  hutte  gehalten  wird.  Bütschkt  kanzl.  236; 
dasz  man  mit  bänden  greifen  kann,  dasz  sie  nicht  wohl  unter 
dem  hut  verwahret  sind.  Liscov  242;  wiewohl  die  irrenden 
ritter  die  solche  thaten  thun  (jeden  zwingen  icdlen  zu  bekennen 
ihre  dame  allein  sei  schön),  in  den  äugen  kluger  leute  ihre 
enlschuldigung  unter  dem  hüte  tragen  (d.  h.  durch  mangel- 
haften verstand  entschuldigt  Kcrden).  Wieland  24,  51. 

k)  sonstige  fügungen  und  sprichwörtliches,  von  eim  ding  daran 
man  gar  zweifelt ,  und  von  weitem  nit  kennen  kan ,  sagt 
mann, . .  es  ist  ein  schiff  oder  hut.  Agr.  spr.  29S' ;  man  schlägt 
den  hut  und  meint  den  köpf.  Lersia:«!«  201 ;  es  ist  viel  ver- 
riebt ,  wann  zwei  köpf  sich  mit  einem  hut  behelfen.  1S6 ; 
viel  kOpfe  sind  schwer  unter  einen  hut  zu  bringen; 

und  wenn  ihr  halbweg  ehrbar  thut, 

dann  habt  ihr  sie  all  unterm  hut.    Götbb  12,  100; 

vom  hut  zum  schuh,  me  sonst  vom  köpf  zum  fusz: 

die  teute.  wo  denken,  und  wie  denken  wir? 
Diogenes,  so  hört  doch  auf  zu  helfen ! 

der  denker  denkt  vom  hut  zum  schuh, 

und  ihm  geräth,  in  blitzes  nu, 

das  was,  das  wie,  das  beste.    3,  115; 

»ii<  einem  hüte  wird  etwas  verdeckt: 

da  sach  er  ain  veiol  sten. 

mit  freuden  und  mit  hohen  muot 

decket  er  in  mit  seinm  huot.    fattn.  fp.  418, 19 ; 

in  ihn  werden  die  lose  geworfen:  und  denn  sei  ain  schriber 
ir  aller  namen  an  ain  sunder  brieflin  schriben,  und  die 
brteflin  alliu  in  ainen  hut  legen  und  denn  sol  der  amman  in 
den  hut  ungeverlich  grifen  und  ain  brieflin  nach  dem  andern 
hcrusz  nemen  und  allweg  weheis  nam  des  ersten  herusz 
kumbt  der  sol  auch  der  erst  sin.  Statuten  der  stadt  Isny  {ende 
des  U.  jahrh.)  im  anx.  ßr  künde  deutscher  vorzeit  1S59,  92.  ein 
böser  scherz  liegt  in  der  folgenden  redensart:  wenn  aber  da- 
zwischen die  brn.  kommissarien  dem  rath  und  den  ältesten 
hatten  zuentbieten  lassen,  und  zu  gemüte  geführet,  sie  sollten 
sehen,  womit  sie  umgingen,  und  es  also  machen,  dasz  sie 
auch  hüte  aufsetzen  könnten  (d.  h.  nicht  geköpft  würden),  waren 
sie  was  kleinmütiger,  als  zuvor,  worden.  Schweimciiem  2, 117;  | 
vgl.  dazu  auch  unter  hütlein.  [ 

2)  hut,  der  träger  des  hutes,  der  mann,  wie  franz.  chapeau 
(LiTTRE  1,555'),  und  vieUeicht  daher  erst  entlehnt :  denken  denu    , 


HUT 


1982 


die  herren  hüte,  dasz  die  damen  nicht  auch  wein  trinken 
wollen?  Lessinc  2,545; 

aus  diesem  unbewiesnen  gründe  hat  alle  zeit  und  iedes  land 
witz,  Vorrecht,  herrscbaft,  rühm  und  freiheit  allein  dem  hüte 

zuerkannt. 
GiSsTBKR  bei  Stei^bach  1,79b; 
sind  alle  personen  vom  stück 
auf  einmahl  in  einem  sahl  an  einer  tafel  beisammen,  .  .  . 
fünf  schöne  prinzessen,  die  alle  aus  Bambos  lenden  stammen, 
und  (mit  dem  neger)  ein  hut  auf  jeden  Unterrock. 

WiKLASD  5,  157  (n.  Amad.  17,  41). 

3)  auch  die  kopßedeckung  der  frauen  wn  ähnlicher  form  heiszt 

hut: 

der  Sitte  ist  in  Oesterrich 

unminneclich, 

daj  schoene  vrouwen 

tragent  alle  hüete  breit,    minnes.  2,  283*  r.  d.  Hngen ; 

wa;  obe  si  get  an  disem  tanze? 

frowe,  dur  iuwer  güete 

rucket  üf  die  hüete !    Walthkr  75,  9 ; 

bei  dem  augspurgischen  und  salzburgischen  frauenzimmer  ein 
von  zartem  filz  spitzig  und  hoch  zubereiteter  hut,  den  sie 
zur  Sommerszeit  über  ihre  gestricke  und  hauben  aufzusetzen 
pflegen.  Amaramhes  frauenz.-lex.  (1773)  1, 1495 ;  bis  der  kahn 
an  eine  wurzel  stiesz  und  ihr  rüder  in  das  wasser  fiel,  und 
als  sie  sich  darnach  bückte,  gingen  hui  und  Sonnenschirm 
denselben  weg.  Frettac  handschr.   l,  42 ; 

ihr  (der  bduerin)  huet  ist  haberstro.    Opitz  1,  156 ; 

und  scheint  die  liebe  sonne  warm, 
dann  kommt  der  mägdlein  schaar, 

den  rock  geschürzt,  mit  bloszem  arm, 
Strohhut  auf  glattem  haar.    Voss  4,  111 ; 

wenn  ich  doch  so  schön  war 

wie  die  mädchen  auf  dem  land ! 

sie  tragen  gelbe  hüte 

mit  rosenrothem  band.    Göthk  1,  32. 

4)  hut,  nach  der  ähnlichkeit  der  form,  auch  von  andern  dingen 

a)  eine  decke  überhaupt;  so  die  nebeldecke  einer  bergspitxe: 

hat  der  Pilatus  einen  hut, 
dann  wird  das  wetter  gut. 

vetlerregel  am  Vierwaldstädter  see,  bei 
Bädeker  Schweiz  s.  78 ; 

beim  bergicerk,  der  oberste  aus  einer  besondem  ausfüllungsmasse 
bestehende  theil  mancher  gdnge  nahe  der  gebirgsober fläche  an  ihrem 
ausgehenden.  Yeith  279; 

es  thut  kein  erzgang  gut, 

er  hat  ein  eisern  hut.    sächsischer  bergmannsreim ; 

die  decke  der  gältrenden  trauten :  mann  und  weih ,  jung  und 
alt  arbeitet  in  dem  weinberg,  man  leset  die  trauben,  man 
schüttet  sie  auf  und  lasset  sie  liegen ,  bis  sie  den  hut  auf- 
setzen, man  hebt  ihnen  den  hut  ab,  dir  aber  o  groszer  Jupiter 
machet  kein  mensch  reverenz,  der  dir  um  das  reiche  wimmet 
danken  thäte.  Abr.  a  S.  Clara  etwas  ßr  alle  1711  3, 4S5 ;  6e> 
den  gerbern  heiszt  hut  die  alte  lohe,  teomä  die  ausgesetzte  grübe 
oben  bedeckt  wird. 

b)  hut,  im  hüttenwerk,  eine  runde  eiserne,  inwendig  mit  lehm 
überzogene  decke  über  dem  Ireibherd,  welche  an  einem  krahn  über 
dem  herd  hängt,  und  wieder  weggezogen  werden  kann.  Jacobsso!« 
2,  296*. 

c)  im  Schmelzofen  ist  hut  oder  haube  die  innere  höhe  oder 
Vertiefung  des  treibherdes  selbst,    das.  2, 227*. 

d)  hut  oder  haube,  ein  kleines  dach  über  dem  pferdegöpel 
der  bergmaschine ,  welches  das  sparrenwerk  desselben  gegen  die 
Witterung  beschützt,  ebenda,  sonst  ist  im  bergwerk  der  hut,  auch 
wetterhut  ein  über  der  mündung  eines  Schachtes  angebrachter 
beweglicher  holzaufsalz,  durch  welchen  der  wind  aufgefangen  und 
in  den  Schacht  geleitet  wird,  deutscher  hut,  ein  in  seinem  Quer- 
schnitte nicht  vollkommen  rund,  sondern  eckig  gebohrtes  bohrloch. 
vgl.  Yeith  bergwörterb.  573.  2S0. 

e)  der  obere  theil  der  destülierblase,  auch  blasenhut  oder  heim ; 
also  geschiht  auch  dem  dunst,  der  dd  kümt  von  rösen  prennen 
oder  von  wein  prennen:  wenne  der  den  kalten  pleienne  huut 
rüert,  so  entsleujt  er  sich  auch  in  wajijer.  Mege.>(berg  81, 14. 

f)  hut  nennt  der  Orgelbauer  den  decket  von  gedeckten  pfeifen. 

g)  hut,  püeus,  der  oben  auf  dem  Strunk  befindliche  mehren- 
Iheils  tellerförmige  theil  eines  piizes.   Nemnicb  4, 966. 

h)  hut,  calyptra,  auch  kappe,  mutze,  ein  kleiner  häutiger, 
kegelförmiger  theil  der  mose,  der  ihre  büchsen  oder  umen  be- 
deckt, so  lange  sich  dieselben  noch  nicht  geöffnet  haben.  l,76s. 

i)  hut,  die  oberste  garbe  eines  getreideschobers,  tirolisch.  Schöpf 
270;  auch  rheinisch.  Kehreim  nachtrag  22.  sie  heiszt  sonst  battbe 
oder  kappe,  vgl.  theil  5, 195. 


1983 


II ÜT 


HUT 


1984 


k)  hut,  eine  schneckenarl ,  helix  pileus,  auch  hulscknirkel. 
Nemnich  3, 123. 

/)  nach  der  spitzen  loujclfünnigcn  gcstalt  der  alten  hüte  heiszt 
der  gewöhnlich  in  eine  solche  form  gebrachte  zucker  ein  hut, 
schon  seit  dem  mittelaller:  ilciii  libr  liutc  izuckcr  und  nicUt 
uiyiiner  {soll  verkaufen  beim  handel  im  ganzen)  ein  gast  dem 
andern ,  den  burgern  einen  hut.  urkundenb.  der  sladl  Leipzig 
1,  315  {vom  jähre  1464). 

m)  auc/i  ein  hut  salz:  die  Holländer  .  .  schicken  das  gc- 
läulexte  sak  auf  dem  Rhein  herauf  in  viele  gegenden  Deutsch- 
lands und  haJien  davon  zu  Bingen  am  Rhein  eine  nicderlage, 
wo  es  hutweise,  der  hut  zu  172  pfd.,  verkauft  wird.  Sciieuel 
waarenlex.  2,  340'. 

n)  ähnlich  geformte  melallgegenslände,  vgl.  fingerhut,  lichthut, 
hütchen;  auch  die  hidse  eines  thurmknopfes :  dasz  sie  {die  vom 
hafner  gefertigten  knöpfe  in  Ihürmen  und  erkvrdächern)  vorausz 
ser  woll  geprenut  und  verglast,  auch  undon  an  hüten  weil 
sein.  Tdciier  baumeisterb.  105, 1. 

HUT,  f.  custodia;  ahd.  huuta,  mhd.  huote  und  gekürzt  huot, 
niederd.  höde  (Moser  osn.  gcsch.  1,70,  von  dem  schütz-  und  ab- 
hängigkeüsverhdllnisse  eines  lehnsmanns  zu  einem  klostcr),  nieder}. 
hoede,  das  Substantiv  zu  dem  unten  folgenden  verbum  hüten. 
in  der  altern  nhd.  spräche,  bis  ins  17.  jahrh.  hinein,  ist  die  form 
hüte  nicht  ungebrAuchlich :  custodia  hüte,  hude  {neben  hui) 
DiEF.  164';  hüte,  wachung,  excubiae,  custodia  Dasyp.  {daneben 
das  in  hut  ist  custoditum) ;  dasz  er  ihm  {gott)  um  seine  hüte 
und  barmherzigkeit  danke.  Simp/.  2, 232  Kurz ;  auch  umgelautet: 
custodia  huyde,  hidc  Dief.  1G4' ; 

und  solte  gleich  die  hüte 
der  well  zu  gründe  gehn, 
so  wird  doch  sein  gemüie 
darunter  sicher  stehu. 

Opitz  2,  135  (noch  Horaz  od.  3, 3). 
hut  bedeutet 

1)  behütung,  aufsieht,  fürsorge,  schütz  im  allgemeinen  :  hut  und 
das  aufsähen,  custodia,  sichere  hut  der  liunden,  canum  ßda 
custodia  M.ialer  233';  gut  braucht  hut.  Simhock  sprichw.  217; 

es  kan  und  wil  auf  seine  liut 

allzeit  mein  mutli 
sich  hillich  gern  verlassen.    Weckuerlim  9 ; 
eigen  hui 

am  besten  tbut.    Lebhami«  84 ; 
nein,  unter  vieler  starken  hut 

lehlt  es  auch  hasen  nicht  an  muth.     IlACEDORn  2,  34; 
auch  du  (spricht  der  hausliund)  scheinst  mir  geschickt  zu  hut 

und  gegenwehr.    26;. 

er  (ijoll)  schützte  mich  mit  unsichtbarer  hut.    Gotter  3,  569; 

eine  gute,  sichere,  tapfere  hut:  in  guter  hut  haben,  probe 
cuslodire  Maaler  233';  gute  hut  macht  guten  frieden.  Sihrock 
sprichw.  272; 

ez  enist  kein  huote  also  guot, 

so  da's  ein  wip  ir  selber  luot.    Freidanli  101,  7; 

fressen,  saufen  in  sichrer  hut.    Mlriskr  schctmenz.  10*; 

so  halt  syn  wyb  im  husz  gut  hut. 

sy  bedt,  sy  wescbl,  sy  zwagt  im  ((/cm  manne)  dar. 

geucltmall  !'53  Scheiblc ; 
der  bauer  hat  sein  gut 
zum  festen  ort  gcllüchtct  und  häits  in  tapfrer  hut. 
UatAKO  gtä.  367; 

formelhaß  ist  hut  mit  ähnlichen  begriffen  verbunden ,  hut  und 
acht,  hut  und  schütz,  hut  und  sorge :  {dasz)  man  desselben 
jamcrs  noch  hut  noch  acht  hat.  Luther  1,s4';  man  solle 
kein  hut,  wache,  oder  acht,  nachlassen,  sie  sei  wie  klein  sie 
sei.  3,326';  es  ist  alles  gottes  segen,  gottcs  hut  und  sorge, 
oicbt  das  wir  darumb  sollen  mUszig  gehen,  nichts  erbeiten 
noch  hüten,  gondern  sollen  das  unser  thun  mit  erbeiten  und 
hüten,  aber  doch  wissen,  das  gott  müsse  das  gedeicn  und 
geraten  gehen  iti  unser  crbcit  und  hut.  5, 4St' ; 

desaen  frorab  und  teutschcr  mulit 
ist  «ein  bewehrter  schütz  und  hut 
darunter  »ein  herz  triumücret.    Weckhirli!«  3S5; 

reimende  formet  ist  gut  und  hut :  die  nicht  so  engstlich  thuD 
nach  gut  und  hut.  Lutukb  2,  304'.    br.  2,  607. 

Kl  heitit  hut  setzen,  in  hui  nehmen,  in  der  but  sein, 
liegen,  ballen,  behalten : 

Rwer  den  vrowcn  letiet  huotr, 

der  luol  dai;  ijbclc  dicke  »tut.     minntf.  jitM.  65,21; 

die«!  vermagit  du  zu  vollenden, 

nimm  e«  hcrr  in  deine  hut.    Götuk  41,  5t); 

SU  einem  guten  hausvater  gehuret,  nicht  allein  wie  er  geid 
und  gut  erwerbe  und  heimbringe,  Mondern  wenn  er  dax  kan 


und  thut ,  das  ers  auch  verwaren  und  in  der  hut  behalten 
könne.  Luther  5,510*;  was  den  Unfrieden  mehrt,  und  die 
nachbarn  stört,  bebalte  nicht  in  huf  und  hut.  Freytag  hand- 
schriß  1,  185; 

wenn  das  ir  muicr  an  ir  (iler  tochler)  waisz, 

so  scbol  sis  halten  wol  in  hut.    fasln,  sp.  748,31; 

das  neue  testament,  der  letzte  wille  dessen, 

der  menschlich  starb,  nun  göttlich  lebt,  und  hut 

für  diese  hält,  so  heiszcn  gottes  gut.    Fleming  547; 

wo  die  verborgnen  schätze 

sind  unter  deiner  (des  Ifufctn)  hut.    Ä.  Grypuius  1698   1,60; 

(am  iir>:la(tr)  all  wo  er,  in  der  hut 
des  rosigen  ^cstrauchs,  am  letzten  strahl  der  sonnen, 
halb  angekleidet,  matt  und  kcichend  ruht. 

VViKLAND  17,  36  (Idris  1,  47)  ; 
sei  ruhig!  bin  in  gottes  hut.    Halff  1,41; 
und  liegt  auch  das  Zünglein  in  peinlicher  hut, 
verplaudern  ist  schädlich,  verschweigen  ist  gut.  Göius  1,228  ; 

hut  wider  etwas:  eine  hut  wider  das  straucheln.   Sir.  34,19. 

2)  hut,  von  der  schützenden,  hütenden  person  selbst  {vgl.  unten 
no.  6) : 

ein  schrecken  seines  feinds  und  seiner  freinden  hut. 
Weckuerlin  688 ; 

ößcr  noch  in  die  bedeutung  1  übergreifend: 

lönet  mirs  diu  guote, 

wir  zwei  betriegen  unser  huote.    minnes.  (rüSd.  68,  5 ; 

vil  selten  äne  huote  man  riten  He  daj  kint.    fiib.  26,  1 ; 

auch  von  einem  schützenden  gegenständ:  so  lange  die  wölke 
auf  der  wonung  bleib,  so  lange  lagen  sie  stille,  und  wenn 
die  wölke  viel  tage  verzoch  auf  der  wonung ,  so  warten  die 
kinder  Israel  auf  die  hut  des  herrn  und  zogen  nicht.  4  Mos. 
9, 19 ;  von  einem  schützenden  orte,  gewahrsam : 

denn  Aeolus  der  lose  man, 
der  bat  ausz  lauter  Übermut 
und  fürwltz  ausz  befohlner  hut 
on  mein  vorwissen  seine  windt 
hcrauszgelasscn.     mückenlir.  1,638. 

3)  in  speciellem  sinne  ist  hut  die  militärische  wache,  der  posten 
zum  schütz  gegen  einen  feind  oder  kriegerischen  Überfall:  excubiae, 
hQt,  wachung  lag  und  nacht  Dasyp.  ;  die  in  der  hut  stehen, 
stationarii  ebenda;  auch  wart  den  viertelmeistern  nemlich  be- 
folhen,  mit  iren  hcubtieuten  zu  bestellen,  wenn  zu  der  wacht 
gepotten  wart,  das  der  mit  scins  selbs  leib  da  sein  soll,  .  . 
das  er  an  die  hüte  gce,  dahin  man  yn  weist,  d.  städtechron. 
3,359,13;  es  wart  Jörgen  Coler,  zu  den  Zeiten  richter  zu 
Werde  befolhen,  . .  ein  wachte  daselbs  zu  machen,  die  weil 
der  kungkleich  tag  weret,  und  da^^  sie  dest  basz  in  hüte 
weren.  384,  lO;  die  auf  die  Ihor  und  tburn  und  auch  unter 
die  dor  bestall  waren,  yder  an  sein  butt.  :JS5, 30;  item  in 
Crutenouwe  und  in  andern  vorstellen  was  nahtes  grosze  hüte. 
9,826,16;  herr,  ich  stehe  auf  der  warte  imerdar  des  lages, 
und  stelle  mich  auf  meine  hut  alle  nacht.  Jes.  21,8;  steckt 
nu  panir  auf  die  mauren  zu  Babel,  nemet  die  wache  ein, 
sclzet  wechlcr,  bestellet  die  hut.  Jer.  51, 12;  die  bei  .Messana 
auf  der  hut  stehenden  schiffe  {die  flotte,  welche  Messana  blokierte). 
Heilmans  Thucyd.  488;  der  grösle  theil  entkam  in  das  bol- 
werk ,  alwo  sie  mit  dem  daselbst  auf  der  hut  befindlichen 
Soldaten  fronte  machten.  504;  die  eine  ballte  der  Koriiitbier 
welche  zu  Kcnchrca  auf  der  but  stand,  damit  die  Atbenicnsor 
nichts  auf  Krommyon  unterneinen  möchten.  514. 

4)  fo»  dieser  bedeutung,  die  seit  dem  vorigen  Jahrhundert  in 
der  technischen  s]>rache  ganz  ausgestorben ,  ist  die  redensart  auf 
der  hut  sein,  in  freier  Verwendung  noch  ülnig,  früher  auch  auf 
seiner  hut  stehen,  securitati  suae  prospicere.  Frisch  1,479'; 
(jraun  hingegen  hatte  einen  viel  zu  zärtlichen  gcschmack, 
um  in  diesen  fehler  {einer  ausgebildeten  tonmahrri)  zu  füllen ; 
aber  die  hut,  auf  der  er  deslalls  besiändig  stand,  machte 
auch,  dasz  er  selten  oder  gar  nicht  mahlte.  Lkssinc.  lt,344; 
wie  sehr  man  bei  ihnen  auf  M'iner  but  s4-in  inusz,  Datiae! 
WiEi-AND  10,113  {grazien  <;);  ii  h  habe  brave  leute  gekannt: 
sobald  sie  meine  freunde  waren ,  imiszt  ich  vor  ihnen  auf 
der  hut  sein.  Lknz  1,214; 

lAiit  «eine  königin,  nah  bei  der  ihür,  im  «chntze 
Ae!>  treuen  SrhernKiiiin,  dum  er  nuf  seiner  hui 
zu  »ein  gebful.      Wieua;«»  22,  220  (Ol/rron  5,  54) 

5)  liul,  dann  auch  hinterlnüt,  vgl.  hiuterhut  tp.  1508:  dornacb 
!  kürzlich  kamen  rilter  und  kneclit  für  ribcrach  und  namen 
!  da}  lih  mit  2o  girffcn  (/((»i:rfim/rrn)  und  bellen  in  der  hut 
'  50  glciTen.  d.  städtechron.  1,36,14;  ilem  am  plincclag  an  smi 
<    (Jollen  lag  riten  die  uiiserii  hie  aus  mit  24  pleidcn  und  hicltii' 


1985 


HUT  — HÜTCHEN 


HÜTEBÜBE  — HÜTEN 


1986 


in  einer  huel  bei  Scheinberg.  2,173,2;  und  als  sie  in  nach 
eillen  bisz  zu  der  huet,  da  brach  der  häuf  ausz  der  huet. 
199,28;  der  gereisig  zeug  reit  fürbasz  gegen  Vorchaim  wertz 
in  ein  huet.  220, 17 ;  da  seind  dieselbige  hueter  {außaurer)  auf 
der  huetten  gewest  und  seindt  seiner  gewahr  worden,  tceitth. 
3,752;  also  das  in  der  osterwuchen  gesagtes  jars  ein  heim- 
liche unbekante  hut  uff  in  zwischen  Delsperg  und  Bruntrut 
gehalten,  ist  aber,  wü  er  verwarnet  worden,  zeruck  verbliben. 
BasUr  chron.  1,216,8. 

6)  hut ,  persönlich  (rergl.  oben  2) ,  der  reisige  Wächter,  scidal 
auf  wache ;  im  collectiven  sinyular:  die  andern  porten  die  raen 
tages  uf  det,  die  worent  alle  besetzet  mit  hüte  und  mit  ge- 
weffeten  lüten.  d.  städlechron.  9,  852, 26 ;  sie  gingen  aber  durch 
die  erste  und  ander  hut.  ap.  gesch.  12, 10. 

7)  anders  heimliche  hut,  spion,  nachäeller:  und  wil  man 
ouch  heimliche  hiJten  darüber  seczen  die  daruf  wameraen 
süllent  {auf  ausselzung  von  ländem).  d  städlechr.  9, 1029, 24. 

8)  hut,  in  alten  nürnbergischen  queüen,  waldhut,  didrict  eines 
erbförsters:  wer  reisach  hawet,  da;  nint  paubolcz  ist,  der  ist 
schuldig  zu  geben  dem  erbvorster,  in  dej  hut  er  e;  hawet, 
dej  jars  ..  4  haller.  d.  städtechr.  1,30,10;  in  swelhes  forsters 
huote  der  walt  prinnet.  Aürnfc.  poiiz.-wdn.  299 ;  so  weist  innen 
{den  der  holz  hauen  will)  dann  der  amptaian  in  ein  huet. 
TcciiER  baumeisterb.  S9, 27. 

9)  hut,  das  hüten  des  riehs,  gnindäück  auf  dem  dieses  ge- 
schieht und  das  gehütete  vieh  selbst:  hut,  pascua,  der  platz  wor- 
auf man  das  vieh  weiden  kann.  Frisch  1,479';  eine  but  ganse, 
eine  hut  schafe  (Adeling),  so  viel  deren  zusammen  gehütet 
«erden ;  weil  mich  der  herr  unter  seine  herde  hat  genomen, 
und  mit  seiner  weide  und  hut  versorget.  Luther  6,339*;  was 
der  hirt  in  seiner  hut  verliehret,  das  soll  er  gelten.  Pisto- 
BiDS  Ihes.  par.  8,  % ; 

auch  Jacob  dient  durch  kalt  und  h'm 

inn  hOt  {indem  er  hütete)  seins  scbwebers  schaf  und  kitz. 

SCBWARZKKBSRG   156'  ; 

den  reihentanz  Tollenden 

die  hirten  auf  der  hut.    Hagedorn  3,  70; 

dann  auch  die  hürtcnsteUe.  Schm.  1, 1190  fromm. ;  die  but  auf- 
sagen, den  httterdiensl,  figürlich  jeden  dienst  überhaupt  aufsagen, 
ebenda;  ich  habe  diese  grille  so  lieb,  dasz  ich  dem,  der  mich 
eines  besseren  belehren  wollte,  sogleich  hut  und  weide  auf- 
kündige. Leisewitz  brtefe  224;  endlich  ist  hut  auch  die  hut- 
gerechtigkeit:  die  but  auf  einer  flur  haben. 

10)  in  der  bibelsprache  tst  but  etn  wachtdienst  der  Leviten  im 
tempel:  und  soll  für  der  hütten  des  stifts  tag  und  nacht 
bleiben  sieben  tage  lang,  und  soll  auf  die  but  des  berrn 
warten.  3  Afos.  8,35;  darumb  sollen  die  Lerilen  der  hut  warten 
an  der  wonung  des  zeugnis.  4M(U.  1,53;  die  priester  stunden 
in  irer  but.  2  chron.  7,6;  und  er  stellet  .  .  die  Leviten  auf 
ire  but  zu  loben  und  zu  dienen  für  den  priestern.  S,  14. 

HUTABNEHMEN,  n.,  vergl.  hut  1,  d  sp.  19S0 :  tief  bewegte 
mich  das  demülhige  hutabnehmen  eines  mannes,  den  ich 
einst  reich  und  vornehm  gesehen.  H.  Heine  1,  259. 

HUTAFFE,  m.  eine  bengalische  a/fenart,  franz.  bonnet  chinois. 
Nemmcb  4. 1301. 

HUTANGER,  m.  anger  worauf  vieh  gehütet  wird:  in  Bamberg 
wird  im  nächsten  jähre  auch  ein  Volksfest  gefeiert  werden, 
der  dortige  magistrat  hat  zu  diesem  zwecke  zum  festplatz 
den  städtischen  hutanger  zur  disposition  gestellt,  didaskdia 
1853  no.  254. 

HUTBAND,  n.  spira.  Stieles  154. 

HUTBAUM,  m.  terminalia  catappa,  ein  malabarischer  bäum. 
Nem!(ich. 

HUTBINDE,  f  spira.   Stieler  152. 

HUTBLU.ME,  f  pinguicula  vulgaris,  fettwurz.    Nemsicb. 

HÜTCHEN,  n.  kleiner  hut:  püleolum  hoetghen  Dier.  435* 
{kölnisch,  anf  des  16.  joArA.);  piliolus  houdeken  not.  j/ow.  291* 
{niedersächsisch);  hüttchen,  ptieo/t«  Steisbach  1,  798 ;  ein  aller- 
liebstes Pariser  bütchen.  E.  T.  A.  Hoffmanx  (1844)  l,  182 ;  kleiner 
hut  der  gaukler  {vgl.  hütlein),  davon  unter  dem  bütchen  spielen, 
heimlich  etwas  treiben,  mit  dem  nebensinne  des  überlistens:  dasz 
ich  mit  andern  leuten  unter  dem  hütgen  spiele.  Cbr.  Weise 
comöd.  260; 

weil  sieb  die  erde  Tühlt 
und  unterm  hütgen  spielt. 

curiöte  ijedaiiken  v.  deutichen  rersen  425 ; 

ein  hutähnlicher  gegenständ:  lichtknecbt,  bütchen,  ein  von  zinn» 
messing  oder  andenn  metall  bohl  getriebenes,    und  an  dem 
einen   ende   zugespitztes    hüteben ,   so   man  über  die  lichter 
IV.  II. 


beim  auslöschen  deckt.  Jacobsson  2,609",  femer  ein  ähnlich 
geformtes  gerät,  welches  über  wunde  weibliche  Brustwarzen  gezogen 
wird,  um  hindern  das  saugen  :u  ermöglichen;  die  kleine  mit 
etwas  zündmasse  versehene  metallkapsel  auf  den  hahn  eines  percus- 
sionsgeuehres ,  vergl.  Zündhütchen;  endlich  auch  der  punM  auf 
dem  i :  {einer)  welcher  von  dem  bütchen  über  dem  buchstaben 
i  2  folianten  voll  erklärungen  heraus  zu  geben  versprach. 
Gdsther   1107. 

HÜTEBUBE,  m.  bube  der  vieh  hütet:  die  hochmüthigen 
plänkler,  welche  .  .  durchgepeitscht  werden  sollten,  wie  die 
hütebuben  in  der  ochsenherde.  Haitische  zeit,  com  28.  oct.  1S66. 

HÜTEL,  n.  vgl.  hütlein. 

HÜTEN,  verb.  cu^odire,  ahd.  huotan,  buaten,  mhd.  hüeten; 
altsächs.  altnfr.  hödian,  huodian,  niederl.  boeden,  hueden  custo- 
dire,  legere,  protegere,  consercare,  catere  (Kilia!«);  ags.  hedan, 
engl,  heed;  altfries.  höda.  die  ältere  mitteldeutsche  form  ist 
hüten :  cavere  hüten  {neben  hüten)  Dief.  108*,  custodire  hüettin 
und  hüten  164*.     über  die  etymdogie  s.  beim  masc.  hut  sp.  1978. 

hüten  äeht 

1)  absolut,  in  dem  allgemeinen  sinne  wachen,  die  aufsieht 
fahren :  wenne  ircu  gensei  noch  krank  {schwach)  sint,  so  hüet 
ain  gans  allzeit,  und  rekl  den  hals  auf,  da;  der  rauber,  der 
ar,  iht  körn.  MEeENBEBC  168, 32 ;  Pilatus  sprach  zu  en :  ir 
habit  di  hüte,  gel  und  hütet  alse  ir  wi;;et.  Beliaims  evang.- 
buch,  Matth.  27,65;  also  wurden  ir  zwien,  die  da  hütten, 
wund  in  der  stuben.  d.  städtechron.  4,23,11;  zw  ain  knebten 
die  hüten  under  hailigcrütztor.  s.  lOl,  anm.  3;  die  priester, 
die  an  der  schwelle  hüteten.  2  kön.  12,9;  befalb  sie  den 
obersten  der  drabanten  die  an  der  thür  des  künigs  haus 
butten.  2  chron.  12, 10.  sprichwörtlich :  armnt  hüt  {hütet)  wol. 
Schottel  114l'; 

wo  got  nit  sälber  behüt  die  statt, 

do  ist  vergeben  aller  rat, 

wo  got  hat  darfs  kein  sorgen. 

Hii.dkbra?io  rolksl.  146,  18  (>:i>n  1533) ; 
dann  auch  im  hinterhalt  liegen,  auflauern:  sie  hüteten  aber 
tag  und  nacht  an  den  thoren ,  das  sie  in  tOdten.  ap.  gesch. 
9,  24 ;  endlich  vieh  hüten ,  weiden :  hueten ,  custodtre ,  pasceiv. 
voc.  ine.  theut.  k4';  ich  suche  meine  brüder,  lieber  sage  mir 
an,  wo  sie  hüten,  i  Mos.  37,16;  Cyrus,  der  gewaltige  könig 
Persarum,  ist  nicht  allein  von  Mithridate,  einem  hirten,  er- 
zogen worden,  sondern  hat  auch  selbst  gehütet.  Simpi  1,50 
Kurz;  sprichwörtlich:  viel  hirten,  übel  gehütet.    Fbiscb  1,480'- 

2)  mit  genitiv,  eines  oder  eines  dinges  hüten,  t»  der  alten 
Sprache  gewöhnlich:  die  des  wingarten  huotent.  Williram  77,8', 

da  vanter  inne  .  ... 

manigio  hellt  guodin, 

die  dere  bürge  buodin.    anno  298; 

und  ich  sprach  zu  den  Leviten,  die  rein  waren,  das  sie  kernen 
und  hütten  der  thor,  zu  heiligen  den  sabhatbtag.  AeA.  13, 22; 
ich  will  lieber  der  thür  hüten  in  meines  gottes  hause,  denn 
lange  wonen  in  der  gottlosen  hütten.  ps.  84, 11;  in  der  neuern 
Sprache  nur  noch  in  poetischer  oder  alterthümelnder  Schreibart. 
hüte  meines  weibes  als  deines  augapfels.  Mcsäus  3, 135 ; 

ihm  däucht  kein  lager  schlecht, 
wo  freundlichkeit  und  treu  der  offnen  tbüre  hüten. 

WiKLAKD  22,  166  {Oberon  4,  38) ; 
und  hütet  ihrer  gegen  jegliche  gefahr.    Bcsckr  78"; 
und  in  Griechenland  lebte  ein  mägdlein  zart, 
die  thät  eines  gartens  hüten.    Körper  1,  228; 

aucA    Aier   im   speciellen    sinne  als  hirt  hüten :    kam  Rahel  mit 

den  Schafen  ihres  vaters,  denn  sie  hütet  der  schafe.    l  Mos. 

29,9;   schicket  in  auf  seinen  acker  der  sew  zu  hüten.   Luc. 

15, 15;  hüteten  irer  herde.  J.  Choreaxdee  geburt  des  sons  gottes 

(1571)  Dv";  hirten  so  irer  herde  hüteten  und  pflegten.  Dv*; 

da  du  .  .  .  deinem  knan  noch  der  schweine  hütetest.  Simpl. 

3,S4  Kurz; 

das  er  zfi  leti  der  sau  must  bätn.    Schkklzi.  verl.  söhn  4'; 
zwar  nur  ein  birt  an  stand,  doch  ein  fürst  von  gescblecht, 
(der  Paris  wirt  genant)  beld  seiner  herd  tu  hüeten 
sich  jetz  auf  Ida  auf.  Wkckuerli:«  722. 

3)  auf  einen  hüten,  «"n«n  aufpassen :  da  bat  derselb  ampt- 
man  . .  seinen  polten  hergeschickt  mit  etlichen  von  Riinsbach 
und  bat  lassen  uf  inen  hueten.  weisth.  3,752;  10  guld.  dem 
Hansen  .  .  und  andern  unsern  geselln,  do  si  hüten  uff  die 
Aunsorgen.  d.  städtechron.  4, 106,  anm.  2. 

4)  einem  hüten,  einem  Wächterdienste  leisten: 

ach  beste!  mir  doch  ein  starke  begein  (spricht  ein  kranker  narr), 

doch  das  sie  roüsi  ein  junkfraw  sein ; 

nit  so  ich  wen,  sie  bietet  mir, 

duz  sie  dusi  bullt  vor  der  thür.    Mciüir  tuUt.  narr  4538. 

120 


1987 


HÜTEN 


HÜTEN 


1988 


5)  moderner  isl  die  transitive  ßyung  von  hüten,  vor  dem  mW. 
nicht  nachiuweisen : 

ti  sprächen :  läi  die  tumben      büeten  üf  den  wegen 
den  küenen  Dancwarlen :      der  ist  ein  »neiler  degen. 

Hib.  177,  1 ; 

und  m  mehreren  bedetUunyen. 

a)  allgeviein  bewachen,  beaufsicfUigen,  sorgen  dasz  kein  schade 
geschehe:  es  isl  leichler  eine  heerd  flöhe,  als  eine  einzige 
flau  zu  hüten.  Pistorids  Ihes.  par.  9,32;  es  war  mir  wohl, 
weil  ich  nichts  mehr  zu  verlieren  und  nichts  mehr  zu  hüten 
halle.  ScBiLLBB  708;  den  frieden  hütet  jetzt  ein  ewig  gehar- 
nischter krieg.  1004 ; 

die  selbig  gemein^ hat  übergeben 

mir  das  schlosi  zu  bieten  eben. 

MuRSER  tuth.  narr  3508; 

ich  hüte  haus  imd  hof,  und  halle  nächtlich  wache. 
Hagkdorn  2,  26; 
mein  seliger  öhm,  der  die  höUung 
hütete.  ^  oss  2>  38 ; 

der  du  von  deinem  ewgen  thron 
die  Völker  hütest,  grosz  und  kleine.    Uhlahd  ged.  99; 

ein  gegenständ  als  subject: 

(der  schätz  wird)  einem  kästen  anvertraut, 

den  band  und  starke  sclilösser  hüten, 

beim  einbruch  dieben  trotz  zu  bieten.    Hageporn  2,68. 

WM»  der  hirtenthdligkeit,  schafe  hüten,  vieh  hüten:  die  schafe 
hütten,  oves  poscfrc,  der  hirtc  hültet  das  vieh,  pastor  pccora 
pascü.  Steisbach  1,799; 

mein  armes  wollenvieh! 
ich  kann  dich  ferner  nicht  mehr  hüten.    Hölti  48  Halm; 

den  mund,  das  maul  hüten,  es  von  voreiligem  sprechen  zurück- 
halten ; 

drum  hütet  maul  und  feder!    Freilicrath  3,91; 

einen  gefangenen  hüten,  verhindern  dasz  er  ausbreche;  ich 
halle  .  .  meine  sonderbare  diener,  die  mir  aufwarten,  oder 
besser  und  teutscher  zu  sagen,  die  mich  hüten  und  verwahren 
sollen.  Simpl.  2,101;  zahlreiche  flotten  hüteten  jeden  hafen. 
Schiller  1039;  halten  sie  sich  deszwegen  an  den  major  .  . 
der   mich   den   ganzen  lag  wie  ein  Argus  hütet,    kabale  und 

liebe  3,6; 

Duchvolles  amt,  dr.f  mir  geworden  ist, 

die  unheilbrütend  listige  zu  hüten.    Maria  Stuart  1,  1 ; 

einen  vor  etwas  hüten:  sie  hütel  den  kranken  vor  der  ge- 
ringsten Zugluft; 

auch  solche  springfluth  hört  zum  leben ! 

sie  jagt  es  auf,  sie  frischt  es  an, 

sie  hütel  es  vor  dumpfem  stocken.    rnEiLicBAiH  dicht.  3, 81. 

b)  selten  etwas  hüten ,  etwas  niciU  aufkommen  lassen ,  wie 
sonst  sich  vor  etwas  hüten:  denn  so  der  mensch  von  einem 
jglichen  müssigen  wort  soll  rechenschaft  geben  am  jüngsten 
tage,  wer  wil  so  küne  sein,  das  er  leglichc  sünde  nicht  mit 
furchten  hüten  oder  beweinen  wolle,  und  also  in  demütiger 
furcht  nach  gnade  und  harmherzigkeil  sich  ernstlich  sehnen. 
LüTHEB  3,27*. 

c)  abgeblaszt  der  eigentlichen  bedeulung  nach  sind  formein  wie 
das  Zimmer,  das  haus  hüten,  die  nur  noch  besagen  dasz  das- 
sclbc  nicht  verlassen  werden  kann  oder  darf:  der  kranke  musle 
lange  das  bell  hüten;  ich  musz  heute  das  haus  hüten  {hin 
allein  zu  hause);  wegen  heftigen  Schnupfens  hütel  er  das 
Zimmer ;  bei  Frisch  1,  479*  auch  hier  noch  in  genüivischer  fügung 
des  helles  oder  der  kammer  hüten  als  vulgdrausdruck  für 
kratik  sein; 

also  dai  wäre  verbrechen,  ... 

dasz  ich  die  allen  nicht  hinler  mir  liesz,  die  schule  zu  hulen, 
dasz  sie  nach  Lalium  gern  mir  In  das  leben  gefolgt? 

GöTHE  1,330. 

6)  refltxiva  hüten,  äwas  verderbliches  achtsam  von  sich  zurück- 
hiUrn,  ward  in  der  alten  spräche,  entsprechend  der  fügung  2, 
mü  dem  genitiv  verbunden: 

hüetei  iuwer,  guoten  wip.    Walth«»  102,  5. 
dock  tchon  seil  der  mhd.  zeü,  und  spdler  einzig,  mit  den\  aecu- 
taltv;  und  zwar  steht  u 

a)  absolut:  mau   musz  sich  baten,  cauto  opus  est.   Frisch 

l,  47tt' ; 

hüi  dich!  wo  du  mich  wirst  anrüren, 
so  ihuslu  dich  nur  selbs  verführen. 

It.  Waldis  Esop  3,74,9; 

hüta  dich,  schöns  bIDmeleint 

volkilird  'II  t*t  ein  nclinitler,  h*uU  der  tot; 

das  weEekraut  sollst  mehen  lan. 
hat  dicli,  junge,  tiod  nesseln  dran. 

Uumariucher  wappentpruch ; 


graf  Eberslein, 
hüte  dich  fein! 
heul  nachi  wird  dein  schlöszlein  gefährdet  sein. 
UuLAND  ijed.  327. 
ausruf  der  Warnung  und  drohung  war  hüel  dich !  gekürzt  auch 
nur  hüll!  vgl.  Schm.  1,1191  Fromm.;  dasselbe  ist  wol  auch  die 
folgende  interjection : 

hiei  usz,  arm  und  rieh! 

wichi;  mir  usz  dem  pfad  und  slig 

der  mich  zft  der  hübschen  junglrouwen  treill 

UuLAMD  votlul.  1. 

b)  sich  hüten  vor  einem  oder  etwas : 

der  wise  si,  der  hüete  sich 

vor  tören  spotte,  daj  rät  ich.    edelstcin  14,  35 ; 

wenn  du  aus  dem  lager  gehest,  wider  deine  feinde,  so  hüte 
dich  für  allem  bösen.  5  Mos.  23,9;  hütel  euch  für  dem  ver- 
bauten. Jos.  6, 18 ;  ich  bin  on  wandel  für  im,  und  hüte  mich 
für  Sünden,  ps.  18,24;  widerferel  dir  etwas  böses  von  im 
(deinem  freunde),  so  wird  sich  für  im  hüten  wers  höret.  Sir. 
2-2,32;  du  musl  dich  vor  disem  hiMi-n,  tibi  ab  isto  cavendum. 
Maaler  231';  ein  jeder  hüt  sich  vor  dem  ersten  auszlegen. 
ScHOTTEL  1129';  was  gott  und  die  natur  hat  zeichnet  vor  dem 
hüte  dich.  1145';  hüte  dich  vor  der  that,  der  lügen  wird  wol 
rath.  l'isTORius  1,59;  vor  galgen  und  rat  kann  man  sich  wol 
hüten,  aber  nicht  vor  dem  schwert.  7,  38 ; 

hüte  dich  für  dem  inierim, 

es  hat  einen  schalk  hinler  ihm.    5,  58 ; 

hüte  dich  vor  dem  landgrafen  zu  Hessen, 

wann  du  nicht  will  werden  aufgefressen.    9,5; 

sol  man  dem  adel  hoch  verbieten, 

das  sie  sich  ewig  dafür  bieten, 

keim  federspil  kein  schel  an  henken. 

MuRHER  luth.  narr  1415, 

dafür  sich  eines  dinges  hüten: 

der  abbt  sich  des  gehütet  hat, 

das  er  nit  übet  päse  ihai.    Schwarzknbbrc  142*; 

sich  von  etwas  hüten:  sich  von  solcher  sache  hütten  und 
vorsehen.  Botschky  Patmos  7,  ist  wol  dem  lut.  cavere  ab  aliqua  re 
nachgebildet,  wenn  nicht  ein  blosser  druckfehler  für  vor  besteht. 

c)  sich  hüten  mit  folgendem  durch  dasz  eingeleiteten  negativen 
satze:  hüte  dich,  dasz  du  mit  Jacob  nicht  änderst  redest 
denn  freundlich.  1  Mos.  31,  24 ;  so  hütet  euch  nu,  das  ir  des 
bunds  des  herrn  ewrs  gottes  nicht  vergesset.  5  Mos.  4, 23 ; 
und  hüte  dich,  das  du  in  keine  sünde  willigst.  Tofe.  4,  6;  hül 
dich  wol  dasz  du  es  nit  thilyest,  servaveris.  Maaler  23t';  er 
hül  sich  das  er  nit  werde  betrogen  oder  beschissen,  caveat 
ne  decipialur.  231*;  ich  kan  mich  hüten,  dasz  ich  niemand 
beleidige,  pers.  rosenth.  1, 7 ;  hüte  dich,  dasz  du  die  schranken 
der  billichkeil  nicht  überschreitest.  1,36;  hüte  dich,  dasz  du 
nicht  durch  zufalle  in  eine  stelle  kommst,  der  du  nicht  ge- 
wachsen bist.  Lichtenberg  verm.  sehr.  (1844)  2,128; 

hütet  euch, 
dasz  unter  ^inem  dach  ihr  nie  mit  ihm  zugleich 
ohn  euren  degen  übernachtet.    Göiimck  3,  145. 

daßr  eine  andere,  positive  füyung: 

hül  dich,  0  groszer  könig,  ehe 

dirs  wie  Sardanapaio  gehe,     tniickenkr.  1,  233. 

d)  es  folgt  ein  durch  zu  vermittelter  infinitiv :  hol  dich  vil  zu 
reden,  diyito  compesce  labellum.  Maaler  231';  sich  hüten  etwas 
zu  sagen  das  einer  nit  gern  hört,  auribus  alicujus  parcere. 
231';  ich  hütete  mich  an  den  umstanden  viel  zu  verändern. 
GöTHE  24,100; 

hüte  sich  in  diesen  zelten, 

wer  da  wandelt,  auszugleiten.    Ublajid  ged.  154; 

in  Verbindung  mit  der  negalion:  sorgfältig  hüteten  wir  uns,  nicht 
durch  einen  hug  der  hügel  uns  nach  der  gegend  umzusehen, 
um  derentwillen  wir  eigentlich  herauf  stiegen.  17, 234 ;  ob  wir 
gleich  uns  sehr  hülelcn  nicht  zu  lügen  und  im  groben  sinne 
falsch  zu  sein,  so  waren  wir  es  doch  im  zartcrn.  23, 175. 

e)  sich  hüten,  mit  einem  durch  und  vennülelten  nachiatz: 
wenn  du  des,  der  dich  hasset,  esel  sihest  unter  seiner  last 
ligen,  hüt  dich  und  las  in  nicht,  sondern  vcrseume  gern  das 
deine  uuib  seinen  willen.  2  Mos.  23,5;  uud  sprach  zu  den 
richlern,  sehet  zu  was  ir  thut,  denn  ir  haltet  das  gerichl 
nicht  den  menschen,  sondern  dem  herrn  .  .  daruiuh  la^i.t 
die  furcht  des  herrn  hei  euch  sein,  und  hütet  euch  uud 
thuts.  2rAron.  t»,  7;  hüte  dich  und  kere  dich  nicht  zum  un- 
recht. Iliob  36,  21 ;    hül  dich,  log  und  Ihil  es  nit,  cave  faxis. 

Maaikr  231': 

im  gedrtnge  hier  auf  erden 

kann  nicht  jeder  was  er  will; 

was  nicht  l>t,  es  kann  noch  werden, 

büM  dich  und  bleibe  still.    Uutus  19,  3U2. 


1989 


HUTER— HÜTER  AMT 


HÜTERIN— HCTLEIN 


1990 


f)  in  antKortsätzen  steht  sich  hüten  elliptisch,  mü  unterdriekung 
eines  dazu  gehörenden  nachsatzes:  'wirst  du  wol  kommen?' 
ich  werde  mich  hüten !  (nämlich  es  zu  Ihun). 

HÜTER,  m.  hutmacher,  pileorum  artifex.  teutsch-lat.  icörter- 
büchlein  (yürnb.  1703)  111  ;  füleator  huoter  DiEr.  435'  (15.  ;Ä.); 
der  hutter  zunftmaister.  d.  städleckr.i,\Z\  wie  wolt  ein  huter 
eim  jeden  narren  ein  rechten  hut  aufsetzen.  Garg.  lis';  bairiseh 
hueter,  hueterer,  huetler.  Scbm.  1,  1190  Fromm.;  die  huter 
habeji  e"in  sehr  hartes  und  mühesames  handwerk,  machen 
auch  allerlei  schöne  hüt.  Abr.  a  S.  Clara  etwas  für  alte  1,349 
{verke  14,  33)  ; 

und  nennt  den  ledrar  ein  lohknoln, 

den  buter  ein  pfoschenfilz  mit  woin.     H.  Sachs  4,3,58'. 

auch  in  der  umgelatttelen  form  htiter:  hüter,  pileo,  pileorum 
artifex  Stieler  S"1  mit  dem  fem.  hüterinn,  pileonis  uxor,  aut 
alia  mulier  pileos  ex  lana  eoacta  faciens;  hutmacher,  hüter,  ein 
professionist,  der  aus  wolle  oder  haaren  filzhüfe  Terfertiget. 
Jacobsso!«  2,297*. 

HÜTER,  m.  der  da  hütet,  vacht,  de  aufsieht  führt, ■  euäos 
hieter,  hyeter,  huter  Dief.  164*. 

1)  in  der  spräche  des  getcöhnlichen  lebens  jetzt  mehr  nur  in 
compositen,  feldhüter,  flurhüter,  forsthüter,  thorhüter,  thür- 
hüter  u.  ähnl.,  selten  einfach :  in  vollem  galop  stürzt  eine  grosze 
masse  solcher  edlen  thiere  (pferde)  heran,  sie  werden  durch 
reitende  hüter  gelenkt  und  zusammengehalten.  Göthe  22,152; 
früher  {heute  nur  mundartlich}  auch  als  einfaches  wort  häufig: 

do  twanger  die  ron  Nubiant, 

daj  si  (lu^^en  üf  diu  bant, 

armisen,  isenhalten. 

sui  kund  er  zühte  walten, 

das  er  dar  hüetxr  keinen  sluoc. 

Wolfram  Willehalm  415,25: 

hiter,  hirt,  achthaber,  custos,  excubüor  MAALER23r;  hüter.. 
in  den  badstuben  {die  die  abgelegten  kleider  beaufsichtigen). 
ScnniD  schKdb.  uU  290  {aus  Ulm  von  1501),  vgl.  hutstube;  da 
machte  sich  David  des  morgens  früe  auf,  und  lies  die  schafe 
dem  hüter.  iSam.  17, 20;  Sacharja . .  war  hütter  am  thor  der 
hütten  des  stifts.  l  ehron.  10, 21 ;  es  funden  mich  die  hüter 
die  in  der  stad  umbgehen ,  die  schlugen  mich  wund,  die 
hüter  auf  der  mauren  namen  mir  meinen  Schleier,  hohel.  Sal. 
5, 7 ;  die  hüter  für  der  thür  hüteten  das  gefengnis.  ap.  gesch. 
12,6;  es  was  bestellt,  da;  alle  nacht  einer  des  ratz  {rates) 
must  reiten,  .  .  und  must  allenthalben  in  d«r  stat  und  zu 
allen  toren  hin  und  here  reiten  und  aufmerkung  haben,  ob 
die  scharwachter,  turner  ithürmer)  und  hüeter  bei  den  toren 
und  swipogen  munter  weren.  d.  städtechr.  2,  325, 2 ;  in  Baiem 
bedeutet  hüeter  besonders  den  gemeindehirt.  Schh.  1,1191  Fromm.; 
ebenso  kärntnisch  hüetar  hirt.  Lexer  146.  sprichwörtlich:  es  ist 
niemand  des  heil,  grabes  hütt  r  umsonst.  Pistorius  thes.  par. 
9,79. 

2)  hüter  in  der  edlern  spräche:  der  hötfire  der  gesetze  des 
Lerren.  Behaims  evang.-buch  s.  5  Beckstein;  da  sprach  der  herr 
zu  Kain,  wo  ist  dein  bruder  Habel?  er  aber  sprach,  ich 
weis  nicht,  sol  ich  meines  bruders  hüter  sein  ?  i  Mos.  4, 10 ; 
sihe,  der  hüter  Israel,  schlefft  noch  schlumet  nicht,  ps.  121,4 ; 
der  hüter  dieser  poetischen  ländereien  {gemeint  ist  der  custode 
der  Arkadier  in  Rom).  Göthe  29,220; 

und  bin  ich  etwa  zum  hüter  von  Bambos  töchtern  bestellt? 

WiELA^D  4,  91  (n.  Amad.  4,  11); 
der  hüter,  der  die  ungestümen  gaste  (die  leidenschaften) 
in  schranken  zwingt,  und  ihrer  Wildheit  spur 
»orglaltig  tilgt  -  Vernunft.      Gottir  1,321; 
himmlisch  in  die  hölle  klangen 
und  den  wilden  hüter  zwangen 
deine  lieder,  Thracier. 

ScHiLLKN  triumph  der  liebe  v.  109; 
ich  weisz 
aus  Talbou  munde,  meines  vorgen  hüters  .  .    Jtf.  Stuart  1,7; 
und  wo  ein  mann  schlaflos  iwiefältigen  lohn  sich  erwürbe, 
diesen  als  rinderhirt  und  den  als  hüter  des  wollviehs. 

Odyssee  10,  85. 

3)  hüter,  auflaurer  (tgl.  hut  4  jp.  1984):  da  seind  dieselbige 
hueter  auf  der  huetfen  gewest  {lagen  im  hinterhaite).  weisth. 
3,  752. 

4)  hüter  von  einem  gegenständ,  im  compositum  ladenhüter, 
s.  d.  bei  den  buchdruckem  hies:  blattbüter  das  an  den  untern 
rand  einer  seile  gesetzte  erste  vort  der  folgenden  seile 

HCTEHAMT,  n.: 

ihr  in  paradiesen  der  liebe 
büteramtes  pflegenden  äugen. 

ROciiRT  ge»,  qed.  1,  393. 


HÜTERIN,  f.  euäos.  Maaler  231':  man  hat  mich  zur  hüferin 
der  Weinberge  gesetzt,  hohel.  1,6;  armut  demütiget  den  men- 
schen, und  ist  für  viel  Unglück  gut,  ein  erfinderin  der  kunst, 
ein  hOlerin  der  tugend.  Schottel  1141'; 

eine  (■':chöne)  ward,  in  spröder  blässe 

und  in  strenger  häuslichkeit, 

hüterinn  der  feueresse 

und  die  Vesta  jener  zeit.    Hagkdoi?«  3,78. 

HÜTERLOHN,  m.  lohn  eines  hüters. 

HÜTERSCHWÄRZE,  /.  schwärze  deren  sich  die  hutmacher 
bedienen,    hüterschwärze,  atramentum  pileorum  Stieler  1956. 

HüTES,  m.  im  nördlichen  Franken  eine  art  klösze.  Wucke 
sagen  der  Werra  1,118.  Scbm.  1,1191  Fromm.;  ^ach  letzterem  auch 
die  hode.  der  name  soll  aus  der  formet  herr  gott  behütes,  die 
auch  als  name  für  diese  speise  galt,  gekürst  sein.  Haupts  zeitschr. 
2, 191. 

HLTFASZ,  fi.  ein  durchlöchertes  gefäsz,  fische  darin  aufzu- 
bewahren. Adelung. 

HUTFEDER,  f.  feder  auf  einem  hüte:  stumm  und  gedemii- 
thigt  blickte  ich  vor  mir  hin,  und  spielte  an  meiner  weiszen 
hutfeder.  ThI^iuiel  4,  506. 

HüTFILZ,  m.  filz,  wie  er  tu  hüten  verwendet  wird.  Adelcnc. 

HÜTFLOR,  m.  ftor  am  hut:  mein  vergehender  körper  und 
der  folgende  brief  an  Ferk  hängen  wie  ein  butßor  an  mir. 
J.  Pacl  uns.  löge  2, 161. 

HÜTFORM,  f  form  des  hutes :  eine  veraltete,  moderne  hut- 
forra.  beim  hutmacher  die  hölzerne  form ,  worauf  der  hut  eine 
gestalt  erhält.  Jacobssox  2,  297*. 

HLTFIJTTER,  n.  futter  im  innern  des  hutes. 

HÜTFÜTTERAL,  n.  theca  pilei.  Frisch  1,  479'. 

HLTGARBE,  f  garbe  als  lohn  ßr  den  flurhüter.  Schm.  1.1190 
Fromm. 

HLTGELD,  n.  qeld  für  das  hfiten  des  viehes.  Niebdhr  2. 156. 

HUTGE.NOSSE,  m.  genösse  im  wdchteramt:  indessen  suchte 
ich  den  custode  (den  vorstand  der  Arkadier  in  Rom)  mit  seinem 
neuen  hutgenossen  auf  das  beste  zufrieden  zu  stellen.  Götbe 
29,  225. 

HüTGENOSSISCH,  adj. :  ich  bin  noch  nnsers  sebOnen  hut- 
genossischen  abends  eingedenk.  J.  Padl  briefe  31. 

HÜTGERECHTIGKEIT,  f  gerechtigkeü  sein  vieh  auf  einem 
gewissen  boden  hüten  zu  lassen. 

HÜTGEWEIFEL,  n.  widerholtes  abziehen  des  hutes,  als  zeichen 
demütigen  gruszes: 

jeder  narr 

mit  hutgeweifel.     Kl.  Schmidt  poet.  briefe  28. 

HCTGRIFF,  m.  griff  an  den  hut,  bei  nur  nachlässigem  grüszen: 
(als  der  hoffärtige)  unsern  grusz  mit  einem  gelinden  hutgrifife 
würdigte,    maulaffe  311. 

HUTHABER,  m.  haber  für  die  bewachung  oder  aufsieht  über 
etwas.  ScHM.  1, 1190  Fromm.;  man  sol  ouch  dem  rihter  alle 
jar  geben  sinen  huthabern  nach  sini  briefs  sag.  ipeif/A.  3,  645 
{Baiern,  von  1378). 

HüTHAüS,  n.  haus  für  die  wache,  bei  den  bergwerken  das 
haus  wo  die  bergleute  beten  und  ihre  Werkzeuge  haben,  auch 
zechenhaus.  Frisch  1,4s0';  m  Baiern  huethaus,  hüethaus, 
wohnhäuschen,  das  eine  gemeinde  ihrem  hirten  überldszt.  Scn». 
1, 1190. 1191  Fromm. 

HüTHÄüSLEI.N,  n.  kleines  haus  für  eine  wacht:  dopei  {bei 
einer  brücke)  was  ein  hütheuslein ,  darinnen  stetigs  schützen 
waren  und  die  strosz  in  acht  betten.  Tccbeb  baumeisterbucli 
211, 16. 

HUTKAMMER,  f.  apodyterium,  huetkammer  Dief.  40',  im 
badehause  dcu  gemach  wo  die  kleider  aufbewahrt  werden,  vergl. 
hutstube. 

HUTKNECHT,  m.  reisiger  knecht  ßr  die  bewachung  einer  feste: 
die  vestinen  Sarnen  und  Rotzberg  wurdend  mit  hutknecbten 
wol  bewart.  Tschüdi  1,231.     daßr  wartknecbt  ebenda. 

HUTKOPF,  m.  das  hohle  theil  des  hutes,  worein  sich  der  köpf 
schickt,  pilei  pars  eava.    Frisch  l,  479'. 

HüTKRAMPE,  f.  der  aufgeschlagen»  rand  am  hüte;  von  Frisch 
o.  a.  0.  noch  als  niedersächsisch  aufgeßthrt,  heute  der  allgemeinen 
Schriftsprache  angehörig,     vgl.  krampe  theil  5,  2007. 

HUTLAGER,  n.  verkaufslager  von  hüten,  hutmacher  empfehlen 
dem  publicum  ihr  reichhaltiges  hullager. 

HÜTLEIN,  n.  l)  kleiner  hut,  mhd.  hüelelln,  hüetel :  pileolum 
ein  dein  hutlin,  hietle  I  piret  Dief.  435*;  hütly  pileolus  .Maaieb 
»1*;  (die  geissler)  hettent  alle  nientel  an  und  höteline  uöe 
mit  roten  crüzen.  d.  städtechr.  S,  10^,10 ;  eins  jarkucbenjunker!> 

125* 


1991 


HÜTLEIN 


HÜTLEIN  — HUTMANN 


1992 


und  hofjungen  hütlin,  welchs  fein  aufs  schweizerisch  mit  der 
feder  geblümt  war.  Garg.  136';  (die  pflanse)  gewinnet  runde 
schcublechtige  breite  blumen  gleich  einem  breiten  hütlein. 
Tabeknagm.  441 ;  die  wunderlichst  legend  vum  Ursprung  des 
.  .  .  vierhornigen  und  viereckichten  hülleins  {jcsuiterhiUleins). 
Fischart  dicht.  2,241  Kurz;  das  schwarze  hütlein,  zeichen  der 
trauer:  freu  dich,  liebes  müllein,  traure,  schwarzes  hütlein, 
heiszts  bei  lachenden  erben.  Otho  1034.  symbol  der  freilieit 
ist  das  hütlein  (vgl.  hut  1,  c  sp.  1979): 

komm  güldne  Trciheit,  komm  mein  leben, 
und  setze  mir  dein  hütlein  auf.    Fleming  501 ; 

das  hütlein  ziehen:  das  hätly  abziehen,  adaperire  caput,  aperire 
Caput  Maaler  231*,  nicht  nur  zum  grusze,  sondern  auch  als  bit- 
tender : 

hält  für  der  reichen  thür 
sein  hütlein  in  der  band,  und  kömpt  doch  selten  für. 

Opitz  1,  154 ; 
eigebung    in    fremden    u-illen    anzeigend:    sondern   es    heiszct 
schlecht,   dein    hütlin   zihen,   und  ja  dazu  sagen,    und  war 
lassen  sein,   als  das  nicht  aus  deinem  verstand  komen  ist. 
Luther  6,67"; 

Hamnien,  gib  dich  gewillig  darein ! 

der  von  l'lm  must  du  gelangiier  sein, 

weitest  mir  mein  liüiliu  rucken, 

das  dein  will  ich  dir  zucken.    Uiilaihd  volksl.  352. 

das  hütlein  einem  abziehen  heiszt  auch  einem  seine  dominierende 
stelle  nehmen:  man  darf  nicht  Cephas  gewall  höher  machen, 
denn  der  andern  aposteln,  wie  sie  denn  zu  der  zeit  pflegten 
zu  sagen,  Cephas  hell  dis  also,  der  doch  der  fürnemste 
apostel  ist,  darumb  sol  es  Paulus,  und  ander  auch  so  halten, 
nein,  spricht  Paulus,  und  zeucht  Pelro  dis  hütlein  ab,  das 
sein  ansehen  und  gewalt  soll  höher  sein ,  denn  der  andern 
apustel  oder  kirchen.  Luther  6,524*;  einem  das  hütlein  wieder 
geben,  ihn  wieder  als  ersten  anerkennen : 
gebt  im  das  hütl  wider. 

PÖTKRicus  ehrenbrief  bei  llutipt  6,  53. 

anderes  sprichwörtliches,  einem  ein  hütlein  aufsetzen ,  Hin 
teuschen,  vgl.  hut  l,g  xp.  19S1 :  falUre ,  betriegen,  das  hütlin 
uf  setzen.  Hokfmann  findlinge  1,77;  vor  mittag  lesen  sie  (die 
bischöfe)  mess  .  .  .  nach  mittag  neinmen  sie  ein  spiesz  oder 
schwerl.  ungeschickler  ding  hal  yemanl  sein  lebenlang  ye 
gehört,  das  heiszt  dem  bischoQ'iichen  anipt  ein  hütlin  aus- 
gesetzt. S.  Frank  chron.  1531  377" ;  die  eergeitigen,  die  allem 
ding  ain  hütlin  aufsetzen  und  vcrklügen,  und  mit  neüwea 
fanden  in  (sich)  ain  ansehen  bei  dem  fürwitzigen  pofel  machen. 
guldin  arch  190' ;  unterm  liütlein  nicht  wol  verwahrt  sein, 
nicht  recht  bei  verstände  sein  (vgl.  hut  1,  i  sp.  1981) :  unterm 
hüllin  nil  allzuwol  verwahrt.  Harnisch  36 ;  nicht  recht  unterm 
hüllin  verwahrt.  299.  es  lieiszt  sehen  wohin  man  das  hütlein 
setzen  möge,  nenn  man  die  strafe  des  kopfabschlagcns  verblümt 
androht:  derowegen  sollten  wir  von  solchem  vornebmen  ab- 
stehen und  unseru  herrn  zum  gehorsam  ermahmen,  denn, 
sollte  es  von  uns  nicbl  beschehen-,  so  möchten  wir  sehen, 
wohin  wir  die  hüllein  setzen  möchten.  Scmweimciien  2, 112. 
Gaukler  bedienten  sich  eines  hutes,  mit  hilfe  dessen  sie  ihre 
kunslslücke  ausführten: 

genuoge  Herren  sint  gelich  den  gougeltereo, 

die  Letiendecliche  kuiinea  triegen  unde  va.*ren. 

der  sprichei:  'sich  her,  wa;  ist  uiidur  disem  huote?' 

DU  zucke  in  üf,  da  stöt  ein  wilder  valke  in  sinem  muote. 

zuck  üf  den  liuot,  so  stet  ein  stolzer  pl'äwe  drunder. 

DÜ  zucke  iü  iil,  da  stül  ein  mervruiider. 

swie  dicke  daj  geichilit,  so  ist  e;  ze  jungest  wati  ein  krä. 

Waltueh  '.i'i,  34 ; 
davon  die  namentlich  im  16.  jcJirh.  sehr  gebrducläiclie  redensarl 
unlcmi  hüllein  spielen,  heimlich  und  in  der  absieht  zu  teuschen 
eftroi  thun:  es  ist  eine  heimliche  mcuchlinge  scbulkheit,  und 
wie  man  spricht,  unter  dem  hütlin  gespielet,  das  nians  nicht 
merken  sol.  Luther  4,407';  (die  pdpste)  brauchten  des  tür- 
kischen kriegs  zum  hütlin,  darunter  sie  spielclcn.  432';  hie 
aber  (bei  der  winkelmesse)  sind  keine  zeugen ,  sondern  eine 
eiozele  person,  welche  im  lunkeln  munkelt  und  unter  dem 
hütlin  spielet.  G,  88* ;  es  gilt  hie  nicht ,  so  unter  dem  hütlin 
spielen,  und  im  finslcrn  mausen,  loo';  weil  aber  diese  un- 
genanten unter  dem  hüllin  spielen  und  aus  der  flnslernis 
heraus  schreien  und  ganz  Israel  betriegen.  J.  Wicandu»  ob  die 
ncven  WiUenbcrger  etc.  l';  unter  dem  hütlein  spielen.  Scuottel 
ttl2';  wohl  aber  können  sie  (die  hutmacher)  hauplsUchlich  unter 
dem  hOlcl  spielen,  es  wissen  einige  aus  ihnen  die  ieut  der- 
geilalt  zu  betrügen,  dasz  jemand  mörhl  in  zweifei  setzen,  ob 
sie  buter  oder  häutcr  (hutabiiehir,  uhinder)  sein.  Am.  a  S.  Clama 


etwas  für  alle  1, 349  (werke  14,  33) ;  er  würde  es  ihm  wol  ange- 
sehen haben,  dasz  es  unterm  hülle  spiele.  Felder  Nümnui- 
mitlli'rs  171; 

nach  dem  cid  habt  ihr  stets  geziehlt 
und  unterm  büttlein  lang  gespielt, 
man  hat  es  wohl  vernommen. 

HiLDEBRAHD  volksl.  401  (von  1664) ; 

mit  einem  unterm  hüllein  spielen,  ihn  heimlich  betrügen:  auf 
das  mit  mir  ein  solch  spiel  unter  dem  hütlin  gespielet  würde. 
Luther  8,4'; 

nemlich  auf  das  es  bleib  verschwiegen, 
wie  ir  die  leul  nur  thut  betriegen, 
und  ewer  mütlein  an  in  kület, 
unterm  hütlein  mit  in  spielet. 

Fischart  dicht.  1,  168,  1398  Kurz ; 

auch,  nach  der  alten  Verbindung  von  spielen  mit  dem  namen  des 
Spieles  im  genitiv:  es  heiszt  des  geiz  under  dem  hüllein  ge- 
spilt.  H.  Sachs  dial.  23,29; 

wes  sie  da  spielen  unter  dem  hutlein 

dasselb  kann  nymant  auszspchen.    fastn.  sp.  1112; 

die  in  der  folgenden  stelle  erscheinende  form  hütlich  sieht  wahr- 
scheinlich mit  doppeltem  Verkleinerungssuffix  für  hüteichen: 

die  andern,  welch  man  nent  kaufleul, 
kleiden  sich  auch  in  wolf'es  heut, 
mit  geiz  den  gemeinen  mann  bestelen, 
doch  wissen  sies  so  fein  zu  helen, 
des  geiz  lein  unterm  hütlich  spielen. 

B.  Waldis  Esop  4,  49,  137. 

ähnliche  redensarten  sind:  unterm  hütlein  stechen: 

geit  sich  doch  keiner  an  das  licht, 

tunt  nur  unter  dem  hütlein  stechen.  H.  Sachs  2,1,74'; 

CS  geht  unterm  hütlein  zu,  heimlich,  verborgen,  mit  list:  es 
gieug  aber  under  dem  hödly  zu  und  mit  verettry  (verrdterei), 
das  nit  iedem  zu  wissen  wart.  Basler  chron.  1,21,13; 

unser  gesellschaft  geet  unterm  hutlein  zu. 

fastn.  sp.  730,  9  ; 

ein  hütlein  über  etwas  stürzen,  eine  sache  verdeckend  verändern, 
wie  die  gaukler  thun: 

ain  richter,  der  dem  armen  das  recht  verkürzt, 
und  im  ain  hütlin  daiübor  stürzt. 

KüLLER  ake  gute  schwanke  no.  38 ; 
so  man  aim  armen  das  recht  verquent, 
und  im  ain  hütlein  für  die  äugen  wendl.    no.  40 ; 
der  schuldig  clagt  übern  richter  .  .  . 
wanu  in  der  arm  vorm  recht  sol  nützen, 
und  er  im  wol  hüll'  treulich  hinüber, 
so  stürz  er  im  ain  hütlin  darüber. 

Gengknbach  407, 183. 

2)  hütlein  in  einem  pflanzennamen ,  vergl.  eisenhüllein.  in 
der  Wappenkunst  ist  eisenhüllein  vellus  varium,  petasi.  Stein- 
bach 1,  798. 

HÜTLEINMACHER,  m.: 

nun  schliesz  dich  auf,  mein  arkelei, 

mein  Schatzkammer  voll  Schelmerei! 

nun  nempt,  ihr  bütleinmachcr.  drausz, 

damit  ihr  spickt  disz  hutlein  {Uas  jesutlerhüllein)  ausi! 

FisciiAHT  dichlunijen  2,  263,  852  Ami  r. 

HÜTLEINSAPFEL,  m.  malum  turbinatum  majus  virescens, 
lauchsapfel.   Nemnich. 

HÜTLEINSPIEL,  n.  spiel  unter  dem  hütlein,  yauJderkunst 
(vgl.  sp.  1991).     bildlich: 

der  berren  untreu  ist  zu  vil, 

die  nenncnt  sie  das  hütlinspil.    Mur:<er  geuchmitii. 

HÜTLEINSPIELEH,  m.  der  mit  dem  hiUletn  taschenspielerkünste 

treibt,  gaukler:    ihr  .  .  .  raucliverkeuirer,  geucbstecher,  blin<l- 

meusz  und  hütlinspiler,  liecbl.-icheue  augennebeler.  Garg.  17'. 

HLiTLOS,  adj.  ohne  hut,  ohne  aufsieht:  eine  hutlose  herde, 

die  keinen  hirlen  hat,  grex  pastore  carens  Frisch  1,4^0*. 

HlTMACliEH,  m.  pileoruni  aiiifex,  ein  hutmacher,  der  htült 
machet  Maaler  233' ; 

wann  prasser  zamun  kumen 
de  hehl  dio  »uw  die  metteu  an, 
die  prymzyt  ist  im  esel  thon, 
die  terlz  Ist  von  sant  (iroblnn, 
hAtinachcr  knecht  syngiMi  die  seil, 
von  groben  f'yluen  Ist  der  text. 

Urant  narrentch.  72,  M>. 

IIIIMA.NN,  m.  einer  der  hiäet,  die  aufsieht  führt,  hütrr  tm 
allgemeinen  sinne: 

or  (Chru(iM)  ist  der  rechte  hAtman, 

•clilnr«t  noch  üchlumol  nicht, 

beliAlut  uln(Mi  icdurmaii 

der  »ich  nach  s«lm  wurt  rieht.    Umlamu  f«Uu/.  6Ui, 

liulmnnn,  der  ili-<<  mrnsrhrn  leben 
behüten  toi.         Thumiikikkr  arcititluxu  B; 


1993 


HÜTMERLE  —  KUTSCHEN 


HUTSCHIESZEN  —  HÜTTE 


1994 


in  eingfschrdnkler  bedeulung  der  viehhirl.  bairisch  Schm.  1, 1190 
Fromm.,  aber  ebenso  auch  in  Düringen,  Obersachsen;  im  berg- 
icerk  der  Steiger  oder  aufseher  einer  berguerksgrube.  a.a.O.;  der 
wirt  im  huthause  eines  bergwerks.  Frisch  1,  4S0'. 

HÜTMERLE,  f.   tanagra  pileata,    eine  ausländische  vogelart. 

NEMniCH. 

HÜTNESSEL,  f.  eine  nesselart:  die  hutnesseln  bewegen 
(erregen)  das  brennen  und  beiszen  in  den  lenden  und  äugen. 
Forer  fischb.  Üb'. 

HüTOHR,  n.  auricula  püei,  alias  butstulp    Stieler  1386. 

HUTRECHT,  n.  jus  compascui,  weiderecht.    Stieler  1550. 

HL'TREIF,  m.  pflanzenname,  von  crocns  vernus.  Nemnich. 

HLTRING,  m.  uncus,  uncinus  auriculae  pilei,  krampe,  kramp- 
ring.   Stieler  1649. 

HUTSAM,  adj.  und  adv.  wol  acht  habend,  achtsam: 

wie  ein  kettenhund,  der  buttsam  an  der  pforten 
auf  jeden  billt  und  schnaubt.    Lohe?istjci.-«  Ibr.  Bassa  20,82; 

auch  sich  in  acht  nehmend,  forsic/i/ij  (irie  behutsam  th.l,lZlb): 
die  allerhutsamsle,  verschmitzteste  . .  geister.  Philan&er  1, 6"2. 

HCTSAMKEIT,  f.  achtsamkeü:  derwegen  thue  die  äugen  auf 
deiner  hutsanikeit.  C.  Bartb  deutscher  Phönix  2S. 

HUTSCH,  interj.  tcie  husch  sp.  1973. 

1)  eines  frierenden;  ein  vor  kälte  fast  ganz  erstarrter  ruß: 
0  mein  gott,  ich  erkenne  meine  schuld,  hutsch,  hutsch, 
butsch !    CoNLiN  narrenivelt  3, 287. 

2)  zur  bezeichnnng  des  unerwartet  schnellen,  plötzlichen:  hutsch 
hatt  er  noch  eins  {eine  mauischelle),  daszihm  der  köpf  wackelte. 
H.  L.  Wagner  reue  nach  der  that  23. 

3)  im  Nassauischen  ist  hutsch  lockruf  ßr  rindvieh;  daher 
dann  auch  als  subst.  fem.  für  rind,  kuh  gebraucht.  Kehreix  206; 
auch  im   Vorarlberg  i%t  hutsch  I  hutsch !  lockruf  Froiiji.  5, 487. 

HLTSCHE,  HÜTSCHE,  f.  nach  dem  unten  folgenden  verbum 
butschen  in  verschiedener  bedeiäung. 

1)  in  Mittel-  und  Niederdeutschland  eine  kleine  fuszbank,  schiebe- 
bank:  hütsche  scabellum  Stieler  782;  niederd.  hutsche  fuszbank 
ScBAMBACH  90';  vergl.  auch  die  neben  form  hitsche  sp.  löSO.  es 
heiszt  von  der  hütsche  müssen,  von  einer  höheren  Stellung  lier- 
unler  müssen,  im  folgenden  geradezu  vom  thron: 

und  wat  vaddr  Blücher  gesait,  dei  tralT, 

de  kerel  (iWipo/eon)  muszt  von  de  hütsche  raff. 

HlLDEBRlMD  vulksl.  485  (voH  1815); 

bei  Stieler  a.  a.  o.  steht  eine  augenscheinliche  verderbung  dieser 
redensart,  die  ßr  das  alter  des  bildes  beweist,  neben  er  ist  von 
der  hütsche  heiszt  es  er  hat  die  hütsche,  sive  schuppe  be- 
kommen, dejectus  est  ab  officio,  vel  dignitate. 

2)  hütsche,  hutsche,  ein  kleiner  Schlitten  ßr  kinder.  Schah- 
BACU  90',  vgl.  kiisehütsche  th.  5,  sp.  251 ;  in  Baiern  und  Kärnten 
aber  ist  hutsche  die  schaukel ;  sonst  im  bairischen  Sprachgebiete 
butschen,  schicankseil ,  daran  die  jungen  hin  und  her  fahren. 
Leier  141.     J.  butschen  2. 

3)  hütsche,  auf  den  galeeren  die  fuszbank  oder  stütze,  voran 
die  sclaven  den  angeschlossenen  fusi  beim  rudern  setzen.  Jacobsson 
2,  297'. 

4)  hutsche,  glacies  lubrica,  vel  alias  locus  laevis  et  lubricus, 
ubi  pedes  facile  lubricantur.  Stielek  872.     vgl.  butschen  2. 

5)  hutsche,  name  ßr  die  elster.  Nehmich. 

6)  hutsche,  berijmännisch,  was  husche  sp.  1974 :  hutsche  be- 
kommen, in  der  grübe  zu  schaden  kommen.    Jacobssü.n  6, 127'. 

HÜTSCHE.N,  verb.,  in  mehreren  bedeutungen. 

1)  rutschen,  auf  dem  boden  yleileu,  kriechen :  repere  bytsczen, 
butschen  Dief.  4Jt3";  butschen  {neben  schwanken,  schaukeln, 
s.  2)  auf  dem  hintern  fortrutschen ,  wie  kleine  kindtr,  kriechen. 
ScHSi.  1,1192  Fromm.;  butschen,  qualere,  serpere,  proserpere, 
trahere,  auf  dem  hindersten  butschen,  trahere  se  podice  Stie- 
ler 7S2;  rheinisch  butschen,  sich  auf  der  erde  kriechend  fort- 
bewegen, auf  dem  hintern  fortrutschen,  wie  kleine  kinder,  als 
seltenes  wort,  mit  dem  dimin.  butscheln  gleicher  bedeutung. 
Kehrein  206;  schwäb.  butschen  {neben  botschen  und  botlern) 
auf  dem  boden  umher  kriechen,  auch  gekrümmt  sitzen  Scumid 
290;  auch  niederd.  butschen,  am  boden  kriechen  Schambach  90'; 
he  was  iam,  da?  her  muste  hutschin.  Ködiz73,  9;  wir  wollen 
an  henken  gehen,  auf  der  erden  hutseben.  Leumann  25; 
sprichwörtlich:  ich  denke,  ich  denke,  es  wird  der  hund  zu  i 
letzt  mit  ihm  butschen.  Filidor  Ernelinde  i.  43,  vergl.  dazu 
hund  1, 13,  b  sp.  1916.     s.  auch  hatscben  sp.  559.  I 

2)  hutseben,  von  spielen :  in  Kärnten  transitiv  und  intransitiv  ' 
schaukeln  Lexer  146;  in  Baiern  schwanken,  schaukeln.  Schm.  i 
1,1192  Fromm.;    im    Salzburgischen    hutseben   auf  einem   seile   \ 


schaukeln.  Höfer  2,  82 ;  son^  auch  auf  dem  eise  gleiten,  woßr 
es  eine  ganze  menge  kinderausdrücke  gibt ,  vgl.  unter  kascheln 
theil  5,247:  butschen  est  lubricis  pedibus  volare,  cursum  agitare 
lubricum,  lubrico  modo  labi,  ut  pueri  in  glacie.  Stieler  872. 
vgl.  dazu  auch  botzen,  botzeln. 

3)  butschen,  reizen,  locken,  hängt  wol  eng  mit  dem  lockrufe 
hutsch  {s.  d.  no.  3)  zusammen:  hortari,  anreiszen,  hutzschen, 
auctoritate  et  precibus  Tbocucs  Y2';  slimu/are  anreyczen  l  hut- 
seben  Dief.  553';  butschen,  canes  ad  venandum  incitare,  an- 
hulschen ,  die  luinde  an  eiueu  butschen ,  instigare  canes  in 
aliquem  Stieler  782;  bairisch  butschen,  hetzen,  incitare  Schm. 
1,1192  Fromm.;  schwäb.  butschen,  aufreizen,  aufbutschen,  tu 
handeln,  mit  andern  aufreizen,  hetzen  Scbmid  290;  er  butscbetc 
auch  sogar  noch  andere  an  mich,  dasz  sie  ihren  spasz  haben 
. . .  sollen.  Simpl.  l  (1713)  *.  144 ;  wann  sie  also  zusamm  ge- 
butschet.  560. 

HUTSCHIESZEN,  n.  ein  spiel  der  Jugend,  wobei  es  gilt,  geld- 
odcr  bUchstücke  aus  einer  gewissen  entfernung  in  einen  hut  zu 
schleudern :  habend  wir  ...  das  kluckeren ,  stöcklen ,  bul- 
scbieszen  und  derlei  spiel,  wie  es  die  jungen  in  Übung  habend, 
genzlicb  abgestelt.  mandai  u.  Ordnungen  .  .  .  der  statt  Zürych 
(1637)  Dl". 

HUTSCHMUCK,  m.  schmuck  des  hutes: 

mein  butschmuck  die  rose, 

mein  lager  im  mose, 

der  himmel  mein  zeit.    ScuErriL  gaudeamut  115. 

HUTSCHMCCKER,  m.  ausputzer  eines  hutes,  der  Um  mit 
band,  feder,  tressen  u.  s.  w.  verziert.  Schm.  1, 1190  Fromm,  {aus 
Augsburg  von  1649).     vgl.  hutstaffierer. 

HUTSCHNUR,  f  schnür  um  den  hut,  spira.  Stieler  1907: 
dann  da  tragen  sie  hutschnüre  von  seiden,  von  silber,  von 
attlasz,  von  daffat,  dann  gestickt,  dann  geschlagen,  dann 
geQochten  . .  Phil.  Lugd.  2,  103 ;  er  reiszt  seine  goldene  but- 
schnur  ab  und  erdrosselt  sich.  Schiller  raub.  5,1.  in  Düringen 
heiszt  es  bis  über  die  hutschnur  in  schulden  stecken,  wie  sonst 
bis  über  die  obren ;  in  Sachsen  das  geht  über  die  hutschnur, 
ist  zu  arg,  superat  modum. 

HÜTSCHPOTT,  m.  als  name  eines  ragouts,  hocitepol,  salmi- 
gondis  Rondeaü  312  der  name  ist  dem  niederländischen  ent- 
lehnt, aus  welchem  Kili^n  verzeichnet  butspot,  caro  jussulenta, 
jurulenta,  carnes  e  jure,  aulicocia,  dicitur  a  concutiendo  {d.  h. 
nach  dem  niederl.  hülsen,  hutseien  qualere) :  quod  carnes  con- 
scissae  et  in  jure  suo  coctae  a  coquo  in  olla  fervente  concutiantur, 
succussentur  et  invertantur.  auch  ins  franz.  ist  das  wort  als 
hochepot,  ins  englische  früher  als  hotspote,  botchepot  aufge- 
nommen, in  welcher  spräche  es  aber  die  umprägung  bodgepodge, 
hotchpotch  erfahren  hat  und  nun  allgemein  mischmasch,  ge- 
memjsel,  quodlibet  bedeutet. 

HUTSCHRAUBE,  f  schraube  der  hutmaeher,  um  einen  tu 
engen  hut  zu  wetten. 

HUTSTAFFIERER,  m.  der  einen  hut  nach  der  mode  aus- 
ritstet,  auch  so  fertig  gestellte  hüte  verkauß :  man  sagt,  dasz  ein 
edelmann  zu  einem  bubtslafiirer  geschickt,  und  einen  hut  bei 
ihm  bab  borgen  wollen.    Schüppios  616. 

HUTSTELN,  »j.  markstein,  wieweit  die  hut  eines  ortes  geht. 
FaiscH  1,  4so'. 

HUTSTEPPER,  m.  hutstaffierer;  in  Ostreich.  Jacobsson  6.127'. 

HUTSTOCK,  m.  forma  pilei  lignea.  Stiele«  2162,  dasselbe 
was  hutform. 

HUTSTUBE,  f  Stube  im  badehause,  in  welcher  die  abgelegten 
kleider  bewahrt  werden,   butstuben,  apodyterium  Maaler  233'. 

HUTSTÜLPE,  f  hutkrämpe,  auricula  pilei  reducta,  intorta 
crepido.  Stieleb  2176. 

HÜTTCHEN,  n.  kleine  hätte,   geringes  wohnhaus :    hutchen, 
tugurium  Tbochus  0  4';    büttcben ,   domuncula,  casula  Steib- 
BACU   t,  799;  niederl.  hutleken  tuguriolum,  casuUi  Kilian  ; 
dein  kleines,  schwaries  büttcben, 

du  guter  biedermann, 
soll  eine  kirclie  werden, 

mit  einem  thurm  daran.    Höttr  U  lljlm  ; 
liebes  büttcben,  das  bewohnet 
mein  geliebter  vater  hat.    Gleim  7,  1. 

HÜTTE,  f  tugurium,  casa,  ein  ursprünglich  auf  das  hoch- 
deutsche  Sprachgebiet  eingeschränktes  wort,  alid.  butla  {aus  butja), 
mhd.  hülte,  das  aber  als  lehnwort  {wie  der  stand  der  dentalen 
lehrt)  auch  in  andere  dialekte  gedrungen  ist :  niederd.  {wie  hoch- 
deutsch) hutte  casa  Dief.  104',  tugurium  hulte  oOl";  niederl. 
bulle /«yurjura,  scena,  taberna,  tabernaculum,  tentorium  Kilia.n; 
engl,  hut,  schwtd.  bjtta,  dan.  bjtle,  selbst  das  franz.  und  span. 


1995 


HÜTTE 


HÜTTE 


1996 


haben  es  aufgenommen,  jenes  als  hultc,  dieses  als  huta  (Diez 
üb.  der  rom.  spr.  2,' 349).  hätte  hängt  wurzelhaß  zusammen  mü 
baus  und  haut  (jp.  640.  701),  dergestalt  dasz  die  allen  drei  zu 
gründe  liegende  inirztl  sanskr.  sku  bedecken  hier  in  secundärer 
veisc  durch  wurzclschluszende  dentalis  rrrmclui  ist,  wie  in  griech. 
xri'd'o)  berge,  schtiesze  ein. 

hütte  bezeichnet 

l)  einen  Zufluchtsort,  bedeckten  schutzort  im  freien,  für  solche 
die  sich  dort  zur  ausübung  ihres  berufes  aufhallen,  namentlich 
einen  Unterschlupf  von  rieh-  und  feldhütern:  hütten,  allerlei 
geheüsz  von  laden  und  braiteni  auf  die  eil  gemacht,  taberna, 
scena,  mapalia,  tentorium,  attegiae  Maaler  232",  vgl.  feldhütle, 
hirtenhülte.  schüferhütte ,  viehhütte;  die  hirten  der  hütten, 
heüt  stend  si,  morgen  bricht  man  si  ab  und  setzet  si  an 
ain  ander  ort.  Keisersberg  granatapfcl  1511  M  (>' ;  Jacob  zoch 
gen  Suchotli,  und  bawet  im  ein  haus,  und  machet  seinem 
vieh  hotten.  1  Mos.  33,  17;  meine  zeit  ist  dahin,  und  von  mir 
aufgereumet,  wie  eins  hirten  hütte.  Jes.  38,12; 

wohl!  Lenore  bewacht  in  der  strehcrnen  hütte  die  leinwand. 

Voss  2,  25 ; 
hütte  eines  weinbergshüters :  tugurium  ein  hutt  in  vinea  Dief.  601' ; 
gheend  die  schützen  (hfder)  in  den  leisten  tagen  1  oder  2  tag 
ungeverlichen  usz  yder  hütt,  so  abgelesen  ist,  alle  bede  uff 
den  hof.  weisth.  4,  524  (weinbergordnung  von  Eszlingen  1518) ;  — 
hütte  für  einen  kürzeren  aufentlialt  im  freien,  bei  festen  {wir 
reden  auch  modern  von  einer  fcsthütte,  säiigerhütte ,  schiesz- 
hütte  als  von  einem  aus  brettern  zusammengeschhgenen  bau, 
selbst  grüszeren  umfangs)  oder  beim  lagern :  umbraculum  hütte, 
schaltirhter  ort,  lauberhütte  Kirsch  cornuc;  ein  schirm  wider 
die  hitze ,  eine  hütte  wider  den  hciszcn  mittag.  Str.  34, 19 ; 
tentorium  hut  Dief.  57S*  neben  zeit,  beide  Wörter  sind  zwar  in 
der  altern  spräche  begrifflich  sonst  gesondert : 

al  zchant  ich  slaben  bat 

für  die  stat  verre  uf  daj  velt 

wol  zehen  hütte  und  ein  gezelt.    fraucndienst  68,22; 

aber  der  unterschied  scheint  nicht  sowol,  wie  später,  auf  das 
material,  sondern  vielmehr  auf  form  und  grüsze  zu  gehen : 

da  stuonden  sidin  hütten      und  manic  guot  gezelt: 
der  was  da  gar  erfüllet      vor  Wormez  allej  da?  velt. 

Nib.  551,3; 
dö  hiez  man  üf  den  grienen  maneg'e  hütten  spannen 
mit  sidinen  snüeren  nern  Hartmuote  unde  sinen  mannen. 

Gudrun  980,  3 ; 
si  giengen  üf  dem  grleje      da  man  ein  hütte  vant 
von  vil  riehen  siden,      da  si  gestuonden  under.    1662,3; 

später  werden  hütten  gemacht,  aufgeschlagen,  gebaut :  hie  ist 
gut  sein,  lasset  uns  drei  hütten  machen.  Marc.  9,5; 

und  bauten  bütten  tag  und  nacht, 

bis  in  (Upm  qriechischen  heerc)  die  velder  überal 

zQ  dem  geliger  warn  ze  smal.    d.  siädtechron.  4,349,200; 

hütte    eines  im  walde  lebenden  einsidlers:    der  einsidel  merkte 
meine  nothdurft,  darum  liesz  er  mir  den  platz  allein  in  seiner 
hütte,  weil  nur  einer  darin  ligen  konie.  Simpl.  1,27  Kurz; 
einsiedlnr.  hockt  auf!  hier  in  die  hütte  rein.    Götub  13,79; 
Lütte  eines  bewachenden  hundes,  vgl.  hundehütte. 

2)  hütte ,  von  der  bedeutung  l  aus  namentlich  in  der  tech- 
nischen sprathe  mehrfach. 

a)  bei  den  Steinmetzen :  erkundigen  wir  uns  nun  nach  den 
innern  Verhältnissen  dieser  gesellschaft ,  so  treffen  wir  auf 
das  wort  hütte,  erst,  in  eigentlichem  sinne,  den  mit  brettern 
bedeckten  räum  bezeichnend,  in  welchem  der  Steinmetz  seine 
arbeit  verrichtete,  im  uneigentlichen  aber  als  den  sitz  der 
gerechtsame ,  der  archive  und  des  handhabens  aller  rechte. 
GStiie  43,  434 ;  in  diesem  sinne  auch  im  compositum  bauhütte : 
eine  arbeit  des  aufsehers  und  polirers  der  bauhütte.  432. 

b)  beim  bergwerk:  hütte,  insonderheit  bei  den  bergwerken, 
horreum,  armarium,  darinnen  ist  aller  vorrath  so  zum  berg- 
werk gehört,  berge,  seile,  und  alles  zum  verkaufen  fertige, 
metalle  und  anders  gut.  Frisch  1,480';  welk  man  den  an- 
deren befinde  over  synen  schaden,  den  he  oine  dede  an  sinen 
butten ,  edder  an  synen  berchwerke.  weitth.  3,  266  (Goslar, 
15.  jahrh); 

der  gine  (npritht  ein  betrüqeriieher  bergmnnn)  der  ist 

zerhouwen, 
den  wir  fielen  bestochen, 
und  in  wundem  wol  enbrochpti. 
nü  sulte  wir  zuo  der  iiuttcn  varn. 

i.rriiiania  1,  348,  193. 

c)  bQtte ,    officina ,    xur   arbeit   in    metallen ,    mineralien  und 
anderm:  die  liutte  stehet  kalt,  non  laburatur  in  officina.  Frisch   i 
1,4M*; 


so  wie  sie  (die  Bode  im  Harz)  ilurcli  unwirthliarc  berge  wohl- 

thatig  dahin  llieszt, 
läszt  an  ihren  gestaden  der  genius  über  die  gruben 
pucliwcrkc,  miinlen  und  hätten  aufsteigen. 

Zachariä  tagcnzeitcn  (1757)  .t.  83. 
vgl.  dazu  hüllenwerk  unten,  und  eiscnhülle,  glashüttc,  schmelz- 
hülte  n.  a. 

d)  hütle,  der  schxippen,  unter  welchem  bei  einer  glashüite  der 
verglasungsofen  steht.  Jacobsson  6, 127'. 

e)  hülle,  eines  Vogelstellers:  sobalden  nun  besagter  maszen 
alles  gerichtet  und  bereitet  worden  {zum  vogelfange),  so  musz 
man  auch  die  hülle  verfertigen:  selbige  pllegt  man  aus  einigen 
in  den  boden  gesteckten  baumüsten  zu  machen,  und  mit  Stroh 
zu  umlegen,  auch  solle  sie  nicht  mehr  dann  drei  schuh  hoch, 
ingleichem  oben  nicht  zugedeckt  sein,  jagtsergützl.  3, 93. 

f)  hütte,  der  obere  Iheil  über  dem  halben  verdecke  eines  srhiffes, 
im  hintertheil  über  der  pßichl  oder  plichl.  Jacobsson  2,  29S'. 

g)  hütte,  die  breterbude  eines  Verkäufers,  krambude:  wer  ein 
butten  will  setzen,  der  soll  geben  dem  zoller  vier  pfenning 
und  dem  abbt  seinen  zinsz.  weisth.  4, 187.  vgl.  hüttholz  und 
hültler. 

3)  hütte,  auf  den  Wohnraum  nomadisierender  Völker  bezogen, 
zum  unterschiede  des  fester  und  für  immerwährenden  aufenthalt 
hergerichteten  hauses:  da  wurden  si  {alte  Völker)  von  tag  ze 
tag  menschlich  Vernunft  an  sich  neincn, .  .  und  machten  sieb 
zesamen  und  viengen  an  hüllen  ze  machen  mit  ainem  tüll 
(zäun)  und  mit  ainem  aufgeworfen  graben,  und  irn  hüttlach 
(collectiv,  hütten)  mit  gerör  gemacht,  d.  städtechron.  4,280,8; 
darnach  brach  er  {Abram)  auf  von  dannen  an  einen  berg, . . 
und  richtet  seine  hütten  auf.  \  Mos.  12,8;  wie  ich  die  kinder 
Israel  hab  lassen  in  hüllen  wonen,  da  ich  sie  aus  Egypten- 
land  füret.  3  Mos.  23,  43 ; 

laszt  mich  nur  auf  meinem  sattel  gelten ! 

bleibt  in  euren  hütten,  euren  zelten !    Götub  4,  7 ; 

hüllen  bauen,  das  zeugnis  für  eine  niederlassung ,  ein  längeres 
weilen : 

da  sprach  ich  oft  mit  recht :  hier  laszt  uns  hütten  bauen ! 

GÜNTHER  317; 

hier,  rief  er  seinem  freund,  vom  unverhofften  schauen 
des  schönen  orts  entzückt,  hier  lasz  uns  hütten  bauen! 

Wieland  23,  84  (Oberen  8,  23)  ; 
laszt  uns 
zurück  —  hier  ist  kein  hütten  baun. 

Grabbe  (ton  Juan  u.  Faust  (2.  aufl.)  107. 

4)  hütte,  ßr  kleines  schlechtes  haus:  hütten,  ein  pauwren 
hausz  mit  einem  strauw  oder  schaublach,  tugurium,  easa 
Maaler  232';  eine  kleine,  schlechte,  elende,  erbärmliche 
hütle;  man  sagt  auch  das  ist  eine  wahre  hütte  von  einem 
hause ;  er  {der  Schulmeister)  wohnte  in  einer  hütle  von  lehm- 
wänden, die  auszer  der  schulstube  nur  sein  schlafkiiinmer- 
chen  faszte.  Immermann  Münchh.  1,72 ;  auch  in  poetischer  spräche: 
ir  wonunge  müsse  wüste  werden ,  und  sei  niemand  der  in 
iren  hütten  wone.   ps.  69,  26 ; 

die  sitt$nmkcit  flieht  goldne  fürstensile, 
und  liebt  die  niedern  hütten  nur. 

llöLTT  181  Halm; 
wenn  ihr  müde  seid 
und  wenig  euch  genügt,  so  kommt  in  meine  hOtte ; 
da  steht  euch  milch  und  brot,  und  eine  gute  schütte 
von  frischem  strob  zu  dienst. 

Wirland  22.  166  (Oberen  4,  57) ; 
in  Myrtills  lerfallner  hütte 
schimmerte  die  lampe  noch. 

ScBLOTTERBKCK  (vgl.  Hoffmantu  volksthümt. 
liedcr  s.  91)  ; 

nun  verlass  ich  diese  hütte, 
meiner  liebsten  aufenthalt.    Götui  1,46; 
siehst  du  eine  hütte  im  felde  frei, 
wciszt  nicht  ob  sie  dir  ein  liebchen  hegt.    6,  7U; 
räum  ist  in  der  kleinsien  hutte 
für  ein  glücklicii  liebend  paar. 

ScHiLLRR  paratit  4,  4; 
0  Winter,  schlimmer  winter, 
wie  ist  dfis  weit  ko  klein  I 
du  dringst  uns  all  in  die  thftler, 
In  die  engen  htiiteii  hinein.     Uhland  gcd.  32; 
(dm  recht)  «Ins  im  lande  ein  und  aus 
der  armutli  luiticn  schützt.    85. 

6)  hutte,  von  der  wohnung  im  jenseits:  ich  wil  wonen  in 
deiner  bütten  ewiglich,  ps.  61, 6 ;  liisz  ich  endlich  in  die  ewige 
hütten  zu  dir  aufgenommen  werde.    SrncFPius  684. 

c)  hütte,  t'om  leibe,  gleichfalls  nach  der  bibeltprache :  wir 
wissen  aber,  so  unser  irdisch  haus  dieser  hütten  zubrechen 
wird  (ar*  iär  t]  tniyetoe  rj/u'/y  oixin  tov  oxi^rmt  nara- 
i.vd'^) ,    das    wir    einen  baw   haben  von  gotl  erbawet.    2  Cor. 


1997 


HÜTTE  —  HÜTTENKARRE 


HÜTTENKATZE  —  HÜTTENTHCR   1998 


&,  1 ;  denn  ich  achte  es  billich  sein ,  so  lange  ich  in  dieser 
hütten  bin,  euch  zu  erwecken  und  erinnern,  denn  ich  weis, 
das  ich  meine  hütten  bald  ablegen  mus.  2  Petr.  i,  14 ;  ausz 
dieser  sterblichen  hütten  in  gottes  gewalt  dahin  fahren.  Scbcp- 
P108  455;  wenn  mich  gott,  durch  ablegung  dieser  Qeischlichen 
hütten,  bald  fuilkommen  machen  wil.  Bctscbky  Palm.  548. 
")  hütte,  für  den  sarg: 

die  engen  todtenbütten  fallen, 

wie  sehr  ihr  kiammert  und  verpicht. 

A.  Gktphids  1663  485; 
öfToe  meine  bange  kleine  hütte, 
biing  in  flammen  liebende  zur  ruh!    Götbi  1,  250. 

8)  nur  in  der  bibehprache  ist  hütte  auch  die  statte  der  Ver- 
ehrung göltet,  zunächst  angeschlossen  an  die  bedeutung  3,  «dh- 
reud  des  tcanderlebens  der  Juden,  tgl.  stiftshütte:  Äaron  und 
seine  söne,  .  .  .  wenn  sie  in  die  hütten  des  Stifts  gehen, 
oder  hin  tretten  zum  aitar.  2  Mos.  2S,  43;  dann  aber  auch 
auszerhalb  dieses  anschlusses:  und  höret  eine  grosze  stim  von 
dem  ituel,  die  sprach,  sihe  da,  eine  hütte  gottes  bei  den 
menschen ,  und  er  wird  bei  inen  wonen.  o/fenb.  21, 3.  — 
ton  einem  götzentempel :  und  ir  namet  die  hütten  Moloch  an. 
apostelgesch.  1, 43,  doch  nur  im  gegensatz  zur  stiftshütte :  es 
hatten  unser  veter  die  hütten  des  zeugnis  in  der  wüsten.  44. 

9)  Sprichwörter,  schöne  hütten,  schlechte  sitten.  andre 
hütten,  andre  sitten.  Simrock  sprichw.  272 ;  manch  aufrichtiges 
herz  siebet  einen  heuchler  für  seines  gleichen  an  und  ver- 
meinel  lehr  und  trost  von  ihm  zu  schöpfen,  da  doch  nichts 
in  der  hütten  ist  (nichts  dahinter).  Otho  '57. 

HÜTTELBEERE,  f.  Crataegus  torminaiis,  eisenbeere,  darm- 
biere.   Nemmch  2,  1272. 

HÜTTE.\,  verb.  in  abhütten  theü  1,58. 

HLTTE.N.\BTREIBER,  m.  beamter  in  einer  schmelzhütU,  der 
über  die  schmeltarbeit  die  aufsieht  führt.  Jacobssox  6. 12S". 

HCTTENäFTER,  m.  das  gekrätze,  u-elches  auf  schmelzhütlen 
von  der  arbeit  fällt.    Jacübsso.'»  2,  29S*. 

HÜTTENAMT,  n.  behörde  über  schmelzhütlen. 

HÜTTENARBEITER,  m.  arbeUer  in  einer  schmelzhütU. 

HÜTTE.NBEA.MTER.  m.  beamter,   aufseher  eines  hüttenmerks. 

HÜTTE.NBEDIE.NTER,  m.  ebenso. 

HÜTTE.NBLUME ,  f-  syringa  vulgaris,  türkischer  hoUunder. 
Nexnich  4,1414. 

HUTTENDACH,  n.  dach  einer  kütU: 

(er)  sah,  unter  niederm  hüttendach, 

der  Schäfermädchen  preis.    Hölti  14  Halm; 

weile,  weile  bei  mir,  unter  dem  hüttendach, 

allgefäliige  ruhe.      76; 

unter  niederm  büttendacbe 

wohn  ich,  jener  im  pallast.    Plaik!»  1. 

HÜTTENFAKTOR,  m.  Verwalter  einer  schmelzhütte. 
HCTTENFENSTER,  n.  fenster  einer  hütte: 
sie  schwatzten,  bis  der  morgen 

durchs  hüttenfenster  schien.    Hölit  10  Halm. 

HÜTTEN  GEBCHRMS,  f.  das  geld ,  das  einem  orUherrn  ßr 
errichtung  einer  schmelzhütte  gezahlt  wird.  Frisch  l'  4S0*. 

HÜTTENGEKRÄTZE,  n.  abgduge  in  der  schmelzhütte  bei  be- 
schickung  und  Verschmelzung  der  erze.  Jacobsso»  2.29s'. 

HUTTENGERICHT,  n.  gericht  für  die  angelegenheilen  einer 
schmelzhütte.    bergw.-lex.  307'. 

HUTTENGESTCBE,  «.  staubförmiges  metall  in  schmelzhütlen  : 
sind  die  wasser  sehr  kisig  oder  es  legt  sich  ein  staub  drauf 
wie  ein  hüttengestübe,  so  gibts  ein  anleitung,  das  die  genge 
metall  füren.  .Mathesiüs  Sar.  37*. 

HÜTTENGEZÄHE,  n.  sdmmtliche  Werkzeuge,  die  bei  der  arbe'U 
in  schmelzhütlen  gebraucht  werden.    Jacobsso.n  2,  29S'. 

HÜTTE.NHERR,  m.  eigenthümer  einer  schmelzhütte. 

HCTTENHOF,  m.  platz  und  räum,  der  zu  einer  bergmän- 
nischen oder  schmelzhüUe  gehört:  schege  {geschähe)  ein  vrede- 
brake  upp  einen  huttenhofe,  dat  gerichte  darover  höret  in 
den  Torst  weisth.  3, 267  (Goslar,  15.  jahrh.) ;  hutthofif  ebenda. 

HÜTTENHüNDERT,  n.  in  den  glashütlen ,  bei  verkauf  von 
flaschen  die  zahl  von  25  stück.  Jacobssü.n  6, 128'. 

HLTTENHCT,  m.  kut  den  ein  arbeiter  in  einer  schmelzhütte 
trägt: 

er  (d*r  hütienmann)  lUzt  die  sprühenden  funken 
um  sich  her  verstreuen,  und  flammen  den  hüttenhut  lecken. 
ZiCHARiÄ  tayesteilen  (1757)  83. 

HÜTTENKAHRE,  f.  eine  art  laufkarren  bei  den  gruben- 
gebäudenf  mit  welchen  die  schichten  in  den  hüllen  aufgelaufen 
uerden.  Jacobssok  6, 12b'. 


HÜTTENKATZE,  f  l)  in  der  glashütle  glas,  welches  m  dem 
Ofen  aus  den  häfen  überfiieszt  oder  sich  sonst  im  ofen  sammelt. 
Jacobssox  2,  29S'. 

2)  eine  krankheit  der  hüttenarbeiter,  vom  dampf  der  schmel- 
zenden erze  herrührend  und  in  gliederlähmung  und  husten  be- 
stehend,   bergw.-lex.  307'. 

HÜTTENRNAPPSCHAFT, /•.  gesamtheü  der  arbeiter  in  schmelz- 
kütten  eines  bezirks,  unterschieden  von  der  bergknappschaft,  den 
arbeäem  in  den  bergwerken.   ebenda. 

HÜTTENKOSTEN ,  f.  plur.,  die  ausgaben  die  zu  ausschmel- 
zung  der  erze  erfordert  werden,    das.  30S". 

HÜTTE.NLEUTE,  jdur.  die  bei  einer  schmelzhütte  angestellten : 
berclüde  und  huttelüte.  Freiberger  sldtr.  s.  269. 
HÜTTENMANN,  m.  arbeiter  in  einer  schmelzhütte: 
nie  wird  Vulkan  hier  müde,  den  hohen  ofen  zu  feuern  (am 

Harze), 
welcher  unaufhörliche  ströme  von  glühendem  eisen 
zischend  ausgieszt ;  indem  bei  meiner  zehnfachen  bitze 
munter  der  hüttenmann  geht.     Zacbakiä  tagetzeiten  (1757)  83. 

HCTTENMEHL,  n.  arsenik. 

HUTTEN.MEISTER,  m.  oberster  aufseher  in  einem  hütlenwerk. 
HÜTTENNICHT,  n.    zinkoxyd  als  lockeres  weiszes  mehl,    wie 
es  sich  im  Schmelzofen  anlegt. 

HÜTTENRAUCH,  HÜTTERACCH,  HÜTTRAÜCH,  m. 

1)  rauch  vie  er  von  einer  hütte  aufsteigt 

2)  specieU  rauch  einer  schmelzhütte: 

sie  (die  eifersuclu)  schwärzt  mit  hüttenrauch  die  himmelreinen 

flammen. 
LoBK!«STir«  in  d.  auserles.  ged.  8,  7 ; 

und  der  niederschlag  aus  den  dämpfen  einer  solchen,  der  gewöhn- 
lich arsenikliaüig  ist:  huttrauch,  proprie  arsenicum  album  quod 
crescit  in  fornacibus  vitrificum.  voc.  ine.  theut.  k5';  verderbt  in 
huttrich,  hüttreich.  Leier  mhd.  wb.  l,  1410;  was  zumal  nicht 
viel  im  hütrauch  und  bösem  weiter  arbeit.  Mathes.  Sar.  2*; 
Scheffel  (/.  schwefel),  bech,  salpeler,  pulfer,  hutrauch.  Avheb 
proc.  2, 11 ; 

das  täplich  brod  wollst  geben  .  .  . 

den  die  da  leib  und  leben 

im  bergwerg  zugesetzt, 

die  nun  bergsichtig  worden, 

verlähmet  und  verdorben, 

den  hütteraucb  gezogen  (eingeatmet). 

Ri:<Kiuai  eistleb.  chrittl.  ritter  Fl. 
bütteoraacb,  als  xaubermittel  bei  behexungen: 

die  hexen  sollen  mir 

nun  keinen  knoten  knüpfen. 

denn  dieser  knoten  hier  (an  einer  schürze) 

hilft  wider  allen  bütteranch. 

Wkisb  überfl.  gedanken  (1701)  188 : 

daher  die  glosse  huttrauch,  filtrum,  est  quedam  herba  mortifera. 
voc.  ine.  theut.  ka,  gemeint  ist  das  griech.  ailroov;  und  ebenda, 
durch  ungerechtfertigte  vermengung  dieses  cortes  und  des  mittel- 
lat.  filtrum  steht  huttrauch  als  quoddam  genus  panni,  vulg 
filtz. 

HÜTTENRAUCHISCH,  HÜTTRAUCHISCH ,  adj.:  in  den 
ersten  hüttrauchischen  geistern  (destillation).   Pabacklsls  opp. 

1,  655 C. 

HÜTTENREGE,  f.  eine  Stange,  die  über  die  hütte  des  Vogel- 
stellers hinaus  ragt,  und  worauf  der  hckvogel  gesetzt  wird. 
Jacobsso;«  2, 29S\ 

HÜTTENREITER,  m.  (nach  reiten  rechnen,  zdhUn),  rechnungt- 
beamter  eines  hültenwerks. 

HÜTTENSCHREIBER,  m.  Schreiber  einer  schmelzhütte. 
HÜTTENSCHWELLE,  f.  schwelle,  eingang  einer  kleinen  hütte: 
wenn  über  meine  iiüttenschwelle 
die  habsucht  ihre  bamsteraugen  rollt. 

Kl.  ScBiiDT  poet.  briefe  61. 
HÜTTENSOHLE,  f.  fuszboden  in  einer  schmelzhüUe. 
HÜTTE.NSPAN,  m.    in   den    zinnhütten  ein  breites  holz,    die 
arten   des   zinnsteins   darauf  mit  röthel  zu  zewhnen.    Jacobss»:» 

2,  299'. 

HÜTTENSTEIGER,  m.  was  hüttenmeister.  ebenda. 

HÜTTENSTE.MPEL,  m.  im  hammerwerk  ein  zu  beiden  seilen 
etwas  zugespitzter  hammer,  der  das  zeichen  des  hammerwerks,  das 
auf  jedem  prduct  angebracht    wird,  enthält.  Jacobsson  4, 688* 

HÜTTENTHÜR,  f.  thür  einer  hüUe: 

wie  ein  engel,  stand  im  scbäferkleide 

sie  vor  ihrer  kleinen  hütieathür.    Hölit  59  Halm; 

(dast  wir)  so  unvermutbet  hier 
SU  Tunis,  vor  der  büttenihür 
des  gartoere  Ibrahim  uns  finden. 

Wiu^ABO  23, 180  (Oberen  10,28). 


1 999  HÜTTENVERSAMMLUNG  —  HÜTTLER 


HtTTNER—  HUTZEL 


2000 


HÜTTENVERSAMMLÜNG,  f.:  wir  gelangten  zu  einer  etwas 
grüszern  hiiltenversammlung,  die  man  vieiicichl  hätte  ein  dorf 
nennen  können.  Göthe  23,  56. 

HÜTTENVERWALTER,  m.  Verwalter  eines  bültentverks. 

HÜTTENVOIGT,  m.  aufsehcr  über  eine  sclmdzliiitte. 

HÜTTENWÄCHTER,  m.  wächler  in  einer  schmehhüile. 

HCTTENWÄSCHER,  m.  ein  arbeiter  weklter  das  hütlengekrätz 
und  gelegentlich  auch  das  zur  hütle  gelieferte  erz  wäscht.  Jacobsson 
2,  299*. 

HÜTTENWERK,  n.  1)  ofßcinarum  ferrariarum  instrumenta. 
Stieler  2556. 

2)  die  anstalt  selbst,  in  der  die  gewonnenen  erze  zubereilet, 
nämlich  qepoclit,  gewaschen,  geröstet  und  geschmolzen  uerden. 
Jacodsson  2. 299". 

HÜTTENZEICHEN,  n.  bestimmtes  zeichen,  das  den  Werkzeugen 
und  geraten  einer  schmehhntte  eingebrannt  oder  sonst  gctjcbcn 
wird,  zum  beweise  des  eigenthums. 

HÜTTENZENTNER,  m.  zcntnergcwichl  auf  den  schmehhütten, 
115  oder  HO  pfund  enthaltend. 

HÜTTENZINN,  n.  reines  zinn  ohne  zusatz  und  Zuschlag,  wie 
es  aus  den  zinnhütlen  kommt. 

HÜTTENZINS,  m.  dasjenige  was  jemand,  der  m  einer  fremden 
hitite  schmelzt,  für  den  gebrauch  der  hüllv  bezahlen  musz.  Jacobsson 
2,  300*. 

HÜTTER,  »?i.  l)  hüttenbauer :  bauweten  hütten  in  disem 
landt,  wurden  Samaritani  genant,  das  ist,  hütter.  Frank 
weltb.  181". 

2)  arbeiter  in  der  schmelzhütte.  Neiihing  hist.-polil.  lex.  (1736) 
anhang  s.  50".  auch  derjenige  bergmann  der  im  huthause  wohnt 
und  auf  die  grübe  und  die  Werkzeuge  acht  gibt,  bergw.-lcx.  310*. 

HtTTERLEIN,  n.  bezeichnung  eines  kleinen  hundes:  nun 
merk  du  sprichst:  was  hunds  soll  ich  denn  mit  mir  haben 
gon ,  und  welles  sinl  die  zwen  bunt  vor  denen  ich  mich 
böten  soll,  ich  sprich  du  soll  mit  dir  nemen  dj  getrüw 
bescheiden  hütterlin.  bot  dich  zu  dem  ersten ,  dj  du  nit 
für  d;  hütterlin  erwüschesl  ein  unsinnigen  scholkopfigen 
wütenden  dorfrüdden.  Keisersberg  bilg.  140' ;  die  den  steuben 
(Spürhund)  für  das  hütterlin  by  in  hant.  140*.  es  ist  das 
diminutiv  zu  dem  vorigeri,  der  hund  wol  als  bewolmer  der  hunde- 
hülte  gefaszt. 

HUTTERN,  verb.  vor  frost  zittern  und  im  geßhle  des  frosts 
einhüllen,  vgl.  das  zweite  budern  sp.  1S64,  und  crhuttern  Ih.  3 
tp.  857. 

HUTTERN,  verb.  wiehern,  vgl.  hudern  sp.  1865. 

HUTTERSKRÄTZE,  m.  geflochtener  korb  eines  hüttenarbeiter$  : 

sein  (des  Bacchus)  köpf  ist  wie  ein  kernmetzeD, 
(ein  bauch  wie  ein  hütterskretzen, 
lein  schenke!  wie  zwei  butterfasz. 

J.  Athkr  fastn.  sp.  32«  (2500,  12  Keller). 

HÜTTHOLZ,  n.  holz  zum  aufschlagen  der  krambuden  (vergl. 
hütte  2,  g) :  ein  fuoder  hüttholz  den  krämern.  ueisth.  4,  00. 

HUTTICH ,  m.  Schimpfwort  für  einen  armseligen ,  lumpigen, 
bettelhaßen  menschen.  Vilnar  180 ;  vgl.  hotticht  sp.  1846. 

HL'TTICHVOLK ,  n.  lumpenvolk :  das  hultigvolk  auf  den 
bierbänken,  die  brantweinschlucker,  das  kuppel-  und  huren- 
pack ,  die  spitzbubenrotte.  (Fabricius)  kippe  die  wippe  oder 
münzbelrug  (1688)  C2. 

HÜTTLEIN,  n.  kleine  hütle,  mhd.  büttelin:  tugurtum  hüt- 
telin ,  tuguriunculum  hüttelcin  Dief.  601' ;  büttle ,  berbergle, 
ein  kleine  bebausung ,  tuguriolum ,  teiUoriolum ,  stcga,  mapale, 
magale,  magaria,  magalia,  ligellum  Maai.eh  232';  darnach  wurden 
die  junkfrawen  und  sant  Dyonisius  auch  vcrprannt  in  aim 
büttlin.  d.  chron.  4,  290,  20 ;  das  sie  .  .  .  ihre  hcuszlin  und 
bütlin  ganz  wüst  machen.  MEi.Arccimiofi  im  corp.  doctr.  christ. 
(1560)  I.  491  ;  wer  sein  hüttlein  und  gütlein  mehr  liebet  denn 
mich,  der  ist  mein  nicht  werth.   Otuu  704 ; 

mir  ist  zugleich 

ein  hüttlein  zuberaitet.    Wcckbirlin  08; 

armer  leut  sorglote  liCittelein.    387. 

HL'TTLEH,  m.  wie  budicr  3  tp.  1865,  eine  traubenart  am 
Oberrhein :  die  Malv.isier  (trauben),  auch  Drollinger  oder  huttler 
genannt.  Mone  zeitschr.  3,250. 

HCTTLER,  m.  1)  der  hütten  aufschlägt:  der  ttadt  Kauf\)euem 
eigens  beitellle  timmerleute  wurden  InHihr  genannt.  Scrm.  1,1189 
Fromm. 

2)  Verkäufer  in  krambuden :  in  diesem  sinne  das  fem.  bütt- 
Urinnen  alt  nümbergiseh  bei  Jacomson  6, 128*. 


HÜTTNER,  m.  inhabcr  einer  hülle: 

im  grünen  ihal  ein  liüttchcn  lag 

am  quell  mit  feuchtem  moose ; 

nur  lehm  die  wand,  und  slroh  das  dach, 

der  zäun  von  wilder  rose. 

der  hüttner  baut  ein  kleines  gut, 

und  lebte  fromm  und  wohlgemut.    Voss  5,288; 

im  stifte  Fulda  nannte  man  iiütlner  diejenigen  landleute,  welche 
eine  blosze  hütle  hatten,  sie  waren  entweder  begüterte  oder  ver- 
schweliigte  hüttner.  im  ersten  falle  besaszen  sie  auszer  ihrer 
hfUte  auch  noch  ein  dazu  gehöriges  hüttnersgütchen ,  im  letzten 
falle  bestand  aber  ihr  ganzes  besüzthum  in  einer  hütte.  Maurer 
dorfverf  i,  139. 

HUTTUNGSWAGEN,  m.  eine  wagenart:  allda  miethen  i.  f.  g. 
zwei  huttungswagen,  welches  lange  wagen  sein,  wie  da  brauch- 
licb.  ScHWEiNiCHEN  1,140;  haben  i.  f.  g.  abermals  huttungs- 
wagen gemielhet.  ebenda;  dahin  sein  i.  f.  g.  auch  auf  hut- 
tungswagen gefahren.  1, 141.  die  zweite  handschriß  liest  aber 
biUtingswagen. 

HüTUNG,  /".  ort  für  Viehweide  und  das  recht  darauf:  demnach 
Hans  Picttau  von  Eisersdorf  mit  i.  f.  g.  wegen  hutung  im  Rau- 
disser  teiche  in  streit  gelanget,  und  sich  also  der  hulung  . . 
eigenmächtig  angemaszet.  ScnwEiNiciiEN  3,231. 

HÜTUNG,  f  custodia,  pastio.  Steinbach  1,800. 

HUTUNGSl'ROZESS,  m.  prozess  um  eine  hutun'j :  durch  dei: 
bewuszten  butungsprocess  sind  mir  viele  verdrüsziicbkeiten 
zugezogen  worden.  Rabener  werke  3,94. 

HUTVVEHR,  f  bedeckter  ort  eines  bürg-  oder  festungsgrabens, 
an  den  man  einen  hinterhalt  (vergl.  hut  sp.  1984)  legen  kann, 
franz.  caponniöre :  gut  vermurt  ligend  butweren  mit  schüsz- 
lüchern.  anz.  für  künde  deutscher  vorzeit  1870  39  (16.  jahrh.}. 

HUTZ,  interj.  neben  husch  sp.  1973  und  hutsch  sp.  1993  zur 
bezeichnung  des  schnellen :  butz,  butz,  lauft  die  alte  Catherine 
und  schreiet  mit  beischerer  stimme,  frau  braut,  frau  braut, 
der  herr  bräutigam  wil  eins  tanzen,   welzabcnd  (1658)  B  l'. 

HUTZ,  HÜTZ,  f?i.  baucr,  tropf,  vergl.  unter  bauz  sp.  713: 
hutzen  die  ihnen  den  lehem  dippen  (in  der  gaunersprache,  das 
brot  geben).    Fischart  groszm.  50. 

HUTZEICHEN,  n.  zeichen,  auszeichnender  schmuck  am  hüte: 
zu  einem  federhalter,  medeibild  (metallene  zierde)  und  hut- 
zeichen,  auch  zu  einem  schauwpfennig  und  gnttelgelt,  hell 
er  ein  ganz  güldene  platten.  Garg.  119*. 

HUTZEL,  f  etwas  eingedorrtes,  geschrumpfies  (vergl.  unten 
hutzeln),  namentlich 

1)  gedörrtes  obst,  äpfel-  oder  birncnschnitz.  die  form  butzel, 
in  den  schrißlichen  denkmälern  bevorzugt,  ist  die  oberdeutsche, 
namentlich  im  bairischen  Sprachgebiete  gewöhnlich  (Scun.  1,  tI95 
Fromm.;  in  Tirol.  Fromm.  5,230;  in  Böhmen.  6,172),  während 
mitteldeutsch  das  stammhaße  u  mit  o  wechselt:  in\  nassauischen 
butzel  und  hotzel  Kehrein  203;  ebenso  hessisch.  Viluar  176; 
in  Düringen  und  Obersachsen  gilt  nur  hotzel,  eine  form  die  auch 
Bürger  in  der  schrißsprache  anwendet: 

hu!  ich  will  ihn  trillen,  zerren, 
kraus,  wie  heu  und  hotzeln,  dörren  1 

288'  (Macbelli  1,  3). 

Adelung  schreibt,  mit  langem  vocal,  huzcl  (was  in  Coldiiz  m 
Sachsen  eine  schiefgebackene  semmel  bezeichnet)  wie  das  ent- 
sprechende verbum  hülzeln ;  das  späte  mhd.  gewährt  bUtzel  und 
butzel  (Lexer  wb.  1, 14iu) ;  Stieler  803  butzel  und  butzel, 
pamum  et  pyrum  siccatum;  von  dürren  pirn  oder  von  groszon 
buczeln.  kuchenmeist.  a6;  diese  werden  von  etlichen  schon 
empfangen  und  mit  dürren  hutzicn,  milch  und  erbisz  gelabct 
und  gespeiset.  S.  Frank  weltb.  5t' ;  wegen  der  gedörrten  hutzeln 
und  schieben.  Jucundiss.  111;  wurde  hrod  gebackeu,  das  mit 
hutzeln  und  nüssen  ausgefüllt  war.  kvtnuKCU  dorft/esch.  \,TiH; 
an  jedem  gaubiocb  hUiigen  perlenschnüre  von  getrockneten 
schnit/.clii  und  hutzeln.  Bettinr  briefe  1,21;  als  redensart: 
frisz  butzel,  wenn  dir  diese.s  nicht  schmeckt,  si  non  vis  paui 
hit  deltnis,  non  invuieo  tüii  Cy}>rii  bovis  merendam.  Serz  73*; 
ich  will  dir  butzel  anrichten,  male  mulcaberis;  duras  partes 
sustinebit.  ebenda; 

und  gibst  hutzeln  für  feigen  bin.    faitn.  »p.  478,  12; 

leb  gib  euch  hutzeln  dürr  und  grün.    614,  19; 

pfui  teufl  mit  der  ruiitelten  altn  I 

•le  ist  gar  eingschnurt  und  verscbmort 

und  wie  ein  butzel  eingcdort. 

Atrkr  /'iijIii.  s;i.  14'  (2404,  26  Kelter). 

und  tolst  du  zu  einer  butzel  brayio.    85'  (2769,  3> 

2)  butzel,  bairuch,  ein  runxlicJUrt  altes  weih;  in  Nassau  ti>>t 
alte  etngeschrumpße  perton,  aber  auch  etn  guter  tropf,  gutmüttget 


2001 


HUTZELBIRNE  —  HUTZEN 


HCTZER  — -  HYPOCHONDRISCH 


2002 


mensch  (Kebeei:i  a.  a.  o.).  an  diesen  letzteren  sinn  rührt  es, 
vxnn  scherzend  mägde  hutzeln  genannt  verden:  was  können 
doch  die  ehrlichen  und  aufrichtigen  armen  hutzeln  oder 
fronunen  mägde  und  dienstboten  für  einen  sulchen  schlepp- 
sack,  mdgdelob  4; 

wie  müssen  sich  die  guten  mägd, 

die  armen  hutzeln  doch  zerleiden.    49. 

S)  hutzel  und  huzel,  die  hdzbine,  fyrut  commutäs  sylvestris. 
NENKicn. 

4)  hutzel,  in  einem  ausrufe,  scheint  mit  anklang  an  dw  iiiter- 
jeelion  hutz  tericendei :  schwur  auch  bei  meinem  hart  und  so 
lieb  mir  mein  calenderhandel  wäre,  ich  wolte  ihme,  ehe  einer 
sagte:  hutzel!  wieder  zurecht  helfen  {von  der  maulsferre). 
Simpl.  2.  277  Kurz. 

HDTZELBIRNE,  f.  gedürrU  bime,  oder  holzbirne  ?  gute  huczel- 
birn.  kuchtnmeist.  b3.  im  Appenzell  ist  hutzelibera  n'/te  ^«son» 
dere  art  von  birnen.  Tobleb  27S*. 

HUTZELBROT,  n.  brot  mit  hutzeln  gefüllt.  Fbiscb  1,480'. 

HUTZELBRÜHE.  /".  deeoctum  pirorum  siccatorum.  ebenda. 

HUTZELKRLMER,  m.  /id;iti/«T  mü  hutzeln:  hutzelnkrämer, 
hutzelwasserhündler  zu  Auesburg.  Fiscbart  groszm.  49. 

HUTZELN,  verb.  schrumpfen,  rugosum  ßeri.  Feiscb  1,  4S0*. 
ScBH.  1, 1196  Fromm. ;  vergl.  auch  einhotzein,  einbutzeln  th.  3 
sp.  205,  und  \erhutzelD.  das  uort  darf  wol  als  eine»  Ursprungs 
mit  dem  sp.  1S46. 1S47  aufgeführten,  meist  mundartlichen  hotzeln 
schultern,  rütteln  angesehin  werden,  hat  aber  seine  bedeutung  in 
der  angegebenen  ueise  eingeschränkt. 

HUTZELPREDIGER,  m.  im  sinne  ton  elender  prcdiger,  ein 
von  Carlstadt  anyeicendetes  «ort,  das  van  Lctueb  verspottet  vird : 
das  ander  ^ück  der  hoben  Ternunft  ist,  das  Carlstad  einher 
feret,  als  habe  er  es  erstritten,  das  nichts  denn  brot  und 
wein  iu)  sacrament  sei,  und  sagt,  wo  Christus  habe  sein 
leib  zu  empfahen  befohlen,  der  doch  habe  gesagt,  nemet  das 
brot  und  esset,  darumb  solten  die  hutzelprediger  (o  schön 
deudsch)  haben  gepredigt,  wie  man  des  heirn  brot  wirdiglich 
esse,  \vie  Paulus  predigt.  Lcther  3, 80*. 

HUTZEL  WÄSSER,  n.  brühe  ton  gekochten  hutzeln;  bildlich 
schlechter  kaffee  oder  met.   Scax.  l,  ll9t>  Fromm. : 

ir  lieb  und  gunst  kan  mir  wol  kummer  stillen, 
wie  hutzelwasser,  «awersenft  und  entian. 

meistert,  ms.  ful.  23  no.  11. 

HUTZEN,  verb.,  nebenform  zu  hutseheo  sp.  1993,  und  in 
bedeutunsen  desselben. 

1)  kriechen,  rutschen  :  repere  hutczin  voc.  Yratislav.  ms.  sec.  15. 

2)  hutzen,  reizen,  locken: 

«onderu  weit  in  noch  mutzen,  hutzen 
mit  schelten,  bocben  und  mit  trotzen. 

Fkcoart  dicht.  1,  124,  35  Kurs. 

3)  mit  dieser  bedeutung  berührt  sich  hutzen  für  rennen,  stoszext 
Ute  bücke,  und  rennen  machen,  ein  vorzugsweise  fränkisches  «ort 
(Schi.  1, 1195  Fromm.),  das  aber  auch  sonst  sich  findet,  in  der 
bedeutung  auf  einen  feindlich  losgehen:  etwen  verhengt  gott 
über  solch  menschen ,  die  sich  also  ton  im  keren  zu  der 
weh,  das  sich  ir  die  weit  nit  vermag,  das  inn  kein  freud 
noch  mulwill  zu  lieb  würd  und  das  die  weit  wider  sy  pfiset 
und  pfutzt  und  uff  sie  hutzt.  Keisersbebc  bilg.  119*;  und  das 
unter  hürzen  sp.  1972  auf  andere  Verwandtschaft  zuruckgeßhrt 
«erden  muste.  eine  specialisierung  der  ersteren  bedeutung  von 
hutzen  ist  es  wol,  wenn  voigtldndisch,  böhmisch  hutzen  {auch 
hüzen  gesprochen)  umherlaufen ,  auf  besuch  gehen  heiszt;  schon 
im  16.  johrh. :  was  spacieren  und  immer  hutzen  gehet . .  das 


gibt  selten  gute  hauszhalterin.  Matbes.  hochuilpr.  25*;  auch 
fränkisch,  hutzen  gehen,  in  alterius  domo  consortium  quaerere 
Fsiscn  1, 4S0* :  andere  mundartliche  formen  «erden  bei  Kdh» 
17, 12  aufgeführt  {doch  mit  unrichtiger  etymologischer  anlehnung). 

4)  «ieiier  ein  anderes  hutzen ,  rütteln ,  schüttem  hängt  mü 
botzen  und  hotzeln  sp.  1%47  zusammen:  ein  Torster  sol  auch 
uf  einen  zun  träten,  und  sol  dreistund  {dreimal)  hutzen,  und 
wo  er  bricht,  da  sol  er  demselben  gebieten,  des  der  zun 
ist,  dasz  er  in  besser  mache,  «eisth.  i,  13S  {canton  Zürich,  von 
1484);  erhutzen  erschüttern:  als  das  krütz  zum  dritten  mal  in 
dem  stein  erhutzt  ist,  dasz  alle  sine  wunden  wider  ufbrachen. 
das  grosze  gebet  S9. 

HUTZER.  m.  nach  hutzen  2,  aufireixer:  ein  hatzer  und  an- 
zünder  des  gemeinen  pöbeis.  bairische  quelle  bei  Schm.  1, 1195 
f Vonini. 

HÜTZIG,  adj.,  nach  hutzen  3,  xu  feindlichem  losgehen  geneigt, 
streitsüchtig :  das  ein  narr,  das  ein  cauch,  das  ein  hutziger,  der 
also, 'das  ist  der  weit  eigenschaft.  Pabacelscs  tpp.  2, 175B. 

HUTZIGE.N,  verb.  sich  über  einen  aufhalten,  ihn  schmähen: 
er  kert  sich  zu  got ,  haltet  sine  gebot ,  des  spottet  man, 
iederman  hutziget  über  in,  des  sol  er  nit  achten.  Keisebsbeic 
bilg.  16«*. 

HUTZLICH,  adj.  rugosus,  runzUch.  Fßiscn  1,4S1',  mü  der 
ntbenfaftts  hozlich;  im  nassauischen  hotzelig.  Kebbei:«  203. 

HUTZUCKER,  m.  zucker  in  hutform  {vgl.  hut  no.  2,  /  sp.  19S3) ; 
bildlich:  da  er  schon  seit  jähren  nichts  lieber  machte  als 
eine  Tcrbeogung  sammt  grusz,  weil  er  allen  menschen  gern 
eine  kleine  freude  geben  wollte,  und  doch  nichts  anderes 
dazu  halte  als  eben  seinen  hut,  iu  welchen  er  ihnen  seinen 
geistigen  hutzucker  der  liebe  präsentierte  und  Torhielt.  J.  Paul 
komet  1,  106. 

HUZEN,  verb.,  gesprochen  hüzen,  foppen,  narren,  äffen;  ein 
düringisches  und  osterländisches  wort:  willst  du  deinen  alten 
vater  hmen?  Becbstein  märch.  142.  so  nahe  der  zusammtn- 
hing  mü  hutzen  2  und  hutzigen  zu  liegen  schetnt^  so  kaitm 
dennoch  dieses  htuen  nur  als  nebenform  zu  dem  «eUvertreiteten 
uzen,  utzen  (Schh.  1, 1S2  Fromm.)  angesehen  «erden. 

HUZZ.\,  interj.  s.  hussa  sp.  1976. 

HYÄNE,  /.  eanis  kyaena;  alt  bild  ßr  tm  entsetzlithet  ratib- 
thier: 

da  werden  weiber  zu  byänen, 
und  treiben  mit  enuetzen  sehen. 

ScuiLLER  glocke  v.  366; 
und  driuend  wies  mir  die  grimmigen  zahne 
der  entsetzliche  hai,  des  meeres  braue. 

taucher  t.  120. 

HYMNE,  f  lobgesang,  jubelgesang,  aus  dem  griech.  mascul. 
vfiros  «ol  erst  seü  dem  18.  jahrh.  in  dieser  form  und  bedeutung 
aufgenommen ;  mhd.  galt  das  masc.  ymne  und  imps  (Leieb  wb. 
1, 1422)  als  kirchlicher  lobgesang. 

HYPOCHONDER,  m.  müzsüchtiger,  grämlicher,  :u  finstem 
Vorstellungen  geneigter  menuh.  auch  als  adj. :  wenn  ich  ihnen 
diesen  unbegreiflichen  anfall  einer  hypochondern  laune  ver- 
geben soll.  TiECK  ges.  nov.  2,263.     tgl.  unten  hypochondrisch. 

HYPOCHONDRIE,  /.  müzsucht,  grämdei:  da  stinkt  die  hypo- 
chondrie  heraus.  Fr.  MCueb  3, 55. 

HYPOCHONDRISCH,  adj.  nach  dem  griech.  vnoxovS^iaxoe : 
Lucifer  ist  alt  und  hypochondrisch,  das  lange  sitzen  auf 
seinem  eisernen  stuhl  bekommt  ihm  nicht  wohl.  Fb.  MIJlleb 
2. 10 ;  er  schrieb  sich  vielmehr  in  hj^ochondrischen  augen- 
blicken  den  ganzen  verfall  allein  zu.  Götbe  19,60. 


k 


IV.  11. 


1S6 


2003 


2004 


I. 


I,  der  höchste  unter  den  voealen,  nimmt  im  griechischen, 
lateinischen  und  deutschen  dphabet  die  neunte,  im  gothischen  die 
zehnte  stelle  ein,  wie  sich  aus  seinem  werth  als  Zahlzeichen  ergibt. 
tn  dem  nordischen  runcnalphabete  steht  sein  zeichen  an  neunter, 
in  dem  erweiterten  angelsächsisch- gothischen  runenalphabele  an 
elfter  stelle. 

Der  itaiä,  von  dessen  geschichle  im  folgenden  zu  handeln  ist, 
wird  von  Ickelsauer  Ag"  in  naiver  weise  beschrieben,  nach- 
dem er  angegeben,  wie  das  e  herioriiebraclU  wird,  sagt  er:  also 
auch  das  i ,  allein  mit  engerer  bescblieszung  der  zene ,  die 
sich  geneuer  berieren,  und  ist  fast  der  laut  des  kirrens  der 
seu,  wenn  nians  (man  ste)  sticht  oder  würget. 

A.  Geschichte  des  lautes. 

I.  Kurzes  i. 

l)  in  der  Stammsilbe,  abgesehen  von  dialectischer  auss^yrache 
hat  sich  die  kürze  des  lautes  vor  einfacher  muta  oder  liquida  nur 
in  den  einsilbigen  partikeln  in  in  (im)  und  mit  cum,  in  dem 
pronominalen  adv.  bin  illuc  und  in  bin  sum  erhalten,  häufiger 
hat  em  ihm  folgender,  von  keiner  weiteren  consonanz  begleiteter 
harter  reibelaut  (ch,  s,  sz,  scb)  seine  kürze  gewahrt,  vgl.  ich  ego; 
mich  me;  sicbel  fcUx;  kichererbse  cicer;  bis  usque  ad;  wissen 
scire;  isz  ede;  biszchen  offula;  fisch  piscis ;  tisciie  mensae; 
zwischen  inter.  gewöhnlich  aber  folgt  dem  kurzen  i  mehrfache 
consonanz,  die  doch  nicht  hindert  dasz  es  in  einzelnen  fällen 
gedehnt  und  demgemäsz  bezeichnet  wird,  vgl.  z.  b.  gebiert  parit, 
mhd.  gebirl;  stiehlst  furaris,  mhd.  stilst. 

Wie  kurzes  a  und  u  zu  den  drei  grund-  oder  urvocalen  ge- 
hörend,  aus  denen  sich  die  reiche  fülle  der  indo-europäiscli''n 
vocale  entwickelt  haben  mag,  ist  doch  das  i  auf  dem  gebiet  der 
deutschen  sprachen  nur  in  den  seltensten  fällen  ursprünglich  d.  h. 
mü  indogermanischem  (altindischem)  i  identisch,  und  meist  das 
ergebnis  verschiedenartiger  lautveränderungen. 

a)  ^ursprünglich'  wird  man  das  kurze  i  der  Stammsilbe  nur 
da  nennen  dürfen,  wo  auch  die  urverwandten  sprachen  es  dar- 
bieten oder  darauf  deuten,  dies  ist  z.  b.  der  faU  in  wissen  scirc, 
mhd.  wi«en,  ahd.  wizzan,  goth.  vilan,  kslav.  videti,  lat.  videre, 
griech.  ioslv,  sskr.  v^dmi  cognosco,  von  wz.  vid ;  mist  slercus, 
mhd.  ahd.  mist,  goth.  maihstus,  lat.  niingo,  mejo,  yriech.  o/tiixeco, 
sskr.  mihiuii,  von  wz.  niih ;  bitter  amarus,  mhd.  bitter,  ahd. 
bittar,  goth.  baitrs,  mit  beiszen,  mhd.  bljen,  ahd.  blzan,  goth. 
beitan  aus  der  germanischen  würzet  hit  =?  lat.  fid  (in  lidi,  findo), 
sskr.  bhid  (in  bhinädmi  ßndo)  entsprungen;  be-zichl-igen  arguere, 
ahd.  mhd.  bi-ziht  criminatio,  goth.  ga-taihan  var{)  anrjyyekrj, 
lat.  dico,  yriech.  Sixrj,  Seixwjut,  sskr.  di<;inii  monslro,  von 
WZ.  di9.  und  so  liegt  im  allgemeinen  kurzes  i  als  ursprünglicher 
stamm-  oder  wurzelvocal  t«  denjenigen  verben  nebst  thien  ablei- 
tunyen  vor,  die  in  der  heutigen  spräche  stark  verblieben,  ei  zum 
praesensvocal,  i  oder  dessen  durch  ie  bezeichnete  dehnung  im  sing, 
und  plur.  paeterili,  sowie  im  conj.  prael.  und  im  particip  des 
praet.  haben,  wie  in  beisze  mordeo,  Lisz,  bissen,  gebissen;  leide 
potior,  litt,  litten,  gelitten;  pfeifen  tibia  canere;  reiten  ecjuitare; 
reiszen  tcindere;  scheiszen  cacare;  schleichen  repere;  schleifen 
acuere;  schmeiszeu  percutere;  schneiden  secare;  schreiten  in- 
ctdere ;  streichen  mulcere;  streiten  pugnare;  weichen  cedere; 
oder  m  bleibe  maneo,  blieb,  blieben,  geblieben ;  gedeihe  pro- 
ficio,  gedieh,  gediehen,  gediehen;  leihen  mutuari;  meiden  vitare; 
reiben  fricare;  scheinen  lucere;  schicien  clamare;  sclireibeu 
tertbere ;  schweigen  lacere;  speien  spuere ;  steigen  scandere; 
treiben  agere;  verweisen,  besser  vcrweiizen  vituperare;  zeihen 
arguere. 

b)  in  den  meisten  fällen  aber  tsf  germanisches  kurzes  i ,  mag 
et  im  uhd.  kurz  geblieben  sein  oder  dehnung  erfahren  haben, 
velche  graphisch  bald  durch  einfaches  i  (vyl.  mir),  l>ald  durch  ie 
{vgl.  viel),  bald  durch  ih  (vgl.  ihr),  bald  durch  ich  (vyl.  gtiehlt) 
autgedriiclit  wird,  eryebnit  einer  Schwächung  des  indogermanischen 
a,  »vbet,  was  du  graeco-italisclun ,  du  slavischen  und  selbst  dte 
germanischen  sprachen  lehren,  der  vucal  c,  seltener  o,  alt  mtltel- 
tlule  aniunehmen  ul.  über  diese  Spaltung  des  alten  alautes  vgl. 
G.  LUiTii  -  br>    d  k   iirhi.  get.  d.  U\  \li,'j/f.      verglrirtil  man  tMi/i- 


lich  hinsichtlich  des  alautes  das  griechische,  lateinische  und  deutsche 
miteinander,  so  erscheint  er  in  denselben  Wörtern  bisweiten  noch 
in  allen  drei  sprachen,  z.  b.  in  yiiech.  ödy.(}v,  lat.  lacruma,  goth. 
tagr,  ahd.  zahar,  nhd.  zähre;  griech.  Txmrjo,  lat.  pater,  goth. 
fadar,  ahd.  falar,  nhd.  vater;  sskr.  ägras,  griech.  ayqos,  lat. 
ager,  goth.  akr»,  cM.  ahiiar,  nhd.  acker;  sskr.  da94mi  'beisze, 
griech.  SÜKfw,  goth.  tahja  ''reiste',  alwUd.  tangher  'bijtende  op 
de  tonghe'  (Kiliak  662'),  ahd.  zangar  'beiszend,  scharf  (Fic« 
veigl.  w;.*  1,85),  ahd.  zähi  (G.  Cühtiüs  grundz.*  132),  nhd.  ziihe 
und  zach. 

Viel  häufiger  treffen  wir  jedoch  an  stelle  eines  ursprüngliclten 
a  int  deutschen  ein  i  oder  u  an,  während  im  griechischen  und 
lateinischen  sich  ein  e  oder  o  dafür  darbietet,  man  vergleiche 
sskr.  atli  (aus  ad-ti),  gr.  e'Set,  lat.  edit,  goth.  fra-iti|),  ahd.  izzit, 
nhd.  isset,  iszt;  sskr.  sddas  ^sitzicng',  zend.  hadhis  *silz',  gr. 
l'Sos,  lat.  sedere,  goth.  sitan,  alul.  sizzan,  nhd.  sitzen;  sskr. 
ahiim,  gr.  iyeöv,  lat.  ego,  goth.  \k,  ahd.  ih,  nhd.  ich;  sskr. 
asli,  zend.  a(;ti,  gr.  iaxi,  lat.  est,  altbulg.  jesli,  lit.  esli,  golh. 
und  hocitd.  ist;  sskr.  sdptan  (vedisch  saptdu),  zend.  haptan,  gr. 
sjirä,  lat.  septejn,  goth.  aM.  sibun,  mhd.  siben,  nhd.  sieben ; 
sskr.  pa9Üs ,  lat.  pecu ,  altpreusz.  peku,  goth.  faihu,  ahd.  fihu, 
nhd.  vieh ;  sskr.  wz.  var  'wählen',  väras  'wünsch',  gr.  fiä/.ouai, 
ßovlo/xai,  lat.  volo,  velie,  kslav.  volja  'wille',  goth.  vilja,  ahd. 
wiilo,  mW.  wille ;  altpers.  parus,  sskr.  purus,  gr.  7to).vs,  goth. 
ahd.  lihi,  nhd.  viel,  überhaupt  gehören  diejenigen  in  der  Stamm- 
silbe kurzes  oder  aus  kurzem  gedehntes  i  darbietenden  nhd.  Wörter, 
besonders  aber  die  verbalformen  hierher,  welche  awurzeln  ent- 
sprungen, aus  noch  unerklärten  gründen  die  in  rede  stehende  laut- 
abschwächung  erfahren  haben,  erkennbar  aber  sind  die  hierher 
gehörigen  starken  verba  daran,  dasz  der  singularis  ihres  praeteriti 
den  alten  wurzelvocal  a  in  der  Stammsilbe  aufweist,  dessen  ur- 
sprüngliche kürze  freilich  sich  nur  vor  zwiefacher,  die  wurzel 
schlieszender  consonanz  (zuweilen  mü  Verdampfung  zu  kurzem  o) 
erhalten  hat,  vor  einfacher  consonanz  dagegen  zu  langem  a  oder 
des.ten  verdumpfung,  d.  h.  zu  langem  u  geworden  ist.  als  resultat 
einer  Schwächung  von  a  ist  daher  jedes  i  (graphisch  auch  ie  und 
ieh)  zu  betrachten,  das  in  der  conjugation  der  gedachten  verba 
oder  in  der  Stammsilbe  ihrer  ableitungen  erscheint,  es  fallen, 
nach  ihrem  wurzelauslaut  geordnet,  der  bald  in  einfacher  muta 
oder  Spirans,  bald  in  einfacher  liquida,  bald  in  doppeller  liquida 
oder  liquida  cum  muta  oder  spirans  cum  muta  besteht,  hierher 
die  verba:  liegen  (nhd.  wz.  lag)  jacere;  bitten  (nhd.  wz.  bat) 
precari;  sitzen  (nhd.  wz.  sasz)  sedere;  geben  dare;  weben 
lexere;  trelfen  (nhd.  wz.  traf)  icere;  pflegen  solere ;  wägen 
pendere;  wiegen  pondus  habere;  breciien  frangerc;  sprechen 
loqui;  stechen  pungere ;  geschehen  fieri;  sehen  videre;  er- 
schrecken (nlid.  WZ.  schrak)  terreri;  lesen  legere;  essen  edere; 
fressen  vorare;  vergessen  oblivisci;  messen  metiri;  treten  cal- 
care ;  ferner  befehlen  iubere,  enipfeiiien  commendare;  (hehlen 
celare);  stehlen  furari;  nehmen  j>rehendere;  gebüren  parere ; 
schcien  londere;  schwären  supjmrare;  dann  (bellen  latrare); 
quellen  emergi;  schwellen  tumescere;  glinmien  gliscere;  klim- 
men enili;  scbv\immen  natare;  beginnen  incipere;  rinnen 
flune;  sinnen  meditari;  sjiinnen  nere;  gewinnen  luerari;  wirren 
turbare ;  ferner  helfen  ;ui'iire;  (melken  mulyere);  gelten  pre/ium 
habere;  schelten  oftjurj/uje;  schmelzen  lii/afti;  vorderben  jurtre; 
sterben  niori;  werben  ambire;  werden  /im;  werfen  jacere; 
bergen  abscondere,  tervare;  binden  ligare;  linden  intrnire; 
(schindun  j/uiiere);  winden  lo/r^rr;  schwinden  Ijfrfjfrre;  (dinncu 
conducere);  geYiageu  succedere ;  klingen  jonarr;  schlingen  pfcc/#r< 
(schlingen  vorare  ist  aus  schlinden  i'Nüiatx/en,  vgl.  Schlund  yu/a); 
ringen  luctari;  dringen  instare;  springen  rum;ii,  salire;  singen 
canert;  ichwingen  vibrare;  zwingen  cogere;  sinken  sidere,  cadere; 
stinken  foetere;  trinken  bibere;  endlich  dreschen  trilurare; 
löschen  ezstingui;  fechten  pugnare;  flechten  ueclae;  und 
bersten  dtrumpt. 

c)  mit  dieser  Schwächung  eines  ursprünglichen  a  häng!  die  er- 
tcheinung  der  sogenannten  'brechung'  aufs  engste  tusammen,  über 
urlrhc   :t,  I  /f    oesiiuidiru    uantcn    nt       nur   wird    'grhunheues'  hd. 


2005 


I 


I 


2006 


e,  goth.  ai  nach  Scherers  ausßhrungen  (zur  gesch.  d.  d.  spr. 
'ff.  u.  andericärls)  nicht  mehr  so  aufzufassen  sein,  das:  es,  was 
die  ältere  spräche  betriß,  ein  i  voraussetzt  und  aus  diesom  ent- 
sprungen wäre,  vergleicht  man  freilich  z.  b.  unser  lielfe  adjuvo, 
hilfst,  hilft,  mit  mhd.  hilfe,  hilfest,  Lilfet.  ahd.  hilfii,  hilfis, 
hilfit,  goth.  hilpa.  hilpis,  hilpiji,  so  stcfil  die  jwiorität  der  iformen 
in  diesem  fall  unzweifelhaft  fest;  Iielfe  musz  als  ergcbnis  beliebter 
gleichmachcrei  nach  analogie  der  gebrochenen  formen  von  helfen 
betrachtet  werden,  wie  denn  mundartlich  selbst  die  2.  sirig.  imperat. 
von  dieser  brechung  ergriffen  wird  und  man  z.  b.  in  fraukfurt- 
wiesbadener  gegend  auch  in  den  besseren  kreisen  ßsz ,  bübche, 
Ssz  ßr  isz  vernimmt  und  seh  mal  für  sieh  mal  weit  verbreitet 
ist,  was  Fische RT  auch  schreibt: 

seh  an,  wie  ich  geplaget  bin.    flöhh.  (Seh.)  773. 

Anders  dagegen  verhält  es  sich  mit  dem  älteren  hd.  e  und  goth. 
ai,  trenn  sie  an  stelle  von  ursprünglichem  a  i«  wurzelhafter  silbe 
sich  finden  und  in  bestimmter  läge  das  reiner  articulierte  i  ihren 
platz  einnehmen  lassen,  stimmt  zu  altindischem  bhärämi  /pro, 
biiärämas  ferimus  goth.  baira,  hairam ,  ahd.  biru ,  bCrames, 
mM.  bir,  bern ,  nhd.  ge-bahre ,  ge-bähren ,  so  lehrt  das  ent- 
sprechende griech.  fioco,  <fioo-uev  (-/tes),  lat.  fero.  ferimus, 
dasz  die  den  gebrochenen  laut  darbietenden  deutschen  formen  baira, 
bairam,  berames,  bern  dem  ursprünglichen  näher  stehen  als  das 
reiner  articulierte  akd.  biru  und  mhd.  bir,  da  man  bei  annähme 
des  umgekehrten  Verhältnisses  die  allerthümlichkeit  des  althoch- 
deutschen über  die  des  gothischen,  lateinischen  und  griechischen 
erheben  würde  und  goth  baira  als  aus  bira,  lat.  fero  aus  firo, 
griech.  fe'oco  aus  (fiocc  entsprungen  ansehen  müste.  das  gesetz 
der  brechung,  wonach  goih.  i  vor  h  oder  r  zu  ai,  ahd.  i  vor 
flexitischent  a  (e ,  6)  zu  e  getrübt  eischeint ,  scheint  also  dahin 
aufzufassen,  dasz  es  ursprüvglich  nicht  einen  gebrochenen  laut 
(g)  hervorrief,  sondern  den  schon  vorhandenen  schützte,  ihn  hin- 
derte, sich  zu  i  zu  verdünnen,  weshalb  jedoch  das  nicht  so 
geschützte  ahd.  ß,  goth  ai  zu  i  ward,  ist  zur  zeit  noch  ein 
räthsel,  ein  räthsel,  warum  wir  nicht  göbt  (ßir  gabt),  sondern 
gibt  dat,  nicht  helft  {für  halft),  sondern  hiilt  adiuvat  sprechen, 
die  lösung  desselben  dürfte  innerhalb  der  germanischen  sprachen 
gar  nicht  zu  finden  sein,  zumal  das  gothische  alle  auskunft  ver- 
weijert  und  jüngere  durch  assimilalion  bewirkte  vocalschöpfungen 
hierbei  nicht  in  frage  kommen. 

d)  ergebnis  einer  regressiven  vocalischen  assimilation  aber  ist  es, 
wenn  wir  gebirge  {ahd.  gibirgi)  neben  berg  {alid.  b6rg),  gefilde 
{ahd.  gifildi)  neben  fSld  {ahd.  fiild) ,  gewitter  {ahd.  giwitiri) 
ne6en  wi-tter  {ahd.  wetar),  geschwister  neben  Schwester,  {ge- 
dehntes) feder  neben  gefieder  sprechen ,  indem  das  ß  des  ahd. 
bßrg,  fßld,  wßtar  bei  büdung  der  collectiva  gibirgi,  gifiidi,  giwitiri 
durch  einflusz  des  auslautenden  i  der  ableitung  tn  i  gewandelt 
wurde;  wie  denn  ähnliche  assimilation  bei  entwickclting  von  irden 
und  irdisch  aus  erde  vorliegt,  was  die  entsprechenden  ahd.  formen 
irdin,  irdisc,  erda  beweisen,  dem  gegenüber  ist  es  zu  beachten, 
dasz  sowol  das  ableitende  als  das  flexivische  ahd.  5,  i  und  j  da, 
wo  es  ^umlaut'  zeugt,  zwar  das  a  der  vorhergehenden  silbe  sich 
assimilierend  beeinflurzt,  gesti  gaste  aus  gasti,  grebir  gräber  aus 
grabir,  gibenti  compactio  aus  bant  vinculum,  menigi  multitudo 
aus  managi  entspringen  läszt,  dabei  aber  stehen  bleibt  und  das 
durch  Umlaut  entstandene  q  nicht  noch  in  i  verwandelt,  und 
dieses  verhalten  des  ahd.  bewahrt  unsere  Schriftsprache  noch. 

In  den  mundarten  freilich  hat  das  zu  i  verdünnte  e,  gleichviel 
welches  Ursprungs  es  ist,  allmählich  beaeutenden  räum  gewonnen, 
was  die  von  Weinhold  alem.  gr.  §  2t.  S2.  115,  bair.  gr.  §  IS 
gegebenen  beispiele  ßr  das  süddeutsche  reichlich  belegen,  hier  nur 
eine  kleine  lese,  auf  alem.  gebiet  begegnet  z.  b.  ahd.  pinimant 
ßr  pinemanl'ou/erunt,  kelirnfta  ßir  kelßrneta  dtscebat,  rigenot 
ßr  regenöt  pluit,  farwihsalit  ßr  farwehsaiit  commutat,  here- 
birga  ßir  hereberga  mansio,  miniscun  für  meniscun  homines ; 
mhd.  willen  ßir  wellen  velint,  gewirbe  für  gewßrbe,  lidec  für 
ledec,  vemihseln  für  verwehsein,  vrimiden  für  vremeden  alienis, 
wirme  ßr  werme  calor,  gcwilbe  ßir  gc\\c\he'  fornix ;  nhd. 
atlgemeingeltend  britl  für  bret,  erkirnen  für  erkernen  enucleare 
Keisebsüerg  pred.  teutsch  so',  gegenwirtig  praesens  ebend.  9S', 
schwinnen  schwärmen  Weckberli.^c  3.  auf  bair.-österr.  ijebiet 
findet  sich  i.  b.  amhd.  niinnisken  für  mennisken  homines,  mhd. 
sciiinkel  ßir  schßnkel  crus,  twirhiingcn  ßr  twerhiingeu  inimice, 
sigelii  für  segeln  vela  dare,  mis<e  für  messe  missa,  swircn 
ßr  swem  jurare,  wirme  für  w^rme  calor;  nhd.  allgemeingeltend 
schmirz  für  schmerz ,  glirnig  ßir  gelernig  gelehrig  {auch  bei 
H.Sachs),  stingel  neben  Stengel,  wie  schon  im  alid.;  H.Sachs 
schreibt  schwirmen,  schwürmen,  sthwermen,  schwärmen  (vgl. 


R.Köhler  vier  dialoge,  zu  71,5)  und  ingedirme  ßir  ingedärme 
intestina  (Güdeke  u.  Tittmäns  1,19,31).  auf  mitteldeutschem 
gebiet,  wo  namentlich  altes  a  diesem  wandet  aitsgeselzt  scheint, 
lesen  wir  bei  dem  Südfranken  Otfried  1,0,36: 

allaz  thaz  sibirgi  iiiti  alle  thia  burgi 

ioh  dales  eDonoü,  so  wis  iz  allaz  lobonti. 

ßr  wis  =  was  '/"««/'  hat  die  pfälzer  und  freis.  hs.  wes,  vgl. 
1,5,37.  2,7,16;  andere  beispiele  sind:  hirtzog  (frankf.  hs.  des 
schwanr.  Konr.  v.  Mir:6.,  14.  jA.)  r.  3.  71 ;  verdirben  corrumpere  : 
enthyrben  eiheredare.  315;  hirte  durus.  554.1054.1060;  geplitz 
'■albernes  geschwätz'  im  Alsfelder  passionsspiel  4910  ==  mhd.  ge- 
plätze ;  das  mirk  ich  ühlaxd  S6 ;  i«  Luthers  bibelübersetzung, 
ausg.  von  1545,  findet  sich  neben  häufigerem  gewesser  aquae 
gewisser  1  .Vos.  7,  24.  8,7  und  bei  Zese\  steht  dasselbe:  (regen- 
fasser  und  geschmolzener  schnee  veiursachen)  solche«  gewaltig- 
grosze  gewisser.  Assenat  (l679)  38;  da  er  (der  ^'U)  seinen 
Ursprung  aus  so  vielem  herzuflieszendem  gewisser  gewinnet. 
40;  ähnliches  6<n  Mathesius  :  ach  gott,  lasz  dirs  geklagt  sein, 
wis  (was)  sihet  man  zebrechligkeit  und  greuliche  feil  (fehl) 
und  Schandmal  an  leuten!  Sar.  202',  und  ebenda:  ach,  wis 
werden  schlimmer  und  schickeCer  (ist  schrickicht  ^rimosus" 
gemeint  ?)  gleser  formirt,  die  ir  lebenlang  kein  kraden  (geraden) 
tritt  tliun!  203*;  auch  gelirnig  schreibt  er  33";  vorhersehend  galt 
in  Deutschland  vom  15.  bis  ins  18.  jh.  hinein  küris  für  kürass, 
s.  5, 2809 ;  sehr  verbreitet  ist  niseln  '  durch  die  nase  reden '. 
Reinwald  1, 109;  schmitlcrn  neben  schmettern  frangere  führt 
Stiei.er  1S76  auf;  in  mittelrheinischcr  und  niederdeutscher  gegend 
gilt  missing  für  messing.  Schambach  wb.  136* ;  und  auch  das 
niedersächs.  iller  für  aller  in  illerbeste,  illererste,  illermeiste 
(SchCtze  2.  I90)  ist  hierher  zu  ziehn. 

Haben  alle  diese  i  in  unsere  Schriftsprache  keinen  eingang  ge- 
funden, so  hat  doch  volles  bürgerrecht  erlangt  das  ebenfalls  hierlier 
gehörende,  erst  im  Ix.  jh.  durchdringende  wich  en  fftr  wachsen 
''mit  wachs  bestreichen,  wachsglanz  geben';  ferner  trichter,  Hiederd. 
und  mitteld.  trechter,  trehter,  spät-ahd.  trahlaere  aus  miltellat. 
tractarius  ^heber;  ebenso  gilter  cancelli,  das  erst  in  der  zweiten 
hälfte  des  15.  jh.  in  Sürnberger  Schriftwerken  vorzukommen  scheint 
(vgl.  Lexer  mhd.  hwb.  1, 1025.  Diefenbach  94')  und  wohl  aus  dem 
älteren  hd.  ge*'er,  geter  =  m/ii.  galer  (ahd.  cataro?  HattemEr 
dnt.  1, 215*)  unmittelbar  hervorgieng ;  in  allgemeiner  geltung  ist 
ferner  ursprünglich  md.  hippe  falx,  mhd.  und  mniedcrd.  hepe, 
ahd.  hepn,  heppa  u.  a.  (s.  4',  471.  472.  999.  1552),  wie  denn  auch 
das  auf  afranz.  harnas  beruhende  mhd.  harnascli  seil  dem 
15.  jh.  immer  allgemeiner  zu  hämisch  geworden  ist  (s.  4-,  4SS). 
beachlcnswcrth  ist,  dasz  bei  den  meisten  dieser  vocahcrdünnungen 
benachbarte  liquidae ,  mehr  noch  reibelaute  wie  w ,  ch ,  s ,  seh 
orfer  das  zusammenwirken  beider  den  wandel  des  vocals  begünstigt 
oder  herbeigefühlt  haben. 

2)  in  ableitungen,  Zusammensetzungen  und  in  der  flexion. 

a)  in  den  ableitungssuffixen  ich,  icht,  ig,  igen,  in,  ing,  ling, 
isch,  ist,  nis  liat  sich  das  reiner  articulierte  i  entweder  ßr  trüliere 
vocalc  der  älteren  s  ^achperioden  endgiltig  eingestellt  oder  sctH 
sich  als  alter  laut  einfach  fort:  vgl.  z.b.  kranich,  mhd.  kranech, 
ahd.  chranih,  chranuh,  chranoh;  habiclit  aus  habich,  mhd. 
habech,  ahd.  habuh ;  röhricht  ^rohrdickiclit'  aus  röhrich,  mhd. 
rörich,  rörech,  rörach,  ahd.  rorahi;  thöricht,  mhd.  töreht, 
türoht,  töraht;  blutig,  mhd.  bluotic,  bluotec,  ahd.  pluotac, 
alts.  blüdag ;  mächtig,  mhd.  mehtic,  mehtec,  ahd.  mahtic,  goth. 
mahteigs;  heiligen  sanctificare,  mhd.  heiligen,  heiigen,  ahd. 
heiligön,  heilegon,  heilagön;  be-schuldigen,  mhd.  schuldigen, 
schuldegen,  ahd.  sculdigun ;  königin,  mhd.  kiinigin,  küniginne, 
künigin  u.  a.,  ahd.  kuningin,  kuninginna;  pfenning,  pfennig, 
mhd.  phenninc,  phennic,  ahd.  phantinc,  pheuding,  phenning, 
phcnnig  ( Taifun) ;  jiingling,  ni/jrf.  jungelinc,  a/id.  jungeling; 
irdisch,  mhd.  irdisch,  irdcsch,  ahd.  irdisc;  die  volle  form  des 
supeilativsuffixes  -ist  nur  in  dem  substantivischen  obrist  erhallen; 
finsternis,  gefängnis,  mhd.  vinsternisse,  gevancnisse,  -vencnisse, 
-nüsse,  -nusse,  ahd.  finslarnessi,  finstarnissi.  mehr  über  diese 
ableitungssuffixe  an  ihrer  alphabetischen  stelle. 

b)  in  eigcntliclien  nominalzusammenselzungen  hol  sich  siamm- 
haftes ,  das  declinationsthema  ursprünglich  auslautendes,  kurzes 
scharfes  i  nur  in  bräutigam  und  nachtigall  erhalten,  bräutigam, 
ahd-  brütigomo,  mhd.  briutegome,  mmd.  brüdegam,  brAdgam, 
mundartlich,  wenn  es  überhaupt  vom  volke  gebraucht  wird,  im 
Süden  und  norden  stark  gekürzt  (vgl.  kämt,  präuggäm,  ndsdchs. 
lirOgam,  sieb.-säclu.  bregcin),  verdankt  die  erhaltung  seines  i 
nicht  Luthers  feder,  da  er,  wie  Dietz  lehrt,  gewöhnlich  breutgam 
schreibt.     aucA  Fischart  schwankt  zicischen  beiden  formen :  bräu- 

126* 


2007 


I 


I 


2008 


tigam  bicnenk.  (löSl)  23',  präutigam  ekezb.  (Seh.)  413,  bräutgam 
ebend.  445,  der  Schwabe  Wecriiehlin  457  hat  ohne  umlaut  brau- 
tigam;  Maaler  227'  verzeichnet  brcütigam,  Gomus  (15S2)  108 
dagegen  hreutgam;  W.  Spancenbebg  hat  breutigani  fangbr.  Cy*; 
Opitz  2,75.  ^i.  55.  87  braucht  beide  formen,  wie  auch  Horr- 
«AitsswAi.DAU  getr.  seh.  204,  hochzg.  36;  Fleming,  wie  es  scheint, 
nur  die  gekürzte,  GCntber  beide,  aber  bräutgam  apostrophiert. 
Stieler  225  ffüirt  breuligam  und  breutgain  auf,  Rädlein  nur 
noch  bräiitigam,  wie  auch  STEnnACH,  Frisch,  Adelung,  während 
auffallender  weise  Schottel  655  nur  brciilgam  kennt,  was  er 
nicht  zu  erklären  weisz.  in  der  Ihat  wird  auch  heute  der  thema- 
voeal  mehr  blosz  geschrieben  als  in  gewöhnlicher  rede  vernommen, 
wogegen  er  in  nacbtigall  ziemlich  rein  gesprochen  zu  werden 
pflegt. 

nacbtigall,  ahd.  nahligala  und  nahtagala,  alts.  nabtigala, 
ftihd.  gewöhnlich  nnbtegale,  nahtegal,  daneben  auch  nabtigale, 
nabtigal,  hat  ebenso  wie  bräutigam  kämpfend  den  Ihemavocal  zu 
behf^ufien  gehabt,  obwohl  die  gloss.  des  15. ;//.  {vgl.  Diefenbach 
235'.  340')  die  mhd.  formen  bewahren ,  so  wird  a.  a.  o.  und  10* 
doch  auch  nacbtgallc,  nachtgall  verzeichnet,  welche  letztere  form 
im  vocab.  ine.  teulon.  o3'  und  von  Maaler  300'  als  alleinige 
aufgeftüirt  wird,  gleichwohl  scheint  nacbtigall  im  verlauf  des 
16.  jh.  in  die  Schriftsprache  eingang  gefunden  zu  haben:  H.  Sachs 
(Göz)  4,33  preist  die  Wittembergisch  nachtigal,  und  Luther  selbst, 
in  dessen  bibelühersetzung  das  wort  nicht  vorkotnmt,  hat  es  in 
einem  briefe  {Icseb.  3*,  170)  und  gewis  ößer ;  im  Simplicissimus 
(b.  1,  cap.  ')  beginnt  der  einsiedel  sein  schönes  lied  mit  den  warten 
'komm,  trosl  der  nacht,  o  nacbtigall'  und  so  nur  die  iform 
gewähren  Schottel  267,  Rädlein  und  Frisch,  überall  durch- 
gedrungen war  sie  trotzdem  noch  nicht,  da  Frischens  Zeitgenosse 
Steinbach  (l,6t5.  2, 9o)  nur  nachtegall  aufführt. 

c)  flexivisches  {tonloses)  i.  als  iin  verlauf  des  11.  jahrh.  die 
vollen  ahd.  vocale  in  den  tonlosen  silben  gleichmäszig  zu  e  sich 
abzuschleifen  begannen,  zeigte  sich  in  oberdeutschen  wie  mittel- 
deutschen hss.  dafür  auch  i,  vgl.  z.  b.  unsir  noster,  giheiligit 
sanctificatus ,  tiufilis  diaboli;  nur  mit  dem  unterschiede,  dasz 
dieses  tonlose  i  in  mitteldeutschen  dcnkmälern  dieser  zeit,  z.  b. 
dem  Annoliede  und  in  n*  x.'sxiv-.xxxvii  der  von  MCllenhoff  «. 
Scherer  herausg.  dcnkm.  {vgl.  deren  vorr.  xxvii)  ton  anfang  an 
bis  ins  15.  jh.  ein  übergewicht  behauptete,  weiterhin  findet  sich 
tonloses  i  für  e  auch  noch  in  Luthers  älteren,  bis  etwa  zum  jähre 
152.J  verfaszlen  schriflen  {vgl.  Dietz  1,  viii),  von  welchem  zeit- 
puncl  ab,  was  wenigstens  die  bibelühersetzung  betriß,  er  e  dafür 
eingesetzt  hat.  hatte  er  ehedem  geschrieben :  offinbart ,  vbir, 
vbirband,  Christis  {Christi),  eynis,  edlisz  nobile  {leseb.  3*,  87), 
gcystis,  gottis,  golltis  oder  goltis,  grassis  oder  gra.sis,  guttis, 
haltist,  helltist  oder  heltist  u.  a.,  so  schrieb  er  nun:  offen- 
bart, yber,  vberband,  Cbristes,  eynes,  geistes,  gottes,  goldes, 
grases,  gutes,  hallest,  bellest ;  vgl.  Luthers  bibelühersetzung  von 
Bindseil  th.~,  xiwff.  und  Opitz  spr.  L.  13/f. 

3)  ein  wort  über  i  als  ergebnis  einer  kürzung. 

In  der  grammatik  l',  217  wird  gelehrt,  dasz  trotz  der  neigung 
unserer  spräche,  den  ursprünglichen  kürzen  abbruch  zu  thun,  sich 
auch  einige  fälle  ereignen,  in  welchen  umgekehrt  die  organische 
länge  kürzung  erleidet;  zur  begründung  dieser  behauplung  werden 
beispielsweise  mM  jämcr,  riebe,  iemer,  inuotcr  fn«<  n/id.  jaminer, 
räche,  immer,  mutler  verglichen,  es  ist  jedoch  damit  viel  mehr 
auf  die  gleichmdszig  durchgedrungene  Schreibung  dieser  Wörter  hin- 
gewiesen als  einheitliche  ausspräche  derselben  gemeint,  da  ja  ein 
und  dasselbe  wort  {z.  b.  gut,  mltd.  guot)  in  Deutschlands  norden 
langen  vocal,  im  Süden  diplUhongischen,  in  Mitteldeutschland  kurzen 
erhallen  kann  und  erhält. 

Faszt  man  die  fälle  ins  äuge,  in  denen  mhd.  \  sich  im  verlauf 
der  zeit  gekürzt  zu  haben  sclwinl,  so  können  etwa  die  mit  -lieb 
und  -ricji,  ahd.  -Ilh  und  -rib(hi)  gebildeten  Zusammensetzungen, 
wie  glücklich,  sirherlich,  Dietrich,  Frieilricb,  Heinrich,  Ulricii, 
Hic:lKirJ  angeführt  werden ,  wiewohl  schon  mhd.  dichter,  z.  b. 
Walther  «nrf  IIartmann  {vgl.  Lachmann  zu  Iwein  v.  5522)  hin- 
xiclalich  der  quantUdt  des  vocals  schwankten  und  unser  gleich,  mhd. 
gfllrh,  soicie  der  eigenname  Rrichard ,  ahd.  Rtlibart  schwanken 
zwitclwn  gcllch  und  gilich,  zwischen  Richard  und  Riebard  i'or- 
nuis'tzt.     vgl.  was  über  langes  i  im  eingang  gesagt  wird. 

Ebensowenig  ist  über  die  kürzung  des  diphlhongen  ie  in  dirnc, 
licht,  nicht,  immer,  nimmer  u.  o.  chronologisch  etwas  sicherei 
zu  tagen,  da  in  einzelnen  dieser  Wörter  bereits  in  guter  mhd. 
zeit  die  rocalquanlil<lt  nicht  mehr  fetlüand.  wenn  Wulfram 
im  l'arüral  mer  (331,  12)  und  nimcr  (359,  ll)  metrisch  ein- 
silbig alt  hebung  verwendet,    so  deutet  das  doch  w<M  ebenso  auf 


bereits  eingetretene  kürze  des  diphthongen ,  wie  sein  reimen  von 
lieht  auf  gibt  und  gcscbihl  die  volle  dipluhongisclie  ausspräche 
des  ie  zwvifclhaß  macht,  wenn  aber  nach  drei  Jahrhunderten 
Maaler  ycmer,  niemer  und  Hecht  aufstellt,  Luther  {weish.  Sal. 
IS,  4.  er.  Malth.  6,  22)  ebenfalls  liecbt  schreibt  {was  noch  Radlein 
allein  verzeichnet),  so  spricht  dies  wieder  gegen  die  kürze  des 
vocals.  und  wenn  Luther,  abgesehen  von  gelegentlichem  dyrne, 
dirne  schreibt,  Maaler  nur  dirn  und  dirnli  aufslAlt,  so  beweist 
dies  doch  nichts  ßr  damals  überall  geltende  kürze  des  i,  da 
H.  Sachs  1,479'  diern  auf  fürn  ^ßhren'  reimt. 

Bei  alledem  musz  die  Schriftsprache  auf  einheitliche  Schreibung 
dringen,  sowenig  diese  die  mannigfaltigkeü  des  lautes  wieder- 
zugeben vermag. 

4)  i  mit  ü  (u)  und  ö  (o)  sieh  berührend. 

lAssige  ausspräche  des  ü  hat  in  mehreren  fällen  i  dafür  eintreten 
lassen,  das  sich  z.  b.  in  fmdling,  gimpel,  kissen,  kitt,  spitzfindig 
u.  a.  festgesetzt  hat,  während  die  mchrzahl  dieser  Utnechten  i, 
welche  unsere  litteratur  aufweist,  durch  vcrsländvjc  Schreibung  uHeder 
über  bord  geworfen  wurden,  gewöhnlich  sind  es  auf  den  vocal 
folgende  liquidae  oder  reibelaute,  welche  dem  Haut  stelle  verschafften, 
da  lesen  wir  z.  b.  abtrinnig  dwerfcns.  ULENnERG;>ja//.  208;  brinn- 
lein /bn<»cu/uj.  H.  Sachs  (G.-f.)  2,4, 14;  winschen  o/j/are.  ühland 
704;  fricbt  fructus.  H.  Sachs  a.a.o.  2,4,30;  gewinnsichtigkeit 
^gewinnsucht'.  Simpl.  sehr.  {K.)  3,95,22;  glick  fortuna.  Calürt. 
u.  Mel.  Avi';  sich  verdricken  sc  compingere.  H.  Sachs  a.a.O. 
2,2,10;  bipsch  lepidus.  Weckherlin  403,  und  viele  andere, 
mitunter  entspricht  dieses  i  mhd.  ü,  nhd.  ö  oder  o,  vgl.  kinge 
reges.  H.  Sachs  a.  a.  o.  2,  2,  631 ;  minnicb  monachi.  2,  2,  504 ; 
tricknet  siccat.  L'hland  52;  firt  (l'nrt ,  fürt,  fort)  prorsum. 
H.  Sachs  a.a.o.  2,2,466;  firm,  ftirm.  form  mensura.  Diefen- 
BACH  350',  u.  dgl.  im  cinklang  mit  diesen  lautverhältnissen  ge- 
statten sich  Opitz  und  Fleming,  letzterer,  wie  A.  Tscherninc 
unvorgr.  bed.  80  annimmt,  es  Opitz  nachlhuend,  reime  wie 
nimt:kömt  (0.  1,44.  2,162.  3,72;  Fl.  [1642]  109.  Läpp.  1,508), 
sinnen  :  können  (0.  1,  348),  hinnen  :  können  (Fl.  562),  spinnt : 
gönnt  (0.  2, 206)  u.  a.  da  nun  Fleming  {Läpp.  1,  40;i)  können 
und  künnen,  ebenso  a.  a.  o.  l,  499  gönnen  und  günnen  sprach, 
Opitz  (2, 186.  ISO)  sonnen  au/"  brnnnen,  komme  au/"  verstumme, 
Fleming  (La;)p.  l,  4G8.  156)  sonnen  au/' bniiinen,  gescbwominen 
auf  summen  reimt,  und  beide  dicIUer  selbstverständlich  sich  reime 
wie  gründen  :  finden  (0.  2,  205) ,  gründen  :  winden  (Fl.  205) 
erlauben,  so  ist  auch  ihr  auf  i  gereimtes,  an  ü  anklingendes, 
auf  altes  u  hinweisendes  ö  nicht  eben  befremdlich. 

In  einigen  Wörtern  schwankt  ü  «nrf  i:  bilfe,  hülfe;  gebirge, 
gebürge ;  wirken,  würken;  giltig,  gültig;  Sprichwort,  Sprüche 
wort,  und  oft  wird  die  frage  aufgeworfen,  uic  man  sie  ^richtig' 
zu  schreiben  habe.  mU  recht  bemerkt  Rumpelt  rf.^r.  1,224  dar- 
über, dasz  jenes  schwanken  einerseits  auf  einer  {irrigen)  etymo- 
logischen analogie,  andrerseits  auf  einem  phonetischen  gesetz  bc- 
ruhe.  das  i  cils  allein  berechtigt  verthcidigt,  wer  nicht  weisz,  dasz 
die  jenen  Wörtern  zu  gründe  liegenden  verha  innerhalb  ihrer  con- 
jugation  neben  i  auch  den  ülaut  {und  diesen  viel  häufiger  und 
kräftiger)  entwickelt  haben ;  und  das  ü  nimmt  in  schütz,  wer  sich 
lediglich  an  die  ausspräche  hält,  da  bei  der  starken  assimilalion, 
welche  die  liquidae,  besonders  \,  r  mit  folgender  consonanz  auf 
vorangellende  helle  vocale  ülien  und  diese  zu  dunkelcn  {»,  h) 
machen,  in  der  that  jeder,  selbst  der  vertheidiger  des  i,  wenn  er 
sich  nicht  zwang  anthut,  jene  Wörter  mit  ü  sprictit. 

b)  i  (i)  m  ablautenden  schallnachahmungen,  tautologien,  spiel' 
namen  u.  dgl. 

Die  eigenthümliche  neigung  unserer  spräche  zur  reichsten  ent- 
faltung  des  ablauts,  wobei  der  dreiklang  i,  a,  u  eine  bedeutende 
rolle  spielt,  zeigt  uns,  dasz  eine  grosze  mengt  gleiches  Oiier  ähn- 
liches bedeutender  Wörter  zu  einander  in  ablautverhdltnis  stehn, 
wofür  angeführt  werden  mögen:  bimmeln,  bammeln,  bummeln; 
blabbcrn,  blubbern  br.wb.;  flickern,  flackern,  fluckern  br.wb.; 
flinkem,  flunkern;  gitter,  gatter;  gnistrrn,  gnastcrn;  hippcin, 
huppeln;  kibhcin,  kabbeln;  kistcn,  kasicn;  klicken,  klacken; 
klippern,  klappern;  klitschen,  klatschen;  knicken,  knnckcn; 
knickern,  knackern;  knirren,  knarren,  knurren;  knistern, 
knastern;  knitschcn,  knAtscheii,  knAtschen;  knittern,  knat- 
tern; kribbeln,  krabbeln;  kritzcn,  kratzen;  (|nikeii,  quacken 
br.wb.;  rimpeln,  rumpeln  runzeln  br.  wb. :  rippeln ,  rappeln, 
ruppeln  Reinwali)  1,  129.  Frommann  2,  tu2;  risch,  rasch; 
•cblicker- und  Schlackerwetter;  schlampe,  schlumpe ;  (cblipprr- 
und  srhiappermilch;  «rbnippen,  sclinappen;  schwippen, 
schwappen;  snicken,  snarken  scIUuchzen  br.  wb.;  snippsk, 
tnappsk  naseweis,  beuzig.  br.  wb.;   «ticbeln,  stacheln;  tippen, 


2009 


I 


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2010 


tappen;  titschen,  tatschen;  trippeln,  trappeln;  zwicken, 
zwacken. 

Ute  nun  viele  dieser  Wörter  auf  schallnarhahmung  beruhen,  so 
Kältet  doch  der  ablaut  vornehmlich  in  schallnachahmenden  inter- 
jectionen,  die  lebendig  gebraucht  mehr  gesprochen  als  geschrieben 
«erden ;  so  ßr  den  glockenklang  in  bim !  bam !  bum !  die  kinder 
singen: 

bimbam  bämbau 

die  glocke  läutet  zu  Spandau.    Siirock  kinderb.  70; 

bum  bam, 

die  glock  ist  krank.    87; 

vgl.  Garg.  93'  {Seh.  163) :  da  giengen  die  glocken  an :  prini ! 
pram  I ;  ßr  den  schall  eines  brechenden  dinges :  krick !  krack ! 
GöTHE  14,  2*il ;  fines  auffallenden  :  klipp  I  klapp!;  vom  schusz: 
piff!  paff!  puff! ;  vom  schlag  auf  nasses  oder  weiches :  pifsch{e)! 
patsch(c)!  Bebnd  d.  spr.  in  F.  210,  vgl.  Fromm.  2,236;  ßr 
das  geräusch  von  sloffen,  die  eilig  zusammengerafft  und  weg- 
gerissen werden:  ripsl  raps!  br.wb.;  Rädleis  74l';  auch  grips! 
graps!  Fromm.  5,460;  die  zerrissen  werden:  ritsch!  ratsch! 
oder  riz!  raz!  Bernd  235;  für  das  geklapper  der  holzschuhe: 
scbnip !  gchnap !  Bbast  narrensch.  44, 10 ;  ßir  den  sehlag  der 
uhr :  tick!  tack!;  für  die  gebrochene  Hnie  des  bläzstrahls:  zick! 
lack!   WiELASD  {beleg  bei  Campe). 

Sie  wachsen  aber  auch  zu  einem  worte  zusammen  (manche  sind 
selbständig  gar  nicht  nachzuweisen),  das  dann,  zwischen  inter- 
jection  und  Substantiv  die  mitte  haltend,  thcUs  collectirbegri/fe 
bezeichnet,  wie:  fixfax  gaukelei,  blendwerk;  grigelgragel  undeut- 
liches gemurmel  br.  üb.;  klinipcrklamper  geklimper ;  kiingklang 
gekiinge,  yklingel;  klippklapp  eintöniges  geklapper ;  klitschklatsch 
geschwäti,  klatsch;  krikelkrakel  schlechtes  ge schreibe ;  krims- 
krams  gerümpet,  geschwätz;  mischmasch,  miskmask  gfmwfA 
br.  wb.;  pinkepank  gehdmmer  br.  wb.;  piterpater  geplapper 
br.wb.;  quitschqiiatsch  yinn/ose  trorte;  srngsang  gesingt ;  snick- 
snack  geschwätz ;  visevase  =  snicksnack /»r.  «r6.  1, 397 ;  Wirrwarr 
gewirre;  wischwasch,  Wischiwaschi  gewäsch,  geschwätz  Bernd 
354;  theils  personen,  thiere,  gegenstände,  z.b.  raeister  fickfack 
der  henker  {s.  3,1619);  gigäk  die  gans  Fromm.  2,415,  aber  auch 
die  langgewachsene  person  Hegel  riihl.  m.  194  [vgl.  weder  gicks 
noch  gacks  wissen.  Stieler,  Radlein  ;  (wir)  niügen  weder  guck 
noch  gack.  Mürner  schelmenz.  (nss)  82];  und  die  im  br.  wb. 
verzeichneten:  hiraphamp  gebrechtiches  vßerkzeug;  hinkhank  der 
unentschlossene;  nisenase  der  naseweis;  pinkepank  tier  5cAmid( ; 
quiksquaks  der  lebhafte,  wankelmüihige ;  slikslak  der  piauder' 
hafte;  zieskezaaske  die  schmeichelnde,  tändelhafle  u.  a.  auch 
an  so  gebildeten  verben  fehlt  es  nicht,  abgesehen  von  denen  die 
einzelnen  der  genannten  substantiva  zur  seile  stehen,  wie  hink- 
hanken,  nisenasen,  findet  sich  z.  b.  gripsgrapsen  an  sich  reiszen; 
nirtnarren  narren;  piikplacken  wiederholentlich  nicht  zusammen 
schieszen  {vom  unregelmdszigen  salvenfeuer  der  Soldaten);  snirt- 
snarten  oft  farzen;  tirtarren  unaufhörlich  necken;  wigelwageln 
hin  und  herschwanken,  u.  a.,  alle  im  br.  wb. 

Endlich  aber  waltet  das  in  rede  siehende  ablautrerhdltnis  in 
Spielnamen  und  kinderreimen.  ein  bretspiel  mit  würfeln,  das 
französische  trictrac,  hiesz  dickedak ,  dickedäcket  {s.  2,1079); 
klipklap  spielen  verzeichnet  Scdottel  1W6 ;  ein  kartenspiel  snip- 
snapsnur  wird  im  br.  wb.  4, SSI  beschrieben;  und  im  einklang 
mit  dem  kinderspielreim  (Fromma.n'«  2,230): 

pinka,  panka, 
Schmidt  is  kranka  .  .  . 

schreibt  Bechereh  neice  thür.  cAron.  (l60l)  4S2 :  {als  beide  grafen) 
von  Münzer  selber  gar  spitzige  drauwbriefe  empfangen  hatten, 
dasz  er  sie  mit  seinen  bauren  besuchen  und  pinck  panck  auf 
Nimrods  ambosz,  das  ist,  der  grafen  köpfe  spielen  weite, 
wollen  sie  im  zuvorkommen. 

Für  die  kmderreime  genügt  es  au/"  Simroci  zu  verweisen,  in 
seinem  kinderbuch  wimmelt  es  von:  bickebackeneie,  billi  balli, 
dippe  dappe,  fimmelti  fammelti,  hicke  hacke,  lirum  larum, 
risthe  rasche,  sige  sage,  tri  tra  Irull  u.  dgl.  m. 

II.  Langes  i. 

A'ur  in  vereinulten  fällen  ist  unser  langes  i  fortsetzung  des 
mhd.  ahd.  \,  welches  spurweitt  bereits  im  12.  jahrh.,  wenn  nicht 
früher,  und  zwar  zuerst  auf  steieriuh-österreiehischem  gebiet,  bald 
nuch  in  Baiern  als  kurzes  i  mit  einem  dem  a  sich  nähernden, 
unsicher,  ob  vor-  oder  nachschlagenden  laute  gesprochen  wurde 
und  demgemäsi  in  hss.  bald  durch  ie,  bald  durch  ei  oder  ei 
geUiben  wird  (rcr//.  ////.  centralbl.  1S6S,  977/7.).  allmählich  aber 
setUe  für  diese  diphthongisclie  auftösung  des  \,  nachdem  der  früher 
unbestimmte   beilaut   deutlicher  geworden  war  und   als   e  vor  i 


erklang,  die  Schreibung  ei  sich  fest  (vgl.  Screrer  i.  GDS.  27), 
woneben  freilich  noch  in  der  zweiten  hälfle  des  13.  jahrh.  das  \ 
bei  baieristh-österreichischen  dichtem  stand  hielt,  während  in  den 
Urkunden  dieser  zeit  der  neue  vocal  schon  regel  ist,  ohne  doch  i 
ganz  verdrängen  zu  können;  vgl.  Weinhold  bair.  gr.  §  7S.  so 
in  die  werdende  reichssprache  dringend  verschaffte  sich  der  neue 
vocal  nebst  andern  Veränderungen  im  vocalismus  durch  den  ein- 
fiusz  der  böhmischen  hof-  und  kanzleisprache  schon  im  14.  und 
beginnenden  15.  jh.  auch  in  Schriftwerken  mitteldeutscher  land- 
schaften  östlich  der  Elbe  'geltung,  während  gleichzeitig  im  west- 
lichen Müteldeutscidand  der  alte  landübliche  vocalismus,  also  auch 
i,  die  herschaft  behielt  {vergl.  MClle.shoff  u.  Scherer  denkm.^ 
vorr.  XXIX  ff.),  gleichwohl  drang  auch  in  diesen  gegenden  der 
neue  vocal  frühzeitiger  durch  als  es  auf  alemannischem  gebiet  der 
fall  war.  wie  spät  er  hier  in  die  Schriftsprache  allgemein  auf- 
nähme fand,  lehrt  Weishold  alem.  gr.  §  57.99.131.  Luthers 
geläutertes  mitteldeutsch,  an  die  vorhandene  spräche  der  knrsäch- 
sischen,  der  kaiserlichen  kanzlei  sich  anlehnend,  verdrängte  endlich 
alles  dialectische  aus  litteratur  und  schriftgebrauch,  mithin  auch 
das  alte  i,  das  doch  in  den  meisten  deutschen  mundarten  fortlebt 
und  bald  mit  gröszerer  bald  geringerer  consequenz  vom  vdke 
gesprochen  wird. 

Fehlt  also  unserer  Schriftsprache  ein  'organisches'  \ ,  so  hat 
sie  1)  durch  dehnung  der  mhd.  kürze  sich  die  länge  geschaffen. 
2)  Jie  hat  das  i,  welches  als  Verengung  des  diphthongen  ie  in 
mitteldeutschen  denkmälern  aus  dem  ende  des  11.,  an  fang  des 
n.jh.,  derartig  dasz  dinün,  hilt,  vir,  w5  u.a.  /«r  dienön,  hielt, 
vier,  wie  geschrieben  wird,  auftaucht  und  bis  auf  Luthers  zeit, 
der  selbst  z.  b.  noch  hilt  ftir  hielt  sehrieb,  ßrs  mitteldeutsche 
charakteristisch  ist,  in  Mittel-  und  Norddeutschland  dem  laut  nach 
bewahrt,  während  die  schrift  es  seinem  Ursprung  und  der  süd- 
deutschen ausspräche  gemäsz  diphthongisch  behandelt,  es  durch  ie 
bezeichnet.  3)  ähnlich  verfährt  die  spräche  mit  demjenigen  ie,  das 
schon  früh  im  ahd.  ßr  kurzes  i  sich  hier  und  da  einstellt  {vgl. 
Weinhold  alem.  gr.  §  63),  besonders  aber  in  gedickten  des  n.jh., 
denen  eine  gewisse  neigung  zum  nd.  dialect  beizulegen  ist  {vgl. 
gr.  i',  163).  erscheint,  in  der  mhd.  kunstsprache  nur  ausnahms- 
weise platz  findet,  dagegen  im  mitteldeutschen  mehr  und  mehr 
räum  geuinnt  und  von  hier  aus  ins  nhd.  gekommen  ist.  es  wird 
als  einfache  länge  behandelt,  'unzerzogen,  wie  Logad  in  der  vor- 
rede zum  dritten  tausend  seiner  Sinngedichte  sich  ausdrückt,  aus- 
gesprochen, auch  im  Süden  nicht  anders  {vgl.  Scbmid  schwäb. 
wb.  297),  aber  ie  geschrieben. 

Demnächst  ist  an  beispielen  zu  zeigen,  wie  der  Ursprung  unseres 
langen  ilautes  und  seine  schriftliche  wiedergäbe  durch  i,  ih,  ie,  ieh 
sich  XU  einander  verhalten. 

1)  einfaches  i  empfangen 

a)ßrmhd.  i:  bxherfiber;  d\r  tibi;  ige]  erinaceus ;  mirmtAi; 
wider  contra;  wir  nos.  auszerdem  zum  theil  schon  im  mhd.  vor- 
handene fremdwörter,  wie  bibel  biblia;  bisam  moschus;  liLel 
abecedarium;  fiber  fibra;  mime  mimus;  mine  cuniculus  u.a. 

h)  ßr  mhd.  5 :  die  mit  win,  mhd.  win  (wine)  amicus,  zusam- 
mengesetzten eigennamen,  wie  Alwin,  Edwin,  Ortwin  u.  dergi; 
auch  andere,  z.  b.  Isegrim,  Wigand. 

2)  dehnendes  ih,  von  noch  geringerem  umfang,  erhalten  für 
mhd.  i :  ihm  ei;  ihn  eum;  ihnen  üs;  ihr  ei,  vos,  suus. 

3)  ie  erhalten 

a)  ßr  mhd.  i  (ein  seltener  fall) :  versiegen  exarescert,  woneben 
Stieler  1661  allein  zu  erwartendes  verseigen  verzeichnet  (Ver- 
mischung mit  siech,  siechen  seheint  versiegen  durchgesetzt  zu 
haben);  friedhof  coemeterium,  wohl  auf  friede  pax  gedeutet, 
wättrend  golh.  freidjan  schonen,  ahd.  vriten  ut  delicias  fovere  zu 
gründe  liegt  (s.  4*,  123),  dessen  \  sich  in  dem  zustimmenden  eigen- 
namen Freithof  regelrecht  aufgelöst  hat. 

b)  ßr  mhd.  i  (md.  ie):  bieder  probus;  biene  apis;  gebiert 
parit;  bliebe  remaneret;  gediegen  solidus;  diele  asser;  dieser 
Itic;  fiedel  fidula;  gefieder  pluma;  friede  pax;  giebel  sum- 
mitas;  gier  eupido;  glied  membrum;  kiel  caulis  pennae;  kiel 
Zwiebel  des  lauches;  kies  arena;  kiesel  calculus;  augenlied 
ptdpebra;  lieferblut  <T«or  coagxäatus  (vgl.  Lessi.sc  8,299);  liegen 
jacere;  liesest  legis;  miede  caveret;  nieder  deorsum;  riebe 
fricaret;  riege  series,  ordo;  riegel  pessulus;  riese  gigas;  ge- 
schieht fit;  schiel  limis  spectans ;  schiene  lueeret;  schiene  ocrea; 
schnüede  officina  ferraria ;  schmieden  rudere;  schriebe  imiere/; 
schwiege  loreret ;  Schwiegermutter  xocnw;  sieb  criftrum ;  sieben 
eribrare;  sieben  Septem;  üeic\n  se dem  parare,  habere ;  einsiedler 
eremita;  sieg  victoria;  siepel  sigillum ;  siegeln  %nare;  siegen 
vincere;  sieht  fi</e/ ;  spi<'l/i<'fi<«,   spielen /««/ere;  gespiel  joctui; 


2011 


I 


I 


2012 


spiesz  veru;  Stiefel  ocrea;  stiege  scanderet;  Stieglitz  carduelis; 
stiel  caulis,  manuhrium;  Striegel  strigilis;  trieb  ifiifmlfio;  triebe 
ageret;  vich  peciis;  viel  mu//Km;  wiebel  curculio  granarius ; 
wiedc  ligntim  lorttim ;  Wiedehopf  upupa ;  wieder  i/<THm;  wiege 
pendo;  wiege  ctinae ;  wiegen  cunas  movere;  langwierig  longin- 
quus ;  wiese  pratum;  wiesei  mustela;  Ungeziefer  bcstiolae  graves; 
ziege  capra;  ziegcr  jerarium;  ziel  sropiis;  zielen  collineare ; 
ziemt  deref;  ziemer  tergum  eerri;  ziemlicli  modiats;  zwie-,  in 
zwiefach  rfi/p/ex  h.  a. ;  zwiebel  cepuUa ;  zwiesel  fiirca. 

r)  ßr  mild,  i,  d.  h.  scheinbar  ßtr  inhd.  ei  (i-),  welches  noch 
im  allem  vhd.,  z.  b.  bei  Lütheh,  stand  iiehallen  halle,  die  prae- 
terila:  blieb  mansil,  nthd.  beleij»;  gedieh  profecit,  mhd.  gedech ; 
lieh  multtatus  esl,  mhd.  Uch;  mied  carit,  mhd.  meit ;  rieb 
fricuit,  mhd.  reip;  schien  luxil,  mhd.  schein;  schrie  clamaril, 
mhd.  schrei,  schre ;  schrieb  scripsit,  mhd.  schreip;  schwieg 
taeuit,  mhd.  sweic ;  spie  spuit,  mhd.  spei,  spfe ;  trieb  egil,  mhd. 
treip;  verwies  obietit,  mhd.  verwei/^;  zieh  arguil,  vihd.  zecii. 
bei  allen  diesen  drang  das  kurze  mhd.  i  des  plur.  praet.  {vgl. 
biiben,  schinen  u.s.ie),  nhd.  zu  i  gedehnt  und  durch  ie  be- 
zeichnet, in  den  sing,  praet.  und  stellte  sich  an  den  platz  des 
alten  ei  (e) ;  wie  ja  überall  in  der  heutigen  spräche  im  sing, 
und  plur.  praet.  der  starken  verba,  mit  ausnähme  von  werden, 
gleicher  vocal  in  der  Stammsilbe  angetroffen  wird,  gewöhnlich  aber 
der  vncal  des  sing,  praet.  den  des  plur.  verdrängt  hat. 

d)  für  mhd.  ie,  und  zwar 

a)  für  'gebrochenes'  mhd.  ie  (mtf.  i)  =  ahd.  ie,  io  (ia),  iu: 
biegen  fleclere;  hier  cerevisia;  bieten  offeire ;  dieb /"«r;  dienen 
serrire;  dienst  servitus;  Dietrich;  verdrieszen  pigere;  fliege 
«iMsro;  fliegen  volare;  fliehen  fugere ;  flieszen  fluere;  friedel 
amator;  frieren  frigere ;  gieszen  fundere;  griesz  sabulum;  kiel 
navis;  kiesen  eligere;  knie  genu;  kriechen  repere ;  lieb  carus, 
gratus;  liebe  amo,  amor;  Med  Carmen;  verlieren  perdere ;  nierc 
ren;  niesen  sternutare ;  niel  clavulus;  nieten  clavulo  figerc ; 
genieszen  uli;  nieszbrauch  usus;  pfrieme  subula;  riechen  olere, 
odorari;  riemen  lorum;  riet  carex ;  schieben  trudere ;  schier 
mox;  scbieszen  jaculari;  schlieszcn  claudere;  schmiegen  con- 
trahere;  s\ech  aegrotus ;  s\eden  coquere ;  spiesz /lasJa ;  sprieszen 
pullulare ;  stieben  ptdverem  suscilare;  slief  privignus;  stier 
tatirus;  tief  profundus;  tier  bestia;  triefen  stillare;  zieche  stra- 
gulum;  ziehen  trahere;  zierde  decus.  an  umfang  hat  dieses  ie 
im  nhd.  dadurch  gewonnen,  dasz  bei  den  hierher  fallenden  starken 
Verben  die  brechung  auch  in  den  sing,  praes.  ind.  und  imperat. 
eindrang,     sagte  man  mhd. : 

sg.  biute  bintest  biulet,  pl  bieten  bietet  bietent,  imp.  biut, 
so  lauten  die  nhd.  formen : 

biete  bietest  bietet,       bieten  bietet  bieten,       biete. 

ß)  für  mhd.  ie,  welches  auf  ahd.  thäls  aus  altem  6  (e)  hervor- 
gegangenen ea,  ia,  ie,  theils  altem  eo  ent.tprungenen  io  (iu),  ie 
beruht,  die  ursprünglich  reduplicierten  practerita :  blies /Zai-t,  briet 
assavi;  fiel  cecidi;  fieng  cepi;  gieng  ivi;  hieb  eecidi;  hielt 
tenui;  hieng  pependi;  lief  cucurri;  iicsz  sivi;  rief  vocavi;  rieth 
eontului;  schied  teparavi;  schlief  dormivi;  sticsz  tiitudi. 

y)  für  mhd.  ie  in  fremdwörtern  die  folgenden:  brief  lit- 
lerae,  ahd.  briaf,  l(ü.  breve;  fieher,  ahd.  llebar,  lal.  febris; 
Grieche,  ahd.  Crfeh,  Creah,  Kriach,  Kriecho,  lat.  Graecus; 
priester,  ahd.  prßstaf,  priestar,  altfranz.  prov.  prestre;  spiegel, 
aiid.  spiagal ,  lal.  speculum ;  ziegel ,  alid.  zcagal ,  ziagal ,  lal. 
tegula.  die  ahd.  formen  zeigen,  dasz  hier  dieselbe  außüsuug 
einet  ursprünglichen  e  wie  in  den  unter  ß  aufgeführten  prae- 
tenlit  vorliegt,  auf  die  quantUät  des  fremden  e  ward  hei  der 
herübernahme  keine  rücksiciu  genommen,  im  romanischen  dieselbe 
auflüiung,  vgl.  fr.  brief,  liivre ;   it.  brieve ;  sp.  liehre,  Griego. 

8)  für  mhd.  ie  — » ahd.  *  (e) :  hier  hie,  golh.  iii'r,  ahd.  hfr, 
bear,  hiar,  hier  (hir  Tat.  91,2);  mielhc  merces,  ahd.  mfita, 
meata,  miala.  auch  hier  hat  sich  aupösung  eines  alten  c  ereignet, 
dessen  quantitdl  im  ahd.,  wenn  man  die  alts.  ags.  fries.  formen 
beider  Wörter  ver>jleicht,  nicht  festzustellen  ist. 

i)  für  mhd.  ie  =  aW.  io,  eo:  nie  nunguam,  ahd.  nio,  neo 
(nifeo),  allt.  nfo,  nio,  golh.  ni  aiv;  wie  quomodo,  ahd.  «uio, 
hnueo,  uueo  (uaito),  aUt.  bwiu,  bweo,  hwl,  vgl.  goth.  hvaivs 
vnd  hfi. 

C)  für  mhd.  ie  »  golh.  i-ti:    vier  quattuor,   ahd.  Rot,  golh, 

t)  ßr  mhd.  iu,  ahd.  iu:  die  haec  (fem.  u.  neutr.);  »ie  ea 
(fem.  u.  neutr.).  ßr  mhd.  ie,  ahd.  ia,  i4,  iö :  die  hane,  hi, 
lue;  «ie  e<im,  n,  eae. 

fi  für  mhd.  iie  (uo) :  micder  thorax.  wie  tieh  in  diesem  fall 
e  ßr  mhd.  Oe  ftttgeteM  hat,    so    finM  urh  im   i:,.   ic.  jahrh. 


tielfach:  fiegen  ßtr  mhd.  vücgen ,  fieren  /Vir  viieren,  gietlich 
für  güetlich,  bieten  für  hiieten,  mieszen  für  miiei^en,  mieszig- 
keit  für  miiejecheit,  schliege  für  sliiege,  sie«z  für  siieje,  und 
viele  andere. 

g)  für  mhd.  ahd.  ei  in  leif,  leip,  leib  *reliqiiine,  progenies' : 
die  damit  zusammengesetzten  eigennamen,  wie  Hictlieb.  mhd. 
Dietleip;  Friedlieb,  niM.  Fridleip  (ßi/fro//' 5073) ;  Örtlich,  ahd. 
Orlleip.  dasz  der  zweite  bestandtheil  dieser  namen  frfthzeittg 
nicht  mehr  verstanden,  daher  umgedeutet  und  durch  lieh  'carus' 
ersetzt  wurde,  lehrt  auszer  Orllicp  in  den  Nibelungen  und  Fri- 
doJiep  bei  Neiduart  39,20  der  name  Itundiicb  im  Eckenliede 
S2,  6  und  dem  lat.  ged.  des  11.  jahrh.,  wofür  in  der  Tliidrekssaga 
des  Vi.  jahrh.  cap.  40  Hoseleif,  Hozcleif,  Itutseleif  (=  altnord. 
Hrödslcifr?)  steht. 

h)  zahlreiche  auf  ie  auslautende ,  dem  französischen  entlehnte 
substantiva,  wofür  beispiele  zu  geben  nicht  nöthig  scheint. 

4)  ieb  erhalten  für  mlitl.  (md.)  i:  befiehlst  jubes,  befiehlt 
Jubel;  einpfiehisl  commendas,  empfiehlt  commendat;  stiehlst 
furaris,  stiehlt  furatur. 

B.  Verhältnis  des  i  zum  j.     hierüber  wird  unter  j  gesprochen. 

C.  Das  schrißzcichen. 

In  den  runrnalphabelen  wird  kürze  wie  länge  des  Uautes  durch 
I  bezeichnet,  der  Guthe  Vulfila,  bei  seiner  schrißerfindung  theils 
an  die  runen  theils  an  die  griechische  und  lateini.sche  schrift- 
entirickelung  anknüpfend,  gibt  die  kürze  durch  I,  die  lange  nach 
der  gi-iechischen  diphthongischen  Schreibung  durch  61,  denn  ei 
wie  i  auszusprechen  war  damals  in  Grieclienlind  längst  allgemein 
üblich,  nicht  minder  beruht  es  auf  griechischem  torhild ,  iceiifi 
anlautendes  oder  silbenbeginnendes  oder  zwischen  vocalen  stehendes 
i  in  den  gothischen  handschrißen  zwei  puncte  erhält:  I.  da 
schon  in  der  ältesten  griechischen  uncinlscliriß  iota  auch  mit 
diesen  diakritischen  punclen  bald  selten  bald  häufiger  versehen 
wird,  welche  nicht  diärelisch  sind,  auch  wenn  sie  häufiger  da 
vorkommen,  wo  iota  zwischen  vocalen  steht,  vgl.  Wattehbacb 
anl.  2.  griech.  pal.,  autogr.  11. 

Die  lateinisch  redende  und  schreibende  kirche  brachte  uns  mit 
dem  christenthum  und  der  römischen  cultur  die  lateinische  schnß. 
rücksichtlich  des  izeichens  und  seiner  behandlung  sei  hier  nur 
soviel  bemerkt,  dasz  es  in  der  majuskel  bald  beibehalten :  I,  bald 
nach  oben  verlängert,  bald  unter  die  zeile  nach  links  sich  krüm- 
mend gezogen  wurde  tnid  in  dieser  gestalt,  jedoch  noch  ge- 
schwungener und  sonst  verändert,  zur  heieichnung  des  i~  wie 
des  jodlautes,  welcher  letztere  heute  zur  Unterscheidung  von  I 
durch  i  bezeichnet  wird,  in  die  druckschiiß  übergieng  und  endlich 
die  gestalt  3  erhielt. 

Was  die  minuskel  beiriß,  so  ward  das  i  bis  zum  11.  jahrh. 
ohne  bestrichelung  oder  puncticrunq  geschrieben,  erst  damals  be- 
gann man  zusammentreffende  istriche  mit  accenten  zu  bezeichnen, 
um  Verwechselungen  vorzubeugen  •  li,  tn.  uf.  ein  frühes  bei- 
spicl  dafür  gewähren  die  genetive  brmifacii,  antonii,  cnnii  in  der 
im  königl.  archive  zu  Berlin  befindlichen  hs.  der  Freckenhorster 
lieberolle;  vgl.  Heyne  kl.  altniederd.  denkm.'9.  schon  im  12.  jA. 
erscheint  das  strichlein  zuweilen  auch  über  dem  einzelnen  i,  da- 
neben aber  kommen  immer  noch  i  ohne  bestrichelung  häufig  vor 
und  nicht  selten  sind  vi  älteren  liss.  dergleichen  striche  sfxiter 
nachgetragen  worden.  aus  dem  strithlein  ward  weiterhin  der 
längst  übliche  puncl,  doch  finden  sich  puncte  über  dem  i,  wie 
Wattenbach  anl.  zur  lat.  pal.,  atUogr.  i>  bemerkt ,  wohl  kaum 
vor  1350. 

i,  dem  der  punct,  das  'ttipfchen'  fehlt,  ist  uns  ein  bedeutungs- 
loser strich,  erst  durch  punctierung  wird  es  ein  buchstab,  etwas 
wirkliches,  iiantes  und  pflegt  daher  in  bildlicher  rede  jenachdem 
auf  mangelhap.es  oder  vollständiges,  vollendetes  bezogen  zu  werden : 
der  Sonnenschein  hob  die  localfarben  blendend  hervor,  und 
die  Schattenseiten  waren  so  licht ,  dasz  sie  verhaltnismüszig 
wieder  zu  lichtem  hiltfcn  dienen  kennen,  ein  gleiches  galt 
von  den  Widerscheinen  des  meergrilncn  wasscrs.  alles  war 
hell  in  bell  gemahlt,  so  dasz  die  schiinmenile  welle  und  die 
blitzlichlcr  darauf  nöthig  waren ,  inn  die  tflpfchen  aufs  i  zu 
setzen.  Göthe  21,135;  I-udwig  Philipp  kokettierte  mit  dem 
btirgerlicin'n  oberrock  und  dem  ffnveruu'idlichen  regenscbirme, 
damit  bei  »einem  'bOrgerkönigibume'  auch  das  tüpfcichen  auf 
dem  i  nicht  fehle.  Rieiii.  bürgert,  gts.  (isttl)  249;  Homunculus 
in  GOthet  Faust  (41,  lll.  Hempel  13,74)  strebt,  ein  gedanke,  nark 
vrrwirklichung,  letblichkeit.  gamheit  und  tagt  daher  heim  scheiden 
tu  Wagner: 

Indennen  irli  ein  mfickrhi-n  well  durrhwindr«, 
enUaok  Ich  wqI  ilai  Uiprchan  aiit  dks  i. 


2013 


I 


I 


2014 


I,  IH,  IE,  Y,  YE.  die  aufstellung  dieser  mit  ei  sich  berüh- 
renden, im  plattdeutschen  überall  dafür  eintretenden  interjection 
{gr.  3,  301)  unrd  durch  den  umstand  erschwert,  das:  unsere  soge- 
nannte deutsche  druckscbrifl  l  und  J  nicht  zu  unterscheiden  vermag. 
CS  bleibt  daher  nicht  selten  zueifclhaß,  ob  3c  als  langes  i  oder 
als  je  :u  fassen  ist,  uelches  letztere  Iheils  aus  der  diphthongischen 
Schreibung  der  iulerjeclion  durch  Verlegung  des  tons  von  i  auf 
e  sich  entwickeln  konnte  (Steixbacu  l,  sOS  hält  diese  ausspräche 
"  des  ie  für  sächsisch) ,  theils  aber  auch  als  geschwäcläes  ja  auf- 
gefaszt  werden  kann.  s.  das  erste  je.  besonders  tritt  diese  un- 
sicherlieit  ein,  sobald  die  interjection  sich  mit  nun  verbindet,  wo 
dann  i  nun,  je  nun,  ja  nun  in  ihrer  bedeutung  sich 'nahe 
berühren  oder  zusammenfallen. 

Vieldeutig  wie  ei,  doch  mehr  der  niederen  rede  als  der  Schrift- 
sprache angehörend,  wird  i  voti  den  älteren  lexicographen  und 
gramm'jtikern ,  soweit  sie  es  überhaupt  aufstellen ,  verschieden 
erklärt,  bei  Diefenbacu  197*  entspricht  es  lat.  eia,  Maal£B  509' 
verzeichnet  y  als  'indignantis  particula',  Schottel  b67,  wo  man 
es  antreffen  sollte,  fuhrt  es  niclU  auf,  Stieleb  SS3  nur  nebenbei 
in  Verbindung  mit  freilich:  ie  freilich  ''maxime'.  auch  bei 
IUdleir  und  Fbiscu  fehlt  die  interjection,  dagegen  gibt  ihr 
Stei.nbacu  1,  SOI  die  bedeulung  des  lat.  eheu,  hem  und  führt  als 
beispiel  an:  ie!  das  halte  ich  nicht  gemeint  ^hem!  hoc  non 
putassem'. 

Mhd.  scheint  \,  obwM  belege  kaum  vorhanden  sind,  ausdrücke 
des  Unwillens  und  der  Verwunderung  gesteigert  zu  haben,  darauf 
deutet  eine  stelle  bei  Hcco  v.  Tbimberg  : 

swer  aller  spräclie  kraft  ^il  haben, 

der  merke  mit  vli^e  fünf  puochstabeo. 

die  sint  so  wirdic  und  so  sthi'ene 

daj  alle  wort  und  aller  gedcene 

nach  in  gestimmet  müeje  sin, 

des  heilet  mau  sie  die  stimmerio. 

a  hebt  und  endet  des  mannes  lebeu, 

e  dem  wibes  uamen  ist  gegeben, 

i  iraizes  (troites)  und  auch  wunder«  pfligt, 

u  von  im  selber  niht  vil  wigt, 

0  schricket,  ruofet,  wünschet,  wundert.    Renner  221S8. 

demgemäsi  wendet  Gotifbieo  t.  Stbaszbdrg  unwilliges,  verwun- 
derndes \  in  der  frage  an: 

Tristan  sprach  'merzi  (gnade),  bele  Isöt!' 

'i,  übeler  man',  sprach  Isöt,  'i, 

unde  Torderst  du  merzi? 

meni  gebaret  niht  ze  dir'.    Trislan  10206. 

Nhd.  findet  die  interjection  dieselbe  Verwendung,  doch  färbt  sie 
dabei  in  mannigfaltiger  abstufung  bald  entschiedener  bald  leiser 
den  gedanken  und  wird,  was  ihren  gebrauch  betriß,  in  folgenden 
fällen  und  lagen  angetroffen. 

1)  gern  tritt  i  tor  den  vocativ,  um  den  anruf  hervorzuheben: 
i  lieber  goitl  i  du  gerechter  himinel!;  ie  du  diebischer  köpf! 
hast  du  den  dreck  denn  gar  müssen  vergessen?  A.  Gbypbids 
Pel.  Squ.  IT;  ie  du  tauseud-engel,  machstu  meinen  heutigen 
träum  waiir?  Cub.  Weiss  polit.  redn.  (1679)  359;  Jud.  ie  du 
schöner  eidam!  Phil,  ie  du  freundlicher  Schwiegervater!  maul- 
affe  43;  ie  herze  frau  gevatlerin,  v»er  v^ird  sich  denn  flugs 
darauf  besinnen?  Schlampampe  krankh.  u.  lod  (1696)  2;  ie  du 
einfältiger  tropf,  vvilstu  mir  nichts  mehr  sagen?  51 ;  ie  Anton, 
Anton,  das  ist  ja  eben  der  brief  aus  Berlin,  weichen  ich 
erwarte.  Lessi.ng  1,296;  ie  Peter,  so  könntest  du  uns  einen 
groszen  dienst  thun.  2,394;  ie  du  verdammter  hundsfott  von 
einem  poeten !  2, 406 ;  Laura,  ie  herr  vater  —  Wumsh.  ie 
Jungfer  tochter,  schvseig  sie  doch!  1,379;  ie  herr  vvirth,  wen 
bringen  sie  uns  demi  da?  1,539  (Minna  v.  Barnh.  2,8);  ie 
mann,  sagt  ich,  sei  doch  nicht  arg !  Miller  S/ejtr.  1,45.  auch 
kann  der  ausruf  über  driUe personen  ein  solches  i  erhalten:  i  der 
seltsame  mann!;  Schlamp,  (meine  töchter)  sprechen,  sie  müssen 
Vielehe  von  adel  sein,  und  sollen  sie  kein  hembde  auf  dem 
leibe  behalten.  CamiU.  ie  die  närrische  dinger!  Schlampampe 
kiankh.  u.  tod  10. 

2)  vermöge  der  analogie  zwischen  vocativ  und  imperativ  tritt 
auch  vor  den  letztem  die  interjecliou,  mitunter  von  so  begleitet: 
y  lasz  dir  dz  schnöd  galt  (geld)  nit  so  lieh  sein!  Maaler  509'; 
ie  sich  (sieh)  doch!  es  verlohnte  sich  . .  Ch«.  Weise  er;n.  22s ; 
ie  fahre,  galgenvogel,  fahre  und  schmeisz  da  ehrlicher  leute 
kinder    um!  Schlampampe  leben  95; 

st!  siebst  du.  sprach  das  licht,  dort  die  raquete  steigen? 

ie  denk»  doch!  ie  wie  hoch!  wahrhaftig,  das  laszi  schön! 

Stopp«  neue  fabeln  (1740J  1,  87 . 
0.  u.  F.  kost  ihn  (den  wein)  selbst!  Sl.  ie  reicht  nur  her! 
Götter  3,  4^5;  ie  so  gehe  und  komme  oiir  nimmermehr  vor 


meine  äugen  wieder,  du  gottloses  kind !  Schlamp,  kr.  u.  tod  21 ; 
ie  so  zweifle,  du  verzweifelter  Zweifler!  Lessing  1,493.  und 
ebenso  kann  i  vor  den  optativ  treten:  y  behüt  uns  got!  waj 
sagen  ir  nun?  Llenspiegel  (Läpp.)  133. 

3)  alle  fragwOrler  können  denselben  nachdruck  erhallen :  i  wer 
kommt  uns  da  entgegen?;  i  wer  wiids  denn  dem  auf  die 
nase  binden?  Kotzebce  dram.  sp.  2,51;  i  was  soll  ich  dir 
mehr  sagen,  potz  schlapperment!  neue  zeäung  i;on  Beriin  (1614), 
s.  histor.  genealog.  kalender  (lS2l)  18;  ie  was  zum  henker?  bistu 
es  denn  oder  bist  du  es  nicht?  Schlampampe  kr.  u.  lod  25; 
ie  was  schadet  es,  wenn  er  auch  was  schuldig  ist?  Lessinc 
2,402;  ie!  sprach  sein  freund,  was  fehlt  dir?  Göckingk  2,204; 
i  warum  nicht  gar?;  ie  wie  so?  ie  wie  denn  so?  Schlampampe 
leb.  96;  mir?  ie  wofür  denn?  hab  iohs  nicht  recht  gemacht? 
Götter  3,  323. 

Doch  wird  auch  ohne  diese  wörlcr  frage  und  ausruf  durch  i 
hervorgehoben  : 

ach  leben,  bistu  todt?  ie  kann  denn  gott  sich  enden, 
der  anfang  anfangslos,  das  end  ohn  end  und  wenden? 

Flemimg  12  (Läpp.  1,  24)  ; 
ihr  ganz  vergälltes  volk,  ihr  gar  verstockter  sinnen, 
noch  thierischer  als  thier,  ie  werdet  ihr  nur  küunen 
erkennen  eure  schuld?  13  (Läpp.  1,25); 

M.  LolL  verstehet  ihr  euch  aufs  calendermachen,  so  sehet 
doch,  ob  der  monde  scheinen  wird.  P.  ie  sollte  ich  das 
nicht  können!  lustig,  lustig,  ihr  herren!  der  mond  wird  gewiss 
scheinen ,  wenn  wir  spilen  werden.  A.  Grypbics  P.  Squenz  6 
(1,722);  ie  schämet  ihr  euch  denn  nicht  für  dem  könige?  23; 
ie  ist  das  nicht  eine  plappertasche,  die  Camille?  Schlampampe 
krankh.  u.  tod  4i;  ie  sollten  sie  denn  den  kleinen  mann  nicht 
kennen?  Lessing  1,255. 

4)  an  dieses  frage  und  ausruf-  begleitende  i  reiht  sich  das- 
jenige, welches  behauplungen,  berichtigungen,  Zugeständnissen,  be- 
kräßigungen  nachdruck  gibt:  i  ja  wohl,  das  ist  so!  i  das 
versteht  sich!;  der  junker  fragte  Hansen  ganz  ernstlich,  ob 
es  nicht  wahr  wäre?  ie  ja,  junker,  freilich  ist  es  wahr. 
gepflückte  finken  (1667)  281;  'das  buch  hat  den  Prinzessinnen 
recht  wohl  gefallen',  ie  ja!  das  buch  ist  ganz  gut.  Rabe:<es 
6,222;  Joh.  ein  atheist  ist  nichts  -Heiter,  als  ein  mensch, 
der  keinen  gott  glaubt.  Hart,  keinen  gott?  ie,  das  ist  ja 
noch  viel  ärger.  Lessing  1,413;  ie,  das  ist  ja  gar,  mit  ehren 
zu  melden,  ein  betneger.  1,496;  was?  was?  mein  vetter? 
ie,  dem  sein  schifif  ist  ja  untergegangen,  madame.  2,  3S4 ;  die 
frau  doctorin  und  ich  brachten  sie  in  einer  kutsche  nach 
hause?  'in  einer  kutsche!  warum?'  .  .  ie,  sie  lag  ja  in 
einer  Ohnmacht,  die  arme  frau!  Engel  (Lor.  Stark)  12,296; 
sie  scheinen,  lieber  freund,  den  sinn  meines  gedichts  (sagt  W.) 
gefaszt  zu  haben,  es  hat  sie  fast  zu  sehr  angegriffen,  nehmen 
sies  nicht  übel,  sagte  H.,  dasz  ich  meinen  emplTndungen  so 
freien  lauf  lasse,  i  (erwidert  W.),  es  ist  ja  auszerordentlich 
schmeichelhaft  für  mich!  Tieck  sehr.  15,239;  ie  da  hätte  ich 
mich  doch  zu  tode  geschämet !  Schlampampe  krankh.  u.  tod  b; 
Cxfr.  0,  mein  einig  zahn !  vertragen  wir  uns  lieber  in  der  gute 
mit  einander!  Sempron.  ie,  meinethalben!  was  haben  wir  auch 
sonsten  vor?  A.  Gbypbids  Horribilicr.  (1665)  84; 

erster  Jäger.  was?  der  blitz! 

das  ist  ja  die  Gustel  aus  Blasewitz. 
marketeiiderin.  i  freilich!  und  er  ist  wohl  gar,  musjö, 

der  lange  Peter  von  Itzehö?    Schuxk«  321*. 

Ebenso  aber  auch  ablehnungen  und  leugnungen: 
bistu  derjenig  geist,  der  hie  herumb  sol  sein, 
so  mach  dien  fluchs  (flugs)  von  mir  zur  tiefen  höll  hinein! 

echo.  ie  nein! 
Hanmakks  iimnerkunyen  199; 
'hm ! '  flel  ihr  jener  in  die  rede, 
'wenn  dirs  an  geld  gebricht'  — 
ie,  das  nicht!  doch  .  .  .    Göckingk  3,  83. 

ablehnunq  liegt  auch  in  den  formelhaßen  ellipsen:  i  bewahre! 
i  behüte!  i  lieber  gar!,  und  ironisch  zu  nehmen  ist:  i  das  wäre 
schön !  ==  das  könnte  mir  gefallen,  daraus  wird  nichts !  oder 
auf  fragen  wie:  du  meinst,  ich  würde  morgen  damit  fertig? 
die  anlwort  i  ja  doch!  =>  keineswegs,  das  ist  gar  nicht 
möglich! 

5)  besonders  wirksam  leüet  unwilliges  i  Verwünschungen  und 
fluche  ein:  i  zum  dotinerwetter!  i  hols  der  teufel!;  ie  der 
verfluchte  brief!  Lessing  t,t>';  ie  verflucht!  2,389;  ie  ver- 
flucht! schrie  er,  wenn  hat  jemals  eine  fee  diejenigen,  die 
sie  in  ihren  schütz  genommen  hat,  .  .  halb  todl  prügeln 
lassen?  Wiela.-id  12,14;  ie  zum  henker I  so  warten  sie  noch 


2015 


I 


1  — IBER 


2016 


einen  angenblick!  Lessi:<g  2,  36S;  ie  zum  henker,  schrie 
Pedrillo,  indem  er  sicii  von  ihm  los  risz,  sind  sies ,  herr? 
reitet  sie  denn  der  teufel ,  dasz  sie  mich  mit  aller  gewalt 
erdrosseln  wullen?  peslilenzi  man  ist  ja  seines  lebens  nicht 
bei  euer  gnaden  sicher!  wie?  was  ist  das?  rief  don  SyWio 
ganz  bestürzt,  bist  du  es  Pedrillo?  ie  zum  wetler!  wer  soll 
ich  sonst  sein?  Wieland  11,185. 

6)  i  in  ausdrücken  der  Verwunderung,  des  Staunens,  der  be- 
^digung  und  freude.  manche  der  bisher  aufgeführten  belege 
hätten  für  diesen  fall  gespart  werden  können,  doch  sollen  hier 
nur  beispiele  gegeben  werden,  in  denen  die  ebengenannte  anwen- 
dung  der  interjection  besonders  hervortritt:  Vansen.  willst  du 
einen  aufruhr  erregen ,  wenn  sie  ihn  (Egmont)  gefangen 
nehmen?  Jetter.  ah!  Vansen.  wollt  ihr  eure  rippen  für  ihn 
wagen?  Soest,  eh!  Vansai  {sie  nachäffend),  ih!  oh!  uh!  ver- 
wundert euch  durchs  ganze  aiphabet.  Götue  8,244;  D.  sie 
war  so  krank.  W.  ahl  D.  höchst  gefahrlich  krank.  W.  eh! 
D.  wir  fürchteten  einige  tage  für  ihr  leben.  \V.  ih!  Klincer 
9, 123 ;  L.  ergebenster  diener,  herr  Riepel  .  .  A.  i !  hat  man 
doch  lange  nicht  die  ehre  gehabt,  sie  zu  sehen.  J.  Chr.  Bartu 
galante  etlticii  (1748)  118;  ie,  guten  morgen,  herr  don  Sylvio, 
schrie  ihm  dieser  entgegen,  sobald  er  ihn  erblickte,  leben 
sie  auch  noch?  Wieland  12,  32>J;  ie,  unvermuthete  freude! 
herr  Paul  Werner!  «illkommen  bei  uns,  willkommen!  Les- 
si.NC  l,54ä; 

nun  eil)  knikscheii !  —  i! 

wie  niirs  kracht  im  knie!    L.  Pa.  Hahn  ged.  53. 

forvielhafte  Wendungen,  welche  hierher  gehören,  sind:  i  der 
tausend !  i  sehen  sie  mal  I  i  guck  einer !  u.  dergl.  zuweilen 
gesellt  sich  nein  zu  diesem  i,  «;;»  erstaunen  oder  freude  des 
sprechenden,  der  was  er  sieht  oder  hört  unglaublich  findet,  noch 
mehr  hervorzuheben:  i  nein!  was  du  sagst!;  ie  neu  ie  neu 
ie,  ie,  ie  was  schüne  leute  hots  hie,  ie  neu  A.  Grvphius  (/e/. 
domrose  (1661)  8,  vgl.  Palm  51, 1.  auch  leitet  i  antworten  auf 
fragen  ein ,  die  der  befragte  seUsan^  findet ,  da  sie  sich  für  ihn 
von  selbst  beantworten :  Lelio.  wenn  du  als  freund  an  mir  han- 
deln wolltest,  so  würdest  du  mir  lieber  einen  rath  geben, 
wie  ich  etwau  diese  unglückliche  heirath  hintertreiben  könnte. 
Klit.  wie  so?  Lelio.  ie,  meine  erbschaft  geht  damit  zum  teufel. 
Lessimg  2, 398 ;  Seit.  Lisette,  lasz  uns  doch  auch  von  unsrer 
Sache  etwas  reden.  Lis.  was  ist  das  vor  eine  sache?  Seit. 
ie,  unsre  sache  —  Lis.  ich  weisz  nicht,  was  sie  wollen. 
Seit,  ie  nänchen  —  Lis.  ha!  ha!  aus  dem  närrchen  merke 
ich  bald  was  es  sein  soll.  2,439;  'nun,  wovon  denn?'  ie, 
vom  klosler  und  dergleichen.   Miller  Siegw.  1, 25. 

7)  weniger  bestimmt  ist  die  bedeutung  von  i,  wenn  es  mit  nu 
oder  nun  verbunden  wird,  wobei,  was  schon  erwähnt  wurde, 
Vermischung  mit  je  nun  und  ja  Imn  eintrilt  und  nicht  zu  ent- 
sclieiden  ist,  ob  i  nun  oder  je  nun  vorliegt,  im  allgemeinen 
kann  sich  so  ausdrucken,  wer  zurücUialtend  redet  oder,  Ula  die 
sache  nun  eintnal  so  liegt',  widerstrebend  etwas  einräumt,  hin- 
gehen lasit  oder  auf  etwas  eingeht,  auf  dieses  zurückhallende  i 
beliehen  sich  auch  wohl  Logaus  verse  (l,  7,  57),  wenn  er  mit  ähn- 
lichem ȟOdlspiel  wie  H.  v.  Thihbehg  sagt: 

a  ist  (lerer  die  nicht  wuilcn. 
e  ist  derer  die  nicht  sulien. 
i   ist  derer  die  da  lageii. 
o  ist  derer  die  da  klagen. 
u  ist  derer  die  da  plagen. 

turückhcdlung  hegt  in  dem  ausdruck  in  folgenden  stellen :  Maskarül. 
sein  väterliches  haus  war  ihm  zu  giosz  —  zu  klein,  zu 
leer  —  zu  enge.  Anselmo.  zu  grosz,  zu  klein;  zu  leer,  zu 
enge,  was  heiszt  denn  das?  Maskarill.  ie  nun!  sie  werden 
es  von  ihm  selbst  besser  hören  könuen,  wie  das  alles  ist. 
Lessing  1,493;  cw.  gnaden  keimen  den  mcister  Erich  nicht? 
{lächelnd  uod  verschämt)  i  nu  —  das  ist  so  zu  sagen  die  kar- 
batsche.  Kotzidue  dram.  jp.  2, 141.  einraumung,  hingehenlassen 
in  dieun :  ye  nu,  wein  {sagt  die  mutier  zum  kinde)  das  dich 
der  teufel  holen  müstc.  Utenspiegel  142 ;  ie  nu ,  wenn  es  so 
»ein  sol.  Chb.  Weise  comüd.  327 ;  frau  Oront.  gefangen  waren 
sie!  80  ein  unteruüniliger  iiiaim;  wenn  man  ilim  einen  (liigcr 
giebl,  nimmt  er  die  ganze  band!  ühldinn.  ic  nu  —  wie  gott 
will,  frau  Oront.  hehüts  gott!  sie  werden  doch  das  nicht 
thuii!  LessiMC  2,  3'.J0.  bisweilen  tritt  dabei  der  Widerspruch  starker 
hrrvor,  to  datz  i  nun  soviel  wie  ich  gebe  das  zu,  entgegne 
aber  brdrutel:  Mich.  St.  ohne  das  {ohne  glück)  kann  mau  nicht 
einmal  ein  guter  Spitzbube  «ein.  Marl.  Kr.  ie  nu,  wenn  icbt 
beim  lichte  besehe,  so  nind  wir  kaum  dadurch  auf  ein  paar 
tags  langer  dem  stricke  cntgaogen.  Lcstinc  1,304; 


ich  warf  dem  Miion  vor.  dasz  ihn  so  viele  hassen! 

'ie  nun!  wen  lieb  icli  denn?'  sprach  Misou  gani  gelassen. 

1,  U; 

und  eine  frau  ist  ohnedem  ein  lamm. 

'ein  lamm?  du  magst  die  weiber  kennen'. 

ie  nun,  man  kann  sie  doch  in  so  weit  iämmer  nennen, 

als  sie  von  selbst  ins  Teuer  rennen.  1, 117 ; 

i  nu,  damals  war  ich  auch  in  sie  verliebt.  Kotzebue  dram. 
sp.  2, 198.  baare  ublehnung  aber  liegt  darin ,  wenn  nu  (nun) 
verdoppelt  wird:  ie  nu  nu,  das  todtschlagen  kommt  doch  nicht 
an  uns.  Chr.  Weise  comöd.  195,  während  i  nu  ja!  (Lessikc 
2, 3S9)  i  nun  ja!  i  nu  freilich!  i  nun  freilich!  (Kotzebuk 
dram.  sp.  3, 195)  je  nach  der  beziehung  beharren  auf  der  eigenen 
meinung  oder  biltigung  der  entgegenstehenden  anzeigt. 

I,  anruf  an  pferde,  stehen  zu  bleiben  (rheinisch).  Kehbein  1,206. 

I,  s.  ich, 

I,  s.  in  und  ein  (3, 140). 

I,  *.  je. 

lA,  auch  YA,  YAH  geschrieben,  das  schreien  des  esels.  rudüus: 
als  Ulenspiegel  nun  mit  dem  rector  und  etlichen  magisiri 
kam,  da  legt  er  seinem  schüler  {dem  esel)  ein  nüw  buch  für. 
so  bald  er  das  in  der  kripfen  fände ,  da  warf  er  bald  die 
bletter  hin  und  her,  den  habern  suchen ;  als  er  nüt  fand,  da 
begund  er  mit  lauter  stim  zu  schrein :  i.  a.  i.  a.  da  sprach 
Ulenspiegel:  'sehen,  lieber  herr,  die  zwen  vocal  i  und  a.  die 
kan  er  ietzund;  ich  hoff,  er  sol  noch  gut  werden'.  Ulen- 
spiegel {Läpp.)  41.  im  Sprichwort  heiszt  es:  wenn  der  esel  zur 
mühle  kommt,  so  sagt  er  i-a.  Simrock  deutsche  spruhw.  (2.  au/l.) 
2176.  auch  bildlich  wird  es  gebraucht :  als  ein  wahrer  esel  friszt 
er  {der  recensent)  die  disteln  die  um  meinen  garten  wachsen, 
nagt  an  der  hecke  die  ihn  vor  solchen  thieren  verzäunt  und 
schreit  denn  sein  critisches  i!  al  ob  er  nicht  etwa  dem 
herrn  in  seiner  laube  bedeuten  möchte,  ich  bin  auch  da. 
Göthe  und  Werlher  (2.  aufl.)  117.     der  esel  selbst  kann  so  heiszen: 

zieht  ein  esel  über  Rhein, 

kommt  ein  i-a  wieder  heim.    Sibrock  d.  spricliw.  2193. 

vgl.  chika,  gigag,  hika,  iha,  ihha,  ika. 

IAHEN,  YAHEN,  lAHNEN,  verb.  wie  ein  esel  schreien;  lat. 
rudere,  griech.  oyxäa&ai,  ttal.  ragghiare,  ragliare,  franz.  brairc, 
engl,  to  hee-haw,  to  bray: 

statt  den  menschen  in  den  thieren 

zu  verlicien, 

findest  du  ihn  klar  darin 

und  belebst  als  wahrer  dichter 

schaT-  und  säuisclies  geliebter 

mit  gesiunung  wie  mit  sinn. 

auch  der  esel  kommt  zu  ehren 

und  yaht  uns  Weise  lehren. 

das,  was  liülTon  nur  begonnen, 

kommt  durch  Tischbein  an  die  sonnen. 

GoTUK  (an  Titchbein)  2,  168; 

bis  der  vorderste  (esel)  stillstand  und  fürchterlich  zu  iahnen 
anfing.  Stülberc  10,  2S2, 

Alid.  amhd.  sagte  mau  luon.  Hattemer  1, 28i'; 

der  wilde  esel  luot  niht  vi), 

wan  so  er  ej^jen  wil.    Karajan  deutsclie  $priichil.  M ; 

mhd.  lüejen,  lüen  u.  o.,  gurren,  brieschen  {vgl.  Sta.ldeb  1,225): 
die  nahtegal  dicke  müet 
swi  ein  esel  od  ohte  lüet.     Vri:l.  142,  10; 
der  esel  gurret  üt'  den  wän, 
er  Wienet  wol  gesungen  liän.    14u,  7 ; 
ei  waMiet  niangur  singen  wol, 
des  slininiK  liert  ist  undc  hol, 
und  hrieschet  als  der  esel  tuot.    Bonh  82,  &3. 

im  15.  Jahrhundert  begegnet  vom  schreien  des  esels  l)ulk(ii  und 
luzeii.  altdeutsche  blatter  1,152;  Maalek  ni'.  li>2'. -in'  verzvichnet 
gigagen,  hauen  {s.  4-,  43i),  riichlen  {vgl.  Frisch  2,123*),  UierKN- 
BACii  5U2'  auszer  diesen  noch  geiren,  kirren,  ranken,  welches 
letztere  an  das  osnabrückische  ransken  (Stbootmann  179)  erinnert; 
Stikler  594  fuhrt  gii^agen,  Haülein  igagen  uiiii  ygaeii  auf 

Ilt,  lUE,  f  1)  t'uus  baccata,  eibe.  Diefenuacu  2^3';  Nkmmcii. 
':)  hcdtra,  epheu.  Diefenbach  194",  5.  3,  67S. 

IHAUM,  m.  was  ibenbauin,  eibrniiaum:  ybauin  oder  förchen- 
hol/.  Siunrr  Schweiz,  chron.  bei  I'Iiisch  l,4b&'. 

ibKL,  I.  übel. 

illKN.  f.  eibi-ii  und  üben. 

IHEMIM'.M,  m.  uui  eibcnbaum:  von  dem  ibcn-  oder  eiben- 
baum.    0.  weish.  tusig.  024;  DurKNBACU  574^  Nennicu. 

IBENHLATT,  n. 

IKENLAlb,  M.    I)  «9*  eiltenlaub.     2)  hedera,  epheu,  wmttr- 

glUH.    HlErENBACH    194*. 
iKEH,  I.  Über. 


2017 


IBERIS— ICH 


ICH 


2018 


IBERIS,  f.  lepidium  iberis,  schiatikkresse,  pfefferkraut  mit  dem 
grasblatte,  wilde  kresse.  Nemsich  3, 374. 

IBERPFLANZE,  f  iberis.  Nemmch  3,213. 

IBIS,  wi.  lat.  Ms,  griech.  Ißt-,  ägyptischer  brachvogel,  ägyp- 
tischer storch,  nilreiher.  Nemsich  2, 1422;  der  vogel,  ibis  genannt, 
nehrt  sich  der  schlangen,  bestreitet,  tödtet  und  friszt  sie; 
seine  jungen  speiset  er  mit  schlangeneieren,  .  .  (tcird)  aus 
der  ursach  von  Egj-ptiern  geliebt,  verehret  und  in  hohem  werd 
gehallen,   schlangenbuch  (l5S9)  7*. 

IBISCH,  f  l)  tras  eibisch :  die  ibisch,  wildpappelen,  hibiscus. 
Maaleb  235*;  hibiscus  vel  hibiscum,  a  quibusdam  ebiscus, 
ibisch,  wildpappelen,  ibschen  genant,  glosse  zu  eclog.  2, 30  in 
Virgü.  opp.  ed.  Egenolph  1597,  3U';  tgl.  ScH.NCRa  228;  Diefen- 
BAca  21*.  75*.  2S3' ;  Nemnicu  1,207. 

2)  auch  hier  icie  oben  bei  ib,  ibe,  ibenlaub  Vermischung  mit 
der  u'unel  von  epheu,  was  ibisch  bedeutet  bei  Diefenbach  194'. 

3)  eine  gattung  exotischer  pflanzen  aus  der  familie  der  tnahen. 
KEB.^fiCH   3. 143.    - 

IBISCHKRAL'T,  n.  napaea  hermaphrodüa.  Nemmch  1,207. 

IBISCHPAPPEL,  /■.  althaea  officinalis,  sammetp'jppel ,  weisze 
pappel,  wüd»  pappel.  Nemsicu  1,207. 

IBISCHWLRZ,  f  auch  gekürit  bischwurz  bistnalva.  Diefes- 
bach  75*. 

IBISCHWURZEL ,  f  mahariseus.  Fbisch  1,485*;  vgl.  Diez 
et.  wb.  l*,262. 

IBSCH,  m.  ü)ex,  Steinbock.  Stalder  2,  6S;  mit  fem.  ibsche, 
Weibchen  des  Steinbocks. 

IBSCHGEISZ,  f  was  ibsche.  Stumpf  Schweiz,  chron.  bei  Frisch 
1,4S5';  Stalder  2,  &S;  auch  tirolisch,  vgl.  Nemsich  1,851. 

IBVOGEL,  m.  Fischart  groszm.  S7  (ScA.  615)  nennt  den  Mercur 
daucherund  ibvogelfliegenden  uiderlrager.  da  dem  Hermes  der 
laros,  ein  weiszer,  zum  mewengeschteclU  gehöriger  scevogel  heilig  war, 
so  ist  mit  ibvogel  vielleicht  alcedo  ispida,  der  eisvogel,  königs- 
fischer  u.  a.  (Nemmich  1,15S)  gemeint.,  als  dessen  lateinischer  name 
auch  ipsida  vorkommt,     vgl.  Diefe^bacu  310\ 

ICH,  die  erste  person  des  persönlichen  pronomens. 

I.  Formen  und  terwandtschaß. 

a)  sg.  ich,  mein  und  meiner,  mir,  mich,  pl.  wir,  unser,  uns, 
uns.  goth.  sg.  ik,  meina,  mis,  mik.  dual,  vit,  (ugkara?),  ugkis, 
ugkis  und  ugk.  pl.  Teis,  unsara,  unsis  und  uns,  unsis  und 
uns.  alid.  sg.  ih,  m!n,  mir,  mih.  dual,  (uuiz?)  unker,  (unk? 
unk  ?).  pl.  uuir,  uuir,  uuer,  unsar,  uns,  unsih.  mhd.  sg.  ich, 
min  und  mines,  mir,  mich.  pl.  wir,  unser,  uns,  uns  und 
unsich.  altsächs.  sg.  ik,  ic  (ec  im  taufgelöbnis),  min,  mi,  mi 
und  mik  (mih  in  d^r  psalmenübersetzung).  dual,  uiiit,  unkero, 
unk,  unk.  pl.  uui  und  uue,  üser,  üs,  üs.  mittelniederdeutsch 
(Reinke  de  vos)  sg.  ik,  dat.  u.  acc.  mi.  pi.  wi,  dal.  u.  acc.  uns. 
altmelilenbtirgische  Schriftwerke  gewähren  bis  über  die  mitte  des 
15.  Jahrhunderts  hinaus,  abgesehen  vom  gen.  sg.,  welcher  miner 
lautet,  im  sg.  u.  pl.  die  altsächsischen  formen,  die  neumeklen- 
burgischen  stimmen  zu  denen  im  Reinke;  vgl.  K.  Nercer  gramm. 
d.  meklenb.  dialekt.  107. 190.  sehr  abweichend  aber  sind  die  nieder- 
deutschen formen  von  GöUingen  und  Grubenhayen:  sg.  ek  (ek), 
miner,  dat.  u.  acc.  mek  (mek).  pl.  wi  (wi ,  wei),  we ,  üser, 
dat.  u.  acc.  Osek,  Osch,  sek.  ScBAMBAcn  55*.  mittglniederländ. 
sg.  ic,  inins,  mi,  mi.  pl.  wi,  onser,  ons,  ons.  neuniederländ. 
sg.  ik,  (miJDs),  mij,  mij.  pl.  wij,  (onzer),  ons,  ons.  angels.  sg. 
ic,  min,  me,  me(c).  dual,  vit,  uncer,  unc,  unc(it).  pl.  ve,  üser, 
üs,  Ü8(ic).  neuengl.  sg.  I,  mine,  me,  me.  pl.  we,  ours,  us,  us. 
altfries.  sg.  ik,  min,  mi,  mi.  pl.  wi,  user,  us,  us.  salerländ. 
sg.  ic,  min,  mi,  mi.  pl.  wi,  use,  us,  us.  neufries.  sg.  ick, 
myn*  und  myner,  my,  my.  pl.  wy,  uwser,  uwz,  uwz.  altnord. 
sg.  ek,  min,  mer,  mik.  dud.  vit,  okkar,  okkr,  okkr.  pl.  ver, 
vir,  05S,  oss.  schwed.  sg.  jag,  dat.  u.  acc.  mig.  pl.  vi,  vär, 
dat.  u.  acc.  oss.  dän.  jeg,  dat.  u.  acc.  mig.  pl.  vi,  vores, 
düt.  u.  acc.  OS. 

b)  unter  den  mitteldeutschen  dialektischen  formen  von  ich  ist 
eich,  aich  bemerkenswert,  will  man  ihr  einen  gelehrten  namen 
geben ,  so  könnte  man  sie  die  gunierte  nenneti ,  insofern  sie  ein 
mit  nachdruck  gesprochenes,  gedehntts  ich  (vgl.  heniieb.  ich  Fbom- 
MA5:t  tnundar/en  2,  75)  vorauszusetzen  scheint,  dessen  langer  vocal 
bei  träger  ausspräche  gekürzt,  jedoch  mit  unbestimmtem  nebenlaut 
gesprochen  wurde,  welcher  schlieszlich  als  a  oder  e  vor  i  erklang, 
was  den  umfang  seines  gebietcs  betriß,  so  ist  eich,  aich  ober- 
hessisch, wird  aber  von  Vilmar  im  idiotikon  von  Kurhessen  nicht 
aufgeführt,  den  lauf  der  Lalm  verfolgend,  ist  es  im  Nassauischen 
weit  verbreitet  {vgl.  Kehkein  1,  12),  nicIU  aler  im  Siejeiland,  wo 
ech  die  herschende  form  ist  [vgl.  Hei5zerlinc  20).     jenseits  des 

IV.  II. 


Rheins  ist  et  in  der  Trierer  gegend  lebendig,  wie  Lavexs  gedichte 
in  dieser  mundart  es  lehren,  ostwärts  herscht  es  in  der  Wetterau 
(vgl.  C.  Malsz  die  bauem,  in  seinem  volkstheater  in  Frankfurter 
mundart)  und  im  Spessart,  was  Gruiheisuacse"»  im  Simplicis- 
simus  b.  1,  cap.  2,  in  dem  gespräch  zwischen  Simplex  ujid  seinem 
valer  bezeugt:  knäno  (sagt  S.),  sag  mir  aa  wey  der  wolf  seyhet 
(aussieht),  eich  huun  (ich  habe)  noch  kan  (keinen)  wolf  gesien. 
für  Sachsenhausen  wird  es  von  E.  Wt^LCKEU  vocalschwächung  7, 
für  die  gegend  um  Mainz  von  C.  Malsz  a.  a.  o.  69  bezeugt. 

c)  kürzung  zu  i  oder  i  erfährt  ich  auf  alemannischem  und 
bairisch-öslerreichischem  gebiet,  über  die  formen  und  die  declination 
gibt  Weinhold  alem.  gr.  §  412,  bair.  gr.  §  357.  sowie  Schmeller 
mundarten  1S6  nähere  auskunß.  doch  kann  über  das  schwinden 
des  gutturalen  reibelaules  in  chronologischer  hinsieht  hinzugefügt 
werden,  dasz  i  oder  i  (=  ich)  mit  unmittelbar  nachfolgendem 
verbum,  aligeschen  von  dem  vereinzelten  bei  Graff  1,11*.  6,817 
aus  Reichenauer  glossen  des  8.  Jahrhunderts  aufgeführten  i  zislizu 
secido,  liäußg  in  Wiener  glossen  des  12.  Jahrhunderts  (Hoffmaxss 
sumerlaten  1-20)  erscheint,  z.  b.  exlundo  i  blüwe  6,77;  eluo 
i  chere  7, 1,  fascino  i  zobere  8, 11 ;  kio  i  gin  9, 62 ;  tndo^o 
i  forsche  10,50;  no  i  swimme  12,15  und  öfter,  vgl.  8, 12.  10,51. 
11,7.   11,72.   12,33.   18,4.  20,46. 

d)  erweiterung  durch  ein  verstärkendes  sufßx  a  hat  ich  im  ahd. 
in  den  formen  ihha  (Graff  1,  lis)  und  ihcha  (Hattemer  1, 146') 
mit  der  bedeutung  '^egomel'  erfahren,  ein  mhd.  iche  scheint  nicht 
belegbar,  u^ol  aber  ein  milteldeutsches  bei  N.  v.  Jeroschin,  worüber 
Leier  mhd.  hwb.  l,  14U  verglichen  werden  kann,  gegenwärtig 
begegnet  nachdrückliches  iche  ebenfalls  in  mitteldeutschen  viund- 
artcn ,  z.  b.  im  Posenischen  (Bernd  104)  und  im  Schlesischen, 
voßr  schon  A.  Gryphiüs  [gel.  dornrose  (1661)  29.  52.  59.  61.  65 
und  öfter]  zeugnis  ablegt ,  während  z.  b.  im  Düringischen  da  «o 
ech  anstatt  ich  im  gebrauch  ist,  mit  nachdruck  eche,  ohne  den- 
selben ech  gesprochen  wird.     vgl.  Fromm  an  n  mundarten  3,548'. 

e)  was  die  verwandtschaß  von  ich  betriß,  so  entspricht  ihm 
sskr.  ahäm,  altpers.  adam,  zend.  azem,  gr.  iyco,  iyäv,  lat.  ego, 
liL  asz,  kslav.  azQ.  armen,  es.  die  gutturale  media  der  graeco- 
italischen  form  zeigt  sich  im  gothischen  ik  dem  gesetz  gemäsz  zur 
tenuis  verschoben,  während  daßr  im  sanskrü  auffallender  weise 
h  erscheint,  da  sich  nun  goth.  ik  nur  aus  älterem  aga,  agam 
erklären  läszt,  so  wird  man  vermuten  dürfen,  entweder  dasz  sskr. 
ahäm  sich  nach  der  Sprachtrennung  aus  agam  entwickelt  hat  oder 
dasz  schon  vor  der  Sprachtrennung  neben  älterem  agham  ein 
jüngeies  again  vorhanden  war.  vgl.  Clrtics  grundz.*  514.  ahäm 
wird  dahin  gedeutet,  dasz  m  casuszeichen,  die  silbe  ha  aber  die 
mit  dem  demonstrativstamme  a  "dieser'  oder  aber  mit  dem  zu  a 
verstümmelten  pronominalstamm  ma  'ich'  verwachsene  sonst  ton- 
lose Partikel  ha  (vedisch  auch  hä,  gha,  ghä)  ist,  welche  wie  das 
verwandle  griech.  ye,  dor.  äoi  ya  gern  an  pronomina  sich  an- 
schlieszt  und  ihrer  bedeutung  nach  unserm  ^wenigstens'  oder  ^gewiss' 
entspricht  oder  auch  blosz  zur  hervorhebung  dient,  vgl.  Bopp  vgl. 
gramm.  2',  102. 110.    Fick  tgl.  wb.^  5.  67.  699. 

II.  Gebrauch. 

1)  in  allen  lagen  die  erste  person  singularis,  den  welcher  redet, 
meinend,  begleitet  ich  in  der  regel  die  verbal  form,  während  im 
frühgermanischen,  ganz  wie  im  griechischen ,  lateinischen  und  in 
den  urverwandten  sprachen  überhaupt  der  redende  durch  die  verbal- 
flexion  selbst  hinreichend  bezeichnet  war  und  das  pronomen  nur 
XU  besonderem  nachdruck,  dann  aber  mit  um  so  stärkerer  Wirkung 
beigefügt  wurde,  ungetrübt  hat  diese  ausdrucksweise  innerhalb  der 
germanischen  sprachen  nur  im  gothischen  sich  erhalten,  allent- 
halben braucht  Vulfila  die  reine  verbalform,  heiszt  ihm  z.  b.  qi(»a 
h'yco.  viel  seltener  setzt  er  mit  nachdruck  das  pronomen  hinzu, 
mag  der  griechische  text  hierin  vorangehn,  wie  bei  ik  qijja  eyä) 
Xiyco  Matth.  5, 2>,  oder  nicht,  wie  bei  Ik  tauja  Tioaaoio  Epli. 
6,  21.  vgl.  gr.  4, 202.  die  frühesten  ahd.  quellen  folgen  bei  noch 
scharf  genug  geprägter  verbalflexion  zwar  der  gothischen  weise  und 
selbst  bei  Otfried  genügt  zuweilen  noch  die  blosze  verbalform, 
wofür  in  der  gr.  4,211  beispicle  gegeben  sind,  im  allgemeinen 
aber  ist,  abgesehen  von  gewissen  verben  (s.  unten  no.  9,  d)  schon 
im  ahd.,  noch  mehr  im  alts.  und  ags.,  besonders  aber  im  alt- 
nordischen, namentlich  in  der  edda,  die  das  pronomen  der  ersten 
}>erson  sg.  sogar  xu  häufen  liebt,  und  selbstrerüäudlich  im  mhd. 
das  der  verbalform  beigefügte  pronomen  die  gewöhnliche  ausdntcks- 
weise.     vgl.  gr.  4,219. 

2)  Stellung  des  pronomens. 

a)  die  stelle  des  pronomens  bestimmen  die  in  der  syntax  vor- 
getiagenen  regeln  von  dem  vorausgang  oder  der  nachfolge  des 
subjects  neben  dem  verbum  überhaupt,     wir  sagen:  ich  bin,  ich 

127 


2019 


ICH 


ICH 


2020 


habe,  ich  gebe;  ich  sei;  dasz  ich  sei,  habe,  gebe;  wenn  ich 
will,  wenn  ich  kann;  ob,  wie,  wenn  ich  wolle,  könne;  da 
ich  gieng,  als  ich  kam,  nachdem  ich  gesprochen  hatte;  ich 
sprach  diese  worte  mit  bebender  stimme ;  ich  entfernte  mich 
schweigend;  ich  gab  dem  knaben  gute  lehren,  hingegen: 
soll  ich?;  reise  ich?;  nehme  ich  das  an?;  komme  ich  bald, 
so  freuen  sich  alle;  weisz  ich  das,  so  reicht  es  hin;  käme 
ich  doch  wieder  in  diese  gegendl;  nun  hab  ich  genug!;  fort 
hin  ich!;  so  bin  ich  geschieden;  befrieiligt  schied  ich  von 
ihm;  schweigend  entfernte  ich  mich;  dem  knaben  gab  ich 
gute  lehren;  einen  stab  trug  ich  in  der  band;  unglücklich 
war  ich  in  jenen  tagen,  da  also  das  pronomen  nur  eben  auch 
sich  den  gesellen  dieser  wechselnden  Wortstellung  xu  fügen  hat, 
so  ist  hier  nicht  der  ort,  genau  :u  untersuclien,  warum  dieselbe 
nach  Verstümmelung  oder  gamlicher  einbusie  der  allen  gramma- 
tischen wortformen  sich  gerade  in  dieser  weise  allmäläich  bestimmt 
und  festgesetzt  hat,  und  welchen  vortheü  unsere  spräche  daraus 
lu  ziehen  wüste. 

Wo  nach  der  richtigkeit  der  aussage  selbst  gefragt,  bestätigung 
oder  Verneinung  derselben  verlangt  wird,  wo  gewünscht,  gefordert 
wird,  dasj  etwas  geschehe  oder  gcthan  werde,  wo  bedingung  oder 
einrdumung  sich  in  die  lebhaßere  form  der  frage  oder  des  be- 
gehrens  kleidet,  mithin  der  hauptnachdruck  auf  dem  rerbum  ruht, 
in  solchen  salzen  scheint  einleuchtend  dasz  das  pronomen  an  kraß 
verliere  und  nach  dem  verbum  seine  stelle  finde. 

b)  wenn  das  epische  gediciU  um  so  roUkommener  ist,  je  reiner 
und  ungetrül'ler  das  objcct  desselben  hervortritt,  je  weniger  sich 
die  subjeäivitdt  des  dichters  bemerkbar  macht,  ist  das  lyrische, 
in  welchem  subject  und  o'.iject  zusammenfallen  sollen,  um  so 
lyrischer,  je  subjectiver  es  ist,  je  mehr  es  uns  an  deii  dichter 
gemahnt  und  was  sein  inneres  bewegt  zur  anschauung  bringt, 
daher  pflegt  denn  auch  der  epische  dichter  von  seinem  ich  zu 
schweigen  oder  es  nur  selten  zur  spräche  zu  bringen,  während 
der  lyriscfie  es  immerdar  auf  der  zungc  hat  und,  ohne  doch  ein 
gewicht  darauf  zu  legen,  sich  (jcrn  damit  einführt,  unzählige 
lieder  beginnen  mit  dem  pronomen,  ohne  dasz  eben  ein  nachdruck 
darauf  läge;  einfach  weist  es  nur  auf  die  quelle  hin,  aus  welcher 
das  lied  geflossen  ist.  und  weim  die  folgende  auswahl  von  belegen 
sich  den  Vorwurf  der  willkür  {wie  wäre  hier  das  rechte  zu  treffen  ?) 
gefallen  lassen  musz,  so  ist  die  häufigkeü  der  erscheinung  doch 
irgendwie  anschaulich  zu  machen: 

ich  zöch  mir  einen  Talken 

■Däre  danne  ein  jär.    ilüF.  8,  33 ; 
ich  sa;  ür  eime  sieiiie 

und  dabt«  (deckte)  beiu  mit  beine.    VValtuer  8,  4 ; 
ich  sa{  üf  einer  grüne 
und  dachte  an  nianeger  hande  dinc. 

Friukmlob,  Barisch  ileutsche  licderd.  79,212; 
'ich  will  zu  land  ausreiten', 
sprach  sich  maister  iiiliebrant.    Uulamd  330; 
ich  hab«  genagt  mit  sinnen 
und  trag  des  noch  kain  rew.    U17 ; 
ich  stund  auT  einem  berge, 
ich  iah  in  tiefe  tal.    'J16; 
ich  we'iiz  ein  hiihscbes  freueleio, 
dat  ligt  mir  in  dem  herzen  mein. 

GöOBKB-TiTTHAN!«  tiedeib.  9; 
ich  setz  das  gläslein  an  den  mund, 
trinks  heraus  bis  an  den  gruud.     134; 
ich  hab  mein  sach  zu  ^ott  gestellt, 
er  wins  wol  machen  wies  im  gfelt.     234; 
ich  war  an  kunst  und  gut  und  stände  ^rosi  und  reich. 

pLEHmc  670; 
ich  singe  dir  mit  herz  und  mund, 
hen,  meines  herzeus  lust!    P.  Gbhhakot  (1S49)  riu.  üh; 
ich  komme  vor  dein  angesicht, 
verwirf,  o  goil,  mein  lieben  nicht!    Gkllirt  2,  166; 
ich  trink,  und  trinkend  fallt  mir  hei, 
warum  nalurreich  dreifach  sei.    Lkssimc  1,  G8; 
icb  träumt,  ich  war  ein  vugelein, 
und  flog  auf  ihren  schosz.    Höltt  (Halm)  36. 

während  bei  Sciiiukr  ,  abgeselicn  von  seinen  rätseln  und  tpi- 
ijrammen,  kein  lyrisches  gedieht  mit  ich  xu  beginnen  scheint,  hat 
das  pronomen  bei  Göthe,  den  divan  ausgenommen,  ganz  wie  im 
Volkslied,  Itdufig  genug  die  erste  stelle: 

ich  komme  bald,  ihr  goldnen  kiuder. 

GAtbb  (Heminl)  3,  40; 
leb  denke  dein,  wenn  mir  der  loune  Schimmer 

vom  mecre  strahlt.      1,30; 
leb  habe  geliobet;  nun  lieb  ich  erst  rächt.    1,79; 
ich  ging  im  walde 
so  für  mich  liiii.     1,  21  ; 


ich  weisz,  dasz  mir  nichts  angehört 
als  der  gedanke  ...     1,  60; 
ich  wollt,  ich  war  ein  Tisch, 
so  hurtig  und  frisch.     1,25; 

ich  hab  mein  sach  auf  nichts  gestellt.    1,  83. 

3)  diesem  wenig  betonten  ich  gegenüber  wird  das  pronomen  mit 
nachdruck  gesagt  und  betont. 

a)  wenn  es  wiederholt  wird  und  zwar  unmittelbar  auf  einander 
folgend:  ich,  ich  bin  der  herr  und  ist  auszer  mir  kein  heilaiid. 
Jes.  43, 11;  ich,  ich  tilge  deine  ubertietung  umb  meinen  willen 
und  gedenke  deiner  sund  nicht.  43,25;  ich,  ich  bin  euer 
Irüsler.  51,12;  ich,  ich  zureisze  sie  und  gehe  davon.  Hos.  5,14; 

das  mein  man  ist  beraubt  der  sinn, 
icb,  ich  allein  dran  schuldig  bin. 

11.  J.  V.  Braunscbwkiu  (II.)  636, 
ach  Daphnis!  ich!  ich  bin  gefangen !    Gönthek  (1730)  350; 
0  mosler,  o  burgunderwein, 
ich,  ich  solt  euer  landsmann  sein!    Lessing  1,85; 

oder  das  pracdical  in  die  mitte  nehmend:  ich  iichaupte  das,  ich. 
ich  will  es  dir  beweisen,  ich.  ebenso  dia  interjeclion :  ich,  ac4i 
ich  soll  dich  verlassen!  ferner  mit  hervorhebendem  ]di:  ich,  ja 
ich  hab  es  gesagt,  ich  bah  im  gerufen,  ich  wil  in  auch  komen 
lassen.  Jes.  48, 15.     mit  eingefügtem  allribut  oder  Opposition : 

ich  kranker,  ich,  was  mach  ich  nun?  Flehirc  (Läpp.)  1,376; 
da  steh  ich  armer,  ich 

und  bin  bei  leben  auch  schon  halb  in  meinem  grabe.    1.523; 

ich,  ein  tolles  kind,  ich  singe.    Heine  buch  d.  lied.  169. 

b)  im  gegensatze  zu  einem  andern:  ich  bin  gemeint,  nicht 
du;  ich  trage  die  schuld,  wer  sonst?;  ich  habe  das  worl 
und  bitte  die  anwesenden  um  ruhe ; 

wer  ich  bin  weiszt  du  nicht,  vergisz  nicht  wer  du  bist. 

VViEtANi)  (Oberun  12,  3b)  23,  2C0 ; 
andre  beten  zur  madonne, 
andre  aucli  zu  Paul  und  Peter, 
ich  jedoch,  ich  will  nur  beten, 
nur  zu  dir,  du  schöne  sonne.    Heime  buch  d.  lied.  21S. 

f)  iu   lergleichungen : 

er  guote 

lebe  in  hohem  muote, 

swer  nu  ininne  als  ich.    ilSF.  (Reinmar)  180,7; 

leide  dich  mit  dem  euangeliu,  wie  icb,  nach  der  kraft  gottes. 
2  Timoth.  1,8; 

und  so  Ichs  (ich  sie)  bei  dem  Hecht  besieh, 

sie  ist  vil  böser  denn  ich.  H.  Sacus  (6'öz)  1,  308 ; 
könt  ich  als  baisam  doch  auf  deiner  schosz  zcrflüsseii, 
so  meint  ich,  dasz  das  weih,  durch  die  die  sonne  musz 

(die  VV/iu»), 
mir  an  der  Würdigkeit  wohl  würde  weichen  müssen, 
denn  ich  bin  mehr  als  sie,  sie  krieget  keinen  kusz. 

HotKitAiiNSWALOAU  UelUenbr.  121 ; 

gott  schuf  die  weit  nicht  blosz  für  mich; 

mein  nächster  ist  sein  kind,  wie  ich.    Gbllert  2,120; 

hier  sitz  ich,  forme  menschen 

nach  meinem  bilde, 

ein  geschlecht  das  mir  gleich  sei, 

zu  leiden,  zu  weinen, 

zu  gcnieszen  und  zu  freuen  sich 

und  dein  nicht  xu  achten, 

wie  ich]  Götus  2,  81. 

d)  in  Verbindung  mit  vorausgehendem  auch,  mit  eben,  gerade, 
wenigstens,  die  dem  pronomen  vorangehen  oder  folgen  können: 

auch  ich  war  in  Arkadien  geboren.    Scuillxr  2u'; 
eben  ich  idem  ego  Steinbach  1,809;    eben    ich   war  die  Ziel- 
scheibe   seines   spoltes;    gerad    ich    selbs  und  kein  anderer. 
Maaler  369';    ich   wenigstens  würde  mich  .  .  sehr  schlecht 
vertheidigen  können.  Lessing  1,  323. 

e)  in  hindeutung  und  erkldrung: 

der  ie  streit  unib  iuwer  iSre 

wider  unstaite  liuie,  daj  was  ich.    Waltuer  40,29; 

'hastu  nicht  damals  einen  cammcralhen  gehabt  undcr  denen 
daselbst  gelegenen  trngoncrn,  der  sich  Simplicius  gencnuet?' 
da  nun  Springinsfeld  solches  bejahete,  sagte  der  schwarzruck : 
'und  eben  derselbe  Simplicius  bin  ich!'  Simpl.  3,157  Kurz; 
und  Air  glückliche  bin  ich.  Hbinb  buch  d.  lied.  281. 
/)  als  antworl  oder  frage:  'wer  hat  das  gethan?'  ich;  so 
Latte  ich  gehandelt,  ich? 

Svpliie.    er  ist  ein  teufel ! 

Söller.  wa»!  ein  leufül 7  Scheusal?  Ich?    GöTUB7,6y; 

kiiiirr.     tut,  welsit  du  narr  nicht  auch  noch  eine  notb? 
Urphitl.  ich  keineswegs.      4t,  14. 

y)  im  elliptischen  salse:  ich  geschwind  Qber  die  becke  in 
deu  ^\aM; 


2021  ICH 

ich  dich  ehren?  wofür?    Göthk  2,  80; 

ich,  egoist!  —  wenn  ichs  nicht  besser  wüste! 

der  neid,  das  ist  der  egoiste.    2,  256  ; 
Sophie,    nein,  das  ist  mir  zu  hoch !  jetit  klagen  sie  mich  an, 

und  sagten  nur  vorhin,  sie  hätiens  selbst  gethan! 
wirth.      du  kröte!  ichs  gethan?  ist  das  die  schuldge  liebe, 

die  ehrfurcht  gegen  mich?      7,  84. 

h)  als  praedicat  des  satzes: 

ir  Sit  mit  der  wärheit  ich, 

swie  die  namen  t«ilen  sich.    Part.  369,  17 ; 

ich  bin  nun  nicht  mehr  selber  ich; 

ach  liebe,  worzu  bringstu  mich!    Flemiwg  524; 
was  furcht  ich  denn?  mich  selbst?  sonst  ist  hier  niemand. 
Richard  liebt  Richard  ;  das  heiszt:  ich  bin  ich.    ilic/idid  111,5,3  ; 

da  dieser  {der  kurfüTsl),  indem  er  seine  {des  kdmmerers)  band 
herzlich  an  seine  brüst  drückte,  antwortete :  denke,  du  seist 
ich ,  und  scbafif  mir  den  zettel ! ,  so  beschleunigte  der  käm- 
merer  . .  um  einige  tage  seine  abreise.  H.  v.  Kleist  3, 106. 

•)  nach  bejahungen  und  Verneinungen,  icie  mhd.  in  betheu- 
ernder antiLort  lu  ji  und  nein  persönliche  pronomina  treten,  vgl. 
ji  ich,  nein  ich  {wb.  1,  763".  2*,  32S*),  ist  auch  in  nhd.  schrißen 
dieser  gebiauch  nicht  ganz  erloschen :  da  man  nun  in  dem  besten 
essen  was,  da  sprach  der  man  zu  der  frawcn  'hausfraw, 
ruck  basz  zu  dem  tisch',  sie  sprach  'ia  ich',  und  ruckt  hinder 
sich  mit  dem  sessel  {im  uiderspruch  mit  des  mannes  bitte). 
Pacli  schimpf  u.  ernst  103  Ösleiley;  einsiedel.  ich  frage  . .  ob  du 
das  vatter  unser  kanst?  Simplicius.  ja  ich.  Simpl.  1,31  Kurz; 

narr,    gar  gwisz,  du  calvinisch  ottrgezücht, 

hast  widerum  was  angericht! 
pfarr.  ja  ich!  für  mir  thät  es  wol  bleibn, 

wenns  ander  nicht  so  thun  treibn.    Opel  «.  Cohs  113; 

derselbe  gebrauch  auch  in  bekräftigungen : 

nicht  sag  ichs  darumb,  nein  ichs  zwar  (ßrwahr), 

das  sie  sich  unter  einander  dar 

kieffelten  und  hadderten,  nein.    T.  GaKrr  Latartu  F4*. 

4)  schon  goth.  trat  silba  dem  persönlichen  pronomen  verstärkend 
lu ;  ik  silba.  2  Korinth.  10,  l ;  ebenso  ahd.  ih  selbo  (Graff 
6,197);  mhd.  ich  selbe,  selber  und  nhd.  ich  selbs,  selbst, 
selber:  ich  selbs.  vocab.  ine.  teuton.  k6',  Maai.er  235*; 

Leo.  wer  gibt 
acht  auf  die  wach?    Pap.  ich  selbst. 

A.  Gbtphius  (1603)  38; 
ich  hatte  selbst  oft  grillenhafte  stunden.    Göthi  12,60; 
ich  selber,  gleich  einer  leiche, 
die  grollend  ausgeworfen  das  meer, 
lieg  ich  am  strande.    Heit«e  buch  der  lieder  338. 

5)  soll  ich  als  subject  des  satzes  durch  einen  nebensatz  näher 
bestimmt  werden,  so  icird  es  nach  relativem  der  oder  die  ent- 
weder wiederholt  und  das  verbum  in  erste  person  gesetzt  oder  das 
blosze  relativum  mit  dem  verbum  in  dritter  person  verwendet, 
im  letztern  fall  heiszt  es  i.  b.  ich,  der  gethan  hat  was  er  konnte, 
habe  nun  diesen  lohn  davon;  ich,  der  dein  freund  ist,  ver- 
diente eine  andere  behandlung; 

ich,  der  mit  jedem  herzensichlag 

ihr  angehört,  bin  nur  um  einen  einzigen  tag 

ihr  leben  noch  zu  fristen  ihr  nichts  nütze! 

WiKLA!<D  23,  32  (Oberuii  7,  45)  ; 

dagegen  im  ersten  fall:  ich  bin  der  herr,  euer  heilige,  der  ich 
Israel  geschaffen  habe,  euer  könig.  Je«.  43, 15;  so  wii  ich  doch 
umb  der  liebe  willen  nur  vermanen,  der  ich  ein  solcher  bin, 
nemlich,  ein  alter  Paulus.  Philem.  9;  ich  armer  bergmann, 
der  ich  nichts  anders  gelernt  habe  denn  in  die  grub  faren, 
glaub  und  bekenn  . .  Sar.  39' ; 

ich,  die  ich  gefangen  sitze, 

bin  nur  meinem  herren  nütze.    Losac  (1,  7,  49)  150 ; 

ich.  der  ich  oft  in  tiefes  leid 

und  grosze  noth  musz  gehen, 

will  dennoch  goit  mit  groszer  freud 

und  herzenslust  erhöben.    P.  Gekhakdt  no.  95; 

wo  ich  geboren  bin,  ich,  der  ich  so  vielen  leuten  merkwürdig 
bin.  Gellebt  8, 257 ;  ich ,  der  ich  die  ganze  weit  ausreisen 
NTüllte,  werde,  allem  ansehen  nach,  in  dem  kleinen  Wolfen- 
büttel unter  »chwarlen  vermodern.  Lessinc  12,  423 ; 

ich,  der  ich  diese  kunst  verstehe, 

ich  habe  mir  ein  kind  gewählt, 

dasz  uns  zum  glück  der  schönsten  ehe 

allein  des  prietiers  segen  fehlt.    Göthk  47,  10; 

er  will  in  der  apatbie  was  vor  sich  bringen ,  ich  aber,  der 
ich  sehe,  es  geht  nicht,  übe  mich  täglich  in  der  anaka- 
tastasis.  60,225; 


ICH 


2022 


der  ich  liesx  über  den  erstaunten  schauern 
die  sonne  Gibeons  nicht  untergehen, 
kann  ich  nicht  auch  sie  lassen  auferstehen 
für  euch  aus  eurer  nacht  verzagtem  trauern? 

RöcsERT  ijeii.  (aimc.)  138. 

in  diesem  fall  das  ich  nach  dem  relativum  zu  sparen  und  das 
verbum  in  der  ersten  person  folgen  zu  lassen  ist  steif  und  tadelns- 
wert: 

Uannchen  stirbet!  dies  erblassen 
reiszt  das  herz  der  altern  hin. 
doch,  kann  ich  mich  hier  nicht  fassen, 
ich,  der  nur  ein  fremder  bin? 

d.  deutschen  ges-  in  Leipzig  öden 
u.  cant.  (173S)  418; 

einem  N.  v.  Wyle  läszt  man  es  freilich  hingehen ,  irenn  bei  ihm 
gelesen  wird:  kere  din  wüterye  und  grimikait  in  mich,  die 
gewesen  bin  ain  ursach  des  so  verschuldet  ist.  translat.  87 
Keller. 

Es  begegnen  endlich  auch  fälle,  tco  dahingestellt  bleiben  musz, 
ob  in  dem  relativen  salze  ich  unterdrückt  ist  oder  das  verbum  in 
dritter  person  steht: 

ich,  der  der  königin  ein  beer  nach  Suffolk  brachte, 

mich  {man  erwartet  sich)  bei  der  weit  verhaszt  und  sie  ge- 
fürchtet machte,  .  .  . 

ich ,  der  an  sie  zuletzt  den  könig  selbst  verrathen,  .  .  . 

ich  werd  itzt  kaum  gehört.     Ch.  F.  Wkiszi  bii  Lesstrs  6,  218. 

6)  ich  wird  durch  eine  substantivische  beifügung  näher  bestimmt, 
a)  mit  folgendem  Substantiv  oder  adjectiv,  die  ein  selbsturlheil 
des  redenden  enthalten. 

«)  im  ausruf:  ich  glücklicher!  ich  narr! 

ich  arme  (armer),  wie  genise  ich?    /»ein  3299; 

si  sprach  'ich  arbeitsällge  bürde!' 

und  fieng  an  weinen  umb  ir  eer.    fastn.  sp.  (110,20)  876; 

ich  eilends  und  barmherzigs  weib,  wie  bin  ich  so  armutsälig, 
^memiseram'.  Maäler235';  ach  ich  armer  jung!  H.  J.  v.  Bbaüs- 
scnwEiG  (H.)  217 ;  ach  gott,  ich  anner  mensch !  472 ; 

welch  unthat  hab  ich  nicht  bis  auf  die  letzte  nacht 
so  manches  schönes  jähr,  ich  tbörichter,  verbracht! 

A.  Grtphius  (1663)  321 ; 

da  steh  ich  nun,  ich  armer  thor!    Göthe  12,29; 
ich  ebenbild  der  gottheit !    12,  35 ; 
ich  sollte, 
ich  rasende  1  ein  abgerissnes  blatt 

aus  dieser  blume  schönem  kelch  verschenken?    Schiu.br  263*; 
ich  unglückseiger  Atlas !    Heike  buch  der  lieder  194. 
ß)  als  subject  des  satzes: 

swenne  ich  vil  tumber 
ir  tuon  minen  kumber 
mit  sänge  bekant.    USF.  141 ; 

ich  toller  unverstendiger  narr  aber  merkte  nicht,  das  ich 
durch  diese  rede  .  .  schier  ein  heilsam  gebot  .  .  gemacht 
hatte.  Luther  1  (1575)  104*; 

ich  treuer  Wächter  trit  daher, 
und  warne  zwei  mit  meiner  1er. 

GöDSKX-TiTTKAin«  liederb.  359; 
ich  armer  teufel,  herr  baron, 
beneide  sie  um  ihren  stand.    Götbe  18,  293 ; 
hier  wollten  sie,  von  menschen  unbehorcht, 
den  stillen  wünschen  ihres  herzens  leben. 
ich  söhn  des  Unglücks  zeige  mich :  sogleich 
ist  dieser  schöne  träum  gestört.    Schiller  261*; 
was  hab  ich  unbesonnene  gewagt!    264*. 

y)  nicht  so  eng  sich  anschlieszend  ist  die  Opposition  im  engern 
sinn,  welche  den  inhcdt  und  Charakter  eines  verkürzten  Zwischen- 
satzes hat: 

faerr!   aller  herren  höchster  gott,  wo  werd  ich  armer  vor  dir 

bleiben, 
ich  dein  durchaus  unnützer  knecht?     A.  Grtphids  (1663)  745; 
wie  gern 
wollt  ich  alsdann,  ich  ganz  gefühl,  ganz  schmerz, 
für  eine  sieben  bluten.  Lessing  2,511; 

und  ich,  der  gottverhaszte,  hatte  nicht  genug, 
dasz  ich  die  felsen  l'aszte 
und  sie  zu  trümmern  schlug!    Göthe  12, 176; 

weisere  fassung 
ziemet  dem  alter, 
ich,  der  vernünftige,  grüsze  zuerst.    Schiller  490'; 

ich  weisz . .  dasz  mein  dasein  oder  hingang,  ich,  das  schwache 
erdcngebilde,  an  ihrem  (der  Vorsehung)  plan  und  gang  nichts 
irre  machen  noch  ändern  kann.  Hebel  5, 121. 

b)  der  redende  fügt  dem  pronomen  seinen  namen  oder  eine  dem 
gleichkommende  bezeichnung  bei,  seiner  rede  nachdruck  zu  geben, 
eindruck  oder  glaubwürdigkeit  derselben  zu  erhöhen,  besonders 
hinzuweisen  ist  auf  foiende  fälle. 

127* 


2023 


ICH 


IHC 


2024 


a)  goH  reJel  so,  der  heiland  und  die  lehrer  in  der  heiligen 
sehriß:  ich,  der  herr  dein  golt,  bin  ein  eiveriger  gutt.  7  Mos. 
JO,  5 ;  ich,  der  herr,  behüte  in.  Jes.  27,  S ;  ich,  der  berr,  kan 
das  herz  ergründen.  Jer,  17,10;  ich,  der  herr,  bin  ein  gott 
alls  fleischs.  32,27;  du  solt  auf  dem  felde  darnider  ligen, 
denn  ich,  der  herr  heiT,  habs  gesagt.  Hesek.zo,h;  ich  Jesus 
habe  gesand  meinen  engcl ,  solcbs  euch  zu  zeugen  an  die 
gemeinen,  o/fenbar.  22,  16 ;  ich  prediger  war  könig  über  Israel 
zu  Jerusalem,  pred.  Salom.  1,12;  ich  Daniel  sähe  ein  ge.^ichle 
in  der  nacht.  Dan.  7,2;  ich  Paulus  grüsze  euch  mit  meiner 
band.  1  Cor.  is,  21 ;  ich  Paulus  hab  es  geschrieben  mit  meiner 
hand,  ich  wils  bezalen.  Philem.  19;  ich  Johannes  sähe  die 
heilige  stad.  cffenbar.  21,2. 

ß)  ehtnso  drücken  sich  dichter  und  schrißsleller  der  älteren 
seit  aus: 

ich  Wolfram  von  Eschcnbach, 

swa;  ich  Ton  Pariiväl  gtsprach, 

des  sin  ävcntiur  mich  wiste, 

eislicli  man  daj  priste.     Willch.  4,  19; 

Ton  Wirzeburc  ich  Cuonrät 

von  welsche  in  tiutsch  getihte 

mit  rimen  gerne  rihte 

das  alle  buoch  von  Troye.    troj.  krieg  266, 

vgl.  Engelh.  6492,  schwanr.  1354,  der  weit  lohn  263;  barumb  wil 
ich  Jocop  Twinger  Ton  Künigeshoven,  ein  priester  zu  Stros- 
burg,  US  den  croniken  die  Eusebius,  Martinus,  Sigebertus  und 
Vicencius  gemäht  bant,  und  us  andern  böchern  zu  dülsche 
schriben  etliche  ding  ...  Strasiburger  chron.  1,230;  ich  frater 
Jobannes  Pauli,  Schreiber  disz  bfichs,  ein  barfuszer,  bab  ein 
bauren  kent.  schimpf  u.  ernst  205  Oslerley; 

alt  man  zeit  vierzenhundert  jar 
und  vier  und  neunzig  jar  i'ürwar 
nach  des  herren  Christi  gehurt 
ich  Hans  Sachs  gleich  geboren  wurd. 

II.  Sachs  {Güi)  1,3; 

y)  in  dichtungen  auftretende  personen  führen  sich  auf  dieselbe 
weise  ein  oder  geben  ihrer  rede  dadurch  nachdruck: 

ich  Gundelwein  von  Tribetant, 
i:h  sach,  das  ein  Trosch  ein  storch  verschlant. 
/■««In.  sp.  93: 

von  TauTerei  ich  Rubenschlunt, 
mir  wart  die  abenteur  kunt.    94; 

ich  Schweinszagel  bin  ein  linecht, 

mein  urtheil  setz  ich  schlecht  und  recht.    100 ; 

ich  Mercurius 
bring  botscbaft  hin  und  wider.    Wrllsr  lieder  268 ; 
ich  Hans  Unmuet  von  Ach  und  Weh, 

notarius  am  Wildensee, 
bekenn  mich  meiner  aignen  band  .  .  . 

UPEt  u.  CoRN  140; 

ergetslich  Idszt  H.  Sachs  in  etn;m  schwank  den  guten  montag, 
wie  ihn  die  handwerksgesellen,  weil  sie  da  nicht  arbeiteten,  nannten 
{s.  Frisch  1,  385",  vgl.  guter  mittwoch,  guter  donnerstag  2,1253), 
pertünlich  auftreten: 

ich  guter  montag  mach  toll  köpf. 

GÖDEIE-TlTTHAWJt  2,  33,  75. 

S)  notwendig  {es  sei  denn  dasz  der  redende  an  anderer  stelle 
lieh  n^nnt)  wird  dem  im  eingang  stehenden  pronomen  der  name 
beigefügt  in  Urkunden  jeder  art,  gesettesvorlagen ,  Verordnungen, 
Zeugnissen,  erkldrungen,  contraclen,  quittun()en  u.  dgl. :  als  ältestes 
beispiel  dieser  art  dient  die  runeninschrift  des  goldenen  horns  nach 
Hugges  lesung  (Kuiik  zeilschr.  18,154):  ck  HIewagastir  Holtingar 
horna  tawidu  (ich  Hlewagast  Holts  nachkomme  d.  i.  söhn,  fertigte 
das  hörn) ;  vgl.  die  a.  a.  o.  mitgelheilten  inschriften  auf  den  steinen 
tu  Tune  und  Varnum;  hiernächsl  die  gothischen  Verkaufsurkunden 
tu  Neapel  und  Artzio  (6.  jahrh.):  ik  M£rila  bökareis  bandau 
nieinai  ufm^lida ;  ik  Gudilub  dkn.  (diaconus)  }iü  frabaühtnbüka 
fram  mis  gavaürbta ;  femer  angelsächsische  königsgesetze  und 
erkldrungen  bis  zur  invasion,  vgl.  Scbmid  gesetze  der  Angelsachsen 
2U.  126  u.  0.  TnoRpE  diplom.  Angl.  332;  I  |)e  king  Adelstan.  180; 
während  auf  dem  germanisclien  continente,  durch  den  einflusz  des 
rümitchrn  oder  byzantinischen  geschäftsstils,  in  den  canzleien  schon 
der  gothischen  und  fränkischen,  dann  auch  der  deutschen  könige 
am  eingange  der  Urkunden  mit  dem  namen  der  pluralis  majeslalis 
und  das  dazu  entsprechend  im  plural  gebraucfUe  rerbum  verwendet 
ward,  dieser  gebrauch  verbreitet  steh  allmdhluh  nicht  nur  auf 
du  dem  kaiser  unmittelbar  untergeordneten  fiirsten  und  dynasltn, 
sondern  auch  auf  solche,  du  überhaupt  hoheitsrechte  ausüben,  so 
dasz  das  ich  mit  beigtsetstem  namen  und  würde  später  nur  noch 
I»  Urkunden  bürgerlicher,  sowie  niederer  geistlicher  oder  adlichtr 
f*rtontn   erscheint:     ick   HeriDaa    fon    Czjmnicru    unde   Til« 


Schengke,  wir  bekennen  mit  diszem  offenen  brife  . .  Urkunde 
von  1412  bei  Dreyhaupt  Saalcreys  1,670;  ich  Christoph  Turgk 
der  rechten  doctor  .  .  bekenne  und  thue  kund  an  diesem 
brieve.  das.  1, 918  (von  1536).  statt  dieses  ich  mit  beigesetztem 
namen  heiszt  es,  aber  wol  erst  seit  dem  17.  jh.,  ich  der  endes- 
unterzeichnete ;  ich  endesgenannter;  ich  der  unterschriebene, 
unterfertigte,  u.  ähni:  für  mich,  meine  erben  und  erbnebmen, 
Urkunde  und  bekenne  hiermit  ich  endes  eigenhändig  unter- 
schriebener. Seriander  rechtschreib.  263;  oder  es  kommt  beides, 
diese  hinweisung  und  der  name  vor:  ich  unterzeichneter,  Joseph 
Clavigo,  arcbivarius  des  königs  .  .  bekenne.  Göthe  10,  78. 

7)  Vertretung  der  ersten  person  durch  die  dritte  und  zweite. 

a)  dasz  kinder  in  den  ersten  lebensjahren,  bevor  sie  zum  Voll- 
gefühl ihrer  persönlichkeit  kommen,  ein  ich  nicht  kennen,  von  sich 
in  der  dritten  person  reden  und  dazu  ihren  eigennamen  setzen, 
ist  eine  von  J.  Grimm  kleine  Schriften  3  s.  241  fgg.  (über  den 
Personenwechsel  in  der  rede)  ausführlich  dargelegte  Wahrnehmung ; 
eben  dasselbe  Ihtin  geistig  beschränkte,  unselbständige :  nach  der 
aussage  des  knaben  sprach  sie  (Lisettc)  dabei  mit  lauter 
stimme  die  worte:  Lisette  soll  zu  gründe  gehen,  zu  gründe 
jetzt  gleich.  Schlegel  Lucinde  49,  wie  englisch:  who  givcs  any 
thing  to  poor  Tom  ?  Sbakesp.  king  Lear  3, 4 ;  und  demütige, 
unterwürfige  vertauschen  ihr  ich  mit  der  hervorhebung  ihrer  eigci- 
schaft  als  diener,  knecht:  ah  herr,  las  deine  obren  aufmerken 
auf  das  gebet  deines  knechts.  Neh.  1,11;  rede  herr,  denn 
dein  knecht  höret.  iSam.  3,  9;  mein  geist  frewet  sich  guttes 
meines  heilandes.  denn  er  bat  seine  elende  magd  angesehen. 
Luc.  1,48;  wirth.  o  ihro  gnaden!  zanken?  da  sei  gott  vor! 
ihr  unterthänigsler  knecht  sollte  sich  unterstehen,  mit  einem, 
der  die  gnade  hat,  ihnen  anzugehören,  zu  zanken?  Lbssing 
1,513.  , 

Der  gesetzte  eigenname  statt  des  ich  kann  aber  auch  gesteigertes 
Selbstgefühl  verraten  (vgl.  J.  Grimm  a.  a.  o.  3,243/3.).  dichter  des 
15.  und  16.  jahrh.  (über  früheren  etwas  anderen  gebrauch  vergl. 
oben  6,  6,  ß  sp.  2023),  nenne«  sich  in  dieser  weise  am  Schlüsse 
ihrer  werke,  indem  sie  zugleich     bedeutsam  eine  lehre  mitgeben: 

üb  dich  zu  weiszheit  ist  mein  ler, 

spricht  Hans  Folci  zu  Nürmberck  barwirer. 

H.  FoLZ,  Haupts  leittchr.  8,  523, 
auf  das  eliche  lieb  aufwachs 
in  rechter  treu,  das  wünscht  Hans  Sachs. 

H.  Sachs  2,  10  Tiilmann. 
sonst  steht  der  eigenname  statt  des  ich  voll  nachdrurks;  so  mhd., 
und  mit  der  l.  person  wechselnd: 

weit  ir  nilit  volgen  Hagnen,  iu  rastet  Rümolt, 

wand  ich  iu  bin  mit  triuwen  dienstlichen  holt, 

da;  ir  hie  sult  bcliben  durch  den  willen  min.    Nib.  1406,  1 ; 

oder  ohne  solchen  Wechsel: 

Heinrich  von  Ofterdingen,     Reimär  wil  din  vient  wesen. 
minnes.  2,  7*  Hagen ; 
nhd.  aber  da  trifft  er  (Zwingli)  den  Luther  allererst  recht,  da 
er  seine  folgerkunst  beweiset.   Luther  3,464*; 

auf,  landskuecht  gut     und  reuters  mut, 

laszt  Hütten  nit  verderben ! 

HuTTKN  in  Gädeke  u.  Tillmann  liederb.  274; 

und  wenn  dir  der  verlobten  kusz 

zu  stiller  rciziing  dienen  musz, 

so  wisse:  Günther  kann  nicht  wanken.     Gör^TUKR  328; 
und  greift  mich  irgend  auch  die  arelist  meiner  feinde, 
die  Günthern  auf  der  weit  nicht  ruhig  leiden  kan, 
nunmehr  zu  guter  letzt  mit  deiner  trennung  an?    472; 

auch  in  heutiger  gewohnlicher  rede  ist  diese  wendung  nicht  un- 
bekannt;  ein  alter,  der  einem  jungen  eine  warnung  eindringlich 
machen  will,  sagt:  denke  daran,  der  alle  Johann  liat  dich 
gewarnt ;  m  der  bewegten  spräche  des  abschiednehmens :  lebe 
wohl,  du  guter  boden!  wie  oft  hat  der  alte  Daniel  dich  ab- 
gefegt —  lebe  Wühl,  du  lieber  ofen,  der  alte  Daniel  nimmt 
schweren  abschied  von  dir.  Schiller  rduber  5, 1 ;  zugleich  mit 
Umschlag  in  die  1.  person : 

lebt  wohl,  ihr  berge,  ihr  geliebten  triften, 

ihr  traulich  ilillen  tlialcr,  lebet  wohl! 

Juhanno  wird  nun  nicht  mehr  auf  euch  wandeln, 

Johanna  tagt  euch  ewig  Icbewohl ! 

Ihr  wieiea,  die  ich  wAsscne,  ihr  biume, 

(iia  ich  gepflanzet,  grünet  Iruhlich  fort! 

jumifrnu  v.  Oilnins,  vonpirl,  4.  aufti\ 

In  noch  andern  Wendungen  steht  für  ich  ein  appellativum ,  so 
wenn  einer  zum  andern  sagt:  hüren  sie,  ein  erfahrener  mann 
spricht  zu  ihnen  (anstatt  ich  als  ein  erfahrener  mann  spreche); 
ein  armer  mann  bittet  um  eine  guhe,  ruft  der  brttter ;  gnädiger 
herr,  erlaubet  einem  armen  manne,  euch  um  etwas  zu  bitten. 
ScHiiLKH  riub.  4,3;  duliter  futirrn  swh  in  dieser  r'igenschaft  nn.° 


2025 


ICH 


ICH 


2026 


k 


dichler  (zum  direclor).   geh  hin,  und  such  dir  einen  andern 

knecbt! 
der  dichter  sollte  wohl  das  höchste  recht, 
das  menschenrecht,  das  ihm  natur  vergönnt, 
um  deinetwillen  freventlich  versehenen?    Göihe  12,13. 

veraUgemeinernd  wird  für  ich  gesagt  unser  einer,  unser  eins: 
unser  einer  kommt  freilich  nicht  viel  zum  vergnügen ;  unser 
einem  wird  es  nicht  so  wol;  vergl.  die  beispiele  xinler  eins 
tkeä  3,  sp.  256;  in  obliquen  casus  auch  nur  die  einzahl  ohne 
beigesetztes  pronomen:  man  musz  einem  nur  nicht  so  etwas 
weisz  machen ;  einen  so  zu  belügen  I  rergl.  a.  a.  o.  sp.  122. 

b)  wie  beim  sprechen,  denken,  zu  ralhe  gehen  mit  sich  selbst 
und  ähnlichen  prozessen  bald  die  erste  person,  bald  die  zweite 
gebraucht  icird,  ist  bereits  unter  du  theil  2,  sp.  1472-1475  aus- 
führlich dargelegt. 

8)  die  alte  spräche  brauchte  das  possessivum  aller  drei  personen 
oder  auch  den  gen.  des  eigennamens  neben  dem  uorte  11p,  um 
dadurch  die  Vorstellung  der  person  und  der  selbstheit  hervorzuheben, 
rgl.  J.  Grimm  kl.  schriflen  3, 265,  min  Itp  hiesz  in  unzählichen 
beispielen  so  viel  icie  ich : 

Sit  si  min  lip 
für  elliu  wip 
meinet  besunder 
.  von  herzen  vil  gar.    frauend.  135,  7 ; 
min  lip  mit  frenden  hatte  sieb.    227,  5 ; 

«n  Wechsel  mit  ich :    . 

ze  Venedige  ich  vil  palde  quam. 

ein  herberge  min  lip  da  nam 

vil  verre  von  den  liuten  hin.    160,  17 ; 

ich  wart  e  nie  gekleidet  ha;; 

wan  ich  für  war  wol  weste  daj, 

da^  min  höh  minne  gernder  lip 

des  tages  sxh  manc  schcene  wip.    239, 13. 

dieser  gebrauch  hat  sich  seit  Untergang  des  mhd.  verloren,  anders 
und  nicht  damit  zu  vergleichen  ist,  wenn  später  für  ich  die  Um- 
schreibung meine  person  auftritt,  une  fiir  du  ebenso  deine  person; 
dies  geschieht,  tcenn  die  rede  das  ganze  einer  persönlichkeit  scharf 
und  bedeutend  hervorheben  will:  meine  person  steht  für  alles  ein. 
was  hier  schade  geschieht;  sei  ruhig,  meine  person  deckt 
dich ;  aber  das  rate  ich,  das  du  zu  dir  versamlest  ganz  Israel, 
. .  und  deine  person  ziehe  unter  inen.  2  Sam.  17, 11 ;  ich  lasse 
euch  aber  wissen,  welch  einen  kämpf  ich  habe  umb  euch  und 
umb  die  zu  Laodicea.  und  alle  die  meine  person  im  fleisch 
nicht  gesehen  haben  (gegen  griech.  xai  oaoi  ovx  eioQäxaatv 
ro  Tcoöaca'Tcöv  fiov  ev  aaoy.i,  vulg.  quicunque  non  viderunt 
faciem  meam  in  carne).  KoL  2, 1. 

Im  munde  eines  unterwürfigen  oder  auch  nur  bescheidenen 
verwandelt  sich  das  ich  zur  Umschreibung  meine  Wenigkeit;  kan 
aber  eurer  eicell.  meine  Wenigkeit  auszerhalb  herren-diensten 
in  ichtwas  zu  gehorsamen  die  gelegenheit  haben.  Simp/.  l,2S3 
Kurz;  meine  Wenigkeit,  ego  in  imo  stibsellio  positus,  es  ist 
meiner  Wenigkeit  vorbehalten  gewesen,  in  nostram  tenuitatem 
delatum  est  Serz  176";  allein,  man  wird  fragen,  was  mich  so 
verwegen  macht,  der  einsieht  so  vieler  gelehrten  kunstrichter 
meine  Wenigkeit  entgegenzusetzen.  Lessinc  3, 121 ; 

doch  meine  Wenigkeit  entweiit  kein  mädcbenspiel ; 
so  thu  es  denn  ein  gänsekiel.      Bürger  104'; 

schon  ahd.  wird  ähnlich  nidiri  niedrigkeit  verwendet  (vgl.  gramm. 
4,  29S): 

tbes  thanke  euch  sin  gidigini  joh  unsu  smäbu  nidiri. 

Otfiio  ad  Lud.  26. 

9)  ich  verschwiegen  oder  fehlend. 

a)  in  beigeordneten  sitzen,  deren  gemeinschaftliches  subjed  die 
1.  person  ist,  wird  ich  vor  jedem  satzlheile  nur  im  falle  des 
asyndetous  in  gehobener  rede  wiederholt: 

ich  Jauchze,  ich  zittre,  ich  weine  wild, 

ich  werde  selber  zur  leiche.    H.  Hki»ie  6.  d.  l.  130; 

ich  sah  sie  lachen,  sah  sie  lächeln, 

ich  sah  sie  ganz  zu  gründe  gehn ; 

ich  hört  ihr  weinen  und  ihr  röcheln, 

und  habe  ruhig  zugesehn.    werke  18,293; 

sonst  steht  es  im  ersten  Satzglied,  ßr  die  folgenden  mit  geltend: 
ich  heisze  Weber,  bin  ein  mahler,  habe  jura  sludirt,  oder 
ein  reisender  überhaupt,  betrage  mich  sehr  höflich  gegen 
jedermann  und  bin  überall  wohl  aufgenommen.  Gothe  an  frau 
V.  Stein   l',  132; 

den  eilenbogen  aufgestemmt 

sasz  ich  in  meiner  sichern  ruh, 

hört  all  dem  schwadronieren  zu, 

und  streiche  lächelnd  meinen  hart, 
^^  und  kriege  das  volle  glas  zur  band 

^  und  sage:  alles  nach  seiner  art!    werke  12,  191; 

zu  Thurneck  bin  ich  hier,  weisz  was  ich  thue. 

II.  T.  Kliist  Kathctf'H  3,  6. 


b)  die   ältere  spräche  ergänzt  öfters  tm  gleuhen  oder  im  un- 
mittelbar folgenden  satze  ich  aus  vorhergehendem  ich  oder  dessen 
obliquen  casus,  oder  aus  dem  possessiv  mein ;  ein  brauch  der  sich 
bisweilen  noch  in  unsere  elastische  litteratur  hinein  erstreckt,     so 
a)  aus  ich: 

mhd.  ich  kan  iu  niht  so  verre 
gnaden  mit  dem  munde, 
als,  ob  ich  künde, 

vil  gerne  t3ete.    Hartxani«  Greg.  1217; 
ich  enweij  wa;  im  tu.    Herbort  liet  v.  Tr.  9765; 
nhd.  weil  ich  nun  einsehe,  dasz  er  allerdings  nicht  unrecht 
habe:  so  entsage  mich  hierdurch  meiner  vorigen  protestationen. 
Seriasder  rechtschreiberey  14S ; 

ihr  äugen,  wann  ich  euch  so  freundlich  sehe  schweben, 

so  bin  ich  als  entzückt,  so  kenne  ganz  kein  leid.    Opitz  2, 217. 

ß)  aus  vorhergehendem  mir: 

mhd.  er  wirt  von  mir  gewihet  schön, 

und  setz  im  üf  des  riches  krön.    Seifr.  Helbling  8, 1133 ; 

swaj  mir  geschee, 

das  vertrüge  harte  wol.    Ukrbort  8369; 

nhd.  ob  mir  schon  die  ganze  weit  anhienge  und  widderumb 
abfiele,  das  ist  mir  eben  gleich,  und  denke :  ist  sie  mir  doch 
zuvor  auch  nicht  angehangen ,  da  ich  alleine  war.  Lctheb 
autwort  auf  des  königs  zu  Engelland  lesterschrift ,  bei  Scheibie 
10, 395 ;  da  verschaffte  er  mir  eine  grosze  menge  holz  von 
den  (dem)  churfürsten,  und  hatte  alle  jähr  mein  gewisz  holz 
zu  genieszen.  curieuses  gespräch  zwischen  Taubmann  u.  Belar- 
minus  {Frkf  HZ',)  iO ;  mir  geht  in  allem  alles  erwünscht,  und 
leide  allein  um  andre.  Göthk  an  Aug.  Stolberg  am  ll.  juli  1777; 

sie  ist  mir  lieb,  die  werde  magd, 

und  kan  ir  nicht  vergessen.    Lctber  8,366'; 

jetzt  sein  kaum  zwen  oder  drei  (freunde), 

die  mir  in  nöten  treten  bei; 

den  andern  häuf  musz  faren  lassen. 

B.  Wallis  Esop  4,  78,  127 ; 

dnimb  ist  mir  für  dich  herzlich  laid, 

und  verfluch  die  unmiltigkait.    ftöhhaz  794  Scheibie; 

gehts  mädchen  mir  vorüber, 
rufts  laut  in  mir.  du  bist  ein  mann, 

und  küsse  sie  so  lieber. 

Schiller  männerwürde  (1,  76  Kurt) ; 

wie  könnt  ich  über  andrer  Sünden, 

nicht  Worte  gnug  der  zunge  finden! 

wie  schien  mirs  schwarz,  und  schwärzts  noch  gar, 

rairs  immer  doch  nicht  schwarz  gnug  war, 

und  segnet  mich  und  that  so  grosz, 

und  bin  nun  selbst  der  sünde  blosz !    Götbe  12,  188. 

y)  aus  mich : 

mild,  und  dö  e^  an  den  äbent  gienc, 
einen  stic  ich  dö  gevienc : 
der  truoc  mich  Ü5  der  wilde, 
und  kom  an  ein  gevilde.    Iwein  276; 

wan  (man)  hat  mich  her  gesant, 
und  hän  erstrichen  vrömdiu  Taut 
nach  hern  Dietrich  von  Berne.    Ecken  liet  37,  1 ; 

nhd.  es  verdrosz  mich  heftig  und  sagte,  pers.  rosenth.  7,  5 ; 

noch  deucht  sie  (mein  weih)  mich  schön  weisz  und  klug, 

und  hett  an  ir  gevallen.«  genug 

als  könig  Davit  an  Bersabe.    fastn.  sp.  135,15; 

er  bat  mich  kouft,  und  bin  sein  knecht. 

geuchmatt  (kloster  8,  1056); 
0  hast  du  mich  gnädig  aus  räubershand, 
aus  dem  ström  mich  gerettet  ans  heilige  land, 
und  soll  hier  verschmachtend  verderben ! 

Schiller  bürgschaft  v.  82- 
S)  aus  dem  possessiv-  mein: 
mhd.  des  ist  min  jämer  vester, 

und  beginne;  nü  ze  späte  klagen, 

da;  ich  bi  allen  minen  tagen 

ir  dinc  niht  ba;  geschaltet  hän.    HAaraAim  Gre^.  69; 

si  ist  min  österlicher  tac. 

und  häns  (habe  sie)  in  minem  herzen  liep. 

miniies.  frühl.  170,  20 ; 
«wer  nemen  welle  golt, 
der  denke  miner  leide,  und  wil  im  immer  wesen  holt. 

Kib.  1655,  4 ; 
nhd.  das  ist  meine  speise,  und  werde  fett  davon.  Luther 
antw.  auf  des  königs  zu  Engelland  lesterschrift,  Scheibles  kloster 
10,  391 ;  meiner  liebsten  ist  er,  wie  mich  dünkt,  bekant.  doch 
habe  von  ihr  noch  nichts  erfahren  können,  kunsi  üb.  alle  künste 
115,20;  nach  meinetwegen:  als  wir  nun  den  folgenden  tag 
examinirt  wurden,  und  ich  meities  vatters  factor  nannte,  der 
ein  ansehnlicher  mann  war,  ward  derselbe  beschickt,  meinet- 
wegen befragt,  und  (ich)  auf  seine  verbärgung  los  gelassen, 
doch  dasz  ich  bisz  auf  weitern  bescheid  in  seinem  huus  im 
arrest  verbleiben  solle,  gantz  neu  eingerichteter  .  .  Simplicius 
Simplicitsimus  468;  nach  mein,  dem  gen.  d«s  persönl.  pronomens: 


2027 


ICH 


ICH 


2028 


got  aber  verschont  mein  allein. 

sibenjerig  danach  anfieng, 

in  die  lateinisch  schule  gicng; 

drin  lernt  ich  pueriüa, 

grammatica  und  rausica. 

Hans  Sacbs  2,241,12  Tillmann: 
külmer  und  seilen  ist,  uenn  ein  ich  aus  dem  erst  nachfolgenden 
possessiv   ergänzt  trerden  musz:    beide  prophelen  und  priester 
sind  schelkc,   und  finde  auch  in  meinem  hause  ire  büshcit, 
spricht  der  herr.  Jer.  23, 11. 

c)  ausnahmsweise,  in  lebhaftem  zmegesprdche,  ergänzt  ein  an- 
geredeter sein  ich  in  der  antworl  aus  dem  du  des  unmiUelbar 
vorhergehenden,  vom  andern  gesprochenen  satzes :  v.  Hütten,  diesen 
lieblichen  anblick  wird  sie  (die  utlt)  fortfahren  dir  zu  geben, 
so  lange  du  dich  hütest ,  den  Schleier  aufzuheben ,  der  dir 
die  Wirklichkeit  verbirgt,  so  lange  du  menschen  entbehren 
wirst  und  dich  mit  deinem  eigenen  herzen  begnügen.  Angelika. 
oder  dasjenige  finde,  mein  valer,  das  dem  meinigen  harmo- 
nisch begegnet.   Schiller  315'  (menschenfeind). 

d)  vor  bitte,  danke,  geschweige,  sage. 

Ganz   üblich  ist   heule,    dasz   der   redende  vor  ein-  oder  an- 
gefiigtem  bitte ,    danke  das  pronomen  fortläszt  {gramm.  4, 21S) : 
bitte,  nehmen  sie  platz,  thun  sie  mir,  bitte,  den  gefallen ;  lasz 
das,  bitte;  danke  bestens;  nie  englisch  fray  thce,  thank  you; 
Adam,  kann  ich  inzwischen 
mit  einem  guten  frühstück,  wurst  aus  Braunschwejg, 
ein  gläseben  Danziger  etwa  —  WattiT.  danke  sehr. 
Adam,  ohn'  umstand' !     Walter,  dank',   ihr  hörts ,   habs  schon 

genossen. 
H.  V.  Kleist  zeibr.  krug  5; 

auch  in  der  altern  spräche:  es  ist  ein  feiner  brauch,  wenn 
man  gevattern  bittet,  das  man  spricht,  gott  hat  mir  einen 
beiden  beschert,  bitte,  wollet  ihm  zur  Christenheit  helfen. 
C.  Spangenberc  ehespiegel  395; 

hitt,  wölt  mit  mir  haben  vergut.  H.  Sachs  1,  470'. 
das  jetzt  zur  partikel  herabgesunkene  geschweige  taceo  wird  bei 
Schriftstellern  des  16.  jahrh.  noch  als  volle  verbalform  mit  dem 
pron.  ich  gesetzt:  das  man  es  kaum  mit  dem  herzen  sehen 
kan,  ich  schweige  mit  den  äugen.  Luther  5,  336' ;  wo  haben 
die  Lutherischen  einen  brief  auslassen  gehen ,  das  sie  sich 
wehren  wollen,  ich  wil  schweigen,  das  sie  aufrhürisch  sein 
oder  anfahen  wollen?  30"';  sy  ist  so  züchtig,  mag  von  denen 
dingen  nichts  hören,  ich  geschwigen  erst  thün.  Wickram  rollw. 
16,23  Kurz;  darum  können  sie  auch  den  himel  nicht  ver- 
dienen, ich  geschweig  d;  sie  den  himel  andern  leuten  durch 
ihre  verdienst  sollen  zu  wegen  bringen.  Fischart  bienk.  19ö' ; 

und  hiesz  sie  mich  den  loten  tragen 
an  galgn,  ich  Künt  irs  nit  versagen, 
ich  wil  geschweigen  in  ir  haus. 

II.  Sachs  3,200  Tiltmann; 

doch   fängt   schon   in   diesem  Jahrhundert   an  das  pronomen  zu 
fehlen,  ein  gebrauch  der  seit  dem  17.  allgemein  wird:  diejenigen, 
die  noch  nie  haben  recht  reden  können,  schweige  denn  dol- 
metschen. Luther  5,  14o';  solche  feine  fabeln  ..  vermocht  jtzt 
alle  weit  nicht,   schweig  denn  ein  mensch  erfinden.  5,269'; 
{wurde  mir)  von  des  zaarn  pferden  ein  solches  vorlrefliches 
untergezogen,  dergleichen  ich  zuvor  mein  lebtag  keins  gesehen, 
geschweige  beritten.  Simpl.  2, 102  Kurz;  gab  mir  nieinalen  kein 
sauern  blick  geschweige  ein  böses  wort.  3, 107;  gewisz,  einem 
gebildeten  menschen,  geschweige  denn  einem  liebhaber,  würde 
ein  solcher  name  auf  den  lippcn  stocken.  Göthe  26,  2S; 
und  sie  streut  dann  das  futtcr  aus 
mit  einem  blick  —  göuer  zu  entzücken, 
geschweige  die  bestien.  2,  90.    • 

Auch  eingefügtes  sage  inquam,  wenn  es  etwas  schon  gesagtes 
ausdrücklicher,  deutlicher,  eindringlicher  wiederholt,  steht  ohne  ich  ; 
10  wenn  in  Schuldbriefen  oder  quitlungen  die  erst  in  zahlen  aus- 
ijrdrückte  summe  ausgeschrieben  wiederholt  wird:  100  äi^.,  sage 
einhundert  thaler;  auch  sonst:  dieses  kleinen  vergebens  halber 
bat  er  zehn ,  sage  zehn  jähre  auf  der  feslung  zubringen 
mü.s8pn. 

()  bei  terben  des  denkens,  meinent,  fühlens,  Wissens,  woUens, 
namentlich  wenn  sie  eingeschoben  sind,  doch  auch  in  anderer 
tteliung.  so  wird  mlul.  wene,  wxn  gebraucht  (mhd.wb.  3,407), 
vielleicht  ist  unser  mundartliches  halt  ebenso  aus  halt  ich  rn(- 
tprungen,  vgl.  die  ausführungen  oben  sp.  273 ; 

denkwol,  \i'T  '  ■         -    ■  , 

iinil  trink  ■:  ... 

und  w(!nn  i!  li 

in  reld  uiiii  t. 

de  Icn^l  er  ^  k, 

und  iriokl  •    , k.    Uhu,  1,170; 


bei  den  verben  hoffen ,  fürchten ,  wissen ,  schätzen ,  wollen, 
mögen :  hoffe,  solch  werklein  werde  ihnen  nicht  unangenehm 
sein.  Simpl.  t,  A  Kurz ;  der  kämm  ist  vertauscht  {umgetauscht), 
nicht  so  schön  an  färb  und  gestalt  als  der  erste,  hoffe  doch, 
brauchbarer.  Göthe  an  Kestner  116; 

so  ist  deines  Türsten  gunst 

mir  nicht,  hoffe,  gar  ümmsonst.    Fleming  414; 

furcht  warlich,  sie  werden  im  ein  kappen  kaufen.  Schade  sat. 
1,57;  St.  wars  eine  starke  summe?  B.  weisz  nicht.  Klinger 
1,100; 

weisz  auch  wol,  wer  dich  auf  sie  hetzt.    H.  Sachs  1,114'; 

der  graf  v.  Strahl,  kind,  was  hältst  du  da? 
Kälhchen.  weisz  nit,  mein  hoher  herr. 

II.  V.  Kleist  häthchen  5,  11; 
dein  (der  schwalbe)  liedchen  spriclit 
'weisz  selber  nicht, 
woher  mir  gekommen  die  mahnung'.    J.  Sturm. 

bairisch  schätz  wol,  das  glaub  ich,  das  will  ich  meinen,  freilich, 
allerdings  Schm.  2,492  Fromm.;  wollte,  ich  säsze  noch  zu 
Lotlens  füszen,  und  die  jungen  krabbelten  auf  mir  herum. 
üüthe  an  Kestner  6.  oct.  1772;  möchte  wohl  hören,  was  der 
von  uns,  die  wir  hier  so  beisammen  sind,  sagt.  Wieland  an 
frau  ralh  31.  dec.  1776;  es  ist  noch  nie,  wil  nicht  sagen,  ein 
geschlecht,  sondern  auch  keine  republic  oder  regiment  so 
stark  noch  mächtig  gewest.  Schuppius  960; 

ich  sah  in  gehn  in  solch  ein  saubres  haus 
(will  sagen,  ein  bordeil;.    Shaksp.  Hamlet  2,  1 ; 
I  saw  him  enter  such  a  house  of  sale, 
videlicet,  a  brothel. 

f)  ich  fehlt  bei  gelehrtem,  militärischem,  stolzem  lakonismus: 

habe  nun,  ach,  philosophie, 

Juristerei  und  medicin, 

und  leider  auch  thcologie, 

durchaus  studiert,  mit  heiszem  bemühn.  Göthb  12,29; 

heisze  magister,  heisze  doctor  gar.     das. ; 

bilde  mir  nicht  ein,  was  rechts  zu  wissen, 

bilde  mir  nicht  ein,  ich  könnte  was  lehren, 

die  menschen  zu  bessern  und  zu  bekehren.    30; 

soll  wie  ein  böser  Schuldner  sitzen, 

bei  jedem  zulallswörtchen  schwitzen  (uiorte  Valentins). 

192; 
scharfschütz.  kroat,  wo  hast  du  das  halsbaod  gestohlen? 

handle  dirs  ab!  dir  ists  doch  nichts  nütz. 

geh  dir  dafür  das  paar  lerzerolen. 
kroat.  nix,  nix !  du  willst  mich  betrügen,  schütz. 

tcharfschüt».  nun,  eeb  dir  auch  noch  die  blaue  mutz, 

hab  sie  so  eben  im  glücksrad  gewonnen. 

Schiller  Wnlienst.  lager,  3.  auftr., 

i).  er  kömmt  von  Babylon, 

mit  zwanzig  hochheladenen  kanicelen, 

.  .  .  tempelh.  kaufe  nichts.    Lessing  2,  223. 

in  mürrischer,  kurz  angebundener  Stimmung:  'Lindenschmied, 
geht  ihr  mit  da  hinüber  ins  herzogliche?'  L.  hab  meinen 
weg  für  mich.  O.Ludwig  dram.  werke  1,87;  aber  auch  in  der 
bescheidenen  kürze  eines  fremd  eindringenden: 

bin  so  frei,  grad  hereinxuireten, 
musz  bei  den  fraün  verzeihn  erbeten, 
wollte  nach  frau  .Marthe  Schwerdtlein  fragen. 
GÖTUK  12,  150. 

g)  ich  fehlend  in  allerthümelnder  Schreibart: 

schicke  dir  hier  den  alten  Götzen  .  .  . 
habs  geschrieben  in  guter  zeit, 
tags,  abends  und  naclitshorrlichkelt ; 
und  find  nicht  halb  die  freude  mehr, 
da  nun  gedruckt  ist  ein  ganzes  beer. 
Und,  dasz  es  wie  mit  kindern  ist  u.  s.  >r. 

tii'r  junge  Göthk  2,  34. 

h)  seit  dem  ende  des  17.  jahrh.  reiszl  die  gewohnheil  ein ,  in 
briefen  das  ich,  wenn  es  dem  verbum  nachfolgt,  su  unlerdiuikni. 
wahrgenommen  wird  sie  zuerst  in  geschnftsbriefen ,  und  enlstrlit 
hier  wol  zunächst  durch  das  streben  nach  kürze,  das  die  brief- 
tteller  jener  seit  für  solche  briefe  eindringlich  empfehlen,  thrt 
beispiele  enthalten  zahlreiche  austassungen  des  ich :  cur.  hoch- 
für.stl.  durchl.  soll  liierdurch  in  untcrthänigstom  gehorj^am 
berichten.  Seriamdkr  rechtschreibcrey  137;  also  boriihle  mit 
rielcn  vergnügen.  14G ;  cur.  Iiorhwolilgh.  gndn.  bitte  liirrdiirch 
unlerlhilnig.  157;  die  erwähnte  auslassung  greift  im  Is.  jahrh. 
um  sich,  indem  höfluhkvilsgründe  einspielen :  aber  wdhcr  kouiiiit 
Oberhaupt  dieser  giamuialischc  Selbstmord  dc^ich..?  »vahr- 
•cheinlich  daher,  weil  wir  wie  Perser  und  Tilrkcn  viel  tu 
höflich  sind,  um  vor  ansehnlichen  leulcii  ein  i<h  zu  haben. 
J.  l'Atn.  vortch.  ä.  ästh.  1,  l!*0;  und  u-ird  in  briefen  und  anreden 
höflicher  oder  selbst  vertraulicher  arl  üblich :  zum  fördristen  sage 


2029 


ICH 


ICH 


2030 


christlichen  dank  vor  den  herzlichen  wünsch  und  gebet  vor 
mich.  Speker  theol.  bed.  c.  1,  sect.  74  {Wackernagels  leseb.  3*, 969); 
hernach  Temieiue,  dasz  ein  unterscheid  zu  machen  unter  den 
arten  der  zuhörer  oder  ieser.  Leibniz  unvorgr.  ged.,  leseb. 
3*,  1018 ;  mein  portrait  habe  nicht  zu  erhaltung  seiner  liebe, 
sondern  nur  zum  geneigten  andenken  beilegen  wollen,  irrgarien 
56S ;  wüsten  sie  meinen  völligen  zustand,  so  wolte  mich  ver- 
sichert halten,  ihr  tugendhaftes  hei-ze  würde  mir  in  allen 
beifall  geben,  ebenda;  meinen  couffer  erwarte  mit  groszem 
verlangen,  und  ich  bitte  nochmals  inständig  alle  die  bücher 
hineinzulegen,  die  ich  in  einem  meiner  briefe  benennet  habe. 
Lessi.nc  12,11  (brief  von  1749);  für  all  die  nachrichten,  die 
den  grund  meines  herzens  interessieren,  danke  tausendfach. 
Lenz  in  Mercks  briefs.  2,52;  sonst  liebe  Wieland  von  herzen 
wegen  seiner  Jugendsünden  und  bitte  mir  sein  drama  aus. 
53;  die  musik  beselige  dich!  wie  sehr  sie  und  die  künste  es 
können,  hab  in  Italien  empfunden.  Klixger  (A^a/er  2, 122;  mit 
verlangen  und  groszen  vergnügen  erwarte  die  fortsetzung 
von  Wilhelm  (Meister),  frau  TOlh  an  Gölhe  {Keil  320).  Göthes 
neigung  für  diese  satzfügung  in  seinen  spätem  lebensjaftren  ist 
beläinnt :  ich  eile  jedoch  gegenwärtiges  abzusenden ,  hinzu- 
fügend :  dasz  vor  einigen  tagen  herrn  Schulz  aus  London 
gesprochen  und  ihn  als  einen  werthen  wohl  unterrichteten 
mann  gefunden,  auch  demselben  eine  rolle  mitgegeben,  radirte 
blätter  nach  meinen  früheren  skizzen  enthaltend,  welche  ge- 
neigt aufzunehmen  und  mir  von  dem  empfang,  sowie  von  der 
ankunft  des  gegenwärtigen  blattes  gefällige  nachricht  erbitte, 
an  dr.  Noekden  vom  26.  uov.  1821  {grenzboten  1S64,  s.  491).  — 
Jetzt  ist  diese  art  auslassung  des  ich  verschicunden  und  hält  sich 
höchstens  noch  im  niedern  kaufmannsstile. 
IIL  Oblique  casus  von  ich. 

1)  die  erweiterte  form  des  genitivs  meiner  für  mein  taucht 
bereits  bei  SccnENwiRT  in  Verbindung  mit  zaiilwörtem  einmal  auf: 
meiner  ahte  (vgl.  Koberstein  Suchenw.  2,  63),  verbreitet  sich 
mehr  im  16.  jalirh.,  nicht  bei  Lctuer,  der  noch  mein  braucht: 
erbarm  dich  mein.  Matth.  15, 22.  Luc.  16,  24 ;  aber  bei  andern : 
der  hat  sich  meiner  angenommen,  da  ich  nit  wüst,  wo  hin- 
aus. Alberüs  uidder  Witzeln  E4';  und  wird  seit  dem  n.  jahrh. 
die  übertnegende  form,  so  dasz  bereits  Schottel  535  meiner  vor 
mein  verzeichnet,  heutzutage  ist  sie  die  alleinige  form  der  gewöhn- 
lichen  rede:  erbarme  dich  meiner;  erwehre  dich  meiner  wenn 
du  kannst ;  er  möchte  sich  meiner  gern  entäuszern,  wenn  er 
nur  könnte ;  als  er  meiner  ansichtig  wurde ;  und  mein  haben 
wir  der  höheren  und  poetischen  spräche  überlassen : 

und  als  der  herre  mein  ansichtig  ward 
und  mich  erkannte.      Schiller  Teil  3.1; 

hinter  praepositionen  und  Substantiven  ist  überhaupt  nur  noch 
meiner  zulässig :  wegen  meiner  kannst  du  bleiben ;  meine 
mutter  .  .  hatte  meine  abwesenheit  des  morgens  beim  thee 
durch  ein  frühzeitiges  ausgehen  meiner  zu  beschönigen  gesucht. 
GöTBE  24,314. 

2)  neben  dem  eigentlichen  dativ  mir  der  ersten  person  ist,  tcie 
bei  dem  der  zweiten  person  (tlieil  2,  sp.  14S5/".)  der  sogenannte 
dativus  ethicus  oder  commodi  in  vielfacher  Verwendung,  der  nur 
eine  allgemeine  beziehung  des  gesagten  zum  sprechenden  ausdrückt 
und  die  rede  beleben  hilß.  er  findet  sich  schon  mhd.  häufig  (vgl. 
Haupt  zu  ^eidhart  98,21): 

den  tiuvel  ich  mir  selben  weij 

da;  ich  mir  niht  sanfte  künde  leben.    Erec  4792; 

dö  däbte  ich  mir  vi!  ange, 

wie  man  zer  wehe  sohe  leben.    Walihkr  8,  9; 

allererst  lebe  ich  mir  werde.    14,  38; 

nhd.  das  lasz  ich  mir  gelten;  du  bist  mir  ein  schöner  kerl; 
ich  denke  mir,  die  herrlichkeit  dauert  nicht  lange;  jeUt 
kommst  du  mir  nicht  mehr  in  mein  haus ;  das  lasz  mir  einer 
ein  besondem  forttrib  gehabt  haben.  Nas  wamungsengel  23; 
last  mir  das  einen  heiligen  vater  sein!  Wesemgi  spiWsietfn  54 ; 

vergeizt  nur  nicht  dem  Schneider  einzuschärfen, 
da»  er  mir  aufs  genauste  miszt.    Göim  12,  111; 

im  vereine  mit  einem  andern  dativ:  borgt  mir  nur  dem  men- 
■chca  nichts; 

setie  mir  nicht,  da  grobian, 

mir  den  krug  so  derb  vor  die  nase  I    Götbi  5,  210. 
3)  über  den  acc.  mich  vergl.  das  fc^gende. 
IV.  Subslantivfr  gebrauch  von  ich. 

1)  geschlecht  und  form,  neben  dem  gewöhnlichen  neutralen  gilt 
btsweiien  das  masculine  geschleck:   was  ihn  (Gölhe)  auch  hier 


wie  fast  in  allen  seinen  werken,  von  Homer  und  Shakspear 
unterscheidet,  ist,  dasz  der  ich,  der  ille  ego,  überall  durch- 
schimmert. Mercks  briefs.  1,236;  sie  wird  dir,  wenn  du  kommst, 
mehr  sein  als  ich,  ob  sie  mir  gleich  so  viel  ist  als  dir,  so 
binn  ich  doch  in  meinem  schwärmenden  Unglauben,  der  ich! 
und  wie  ich  binn,  dein  bruder.  Göthe  an  Lavater  {der  junge 
Gölhe  3, 19) ; 

mein  andrer  ich  ist  tod !  o  ich  sein  andrer  er 
erwüniscbte  dasz  ich  er,  er  aber  ich  noch  war. 

LoGAu  1, 84,  46  (über  den  loci  eines  lieben  freundes). 

auch  der  acc.  mich  wird,  masculin  oder  neutral,  Substantiv 
gebrauclit:  damit  ich  .  .  mein  ganzes  mich  vermittelst  gött- 
licher gnaden  beistands  in  eine  beschaffenheit  setzen  möchte, 
die  gott  angenehm  und  gefällig  wäre.  Simpl.  3,426  Kurz; 

lugend  ist  mein  leben, 

der  hab  ich  mich  ergeben, 

den  ganzen  mich.    Flehitig  299; 

Dafnis  werd  ich  erstlich  klagen, 

Dafais  meinen  andern  mich.    420; 
wie?  bin  ich  denn  nicht  mehr  dasselbe  ich? 
hab  ich  denn  aufgehört?  trelT  ich  mein  wirklichs  mich 
in  mir  nicht  ferner  an?  Brocses  8,  593. 

gewöhnlich  aber  hat  ich  als  Substantiv  den  acc.  ich,  dat.  iche 
oder  ich,  gen.  ichs  oder  ich:  diese  absolute  Identität  ist  die 
form  des  reinen  ich.  Fichte  6,297;  das  eigenthümliche  unseres 
ichs.  Göthe  29,104  Hempel;  plur.  iche:  (eine)  weit  von  ichen. 
FicBTE  2,703;  häufiger  ichs:  seine  verse,  die  beinahe  so  viele 
ichs,  micbs  und  mirs  enthalten  als  zeilen.  Zelter  an  Göthe 
3,286;  seine  eigne  Vervielfältigung  (im  spiegehimmer)  ekelte 
ihn:  müsset  ihr  mich  stören,  ihr  ichs?  sagt  er.  J.  Paul  Tit. 
4, 44 ;  die  metaphysische  weit,  mit  ihren  ichs  und  nicht-ichs. 
Schiller  an  Göthe  1, 126. 

2)  ich  bezeichnet  das  vernünftige  im  menschen  im  gegensalz 
zu  dingen  und  zum  körperlichen  überhaupt:  vielweniger  haben 
wir  noch  das  geheimnis  entdeckt,  wie  denn  die  seele  . .  mit 
dieser  maschine  (dem  organischen  leibe)  so  genau  verknüpft  sei, 
dasz  sie  den  körper  zu  ihrem  ich  rechnet.  Reiüabus  triebe  der 
thiere  8; 

geheim  entsteht  das  ich,  geheim  entstehn  die  dinge. 

Platin  77 ; 

bet  festhaUung  dieses  gegensatzes  wird  von  einem  guten,  bessern 
ich,  dem  geistigen  gegenüber  dem  sinnlichen  gesprochen:  da  sich 
der  gesang  dagegen  wie  ein  genius  gen  himmel  hebt  und  das 
bessere  ich  in  uns  ihn  zu  begleiten  anreizt.  Göthe  18, 204 ; 
wenn  wir  uns  erst  mit  dem  guten  und  mächtigen  ich  bekannt 
gemacht  haben,  das  so  still  und  ruhig  in  uns  wohnt,  und 
so  lange,  bis  es  die  herrschaft  im  hause  gewinnt,  wenigstens 
durch  zarte  erinnerungen  seine  gegenwart  unaufhörlich  merken 
läszt.  15,172. 

3)  ich  ßr  einzelwesen,  indiciduum,  person  überhaupt: 

vrowe,  da  soitu  mich  meinen  (lieben) 

herzenlicben  als  ich  dicb, 

unser  zweien  so  vereinen, 

daj  wir  beidiu  sin  ein  ich.    frauend.  436,  3 ; 

ein  ich  da;  was  min  selbes  üp, 

da;  ander  ich  da;  was  ein  wip. 

diu  bet  so  berzeclicbeu  mir 

gesellet  sich  und  ich  mich  ir 

da;  wir  mit  triuwen  wären  ein.    liedersaal  2,  158,  41  • 

ich  möchte  fragen,  warum  hat  er  mich  gemacht?  doch  wohl 
nicht  gar  aus  liebe  zu  mir,  der  erst  ein  ich  werden  sollte? 
Schiller  räuber  l,  l ;  ich  hoffe  also,  sie  werden  dem  groszen 
ich  in  Osmandstädt  im  hei-zen  abbitte  thun.  an  Göthe  l*,  76; 
jetzt  wurde  es  ihm  leicht  (seine  papiere  zu  ordnen),  da  ein 
freund  diese  bemühung  übernahm,  ein  zweites  ich  die  soo- 
derung  bewirkte,  in  die  das  eine  ich  nicht  immer  sich  spalten 
mag.  Göthe  17, 42 ;  o  ich  tolles  ich.  J.  Pacl  Hesp.  i,  177. 

4)  ich,  wesen,  geistige  eigenthümlichkeit  des  einzelnen  bezeich- 
nend: in  sich  gekehrt,  betrachtete  er  sein  hohles  leeres  ich, 
das  ihm  als  ein  unermeszlicher  abgrund  erschien.  Göthe 
20,29;  seit  der  zeit  ist  mein  thätiges,  productives  ich  auf 
sü  manche  angenehme  und  unangenehme  weise  beschränkt 
worden,  an  Schüler  1*,  408;  darum  aber  ist  es  mir  noch  lange 
nicht  gemüthlich,  mit  der  geberde  des  dünklings,  der  sich 
oft  so  gern  für  edeln  stolz  verkaufen  möchte,  mein  selbst- 
zufriedenes ich  vor  mir  her  zu  lächeln  oder  zu  schnauben. 
Bürger  323*; 

(gedenk  ich  der  teilen  da)  ich  über  mein  ich ,   dea  unbe- 
friedigten geistes 
düstre  weg«  zu  spähn,  still  in  betrachtung  versank. 
GorRK  1,  269; 


2031 


ICH  — ICHEN 


ICHEN  — ICHHEIT 


2032 


neil  mein  ich  sich  ganz  eniraltet.    Platen  74; 
kramprbart  windet  sich  mein  tiefstes  ich.    27-I; 
mit  hervorhebung  dieses  tcesens  als  des  gegenständes  der  eigcnliebe: 
mache  dasz  mein  ich  mir  schwinde, 
das  mich  mit  mir  selbst  entzweit, 
dasz  ich  gott  und  dich  empfinde 
und  die  weit  in  einiglceit.    Röckert  ges.  ged.  1,209; 
fort  mit  dem  ich  und  seiner  kraft, 
gebeut  die  liebe,  ton  damit!    Dauker  Uajis  18; 

formelhaft  das  liebe  ich:    die  .  .  um  ihres  lieben  ichs,  ihrer 
kirche  und  schule  willen,  Privilegien,  ausnahmen  und  wunder 
für  ganz  natürlich  hallen.  Göthe  46,23. 
5)  der  gelieble  wird  mein  ich,   mein  besseres,    edleres  ich 

genannt : 

wenn  du  mich  köntest  lieben, 
0  du  meiu  ich!        Fleming  519; 
lasz  mich  den  groszen  geist,  der  nunmehr  aus  wil  zibn, 
mein  gauzes  und  mein  ich,  mit  disen  lippen  küssen! 

A.  Gryphius  (1B63)  238; 
meine  freundin,  meine  taube, 
meine  Schwester,  ja  mein  ich!    Günther  272; 
und  bist  du  auch  verblichen, 
mein  mehr  denn  halbes  ich?    Opitz  2,  136; 

häußg   aiuh   mein  andres  ich,   seit  dem  17.  jahrh.,   nach  dem 

lal.  alter  ego: 

als  Peleus  grimmer  wagen 
vorlängst  mein  {der  Andromachc)  anders  ich,  den  Ileclor,  niusie 

tragen.    Opitz  1,  223; 
erbarmt  dich  mein  (wenn  dich  mein  erbarmt) ,  o  du  mein  an- 
dres icli.    Abscuatz  21 ; 
nimm  hier,  mein  ander  ich,  was  ich  noch  geben  kan, 
den  allerletzten  kusz  als  ein  Vermächtnis  an!    Göntuer  1027; 
du  bleibst  mein  ander  ich, 

bis  mir  der  tod  das  treue  herze  bricht.  Menantes  1,  178; 
nimm  mich,  mein  ander  ich!  193; 
würde  er  das  wohl  gethan  haben,  wenn  ich  nicht  sein  ander 
ich  wäre?  Lessi.nc  1,499;  ihr  andres  ich,  dessen  glück  ihr 
glück,  dessen  Unglück  ihr  Unglück  ist.  2,371;  des  herrn 
Duschs  anderes  ich ,  oder  sein  critischer  freund.  6, 201 ;  ich 
bin  sein  ander  ich  gewesen,  er  hat  nichts  vor  mir  geheim 
gehalten.  Le.nz  1,230; 

die  schöne  braut  siebt  hier  ihr  ander  ich  {ihren  bräulhjam) 
den  blumen  gleich,  durch  kalten  stahl  erbleichen. 

Kleist  (1756)  133; 
Pfriem  ist  nicht  blosz  mein  freund,  er  ist  mein  andres  ich. 

Lessimg  1,  27; 
komm,  meine  taubei  spricht  zu  seinem  andern  ich 
der  graue  tauber  {ein  verliebter  <;rcü),  komm,  mein  Röschen, 

führe  mich 
zu  jenem  stillen  grund.     Wikland  22,  283  {Uberuu  6,  64). 

6)  in  komischer  rede  wird  ich  selbst  von  thieren  und  leblosen 
dingen  gesagt:  dasz  manche  den  papageien  gleichen,  die  im 
verdunkelten  bauer,  worin  blos  ein  Spiegel  für  das  ich  des 
Sittichs  steht,  in  der  schaukel  eines  ringes,  deutlich  nach- 
sprechen lernen.  J.Paul  palingcn.  1,99; 

aschenbrödet.  dieser  schuh  ist  mein. 
Pernutlo,         wi9  dein?  .  .  . 

aschenbrödel   (den  andern  panloffel  hervurziehend).    hier  ist  sein 
andres  ich ,  sie  sind  ein  paar. 
Platen  185. 

7)  das  ich  der  Fichleschen  philosophie,  das  grundthcma  seines 
idealismus,  als  die  ewige  allgemeine  Vernunft  dem  iiiclit-ich,  der 
sinnen-  und  kürperwcU  entgegengesetzt,  vgl.  Fichte  werke  6,  294. 
2%;  von  zeitgenössischen  Schriftstellern  oft  erwähnt:  nach  den 
mündlichen  äuszeiungen  Fichtes,  denn  in  seinem  buche  war 
noch  nicht  davon  die  rede,  ist  das  ich  auch  .durch  seine  Vor- 
stellungen erschaffend  und  alle  realitüt  ist  in  dem  ich.  die  weit 
ist  ihm  nur  ein  ball,  den  das  ich  geworfen  hat  und  den  es  bei 
der  reflexion  wieder  filngt!  Schiller  an  Göthe  1,26;  ich  spreche 
hier  (bei  der  vorgenommenen  ausarbeitung  der  Malthser)  wie  ein 
gesunder  und  rüstiger  mensch,  der  über  seine  zeit  zu  gebieten 
hat;  aber  bei  der  ausführung  wird  mich  das  nicht-ich  (mein 
kf/rper)  schon  erinnern.  27 ;  weibliche  liebe,  die  wie  ein  Fichle- 

.  sches    ich    sich    selber    setzt   imd   ohne  weiteren  grund  fort 
erhalt.  J.  Paul  herbstbliim.  3,  25 ; 

ich  bin  ich  und  «eizc  mich  bt- Ibsi  und ,  oeiz  ich  mich  selber 
aU  nicht  gesetzt,  nun  gut,  hab  ich  ein  nicht-ich  geteilt. 

Schiller  05*. 

iCHBKZUG,  m.  beiiehung  auf  das  ich,  die  eigene  perton,  im 
grammatischtn  $inne.   J.  Paol  vursch.  i.  ntth.  l,  lh2. 

ICHEN,  verb.    1)  'ich'  tagen,  eine  frage  mit  ich  beaiHworten: 

ibngtt  sprach  ich:  wer  wil  mich,  ibriuogfeni,  von  euch  nehmen? 
die  »age  dreimal  ich,  »i«  hat  »ich  nicht  zu  ichtmen. 
da  Ichlca  alle  dummen.  RoriiaiKN  lutl.  poelt  334. 


2)  das  ich  stets  im  tnunde  führen,  immer  von  sich  reden.  Cami'e, 
mit  dem  diminutiv  ichein  und  dem  subst.  ichler,  egoist.  nd. 
ikken  Brem.  wörterb.  2,694. 

ICHEN  [ichen]  verb.  eichen  (vgl.  theil  3,  sp.  80).  die  älteste 
nacliweisbare  form  dieses  wortes  ist  ächten :  ellü  mas  und  ellü 
gewäge  du  slant  in  der  vier  und  zwenzigon  gcwalt  eins  ielicheii 
dinges,  und  swenne  si  die  gemajont  und  geähtint,  so  sun  si 
sü  eime  einpfelhen,  swein  sü  wcnt,  und  swer  mit  minre  oder 
inerre  ma^c  oder  gcwüge  koulit  oder  verkoufit,  der  begal 
düpstal.  SciiHEiiiER  urkunJenb.  1,S2  (von  1275);  dieser  form  steht 
zunächst  das  aus  dem  osteilande  (Lexer  vilid.  wb.  1, 1412)  und 
aus  Hessen  (Vilmar  b3)  beigebrachte  ichten :  auch  sal  man  zu 
allen  ungeboten  gerichten  alle  mosz,  sie  syn  trogken  adir 
nasz,  die  sal  man  brengen  bir  an  dit  gerichte,  unde  sal  sie 
daran  ichten.  weisth.  3, 356  (Breitenbach  in  Hessen  von  1467) ; 
man  soll  besichtigen  alle  masz  trocken  und  nasz,  und  wo 
gebrech  were  oder  funden  worde,  solt  man  dieselbigen  vor 
gericht  besichtigen  und  die  ichten  lassen.  376  (Salzschlirf  von 
1506) ;  weiter  ab  schon  eichten ,  hessisch  (Vilmar  a.  a.  o.),  und 
nach  dem  subst.  eichler,  gewichteichler  Sciim.  1,24  auch  bairisch; 
mit  Verlust  des  inlautendem  t  entwickelt  sich  ichen  und  eichen : 
sal  sin  maisz  (masz)  laszin  ichen  zu  allen  ungeboden  dingen 
(Franken  von  1453) ;  nd.  iken ,  »in/,  ijken ,  Schweiz,  icha  den 
keltereid  schwören,  neben  ichta  eichen  Tobler  2S3*; 

{ich)  bit  dich  das  du  hclfst  mir 

das  mir  mein  teil  auch  werd  gereicht 

und  in  maszen  recht  gleich  geeicht, 

eim  als  dem  andern  ganz  und  gar.    fasln,  sp.  78,  14. 

diesem  verlaufe  der  formen  gegenüber  läge  es  nahe,  eine  herleUung 
des  Wortes  vom  adjectiv  echt  legitim ,  unverfälscht  zu  vertreten 
und  stufenweise  Verdunkelung  der  dltest  belegbaren  form  ächleii 
anzunehmen,  wenn  nur  das  adjectiv  echt  nicht  ausschlieszlich 
niederdeutsch  und  millcldeutsch  und  den  obern  dialecteii  unbe- 
kannt gewesen  wäre  (vgl.  th.  3,  sp.  20),  während  gerade  der  älteste 
beleg  des  vcrbums  aus  Freiburg  im  Breisgau  stammt. 

ichen ,  eichen  bildete  früher  auch  starke  formen :  das  pari, 
praet.  geeichen  Micuelsen  rec/i/5rfenAm.  aus  Thüringen  50;  dasz 
. .  alle  und  jede  eychen  (probationes  mensurae  aut  ponderis)  . . 
durch  die  geschworne  eycher  geychen  und  mit  nageln  . .  be- 
zeichnet werden  soll.  Würtemb.  herbstordn.  (Stuttg.  1651)  7,  §  10  ; 
der  wein  seie  dann  zuvor  in  ordentlichen  eychen  geychen 
und  .  .  verzeichnet.  15,  §  27. 

ICHER,  m.  t>oii  Klopstück  gegen  Fichte  und  dessen  wissen- 
schaftslehre  gebrauclU : 

welche  verbildung  der  philosophie,  die  der  ichcr  im  ernst  macht! 
noch  verbildete  so  niemals  ein  mahler  im  scherz.    7,  350. 

in  Hamburg  bedeutet  ikkerl  einen  egoisten.  SchCtze  2, 191, 

ICHER  [ichcr]  m.  obrigkeitlicher  prüfer  des  maszes  und  ge- 
wichtes, neben  eicher  theil  3,  81 :  daj  niemand  kein  «ein  eichen 
sol  mit  bullen ,  knbeln ,  gellen  oder  andern  geschirren  im 
feld  oder  in  der  stat,  heimlich  oder  offenlich,  dan  mit  der 
rechten  ame,  und  mit  dem  geschwornen  ycher.  weisth.  3,  607 
(Wirzburg,  14.  jahrh.). 

ICHEREI,  f :  bald  nachlicr  standen  die  erlegten  ich  in  der 
Fichteschen  aseitäl,  icherei  und  selbstlauterei  in  masse  wieder 
von  den  todten  auf.  J.  Paul  vorsch.  d.  ästh.  1,  ISO. 

ICHHAFT,  adj.  selbstisch,  egoistisch :  wesv\egen  ist  die  reprä- 
sentaliv-regierung  (in  Frankreich)  untergegangen?  ..  weil  alle 
oralorischen  und  politischen  talcnte  anstatt  patriotisch  zu 
denken,  ichhafl  dachten,  colerieii  bildeten.  Augsb.  allg.  zeit. 
1854,  2730. 

ICHHEIT,  f  l)  empfindung  und  betonung  des  eigenen  ich, 
egoismus:  der  mensche  soll  als  gar  frie  An  sich  selber  sl^n 
und  sin,  das  ist  An  selbheil,  icheit,  mir,  min,  mich  und  des 
glichen ,  also  das  er  sich  und  des  sinen  als  weiiik  silchle 
und  meinte  in  allen  dingen,  als  ob  er  nicht  were,  und  solt 
ouch  als  whnk  von  im  selber  halden,  als  ob  er  nil  \vJ*rc 
und  als  ob  ein  ander  h^le  alle  sine  werk  gelAn.  Iheol.  deutsch 
26;  der  aide  mensche  das  ist  Adam  und  ungehorsam,  selb- 
heil und  icheit  und  des  glichen.  2b ;  der  mensche  solle  an 
im  selber  sterben,  das  ist  der  menschiidun  lustigkeit,  Irosl. 
freude ,  begirlikeil,  icheil,  selbheil,  und  was  solches  ist  in 
dem  menschen.  2»;  dar  umb  ist  ouch  geschriben:  so  ie  m^r 
selbheil  und  icheit,  sA  ie  m^r  sunde  und  bösheil.  ouch  ist 
geschriben :  so  min,  ich,  mir,  mich,  das  ist  icheil  und  selh> 
heil,  m/>  das  ie  niAr  in  dem  menschen  abe  uiinpt,  so  gotles 
ich,  das  ist  got  selber,  ie  iwh  zu  nimpt  in  dem  menschen. 
91,  vgl.  auch  3.  4t.  62;   lasz   dich  dise  wörlltn  sich  und  leb, 


2033 


ICHHEIT  — ICHT 


ICHT 


2034 


sichheit  und  ichheit  nit  bevilen,  dann  du  weiszt,  dasz  sie  in  | 
ie'u}er  leutschen  theologia  vielmal  stehen.  Kablstadt  6«  Jäger  | 
327;  alles  darin  ich  und  ichheit,  mich  und  meinheit  kleben   ; 
mag,  dasselb  musz  ausgehen  und  abfallen,  soll  ich  gelassen 
sein,  ebenda;  ein  gelassen  ich  oder  ichheit  ist,  wann  ich  mich 
Tcracht   und   übergib  und  gib  dem  alles  das  gut,   der  mirs 
geben  hat.  335;  ichheit  und  selbheit,  das  gehöret  alles  dem 
teufel  zu.  Ll'ther  iheol.  Taukri; 

die  unglückselge  ichheit  setzt  dich  wider  alle  deines  gleichen ; 

du  willt  der  andern  menschen  ich ,  und  sie  dem  deinen  auch 

nicht  weichen.    Brockes  6,  545 ; 

wo,  entwürdigt  fast  zur  ihierheit, 

unfrei  ichheit  schwärmt  und  wirheit.    Voss  5,  249 ; 

0  wirf  die  weit  dir  vom  genick 

und  deine  ichheit  wirf  ins  meer.    Röckkrt  346 ; 

da  hast  mit  deiner  locken  band 

der  ichheit  fesseln  abgestrüpft.    347. 

2)  das  geistige  im  menschen,  das  tcesen  des  reinen  ichs  in 
Fichtes  phiiosophie :  der  mensch  soll  sein,  was  er  ist,  schlecht- 
hin darum,  weil  er  ist,  d.  h.  alles  was  er  ist,  soll  auf  sein 
reines  ich,  auf  seine  blosze  ichheit  bezogen  werden;  alles 
was  er  ist,  soll  er  schlechthin  darum  sein,  weil  er  ein  ich 
ist.  Fichte  6,296;  dies  war  die  bedingung  der  ichheit,  der 
vemünftigkeit  überhaupt,   naturrtcht  34. 

3)  person,  persönlichkeit:  ich  will  nur  zu  bedenken  geben, 
welche  sonderbaren  eindrücke  in  der  seele  eines  kindes  (das 
den  namen  Ulrich  erhalten)  entstehen  müssen,  wenn  es  sich 
immer  mit  einem  dumpfen  laut,  wie  ein  verzauberter  geist, 
Ulrich  gerufen  hört,  wenn  es  diesen  seltsamen  klang  mit  dem 
begriff  seiner  ichheit  verbindet.  Tieck  15, 125. 

ICHLEBIGKEIT,  f.:  Herder  aber  war  gekommen  mit  dem 
vollen  Selbstgefühl,  der  vollen  ichlebigkeit  die  er  besasz;  er 
wollte  seinem  eigenen  leben  ,  seiner  geistigen  arbeit  nach- 
gehen und  er  wollte  ganz  und  vollaus  seinen  beruf  erfüllen. 
L.  ScBÜCKiNG  vaikshalle  (1S66)  s.  215. 

ICHLEIN,  n.  kleines  ich:  das  kleine  geistige  ich  oder  ichlein. 
J.  Paul  Lei-ana  1, 130. 

ICHLICH,  adj.  dem  ichgemäsz:  aufgenommen  in  einen  allge- 
meinen begrif  .  .  des  ichlichen.  Fichte  nachgel.  uerke  l,  273. 

ICHLING,  m.  egoisl:  allerdings  genieszt  der  ichling  den 
grösten  grad  häuslichen  glucks,  nämlich  sein  eignes.  J.  Paoi. 
friedenpr.  29. 

ICHMASZ  [ichmasz]  n.  eichmasz:  ichmasz  pinla  Dief.  436*. 

ICHSCHWARM,  m.  schaar  von  egoislen: 

der  gottheitläugnende  ichscbwarm.    Baggeskk. 

ICHSUCHT,  f.  egoismus,  von  J.  Paul  oft  gebraucht:  das 
wachsthum  des  egoismus  oder  der  Ichsucht,  friedenpr.  29 ;  so 
ungeheuer  weit  die  Ichsucht  die  europäische  erde  überstrickt. 
dämmerungen  92 ;  doch  war  er  so  sehr  ohne  Ichsucht.  Hesp. 
1,167;  die  Willkür  der  Ichsucht,  vorsch.  d.  ästh.  1,32. 

ICHSÜCHTIG,  adj. :  (der  jetzige  Zeitgeist)  der  lieber  ichsüchtig 
die  weit  und  das  all  vernichtet ,  um  sich  nur  freien  Spiel- 
raum im  nichts  auszuleeren.  J.  Paul  vorsch.  d.  ästh.  1,  32. 

ICHSCCHTLEB,  m.:  die  letzte  und  beste  frucht,  die  spät 
in  einer  immer  warmen  seele  zeitigt,  ist  eben  Weichheit  gegen 
den  harten,  duldung  gegen  den  unduldsamen,  wärme  gegen 
ichsüchtler  und  menschenfreundschaft  gegen  den  menschen- 
feind.  J.  Pacl  Siebenk.  3, 194. 

ICHT,  subst.  pron.,  aliquid. 

1)  ahd.  eo-wiht,  ^oweht,  eowit,  iowibt,  ieweht,  iuuiht  (Graff 
1, 732),  alls.  eo-wiht,  mit  der  noch  ganz  durchsichtigen  bedeutung 
trgend  ein  ding  (über  das  alte  eo  vgl.  unten  unter  je),  mhd.  in 
den  rerschiedensteu  forvien  gekürzt,  schon  Notkeb  schreibt  ieht; 
im  13.  14.  jh.  ist  iht  die  geieöhnliche  form,  woneben  icht,  ieht, 
iet,  itt  (ytl  Allswert  148,  8),  id,  iewet,  iwit,  iut,  üt,  üd,  ut  in 
gebrauch  waren  (vgl.  Weinhold  alem.  gramm.  §  322,  bair.  gramm. 
§  255).  mnl.  und  unl.  entspricht  iet ;  ags.  4>nht,  ivubt,  äuht, 
äht,  engl,  aught,  ought  (I  never  gave  you  aught.  Shakespeare 
Hamlet  3, 1) ;  altfries.  äwet,  4et,  ncufries.  aet. 

icht  ist  noch  im  ts.  und  16.  jahrh.  ein  häufig  gebrauchtes  vort, 
das  erst  im  17.  abstirbt,  mundartlich,  schwäbisch  gilt  bis  jetzt 
icht  in  der  Verbindung  ichtes  icht  (Scuii.  1, 30  Fromm.). 

2)  icht  wird  zunächst  wie  ein  Substantiv  fkctiert  und  in  ver- 
schiedenen casus  gebraucht,  über  den  genitiv  ichtes,  ichts  s.  unter 
ichts;  der  dativ,  namentlich  in  den  formein  mit  ichte  {mhd. 
mit  ihtiu  in  instrumentaler  ßexion  kröne  11670),  in  ichte:  mit 
hciszen  messet  n,  holzern  oder  ichte  anderm.  Nürnb.  poliz.- 
ordn.  229;  daj  sich  die  baj  versuchen  suUen,  ob  sie  mit  ichte 

IV.  u. 


ein  richtigung  darrwischen  finden  und  treffen  mügen.  deutsche 
städtechron.  1,434,11;  ob  eur  Weisheit  in  ichte  irrig  were. 
10,  319, 8 ;  dafür  im  16.  jahrh.  mit  icht,  schon  in  der  verblaszten 
bedeutung  irgendwie : 

derhalben  weil  er  deinem  got 

zu  dienst  noch  nie  gestanden  bot, 

auch  nie  mit  icht  ist  gwest  vorwant 

in  all  seim  wesen,  lehn  und  stant. 

ScuADB  sat.  1,  122,  395 ; 

vorwar,  ider  der  nur  mit  icht 

etwas  verstehen  kan,  der  spricht: 

disz  spil  hat  kein  mensch  zugericht.    1,  90.  375 ; 

es  soll  der  kleinste  tittel  nicht 

vom  gsetz  verruckt  werden  mit  icht. 

BsEsniCER  Christi,  rittersch.  (1553)  ES'. 

ein  dat.  ichten,  in  sckriflen  des  16.  jahrh. :  gots  wort  mag  nit 
gefangen  oder  von  ichten  begrieffen  werden.  S.  Fra.nk  ; 


wenn  unverständig  leul  mit  ichten 
ein  schweren  handel  wollen  richten. 


ElKRING  2,  417 


in  dem  adverbialen  sinne  etwa,  irgend,  einmal  (der  im  mund- 
artlichen niederdeutschen  ichtens,  jichtens  noch  haftet.  Fbomii. 
5, 149.  6,  213 ;  vgl.  unten  ichtens) : 

baustu  in  (den  kindem)  ichten  ein  hausz 
so  zier  es  fein  und  machs  gar  aus.    Etering  1, 161. 

3)  gewi^nlich  ist  aber  icht  nur  als  notninativ  und  accusaliv, 
in  der  bedeutung  etwas,  verwendet,  ein  näher  bestimmendes  Sub- 
stantiv tritt  im  theilungsgenitiv  hinzu:  geviel  den  an  dieselben 
gut  (guter)  iht  irrung  oder  kriegs.  d.  städtechr.  4,137,42  (v.  1368); 
wer  es  dag  wir  iht  treffenlichs  erfüren  oder  gewar  wurden. 
3,345,32  (r.  1414);  ob  icht  fürnemens  geschehe.  «rA.  lfa;r.  35 ; 
dir  wäre  laid  von  herzen,  das  im  icht  Übels  widerfüre.  Kei- 
SERSBERG  predigen  leutsch  (1510)  UO' ;  do  der  herr  Jesus  ward 
geschlagen,  do  hat  er  niemants  icht  Übels  gewünschet,  lli*; 
dir  wäre  laid  von  herzen,  das  ir  icht  Übels  darumb  beschäh. 
115*;  du  möchtest  ir  icht  des  geleichen  auch  thun.  ebenda; 
ist  yt  güttes  an  dir,  das  ist  gottes  und  nit  din.  bilg.  14S'; 
über  die  Verbindung  ichtes  icht  vergl.  unten  unter  ichts  and 
ichtesicht ; 

hab  wir  icht  Unzucht  bierinn  verpracht, 

das  siüt  ir  uns  nachlassen  fein,    fasln,  sp.  39,  10; 

das  sie  darauf  gar  fleiszig  spehen, 

wie  diesem  menschen  sei  geschehen, 

ob  er  iht  schaden  hab  genumeo.    214,  16; 
ich  weisz  noch  nüt. 

ob  er  hab  ler  und  tugent  üt.    Braut  narrensch.  6,92; 

wer  sinem  frund  üt  ubels  dflt.    10,  5 ; 

(er)  redt  keim  menschen  üt  göts  noch  (nach), 

er  si  joch  nider  oder  hoch.    19,  5t ; 

seltener  ist,  nach  modemer  weise,  zu  iht  statt  des  gen.  ein  be- 
stimmender acc.  getreten : 

bastu  icht  guoten  alten  wein. 

des  soltu  mir  füllen  das  fläscbelein.    fa*tn.  sp.  501, 19 ; 

ungewis,  ob  gen.  oder  acc. : 

du  solt  eim  andern  Stelen  nicht. 

auf  niemand  falsches  zeugen  icht.    Llther  8,362*; 

icht  ohne  solche  nähere  beslimmung:  also  hilten  die  feind  bei 
sant  Wilbollz  prünlein,  und  die  unsern  ranten  hinaus  gegen 
in  und  zetzten  (neckten)  sich  lang  mit  in ,  ob  sie  in  icht 
mochten  abbrechen,  d.  städtechr.  2,  174,  8 ;  wer  icht  trug,  da; 
an  die  peut  gehört ,  dem  nam  man  daj.  260, 1 ;  ich  w  ürd 
(irerde)  vertrukt  und  verschmacht ,  niemans  haltet  icht  von 
mir.  Kkisersberc  predigen  teutsch  (1510)  lio' ;  und  das  wir  nit 
vor  der  zeit  .  .  reden,  schreiben,  schweigen,  und  icht  thun 
oder  lassen,  dann  das  er  in  uns  thSt.  S.  Frank  chron.  vorr. 
a  b* ;  sie  (die  falsche  liebe)  thüt  niemand!  icht  vergebens,  sonder 
sihet  schalkhaftig  allein  auf  den  dank.  Agr.  spr.  (1560)  139*; 
vermag  nicht  aus  nicht  zu  machen  icht.  Lotber  1,477*;  besser 
icht  als  nichts.  A.  Gartseri  dicteria  proverbialia  (159S)  85*; 

ein  armer  singt  fri  (ohne  sonic  vor  räubern)  durch  den  walt, 
dem  armen  selten  üt  entpfalt.       Brakt  tiarrensch.  S3,  54; 

in  der  form  ichte :  ob  ew  von  des  verclagens  wegen  . .  ichte 
wissent  sye,  das  ir  uns  das  besunderbar  under  andern  dingen 
by  disem  potcn  verschriben  wissen  lassent.  d.  städtechron. 
5,  349, 11. 

4)  in  abhängigen  und  conditionalen  salzen  in  negativer  bedeu- 
tung ,  im  sinne  von  nichts :  auch  sol  man  besehen ,  wag  die 
paurn  in  dem  mist  aus  der  stat  fürn  und  mit  langen  spiesen 
durchstechen ,  daj  sie  icht  fürn ,  daj  der  stat  schedlich  sei. 
d.  städtechr.  2, 283, 11 ;  sollen  sy  die  (Stadtmauer)  versehen,  da; 
andern  leuten  icbt  schad  darvon  bescbehe.  5. 215,  anm.  i ; 

128 


2035 


ICHT  — ICHTES 


ICHTES 


2036 


fraw,  ich  will  dag  Ton  euch  han; 
hat  Neithart  gen  euch  icht  getan, 
so  gebt  im  cur  huld.     lastn.  sp.  423,  30. 

vgL  dazu  itiiten  no.  C. 

5)  icht  ifj'rrf  adverbialer  accusaltc ,  tcie  sclion  mlid.,  mil  der 
bedeulung  etva,  irgend :  ob  daj  wer,  da;  er  yemandcn  ilit  brief 
geben  het.  d.  städlecitron.  1, 194, 20 ;  ob  sie  aber  ander  sache 
dabei  icht  beteidingt  oder  czu  schiken  habm,  des  wissen  wir 
niht.  439,  21 ;  ieder  teil,  ob  er  dem  andern  slosz,  vesten,  sicl 
oder  merkte  in  dem  krieg  icht  angewunnen.  2,166,9;.  man 
schaut  auch  in  die  rugzettelcn,  ob  er  icht  gerügt  wer.  262,24; 
und  ob  icht  geste  und  frembd  leut  .  .  zu  der  hochzeit  ber- 
komen  wern.  A'örnft.  poli:.-ordn.  17;  ist  aber  das  ichl  ein 
scherz.  Steinhöwel  hl.  62  (14ST);  ob  du  in  deiner  wohnung 
oder  in  deinem  kaufhaus  ichl  schreiende  oder  mutwillige 
kinder  bettest.  3'  (1555); 

set  hin,  ir  vercleiter  knecht. 

clinglent  aver  die  icht  recht?    ring  38",  17; 

ob  man  mich  gleich  icht  fangen  thut, 

so  hab  ichs  bei  den  mensciien  gut.    Etering  1, 10; 

wau  icht  ein  pfründ  und  pl'arr  vacirt.    91 ; 

do  einer  icht  verwirkt  den  todt.    2,  400. 

6)  icht  in  abhängigen  und  condilionalsätzen  mit  negativer  be- 
deiäung,  icie  nicht:  so  müssen  wir  gedenken,  wie  wir  uns 
selber  erwern  odir  weg  vinden,  da?  wir  iht  verdürben,  deutsche 
städlechron.  1,148,40;  ouch  ligen  die  fursten  noch  vor  Winds- 
heim ,  wir  hoffen  aber,  daj  wir  kurzlich  dorzu  wollen ,  da; 
sie  iht  lang  da  ligen.  156, 17 ;  auch  sol  man  die  laib  zu- 
schneiden ,  das  sie  ichl  geferliche  sach  darinnen  hin  ausz 
tragen.  2, 2S3, 13;  e;  sullen  auch  dy  von  Augspurg  zu  geleicher 
weis  abnemen  und  widerrufen  all  zoll  .  .  .,  da;  wir  und 
unser  land  davon  fürba;  icht  beswärt  werden  in  dhain  weis. 
4, 178, 24 ;  so  musz  man  des  pachs  auch  eben  war  nemen 
hinnen  in  der  stat  .  .  das  icbl  pretter  und  was'-hpenk  im 
pach  sein.   Tdcher  baumeisterb.  229,  21 ; 

lecht  nicht  vi!  in  nunnenzellen, 

das  euch  der  eilft  vinger  icht  werde  geswellen. 

fasln,  sp.  168,  28  ; 
wolt  ir  dann  euer  ee  icht  zuprechen, 
80  solt  ir  in  kein  hausmeid  zechen.    23; 

in  einem  verbietenden  salze: 

datz  keiner  ja  icht  auszen  blieb 

und  das  sie  nu  allsampt  erschienen.    ErsRntG  1,  51. 

ICHTEN,  verb.  zu  etwas  machen:  nicht  also  da;  der  geist 
zu  nichle  werde ,  sunder  da;  er  geichtet  werde  an  gole. 
H.  V.  Fritzlar  in   Wackernagels  leseb.  1*,  858. 

ICHTEN,  verb.  eiclien,  vergl.  unter  ichen  sp.  2032. 

ICHTENS,  adv.  etwa,  irgend,  an  eine  dat.- form  von  icht 
anlehnend  und  aus  ihr  erweitert,  niederdeutsch  noch  jetzt  vor- 
handen, vgl.  o6en  icht  2:  diejenige  so  dazu  tüchtig  und  ichtens 
des  Vermögens  sein.  SrtvE  wesen  u.  verf.  128  (17.  jahrh.). 

ICHTES,  ICHTS,  der  geniliv  des  oben  behandelten  icht,  der 
mhd.  in  der  formel  ihtes  iht  zu  dem  letzteren  worle  nur  ver- 
stärkend zutrat,  durch  zusammenziehung  dieser  formet  entstand 
ichlesicht  mü  seinen  Verstümmelungen  (x.  an  alphabetischer  stelle), 
durch  vertust  des  regierenden  icht  erhielt,  seit  dem  14.  jahrh., 
der  regierte  geniliv  ichtes  für  sich  allein  den  sinn  irgend  ein 
ding,  etwas,  ichtes  lebt,  zuletzt  nur  in  einer  formel  {s.  no.  4) 
bis  ins  17.  jahrh.,  zum  schaden  der  spräche  entgeht  es  uns  jetzt, 
während  die  ganz  gleich  entwickelte  neyation  nichts  besteht,  für 
ichtes  iü  geschrieben  jchtcs  Luther  8,72'  und  jegtes:  den 
ersten  mangel  zwar  kan  man  auf  keinerlei  weisz  verbessern 
lind  heilen,  ist  derowegcn  ohne  noth  alhie  jegtes  davon  zu 
liandcln.  UrrEKRAcii  neues  rossbuch  (1603)  2,  97 ;  können  weder 
rsj>en  noch  trinken  noch  iegtcs  cinschlucken.  117. 

ichtes,  ichts  bedeutet 

1)  irgendein  ding,  etwas;  gewöhnlich  absolut  gebraucht:  wolle 
oder  würde  sich  ycniant,  geistlich  oder  werlllich,  .  .  wider 
die  obgenchriben  unsere  gnade,  gäbe  und  ledigunge  8eczen 
oder  ihts  tSn.  d.  stddlechr.  l,  127, 3  (von  1390) ;  ab  (ob)  ichtes 
an  ir  dheinem  (an  abgebrochenen  vesten)  gepawel  oder  ange- 
fangen werde.  429,37  (von  J397);  ob  wir  ichtz  von  seiner 
kuntschaft  wegen  schaftcn,  dorumb  srhull  wir  im  ein  schenk 
thun.  2, 83, 1 ;  ob  man  irhlz  daran  verhaut  oder  vcrsert  bot. 
274,8;  ob  die  icbtx  vernemen  oder  vermerkten,  das  sollen 
sie  demselben  ircm  obersten  bauptmun  im  vorwerk  zu  wissen 
ton.  377,7;  ob  sj  icbtes  mit  im  zu  reden  hätten,  5,359,33; 
dann  redent  ir  ycbu,  das  im  zu  icbinacb  reichen  mOch^  er 


wirl  euch  darum  am  leib  pfenden.  Aimon  bog.  b ;  der  ychls 
wider  mich  oder  mein  geschlecht  fürnemen  dörft.  c ;  ob  ich 
ychls  volbringen  mog  (möge),  e;  (Jesus)  spützet  in  seine  äugen 
und  legete  seine  band  auf  in  und  fraget  in  ob  er  ichtes  sehe? 
Marc.  8, 23 ;  (das  recht)  wclrlis  die  Römer,  che  denn  Roma  von 
Christen  (Christum)  oder  gölte  selber  ichts  gehöret  hat,  gesetzet 
und  geordnet  haben.  Luther  6, 156' ;  ich  hab  derselben  einen 
gesehen ,  der  kund  auch  alles ,  .  .  niemand  war  ichtes ,  er 
war  es  alles.  141';  er  (der  papst)  wil  auch  weder  keiser  noch 
kciserlich  recht,  weder  Vernunft  noch  jchtcs  hören.  493'; 
wolan  schrei  wer  da  schreie,  mit  schreien  wird  man  lange 
nicht  antworten,  noch  ichts  umbstoszen.  3,461*;  darfst  nil 
wie  andere  deine  freund  im  regen,  schnee,  kell  tmd  hitz 
leiden  und  wanderen ,  noch  für  narung  oder  ichtes  sorgen. 
Schade  sat.  2, 10 ;  ist  ein  man  dem  andern  ichts  schuldig. 
quelle  bei  Schottel  543; 

secht  ir  aver  ichts  hie  inn, 

das  weder  nutz  noch  tagalt  pring, 

so  mögt  irs  hai)en  für  ayn  mär.    ring  i*,  11; 

ha.«t  dti  yemanl  ichcz  versprochen, 

da^  scholl  du  läistea  ungeprochen.    29',  1. 

2)  seltener  sind  Oppositionen  zu  ichtes:  wer  dem  andern 
icbtes  des  seinen  niml  mit  gewall,  das  sol  er  ihm  wieder 
gehen  mil  busze.  quelle  bei  Schottel  543;  sover  ichts  frucht- 
barliches  ausgericht  werden  solle,  staatspap.  über  Karl  V  408; 
so  hat  er  auch  weder  baus  noch  bof,  weih  noch  kind,  noch 
jchtes  eigens  gehabt  auf  erden.  Luther  5,167*;  solich  1er.. 
geet  vil  tiefer  in  dann  ichtes  anders.  Schade  sat.  2, 12. 

3)  ichts  in  Verbindung  mit  negativen  pronomen,  wie  niemand, 
keiner,  nie,  verliert  seine  bestimmte  positive  bedcutuug,  da  nach 
dem  älteren  sprachgebrauche  gleichgiltig  an  seiner  stelle  auch  nichts 
stehen  kann:  das  man  nyemandts  ichts  annders  zu  essen  oder 
zu  trinken  geben  soll ,  dann  obs  und  frankenwein.  Nürnb. 
poliz.-ordn.  79;  ist  mir  auch  von  niemanl  ichts  darumb  ver- 
heiszen.  Reüchlin  augensp.i^;  nie  hab  ich  ichts  sträflichs  .. 
an  im  befunden.  Aimon,  vorrede;  es  hat  nie  keiner  meiner 
altern  ychls  von  im  zu  leben  gehabt,  bog.  1 ;  aber  hie  keret  er 
sich  zu  niemand,  befilht  auch  niemand  ichts.  Luther  4, 2.50' ; 
da  eitel  Vernunft  und  kein  geist  noch  ichtes  reines  innen  ist. 
270';  da  kein  bischoff,  doctor,  noch  hoheschulc  jchts  von 
gewuszt.  5,81';  so  kann  ich  in  keinen  weg  .  .  ichts  wider- 
rufen, br.  1,596;  mit  dem  überigen  zeug,  mil  dem  er  kein 
eer  einlegen  oder  ichls  auszzurichten  wiszt  (wüste).  Frank 
Germ,  chron.  (1538)  177 ;  uszgenomen  eszen,  trinken,  cleidung 
und  offenbare  notturft,  solt  du  niemant  ichts  geben.  Schade 
sat.  2,36; 

wider  si  darf  keiner  ichls  sagen: 

furcht  ieder  in  wurden  die  lieiligen  plagen.    1,  32,  189; 

des  nachts  wacht  ich  ihm  urab  Jas  hausz, 

auf  das  kein  dieb  trug  ichtes  rau.<iz. 

B.  W  ALDIS  Ksup  4,  9$t,  254. 

auffallend  aber  ist  ichls  für  nichts  in  relativsälzen  nach  dem 
positiven  jemand:  wer  auch  zewnholz  hawet,  e;  sei  weidein, 
beslein ,  ernlein  oder  ander  holcz .  da;  niht  pauholcz  wer, 
der  ist  darumb  ymanl  ihtz  schuldig  zu  geben,  d.  städtechron. 
1,30,6;  almechtiger  gotl,  der  du  bist  ein  beschützcr  aller 
die  auf  dich  hoffen,  on  welches  gnad  iemand  ichts  vermag, 
noch  etwas  für  dir  gilt.  Luther  3,  28l'.  vgl.  dazu  unten  unter 
icbtesicht. 

4)  in  der  häufigen  Zusammenstellung  von  ichts  mÜ  teiner 
negation  nichts  hat  sich  das  wort  am  längsten  erhalten  (vgl.  dazu 
auch  die  formel  aul  oder  naut  tlieil  l.  sp.  1014):  Plato  fabulirt: 
oninia  sunt  non  ens  et  omnia  sunt  ens,  alles  ist  nichts  und 
alles  ist  ichts.  Luther  tischr.  2';  er  mache  dann  darausz  ichts 
oder  nichts.  Faracklsos  opp.  1,926  0;  biszweilcn  macht  er 
{'loll)  ichts  zu  nichts,  biszweilen  nichts  zu  irhts.  pers.  haum- 
ijarlen,  vorr.;  er  mochte  nun  von  der  sache  ichts  oder  nichts 
verstehen.  Chr.  Weise  erzn.  157;  besser  ichls,  als  nichts. 
FiLiDOR  verm.  prins  87 ;  (im  sj)iel)  da  ist  man  bald  reich  bald 
arm,  bald  hat  man  ichls,  bald  gar  nichts.  Wksknick  spiel- 
sieben (1702)  166;  besser  ichts  als  nichts,  paurillum  praestat 
nihilo.  Stieler  884 ; 

dir  gKchicht  gar  recht!  vor  bettest  Ichu, 
jeiit  hsftu  minder  denn  gar  nichts. 

il.  Waldii  Esnp  1.4,  17; 
wiowol  niim  wenig  kisckt, 
»o  int«  doch  beider,  haben  icnU ; 
denn  gieng  ich  ler,  het  nlleü  nichts.    3,73,27; 
ich  wrrd  mr  ichts  odr  nicht«  gehalten. 

froichmeut.  3,  3,  3; 


2037 


ICHTES— ICHTWAS 


ICHTWAS  — IDEAL 


2038 


0  die  ihr  auf  der  kummerreichen  weit  ... 
mich  (die  ewigkeit)  sucht,  wo  alles  bricht  und  (alt, 
wo  sich  eur  ichts  in  nichts  terkehrt,  und  eure  lust  in  herbes 

weinen! 
A.  Grtphiüs  169S   1,96; 

was  ists  das  dich  so  thöricht  macht, 
dich  kaum  aus  nichts  zu  ichts  gebracht?    5S1; 
wer  oft  nichts  hofft,  mein  freund,  bekommt  oft  mehr  denn  ichts. 

675; 

gestürztes  Asien!  aus  ichts  in  nichts  und  staub  verstobnes  landl 

ja  wol  aus  ichts,  als  mein  gekröntes  haupt 

ein  haupt  so  viel  gekrönter  häupter  war. 

LoHESSTEis  Ibr.  Bassa  1, 12. 
5)  ichtes  ist  adverbial  getiorden  {icie  ichl  no.  5),  in  der  be- 
deutung  irgendtcie,  ettca,  vielleicht:  die  selb  {Jungfrau)  füret  er 
auch  für  und  fragt  ob  im  die  ichts  gefiel.  Steixböwel  (1555) 
92';  solches  schreibe  ich  nicht  darumb,  das  ich  meine,  ihr 
werdet  ichtes  nachgeben.  Lcther  5,147";  wiewol  mir,  als 
prediger  und  geistlichen  ampts,  hierin  weder  zu  richten  noch 
zu  handeln  jchtes  gebürt,  weil  es  so  gar  eitel  weltliche  Sachen 
sind.  8, 46' ;  wolan,  das  ist  gründlich  von  der  Sachen  geredt, 
dawider  kein  Jude  ichtes  mucken  kan,  ob  er  gleich  euszer- 
lich  sich  stellen  mag,  als  gleube  ers  nicht.  72';  man  mag  ihm 
ichtes  etwas  geben ,  modo  vel  tantillum  ei  dono  des.  Stieler 
881 ;  in  der  form  mit  ichtes :  man  sol  die  Christen  leren,  das 
es  des  bapsts  gemüt  und  meinung  nicht  sei,  das  ahlas  lösen 
irgend  einem  werk  der  barmherzigkeit  mit  ichtes  solte  zu 
vergleichen  sein.  Lcther  1. 9'. 

ICHTESICHT,  ICHTSICHT,  das  durch  seinen  eigenen  genitiv 
verallgemeinerte  icbt,  mhd.  ihtes  iht,  später  in  ein  wort  zusam- 
mengeflossen und  verschieden  verstümmelt,  aliquantulum  ichtes 
icht,  ichtesch  icht  Dief.  23',  neben  itsicht  das.;  ob  ichts  icht 
mit  den  selben  ingsigeln  .  .  versigelt  were.  d.  städtechron. 
3,  332,  21 ;  am  häufigsten  hat  sich  die  form  ichtzit,  ichzit,  ichzet 
ergeben:  nu  haben  wir  lange  zeit  gewartet,  ob  unser  herre 
künig  Wenzlaw  zu  sülichen  sachen  ichzit  tun  wolt.  1,200,34; 
ob  dann  derselb  {ventorbene)  iemans  ichtzit  schuldig  were  das 
dann  söllichs  vorusz  Ton  söllichem  varenden  gut  uszgericht 
und  betzalt  werden-,  und  ob  darüber  ichtzit  mer  vorhanden 
blibe,  das  sölte  für  den  laasz  (nachlasz)  genommen  werden. 
weisth.  1,70  {Zürich  von  14S3);  sich  erboten,  wo  er  ichtzit  ver- 
handJt  haben  solle,  das  er  darumb,  was  recht  sei,  gern  ge- 
dulden welle,  urk.  Max.  4 ;  welche  leüt  ichtzet  weder  seen, 
pflügen  noch  pflanzen.  Frask  xixltb.  80';  noch  ichtzit  darauf 
erkennt  werden.    Frankf  ref.  1,31   §  12; 

frei,  sicher  bist  du,  so  du  wilt 
wan  ichzit  dich  Ja  wolt  verlötzen, 
der  warbeit  stehts  wehrhaften  schild 

des  Unglücks  stosz  fürsetzen.    Wkcmirlis  197 ; 

auch  ichtzig :  dann  von  semem  tod  lang  niemant  ychtzig  wüste 
S.  Franü  cAron.  1531  2S6';  im  negativen  sinne  nichts^  gar  nichts 
{vgl.  dazu  ichtes  no.  3  a.  e.):  Vitellius  wurde  in  nider  Teutsch- 
land .  .  als  ein  keiser  gegrüst,  darumb  das  er  im  hörleger 
yemant  ychtzig  versaget.  135';  end/icA  ützet,  ütz:  derselb  müller 
soll  auch  sitzen  nebend  einem  schultheiszen,  zu  den  dreien 
gerichten,  und  solle  künden  ob  jemand  ützid  darin  {in  der 
mühle)  hab  gethan.  tceisth.  1,288  (Thurgau);  were  och  sach, 
das  utz  ufferlüffe  {vorkäme).  259  {ebenda  von  1458). 

ICHTESWANN,  adv. :  aliquando  ichtes  wanne,  ichtes  wannir 
Dief.  23*.     vgl.  unten  ichtwan. 

ICHTHEIT,  f.  das  etwas  sein:  gottes  wert  wer  aus  nicht, 
und  aus  dem,  das  kein  wesen  und  selbstendig  ychtheit  für 
sich  selbs  het,  gemacht  und  geflossen.  S.  Frank  chronica 
1531   342'. 

ICHTIG,  adj.  was  etwas  ist :  man  nimet  den  geist  in  zweier- 
leie  wise.  zum  ersten  alse  her  ist  ein  forme  des  libes  und 
gibet  deme  lichame  leben ;  zum  anderen  male  als  her  ist  ein 
ichtige  nature,  vornunftig  bi  sich  selber.  H.  ?.  Fritzlar  in 
Wackernagels  leseb.  1*,  855.  auch  wie  icht,  etwas,  irgend  etwas: 
aufrichtig  oder  recti  heiszen  eigentlich  die,  so  nicht  heucheln, 
sondern  "Ihun  was  recht  ist,  keine  person,  gunst,  gelt,  ehre, 
noch  jchtiges  angesehen.  Ldther  5,  204'. 

ICHTWAN,  adv.  irgend  einmal,  irgend,  die  durch  das  adver- 
biale icht  {sp.  2035)  verstärkte  zeiipartikel  wann,  ßr  die  häufiger 
das  im  ersten  Iheile  anders  zusammengesetzte  etwan  {th.  3, 1182 /f.) 
sich  findet :  wie  ich  zu  ichtwan  einer  angenehmen  gesellschafl 
widenimb  gelangen  möchte.  Philakder  1,342;  und  ichtwan 
mit  einem  stück  tuch  . .  unter  die  arme  zu  greifen.  671 ;  weil 
sie  das  weih  ichtwan  einmal  des  jahrs  angelacht.  2,  337. 

ICHT^YAS,  pron.  aliquid,  das  durch  adverbiales  icht  verstärkte 
was,  dem  sinne  nach  gleich  mü  etwas  {th.  S,  11S5),  aber  seltener 


und  verzugsweise  nur  im  16.  Hiid  17.  j<Jtrh.  hkr  gern  an  feier- 
lichen, gerichtliehen  oder  briefstil  verwendet:  aliquid  icht  wat 
Dief.  23*  {niederdeutsch,  ib.jahrh.);  a/jgua/e  ichtewat,  ichteswat 
noo.  gloss.  16";  so  wollen  wir  an  uns  ungern  ichtwas  lassen 
erninden.  kurf.  Johans  Friedrich  bei  Melanchihon  5, 746  Bret- 
schneider;  es  treffe  den  process  des  kammergerichts  oder  icht- 
was anders  an.  reichsabschied  bei  Scdottel  543;  darum  so  wil 
ich  ichtwas  interloquirn  lassen,  äyrer  proc.  1,9;  dasz  ich 
ichtwas  verwirket  habe,  dienda;  umb  ichtwas  ansprechen. 
Pbilander  1, 34 ;  ichtwas  derogleichen.  Harnisch  1S6 ;  kan  aber 
eu.  excell.  meine  Wenigkeit  auszerhalb  herrendiensten  in  icht- 
was zu  gehorsamen  die  gelegenheit  haben.  Simpl.  l,2S3  Kurz; 
davon  er  doch  kein  intresse,  keinen  nutzen,  keinen  gewinn, 
keine  belohnung,  noch  etwas  anders  oder  ichtwas  dergleichen 
zu  hoffen  hat  3, 424 ;  haben  die  zeugen  ichtwas  widriges  ein- 
zuwenden. Arele  unordn.  2,  245 ;  ichtwas  zu  gewinnen,  ist . . 
eine  kunsU  4, 242 ;  so  sollen  auch  in  den  feuer-pfannen  auf 
den  gassen  .  .,  sobalde  sich  diszfalls  bei  nächtlicher  weile 
ichtwas  erreget,  pechkränze,  kühn  oder  ander  holz  angezündet 
werden,  der  stadt  Leipzig  Ordnungen  (1701)  543;  allerthümelnd 
noch  bei  Rarener:  (dasz  nicht)  sonst  auf  dergleichen  weise 
ichtwas  zum  nachtheile  der  wolhergebrachten  gerechtsame  zu 
verhängen  sei.   Satiren  (1761)  2,415; 

er  bat  ingleichen  sie  durch  ichtwas  nie  betrübt. 

Uallxa:«!«  Adonis  s.  9. 

ichtwas  adverbial,  irgendwie,  einigermaszen :  so  bald  die  an- 
wesende sahen,  dasz  ich  desz  alten  freündschaft  hatte,  dorfie 
oder  wolle  deren  keiner  mehr  mich  ichtwas  angehen  oder 
fragen.    Philasder  2  (1643)  s.  38.  • 

ICHTWASIG,  adj.  etwas  seiend,  einigermaszen  geltend:  dem 
schluDunernden  könige  wird  zu  ichtwasziger  besänftigung 
ein  anmuttiges  nacht-liedgen  gespielet.  Haluiak.n  Tkeodorich, 
vorrede. 

ICHTWER,  fron,  irgend  wer:  es  mag  ichtwer  kommen, 
quantus  quisque  ambiat  Stieler  884. 

ICHTWO ,  adv.  irgend  wo :  ichtwo  ankommen ,  vel  levissi- 
mum  officium  consequi  {vergl.  ankommen  theil  1,  sp.  3t>5  oben) 
Stieler  884. 

ICKELEI,  ICKLEI,  m.  cyprinus  aibumus,  kleiner  weiszfisch, 
sonst  ückeiei,  uckelei,  ocklei  (Nehmch  2, 1354). 

ICKELN,  verb.  ärgern,  verdrieszen :  in  icklet  das  in  der  man 
so  verschmehet.  Ulenspiegel  77,  s.  112  Lappenberg.     s.  igeln. 

ICKIS ,  als  name  des  buchstaoens  X :  mache  ein  ickis  für 
ein  V.  Conr.  von  Dankrotzheim  (1435)  bei  Weigasd  2^,  1115. 
■  IDEAL,  fj.  der  nur  in  der  Vorstellung  vorhandene  begriff  einer 
Sache:  ideal  bedeutet  die  Vorstellung  eines  einzelnen,  als  einer 
idee  adäquaten  wesens.  Käst  7,  78 ;  das  ideal,  worunter  ich 
die  idee  nicht  blos  in  concreto ,  sondern  in  individuo ,  d.  i. 
als  ein  einzelnes  durch  die  idee  allein  bestimmbares  oder  gar 
bestimmtes  ding  verstehe.  2, 440 ;  dennoch  sind  menschen 
dieser  art  auszer  uns,  was  die  ideale  im  innern  sind,  Vor- 
bilder, nicht  zum  nachahmen,  sondern  zum  nachstreben. 
GöTBE  20, 161 ;  es  heiszt  ideal  eines  dinges  oiier  von  einem 
dinge:  der  mittelmäszigen  portraits  sollten  unter  den  kunst- 
werken  nicht  zu  viel  werden,  denn  obschon  auch  das  Por- 
trait ein  ideal  zuläszt,  so  musz  doch  die  ähnlichkeit  darüber 
herrschen;  es  ist  das  ideal  eines  gewissen  menschen,  nicht 
das  ideal  eines  menschen  überhaupt.  Lessing  6,382;  diesz  ist 
freilich  sehr  viel;  aber  für  mein  ideal  eines  Übersetzers  noch 
nicht  genug.  Herder  zur  U/.  2, 55;  mein  ideal  von  Schönheit 
ist  ein  anders,  das  wort  geht  aus  der  philosophischen  spräche 
in  die  gewähltere  des  gewöhnlichen  lebens  über:  so  würde  er 
meine  gestalt  doch  kennen  und  kein  unerreichbares  ideal 
sich  träumen.   Kotzerde  dram.  sp.  3, 198 ; 

barockiscber  konnte  man  nichts  als  Blaffardinen  sehn ; 
vom  köpf  zum  ^ürtel  so  scheuslicb,  als  bis  zum  knöchel  schön! 
von  unten  der  tiesteu  nymfe  von  Vanioo  zu  vergleichen, 
von  oben  ein  ideal  um  vögel  zu  verscheuchen. 

WiBLAND  4,  166  ^n.  Amad.  7,  30); 

diesen  feinen  Seladon, 

das  ideal  von  einem  besenbinder.    18, 151. 

der  geliebte  nennt  die  geliebte  sein  ideal : 

es  war  sein  ideal,  was  er  verkörpert  erblickte. 

4.  267  (neuer  Amad.  11,  29); 
ia  freilich,  dn  bist  mein  ideal, 
hab  dirs  ja  oft  bekräftigt 
mit  küssen  und  eiden  sonder  zahl.    II.  ttunt  16,  l&l. 

ideal,  von  einem  vollkommenen  kunstwerke,  im  gegensatze  zur 
wirkliehen  lebenden  körperweit: 

128* 


2039 


IDEAL  — IDEE 


IDEE 


2040 


doch  nein !  es  (eine  slatue)  ist  kein  ideal ! 

wo  sieht  man  eines,  das  so  den  seher  täusche? 

nein ,   nein !   dicsz  athmende  leben  schafTt  weder  pinsel  noch 

stahl ; 
man  fühlt,  mit  den  äugen  sogar,  in  diesem  schönen  fleische 
elastische  wärme  wallen  —  es  aihmet  wirklich! 

Wieland  4,  218  (n.  Amad.  9,  31). 

BüncKR,  der  das  ideal  unter  dem  bilde  eines  in  den  liimmelssaal 
/liegenden  vogels  faszt,  braucht  dem  entsprechend  masculines  ge- 
schleckt : 

zur  seile  fliegt  der  ideal 

dem  wunder-phönix  der  moral. 

wie  dieser  strahlt  in  heiligkeit, 

so  jener  in  Vollkommenheit.    93'. 

Nach  Lessinc  11, 326  scheint  der  ilaliänische  Jesuit  Franc.  Lana 
{gest.  1&S7)  der  erfinder  des  wortes  ideal  zu  sein,  das  adjectiv 
ideulis,  ad  ideam  perlinens,  in  der  spätem  latinitdt  bei  Martianus 
Capella  (Forcellini). 

IDEAL,  adj.  dem  ideale  entsprechend:  die  ästhetische  weit, 
das  reich  der  schallen  im  idealen  sinne.  Schiller  an  Gothc 
1,168;  wenn  die  Jugend  die  Zukunft  des  lebens  nur  voll 
idealer  bluten  und  das  aller  sie  voll  dürrer  reiser  erblickt. 
J.  Paul  herbslblum.  3,  3. 

IDEALHELD,  m.:  der  unermüdende,  unermattende  ist  mein 
ideaiheld.  Fr.  Müller  3, 148. 

IDEALISCH,  uie  das  adj.  ideal:  die  idealische  Vernunft, 
die  noch  über  die  spliäre  einer  möglichen  erfahrung  hinaus- 
geht. Kant  2,  228 ;  idealische  wesen  {gedankenwesen,  gedanken 
ohne  realitäl).  512 ;  ein  strenges ,  dennoch  aber  nicht  ideali- 
sches, sondern  wahres  vernunflgebot.  4,244;  jene  idealische 
zweckmäszigkeit  der  natur  {die  blosz  in  der  idee  vorausgesetzte 
zweckmdszigiceit).  7,  28 ;  dasz  er  nun  von  dem  idealischen  zum 
reellen  .  .  übergehl.  Schiller  an  GOthe  1,180; 

welch  herrliches  werk!  wie  könnt  es  so  vollkommen, 

so  idealisch,  aus  menschenhänden  kommen? 

von  welchem  sichtbarn  gotte  ward  das  modeil  genommen? 

Wieland  4,  218  (n.  Avuul.  9,  30). 

IDEALISIEREN,  verb. :  hätte  schon  von  der  wiege  an  eine 
idealisirende  kunst  sie  umgeben.  Schiller  a«  Gotha  1,  7 ;  er 
tritt  von  einem  leeren  und  unbestimmten  ideal  in  ein  be- 
stimmtes Ihütiges  leben,  aber  ohne  die  idealisirende  kraft 
dabei  einzubüszen.  180.  reflexiv,  in  der  bedeutung  sich  zum 
ideal,  zur  idee  einer  sache  erheben :  wie  sehr  sind  wir  {Lessing 
und  Herder)  aber  in  dem  eindrucke  verschieden,  den  dieses 
stück  {Sophokles  Philoktel)  machen  soll,  einer  von  beiden  kann 
nur  recht  haben ,  und  der  andre  hat  sich  nur  nicht  gnug 
idealisiren  können ,  um  nicht  zu  lesen ,  sondern  zu  sehen. 
Herder  krit.  wälder  (17G9)  1,62. 

IDEALISIERUNG,  f.:  eine  nothwendige  Operation  des 
dichters  ist  idealisirung  seines  gegenständes.  Schiller  1233'. 

IDEALISMUS,  m.  lehre  von  der  ursprünglichkeit  und  Wesen- 
heit des  ideals.    Schiller  an  Gölhe  l,  353. 

IDEALIST,  m.  anhdnger  solcher  lehre:  sollte  für  die  bedürf- 
nisse  des  idealisten  nicht  etwas  mehr  gesorgt  sein?  ebenda  188. 

IDEALISTISCH,  adj.:  obgleich  seine  phantasie  auf  sein 
sehen  einflusz  hat,  so  ist  dieses  doch  nur  idealistisch,  nicht 
phantastisch,    ebenda  172. 

IDEALVOLLKOMMENHEIT,  f.:  {die  frage)  welche  unter 
denen  in  Europa  recht  bekannt  gewordenen  sprachen  der 
idealvollkommenheit  einer  spr.ichc,  die  wortf  braucht,  am 
nächsten  kömmt.   Herder  zur  litt.  1,216. 

IDEE,  f.  {betont  idee,  zweisilbig,  plur.  id^en,  dretsiUng),  das 
griech.  iSe'a,  lat.  idea. 

1)  gebrauch  und  begrißsenlwickelung  dieses  von  Pluto  zuerst  in 
eigenthümlicher  philosophischir  bedeutung  verwendeten  wortes  m 
deutschen  phdosophischen  werken  seit  dem  vorigen  Jahrhundert  ist 
hier  näher  nicht  zu  berühren.  Kant,  der  an  den  l'latoschen 
sinn  von  idee  anknüpße :  I'lalo  bediente  sich  des  ausdrucks 
idee  so,  dasz  man  wohl  sieht,  er  habe  darunter  etwas  ver- 
standen ,  was  nicht  allein  niemals  von  den  sinnen  entlehnt 
wird,  sondern  welches  sogar  die  begriffe  des  Verstandes,  mit 
denen  sich  Aristoteles  beschäftigte,  weit  übersteigt,  die  idcen 
sind  ihm  Urbilder  der  dinge  selbst,  nicht  blos  scblüssel  zu 
möglichen  erfahrungen,  wie  die  kategoricn.  2,200;  die  idee 
der  lugend,  in  ansehung  deren  alle  mögliche  gegenstUnde  der 
crfahning  zwar  als  beispicle,  aber  nicht  als  Urbilder  dienste 
Ibun.  m,  gibt  seine  eigene  deßnilion  des  uorles:  ich  versiebe 
unter  der  idee  einen  notliwendigen  vernnnfllM>'rilT.  dem  kein 
congruirendcr  gegenständ  in  den  sinnen  gegeben  werden  kann. 
MS;   der  untertcbied   der  ideea,  d.  i.  der  reinen  vernunfl- 


begriffe,  von  den  katcgorien  oder  reinen  verstandesbegriffen. 
3,  251 ;  der  absolute  räum  ist  ein  nolhwendiger  vernunft- 
begriff, mithin  nichts  weiter  als  eine  blose  idee.  8,  560. 

2)  früher  hat  namentlich  der  französische  Sprachgebrauch  des 
17.  jahrh.  das  worl  zu  der  bedeutung  einer  gedanklichen  Vor- 
stellung, eines  gedankens,  eines  begriffes  von  etwas  verflüchtigt 
(LiTTRE  2,  5').  in  diesem  sinne  treffen  vnr  dann  idee  auch  bei 
deutschen  schrißstellern  der  1.  hälße  des  18.  jalirh.,  entschieden 
unter  französischem  einflusse,  es  wird  sogar  bisweilen  mit  franzO- 
sisclu;m  accent  versehen :  wie  köstlich  sind  vor  mir,  o  gott, 
deine  gedanken,  sagt  David,  deine  speculalionen,  deine  idien 
die  du  gehabt  {bei  erschaffung  der  erde);  ihrer  ist  eine  summa, 
so  grosz  wie  der  sand  am  meer.  Zinzendorf  in  Wackern.  leseb. 
3',  lüGö  {Homilie  von  1747) ;  das  ist  so  der  erste  gedanke,  die 
erste  hinreiszende  gcfühligste  iAie,  die  uns  .  .  alle  zugleich 
einnimmt.  1069; 

sasz  etwas  stille,  dacht,  und  schien 
die  ganz  zerstreueten  Ideen  zusammen  und  zu  recht  zu  ziehn. 
Brockes  8,418  {neujtihrs'ffiliclit  auf  1745); 
ging,  mit  sanften  schritten,  im  ganzen  zimmer  auf  und  nieder, 
von  mancherlei  ideen  voll,  gesenkt,  im  ernsten  überlegen. 

420. 

seit  dieser,  zeit  bürgert  sich  das  wort,  in  mehrfachem  sinne,  zu- 
nächst in  der  gewählteren  spräche  ein. 

3)  idee  der  gedanke,  sofern  er  verschiedene  seilen  eines  ganzen 
zusammenfasst ,  einheitlich  betrachtet  und  durchdringt:  die  idee 
ist  ein  selbständiger,  in  sich  lebendiger  und  die  materie  be- 
lebender gedanke.  Fichte  grundzüge  des  gegcnw.  Zeitalters  115; 
es  sind  nicht  diese  gegenstände  (blume,  quelle,  bemooster  stein, 
dicltterisch  dargestelll),  es  ist-cine  durch  sie  dargestellte  idee, 
was  wir  in  ihnen  lieben,  wir  lieben  in  ihnen  das  stille 
schaffende  leben,  das  ruhige  wirken  aus  sich  selbst,  das 
dasein  nach  eignen  gesetzen,  die  innere  nothwendigkeit,  die 
ewige  einhelt  mit  sich  selbst.  Schiller  9,  441  Kurz;  derjenige 
welcher  selbst  nicht  die  allgemeine  idee  der  Wissenschaft  hat, 
ist  ohne  zweifei  am  wenigsten  fähig,  sie  in  andern  zu  er- 
wecken. ScHELLiNG  vorles.  über  d.  melh.  des  acad.  stud.  9; 

ich  erseh, 
in  der  die  grosze  weit  vereinenden  idee, 
ein  wunderbares  bild  von  gottes  werk  gemahlt, 
woraus  die  gottheit  selbst  mir  in  die  seele  strahlt. 
Rrockks  8,  422. 

namentlich  auch  der  im  dicfUer  schaffende  gedanke:  sobald  er 
{der  dichter)  zum  werke  schreitet,  nuisz  der  Vorwurf,  und 
nichts  als  der  vorwarf,  die  herrschende  idee  in  seiner  seele 
sein,  er  hüte  sich  in  diesem  augenblicke  seine  regeln  allzu 
deutlich  vor  äugen  zu  haben.  Mendelssohn  philos.  sehr.  1,21; 
wir  haben  nicht  ermangelt  die  begriffe,  welche  auf  dem  wege 
der  erfahrung  in  den  verstand  des  blosz  sinnlichen  menschen 
kommen,  von  den  ideen,  welche  schlechthin  ohne  alle  erfah- 
rung durch  das  in  sich  selber  selbständige  leben  in  dem  be- 
geisterten sich  entzünden ,  streng  zu  unterscheiden.  Fichte 
grundz.  des  gegcnw.  Zeitalters  146 ; 

nun  wüst  ich  nicht,  was  dir  besondres  bliebe? 

«mir  bleibt  genug!   es  bleibt  idee  und  liebe!"    Götri  4,81. 

4)  idee,  das  durch  dichterische  thätigkeit  erzeugte  bild,  phanlasie- 
gebild : 

den  beiden  sing,  der  lange  die  weit  berg  auf  berg  ab 
durchzog,  das  gegenbild  von  einer  schönen  zu  linden, 
die  aus  dem  reich  der  iileen  herab 
gestiegen  war,  sein  junges  herz  zu  entzünden. 

WiBLAND  4,3  (neuer  Amndis  1,  1); 

nicht  fern  vom  thurme.  worin  der  junge  Amadis 
der  liebe  zu  einer  idee,  die  auszcr  seinem  gehirne 
wohl  nirgends  ist,  sich  schmachtend  uberliesz.     76(3,25); 
an  einem  solchen  ort  liusz  oft  ein  schmeichelnder  träum 
die  schone  idee,  die  er  liebt,  ihn  unter  rosen  erblicken. 

74  (3,  26,  fpdter  s.  79  hirngespinste  genannt). 

.  5)  idee,  der  dichterische,  künstlerische  Vorwurf,  stoff:  wenn 
ich  nicht  immer  neue  ideen  zu  bearbeiten  habe,  werde  ich 
wie  krank.  GOtue  an  frau  v.  Stein  2, 2S1;  {das  gedieht)  ist  so 
musterhaft  schön  und  rund  und  vollendet,  dasz  ich  recht 
dabei  gefühlt  habe,  wie  auch  ein  kleines  ganze,  eine  einfache 
idee ,  durch  die  vollkommene  darstellung  einem  den  genusz 
des  böcliHlen  gehen  kann.  Schiller  an  GMe  1,312;  auch  die 
skiiie  eines  künstlerischen  gedankens:  sollten  denn  nicht  wir 
beide  unter  ein  paar  freunden  Lessings  ein  monumenl  auf 
seinem  grabe  zu  stände  bringen  können?  .  .  .  ich  bitte  sie, 
machen  sie  doch  eine  idee,  t.  b.  von  einer  ganz  simplen 
pjTainide  mit  einer  ganz  simplen  nufschrifl.  Nicolai  an  Esfhrn- 
burg,  in  Ueinemanns  Lesting  160. 


2041 


IDEE  — IDEEN>I  ASSE 


IDEENREICH  —  lENDER 


2042 


6)  idee,  gedanke,  Vorstellung  überhaupt,  zunächst  in  lUterariseher 
besiehung:  alle  die  schönen  ideen,  die  er  {Wieland)  aus  den 
alten  Griechen  will  geschöpft  haben.  Lessing  6,  21 ;  wie  wun- 
derbar hat  der  dichter  (Sophokles  im  Philoctet)  die  idee  des 
körperlichen  Schmerzes  zu  yerstärken  und  zu  erweitern  ge- 
wuszt!  394;  der  poet  will  nicht  blosz  terständlich  werden, 
seine  Vorstellungen  sollen  nicht  blosz  klar  und  deutlich  sein ; 
hiermit  begnügt  sich  der  prosaist.  sondern  er  will  die  ideen, 
die  er  in  uns  erwecket,  so  lebhaft  machen,  dasz  wir  in  der 
geschwindigkeit  die  wahren  sinnlichen  eindrücke  ihrer  gegen- 
stände zu  empfinden  glauben.  471 ;  welche  gladiatorseele  ge- 
hörte dazu,  um  ein  stück  auszuhalten,  in  welchem  diese 
idee,  dies  gefühl  des  körperlichen  Schmerzes,  hauptidee,  haupt- 
gefühl  wäre?  Herder  krit.  icälder  (1769)  1,  65;  zu  einem  frucht- 
baren Umtausch  der  ideen.  Schiller  an  GOthe  1,2;  dasz  ich 
mich  auf  eine  öftere  auswechselung  der  ideen  mit  ihnen 
recht  lebhaft  freue.  5;  er  fand  so  viele  spuren  eines  neuen 
urgenies  darin  {in  einem  aufsalz),  so  tiefe  und  doch  so 
praktische  ideen ,  dasz  er  es  sich  sechsmal  hintereinander 
vorlesen  liesz.  Tieck  15, 172  {unterschieden  von  den  praktischen 
ideen  Herbarts  :  wie  nun  jeder  kunstlehre  ein  theil  der  allge- 
meinen aesthetik  entspricht,  der  zu  ihr  die  Vorbilder  enthält: 
so  auch  stützt  sich  die  tugendlehre  auf  die  ursprünglichen 
bestimmungen  des  löblichen  und  schändlichen,  oder  auf  die 
praktischen  ideen.  lehrb.  zur  einleit.  in  die  philos.  1S13  s.ö);  — 
dann  auch  überhaupt :  ich  will  aufhören,  sie  mit  diesen  traurig- 
angenehmen ideen  {gedanken  über  Mylius'  tod)  zu  beschäftigen. 
Lessing  4,446;  nicht  blos  der  wirkliche  gestank,  auch  schon 
die  idee  des  gestankes  erregt  eckel.  6,524;  es  greift  sie  zu 
stark  an,  liebe  Lotte!  ich  weisz,  ihre  seele  hängt  sehr  nach 
diesen  ideen  {dasz  die  verstorbene  mutter  sie  umschwebe).  Göthe 
16,  84 ;  sogar  dem  gemeinsten  realisten,  dessen  ideen  und  tage 
sich  auf  raupenfüszen  und  raupenringen  fortwälzen,  macht  ein 
unnennbares  etwas  das  breite  leben  zu  enge.  J.  P.\ül  vorsch. 
d.  ästh.  1,  75.  eine  fixe  idee,  eine  Vorstellung  die  die  seele  unauf- 
hörlich und  alle  andere  Vorstellungen  beherschend,  einnimmt. 

7)  idee,  beijriff  den  man  von  etwas  hat  oder  faszt,  meinung: 
das  ist  auch  wirklich  die  idee,  welche  die  lehrbücher  der 
mahlerei  mit  dem  worte  erfindung  verbinden.  Lessisg  6,  448 ; 
der  schwächere  leser  kann  sich  nicht  entwehren,  eine  gering- 
schätzige idee  mit  dem  namen  solcher  männer  zu  verbinden, 
denen  solche  stümper  solche  armseligkeiten  unausgepfiffen 
vordociren  dürfen.  8,206;  ich  würde  kaum  eine  gute  idee 
von  dem  Jünglinge  fassen,  den  . .  diese  bilder  nicht  rührten. 
Herder  krit.  w.  (1769)  1,51. 

S)  heutzutage  ist  das  allgemein  gebrauclde  wort  überhaupt  mit 
gedanke  synonym,  sowd  in  dessen  eigentlicher  bedeutung,  als 
sofern  man  darunter  Vorstellung,  meinung,  begriff,  absieht  ver- 
steht: ich  habe  eine  idee,  man  könnte  das  s6  machen;  ich 
habe  keine  idee,  was  das  geben  soll;  ich  hatte  anfänglich 
die  idee,  nach  N.  zu  reisen,  gab  sie  aber  auf;  die  sachver- 
ständigen haben  keine  gute  idee  von  der  Solidität  dieses 
Unternehmens;  als  bild  für  etwas  geringfügiges,  eine  kleinigkeit : 
das  getränk  sollte  um  eine  idee  süszer  sein;  das  kleid  ist 
um  eine  idee  zu  kurz ;  mit  keine  idee !  wird  stark  negiert,  wie 
sonst  kein  gedanke  1  gebraucht  wird. 

IDEENARM,  adj.  gedankenarm,  arm  an  Vorstellungen. 

IDEENAR.MUTH,  f 

lUEENFOLGE,  f  folge  der  gedanken  oder  Vorstellungen. 

IDEENFÜLLE,  f.  fülle  von  gedanken  oder  Vorstellungen,  i.  Padl 
vorsch.  d.  ästh.  1,  48. 

IDEENHEER,  n.; 

und  was  für  ein  ideeabeer  in  ihm  (einem  weisen)  entstanden. 

Brockks  h,  424. 

IDEENINHALT,  m.:  da  der  ideen-inhalt  eines  dichtwerks, 
vollends  bei  einem  publicum  wie  das  unsrige,  so  vorzüglich 
in  betracht  kommt.  Schiller  an  Göthe  i,  180. 

IDEENLAND,  n.: 

mein  prinz,  bethdrt  von  seiner  idee, 
glaubt,  dasz  er  sie  hier,  im  wahren  ideenlande, 
verkörpert  in  dieser  schlärerin  seh. 

WwLAND  4,  76  (n.  Amadis  3,  29) ; 
*du  kommst  nicht  ins  ideen-Iand!' 
so  bin  ich  doch  am  ufer  bekannt, 
wer  die  inseln  nicht  zu  erobern  glaubt, 
dem  ist  ankerwerfen  doch  wohl  erlaubt.    Göthr  2,  251.        I 

IDEENMASSE,  f.:  die  neulichen  Unterhaltungen  mit  ihnen  i 
haben  meine  ganze  ideenmassc  in  bewegung  gebracht.  Schiller  ' 
an  Göthe  1,  6.  ' 


IDEENREICH,  adj.  reich  an  gedanken  oder  Vorstellungen. 
IDEENREICHTHL'M,  m. 
IDEENVERBINDLNG,  f 

IDEENWELT,  f.:  das  gemüth  wird  also  unwiderstehlich 
aus  der  weit  der  erscheinungen  heraus  in  die  ideenweit, 
aus  dem  bedingten  ins  unbedingte  getrieben.  Schiller  1224" ; 
sie  bestreben  sich  ihre  grosze  ideenweit  zu  simplificiren,  ich 
suche  Varietät  für  meine  kleinen  besitzungen.  an  Göthe  1, 11. 
IDEENZAHL,  /■..•  Schönheit,  sagt  Hemsterhuis,  ist,  was 
gröste  ideenzahl  in  kleinster  zeit  gewährt.  J.  Paul  vorsch.  d. 
ästh.  1,48. 

IDER,  IDERMANN,  s.  jeder,  jedermann. 
IE-  s.  auch  unter  je-. 

lEBE,  f  Übung,  gewohnheit,  ort,  für  übe,  mhd.  üebe  (Lexkb 
wh.  2,  1685) : 

mein  herr  Moringer  het  die  leb 

dasz  kein  gast  auf  seiner  bürg  entschlief, 

er  sung  dan  vor  ein  hovelied.    Uhlahd  volktl.  780; 

allzeit  het  ers  in  groszer  ieb, 

das  er  sich  keiner  liegen  tet  verschulden. 

GöDEKE  u.  TITIMA?c^^  liederb.  325. 

lEBEN ,  verb.  ßr  üben,  mhd.  flehen :    lechteriiche  hjoffwort 
und  schwenk  ieben.  G.V.Ehingen  9; 
und  so  wirs  etwo  betten  nicht 
nach  noiturft  gnugsam  ausgericht, 
so  bitt  wir,  nemt  itzund  für  lieb, 
bisz  sich  ein  jeder  besser  ieb, 
wenn  er  mer  zeit  und  weile  hat. 

P.  Rebbi!«  Susanne,  beschlust  v.  126. 
lECHZE,  f  bei  Hobbebg  ßr  üchse,  mhd.  üechse,  achselhöhle: 
die  schmalzfedern  unter  den  iechzen  und  um  den  steus  soll 
man  ausziehen  (6«  gänsen,  die  gemästet  werden).  2,  336'. 

IECHZEN,  verb.  ächzen,  keuchen,  eins  jener  lautmalenden 
Wörter,  von  denen  unter  keichen  theil  5,  sp.  43S  eine  gröszere 
anzahl  aufgezählt  sind,  vgl.  auch  hecbzen  c^n  sp.  741  und 
ächzen,  ächzen  theil  l,  sp.  172 ; 

mich  dunkt,  ich  hör  was  iehtzen  dort  ins. 
ja  sich !  da  kreucht  die  frau  herausz. 

J.  Atrer  267«  (1337,  3  Keller). 
lELEN,  verb.  alemannisch  für  eulen  heulen  {vgl.  theil  3, 1194) : 
und  weinen,  ielen,  hülen,  schrien. 

Mdr;«ir  geuchm.  viij'. 

lENDER,  lENDERS,  lENDERT,  adv.,  das  mhd.  iener,  ahd. 
ioner,  Soner  {zusammengezogen  aus  io  in  eru,  usquam  terrarum 
gramm.  3,  220  ff.) ,  mit  eingeschobenem ,  etymologisch  unberech- 
tigtem d,  das  in  oberdeutschen  quellen  bis  ins  16.  jh.  sich  findet, 
zum  theil  in  der  form  indert,  im  alemannischen,  bairischen  und 
pfälzischen  noch  heute  lebt  {als  iend,  ienden,  iendert,  ienderts 
Schm.  1,  9  Fromm.),  es  steht  in  localem,  temporalem  und  mo- 
dalem sinne. 

1)  local,  irgendwo :  so  ligt  der  krieg  auch  mer  uff  uns  und 
haben  mer  sloj  ümb  uns  ligen,  doraw;  man  uns  teglich  an- 
greift und  beschedigt,  danne  dhein  ainige  stat  die  iender  in 
dem  punde  ist.  d.  städtechron.  i,  159,  22 ;  derwegen  wol  zu  ver- 
muten, dasz  kein  maulesel  yenders  in  der  wält  seie,  der 
seiner  art  nach  an  im  selbs  fürkomme :  dann  die  maulthier 
nit  gebären  noch  werfen   wie  anders  vich.  Forer  thierb.  4S'; 

mag  ich  dich  furpas  indert  erraichen. 

fasln,  sp.  508,  20; 
ob  uns  unser  vint  iendert  wider  gen, 
da;  wir  in  mAjen  wider  sten 
und  wir  in  gesigen  an.    Uhi.a:«d  volktl.  823; 
und  ob  ich  indert  (im  buche)  hat  gesetzt 
das  waren  cbristenglaiben  letzt, 
ich  volg  der  haiigen  kirchen  mer, 
halt  nicbtzet  wider  göttlich  ler.    Schwaizikbiig  1S9'. 
vgl.  auch  endert  theil  3,  sp.  460. 

2)  temporal,  je,  irgendeinmal:  ob  sy  indert  selbscbol  {selbst- 
schuldner)  oder  bürg  gegen  in  worden  weren.  d.  städtechron. 
1,112,13;  da;  sie  da  warten  sollen,  ob  sich  die  feint  indert 
herzu  wollen  laszen.  2, 188,  29 ; 

ob  er  indert  pei  uns  tanz,    fatln.  tp.  430,  22. 

3)  modal,  irgendwie,  trgend,  ein  folgendes  zahlwort  oder  subst. 
verallgemeinernd:  ob  ewem  gn.  yendert  anders  von  uns  fürpracht 
und  gesagt  würde,  d.  städtechron.  5,  341, 31 ;  obe  man  yendert 
wege  erfunden  möchte,  dadurch  wir  des  Nenningers  entladen 
würden.  352,  25 ;  ir  gewerb  ist  mancherlei ,  künstlich ,  als 
iendert  ein  volk  auf  erdtrich.  Fbani  weltb.  46';  ob  yendert 
einer  wer,  der  solichs  nit  vermocht.  145';  wo  yndert  ein 
bischoff,  priester  oder  diacon . .  nit  communiciert.  chron.  1531 
31^';  der  geschmack  und  farw  des  sandharzes  sich  der  biber- 


2043 


lENEN  — lETLICH 


geile  gar  vergleicht ,   mar  weder   yender  undere  ding.  Foreu 

thierb.  25* ; 

ist  ieiidert  man  niiT  erden, 

der  doch  der  sacb  nem  acht.    Ublaho  volkil.  914; 
ob  jndert  einer  wer, 

Her  diser  anenei  beger, 

der  such  uns  in  der  herberg  bic.    H.  Sachs  1,469'; 

ist  indert  ein  weib  oder  man.     Scbmelzl  Saul  20*; 
in  Verbindung  mit  einem  orlsadverb : 

ist  iendert  hie  ein  Christen  man.  II.  Sachs  3,1,250'. 
lENEN,  lENENT,  m  alemannischen  quellen  derselben  be- 
deutung  wie  das  vorige  iendert ,  und  vielleichl  eine  andere  Ver- 
stümmelung des  beiden  zu  gründe  liegenden  mhd.  ieiier,  riellcicht 
aber  auch  eine  andere  bildung ,  zusammengezogen  aus  einem 
freilich  nur  vorausgesetzten,  nichi  zu  belegenden  ahd.  6o  in  fiwun 
irgend  in  der  velt  oder  in  der  zeit,  ein  schon  mhd.  ienen  wird 
bewiesen  durch  die  negation  nienen ,  nienent  (Lexkr  wb.  2,  77), 
die  als  niene,  nienen  noch  heute  schweizerisch  ist  (Staider  2,237. 
ToBLER  333').  für  das  gewöhnliche  ienen  wird  auch  nur  iena 
gewährt:  nun  was  der  Teil  gar  ein  guolter  schütz,  als  man 
inn  im  lande  yena  finden  möchte.  Etterlik  in  Wackern.  leseb. 
3, 1,  70. 
ienen  steht 

1)  local,  irgendwo:  losa,  losa  ho,  sind  yencn  menschen 
vorhanden,  die  kömmind  har  zu  mir.  Diogenes  (1550)  Cv'; 
küramind  alle  die  anfechtungen  die  yenen  sind,  so  mag  sy 
der  wys  man  mit  Vernunft  dämmen  und  überwinden.  D'; 
yenen,  elwan  an  einem  ort,  uspiam,  usquam  Maaler  569'; 
lieber  geschauw  die  färb  seines  angesichts,  zeiget  sy  yenen 
ein  zeichen  der  schäm?  das.;  {die  mause  machen  löchcr)  in 
der  Stuben,  küche,  .  .  und  anderen  orten,  wo  sy  yenen  pro- 
viant  wüssend.  Forer  thierb.  108* ; 

ein  gut  vernunfiip,  witzig,  man 

desz  glich  man  iiit  niöcbt  yenen  han 

in  aller  well,  als  Socraies.    Brant  narrensch.  112,  2 ; 

lühis.       jiast  du  ein  wund  am  leibe  ienen  ? 

Jephlhes.'menea.     Jephlkes  {Sirastburg  bei  Rihel)  D*. 

2)  temporal,  irgend,  irgendwann:  wer  hat. dich  yenen  über- 
troffen, quis  homo  te  exuperavit  unquam  gentium?  Maaler  509'. 

3)  modal,  irgend,  irgendwie :  wo  es  yenen  müglich  ist,  si  ullo 
modo  est  ut  possit.  ebend.;  so  yenen  einem  etwas  durch  betrug 
und  list  entraubet  und  entzogen  wirdt.  Forer  thierb.  164*; 

kein  gröszern  zorn  man  yenant  spürt, 

dann  so  ein  wilisbild  zornig  würl.    Brant  narrensch.  64,  45  ; 

und  helTent,  wo  ir  konnent  ienen.    fastn.  sp.  832,  32; 

ob  jenen  eyr  (einer)  vom  bundtschfi  war, 

dem  do  für  kam  disz  schlecht  gedieht, 

bit  ich  er  weis  verachten  nicht.    P.  Gkncenbach  2S,  182 ; 

ob  ich  mög  yenen 
in  güttem  das  umb  dich  verdienen.    Daniel  (1545)  D'. 

lEREN,  verb.  für  irren,  stören,  hindern  (s.  d.):  ich  enpfind 
wol  in  mir  die  stechen!  gerst,  gedenken  und  herzigungen  zu 
gytigkeit  und  unluterkeit,  dise  gerst  sticht  mich,  und  iert 
mich  in  minem  herzen.   Keisersberg  iilg.  9'. 

lEREN ,  verb.  für  gären  ? :  nyeman  mag  von  dem  andern 
ein  wort  erlyden,  es  kumpt  als  do  har,  dasz  wir  uszblodern 
{herausfahren),  und  nit  in  uns  ieren.  'ach  wan  ich  es  numen 
einem  menschen  gesag,  so  würd  mir  destcr  lichter,  so  gut 
es  mir  ein  wenig  von  dem  herzen'.  Keisersberg  bilg.  88".  — 
Unser  gären  ist  u.  a.  mhd.  jern,  *p<J<er  jeren,  vgl.  Ih.  4*,  1350 ; 
das  wort  wird  auch  vom  kochen  der  leidenschaßen  in  der  seele 
gebraucht,  vgl.  ebenda  sp.  1355. 

lETLICH,  pron.  jeder,  mhd.  ietcllcb,  ietcsllch  aus  ie  eteltch, 
ie  etesUch ;  eine  seltenere  und  nur  in  dllern  quellen  vorkom- 
mende bildung,  die  durch  jeglich  (s.d.)  unterdrückt  worden  ist: 
die  sechs  waren  ir  ietlicher  4  tag  auf  der  vesten.  d.  stddtechr. 
2,164,16;  es  ist  unter  einem  iellichen  tor  gesteilet  worden 
ain  wagenbücbsen.  2<jO,  O;  itdlichem  sein  gepürltch  recht  zu 
geben.  10,232,16;  die  mühe  und  arbait  so  ietlicher  haben 
mu8z.  11,793,23;  weiche  ouch  uns  alle  ingeinein  und  ein 
iedlichen  iosunders  überhörten  und  frogten  einen  nach  dem 
andern,  basler  chron.  1,448,26;  wie  ein  yedlicher  mensche 
für  sich  telbs  mAsz  recbnung  geben  vor  dem  strengen  gc- 
ricbt  Christi.  458, 12 ;  wie  dan  ein  yedlicher  in  glichem  vall 
bcgert  mit  im  gebandlet  ze  werdenn.  406,42; 


IFEL  — IGEL 
IFEL,  IFFEL,  tt.  aus  dem  lat.  infula  verderbt 


2044 

;  infula  ifel, 
bischoffshut. 


ein  ietlicher  tbAl  sein  beiligea  rüeroen. 

ScMADi  tat.  1,  11 


178. 


in  der  form  idlicb:  und  di  Juden  ir  idleichcr  tnidingt  sich 
■elb  aus  umb  gelt.  d.  slAdtechron.  1,26,1;  von  cim  gehertcn 
stadtl  von  idicicbem  anderthalb  guld.  29,  l\>. 


yffel    neben    infle  DiEr.  29&';    die   yfifel,    mitra, 
Maaiej»  510*. 

IFENHOLZ,  n.  eibenholi,  laxus  {vgl.  auch  ibe,  ibenbaum 
jp.  2016):  allerlei  standen  und  gartenbewmliii,  so  zum  flechten 
und  binden  dienstlich,  als  weiden,  lindbast,  ihnen,  ifenholz 
oder  rüstbäwm,  eilen  oder  eist.  Sebiz  feldb.  3;  ästlin  von  .. 
rustbüumen,  aspen,  yllinen,  ypfenholz,  ypenbäuinen,  und  sonst 
weiche  Stauden  und  bandweiden.  51. 

IGEL,  m.  erinacetis.  ahd.  igil,  mhd.  igel,  isldnd.  igull  (Biörn 
Haldarson);  litt,  ezis,  kirchenslav.  jezi ,  griech.  i/ivos,  gewiss 
so  genannt  wegen  seiner  stacheln  (so  wijj,  daj  der  igel  ain  ticr 
ist,  daj  vil  natüileicher  dorn  auf  seinr  haut  tregt.  Mecen- 
BERc.  138, 3),  und  mit  griech.  i'xie  oller,  als  stechender,  einer 
abstammung.  die  ursprüngliche  bedeulung  ist  manigfach  erweitert 
worden. 

1)  igel,  herinaceus,  herix,  liericius,  echinus  Maaler  235*; 
zweierlei  geschlächt  desz  igels  werdend  zu  unseren  Zeilen 
gefunden,  der  ein  hat  ein  rüssel  gleich  einer  sauw,  wirdt 
genannt  auf  theütsch  seuwygel :  der  ander  aber  ein  schneugen 
{schnauze)  wie  ein  hund,  wird  aus  der  ursach  genennt  hunds- 
ygel.  FoRER  thierb.  93* ;  mit  des  igels  haut  werdend  die  kleider 
auszgebutzt.  94';  der  igel,  wenn  er  in  dem  wald  lauft  und 
man  in  lagt ,  so  sieht  man  fUsz  und  haubt  und  erkent  oh 
es  ein  hundigel  ist  oder  ein  Schweinigel.  Keisersberg  sünd. 
des  munds  13';  krümbt  sich  zusamen  wie  ein  hogeriger  igel. 
Garg.  230*.  die  sorg«  des  igels  für  sein  nest  wird  öfter  hervor- 
gelwben : 

weisiu  wie  der  igel  sprach? 

vil  guot  ist  eigen  gemach,    minnes.  frühl.  26,34; 

gewlszlich  het  der  igel  vernommen, 

das  der  winter  würd  balde  kommen; 
umb  ein  gut  herberg  er  Im  dacht, 

da  er  lür  kelle  bleiben  niocht. 

B.  Waldis  Eiop  2,  98, 1. 

Die  bibelilbersetzung  gibt  mit  igel  zwei  verschiedene  thiere  wieder, 
einmal  zählt  sie  ihn  unter  kriechenden  thieren,  anderswo  unter 
vögeln  auf:  {unrein  sind)  die  wisel,  die  maus,  die  kröle,  ein 
jglichs  mit  seiner  art,  der  igel  {fivyälrj  septuag.),  der  molch, 
die  aydex,  der  blindschleich  und  der  maulworf.  3iVoj.  11,30; 
wfl  sie  machen  zum  erbe  den  igeln  {ajore  xaroixeh>  ixirov:). 
Jes.  H,  23;  der  igel  {^xivos)  wird  auch  daselbs  nisten  und 
legen,  brüten  und  ausheggen  unter  irem  schatten.  34, 15;  auch 
rhordomel  und  iegel  {ijilvoi)  werden  wonen  auf  iren  thürinen. 
Zephanja  2, 14. 

2)  sprichwörtliches  und  bilder,  vom  igel  hergenommen:  wenn 
man  den  igel  anrührt,  so  böistelt  er  sich.  Simrocs  sprichw. 
s.  277 ;  ich  bin  des  bapstes  kaulcpers,  der  stacblichte  schuppen 
hat,  .  .  er  hat  einen  igel  an  mir  funden  zu  käwen.  Luther 
tischr.  224';  es  {ihr)  schickts  enk  zu  der  critica  wie  der  igl 
zum  arschwisch.  Schwabe  tinlenf.  11 ;  hei  der  arswolfreuter, 
wie  sind  das  reuterkerles ,  wie  ein  igel  ein  arswisch?  Garg. 
135':  einen  igel  im  leib  haben,  durstig  sein,  immer  stechenden 
durst  empfinden,  wie  franz.:  il  a  un  herisson  dans  Ie  venire, 
s'il  ne  boit,  il  Ie  pique.  OuniN  5.210;  ich  hab  ein  igel  im 
bauch:  der  iiuisz  gcschwummeu  haben.  Garg.  85';  ihr  habt 
gewisz  einen  igel  im  leibe,  der  visiert,  exorcitt  56 ;  wie  ein  igel 
schnarchen : 

der  lag  auT  seinem  kanapee, 

und  schnarchte  wie  ein  igel.    Blubauer  2,  180: 

igel  für  Vulva,  in  der  redensart  einen  igel  stechen,  coire : 

mir  ulTiiei  ains  mein  puol  ir  gaden, 

und  ward  mich  au  ir  peitlein  laden, 

do  solt  ich  ir  ain  igel  stechen. 

fastii.  sp.  33$,  21,  vgt,  259,  28; 

ich  aolt  ir  einen  igel  siechen.    553,  8; 
unter  spielen  wird  aufgeführt  desz  igehlecbens  Garg.  169*. 

3)  igel  als  sclümpfwort,  im  östliclien  Mitteldeutschland  für  einen 
schmutzigen  oder  auch  unkeuschen  mensciu'n  (reri;/.  scliwi'iiiii;tl, 
saiiigel);  nach  dem  englischen  aber  für  einen  verächtlichen  menulu-u. 
einen  nichtswürdigen: 

Anna,      hast  du  nicht  diesen  köuig  umgebracht? 

(ifuitfor.  ich  Keh  es  zu. 

Anna.      zugii-bsi  du'«  igel?  nun  .10  gcb  auch  galt, 

dnkz  du  verdammt  sciit  (Qr  die  bOse  thai! 

Slinlu-sp.  Iticlnird  Itl.  1.2; 

doit  grant  m«.  hedge-bog? 

4)  das;  JKi'l  auch  für  cpel  hirudn  gehraucht  werde,  wie  um- 
gekehrt für  icel  echinus  cgel  sich  findet,  ist  IhcU  3,  sp.  S3  htnvr- 
gehoben  (btidt  Wörter  stehen  in  enger  etymologischer  verwandl- 
uhafl);  vgl.  auch  blulegcl  i(h<<  bluligel  theil  2,177.186; 


2045 


IGEL  — IGELBALG 


IGELBLÜME  —  IGELSKNOSPE 


2046 


0  Wucherer,  was  wilstu  dich  bemühn, 
der  fremder  leuie  blut  den  igeln  gleich  xu  saugen?. 

Habforio  der  Wucherer  (1738)  *.  15; 
dort  besieht  ein  volk  das  grosze  Siegel 
an  dem  allergnädigsten  mandat, 
seufzt  und  füttert  traurig  seine  igel, 
die  d«s  landes  fett  erzogen  hat.    Seuke  ged.  89. 

5)  igel,  name  von  muscheln :  chama  arcinella.  Neiimcb  2,995; 
und  buccinum  erinaceus.  1, 697  ;  ebenso  von  meerwürmem  mit 
stachlkher  schale,  vgl.  meerigel,  seeigel. 

6)  igel  für  dinge,  die  an  das  aussehen  eines  igels  erinnern. 
o)  ein  balken  mit  stachlichlen  eisen,  bei  belagertingen,  icie  lat. 

ericius,  ahfranz.  herison,  erijon,  ireyon  (la  significalion  de 
defense  qu'on  metlail  aux  passages  pour  senir  de  barri^res,  cheval 
de  Frise.  Bürgcy  3,  200"),  stacLclwehr,  igel,  friesische  oder  spa- 
nische reiUr.    Jacobsson  7, 41&' ;    aber  auch  anyriffsicaffe ,   mhd. 

igel: 

er  (i/cr  kaiscr)  hxte  gerne  sinen  torn 

gerochen  an  der  grözen  siat. 

vil  balde  er  dö  wfirken  bat 

igel,  kauen,  berchfrit.    herzog  Ernst  1563  Bartsch 

(lu  einem  obscönen  bilde  rericendet  kröne  11735) ;  die  unterschriß 
eines  bildes  mitlelaüerlicher  belagerungsmasehinen ,  worunter  ein 
solcher  igel,  aus  dem  ende  des  15.  jahrh.,  lautet: 

disen  ygel  saitu  spisen 
und  wöl  versiahen  mit  jsen, 
den  wurf  man  och  spisen  sol, 

hütest  du  dich  Ton  (/.  vor)  inen  beden ,  d;  kumt  dir  wol. 
am.  des  germ.  mus.  1861  *p.  16. 

b)  ein  geschosz  mit  spitzen :  lad . .  eisene  stück ,  die  an  der 
einen  seilen  gespitzt  sein,  rieht  die  gegen  den  feind  und 
zindt  sie  an ,  .  .  so  fahren  die  spitzigen  stücL ,  das  du  ein 
ygel  heiszt,  herausz  und  tbun  groszen  schaden.  Froxsperger 
kriegsb.  2. 17S' ;  einen  igel  schieszen.  Schm.  1,  52  Fromm. 

c)  igel,  6«  den  landsknechten,  eine  besondere  art,  die  spiesze 
zu  drecken:  es  werden  auch  Schlachtordnungen  mit  oder  durch 
den  igel,  mit  gesenkten  spieszen  geschreg  .  .  gemacht.  Fboss- 
PERCEB  kriegsb.  1,53';  wurdent  rädtig,  dasz  man  solle  alles 
Yolk  uffmusteren  und  zamen  lageren,  und  in  ein  lanzknäcb- 
tischen  ygel  ordnen.  Bci.li!«ger  3, 197. 

d)  igel,  6«  den  müllern  das  Stirnrad. 

e)  igel ,  der  kelch  der  buchecker.  Schm.  1,  52  Fromm,  auch 
die  stachliche  hülle  der  kaslanien:  kestinenygel,  die  stäcbend 
haut,  hülschen  oder  rinden  darinn  die  kestinen  wachsend, 
echinus.  Maaler  242'.    Stalder  2, 68. 

f)  igel,  eine  in  igel  form  zubereitete  fleischspeise,  mit  pinien  und 
länglich  geschnittenen  mandeln  besteckt,  äiabanthes  frauenz.- 
lex.  (1773)  1521. 

g)  igel  auch  icol  eine  grobe  bürste,  da  igelshaut  zum  putzen  der 
Ideider  diente  {vgl.  oben  unter  l  die  stelle  aus  Forer);  in  einem 
spottliede  auf  die  unterworfenen  Erfurter  ton  1664  heiszt  es: 

duckt  euch.    scHmügt  euch, 

last  mit  igeln    euch  abstriegeln 

und  fein  putzen, 

last  doch  eure  hömer  stutzen.    IIitDEBKinD  volksl.  503. 

nach  Stieler  731  heiszt  die  flaschenbürste  igel  oder  krälzer. 

h)  in  Appenzell  bedeutet  igel  auch  ein  maulband  mit  eisernen 
stacheln,  damit  das  saugen  des  junrjcn  thieres  von  der  mutter 
nicht  gelitten  werde.    Tobler  284*. 

7)  igel ,  als  name  eines  Sternbildes  im  munde  eines  betrügers 
und  Schatzgräbers:  höret  ihr,  sagte  er  darauf,  der  schätz  hat 
abermal  verblühet,  welches  alle  sieben  jähre  einmabi  ge- 
schiehet.  er  ist  zeitig  und  musz  ausgenommen  werden,  die- 
weil  die  sonne  noch  im  igel  gebet,  sonst  wirds  künftig  vor 
verflieszung  anderer  sieben  jähr  umsonst  sein.  Simpl.  3, 101 
Kurz. 

h)  igel,  eine  vielikrankJieil :  der  igel,  ist  auch  ein  krankheit, 
80  das  rinderbaft  vych  überkumpl  zwüschend  den  klauwen, 
darvon  es  binkeu  musz.  Haalei  235'.  vergl.  dazu  unten  das 
rerbum  igeln. 

IGEL.\LOE,  f  aloe  ferox,  stachelaloe.  NEn.ficH  1, 194. 
IGELART,  IGELSART,  /.    l)  ort,  gaUung  des  igeU. 
2)  art  und  weise  des  igels: 

Hans  ^Viderbo^st  ist  igelsart, 

halt  jedermann  das  widerpart.    Simoce  tprirhw.  277. 

IGELARTIG,  adj.  nach  arl  einet  igels. 
IGELBALG,   IGELSBALG,  m.   balg  eines  igels:  über  den 
igelbalg  gehört  eine  fuchshaut.  Simboci  sprichw.  277 ;       * 
darumb  wer  nutz  sucht  hinder  eim  schalk, 
macht  hauptkiissen  vom  igelsbalk. 

KiRCHUor  irendunm.  78'. 


IGEL6LLME,  f.  anthyUis  erinacea,  stachliehU  fPoUblume. 
NevKicH  1,310. 

IGELDISTEL,  f.  nanu  zweier  cactusarten,  cadut  mammülaris 
und  cactus  melocacius.  Neulich   1,  741. 

IGELDORN,  m.  slacheldom:  ygeldörn  spinat  Maaleb  510'. 

IGELFELL,  n.  feil  eines  igels. 

IGELFISCH,  fn.  diodon,  ein  meerfisch.  Nemsicu  2, 1419. 

IGELFLEISCH,  n.  fleisch  vom  igel:  sol  man  in  (den  habicht) 
mit  igelQeisch,  das  feiszt  davon  gethon,  ätzen.  Hedsli.x  vogel- 
buch  125*. 

IGELGRAS,  n.  cenlimorbia  Dief.  112';  sonst  aber  egelgras, 
eilgras. 

IGELGBÄSBLUME,  /".  üaticc  echinus.  Ne»sicii. 

IGELISCH,  adj.  nach  art  eines  igels:  daher  (ron  dem  schelten 
der  evangelischen  prediger)  dann  der  grosze  schad,  als  ich 
acht,  ist  herkommen,  dasz  der  gemein  mann  so  spitzige  und 
iglische  zungen  erlangt.  Kablstadt  bei  Jäger  370;  Hansz  Wider- 
porst  ist  igelischer  arl.  Lebma>'5  1,  909.  das  adverb  igeliscben 
bei  Megesberg:  der  mensch  ist  aller  ungeordenst  in  den 
werken  (nämlich  des  beischlafs),  wan  er  verkßrl  menschleicheu 
werk  und  würkl  igliscben  oder  gensischen  oder  benimt  der 
frawen  ir  stat.  139,33. 

IGELKÄFER,  m.  hispa,  üachelkäfer ,  dornkäfer.  Nehnich 
3, 165. 

IGELKALB,  n. ;  igelkälber,  so  nennt  man  die  in  dem  trag- 
sack der  trächtigen  kuh  enthaltenen  widernatürlich  ausgear- 
teten cotyledones  (gewäcbse).  IVeümch. 

IGELKIEFER,  f  eine  kieferart,  pinus  echinata.  N'EiiniCB. 

IGELKLEE,  m.  medicago  intertexta,  sonst  homigel,  domen- 
krone,  eine  kleeart.    Neji51ch  3,526. 

IGELKLETTE,  f  echinophora,  ackerkletle ,  und  xanthium 
strumarium,  Spitzklette,    ebenda  2. 1458.  4, 1553. 

IGELKNOCHEN,  m.  die  beinernen  theile  eines  seeigels.  Nemrich 
2,  1460. 

IGELKÖLBLEINGRAS,  n.  carex  flava,  gelbes  riedgras. 

IGELKRAUT,  n.  geum  urbanum,  benedictenkraut. 

IGELM.ASZIG,  adv.  nach  art  eines  igels:  der  selbst  lag  inn 
der  Schüssel  unter  eim  lattichblatt,  in  einander  igelmäsig 
gekrümt,  gepfumpft  und  gewickelt.  Garg.  237'. 

IGELMÜCKE,  f  tipula  hirta,  eine  schnakenart. 

IGELMUSCHEL,  f  cardium  aculeatum,  eine  muschel  des 
mittelländischen  meeres.  Nemsich  2, 871. 

IGELMCTZE,  f  mutze  aus  igelfeü. 

IGELN,  rerb.  stechen,  prickeln,  was  ickeln  sp.  203S,  zunächst 
von  dem  stechenden  geßhl  der  kälte.  Schm.  1,52  Fromm.;  dann 
auch  übertragen,  ron  stechendem  verdrusz;  so  namentlich  schwei- 
zerisch: das  iglet  mich,  sticht,  ärgert  mich,  es  iglet  mich  alles, 
jede  kleinigkeit  macht  mich  verdrieszlich.  Stalder  2,68;  sorg 
eines  dings  bemüyt  und  yglet  uns,  cura  alicujus  rei  nos  exercet. 
Maaler  510';  welche  anfechtunge  .  .  .  den  menschen  iglet, 
frisset  oder  anfichtet.  Thdbneiszer  magn.  alch.  2.  83. 

theil  3,  lOS  wird  igeln  (ßr  das  daselbst  noch  zwei  belege)  als 
Umsetzung  von  ilgern  besprochen,  schwerlich  richtig,  wenn  man 
nicht  nur  die  ganz  andere  bedeulung  dieses  rerbums  erwägt, 
sondern  auch,  dasz  als  vollste  form  ron  igeln  vielmehr  hornigein 
(oben  sp.  1826)  bezeugt  ist,  das  aber  auch  in  verschiedenen  um- 
deutungen  und  Verstümmelungen  erscheint,  namentlich  in  den 
kürzungen  urigeln,  nigeln,  igeln,  die  letztere,  mit  der  wir  es 
hier  zu  thun  haben,  kontüe  durch  begriffliche  anUhnung  an  das 
subst.  igel  halt  empfangen. 

IGELROSE,   f  echinus  rosaceus,  eine  gattung  meerigel. 

IGELSCHNECKE,  f  echinus,  seeigel,  meerigel. 

IGELSEELE,  /. :  nur  weiche  blaltwickler-  und  igelseeleo 
ringeln  und  krempen  sich  vor  jedem  finger  in  sich  zusanunen. 
LPaül  tu.  1,75. 

IGELSHAUT,  f: 

mein  bar  gleicht  eim  schwarzem  rosschwanz, 

mein  winpran  einer  igelshaut  ganz,    fatln.  rp.  275,6; 

ein  igelshaut  sol  sein  sein  rok, 

sein  pnich  die  sei  ain  nesselstok.    710,28; 

sitrUhwörtlidi :  aus  einer  igelshaut  macht  man  kein  bnisttucb. 
SiMBocK  sprich».  277. 

IGELSHUF,  m.  ein  geschwür  an  den  füszen  der  pferde,  worauf 
lange  stachelhaare  wachsen,  öcon.  lex.  (1731)  1127. 

IGELSKNOSPE,  f.  sparganium,  knospengras;  sparganium 
erectum,  aufrecht  stehende  igcisknospe,  sparganium  natans, 
schwimmende  igelsknospe.  Nen.'^ich  4, 1330;  bolus  igelsknospen 
Dief.  78'  (aus  TABERifAEMONTAitus). 


I 


2047 


IGELSKOLBE  — IHM 


IHM  — IHN 


2048 


IGELSKOLBE,  f.  l)  hölzerne  streükolbe,  am  köpf  mit  stacheln 
beschlagen,  falscher  moryenstern :  Scharmützeln  mit  der  «echter 
igelskolben.  Garg.  50'. 

•1)  pflaniennatne ,  von  spargaiiium  eiectum,  und  von  dalura 
stramonium,  sonst  Stechapfel.  ISemnicb. 

IGELSSCHMALZ,  m.  als  mittel  gegen  flöhe: 
dann  auch  die  kammer  war  besprengt 
und  igelsschmalz  darein  gehenkt, 
desglcich  vil  junger  eriinzweig, 
damit  man  das  flöhgsiiidlin  trcug. 

TiscuART  flöhatz  S19  Scheible ; 
mein  mercurisch  ricliterstab 
mit  igelschmaiz  ich  gschmiret  bab, 
damit  ich  euch  Qöh  stillen  mag, 
dasz  ir  werd  stumm  und  taub  und  zag.    S85 ; 

schmiere  ain  stecken  mit  igelsschmalz,  stelle  ihn  mitten  inn 
die  kammer,  so  kommen  die  flöh  alle  an  den  stecken.   900. 

IGELSTEIN,  m.  versteinerter  seeigel. 

IGNOTE,  IGNOT,  adv.,  die  zusammenziehung  des  mhd.  ie 
genöte  immerfort,  jetzt  (Lexer  wb.  1,1414)  dauert  auch  noch  im 
11.-16.  Jh.:  tarn  ingiiol  Dief.  2b3',  ein  daselhst  stehendes  gleich- 
bedeutendes iccen  {niedermoseliscli,  li.  jahrh.)  wird  dasselbe  wort 
sein;  innoten,  ietzund,  in  praesentia,  nunc  Bas^p.  ;  dajj  tonnen 
holz,  ligendes  oder  stcndes,  da;  ignot  dinne  ist  {im  waldc). 
MoNE  xeitsckr.  8, 336  {von  1362) ;  sine  lulc  oder  sine  undir- 
tanen  . .  cristen  oder  Juden,  die  ignod  hinder  im  sitzen  odir 
wanent.  9,297  {Worms,  von  1349);  das  ignote  nüt  anders  do 
ist,  denne  wiltnysse  und  wasser.  d.  slädlechron.  S,^iS,  iQ;  das 
jor  hette  vormals  nuwent  10  monote  und  was  doch  also  lang 
also  ignote.  319,21. 

IHA,  1)  den  schrei  des  esels  bezeichnend :  so  ich  dann  aneruft 
die  hilf  des  obersten  gotes,  so  tett  ich  für  ain  menschlich 
stimme  geben  ain  grobes  geschriye  aines  esels  und  nützit 
anders  danne  yh  ha  yh  ha  mit  groszer  luterer  stimme  sagende. 
N.  T.  Wyle  translat.  259  Keller;  als  subst. : 

die  argen  säu  und  esel, 
die  mit  grunzen  und  iha  nachts  umhergehn.    Voss  3,113. 

2)  inlerj.  eines  ächzenden:  was  ächzen  sie  denn  so  über- 
mäszig?  —  aha!  der  könig  kommt!  —  ach!  uhe!  ah!  ihal 
uhe!  TiECK  prinz  Zerbino,  4.  act. 

IHM,  dat.  sing.  masc.  und  neutr.,  zu  er  und  es. 

1)  goth.  imma  {gebildet  vom  eigentlichen  demonstrativstamme 
i  mittels  des  als  pronominales  dalivsuffix  mehrfach  fungierenden 
-mma  aus  sma,  sanskr.  smäi,  vgl.  Leo  Meyer  goth.  spr.  s.  272), 
alts.  inm,  ahd.  imu,  imo,  ime,  mlid.  ime,  im;  die  andern 
deutschen  dialecte  bilden  die  entsprechende  form  von  einem  andern 
stamme,  das  nhd.  behält  die  form  ime,  ihme,  vereinzelt  bis  ins 
V,.  jahrh. :  aus  dem  glauben  in  ime.  Luther  6,  32&';  Christus 
gehet  in  das  haus  desz  starken  und  nimpt  ime  seine  wallen. 
Reisz.neb  Jerut.  2,56'; 

wer  andren  lebt,  lebt  recht:  wer  ihme  lebt,  lebt  gut, 
weil  jener  andren  wol ;  ihm  übel  der  nicht  thut. 

LocAU  1,  3S,  15. 

hei  Fischart  auch  die  form  imo:  gott . .  der  uns  in  form  und 
weisz,  als  es  ihn  gut  bedunkt,  schafft,  wie  ein  hafncr  seine 
geschirr  imo.  Garg.  247' ;  eine  form,  die  mit  der  ahd.  nichts  zu 
thun  hat,  sondern  wie  die  gleich  auslatUenden  dero,  ihro  erst 
im  16.  jahrh.  neu  ersieht. 

2)  Substantive  Verwendung  der  casusform: 

Hajd.  ihre  ganze  seeie  war 

die  zeit  her  nur  bei  euch  —  und  ihm.    Nnth.  bei  ihm? 

bei  welchem  ihm?  Lessimg  2,  194. 

3)  neben  den  fällen,  wo  ihm  in  gewöhnlicher  weise  als  dativ 
nng.  des  persönlichen  geschlechtigen  pronomens  masc.  und  netUr. 
tlfht,  und  die  hier  weiter  nicht  zu  belegen  sind,  dient  es  als 
reflexivum,  wie  cJid.  und  mhd.  im  ahd.,  wo  es  einen  dem  goth. 
sis  entsprechenden  dativ  des  reflexii'jironmnens  nicht  mehr  gibt, 
vertritt  der  dat.  imu  überhaujil  mit  den  dativ  des  reßexivums,  so 
dasz  nur  der  Zusammenhang  lehrt,  welcher  gemeint  sei,  eben  so 
im  mhd.,  nur  dasz  schon  hier  in  den  anfangen  die  erst  nhd. 
einreiszende  yewuhnhcU  aufkommt,  den  uccusaliv  des  reßexivums 
»ich  ^lir  den  dativ  mit  zu  verwenden  und  demnach  den  dativ  des 
persönlichtn  gesehUchligen  jironomens  von  diesem  gebrauche  aut- 
zuschluizen  {vgl.  tjramm.  4,324/3.  321  fg.,  mhd.  wb.  2,1,291* fg. 
und  oben  theil  3,  (W3).  11 W.  dauern  die  nachklänge  der  ahd.  und 
mhd.  weist  anfangs  häufiger,  spdler  seltener  bis  in  den  anfang 
duses  jahrh.,  ihm  steht  für  unser  heuliges  datnes  »ich ;  es  genügt 
«iK  autwahl  aus  den  vorhandenen  überreichen  belegen,  nii  heir 
liet  mancherlri  jut  under  im.  KeisBRtiiEiiG  bilg.  h* ;  «er  vcr- 
»leodig  i»t,  d«T  le»zt  im  raten,  spr.  Sal.  l,b;  unter  keiner  las 


im  feilen  mit  brangen,  das  man  allenthalben  spüren  müge, 
wo  wir  frölich  gewesen  sind,  weish.  Sal.  2,9;  andern  hat  er 
geholfen,  und  kan  im  selber  nicht  helfen.  Matth.  21,  i2;  also 
das  einer  bei  iiij  quatrin  eins  tags  haben  luiisz,  der  ihm 
gnüg  wasser  will  trinken.  Frank  wellb.  185';  nach  solchem 
wurde  er  beides,  durch  seinen  beichtvatter  und  sein  eigen 
gewissen  angesporl  und  getrieben ,  dasz  er  mich  mit  ihme 
im  bette  copulieren  liesze.  Simpl.  3,24  Kurz;  aber  wie  ist 
dem  miszgünstigen  zu  helfen?  der  ihm  selber  eine  marter  ist. 
pers.  rosenth.  1,7;  so  musz  der  schadenfroh  ihm  selbst  sein 
henker  sein.  1,45;  man  kan  ihm  leicht  einbilden,  wie  dem 
guten  Kuben  zu  muthc  gewesen.  Zesen  Assenat  76;  dahero 
musz  man  ihm  die  freiheil,  in  der  natur  selbsten  zu  studiren, 
stets  vorbehalten.  Sandrart  teulsche  acad.  2, 3,  n';  solchen 
antrag  läszt  ihm  Taubmannus  gefallen.  Brandt  bericht  vom 
leben  Taubmanns  5.39;  sobald  er  ein  büchlein  ans  licht  giebt, 
musz  er  es  ihm  auch  gefallen  lassen ,  dasz  man  es  lieset. 
Liscov  257 ;  er  musz  glauben ,  dasz  der  bar  ihm  habe  das 
feil  über  die  obren  ziehen  lassen.  697 ;  im  Wechsel  mit  sich, 
wo  solches  zweimal  gesetil  übel  klänge  {vgl.  die  theil  3,  6S3  mit- 
getheille  stelle  aus  Lessing  2,259):  als  der  patient  so  mit  ihm 
reden  hörte,  liesz  er  sich  sogleich  den  andern  morgen  die 
Stiefel  salben.  Hebel  2,141  {rheinl.  hausfreund  von  1809); 

da  erweit  im  der  fuchse  schier 

ein  geselischalt  von  vogel,  ibier  .  .    U.  Sachs  1,482'; 
und  keiner  lasset  ihm,  was  recht  und  hiilich  wol  gefallen. 

Weckheblin  4S; 
der  machte  seine  wehr  und  schild  ihm  wol  zu  nutze. 

D.  V.  I).  Werder  Ariosi  11,  17,  1; 
Coecutus   ging  zum  brillenmacher ,   um  eine  brill  ihm  zu  er- 
kaufen.   Brockes  8,  460. 
vgl.  auch  ihr,  ihnen. 

4)  ihm,  als  dal.  sing,  des  neutr.  es,  steht  mit  den  verben  sein 
und  thun,  zurückdeutend ,  auf  eine  schon  früher  eiwähnte  sache 
im  allgemeinen  sich  beziehend  {vgl.  einen  eben  solchen  gebrauch 
von  dem  theil  2,966)  und  Zusammenhang  mit  üir  betonend :  aber 
ihm  ist  wie  gesagt.  Fiscuart  bienk.  72';  der  liebe  dienstbar 
sein,  .  .  heiszet  die  liebe  zum  herren  haben :  dann  welcher 
dienet,  musz  einen  herren  haben  dem  er  dienet,  ist  ihm 
nicht  also?  Opitz  2,250;  dasz  alles  was  schön  ist,  aus  Ur- 
sache der  Schönheit,  schöne  sein  müsse,  dieses  ist  nun,  was 
ich  mir  kühnlich  zu  behaupten  getraue,  ist  ihm  nun  nicht 
also?  HoFFMANNSwALDAü  stcrb.  Socr.  102; 

ja,  ich  waysz  wol,  wie  ym  ist.    ring  42',  43; 
im  sei  nu  gleich  wol  wi  im  sei, 
so  heir  uns  got  und  steh  uns  bei, 
dasz  wir  di  rechte  warheit  erkennen. 

Schade  sat.  2,  195; 

was  musz  ich  aber  thun  sprichstu,  d;  ich  des  kropfs  ab 
komme  und  der  alten  federn,  und  dj  ich  gar  nüw  werde? 
...  ich  wil  dich  leren,  wye  du  im  tliust,  das  du  dich  muszest 
und  des  kropfs  ouch  abkumpst  und  ganz  ein  nüwer  fogel 
wurst.  Keisersberc  bilg.  10" ;  es  war  aber  der  ein  seer  reich 
worden, . .  der  ander  hat  gar  nichts,  deszhalb  der  reich  sein 
spottet  und  sprach:  wie  hast  du  im  doch  gethon,  dasz  du 
so  gar  nichts  hast  überkommen?  Wickram  rollw.  2s, 7  Kurz; 

nu  mag  iclis  lenger  uit  vertragen, 

ich  musz  ie  sehen,  wie  ich  im  thu.    fasln.  $;j.  40,  13; 

ratt  (vatliet),  lieben  herren,  wie  ich  im  doch  ibuc.    4S,  26. 

IHN,  acc.  sing,  zum  pronomen  er,   vgl.  theil  3,  enl/y.,   golh. 
ina ,  alts.  ina   und   einmal  inan  {in  welcher  form  vom  denion- 
strativslamme    i    das    accusalivsuffix   doppelt    steht),    alid.    inan 
{gekürzt  nan),  in  und  im  falle  der  anlehnung  auch  enc  und  en 
(Meiseburgcr   zauberspr.),    mhd.   inen   und   gewöhnlich   in;    nhd. 
dauert  neben  dem  gedehnten  ihn,  wofür  im  16.  Jahrhundert  noch 
in    oder  jn  geschrieben,    die  vollste  form  ihnen  fort,   zum  thetl 
wechselnd   mit  dem  häufiger  in  den  altern  quellen  erscheinenden 
ihne  ;  die  unter  er  gajcbvnen  beispiele  lieszen  sich  sehr  veniiflnm: 
!    treffe  es  unsir  ein  an  (einen  von  vier  amileulen,  dasz  er  ici- 
klayt    werde),    so    sollen    die  andern  dry  über  inen  siprorhen. 
treffe  es  unsir  zwene  an,  so  sollcnt  die  andern  zwenc  über 
ine    spreclieii.    weisth.   1,532  {Mainz,  li.  jahrh.);    wie  Gurgel- 
strotza  den  Bitlergrollinger  künig  hcrochol  .  .  angriff,   und 
ihnen  nach  crlegung  i«eins  volks  uusi  dem  land  ptMT.   Gai-:.  .'•  • 
(ihne   begegnet   daselbst  häufiger,   s.  b.  auch  IV.)'.  24l');    '"' 
kenswerl  ist  ein  heutiges  ihnen  eum,  das  mü  uacJidrucA  / 
steht  und  nur  der  volksfi>rache  angehurt:  uuf  die  annum*' 
iiiaimes  bemerke  ich,  dn!<z  derselbe  keine  frau  rrnühren  k.mh. 
und    nicht  einmal  credit  bat,   trotz,  seinem  gehult  aU  bahn- 


2049 


IHNEN— IHR 


IHB 


2050 


Wärter,  da  ich  ihnea  ernähren  musz  von  meinem  wenigen 
taglohn.  Höllisches  laijeblalt  1S66  s.  1524.  —  Über  die  nhd.  kürsuny 
en,  n  ivi  falle  der  anlehitung  rgl.  Iheil  3,655;  so  hab  ichn 
mir  immer  von  klein  auf  vorgestellt.  Claudius  1  m.  2,111. 

IHNEN ,  dat.  plur.  des  persüHlichen  geKhlechtigen  pronomens 
aller  drei  geschlechier,  vgl.  sie.  goth.  im  {vom  deinojislraltv- 
slamme  i  mittels  des  geicöhnlicben  suffixes  des  dat.  plur.  gebildet), 
alls.  im,  ahd.  im,  iu  und  mü  crweiterung  durch  doppelt  gesetztes 
Suffix  inen  (Weinhold  alem.  gramm.  s.  457),  mhd.  in  und  inen. 

1)  die  ursprüngliche  kürzere  form  dauert,  anfangs  als  in,  dann 
auch  in  der  dehnung  ihn,  auch  im  nhd.  noch  lange  fort:  die 
nilden  felthabich  die  haben  an  yu  das  sie  sich  uff  thun  gegen 
den  warmen  oslei-wint.  Keisebsberg  bilg.  ll'  {sonst  öfter  bei 
diesetn  schriftsteiler  inen,  ynen) ;  glöcklein  und  schellen,  die  ein 
fast  grosz  gethön  von  in  geben.  Fba.nk  icellb.  19a*;  ihn  für 
ihnen  noch  bei  A.  Grtphius  1663  j.  6S2;  namentlich  bei  dichtem 
des  16.  jahrh.  die  gewöhnliclie  form,  während  in  prosawcrken  die 
gedehnte  vorwiegt: 

vom  himel  kam  der  engel  schar, 

erscbeiu  deu  birten  otTenbar, 

sie  sagten  jn,  ein  kindleiu  zart, 

das  ligt  dort  io  der  krippeu  hart.    Luther  8,  35it'; 

kom  heiliger  geist,  herre  gott, 

erfüll  mii  deiner  guaden  gut 

deiner  gleubgen  berz,  mut  und  siao, 

dein  brünstig  lieb  cutzünd  iu  Jn.    360*; 

meiu  gute  werk  die  gölten  nicht, 

es  war  mit  in  verdorben.    366* ; 

deu  (denen)  wer  das  narrenbat  gesunt 

und  scherret  in  ir  sin.    U.  Sachs  1,100,52  Gödeke; 

die  fliegen  sie  hart  bissen  und  stachen,  .  . 

machten  in  allenthalben  bang, 

das  in  beid  zeit  und  weil  wardt  lang. 

B.  Waldis  Esup  4,  57,  7  ; 
solch  böser  lohn  ward  in  gegeben.    E.  Alberus  17*; 
bei  FiscuART  tm  icechsel  mü  ihnen : 

der  inen  so  weit  gbolfeu  hat, 

der  helf  in  weiter  zu  der  statt,    glückh.  schiff  517 ; 

je  meb  von  jnen  der  schwais  flos, 

je  meh  muts  jn  die  rais  eingos.    617. 

in  anlehnung  an  diese  kürzere  form  vrird  in  der  spräche  noch 
des  heutigen  gemeinen  lebens,  mit  einer  verbalfomv  verschmolzen, 
blosz  en  gehört :  laszten  {lasst  ihnen)  das  vergnügen ;  er  behan- 
delt seine  leate  hart,  gönnten  {gönnt  ihnen)  kaum  das  liebe 
brot;  und  in  unzählichen  andern  fällen. 

2)  2u  der  gewöhnlichen  erweiterten  form  inen,  ihnen  sind 
nebenformea  ine:  ob  ine  künftigclich  icht  habe  oder  gute 
zustünde,  ^ürnb.  pol.-ordn.  26;  haben  wir  .  .  jne  auf  zway 
monat  gancze  beczalung  getban.  urk.  Max.  no.  231  ;.  310;  inne. 
Maximilians  geh.  jagdbuch  24;  innen:  dasz  man  von  innen  sol 
das  recht  nemen,  da  sy  gesessen  syend.  weisth.  1,45  {Zürich, 
von  1513) ;  das  die  uneliche  kind  elich  liberben  nach  irem  todt 
und  abgang  hinder  innen  verüeszent.  153  {Schwyx,  15.  jahrh.). 
die  form  ihnen  selbst  ist  in  poetischen  quellen  des  15.  jahrh.  noch 
ganz  selten: 

vor  inen  faruder  leuten  vil 
mit  preiren  und  mit  saytenspil 
dönten  sunderleicben  wol.    ring  4&',  9. 

3)  ihnen  hat,  wie  die  dative  ihm  und  ihr  {s.  d.)  auch  rtflexin 
fundion:  diser  beiderhant  tuben,  sollen  die  kröpf  und  die 
federen  Ton  iu  werfen.  Keisersbebg  bilg.  10' ;  es  haben  doch 
wol  grosze  philosophi  ihnen  die  äugen  auszgekratzt ,  damit 
sie  on  bücher  und  specula  unverhinderter  speculirn  möchten. 
Garj.  242*;  wann  ein  krieg  einfiel,  erwehleten  sie  den  tapfer- 
sten unter  ihnen.  Micbälius  alt.  Pommern  2, 215 ;  weil  die 
Stargardischen  . .  in  die  vocation  eine  clausul  hinein  selzeten, 
darin  sie  die  macht,  ihre  prediger  zu  enturiauben,  ihnen  an- 
maszeten.  4,166;  es  nahmen  etliche  wandersleutbe  ihnen  eine 
reise  vor.  pers.  rosenth.  2,5;  drumb  wollen  sie  allezeit  gerne 
hoch  am  brete  sein,  ..  und  bilden  ihnen  viel  ein.  7,20;  sie 
fangen  an,  mit  ihnen  selbst  nicht  zufrieden  zu  sein.  Liscov  414; 

sie  bilden  jhnen  selbs  nichts  für.    Weckherli:«  3 ; 
dasz  die  fürsten  über  menschen,  und  nach  rechten,  herrscher  »ein, 
doch  nicht  ewig;  möchten  fürsten  ihnen  täglich  bilden  ein. 

LoGAU  1,  40,  4^. 
IHR,  tos,  der  plur.  des  persönlichen  ungeschleclUVjen  pronomens 
zweiler  person.  goth.  jus;  alts.  gi,  ge;  niederd.  ji;  mnl.  ghy, 
nnl.  gij;  ags.  ge,  engl,  ye ;  fries.  gi  und  i;  allnord.  er,  schwed. 
dän.  i;  ahd.  ier,  ir,  mJid.  ir,  in  mitleld.  quellen  er.  von  den 
urverwandten  formen  entsprechen  am  genausten  zend.  yös,  alt- 
preusz.  iofts,  lüt.  jus,  voller  und  allerlhümlicher  dan  iuffixe  nach 
IV.  u. 


ist  das  vedische  yus'm^,  dem  wieder  griech.  vftftes,  v/tels  näher 
steld.  der  seinem  Ursprünge  nach  dunkle  stamm  ju-,  welcher  der 
pronominalform  in  den  indogermanischen  spraclien  zu  gründe  liegt, 
zeigt  sich  nur  im  gothischen  noch  rein,  in  den  andern  ditdecten 
zu  gi-  ge,  i-,  e-,  m  einer  alid.  quelle  (Mclleshof  sprachproben 
2.  aufl.  s.  16*)  zu  ie-  {nach  Scueber  gesch.  d.  deutschen  spräche 
s.  250  vielmehr  zu  je-)  zurückgegangen ;  der  rest  des  ursprüng- 
liclien  bildungssufßxes  ist  im  goth.  noch  als  -s,  tm  nord.  und 
hochdeutschen  als  -r  erhalten,  in  den  andern  dialecten  abgefallen, 
über  die  obliquen  casus  zu  ihr,  euer  und  euch  tgl.  th.  3,1190/«jf. 
Verwendung  von  ihr. 

1)  nach  Untergang  des  duals  in  den  deutschen  spraclien  (über 
den  dual  des  pron.  zweäer  person  vergl.  tlieil  3, 1139  unter  es) 
drückt  ihr  auch  diesen  numerus  mit  aus,  oft  steht  das  genauere 
ihr  beide,  ihr  zwei,  ahd.  ir  b^du  (Gbaff  Z,M): 

mhd.  ir  zwei  mit  ein  ander  get.    Parz.  549,  4 ; 
nhd.  o  ihr  zartfühlenden  beide!   Gerstenberg  Ugol.  23;  wollt 
ihr  beide  sie  treiben  helfen?  Shakesp.  Hamlet  3,2; 

ihr  seid  alle  beide  narren.    Licutwer; 
ihr  ist  vor  beide  unterdrückt: 

beide  wolltet  gern,  da  lehrten  euch  vieles  die  väter. 
Stolberg  11,  402. 

2)  ihr,  in  indicativen,  conjunctiven ,  imperativen  fügungen  die 
verbalform  der  2.  plur.,  nach  analogie  des  singularen  du  begleik 
tend,  oder  ohne  jene  in  der  anrede  verwendet,  wie  die  g;rammati- 
lehrt,  steht  in  nachdrücklicher  rede  doppelt: 

ihr  habt  gut  reden,  ihr!    Lessing  2,209; 
und  empfängt  weitere  bestimmung  durch  selbst,  selber  {vgl.  ich 
selber,  du  selber,  er  selber):  ir  selbs,  tos  ipsi.  Maaler  237'; 

das  sagt  ihr  mir  so  selbst?    Lessi.'«g  2,215; 
in  andern  fällen  durch  ein  beigesetztes  Substantiv  oder  substantives 
adjectiv : 

mhd.  hungers  not 

habt  ir  gedolt,  ir  armen.    Paiz.  209,  6; 
ir  reinen  wip,  ir  werden  man.    Walthkr  66,  21 ; 
nhJ.    fliegt  daher  ihr  stillen  lieder!    Gö^her  274; 
ihr  guten  berrn,  ihr  schönen  fraueo, 
so  woblgeputzt  und  backenrotb, 
belieb  es  euch,  mich  anzuschauen.    Götbe  12,  50; 
ihr  heitersten  umgebet  ihn, 
im  gaukehanz  umschwebet  ihn.    306; 

ihr  lutherischen  fechtet 
für  eure  bibel.     Schiller  Gallensteins  tod  1,5; 
lebt  wohl,  ihr  berge,  ihr  gellebten  triften, 
*  ihr  traulich  stillen  thäier,  lebet  wohl! 

Jungfrau,  prolog,  4.  auflr.; 
ihr  matten,  lebt  wohl! 
ihr  sonnigen  weiden !    Teil  1,  1 ; 

tm  Wechsel  mit  dem  bloszen  Substantiv,  das  anredet: 

raset,  ihr  winde,  flammt  herab,  ihr  blitze, 
ihr  wölken  berstet,  giesxt  herunter,  ströme 
des  himmels,  und  ersäuft  das  land !    4,  1 ; 
still,  kiuder,  still !  der  könig  bat  euch  lieb ; 
unschuldige,  harmlose  kleinen  ihr, 
in  eurer  einfalt  könnt  ihr  nicht  erratben, 
wer  eures  vaters  tod  verschuldet  hat. 

Shakesp.  Richard  III.  2,  2 ; 
in  der  schelte:  mich  sendet  die  hohe  obrigkeit,  die  über  leben 
und   tod    spricht  —  ihr   diebe  —  ihr  mordbrenner  —  ihr 
Schelmen  —  giftige  otterbrut,  die  im  finstem  schleicht  .  .  . 
Schiller  räuber  2,3. 

3)  die  blosze  imperativ  form,  die  von  keiner  anrede  begleitet  ist, 
verschmäht  das  pronomen  ihr,  wenn  sie  strengen  befehl  ausdrücken 
will;  geht!  folgt  mir!  reizt  mich  nicht!  solche  fügungen  stehen 
sireng  imperativ,  geht  ihr!  folgt  ihr  mir  nur!  reizt  ihr  mich 
nur  nicht!  mehr  adhortatiu;  in  diesem  sinne  hört  man  häufig 
in  gemeiner  rede:  kehrt  ihr  nur  erst  vor  eurer  thüre ;  laszt 
ihr  mich  nur  macheu,  was  ich  will;  lehrt  ihr  mich  nur  nicht 
die  menschen  kennen;  begnügt  ihr  euch  nur  mit  dem  wa? 
ihr  habt,  u.s.w. 

4)  barsclie  rede  verwendet  nicht  mehr  als  ein  blosxes  kurzes 
ihr!  cor  dem  imperativ  oder  einer  frage,  um  aufmerksamkeit  zu 
fordern  : 

ihr!  bohlt  die  sterbende,  noch  eh  sie  eanz  vergehl 

A.  Grtpbids  1698   1,  167 ; 
itu-,  warum  kränkt  ihr  doch  mein  abgeplagte  seel?    3*25; 
ihr  mit  Ortsbestimmung : 

doch  ihr  dort,     schelmgezüchl! 

kroaten,  hintern  bänken! 

laszt  nach  mit  lärm  und  schwanken!    Borger  21*; 

ihr  —  ihr  dort  auszen  iu  der  weit, 

die  nasen  eingespannt !    Schiller  1, 121  Kurz. 

129 


2051 


IHR 


IHR 


2052 


5)  ihr  in  Verbindung  mit  einem  relativsatze ,  in  verschiedeuen 
Stellungen,  das  pronomen  geht  gcwülmlich  voraus  und  u-ird  nach 
dem  relatiium  widerholt:  ihr,  die  ihr  die  kranken  pflegt  und 
den  armen  helft.  Felder  sondert.  2,311; 

ihr.  die  ihr  uns,  die  wir  verteuU  in  unglücks-wellen, 
noch  haiid  und  armen  reicht.    A.  Griphius  1698   1,452; 

oder  die  anrede  geschieht  ohne  ihr  und  es  steld  nur  nadi  dem 
relativpronomen : 

0  Seelen,  die  ihr  noch  bei  uns,  nun  alles  fällt, 

ia  wahrer  treue  steht!  ebenda; 

vergL  das  noch  weiter  gehende  mhd.: 

alle  di  ij  habet  vernomen 
beide  man  unde  wib, 
^  denket  an  den  öwigen  üb 

unde  an  daj  äwigu  leben  ; 
dar  näh  sult  ir  iiiier  streben.    Lahprscht  AIcj;.  7129; 

i»  gewählterer  rede  geht  der  rclativsats  voraus,  der  hauptsatz  folgt: 
die  ihr  der  gewissen  böser  und  guter  nienscbea  richler  sind, 
ir  sind  meine  zeugen,   buch  d.  liebe  216'; 

die  ihr  uot  soho  und  heil  itzt  wieder  sucht  zu  geben, 
geht  hin!  A.  Uniruius  IC'JÜ  1,452. 

das  ihr  des  relativsatxes  musx  ergdnit  werden :  ihr,  die  in  der 
letzten  zeit  der  iiebiosigkeit,  der  absonderung  und  berech- 
nung  euch  nur  noch  an  frommen  klatschen  erbauen  musziet, 
ihr  würdet  da  mehr  ßndcn  .  .  .  Felder  sondert.  2,  311. 

6)  wie  der  plur.  ihr  für  den  sing,  du  aufkam  und  «m  sich 
griff,  ist  unter  du  Iheil  2  sp.  lllbfg.  mit  abgehandelt  worden: 

ist«  deutscher  art  gemäsz,  mit  Worten  so  zu  spielen? 
wir  heiszcn  äinen  ihr,  und  reden  wie  mit  vielen. 

LocAU  3,  252,  1%  (idiernclirift  ilirzen). 

heute  ist  diesz  ihr  aus  der  Umgangssprache  verschwunden,  soweit  es 
nicht  in  resten  landschaßlich  dauert,  wie  in  Oberhessen  (Vilmar 
1&3),  tn  Sachsen,  wo  auf  deni  lande  die  eitern  von  den  hindern 
häufig  ihr  genannt  werden;  allgemein  und  uneingeschränkt  gilt 
es  noch  in  den  innern  cantonen  der  Schweiz,  wo  unser  sie  nicht 
gekannt  wird,  und  auch  in  deni  offiziellen  slile  der  schweizerischen 
behörden:  die  ehe  wird  dadurch  abgeschlossen,  dasz  der  ziviU 
standsbeamte  die  verlobten  einzeln  fragt:  N.  N.  erklärt  ihr 
hiermit,  die  N.  N.  zur  ehefrau  nehmen  zu  wollen  ?  N.  N.  er- 
klärt ihr  hiermit,  den  N.  N.  zum  eheniann  nehmen  zu  wollen? 
bundesgeselz  vom  24.  december  1874,  art.  39. 

7)  an  diesen  gebrauch  von  ihr  knüpß  an,  wenn  man  von  einer 
Sache,  um  sie  als  vorzüglicher  zu  bezeichnen,  sagte  man  musz 
sie  ihr  nennen ;  das  ist  ein  pferd  das  ihr  beiszt ,  ein  kleid 
das  ihr  heiszt.  Adelu.nc.  vgl.  dazu  den  gebrauch  von  ihrzen 
unter  du  theil  1  sp.  1476. 

8)  i'on  anlehnung  anderer  pronominalformen  an  ihr  unter  gleich- 
zeitiger Verkürzung  derselben  hat  die  spräche  des  gemeinen  lebens 
häufig  ihnn' und  ihrn  für  ihr  ihm  und  ihr  ihn:  habt  ibrm  das 
gegeben?;  habt  ihrn  schon  besucht?;  damals  hattet  ihrn 
noch  nicht  gesehen;  die  knrzung  ihrs  für  ihr  es  ist  auch  der 
sthnßsprache  geläufig:  dasz  jrs  (das  kind) . .  wollen  auferziehen. 
WiCKRAii  roZ/if.  lü,  27  Ä«ri;  sehet,  mensch,  da  habt  ihr  euren 
herrn ;  mit  dem  tnöcht  ihrs  auszmachen.  Simpl.  4,49  Kurz; 
wenn  ihrs  zu  machen  wüszlet,  dasz  ich  das  Werkzeug  war. 
^akesp.  Hamlet  4,  7. 

IHR,  dat.  sing.  fem.  des  persönlichen  geschlechtigen  pronomens, 
goth.  izai,  alls.  und  ahd.  iru,  iro,  ira,  mhd.  ir.  eine  erweiterung 
zu  ihren,  die  sich  im  16.  jahrh.  findet,  s.  unten  an  alphabetischer 
steile,  du  easusform  sieht  auch  reflexiv  (wie  ihm  uu.  3,  vergl. 
ip.  2047),  bu  int  vorige  jahrh.,  wo  sich  die  alleinige  herrschaft 
gewinnt: 

SU  wirt  wol  gcbio, 
dagi  si  ir  .selber  büt  bereit 
kumer.  not  und  arubeit.    ßoni*  edetst.  49,43; 

da  Maria  Magdalena  zu  ym  kam  nnt  ihr  bringende  ein  ala- 
basler  bdchsz.  Fran»  ueltb.  173';  in  dieser  »achen ,  die  an 
ir  >elb(t  wurhaftig  ist.  Ayrer  proc.  1,0;  {eine  tocIUer)  die  als 
eine . .  christin  solche  unthat  ihres  herren  ihr  nicht  gefallen 
liesz.  Micrälics  alt.  Pommern  2, 204 ;  Beatrix  lie.s/:e  ihr  die  ber- 
slellung  der  ruhe  angelegen  sein.  Hahn  /im/.  (1721)  2, 138;  die 
gelehrte  weit  würde  an  uns  beiden  viel  verlieren  ;  aber  wer 
kann  ihr  helfen?  sie  würde  ei  ihr  selbst  zu  danken  haben. 
Liicov  129;  ausdruckiingen  dieser  art  haben  einen  hObern  Ur- 
sprung, als  die  ihr  seihst  gelassene  vernunlt  des  redners.  10t ; 

die  sshl,  di«  (hassend  dein  gebot) 
ihr  «Inen  falschen  gel 
•rfcies«!  bic  auf  erdan.    WcctiicaLii)  51; 


•s  log  die  schöne  dam,  aus  diesen  stuten  allen, 
ihr  ein  allein  heraus,  nach  ihrem  Wohlgefallen. 

D.  v.  0.  Wkhukh  Ariusl  11,  12,6; 

heist  dieses  denn  wol  stolz?   sie  bleibet  unten  an 
und  duldet  über  ihr  so  leichtlich  Jederman. 

LoCAU  1,  33,  18. 

ihr  zu  einer»  neu(ra/en  Idndernamen,  der  aber  personifinert,  alt 

weib,  gedacht  wird: 

in  guter  Ordnung,  wie  die  s&w  zum  tbore  laufen  ein, 
klagt  Deutschland,  dast  die  krieg  hi  ihr  biszher  gefübret  sein. 

2,  136,  89. 

da  für  du  gegen  weibliche  personen  im  17.  18.  jh.  das  singulare 
sie  angewendet  ward  {Iheil  2,Wi6fg.),  so  sieht  ihr  iwt  sinne  von 
dir;  der  mann  redet  die  frau  an:  icii  werde  keinen  hochmuth 
und  eigensinn  an  ihr  dulden ,  ich  werde  aber  auch  nichts 
dergleichen  gegen  sie  blicken  lassen.  Reicuey  patriol,  dritlet 
jähr  (1729)  i.  180. 

IHR,  gen.  sing,  und  })lur.,  t.  ihrer. 

IHR,  pron.  possessiv.,  auf  ein  feminines  Substantiv  in»  singular, 
und  auf  Substantive  jedes  gcschlechts  im  ptural  sich  beziehend, 
ejus,  eorum. 

1)  die  alte  spräche  drüclit  diesen  begriff  durch  die  yenitive  irÄ 
{sg.  fem.)  und  irö  {]>lur.)  des  persönlichen  geschtcchligen  prono- 
mens aus,  die  im  mhd.  beide  in  ir  zusammenflieszen.  in  frän- 
kischen quellen  hat  man  zufrühtst  aus  diesem  ir  ein  possessiv 
gemacht,  mit  voller  adjectivischcr  flexion,  belege  aus  niederriwi- 
nischen  gcdichten  des  12.  jahrh.  in  der  granmi.  4,344: 

dane  was  der  welthero  (Wächter)  nechein 

di  da  behildeu  iren  sin.    Friedberijer  clirist  E',  13 

(MÖLLKMUOrr  u.  ScusRitH  s.  77); 
nidir  wendint  wajjer  Irin  vluj.    i4niio/ied  46 ; 
doch  bedwang  Cesur  al  iri  cral't.    292; 
ir  heilig  verch  und  iriu  bein.    WoLraAK  Wilteh.  259,9; 
kurzen  muot,  lange;  här 
habent  die  meide  sunderbär 
die  zu  irn  tagen  komeu  sint.    Henner  322. 

in  alemannischen  und  bairischen  quellen  kommt  es  seit  dem  12.  jh. 
auf,  verdränijt  aber  erst  nach  und  nach  den  gebrauch  des  geni- 
tivischen k  (W'tiyiiOLD  alem.  gramm.  Ä.  459.  bair.  gramm.  i.  374); 
mitteldeutsch  als  ire  und  ure :  so  {sie)  nani  er  den  schum  vou 
urem  munde,  chronik  des  st.  Ciarenklosters  zu  Weiszenfels  in  den 
neuen  mittheil,  des  dür.-sdchs.  alterthumsvereins  bd.  II  j.  393;  su 
vorchle  den  zorn  uris  sonis.  394 ; 

da  vil  manich  beiden  sa;, 

mit  den  sie  iren  kouf  triben.     livtdnd.  reimchioutk  213; 

da;  sie  einen  meister  dar 

kören  nach  irem  willen  gar.    7546. 

altfriesisch  vergleicht  sich  das  possessiv  hiri,  hire,  aus  dem  gleicli- 
lautenden  genitiv  herausgebildet  (Richthofen  815*). 

Im  15.  jahrh.  ist  das  possessiv  allgemein  geworden ;  mU  un- 
echtem diphthongen: 

also  da;  die  fremden  geste 
wurden  inun  des  ze  loste, 
da;  das  scheiden  was  ze  swär, 
jerem  leben  gar  zgevär.     rimj  40*,  38; 

und  der  genitiv  dauert  nur  noch  in  spuren  fort:  er  {der  papst) 
sei  über  die  heilige  schrill,  und  die  selbige  müsse  von  seinem 
stuci  besteltigct  und  jr  werd  empfahen.  Luther  bei  Biiidseil 
7,377  (Variante  jren  werd);  also  schied  die  fraw  vom  doclor 
heiinwertz  zG  ir  magt.  Wicsbam  rollw.  16,28. 

Üas  ntulrum  lautet  ihres  selbst  in  der  Stellung  unmittelbar  vor 
dem  Substantiv,  in  alemannischen  quellen:  di^e  wegen  (wagen) 
und  ires  kirren  (knarren)  sind  erschruckenlich  dem  feind. 
KEisEitsiiEitc  Ae//. /öu>  5';  ires  geliebt  kind.  das  grosz»  gebet  21 ; 
ires  gelicbleä  kindli.  28;  ires  lieb  kiud.  92; 

diu  (klottfifniufii)  lad  ich  al  bieher  lu  ston, 
dariA  mit  aller  geistlichkeit, 
die  von  in  werfen  ires  kielt. 

Mummir  hith.  narr  4083  Kurt. 

2)  die  abwandlung  des  ihr  ist,  wie  die  der  andern  possettiva, 
sunächsl  nur  die  starke,  die  schwache  hat  statt,  wenn  ihr  in 
vtrbindung  mit  dem  aitiktl  substantivisch  steht,  der  ihre,  die 
ihre,  da»  ihre,  wofür  auch  der  ihrige  u.  t.  w.  gesagt  wird:  mit 
dem  wlne,  der  ine  o(T  dem  iren  (üirem  etgenlhume)  wechst. 
Moke  zeilschr.  4,391 ;  was  sie  dann  kaufen  und  in  iren  bö>ern 
drinken  mit  den  Iren  (angehörigen).  ebenda;  sy  suchen  alle 
das^  irr,  nit  das  de»  herrn  Jesu  ist.  Keisen.oreik;  preJ.  teutich 
m*;  »ic  (dit  liebe)  «uchcl  nicht  das  jrc.  l  Cor.  13,6;  sein 
scbiir  ist  so  bühnrh  eingelaufen,  wie  das  ihre.  I.ksmnc  2,  SK2; 
was  ihren  höcktr  betrifft,  so  hoffe  ich,  der  mcinige  darf  siib 


2053 


IHR 


IHR— IHREN 


2054 


noch  immer  neben  dem  ihren  sehen  lassen.  Wieland  12, 280 
(2Tl) ;  mild,  wurde  in  gleicliem  sinne  der  geniliv  ir  subäantiv 
verwendet: 

er  sprach :  ich  läje  iu  iiiwer  guot, 

und  iuwer  swester  habe  daj  ir.    Iwein  1689. 

das  ihre  heiszl  auch  das  wozu  eine  person  verpflichtet  ist,  ihre 
Pflicht:  man  kann  ihr  nichts  vorwerfen,  sie  hat  redlich  das 
ihre  gethan;  vergl.  das  deine  theil  2,911;  im  falle  der  anrede 
(unten  no.  7): 

kardinal,  ich  habe 
das  meinige  getban.    thun  sie  das  ihre. 

Schiller  Carlos  5,  11. 

3)  die  Verbindung  von  ihr  mit  dem  beslimmlen  artikel  auszerhalb 
dieses  falles  (no.  2)  ist  selten,  aber  ein  nachklang  mhd.  brauches, 
der  zum  genitiv  ir,  wie  zu  den  possessiven  min  «»iii  din  den 
artikei  stellen  konnte  (pranim..  4, 418.  419): 

des  morgens  in  dem  mayen, 

eh  die  sonn  thet  ausstreyen 

den  jren  liechten  schein.'    11.  Sachs  1,432'; 

ich  sag  eur  fraun  preis,  er  und  lob 

der  iren  ganz  miltreichen  gut.    3,  260  Jitlmann. 

4)  ebenso  wenig  wie  der  bestimmte  geht  dem  ihr  der  unbestimmte 
artikel  oder  ein  adjectirischer  unbestimmter  zaidbegriff  voraus,  wir 
können  nicht  sagen  weitere  ihre  schritte  sind  nutzlos ;  manche 
ihre  dienerinnen;  andere  ihre  bestrebungen ;  docA  frei  Fischabt: 
sie  für  dieben,  räubern,  spinnweppen,  mucken,  motten,  scha- 
ben und  anderen  iren  feinden  bewaren.  bienk.  1S3'. 

5)  einem  auf  ein  folgendes  Substantiv  bezogenen  genitiv  der 
eigenheil  fügt  sich  ihr  pleonastisch  oder  nachdrücklich  zu,  ein  alter 
brauch,  heute  in  der  schrißsprache  verpönt,  aber  in  ihr  bis  ins 
vorige  jahrh.  oß  begegnend,  heute  noch  in  der  Volkssprache  lebend 
(vergl.  gramm.  4,351):  ob  ich  jeder  Wissenschaft  jhren  glänz 
gleich  lasse,  so  ist  es  doch  die  poeterey  alleine,  womit  der 
andern  jhre  Stirnen  gleichsam  bekleinodet  werden.  Logaü  3,2; 
Floramenen  ihr  brief  lautete  nicht  weniger  schmerzlich,  polit. 
stockf  281 ;  sie  haben  so  viele  jähre  seit  meiner  altern  tode 
für  mich  gesorgt,  dasz  ich  jener  ihren  Verlust  wenig  gefühlt 
habe.  Gellert  3,330;  als  der  alten  ihre  kinder  in  mamior. 
WiNKELMANN  1,S3;  vou  der  art  wie  der  Griechen  ihr  spon- 
dcion  war.  121 ;  von  der  Griechen  ihrer  art  zu  denken.  132 ; 
der  alten  ihre  zimmer.  401 ;  sonderlich  wird  die  den  Römern 
entgegengesetzte  gemüthsart  der  Griechen  offenbar,  aus  dieser 
ihren  kriegen.  4,11;  es  wurden  auch  der  alten  ihre  ruhe- 
betten  mit  purpur  belegt.  5,175;  ein  Schriftsteller  wird  von 
seinen  Zeitgenossen  und  von  dieser  ihren  enkeln  nicht  ge- 
lesen. Lessixg  4,6; 

hernach  faszt  Simeon 
der  erden  ihr  bezirk  und  aller  himmel  thron 
in  seine  kalte  schoos.    Sccltetls  bei  Lkssinc  8,  279; 
so  zeucht  der  liebsten  ihr  magnet 

den  buhler,  wo  er  geht  und  steht.    Tscberninc  (1642)  258; 
doch  schaw,  dasz  dich  nicht  wo  der  weit  ihr  brauch  bethört. 

LocAO  1,207,  56; 
die  grund-  und  grenzenlose  tiefe 
des  lirmamenis,  der  ewigkeit  ihr  bild, 
ist  so  mit  glani  und  licht  erfüllt  .  .  .    Brockes  1,  114; 
dasz  der  materie  ihr  wahres  wesen 
sei:  dasz  sie  ausgedehnt.    3,  b3; 
du  fühlest,  was  sie  alle  fühlen. 

dein  lirand  ist  der  natiir  ihr  brand.    IIaller  (176S)  88; 
so  lieet  Miltons  gebcin  von  Homers  gebeine  gesondert, 

und  der  Zypresse  verweht 
ihre  klag  an  dem  grabe  des  einen,  und  kommt  nicht  hinüber 

nach  des  anderen  gruft.  Klopstock  1,  20 ; 

(fanil)  den  weg, 'durch  eine  verborgene  thür, 
wohl  in  der  prinzessinn  ihr  sonimerlosier.    Bi^rcer  34". 

in  den  fällen,  wo  zur  Verdeutlichung  der  construction  heute  jener 
genitiv  schleppender  durch  ein  der  oder  derjenige  mit  seinem  Sub- 
stantiv vermittelt  wird,  hielt  sich  die  fügung  länger:  der  künstler, 
dessen  modelle  vor  seiner  milbewerber  ihren  den  grüszten 
beifoll  fanden.  Winkelmann  1,k7,  heute  wäre  nur  vor  denen 
oder  denjenigen  seiner  mitbewerber  möglich;  anstatt  dasz  der 
Griechen  ihre  (nämlich  beinrüstungen)  das  Schienbein  bedeckten. 
3, 26t ;  wenn  dein  herz  nicht  gröszer  ist,  als  anderer  ihrs.  der 
junge  Göthe  3, 418  (in  den  werken  10, 103  geändert  in  als  andrer 
herzen); 

ihr  artet  mehr  nach  eures  vaters  geist 

als  nach  der  routter  ihrem. 

Schiller  Wallensteins  tod  3,  2. 
Oberdeutsche  und  mitteldeutsche  mundarten  setzen  den  voraus- 
gehenden genitiv  in  den  daliv  um  (i/ramm.  4,  351) ;  in  Düringen 
hört   man  mehr  den  and«n  ihre  kleider  als  der  andern  ihre 
kleider. 


6)  das  pluiale  ihr  ist  auf  einen  vorausgeltenden  collecUcbegriff 
im  Singular  bezogen:  ich  will  diesem  volke  licht  und  recht 
aufdecken,  sie  der  götter  sanfte  leitung  kennen  lehren,  will 
die  quelle  ihres  geistes  eröffnen.  Klincer  2, 26ü;  das  verblen- 
dete Volk  liesz  sich  von  ihren  betrügern  so  betäuben ,  dasz 
sie  ihren  arzt  als  einen  vergifter  ansahen.  3,  223 ;  kurz  dieses 
edle  brüderpaar  hat  sich  so  ziemlich,  ohne  weiter  ihr  recht 
zu  beweisen,  zu  herren  und  herrschern  der . .  weit  gemacht. 
11, 4.  kühner  ist,  wenn  das  plurale  possessiv  auf  ein  aus  jenem 
collectivbegriff  geflossenes  adjectiv  folgt:  so  waren  wir  denn  an 
der  gränze  von  Frankreich  alles  französischen  wesens  auf 
einmal  haar  und  ledig,  ihre  (nun  verstanden :  der  Franzosen) 
lebensweise  fanden  wir  zu  bestimmt  und  zu  vornehm,  ihre 
dichtung  kalt,  ihre  krilik  vernichtend,  ihre  philosophie  abstrus 
und  doch  unzulänglich.  Göthe  26,  71 ;  kann  man  die  teutsohen 
Sitten  und  gebrauche,  ihren  character,  ihre  denkungsart  nach 
den  werken  ihrer  Schriftsteller  beurtheilen?  Klinger  11,7. 

7)  seüdem  man  in  der  spräche  der  hößichkeü  das  pronomen 
der  3.  pers.  plur.  ßr  das  ursprüngliche  du  der  anrede  setzte  (seit 
der  2.  hälße  des  17.  jahrh.,  vgl.  unier  du  theil  2  sp.  ii&i  fg.), 
gilt  in  gleichem  falle  das  plurale  possessiv  ihr  ßr  das  der  zweiten 
person.  in  einzelnen  fällen  aber  haflet  bis  heute  versteinert  das 
pluralpossessiv  euer,  irir  sagen  eure  inajestät,  eure  durchluucht, 
eure  gnaden,  eure  excellenz,  urui  ihre  gehört  hier  nicht  der 
Sprache  der  etikette  an,  doch  findet  es  sich  dichterisch  (vgl.  auch 
ihro  unten): 

mich  wundert,  dasz  ihr  gnaden  das  vergasz. 

Sliuke.Kp.  liUhard  III.  2,  2. 
in  Verbindung  aber  mit  solchen  versteinerten  fügungen  tritt  doch 
ihr  auf:  euere  durchlaucht  haben  uns  ihr  (nicht  euer)  wol- 
wollcn  bewiesen;  eure  e.xcellenz  erfreuten  riele  mit  ihrem 
besuche;  da  eur.  hochedl.  für  ihr  blutendes  herz  ein  pflaster 
aus  der  band  des  herrn  empfangen.  Seriander  rechtschreiberei 
242;  ew.  gnaden  werden  verzeihen,  wenn  ich  mich  heute  ganz 
kurz  fasse  . . .  ihre  fräulein  tochter  hat  sich  in  jedem  sinne 
als  die  erste  bewiesen.  Göthe  17, 58. 

IHRE,  nur  in  der  Verbindung  ihre  sein,  ihr  zugehören,  die 
abgeschwächte  form  des  ahd.  genit.  sg.  fem.  iri  und  des  gen.  plur. 
irö,  wie  sein  mit  prädicaticem  genitiv  die  Zugehörigkeit  ausdrückt : 
des  herrn  sein,  des  todes,  des  teufeis  sein,  gramm.  4,654; 
wan  gutes  rieh  ist  ir.  theol.  deutsch  51 ;  vgl.  auch  unten  ihren 
HO.  3,  und  ihro  2.  erst  mitteldeutsche,  vorzüglich  obersächsische 
sehrißsteller  des  vorigen  jahrh.  nehmen  dieses  ihre  aus  der  Volks- 
sprache auf,  gewöhnlich  im  falle  der  anrede:  dieses  geld  soll 
mit  der  bedingung  ihre,  dasz  sie  sich  nicht  dafür  bei  mir 
bedanken.  Gellert  3,170;  die  andrienne  ist  so  gut  als  ihre. 
411;  sie  wollen  es  nicht  abwarten?  gut!  der  schade  ist  ihre. 
Lessinc  1,293;  fordern  sie  noch  mehr,  als  das  dokument; 
mein  halbes  vermögen  ist  ihre.  302;  die  dose  soll  ihre  sein? 
335;  der  gröszle  schade  dabei  ist  ihre.  367; 
ach,  sprach  der  gönner  ganz  erfreut, 
nun  kenn  ich  sie;  das  amt  ist  ihre.    Gellert  1,  174; 

nein,  sprach  der  wackre  mann, 
nunmehr  soll  dieses  amt  nicht  ihre,    ebenda ; 
so  lang  die  tasche  noch 
das  biszchen  gcld  verwahrt, 
ach!  da  ist  alles  ihre.    Göthe  U,  136. 

derselbe  wagt  von  diesem  ihre  einen  comparativ :  Stella  ist  schon 
ihre,  wird  durch  das  schreiben  immer  ihrer,  an  Johanna  Fahimer 
(der  junge  Göthe  3, 72). 

IHREN,  eine  im  15.  jh.  zuerst  (Leier  mhd.  «*.  1,605),  im 
16.  jh.  ößers  begegnende  erweiterte  form  von  ihr,  vergleiclihar  dem 
zu  eben  dieser  zeit  außommenden  deren  für  der  (//*.  2,  955/y.), 
in  allen  bedeulungen  von  ihr  bezeugt,  aber,  während  sich  deren 
hielt,  bald  wieder  ausgestorben.     Es  steht 

1)  ßr  den  dat.  sg.  fem.  ihr:  und  ihren  die  nechst  insel  ist 
Thaso.  biogenes  Vi';  da  schei-z  ich  dann  mit  jhr,  .  .  und 
schlaf  bei  jreta  an  jren  schneeweiszen  armen.  Fischart  Garg. 
225* ;  wann  die  braut  mit  dein  schleier  ist  verhüllet,  so  setzt 
man  jhren  auch  ein  kränzlein  auf.  ehz.  5;  hat  nicht  Circe 
den  klugen  beiden  L'lyssen,  der  sich  gegen  jhren  wuszt  für- 
sichtig zu  halten,  ubermäszig  heftig  geliebet?  9;  die  fraw 
hielt  der  magt  alles,  was  sy  jren  verheiszen  hat.  Wickram 
ToUw.  17,10; 

das  jrn  die  äugen  übergingen. 

Fischart  flöhhat  "75  Scheihle; 
ich  schauet  jren  (der  jumjfrau)  Oeiszig  zu.    797. 

2)  ßr  den  gen.  sg.  fem.  ihr  (vgl.  unter  ihrer): 

mit  jungfraublut  ich  jren  pflag.    ebenda  802. 
129* 


2055 


IHRENTHALBEN  —  IHRER 


IHRERHALB  —  IHRETWEGEN 


2056 


3)  ßr  den  ficn.  plur.  ilir  (jetzt  ihrer,  s.  d.):  die  jlirrn  wnrten 
am  hesipn,  seind  krank  am  mehstcn.  Garg.  249* ;  es  können 
jhren  zwen  geruliig  neben  einander  drauf  sitzen.  250';  als 
nun  die  Bitfergiolliscben  daselbs  berumb  .  .  streiften,  wart 
iren  Gurgeliantua  jnnen.  254*;  als  dann  oft  geschieht,  das 
jren  vil  {riel  lanikueclile)  on  gelt  wider  Leim  geschickt  werden. 
Wickram  rolhr.  43,14  Kurz; 

den  win  nit  tis  den  henden  gil), 
min  durst  icli  loscticn  iiiiisz  vorhin, 
das  übrig  sol  dann  iren  sin. 
si  dorltind  in  nol  gar  iilrilien. 

J.  FuNKELiN  m  ilen  schnusp.  den  I6.jahih. 
ron  Tiltmatin  1,177,  131. 

4)  endlich  ßtr  das  pron.  poss.  ilir;  im  falle  der  subslanliven 
rertrendiing  {rgl.  ihr  no.  2) :  icii  hab  micii  meiner  liesüldiing 
beholfen,  nit  gespill,  noch  den  armen  liauren  das  jren  ge- 
nommen. Wickram  ro//«e.  2S,  7  Kurz;  den  iiiten  das  jren  ab- 
nemen.  Diog.  G;'. 

IHREMHALBKN,  -WEGEN,  -WILLEN,  s.  ihrct-. 

IliRER,  enceitcrte  form  von  ihr,  wie  derer  fUr  der,  die  ein- 
tritt, trenn  ihr  genitir,  sowol  sing,  ah  plur.  ist,  nie,  wenn  datir. 
die  pluralform  ist  zufrühest  bezeugt  {in  einer  Kloslerneuhurger 
Urkunde  von  1329,  vgl.  Weimiot.d  bair.  gramm.  s.  373),  vgl.  auch 
eurer  ßr  euer  titeil  3,119t;  die  singulare  genilir form  erst  später. 

1)  ihrer,  pluralform,  eorum. 

a)  die  kürzere  form  ihr,  im  10.  jahrh.  noch  die  gewöhnliche, 
hält  sich  bis  ins  17.  jahrh.:  da  wurden  jr  beider  äugen  auf- 
getban.  l  Mos.  3,  7 ;  zu  der  zeit  . .  wil  icii  der  gölzen  nanien 
ausrotten  aus  dem  lande,  das  man  jr  nicht  mehr  gedenken 
sol.  Sacharja  13,2;  (deine  kinder)  frewcn  sicli,  das  gott  wider 
jr  gedacht  hat.  Itaruch  5,5;  ich  darf  jr  (der  sacrameute)  nir- 
gend zu.  Luther  6,27*;  daher  jr  keiner  es  verbieten  will. 
Garg.  95*; 

ihr  etlich  fielen  ah  die  stiegen, 

ihr  zwen  aulT  dein  raist  hüben  ligen, 

ihr  drei  giengen  an  vrcnden  lieim. 

H.  Sachs  2,  103  Göz; 
ir  viel  sich  auch  aufs  saufen  legn. 

B.  RiNGWALDT  /.  warh.  72 ; 

'dieser  vers  hat  schrecklich  viel  füszc'.  so  kan  er  desto  besser 
gehen,  ihr  v>'erden  noch  mehr  dergleichen  folgen.  A.  Grypuius 
1698  1,732. 

6)  die  erweiterte  form  ihrer  steht  bei  vcrbcn,  adjecliven,  seit 
dem  17.  jahrh.  als  die  gewöhnliche :  ohnwissend  ilirer.  Leipz. 
avant.  1, 132 ;  obgleich  von  denjenigen  gelehrten ,  deren  bei- 
trage man  sich  ausbittet,  nichts,  was  ilirer  selbst  und  einer 
solchen  Zeitschrift  nicht  ganz  würdig  wäre,  zu  befürchten  ist. 
Scnii.i.ER  an  Gütlie  1,4;  in  der  anrede:  thun  sie  es  doch!  sie 
ist  ihrer  viel  würdiger,  als  ich  bin.  Gem.ert  3,187; 

sie  schonen  ihrer  nicht,  mit  hawen  und  mit  stechen, 
sich  eins  am  andern  (nicht  weisz  ich  wanimb)  zu  rechen. 

D.  V.  ».  Wkrder  i4rio.*(  11,  16,5. 

häufig  auch  als  theilungsgenitiv :  so  viel  als  ilirer  sind,  keinen 
ausgenommen,  sind  betrieger,  diebe  und  straszenräuber.  Les- 
sinc  1,308;  da  sind  wir  nun  ihrer  drei,  ich,  du  und  Char- 
lotte, die  wir  auf  seinen  tod  lauern,  ist  es  wohl  erlaubt, 
dasz  einer  ihrer  drei  so  lange  aufziehen  darf?  2,549;  denn 
es  giebt  ihrer,  die  selbst  lachen,  um  einen  häufen  alberner 
Zuschauer  zum  lachen  zu  bringen.  Shakesp.  Hamlet  3,2; 

dieweil  ein  jede  jlirer,  recht  dazu  zu  haben 

sich  ausz  eigner  iieb  beredet.    Weckhkri.i!«  720; 
das  weih  ist  jbres  manne»  herz  j  der  mann  ist  seines  weibcs  haupt: 
dasz  eine*  einem  andren  lebt,  ist  keinem  ibrer  nicht  erlaulit. 

LoGAU  3,  -Hb,  96. 

2)  ihrer,  fem.  ejus. 

Hier  findet  sich  die  alle  form  ihr  uneingeschränkt  bis  ins  17. 
jitirh.:  sie  (die  seele)  sol  lieb  haben  den  lyb,  aber  vil  me  sol 
f)ic  aciit  haben  ir  seihs.  Keisersrerc  liilg.  3';  so  sprechet, 
der  herr  bedarf  jr  (der  eselin).   Matlh.  21,3; 

gewinn  ich  diesen  ichatz,  weg  aller  überllusz : 
WM  aoll  mir  gut  und  geld,  wenn  ich  ihr  (der  lielmlrn)  darben 

miisz?    OriTz  2,  233. 

M  Sr.noTTP.l.  536  trird  ah  gen.  tg.  zu  sie  ea  nur  ihr  aufgeführt, 
hei  Sriei.KR  telirtrhr.  von  der  hnriit.  sprnrhkunst  s.  118,  dagegen  ilir 
und  ilirer  (irrthfimlich  auch  alt  dntirform,  m  Sprachschatz  2013 
ist  dirser  irrthum  mmirden :  ihr.  sui  et  sibi,  ilirer  ii/i),  •"  GotT- 
sr.RKDs  ilern  der  deutsch,  sprachkuntt  (I7.'i3)  wird  nur  ihrer  ab 
gen.  des  fem.  sie  w»e/«r  gekannt,  in  Verbindung  mit  verben  und 
adjertiren :  er  hatte  die  frau  früher  einiiiai  gfsrheii  und  «t- 
innerte  »ich  ihrer  noch  lebhaft ;  liebe  die  tilgend,  spotlr  nicht 
ibrer;   er   hatte  sie  geheiralhel,   ward  ihrer  alier  bald  nach 


der  liorhzeit  überdrüssig;  ich  vergesse  ihrer,  obliviscor  ejus. 
Frisch  1,487*;  eine  ihrer  selbst  bewuszte  nation.  ßLUNiscni.i 
allg.  Staatslehre  (1875)  112. 

IHRERHALB,  adv.  für  ihrethalben,  ihrcthalb,  beruM  nur  auf 
der  willkürlichen,  im  IH.  jultrii.  aber  (Frisch  1,487*)  gewöhnlichen 
annähme,  dasz  das  erste  glied  der  Zusammensetzung  ein  genitiv 
sei  und  auf  dem  vorhaben,  in  diesem  sinne  das  wort  wieder  klar 
zu  legen:  ist  die  billigkcit  allemal  eine  so  einleuchtende  sache, 
dasz  ihrerhalb  kein  Zweifel  im  gemüthe  aufsteigen  kann? 
Garve  anm.  zu  Cic.  de  off.  1,  103. 

IHRERSEITS,  adv.  von  ihrer  seiie,  nach  den  verschiedenen  Ver- 
wendungen des  poss.  ihr  (s/).  2052):  die  magd  ist  verschwiegen, 
ihrerseits  ist  nichts  zu  befürchten;  im  falle  der  anrede:  thun 
sie  auch  ihrerseits  etwas  für  diese  sache.  —  vgl.  ihresllieils, 
und  scits. 

IHRESGLEICHEN,  zusammengerückter  genitiv  eines  mit  dem 
possessiv  ihr  stehenden  schwachen  Substantivs  gleiche  (s.  d.  und 
vergl.  ahd.  min  gilkho,  sin  gilicho,  mhd.  sin  peliclic  gramm. 
3,81.  4,748),  ursprünglich  nur  in  abhängiger  Stellung  mit  einem 
zahlenbegriff  zu  denken,  während  ohne  solche  sich  der  correcle 
plural  ihre  gleichen  findet:  Witzel,  Straus,  Mimtzer  und  ihr 
gleichen.  Ai.rerus  widder  Witzeln  G5*;  daher  nur  in  Verbindungen 
wie  einer,  manche,  viele,  andere  ihres  gleichen,  jetzt  jedoch 
versteinert;  gebraucht  in  bczug  auf  gteichlieit  des  Standes  oder  der 
gesinnung,  öfter  noch  getrennt  geschrieben:  on  dem  platze,  .  . 
auf  welclieni  ihres  gleichen  ganze  stunden  ungestört  schwatzen 
dürfen.  Lessinc  1,389;  bei  meinen  eitern  und  ihresgleichen 
Icuten.  Arndt  leben  44 ; 

wenn  sie 
um  mitgefühie  wimmern,  haben  sie 
der  weit  nicht  ihres  gleichen  zugestanden? 
und  welche  rechte,  möcbt  ich  wissen,  haben 
sie  aufzuweisen  über  ihres  gleichen? 

Schiller  rion  Cartos  5,  10 ; 
die  und  ihres  gleichen  laszt 
den  krieg  bezalilcn,  den  verderblichen, 
den  sie  allein  doch   angezündet  linben.    Piccnl.  1,2. 

IHRESTHEILS,  adverbialer  genitiv,  quae  illam,  illos  altingunt. 
Stieler  2269.  auch  im  fülle  der  anrede:  sie  ihrcstheils  haben 
nichts  zu  befürchten,  unrichtig  ist  das  in  neuester  zeit  auf- 
tauchende ihrentheils. 

IHRETHALBEN,  adv.  sud,  vestrd,  tuä  causa,  der  praepo- 
siüonal  gewordene  dat.  plur.  von  halbe  mit  dem  dat.  plur.  des 
pussessivums  ihr  in  seinen  verschiedenen  bedeulungen  zusnmmen- 
gcrücld,  vijl.  über  solche  bildungcn  unter  iialben  sp.  V.t' fg.  die 
vollste  und  im  16.  jahrh.  herschendc  form  i.H  ihreulhalben  (aus 
ihren  hailien  «»/'/  dazwischen  geschobenem  t  ohne  etijmologisclien 
wert):  wann  vil  giiter  redlicher  mann  jrenthalben  erschlagen 
seindt.  Aimon  boj.  S;  für  die  viele  mühe,  so  er  sich  ihreiit- 
lialbcn  (der  frau)  genommen.  Riciiev  der  pairiot,  2.  ;a/w  (1728) 
s.  182; 

aber  mir  gscliicht  nicht  genügen, 

wenn  ich  druinb  meins  giiheii  (iielirhenen)  gelde 

ireiithallin  (riuvr  wuiwe  wi'iiuu)  enthcren  sölde. 

Rrbhuh;«  Susaana  2,  2,  r.  92  ; 
und  gehe  in  Anna  Maria  hausz 
und  sehe  so  lang  zum  leiister  rausz,' 
bisz  das  mein  Jahn  licrkombt  gegangen, 
den  will  ich  jhrentbalben  cinplangcii. 

i.  Atrkr  412"  (2n-'>    '■'  /■•-/?fr); 
gekürzt  ihrenthalb: 

da  vil  Volks  war  zu  tisch  gesessen 

von  burgern  und  fremd  schützen  zwar, 

die  jrenthalb  (der  'lurchrr)  warn  kgnimen  dar. 

KiSCHART  iiiuikii.  sclii/f  tt.  816; 

neue  form  ist  ihrethalben,  mit  ausgefitlenem  n,  jetzt  die  allge- 
mein gebräuchliche,  gekürzt  ihrelhalb: 

sag  ihr,  du  rilumtest  ihren  oheim  Clarence 

und  Itivers  weg:  ja,  hallest  ihrethnlb 

der  guten  tani»  Anna  schleunig  fort. 

Sh-krsp.  liicliard  lll.  4,  4. 
in  Dünngen  und  Obersachsen  begegnet  ihrenthalher,  ihrethalher 
(vgl.  halber  für  halb  und  halben  sp.  199). 

IHRETWEGEN,  adv.  in  der  ledeutung  von  ihrethalben,  und 
der  bUdung  nach  veie  dieses  zu  beurtheilen.  es  entsteht  aus  der 
formet  von  ihren  wegen :  der  sol  (lon  verkauftem  alten  hol:) . . 
dem  amptnian  noch  den  vurstern  noch  jinant  von  irn  wegen 
nihtz  schuldik  sein  zu  geben,  d.  ttädlechr.  1,20,9;  daher  im 
10.  jahrh.  ihrenlwegen  noch  mit  der  praep.  von  erscheint: 

woltst  du  mich  von  jrent  wrgn  (iler  mnad  trrqtn)  «rhiagn, 
so  wolt  leb«  meinen  Ireiindeii  kingn.      II.  Sachs  l,4><li*. 

Ihrent wegen  ist  noeb  im  is.  jahrh.  sehr  gebrdurhiirh :  ich  bin 
ihrentwrgeo  sehr  in  sorgen.  Rahener  0,107;  der  mensrh  i«t 


2057 


IHRETWILLEN  — IHRIG 


IHRO 


2058 


ganz  närrisch  geworden,  ich  glaube  der  himmel  hat  ihn  ihrent- 
wegen  gestraft.  Lessi>c  1,366;  ich  kam  blos  ihrentwegen. 
57S;  alles  was  ich  bisher  ihrentwegen  {der  bübereien  wegen) 
ausgestanden  hatte.  Wielasd  Lucian  4,271; 

sie  .  .  liegt  (wiewohl  ein  weib  in  besten  jähren) 

so  still  auf  ihrem  platz,  und  atbmet  euch  so  leicht, 

ihr  bettgenosz  hält  ihrentwegen 

von  einem  fliegenfusz  die  tritte  hören  mögen.    Wielawd  IS,  97. 

heute  ist  ihretwegen  in  der  schrißsprache  allein  mehr  vorhanden, 
eine  form ,  die  schon  seit  dem  16.  jahrh.  aufzuweisen  ist :  der 
gilt  Ton  jretwegen.  Garg.  84";  was  ihretwegen  vor  blut  ver- 
gossen,  pdil.  stockf  2S9. 

IHRETWILLEN,  adr.,  hervorgegangen  aus  der  formel  tun  ihren 
willen:  die  werk  sind  viel  zu  gering  dazu,  das  uns  gotl  umb 
iren  willen  gnedig  sein  soll.  J.  Jo.nas  6ej  Luther  6,406';  daher 
das  zusammengerückte  ältere  ihrentwillen  gewöhnlich  in  Verbin- 
dung mit  um  erscheint :  ich  will  ein  schelm  sein,  wenn  es  um 
ihrentwillen  geschehen  ist.  Lessixg  1,  364 ; 

miss  Blaffardine,  die  blonde, 
so  blond  und  so  sehr  in  ihre  blondheit  verliebt, 
dasz  lanee  schon  niemand  die  mühe  sieb  giebt 
um  ihrentwillen  auch  nur  in  einer  ode  zu  sterben. 

WiELASD  4,  12  (h.  Amaäü  1,  13); 

und  schreckte  dieses  jammervolle  beispiel 
die  rasenden  zurück,  die  sich  wetteifernd 
um  ihrentwillen  in  den  abgrund  stüi-zen? 

ScBiLLER  Uaria  Stuart  1,  1. 

die  heute  gebräuchliche  form  ihretwillen  bereits  seit  dem  16.  jh. 
bezeugt:  dein  leben  umb  jret  willen  wagen.  Ga/my  299;  in  der 
anrede:  ich  habe  noch  zu  wenig  grund,  die  allgemeinheit 
meines  urtheils  von  den  gliedern  ihres  Standes,  um  ihret 
willen  einzuschränken.  LEäsi:<G  l,  390 ;  um  ihrer  willen  ist 
tadelhaß :  dem  es  um  ihrer  willen  unmöglich  ist,  durch  seine 
arbeit  dies  zu  erwerben.  Fichte  6  (ls45)  188. 

IHRIG,  vom  geniliv  ihr  in  seinen  verschiedenen  bedeutungen 
gebildetes  adjectit,  erst  im  16.  jahrh.  erscheinend,  einmal  in  starker 
form: 

0  harpfeweisz  Orpheus,  jetzumal  kompt  widerumb  hoche 
dein  artige  reimeweisz,  zu  irigem  ersten  preisz.    Garg.  39*; 

in  der  neuern  spräche  aber  immer  mit  dem  artikel  verbunden, 
und  in  mehrfacher  Stellung. 

1)  auf  ein  vorhergegangenes  Substantiv  sich  beziehend: 

laszt  ihren  kummer  reden!   laszt  sie  klagen! 
mischt  eure  thränen  mit  den  ihrigen! 

Schiller  Wallensteins  tod  4,  9 ; 

im  falle  der  anrede  {vgl.  das  possessive  ihr  no.  7  sp.  2054) :  auch 
die  gerechteste  sache  kann  verloren  werden ,  wenn  sie  wie 
die  ihrige  steht.  Lessing  1,366;  die  gedanken  sind  so  ver- 
nünftig, dasz  die  ihrigen  damit  nothwendig  übereinstimmen 
müssen.  12,11. 

2)  die  ihrige,  braut,  frau,  ebenfalls  in  der  anrede:  ich  bin 
die  ihrige  und  vollkommen  glücklich,  wenn  ich  mir  ihre  liebe 
zeitlebens  erbalten  kann.  Gellert  3,190;  werden  sie  mich 
auch  beständig  lieben?  soll  ich  auch  die  ihrige  noch  werden? 
33S;  bin  ich  nun  die  ihrige?  341;  Juliane  wird  die  ihrige. 
Lessi^ig  1,  279. 

3)  der  plur.  die  ihrigen,  auf  ein  vorausgegangenes  feminines 
suhst.  bezogen,  die  angehOrigen,  familie:  und  {die  ameise)  den 
irigen  ein  schetzlein  erübert.  Mathes.  Sar.  26' ;  oder  wiederum 
»n  der  anrede:  schreiben  sie  mir,  wie  die  ihrigen  sich  be- 
finden. GöTHE  an  Schiller  1,197; 

ilax  (tu  Tliekla).   o  diesen  morgen,  als  ich  sie  im  kreise 
der  ihrigen,  in  vaters  armen  fand.     Scbilleh  Piccol.  3,  4. 

4)  am  Schlüsse  ron  briefen  ist  empfehlende  formel  der  ihrige ; 
die  ihrige  ;  ganz  der  ihrige,  in  verbindlicher  rede  ich  bin  ganz 
der  ihrige,  ganz  zu  iliren  diensten. 

5)  das  ihrige ,  vermögen :  wer  ihr  {der  muhme)  aber  vor- 
wirft, dasz  sie  das  ihrige  nicht  zu  rathe  hält,  der  begeht 
keine  geringe  Verleumdung.  Gellert  3,14$;  m  der  anrede: 
sie  {Juliane)  wird  sie  durch  übertriebenen  Staat,  durch  be- 
ständige ergützlichkeiten  und  schmausereien ,  um  alle  das 
ihrige  bringen.  Lessinc  1,260.  —  das  ihre  und  ihrige,  bona 
uxoris,  paraphern alia,  sie  fordert  das  ihrige,  sua  postulat,  exigit 
jura  sibi  eompetenlia.  Stieler  2013. 

6)  das  ihrige,  wozu  eine  person  verpflichtet  ist  {vgl.  das  ihre 
sp.  2053) :  und  musz  ich  bekennen,  dasz  . .  gelehrte  köpfe  in 
unserer  mutlersprache  das  jhrige  miv  groszem  lobe  gethan. 
Nelhark  palmbaum  50.  auch  was  einer  oder  mehreren  zusteht, 
spöttisch  für  eine  schlechte  behandlung :  die  roädchen  waren  zu 
lange    ausgeblieben,    dafür    bekamen   sie   auch   das   ihrige; 


Philinen  begegnete   man    noch   schnöder;   der  harfenspieler 
und  Mignon  muszten  auch  das  ihrige  leiden.  Göthe  19,  4S. 

IHRO,  in  verschiedener  anwendung. 

l)  ah  daliv  sing.  fem.  ist  ihro  für  ihr  in  alemannischen  quellen 
durch  eine  reihe  pon  belegen  aus  dem  13.  bis  ins  17.  jh.  bezeugt, 
vgl.  VVEI5H0LD  alem.  gramm.  $.455;  die  daselbst  beigebrachten 
nebenformen  ira  und  iri  lassen  den  schluszvocal  des  loortes  nur  als, 
im  alemannischen  so  häufige,  dunklere  modification  eines  tonlosen 
e  erscheinen,  dieses  ihro,  vornehmlich  in  Urkunden  erscheinend, 
doch  auch  sonst:  wann  {weil)  Peter  Schärer,  eins  herren  sun 
von  Eich,  bi  iro  lag.  Hans  Salat  s.  41  Bächtold,  wird  im 
17.  jahrh.  allgemeiner,  die  analogie  des  schon  früher  verbreiteten 
dero  {th.  2,1020)  stützt  es:  die  am  meisten  jhre  hoffnung  darauf 
{auf  gottes  barmherzigkeü)  haben,  die  gehen  am  forchtsamesten 
mit  jhro  umb.  Philander  1,447;  spinnet  sie  {die  frau),  ich 
musz  ihro  flachs,  weber-  und  bleicherlohn  schaffen.  Simpl.  3 
(16S4)169;  namentlich  im  feierlichen  stüe:  e.  gn.  werden  solche 
wolgemeinte  arbeit  jhro  auch  nicht  miszliebig  sein  lassen,  . . 
so  ausz  underthäniger  affection  entsprungen,  jhro  zu  gnä- 
digem gefallen  gereichen  zu  lassen,  anm.  weiszh.  lu^garten, 
vorrede;  so  nehmen  dann  eu.  chur-  und  hochfürstl.  durch- 
lauchten  solche  meine  arbeit  mit  denen  gnädigsten  blicken 
an,  wormit  sie,  durch  deren  unbeschreibliche  gütigkeiten, 
ihro  männiglich  zu  freiwilliger  undertänigkeit  und  fertigstem 
gehorsam  . .  verbündlich  machen.  Stieler,  vorrede;  eur.  königl. 
majest.  und  churfürstl.  durchlaucht  wollen  allergnädigst  er- 
lauben, ihro  hierdurch  allerunterthänigst  zu  eröffnen.  Seri- 
ANDER  rechtschreiberei  205. 

2)  eben  so  ist  der  gen.  plur.  ihre  ßr  ihr  eine  alle,  in  aleman- 
nisdien  quellen,  namentlich  Urkunden  lange  bezeugte  form,  vgl. 
Weinhold  457 :  {sie  wollen)  mit  dem  widertouf  die  iro  kilchen 
{ttiv  iavröjv  iy.x).T;at'av)  zwar  zemen  samlen.  Zwingli  ron 
dem  touf  a  2* ;  ein  herr  von  Costanz  hat  ihn  och  die  freyheit 
geben  und  verlassen,  da;  all  zwing  und  bann,  und  fräfflinen 
ihro  sind,  und  ein  herr  dazu  nit  grifen  soll,  weisth.  l,2vl 
{Thurgau  von  1532  u.  1611);  die  aber  wenigstens  im  16.  jahrh. 
auch  auszerhdb  Alemanniens  angetroffen  wird:  desz  hochgerichls 
{scheffen)  sollen  recht  brengen,  erstlichen  ob  inen  und  iro 
jedem  insonderheit  recht  hergeboten,  der  hochgcrichtsherrn 
gerechtigkeit  zu  weisen,  weisth.  3,752  {untere  Saargegend,  v.  1560). 

3)  ihro,  possessiv,  in  Verbindung  mit  einem  tilel  ist  vor  der  neige 
des  17.  jh.  nicht  nachzuweisen,  gute  Schriftsteller  brauchen  zu  dieser 
noch,  im  falle  der  erwähnung  wie  der  anrede,  wenn  sie  im  letztern 
falle  nicht  eure  vorziehen,  ihre :  gott . .  wolle  ferner  ihre  durchl. 
mit  allerlei  segen  überschütten.  Schcppics  465 ;  dasz  ich  nicht 
meiner  wähl,  sondern  ihrer  majest.  meines  herrn  brudern, 
folgen  musz.  Talandeb  Olorena  (1694)  s.  25.  das  früheste  hier 
zu  gebende  beispiel  von  ihro,  deutlich  nach  analogie  des  älteren 
dero  gebildet,  ist  oberdeutsch :  dasz  aber  ihro  hochfürstl.  gn.  ich 
dises  busz-flötlein  underthänigsl  zu  zueignen  mich  befreche. 
L.  SchnCffis  mirant.  flötlein  (l6S2)  vorrede  s' ;  ihro  hochfürstl. 
gn.  demüthigst-underthänigster  in  Christo  dienen  4*  {vorher 
anredend  dero  hoch- fürstlichen  gnaden);  ei  breitet  sich  zu 
anfang  des  IS.  jahrh.  aus:  ihro  königl.  maj.  allergnädigstes 
vertrauen  zu  euer  eicellenz.  Frisch  dict.  des  passagers  (1730) 
Widmung;  ijilt  aber  noch  1755  ßr  neu:  wir  müssen  . .  das  neue 
canzleiwort  ihro  und  ihrer  anwenden,  welches  unsrer  heu- 
tigen art  der  anreden  in  der  dritten  person  der  mehrzahl 
gemäsz  ist,  und  welches  gleichfalls  ohn  unterschied  des  ge- 
schlechts  bei  der  hohen  person  statt  finden  musz.  Jüsti  an- 
weisung  zu  einer  guten  deutschen  Schreibart  s.  20. 

ihro  steht  nun  unveränderlich  in  bezug  auf  beide  geuhlechter 
im  sing,  wie  im  plur.,  und  in  allen  casus:  ich  bin  gewisz  ver- 
sichert, dasz  ihro  gnaden  keine  ungnade  . .  auf  mich  geworfen 
haben  (irirt  zu  Teilheim).  Lessing  1,513;  indesz,  sollte  etwas 
nicht  Tollkommen  nach  ihro  gnaden  bequemlichkeit  gewesen 
sein,  so  geruhen  ihro  gnaden  nur  zu  befehlen  {wirt  zu  Minna). 
529;  wer  ist  sie?  fragte  die  gräfin  im  hereintreten,  eine  Schau- 
spielerin, ihro  eicellenz  zu  dienen,  war  die  antwort.  Götbe 
IS,  23S;  abt.  wo  seid  ihr  her,  hochgelahrter  herr?  0/ear.  von 
Frankfurt  am  Main,  ihro  eminenz  zu  dienen.  42,45; 

darf  man  sich  unterstebn  und  ihro  gnaden  fragen?    7,57; 
mjlord  protector,  seine  hobeit  wünscht, 
dasz  ihr  zum  ritt  euch  anschickt  nach  sankt-Albans, 
zur  falkenjagd  mit  ihro  majestaten. 

Shakesp.  Heinrich  VI  2,  1,  2. 

I   tn  seinen  spdlern  lebensjahren  braucht  Götbe  ihro  gern  bei  cere- 
j   moniellen  Wendungen:  ihro  majestät  der  künig  von  Wflrtemberg 


2059 


IHRZEN  — IKA 


IKLICII  — ILLUMINIEREN 


2060 


beehren  mich  in  begicitung  unserer  jungen  herrschaften  mit 
ihrü  gegenwart.  32, 182 ;  durch  den  gewonnenen  proccss  und 
durch  die  gnade  ihro  majestät  {des  künigs)  habe  ich  ein  an- 
sehnliches vermögen  .  .  erhalten.  37,250;  in  Verbindung  niü 
dem  arlikel:  ihru  der  herzugin  Anna  Anialia^  von  Sachsen- 
Weimar  und  Eisenach,  hochfürstlicheu  durchlaucht.  37,3;  sie 
(die  druckblätter)  enlbalten  die  dedication  an  ihro  des  königs 
roa  Preuszen  majestüt.  55,324. 

Adklüng  wollte,  enlgeyen  dem  liersclienden  gebrauche,  ihro  auf 
weibliche  und  mehrere  personen  eingeschränkt  wissen,  besser  ist, 
dasi  die  misbildung  in  der  heutigen  spräche  abzusterben  anfangt, 
der  von  ebendemselben  erwähnte  absolute  gebrauch  des  Wortes,  'nur 
in  einigen  oberdeutschen  kanzleien  üblich',  alle  persönliche  und 
beiiehende  pirwörter,  so  fern  sie  ehrenwörter  sind,  auf  eine  un- 
abänderlicM  art  auszudrücken  (von  ihro  von  ihnen,  aus  sonder- 
barem zu  ihro  gesetzten  vertrauen,  lu  Uim,  u.  s.  w.),  ist  nie 
allgemeiner  geworden. 

IHRZEN,  verb.  einen  in  der  anrede  ifir  nennen,  mhd.  irzen, 
gebildet  mit  dem  iterativen  -zen  von  dem  plur.  des  pronomens  der 
zweiten  person  ihr,  wie  duien  von  du,  siezen  von  sie  {vgl.  gramm. 
2,219);  bairisch  heiszt  es  auch  ihrznen  (Schm.   1,130  Fromm.). 

In  welcher  weise  sich  ihrzen  ausgebildet  hat,  ist  bereits  unter 
du  Iheil  2  sp.  H'bfg.  und  duzeu  sp.  1775  ausgeführt,  so  dasz 
hier  nur  einiges  nachzutragen,  vobisare  irtzen ,  yrtzen,  ortzen, 
hirtzen ,  iralzen,  auch  blosz  ieren  Dief.  627*;  der  wirth  den 
einen  ihrczte  oder  ihr  hiesze.  zeitvertreiber  (l66&)  539 ;  ihrzen 
im  Verhältnis  zu  duzen  als  ergebnis  der  landessitte:  und  welchem 
unablässigen  Wechsel  von  sitten  stellet  man  einen  fixen  pilger 
blosz!  von  Tyrol  an,  wo  man  ihn  duzet,  bis  nach  Holland, 
wo  man  sogar  seine  eEfekten  ihrzet!  J.  Paul  palingen.  2,66; 
schaudert  nicht,  mein  herr,  sagte  die  maske  und  ihrzete 
mich,  wie  leute  thun ,  die  lange  in  Frankreich  und  Italien 
gewesen,  wunderb,  gesellsch.  {werke  bd.  39)  47 ;  sonst  ihrite  der 
niedere  den  höhern,  wenigstens  im  deutschen : 

dann  man  ihrzt  niemand  in  latein, 

wann  «r  gleich  ein  doctor  thet  sein.     Eierinc  3,303; 

du  {der  sich  beklagt,  dasz  einer  ihn  du  nenne)  bettelst,  dar- 
umb  solteslu  billich  mich  und  nicht  ich  dich  irzen.  Kirchhof 
wendunm.  136' ;  da  doch  der  talkenkopf  eben  dazumablen,  als 
er  seinen  richler  zu  irrzen  willens  wäre,  ihm  getutzet  hat. 
fliegenwadel  79;  erzen,  ihrzen,  bedeutet  bei  den  iiandwerks- 
gesellen  so  viel,  dasz  die  Jüngern  die  altern  gesellen  ihr 
heiszen  müssen ;  da  sie  hingegen  von  ihnen  du  geheiszen 
werden.  Jacobssox  5,  485' ; 

den  reichen  hell  man  für  ein  herrn, 

irzt  ihn  und  hat  jii  werth  in  ehrn, 

aber  den  armen  der  gleich  alt, 

dutzet  man  und  Ja  nerlich  halt.     Etehing  2,  719; 

wann  sie  einander  jhrzen  lein, 

das  soll  so  viel  als  ehren  sein.    3,303; 

aber  schon  ini  17.  jahrlt.  will  ein  Verwalter  nicht  mehr  mit  ihr, 
sondern  in  der  dritten  person  angeredel  sein:  endlicli  beliebte 
ihm  der  punclus  vossitatiunis ,  dasz  der  kable  Schulmeister 
einen  so  hauptsächlichen  Verwalter  schlecht  iiin  geihrzel  hätte. 
Chb.  Weise  polit.  näscher  s.  SO.  —  Der  söhn  ilirzte  den  vater, 
dtr  vater  duzte  i/in .' 

so  merk  auf,  lieber  Arnolt  mein, 
ich  red  mit  dir  als  mit  eim  sfin, 
drum  wurd  ich  dich  nim  (nimmer)  jrtzen  mtn. 

WicKKAH  iiil(jfr  Z,  bl.  86. 
Luther  braucht  ihrzen  bezüglich  gottes,  der  von  sich  im  plural, 
spricht ,  vgl.  die  theU  2  sp.  1775  unter  duzen  ausgehobene  stelle ' 
drümb  füret  er  gutt  in  dem  alcoran  ein ,  das  er  in  zweier 
personen  namen  redet,  und  sich  irzet,  und  spricht,  wir  haben 
das  gethan,  wir  haben  das  geboten  etc.  H,  14*. 

IHKZL'.NG ,  /l  vobissatio,  appellatio  numero  jilurativo.  Stie- 
ler 347. 

IKA,  das  getehrei  des  estls  wideriitbend :  das  gnilie  inüliers 
tbier  kan  noch  mehr  sein  ika  ika  singen.  Lutheii  l,27l>*;  dem 
bapslesel  jucken  die  obren  und  wil  sein  ika  und  grobbcit 
gekützek  haben.  3,  521* ; 

wie  nu  der  herr  kam  hnim  gegangen, 

wttll  jii  der  Cücl  uiirli  ttn\\>\ai\^eu  (u'ie  der  Itunä). 

mit  eials  luszeii  jii  büschriit, 

ri«f:  Uta,  ikal  kund  anders  nit. 

II.  Waldis  Etup  1,  14,  3«  i 
man  kent  den  «sei  bei  den  olirn. 
verbifKt  er  abrr  ohrn  und  pfoien, 
«o  siiiKi  er  doch  din  eseli  noien, 
und  thut  lieh  selb  mit  namen  nennen, 
das  Ika  lert  den  «sei  kannen.    4,  iü,  32. 
Mrpl.  obtn  ia  und  iba. 


IKLICH,  vgl.  jeglicb. 

IKS,  nanie  des  buclistaben  X,  in  Verbindung  mit  Y  gebraucht, 
wie  sonst  N.  N.,  einen  nicfU,  näher  genannten  anzudeuten : 

so  wi«  der  napst  auf  seinem  thron, 

so  sitzt  Iks-Ypsilon  auf  seinem  lohn ; 

er  ist  bepfriuidet,  hat  er  mehr  zu  hoffen?    Götur  47,243. 

ILAUB,  n.  hedera  helix,  ephcu,  auch  ilob,  ilof.  Nem:<ich  3, 107. 

ILEN,  verb.  bei  den  kammachern,  auf  der  innern  seile  der 
gekociUen  und  gerade  gebogenen  hornschrolen  die  höcker  abschneiden. 
Jacübsso.^  2, 307'. 

ILER,  m.  Schneidwerkzeug  der  kammacher,  zum  ilen  des  horns. 
ebenda. 

ILERSTOCK ,  m.  hölzernes  gerät  der  kammacher,  an  welches 
das  hörn  beim  ilen  gesetzt  wird,  ebenda. 

ILGE,  /.  lilium.  Nemnich  3,411.  Schm.  1,67  Fromm,  vgl. 
auch  gilge. 

ILGERN,  i"er&.  stumpf  werden,  von  den  zahnen,  ein  altes  ober- 
deutsches wort,  dessen  unter  eilen  theil  3  sp.  lOS  verfochlene  ver- 
wandtschaß mit  igeln  sp.  2046  bei  diesem  letzten  worle  abgewiesen 
werden  muste,  das  vielmehr  zu  ahd.  iiki  famcs  vel  Stridor  dentium 
(Graff  1,  245),  wie  zu  altnord.  elgr,  ningor  gelidissimus,  schnei- 
dender Schneesturm,  elgia  aestuare,  ags.  ealgian  tueri  in  nächster 
beziehung  steht,  vgl.  Zacher  goth.  aiphabet  s.  96,  wo  der  Wort- 
familie ein  weiter  hintergrund  zu  geben  versucitt  wird,  aus  dem 
sicher  eine  deutsche  würzet  alg  mit  der  bedeulung  des  Schneidens 
oder  brennens  hervorscheint ;  in  dem  als  iterativ  gebUdelen  verbum 
ilgern  auf  das  gefüllt  der  eszbegierde,  der  lüsternheil  oder  jener 
empfindung  beim  wahrnehmen  saurer  speisen  übe)irai,en,  welche  das 
Wasser  im  munde  zusammenlaufen  läszt  und  die  zahne  stumpß, 
wie  auch  litt.  alUti  hunger,  isz-aikes,  per-alke»  hungrig,  aus- 
gehungert heiszt.  obslupescere ,  illgern,  zen-illgern  Dief.  390*; 
nun  wir  sehen  täglich,  wann  ein  mensch  das  ander  sieht  sur 
ding  essen,  das  in  sein  zen  ilgern.  Oberlin  72s ;  es  ist  ein 
frucht  die  hie  nit  zeilig  ist,  bissestu  darein,  die  zeeu  würden 
dir  ilgern,  das  du  nyinme  essen  möchtest.  Keisersberc  bäum 
d.  sei  21*; 

pleckender  hals,  geferbte  wani; 

machen  manchem  die  zen  so  lang, 

das  si«  im  ilgern  nacht  und  tag.    fasln,  fp.  1209; 

in  der  Umsetzung  iglern,  wenn  hier  nicltl  ein  druckfehler  vor- 
liegt: das  jr  mir  die  zen  also  yglern  und  lang  machend  mit 
ewrem  schmatzen  und  küssen  {sagt  eine  alte  bei  dem  kosen 
eines  jungen  paares).  Wirsunc  Cal.  (1520)  J7*.  —  Für  ilgern 
begegnet  auch  nur  ilgen,  s.  3,108;  vgl.  auch  das  adj.  elger. 

ILK,  m.  mustela  putorius,  illis.  Nemnich  3,  676:  etliche  ilken 
kommen  in  pfouengestalt  zu  den  kranken  hennen.  Lokmans 
fabeln  116  (32).     vgl.  iltis. 

ILLANKE,  Hl.  salmo  lacustris,  vgl.  unter  anke  theU  1,378. 

ILLE,  f  anethum  graveolens.  Nemnich  1,302.  vielleicht  nichts 
als  Verstümmelung  von  dille,  vgl.  tlieil  2,1150. 

ILLKER,  n.  bei  den  ßschern  ein  korb  zur  aufbewaJirung  leben- 
diger aale.  Jacobsson  6,  15U*.  der  letzte  llieil  des  wortes  ist  wol 
Kar  gefäsz  {tlieil  5,  202 /</.). 

ILLUMINIEREN,  verb.  aus  dem  lat.  illuminare  in  verschie- 
denem sinne  aufgenommen. 

1)  selten  im  ursprüngluhen  sinne,  erleuchten,  durdäeuchten, 
von  der  sonne: 

da   nemlich ,   wenn  durch  sie  (die  hldtler)  die  gluih 

der  sonne  Tillt, 
ihr  zart  geweb,  illuminirl, 
ein  gelblich  ieur'x^  (,'run  vor  auf^en  stellt. 

ÜKocKts  2,  312. 

2)  im  Sjxiten  miltvlalter  wird  darunter  das  ausmalen  der  initialen 
einer  handschriß  oder  eines  buches  verstanden :  so  gib  .  .  deu 
bekantnüszbrier  über  dich,  Christum  Jesum  den  gecrülziglen 
unsern  beilinacher.  disz  ist  der  briel'  die  birmenlin  hui  des 
unschuldigen  lambs  und  nnbenecklrn,  das  da  hynweg  nympl 
die  sünd  der  menschen,  disz  ist  die  hut  die  do  zerspunnet 
ist ,  und  zerdenet  an  dem  galgen  des  heiligen  crützcs ,  ge- 
schriben  mit  der  schwarzen  dynien  syner  schwarzen  mölcr 
und  wunden,  gerobricierl  mit  der  roten  robrick  sjns  lulcn 
rDsenfarben  heiligen  bli\ts,  illuminiert  mit  dem  hauptbncb- 
slaben  syner  heiligen  fünf  wunden,  versigell  mit  »yneni  eigen 
inund.  Keisersbehc  hilg.  4*;  das  buch  bat  hüpsihe  burh- 
staben,  grusze  capilel,  ist  hüpsch  illuminiert.  derstUt  btt 
Frisch  t,4s7*.  jetzt  versteht  man  unter  illuminieren  überhaupt 
eine    zeirhnung    oiter  einen  hdzuhnitt  in  Wasserfarben  ausm<ilrn. 

3)  illnininieren ,  gebUude  oder  baumgänge  zur  nacldzcü  mit 
brennenden  lampen  fettluh  auuchmücken.  dasu  das  fem.  tllu- 
niDBlion. 


2061 


ILME  — ILTISBALG 


ILTISFALLE  — IM 


2062 


4)  illuminieren,  verdeutlichen,  erklären,  ausdrücklich  an  die 
bedeutung  1  angesMossen :  Mattliesius  sagt  recht  und  wol,  die 
allegorien  und  gleichnüsse  beweisen  und  gründen  keinen  ar- 
ticul  desz  glaubens,  sondern  dienen  darzu  dasz  die  gegründete 
artlcul  als  in  einem  gemälde  den  einfältigen  deutlicher  vor 
die  äugen  gcstellet  und  illuniiniret  werden.  Schcppius  827. 

5)  das  pari,  illuminiert,  erleuchtet  in  geiUiger  bedeutung,  als 
eine  ehrenbezcichnung ,  aber  mit  beziehung  auf  den  eigentlichen 
sinn:  ob  sie  gleich  weder  oehl  noch  docht  im  lämpchen 
haben,  hciszen  sie  doch  nicht  minder  wohl  iliuminirle  herren. 
Fr.  Mt:LLER  2, 21. 

6)  illuminiert  nennt  der  vdkswitz  einen  trunkenen.  Kehbei:<  207. 
ILME.  f.  ulmus  campestris:  ulmus,  ein  ulmerbaum,  ilmen, 

rustbaum.  glosse  zu  eclog.  1,59  in  Vergü  opp.  {ed.  Egenolph  1597) 
312";  allerley  Stauden  und  gartenbewmlin ,  so  zum  flechten 
und  binden  dienstlich ,  als  weiden ,  lindbast ,  ilmen.  Sebiz 
feldb.  3. 

ILSE,  f.  clupea  dosa,  die  alse,  ein  geringer  fisch,  vgl.  unter 
alse  theil  1  sp.  260. 

ILSTKRFALLE,  f.  was  illisfalle,  t'iPWTarium  Steinbacb  1,366. 
vgl.  unter  iltis. 

ILTE,  m.  iltis,  s.  d. 

ILTENSCHNECKE ,  f.  voluta,  eine  gattung  Schnecken,  auch 
rollenschnecke,  wahcnschnecke.  N'ehmcb  4, 1575. 

ILTIS,  m.  muslela  pulorius  (bei  Nemnich  auch  neulr.).  der 
name  dieses  thieies  schwankt  bedeutend  in  der  form:  ahd.  illitiso 
(Graff  1,23S)  und  elledis  (Scmm.  1,60  Fromm.),  mhd.  eltes, 
iltis,  und  citeis,  alteis,  illig,  eltcchs  {vgl.  MECENBEnc  s.  516 
Pfeiffer),  letitefe  form  rielleicht  an  dachs  angelehnt,  ein  ver- 
wandtes einte .  ellentes ,  clintisel ,  heltenze  ist  auf  die  hyäne 
gewendet,  vgl.  Lexer  wb.  1,541.  Dief.  277*,  wie  auch  in  dem 
MS.  2  der  Lüneburger  ritteracademie  nach  Güdckcs  mittheilung  sich 
die  glosse  hyena  illcis  findet;  nhd.  nach  den  landschaflen  ver- 
schieden: bair.  cliedeis  (Schm.  a.a.O.),  in  Tirol  ilkes  (Fromm. 
6, 157),  in  Kärnten  cltas  (Lexer  14S),  rhein.  eltes  (cltes,  rirerra, 
silrestris  mustcla  Alb.  hh2');  nassauisch  ilser,  eiser  (Keurei!» 
127),  düringisch  ilte  (Rüling  beschreibung  von  fiordhausen  16), 
obersächsisch  iltnisz  (Fleming  leutsch.  jägcr  l,  147*.  399"),  auch 
im  üslr.  Schlesien  und  Böhmen  iltnis,  eltnis,  am  böhm.  Erz- 
gebirge nelkcns  (Fromm.  5,474);  migale  eltnjs  Dief.  mlat.- 
hochd.-böhm.  wörterb.  1S2;  schles.  ilster  (Steinbach  1,810  als 
neulr.),  in  Niederdeutschland  ilk,  ulk,  elk,  illink,  ullink  (Fromm. 
2,319.  5,149),  SOZIS/  auch  elske,  elbthier,  elbkatze,  ellenkalze 
(Nemsich  3,676);  im  Bernbict  das,  däsen  (Staldeb  1,269); 
scliwed.  iller,  dän.  ilder.  die  betraclUung  dieser  verschiedenen 
formen  lehrt,  dasz  wir  es  mit  einem  verdunkelten  compositum  zu 
thun  haben,  dessen  beide  theile  il  und  tis  auch  selbständiges  leben, 
tiieils  in  Weiterbildungen,  entfalteten,  was  den  letzten  Iheil  an- 
bctiifß,  dessen  vollere  form  teis,  deis  war,  so  ist  zur  erklärung 
an  deisen  schleichen,  leise  gehen  (2,914)  gedacht,  in  dem  ersleren 
aber  Zusammenhang  mit  mythischen  Vorstellungen  vermutet  worden 
(vergl.  unter  ellendcis  theil  3,411),  was  die  deutliche  anlehnung 
des  ersten  compositionslheiles  an  elb  und  der  weitere  name  des 
thieres  teufeiskind  (Nen.nich  a.  a.  o.)  stützt. 

Der  illis,  als  gefährlicher  feind  der  hennen,  wird  gefürchtet. 
der  eine  von  ihnen  hatte  bösen  leumund  wegen  allerlei,  und 
sab  ihn  und  den  iltis  niemand  gern  auf  seinem  hof.  Hebel 
(iSS-j)  3,16;  sein  feil  wird  verwendet: 

seine  schiäre 
schüzet  ein  lederner  heim  von  einem  felie  des  iitif. 

Stolberc  li.  10,  326 ; 

der  gettank  dieses  thieres  wird  betont:  alle  geschliicht  der  wiselen, 
so  sy  mit  zorn  gereizt,  schmöckend  stark  und  stinkend,  vor- 
ausz  der  illis,  dcnnethar  er  bei  den  Latineren  den  nammen 
bekommen  bat.  Foreb  Ihierb.  152';  iltis,  Schimpfname  für  ein 
weib  {vgl.  iltisbalg): 

du  iltis,  da>  ich  dich  «olt  zerreiszen, 

nun  hast  du  je  ein  eisen  verrend  (nbgclaufen)  I 

II.  SiCHS  1,  479*. 

Etn  vornehmlich  indisches  thier,  manis  pentadactyla,  das  kurz- 
geschwänzte  schuppenthier ,  heiszt  auch  der  gepanzerte  iltis. 
Nehnich  3,  503. 

ILTISBALG,  fM.  bäg ,  feil  eines  iltis.  seine  gelbe  färbe  und 
böser  geruch  veranlassen  den  gebrauch  des  Wortes  als  Schimpfwort 
für  ein  verlebtes  weibsbild: 

du  dichin,  du  lltesbalk  du  gelber.    II.  Sachs  1,512'; 

dasz  du  in  all  hurnwiiikel  tchleufsl, 

mit  iltesbälgen  Triszt  und  leuTst.    4,3,20'; 


würf  sie  mir  aber  ein  andres  Tur, 
und  schüldt  mich  für  ein  alte  bor, 
ein  iltisbalg  und  chbrecbrin, 
ein  wetiermacher  und  zauberin. 

B.  Waldis  I^sop  4,  68,  43 ; 

ein  jeden  dünkt  sein  ildniszbalk 

sei  ein  sperber  und  schöner  l'alk.    Etsri:««  2,  116. 

ILTISFALLE,  f  falU  ßr  einen  Ulis. 

ILTISFELL,  fi.  feil  eines  illis. 

ILTISGARN,  «.  garn  zum  fange  des  iltis. 

ILTISHÄL'T,  f.  wie  iltisbalg,  auch  als  Schimpfwort  ßr  ein 
weibsbild:  pfui,  LH!  so  ein  haargesicht,  so  eine  iltishaut,  so 
einen  tanzbär  (ipj«  die  alte  Ursel)',  mir  sollt  keiner  mehr  auf 
einen  büchsenschusz  nahe  kommen,  der  sich  an  einer  solchen 
dreckpatsche  beschmiert  hätte I  uhil  wie  stinkst!  armermann 
im   Tockenburg  72. 

IM,  Verschmelzung  der  praep.  in  mit  dem  dat.  sing,  des  männ- 
lichen und  neutralen  artikels,  mhd.  inemc,  inme,  imme,  ime. 
sie  hat  sich  seil  dem  16.  jahrh.  so  eingebürgert,  dasz  die  fälle  der 
Verschmelzung  gegen  die  wo  in  und  dem  unverbunden  auf  ein- 
ander fol'jen,  die  weitaus  bevorzugleren  geworden  sind,  wobei  die 
freiere  weise  des  16.  jahrh.,  die  noch  beide  formen  neben  ein- 
ander in  einem  verse  verwenden  konnte: 

der  hett  vertrunken  all  das  sein 

im  hier  und  in  dem  guten  wein. 

U.  Waldis  Esop  4,  68,  4, 
heute  einer  grüszeren  strenge ,  die  nur  eine  von  beiden  formen 
zuläszt,  hat  weichen  müssen,  heutiger  Sprachgebrauch  läszt  in 
einer  anzahl  von  ßgungen  überhaupt  nur  im,  und  nicht  mehr 
in  dem  zu,  in  solclien  nämlich,  wo  ein  allgemeinerer  sinn  das 
übergewicIU  der  praeposition  läszt,  der  artikel  im  werte  zurück- 
tritt; zum  theil  fclilte  in  der  altern  spräche  hier  der  artikel  über- 
haupt {vgl.  unten  no.  3.  4).     im  stellt 

1)  wenn  das  neiärum  von  adjectiven  substantivisch  gebraucht 
wird,  wir  sagen  nur:  im  allgemeinen,  im  besondern,  im  ein- 
zelnen, im  ganzen;  im  groszen ;  er  war  im  kleinen  treu; 
die  Sache  liegt  im  argen;  sich  im  stillen  freuen;  im  trüben 
fischen ;  im  dunkeln  ist  gut  munkeln ; 

er  habe  denn  mit  mir  gelublt, 

wie  sanfte  sichs  im  fill^te^n  spielt.     Gd!<ther  199; 

nach  mittage  saszen  wir 

junges  Tolk  im  kühlen.    Göthe  1, 15; 

wie  ergötz  ich  mich  im  kühlen 

dieser  sciiönen  Sommernacht!    46; 

und  als  $icli  gegen  den  abend 

im  stillen  alles  verlor.    105; 

was  ich  besitze,  seh  ich  wie  im  weiten.     12,6; 

sie  durfte  frei  im  freien  sich  ergehen. 

Schiller  bruul  v.  Messina  v.  1609; 

noch  bei  Opitz  aber  findet  sielt: 

es  ist  zeit  binausz  zu  .«chauen, 
und   sich  bei  den  Irischen  quellen 
in  dem  grünen  zu  ergehn.    2,  206; 

im  besonders  auch  vor  superlatnen  {vgl.  dazu  unter  am  1,275/9.): 
nicht  im  mindesten,  im  geringsten,  entferntesten  nicht;  er 
war  auch  im  kleinsten  ehrlich;  ohne  dasz  ich  mich  im  ge- 
ringsten etwas  dergleichen  . .  hätte  vermerken  lassen.  Simpl. 
3, 106  Kurz. 

2)  bei  allgemeineren  Ortsangaben :  wir  speisten  im  garten ; 
dieser  fisch  findet  sich  nur  im  meere;  im  flusse  ist  die 
wasserinenge  geringer,  als  im  ströme;  das  dorf  liegt  schon 
im  badischen,  nicht  mehr  im  würtenbeigischen;  ich  lag  da- 
mals im  Tauber-grund  mit  andern  beschädigten  mehr.  Simpl. 
3, 246 ; 

ja,  war  im  meere  lauter  wein.    Lissinc  1,  87; 

ich  ging  im  walde 

so  für  mich  hin.    Götuk  1,27; 

aber  im  gehirse  dröhnet 

knall  auf  knall  den  tag  entlang.    Ublahd  grd.  290; 

auch  uneigentlich:  im  Schiller  lesen;  er  ist  im  Göthe  völlig 
zu  hause ;  das  steht  im  Fiesco ;  auch  rücksichtlich  der  spräche 
heiszt  es  im  deutschen,  im  lateinischen,  im  französischen ;  er 
hat  im  englischen  schon  bedeutende  fortschrittc  gemacht; 
im  griechischen  heiszt  das  so,  im  sanskrit  ^0 ;  habe  Soliman 
den  zweiten  gesehen,  der  hier  (in  Wien)  zum  erstenmale  im 
deutschen  {in  deutscher  Übersetzung)  aufgeführet  wird.  E.  C. 
Kö.tic  bei  Lessirg  13,244; 

im  deutschen  lügt  man,  wenn  man  höflich  iit.    Götbi  41,101. 

3)  bei  allgemeineren  Zeitangaben:  im  frühling,  im  sommcr, 
im  herbst,  im  wintcr;  im  lenz;  im  nu ;  im  moment;  im 
augenblick ; 


2063 


IM 


1MB  — IMBISZ 


2064 


führet  mich  im  au^enblick, 

ach,  mein  weg  zu  ihr  zurück.    Göim  i,  77 ; 

im  tage,  im  jähre;  im  alterthmne,  im  mittelalter;  im  leben 
komme  icli  niclit  wieder  daliin ;  im  tag  legt  man  mich  {sagt 
der  hund)  gefangen.  Pauli  schimpf  u.  ernst  259  Öslerley ;  unsere 
wein  sind  der  art,  dasz  sy  erst  im  alter  gut  werden.  Wickr&m 
roHw.  20,21  Kur:; 

heur  geschach  mir  ein  «olchs  im  nicien. 

faitn.  tf).  520,  22  ; 
das  der  wolfsbalk  ist  su  gehitzt 
das  er  mitten  im  n-inler  schwitzt. 

B.  Waldis  Esop  4,  77,  62  ; 
was  wird  im  alter  mich  Tergnügeu?    Cronigk  2,233, 
wofür  mhd.  nur  in  alter: 

sit  sprach  er  in  aller:  ich  lerne 

daj  ich  schaft  muoi;  läjen.    Wolfham  TU.  1,3; 

nun  im  friihling,  ach !  ists 

um  die  truuden  gethan.     Göthk  1,  32; 

greis,  im  frühling  brcch  ich  rosen!    Uhland  t/cd.  22U ; 

im  wunderschönen  monat  mai, 

als  alle  knospen  sprangen,     il.  IlKinE  15,  00. 

auch  wenn  eine  solche  Zeitangabe  in  dem  iufinitiv  einer  Handlung 
inbegri/jfen  ist:  das  man  kein  hamer  noch  heil  noch  irgend 
ein  eisen  gezeug  im  bawen  hörete.  1  kön.  6,  7  ;  im  einreiten  . . 
hat  sie  {die  kaiserl.  majestät)  die  euangelischen  fürslcn  zu  sich 
foddern  lassen.  Luthek  5,27*;  im  essen  hat  der  wirdt  dem 
lanzknecbt  gar  ein  sauren  wein  fiirgcstellt.  Wickram  rollw. 
20,  13  Kuri;  der  doclur  besichtiget  das  wasser  und  im  be- 
sehen lachet  er.  16,2;  hört  er  an  den  gassen  ungeferd  im 
fürgan  in  einem  haus  ein  grosz  geschrei.  35, 13 ;  als  sy  .  . 
im  heimziehen  waren.  28,2;  das  ist  im  umsehen  fertig;  das 
mach  ich  im  schlafen;  er  fiel  im  laufen; 

Philinde  singt  und  glaubt  im  singen 

sich  Selbsten  eine  scIiäCcrinn.    Ckonegk  2,225. 

4)  bei  Substantiven  des  zustandcs,  der  läge,  der  Handlung  brauchte 
die  alte  spräche  die  praep.  ohne  arlikcl;  mhd.  in  strite,  in  kämpfe 
{Bari.  110,33),  in  zorne  {Varz.  304,6),  in  sl&fc  (476,20),  in  troume 
(Walther  75,23),  U.S.W.,  das  16.  jahrh.  verwendete  hier  auch 
den  unbestimmten  artikel:  in  einem  zorn.  Wickram  roHic.  21,13 
Kurz,  jetzt  wird  der  artikel  noch  bei  einigen  masculinen  gespart: 
in  kummer  sein,  in  zweifcl  stehen : 

wie  ein  mann,  dem  zwei  geschält  obliegen, 
steh  ich  in  Zweifel,  was  ich  erst  soll  tlinn. 

Shukcsi).  Hamlet  3,  3 ; 

und  gewöhnlich  bei  den  femininen :  lasz  mich  in  ruhe ;  ich  bin 
in  furcht,  angst,  noth,  gefahr;  ich  lebe  immer  in  sorge;  sonst 
aber  bei  masculinen  und  neutren  tritt  die  mit  dem  artikel  ver- 
schmolzene praeposition  auf:  den  seinen  gibts  der  herr  im 
schlafe;  im  träume  sah  ich  dich;  im  streite  tapfer;  Hans 
im  gliicke;  denn  im  tode  gedenkt  man  dein  nicht,  ps.  6,6; 
erleuchte  meine  augcn,  das  ich  nicht  im  tode  entschlafe.  13,4; 

mitten  wir  im  leben  sind 

mit  dem  tod  uinbfangen.    Luther  8,367*; 

mich  dünkt,  die  alte  spricht  im  lieber.    Götbe  12,  130; 

ihr  sprecht  im  fieber,  einer  wie  der  andre. 

Schiller  Wallcnsteins  tvd  5,  5 ; 
dann  schwuren  wir  herzlich,  bei  ja  und  bei  nein, 
im  leben  und  tode  getreu  uns  zu  sein.    bÜRcsR  50'; 
ich  hab  im  träum  geweinet.    11.  IIeink  15,  117; 
nie  hat  dies  schilT  im  stürme  so  geschwankei 
wie  unser  hauschen,  wenn  mein  weib  gezanket. 

UuLAKi)  ijed.  432; 
alles  im  stürme  rings,  groszes  und  klein! 

McuLKH  '(jrad  aus  dem  wirtthnus'. 

&)  ahnlieh  bei  angäbe  der  art  und  weise,  des  grundes,  der 
mOgliclikeil ;  auch  hier  bleibt  das  fem.  ohne  artikel:  in  gute  und 
liebe;  in  freundscbaft;  in  crwägung;  in  holTnung.  Wiciram 
rollw.  29,  i3  Kurz;  das  masc.  und  ueutrum  nicht:  im  ernst,  im 
»cberz  etwas  thun ;  im  verlranen  gesprochen ;  im  falle  meines 
todct ;  im  gründe  genoiniiieii;  Minna,  aber  e.s  giebt  eine  ge- 
wisse, kalte,  nachläszige  art,  von  seiner  tapfcrkeit  und  von 
seinem  Unglücke  zu  sprechen  —  Tellh.  die  im  gründe  doch 
auch  geprahlt  un^  geklagt  ist.  Lessinc  1,542; 

mit  diesen  werten,  halb  Im  schimpf  und  halb 
im  ernst  gesprochen.  Wicland  1^,  18; 

ich  sag  dirs  im  vertrauen  nur.    Göthi  12,  IM; 
ach  Kou!   In  scherz  und  uubuwuszt 
sprach  ich,  was  ich  gcfCihlei.    11.  Iliini  Ib,  158. 

•)  im  bei  angab»  von  kenntnisten  und  fertiijktilen :  das  kind 
bat    im   le»en   viele  fortschrille  gemacht,    im  schreiben  aber 


nicht;  im  rechnen  war  er  gut;  im  combinieren  sucht  er 
seines  gleichen ; 

ein  berühmter  held  im  fressen, 

den  das  schlemmen  aufgeschwellt.     IIaseuorn  2,150; 

ein  inadchen,  roeister  im  latent 

die  herzen  anzuketten.    Gotter  1,  S9. 
vergl.  im  übrigen  auch  unter  in. 
»MB,  IMBE,  I.  imme. 
IMBER,  1.  ingwer. 

IMBISZ,  m.  n.  essen,  kleine  tnahlieit,  ahd.  inplj,  mhd.  inbl;, 
das  zu  dem  verbum  ahd.  inpijan  reficere,  solvere  jejunia,  pran- 
dcre,  mhd.  enbijen  gehörige  Substantiv,  das  gcsdzmäszig,  während 
das  prd/ix  des  verbmns  unbetont  bleibt,  den  hochton  auf  seine 
erste  silbe  nimmt,  das  verbum  selbst  ist  aus  vollerem  intbijan, 
entbijcn  geworden,  wie  nicht  nur  die  ahd.  einmal  vorkommende 
form  intpijjun  refecerunt  (Graff  3,229),  sondern  auch  allsächs. 
ant-bitan,  anbitan  kosten,  genieszen,  ags.  on-bltan  /(7ir<  {golh 
andbeilan  ist  dasselbe  wort,  aber  mit  völlig  anderm  sinn),  tiach 
der  analogic  von  ahd.  inthei^an  torerc,  änlhei;  vutuni  könnte 
man  auch  autbi;,  ambij  erwarten,  wie  sich  niederländisch  zu 
ontbijten  ientare  ontbijt  ienlaculum  {neben  inbijtcn  und  inbijl) 
findet;  aber  schon  in  den  frühesten  quellen  ist  inpij,  impij  bezeuijt 
{wie  auch  in  einer  reihe  von  andern  fallen  das  präfix  ahd.  int-, 
mhd.  en-,  nhd.  ent-,  vor  nominihus  als  in-  mit  hochtone  erscheint, 
vgl.  unten  inbrunst ,  indenk ,  ingrimm),  und  wenn  später  eine 
form  anbij  außauclU:  gentaculum  anbysz  Dief.  26o',  verderbt 
ommyj,  ummes  (Lexer  «*.  1,1420); 

das  igklicher  zwei  virtel  guten  wein 

moru  uns  zum  anpisz  bringen  sol.    faitn.  *;>.  220,9, 

vgl.  auch  Schm.  1, 292  Fromm. ,  so  kann  leicht  eine  junge  an- 
Ichnunij  des  bci/riffs  an  die  praepos.  an  vorliegen. 

imbisz  ist  gleich  häufig  masc.  und  ncutrum.  unter  dem  ein- 
flusi  des  hochlons  der  ersten  silbe  gelU  die  länge  des  vocals  der 
zweiten  silbe  zurück,  verliert  sich  auch  ganz,  wie  sich  auch  die 
end-  und  anfangslaute  der  beiden  silben  assimilieren,  so  dasz  eine 
reihe  abweichender  formen  entstehen,  die  seltenste  ist  inbisz  :  daj 
daj  niderlegen  zu  Hiltlingen  ist  gesrbechen  uf  den  donrstag 
nach  dem  bailigen  pfingstag  uf  fröen  inbij.  d.  slädtechr.  4,51,8; 
prandium  inbis  voc.  opt.  24',  153;  mü  andhnlichung  des  nasals 
an  die  labiale  imbisz ,  die  gewöhnlichste  gestalt  des  wortes ,  und 
assimiliert  inimisz ,  inmiesz :  prandium  iinmesse  ,  iniesz ,  und 
niederdeutsch,  aber  wol  entlehnt,  immcl  Dief.  450";  mit  im  zu 
imysz  zu  esen.  urk.  Max.  «o.  163  5.185;  noch  jetzt  schweizerisch 
imis,  immis,  und  mit  verschmolzenem  artikel  ziniis  {aus  das 
imis)  Stalder  2,60;  in  Hessen  immcs  schmaus  Vilmar  184; 
endlich  mit  untergegangenem  vocal  der  zweiten  ji76eimbs;  pran- 
dium imhs  I)ii:f.  450';  gieng  also  mit  irer  gcsellschaft  das 
imbs  zu  bereiten.  Bocc.  l  (15S0)  28*. 

imbisz  heiszt 

1)  essen,  und  erfrischung  durch  essen  im  allgemeinen :  imbisz, 
imbsz  jede  kleine  malzeit,  collation  {schwäbisch,  fränkisch).  Schm. 
1,80  Fromm.;  dem  hungrigen  ein  imbisz  reichen,  pers.  baumg. 
2, 7 ;  unter  dem  obdach  einer  luftigen  an  der  schlechten  ber- 
berge  vorgebauten  balle  erquickten  wir  uns  an  einem  mäszigcn 
imbisz.  GöTiiE  28, 153; 

nach  disem  man  die  gselschaft  nam 

und  aufs  ammaisters  stub  i;l<Mch  kam 

und  da  die  letz  (nbtchiedimiihl)  mit  jnen  as  .  .  . 

als  nun  der  imbisz  war  geeudt. 

FiscuART  ijlückli.  schiff  079 ; 

führ  ihn  zum  Imbisz  in  das  apeisezelt 

und  tisisz  ihm  einen  wanderpl'ennig  reichen! 

UiiLANO  l.uiiicig  ä.  Üaier  2,  1 ; 
Schwfjiiirrmiinn.  zum  zeichen,  dasz  da.^  fehl  gewonnen  ist, 
laszt  auf  der  offnen  wahlstatt  hier  das  mahl 
uns  halten !    bunjijraf.  wird  ein  magrer  imbis  werden.    3,  4 ; 

uinb  inittentag  aber,  do  halt  jm  die  fiaw  ein  gfiten  imbisi 
Ix-reit;  sy  ii:nn  das  essen  und  gieng  zö  im  hinausz.  Wickrah 
rollw.  79, 18  Kurz. 

2)  die  beiden  hauplmahlteiten  des  lages  werden  imbisz  genannt, 
und  es  wird  morgen-  oder  mittag-inibisz  und  nacht -imbisz 
unterschieden :  hierauf  behielt  er  mich  wieder  bei  dem  inillag- 
imbisz.  Simpl.l,illKurz;  also  bracht  er  alle  lag  nach  mittag 
und  nachlinibisz  die  zeit  auf  das  kurzweiligst  zu.  Üarg.  175*; 
ihr  wollt  niclit  zum  nachl-ims  bleiben?  GOrnKfi,  7k;  von 
diesem  pulvcr  brauch  des  morgens  und  abends  vor  den  beiden 
inibsen.  TAtiniMAKMonT.  305;  gewohnlich  aber  geht  iinbi«z  ohni 
Wtitertn  susatt  auf  die  früh-  oder  miltagsmahlseit,  die  nach  allttn 
hraucht  um  eilf  uhr  gehalten  ward:  prandere  zu  iiiitlage,  t» 
morgen,  tu  yinbis/.  essen  Dikf.  450';  der  iiubisx,  frandmm, 


2065 


IMBISZ  — IMME 


IMME  —  IMMENHANS 


2066 


zu  imbis  ässen,  prandere,  meridiare,  meridiaii  Maaleh  235'; 
an  unser  lieben  frawen  tag  der  himclfart  nach  dem  ymbis. 
Keisersburc  Marif  himelfart  2*;  an  dem  dritten  Sonnentag 
des  advents  prediget  doctor  Keisersbeig  inn  dem  münster  zu 
Straszburg  nach  dem  ymbis.  14';  da  gab  man  mir  alle  tage 
zu  imbis  zu  essen.  Tu.  Plater  107 ;  giengen  damit  alle  ge- 
machlich fusz  für  fusz  zu  hausz,  zu  sehen  ob  der  imbisz  fertig 
sei.  Garg.  174* ;  so  kriege  ich  verhoffentlich  auch  einen  guten 
trunk ,  ihnen  beides ,  beim  imbs  und  confect ,  tapfer  einzu- 
schenken. Simfl.  4, 378  Kurz,  der  imbisz  isl  dem  frühstück, 
als  dem  geringeren,  entgegengesetzt:  jener  {koch)  aber  rüstete 
aus  den  abschrütlin  (des  gestrigen  festes)  wieder  ein  frühstück 
oder  vielmehr  ein  imbis  zu  (es  war  wieder  ein  groszes  essen). 
1, 119. 

Sprichwörtlich:  vor  imbisz  wird  kein  tanz.  Keisersberg  seh. 
d.  pen.  116*;  wer  allein  malzeit  hält,  der  hat  ein  imbsz  wie 
ein  pferdt.  Lehnann  1,214;  hurtig  zur  arbeit,  hurtig  zum 
Imbisz.  SiMROCK  sprichw.  277. 

3)  imbisz  bildlich,  in  anlehnung  an  die  bedetttung  1 :  ist  denn 
nicht,  du  guter  gott,  schon  das  gefühl  des  daseins  ein  stehen- 
des ver;;iiügen ,  und  der  erste  süsze  imbisz  nach  jedem  er- 
wachen? J.  Pacl  Besp.  3,  l!>4 ;  die  gelassensten  pursche  wollten 
einen  vor.>chmack  und  imbisz  vom  morgendlichen  Johannistage 
nehmen,  leben  Fibels  likJ;  den  ersten  gelehrten  imbisz.  1S3. 

Das  wüit,  so  ircit  es  nicht  noch  im  volke  lebt  {vgl.  im  ein- 
gange),  musz  jetzt  als  ein  selteneres  und  nur  gewählter  spräche 
eigenes,  in  der  bedeutung  l  allein  gebrauchtes,  bezeichnet  werden. 

I.MBISZGAST,  m. :  imbiszgast,  ein  gast  zu  imbisz,  pransor 
Maaler  235'. 

IMBISZMAHL,  n. ;  dieweil  Gonella  asz  und  das  imbiszmalc 
nam.  S.  Bhant  bei  Stei>uöwel  147. 

IME,  s.  immi. 

IMGLEICHEN,  adv.  zusammenrückung  des  dat.  von  gleich 
mit  im,  vorzüglich  in  älteren  quellen,  heute  gewöhnlich  ingleicben 
(«.  unten)  im  sinne  von  ebenso:  imgleichen  ScHWEi.ticHEif  l,^6•, 
imgleichen  hat  sich  die  churfurstliche  wiltibe  aus  Sachsen 
in  die  sechste  woche  bei  ihm  aufgehalten.  Micräliüs  ait. 
Pommern  4,  36 ;   imgleichen    siehel   man  ihn  an  der  Juno  zu 

SamOS.    WlNKELSAN.N   3,  20S; 
das  goldgelb  ist  vor  schlecht,  und  leuerroth  imgleichen. 

FLsai^iG  174 ; 
imgleichen  kamen  der  Schwerin,  der  Scharnhorst  und  der  Keitb, 
und  all  die  groszeu  Preuszeu  sonst  aus  alt  und  neuer  zeit. 

Fbeilichath  glaubensbck.  132. 
IMHUNDERT,  Verdeutschung  von  procent:  4000  tbaler  zu  sechs 
imhundert.  Hermes  Sophiens  reise  3,  331. 

IMKER,  m.  bienenzüchter.  Adelung  als  niedersächsisches  wort, 
mit  iinkerei,  bienenzucht ;  heute  allgemein  in  technischem  gebrauche. 
LMMASZEN,  assimilierte  form  für  inmaszen,  j.  d. : 
{llimiukriitea)  heiszt  uns  erst  den  durst  und  dann  das  Geber  heben ; 
und  folglich  wird  der  durst  mein  erster  vorwurl  sein, 
immaszen  .  .  .  IIagkdor:«  2,  97. 

IMMAT,  n.  ßr  emd,  chordum,  grummet  (vgl.  theil  3,419): 
so  sollen  sack  auf  das  hertest  mit  immat  eingefüllt  und  ausz- 
gehenkt  werden.  Fronspercer  kriegsb.  1, 124". 

l.MMCHEN,  n.  kleine  imme,  biene. 

IMME,  m.  der  bienenschwarm.  ahd.  impi,  imbi,  mhd.  imbe, 
impe,  iuHue,  bair.  imp,  imm  (Schii.  l,  79  Fromm.),  Schweiz,  ima 
(ToBLER  2>>4'),  bei  Maaler  yinbd,  schwärm  oder  hanf  der 
ymmeu,  examen,  junger  ynibd ,  ymmenzucht,  junge  byule, 
pulläies  opum  31U*;  auch  westfälisch  der  imme  stock  bienen; 
wenn  etwen  ein  iuie  mit  honingwaben  uff  einem  boum  ist. 
Keisersberg  büg.  126';  ganze  häufen  hangen  an  einander,  als 
ein  imb,  so  er  gelassen  hat.  Foreb  fischb.  147'; 
do  kamb  ein  imb  geflogen, 
in  dlinden  er  genistet  hat. 

Scmpachcrlictl  in  Wtickern.  Icseb.  *,  1287,3. 
auch  bienenstock,  selbst  leerer:  also  fand  er  da  binden  in  dem 
hof  ein  hufen  ymcn  ston.  Ulensp.  O;  in  der  selben  nacht  kamen 
zwen  dich  und  wollen  ein  ymcn  stclen.  ebenda;  und  da  sie 
kamen  zu  dem  stock  da  LIenspiegel  innen  lag,  der  was  der 
schwerste,  da  sprachen  sie:  das  ist  der  best  ym.  ebenda, 
s.  das  folgende. 

IMME,  f  biene:  imb  apes  vel  apis  voc.  ine.  theut.  k6*;  imme, 
bien,  apes  vel  apis  Dasyp.;  ein  sowd  im  obem  als  im  niedern 
Deutschland  (Sciiaübach  9o'.  Schütze  2, 190  u.  o.)  volk^mäsziges 
wort,  während  es  Müteldeutschland,  und  vorzüglich  dem  östlichen, 
fremd  isl;  das  Schweiz,  neutrum  imnic,  immi  (Stalher  2,69) 
musz  als  deminutiv  zum  f-m.  imme  angesehen  werden  :  wie  ein 
IT.  II. 


ime  ausz  einerlei  blum  allein  nicht  jbreu  honig  holet,  sonder 
ausz  vielen  unlerscheidenen.  Fischart  bienk.  6*;  mancher  ist 
so  begierig  zu  einem  ding  wie  der  beer  zum  honig,  die 
immen  zur  blumcn.  Lebiiann  1,79;  die  immen  küssen  gern 
schöne  blumen  und  sie  bleiben  doch  schön.  123;  wer  gut 
honig  wil  haben,  der  musz  der  imben  bisz  gewertig  sein. 
3S2 ;  woher  die  imme  fleucht  und  wohin  sie  ihre  waben  ver- 
birgt. Fr.  Mlller  1, 22 ; 

blumen  gab  der  herr  der  imme, 

liebesklang  der  nachtigall.    Ahsdt  ged.  (1S60)  507 ; 

es  müsse  nie  zu  eurem  mund 

nach  honig  gehn  die  imme.    Rcceert  301 ; 

der  bär  lauft  zu  den  immen  und  bienen.  wiszbad.  wisenbr.  2,  31 ; 

der  immen  oder  bienen.    Spkk  truttnucht.  126. 
unter  spielen  wird  aufgezählt  immen  wigen.   Garg.  170*. 

Die  Zusammenstellung  von  imme  mit  griech.  iuTiii  Stechmücke 
und  lat.  apis  unterliegt  erheblichen  zweifeln,  das  älteste  Zeugnis 
ßr  das  vorkommen  des  Wortes  ist  in  den  Juniusschen  glossen: 
impi  piano  examen  apium  Graff  1,257;  examen  apium  impi 
piano,  aliquando  uuaba  Germ.  11,42,439;  und  im  Lorscher  bienen- 
segen ,  wo  imbi  als  bienenschwarm  von  bina  als  einzelner  biene 
scharf  unterschieden  wird,  vergl.  Pfeiffer  forschung  2,4;  nocA 
spät  findet  sich  nl.  examen  imme  van  byhen  Dief.  214".  hieraus 
scheint  zu  folgen,  dasz  das  wort  impi,  imme  im  gründe  eine 
allgemeinere  bedeutung  gehabt  hat,  etwa  die  eines  volies,  schwarmes 
scldechthin,  die  durch  das  beigesetzte  piano  erst  auf  ein  specieUes 
gerichtet  werden  muste ;  dasz  daiier  die  beziehung  des  einfachen 
imbi ,  imme  auf  ein  bienenvolk  erst  in  zweiter  linie  anwendung 
fand,  ist  dies  aber  ricfUig ,  so  wird  an  die  verwandtschaß  mit 
dem  oben  erwähnten  griechischen  und  lat.  worte  nicht  zu  denken 
sein,  imme  und  biene  aber  waren  in  der  bedeutung  zuerst  scharf 
unterschieden,  da  biene  nur,  wie  auch  heute  noch,  das  einzelne 
insect  bezeichnete;  als  in  einer  sehr  jungen  zeit  (mlui.,  r^/.  Leser 
wb.  1, 1421)  nun  auch  imme  auf  das  einzelne  insect  bezogen  ward, 
da  änderte  sich  in  diesem  falle  das  geschlecht,  unter  einflusz  des 
von  biene,  und  ursprünglich  ein  wort  schied  sich  in  zwei,  die 
eigentliche  bedeutung  von  imme  bleibt  noch  dunkel,  die  von  Leo 
ags.  glossar  4S2  versuchte  Zusammenstellung  mit  ags.  umbor  musz 
umsomehr  dahin  gestellt  werden,  als  dasselbe  dem  sinne  nach  bis 
jetzt  nicht  gesichert  ist. 

LM.ME,  /".  ameise,  neben  emse,  imse  und  ims.  Nemnich  2, 1640. 
vgl.  emse  theil  3,443. 

IMMEL,  m.  der  kornwurm.  NEMSicn  wb. 

IMMEISBANK,  f.,  früher  m.,  apiarium.  Stei.-»bach  1,63;  wer 
über  sach ,  daj  einer  den  imben  verkoufte  ze  fasel ,  so  leit 
der  in  hinweg  trcit,  vier  haller  uf  den  imhbank.  weisth.  5, 105 
{Aargau),     bei  Nemnich  immcubänkert,  bicnenkorb. 

LMME.NBÄR,  m.  ursus  ardos. 

IM.MEiSBLATT,  n.  die  pflanze  melittis  melissophyllon :  immen- 
blat,  pfaffenkraut,  frawcnkraut,  herzkraut,  mutterkraut,  melissa, 
apiastrum  Alb.  EE3';  melissenkraut  heiszt  auch  immenblat. 
Taberxae.ii.  738;  des  fleiszigen  erlesens  allerhand  romgrasz 
und  s.  Peterskräuter,  imenplat,  platlosz  und  onplat.  Fischabt 
bienk.  2*. 

I.MMENBROT,  n.  sandaraca.     vgl.  bienenbrot. 

I.MMENBRÜT,  f.  Inenenbrut,  apum  foetura.   Stieler  249. 

LMMENDRECK,  ««.  der  Überrest  von  den  wachsscheiben ,  der 
in  tuch  oder  beutet  zurückbleibt,  wenn  das  wachs  ausgepresst  ist. 
niedersächsisch.    Jacobsson  1,  457*. 

IMHENFASZ,  n.  bienenstock,  mhd.  imbenva;:  imvasz,  alve- 
itrium  voc.  ine.  theut.  kö';  alle  wäld  und  bauin  stehn  voller 
immonfasz  oder  bynstöcke.  S.  Frane  u-eltb.  so*;  sie  sind  wie 
die  brimiser  in  den  immenrässern ,  welche,  wann  sie  ihren 
Stachel  verloren  haben ,  nicht  mehr  arbeilen ,  noch  honig 
machen,  sondern  nur  fressen  können.  Simpl.  1,406  Kurz;  umb 
ihr  haus  herumb  zu  schwennen,  wie  die  raubbienen  umb 
ein  immen  fasz.  3, 28. 

IMMENFLUCHT,  f  bienenßug.  Nejinich. 

IM.MENFRASZ,  m.  eine  vogelart,  merops  apiaster.  Nemmcb 
3,561.  Fischart  bienk.  51"  (s.  die  stelle  unter  immenstock). 

I.MMENFRESSER,  m.  merops  apiaster.  Nem.nich  a.a.O.  Stal- 
der  2,69. 

IMMENGELASZ,  n.  gelasz  für  die  bienen.  bei  Stieleb  1074 
in  der  forni  iinmenlaszt  neben  bienengelasz,  apum  puUiiies. 

IMMENHANS,  m.  als  bezeichnung  eines  bäurischen  bienen- 
lüchlers  {vgl.  Hans  1.6  sp.ihl): 

indes  kam  inimeiihansz  gcstlilichen 

zu  den  ((/»-»ii  brummen  \in<)  lionigriechen  tdem  bärvn) 

ergdlT  dem  diob  die  haiid  im  sack,    fioschmäux.  L3' (1,1,1t). 

130 


2067 


IMMENHAUS  — IMMER 


IMMER 


2068 


IMMENHAUS,  »i.  bienenhaus,  bienenbchälter :  imhusz,  aktarium 
voc.  ine.  theut.  kö';  ymhheüszle   mellarium  Maaler  51ü'. 
IMMENKAPFE,  f.  bienenkappe,  biencnhaube. 
IMMENKÖNIG,  m.  rex,  dux  apium,  der  weiset:  im  bienkorb 
der  iinenkönig.  Fischart  ehz.  42. 

IMMENKORB,  «i.  biencnkotb:  zu  letzt  daran  gehenkt  und 
bescbriben  die  gelegenbeit ,  art,  weisen,  gestallt  und  natur 
diser  binen,  und  ihres  honigs  und  honigwaben  inn  disem 
papiapiario  oder  apum  exaniine  und  inienkorb.  Fischart 
bienk.  3*;  das  eine  frau  gleichsam  eine  köuigin  im  imenkorb 
ires  hauses  seie.    ehz.  503; 

und  der  den  aiiget  schon  liat  hin, 

was  lörcbt  er  sich  inch  for  der  bin, 

das  er  darunib  hinwerfen  woli 

den  imenkorb,  des  angels  sold?    dicht.  3, 24S  Kurt. 

IMMENKORBIG,  adj.  von  gcstalt  eines  immenkoibes :  sie  (die 
röm.  kirche)  ist  auch  in  possessiun  der  .  .  herrlichen  drei- 
fachen imenkorbi^en  krönen.  Fiscuart  bienk.  13&'. 

IMMENKORBKÖNIG ,  m. :  das  eine  hau  gleichsam  eine 
konigin  im  imenkorb  ires  hauses  seie,  weiche  mit  anordnung 
aller  arbeit  den  imenkorbkonig  anmase.  Fischart  cliz.  503. 

IMMENKRAÜT,  n.  melissa  officinalis,  bienenkraut. 

IMMENMANN,  «».  apiarius.  Stieler  1234. 

IMMENMEISTER,  m.  meltarius.  Maaler  510'. 

IMMENREICH,  culj.  reich  an  biencn.  Stieler  15S2:  immen- 
reiches land. 

IMMENSCHNEIDER,  m.  der  den  bienen  den  honig  ausschneidet, 
als  spoUname  für  gewisse  soldalen :  wo  mau  einen  oder  mehr 
(elende  ioMu/e/i) ..  antraf  und  fragte:  wes  regimenls?  so  war 
gemeiniglich  die  antwort:  von  Meiode !  davon  entsprang,  dasz 
man  endlich  alle  die  jenige,  sie  wären  gleich  krank  oder 
gesund,  verwundt  oder  nit,  wann  sie  nur  auszerbalb  der  zug- 
ordnung  daher  zottelten  oder  sonst  nicht  bei  ihren  regimen- 
tern  ihr  quartier  im  feld  namen,  Mcrode-brüder  nante,  welche 
burscb  man  zuvor  säusenger  und  inunenschneidcr  geheiszeu 
hatte,  dann  sie  sind  wie  die  brumser  in  den  iinmenfässern, 
welche,  wann  sie  ihren  slachel  verloren  haben,  nicht  mehr 
arbeiten,  noch  honig  machen,  sondere  nur  fressen  können. 
Simpl.  1,406  Kurz. 

IMMENSCHWARM,  nt.  bienenschwarm :  binenkorb  des  heil, 
römischen  imenschwariiis.  Fischart  bienk.,  lüel. 

IMMENSTAND,  «i.  bienenstand :  einem  andern  .  .  schlosz 
einmal  die  Jrau  nachts  um  10  uhr  die  thiire  zu  und  ging  ins 
bett,  und  wollt  er  wohl  oder  übel,  so  niuszte  er  unter  dem 
immenstand  im  garten  über  nacht  sein.  Hebel  2  (1853)  153. 

IMMENSTICH,  m.  bienenstich: 

und  wer  den  honig  wil  erjagen, 
luus  sich  der  inienslich  verwagen. 

FiscuART  dicht.  3,  249  Kuii. 

IMMENSTIMME,  f.:  bombatus,  vox  apium,  immenstymme, 
immengedonc  Dief.  78*. 

IMMENSTOCK,  m.  bienenstock:  s.  Magnus  der  heilig  würm- 
stüriner,  wöll  den  lieben  cathol.  imenstock  für  iemenfrasen, 
bummeln  und  krautwürmcn  . .  ritterlich  beschirmen.  Fiscuart 
bienk.  51*. 

IMMENSUMMER,  n.  bienenkurb:  imsunimcr  alvearium  voc. 
ine.  theut.  k6*;  bair.  impsumper  Schm.  2,283  Fromm. 

IMMENTROG,  m.  fuUerlroy,  in  welchem  den  bienen  der  mit 
woiser  verdünnte  honig  zur  zeit  des  mangels  vorgesetzt  wird. 
Jacobsson  1, 816*. 

IMMENTRÜPPEL,  m.  traube  oder  immenzopf  (s.  d.):  angc- 
henkter  ymbdrüppel,  ein  schwärm  eines  angestosznen  ymbds, 
der  sich  an  einen  ast  oder  bäum  gehenkt  hat.  Maaler  510*. 

IMMENWEIDE,  f.:  imweid,  apicio,  est  locus  ubi  apes  recipiunt 
alimenta.  voc.  ine.  theut.  k6*. 

IMMENWERK,  n.  wabe,  bienenwerk:  frisch  binen  oder  im- 
mcnwerk.  Seuter  rotsarxnei  282. 

IMMEN  WOLF,  fn.  nierop«  aptojfrr,  bienenwolf.  Nemnich  3,561; 
der  ymmenfrasz,  ein  frömbder  vogcl,  apiastra,  ymbcnwolf. 
Maaler  510*;  übertragen  auf  einen  räuberischen  menschen: 
hierein  (m  das  kloäer)  komm  kein  heuchier,  windiialsz,  und 
noilbruder, . .  imwolf,  hundib,  luftschnappcr  und  iiicszkiiapper. 
Garg.  279*. 

IMMENZOPF,  fli.  in  Franken  und!khwaben  ein  bienenschwarm, 
der  tuh  gleich  einer  traube  an  einen  bäum  oder  strauch  gesetzt 
hat.  Jacomson  2,  308*.     vgl.  iinmcntrüppel. 

IMMENZOCRT,  f.  bienenzuchl. 

IMMER,  m.  die  beute  (vgl.  t/teil  1,1750),  der  hölzerne  korb 
der   valdbienen,    wenn  er    von  thnen  bezogcit  ist:    wann  bicoe 


hinein    zogen    und  bauten ,   hiesz  es  nicht  mehr  ein  beuten, 
sondern    ein  immer.   Frisch  1,91*,   wie  es  scheint,  au$  nürn- 
bergischen quellen. 
IMMER,  adv.  semper. 

1)  ahd.  CO  m6r,  iomer,  iemer,  tnhd.  ieiner,  immer,  iiner; 
frics.  ainmer,  eininer,  immer;  altnfr.  iemer,  niederl.  ienicr; 
millelnieäerJ.  (während  das  alts.  für  den  begriff  noch  das  ein- 
fache eo,  io  verwendete),  junimer,  neuiiiw/errf.  jüininer  und 
jümme ;  andern  dvulsclien  dialccten  entgelU  die  bildung.  die 
zusavimcnrückung  des  allgemeinen  zeitadverbs  ahd.  eo,  mhd.  ie 
(vgl.  unter  je)  mit  dem  zeit  folge  und  forlschritl  hervorhebenden 
adverbiwn  nicr  ist  unter  dem  cin/lusse  davon,  dasz  der  hauptton 
auf  die  erste  silbe  fiel  und  in  folge  davon  der  lange  vocal  des 
zweiten  Wortes  nach  und  nach  zur  tonlosigkeit  sank,  verdunkelt 
worden,  so  dasz  schon  vM.,  wo  der  begriff  des  oft  gebrauchten 
iemer  sich  verallgemeinert  und  schwächt ,  eine  neue  zusammen- 
rückung  mit  mere,  ine  aufkommt,  die  einujes  vom  ursprünglichen 
sinne  des  advcibs  wieder  schärfer  faszt ,  s.  unten  iinmermebr. 
heutzutage  wo  die  ursprünglich  in  form  und  bedeutung  gleichen 
immer  und  je  mehr  so  verschiedene  wegc  gegangen  sind,  fühlen 
wir,  wie  an  den  nachsiehenden  vcrsen  gezeigt  werden  kann,  den 
einstigen  zusa^nrnenhang  nicht  im  geringsten  mehr: 

am  busen  deiner  schwesler, 

der  für  dich  schlagt, 

entschläfst  du  immer  fester, 

je  mehr  es  lagt,    der  juwje  Göthe  1,262. 

2)  im  ahd.  dient  zwar  einfaches  6o,  eo  zur  bezeichnung  einer 
forldauer,  sowol  in  bezug  auf  vergangenheil  als  auf  gegenwart  und 
Zukunft:  nist  uns  des  duruft,  ..  daj  der  sin  namo  kauuibit 
uuerda,  der  eo  uuas  uuih  enti  eo  ist.  MOllenhoff  u.  Scherer 
»10.  55,  6 ;  sin  ricbi  uuas  eo  enti  eo  ist.  55, 10,  eine  bedeutung 
die  noch  in  der  negation,  uuserm  nie  lebendig  oder  wieder  auf- 
gelebt ist,  aber  schon  hat  der  Sprachgebrauch  einzelner  Schriftsteller, 
wie  Otfrids  (vgl.  Lachmann  zum  Iwein  770)  entschieden,  io  nur 
bei  praesens  und  jnaeleritnm,  iaincr  beim  futurum  zu  verwenden, 
im  mhd.  hat  sich  die  regel  ergeben,  immer  bei  beginnender  und 
zukünftiger  thätigkcit  zu  setzen  (mhd.  wb.  2,1,145/3.  Lexer  wb. 
1,  1414),  eine  regel,  die  aber  auch  auf  die  schon  begonnene,  doch 
in  die  Zukunft  fortdauernde  thäligkett  sich  ausdehnt,  überhaupt 
zu  wanken  beginnt,  von  der  aber  bei  der  darslellung  des  nhd. 
Sprachgebrauchs  auszugehen  isl. 

3)  immer  hebt  das  stete,  dauernde  eiiier  beginnenden ,  künf- 
tigen oder  bereits  begonnenen,  aber  in  die  zukuuft  dauernden 
handlung,  eines  zuslandes,  eines  entschlusses  hervor,  es  tritt  auszey 
zu  verben  auch  zu  participien,  adjecliven  und  adverbien,  und  ge- 
bräuchliciiere  Verbindungen  dieser  art  werden  häufig  als  ein  wort 
geschrieben  (vgl.  unten  inunerbrennend,  immermangelnd,  iinmer- 
sinkend,  immerwährend  ;  iinmerferlig,  immerfrisch,  iminerfroh 
u.a.;  immerdar,  immerfort,  immerhin  u.a.);  auch,  aber  seltener 
zu  Substantiven  in  gleicher  weise,  s.  iinmerhenker,  iinmerjungler, 
iinmerkuh,  immerleben  u.s.w.  —  ahd.  in  mincino  herzen., 
uuil  ih  iemer  gehuchcan  der  sinero  michelen  gnidun.  Willira« 
11,25; 

mhd.  ich  wil  im  iemer  wesen  liult.    minncs.  friihl.  16,  13; 
ich  bin  iemer  ander  und  niht  eine 
der  gi'öjen  liebe  der  ich  nie  wart  fri.     131,  26; 
si  sol  mir  iemer  sin  vor  allen  wiben.    150,  5; 
eine  ich  mir  ze  trüte  nani, 
die  ich  immer  triutc.    Neiduaht  24,5; 
da;  ich  wil  guoten  wiben 
mit  dienest  ane  valschen  muot 

immer  bi  beliben.    LicuTtntiKiN  422,  25. 

nhd.  in  vielen  fügungen:  wie  es  jetzt  ist,  so  bleibt  es  immer; 
er  ist  immer  zu  bause;  ich  werde  immer  so  denken;  er  isl 
immer  heiter;  der  frembdling  der  bei  dir  ist,  wird  über  dich 
steigen  und  jmer  oben  schweben.  5  Mos.  28, 43 ;  daruinb  sol  ex 
jmer  mein  knccbt  sein.  1  Sam.  27, 12 ;  mus  nicht  der  mensch 
jmer  im  streit  sein  auf  erden?  Htob  7,1;  ich  bin  zu  leiden 
gemacht,  und  mein  schmerzen  ist  jmer  für  mir.  ps.  3S18; 
gott  hat  lust  auf  diesem  berge  zu  wonen,  und  der  herr  bleibt 
auch  jmer  daselbst.  68,17;  es  sind  Icute,  der  herz  jmer  den 
irreweg  wil.  93,10;  wer  von  mir  isset,  der  hungert  jmer  nach 
mir,  und  wer  von  mir  trinket ,  den  dürstet  jmer  nach  mir. 
Sir.  24,28.29;  gott  hab  jmer  lolt.  2  Macc.  1,17;  nemet  jincr 
zu  iu  dem  werk  des  herrn.  1  Cor.  15, 5"> ;  lasset  uns  ablegen 
die  »Unde,  so  uns  jmer  anklebt  und  Irege  macht.  Hebr.  13,  i ; 

1*1  coli  mein  Koit  und  ich  sein  knecbl, 

•0  lian  ich  iiiiii  vuraui  mit  recht 

ein  immer  heilsam  glücke  schlicaien.    GÜNTliit  87; 


2069 


IMMER 


IMMER 


2070 


du  (kuckuck)  nennest  immer  deinen  namen ; 
dein  ausruf  handelt  nur  Ton  dir.    Hackdor?»  3,  99; 
es  kann  ja  nicht  immer  so  bleiben 
hier  unter  dem  wechselnden  mond.    Kotikbük; 
immer  strebe  lum  ganzen.    Schiller  votivtafeln  16; 
nur  zwei  tugenden  giebts;  o  wären  sie  immer  vereinigt; 
immer  die  güie  auch  grosz,  immer  die  grösze  auch  gut! 

gute  und  grösze; 
immer  niedlich,  immer  heiter, 
immer  lieblich !  und  so  weiter, 
stets  natürlich,  aber  klug.    Göibk  3,  157. 

immer  in  diesem  sinne  rerlritt  ein  adjectiv: 

eine  blond  und  eine  braune 
schlagen  sich  jetzt  um  mein  herz ; 
eine  mit  immer  schlimmer  iaune, 
eine  mit  immer  lust  und  scherz.    5",  172. 

immer  bei  interjectionen :  ach  weh  mir!  ach  weh  mir!  ach  weh 
und  immer  weh !  Zese."«  Assenat  (1679)  9 ;  wie  mhd. 

iemer  mßre  ouwe  !  Waithsr  124, 17.  34 ; 
schade  und  immer  schade,  dasz  er  hat  so  enden  müssen!; 
und  in  dem  ähnlichen  ßgungen:  da  beklagte  der  penal  das 
pferd ,  dasz  es  immer  schade  sei ,  dasz  es  in  der  schinder- 
gruben liege.  ScHUPPics  117;  es  ist  immer  schad,  dasz  du 
nicht  an  einem  solchen  ort  sein  soll!  203; 

het  ichs  niht  immer  schände,  ir  soldet  fiiesen  da^  leben. 

ISib.  2249,4. 

4)  gern  mrd  immer  der  bedeutung  nach  verstärkt. 

a)  durch  ein  beigesetztes  u-ort  ähnlichen  sinnes,  ewig,  für  und 
für,  oder  durch  Wiederholung ,  schon  ahd. :  do  fertiligotost  dft 
dero  ubelon  namon  iemer  in  euua  {in  aeternum  et  in  saeculum 
saeculi).  Notier  2,  41'  Hattemer; 

mhd.  so  woldih,  daj  mih  yerwijje 
got  von  sinem  riebe 
imer  Ewigliche.    Lampr.  Alexander  3674. 

nhd.  gott  dein  stuel  bleibt  jmer  und  ewig.  ps.  45, 7 ;  bis  sie  ver- 
tilget werden  jmer  und  ewiglich.  92,  S;  ich  weis,  wer  jemals 
des  todes  schrecken  oder  last  gefület  hat,  der  würde  gerne 
eine  saw  dafür  sein,  ehe  er  solchs  jmer  für  und  für  tragen 
wolle.  Luther  8,  lOi';  du  ..  lebest  nimmermehr  eine  stunde 
so  sicher,  sanft  und  still,  als  ich  jmer  für  und  für  lebe. 
ebenda;  lasz  mich  immer  ewig  davon  rennen!  Schiller  rduber 
5,2;  immer  und  ewig  von  einer  sache  reden  zu  hören,  .  . 
dazu  will  meine  geduld  nicht  ausreichen.  Göthe  19, 194 ;  nun 
aber  immer  und  immerfort  den  rüstigen  kutscher  spielend, 
beschädigt  er  sich.  45,  25S ;  es  brachte  ihn  aber  fast  aus  dem 
bauschen,  immer  und  immer  zeit  verlaufen  zu  müssen.  J.  Gott- 
helf  schuldenb.  259 ; 

lob  sei  gott  dem  vatter  fron, 

lob  sei  gott  seim  eingen  son. 

lob  sei  gott  dem  heiigen  geist 

immer  und  in  ewigkeit.    Lobwasser  ps.  (1595)  129*. 

b)  durch  doppeltes  setzen  des  bei  immer  stehenden  namens, 
adverbs  oder  verbums:  krank  und  immer  krank  sein  verbittert 
das  leben;  dulden,  immer  dulden  predigt  man  mir;  Vrcneli 
sagte,  es  danke  dem  lieben  gott,  dasz  dies  überstanden  sei, 
das  g'schaue  und  immer  g'schaue  hätte  ihm  fast  das  herz 
abgedreht.  J.  GoTTHEtr  Uli  d.  pächter  (1870)  315. 

5)  immer,  in  Verbindung  mit  praepositionen ,  auf  immer,  für 
immer:  unglück  über  Unglück  für  immer  und  immer  auf  die- 
jenige, die  zum  ersten  male  nach  mir  diese  lippen  küsztl 
GöTHE  25, 2S5 ;  die  Staatenversammlung  wird  einmal  für  immer 
verworfen.  Schiller  S04;  sein  urtheil  war  einmal  für  immer 
gesprochen.  1064;  die  allgemeine  protestantenverbindung  .  . 
misslang  ihm  für  jetzt  und  für  immer.  970; 

hier,  Roderich,  siehst  du  zwei  feindliche 
gestime,  die  im  ganzen  lauf  der  zelten 
ein  einzig  mal  in  scheitelrechter  bahn 
zerschmetternd  sich  berühren,  dann  auf  immer 
und  ewig  auseinanderlliehn.     don  Caihs  1,2; 
ins  zweite  jähr  schon  schleicht  die  Unterhandlung; 
erfolgt  auch  diesz  mal  nichts,  so  will  der  kanzler 
auf  immer  sie  für  abgebrochen  halten. 

Wallensteins  tod  1,  5. 

6)  statt  dasz  immer  auf  die  Zukunft  deutet,  bezieht  es  sich  nur 
auf  eine  gegenuart  die  mit  der  Vergangenheit  in  Verbindung  tteM: 
er  ist  einmal  gefallen,  und  seither  leidet  er  immer  am  köpfe; 
ich  glaubte  bisher  immer,  er  meine  es  ehrlich,  aber  jetzt 
werde  ich  es  nicht  mehr  glauben ; 

des  min  herze  inneclichen  kumber  lidet  iemer  sit. 
Walthe«  119,  23. 
dieser   sinn   wird  namentlich  auch  durch  das  zu  immer  tretend* 
noch  hervorgehoben,  mhJ.  hiesz  es  daßr  ie-nöch: 


ienoch  stet  daj  herze  min  in  ir  gewalt, 

der  ich  den  sumer  gedienet  hän.    minnes.  früht.  38,  1 ; 

derhalben  werfen  sie  ir  netze  noch  jmer  aus,  und  wollen  nicht 
aufliören,  leute  zu  erwürgen.  Habacuc  1, 17 ;  ir  gebeine  grünen 
noch  jmer,  da  sie  ligen.  Sir.  46, 14 ;  er  ist  immer  noch  der 
alte;  unsere  freundschaft  ist  immer  noch  so  warm,  wie  vor 
Jahrzehnten ; 

stolzer  schönen  grausamkeiten 

sind  noch  immer  ungemein.    Hagedobti  3,  56. 

Statt  dessen  auch  einfaches  immer:  er  kommt  immer  nicht! 
und  ich  warte  schon  zwei  stunden.  Güthe  8,  208.  —  in  er- 
xählungen,  tco  immer  noch  ettcas  von  früher  dauerndes  bis  auf 
einen  geu^issen,  für  die  zeit  der  erzählung  als  gegenicart  geltenden 
Zeitpunkt  führt:  ich  wartete  immer  noch,  die  frühern  späsze 
sollten  zum  Vorschein  kommen.  Göthe  24, 185 ;  versuchte  die 
kraft  meiner  laschen  und  fand  sie  noch  immer  bewährt. 
23,  81 ;  eine  stunde  vergieng  nach  der  andern,  und  Biondillo 
kam  noch  immer  nicht.  Schiller  7, 138  Kurz  {geisterseher). 

7)  immer  wird  endlich  auch  auf  die  schon  abgeschlossene  Ver- 
gangenheit bezogen  : 

mhd.  der  selbe  guote  kneht, 

SW&  er  den  sumer  hin  vertreip, 
den  Winter  er  immer  beleip 
bi  Artus  massenie.    Lanz.  7071; 

nhd.  so  lange  er  lebte,  wohnte  er  immer  in  diesem  hause; 
er  war  immer  liebenswürdig  gegen  mich ;  lies  einen  raben 
ausQiegen,  der  Qog  jmer  hin  und  wider  her.  l  Mos.  8, 7 ;  da 
sie  jre  klagwort  jmer  widerholet,  rieht.  5,  29 ;  sie  thun  dir,  wie 
sie  jmer  gethan  haben.  1  Sam.  s,  S  ;  die  härte,  womit  man  jetzt 
und   immer  gegen  die  Protestanten  verfahren.   Schiller  848; 

so  wars  immer,  mein  freund,  und  so  wirds  bleiben. 

votivtafeln  58; 
war  es  immer  wie  jetzt?   jettige  generation. 

8)  die  bedeutung  der  stdtigkeit,  die  in  immer  liegt,  Idszt  es 
zu  comparaliven  treten,  um  eine  fort  und  fort  wachsende  stärke 
des  begriffs  zu  bezeichnen :  und  der  posaunen  dohn  ward  jmer 
stei  ker.  2  Mos.  19, 19 ;  er  ward  berümbt  bis  man  kompt  in 
Egypten ,  denn  er  ward  jme^  sterker  und  sterker.  2  chron. 
26,8;  Schemen  müssen  sie  sich  und  erschrecken  jmer  mehr 
und  mehr.  ps.  83, 18 ;  wie  jr  sollet  wandeln  und  gotte  ge- 
fallen, das  jr  jmer  völliger  werdet.  1  Thess.  4, 1 ;  der  tabaks- 
dampf,  der  immer  stärker  und  stärker  wurde.  Göthe  18, 139 ; 
behandelte  meinen  immer  kränkern  mann  mit  warmer  sorge. 
19^105;  ich  ward  immer  heftiger  und  heftiger.  23,80;  Tcr- 
lischt  hingegen  das  andenken  der  urgestalten  immer  mehr 
und  mehr,  so  treten  die  nachbildungen  unvermerkt  an  ihre 
stelle.  24, 193;  fiel  ich  desto  entschiedener  in  Verzweiflung,  als 
ich  mich  in  einem  kleinen  Spiegel  nur  theilweise  betrachten 
konnte ;  da  denn  immer  ein  theil  lächerlicher  aussah  als  der 
andre.  25,350;  der  düstre  harfenspieler  wird  immer  düstrer 
und  geisterhafter.  Schiller  an  Güthe  1,  80 ; 

darnach  ich  jmmer  weiter  geh.    H.  Sachs  1,  484*; 

ich  sag  euch,  gebt  nur  mehr,  und  immer  immer  mehr. 

Göthe  12,  13 ; 
da  schlug  der  greis  die  seilen :  er  schlug  sie  wundervoll, 
dasz  reicher,  immer  reicher  der  klang  zum  obre  schwoll. 

Uhland  ged.  390. 
immer  in  doppelter  Stellung,  wie  je  —  je  : 

frauen  denk  ich  auch  zu  sehn, 

die  den  ehegatten, 

ward  er  immer  brummiger, 

immer  lieber  hatten.    Göthe  1,  152; 

auch  bei  verben  oder  adverbien,  die  einen  comparaliven  sinn  ent- 
halten :  er  trachtet  sein  vermögen  immer  zu  vermehren,  seine 
Verbindungen  immer  zu  erweitern ;  er  getraute  sich  nicht  die 
kinder  zu  verlassen  und  sah  das  unglück  sich  immer  ver- 
gröszern.  Göthe  19, 222 ;  wir  müssen  immer  vorwärts,  immer 
fortschreiten;  und  er  zog  jmer  fort  von  mittag,  bis  gen 
BethEl.  1  Mos.  13,  3.     vgl.  auch  immerzu,  immersinkend. 

9)  immer  hyperbolisch  ßr  häufig,  gewöhnlich,  oft :  unter  den 
stolzen  ist  jmer  hadder.  spr.  Sal.  13,10;  und  war  jmer  zank 
zwischen  den  hirlen.  1  Mus.  13, 7 ;  das  beste  verliehrt  man 
immer  am  ersten,  optima  prima  fere  rapiuntur.  Steinbach  1,810; 
auch  in  Verbindung  mit  negationen:  er  hat  immer  kein  geld; 
er  ist  immer  nicht  zu  hause. 

10)  der  begriff  des  steten ,  jederzeitigen ,  der  in  immer  liegt, 
ändert  sich,  wenn  es  eine  handlung  oder  einen  zustand  bestimmen 
hilft,  der  sich  wiederholt,  ofinc  stete  dauer  zu  haben,  es  heisxt 
dann  soviel  wie  jedesmal: 

130* 


2071 


BIMER 


IMMER 


2072 


mUd.    immer,  als  dicke  er  trat, 

liut,  belle  liior  von  siner  stat, 
da?  e  was  gestanden.     I'arz.  567,  1 ; 
ich  inac  wol  diu  unp^evüei^c  schelten, 
du  muost  immer  wider  mich  sd  gelfer  worle  cnkcllen. 

Nkiduart  23,  :iU ; 

nhd.  immer,  wenn  er  kommt,  bringt  er  eine  neuigkeit  mit; 
man  mag  ihn  abweisen  so  oft  man  will,  er  kommt  immer 
wieder;  sie  versuchten  gott  jmer  wider,  ps.  "8,14;  das  ich 
euch  jmer  einerlei  schreibe,  verdrcuszt  mich  nicht,  und  machet 
euch  desle  gewisser.  Phil.  3, 1 ;  nur  dasz  ich  es  {das  kästelten) 
immer  in  und  aus  dem  wagen  hob,  und  mich  wie  vormals 
mit  dem  verschlusz  der  ihüren  beschäftigte.  Göthe  23, 81 ; 
hast  recht,  fiau!  hast  immer  recht!  Wagner  kinderm.  24; 

sie  sagen,  immer  wenn  die  jahrszeit  naht, 
wo  man  des  heilands  ankunit  feiert,  singe 
die  ganze  nacht  duicli  dieser  Iriihe  vogel. 

Sliakesp.  flainlet  1,  1. 
11)  immer  verallgemeinert  zu  der  bedeutung  jemals,  je,  mhd. 
luniühst  wenn  dieses  je  in  die  Zukunft  weist: 

si  darr  des  niht  denken  daj  ich  mincn  muot 
iemer  bekerc  an  dehein  ander  wip. 

minnes.  frühl.  114,  13  ; 

gewinne  er  immer  herzeliep, 

dai;  stel  im  der  minnediep.    Neiduaht  24,  9 ; 

welle  ich  da^  brechen 

odr  immer  versprechen 

mit  ungcduldc,  so  lä^c  mich  vri.    Lichtewstein  135,  2!»; 

des   getrouwe   ich   iwern   {frau  Minne   ist  angeredet) 

gnaden  uiht, 
da^  ir  der  werden  zuversilit, 
die  ich  gein  miner  vrowen  liän, 
mich  immer  heilet  abe  gestän.    145,  21 ; 

und  diese  Verwendung  dauert  auch  später:  wiltu  ymmer  zu  einem 
chrisllichen  und  ganz  geistlichen  leben  komen,  so  mustu  ein 
ganz  gewarsamkeit  dyn  sclbs  haben.  Keisersberc  6i7(/.  9' ; 

wie  soll  es  immer  werden  gut 

im  reich,  wenn  ...     E.  Alberus  71; 

in  neg(üiven  salzen:  ist  noch  nie  kein  doctor  so  gelcret  ge- 
wesen ,  noch  wird  immer  sein ,  der  ein  gewisse  regel  gebe. 
Luther  1,  CC';  denn  welcher  feind  der  klaren  schrift  nicht 
gleubt,  der  wird  freilich  keifier  veter  glosen  imer  gleuben. 
374";  rede  ein  jeder  uf  einer  siten,  wes  er  welle,  sye  im  ver- 
zigen,  aber  kein  gottslesterung  will  ich  immer  lyden.  Zwincli 
1,  91.  doch  tvird  immer  in  diesem  sinne  auch  auf  die  Vergangen- 
heit bezogen: 

wo  hat  man  das  ie  mer  erfunden, 

dasz  ein  volk  hab  seinen  got 

also  gar  lür  einen  spot!     Scuade  snt.  1,  15,98; 

seit  immer,  seit  je,  von  jeher: 

wüst  (wisspl)  frau  mich  hat  beschaiden 

enr  würdigs  lob  so  gar, 

das  ich  seit  imer  bin  gedenken 

wie  gott  so  rainen  wünsche 

in  ain  person  tliet  senken. 

I'ÖTKHiciis  ehrenbrief,  bei  Haupt  6,33. 

12)  die  bedeiüung  jemals  ist  umgeschlagen  zu  einmal,  einst, 
in  lukunß: 

und  dachten  bei  der  zeite 

wie  wir  werden  imer, 

seindt  dise  weldt  nun  geilhe  (quitt,  verfirlil), 

je  sieszer  hie,  und  dort  ewig  je  grimer. 

iliisi-lb*!,  Ilniipt  6,  43. 

13)  der  allgemein  gewordene  sinn  von  immer  (»o.  11)  zeigt  sich 
auch  in  noch  andern  Verwendungen. 

a)  in  den  Verbindungen  wie  iinuier,  was  immer,  als  immer, 
SU  viel  immer  hebt  es  einen  gradbegriff  zu  seiner  höchsten  stärke, 
indem  es  ihn  in  beziehung  zu  einer  steten  zukunft  setzt :  können 
jhin  iiachümen  in  allem,  dasz  jncn  jmmer  müglich  ist.  Kischart 
bienk.  t4s';  ich  habe  seinen  tod  empfunden,  als  man  nur  immer 
einen  solchen  zufali  empfinden  kann.  Lessijig  12,159;  ich 
niüxzte  liir  ihren  frevel  biLszen,  so  unschuldig  ich  immer  bin. 
WitLAKD  11,  IßS;  die  zärtliche  Sorgfalt  ..,  als  nur  iuuner  die 
stärkste  persönliche  Sympathie  lilitte  liervorhringen  können. 
SciiiixER  765;  der  üherselzer  iint  sicii ,  so  viel  immer  mög- 
lich, bestrebt. .  Il(i7;  die  vortheile,  die  der  allerweileste  kreis 
der  lescr  und  kiiufer  einem  autnr  nur  immer  verscharren  kann, 
an   Cölhe  1,  3; 

verttofz  ja  nicht  in  deinem  grimm 

mich  deinen  knecht,   wie  immer  schlimm. 

Wkckiunlin  121 ; 
dan  wie  grntr.  immer  meine  (chuld, 
wi«  immer  ich  fiir  iiraf  erduid.    rlirmln; 
•chau  an  diu  groiie  da«,  das  F«bu>  gftui  umrennen, 
wie  »tarfc  e»  itnmur  1>I,  noch  wird  e*  muimen  bn-nnan. 

r   l'i.kMiNb  :>H. 


b)  frag-  und  andere  pronomina  werden  durch  immer  zu  un- 
bestimntten :  wer  immer,  was  immer,  wo  immer;  wer  immer  das 
gesagt  hat,  er  hat  gelogen;  was  du  inuncr  hörst,  schweige; 
wie  immer  sich  das  verhallen  mag ;  es  treffe  mich  an  wer 
immer  wolle.  I'hilander  2,30;  doch  dem  sei,  wie  ihm  immer 
sei.  Lessing  8, 403 ; 

mir  sagt  Pseudo  halb  sich  zu;  einem  andren,  auch  so  viel; 
und  das  herie,  hält  er  ihm;  nehm  ihn  gar,  wer  immer  wil. 

LoGAU  2,88,50; 
wer  lügend  hat  und  kunst,  wird  nimmer  nie  vertrieben, 
ist,  wo  er  immer  ist,  als  wie  zu  banse  blieben.    3,  225,  39; 

so  vil  ich  yemer  mag,  als  v»yt  sich  mein  vermügen  streckt, 
quantumcunque  possum.  Maalek  509*;  sei  mir  ein  starker  ort, 
dahin  ich  jmer  fliehen  müge.  ps.  7i,3.  in  ähnlichem  falle  immer 
für  wenn  immer : 

wider  willen  schluckt  ich  das  zeug,  wie  sollt  es  gedeihen? 
kann  ich  es  immer  vermeiden,  so  bleibt  mirs  ferne  vom  gaumen. 

GöTUS  40,  23. 

c)  Zahlwörter  werden  zu  distributiven,  wie  sonst  durch  ]e:  ihr 
geht  immer  zwei  und  zwei;  in  gliedern  von  immer  vier  wurden 
die  theilnchmer  des  zuges  aufgestellt. 

d)  immer  tritt  zu  imperativen,  wenn  durch  sie  mehr  die  er- 
laubnis  als  der  befehl  ausgedrückt  wird:  in  einer  stunde?  ach 
bleiben  sie  immer  ein  wenig  länger.  Lessing  2,405;  erlauben 
sie  mir  immer,  mich  ein  wenig  possierlich  auszudrücken. 
C,  222 ;  lassen  sie  mich  immer  hören ,  wie  ihr  verdrusz  aus- 
sieht. Kunger  1,  127;  wenn  du  mich  um  dieses  Schnick- 
schnacks willen  aus  der  liöile  gerufen  hast ,  so  lasz  mich 
immer  wieder  abziehen.  3, 50 ;  laszt  sie  immer  gehen ,  sie 
kommt  schon  wieder!   Göthe  25,343; 

du  rufer  zwischen  röhr  imd  Sträuchen  (kiicUuck), 
schrei  immer  rautliig  durch  den  wald !     IIaceuorn  3,99; 
immer  zerreiszet  den  kränz  des  Homer,  und  zählet  die  väter 
des  vollendeten  ewigen  werks!  Schiller  Itius; 

ich  vermags, 
mein  vaterland  zu  retten.    lasz  miclis  immer!    Iphig.  5,5; 
der  graf  im  behagen  des  trauraes : 
bedienet  euch  immer  des  raumes !    Göiui  1,  1%; 

in  der  fügung  immer  her!  wo  der  imperativ  gieb  ausgelassen  ist: 

nichts  ist  womit  ihr  sinn  sich  zu  vergnügen  (ftcjuMgcn)  wüste ; 
sie  sagen:  immer  her!  man  gibt  soviel  man  hat.    Abscuatz  V.iä  ; 

ebenso  zu  sohlte  erlaubnis  ausdrückenden  indicativen  und  con- 
juncliven : 

ehret  ihr  immer  das  ganze;  ich  kann  nur  einzelne  achten. 

Scuiller  diu  ehrtriirdiijf ; 
immer  treibe  die  furcht  den  sklaven  mit  eisernem  stabe. 

vdlivlafeln  35 ; 
da  diesz  bekenntnis  im  voraus  ich  abgelegt, 
so  darf  ich  immer  sagen  :  komm.    I'laten  2,  222. 

e)  immer  3«  einer  frage,  die  Verwunderung,  unentschlossenheit, 
zwei  fei,  bedenken  ausdrückt,  wo  der  heutige  Sprachgebrauch  aber 
gewöhnlich  denn  setzt:  wie  soll  ichs  denn  immer  machen, 
mein  herr  und  gott?  Scuurrius  414;  wenn  du  mich  nun 
führen  wollest  für  den  thron  deiner  strengen  gerechtigkeil, . . 
ach  wo  solle  ich  denn  immer  bleiben,  weil  ich  dir  nicht  eines 
für  tausend  antworten  könte?  445;  wie  wäre  es  immer  ge- 
kommen, dasz  . .  so  viele  Streitigkeiten  und  Unruhen  in  der 
kirche  entstanden  wären?  Lessing  8,422; 

was  will  du  mich  doch  immer  kerren?    II.  Sachs  1,  4SI*; 

was  sul  ich  immer  machen? 
mein  herze  wird  zertrennt  von  zweien  .schweren  Sachen  : 
hier  ist  mein  liebster  söhn,  und  liier  mein  liebster  mann. 

Opitz  I.  230; 
was  hat  der  deutsch«  krieg,  der  sich  so  lang  erstrecket, 
von  fruchten  und  von  nutz  doch  immer  ausguhccket? 

LoCAll  3,  90.  «9  ; 
sieh  freund  I  sieh  da !  was  gehl  doch  immer 
dort  für  ein  reizend  fraurnzimmer?    Lkssing  1,46; 
sprich,  rief  sie,  wie  e»  immer  kam, 
das«  man  dir  deine  Inilieii  nahm?    RELtMT  1,165; 
doch  sage  schnell,  wie  ging  es  immer  zu?    ROiIik  10,  200. 

/)  immer,  finen  alltjemeinen  ijrgcnsatz,  ein  bedenken  gegen  etwas 
vorhergegamjenes  andeutend,  in  u'elchem  falte  es  mit  imniertiin  irr- 
lauscht  werden  kann :  erlauben  sie  mir,  sag  ich,  ihre  schwesler 
immer  im  voraus,  als  uieine  freundinn  zu  betrachten.  I.kssinc 
t,356;  simpel  oder  nicht  simpel!  ein  weihsbild  ist  hall  ein 
Weibsbild !  und  die  unerfahrenste  gibt  uns  iiuiner,  was  den 
punkt  betrifft,  noch  aufziirathen.  11.  L.  W  aokr  Aiii(/#rm<iri/.  4.'>; 
genug,  in  diesem  gefulil  seiner  bisherigen  versi  Inveiidiiiig 
wollte  iiirin  vitter  jene  kupfer<liciic  soviel  wie  möglich  wieder 
hergestellt    wissen,    dasz    dieses  durch  bleichen  möglich  sei, 


2073 


IMMER— IM»IERD  AR 


IMMERFERTIG  —  DBIERHIN 


2074 


I 


war  bekannt:  und  diese  bei  groszen  blättern  immer  bedenk- 
liebe Operation  wurde  unter  ziemlich  ungünstigen  localum- 
ständen  vorgenommen.  Göthe  24,194;  hier  steht  auch  das 
vornehme  spielwerk,  die  Trajanische  süule,  in  modeil  ...  es 
ist  immer  ein  schön  stück  arbeit,  und  man  betrachtet  es 
gern.  27,10;  Ängelica  mahlt  mich  auch,  daraus  wird  aber 
nichts,  es  verdrieszt  sie  sehr,  dasz  es  nicht  gleichen  und 
werden  will,  es  ist  immer  ein  hübscher  bursche,  aber  keine 
spur  von  mir.  29, 8 ; 

gleich  erblickt  sie  diese  bunte  gäbe, 
staunt,  wie  immer  bei  verschlossiieii  thüren 
dieses  freundliche  geschenk  sich  fmde. 

2, 10"  (=  teälireiid  die  Ihür  doch  verschlossen  war) ; 
das  Schicksal  wollt  es  so!  ich  koonts  einmal  nicht  hindern; 
was  ich  nicht  ändern  kann,  das  will  ich  immer  lindern!    7, "76; 
was  die  neugier  nicht  thut!  so  rennt  und  läuft  nun  ein  jeder, 
um  den  traurigen  lUg  der  armen  vertriebnen  zu  sehen ; 
bis  zum  dammweg,  welchen  sie  ziehn,  ists  immer  ein  Stündchen, 
und  da  l-äuft  man  hinab,  im  heiszen  staube  des  mittags.    40,233. 

g)  immer  endlich  bei  vergUichungen :  es  ist  immer  einer  zu 
einer  gewissen  krankheit  mehr  geneigt,  sunt  alii  ad  alins  morbos 
procliviores.  Stieleb  &S5;  es  ist  immer  einer  schlimmer,  als 
der  andere,  alius  alio-ncquior.  ebenda;  es  hält  einer  immer 
eine  andere  weise,  aliis  äliits  vivendi  mos  est.  ebenda;  es  hat 
immer  einer  besser,  als  der  andere  geredet,  alius  plerumque 
alio  gravius  atque  ornalius  dixit.  Steinbach  1,  $10;  und  das 
getrenk  trug  man  in  gülden  gefeszen,  und  immer  ander  und 
andern  gefeszen.  Esther  l,  7. 

LMMERBREN.NEND ,  part.:  dasz  .  .  eine  immerbrennende 
lampe  gestiftet  werden  sollte.    Göthe  17, 406. 

IMMERDAR,  adv.  das  durch  das  adverbium  dar,  mlid.  dare 
dar  {mhd.  üb.  1, 307*),  uelches  auch  eine  zeitliche  betcegxing  aus- 
drückt, verstärkte  immer  seit  dem  16.  jahrh.  häufig  begegnend: 
yemerdar,  allwäg,  semper,  perpetuum,  perpetuo,  perenue,  noctes 
atque  dies  Maaler  509*.     Es  steht,  wie  immer, 

1)  zur  bezeichnung  einer  Zeitdauer,  deren  künßiges  endziel  niciU 
abzuseilen  ist:  auf  welch  land  der  herr  dein  gott  acht  hat, 
und  die  äugen  des  herrn  deines  gottes  jmerdai'  drauf  sehen, 
von  anfang  des  jars  bis  ans  ende.  5Afos.  11, 12;  er  (der  gott- 
lose) feret  fort  mit  seinem  thun  jmerdar.  ps.  10,5;  werde 
bleiben  im  hause  des  herrn  jmerdar.  23,6;  ich  wil  den  herrn 
loben  alle  zeit,  sein  lob  sol  jmerdar  in  meinem  munde  sein. 
34,2;  ich  wil  nicht  jmerdar  haddern,  und  nicht  ewiglich 
zörnen.  Jes.  57, 16;  danket  im  alle,  denn  er  ist  gütig  und  hilft 
jmerdar.  Judith  n,2i;  was  er  bescheret,  das  gedeict  jmerdar. 
Sir.  11,16;  gib  uns  \  unser  teglich  brot  jmerdar.  Luc.  11,3; 
gib  .  .  das  sich  auch  desselbigen  (gottes)  namens  erkäntnis 
und  herrligkeit  immerdar  mehr  und  mehr  auszbreite.  Schup- 
pius  439; 

dein  Zeugnis,  herr,  besitz  ich  immerdar. 

Opitz  psalmen  t.  233; 

mein  liebchen  sollst  immerdar  bleiben.    Borger  61'; 
formelhaß  immerdar  und  ewig,  in  perpetuum  Steinbacii  1,255; 
in  der  formet  nun  und  immerdar  der  gegenwart  entgegengesetzt : 

alles  leid  und  misbehagen, 

jede  sorge,  jede  last 

war  ich  ganz  allein  zu  tragen 

nun  und  immerdar  gefaszt.    Böbckr  6*. 

2)  gern  in  Verbindung  mit  der  praep.  auf: 

ein  einzger  blick  zeigt  ihm,  was  er  besessen, 
zeigt  ihm,  was  er  auf  immerdar  verloren. 

Schiller  Curtus  1,  4  ; 
I).  ists  vorbei 
mit  seinem  glück?    Utitiler.  vorbei  auf  immerdar. 
Walletisteius  tnd  5,  2 ; 
er  ist 
dahin,  ist  fort  auf  immerdar.    Teil  4,2. 

3)  immerdar  auf  eine  schon  abgeschlossene  Vergangenheit  sich 
hexiehend  (vie  immer  7  jp.  2070):  da  aber  der  herr  sähe,  das 
der  menschen  bosheit  gros  war  auf  erden,  und  alles  lichten 
und  trachten  jres  herzen  nur  böse  war  jmer  dar.  l^os.  6,5; 
auferzogen  in  den  Worten  des  glaubens  und  der  guten  lere, 
bei  welcher  du  jmerdar  gewesen  bist.  1  Tim.  4,  6;  ich  bin  vor 
(zut'or)  yemerdar  darmitt  umbgangen,  usque  dudum  id  egi. 
Maaleb  509';  nun  hab  er  immerdar  tust  gehabt  zu  der  teut- 
schen  poesi,  und  hab  exercitii  gratia  die.se  lateinische  pasquill 
in  teutscbe  vers  bracht.  Schuppius  254. 

4)  immerdar,  von  einer  oß  oder  regelmdsxig  wiederholten  Hand- 
lung (vgl.  immer  10  *p.  2071):  ich  merke,  das  dieser  man  gottes 
heilig  ist,  der  jmerdar  hie  durchgehet.  Ikön.  4,9;  denn  du 
hast  jmerdar  dein  joch  zubrochen  und  deine  band«  zurissen. 


Jer.  2, 20 ;  yemerdar,  oder  merteils  wandlende,  peregrinabundus. 
Maaler  509';  das  kumpt  mir  yemerdar  wider  inn  sinn,  ich 
kan  desse  nit  vergössen,  recursar  hoc  animo.  ebenda. 

IM.MERFERTIG,  adj.  paratissinius  ad  omnia,  allzeitfertig. 
Stieler  406. 

IMMERFORT,  adv.  in  steter,  ununterbrocliener  dauer,  oder 
auch  nur  (wie  immerdar  4)  in  regelmäsziger  Wiederholung:  aber 
dis  volk  hat  ein  abtrünniges,  ungehorsames  herz,  bleiben 
abtrünnig  und  gehen  jmer  fort  weg.  Jer.  5, 23 ;  ein  grober 
ungezogen  mensch  plaudert  unfursichtiglich,  und  wesscht  jmer 
fort,  wie  es  jm  einfell.  Sir.  20,  21 ;  sie  verneuerten  ihre  be- 
stendigkeit  immerfort,  pdit.  stockf.  345;  wenn  sie  ihre  dich- 
terischen freunde  und  freundinnen  nur  immerfort  aufmuntern. 
Göthe  an  Schüler  l,  360;  dachte  ich  abermals  nicht  an  meinen 
beutel,  sondern  zahlte  und  spendete  immerfort,  so  wie  es 
eben  vorkam,  werke  23, 7S ;  so  lange  noch  etwas  im  beutel 
war,  hatte  ich  immerfort  bezahlt.  Sl ; 

es  winkt  mir  immerfort.    Sliakesp.  Hamlet  1,4; 

still  I  am  caird. 
IMMERFORTIG,  adj. :  jene  stete  bewegung  und  dabei  immer- 
forlige  Sicherheit  der  volkssagen  stellt  sich,  wenn  wir  es  deut- 
lich erwägen,  als  eine  der  trostreichsten  und  erquickendsten 
gaben  gottes  dar.  Grimx  deutsche  sagen  l*  s.  viii. 

IMMERFRISCH,  adj.  und  adv.,  aus  immer  tini  frisch  zusam- 
mengerückt: sie  (die  künstlichen  blumen)  blühen  immerfrisch. 
Götter  1, 1S6. 

IMMERFROH,  adj.   zusammengerückt  aus  immer  und  froh: 

der  mit  immsrfrohem  muth 

durch  das  leben  schlüpfet.    Gottkr  1, 109. 

IMMERGLEICH,  adj.: 

der  immergleiche  sinn,  den  fälle  nicht  zerrütten. 
IIagkoorn  1,  16. 

IMMERGRÜN,  adj.:  umgeben  von  romantischen  bügeln, 
welche  mit  blühenden  büschen  und  immergrünen  eichen  be- 
deckt sind.   Göthe  37, 147  ; 

drum  ist  dir  (der  fichle)  auch  verehret 
zum  zeichen  deiner  trew  das  immergrüne  kleid.    Locau  1, 191 ; 
anmuthig  thal!  du  immergrüner  hain!    Göthe  2,  145; 
dürr  wird  das  laub  der  immergrünen  eichen.    Rückert  2S8. 

IMMERGRÜN,  n.  das  substantivisch  gesetzte  neulrum  des  vorigen 
adj.:  das  schöne  immergrün  dieser  blätter.  auf  verschiedene 
pflanzen  mit  immergrünen  blättern  bezogen,  vornehmlich  auf  viuca 
major  und  minor,  das  in  einer  altern  Zusammensetzung  gleichen 
Sinnes  sin-grün,  und  auch  in-grün  (s.  </.)  heiszt.  Nem.mch  4, 1567 ; 
aber  auch  auf  sempervivum,  hauswurz.  4, 127S;  liedera  helix,  epheu. 
3, 107 ;  und  aizoon.  l,  131 ;  immergrün  est  planta,  dicta  sedum 
majus  et  barba  Jovis,  alias  hauswurz.  Stieler  709;  immergrün, 
ein  kraut,  amerimnon;  sedum  majus.  Frisch  1,37S';  gern  bild- 
lich gebraucht :  über  das  immergrün  unserer  gefühle.  J.  Paul 
kl.  bücherschau  2, 97 ;  die  blumen  (gelegenheitsgedichte),  auf  diese 
art  entstanden,  sind  . .  von  allen  Zeitgenossen  gekannt,  und 
werden  es  noch  von  der  nachweit  sein;  —  ein  immergrün 
für  alle  zeiten.  Sculichtecroll  bei  Gotter  3,  xiv; 

{ich  wünsche)  dasz  alle  blumen  mögen  blühn 

und  grünen  alle  bäume, 

wie  mir  aus  holTuuugs  immergrün 

der  Zukunft  rosenträume. 

RöcKKRT  1  (1S6S)  593  (lichesfrfihl.  6, 4). 
I.MMERHENKER,  m. :  das  ir  herr  wol  möchl  heiszen  imer- 
henker  oder  imerstockmeisler  (als  gegensatz  zu  ewiglich  valer 
vorher),  denn  da  ist  weder  veterlich  noch  kindlich  reginient 
oder  wesen,  sondern  eilel  henkerisch  und  scbelkisch  regiment, 
da  der  henker  vater  ist.  Luther  3, 185*. 

I.M.MERHIN,  adv.,  das  mit  dem  adterb  der  richtung  hin  ver- 
bundene immer,  im  16.  jahrh.  noch  getrennt  (vgl.  unten  3  die 
stelle  aus  Luther): 

sie  mügen  imer  hin  weit  von  uns  draben. 

Schade  sat.  1,  65,355; 
und  l)  rein  temporal,  erstreckung  auf  eine  ins  künßiye  laufende, 
ungemessene  Zeitdauer,  wie  ferner,  fortan,  immer  weiter,  aus- 
drückend.* und  das  gewesser  verlief  sich  von  der  erden  jmer 
hin,  und  nam  abe.  iMos.S,:^  (gegen  r.  5:  es  verlief  aber  das 
gewesser  fort  an  und  nam  abe) ;  wer  böse  ist,  der  sei  jmer 
hin  böse,  und  wer  unrein  ist,  der  sei  jmer  hin  unrein,  aber 
wer  frum  ist,  der  sei  jmer  liin  frum,  und  wer  heilig  ist,  der 
sei  jmer  hin  heilig,  offenb.  22,11;  darumb  dann  auch  noch 
jmmerhien  trachte,  wie  ich  in  einem  anderen  stand  und 
slath  .  .  meine    tage    mit    heil   vollführen  könte.    Philahoer 


2075^ 


IMMEBHIN  —  WßrERLEHRER 


IMMERLICHT  —  IMMERMEIIR 


2076 


2,20;  mag  sein,  dasz  du  heute  deine  tinklur  für  gediegenes 
gold  austropfest,  wird  aber  nicht  immerhin  dauern.  Stürz 
1,213; 

ach !  dasz  sie  wüste  nur  die  kleinsten  meiner  nölhen, 
so  würde  sie«inich  doch  auT  einmahl  lassen  tödten. 
nun  sterb  ich  immer  hin,  und  sterbe  nimmer  doch. 

P.  Fleming  (i21. 

2)  ah  ermunternder  ausruf  {wie  auf!  vorwärts!   fort!): 
immer  hin  zum  dritten  male  I  was  gedrittet,  ist  vollkummen, 
drei  sind  aller  guten  dinge :  was  nur  gut,  ist  gut  mit  summen ! 

LocAU  3,  85  (an  einen  qiiten  freund,  zum 
drittenmal  brduligam). 

3)  immerhin  in  abgeblasxler  bedeulung,  erlaubnis,  freiheit  zu 
einer  in  die  zukunß  reichenden  Handlung  anzeigend,  bei  Luther 
noch  getrennt:  erstlich  wollt  ich  wundschen,  wenn  sie  ja  wollen 
einen  konig  wählen  . .  dasz  e.  k.  f.  g.  im  namen  gottcs  imer 
mit  hin  hülfe  wählen,  br.  4,201;  später  zusammengerückt: 

schlaf  immerhin  die  erste  zeit  des  lebensl 

dir  gab  die  gütige  natur 

den  süszen  hang  zur  ruhe  nicht  vergebens ; 

drum  schlafe,  knabe,  schlafe  nur!    Gotter  1,  172. 

in  der  neuern  spräche  häufig  gesetzt,  um  einen  Widerspruch, 
gegensatz,  ein  bedenken  einzuleiten,  oder  ein  solches  zu  enlkräßen 
{vgl.  immer  13,  f  sp.  2072):  nenne  die  tugend  immerhin  Schwär- 
merei ;  diese  Schwärmerei  macht  mich  glücklich.  Wieland 
1,206(172);  gut,  gut,  fiel  ihm  der  sultan  ins  wort:  wir  wollen 
immerhin  bekanntschaft  mit  ihm  machen,  wenn  es  auch  nur 
wäre,  weil  er  ein  söhn  der  schönen  Alabanda  war.  7,  7 ;  nun 
mochte  Engellrut . .  immerhin  kopfschmerzen  oder  grillen  in 
dem  köpfe  haben,  oder  arbeit  in  den  bänden:  sie  behielt 
jederzeit  eine  frei,  um  ihm  {dem  söhne)  damit  die  backen  zu 
streicheln.  J.  Paul  leb.  Fibels  14 ;  hofschulze,  sagte  der  bauer, 
es  kann  doch  nun  einmal  nichts  helfen,  kommt  also  nur 
immerhin  zum  stuhl,  denn  das  gericht  musz  gehegt  werden 
auch  ohne  dieses.    Immermann  Münchh.  4,52; 

Lominte.  ich  sorg,  ich  sorg,  mein  vater  wird  mich  zwingen. 
Lisetle.    o  zwingen  mag  er  immerhin, 

nur  lassen  sie  sich  nicht  bezwingen.    LE$sm6  2, 431; 

sei  immerhin  der  junge  hirt  verschwunden! 

Wieland  9,  320  (290)  ; 
sei  immerhin  der  schönste  unter  allen 
im  Frygerland,  sei  ein  Endymion, 
sei  ein-Narciss,  was  hast  dii  hier  davon? 

10,  100  (180). 

häufig  elliptisch  immerhin!  {zu  ergänzen  mag  es  sein  oder  ge- 
schehen) :  Valer.  und  werden  ausgezischt,  wie  die  schlechten 
komödienschreiber.  Le/io.  immerhin  !  Lessing  1,352;  aber  das 
fürchte  ich ,  dasz  man  mir  meine  obige  frage  zurück  geben 
wird  .  .  .  immerhin ;  ich  bin  wegen  der  antwort  eben  nicht 
verlegen.  6,  314 ;  immerhin  !  rief  der  sultan  ;  das  böse,  das  du 
von  ihm  sagen  wirst,  bleibt  unter  uns.  Wieland  7,  8 ;  immer- 
hin ,  sagte  der  sultan  lächelnd ,  wenn  dein  Tifan  auch  ein 
träum  wäre.  198; 

und  des  Undanks  spott  und  höhn 

giebt  für  wohlthat  schlimmen  lohn. 

immerhin!  ich  leid  es  gern.    Gönther  18; 

eine  närrische  kommission!  närrisch  immerbin;  genug,  dasz 
man  mich  bezahlt.  Lbssing  1,494; 

hat  die  misgunst  ihren  scherz, 

redet  falscher  freunde  tücke  : 

eitler  kummer  immerhin! 

nichts  beweget  meinen  .>^inn.    G(Jnther  02. 

IMMERJUNGFER,  f.:  was  stehet  im  Suidas  davon?  dieses: 
dasz  nema^d'Evoe  (immerjungfer)  ein  beinahme  der  furien 
gewesen  sei.  Lessinc  6, 270.  in  voüer  und  edlerer  form ,  von 
der  erde: 

du  immer-jungfrau,  du  der  sonne  braut. 

Herder  z.  tili.  4,  5G. 

IMMERKUH,  f.  eine  kuh  die  von  dem  hopterrn  oder  pdchter 
beständig  erhallen  und  nach  dem  tode  ersetzt  werden  musz,  eiserne 
kuh.  rechlsall.  503;  vgl.  auch  ewig  2,  Ihcil  3,  sp.  1202.  auch  rer- 
Iragnidtzig  immerfort  bestehendes  recht  auf  den  nutzen  oder  wert 
einer  kuh.  Sciim.   1,70  Fromm,     vgl.  iininerriiid. 

IMMKKLKÜKN,  n.  dauerndes,  ewiges  leben,  mhd.  iemer-lebcn 
(Ltxu  w6.  1,1415):  iinmerleben,  immortalUai  Stielk«  1008; 

ei  Itl  kein  immer  leben, 

ei  rouiz  geicheiden  leln.    geiitt.  lied  bei  MCtzill  lOTiS. 

allnrird.  heitzt  et  ei-llfd,  everlasting  life,  eternity.  VicrussoN  12ü'. 
IMMKKLKMHER,  m.  der  stets  lehrt:  jene  süszlirhen,  honig- 
Ihaingt'ii,  hli-izuckernen  iiiiinerichrcr  {es  ü<  ton  kinderrrzirhein 
du  rede).  J.  I'aijl  /.nxjna  2,  2(i. 


IMMERLICHT,  n.  lampe  die  in  kirrhen  und  kapeUen  unauf- 
hiiilich  brennend  erhallen  wird,  ewiges  licht.  Scum.  1,  70  Fromm. 

IMMEHMANGELNl),  part.:  als  "ich  ihn  das  erste  mal  sah  — 
und  mir  das  blut  in  die  wangen  stieg . .  und  mein  herz  den 
immermangelndcn  erkannte,  bekräftigte  {den,  der  mir  bis  dahin 
immer  gemangelt  halle).  Schiller  kab.  u.  liebe  1,3. 

IMMERMEHR,  adv.,  das  verstärkte  immer,  schon  mhd.  tritt 
zu  ieuier,  als  dessen  zweiler  theil  mer  {vgl.  sp.  206s)  nicht  mehr 
gefühlt  wird,  ein  nochmaliges  mere,  me  hinzu,  um  eine  künftige 
stete  Zeitdauer  zu  bezeichnen  {mhd.  wb.  2, 1, 15l).  diese  hinzu- 
fügung wandelt  sich  nach  und  nach,  und  seil  dem  17.  jh.  stets, 
in  feste  Verbindung  zu  einem  worte,  mit  dem  hochtone  auf  der 
ersten  silbe  (Iminormehr);  unterschieden  von  dem  getrennten 
immer  mehr,  in  wclcliem  immer  nichts  ist,  als  Verstärkung  des 
comparativs  mehr  {vgl.  immer  no.  8)  und  in  dem  daher  mehr 
den  hauptton  hat  (immer  mehr),  fehlerhaft  ist  in  dem  letzteren 
falle  immermehr  zusammengerückt:  auch  von  Leipzig  fanden  sich 
Zuschauer,  sie  sowohl  als  die  von  Halle  wurden  mit  unsern 
ernsten  bemühungen  immermehr  bekannt.  Göthe  31, 149.  — 
Für  immermehr  die  form  immermeder  {vergl.  über  meder  für 
mehr  beim  letztern  worte):  ain  lerch  die  hebt  an  an  der  erden 
und  schwingt  sich  hinauf  ymermcder  für  und  für  bisz  sy  ganz 
hinauf  kompt  .  .  .  aber  der  arm  heuschrickel ,  der  kan  nit 
hinauf  kommen,  er  feilt  ymermcder  herwider  ab.  Keisersrerc 
Spinnerin  {ISIO)  cl';  auch  ummermeder:  und  ist  nüt  den  ytel 
Unflat  mit  uns,  umcrmeder  angst  und  not.  Marie  himelf.  12* ; 
das  wenden  sie  umcrmeder  für.  16';  s.  auch  nacliher  l. 

immermehr,  dem  heutigen  sprachgebrauche  veraltet  {während 
die  negalion  nimmermehr  frisch  lebt),  bedeutet 

1)  immer  fernerhin,  fortwährend,  stets  von  neuem  {wie  immer  3 
jp.  2068):  wenn  du  dich  aber  allwegen  beclagst,  und  yemcr- 
meder  ein  liblöchlin  suchest.  Keisersbehg  bilg.  87';  das  herz 
fert  do  hin ,  wie  ein  ungeregiert  schifflin  uff  einem  wasser, 
den  do  hin,  den  widerümb  uff  ein  anders,  iemer  meder  das 
wasser  ab,  bisz  es  zerbricht.  113";  da  gedacht  er  ymmenneder 
an  die  fisch.   Sünden  des  munds  7*; 

darumb  sie  (die  Stadt  liotenhurg)  imermere 
der  wirdc  haubtstat  soll  sein  benant. 

Pütericu  citrenbrief  bei  Haupt  6,  33,  9 ; 
0  himclischer  vatler  mein, 
des  sei  dir  lob,  dank,  preis  und  er 
iezunt  ewig  und  immermer.    H.  Sachs  3,  186  Titim. 

auf  eine  Vergangenheit  bezüglich  {wie  immer  7  sp.  2070) :  sie  aber 
treib  ire  hurcrei  jmer  mehr  {xai  inXrj&vvas  rijv  rcoqreiav 
oov  Sept.).  Hes.  23, 19. 

2)  immermehr  je,  jemals,  wenn  es  in  die  zukunft  weist  {wie 
immer  11  sp.  2071) :  weh  dir  .lerusalem,  wenn  willu  doch  jmer 
mehr  gereiniget  werden?  Jer.  13,26;  so  wil  ich  doch  hiemit 
für  gott  und  aller  weit  bezeuget  und  bekant  haben,  das  ichs 
mit  diesen  sacramentslesterern  und  schwermern  nicht  halte, 
noch  je  gehalten  habe,  noch  jmermehr  halten  wil.  Ldther 
3,533";  so  müssen  sie  nicht  ehe  teufen,  sie  wissen  denn 
gewis,  das  der  teufling  glaube,  wie  und  wenn  wollen  sie 
doch  das  jmer  mehr  wissen?  4,323';  wil  ich  sagen,  der 
gleubt  nicht,  darumb  ist  seine  taufe  nichts,  er  nuis  kurzumb 
sich  so  lange  lassen  teufen ,  bis  er  nimermehr  fallen  oder 
on  glauben  sein  könne  .  .  sage  mir,  welcher  christ  wil  denn 
jmer  mehr  gnugsam  getauft  werden,  oder  seiner  taufe  ein 
gewis  ende  bekomen.  327";  weder  du  noch  ich,  kündten  jmer- 
mehr etwas  von  Christo  wissen ,  .  .  wo  es  nicht  durch  die 
predigt  des  euangclij  von  dem  heiligen  geist  würde  ange- 
tragen. 411* ;  welch  herz  kan  jmer  mehr  gnugsam  begreifen, 
welch  ein  wolthat  und  gnade  das  ist.  5,197';  denn  jr  keiner 
wird  solchen  rhuui,  und  preis  jmermehr  auflmngcn,  mit  seiner 
und  aller  weit  heiligkeit,  das  er  könne  sagen,  wer  ein  car- 
Ihcuser  oder  münche  bleibet,  der  bleibet  in  gott.  fi,  52';  denn 
wo  wil  er  jmennehr  den  text  linden ,  der  da  klerlirh  .sagt, 
die  Schlüssel  seien  s.  Tetro  gegeben  von  Christo,  s,  223*;  ich 
iiabc  keine  hufTining,  dasz  wir  iinuierinchr  in  allen  kirchen  . . 
eins  wcrdi'u  mögen,  br.  5,  .ViO;  glaui)et  nicht,  «las/,  ein  lati- 
sicliter  und  tmarliger  mensch,  oh  er  gleich  des  Crösus  reicb- 
tbuinh  erlangetc,  seiiu'  verfluchte  geizige  arl  inuneriuehr  ver- 
lassen werde,   pers.  baumg.  r>,  13. 

3)  immcniiehr,   mit  veratlgemeinerudrm  sinne. 

a)  wie  nur,  nur  iiiuner  (s.  inuner  t3,  <i  sp.  2071):  kein  bloszer 
mensch,  wie  gronz  der  auch  imiucruielir  sei.  Atrkr  jrroe.  2,10; 
da  surlile  idi  die  aller/.arlesten  worte  herfür,  die  mir  meine 
bSurische  gndiheit  iininennehr  eingehen  konte.  Simftl.  1,.'I4 
Kurs;   ei    luucklc   so    «■»""•■    ":<--«'r  jn   ,|,>ii  röliriMi   'riii   ;tl« 


207  7        MMERMEHR  —  BDIER  WÄHREND 


lÄlMERWÄHRENHEIT  — IMMERZU        2078 


immermehr  wollte.  Chr.  Wulff  versuch  z.  erk.  der  not.  u.  kunst 
th.  1  cap.  2  j.  40 ;  ich  will  beweisen,  dasz  nur  wenig  menschen 
diesen  titel  (schelm)  verdienen,  und  dasz  es  mehr  redliche  in 
der  weit  giebt,  als  man  immermehr  glauben  sollte.  Rabener 
sat.  4,  ö6; 

er  (der  goitcsfürchtige)  lacht  nur  dazu 

was  immermehr  thu 

der  teufel  mit  blasen, 

die  weit  mit  viel  rasen.    Locau  1,  171. 

b)  in  der  verwundernden ,  zweifelnden  frage  {t.  immer  13,  e 
sp,  2072) ;  in  der  indireclen :  er  war  und  nennete  sich  so  vieler 
fürsten  raht  und  consiliarium,  dasz  ich  öfters  bei  mir  nach- 
dachte, was  er  doch  immermehr  solchen  seinen  fursten  für 
raht  gebe?   Schoppius  423; 

und  hett  doch  gern  kundscbart  geTragt, 

wie  es  doch  nur  jmmermehr  kebm, 

das  ich  ewer  keinen  vernehm,    fruschmeus.  C8'; 

wie  in  der  direden :  wie  bastu  es  doch  immermehr  gemachet, 
dasz  solch  ein  fressend  wildes  thier  zahm  bei  dir  geworden? 
pers.  baumg.  1,1; 

wie  ist  dir  immermebr  gescbebn?    P.  Gebhasd  23,  7; 

was  hat  euch  immermebr  das  arme  kind  getban, 

dasz  ihrs  laszt,  neben  euch,   auf  scbwacben  füszen  traben? 

Canitz  131; 

du  pflegst  um  diese  zeit  die  gasse  nicht  zu  liehen; 

was  bat  dich  immermehr  so  eilig  bergetrieben? 

Hagedorn  1,  56; 

was  ist  es  immermebr,  das  dich  so  schrecken  kann?    2,136. 

l.MMEROFFEN,  adj.  für  getrenntes  immer  offen: 
was  bewachst  du  mit  immerofTnem  äuge 
jene  goldne  frucbt,  die  Hespers  tocbter 
deinem  süszeu  gesang  zum  lohn  verehrte? 

Voss  an  Gentenberg,  in  seinem  musenalm. 
1777   «.  144. 

IMMERRIND,  n.  beständig  zu  haltendes  rind  oder  recht  auf  be- 
ständige nutzung  eines  rindes.  Schm.  1,76  Fromm,    vgl.  immerkub. 

IMMERS,  adi:  für  immer,  in  der  bedeutung  immerhin  (vgl. 
immer  13,  f  sp.-lOli):  so  vil  ist  doch  jmmers  dran,  dasz  die 
rom.  kirch  im  possess  und  besitz  der  erbschaften  ist,  so 
s.  Peter  im  testament  hat  hinderlassen.  Fiscbabt  frienA;.  13S'; 
nun  wissen  wir  jmmers  wol,  dasz  alles  fleisch  dasz  man 
iszt,  von  der  erden  herkommet.  I4b'. 

IMMERSCHÖN,  n.  die  pflanze  gnaphaiium  arenarium,  gelbe 
Strohblume.  Nem.mch  3,  61. 

IMMERSINKEND,  adj.  fortwährend,  mehr  und  mehr  sinkend 
(vgl.  immer  8  a.  e.,  sp.  2070) :  er  glaubte  in  seinem  söhne  die 
sicherste  stütze  seiner  immersinkenden  macht  zu  finden. 
Klinger  4,221. 

IMMERSTOCKMEISTER,  m.  Ldther  3, 185'.  s.  die  stelle  unter 
iramerhenker. 

IMMERTOL,  adv.  immerfort,  immerzu,  der  letzte  theil  des  wortes 
ist  aus  mhd.  tAlanc  heute,  jetzt,  verderbt,  das  schon  im  mhii.  auch 
zu  lUi  gekürzt  erscheint  (theil  2  sp.  69s) : 

inn  spyegel  siebt  er  yemertol, 
und  kan  doch  nit  gemerken  das 
das  er  eyn  narren  siebt  im  glasz. 

Bhakt  uarrensch.  60,4; 
manchem  ist  nit  mit  unglück  wol 
und  ryngt  dar  nach  doch  yemer  toi.    109,  2. 

IMMERTRÖSTLICH,  adj.  stets  trost  gewährend: 
hocbgeiobts 
immertröstlicbs 

kind !  (in  einem  liebetalphabete  anrede  an  die  geliebte). 
Hätzlerin  s.  livii*. 
IMMERVOGEL,  m.  sphinx  atropos,  der  todtenkopf,  eine  schmel- 
terlingsart.  Nenn  ich  wb. 

IMMERWACH,  adj.,  stets  munter,  stets  wachend: 
der  ruh  will  Zerberus,  wenn  Orpheus  spielt,  genieszen. 
das  immer-wacbe  thier  bringt  Jasons  kunst  in  notb. 

Flbiii^g  568; 
und  sieg,  und  immerwacber  götterscbuiz !    Stolberc  4,  69; 
in  substanlivem  gebrauche:  wann  schliefe  auch  der  immerwache 
(der  lufall)'.  Klixger  9,216; 

verhülltest  du 
in  deinen  Schleier  selbst  den  schuldigen, 
du  birgst  ihn  nicht  vorm  blick  der  immerwachen  (der 
eumeniden).     Götbk  9,  51. 
IMMERWÄHREND,  pari,  fortwährend,  stets  dauernd:  yemcr- 
wärend,   yemerwärende ,    sempiternus,  jugis,  perennis  Maaler 
509*;    yemerwärende,    unzergengkÜche,    uncrniäszliche    werk, 
opera  imtnortalia.  ebenda;  von  yemerwärender  trauwrigkeit  ab- 
neinmen   und   verscbweinen ,   luctu   aeterno  tabescere.   ebenda; 


sein  leben  und  seine  reden  waren  mir  eine  immerwärende 
predigt.  Simpl.  1,35  Kurz;  immerwehrendes  gehölz  und  feuchtes 
gebüsch.  pers.  reisebeschr.  1, 4 ;  Jobannes  .  .  .  war  sein  (Jesu) 
immerwährender  begleiter.  Dister  schullehrerbibel ,  neues  lest. 
(2.  aufl.)  s.  204 ;  ein  project  zu  einem  immerwährenden  frieden. 
Lessihc  6, 11; 

darinnen  ist  abent  und  morgen 

ein  immerwerent  angst  und  sorgen. 

H.  Sachs  2,  167,  88 ; 
adverbial:    sag,  immerwährend  lieben  wollt  ich  sie. 

Shakesp.  Richard  /!/  4,  4 ; 

say,  I  will  love  her  everlastingly ; 
zu  stetem  gebrauch  geeignet:  ein  immerwährender  kalender; 

ymmerwernde 

zageltasch!    (anrede  an  ein  weih,  in  einem  schmdh- 
alphabetc).    Hätzlerin  tiviu*. 
ein  comparaliv  zu  dem  warte  ist  nur  möglich,   wenn   es  sich  zu 
der  bedeutung  dauernd  abschwächt:  auf  das  aber  unsere  freindt- 
schaft   und   verbüntnus  desto  immerwehrender  und  gewisser 
sei.  Zinkgbef  apophth.  1,395. 
IMMERWÄHRENHEIT,  /■.: 

was  auf  felsen  wird  gesetzt,  widersteht  der  zeit, 
dessen  wachstbum  nennet  man  immerwärenheit. 

>'eu]iahx  palmbaum  81. 

IMMERWEG,  adv.  wie  immerhin  3  sp.  2075 :  lassen  sie  doch 
diese  sporleln  immerweg  dem  richler.  Moser  8,  5S. 

IMMERWENIG,  adv.:  yemerwenig,  aUgemachest, pauxi/tadm 
Maaler  509*. 

IMMERWESEN,  n.  stetes  sein:  din  ie,  din  iemerwesen. 
Hugo  v.  Momfort  bei  Leier  wb.  1, 1413. 

IMMERWESENLICH,  adj.:  in  der  ecclesia  Christi  geschiebt 
täglich  das  gebett  urab  dieses  immerwesenlich  brot.  REIsz^EB 
Jerus.  1,  3S'. 

IMMERWIEDERKEHREND,  pari. :  weder  der  tag,  noch  der 
frühling,  noch  die  liebe  werden  immerwiederkehrend  alt. 
GöTBE  an  frau  v.  Stein  2,  33. 

IMMERWIERIGKEIT,  f  seinpüernüas :  (du  kinder  sind)  sein 
{des  Vaters)  ewige  gedächtnusz,  immerwirigkeit  und  Unsterb- 
lichkeit, in  denen  er  wie  ein  mürber  käsz  zu  vielen  stücken 
zerfällt.  Garg.  67*. 

IMMERWILLIG,  adj.  semper  paratus,  promtissimus ,  deditis- 
simus.  Stieler  253S. 

IMMERZU,  adv.  das  durch  zu  verstärkte  immer,  bis  auf  heute 
noch  oft  getrennt  gesetzt;  sonst  auch  zu  bloszem  immerz  verkürzt: 
lieben  hern,  es  will  jmertz  mangel  an  brot  im  leger  sein, 
desshalb  e.  f.  w.  in  solchem  sovil  muglich  fürsehung  thun, 
das  dem  leger  prot  zugefürt  wird.  Schertlin  br.  170;  selbst 
immez  wnmer  Schm.  l,  76  Fromm,  (aus  Nürnberg). 

l)  es  bedeutet  immer  weiter,  fort  und  fort,  in  bezug  auf  eine 
gegenwärtige,  oder  in  die  Zukunft  reichende  thätigkeit :  immerzu, 
subinde,  idemtidem,  crebro  Steinbach  2, 1123 ;  beleih  im  streit 
und  fach  ymerzu  wider  an.  Keisersb.  pred.  teulsch  (1510)  116*; 
der  weit  nach  leben  da  ist  weder  ruw  noch  raste,  sunder 
ymerzu  angst  und  not.  74' ;  die  magd  redt  jmmerzu  spötlich. 
H.Sachs  1,477';  die  ritter  und  edlen,  die  dem  hoffleben  umb 
müsziggangs  willen  nachziehen,  werden  immerzu  in  unmusz 
und  unruh  sein.  Zinkgref  apophth.  l,  S ;  lieber  alter,  sage  mir 
doeh,  von  wem  hat  der  junge  krebs  das  kriechen  gelernet? 
es  folget  immerzu  einer  dem  andern  nach.  Schüppiüs  "S4; 
und  sihet  und  findet  man  immerzu  thorheit.  ebenda;  immerzu 
einen  ansehen,  aliquem  subinde  intueri.  Steinbach  1,1123;  er 
fragt  immerzu,  idemtidem  quaerit.  ebenda;  einem  immerzu  briefe 
zu  schicken,  alicui  crebro  litteras  mittere.  ebenda; 

doch  dein  befebl,  an  dem  ich  mich  ergetze, 

Tallt  immer  zu  mir  unvergessen  ein.     Opitz  psatmen  s.  236; 

ob  nun  gleich  ein  goldnes  tuch  kan  den  esel  decken, 

sibt  man  ihn  doch  immer  zu  noch  die  ohren  recken. 

LoGAU  2,  152,  62 ; 

adel,  den  die  kunst  ^ebieret,  hat  gemeiulicb  diesen  mui, 

dasz  er  mehr  für  geld  als  ehre,  immerzu  das  seine  thut. 

3,101,11; 

wie  thöricbt  wer  sich  will  an  einen  menschen  binden, 
man  kan  noch  immerzu  desselben  gleichen  finden. 

Abscuatz  verm.  ged.  169. 
in  bezug  auf  einen  aus  der  Vergangenheit  in  die  gegenwart  rei- 
chenden zustand:  gleichwol  aber  ist  die  pure  einfall,  gegen 
andern  menschen  zu  rechnen ,  noch  immerzu  bei  mir  ver- 
blieben. Simpl.  1,36  Kurz;  auf  die  Vergangenheit  bezüglich:  er 
hatte  seiner  gemahlinn  ein  ansehnliches  vermögen  mit  spielen 
und  lüderlicher  gesellschaft  verschwendet,  und  sich  dennoch 
immerzu  des  namens  eines  redlichen  gemahls  und  zärtlichen 


2079 


IMMl  — IMPFEN 


IMPFEN  — IMPFLING 


2080 


vaters  angciuaszt.  IUbeneb  sat.  4,57;  ich  versprach  was  sie 
begehrte,  ich  hätte  zu  und  immer  zu  versprochen.  Göthe 
23,85. 

2)  immerzu,  als  ausruf,  wie  frisch  dran!  vorwärts!  gewöhn- 
licher aber  getrennt  geschrieben:  immer  zu!  als  zuruf,  pergc, 
pergile!  Scheller  deutsch-lut.  handiex.  (17%)  785; 

immer  zu!  immer  zu! 

ohne  rast  und  ruh  !    Göthk  1,  93. 

IMMI,  »1.  alemannisches  masz  ßr  trockene  und  flCissigc  waarcn, 
mhd.  imin  und  inii  (Leier  wb.  1, 142l);  ob  ein  etymologischer 
Zusammenhang  mü  ahm,  cadus,  amplwra,  ahd.  dma  und  üma 
(n;/.  Iheü  1,  iifl)  bestehe,  kann  nicht  entschieden  werden,  modius 
mutte,  quartale  vierteil,  satum  imi  voe.  opt.  2o',  11 ;  man  sagt 
glaublichen,  das  sie  von  zweir  ime  habern  wegen,  darumb 
sie  gehadert  und  zanket,  mer  dann  umb  die  hundert  lau- 
sendt  guidin  wert  kommen.  Zimmer,  chron.  3,152,9;  in  der 
Schweiz  ist  immi  als  hohlmasz  für  trockene  sacluin  llicils  der  neunte 
llu^il  eines  lieitels  {Luzern  und  Zürich),  theils  der  vierte  Iheil  eines 
mäszes  (Bern) ;  auch  eine  marktabgabc  in  körn.  Staldeu  2, 69 ; 
Fro.nsperger  nennt  ime  als  weinmasz,  enthaltend  zehn  Eszlinger 
masz,  16  imen  =  1  eiiner.  kriegsb.  1, 12«'. 

IMMITTELS,  IMMITTELST,  adv.  l)  mittlerweile,  inzwischen, 
assimiliert  aus  inmittels,  iiimittcisl  (s.  d.):  ))efahien  mir  im- 
mittelst. ScuwEiNiciiEN  1,214;  er  ward  drei  ganzer  jähre  lang 
in  der  haft  behalten ,  und  immitlelst  bewegten  die  geflüch- 
teten Portugisen  himmel  und  erde ,  dasz  ihr  könig  ihnen 
möchte  frei  gegeben  werden.  Geüauer  bei  Lessing  6,  149; 
immittelst  geben  einige  leute  den  ton  an ;  der  grosze  häufe 
stimmt  ein.  Wieland  13,278  (266);  einer  von  meinen  leib- 
eignen .  .  wird  alles,  was  er  hat,  heimlich  den  abgehenden 
kindern  zuwenden,  immittelst  wollen  diese  von  dem  hofe 
ausgelobet  sein ,  und  der  anerbe  wird  ihnen  ihren  erhtheil 
bei  lebendigem  leibe  der  eitern  . .  auszahlen  müssen.  Moser 
patr.  pfuint.  3,267; 

so  nehmt  nun  üisz  imniitiülst, 

auf  euren  nahmcnstag,  das  keines  giuszen  tittels 

des  lobes  würdig  ist.  P.  Klemipig  64 ; 

immittcis  werd  icli  oft  vor  diesem  lenster  stehn.    652; 

immittelst  nahm  mein  alter  zu.    Göntuer  196. 

2)  selten  local,  in  der  mitte  zwischen: 

ich  schweb  ilzuud  immittelst  tod  und  leben. 

iloKt'HANNswALUAU  ijclr.  schäfcr  s.  96. 

IMMLEIN,  n.  apicula.  Stieler  sS9;  Schweiz,  die  honigreichen 
ynible,  apes  melliferae  Maaler  510'; 
in  a  garte 
hin  i  gestände, 
ha  de  imhii 
zugeschaut!    Göthe  l,  169  (Sdmeitcrtied). 

IMMLEU,  m.  bienenwirt,  bieuenzüclUer. 

IMPF,  m.  oder  n.  das  in  den  baumstamm  geimpfte  reis:  oben 
am  bäume  seind  die  äste,  zweige^  laubäste,  schosz,  impf  und 
tragzweiglein.    anm.  weiszh.  lusly.  95.     vgl.  impfleiii. 

IMPFANSTALT,  f  anstall  für  das  impfen  der  pocken. 

IMPFARZT,  w.  arzt  der  die  pocken  impft. 

IMPFEINSCHNITT,  m.  einsclinilt  für  das  impfen  gemacht, 
bildlich:  die  vielen  impfeinschnilte  des  Schicksals  für  neue 
lügenden.  J.  Paul  Uesp.  3,  83. 

IMPFEN,  verb.  inserere.  alul.  linpiton,  iinptön,  imphön  (Graff 
1,262),  mhd.  impfeten ,  inpfeten ,  imjiien  (Lexer  wb.  1,1422); 
nofÄ  6air.  iinpten,  impfen  Schm.  1,  80 /"'romm.  die  lierleüung  des 
Wortes  von  ifi^msvBiv  einpflanzen,  pfropfen  darf  wol  als  siclier 
gelten;  das  wort  ist,  wie  so  manciws  andere,  aus  dem  giiechischen 
int  spiilc  lütein  eingedrungen  und  in  den  romanischen  landern 
licbrauclit  worden,  wo  sowol  dem  t/riech.  i'fifjvxoi  zunächst  ent- 
sprechend, ein  inpotus  m  dei  bedeulung  pfropfreis  in  der  lex 
salica  belegt  ist:  si  quis  in  polus  (/.  inpotus)  de  poinario  aut 
de  perario  deruperiU  ed.  Merkel  «.62;  si  (|uis  inpotus  de  mi- 
lario  aul  de  piiario  tuleril.  s.  85;  als  steh  auch  bis  jetzt  im 
fnemonletischen  und  jtarnusanischen  enta,  modcnesisch  enlin,  franz. 
cnle  Pfropfreis,  enter  pfropfen  erhallen  hat  (Diez  wb.  2,286). 

impfen  heitzt 

I)  ein  fremdet  reii  in  einen  baumstumtn  emfuijen:  inserere 
impfen,  impten,  pelzen  Dief.  'MX)';  tntitus  ingcimpll  301*; 
ympfen,  tweicn,  einsetzen,  inserere  Maalkh  Mo';  impfen, 
pflanzen,  plantare,  terere,  inocularr,  pangere,  em\>l(\strare  235*; 
pfropfen  oder  propfen,  so  sontten  auch  impfen,  pel/.en  und 
zweigen  genannt  wird.  öcon.  lex.  (1731)  1S94 ;  eh  du  etwas  zu 
impfen  anfahesl,  soitu  mit  sondcrm  lleiüz  brdarhlrii  und 
erwcgen  .  .  .  Sktiz  feldb.  322;    will    man   aber   auf   frcmbdc 


bäume  impfen.  323;  man  pflegt  zwischen  rinde  und  liolz  zu 
impfen ,  wann  die  bäum  anfahen  iren  safl  zu  überkommen. 
330 ;  das  soll  man  allezeit  für  ein  gemeine  regul  hallen,  das 
man  weder  blüende  noch  fruclitlragende  zweige  impfen  soll. 
338 ;  die  sebesten  könnten  auch  bei  uns  geptlanzet  werden, 
dann  sie  sich  auf  die  nespel  gern  impfen  lassen.  Tabernaem. 
1324;  lorher  auf  eschenbaum  impfen.  HonnERG  1,  409';  er 
wolt  ihm  zweig  davon  {von  dem  bäume)  zu  impfen  geben. 
Lehmann  160; 

auf  ihr  gärtncr,  senket  reben, 

Implet  bäume  mancher  ahn, 

pflanzet  kraut  und  obst  daneben, 

dasz  sich  lein  zusammen  paart.    Kist  Parn.  851 ; 

Infinitiv  substantivisch:  das  versetzen  und  einlegen  pringel 
zwar  schöne  lustige  und  groszwachsende  bäume  und  früclit 
herfür:  aber  doch  das  impfen  und  propfen  noch  vil  mehr, 
dann  durch  das  impfen  werden  . .  die  wilden  bäume  gezämt. 
Sebiz  322. 

2)  impfen  bildlich: 

mhd.  er  (W.  v.  YMeckv)  inphelc  daj  örste  ris 
in  tiutescher  zungen : 
da  von  Sit  este  ensprungen, 
von  den  die  bluomcn  kämen.     Trist.  120,  18; 

nhd.  wir  sind  all  durch  die  tauf  in  Christum  geimpft,  kriegb. 
d.  fr.  56;  denn  ich  halte  ein  stolzes  herz,  und  tugcnd  auf 
stolz  geimpfet,  giebt  zwar  schöne  fruchte,  aber  andre  ge- 
nieszen  sie  nicht  gern.  Moser  ;)u/r.  pAuii/.  4,  72;  risz  den  spalt 
weiter,  in  den  das  Schicksal  seine  schmerzen  impfte.  J.  Paul 
Hesp.  3,  .^7 ;  der  auf  die  saflröhren  und  das  mark  des  hohen 
ernstes  geimpfte  humor  des  Engländers,  palingen.  l,xi;  an 
die  weiber  wend  ich  mich  noch  weniger,  diese  gewähren  hier 
nichts ;  überall  mehr  als  jene  (die  männcr)  auf  fremde  mci- 
nung  geimpft,  stecken  sie  mehr  ins  ohr,  als  jene  in  den 
magen.  friedenpr.  23; 

so  eilt  auf  einen  stumm,  wie  ihr  seid,  mich  zu  impfen. 

A.  Ghthuius  1698   1,  714; 

daselbst  schmissen  sie  ihn  {einen  kuchen)  in  die  hecken, 
dessen  stücke  die  freudenvolle  jugend  aufsuchten,  und  gleich- 
sam als  zum  ewigen  andenken  in  sich  impften  nud  aszen. 
unw.  doclor  619. 

3)  das  seit  dem  jähre  1717  vom  orient  her  in  England  bekannt 
gewordene  verfahren,  künstlich  blättern  als  Schutzmittel  gegen  die 
nalürlichen  zu  erzeugen,  hicsz  dort  ingrafting,  als  Übersetzung 
einer  wahrscheinlich  neugriechischen  bezeichnung:  the  small-pox, 
so  fatal  and  so  geueral  ainongst  us,  is  here  (in  Adriano}Kl) 
entircly  harmless  by  the  invention  of  ingrafting,  whicli  is 
the  terin  they  give  it.  Ladt  Montacue  brief  vom  1.  april  1717; 
und  wurde  deutsch  genau  durch  einimpfung,  einimpfen,  impfen 
wieder  gegeben,  indem  wie  in  England,  der  gärtneransdruck  auf 
die  medicinische  Operation  anwendung  erfuhr:  das  impfen  der 
blättern,  pocken,  und  metonymisch  das  impfen  der  kindcr; 
also  sollte  man  die  einimpfung  der  blättern  ganz  verbieten. 
Moser  patr.  phant.  4,  6i ;  die  einhnpfung  derselben  ((/er  pocte«) 
ward  bei  uns  noch  immer  für  sehr  problematisch  angesehen, 
und  ob  sie  gleich  populäre  Schriftsteller  schon  faszlich  und 
eindringlich  empfohlen,  so  zauderten  doch  die  deutschen  ärzte 
mit  einer  Operation ,  welche  der  natur  vorzugreifen  schien, 
speculierende  Fjigländer  kamen  daher  aufs  feste  land  und 
impften,  gegen  ein  ansehnliches  honorar,  die  kinder  solcher 
])ersonen,  die  sie  wohlhabend  und  frei  von  vorurlheil  fanden. 
Göthe  24,  51  fj.  der  ausdruck  ist  auch  dem  seit  1796  angnien- 
deten  verfahren,  kuhpocken  auf  menschen  zu  itbertragen,  geblielicn. 
vgl.  einimpfen  th.  3,312  und  impfarzt,  unten  impfling,  inipf- 
narbe,  inijifzwang. 

IMPFEK ,  m.  tnoculator.  Maaler  23.'>':  so  vil  den  gezeug 
und  die  iiisirumenlen  belanget,  welche  ein  jeder  iinpfer  hei 
sich  zur  band  soll  haben,  und  auf  das  best,  wann  er  will 
zweigen  und  impicn.  Sbbiz  324. 

IMPFLEIN,  «.  kleines  in  einen  baumstamm  geimpftes  rtis 
{vgl.  impf):  die  gäns,  ..  wo  sie  allein  sein,  da  vericrben  sie 
die  junge  iinpflin,  oder  pflanzen,  benagen  allerhand  garten- 
kräuler,  die  jungen  weinstück,  oder  das  junge  holz  in  den 
reben.  Seiiiz   IIU. 

IMPFLING,  m.  l)  geimpfter  oder  zu  impfender  zteeig,  impfreis: 
die  junge  pllanzzweig  oder  impfling  soll  man  impfen  ,  ver- 
paUslern,  oder  zweigen,  ullwcil  die  iiüuiu  ina  der  milch  oder 
im  snft  sindl.    Seiuz  52. 

2)  üliertragen,  auf  kinder,  ww  sprüsiUng:  die  »orgfcllig« 
Wartung,    so   an    seine  (des  mannes)  recht  eingeimpfte  impf- 


2081 


BIPFMSSER  — IN 


IN 


2082 


ling,  zweig  und  erben  angewendet  wird.  Garj.  66*;  auf  scküter : 
da  nämlich  das  markgräfliche  konsistorium  .  .  mehre  seiner 
{des  kirihenrats  Seüer)  werke  .  .  den  fürstenthümern  Bayreuth 
und  Änspach,  nämlich  den  kindern  darin,  eingeimpft  hatte: 
so  hielten  wir  Impflinge,  auf  welcher  Schulbank  wir  auch 
saszen,  immer  etwas  gedrucktes  in  der  band,  was  wir  unsern 
'Seiler'  bieszen.  J.  Paul  leben  Fibels  3. 

3)  Impfling,  ein  mit  den  kubpocken  zu  impfender  oder  geimpßer 
mensch:  jeder  impfling  musz  frühestens  am  sechsten,  späte- 
stens am  achten  tage  nach  der  impfung  dem  impfenden  arzte 
vorgestellt  werden,  impfgcsetz  des  deutschen  reiches  vom  8.  april 
1874,  §  5. 

IMPFMESSER,  n.  messer  zum  impfen:  ein  scharfimpfmesser, 
die  schosz  damit  zu  beschneiden  und  zu  spitzigen.  Sebiz  324 ; 
weil  du  im  spalten  bist,  sollu  allwegen  mit  einer  band  das 
impfmesser  halten,  und  mit  der  andern  den  bäum  fassen.  328. 

IMPFNARBE,  f.  narbe  die  jemand  vom  impfen  der  packen  an 
sich  trägt. 

IMPFPFLICHTIG,  adj.  der  dem  impfzwange  unterworfene, 
impfgeselz  vom  8.  april  1874,  §  2. 

IMPFREIS,  n.  zu  impfendes  reis:  man  musz  die  obersten 
äst  (an  groszen  bäumen)  spalten ,  und  die  impfreise  darauf 
zweigen.  Sebiz  327 ;  wann  (du)  etliche  impfreiser  in  einen 
Spalt  setzen  wilt.  32&;  wovon  will  man  denn  impfreiser  er- 
nähren, wenn  man  den  wilden  stamm  aushöhlet?  J.  Paul 
freih.-büchl.  103.  —  dim.  impfreislein :  säge  den  stamm  oder 
den  stock  mit  dem  handsäglin  oben  inn  die  runde  ab,  un- 
gefähr eines  schuchs  hoch  von  der  erden,  und  setze  ime 
zwei  impfreislin  inn  den  spalten  auf.  Sebiz  327. 

IMPFSCHEIN,  m.  schein  über  erfolgte  pockenimpfung :  über 
jede  impfung  wird  nach  feststellung  ihrer  impfung  von  dem 
arzte  ein  impfschein  ausgestellt,  impfgesetz  v.  8.  april  1>574  §  10. 

IMPFSCHÜLE,  f  baumschule  für  zu  impfende  bäume,  bildlich: 
in  dieser  rücksicht  {in  rücksichl  auf  erziehung)  ist  das  ganze 
kben  unsere  iinpfschule ;  inzwischen  setzt  diese  ja  eben  die 
samenschule  voraus.  J.  Paul  voisch.  d.  äslh.  2, 113. 

IMPFSTOCK,  m.  stamm  oder  stock  auf  den  geimpft  wird  oder 
ist:  über  ein  jar,  wann  nun  der  bclzzweig  bollen  trägt  und 
auszschlägt,  dazu  zimliche  stärke  vom  impfstock  empfangen 
hat.  Sebiz  336. 

IMPFUNG,  f  plantatio,  inoculatio,  emplastratio.  Maaler  235'; 
ahd.  imbitunga  inseitio  Dief.  300';  es  ist  fast  kein  sonderer 
unterscheid  zwischen  der  impfung,  so  schiltlinsweisz,  und  der- 
jenigen, welche  in  das  aug  geschieht.  Sebiz  331 ;  die  impfung 
der  blättern,  der  kubpocken. 

IMPFWL'NDE,  f.  uninde  die  behufs  des  impfens  gemacht  wird. 

IMPFZWANG,  m.  der  vom  Staate  aus  an  jedem  seiner  glieder 
geübte  zwang,  rieh  die  kuhpocken  impfen  zu  lassen. 

IMPFZWEIG,  m.  zweig  zum  impfen :  es  ist  genug,  wann  ein 
jeder  impfzweig  ein  oder  zwei  guter  äugen  über  der  zweigung 
habe  und  behalte.  Sebiz  330;  damit  sich  die  impfzweige  desto 
besser  zusammenfügen,  ebenda.  —  dim.  impfzweiglein :  die 
rechte  zeit  aber  die  impfzweiglin  zu  erprechen,  ist  ungefähr 
um  das  neue  jar.  325;  (die  stamme  sollen)  wo  müglich,  am 
gleichen  ort,  grund  und  boden  gewachsen  sein,  wo  die  impf- 
zweiglin selbs.  326. 

IMS,  s.  imbisz. 

IMSE,  f.  wetterauische  form  ßr  ameise,  neben  dem  nassauischen 
imetz,  vgl.  unter  ameise  th.  1,277,  und  Kehbein  43;  von  Götiie 
im  2.  thcil  des  Faust  gebraucht: 

laszt  euch  solchen  schätz  nicht  rauben ; 

imsen  auH  es  auszuklauben.    41,  138; 

ihr  imsen  alle, 

rührig  im  schwalle.    140; 

pigmäcD.  imsen,  däumerlinge, 

und  andre  ihäiig  kleine  dinge.    151. 

IN,  praep.,  mit  dat.  und  acc.,  in. 

A.  Form. 

1)  die  praep.  ist  gleichmäszig  über  alle  deutschen  dialecte  in 
derselben  form  verbreitet,  nur  im  aitnord.  i,  schwed,  dän.  i  ist 
der  nasal  abgefallen,  im  ahd.  selten  (GitArr  1,295),  im  mhd. 
häufiger  findet  sich  die  form  en  für  in,  die  im  nhd.  cnzwei 
{theil  3  sp.  672)  noch  nachklingt,  urverwandt  sind  griech.  itt, 
iv,  «'s,  lat.  in,  altlal.  en,  liU.  i,  aus  dem  demonstrativstamme 
sanskr.  anä  dieser  erwachsen  (Bdpp  3.495);  die  sonderung  der 
praep.  an,  golh.  ahd.  ana  {theil  1,283)  und  der  praep.  in  hat 
sich  erst  innerhalb  des  germanischen  ausgebildet  und  nicht  einmal 
streng  vollzogen,  denn  wie  beide  in  einer  groszen  anzaUl  von  ver- 
lY.  II. 


bindungen  ßr  einander  stehen  können  {vgl.  theil  1, 284),  so  hat 
der  Sprachgebrauch  des  altern  niederdeutschen  gebiets  {alts.  ags. 
fries.)  an ,  on  überhaupt  bevorzugt  und  in  alten  fällen  ßr  das 
viel  seltener  erscheinende  in  verwendet. 

2)  von  in  trennt  sich,  was  bei  anderti  Wörtern  dieser  gattung 
im  deutschen  nicht  geschieht,  die  adverbial  form  ab,  und  zwar 
als  eine  doppelte,  den  beiden  hauptrcctionen  der  praeposition  ent- 
sprechend, dem  in  als  praep.  des  weilens,  der  ruhe  geht  zur 
seile  für  den  begriff  intus  unser  inne,  innen,  dem  in  als  praep. 
der  bewegung  unser  ein  für  den  beijriff  intro ;  nicht  anders  stehen 
gothisch  gegenüber  inna,  innana  und  inn,  aitnord.  innan  und 
inn,  ags.  inne,  innan  und  inn : 

undöd^  nie  sniöme  dum  södfästra  eäc, 
))Ser  ic  gange  inn.         ps.  117,  19, 

doch  häufiger  nach  dem  brauch,  der  Vereinfachung  der  geminata 
im  auslaute  fordert,  in  geschrieben ;  alts.  innen,  inne  intus  und 
in  intro,  ßr  das  sich  die  Schreibung  inn  nicht  mehr  nachweisen 
Idszt,  in  ganz  gleicher  weise  auch  ahd.,  so  dasz  sich  hier  das 
adverb  des  zieles  und  der  bewegung  von  der  praepositionsform 
nicht  scheidet,  mhd.  zunächst  auch  innen ,  inne  und  dagegen 
in ;  bald  aber  kommt  für  den  begriff  intro  ein  gedehntes  in  auf, 
das  sich  ausbreitet  und  in  unser  nhd.  ein  übergeht,  während  das 
ahd.  mhd.  adverb  in  intro  sicher  nur  aus  früherem  inn ,  df 
älteren,  übereinstimmend  goth.,  aitnord.  und  ags.  erscheinenden 
adverbialform  entstanden  und  demnach  ursprünglich  als  Weiter- 
bildung der  praep.  in  zu  fassen  ist,  als  welche  inne,  innen  intus 
ohne  weiteres  sich  ergibt,  müssen  wir  mhd.  in,  nhd.  ein  intro 
als  eine  junge  dehnung  des  alten  inn,  in  ansehen,  wn  welcher 
mundart  aus  dieselbe  um  sich  gegriffen  hat,  ist  nicht  zu  sagen, 
sondern  nur  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dasz  wie  die  ge- 
dehnte form  in  sich  mhd.  vorzüglich  in  bairischen  und  fränkischen 
quellen  findet,  gerade  in  solchen  später  auch  die  gedehnte  form 
ein  für  die  praep.  erscheint  {s.  nachher  no.  4).  das  niederdeutsche 
und  anstosxende  mitteldeutsche  gebiet  hat  im  adverb  in  intro  und 
seiner  Zusammensetzung  'rin  herein  die  alle  kürze  bewahrt  {intus 
lieiszt  dort  inne);  und  quellen  dieser  lieimat  zeigen  die  angegebene 
form  auch  wol  in  der  Schriftsprache :  von  einem  schiffe  mit  einem 
hangenden  roder,  das  daselbst  ausz  oder  in  ledet.  weisth.  1,621 
{Westerwald,  von  1563);  alle  jair  na  dem  herpst,  so  der  letzte 
drube  {die  letzte  traube)  in  ist.  ebenda;  die  linienschiffe . .  die 
leider  sehr  zurück  waren ,  weder  die  kanonen  in,  noch  die 
steegcn  auf  hatten.  Niehuhr  leb.  2,41. 

üie  form  inne  intus  kürzt  sich,  in  den  Verbindungen  darin, 
worin,  hierin,  schon  seit  dem  mhd.  ebenfalls  zu  in,  selten  in 
freierer  Stellung:  wann  einer,  so  auf  freiers  füszen  gehet,  in 
ein  haus,  da  Jungfern  in  seind,  kommt,  ped.  schulfuchs  39; 
wo  ein  Böhm  kuder  aus  einem  haus  trage,  da  werde  gewisz- 
lich  kein  Teutscher  Qachs  in  finden.  Simpl.  3, 15  Kurz; 

das  erdreich  .  .  . 

ein  Spiegel  ist  es,  da  man  gott  in  schauen  kan. 

Rist  Parit.  683. 
daneben  ist  die  kürzung  in  allen  fällen  häufig,  wo  inne-  als  erstes 
glied  von  compositcn  steht,  wie  unten  an  alphabetischer  stelle  eine 
ganzi   reilie   von    warten   erweisen,    bei   denen  doppelformen  mit 
inne-  und  in-  gebräuchlich  sind. 

3)  in  solchen  compositen  ist  vermengung  des  inne-,  in-  mit 
ein-  nicht  unhäufig,  wie  ebenfalls  die  beispiele  unten  an  alpha- 
betischer stelle  darlhun ,  zu  denen  die  beireffenden  nebenformen 
mit  ein-  erwähnt  sind,  die  auch  ihres  ortes  nachgeschlagen  werden 
müssen,  eine  feinheit  älterer  spräche  war  es,  die  participia  präteriti 
von  verben  der  Ihäligkeit,  die  mit  ein-  zusammengesetzt,  auf  in- 
/■«;•  inne-  zu  bilden,  und  auch  dadurch  das  passive  der  genannten 
bildung  hervorzuheben,  rest  dieser  art  ist  noch  heute  inbegriffen 
»OB  einbegreifen,  früher  auch  inbewohnt  von  einbewohnen, 
inbunden  von  einbinden,  ingeben  von  eingeben,  ingeschlossen 
von  einschlieszen  u.  a.,  s.  unten,  aber  gerade  liiir  hat  sich  ein- 
ßr  in-  am  frühesten  und  am  regelmdszigsten  festgesetzt. 

4)  vorzüglich  bairische  und  fränkische  quellen  des  14.  jahrh. 
und  später  haben  ein  ßir  die  praep.  in  {vgl.  oben  theil  3, 140 
und  ScHM.  1,93  Fromm.):  und  sullen  ouch  di  selben  fünf 
man  . .  keinen  zu  in  ein  die  verbuntnüjje  nemen,  di  an  dem 
auflaufe  und  an  der  zwciung  zu  Nurembcrch  schuldig  sein. 
d.  stddtechr.  3,  329, 14  {von  1349) ;  daz,  uberig  volk  nit  ein  die 
kirchen  zu  lassen.  363, 24  (15.  jahrh.) ;  darzu  legt  ein  pau- 
meister  ein  dieselben  puchsen  alle  wochen  vier,  sechs  oder 
acht  pfunt  all  {geld).  Tcchers  baumeisterb.  68,4; 

sie  (Marin)  gebar 
ihren  ersten  söhn,  den  wickelts  ein 
und  legt  ihn  ein  das  krippelein.    11.  Sachs  1,61*; 

131 


2083 


IN 


IN 


2084 


die  alt  sprach :  wenn  vol  (belrunkun)  ist  dein  man, 
so  schaw  und  bring  in  ein  das  pett.    445*; 

et  ut  auch  scbksisch :  man  vorbut  (verbeul)  mannen  und  knechtin, 
das  si  nicht  also  hin  und  wedir  ein  der  kirchen  sollen  gen 
spazirn  kaufslein  und  reden.  Görlüzer  stat.  394; 

ich  oder  hilf  mei  gänsebliemel 

ei  banden.     Uoltki  scliles.  gcd.  (1874)  s.  88; 

auch  aus  Obersadtsen  zu  belegen,  wenn  das  nachfolgend  cüierte 
gedieht  um  Dresden  entstanden  ist: 

nirwahr  ganz  einen  andern  ziel 

gott  ein  seinen  rath  beschlossen  (hal). 

licd  von  162Ü,  im  anz.  des  gcrm,  »ins.  1S65, 
sp.  58,  20. 

5)  Verschmelzungen  der  praep.  mit  dem  artikel  kommen  vor, 
im  ffir  in  dem,  inn,  in  für  in  den  (acc.  sing,  und  dat.  plur.), 
ins  für  in  das  und  in  des ,  welclie  an  alphubdischer  stelle  zu 
sehen  sind,     selten  und  nur  in  altern  quellen  ind  für  in  die: 

da;  wir  stechen  mit  dem  gast, 
und  bindent  uns  ind  sattel  vast.    ring  3',  21; 
jetzt  so  ich  int  eh  kommen  bin.    II.  Sachs  1,  475^ 

6)  dagegen  ist  für  im  bloszes  in  gesetzt:  ich  komme  nach 
Leijizig,  an  einen  ort,  wo  man  die  ganze  well  in  kleinen  sehen 
kan.  Lessing  12,5  (ton  1749);  ich  kam  in  diesen  Übungen 
so  weit,  dasz  mich  diejenigen  selbst,  die  mir  in  voraus  alle 
geschicklichkeit  daiinnen  abspiechen  wollten ,  cinigennaszen 
bewunderten,  ebenda  ; 

hett  ich  in  leben  gQts  geübt, 

jetz  ruwet  ich  ewig  unbetrübt.     Schwarzenberg  114'. 

B.   Verwendung. 

Die  praeposilion  in,  die  das  innere  einer  sache  anzeigt,  während 
an  auf  die  (Verflache  geht  (1,284),  nimmt  den  daliv  zu  sich, 
wenn  sie  auf  Verhältnisse  der  ruhe  und  des  weilcns  sich  bezieht, 
den  accusativ  bei  bewegung  und  streben,  ursprünglich  wie  jede 
praeposilion  nur  local,  wird  sie  in  zweiter  linie  auch  temporal 
und  in  abslracten  fügungcn  verwendet,  die  Verbindung  von  in 
mit  dem  genitiv,  wie  sie  im  golhischen  statt  hat  (gramm.  i,  798), 
kehrt  in  andern  deutschen  dialecten  nicht  wieder,  unser  indes, 
indessen,  das  ebenso  wie  inmittels,  inmittelst  auf  den  ersten 
blick  in  mit  einem  genitiv  zu  enthalten  scheint,  ist  thatsächlich 
innen ,  inne  mit  einem  solchen ,  ahd.  innandes ,  innedes  und 
gekürzt  auch  schon  indes ;  ebenso  ist  die  Verbindung  in  willens 
aus  innen  oder  auch  inner  des  willens  hervorgegangen  (s.  innen 
und  inner):  ol  die  hat  noch  viel  vor  ihrem  tode  in  willens. 
Lessinc  2,392. 

I.  in  mit  dem  daliv. 

1)  local. 

a)  das  innere  eines  umschlossenen  raumes  bezeichnend:  das 
Wasser  im  kruge,  der  wein  in  der  flasche,  im  fasse;  der 
lodle  im  sarge,  im  grabe;  im  zimmer,  in  der  stube,  im  hause; 
die  üsthe  im  meere;  im  flusse  baden;  so  man  tanzt  in 
kirchen,  in  kircbbüfen  oder  in  andern  gewichten  steten,  altd. 
bldller  1,62  (i5.  jA.);  nil  in  der  kirchen,  sonder  in  der  tabern 
hinder  dem  spilbret  und  gutlen  wein  sitzen.  Keisersberc  has 
im  pf.  Aa5';  und  lüg  ain  ganz  jar  oder  meer  in  des  papsts 
oder  künigs  hoffe.  Aa8';  so  sollu  ..den  widwen  geben,  das 
sie  essen  in  deinem  thor  und  sat  werden.  5  j'/oi.  26, 12 ;  damit 
gieng  er  im  kloster  im  creuzgang  und  garten  berumb.  Garg. 
164*;  die  gute  trOpfln  muste  den  jämmerlichen  Schmalhansen 
{den  mangel)  in  ihrem  quartier  beherbergen.  Simp/.  3, 60  Äuri ; 
schon  manche  tbrüne  bab  ich  dem  abgeschiedenen  in  dem 
verrallenen  cabinetchen  geweint.  Göthe  16,7;  man  mOchte 
zum  niaikafer  werden,  um  in  dem  meer  von  wohlgerücben 
herum  schweben  ...  zu  können,  ebenda;  ich  musz  ihnen 
schreiben,  liebe  Lottt,  hier  in  der  stube  einer  geringen  bau- 
renherberge,  in  die  ich  mich  vor  einem  schweren  weiter 
gefluchtet  habe,  so  lange  ich  in  dem  traurigen  neste  D., 
unter  dem  fremden ,  meinem  herzen  ganz  fremden  volke, 
herumziehe,  habe  ich  keinen  augenblick  gehabt,  . .  ihnen  zu 
schreiben;  und  jetzt  in  dieser  bültc,  in  dieser  einsumkeit,  in 
dieser  einschrünkung,  da  scbnee  und  scbloszen  wider  mein 
fenslercben  wüthen,  hier  waren  sie  mein  erster  gedanke.  »8; 
nach  tische  gehn  wir  in  dem  groszen  saal  auf  und  ab.  103; 
in  welcher  grufl  des  gcbirges  soll  ich  euch  linden!  lö«;  hier 
in  Jrna.    ScHii.LEi  an  GCtthe  1,1; 

an»  «in«!  biKchoT»  »cbalx  verlor  «ich  ein  smaragd, 
in  dem  ein  hellet  grun  mit  reinen  färben  «pleite. 

,      .  ilACiDORN  3,43; 

In  der  »ladt,  ach!  irh  hab  es 

dem  Junker  geglaubt,    üötiii  1,3}; 


von  allen  Seiten  hundert  quellen 
vereinen  sich,  im  reinlich  hellen, 
zum  bade  flach  vertieften  räum.    41,  125; 
seis  In  der  see,  im  feur,  crd,  oder  luft. 

Shukcsp.  Itamlei  1,  1 ; 

in  der  einzäunung,  in  den  mauern,  in  den  schranken,  lelztcies 
häufig  bildlich:  in  den  schranken  einer  selbstzufriedenen  mil- 
telmäszigkeit;  seine  Zudringlichkeit  werden  sie  sehr  in  schran- 
ken halten  müssen.  Götue  an  Schiller  1,64; 

in  diesen  mauern,  diesen  hallen 

will  es  mir  keineswegs  gefallen,    werke  12,94; 

im  bofe;  auch  von  einem  fürstlichen,  wo  wir  lieute  an  gebrauchen: 
ncbcnst  andern  bedienten  enthielt  sich  auch  in  seinem  hofc 
Eginhard.  Hoffmannswaldau  heldenbr.  1;  ähnlich  in  einer  lehr- 
anstalt  wirken  (neben  an),  tio  auch  das  locale hervorgehoben  wird: 
Professoren  in  beiden  gymnasien.  Goitscueu  neuestes  aus  d. 
anm.  gelehrsamkeit  (1753)  272. 

Von  einer  solchen  localen  bedeutung  geht  auch  die  veibindung 
im  stillen  aus,  die  etwas  verblaszt  ist,  ursprtmglich  ist  an  einen 
heimlichen  winket  gedacht: 

es  schickt  sich  wohl, 
dasz  noch  ein  andrer  zeug'  als  eine  mutter, 
die  von  iiatur  parteiisch,  ihr  gesprach 
im  stillen  anhört.     iHtakesp.  Humlct  3,3; 
ob  er  vielleicht  im  stillen  gew^eint,  man  wcisz  es  nicht. 

UuLAND  gcd.  3t)9. 

b)  namentlich  auch  in  bezug  auf  fest  und  eng  wnhülleudes, 
einzwängendes:  der  bäum  wurzelt  in  der  erde;  als  lang  sie  (die 
schrcibfeder)  in  der  gans,  ist  sie  weich  und  schwach,  wann 
sie  aus  der  gans,  wird  sie  hart  und  stark,  grpfl.  finken  275; 
von  kleidern:  da  stunden  bei  inen  zween  männer  in  wciszen 
kleidern.  apostelgesch.  1,10;  angethan  in  weiszen  kleidern. 
ScHL'i'Pius  99;  Arindal  mein  söhn  stieg  vom  bügel  herab, 
rauh  in  der  beute  der  jagd  (in  thierfellen).  Göthe  le,  174; 
vom  einhüllenden  laube: 

in  allen  wipfeln 

spiirest  du 

kaum  einen  hauch.    1,  109; 

ton  wölken,  nebeln:  zu  wandern  über  die  beide,  umsaust  vom 
Sturmwinde,  der  in  dampfenden  nebeln  die  geisler  der  väter, 
im  dämmernden  lichte  des  mondes  hinführt.  16,125;  aus  den 
wölken ,  in  denen  seine  leidenschaft  sie  emportrug.  18, 45 ; 
von  der  lufl,  die  uns  umgibt : 

dimkt  mir  gleich,  in  frischer  lufl 

hätt  ich  manches  noch  zu  schaffen.     Uhland  gi'd.  34; 

kein  blättchen  rauscht  im  winde.    26; 

von  sonst  einzwängenden:  in  fesseln,  liegen;  sich  in  einer 
schlinge  fangen ;  in  enger  iiafl  befindlich ;  der  arzt  reckt 
(reiclU)  in  (den  narren)  in  der  zangen.  H.  Sachs  1,467';  als 
ein  ochs,  der  von  gewonheit  in  einem  wagen  züch  {in  die 
deichsei  eingespannt).  Keisersbebg  bäum  d.  sei.  s'; 

leicht  hast  du  den  arm  gebunden, 

seit  der  geist  mir  liegt  in  haH.     Uuland  geJ.  286; 

im  feilster  sitzen  die  glasscheiben;  einer  liegt  den  ganzen  tag 
im  feilster,  sieht  zum  fenster  hinaus;  sprichwörtlich:  in  keiner 
guten  baut  stecken  ;  er  ist  ein  schalk  in  seiner  haut ;  hyper- 
bolisch das  Volk  in  waffen ,  gewissermassen  in  waffen  gehüllt, 
dem  in  rüstung  nachgebildet; 

doch  rittern  auch  in  watfen 
mit  ehren  bot  er  schach. 

Frkiligratu  glaubensbvkenninis  110. 

c)  in  bezug  auf  das  menschliche  innere :  könntest  (du)  dem 
papiere  das  einhauchen,  was  so  voll,  so  warm  in  dir  lebt. 
GOthe  16,  8  ;  auch  bin  ich  auf  acht  tage  gestiirkl,  und  in  mir 
selbst  einig  geworden.  102;  diese  entsetzliche  Kicke,  die  ich 
hier  in  meinem  busen  fühle.  127;  welches  unbestimmte  slreben 
wirkt  in  uns!  200;  alles  was  an  und  in  mir  ist,  werde  ich 
mit  freiiden  mittheilen.  an  Schiller  1,9.  so  bat  nu  Abraham, 
90  viel  in  im  war,  erbeit  und  mühe  nicht  gesparet.  Lutokr 
4,132';  ich  bin  ihnen  nahe,  mit  allein,  was  in  mir  lebt  und 
denkt.  Schiller  an  Golhe  1,21;  er  hat  gute  gedankeii  im  köpfe; 

lechl,  das  mochl  In  mir  nit  beleiben  (ich  mu-tt»  m  autspri-chen). 
l'icuLiR  (<iani<i  ih  Ttrul  107  (15. /'(.); 
kaln  ehr  i%\  in  meinem  woib.    II.  Sach«  1,  480^; 
*ei  doch  nicht  ein  kastvnhOtor, 
in  »Ich  hal  man  benire  guter. 

Lomei««trii«  Ifutiilte  grd.  (iMlirck  1700)  3,443; 
was  Ober  allen  icbeln  trag  Ich  In  mir. 

ühakcitp.  Ilnmtrt  1,1; 


2085 


IN 


IN 


2086 


man  sucht  gedanken,  plane,  gefühle  nicht  in  einem,  aenn  seine 
äuszere  erscheinung  nicht  den  entsprechenden  eindruck  macht: 
ich  Lätt  es  nicht  in  ihm  gedacht.  Schlampampe  leb.  TO ;  selten 
ist  in  sich  sein  der  gegensatz  von  auszer  sich  sein  th.  1,1031: 
G.  hast  du  viel  poetisches  gefühl?  begeisterung?  feuer  und 
Phantasie?  schweifende,  glühende  träume?  I.  neini  ich  bin 
immer  in  mir.  Klixcer  theater  2,  177.  —  Rein  körperlich:  luft 
in  der  lunge,  blul  im  herzen,  mark  in  den  knochen,  speise 
im  magen,  im  munde  haben  ;  schwäche  in  den  füszen  spüren  ; 

so  ist  doch  das  ein  edel  gesang, 
er  käut  es  hin  und  her  im  wang, 
sie  singen  noten  klarier  lang.     Garg.  98'. 

d)  ähnlich  von  gliedmaszen,  die  etwas  umschlieszen ,  kürper- 
theilen,  die  enger  umgränzt  sind:  {der  erzbischof)  salbet  jn  (den 
kaiser)  an  der  brüst,  haupt,  zwischen  den  schultern  und  in 
den  flachen  bänden.  Becheber  netre  thür.  chron.  (1601)  464; 
das  liebenswürdigste  geschöpf  in  den  armen  zu  haben.  Götbe 
16, 32 ;  ritt  mit  thränen  in  den  äugen  davon.  162 :  fräulein, 
soll  ich  in  eurem  schoosze  liegen  ?  Shakesp.  Hamlet  3,  2 ;  ver- 
kehret die  äugen  im  köpfe.  Ä.  Grypbics  169S  1,74S;  die  masik 
klingt  mir  noch  in  den  obren;  er  hat  eine  schmarre  im  gesteht; 

band  in  band!  und  lipp  auf  lippe.    Götbe  1,61; 

in  liebesarmen  ruht  ihr  trunken.    Uhlamd  ged.  27; 
bei  der  redensart  sich  im  köpfe  kratzen  sieht  köpf  für  schöpf, 
kopfhaar  (vgl.  theil  5,1767):    hierauf  rerslummt  er  und  kratzt 
sich  im  köpf.  A.  Gryphics  169S  1,  732. 

e)  bei  im  buche  stehen,  lesen,  waltet  ebenfalls  die  vorsteüung 
der  vom  deckel  eingeschlossenen  blätter,  früfier  hiesz  es  auch  am 
buche  lesen  (vgl.  gramm.  4,  773) :  wie  denn  geschrieben  stehet 
in  dem  buch  der  propheten.  ap.  gesch.  7, 42 ;  Terentius  der 
so  gar  sauber  sein  sol ,  ist  im  eunucho  nit  so  gar  lauter. 
Garg.  7 ;  was  liset  man  mehr  in  guten  büchern  als  von  der 
gebrächligkeit  und  Sterblichkeit  der  manschen.  Philaxder  (1650) 
1,449;  ich  habe  unter  andern  drei  vornehme  grosze  freund,., 
welche  nicht  allein  hiebevor  auf  Universitäten  wol  studirt  haben, 
sondern  auch  noch  heutiges  tages  in  dem  groszen  weltbuch 
lernen.  Schcppids  9;  hätte  er  nur  Lucans  Pharsalia  gelesen,. . 
so  würde  er  sehr  vieles  in  solcher  auszusetzen  Ursache  ge- 
habt haben.  Gottsched  neuest,  aus  d.  anm.  gelehrs.  (1753)272; 
dasz  kein  beitrag  durch  mehr  als  drei  stücke  {einer  seitschriß) 
fortgesetzt  werde ,  und  in  keinem  einzelnen  stück  mehr  als 
sechzig  selten  einnehme.  Schiller  an  Göthe  1,4;  ähnlich  im 
briefe:  ich  habe  deinen  vater  in  einem  zettelchen  gebeten, 
meine  leiche  zu  schützen.  Götbe  16, 1S9;  es  steht  in  der 
rechnung,  im  contracte; 

frei  wählten  wir  des  reiches  schütz  und  schirm; 
so  stehts  beme^t  in  kaiser  Friedrichs  brief. 

Schiller  Teil  2,  2. 

metonymisch  ist  der  schripsteller  statt  des  werkes  genannt:  darumb 
ist  dis  der  fürnemsten  und  tröstlichsten  Sprüche  einer  in 
s.  Paulo.  LcTBER  7,22';  ich  brauche  wiegengesang,  und  den 
habe  ich  in  seiner  fülle  gefunden  in  meinem  Homer.  Götub 
16, 10. 

/)  in  besieht  sich  statt  auf  einen  eingeschlossejien  räum  auf 
eine  ausgebreitete,  begränste  fläche,  über  deren  rand  man  ein- 
gedrungen ist.  so  bei  bezeichnung  von  ländern  und  länderstrecken : 
in  Deutschland,  in  Frankreich,  in  der  Schweiz;  dieses  dorf 
liegt  schon  im  Elsasz,  dieses  noch  in  Baden;  in  der  Eifel 
oder  in  {in  den)  freien  bergen.  Fischabt  bienk.  115";  von  den 
cedern  in  Libanon.  Schcppius  654;  die  insel  Atlantidem  mit 
einer  wolangestelten  schul  zieren,  welche  . .  ein  Vorbild  an- 
derer schulen  in  den  nechsten  insulen  aufzurichten  sein  möge. 
726;  baron  Seiller, ..  welches  der  director  von  allen  thealern 
im  Oestreichschen  ist.  Leseinc  12,9; 

mild.  d6  wuohs  in  Niderlanden     eins  riehen  küneges  kint. 

A'jT».  20,  1 ; 
im  litel  eines  ßrsten,  wo  jetzt  Ton  gewi^nlich  ist:  als  dan  ge- 
wonheit  ist  der  küning  inn  Frankreich.  Keisersberc  Sünden 
des  munds  46'  {vorher  von  Frankreich  ebenda);  dieser  war  vom 
künige  in  Frankreich  an  den  grosz-fürsten  geschickt,  pers. 
reisebeschr.  1,17  ;  dem  hoch-  und  wolgebornen  grafen  und  herm, 
herrn  Christian,  grafen  zu  Ranzau,  herrn  auf  Breitenburg, 
.  .  .  Stadthaltern  in  den  fürstenlhümen  Schleszwig,  Holstein. 
ScHüpPiüs  1;  alle  könige  in  Juda  und  Israel.  7;  Rudolf  könig 
in  Burgundien.  Hoffman.nswaldau  heldenbr.  y, ;  des  kOnigs  in 
Frankreich  kabinet.  \Vi:<eelmam!<  1,278. 

g)  ähnlich  heiszt  es  im  lande,  im  bezirke,  in  der  gegend, 
im  felde,  im  freien,  wie  in  der  natur,  in  der  weit;   bei  der 


bezeichnung   von  lUmmelsgegenden  im  Süden ,    im  norden ,    das 
land  liegt  im  westen,  im  osten  grenzt  das  meer  an; 
woher  der  freund  so  früh  und  schnelle, 
da  kaum  der  tag  im  osten  graut?    Göthe  1,210; 

{der  maier  soll  sich  befleiszigen)  in  der  natur  selbsten  zu  stu- 
diren.  Sa.ndrart  teutsche  acad.  (1679)  ii,  3, 17';  die  einsamkeit 
ist  meinem  herzen  köstlicher  baisam  in  dieser  paradiesischen 
gegend.  Göthe  16,6;  Albert  war  zu  einem  beamten  in  der 
nachbarschaft  geritten.  163 ;  die  in  einander  geketteten  hügel 
und  vertraulichen  thülerl  o  könnte  ich  mich  in  ihnen  ver- 
lieren! 39.  bildlich:  im  offenen,  hellen  und  zugänglichen  feld 
der  Untersuchung  erbaut  die  philosophie  ihr  System.  Schiller 
an  Goihe  1,25;  in  der  nähe:  in  der  ferne;  dein  befehl  wird 
mich  allezeit  in  der  nähe  linden.  Wieland  16,223; 

(eine  Jungfrau)  die  durch  des  eignen  vater«  schwer» 
geopfert  in  der  wüsten  beide.    A.  Grtphils  1698   1,60; 
und  kurz,  so  gibts  kein  pQaster  in  der  weh. 

WlELiSD  n.  Amaäis  1771   2,  193; 
seht,  ich  bin  weil  in  der  weit  mm  kommen. 

Schiller  W'utlenst.  lager,  11.  auflr.; 
in  kaisers  landen,  unter  kaisers  schuti.     Wallenst.  lad  3.4; 

nach  mittage  saszen  wir 

junges  Volk  im  kühlen.    Göthe  1,15; 

ich  ging  im  walde 

so  für  mich  hin.    27; 

im  schatten  sah  ich 

ein  blümchen  stehn.     ebenda; 

im  felde  schleich  ich  still  und  wild.    110; 

wandle  zwischen  freud  und  schmerx 

in  der  einsamkeit.     111; 

in  der  mitte  des  feldes;  in  einer  ecke;  auf  dem  kirchhofe 
sind  zwei  lindenbäume,  hinten  in  der  ecke  nach  dem  felde 
zu ;  dort  wünsche  ich  zu  ruhen.  Göthe  16, 189 ;  die  Orbe 
flieszt  in  der  mitte  {des  Ihals)  durch.  22S ;  man  geht,  reitet  im 
kreise,  im  ringe  {der  rand  des  kreises,  ringes  wird  zur  auszen- 
seite  des  sich  bewegenden  gedacht) ;  man  steht  in  der  höhe ; 
ehre  sei  gott  in  der  höhe,  und  friede  auf  erden.  Luc.  2,14; 
er  wohnte  in  einer  höhe  über  der  . .  Stadt.  Göthe  48, 109,  wo 
diese  fügung  gegen  das  gewöhnlichere  auf  der  höhe  die  grösiere 
erstreckung  derselben  hervorhebt; 

wann  in  thal  und  höhen 
blütenbäume  wehen.    Voss  4, 165 ; 

früher  auch  in  der  höhe  rom  gipfel  eines  berget:  in  einem 
häufen  sein  sie  in  der  höhe  eines  bühels  gestanden.  Schuppius 
692 ;  und  dürfte  stehen  in  dem  höchsten  gipfel  Meliboci.  693 ; 
bUdlich: 

auf  dieser  {bahn)  ist  es  ihm  gelungen, 
dasz  er  zu  solcher  höh,  in  der  er  steht,  gedrungen. 

orten  der  deutschen  geaelUch.  in  Leipzig  (1738)  192; 

im  wege  steht  ein  wagen;  freier  er  steht,  ist  mir  im  wege, 
fundert  mich  daher  am  vorwärtskommen; 

reiten  wir  indesz 
in  diesem  pfade  fort.    Wielasd  18.52; 

im  strande  statt  am  strande,  mit  hervnrhebung  der  ausdehnung 
desselben : 

(als  er)  eben  da  in  dieses  Stromes  strande 
all  voller  staub  und  schweisz,  sich  ohngefehr  befände. 

D.  V.  D.  Werder  .4rioj/  1,  14,  1; 
ferner  von  andern  flächen :  sich  im  Spiegel  sehen ;  im  schilde 
führen,  ein  unppen,  wie  mhd. : 

er  fuorte  in  sime  schilte 

durch  höher  werdekeite  scbin 

lünriehen  liljen  ^Idin. 

K.  V.  WÖEZBCRC  turnet  v.  Nanlheii  534 ; 
dann  übertragen  etwas  im  Schilde  führen,  vgl.  unter  schild; 
in  Verbindungen  wo  heute  die  praep.  auf  gesetzt  wird:  wie  die 
rinder  und  schafe  in  der  weide  gehen.  Scboppics  102 ;  also 
dasz  keine  klage  von  schaden  oder  verlust  in  euren  angern 
und  schaafställen  gehöret  werde.  275;  man  sagt,  dasz  eins- 
mals  ein  junger  Student  in  der  land-charten ,  darinn  ganz 
Europa  repraesentirt  wird,  hab  angesehen  die  ost-  und  west- 
see.  133 ;  die  in  einer  tafel  abgemahlte  heimliche  kriegsränke. 
537;  dasz  zu  Leyden  ..  in  einem  stein  gelesen  werde..  559; 

ein  kluger  maler  in  Athen  .  . 

liesz  einen  kenner  einst  den  Mars  im  bilde  sehn, 

und  bat  sich  seine  meinung  aus. 

der  kenner  sagt  ihm  frei  heraus, 

dasz  ihm  das  t>ild  nicht  ganz  gefallen  wollte. 

Gellirt  1,  121; 
übertragen  noch  heute  etwas  im  bilde  zeigen,    vgl.  unten  unter 
no.  3;  von  einzelnen  Iheilen  der  Schilderung: 

131* 


2087 


IN 


IN 


2088 


wie  viele  kunst,  wie  viele  pracht, 

ist  in  dem  lieltn,  und  in  dein  scliilde, 

und  in  der  rüstung  .nnge bracht!    Gellert  ebenda; 

endlich  in  sunäclist  beim  bretspicl,  das  eine  fläche  darbietet: 

da  vunden  si  besuiuler      maneger  hande  spil : 
in  dem  brete  zabeleo,     schermen  under  scliildcn. 

Gudr.  353,  3 ; 

der  Vejcnter  könig,  als  er  mit  einem  andern  im  hrcte  spielefe. 

Wesenick  spiehieben  {l'02)  CA ;  und  spielelen  gleichwohl  innncr 

im  I)rete  fort.  70;  dieser  spielete  sehr  gerne  im  schachl  {schach) 

und  auf  der  karten.  73; 

ein  alTe  sah  ein  paar  geschickte  kna))en 

im  brct  einmal  die  dame  ziehn.    Gkllkrt  1,  14S; 

aber  auch  beim  karlenspiel,  tcoßr  heute  mit  der  karte,  oder  blosz 
karte  spielen : 

der  rünn  der  spilt  gern  in  karten,  fastn.  sp.  730,  23 ; 
daher  es  ist  etwas  im  spiele,  ursprünglich  wol  als  einsatz  im 
Spielbrette,  das  erst  nach  dem  ende  des  spicIs  zur  lüsung  kommt, 
ahnlich  ist  es  steht  auf  dem  spiele,  «o  deutlich  an  den  einsatz 
der  aufs  breit  gethan  uird ,  gedacht  ist;  die  rcdensarl  ist  ganz 
verblaszt,  so  dasz  nur  das  augenblicklich  verborgene,  Ungewisse 
noch  durch  sie  betont  uird :  dasz  sie  die  absieht  haben ,  die 
vcrmuthung  bei  dem  Icser  zu  erwecken,  dasz  etwas  wirklich 
vorgefallenes  im  spiele  sei.   Schiller  an  Gülhe  1, 31. 

h)  in  bezieht  sich  auf  die  gemeinschaß  innerhalb  einer  bcvöl- 
kerung,  einer  gesellschaft ,  wofür  heute  bei  oder  unter  gebraucht 
wird ;  schon  aJid.,  entsprechend  dem  gebrauch  oben  f,  in  Walhun, 
in  Vrankon  bei,  ttnter  den  Wdlschen,  Franken  (vgl.  gramm.  3,420); 
mhd.  in  Swiben,  in  Vranken,  in  Bürgenden,  was  nachher  als 
landesbezeichnung  gefühlt  wurde,  wie  lieutzutaye  auch  noch; 

er  hörte  sagen  ilixre,     wie  ein  schccniu  mcit 
wa>re  in  Bürgenden.  ^ibel.  45,3; 

»i/uf.  solche  strafe  sehen  wir  heutigs  tags  in  den  Juden,  das 
sie  nicht  weichen  von  irem  sinn.  Luther  3,308";  Young  sagt 
von  der  sonne ,  es  wäre  sünde  in  den  beiden  gewesen ,  sie 
nicht  anzubeten.  Lessing  7,163; 

so  meld  ich  deszhalb  mit  der  kürz, 

das  dort  inn  Griechen  zii  Athen 

natürlich  weiszheit  was  vorgecn.    Scbwirzepibkrc  156*; 

{dasz  Hir  mögl)  daheimen  wie  bisher  in  den  eurigen  bei  dem 
Wort  bleiben  (unter  euren  angehOrigen).  Luther  br.  5,613;  den 
dritten  heirath  (Verheiratung  zum  dritten  male)  tadlen  sie  bede 
in  mann  und  frawen  als  eins  unkeüschen  herzens  anzeigung. 
Frank  wellb.  57*;  die  (mohren)  sprangen  vor  forcht  ausz  den 
schiffen  ins  mör . .  also  namen  wir  die  schiff  und  was  noch 
darinn  was ,  es  ersuffen  auch  etlich  personen  in  den  ausz- 
schwimmenden.  21S';  disz  (sprichworl)  brauchet  man  allermeist 
in  der  ehe,  und  in  den  personen,  so  zur  ehe  greifen.  Agr. 
spr.  5';  in  einem  fruchtbaren  und  mit  kindern  angelülten 
hausz  ist  biszweilen  zu  sehen,  dasz  einer  oder  der  ander 
ausz  den  älteren  höher  geschätzt  wird,  und  ausz  den  jüngeren 
lieber  ist,  aber  in  mitlen  vielleicht  etliche  vergessen  werden. 
Scuupi'iüs  733;  dasz  viel  arme  .  .  nicht  in  derjenigen  zahl 
sein,  die  Christus  selig  spricht.  74ü;  der  unterste  theil  nächst 
über  der  schäm,  auf  welchem  die  haar  herfür  wachsen,  wird 
beides  in  den  mann-  und  Weibspersonen  pccten  genannt. 
Porta  menschl.  phyxiognomy  (I6OI)  351 ;  die  weibcr,  deren  ge- 
machte inwendig  weit  sind,  können  des  bcischlafs  nicht  satt 
werden  und  sind  in  solchem  nicht  zu  erfüllen,  wie  man  denn 
in  etlichen  alten  vetteln  täglich  sihct.  353 ;  du  hast  doch  ohne 
mein  vorwissen  so  glücklich  in  freunden  gewählet,  dasz  ich 
darüber  entzückt  bin.  Choneck  1,40,  jetzt,  statt  solcher  Ver- 
bindungen, unter  anlehnung  an  oben  g,  heiszt  es  etwa  im  kreise 
von  freunden,  bekannten,  für  unter  freunden,  bekannten; 
welch  eine  wonne  das  für  meine  scele  ist,  sie  in  dem  kreise 
der  lieben  muntern  kiuder,  ihrer  acht  geschwister  zu  selten! 
GOthe  16,25; 

im  kreise  (roher  kluger  zecher 

wird  jeder  wein  zum  guttertrank. 

t)  in  bei  maszbestimmungen,  von  der  Vorstellung  der  ausbreitung 
innerhalb  einer  fläche  ausgehend :  das  tuch  miszt  zwei  eilen  in 
der  breite;  das  haus  hat  achtzig  fusz  in  der  höhe;  es  ist  in 
den  zwanzig  lausenden,  was  er  schuldig  ist;  ein  mann  noch 
in  den  dreiszigen ;  dicite  suitc  der  Courage,  die  mit  mir  in 
13  pferden  und  eitel  münnern  und  wciberii,  aber  in  keinen 
kindern  bcstundr-,  Simjd.  3,173  Äuri;  mit  Ordinalzahlen,  wo 
difse  torslellung  sich  verengt :  er  ist  in  der  ('jehurt  zur)  fünften 
claste;  im  dritten  grade;  im  seeminnischen  ttile:  ein  leucUt- 
Ihunn  in  n°  ss'  40"  breite.  WeteruUung. 


2)  temporal. 

a)  für  die  Zeitbestimmung  einer  handlung,  die  zu  irgend  einem 
momeute  zwischen  anfang  und  ende  eines  tmics  eintritt,  sagte  man 
früher  in  dem  tage,  jetzt  an  dem  tage : 

er  hei  genomen  ze  siner  klage 

im  (sic/i)  eine  zit  in  dem  tage, 

die  er  niemiiicr  versaj.    IIakthann  Greg.  2130; 

da;  in  diu  ougen  ü{  gclüeren 

und  sich  doch  einest  stiegen  in  dem  tage. 

Walther  61,  31 ; 
in  dem  tage  des  heiligen  vaters  sente  Francisnis,  do  gingen 
yn  die  vrowen  sente  Ciaren  zu  Wisscnfels  in  das  clostcr. 
Cläre nctironik  von  Weiszenfels,  neue  milllieil.  des  dür.-sächs.  alter- 
thumsvereins  11,391;  etliche  Studenten  ..  seien  in  mitter  nacht 
zu  einem  pennal  in  seine  stuben  kommen ,  und  haben  ver- 
meint, sie  wollen  etwas  zu  trinken  darin  finden,  allein  der 
pennal  hab  zu  ihnen  gesagt:  ihr  liebe  herrn  was  sucht  ihr 
in  meiner  stuben  in  der  nacht?  ich  kan  im  tage  nichts  drin 
finden.  Schuppiüs  372;  also  dasz  er  auch  in  seinem  braut- 
tage englische  lacken  auf  die  gasse  spreitete,  und  darauf  zur 
kirchen  gieng.  Micräi.ius  alt.  l'ommern  3,420; 

der  tag  verjüngt  sich  stets ;  und  jener  eben  auch, 
in  welchem  lluzors  praclit  in  einen  feuchten  rauch 
verwandelt  worden  ist.     Scultkius  bei  Lessing  b,  275; 

ähnliche   Verbindungen    dauern   in    der  jetzigen  spräche:   in  der 
nacht,  in  der  stunde:  in  dieser  nacht,  ehe  der  haue  krehet, 
wirslu  mich  drei  mal  verleugnen.  3/a//ft.  26, 34 ;  der  herr  Jhesus, 
in  der  nacht  da  er  verrhaten  ward,  nam  er  das  brot.  1  Cor. 
11,23;  wenn  ich  .  .  manchmal  in  der  tiefen  nacht. .  auf  einem 
krummgewachsenen  bäum  mich  setze.  Göthe16,  bO;  ich  gehe 
an  dem  wasser  hin  in  der  mittagsstunde.  135; 
in  allen  guten  stunden.    1,  130; 
dem  himmel  hab  ich  oTt  geklaget 
in  langen  nachten  bitterlich.    Uuland  ijcti.  22; 

im  augenblicke,  im  moinent: 

und  im  moment, 

wie  er  die  pfort  erkennt, 

sprengt  er  hinein.    Wieland  18,  330; 

im  nebmiicbcn  nu 
s|)ringt  aus  der  mauer  am  kamine 
die  schönste  dame  von  gestern  herzu.    236- 

dafür  Umschreibungen : 

wofern  ich  nicht 

in  eins,  zwei,  drei  .  . 

ein  lielichen  hasche.    308; 

sein  tbier,  ein  eselein 

von  fecnart, 

bracht  ihn  in  ja  und  nein 

an  einen  wald.    310; 

vorzugsweise  gern  bei  breileren  zeilbestimnningen,  wo  es  auch  durch 
^während'  ersetzt  werden  kann:  und  was  auch  der  gröste  turney, 
so  er  in  vil  jaren  ye  gewesen  ist.  d.  städtechr.  1,  395, 1 ;  von 
zweien  eeleuten,  die  in  xxx  iaren  nie  uneins  waren  worden. 
Keisersrerg  Sünden  d.  m.  47*;  in  minen  alten  tagen,  bilg.  3'; 
darümb  soltu  dich  in  diner  iugent  zu  allem  guten  gewenen, 
so  kanstu  es  in  dineni  alter.  9";  diese. .  sind  in  frischer  that 
unter  dem  aufrhürischcn  häufen  fluiden.  Luther  3,31s';  er 
hatte  in  dreien  tagen  und  dreien  nachten  nichts  gessen.  1  Sam. 
30,12;  bistu  allein  unter  den  frembdlingen  zu  Jerusalem,  der 
nicht  wisse,  was  in  diesen  tagen  drinnen  geschehen  ist?  Lue. 
24,18;  zu  Frankfurt  in  der  mesz  kamen  zweii  rosszteuscher 
zusammen  in  einer  herbcrg.  Wickram  rollw.  51,20  A'urj;  im 
nachtessen  war  die  red  des  edelmans  schier  gar  allein.  132,  s; 
dasz  der  h.  papst  mit  aller  seiner  krämerei  in  kurzem  das 
land  hei  räumen  müssen.  Fischart  bienk.  3';  bin  nie  ein 
gröszerer  maier  gewesen,  als  in  diesen  augenblicken.  Göthk 
16,  s ;  ich  hab  in  meinem  leben  die  dringende  begierde  und 
das  heisze  sehnliche  verlangen  nicht  in  dieser  reinheit  ge- 
sehen. 23;  luid  diese  frau  muszte  in  der  blUthe  ihrer  jähre 
dahin!  85;  Albert,  sagen  sie,  hatte  sich  in  so  kurzer  zeit 
nicht  verändert.  143;  er  fiel  in  den  tagen  der  Jugend.  172; 
ich  habe  über  mich  gewonnen,  dich  in  einigen  tagen  nicht 
zu  sehen.  18,00;  wollten  sie  mich  nicht  in  dieser  zeit  be- 
suchen? an  Schiller  1,13;  um  etwas  vollendet  zu  haben,  habe 
icii  mir  in  diesen  letzten  tagen  etwas  zugeiauthct.  Schiller 
(in  GOthe  1 ,  40 ; 

im  maien,     am  reihen, 

da  freun,  dn  friMiii 

dich  liiiplendc  kniilipn  und  mAgdcIcin!    Vou  4,  150; 

Im  »oinniiM  Im  brhen  dir  .  .  . 

im  winti-r  n  /•;  biind 

•chon  ioi  ).'  -ein.    I'uland  ged,  SO; 


2089 


m 


IN 


2090 


in  dem  funfzebenden  jar  des  keisertliums  keiscrs  Tyberij. 
Luc.  3,1;  im  jähr  1ST6;  dafTir  im  kaufmännischen  geschäßsstil 
auch  blosz  in  1876,  Kol  fremdem  sfrrachgebrauche  nachgeahmt, 
franz.  en  187C,  ital.  nel  1S76,  engt,  in  1S76:  die  russisch- 
holländische  anleihe  begann  in  1S16  . .  die  griecliische  anleihe 
wurde  noch  in  1S53  ausgezalilt.  Weserzeitung  1Sd4  no.  3413; 
keyser  Soiymannus,  welcher  zugleicii  mit  keiser  Carl  in  einem 
jare  geboren ,  auch  in  einem  jare  zum  regiment  kommen. 
ßECHERER  netce  thür.  chron.  (ICOI)  467.  vgl.  auch  ttnten  indem 
=  während  dessen. 

b)  formelhaß  in  der  zeit,  in  zelten,  trährend  es  noch  zeit  ist  : 
spare  in  der  zeit,  so  hast  du  in  der  nolh;  die  daher  in  zelten 
mit  dämmen  und  ableiten  der  künftig  drohenden  gefahr  ab- 
zuwehren wissen.  Göthe  16,19; 

dnim,  werther  herr,  berathet  euch  in  zelten.    12,  161. 

c)  In  iceisl  auf  abschlusz  und  Vollendung  eines  angegebenen  künf- 
tigen Zeitraums:  kommen  sie  in  einer  stunde  wieder,  wenn  eine 
stunde  vorbei  ist;  in  einem  jähre,  vielleicht  schon  In  einem 
monat  wird  es  mir  besser  gehen;  können  sie  mir  das  buch 
in  einem  tage  wieder  bringen?;  ich  hoffe  es  {das  fieber)  auch 
in  kurzem,  mit  goltcs  hülfe  los  zu  sein.  Lessing  12, 12 ; 

(galt)  hiir  mir  in  ainer  kurz  dahin 

zu  der  icli  bin  ganz  aigen.    Jlälzlerin  46'; 

selten  eines  vergangenen,  wo  frir  jetzt  vor  brauchen:  in  zweien 
tagen  hat  man  hie  ein  Spanler  geköpft,  darumb,  das  er  den 
abend  zuvor  ein  andern  Spanier  erstochen  hat.  Spalatin  bei 
Luther  5,  36'; 

mhd.  dö  si  beidiu  swi^en,  dö  sprach  diu  magt : 

her  Iwein,  wie  sit  ir  so  verzagt? 

lebt  ir  odc  habt  ir  munt? 

ir  sprächet  doch  in  kurzer  stunt: 

wenne  wurdent  ir  ein  stumbe?    Iicein  2258. 

d)  die  formet  Im  voraus  (sehen,  setzen,  geben  u.  ähnl.)  deutet 
auf  eine  zeit,  die  bis  zum  eintritt  eines  vorgesehenen  ereignisses 
verlaufen  wird,  der  Substantive  gebrauch  des  adverbs  ist  erst  der 
neuern  spräche  eigen :  ich  sehe  es  im  voraus  was  dieses  alles 
vor  Wirkungen  haben  wird.  Lessi:«g  12,  22  {von  1753) ; 

ich  .  .  lade  dich  auch  schon  im  voraus  ein, 

mir  in  dem  schlimmsten  falle  zu  vertraun.    Götbk  9,215; 

ablasz  ist  uns  ertbeilt  für  alle  schulden 

die  wir  begiengen,  ablasz  im  voraus 

für  alle,  die  wir  noch  begehen  werden. 

Schiller  Maria  Stuart  3,  6  ; 
alle  frevel  sind 
vergeben  im  voraus,    ebenda. 

e)  In,  während,  bei,  zu  einem  Substantiv  des  handelns  oder 
zuslandes  {wo  es  zum  theil  an  die  bedeutung  unten  3  anrührt): 
in  der  ergctzilchkeit  der  waldmanscbaft.  kaiser  Max  geh.  jagd- 
buch 24;  blsz  er  die  leisten  inn  der  flucht  ertappet.  Garj.  254'; 
dasz  er  Jesum  nie  als  inn  der  creuzlgung  gesehen  hab.  Avrer 
proc.  2,10;  im  rückzuge  aus  Persien.  Flemisg  191;  darauf 
wurde  geantwortet:  wir  hätten  ihro  fürstl.  durchl.  in  unsern 
abreisen  noch  In  guter  gesundhelt  gelassen,  pers.  reisebeschr. 
1,  7  ;  in  unserm  abzuge  aus  der  Stadt  weite  unser  wlrth  nichts 
für  die  mahlzelt  fordern.  1, 16 ;  es  würde  an  einen  philoso- 
phischen geschmack  gewöhnen,  der  in  lesung  der  alten  sehr 
nützlich  und  nothwendlg  ist.  Herder  z.  litt.  2,55;  nun  soll 
ihm  Rahel  noch  einen  söhn  schenken :  sie  stirbt  aber  in  der 
gehurt.  Göthe  24,221; 

ir  valter  ist  in  der  raisz.    II.  Sachs  1,  113'; 

Heinz  Dölp,  mein  vattcr,  der  ist  mir 

crtruckt  worden  in  eim  thurnier.    470'; 

das  sie  (die  cMleule)  bschützcn  witwen  und  waiscn, 

die  armen  bscliirmen  in  den  raisen.    470'; 

in  unsern  äugen,  während  wir  es  sahen:  schlugen  sy  öffentlich 
mit  kolhen  zu  todt  in  unsern  äugen.  Frank  weltb.  230';  und 
als  er  zu  lant  sties,  seine  knechte  und  ehr  von  den  schiffen 
abgestanden,  lies  er  die  schiff  in  irer  aller  angesicht  hinweg 
gehen.  Wilw.  v.  Schaumb.  112;  in  gcgenwart  eines,  während  er 
zugegen  ist:  was  Albert  zuletzt  über  die  sache  des  gefangenen 
In  gegenwart  des  amimanns  gesprochen.  Göthe  16,149. 

3)  in,  in  abüracter  bedeutung j  von  der  localen  {no.  1)  aus- 
gehend. 

a)  es  bezieht  sich  auf  einen  zustand,  auf  eine  seelische  oder 
körperliche  Verfassung,  in  der  man  befangen  ist.  die  beispiele 
sind  häufig  und  manigfach.  In  In-l ,  in  freude ,  in  schmerz, 
in  Iraurlgkeit ;  im  zustande  der  glückseligkcit;  im  verlangen 
nach  ruhe;  in  seiner  begelsterung  für  das  schöne ;  maiimen, 


die  den  bestimmungsgrund  des  willen  in  dem  verlangen  nach 
seiner  glückseligkeit  setzen.  Käst  4,233;  es  ist  nicht  in  der 
menschlichen  natur,  zu  jemand  vertrauen  zu  fassen,  den  man 
nicht  lieben  kann.  Wielasd  15, 114  (106) ;  es  ist  in  der  natur 
unsrer  seele,  sich  nach  dem  was  das  beste  ist  zu  sehnen. 
16,225(197);  ich  bin  so  glücklich,  mein  bester,  so  ganz  in 
dem  gefühle  von  ruhigem  dasein  versunken.  Göthe  16,  7 ;  das 
wehen  des  allliebenden,  der  uns  in  ewiger  wonne  schwebend 
trägt  und  erhält.  S;  ich  kehre  in  mich  selbst  zurück,  und 
finde  eine  well !  wieder  mehr  in  ahnung  und  dunkler  begier, 
als  in  darstellung  und  lebendiger  kraft.  14;  wer  aber  in 
seiner  demuth  erkennt  wo  das  alles  hinaus  läuft.  15;  es 
sprechen  keine  worte  die  Zartheit  aus,  die  in  seinem  ganzen 
wesen  und  ausdruck  war.  23;  ich  werde  sie  sehen!  und  da 
habe  ich  für  den  ganzen  tag  keinen  wünsch  welter.  alles, 
alles  verschlingt  sich  in  dieser  aussieht.  56;  wie  sie,  in  der 
sorge  für  ihre  wlrthschaft,  und  in  dem  ernste,  eine  wahre 
mutter  geworden.  63 ;  einer,  der  in  der  wuth  der  beleidlgung 
es  mit  Sechsen  aufnimmt.  6S;  mit  einer  stillen  traurigkeit, 
in  der  ich  ein  wenig  scheues  wesen  zu  bemerken  schien. 
118;  wie  er  mit  sich  in  ewigem  Unfrieden  lebte.  144;  der 
fürst  hält  mich  so  gut  er  nur  kann,  und  doch  bin  ich  nicht 
in  meiner  läge.  113;  in  dem  ewigen  einerlei  eines  traurigen 
Umgangs  mit  dem  liebenswürdigen  und  gellebten  geschöpfe. 
151;  ich  bin  in  einem  zustande,  in  dem  jene  unglücklichen 
gewesen  sein  müssen  ...  151 ;  ich  habe  mit  zittern  deinen 
Zettel  aufgemacht,  in  freude,  dasz  du  mir  wieder  nahe  bist. 
an  frau  v.  Stein  1,50;  er  ergriff  in  mitfühlender  begeisterung 
ihre  band.  J.  Paijl  mumien  3,21;  gesteht  es,  Antonio!  ihr 
seid  in  Hebe !  E.  T.  A.  Hoffma^^  4,  39 ;  über  einige  stellen  bin 
ich  im  zweifei.  Schiller  an  Göthe  1,26;  dasz  der  leser  .  . 
nicht  im  stände  ist ,  die  nothwendigen  beziehungen  des  ge- 
sagten auf  das  ganze  gehörig  zu  beurthellen.  29;  er  ist  mit 
sich  im  reinen ; 

wesz  Job  inn  groszer  duldt  erlidt, 

desz  seit  eryndert  auch  hymit.    Schwarzeiiberc  156'; 

mit  Künsten  und  in  guter  sitt 

ihues  (sie,  die  kinder)  der  armuth  entheben. 

ScHL'ppifs  731 ; 
was  soll  ich  in  der  klag  hie  stehn? 
ich  will  mich  gehn  selbst  bringen  umb, 
dasz  ich  nur  aus  dem  herzleid  kumm. 

J.  Airer  181'  (902,  9  KeUer) ; 
und  wie  ein  mann,  dem  zwei  geschäft  obliegen, 
steh  ich  in  zweifei,  was  ich  erst  soll  thun. 

Shakesp.  Hamlet  3,  3; 

men  sol  latlche  mit  essiche  in  nöhtcrn  essen  unde  wasser 
in  nühtern  trinken.  Haupts  zeilschr.  6,358  (14.  jaArA.); 

ihr  töchter  auch  noch  unvereagt, 
noch  blosz  iu  gülden  haaren  (im  s-tamte  der  jungfräu- 
tichkcil).     Spek  trutzii.  143; 

im  lelien  {verschieden  von  der  temporalen  Verwendung  2,  a  oben), 
im  sterben,  im  tode:  ein  liebenswürdiges  geschöpf,  das  sehr 
viel  natur  mitten  in  dem  steifen  leben  erhalten  hat.  Götbe 
16,96; 

weil  (icd/iren'O  mein  gmabel  im  leben  war. 

il.  Sachs  1,  114'; 
weiland  er  noch  war  im  leben. 

Rebhuh»  I»  Tillmanns  schausp.  1,42,25; 
Jesus,  meine  zuvei-slcht 
und  mein  heiland,  ist  im  leben.    kirchentieJ; 
denn  in  des  todes  schalten  lind  ich  lust, 
im  leben  zwiefach  tod,  da  Gloster  hin. 

Shakesp.  Heinrich  VI,  2,  3,  2  ; 

erhalten  sie  uns  ihr  gütiges  andenken ,  sie  leben  in  dem 
ansrigen.  Schiller  an  Göthe  1, 27. 

b)  namentlich  mit  verben  des  versunkenseins,  betrachtens,  freuens, 
trauerns:  nur  einer  in  den  untern  stuhlen  war  so  in  seinem 
gebetbuch,  dasz  er  weder  sie  noch  die  andern  zu  bemerken 
schien.  Felder  reich  u.  arm  301 ;  er  ist  in  andacht,  in  schmerz 
versunken;  biblisch  ist  sich  in  gott,  im  herrn  freuen:  aber  der 
könlg  frewel  sich  in  gott  {ev<foavd'riasTai  iTil  no  O'etö 
septuag.).  ps.  63, 12;  die  da  frölich  sind  in  meiner  herrllgkeit. 
Jes.  13,3;  scJion  mhd.  eingebürgert  (in  gote  fr6.  Ludwigs  kreuz- 
fahrt  4078),  nocA  mehr  im  nhd. :  das  ich  ein  wolgefallen  bab 
in  dem  gccrützlgten  Jesu  Christo.  Keisersrerg  bilg.  lo*;  wie 
er  {Christus)  sei  gewest  betrübt  bisz  in  den  todt,  auf  dasz 
wir  in  gi>tt  erfreuet  würden.  Schltpiüs  64;  nach  verrichtetem 
gottesdienst  hat  ein  freund  den  andern  zu  gast  gebeten,  und 
sind  in  dein  herrn  frölich  gewesen.  67 ;  trachte . .  nach  fried 
und   freud   im  h.  geist.  207;   dann  mochten  sie  von  dem  io 


2091 


IN 


IN 


2092 


seinem  gölte  vergnügten  alles  begehren.    Holtei  Chr.  Lamm- 

feU  1,  5 ; 

dasz  er  (rrolockend  jez  in  dir) 
auch  dir,  o  höchster,  nach  gebühr 

mit  lob  lind  dank  begönnet.     Wkckrkrlin  82; 

uff  (I5  er  (der  weltlich  gesinnte)  ielz  entpfindt  in  im  die  bitter- 
keit  der  strof,  darumb  das  er  sicli  luitl  unordentiicli  belu- 
stiget in  der  creatiir.  Keisersherc  61/3.  6'. 

c)  formelhafl  in  erwägung,  in  betruclit,  in  ansebung  u.  ähnl., 
vo  die  füi/ung  ebenso  das  dauernde  weilen  in  der  entsprechenden 
handluny  betonen  will:  inn  erwegung,  dasz  .  .  Fischaht  bienk.  31*; 
also  dasz  keiner  ansz  uns  gewesen  ist,  welcher  in  ansebung 
so  hoben  und  erbärniliclien  pietel  (indem  er  solche  sah)  nicht 
auch  geweint  habe.  Schuppius  735 ;  die  knaben  giengen  so 
majestättiscb,  dasz  in  betrachtung  derselben  ich  anfangs  nit 
gehört  hab,  was  sie  gesungen.  "J'a ;  in  rücksichl  auf  den  plan 
und  das  interesse  des  Journals.  Schiller  an  Gülhe  1,4;  in 
rücksicht  auf  die  zukunft.  60. 

d)  im  namen,  im  auftrug  jemandes :  teufet  sie,  im  namen 
des  vaters,  und  des  sons,  und  des  heiligen  geists.  Ji/aH/i.  28, 19; 
er  soll  es  in  seinem ,  oder  in  eines  andern  namen  machen. 
Lessing  2,396;  eins  der  exemplare  habe  ich  in  ihrem  namen 
dem  herzog  überreicht.  Göthr  an  Schiller  1,  45;  in  gottes 
namen  wieder  auf  den  "weg  machen.  Holtei  Lammfell  l,  5 ; 
und  nun  wollen  wir  in  drei  teufeis  —  in  aller  heiligen  namen 
wollt  ick  sagen,  —  nach  Breslau  ziehen.  8; 

in  gottes  namen  laren  wir.    Uhland  vulksl.  796; 
christliche  herren, . .  die  in  kraft  des  geistes  gottes  ausz  der 
Propheten  und  aposteln  Schriften  erkanten ,    dasz  die  grosze 
Babylon  .  .  auf  erden  trunken  war.  Schuppius  842. 

e)  in  der  person  jemandes:  ich  habe  den  herrn  von  Schlag 
in  deiner  person  schon  bei  ihr  angemeldet.  Lessing  2,407; 
er  kommt  in  eigner  person,  oder  kürzer  in  person ;  er  ist  in 
person  bekannt,  d.  h.  er  in  der  äuszern  erscheinung,  in  der  sein 
ich  entgegentritt;  in  person  bekant.  Neumark  palmb.  51; 

und  sollte  morgen  mich  der  alte  Pantalon 

verhindern,  ihnen  in  person 

auf  ihrem  zimmer  aufzuwarten.    Wiblamd  21,  260  ; 

iäszt  durch  den  ersten  glockenschlag 

nicht  in  person  sich  laden.     Göths  1,225; 

ein  Verleger  hat  sich  bereits  in  dem  buchhändler  Cotfa  von 
Tübingen  gefunden.  Schiller  an  Gülhe  1,3,  eine  abiiehlaszte, 
ursprünglich  recht  sinnlich  gedachte  Verbindung,  das  Verleger  sein 
als  eine  in  einem  menschen  verborgene,  einen  theil  von  ihni  bil- 
dende eigenschaß;  ähnlich  sagen  wir:  in  dem  menschen  steckt 
ein  lalent;  in  dem  menschen  habe  ich  viele  gute  eigcn- 
scbaftea  entdeckt; 

mir  ward  in  Phyllis  mehr  geboren 

als  alles,  was  dein  taiid  verspricht.     lUcEnoRN  3,119; 

wenn  junge  wittwen  traurig  scheinen 

und  in  dem  mann  sich  selbst  beweinen, 

80  ist  es  unverstellt.     21 ; 

die  brüder  im  lierrn ,  deren  gemeinschaßliche  eigenschaften  sich 
in  de»  eigenschaßen  des  herrn  zusammenfinden; 

er  führt  als  bruder  im  Apoll 

sich  selber  bei  mir  ein. 

ich  wills  in  jedem  gotte  wohl, 

nur  nicht  in  diesem  sein.    Körger  93*. 

f)  häufig  ist  in  mit  sachbegriffen,  die  auf  diese  weise  als  um- 
fassend, cinschlieszend ,  in  sich  begreifend  gedacht  werden,  so 
allyemein:  er  wcisz  in  allem  bescbeid,  ist  in  allem  meister; 
in  vielem  irrt  er ;  er  hat  sich  selbs  vor  ougen  in  allen  dingen. 
Keisersb.  büg.  ii';  (freunde)  die  in  gutem  eins  sind,  sünden  d. 
munds  47';  er  ist  auch  im  kleinen  treu;  man  musz  mich  wenig 
kennen,  wenn  man  glaubt,  dasz  meine  empflndung  (plur.) 
im  geringsten  damit  harmoniren.  Lessing  12,11;  oh  es  mich 
gleich  gar  nicht  reuet ,  dasz  ich  ihm  nicht  in  allem  gefolgt 
hin.  19;  siehe,  was  du  nun  diesem  hause  bist!  alles  in  allem. 
GöTBE  IS,  128;  80  lange  es  eine  Vernunft  gicbt,  hat  man  sie 
stillschweigend  anerkannt,  und  im  ganzen  darnach  gehandelt. 
Schiller  an  Göthe  1,25;  im  allgemeinen  ist  das  richtig,  im 
hescndf-rn   nicht ; 

e\n  freiet  weib  von  zwanzig  jähren 

iit  zwar  in  vielen  unerfahren.    IUcxdorn  3,  19; 

etwas  in  sich  betrachten,  erwägen,  innerhalb  dessen,  wut  thm 
loeuntltek  ist:  wenn  es  schon  wahr  ist,  dasz  iiiuruliHchc  iiaiid- 
lun|en  . .  in  sich  hetraciitit,  immer  die  nehnilii  lien  bleiben. 
LlusiHO  10,104;  diete  auzaU  nun  «teht  derjenigen  zu  gcbol, 


die  alle  vortheile  in  sich  vereinigt.  Schiller  an  Gülhe  1,3; 
alles  hält  sich  darin  so  einfach  und  schön  in  sich  seihst 
zusammen.  36;  gotl  der  da  ist  einfältig  im  wesen,  und  drei- 
faltig in  personen.  Schuppius  374 ;  das  aufmerken  eines  jeden 
in  denjenigen  sachen  welche  schaden  und  deren  so  helfen, 
ist  die  beste  medicin  die  gesundheit  zu  erhalten.  768;  der 
niedere  begriff  ist  nicht  in  dem  höheren  enthalten  . .  aber  er 
ist  unter  demselben  enthalten.  Kant  1,428;  nach  so  vielen 
verunglückten  versuchen  in  dieser  art.  Schiller  an  GiAhe  \,i\ 
danach  streben  sie,  und  in  wie  hohem  grade  haben  sie  es 
schon  erreicht.  11 ;  im  gnmd  ist  dies  das  höchste,  was  der 
mensch  aus  sich  machen  kann,  ebenda. 

g)  ähnlich  bei  künsten,  fertigkeüen,  beschäßigungen  (die  ja  als 
feld  oder  auch  als  fach  gelten),  innerhalb  deren  etwas  gethan 
wird,  in  der  manichfachslen  weise:  die  maister  in  der  nitftr 
haijent  sölich  wundra;r  experimentatores.  Mecenberc  196,1; 
Hiram  von  Tyro  ..  der  war  ein  meister  im  erz.  l  kön.  7,14; 
da  sagten  die  reiter  dem  doctor,  wie  das  ein  doctor  in  der 
arzny  wer  kommen.  Ulensp.  15  s.  19  Lappenb.,  vgl.  das  franz. 
docteur  en  medecine,  bachelier  fis  (=  en  les)  lettres,  früher 
auch  maitre  is  arts;  so  lange  der  vornehme  theologus  oder 
der  lebrer  in  den  gesiebten  gottes ,  der  Sacharia  lebte. 
Schuppius  37;  wann  ihr  die  jugend  im  catechismo  informiret. 
76;  der  cammerschreiber  war  in  finanzereien  also  abgerichtet. 
106;  wie  grosze  herrn  wol  hausz  gehalten  und  auch  ihre  nach- 
kommen in  guter  hauszhaltung  (im  gebiete  derselben)  ermahnet 
haben.  27 ;  ist  die  causa  belli  legitima ,  so  ist  ein  soldat 
nichts  anders,  als  execufor  justitiae,  gehet  in  seinem  beruf. 
360;  in  musik,  in  der  mahlerkunsl  Unterricht  ertheilen;  eine 
autorität  in  der  geschichte,  in  der  handschriftenkunde;  nichts 
mehr  betrigl,  als  des  menschen  urtheil  in  seinem  eigenem 
werk.  Sandrart  academie  (1679)  2,3,17'; 

er  nennt  sich  einen  händler  in  Juwelen 

und  führt  die  schönsten  auf  dem  erdeiirunde. 

Unland  ijnl.  450; 

im  hörn  plasen  buccinare  Dief.  83';  1561  lernet  ich  im  schwer! 
fechten.  Sciim.  2,26t  Fromm.;  sprichwörtlich:  es  ist  gilt  mit  im 
im  langen  spiesz  fechten,  er  sihet  nit  so  fern  (ist  kurzsichtig), 
kl.  weise  reden  99* ;  der  schmid  der  in  eisen  arbeitet.  Kant 
5, 147 ;  «n  bezug  auf  ein  amt ,  eine  anstellung  (die  sonst  auch 
bekleidet  wird):  ein  mann  der  in  einem  öffentlichen  amie 
steht.  Göthe  16,18;  er  erzählte  mir,  dasz  er  bei  einer  wittwe 
in  diensten  sei.  22;  er  ist  theilhaber  im  geschäfl  seines  vaters; 
und  darnach  ähnlich:  er  ist,  steht  in  meinem  interesse,  in 
abhängigkeit  von  mir;  wir  haben  auch  noch  dieses  in  befehl. 
Schuppius  404 ; 

der  irrthum  war  Astarte  zu  verzeihn. 
man  muszt,  um  richtiger  zu  schlieszen, 
nur  in  Kombabs  geheimnisz  sein. 

WiBLAND  10,  277  (269), 

in  bezug  auf  allerlei  thun  und  treiben :  rannt  in  vollem  ritt  dem 
müncli  auf  die  brust.  Garg.  254';  im  siechen  {wettschiessen) 
verlor  ers  nimmer.  181';  dasz  ich  .  .  in  meinen  eigenen  ge- 
schaffen eine  zeillang  in  Parisz  gewesen.  Simpl.  1,377  Kurs; 

da  ist  der  sieg  entschieden,  der  feind  in  wilder  flucht. 

Uhlano  ijeil.  36J> ; 

dnimb  hat  man  sich  im  freien  (heiraten)  wol  vorzusehen. 
Schuppius  23;  höret  den  advocaten  in  ihren  vorzüglichen  ausz- 
flüchlen  nicht  zu.  24 ;  soll  er  auch  die  zeit  im  essen  {dit 
essensieit)  nicht  iindcrn.  104 ;  wende  die  edle  zeit.,  in  höhern, 
grOszern  und  nützlichem  A\ngen  an  (als  calendermachen).  578; 
haben  . .  ganze  fabeln,  oder  schöne  senlenz,  so  darausz  ge- 
wachsen ,  in  ihren  reden  geführt,  wie  zwar  auch  der  söhn 
gottes  und  seine  prophelen  und  aposteln  ihren  mund  gerne 
in  schönen  glciclinüssen  aufthun.  S3| ;  fiengen  sie  an,  mir  in 
spanischen  wein  und  Malvasier  zuzutrinken,  ^im;)/.  l ,  12S  Aurz ; 
wir  wollen  uns  nicht  in  gleiclinissen  hrrumbeiszen.  (iöTHE 
16,  62 ;  auch  setzte  er  hinzu,  dasz  er  in  einer  solchen  sache 
nichts  Ihun  könne.  148;  er  Übersicht  mich  so  weit  in  diesem 
fache.  211;  er  handelt,  ist  in  seinem  rechte;  in  bezug  auf  eine 
spräche:  im  deutschen,  im  laleinisciien;  in  fremtien  sprachen 
sich  ausdrücken,  unterrichten  können ;  dasz  jene,  gerade  wie 
wir  CS  in  einer  fremden  spräche  Ihun,  sich  mit  schon  ge- 
stempeilen hergebrachten  phrasen  .  .  hehelfen  müssen.  215; 

und  neben  ihm  «In  dicker  band, 
'  mit  goldncn  dorkcln,  zierlirh  getrieben, 

in  i'iiM-r  uraltpii  üprarhi'  gr.irhrieben.     Wikland  18,  ST4. 

!        A)  in,   den    zuatand   einer   sache  anzeigend:    so  meinte  ich, 
!   au  iDciucm  leibe  blieben  sie  (du  kletder)  besser  in  falten  als 


2093 


IN 


IN 


2094 


drinne  auf  der  tafel.  Weise  po/ö.  «dner(l6S4)  345;  dasz  noch 
alle  jähr  etwas  im  vorrath  bleibe.  Schcppics  27;  es  würde 
hinreichend  sein,  auch  die  kostbarste  Unternehmung  im  gange 
zu  erhallen.  Schiller  an  Göthe  1,2;  endlich  habe  ich  die 
merkwürdige  recension  in  manuscript  gelesen.  46; 

dort  auf  den  rathhausfenstern,  iu  färben  bunt  und  klar, 
stellt  jeden  ritters  name  und  Wappenschild  sich  dar. 

Ubla»d  ged.  366; 

die  makrie  einer  sacke  anzeigend: 

so  hat  man  da,  in  silber  und  gold, 
Til  schöner  gschirr. 

Grob  ausr.  d.  »chützen,  bei  Haupt  3,243. 

bei  bestimmung  von  Zahlungen  heiszt  es  in  silber,  in  golde, 
in  papier :  zwen  Schilling  in  gold.  ^ürnb.  pcliz.  ordn.  47 ;  soll 
jeglich  person  einen  Schilling  in  goldt  geben  {als  Steuer),  des 
h.  röm.  reichs  ordn.  {Worms  1539)  72';  der  gedruckte  bogen 
wird  in  golde  bezahlt.  Schiller  an  Göthe  1,3;  vennögen  in 
baarem  gelde,  in  grundstücken,  in  actien. 

i)  oder  art  und  veise,  welche  bedeutung  der  letzt  gegebenen  {h) 
aufs  engste  verwandt  ist:  er  stall  sich  erberlich  und  geistlich 
auszwendig  in  dem  schein.  Keisersberg  Sünden  d.  m.  46* ;  die 
obgemelten  «ilberin  münz,  die  in  laut  obgemelter  gesetzt  {wie 
die  abgemeldeten  gesetze  lauten)  zu  geben  und  zu  nemen  erlaubt 
ist.  Auni6.  poliz.  ordn.  148;  er  steht  bei  dem  könig  vortreff- 
lich angeschrieben,  der  ihm  auch  in  gnaden  seinen  abschied 
ertbeilt  hat.  Lessing  2, 3S7; 

er  Wirt  in  gnaden  mich  auf  nemen.    U.  Sachs  1,  11&' ; 
byn  faren  wir  ietz  in  dinem  segen. 

Mandel  fastn.  sp.  389  Grineiten ; 

warum  der  ström  des  genies  so  selten  ausbricht,  so  seilen 
in  hohen  fluthen  herein  braust.  Göthe  16,19;  ich  habe  in 
meinem  masze  begreifen  lernen,  wie  man  alle  auszerordent- 
lichen  menschen  . .  von  jeher  für  trunkene  und  wahnsinnige 
ausschreien  muszte.  67 ;  seitdem  jene  leichtfertige  schöne  in 
ihren  freundlichen  bemühungen  den  verwundeten  umgab. 
19, 62 ;  an  einer  reihe  wagen ,  auf  welchen  verwundete  in 
mancherlei  traurigen  Verstümmelungen  und  gebärden  sachte 
bei  uns  vorbeigefahren  wurden.  24,  154;  der  abdruck  der 
manuscripte  wird  sich  nach  der  Ordnung  richten,  in  der  sie 
eingesandt  werden.  Schiller  an  Göthe  1,4;  es  müsse  alles 
in  der  Ordnung,  in  dem  vorgeschriebenen  gang  gehen.  Göthe 
16, 148 ;  dieser  mann  ist  auch  gütig,  aber  in  seiner  weise ; 

ein  gaul,  der  sjchmuck  von  weiszen  pferden,  .  . 

und,  wie  ein  menscb,  stolz  in  geberden.    Gellert  1,45; 

Carlos,  der  meinige?    Marquis,  auf  ewig 
und  in  des  worts  verwegenster  bedeutung. 

Schiller  Carlos  1,9; 

hierher  auch:  er  ist  in  nichts  von  menschen  seines  Schlages 
unterichieden ;  es  {das  haus)  unterschied  sich  in  der  innern 
bauarl  von  gewöhnlichen  gebäuden  in  nichts.  Göthe  16, 227. 
k)  in  ist  instrumental,  im  sinne  von  durch,  mit:  zwai  stuck 
wildt  in  aim  schusz  geschossen.  Max  I  geh.  jagdb.  4S;  der 
grosz  waidman  halt  geschossen  in  hundert  und  vier  Schüssen 
ainhundert  antfogl.  50;  ein  landjunker  berühmte  sich  einsmals 
in  einer  compagnie,  wie  er  in  einem  schusz  einen  hirsch, 
rephun  und  einen  groszen  karpen  geschossen  hätte,  gepfl. 
finken  279 ;  unser  vatterland  der  ewigen  Seligkeit ,  das  wir 
verloren  betten  in  Adam  und  Eva.  Keisersberg  bilg.  7';  nicht 
allein  in  dem  brot  lebt  der  mensch  {tcol  nach  der  vulg.  non 
in  solo  pane),  Sünden  d.  m.  10*;  kurzweilig  und  schimpfliche 
schwenk, . .  in  welchen  sich  niemanls  ergeren  wirt.  Wicrram 
rollw.  6,3  Kurz;  er  malt  in  Wasserfarben,  in  Ölfarben  oder 
kürzer  in  öl;  wie  ich  mich  unter  dem  gespräche  in  den 
schwarzen  äugen  weidete I  Göthe  16,30; 

Chriitus  spricht  an  einem  ort: 

der  meusch  lebt  nit  alein  im  brot, 

sunder  das  wort  gots  ist  im  not.    Schade  sat.  1,24; 

etwas  im  werke  erweisen,   durcA  das  werk:    hat  es  auch  .  . 

wahr  gemacht  und  im  werke  erwiesen.  Schuppius  112;   thue 

ihm  alles  gutes  und  erweise  in  der  that,  dasz  du  freigebig . . 

seiest.  313; 

und  alles,  was  wir  fragen, 
das  sagt  in  Einern  sagen  (i'initimmig), 
ibr  (oilt  gebunden  sein.    Fleming  438; 
die  in  ^inem  schreien  schrein: 
freund,  du  sollst  gebunden  sein.    443; 

oder  causal :  solch  eine  ergetiung  schöpften  sie  in  dieser 
Schönheit.  Zesen  Assenal  (1679)  19;  ich  komme  jung  von 
schulen,   in    der   gewissen    Überzeugung,   dasz   mein  ganzes 


gltick  in  den  büchern  besiehe.  Lessiäg  12,4;  (eine  eintracht 
und  zusammenstimmung)  die  in  den  harmonischen  bewegungen 
des  himmels,  in  der  unveränderlichen  folge  der  jahrszeiten, 
in  der  anordnung  und  ausschmückung  der  ganzen  körper- 
well, den  anschauenden  geist  in  bewundrung  setzt.  Wielahd 
16, 208.  in  dem  =  weil ,  da :  er  schall  in  in  dem  als  er 
sprach  zu  im,  du  geweiszete  wandt,  da  meint  er,  er  stall 
{stelle)  sich  erberlich  und  geistlich  auszwendig  in  dem  schein, 
aber  inwendig  wer  er  falsch  und  ungerecht,  darumb  flucht  er 
im  in  dem  da  er  sprach,  gotl  mijsz  dich  schlagen.  Keisebs- 
berg  Sünden  des  munds  46*.     vgl.  indem. 

/)  an  die  temporale  Verwendung  erinnert  in,  wenn  es  den  ein- 
tritt eines  zustandes  voraussetzen  hilft  oder  bestimmt:  im  fall  du 
kommst  trenn  du  kommst;  in  welchem  fall  ich  es  unterlassen 
würde,  ihm  ein  exemplar  zu  präsentieren.  Schiller  an  Göthe 
1,44;  vila  verecunda  est,  musa  jocosa  mihi,  so  entschuldigte 
sich  Martial  in  gleichen  falle.  Lessixg  12, 11 ; 

weisz  dann  nun  weiter  gott, 
im  fall  er  auch  schon  wil,  zu  Coden  eine  noth, 
mit  der  er  strafen  kan?  Opitz  1,224; 

bei  vorausgesetzten  krankheiten  und  Übeln  zufallen: 

es  (ein  Pflaster)  kühlt  den  brand ,  es  hilft  im  seitenstiche. 

WiELAJiD  n.  .imadis  1771   2,  193; 

die  priester  sollen  välter  sein, 
bei  ihren  geistes-kinderlein, 
in  ihrem  fall  und  schwachen  gabn 
ein  freundliches  mitleiden  habu. 

PuiLANUEK  IbdU  1, 444  {au*  der  laut,  warheit  259). 

II.  in  mit  dem  accusativ. 

1)  local. 

a)  bewegung  in  das  innere  eines  umschlossenen  raumes  an- 
zeigend :  wein  ins  glas ,  wasser  in  den  krug  schütten ;  ins 
haus,  ins  zimmer,  in  die  kammer  treten ;  in  die  stadl  gehen ; 
sich  in  das  wasser,  in  den  flusz  stürzen;  etwas  in  das  wasser 
werfen ;  recht  anschaulich  von  heftigem  weinen :  diese  wort 
setzten  meine  äugen  ins  wasser.  Simpl.  l,  42  Kurz;  ins  feuer, 
in  die  flamme  werfen;  so  soll  ir  von  stund  an  in  den  glüenden 
ofen  geworfen  werden.  Dan.  3, 15 ;  sprach ,  er  wer  sj  n ,  und 
mäsl  mit  jm  in  die  hell.  Keisersberg  bilg.  4';  ich  habe  nicht 
ins  verborgen  geredt  im  finstern  ort  der  erden.  Jes.  45,19; 
gehet  ir  auch  hin  in  den  weinberg.  Matth.  20,4;  stecke  dein 
Schwert  in  die  scheide.  JoA.  IS,  11 ;  alle  menschen  und  vieh, 
das  nicht  in  die  heuser  versanilel  ist,  werden  sterben.  2  Mos. 
9,19;  ein  .  .  pfaff,  dem  alle  zeit  seine  sinn  und  gedanken 
mer  ins  wirtshaus  dann  in  die  kircben  stunden.  Wickram 
rollw.  12,23  Kurz;  wie  oft  schickt  ein  hauszvatter  den  söhn 
auf  die  hohe  schul,  und  entzeucht  biszweilen  zu  hausz  . .  was 
er  diesem  verschwenderischen  söhn  in  die  academi  schickt? 
ScHCPPiüs  727;  wenn  .  .  die  hohe  sonne  an  der  Oberfläche 
der  undurchdringlichen  finsternisz  meines  waldes  ruht,  und 
nur  einzelne  strahlen  sich  in  das  innere  heiligthum  stehlen. 
Göthe  16, 8 ;  wenn  ich  mich  sonntags  so  in  ein  eckchen 
setzen  .  .  konnte.  29 ;  wie  hohe  buchenwände  einen  endlich 
einscblieszen ,  und  durch  ein  daran  stoszendes  bosket  die 
allee  immer  düsterer  wird,  bis  zuletzt  alles  sich  in  ein  ge- 
schlossenes plätzchen  endigt.  82 ;  da  ich  in  den  saal  trat. 
106;  sich  in  den  stuhl  setzen,  dessen  sitzbret  von  rücken-  und 
Seitenlehnen  umschlossen  ist:  als  er  sein  gebet  gethan,  wurd 
er  in  einen  vergülten  stul  gefurt.  Becherer  newe  thür.  chron. 
(1601)464;  {der  kaiser)  gieng  also  wider  in  seinen  stul.  ebenda; 
in  die  thür  treten ,  sich  ins  fenster  legen ,  mit  rücksicht  auf 
die  Umrahmung  beider:  und  da  ich  die  vorliegende  treppe  hin- 
auf gestiegen  war  und  in  die  thür  trat.  Göthe  16,  26 ; 

nü  lät  mich  minen  harren  bän 

in  mime  turne :  ich  müeste  in  län, 

und  mit  im  in  den  sinen.    Pan.  355,  13; 

ins  kloster,  ins  kloster, 

da  kom  ich  nicht  bioeio.    Uhland  tolksl.  855; 

tief  in  den  fels,  auf  dem  es  (das  kirchtein)  hängt, 

ist  eine  grotte  eingesprengt. 

Schiller  kämpf  mit  d.  drachen  v.  181 ; 
.<cbeu  in  des  gebirges  klüflen 
barg  der  troglodyte  sich.    eleu*,  (est  v.9; 

mit  knappem  ausdrucJi: 

da  war  ich  wieder  in  mein  gutes  haus  {nämlich  zurückgekehrt), 
und  wahrlich,  ich  geh  nun  in  langer  zeit  nicht  aus. 

L.  TiECK  prmz  Zerbino,  act  3; 
es  biesz,  der  wirlh  ins  haus  (der  ins  haut  gehört), 
lasz  alles  was  er  hat  und  geh  auf  ewig  rausz.     Locad  1,  69; 

vun  mustktnstrumenten :  ih  ein  hörn  blasen,  in  die  posaune 
stuszen; 


2095 


IN 


IN 


2096 


steigt  aur  die  hochwacht,  blast  in  euer  horni 

ScuiLLKK  Teil  5,  1; 

das  er  die  posaunen  aufblesct,  und  in  die  druininel  stoszeU 

Luther  8,  25ä'. 

b)  nanicnllich  auch  von  fest  und  eng  umhüJknden,  einzwän- 
genden :  einen  bäum  in  die  erde  pflanzen ;  Weinreben  in  stroh 
hüllen;  einen  in  fessein  schlagen;  ochsen  ins  joch  spannen; 
ich  kaufte  unterdessen  20  paar  ochsen,  und  liesz  sie  nit  alle 
zugleich  in  pflüg  spannen,  sondern  liesz  ein  paar  oder  vier  an- 
spannen. ScHUHPius  119;  in  freier  bildlicJur  verwemiunii :  daran 
seid  ihr  alle  schuld,  die  ihr  mich  in  das  joch  geschwatzt . . 
habt.  GöTUE  16,95;  wir  waren  förmlich  in  dicken  ncbel  ge- 
hüllt, als  wir  fort  giengen ;  von  kleidern :  sich  in  die  kleider 
stecken,  werfen; 

so  kleid  wir  uns  nit  gern  in  zwilch.  fustn.  sp.  344,6; 
sich  in  weisz,  schwarz,  grau  kleiden  (knapp  für  in  weiszen, 
schwarzen ,  grauen  stoff) :  die  bruderschaften  von  s.  Rocho, 
von  s.  Hubrecht,  von  s.  Sebastian,  von  s.  Corona,  welche 
in  blau  gekleidet  gehn,  von  s.  Anthony  inn  schwarz,  von 
s.  Marlin  inn  weisz,  von  s.  Dominico  inn  schwarz,  und  so 
fortan  weiter.  Fischart  hicnk.  2s';  wiewol  etliche  in  schne- 
weisz,  etliche  in  kolschwarz,  die  andere  in  cselgrau,  in  grasz- 
grün,  inn  feuerrot,  in  himmelblau,  inn  bund  oder  gescheckel 
gekleid  gehen.  29' ;  und  danach  ähnlich :  er  kam  in  einen 
Schiffer  verkleidet  (in  schiffcrlraehl).  Götme  16, 173;  wir  pflück- 
ten allerlei  blumcn ,  und  Hennogen ,  sonst  eben  nicht  dazu 
aufgelegt,  liesz  es  sich  gefallen,  mir  kränze  zu  flechten,  in 
die  ich  mich  putzte.  E. 'f.  A.  Hoffhann  6,265;  bildlich: 

ich  bin  .  .  sogleich  nicht  vorbereitet, 
was  ich  als  bürger  dieser  weit  gedacht, 
in  Worte  ihres  unterihans  zu  kleiden. 

Schiller  Carlos  3,  10 ; 

hypcibolisch  (vgl.  oben  1, 1,  b  sp.  20S4)  das  volk  in  die  waffen 
rufefl,  die  wache  ins  gewehr  treten  lassen ; 

macht,  dasz  ein  ende  wird!  die  wache 
ruft  ins  gewehr.  Scuiller  Piccol.  2, 1. 

c)  in  bezug  auf  das  menschUche  innere:  nach  dem  bissen 
fuhr  der  satban  in  in.  Joh.  18,  27 ;  das  freut  mich  jedesmahl 
in  die  seele,  wenn  . .  Claudius  3, 65 ;  einen  ins  herz  sehen ; 
sich  ins  herz  hinein  schämen  (sp.  1217);  in  sich  gehen  und 
bereuen,  früher  in  sich  schlagen:  da  schlug  er  in  sich.  Luc. 
15, 17  ; 

da  fieng  er  an  und  schlug  in  sich, 
seufzet  und  weint  gar  bitterlich. 

Amhr.  liederh.  128,  31; 
so  leeben  sie  inn  stille. 
kein  argwöhn  kömmt  inn  sie.    sein  raht  der  ist  ihr  wille. 

P.  Fleming  72; 

rein  körperlich:  einem  scheintodtcii  luft  in  die  lunge  blasen; 
blut  in  die  ädern  spritzen ;  speise  in  den  inund  stecken ; 
was  zum  munde  eingehet,  das  gehet  in  den  bauch.  Malth. 
15, 17 ;  es  werden  euch  dort  die  gebratenen  tauben  auch  nicht 
ins  maul  fliegen.  Holtei  Chr.  Lammfell  1,S;  man  brummt  etwas 
in  die  zahne,  nur  soweit,  dasz  es  bis  in  die  zdhne  reicht,  nicht 
aus  dem  munde  kommt;  einen  trunk  in  den  hals  jagen,  vgl. 
auch  in  den  brumm  schlagen  thcil  2,427;  in  seinen  hals  lügen, 
vgl.  oben  sp.  254 ; 

desz  leugtt  du  in  dein  hals  hinein.    II.  Sachs  1,  479*. 

d)  ähnlich  von  umschlieszenden  oder  auch  sonst  enger  um- 
gränzten  körperlheilen :  die  waffe  in  die  band,  in  die  faust 
nehmen;  sein  lieb  in  die  arme  schlieszen;  er  lachet  in  syn 
fust.  Keisersberc  bilg.  10';  gab  ihm  auch  den  sceptcr  und 
reichsapfel  . .  in  die  bände.  Üecherer  newe  Ihür.  chron.  (1601) 
465;  etwas  fällt  in  die  bände:  mein  tagebuch,  das  ich  seil 
einiger  zeit  vernachlässiget,  fiel  mir  heut  wieder  in  die  bände. 
GOthe  16,62;  das  Lillet  blieb  liegen,  und  Hei  mir  abends  in 
die  bände.  121 ;  in  die  band  wird  befohlen,  gclubl,  vgl.  oben 
ip.  350.  332 ; 

hier  gelob  ich  dir« 
in  deine  kalte  lodtcnhand  —  zerriMcn 
hab  ich  auT  ewig  alle  fremde  bände. 

Schiller  Trll  4,  2  ; 

früher  hiest  es  ins  maul  schlagen ,  jetzt  auf»  maul ;  aber  noch 
mit  rohem  ausdruck  in  die  fresse ,  ins  gcfrüsz  schlaKcn  (vgl. 
thed  4*,  132):  AnaniaR  ..  gebot  ..  das  h'w.  in  Kchlahcri  sollen 
in  da»  rnaul.  Keirer<>bk>c  sünden  d.  mundt  46';  als  iliiii  der 
kleine  noch  etwas  in  das  ohr  »ngen  wolllr.  Gornr.  10,162; 
ringe  in' die  obren  Merken;  nich  in  die  haare  fahren,  vor 
terzu-fipung  oder  gegenseitig  beim  balgen; 


fehlen  sollt  es  dir  im  iahre 

nie  an  spielen  li-oher  lust, 

nie  an  blunien  in  die  haare, 

nie  an  hlumen  vor  die  brüst.    Körger  5'; 

mir  kamen  die  thränen  in  die  äugen.  Göthe  16,140;  ßel  mir 
das  reizendste  Schauspiel  in  die  äugen ,  das  ich  je  gesehen 
habe.  26;  sobald  mir  das  herz  in  die  äugen  träte.  Holtei 
Lammfell  1,3;  ich  schlug  endlich  die  bibel  auf,  da  kam  mir 
alsbald  ins  gesiebt  der  spiuch  s.  Pauli.  Sciiui-eius  262;  zu- 
maiilcn  (ich)  auch  kein  holTnung  machen  koiite,  dieselbe  wegen 
beiderseits  widercinaiuler  strebenden  kriegswaffcn  jemabis 
widerum  ins  gesiebt  zu  bekommen.  Simpl.  3,63  Kurz;  do  er 
geschlagen  ward  in  das  angesicht.  Keisersberg  bilg.  6*;  da 
speicten  sie  aus  in  sein  angesiebte, . .  etliche  aber  schlugen 
in  ins  angcsichte.  Malth.  26,67;  himelischer  vatter,  sich  in 
das  antlitz  dins  eingebornen  suns.  Keisersberc  biLj.  4'; 

das  läugn  ich  ihm,  sieht  er,  ins  angesicht. 

Schiller  Wnllensteins  liitjrr,  11.  auftr.; 
blickten  stumm  und  ängstlich  eine  frage 
in  das  schmerzlich  lächelnde  i;usicht. 

I'ueiliukatu  'jlciubcnsbekennlnis  21U. 

c)  in  ein  buch,  in  einen  brief  sehen,  schreiben  (vgl.  oben 
1,1,  e  sp.  2085):  er  (David)  schreibe  aber  also  in  den  brief. 
2  Sam.  11,15;  einem  etwas  in  die  rechnung  stellen;  sondern 
er  sol  in  sein  alt  buch,  in  die  h.  bibel,  als  seinen  unfehl- 
baren allmanacb  oder  calender  laufen,  so  wird  ers  finden. 
ScHUPPiüs  614;  in  die  karte  sehen;  auch  bildlich  einem  in  die 
karte  sehen,  gemeint  ist  hier  die  Spielkarte,  die  auch  sonst  als 
buch  (tlieil  5  s/».  236  unten)  gedaclU  wird: 

sah  fiirsten  in  die  karte, 
trumpft  ab  und  stach  genug. 

FuEiLiGRATH  ijlauliensbckemituis  HO; 

sich  in  die  bücher  vergraben ;  oft  beneide  ich  Alberten,  den 
ich  über  die  obren  in  actcu  vergraben  sehe.  Göthe  16, 77. 
vielonyntisch  statt  des  biiches  ist  der  schrißsleller  genannt :  wenn 
ich  in  meinen  Goethe  sehe,  linde  ich  die  stelle  gleich. 

f)  in ,  die  bewegung  über  den  rand  einer  begrenzten  fläche 
angebend,  bei  länder-  (und  orts-)namen,  wo  wir  jetzt,  wenn  nicht 
der  arlikel  oder  ein  possessiv  dazu  tritt,  nach  brauclwn : 

ahd.    reit  her  tliara  in  Yrankön 

ingagan  ISorthmannon.    Müllknhoff  u.  Schkrer  16,  2S; 
ni/i(<.  si  solle  in  hcprcn  län 

wai  si  enbieien  wolle  in  Ftzelen  lant.    Nib.  1193,3; 

uhd.  da  es  aber  beschlossen  war,  das  wir  in  Welscbland 
schiffen  sollen,  ap.  gesch.  27, 1 ;  darnach  .  .  zoch  Henricus 
mitten  durch  das  stift  von  Bremen  in  Diedmar.  Luther  3,32"; 
er  (der  kaiser)  soll  den  bapst  vermögen ,  das  er  kein  ablas 
mehr  in  Deudschland  schicken  wolle.  6,  S2*;  nachmalen  haben 
sie  sich  (die  Wandalier)  . .  über  den  Rein  in  Frankreich  ge- 
machet. MicRAMUs  a/f.  i'ommer«  1,62;  fcrtigctcn  sie  ihre  bol- 
schaflen  in  Teutschland  ab.  2, 153 ;  (Guslau  Adolß  lies  die  be- 
lagerung  für  Ingolstadt  wiederümb  aufheben,  kam  in  München. 
5,296;  weil  unser  Vorsatz  nun,  künftig  in  Persicn  zu  reisen. 
pers.  reiscbeschr.  l,  15  ;  die  zween  junge  von  adel  bekamen  einen 
wexel  und  befelch  von  ihren  ellern,  sich  in  Frankreich  zu  be- 
geben. Simpl.  ],yjbKurz;  nachdem  . .  der  krieg  sich  in  Italien 
gezogen.  ScHL'PPius  16;  warumb  ziehen  sie  nicht  in  Holstein? 
60;  ich  wil  euch  mit  in  Thraciam  nehmen.  76;  sie  sollen  in 
Ophir  segeln.  112;  dasz  er  über  den  Rhodan  und.  .in  Italien 
fortrücken  möchte.  Lomenstein  ^rm.  1,907';  daher  mnsle  Lifo 
nach  etlichem  verlust  wieder  in  Gallien  weichen.  90"';  nach 
des  kaisers  ablebeii  gienge  sie  (Mathildis)  in  Engclland  zurück. 
IlAnrt  hist.  (1723)  3,156;  die  ganze  strecke  von  Portugal  bis 
in  Baiern.  Kant  9, 45 ; 

durch  Zeitung  haben  wir  vernommen, 
es  sol  Ludwig  in  Wolscliluiid  kommen. 

J.  Atrer  122'  (616,  16  Keller) ; 

0  reütorlein,  reit, 
der  weg  in  l'ortugal  ist  weil.    2S3'  (1415,2); 
diosi  ist  der  ring,  den  lio  in  Krankreich  mitgetragen  .  . 

1).  V.  n.  Wrrukii  Artust  II,  4,  1; 

dasz  unsre  Douischon  ihre  kinder  nicht  dürlVn  nirhrin  Trank- 

r«ich  schirkon.    I.ocau  3,2:i:i,2ut: 

IMiilippus  war  beniQhl,  in  Thracien  tu  dringen.  IIaorhorn  2,59; 

(Jordan)  iUuisi  um  Juruaaloni !  «1  liOUr 
Ihre  schimmernden  ihürme,  dann  kehr  in  Gem  .  ■  ! 

Klopstoc»  4,  M'  I; 

aber  noch  heute:  wir  wollen  in  das  KIsnsz  geh»  i,, >cn 

in  die  Schweiz,  in  die  Türkei;  er  kehrt  in  sein  pelicbtr» 
KiikI'IUiI    zui'ik  k  ;    li.ixz    ihr    mann   eine  rei!>e  in  die  Schweif 


2097 


IN 


IN 


2098 


gemacht  habe.  Göthe  16,20;  kauui  aber  war  er  auch  wiederum 
in  sein  Frankreich, .  .  als  er  wiederum  mündlich  und  schrift- 
lich bezeugte,  wie  fest  er  noch  an  seiner  lehre  hange.  Lessinc 
8,322. 

g)  ähnlich  von  ailgenieineT  bezeichneten  strecken:  dein  name 
ward  berufen  fern  in  die  insulen.  Sir.  47, 17 ;  diese  rede  von 
im  erschall  in  das  ganze  Jüdischeland,  und  in  alle  umbligende 
lender.  Luc.  7, 17 ;  er  ist  nur  zu  from  in  die  weit  (als  Sprich- 
wort, d.h.  viel  zu  fromm  ßr  die  weit).  Fram  parad.  (165S)37''; 
sie  kommt  darnieder,  bringet  eine  tochter  in  die  weit.  Hars- 
dOrffeb  jämmerl.  mordgesch.  140 ;  ich  lächle  dann  so  träumend 
weiter  in  die  weit.  Göthe  16, 15 ; 

(sie)  runden  weder  schid 
noch  führer  in  ihr  land.    A.  SccLTtTcs  bei  Lessixc  8,  2S4; 
der  gott  Ton  ewiekeit  sitzt  aur  des  LirameU  vesten, 
streckt  seine  starke  band  von  osten  bisz  in  nesten. 

Opitz  3,  280 ; 
zeuch  ion  die  mitternacbt,  iun  das  eutleegne  laiid. 

P.  Flesikg  71 ; 
lange  schon  harrte  beTrachtet  das  schilT  auf  günstige  lülte ; 
endlich  strebte  der  wind  glücklich  vom  uler  ins  meer. 

ÜöiHK  1,  206; 
die  bauren  weren  jetzunder  nicht  auf  dem  fehl ,  sondern 
können  leichtlich  in  ein  ort  zusammen  gebracht  werden. 
ScHt'PPiL's  746;  ein  ieder  setzte  sich  in  seine  stelle.  Zesen 
Assenat  iü3;  wenn  man  ihn  (einen  stein)  in  die  sonne  legt 
(auf  eine  sonnenbeschienene  stelle).  Göthe  16,56;  in  den  weg 
stehen,  treten,  auch  bildlich:  sonst  sind  mir  nur  einige  ver- 
zerrte originale  in  den  weg  gelaufen.  Göthe  16,14;  und  ab- 
geblasit  in  dryerley  weg  (auf  dreierlei  weise).  Keisersbebc 
bilg.  ö' ;  in  zwen  weg.  5* ;  in  allweg  meiden  {auf  jede  weise). 
Mose  ant.  1839  sp.  16S ; 

Valien  muost  er  in  die  erde,    riitg  4',  13; 
er  warl'  in  uider  in  die  erd.    8',  43; 
in  den  plan  seu  ritten  do.    8^  4 ; 
daj  man  da  biete  funden 
fünf  tuiniercr  wol  getan 
gestrekei  nider  in  den  plan.    8',  39; 
korapt  mit  mir  in  gerichtes  ring.    H.  Sachs  1,  113'; 
(die  (eidmaus  q>richl)  gott  Willkomm  slattmausz  zart, 
wie  kombstu  her  in  unser  art  (frltt)?    £.  Ajlbehus  26'; 
aus  dem  thor  der  wasserscblauge 
zogen  sie  hinaus  ins  feld.    IIehdek  5,  1S3  (Cid  55); 
eilt  jeder  schweifende  und  irre  geist 
in  sein  revier.     Sliakefp.  Hamlet  1,1; 

zerschmettert  und  zerrissen 
sank  in  den  staub  sein  edel  angesiebt. 

Freiligbath  ijlaubeusbckewnnis  9; 

ein  mann  ins  feld,  der  ins  feld  gehört,  paszt: 

ich  bin  ein  mann  ins  feld :  mein  kühner  mnth  ist  grosz. 

Flemi.ig  111  (lub  eines  iuldalen  zu  fuste); 

wir  müssen  noch  mehr  in  die  höhe,  um  eine  gute  aussieht 

zu  haben ;  bildlich : 

iiesz  ich  mirs  so  viel  kosten,  in  die  höh 

zu  kommen.      Scuillkr  Walleiistein»  toJ  3,  4  ; 

darumb  so  sollen  wir  unsere  herzen  und  gemüt  aufheben  und 
sollen  sprechen  mit  dem  Da\id  levavi  oculos  meos  in  muntern, 
unde  veniet  auxilium  mihi,  wir  haben  unsere  äugen  aufgebebt 
in  die  berg,  davon  ist  uns  hilf  komcn.  Keisersberg  hos  im 
pf.  Aaö  ;  kain  fnrst  soll  in  kain  wandt  gen  {auf  keine  felscn- 
wand  steigen).  Max  I  geh.  jagdbuch  6;  keren  üwer  ougen  uf 
zu  got  mit  trehen  in  den  bymel.  Keisersberg  bilg.  2';  warf 
auf  seine  äugen  in  den  himel.  Luther  3,  34' ;  mit  aufgehaben 
äugen  in  den  himel.  35*; 

ihr  mund  sich  mit  schmachheit  und  hon 

erhebet  in  des  liimels  thron. 

Lobwasser  ;>«.  Dncids  (1595)  55'; 
in  einem . .  thal,  das  unglaublich  bebaut  und  ins  unendliche 
mit  Villen  und  hüusern  besät  ist.  Göthe  27, 17S;  die  ebene 
erstreckt  sich  ins  unabsehliche ;  auch  unflectiert:  wie  das 
Schauspiel  {die  slerne)  weiter  und  weiter  in  unabseblich  fort- 
geht. Clacdil's  8,63.  von  ähnlicher  anschauung  aus,  zugleich  mit 
anklang  an  die  unter  h  folgende  Verwendung,  sind  die  zusammen- 
gerückten formein  insbcsundcre,  insgemein,  insgesamt  entstanden 
{s.  an  alphabclischer  stelle),  die  gramm.  2,960.  3,109  als  rohe 
nachbüdunyen  des  franz.  en  parliculier,  en  general  aufgefasü 
uxrden,  wie  sie  denn  thalsächlich  erst  der  neueren  spräche  an- 
gehören; auch  ingeheim,  insgeheim,  franz.  en  secret  bekundet 
gleiche,  ebenfalls  von  einer  örtlichen  Vorstellung  ausgehende  enl- 
slehung. 

Fort  andern  fläclien :  in  den  Spiegel  Idicken ;  warumb  schrei- 
best du  andere  in  die  tafel  der  ewigkeit,   und  leidest,  dasz 
IV.  n. 


dein  name  in  die  register  der  schlechtesten  krämer  gesetzt 
werde?  Schuppiüs  706;  buchstaben  in  erz  graben,  schneiden; 
ah,  das  meine  rede  zu  ewigem  gedächtnis  in  einen  fels  ge- 
hawen  würden.  Hiob  19,  24 ;  in  das  brot  beiszen ;  sprichwörtlich 
in  einen  sauren  apfel  beiszen ;  herzog  Albrecht  gab  ine  (ihnen, 
den  kriegsknechtcn)  in  sein  fendl  (in  des  hauptmanns  fähnlein) 
bier  und  brot  gemalt.   WUwolt  v.  Schaumburg  112; 

daj  gwändel  huob  ich  ir  do  auf 

und  chust  sej  dreistuud  in  den  bauch,     ring  6',  41. 

metonymisch  und  volksmäszig  heiszt  es:  in  die  Teilchen,  in  die 
Schneeglöckchen  gehen  (in  die  flur,  wo  sie  zu  pflücken  sind); 
in  gleicher  weise,  aber  zu  oben  a  gehörig,  niederdeutsch :  hedden 
int  erste  in  dem  winkeller  geseten,  darna  gingen  se  beide  up 
de  apoteken  in  den  claret  (klaret  zu  trinken  in  die  apotheker- 
stube).  Berce)ii.\:«:«  Slrals.  chron.  11t. 

h)  in ,  bewegung  und  erstreckung  zu  einer  gemeinsdiaß  von 
hüten  anzeigend,  wo  es  mit  unter  wechseln  kann :  in  die  feinde 
sprengen,  einbauen;  setzten  dapfer  inn  unser  volk.  (»arg.  265* ; 
er  (David)  redt  friden  in  sein  volk  (dasz  friede  unter  ihnen 
hersche).  Keisersberg  has  im  pf  Bbs';  auf  das  unser  unglimpf, 
den  du  uns  on  grund  zugemessen,  weiter  in  die  leute  kerne. 
H.  Georg  bei  Luther  3, 189' ;  (das  vermögen  soll)  unter  ihre 
kinder  in  die  häupter  gleich  getheilet  werden.  Mainzer  landr. 
1755  2,  §  12 ;  ein  gerücht  dringt  ins  publikum,  kommt  in  die 
öffentlichkeit ; 

sprengte  dann  ein  in  die  feinde, 

hieb  und  tödtete.    Herder  5,  183  (Cid  55) ; 

in  betug  auf  eine  herde: 

ich  bring  euch  böse  künde :  nacht  ist  in  unsern  trieb 
der  gleiszend  wolf  gefallen.       Uhla^o  ged.  369. 

i)  mit  entsprechenden  verben  auslauf  und  abschlusz  innerhalb 
einer  örtlichkeit  oder  form  angebend :  der  bach  verläuft  in  einen 
sumpf;  der  schwänz  der  schlänge  endigte  sich  in  einen  pfeil; 
ron  der  endform  der  Wörter  (wo  die  bedeutung  Z,a  eingreift): 
die  wort  die  sich  in  osus  enden  (int  latein).  Keisersrerg  sünd. 
d.  munds  36';  er  besteht  z.  e.  darauf,  dasz  Marcus  Tuscher 
ein  Steinschneider  gewesen,  weil  es  Füeszly,  Giulianelli  und 
Gori  sagen,  aber  wenn  es  noch  zwanzig  solche  herren  in  i 
sagten :  so  ist  es  doch  nicht  wahr.  Lessi.ng  12, 208. 

k)  gröszen-  und  Zahlenbestimmungen  mit  in  gehen  ron  dem 
begriffe  einer  räumlichen  erstreckung  (g  und  h)  aus:  er  mas  den 
räum  im  tempel ,  der  hatte  vierzig  eilen  in  die  lenge ,  und 
zwenzig  eilen  in  die  breite.  Hes.  41,2;  er  mas  das  gcbevv  in 
die  breite  eine  ruten,  und  in  die  höhe  auch  eine  ruten.  40,  5 ; 
sie  bezeichnen  die  ersireckung  als  eine  ungefähre,  nicht  scharf 
hegranzte,  wie  gegen,  das  heute  übliclier  ist:  in  l.x.\  meilen  von 
dannen  ligt  die  insel  Cozumella  genant.  Frank  weltb.  227'; 
mit  daffat  und  adlasz  nesteln  von  20  bisz  in  30  und  mehr 
eilen.  Puilasder  (1650)  1,412;  wenn  der  name  des  Verlegers 
unter  dieser  Zuschrift  stände,  so  würde  ich  weiter  nichts  daran 
auszusetzen  haben,  als  dasz  dieser  vergessen,  den  herren 
rectoren  und  conrecloren  |n  jedes  dutzend  eiemplare,  die 
ihre  schüler  verbrauchen  würden,  das  dreizehnte  gratis  oben- 
ein zu  versprechen.  Lessing  6,  177 ;  —  sie  erseuftcn  sie  alle, 
in  die  zwei  hundert  person.  2.Vacc.  12, 4;  Judas  aber  schlug 
die  gottlosen  und  bracht  ir  in  die  dreiszig  tausent  umb.  12,23; 
so  seind  wir  jedoch  noch  in  800  pferd  stark  in  .\ugspurg  an- 
gelangt. Sirnp/.  3,249  Äur;;  es  wird  auch  ohne  zweifei  Salomo 
schöne  mahrställc  gehabt  haben,  denn  er  in  die  sieben  und 
fünfzig  tausend  und  sechshundert  pferde  gehallen.  Schuppiüs 
102;  und  solle  kein  professor  sein,  der  nit  500  bisz  in  tau- 
send reichsthal.  jährlicher  bestallung  haben  solt.  801; 
eiwan  in  die  zweihundert  hasen.    H.  Sachs  1,  503*. 

2)  in  temporal. 

a)  mit  ordinalen  Zahlwörtern,  die  ziel  und  ende  des  im  folgenden 
Substantiv  enthaltenen  zeilbegriffes  angeben  helfen:  Jesus  gieng 
ins  dreiszigst  jar.  Luc.  3, 23 ;  hier  blieben  wir  in  die  dritte 
woche  stille  liegen,  pers.  reisebeschr.  1,17  ;  in  Nürnberg  habe  ich 
mich  in  den  fünften  tag  aufgehalten.  E.  C.  Kö.mg  bei  Lessimg 
13, 235 ;  die  akademie . .  deren  mitglied  ich  damals  schon  ins 
dritte  jalir  zu  sein  die  ehre  hatte.  Fr.  Nicolai  im  leben  des- 
selben von  Göckingk  t.  70. 

b)  mit  cardinalen  oder  unbestimmten  zcJdwürtern ,  in  welchem 
falle  der  zeitbegriff  ein  nur  unbestimmter  ist  (vgl.  vorhin  11,1,  i): 
zuletzt  .  .  sie  in  viel  jähr  verlassen  im  elende.  Luther  br. 
5,641;  und  das  schon  in  die  sechs  und  zwanzig  jähre.  Lessinc 
2,389; 

132 


2099 


IN 


IN 


2100 


der  leidige  Itrieg  und  die  iioth  und  plag 
in  die  sechichu  Jahr  schon  wahren  mag. 

ScHiLLKR   IVa/lfiisl.  lager,  11.  auftr.; 
wir,  von  Egypten  her,  sind  langst  gewohnt, 
dasz  unsereins  in  tausend  jähre  dröhnt.     Göthk  41,  123; 

in  bezug  auf  alter :  wie  Jolliams  fahel ,  welche  vor  Christi 
eeburt  in  dreitausend  jähr  alt,  klarlicli  bezeuget.  Schufpius 
^29;  wo  auch  jähre  nur  verstandeii  wird:  er  ist  schon  in  die 
vierzig;  'ich  würde  ihnen  nicht  zur  ehe  rathen,  frau  inuhnie, 
da  ich  weis,  dasz  sie  in  sechzig  sind',  fr.  R.  warum  nicht 
lieber  in  achtzig?  ich  musz  am  besten  wissen,  wie  alt  ich 
bin.  Gei.lert  3,  211. 

c)  andere  leitbestimmungen :  Malusalam  .  .  wart  969  jor  alt 
und  lebete  bilz  in  die  sinlflüt.  d.  stddtechron.  8, 241,  n ;  nit 
spar  deine  griten  werk  unlz  in  den  winter.  Keisersbehc  hos 
impf  Bb2';  gleich  den  kindern,  die  in  den  tag  hinein  leben. 
GöTHE  16,15;  befahl  der  magd  nach  dem  feuer  zu  sehen  und 
es  bis  in  die  nacht  zu  unterhalten.  162;  es  ist  schon  spät  in 
die  nacht ; 

die  fraw  von  irein  manne  clagt, 

der  kume  vom  wein  halh  in  die  nacht  (wenn  es  schon  halb  in 
dir  niiclit,  tuilieniaclu  sei),     fastu.  S]).  1111 ; 

nichts  in  die  leng  biciht  verschwign.  11.  Sacus  1,44.5'; 
ieilbeslinnnungen,  die  mü  zustandsbestimmungen  {unten  3,  a)  ver- 
schmelzen: so  hett  es  mir  myn  herr  Jesus  Christus  verdient .. 
mit  synein  allerbittersten  tod,  und  ganzer  gehorsamkeil  syns 
bimelschen  vatters  bisz  in  den  tod  des  crülzes.  IvEisERsnERG 
bilg.  i';  bis  in  den  tod  treu,  ergeben  sein;  in  ein  reiferes 
aller  kommen ,  in  das  grcisenalter  treten ;  sobald  nun  die 
sechs  söhne  . .  in  das  soldalenaller  traten.  Immermann  Miinchh. 
1,17;  wenn  sie  doch  so  in  jenes  leben  herüber  schlummerte  I 
Lessing  2,557;  (er)  tröstet  sich  ...  mit  der  aussieht  in  ein 
ewiges  loben.  Abbt  in  Wackernagels  leseb.  3,2,336;  um  in  alle 
ewigkeit  nichts  mehr  davon  zu  sagen.  Schiller  an  Göthe  1,22; 

das  gold  gilt  da  und  dort:  und  die  gesrhickligkeit, 
die  schickt  sich  hin  und  her  und  taug  in  alle  zeit. 

LoGAU  1,  95,  99. 

die  formet  in  kurz  der  altern  spräche  (vgl.  th.  5,  sp.  2836  unten) 
bezieht  sich  sowol  auf  die  zukunft,  im  sinne  von  bald: 

in  kurz  wirst  reich.     11.  Sachs  3,3,12'; 
als  auf  die  Vergangenheit,  vor  kurzem:  so  ist  inn  kurz  .  .  ain 
sondere  newikait  entstanden.  Jiürnb.pol.  ordn.H;  nach  kurzem: 

dar  nach  in  kurz,  nit  langk 

nam  es  (das  zwcrytein)  sin  rüder  wider.    Altswsbt  165,  2 ; 

in  kurz  ein  brief  ich  las 

geschriben  in  latein.    239,20; 

ähnlich  in  neulichkeit,  vor  nicht  lange:  nachdem  inn  newlikail 
mit  tragen  guldener  und  vergulter  ketten  undter  den  weibs- 
pildern    mergkliche   kostlichail  eingebrochen  hat.   yürnb.  pol. 
ordn.  102;  vgl.  auch  unten  inskünftigc. 
3)  in  in  abstracler  bedeutung. 

a)  streben,  eintritt,  auslauf  in  einen  zustand,  eine  Verfassung  be- 
zeichnend: sich  in  ruhe  zu  begeben.  Ayrer  proc.  1,  5;  in  zorn, 
in  wut  geraten ;  bisz  dasz  der  Apiarius  gar  in  zorn  bewegt 
ward.  WicKRiM  rollw.  21,18;  ich  bin,  wie  ich  sehe,  in  Ver- 
zückung, gleichnissc  und  declamation  verfallen.  Göthe  16,19; 
ich  bin  erstaunt,  wie  ich  so  wissentlich  in  das  alles,  schritt  vor 
schritt,  hinein  gegangen  bin!  62;  dasz  die  liebe  tante  ..  keine 
stütze  hat,  als  die  reihe  ihrer  vorfahren,  keinen  schirm,  als 
den  stand,  in  den  sie  sich  verpallisadirt.  97;  auf  einmal  wird 
er  tiefsinnig,  fallt  in  ein  hitziges  fieber,  daraus  in  raserei.  137 ; 
liebe  und  treue,  die  schönsten  menschlichen  empfindungen, 
hatten  sich  in  gewalt  und  mord  verwandelt.  146;  er  fand  ihn 
als  Verbrecher  selbst  so  schuldlos,  er  setzte  sich  so  tief  in 
seine  läge,  dasz  er  gewisz  glaubte,  auch  andere  davon  zu 
überzeugen.  147;  er  versank  nur  desto  tiefer  in  schmerz  und 
unlbätigkeit.  150;  er  redete  ..  von  den  Zeiten,  da  einen  die 
unerwartete  Öffnung  der  thür  und  die  crscheinung  eines  auf- 
geputzten bauines  ..  in  paradiesische  entzückung  setzte.  156; 
dag  haus,  die  nachbarschaft,  die  Stadt  kam  in  aufrnhr.  191  ; 
dessen  zustand  . .  sich,  dank  sei  es  dem  himmel,  ins  bessere 
«rr.indert  hat.  21,197;  nun  henierklc  ich  die  verttnderung  des 
arkerhodens  ins  bessere.  27,  7 ; 

grabet  euer  feld  int  zierlich  reine.    GOthi  5,245; 

alle«  schwankt  int  ungewitte.    47,52; 

alles  bei  uns  gerieih  tnt  stecken. 

ScHiLLiR  \yatlen$l.  tagtr  4 ; 

dem  vertteckten  offne  frage, 

da»  ventockte  (riich  in  llutt! 

KasiLicaATii  grt.  ilicltl.  3,4; 


und  setzest  ein  das  lucliwamms  und  die  flechte 
in  ihre  alten  dichterischen  rechte!    39; 

etwas  gehl  in  druck  aus,  kommt  als  jedruckl  heraus:  von 
welches  brunnen  eigenschaft,  natur  und  Wirkung  auf  die  zeit 
etwas  in  druck  ausgieng.  Becherer  newe  thür.  chron.  (l60l) 
s.  538,  wofür  freilich  auch  der  daliv  steht: 

so  ist  es  docn  nit  mein  gedieht, 
sonder  also  im  truck  auszgangen. 

lilLIlKBRANU    Volksl.    179,  19; 

formelhaft  ins  reine,  ins  klare,  ins  richtige,  ins  gleiche  bringen, 
setzen :  unsere  begrififc  über  das  wcsen  des  schönen  vor  der 
band  ins  klare  zu'sctzcn.  Schiller  au  Cüt/ie  1,20;  besonders 
finde  ich  den  strittigen  punct  sehr  glücklich  ins  reine  ge- 
bracht. 29;  ich  erbitte  mir  das  manusciipt  bald  wieder  zu- 
rück ,  um  gewisse  stellen  in  ihr  licht  zu  setzen.  Götue  an 
Schiller  ebenda; 

zu  unserm  lobe 

bringt  diesz  ins  reine,     werke  41,29; 

ihr  beobachtender  blick  .  .  setzt  sie  nie  in  gefahr,  auf  den 
abweg  zu  gerathcn.  Schiller  an  GMc  l,  6;  es  wäre  doch  gut, 
wenn  man  das  neue  Journal  bald  in  gang  bringen  könnte.  8. 

b)  namentlich  in  bezug  auf  duszere  und  standesverhällnisse : 
er  isl  in  eine  bessere  stelle  gekommen ;  man  hat  ihn  in  einen 
höhein  rang  befördert;  er  tritt  in  die  dienste  des  hofes;  die 
Maccabecr  . .  in  das  regiment  saszen.  Luther  8,73*;  und  ich 
will  selbst  jeden  fürsten  rathen  ihn  in  ein  collegium  zu  setzen 
Göthe  16, 18;  mich  in  einen  posten  zu  begeben  der  nicht  nach 
meinem  sinne  ist.  103;  den  Courier  den  sie  uns  nachschickten 
gleich  in  dienste  zu  nehmen.  20,  225 ;  ähnlich  in  abhängigkeii 
von  jemand  kommen,  sich  in  abhängigkeit,  in  schütz  begeben; 
diesem  treuen  gott  .  .  befehle  ich  meine  groszg.  herren  .  . 
in  seinen  starken  schütz.  Schuppius  134;  wir  setzten  uns  vor 
der  kühlen  luft  in  schütz  hinter  felsen.   Göthe  16, 235. 

c)  auch  sonst  mit  thätigkeitsbegriffcn  verschiedener  art,  wo  in 
die  Wirkung  der  thäligkcil  auf  die  gestalt  eines  dinges  angeben 
MIß:  Maccabeus  aber  ordnet  sein  volk  und  teilets  in  etliche 
häufen.  2  Macc.  12, 20 ;  die  wölken  verlieszen  nach  und  nach 
die  berge  und  theilten  sich  in  Schäfchen.  Göthe  16,239;  etwas 
in  gleiche  tlieile  theilcn ;  die  groszeltern  erben  ihre  enkeln 
in  gleiche  theile  (die  erbschaft  der  groszeltern  wird  für  die  enkel 
in  gleiche  theile  getheilt).  Mainzer  landr.  (1755)  14,  §  5 ;  (das  kamel) 
ist  das  gröszest  thier  von  allen  thieren,  so  in  zwei  gespalten 
klawen  habend.  Forer  tliierb.  95' ;  bisz  es  gott  endlich  in 
einen  häufen  stöst.  Scnuprius  614 ;  ich  . .  gehe  so  neben  ihm 
hin,  und  pflücke  biunien  am  wege,  füge  sie  sehr  sorgfältig 
in  einen  strausz.  Göthe  16,63;  diesen  Ursachen  musz  ich 
die  wunderbaren  giiinassen  zuschreiben ,  in  die  ich  mehrere 
fiauenzimmer  ausbrechen  sah.  34 ;  die  sccnc  verwandelt  sich 
in  einen  wald;  sie  steckt  ihre  haare  in  locken;  die  haarein 
einen  zopf  flechten;  auch  abgeblaszt :  wir  rechnen  eins  ins 
andere,  so  dasz  durch  rechnen  jedes  in  gleiche  form  mit  dem 
andern  gesetzt  erscheint:  item  6  paar  englisch  händschuch,  ein 
paar  ins  ander,  umb  8  seh.,  thut  48  seh.  rechnungsahla^ie  bei 
Breuning  v.  Buchenbach  82;  wenns  aus  ist,  so  kömmt  es  in 
eins,  bin  ich  hier  oder  diauszen.  J.  Gotthelf  lO,  IM;  eine 
Sache  ins  lächerliche  ziehen ;  Hersilie  . .  hat  mir  in  Jer  ge- 
schwindigkeit  die  ganze  familie  aus  dem  Stegreife  ins  lustige 
reccnsiert.  Göthe  21,109;  wir  schienen  uns  beide  vor  worten 
und  zeichen  zu  fürchten ,  wodurch  der  glückliciie  fiind  nur 
allzubald  ins  gemeine  offenbar  werden  könnte.  23,  IVI , 

und  {der  streich)  nam  bis  auf  das  fleisch  das  kicid  und  wafTen 

mit, 
also,  dasz  er  ihm  ganz  die  linke  seit  cnthloszto 
und  solch  cntblöszung  auch  in  mehr  und  mehr  ergröszte. 

D.  V.  D.  Wkrdkr  Arioil  23,  117. 

dnnngisch  noch  es  wird  immer  in  grOszer,  immer  in  besser, 
«.  dergl. 

d)  oder  nur  die  ertlreckung  der  thätigkeU  in  eine  materie,  einen 
zustand  bezeichnend ;  die  btispiele  sind  manigfach,  und  werden  in 
bunter  auswahl  aufgeführt :  got  der  sich  selbs  in  den  tod  für 
vil  menschen  iiat  geben.  Kkiskrsberg  bilg.  f  \  wann  du  dich 
cmsiglichen  keresl  in  das  leben,  lydcn  und  sterlicn  Jesu 
Christi.  5*;  kam  grosze  thewrung  in  den  honig.  Gnnj.  22.'i'; 
die  inusae  oder  freie  künste  sind  al«  durch  das  unzcrlrrnn- 
lichc  chebaiid  ineinander  verknüpfet  und  verltunden.  Schup- 
pius 526;  ins  werk  schreiten  ..  eine  crschröcklicbe  gen  biinmel 
schreiende  sünde  zu  begehen.  Simpl.  3,416  Kurz;  was  das 
ärgste  isl,  er  hat  meinen  namcn  sogar  in  ein  gassenlied  ge- 
bracht. LcssiNC  2, 4ü>);  bei  diesem  anlasz  kam  er  sehr  lief  in 


2101 


IN 


IN 


2102 


den  text.  Göthe  16,  65;  lieber,  ich  mag  nicht  ins  detail  gehen. 
111;  das  bischen  verstand,  das  einer  haben  mag,  kömmt  wenig 
oder  nicht  in  anschiag.  72 ;  das  macht  mich  zu  lachen,  wie 
das  wort  in  meine  feder  kommt.  91 ;  greifen  die  kinder  nicht 
nach  allem,  was  ihnen  in  den  sinn  fällt?  129;  in  seine  kräfte 
stürmend.  151 ;  einen  eingriff  in  seine  rechte.  145 ;  seine  ent- 
ferniing  drohete  in  ihr  ganzes  wesen  eine  liicke  zu  reiszen. 
164;  wir  theilten  uns  bald  in  das  secretariat.  207;  und  sie 
teileten  sich  ins  land.  l  kön.  18,6;  aber  in  dieses  publikum 
Iheilen  sich  zu  viele  einzelne  Journale.  Schiller  an  Güihe  1,2; 
in  was  mengt  er  sich?  Lessinc  1,374; 

der  teufel  mische 
sich  mehr  (ferner)  in  lieb  und  Zauberei.    Wiblamd  18,271 ; 

Albert  fiel  ihr  sanft  in  die  rede.  Göthe  16,84; 

recht,  alter  vater!  fall  ihm  ins  gepäck! 

ScHiLLKR  Piccol.  4,  6  ; 
immer  forschet  er  ins  hohle, 
und  versäumt  die  reiche  weit.    Götbk  4,379; 

in  unser  seel  schweren.  Avrer  proc.  1,1; 

wenn  man  Verstellung  als  handwerk  treibt, 

in  fremde  seelen  spricht  und  schreibt.    Göthk  13,  10; 

ehe  denn  sie  einmal  in  ihre  sünde  gedenken  können.  Schlp- 
pius  454 ;  warum  wütestu  . .  in  die  gute  bücher  und  verstor- 
bene laut?  547 ; 

sie  kann  argwöhn 
in  Unheil  brütende  gemüther  streun. 

Sluike^p.  Hamlet  4,5; 
man  vergesse  nicht,  dasz  die  jähre  einen  gewaltigen  einOusz 
in  unsere  neigungen  haben.  Gellert  5,5;  die  Wirkung  einer 
Substanz  in  eine  andere.  Kant  3,  54 ;  die  Wirkung  des  körpers 
in  die  seele.  8,  21 ;  die  Wirkung  der  seele  in  den  körper.  22 ; 
das  product  aus  der  masse  in  die  geschwindigkeit.  55; 

der  frevler,  sollt  er  wohl  in  mein  geheimnis  dringen? 

C.  F.  Weisze  ; 
dar  durch  ich  mag  in  richtQmJ)  streben. 

P.  Gk?ige;ibach  aller  520; 
früher  auch  theil  in  etwas  nehmen :  ich  hin  euch  sehr  vei- 
obligirt.  Hebe  Louisse,  vor  allen  hart,  so  ihr  in  mein  unglück 
genohmen.  Elisabeth  Charl.  t.  Orl.  (l8C7)  230 ;  bei  H.  Sachs 
die  person  (personen)  in  das  spiel  (Iheilnehmer  daran).  1,473*. 
4G"/  «.  ö. ;  die  personen  in  die  comedi.  3,  252'. 

e)  früher  ferner  in  bei  dienslen  die  sich  auf  personen  richtelen: 
ich  bin  je  derselbig  (der  tochter)  rauher,  . .  aber  in  euch  bin 
ich  ein  wolthäter.  buch  d.  liebe  22)>';  ich  hab  frei  in  die  ge- 
raeine gedienet.  Lcther  br.  1,  436.  jetzt  noch  mit  verben  des 
sich  fügens,  schickens,  findens:  er  will  sich  in  die  vorgesetzten 
nicht  schicken; 

schick  dich  in  die  weit  hinein.    Pistorius  thcs.  par.  7,88; 
älter  sich  richten  in  jemand,  uo  jetst  nach  gebraucht  ist: 
eh  sich  eins  rieht  ins  andern  köpf.    H.  Sachs  1,  444\ 

/)  mit  verben  des  glaubens,  trauens,  ho/fens,  auch  des  sün- 
digens  war  die  praep.  in  altliergebracht  in  den  meisten  deutschen 
dialeclen  verwendet  (vgl.  gramm.  4,  S55  fgg.).  ob  sie  hier  einer 
gleichen  lateinischen  construclion  (credere,  sperare,  peccare  in  . .) 
nachgebildet,  oder  selbständig  in  deutscher  zunge  erwachsen,  steht 
dahin;  sicher  ist  weni_,stens  wol  anzunehmen,  dasz  das  latein  auf 
die  lange  erhallung  der  folgenden  meist  in  der  geistlichen  spräche 
verwendeten  fügunyen  von  einßusz  gewesen ,  die  erst  seit  dem 
17.  jahrh.  zu  gunsten  anderer  praepositioaen  geändert  sind:  ich 
gloub  in  got  vatter  almechtigen.  Keisersberg  6i7y.  52*;  die  da 
gleuben  in  golt.  Ldther  3,294*;  in  das  wort  gottes  glauben 
und  sich  daran  unbewegt  halten.  Fischaht  6/enA.  34* ;  du  solt 
dein  gemüt  und  deine  gedanken  uf  erheben  in  got  und  alier 
zeitlicher  ding  vergessen.  Keisersberc  bäum  d.  sei.  6';  ir  hoff- 
nung  in  got  setzen,  has  im  pf.  AaS*; 

weil  ich  hoffend  trau  in  dich.  Melissus  ps.  K2'; 
also  verzychl  ein  ieglich  christglöubig  mensch  denen  die  in 
yn  Sünden.  Keisersberc  bilg.  6*;  vater,  ich  habe  gesündiget 
in  den  himel  und  für  dir  (i^ua^ov  eis  tov  ovoavov  y.ni 
Bvcämov  oov,  peccavi  in  coelum  et  coram  te).  Luc.  15,18; 
wer  in  Sünden  verzweiveit  oder  auf  gute  werk  trotzt ,  der 
sündiget  irr  den  heiligen  geist  und  wider  die  gnade.  Lother 
3,202';  heiszt  das  nicht  in  den  heiligen  geist  aufs  unver- 
schamptest  gesündigt?  5,  163*;  so  ists  ja  gewisziich  eine  sünde 
in  den  heiligen  geist.  br.  4, 74 ;  und  sundigen  wis.sentlich 
wider  die  erkannte  Wahrheit,  das  ist,  in  den  heiligen  geist. 
5,  25S. 

g)  verben  des  Sprechens  nehmen  in  mit  dem  acc.  zu  sich,  man 
denkt   sich  das   sprechen    als   ein  bilden  in  eine  materie  hinein; 


die  construclion  ist  vornehmlich  altdeutsch,  die  neuere  spräche 
zieht  auf  mit  dem  acc.  vor  {vgl.  theil  1  sp.  613),  doch  findet  sich 
auch  noch  in :  wann  er  (ein  pfaffe)  inesz  hielt,  wandt  er  sich 
gegen  den  leüten  . .  sagt  es  dann  in  teütsch.  Wicrram  rollw. 
91,*16  Kurz;  dasz  man  die  kunst  latein  zu  reden  der  jugend 
in  latein  fürmahlet.  Schuppiüs  53S;  eigentlich  war  Kullmann 
entschuldbar  und  der  reichskanzler  selbst  daran  schuld,  dasz 
Kullmann  auf  ihn  schosz,  so  drücke  ich  es  mir  in  deutsch 
aus.  Ferst  Bismarck  in  der  sitzung  des  reichstages  v.  4.  decbr.  IS74. 
h)  bei  verben  des  musicierens  gibt  in  mit  acc.  das  begleitende 
instrument  an,  jetzt  durch  zu  ersetzt:  in  die  geigen  singen. 
Bocc.  2, 192* ;  ich  vvolte  ihm  zu  ehren  . .  ein  teutsch  liedlein 
in  meine  laute  hören  lassen.  Simpl.  1,363  Kurz;  was  vor 
lieder  ich  in  meine  laute  singen  solle,  ebenda;  überkam  ich 
eine  discantgeige  ihr  zugefallen,  und  half  ihr . .  in  ihre  leier 
spielen.  3,  260 ; 

als  einsmahls  ich  ein  lied 

in  meine  flöte  sang.    Lohknstei:«  Arm.  2,  1485*; 

sein  heldenblut  flosz  auf  die  güldne  leier, 

die  sonst  in  seiner  hand  erklang, 

in  die,  mit  kriegerischem  feuer, 

er  nur  von  tugend  sang.    Uz  1,  256  (auf  Kleists  lud) ; 

euch  schönen,  denen  kein  latein 

Schulmeister  in  die  köpfe  bläun, 

euch  sing  ichs  in  die  leier.    Gotter  1,  32. 

«)  in  bei  dingen  oder  thätigkeiten  die  als  umfassend,  ein- 
schlieszend  gedacht  werden:  einen  in  sein  gebet  einschlieszen; 
man  freut  sich,  wie  sie  in  diesem  buch  personen  und  sceneo 
wieder  ins  gedächtnis  bringen.  Schiller  an  Göthe  1,80.  formel- 
haft einen  oder  etwas  in  acht  nehmen,  in  die  thdtigkeit  des 
aufmerkens  hinein  nehmen,  so  dasz  die  sorge  gleichsam  ihn  um- 
schlieszl :  nehmen  sie  sich  in  acht.  Göthe  16,20; 

nehmt  Korilen  in  acht,  ihr  Wächter  aller  zeit.    Flebipic  487; 
ähnlich   etwas   in   obacht  nehmen ;    in  betracht  nehmen ,   die 
betrachtung  schlieszt  den  gegenständ  ein;   in  Überlegung,  in  er- 
wägung  ziehen ;  einen  in  zucht  nehmen. 

k)  in  bei  angäbe  eines  grundes  oder  Zweckes,  wo  jetzt  zu  rer- 
wendet  wird;  mhd.  in  gotes  4re,  u-te  lat.  in  honorem  dei; 

do  machet  er  ein  riche  stift 

in  unser  frowen  ere.    Strickers  Karl  463; 

du  solt  lieb  haben  din  fleisch,  als  das  das  dir  geben  ist  in 
ein  stür  und  hilf.  Keisersberc  bilg.  3*;  {er)  wünschet  mir 
gelück  in  mein  ritterschaft.  G.  v.  Ehingen  11 ;  schänket  (er 
schenkte)  mir  400  gülden  in  die  ritterschaft.  ebenda; 

er  hat  kein  pfenning  in  ein  bad, 

wo  woll  er  gülden  haben  gnumen.    H.  Sachs  3,  2,  35'; 

ob  iemand  von  seinetwegen  inn  antwort  zu  erscheinen  vor- 
handen were  (um  antwort  zu  geben).  Ayrer  proc.  1,4; 

in  gut  kum  ich  zu  euch  herein  (zu  gutem  zwecke). 

II.  Sachs  3,  3,  1'; 
ir  wölt  es  in  gut  hie  verstahn.    1' ; 

bitte  derhalben  und  ermahne  ihn  .  .  er  wolle  mir  zu  gefallen 
zu  keinem  heuchler  werden ,  sondern  zu  Augspurg  in  erret- 
tung  meines  ehrlichen  namens  reden  was  die  Wahrheit  ist. 
ScHCPPiüs  6S9;  bei  gesundhcit  trinken,  wo  heute  auf  yi/t;  zu  B. 
trunken  drei  Soldaten  bei  einem  leinweber  ins  teufeis  gesund- 
heit.  Lücae  schles.  denkm.  2,  2232. 

/)  auch  bei  eingäbe  des  einsatzes,   um  welchen  ein  spiel  gelä: 

eins  thails  (einige,  bauern)  die  karten  iu  die  nüsz. 
H.  Sachs  1,  472'; 

formelhaft  in  die  wette  etwas  thun,  i'o»  mehreren,  die  als  ringer 
um  das  gleiche  ziel,  und  deren  bester  einen  Spieleinsatz  gewinnt, 
gedacht  werden,  mhd.  enwette : 

diu  ligent  an  einem  bette 

und  släfent  als  enwette.     Trist.  438,38; 

von  strengen  Hüechen  ungemach 

leit  er  üf  dem  bette. 

er  wart  vil  sire  enwette 

gesträfet  unde  in  widerstrit. 

K.  V.  WcRZBL'RG  Piirtenopier  8508; 

noch  im  jähr  817  schafften  sie  {die  pfaffen)  ihre  vorige  präch- 
tige weltliche  kleider  .  .  gleichsam  in  die  wette  ab.  Hahns 
hist.   1721   I,  147; 

die  schrieen  in  die  wette, 
gleich  als  der  säufer  gott  sie  angetrieben  halt«. 

Sci'LTETL's  bei  Lkssing  8,  304 ; 
die  nymren  putzten  damit  sich  in  die  wette  heraus. 

WiiLAND  5,  89  (n.  Amadis  15,  9). 

m)  an  die  temporale  Verwendung  von  in  erinnert  es,  wenn  in 
die  erstreckung  bis  zu  einem  künftig  gedachten  zustande  bestimmt: 
sich  in  den  tod  hinein  schämen ,   so  dasz  man  vor  schäm  zu 

132* 


2103 


IN  — INBEGRIFF 


INBEGRIFF  — INBILDERIN 


2104 


sterben  fühlt;  etwas  in  den  tod  hinein  tergessen,  der  grad  des  j 
vergessens  reicht  in  seiner  stärke  bis  zum  zustande  des  lodes; 
weil  sie  das  in  den  tod  nicht  leiden  kann.  Göthk  17, 261. 
Hierher  auch  die  modalen  Verbindungen  in  so  fern,  in  wie  fern, 
in  so  weit,  in  wie  weit,  die  auch  zusammengerückt  geschrieben 
werden  {s.  an  alphabetischer  stelle):  mein  entschlusz,  mich  für 
den  glücklichsten  zu  erklären,  war  ihnen  nur  in  so  fern  ver- 
haszt ,  als  sie  besorgten ,  dasz  sie  es  nicht  sein  würden. 
Lessing  2,  3S4 ;  ich  wiiszte,  dasz  ich  keine  prätension  an  sie 
zu  machen  hatte,  machte  auch  keine,  —  das  heiszt,  in  so 
fern  es  möglich  ist ,  bei  so  viel  liebenswürdigkeit  nicht  zu 
begehren.  Göthe  16, 60 ;  ich  fange  an  mich  in  so  fern  ganz 
leidlich  hier  zu  befinden  {so  weit,  bis  auf  einen  gewissen  grad).  92; 
kann  ich  dieser  beiden  kräfte  in  so  weit  meister  werden, 
dasz  ich  einer  jeden  durch  meine  freiheit  ihre  grSnzen  be- 
stimmen kann.    Schiller  an  Gülhe  1, 2. 

IN,  aus  in  den  zusammengezogen. 

1)  aus  in  mit  dem  acc.  sg.  masc.  den ;  seit  dem  16.  jahrh. 
bis  zum  IS.  recht  gebräuchlich,  von  neueren  schrißstellern  aber, 
wenigstens  in  gewählter  rede,  gemieden:  der  krank  schaut  in 
Spiegel.  H.Sachs  1,46t';  der  arzt  greift  mit  der  zangen  in 
bauch.  46"';  nach  zweien  lagen,  ongefehr  eine  stund  in  tag, 
kamen  die  verschnittenen  wider,  buch  d.  liebe  211';  ei  wie 
trefTens  diese  romanistefeind  so  mächtig  wol  mit  den  zänen 
inn  treck.  Fischaiit  bicnk.  47' ;  lehrten  sie  brot  inn  wein 
dünken,  ebenda;  welches  der  herr  ..  wie  thumm  und  unge- 
schmack  salz  inn  weg  will  stürzen  lassen.  Mathes.  Sar.  147* ; 
schlugen  also  ihre  ganze  beute  in  wind.  Simpl.  1,47  Kurz; 
und  wünschte  sie  {die  im  kamin  hängenden  schinken) . .  meinen 
cameraden  in  wald.  235 ;  indem  er  das  buch  wieder  in  schrank 
trägt.  H.  L.  Wagner  wolthät.  unbek.  20;  will  dir  das  nicht  in 
köpf?  der  junge  Göthe  2,403  {werke  33,288);  dann  ist  die  wald- 
frau  schuld,  dasz  uns  die  sterne  nicht  in  schosz  gefallen  sind. 
Scheffel  Ekkeh.  (1855)  101 ;  das  wasser  ist  die  Murg  und  geht 
in  Rhein.  205 ;  war  Conrad  mit  ihm  in  Odenwald  gewandert. 
332  und  noch  oß  {eben  so  an  für  an  den  s.  159.  287.  456) ; 
pedantisch  in'n  geschrieben :  wie  ich  zu  ihrer  mutter  in'n  laden 
kam.  Holtei   Lammfell  19; 

auch  wer  auf  dem  gcbirpe  grosr 

^estandten  ein  alt  heidnisch  schlosz 

inn  grund  verslöret  vor  vil  jaren.    H.  Sachs  1,  293*; 

eh  ich  dir  schlag  die  zän  inn  hals.    479'; 

wenn  man  ein  pawern  stiesz  in  sack 

würdn  doch  die  stifel  herausz  ragen.    472'; 

nach  gewonheit  ich  in  garten  gieng. 

P.  Rebuun  in  Tittmanns  schausp.  des 
16.  jahrh.  1,63,274; 
und  werfet  in  in  abgrund  hinab. 

P.  Mkckkl  ebenda  273,513; 
to  ichlagi  in  wind,  lasz  dichs  anfechten  nicht. 

LoBWAssBR  psalmen  Daviils  (1595)  29* ; 
ach,  fieng  der  reutknecht  an, 
werd  ich  denn  auch  in  himmel  kommen?    Gellkrt  1,260; 
wie,  was?  Puicheria  war  melancholisch  worden? 
sprich,  lügner,  lieher  gar,  sie  trat  in  nonnenorden. 
Lessing  1,  127 ; 
dann  hält  ich  dich  selbst 
in  enten  kämpf,  zur  probe  deines  muths, 
begleiten  können.      2,510; 

wer  lehret  ihn  (den  löwen)  dem  bär 
die  neuen  klauen,  unversucht  doch  keck, 
in  nacken  schlagen?      ebenda; 
ein  bienchen  trank  und  fiel  in  bach. 

Michaelis  im  IMpt.  musonalm,  1779  t.  267 ; 
in  froschpfuhl  all  das  volk  verbannt, 
das  seinen  meister  je  verkannt. 

GöTHi  13,  131  (Hans  Sachtcns  poetische  senriuug). 

i)  ultener  für  in  den,  d(ü.  plur.:  wann  man  im  Elsasz  inn 
kellern  den  wein  feuret.  Fischart  bienk.  112';  in  der  Eifel 
oder  in  freien  bergen.  115';  ach!  mein  ganzes  geblüte  starrt 
mir  in  ädern !  C.  F.  Weisze  kom.  opern  97. 

3)  endlich  begegnet  auch  in  alt  Schwächung  für  im :  gottes 
äugen  aber  sind  beller  als  die  sonne  und  sehen  alles,  was 
im  finstern  und  in  verburgrnen  winkel  geschicbet.  Scuuppiui 
162.     tgl.  im  und  ins. 

IN-,  verstärkendes  prdßx  zu  aäjectiven,  ist  nur  das  in  diesem 
sinn  angewendete  adverbium  in  aus  inne ;  vgl.  inbraun,  ingriin, 
ingut. 

INBFGHIFF,  m.  dat  wat  innerhalb  seiner  etwas  andtrtt  be- 
fftfftn,  umtchUmien  hAlt,  $umma,  compUxio,  comprehensio ;  die 
mmttUmtent  iuht  tttht  im  gemtiv  oder  mü  drr  prneji.  von  vrr- 
d4W  «oit  wird  iurrtt  i'jii  Sr  VI  tu  ACH  vrrzrtehnet  {seint 


hauptquelle  Hederich  hat  es  nicht):  inn  begricff,  compendium, 
ein  inn  begrielT  aller  tugeiit ,  conspectus  omnium  virtutttm. 
1,  641 ;  dann  von  Frisch  1,373'  mit  wesentlich  weiterer  bedeutung: 
Inbegriff,  area  ambitu  adstricta,  locus  in  finibus  suis  contentus ; 
item,  quae  in  libro  aliquo  continentur ;  in  letzterer  beziehung 
braucht  Kant  der  inliegriff  eines  buches.  s,  17,  der  sonst  das 
u'ort  im  heute  gewöhnlichen  sinne  üßers  anwendet:  der  weite 
Inbegriff  einer  vorzüglichen  erkenntnis.  8,10;  die  Sphäre  der 
ausgebildeten  natur  ist  nur  ein  kleiner  tbeil  desjenigen  iii- 
begriffs,  der  den  samen  zukünftiger  weiten  in  sich  bat.  324; 
die  dauerhaftigkeit,  die  bei  den  anstauen  der  Schöpfung  an 
den  groszen  gliedern  ihres  inbegriffs  angetiollon  wird.  9, 3 ; 
bei  andern:  mit  dem  geliebten  heimgehen  ist  der  inbegriff 
aller  Seligkeit.    Bettine  briefe  2,107; 

ja  selb.«!  von  einem  grün-  und  bunten  garten  .  . 

scheint   er   (der   schweif  des  pfuuen)  der  InbegrifT  und  aufzug 
recht  zu  sein.     Brockes  4, 165  ; 

als  glicd  des  deutschen  rcichs,  des  inbegriffs  von  reichen, 

das  hohe  biirger  hat.  J.  E.  Schlegel  4,  VI; 

drangvoller  wün.sche  holden  inhegrilT, 

erfüllung  hoffend,  heiter  zu  gestehn.    Göthe  9,251; 

wenn  ich  den  inbegriff  von  meinen  sorgen 

dir  auch  eröffne.      273; 

du  (phiole)  inbegriff  der  holden  schlummersäfte, 

du  auszug  aller  tödtlich  feinen  kräfte.    12,42; 

musz  ich  an  diesem  hingestreckten  leibe 

den  inbegriff  von  allen  himmeln  sehn?  124; 
von  personen  :  Julius,  inbegriff  aller  Vollkommenheiten  !  Leise- 
witz Ju/.  i'.  Tarent  2,6;  soll  ich  Mariannen  verlieren  !  die  letzte 
meiner  hoffnungen,  den  inbegriff  meiner  sorgen?  Göthe  7,139; 
ihr  werdet  in  ihm  den  inbegriff  aller  gaben  finden ,  die  ein 
kavalier  nur  wünschen  kann  zu  sehn.  Shakcsp.  Ilaml.  5,2. 

INBEGRIFFEN,  part.  von  einbegreifen  theil  3, 148,  innerhalb 
einer  sacke  begriffen,  beschlossen  {vgl.  unter  in  oben  tp.  2082): 
in  dieser  summe  sind  alle  Unkosten  inbegriffen. 

INBEHALTEN ,  vcrb.  wie  inne  behalten  und  einbehalten 
(//(.  3, 148) :  erblich  eigen  inbehalten,  besitzen  und  gebraueben. 
Grotens  gesch.  von  ISortheim  (1723)  22. 

INBEI,  praep.  für  einfaclies  bei,  der  bildung  nach  dem  anbei 
zu  vergleichen: 

sie  begruben  den  ritter  im  schlösse  fein, 

das  magdlein  inbei  ein  briinnelein.    Stillinc  1,  28. 

INBEIN,  n.?:  im  stechen  {beim  wettschieszen)  verlor  ers 
nimmer,  es  wer  dann  die  senn  zerstochen,  verrückt  oder 
zerbrochen:  oder  das  schlosz  hett  gelassen:  oder  ein  wind 
helt  ihn  angeblasen:  oder  einer  hett  ihn  gestoszen:  oder  der 
stui  wer  verritscht:  oder  der  fusz  wer  ihm  geglitscht:  oder 
der  stand  war  uneben:  oder  hett  was  umb  das  inbcin  geben: 
oder  die  senn  war  zu  lang:  dasz  ihm  der  scbusz  nidersank. 
Garg.  I8l'.  —  In  Gersdorfs  feldb.  der  wundarznei  kommt  ein 
der  eiijentlichen  bedeutung  nach  eben  so  dunkles  igenbein  ror.- 
die  musculi  seind  beschaffen  in  dem  buch,  in  zu  Sterken, 
und  zu  helfen  den  anderen  glideren  irc  überflüssigkeiten  usz 
zu  treiben,  und  seindt  an  der  zal  viii  secundum  Galenum  . . 
die  anderen  zwei  gon  von  den  linken  rippen  zu  der  rechten 
der  igenbein,  und  krüinmenl  sich  durch  das  mittel  des  buchs 
als  ein  andres  kreuz,  s.  lt. 

INBETRACHTNAHME,  f  erst  in  neuester  teü  aus  der  formet 
in  betracht  nehmen  {sp.  2102)  gebildet,  schwerfällig  und  nicht 
zum  vortheil  der  spräche. 

INBEVVOIINT,  part.  zu  einbewohnen,  einwohnen  {vgl.  unter 
in  sp.  2082) :  denn  seind  wir  von  natur  und  geburt  des  newen 
menschen,  ausz  got  geborn  . .  zu  allem  guten  angericht,  in- 
bewonet,  gelert,  getriben,  und  auszgeschaffen  vom  hailigen 
gaist.  S.  Frane  parad.  144*. 

I.NBILI),  n.  bild  innerhalb  unser,  das  in  unserm  innern  ent- 
steht:  das  gespeiist  ist  etwas  sichtbar-unsichtbares,  das  gegen- 
bild  eines  inbildes,  einer  schwerbewuszlen  innern  schuld. 
Zelter  an  Göthe  1,  188. 

INRILUEN,  rerb.  innerhalb,  in  seinem  innern  bilden,  neben 
einbilden  theil  3, 149/j/.  der  unpersönliche  gebrauch  «/  an  diesem 
orte  belegt;  auch  persönlich:  irndf/iiKin  iiibilden  Dikf.  280' (cfter- 
deulsch,  15.  und  tnfang  des  16.  jahrh);  etlirh  sind  nit  alUeg 
gehorsam,  als  do  ist  die  inbildende  krafi,  die  begirliche  kraft 
und  die  zornliche  kraft.  Keisersherg  6i/(;.  s';  deren  (Jer  tnner- 
lichen  kräße)  ein  ..  ist  die  fanlasy  oder  inbilderin,  die  iniist 
allwegen  gesciiwetzt  haben,  das  ist,  sie  mag  nit  müsxig  gun, 
sie  inliildet  und  funtasicrt  allwegen.  h'. 

INIili.DKKlN,  f  die  im  innern  sich  ein  lild  von  etwas  macht. 
kKisiin><HrN(.  hilg.  tt'.     $.  unter  dem  vorigen. 


2105 


INBILDUNG  —  INBRUNST 


INBRÜNSTIG  —  INBRUNST  VOLL 


2106 


INBILDüNG,  f.  das  bilden  im  innern :  fanlasia  tnignisse  o. 
ein  selb  körnende  ynbildnnge  Dief.  225"  {oberdeutsch,  15.  jh. 
neben  elbiscU  betnignisse,  eynbildunge  selbkomende  unbedocht 
daselbst);  eyn  inbildung  l  unbedachtes  ynkummen  l  ein  triig- 
nusz  ebenda;  disz  sind  dye  innerlichen  kreft,  die  neigung, 
die  bewegung ,  die  begirden ,  dye  inbildung ,  dye  fantasyen, 
die  gedenk,  und  dye  zornlicbe  kraft.  Keisersberc  bilg.  %'; 
{die  ternunß  soll  die  inbilderin)  recht  ordnen  und  anwysen  zu 
heiligen  und  guten  inbildingen  und  fantasien  von  dem  lyden 
Christi,  ebenda;  würstu  also  getroffen  in  dynem  herzen  durch 
den  mund  des  predigers  oder  durch  din  lesen,  oder  durch 
andere  gute  inbildung  und  bewegung.  ll'.  später  vor  ein- 
biidung  verschwunden ;  wenn  bei  Rist  inbildung  wieder  erscheint: 
bäurische  seclen  voller  hoffertiger  inbildungen  stecken,  adel. 
hausvatter  (1650)  19,  so  ist  das  wcd  nach  dem  zu  in  A,  2  sp.  2082 
gesagten  tu  nehmen. 

INBLEIBEND,  part.,  dem  tat.  immanens  nachgebildet:  darumb 
nennen  die  theologen  solche  geburt  des  sons,  eine  inblei- 
bende gehurt,  die  nicht  aus  der  güttheit  falle,  sondern  allein 
vom  vater  kome,  und  in  der  gottheit  bleibe,  also  des  heiligen 
geists  ausgang  heiszen  sie  ein  inbleibenden  ausgang,  die 
(/.  der)  nicht  aus  der  gottheit  gehe,  sondern  allein  vom  vater 
und  sone,  und  in  der  gottheit  bleibet.    Lutheb  6, 542'. 

I.NBLICK,  m.  für  einblick :  sie  erhalten  durch  das  gesagte 
einen  klaren  inblick  in  das  thatsächliche  dieses  als  hoch- 
verrath  bestraften  Verbrechens.   Weserzeilung  no.  1173. 

INBRAUN,  adj.  infuscus,  infuscatus.  Maaler  236";  inbraun, 
idem  est  quod  lauterbraun,  dunkelbraun.  Paracclsus  ehir. 
Schrift.  552  C. 

INBRUNST,  /".  und  früher  auch  m.  {wie  das  einfache  brunst 
theil  2,437). 

1)  glut  körperlicher  schmerzen  oder  krankheü: 

heilen  verwunter  gilt  Inbrunst.     H.  Sachs  3,  2,  49" ; 
die  Inbrunst  des  hitzigen  Gebers  {die  damit  verbundene  innere 
glut).  Adelü.xc. 

2)  heßiges  verlangen :  ob  aber  etwan  unser  sinlicheit  v^ider 
solche  menschen,  die  uns  schädigen,  roch  {räche)  begert  usz 
groszer  bewegung  und  Inbrunst.  Keisersberc  bilg.  "'; 

zu  deiner  lehr  trag  ich  Inbrunst.    H.  Sachs  2,  2,47'; 
zu  dieser  raisz  hab  ich  Inbrunst.    3,  2,  121'. 

3)  insbesondere  edle  glut,  edles  inneres  fexur,  reines  verlangen : 
er  mag  nit  bleiben  im  ersten  ynbrunst,  sunder  er  nimpt 
teglich  ab  in  der  andacht.  Keisersberc  bäum  d.  sei.  10*;  die 
inbrunst  desz  geists.  Schuppics  724; 

ach  herri  durch  deiner  lieb  inbrunst 
vertreib  der  vorigen  lieb  dunst. 

Wecjeherlim  torrede  tu  d.  psalmen  5; 
(ich  häUe)  zum  wahren  gott  die  arme 
voll  inbrunst  ausgestreckt.  Gotter  2,471; 

wie  oft  hab  ich  die  herrliche  (die  muller  gottes)  gesebn 
in  ihrem  glänz,  die  inbrunst  der  Verehrer. 

Schiller  Piccol.  3,  3  ; 
liebe,  Unschuld,  inbrunst,  sitte,  ehre, 
sind  der  Züge  Tünl',  die  ich  verebre.    Röchrt  387. 

überflüssig  innere  inbrunst:  was  er  mit  Wohlgefallen  nicht 
etwa  nur,  sondern  mit  innerer  inbrunst  erkannte.  Herder 
z.  pbil.   10,  255. 

4)  aber  auch  unkeusche  glut:  mit  irem  unireglichem  und  un- 
nötigem gesetz  und  erfunden  feilen  geben  sie  ursach  gröszer 
und  schendlicher  unkeuscheit,  denn  irgend  das  fleisch  mit 
seiner  inbrunst  und  böser  lust  thun  künd  oder  möcht.  Luther 
2,41'; 

solch  inbrunst  kanstu  mir  wol  stillen  .  . 
wann  du  nur  thetst  nach  meinem  willen! 

J.  Atrer  444-  (2232,  21  Keller). 

Ein  mhd.  inbrunst  ist  nicht  belegt,  aber  aus  den  adjediven 
inbriinstec,  inbrünsteclich,  inbrunstlich  im  folgern,  das  wart 
gehört,  wie  Wacsernacel  bereits  gesehen  hat,  zu  entbrennen, 
nt/id.  enbrinnen,  wie  imbisz,  mhd.  imbij,  inbij  zu  enbijen, 
wie  indenk  zu  enldenken ;  vgl.  auch  infang.  aber  indem  man 
das  präfix  in-  seinem  wahren  werte  nach  schon  frühe  nicht 
mehr  fühlt,  vielmehr  für  das  adverbiale  in,  in  {vgl.  sp.  2082) 
nimmt,  geschehen  umdeulungsversuche,  im  15.  16.  ;aAr/i.,  zu  ein- 
brunst  [theil  3,159):  zelus  eynbrunst  Dief.  635';  Maai.er  hat 
der  inbrunst.  ardor,  zelus,  avidilas,  cupido,  cupidilas  236",  neben 
einbrünslig,  fervens,  flagrans,  fervidus,  impetuosus  123';  dein 
andechlig  gebet  macht  dein  herz  und  dein  geinUt  feiszl  in 
andachl  und  im  einbrunst.  Keisersberc  bäum  d.  sei.  7*     jetzt 


hat   sich  die  form  inbrunst  ausschlieszlich  wieder  befestigt,    aber 
man  deutet  sich  das  wort  immer  als  eine  brunst  des  innern. 
INBRÜNSTIG,  adj.  und  aiir.,  mhd.  inbriinstec. 

1)  entbrennend,  sich  leicht  entzündend,  in  eigentlicher  bedeutung: 
inbrünstige  kohlen.  Schm.  1,362  Fromm,  {von  1591);  das  ein 
inbrünstige  fackel  enbrunnen  sei  in  deinem  herczen.  Sdso 
briefe  77  Preger ;  er  ist  das  war  feuer  und  Hecht  das  enzunt 
und  ymbrünstig  macht.  Keisersberc  bäum  d.  sei  12";  von  einer 
brennenden  röte:  der  hett  ein  inbrünstige  röte  unter  seinem 
angesicht,  die  so  gar  rot  war,  dasz  sie  herwidcr  schein. 
buch  d.  liebe  267". 

2)  übertragen,  von  dem  heftigen  feuer  der  inneren  regungen: 
gedenk ,  wie  inbrünstig  und  begirig  du  wärest.  Keisersherg 
bäum  d.  sei.  S" ;  mit  inbrünstiger  begird  der  warheit  nach- 
fragen, ardere  studio  veri  reperiendi  Maaler  236" ;  ward  darnach 
schwai-z  als  ein  koll  von  inbrünstigem  hasz.  Aimon  bog.  d; 
alle  geschichten  von  Rübezahl,  die  er  vor  zciten  so  inbrünstig 
angehört  hatte.  MusÄcs  volksmährch.  230;  inbrünstig  beten; 
ein  inbrünstiges  gebet ; 

darnach  mein  herz  inbrünstig  dürst.     H.  Sachs  2,  1,6'; 

ach  ich  weisz  es  noch  wohl,  wie  er  uns  inbrünstig  umarmte, 

wie  er  uns  an  die  klopfende  brüst  mit  Zärtlichkeit  drückte. 

Klopstock  3,  47  (Mes.i.  1,  696)  ; 

und  umarmt  inbrünstig  den  mittler.     HO  (3.50); 
I  inbrünstig  des  Eurytus  tochter  beklagend.    Voss; 

leidenschaftlich : 

rachgirig,  zornig  und  inbrünstig.     B.  Waldis  Esnp  4,  95,  154 ; 
von  heftigem  heiligen  verlangen :  wissent  furwar  ir  allerliebsten, 
das    ich   inbrünstig   und   geizig   bin  des  ewigen  hymelischen 
reichs.  A.  v.  Eybe  52*;  mit  heiligem  willen  und  inbrünstigen 
begirden.  Keisersberc  bilg.  3'. 

3)  namentlich  häufig  mit  dem  begriff  liebe  verbunden :  von 
innbrünstiger  lieb  bezwungen,  ßocc.  (1580)  l,S6';  innbrünstige 
trew  und  lieb  ...  die  er  zu  seinem  vatter  trug.  Kirchhof 
wendunm.  23';  ward  ich  inbrünstig  von  ihr  {meiner  frau)  ge- 
liebet, ehe  eines  mannes  2S0;  Stratonikus  liebte  zu  inbrünstig, 
um  dem  befehl,  weiter  an  seine  geliebte  zu  denken,  gehorsam 
zu  sein.  Wieland  2,  92  (SO);  sie,  die  ihn  so  inbrünstig  liebte. 
1S2  (156);  das  halstuch  . .  das  ich  aus  inbrünstiger  liebe  ergriff 
und  zu  mir  steckte.  Göthe  20,  94 ; 

mein  lie')  ist  so  inpmnstig  heisz 

und  flammet  in  meines  herzen  kreisz 

recht  sam  ein  angezuntes  werk,    fasln,  .tp.  134,  1 ; 

manch  (mmichem)  man  wirt  so  gar  inpninstig 
•  die  lieb  die  er  zu  frauen  treit.    692,  13; 

ich  hab  sie  je  lieb  so  inbrünstig.    H.  Sachs  4,  3,  2* ; 

dir  bin  ich  der  trauliche  sänger  von  Chios, 

welchen  du  oft  mit  dem  laut  inbrünstiger  liebe  genennet. 
Voss  llias,  weihe  an  Slolberij  25 ; 
daher:  eure  Schönheit  . .  hat  mein  herz  und  verstand  so  ge- 
fangen, dasz  ich  wol  hiebevor  die  scharfe  pfeile  des  Cupidinis 
verlacht,  so  musz  ich  doch  jetzo  .  .  euch  mein  inbrünstiges 
herz  in  tiefer  demuth  aufopfern.  Schuppius  550;  ein  kleines 
liebes  andenken,  dergleichen  uns  ein  inbrünstiges  mädcben 
in  die  lippe  beiszt.  Lessi.^g  2,  100;  der  inbrünstige  lieb- 
haber.  501. 

4)  inbrünstig  umgedeutet  zu  einbrünstig  {vgl.  oben  inbrunst 
und  theil  3  «p.  159):  mehr  ander  sind  gewesen,  die  mit  ein- 
brünstiger begierl  begert  haben  leibliche  schöne  und  sterke. 
Bocc.  (1580)  1,83';  offenbarten  einander  ire  einbrünstige  un- 
segliche  liebe.  Kirchhof  wendunm.  320*. 

INBRÜNSTIGKEIT,  f:  ich  hab  von  keinem  menschen  kein 
solch  ernst  und  inbrunstigkeit  gesehen.  Luther  3,418';  ist  er 
bald  herfür  und  durch  teuflische  inbrünstigkeit  zu  herrschen 
ausz  ehrge;z  gezogen.  Kirchhof  wendunm.  367'. 

INBRCNSTIGLICH,  adv.:  hütent  euch  vor  lawheif,  farent 
für  {geht  vorwärts)  häftigklich  und  inbrünstigklich.  Keisers- 
berc has  impf  Aa5';  er  wardt  inbrünsliglich  zornig.  Aimon 
bog.  f  iij ; 

herz,  sinn,  mul  und  begier 
sehnt  sich  inbrünstiglich  nach  ir.    H.  Sachs  1,  112'. 
in  der  form  inbrünstiglichen : 

weil  mich  inbriinstiglichen  türst 

nach  reichiumb,  was  musz  ich  anfangen.    3,  3,  35«. 

INBRÜNSTLICHEN,  adv.:  disen  brief  soitu  ernstlich  über- 
lesen und  betrachten  und  war  nemen  was  dar  an  gescbriben 
statt  und  dich  inbrünsilichen  darin  keren.  Keisersb.  bilg.  5' 
INBRL'NSTVOLL,  adj.  und  adv.: 

(er)  betete  zur  muiier  inbriinstvoll 
und  breitete  die  haiule  nach  ihr  an?.     BciieiR  146*. 


2107 


mBÜRGER  — INDEM 


INDEM 


2108 


INBÜRGER,  m.  der  das  büigenecbt  an  dem  orte  hat,  tvo  er 
loohnt,  gegensatz  von  ausbürger  (Iheil  1,S42). 

INBUSEN ,  Ml.  das  inwendige  kleine  gestrickte  garn  auf  den 
vogelherden,  welches  zwischen  die  spiegelnetze  zum  fangen  ange- 
bunden wird.  Jacobsson   1,337". 

INDÄCHTIG,  adj.  eingedenk:  das  wir  der  sacL  indäcLtig 
warn.  ScnM.  l,  4S5  Fromm,     s.  unten  indenk. 

INDELT,  s.  inlet. 

INDEM,  zusammenrückung  der  praeposition  in  mit  dem,  betont 
indem ;  erst  nach  der  mhd.  zeit  neben  dem  älteren  indes  (s.  d.) 
außommend.  bis  ins  17.  jahrh.  liinein  erscheint  oß  das  wort 
noch  getrennt  in  dem  gedruckt. 

1)  zu  frühest  bezeichnet  die  Verbindung  in  dem  {nach  in  spalte 
20S9  unten)  allgemein  einen  zustand  oder  eine  thätiykeit,  die  durch 
folgendes  dasz  mit  abhängigem  satze  näher  bestimmt  mrd  {wofür 
später  und  heute  darin  dasz  gebräuchlich):  alsdann  .  .  von  et- 
lichen junkfrowen  ain  newigkait  geübt  worden  ist  in  dem, 
das  sie  zu  lawtmeningen  auf  der  gassen  hoffüren  gangen  sein. 
I^ürnb.  poliz.  ordn.  84 ;  nachdem  .  .  mancherlei  geverde  und 
vorteil  fürgenomen,  gesucht  und  gebraucht  werden,  bcsunder 
in  dem,  das  ye  zu  zeiten  etlich  verkaufer  ire  wäre  und  guter 
{die  schon  rerkauß)  .  .  andern  lewlen  zu  kaufen  geben.  134 ; 
und  noch  später:  deszglcichcn  haben  nichf  diese  l'ii  auch  die 
macht ,  die  königreich  ihrs  gefallens  auszzutheilen ,  in  dem 
erwisen,  dasz  sie  der  zwo  königin  von  Navarr  und  Engelland 
königreich  haben  dem  nächsten,  der  sie  einnimmt,  geschenkt. 
FiscDART  bienk.  133';  {ihr)  verscherzet  also  die  barmhcrzigkeit 
gottes  in  deme,  dasz  ihr  derselben  gnade  nur  mit  dem  munde 
rühmet.  Pnii.ANDEn  (1650)  l,  448. 

2)  dann  als  temporales  adverb,  die  gleichzeitigkeit  mit  etwas 
vorher  erzähltem  betonend;  in  der  vci-bindting  indem  so: 

indem  .«o  sagt  sie  mir  mit  sondern  märn, 
wie  das  von  gschlecht  (iic  besten,  im  landt 
lU  Bayrn,  eur  gnad  unkhundig  warn. 

PÜTKBicH  in  Haupts  zeitsclw.  6,37,29; 

indem  so  kommt  der  Weisungen  hergeritten.  Götiie  8,23; 

indem  so  blitzt  der  erste  strahl 

der  sonne,  wie  in  eine  höhle 

voll  nacht  und  gratin,  in  seine  seele.     Wieland  18,223; 

und  als  bloszes  indem :  indem  kam  Reynhart  gerant,  der  zer- 
trennet die  Ordnung.  Aimon  bog.  Dj  ;  inn  dem  {als  das  gesagt 
wird)  kompt  der  groszbauchet  krank  an  zweien  kruckcn. 
H.Sachs  1,466';  dem  bauren  wird  bang  zu  mulh,  in  dem 
tratt  ein  füchslein  daher,  dem  legt  der  baur  seine  sache  für. 
ScHCPPiüs  S36 ;  sie  gedenken  der  Johanna,  die  an  dem  bette 
des  sterbenden  künigs  weine,  indem  tritt  sie  herein,  und  ver- 
kündiget den  tod  desselben.  Lessing  6, 173 ;  indem  erscheint 
die  wache,  und  führet  den  bischof  auf  befehl  der  neuen 
königin  in  eine  engere  haft.  175;  indem  liesz  er  zwei  ströme 
von  heiszen  thräncn  aus  seinen  äugen  die  wangen  herab- 
flieszen.  215;  indem  kamen  die  herzöge  von  Chartres  und 
Fitzjames  . .  in  vollem  gallop  heran  gesprengt.  Wieland  30,  76; 
indem  kam  auch  die  wittwe  an  und  klagte.  Schiller  1084; 
ich  hielt  den  alhem  an  mich  und  fuhr  fort  zu  beobachten, 
indem  kam  von  der  andern  seitc  des  saals  ein  frauenzimmer. 
GöTBE  23,83; 

indem  ein  convers  (convertit)  kam.    Altswbrt  234, 10 ; 
inn  dem  da  hört  ich  etwas  Icchtzen. 

II.  Sachs  (auswuht  von  GOlt)  1,67; 
als  ich  spacicrct  auf  ein  lag 
vor  einem  wald  an  grünem  hng, 

in  dem  erhört  ich  ein  gesprecl».    werke  1  (1558)  483"; 
lie  stutzt,    was  kann  es  sein?  ein  geist,  nach  seinen  tritlen  — 
besuch  von  einem  geisi!    den  wollt  ich  sehr  verbitten, 
denkt  sie.    indem  eröfTnet  sich  die  thür, 
und  eh  sies  ausgedacht,  steht  —  Fanias  vor  ihr. 

Wieland  9,92  (81); 
indem  seh  ich,  enidohn  der  feinde  pTcilen, 
den  pricstcr  des  Apoll  bei  mir  vorüner  eilen. 

SciiiLLBR  zcritoi  uiiij  von  Tnija  v.  57 ; 

mehr  Steigerung  und  hdnfung  bezeichnend,  wie  jetzt  zudem :  weil 
er  indem  das  seine  schon  weg  hat.  Schlampampe  2,53;  sie 
sieht  indem  ganz  blasz  aus.  41. 

3)  alt  temporale  conjuncUon,  gleichzeitigkeit  zweier  handlungen 
oder  zustände  bezeichnend,  durch  a\»,  da  oder  während  zu  um- 
schreiben, et  leitet  den  Vordersatz  ein :  in  dem  er  alier  also 
gedachte,  sihe,  da  erschein  im  ein  engrl  des  herrn  im  Irawm. 
Matth.  t,20;  es  gieng  ein  seeman  aus  zu  scen.  und  in  dem 
er  »eet,  fiel  cllirhs  an  den  wog.  13,  4 ;  iinterdrssen  nher  und 
indeme  sie  mich  mit  leerer  holTnung  ihfil»  abspei-ieii,  Iheils 
mit  mir  Ober  da*  ^diii  k   klapen,  .  .  verlihifl   die  ^.•llId(•nc  /rit. 


ScHCPPiüs  54S;  indeme  ich  verliere,  gewinne  ich,  und  indeme 
ich  gewinne,  verliere  ich.  550;  indem  ich  aus  dem  bette  steige. 
Schiller  an  Cöthe  1,  34  ; 

inn  dem  ich  nun  erwacht  hernach.    H.  Sachs  1,  119"; 

indem  dasz  nun  der  oheim  mit  ihm  redte, 

so  tragt  er  ihn  zu  gleicher  zeit, 

ob  er  das  letzte  gcld  wol  angewendet  hätte? 

Gellrrt  1,  187; 
doch,  auch  indem  ich  dieses  niederschreibe, 
schon  warnt  mich  was,  dasz  ich  dabei  nicht  bleibe. 
GüTHB  12,  66; 

tfi  einem  Zwischensatze:  als  der  könig,  indem  er  sehr  trunken 
war,  bei  ihr  zu  liegen  begehrte,  pers.rosenlh.  1,42;  die  logici, 
in  deme  sie  fragen,  ob  die  logica  das  ist  die  disputierkunst, 
ars  vel  scientia  eine  kunst  oder  Wissenschaft  seie,  disputirün 
de  lana  caprina.  Schuppius  417;  im  nachsalze  einer  erzählung 
oder  beschreibung :  dises  ist  die  hantgeschrift  die  wir  geschriben 
band  mit  unser  eignen  hant,  wenn  die  hend  der  menschen 
hond  in  gegeislet  und  gekrützigt,  und  unib  der  menschen 
willen  hat  er  söllichs  gelitten,  und  nit  allein  hant  wir  yn 
geschriben  sunder  ouch  er  selbs,  in  dem  so  er  sich  selbs 
hat  dar  geben.  Keisersberg  bilg.  4';  wie  viel  sind  die  ver- 
meinen, sie  thun  ihrem  christenthumb  übrig  genug,  wann  sie 
gedultig  sind  indem  man  sie  nicht  beleidiget?  Schuppius  310; 
so  sind  also  der  poet  und  der  strenge  philosoph  .  .  nicht 
zwei  mit  einander  abwechselnde  gestalten ,  sondern  er  ist 
beides  zugleich;  er  ist  das  eine,  indem  er  das  andere  ist. 
Lessing  5,  3; 

sie  fassen  ihren  feind  mit  wuth, 

indem  ich  nach  des  thieres  lende 

aus  starker  laust  den  speer  versende. 

Schiller  kämpf  mit  d.  drachen  v.  219 , 

oder  einer  behauptung:  der  wil  wirt  bösz  in  dem  so  er  dye 
creatur  unordlich  begert.  Keisersb.  Mj.  5';  es  würde  thöricht 
sein,  wenn  ein  Staat  diese  maximen  annähme,  indem  alle 
andern  die  gegenseitigen  befolgten.  Gahve  anmcrk.  zu  Cic.  de 
off.  3,185. 

4)  als  causale  conjunclion ,  unmittelbare  folge  des  einen  aus 
dem  andern  beieichncnd.  im  Vordersätze:  in  deme  Nero  die 
bösen  und  übelthäter  gestrafet  und  ausz  dem  wege  geraumel 
hat,  ist  er  löblich  zu  preisen.  Schuppius  527;  indem  das  ge- 
fäsz  aus  Unvorsichtigkeit  aus  den  bänden  gefallen  ist,  so  ist 
kein  ander  mittel ,  als  man  kleibe  es  so  gut  man  kan ,  zu- 
sammen, pers.  baumg.  9,  4  ;  indem  er  bedürftigen  latenten  aller 
arl  über  frühere  oder  spätere  Verlegenheiten  hinaus  .  .  half, 
gewann  er  sich  ..  viele  freunde.  Göthe  25,294;  im  Zwischen- 
satze: Fabius  Cunctator  bei  den  Römern  thet  dem  Hannihaii 
irem  schädlichen  feindt,  der  fünfzehen  jar  in  Italia  lag,  inn 
dem  das  er  in  aufhielt  und  kein  schlacht  lifern  wolle,  wirser 
denn  alle  hauptleuth  zuvor  gelhon  betten  mit  allen  schlachten. 
Agr.  spr.  73';  im  nachsalze,  in  den  frühesten  beisfnelen  noch 
mit  so  verbunden :  also  schonen  ir  üwers  lybs,  loiid  üch  hert 
und  grüselich  syn  in  dem  so  wir  nit  schonen ,  aber  ir  on 
zwifel  mit  üweren  schonen  sind  vil  grüsziicher.  Keisersberc 
bilg.  3';  also  verzyben  wir  und  lassen  noch  die  schuld,  nit 
allein  unsern  Schuldnern,  sunder  ouch  allen  andern  bilgern 
in  diser  zyt,  in  dem  so  wir  sie  alle  lieb  haben  usz  christ- 
licher liebe.  6*;  tlieils  auch  als  bloszes  indem:  ein  jeglicher  der 
do  letzt  {verlelzt)  sin  nechsten  wider  den  willen  gotz  .  .  der 
thut  wider  dj  gebot  gotz,  in  dem  er  gebüt:  hab  den  nechsten 
lieb  als  dich  selbs.  6';  klagte  mit  vielen  seufzen  und  thränen, 
dasz  er  in  ein  grosz  unglück  gcrahten  sei;  in  dem  er  zu 
Colin  mit  einem  vornehmen  cavallier  kugeln  gewechselt  und 
denselben  erschossen  hab.  Schuppius  254;  du  siebest  selbst 
dieses  ßulyrolamhii  pariseisches,  giftiges,  buszhaftiges  herz 
und  gemüht,  in  dem  er  mich  alsbald  ohn  einige  gnaden  in 
die  höll  versidszeu  wil,  weil  ich  elwan  ein  paar  fabeln  er- 
zehlet  habe.  598;  und  bezeiigens  die  augenscheinlichen  monii- 
menten ,  indem  in  Schweden  hin  und  wieder  alte  runisehe 
scliriften  zu  (luden,  pets.  niscbeschr.  2,3;  weil  ich  mit  dem 
obristcn  befehlhaher  .  .  bekandt  war,  indem  wir  nahe  bei 
einander  wuhneten.  pers.  baumg.  H,  13 ;  meine  Offenheit  schien 
ihm  zu  gefallen,  indem  er  sie  mit  groszer  frcundluhkeil  er- 
wiedcrte.  (Jöthk  25,297;  er  {Herder)  halle  den  vnrhaiig  zer- 
rissen, der  mir  die  armuth  der  deulsrhen  lilernlur  hederkle, 
. .  an  dein  vaterländischen  hiinmel  blichen  nur  wenige  iiedeii- 
tende    »lerne,    indriii    er    die    übrigen    alle    nur  als  voriiber- 

fahrenile    srhniippeii    bchandelle.    20,8;    von    der    tr<' '■  < 

gemähldes  einer  ihealralischen  wirthschafi  und  liebscli 
ich  iiiil  vieler  rompelcnz  urlheiirn,  indem  ich  mit  heid<  n 


2109 


INDENK  — INDES 


INDES 


2110 


bekannt  bin,  als  ich  zu  wünschen  Ursache  habe.  Schiller  an 
Gvthe  1,36;  durch  dieses  buch  bin  ich  in  meiner  arbeit  sehr 
gefördert,  indem  es  vor-  und  rückwärts  weist  und  indem  es 
begränzt,  zugleich  leitet  und  führt.  56; 

lasi  mich,  dieweil  ich  musz.    schau,  was  mich  von  dir  reiszt. 
und  sei  mit  dem  vergnüft,  in  dem  du  warlich  weist 
dasz  ich,  o  Schwester,  dich  mehr,  als  die  liebste  liebe. 

P.  FLEnnc  614; 
m  der  Verbindung  indem  und: 

sind  sie  nun  in  vertust  getreten, 
band  sie  sich  selber  drein  gewetten, 
indem  und  sie  mit  tyrannei 
wolheud  zwingen  zur  lugoerei, 
die  die  rein  Wahrheit  band  bekannt. 

Opel  und  Cohü  55,  199. 

INDENK,  adj.  mcmor,  zu  dem  verlrum  sich  entdenken  sich 
bedenken ,  iich  besinnen  thcü  3  sp.  508  gehörig ,  vgl.  oben  unter 
inbrunst ;  umgedeutet  zu  eindenk,  eingedenk  {th.  3  sp.  161. 1S5), 
neben  welchem  letzteren  auch  ingedenk  belegt  ist  {a.  a.  o.) ;  mhd. 
indenkc  (Lexer  üb.  l,  1430);  m  quellen  des  15.  und  16.  jahrh. 
noch  manchmal  begegnend:  so  wolt  er  sein  nit  vergessen  und 
des  indenk  sein.  d.  städtcchron.  3, 413, 7 ;  wolan  kömpt  inen 
die  stunde,  das  sie  auch  nach  friede  umbsonst  rufen  werden, 
hoffe    ich,    sie   werden   ires   itzigen   verdiensts   indenk  sein. 

LüTBER    1,  50l'; 

wir  wellen  indenk  sein 
deins  handels.    Tuusüeiszsr  archidoxa  34 ; 

seil  dem  17.  j7i.  nur  noch  bei  den  Scblesiern:  inndänk,  memor 
Steinbach  1,242  (neben  eindänk);  sie  müste  vergeszlicher  als 
heidächsen  sein,  wenn  sie  in  so  weniger  zeit  ihrer  Vertraulich- 
keit nicht  mehr  indenk  leben  solle.  Lohenstein- i4rm.  2, 1047*; 

so  lange  das  gewerb  und  kaufmannschart  auf  erden 
wird  altem  brauche  nach  durch  geld  getrieben  werden, 
das  allen  ist  so  lieb,  so  lauge  wird  man  dein, 
und  deiner  schönen  kunst,  zum  besten  indenk  sein. 

Opitz  2,43; 
so  lange  man  von  liebe  nur  wird  hören, 
wird  man  zugleich  auch  deiner  indenk  sein.    173; 

ihr  solt,  so  oft  ihr  disz  brod  essen, 

und  trinken  werdet  diesen  wein, 

desz  berren  todes  indenk  sein.    3,  115; 

(,'llaubt  dasz)  die  fürstin  aus  der  höh 
auch  euer  indenk  seL    A.  Grtpuius  169S   1,  171; 
du  wirst  noch  indenk  sein, 
wie  oft  ich  dir  gesagt  .  .  . 

HoFF«ANNSwALDAU  Qetr.  ichdfef  t.  IJ. 
vgl.  auch  indächtig,  ingedenk. 

IN'DENKIG,  adj.  erinnerlich:  da  kamen  wir  in  disz  landt 
mit  herlicher  geselschaft,  wie  euch  wol  indenkig  ist.  Aimon 
bog.  p. 

INDERT,  s.  iender. 

INDES,  INDESSEN,  interea,  aus  innen  des  oder  inner  des 
entstanden  (vgl.  unter  in  j;>.  20S3),  wie  auch  die  mhd.  form  ist: 

innen  des  wart  in  geseit 
si  solden  üf  eijen  gän.    Wigiilois  112,  17; 
innen  des  ein  bischof  quam 

an  den  tanz,  als  ich  vernam.    Uei^richs  Tristan  635; 
iure  des  dö  quämen  sie 
in  daj  schiene  kastei.    1264; 
inner  des  der  äbent  quam,    (rauend.  464,  17; 
doch  besteht  auch  schon  gekürztes  indes: 

reht  indes  dö  ei  tagte 

was  sin  ors  gewäpent  und  sin  lip.    Parzival  703,  10, 

«0  aber  auch  innen  des  und  inne  des  gelesen  wird,  die  form 
indessen  kommt  auf  mit  dessen  für  des,  vgl.  theil  2, 956. 

indes,  indessen  wird  gebraucht 

l)  als  temporales  adverb,  das  innerhalb  einer  vorher  genannten 
zeit  geschehene  zu  bezeichnen,  wie  unterdessen,  indem :  so  sint 
die  lüft  indes  still  und  prüeft  man  wenig  wind.  Megenberc 
bO,  36;  dö  züch  er  seineu  klaider  ab,  da;  er  patt  in  dem 
wa^jer;  in  des  köin  ain  slang  und  pai;  den  undergurt  ab. 
456,22;  aus  dir  {Bethlehem)  sol  mir  der  komen,  der  in  Israel 
herr  sei  . . .  in  des  leszt  er  sie  plagen,  bis  auf  die  zeit,  das 
die,  so  geberen  sol,  geboren  habe.  Micha  5,2;  und  lag  alda 
dreiszig  tage  lang,  in  des  fodderle  er  sein  kricgsvolk  alles 
zusaincn.  Judith  3,12;  in  des  kamen  die  jünger  Jobannis  zu 
im.  Matth.  9, 14 ;  der  fuchs  fährt  ein,  die  schlang  hernach  und 
zeigt  ihm  alle  gelegenheit ,  indesz  wischt  der  fuchs  herausz. 
ScHLPPiLS  836;  sie  {die  Maintenon)  pflegte  in  den  fasten  bis- 
weilen nichts  als  hül.<;cnfrüchte  zu  essen,  wenn  indesz  die 
übrige  gesellschaft  an  der  tafel  herrlich  schmausele.  Gökikgr 
1,20;  mein  roman  gleicht  indessen  einem  strickstnniipf,  der 


bei    langsamer    arbeit    schmutzig  wird,    indessen  wird  er  iui 
köpfe  überreif  und  das  ist  das  beste.  Götiie  an  Schiller  1,129; 

indes  wendt  sich  der  leuse  meng, 

die  flüchtig  war.    muckmikr.  3,  2>3  ; 

in  dessen  stiegen  auf  des  muntern  Föbus  pferde, 

die  nichts  als  feuer  sein.    P.  Fleiing  150; 

indessen  war  von  club  zu  club 

die  Irauerpost  geflogen.    Götter  1,  94  ; 

ich  bah  indessen 
ein  weih  genommen.    161 ; 

eure  leute  können  nicht 
so  ferne  sein ;  sie  werden  wieder  sich 
zu  euch  versammeln,    reiten  wir  indesz 
in  diesem  pfade  fort.    Wiela:«d  18,52; 
biu  iodesz  weit  herum  gewesen. 

Schiller  Wallensleins  laijtr,  5.  außr., 
drum  laszt  mir  zeit,    thut  ihr  indesz  das  eure. 
Piccol.  2,  6 ; 
Piiorkyas.  habt  ihr  geduld  des  Vortrags  langgedehnten  zug 

still  anzuhören?  mancherlei  geschichten  sinds. 
chor.         geduld  genug!   zuhörend  leben  wir  indesz. 

Göthk  41,201; 
ungewöhnlich  ist  die  belonung  indesz: 

indesz  hatte  sich  das  volk  in  häufen 
schon  gesammelt  und  begehrte  wunder. 

Herder  z.  litl.  6,  59 ; 
indes  =  dabei,  während  einer  vorhergenannten  handlang:  man 
lasse  die  geister  auf  einander  platzen  und  treffen,  werden 
etlich  in  des  verfüret,  wolan  so  gehets  nach  rechtem  kriegs- 
lauft,  wo  ein  streit  und  schlachl  ist,  da  müssen  etliche  fallen 
und  gewund  werden.  Lother  2,  459'. 

2)  auch  verblaszt,  nur  einen  bestehenden  leisen  gegensatz  be- 
zeichnend :  indesz  will  ich  nicht  leugnen ,  dasz  in  der  nach- 
ahmung  des  Quinlus  nicht  auch  sehr  trefliche  züge  vorkommen, 
und  die  ihm  eigen  sind.  Lessing  6, 453 ;  dieses  ist  abermals 
ein  beweis ,  wie  zweideutig  die  liebe  lateinische  spräche  ist. 
indesz,  was  an  diesem  exempel  für  mich  das  beste  ist,  ist 
dieses:  dasz  der  doppelte  sinn,  der  darinn  liegt,  nicht  weit 
auseinander  sein  kann.  10,360;  aber  damahls  hatte  Plato 
weder  seinen  Timäus  noch  seine  republik  geschrieben,  in- 
dessen existierte  diese  letztere  doch  bereits  in  seinem  ge- 
hirne.  Wielasd  2, 107  (94) ;  indessen  erlauben  lie  mir  künftig 
mehr  solche  impromptüs.  Göthe  an  Schiller  1, 10 ;  indessen 
ist  das  übel  so  grosz  nicht.  Schiller  an  Göthe  1,  30 ;  die  aus- 
hängebogen  der  hören  werden  mir  von  woche  zu  woche  ge- 
schickt werden ;  ich  zweifle  indesz,  ob  wir  vor  vierzehn  tagen 
den  ersten  zu  erwarten  haben.  31 ;  indessen  glaube  ich  ihm 
im  voraus  versichern  zu  können ,  dasz  er  damit  zufrieden 
sein  werde.  40;  mit  den  eiemplaren  der  boren  sind  wir  nicht 
ganz  in  Ordnung,    es  hat  indesz  so  viel  nicht  zu  sagen.  65 ; 

indesz 
hat  er  doch  immer  richtig  noch  bezahlt. 

Lessing  2,  234 ; 
man  glaubt  so  was  sich  selber  kaum, 
so  sehr  gleichts  einem  fiebertraum. 
indesz,  die  anzeig  musz  geschehen; 
er  mag  dann  kommen  und  selber  sehen! 

WiEiAND  18,  238. 

3)  die  Verbindung  indesz  dasz,  indessen  dasz  zeigt  den  Über- 
gang des  adverbs  zur  conjunction :  indessen  dasz  jede  andere 
Wissenschaft  fortrückt.  Kant  3,166;  Danae  hatte  ihn  ver- 
lassen, um  durch  ein  erfrischendes  bad  ihrer  Schönheit  einen 
neuen  glänz  zu  geben,  indessen  dasz  er  die  verschwindenden 
strahlen  der  untergehenden  sonne  . .  zu  zählen  schien.  Wielasd 
1,291  (243);  die  kleinern  sultane,  indessen  dasz  ihr  gebie- 
tender herr  im  innern  des  serails  so  edeln  bescbäftigungen 
oblag,  thaten  alles  was  sie  wollten.  8, 14S;  Venus  hatte  in- 
dessen dasz  die  götter  unschlüssig  waren  ihre  zeit  nicht  ver- 
loren. 10,20;  indessen,  dasz  wir  die  Prinzessinnen  und  beiden 
zu  bette  gebracht  haben  . .  hatte  Pedrillo  . .  der  begierde  nicht 
widerstehen  können,  mit  der  schönen  Teresilla  sich  etwas 
genauer  bekannt  zu  machen.  11,340; 

indesz  dasz  noch  der  reiche  zählte: 
so  trat  sein  bandwerksmann  herein.    Gellert  1,  162; 
indesz,  dasz  du  zur  see  dein  leben  wagst, 
indesz,  dasz  du  in  Surinam,  am  Amazonenflusse, 
dich  bei  den  Hottentotten,  Kannibalen  plagst: 
indesz  wird  sie  .  .  .  Lessüic  1,  123; 

indessen  dasz  man  hier  so  stark  filosoflerte, 
sasz  Junons  pfau  auf  einem  polster  da.    Wielaüd  5,219  (159); 
indesz  dasz  Itifall  .  .  . 

Zenidens  hofstatt  sucht  und  in  ^edanken  schon 
ein  diadem  um  seine  stirne  schimmert, 
schieszt  Idris  wie  ein  pfeil  durch  berg  und  thal  davon. 

17,  71  (Idris  2,  1). 


2111 


INDES  —  INDIGPFLANZE 


INDISCH  — INFEL 


2112 


4)  blosies  indes,  jiitlessen  ah  tempumle  coujunclion,  im  sinne 
von  wahrend,  ih»  vordersalse :  inn  des  er  solches  redet,  trat 
der  niönoh  auch  hinein.  Garg.-ib'/;  indessen  er  nun  sich  weil- 
läuftig  darüber  herausliesz ,  hatte  ich  .  .  das  wunderei  vur 
die  äugen  genommen.  Güthk  31,234;  indesz  ich  nun  jüngere 
freunde  zu  dieser  idyllischen  darslellung  auffordere,  so  nmsz 
ich  nur  kurz  und  theilnehmcnd  gedenken ,  wie  diese  länd- 
liche heiterkeit . .  getrübt  worden.  32,259;  indessen  don  Sylvio 
zu  seiner  abenteuerlichen  Wanderschaft  anslalt  machte,  war 
douna  Mencia  beschUlligel,  ihn  .  .  zurückzuhalten.  Wielanü 
11,101;  in  der  betonung  indes: 

iiulesz  sie  sich  aisu  rüsten, 

sprach  der  alte  Zamoraner, 

so  sprach  er  zu  seinem  söhn.     IIerdkh5,  126  (Cui30); 

im  nacbsatie:  dasz  Agalhon  . .  wie  eine  bildsaule  stellen  blieb, 
indesz  die  entzückten  bacchantinnen  gaukelnde  tiinze  um  ihn 
her  wanden.  \VitLA:<u  1,37;  sie  theilten  sich  also  in  zwei 
häufen,  wovon  der  eine  sich  der  Sklavinnen  bemächtigte, 
welche  die  kleider  hüteten,  indessen  die  übrigen  den  berg 
bestiegen.  40;  unsre  modernen  kriege  machen  viele  unglück- 
lich indessen  sie  dauern,  und  niemand  glücklich  wenn  sie 
vorbei  sind.  Göthe  2'J, hl;  hierauf  musz  der  wackere  held 
durch  frau  und  kinder  gar  jännnerlich  gequält  werden,  in- 
dessen der  Zuschauer  gewisz  überzeugt  ist,  dasz  er  nicht 
nachgeben  werde.  33, 207 ;  man  warnte  vor  tyrannischem  be- 
ginnen anderer  im  literarkreise ,  indessen  man  selbst  eine 
ausschlieszende  tyrannei  unter  dem  scheine  von  liLeralität 
auszuüben  suchte.  45,  307 ; 

das  nehmliclie  kann  euer  weibchcii  thun  .  . 

iudesz  ihr  auf  der  börsu  seid.    Lessinc  1,  123; 

kaum  ist  der  held  hinein  gegangen, 

indessen  Scherasuiiii  im  hol'  die  pferde  hält. 

Wieland  22, 106  {Ubeion  3, 18). 

5)  einen  (jegensals  betonend,  im  nachsalze:  die  richtigkeit 
dieser  annähme  ist  . .  zu  bezweifeln,  indesz  die  wirksamkeil 
der  naturschönheiten  offen  liegt.  Kant  7,149;  wer  in  groszen 
Städten  gelebt  hat,  wird  oft  gefunden  haben,  dasz  leute,  die 
sich  durch  keine  hervorragende  Vollkommenheit  auszuzeichnen 
scheinen,  doch  ganz  vorzüglich  beliebt  sind,  indessen  von 
leuten  gröszerer  Verdienste  zwar  in  ihrer  abwesenheit  mit 
achtung  gesprochen,  aber  der  Umgang  wenig  aufgesucht  wird. 
Carve  anm.  zu  Cic.  de  off.  2, 185. 

l.NDIANE,    LNDI.\N,n».    namc   des   trulhahns:    indianische 
hühner,  indianen,  inelcagris  Nemnicu  ; 
von  zorn  ruth,  wie  ein  itidian, 
Urig  Juno,  wie  liier  folget,  au 

ihr  niaulclieii  auszidcurcn.     ülcmaukk  2,  05. 

INDIANISCH,  adj.  aus  Indien  (Indienland.  Luther  3,200*) 
stammend;  noch  bis  in  toriges  Jahrhundert  auf  beide  Indien  be- 
zogen, bis  sich,  erst  spät,  für  die  hcrkunß  von  Osliudicn  das 
adjecliv  indisch  bUdel  (  Fkiscii  1,  488'  kennt  nur  indianisch, 
Scheller  dentsch-lat.  wb.  1790  s.  788  indisch  und  indianisch): 
seine  indische  legciule  ist  mir  sehr  werth.  Göthe  an  Schiller 
1,  406 ;  doch  ist  in  gewissen  Verbindungen  indianisch  noch  heute 
auf  Ostindien  bezogen :  indianisches  weisz  (bei  den  fdrbern, 
nach  arl  des  tceisz  von  chinesischer  seide),  indianische  Vogel- 
nester. Jacoksson  2,  310\ 

INUIG,  INDIGO,  m.  color  iudicus;  die  zuletzt  erwähnte,  und 
heute  gangbarste  form  fuszt  auf  dem  spau.  indico  (Littre  2,74') 
und  zeigt  über  welches  land  uns  der  sloff  kam:  mhd.  indich 
(Lexer  üb.  1, 1430)  und  endit  (552),  früher  auch  cndich  (vgl. 
oben  3,46t);  indich,  eine  färbe,  i»cficum  Hederich  1363;  indig, 
ist  eine  harte,  trockene,  blaue  färbe,  in  groszen  und  kleinen 
stücken,  deren  gewächse  buschicht  sein  soll,  welches  von 
den  Indianern  zu  gewisser  zeit,  .  .  abgeschnitten,  zusammen 
auf  einen  häufen  geworfen  wird ,  bisz  es  verfaulet,  hausz- 
ftaltungslexicon  (Chemnüz  1728)  445.  auch  die  pßanze  selbst  heiszt 
,o:  indig,  indigu,  indujofera  Nemkich  3,230;  der  falsche  oder 
unächle  indigo,  amorpha  fruticota  (in  Carolina  einheimischer 
Urauch)  1,235. 

INDIGBEKEITUNG,  A  bereüung  der  indig  färbe.  Jacob»»ün 
2,311'. 

INDKWiLAU,  adj.  blau  vom  indig.  auch  als  subttatUiv:  tia 
tiefe»  indigblau. 

INDKiFAKBE,  f.:  indichfarbc  c(4or  indicus  Stielkr  433. 

INDIGKUPE,  f.  bei  den  farbern  eine  blaukufie,  die  mit  indig 
angettclU  itt,  im  grgentalz  zur  waidkUpe.    JacuhssuN  2,  312'. 

IM)l(;i)AMMKIt,  f  emberiza  cyana,  auch  iRdigOTOgal.  Nkmnicii. 

INDIGl'KLANZE,  f.  tndigofera. 


INDISCH,  s.  unter  indianisch. 

INDKINGER,  m.  ßtr  eindringer,    eindrimjling '    dan  sie  wol 

wüsten,  was  der  Türk  nur  ein  indringer  wer.  staalsp.  Karl  V  257. 

INÜHINGIG,  adj.:  der  Mercurius  ist  der  hingen  ein  gleicher 

planet,  jeglichs  gewallig  in  sein»  tirmament ,  und  kcins  dem 

andern  nichts  in  dem  seinen  indringig.  I'aracelsus  opji.  l,15l{. 

INDRUCK,  s.  ilruct. 

INDUCHS,  induchs  gehen  froschmäus.  m4'  verloren,  enltuei 
gelten,  vgl.  unter  ducks  theil  2, 1496. 

INDUSTRIE,  f  bei  LEssl^G  noch  ganz  im  sinne  des  lat. 
industria :  man  denke  sich  einen  menschen  in  diesen  um- 
sländen  (wie  I'hiloctet),  man  gebe  ihm  aber  gesundheil ,  und 
kräfte,  und  industrie,  und  es  ist  ein  Robinson  Crusoe.  6,390; 
heutzutage  nicht  nur  gewerbfleisz,  sondern  auch  gewerbe,  gewerb- 
thätigkeit  im  allgemeinen;  man  redet  von  einer  baumwollen-, 
seiden-,  eisen-,  kurzwaaren-industrie;  die  industrie  stockt, 
liegt  danieder;  handel  und  industrie  blühen. 

INDUSTRIEAUSSTELLUNG,  f.  ausstellung  von  erzeugnissen 
der  gewerbe  eines  oder  mehrerer  Idndcr. 

INDUSTRIEL,  adj.  gewerbthdlig.  als  subst.  der  industrielle, 
der  gewerbeerzcugnisse  zum  verkauf  verferliijcn  Idszt. 
INDUSTRIEZWEIG,  m.  zweig  der  gewerbthatigkeü. 
INELNANDE15,  verbundenes  in  und  einander,  vgl.  th.  3,143. 
zu  den  dort  gegebenen  beispielen  noch  einige:  zwen  hiersch  sind 
mit  dem  gehurn  inainander  koineii,  und  nit  vonainander  megen, 
das  er  (der)  ain  hiersch  lodt  ist  peliben.  also  sendt  sy  ge- 
funden worden,  und  die  gehurn  noch  also  inainander.  kaiser 
Max  1  geheimes  jagdb.  48;  erschrack  er,  dasz  er  ineinander 
(zusammen)  fuhr,  it'im j)/.  1, 170  Kurz;  er  fuhr  ineinander,  iung 
Slill.  5U ;  herr  und  diener  gewöhnen  sich  ineinander.  J.  Paul 
freilieitb.  132; 

greifen  wir  nicht  wie  ein  mülilwerk  lliiik 
ineinander  auf  wort  und  wink? 

ScuiLLEH   \yfillcn>.teiiis  laycr,  11.  uuftr. 
schweizerisch  inenand  im  durchschnitte:  iuenand  sönds  schöne 
cbriesi,  im  ganzen  sind  die  kirschcn  schön.  Tobler  285*. 
INEINANDERFUGUNG,  /". 

INEINANDERKLANG,  m.:  nur  durch  zufall  fällt  der 
Franzose  zuweilen  in  einen  bösen  ineinanderklang  (</tT  vocaU 
in  Worten  oder  silben  die  auf  einander  folgen).  J.  Paul  vorsch. 
der  ästh.  2,222. 

INEINANDERLERUNG,  f.: 

seclcnaustausch,  ineinanderlebuiig. 

RöcKERT  305  {liebetfiiM.  1,  4ö). 

INEINANDERRLNNEN,  w.;  das  ineinanderrinnen  der  blicke. 
J.  Paul  Uesp.  3,  212. 

INEINSBILDUNG,  f:  die  ineinsbildung  der  Fichte-Scbcl- 
lingschen  principien.    Hall,  jahrb.  1840  s.  498. 

INFALL,  m.  thdllichkeil ,  usurpalion.  Vilmar  185  (aus  tus- 
sischen  Urkunden  des  14.  15.  jh.) :  auf  das  sechst  impedimenl  ist 
gerathschlagt,  dasz  cammerrichter  fesliglich  über  dem  halle, 
und  keinen  ex  procuraloribus  zugebe,  noch  gestalte,  an  dem 
die  Ordnung  in  e.\lraordinariis  (auszerordenllichen  gericIUssachen) 
nicht  ist,  mit  eigener  handlung  infals  zu  thun,  extraordinarias 
ru  turbieren  und  aulzuhalten,  sonder  sol  ein  jeder  in  dem, 
bisz  die  ordnung  ihn  erreicht,  warten,  cammergerichts-ordnung 
von  Wornts  1517  I   §  15. 

INFAM,  adj.  aus  ilem  lat.  infamis,  zuerst  von  Stieler  431 
verzeichnet:  infamer!  es  kostet  dein  leben.  Lessinu  1,427;  ich 
sehe  schon,  woran  ich  mit  dir  bin,  du  ehrvergessener,  nichts- 
würdiger, infamer  verfüluer,  Letiieger.  484 ;  ah,  das  ist  infainl 
Fr.  Müller  3,341.  als  adv.:  das  ärgert  mich  infam,  j.  erz- 
infani. 

INFANG,  m.  Öffnung  die  etwas  empfängt,  aufnunmt ,  ver- 
schieden von  einfang  theil  3,  175  und  wol  zu  empfangen  zu 
stellen:  so  hall  das  bim  dem  magon  gleich  zweon  innletig. 
Thur.neiszer  archiiioxa  112. 

INFANTERIE,  f  fuszvolk,  ital.  infanleria  und  fanl.-ria,  von 
$pan.  infame ,  ital.  faule  knabe ,  knechl ,  soldat  zu  fusz,  frant. 
infanteric  uiui  im  16.  ;u7ir/<.  auch  fanteiie  (Littre  2,86*),  id 
$eit  dem  n.  julirh.  ins  deutsche  übernomuKn:  (verpflegungskosirn) 
auf  die  infanteric  alle  lo  tage.    Uöckler  krugssch.  (IIK>8)  107; 

der  kaiaerllcheii  inlanlvriti 

und  auch  der  tloUuti  cuvallcrei. 

Ui-KL  M.  CouN  272  (ton  1691). 

INFEL,   INFUL,/".    miUse  eines   btschofs   oder  abtes,  mhd. 

■   infcle  und  infel,  aus  dem  lat.  infula :  mära  hübe,  infel  Dur. 

nov.  gloss.  2J>l';    ynfel  oder  yfelen,  bincboffuhiit,  infula,  inilra 
I   Mavier  610': 


2113  INFELN  — INGEDÄCHTIG 

eur  infel  vor  slahel  gliuen  (papst  zum  bischol). 

fasln.  sjK  643,  12  ; 
gester  der  bischoff  begraben  want 
in  einem  gwaltigen  ornat. 
ein  berlene  infel  er  auf  hat 
und  auch  ein  silbern  bischoffsstab. 

J.  Airer  fastii.  sp.  4'  (2362,  22  Kdlci) ; 

iinfol  m  der  magdeb.  schuppe nchronik:  also  dat  13  bischope 
und  ebbede  mit  imfolen  bir  to  samene  weren.  d.  slädkcltioii. 
7,250,26.  —  inful,  priesterbinde  : 

in  seiner  band  den  güldnen  zepterstab 
umwunden  mit  des  fernhin  treffenden 
Apoll  geweihter  inful.    Bürger  142'. 

vgl.  auch  ifel  sp.  2043. 

INFELN ,  verb.  mit  der  infel  versehen ,  als  bischof  oder  abt 
einsetzen:  do  besang  in  der  eizbischoff  selb  ein  sehnesz  und 
zwelf,  e  mer  e  minder,  geynfelter  korhern  und  bisctioff  dienten 
demselben  erzbischoff  zu  alter,  d.  städlechron.  4,  62, 12.  vergl. 
infulieren. 

INFLIESZLNG,  f.  für  das  fremde  influenz :  inflttenlia  in- 
flyeszung  Dief.  297';  ich  spriih,  das  ausz  sonderer  infliesznng 
des  himmels ,  zu  lieb  dem  eingieszenden  bürsllein ,  die  aiti- 
quitet  und  das  geschlecbt  des  berren  Horgulantua  vor  andern 
sei  in  esse  erhalten.  Garg.  30*. 

INFLUENZ,  /".  aus  dem  spätlatein.  influentia. 

1)  bezogen  auf  den  eiiißusz,  den  nach  miUelallerUcher  lehre 
die  slerne,  namentlich  die  planeten  auf  die  crdengeschöpfe ,  vor- 
ziujlichden  mcnsclwn  üben:  influentia,  der  einllusz,  die  würkung 
des  gestirns.  Nehring  hist.-pol.-jur.  /cxicon  ( IT 36)  599;  entstund 
alsbald  ein  solche  änderung  und  alteration  meines  gemüths 
in  mir,  als  ob  alle  Influenzen  desz  himmels  sich  in  demselben 
wie  bei  der  sündflusz  ergieszen.  Fischart  groszm.  bvi  licheible 
8,546;  in  freier  anwendung: 

dazu  die  nymfen  dan  durch  ihrer  äugen  brand 
mit  «üszer  influenz  leuchteten  wie  cometen. 

Wkckherlin  böO. 

2)  influenz,  ansteckende  seuche: 

wenn  durch  das  volk  die  grimme  seuche  wiiihet, 

soll  man  vorsichtig  die  gesellschaft  lassen. 

auch  hab  ich  oft  mit  zaudern  und  verpassen 

vor  manchen  influenzen  mich  gehütet.    Götue  2,  13. 

LNFLUSZ,  m.  für  einflusz:  influentia  influsz  Dief.  297';  der 
ort  wo  zwei  glieder  zusammen  rühren:  auch  in  allen  enden  des 
ganzen  leibs  mag  solche  generation  geschehen  wo  commo- 
tiones  sind ,  wo  influsz  sind  zweier  glieder,  wo  hülen  in 
gleichen  sind  und  dergleichen.  Paracelsüs  opp.  1,312C. 

INFRESSIG,  adj.  zu  einfressen  3,  vgl.  Iheil  3  sp.  180 :  also 
werden  auch  contracluren  durch  den  wein,  die  dann  lang- 
wirig  sind,  und  heftig  infressig  in  die  glieder.  Paracelsus 
opp.   1,510B. 

INFULIEREN,  verb.  mit  der  inful,  dem  bischofshut,  bekleiden. 
infulierter  abt.  * 

ING.\RN,  n.  icas  inbusen. 

INGBER,  «».  s.  ingwer. 

INGEÄDEK,  H.  eingewäde,  mlid.  ina;dere  :  die  ingeäder  {eines 
lachses).    teeisth.  l,  105  {Zürich,  15.  jahrh.). 

INGEBÄÜ,  n.  einbau: 

ein  rundes  ingebäu.    Birken  ösll.  torberh.  102. 

INGEBEN,  part.  praet.  zu  eingeben:  er  {gott)  ist  der  aller 
erst  beweger  der  es  deinen  eiteren  yngeben  hat.  Keisersberg 
bäum  d.  sei.  12*. 

INGEBEN,  n.  eingebung:  das  ist  eitel  gaukelwerk  und  ein 
yngeben  des  bösen  geistes.  Keisersberg  bäum  d.  sei.  12*. 

INGEBILDET,  part.  praet.  zu  einbilden:  dem  gmiit  und  ver- 
stand wol  ingebildet,  afßxum  in  animo  et  sensu.  Maaler  236*. 

INGEBOREN,  part.  für  eingeboren,  indigena.  Haltaus  1014; 
plur.  ingeborne.  Stolberg  6, 277. 

INGEBRISEN,  part.  arctus,  adstriclus.  Maaler  236*,  zu  ein- 
breisen  theil  3  sp.  156. 

INGEDÄCHTIG,  adj.  me  indächlig  sp.  2106:  du  wirst  wissen, 
das  ich  herr  bin,  das  du  sein  ingedechtig  und  zu  schänden 
werdist.  .Melasciithons  annot.  zum  Römerbrief  verdeutscht  j.  43; 

fraw  königin  seit  des  ingedechtig.    H.  Sachs  3,  2,  154'; 
seit  meines  elendls  ingedächtig.    246''; 
als  ob  gott  nicht  mehr  sei  allmechtig, 
der  seinen  Christen  ingedechtig.    5,  U'. 

unpersönlich:  in  {ihnen)  was  ingedechtig,  wie  herzog  Heinrich 
vor  belegen.   Witw.  v.  Schaumb.  195. 
IV.  II. 


INGEDÄRME  —  INGEMEIN 


2114 


INGEDÄRME,  n.  eingetoeide:  exla  grosz  ingedärm  Dief.  nov. 
gloss.  163'; 

bracht  im  darnach  ein  köpf  (becher)  von  golt 

mit  siedig  heiszem  weine, 

darmit  er  auch  erwärmen  solt 

das  ingedirme  seine.    H.  Sachs  1,  56  Gödeke. 

INGEDENK,  adj.  memor,  aus  indenk  sp.  2109  erneuert,  iiol 
mit  bezug  auf  das  so  häufig  gebrauchte  vcrbum  gedenken  mcnior 
esse :  ich  bin  wol  ingedenk,  das  unter  andern  e.  ehrw.  hold- 
seligen und  heilsamen  reden  auch  einst  dieses  worts  {busze) 
gedacht  ward.  Lüthek  1,54';  seines  blutes  allezeit  ingedenk. 
Mathesids  Sar.  74';  ein  veuedischer  edelniann,  welchen  ich 
öfter  gesehen  zu  haben  ingedenk  bin.  Schcppics  71S ;  ich  bin 
ingedenk ,  dasz  ich  in  der  schul  der  philosophorum  gehört 
habe  . . .  ebenda ; 

der  Worten  sind  mir  ingedenk  {denkt  ihr  mir  noch  an 
diese  u!orte)l    fasln,  sp.  840,29; 

ich  floh  von  ihn  (ihnen),  was  ingedeuk 

der  thorbeit  grosz.    H.  Sachs  1,  294" ; 

deiner  ingedenk.    Weckherli»  269; 

sie  meiner  ingedenk  wirt  sein.    473. 
umgedeutet  zu  eingedenk,  theil  3,  Ibö. 

INGEDE.NKEN,  verb.  memor  esse;  in  der  fügung  mir  ist 
ingedenken  ich  erinnere  mich  {über  derartige  constructionen  vgl 
unter  haben  oben  sp.  65) : 

so  ist  mir  auch  nie  ingedenken 

von  deiiis  vatters  und  bruders  henken, 

wie  ich  dann  kein  wort  weisz  davon. 

i.  Atrer  437*  (2195,  24  Keller) ; 
ir  geschlecht  der  edlen  herren 
das  was  ir  iugedenkhen  gegenwürdig. 

PÜTKRicu'irt  Haupls  zeilschr.  6,  34,  12. 

INGiEFIEDER,  n.  die  füllung  eines  federbeUes.  Schm.  1,692 
Fromm,  bei  Frisch  1,265'  ingefieder  und  eingefieder,  plumae 
in  lectis.  auch  die  stählernen  federn  in  einem  schlösse  Oikr  Uhr- 
werke; oberdeutsch.  Adelung. 

INGEGRABEN.  jKirt.  zu  eingraben:  in  stein  ingraben,  affixus 
in  saxis.  Maaler  236'. 

INGEHEIM,  adv.,  zusammenrückung  der  praeposition  in  »i>( 
dem  acc.  neutr.  des  adjectivs  geheim,  vgl.  insgeheim,  die  be- 
tonung  ist,  wie  die  unten  fügenden  metrischen  beispiele  bestätigen, 
gewöhnlich  ingeheim ;  die  drucke  zeigen  auch  die  beiden  bestand- 
theile  des  wortes  getrennt:  so  bitte  er  ihre  niajest.,  sie  wollen 
alles  was  er  biszher  mit  ihr  geredet  habe,  in  geheim  haltea. 
ScHLPPiüs  24;  der  käiser  .  .  redete  etwas  ingeheiin  mit  den 
canouicis,  welches  ich  nicht  vernehmen  konte.  75 ;  Solbist.  ich 
musz  ganz  in  geheim  mit  ihnen  sprechen.  Wumsh.  ganz  in 
geheim?   sie  machen  mich  unruhig.  Lessi.ng  1,364; 

(lehrt)  wie  von  überflusz  sein  magen  müsse  leiden, 
der  gleichwohl  in  geheim  den  falschen  kläger  straft. 

Caniz  85; 
wo  jeder  schritt  mit  furcht  und  ingebeim  geschiebt. 

J.  £.  Schlegel  1, S9 ; 
so  musz  bereits  der  kammerschneider 
der  schönen  Vastoia,  ganz  in  geheim,  mehr  räum 
für  ihrer  boheit  weichen  machen.    Wieland  18,  140; 
der  seine  Unschuld  doch  ganz  in  geheim  bedaurt.    141 ; 
doch  glaube  nur,  es  horciit  ein  stilles  herz 
auf  jedes  tages,  jeder  stunde  warnuiig, 
und  übt  sich  ingeheim  an  jedem  guten, 
das  deine  strenge  neu  zu  lehren  glaubt.    Goiut  9,  15:; ; 
ihr  hattet  mir  was  in  geheim  zu  sagen. 

SciULLKR  Maria  Stuart  2,  8 ; 

steure  ja  ingebeim,  nicht  öffentlich  an  das  gestade. 

Odyssee  11,  455. 

INGELD,  ri.  reditus  pecuniarii,  contradistincti  expensis  qui 
vocantur  ausgelt.  Haltaus  1016;  koning  Philippus  gaf  los 
bischop  Ludolfe  dat  ingelt  und  tins,  den  de  bischop  vaa 
Magdeborch  lange  tid  dem  rike  gegeven  hadde.  d.  städtechr. 
7, 123,  29 ;  das  se  {die  bürger  von  Magdeburg)  vor  mer  wenn 
400  mark  ingeldes  up  badden  {auf  einer  saline).  192, 14.  vgl. 
aber  dazu  ungeld. 

INGELEIBT,  part.  praet.  zu  cinleiben,  incorftorare,  th.  3,226: 
sie  (die  tugend)  seinem  herzen  ingeleibet  und  ingewurzeJl  ge- 
wesen. Aimon,  vorrede. 

INGEMACH,  n.  gemach  im  innem  eines  hauses: 
die  ingemach  mit  täfelwerk  zier.    II.  Sachs  2,  2,  49'. 

INGEMÄSCH,  n.  was  inbusen,  ingarn.  Jacobsso.n  2,  313*. 

INGEMEIN,  adv.,  aus  in  und  dem  acc.  neutr.  des  adj.  gemein 
zusammengeflossen,  soweit  nicht  die  drucke  beide  beslandtheile 
gesondert  geben;  vergl.  insgemein,     es  bezeichnet 

133 


2115 


INGEMEIN  —  INGEWEIDE 


INGEWICKELT  —  INGRIMM 


2116 


1)  aüyemein  erslicckuiig  über  eine  gesamtheil :  uud  da  er  nicht 
für  banden,  fraget  er  inn  gemein  unter  das  volk  und  sagt, 
wo  ist  er  hin?  Alberus  widder  Wilzeln  G4'; 

sieh  das  kleine  volk 
ameiseo.    jede  wirket  inf^eoicin, 
und  ohne  eigenthuiu  hat  jede  gnug. 

ÜEHDER  tur  litt.  6,  51. 

2)  samt  und  sonders,  zusammen:  uinb  aller  woltbat  willen, 
so  ich  allen  in  gemein,  und  in  Sonderheit  gegen  einem  jglichen 
erzeigt  habe.  2  Macc.9,26;  die  einfeltigen,  die  man  leren  sol, 
das  sie  an  einen  ort  komen,  da  sie  gotles  wort  boren,  und 
lernen,  und  die  sacrament  in  gemein  handien.  Luther  6, 129* ; 
mir  wird  nichts  mangeln,  das  redet  er  {der  jisalmhl)  in  ge- 
meine von  allerlei  woltbalen,  leiblich  und  geistlich,  die  wir 
durch  das  prcdigampt  empfangen.  339*;  der  berlzog  von  Nur- 
niandi  bittet  euch  in  gemein.  Aimon  bog.  A;  wollen  wir  in 
gemein  {geld)  zu.sammcn  schieszen.  Galmy  100;  wollen  wir 
uns  ingemein  so  redlich  drein  schicken,  ebenda;  hierbei  musz 
ich  auch  erinnern ,  was  Bochartus  .  .  von  den  mohren  und 
wilden  schwarzen  in  gemein  nachdenklich  schreibet,  pers. 
reisebeschr.  3, 4. 

3)  im  allgemeinen,  die  gesamtvcrhdllnisse^  in  anschlag  gebracht : 
jedoch  hat  es  {das  getreide)  mehr  auch  weniger  gegolten,  aber 
ingemein  ist  es  also  gekauft  worden.  Schweinicuen  3, 324 ; 
daher  gemeiniglich,  geiivhnlich :  wann  einem  ein  unbekannter 
mensch  für  äugen  könunt,  so  wird  von  ihme  in  gemein  aus 
seinen  kleidern  der  erste  wabu  und  das  urteil  genommen. 
BuTSCHkY  Palm.  116; 

also  cehts  auch  wol  ingenieiii 

mit  allen  andern  sacheii.    Wellbr  liedci  176; 

dasz  mehr  als  liurerei 

dasz  lügen  sünde  sei, 

kümmt  her,  weil  dieses  fuhr 

gar  wider  die  natur, 

und  jenes  in  gemein 

natürlich  pflegt  zu  sein.    Logau  2,  113,  75. 

INGENIEUR,  m.  dieses  Iwute  cingebüryerle  fremdworl  für  kriegs- 
baumeister,  feldmcsser,  im  17.  Jahrhundert  als  bild  für  einen  fein 
beredinenden  menschen  überhaupt:  wer  die  Teutschen  in  6in 
verstand  bringen  woll,  müsz  ein  kluger  und  sehr  guter  In- 
genieur sein.  Weiüners  Ziuligref  3, 158. 

INGEH,  m.  schweizerisch  für  und  neben  enger,  engerling  {thcil 
3,480).  Staldkr  1,105;  inger,  ein  gattung  eins  raupen  oder 
graszwurms,  brnchus.  Maaler  236'. 

INGEKÄTH,  n.  eingeweide,  exla.  Rhiel  Livius  (159S)  8;  aus 
allerem  ingereit :  waj  man  ausz  dem  iuthum  oder  ingerait 
löset,    d.  slddtechron.  2,311,1  var. 

INGERÄUSCH,  n.  eütgewcide,  von  Ihieren ;  mhd.  ingeriusche 
(Lexer  wb.  1, 1433) ;  die  formen  ingereusch,  ingereisch,  ingreisch, 
eingeräusch,  eingereisch  bei  Schm.  2,  156  Fromm.;  ingereusch 
von  den  fischen.  Tücher  baumeisterb.  125,9;  ingereusch  oder 
eingeweid  {wird  in  Einern  rcchnungsformular  angesetzt).  Hohbebg 
3,1,49*;  nimm  einen  karpfcn,  der  ein  rogner  ist,  thuc  den 
rogen  mit  samt  dein  ingeräusch  heraus.  2, 207*.  in  Nemnicus 
index  ingrcusch. 

INGESAMT,  adv.  vereint,  verbündet,  vgl.  insgesamt : 
das  Rliadamantgescliwister, 
(0  bei  dem  Caiphas  hier  die  uiiscnuld  ingesammt, 
uud  sich  hiedurch  selbselbst,  zum  lüde  hat  verdammt. 

A.  ScuLTKTUS  boi  Lbssing  8,  282 ; 
alt  adjeetiv: 

«0  thut  die  tugend  auch,  wenn  misgunst,  neid  uud  hassen 
mit  ingesamter  macht  ein  grollen  auf  sie  lassen. 

Nkuhark  palmbaiim  84. 
INGESCHLÜSSEN ,  part.  pract.   zu   einschlieszen :    törecht 
niägde   die  sich  gleichnend  den  ingeschlosnen  tiercn  in  den 
tiergarlcn.  Suso  briefe  t.  25  l'regcr. 

INGESIEGEL,  n.  insiegel:  hab  ich  der  obgenant  stathaltcr 
mein  eigen  ingesigel  ofTelich  gehenkt  an  disen  Übertrag,  weisth. 
4, 131  (ron  1471). 

INGESINDE,  n.  gesinde,  dienerschaß  im  hause  eines  herrn, 
mhd.  ingcsinde  (eingesind.  ifets<A.  3,  730  aus  Tirol,  15.  jahrh.): 
der  hausberr  versanunelt  seine  kindcr  und  sein  Ingesinde. 
An  KM  ACH  dorfijesch.  4,  3 ; 

■o  will  die  zucbt  tioscheidcnlieit 

zu  ihrem  ingenind«  han.    llcRutR  t.  Itii.  M,  H>t. 

INGETHAN,  pari,  praet.  lu  einthun,  einräumen  {th.  3  sp.  324): 
■o  {wenn)  liegende  gülere  . .  dem  pfandtherra  ingcthan  werden. 
Frankf  rrfurm.  2,  IH   J  11. 

INGEWEIhE,  n.  rwrero,  intestina,  exla.  DiKr.  «23'.  :M)5'.  211»'; 
die  yngwcid  {plur.),  intestina  Maaikr  &1ü';  nach  der  mhd.  form 
iDgcweide,   du   trit  spül  unterm  heute  allgemeinen  cingeMcidc 


gewichen  ist  {vgl.  ih.  3  sp.  Wif.):  sein  {des  wasserpferdes)  ingwaid 
ist  als  ains  reblen  pfärds  ingewaid.  Mecenberg  237,3;  also 
er  wolle  sine  nuldurfl  tun,  do  schcis  er  sin  ingeweide  mit 
dem  bohle  {kole)  herus.  d.  städtechr.  8,  369,  3 ;  falken  habendi 
ain  anfogel  {ente)  aufgeschlagen,  das  Icbcr  und  ingcbaidt 
heraus  ist  gefallen,  kaiser  Max  1  geh.  jagdb.  46;  derwcgen  wir 
dcnselbigen  Marlinus  und  alle  seine  anhengige,  iialtcr  und 
günstige,  durch  das  iugeweide  der  barmherzigkeit  uusers 
gotles,  und  durch  die  besprengung  des  bluls  unsers  herrn 
Jhcsu  Christi,   aus  ganzem  herzen  erinnern.    Luther  1,260*; 

!    als  wenn  die  mutier  ir  kind  sihet  not  leiden,  da  sich  bewegt 

;  alles  ingeweid  und  das  herz  im  leibe.  2, 359'  {in  der  bthel 
immer  die  form  eingeweide);  etliche  hatten  grausam-  und 
jämmerlicher  weise  das  ingeweid  heraus,  tmd  andern  war  der 

,   köpf  zerschmettert.  Simpl.  l,i[H  Kurz;  jene  desz  bauchs  und 

'■■   ingevveids  leibeigne.  Schuppius  752 ; 

I  ja  der  keiscr  (Oilo)  ist  schon  gstorhn  lürwar  .  . 

I  herzog  llcinerich  ausz  liayrn  hai 

I  ausz  seiner  Türstlichen  ralhcn  raht 

sein  ingweidt  zu  Augspurg  begrabn. 
i  J.  "Airbr  101'  (512,  2  Keller). 

!  INGEWICKELT,  part.  praet.  zu  einwickeln:  das  slück  papier 
wo  die  Zwiebäcke  ingewickelt  waren.  Göthe  an  frau  v.  Stein 

\    1,  131. 

INGEWÜRZELT,   part.   praet.    zu    einwurzeln   radices  agere 
theil  3, 247.     ."!.  die  stelle  unter  ingeleibt. 

i        IN  GLEICHEN,  adv.   aus  in  gleichem  durch  Schwächung  und 

I  zusammenrückung  erwachsen,  in  der  bedeutung  in  gleicher  weise, 
auf  gleiche  art.  die  form  in  gleichem,  später  auch  zusammen 
ingleichem,  besteht  seit  dem  16.  jahrh.  und  dauert  noch  im  17. 
(vgl.  dazu  auch  imgleichen  oben  s/).  2065):  wo  ihr  mir  aber  je 
den  rechten  meinen  feindt  nicht  anzeiget,  soll  ihr  all  ge- 
meiniglich in  gleichem  gestraft  werden.  Galmy  355 ;  ingleichem 
stimmet  auch  Strabo  mit  dem  Lactantins  und  andern  in 
diesem  ein,  es  seien  die  poeten  viel  älter  als  die  philosophen. 
Opitz  poeterey  4 ; 

wir  musten  alle  Völker  zu  todtengräbern  haben, 
ch  Deutschland  in  sich  selbsten  sie  kunten  recht  vergraben, 
noch  sind  sie  mehr  jetzt  mühsam  den  cörper  zu  verwahren, 
dasz  in  ihn  neue  geister  nicht  etwa  wieder  lahreu, 
dasz  seine  lodlengraher  es  nicht  sei  wieder  willig 
iugleichem  zu  bestallen ;  vielleicht  auch  mehr  noch  völlig. 

Logau  3,  190,  97  ; 
ebenso  früh  findet  sich  auch  ingleichen :  ingleichen  itemqut 
Stiei.er  667 ;  gaben  i.  f.  gnaden  mir  eine  binden  und  langen 
mantel,  wie  den  andern  Junkern  ingleichen.  ScHWEiMCHEif 
1,  HO;  zu  diesen  äuszeicn  Verhältnissen  zähle  ich  die  Unruhen 
in  Norwegen,  den  krieg  mit  dem  jungen  Fortinbras,  .  .  in- 
gleichen die  rückkehr  des  Huratio  von  Wittenberg,  die  lust 
Hamlets  dabin  zu  gehen.  Göthe  19,  161 ; 

das  wunderschöne  fcldl, 
wo  sich  der  Thracier  slets-sattes  vieh  enthält, 
ingleichen  Cylla  auch,  wo  Phebus  wird  gcehrel.    Opitz  1,217; 

das  liebe  junge  paar 
empfängt  euch,  wie  es  soll,  samt  aller  geisler  schanr, 
die  gott  stets  ümm  sich  hat.    wir  wünschen  uns  ingleichen, 
dasz  wir  doch  au  den  ort  auch  mögen  bald  goreichen, 
da  keine  furcht  mehr  ist.  läBaiKC  131. 

INGRICHEN,  n.  vgl.  unter  ingrün. 

INGRIMM,  m.  heftiger  grimm,  gesteigerter  lorn;  zu  dem  verbum 
entgrimmeu,  was  theil  3  sp.  547  aus  Gryphius  nachgewiesen  wird, 
gehörig  {vgl.  unter  inbrmist,  indenk),  das  wort  wird  bis  ende 
des  vorigen  Jahrhunderts  in  kement  Wörterbuch  aufgeführt,  uiui 
kann  in  dn  schri/lsprache  zuerst  aus  Wielamu  nachgeiriesen 
werden;  dasz  es,  in  mitteldeutschen  geycnden  wenigstens,  in  der 
vülksspraclie  längst  lebte,  erhellt  aus  Frisch,  der  l,  373*  zwar  nicht 
ingrimm,  aber  das  doch  aus  diesem  erst  abgeleitete  ad),  ingriin- 
miscb  dolore  ardens,  fremens,  als  volksmnsziges  kennt,  wie  dwset 
ad},  auch  schon  bei  Schuppius  erscheint  (s.  unten),  in^iinnn 
gehört  somit  zu  den  Wörtern,  die  im  vorigen  jahrh.  aus  dt(i:<rt,n 
in  die  büchersprache  verpflanzt,  diese  mit  einem  eigenartigen  rci:c 
belebten:  ich  habe  sogar  .  .  den  krieg,  der  dich  wieder  in 
diese  gegcnd  trieb,  blusz  aus  bcdürfiiis,  meinem  ingrimm 
luft  zu  inacbcn,  angefangen.  Wieland  8, 3s3;  sein  ingrimm 
über  die  schßne  Ariija.  410;  es  ist  durchaus  mit  einem  iiirlit 
verhehlten  ingriimu  geschehen.  Schiller  an  ÜOtht  l,  131 ; 
allmählich  bekennen  di«  schwesiern  cinandor  wa«  »ie  witscn, 
und  thuii  es  lachend,  um  nicht  vor  InKrlmin  weinen  tu  m  -  ' 

WlKLANU   5,  ItiS   (II.     Iirii|(/|(    !■- 

ingriimu,    «ner  der  ganz  von  imjrimm  eingenommen,   yn;  '■■■ 
grtmin  iit:    ich  kann   nicht  begreifen,    was  der  alle  ingrimm 
an  mir  ttniulcn  fiir  buiidel  •iicbl.   Tiicc  g.  n.  4, 27tf. 


2117         INGRDßlEND  —  INGWERSTÜPP 

INGRIMMEND,  pari,  ingrimm  liabend:  wälze  die  tennischen 
äugen  ingrimmend  im  köpf  herum!  Göthe  12,232. 

INGRIMMIG,  adj.  und  adv.  voll  ingrimvi:  eine  ingiimroige 
miene,  geberde;  er  ballte  ingrimmig  die  faust;  auch  als  ver- 
stärkendes adverb:  der  winter  war  ingrimmig  kalt.  Simroci 
sag.   1,  3-24. 

INGRIMMISCH,  adj.  dolore  ardens,  fremens.  Fbisch  1,373' 
(vgl.  oben  unter  ingrimm):  wann  ihm  (rfcm  Hiob)  gott  unglück 
und  widerWertigkeit  zuschickte,  so  sasz  er  nicht  und  weinte 
wie  ein  ingrimmisches  altes  weib.  Schcppids  140. 

INGRÜN,    adj.    und   suhst.     l)  als  adj.  sehr  grün:    ingrun, 
vast  grön,  perriridis  Maaler  236',  mhd.  ingriiene: 
er  schein  ingriiene  sam  der  louch 
dem  ab  geschröten  ist  der  kil. 

Parteuop.  12436  Barisch. 

2)  als  subst.  eine  immergrüne  pflanze,  theils  Wintergrün,  vinca, 
Iheils  auch  eine  art  der  tcaldrebe,  clemalis:  pervinca  ingrün, 
ingrun,  ingrien,  nd.  ingrone  Dief.  431";  vinca  ingruene,  inn- 
grun  619';  tryuncula  ingrun  59s';  auch  semperviva  ingrun  526' 
(sonst  hauslauch);  darumb  das  es  alzeit  grün  bleibt  ncnt 
man  disz  kraut  (pervinca)  yngrün.  Bock  kräuterb.  (1556)  149; 
s.  Johans  kraut,  ingrün,  abbisz ,  schellkraut  (pflanzen,  die 
hagcl  und  donner  abtcenden).  M.  Sebiz  feldb.  S ;  es  gibt  ein 
kraut  ingrün,  auf  lateinisch  rinca  pervinca  genandt.  Hohberg 
3,2,202";  inngrün  (als  pflanze  die  zu  einem  icundtranke  gebraucht 
uird).  1,30';'.  bei  Maaler  236'  ingrien,  ein  kraut,  vinca  per- 
vinca, cletna  (von  ingrün  pen-iridis  gesondert),  510'  yngrün  herba 
clematis;  wahrscheinlich  dasselbe  ist  Hohbergs  ingrichen:  wann 
die  kuh  gekalbet  und  die  secundina  bei  ihnen  bleibet,  .  . 
siede  ingrichen  und  gib  es  ihr  zu  trinken.  3,  2, 240*.  vergl. 
auch  eingrün  theil  3, 193. 

INGCSZ,  m.  die  form  in  die  etwas  gegossen  wird,  niederdeutsch 
(Adelcng),  aber  auch  alemannisch,  hier  von  dem  beltsack  ge- 
braucht, in  welchen  die  federn  gegossen  werden  (anderswo  inlet, 
s.d.):  federiten  oder  ingüjje  zuo  betten  oder  phulwen.  Basler 
rechtsqu.  1,112  (ton  1427);  ebenso  bairisch.  Schm.  1,950  Fromm, 
sonst  heiszen  in  den  schmelzhiäten  ingüsse  eisen  mit  rinnen, 
worein  das  geschmolzene  silber  oder  gold  gegossen  wird,  in  beiden 
fallen  richtiger  eingusz  (theil  3, 194). 

INGüT,  adj.  gutmütig,  wolwollend ,  treufierzig,  herzensgut. 
ViLMAR   1S5;  das  mhd.  inguot  (ßE\.-Mt;LLER   l,5Sö'). 

INGWER,  m.  amomum  zingiber,  mhd.  ingewer,  ingwer,  in- 
geber,  neben  gingibere,  zinziber,  aus  dem  lat.  zingiber,  griech. 
^lyyißsois  übernommen,  das  auf  den  sanskrünamen  der  ostin- 
dischen pflanze  9ringa-wera  horngestaltet  zurückßhrl.  uhd.  mund- 
artlich auch  ginfer,  imper,  niederd.  engeber,  engvar,  ingeber, 
gemware  (NEHNicn  1,234);  zingiber  ingeber,  ingwer,  engeber, 
igewer,  imber,  inber  Dief.  635';  cinäber  confectum  coniect  ^on 
igwer,  ingewer  ebenda;  zu  solichen  fischen  (hecht  und  karpfen) 
nimpt  man  nach  allem  herkomen  .  .  füntzchen  masz  weins, 
zwo  masz  essings,  vier  lot  safiFran,  ein  halbs  pfunl  rngepers... 
Tccher  baumeisterb.  124,29;  und  galt  (im  jähre  1434)  ain  karg 
pipper  zu  Venedig  50  ducaten  und  1  centen  (centner)  imber 
16  ducaten.  d.  städlechron.  5, 155, 12 ;  so  wir  wenen  wir  strafen, 
so  rächen  wir,  und  mischen  und  menken  yngwer  under  müsz- 
drcck  und  pfeffer  und  ist  gar  ungewisz.  Keisersberg  Sünden 
d.  munds  36*; 

bring  zucker  und  kanehl, 
succat  und  ingwer  auch,  des  schwacJien  magens  seel. 

Flehi^^ü  38 ; 
bei  Hohberg  fem. :  man  masz  das  glas  allezeit  wol  buttern 
und  schütteln,  dasz  die  ingber  (gestoszener  ingwer)  fein  durch- 
einander komme.  1,  316'.  —  ingwer  auch  name  anderer  pflanzen  : 
der  wilde  ingwer  amomum  zerumbet  Nemmcii  1,233;  deutscher 
ingwer,  arum  maculatum,  aronswurz.  4S2;  gelber  ingwer,  müller- 
ingwer,  curcuma  longa,  gilbtcurz.  2, 1327. 

INGWERKLAUE,  f.,  plur.  -klauen,  die  ästigen  vmrzelknollen 
der  ingwerpflanze. 

1NGWERR0R.\LLE,  f  madrepora  digüata. 

INGWERKKAIJT,  n.  tepidium  latifolium,  gemeines  pfefferkraut. 

INGWERMUS,  n.  serstoszener  und  mit  honig  angemachter  ingwer, 
als  mittel  gegen  husten. 

INGWERüL,  n.  öl  aus  ingwer  destilliert;  früher  als  magen- 
stdrkendes  mülel  in  den  apolheken. 

INGWERPFLANZE,  /.  amomun^  zingilter. 

INGWERSTEIN,  m. ;  zingibritae,  ingwersteinc,  zweigförmige 
dem  ingwer  ähnliche  steinspiele.  NEXificH  4,  I5S9. 

INGWERSTUI'P,  m.  oder  n.,  pulverisierter  inguer:  thue  ein 
loth  ingberstupp  darunter.  Hohberg  1,316'. 


INHABEN -^INHALT 


2118 


INHABEN,  verb.  aus  inne  haben,  vgl.  unter  une:  item,  wer 
glegen  guot  köfti,  . .  und  das  denn  inhett  drü  jar  6  wochen 
und  3  tag.  weistb  5,  l!i4  (Toggenburg,  15.  jahrh.);  inhaben,  in 
seinem  gwalt  haben,  mit  gwalt  besitzen,  possidere,  occupare 
Maaler  236';  da  (am  galgen)  werdt  ir  meines  bruders  (der 
gehängt  werden  sollte)  stat  inhaben.  Aimon  bo^.  s  1 ;  der  schwarze 
klebrichte  grund  wird  wegen  inhabender  fettigkeit . .  verlangt. 
Hohberg  2,  ll' ;  die  felder  alles  ihres  inhabenden  saftes  und 
kraftes  berauben.  22".  —  einhaben  statt  in  oder  inne  haben 
(th.  3, 194)  Idszl  sich  aus  dem  wegfall  des  particips  eines  transitiven 
verbums  (genommen  «.  ähnl.)  begreifen. 

INHABER,  m.  der  etwas  inne  hat:  innhaber  Haltacs  1018 
(von  1488);  im  und  sinen  nachkomen  innhabern  desz  huses 
Bubiken.  weisth.  1,71  (Zürich,  v.  1485);  innhaber  der  genannten 
guter.  396  (SehwarzwaJd,  v.  1491);  Inhaber,  der  ein  gut  nutzet, 
possessor,  inhaber  eines  kleinen  gütlis,  regnator  agelli  Maaler 
■236';  inhaber,  als  eines  briefs  oder  Obligation,  der  dieselbe 
aufweisen  kan,  possessor,  qui  instrumenlum  obligationis  producü, 
cessionarius  Frisch  1, 390" ;  wenn  ich  inhaber  einer  sache  (mit 
ihr  also  physisch  verbunden)  bin.  Ka>t  5,  52 ;  der  ehemalige 
reiche  inhaber  dieser  wohnung.  Göthe  26,288;  jeder  inhaber 
einer  sehr  schönen  oder  sehr  reichen  tochter.  J.  Paul  Tit. 
2, 172.  —  Die  form  einhaber  (th.  3, 194)  ist  nach  einhaben  gebildet. 

INHABLICH,  adj.  possessorius :  in  recht  leibliche,  stille,  ge- 
ruhige, inhabliche  gewalt  und  gewehr  (einen  einsetzen).  Haltals 
lOlS  (von  1521). 

INHAßUNG,  f:  wegen  der  in  ihrer  inhabung  begriffenen 
immediatstifte.  erklärung  Ferdinands  II  bei  H.  a  Lapide  diss.  de 
ratione  Status  457;  besitz  ist  die  bedingung  der  möglichkeit 
des  gebrauchs.  wenn  diese  bedingung  blosz  als  die  physische 
gedacht  wird,  so  heiszt  der  besitz  inhabung.  Käst  rechtslehre 
(1798)164;  ein  rnlelligibler  besitz  ist  ein  besitz  ohne  inhabung 
(detentio).  werke  5,48.  —  Daßr  einhabung  theil  3,194.  vergl. 
auch  innehabung. 

INHAFEN,  m.  der  innere  hafen,  binnenhafen.  Caipe. 

INHALT,  m.  summa,  argumentum. 

l)  das  wort  ist  im  mhd.  nicht  bekannt,  es  kann  zuerst  nach- 
gewiesen werden  aus  dem  15.  jahrh.  in  der  form  innehält  aus 
einer  Riedeselschen  Verkaufsurkunde  von  1440  (Leser  mhd.  wb. 
1, 1439),  neben  schon  älterem  innehaltunge,  inhaltung,  also  deut- 
lich an  inne  halten  (unten  «n/er  inne)  angelehnt;  vom  16.  jh.  ab 
häufig,  immer  in  der  bedeutung  dessen  was  in  einem  schrißwerke, 
einer  aussage  enthalten  ist,  wahrscheinlich  war  es  einst  blosz  tech- 
nischer ausdruck  der  Juristen:  nachdem  von  gemeinen  rechten, 
brauch,  ubung  und  gewonheit  eingeführt  ist,  dasz  in  aufrich- 
tung  der  offen  instnimenten  und  ihrer  solenniteten  die  form 
gehalLen :  nemlich  dasz  im  anfang  nach  anrufung  göttlichen 
namens,  von  dem  alle  gutthat  kompt,  die  jahrzahl  unsers 
heils,  römisch  zinszzahl,  indictio  genandt,  der  name  desz 
obersten  fürsten :  darnach  monat,  tage,  stund,  mablstatt  und 
an  welchem  ort  derselben:  dann  der  Inhalt  beschehener  hand- 
lungen,  zu  dem  die  zeugen  darzu  genommen  . .  gesetzt  werde. 
kaiserl.  Ordnung  der  nolarien  von  1512  §  3;  der  Inhalt  aber  der 
Schrift,  die  er  las,  war  dieser,  ap.  gesch.  8,  32 ;  also  war  der 
inhalt  der  schrift,  das  ein  gebot  gegeben  were  in  allen  len- 
dern .  .  Esth.  3,14;  inhalt,  oder  kurzer  begriff  eins  dings, 
ein  anzeig,  argumentum  Dastp.  ;  inhalt  eins  worts,  in  einem 
woTt  begriffen,  oder  under  einem  wort  begriffen,  oder  under 
einem  wort  vergriffne  meinung,  vis  subjecta  voci.  Maaler  236*; 
ein  kurzer  inhalt  und  begriff,  ein  kurze  summ  eins  dings, 
periocha.  ebenda;  der  inhalt  oder  das  fürnemmen,  argumentum 
scripturae.  236' ;  auf  dises  klaglied  heb  der  heroll  den  Inhalt 
des  spils  an.  Heros  ird.  pilgerer  (1562)  8";  einleben  wein  ausz 
inhalt  yrer  religion  trinken  sie  nicht  (nach  dem  Inhalte  ihrer 
religiösen  vorschriflen).  Frask  weltb.  193";  wie  dan  desgleichen 
inhaltsbuch  (buch  desgleichen  inhalts)  neulicher  jar  auch  zu 
Straszburg  bei  B.  Jobin  ausgangen.  Fischart  podagr.  trostb.  652 
Scheible ;  Wortspiele,  schmuzige  Zweideutigkeiten,  und  andere 
belustigungen  des  pöbeis  waren  der  inhalt  seiner  erzählungen. 
Babener  sat.  4,248  (=  werke  4,  307);  das  gedieht  des  Claudians 
ähnlichen  inhalts.  Lessisg  11,436:  soll  es  (das  gedieht)  clwsn 
von  erbaulichem  innhalt  sein?  2,404;  mit  fabeln,  ereignissen. 
gefühlen,  gesinnungen  solchen  Inhaltes  und  gehaltes.  Göthe 
37,25;  es  ist  endlich  einmal  zeit,  dasz  man  aufgehört  hat, 
über  die  form  dramatischer  stücke  zu  reden,  .  .  und  dasz 
man  nunmehr  stracks  auf  den  inhalt  losgeht.  44,2;  unter  der 
groszen  menge  von  Zeitschriften  ähnlichen  Inhalts.  Schiller  an 
Göthe  1,2;  Wallenstein  wüste  längst  den  ganzen  inhalt  ihrer 

133* 


2119 


INHALT  —  INHALTSCHWER 


INHALTSTAFEL  —  INHIN 


2120 


ihm  vor  die  äugen  traten. 


Sendung,   als  die  abgesandten 

werke  919; 

ein  brief, 
desz  innhalt  wirt  sein  hoch  und  tief.    H.  Sachs  1,  118'; 
ich  hab  den  Inhalt  ihrer  sendung  zwar 
vernommen,  Quesienberg,  und  wohl  erwogen. 

Schiller  ficcol.  i,  "i ; 

mich  sollte  hillig  meines  ranges  höh 
von  einem  auftrag  dieses  traurgen  Inhalts 
befrein.  Miiria  Stuart  4,6; 

inbalt  zu  geschwütz,  stoff  für  geschwätz . 

mein  volk,  das  stille  ruh  und  reiches  glück  ergötzen, 
sucht  anlasz  zu  geschrei  und  Inhalt  zu  gcschwöizen. 

i.   E.  SCBLKGEL  4,  101  , 

die  neuere  spräche  braudit  inhalt  gern  tn  prägnanter  bedeutung  : 
das  ist  ein  buch  von  inhalt,  ton  bedeutendem  inhalt ;  vgl.  dazu 
inhaltleer,  inhaltlos,  inhaltreicb ,  inhaltsvoll.  —  Der  plural 
Inhalte  ist  seltener:  welche  parthei  die  innhalt  i'isz  gomachten 
heirathbriefs  nit  haltet.  Frank  weltb.  152" ;  zu  jedem  kapllol 
i:it  der  inhalt  mit  rother  tinle  an  den  rand  geschrieben, 
dergleichen  inhalte  hat  Bünemann  ganz  weggelassen.  Lessing 
11,434;  sie  {die  zeit)  selbst  {ist)  eine  unendliche  folge  sich 
ausschlieszender  inhalte.  Ficdte  die  thatsache  des  bewusts.  49. — 
niederl.  inhoud  der  gheschrifts,  argumentum,  vulgo  tetior  Kilian. 

2)  inhalt,  dal.  sing,  in  adverbialer  Stellung,  laut,  nach  tnhall . 
dasz  die  viel  gedacht  unser  rcgimentsordnung  . .  in  allen  und 
jeden  ihren  puncten,  artikcln,  inhaltungcn  und  meinungen, 
wie  die  im  buchstaben  stehet,  kräftig  sein  und  bleiben,  und 
innhalt  derselben  gehandelt  werden  soll,  abschied  des  reichs- 
tags  zu  Nürnberg  1524  §  4 ;  zum  trewlichsten  ralbscblagen  und 
handein,  innhalt  desz  reginients  Ordnung  und  desselben  ab- 
schieds.  §  5.     jetzt  inhalts,  5.  d. 

3)  inhalt,  dasjenige  was  ein  räum  enthält,  ist  erst  später  ge- 
bräuchlich; zunächst  beim  messen:  der  inhalt  einer  flächenfigur. 
mathem.  lex.  (l'47)  1,694;  nach  Arcbimedis  erfindung  lasset 
sich  auch  der  innhalt  der  kugel,  cjlinder,  parabolischen  und 
hyperbolischen  aflcrkugeln,  ingleichen  der  elliptischen  after- 
kugeln ausrechnen.  341 ;  dann  im  geuöhnhchen  leben  von  dingen 
die  in  einem  behäller  enthalten  sind:  der  inbalt  der  kiste ;  er 
kostete  den  inhalt  der  Hasche;  der  inbalt  eines  fasses,  eines 
gcfaszes.  Adelung,  i«  bildlicher  vertvendung:  sein  leben  war 
ohne  inhalt  {vgl.  dazu  inhaltsbedürftig) ;  er  . .  trug  ein  kleines 
spilzbärtchen,  um  sein  Uuszeres  dem  bedeutenden  inhalte  ent- 
sprechen zu  lassen,  den  er  durch  seine  neuen  bckanntschaften 
mit  einem  schlage  gew(jnnen.  G.  Keller  leule  von  Seldwyla  2 
(3.  au/l.)  s.  99;  als  die  beiden  inänner  neben  einander  der 
sonne  entgegenschritten,  ...  so  verschieden  an  haupt  und 
gliedern,  in  haltung  und  inbalt.  Frevtag  handschr.  1,115; 

dsm  leben  war  sein  inhalt  ausgefunden. 

Schiller  495'  (braut  v.  Mess.  v.  724). 

INHALTEN,  verb.  s.  inne  halten  unter  inne. 

INHALIER,  m.  inhaber:  inheiter  ditzs  briefs.  Schm.  1,1102 
Fromm. 

INHALTIG,  adj.  inhalt  habend,  voll  inhalt:  wer  auch  nichts 
von  ihm  gelesen  hatte,  inuste  schon  . .  im  ersten  inhaltigercn 
gespräche  einen  genialen  mann  in  ihm  erkennen.  LCcke  erin- 
nerungen  an  Olfr.  Müller  13. 

INHALTLEER,  INHALTSLEER,  adj.  leer  von  inhalt:  ein 
inhaltleeres  gefäsz;  inhaltleerc  worte,  dickeinen  gedanken  oder 
keine  empßndung  enthalten;  inhaltsleere  verse. 

INHALTI.KERE,  INHALTSLEERE,  f. 

INHALTLEERHEIT,  INHALTSLEERHEIT,  f. 

INHALTLICH,  adj.:  das  inhaltliche  dieses  Schreibens,  im 
gegensalze  zu  seiner  form. 

INHALTLOS,  INHALTSLOS,  adj.  ohne  inhalt. 

INHALTLOSIGKEIT,  INHALTSLOSIGKEIT,  f. 

INHALTREICH,  adj.  reich  an  bedeutendem  inhalt:  eine  inhalt- 
reicbe  rede;  das  buch  ist  inhaltreicb. 

INHALTS,  adverbialer  geniliv,  nach  inhalt:  inhalts  der  aus- 
gestellten schuldverschieibung.     vgl.  inhalt  2. 

INHALTSANGARE,  f.  angäbe  des  inhalts  einet  buches,  eines 
tchriflstfifkes  u.  dhnl. 

INHALTSANZEIGE,  f. 

INHALTSREDlRITlG,  adj.:  er  {Moritz),  ein  seltsame«  ge- 
fasz,  das  immer  leer  und  inhultsbcdiirftig  nach  gegenstUnden 
lechzte.  Güthe  29,  97. 

INHALTSCHWER,  adj.  schwer  vom  inhalt :  eine  inhallsrhwere 
(cldlaicbe ; 

drei  w.  ii  euch,  InhalUchwcr. 

*;( ini.1  >«  wiiiie  des  glauben$. 


INHALTSTAFEL,  f.  tafel  die  den  inlialt  eines  scliriftwerks 
anzeigt:  ich  lasse  die  inhallstafel  jedes  Stücks  abschreiben. 
Göthe  an  Schiller  1,  56. 

INHALTSVERZEICHNIS,  n.  Verzeichnis  des  inhaUes,  nament- 
lich eines  buches:  die  namen  würden  l)losz  auf  dem  iuhalts- 
verzeichnis  erwähnt.  Schiller  an  Göthe  1,.34. 

INHALTSVOLL,  adj.  voll  von  bedeutendem  tnhalt:  da  ich 
nun  heute  bis  zum  amen  deiner  reichen  inhaltsvollen  blülter 
gekommen  bin.   Bettine  briefe  1,270. 

INHALTSW'ORT,  n.  .•  {die  abtheilung  eines  buches)  nirlit  nach 
der  zahl  der  abtheilung  angeben,  sondern  nach  den  inhalls- 
wortcn  derselben,  z.  b.  dig.  de  regulis  juris,  statt  dig.  50,17. 
Hugo  encyclop.  (1835)  220. 

INHALTUNG,  f.  im  sinne  von  inhalt  1  sp.  2118,  mhd.  inne- 
hallungc  (Lexer  «'6.  1,1439,  ältester  beleg  von  1417):  lenor  in- 
baldung  des  brielT  Diek.  nor.  p/os.<.  36l';  nach  inhaltung  seines 
berürten  kaufbriefes.  Tücher  baumetslerb.  'il\,\\;  es  ist  auch 
anders  nicht  zu  glauben,  dann  der  obgenant  friedbolbrief  mit 
seiner  inhaltung  von  des  inaiggraven  roten  in  seiner  kanzlei 
nach  allem  seinem  willen  gemacht  ward.  d.  stddtechr.  2,132,14; 
nach  inhaltung  des  gaistlichen  rechts.  Reuchlin  augensp.  20'; 
damit  solch  erkandle  acht ,  mtheil ,  executorial,  und  andere 
rcchtmäszige  mandat  und  gebotl,  mit  allen  ihren  inhaltungcn, 
wie  sich  gebührt,  auch  vollstreckt  werden,  erklärung  des  land- 
friedens  1522  ar(.  xiv;  und  wiewol  söllich  gedirbt  ehemals  mit 
weniger  innhaltüng  begriffen  geweszt,  so  ist  doch  das  nach- 
mals .  inn  vil  Worten  verändert,  gemerl,  gemindert,  und 
gepässert  worden.   Schwarzenberg  150. 

INHALTWAHL,  f. :  wir  sind  hier  der  frage  über  die  inhalt- 
wahl  der  kinder-erzählungen  so  nahe,  dasz  eine  antwort  ver 
stattet  sein  mag.  i.  Paul  Uvana  3,  CO. 

INHAND,  f.  innere  hand,  handtcller:  vola  ein  inhand,  in 
hende  Dief.628';  ein  stuck,  einer  inhant  gros.  Wüw.  v.  Schaum 
bürg  44. 

INHÄNDIG,  adj.  tn  den  bänden  habend,  besitzend  {wofür  ein- 
bändig thcil  3. 196) ,  es  steht  attnbulw  mit  den  verben  haben, 
machen,  bleiben:  sy  haben  allzeit  zi'ibereit  gift  innhcndig  und 
in  baarschaft.  Frank  weltb.  11';  wer  wo.  sitzet  und  etwj  {etwas) 
inhendig  hat.  9"';  die  {stddte)  haben  die  Türken  gewunnen 
im  jar  m.  Ix.  und  noch  inhendig.  115*;  also  endet  sich  das 
gescblecht  Caroli  magni .  .  das  hundert  jar  das  ccpter  inhendig 
het  gehabt,  chronica  1531  17l';  dem  käufer  das  gut  inhändig 
machen.  Frankf.  ref.  2,2  §  6;  dasz  die  Stadt  vermöge  der 
reichs-abschiede .  . .  Bayern,  bisz  ihm  die  Unkosten  erstattet, 
verhaft  und  inhändig  verbleiben  müsse.  IL  a  Lapipe  diss.  de 
rat.  stat.  405 ; 

jedoch  weil  wir  haben  inhendig 

den  grösten  rcichthumb  an  silher  und  golt. 

J.  Atrkr  -iOV  (1004,27  Kcllei)- 

älter  ist  dafür  die  genitivbildung  iiihendes:  berr  Peter  ödter  die 
seinen  zu  Balgauw,  oder  wer  das  dorf  inhendes  hat.  wei.^th. 
4, 130  {Elsasz  von  1471). 

INHEIMISCH,  adj.  in  der  heimat  befindlich,  ihr  angehörig, 
mhd.  inheiiniscb  (Lexer  wb.  1,1435);  auf  das  land  bezogen: 
von  auszländischcn  und  inheimisciien  hohen  standes-persoueu. 
Scuuppius  124  ;  auszländische  oder  inheiiuische  feinde.  Rocklkh 
kriegsschule  335;  auf  den  ort:  {dasz  er)  nicht  innheiiniscb  oder 
nicht  au-^zgehen  könnte.  Frankf.  ref.  10,2  §12;  auf  das  haus: 
m.  Pbilippus  und  in.  Franciscus  ist  nicht  iniieimisrli.  Li'thkk 
br.  4,  575.  weitere  belege  unter  eiuheimisrii  thcil  3, 197,  das  von 
inheimiscji  einst  wol  verschieden  war,  indem  iuheiiuiscii  ruhe 
am  orte,  eiiihcimiscii  brwegung  nach  demselben  bezeichnete  (ein- 
heimisch werden  gegen  inlieimiscb  «ein  u.  nliul]:  ober  es  ist 
schon  frühe  Vermischung  eingdretcn. 
INHEIMS,  adv.  zu  hause: 

tie  seind  nit  inhcims,  weixz  auch  neül, 

wohin  »ie  all  drei  giungeii  heut. 

WicKimi   7'  '■■■■'  »'T 

vgl.  einlieiiiis  theil  3, 198. 

INliE»,  adv.  für  einher  Iheit  3,200: 

in  dem  ein  fremder  edelman 
kam  iiiher  in  die  stuhcn  g;ii> 

INHIN    adv.,   bei  Maale»  und  Dxsvi'.  ßr  einhin ,  vgl  Ihetl 
3,203;   iuliin,  da  inden,  inlrn,  einem  weeren  inhin  xpon    ">! 
cinla-i'rn,  prvlnliere  accessum  Maai.kr  Tm\   eben  da  in   i 
düng  mU  verben:  inhinfalleii .  i»n'(i(/<'rc ,   inhinluckeii,  alir 
illtcere,  itihinlragen  inJro  ferre,  inliintraien,  da  htlr  g<ui.  am- 
bulare,  grotli,  gradum  factre  H.t.w.;  inlro  inbin,  bin  ein  Dahip. 


2121 


INHITZIG  — INLAUT 


INLET— INMASZEN 


2122 


INHITZIG,  adj.  sehr  hihig,  entflammt,  mhd.  inhitzec:    von 

rechter  begirlicher  inhicziger  minne  zu  der  mynneklichen  ewigen 

weiszheit.  Soso  britfe  77  Preger; 

0  fott  heiliger  geist  gib  kunsi 
•  das  ich  usz  inbitziger  brunst 

müg  bie  mein  dicht  volbringen.    Soltac  246  (v.  1520) ; 

zorntntbrannt :  dabei  e.  k.  mt.  versteu  mag,  das  herr  Lassla 
gegen  uns  inliitzig  ist.  urk.  Max.  no.  255  s.  375. 

INHITZIGKEIT,  f.  zorniger  eifer:  dabei  e.  k.  mt.  versten 
mag,  das  herr  Lassla  ein  sundre  inhitzigkait  wider  uns  bat, 
damit  er  uns  gern  gegen  e.  k.  gnaden  in  Ungnaden  bringen 
wolt.  urk.  Max.  no.  255  s.  372. 

INHOLZ,  n.,  p/ur.  inhölzer,  die  höher,  die  an  die  knie  des 
schi/fei  itoszen  und  den  bauch  machen.  Jacobssox  2,313*.  auch 
innenholz,  s.  d. 

INJüRIE,  f.  ehrbeleidigung ,  aus  deni  lal.  injuria  schon  im 
16.  jh.  in  die  spräche  des  gemeinen  lebens  tibergegangen :  gegen 
der  injurien,  schmach  und  beleidigung  uns  erzeigt  wollen  wir 
ungern  ein  wort  murmeln.  Schade  sat.  2, 192.  in  der  gerichts- 
tprache  dauert  das  wort  noch  lange  in»  tat.  gewande:  die  Sachen 
injuriarum.  cammeryer.-ordjiung  von  1521  art.  24  §  1  ;  will  ein 
Schelm  den  andern  injuriarum  belangen,  so  kömmt  er  zu  mir. 
Lessing  l,  372. 

INJL'RIENKLAGE,  f.  klage  wegen  erlittener  injurien. 

LNKE,  f.  traubenbiitte,  rhein.  enke  (Kehrein  12S):  unter  dem 
Zubehör  einer  kelter  ein  ink  und  ein  siege,  dielle,  poelle  und 
kleine  gescbughe.  weisth.  3,  SOS  (3/oip/,  r.  15S4);  dafür  inkbutte: 
ein  gehcbe  inkbuth.  2. 3S3  {Unlermosel,  16.  jahrh.). 

INKLEIDüNG,  f.  ßr  einkleidung:  inveslitura  incleidunge 
DiEF.  306'. 

INKNECHT,  m.  knecht  des  hauses;  dem  ränge  nach  werden  die 
ländlichen  diener  aufgezählt:  der  fürer,  der  inknecht,  oberacker- 
mann,  underackermann,  oberenk,  undereiik,  heimknecht  .  .  . 
MiCHEi-SEs  Erfurter  hof  IS. 

INKOMMEN  ,  n.  nie  einkominen  ,  vgl.  Iheil  3, 217  :  vectigal, 
proprie  zoll,  vel  nutzung,  iukummens.  Alb.;  dieweil,  wenn 
einer  sein  inkommen  von  der  ausgäbe  abziehet,  er  nicht 
weiniger  desselben  grösze  als  das  geld,  von  welchem  er  seine 
renten  hebet ,  in  betrachtung  nimt ;  wiewol  dieselben  sehr 
ungewisse  und  veränderlich,  die  länder  auch  nicht  allewege 
zu  einerlei  preise  aufsteigen  und  ihre  inkonmien  ja  so  weinig. 
KisT  adel.  hausvatter  (1650)  ISO. 

INKRÄFTIG,  adj.  sehr  kräftig: 

aus  diesem  lenz,  innkräftger  keime  voll, 

wird  eine  grosze  Zukunft  ihm  ersteiin.     L'bla:<d  ged.  456. 

INKCNFTIG,  adv.  für  künftige  zeit,  was  die  zukunft  angeht, 
vgl.  inskünftige : 

euch  sab  er  (Septuu)  und  sprach,  wie?   sol  ich  hier  dU  nicht 

schützen, 
ihr  götter,  die  auch  mir  innkünftig  werden  nützen?   Flbking  70; 
weisz  nachmals,  wie  sein  stand  in  künftig  sichrer  sei.    225. 

INLÄGE,  f  was  innen  liegt,  vgl.  einlage  theil  3,220:  die 
inlage  eines  briefes;  inlage  an  Herdern  und  Knebeln  bitte 
abgehn  zu  lassen.  Schrieb  an  Göthe  1,234;  die  seele,  sagte 
er,  nimmt  von  den  inlagen  des  korpers,  wie  der  wein  vom 
übst,  das  neben  ihm  im  keller  ist,  den  geruch  an.  J.Paul 
Hesp.  1,172. 

LNLAGER ,  n.  olistagium.  Steinbach  1, 1011.  vgl.  einlager 
theil  3,220  und  Lexer  mhd.  wb.   1,1436. 

INLAND,  n.  heimisches  land,  gegensati  zum  ausländ,  mhd. 
inlende,  Vaterland,  heimat,  auch  herberge.  bei  Stieler  1062 
ioland  und  eiland,  insula. 

INLA.NDER,  m.  indigena.  Stieler  1003.     vgl.  eiiiländer. 

INLÄNDIG.  adj.  innerhalb  des  landes:  so  wil  mir . .  gebüren 
mich  myner  fryheit  und  herbrachten  Privilegien  zu  gebruchen 
und  deszhalb  inlendig  zu  halten,  damit  meniglich  die  in  ab- 
wesen  uwer  nit.  mich  als  vicarien  zu  ersuchen  by  der  handt 
zu  finden  haben,  urk.  Max.  no.  116  5.  113.     vgl.  einländig. 

INLÄNDIGER,  m.  der  innerhalb  des  landes  wohnt:  würdt 
letzt  mit  zerbrochnem  namen  von  den  inlendigern  und  an- 
stöszern  Montabur  genennt.  S.  Frank  deutsche  chron.  1539  302'. 

INLÄNDISCH,  adj.  internus:  das  inländische  gewerbe;  er- 
zeugnisse  inländischer  Industrie;  innländischer  krieg,  bellum 
intestinum  Stieler  1064.     tgl.  einländisch. 

INLAUT,  m.:  der  kürze  halben  werde  ich  mich  im  verfolg 
zuweilen  der  ausdrücke  anlaut,  inlaut,  auslaut  für  solche 
consonanten  bedienen,  die  in  anfang,  mitte  und  ende  eines 
Worts  stehen.  J.  Grimm  gramm.  l'  j.  12. 


INLET,  n.  der  behdlter  von  zeug,  der  die  zu  einem  hettstück 
nötigen  federn  aufnimmt;  ein  niederdeutsches  wort,  urspr.  inlät, 
wie  es  noch  im  Göttingischen  heiszt  (Schambach  91'),  holsteinisch 
inlede  ScHtJrzE  3,  IS ;  verschieden  verstümmelt,  zu  indel,  indelt, 
inlied,  inlitt  (pliir.  inlitten.  Hermes  Soph.  reise  5, 415),  und  in 
solchen  formen  auch  in  mitteldeutschen  gegenden  gebräuchlich :  sie 
{die  fleiszige  hausfrau)  lesset  sich  nicht  verdrieszen  federn  zu 
schleiszen,  innled  und  bettziechen  und  betltücher  zu  waschen, 
und  ir  und  der  kinder  und  des  gesindes  lager  fein  sauber 
und  rein  zu  halten.  Roth  hausmüUer  ABC  (Erfurt  15S9)  H ;  die 
entsprechende  oberdeutsche  form  inläsz  lebt  in  der  Pfalz.  Schm. 
1, 1510  Fromm. 

INLEüTE,  pl.  inquilini,  mhd.  inliute  (Lexeb  wb.  1,1437): 
wissent,  dasz  der  erden  eigene  inleut  gemacht  seind  worden, 
wie  wir  ausz  Adam  inleut  gemacht  seind  worden,  zwischen 
himmel  und  erden  im  luft  zu  sein.  Paracelsüs  opp.  1,645A; 
die  hinter  den  bauern  stehenden  hausier  und  inleute,  das 
ländliche  Proletariat.  Springer  öslerr.  gesch.  2.415;  die  grosz- 
bauern  gingen  nicht  zu  gründe,  auch  wenn  der  reichstag 
keine  entschädigung  für  die  aufgehobenen  unterthanlasten 
bcschlosz,  die  robulpQichtigen  tagelöhner  dagegen  brachte  die 
forderung,  selbst  der  geringsten  lösesumme,  an  den  bettel- 
stab.  mehrere  antrage  empfahlen  daher,  die  unentgeltliche 
aufhebung  der  lasten  solcher  inleute,  die  nicht  mehr  als  fünf 
metzen  grund  besitzen,  gleich  jetzt  auszusprechen,  ebenda; 

von  inleuten  und  hauszgesinden.    H.  Sachs  2,  2,  61*. 
s.  inmann. 

LNLIEGEN,  verb.  in  einem  räume  liegen,  statt  inne  liegen: 
so  dasz  ich  (in  folge  eiius  gequetschten  beines)  ziemlich  mise- 
rabel auf  dem  einen  ross  heimreiten  und  unter  groszen 
schmerzen  viele  tag  inliegen  muszle.  a.  m.  im  Tockenb.  177. 
vgl.  einliegen.  —  Das  part.  inliegend  ist  im  Sendungsverkehr  sehr 
gebräuchlich:  anbei  ein  paket,  inliegend  muster;  inliegenden 
brief  bitte  ich  abzugeben ;  das  halstuch  ist  mit  dem  gröszten 
gusto  fertig,  und  wird  mit  ehster  gelegenheit  folgen,  ver- 
langen sie  eines  von  inliegender  färbe,  so  dürfen  sie  nur 
befehlen,    der  junge  Götub  1,  24. 

IN  LITT,  s.  inlet. 

I.NMANN,  wi.  mietsmann,  vgl.  bestandinmann  th.  1,1655  und 
oben  inleute.     auch  intraneus,  eingesessener.  Haltaus  1021. 

IN.MÄRKER,  m.  der  innerhalb  der  mark  eines  dorfes  oder  eines 
valdes  ansässig  ist:  darnach  gebothe  der  gedachte  marker- 
meister  dem  gemeinen  inmärker,  nach  gethaner  hegung  {des 
markergedinges)  . .  der  gemeinen  mark  zu  weisen  ihre  rechte. 
weisth.  3,490  {Wetterau,  von  1493). 

INMÄRKERIN,  f 

INM.\SZEN  ,  adv.,  aus  in  und  dem  dal.  maszen  von  masz 
zusammengerückt  (vgl.  das  letztere  und  das  adv.  maszen,  auch 
dermaszen),  dn'ickt  aus 

1)  eine  vergleichung,  in  der  masze,  der  art,  desgleichen,  so  wie: 
ain  grabs  (graues)  huetl  mit  pantlain  (bändchen) . .  in  maszen 
es  der  grosz  waidman  (Maximilian)  halt  tragen.  Max  I  geh. 
jagdb.  22 ;  inmaszen  dasz  es  ihm  zu  leiden  wäre.  Luther  br. 
5,63;  so  finden  wir  noch  gewisse  zeugnussen  unserer  alt- 
vätter,  dasz  vil  seelen  mit  groszem  poltern  und  feurspeien 
erschienen  sein,  und  deutlich  verkündet  haben,  dasz  sie  im 
fegfeur  schwerlich  gepeinigt  werden,  und  begeren  ganz  freund- 
lich, dasz  man  inen  mit  messen,  almusen  und  ablaszbriefen 
helfen  wolle :  inmaszen  man  vom  papst  Benedicto  dein  achten 
selbs  schreibt.  Fischart  bienk.  112* ;  dann  er  (Christtis)  mit 
dem  opfer  seins  leibs  den  ablasz  bei  gott  erworben  .  .  in- 
maszen er  selbst  bei  dem  evangelisten  Johanne  klärlich  be- 
zeuget. 116*;  alda  er  nach  14  tagen  wie  ein  hund  inmaszen 
das  Sprichwort ,  dar  von  wir  hernach  sagen  werden ,  laut, 
jämerlichen  starb.  129';  und  derwegen  mag  der  papst,  in- 
maszen den  Antoniuin  de  Rusellis  bcdunkt,  einem  sein  baab 
und  gut  nemuien.  134" ;  sondern  mich  vilmehr  für  fromb  (in- 
maszen, mit  gottes  hilf,  ich  mich  zu  sein  allzeit  höchstlich 
beflissen)  zu  halten  geruhwen.  Weckherlin  rorr.  zu  d.  welll. 
ged.;  (dem  sein  frommes  leben)  ein  immenvehrendes  gedächtnis 
bei  der  nachweit  verursachet,  in  maszen  zweene  seiner  col- 
Icgen  ...  in  Öffentlichen  Schriften  an  den  tag  geleget  und 
bezeuget.  Brandt  bericht  v.  leben   Taubmanns  3; 

all  land  sindt  vetz  voll  hcilger  gcschrifft, 

und  was  der  seelen  heil  antrifTt, 

hibfl,  der  heilgen  vätter  ler, 

lind  ander  der  glich  bTicher  mer. 

In  masz  dasz  ich  ser  wunder  hab 

das  nyemant  bessert  sich  dar  ab.    Brant  narrenschr.,  vorr.  5. 


2123 


INMITTELS  — INNE 


INNE 


2124 


2)  grund  und  folge,  tceil,  wie  denn:  inmaszen  auch  mein 
ganzes  vermögen  zu  dero  befehl  und  belieben  dargestellet 
wird.  Chr.  Weise  Jephlha  2, 1 ;  inmaszen  dann  die  gliedmaszen 
gegen  einander  noch  so  gelenke  (varen),  wie  eines  schlafenden. 
polit.  slockf.  ISO ; 

mit  himmelischer  spnisi  voll  trost  »ind  Wohlgefallen 

sie  (lan  gesättiget,  dem  höchsten  gern  zu  Itisz 

ausz  schuldiger  trew,  lieb  und  busz 

ihn  anzubetten  fallen : 

inmaszen  dan  kein  fleisch  in  dises  lehens  sahl 

wan  es  in  gottes  dienst  erscheinet  unverdrossen 

wird  von  dem  süszen  lebens-mahl 

verdriiszlich  auszgeschlossen.    Wkckhehlin  9C  (ps.  22,33), 

vgl.  auch  iniinaszen  sp.  2065. 

3)  präpositional,  nach  maszgabe:  und  das  alles,  wo  das  über- 
faren  und  die  gosworen  meister  des  gewar  werden ,  sollen 
sie  inmaszen  ander  rüge  zu  rflgen  .  .  schuldig  und  pflichlig 
sein.    Nürnb.  pol.-ordn.  22». 

INMITTELS,  INMITTELST,  adv.  inlerea,  eine  genitivische 
adverbialbildung  von  mittel  mit  in  verbunden,  der  später  ein 
schlieszendes  t  angetreten  ist.  es  wird  auf  die  zeit  bezogen: 
inmittels  aber  so  stellet  Belial  die  quaestiones.  Ayre»  proc. 
1,11;  mich  widerum  persönlich  einfinden,  inmillels  aber  den 
letzten   willen  .  .  abschreiben    lassen.    Auele  künstl.  unordn. 

2,  328 ; 

wil  gar  gern  mit  euch  ziehen  hin, 
weil  ich  noch  nicht  versichert  bin, 
ob  die  keiserlich  majestat 
ir  ungnad  abgeleget  hat. 
inmittels  ichs  erfahren  mag. 

J.  Atrer  iSe-  (1429,  30  Keller); 
ich  thät  es,  Suavie,  ich  wartete  nach  dir, 
die  ganze  halbe  nacht,  gleich  als  du  mir  versprochen, 
wie  liams  dann,  dasz  du  mir  die  treue  hast  gehrochen? 
inmittels  starb  ich  fast  für  schmerzlicher  hegier. 

1'.  Fleming  649. 

vgl.  iramittels,  immitlelst  sp.  2079,  das  auch  local  steht. 

INMITTEN,  adv.  in  der  mitte,  ahd.  in  inittemin,  in  mittcmen 
(Ghaff  2,  672,  dat.  von  mittamo  mille,  goth.  in  midumai  Marc. 
3,3);  mhd.  enmittemen  und  in  mitten,  enmitten,  auf  welcher 
gekürzten  form  unsere  heutige,  neben  bloszem  mitten  noch  recht 
gebräuchliche  beruht,  die  zeitliche  bedeutung,  die  das  adv.  im  mhd. 
hat  {inzmschen,  mittlerweile  Lexer  wb.  1,  561)  ist  untergegangen, 
die  örtliche  und  abstracte  dauert  in  verschiedenen  fügungen. 

1)  absolut,  in  der  mille,  7nilten  inne : 

mhd.  enmitten  gienc  dar  ümbe  (um  den  stiel  des  helmkleinods) 
ein  schibe,  diu  mit  krürabe 
die  liebten  Stangen  da  beslö;. 

tnrnei  von  Nantheiz  459  Bartsch; 

nhd.,  in  der  assimilierten  form  immitten :  aber  ich  sage ,  die 
läge  würde  nie  so  kommen,  wenn  jenes  gesetz  immitten,  und 
jedermann  vollkommen  sicher  wäre,  dasz  der  kornhandel  nie 
durch  irgend  eine  mächtige  band  eingeschränkt  werden  köimte. 
Moser  patr.  phant.  2,  26. 

2)  prdposilional,  mit  dem  dativ :  und  in  mitten  dem  paradeisz 
da  stund  ein  feigenbaum.  Keisersberg  sünd.  d.  vi.  12';  und 
verbürgen  sich  in  mitten  dem  paradeisz.  ebenda; 

auch  du,  0  aller  arzt,  in  mitten  krieg  und  friede, 
in  mitten  furcht  und  trost,  vergaszest  fast  dein  thun, 
erfuhrest,  was  es  heist:  arzt,  hilf  dir  scihsten  nun. 

1*.  FLRm:<o  206. 

3)  mit  genilir:  seine  langjährige  machllosigkeit  inmitten 
der  dänischen  gcmeinfreiheit.  Dahlmann  dän.  gesch.  1,195; 
inmitten  dieser  ungewiszhciten  schien  es  einen  angcnblick.. 
Vabnhacen  ÄiücAer  422 ;  inmitten  dieser  (sommernoc/i/).  IIettine 
tageb.  49; 

du  aber,  knäblein,  bist  inmiticn 

der  bildung  nicht  mit  fortgeschritlcn.     Tieck  4,  U3. 

4)  auch  inmitten  von  wird  gebraucht :  inmiticn  von  nulb  und 
sorge  fand  er  noch  die  zeil  für  seine  lieblingsbeschüftigung. 

I.NMIJTIG,  INMCTIG,  adj.  m  beiden  bedeutungen  von  ein- 
mütig IheilZftM;  einlrdchtig,  verträglich:  das  er  verschwiegen, 
inmulig,  erbar  und  eines  dapfcrn  ansehen«  sei.  TiitiRrteiszER 
magna  alch.  vorr.  7;  verdrossen,  schwermütig:  ein  schwermti- 
iik'<'n  melancholischen  und  alzeit  viel  gedenkenden  inmüligen 
niiMisclien.    v.  probierung  der  hiirnen  32. 

INN,  t.  inne.     composita  mit  inii-  1.   unter  in-  und  inne-. 

INNAHME,  f  einnähme:  da  er  {der  lumsvater)  denn  meinem 
bedünkcn  nach  (Iciszig  musz  acht  haben,  du»  sieb  die  auf- 
gäbe nimmer  10  hoch  erstrecke  als  die  innnhmc.  Rist  adel. 
hautratter  (1050)  178. 

INNE,  adv.  inlus,  ahd.  iniii,  inna,  innr,  mhd.  innr,  vergl. 
unter  in  sp,  2062.     es  geht  neben  dem  yleichbcileulenden  doch  jetzt 


häufiger  gebrauchten  innen  her,  und  steht,  üßers  zu  inn,  in 
gekürzt, 

1)  bei  verben,  theils  in  eigentlichem  örtlichem,  theils  in  abge- 
blasztem  sinne.     dergleicJien  sind : 

behalten:  im  wamas  und  leibreckel  forn  an  der  prust 
ain  schlitzl,  da  du  facallott  (taschenluch)  magst  incbchalten. 
Max  I  geh.  jagdb.  10;  einem  den  lohn  innebehallen,  ihn  nicht 
auszahlen;  der  kriegszleüten  sohl  innbehalten  und  sy  nit  be- 
zalon ,  fraudare  Stipendium  militnm  Maaier  236';  den  über- 
sclutsz  wünschte  ich  für  rechnung  herrn  Collas  inne  zu  be- 
halten. GöTHE  an  Schiller  1,224. 

bleiben:  innbleiben  ist  allezeit  unfährlicher,  dann  ausz- 
gehn.  Kari  STATT  bei  Jäger  37S;  also  wird  mein  fährliche  aus- 
fahrt dem  innebleiben  fast  vergleichet.  379. 

bringen,  inne  werden  lassen,  gewahr  werden  lussen : 

ich  wil  dich  bringen  inne 

miner  krefte  und  miner  sinne.     Lnnrin  405 ; 

sich  hebt  noch  heut  ein  i^roszer  zorn, 

wann  ich  si  pring  der  warhait  in, 

das  ich  ritter  Neithart  pin.    fastn.  sp.  436,  7. 

haben,  bei  sich,  in  seinem  gewahrsam  haben,  vgl.  auch  innen 
haben  unter  innen  und  oben  inhaben  ip.  2118:  die  annan  lül 
und  nieycr  gemeinlich,  so  zu  diser  zyt  der  genannten  (adlichen) 
gütfer  innhabent.  weislh.  1,390  {Schwarzwald,  v.  1491);  so  auch 
.  .  dcsz  reichs  declarierte  ächter  . .  einige  lehengüler  besessen 
oder  inn  betten,  erkldrung  des  landfriedens  von  1522  ort.  xxii ; 
als  die  nichts  inne  haben  und  doch  alles  haben  {cos  firjSiv 
t'xot'TBS  xai  TtäiTu  xarixovTSs).  2Cor.  6, 10;  die  innehaben- 
den provinzien.  Bünaü  1,126;  in  ihrem  innehabenden  besitze 
gestört  werden.  Kant  1,224; 

nun  hast  du  völlig  inne, 

wornach  du  hier  gestrebt.     P.  Fleming  331 ; 

zufrieden  stellen  will  er  alle  theile, 

und  zum  ersatz  für  seine  mühe  Böhmen, 

das  er  schon  inne  hat,  für  sich  behalten. 

Schiller  Piccol.  5,  1; 
und  dasz  sie  schon  die  grosze  Stadt  Paris 
inn  hätten  und  des  reiches  sich  bemächtigt. 

jungfritn  1,  10; 
er  hat  den  flügel 
des  kaiserschlosses  inn,  den  man  gewöhnlich 
den  fremden  prinzen  anzuweisen  pflegt. 

Turamtut  2,  2; 

inne  haben  vom  geistigen  besitz,  behersciwn,  bewandert  sein  in 
einer  kunst  oder  einer  wissenschaß :  die  disciplin  in  der  er  lehrt, 
hat  er  vollständig  inne; 

so  übt  er  jedes  pünktlich  aus 
mit  schnell  gewandtem  sinn  ; 
was  brauch  ist  in  dem  gotteshaus, 
er  hat  es  alles  inn. 

Schiller  gang  nach  d.  eisenhammer  r.  180; 

einein  etwas  i-nne  haben,  vorenthaltend:  wenn  ich  tausend 
gülden  einem  kaufman  inne  hette,  wider  seinen  wissen  und 
willen.  Luther  4,534*. 

halten,  i«  verschiedenen  bedeiäungen, 

1)  bei  sich  halten ,  in  gewahrsam  haben  ,  besitzen :  die  dritl 
Würdigkeit  (den  dritten  rang)  hell  inn  der  adel.  Frank  veltb.  ""; 

wir  (edrileiilp)  halten  in  das  regimcni, 

aller  gwalt  steht  in  unser  hend.    li.  Sachs  I,  47t*. 

2)  häufig  von  Urkunden,  schrißen  u.  ähnl.,  in  älteren  quellen, 
jetzt  durch  enthalten  verdrängt  {vgl.  dazu  Inhalt  1  sp.  2118): 
als  auch  viel  gedachte  unsere  Instruction  .  .  innhält.  reichs- 
tagsabsch.  von  1524  §  28 ;  wölche  brief  Inhalten  und  uszwysen, 
wie  vor  zyten  ein  ersamcr  wyser  rat  sainpt  die  gemein  der 
oftgcineiten  stat  Baszel  den  obgenaiilen  hoff  und  plaiz  mit 
allen  zugcbörungen  verkouft  haben  den  Carthusern.  Uasler 
chron.  l,4si,33  {v.  1531);  wie  nicht  allein  keiserlichs,  sondern 
auch  unser  universilet  befehl  und  Ordnung  inhelt.  LcinKit 
2,  3is^;  es  gilt  inen  alles  gleichviel,  was  sie  denken,  das  nius 
die  scbiiri  inhaltcn  und  leren.  452';  denn  sie  gchdien  nicht 
mehr  . .  denn  ire  regel  inhell,  auszer  irer  regel  geloben  sie 
nichts.  6,28';  weil  das  keiserlich  inandat ..  klUrlich  innehäll, 
dasz  man  nilein  das  heilig  cvangelion  predigen  . .  soll,  briefe 
2,  33H;  und  was  halt  der  brief  inn.  Tn.  I'i.atbr  93;  das  siben 
und  funfzigst  capilel,  innhaltcnd  ein  knochenknorrig  . .  rhHte- 
risch  rützel.  Cani.  'iKi' ; 

all  was  der  brief  innholten  mag.    II.  Sachs  2,  t,  S3*; 

da  schicket  ihm  gott  sehen  plag, 

ilie  ubgt'ineliin  buch  innholl.    4,  l,  33*. 

3)  inno  hallen,  bezüglich  einer  richtschnur,  einer  verhindlifhkeU : 
dergleichen    münze    int    vurdeiu   dreilötbig  geiininzel  worden, 


2125 


INNE 


INNE  — INNEN 


2126 


und  darum  die  stände  geraeinet,  dasselbige  körn  innezuhalten. 
verhandl.  d.  schles.  fürsten  u.  stände  von  1618  5.  22;  eines  be- 
tragens,  Verfahrens:  dasz  sie  allwöchentlich  die  tage  hindurch, 
wo  gewaschen  wurde,  jene  strenge  und  gemessene  Stimmung 
inne  hielt,  welche  die  weiber  immer  während  einer  wasche 
befällt.  G.  Kellek  leute  v.  Seldtcyla  1  (1856)  3^s6;  bezüglich  einer 
frist,  innerhalb  derselben  seine  Verbindlichkeit  erfüllen :  er  hat  den 
Zahlungstermin  pünktlich  inne  gehalten,  vgl.  dazu  eiuhalien  3, 
Iheil  3, 195. 

4)  etwas  oder  einen  inne  halten,  bei  sich  halten,  surück- 
halten:  denn  es  möchte  jemand  so  sagen,  sol  denn  das  ge- 
setze  nicht  nütze  sein,  das  es  uns  fördere  gegen  golt,  warumh 
hat  ers  denn  gegeben ,  und  nicht  so  mehr  (vielmehr)  inge- 
halten? Luther  2,496';  aber  halt  nur  das  maul  inne  und 
richte  nicht.  4,  6S';  wer  körn  iuhelt,  dem  fluchen  die  leute, 
aber  segen  kompt  über  den,  so  es  verkauft,  spr.  Sal.  11,26; 
wann  einer,  was  er  zu  Ihun  hat,  richtet,  und  zugleich  die 
zeit  zu  andern  Sachen,  welchen  er  ergeben  ist,  anwendet, 
soll  er  nicht  ingehaltcn  werden.  Schcppiüs  728;  darbei  möcht 
ich  mein  zorn  nicht  Inhalten.  740 ;  will  ich  die  zäher  und 
seüfzer  innhalten,  mit  welchen  ich  mein  vatter  beweint  habe. 
769;  Herder  hat  ein  werk  drucken  lassen:  älteste  Urkunde 
des  menschengeschlechts.  ich  hielt  meinen  brief  inne,  um 
ihnen  auch  ihr  theil  {davon)  übers  meer  zu  schicken.  Göthe 
60,  223 ; 

jedoch  koDt  kein  gewülk  und  keine  nacht  den  glänz, 

der  gottes  majestet  beiwohnet,  lang  inbulten.    AVeckherlin  62. 

5)  intransitives  inne  halten,  in  einer  rede,  einer  beschdfligung 
stocken,  sich  unterbrechen  (woßr  auch  einhalten  theit  3,194): 
gutt  schweige  doch  nicht  also ,  und  sei  doch  nicht  so  still, 
gott  halt  doch  nicht  so  inne.  ps.  83, 2 ;  umb  Zion  willen  so 
will  ich  nicht  schweigen,  und  umb  Jerusalem  willen  so  wil 
ich  nicht  inne  halten.  Jes.  62, 1 ;  haltet  nun  ein  wenig  inne, 
barden!  wir  zeigten  ihnen  bisher  durch  unsre  lieder,  was 
vor  tbaten  wir  von  ihnen  erwarteten,  wir  müssen  sie  auch 
durch  unser  stillschweigen  ehren.  Klopstock  8,143;  der  unver- 
schämte! rief  .\gathon,  und  hielt  plötzlich  inne.  Wiela:»d  3,423 
(352) ;  höre  mich,  rief  er  in  einer  heftigen  bew  egung  der  seele, 
höre  mich,  alles  vermögender  herr  der  schöpfungl  wenn 
jemahis  —  hier  hielt  er  inne.  7,  212  (183) ;  herr  Danischmend  I 
sagte  der  sultan,  und  hielt  inne.  229(197); 

dem  lauten  geklälTe  dou  Parasols,  der  neben 
der  tochter  Bambos  sasz,  und  mit  zerstreuter  ar>, 
erzählen  hörte,  räum  zu  geben, 
halt  Ferafis  in.      4,  bl  (iuict  Amadis  3,36); 

Brenno.  bringt  die  loosc  des  lebens ,  und  des  todes !  Herrn. 
haft  noch  ein  wenig  inn,  Brenno!  Klopstock  8,196;  der  knabe 
wurde  herbeigebracht  (um  gestäupt  zu  werden):  Wilhelm  trat 
dazwischen  und  bat,  dasz  man  inne  halten  möchte.  Göthe 
IS,  300;  durch  meine  ankunft  gestört,  hatten  sie  mit  spielen 
inne  gehalten.  24,  89 ; 

halt  inn,  o  groszer  gott,  zu  strafen.    Neuxabk  lusiw.  26; 

siehst  du  nun,  wie  weis  er  inhält  (mit  der  Zählung), 

und  zögernd  stets,  ist  schuld  dabei,  sie  nicht 

ToUbringt?  Klopstock  10,  6 ; 

unter  thränendem  zurücksehnen  in  die  innehaltenden  tage  der 
liebe.  J.  Pacl  Hesp.  4,  22 ;  wie  auf  niedrigsten  stufen  langes 
innehalt€n  der  Völker  (fast  aller  wilden)  waltet,  so  wird, 
wenn  die  Jahreszeilen  des  Wachsens  mit  ihren  stürmen  und 
wechseln  durchgelebt  sind,  auf  der  höchsten  stufe  ein  höheres 
ruhen  wiederkehren,  dämmer.  10;  die  wage  hält  inne,  wenn 
die  lunge  am  wagebalken  in  der  mitte  steht.  Campe  ;  vgl.  nachher 
inne  stehen. 

6)  sich  inne  halten,  sich  innerhalb  eines  orles,  eines  raumes 
iurückhalten,  aufhalten :  sie  hielten  selbigen  tag  sich  inne.  polU. 
stockf.  211;  ich  hin  überzeugt,  wenn  ich  mich  nur  einige 
monate  an  so  einem  (stillen)  orte  inne  halten  könnte  und 
müsite,  so  würden  alle  meine  angefangenen  dramen  eins  nach 
dem  andern  aus  noth  fertig.  Götbe  16,283; 

solch   wesziichait  (wcsenheii)  sich  haltet  inn  (im  brot  de* 

abendmahls), 
das  es  begreifen  nit  di  sinn.    ScuwARzenBERe  155*. 

vgl.  auch  innen  halten. 

lassen:  er  sollte  den  rest  (von  gtldern)  zur  hezahlung 
seiner  schulden  inne  lassen.    Campe. 

stehen,  von  der  zunge  der  wage:  jedermann  siebet,  dasz 
das  steinerne  gewichte  weit  gröszer  ist,  als  das  bleierne, 
ob  sie  gleich  auf  der  wage  inne  stehen.  Chr.  Wolff  versuche 
sur  erkäutnis  der  nalur  u.  kunst  1,8;    die  zunge  stehet  inne, 


es  kommt  auf  deinen  entschlusz  an,  welche  von  beiden 
schalen  den  ausschlag  haheu  soll.  Göthe  10,103;  wenn  die 
wage  nicht  vollkommen  inne  steht,  da  kann  das  gleichgewicht 
nur  durch  eine  Schwankung  der  beiden  schalen  hergestellt 
werden.  Schiller  4SS  (iiher  d.  gebrauch  des  chors  in  d.  tragudie). 
werden,  kundig  werden,  gewahr  werden,  mit  gcnitiv  eines 
dinges  (vgl.  oben  inne  bringen): 

ich  wart  au  ir  nie  vaUches  inne, 

Sit  ich  sie  so  liep  gewan.    minnes.  frühl.  50,  13; 

der  . .  des  bösen  nicht  iune  wird.  pred.  Sal.  4. 3 ;  las  her  faren 
und  komen  den  anschlag  des  heiligen  in  Israel,  das  wirs  inne 
werden.  Jes.  5, 19 ; 

sie  werden  ihres  wahnes  inne  werden. 

SCUILLER  juitijfr.  5,  4 ; 

auch  mit  aceusaliv:  einen  fehler  inne  werden;  fräulein  Tinchen 
j   sind  wir  auch  im  hofe  des  herrn  . .  inne  geworden.  Hippel 

4,302; 
I  und  auch  was  unser  gewerb  ist, 

I  das  würt  ir  iuu  in  kurzer  frist.    fasln,  tp.  648,  15 ; 

I  und  mit  abhängigem  satze:  ich  werde  inne  dasz  ich  mich  ge- 
täuscht habe;  ich  denke,  wir  werden  auch  nur  zu  bald  inne 

I  werden,  wie  wenig  jetzt  auf  einen  allgemeinen  sinn  bei  dem 

j  publikum    zu   rechnen  ist.    Schiller  an  Göthe  1, 231 ;    als  sie 

I  aber  die  glocken  läuten  hörte ,   ward  sie  nur  allzubald  inne 

i  was  vorging.    Göthe  17,407;    reflexiv:   die  mutter  ward  böse 

I  darüber,  dasz  sie  den  armen  Pankraz . .  auslachte,  und  hiesz 

I  sie  schweigen,   sich  nicht  inne  werdend,   dasz  sie  ja  selbst 

I  das  gleiche  gethan.  G.  Keller  leute  v.  Seldwyla  t  (1856)  s.  23. 

1  vgl.  innen  werden. 

I  wohnen:   es  wohnt  den  worten  dieses  mannes  eine  be- 

i  deutende   kraft   inne;    die  ihm  innewohnende  macht  auf  die 

j  gemüther;    das   dem   all  innewohnende  leben.    Hett.ner  lilt. 

\  gesch.  des  18.  jahrh.  1, 168.     vgl.  unten  inwohnen. 

2)  auszer   diesen    Verbindungen   steht   inne  gewöhnlich  in  ver- 
j  bindung  mit  adverbien  da  und  hier,   dainne,  darinne,  drinne, 

dinne,  und  hierinne,  hieinne,  hinne,  5.  d. ;  auch  getrennt:  da 
wird  gott  inne  geprediget  und  gelobet.  Lutber  3,19';  ferner 
mit  mitten,  zwischen :  und  oben  mitten  in,  sol  ein  loch  sein. 
2  5los.  28,  32 ;  auf  einem  zwischen  ihnen  inise  stehenden  altare. 
Lessi.ng  8, 235 ;  ob  nicht  zwischen  Hektors  tod  und  der  ab- 
fahrt der  Griechen  von  der  trojanischen  küste,  noch  ein 
episches  gedieht  inne  liege,  oder  nicht.  Göthe  an  Schiller 
1,425;  die  zwei  äuszersten  enden,  zwischen  welchen  Wahrheit 
und  natur  inne  liegen.  Schiller  699. 

3)  inne  präpositional  mit  genitiv,  für  innerhalb,  vgl.  unter  in 
sp.  2083  und  indes  sp.  2109:  were  auch,  dasz  einer  ein  gult 
drü  jähr  vor  einem  der  inn  lanz  (innerhalb  des  landes)  ist, 
unansprächig  halt,  weisth.  4,271  (Zürich,  von  U35j;  wann  der 
Rhein  inne  staden  ist  (nicht  ausgetreten),  leeisth.  i,  462  (Franken, 
von  1527);  aber  auch  mit  aa.,  für  in: 

mein  sietiglich  vertrauen     setz  ich  nicht  inne  sie, 
sondern  in  gott.      .imbraser  tiederb.  no.  250,  38. 

INNEBEH.\LTU.NG,  /".  das  inne  behalten :  die  innebebaltung 
des  halben  lohnes  für  eine  schuldforderung. 

INNEHABUNG,  f.:  wie  hätte  aber  ein  sammler  wohl  jemals 
auch  nur  einen  augenblick  lang  die  körperliche  innehabung 
eines  theuer  erworbenen  besitzstückes  entbehrt?  Inmerman.-« 
Münchh.   1, 144. 

INNEH.\LTUNG ,  f.  in  verschiedenen  bedeutungen  von  inne 
halten, 

1)  iiacA  innehalten  2,  was  eine  schrift  enthält,  inhalt  einer 
Urkunde:  innehaltunge,  innehaldunge  Leier  mhd.  wb.  1,1439; 
tgl.  inhaltung. 

2)  ncuh  inne  halten  3,  das  einhalten  einer  frist:  die  inne- 
haltung des  Tersprochenen  Zahlungstermins. 

INNEN,  adv.  intus,  mhd.  innen,  ahd.  innana,  innen,  innin ; 
jetzt  gegen  inne  die  häufigeie  form,  soweit  dies  letztere  nicht, 
in  Verbindung  mit  verben,  vorgezogen  wird  (vyl.  inne  und  unten 
no.  4).     innen  steht 

l)  auf  das  innere  eines  geschlossenen  oder  umgrenzten  raumes 
weisend:  ist  der  herr  innen,  eslne  dominus  domi?  Stieler  890, 
vgl.  das  hildesheimische  inne  daheim,  zu  hause  Fromm.  2,124; 
gewöhnlich  mit  näherer  bestimmung :  aber  das  abgesonderte 
heilige  teil,  und  das  haus  des  heiligthums  sol  mitten  innen 
sein.  Hes.  48,21 ;  gar  innen,  penitior,  wol  innen,  penitus  Maaler 
236*;  einen  in  der  haut  innen  kennen,  penitus  cognoscere. 
ebenda; 


2127 


ENNEN 


INNEN  — INNENUOLZ 


2128 


da  sieh  ich.  eiu  eutlaublcr  slaium!  doch  iaiicii 
im  marke  lebt  die  schaffende  gewalt. 

Schiller  Wallensteins  lod  3,  13 ; 

gern  mit  hier,  da,  wo  {vgl.  hierinncii,  hicinnen,  hinnen  und 
darinnen ,  drinnen ,  dinnen  ,  worinnen) :  ire  stedte  sind  zur 
wüsten  und  zu  eim  dürren  öden  lande  worden ,  zum  lande 
da  niemand  innen  wonet,  und  da  kein  mensch  inne  wandelt. 
Jer.  51,  43;  wo  ir  in  ein  haus  gehen  werdet,  da  bleibet  innen, 
bis  ir  von  dannen  ziehet.  Marc.  6, 10;  der  mann  gottes  spricht 
dem  Volke  von  einem  lande,  da  milch  und  honig  innen  flicszt, 
und  das  volk  soll  sich  nicht  danach  sehnen?  Lessing  1U,2S8, 
vgl.  2  Mos.   13,  5 ; 

got  grusz  als  volk  hie  innen  gemein,    fastn.  sp.  379,4; 
das  ist  das  gebot ,  wie  ir  gehöret  habt  von  anfang,  auf  das 
ir  dasclbs  innen  wandelt.  2  Joli.  6. 

2)  innen  im  gegensalz  im  auszen : 

si  sehe,  dajs  innen  sich  hewar 

(si  schinet  üjen  fröidenrich).    Walthkr  121,6; 

innen  und  auszen,  intus  et  foris  Steinbach  1,811;  ich  kenne 
ihn  innen  und  auszen,  ego  illutn  intus  et  in  cutc  novi.  Fhisch 
1,  488" ;  innen  und  auszen  schön  sein,  nbiquc  mtntc  et  corpore 
excellere.  ebenda;  indem  dieses  innen  vorging,  war  die  ganze 
garnison  ausgerückt.  Schiller  857.  Sprichwort  lieh  auszen  fix, 
innen  ni.x,  von  einem  menschen  der  sich  äuszcrlich  wol  trägt, 
aber  keinen  innern  gehalt  hat. 

3)  mit  praepositionen,  namentlich  häufig  von:  von  innen  aus 
dem  herzen  der  menschen  gehen  heraus  böse  gcdanken.  Marc. 
7, 21 ;  alle  diese  böse  stück  gehen  von  innen  heraus ,  und 
machen  den  menschen  gemein.  23 ;  wir  kennen  uns  nun  von 
innen  und  auszen  bis  auf  unsre  geheimsten  regungen.  Heinse 
Ardingh.  2,318;  die  jungen  eheleute  beredeten  sich:  er  bot 
dem  Jüngling,  und  sie  der  schönen  das  hochzeitkleid  an,  das 
noch  vollständig  da  hing,  um  ein  paar  von  köpf  zu  fusz  und 
von  innen  heraus  zu  bekleiden.  Göthe  17,333;  nach  den 
sonderbaren  Schicksalen,  welche  diese  produclion  von  innen 
und  auszen  gehabt  hat.  an  Schilkr  1,37;  als  ihr  siegendes, 
seinem  material  überlegenes  genie  diesen  mangel  von  innen 
entdeckte.  Sciiilleii  an  Göthe  1,7;  und  so  gleichsam  von  innen 
heraus  und  auf  rationalem  wege  ein  Griechenland  zu  gebären. 
ebenda;  man  sollte  nicht  denken,  dasz  man  bei  so  viel  sorgen 
von  innen  und  auszen  einen  leidlichen  humor  behalten  oder 
gar  verse  machen  könnte.  1,198; 

ich  kenn  ein  höllisch  volk,  die  brfider  der  Erinnen, 
ein  an  von  auszen  gold  und  lauter  koth  von  innen. 

LoGAU  3,  214 ; 

nach  innen :  übrigens  fand  er  zu  seiner  groszen  befriedigung 
nichts  auf  den  schein  und  nach  auszen  gethan,  sondern  alles 
nach  innen  und  für  die  unerläszlichen  bedürfnisse.  Göthe 
17,282;  sie  wissen,  wie  sehr  ich  am  begriff  der  zweckmäszig- 
keit  der  organischen  naturen  nach  innen  hänge,  und  doch 
läszt  sich  ja  eine  bestimmung  von  auszen  und  ein  Verhältnis 
nach  auszen  nicht  läugnen.    an  Schiller  i,  401. 

4)  in  Verbindung  mÜ  gewissen  verben  wird  heute  inne  aus- 
schlieszlich  beliebt,  früher  standen  hier  inne  und  innen  gleich 
häufig,     dergleichen  verben  sind 

haben,  innerhalb  seiner  haben,  in  seiner  macht  haben,  be- 
sitzen: also  wonete  Israel  in  Egypten,  im  lande  Gosen,  und 
hattens  innen,  und  wuchsen  und  inehreten  sich  secr.  1  Mos. 
47,27;  weil  du  in  felsenklüftcn  wonest,  und  hohe  gebirge 
innen  hast.  Jer.  49, 16;  da  er  nu  die  königreiche  innen  hatte. 
1  Macc.  1,5; 

zierd,  höflnichkeit,  verstand,  wulstand 
die  haben  deine  sclil  ganz  innen.    Weceuirlin  558; 
jedennan  hat  zu  hauaz  innen  zwei  gar  ungeglcichte  gaste. 
LocAU  3, 13,  .')U  (kluijltcit  u.  Ihorlieit). 

halten,  tgl.  inne  halten  tio.  2,  enthalten,  von  einer  vorschriß: 

wir  Francitcaner  han  kein  gelt, 

wie  unter  erden  innen  helt.    U.  Waldm  Eiop  4,31,30; 

äocken  in  einer  thätigkeit: 

und  er  hielt  innen  mit  der  schweren  fausl 
am  üilheigrifl',  und  sticsz  das  lan|;o  schwcrt 
gehorchend  ruckwart*  in  die  «chcid  iiinah.    liÜRCiR  144'; 

refiistv:  sie  hielt  sich  innen,  gieng  nicht  niehr  ..  unter  die 
leule.  LuTHfcft  gl.  lu  2.  Sam.  13, 2U  (Bindseti  7,  495). 

lassen:  wurden  so  arm,  das  si  ire  pfcrt,  harniscb,  ge- 
•chnuick  und  cleinat  den  wtrtu  fUr  zerung  innen  liesten. 
W'i/ir.  r.  Schaumb.  110. 

stehen,  vgl.  ionc  stehen:  die  wage  stehet  innen,  lancrt 
ttbrae  aequantur.  üiiKu^a  2128 ;  so  lange  die  wage  innen  stebt 


(so  lange  die  sadie  unentschieden  bleibt),  bin  ich  deine  ängst- 
liche, besorgte  matter.   Klincer  1, 2()9. 

werden,  mit  ycnitiv:  der  von  .Nassaw  ..  wolt  den  kaiser 
haun  gefangen,  des  ward  der  kaiser  innan.  d.  üädtechron. 
4,42,16;  wenn  ich  denn  des  innen  werde,  so  schütte  ich 
mein  herz  heraus  bei  mir  selbs.  ps.  42,  5 ;  so  werdet  ir  euch 
an  dem  herrn  versündigen,  und  werdet  cwr  Sünden  innen 
werden.  4  Mos.  32, 23 ;  und  dieweil  es  (ein  gewissen  das  an  gottes 
gnade  zweifelt)  gott  nicht  anrufen  kan,  wird  es  auch  göttlicher 
bulf  nicht  innen.  .I.Jonas  bei  Luther  C,  4ü2*;  Heinhart  ist 
weisz  und  wirt  des  bald  innen  werden.  Aimon  bog.  m ;  als 
man  seiner  krankheit  innen  warde.  b.  d.  liebe  2S5' ;  sähe  ihres 
maunes  bruder,  dasz  sie  ein  ritler  umbliengc,  und  machet, 
dasz  ir  mann  desz  innen  ward.  29o';  waren  sie  (zwanzig  tltaler) 
mir  aus  dem  erniel  geschnitten,  dessen  ich  nie  innen  worden 
war.  ScHWEiNicHEN  2,53; 

und  ce  das  ich  recht  innen  wart 
der  katzen.      fastn.  sp.  285,  18; 
ich  hin  des  worden  innen. 

dasz  mein  weih  plligt  pfcfflichcr  minnc.    506,  11; 
sie  ist  sein  dennoch  innen  worn.    660,  17; 
es  wirds  noch  mancher  innen, 
ders  vor  verlachet  hat.    Weller  licder  136 ; 
Rhodia,  geh  nicht  ins  fehl,  werden  liicnen  deiner  innen, 
wird  sich  dein  gesiebt  und  mund  ihrer  nicht  erwehren  künneu. 

LocAU  3,  222.  24  ; 

eines  dinges  innen  werden  auf  einen,  gewahr  werden  an  einem : 
ward  solclis  die  köngin  auf  uns  innen, 
so  müsten  wir  des  landis  entrinnen.    H.  Sachs  3,  2,  67*; 

mit  accusativ :  das  ir  innen  werdet  und  sehen  soll  das  gro.> 
ubcl,  das  ir  für  des  herrn  äugen  gethan  habt.  1  Sam.  12, 17 ; 
solt  mein  herr  etwas  innen  werden.  Galmy  159;  disz  waren 
die  schendlichen  Juden  schon  innen  worden.  Wickram  roUw.  88; 

auf  einer  öden  au,  an  der  gelinden  Leine 

besucht  mich  oft  ihr  (meiner  Mariane)  bild,  und  höret,  wann 

ich  weine ;  .  .  . 
mein  herz  wallt  in  der  brüst,  wann  ich  sie  innen  werde. 

Haller  gcä.  (176b)  1S9; 

mit  abhängigem  satze:  das  arm  und  rieh  innan  werden  und 
wijjCTi,  wa  ir  stiur  hin  komen  sy.  d.  städtechr.  i,  130,  37 ;  da 
sie  aber  innen  wurden,  das  er  ein  Jude  war.  ap.  gesch.  19,31; 
der  wird  innen  werden,  ob  diese  lere  von  gott  sei,  oder  ob 
ich  von  mir  selbs  rede.  Joh.  7, 17;  da  gedacht  er  im,  ich  mus 
innen  werden  was  das  sei.  Luther  6,  500';  es  ist  zeit  dasz 
unser  feindt  innen  werden  was  leut  wir  seien.  Aimon  bog.  e ; 

und  jetzt  erst  werden  wir  recht  innen, 

wie  er  und  wir  durch  den  verlust 

nur  seines  herzens  fro  gewinnen.    Weckuerlin  351. 

5)  in  der  allen  spraclie  war  innen  auch  praeposition,  mit  gen. 
oder  dat.,  ahd.  selbst  mit  acc. :  thie  . .  sun,  thie  dAr  ist  innan 
themo  faler.  Tatian  13,10;  gang  innan  thina  camara.  31,2; 
auch  in  temporaler  bedeutung:  arsluog  aII4  thie  knehtA,  thie  thAr 
uuärun  in  Bethleein, . .  zuuijärigu  in  (und)  innan  tlus.  io,  i  ; 

innen  des  entweich  der  tac 

der  naht  mit  siner  gleste.     Wigalois  88,9; 

und  innen  disen  drijec  tagen 

dd  vuore  wir  von  lande  dan.     Trist.  222,  16 ; 

du:ser  gebrauch  haßel  jetzt  an  dem  zusammengesetzten  binnen 
(</».  2,  36).     t)^/.  aucA  inner  und  innert;  ferner  unter  in  ip.  20S3. 

INNENFEIEK,  f.  feier  im  innern  des  mensciwn:  welche  stun- 
den und  Seelen  und  körper  müszten  sich  an  einander  reihen, 
um  dir  nur  eine  einzige  innenfeier  zu  bereiten,  welche  du  von 
der  tonkunst  in  einer  minute  wie  von  unsichtbaren  händcn 
empfängst !  J.  Paul  kl.  bücherschau  2, 99. 

INNENFLÄCHE,  f.  innere  flaclw,  gegensatz  zur  auszenlläche. 

l.NNENGEBÄU,  n.  innere  baute,  vgl.  ingebäu:  ob  sie  (die 
Pyramiden)  wol  auswendig  von  gehauenen  stücken,  sind  doch 
die  inuengebäu  und  gewölber  von  gebackcnen  steinen.  Samihart 
acad.  2, 1, 26*. 

INNENGEHALT,  m. :  im  despotischen  Staate  kann  die  auf- 
klärung  wie  da«  Wohlleben  an  innengehalt  grOszer  sein,  aber 
im  freien  ist  sie  an  auszengehalt  gröszer  und  unter  alle  ver- 
theill.  J.  I'aui    llesp.  3, 107. 

INNENHANDEL,  m.  handelim  innern  eines landes.  Canna»ich 
yeograpfiie  (ls25)   *.  1S6. 

INNENHOLZ,  n.  was  inbolz  $p.2l2l:  das  feuerschiff. .  und 
die  corvelte  Ariudne  . .  iileiben  zum  besseren  austrocknen  drr 
innrnhölzer  bis  zum  nUchsit-n  suinnicr  in  Spanien  tteben. 
Vouuche  leüuny  vom  37.  octbr.  1M8. 


2129 


INNENLÄNDISCH  —  INNER 


INNER 


2130 


INNENLÄNDISCH,  adj.  im  iuneni  eines  landis,  sonst  inlän- 
disch 5j).  2121: 

als  dieses  leid  vergienp, 
sah  ich  den  neuen  slurra  der  in  den  lülten  hieiig, 
und  ganz  Georgien  durch  innenländsche  kriege 
in  flamme  rauch  und  grausi  und  ungeheure  siege 
zu  stürzen  mächtig  war.     A.  Griphils  lt)9s   1,  104. 

INNENMAUER,  f.  mauer  im  innern  eines  gcbäudes,  gegensali 
XU  auszenmauer. 

INNENSEITE,  f.  innere  seile  eines  dingcs:  die  auszenseite 
ist  schön,  die  innenseite  nicht. 

INNENWAND,  f.  tcand  im  innern  eines  gebdudes,  gegensatz 
von  auszenwand:  die  innenwände  des  neuen  hauses  sind  noch 
nicht  ganz  ausgetrocknet. 

INNENWELT,  f.  weit  im  innern  des  menschen:  eine  innen- 
welt  mannigfaltig  und  cigenthümlich.  Bettise  tageb.  13. 

INNEN  WENDIG,  adj.  /«r  inwendig,  auf  der  innenseite :  wie- 
wohl die  weiszen  eier  dennoch  innenwendig  oft  faul  sein. 
polit.  stockf.  10;  innenwendig  schmierte  er  sie  manchmal  mit 
marderdrecke.  213. 

INNENWERDUNG,  f.  nach  innen  werden:  durch  innen- 
werdung  oder  Tersuchung  der  süszikeit  gots.  Keisersb.  Marie 
himelf.  9'. 

INNER,  comparativbildung  zu  dem  adverbium  inne,  ahd.  innor 
und  innero  (mit  nochmaligem  antreten  des  comparativsuffixes  inna- 
r6ro,  innerere),  mhd.  inner,  mit  superlativer  fortentwickelung 
ahd.  innerust,  innüröst ,  mhd.  innerest,  innerst,  in  adjectirer 
und  substantiver  rertcendung.  nebenform  das  innerde  für  das 
innere  bei  Lctbeh:  (das  besprengen  mit  isop)  ist  nur  ein  euszer- 
licher  schein  und  figur,  aber  nicht  die  warheil,  die  dadurch 
bedeutet  ist,  . .  auch  nicht  das  innerde  deiner  Weisheit,  das 
du  (gott)  mir  offenbaret  hast.  1,32';  und  so  haben  die  alten 
lieben  veter  die  Ügur  angesehen  im  alten  teslament ,  und 
darunter  verstanden  das  innerde  und  verborgene  des  waren 
Verstands  und  der  Weisheit  gottes.  ebenda,  prädicative  Stellung 
ist  selten :  fleischlich  im  bfichstaben ,  geistlich  und  inner  im 
sinn.  Frank  weltb.  142';  ebenso  adverbiale,  vgl.  unten  3. 

inner  steht    l)  adjectivisch. 

a)  bezogen  auf  die  innenseite  eines  umschlossenen  oder  um- 
grenzten raumes:  da  fürt  mich  ein  wind  zwischen  bimel  und 
erden,  und  bracht  mich  gen  Jerusalem,  in  eim  göttlichen 
gesiebte,  zu  dem  innern  thor,  das  gegen  mitternacht  stehet. 
Hes.  8, 3 ;  und  er  füret  mich  weiter  durchs  mittags  thor,  in 
den  innern  vorhof.  40,  2S;  mit  dem  innern  tempel.  41,15;  er 
war  mit  einem  gar  langen  rock  bekleidet,  mit  groszen  scha- 
meloten  ermein,  der  schönsten  blauen  färb,  der  innere  rock 
war  grün.  Schüppius  713;  (damit)  die  Stadt  nicht ..  von  dem 
innern  lande  die  bedürfnisse  ziehen  möchte.  Schiller  S65; 
sie  entzogen  sich  durch  auswanderung  in  das  innere  land. 
Schlosser  tceltgesch.  4,493;  ein  unbekanntes  inneres  Afrika. 
J.  Paul  Kampanerth.  20 ;  von  den  bängebirken  auf  der  land- 
zunge  glitt  ein  innerer  regen  nieder.  Tüan  3,  40 ;  der  horizont 
einer  innern  literatur  (im  gegensatz  zur  ausländischen).  Göthe 
46,  262 ; 

al  die  wile  die  bn'idere  gut 
.  hatten  die  inren  burc  beniit 

uiit  meniichen  Sachen,     tirl.  reimchron.  8652; 
nun  aber  waltet  ganz  gewisz 
im  innern  erdenspatium 
pyro-hydropbilacium.    G6tue4,  3S5; 
im  innern  erdenball  pulsiren 
die  kralle.      3S8; 

im  Superlativ:  innerste  hut  am  ingwaid,  siphar . .  innerste  rind 
am  holcz,  suber.  voc.  ine.  theut.  k«*;  warf  sie  in  das  innerste 
gefengnis.  ap.  gesch.  16, 24 ;  füre  in  in  die  innerste  kamer. 
2*0«.  9,2;  die  innerste  schale,  Über  Stieler  890;  bildlich: 

preszt  der  citronc 

saftigen  siern ! 

Iicrh  ist  des  lebens 

innerster  kern.    Schiller  punsditicil. 

b)  in  bezug  auf  das  tcas  mit  der  innenseite  eines  menschen 
zusammenhängt,  gefiihlc,  urtheile,  entschlüsse: 

er  bevalch  st  gote 

mit  innerem  gebete.     gencsis  in  den  fumUjr.  2,65,40; 

der  innere  mensch,  homo  interior,  occultus  interior  ille  cordis 
homo  Frisch  1,4S$';  die  unsichtbaren  äugen  seines  innern 
menschen.  J.  Paul  llesp.  1,72;  sein  innerer,  wie  ein  cherub 
geflügelter  mensch.  250;  ich  sehe  dein  inneres  weinen,  deio 
frommes  sehnen.  73;  die  ganze  innere  und  äuszerc  kraft 
des  Volkes.  Schlosser  ueltgesch.  5,264;  durch  den  strengen 
IV.  u. 


grundsalz  der  eutbehrung  und  innern  unabhängigkeil.  2,274; 
Mithridates  zeigte  äuszere  und  innere  eigenschaften,  die  einen 
groszen  orientalischen  regenten  in  ihm  erwarten  lieszen.  3,54"; 
Arian  zeigte  der  well  durch  sein  beispiel,  dasz  ein  inneres 
leben  und  rein  geistige  beschäftigungen  zu  den  geschäften 
nicht  untauglich  machen.  4,359;  leider  entsprang  jedoch  dieser 
eifer  für  die  philosophie  nicht  sowohl  aus  einem  wirklichen 
inneren  bedürfnis  der  erkenntnis,  als  vielmehr  aus  der  an- 
geborenen eitelkeit  und  unruhe  der  Griechen.  445;  er  glaubte 
daher  auch  alles  aus  innerer  eingebung  zu  wissen.  454 ; 
sei  denn  behutsam!  furcht  gibt  Sicherheit, 
auch  ohne  l'eind  hat  Jugend  innern  streit. 

Shakesp.  Hamlet  1,3; 

der  innere  rath,  die  vertraulich-geheime  berathung:  (bedeutende 
personen,  vnirden)  aber  doch  eigentlich  nicht  in  den  innern 
rath  gezogen.  Götue  30, 5S.  —  im  Superlativ :  du  wirst  w  enig 
ßnden  welche  gegen  ihren  geheimnussen  so  trew  sein ,  und 
ein  so  verbeintes  gemüht  tragen,  dasz  sie  nicht  unterweilen 
ausz  zorn,  unterweil  ausz  boffart,  biszweilen  ausz  innerster  gut- 
willigkeit  gegen  einem  freund,  unterweilen  ausz  Schwachheit 
desz  gemüts  . .  die  innersten  gedanken  desz  gemüts  reveliren 
oder  communiciren.  Schuppics  "63;  umb  willen  des  bundes 
der  innersten  freundschaft,  welche  vor  diesem  ewre  gemuter 
zusammen  geheft.  "72;  dein  innerstes  bedürfnis  erzeugt  und 
nährt  den  wünsch,  die  anlagen  . .  auszubilden.  Göthe  19, 12" ; 
der  fehler  den  sie  mit  recht  bemerken,  kommt  aus  meiner 
innersten  natur.  an  Schiller  i,  1S2;  es  war  zmn  erstenmal  dasz 
jemand  sein  innerstes  herz  vor  mir  aussprach.  Betti.ne  briefe 

1, 273 ; 

doch  meinen  abscheu,  meine  innerste 

gesinnung  hab  ich  tief  versteckt.    Schiller  Piccol.  5, 1 ; 

der  innerste  rath,  der  vertratUeste :  innerste  rat  eins  herren, 
secrelarius.  roc.  ine.  theut.  k6';  als  ..  auch  die  obgnante  rates- 
frunde  seiner  gnaden  rette,  die  dan  am  innersten  dem  hern 
waren,  auch  angelangt  (tcaren).  d.  städtechron.  3,372,13;  du 
kanst  auch  .  .  erkennen  .  .  die  meinung  und  betracbtungen 
(der  leute)  von  den  innersten  freunden,  mit  welchen  sie  öfters 
reden.  Schlppiüs  764. 

c)  in  bezug  auf  Schöpfungen  und  äuszerungen  des  menschlichen 
geistes,  bei  denen  ein  gehalt  der  form,  eine  innenseite  der  auszen- 
seite entgegengesetzt  uird :  der  innere  werth  einer  lillerarischen 
Unternehmung.  Schiller  an  Göthe  1,  2;  dieses  fächerwerk, 
welches  eigentlich  den  innern  begriff  von  poesie  zu  gründe 
richtet.  Göthe  25,93;  die  philosophie  war  also  ein  mehr  oder 
weniger  gesunder  und  geübter  menschenverstand ,  der  es 
wägte,  ins  allgemeine  zu  gehen,  und  über  innere  und  äuszere 
crfahrungen  abzusprechen.  95 ;  der  innere  gehalt  des  bear- 
beiteten gegenständes.  104;  indem  man  bemüht  sein  wird, 
die  Wissenschaft  selbst  durch  den  innern  gehalt  zu  berei- 
chern, ebenda;  die  innere  und  äuszere  geschichle  des  ganzen 
menschengescblechts.  Schlosser  tceltgesch.  2,  275 ;  während 
Augustin,  den  vorzugsweise  die  innere  geschichle  beschäftigt, 
alles  äuszere  nur  im  vorbeigehen  berührt.  4. 592 ;  (indem)  die 
Essäer  mit  der  ausübung  der  lebensgeschäfle  betracbtungen 
und  inneren  gotlesdienst  verbanden.  4,242;  die  innere  kirchc 
ward  der  äuszeren  so  sehr  aufgeopfert.  433;  die  innere  Ver- 
waltung der  regierung.  477;  (da)  die  frühere  slaatsreligion 
ihre  äuszere  form  bereits  verloren  hatte,  und  durch  kein 
inneres  band  mehr  zusammengehalten  ward.  4S3;  die  nach- 
theile des  mangels  an  innerer  Verbindung  des  reiches.  5,  353  • 

denn  die  natur,  aufstrebend,  nimmt  nicht  blosz 
an  grösz  und  sehnen  zu;  wie  dieser  tempel  wachst, 
so  wird  der  innre  dienst  von  seel  und  geist 
auch  weit  mit  ihm.  Sliatiesp.  Hamlet  1,3; 

innere  betrachtung,  tiefere,  gründlichere:    der  gesunde,  aber 
durch  keine  lehre  erleuchtete,  durch  keine  innere  und  ernste 
betrachtung  gebildete  verstand.  Schlosser  1«%.  4,  444. 
2)  inner  substantivisch. 

a)  das  innere,  das  innerste  eines  raumes,  einer  begrenzten 
fläche :  sich  ins  innere  des  hauses  begeben ;  ins  innere  des 
landes  flüchten ; 

'ins  innre  der  natur  — ' 

0  du  Philister! 

'dringt  kein  erscIialTner  geist.' 

mich  und  geschwister 

mögt  ihr  an  solches  worl 

nur  nicht  erinnern : 

wir  denken!  ort  für  ort 

sind  wir  im  innern.    Göthe  3,  112; 

dasz  ich  erkenne,  was  die  well 

im  innersten  zu.<ammenhält.    12,  30; 

134 


2131 


INNER 


INNKH  — INNERHALB 


2132 


war  mirs  nicht  untersagt 
das  innre  meines  kerkers  zu  enthüllen.     Shukesp.  Hamlet  1,3; 
im  innersten  <ler  licbc.sflnmmc  lebt 
eine  art  von  docht  und  schnuppe,  die  sie  dampft.    4,  7. 

b)  d.ns  innere,  die  mcnscIiUclir  brttsly  als  sitz  des  geßhls,  der 
srele,  der  Ituttkraß:  Lessing  ..  gefiel  sich  in  einem  zerstreuten 
wirlhshaus-  und  welllebcn,  da  er  gegen  sein  mächtig  arbei- 
tendes innere  stets  ein  gewaltiges  gegengewicht  brauchte. 
UOtbe  2ö,  iOt!; 

das  Orakel 
in  seinem  inncrn,  das  lebendige  — 
nicht  todte  bücher,  alte  Ordnungen, 
nicht  niodrigte  papiere  soll  er  fragen  (der  feldherr). 

Schiller  Viccol.  1,4; 

das  innerste,  das  tiefste  der  menschenbrusl :  eine  leidenschaft.. 
hatte  sein  ganzes  innerste  auf  die  vollen  wangen  hervor- 
pefriehen.  Görnt:  21.  C6;  diese  unvermutlictc  nachricht  traf 
Wilhelmen  im  innersten.  19,140;  ich  ward.,  so  entschieden 
.ihgewicsen,  dasz  mein  innerstes  sich  zuschlosz.  30,230;  die 
blüsze,  aus  dem  innersten  herausgeholle  Wahrheit  ist  der 
zweck  des  epischen  dichters.  Schilleh  an  Gülhe  1,295; 

wer  ist  so  lief  in  schmerz  versunken, 

dasz  auch  nicht  öines  tricbcs  funken 

im  innersten  der  leeren  brüst, 

des  hauchs  der  frciiiidschaft  wartend,  glimmte?    Götter  1,228  ; 

und  wie  mit  eisenbanden  bleibt  die  seele 

ins  innerste  des  busens  dir  geschmiedet.     Götue  9,  6; 

als  ich  vorhin  sie  stehen  sah,  e^  presste 

der  unmutb  mir  das  innerste  zusammen.    Schiller  Piccol.  1,4; 

kennst  du  mich  so  gut? 
ich  wi'isztc  nicht,   dasz  ich  mein  innerstes 
dir  aufgethan.      2,  5; 

kommt,  setzt  euch  nieder,  ihr  sollt  nicht  vom  platz, 
nicht  gehn,  bis  ich  euch  einen  spiegel  zeig*:, 
worin  ihr  euer  innerstes  erblickt,    bhakesji.  Hamlet  3,4; 
you  go  not,  tili  I  söi  you  up  a  plass 
where  you  may  see  the  inmost  pari  of  you. 

c)  das  innere,  in  bezug  auf  gegenstände  der  einlheilting,  sociale 
einrichtungen,  materien  des  denkens  und  Schaffens  u.  dhnl. :  das 
iiiinisterium  des  inncrn;  ich  sollte  mich  gar  nicht  in  das 
innere  einlassen.  Sciiillek  an  Güllic  1,36;  in  das  innere  der 
Wissenschaft  dringen ; 

wer  dann  das  innere  begehrt, 

der  ist  schon  grosz  und  reich.    Göthr  13,316; 

das  innerste  der  liiinst  blieb  ihm  verborgen ;  ein  volk  auf 
solchen  grad  verunreinigt,  nicht  einmal  in  parteien  gespalten, 
sondern  im  innersten  zerrüttet.  Göthe  30,  18. 

3)  der  snprrl.  innerst  adverbial:  gleich  wie  solche  lianfßc- 
bulzle  apoteckergeschirr  und  weinbüchsen  von  auszcn  häsziicb 
und  graszlich  uberausz  scheinen,  und  doch  zu  inneist  mit 
herrlichem  schleck  und  confecl  seind  geschicket  und  ge- 
spicket. Garg.  19';  wenn  stürme  durch  zweige  und  biälter 
sausten,  ast  und  wipfel  sich  knirrrnd  bewegten,  blieb  innerst 
doch  der  kern  des  herzens  ungeregt.   Göthe  8,274; 

wenn  aus  dem  innerst  tiefsten  gründe 
du  ganz  erschüttert  alles  fühlst.    'Si,  261. 

INNER,  adverbialbitdung  zu  dem  vorigen,  mhd.  innere,  inre, 
inner,  selten  in  adverbialer  veruendung : 

d/>  er  also  vil  inner 

ze  goie  vil  lange  gerief.    Servnt.  1154; 

au^zcr  sind  sie  fälllecht,  inner  ganz  glatt.  FoiiKit  fisclib.  131*; 
getcühnlich,  bis  ins  17.  jh.,  als  praeposilion  gebraucht,  seil  dieser 
zeit  zu  gunslen  von  einfachem  in  oder  auch  innerhalb  vnschollcn. 
l)  local,  mit  daliv,  im  innern  eines  raumes:  es  sei  aiis/.cr 
oder  inner  e.  f.  g.  herrschafl.  Luther  br.  5,31;  auszcr  und 
inner  dem  ofen.  Mathes.  Sdr.  109*;  gestanden  blul  inner  der 
seilen.  Foreb  fischb.  164';  solches  morgens  imd  aliends  inner 
und  auszer  dem  leib  gebrauchen.  Tahernakmont.  728;  der 
könig  solle  seinen  söhn  Ufo  mit  ihres  fürslen  son  inner  den 
hciiranlicn  darimih  (um  das  regiment)  kämpfen  lassen.  Zink- 
CREF  apoplith.  1,439;  er  ist  erzogen  inner  maurcn  eines  weil 
hcrithmlen  rloster».  Lavater  fragm.  l,xvii; 

bald  bind  nie  und  fürt  *ie  allhcid 
beim  in  unver  utarke.ii  schlosz ! 
da  bat«  ein  grniiKl>iiii.<z  weit  und  grosz 
inner  der  brück  uiiier  (fem  ihor. 

i.  Atrkr  302"  (1507,32  Keller), 
wie  musz  fein  croizrs  lierzc, 
Hai  fiber  alln«  gehl,  i>o  weil  die  xboiic  kcrze 
<ler  nonnrn  leuchten  kan,  wie  nium  r.%  inner  »ich 
00  ganz  vergnugi-t  »ein.  UriTi  1,  10; 

diiiz  wa*  ich  von  mir  treibe. 
de«  »Ibemi  warmer  geiti.  wohnt  inner  mir  Im  leihe, 
nicht  in  der  tutzrra  haut.      42; 


wer  seinem  reiche  traut,  herrscht  inner  groszen  bauen.    210; 
Clcpai,  der  so  manches  thier  in  den  magen  hat  begraben, 
hat  nun  auch  ein  warmes  grab  inner  einem  fronien  raben. 

I.OCAU  2,  180,  11; 
Edo  sammlet  allen  schätz,  was  er  zu  und  ein  kau  nagen, 
unter  ein  gedupelt  schlosz,  unter  bauch  und  inner  magen. 

2,  32,  16 ; 
fürstin,  ihr  geht,  wie  e.<i  billicb,  inner  gold  und  seiden  her. 

3,  20,  91 ; 
auch  mit  gcnüiv: 

lasterhaftes  wesen  strafen,  tugendhaftes  thun  belohnen. 
macJit,   dasz   unhcil  auszer  landes,   inner  landes   heil  musz 

wohnen.    2,  15,  40. 

2)  temporal,  innerhalb  einer  zeit,  die  alle  spache  fügte  hier 
sou'ol  den  dativ: 

inre  tagen  zwelven     s6  rüino  ich  miniu  lant.    Nib.  705,3; 
als  den  geniliv: 

inner  des  der  äbciit  quam.  I.icHTEnsTEiii  4ö4,  17; 
auch  nhd.  ist  die  genitive  fiigung  noch  verwendet:  die  schier  yeder- 
man  auszer  und  inner  des  kricgs  gewalt  anlegen.  S.  Fhanr 
chron.  217*;  und  inner  dessen  so  kompt  Joseph  mit  dem  ganzen 
gericht.  Ayrer  jtroc.  2,3;  in  andern  heLipieten  sieht  der  d-iliv, 
oder  es  ist  wegen  formen glcichhed  unentschieden,  ob  geniliv  oder 
dalic:  inner  kurzen  jaren.  Fischaht  bienk.  3*;  und  da  er 
dieselbigen  inner  sechsz  monatcn  nicht  wieder  lösen  würde. 
Kirchhof  uendunm.  284*;  inner  zween  tagesfrist.  pers.  reise- 
bckhr.  3,1;  inner  2  oder  3  jähren.  Schupimus  554;  ihr  söhn 
solle  inner  8  tagen  gehenkt  werden.  Ai'EL  künsll.  unordn.  71 ; 
inner  dreiszig  jähren.  Jon.  MCli.er  Schweizer  gesch.  2,361; 

zweimal  hat  der  Griechen  neid 
die  Dardaner  Stadt  bestritten 
inner  deines  Ichcns  zeit.    Opitz  1,214; 
der  inner  vierzig  janren 
dich  wie  ein  adler  trug.    1''lehii<i6  13; 
so  habt  ihr  mich,  ich  euch  gehabt  und  auch  verroist 
gar  inner  kurzer  zeit.  Logau  1,  189,  97 ; 

schau  ob  es  zu  rathen  ist, 
sol  ich  inner  Jahres  frisi 
meinen  fleisz  zweimalil  zerrciszen? 

Chr.  Wkisr  notm.  ged.  122. 
vgl.  auch  innert. 

INNERHALB,  adv.  inlra;  ahd.  innerftn  halb,  inner  halbe 
(Grafk  4,  884),  «lArf.  inrehalp,  innerhalp,  innerthaiben  ;  es  sieht 

1)  adverbial  in  localcm  sinne,  die  innere  seile  eines  raumes 
bezeichnend:  innerthalb,  inwendig,  inlrinsecus,  inlra,  inlus 
Maai.er  236*;  so  ein  fröjd  fälschlichen  an  geziegl,  wiit  dj 
gylzig  pemi5t  innerlhalb  gemartert.  Gencknbach  n,').  324  ;  den 
schlii.^sel?  zu  unserer  tbüre,  herr  wirlh,  der  steckt  inner- 
halb; wir  haben  ihn  zur  nacht  hereingezogen.  Lessing  1,548^; 

Danowart  der  snelle     stuont  üjerbalp  der  türe. 

er  wert  in  ir  stiege,     swaj  ir  kom  da  füre. 

des  hört  man  w,ilen  hellen     den  beiden  an  der  baut. 

sam  tct  ouch  innerthalben     Volker  von  Kurgonden  lant. 

Ai6.  1915; 
die  praut  stuond  auf  und  bschlasz  die  tür 
inrentalb  vil  gar  ze  slett 
und  legt  sich  wider  in  daj  bett.    ring  43',  41. 

2)  auch,  von  lemporaltr  bedeulung  ausgehend,  zur  andcutung 
eines  leisen  gegensalzes,  wie  unlerde.^sen :  v»ilt  du  aber  disz  büchlin 
selbs  mit  hübschem  worlen  . .  ziern  und  ineren,  ist  uns  lieh, 
innerhalb,  ist  uns,  ob  es  schon  wyder  dich  ist,  auch  lieb, 
das  wir  des  synnes  und  der  mainung  l'anli,  durch  dein  arbait 
herfiir  gebracht  tbailhaflig  sein  worden.  Llthes  vorrede  zu 
Melanchlh.  annol.   lUnn.  1. 

3)  meist  als  praeposilion ,  local ,  oder  in  einem  mm  localen 
ausgehenden  abstraclen  sinne,  der  abhängige  casus  ist  Iheils  der 
datir.  ih'ih  der  geniliv: 

iiü  salicr  inrehalp  dem  tor 

ein  »viiej  weicgadem  siän.     Iwein  0186; 

innerlhalb  gwil.^sen  zilen,  finile  Maaikr  236*;  dessen  geltraurh 
innerhalb  dem  umfange  möglicher  crfahrung  bleibt.  Kamt 
3,353;  die  grenzen,  innerhalb  denen  ..  2,572;  sich  nicht  in 
den  schranken  der  kiinst  hält,  innerhalb  welchen  der  dichter 
zwar  die  data  zu  einem  ge^nählde  her/ählen,  aber  niminer- 
melir  ein  gemählde  selbst  bervorbriiigcii  kann.  Le.xsimg  G,  4S(i; 
der  dichter  .  .  musz  sie  (die  narren)  ni«  hl  in  ihrer  alllags- 
kleidung,  in  der  sriiniutzigen  nachlässigki-it,  auf  das  Ihealer 
bring)>n,  in  der  sie  iniu-rhalb  ihren  vier  piäblcn  herniniräuinen. 
7,98;  innerhalb  dem  kreise  der  physiologischen  färben.  Göthk 
31,260;  die  menschliche  geslnit ,  vorzüglich  da.i  anllilz,  ixt 
noch  naiurgesetzen  in  einen  gewissen  räum  eingeschränkt, 
innerhalb  welchem  es  nur  rcgclmUszig,  charaklcriitisch,  schön, 


2133 


INNERHALB  —  INNERLICH 


INNERLICHEN  — INNIG 


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I 


geistreich  erscheinen  kann.  39, 120 ;  wenn  wir  nicht  .  .  uns 
ins  ganze  dergestalt  versenken,  dasz  unser  thätigsler  ein- 
zelner antheil  innerhalb  dem  wohl  des  ganzen  völlig  ver- 
schwinde. 5S,  218; 

Chloe,  hoffe  nicht,  dasz  innerhalb  dem  kreise, 

der  den  erdbail  von  dem  steruent'eld 

trennt,  die  wonn'  uns  je  ihr  biuimlisch  antlitz  weise! 

WiKLANB  9,  W3 ; 

innerhalb  der  mauren,  intra  muros  Steinbach  1,668;  selbst 
das  poetische  interesse  fordert  eine  solche  varietät  innerhalb 
unseres  strengen  gesetzes.  Schiller  an  Güthe  1, 137 ;  Kepler 
sagte :  mein  höchster  wünsch  ist ,  den  gott ,  den  ich  im 
äuszern  überall  finde,  auch  innerlich,  innerhalb  meiner, 
gleichermaszen  gewahr  zu  werden.  56, 128. 

Ziveifelhaß  ist  der  casus  bei  femininen  im  singular :  innerhalb 
der  mittelmäszigkeit  befindlich.  Kant  8,  9 ;  während  eines 
langen  und  glücklichen  friedens  hatte  sich  eine  literarisch- 
ästhetische ausbildung  auf  deutschem  grund  und  boden,  in- 
nerhalb der  nationalsprache ,  auf  das  schönste  entwickelt. 
GöTHE  30,212;  innerhalb  der  literatur  irgend  eines  volkcs. 
46,262;  innerhalb  der  ästhetischen  geistesstimmung.  Schiller 
an  Güthe  1,  187 ;  was  innerhalb  der  form  liegt.  229. 

4)  auch  temporal:  innerthalb  vierjaren,  intra  quatuor  annos. 
Maaler  236';  innerhalb  wenig  tagen  sterben,  intra  paucos  dies 
mori  Stei.nbacu  1,668;  innerhalb  einem  tage.  Lessing  6,322; 
welches  ich  innerhalb  wenig  tagen  dictirt  hab.  Schüppius  2; 
weil  er  innerhalb  zweien  jähren  expectiren  müsse.  78 ;  inner- 
halb nicht  gar  siebenzehen  jähren.  781 ;  innerhalb  vierzehn 
tagen  .  .  die  Stadt  zu  verlassen.  Schiller  845; 

mhd.  wan  der  winl  ha?te  si  geslagen 
innerhalp  den  ahte  tagen 
in  das  lant  ze  Kurnewäle.    Tritt.  63,28; 

bei  Streckenbestimmungen : 

lät  si  mit  im  ilen. 

inrhalp  zweier  milen 

mugeus  im  gevolgen  niht.    Eracl.  1482. 

INNERLICH,  adj.  internus,  inteslinus.  mhd.  innerlich,  als 
cuiv.  auch  innercliche,  ahd.  inlich  mit  dem  adv.  innelicho;  es 
ist  int  allgemeinen  dasselbe  wie  inner,  namentlich  in  dessen  über- 
tragener bedeutung  (l,b  und  c,  s/).  2129.  2130). 

1)  der  oft  betonte  gegensutz  zu  äuszerlich  hebt  den  sinn  be- 
sonders hervor:  die  innerlichen  kreft  . .  die  uszerlichen  sinn. 
Keisersberg  Wj.  8";  selig  ist  die  vernunft  die  da  gewallig  ist 
über  all  ir  jüngkfrowen  und  knecht,  so  innerlich,  so  uszer- 
lich.  9';  ob  unser  euszerlicher  mensch  verweset,  so  wird  doch 
der  innerliche  von  tage  zu  tage  vernewert.  2  Cor.  4, 16 ;  ich 
beherrschete  meine  seele  und  mein  gemüth,  dasz  weder  die 
euszerliche  noch  innerliche  sinne  zu  frei  herrscheten.  Scnup- 
pius  563 ;  unser  äuszerlich  kleid  ist  ein  rock  von  alten  groben 
tuch,  aber  unser  innerlicher  schmuck  ist,  dasz  . .  pers.  rosen- 
thal  2,  38 ; 

ein  innerliches  weib,  ein  äuszerlicher  mann 
ist  Cordicunuus.  Logau  1,  222,  13. 

2)  innerlich,  in  bezug  auf  menschliche  eigenschaßen,  gefühle, 
Schöpfungen,  einrichtungen ,  wo  es  mit  inner  vertausc/U  werden 
kann ,  und  der  neueren  gewählteren  spräche  zu  gunsten  dieses 
letzleren  fremder  wird  (soweit  nicht  der  fall  unter  3  eintritt) :  dye 
innerlichen  kreft.  Keisebsb.  Wy.  8*;  ker  dich  dan  mit  deinem 
innerlichen  menschen  zu  im.  bäum  d.  sei.  7*;  darnach  . .  als 
die  menschen  noch  mer  innerlich  erlaschen  und  sich  vil  viler 
unwiszenheit  annamen,  sendet  gott  den  Messiam.  Frank  parad. 
(1558)  156";  die  Wort  bitten  {beten)  nicht,  sondern  das  herz 
und  herzliche  Zuversicht  und  innerliche  seufzen.  Weidners 
Zinkgre f  Z,IW;  innerlicher  frost,  gelu  intestinum,  innerliche 
furcht,  tremor,  palpitatio  cordis,  innerlicher  zorn ,  stomachus, 
innerliche  herzeuswunden,  vulnera  animae  Stieler  891 ;  inner- 
licher streit.  Gotter  1,405;  innerlicher  trieb.  3,66;  wer  noch 
ein  redliches  herz  und  einen  tropfen  patriotisches  blut  in 
ädern  hat,  der  kann  dergleichen  frevel  oline  innerlichen  Jam- 
mer nicht  ansehen.  Kabener  sat.  4,50;  {das  werk  war  mir 
wieder)  so  neu,  dasz  es  mich  wieder  mit  seiner  völligen  kraft 
ergriflf  und  die  innerliciisle  rührung  hervorbrachte.  Götbe 
46,  266 ; 

o  komm  hinweg  mit  mir!   entsetzen  ist 

in  meiner  seel  und  innerlicher  zwist.     Hamlet  4,  1; 

Alexander  erstach  in  banketen  sein  innerlichste  freunde. 
Melanchtitons  Daniel  ausgelegt,  deutsch  v.  Jonas  (I54t>)  119;  dieses 
sind  im  kurzen  die  innerlichen  regeln  des  theaters,  welche 
aus  den  begriffen  einer  handlung  und  der  nacbahmuDg  ent- 


stehen. J.  E.  Schlegel  3,292;  hieraus  entspannen  sich  die 
innerlichen  kriege,  welche  dem  käiser  Julius  das  heft  allein 
in  die  band  spielten.  Lohenstei.n  Arm.  1,  5*. 

3)  da  inner  selten  prädicatio  und  adverbial  steht,  so  ersetzt  es 
in  solchen  fällen  innerlich ,  soweit  nicht  die  Umschreibung  im 
Innern  beliebt  wird:  ich  erkannte  den  groszen  fehler,  den  ich 
begangen  hatte  und  war  recht  innerlich  zerknirscht.  Göthe 
23,88;  man  führte  mich  in  Jappachs  wohnung,  wo  mir  das, 
was  ich  sonst  nur  innerlich  zu  bilden  pflegte,  wirklich  und 
sinnlich  entgegentrat.  26, 288 ;  er  genosz  nicht  einmal  das 
glück ,  innerlich  alle  auszulachen ,  weil  er  keine  zeit  dazu 
hatte.  J.  Paul  Hesp.  2, 147 ;  innerlich  müde  und  körperlich 
erschöpft  sehnte  sich  Sulla  nach  ruhe  und  genusz.  Schlosser 
weltgesch.  3,  564. 

INNERLICHEN,  adv. : 

und  dessen  was  er  vor  gethan, 

sich  innerlichen  schämen.    Kkcmark  luslwälJchen  46. 

INNERLICHKEIT,  f:  sodann  kann  die  innerlichkeit  des 
lebens  die  ausdehnung  desselben  so  freigebig  vergüten,  dasz 
eine  todesstunde,  welche  Völker  beseelt  und  begeistert,  ein 
kaltes  thatenloses  jahrzehend  überwiegt.  J.  Paul  ;  in  schrift 
gebrachte  Verhandlungen  .  .  wovon  ein  theil,  der  recht  in  die 
innerlichkeit  der  damaligen  zustände  einführt.  Dahlman.n  ddn. 
gesch.  1,428;  im  plur.  von  den  Innern  seilen  einer  menschen- 
natur:  zu  so  vielen  geheimniszvolleu,  seltsamen  innerlichkeiten 
gesellte  er  den  klarsten  menschenverstand.  Göthe  28, 249 ; 
unser  geselle  Moritz  liesz  nicht  ab ,  .  .  über  die  innerlich- 
keiten des  menschen,  seine  anlagen  und  entwickelungen  fort- 
während zu  sinnen  und  zu  spinnen.  29, 186. 

INNERN,  verb.  erinnern,  mlid.  Innern,  aus  inner  gebildet, 
während  gleichbedeutendes  ahd.  innön ,  mhd.  innen  auf  iune 
zurückgeht;  theils  transitiv,  einen  erinnern,  ermahnen: 

dö  begunde  er  inren 

di  helTammin  sulchir  iist; 

er  sprach :  daj  haUiit  alle  vrist, 

swaj  knehteline  wirt  geborn, 

dem  si  der  tot  von  üch  irkorn.    Jeroscuin  3868; 

Üieils  reflexiv,  sich  erinnern: 

swenne  er  ir  wunuen  inret  sich. 

miiines.  2,  284'  Hagen: 
in   erster    construction   noch   spät   nadtklingend :    einen   innern, 
geinnern   Schm.  1,95  Fromm,    (aus   Heumanns  opuscula  1747); 
jetzt   allgemein   und    wol  sclion  vor  dem  16.  jh.  zu  gunsten  von 
erinnern  {theil  3,  858)  erloschen. 

INNERNACHTSZWIRN,  »».  solcher  zwirn,  der  in  der  zeü  von 
Weihnachten  bis  heil,  dreikönigtag  gemacfU  worden,  rocke nphilos., 
4.  hundert,  cap.  57. 

INNERST,  s.  unter  inner. 

INNERT,  adv.  und  praep.  innerhalb,  vollere  form  ist  inrent, 
inrunt  (Lexer  »nM.tt^ft.  1,1440),  wol  nichts  als  ein  um  schlieszendes 
t  vermehrter  dativ  zu  inner  {wie  mhd.  wilent  aus  wilen  erwuchs), 
alemannischm  quellen  eigen ;  der  nasalverlust  ist  bereits  im  15.  jh. 
eingetreten;  das  wort  ist  heute  noch  bei  schweizerischen  schriß- 
stellern  verwendet,  der  dieselben  güeter  halt  inret  etters  sibeq 
schuh  wit  für  sich  oder  hindersich.  weislh.  4,  270  {Zürich, 
von  1435) ;  innert,  intra  Maaler  236' ;  innert  vier  jaren,  intra 
quatuor  annos,  innert  zwenzig  lagen,  intra  viginti  dies.  236*; 
mit  solichem  groszen  flisz  und  ernst  ward  innert  zehen  jaren 
mängklich  bezalt.  Tschüdi  1,511;  innert  einer  stunde.  Pesta- 
lozzi (1819)  2,70;  ein  gesetz, ..  innert  dessen  schranken  der 
fabrikbesitzer  seine  Ordnung  aufstellen  kann.  Schweiz,  greui- 
post  1876  no.  133; 

ein  wachsames  gefühl  liegt  innert  uns  verborgen. 

IIallcr  Schweiz,  i/ed.  135  (sfäler  in 
in  uns  selbst  ijeändert). 

INNIG,  adj.  und  adv.  intimus,  intime,  amanter;  ahd.  durch 
innigllh,  adv.  innigikho  bezeugt,  mhd.  innec;  intimus  yonick 
UiEK.  305*.     es  steht  in  mehreren  beztehungen. 

1)  im  innern  wurzelnd,  nicht  blost  an  der  auszenseite  haßend, 
innerlich:  innig  arbait,  nisus  usus,  cultus,  exercttium  Schm.  1,95; 
das  ich  darumb  trag  ein  inichs  leiden, 
das  ich  nit  mer  soll  dienen  aiuer  fraueo. 

l'CTERiCH  in  Haupts  teilschr.  C,  36,  24 ; 
ein  von  uns  unterschiedenes,  aber  doch  innigst  {d.  h.  im 
gewissen)  gegenwärtiges  heilige»  wesen.  Kant  5,274;  leben  ist 
also  .  .  Wirkung  einer  innigen  kraft,  mit  dem  tiefsten  genusz 
und  bestreben  einer  beharrung  verbunden.  Herder  gott  (1787) 
242;  wir  sahen  die  iniszliclicn  folgen  bei  den  groszen  hinder- 
nissen  zu  deutlich;  und  erkannten  inzwischen  innig,  dasz 
die   nalur   unter  allem  bürgerlichen  Verhältnis  bei  meuscbeu 

134* 


2135 


INNIG  — INNIGKEIT 


INNIGLICH  — INNUNG 


2136 


von  reiner  empfindung  und  klarem  begriff  immer  durchgeht, 
trotz  allen  geseUen.  Heinse  Ardingh.  1,  121 ; 

sie  (die  bei  miemon  und  Baiicis  einkehrenden  götlet)  lesen 

in  des  treuen  paares  Zügen 
die  innige  verlegeniieit, 
so  stattlichen  besuch  nach  würden  zu  vergnügen. 

GOTTKK  1,  275. 

als  gruszformel  an  eine  innerlich  verbundene :  adieu  meine  beste, 
einzige,  innigste.  Götiie  an  frau  v.  Stein  2,  "4. 

2)  in  der  neuern  spräche  häufig  als  edles  Kort  für  liefe  empfin- 
dungen,  wo  es  zunächst  an  mhd.  innec  andächtig  (Lexer  1,143J») 
anschlieszt :  innige  liebe,  arclissima  vincula  amoris  Steinbach 
1,  S13 ;  inniges  gebet  Frisch  1,  4SS' ;  so  umschlang  uns  beide 
das  band  einer  vertrauten  und  innigen  freundschaft.  Heinse 
Ardingh.  2,  342 ;  eine  süsze  und  innige  behaglichkeit.  Schju-er 
an  GOlhe  1,42; 

und  lief  bewegten  gesänge 
des  herzens  innigsten  grund.    Göthb  1,  104; 
wenn  die  gölter,  du, 
die  deinigen  und  well  und  liimmel  all 
sich  ein  innig  ganzes  fühlten.    33,  217; 
als   adverb:    diesem,   der   den   kasernenmedikus   Kuhlpepper 
wegen  seiner  stolzen  grobheit  . .  inhig  haszte.  J.  Paul  Uesp. 
2,54;    die   idylle    hat   mich  beim  zweiten  lesen  so  innig,  ja 
noch  inniger  als  beim  ersten  bewegt.  Schiller  an  Göthe  1,151; 
was  vermag  ich  auch  vor  dir  als  nur  dich  innigst  anzusehen. 
Bettine  br.  1,239; 

innig  gerührt,  gerühret  in  seiner  ganzen  seele 
war  Bethoron.  Klopstoce  «,  91 ; 

wir  herzten,  wir  drückten,  wie  innig,  wie  warm, 
und  wiegten  uns,  eia  popeia !  im  arm.     Bürger  59"; 
gar  innig  ward  Sarpedon  dessen  froh.    Iü6'; 

und  wandtest 
ielbst  den  thränenden  blick,  innig  getäuschet,  hinweg. 

Götur  t,  316; 

mit  nammenschrifi  war  innigst  eingeschrieben 
Petrarcas  brüst  vor  allen  andern  tagen 
charfreitag.      2,  18 ; 

s'ist  ein  ziel 
aufs  innigste  zu  wünschen.    Shakesp.  Hamlet  3,  1. 

die  Verwendung  von  innig  als  prädicatives  adjecliv  ist  im  ganzen 
selten:  der  jüngling-dichter  soll  lieben,  bewundern,  beten, 
weinen  und  innigst  sein.  J.Paul  yrönl.  proc.  l,xiii. 

3)  innig,  von  dingen:  luft  und  sonne  scheinen  die  Ursachen 
zu  sein,  welche  auf  die  zengungskraft  innigst  einflieszen. 
Ka;«t  10,33;  die  opern  unterhalten  mich  nicht,  nur  das  innig 
und  ewig  wahre  kann  mich  nun  erfreuen.  Göthe  29,213;  das 
innigste  geflecht  der  verschiedensten  Systeme  hört  auf  als 
iabyrinth  den  geist  zu  verwirren.  50,26;  da  ich  bei  vieljah- 
riger  forschung  über  die  innigste  entstehung  und  über  das 
ausgebreitete  erscheinen  der  farbenweit  meine  äugen  nicht 
geschont.  29. 

4)  innig,  in  beztig  auf  den  teufet,  in  allen  quellen :  die  betlel- 
orden  habe  der  ynnig  teüfel  erfunden.  S.Frank  c/ir.  1531  407'; 

da  schlah  innig  der  teufel  zu!    fastn.  $p.  177,  1. 

INNIGEN,  verb.,  nach  innig  2,  die  empfindung  verliefen: 
dagegen  lockt  mein  garten  .  .  zu  jeder  freundlichen  stunde 
mich  an ;  dort  gelingt  mirs  mich  zu  sammeln  und  zu  manchem 
guten  hervorbriugen  mich  zu  einigen  und  zu  innigen.  Gothe 
an  Zelter  5S7. 

INNIGERGRIMMT,  adj.: 

bell  erklaneen  die  pfeil  an  der  Schulter  des  innigergrimmten. 

Borger  186*. 

INMGINNERSTES,  n.  das  tiefste  herz:  durch  mein  innig- 
innerstes durchglühte  mich  das  Wonnegefühl:  sie  liebt  mich. 
GCthe  ig,  179. 

INNIGKEIT,  1)  nach  innig  1,  innerlichkeit ,  innerstes  wesen: 
man  sag  den  menschen  guts  was  man  wdll ,  so  ist  ir  herz 
unsaftig  in  aller  innigkeit.    Keisersberc  bäum  d.  sei.  7*. 

2)  nach  innig  2,  in  der  altern  spräche  andachl  I.f.xer  wb. 
1,1438:  so  stund  he  dennfe  an  dem  köre  mit  gr)des  vrurhicn 
in  groter  innichheit.  d.  slädlechron.  7,01,18;  neuer  iibrrhaupl 
von  der  tiefe  der  empfindungen :  wie  will  der  wellniann  bii 
deinem  zerslretilen  leben  die  innigkeit  erhallen ,  in  der  ein 
kQnstler  bleiben  musi,  wenn  er  etwa»  vollkonmuMies  hervor- 
zubringen denkt.  Götnit  19,20;  indessen  reconmiandirt  diese 
gedirhie  wie  ich  schon  gesagt  habe,  eine  gewisse  lieblichkeil, 
innigkeit  und  m9szigkeil.  an  Schüler  1,327; 

die  alter  i«l  die  bexle,  die  licli  fremdet 
anri^nrn  kann  inil  wähl,  an  ihrem  herzen 
«<  trtgl  und  pflegl  niit  Innigkeit  und  liebe. 

SCHILLIR  Piicol.  3,  8 


INNIGLICH,  adj.  und  adv.  wie  innig,  in  der  altern  spräche 
häufiger  als  dieses  verwendet. 

1)  innigklich  oder  innenklich,  ganz  und  gar  das  innerst, 
intimus  Maaler  236';  Gotthart  fragte,  warum  dann  die  bade- 
giisl  den  quall  {quell)  inniglich  so  heisz  als  sie  es  ertragen 
könnten,  zu  sich  nehmen  und  doch  nicht  in  der  gefalir 
stünden  als  euszerlich?  Ettner  nicrf.  mau/a/Je  (1694)  522 ;  seine 
{des  Wassers)  kraft,  die  inniglich  den  magen  und  die  gedärme 
reiniget,  ebenda;  die  einnehmnng  durch  den  geruch  ist  noch 
inniglicher,  als  die  durch  die  einsaugenden  gefasze  des  raundes. 
Kant  10,159. 

2)  gern  in  bezug  auf  tiefe  empfindungen  :  innigklich,  flündl- 
lich,  von  grund  des  herzens,  familiariter,  medullitus,  intime, 
conjunctc.  Maaler  236*;  innigklich  und  einbrünstigklich  lieben, 
conjuncte  amare.  ebenda;  einsi  tod  innigklich  und  gfttigklich 
leiden  und  tragen,  familiariter  ferre  mortem  alicujus.  ebenda; 
inniglich  bitten,  serio  rogare,  ßagitare.  Stieler  890;  sie  lieben 
sich  inniglich,  cordicilus,  vulgo  cordintime  se  complectuntur  amore 
mnluo.  ebenda;  innigliches  gebebt,  devotissima  et  ardentissima 
oratio.  891;  innigliche  freundschaft,  intima  et  conjunctissima 
amicitia.  ebenda;  mit  inniglichen  seufzen,  pers.  roxen/A.  8, 143; 
die  gute  frau  seufzete  inniglich.  6,2;  ob  ich  nun  gleich  von 
allem  diesem  inniglich  und  fesliglich  überzeugt  bin.  Shakesp. 

Hamlet  2,2; 

mein  herz  vor  laide  prist, 
vor  ynneciichen  leide,    flälilerin  5'; 
das  sehnen  und  das  meiden 
bringt  innigklich  herzleiden.    H.  Sachs  1,433'; 

menschen,  die  ich  liebe, 
und  inniglich  mich  wieder  lieben.    Gökinck  3,  198. 

3)  inniglich,    im  folgenden  soll  wol  in  sich  gekehrt  bedeuten 

wie  ist  dein  liehe  braut  so  bleich 

als  ob  sie  ein  kindieiii  hab  gezeugt. 

wie  ist  sie  also  inniglich 

als  ob  sie  eins  kindleins  schwanger  sei! 

Uhland  vitlksl.  278. 

4)  inniglich,  nur  verstärkend,  sehr,  äuszerst:   die  fraw  also 

inniglich  schön  war.    Bocc.  1,88';  vgl.  mhd. 

wan  er  vor  liehe  weinde 

vi!  sere  und  iuiiecliche.     Engelhart  6421. 

INNIGLICHEN,  adv.:  die  frauw  fieng  an  gar  innicklichen 
lachen.  Wickram  rollw.  80,6;  da  begundl  er  gar  inniglichen 
erseufzen,  buch  d.  liebe  273'. 

INNIGUNG,  f.  inniges  zusammenschlieszen :  so  war  ein  eigne 
bruderschaft  oder  verwandtnus  zwischen  tafelnbrüdern ,  die 
mit  einander  zu  tische  giengen.  daher  das  schöne  alte  Sprich- 
wort blieben:  salcm  et  mensam  ne  violes,  es  sol  niemand 
das  tafelrecht  und  die  salzinnigung  brechen.  Mathes.  Siir.  131*; 
übrigens  blickt  man  in  ein  wunderliches  gewirre,  wenn  man 
in  die  verflcchlung  der  politischen,  moralischen,  kunsl-,  hand- 
werks-  und  wisscnschaftswelt  hineinsieht,  alle  vortheile  und 
nachtheile  zu  einer  zeit  in  allen  ßichern.  alles  was  ausdeh- 
nung  und  Vermehrung  erleidet,  vortrefflich!  was  innigung  und 
einigung  bedürfle,  nahe  dem  Untergang.  Göthe  an  Zeller  246. 

INNOTEN,  s.  ignote. 

INNUNG,  f.  Verbindung,   Zusammensein  innerhalb  ^iner  um- 
schlieszung,    mhd.  innunge,   nach   dem   verbum  innen  sich  an- 
schlieszen,  innig  verbinden  (Lexer  wb.  1,1440.1442): 
nun  halt,  o  liehende  gesinnung, 
die  ring  in  unzerbrochner  Innung.    RBcikri  220 ; 

schon  früli  aber  auf  die  enge  Verbindung  und  corporatite  einigung 
von  berufsgenossen,  vornehmlich  handwerkern,  eingeenyt:  qiii  antea 
de  corpore,  innunge  diclo,  coruin  (|ni  in  valle  opeiautnr  et 
ncgotiantur  {d.h.  in  der  innung  der  Hullischen  saltwirker),  non 
fuerit.  urk.  von  1276  bei  IIhkvhaupt  Saalcreys  2,425;  innung, 
collegium,  societas,  die  innung  der  kräuier,  cotlegium  mercatorum 
Steinrach  1,813;  weil  ein  jedes  handwerk  und  innung  für 
sich  seine  gewisse  und  verfaste  Ordnung  hat.  d.  stadt  Leipzig 
Ordnungen  1701  s.  191 ;  wer  darf  sich  in  die  burhhandlung 
nicht  mischen?  seit  wenn  ist  der  burhliandcl  eine  innung? 
welches  sind  seine  aussrhiieszenden  Privilegien?  Lessinc  7,400; 
es  hciszt  in  die  innung  aufgenommen  werden ,  in  die  innung 
treten,  die  innung  aufgeben;  wann  aber  eine  lorhter  au»  der 
innung  heiraten  ..  würde,  der  ttadt  Uipsig  i>rdn.  Iso;  die  in- 
nung gebrauchen,  der  mit  ihr  verlmndcnen  rechte  sich  bedienen : 
so  soll  dessen  {eines  kramers)  willili,  so  lange  sie  ihren 
wittbenstaiid  unveirucki  behüll,  sich  der  crninerci  und  in- 
nung zu  brauchen  liefugt ,  sobald  sie  »ich  aber  ausierhalb 
der   innung  verchlicht,   dersclbigen  ganz  verlustig  sein.    17». 


2137     LNNUNGS  ABSCHIED  —  INSAMMLUNG 


INSAMMT  —  INSCIIRIFTENSAJIMLUNG     2138 


Innung  auch  die  gesamtheit  der  zu  einer  solchen  gehürigen  fer- 
sonen :  die  inniing  tritt  zusammen,  bescblieszt ;  ihre  einkünße, 
tgl.  Haltals  1030 ;  ihre  Satzungen :  innungen  statuta  opificum 
Stieler  369.  bei  neueren  auch  in  freier  Verwendung :  die  löb- 
licbc  innung  der  sämmtlichen  könige  im  Elysiuni.  Wieiand 
28, 264  (244) ; 

'was  willst  du  dasz  von  deiner  gesinnung 

man  dir  nacti  ins  ewige  sende?' 

er  geborte  zu  keiner  innung, 

blieb  liebhaber  bis  ans  ende.    Götbe  3,255; 

Moser  braucht  innung  für  eine  politische  kürperschaß:  seitdem 
alle  solcbe  kleine  geuieinschaften  in  einen  Staat  erwachsen, 
kömmt  es  ihm  (dem  landesherrn)  zu ,  dafür  zu  sorgen ,  dasz 
sie  ibren  vortheil  nicbt  zum  nachtheil  des  ganzen  suchen, 
allein  dieses  bei  seile  gesetzt,  ist  er  in  solchen  lallen  blos 
richter  und  nicht  landesherr,  und  der  Verlust  seiner  bruch- 
fälle darf  ihm  kein  recht  geben,  sich  den  löblichen  absiebten 
einer  solchen  innung  zu  wi<iersetzen.  osn.  gesch.  1, 20. 

Das  Wort  hat  seine  heimat  in  Mittel-  und  Siederdeutschland, 
oberdeutsch  ist  es  unbek'tnnt  und  durch  zunft  ersetzt,  vgl.  auch 
einung. 

INNL'NGS.\BSC{1IED ,  m.  abschied  einer  innung,  hier  einer 
politischen  körperschaß:  gemeiniglich  führen  dergleichen  in- 
nungsabschiede  den  namen  von  sprachen  oder  abreden,  und 
sind  die  bauerspracben,  bauergerichte,  heckensprache  und 
andre  bekannt.  Moser  osnabr.  gesch.  1, 20. 

INNüiN'GSBElSITZER.  tu.  beisitzer  im  vorstände  einer  innung. 

INNÜNGSBOTE,  m.  böte  im  dienst  einer  innung. 

INNUNGSBRIEF,  m.  Urkunde  über  die  rechte  und  satzumjen 
einer  innung. 

INNUNGSGELD,  n.  geld,  Steuer  von  innungsgenossen  zu  in- 
nungszwecken  aufgebracht. 

liNMJNGSLADE,  f  lade,  archiv  einer  innung. 

INNUNGSMEISTER,  m.  meisler  einer  innung:  bürgermeister, 
rathsmann,  innungsmeisler  der  alten  Stadt  .Magdenburg.  reichs- 
tagsabschied  von  Augsburg  1551  §  16;  smabeit  sol  man  richtin 
und  ubilhandelunge  nach  den  personen  an  den  dy  smabeit 
geschyt,  alj  an  fursten,  an  herren,  an  richter,  an  schepfen, 
an  purgirmeister,  an  ralmannen,  an  gesworin  innungismeister, 
an  einen  iclichen  statdiner  na  seinem  amechte.  Magdeburger 
blume  2,2,249. 

INNUNGSPFENMNG.  m.,  nie  innungsgeld. 

INNUNGSSCHREIBER,  m.  Schreiber  im  diensle  einer  innung. 

INNüNGSVERSAMMLUNG,  /".  Versammlung  der  mUglieder 
einer  innung. 

INNUNGSVERWANDTER,  m.  verwandter,  angehöriger  einer 
innung:  den  hiesigen  cramer-innungs-verwandten.  der  Stadt 
Leipzig  Ordnungen  1701  s.  1S2. 

INRAUM,  m.  innenraum,  innerer  räum. 

INREISZEN,  verb.  ßr  einreiszen:  dasz  wo  alamodo  inreisze, 
allda  die  tugend  abreisze,  oder  wol  gar  verreisze.  Weid>ebs 
Zinkgref  3, 103. 

INS,  Verschmelzung  der  praep.  in  mit  artikel formen  {vgl.  vnter 
in  sp.  20S3);  steht 

1)  für  in  das; 

mittl.  von  Ringen  künic  Hertnit 

gescbicket  was  inj  ander  teil.  Engelliarl  2691 ; 
nhd.  deszgleicben  soltu  auch  deinen  nähslen  liebhaben  bisz 
ins  end.  Keisersberg  prerf. /e«/5f//  116*;  ich  schlug  endlich  die 
bibel  auf,  da  kam  mir  alsbald  ins  gesicht  der  sprach  s.  Pauli. 
ScBCPPiüs  262;  stieg  ich  zu  ihm  ins  grab  hinunter.  Simpl. 
1,45  Kurz; 

ihr  führt  ins  leben  uns  hinein.    Göthb  18,218. 
vgl.  auch  die  unten  folgenden  zusammenrüekungen  insbesondere, 
insgeheim,  insgesamt,  insgemein  «.  a. 

2)  für  in  des,  ifie  mhd.  ins  (Lexer  wb.  1,1442): 
Benj.  wo  soll  ir  hin,  lieb  muter  mein? 

Sus.    ach  liebes  kind,  ins  todes  pein! 

Rebhuh;«  in  Tittmanns  schausp.  1,  "2,  182; 
ins  teufeis  namen  I;  er  kommt  ins  teufeis  kücbe; 
begab  sich,  das  derselbig  pell 
^schlagen  ward  und  kam  m  die  hell, 
ms  teulels  kuchen.     Waldis  hsop  4,  12,  33. 

INSAMMLUNG,  f.  «i'e  einsammlung,  ernte:  wenn  er  denn 
nur  einmal  recht  darinnen  (m  ackerbau  und  Viehzucht)  ist 
unterrichtet,  so  können  diejenige,  welche  seine  Sachen  zu 
verwalten  unter  bänden  haben,  ihn  schwerlich  weder  in  der 
insamlung  noch  auch  in  der  verkaufung  seiner  waaren  be- 
triegen.  Rist  adel.  hausvatter  (1650)  179, 


INSAMMT,  ade.  zusammen:  vermahnet  und  bittet  häupt- 
und  andere  kriegsleut  insampt  und  darmit  auch  jeden  in- 
sonderheit. KiRCBBOF  mil.  disc.  63. 

INSASSE,  m.  der  innerhalb  einer  gemeinde  oder  eines  Hauses 
wohnung  hat,  mhd.  insae^e;  der  ortseingesessene:  welher  das 
recht  im  gericht  zuo  Niderbüren  anrütft ,  er  sy  gast  oder 
insesz.  weisth.  1,219  {st.  Gallen,  von  1469);  der  mietsmann:  es 
seien  eigen  hausgenossen  oder  insessen.  Tücher  baumeisterb. 
232,8;  bei  den  neueren  auch  freier:  der  du  lieber  leisen,  als 
lauten  trittes  die  gefilde  des  edleren  wissens  durchwandelst, 
aber  dennoch  ein  reicherer  und  mächtiger  insasse  bist,  als 
viele  der  lautesten  schwänner  und  lärmer.  Bürger  287* ;  sitzt 
man  einmal  da  (im  köpfe  der  riesenstatue),  in  solchen  gehirn- 
kammern  mit  seinen  eignen,  so  ist  kein  fürst  glücklicher  als 
der  insasse.  J.  Paul  biogr.  belust.  1,  37 ;  der  insasse  eines 
Wagens,  passagier  ; 

nun  noch  in  diese  kammer  tritt  — 
ein  einzig  fenster  giebt  ihr  helle! 
starr,  wie  ein  Steinbild  von  granit, 
dasteht  der  insasz  dieser  zelle! 

Freiligratb  dicht.  3,  64. 
vgl.  einsasse. 

INSATZ,  m.,  vie  einsatz  {theil  3  s.  265  no.  5),  pfand,  Ver- 
pfändung: dasz  alle  solcbe  pfandtscbaften  und  insätze  nicht 
andersz  geschehen  noch  auch  angenommen  werden  sollen, 
dann  mit  ausztrucklicher  erklärung  desz  bandeis,  und  dessen 
umstände,  warumb  solche  pfandtscbaften  oder  insätze  ge- 
schehen. Frankf  reform.  (1568)  n,  17,  13;  da  nun  jemant  in 
unser  statt  seine  fahrende  haab  g.nnz  oder  zum  theil  einem 
andern  auf  jetztgemeldte  weisz,  einsetzen  wil,  solcher  insatz 
soll  geschehen  vor  zweien  unsern  geschwornen  richtern.  14. 
INSBESONDERE,  adv.  aus  in  das  besondere  zusammen- 
geflossen, eine  ausnähme  votn  allgemeinen  anzeigend,  eximie,  prae- 
scrtim.  es  scheint  vor  dem  IS.  jahrh.  in  der  schrißsprache  nicht 
aufzutauchen,  vermutet  wird,  es  sei  nachbitdung  des  franz. 
en  parliculier,  vgl.  unter  in  sp.  2097;  älter  ist  daßr  insonder- 
heit, insonders  {s.  d.) :  ich  habe  überzeugende  beweise  davon 
{von  der  vorsorge  gottes),  für  die  ich  dem  himmel  insbesondere 
danken  würde,  wenn  ich  glaubte,  dasz  man  ihm  nur  für  das 
gute  danken  niüszte.  Lessixg  12,  19  {von  1751);  die  strenge,., 
womit  er  aus  der  natur  des  gedichts,  und  des  trauerspiels 
insbesondere,  seine  unverrückbare  form  ableitet.  Schiller 
an  Güthe  1,  305 ;  um  euch  insbesondere  zu  sprechen.  Shakesp. 
Hamlet  3,2; 

Hafis  insbesondre  schaffet  ärgemisse.    Götbe  5,  33. 
INSCHLINDEN,   verb.    ßr   einschlinden,    einschlingen  {theil 
3, 27S):  eh  du  nieszwurz  oder  sonst  einer  purgaz  nur  zween 
scrubel  inschlundest.  Hctte.x  5, 170  Manch. 

INSCHLITT,  n.  nebenform  zu  unschlitt  {über  die  forment- 
wickelung  s.  dort):  inslet  sepum  Dief.  52s';  ei  da  hab  ich  mir 
die  bände  am  inschlitt  beschmiert.  H.L.  Waoer  kinderm.'i; 
inselt  schreibt  Logau,  der  ausspräche  seines  landes  gemäsz, 
wofür  wir  itzt  inschlitt  oder  unschlitt  schreiben.  Lessing 
5,326;  wetterauisch  inscblichl.     s.  auch  inselt. 

INSCHLITTLICHT,  n..-  sist  ein  bund  inschlittlicbter,  die 
am  fenster  hängen.  Fr.  MCller  2, 148. 

INSCHLUSZ,  ni.  wie  einschlusz  3  th.  3, 2S0:  ich  habe  einen 
brief  an  B.  mit  einem  inscblusse  an  sie  gesendet.  Rabener 
werke  6,119;  ich  sende  dieses  durch  innschlusz.  152. 

INSCHRIFT,  f.  das  wo  eingeschriebene ;  ein  altes  wort:  zeiget 
mir  den  pfenning:  wes  bilde  und  inscrift  hdt  her?  Behaims 
ev.-buch,  Luc.  20,24;  das  aber  in  den  Wörterbüchern  des  17. 
und  iS.  jalnhunderts  bis  au/"  Adelung  nicht  aufgeßthrt  wird  und 
erst  um  diese  zeit  erneuert  wird ,  in  bezug  auf  das  epigramm : 
man  hat  das  wort  epigramm  verschiedentlich  übersetzt :  durch 
Überschrift,  aufschrift,  innschrift,  sinnschrift,  Sinngedicht, 
u.  s.  m.  Lessinc  8,425;  aufschrift  und  innschrift  müssen  sich 
begnügen,  das  zu  bedeuten,  was  das  epigramm  in  seinem 
Ursprünge  war.  ebenda;  aber  auch  sonst:  Inschrift  auf  einem 
steine;  die  Inschrift  einer  münze,  eines  gerütes;  eine  alte  In- 
schrift entziffern;  verschiedene  alle  innscbriflen  {in  tempeln).. 
in  welchen  eines  pontilicis  Vestaj  gedacht  wird.  Lessing  6,439; 
die  Inschrift:  gedenke  zu  leben!  ist  trefflich,  und  wird  es  noch 
vielmehr,  da  sie  an  das  verwünschte  memento  mori  ei innert 
und  so  schön  darüber  triumpbirt.  Schiller  an  Göthe  l,  I6">; 
die  inschrift  {eines  carneol'^)  aber  bat  nichts  hinler  sich. 

Uöthr  5,  6. 
INSCHRIFTENKUNDE,  f 
INSCHRIKTENSAMMLING.  f 


2139 


INSCHRIFTSPRACHE  —  INSEL 


INSEL  —  INSELFESTÜNG 


2140 


INSCHRIFTSPRACHE,  f.  kurze,  kräßige  spracht,  wie  auf 
inschrifleti :  die  winke,  die  der  dichter  hier  uiiscriu  lieben 
deutschen  vater-  und  dicliterlande  in  der  wahren  inschrifl- 
sprache  gibt,  sind  su  wichtig,  dasz  sie  als  niottos  vor  künf- 
tige dunciaden  und  kritisclie  wälder  gesetzt  zu  werden  ver- 
dienen.  GÜTUE  33,  Ct. 

INSEKT,  n.  kerbthier,  nach  dem  lat.  insectuni,  im  vorigen 
jahrbuudert  erst  allgemein  aufgenommen,  mit  dem  plur.  insekten, 
während  bei  Fbisch  1,48S'  noch  insecte,  inseda,  Ungeziefer  siebt: 
betrachtung  verschiedener  zu  unserem  vergnügen  belebten  in- 
seclen.  Bhockes  4,201 ;  in  meinen  beobachlungcn  über  pflanzen 
und  insekten  habe  ich  fortgefahren.  Göthe  an  Schiller  1,200; 
bUdUch: 

sagen  sie 
ihm,  dasz  er  für  die  träume  seiner  juxend 
soll  aclitung  tragen,  wenn  er  mann  sein  wird, 
nicht  offnen  soll  dem  tödtenden  insekte 
*    gerühmter  besserer  Vernunft  das  herz 

der  zarten  götierblume.     Scuiller  Carlos  4,  21 ; 

für  einen  niedrigen  menschen:  das  inscct  hat  das  stechen  wieder 
nicht  lassen  können,  an  Göthe  1,220;  fy/.  auch  insektenseele. 

INSEKTENBLUME,  f.  ophrys  insectifera.  Nemnich  4,  770. 

INSEKTENUIEB,  «i.  ptinus  für,  eine  käferart.    das.  4, 10S2. 

INSEKTENKABINET,  n.  kabinel,  Sammlung  von  insekten. 
i.  Paul  jubeisen.  C. 

INSEKTENLEHRE,  f  entomologia. 

INSEKTENSAMMLUNG,  f 

INSEKTENSEELE,  /". ;  frei  wie  ein  mann  will  ich  wählen, 
dasz  diese  insektenseelen  ain  riesenwerk  meiner  liebe  hinauf- 
schwindeln.  Scuiller  kab.  u.  liebe  2,5. 

INSEKTENSTICH,  m.  stich  eines  insekis. 

INSEKTENZ.\NGLEIN,  n.  kleine  zange  zum  ergreifen  von 
insekten,  behufs  Untersuchung  oder  einordnung  in  die  Sammlung : 

ich  kann  nicht  mehr  —  hier  ist  das  mikroskop, 
hier  das  insektenzanglein  ~  reiche  mir 
die  fliegenklappe.      Stolbehc  3,  85. 

INSEL,  f  insula.  die  form  isila,  in  welcher  dieses  lehnwort 
zufrühest  im  ahd.  erscheint:  zesamine  habig  lant  üjjerönhalp 
meres  heijet  continens.  dana  gesceidenej  in  mari  aide  in 
stagnis  heijet  insula,  isila.  Notker  ps.  90,1,  zeigt,  dasz  hier 
jedenfalls  zunächst  nicht  enllehnung  aus  der  büchersprache  auf 
gelehrtem  wege  statt f an d ,  sondern  dasz  das  wort  von  Süden  her 
durch  vnkehr  mit  den  liomanen,  die  den  nasal  unterdrückten 
(ital.  isüla),  über  Alemannicn  eingedrungen  ist.  die  form  isele 
ist  auch  noch  mhd. : 

der  künec  von  Marsilien 
fuort  üi  siner  iscien 
niun  tüsent  huckeläre.    Rot.  96,  17 ; 
BÖ  hat  ouch  der  von  Tenemark  der  iseln  vil  besehen. 

minnes.  2,  88',  15  Hagen; 

aber  sie  verliert  sich  gegen  die  form  insule,  insele,  insel,  die 
durch  einfiusz  der  lateinischen  Schriftsprache  aufkommt,  auch  ein- 
heimische Wörter,  wie  einhint  {vgl.  unter  eiland  th.  3, 105)  ver- 
drängend, insul  wird  bis  int  1$.  jahrh.  gesagt;  vergl.  die  belege 
unten. 
insel  steht 

1)  im  eigentlichen  sinne:  insel,  insula,  vnlg.  werde,  medi- 
amnis.  voc.inc.tlieut.Vt*;  die  insel,  londtschaft  die  aller  dingen 
im  wasser  ligt,  insula  Maaler  23"*;  nich  dem  da;  her  (Johannes) 
in  der  insulen  Patbmos  da?  buch  der  heimelikcit  hat  gescriben. 
Behaims  evangel.-buch  s.  179  llechstein;  wir  kamen  aber  an  eine 
insulen,  die  heiszel  Clauda.  ap.  (;ejcA.  27, 10;  wir  müssen  aber 
anfaren  an  eine  insulen.  2C;  da  wir  auskamen  erfuren  wir, 
das  die  insulen  Melife  hies.  28,1;  die  insulen,  die  von  den 
Griechen  sind  Elerlrides  geheiszen.  MicrXlius  all.  I'omm.  1,0; 
die  insel  oder  halbe  insel  aufm  Samland.  ebenda;  und  bat 
Tacitns  von  diesen  gemellen  Völkern  allen  nichts  zu  merken 
K'fhniil,  als  das  sie  in  einer  insul  an  dem  meere  gelegen.  21  ; 
unweit  den  inoluccischen  insulen.  Simpl.  2,  lfi3  Kurz;  waren 
(die  Niederländer)  hernuch  nicht  content  mit  ihrrn  Itindern, 
sondern  suchten  neue  insuln ,  neue  länder.  Sctiuepius  3S4 ; 
die  stattliche  insul  Egypten  hat  in  sich  den  herrlichen  ström 
Nilus.  4(W;  von  den  Inwohnern  der  insul  Tapruhana  und 
Snmairn.  acerra  phiM.  {\1\\)  yn ;  die  insel  der  heiligen  Clara. 
G.tTHE  27,105;  am  ufer  einer  insel.  131; 

ein  kleinlu  Iniel  in  dem  mer, 

dem  stiid«  lA  nAhcn.     I'H'.I.  170,  9 ; 

oder  alt  wan  Trpho  der  rieix 

die  afren  iniul  Im  meer  iiiesz.    Viar<).  28.%'; 

d«r  iniul  Albion  wohn  und  cron.     WicKMSiit.tti  763;  I 


wenn  wir  der  berge  schroffe  höhen  .  . 

bedaciiisam  an-  und  übersehen, 

und  denken  eiwann  einst  zurück 

auf  inseln,  die  im  meere  stehen; 

so  scheinen  diese  jenen  gleich, 

nur  mit  dem  unterscheid  allein, 

dasz  inseln  hertf'  im  wasserreich, 

und  die  gebir(,'"im  luftrcich  inseln  sein.    Broceks  5, 102  ; 

auf  eines  felsenberges  joch, 

der  weit  die  insel  überschauet. 

Schiller  liainjyf  m.  d.  drachen  v.  171  . 
Andreas  eilt  zu  vettern  und  gevaitern, 
sie  sind  die  reichsten  auf  der' reichen  insel  (England). 
UuLAND  yed.  448. 
freier,  in  bezug  auf  etwas  vom  wasser  umflossenes: 
bald  wird  der  forst  zu  tausend  inseln, 
zahllose  ströme  brechen  vor.    Uulahd  ged.  318. 

2)  insel,  für  die  gesamtheit  der  bewohner  einer  insel:  der  herr 
ist  künig,  des  frewe  sich  das  erdreich ,  und  seien  frölich 
die  insulen,  so  viel  ir  ist.  ps.  97, 1 ;  las  die  insulen  für  mir 
schweigen.  Jes.  41,1;  und  die  insulen  werden  auf  seine  ge- 
setz  warten.  42,  4; 

heilige  steine!  aus  euch  ergossen  sich  pflanzer  der  menschbeit! 
lernen  insein  des  meers  sandtet  ilir  sitten  und  kunst. 

Schiller  sjiaziergawj  v.  88. 

3)  insel  bildlich,  für  etwas  in  sich  abgeschossenes,  von  an- 
derem, gemeinem,  gewöhnlichem  gesondertes:  im  menschen  steht 
ein  schwarzes  todtenmeer,  aus  dem  sich  erst,  wenn  es  zittert, 
die  glückliche  insel  der  zweiten  weit  mit  ihren  nebeln  vor- 
hebt !  J.  Paul  Hesp.  l,  150 ;  genius  der  träume !  der  du  durch 
den  neblicben  schlaf  der  sterblichen  trittst  und  vor  der  ein- 
samen in  einen  leichnam  gesperrten  seele  die  glücklichen 
inseln  der  kindheit  herauf  ziehst.  4,58; 

spiele,  kind,  in  der  rautter  schoosz !  auf  der  heiligen  insel 
ilndet  der  trübe  gram,  findet  die  sorge  dich  nicht. 

Scuiller  der  spielende  linabe, 
auf  einer  insel  in  des  aethers  höhn 
bab  ich  gelebt  in  diesen  letzten  tagen.    Piccol.  3,4; 
wo  war  die  selge  insel  aufzulindcn, 
wenn  sie  nicht  hier  ist  in  der  Unschuld  land, 
hier,  wo  die  alte  treue  heimisch  wohnt, 
wo  sich  die  falschheit  noch  nicht  hingefunden?    Teil  3,2; 
ich  halte  mich  am  liebsten  auf  der  insel 
der  poesie  in  lorbeerhainen  auf.    Götub  9,  107. 

4)  insel,  auch  sonst  etwas  isoliertes:  wir  fanden,  als  wir  in 
den  saal  zurückkamen,  mit  einer  kohle  einen  weifen  kreis 
beschrieben,  der  uns  alle  zehn  bequem  fassen  konnte,  rings 
herum  an  allen  vier  wänden  des  zimmers  waren  die  dielen 
weggehoben,  dasz  wir  gleichsam  auf  einer  insel  standen. 
Schiller  geisterseher  {werke  7,  70  Kurz) ;  vgl.  unten  inselbegrilT, 
inselhafi,  inselraum. 

INSELAUE,  f  aue,  die  eine  insel  bildet:  der  Rhein,  mit  den 
daran  gegürteten  Ortschaften,  mit  inselauen,  jenseitigen  ufern 
und  ansteigenden  gefilden.  Göthe  43,  297. 

INSELBEGRIFF,  m.  isolierter  begriff:  siehe  da  eine  menge 
inselbegriffe,  ohne  Ordnung,  ohne  Zusammenhang.  Hkrders 
lebensb.  I,  3,  2  s.  223. 

INSELBEWOHNER,  m.  bewohner  einer  insel.  vergl.  insel- 
wohner. 

INSELBLATT,  ri.  .•  noch  bis  auf  die  stunde  dieser  vorrede 
wartet  der  Verfasser  der  'morgenblatt-briefe  über  die  doppel- 
wöi  ter'  nicht  etwa  auf  eine  durchgreifende  prüfung  (wa'i  wol 
zu  früh  wäre),  sondern  vor  allen  dingen  auf  eine  uuifa^-i ml  ■ 
lesung  derselben,  welche  freilich  der  zertheileude  archipel:ij;ii> 
von  auseinander  liegenden  inselblältern  so  lange  erschwert, 
als  die  Zeitschrift  ihren  lesekreis  noch  nicht  durchlaufen. 
J.  Paul  Hesp.  1,  ix. 

INSELBURG,  f  bürg  auf  einer  insel,  von  Zygeth,  das  vom  Alma- 
flusse und  einem  durch  diesen  gebtldeten  morast  umschlossen  ist: 

an  zwanziglaiKfud  seiner  besten  kiirger 
litszt  Sulinmn  vor  dieser  inselburg. 

Köriirr  Zriii'i 
INSELCHEN,  n.  kleine  inul. 

INSELER,  m.  intutanus,  insulae  incola.  Stikleii  s'vi,  vnt 
dem  fem.  insleriii. 

INSELFAHRER,  m. ;   ganz   anders   geht   es   uns  mit  dein 
land-    und   insel-   und  seefahter,    dem  schonen  süszen  lialb- 
helden  der  Aeneide.  J.  Paul  vorsch.  d.  äslh.  J.  tOG. 
INSELFESTUNG,  /.,  vgl.  inselburg: 

waa?  dieses  zuges  ungeheure  rUsiiui); 
umsonst?  wrir  hauen  weiter  niihis  t'uwccki. 
«1*  dieif  liiM-lfestung  {Zyijctti)  tu  it-rsinren? 

Kornrii  /tiny  4,7. 


2141 


INSELFINDER  —  LNSELVOLK 


INSELWEH  —  INSIEGEL 


2142 


INSELFINDER,  vi.  entdecker  von  inseln ;  scherzhaß  auf  raub-   j 
filier  bezogen,  die  kaufmannsgvter  auf  dem  Rhein  uegscUeppen :  ' 

man  sagt  von  künig  Fernand, 

wie  er  vil  ueüwer  insel  fand 

bei  dem  Calecutter  Und, 

darin  man  fand  vil  spezerei. 

Silber,  gold,  was  auch  dabei. 

inseien  linden  ist  kein  kunst, 

ich  habs  ir  manchen  giert  umbsunst  .  .  . 

wir  sind  die  neüwen  insellinder. 

Ml'RMER  uancnbesi.hweiuuij  im  rollwagenbüchl. 
s.  204  Kurz. 

INSELGRUPPE,  f.  gruppc  von  inseln. 

INSELHAFT,  adj.  abgeschlossen  wie  eine  insel,  isoliert:  jene 
Provinzen  (im  reiche  der  Wissenschaften)  liegen  einander  näher 
oder  entfernter;  abgerissen  und  inselhaft  ist  aber  keine  und 
zu  allen  ist  zuguug.  Herder  :.  litt.  16, 196. 

LNSELHAIN,  »J.  hain  der  eine  insel  bildet: 

dort  liegt  das  land  der  holTnungeD, 

das  parudies  der  wünsche, 

der  hesperidengarten, 

der  inselhain  der  seligen.    Rcckert  fffs.  ged.  1.  384. 

INSELICHT,  adj.  insularis,  insulani  refcrens.  Stieler  892. 
INSELKÖNIG,  n».  kOnig  über  eine  insel  oder  über  inseln: 

hinweg  denn  mit  dem  knechtischen  tribut, 
dem  schosz  an  jenen  inselkönig! 

Geisel  juuiiisliedcr  463. 

INSELLAND,  n.    l)  land,  das  eine  insel  bildet: 
du,  wie  ein  insellaud  im  weiten  mecr  der  stiirrae, 
0,  dürftest  du  ein  friedenshalen  sein !     Tiedce  ; 

das  ufer  schwand ; 
und  endlich  sank  die  wölke  nieder 
auf  ein  bekränztes  insclland.    derselbe. 

2)  halbinsel :  inselland ,  peninsula ,  qualis  Peloponnesus  seu 
Slorea,  Chersonesus  Cimbrica  et  plures  in  regno  Daniae.  Stieler 
1062. 

INSELMEER,  n.  meer  voller  inseln : 

die  sonne  sinkt  ins  iuselmeer.  Gsibkl  ged.  246. 
INSELRALM,  n«.  raunt  der  eine  insel  bildet;  nach  insel  4 
von  einem  rauni,  der  innerhalb  eines  umgebenden  lichtgürlels  liegt: 
unter  solchen  reden  und  belrachtungen  waren  sie  an  den 
ort  gelangt,  wo  die  feuerbäche  zum  tlanimensee  um  einen 
wolilcrleucbleten  inselraum  sich  ergossen.  Götiie  22, 176. 

INSELREICII ,  n.  reich  aus  einer  insel  oder  aus  inseln  be- 
stehend : 

es  hat  der  fürst  vom  inselreich 

uns  einen  brief  gesendet.    Geibec  juniuslicder  147. 

INSELSTAAT,  m.  slaat  der  aus  einer  insel  oder  aus  inseln 
besteht. 

INSELSTADT,  f.  auf  einer  insel  oder  auf  inseln  erbaute  Stadt: 
(dasz  ich)  Venedig  zum  erstenmal ,  aus  der  Rrenta  in  die 
Lagunen  einfahrend,  erblicken,  und  bald  darauf  diese  wun- 
derbare iuselstadt,  diese  biberrepublik  betreten  und  besuchen 
sollte.  GöTHE  27, 97. 

I.NSELT,  n.  für  inschlilt,  unschlitt  {s.  d.),  vornehmlich  im 
Östlichen  Mitteldeutschland ,  in  Düringen ,  Obersachsen ,  Schlesien 
gebräuchlich;  schles.  inselt  und  inslot  Fromm.  4, 173;  doch  auch 
kärntnisch  ünslal  und  inslet  Lexer  24S;  bair.  inselt  neben  in- 
sthelt,  inschied,  unschled  Schh.  1,113  Fromm.;  nassauisch 
inschel  und  inschelt  Kehrei.n  20S;  schmer  und  hirschen- 
instlet.    Secter  rossarzn.  5; 

alles  inselt,  von  dem  vieh  das  ihr  raubtet  durch  das  land, 
ascbe  von  gesammlem  ort,  den  ihr  setztet  in  lien  brand, 
gebe  seife  nicht  genug:  auch  die  Oder  reichte  nicht 
abzuwaschen  innren  llcck,  drüber  das  gewissen  rieht. 

Logäd  2,86,3$  (ßn  die  Schweden'). 

LNSELTHAL,  n.  thal  in  einer  insel: 

und  hüpfet  sie  am  bach 

durchs  lindenvolle  inselthal, 

dann  hupit  mein  herz  ihr  nach.     IiEUbE. 

INSELTLICHT,  ii.  sebacea  candela.  Stei:<bach  l,  1065.  vgl. 
inschlittlicht. 

INSELVOLK,  II.  volk  das  eine  insel  oder  inseln  bewohnt: 

und  ich  horte  viel  und  oft 
erzählen  von  dem  Ireraden  insclvolk, 
das  über  meer  gekommen,  uns  zu  knechten 
zu  machen.     ^cuii.i.t»  Juhgfrau  1,10; 
ein  römscher  fechter  und  bnndit  erschlug 
den  holden  Tullius ;  ünilus  ba.stardhand 
den  Julius  Caesar;  wildes  inselvolk 
den  beld  Pompejus.    Sh<ifce«p.  Heinrich  VI,  2.  th.  4, 1. 


INSELWEH,  n.  heimweh  nach  einer  insel:  ich  habe  dieses 
inseUveh  mit  mir  umhergetragen.  Stolberg  3,  243. 

INSELWELT,  /.  eine  weit  von  inseln,  welttheil  der  nur  aus 
inseln  besteht,  wie  Australien. 

INSELWOHNER,  m.  bewohner  einer  insel: 

(eine  iungfrnu  trird)  diesem  Salisbury,  den  tempelschänder, 
und  diese  frechen  inselwohner  alle 
wie  eine  heerde  lämmer  vor  sich  jagen. 

Schiller  Jungfrau  prol.,  3.  auftritt. 

INSGEHEIM,  adv.  neben  ingeheim  «p.  2114,  franz.  ensecret: 
na,   von    dem   puncte  wollen  wir  insgeheim  reden.   Lessing 

2,415; 

mein  raitleid,  glaub  es  mir,  betrübte  Leonore, 
weint  gleichfalls  insgeheim  bei  deinem  traucrllore. 

G  Esther  822; 
ihr  bruder  ist  von  Frankreich  insgeheim 
zurückgekehrt.     Shakesp.  Hamlet  4,5; 
her  brother  is  i»  secret  come  from  France. 

INSGEMEIN,  adv.,  neben  ingemein  sp.  2114. 

1)  über  eine  ganze  gemeinschaß  reichend,  zusammen,  insgesamt, 
durchaus:  was  mir  dann  von  dem  päbstliclicn  einkommen  übrig 
sein  wirdt,  soll  alles  widerumb  ins  gemein  der  Christenheit 
zum  besten  angewendet  werden.  Zixrgref  apophth.  1,1;  wer 
also  die  ersten  einwohner  des  landes  gewesen,  ist  ins  gemein 
unbekand.  Micräliüs  alt.  Pomm.  1, 2 ;  {die  Völker)  so  aber  sich 
nach  dem  norden  strecken,  wardcn  ihnen  mit  einem  nahmen 
Scjthen,  oder  auch . .  Nomades  gcheiszen.  welcher  namc  ins 
gemeine  allen  denen  zukompt,  die  mehr  des  viehes,  als  des 
ackerbawes  warten,  ebenda;  gott  hat  sein  gesctzbuch  ..  durch 
Mosen  und  Josnam  den  künftigen  königen  desz  volks  . .  und 
insgemein  allen  königen,  forsten  und  rcgenten  . .  publicicrcn 
lassen.  Scrlppil's  38;  es  wird  in  h.  schrift  den  Christen  ins 
gemein,  und  also  auch  königen,  fürstcn  und  hcrren  befohlen, 
dasz  sie  sollen  nüchtern  und  mäszig  sein.  103; 

und  eben  solche  zeichen  grauscr  dinge  .  . 

hat  erd  und  himmel  insgemein  gesandt 

an  unsern  hiniraclsstrich  und  landsgenossen. 

Sliiike^p.  Hamlet  1, 1 ; 
and  even  the  like  precurse  of  licrce  evcnis  .  . 
have  heaven  and  earth  togelher  deraonstrated 
unlo  our  climatures  and  countrjmen. 

2)  im  allgemeinen,  gewöhnlich:  insgemein,  vulgo,  plerumqne 
Scheller  deutsch-lat.  handlexicon  (1796)  791;  junge  leutc  ur- 
theilcn  insgemein  schnell;  wie  es  insgemein  gehet  (AnELusc). 

3)  f'i»  rechnungen  ist  insgemein  eine  ritbrik  bei  ausgaben  und 
einnahmen,  die  nicht  näher  specialisiert  werden. 

INSGESAMMT,  ade.  über  die  gesamtheit  sich  erstreckend,  zu- 
sammen, vereint:  hier  sehen  meine  herren  einen  groszen  unter- 
scheid des  studenlenlebens,  wiewol  sie  insgesambt  Studenten 
genennet  werden.  Sciioch  comöd.  v.  studentcnleben  k4';  es  giebt 
mehrere  ideen  dieser  arl  im  roman ,  die  insgesamnit  sehr 
schön  erfunden  sind.  Scbiller  an  Göthe  1,160;  als  verpflichten 
wir  uns  wieder  insgesamml,  und  jeder  für  sich  insbesondere  . . 
auch  bei  ihm  ehrlich  und  gelreu  zu  halten.  Piccol.  4,1; 

weil  ihm  sein  essen  schmeckt,  ist  seinen  (des  qcizhalscs) 

hausgenossen 
auch  nur  die  halbe  kost,  ein  kranken-mähl,  bereit, 
er  lässt  sie  insgesammt  vor  seinen  stuhl  bescheiden, 
und  lehrt,  was  mäszigkeit  für  edlen  nutzen  schallt. 

Cir«iTZ  So ; 
warum  hätte  Saladin, 
der  sein  geschwister  insgesammt  so  liebt, 
in  Jüngern  jähren  einen  bruder  nicht 
noch  ganz  besonders  lieben  können?    Lessinc  2,201; 

wir  setzen  eine  forrael  auf, 
worin  wir  uns  dem  herzog  insgesammt 
verschreiben,  sein  zu  sein  mit  leib  und  leben. 

Schiller  Piccol.  3, 1 ; 
im  allgemeinen: 

wie  dies  bestimmt  zu  deuten,  weisz  ich  nicht; 
allein  so  viel  ich  insgesammt  erachte, 
verkündeis  unserni  Staat  besondre  gahrung. 

Shakesp.  Hamlet  1,1. 

I.NSIlHT,  f.  für  einsieht:  gnugsame  insicht  in  die  Innern 
theilc  der  dinge  haben.  Leibmtz  in  UucArrna/yWi  Icseb.  3,  1,986. 

INSIEGEL,  n.  sieget;  ahd.  insigili,  sigdlum,  signaculum,  lunula, 
annulus,  moneta  (Graff  6,114),  mhd.  insigele,  ingesigcle;  pori 
tat.  sigilluin,  zunächst  in  seiner  allgemeinen  bedeutung  eines  ein- 
gegrabenen, eingeprägten  oder  aiisgesrhlagenen  bildchens  ü6c<- 
nommen,  als  ein  colleclirum  ausyebildit,  und  durch  das  prdfix 
ir-  deutlicher  auf  die  arl  der  darstellung  bezogen;  seä  detn  mhd. 
auf  das  bild  des  petschaßes  und  dieses  selbst  eingeschränkt. 


2143 


INSIEGEL'—  INSONDERHEIT 


INSONÜEUHEIT  —  INSTÄNDIG 


2144 


1)  insiegel,  sugelabdrtick,  stegelbild :  siyiUutn  insigcl,  insegel 
Ditr.  533' ;  insiegel ,  sigillum  Steinbach  2,  591 ;  versigell  mit 
unserm  anhangenden  innsijifl.  tieisth.  4,52;  des  zu  urkund  liabc 
ich  mein  insiegel  «isjenllich  an  diesen  hriefe  gehangen,  urk. 
von  1536  bei  DREvnAUPT  Saakr.  1,91S;  der  künig  von  Loango 
musz  bei  jeder  rechtlichen  enischeidung  einmal  trinken,  und 
es  ist  dann  so  viel,  als  wenn  er  das  kleine  insiegel  darauf 
setzte.  J.  Paul  teuf.  pap.  1,  61 ;  bildlich  : 

dirre  kiis  sol  ein  insigel  .«in, 

daz  ich  inner  und  ir  min 

beliben  sia.'te  uiiz  an  den  töl.     Tiist.  4(il,  1. 

2)  siegelbild  in  einem  petschaß  oder  ringe,  das  das  siegd  Iter- 
slelll:  all  die  maister,  die  in  der  Zauberkunst  l^renl,  daj 
sprechen!,  dag  die  gölter  und  die  gaisl,  die  man  anruoft  mit 
pildengeschrift,  die  karacteres  haijent,  und  mit  insigelgraben, 
oder  da;  graben ,  da;  man  in  vingerlcin  tuot ,  die  zaubrier 
desler  fi  erhocrnt,  wenn  si  in  weirach  opfernt.  Megenberg 
377,23;  e;  spricht  euch  diu  geschrift,  da;  die  sün  von  Israhel 
der  stain  (cor;ieo/e)  gar  vil  durchgruoben  mit  mancherlai  ge- 
stalt  (sam  man  diu  insigel  grebt).  412,0;  sein  insigel  hatte 
er  (Carl  der  grosze)  auf  seinem  wehrknopf,  und  pflegte  darvon, 
wann  er  etwas  siegelte,  also  zu  sagen:  was  dieses  scbwert 
mit  dem  insigel  bekräftiget,  das  wird  es  auch  mit  der  scbärpf 
gegen  alle  widerwerlige  verthedigcn  und  handhaben.  Zinkgref 
apophtk   1,  10 ; 

recht  als  insigel  drückt, 

hat  sich  ir  bild  gcsmückt  (ijcfchmiegi) 

in  mynes  herczen  normen.    Altswkht  140, 14. 

3)  insiegel,  weidmännisch:  item  wo  der  hirsch  in  lediger 
erden  gehet  so  scheuet  (/.  schuhet)  er  sich,  wann  die  erde 
nasz  ist,  so  wirft  er  den  schuh  hin,  das  ist  gar  ein  grosz 
zeichen,  und  heiszt  das  innsigel :  dann  man  findet  darinnen 
den  grimmer  und  das  fädemlin,  und  das  näschlin,  und  das 
blenden,  und  alles  das  ein  hirsch  thun  mag:  das  ist  darinn 
gemalt.  M.  Sebiz  feldb.  573;  der  hirsch  wirft  vor  holze  den 
schuch  bei  nassen  weiter  von  sich,  heiszt  des  hirsches  in- 
siegel oder  auswurf.  Göcuhaüsen  not.  ven.  (1741)28;  insiegel, 
des  hirsches  schuh,  eine  fährte,  da  der  hirsch  das  erdreich 
in  und  an  den  schalen  mit  sich  fortgenommen  hat.  das  hohe 
insiegel,  da  der  hirsch  die  erde  über  der  schale  mit  heraus- 
gehoben, und  es  so  umgekehrt  vor  der  fährte  liegen  gelassen 
hat ;  franz.  les  surneigöes.  Nemnich  2,  972. 

I.NSITZEND,  part.  inne  sitzend:  sie  (portechaisentrdger  bei 
regen)  setzten  wie  bei  trocknem  pflaster  den  kästen  nieder, 
und  die  geputzten  insitzenden  waren  nicht  wenig  ve4wundert, 
den  Strom  zu  ihnen  hereindringen  zu  fühlen.   Götiie  31,  HO. 

l.NSkÜNFTIGE,  adv.  zusatnmcngeriickl  aus  in  das  künftige, 
für  die  zukunß,  uas  die  Zukunft  betrifft:  ach  tochler,  sollst 
du  inskünflige  diese  grausame  schmach  mit  dir  herumtragen? 
J.  E.  Schlegel  2, 31 ;  für  uns  ist  die  aussieht  inskünflige 
schrecklich.  Rabener  wetke  6,255;  inskünflige  will  ich  es  aber 
wohl  bleiben  lassen,  und  mich  durch  solche,  uns  nichts 
angehende  dinge,  um  das  vergnügen  ihrer  briefe  bringen. 
Lessing  12,  365 ; 

inskünfige  wollen  wir  nicht«  durch  gesandte  melden. 

HOFKIIANNSWALDAU   ftfit   SlBINBACU   1,89"; 

es  bat  (ich  diszmal  so  geschicket 
und  wird  inskünltig  besser  celni. 

Chr.  (jHypuius  in   tVackcrnagels  Icseb.  2  (1876)  610. 

INSOFERN,  adv.  und  conj.,  in  der  hinsieht,  in  dc'r  beziehung, 
vgl.  in  sp.  2103  oben  und  inwiefern. 

1)  als  adv.:  insofern  hat  er  recht;  die  erfahrung  ist  oft 
der  stärkste  und  deutlichste  beweis  der  Wahrheit,  und  in- 
sofern auch  ein  Zuwachs  der  Vernunft.  Gei.lewt  bei  Auei.ung. 

2)  als  conj.:  Herder  wünscht  dasz  ich  blosz  als  redacteur 
etwas  darüber  sagen  möchte,  insofern  auch  die  lioren  mit- 
gelroffcn  werden  sollten.  Schiller  an  Cuthe  1,105;  ich  bin 
nicht  abergläubisch  .  .  und  gebe  nichts  auf  diese  dunklen 
antegungen,  insofi-rn  sie  nur  solche  wäien.   Götiik   17,  12. 

3)  Substantive  Stellung:  aus  diesem  denn,  aus  dieser  ursaclie, 
macht  Curneille  ein  insofern,  eine  blusze  bcdingung.  Lessinc 
7,367. 

INSONDEK,  adj.  besonder,  vorzüglich:  insondere  liebe  herrn 
gönner  und  freund.  Kmciiart  (larg.  3 ;  entiiafler  groszgünsligcr 
herr,  inAonderer  belOrdercr.  W.  Spangen behc  anbind  oder  fang- 
bnefr  C.  ij*. 

LNSO.NDEHHEIT,  aJv.  separatim,  praecipue,  friihcr  in  freier 
HfUung:  singuUUim  ip  ainrr  hunderhail  Dief.  636';  seit  dem 
16.  jakrh.  nelfttk,  tfüm  tmmer  zusasnmengniickl. 


1)  abgesondert  von  anderen ,  für  sich ,  besonders :  und  on 
gleichnis  redet  er  nichts  zu  inen,  aber  in  sonderheil  (xar' 
iSinr,  seorsum  vulg.)  leget  ers  seinen  Jüngern  alles  aus.  Marc. 
4,34;  und  er  wandte  sich  zu  seinen  Jüngern,  und  spnuh  in 
Sonderheit,  selig  sind  die  äugen,  die  da  sehen,  das  ir  sehet. 
Luc.  10,  23;  die  bauren  muslen  im  das  in  sunderheit  bezalen. 
WickRASi  rollw.  137,4  Kurz;  es  ist  bei  den  Heuszen  nicht 
üblich  {beim  tanzen)  einander  bei  der  band  herumb  führen, 
sondern  jeglicher  tanzet  vor  sich  und  insonderheit,  pers.  reise- 
beschr.  1,4; 

Stockmeister,  ledig  ihm  zu  band 
von  seinem  leib  l'escl  und  bend 
und  zieh  ihm  an  in  sonderheil 
seines  wuibs  uns  vcrclirtes  kletd ! 

J.  Atrer  364' (1828,8  Keller). 

2)  besonders,  siieciell,  im  einzelnen:  und  von  jeglichem  artikel 
in  sonderheil,  haben  ewre  und  meine  gesandten  befeih,  euch 
weiter  zu  unierrichten.  2  Macc.  11,20;  denn  wir  wol  erfaren 
haben,  wie  der  pöbel  und  die  jugenl  aus  der  predigt  wenig 
lernt,  wo  sie  nicht  in  sonderheil  gefragt,  und  verhöret  wird. 
Luther  6, 109*. 

3)  besonders,  vor  anderem,  vorzugsweise:  und  wo  würden 
doch  alsdan  die  vier  beil.  beichtende  und  reverenden  orden 
gepliben  sein,  und  insonderheit  die  beil.  minbrüder  oder  bar- 
füszer?  Fischart  bicnk.  4";  wan  man  werk  der  bannherzig- 
keil,  und  insonderheit  den  pfaffen  und  mönchen  erzeigt.  113'; 
wird  vielleicht  herzog  Joachim  von  Stettin  diesen  zug  gethan 
haben,  aber  solches  ist  auch  zweifelhaft ,  insonderheit  weil 
derselbe  sonst  ein  friedliebender  herre  gewesen  ist.  Micbälius 
3,422;  es  ist  {das  gebet)  auch  insonderheit  kräftig,  den  himm- 
lischen valer  zu  bewegen.  Schuppius  430 ;  gütigster  valer  er- 
kenne mich  alsdann  insonderheit  vor  dein  kiud,  wann  mich 
alle  creaturen  verlassen  werden.  431 ;  er  hat  unterweilen  seine 
sonderliche  raptus,  insonderheit  kan  er  die  Juden  nicht  er- 
dulden. 495 ;  insonderheit  fallen  mir  dabei  die  barmherzigen 
trabanlcn  in  die  äugen.  J.  E.  Schlegel  3,  22;  dieses  begegnete 
insonderheit  bei  einem  pantomimischen  tanze.  Wieland  1,355 
(298);  insonderheit  ermahnte  er  mich,  mein  urtheil  über  alles 
zurück  zu  halten.  2,24(21);  wenn  wir  den  geschicblschreibern, 
insonderheit  dem  tugendhaften  und  gutherzigen  IMularch  einen 
unumschränkten  glauben  schuldig  wären.  297  (254);  alsdann 
ist  das  ägyptische  todlenurlheil  gerecht,  und  für  die  wahr- 
heil der  gesciüchle  nützlich,  insonderheit  wenn  mündige  ver- 
wandte leben,  die  sich  verlheidigen  können.  Herder  z.  litt. 
1,6;  man  hüte  sich  vor  gewohnten  eigenheiten  und  lieblings- 
ausdrücken  .  .  .  fast  niemand  kann  ihnen  ganz  entgehen ; 
insonderheit  haben  sie  leute ,  die  viel  reden  müssen ,  und 
ohne  Vorbereitung  reden,  z.  ;;/i/7.  10, 184 ;  der  könig  Insonder- 
heit wollte  sich  vor  lachen  beinahe  ausschütten.  Tiecr9,  273. 

INSONIJEUS,  adv.  besonders,  vorzugsweise:  insunderheit,  in- 
sunders,  distincle  Maaler  237';  was  sich  in  Britannien  zutrüg, 
dasz  er  ihn  solchs  soll  lassen  wissen,  in  sonders  wenn  sich 
begebe,  d;  die  herzogin  oder  der  herzog  mit  todt  abgienge. 
Galmy  334;  ziemte  bcscheideuheit  minder  jung  und  alt,  jung 
insonders.  Klopstock  12,76; 

da  könipt  die  zeit,  dasz  sie  iiiclil  länger  bleiben  wil, 
insonders,  weil  im  haus  es  schon  war  alles  siill. 

I).  V.  1).  Werdkk  .\rioft  7,26,4; 
in  der  anrede:   meinen  insonders  hochgeehrten  und  wehrten 
freunden.    Schuppius  129;    meine    insonders  groszgünstige  .  . 
Iierren.  ebenda;  insonders  liochzuehreiuler  lir.  diaconus.  Les- 
sing 12,  21. 

LNSOWEIT,  adv.,  ößers  aus  in  so  weil  {sp.  2103  unter  in) 
zusammengerückt:  ich  halte  ihn  in  der  saclie  für  betbeiligt 
und  insoweit  traue  ich  ihm. 

INSl'RECHLNü,  f  für  einsprechuug,  Zuspruch:  sie  wider- 
slont  allen  guten  insprechungen  und  vermanungen.  Keisers- 
BERG  Sunden  d.  uiunds  4s'. 

INSI'KINGEI.liKLD,  n.  isafiogicum,  etnführgtld  in  die  schule. 
Frisch  2,  3Iü"  (aus  Churaeus). 

INSTAND,  Hl.  das  inne  stehen,  stand  im  gleickgeuichl,  bestand 
(vgl.  einstand  4  theil  3,307  und  inne  stellen  .71.2125):  es  ist 
kein  instand,  oder  nicht  bestciidigs  auf  erden,  sunder  alle 
creatur,  geschlecbl,  reich,  Völker  .  .  .  gehn  auf  oder  ai). 
S.Frank  sprichw.  1,03*. 

INSTANDHALTUNü,  f.  wird  )tlti  ößtr  gebÜdct  tiach  der  formet 
etwas  im  stände  halten,  in  gutem  zustande  beuahren. 

LNSTAMUl»,  adj.  und  adv.  beharrlich,  gleichfum  inne  steheml, 
im  gleichen  zustande  bestehend  (vgl.  oben  instand);  nhd.  als  adv. 
iostciidigu  btstandig,  fortwährend:  initciidigo  sib  uiiibcseheiilin. 


2145 


INSTÄNDIGKEIT  —  INSTER 


INSTINKT  —  INSTRlMEPTr 


2146 


Graff  6,609  {aus  NoTKtR);  nhd.  instans  ynstendig  Dief.  301', 
früher  von  allerhand  fortgesetztem  thun:  nach  so  innständiger 
ungestinimigkeit  (anhaltendem  u-üten  des  pObels)  heischet  der 
Römer  wasser.  Opitz  3,  254 ;  bair.  das  ist  halt  ä  langweiligs 
wesn,  däsz  es  so  gar  inständi  wittert  und  rögnt.  Schm.  2,766 
Fromm.;  jetzt  m  der  schrißsprache  nur  mit  begriffen  des  biltens 
und  flehens  stehend,  tco  es  aber  erst  seit  dem  17.  jahrh.  nach- 
tutceisen  ist,  die  ältere  spräche  brauchte  dafür  tiefe  (er  bat  got 
vil  tiefe.  Strickers  Karl  294)  und  heftig,  innständig  bitten, 
etiam  atque  eliam  petere  Stei.nbach  2, 67S;  ich  bitte  sie  in- 
ständig, madain.  Lessinc  2, 3S4;  ich  bitte  sie  inständigst, 
setzen  sie  sich  einen  augenblick  an  meine  stelle.  12,  S ;  ich 
bitte  nochmals  inständig.  11 ;  so  bitte  ich  sie  inständig,  mir 
morgen  mit  dem  frühesten  zu  schicken  . .  Schiuer  an  GOthe 
1,217; 

da  man  schon  yon  ihm  inständig  hat  begehrt 

zu  (lieben  diesen  krieg.  Opitz  1,217; 

dann  sie  inständig  wolt, 

dasz  man  .  .  D.  v.  o.  Werder  Ariost  20,54,3; 

inständiges  gebet;   mein  inständiges  bitten;  das  inständigste 

flehen  half  nichts ; 

in  der  musik  liesz  ich  dich  untenveisen 
auf  dein  inständig  flehen.    Ubli^^d  ged.  165. 

INSTÄNDIGKEIT,  f:  die  inständigkeit  meines  flehens  er- 
weichte ihn  nicht. 

INSTÄNDIGLICH,  adv.  instanter,  von  dem  unmittelbaren  be- 
vorstehen eines  ereignisses  (vgl.  dazu  instehend  unten) : 

und  der  erlösung  stund  ist  nu  .  . 

inständiglich  IQrhanden.    Weckusrli:«  208; 

vor»  bitten:  ich  bitte  sie  inständiglich,  lassen  sie  mich  nicht 
stecken.  \Vielä:<d  in  Mercks  briefs.  2,  74. 

INSTANDSETZUNG,  f.  nach  der  forme!  etwas  in  stand  setzen 
gebildet,  über  dergleichen  bildungen  vergl.  unter  ansherzlegung 
theil  1,  461. 

INSTE,  m.  inquilinus,  domesticus,  niederdeutsches,  aus  insfete 
verderbtes  u:ort,  dem  mhd.  inssje,  nhd.  insasze  entspricht,  tgl. 
Grimjj  rechtsalt.  31G:  da  giebt  es  immer  arme  hufner,  oder 
insten,  denen  eine  kuh,  oder  ein  pferd  gefallen  ist.  (Ddscb) 
geschichle  Carl  Ferdiners  2, 1  (1777)  *.  191 ;  das  gesetz  gebot  die 
ansiedelung  freier  insten  im  Verhältnis  der  fläche  jedes  besitz- 
thums  vom  gemeinfeld.  Niebchr  2, 16S. 

INSTEHEND,  part.  zeitlich  bevor  stehend,  vgl.  einstehen  2 
theil  3, 309 :  lihszen  sich  auf  der  se  fünf  ungeheure  braunflsche 
sähen,  welche . .  seinen  leuten,  aus  furcht  eines  instähenden 
ungewitters,  nicht  weniger  schröcklich  führ  kahmen.  Zese:« 
Rosemund  s.  4;  niemals  habt  ihr  Vorbereitung  gemacht  auf  die 
instehende  reise  zu  dem  tage  des  gerichts.  pers.  bairmg.  9,  i ; 
werdet  bei  dieser  instehenden  neuen  jahrszeit  auch  ein  neu- 
jahr  geschenke  von  mir  erwarten  wollen.  Schcppics  402 ;  der 
sich  am  besten  vor  dem  instehenden  schaden  . .  hüten  kan. 
Cbr.  Weise  erzn.  456;  der  herbst  kündigte  den  instehenden 
Winter  an.  überß.  ged.  2, 1 ;  man  wartete  mit  verlangen  auf  den 
rest,  zu  welchem  man  die  instehende  messe  hoffnung  ge- 
macht hat.  Lessi:<g  3,206;  es  ist  kein  wirklicher,  gegenwär- 
tiger hunger,  den  sie  verursachen,  sondern  nur  ein  instehen- 
der, den  sie  prophezeien.  6,522;  auf  instehende  ostermesse 
denke  ich  nach  Leipzig  . .  zu  reisen.  12, 172 ;  die  instehende 
feier  ihres  amtsjubiläi.  186. 

INSTENHLTTE,  f  hätte  eines  insten :  (Marius)  der  bäurische 
feldherr  aus  der  instenhütte.  Niebchr  3, 12. 

l.NSTENSTELLE,  f.  stelle  eines  insten:  den  hörigen  leuten  .. 
räumten  die  schuzherrn  auf  ihren  gülern  instensteilen  mit 
zwei  jugern  kornlands  ein.  Niebchr  l,  361. 

INSTEH,  m.  n.  das  gekröse  eines  schlachtthieres  oder  auch  ein 
gewisses  stück  davon:  inster  heiszet  in  denen  küchen  das  ge- 
kröse von  denen  kälbern,  öcon.  lex.  llil ;  der  inster,  ein  theil 
vom  rindsmagen,  abomasum  Stei.nbach  1,813;  im  Güttingischen 
gehören  zum  inster  folgende  stücke  eines  geschlachteten  ochsen: 
der  magen,  der  bansen,  die  lunge,  das  herz,  der  köpf  und  die 
füsze.  Scuambach  92*;  die  kleinot,  als  inster,  kaldaunen,  kalbs- 
köpfe.  Leipziger  sladtordn.  1544  Gl';  zu  einem  ganzen  kalbe 
mögen  dessen  zwei  kleinote,  und  zu  einem  halben  ein  kleinot, 
als  entweder  das  geschlinke  unzertheilet,  oder  das  inster, .  . 
zur  zugäbe  mit  verkauft  werden,  der  stadt  Leipzig  ordn.  1701 
s.  429;  ein  lambs-inster  soll  nach  dem  gewichte  .  .  gegeben 
werden,  ebenda.  Das  uort  ist  int  Ostlichen  Mitteldeutschland 
(Schlesien,  Obersachsen,  Durinyen)  und  in  ^^iederdeutschland  ver- 
breitet;  ob  eine  Verstümmelung  von  lat.  intestina  vorliege,    oder 

IV.  u. 


eine  alteinheimische  form,  und  vielleicht  allnord.  istr,  istra  the  fal 
of  the  paunch  (Vicfcssos  319')  zur  vergleichung  heranzuziehen 
sei,  kann  nicht  entschieden  uerden. 

INSTINKT,  m.  naturtrieb,  lat.  instinctus,  seit  dem  vorigen 
jahrh.  in  die  deutsche  spräche  eingebürgert:  die  seele,  die  nach 
einem  blinden  Instinkt  Schimären  eben  so  regelmäszig  bear- 
beitet als  Wahrheiten.  Wieland  11,14;  ein  gewisser  instinkt, 
der  auch  die  einfältigsten  unter  den  jungen  leuten  lehrt,  was 
sie  ihren  aufsehern  sagen  düifen  oder  nicht.  20 ;  der  instinct 
der  taube,  die  den  marder  am  schlag  spürt.  Fr.MCller  2,57; 
was  sie  aber  schwerlich  wissen  können  (weil  das  genie  sich 
immer  selbst  das  gröste  geheimuis  bleibt),  ist  die  schöne 
Übereinstimmung  ihres  philosophischen  inslinctes  mit  den 
reinsten  resultaten  der  speculirenden  Vernunft.  Schiller  an 
Göthe  1,7;  vorige  woche  bin  ich  von  einem  sonderbaren  in- 
stincte  befallen  worden.  Göthe  an  Schiller  1,66;  du  weist  wol, 
ich  bin  so  tapfer  wie  Hercules,  aber  denke  an  den  instinct : 
der  löwe  rührt  den  ächten  prinzen  nicht  an.  instinct  ist  eine 
grosze  Sache,  ich  war  eine  memme  aus  instinct  (Falstaff  zum 
prinzen).  Shakesp.  Heinrich  IV,  l  theil  2,  4  (why,  thou  knowest, 
I  am  as  valiant  as  Hercules;  but  beware  instinct:  the  lion 
will  not  touch  the  true  prince.  Instinct  is  a  great  matter, 
I  was  a  coward  on  instinct) ;  die  Oberherrschaft  eines  organs 
und  einer  kraft,  z.  b.  in  Mozart,  wirkt  alsdann  mit  der  blind- 
heit  und  Sicherheit  des  instinktes.  J.  Pacl  vorsch.  d.  ästh.  i,  67 ; 
was  von  fleisch  geboren  wird,  das  ist  fleisch,  . .  gehet  dem 
sinnlichen  genusz,  dem  Zeitvertreib  und  zeilverderb,  ange- 
nommenen gewohnheiten ,  Instinkten  und  begierden  nach. 
Herder  z.  phil.  10,202; 

der  leidenschaften  wilden  drang, 

des  gliickes  regellose  spiele, 

der  pflichten  und  instincte  zwang 

stellt  ihr  mit  prüfendem  gefühle, 

mit  strengem  richtscheit  nach  dem  ziele. 

Schiller  die  künstler  v.  222. 

INSTINKTARTIG,  adj. :  es  ist  eine  wahre  freude,  sich  von 
einem  instinctartigen  verfahren,  welches  auch  gar  leicht  irre 
führen  kann,  eine  deutliche  rechenschaft  zu  geben,  und  su 
gefühle  durch  geselze  zu  berichtigen.  Schiller  an  Göthe  1, 8. 

INSTINKTMÄSZIG  ,  adj. :  der  glaube  von  instinktmäsziger 
einkräftigkeit  des  genies.  J.  Pacl  vorsch.  d.  ästh.  i,  67. 

INSTLET,  n.  vgl.  unter  inselt. 

INSTMANN,  m.  einlieger,  inquilinus,  der  in  eines  andern  hause 
u-olint  und  keine  guter  im  dorfe  hat.  Frisch  li_489',  als  pommer- 
sches  Wort.     plur.  instleute.     vgl.  inste. 
-  INSTRUMENT,  n.  aus  dem  lat.  instrumentum  übernommen. 

1)  zu  frühest  in  der  bedeutung  eines  zeugnisbriefes ,  einer  Ur- 
kunde, in  der  notariellen  spräche:  mittelrheinisch  im  15.  jalirh. 
istrement  Moses  anz.  7,362;  kunt  sie  allen  luden,  die  disz 
offen  instrument  und  diesen  geinworligen  brief  sehent  oder 
horint  lesen,  weisth.  1,544  (Eltville,  v.  13S3);  kund  sei  allen  den, 
die  dis  dütsche  instrument  in  künftigen  zyten  werden  ansehen, 
hören  oder  lesen.  463  (Lorsch,  v.  1423) ;  Heinrich  Geysler  von 
Rotawrach  ist  auszgeben  umb  hundert  und  zweinzig  guld.,  da 
hat  man  im  selber  getrawt ,  wann  er  gar  lang  in  fenknusz 
lag  und  nymant  für  in  sprechen  wolt  . .  des  hat  er  ein  in- 
strament  über  sich  geben,  d.  städtechron.  2, 499, 12 :  wie  ich 
dann  den  Juden  durch  notarium  und  zeugen  hiervon  fragen 
und  mir  darüber  ein  instrument  wil  aufrichten  lassen.  Schcp- 
pics 5y2; 

die  andern  punkte  nennt  disz  instrument. 

Schiller  Jungfrau  3, 2. 

2)  seit  dem  16.  jahrh.  auch  häufig  tonicerkzeug :  sie  waren 
also  geschickt ,  das  keine ,  geschweig  einer,  war,  die  nicht 
schreiben,  geschweig  lesen,  auf  allen  instrumenten  spilen,  mit 
fünf  sprachen  reden  . .  könnt.  Garg.  283' ;  w  er  heute  groszen 
heirn,  cavallierern  und  Statisten  die  warheit  geigt,  dem  schlägt 
man  gemeiniglich  den  fidelbogen  auf  den  köpf,  gleichwoi 
gebraucht  gott  oft  geringe  Instrumente,  dadurch  er  ganze 
Städte  und  ganze  königreiche  für  ihrer  ruin  warnen  lasset. 
Schcppics  400;  es  ist  ein  concert  auf  einem  ganz  andern  in- 
strumente.  Schfcler  an  Göthe  1,322; 

nu  bin  ich  wieder  frei ;  ja  frei  von  aller  noht 

kan  ich  nu  meinen  mond  und  instrument  frei  üben. 

Weceuerlin  59; 
so  gib  mir  nu  mein  instrument 
und  du  Thalia  hilf  mir  singen.    452; 
Val.      zum  teufet  erst  das  instrument! 

zum  leufel  hinter  dreiii  den  Sänger! 
Meph.  die  xither  ist  entzwei!  au  der  ist  nichts  zu  hallen. 

GöTU  12,  194 ; 

135 


2147     INSTRUlklENTENM  ACHER  —  INTERESSE 

warum  denn  andre  brauchen  und  deren  instrumeute? 

ein  rechter  virtuose  spielt  jedes  Instrumente. 

Iil)lEHMA?iN  ilunchh.  2,G3;  ' 
verdeutlichend  auch  musikinstrument,  musikalisches  instrument: 
etzliche  lauten,  geigen  und  andere  musicalischc  instrumente. 
Opitz  2,262;  clavier,  griflfe  eines  niusicalischen  instruments, 
als  clavier,  spinet,  orgel.  Rädlein  (1711)  177*.  heule  nennen 
tcir  instniiuent  sdücchlhin  auch  das  clavier. 

3)  »teuer  ist  inslniment  für  u-erkzcug ,  sofern  es  künstlicher 
bereitet  und  mehr  den  künsten  und  uissenschaßcn,  als  dem  hand- 
Kcrk  dient:  geometrische,  mathematische,  optische,  chirur- 
gische instrumente;  dann  auch  ßr  Werkzeug  überhaupt:  die 
wunde  ist  mit  einem  scharfen  instrument  beigebracht;  die 
hirnschale  des  ermordeten  zeigte  sich  mit  einem  stumpfen 
instrument  verletzt. 

4)  instrument,  beim  schrißgiesser  die  form,  uorin  er  die  lettern 
gicszt.  Jacobsson  2,  314". 

INSTRIMENTENMACHER,  m.  verfertiger  von  instrumenten, 
souol  musicalischen  als  andei'n. 

INSTRUMENTENTASCIIE,  f  tasche  zur  außewahrung  von 
instrumenten.  Schiller  an  Güthe  1, 165. 

INSTRUPFEN,  verb.  für  einstrupfen  {theil  3,316),  welken, 
dorren :  dieweil  dieser  Aus  auch  die  leber  dorret  und  inzu- 
strupfen  machet.  Tiiciineiszer  von  probier,  der  harnen  42;  alt 
anberren,  so  verschmonen  und  ingestrupft,  das  du  kain  glid 
der  gehurt  mer  an  in  findest.  S.Frank  moriae  cnconi.  26;  und 
seint  im  die  orlepplin  klein  und  im  ingestiupft.  Gersdorf 
feldb.  d.  uundarzn.  89. 

INSTRÜPFüN'G,  /.;  (ein  mittel)  wider  alle  instrupfung  oder 
uflaufen  der  nervi.  Gersdorf  feldb.  d.  wundarzn.  18. 

INSULANER,  m.  Inselbewohner,  insulanus. 

INTERESSE,  »i.  aus  dem  lateinischen,  in  verschiedenen  bedeu- 
tungen  ausgebildet. 

1)  zufrühcsl  in  der  recht ssprache ,  der  anthcil,  der  dem  ver- 
mögen jemandes  aus  der  handlung  eines  andern  entsteht,  ent- 
gangener nutzen  oder  erwachsener  schaden,  wie  denn  ein  mittel- 
deutsches glossar  des  15.  jahrh.  Interesse  geradezu  durch  schaden 
verdeutscht  (Dief.  304'):  wo  aber  yemandt  den  andern  lenibt 
an  vingern,  zehen  oder  zenen,  der  soll  gemeiner  Stadt  dar- 
umb  zu  pusz  verfallen  sein  zweinzig  pfund  newer  haller  und 
dem  bescbedigten  der  Icme,  zerung  und  Interesse  halb  tbun 
nach  erkanntnus  und  meszigung  der  fünf  berren  am  hader 
sitzend.  Jiürnb.  polii.-ordn.  45,  vgl.  46 ;  dieweil  sie  (die  nolaricn) 
sonst  ihrer  Unwissenheit  halben  den  partheien,  so  von  ihnen 
versäumet  würden,  ihr  Interesse  abzulegen  schuldig  seind. 
Ordnung  der  notarien  zu  Cüln  aufgericlUet  1512,  tit.  4  §  2 ;  noch 
heute  sein  Interesse  liquidiren. 

2)  dann  nutzen,  vorlheil  überhaupt:  im  gemeinem  gebrauch 
ist  Interesse  vortheil.  Frisch  1, 489" ;  es  heiszt  im  Interesse 
jemandes  etwas  thun,  im  Interesse  jemandes  stebn,  handeln; 
das  liegt  ganz  gegen  mein  Interesse ;  gleichsam  (als  ob)  darvon 
das  intcresse  des  gemeinen  nutzcns  hangen  müste.  Abele 
gerichtsh.  (l6S4)  l,  222 ;  mein  herz  wird  das  opfer  eines  elenden 
Staatsinteresse.  Lessing  2,122;  sie  suchte  bei  jeder  Veranlas- 
sung die  rechte  der  kröne  zu  schmälern,  die  interessen  der- 
selben zu  untergraben.  H.Heine  9,50;  der  graf.Menton  muste 
irn  Interesse  seiner  sendungjii  weniger  mirakulösen  historien 
seine  zunucht  nehmen.  70;  im  interesse  der  Wahrheit  etwas 
reden;  im  interesse  der  freundschafl  wirken. 

3)  namentlich  häufig  in  der  gewöhnlichen  spräche  der  zins  eines 
ausgeliehenen  kapitals:  was  mit  unerbaren  vorlegen  (t'oric/ii«:en), 
interesse,  jüdischen  und  kockischen  handlungen  und  contracten 
umbgehet.  Mathesius  katechism.  195;  das  capital  inusz  aus- 
geliehen, und  die  intressen  müssen  wieder  zu  einem  capitale 
gemacht  werden.  Gelleht  3,173;  ich  habe  sie  (breter)  von 
dem  gevatter  listhler  statt  der  interesse  angenommen.  210; 
die  175  thalcr . .  machen  mein  ganzes  vermögen  aus,  und  ich 
will  sie  ihnen  von  grund  des  herzens  gern  noch  fünfzehn 
jähr,  ohne  interessen,  ohne  interessen  lassen.  Lessinc  1,  4M; 
so  gewisz  ich  neunhundert  thaler  von  ihm  geborgt  habe,  so 
gewisz  will  ich  sie  ihm,  mit  intressen  wieder  geben.  2,414; 
sonst  kommen  wir  nach  kurzer  zeit  .  .  und  hohlen  die  in- 
tressen. Fr.  Miller  2,05; 

ich  gelte  iiiierc»z,  lo  wie  es  andie  thun, 
darumb  ersuch  ich  sie,  ilzt  gültigst  lu  geruhn, 
cio  kleines  cspllal  tur  oot  mir  vorxuocliie»zeD. 

Masfokio  der  wu.herer  (t7S!))  t; 
tfrklmMlich: 

int«reti«:o 

Uglicb  loii  und  BUS  der  schüsstl  ssseo.    Siatoci  ipr,  277; 


INTERESSE  — INTRAG 


2148 


das  wort  hier  auch  als  fem. : 

die  interesse  musz  so  hoch  als  möglich  steigen, 
der  arme  schuldener  musz  noiens  volcns  schweigen. 

Mxrforio  der  Wucherei  9; 
allein  das  capital  zusamint  der  interesse 
zahlt  er  gewisz  content  zur  letzten  Leipziger  messe.    13; 

in  Kärnthen  als  neutr.  und  fem.  intresse ,    antresse ,   untresse 
Zinsen  von  einem  kapital  Le.\er  150. 

4)  interesse  als  milderes  wort  ßr  gewinnsuchl,  eigsnnulx:  er 
handelt  so  nur  aus  interesse,  nicht  aus  liebe; 

wenn  interesse  mehr  als  groszmuih  überwiegt.  Günthkr  405. 
vgl.  unten  interessieren  2. 

5)  JH  der  gewählteren  spräche  seit  dem  vorigen  Jahrhundert  ist 
interesse  der  anthcil,  den  wir  an  einer  sache  nehmen :  interesse 
wird  das  Wohlgefallen  genannt,  das  wir  mit  der  Vorstellung 
der  existenz  eines  gegenständes  verbinden.  Kant  7, 44;  intcr- 
esse ist  das,  wodurch  Vernunft  praktisch  d.  i.  eine  den  willen 
bestimmende  Ursache  wird,  daher  sagt  man  nur  von  einem 
vernünftigen  wesen,  dasz  es  woran  interesse  nehme,  vernunft- 
lose geschöpfc  fühlen  nur  sinnliche  antriebe.  4,89;  statt  der 
gewöhnlichen  Unterhaltung  abends  fing  man  zu  gähnen  an ; 
das  interesse  am  Hamlet  war  erschöpft.  Göthe  19,  217 ; 

die  Jugend  ist  vergessen 

aus  getlieiltun  Interessen; 

das  alter  ist  vergessen 

aus  mangcl  an  interessen.    4,345. 

6)  endlich  der  reiz  einer  suche,  der  unsern  antheil  hervorrufl : 
ists  denn  ein  brief  von  interesse?  Fr.  MI5ller  3,395;  wie  sie 
jedem  aller  seine  reize  abborgte,  freimüthige  Unschuld  von 
der  kindheit,  interesse  von  der  Jugend.  Lbisewitz  Jul.  v.  Tarent 
1, 1  J.  13. 

INTERESSANT,  nach  interesse,  vornehmlich  in  der  bedeu- 
tung  6  gebildet:  ein  interessantes  buch;  das  mädchen  ist  eine 
recht  interessante  erscbeinung;  mir  war  es  interessant,  diese 
nachricht  zu  erfahren ;  interessante  Situationen.  Göthe  18, 138. 

INTERESSENT,  «i.  der  bei  etwas  betheiligte  (vgl.  interessieren 
2,  d):  die  Interessenten  eines  geschäftes;  damit  musztcn  sich 
die  abgewiesenen  Interessenten  nun  freilich  zufrieden  geben. 

I.MMERMANN    MüUChh.    3,  175. 

INTERESSIEREN,  verb.,  nach  interesse  in  verschiedenen  be- 
deutungen. 

1)  im  particip  interessiert,  eigennützig,  gewinnsüchtig  (vergl. 
interesse  4) :  interessirt,  der  auf  seinen  nutzen  siebet,  ad  rem 
suam  attcnlus  Hederich  13G8;  was?  hält  mich  dein  herr  für 
so  ein  interessiert  mädchen?  Lessing  2,579. 

2)  nach  intcresse  5,  interessieren,  antheil  nehmen  an  jemand 
oder  etwas. 

a)  unpersönlich:  es  interessiert  mich;  der  ausfall  der  wählen 
interessiert  uns  aufs  höchste;  der  mann  fangt  an,  mich  zu 
interessieren ;  er  war  bei  allem  begebenheiten  nicht  festzu- 
halten, ob  sie  ihn  gleich  selbst  intercssirten.  Göthe  25, 25S; 
was  mich  aber  daran  (an  dem  gebäude)  besonders  interes- 
sierte. 234; 

'dir  warum  doch  verliert 

gleich  alles  werth  und  gewicht?' 

das  thun  interessirt, 

das  getliane  nicht.    3,255. 

b)  reflexiv:  sich  interessieren;  ich  interessiere  mich  sehr 
für  den  forlgang  der  arbeiten ;  seitdem  ein  wolthäter  sich  für 
den  jungen  mann  interessierte,  konnte  er  sich  den  Studien 
widmen. 

c)  transitiv,  einen  für  etwas  interessieren,  zum  antheil  be- 
wegen: ich  will  ihn  für  deine  angelcgeiiheit  zu  iiileressiciru 
suchen;  glücklicherweise  gelang  es  meinen  Icidcn.schafllichen 
beinühungen,  mehrere  personen  von  bedeulung  dafür  zu  in- 
teressieren. Göthe  25,240. 

d)  die  Verbindung  interessiert  sein,  antheil  haben  an  nutzen 
odrr  schaden  eines  gcschißs,  einer  angelegenheit  klingt  zugleich  an 
die  bedeutung  2  von  inicressc  an:  er  ist  lici  jenem  gcsihsft 
interessiert;  ihr  gnaden  soll  sein  dafür  inleressir  hei  meiner 
bank  auf  ein  dreitheil,  pour  Ic  tiers  (worte  Ittccauts).  Lessinc 
1,569. 

INTERESSRECHMING,  f  Zinsrechnung.  Uaukner  uerAr  2, 2y|. 

INTHAG,  m.  für  eiiilrag  2,  thetl  3,324:  daj  die  gnneiiuic 
zu  Wiszrl  sich  der  zweier  weide  diese  nch.'ileu  dru  jAre  nAch 
datum  diüz  briefs  schierst  nAch  einander  folgende  nAch  iirr 
noiturft  und  willen  gehrftchcn  sullen  Aue  inirng  und  hindernis 
dcj  komlhur».  Urkunde  von  Niederwrisel  bei  Butzbach  vom  jährt 
tl46;  Ane  intrag  und  hindernis  der  menner  und  gemcinHe  xu 
Wiszcl.  ebenda. 


2149 


INWÄRTIG  —  IN\M:NÜIG 


INWENDIG 


2150 


INWÄRTIG,  adj.  inuärls,  im  innern  wohnend:  fast  mehr 
von  inwertigen  als  den  auszwertigen  feinden.  Haltacs  1033; 
meine  in-  und  auswärtigen  feinde.  Rlixger  5, 103;  es  ist  an- 
zunehmen, dasz  die  Römer  zumeist  die  mundart  derjenigen 
Deutschen  versfanden,  mit  welchen  sie  in  häufiger  berührung 
standen,  dies  sind  namentlich  die  Batavi,  Canninefates  .  .  . 
sammt  einigen  anderen  um  den  Rhein  wohnenden  stammen ; 
weniger  wüsten  sie  von  den  inwärtigen  und  abgelegenen,  z.  b. 
von  den  Gothen.  J.  Grimm  d.  gramm.  1  (1819),  xliv. 

INWÄRTS,  adv.  in  der  richtung  nach  innen,  inwendig,  mhd. 
inwertes;  mit  verben  der  ruhe  und  des  bleibens:  innwerts  auf 
dem  kästen  (des  ringes)  um^z  der  fräulein  verzogner  name 
stehn.  Lessisg  1,533; 

dein  krankheit  ligt  alle  in  wertz.    H.  Sachs  3,1,91'; 

duldung  und  andre  Parität 

will,  dasz  icti  sehe  auT  das  herz, 

allein  das  sitzt  gar  sehr  iowärts, 

und  auswärts  hängen  alle  die  schellen.    Tiec«  1,344; 

innwärts,  von  dem  ersten  Schneidezahn  oder  von  dem  orte 
aus  den  er  einnehmen  sollte ,  begibt  sich  ein  Stachel  oder 
eine  spina  hinterwärts.  Göthe  55, 137. 

INWEISUNG,  f.  investitura.  Dief.  306'.  vgl.  einweisen  Ih.  3,340. 

INWENDIG,  adj.  adverb.  u.  praep.,  die  vendung  nach  innen 
habend,  innen,  mhd.  innewendec,  auch  nhd.  noch  innenwendig 
{sp.  2129);  ab  intra  inwendig,  innewinnick ,  indewennig,  yn- 
weng  Dief.  3*.  das  selten  dafür  vorkommende  einwendig  ist 
th.  3,340  belegt:  einwendig  und  auszerhalb  der  Stadt.  Redter 
V.  Speir  kriegsordn.  20;  und  musten  sich  doch  allzeit  ein- 
wendig vor  mir  scheuen.  Schweiniches  1,293. 

1)  inwendig,  adjectiv. 

o)  im  innern  eines  raumes  befindlich:  sage  deinem  bruder 
Äaron,  das  er  nicht  allerlei  zeit  in  das  inwendige  heiliglhum 
gehe  hinter  dem  furhang.  Z  Mos.  16,2;  der  inwendige  rand  des 
ringes.  Kant  S,299;  vom  innern  des  menschlichen  körfiers:  des 
menschen  inwendig  gäng.  Mecenberg  96,15;  iedoch  spricht 
Aristotiles,  daj  der  elephand  inwendigeu  gestalt  sei  saui  ain 
swein.  135,35;  zerschnydt  das  inwendige  gedärm  und  spant 
die  ädern  mit  dem  tödtlichen  krampf.  Cyrill  26*. 

b)  gern  von  dem  innern  des  menschen  in  geistigem  oder  geist- 
lichem sinne:  in  dem  inwendigen  grund  siner  sele.  Iheol. 
deutsch.  42 ;  und  sint  in  ir  innewendigen  ougen  also  gar 
withe  ufgelhon,  das  si  wol  sehhent  u.  s.  w.  Merswi\  134;  ich 
habe  lust  an  gottes  gesetz,  nach  dem  inwendigen  menschen, 
Rom.  7,22;  darumb  ist  bitten,  begeren,  suchen  das  rechte 
wesen  eines  inwendigen  menschen.  Lcther  3,23';  alle  meine 
begierde,  gedanken  und  inwendige  bewegungen.  Schuppics  433; 
lasz  diesz  süsze  gnadenreiche  wort  in  meinen  inwendigen 
obren  klingen.  45t ; 

hoffnung  erhell  manch  trawrich  herz, 

ermilten  inwendigen  schmerz.    H.  Sicns  1,118*. 

c)  in  beiden  bedeutungen  auch  substantitisch  gebraucht:  reinige 
zum  ersten  das  inwendige  am  becher  und  schüssel,  auf  das 
auch  das  auswendige  rein  werde.  Mallh.  23,  26;  in  das  in- 
wendige des  Vorhangs.  Hebr.  6,  19 ;  die  beschafifenheit  des 
erdbodens  in  seinem  inwendigen.  Kaut  9,28;  namentlich  gern 
im  sinne  oben  b,  und  hier  auch  im  Superlativ:  ewer  inwendiges 
ist  vül  raubs  und  bosheit.  Luc.  11,39;  in  irem  munde  ist 
nichts  gewisses,  ir  inwendiges  ist  herzeleid.  ps.  5,10;  und 
zoch  an  den  fluch,  wie  sein  hembd,  und  ist  in  sein  in- 
wendiges gangen  wie  wasser,  und  wie  öle  in  sein  gebeine. 
109,18;  darnach  feilet  man  drauf,  und  gehet  solcher  sinn  wie 
wasser ,  in  das  inwendigste ,  und  wie  öle  durch  gebein  und 
mark.  Llther  3,212';  so  mus  er  (galt)  .  .  seine  creatur  so- 
wol  im  aller  inwendigsten  als  im  aller  auswendigsten  machen 
und  erhalten  35l';  mein  inwändiges  ist  nichts  als  blüht  und 
wunden.  Zeses  Roselieb  (1646)  24 ;  in  seinem  inwendigsten 
geneigt  zu  liebe.  Claudius  6,  fi ;  eine  geschichte  die  desto 
lilutiger  in  mein  inwendiges  schneidet,  je  sorgrältiger  ich  das 
messer  der  weit  verberge.  Schiller  kab.  u.  liebe  1,7;  warum 
achtet  man  nicht  in  eben  dem  grade  auf  die  beschaffenheit 
und  Stellung  der  dinge,  welche  einen  solchen  menschen  um- 
gaben, bis  der  gesammelte  zunder  in  seinem  inwendigen  feuer 
fieng?  Verbrecher  aus  verl.  ehre  {werke  7,43  Kurz);  da  wurde 
sie  fast  verschämt  in  ihrem  inwendigen.  Hebel  3  (183S)  248; 
—  in  dem  inwendigen  des  denkvermögens  {innerhaib  des  den- 
kenden bewusziseins).  Kk^i  8,368. 

2)  adverb. 

a)  in  der  bedeutung  1,  a  und  b :  innerthalb ,  inwendig ,  in- 
trin'ecus,   intra,    intus  Maaieh    236*;    und  sult    in  {den  nllar) 


also  von  brettern  machen ,'  das  er  inwendig  hol  sei.  2  Mos. 
27,  8 ;  und  bawet  die  wende  des  hauses  inwendig  an  den  selten 
von  cedern.  1  kön.  6, 15 ;  inwendig  war  das  haus  eitel  cedem. 
18;  auf  denselbigen  tag  pflegt  man  nach  alter  gewonheit 
einen  ganzen  ochsen  zu  braten,  inwendig  mit  andern  thieren 
ausgefült.  Becherer  newe  thür.  chron.  (1601)465;  inwendig  wird 
gesungen  {hinter  der  bühne).  Weise  polit.  redner  (t6S4)430;  — 
wenne  der  leopard  inwendig  siechet.  Mege.nberg  145,13;  mit 
ainer  ermanung  innwennig  in  der  seel.  Keisersberg  granat- 
apfel  A4';  do  sah  in  got  an  innwendig  mit  den  äugen  seiner 
barmherzikait.  A4*;  ir  fröd  ist  inwendig  im  herzen  und 
geistlich.  XV  sta/f.  s';  dadurch  die  leut  allein  dahin  gefürt 
sind  das  sie  mit  der  faust  nicht  sündigen,  aber  das  herz  in- 
wendig gar  unrein  ist  blieben.  Lctheb  5,3%';  isz  nicht  brot 
bei  eim  neidischen,  .  .  denn  wie  ein  gespenst  ist  er  inwen- 
dig, er  spricht,  isz  und  trink,  und  sein  herz  ist  doch  nicht 
an  dir.  spr.  Sal.  23,7;  welche  der  demüthigen  armen  kleider 
tragen,  sind  aber  inwendig  böse  buhen,  pers.  rosenth.  7,  20 ; 
stärke  uns  inwendig  mit  deiner  himmlischen  kraft,  auf  dasz 
die  Sünde  nicht  herrsche  in  unserm  sterblichen  leibe.  Schcp- 
pius  433;  der  kluge  sucht  sein  glück  inwendig  in  seinem 
gemöthe.  Chr.  Weise  kl.  leule  344 ;  der  andere  theil  gab  zwar 
die  erblichen  mängel  der  menschen  sehr  gern  zu,  wollte 
aber  der  natur  inwendig  doch  einen  gewissen  keim  zugestehn, 
welcher,  durch  göttliche  gnade  belebt,  zu  einem  frohen  bäume 
geistiger  glückseligkeit  emporwachsen  könnte.  Göthe  26,  307 ; 

inwendig  lernt  kein  mensch  sein  innerstes 
erkennen ;  denn  er  miszt  nach  eignem  masz 
sich  bald  zu  klein  und  leider  oft  zu  grosz. 
der  mensch  erkennt  sich  nur  im  menschen,  nur 
das  leben  lehret  jedem  was  er  seL    9, 152. 

b)  sehr  gern  mit  seinem  gegensatz  auswendig  zusammengestellt ; 
eine  reihe  belege  th.  l,  sp.  1015:  nun  wie  gar  fursichtiglich, 
weiszlich  und  nutzlich  der  mensch  von  got  nach  allen  gelidern 
inwendig  und  auszwendig  erschaffen  sei.  A.  v.  Etbe  21';  mit 
leib  und  seele,  mit  allem,  was  wir  ausz-  und  inwendig  haben. 
ScHCPPiüs  434;  der  das  schöne  gut  gekauft  hat,  das  ich  in- 
und  auswendig  kenne.  Göthe  20,42;  wenn  man  das  theater 
in-  und  ausw endig  kennt  wie  unser  einer.  56, 146 ,  ich  kenne 
das  possenspiel  des  autorwesens  schon  zwanzig  jähre  in- 
und  auswendig,  an  Schiller  1,64; 

in-  und  auszwendig 

vor  got  und  menschen  rein.    Wecjherli:*  287. 

3)  inwendig,  praeposition. 

a)  local,  viit  genitiv  oder  dativ,  im  sinne  von  innerhalb:  alliu 
andren  vierfüezigeu  tier  habent  ir  gallen  inwendig  des  leibes 
an  daj  tier  {haane).  Megenberc  123,1;  inwendig  des  va?jes. 
2S9, 34 ;  inwendic  anderthalber  meile  sol  man  niht  colen  bren- 
nen bei  der  sfat  umbe  und  umbe.  Nümb.  pol.-ordn.  300;  und 
soll  den  furhang  mit  helfen  anheften,  und  die  lade  des  Zeug- 
nis inwendig  des  furhangs  setzen.  2  Mos.  26,33;  es  müsse 
friede  sein  inwendig  deinen  mauren.  ps.  122, 7 ;  in  hette  nicht 
anders  gedaucht,  denn  als  brausets  im  mit  groszer  ungestüm 
für  dem  linken  ohr  und  ganzem  linken  backen ,  wie  rau- 
schende meerswellen,  doch  noch  nicht  inwendig  des  heubts, 
sondern  auswendig.  Lcther  3, 40l';  inwendig  der  thüre.  Phil- 
akder  (1650)1,429;  inwendig  des  hauses.  pers.  baumg.  7,22; 

setzte  sich  dann  inwendig  der  pfort.  Odyss.  9,417; 
abstract :  widerumb,  wo  ich  einer  jglichen  person  (der  trinüdl) 
inwendig  der  gottheit ,  oder  auszer  und  über  der  creatur, 
nicht  ein  sonderlich  unterscheid  gebe,  die  den  andern  zweien 
nicht  gebürt,  so  habe  ich  die  personen  in  eine  person  ge- 
menget. Luther  8,  150'.  —  mit  acc:  da  die  von  Troja  das 
leidig  pferd  inwendig  ihre  mauren  nahmen.  Hütten  5,  296 
Manch. 

b)  temporal,  innerhalb,  binnen:  inwendig  der  selben  frist. 
d.  üädtechron.  3,333,37  {v.  1350);  {ich  erbitte)  schleunige  antworl 
inwendig  vierzehen  tagen.  Luther  1,557*;  inwendig  drei  tagen 
kan  man  wol  spüren,  ob  einer  tod  sei.  3,222';  aufs  erste  ist 
diese  sectcn  so  fruchtbar,  das  sie  inwendig  einem  jar  fünf 
oder  sechs  köpfe  hat  gewonnen.  285*;  inwendig  acht  tagen. 
Luther  8,  tOO";  das  Rom  inwendig  100  jaren  wol  viermal  ge- 
wonnen und  verstöret  ist.  246*;  dasz  die  Augustiner  ihr  vor- 
haben inwendig  zweien  tagen  schriftlich  übergeben  sollten. 
Melanchthom  1,472  Bretschneider ;  dasz  kein  dorf .  .  sei,  wel- 
ches sich  nit  innwendig  vierzig  jaren  schier  über  die  hellte 
gemehret  hab.  Kirchhof  wendunm.  228*;  innwendig  monatsfrist, 
nach  absterben  der  kindere  eitern.  Frankf.  reform.   7,2,  §  J7. 

135* 


2151       mWENDIGKEIT  — liNVVOLKERISCII 


INWÜLLEN  —  INZWISCHEN 


2152 


INWENDIGKEIT,  /".,  ronieinnlich  vom  inneren  menschen ;  mlid. 
\nne\\enA\ke'ü  in  der  spräche  der  mysliker:  du  soll  niiler  knien 
oder  sitzen  und  in  deiner  inwendigkeit  das  leiden  Christi  be- 
trachten. Keisersb.  granatapfel  E%^ ;  wenn  die  sele  irer  kinrheil 
und  inwendigkeit  nicht  ynnen  wirdt.  Carlstadt  vom  sabbat  A2'; 
wo  ist  das  Zeugnis  in  ewer  inwendigkeit  {Carlsladt  uird  an- 
geredel), das  ir  des  euszerlichen  zeugnis  nicht  dürft  für  euch? 
Ldtuer  3, Id";  wenn  ich  nu  diese  hohe  geister  wiedcruinb 
frage,  wo  stehets  denn,  das  Christus  spricht,  nemet  das  brol 
und  esset?  so  werden  sie  mir  das  zeugnis  in  irer  inwendig- 
keit vieleichl  zeigen.  80';  gleiclnvie  Müntzcr  und  Carlstad 
auch  theten ,  welclie  hatten  auch  irc  kunst  aus  dem  zeug- 
nis irer  inwendigkeit,  und  dürften  der  heiligen  schrift  nicht 
für  sich  sclbs,  sondern  für  die  andern  zu  leren,  als  ein 
euszcrlich  zeugnis  des  zeugnis  in  ihrer  inwendigkeit.  483*. 

INWIEFERN,  aus  in  wie  fern  sp.  2t03  zusammengerückt: 
die  erste  hülfte  des  niährchens  sollte  auch  ins  neunte  stück 
küHimen ;  inwiefern  es  nfithig  oder  thunlicb  sei,  wollen  wir 
berechnen.  Göthe  an  Schiller  1,87;  in  gleichem  sinne  mit  in- 
sofern: Sachen,  die  entweder  ihrer  individualital  nach  genau 
bestimmt  sind,  oder,  inwiefern  von  einem  genus  die  rede 
ist,  ihrer  quantität  und  qualität  nach.  Göschen  vorles.  2,2,90. 

INWIEK,  m.  bucht,  winket  den  ein  flusz  oder  meeresartn  ins 
land  schneidet,  ein  niederdeutsches  wort,  vgl.  unter  wiek:  nicht 
ferne  von  Archangel  sind  in  einem  inwig  oder  winkel  drei 
inseln.  pers.  reisebeschr.  3,1;  die  Wolga,  weiche  daselbst  durch 
einen  inwig  oder  winke!  einen  flachen  boden  machet,  ausg. 
von  1696, 106* ;  bei  den  lorfyräbern  in  Oslfriesland  hciszt  inwieke 
der  in  dem  morast  gezogene  schiffbare  nebcncanal,  aus  dem  sich 
das  tcasser  in  den  Itaupicanal  ergicszt.  Jacobsson  6, 162'. 

INWIEWEIT,  wird  ßr  das  modale  in  wie  weit  (sp.  2103) 
auch  zusammengerückt  geschrieben. 

INWIG,  s.  inwiek. 

INWILLENS,  für  getrenntes  in  willens  sp.  20S3;  (er  gieng) 
auszer  der  sladt  spazieren,  inwillens,  wilde  enten  oder  wilde 
tauben  .  .  zu  scbicszen.  Abele  künstl.  Unordnung  2,335. 

INWOHNEN,  verb.  die  gekürzte  form  für  inne  wohnen  (spalte 
2126)  .•  dasz  unserer  juristischen  praxis  der  rechte  geisl  nicht 
überall  inwohnt.  Savigny  system  l,.\.\iv;  erscheint  vorzugsweise 
im  pari,  inwohnend :  Krause  erschien  als  tiefkrauker  mann, 
und  man  muszte  vielleicht  manche  schwache  äuszerung  einem 
inwohnenden  unheilbaren  übel  zuschreiben.  Götue  32,152; 
jene  inwohnende  gesundheit  des  geistes.  Savigny  kl.  sehr.  4,222; 
alles  will  dann  die  inwohnende  gestalt  entbinden  und  zur 
gcburt  befördern.  Tieck  4,  236. 

INWOIINEK,  m.inquilinus,  incola,  incolinus.  Stieler  2497; 
vgl.  einwohner  tli.  3,  345:  in  namen  aller  meiner  landsleut 
und  iunwoner  der  nider  leutschen  landen.  Fischart  bienk.  3"; 
eben  als  er  vermeinte,  der  ganze  (lecken  halte  sich  nunmehr 
versammlet,  den  armen  sünder  henken  zu  sehen ,  wie  sicli 
dann  auch  zu  solchem  ende  fast  alle  innwobner,  jung  und 
alt,  weih  und  mann,  knecht  und  mägd,  kind  und  kegel  mit 
uns  hinaus  begab.  Simpl.  3, 139  Kurz;  manches  land  hat  grosze 
guttliaten  von  der  natur.  aber  die  inwohner  wissen  derselben 
nicht  zu  gebrauchen.  Schuppics  120 ;  das  königreich  China 
ist  das  allerfruchtbarestc  und  ganz  Orients  speiszkammcr ; 
die  inwohner  sollen  von  .  .  groszer  fehigkeit  des  Verstands 
sein.  409;  die  inwohner  des  himmels.  747;  was  machen  nicht 
für  dünne  und  kluge  drechslcrische  arbeit  die  inwohner  zu 
Brrtoldsgaden  noch  auf  den  heutigen  tag?  Adele  gerichls- 
hündel  (16S4)  1,227;  die  innwobner  (einer  stadl).  Habenek 
werke  5,21;  verscheidet  ein  inwohner,  so  fängt  der  geschicht- 
ort  erst  recht  an  zu  leben  und  geht  hin  und  verfaszt  den 
nekrolog.  J.  Paul  palingen.  1, 55 ; 

(der  liönig)  der  sich  gegen  der  statt  und  land 
und  deo  lunwohnern  ailcnsundt 
(oll  halten  wie  ein  vaiter  des  landts. 

J.  Atrio  50-  (264,11  Keller); 

d«r  einöd  und  wSld  inwohner.    Wkckhhlii«  324. 

INWOHNERIN,  f.  inquilina  Stieleh  2497. 

INWOHNLNG,  f:  sein  seel  ist  ein  tempol  und  ein  yn- 
wonung  got  des  heiligen  geists.  Keisersrerg  bäum  d.  sei  7'; 
ilii  .(•  iiiwohnung  zweier  grundtriebe.  Schiller  1169'. 

LNWOLKEHLSCII,  adj.:  eine  bildung  Fischart»,  umgedeutet 

aus  Utt.  itivoluem:   ich  kan  auch  nicht  underlassrn ,   in    ful- 

Rrndem    rnpÜH    eiirb    ein  icnigina  oder   knorrenknochig   In- 

!'  ti  scirpescrupiach  rhflters  oder  rbUlzal  xu- 


INWOLLEN,  verb.  für  cinwollen  theil  3,  aiü/l .•  und  zwar 
merke  ich  fürs  eine  fast  wohl,  dasz  dir,  einem  gut-rund- 
teutschen  mann ,  der  name  und  die  wort  der  Überschrift : 
salyrischer  gesiebte,  nicht  recht  inwill.  Philander  2,1. 

IN  WORT,  n.  inländisches,  einheimisches  wort  im  gegensatz  zu 
auswort,  ausländischern ,  bei  J.  Paul:  daher  verlohnt  es  sich 
kaum,  dasz  man  solche  mit  den  sachen  von  selber  absegelnde 
auswürter  erst  mühsam  in  inwörter  zurück  verdeutschte. 
vorsch.  d.  dslhet.  2,202. 

INZICIIT,  f.  dessen  einer  geziehen,  angeschuldigt  wird,  die 
beschuldigung,  das  legen  zur  last;  ahd.  inziht  crimen,  zelotypia, 
notd  (iRAFF  5,588;  mhd.  inziht  Mnrf  iiizic;  der  alten  rechts-  und 
amtssprache  angehörig,  vgl.  rechtsalt.  855 :  22  guld.  von  22  tagen 
Paulsen  dem  Pfetlner  gen  Nürnberg  do  er  zu  dem  kaiser 
solt  sin  und  uns  entschuldigen  von  der  inzicht,  da;  wir  von 
dem  rych  sollen  haben  gesteil,  d.  städtechron.  4,41,  anm.  2; 
aber  im  mhd.  auch  auszerhalb  üirer  verwandt : 

e.i  si  war  oder  nilu, 

der  liument  unt  diu  Inziht 

diu  sint  mit  rede  .so  verre  körnen 

daj  \ri  ze  leide  habet  genomen 

und  cj  der  hol'  vür  übel  hat.     Trist.  387, 12; 

für  spätere  Zeiten  auf  die  gericlUssprache  Oberdeutschlands  be- 
schränkt, zum  theil  in  den  verderbungen  inzücbt  und  Inzucht 
(Haltaus  1034  f.),  von  den  meisten  Wörterbüchern  bis  an/"  Adelung 
unberücksichtigt  gelassen,  nur  Frisch  1,489*  hat  inzigl ,  ist  so 
viel  als  injuriae.  für  die  allgemeine  schrißsprache  erneuert  und 
als  edles  wort  verwendet  wird  es  seä  ende  des  vorigen  Jahrhun- 
derts: dasz  es  ihm  geopfert  habe,  gehört  mit  andern  dgl.  in- 
züchten unter  die  .  .  märchen.  Wieland  Lucian  5, 197 ;  Ser- 
torius  entzog  auf  jene  inzichten  hin  die  hut  seiner  person 
den  römischen  Soldaten  und  gab  sie  erlesenen  Spaniern. 
Mommsen  röm.  gesch.  3  (1857)  s.  33. 

INZICHTGERICHT,  n.  gericht  in  injuriensachen ;  in  Nürnberg 
und  anderswo  peinliches  gericiU,  wo  der  beklagte  seine  verthei- 
diguni]  selber  führen  kann.   Adelung. 

INZUCHT,  /".  einheitnisclie  zucht,  im  gegensatz  zitr  kreuzung 
dn  racen.   Weserzeitung  1853  no.  2046. 

INZUG,  »I.  kurze  inhaltsangabe  eines  buches,  summarium,  vgl. 
einziehen  7,  th.  3,  354 ;  und  also  sei  euch  genug  ein  inzug 
geben,  zu  verstehen  die  nachgehenden  capitel.  Paracblsus 
opp.  1, 14  B. 

INZüNT,  adv.  für  iezunt,  vgl.  jetzund: 

ich  was  gehalten  lieh  und  wert, 
der  tod  iiizunt  meiner  bcgert. 

tudleutunzspiuck  in  der  Germnaia  12,304. 

INZWISCHEN,  adv.  interca,  ceterum.  die  ahd.  fügung  in 
zwiskem ,  in  zwiskön  in  binis,  die  seltener  vorkommt  als  unter 
zwisken ,  inter  hinos  (Graff  5,  728) ,  vom  distributiven  Zahl- 
wort zwisk ,  geht  mlul.  in  die  zusammenrückung  inzwischen, 
enzwiscben  über,  welcher  letzterer  form  noch  das  nhd.  doch  jetzt 
zu  gunsten  von  inzwischen  wieder  gewichene  entzwischen  {oben 
//i.  3, 675)  entspricht,  die  ursprüngliche  locale  bedeutung  des  wortes 
hat  sich  nhd.  fast  ganz  verloren,  indem  entweder  dazwischen, 
oder  in  andern  fällen  das  höchst  gekürzte  zwischen  dafür  ein- 
tritt, temporale  und  abslracte  veiwendung  ist  noch  zievdich  häußg. 

1)  schon  ahd.  in  zwisken  ward  praepositional  verwendet :  in 
mlncmo  herzen,  da;  inzwischen  den  brüsten  iiget.  Williham 
11,24;  eben  so  mhd.: 

dö  huop  sich  schieno}  striien 
cnzwischen  in  beiden,     Wiijnlois  19,13; 

daneben  adverbial: 

da  die  becche  miliche  vluu>ni 

dij  sücjc  honlg  dar  inzuschin.    Anno  858; 

die  praeposilionale  Verwendung  von  locaUr  bedeutung  aus  ist  nhd. 

nur  noch  selten  zu  belegen: 

wer  ich  wie  du  gesinnt,  lo  könnt  auch  ich,  wie  du, 
bei  gloichem  miithe  sein  Inzwischen  müh  und  ruh, 
iniw-lschen  leid  und  tust  bei  einem  herzen  stehen. 
Fliiinq  64Ü. 

2)  hdußg  ist  es  dagegen  ah  temporales  adverb,  uvfür  auch  früher 
schon  belege : 

doch  6  wir  dar  griön  an  (die  crtählung  einer  nnim  ,i,<,h,.hi,) 

$6  NUl  wir  hl  iiitwischln 

ein  teil  geschlchto  mischin.    Jiroschin  1803» , 

inzwischen,  als  mein  berr  so  über  midi  klagte,  sainleten  »ich 
die  gUsle  nach  und  nach.  Simpl.  l,  I20  Äi4ri;  wan  hilft  e«, 
dasz  .  .  dir  ein  gros/es  loli  zugeeignet  werde,  da  inzwischen 
die  elendige  unlerlhanen  über  dich  iieufzcu.  pers.  baumg.  1,29; 


2153 


INZWISCHEN  — IPER 


IPERNBAUM  — IRDEN 


2154 


inzwischen  vermehrte  sich  seine  Verwunderung,  je  mehr  er 
sich  in  dem  hause  des  weisen  Hippias  umsah.  Wieland  1,  87 
(73) ;  inzwischen  neigte  sich  die  sonne.  340  (2S6) ;  inzwischen 
hatte  ich  das  achtzehnte  jähr  erreicht.  2,  29  (26) ;  meine  we- 
nigen freunde  hatten  sich  inzwischen  in  der  stille  .  .  eifrig 
zu  meinem  besten  verwandt.  150  (130) ;  inzwischen  hatte  sich 
in  Wilhelms  abwesenheit  eine  Veränderung  vorbereitet.  Göthe 
19,252;  es  thut  mir  leid,  dasz  sie  inzwischen  aus  noth  ge- 
feiert haben,  indesz  meine  tagedieberei  willkührlich  genug  war. 
an  Schiller  1,80; 

inzwischen  ward,  nach  sieben  heitern  tagen, 
das  liebenswürdge  heldenpaar  .  .  . 
ans  ufer  von  Lepanto  hingetragen. 

WiELiND  23, 5  (Oberon  7, 1). 

3)  auch  einen  leisen  gegensatz  einführend,  nie  indessen,  ttnter- 
dessen:  sehen  sie  wohl ..  dasz  ich  die  ungewöhnliche  absieht 
habe,  herr  im  hause  zu  sein?  es  ist  eine  sehr  altvätrische 
mode ,  aber  ich  will  sie  doch  beibehalten  wissen,  so  viel 
kann  ich  ihnen  inzwischen  versichern,  dasz  so  gewisz  ich 
lierr  iiu  hause  zu  sein  verlange,  so  gewisz  will  ich  auch,  dasz 
meine  frau  frau  im  hause  sein  soll.  Rabener  sat.  3,238;  es 
ist  nicht  ganz  ausgemacht,  von  wem  und  in  welcher  spräche, 
ob  italienisch  oder  lateinisch ,  diese  nachrichten  (von  Marco 
Polo)  zuerst  aufgesetzt  worden,  der  text  inzwischen,  den  die 
gelehrten  am  gewöhnlichsten  gebraucht  haben. .  ist  der  latei- 
nische. Lessing  9, 1S9;  der  gedanke  inzwischen,  dasz  sich 
vielleicht  die  nehmlichen  typischen  und  antitypischen  gemälde 
in  den  fenstern  von  mehrern  alten  klöstern  befunden,  ist 
auch  nicht  zu  verachten.  239;  wir  schmeicheln  uns  keines- 
weges,  das  sicherste,  kräftigste  und  ausführbarste  mittel,  eine 
mit  so  vielen  Schwierigkeiten  umringte  sache  zu  bewerk- 
stelligen, gefunden  zu  haben,  inzwischen  erkühnen  wir  uns, 
euch  vor  der  band  .  .  einen  rath  zu  geben.  Wieland  2,  237 
(203) ;  wenn  diese  wichtigen  documente  wieder  vor  den  äugen 
des  publicums  liegen ,  möchte  es  zeit  sein ,  über  den  Ver- 
fasser, dessen  natur  und  wesen  das  nähere  zu  besprechen ; 
inzwischen  will  ich  doch  einiges  hier  schon  beibringen.  Göthe 
2G,  lOS. 

4)  inzwischen  in  Verbindung  mit  dasz,  ah  eonjunction :  indem 
es  {das  unreine)  sich,  inzwischen  dasz  er  es  zu  überwinden 
suchte,  mit  ihm  aufs  innigste  verbunden  hat.  Göthe  18,193; 
inzwischen  dasz  adel  und  freundlichkeit . .  über  den  schwaraen 
augenbrauen  herrschten.  42,  C2 ;  aitch  ohne  dasz :  wogegen  er 
auf  eine  verbindliche  weise  die  Verdienste  der  arbeit  anzu- 
erkennen verstand,  inzwischen  der  hausfreuud  darn  ein  pene- 
lopeisch  zauderhaftes  werk  zu  sehen  glaubte.  22, 59. 

10,  inlerj.,  neben  jo  {s.  d.). 

1)  selbständig,  als  ausdruck  des  Staunens: 

das  feur  im  aus  den  angen  glast, 

aus  seinem  mund  der  gäil'er  prasst. 

io,  wie  zittert  er  von  zorn  !    ring  5',  22" ; 

der  freude  {hier  ivol  dem  lat.  io  nachgebildet): 

des  sind  wir  froh, 

io,  iol 

ewig  in  dulci  jubilo ! 

Ph.  Nicolai  «b  Wackemagels  leseb.  2  (1876)  281 ; 
der  anspornung: 

hailoh,  gesellen,  drauf  und  dran ! 

io !  doho !  hussasasa !  {es  (><  nur  hussasa  gedruckt) 

BORGER  71", 

2)  an  ausrufe  angehängt:  da  schrei  und  rufet  er  hilfio,  rettio, 
schelmio,  dibio,  und  protestiert  sich  der  verrhäterei,  wa  sie 
in  verlieszen.  Garj.  251';  ceter  ceter  mordio  über  dich  mörder. 
H.  J.  V.  Brausschweig  371;  mordio!  helfenio!  Wickram  rollw. 
bT,  17  Kurz; 

schrier:  dibio! 

hiesz  den  pfaffen  auflialten.    H.  Sachs  1,121  Gödeke, 

der  pförtner,  und  da  war  gewahr 

des  haufens  der  vorhanden  war, 

riefe,  feindl  io,  verraihen  io.    IIaltaus  1035. 

vgl.  diebio  theil  2,1001,  feindio  3,1461,  feuerio  1594;  und  über 
die  identüät  des  suffixes  mit  der  inlerj.  io  J.  Grimm  kl.  schrißen 
5,  394.  die  rufe  stillo,  stillio,  fuirio,  helfio,  mordio  sind  noch 
jetzt  oberdeutsch,  schwäb.  furiaul     vgl.  Schm.  1,10  Fromm. 

IPEH,  f  eine  ulmenart,  franz.  ipr^au,  span.  oimo  de  Ipre, 
von  ihrer  abstammung  aus  Ypern  in  Westflandern : 
die  tannen,  ypern,  birken,  eichen, 
sind  alle  griin,  ob  sie  sich  gleich  nicht  gleichen. 

itROCKis  2, 121 ; 
hier  siebet  man,  von  hoben  ipern,  der  schattigten  alleen 

pracht.     7,323. 


IPERNBAUM,  m..- 

durch  eines  langen  dammes  rücken, 
den  ich  bei  meiner  zeit  erhöbt,  mit  ipem-bäumen  oben  schmücken 

(liest).    Brockes  7, 316. j 
IPERNST.\MM,  m.: 

hierauf  erblicket  man  nun  ferner  den  mit  so  manchem  ipern- 

stamm, 

und  vielen  weiden  wohl  besetzten,   geraden,  langen,  grünen 

dämm.    Brocees  7,315. 

IPÜNKTCHEN,  n.  pünktchen  über  dem  i :  o  hält  ich  doch  nur 
einen  buchstab  von  diesem  abschiede  gemerkt ,  da  Minchen 
ihn  nahm,  nur  ein  uhütchen,  ein  ipünktchen !  Hippel  lebensl. 
3,  1,  371. 

IRCH,  n.  feines  teeisz  gegerbtes  leder,  ahd.  irah,  mhd.  irch 
und  erch,  vgl.  Ih.  3,744  und  erich  857:  albicorium  irich,  weis 
irich,  irch,  erich,  erch  Dief.  20';  aluta  (pellis  artificiose  can- 
didata)  erche,  irch  27';  corialbum  erich,  errich,  irich,  erche, 
erch  15l' ;  irch  albicorium  voc.  ine.  theut.  k  7" ;  kärntnisch  irch 
weisz  gegerbtes  leder  Lexer  150;  ton  verschiedenen  thieren :  pellis 
caprina  irih  Schm.  1,130  Fromm.;  das  irch,  bearbeitete  gäms- 
oder  rehhaut,  ebenda;  nimm  ein  schaffen  irch,  und  mach  das 
nasz.  ÄLBRECHT  rossarznei  97;  über  die  nächste  verwandtschaß 
des  u-ortes  mit  dem  goth.  adj.  airkns  gut,  eigentlich  glänzend, 
treisz  {bezeugt  durch  unairkns  gottlos,  lasterhaß)  und  weiteren 
etymologischen  hintergrund  vgl.  Kubn  zeitscfir.  5,390. 

IRCHEN,  adj.  von  weisz  gegerbtem  leder,  ahd.  irhin  liqua- 
minus,  mhd.  irhin:  bair.  ircbene  gessszhosen.  Scbm.  1,131 
Fromm.;  in  Kärnihen  irchana  housn  Fromm.  3,114;  leg  der 
frouwen  disz  pflaster  uf  ein  yrchi  läder  gestrichen  über  den 
understen  teil  des  buchs.  Rüff  trostb.  113";  disz  pQaster  sol 
uf  ein  jTchi  suber  läder  gestrichen  werden.  120'. 

IRCHEN,  verb.  ueiszgerben ;  bairisch,  kdrnthnisch.  Schm.  1,131 
Fromm.,  Lexer  150;  corialbum  geyrhet  dein  leder  Dief.  151*. 

IRCHER,  m.  u-eiszgerber.  Schm.  a.a.O.:  für  die  ircher  oder 
weisz  oder  lohrotgerber.  Mathes.  Sar.  120*;  Rudolt  Sahs  bei 
der  erher  stuben.  d.  städlechron.  1,92,28.  zu  irrer  verderbt: 
irrer,  so  werden  in  Nürnberg  die  weiszgerber  genannt  Jacobs- 
SON   6,  167*. 

IRCHERGASSE,  /".  gasse  der  weiszgerber,  ehemals  in  verschie- 
denen Städten,  ircherga;;  in  München  Schm.  1,131  Fromm.; 
vicus  diclus  jchirgaszen  (/im;  irhirgajjen).  Kehrein  samm/un^ 
alt-  u.  mitteldeutscher  Wörter  aus  lat.  urk.  s.  69'  {aus  einer  hess. 
urk.  von  132t);  heute  in  Nürnberg  zu  irrergasse  umgewandelt. 
Fromm.  2,  20. 

.  IRDEN,  adj.  von  erde,  mhd.  irdin  und  Crdin ;  auch  nhd.  ist 
erden  noch  manigfach  bezeugt,  vgl.  theil  3,754.  es  hat  sich  in 
zwei  bedeutungen  entwickelt. 

1)  von  erde  gemacht,  aus  gebrannter  erde  gefertigt: 

da;  e;  (das  wasser)  zwen  häven  vuorte  bin 

mit  kraft;  der  ein  was  irdin, 

der  ander  von  ere  gojjen.    edelstein  77, 8 : 

irrdin,  terreus,  humeus,  ex  terra  sive  humo  factus,  irrdin  ge- 
schirr,  vas  terreum,  opus  figulinum  Maaler  237';  hecken,  irden 
gefes.  2Sam.  17,28;  was  sol  dir  der  irdene  topf,  bei  dem 
ehrne  topf?  denn  wo  sie  an  einander  stoszen,  so  zubricht  er. 
Sir.  13,  3 ;  damals  war  einer,  so  topf  oder  häfen  feil  brachte  . . 
sein  irden  krämerei  herfür  trug.  Kirchhof  wendunm.  235* ;  ein 
irdenes  werk,  opus  figulinum  Steinbach  1,350;  ein  irden  brei- 
pfännchcn.  Göthe  16,19;  irdene  pfeifen. 

2)  dichter  des  17.  jahrh.  brauchen  es  auch  wie  irdisch,  der 
erde  entstammend,  ihr  angehürig  {wie  umgekehrt  irdisch  im  sinne 
von  irden  1  steht);  der  gebrauch  ist  ebenso  ahd.  nachzuweisen: 
sie  getuont  die  irdinen  sundön,  terrcnos  peccare.  Notker  ps. 
100,  wie  früher  schon  im  golhischen ,  wo  air|)eins  sowol  unser 
irden  als  irdisch  ausdrückt; 

er  (der  gute)  zähmet  seine  sinnen, 
die  nur  sehr  irrden  sind,  und  führet  sein  beginnen 
aus  ihren  äugen  weg.  Opitz  1,64; 

der  leib,  mein  irdnes  theil,  der  ist  der  seelen  grab. 

Flemikc  32  ; 
der  friede  führe  nun  ein  irdnes  königreich.    66; 

ein  himmlisches  gemühte 
ist  irdnen  Sachen  feind.    71 ; 

sie  sieht  was  kein  mensch  kan  mit  irdnen  äugen  sehn.    129; 

disz  ist  es,  wehrter  freund,  wie  wenig  es  auch  ist, 

dasz  du  nun  nicht  wie  vor  mit  irdnen  äugen  siehst.    133; 

dasz  wir  irdnen  himmlisch  werden, 

das  schafft,  laute,  deine  gunst.    513; 

sie  kleben  an  dem  koth 
der  irrdneo  sterbiigkcit  mit  herze  round  und  band. 

Abschaiz  ged.  (1701)2,130. 


2155 


IRDENISCH  — IRDISCH 


IRDISCH  — IRGEND 


2156 


IRDENISCH,  adi.  irdisch,  vgl.  erdenisch  theil  3  sp.  758 : 
sus  ist  gestah  der  argen  vli;, 
irdenscher  scliaz  iüt  rxie  ir  aller  minne. 
^  minrifs.  2,  3'JT  Ilagen; 

ZU  eiine  zeichen,  das  irdensch  gewalt  und  kraft  gegen  gölte 
nüt  verfühet.  <i.  städtechrou.  8,  248, 17 ;  Darius,  ein  kiinig  der 
irdenscher  künige.  306,4;  was  auf  erden  ist  und  zum  zeil- 
lichen irdcnischen  reich  gehört.   Luther  2, 19tf'. 

IRDIG,  adj.  erdig,  erdartig:  solcher  fixer  schwefel . .  er  sei 
irrdig  oder  steinig.  I'ahacelsus  opp.  1,  607  C. 

IKDISCH,  adj.  lerrenus,  terresler,  ahd.  irdisc,  mhd.  irdisch 
neben  erdisch,  welche  form  auch  nhd.  noch  besteht,  s.  3,  773. 

l)  der  erde  und  namentlich  ilirer  art,  ifirem  leben  und  treiben 
zugehörig,  an  ihr  haßend  (irrdisch,  vom  erdlrich  här  erboren, 
auf  der  erden  labende,  terrenus,  terrestris  Maalek  237'):  ahd. 
siu  machet  in  contemptorem  aiiis  irdisken  guotcs.  Wimiuam 
73,24;  uuante  sie  alliu  irö  werc  tuont  durch  uuerlllichen 
ruom  ante  durch  irdisk  gefuore  (nutzen).  54,9;  er  [diabolus) 
pesmeijje  mih  mit  irdischen  sundon.  Notker  bei  Hattemer 
2,36';  mhd.  ob  ich  6ch  irdesche  dinc  gesagit  habe,  und  ir 
gloubit  niht:  wie  gloubil  ir  denne  ob  ich  üch  himelische  dinc 
sage?  Behaims  ev.-buch,  Joh.  3,12; 

dad  ij5  mit  rehte  solle  liehen  (gefallen) 

allir  irdischir  diet.    Annu  609; 

diu  ((jittilint)  in  häte  her  gesaat 

von  liimel  in  iidischiu  lant.    Hart.  5,34; 

n/u/,  die  kinder  Hagar  forschen  der  irdischen  weisiieil  zwar 
wol  nach.  Baruch  3,23;  es  sind  himlische  cörper  und  irdische 
cürper.  aber  eine  ander  hcrrligkeit  haben  die  himlischen, 
und  eine  ander  die  irdischen,  ifor.  15,  40;  wir  wissen  aber, 
so  unser  irdisch  haus  dieser  hütten  zubrgchen  wird,  das  wir 
einen  baw  haben  von  gott  erbawet,  ein  haus  . .  das  ewig  ist 
im  himcl.  2  Cor.  5,  l ;  das  liecht  {der  sonne)  scheinet  dem 
irrdischen  umbkreisz  nicht  weniger  als  vor  zeiten  auch. 
Scmjppiüs  776;  der  gattungsbegriff  mag  der  eines  irdischen 
vernünftigen  wesens  sein,  so  werden  wir  keinen  charakter 
desselben  nennen  können,  weil  wir  von  nicht  irdischen  wesen 
keine  kenntnisz  haben.  Kant  10,303;  die  räche,  die  mich 
verfolgt,  ist  nicht  des  irdischen  richters ;  ich  gehöre  einem 
unerbittlichen  Schicksale.  Götiie  19, 11;  solchen  dank  verdient 
sich  ein  mann,  der  irgend  ein  irdisches  thun  durch  geistige 
anregung  zu  veredeln  und  würdig  zu  verbreiten  weisz.  20, 123; 
da  ich  fühle,  dasz  mein  unternehmen  das  masz  der  mensch- 
lichen krafte  und  ihre  irdische  dauer  weit  übersteigt,  an 
Schiller  1,9; 

da»  spil  ist  genant  mit  seiner  lehr 
da»  irrdisch  paradeis  der  Wanderer. 

ilKKos  irdisch  pilgerer  (1562)  S'; 
wenn  der  reben  güldner  saft 
in  den  Hechten  römern  springet,  .  . 
da  vergessen  wir  der  saciien, 
die  die  herzen  irrdisch  machen.    Fleüinc  400; 
ehret  die  Irauen!  sie  flechten  und  weben 
himmlische  rosen  ins  irrdische  leben. 

ScuiLLER  würde  der  flauen; 
so  schreiten  keine  irdschen  weiLer! 
die  zeugete  kein  sterblich  haus!    kvauiche  des  Ibijkus; 
das  erste  aber  und  hauptsächlichste 
bei  allem  irdschen  ding  ist  ort  und  stunde.    Piccul.  2, 1 ; 
o!  du  wirst  auf  die  Sternenstunde  warten, 
bis  dir  die  irdische  entnicht!    2,6; 
wohl  weisz  ich,  dasz  die  irdschen  dinge  wechseln, 
die  hosen  gotter  lodern  ihren  zoll.     Wattentlvins  lud  5,4; 
und  wenn  der  könig  anklingt,  soll  der  himuiel 
nachdröhnen  irdschem  donner.    Slialifsp.  Ilamtit  1,2; 
and  the  kings  rouse  the  heavens  shall  bruit  again, 
respeakidg  earthlj  thunder. 

adverbial:  dere  die  irdisch  gesinnet  sind,  l'hil.  3,  13. 

2)  substantitisch  slelU  der  irdische,  die  irdische,  der  oder 
die  auf  der  erde  lebende,  oder  auch  ihrer  art  ungehörige ;  das 
irdische,  das  der  erde  eigene,  sie  betreffende,  auf  ihr  enthaltene : 
da  die  stiftsdüuie  nur  ein«  heilige,  Thcrese  nur  eine  voll- 
kommene irdische  ist.  Scuiijeh  an  Gölhe  1,16";  der . .  engel, 
der  um  irdischen  die  erdentracht  abzieht  oder  abbricht. 
J.  I'aul  leben  Fihelt  48 ; 

des  lebens  ungemischte  freud« 
ward  keinem  irdischen  zu  theil. 

Schills*  ring  des  IKdykratet; 
«ich   beim  irdiacbeo   verweilen,  lerrenit  immorari  Steimbacu 
1,150;  das  irdische  verlausen,  sterben; 

werft  die  angit  des  irdisrhen  von  euch! 

ScHILLkR  i(lrat  u.  leben  v.  28; 


bis  der  gott,  des  irdischen  entkleidet, 
flammend  sich  vom  menschen  scheidet.    141 ; 

indesz 
wir  hier  im  feld  gesorgt,  sie  grosz  zu  machen, 
das  höchste  irdische  ihr  zu  erfechten, 
hat  multer  natur  in  stillen  klostermauern 
das  ihrige  geihan.  dem  lieben  kind 
aus  freier  guiist  das  göttliche  gegeben.    Piccol.  2,3; 

laszt  das  irdische! 
dci.kl  jetzt,  euch  mit  dem  liimmel  zu  versöhnen! 

Tett  4, 3 ; 
was  in  dem  schlaf  für  träume  kommen  mögen, 
wenn  wir  den  drang  des  irdschen  ahgeschüitelt, 
das  zwingt  uns  still  zu  stehn.     Shulieaii.  Ilamtil  3, 1 ; 
for  in  lliai  sieep  of  deaih  what  dreatns  may  come, 
when  we  have  shuffled  olf  this  mortal  coli, 
must  give  us  pause. 

3)  irdisch,  der  erde,  dem  festen  lande  (gegenüber  flusz  oder 
meer)  angehörig:  ein  irdischer  crocodyl,  crocodylus  lenestris. 
FüKER  thierb.  166';  ausz  den  schiltkrotten  kompt  die  irdisch 
niemer  ins  wasser,  die  aber  so  in  den  siiszen  wasseren,  auch 
in  dem  meer  wonend,  .  .  rimend  oder  schlafend  auf  dem 
trocknen  land.  170';  auf  der  flachen  erde  wohnend,  im  gegen- 
satz  zum  berge:  bekompt  seinen  namen  von  der  färb,  so  bei 
leben  schwarzrot  gleich  den  irrdischen  hasen.  fischb.  116'; 
endlich  der  erdoberfldche  angehörig,  nur  in  den  compositen  unter- 
irdisch, oberirdisch  (verschieden  von  überirdisch,  das  an  die 
bedeutung  l  anknüpß) :  die  garten-gewüchse  werden  eingetheilt 
in  unterirrdische  und  oberirrdische.  Hohberc  1, 460'. 

4)  irdisch,  wie  erdicht,  der  erde  als  stoff  gleich,  erdartig:  die 
irdenen  glasurten  brennzeuge  geben  anfangs  einen  irdischen 
geschmack  von  sich.  Hohbeiig  1,230';  der  Weinstein  ist  das 
dickesle  und  irdische  theil  des  weins.  363';  bierhefen  ist  ein 
irrdisches,  dickes,  schweres  ding,  so  sich  im  hier  nieder- 
senket. 2,95';  es  hat  dieses  wasser  nicht  den  mindesten 
schwefelichten  geruch,  setzt  wo  es  quillt  und  wo  es  durch- 
flieszt  nicht  den  mindesten  ocker  noch  sonst  irgend  etwas 
mineralisches  oder  irdisches  an.    Göthe  16,  266. 

5)  irdisch,  wie  irden  1,  aus  gebrannter  erde  gemacht:  zerlas 
den  (schwefel)  in  ainem  irdischen  geschier.  Scum.  1, 140  Fromm, 
(von  1429);  in  einem  groszen  hause  aber  sind  nicht  allein 
güldene  und  silberne  gefesze,  sondern  auch  hülzerne  und 
irdische.  2  7'///».  2,20;  irdische  krausen  (6ec/ier).  Pe;r.36';  spielend 
mit  dieser  und  der  bedeutung  l :  du  klagest  oft  über  die  pi  e- 
diger,  dasz  sie  nicht  thun  was  sie  thun  sollen,  allein  sie  sind 
menschen,  sie  tragen  den  prediger-schatz  nicht  in  silbern 
oder  güldenen,  sondern  in  irrdischen  gefäszen.  was  ists 
wunder  dasz  sie  underweilens  anstoszen?  Schuppius  210. 

IHDISCHBLÖD,  adj.: 

die  unwürdigkeit  so  irdisch-blöder  äugen.    Wkciukhlin  729. 
IHDISCHHEIT,  f    l)  nach  irdisch  1,  irdisches  treiben,  erden- 
leben; bei  Stieler  3S6  als  poetischer  ausdruck  für  das  irdische, 
mundana,  terreslria,  transitoria,  temporaria: 
von  eira  proplieten  der  ouch  seit, 
den  gott  hab  gsendl  in  d'  irdischeit.    trag.  Joh.  Liij. 

2)  nach  irdisch  4,  erdige  art,  erdige  bestandlheile : 
mit  sand  do  sich  die  wasser  klaren, 

nun  von  der  jrdischheit  Irei  weiden,    bei  I.kssi.nc  13,222. 
IHUISCIlSCIiWER,  adj.: 
was  sonst  die  reiche  weit  in  ihrem  busen  halt, 
ist  irrdisch-schweres  gut,  kümmt,  bleibt,  geht  mit  der  weh. 

LoiikV  2,41,54. 
IHGELIiEEHE,   f    vaccinium    uliginosum,    Sumpfpreiselbeere. 
Nemnich  4,  1539. 

IltGENÜ,  Pronominaladverb,  welches  örtliche,  uitliche,  modale 
tahlbestimmungen  verallgemeinert. 

1)  form,  das  wort  erscheint  ahd.  bei  Otprid  als  getrenntes 
io  wergin  neben  bloszem  wergin  usguam,  alieubi,  im  altnieder- 
fränkischen  (glois.  Ups.  lll)  in  der  negation  nie  wergin  usque- 
quaque;  und  wie  von  dieser  negation  bereits  (ebenda  713)  die 
lusammenziehung  iiicrgin  sich  findet,  so  kommt  von  der  positiven 
formet  auch  im  spateren  ahd.  das  contrahierte  icigen  auf:  slhet 
ir  iergen  iniiien  wiiie?  Wiilira«  22,4;  eine  form  die  mhd.  du- 
gewöhnliche,  wenn  auch  nicht  die  alleinige  bleibt  (vgl.  grumm. 
3,220).  verkürtung  zu  irgen  ist  xundchst  vorzugsweise  mittel- 
deutsch: alinibi  irgen  Di  Kr.  22'; 

i>uih  von  kciiorllchir  haut  (piivilfgien), 

>ti  mich  di  brt^dr«  irgin  hint.    Jikoschin  1078; 

du  schtietsende  dentalis  findet  sich  bereits  im  ]i. jahrh.  (mhd.wb. 
1,741'),  häufiger  schon  im  16.:  uspiam  iigent  Uitr.  oao'  (tot. 
von  1411);  mtt  ausstoszung  dtt  nasals : 


2157 


IRGEND 


IRGEND  — IRGENDS 


2158 


ich  keile  deu  Spiegel  hin  und  her, 

ob  ierget  liein  flecke  wer.    Altswkrt  124,  20. 

die  äuszerst  gekürzte  form  ist  ierne,  iern.  irn :  si  quando,  wann 

irn,  wann  irgend,  wann  etwa  Alb.  ; 

und  wacr  ierne  einer  in  dem  lande 

der  gebrauen  hctte  eine  schände. 

osters{iiel  in  den  fnndgr.  2,  313,  23 ; 

oüerländisch  und  düringisch  heule  ern,  schlesisch  äjnt: 

und  stellt  euch  fix  zur  währe, 
kümmt  ärndt  ihr  schandlich  lügemaul 
amol  euch  in  de  quäre. 

HoLTEi  schlcs.  ged.  (1S74)  s.  89. 

2)  die  ursprüngliche  locale  bedeutung  von  irgend  =  irgendwo 
findet  sich  selten  noch  bis  ins  ältere  nlid. :  irgend,  uspiam,  usquam 
IlASYP. ;  warum  wird  doch  iergend  an  einem  ort  deines  reichs 
gedacht?  RiiiEL  iims  GS" ;  irgend  um  diese  gegend,  locahaec 
circiter  Stieler  8Sö;  vgl.  dazu  irgends. 

3)  irgend,  temporal,  einmal,  zu  irgend  einer  zeit,  wird  unten 
in  der  form  irgends  nachgewiesen. 

4)  irgend  bei  ungefähren  raumbeslimmungen,  vie  etwa :  lasz 
irgend  zwen  quer  finger  breit  räum.  Adam  Riesz  rechenung 
(1550)  18S';  da  wir  noch  irgend  einen  büchsenschusz  zu  reiten 
hatten.  Philasder  2,596;  es  sind  irgend  zehn  meilen  auf 
Leipzig,  Lipsia  dissidet  abhinc  decem  circiter  millia.  Stieler  SS5; 
auch  bei  anderen  zahlbestimmungen :  wenn  mans  rechnet,  findet 
sichs,  dasz  sie  (die  Juden)  fast  bei  zweihundert  jaren,  und 
irgend  sechtzehen  in  Egypten  gewesen  sind.  Lcther  4,93*; 
doch  hat  der  kämpf  nicht  hinge  müssen  wehren ,  .  .  mag 
irgend  eine  stunde  oder  halbe  vor  tage  gewehret  haben.  18l' ; 
er  ist  irgend  von  dreiszig  jähren,  triginta  praeter  propter  annos 
natus  est.    Stieler  8S5. 

5)  irgend,  modal,  irgendwie:  niemand  wird  dies  System  an- 
nehmen ,  dem  es  irgend  um  philosophie  zu  thun  ist.  Kant 
7,  302 ;  wenn  man  nur  irgend  dieser  kaninchen  habhaft  werden 
könnte.  Tiecr  der  gestiefeile  kater,  2.  akt; 

Terhüte  gott,  dasz  irgend  tücke  walte, 
die  schuldlos  einen  edelmann  verdammt. 

Sliakesp.  Heinrich  VI,  2,3,2; 

auch  vielleicht,  etwa :  iigeud  werde  ich  auch  noch  reich,  fortassis 
et  ego  bealus  ero.  Stieler  885 ;  bitte  ihn,  irgend  tuht  ers,  fac 
periculum  petendo,  ebenda ;  der  söhn  würde  angeführet ,  wie 
desz  Pythagor«  schüler,  und  dürfte  in  5  jähren  nit  ein  wort 
reden ,  und  der  vatter  besuchte  ihn  irgend  im  dritten  jähr, 
und  fragte,  wie  es  ihm  gehe?  Schüppiüs  812;  sie  setzten  hinzu, 
ob  sie  irgend  verliebt  sei,  weil  sie  in  so  tiefer  entzükkung 
säsze  ?  Zesen  Assenat  (l679)  17 ; 

scbläfts  irgend 
vielleicht  in  meinem  vorsaal  auch? 

ScuiLLKR  don  Carlos  3, 1. 

6)  am  häufigsten  findet  sich  irgend  zu  einem  pronomen  oder 
adverb  gestellt,  um  dessen  begriff  zu  verallgemeinern,  die  Ver- 
bindung ist  dabei  entweder  eine  enge  {vgl.  an  alphabetischer  stelle 
die  zusammenrückungen  irgendwie,  irgendwo),  oder  eine  freiere. 

a)  irgend  wer,  irgend  was:  wer  ist  irgent  von  den  stemmen 
Israel,  der  nicht  mit  der  gemeine  ist  erauf  komen  zum  herrn? 
rieht.  21,  5 ;  ist  irgend  was  fursehen  im  trucken,  bitte  ich,  ein 
jeder  wol  das  rechtfertigen.  Adam  Riesz  rechenung  (l550)  196"; 
ist  irgend  wer  hier,  numquis  hie  est?  Stieler  8S5; 

wenn  ich  unwissend  oder  in  der  wutb 

etwas  begangen,  das  mir  irgend  wer, 

hier  gegeuwäriig,  nachträgt.    Shakesp.  Itich.  lll,  2, 1 ; 

du  kannst  nicht  falsch  sein  gegen  irgend  wen.    Hamlet  1,3; 

ob  irgend  was,  uns  unbekannt,  ihn  drückt.    2,2; 

irgend  etwas,  oder  wirfet  irgend  etwas  auf  in  unversehens. 
4  3/«s.  35,23;  sobald  mir  einer  merken  läszt,  dasz  ihm  in 
poetischen  darstellungen  irgend  etwas  näher  anliegt  als  die 
innere  nothwendigkeit  und  Wahrheit,  so  gebe  ich  ihn  auf. 
Schiller  an  Gvthe  1,51. 

b)  irgend  ein :  du  soll  dir  kein  bildnis  noch  irgend  ein 
gleichnis  machen.  2  Mos.  20,  4 ;  das  sie  irgent  wider  ein  gebot 
des  herrn  gethan  betten.  3  Mos.  4,13;  wenn  ein  weib  sich 
irgent  zu  einem  vieb  thut.  20,16;  wenn  irgend  eins  manns 
weib  sich  verlief.  4  3/oi.  5,  12  ;  lasset  uns  aber  niemand  irgent 
eine  ergcrnis  geben.  2  Cor.  6,3;  da  nun  irgend  ein  grober 
solche  deutsche  catholische  herzenbiszlin  zu  kosten  bist  bette. 
Fischart  bieuk.  14l';  auf  irgend  eine  art  entschädigt.  Schiller 
an  Gölhc  l,3S;  das  gemälde,  das  sie  jetzt  entworfen  haben, 
kann  weniger  als  irgend  ein  anderes  aus  ihrer  Individualität 
flicszen.  5";  mit  irgend  einer  schrift.  63;  als  plural  zu  irgend 


ein  gilt  in  der  gewähllen  spräche  irgend  welche ,  in  der  des 
gemeinen  lebens  aber  auch  irgend  einige :  er  hat  von  irgend 
einigen  leuten  Unterstützung  bekommen ;  auch  findet  sich  im 
Singular  irgend  einig  ßr  irgend  ein :  aus  irgend  einiger  Ursache ; 

ist  irgend  ein  reichs  closter  das  apt  oder  eptin  hat. 

Schade  sat.  u.  pasqti.  1, 5 ; 
erblickt  ich  zween  lateinsche  ringer, 
die  irgend  nur  ein  wort  verdrosz.    Gömhkr  166; 

stets  warst  du  mir 
der  bringer  irgend  einer  schönen  freude. 

Schiller  Piccol.  2,4; 
ist  irgend  eine  gute  that  zu  thun.    Shakcsj).  Hamlet  1, 1 ; 

irgend  jemand:  übergeben  sie  ja  das  ganze  irgend  jemand 
zur  besorgung.  Götbe  an  Schiller  1,218. 

c)  auch  kein  wird  durch  irgend  verallgemeinert:  das  ir  von 
uns  ja  keinen  schaden  irgent  inne  nemet.  2  Cor.  7,9; 

Saturnus  eigne  kinder  friszt, 

hat  irgend  kein  (gar  kein)  gewissen.    Göthe  3, 152. 

d)  irgend  welch :  ihm  ist  irgend  welches  glück  widerfahren  ; 
irgend  welche  mittel  zum  leben  musz  er  haben ;  in  den  mienen 
sprach  sich  hingebung  und  Unterwürfigkeit  unter  die  be- 
schlüsse  irgendwelches  erbprinzen  aus.  Immerxann  Münchh. 
3,  173. 

e)  irgend  wo,  irgend  woher,  irgend  wohin: 

der  zweier  zuht  ist  groejer  da, 

dan  ich  iergen  wijje  anderswä.    Fbeidame  154, 1 ; 

sich  irgend  wo  niederlassen,  alicubi  commorari.  Steinbach 
1,814;  irgend  wohin  gehen,  quopiam  accedere.  815;  ich  will 
lieber  hier  in  Jena ,  als  irgend  anders  wo  müszig  gehn. 
Schiller  an  Göthe  l,  48 ; 

kracht  irgendt  wo  ein  haus, 
dem  nicht  zu  trauen  ist,  da  springet  man  heraus.    Opitz  1,47; 
dasz,  wo  sie  immer  irgend  auch  des  weges  sich 
begegnen,  jede  der  gegnerin  den  rücken  kehrt.    Götbe  41, 189. 

/)  irgend  wie,  auf  irgend  eine  weise,  vgl.  unten  irgendwie. 

g)  freier  und  seltener  tritt  irgend  zu  anderen  als  den  auf- 
getauten pronomen  oder  adverbien :  welcher  Israeliter  oder 
frembdlinger  in  Israel  sein  opfern  thun  wil,  es  sei  irgent  ir 
gelübd  oder  von  freiem  willen.  3  Mos.  22, 18 ;  wenn  ein  levit 
kompt ,  aus  irgend  einer  deiner  thoren ,  oder  sonst  irgend 
aus  ganz  Israel.  bMos.  18,6;  sie  möchten  trinken  und  der 
recht  vergessen,  und  verendern  die  Sachen  irgend  der  elen- 
den leute.  spr.  Sal.  31,5; 

kaum  hegt,  irgend  umher,  einfachere  menschen  die  erde. 

Plates  werke  2,210. 

h)  in  Melissüs'  psalmcn  findet  sich  irgend  wie  ein  adjecliv 
behandelt  und  flectiert:  aus  irgender  ursach.  Sl';  mit  irgender 
liebe.  Xe";  irgender  mas.  L4'.  Q2';  irgenterlai  Y2'.  Hierzu 
darf  die  als  neutrum  verwendete  gekürzte  form  irn  =  etwas: 

leicht  tut  uns  irn  gelingen, 

so  kum  wir  hinder  gät.    Uhland  volksl.  378: 

sowie  das  niederüstreichische  ere  einer,  eren  einetn,  erer  einer 
(dat.)  gestellt  werden  (Fro-^m.  5,  HO),  das  wol  auch  nur  das  ad- 
jecliv gewordene  irgend  ist. 

IRGE.NDS,  genitive  weiterbUdung  von  irgend,  in  dessen  be- 
deutungen. 

1)  irgendwo,  an  irgend  einem  orte:  sein  bild,  dasz  an  einer 
wand  iergens  mit  einer  kolcn  oder  eim  penscl  abgemahlet 
steht.  Fischart  bienk.  169';  wer  weisz,  ob  er  nicht  unib  der- 
gleichen Schelmenstuck  irgends  gefangen  gelegen.  Puilander 
1,609; 

halt  an,  und  sieh  dich  ümm,  ob  irgends  aller  enden, 
noch  was  zu  finden  sei,  das  deine  quahl  kan  wenden. 

Fleming  664 ; 
vielleicht,  dasz  einst  in  andern  weiten 
wir  minder  elend  sind, 
die  tugend  wird  doch  irgends  gelten.    Lkssisc  1,93. 

2)  temporal,  einmal,  zu  irgend  einer  zeit :  als  Philips  margraf 
von  Croya  . .  mit  einem  herrn  von  Brecht  von  Antorf  irgends 
spazieren  gieng,  allerlei  kurzweil  mit  ihm  triebe.  ZirtscREP 
apophlh.  1,330. 

3)  irgends,  bei  ungefähren  zahlbeslitnmungen  (vgl.  irgend  4): 

acht  tage  waren  schon  und  irgends  mehr  fürübcr.  ~ 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  5,57,1. 

4)  irgends,  etwa,  vielleicftt  {vgl.  irgend  5):  ire  beste  speisen 
wäre  irgends  zu  mittag  ein  paar  rettige  und  auf  den  abend 
eine  band  voll  salat.  Simpl.  1,349  Kurz. 


2159 


IRGENDSWO  — IRRE 


IRRE 


2160 


5)  irgends,  verallt/emeinemd  zu  pronominibus  tretend  {vgl. 
irgend  6):  ein  edelmann  der  yergens  einem  fürsten  vigent 
ist,  der  tbut  im  schaden.  Keisersberg  tilg.  60' ;  wenn  doctor 
Murtinus  Luther  iergcndts  zu  einein  kranken  kam ,  .  .  so 
redete  er  ganz  freundlich  mit  ime.  Lutber  tischr.  457'; 

ich  habe  keinen  Triede, 
ich  wobl-geplagter  mensch,  iu  irgends  einem  gliede. 

P.  Flkmimc  18. 

IRGENDSWO,  adv.  an  irgend  einem  orte,  vy/.  irgendwo:  von 
nun  an  werde  ich  weder  hier ,  noch  irgendswo  in  der  well, 
wieder  ruhig  werden.  Lessing  1,27'J;  auf  der  börse  ist  die 
ehrlichkeit  beinahe  unentbehrlicher,  als  irgendswo.  Hauener 
weike  4,94; 

vergleicht  sich  irgendswo  die  lehre  mit  dem  leben, 
so  wird  es  wahr  an  euch.    Tscuerkihg  ged.  frülil.  357. 

IRGENDWIE,  adv.  auf  irgend  welche  weise:  im  falle  des 
irgendwie  verschuldeten  krieges.  Daulmank  gesch.  d.  franz. 
revol.  311.- 

IRGENDWO,  adv.  an  irgend  einem  orte,  vgl.  irgendswo: 
irgendwo,  uspiam,  alicubi,  nuncubi  Stieler  8S5;  bei  uns  sagt 
man,  es  ist  kein  herr  so  grosz  oder  der  narr  blickt  irgendwo 
hervor.  Moser  werAc  (iS42)  9,124;  es  begegnete  ihm  nicht,  dasz 
er  sich  irgendwo  angelehnt  oder  seinen  ellenbogen  auf  den 
tisch  gestemmt  hätte.  Gothe  25,249;  ich  finde  es  schlechter- 
dings nöthig,  dasz  Herder  irgendwo  darauf  rcpliciert.  Schiller 
an  Göthe  1,103; 

schickt  ihn  dann 
nach  England,  oder  schlieszt  ihn  irgendwo 
nach  eurer  weisbcit  ein.    Sliakesp.  flatnlel  3,2. 

IRINGEL,  m.  n.  name  einer  distelart,  Verstümmelung  von 
griech.  ^ovyyiov,  auch  wallendistel,  radendistel,  distelkopf, 
manstrew.  Alb.  DD  4'. 

IRLITZE,  /■.  eine  fischart,  cypriinis  phoxinus,  vgl.  erlitzc  Ih. 
3,906:  forelleu,  kressen,  koben,  krebs,  gründein  und  irlitzen. 
Alberus  beschreib,  d.  Wetterau  42*  (anhang  zu  Zeibich  geneal. 
tafeln  über  das  reichsgräß.  haus  zu  Solms). 

IHN,  vgl.  irgend   1  und  7. 

IRRBAHN,  IRREBAHN,  f  in  die  irre  führende  bahn: 

des  menschen  lebenslauf  gleicht  einer  irrebahn, 
aus  einfalt  irrt  ein  kind,  ein  weiser  durch  begierde. 

LoBENSTKiN  Arm.  1,677*; 
umsonst !  wer  lorbem,  glück  und  rühm  ihm  wil  sehn  blühen, . . 
musx  aus  der  irrebahn  verwelinier  sinnen  gebn. 

Soiihoiusbe  s,  71,  e.  448. 

IRRBAU,  m.  labyrinth  (vgl.  irrgebäu): 

wie  irrt  ihr  sterblichen,  die  ihr  den  irrbau  seht 
für  einen  irrgang  an,  der  euch  nur  soll  verführen. 

LouBriSTEiN  Arm.  1,677*. 

IRRBEERE,  /".  atropa  belladonna,  tollkirsche,  tollbeerc.  Nem.mch 
1,535. 

IRRE,  adj.  und  adv.  errans,  perlurbalus,  delirus.  golh.  airzeis ; 
alts.  aünfr.  irri ;  ags.  eorre ,  yrre ;  fries.  ire ;  ahd.  irri ,  mhd. 
irre ;  dem  altnordischen  und  seinen  töchtersprachen  fehlt  das  wort, 
dasz  lat.  errare  urverwandt ,  ist  allgemein  erkannt;  allindisch 
zeigt  ars ,  arsati  flieszen ,  gleiten ,  sich  rasch  bewegen  (Böütl.- 
RoTii  1,452),  das  ttamentlich  auch  von  den  bewegungen  der  fal- 
ken,  gazellen  u.  ähnl.  gebraucht  wird  (Ghaszmann  würterb.  z. 
Rig-Veda  sp.  119),  vtUhe  ursprüngliche  bedeutung  dem  worle 
tnru  wohnt. 

1)  dieselbe  ist  auch  im  deutschen  noch  nachzuweisen ,  wenn 
irre  umherschweifend  heiszt :  ahd.  hirrer  vagus  Giiaff  1,450,  vgl. 
vagari  irre  gaen  Ditr.  605* ;  mhd.  und  ist  ain  planet  als  vil 
gesprochen  iu  kriechischer  sprich  als  ain  irrgcndcr  stern  oder 
als  ain  selbstwalzender  stern.  Mece.^berc  68,15; 

Tr6iöri  vürin  in  der  werilte 
widin  irrt  after  ledele.    Anno  872; 

nhä.  wer  bereit  dem  raben  die  speise,  wenn  seine  jungen 
zu  gott  rufen ,  und  fliegen  irre ,  wenn  sie  nicht  zu  essen 
haben?  Hiub  38,41  ;  es  were  nicht  not,  das  man  mein  predigt 
und  wort  auf  dem  lande  irre  füret  (im  lande  umher  führte), 
es  sind  wol  ander  bücher  vorhanden,  die  würdig  und  nütz 
weren,  dem  »oik  zu  predigen.  LtJTiiER  1,07';  die  (aufruhrer) 
Süllleichen  heimlich  im  lande  irre,  und  kriechen  zusaineii 
an  der  Saal.  3,40*;  die  landsknedite,  so  im  lande  irre  laufen, 
und  krieg  suchen.  239*;  als  irgend  ein  guter  .  .  genius  der 
erde  das  irre  auseinanderbilden  der  meiischbeit  sah ,  die  in 
einzelMc»en  zcrlaufend,  wie  ein  meer,  nur  wellen  ohne  ricb- 
timg  erhob.  J.  Faul  Uvana  2, 137 ; 


und  ob  ir  uns  nicht  tut  zustoreo, 

so  wen  ir  grosze  wunder  boren, 

hab  wir  erfaren  in  fremden  landen, 

de  wir  gar  lang  sein  irr  gestanden  (umher  gewesen). 

fasln,  sp.  91,16; 
zuletzt  entdeckt  sich  ihr  (der  Titania)  im  groszen  ocean 
diesz  eiland.  aul'gethürmt  aus  schwarzen  Ungeheuern 
ruiiien,  lockt  es  sie  durch  seine  schwärze  an 
den  irren  llug  dahin  zu  steuern.     WiELAnu  23, 106  (Ob.  8,61)  : 
und,  da  er  nirgends  sie  geTundeii, 
führt  ihn  zuletzt  sein  irrer  fusz  hierher.    116(8,79); 

es  wiederholt  die  klage 
des  lebens  labyrinthisch  irren  lauf.    Uotuk  12,5; 

die  irren  lichter, 
die  sich  mehren,  die  sich  blähen.    205; 
ich  irrer  wandrer 
l'ühlt  erst  aul  dir 
besitzthumslreuden 
und  heimathsglück.    3,36  Hempel; 
kann  auch  der  sonne  kraft  ein  irrer  stern  entwallen. 

RÖCKEUT  35; 

von  umherschweifenden  gedanken: 

Judas  Ischarioth  blieb  noch  vertieft  in  irre  gedanken 
auf  dem  gebirge.  Klopstock  3,150; 

i'on  dem  ruhelosen  nächtlichen  umgehen  der  gespensler:  von  ver- 
storbenen,   so    irr  gegangen.  Lltmer  <i5c/ir.    212*;    irrgebende 
verstorbene  in  kenntlicher  gestalt.  213'; 
im  garten  des  plarrers  von  Taubenhain 
gebts  irre  bei  nacht  in  der  laube.    Bürger  60'. 

2)  gewöhnlicher  wird  viit  irre  die  Vorstellung:  abgewichen  vom 
rechten  wege,  verirrt,  verbunden; 

a)  in  eigentlichem  sinne,     hier  verwendet  namentlich  die  neuere 
poetische  spräche  irre  gern  attributiv: 

den  zerstreuten,  irren  heerden 
im  gebirge  gleichen  wir.    Göthe  10,226; 
in  wundern  ist  der  irre  mensch  verloren, 
nach  welcher  dunkeln  schwer  entdeckten  ichw«ll« 
durchtappen  pfadlos  ungewisse  schritte?    22,91; 
verschlieszt  der  fürst  mit  seinen  Sklaven 
sich  nicht  in  jenes  inarniorliaus, 
und  brütet  seinen  irren  schalen  (den  unlerlhanen) 
die  Wölfe  selbst  im  busen  aus?    56,26; 
gieng  die  lieb  auf  irrer  spur.    Röckbrt  207 ; 
das  neutrum  substantivisch: 

es  treibt  mich  mein  gemüth  durch  diese  wälder 

im  irren  aul  und  ab.    L.  Tieck  prim  Zerhino,  4.  akt; 

die  ältere  sjnache  und  die  neuere  des  gewöhnlichen  lebens  brau- 
chen irre  (wie  in  der  bedeutung  1)  prädicativ  mit  entsprecJienden 
Torben  der  bewegung: 

wer  sei  uns  durch  diu  lant 
die  rehten  wege  wisen,  daj  wir  niht  irre  varn?   Nib.  1526,  3; 

nhd.  vorzüglich  in  den  Verbindungen  irre  führen,  gehen,  leiten, 
machen ,  sein ,  werden :  sie  sind  müde  in  angst ,  und  gehen 
irre  im  finstern.  Jes.  8,22;  wo  ist  jemand,  so  er  irre  gehcl, 
der  nicht  gerne  wider  zu  recht  keme?  Jer.  s,4;  das  sie  die 
finsternis  tappen  on  Hecht,  und  macht  sie  irre,  wie  die 
trunkene.  Hiob  12,25;  der  vil  fragt  gehet  vil  irr.  Frank  juirad. 
129;  wir  gingen  mit  einem  irreführenden  Wegweiser  durch 
eine  thalschlucht.  Bettine  briefe  1,330; 

also  angesehen  dasz  wir 

darin  (in  der  wüste)  so  lang  sint  gangen  irr. 

Schade  tat.  u.  ;iu.m/ii.  i,.to,  c>; 
weit  wallst  du 
irre;  verlierst  du  dich  da,  wende!    Klopstocx  2,78; 
der  edle  hirsch  hat  über  berg  und  thal 
so  weil  uns  irr  gerührt,  dasz  ich  mich  selbst, 
obgleich  so  landeskundig,  hier  nicht  linde.    Gotub  9,2t'); 

wir  sind  irre,  dieser  weg  führt  nicht  nach  der  Stadt;  ein 
fuszweg  hat  uns  irre  geleitet,  in  der  spräche  der  bergleute 
heisit  irre  fahren  von  der  zum  auffahren  oder  absinken  ange- 
wiesenen stunde  oder  linie  weichen,  dasz,  wenn  die  gehörige 
weite  aufgefahren  oder  abgesunken  ist,  der  durchschlag  nickt  er- 
folgt. Jacobsson  2,319*. 

b)  übertragen,  in  bezug  auf  zustände,  handlungen,  gr fühle : 
also  lehren  sie  diese  der  Weisheit  würdigen  schüler, 
jener  erhabneren  weisheil,  nach  deren  Duchiigem  schalten, 
durch  ihr  gldnten  geblendet,  die  irren  sterblichen  rilcn. 

Klopstock  3,46; 
>u  kenn  Ich  gott  durch  euch,  ihr  Israels  vtrwirrer, 
und  eure  wufsbeit  macht  den  irren  geilt  noch  irrer. 

Lkssiuu  1,190; 

n  der  Verbindung  irre  gehen :  noch  wil  ja  das  volk  zu  Je- 
rusalem irre  gehen  für  und  für.  Jer.  s,  5;  denn  die,  so  die 
Weisheit  nicht  achten,  haben  nicht  allein  den  schaden,  duf- 
sie  das  gute  nicht  kennen,  sondern  lassen  auch  ein  gedechlnis 


2161 


IRRE 


IRRE 


2162 


hinder  sich  den  lebendigen,  das  sie  nicht  miigen  verborgen 
bleiben,  in  dem,  darin  sie  irre  gegangen  sind,  tceisit.  Sal.  10,8; 
sind  vom  glauben  irre  gegangen.  1  Tiw».  6, 10;  jeder  christliche 
verständige  leser  wolle,  wo  ich  irrgangen,  mir  zu  gut  halten. 
Kirchhof  milit.  disc.  266;  er  ging  irr,  und  verliesz  Wodan. 
Klopstocs  10,191;  eines  dinges,  einer  person  irre  gehen, 
M  oder  sie  vermissen,  entbehren:  bin  ich  nun  nüz  und  gehet 
man  mein  irr,  warum  wird  mir  nichts  mehr  wie  vor  be- 
fohlen. WiLLiB.  PiRKHAiMER,  tgl.  zutii  atidctiken  W.  Pirkhaimers 
(1828)  5. 119;  heute  irr  gehn  ein  ding,  es  vermissen.  Schm.  1, 131 
Fromm. ; 

dann  wann  solches  (eines  halsgehänges)  irr  gieng  ir  mann, 
es  ihr  derbalb  gar  übel  gieng.    Atrer  461'  (2320,18  Keller); 
wie  mhil. :  als  liebet  (so  gefnlti)  daj,  da;  ere  hat 

und  sines  lobes  niht  irre  gät.     Tristan  2,8; 

einen  irre  leiten,  führen,  vom  rechten  ableiten,  verfuhren;  die 
irre  geleitete  menge ; 

mein  freies  urtheil  habt  ihr  irr  geleitet, 

mein  redlich  herz  verführt.    Schiller  Teil  3,3; 

sich  irre  erkennen,  erkennen,  dasz  man  sich  geirrt  hat:  wer 
diese  Schmeichelei  nicht  versteht,  bei  dem  erkenne  ich  mich 
gar  bald  irre.  Lessinc  7,113;  irre  schlieszen,  fehl  schlieszen: 
fand  ich  zuletzt  eine  thüre  verriegelt,  die  ihrer  Stellung  nach 
in  einen  garten  gehen  muste.  durch  ein  kleines  fensler  an  der 
seile  könnt  ich  bemerken,  dasz  ich  nicht  irre  geschlossen 
halle.  GöTHE  30,  HS. 

3)  irre,  an  diese  bedetttung  (2,  b)  zunächst  angeschlossen,  heiszt 
im  rechten  schwankend,  unschlüssig,  ratlos;  in  der  Verbindung 
irre  sein,  werden :  da  nu  das  kriegsvolk  höret,  das  Holoferni 
der  köpf  abwar,  erschraken  sie,  und  wurden  irr,  und  kundlen 
nicht  rathalten.  Judith  15, 1 ;  etliche  schrien  sonst,  etliche  ein 
anders,  und  war  die  gemeine  irr.  ap.  gesch.  19,32; 

Tabitha  sah  zur  propbetin  hinauf,  und  verstummte  zu  fragen. 

irr  und  wundernd  hielt  sie  sich  an  den  rahmen  des  teppicbs! 

KxopsTOCK  5,341; 

ich  such,  und  bin  wie  blind  und  irre  geworden. 

GöiHB  10,232; 

ich  bin  ganz  irr,  mein  fürst.  Shakesp.  Hamlet  4,7; 
irre  sein,  werden  an  jemand,  nicht  wissen,  was  con  einem  m 
halten :  ich  wolt  aber,  das  ich  jtzt  bei  euch  were,  und  meine 
stimme  wandeln  kündte,  denn  ich  bin  irre  an  euch.  Gal. 
4,20;  so  liebte  ich  Marianen  und  ward  so  schrecklich  an  ihr 
irre.  Göthe  20,242;  viele  sind  auch  an  ihren  Unterhaltungen 
irre ,  weil  sie,  wie  sie  sich  ausdrücken,  noch  nicht  absehen 
können,  was  damit  werden  soll.  Schiller  an  Göthe  1,  63; 
damit  das  zum  dritten  theil  verödete,  an  sich  selber  irre 
gewordene  Dänemark  sich  wieder  anzugehören  lerne.  Dahl- 
MA.NS  dän.  gesch.  1,  2S1 ; 

die  freunde  zweifeln,  werden  irr  an  dir. 

Schiller  Piccol.  2,5; 

irre  machen :  dieweil  wir  gehöret  haben,  das  etliche  von  den 
unsern  sind  ausgegangen,  und  haben  euch  mit  leren  ine 
gemacht,  ap.  gesch.  ih,  2i ;  diese  menschen  machen  unser  stad 
irre.  16, 20 ;  die  meisten  sind  irre  an  mir  gemacht,  sie  wissen 
nicht,  was  sie  denken  sollen.  Wieland  8,301(302);  wir  wurden 
bald  von  den  andern  darüber  geneckt,  ohne  dasz  wir  uns 
dadurch  irre  machen  lieszen.  Göthe  19,277;  wie  steht  es? 
sie  haben  sich  doch  nicht  irre  machen  lassen?  20,204; 
die  menge  macht  den  künstler  irr  und  scheu  9,119; 
in  bezug  auf  einen  Vortrag:  nun  stille!  und  macht  mich  nicht 
mehr  irre.  A.  Grtphios  169S  1,732;  —  sich  irre  schreien  lassen, 
durch  schreien  wankend  machen  lassen: 

ich  lasse  mich  nicht  irre  schrein, 

nicht  durch  kriiik  noch  zweifei.    Göthe  12,229. 

4)  irre  erzürnt,  hochdeutsch  selten,  während  es  int  altern  nieder- 
deutscJi  die  einzige  bedeutung  des  Wortes  ist;  vgl.  niederd.  erre 
werden,  zornig  werden  Frisch  1, 49l',  und  erre  tro/i«  oben 
theil  3,  sp.  942 : 

da  ir  von  goies  gewalt  redet,  wart  er  gar  irr. 

künde  euch  gar  nicht  zuhören  mer, 

es  roch  im  säur  iu  die  nase  die  evangelische  ler. 

Schade  sat.  u.  ftasqu.  1,65. 

5)  irre,  geizig  gestört,  müderer  ausdruck  ßr  wahnsinnig  {vgl. 
dazu  irrgang  1  am  ende),  hat  seinen  ausgang  vom  mhd.  irre 
thOricht,  närrisch,  dumm: 

w6  mir  sin,  vil  irrer  krage  I 

Nbidhart  90,11  (vgl.  anmerk.  dazu  s.  222); 
das  auch  später  noch  erscheint: 

die  klag  und  aniwort  ist"  gar  irr.    fastn.  sp.  157,15; 

nr.  II. 


und  steht  heute  entweder  substantivisch:  ein  irrer;  die  irren 
dieses  landes  haben  noch  keine  heilanstalt;  vgl.  Irrenanstalt, 
irrenarzt,  irrenhaus;  orfer  als  prädicatives  adjectiv:  den  von 
Langenau  harte  krank  und  irre  gefunden.  Schweimche><  2,203; 
ich  müszte  sie  für  irre  im  köpfe  gehalten  haben.  Lessisg 
1, 261 ;  gern  auch  von  zuständen,  reden  und  thaten,  die  gestörten 
verstand  anzeigen:  etwas  irres  in  seinem  blicke  konnte  einen 
Schwärmer  vermulhen  lassen.  Schiller  746;  inzwischen  hätte 
ein  fremder  . .  nichts  am  sprechenden  grafen  merken  können, 
als  ein  irres  glühen  im  gesiebt  und  schnelle  worte.  J.  Paul 
Tit.  1, 182;  oben  musterte  er  irren  blickes  die  abgelegte  garde- 
robe  seiner  gemahlin.  Ihmerhakk  Münclih.  3,156;  seine  äugen 
nahmen  allgemach  einen  seltsam-irren  ausdruck  an.  171; 

du  weiszt  zu  wohl,  ich  war  nicht  ich 

in  jener  unglückselgen  stunde  ; 

gram  und  Verzweiflung  sprach  aus  meinem  irren  munde. 
Wibland  9.  94  (83) ; 
adverbial:  irre  reden,  ex  morbo  delirare  Stielkb  893;    bist  du 
krank,  dasz  du  irre  sprichst?  Klixger  1,17. 

IRRE,  f.,  mhd.  irre,  golh.  airzei,  nach  dem  adj.  irre  m  mehr- 
fachem sinne. 

1)  das  umherschweifen  und  der  ort  da  das  geschieht:  ich  wil 
meinem  volk  Israel  einen  ort  setzen,  und  wil  es  pflanzen, 
das  es  daselbs  wone,  und  es  nicht  mehr  in  die  irre  gehe. 
2  Sani.  7, 10 ;  das  sie  hinauf  zum  Assur  laufen,  wie  ein  wild 
in  der  irre.  Hos.  8,9;  welches  zuvor  \\e\  jähre  in  der  irre 
gegangen,  und  weit  in  feld  gestanden.  Schweimche.h  3,13; 
noch  acht  tage  bleibe  ich,  und  dann  ziehe  ich  wieder  in 
der  irre  herum.  Göthe  16, 113 ;  jetzt  endlich  war  nach  einer 
vierzehnjährigen  irre  .  .  der  anstifler  des  böhmischen  auf- 
ruhrs  .  .  in  der  gewalt  seiner  feinde.  Schiller  076; 

treibt  den  mann  und  das  weib  vom  räume  der  traulichen  wohnung, 
schleppt  in  die  irre  sie  fort,  durch  ängstliche  tage  und  nachte. 

GöTHB  40,  287 ; 
ja  ihr  erscheint  mir  heut  als  einer  der  ältesten  führer, 
die  durch  wüsten  und  irren  vertriebene  Völker  geleitet. 

ebenda  ; 
warum  soll  ich  in  der  irre  schweifen?    Rcckert  230. 
pjural  irren,  gewundene,  verschlungene  wege: 
die  seele  schwand  in  wehmut, 
wann  sanft  dem  allmachivollen  hauch 
ihr  (der  schatmei)  süszer  ton 
in  leisem  schmachten  sich  verlor; 
dann  rasch,  durch  tausend  irren, 
hinauf  zum  hellsten  gipfel  stieg.    Voss  3,  39. 

2)  irre,  zustand  der  Zerstreuung,  Verzettelung:  sie  (meine 
poetischen  versuche)  würden  noch  lange  zerstreut  und  verstüm- 
melt in  der  irre  und  im  vergessen  geblieben  sein.  Lessing 
3,  269. 

3)  das  abwieichen  vom  rechten  wege,  und  der  irrweg  selbst, 
eigentlich  und  bildlich:  mein  volk  ist  wie  ein  verloren  herd, 
ire  hirten  haben  sie  verfürel,  und  auf  den  bergen  in  der 
irre  gehen  lassen.  Jer.  50,6;  {der  offizier)  begehrte  gleichsam 
bittend,  ich  wolle  ihm  und  den  seinigen  den  weg  wieder  aus 
dem  wald  weisen,  in  welchem  sie  schon  lange  in  der  irre 
herum  gangen  wären.  Simpl.  1,49  Kurz;  der  trojanische  krieg, 
und  die  irren  der  beiden  im  weiten  unendlichen  meere.  Hebdkb 
zur  liU.   10,257; 

das  webt  keiner  der  denker  auf, 
was  vor  irren  sie  (die  seele)  damals  ging !     Klopstock  1,  104 ; 
wenn  sie  nicht  hören  die  stimme  der  huld,  die  sanfte  des  vaters : 
herr!  so  ruf  sie  durch  leiden  zurück  aus  der  furchtbaren  irre. 

4.244; 
ich, 
der  aus  solchen  irren  herauf  zu  der  rettung  geführt  ward ! 

5,63; 
er  zeigte  mir  dasz  grübelnde  Vernunft 
den  menschen  ewig  in  der  irre  leitet. 

Schüler  M.  Stuart  1,6; 
drum  muszt  ich  taumelnd  in  dem  tollen  tanze, 
der  leben  beisxt,  durch  böse  irren  schweifen. 

Arndt  ged.  (1840)  426; 
wenn  ich  hier  im  dunkeln  thal 
in  der  irre  traurig  gehe.    543. 

4)  irre,  Verdeutschung  von  JMßvQiv&oi : 

0  du  der  irre 
faden,  wo  liegst  du?    Klopstock  2,49; 
du,  der  des  herrschers  weg  zur  Unsterblichkeit 
mit  schartem  blick  sah;  aber  der  weg  auch  viel 
nicht  sah,  die  führen  durch  die  grosze, 
oft  von  getäuschten  verwünschte  irre.    28; 
bald  hätt  er  sich  in  dem  flnstem  gebäu  des  träumenden  Saddok 
kläglich  verloren;  allein  des  Messias  gewaltige  wunder 
retteten  ihn,  er  verliesz  die  labvrintbiscben  irren, 
kam  zu  Jesus.  '  3,  124. 

136 


2163 


IRREDE  — IRREN 


IRREN 


2164 


5)  irre    (nach   dem  adj.  irre  3)  zustand  der  Verwirrung,    des 

Schwankens,  der  raüosigkeit: 

(lier  slaub)  schuf  ouch  sulche  irre, 

ob  jenre  oder  dirre 

da  vieiit  wiire  oder  vrünt, 

daj  was  mnnchim  gar  unkuiit.    Jkrosciiin  15519; 

er  hatte  gefegenheit  genug  gehabt  zu  bemerken,  dasz  es  ihm 
an  erfahrmig  fehle,  und  er  legte  daher  auf  die  erfahrung 
anderer  und  auf  die  resuitate,  die  sie  daraus  mit  Überzeu- 
gung ableiteten,  einen  übermäszigen  werlh,  und  kam  dadurch 
nur  immer  mehr  in  die  irre.  Göthe  19, 141 ;  hierher  oder  zu  3 

gehörig : 

er  leidet,  dasz  friede 
über  uns  liomme,  dasz  heil  mit  seinem  llügel  uns  decke! 
denn  wir  wandelteu  alle  den  weg  der  irre.    Klopstock  3,224. 

6)  irre  {nach  dem  adj.  irre  5)  irrsein,  geistige  Störung:  die 
irre  seines  geistes  zeigt  sich  in  seinem  starren  blick ;  er  ist 
ganz  im  zustande  der  irre. 

IRREDE,  f.  (irr-rede),  rede  eines  im  geiste  gestörten :  horchte 
mit  blutendem  herzen  auf  die  irreden  des  mannes.  J.  Gott- 
HELF  Uli  d.  Pächter  (IS'O)  x.  254. 

IRREDING,  n.  gespenst:  so  kam  ein  gespenste  zu  mir  vors 
gefängnis :  sapperment !  als  icb  das  irreding  sähe,  wie  iieng 
ich  an  zu  schreien.  Schelmuffsky  1, 151. 

IRREIM,  m.  (irr-reim):  ein  irr  reim  oder  irr  gedieht  ist, 
wurin  die  reimung  irrig  laufet,  oder  also  herum  irret,  dasz 
sie  sich  kaum  ein-  oder  gar  keinmahl  antreffen  und  finden, 
wicwol  doch  die  gehörige  anzahl  der  reimwörter  darin  be- 
findlich, oder  verirret  und  verreimet  ist.  Schottel  968. 

IRREN,  lerb.  turbare ;  errare,  es  sind  zwei  ursprünglich  auch 
formell  ganz  verschiedene  verben  zusammengeflossen,  das  transitive 
ahd.  irran,  goth.  airzjan,  sollicitare,  impedire,  confunderc,  und 
das  intransitive  irrön,  irreön  errare,  apostatare,  vacare  (Grafk 
1,452.456);  bereits  im  mhd.  irren  zeigt  sich  die  eine  form  für 
die  zwei  bedeutungen. 

I.  irren,  transitiv,  irre  machen. 

l)  nach  dem  adj.  irre  2,  vom  rechten  wege  abbringen ,  irre 
leiten,  falsch  leiten,  gewöhnlich  bildlich:  mein  vater  hat  das  land 
geirret.  iSam.  14, 29;  wo  jemand  geirret  oder  verfüret  ist,  das 
ir  das  haus  entsündigt.  Hes.  45,20;  was  hat  sie  nu  geirret? 
eben  das,  das  sie  den  text  nicht  recht  angesehen.  Lutiiek 
4,156';  lasz  du  dich  kein  regulbuch  irren,  wie  dick  es  auch  sei. 
Klopstock  12,145;  befriedigung  oder  Verletzung  des  eigenen 
Selbstgefühls   irrt  uns  allen  das  urtheil.    Freytac  handschrift 

3,211; 

got  hat  uns  lassen  irren 
iszber  vil  hundert  jar, 
menschen  gesatz  und  lehr  verwirren, 
und  uns  verblenden  gar.    Soltau  volksl.  277  (16.  jli.) ; 
sonst  schlug  die  lieb  aus  mir  so  helle, 
wie  eine  nachtigall  am  quelle. 
nun  hat  sie  meine  kunst  geirrt, 
dasz  jeder  laut  zum  seufzer  wird.    Borger  67'; 

ihr  werdet 
gerecht  sein,    leidenschaft  wird  euren  blick 
nicht  irren.  Schiller  Ciirlus  'S,  10. 

5)  nametUlich  auch  als  milderer  ausdruck  für  täuschen: 

ach  aus  dem  grabe  kehr  ich  zurück,  und  mit  goldschrifi 

schreib  ich  ans  mal  der  erhabnen  ...  die  eiiuückung 

irrt  mich,  sie  haben  kein  maal!     Klopstock  2,  76; 

wenn  er  euch  nur  nicht  Irret.    5,244; 

ist  sie  denn  eben  die  noch,  die  auch  sie 

sahen?  und  irrt 

ihn  und  sie  kein  phantom?    7,  10; 

wenn  icb  den  könig  irrte?    wenn  es  mir 

gelange,  selbst  der  schuldige  zu  scheinen? 

ScuiLLKK  Carlon  b,  3. 
3)  in  der  altern  spräche  aber  gewöhnlich  vom  vorwdrtsschrcüen 
abhalten,  hindern,  hemmen:  irren  oder  hindern,  impedire.    voc. 
tnc.  theut.  k"*;  eigentlich: 

nO  kern  her  twein  bald« 
dort  i'ir  jenem  walde 
zo  veidu  gewalopieret  .  . 
in  enirtu  ros  noch  der  rouot: 
wan  diu  wireii  beide  guot.    Iteein  255.J , 
er  sprach:  wer  Irret  uns  den  wec?    I'aiz.  ni.'.:^; 
oder  bildlich:  ih  ne  irtii  duit  ten  meldare  niehl.    ih  täte  uuola 
übe  ib  in  irti.    doh  ue  irtu  ih  in  i»  nieht.  Mütkkr  bei  Hattemer 

3,  31' ; 

IT  Sprach :  owe,  wer  irte  dich, 

'liii;  du  nu  »6  lange  mich 

dür  guouin  red«  ntsi  verboln?    Barlaam  143,  7; 

nhä.  mich  in  alles  nit  da«  ich  such  und  hurt.    Keihersdrnc 
bäum  d.  sei.  s* ;  keiner  wird  den  andern  irren ,  Hundern  ein 


jglicher  wird  in  seiner  Ordnung  daher  faren.  Joei2,  S;  wo  die 
heilige  schrift  deinen  dunkel  irret  oder  hindert,  da  thu  sie 
aus  den  äugen,  und  folge  zuerst  deinem  dunkel,  so  triffestu 
den  rechten  weg  gewis.  Lutheu  3,483';  gott  im  beruf  dienen 
und  anderer  beruf  neben  sich  nicht  irren.  Melanchthon  im 
corp.  doctr.  christ.  (1560)  540;  was  den  pflüg  irr,  das  soll  er 
daraus  prechen.  Schm.  1,131  Fromm.; 

got  (acc.)  irt  nit,  was  der  mensch  erdenkt. 

Schwarzenbbrc  104'; 

aber  doch  achtuug  haben  will. 

wie  sie  (die  lutiserin)  sich  hinfort  halten  wer. 

desz  kaisers  son  irrt  sie  nicht  mehr. 

Atrkr  372'  (1866,  6  Keller) ; 
gern  tn  der  Verbindung  sich  irren  lassen :  das  lasz  dich  nicht 
irren  noch  betrüben.  Keisersb.  bäum  d.  sei.  ll';  wil  .  .  keine 
mühe,  ruhe  noch  schlaf  mich  irren  laszen.  Galmy  248;  also 
müssen  wir  uns  das  nicht  irren  lassen,  das  unser  papisteu 
auch  eiserne  helse  und  eherne  köpfe  kriegt  haben, . .  sondern 
müssen  auch  auf  die  dresschen  und  schmeiszen.  Liither 
6,  Hl';  für  viel  klüger  würd  er  gehalten  werden,  wann  er  sich 
solches  {dasz  ilim  die  heuschrecken  die  obren  voll  singen)  nicht 
irren  läszt,  sondern  seines  weges  fortreiset.  Sciiuppius  569; 

lant  euch  nit  irren  der  pfalTen  sperren 
die  recht  zö  thon  sich  wollen  weren. 

Schade  snl.  u.  patqti.  1,  12; 
laszt  euch  nicht  irren  des  pöbeis  geschrei, 
nicht  den  miszbrauch  rasender  thoren. 

Schiller  die  wortc  des  ijlaubenn; 

frülier  hiesz  es  einen  eines  dinges  irren:  die  mih  tageliches 
kerno  dines  rehtes  irrent.  Notker  bei  Hattemer  2,35'; 

dö  er  si  släfes  irte,     minne  si  ime  verbot.    A°i6.  588,3; 
oder,  wie  später  immer,  an,  in  etwas  irren : 

da^  mich,  frouwe,  an  fröiden  irret, 

daj  ist  iuwer  lip.     Walther  52,  7 ; 

ich  wolt  iuch  gerne  wijjen  län 

wa5  uns  an  fröuden  irret,    frauend.  596,  21 ; 

da  wollen  in  die  von  Venedig  nicht  durchlauszen  {lassen)  und 
irten  in  daran,  d.  städtechron.  4, 116,  IG;  daj  uns  ieman  daran 
irren  oder  bekrenken  wolte.  138,16;  sie  sollen  geben  1  it 
flesch  um  5  hl., . . .  und  sollen  in  die  metzger  das  nit  weren 
und  sie  nichts  daran  irren  noch  engen  in  kain  weis  noch  weg. 
5, 169, 1 ;  er  wolt  den  jungen  bruder  geirt  haben  in  seinen 
guten  werken.  Keisersbebg  bäum  d.  sei.  ll' ;  unnütze  wort 
machen  das  sie  dich  inent  an  dem  zßnemen  {Vervollkommnung), 
sünd.  d.  m.  50";  der  erst  schad  der  da  erwachszet  ausz  un- 
nützen Worten  ist,  es  irret  dich  an  dinem  zunemen  und  für- 
faren,  du  wirst  nit  hesser,  du  bleibst  hüer  als  vern.  ebenda; 
wie  sy  so  gar  nicht  {nichts)  an  discr  reisz  irrt  oder  engt, 
weder  ungewitter,  kelt,  bitz  ..  Frank  weltb.  lOl' ;  so  man  sy 
an  der  frucht  irren  oder  aufhalten  wüjt.  102*. 

4)  diese  bedeutung  steigert  sich  zu  der  in  schaden  bringen: 
ob  jemand  der  gemeine  nutz  und  fromen  wes  entwendete, 
denselben  irrete,  schwechte,  krenkete.  Dreyding  B  ij ;  'wodurch 
hab  ich  die  reprublik  geirrt?"  dadurch  hast  du  sie  geirrt, 
dasz  du  aufschub  der  entschlieszung  vorgeschlagen ,  und  sie 
also  veranlaszt  hast,  an  sich  selbst  zu  zweifeln.  Klopstock 
12,  442. 

5)  andrerseits  blaszt  sie  ab  zu  der  verwirren  {vergl.  das  adj. 
irre  3),  stören,  beschwerlich,  lästig  sein,  ohne  das:  die  im  folgenden 
hierher  gezogenen  beLspiele  immer  scharf  von  den  unter  3  gegebenen 
gesondert  werden  können :  als  der  priester  uff  den  cristabent 
das  ampl  an  hübe  waren  etlich  frowen  und  manne,  die 
machlenl  einen  tanz  uff  dem  kirchhof  und  irten  den  priester. 
altd.  bl.  1,54  (15.  jA.);  ein  predicant  der  prediget  nach  mittag 
und  nit  weil  davon  tanzt  man.  er  ward  geirrel  von  der 
trummen.  Pauli  sf/iimp/' 13"/;  irre  die  spieleute  nicht,  und 
wenn  man  lieder  singet,  so  wassche  nicht  darein.  Sir.  32,  .S; 
las  dich  nicht  irren,  wie  die  gottlosen  nach  gut  trachten. 
11,20;  las  dichs  nicht  irren,  ob  einer  reich  wird.  ps.  49,  17; 
{ich)  liesz  mich  nichts  irren.  Schweinichem  2. 137 ;  schwager 
siehst  du  was?  rief  der  zaghafte  tropf  vi»m  hohen  kulsch- 
bock  herab  mit  berganstehendem  haar,  freilich  seh  ich  was, 
antwortete  dieser  ganz  kleinlaut;  aber  schweig  nur,  dasi 
wir»  nidit  irren.  MusÄus  volksmährch.  231 ;  laszt  nur,  mich 
irrts  nicht  wenn  noch  su  viel  um  mich  herum  krablielu,  mir 
ists  als  weniii»  ratteii  und  niiiuse  würcn.  (»ötiik  s,  61 ;  meine 
gegner  irren  mich  nicht,  wer  niüszlc  dies  nicht  in  der  weit, 
benonders  aber  in  Deutschland  gewohnt  werden!  an  Zelier  3Si; 

war  MPbeii  dir  zu  tiscji  ist  gsonsen, 

den  irro  nll  mit  den  elbogen.     11.  Sachs  I,  430'; 


2165 


IRREN 


IRREN 


2166 


dasz  ich  grosz  werd,  ist  mein  beger  (spricht  der  frosch), 
eiu  schöne  tapfer  stimm  hab  ich, 
und  bin  doch  klein,  das  irret  mich.    E.  Albbrcs  laO  ; 
sie  läugnens  zwar;  allein  das  irrt  mich  wenig; 
wa«  herz  und  mund  verhehlt,  läszt  oft  ihr  aug  entnnnen. 
WiELAKD  10,  232  (224) ; 

euch  nicht 
zu  stören :  ihn  mit  meiner  neugier  nicht 
zu  irren.  Lbssinc  2,  307 ; 

dadurch  werd  in  unserm  kreise 
nie  ein  biedermann  geirrt.    Gökihgk  1,54; 
wenn  ihr  für  die  leiden  der  liebe  was  könnt, 
vernünfiler,  so  gönnen  wirs  euch, 
wenn  wir  es  nicht  können,  so  irr  es  euch  nicht! 

ßCRGER  öC"; 

jfi  der  Verbindung  es  irrt  nichts,  stört,  hindert  in  keiner  «eise : 
ebensfalls  kann  man  wider  die  vier  rathsherren  kein  einrede 
Laben,  und  irret  nichts,  wenn  sie  schon  Jesum  als  ein  nbel- 
thäter  verklagt.  Atber  proc.  2,7;  dies  besagte  der  fürsten 
und  stände  resolution,  daran  nichts  irrete,  was  etwan  wegen 
deliberation  eines  defensivwerks  prütendirt  werden  wollte. 
verhandl.  der  seliles.  ßrsten  u.  stände  von  1619  5.212. 

6)  mhd.  Iiiesz  mich  irret  ein  dinc  es  fehlt,  entgehl  mir: 

wie  tuot  ir  so 
da?  ir  sit  als  ungemuot? 
iuch  irret  weder  lip  noch  guot, 
iuch  irrent  guotiu  jär  noch  jugcnl.    frauend.  595,28; 

auch  später  noch: 

die  glaten  antlitz  lieben  den  weihen, 

darülnb  ich  binden  nach  musz  treiben. 

di  krumen.  gelben,  krausen  har 

die  irrn  mich  auch  über  jar.    fastn.  sp.  703,  7. 

7)  irren,  böse,  zornig  machen  {nach  irre  4):  irrilare,  irren, 
erren  Dief.  310*;  doch  ich  weisz,  dasz  den  menschen  von 
zitternder  nerve  eine  mücke  irren  kann  und  dasz  dagegen 
kein  reden  hilft.  Güthe  bei  Scholl  171 ;  dasz  er  es  aber  nun 
schuldig  sei,  zu  bezahlen,  um  gott  nicht  zu  irren.  Tieck 
Slemb.  2,182. 

8)  der  neuem  spräche  ausschliesslich  gehört  an  etwas  irren, 
etwas  irrig,  unrecht  thun:  wir  empfinden,  was  unsre  vfiter 
irrten;  was  wir  verschulden,  wird  der  fluch  unserer  enkel. 
DyaNaSore  3,  2(>2; 

was  ich  irrte,  was  ich  strebte, 
was  ich  litt  und  was  ich  lebte, 
sind  hier  blumen  nur  im  strausz.    Göthe  1,  12. 

9)  reflexives  sich  irren  scJdieszt  sich  zunächst  an  die  bedeutung  1 
an,  eigentlich  sich  vom  rechten  icege  useg,  sich  in  die  irre  bringen, 
dtüier  in  der  öltet n  spraclie  sich  irre  machen  lassen:  irret  euch 
nicht ,  gott  leszt  sich  nicht  spotten.  Gal.  6, 7 ;  weil  sie  wol 
gedachten  die  knechte  würden  sich  nicht  dran  irren,  ob  man 
sie  wolle  abschrecken.  Lcther  8,250';  e.  g.  lasz  ihr  gefallen 
und  irr  sich  nit  an  denen,  so  ahn  gottes  wort  dawider  sagen 
ihr  eigen  tand.  br.  2,  399 ;  neuer  in  irrthum  verfallen :  der  herr 
irrt  sich,  dominus  fallitur,  animo  aberrat,  in  errore  versatur. 
Stieler  S93;  ohne  zweifei  wird  er  sich  im  namen  geirret 
haben,  mein  lieber  mann.  Lessisg  2,414;  irrt  sie  sich  an  der 
Ähnlichkeit  der  bände?  Göthe  17,147;  ich  müszle  mich  sehr 
irren,  oder  ich  musz  künftig  diesen  letzten  band  zu  zwei 
bänden  erweitern,    an  Schiller  l,  211 ; 

/-.  du  irrst  dich  über  ihn,  so  ist  er  nicht. 

T.  und  irr  ich  mich  an  ihm,  so  irr  ich  gern!    werke  9,  199. 

IL  irren,  intransün;  irre  sein. 

l)  nach  dem  adf.  irre  1,  umher  schweifen:  item  die  hnnde 
die  doch  aller  gernest  woncnt  bi  den  lüten,  die  liefent  zu 
walde,  schrigende  und  hülende  und  irrende  also  die  wölfe. 
d.  üädleckron.  8,  328, 19 ;  weil  ich  sehe ,  das  des  rottens  und 
Irrens  je  lenger  je  mehr  wird.  Luther  3,509*;  aufgang  und 
nidergang  der  geheflen  und  irrenden  stern.  Frask  weltb.  l' ; 
ton  dem  kreuzen  eines  Schiffes:  nachdem  mich  das  glück  durch 
ein  irrendes  schiff  eines  portugisischen  kaufmannes  von  meinem 
Jammer  befreiet,  polit.  slockf.  327.  der  neueren  spräche  ist  dieser 
ausdruck  ein  gewählter  und  poetischer:  wenn  meine  seele,  vom 
anblick  der  natur  begeistert ,  in  tiefsinnigen  betrachtungen 
und  süszen  ahnungen,  wie  in  den  bezauberten  gürten  der 
Hespcriden,  irrte.  Wielasd  1,67(57);  ich  will  messen  lesen 
lassen,  den  irrenden  gcist  in  seine  heimat  zu  senden.  Schiller 
rduft.  4, 5;  es  ist  wald  auf  wald,  wo  das  äuge  im  gewühle  irrt. 
Dya  Na  Sore  1,5;  so  überflnsz  ein  irrendes  feuer  die  gnlne 
fläche.  J.  Pacl  uns. /oje  3,  ISl;  bei  ihm  irrten  die  träume  — 
diese  nachtschmetterlinge  des  geistes  —  wie  andre  über  die 
nacht  und  den  schlaf  hinaus.  .  Hesp.  2, 83 ;  als  er  .  .  zum 
schwarzblauen  himmel,   in  welchem  irrende  wölken  um  den 


mond  wie  schlacken  umher  geworfen  waren,  hinaufblickte.  104; 

sah  . .  in  den  grünen  umher  irrenden  Widerschein.  Tit.  3, 109 ; 
in  den  wäldern  will  ich  irren.    Gönthkb  276; 
mein  unmuthvolles  haubt  war  von  gedanken  schwer, 
es  irrten,  weisx  nicht  wo,  die  sinnen  hin  und  hef. 

Abschatz  verm.  ged.  143; 

(ich  wilf)  irren  ans  gestad  des  meers,  und  dich  (gott) 
in  jeder  woge  sehn.  E.  v.  Kleist  ged.  (1765)  39; 

es  {das  kind  Amor)  irrt  in  alle  hecken, 
und  sah  nach  allen  beeten, 
und  pflückte  rosenknospen, 
und  naschte  Schmetterlinge.    66; 
hurtiger  treibt  der  schäfer  über  das  steinigte  brachfeld 
seine  beerdc  zur  bürde,  die  ihre  schranken  verschliesiet. 
an  sein  irrendes  haus  (die  timiter  fiihrcndc  schäfiihüi(e)  ange- 
Ichnet,  durchzehlt  er  die  heerden. 
ZiCBARiÄ  laijcsz.  (1757)  s.  69; 
war  mit  brennendem  durste,  gewisi  zu  werden,  in  Salem 
lang  geirrt,  und  hatte  geforscht:  ob  Jesus  erwacht  sei? 

Klopsto«  5,  329 ; 

von  irrenden  rittem  und  wandelnden  schönen 
sing,  komische  muse,  in  freier  irrenden  tönen ! 

WrgLASD  4,  3  (n.  Amadis  1,  1); 

doch,  um  den  leser  nicht 
in  dunkeln  vermuthungen  irren  zu  lassen, 
erstatten  wir  ihm,  ganz  kurz,  umständlichem  bericht. 

5,  S6  (15,  5)  ; 

nur  das*  ein  käfer  hier  mit  trägem  fluge  schwirrt, 
und  schläfrig  um  mein  ehr  ein  fernes  läuten  irrt. 

Götter  1,  133; 

indessen  eure  phantasie  in  rosenhainen  irrt.    177 ; 
jetzo  von  Troja  vielleicht  als  irrender  kommst  du  auch  hieher. 

Uityssce  11,  160; 

und  was  sich  sonst  an  meinem  Med  erfreuet, 
wenn  es  noch  lebt,  irrt  in  der  weit  zerstreuet.    Göths  12,  5; 
nach  einem  selbstgesteckten  ziel 
mit  holdem  irren  hinzuschweifen.     16. 

ron  regellosen  gartenanlagen:  diese  elysischen  haine,  diese 
irrenden  rosengebüsche ,  worin  die  lauschende  wollust  sich 
so  gerne  verborgen  hatte.  Wielasd  2,  ISO  (155). 

2)  nach  irre  2,  vom  recliten  wege  abweichen ,  sich  verlaufen, 
eigentlich  und  bildlich:  aberrare  irren,  irre  gän,  erre  g^n  Dief. 2'; 
irren  des  wegs,  irren  an  der  Vernunft,  errare.  voc.  ine.  theut. 
k7*;  wenn  du  deines  feindes  ochsen  oder  esel  begegnest,  das 
er  irret,  so  soltu  im  denselben  wider  zufüren.  2  Afos.  23,2; 
verflucht  sei,  wer  einen  blinden  irren  macht  auf  dem  wege. 
5  Afos.  27,  8 ;  die  gottlosen  legen  mir  stricke ,  ich  aber  irre 
nicht  von  deinem  befelh.  ps.  119,  llO ;  ein  mensch  der  vom 
wege  der  klugheit  irret,  spr.  Sal.  21, 16 ;  ir  wäret  wie  die 
irrende  schafe,  aber  ir  seid  nu  bekeret,  zu  dem  hirten  und 
bischove  ewer  seelen.  1  Petr.  2,25;  so  jemand  unter  euch  irren 
würde  von  der  warheit,  und  jemand  bekeret  in.  Jac.  5,19; 
wer  gegen  die  groszen  männer  den  pfeil  der  verlüuradung 
schieszt,  der  irret  nie  von  dem  ziele.  Stolberg  14,177;  seine 
kugel  irrte,  meine  traf.  Göthe  8,289;  das  nie  irrende  geschosz. 
Rlisgkr  7, 157 ; 

sie  kommen  grad  herauf  .  .  .  sie  irren  doch  vielleicht; 
es  wäre  hart  sie  nicht  zurecht  zu  weisen.    Göthb  10,  319 ; 
aber,  aus  dem  gleise  gedrängt,  nach  dem  rande  des  hohlwegs 
irrte  das  knarrende  rad.  40,  240. 

in  der  technischen  spräche  der  meislersänger :  irren,  oder  irr 
werden,  ist  ein  grober  fehler,  und  wird  begangen,  wann 
man,  es  sei  im  text,  in  der  melodey,  in  reimen,  Stollen,  ab- 
gesängen  oder  ganzen  gesalzen,  irr  wird,*  und  eines  für  das 
ander  singet.  Wage.sseil  531. 

3)  namentlich  eine  falsche  meinung  haben  (vgl.  irre  2,  fc) ;  tn 
der  alten  spräche  in  bezug  auf  den  alleinigen  wahren  glauben :  den 
irrenden  könig  Girsicken,  der  dan  des  ketzerlichen  glaubens 
ein  anhenger  und  vester  handhaber  was.  Wilto.v.  Schäumt.  12; 
so  ich  überzeuget  würde ,  das  ich  soll  geirret  haben ,  weit 
ich  alle  irrthum  widerrufen.  Lcther  1,452'; 

jeder  der  nit  darzu  kumpt  (zur  beschneidung) 
der  selbs  ewigen  lebens  irt. 

Habbbir  Abrah.  (1592)  Ciiij»; 

aber  auch,  wie  heute,  allgemeiner:  also  loszt  die  Sünden  ab 
{vergibt)  ein  ieglicher  priester,  der  do  gewjcht  ist  noch  rechter 
Ordnung  christenlicher  kirch,  synen  nnderthonen,  irt  er  echter 
nit  in  der  form,  und  in  der  meinung.  Keisersberg  büg.  6*; 
was  plaget  ir  doch  meine  seele  ? . .  irre  ich,  so  irre  ich  mir. 
Hiob  19,4;  das  sie  in  gottes  erkentnis  irreten.  weüh.  Sal.  14,22; 
ir  irret,  und  wisset  die  schrift  nicht,  noch  die  kraft  gottes. 
Matth.  22,  29 ;  meinen  sie  aber,  dasz  ich  diesen  verdienst  auch 
in  Güttingen  beibehalten  könnte,  so  irren  sie  unmaszgeblich. 

136* 


2167 


IRREN  — IRRFELS 


IRRFÜHREN  —  IRRGARTEN 


2168 


Lessinc  12,19;  irren  heiszt  sich  in  einem  zustande  befinden, 
als  wenn  das  wahre  gar  nicht  wäre;  denn  irrlbuni  sich  und 
andern  entdecken,  heiszt  rückwärts  erfinden.  Göthe  50,125; 
da  es  immer  schon  tröstlich  genug  ist,  mit  einer  anzahl  ge- 
prüfter menschen  eher  zum  nutzen  als  schaden  seiner  selbst 
und  seiner  Zeitgenossen  zu  irren,  an  Scliiller  1,24;  spcJcA- 
würtiich  irren  ist  menschlich;  kleinlauten  tones  versetzte  hier- 
auf der  Sammler  nach  einer  pause,  dasz  irren  menschlich 
wäre.  Immermann  Münclih.  1,143; 

des  keisers  scbreiber  soll  des  keisers  tochter  kü.ssen, 
wie,  les  ich?  scblaf  ich  halb?  wer  irrt?  ich  oder  du? 

IIoFFUANNSWALnAU  hfltleiihr.  9; 
wo  der  basz  und  der  wahn  die  herzen  verwirren, 
wo  die  niRnsohcn  wandeln  im  ewigen  irren, 
da  wenden  wir  llüchtig  den  eilenden  gang. 

ScuiLLEK  liuliliijniifi  der  kiinsle  v.  58 ; 
und  irr  ich  nicht,  so  zieht  ein  feuerstrudel 
aur  seinen  pfaden  hinterdrein.    Götuk  12,  C2; 
was  kommt  heran?  was  schleicht  herbei? 
irr  ich  nicht,  es  sind  ihrer  zwei.     192; 
wer  mir  glaubt,  der  irret  nicht, 
ich  bin  Wahrheit,  ich  bin  licht.    Arndt  ged.  544. 

4)  tu  der  allem  rcchtssprache  irren  mit  einem  in  etwas, 
uneins  sein.  Schm.  1, 131  Fromm,  {aus  bairischen  landlagshand- 
lungen  des  15.-16.  jaluh.).     vyl.  irre  4  und  unten  irrig  7. 

5)  irren  (nach  irre  5),  geistig  gestört  sein: 

ich  irre,  rase  schon.    Götuk  S,  17 
{vorher  ich  werde  rasend,  toll). 

IltRENANSTALT,  f.  anslalt  zur  Heilung  geistesgestörter. 

IRRENARZT,  m.  arzt  für  geistig  gestörte. 

IRRENDSCHLÜSSEL,  m.:  clavis  errans,  das  ist,  ein  feil- 
schlüssel  oder  irrendschlüssel.    Luthkr  5,222*. 

IRRENHAUS,  n.  haus  für  irrsinnige. 

1RRENH.\USLER,  m.  insasse  eines  irrenhauses. 

HiRENHEILANSTALT,  f 

IRRENHEILKUNDE,  f 

IRRER,  m.,  mild,  irraire,  in  verschiedenem  sinne: 

1)  nach  dem  transitiven  irren  3,  störer,  hinderer:  irrer  desz 
friedens.  ordn.  des  landfriedens  v.  1521  xiv;  ausz  den  werden 
leichtlich  Verführer  und  irrer  gcborn.  Paracei.sus  opp.  2, 100  B. 

2)  auch,  wie  mhd.  oß,  störer  des  rechten  glanbens,  irrlehrer, 
kelzer:  die  Wicklefisch  ketzerei  verdampt,  Joannes  Husz  und 
Hieronymus  von  Prag,  all  irrer  der  selben  ketzerei,  verbrent. 
S.  Frank  chron.  330". 

3)  nach  dem  intransitiven  irren  2  und  3,  der  irre  gehende : 
irrig  oder  irrer,  errans,  erroneus.  voc.  ine.  theut.  k  7' ;  wir  sind 
irrer,  so  lange  wir  streber  sind. 

IRRERGASSE,  s.  irchergasse. 

IRRES,  adverbiale  genitivbildung  vom  adj.  irre,  in  dessen  be- 
deutung  2,  sp.ilW.  irrsz  gon,  errare,  aberrare.  Maaler  237*; 
vast  irrsz  gon  und  fälen,  magnopere  errare  in  re  aliqua.  ebenda; 
du  gast  ganz  und  gar  irrsz,  du  bist  gar  nit  rächt  daran, 
luta  errat  via.  ebenda. 
IRREWEG,  t.  irrweg. 

IRRFAHREN,  verb.  eine  irrfahrl  machen :  schwebt  und  irrfart 
also  auf  disem  wütenden  mör  umb.  S.  Frank  weltb.  158*. 

IRRFAHRER,  m.  der  in  der  irre  umherziehende:  der  irrfahrer 
Üdysseus. 

IRRFAHRT,  f.  das  ziehen  hin  und  her,  falart  in  der  irre: 
lu«  reit  si  verre  durch  diu  lant, 
da{  si  dewederez  envant, 
den  man  noch  diu  mxre 
wi  er  ze  vinden  waTC, 
und  muote  si  ir  irrevart.     Ixecin  57C5; 

bald  nachher  muszt  ich  meinen  ehrenvollen  postcn  und  das 
wertbe  Venedig  verlassen  und  eine  Irrfahrt  antreten,  die  mich 
endlich  auch  hierher  geführet  hat.  Güthb  30, 07 ; 

deiner  tugenden  irrfarten.    Wickusrlin  377; 
jetzt  bab  ich  meinen  wahren  ort  geTiinden, 
an  dieiero  herzen  endet  meine  irrf'abrt. 

ScuiLLEi  ^'uny/rau  3,  3; 
erzählend 
wechielieit«  der  allzulangen  Irrfahrt 
mifzgefchick.  I'l*t(i<345: 

mein  edles  herz  begleitete  treulich 
den  (obn  des  Laertei,  in  Irrfahrt  und  drangaal. 

II.  lliiNE  liuch  d.  t.  SIC. 
IRRFELS,  f/i 
hier  '  Ir  kllppen  mit  zackigem  hang,  und  k»  brandet 

doiii  (las  gcwogi!  Akt  blaiillrliRn  Amlltrile: 

diex    ••  ii'-Ijcn  die  sprach  unitcrblichrr  götier. 

Udyttee  12,  ßl  ; 

nla/xriu  8'rjtoi  ras  y*  &$ol  fianattss  MoXäovatv. 


IRRFÜHREN,  zusammengerückt  aus  irre  führen  s;».  21C0: 
die  lichllcin  ferne  weichen, 
irrführen  ihn  die  quer  und  läng, 
trepp-auf  trepp-ab,  durch  enge  gäng.    Göthe  lü.  250. 

IRRFÜHRER,  m.  sedudor.  Steinbach  1, 3S8. 
IRRFUNKE,  m.  schweifender  funke: 

irrfunken-blick  an  allen  enden. 

ein  leuchten  plötzlich  zu  verblenden.     GÖtug  4t,2b3. 

IRRGANG,  m.  l)  wie  mhd.  irreganc,  zielloses  gehen,  irrender 
gang  oder  weg;  eigentlich  oder  bildlich:  und  als  ein  hirz  es 
{das  schaß  gefunden  bab  irr  gan  in  der  wüste,  hat  er  es 
frünllich  gefragt,  was  ursach  sei  sincs  irregangs.  Cyrill  32 
{nachlir.r:  es  ist  mir  fast  leid  dyn  irrer  gang);  den  irrgang 
der  kinder  Israel  durch  die  wüste.  Göthe  32,76;  wenn  oft 
Albano  von  seinen  Innern  und  äuszern  irrgängen  nach  hause 
kam.  J.  Paul  Tit.  l,  128 ;  schrecklicher  irrgang  meiner  Schlüsse. 
Schiller  752;  weil  der  moralische  {lehrcr),  z.  b.  der  vater, 
immer  zwischen  irrgängen  und  rechtgängen  wechselte.  J.  Pall 
leben  Fibcls  IS" ;  gesteigert  zum  begriff  der  geistigen  Störung : 
deliramentutn  irregang,  erregang  Dief.  172*. 

2)  gewundener,  labyrinthisch  angelegter  weg,  auf  dem  man  sich 
leiclit  verirren  kann:  laborintus  irgang  Dief.  314*;  der  irrgang, 
Daedalea  castra  Maaler  237'; 

wie  irrt  ihr  sterblichen,  die  ihr  den  irrbau  seht 
für  einen  irrgang  an,  der  euch  nur  soll  verführen. 

LoUEMSTElN  Arm.  1,  677". 

vielfach  bildlich:  indessen  geht  diese  sogenannte  moralische 
weit,  in  allen  diesen  irrgängen  und  durchkreuzungen,  immer 
nach  dem  alten  fort.  Klinger  11,46;  menschen,  die  wegen 
groszer  sittlicher  Unfälle  sich  in  die  wüsten  zurückzogen,  . . 
wurden  zurückgerufen  in  die  weit,  um  die  verirrten  auf  den 
rechten  weg  zu  führen ;  und  wer  konnte  es  besser,  als  die  in 
den  irrgängen  des  lebens  schon  eingeweihten!  Göthe  17,377; 
mündlich  und  nachher  schriftlich  hatte  er  mir  die  sämmtlichen 
irrgänge  seiner  kreuz-  und  querbewegungen  in  bezug  auf  jenes 
frauenziinmer  vertraut.  26,  251 ;  die  stiftsdame  verirrte  zur 
herrnhuterei,  weil  ihr  die  pliilosophie  nicht  zu  hülfe  kam;  als 
mann  hätte  sie  vielleicht  alle  irrgänge  der  metaphysik  durch- 
wandert. Schiller  an  Göthe  1,187;  reizt  ihn  nicht  aus  seiner 
weisen  Jovialität  hinaus  in  die  fatalistischen  irrgänge  der 
leidenschaft.  H.Heine  9,52;  seine  äugen  leuchteten  wunder- 
lich und  schrecklich ,  durch  die  irrgänge  seiner  lineamente 
schlichen  Schelmerei,  spott,  trunkenes  behagen,  wie  schöne 
mädchen,  die  in  einem  vernachlässigten  park  spazieren  gehen. 
Immermann  Münchh.  3, 143 ; 

die  (Völker)  han  sie  (die  pdbste)  durch  einanderen  verwirrt, 
und  in  ein  solchen  irrgang  gl'ürt, 
darinn  sie  sich  so  laug  vergangen, 
bisz  sie  zuletst  hegen  der  Stangen, 
und  rflfien  umb  rhat  die  bischoff  an. 

FiscHART  dicht.  2,  354,  878  Kurt; 
im  irrgang  dieses  lebens 
ists  oft  so  bang  und  schwül.    Matthisson  gcd.  36. 

irrgang,  anatomisch:  das  labyrinth,  der  irrgang  im  obre,  ein 
körper  im  ohr,  der  wegen  seiner  krummen  Windungen  benannt  ist. 
Nehnicm  3,288. 

IRRGÄNGER,  m.  der  irre,  ziellos  gelU.  irrogänger  heiszt  auch 
ein  schaf,  das  die  drehkrankheil  hat.  Nemnich. 

IRRGÄNGLICH,  adj.  und  adv.  nach  arl  eines  irrgangs :  von» 
ziel  haben  viele  menschen  einen  begriff,  nur  möchten  sie  es 
gern  schlendernd  auf  irrgänglichen  promenaden  erreichen. 
Göthe  an  Zelter  128 ; 

schau,  llcbcheii,  hin!  wie  gehts  dem  feucrwerker? 
drauf  ausgelernt,  wie  man  nach  maszon  wettert, 
irganglich-klug  mitiirt  er  seine  griifle.     iverkc  2,  17. 

IRRGARTEN,  m.  \)  labynnthus.  .Steinrach  1,  560:  also  dasz 
man  in  einen  irrgarten  kuinint,  daraus  man  sich  nicht  wieder 
auswickeln  kann.  Tauernaemunt.  337; 

ich  glaub  er  sei  in  dem  Irrgarten.    II.  Sach.«  1,  118'; 
da  (in  Crrln)  sperrt  man  sin  (kinder)  In  ein  irrg.irten, 
darinn  thut  grnusani  auf  sin  warten 
MiiiotaurU!!,  nin  grciilirlis  thier. 

J.  Atrer  2.W  (1261,  32  Kcllrr); 
ein  Irrgarten  zu  lust  geziert.    Scheelzl  lobtjtr.  96: 
In  creteniischom  Irrgarten.    Weceherlin  377. 

bildlich:  ja  naclidem  man  inn  Ungarn  gezogen,  da  hahan  nie 
für  die  lau«/,  keinen  besseren  fund  können  erdenken,  al.i  den 
irrgarirn  iitnb  den  hals  (gefdltrltf  hiilskrausr).  (innj.  113*;  der 
im    irrgarten    der    liebe  berumtauineliidc  cavalier.    t-  quellen- 


2169 


IRRGEBÄU  —  IRRHERZIG 


IRRHINÜBER  — IRRIG 


2170 


Verzeichnis  zum  1.  bände;  der  irrgarlen  der  liebe.  Klixger 
11, 107 ;  die  ersten  schritte,  die  uns  in  den  Irrgarten  der  liebe 
bringen,  sind  so  angenehm.  Güthe  18,03;  wie  sehr  .  .  die 
einbildungskraft  gegen  Indien  gerichtet  war,  wie  sie  in  jenen 
fernen  landen  als  in  einem  irrgarten  hermntamnelte.  45,201. 

2)  irrgarten,  eine  koraüenart,  madrepora  maeandritis.  Nemnich. 

IRRGEBÄU,  n.  lahyrinth :  auf  dem  rückwege  sahen  wir  . . 

das  wunderwürdige  irr-gebäue,  welches  könig  Moeris  zu  seinem 

begräbnisse  angefangen.  Lobexstein  Arm.  1,  676' ; 

wo  die  gehölten  felsz  als  irrgebäue  stehn. 

A(jrii^.  52,403. 

IRRGEBÄUDE,  n.  tne  irrgebäu:  ohne  zweifei  ist  dieses 
irrgebäude  (in  Ägypten)  nicht  eines  einzigen  kopfs  eründung 
gewesen.  Ebjjst  histor.  bilderhaus  2  (16S6)  «99.  bildlich:  man 
sollte  nämlich  erwägen,  dasz  der  Jüngling  besser  jedes  durch- 
greifende lehr-,  ja  irrgebäude  bewohnt  als  gar  keins.  J.  Paul 
freih.-büchl.  107. 

IRRGEDANKE,  m.  irriger,  falscher  gedanke:  irrgedanken  und 
phantasey.   Schottel  456*. 

IRRGEDICHT,  n.  t)  was  irreim.  Schottel  968;  s.  den  beleg 
sp.  2163. 

2)  SidvQaußos:  (Arim)  welchem  die  erfindung  des  irrge- 
dichts  zugeschrielien  wird.  Harsdörfer  gesprechspiele  6  (1646),  37. 

IRRGEHEN,  zusammengerückt  für  irre  gehen,  vgl.  sp.  2160; 
entweder  als  verbum:  so  ist  auch  dem  menschen  also,  dasz 
er  irrgang.  Paracelsus  opp.  l,  630  B ;  oder  als  Substantiv :  das 
irrgehen,  irregehen  bei  den  schafen  die  drelikranklieü. 

IRRGEHUNG,  /".  das  irre  gehen,  der  irrthum:  die  irrgehung 
ist  manigfaltig.  Paracelsus  opp.  1,630B. 

IRRGEIST,  IRREGEIST,  m.  ziellos  umherschweifender  geist: 
wo  schweif  ich?  in  Genovefas  voi-zimmer?  was  für  ein  irrgeisl 
treibt  mich  herum?  Fr.  .Müller  3,44;  vom  rechten  wege  abge- 
wichener geist  und  ein  mensch  mit  solchem  geiste:  wenn  ich  ein 
irregcist  were  {Variante:  were  ich  ein  loser  schweizer)  und 
ein  lügenprediger  und  predigete  wie  sie  saufen  und  schwelgen 
sollen,  das  were  ein  prediger  für  dis  volk.  Micha  2,11; 
was  er  ihm  eingebildt 

aus  seinem  irrgeist  mild.    Opel  «.  Cohk  400,  152; 
wer  wolt  ihnen  nicht  gläubn, 
ihm  irrgeist  sich  lan  treibn?    401,  166; 

irrgeist,  fanaticus  homo,  haereticus,  ein  mensch  der  nicht  richtig 
in  glaubenssachen  Frisch  1, 49l'. 
IRRGESCHICK,  n.; 

des  erdgewimmels 
•  verworrenes  irrgeschick.    Rdckkrt  116. 

IRRGESTALT,  f. :  was  unter  den  irrgestalten  eines  lebens- 
kranken gemüthes  uns  gutdünkt.  Dya  Sa  Sore  3, 83. 

IRRGESTIRN ,  n. :  ein  funken ,  der  meinem  irrgeslim  zur 
rückkehr  in  seine  bahn  vorleuchten  wird.  TfltJjmEL  6,  82. 

IRRGEWINDE,  n.; 

betrachte  dort,  was  in  den  irrgewinden 
der  erde  du  verloren  hast.    Bcrger  111"; 
er  weisz,  dasz  der  befreiung  plan 
durch  irrgewinde  führt.    Matthissos  ged.  218. 

IRRGEWIRR,  n.  .•  durch  der  klüpfel  irrgewirr.  dam.  technol. 
interim  464,  vom  spitzenklöppeln,  die  klöppel  gehen  dabei  hin  und 
her,  so  dasz  es  einem  irren  gewirr  gleich  sieht. 

IRRGLAUBE,  m.  falscher  religiöser  glaube,  heterodoxie:  der 
bittere  Vorwurf  des  Irrglaubens.  Käst  6, 16 ;  selbst  an  dem  erd- 
reich,  welches  der  fleisz  dieses  sanften  Volkes  {der  Waldenser) 
aus  einer  wüste  zum  blühenden  garten  gemacht  hatte,  ward 
der  vermeintliche  irrglaube  seiner  ptlüger  bestraft.  Schiller 
-,  408,  42  Kurz. 

IRRGL.\UBIG ,  adj. :  irrgläubige  lehren.  Beckers  weügesch. 
8,98;  ein  irrgläubiger. 

IRRGLÄUBIGKEIT,  /. 

IRRH.\IN,  m.  hain  mit  verschlungenen  Pfaden :  wie  gebrochen 
und  magisch  stahl  sich  der  Sonnenschein  der  äuszern  weit 
in  den  heiligen  dunkeln  irrhain  der  innem!  J.  Paul  Tt/.  1,56. 

IRBHAUS,  n.  labyrinth:  darinn  hat  gemacht  Dedalus  den 
irrigen  laborinth  und  das  vielfächtig  irrhausz.  Frank  weltb.  14'; 
ein  verwirter  laborinth  oder  irrbaus.  encom.  165 ;  inwendig  war 
dieses  irr-hausz  mit  herrlichen  rothen  .  .  raarmolsteinernen 
seulen  . .  gezieret.  Ernst  Imtor.  bilderhaus  2  (1686)  699. 

IRRHERZIG,  adj.  irrenden  Iwrzens,  ein  ausdruck  Luthers, 
den  Lessijtc  wiederholt:  nicht  als  ob  die  layen  nicht  auch 
mfiszten  die  kapitel  {in  der  bibel)  im  zusammenhange  lesen, 
aus   welchen   sie  einen  versikel  erklären  wollen:    es  ist  nur 


eher  von  einem  treuherzigen  layen,  der,  mit  Luthern  zu  reden, 
aber  eben  so  irrherzig  als  treuherzig  ist,  zu  besorgen,  dasz 
er  es  unterläszt,  als  von  einem  theologen.  10,87. 
IRBHINÜBER,  adv.  hinüber  ins  irre: 

schicksals-schwestern,  warum?  die  ihr  sein  tageloos 

warfet,  warfet  ihrs  unhold  stets 
irrbinüber,  wohin  nimmer  das  götterhild 

seines  leitenden  dämons  wies? 
irrbinüber,  wohin  aller  ersterbenden 

abnung  kräfte  nicht  ahoeten?    Herder  :.  //({.  3,113. 

IRRHOF,  ffl.  labyrinth:  hier  lagen  in  sehr  prächtigen  ge- 
wölben  unter  der  erde  zwölf  könige,  die  diesen  irhof  gebauet, 
als  auch  die  heiligen  krokodillen  begraben.  Zeser  Assenat 
(1679)  241. 

IRRHÖHLE,  f.  labyrinth:  was  sieht  der  mensch  vor  sich, 
wenn  er  endlich  mit  dem  faden  in  der  band  aus  der  irrhöhle 
heraustritt?  nichts  als  die  offnen  eingänge  in  andere  laby- 
rinthe.  J.  Paul  Tit.  3, 101 ;  wir  haben  alle  schon  verdrüszliclie 
geschichten  gelesen,  die  uns  mit  der  lieblichsten  irrhöhle  voll 
Verwickelungen  bezauberten  und  ängstigten  und  uns  nach 
einem  hellen  ausgang  bogenlang  herumgreifen  lieszen.  die 
wunderb,  gesellsch.  43. 

IRRIG,  adj.  und  adv.  «n  mehreren  bedeutungen. 

1)  vgl.  irre  1  sp.  2159,  umlierschweifend :  ahd.  und-irrig  fludi- 
vagus  Graff  1,451;  mhd.  nhd.  erroneus  irrig,  irrichtig  Dief.209"; 
irrig,  erroneus,  vagus,  hallucinans  Mäaler  237';  irrige  tritt 
errabunda  resligia  ebenda;  irriger  erro,  vagator,  hallucinator  237'; 
irrige  Sterne  {aareoes  ■:t).avr;Tac).  Judä  13;  ewer  pfarrherr 
und  prediger  sollen  itzt  bei  euch  stehen,  und  trösten,  das  ir 
stark  sein  köndtet,  so  verlassen  sie  euch  beide,  und  müsset 
irrige  scheflein  sein.  Luther  5,  331';  die  elenden,  armen 
Sünder,  betrübten ,  irrigen ,  verachten  geringen ,  ungelerten, 
werden  sein  {Christi)  fro.  66*.  anklingend  an  die  bedeutung  3 
unten:  kurzhernach  muszte  doct.  Luther  nicht  allein  sich 
wider  der  papisten  rotte  setzen  und  verteidingen ,  sondern 
auch  wider  viel  andere  irrige  Schwarmgeister.  1,  2".  adverbial 
irrig  schwärmen ,  schweifen :  so  sie  solches  gleitmanns  be- 
raubet, schweben  sie  irrig  herumb.  Forer  ßschb.  9S'; 

(der  geistliche  stand)  war  in  seiner  lehr  zerspalten, 

kein  theii  wards  mit  dem  andern  halten, 

mit  schreiben  ge^en  einander  stürmbten, 

im  glauben  also  irrig  schwirmbten.    H.  Sachs  1,  293*. 

2)  von  orten,  die  durch  wegelosigkeit  oder  scbicierigen  weg  leicht 
zum  abirren  bringen  {vgl.  irre  2) :  irrige  ort,  avia  loca  Maaler 
237' ;  irrige  wäld,  nemora  avia,  die  straszen  sind  irrig,  habend 
vil  abwäg,  riae  implicitae  errore,  irriger  wäg  der  nit  zu  treffen 
ist,  inexplicabile  iter,  via  anceps.  237';  da  Verachtung  auf  die 
fürsten  geschüttet  war,  das  alles  irrig  und  wüste  stund,  ps. 
107,40;  labyrinthus,  ein  irrig  ding,  da  niemandt  auszkummen 
kan.  Alberüs  cc3';  darinn  hat  gemacht  Dedalus  den  irrigen 
laborinth.  S.Frank  weltb.  14';  wo  werd  ich  in  disem  wilden 
irrigen  holz  einen  weg  finden?  Hörl  v.  Wättersdorf  Bac- 
chusia  241. 

3)  irrig,  in  bezug  auf  abweichung  vom  rechten  glauben:  ist 
nu  kein  tropus  nicht  im  abendmal,  so  ists  klar  genug,  das 
unser  verstand  {Verständnis)  recht,  und  der  schwermer  irrig 
und  unrecht  sei.  Luther  3,509';  wir  beten  nicht  nur  für  die 
irrige,  verführte  und  schwergläubige,  sondern  auch  für  unsere 
feinde.  Schcppius  374;  ein  clostercabinet,  in  welchen  {für 
welchem)  etwa  ein  in  der  lehre  irriger  sitze,  pol.  slockf.  292; 
von  einem  irrlehren  verbreitenden  buche: 

da  lernt  ich  für  studieren  bulen 
in  dem  unnützen  irrigen  buch. 

McRNER  schetmemunft  16*. 

4)  irrig  von  personen,  die  in  einem  irrthum  befangen  sind: 
so  soll  ja  der  Witzel  billich  dankbar  sein  und  den  irrigen 
fursten  zu  recht  bringen.  Alberüs  widder  Witzeln  F3';  die 
so  irrigen  geist  haben ,  werden  verstand  annenien ,  und  die 
schweizer  werden  sich  leren  lassen.  Jes.  29,  24 ;  wer  aber  nicht 
geübt  ist,  der  verstehet  wenig,  und  die  irrigen  geister  stiften 
viel  böses.  Sir.  34,  U ;  die  zucht  halten  ist  der  weg  zum  leben, 
wer  aber  die  strafe  verleszt,  der  bleibt  irrig,  spr.  Sal.  10.17; 
denn  wir  waren  auch  weiland  unweise ,  ungehorsam ,  irrige. 
Tit.  3, 2 ;  eilig  drehte  er  sich  zur  irrigen  zuhörerin  zurück. 
J.  Paul  bioyr.  bei.  1,61.  irrig  sein,  sich  irren:  sie  sind  irrig; 
sie  verstehen  ihn  nicht.  Lessinc  l,  183 ;  wozu  Jarno  gleich- 
falls schwieg,  obgleich  der  graf  ganz  irrig  war,  und  Wilhel- 
minen mit  einem  jungen  Engländer  . . .  verwechselte.  Göthe 
20,  293 ; 


2171 


IRRIG  — IRRKLUFT 


IRRKOrF  — IRRLICIITFLATTERSCIIEIN     2172 


wo  ich  nicht  irrig  bin.    Lichtwkr  fab.  1,  lH; 

wenn  ich  nicht  irrig  bin 
sind  Naso  selbst  und  Peter  Äretin 
in  deinen  angelegenheitcn 
nur  arme  laien  gegen  ihn. 

WiKLAND  5,223  {verkl.  Amor  2,27). 

5)  irrig  in  besug  auf  ansichtcn,  Uhren,  nieimaigen,  behaup- 
tungen  u.  ähnl.,  in  welclier  bcdeulung  einzig  es  der  modernen 
spräche  noch  ganz  gerecht  ist:  eine  irrige  mcinung,  opinio  erronea 
Steinbach  1,815;  dieser  «ahn  isl  ganz  irrig  (als  etwas  höf- 
lichem und  gelinderen  ausdruck  ßir  falsch).  Frisch  1,491'.  seine 
irrigen  beliauplungen  niachcn  keinen  eindruck;  eine  ganz 
irrige  berechnung;  irrige  vorslelliingen  von  einer  sache;  und 
adverbial:  das  stellt  er  sich  ganz  irrig  vor; 

gerechnet  hat  er  fort  und  fort  und  cndficb 
wird  doch  der  caicul  irrig  sein. 

SciiitLER  Wnllensteins  totl  4, 8  ; 
wie  irrig  wähnest  du  : 
aus  liebe  gehöre  das  miidchen  dir  zu.     Götuk  5,56. 

c)  irrig,  an  irre  3  angeschlossen,  ratlos,  unschlüssig,  schwankend: 
darnach  in  im  selbst  irrig,  nicht  wuszte  welchen  milteln  er 
sich  vertrausven  soll.  Kirchhof  wendunm.  8'j';  macht  sie  ir 
eigene  miszirauwende  vvankelmüligkeit  irrig.  91';  weil  viele 
beschwerliche  reisen,  unpiiszlichkeiten  .  .  die  eilende  feder 
zuweilen  irrig  gemacht.    Felsenb.  4,  rorr.  ; 

0  frembder  gast!  red  bessre  wort, 

last  dich  nicht  irrig  machen 

den  schweren  irrsal  an  dem  ort. 

nnm.  weiszh.  luslg.  593. 

")  dalier  auch  in  der  enlscheidung  schwankend,  schwer  zu 
entscheiden:  andere  irrige  fragen  wil  ich  auf  dis  nials  ruhen 
lassen.  Ad.\m  Riesz  rec/ienun^  (1550)  195';  von  recht ssachen :  aber 
da;  kund  nit  «ff  denselben  tag  noch  desselben  lanlgerichtcs 
zu  end  keinen,  wann  die  sach  gar  irrig  was  und  ward  u(T- 
geschüben.  d.  s/ä(//Cf/(r.  4,  101,23;  und  die  irrige  sache  befahle 
man  den  reiben  zu  vertragen.  I.,üTiiEn  tisclir.  34S';  die  reclUs- 
sprache  hat  das  wort  in  der  bcdeulung  anhängig,  noch  unaus- 
gelragen,  von  klagen  und  processen  üßer  veiwendet,  vgl.  Haltaus 
103"/. 

s)  irrig  (wie  irre  4)  zornig,  böse :  ei,  nicht  so  irrig  und  böse, 
mein  herachen.  inlerim  276;  ist  sie  schon  ein  wenig  irrig, 
geschiehct  solches  ausz  gewisser,  politic,  ihre  zucht  und  chr- 
liarkeit  für  vernaschten  vögeln  zu  erhalten,  kunst  ftber  alle 
kfinste  '9,  8. 

IRRIGKEIT,  f    1)  irre,  irrweg  (nach  irrig  2): 

er  (Clirisi)  soll  die  marler  geduldig  tragn 

wol  lür  die  armen  christenlieit, 

sie  gebt  gar  sehr  in  der  Irrigkeit. 

calliulisclier  calltccliismus  in  gnsanglis  weist  v.  1591 
lliandschrifllich  auf  der  li.  bibl.  zu  Berlin)   bl.  33". 

2)  namentlich  auch  glaubensirrthuin,  entfremdung  vom  rechten 
glauben  (irrig  3):  wann  es  grosz  cisma  und  irrigkait  in  der 
chrislenbait  was.  d.  städlechr.  5,  61, 13;  die  irrigkait  hett  gewerl 
14  tag,  dasz  man  niemant  begraben  hett.  69,2; 

du  hast  min  kint  verkCret 

und  irrekeit  geißret.    Bart.  202,38. 

3)  auch  ionsl  Verwirrung,  Unordnung:  da  vereinten  sich  die 
hcrrn  von  Bairn  . .  mit  ainander  von  der  münz  wegen,  wann 
wie  groszc  irrigkait  in  der  münz  wer  stat  hernach  geschriben. 
d.  städlechron.  5, 111, 12. 

4)  irrthftmlichkeit  in  meinungen  und  streben  (irrig  5):  sie 
verstehen  unter  der  meisterschaft  die  Überzeugung  von  der 
irrigkeit  jenes  «uchens,  von  der  nolhwendigkeit  des  eigenen 
heranbringens.  Schiller  an  Güthe  1,  ISl. 

IHHISCH,  adj.  irrthümlich  in  glaube nssachen,  abweichend  vom 
reclUen  glauben:  denn  wer  zu  unsern  Zeiten  wil  ein  from 
Christen  sein,  der  mus  von  diesen  newen  Icrern  kündig  werden 
(lernen),  auch  die  ding  zu  verwerfen,  leugnen  und  lestein, 
die  sie  selbs  müssen  bekennen,  das  sie  weder  ketzerisch  noch 
irriscb  seien.  Luther  l,  218' ;  nicht  destcr  weniger  halt  ich, 
dasz  Seelen  auch  mügen  umbgchen  und  aus  dem  allen  irr- 
tbumb  irrisciic  und  unnütze  hilf  begercn  so  lang,  bisz  sie 
gottes  kunst  begreifen,  welche  golt  mehr,  denn  opfer  gefällt. 
Carlstaiit  bei  Uijcr  310. 

IRRITTER,  m.  irrender  ritler:  ich  sähe  so  viel,  dasz  ich 
keine  ursach  hatte,  mich  an  des  königs  Arturi  hofhaltung 
zu  wünochcn,  allwo  die  tafelrundc  gcscllschaft  der  abenteur- 
lirhcn  irrriltcr  iujiner/u  so  vortrefflich  tractirt  worden.  Simpl. 
3, 179  Kurz. 

IltHkl.tFT,  f:  bei  den  dunkeln  l.ibyrinthiHchcn  irrklüften 
euere»    scbirksals ,    worin    der    Ariadnens    faden    selber   zur 


schlinge  und  znm  garne  wird.  J.Paul  Siebenk.  2,40;  in  den 
Beriincr  strudeln  und  irrklüften.    lil.  nachl.  4,204. 

IRHKOPF,  m.  jemand  der  im  köpfe  irre  isl.  Campe. 

1RRK()PFISCH,  adj. 

IRRLAND,  n.  land  in  dem  man  herum  irrt: 

(wenn)  bald  der  verfehlte  weg  mich  in  ein  irrland  wies. 

GÜNTHER   1024; 

weinet  nicht,  dasz  nun  ich  will 

von  der  weit  den  abschied  nehmen, 

dasz  ich  aus  dem  irrland  will.    Arndt  ged.  (1860)  4G6. 

IHHLAlJF,  m.  aberratio.  Stieler  108t. 

IHRLÄUFER,  m.  der  in  der  irre  umher  Hüft,  landstreidur : 
inleufer,  vagabundus,  erro  Stierer  1081;  zum  exemoel  aller 
irrlänfer,  die  ihre  weiber  verlassen.  MusÄus  4, 126. 

IHRLÄUFEIUN,  f    MusXus  3,42. 

IHKLEHEN,  ti.  anwartschaß  auf  eines  unbestimmten  besilzers 
k'hen ,  auf  ein  lehen ,  welches  am  elteslen  eröffnet  werden  wird. 
Adelunc  ;  gedingiehn ,  irriehn ,  conditionatum  feudum  Stieler 
1 126. 

IRRLEHRE,  f  irrige,  falsche  lehre:  dasz  man  ihn  (Roijer  Bacon) 
der  Irrlehre  angeklagt,  das  Schicksal  hat  er  mit  allen  denen 
gemein,  die  ihrer  zeit  vorlaufen.  Göthe  53, 100. 

IRRLEHRER,  m.:  die  wölke  der  irrlehrer,  die  herum  tau- 
meln, das  volk  zu  verführen.  Göthe  13,14. 

IRRLEHRERIN,  f    J.Paul  biogr.  bei.  1,61. 

IRRLICHT,  n.    l)  ignis  fatuus.  Stieler  1153; 

doch,  bruiler,  wenn  ich  die  natur, 

un<l  was  ein  Irrlicht  sagen  wollte, 

nur  einmal  recht  verstenen  sollte! 

sludii'tc  nennen  es  die  dunst, 

die  aus  den  sümpfen  aufgestiegen.    Gf.llert  1,274; 

ists  wahr,  dasz  du  kein  Irrlicht  kennst, 

und  bist  schon  nah  an  dreiszig  jähre? 

ein  Irrlicht,  dasz  mich  gott  bewahre! 

ein  irrlicht,  das  ist  ein  gespenst.    ebenda; 
recht  wird  der  äugen  glänz  irrlichtern  gleich  geschätzt, 
die  manchen  geist  verlührt.    A.  Grtphius  1098  2,312; 

in  einem  maskenzug  nachgebildet :  eine  andere  gesellschaft  halte 
einen  zug  von  gemischten  masken  aufgeführt,  unter  welchen 
sich  ein  paar  irrlichter  sehr  zu  ihrem  vortheil  ausnahmen. 
Göthe  an  Schiller  1,  135. 

2)  fibertragen:  wie  viel  falsches  Shakspeare  und  besonders 
Caldcron  über  uns  gebracht,  wie  diese  zwei  groszen  lichter 
des  poetischen  himmels  für  uns  zu  irrlichtern  geworden. 
Göthe  23,273;  ich  habe  kluge  menschen  gekannt,  die  sich 
eine  zeit  lang  von  diesem  irrlicht  (hoffnung  auf  eine  erbschaft) 
nachziehen  lieszen.  31,223; 

ein  irrlicht  ists  was  euch,  o  sterbliche!  verführet, 
ein  thöricht  rasen  das  den  sinn  benihret. 

A.  Gktphiijs  1698   1,  96; 
wie  viel  verführt  das  irrlicht  schnöder  lüste? 

Abschatz  cerin.  ged.  135; 
verblendend  irrlicht  der  gemüther  (ehre),  .  .  . 
wer  dich  gefunden,  hascht  nur  schein.    IIallbr  (1768)  «.9; 
was  dem  zum  irrlicht  wird,  und  dem  ein  leitstern  ist. 

I.ESSINC   1,  186; 

lache  dann  nicht  mehr  so  grimmig,  dasz  die  menschen  irr- 
lichter  sind;  gleich  inlichtern  brennen  und  fliegen  wir  fort 
im  regnenden  stürm  der  zeit.  J.  Paul  Tit.  2,  88. 

3)  irrlichter,  planeten.  Kirsch  cornuc.     vgl.  irrstem. 
IRRLICHTCHEN,  n.  kleines  gespenstisches  licht: 

dann  zerhend  aus  bemahliem  glas 

braun  doppelbier,  crziiblt  man  was:  .  .  . 

der  meldet,  wie  er  dort  und  da 

des  Tückeholds  irrlichiclieii  sah. 

der,  als  ein  mönch  in  haarncm  tuch, 

am  moor  die  blendlatcrne  trug.    Voss  6,197. 

IRRLICHTELIEREN,  verb.  wie  ein  irrlicht  hin  und  her  fahren: 

und  (drr  gfiil)  nicht  etwa,  die  kreuz  und  quer, 
irrliclitc'liro  bin  und  her.        Götiib  12,  95. 

dafür  scIUeeht  die  bildung  irrlichlcrisieren :  Schiller  irrliclilerisirt 
in  farbenreOexcn  und  idealen.  Rötticer  litt.  susl.  l,  62- 
IRRLICHTERSniKIN.  m..- 

du  im  hohlweg  lauernde  finslemis, 
irrlichierschein,  vorführend  feuor. 

L.  TiKCK  print  Zerbino  akt  4. 
vgl.  iriiichlsrhein. 

IRRLICMTERTANZ,  m.:  fahre  fort  mit  diesem  lieblioben 
irrlichtertanz  mein  beschauliches  leben  zu  ergötzen.  Rkttink 
briefe  1,229. 

IRRLICIITFLATTERSCIIEIN,  m. . 

wann  wird  der  lrrlirhlllntier»chrin 
ein  fester  stern  des  lehcnf  sein? 

Abkdt  wd.  (tHOO)  4M. 


2173 


IRRLICHTSCHEIN  —  IRRS  AL 


IRRSAL  — mRSÄLIG 


2174 


1 


IRRLICHTSCHEIN,  IRRLICHTSSCHELN,  m.: 

ein  allzu  starkes  selbst-vertraun; 

ist  stets  ein  selbst-betriegeo, 

und  läszi  uns  wie  ein  irr-lichts-scliein 

zuletzt  im  wasser  liegen.      Gcsiuer  22; 

was  ist  der  höcDste  glänz  hienieden? 

ein  gaukelnd  bunter  irrlichtschein. 

Arndt  ged.  (1S60J  322. 

IRRLOS,  adj.  nicht  irrend:  sein  pfeil  ist  irrlos.  Stolberg 
14,  2.59. 

IRRMEINUNG,  f.  irrige  meinung. 

IKRNIS,  f.  n.  irrthum,  verirrung  im  denken:  ich  spreche 
aber  tlarin  eine  allgemeine  irrnisz  unerleuchteter,  rohsinn- 
licher menschen  aus.  Fichte  siaalsl.  55;  Störung,  belästigung 
(vgl.  irren  I,  5) :  die  empfindlichsten  kränkungen  und  irrnisse. 
Herder  Iriefwechsel  (1547)  102. 
IRRPFAD,  m.: 

sei  mir  ein  führen,  der  wenn  ich  will  zagen, 

mich  stärke  durch  des  irrplads  dämmerungen 

still  weiter  meinen  pilgerstab  zu  tragen.    RBckert  SS. 

IRRPREDIGER,  m.:  kein  mensch  im  ganzen  verdorbnen 
Europa  kann  gleichgültig  sein  gegen  die  Wahrheit  als  solche 
. . .  nur  ist  jeder  gegen  die  unzähligen  irrlehrer  und  irrpre- 
diger  derselben  endlich  kalt  und  scheu  geworden.  J.  Paul 
Levana  l,  52. 

IRRQüELLE,  f.  quelle  des  irrens:  da  übrigens  die  quellen 
des  irrens  leichter  zu  zeigen  sind,  als  die  heilmittel  des- 
selben ...  so  sei  zu  der  angegebenen  irrquelle  blos  noch 
die  bekannte  dazu  gesetzt,  dasz  die  menschen  ihr  Stückchen 
marktfleck  und  ihr  Stückchen  augenblick  von  jeher  mit  welt- 
theil  und  Weltgeschichte  entweder  fürchtend  oder  hoffend  ver- 
wechselt haben.  J.  P.\cl  sphinxe  153. 

IRRREIM  u.  ähnl.  s.  irreim  u.  ähnl. 

IRRSAL,  m.  ii.  f.  error;  ahd.  mhd.  irresal,  mit  gleichem 
schwanken  des  geschlechts  (Lexer  «6.  1,1452);  doch  ist  nhd.  das 
icort  als  fem.  sehr  selten :  da  dann  (in  einem  gemälde)  tausend- 
mal mehr  irrsalen,  als  in  einer  statue  können  begangen 
werden.  Sandrart  acad.  (1675)  1,  3.  Als  frequentativbüdung  zum 
adj.  irre  von  dem  sinne  des  häufigen  irrens  ausgehend,  steht  das 
tcorl  in  verschiedenen  bedeulungen. 

l)  nach  irre  1,  umherschweifen,  irrfalirt,  nur  in  neuern  quellen 
nachzuweisen : 

söhn  Atreus,  nunmehr  dünkt  mich,  werden  wir 

durch  neues  irrsal  rückwärts  müssen  Oiehn.    Bürger  142*; 

Saadi  nach  langwiergem  irrsal  ruht.    PLiiB«  59. 

a)  verirrungen,  abirren  vom  rechten  wege: 

doch  bringe  du  dein  irrend  lamm 
zurück  zu  deiner  heerde! 
ich  will,  0  lieber  hirt,  hinfort 
mein  irrsal  stets  bereuen.    Bcrgeh  49'. 

übertragen,  wie  schon  die  eben  mitgetheilte  stelle  zeigt,  auf  das 
abweichen  vom  icege  der  tugend:  in  betrachtung  nun  dieser 
meiner  Undichtigkeit  (untücluigkeit) ,  biszherigen  irrsahl  und 
groszen  Unwissenheit.  Simpl.  3,422  Kurz;  vorzüglich  gern  aber 
auf  das  abweichen  vom  rechten  im  denken  und  meinen,  so  dasz 
das  wort  wie  irrthum  (no.  3)  stellt,  namentlich  sofern  ein  anhal- 
tender und  fortgesetzter  gemeint  ist;  die  begriffsgrenze  zwischen 
irrsal  und  irrthum  verschlammt  überhaupt  üßeis,  und  das  erstere, 
immerhin  als  seltneres  wort,  steht  ganz  gleichbedeutend  mit  dem 
letzteren:  irsal  error,  voc.  ine.  theut.  kl';  es  were  dann,  dasz 
der  gefangen  solche  Ursachen  seines  läugnens  fürwendet,  dar- 
durch  der  richter  bewegt  würde  zu  glauben ,  dasz  der  ge- 
fangen solche  bekandtnusz  ausz  irrsal  gethan ,  alsdann  mag 
der  richter  denselben  gefangen,  zu  auszführung  und  beweisung 
solches  irrsals,  zulassen.  Carolina  art.  57;  da  obberürte  be- 
kanntnusz  ausz  irrsal  .  .  geschehen.  Frank f  reform.  1,29,2; 
hinwider,  da  die  erben  ausz  irrsal  etwas  in  das  inventarium 
betten  kommen  und  schreiben  lassen,  und  sich  hernacher 
solcher  irrsal  also  befünde,  so  soll  es  ihnen  auch  ohn  gefahr 
sein.  6, 3, 9 ;  die  burger  wollen  nit  ir  irsal  oder  unrecht  be- 
kennen in  dem  da;  sie  irm  hern  Ludovico  warn  angehangen. 
S.  Frank  Germ,  chron.  (iö3S)216";  es  sind  ellich  der  scribenten, 
die  den  hecht  der  alten  wolf-fisch,  iupus  genannt,  geachtet 
haben,  nicht  ohne  irsal.  Forer  fischb.  37';  weil  du  seinen 
irrsal  ..  bekräftigt  hast.  Kirchhof  mil.  disc.  260;  bringt  wer 
ein  irsal  in  schwang,  und  selbes  ist  gering,  so  dasz  nur 
gäuche  werden,  nicht  aber  bösewichler,  denen  das  irsal  be- 
hagt,  so  mag  es  ihm  hingebn.  Klopstock  12,106;  ists  aber 
mit  nichten  gemein ,   sondern  mächtig  and  grosz  irsal ,  was 


der  mann  hat  aufbracht,  und  kriegen  die  leute  dadurch  bös- 
artigen und  argen  sinn,  ebenda;  Diodor,  der  freilich  in  viel- 
fachen irrsalen  befangen  ist.  Niebchr  2,  436 ;  dergleichen  halb- 
wahrheiten  und  die  daraus  entspringenden  irrsale.  Göthe 
26,272;  wohl  bedarf  die  weit,  in  ihrer  unfrommen  einseitig- 
keit,  auch  solcher  licht-  und  Wärmequellen,  um  nicht  durchaus 
im  egoistischen  irrsale  zu  erfrieren  und  zu  verdursten.  31,210; 
deutschen ,  von  modernem  irrsal  befangenen  kunstjüngern. 
32,202;  dann  steht  der  friedliche  mann  auf,  greift  zum  ge- 
wehr,  und  schreitet  gewaltig  gegen  die  ihn  so  fürchterlich 
bedrohenden  irrsale.  33, 157 ;  was  Schlegel  in  seinen  Vor- 
lesungen über  .Moliere  sagte,  hat  mich  tief  gekränkt;  ich 
schwieg  viele  jähre,  will  aber  doch  nun  eins  und  das  andere 
nachbringen,  um  . .  dergleichen  irrsale  aufzudecken,  an  Zelter 
609;  so  wirds  hierher  passen,  dasz  ich  meinen  irrsal  wider- 
rufe. J.  Paul  Hesp.  3, 4 ;  da  ich  ihr  mit  einem  geringen  lächeln 
ihren  irrsal  und  meine  kenntnisse  in  den  schönen  künsten 
zeigte,  jubeisen.  94 ; 

des  irrsals  und  des  zweifeis  nachte 

erhelle  dir  der  Weisheit  licht.    Stolberg  1,  110 ; 

götter,  glaub  ich,  leiten  auch 
der  narren  irrsaal.      5,  90. 

3)  auch  abweichung  vom  recIUen  glauben,  noch  bei  Stieler  893 
der  irrsal  hallucinatio,  seductio,  haeresis :  und  der  irrsal  zu  Prag 
sich  erhaben  hat  zum  ersten  von  einem  posen  keczerischen 
boswicht  Husse  genant,  d.  städtechr.  i,  351, 1 ;  die  zwaping  und 
den  yrsal  der  christenlichen  kirchen  der  zweier  bebst  halber. 
3,  299,  22 ;  wie  hab  ich  (der  wolß  mich  dann  des  irrsals  under- 
wunden  das  ich  den  gaiszen  wil  helfen  ir  gaistlicheit  vol- 
bringen.  Steinhöwel  (14S7)  55';  das  zween  oder  drei  bischove 
mögen  einen  ordiniren,  das  ist  ein  irrsal,  der  nicht  ent- 
schuldigt noch  verteidingt  mag  werden.  Eck  bei  Lctuer  1,158*; 
also  gach  ist  den  leuten ,  und  irem  teufel  mit  irem  irrsal, 
das  sie  auch  durch  frembde  bücher  denselbigen  ausbreiten. 
LüTBER  3,  3S2';  ein  narr  redet  von  narrheit,  und  sein  herz 
gehet  mit  Unglück  umb,  das  er  heuchelei  anrichte,  und  pre- 
dige vom  herrn  irrsal.  Jes.  32,6;  zu  christlicher  Vereinigung 
und  hinlegnng  solches  irrsals  (vorher  desz  zwyspalts  unsers 
heiligen  christlichen  glauben»),  reichst.-absch.  eo»  1529,  §  1 ; 

dar  noch  der  schäutlich  Machamet 

inn  (den  christlichen  glauben)  mer  und  mer  verwüstet  bet 

und  den  mit  sym  irrsal  geschänt.    Bra:<t  narrensch.  99, 17 ; 

0  herre  gott!  ich  klag  dir  als  mein  laid 

und  den  irrsal  der  ganzen  cristenhait.    Uhlakd  volksl.  423. 

4)  irrsal,  Störung,  Verwirrung  (vgl.  irre  3):  und  ward  auch 
ein  irrsal  zu  Nuremberg  unter  den  beharamyschen  groschen. 
d.  städlecltron.  1,  390, 12 ;  auch  er,  wie  so  manche  andere,  hat 
ein  eingebornes  talent,  was  aber  daraus  werden  kann, . .  ich 
weisz  es ,  der  diesem  irrsal  seit  mehr  als  zwanzig  jähren 
zusehe.  Göthe  an  Zelter  414;  denn  man  findet  doch  überall 
ein  irrsal  unter  den  menschen ,  das  sie  vom  vertrauen  los- 
trennt, indem  sie  es  anzuknüpfen  wünschen,  an  Knebel  547; 
ferner  streit,  zwistigkeil  (vgl.  irre  4):  dasz  diese  irrsalen  vor 
die  gesamte  reichsstände  gehörig,  kaiserl.  declar.  von  1576  bei 
H.  A  Lapide  125;  den  einbrechenden  irrsal  in  anstand  zu 
bringen.  Micrälios  alt.  Pommern  3,  532. 

5)  irrsal,  mit  enlsprecltenden  Zusätzen,  poetisch  als  ort  des 
irrens  oder  Schwankens  gefaszt:  die  in  ähnlicher  läge  den  aus- 
weg  aus  beengendem  irrsal  suchten.  Frevtac  handschr.  2, 2SC ; 

in  welches  irrsal  leiten  mich, 
0  weih,  die  werte.      Stolberg  13,  146; 
kein  ausweg  aus  dem  irrsal  zeigt  sich  mir.    Göthe  11,256; 
oder  auch  als  verwirrtes,  knoten,  schlinge: 

und  stehe  wundernd,  wie 
das  irrsal  sich  entwirren  soll  und  lösen. 

Schiller  braut  von  Mensma  v.  2197 ; 
ich  seh  dein  licht  getrübt,  dein  glück  entwichen, 
in  einem  in;3al  selber  dich  befangen, 
das  tiefer  stets  und  innger  dich  verstrickt.    Tieck  1,  75. 

IRRSAL,  als  adj.:  (gott,  du)  hast  elwan  die  kinder  von 
Israel  aus  Egypten,  in  das  gelobte  land,  durch  die  unwegsame 
irrsale  vvüstunge  sicherlich  geführet.  B.  Ri.vgwald  handbüchl. 
geistl.  lieder  u.  gebetlin  (Leipz.  1594)  L3". 

IRRSÄLIG,  adj.  irrsal  habend,  roll  insal:  er  sagt,  ja  etliche 
artikel  seien  verdampt  als  ketzerisch,  etliche  als  irrsalig, 
etlich  als  freventliche.  Eci  bei  Luther  1, 15S' ;  sölichs  wirt 
von  irrsäligen  geisten,  ja  von  den  tüflen  yngeben.  ZwiNrai 
1,  0;  das  vertrauen  zur  arbeil  der  kirche  musz  offenbar  dabin- 
fallen ,  wenn  sich  das  irrsälige  menschliche  individuum  als 
ihren  träger  geriren . .  will,  tolksbl.  f.  Oadt  u.  land  (ISM)  614. 


2175 


IRRSALSJAHR  —  IRRSTERN 


IRRSTOLZ  — IRRTHUM 


2176 


IRRSALSJAUK,  n.  jähr  des  irrsals,  des  irrens. 

ach,  wann  erscheint  uns  iinsrer  irrsiilsjahre 
jiingsigcborcncs  cinsl?     Siolbkrc  14,  23ö. 

IRHSALSPFAD,  hj.  pfad  des  irrsah: 

«las  leitet  dich  auf  wiistcn  irrsalspTudun, 

die  dir  gespenstisch  schrecken  rings  uindunkeln. 

Arnkt  !ic(t.  (1840)  589. 

IRRSALUNG,  f.  wie  irrsil  4,  Störung,  Verwirrung:  der  irr- 
süliing,  dy  er  gpiiiert  liat  und  nicht  gcniinncit.  d.  stddlechrun. 
1,353, 1;  dy  irrsalung  huh  .sich  am  suin.sztug  an  nach  piingstcn 
lind  weret  etwas  lang.  39!,  2. 

IRRSAM,  adj.,  mhd.  irresani.  l)  irrend,  zum  verirren  gencUjl: 
das  srhaf  isl  von  natur  scliüchtcr,  flüchtig  und  irrsani.  LuTiiEri 
6,33S';  aucJiumlierscbweifend:  irrsani,  «'noiwri«  Stkinbach  1,815; 
bunt  und  irrsam  waren  meine  stunden.    Skiime  (1835)  623. 

2)  irre  führend,  zum  verirren  verlorkend :  underwandt  sich, 
die  hencn  durch  den  waldt,  der  finwar  ziiiilicli  grosz  und 
irsam  ist,  zu  lieren  {führen).  Zimm.  chron.  4,3^1,32;  diese 
Iheologia,  halten  und  sagen  sie,  sei  neue  und  unerhört,  dazu 
irrsam.  Lutiieii  l,  lio*;  (gänge  des  labyrinüis)  aus  derer  irr- 
samen Umschweifen  sich  Dcdalus  selbst  nicht  auszuwickeln 
gewüst  hat.  Lüiien.stein  1,676'; 

ganz  irsaui  ist  ir  weg.    meistert,  fot.  23  tw.  146; 

eurer  liebe  l'ahrt  so  irrsam  zu  vertunkeln.    Locau  2,12,37. 

IRRSATZ,  «1.  irriger  satz,  falsche  behanptung. 

IRRSC^HAU,  f  irre  führende  geslalt,  gesix'nsl:  (ein  teufet  welcher) 
den  verstorbenen  cörper  den  menschen  zu  erscheinen  führet, 
und  zu  nachts  die  licchter  auf  den  gräbern  und  die  irrschaw 
auf  dem  feldt  machet.  J.  Ayüer  firoc.  3,  6. 

IRRSCHEIN,  m.  trügerischer  schein :  misztraut  dem  irrscheine 
schneller  begeisterung.  DyaNaSore  3,279;  im  irrschein  ver- 
wilderter leidenschaft.  4,282. 

IRRSCHLUSZ,  tji.  irriger,  trügerischer  schlusz:  kein  irrschiusz 
und  kein  üppiges  selbsterhöhen.  Dya  Na  Sore  3, 83. 

IRRSCHRIFT,  f:  in  gemeldeter  epoche  jedoch  lernen  wir 
sie  {die  briider  Stolberg)  gewisserinaszen  nur  aus  ihren  irr- 
schriften  kennen ,  zu  denen  sie  durch  eine  falsche  tags- 
maxime  in  gcsellschaft  ihrer  gleichjährigen  zeilgenossen  ver- 
leitet worden.  Göthe  48, 150. 

IRRSCHRITT,  m. :  am  ende  sind  es  denn  doch  diese  ge- 
sinnungen,  die  uns  von  allen  irrsclirilten  des  lebens  endlich 
wieder  zurückführen.    Götiie  an  Zelter  697. 

IRRSCHWEIFIG ,  adj.  in  der  irre  schweifend:  wer  kein 
cbgesibete  hat,  ist  halb  tod,  mangelt  ein  stuck  des  leibs, 
weiszt  kein  seszhaft  heuszlich  wohnung,  ...  ist  nirgends 
daheim,  ist  meher  eim  irrschweifigen  vihe  ähnlich,  als  eim 
eingesetzten  colon  und  kolbauren.  Garg.  68* ;  die  hascn  Ihci- 
leten  sich  plötzlich  von  einander,  damit  sie  die  hunde  tren- 
neten  und  irrschweifig  machten,   eselkünig  285. 

IRRSINN,  m.  gestörter  sinn,  milderer  ausdruck  für  Wahnsinn 
{vgl.  irre  5);  früher  nur  verwirrter,  unrichtig  denkender  sinn: 
fehlgedanken  solches  verwirr-  und  irrsinnes.  Sciiottel  456*. 

IRRSINNIG,  adj. : 

frolocke  nicht,  irrsinniger  pöbel.    Pi.atkn  132. 

IRRSINNSREDE,  f:  irrsinnsreden  von  allgemeiner  freihcit, 
gleicbheit  und  Völkerbeglückung  . . .  erschollen.  Rkckers  wellg. 
14,444. 

IRRSPIEL,  n.  irrendes,  trügendes  spiel:  da  man  aber  fragen 
musz,  warum  unterlegen  wir  nicht  jedem  anerkannten  irrthum 
und  Unverstand  jene  folie,  die  ihn  zum  komischen  erhellt; 
80  ist  die  antwort:  blos  die  allmacht  und  schnelle  der  sinn- 
lichen anschauung  zwingt  und  reiszt  uns  in  dieses  irr-spiel 
hinein.  J.  Faul  vortch.  d.  dsth.  l,  146. 

IRRSPRUNG,  m.  sprung  in  die  irre:  Kaimet  sucht  sich  {bei 
erklärung  des  xuget  der  kinder  Israel  durch  die  wiisle)  aus  der 
noth,  durch  wunderliche  kreuz-  und  querziige  zu  helfen, 
setzt  einen  iheil  der  üherilüssigen  orte  gegen  das  mittel- 
ländische meer  zu,  macht  Hazeroth  und  Moseroth  zu  6incin 
orte,  und  bringt,  durch  die  seltsamsten  iiTsprüngc,  seine  leute 
endlich  an  den  Arnon.  Götiie  6,179. 

IRRSTEIG,  m.  irre  ßhrcndcr  steig:  sucht  man  nun  wichtige 
Irrwege  mit  Scheiterhaufen  zu  verbauen :  so  kann  ich  ja  mit 
gründe  an  unwichtige  irr.«tcigc  unlödlliche  schieckbildcr  hie 
und  da  aufstellen.  J.  Paui.  teuf  pap.  2,  lO;  auf  den  sonder- 
baren irmtcigcn,  die  »ie  jetzt  wandelten.    TU.  2, 192. 

IRRSTERN,  m.  nlm't'jTTjs;  alt  compositum  in  diesem  tinnc 
$eü    dem    17.  j'ihrh.    ijehnturhlirlt ,    ihrr    vtrl  früher  schon    durch 


Mecenbergs  irigt^nder  slern  {sp.  2159)  und  durch  Luthers  irrige 
Sterne  (sp.  2170)  vorbereitet:  irrstem  planela  Stielkr  2150;  wie 
die  liewegmig  der  irrsterne  durch  des  Orpheus  s-iebenseitige 
leier  abgebildet.  Lohenstein  Arm.  1,265";  {man  hätte)  durch 
die  fernc-glüser  umb  den  Jupiter  und  Saturn  neue  irrslernen 
erkieset,  von  denen  die  alten  nichts  gewüst.  266*; 

es  musz  ein  irrstem  stets  in  seinem  himmel  gchn : 
er  musz  sich  um  sich  selbst,  als  eine  kugel,  drehu. 
Urockbs  3,  193. 
bildlich:     {ein   avanlürici)   der    sich    für   einen    schwedischen 
kaminerherrn  und  groszkreuz  vom  seiapliinenorden  ausgab., 
zufälliger  weise    (glaub  ich)  kam  ein  authentisches  blatt  aus 
Stockholm,  das  in  einer  halben  iiiimile  den  ritter  degradierte 
und  ihm  den  diebschlüssel  und  irrstem  {den  angcmaszten  orden) 
hcrunterrisz.  J.Paul  biogr.  belust.  1,128; 

ich  glaube,  dasz  du  (ootl)  nur  auf  einer  bahne 
dengelst  des  menschen  zur  erkenn  inis  rufst; 
allein  ich  weisz,  dasz  du  im  ozeaiie 
des  Sternenlichts  auch  manchen  irrstem  schufst. 

ItLUHAUEH    1,  12. 

ein  mhd.  irre-stern  bei  Walther  v.  Rheinau  ist  auf  den  komelen 
bezogen,  vgl.  Lexer  wb.   1,1453. 

IRRSTOLZ,  m.  irre  leitend(;r  stolz:  dieser  gewöhnliche  irr- 
stolz älterer  menschen.  Dya  Na  Sore  1,323. 

IRRSTOLZ,  adj. :  immer  reicher  an  vielartigem  wissen  und 
also  auch  immer  irrstolzer,  ebenda  2,  356. 

IRRTHUM,  m.  error,  zustand  des  irrens;  ahd.  irrituom,  irra- 
tuoni,  mhd.  irretuom.  der  plural  irrlhünier  ist  eine  neuere 
bildung,  bis  ins  17.  jahrh.  geht  noch  llteils  irrthum,  irrthume, 
tlieils  inlhüme:  denn  man  sihet  je  für  äugen  die  groszen 
irrthume,  so  ins  bapsts  reich  gehen,  und  die  schrift  schreiet 
mit  aller  macht,  das  solche  irrthum  des  teufcls  und  anti- 
christus  lere  sei.  Luther  6,526';  darunib  wird  inen  gott  kref- 
lige  irthum  senden  {eve^yeinv  TikuvTjs).  2  Thess.  2, 11 ;  aus 
einem  irrthum  hernachmals  unzehlich  viel  irrthume  folgen. 
Tauernaem.  337;  von  der  tugend  und  mancherlei  irthuinben 
der  menschen.  Weckuerlin  413. 

Das  wort  bedeutet: 

1)  umherschweifen,  irrfahrt: 

uns  von  der  dienslbarkeit  und  irrthumb  schweren  quäl 
ganz  thewcr  zu  erlösen.  Wkckbkrlin  182. 

2)  das  abweichen  vom  rechten  wege,  verirrung: 

manch  schifTer  hat  gezörnt.  wann  trübe  wolken-decken 
ihm  haben  cynosur  und  helice  verslecken 
und  also  seinen  lauf  in  irrthum  wollen  ziehn, 
dasz  er  nicht  kante  fort  da,  wo  er  wolle  hin. 

LoGAU  2,  12,  37. 

3)  am  häufigsten  übertragen ,  das  abweichen  vom  rechten  und 
wahren  in  einem  denkprocesse,  einer  meinung,  als  gegensatz  zur 
Wahrheit:  wiltu  für  irrthum  warnen,  so  lere  auch  die  gewisse 
warheit  an  die  stat.   Luther  3,441'; 

viel  irrthum  und  ein  fünkchen  Wahrheit,  Göthk  12,  14 ; 
irrthumb,  error,  erralio,  aberratio,  hallucinatio  M aaler  237'; 
gegen  einzelne  irrthümer  in  der  anordnung  wird  die  strenge 
Verbindung  des  ganzen  selbst  mich  sicher  stellen.  Scbili  er 
an  Gölhe  1,52;  den  irrthum,  dasjenige  auszer  sich  zu  suclicn, 
was  der  innere  mensch  hcnorbringen  musz.  I8l ;  irrthum  in 
einer  rechnung;  beim  zusammenzählen  kam  ein  irrthum  vor; 
es  lieiszl  ein  groszer,  grober,  schwerer,  geringer,  kleiner  irr- 
thum: ein  grober,  schwerer  irrtuin,  error  gravis  Frisch  1,491'; 

0,  das  geht  weit!  ein  unglücksvoller  irrthum! 

Schiller  nccol.  5,  1 ; 

ein  irrthum  entsteht,  fällt  vor:  daraus  ist  der  irrthum  ent- 
standen, dasz  sie  wirklich  ans  schilfmeer  nach  Ezeon-Gaber . . 
gekommen.  Güthe  6,180;  sagte  zu  den  bauern, ..  sie  niOchlcii  ! 

nach  hause  gehen,  es  sei  ein  irrthum  vorgefallen.  Immerman.x  j 

Nünclüi.  3,174;    einen  Irrtum  begehen,   errare  Frisch  l,49l';  \ 

in  den  irrthum  bringen,  führen,  kommen,  geralhen,  fallen;  I 

im  irrthum  sein,  stecken,  bleiben,  beharren,  schweben:  sie  s 

waren  so  gar  ferne  in  den  irlum  geraten,  das  sie  auch  die  ^ 

thiere  ..  für  götter  hielten,  uru/i.  12, 24;  bleibet  er  doch  bei 
seiner  torheit,  und  bei  seinem  irthum.  Sir.  16,  2t ;  in  irrthumb 
fallen,  deferri  in  errorem.  Maaler  237';  in  irrthumb  bringen 
oder  vcrirl  machen,  inducere  in  errorem.  ebenda;  in  irrluin 
stecken,  versuri  in  errore,  teneti,  duci  errore  Frisch  t,49l';  der. 
der  über  den  werth  des  groszen  in(|uisiziongerichts  in  irr- 
Ihiiin  schwebt.  J.  Paul  (cu/'.  ;mp.  2,  lü;  meine  daincu,  sie  sind 
im  irrthum.  Immermann  MüncJüt,  2,65;  sich  im  irrthum  bc 
linden,  .si(  li  vniii  irrthum  befrcirn ,  losmachen,  vom  irrtliiiMi  _ 


2177 


IRRTHüM  — IRRUNG 


IRRÜXG 


2178 


helfen;  so  wird  uns  gedankt,  wenn  wir  die  leutt-  ui^  luien 
irrlhümern  helfen  wollen.  Lessinc  1,277;  einen  irrthiun  ent- 
decken, finden,  heben;  wenn  er  den  irrthum  entdeckte,  in 
den  man  ihn  vorsälzlich  hineingeführt  hatte.  Göt he  25,239. — 
belebung  des  begriffes:  iiir  thälet  mir  einen  unaussprechlichen 
gefallen ,  wenn  ihr  euren  irrthum  frisch  zum  teufel  jagtet. 
I.  Paul  teuf.  pap.  2,  IS ; 

irrtbum,  lasz  los  der  äugen  band!    Göihk  12,117. 
4)  in   der  alten  spräche  vorzüglich  und  bis  in  die  ncuzeit  das 
abweichen  vom  rechten  glauben,  ketzeret,  irrlehre  oder  auch  heiden- 
thum:  ahd.  irrituom,  irratuom,  venena,  sectatio,  seäa,  super- 
stitio,  schisma  Gbaff  1,450; 

mItJ.  diu  burc,  aller  bürge  bluome, 

was  iu  dem  irretuome 

benollen  leider  manage  zit, 

unz  got,  iler  riwe  unt  antläj  git, 

da  wolde  ofTen  sinen  namen.    Servatius  144; 

nhd.  die  'enigcn  ,  die  recht  entrannen  waren ,  und  nu  im 
irthum  wandeln.  2  Petr.  2,  IS ;  das  ich  im  irrthum  und  ketzerei 
.  .  halsstarriglich  verharret  bin.  Luther  1,104*;  so  ich  aber 
überzeuget  würde,  das  ich  soll  geirret  haben,  wolt  ich  alle 
irrthum  widerrufen,  und  der  erst  sein,  der  mit  füszen  auf 
meine  bücher  wolt  trelten.  452*;  dieweil  nu  die  gelübden  in 
solchen  groszen  irthumen  geschehen,  nemlich,  das  man  durch 
eigene  ertichte  mönche  werk,  Vergebung  der  sünde  verdienen 
soll.  6,  374';  so  werden  phariseer  und  saduceer  aufstehen  und 
YÜ  schedlicher  iiTthumb  inn  den  tempel  und  meine  gemein 
füren.  Mathes.  Sar.  143';  die  ketzerische  lehre  und  irrthümb 
ausz  den  herzen  der  menschen  auszzurotlen.  Scuuppius  332; 
dasz  sie  von  mir  als  einem  diener  gottes  sein  in  der  wahren 
religion  geslärket,  in  irrthumben  unterrichtet,  zu  allem  guten 
ermahnet.  427 ; 

die  weh  fürt  iez  ein  grosze  klag, 

wie  auf  wöl  slan  vil  ketzerei, 

inumb  im  glauben  auch  darbei.    Schade  sat.  1,27; 

ich  kehrte  in  der  kirche  schoosz  zurück, 

schwur  meinen  irrthum  ab  in  seine  bände. 

Schiller  il.  Stuart  1,6. 
s)  irrthum,  etwas  falsches,  trügendes: 

er  höret  orte  nichts,  und  höret  etwas  oft, 

dann  seufzt  er,  dasz  er  batt  auf  irrthümb  nur  geho^Tt. 

D.  T.  D.  Werder  Ariost  7,  24,  4 ; 
was  nützlich  ist  das  thu,  und  meide  solche  Sachen 
die  voll  von  irrthümb  sind,  und  falsche  bofTnung  machen. 

Opitz  1,315. 

6)  irrthum,  Störung,  beschwer:  das  ir  in  iren  wein  . .  maut-, 
zollfrei  und  an  (ohne)  irtum  fürfaren  lasset.  Schm.  1,132  Fromm.; 
ärgemis :  auf  das  ich  nicht  sünde  anrichte,  und  grosze  irthum 
(pluT.)  stifte,  und  viel  ubels  begieng.  Sir.  23,3; 

das  leugst  du.  bueb,  in  deinen  rächen; 
du  solst  uns  wol  ein  irrtum  machen. 

P.  Rebhcm  Sitsanaa  (5.  2)  bei  Tittmas;« 
schiiufj).  1,  S3.  119; 

auch  zwist,  Streitigkeit:  es  sollen  auch  die  redliche  kriegesleut 
die  liebe  zeit  nicht  mit  ungepurlichen  spielen  hinbringen, 
in  bedacht,  dajz  daher  viel  ihrthumbs  gemeintlich  erwächst. 
Reuter  v.  Speir  kriegsordn.  14. 

IRRTHUMLEHKE,  f:  sich  auch  hinfurt  für  dem  bapstum 
und  andere  irrthumleren  zu  hüten.    Luther  6, 535'. 

IRRTHCMLICH,   adj.   und   adv.    irrthum  {no.  3)  enthaltend: 

eine  irrthümiiche  ansieht ;  das  irrthümliche  der  behauptung  ist 

offenbar ;  ich  habe  ihn  irrthümlich  für  einen  anderen  gehalten. 

IRRTHLMSSTR.\SZE ,   /.    strasze    auf  der  man    irrthümern 

ver fällt: 

zu  viel  hab  ich  geduldet, 

gekämpfet  überlang, 

gesündigt  und  verschuldet, 

drum  ist  mir  weh  und  bang, 

ich  weisz  nicht  aus  noch  ein 

auf  diesen  irrthumsstraszen.    Armdt  geil.  (1840)  530. 

IRRTUNG,  /".  s.  unten  irrung  no.  6. 

IRRUNG,  f  handlung,  zustand  des  trrcns,  mhd.  irrunge;  nach 
verschiedenen  bedeutungen  des  terbums  irren  entwickelt. 

1)  vgl.  irren  1,1  und  11,2,  das  abweichen  vom  rechten  rege; 
deiium  irrung  Dief.  178*; 

den  trewen  weg  hab  ich  stets  im  gesiebt, 
auf  das  ich  dich  auf  {lies  durch)  irrung  nicht  verletze. 
Opitz  pialmcn  s.  227  ; 
gewöhnlich  übertragen,  abweichen  vom  reclilen  und  geselzmdszigen : 
irrung,  fäl,  mangel,  aberratio,  erratio  .Maaler  237';  die  gewohn- 
heit  het  ein  bawr  an  im  das  er  aliwegen  zu  den  vier  opfern 
den  bösesten  pfenning,  den  er  het,  opferte,    der  priester  . . 
IV.  II. 


gedachte,  wie  brechlest  du  den  bawru  vön  der  irrung.  Pauli 
schimpf  116*;  da  wolt  gott  der  herr  den  mann  von  seiner 
irrung  ziehen.  147*; 

o,  das  gefällt  mir  nimmermehr  und  deutet 

auf  eine  schwere  irrung  der  natur! 

Schiller  Jungfrau,  prolog  2.  auftr. ; 

auch  rencirrung ,  schwanken :  der  man  sprach ,  nach  etlicher 
irrung,  es  were  ein  mensch  gewesen.  Pauli  schimpf  llh* ;  aber 
die  affect  machen  oft  so  grosze  abweichungen,  oft  so  grosze 
irrung  und  aufruhr  bewegen  sie,  dasz  ich  oft  das  bessere 
ersiehe,  dem  ärgeren  nachfolge.  Schuppics  726;  die  irrung 
und  finsternis  meiner  scele  zerstreut  sich,  und  ich  athme 
wieder  freier.  Götoe  16, 55;  Rülow  hatte  durch  misverständnis 
und  irrung  einen  theil  der  zeit  verloren.  Var.nhaces  Blücher  500 ; 

(märlein  und  zeichen)  darmit  die  einfeltigcn  in  grosze  irrung 
gebracht  sein  worden  und  verfurung. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  1,  28,  37 ; 

da  kam  die  zeit  der  irrung. 

des  abfalls  in  das  land.    Rcckert  187. 

irrung  ist  i'o«  dem  stärkeren  verirrimg  ausdrücklich  abgehoben : 
jenes  erstaunen  beim  erwachen  sinnlicher  triebe,  die  sich  in 
geistige  formen ,  geistiger  bedüifnisse ,  die  sich  in  sinnliche 
gestalten  einkleiden,  alle  betrachtungen  darüber,  die  uns  eher 
verdüstern  als  aufklären, . .  manche  irrungen  und  verirrungen, 
die  daraus  entspringen,  theilten  und  bestanden  die  geschwister 
band  in  band.  Göthe  25,  22. 

2)  irrung,  wie  irrthum,  aber  gegen  dieses  ungewöhnlich,  das 
fehlgehen  im  denken  und  meinen:  irrung  error  voc.  ine.  theut. 
k'i' ;  es  seint  etlich  die  da  meinen,  sie  sollen  nichts  änderst 
thun  dan  irer  andacht  auszwarten,  das  ist  ein  irrung.  Keisers- 
berg  büum  d.  sei.  7* ;  sie  wissen  selbst  nicht  mehr,  auf  welche 
Seite  das  überladene  herz  hinhängt,  und  da  trifft  es  sich 
denn  wohl,  dasz  kleine  irrungen  in  der  person  daraus  ent- 
stehen. Lessi.ng  1, 444 ;  mein  herr,  ihre  irrung  ist  sehr  zu 
vergeben.  565;  dessen  schiff  ist  glücklich  angekommen,  ob 
man  ihm  gleich  erst  geschrieben  hatte, . .  dasz  es  verunglückt 
wäre,    es  ist  aber  nichts  weiter  als  eine  irrung.  2,381; 

rabbi.    im  zefer  Machor  wirt  bescbeint, 

das  got  teglich  umb  uns  weint 

zwen  zeber  in  das  mer  hinein. 

hör,  ob  wir  nit  sein  liebes  volk  sein! 
doctor.  hör,  Jud,  das  das  ein  iming  sei! 

weint  got,  so  wont  im  leiden  bei  .  .     fastn.  sp.  8,  28. 

3)  abweichen  von  dem  wahren  glauben,  ketzerei:  ej  ist  ain  volk 
da;  gaiselt  sich  und  vellt  auf  die  erden  und  bekent  seiner 
sünd  offenleichen  vor  aller  läuten,  da;  volk  setzt  im  selber 
ainen  maister  aller  irrung,  von  dem  nimt  e;  antli;  seiner 
sünd.  Megexberg  217, 25 ;  den  irrenden  könig  Girsicken,  der 
dan  des  ketzerlichen  glaubens  ein  anhenger  und  vester  hand- 
haber was,  von  seiner  irrung  zu  dem  rechten  glauben  zu 
bringen.   lV'i7ip.  v.  Schaumb.  12. 

4)  irrung  (vgl.  irren  1,3)  Störung,  kemmung,  hindernis:  was 
es  eine  dohter,  so  behup  es  die  muter  (die  amazone)  bi  ir 
und  sneit  ir  die  rehte  brüst  abe,  das  sü  keine  irrunge  zu 
dem  armbruste  oder  zum  swerte  bette  zu  vehtende.  d.  stddte- 
chron.  8, 2%,  12 ;  so  ein  mensch  sterben  wil,  der  lugt,  das  er 
der  schulden  keine  uf  im  hab ,  die  im  ein  irrung  möchten 
sin  gegen  sinem.  nechsten  menschen,  des  glychen  gegen  got. 
Keisersberg  bilg.  1*;  do  verschied  der  bruder  und  on  zwifel 
er  für  on  alle  irrung  zu  got.  1';  irrung,  mühe  und  arbeit. 
A.  V.  Eibe  i";  welcher  dann  drei  tag  das  beste  thun  wirdt, 
dem  soll  sie  (die  gäbe)  on  alle  irrung  zugetheiit  werden. 
Galmy  102;  die  herzogin  und  der  ritter  on  alle  iming  mit 
einander  reden  mochten  {ungestört).  161 ;  ohne  alle  irrung  und 
verhindernusz.  Frei  garteng.  67';  die  unüberwindliche  verhin- 
dernussen  und  irrungen,  mein  verlangen  zu  erfüllen,  waren 
so  gewaltig  . . .  Simpl.  4, 94  Kurz ; 

darumb  so  thu  uns  hie  bescheiden, 

wie  wir  das  gut  gleich  sullen  prauchen. 

das  das  an  (uhne)  irrung  und  an  Sträuchen 

hie  kurzlich  werd  geendet  noch,    fastn.  sp.  78,  20. 

zu  dem  begriff  ärgemis,  bosheit  gesteigert:  und  wurde  die  hyn- 
derstc  irrunge  groszer  denne  die  erste,  d.  stddtechr.  9, 502,S 
(nach  Matth.  27, 64,  vulg.  novissimus  error,  bei  Luther  der  letzte 
betrug). 

5)  irrung,  zu-ist,  span,  Zerwürfnis  (vgl.  irren  I,  7);  in  glaubens- 
sachen:  do  mahtent  Gregoiius  und  Renedictus  nuwe  cardinale 
und  mertent  das  zisma  und  irrunge  von  tage  zu  tage,  deutsche 
stadtechr.  9,  613, 24 ;  im  allgemeinen :  schickte  dcrowegen  einen 

137 


2179 


IRRUNG— lURWEG 


IRRVVEGIG  — IBTE 


2180 


weisen  maiiii,  der  ein  doctor  rechtens  .  .  war,  genieldle  spöu 
und  irrung  hinzulegen.  Kihciiiiuf  weudunm.  ITi' ;  üb  sich  auch 
begebe,  dasz  unser  gnediger  herr  und  er  der  obersl  seins 
dieusts  und  iicsulduug  halben  irrung  uberkenien.  Fkonsi-ehgek 
krifgsb.  l,&y ;  als  nnliii  zwen  bauren  irrung  hatten,  darausz  er 
(der  amlmann)  sie  entscheiden  solle.  Zinkgkek  apoplUh.  1,354; 
jugendfreundscliaflen,  wie  iilulsverwandtschaften,  haben  den 
bedeutenden  vurlheil,  dasz  ihnen  irrungen  und  niisversländ- 
nisse,  von  welcher  arl  sie  auch  seien,  niemals  von  grnnd 
aus  sciiaden,  und  die  alten  Verhältnisse  sich  nach  einiger 
zeit  wiederherstellen.  Götiie  t7,  343;  während  mit  seiner  (i/cs 
kurfürsten  von  Mainz)  gesandtschafl  die  irrungen  wegen  der 
ijuarliere  inmier  fortdauerten.  24,293;  eine  irrung  zwisclien 
dem  römischen  und  si)anisrhen  hofe.  Sciiu.lkii  801 ;  der- 
gleichen zusannuenkünfte  hieszen  . .  baucrgerichle,  weil  hier 
die  irrungen  der  schon  stillschweigend  in  einen  verein  ge- 
tretenen münner  beigelegt  oder  zurückgewiesen  wurden.  Kind- 
LiNCER  bei  Imnekmann  Münchlt.  1,145; 

ein  überniasz  von  irrungen, 
TerwickeiungiMi  ohne  zahl.    1'laten  281. 

6)  alemannisclte  quellen  des  Ib.  jlt.  gewähren  eine  foitn  irrtung 
ßr  irrung  in  der  üedeutung  5,  die  um  den  Bodensee  heimiscli 
scheint:  anno  mixviiij  ward  ain  grosze  irrtung  zwüschend 
Humaldo,  bischoff  zu  Costenz,  und  L'olrichen ,  abbt  uszer 
der  Ow.  Oeheim  c//ron.  112, 12;  zu  disen  zitten  was  die  kilch 
zu  Costenz  in  groszen  nötten  und  irrtung.  124,25;  in  ainer 
unainigkeit  und  irrtung.  127,20;  abt  Albrecht  hat  ain  span 
und  irtung  mit  .  .  Conratten  Majer  von  Trossingen.  141,14; 
ain  irrtung  uniicr  den  pTalTen, 

das  si  underainandcr  wurden  toben,    teufeis  nclt  2932; 

so  denn  die  irrtung  under  in  gat.    2963. 

lURVERWOUKEN,  part.: 

wer  soll  in  ernster  mcisterscliaft  hinfort 
als  leucbtthurm,  dessen  (euer  ruhig  steigen, 
dem  irrverworrneu  schwärm  die  richtung  zeigen? 

Geisel  juniuslieder  225. 

IRRWAGEN,  m.  als  bezeichnung  eines  unruhigen,  umhcr- 
schueifvnden  menschen.  Stieler  252'J.  Fkiscu  1,49t',  der  es  als 
umdeulung  von  lat.  errovagus  nimmt. 

IRRWAHN,  m.  irriger  tvahn,  falsche  meinung,  opinio  erronea. 
Frisch  1,  49l':  alle  die  gründe  ..  mit  denen  die  Wahrheit  den 
menschen  vom  irr\vahn  trennen  musz  und  will.  J.  Paul  teuf. 
pap.  2,  4 ;  dieser  mensch  und  lügner  hat  die  historische  wahr- 
heil  auf  Jahrhunderte  hin  vergiftet,  und  die  nachgeborncn 
geschlechter  gewissermaszen  unter  die  buimäszigkeit  jedes 
irrwahns  gegeben,  der  seitdem  in  der  weit  auftrat.  Immermann 
Münchh.  1,4; 

in  des  zälien  gemüts 
Irrwahn.      I'laten  132. 

IRRWEG,  m.  irre  führender  weg,  abweg;  eigentlich  und  bildlich  : 
devium  ein  irrcweg,  irrweg,  nd.  errewech  Dief.  n&';  es  sind 
leute ,  der  herz  imer  den  irreweg  wil ,  und  die  meine  wege 
nicht  lernen  wollen,  ps.  95,10;  vom  irrweg  abgeführt.  Kircmiiok 
ireHtiunnt.  47G' ;  man  hat  auch  im  alten  testament  viel  künigc 
und  fürsten  gefunden,  die  den  irrweg  gewandert,  und  mit 
leib  und  scel  in  abgrund  der  hellen  gerant  sein.  J.  Egku 
itincrarium  (Eisleben  1004)  rorr.  Avii';  dannenhero  dann  ..  er 
den  guten  weg  verlasset,  und  ausz  verzweifelirng  in  die  irwege 
geralhet.  IMiila^der  (1050)  1,422;  als  haben  daher  vornehme 
leute  (bedeutende  gelehrte)  anlasz  genommen,  sein  ganzes  buch 
und  ganzes  vorhaben  als  einen  irrweg  zu  verwerfen.  Schoitel 
luxublspr.  31;  der  irrweg,  in  welchen  die  Deutschen  bei  der 
naiionalisiruug  fremder  ideen  und  geisteswcrke  schon  so  oft 
geralben  sind.  Schlosser  wellgesch.  4, 321 ; 

so  suchten  UMsre  Tüsz  auch  niemals  anderwerts 
irrweg  tlir  zu  entlliehcii.     WtcKUERLiM  105 ; 

ich  habe  den  gebahnten  sxvti 

verlassen,  und  gcliebei 

den  gotlsvergesznen  irreweg.     1*.  Ukruardt  94; 
det  menschen  lebemtlaul'  gleicht  einer  irrebahn, 
aus  einTalt  irrt  ein  kind,  ein  weiser  durch  licgivrdc, 
des  allers  Irrweg  ist  ein  Talsch-geAeizter  wuhii, 
des  geizei  schimmernd  erzt,  der  geilhcit  fremde  Zierde. 

LOUKNSTKI!«   .Irin.    1,077*; 

aber,  wo  die  dlstel  ihren  spitzen 
Stachel  in  de»  Wandrers  rorx:  ^lichl, 
und  die  Wolken  auf  ihn  niedt^lijiuen, 
diesen  irrweg  »nclil  dein  uii^u  nicht.     (iuairtcK  3, 10(t; 
.^;i>'i'.  M.lin,  nun  furcht  ich,  wir  werden  den  vorigen  irrwog 
müssen  zicbu,  datorn  wir  eotrinnen  dem  todu. 
lii;acK«  IM*. 


IRRWEGIG,  adj.  auf  falschem  uege  befindlich,  im  irrlhum 
befangen:  es  sind  warhallige  dinge,  so  ich  erzehle,  welche 
wie  sie  klar  und  gewisz,  also  hegen  sie  wenig  diejenige,  die 
hie  irrwegig  erfunden  werden.  Schuppius  777. 

IRRWESEN,  u.  confusio.  Stieler  172;  iirwcsen  und  wüster 
handcl.  Schottel  haublspr.  45ti'. 

IRR\VISC1I,  m.  irrlichl  (als  ein  umher  irrender  feueibrand 
aufgefaszt,  vergl.  fax,  faculu  wyschc,  weysch .  wisse  u.  s.  w. 
DiKK.  22s';  faculu  blas,  scholl',  ein  wiscii  dar  niede  [man] 
luchlet  nov.  gloss.  105');  das  wort  ist  zunächst  mitteldeutschen 
schri/lstcllern  eigen,  und  von  ihneu  verbreitet:  inüsten  wir  .  . 
den  iiTwischen  und  faulen  holz  nachlaufen.  Mathes.  Sar.  44'; 
dünste  aus  der  erde  oder  so  genannte  Irrwische.  Felsenburg 
3,  232 ;  führte  mich  ein  Irrwisch  in  das  wasser.  Ciih.  Weise 
erzn.  207;  es  ist  dem  Volksglauben  nach  ein  ruheloses  gesik-nst: 
damit  sie  nicht  zu  einer  wiesenhüpferin  oder  irrwisch  der- 
maleinst werden  müsse,   mdgdelob  40; 

nein,  Kuiiz,  nein  sag  ich!  nimmermehr! 

ein  irrwisch  ist  kein  wütend  beer. 

ich,  ohne,  Kunz,  dich  dumm  zu  nennen, 

musz  die  et-'spensler  besser  kennen.     Gelleht  1,275. 

in  übertratjener  anwendung:  und  sehen  nicht,  wie  sie  on  wort 
des  holzwegcs  faren,  lassen  sich  eitel  irrwisch  verfüren. 
Luther  C,  171';  als  er  in  einer  Stadt  viel  bierwisch  oder  bier- 
häuser  sähe,  sagt  er:  disz  sein  irrwische,  die  verführen  die 
leut  am  hellen  mitlag,  und  lassen  sie  vormilternacht  nicht 
wider  heimkommen.  Zinkcrek  apophth.  1,385;  jeniehr  einer  von 
einem  ding  disputiert,  je  mehr  irrwisch  aufwischen.  Lehhan.n 
151  ;  schöne  weiber  scind  irrwisch,  verführen  die  leut  am  tag. 
1G9;  lange  hatte  sich  Faust  mit  den  Seifenblasen  der  meta- 
physik,  mit  den  irrwischen  der  moral  .  .  herumgeschlagen. 
Rlincer  3,3;  es  leuchten  mir  in  diesen  langen  nüchten  ganz 
sondcrlrare  lichter ;  ich  hoflfe  es  sollen  keine  irrwische  sein. 
Göthe  an  Schiller  l,  271 ;  diese  halle  ein  paar  äugen ,  wie 
zween  irrwische.  Simpl.  1,131  Kurz;  sie  warf  ihre  beiden 
irrwische  von  äugen  in  die  höhe.  ThCmmel  3,156; 

nein,  also  hat  sich  noch  die  Wahrheit  nicht  verdunkelt, 
dasz  nicht  ihr  reiner  strahl  durch  dampf  und  nehel  funkelt: 
so  schwach  ihr  glänz  auch  ist,  kein  irrwisch  bleibt  vor  ihr. 
Haller  scliwvi:.  ijmt.  (1708)  129; 

bezeichnung  eines  unruhigen  menschen :  du  irrwisch !  Felsenb. 
3,201;  ein  junger  mensch  .  .  sehr  vagabond  und  ein  flüch- 
tiger irrwisch.  gespenst  219.  —  irrwisch  ist  auch  eine  arl  von 
feuerucrkskörpcrn. 

IRRWISCHDüNST,  vi. : 

der  mcnsclien  lehr  und  kunsi 

bleibt  ewig  irrwischdunsl.    Mattuissok  ged.  207. 

IRRWISCHSCHEIN,  n».. 

{kliuilinijc)  die  des  dünkels  irrwischschein 

zieht  in  sumpf  und  pfui  hinein.     Stolberu  1,  IS3; 

0  ihr  beglückten  thiere! 
euch  quält  kein  zweifei,  täuscht  kein  irrwischscheiii. 

Falk  der  mensch  und  die  hctdcn  (179H)  s.  44. 

IRRWISCHTANZ,  m..- 

im  dunkeln  uferschilfe 

weht  leichter  irrwischtanz.    Matthisson  ged.  139. 

IRRWISCHVOLL,  adj. : 

der  alte  meistcr  drohen  hat 

ein  lichtlein  mir  gegeben, 

(las  mir  erhellt  den  dunklen  pfad 

im  irrwischvollen  leben.    Armut  ijed.  (1860)  355. 

IHKZIEL,  »1.  .•  sobald  man  sich  nur  vom  irrziele  umkehrt, 
so  wird  der  kleinste  umgewandle  schritt  ein  doppeller  gegen 
das  rechte  ziel.  J.  I'aul  nachdavim.  ss. 

IRRZWEIFLICH ,  adj.  dubius:  etliche  irrzwcifliche  fragen 
und  fall.  Haltaus   104t  (ton   1041). 

IRTE,  /■.  hdußg  geschrieben  für  ürte,  s.  d.,  in  der  bedeutung 

l)  uirtsrechnung ,  zeche:  symbolum  irten  Diek.  534';  wanns 
nur  alles  wol  bestellt  ist,  das  wann  der  wirt  einen  die  erst 
Steg  hinundcr  wirft,  ein  onderer  ihn  tlugs  die  ander  auch 
hinab  losz,  und  der  hauszkiiccht  ihn  gar  zur  thür  hinausz 
stüsz.  hei,  also  verdient  man  die  irrten.  Garg.  97*;  hieher 
fraw  Wirtin,  trinkt  eins  für  ewer  irrlin.  95';  da  wir  nun  bei- 
derseits, mann  und  pferde,  wol  gefütcrl  hatten,  zogen  wir 
also  ungeinachlcr  irten  dd\oü  (ohne  die  zeche  :<:  ■,i.i.-„\  |'„||. 
ander  3,  604 ; 

lauf,  gang  gen  Roupari  lu  dem  wiri, 
dem  du  uil  lalco  kundst  die  iri. 

FiscMART  dicht.  1,11,1500  hm  i 


2181 


IRTE  — ISER 


ISOP  — ITRÜCK 


2182 


sftrichwörllich:  die  zecli  vor  der  yrtben  machen,  oder  an  den 
Wirt  rechnen.  Fbami  spriclite.  1,3';  ich  hatte  .  .  die  irten 
gemacht  ohne  den  wirt.  Piiilander  2,195;  die  irte  bezahlen, 
etwas  ausbaden,  für  etwas  haßcn  müssen : 

die  inen  hat  er  (Christus)  selbs  bezalt  am  krüu. 

N.  Manuel  fasln,  sp.  39S  Giündsen. 

2)  auch  das  zechen,  trinkgelage:  löschte  darneben  aus  desz 
wirths  schenkgelte  meinen  durst  so  redlich,  als  wann  ich  so 
wol  als  ein  anderer  in  der  irrten  oder  zech  gesessen  wäre. 
SimjA.  3,346  Kurz; 

der  eisenbeiszer  kenn  ich  mere 
die  krenigklich  ein  ganzes  höre 
bei  ainer  inen  bond  erschlagen 
und  ward  kaiii  todter  nie  hintragen. 

Mt'R:<EH  sclielmenz.  (Halle  178S)  s.  25. 

spottend  von  einein,  der  eine  schlackt  verloren: 

das  ward  Bide  verwiszen 

dasz  er  ain  irten  het  gmacht  .  .  . 

bruder  Veit  wolt  im  nit  borgen, 

das  zalt  der  stier  von  Ur.    Uhlasd  volksl.  47S  (r.  1515). 

3)  irte,  ein  masz:  so  dasz  er  .  .  in  einen  ansehnlichen 
keller  gelangle ,  zu  dessen  beiden  seilen  er  grosze  fässer 
liegen  sah.  der  Sonnenstrahl  llel  durch  die  ritzen,  er  konnte 
deutlich  achtzehn  gefäsze  zählen,  deren  jedes  ihm  däuchte 
fünfzig  irten  zu  hallen.  Grimm  deutsche  sagen  1,  no.  15  {aus 
Tirol),  doch  heisU  hier  ein  weinmasz  irn ,  ürn  (Fbommass 
ti,  15S),  ffie  in  Kärnten  ürn,  irn,  54  masz  haltend  (Le.\er  24S), 
mhd.  ürn,  irm  (Lexer  ich.  2, 2010),  tras  auf  lat.  urna  zurück- 
geführt wird;  so  dasz  irten  in  der  oben  angezogenen  stelle  auf 
einem  misverständnis  beruhen  kann.  bair.  tcar  die  ürten  salz 
eitie  gewisse  anzahl  salzscheiben.  Schm.  1,  153  Fromm,  vergl. 
auch  orte. 

IRTEN  GESELL,  vi.  der  gesell,  der  ankommenden  wander- 
handwerkern  von  zunß  wegen  den  Willkomm  reicht.  Scan.  1, 153 
Fromm.    Jacobsson   6,  167. 

IRTENMEISTEH,  «j.  der  handwerkswirt,  welcher  den  ankom- 
ntenden  gesellen  den  Willkomm  reicht.  Jacobsson  a.  a.  o.  in  Basel 
war  irlenineister  der  vorgesetzte  einer  zunß,  der  das  speise-  und 
trankwesen  auf  der  zunßstube  zu  beaufsichtigen  hatte. 

IS.\BELLE,  f  l)  ross  von  isabellen  färbe :  wie  fürst  Hechel- 
krain  .  .  plötzlich  eines  tages  in  einem  rothlackirten  wagen 
mit  sechs  isabellen  bespannt,  ankommen  . .  werde.  Immermann 
Münchh.  1,  C9. 

2)  eine  schneckenart,  cyprea  isabella.  Nemsich  2, 1349. 

ISäBELLENFARB,  adj.: 

er  schwor,  der  neu  gefallne  schnee 
sei  isabelleiirarli,  an  meine  baut  gehalten. 

WiELATSD  4,156  (n.  Amadis  7,16). 

ISABELLENF.\RBE,  ISABELLFARBE,  /■.  huiellae  color,  eine 
weiszgeWe,  jedoch  mehr  gelbe  als  weisze  färbe.  Kemsich  3,253. 
franz.  isabeile  (seit  dem  17.  jahrh.)  Littb^  2, 159",  wo  {nach 
älterem  vorgange)  die  entstehung  des  ausdrucks  in  Zusammenhang 
mit  einer  sage  von  der  erzherzogin  Isabelle,  tochter  Philipps  II, 
regentin  der  Kederlande  gebracht  wird,  die  nach  der  belagerung 
von  Ostende  (1601-1604)  gelobt  habe,  ilir  hemd  vor  einem  siege 
ihres  gemahls  nicht  mehr  zu  wechseln. 

ISABELLENFARBE.N,  ISABELLFARBEN,  adj.  Jacobsson 
6,  16S'. 

ISABELLENFARBIG,  ISABELLFARBIG,  adj.    ebenda. 

IS.\BELLHOLZ,  n.  das  holz  vom  roten  lorberbaum,  laurus 
borbonia.    ebenda. 

ISABELLPFERD,  n.  pferd  von  isabellen  färbe:  die  quasten 
an  den  köpfen  der  isabellpferde.  Göthe  24, 294. 

ISEGRLM.M,  ISENGRI.M.M,  n».  der  name  des  wolfes  in  der 
thierfabel,  als  bauernname  verwendet,  vgl.  Eisengrein  th.  3,370; 
bei  Stei.nbach  1,  643  eisengrimm  (ein  verdrüsziicher  mensch) 
homo  difficillima  natura  als  vox  plebeja;  noch  jetzt  in  Mittel- 
sachsen :  er  ist  ein  rechter  isegrimin ,  ein  wahrer  isegrimm, 
et«  höchst  mürrischer  mensch,  auch  name  einer  tuchart:  tuch 
das  man  nennet  ysengryn.  Monk  zeitschr.  9, 14S  {ib.  jahrh.).  — 
Das  niederd.  adj.  ilsegrimsch,  isegrirasch  heiszt  grimmig,  wUd, 
besonders  vom  blick.    Schambach  90'.  • 

ISEL,  f  asche,  aschenslaub,  für  üsel  (s.  d.) :  iselen,  erloschen 
funken,  favilla  Dasvp.,  Schottel  1341.  im  Tirolischen  ist  isel 
auskehricht,  unrat.  Fbomm.  6,15%;  in  der  Wetlerau  issel  funken 
von  der  bäckerasche.  SciiM.  1, 165  Fromm. 

ISER ,  f.  salmo  thymallus ,  vielleicht  nach  der  aschenfarbe : 
die  asche,  äsche  oder  iser  ...  ist  ein  fisch,  der  fast  die 
gestalt,  den  geschmack  und  die  natur  der  forelle  hat.  Heppe 
jagdlust  3,246. 


ISOP,  m.  hyssopus;  mhd.  isope,  is6p,  ispe.  die  bibelsprache 
verwendet  die  volle  form :  si  nämen  einen  badeswamp  vol 
ejjiges,  mit  ysopen  si  uminewanten  en  und  reicheten  sinent 
munde.  Behaims  ev.-buch,  Joh.  19,29;  und  sol  zum  sündopfer 
für  das  haus  ncmen  zween  vogel ,  cedern  holz ,  und  rosin- 
farbe  wolle  und  isop.  Luther  3  Mos.  14,49;  entsündige  mich 
mit  isopen,  das  ich  rein  werde,  ps.  51,9;  wogegen  die  volks- 
mäszige  spräche  veränderte  formen  hat:  isp,  ispe,  ispen  Scum. 
1,  16S  Fromm.;  vgl.  auch  eisop  «»id  eisevvig  eben  theil  3, 3S0. 
377,  und  hispe  4*,  1579.  verwandte  pflanzen  heiszen  gleichfalls 
isop,  so  teucrium  pseudohyssopus.  Nemmch;  satureia  hortensis 
isop,  wilder  isop,  gartenisop  ebenda;  origanus  agrestis  garten- 
eisop,  saturei,  zwibeleisop  Alberls  FF  1*.  vgl.  auch  kirchisop, 
klosterisop. 

ISOPSTRAL'CH,  m.: 

nun  sprenge  mich  mit  isopsträuchen  an, 
auf  dasz  ich  mag  also  entsündigt  werden. 

Upiiz  p.^atmeH  s.  99. 

ISOPWEIN,  m.  hyssopttes.  Stieler  2477. 
ISPERLING,  »1.  alauda  trivialis.   Nemnich. 
ISSERLING,  m.  molacilla  modularis,  braungefleckte  grasmücke. 
ebenda. 

IST,  s.  unter  sein. 

IST,  als  subst.  neutr.  in  mystischer  spräche:  darbei  anzaigt, 
das  er  {golt)  aller  wesen  ist  und  wesen  ist.  S.  Frank  parad.  2*; 
der  allain  ist,  und  alles  ist,  ja  aller  ist  ist.  ebenda;  darumb 
ist  got  allein  der,  der  aller  wesen  wesen,  und  aller  ist  ist, 
ist.  2' ;  vgl.  mhd. :  daj  wort  ich  meinet  die  istikeit  gotlicher 
wärheit ,  wand  ej  ist  ein  bewisunge  eins  istes.  Meister 
Eckart  163,6.  —  In  der  heutigen  kaufmännischen  spräche:  das 
ist  der  einnähme  entspricht  nicht  dem  soll. 

ISTEINNAHME,  f.  wirkliche  einnähme,  im  gegensatz  zur  Soll- 
einnahme. 

ISTEN,  verb.  auf  die  endung  -ist  ausgehen;  von  Lessinc 
gewagte  bildung: 

allen  narren,  die  sich  isten, 

zum  exempel  pietisten, 

zum  exempel  atbeisten, 

zum  exempel  rabulisten, 

operisten  und  chymisten  ...    1,  77. 

ISTIGKEIT,  f.  Wirklichkeit,  Wesenheit,  mhd.  istikeit,  vgl.  die 
stelle  unter  ist;  nbd.  von  Arndt  wieder  gebildet: 

trotze  nicht  auf  deine  istigkeit, 
auf  deinen  stolzen  festen  sinn, 
der  teufel  hat  grosze  listigkeit, 
und  äfft  die  klügsten  her  und  bin.     Arndt  (1S60)  663. 

ITAX,  m.  n.  ?  name  eines  bieres.    Garg.  59'.  97*. 

ITEM,  diese  lateinische  parlikel  wird  in  deutschen  schrißen  seü 
dem  14.  jahrh.  zur  anknüpfung  eines  satzes  an  den  vorhergehenden 
vielfach  verwendet;  belege  ungemein  zahlreich,  vgl.  z.b.  d.  städte- 
chroniken  1, 2S.  29.  Tücher  baumeisterb.  UO  ff.  Luther  5,301*. 
ScHUPPius  24  u.  j.  w. ;  namentlich  auch  bei  anreihung  eines  postens 
an  den  vorhergehenden  in  einer  rechnung:  setzte  diese  rechnung 
auf:  erstlich,  dem  professori  eloquentiae  für  seine  Informa- 
tion, zwei  reichsthl.  item ,  für  feder  und  dinte ,  4  reichsthl. 
item  dem  medico  der  mich  curirt  hat  . .  2  reichsthl.  29.  in 
der  neuern  spräche  nur  noch  in  vertraulicher  oder  derber  rede, 
als  ßllwort :  ich  liebe  hübsches  fleisch ,  aber  zu  viel  ist  zu 
viel,  und  die  bewegung  ist  der  materie  so  wesentlich,  item, 
sie  ist  boshafter,  eingebildeter,  dümmer  als  eine  gans;  item 
sie  will  witz  haben ;  item  man  musz  ihr  versichern ,  dasz 
man  überzeugt  ist,  sie  habe  mehr  als  jemand;  item  das 
weisz  nichts ,  und  entscheidet  auch ;  item  man  musz  diese 
entscheidungen  beklatschen.  Göthe  36,66;  Friedr.  da  wird  ein 
schönes  impromptu  zusammen  gehext  werden  I  Altenst.  item, 
es  geht!  11, 58;  item,  es  gibt  dinge,  ob  sie  gut  oder  bOs 
sind,  kann  erst  das  ende  lehren.  Hebel  2, 17S.  als  Substantiv: 
aber  gewisz  Ihun  auch  jene  angeführten  items  ihr  groszes. 
Arndt  leben  "4;  bei  dir  kann  ich  wenigstens  7  stunden  {reise) 
berechnen ,  4  stunden  mehr,  macht  hin  und  her  8  stunden, 
ja,  freund,  das  macht  ein  item,  es  schöns  taglöhnli,  ver- 
bessert den  tarif  beträchtlich.  J.  Gotthelf  schuldenb.  327. 

Das  französische  verwendet  item  seil  dem  15.  jahrh.  ganz  gleich 
mit  dem  deutschen,  vgl.  Littre  2, 162*. 

ITLICH,  pron.  jeder,  ßr  ietlich  sp.  2043:  ein  itlicher  rate 
in  den  vorgenanten  vier  steten,  d.  slddtechron.  l,  241, 9.  vgl. 
auch  itslich. 

ITRUCK,  ITRUCK,  m.  das  uiderkäuen,  das  widergekaute  und 
der  Schlund   der   widerkauenden   Ihiere;   vgl.   nachher  itrückeo. 

137* 


2183 


ITRÜCK  — ITRCCKEN 


ITSLICII  — ITZI 


2184 


mhd.  iteroilie  (fem.)  Schlund  Lexer  wb.  1, 1463;  in  der  Welierau 
der  irrfiicli  (d.i.  idericli)  das  triderkäuen ,  dann  auch  scherz- 
weise der  atem;  gewöhnlich  umgedeutet  zu  indrug,  indruck: 
rumen  ,  frumen  indrug  voc.  opt.  10,  36 ;  rumen  iiidnuk  Schm. 
2,48  Fromm.;  wann  sie  (die  külu:)  den  inndiiuk  verlieren, 
das  ist ,  wann  sie  nicht  wiederkäuen ,  so  nimm  von  einem 
scbaf  oder  einer  andern  kulie  den  inndruck ,  das  ist ,  das 
gaste  (das  halbverdaute  futlcr)  so  sie  im  maul  behalten  und 
gieb  ihnen  das  im  brod.  HoiinERC  2,282*. 

ITHL'CKEN,  verb.  ividcrkducn,  ahd.  ita-rucchan,  et-ruchan, 
ags.  ed-recan  (vcrgl.  ags.  rorettan  rfdpscn),  mhd.  iterücken, 
itrücken;  ruminare  yderichen,  itt(Miciien,  ederichin,  hederickcn, 
idricken  Dief.  503*;  ein  landschaßlich  weit  verbreitetes  tvort: 
darunib  ist  ein  ochsz  ein  zweideuwig  thier,  douwet  in  dem 
magen  die  speisz  und  auch  in  dem  maul ;  das  ist  denn,  so 
er  mit  dem  maul  also  mewet,  in  Schwaben  sprichel  man 
ydrigfcn.  Keisersberg  Sünden  d.  m.  "';  sie  (rfie  ochsen)  sollen 
vast  fressig  sein,  und  doch  nit  bald  verüdrichen,  dann  die 
selben  verdawen  am  besten.  M.Herh  (Straszb.  153s)  W.  63*; 
heule    voch   bairisch   ilrucken    Sch«.  1,  170  Fromm.;    in    Tirol 


ilritliin  und  itern  Fromm.  6,  158;  in  der  Ileamtn-mundart 
iritruckchen  331;  in  Kärnten  iterachen  Lexer  150;  am  AVcAcir 
irrüchen;  in  der  Eifel  idrigen.  Fromm.  6,15;  rheinisch  und  in 
der  Wetterau  itrüchen,  itrichen ,  idrichen,  iterichen,  ireriiiieu 
Keiirein  209;  schlesisch,  im  Gldzer  gebirge,  idrocka.  Fhümm. 
4, 173.  umgedeutet  ist  indruckcn  ruminare,  eintrucken  Schm. 
2,48  Fromm. 

ITSLICH,  ITZLICU,  pron.  jeder,  aus  dem  mhd.  icteslich, 
vcrgl.  unter  ietlich  sp.  2043:  ein  itzlicher  christlicher  Icser. 
J.  Jonas  bei  Luther  6,  450*;  zuvermeiden  hurerei,  hab  ein 
itzlicher  sein  eigen  ciicweib.  452* ;  itzlicher  was  uf  etwas  gut 
(verstand  sich  auf  etwas).  Hütten  5,188  Manch;  es  will  ja  ein 
ytzlicher  noch  seins  solds  gewisz  sein.  Ickelsamer  dag  etlicher 
bri^tder  a  4* ; 

du  wolst  tilgen  und  auszroltoii  .  . 

all  lügen  ketzrci  und  irrtumb 

iu  einem  itslichen  bistumb ! 

ScuADB  sal.  u.  pasqu.  1,  52,  142. 

ITZ,  ITZO,  ITZT,  ITZUND  u.  ähnl.  s.  jetzt,  jetzo,  jelzund. 
ITZI,  ausdruck  des  niesens.  Götter  3,  261. 


2185 


2186 


J. 


i 


Während  das  gothisehe  aiphabet  ßr  den  halbvocal  j  an  15.  stelle 
ein  eigenes  zeichen  geschaffen  halte,  drückten  noch  die  nel  späteren 
ober-  und  niederdeutschen,  smiie  nordischen  handschripen,  die  das 
lateinische  aiphabet  angenotnnien ,  nach  dessen  brauche  j  durch  i 
mit  aus,  soweit  sie  nicht  auch  g  daßr  verwendeten,  erst  seit 
dem  15.  Jahrhundert  läszt  sich  der  gebrauch  eines  eigenen  buch- 
slabs  für  den  halbvocal  in  den  anfangen  nachweisen,  und  zwar 
zunächst  nur  für  die  minuskelschrift.  die  entuickelung  jedoch 
dieses  buchslabs  fällt  viel  früher,  gehört  bereits  der  minuta  erecta 
des  9.  oder  10.  Jahrhunderts  an,  und  vollzieht  sich,  indem  im 
yegensatz  zu  dem  ein  wort  anfangenden  vocal  i,  den  man  hoch 
hinauf  zu  ziehen  liebte,  ein  schlieszendes  i,  wen?»  es  in  der  Ver- 
bindung ii  {als  üortendung  oder  auch  als  Zahlzeichen)  stand,  vom 
schreibenden  etwas  herunter  gezogen  ward;  wobei  aber  selbstver- 
ständlich der  lautwerl  des  Zeichens  sich  nicht  änderte. 

Von  den  allen  grammatikern  halte  namentlich  Priscian  (1, 1" 
Herz)  hervorgehoben,  dasz  die  beiden  zeichen  i  utid  n,  obwol  man 
sie  je  nur  mit  einem  namen  benenne  und  unter  einer  ßgur  dar- 
stelle, doch  sowol  vocale  als  consonanten  ausdrückten  und  also 
verschiedenen  wert  hätten,  die  deutsche  grammatik,  die  sich  seit 
dem  16.  jahrh.  nach  dem  vorbilde  der  alten  entwickelte,  betonte 
daher  gleichfalls  die  doppelte  natur,  namentlich  des  i,  so  schon 
IcKELSAMER :  das  i  vorm  a,  e,  o,  u,  für  ein  g,  hie  umb  der 
behenden  zusamenlaufung  willen  der  vocalen,  lautet  es  vast 
aJs  sei  dg  i  ein  g.  Liij',  und  ebenso  spätere  (Ölinger  1573 
s.  14. 15.  Cläjcs  15TS  s.  2-5).  der  letztere  namentlich  dringt  a.  a.  o. 
darauf  für  den  halbvocal  das  zeichen  j  regelmäszig  zu  verwenden, 
eine  solche  Verwendung  ist  allerdings  schon  viel  früher  vorhanden, 
aber  es  dauert  lange,  bis  sie  zur  regelmäszigkeit  durchdringt, 
denn  wenn  sie  auch  schon  die  drucke  seit  dem  ende  des  15.  jahrh. 
zeigen  {das  narrenschiff  gibt  jagen,  Jäger,  jamer,  juchtzet,  juden- 
spyesr  «.  a.,  Keisersbergs  bügerschaß  von  1512  dagegen  noch 
loch,  iugent,  die  langen  kind  u.  a.),  so  verwenden  sie  doch  auch 
willkürlich  j  ßir  anlautendes  i,  namentlich  in  einer  reihe  prono- 
minaler oder  praepositionaler  bildungen,  in  denen  es  dann  durch 
das  ganze  16.  jahrh.  bleibt:  bei  Brast  jm  ihm,  jn  »An,  jr  ihr, 
jn  in,  jnhar  einher,  jch  neben  ich;  bei  Lctuer  jm  ihm,  jn  ihn, 
jr  ihr,  jrer  ihrer,  wogegen  immer  ich ,  in  in ,  daßr  aber  auch 
jtzt  ßr  letzt  jetzt,  jglich  für  ieglich  jegtich;  bei  S.  Fra.nk  jn  ihn 
gegen  in  in,  jm  ihm  gegen  im  im,  jr  ihr;  Fischart  jn,  jnen, 
jm,  jr,  jren,  auch  die  praep.  in  erscheint  gelegentlich  als  jnn; 
m  Zi.nkgrefs  apophthegmen  1626  und  1631  und  in  den  meisten 
büchern  um  diese  zeü  ist  durchgängig,  selbst  in  der  ausgäbe  von 
ScHüPPiüs  Schriften  1663,  hier  allerdings  nur  noch  gelegentlich, 
jhm,  jhn,  jhnen,  jhr  gedruckt,  diese  worte  als  letzte  zeugen  des 
unterschiedslosen  gebrauchs  von  i  und  j ;  im  letzten  viertel  des 
17.  jahrh.  ist  die  beregte  Schreibung  verschwunden. 

Im  gegensatz  zur  minuskel  ist  die  majuskel  spät  gebildet  worden, 
im  lateinischen  aiphabet  kaum  vor  dem  17.  jahrh.,  im  deutschen 
ist  sie  theilweise  auch  heute  noch  nicht  durchgedrungen,  so  dasz 
derselbe  grosze  buchstab  für  I  wie  für  J  gilt,  damit  in  zusam- 
menhange steht  der  in  Wörterbüchern  bis  ins  IS.  jahrh.  allgemein 
herschende,  aber  auch  jetzt  noch  nicht  ganz  aufgegebene  brauch, 
die  mit  J  anlautenden  deutsclien  Wörter  einfach  unter  I  einzu- 
ordnen. 

Für  das  neue  zeichen  wird  der  griechische  name  des  voeals 
angenommen.  Ulfilas  bereits  überträgt  Malth.  5,  Is  iärra  durch 
jöta ;  dann  aber  ist  der  name  ßr  lange  zeit  aus  dem  deutschen 
wieder  verschwunden ,  so  dasz  er  in  der  beregten  bibelstelle  z.  b. 
weder  in  Behaims  ecangelienbuche ,  noch  bei  Lctuer  erscheint, 
welcher  deutsche  grammatiker  den  namen  aus  dem  griechischen 
aufs  neue  ßir  den  halbvocal  entlehnt,  ist  noch  zu  ermitteln,  bei 
ScuoTTEL  ist  er  vollkommen  eingebürgert:  wann  das  i  im  an- 
fange der  Wörter  wird  gefunden,  also,  dasz  ein  seihlautender 
drauf  folget,  alsdann  wird  es  also  j,  geschrieben,  und  hat 
die  Wirkung  eines  jods,  als  jähr,  joch,  jemand,  haubtspr.  213. 
Stieler  kurze  lehrschrift  von  d.  hocht.  sprachk.  s.  5  schreibt  jot. 

Das  anlautende  j  erweiterte  sein  gebiet  dadurch,  dasz  ihm  eine 
anzahl  ursprünglicher  g,    zunächst  in  der  ausspräche,   theüweite 


auch  in  der  Schreibung  zufielen,  wie  theil  4^,1107-1109  hervor- 
gehoben ist.  belege  für  diese  Schreibung  bieten  neben  mittel- 
deutschen quellen  in  Oberdeutschland  namentlich  die  Nürnberger 
{vgl.  Weishoid  bair.  gramm.  s.  197)  und  noch  bei  H.Sachs: 

weil  nu  disz  kindelein  ist  worn 

in  unser  jagenwart  (gegenicari)  gebom.    3,2,24*; 

die  moderne  Schriftsprache  hat  von  diesem  gebrauche  noch  die 
Schreibung  jäh,  jach,  neben  gäh,  gach  behalten,  femer  die  kose- 
form  des  eigennamens  Georg  als  Jörg,  Jörge,  toe  schon  im 
16.  jahrh.:  ellich  schreiben  Jörg  {ßr  Georg).  Helber  teutsch. 
syllabierbüchl.  (1593)  s.  12 ;  auszerdem  das  mehr  mundartlich- 
niederdeutsche japT^en  schnappen,  das  zu  gaffen  {theil  4',  1136) 
gehört;  im  is.  jahrh.  schreiben  norddeutsche  schriftsteiler  auch 
noch  Jahnen ;  ebenso  begegnet  jeck ,  jäck  (Frisch  1, 4SI')  ßr 
geck,  vgl.  unten  s.  v.  jeck;  dagegen  ist  mundartlich  echtes  j  in 
g  übergegangen  (4*,  1109),  und  auch  hiervon  hat  die  Schriftsprache 
proben,  so  in  gäten  /lir  ursprüngliches  jäten;  gären  für  jären, 
welche  letztere  Schreibung  Stieler  noch  bringt  aber  verwirft;  in 
gäscht  und  gischt,  während  das  landschaftliche  {oberdeutsche) 
jast  seinen  ursprünglichen  laut  bewahrt;  im  IS.  jh.  schrieb  man 
noch  das  richtige  jauner  ßir  heutiges  gauner;  wogegen  wieder 
das  zu  dieser  zeü  erscheinende  gauche  für  jauche  heute  ver- 
schwunden ist. 

Anlautendes  j  trar  ahd.  in  jämar  jammer,  jener  jener  land- 
schaftlich abgefallen  (dmar,  Cner  alemannisch),  was  auch  noch 
mhd.  sich  findet;  heute  bietet  der  alemannische  dialekt  nur  noch 
änen,  äne,  änet  für  mhd.  jSnent  jenseits,  als  fortsetzung  des 
zu  dieser  zeit  schon  hier  getcöhnlidien  enent,  ennent,  vgl.  th.  3, 
sp.  46S,  wo  auch  ein  alem.  ens  ßr  jenes  aus  deni  15.  jahrh. 
belegt  ist ;  der  bairische  dialekt  enhalb,  jenseits,  ferner  ent  jenseits, 
in  manichfaclien  Zusammensetzungen  und  Weiterbildungen  bewahrt 
(ScHM.  1,92  fromm.);  wozu  noch  böhmerwäldisches  o^<rjo  =  ja 
kommt  {sp.  1197).  die  Schriftsprache  hat  keine  wortformen  mit 
gewichenem  anlautenden  j. 

Dagegen  ist  in  der  neuern  spriftsprache  die  Verbindung  je  aus 
ehemaligem  ie  geworden  in  je,  jeder,  jeglich,  jemand,  jetzt 
«.  ähni,  an  den  betreffenden  stellen  wird  untersucht,  seit  welcher 
zeit,  immer,  mhd.  iemer  hat  sich  von  dieser  gruppe  getrennt, 
indem  es  den  ursprünglichen  diphthongen  vocalisch  verkürzte,  der 
consonantierung  des  j  in  diesen  fällen  steht  zur  seile,  wenn  das 
fremde  hyacinthus,  mit  vertust  des  anlautes,  ahd.  mhd.  als 
jdchant,  jachant,  jochant  herübergenommen  wird,  oder  mit  mehr 
anlehnung  an  die  fremde  form,  jacinct  (Dief.  2S2'),  jacink  {voc. 
ine.  theut.  k7'),  jacinth  (Maaler  233*)  lautet,  oder  in  gleicher 
weise  der  stadtname  Hierosoiyma  zu  Jerusalem  sich  gestaltet. 

Das  inlautende  j  mochte  in  alter  zeit  einen  vocalischeren  klang 
haben  als  das  anlautende,  beweis  daßir  ist,  dasz  es  vielfach  neben 
i  auch  durch  e  gegeben  u-ird,  vgl.  ahd.  suntea,  peccata,  gen.  plur. 
sunte6n6,  dat.  sunteöm  peccatis,  minneot  amat  neben  ininnia 
Caritas,  redea  ratio  und  radia,  redia,  dem  goth.  ra|>jü  ent- 
sprechend; eben  so  alls.  heleand  heiland  neben  heliand,  mionea 
und  minnia,  hellea  und  hellia  hülle  und  reichliche  andere  bei- 
spiele,  ags.  seltener  meceas  die  Schwerter,  secean  suchen  {goth. 
siikjan),  jjeccean  brennen,  während  hier  öfter  auch  inlautendes 
j  durch  g  gegeben  wird,  z.  b.  in  nergan  neben  nerian  und  nerean 
retten,  vergan  neben  verian  vertheidigen.  am  häufigsten  freilich 
ist  es,  namentlich  im  ahd.,  seit  dem  9.  jahrh.  inlautend  gewichen, 
theils  einfach  verschwunden,  wo  schon  consonantenrerbindung  be- 
stand {wie  goth.  sandjan  ahd.  sentan,  senten),  theils  dem  vorher- 
gehenden vocal  assimiliert  {goth.  bausjan,  ahd.  horran);  im  mhd. 
bestellt  inlautendes  j  noch  nach  langem  vocale,  wie  in  früeje  früh, 
vgl.  alid.  {rüo]a  praecoquae  {uvae) ;  blüejen,  uAJ.  bluojan,  bluojen; 
majen  mähen;  na-jen  nähen,  ahd.  näjo  sareio;  müeje  mühe, 
müejen  mühen;  drtejen  drehen,  alul.  dr^jo  torno  u.  a.,  woßr 
doch  auch,  und  zwar  schon  seil  ahd.  zeit,  formen  ohne  j  in 
gebrauch  sind,  und  je  später,  desto  allgemeiner  werden;  das  j 
in  diesen  formen  hat  sich  im  nhd.  in  h  umgesetzt,  vgl.  darüber 
oben  sp.  4.  aber  der  alemannische  dialekt  hält  zum  theil  noch 
an   dem  alten  laute,   so  namentlich  in  früeje,   blüeje  {blühen), 


2187 


J— JA 


JA 


2188 


während  in  ncie  nähen,  dipie  dreh'n,  int'ic  muhen  rncalisierung 
des  j  und  damit  Schaffung  eines  diphthomjen  emgelrelcn  isl,  soweit 
nicht  auch  hier  das  elsdssische  formen  wie  nüije  nähen ,  luäije 
mähen  u.  a.  beuvhrt  hat  (vgl.  Weiniioi.d  alcm.  granitn.  s.  l'J2). 
im  bairiscJien  spnchgebietc  hält  die  Tiroler  und  Kärntner  mundart 
jenes']  besonders  fest:  dräjpn,  niäjen,  näjen,  blücjeii  (bair. 
gramtn.  l'J").  immerhin  ist,  wenigstens  im  aletnannischen ,  die 
ausspräche  eine  dem  vocale  sehr  nahe,  daher  auch  Hebel  voca- 
lische  schrvüiung  durchführt  : 

iicn  sie  mi  nit  verstochen,  und  in  der  büttene  brüeihct? 

1,  US? 
wer  e  rücihig  gwüsse  het, 
schlof  sanft  und  wohl  l     157. 

Welche  Wirkungen  ein  solches  früher  vorhandenes  inlautendes  j, 
gleich  dem  i,  auf  einen  i/im  vorhergehenden  vocal  äuszert,  lehrt 
die  grammatik. 

Unechte  inlautende  j ,  die  /Vir  g  stehen ,  zeigen  quellen  friiher 
Jahrhunderte  nicht  unhäufig,  wie  4',  sji.  1107  ausgeführt  wird; 
der  späteren  geschlossenen  Schriftsprache  sind  sie  fremd,  wenn 
auch  niedird.  und  milleld.  mundarten  die  palatale  ausspräche  des 
g  nicht  aufgegeben  haben. 

Auslautendes  j  ist  überhaupt  im  deutschen  niemals  geduldet 
worden ;  es  gieng  in  den  ihm  nächst  liegenden  vocal  i  über,  der 
bald  Schwächung  zu  e  erfuhr,  auch  später  ganz  abfiel,  im  nhd. 
zeigen  veraltete  formen  wie  belle,  netze,  ahd.  petti,  netzi  noch 
den  alten  ausläufer  dieses  j.  dasz  der  alemannische  dialekt  selbst 
im  au.<:laut  j  duldet,  in  Wörtern  wie  bliiej ,  briiej ,  fiüej ,  rüej, 
verzeichnet  Weiniioi.d  a.  a.  o.,  wozu  fälle  des  unechten  j  für  g 
treten,  wie  wenn  im  Elsas:  und  in  I^icderschwaben  wiij ,  kcnij, 
wenij ,  luslij,  berj,  Slroszburj  gesprochen  wird  {ebenda  s.  ISl). 
doch  hört  man  im  ersteren  falle,  wie  beim  inlautenden  j,  mehr 
vocalischen  laut,  früej  z.  b.  klingt  wie  friiei,  wie  auch  Hebel 
schreibt  : 

und  wenn  bis  frücili  der  tag  verwacht.    1,  137; 
vgl.  doch  ischs  mer,  sie  heigen  o  müeih  und  noth.    130. 

JA,  part.  affirmantis. 

A.  Form. 

goth.  ja  und  betheuernd  jai;  alts.  j;\;  ags.  ged  und  ja  (Leo 
ags.  gloss.  553)  rieten  dem  erweiterten  gese,  gyse,  woraus  sich 
engl,  yes  entwickelt  hat;  fries.  gt',  je;  altnord.  j5 ;  schwcd.  dän. 
ja  und  jo;  ahd.  ja;  mhd.  jA,  verstärkt  auch  a/s  jArä,  j arid  mit 
eingeschobenem  r  erscheinend  (Le.xek  handwörterb.  i,  \i'i2fg.); 
nhd.  wird  das  wort  theils  kurz  theils  lang  gesprochen,  lang  meist 
bei  nachdrücklicher  bejahung ;  dialekte  ändern  hier  nach  begriffs- 
unterschieden  den  vocal,  und  wie  beispielsweise  schweizerisch  ja 
kurze,  indifferente  Zustimmung,  ferner  zwcifcl,  frage  und  ausruf: 
ja,  jetzt  hätte  ich  es  bald  vergessen!  J.  Gotthelf  Uli  der 
knecht  54,  jö  aber  die  affirmation  mit  nachdruck  bezeichnet  und 
die  Verbindung  ja  ju  im  linne  des  schriftdeutschen  nun  ja  oder 
auch  ja  wol  sieht,  so  hat  im  oslfriesischen  nach  der  Schattierung 
der  bedeutung  sogar  eine  fünffache  Schattierung  des  vocals  statt: 
ja,  einfache  bejahung;  ja,  nachdenkliche  oder  nachdrückliche  be- 
släligung,  anzeige  der  dicnstbcrcUschaft ;  j6,  einwiltiyung ,  bei- 
pflichtung, geständnis,  hindeutung  auf  selbstverständliches  u.s.w.; 
jo  einschärfung,  jö  hinweisung  auf  die  bestdligung  des  selbstgcsagten 
durch  die  aussage  eines  andern.  Fromm.  4, 129.  vgl.  auch  unter 
je  und  jo. 

Dasz  die  partikel  ja  ein  vom  demonstrativstamme  ja  gebildetes 
ncutrum  sei,  wie  goth.  liva  was  vom  entsprectienden  fragstamme, 
und  also  eigentlich  ^dieses'  bedeute,  darauf  weist  IJopp  vergl. 
gramm.  2  (lS70)  s.  201  hin.  als  mit  ihr  identisch  müssen  wir  die 
eonjunction  anselwn ,  die  im  alts.  theils  als  ja  und  theils  als  ge 
{auch  in  der  Verschmelzung  jak  aus  ja  6k  und  auch),  im  ags. 
alt  ge,  und  auch  cinigemale  im  ahd.  als  ja  (MIIi.i.eniioff  «. 
SciiERER  442)  erscheint,  und  von  der  das  goth.  jah ,  ahd.  mhd. 
und  noch  nhd.  jah  und  juh  {s.  d.)  weitergebildet  ist. 

B.  Verwendung. 

I.  ja,  aU  eine  affirmationtpartikel,  ohne  enge  einßgung  in  den 
talztrrband. 

1)  zustimmende  antworl  auf  eine  frage,  behauptung  oder  for- 
derung  geben  wir  durch  einfachen  ja:  Thom.  ist  sie  zu  hause? 
Jery.  ja!   GfiTiiE   11,  14; 

'mcinentu  »07*  vrouwe,  ja.    Iwein  litOh. 

"  '■""•'  ■■  ':ii?en,  sprechen,  antworten:  da  sagt  der  mcisler 

1:    sich  das  hus  dar  gcgeiiiilter,    da  die  hohen 

I,  da  gang  yn  .  .  l'lenspicgnl  sagt  ja.  Ulensp.^i, 

t.  H«i  Lapfienb. ;   und  Jliesiis  sprach  zu  jnrn,    gU'ulit  ir,  dn» 

ich  euch  solch*  tbun  kan?  da  sprachen  sie  zu  im,  hcrr  ja. 


Matlh.  9,28;  er  antwortet  aber  und  sprach,  herr,  ja.  21,30; 
darnach  fragt  der  crzbischof  von  Colin  die  fürstrn,  ob  sie  im 
{dem  kaiser)  wollen  trew  und  geiiorsnm  sein,  darauf  sagten 
sie  ja.  nECMERER  fieire  thür.  chron.  (l60l)  4(54;  aber  wie  ist  es, 
iieiT  Anton,  haben  sie  mich  auch  noch  lieb?. .  wird  es  ihnen 
denn  so  sauer,  ja!  darauf  zu  sagen?  Gei.lert  3,338; 

er  sprach  ze  Lemberslinde  : 
weit  ir  Golclinde 

Glichen  ncnien,  s6  sprechet  ja.    Ilelmbrecht  1513; 
Faust.  i.st  jemand  hier?    Sorge,  die  (rage  fordert  ja! 

GöTUK  41,  314. 

ja  nicken,  lächeln,  wenn  entweder  die  partikel  mit  begleitendem 
nicken  oder  lächeln  gesprochen  oder  auch  nur  durch  solches  aut- 
gedrückt wird:  gern  oder  ungern  zu  allem  ja  zu  nicken. 
Wieland  25,172;  darauf  nickte  er  ja.    J.  Paul  leb.  Fibels  17; 

als  sti'ind  in  seiner  capello 

der  würdige  plalTe  schon  da 

und  fragte:  wollt  ihr  «inander? 

wir  aber  lächelten:  ja!     Göths  1,  104. 

ja  sprechen,  sagen,  fitr  zustimmen,  einwilligung  geben,  scUieszt 
sich  diesem  gebrauche  an :  die  unwissenden  heiszen  mich  ir 
Üecht,  und  gotl  spricht  ja  dazu,  es  sei  also.  Lutheh  5,176"; 
folge  mir  darinn,  heirathe  nicht,  ich  habe  dich  zu  lieb,  als 
dasz  icli  zu  deinem  Unglücke  ja  sagen  sollte.  Lessinc  1,343; 
zu  allem  ja  sagen,  in  alles  willigen; 

wenn  ich  denn  zu  einer  andern  kumm, 

so  pin  ich  auch  nit  gern  ain  stumm, 

und  clag  ir  liaimlich  meinn  geprechen, 

als  lang,  pis  sie  mir  ja  wiri  sprechen,    fastn.  .ip.  771,  20; 

(der  lidchsle)  spreche  ferner  ja  zu  unsern  hohen  Sachen. 

I'.   FleMIMC; 

und  treiben  sie  dich,  gegen  mich  zu  ziehn, 
so  sagst  du  ja,  und  bleibst  gefesselt  stelin. 

Schiller  Wutlensleins  tod  2,  1 ; 

dieses    leise  auftreten ,    dieses  schmiegen  und  biegen ,   diesz 
jasagen,  streicheln  und   schmeicheln.  Güthe  19, 167. 
2)  das  einfache  ja  wird  durch  beisätze  verstärkt. 

a)  indem   die  Zustimmung  noch  durch  einen  begleitenden  satz 
erläutert  wird : 

'weit  ir  alle?  taj  ich  wil?' 

ja,  michn  dunkcts  niht  ze  vil.    Iwcin  2292; 

schent  ir  nun  das  ich  euch  wor  gesagt  hab?  si  sprach,  ja, 
es  isl  also.  Keisersbebg  iiinrf.  rf.  m.  47';  da  hiesz  der  meisten 
Ulenspiegeln  die  scbennesser  schleifen.  Ulenspiegel  sprach: 
ja,  gern.  Ulensp.  74,  s.  uo  Lappenb. ;  und  sprach  zu  ir,  sitz 
nider,  trink  und  sei  frölich  . .  und  Judith  antwortet,  ja  herr, 
ich  wil  frölich  sein.  Sud.  12,  18;  Haguel  sprach  zu  inen,  kennet 
ir  Tobiam  meinen  brudcr?  sie  sprachen,  ja  wir  kennen  in 
wol.  Tob.  7,5;  Jhesus  spricht  zu  ir  .  .  gleubestu  das?  sie 
spricht  zu  im,  herr,  ja,  ich  gleube  das  du  bist  Christus. 
loh.  11,27;  Thomas,  ist  das  euer  haus?  üätcly.  ja,  da  wohn 
ich  mit  meinem  vater.  Göthe  11,16; 

lUo.  (die  menschen)  finden  sich  in  ein  verhasztes  müssen 

weit  besser  als  in  eine  bittre  wähl. 

Quetlenb.  ja,  das  ist  wahr!  die  wähl  spart  uns  der  fQr.«t. 

Schillkr  t'iccot.  1,  2; 

noiar.  ei,  sitzt  er  da? 

Eulensp.  dort  sitzt  er,  ja.    Kotzkbub  dram.  sp.  2,305. 

b)  mhd.    ward   statt  eines  solchen  erläuternden  satzes  nur  ein 
einführendes  pronomen  gesetzt,  weiteres  der  ergänzung  überlassen : 

dö  sprach  er:  lieijt  ir  l.ilnetc? 

si  sprach:  hcrre,  jü  ich.    IIarthamn  Iwein  4211; 

nu  gevellet  mir  din  rede  wol. 

'cnlriwcn  uiide  iiiot  si  stV?' 

ja  si  zwüre  also.     1.  bucht.  1172. 

auch  noch  nhd.:  Einsid.  ich  frage  nicht  hiernach,  sondern  ob 
du  das  vater  unser  kanst?  Simpl.  ja  ich.  Simpl.  l,3l  Kurz; 
und,  mit  bloszer  zußgung  eines  hilfsverbums:  Einsid.  hat  sie 
ihn  niemals  änderst  genennet?    Simpl.  ja,  sie  hat.  30. 

c)  anders  ist,  wenn  ein  schon  in  der  frage  ausdrücklich  hervor- 
gehobenes pronomen  in  der  antwort  aufgenommen  wird: 

mann,  so  wil  Ich  dir  dein  maul  zerschlagn. 

frau.    wem.  mir?    munn.  ja,  dir. 

fniii.    da  bhiit  dich  der  teufcl  dorror. 

munn.  schweig,  oder  ich  .ichmeisz  dich  ans  ohr. 

frau.    wen,  mich?    murin,  ja,  dich.     II.  Sachs  1,480'; 

oder  ein  anderer' s.itzlheil :   bist  du  immer  dieser  Überzeugung 

gewesen?   ja,  imiiicr; 

hat  die.iz  »ich  wirklich  zugetragen? 

'ja,  wirklich,   glaub  «i  auf  mein  wort.'    Gellirt  1,229; 

o</cr  «cnr»  in  nachdrücklicher  rede  ein  solches  Satzglied  sweimal 
getetzt  und  durch p  verbunden  wird:  dich,  ja  dicli  suchen  wir; 


2189 


JA 


JA 


2190 


doch  so  wai's  !    ja  so  !    Götuk  5,  203  , 

bevor  die  schuh  verbraucht, 
womit  sie  meiues  vaiers  leiche  folgt«, 
wie  Niobe,  ganz  thräuen  —  sie,  ja  sie ! 

Sliakesii.  Hamlet  1,  2; 
(those  shoes)  wiih  which  she  follow'd  mv  poor  fathei's  body, 
like  Niobe,  all  lears  —  why  she,  eveii  she. 

in  solchem  sinne  findet  sich  auch  die  pariikel  in  volksnidszigen 
liederslrophen  häufiij : 

von  im  kan  ich  uit  weichen,  ja  weichen.    Garg.  98'; 

es  ritt  ein  herr  und  auch  sein  knecht 

wol  über  die  helde,  die  was  schlecht, 

ja  schlecht.       Uuland  volksl.  207; 

ach  Venus,  du  vil  schönes  bilt ! 

wie  hast  du  mich  gebunden,  ja  gebunden? 

J.  Atbkh  412'  (2072,  5  Keller). 

d)  die  Partikel  uHrd  mehrfach  gesetzt,  entueder  zum  zeichen 
nachdrücklicher  bejahung : 

du  spricliest  ieraer  neinä  nein, 

neinä  neinä  neinä  nein: 
daj  bricliet  mit^min  herze  enzwein. 
mäht  du  doch  eiswan  sprechen  ja? 

ja  ja  ja  ja  ja  ja  ja? 
da;  lit  mir  an  dem  herzen  nä.    minnes.  früht.  137,26; 

welches  alles  sie  mit  zehnfachen  ja  ja  beantwortete,  polit. 
stockf.  346;  Liselle.  nun,  wissen  sie  denn  noch  nicht  genug? 
der  kapitän  in  der  breiten  strasze  . .  Peter,  ja,  ja.  ganz  recht, 
eben  der.  Lessisc  2,293;  Th.  ei  wir  können  ja  die  büchse 
aufmachen.  M.  ja  ja,  das  können  wir.  Kotzebce  dram.  sp. 
2,87;  ja  ja  ja!  du  hast  vollkommen  recht.  133;  'bist  du  es?" 
ja  ja.  250;  M.  also  in  vollem  ernst?   Mr.  ja  doch,  ja.  322; 

ja,  ja,  ja,  ja,  und  ist  das  war, 

es  hat  mich  wol  gedaucht  das  jar, 

du  habst  die  magd  lieber  denn  mich.    II.  Sachs  1,479'; 
Bulller.  es  ist  schon  lebhaft  hier,  ich  sehs.    hol.  ja,  ja, 
die  kircheu  selber  liegen  voll  Soldaten.    Schiller  Piccul.  1, 1 ; 

bei  der  selbstbeanttcortung  einer  frage: 

sagt  mir  an, 
es  sind  noch  Protestanten  in  der  Stadt?  (bürgermeisler  stutzt). 
ja,  ja.    ich  weisz  es.  Wiillenst.  lod  4,  3 ; 

oder  auch,  icenn  die  bejahung  eine  widerwiUige  oder  zögernde  ist: 
ach  ja!  ja!  erwiederle  mr.  Schlicht.  E.ngel  Lorenz  Stark  cap. 27; 
H.  noch  ein  augenblickchen,  herr  Israeli  J.  nu  ja!  ja!  bin 
ich  denn  etwa  schon  weggegangen?  diamant  100;  'mir  scheint 
er  (der  diamant)  viel  feuer  zu  haben',  nu  ja!  ja!  wie  ihro 
gnaden  sagen,   ebenda; 

Sal.  und  welch 
ein  weises  glück,  das  eine  solche  that 
xum  besten  eines  solchen  mannes  ausschlug. 
lempl.  ja,  ja  !    Sul.  so  kalt?  Lessisg  2,''309. 

e)  dem  ja  treten  begleitende  partikeln  zu;  so  in  den  die  affir- 
mation  verstärkenden  Verbindungen  ja  wol,  ja  gewis,  ja  fürwahr, 
ja  freilich  {schweizerisch  als  recht  gewöhnliche  bejahung  jö  frili), 
III  der  allen  spräche  auch  sicherjd:  und  sprach:  wellent  ir 
tuon,  daj  ich  iuch  röte,  iuch  bekoment  alle  iuwer  bienen 
deste  baj.  siu  sprach:  jö  wol,  gerne.  Germ.  3,414,7;  'gloubis 
du  diz?'  si  sprach  zu  ime:  sicherjä  herre.  Behaims  evang.- 
buch,  Joh.  11,  27  :  ja  furwar,  das  muste  man  . .  lassen  gut  sein. 
Lltuer  8,4';  Socr.  glaubest  du  nun,  dasz  es  dieser  Ursachen 
halber  geschehe.  Cebes.  ja  freilich.  Hoff3i.\:<.nswaldac  slerb. 
Socr.  lOO ;  Valer.  gewisz  nicht.  Wumsh.  gewisz  ja.  Lessixc 
1,354;  baron.  und  schändlich  ist  es,  wenn  man  treue  heuchelt. 
Henr.  ja  wohl,  ja  wohl !  Kotzebue  dram.  sp.  2, 178 ;  ja  wahrlich 
scilicet  Stieler  873 ; 

knecht.  sag  hat  er  dich  nit  hart  cetrücket? 

d.  kranke,  ja  freilich;  nun  bin  ich  erquicket.    II.  Sachs  1,4G7'; 
kloslcrbruder.  (er)  war 

wohl  sonst  ein  lieber  herr.    Nalhan.  ja  wohl !  ja  wohl ! 

dem  ich  so  viel,  so  viel  zu  danken  habel    Lessisc  2,322; 
auch  verstärkendes  ja  da: 

hörst,  was  Ich  dir  ban  gesäit? 
ja  da,  aotwürt  sey  ym  do.  rimj  15',  35; 
ferner  in  den  Verbindungen  nun  ja,  ja  doch,  die  mehr  zögernd, 
einschränkend  oder  ungern  bejahen:  ja  doch  imo  Stieler  S73; 
herr  Gramer  ist  ein  grosz^  und  Terehrungswürdiger  mann, 
nun  ja;  und  er  soll  es  ausbleiben,  aber  . . .  Lessinc  6,237; 
er  faszt  ihre  hiindc,  blick  in  blick:  'Lucinde,  sind  sie  mein?' 
sie  versetzte:  nun  ja  doch!  Göthe  21,162;  nun  ja,  ins  teufeis 
namen!  Kotzebce  dram.  sp.  2,341;  nun  ja,  ich  hatte  nichts 
dagegen.  3,  205 ; 

ich  hab  ihm  blos  den  fall  ganz  allgemein 
erzählt,  um  seine  racinung  zu  vernehmen, 
auch  das  häti  unterbleiben  können:  ja  doch!    Lsssinc  2,340; 


nun  ja!  ich  lieb  ihn,  halt  ihn  wertb;  was  aber 
hat  das  mit  meiner  tochler  band  zu  schaffen? 

Schiller  W'allcnsleiiis  lod  3,  4. 

endlich  mit  interjectionen,  ach,  o,  ei,  i  verbunden,  in  welchen 
fällen  der  bei  der  bejahung  hervortretende  gcmütsanlheil  schärfer 
hervorgehoben  wird:  i  ja  doch,  man  hat  auch  ein  herz.  Kotzebce 
(/ram.  s/).  2, 199 ;  F.  ist  endlich  dein  brummbär  fort?  E.  o  ja! 
267;  ach  gott  ja!  ich  will  verdammt  groszmutig  sein.  341; 
'ich  hab  zu  hoch  gefaren,  ich  musz  mich  nu  tucken.' 
ei  ja,  lieber  herr,  so  gehet  es  den  die  got  verachten. 

ScuADK  sul.  u.  pasqu.  1,  62,  260; 
sagts,  wollt  ihr,  oder  nicht?  denn  itzt  sind  wir  noch  da: 
die  bauren  lächelten,    ach  ja,  herr  amtmann,  ja ! 

Gkllert  1,208. 

3)  ja,  olme  dasz  es  die  antwort  auf  eine  entsprechende  frage 
oder  behauptung  bildete,  leitet  vielmehr  einen  satz  ein,  indem  es 
auf  den  betreffenden  gedanken  nachdrücklich  hinweist  und  ihn 
gleichsam  gegen  etwaige  zweifei  im  voraus  sicher  stellt:  ja  du 
wirst  mit  deinen  äugen  deine  lust  sehen,  und  schawen,  wie 
es  den  gottlosen  vergolten  wird.  ps.  91,S;  ja  der  herr  sprach 
zu  mir,  zeuch  hin  auf  in  dis  land.  Jes.  36, 10;  ja,  poliert  nu 
diepfeile  wol  und  rüstet  die  schilde.  /er.  51,12;  ja,  im  glauben 
wil  ich  mich  mit  dir  verloben.  Hos.  2,  20 ;  denn  der  tag  ist 
nahe,  ja  des  herrn  tag  ist  nahe,  ein  finstrer  tag.  Hes.  30, 3 ; 
wir  wissen  von  keinem  zank  noch  streit,  des  einen  verlangen 
ist  stets  auch  des  andern  wille  gewesen,  ja,  mein  englisches 
Weibchen.  Lessinc  2,388;  schön,  allerliebst!  ja,  so  lasz  ich 
mirs  gefallen.  Götue  11,282; 

ja  was  er  preift,  das  mustu  tanzn. 

Schielzl  Verl,  söhn  26'; 
ja,  du  verleibest  dem,  den  seine  Sünden  kränken. 

Gellert  2,  105; 
ja!  sie  sinds,  die  dunkeln  linden.    Götuk  41,297; 
ja,  Mai.    nicht  eher  wollt  ich  dirs  eröffnen, 
als  bis  des  handelns  stunde  würde  schlagen. 

Schiller  Wallenstcinn  in.i  2,  2  ; 
ja,  wer  durchs  leben  gehet  ohne  wünsch, 
sich  jeden  zweck  versagen  kann,  der  wohnt 
im  leichten  feuer  mit  dem  Salamander, 
und  hält  sich  rein  im  reinen  element.    ebenda. 

i)  so  namentlich  auch  einen  entschlusz  nach  längerer  Über- 
legung, eine  sicher  auflauchende  erinnerung,  auch  den  abschlusz 
eines  urlheils  oder  einer  meinung  anzeigend,  und  hier  oß  nach- 
drücklich doppelt  gesetzt:  und  können  gehnl  ja,  ja;  das  ist 
das  ende  vom  liede.  Lessi.ng  2,147;  schwören  sie!  nein, 
schwören  sie  nicht . . .  oder  ja,  schwören  sie  nur.  169 ;  wenn 
ichs  nur  wieder  zusammenbringe,  von  der  Wirtschaft  ihres 
vaters,  glaub  ich,  war  gleich  zuerst  die  rede;  ja!  ja!  E>gel 
Lorenz  Stark  cap.  33;  ich  übergebe  sie  der  obrigkeit,  dem 
weltlichen  arme,  ja,  ja,  ich  thue  es.  Gelleht  3,236;  niederd. 
de  eene  {der  philosophen)  heet  Demokritus,  de  andre  —  sü, 
dat  weet  ek  sülvest  ball  nich  meer;  ja,  ja!  Heraklitus  heet  he. 
Sackxanns  pred.  67 ; 

ist  das  nicht  Cicero?  rief  einer  unter  ihnen, 
ja,  ja,  er  ists ;  o  das  ist  schön!    Gellert  1,237; 
ja,  spricht  Damöt,  ich  musz  es  selber  sagen, 
dasz  ich  nicht  wenig  strafbar  bin.    110; 

ja,  spricht  es  {das  kind)  zu  sich  selbst,  wenn  es  die  gabel  wäre, 

die  hab  ich  lange  nicht  so  lieb, 

so  liesz  ich  sie  mit  freuden  liegen.    288; 

ja,  wenn  ich  unvorsichtig  wäre, 

da  freilich  schnitte  mich  die  scheere.    ebenda; 

wer  hat  die  rediichkeit  erhoben, 

obn  unsre  väter  mit  zu  loben? 

ja,  ja,  die  trunken  wacker  wein, 

wie  konnten  sie  nicht  redlich  sein?    Lessimg  1,87; 

ja,  ja!  er  bat  schon  recht  der  patriarcb!    2,  2S6; 
ich  könnte  mit 

dir  zanken  ...  ja  das  könnt  ich.    308; 
so  ein  erster  wink 

kann  unterwegens  wenigstens  nicht  schaden. 

ja,  ja!  nur  zu!   itzt  oder  nie!   nur  zu!    329; 

ja,  ja,  im  ganzen,  da  sitzt  die  macht! 

Schiller  Wollenst,  lager.  11.  auflr.; 

ja,  laszt  uns  abrede  nehmen,  hört!  ebenda; 
zwar!  —  ja  wohl  —  nichts  dauert  ewig  —  vielleicht  soll 
dieses  eben  der  weg  sein,  den  die  vorsieht  auserseben,  dem 
ganzen  jetzigen  scheina  der  freimaurerei  ein  ende  zu  machen. 
Lessing  10,296;  Theodor,  es  {das  geld)  kommt  von  ihm,  herr. 
mcister  Riff,  ja,  herr,  leugne  er  nur  nicht.  Kutzebue  dram. 
sp.  2,87. 

5)  ja  begleitet  auch  nur  einen  zweifei,  einwurf,  ein  bedenken : 
Ulenspiegel  sprach:  ja,  wag  sol  ich  aberbachen?  Utensp.  19, 


2191 


JA 


JA 


2192 


f.  25  Li}i})enb.;  ja  soll  goll  gesagt  haben,  ir  solt  nicht  essen 
von  allerlei  liewmc  im  garten?  l  Mos.  3,1;  ja,  soll  ich  das 
blul  nicht  foddcrn  von  cwreu  hcnJcn?  2  Sam.  4, 11 ;  ja  lieber 
mensch,  wer  bistu  denn,  das  du  mit  gott  rechten  wilt?  Rüm. 
3,20;  du  sprichst,  ja  ich  kan  nit  aUvegen  fliehen.  Keisehsuerc 
bäum  d.  sei  "';  ja  sprichstu,  die  zeit  wird  einem  so  lang, 
ist  CS  dann  nicht  besser,  dasz  man  spiele,  als  dasz  man  sich 
doli  und  voll  saufe?  Sciiüitius  193;  ja  v^'ann  die  schöne  ge- 
stall der  menschen  besciiaflcn  waren,  wie  der  Israeliler  ihre 
kleider, . .  wären  solche  gesichlerkramer  noch  in  etwas  zu  ent- 
schuldigen. Abb.  AS.Ci.ARAJH(/aj{l6h6)  1,127;  mahlt  er  (Homer) 
uns,  auszer  den  goldncn  nageln,  nun  auch  das  holz,  den  ge- 
schnitzten knöpf?  ja,  wenn  die  beschreibung  in  eine  heraldik 
sollte,  damit  eiiunal  in  den  folgenden  zciten  ein  anderes  genau 
darnach  gemacht  werden  könne!  Lessinc  C,  467 ;  Mclzlcr.  seit 
wann  hat  denn  der  Götz  wieder  hiindel  mit  dem  bischof  von 
Bamberg?  es  hiesz  ja,  alles  wäre  vertragen  und  geschlichtet. 
Sterers.  ja,  vertrag  du  mit  dem  pfaffen!  Göthe  8,6;  ich  maasz 
und  zeichnete  und  schnitt  die  bülzer  zu ,  auf  fusz  und  zoll 
halle  ich  alles  abgepaszt ;  ja,  als  es  nun  an  das  zusammen- 
fügen und  leimen  gehen  sollte,  war  alles  verkehrt.  Immermann 
Münchh.   1,62S; 

ja,  schont  ich  niclit  erbarer  leut, 

ich  w'olt  dir  wol  dein  boshcit  vcrtrcibn.    11.  Sacus  1,  480'; 

Sil/,  icli  bin  stets 
ein  freund  gewesen  von  gescliiclitclien,  gut 
eriälilt.    Niitli.  ja,  gut  erzählen,  das  ist  nun 
vrohl  eben  meine  sachc  nicht.    Lessimg  2,276; 

denken 
auch  xwei,  drei  nachbaru  ubercin,  und  halten 
in  ihren  gränzen  Ordnung;  ja,  so  schützt 
gleich  im  gebirg  ein  andrer  hcrr  die  schelmen.    GötukIO,  243. 

«n  diesem  sinne  kann  ja  selbst  mit  nein  verbunden  werden :  ja 
nein,  daraus  wird  nichts I;  d7/er  ja  wol  nein:  'du  bist  der 
Wulf,  und  wilst  mich  fressen!'  ei  ja  wol  nein,  mein  söhn, 
sagte  er,  sei  zu  frieden,  ich  frisz  dich  nicht!  Simpl.  1,27 
Kurz;  mein  herr  fragte:  was  tbät  die  jungfcr  dabei?  schämte 
sie  sich  nicht?  ja  wol  nein,  berri  sagte  ich,  sie  bub  den 
rock  auf.  123;  so  dörfte  sich  wol  der  Icser  einbilden,  ich 
hätte  etwas  ungebührliches  begangen,   ja  wol  nein !  334. 

6)  es  gibt  erlaubnis,  wie  etwa  immerhin: 

die  erste  sprach  behende: 

ja,  lächle  nur  auf  mich! 

ich  gebe  dir  Irülies  ende 

durcli  einer  spindel  stich.    Uulakd  gcd.  402. 

7)  fragendes  ja,  mit  dem  bestäligaug  einer  vorattsgelwuden  frage 
oder  behaupluiig  gefordert  wird:  und  was?  diese  blätter  hätten 
sie  gelesen  gehabt,  herr  pastor,  ganz  gelesen  gehabt,  als 
sie  das  71sle  mal  dieses  jähr  in  ihr  horu  stieszen?  —  ja? 
Lessikg  10, 169; 

Doja,  kommt!  kommt!  ich  weisz  ein  l'cnster, 
aus  dem  wir  sie  bemerken  können.    Hcchu.  ja?    2,245; 

lempclh.  ich  bin  zum  Saladin 
gerufen.    ■palriavcU.  ja?  304; 

doch  wie?   wars  ungeheurer  männerstoiz, 
der  nur,  sich  desto  süszer  zu  ergeizen, 
die  blödigkeit  als  larvc  brauchic?   ja? 

ÖCHiLLKK  don  Carlos  3,  8. 

8)  ja,  nur  mehr  noch  als  ausruf,  vgl.  gramm.  3,290: 

dö  sprach  der  verchtvundc:  ja  ir  birsen  zagen, 

nai  helfent  miniu  dienest,  sid  ir  mich  habet  erslagcn? 

Nib.  U30,  1 ; 
do  huob  er  an  ein  anders  gschray: 
ja,  mein  lieber  herr,  sevt  irs? 
ich  bkaiit  euch  nicht,  vergebt  mirs !    ring  9',  42; 
ich  kcr  mich  nit  an  eur  dro  .  . 
ja  ich  trag  auch  ain  gneiten 
hie  an  meiner  seilen, 

den  will  ich  laszeu  fegen,    ftittn.  tp.  426,  24 ; 
als  je  [s.  d.}: 

einr  hiesz  don,  der  ander  signor, 

je  gott,  wie  giengen  die  kcrf  empor, 

einr  ritt  stattlich,  der  ander  fuhr. 

Wkllkk  Haler  des  Mjdhr.  kriegt  2i0. 
ö)  ironiichet  ja  ist  häufig:  und  sein  weih  sprach  zu  im, 
bellcstu  noch  fest  an  deiner  frömkeit?  ja,  segcnc  gott  und 
stirb.  Utub  2,9;  und  redten  wider  g(»tt  und  sprachen,  ja  golt 
fiilt  wol  können  einen  tisch  bereiten  in  der  wüsten?  ps. 
7H,  ij»;  wafür,  fragt  Garganitia,  sprecht  ir  dise  gczeilbclllin? 
ja  fragt,  sprach  der  möncb,  für  den  bloen  husten.  Garg.H'/; 
o  ja!  ja!  ich  werde  ihr  noch  obendrein  gute  woric  geben 
iim-Mii.  K^ctx  diamant  Üb;  hülle  ich  etwa  sagen  »ollen,  dasz 
Divdor  und  l'ülyan  spätere  »chriflsteilcr  wttren,  als  NcpuiT. . 


dasz   auch    sie   von    der  Zweideutigkeit  des  lateinischen  aus- 

drucks  verführt  worden?  ei  nun  ja,  das  wäre  wahrscheinlich 

genug!  Lessing  8,  119;  ei  ja  doch,  da  würde  es  heiszen,  das 

alberne  ding  will  schon  hcirathcn.  Kotzkbue  dram.  sp.  2,189; 

aus  j;roszem  mitleiden  und  betriibiiis  sprach  er  das: 

nu  woll  ich  dasz  got  im  himel  wer  gestorben ! 

ci  lieber  ja,  so  wcren  seiner  erlichen  anschlege  nicht  so  viel 

verdorben. 
ScHAUK  sal.  u.  pasqu.  1,64,313; 
was  meint  ihr,  dasz  geschah? 
Fell  .<itnrb  am  stich?  —  ei  ja  doch,  ja! 
der  Skorpion  verreckte.    Lessing  1,  17: 
F.    am  ersten  war  ja  so  nicht  viel. 
U.  0  ja,  dem  berrn  ist  alles  kinderspici.    Götuk  12,  146; 

dcrhalbon  haltet  in  ehren  solchen  xcrxischcn  köpf,  der  alle 
seine  kricgsleut  im  ganzen  beer  von  looooo  wuszt  mit  iieii 
besonderen  namen  zu  nennen:  ja  weis  glaubt.  Garj.  03";  sie 
(die  bauern)  werden  ja  mit  jemand  freundschaft  halten  (solle 
einer  wol  gedenken),  aber  ja  gix !  es  bleibet  darbei ,  rustici 
wollen  weder  mit  blutsfreuiidcn  nogh  inulbsfreunden  zu  Ihuii 
haben,  baurcnst.  laslerpr.  174;  'wann  du  nun  .  .  ein  weih 
nimbst.'  ja  wol  weip.  Hütten  4,110;  wie  meint  er  wohl, 
herr  Till,  dasz  die  leute  den  hicszen?  'wie?  einen  tiefsin- 
nigen köpf.'  ja,  es  hat  sich  wohl!  einen  narren!  Engel  f/iiV. 
f  d.  well  16; 

mhd.  owe  wie  tuont  die  friunde  so? 

ja  l'riunt!  was  ich  von  friunden  sage!    Waltuer  65,3. 

10)  ehrliche  schlichte  rede  braucht  für  eine  Versicherung  nicht 
mehr  wie  ja  und  nein :  ewer  rede  aber  sei  ja,  ja,  nein,  nein, 
was  drüber  ist ,  das  ist  vom  übel.  Matlh.  5, 37 ;  u-ic  goth. : 
sijail»-|)an  vaürd  izvar:  ja,  ja;  ne,  nfe;  und  alts.: 

quede  ja  ef  it  si,     gcha  thes  thär  war  is, 

quede  nän  et  it  nis,     läte  im  giiiogi  an  ihiu.    Heiland  1523; 

wie  dieses  auch  von  einem  Schweizer  bawren  (erzählt  wird), 
der  die  tag  seines  lebcns  nicht  viel  bei  andern  leuten,  denn 
in  den  rauben  gebirgen,  hinbracht,  und  mit  dem  viehe  umb- 
gangen,  darumb  keiner  arglistigen  aufsetzigkeit  änderst,  denn 
nein  und  ja  gewöhnet  bett.  Kiiicnnor  wendunm.  263"; 

da  ja  und  nein  im  brauche  gieng, 

da  stand  es  mit  der  weit  nicht  so  gering. 

Luiihahn  bei  Lessimc  11,672; 
es  stecket  ja  im  linken,  im  rechten  backen  nein; 
ja-nein,  das  will  bei  böte  vermischet  immer  sein. 

LocAi)  2,  ül,4ü  (hofe-slellungcii); 
vgl  mhd. :  sun,  zwei  wort  öient  wol  den  man 
der  sich  wll  ereii  mit  den  zwein 
so  da;  er  si  behalten  kan. 
das  eine  ist  ja,  da;  ander  nein, 
wie  zieret  golt  den  edelen  stein? 
also  tuont  wäriu  wort  den  lip.     Winsbeke  52,  4. 

11)  aber  das  kurze  ja  und  nein  gilt  auch  als  energischer  aus- 
druck  des  willens: 

wer  nit  kan  sprechen  ja  und  nein 
und  pflegen  rat  umb  grosz  und  klein 
der  hab  den  schaden  im  allein. 

ItRANT  narrensch.  8  übertchr. 

12)  die  Partikel  ja  wird  als  Substantiv  behandelt: 
SV/es  munt  mich  triegen  wil,  der  habe  sin  lachen  da : 

•     von  dem  ua;m  ich  ein  wäre;  nein  lur  zwei  gelogeiiiu  ja. 

Walthcr  30,  18; 
djcni  also  slipfic  ist  der  sin, 
swä  er  sin  ja  geheimen  hat, 
das  er  sin  nein  da  schrenket  in.     Wiiisbeko  52,  9; 
nein  und  jaes  hastu  alin  gewall.    Altswsrt  113,21; 

wir  sin  wanket  mit  unsern  Sachen,  wa;  des  morgens  ja  ist, 
daj  ist  des  abends  nein.  Janssen  Frankf  reichscorr.  i,  70 
(von  1400);  bei  mir  ist  ja,  ja,  und  nein  ist  nein.  2  Cor.  i,  n 
(ira  T]  na()  iuoi  to  fai  vni  xni  x'o  ov  ov;  goth.  ei  sijai 
at  mis  |)ala  ja  ja  jah  ))ala  ne  n^-);  ehe  man  zuschlägt  und 
sein  ja  von  sich  gibt.  KiRcnnor  mil.  disc.  58;  dann  wie  da» 
ja  und  nein,  also  ist  auch  das  sagen  und  sein  unterschieden. 
Simpl.  1  (1713)  5;  darauf  ihm  denn  Wilhelm  mit  einem  achr 
lebhaften  ja  anlworlelc.   Götue  18, 2!^8; 

mein  berxo  stobt  bei  ja,  we(W  alles  schwort  auf  nein. 

W         FLSHiNii  63t; 
dem  ecist  ich  mich  mit  ja  verpilichl.    ruiLANDM  1,438; 
lobt  lang  und  wiihl !  der  liiinmel  snge 
zu  moinpiii  wünsch  nein  wiirkcnd  ja.     IIallir  (1708)  107; 
ich  gebe  iilrht  mein  ja,  dusz  ci  geschehe.    Götiii  0,  174. 

das  ja  bei  verlubnis  und  harut  (vgl.  Jawort):  ach  wie  «(lucr 
wurde  mir  das  ja.  gott  sei  dank,  dasz  es  heraus  ist.  Le.osini. 
2,390;  er  wurde  von  einer  Engländerin  gepllrgl,  die  ihm  ihre 


2193 


JA 


JA 


2194 


lielie  gestand  und  aus  dankharkeit  sein  ja  erbielt.  A.ndersen 
bärtel  Thorualdsen  s.  50 ; 

woliledlcr  gönner,  dein  vergnügen 

blüht  jeizo  durch  ein  holdes  ja.    GünTBER  150; 

an  dem  tag,  da  er,  gefragt  Tor  dem  altare, 
ihr  durch  eiu  seufzend  ja!  sein  zärtlich  herz  erklärt. 

Gelleri  1,  181 ; 
wird  mich  und  sie  ihr  schnelles  ja  beglücken.     Lsssim«  1,  r22; 
wie  kann  der  priester  segnen,  wenn  das  ja 
der  holden  braut  nicht  aus  dem  herzen  quillt?    Göthb  9,3T6; 
das  erste  ja  der  liebe,    ühiasd  ged.  307. 

12)  in  Verbindung  mit  dem  gegensatze:  bei  ja  und  nein,  kürze 
der  rede  anieigend : 

und  sucht  nach  möglichkeit 

mit  plattem  scherz  und  gutem  wein 

den  gast  vergnügt  zu  machen. 

allein      der  bleibt  bei  ja  und  nein.    Wielakd  18,333; 

als  teichen  kurier,  schlichter  Versicherung  {vgl.  oben  10),  uie  engl. 
by  yea  and  no,  vgl.  auch  yea-and-nay-man  als  beiname  der 
quäker : 

ich  will  einst,  bei  ja  und  nein! 

Tor  dem  zapfen  sterben.     BiJacER  50"; 

dann  schwuren  wir  herzlich,  bei  ja  und  bei  nein, 

im  leben  und  tode  getreu  uns  zu  sein.    59*. 

aber  auch  zeitkürze  malend :  mich  wundert,  . .  dasz  man  hier 
so  viel  Worte  verlieren  mag,  da  der  ganze  bandel  in  ja  und 
nein  entschieden  sein  könnte.  Wieland  19,325;  der  hirt  zog 
sein  hirtenmesser  aus  der  lasche  und  auf  ja  und  nein  lag 
der  köpf  des  riesen  auf  der  erde.  Vernalekek  kinder-  und 
hausm.  125 ; 

sein  thier,  ein  eselein 

von  feenart, 

bracht  ihn  in  ja  und  nein 

an  einen  wald.    'Wikli:<d  18,  310. 

13)  ja  und  amen,  nach  der  bibelsprache :  denn  alle  gottes 
verheiszung  sind  ja  ift  im,  und  sind  amen  in  im.  iCor.  1,20 
(oaai  yäo  snayys/.ün  ö'sov,  iv  avriö  xo  vai  xui  sv  avz{ö 
To  dfi^f;  goth.  hvaiva  managa  gahaita  gups,  in  imma  l)ata 
ja ,  du})J)e  jah  pairh  ina  amSn) ;  alles  dieses  war  bei  dem 
valer  ja  und  amen,   polit.  stockf.  343; 

wann  Weiuholdens  herzens-wuntscb  solle  ja  und  amen  sein, 
würde  zwar  nicht  alles  gold,  wie  dem  Mida«,  aber  wein. 

LoGAi;  2,220,61; 

erfreuet  euch  wenn  da  drauszen  .  .  eine  natur  liegt,  die  ja 
und  amen  zu  allem  sagt,  was  ihr  in  euch  selbst  gefunden 
habt.    GöTHE  44,247. 

14)  in  anschlusz  an  die  letztere  Verbindung  (l3)  heiszt  es  das 
ist  ja  {das  ist  geuis),  verstärkt  das  ist  ja  und  wahr,  ja  und 
gewis:  das  gott  auch  eine  verheiszung  dazu  gethan,  und 
zugesagt  hat,  das  es  sol  ja  und  gewis  sein,  was  wir  bitten. 
LcTHER  4,415';  denn  wo  irgend  ein  fromer  christ  bittet,  lieber 
vater,  las  doch  deinen  willen  geschehen,  so  spricht  er  droben, 
ja  liebes  kind,  es  sol  ja  sein  und  geschehen,  deiu  teufel 
und  aller  weit  zu  trotz.  416' ;  das  ist  ja  deutlich  geredt,  das 
unser  bitten,  suchen,  anklopfen,  solle  nicht  umb  sonst  sein, 
sondern  alles  gewis  und  eitel  ja  sein.  8,324';  er  hat  heiszen 
beten  und  bitten,  und  verheiszen  es  sol  erhöret  und  ja  sein. 
325';  der  glaub  eigentlich  oder  fides  proprie  dicta  ist,  wenn 
mir  mein  herz,  und  der  heilig  geist  im  herzen  sagt,  die  ver- 
heiszung gottes  ist  war  und  ja.  J.Jonas  ebenda  6,395';  da 
hall  ich  aber  einen  guten  anschlag,  der  war  nicht  mehr  denn 
aueh  ja  und  gewisz.  Götz  v.  B.  Sl ;  es  ist  ja  und  die  wahr- 
heil.  I'elr.  109' ;  bringt  nachfolgende  raeinuug  klagend  für,  sagt 
dieselbige  ja  und  wahr.  Ayrer  proc.  1,4; 

e«  heiszt  ein  krankheit  plexia, 

die  kann  ich  heilen,  das  ist  ja.    E.  Albcris  131. 

II.  ja  als  conjunclion  oder  adverb  eng  in  den  salzverband  ein- 
geigt. 

1)  betheuernd  oder  nachdrücklich  Mnu^eisend  {vgl.  oben  I,2,a), 
mit  änderung  der  tcortfolge:  ahd.  ii  ist  er  (trübten)  iemer. 
NomER  2,42'  Hattemer; 

mhd.  si  sprach :  ja  ist  mir  kunt 

sin  name  nü  vor  maneger  «tunt.     Iwein  2109; 

und  nnrh  nhd.: 

ja  ätz  ich  also  gern ! 

die  kelber  hör  ich  rOrn, 

dasz  ich  von  hunger  schier  lieg  tod.    ftuln.  tp.  430, 17; 

selbst  bei  RtciEKT,  aber  hier  alterlhümelnd : 

ja  hofT  ich  dort  die  äugen  aufzutchlagen 
frei  gegen  dich, 

zu  geben  antwort  allen  deinen  fragen,    get.  ged.  1,330 
IV.  II, 


sonst  nur  noch  m  der  Verbindung  ja  wol  in  ähnlicher  Stellung 
verharrend:  wer  hatte  sie  die  äffen  so  kennen  gelehrt?  ja 
wohl  sind  sie  hämisch.  Lessing  2,149; 

tempelli.  was  gibts  denn?  so  geheimnisvoll,  was  ists? 
Salhun.  ja  wohl  beirift  es  ein  geheimnjs,  was 
mich  zu  euch  bringt.      290. 

2)  6«  nachdrücklichen  ermahnungen,  wie  um  dieselben  gleichsam 
von  vorn  herein  gegen  einspruch  zu  sichern :  wollen  wir  nu  des 
Vaters  kinder  sein,  so  sollen  wir  ja  solch  hoch  eiempel  uns 
lassen  bewegen ,  das  wir  auch  also  lebten.  Luther  5, 394' ; 
schreibe  ja!  und  benim  mir  diese  falsche  meinung  von  dir. 
Lessinc  12, 2 ;  so  lassen  sie  mich  es  ja  bald  hören,  dasz  sie 
deren  {freundschaß)  noch  empfinden.  394;  nimm  es  ja  {das 
geld),  sonst  machst  du  dich  verdächtig.  SeniLLER  ncffe  als 
onkel  2,  10 ; 

wir  haben  kurze  (wenig)  zeit,    thut  die  versehung  ja, 
dasz  uns  sonst  mangle  nichts,  als  was  da  nicht  ist  da. 

P.  Flemi:«g  169; 
mich  treibt  der  eifer  gottes  lediglich, 
was  ich  zu  viel  ihu,  tliu  ich  ihm.    das  wolle 
doch  ja  der  heir  erwägen.    Lessi:«g  2,  304. 

in  negativen  salzen :  sie  sprachen  aber,  ja  nicht  auf  das  fest, 
das  nicht  ein  aufruhr  im  volke  werde.  Marc.  14,2;  das  ir  von 
uns  ja  keinen  schaden  irgent  inne  nemet.  2  Cor.  7,9;  darumb 
reizet  er  uns  von  solcher  blödigkeit  und  gedanken,  das  wir 
ja  keinen  zweivel  haben,  sondern  nur  getrost  und  kecklich 
hinan  gehen.  Lctheb  5,437*;  alhie  vergleicht  man  sich  auch 
eigentlich  der  kennbinden  oder  feldzeichens ,  mit  fürsichtig- 
keit  dasz  ja  der  färben  keine  dran  sei,  so  die  feinde  zum 
zeichen  tragen.  Kirchhof  mit.  disc.  S5 ;  zum  andern ,  das  wir 
auch  verleugnen  und  lassen  das  ungöttlicke  wesen,  die  zeit- 
lichen guter,  unser  herz  ja  nicht  daran  hengen,  sondern  im 
henn  besitzen  als  geliehene  guter.  Val.  Weicel  343  Opel;  wir 
sollen  ihm  aber  ja  keine  nase  drehen.  Felsenb.  4, 270 ;  so 
musz  der  biblische  theolug  ja  nicht  auf  die  natur  . . ,  sondern 
auf  die  gnade  rechnen.  Kaxt  1, 21ä ;  itzt  halten  sie  länger 
sich  nicht  auf.  ja  nicht  länger!  Lessi.^c  2, 167;  vielmehr  soll 
man,  je  bittrer  der  kelch  ist,  eine  desto  süszere  miene 
machen,  damit  ja  der  gelassene  Zuschauer  nicht  durch  irgend 
eine  grimmasse  beleidigt  werde.    GOtbe  43,10; 

du  (!7otO  wolst  in  disz  alles  vergleichen, 
und  von  mir  ja  nicht  ferren  weichen. 

LoBwassiK  psalin.  (1595)  28*, 
so  biti  ich  trauter  herre  mein, 
wolt  ja  zu  lang  nicht  auszeu  sein. 

P.  Rebhuji  bei  Titi*a«(N  schausp.  1,  39,  239 ; 
und  dasz  die  alte 
Schwiegermutter  %veisheit 
das  zarte  seelchen 
ja  nicht  beleidge!    Götdi  2,62. 

auch  in  erzählenden  Sätzen,  in  denen  ein  vorsatz,  oder  eine  nach- 
drückliche erwägung  referiert  wird:  fallen  auf  die  knie,  damit 
sie  ja  ihren  schlamp  ausbreiten  können.  Schiller  raub.  1,2; 

heucheln,  schmeicheln  und  liebreden  dem  bapst, 

dasz  sie  durchs  bapsts  Privilegien  bleiben  für  ungestraft, 

und  ja  nicht  erkant  werden  under  iren  decklach. 

ScuAUi  sat.  u.  pasqu.  1,6,  167; 
ist  gleich  mancher  nicht  der  klügste,  dennoch  kau  ihm  etwas 

gelten, 
dasz  ihn  ja  für  keinen  narren,  kluge  pfleeen  nie  zu  schelten. 

LocAC  2,  125,  32. 

3)  die  ältere  spräche  terwendtl  ja  auch  als  füllende  partikel, 
■von  der  bedeutung  der  nachdrücklichen  hiniceisung  aus:  morgens 

räum  mir  da;  haus,  ich  wil  dich  nit  lenger  haben,  du  bist 
ein  betrogner  scbalk,  wa  du  ja  barkummest.  Ulensp.  64,  s.  94 
Lapptnb.;  findet  sichs  denn,  das  sie  ja  nicht  zu  im  wU. 
Luther  4,  47l'; 

da*  er  da  auf  der  grüne 

ja  vor  im  gesirecket  lag.    Eckenl.  236  Schade; 

dann  ja  nach  got,  dem  berrn,  ist  mir 

kein  lieber  ding  auf  erd,  denn  ir. 

P.  HebuC!«  6ei  Tittmaks  sJtausp.   1,  SS,  221; 
'gebt  ein  balzen,  ich  nera  in  an, 
das  ir  ein  gut  new  jar  müszt  ban.' 
er  sprach :  du  bittest  ja  zu  viel. 

B.  Waluis  Esoji  2,  75,  \'.i , 
ist  sie  so  lang  ein  jiinkfraw  gsein, 
und  darzfi  auch  ja  ein  begein. 

MiR^E*  Ittth.  narr  4617  Kurt; 
zum  leisten  ist  desz  inaisters  (des  alchymisteu)  glück, 
ja  das  im  mangelt  noch  ain  stück, 
solchs  tuusz  er  holen  über  feldt.    SciiWARZtMBcii»  120'; 
138 


2195  JA 

gleich  wi  der  man  dem  nagel  Ihul  (den  er  aus  der  wand 

rtiszcn  tvill),] 
versucht  der  tciifcl  waichcn  nifit. 
und  aller  maisl  mit  dem  begint, 
ja  den  er  leisz  und  wankel  fint.     121"; 

darfimb  ist  mir  der  adel  gut, 

ja  das  ich  liah  ain  ihumraen  mflt,     136"; 

drümh  ist  es  wol  ain  groszc  kla^, 
ya  wer  sich  selbst  der  wiiz  bcrailit, 
und  aincra  vollen  narren  glaibt.     141'; 

zu  dir  (dem  grldr)  sen  all  mein  sinn  gestalt, 
ya  wi  ich  dich  gewinn  und  bhall.     145'; 

dein  dienst  gen  goit  endlüclien  stell, 

ja   wer  kain  himel  noch  kain  hell  (wäre  auch  himmel 

und  liölle  nicht) ; 
das  du  gott  dienest  durch  sein  göt.    155'; 

herr  hnuptmann  seind  nun  on  sorgen, 
solt  ich  warten  hisz  niorn  an  morgeiv, 
so  wil  ich  sagen  und  gen  zverstan, 
ja  wenn  der  fürst  wöl  auf  die  ban. 

svil  wie  mann  die  narren  um  einem  beschweeren 
soll  (1554)  AT. 

gerade  als  were  die  ganze  well  gewis  und  sicher,  das  sie 
selbs  gleiibig  und  eitel  hciligthum ,  und  nicht,  ja  so  groszc 
haben  weren  für  gott.  Llther  4,328';  das  heiszt  ducb  {lies 
doch)  ja  zu  mal,  eine  grobe,  grosze  unverschampte  unkeusch- 
belt  angemutet.  8,4'. 

4)  dem  hervorhebenden  nahe  steht  das  steigernde  ja  eines  nach- 
satzes:  der  selbig  herzog  Albrecht  .  .  hielt  köstlichen,  fürst- 
lichen ,  ja  wol  küniglichcn  hoff.  G.  v.  Ehingen  " ;    da  würgt 
man   durch   einander  jung  und  alt,   man  und  weih,   kinder 
und  jungfrawen,  ja  auch  die  kinder  in  der  wiegen.   2  Macc. 
s,  13;   Christus  ist  hie,  der  gestorben  ist,  ja  viel  mehr,  der 
auch  auferweckel  ist.   Böm.  8,34;   also  gibt  gott  der  ganzen 
weit  teglich  leib  und  leben,   und  allerlei  notdurft  .  .  seinen 
feinden,  so  wol  als  freunden ,  ja  es  regnet  wol  am  meisten 
in  einen  wüsten  wilden  wald  und  wasser,  da  es  gar  kein  nütz 
ist,  und  leszt  secr  sperlich  regen,  da  frome  lent  wonen,  ja 
er  gibt  den  bösesten  buben,  die  besten  königreich,  land  und 
leut,  gelt  und  gut,  den  fromcn  aber  kaum  das  liebe  brot  zu 
essen.    Luther  5,393';    also,  das  du  dich  müssest  Schemen, 
wenn  du  die  sonne  ansihest,  .  .  ja  auch  für  einem  blümlin 
oder  baumblat  auf  dem  fcld.  394*;  denn  das  wort  gottcs  ist 
das  heiliglhum  über  alle  heiligthum ,  ja   das  einige  das  wir 
Christen  wissen  und  haben.   4,394";    häfen,   von  auszen  be- 
malet mit  lacherlichen,  gecklichen,  ja  oft  erschrecklichen  höw- 
und  graszteufeln.    Garg.  is" ;    du  {mohr,  der  du  dich  weisz  zu 
naschen  glaubst)  wirst  doch  darvon  nicht  weisz  werden,  ja  in 
ewigkeit  keine  weisze  haut  bekommen.  Lokmans  fab.  17  ;  denen 
setzte   mein   mann  und  was  noch  bei  ihm  war,   mit  blosem 
degen  nach,  ja  sie  gaben  auch  feucr  drauf.  Sinipl.  3,\30Kurz; 
sie   kommen  ihm  abscheulich ,  ja  wie  thiere  und  ungeheuer 
vor.    GöTHE  8,229;    das    gefühl  von  beiden  wechselte  augen- 
blicklich mit  einander  ab,  ja  durchkreuzte  sich  aufs  innigste, 
so  dasz  sie  sich  nicht  anders  zu  helfen  wuszte,  als  dasz  sie 
immer   wieder  das  nächste  mit  antheil ,  ja  mit  Icidenschaft 
ergriff.  17,306;  dasz  alles  was  Eduarden  besonders  lieb  war, 
auch  ihre  Sorgfalt  am  stärksten  an  sich  zog,  läszt  sich  denken  ; 
ja   warum    sollte    sie  nicht  iioffen ,   dasz  er  selbst  nun  bald 
wieder  kommen ,  dasz  er  die  fürsorgliche  dienstlichkeit ,  die 
sie  dem  abwesenden  geleistet,  dankbar  gegenwärtig  bemerken 
werde?  ebenda;  {Ottitie  die)  ihren  blick  wegwenden  durfte  ja 
muszte  von  dem  was  sie  nicht  sehen  mochte  und  sollte.  319; 
wir  dürfen  ihn  mit  ruhe,  ja  mit  behagen  von  uns  wegscheiden 
lassen.  1G6;  die  neigung,ja  die  leidenschaft  des  jungen  mannes. 
169;    im  besitz  einer  person,   die  er  so  sehr  liebte,  ja  ver- 
ehrte. 18, 12;  setzte  sich  zu  ihm,  ja  man  dürfte  beinah  sagen, 
auf  ihn.   211;    sie  liesz  mit  bitten  nicht  ab,  ja  unvermuthct 
schlang  sie  ihren  arm  um  seinen  hals,  ebenda;  wie  grosz  war 
sein  erstaunen,  ja  sein  schrecken.  30C;  niemand  entsetzt  sich 
vor   diesem   falschen,  ja   gottesltislerlichcn  «pruch;  ja  man 
glaubt   etwas   weises   und  unwiderlegliches  gesagt  zu  haben. 
48,10;  diese ..  suchen  sich  solche  begriffe  zu  bilden,  welche 
unverwüstlich   sind,  ja   durch   die  l)Ctrachtung  des  vergüng- 
lirhcD  nicht  aufgehoben,  sondern  vielmehr  beslütigt  werden, 
weil    aber   hierin  wirklich  etwas  überinenschliches  liegt,    so 
werden  solche  personen  gewrihnlich  für  imincnsclien  gehalten, 
für  glitt-  und  weltlose;  ja  man  weisz  nicht,  was  man  ihnen 
nllrt    (tJr   hörncr   und    klauen  undichten  »oll.    11;    die  reine 
matbniinlik  isl  nicht  grob,  verglichen  mit  der  angcwrindlcn ; 
ja  »in  ist  vielmehr  zarter  und  zuverlaswigcr.  !>4, 276. 


JA 


2196 


5)  rfiircA  ja  wird,  in  verschiedenen  ßguuyen,  ein  gegensali 
ausyedriickt  (worauf  das  letztgegebene  beispiel  leitet) ;  so  dasz  es 
an  den  sinn  von  aber,  sondern  rührt:  was  solch  regiinent  thue, 
das  stellet  uns  viel  jar  daher  in  die  äugen,  mit  teglichen 
exempcln  das  edelste,  ja  nu  mals  (jetzt)  das  elendeste  land 
auf  erden,  Italia.  I.utiikr  6,  IGü';  die  Saraccucn  heiszens  mit 
sondern)  hohen  namcn  olesalem,  ein  heilsam  gesetz  gottes, 
ja  viel  mehr,  wie  gesagt,  ein  niördrisch  und  wütig  gesetz. 
8,25';  summa,  es  ist  nicht  auszuzelen,  was  gott  alle  stund 
und  augenblick  durch  die  sonne  für  wolthat  gibt,  ja  wo  ist 
jemand,  der  solchs  erkennet,  oder  dafür  danket?  5,393'; 

nicht  wellen,  nein,   ja,  berge  sinds  zu  nennen, 

die  du  uns  hast  mit  stürme  vorgeschützt.     I''lkmimg  103. 

im  sinne  von  doch:  zwo  oder  drei  meilen,  aufs  wenigst  ja  ein 
meil.  Luther  4, 45l';  weil  du  ja  in  die  well  gehen  willst, 
so  gehe  jedermann  mit  freundlichkeit  und  höfligkeit  unter 
äugen.  Schuppius  229;  so  wäre  es  ja  wahr,  was  mir  Just 
gesagt  hat?    Lessing  1,551; 

die  wcils  dann  ja  nicht  anders  kan 

gesein,  und  müsset  schicchls  daran  (ihr  miistt  fortziehen). 

P.  Rebhun  bei  Titthann  schausp.  1,39,239. 

im  ersten  satcgliede  wie  zwar,  allerdings:  wer  das  nit  thfit  der 
überkumpt,  ja  ein  wissen,  aber  ein  unnütz,  das  nichts  bessert. 
S.  Frank  cÄ;o«.  41G';  gottcs  werk  ..  sind  ja  vollkonien,  aber.. 
Luther  4,2';  in  einem  folgenden  salzgliede  auch  steigernd,  wie 
gar,  selbst:  wird  es  on  zweivel  nicht  ein  unnötige,  oder  ja 
unnütze  und  leichtfertige  sache  gewesen  sein.  45l'; 

dasz  sie  durchs  bapsts  Privilegien  bleiben  frei  ungestraft, 
und  ja  nicht  crkant  werden  under  ircn  decklach, 
ja  selten  sie  Christum  noch  eins  aageln  ans  crcuze. 

Schade  ,':(i/.  u.  pnsqu.  1,6,168: 

ein  schönes  thor  und  giebel 

steht  an  den  häuscrn  übel, 

drinn  alles  ohngefehr 

stellt,  oder  ist  ja  leer.     Logau  2,114,77 
.\dams  erstes  hosen-tuch  waren  blatter  von  den  feigen: 
Sünde,  macht  sich  immer  recht,  oder  wil  sich  ja  Verschweigen. 

3, 30, 40. 

6)  ja  in  bedingungssätzen ,  wo  es,  wie  doch  oder  überhaupt, 
eine  behauptung  abschwächt,  mäszigt,  vermittelt:  wenn  regierungen 
sich  ja  mit  angelegenheiten  der  gelehrten  zu  befassen  gut 
finden.  Kant  2,28;  und  wenn  euer  todtes  beer  ja  gegen  sie 
vordrang,  so  flogen  sie  auf  ihren  schnellen  rossen  davon, 
und  tödteten  sogar  im  fliehn.  Ki.opstock  8,191;  über  diesen 
(stein)  aber  wird  noch  gestritten,  ob  er  den  alten  überhaupt 
bekannt  gewesen,  und  kannten  sie  ihn  ja,  so  kannten  sie  ihn 
doch  nur  als  eine  art  des  amethysts  oder  berylls.  Lessimg 
8,  79 ;  was  beweiset  nun  diese  aufschneiderei  hier  für  unsern 
Verfasser?  wenn  sie  ja  etwas  beweiset,  so  beweiset  sie  ge- 
rade das  gegenthcil.  11,121;  seine  chmaligen  freunde,  die 
ätherischen  geister,  wenn  sie  ja  noch  einigen  zutritt  bei  ihm 
hatten,  muszten  sich  gefallen  lassen,  die  gestalt  der  schönen 
Danae  anzunehmen,  um  vorgelassen  zu  werden.  Wieland 
1,2S3(23G); 

hilft  aber  jemand  ja,  so  ist  doch  sein  vermögen 
viel  minder  noch  als  nichts,  wenn  gott  nicht  ist  zugegen. 

Opitz  3,  278; 

Udus  seufl  den  ganzen  tag,  wann  er  drüber  wird  besprochen, 
spricht  er:  einen  halben  tag  hab  ich  mich  am  durst  gerochen, 
drauf  den  andern  halben  tag  pllcg  ich  zuvor  an  zu  saufen, 
wann  mich  ja  des  dursies  trotz  wolte  wieder  überlaufen. 

LooAU  3.  205,  86; 
warum  gebarest  du,  ewigkeit,  ihn?  tmd  muszi  er  ja  werden, 
warum   ward  er  nicht  flnster  und  traurig,   der  ewigen  nacht 

gleich? 
Klopstock  3,  100  (Mets.  2,  803) ; 
fangt  ja  der  wind  in  norden  an  zu  keifen : 
wühl!  «ine  kluge  maus  hat  mehr  als  nur  ein  loch. 

GöKincK  2,  138 ; 
doch  war  an  Wissenschaft,  an  rechtem  sinn 
ihr  keine  beider  tochter  jemals  gleich; 
und  soll  sich  eine  ja  mit  ihr  vergleichen, 
so  hat  Lucretia  gowis  das  recht.    Gotuk  9,  105; 
ihr  sollt  entscheiden,  wenn  mich  ja  zu  Rom 
die  freunde  nicht  vollkommen  überzeugen.    212. 

7)  ja  III  einem  bchauptungssulze,  und  hier  im  gegensali  zu  6 
unbetont,  weist  auf  etwas  allbekanntes,  als  sicher  angenommenes 
hin :  er  wird  ja  mein  heil  sein,  denn  es  koinpt  kein  heuchler 
für  in.  Hiob  13,  lO;  es  ist  doch  ja  unter  der  beiden  goizen 
keiner,  der  regen  künd  geben,  .  .  du  bist  doch  ja  der  herr 
unser  gott,  auf  den  wir  huffen.  Jer.  14,22;  es  würde  mir  lieb 
sein,  wenn  sie  das  manuscript  Herdern  schickten,  denn  c» 
inll  ja  nach  unsern  Statuten,  noch  in  mehrere  hündr.  Scmii kr 


2197 


JA 


JAAFFE  — JACH 


2198 


an  Göthe  1,22;  hierher  tcol  auch  ein  eigenes  ja  bei  J.  P&dl:  er 
verstand  mehr  Wissenschaften  als  der  ganze  hof,  und  ja  mehr 
sprachen,  bis  sogar  auf  die  stimmen  der  nachtigall  und  des 
haLns.  Iksp.  1,  65  {ueiin  hier  nicht  ja  =  sogar  und  zu  no.  4 
gehörig) ; 

du  (Jesus)  bist  ja  umb  uusernt  willen  mensch  geborn. 

Schade  sat.  u.  pusqu.  1,1; 

hier  gehn  wier  oft,  und  schauen  mit  erblassen 

dein  rasen  an.  du  schaumichter  liirkan  .  .  . 

dein  falscher  gruud  der  seichten  uud  der  tiefen 

hat  uns  ja  oft  angst,  bleich  und  uasz  gemacht, 

du  liesiest  uns  ja"  redlich  wohl  vertrielen.    Fi.e«isc  103; 

erdenke  mir  ein  späschen ! 

du  bist  ja  sonst  so  lein.    Bcbcer  5* ; 

der  gute  kaiser  schwebt  in  groszen  sorgen, 

du  kennst  ihn  ja.     Göthe  41,  2()U; 

der  vorsati  ist  ja  der  erinnrung  knecht, 

stark  von  geburt,  doch  bald  durch  zeit  geschwächt. 
Shiihesp.  Hamlet  3,  2; 

es  kann  ja  nicht  immer  so  bleiben 

hier  unter  dem  wechselnden  mond.    Eotzecue  ; 

noch  steigt  in  jedem  dörflein  ja 

dein  beilig  haus  empor.    Uhla:<d  ged.  10. 

in  Verbindung  tnil  einer  erinnerung ,  einem  einururf,  ztceifel, 
bedenken:  Juda  sprach,  sie  habs  ir,  sie  kan  uns  doch  ja  nicht 
schände  nachsagen,  l  Mos.  29, 23 ;  kan  auch ,  ehe  denn  ein 
land  die  wehe  kriegt,  ein  voik  zu  gleich  geborn  werden? 
DU  hat  doch  ja  Zion  Ire  kinder  on  die  wehe  geboren.  Jes. 
C6, 8 ;  so  hängt  ja  aber  die  ganze  metaphysik  wiederum  nur 
an  einem  angel,  da  es  vorher  zwei  sein  sollten.  K.\st  3,329; 
aber  der  vetter  ist  ja  noch  nicht  hier.  Schiller  neffe  als  onkel 
1,9;  warum  sollt  ich  ihn  nicht  kennen!  ich  war  ja  immer 
der  postillon  des  gnädigen  herrn.  1,  U ;  das  kann  ja  nicht 
ewig  dauern.  Kotzebue  dram.  sp.  2, 198 ;  jetzt  bin  ich  ja  auf 
einmal  ein  wackerer  mann.  333;  er  setzt  mir  ja  das  messer 
an  die  kehle.  341 ; .'  ' 

so  kriegte  ja  der  groszknecht,  der  mir  pflügt, 

beinah  so  viel,  als  der  gelehrte  kriegt. 

der  das  besorgt,  was  mir  am  herzen  liegt. 

die  kinder  nützen  ihn  ja  durch  ihr  ganzes  leben. 

Gelleri  1,229; 
doch  was  man  ist,  und  was 

man  sein'  musz  in  der  weit,  das  paszt  ja  wohl 

nicht  immer.  Lessisg  2,  335; 

laszt  ihr  zum  mindsten  den  genusz 

des  süszen  wabas!  er  schaut  aus  seinen  hellen  äugen 

sie  ja  so  sprechend  an.    Wiela:<d  23,115  (Oli.  8, '7j; 

wie  kann  ich  zum  weihe  dich  nehmen? 

ich  bin  ja  entsprossen  aus  adligem  blut. 

nur  gleiches  zu  gleichem  gesellet  siJh  gut; 

sonst  müszte  mein  stamm  ja  sich  schäinen.    Bcbcer  61'; 
uachtm.  meinst  du,  man  bah  uns  ohne  grund 

heute  die  doppelte  löhuung  gegeben, 

nur  dasz  wir  flott  und  lustig  leben? 
tromp.      die  herzogin  kommt  ja  heute  herein  . 

mit  dem  türstlichcn  fräuleiu  —    aachtm.  das  ist  nur  der 
schein. 
Schiller  WaUensl.  lagcr,  2.  auftr.; 

in  andern  ßgungen  ist  ja  nicht  viel  mehr  als  bloszes  füllwort 
geworden ,  immerhin  so  das:  die  bedeutung  des  offenkundigen, 
allbekannten  noch  nachklingt:  aber  menschen  sind  doch  ja  gar 
nichts,  ps.  62, 10 ;  da  ist  er  frölich  worden  und  gesprochen, 
cy  das  verstehe  ich  ja.  äcricola  sprichw.  no.  3"9  in  der  aus- 
legung;  es  scheint  ja,  als  wenn  sie  ihn  vor  einen  absehen 
aller  weit  hielten.  Lessing  12,  7 ;  wissen  sie  aber  gar  nichts 
gewisses  vor  mich,  so  ist  es  ja  besser,  dasz  ich  hier  bleibe. 
10;  es  musz  ihr  ja  gleich  viel  sein,  ob  ich  hier  oder  da 
mein  glück  finde.  11 ;  das  übrige  wird  er  mit  der  zeit  ja 
wohl  aufklären.    Göthe  an  Schiller  1,5; 

das  hab  ich  ja  wol  leiden  müssen.    H.  Sachs  1,  471"  ; 

drumb  die  weil«  (ici'il  xie)  ja  nicht  vermage 

das  sie  mir  mit  geld  abtrage 

solche  schuld,  so  bitt  ich  sere  .  .  . 

P.  Rkbhu:^  bei  TiriBisn  tchausp.  1,45,93; 

sie  bekömmt  wol  meines  gleichen, 

und  auch  ihres  gleichen  ich. 

weil  sie  ja  verdringet  mich, 

so  will  ich  ihr  gerne  weichen.    Fleii:<c  497 ; 

es  sind  gebete  drinn.    wir  nennens  ein 

brevier.    das,  dacht  ich,  kann  ein  Christenmensch 

ja  wohl  nicht  brauchen.  Lessi^c  2,  32t>; 

Saladin.  reit  ihm  doch  entgegen. 

viameluk.  das  werd  ich  ja  wohl  thun !    331; 

arm  närrchen,  versetzt  er,  das  thut  mir  ja  leid! 

wir  wollens  am  alten  schon  rächen!     Birgeb  Cl'. 

8)  ja,  bei  vergleichungen,  im  sinne  von  eben :  so  bald  Lucifer 
diese   zeitung   kriegte,   erschrack    er   anfanglich  ja  so  sehr. 


als  heftig  er  den  menschen  solche  glückseligkeit  miszgönoet. 
Simpl.  2, 12b  Kurz; 

wer  hundert  jährig  stirbet, 

verweset  ja  so  bald,  als  der  so  jung  verdirbet.    P.  FLEaiite  129; 

fürwahr,  den  klugen  feind  musz  man  für  schädlich  halten ; 

doch  ja  so  sehr  den  dummen  freund.    Hagedorn  2,38. 

9)  ja,  distributiv  für  je :  und  der  gemach  waren  auf  jglicher 
seiton  drei,  ..ja  eins  so  weit  als  das  ander.  //«.  40, 10;  und 
forne  an  den  gemachen,  waren  räum  auf  beiden  selten,  ja 
einer  eilen,  aber  die  gemach  waren  ja  sechs  eilen.  12;  (tAr 
sdlt  geben)  ja  ein  larab  von  zweihundert  schafen.  45, 15;  er 
sprach  aber  zu  seinen  Jüngern,  lasset  sie  sich  setzen  bei 
schichten,  ja  fünfzig  und  fünfzig.  Luc.  9, 14;  darnach  sondert 
der  herr  ander  siebenzig  aus,  und  sandte  sie,  ja  zween  und 
zween,  für  im  her.  10,  l ;  denn  so  stehet  der  texl,  Septem  et 
Septem  infusoria  pro  lucernis,  das  ist,  ja  sieben  und  sieben 
kellen  zu  den  lampen.  Lctuer  4,262';  ja  ein  woch  zwen 
Pfenning  kompt  ein  jar  sechs  batzen.  Fischart  groszm.  66. 

JA.\FFE,  wj.  äffe  der  zu  allem  ja  sagt:  es  seind  (es  gilt) 
jaaffen,  Schmeichler,  kutzenstreieher,  niemands  widerstreiten 
in  zorn  (aiunt  aio,  negant  nego).  Reisersbebc  irrig  schaf  23*. 

JABRliDER,  m.  für  einen  der  zu  allem  ja  sagt,  keine  eigene 
meinung  vertritt,     vgl.  jaherr. 

J.\CH,  adj.  und  adv.  schnell,  heßig,  ncbenform  zu  gach  {Iheil 
4*,  1125)  und  gäbe,  gäh,  gäch  (ebenda  1144),  sowie  zu  jähe 
(s.  dort). 

1)  als  adv.,  schnell,  rasch,  mit  ungestüm,  von  heßigen  oder 
stürzenden  bewegungen;  häufig  seit  dem  vorigen  Jahrhundert  bei 
dichtem  norddeutscher  heimat,  später  erst  auch  bet  süddeutschen: 

doch  jach,  wie  windeswirbel  fährt, 
und  rührig  laub  und  staub  empört, 
ward  seiner  lebeusgeister 
verzweiflungsmuth  nun  meister.    Bcrger  52'; 
und  jach  durchzuckte  sie  weh  auf  weh.    62"; 
jach  fahren  tausend  höllenhunde, 
laut  angehetzt,  empor  vom  Schlünde.    71*; 
jach  erhebst  du  dich  von  meiner  seite.    99'; 
rasselnd  stürzt  er;  herbei  sprang  jach  der  glänzende  .Mas.    228'; 
wie  bebt  des  waldstroms  brücke, 
der  tosend  sich  ergeuszt, 
uod  bäum  und  felseustücke 
jach  in  die  tiefe  reiszt.    Mattdissox  ged.  129; 
sie  sprengte  jach  davon.    Joh.  Frieob.  Ki5d  gedickte; 
bringt  ihm  ein  falscher  tritt  gefahr, 
und  vom  gerüste  stürzt  er  jach     Plate:»  60; 
da  plötzlich  wankt  und  weicht  von  seinem  tritt 
ein  stein  und  reiszt  ihn  jach  zum  abgrund  mit. 

L£:<AU  Faust  10; 
und  an  der  morschen  schwelle 
da  fiel  das  fräuleiu  jach  (:  stach).    Uhland  ged.  406; 
da  jach  kommt  leben  in  den  stein ! 

Freilicratu  glaubensb.  ]68; 
so  schafft  er  sich  und  seinem  volke  notb, 
bis  jach  ein  beer  vor  seinem  zelte  scharrte, 
bis  ihm  sein  England  wild  die  stirne  bot.    278; 
als  ausruf: 

doch  schalkhaft  sprach 

ein  dirncheu:  jach! 

dort  fliegt  sie;  tapp  ihr  nach!    Voss  5,278. 

2)  älter  aber  als  adj.,  vornehmlich  in  bezug  auf  seelisches,  ver- 
langen, begierden:  jach,  veheviens,  celer.  voc.  ine.  Iheut.  k"*; 
jach,  jäh  praeceps,  inconsidercUus  Scdottel  1340;  affecten  ge- 
hören zum  gefühl,  so  fern  es,  vor  der  Überlegung  vorher- 
gehend, diese  selbst  unmöglich  oder  schwerer  macht,  daher 
Leiszt  der  afifect  jäh  oder  jach.  Käst  5,235;  deine  wangen 
machen,  dasz  mein  jaches  lippenpaar  sich  sehnt  das  gröbgea 
zu  ergänzen.  Wiedemak.-«  juni  52; 

weil  unterdessen  meint  der  könig  von  Circassen, 
An^elica  sei  lorigerennt  auf  dieser  straszen, 
und  sieht  Orlando  jetzt  uud  Ferrau  heisz  und  jach 
iu  ihrer  schlacbt,  so  rennt  er  diesem  wege  nach. 

D.  V.  D.  Werder  12,  51,  3 ; 

gewöhnlieh  nur  in  der  Verbindung  jach  sein,  während  jäh  attri- 
butiv gebraucht  wird :  die  anschlege  eins  endelichen  (cogitaliones 
robusii  vulg.)  bringen  überflusz,  wer  aber  allzu  jach  ist,  wird 
mangeln,    spr.  Sal.  21,5; 

un^var  der  herxog  nicht  so  jach  (irdre  der  hertog 

W  nicht  so  flink  gewesen), 

er  sandt  ihm  seine  wafTe  nach. 

A.  T.  üroste-HQlshoff  ged.  (1873)  420; 

zu,  auf,  mit  etwas  jach  sein:  ir  füsze  sind  jach  blut  zu 
vergicszen.  Luther  3,  53l';  jach  zum  zorn  sein,  praecipitem  in 
iracundium  ferri  Stieler  676; 

138*  • 


2199 


JACH  — JACHT 


JACHTAUFE  — JACKE 


2200 


und  sei  mit  fordern  nicht  zu  jach. 

B.  Kingwald  laut.  tvmh.  119; 

(die  niigcn)  die  sonst  send  jach, 

zu  sehen  iiach 

allen  üppichen  Sachen I    J.Ayrbr  429»  (2190,18  Keller); 

dem  guten  Me  ich  auch  gar  Taul  und  langsam  nach, 

aufs  l(ös  ich  aoer  bin  geschwinde  Iriscii  und  jach. 

D.  V.  n.  Werder  Ariost  i),2,4. 

am  häufigsten  aber  unpersönlich,  mir  ist,  wird  jach:  so  wird 
inen  so  jach  nach  dem  reich  gottes  und  seiner  hülf,  das 
sie  gleich  mit  gewalt  hinzu  dringen  und  reiszen  es  zu  sich.. 
Luther  1,437";  das  .  .  inen  jach  ist  zum  rauhe,  wenn  sie 
hungern.  3,234";  also  ist  den  schwerniern  auch  so  jach  nach 
der  deutelei  und  gleichnis,  das  sie  dafür  nichts  bedenken 
können.  47ü';  findet  sichs  denn  das  sie  ja  nicht  zu  im  wil, 
so  sol  uns  niclit  so  jach  nach  ir  sein.  4, 47l';  uns  sei  so 
bange  und  jach  nach  irem  concilio.  8,214';  warumb  ist  denn 
vielen  so  jach  gen  hof.  Kirchhof  uendunm.  56";  aber  ihm  war 
so  jach  zur  thür  liinausz.  13S'; 

tu  Christo  hien  sei  jedem  jach.    Murner  schelmemutift  41'; 
bei  KCckert  noch: 

dem  vater  und  dem  bräutigam  wards  allen  beiden  jach.    435. 
JACH,  f.  für  jähe,  eile,  Schnelligkeit  (s.  d.):   zur  wellliciien 
narung  ist  jederman  {dal)  jtzt  jach  und  eile  mit  seinen  kin- 
dern.  Luther  4,440"; 

darunib  wolauf  mit  eil  und  jach, 

wer  niii  uns  wil  der  kumb  hcrnacii.    II.  Sachs  3,3,3*. 

JACH,  foiij.  auch,  für  joch  (s.  d.):  wo  aber  das  durch  einig 
ursach,  wie  die  jach  werc,  zwuschen  der  zeit  nit  entscheiden 
wirde.   urb.  Max.  40. 

JACH,  $.  unter  jähe. 

J.\CH,  JÄCHE,  iiiterj.: 

komm  her,  und  lasz  dich  loben, 

jach,  evoe.  Opitz  3,78; 

recht,  eleleu;  jaha,  jüch,  jäche!  (:  wache).    81. 

JACHEN  ,  rcrb.  fugare,  pellere,  propcllere,  in  fugam  verlere, 
conjicere,  dare,  bei  Stiei.er  876;  sich  mit  einander  jitciien, 
cursu  conleudere.  ebenda;  jachen,  propellere,  in  fugam  vertere 
Steinbach  1,802.  es  kann  zuerst  aus  tvOrlerb.  des  15.  jahrh. 
belegt  tcerden:  fugare  jachen,  jechen  Dief.  250",  und  ist  vor- 
nehmlich oslmitteldeutscJi :  desgleichen  hat  er  den  Carlstad  .  . 
hin  und  her  in  der  weit  gejecht.  Luther  5,489';  solch  zeler 
und  Idulgeschrci  erreget  Cain  sein  gewissen,  und  jechel  in, 
das  im  die  ganze  weit  zu  enge  war.  Mathes.  hist.  von  Jesu 
Christo  1,62.  noch  heute  düringisch,  incisznisch,  schlesisch,  in 
den  bcdeulungen  soicol  haschen,  von  hindern :  die  kinder  jäclien 
sich  auf  dem  iiofe,  als  auch  scheuchen:  jäche  den  hund  fort; 
er  liat  die  hühner  ans  dem  garten  gejächt. 

JACHER,  m.  eilender,  sich  überstürzender,  hastender:  ein 
jücher  giiit  keinen  guten  Jäger.  Schottel  1125';  vgl.  nachher 
jachern.  bei  Stiei.er  aber,  nach  dem  vorhergehenden  verbum 
jachen,  ist  jacher  fugans,  ejrpulsor  876. 

JACHEHN ,  verb.,  frequentalirbildung  zu  jach ,  und  dalier 
pu,eullich  hast  und  eile  malend,  düringisch  ist  es  für  schnaufendes 
laufen,  hetzen  in  gebrauch,  das  kind  jachcrt  lierum,  wenn  es 
sich  dabei  auszer  atem  Iduß;  eben  so  hessisch  jackern  schnell 
reiten,  schnell  fahren  Vii.mar  ISl ;  anderswo  heiszt  jachern  aus- 
grlassen  Idmien :  hernach  ward  ..  sauball  gespielt,  gelacht  und 
prjuclicrl.  Hermes  Soph.  reise  .3,275;  wovon  niederd.  jachtern 
wol  weitergebildet  ül  (obschon  das  letztere  auch  als  frequentaliv- 
bildung  von  jagen  genommen  wird,  vgl.  erjachtern  theil  3,861): 
j:iclilcrn  wild  herumlaufen,  fortwährend  auf  den  beinen  sein 
SciiAJiüACH  93*;  spielend  herumlaufen,  wie  kinder  einander  jagen 
ScHtTZK  2,  IM ;  sonst  auch  schnaufend,  laut  lachen :  ich  l)esuclitc 
^^ie  {die  theegesellschaflen)  den  ganzen  winler,  selbst  wenig  theil 
nclimend,  weil  der  e«ig  mit  aufgcs|ierrlcin  maul  lachende  und 
i;icli((Tnde  frivole  tun  der  ihees  nicht  in  mein  fach  gehfirl. 
fAs-iow  leiten  (is.üi)   ii1. 

J.\(JH(JETAL'KT,  pari,  festinato  ojtere  ab  obsletricf  mpia  luürali 
hnrtns.  Skhz  73'.     vgl.  jucjitaufe. 

J.VCHI.ICH,  adr.  vehementer,  voe.  ine.  theut.  l 

JM'IISEH^,  n.  f///.  unter  jagdseil. 

JN<HT.  f  i)  venntin,  nr6en/?>rm  2U  j.igd,  uil^uf  das  slark- 
I,  jng  (pijl.  unter  jagen)  sich  stützend,  wie  Irarht 
trug,     die  fmnx  ist  schon  im  mitteldeutsch  des  iu.jh. 

'    ' 'I   ItiEF.  610";  renalirus  ein  ding  danz  da 

:  und  hält  sich  noch  viel  sjmler  in  der 


es  i.si  jetzt  eben  umb  die  fasznacht, 

(las  jedcrinan  zeucht  an  die  jaclit.    13.  Waldis  iisop  4,56,28; 

da  liesz  ich  mein  gczelt  und  gieiig  auf  frembde  jacht. 

MoRUOF  Irfitschg  gvd.  (16S2)  307; 
noch  jetzt  in  norddeutscher,  aber  auch  in  süddeutscher  ausspräche: 
jaciil  jagd  aus  Tirol  Fromm.  6, 158,  während  es  nicht  mehr  ge- 
stltrieben  wird. 

2)  jacht,  schnellsegelndes  leichtgebautes  schiff;  aus  dem  hollän- 
dischen jaght ,  jaghte,  jaght-sciiip  navis  triremis  forma  incre- 
dibilis  celeritatis  (Kii.ian),  wie  engl,  yachl,  übernommen:  die 
jagten  seind  eine  andere  arlh  der  spiegel-schiffe,  welche  sehr 
geschwind  segeln.  Böcki.er  int'/;s5c/iMfc  (I66S)  809;  jacht,  wird 
von  den  leichten  Seeschiffen  gesagt,  die  man  zum  verschicken 
iiiaucht.  Frisch  1,481';  man  bestieg  ein  groszes  schönes  wohl- 
ausgeschinücktes  schiff,  eine  der  Jachten  die  einen  kleinen 
saal  und  einige  zimmer  anbielen  und  auf  das  wasser  die 
bequemlichkeit  des  landes  überzutragen  suchen.  Göthe  17,330. 
in  der  Schreibung  jagd: 

früh  .  .  betraten  wir  bereits  die  jagd,  worauf,  als  einem  wasser- 
wagen, 

des  reichen  elbslrohms  breiler  rücken,  uns  nach  Cuxhaven  ber- 
ge tragen, 

um  wiederum  zurück  zu  kelireii.    Brockrs  S,  185. 

JACHTAUFE,  f  nottaufe,  feslinus  et  confusaneus  baptismus. 
Serz  73'.  Luther  sehreibt  jataufe:  in  der  laufe,  .  .  wenns 
gleich  eine  jataufe  ist.  0,84". 

JACHTERN,  verb.,  vergl.  unter  jachern. 

JACHTSCIHFF,  n.  schnellsegelndes,  leichtes  schiff,  jacht. 
Jacobsson  2,301*;  jagdschiff  navis  celox  Stiei.er  1791;  so  viel 
wie  barke:  er  {der  dichter)-  läszt  die  reise  zu  wasser  und  dazu 
auf  einem  jaglscliiffe  geschehen.   Lessinc  .3,135; 

gleicli  eben  ränget  an  das  riünlein  herzusagen, 
wie  sichs  mit  dieser  sach  hah  alles  zugetragen: 
wie  im  jagtschilTe  sie  sich  erstlich  hat  erreit, 
eh  dann  aas  grosze  schilT  der  stürm  zerbrochen  heit. 

D.  V.  D.  Werder  Ariost  24,17,3; 
come  nel  palischermo  fu  salvala, 
prima  ch'avesse  il  mar  la  nave  rolta. 
vgl.  jagschiff. 

JACHZEN,  verb.  für  gackzen,  gackern  {theil  4',  1130):  ob  die 
hflner  jachzen.  Schade  sat.  u.  pasqu.  3,283,1. 

JACHZORN,  «I.  /«r  Jähzorn,  i'f//.  jach /lir  jäh  o6en  s/).  2I9S: 
so  hätte  mich  der  jachzorn  verleitet,  irrgartcn  525;  dasz  ich 
mich  den  jachzorn  nicht  verleiten  lasse.  526;  meinen  jachzorn 
um  so  viel  desto  weniger  miszbilligen.  Felsenb.  2. 392 ;  un- 
glücklicher jachzorn!  Lessing  1,150;  denn  der  plötzlichste 
jachzorn  konnte  mir  auf  Sekunden,  ja  minulen,  alles  bewuszt- 
sein  rauben.  Tieck  5,440; 

ich  trotze  dich  mit  diesem  blute, 
in  welchem  sich  dein  jachzorn  kühlt.    CCnther  202; 
der  mich  verwundet  hat,  vom  jachzorn  angetrieben. 

Caniz  110. 

JACHZORMG,  adj.  und  culv. :  dasz  hastige  und  jachzornige 
leute  nicht  alsobald  böse  leute  sein.  Schippius  292;  wenn 
er  in  gesellschaft  verträglich  und  zu  hause  jachzornig  ist. 
J.  E.  ScHLECEi.  3,365;  der  jachzornige,  mörderische  Achilles. 
Lessinc  6,516;  jachzornig,  hitzig,  unerbittlich.  Rami.er  dichlk. 
d.  Ihr.  45. 

JACINTHE,  f  hyacinthus;  diese  fonn,  deren  anlaut  sich  schon 
ahd.  mhd.  nach  vertust  eines  h  sich  aus  i  gebildet  hat  {vgl.  unter  j 
sp.  20!?6),  findet  sich  noch  im  is.  jahrh.  als  blunienname : 

hier  reicht  mir  die  blaue  jacinthc  den  kelch  voll  bühler  gerüche. 
Chr.  K.  V.  Ki.Kist  (1765)  211  (=  1M)4  I,  |r.,%) ; 

als  Steinname  im  masc:  jacinlh,   edelgeslein  hyacinthus  Maa 
L er  233'. 

JÄCK,  m.  geck,  s.  unter  jeck. 

JAC'K,  wi.  fori'KS  glandarius,  hnher.   Nehnich  2, 1243. 

JAl'KCHEN,  n.  kleine  jacke :  die  icsle  einer  crbärmlii  heu 
leideiischafl  .  .,  die  dich  in  jetzigen  tagen  eben  so  wenig 
kleiden,  als  das  graue  Jäckchen  und  die  liescheidene  micne, 
mit  denen  du  nach  Madrid  kamst  {Carlos  zu  Clavigo).  Cuthk 
10,  105;  ein  knabe,  der  eine  frisirschilrze  unigegürlel  und  ein 
weis/es  Jäckchen  nnhalle.  18,  It2;  zwei  knaben  . .  in  farbigen 
Jäckchen,  die  man  eher  für  aufgebundene  hemdchen  gehalten 
häde.  21,4.  als  narrentrnrht:  im  gründe  hallen  sie  nur  das 
bunte  Jäckchen  und  den  nainen  abgescliafl,  aber  den  narren 
behaticn.  Leskim;  7,  so. 

JACKE,  /".  eng  anliegendti  kurzes  emietkleid  des  oberkürptrt, 
lunica,  Ihorax. 

\)  das  wort   ist  romanisch,   fram.  jariuc  ein  waffenrock  (seil 

,lrni     II      iihili      l„-rti,il      lir,iii     •>    fll'l       ci„jii      i'ii...     1/ 1/     ^'i  11  .1 


2201 


JACKE— JA  CKEL 


JÄCKLEIN  —  JACOBSBRCDER 


2202 


(DiEZ  u'ürterb.  1,2U),  geht  aber  wolj  trotz  dagegen  erhobenen 
Zweifels,  auf  das  ahd.  scecho  stragulutn  (Graff  6, 416)  zurück, 
das  sich  im  mhd.  schecke,  scbcgge  diplois  fortsetzt  und  noch 
jetzt  im  Bregenzer  walde  ein  buntes  Icderkleid  der  saumknechte 
bezeichnet  (Schh.  2,  367  Frotnm.).  die,  an  die  franz.  schrißform 
angelehnte  form  jacke  begegnet  zufrühest  niederdeutsch  und  nieder- 
rheinisch als  wattierter  wafjenrock:  diplois  jacke  Dief.  1S3'.  nov. 
gloss.  136"  {von  141T),  mit  g  für  j  (vgl.  th.  i\  1109)  ein  gacken 
DiEF.  1S3';  cento  ein  gacke,  tomeuto  rcfertus,  ut  ictus  patialur 
Tnocnus  M5'  unter  den  rüstungsstücken ;  nährend  ein  Nürnberger 
rocr.bular  von  14S2  die  deutsche  und  romanische  form  neben  ein- 
ander bringt :  diplois iacke,  jecke,  Scheck  Dief.  a.a.O.;  niederl. 
jack  thorax,  diplois,  lorica  Kii.iax,  engl,  jack  und  jacket. 

Ein  nachklang  dieser  bedeutung  ist  es,  wenn  jacke  später  für 
das  kleid  des  Soldaten  steht,  in  gewissen  formelhaßen  Wendungen : 
einen  in  die  soldatenjacke  stecken ;  obgleich  unser  dienst  sehr 
Jäszlich  ist,  und  ich  in  Bologna,  wo  ich  in  garnison  stehe, 
meiner  bequemiichkeit  vollkommen  pflegen  kann ,  so  wollte 
ich  doch  dasz  ich  diese  jacke  los  wäre.    Güthe  27, 177. 

2)  die  jacke  ist  auch  tracht  der  bauern  und  geringer  leide, 
Kii.iAN-  führt  als  niedersächsisch  und  friesisch  an  jacke  praetexla 
toga,  veslimentum  qnod  tunicae  superinducitur;  supparus,  sup- 
parum;  endromis,  vestis  rudis  aut  villosa;  gallica  palla;  tunic-a; 
und  bei  Steinbach  1,801  jacke,  ein  gemeines  bauerkleid,  als 
volksmäszig,  also  schlcsisch; 

so  schmutzig  als  er  da 
in  seiner  jacke  steht,  mii  ungekämmiein  haar 
und  ohne  schuh.  Wiklamd  IS,  148. 

vgl.  bauerjacke. 

3)  auch  männliche,  wie  weibliche  tracht  anderer  stände,  etn 
theil  der  hauskleidung  (vgl.  unter  jäcklein  eine«  beleg  aus  dem 
16.j7i.):  jacke,  foeminarum  amiculum  manicatum,  ..  gefütterte 
jacke,  amiculum  pelliceum  Stieler  892;  eine  wcisze  jacke,  so 
rein  als  ein  advocatengewissen.  Kotzebce  3,355; 

festlich  prangte  der  greis  in  gestreifter  kalmankener  jacke. 

Voss  2,  268. 
arbeitskleidung,  vgl.  matrosenjacke,  stalljacke. 

4)  die  bunte  jacke,  das  kleid  des  harlekins,  vgl.  buntjacke, 
auch  hanswurstjacke,  harlekinsjacke;  die  recension  wird  also 
eine  rechte  harlekinsjacke  werden.   ScHiLr.ER  an  Göthe  1,127. 

5)  sprichwörtliches  und  rcdcnsarten.  einem  was  in  die  jacke 
werfen ,  donis  aliquem  corrumpere ,  oppugnare  pecunia ,  fidem 
muneribus  labefactare  Stiei.er  892;  es  ist  besser  dasz  ich  dem 
affijcaten  etliche  Ihaler  vor  seine  hülfe  in  die  jacke  werfe. 
causenmacher  76 ;  dasz  ich  dem  herrn  ephoro  und  regierenden 
bürgermeister,  jedem  etwa  ein  dutzent  thaler  .  .  in  die  jacke 
würfe.  Felsenb.  2,43;  einem  die  jacke  voll  machen,  einen  be- 
trunken machen,  voll  trinken,  ebrium  reddcre  Frisch  l,4St';  sich 
die  jacke  voll  schlagen,  sich  voll  essen;  einem  die  jacke  voll 
lügen,  schlagen,  einen  tüchtig  belügen,  schlagen;  das  ist  eine 
alte  jacke,  eine  alte  geschichte;  es  ist  jacke  wie  hose,  beides 
gleich;  birnenschnitzc  in  der  jacke,  ungeschält: 

hier  in  diesem  gröszern  sacke 
birnenschnitz  in  ihrer  jacke, 
brauchbar  doch  auf  jeden  fall.    Rückert  227; 
vgl.  engl,  potatoes  with  their  jackets,  kartoffeln  in  der  schale.    \ 

6)  jacke,    bekleidung   der   hunde  beim  schweinhetzen.    Frisch    | 
1,4S1'.  ' 

JACKE,  f  corms  monedula,  die  dohle.   oberdeutsch.   Nemnich    i 
2,1245.     vgl.  gacke  4*,  1128. 

J.\CKEL,  J.\KEL,  eine  der  koseformen  des  eigennamens  Jacob, 
wie  Hans  in  allgemeinere  Verwendung  gekommen,  vgl.  Wacrer- 
NACEL  kl.  sehr.  3, 102/".     es  bezeichnet 

1)  einen  beliebigen,  irgendjemand,  mit  niedrigem  nehenbegriff ; 
in  sprichwörtlichen  Wendungen:  aber  wan  wir  nun  das  vatter- 
land  bedienen  und  berathen  sollen,  da  stehen  wir  an:  da 
sehen  wir  allererst,  wo  Jäckel  in  den  höhnen  gesessen,  wann 
sie  nun  sind  auszgelochen.  Philamder  2,13;  das  heiszct  dann, 
wie  in  nechster  vorrede  geandet,  Hans  hienuber,  gans  her- 
über. Jäckel  bienausz,  Jockei  herein ;  gans  ubers  meer  und 
wider  heriiber.  s.  Iso,  in  Zusammensetzungen:  hurenjitckel, 
schmirjSckel,  taubenjäckel  (Schm.  1, 1204  Fromm.),  wo  es  einen 
'luf  etwas  närrisch  erpichten  ausdrückt. 

1)  einen  bauren,  bauerburschcn :  {Grandgosier,  bei  Jahrmärkten) 
fochtelt  mit  den  bauren  herumb,  stach  inen  die  kannen,  hiifen 
und  krüg  zum  köpf,  jagt  den  Jäkel  mit  dem  karreninesser 
vom  kcgelblatz,  trug  im  die  Kett  (Käthe)  von  der  seilen. 
Garg.b\^;  auch  einen  verächtlich  dummen  menschen:  ein  armer 
Jecke!  und  ascherprödel  oder  aberscl.  Mathksius  Sar.  53*.    so 


brauclU  Lcther  Jäckel  verächtlich  in  bezug  auf  einen  unfähigen 
Prediger,  der  Jacob  heistt:  immer  weg  mit  diesem  Jäckel.  5,174; 
ich  bin  meins  theils  aus  dem  bericht  über  die  masze  auf  den 
Jäckel  unlustig  worden,  das  er  so  mit  faulen  zoten  umgehet. 
ebenda; 

sie  (die  frau)  sol  den  man  für  keinen  lapen 

Jäckel  halten  oder  tiltapen. 

meisterges.  vom  j.  1608,  Berliner  liandschr. 
einen  narren:  bist  du  auch  ein  Jekel,  so  thue  es  auch.  Lotber 
4, 165';  einen  sticht  der  Jeckel:  in  Reinbeck  stach  die  nonnen 
der  Jeckel,  dasz  priörin,  subpriörin  und  der  ganze  convent 
1528  ihr  kloster  .  .  verkauften.  Biernatzei  schleswig-holstein. 
Volksbuch  1S46  s.  159. 

3)  eine  ausgestoppe,  an  stricken  gezogene  menschen figur  hiesz 
Jäckel,  Jäckel.    Schm.  l,  1204  Fromm. 

4)  gerätname:  eines  groszen  Schmiedehammers  und  eines  grosz- 
bauchigen  kruges.  Schm.  a.  a.  o. 

vgl.  auch  Jäcklein,  Jockei. 

JACKLEIN,  n.  kleine  jacke,  parrum  amiculum  Stieler  892: 
leibröcke  oder  jecklin  von  dammaschken,  seidenatlas,  doppel 
karlek.    Leipziger  sladto?dn.  1544  ß2*. 

JÄCKLEIN,  koseform  des  namens  Jacob  (s.  Jäckel);  als  be- 
zeichnung  von  schelmen:  ir  lose  grattel-jäcklein  laszt  Hin  kein 
rhu.  Garg.  116' ;  von  narren  : 

sioszi  an  gecken  Jecklins  garten 
die  sauw.     Murser  tutli.  uarr  216. 

JACOB,    unter  den  trägem  dieses  eigennamens  ist  der  heilige 
zu  Compostella  berühmt,  zu  dessen  grabe  man  auch  aus  deutschen 
landen  häufig  wallfahrtet  (vgl.  Jacobsbruder): 
um  viägte  da  der  msere,  .  . 
wie  dicke  er  (äcr  haushen)  hin  ze  Hörne  quam 
saute  Pöier  ze  lobe, 
uiit  ze  sancte  Jäcohe.    Amis  1250; 
hernach  folget  nun  sant  Jacob 
genant  zum  Compastel, 
da  laufen  die  narren  mit  häufen  auf  .  . 
der  narren  der  sind  viel. 

flieg,  btatt  vom  nutz  der  walfarten 
(ca.  1550—1560); 
zum  an^dren  bab  ich  globet  mer 
mich  zum  helgen  sant  Jacob  fer  Cfern) 
dort  in  Spanien  gon  Compaslell.    Wiciram  bilg.  Q4»; 
der  lebend  (pilger  fübrl)  kelch  und  jakobssiab, 
und  muscheln  von  sanct  Jacobs  grab. 

Fischart  dicht.  1,  154,  844  Kurz  ; 
die  wallfahrt  dahin  ist  lang  und  mühselig  (sie  beschreibt  das 
Jacobslied  bei  UnLANO  volksl.  798-803),  daher  für  weite  entfcr- 
nungen  sprichwörtlich  sanct  Jacob  ist:  etlich  fliehen  zu  hitzig, 
weit  für  ir  hüttlin  hinausz  ...  als  so  eiin  ein  hausz  brenne 
und  er  darausz  flöhe  bisz  zu  s.  Jacob,  dieweil  im  das  hausz 
verbrenn,  er  sol  berausz  laufen  blosz  darfür,  und  löschen, 
nit  darvon  in  ferre  land.  S.  Frank  sprichw.  2,63'; 
mit  körb  ein  esel  dflt  bewaren, 
als  weit  er  lii  sant  Jacob  faren. 

ÜRAfiT  narrensch.  63,  72. 
wahrscheinlich  knüpft  an  diesen  heiligen  auch  die  redensart  an 
das  ist  der  wahre  Jacob:  man  dachte,  diese  wäre  der  wahre 
Jakob  unter  den  weibern  und  keine  bessere  gäbe  es  in  der 
weit.  G.Keller  leute  von  Seldwyla  1,51;  indem  die  pilger,  die 
die  mühselige  reise  nach  Spanien  unternommen  hatten,  auf  leichter 
zu  erreichende  gräber  anderer  gleichnamiger  heiligen  mit  gering- 
schätzuug  sahen  und  sie  ah  ihrem  heiligen  ebenbürtig  nicht  gelten 
lieszen. 

JACOBINERTAUBE, /■.  columba  cucullata,  haubentaube,  knppen- 
taube.  Nemnich  2,1128;  we^en  ihres  kopfschmuckes  den  prcdiger- 
mönchen  verglichen,  die  in  Paris,  von  der  gassc  worin  ilir  klösler 
liegt,  und  dann  auch  allgemeiner  Jacobiner  hieszen. 

JACOBSAPFEL,  ni.  paradiesapfel ,  johannisapfel ;  auch  eine 
Sorte  weiszer  kartoffeln,  welche  in  der  mitte  Septembers  zur  reife 
kommt.    Nesinich. 

JACOBSBIRNE,  f  eine  frülizeitige  gute  birnsorte,  perlbirne. 
JACOBSBLUME,  f  senecio  jacobaea,  jacobskraut,  zehrkraut, 
spinnenkraut;  senecio  elegans  die  schöne  Jacobsblume.  Nemnich 
4,  1278.  1279. 

JACüBSRRL'DER,  m.  Wallfahrer  nach  dem  grabe  des  heiligen 
Jacob  zu  Compostella.  ihr  zeichen  ist  der  muschelschmuck  ihrer 
kleidung:  in  solchem  edlen  freien  Studentenleben  behenkten 
wir  uns  mit  mehr  huren  als  die  Jacobsbrüder  mit  muscheln. 
gantz  new  eingerichteter  ..  Simplicius  Simplicissimus  (i67t)  458; 
atich  mit  donselhcn  {liuten)  so  behenkt 
wie  mit  muscheln  ein  iakobshruder. 

FiscuART  dicht.  1,  130,  265  A'urr. 


2203 


JACORSEULE —JACOBSSTERN 


JACOBSSTRASZE  — JAGD 


2204 


ßr  pilger  fiherhaupl:  und  gedenken,  das  wir  fremltde  pilgrim 
und  wandersleute  oder  jarobsliriider  in  dieser  weit  sein. 
Mathes.  .Syr- li  öl';  ßr  rafiabund,  lierunislreicher.  Frisch  1,482': 

ii;li  lierlterp  viel  selisampr  knalipii, 

heller,  jacohslirfidor  iiml  spiizliulien, 

Jiroiner,  laiulUartT  in  ineiiier  suil)en.     11.  Sachs  3,  3,  30'. 

JATOBSELLE,  f.  pltalarna  jacohara,  jacobsmoUe.  Nemnich. 
JACOBSFISCH,  «1.,   plur.  -lisclie,  gesclienk  an  gründlingen, 
«r/(7iM  am  jarobslage  ron  ßsclicrinunngrn  oltrigkcitliclien  fersnnen 
gebracht  triid.     in  Obersaclisrn.  Adei.unc. 

J.VCOItSHOI.Z,  J>.  Salix  amtjijdalina,  ffiraichweide.  Nemnicii. 
JACOÜSKLEF.  m.  hlns  jarobarus. 
JAl'OnSKUAUT,  n.  sonfcio  jacohura,  jacobsblume : 
('oriier  siplin  in  einem  ränge 
die  gewiirlis,  an  deren  blüt 
man  an  ilircü  siengels  siango 
recht  als  kleine  stralen  sieht, 
die  rings  in  der  runde  schieszen, 
und  aus  einem  mittel  snrieszen ; 
wie  man  dicsz  am  janohskratit, 

gemsbhim  und  der  gciszwurz  schaut.     Prockes  0,132; 
auch  othona  rliririfolia  und  rineraria  sibiriaca  lieiszen  so. 
JACOnSLAUCH,  m.  ivas  jacoliszwilrel. 
JACOIJSLEITEH.  f.    1)  die  leiter  die  der  patriarch  Jacob  nach 
i  Mos.  2^,  12    ron    der   erde  in    den  himmel  sich  erstrecken  sah, 
rg/.  liimmelslciter  sf.  1350:  und  ist   dannocli  scliier  «ar,  dasz 
die   posaun    am  jüngsten   tag   werd    eine  groszc  glork  sein, 
daran  alle  engel  stürm  läuten  werden,   und  das  sail  daran, 
wird  sein  von  eitel  liarfüszer  corden,  so  wie  die  jacobsleiler 
sich  in  liimmel  erstrecken  wird.  Garg.  ibi'; 
ihr  Hellen  cngelein, 

icli  sfhiummr  auf  diesem  harten  stein, 
laszt  mich  die  jacolisleiter 
im  träume  sehen.    Kotzebüe  dram.  sp.  2,  28t. 

2)  natne  der  pflanze  polemonium  coeruleum,  auch  himmcls- 
leiter,  blaues  speerkraut.  Nemnich  4,1021. 

JACOnSLILIE,  /".  amaryllis  formosissima.  Nemnicii   1,220. 

JACOBSMANTEL,  »i.  manlel  eines  jacobsbrudcrs :  manclis 
ding  schickt  sich  fein,  wie  ein  muschei  auf  ein  jacohsmantel. 
Lehmann  Ol;  oflcrmal  ist  ein  ding  beigeflickt  wie  ein  muschei 
auf  ein  jacohsmantel.  100. 

JACOBSMOTTE,  f.  phalaena  jacobaea,  jacobseule. 

JACOBSMLSCHEL,  /".  muschei  wie  sie  die  pilger  nach  sl.  Jacob 
tragen,  es  ist  darunter  eine  besondere  seemuschelarl  verstanden, 
ostraea  jacobaea  (Nemnich  4,  Sil)  oder  auch  pecten  maximus, 
die  holländisch  st.  Jacobs  schulp  heisit:  die  jacohsmuschelen, 
pectines  Maai.er  2.33';  mit  inönchskappen ,  harfüsergürtcln, 
jacohsmuscheln.  Fisciiart  bienk.  104*. 

JACOBSNAHZISSE,  f.  amaryllis  formosissima,  jacobslilie. 

JACOBSBITTEB,  wi.  mitglied  des  rillerordens  vom  heil.  Jacob, 
in  Spanien  und  Holland. 

J.\COBSSTAB,  m.  i)  slab,  vie  man  ihn  dem  aposlel  Jacobus 
major  beilegt  und  u-ie  ihn  darum  die  pilger  nach  seinem  grabe 
tragen:  muschcln  und  jacobsstäb.  Fischart  bienk.  29'; 

der  zebend  {.fiHgfr  führt)  kelch  und  jakobsstab. 

diclil.  l,  154,  813  hurt. 

2)  verborgene  viaffc,  in  einem  pilgerstab  versteckter  dolch  oder 
degen :  jaciihssla}),  verborgen  wehr,  dolo  Fbischlin  453. 

3)  nach  der  ähnlichkeil,  ein  instrumenl  das  die  Schiffer  zur 
see  brauchten,  um  die  höhe  der  sonne  und  der  Sterne  zu  messen, 
mnth.  lex.  (1747)  1,  6S4. 

4)  ein  Sternbild:  jacobsslab  oder  die  heiligen  drei  künig, 
Orionis  cingulum  Maaier  233*;  Orion  ist  das  helle  gcslirne 
gegen  mittag,  das  die  bauren  den  Jacobsstab  heiszen.  Bind- 
sEiis  bibel  7,501   (glosse  zu  Hiob  9,9).     * 

f.)  jacobsstäb,  die  narzisse.  Hohherc  3,1,486*.  vergl.  oben 
jacobslilie,  Jacobsnarzisse. 

JACOBSSTECKEN,  m.  stab  der  pilger  nach  tt.  Jacob,  und  in 
einem  solchen  angebrachte  verborgene  Stichwaffe,  v>il.  Jacobsstab  2, 
auch  unten  unter  jacobsslrasze :  der  jacolissläcken,  ein  lieim- 
licher  tolch  oder  sticher,  dolon  Maai.er  233*;  ein  jacobs- 
slerken  dolo  Jumls  nomencl.l'yi ;  unter  bösartigen  waffcn  werden 
aufiezählt  dolchen  die  von  einander  springen,  wann  nians 
bei  dem  lieft  truckt,  zwei  rapir  in  einer  scheiden,  halbhawer, 
krommort,  poniart,  weidner,  hcsscn,  morlpfrimcn,  jacobs- 
M'  «r,   dollcn,   «chwertpfrimcn ,    und  andere  der- 

g''  Hlcrer.  Garg.  IIS*. 

J\"  «M.^^iKBN,  m.  bezeirhnung  Christi  (mit  beiug  auf  i  Mos. 
2»,  17'  e«  wird  ein  «lern  nu»  Jacob  aufgehen): 

und,  wie  er  un«er  w»r  in  »einer  »climnch  und  pcin, 

to  räumt  er  im  Iriiimph  «Ich  unn  zu  ciKen  «In. 

d«r  tnildc  j.icobiiicrn.      ScixtiTtt  bei  Ltusing  h,  270. 


JACOBSSTRASZE,  f.  l)  slrasze  nach  st.  Jacob  von  Composlell: 
dasz  auf  Sambier  und  Jacobsbrüder,  die  lange,  schaipfe  und 
ungcbürliche  eisen  an  iren  pilgramstäben  tragen  und  das 
almuesen  nil  auf  st.  Jacobs-straszen  sunder  vom  weg  suechen, 
fleiszig  gesehen  werde,  tirol.  landesnrdn.  ron  1(>03  bei  Fromm. 
0,158;  in  weiterem  sinne  eine  in  die  ferne  führende  strasze: 

sie  konten  wo!  bolleren  alle  lieid, 

Lumpus  auf  der  .sackpli-iron  west  liesclieid, 

so  kont  wol  schlagen  I.eckus  die  qiiiiueren. 

darmil  zogen  sie  aul  sant  Jacobs  strasz  (in  diT  wrtl  herum). 
GöDKKK  H.  TiTTMAisN  Ucilorh.  383,28. 

2)  die  milchstrasze :  s.  Jacobs  straasz  lacteus  circulus  Maai.er 
2.33*;  jacobsslrasze  am  himmel,  via  lactea,  lac4eus  circulus 
Steinbach  2,  736. 

3)  ton  einem  langen  fleck  auf  dem  tisciUuche :  cssein  etliche 
die  fressen  gleich  wie  die  siiw,  und  nemmen  mehr  in  löffel 
oder  auf  den  schnitten,  weder  darauf  mag,  machen  also  ein 
jacobsstraszen  auf  dem  tischtiich,  welches  dann  ganz  unhöff- 
lich  und  undctig  stehet.    KEisERsnniic  narrensch.  50". 

JACOBSTAG,  m.  ein  dem  heil.  Jacob  geweihter  tag  (Jacobus 
major  d.  25.  aug.). 

JACOBSTBAIJBE,  f.  eine  gegen  ende  august  reif  werdende 
traubenart  ron  runden,  schwarzen,  gcwHrzhajten  beeren.  Nemnich. 
JACOBSWEGWEISEH,  m.  eigentlich  Wegweiser  nach  st.  Jacob, 
ins  ferne,  ungewisse;  die  bereiter  nennen  so,  wenn  ein  hinkendes 
oder  buglahmes  pferd  beim  parieren  den  einen  fusz  fort  setzt  oder 
schildert.  Jacorsson  6,  14t'. 

JACOnSWlESE,  f.  einhaltige  oder  einmähige  wiese,  die  um 
Jacobi  gemäht  wird. 

JACOBSVVIBT,  »1.  will  der  die  jacobsbrüdei- beherbergt ;  daher 
beltetwirl,  wirl  für  arme  leute:  der  kuedieb  spricht  zum  bellel- 
wirdt 

du  magst  wol  ein  jacobswirt  sein, 
wer  mag  fressen  dein  plinning  wi'irst, 
dein  sawr  hier  trinken  wenn  in  dürsl. 

II.  Sachs  3,  3,  29^ 
darnach  man  ander  wirtb  auch  find, 
die  man  nennt  jacobswirih  allein, 
verwessert  ist  ir  hier  und  wein.    4,3, 5G'. 

JACODSZWIBEE,  f  allium  schoenoprasum,  binscnlauch,  Schnitt- 
lauch, und  aUtum  ftstulosum,  hohllauch.  Nkmnich   1,  187.  181. 
JAGBAB,  adj.     l)  was  gejagt  werden  kann,  mlid.  jagebare: 

ich  sprach:  hastu  gesehen 

daj  ich  da  jage,  ist  ej  jagfba're?    Labkr  181: 

nhd.  vom  hirsch,  wenn  er  acht-  oder  zehenender  ist:  ein  hoher 
und  jagbarer  hirsch.  Schottei,  326';  vergl.  unten  jagdbar. 

2)  bei  Stiei.er  875  aber  in  anderm  sinne:  jagbar,  renaticus, 
renatorius,  potestatem  vennndi  habens,  mit  jagbarkeit,  jus  renandi, 
hohe   jagbarkeit ,    poteslas   insectandi  et  capiendi  majores  feras, 
nieder  jagbarkeit,  facultas  feras  minores  capiendi. 
JAGD,  f.  s.  Jacht  2. 
JAGD,  f  vennlio. 

1)  während  die  seltene  form  jacht  (oben  sp.  2199)  als  nomen 
actionis  an  ein  weit  verbreitetes  starkes  jagen,  jug  (rergl.  unten 
f/»i<(T  jagen)  anlehnt,  gehl  p^d,  (iV/cr  jaget,  auf  schuachformiyes 
jagen ,  ahd.  j.igon  und  das  ron  diesem  gebildete  subst.  mhd. 
jagÄt,  jagit,  jaget  zurück,  welches  verschiedener  bedeulung  und 
verschiedenen  geschlechts  begegnet ;  o/s /t-m.  jagdt,  jaget,  jagd  auf 
den  feind,  Verfolgung: 

die  (Unqrrn)  milchten  vlielien  sunder  danc : 

manc  biderbe  rilter  si  des  Iwanc. 

\'\\  der  jagöi  wart  gescit  .  . 

da;  der  liirste  w.rre  erslagcn.    fronend.  529,  17; 

lieide  an  dem  strite  und  an  der  jaget 

eiitwurchten  sie  die  beidenschaTt.    lift.  chron.  1I.')0. 

als  masc.  der  j;iid  Scmm.  1,1201   Fromm.;  am  hdufißten  jedoch 
als  neutr.,  wie  das  masc.  in  der  bedeutung  jagd  und  jagdbeule : 

dl)  wart  sin  jagt  da;  riebe     wol  den  Ruregonden  kunt. 

iV(7/.  142.  6,  4  /.■irncke; 
nasdirrt   venabulum  jagent    Dief.  OtO*,     und    zerdehnt  jacheit 
ebenda ;  oft  mit  vocahsicrung  der  gulturalis  jeit,  jaid : 

da^  jeit  was  ergangen,  unde  doch  nibt  gar.    Kib.  S»8.'),  Ij 
welche  form  noch  lange  dauert  (vgl.  auch  gejaid) :   jaid ,  jaigd, 
jagung,  venntio,  renaculum,  vu!g.  jagt  voc.  ine.  theul.  k  7' ; 
wann  ich  halt  niiih  nach  jagers  sitten 
heut  nni  koMiglicIiiMi  jaid  verriiten 
einer  bindin  nach  Im  walt  da  binden. 

II.  Sachs  3, 1  2.3\ 
weil  ir  mit  auf  da«  jid<l  binaiisz? 

J.  ArrntK  179»  (S92,  |]  Keller), 
das   früher  seltene  fem.  erlangt  seit  dem  Ifi.  jahrh.  die  herschaft 
in  der  tehriftsprarhe ,  es  war  wol  längst  mitteldeutsch:   da  kam 
F.^nu  voll  seinerjaget.  t3/oj.  27,  30;  der  ein  thier  oder  vogel 


2205 


JAGD 


JAGD— JAGDBACER 


2206 


fehet   auf  der  jaget.   3  3/05.  17, 13.     Dasvpüuiüs  und  Maaler 
aber  verzeichnen  es  noch  nicht;  ersterer  hat  dafür  jagung,  venutio. 

2)  jagJ,  die  weidmännische  Verfolgung  und  erlegung  des  wildes. 

a)  souol  im  allgemeinen,  als  beschäftigung,  kunst  oder  geuerbe, 
und  hier  ohne  plur. ;  man  Iheilt  sie  m  hübe  und  niedere  jagd 
{auf  groszes  und  kleines  wild),  letztere  auch  der  kleine  jaid 
(SciiM.  1, 1201  Fromm.),  wie  sonst  kleines  weidwerk;  auch  mittel- 
jagd  (an  etlichen  orten,  darzu  rehe  und  frischlinye  gezchlel  werden) 
öcon.  lex.  1107;  es  heiszt  der  jagd  ergeben  sein,  von  derjagd 
leben;  volker,  die  nur  von  dem  leben,  was  ibnen  die  jagd 
gewährt;  die  jagd  auf  löwen,  baren,  birsche,  hasen,  walrosse, 
Walfische;  die  jagd  lernen,  sich  derjagd  widmen;  weil  er 
tleiszig  auf  der  jagd  gewesen.  Ernst  histor.  bilderhaus  2  (iCSd), 
85S;  die  jagd  gebt  auf,  wird  eröffnet,  was  gewöhnlich  am  l.  sept. 
geschieht;  sie  hatten  ..durch  tbäler  und  Schluchten,  wie  auf 
gewaltsam  hetzender  jagd,  den  geraden  weg  ..  genommen. 
GÖTHE   15,321. 

b)  im  einzelnen  falle,  eine  jagd,  plur.  jagden ;  es  heiszt  eine 
jagd  halten,  anstellen,  eröffnen,  schlieszen,  abblasen ;  auf  die 
jagd  gehen,  auf  derjagd  sein;  es  geselleten  sich  ein  rind, 
ziegen  und  schaf  zum  lewen,  und  zogen  mit  einander  auf  die 
jaget  in  einen  forst.  Luther  5,271*;  zu  Winterszeit  soll  man 
die  jagt  urab  mittag  anstellen.  Sebiz  ftldb.  575;  so  bald  du 
von  der  jagt  kompst.  5S1 ;  begab  sich  einsten  mit  wenig 
leuten  auf  die  jagd.  Ernst  histor.  bilderh.  2,  S60;  wann  sein 
herr  lustig  war  und  etwan  auf  die  jagd  reiten  . . .  wolte. 
ScHUPPics  40;  ich  will  ein  paar  stunden  auf  die  jagd  reisen. 
Gellert  4, 364 ;  man  musz  oft  die  jagd  abblasen ,  ob  man 
gleich  nichts  gefangen  hat.  Simrock  sprichw.  273;  der  sanct 
Hubertustag,  . .  an  welchem  der  fürst  . .  die  jährliche  grosze 
jagd  zu  veranstalten  pflegte.  Immermann  Münchh.  l,  177 ;  so 
werde  ich  die  jagd  morgen  mitmachen.  178; 

der  löwe  ging  mit  seinen  freunden, 

dem  tiger  und  dem  bär,  friedselig  auf  die  jagd.    Gleiii3,373; 

dich  reizt  nicht  mehr  der  jagden  muntre  lusc. 

Schiller  braut  von  Mestina  v.  639; 
auf  des  hochlands  bergigten  beiden, 
wenn  die  tobende  jagd  erscholl.    Maria  Stuart  3,1; 
im  wilden  drang  der  jagd.    Götuk  9,  254; 
willkommen  zu  der  edlen  jagd  (:  behagt).    Dcrger  70'; 
die  jagd  war  aus;  ich  sprengte  hin  und  her; 
umsonst!  da  war  kein  keiler'mehr.    104'; 
mit  hörnerschall  und  lustgesang, 
als  ging  es  froh  zur  jagd  (:  schlacht).    112*; 
kam  über  mich  der  friede 
nach  mancher  stürmischen  jagd  (:  magd).    Uhland  ged.  374; 

jagd  machen  auf  ein  wild ;  der  hund  macht  jagd  auf  den  hasen ; 

den  eher  fliehn,  bevor  der  eher  nachsetzt, 

das  heiszt  den  eber  reizen,  uns  zu  folgen 

und  jagd  zu  machen,  wo  ers  nicht  gemeint. 

ShaUesp.  Richard  Hl,  3,2; 
SO   möchte   man   irr  werden,   und  also  die  jagt  verhindern. 
Sebiz  G33. 

Composüa  sind  gebildet  nach  der  thiergattung  die  gejagt  wird 
(hären-,  enten-,  fuchs-,  hasen-,  löwen-,  tigerjagd  u.  a.),  oder 
nach  der  art  des  Jagens  (bei-,  hetz-,  kuppel-,  mit-,  parforcejagd 
und  andere). 

3)  jagd,  die  jagenden,  Üieilnehmcr  an  einer  jagd:  seine  jagd 
ging  über  unsere  felder,  und  verwüstete  die  erndte.  Klixcer 
3,112;  also,  beorderte  der  fürst,  musz  die  jagd  sich  auf  diese 
Seite  ziehen.  Göthe  15,  321 ; 

hört  er  (iler  hirsch)  im  nahen  husch  ein  jägerborn  erschallen, 

sieht  eine  jagd  von  dem  gebirge  fallen.    Gleix  3,316; 

ein  Starker  trupp  von  reitern,  welcher  sich 

durch  zulall  von  der  jagd  getrennt  gesehn.    Göiuk  9,  2SC; 

seid  ihr  gewisz,  dasz  uns  die  jagd  nicht  folgt? 

Uti(/f/is.  äie  jagd  ist  dort  hinaus.    Schiller  Teil  3,  2. 

die  wilde  jagd,  das  wütende  heer,  vergl.  mythol.  872;  in  freierem 
sinne  (vergl.  unten  7): 

Wetter  auch !  wo  ihr  nach  uns  fragt, 
wir  heiszcn  des  Fricdlanders  wilde  jagd, 
und  machen  dem  nameu  keine  schände. 

Schiller  Wallenst.  tager,  6.  auflr.; 
das  ist  Lützows  wilde,  verwegene  jagd.    Körmbr. 

4)  jagd,  der  ort  des  Jagens,  Jagdrevier:  es  sein  zwei  für- 
nemme  stuck,  welche  innsonderheit  ein  erbgut  zu  ziien 
pflegen,  schöne  jagten  und  herrliche  fischereien.  Sebiz  464; 
derjenige,  welcher  mit  seinen  jagden  an  einen  andern  gränzet. 
GöcMiiAL'SEN  not.  ven.  263. 

'')  jagd,  das  jtigdrecht:  so  ^ind  doch  etliche  wildmcister . . 
■  '  rniaszen  gewisseiilosz,  dasz  sie  mannichen  landsassen  nicht 


allein  umb  die  jagt,  sondern  auch  umb  die  mast,  hut,  Irifl 
und  ganze  forstgerechligkeit  bringen,  wiewol  ers  mit  warheit 
befugt  ist.  LöuNEYs  regierkunst  (1679)  371*;  die  hohe  jagd,  .. 
da  man  die  hirschen  fällen  darf.  Frisch  1, 4s3',  ebenda  in, 
diesem  sinne  mittel-jagd,  niedre  jagd  (cerscitieden  von  oben  2); 
die  niedere  jagd  war  mit  dem  echten  eigenthum  verknüpft. 
Moser  osnabr.  gesch.  1,361;  die  jagd,  eine  jagd  pachten; 

der  herbst,  die  jagd,  der  markt  ist  nicht  mehr  mein. 

Schiller  iheilung  der  erde. 

6)  das  jagdbare  wUd:  repphühner,  Schnepfen,  enten  und 
allerlei  jagd.  Göthe  37,240;  auch  in  diesem  sinne  die  eintkeiluny 
in  hohe,  mittlere,  niedere  jagd:  oft  heiszt  jagd  auch  das  wild- 
pret,  so  sich  in  einer  gegend  befindet,  und  in  diesem  ver-- 
Stande  theilt  man  die  jagd,  in  manchen  gegenden  in  die  hohe 
und  niedrige  jagd,  .  .  in  andern  gegenden  aber,  wo  dreierlei 
jagdten  sind,  in  die  höhere,  mittlere  und  niedere  jagd  ein. 
JACOUSSON   2,301*. 

")  jagd,  1«  freierem  sinne,  das  verfolgen  einer  person  oder 
sacite,  das  haschen,  jagen  nach  etwas:  ich  wil  mein  netze  über 
in  werfen,  das  er  in  meinerjaget  gefangen  werde.  Hes.  12,13; 
hat  es  auch  hüpsch  frauenzimmer  alibier,  dasz  ich  biszweilen 
kan  auf  die  kutzeljagt  gehen?  engl,  komöd.  2,  L5;  litteratores, 
die  es  sonst  für  keine  kleine  sache  halten,  auf  anonyme  und 
Pseudonyme  Schriftsteller  jagd  zu  machen.  Lessinc  10,220; 
wie  läppisch  und  unnütz  diese  ganze  namenjagd  sei.  224; 
hier  habe  ich  lust,  eine  kleine  hasenjagd  in  unserer  litteratm- 
anzustellen.  Schiller  an  Göthe  l,  116;  die  akademie  soll  selbst 
auf  bedeutende  personen,  besonders  durchreisende,  jagd 
machen,  sie  modelliren  lassen.  Göthe  44,46;  als  ein  stark- 
gerüsteter korsar  jagd  auf  uns  machte.  Shakesp.  Uamkt  4, 6 ; 
jagd  auf  die  feinde  machen;  ein  schiff  macht  jagd  auf  ein 
anderes ;  die  jagd  nach  germanismen.  J.  Paul  vorsch.  d.  äslh. 
2,175; 

und  ihr  (der  iceLiheit)  triumph  ist,  wo  sie  kann, 

das  herz  durch  die  vemunlt  zu  hetzen, 

und  sich  an  dieser  jagd  zu  letzen.    Gotter  1,441; 

wieder  so  ein  spürbund,  gebt  nur  acht, 

der  die  jagd  auf  den  herzog  macht. 

Schiller  Wallenst.  tagcr,  6.  auftr. 
auch  der  gegenständ  solches  Jagens,  beute :  o  gold,  du  mühsame 
jagd  des  menschengeschlechtsi  Klinger  6,144. 

S)  jagd,  wildes  tobendes  treiben,  wie  bei  einer  jagd:  in  den 
saal!  wo  wir  als  buhen  unsere  jagd  trieben.  Göthe  42,27; 
jagd,  vulg.  tumultus,  similis  renanlium  clamori  et  strepitu,  was 
habt  ihr  da  für  eine  jagd?  quid  hie  tumultuamini?  quem 
tümultum  excitatis?  Frisch  1,45>3';  nierferrf.  jagd  hebben,  holen 
streit  haben,  hallen,  sich  zanken  Sciit^TZE  2,  IbS ;  auch  eine  tobende 
menge  selbst  (vgl.  oben  3):  da  kommt  die  ganze  jagd  angehetzt. 

9)  in  Holstein  und  Hamburg  jagd  auch  menge,  ohne  den  neben- 
begriff des  tobenden:  en  ganse  jagd  kinder,  en  jagd  lüs,  eu 
jagd  kleder  (viel  kleider).  ScuCtze  2, 1S4. 

J.\GD-,  an  stelle  der  composila  mit  diesem  worte  erscheinen 
in  der  allem  spräche  gewöhnlicher  solche  mit  jag-,  welche  an 
alpluibetischer  stelle  nachzusehen. 

JAGDALBUM ,  n.  album  zur  erinnerung  an  eine  jagd  oder 
an  jagden. 

JAGDA.MT,  H.  praefedura  venatoria.  Steinbacu  1,  20. 

JAGDANZUG,  ff»,  anzug,  kleidung  ßr  die  jagd. 

JAGDAPFEL,  m.  eine  sorte  wolschmeckender  äpfel.  Campe. 

JAGDBAHIV,  f.  bahn  des  gejagten  wildes;  bildlich:  er  selber 
war  jetzt  dem  todfeinde ,  dem  Spanier,  auf  der  spur,  und 
keine  gewall  könnt  ihn  aus  der  zornigen  jagdbahn  treiben. 
J.  Paul  Tilan  5, 155. 

JAGDBAND,  n.  beim  Zimmermann  ein  band,  dessen  unterer 
theil,  woran  der  jagdzapfen  ist,  in  die  versatzung  gleichsam  ein- 
gejagt oder  mit  gewalt  eingeslriihen  wird.  jACOßssor«  6, 135*. 

JAGDBANN,  ni.  l)  ausschlieszliche  berechtigung  auf  die  jagd 
innerhalb  eines  bezirks,  wildbann. 

•2)  verbot,  innerhalb  bestimmter  (schon-) zeit  zu  jagen:  den 
jagdbann  verhängen. 

JAGDBAR,  adj.  ßr  ä//eres jagbar,  s.d.:  jagdbar  heiszet  ein 
hirsch,  welcher  Tüllkommen  grosz  ist,  und  nicht  unter  zeheu 
enden  hat.  öco».  fe.r.  (I73l)  1108 ;  auch  in  der  bedeutung  2:  das 
zusehen  der  jenigen,  denen  das  wild  und  die  jagdbare  gerech- 
tigkeiten  zuständig.  Simpl.  3, 107  Kurz. 

JAGDBARKEIT,  f.  jus  venandi,  das  recht  zu  jagen.  Frisch 
1,  483". 

J.\GDBAUER,  m.  der  bei  einer  jagd  zur  frolme  dienste  leisten 
musz.  Jacobsson  6, 135'. 


2207     JAGKUEmEiNTEU  — JAGDGEDRAUCn 

JAGDBEDIENTEH,  m.  jeder  herschaßliche  bediente  in  jagd- 
sachen,  sowol  hoher  tne  niederer  Stellung. 

JAGDBEFL'GMS,  f.  befugnis  zur  ausftbung  der  jagd. 

JAGDBEGIEHDE,  f.  venandi  Studium.  Steisbacu  l,5S8. 

JAGDBEHECHTIGT,  adj.  berechtigt  zur  ausübung  der  jagd  in 
einem  gewissen  bezirke:  das  gemeinsame  inleresse  aller  jagJ- 
berechtiglen.  Möskr  osnabr.  gesch.  1,  361. 

JAGDBEBECHTIGLNG,  f. 

JAGDBEZIRK,  m.  bezirk  in  dem  gejagt  wird.  Klingeb  1,26. 

JAGDBIBNE,  f.  eine  birnenart,  franz.  echasseri.  Nemnicii. 

JAGDBISSEN,  m. ;  man  trank  ihre  gesumlheit  und  wünschte, 
dasz  sie  von  den  guten  jagdbissen  (erlegten  fasanen)  mitge- 
uieszen  möchten.   Göthe  bei  Jahn  364. 

JAGDBOLZ,  m.  im  Schiffbau  bolz  zum  aufjagen  oder  auf- 
zuin[,en  der  berghoher. 

JAGDBOOT,  n.  leichtes,  schnellsegelndcs  boot:  noch,  che  wir 
ausliefen ,  wurden  auf  beide  seilen  jagdboole  ausgesendet. 
IIeinse  Ardingh.  1, 192.     vgl.  jachtschill  und  jagschiff. 

JAGDBUCCKE,  /".  eine  mit  holicr  sdule  versehene  brücke  über 
einen  graben,  damit  man  sie  auf  der  ja^d  von  weitem  erkennen 
könne.  Adelung. 

JAGDDlEiNST,  m.  frohndienst  bei  Jagden;  auch  bedienung  bei 
dem  Jagdwesen,  besonders  solche  geringerer  art. 

JAGDEIFEH,  m.  venandi  Studium. 

JAGDE.NFELER,  ».  schüsse  auf  der  jagd  : 

0  so  hört  die  hüllen 
höriier  klingen  und  die  dog^'cu  hellen! 
tausendröhng  knallt  das  jagdenfeur. 

ScHaLSR  die  scliliynmcn  moiiarclwn  slr.  11. 

JAGDENKUNDIG,  od/.; 

den  jagdenkundigen  Skalnandrius.    üdkcer  150*. 

JAGDENTEUFEL,  m.  imperative  namenbitdung  für  einen  ver- 
wegenen: unter  anderm  kam  er  auf  den  bruder  Jan  Onka- 
paunt,  der  wer  ein  rechter  jag  den  tcufel.  Garg.  239'.  vgl. 
Jagenteufel. 

JAGDERFAHUEN,  part. : 

Slrophios  söhn,  den  jagderfahrnen  Skamandrios. 

liiJllGER  2"i0'. 

JAGDERGEBNIS,  n.:  die  schlechte  Witterung  wirkte  un- 
günstig auf  das  jagdergebnis.  reichsanzeiger  von  1S74. 

JAGDERGETZLlCilKElT,  f  ergetzlichkeU  auf  der  jagd;  plur. 
jagdergölzlichkeilen.  Kli.ngkb  3,  1S4. 

J.\GDFALKE,  m.  falco  gentUis,  edelfalke.  Nemnicii  2, 15G7. 

JAGDFISCH,  m.  diodon  hyslrix,  runder  stachelfisch,  ebenda 
2,  1420. 

JAGDFLAKE,  /".  was  jagdpforte. 

JAGDFLINTE,  f.  leichte  flinte,  wie  man  sie  zur  jagd  braucht. 

JAGDFLL'R,  /.  Jagdrevier. 

JAGDFOLGE,  /.  sequela  venatoria.  Frisco  t,4S3',  die  vcr- 
bindliclikeit,  dem  jagdhenn  bei  einer  jagd  dienstleistcnd  zu  folgen, 
auch  das  recht  angeschossenes  wild  in  eines  andern  geheye  auf- 
zusuchen: so  musz  die  reciprocirlidie  jagdf'ulge  nach  weide- 
UJannsgebraucU  bedungen  werden.    Guchiiause.n  not.  vcn.  246. 

JAGDFREI,  adj.  l)  von  thieren,  auf  welche  die  jagd  frei 
gegeben  ist:  mit  jagdfreien  thieren,  wie  maulwürfc  und  Stachel- 
schweine füilieb  nehmen.  Arnim  1,6. 

2)  im  Hannoverschen  heLszen  jagdfrei  die  gründe,  auf  welchen 
der  eigner  die  jagd  nicht  duldet. 

JAGDFREüND,  «i.  freund  der  jagd:  er  ist  ein  groszer 
jagdfreund. 

JAGDFREVEL,  m.  frevel  gegen  geselze  und  Ordnungen  der  jagd. 

JAGDFREVLER,  m.  .•  aufhebung  der  strafe  gegen  Jagdfrevler. 
Daiilmann  gesch.  d.  franz.  rcvol.  2.V2. 

JAGDFROllNE,  /.  frolute  die  einem  grundherrn  bei  der  jagd 
gi-lei.stct  wird. 

JAGDFROIINER,  m. 

JAGDFLHRE,  /.  vectura  venatorta.  Fntscu  i,ih'i'. 

JAGDGALL,  m.  gaul  der  bei  der  jagd  geritten  wird: 

den,  der,  bcschwilzt,  von  seinem  jngiJLMiil  stcigut, 
reizt  hautiiiaunskost,  und  was  &uin  kunllvld  ztMigci. 
IIaukduhn  1,  73. 
JAGDGEBRALCII,  ni.  gebrauch,  sitle  bei  der  jagd:  was  vor 
cereiniinien    und  Jagdgebräuche  sind  beim  abjagen  zu  obser- 
viren.  GöciinAU»>KM  not.  ven.  VAi; 

«ie  h'ircn,  ^ohcn  unten  in  dem  ihal 

'i.iucli  vollendet,  itdin  den  liiriicli 
.-•■n  neiiiur  klAfTcudun 

l^uiUK  U,  2^6. 

ijcüi'iuih,  ittnuliung   für   dit  jagd:    thicre    zum   jagdgebraucli 
»brichlen.i. 


JAGDGEBRÜLL  —  J  AGDGEWOllNT        2208 

JAGDGEBRÜLL,  m.  gebrüll  der  jagenden : 

und  knall  und  schall  und  jagdgcbriille 
verschlingt  auf  ein  mal  loillciistiUe.    Bökoer  71". 

JAGDGEDICHT,  n.  gedieht  über  die  jagd:  das  jagdgedicht 
selbst  ward  abgesendet.  Gütue  22,81. 

JAGDGEFÄHRTE,  m.  geführte  auf  der  jagd. 
JAGDGEFOLGE,  n.  gefolge  auf  der  jagd: 

schickt  unser  jagdgefolg  voraus  nach  London. 

Schiller  Maria  Sluavi  3,  4  ; 
sieh !  der  riiter  von  Fayel, 
der  das  wild  ins  herz  geschlossen, 
sprengt  heran  mit  jagdgelolg.    Uuland  ijed.  273. 

JAGDGEHEGE,  n.  eine  nach  ihren  grenzen  bezeichnete  gegend, 
worin  jemand  die  Jagdgerechtigkeit  zustcld.  Adelung: 
bis  an  den  tusz  der  Riesenbergc  hin 
streckt  sich  das  jagdgchege  seiner  Wähler. 

ScuiLLKK  Piccot.  3,  4. 

JAGDGEHEUL,  n. :  dein  groszvater  war  ein  wilder  Jäger, 
liebte  Jagdgeheul  und  pfeidevviehern.  Klincer  1,401. 

JAGÜGELD,  »I.  pecunia  fruclum  venationis  competentis  reprae- 
senlans.  Frisch  1,4s3'. 

JAGDGENOSSE,  m.  genösse  einer  jagd. 

JAGDGENOSSENSCHAFT,  /".  genossenschaß  zur  gemeinschaft- 
lichen ausübung  einer  Jagdgerechtigkeit. 

JAGDGERÄTH,  n.  gerät  wie  man  es  bei  einer  jagd  braucht. 

JAGDGERECHT,  adj.  und  adv.  im  technischen  einer  jagd  voll- 
kommen bewandert;  dem  technischen  der  jagd  angemessen:  jagd- 
gerecht ist  und  lieiszt  ein  jiiger,  w-elcher  ein  jagen  recht 
vernünftig  .  .  anzugehen  weisz  «.  i.  w.  {folgt  ausführliche  auf- 
zeichnung  der  erforderlichen  eiqcnschaften).  öcon.  lex.  1109  (ä//tT 
jägerlich,  s.  d.);  er  (ein  wildmeister)  erklärte  fest,  dasz  sie 
'ihrem  patrone'  (bräutigam)  nicht  eher  die  heirath  antragen 
dürfe,  . .  als  im  augenblick,  wo  er  aus  dem  wirihhause  mit 
dem  hiflhorne  drei  mal  hinter  einander  herausstosze  und 
beide  'jagdgerecht'  blase  (wie  beim  erlegen  eines  hirsches). 
J.  Paul  leben  Fibels  105. 

JAGDGERECHTIGKEIT,  f  jus  venandi.  F^Riscn  1,483'. 

J.\GDGERECHTSAME ,  f  gerechlsame  zu  oder  bei  ausübung 
der  jagd:  es  giebl  nichts  unvernünftigeres,  als  die  sogenannten 
Jagdgerechtsame.  Immermann  Mütichh.  l,  157. 

JAGDGESANG,  wi.  gesang  der  jagenden:  mein  herz  schlug 
lauter  in  meiner  brüst,  wie  bei  dem  vollen  jagdgesang.  Klincer 
2,  255. 

JAGDGESCHICHTE,  f.  l)  fabula  venatoria,  venalorun^  excmpla. 
Stieler  1747.  2)  historia  venandi.  3)  geschichle,  erzdhlung, 
die  sich  auf  einzelnes  aus  der  jagd  bezieht:  wie  reimet  sich 
denn  diese  crzehlung  unter  die  Jagdgeschichte?  (ih»  vorhvr- 
Ijchenden  sind  anckdoten  über  jagden  und  Jäger  erzählt).  Ernst 
hislor.  bilderhaus  2  (16S6)  872. 

JAGDGESCHOSZ,  «.  geschosz  das  auf  der  jagd  geschleudert  wird: 

und  mit  der  rechten  entzog  sie  die  jngdgeschosso  den  schultern. 

Ilias  21,48!). 
JAGDGESCHREI,  »i.  geschrei  der  jäger  bei  gewissen  ereignisscn 
einer  jagd  (vgl.  jügerschrei) :  im  wald  drin,  jagdgcschrci  I  Fr. 
.Müller  3,405; 

des  hil'thorns  ruf,  das  jagilgcschrci, 

die  muuturn  jagur  zichn  vorbei.    iliGKUORN  2,  2ii ; 

sein  hilihorn  gibt  das  zeichen ; 

man  eilt  herhei ; 
gleich  schallt  aus  allen  Sträuchen 
das  jagdgcschrci.    3,  HO. 

JAGDGESELLSCHAFT,  f  gesellschaft  die  zu  einer  jagd  zu- 
sammen kommt. 

J.\(jDGF.SETZ,  »I.  gesetz  über  ausübung  der  jagd. 
JAGÜGESETZGERIJNG,  /".  gesetzgebung  bezüglicJi  der  ja.jl. 
JA(;DGESETZL1CH,  adj.  und  adv. 
JAGDGESLNDE,  »i.  jagdgefolge  eines  licrrn: 

er  rannt  auf  eine  tiindu 

so  lielsz  und  liustig  vor, 

dasz  ihn  sein  jagdgi'üiiide 

im  wilden  l'urst  verlor.     I.'uland  gvil.  371. 

JAGDGETLMMEL,  n.  getümmel  einer  jagd.  Cshve  kmdenchr. 
18, 2J*. 

JAGDGEWEHR,  n.  alle  waffcn  mit  denen  man  das  wiUl  auf 
der  jagd  erlegt.    Jacousson   1, 13«'. 

JAGDCiEWOIlNT,  JAGDGEWOHNT,  adj.: 

,],■•    \i,ii.  i,.,,i  liiiml),  der  dem  wilde 
SU  feurig  ii  Ut  walijung  und  gcjildv 

wie  seliiiMi  t,  und  hri  dor  jiiiigi'ii  srhoar 

des  jagdguk\ io  ein  rochier  liehling  war. 

•>  IIaukiioRN  1,  41  ; 

ein  jagdgewöliDlur  poUcko  (pferil).    Zacuamu  1,  'itA. 


2209 


JAGDGEZELT  —JAGDLAGER 


JAGDGEZELT,  «.  zeit,  woraus  das  wild  bei  einem  abjagen 
iiefället  vfird.  Frisch  1,  4s3". 

JAGDGEZEUG,  n.  apparalus  venatorius.  ebenda. 

JAGDGLÜCK,  n.  glück  auf  der  jayd :  er  hal  Leute  kein 
Jagdglück   gehabt. 

JAGDGÖTTIN,  f.  Diana. 

JAGDGUENZE,  f.  grenze  eines  Jagdbezirks.  . 

JAGDGRUND,  m.  giund  tmd  boden  wo  man  jagt:  einjager, 
der  reine  bergluft  atlniiend  mit  leichtem  schritt  auf  seinem 
jagdgrund  schreitet.  Frevtac  handschr.  2,352. 

JAGDHALSBAND,  n.  Iialsband,  woran  die  Jagdhunde  zur  jagd 
geßhrt  werden. 

JAGDHANDWERK,  n.  handwerk  fitr  die  bedürfnisse  der  jagd. 

JAGDHANDWERKER,  »i.  Handwerker  ßr  die  bedürfnisse  der 
jagd. 

JAGDHAUS,  n.  lums  das  bei  einer  jagd  unlerkunft  und  be- 
quemlichkeit  bietet  (r;//.  jagdhof,  jagdschlosz);  älter  gejaidhaus. 
Max  I  gell,  jiigdbuch  26. 

JAGDHERR,  »?i.  inhaber  einer  jagdgerecMigkeit :  die  jagd 
{verlief)  .  .  zu  allseiliger  waidmannslust,  erhöht  durch  das 
frische  aussehen  des  kaiserlichen  jagdherrn.  reiclisanzeiger 
von  1874. 

JAGDHIEB,  m.  hieb,  schlag,  wie  er  auf  der  jagd  fällt ;  bildlich 
für  einen  schnellen  und  sicher  treffenden  hieb:  Karl  Bullervogel 
brachte  den  stock  . .  getragen,  sein  herr  zog  ihm  damit  einige 
sogenannte  jagdhiebe  über  den  buckel.  Immermann  Manchh.2,Ti. 

JÄGDHIEF^  »j.  stosz  ins  hörn  bei  der  jagd;  auch  jagdhift. 
vgl.  hief  und  bifl. 

JAGDHITZE,  f  hitze,  leidenschaß  auf  der  jagd:  manche  Jäger 
stürzen  aus  jagdhitze  aus  den  boten.  Grcbe  characterbilder  1,29. 

JAGüHOF,  m.  grüszerer^  gebdudccomplex  für  unterhalt  tind 
bequcmlichkcit  einer  jagdgesellschaß  {vgl.  Jagdhaus,  jagdschlosz): 
er  wohnt  auf  einem  füTstlichen  jagdhole.  Göthe  16, 13. 

JAGDHORN,  n.    l)  hörn  das  auf  der  jagd  geblasen  wird : 

horch,  wenn  im  wald  ein  Jagdhorn  schallt, 

da  klingt  ihr  fensterlein.     W.  Müller  müilerlieder. 

2)  eine  schneckcnart,  helix  ungulina.  Nemsich  3, 124. 
JAGDHORNZEICHEN,  n.  auf  dem  jagdhornc  gegebenes  zeichen : 

kaum  mochte  fern  sein  jagdhornzeichen  - 
das  ohr  des  groszen  Carls  erreichen. 

Heine  buch  der  lieder  80. 

JAGDHUND,  f».  l)  zur  jagd  abgerichteter  hund,  älter  auch 
jaghund  {s.  d.):  ein  alter  Jagdhund  macht  eine  gute  jagd. 
Leusann  41; 

ain  Jagdhund  (fä'igi)  von  des  pfnasts  wegen. 

Hätzlerin  lxiz; 
du  kenst  kein  besser  jagthunt  hon. 

Stepuani  (jeisll.  uclion  1568  B6*. 

2)  Jagdhunde,  zwei  Sterne  unter  dem  schwänz  des  groszcn  bares 
und  dem  arm  des  bärenhiUers.   math.  lex.  1, 6S5. 

JAGDHÜT,  m.  hui  wie  er  auf  der  jagd  getragen  wird. 

JAGDINHABER,  m.  inhaber  eines  Jagdreviers  oder  einer  jagd- 
gerechligkeit. 

JAGDJAHR,  n.  jähr,  gerechnet  vom  aufgange  der  jagd  {i^gft.) 
bis  zum  Schlüsse  derselben. 

JAGDJUNKER,  m.  edelmann  unter  den  jagdbedienten  eines 
herrn.  Frisch  1,4S3*. 

JAGDKALENDER,  m.   kalender  mit  notizen  über  jagdsachen. 

JAGDKANZEL,  f  gerüU  von  dem  aus  man  dem  wilde  auf- 
lauert und  es  erlegt. 

JAGDKANZLEI,  f  kanzlei  die  die  aufsieht  über  das  Jagdwesen 
ßhrt  und  die  streiljgkeüen  in  jagdsachen  erledigt. 

JAGDKAPPE,  /■.  kappe  die  vian  auf  der  jagd  trägt,  jagdmütze. 

JAGDKLEID,  n.  kleid  was  auf  der  jagd  getragen  wird. 

JAGDKLEIDUNG,  f 

JAGDKLEPPER,  m.,  was  jagdgaul. 

JAGDKÖNIG,  »7».  anordner  bei  der  jagd :  Siegfried,  präsentire 
euch  hier  eure  zwei  jagdkönige.  förster  und  Jäger,  freuen  uns 
herzlich,  unter  befehl  so  braver  jäger  zu  stehn.  Fb.  Müller 
3, 36S. 

JAGDKREIS,  m.  Jagdbezirk. 

JAGDKUGEL,  f:  jagdkugel  .  .  .  eine  kugel  so  grosz  wie 
ein  ei  aus  vielen  nahrhaften  bestandtheilcn  gebacken,  womit 
Jäger  und  pferdc  sich  lange  gegen  den  hunger  wehren  können. 
J.  Paul  leben  Fibels  105. 

JA(;DKUNDE,  f.  künde  von  der  jagd,  jagduissenscltaß. 

JAGDKUNDIG,  adj.  künde  von  der  jagd  habend ,  die  jagd 
wich  ihrem  wesen  genau  kennend. 

JAGDLAGER,  n.  secessus  venattonis  gratta.  Frisch  1,4^3". 
IV.  II. 


JAGDLANDKNECHT  — JAGDSACHE   2210 

JAGÜLANDKNECHT,  m.,  vergl.  jagdvogl. 

JAGDLÄUFER,  «i.  in  der  spräche  des  gemeinen  lebens  einer, 
der  viele  zeit  auf  der  jagd  verbringt. 

JAGDLEHEN ,  n.  das  jagdrecht ,  sofern  es  einem  andern  zu 
leiten  gegeben  wird. 

JAGDLEUTE,  plur.  die  zu  einer  jagd  nötigen  leute;  nament- 
lich die  geringeren  diener,  treiber  u.  ä. :  special-verzeichnisse  . 
warinnen  die  jagd-leute  mit  nahmen  benennet  stehen  müssen. 
GöcHiiAusEN  not.  ven.  248. 

JAGDLIEBHABER,  m.  liebhaber  der  jagd  oder  von  Jagden. 

JAGDLIEBHABEREI,  f:  an  der  entschiedenen  jagdlieb- 
haberci.  Göthe  22,  Sl. 

JAGDLUST,  /".  tust  die  die  jagd  geumhrl:  da  ohnehin  diese 
Jahreszeit  in  jagdlust  unter  freiem  hinmiel  zugebracht  werden 
sollte.  Göthe  30,219; 

was  glockenklang?   was  chorgeplärr? 

die  jagdlust  mag  euch  basz  erfreun !    Bi:ftGER  70" ; 

tust,  begier  nach  der  jagd:  und  daher,  meinen  sie,  rühre  ihre 
jagdlust?  IsMERMÄNN  Müiichh.  1, 1S2. 

JAGDLUSTIG,  adj.  lustig,  verlangend  nach  der  jagd:  indem 
sich    nun   die  jagdlustigen   nach   einer  andern  seile  hin  be- 
gaben. Göthe  30,219. 
JAGDMANN,  m.  jäger: 

Augusiin,  ein  muntrer  jagdmann, 

eilt  hinab  mit  seinem  spürhund.    Tieck  ges.  nor.  10,307. 

JAGDMEISTER,  m.  meister  in  der  jagd,  der  die  jagd  gründ- 
lich versteht:  derhalben  musz  ein  jeder  jagtmeister  seine  hund 
zum  allerersten  des  jaghörnlins  und  des  wasserschwimmens 
gewöhnen.   Sebiz  5S1. 

JAGDMESSER,  n.  messeraiiige  waffe  auf  der  jagd,  waidmester. 

JAGDMÜDE,  adj.  müde  von  der  jagd: 
und  ruht  er  jagdmüd  aus  an  moosgen  kuppen.    REceest  44. 
auch  der  jagd  müde,  von  einem  der  nicht  mehr  jagen  will. 

JAGDMUFF,  m.  muff,  wie  ihn  die  jä^jer  bei  winlerjagden  liaben. 

JAGDMUSIK,  f.  musik  auf  der  jagd:  jagdmusik  der  Russen. 
Jacobssos  6, 137'. 

JAGDNARR,  m.  der  eine  närrische  begierde  zur  jagd  hat: 
die  Italiäner, . .  wenn  sie  einen  rechten  jagd-narren  iibmahlen 
wollen.  Ernst  histor.  bilderhaus  2  (I6s6)  865. 

JAGDNETZ,  n.  fangnetz  zur  jagd. 

JAGDNUTZUNG,  f  ausnutzung  des  jagdrechts. 

JAGDORDEN ,  m.  ein  zu  ehren  der  Jägerei  gestißeter  ritter- 
orden. 

.JAGDORDNÜNG,  f  constüutiones  rei  venatoriae.  Frisch  1, 4S3'. 

JAGDPACHT,  f.  facht  der  Jagdgerechtigkeit ;  auch  das  dafür 
gezaldte  geld. 

JAGDPÄCHTER,  m. 

JAGDPFERD,  n.  bei  der  jagd  verwendetes  pferd. 

JAGDPFORTE,  f  pforte  in  einfricdigungen  von  feldern,  die 
zur  Jagdzeit  geöffnet  wird,  jagdflake,  weil  sie  von  holzwerk  ge- 
flochten ist. 

JAGDPLATZ,  n».  area  sive  spatiurh  ad  ultimum  magnae  vena- 
lionis  actum.  Frisch  1,483*. 

JAGDPOLIZEI,  f  polizei  in  jagdsachen. 
'     JAGDPOLIZEILICH,  adj.  und  adv. :  etwas  ist  jagdpolizeilich 
untersagt. 

JAGDPOSTEN,  m.  zeichen  auf  dem  waldhorn,  was  bei  einer 
jagd  gegeben  wird. 

JAGDPULVER,  n.  schieszpuker  das  für  die  zwecke  der  jagd 
bereuet  wird. 

JAGDR.\TH,  m.  Iicrrscliaßlicher  rat  in  jagdsachen. 

JAGDRAUM,  m.  räum  wo  eine  jagd  statt  findet. 

JAGDRECHT,  n.  recht  auf  ausdbung  der  jagd  innerhalb  eines 

gewissen   bezirkes.      auch  derjenige  tlieil  vom  ei  legten  uilde ,    der 

einem  grundherrn  gegeben  werden  musz.    Frisch  1,483".     ferner 

der  Inbegriff  derjenigen  rechtsvorschrißen,  die  sich  auf  das  jagd- 

:    «est'«  beziehen. 

JAGDREGAL,  n.  das  jiqdrecht  als  regal. 
j        JAGDREVIER,  n.  Jagdbezirk,  jagdflur. 
I        JAGDRUF,  ni.  ruf  als  signal  auf  der  jagd,  jägerruf: 

!  thät  in  den  wald  sich  wenden, 

ihr  jagdruf  war  dar  tod.    Uhland  ge<l.  216. 

JAGDRUNDÜNG ,  f.  bei  den  Jägern  derjenige  bogen ,  welcher 
■    hinten  in  einem  jagen  mit  tüchern  umstellt  ist.  Jacobssom  6, 137'. 
JAGDSACHE,  f.   sachc   die  jagd   betreffend:    ein  obrigkeit- 
licher  entscheid  in  jagdsachen ;    wenn  ihre  frau  mutier  von 
.    den  jagdsachen  einen  solchen  schreck  bekommen  hat.  Immer- 
I    mann  Münclih.  l,  182. 

139 


2211 


JAl.U>Ailh:L  —  JAGUTAlKK 


J  AGÜTÄÜFER  —  JAGDZUG 


2212 


JAGDSATTEL,  m.  sattel  zum  gebrauche  auf  der  jatjd. 

JAüDSÄlJLE,  f.  Säule  welche  die  grenze  eines  jagdyehcges  be- 
icichnct. 

JAGDSCHEIN,  »"-  obrigkeitlicher  schein,  der  die  erlaubnis  zur 
ausiibung  eines  jagdrcchls  erlheiU. 

JAGDSClllKD,  »/«.  decisio  causue  venatoriae.  Friscu  1,483*. 

JAGDSClllFF,  s.  unter  jachtschiff. 

JAGDSCFIIUM,  ♦/»..•  ein  jagilschimi  heiszl  bei  der  Jägerei 
ein  gebüude  in  l'uim  eines  zelles,  worinnen  eine  hohe  heii- 
schaft  mit  ihrem  gefolge  nicht  nur  hei  dem  abjagen  auf  dem 
laufpiatz  das  getriebene  und  vorgejagte  wild  erwartet  und 
solches  erleget,  sondern  auch  nach  geendigtcr  jagd  . .  öfters 
ein  herrliches  jagdbanquel  ausrichten  lasset.  Hei'I'E  jagdlust 
(17S3)  1,  llö. 

JAGDSCHLITTEN,  m.  leichter  schlUlen  zur  jagd. 

JAGDSCHLUSZ,  «.  schlosz  in  einem  Jagdbezirke,  zur  Unter- 
kunft jagender  bestimmt:  es  war  so  sitle,  dasz  schon  an  dem 
tage  vor  Hubertus  ein  lustiges  banquett  auf  dem  Jagdschlösse 
gegeben  wurde.  Immekmann  Miinchh.  1,177; 

auC  joiieni  ja(;dschlosz  war  es,  zwischen  hier 
uiul  rsopumuk,  wo  sie  uns  eingeholt. 

Schiller  Piccul.  3,  3. 

JAGDSCHLUSZ,  in.  schlusz  einer  jagd;  auch  gebot,  ivdhreud 
einer  gewissen  zeit  keine  jagd  zu  hallen. 

JAGDSCHLLSZZEIT,  f. 

JAGDSCHMID,  m.  schmid  für  die  bedürfniac  einer  jagd. 

JAGDSCHNEIDEB,  m.  sartor  apud  appariüum  venatorium. 
Frisch   1,  4s3'. 

J.\GDSCHHEIBEK,  »j.  scriba  rei  venatoriae.  ebenda. 

JAGDSCHLLE,  /".   Unterricht  in  jagdsarhen. 

JAGDSCHUTZ,  in.  schütz  bei  ausübung  des  jagdrcchls. 

JAGDSECRETÄH,  m.  jagdschreiber. 

JAGDSEIL,  n.  leilseil  der  kutscher  und  fuhrknechte,  um  damit 
die  Pferde  nach  gefallen  lenken  und  regieren  zu  können;  auch 
jächseil.    Jacobsson  6,  137*. 

JAGDSEH.ER,  m.  restio  in  apparalu  venatorio.  Frisch  1,483'. 

J.VGDSPEEH,  «».  Speer  auf  der  jagd  gebraucht,  jagdspiesz. 

JAGDSPIESZ,  in.  spiesz  zum  gebrauche  auf  der  jagd:  meinen 
bänden  entglitt  der  jagdspiesz.  Fn.  MiJLi.Eii  2,  .Jlö  ;  der  saal  . . 
war  an  den  wänden  mit  hirschgeweihen ,  armbrüsten  und 
alten  jagdspieszen  ausgeziert.  Immermann  Münchh.  1,177; 

wo  ist  eur  jagdspiesz,  freund  ? 
ihr  scheut  den  eher,  und  gulit  ungcrustet? 

bkakcsp.  lUdiard  Hl,  3,  2; 
es  war  sein  ganz  geleite 
ein  jagdspiesz  stark  und  lang, 
an  dem  er  über  breite 
waldstroine  liühu  sich  schwang.     Uhland  yed.  371. 

JAGDSPRACHE ,  f.  die  eigenthümliche  sprcchart  des  jagd- 
geuerbes,  jdgerausdruck.     s.  den  beleg  unter  jagdstimme. 

J.\GDSTEIN,  m.  stein  der  die  grenze  eines  jagdgelieges  angibt. 

JAGDSTIEFEL,  m.  stiefel  wie  man  ihn  zur  jagd  tragt. 

JAGDSTIMME,  f.  starke  stimme,  wie  sie  bei  der  jagd  ertönt: 
in  diesem  augenblicke  stürzte  Western  .  .  ins  ziunner  und 
rief  mit  seiner  jagdstirame  und  sprach  aus:  hei  sal  Boue 
Tom  Jones  (l"8ü)  4,47«. 

JAGDSTOCK,  m.  stock  den  die  jdger  int  sommer  und  herbst, 
wenn  ein  hirschfeistjagen  oder  auch  eine  sau  jagd  gehalten  wird, 
in  die  bände  nehmen.  Jacobsson  2,  3ü2'. 

JAGDSTRLMI'F,  m.  überstrumpf  zum  gebrauche  auf  der  jagd. 

JAGDSTÜCK,  «.  1)  jiigdabenleucr :  ein  jagdstiiek  erzählen; 
auch  dim.:  bei  der  erzahlung  lustiger  jagdsliickchen  gieng  die 
zeit  schnell  herum. 

2)  musikalisch ,  weise  wie  sie  auf  der  jagd  ertönt :  ein  jagd- 
stiiek blasen. 

3)  gemdlde,  das  eine  jagd  oder  einen  kämpf  wilder  thierc  vor- 
tlrllt.    Jacobssom  2,302*. 

4)  uhiffskanone  die  auf  dem  vorderlheil  steht,  weil  sie  besonders 
dann  gebraucht  wird,  wenn  ein  schiff  auf  das  andere  jagd  macht. 
.Kuf.i.vjir,. 

JAGDSCCHT,  f.  alliugrosze  lust  am  jagen.  FRiscri  1,  4s3'. 

JAGDTAG,  n«.  lag  an  dem  eine  jagd  veranstaltet  wird,  auch 
tag  an  devi  ein  untrrthan  zur  jagd  fruhnen  musle. 

JAGDTASCHE,  f  grOtzere  Umhängetasche  für  die  bedürfnisst 
der  jagd. 

JAtiDTAlIFE,  f.  scherzhaft  für  einen  regengusz,  der  auf  der 
jagd  rtnbrirhi.  in  unterem  sinne:  an  reine  rtihning  konnte  — 
da»  »nh  jeder  —  keiner  denken,  ho  im  galopp  an  piazrcgen, 
an  jngdlaufe  der  äugen.  J.  Paul  flegelj.   1,h. 


JAGDTÄÜFER,  ni.  .•  auf  keine  andere  weise  als  mit  diesem 
Strichregen  macht  ich  meine  erste  gastrolle  in  der  chur- 
sächsischcu  atmosphüre  als  jagdtäufer.  J.  Paul  kom.  anh.  zum 
Titan  2,10. 

JAGDTEUFEL,  in.  bildliche  bezeichnung  der  übenndszigen 
jagdlust :  er  hat  den  jagdteufcl  im  leibe,     vgl.  jagteufel. 

JAGÜTHIER,  n.  ein  jagdbares  thier;  auch  ein  zur  jagd  ab- 
gerichtetes Ihier. 

JAGDTHCH,  f.,  was  jagdpf(Ute. 

JAGDTLCH  ,  «.,  plur.  -tücher,  lüchcr  von  starker  leinwand, 
womit  ein  stikk  waldcs  bei  einer  jagd  umstellt  wird. 

J.\GDIIBUNG,  /".  .■  ich  bin  schon  zu  lange  auszer  jagdübung. 
Fr.  Müller  3,  3(iO. 

JAGDIJHU,  f  kleine  flache  taschenuhr,  die  bei  Jagden  mit 
bequemlichkeil  (jetragen  werden  kann. 

JAGDUNIFOUM,  /".  uniform  die  auf  grasten  jagden  getragen 
wird:  die  präciitige  jagduniionn,  in  welcher  jeder  cavalier 
bei  den  groszen  holjagden  erscheinen  uuiszie.  Immermann 
Miinchh.  1,  17'.». 

JAGDVERBAND ,  m.  mehrere  gemcinscha/lliche  Jagdbezirke. 
Brünneck  jaiidgcnossenschuflen  (Halle  li>67)  s.  5. 

JAGDVERBOT,  n.  verbot  der  jagd,  und  zeit  die  das  verbot 
trifft:  die  sogenannten  lesthasen,  die  man  für  das  fest  mitten 
aus  dem  Jagdverbot  herausschieszt.  J.  Paul  leb.  Fibcls  lü4. 

JAGDVERGEHEN,  n.  vergehen  wider  Jagdgesetze. 

JAGDVERGNÜGKN ,  n.    vergnügen  durch  ausübung  der  jagd. 

JAGDVERORDNUNG,  f  Verordnung,  das  Jagdwesen  betreffend. 

JAGDVERPACHTUNG,  /.  Verpachtung  des  jagdrechtes. 

JAGDVERWALTUNG,  /.  lerwaltung  des  Jagdwesens  eines  be- 
zirkes.    Göllinger  gel.  an:.  1S43  s.  lös!). 

JAGD  VOGEL,  in.  vogel  mit  dem  man  jagt ;  auch  jagdbarer  vogel. 

JAGDVOGT,  in.  bültel  der  dorfsäiaßen  zur  jagd  außol  und 
auszerdem  gerichlsdienerfuuclionen  versah;  auch  jagdlandknecht. 
Jacobsson  6, 137'. 

JAGDVOLK,  n.  volk  das  von  der  jagd  lebt:  hirten-  oder 
Jagdvölker.  Kant  rcclitslehrc  (l79s)  261. 

JAGDVORSTAND,  m.  vorstand  (vonteher  oder  vorsteherschaft) 
eines  jaijdbezirkes. 

JAGDWAFFE,  f  waffe  die  bei  der  jagd  gebraucht  wird. 

JAGD  WA  GEN,  m.  leichter  wagen  um  zur  jagd  zu  fahren. 

JAGDWAGNER,  m.  wagner,  der  die  bei  der  jagd  vorkom- 
vieiiden  wagnerarbeilen  besorgt. 

JAGDWÄNDERUNG,  /■.  Wanderung  zu  oder  auf  den  jagd : 
Eduard,  dem  von  seinen  Jagdwanderungen  her  die  gegend 
bekannt  war.    Göthe  17,  ist. 

JAGDWESEN,  n.  res  venatoria.  Frisch  1, 4s3'. 

JAGDWORT,  n.,  plur.  jagdwörter,  die  weidmännischen  be- 
nennungcn,  die  bei  der  jagd  üblich  sind. 

JAGDWUTH,  f  ungemessenc  begierde  zur  Jagd :  diejagdwiuh 
des  königs  überwältigte  seine  ermüdung.  Arnim  kroncnw.  1,311. 

JAGDZAPFEN,  m.  zapfen  am  untern  thcil  eines  jagdbandes 
(s.  dort). 

JAGDZEIT,  f  zeit  zu  der  eine  jagd  staltfindet;  auch  zeit  inner- 
halrVer  gejagt  werden  darf. 

JAGDZEITUNG,  f  zcitung  über  jagdsachen. 

JAGDZELT,  n.  zeit  das  bei  einer  jagd  Unterkunft  gewährt. 

JAGDZEUG,  n.  alles  gerät,  das  man  zum  jagen  nötig  hat. 
bildlich:  unser  satirisches  Jagdzeug  ist  weit  weniger  für  die 
hohe  jagd,  als  für  die  niedern  der  hasen,  hasenfüsze,  ha>e- 
lanten  und  bönhaseii  eingeriehlel.  J.Paul  grönl.  proc.  2,5'^. 

JAGDZEUGHAUS,  «.  haus  zur  außiewabrung  des  hulwn,  mitt- 
leren und  kleinen  Jagdzeuges.    Jacobsson  ü,  13?»'. 

JAGDZEUGMEISTER,  m.  der  die  aufsieht  über  das  Jagd- 
zeug hat. 

JAGDZEUGSAAL,  m.  saal  zur  außewahrung  des  Jagdzeuges. 
Götter  3,  337. 

JAGDZEUGWAGEN,  m.  wagen  auf  dem  das  Jagdzeug  zur 
jagd  geführt  wird. 

JAGDZINKEN,  m.  zinken  von  bein  oder  hörn,  auf  dem  zur 
jagd  geblasen  wird. 

JAtiDZUCHT,  f.  Zucht,  hegung  des  wdditandes  behufs  der  jagd. 

JAGDZCCHTEK,  «i.  der  wild  behufs  der  jagd  zuclUet ,  hegt: 
da,  wo  die  jagdzüchter  der  vennehrung  des  wildstandes  nicht 
Bclhsl  abhelfen,  «tidlen  die  behörden  ireib/üge  anordnen. 
dorfzeitung  1K47  s.  343. 

JAGDZUG,  m,  in  mehreren  bedeutungru 

1)  das  ziehen  auf  die  jagd:  jagdzuge  thuii;  scuw  anli.il' 
tenden  und  an.Htrengenden  jagdiilge. 


2213 


JÄGELN  — JAGEN 


JAGEN 


2214 


2)  die  .gemeinschaftlich  auf  die  jagd  ziehenden :  die  schöne 
daiue  richtete  jedoch  das  fernrohr  etwas  tiefer  nach  einer 
öden ,  steinigen  fläche ,  über  welche  der  jagdzug  weggehen 
muszte.  GöTUE  15,  3ö2. 

3)  eJK  gespann  von  vier  pferden ,    vornehmlich  zum  bekuf  der 

jagd  : 

so  wird  aus  deinem  marstall,  reich  geschirrt, 
ein  prächtger  jagdzug  mir  von  dir  gebraclil. 

Schiller  Piccol.  2,  4  ; 
den  jagdzug,  ■ 
den  du  ihm  körzlicti  schenktest,  sah  ich  noch 
vor  wenig  stunden  übern  markt  weg  lüliren. 

Wallensteins  lud  3,  17. 

4)  jagdzug  Aat  man  in  neuerer  zeit  den  schnellsten  eisenbahnzug 
genannt. 

JÄGELN,  verb.,  dim.  zu  jagen,  lärmend  hin  und  wieder  laufen, 
schreien,  wie  kinder  bei  ihren  spielen,  bairisch.  Schm.  1, 1203  Fromm. 

JAGEN,  verb.  venari. 

.4.  Die  form. 

ahd.  jagon,  praet.  jagüta ;  mhd.  jagen,  praet.  jagete,  jagte 
und  jeite;  mnl.  nnl.  jagen,  praet.  jaagde  und  joeg;  dasz  das 
wort  im  niederfränkischen  Sprachgebiete  ein  altes,  nicht  erst  später 
eingedrungenes  sei,  wird  durch  altnieder  fr.  jagera  fenerator  für 
venator  gloss.  Ups.  596  bezeugt;  für  das  alts.  und  ags.  ist  das 
wort  nicht  nachzuweisen;  dagegen  fries.  jagia;  altnord.  jaga  in 
abweichendem  sinne:  to  move  to  and  fro,  e.  g.  as  a  door  on  its 
hinges,  metaphor.  to  harp  on  one  string,  und  reflexiv  jagast, 
tö  allercate,  rixari,  in  dieser  bedeutung  mit  dem  subst.  jag, 
a  quarret,  squabble  rixa;  wogegen  der  begriff  jagen  nur  der 
isländischen  spräche  zufällt,  vgl.  G.  Yigfüsson  322',  also  wol  aus 
dem  hochdeutschen  eingedrungen  ist,  wie  auch  schwed.  jaga  jagen, 
dän.  jage,  praet.  jog,  pari,  jaget,  als  deutsche  lehnwörter  an- 
geschen werden  müssen. 

Bei  den  formverhällnissen  des  verbums  ist  nicht  sowol  die  hin- 
neigung  zu  einer  andern  schwachen  conjugationsklasse ,  die  sich 
in  einem  obermoselsclien  denkmale  zeigt:  so  sali  man  lassen  die 
leniuier  für  die  steige  jagen,  weislh.  2,  263,  hervorzulieben,  als 
vielmehr  das  erscheinen  starker  formen,  wie  im  niederländisclien 
und  dänischen,  für  das  präsens  nur  spätere  beispiele,  nord- 
deutscher Schriftsteller : 

bald  jagt  das  heitre  licht  die  schatten  plötzlich  fort. 

Brockks  1,  231 ; 

man  zieht  den  hopfen  auf,  man  fischet  jetzt,  und  jagt 
die  Schweine  hin  zur  mast.  2,  52-t  (:  legt) ; 

Verwüstung,  die  der  stürm  aus  hohem  dache  jagt  (:  schlägt). 
WiTHOF  acaii.  geä.  1  (l'ib'2)  25»; 

für  das  praet.  und  pari,  aber  gehen  die  belege  bis  an  fang  des 
16.  jahrh.  zurück,  betreffen  zwar  hauptsächlich  quellen  nieder- 
deulscfier  lieimat,  wo  das  praet.  jög  für  jagte  noch  heute  herscht, 
aber  doch  auch  oberdeutsche: 

handt  in  mit  kunklen  tiszgeschlagen 
und  lür  den  süwtrogk  bingejagen. 

Mir:«kr  geuclimaU  in  Scheibles  klosler  8,1105; 

ich  jug  sie  alle  zum  hause  heraus.  Hamann  6,174; 

und  wenn  es  stund  in  jrm  vermügn, 

auch  wol  (die  priester)  zum  land  hinauszen  jngn. 

B.  Ri;(GWALD  taut,  ivarti.  334; 
jug  die  Deutschen  vor  sich  her.    Platkw  313. 
die  form  gagen  hat  unechtes  g  für  j  (5.  oben  sp.  2186): 
ir  gagt  den  billich  uj, 
der  dort  gebunden  stat.    ältswert  187,29; 
si  lieTen,  als  si  der  teui'el  gait 
mit  zogen  schwerten  zu  dem  haus,    fasln,  sp.  464,5. 

Zu  jagen  ist  schon  von  Buttma>n  {lexil.  1,219)  griech.  Suöxeiv 
verfolgen  gestellt  worden,  was  auch  jetzt  noch  beifall  findet  (vgl. 
CüRTius  647),  u-iewol  schwerlich  mit  reclit.  sicher  dagegen  ersclieint 
vergleichung  mit  dem  homerischen  iotuti,  icoiis  in  TtnßuM^is, 
nooiM^is,  ito/fiös  Verfolgung,  Schlachtgetümmel,  welclies  alles 
etymologisch  von  Sicäxeiv  zu  trennen  scheint,  und  dessen  Zu- 
sammenhang, so  wie  der  von  jagen,  mit  sanskr.  yäc  {aus  yä 
erweitert),  heischen,  begehren,  angehen,  bitten,  flehen  (Grassjiann 
wörterb.  zum  Rigv.  \Hi')  anzunehmen  sein  dürfte;  lateinisch  \7\ciii 
gehört  dazu. 

B.  Bedeutung. 

I.  jagen,  intransitiv. 

1)  es  ist  alter  weidmännu^cher  ausdruck  für  das  kunstgerechte 
verfolgen  des  wildes:  renabor  jakön  Virgilglosse  in  Haupts  Zeit- 
schrift 15,  5.  9,  321 ;  venabere  jagos  s.  6«,  955 ;  agitant  jagunt 
66,  920 ; 

du  mäht  beiden  unde  jagen, 

spilcu  unde  scbiejen.    IUrimah^i  1.  bucht.  ^Si; 


wellen  wir  uns  scheiden,  sprach  dö  Hagene, 

e  da;  wir  beginnen     hie  ze  jageue?    Ai6.  873,  2; 

und  solde  riten  hiute 

ich  und  ander  Hute 

jagen  üf  diseme  walde  alhie.    Trist.  69,  19; 

item  soll  man  jagen  und  hetzen  on  beschädigung  des  gelreids 
und  der  fruchte.  Sebiz  560 ;  jagstu,  so  fahstu.  Schottel  1123 ; 

jagen  ist  euch  on  narrheit  nit, 
vil  zit  veriribt  man  on  nutz  mit. 

Bra:«t  iiarrensc/i.  74,  1 ; 
zu  fronen  schickt  euch  wenn  ich  jag. 

Schwarze.>6ERG  138' ; 
wen  gute  ärbet  schwechen  thut, 
mag  wol  mit  jagen  suchen  mut.    138'; 
da  man  dir  in  höllichen  sachen 
soll  alle  freud  und  kurzweil  machen 
mit  stechen,  danzen  und  mit  jagen.    H.Sachs  1,117'; 
hastu  auch  lust  zu  jagen  und  hetzen, 
nach  Jägers  lust  mit  zu  ergötzen? 
und  bist  du  auch  desz  Jagens  bricht? 

i.  Ayrer  326*  (1630,  14  Retter) ; 

die  königin  jagt  in  dieser  gegend. 

Schiller  Maria  Stuart  3,  2  ; 

da  ging  ich  jagen  durch  die  wilden  gründe 

des  Schächeiitbals  auf  menschenleerer  spur.    Tt'//3, 1; 

und  oft,  von  wenig  wache  nur  begleitet, 

kommt  er  hiehcr,  sich  jagend  zu  ergötzen. 

6hakesp.  Heinrich  VI,  3,  4,  5  • 
der  (kaiser)  zog  mit  hellen  häufen 
einsmals  zu  jagen  aus.     Uhland  gcd.  371; 

einer  jagt  auf  hasen ,  auf  hirsche ;  auch  nach  einem  wilde 
jagen :  was  hat  das  Schicksal  weiter  mit  mir  vor?  . .  bin  ich 
nur  das  wild,  nach  dem  es  jagt?  Klincer  4,226. 

In  weidmännischer  spräche  heiszt  es  in  das  hörn ,  über  die 
hunde  jagen,  trenn  das  jagen  mit  blasen  in  das  hom  und  lautem 
zuruf  an  die  hunde  begleitet  ist:  darauf  (wenn  der  hirsch  flieht) 
jagt  der  Jäger  in  das  hörn,  und  jagt  darnach  über  die  hund. 
auf  dem  lauf.  Sediz  566 ;  letzlicb  zeucht  der  Jäger  zu  seim 
{des  hirsciies)  bruch,  da  er  in  verbrochen  oder  bestättiget, 
sucht  oder  jagt  ine  mit  dem  leithund  auf,  hetzt  und  jagt 
inns  hörn,  schreiet  ju,  ja.  56S.  —  Auch  der  hund  jagt,  wie 
der  Jäger  selbst:  für  einen  jagenden  bunt  einen  als  guoten 
und  sehs  Schillinge  {busze).  Schwabensp.  art.  2S2, 5;  das  den 
hunden,  wann  sie  alsdann  durch  die  bürsten  und  das  dicke 
gereiser  jagen,  die  oren  voll  wassers  tropfen.    Sebiz  575. 

2)  in  weiterem  sinne  von  der  Verfolgung  eines  fliehenden,  wie 
ja  dieselbe  unter  dem  bilde  einer  jagd  gefaszt  wird  {s.  oljen), 
und  hier  vielfach  mit  dem  gegensatze  fliehen  mehr  oder  weniger 
eng  verbunden  {vijl.  dazu  unten  11,2): 

er  was  der  viende  hagel, 

an  jagen  ein  houbt,  an  lluht  ein  zagel.    Greij.  1825; 

dar  an  si  nimmer  des  verzagent, 

beidiu  si  vlieheiit  unde  jagent, 

si  entwicheni  unde  kerent.    Parz.  2,  10; 

swer  verzagt 
so  da;  er  fliuhet  &  man  jagt, 
des  sime  prlse  gar  ze  fruo.    340,  9; 
de  van  Colne  mögen  wail  saigen, 
ich  si  gevluwen  sunder  jagen. 

Gotfr.  Hagen,  d.  slddtcckron.  12,137,4026; 
ich  such  und  meide,  flieh  und  jag,  es  schlägt  mein  herz, 
mein  herz  mit  seinem  schlagen  ist  ein  Widerspruch. 

RccKERi  ges.  qad.  3,  462. 
vergl.  dazu   einem  nachjagen:   am  dritten  tage  wards  Laban 
angesagt,  das  Jacob  flöhe,  und  er  nam  seine  brüder  zu  sich 
und  jaget  im  nach.  1  Mos.  31,  23 ;    es  heiszt  auch  nach  einem 
jagen : 

alle  folgten  schnell 
dem  vater,  der  nach  deinen  räubern  jagt.    Göthr  10,275. 

3)  daher  vorwärts  hasten,  eilen,  wie  ein  Verfolger  oder  ein  ver- 
folgter:  properare  jagen  Dief.  465*;  Saul  lehnet  sich  auf  seinen 
spies  und  die  wagen  und  reuter  jagten  binder  im  her.  2  Sam. 
1,6;  jagen  dasr  die  schu  entfallen.  Schottel  1116';  der  hohen- 
flieszische  Infant  jagte  aus  Italien  . .  stäubend  und  keuchend 
nach  Deutschland  zurück.  J.  Paul  Tit.  1,19;  den  ganzen  morgen 
sieht  man  das  expedierende  seminarium  hinaus  und  hinein 
iagen,  holz  spalten  und  w asser  tragen,  unsichtb.  loge3,lib;  als 
redensart:  ihn  beinahe  mit  gewalt  in  die  kutsche  packt,  und 
fort  mit  ihm,  jagst  du  nicht,  so  gilts  nicht,  nach  Straszburg ! 
Schiller  neffe  als  onkel  3,  4 ; 

do  hebt  sich  ein  rennen  und  jagen,    fastn.  sp.  387,22; 
ich  musz  reiten,  ich  musz  jagen.    Wellbr  lieder  197; 
bemerkst  du,  wie  in  weitem  schneckenkreise 
er  {der  puäel)  um  uns  her  und  immer  naher  jagt? 
GöTHB  12,  62; 

139* 


2215 


JAGEN 


JAGEN 


2216 


schon  reitet  Karl  von  EichenhotM. 

und  jagt  mit  ihr  durcli  feld  und  lorst.    HincKR  53". 

auch  in  bezug  auf  ein  thun:  ich  habe  von  seinem  vortrage 
nicht  viel  verstanden,  er  jagte  zu  sehr;  mit  dem  tempo  in 
einem  musikstücke  jagen;  ferner  von  dingen  gesagt:  in  einer 
finstern  lauhe ,  in  welche  ein  einziger  verdorrter  zweig  das 
licht  des  mondes  und  seiner  jagenden  wölken  einliesz.  J.  1'aul 
//m/i.  2, 97 ;  was  sich  ablösen  konnte,  das  nahmen  die  jagenden 
winde  unaufhaltsam  mit  sich.  Bettine  lageb.  11"; 

was  hilft  mir  das,  wenn  also  stark 

die  wind  und  wellen  jagen?    Uhland  ged.  347; 

auf  die  berge  will  ich  steigen, 

wo  die  dunkeln  tannen  ragen, 

buche  rauschen,  vögcl  singen, 

und  die  stolzen  wölken  jagen.    H.  IIkinb  15,  201 ; 

jagende  äugen ,  die  hin  und  her  rollen :  was  diese  verzweife- 
lung,  .  .  dieser  grimm  in  deinen  jagenden  äugen?  KusaER 
theut.  2,299;  groszc,  jagende  äugen.  4, 141.  Im  niederdeutschen 
heiszt  jagen  soivol  im  schlafe  viit  offenem  munde  ausatmen,  als, 
von  hunden,  träumen,  «m  schlafe  knurren  oder  bellen.  Sciiah- 
BACii  93' ;  das  erstere  namenllich  wol  von  dem  lauten  atmen  eines 
hastenden  hergenommen. 

4)  vom  hastigen  oder  eifrigen  streben  nach  einem  glück  oder  gut, 
nach  etwas  jagen :  jage  aber  nach  der  gerechtigkeit,  der  gott- 
seligkeit,  dem  glauben,  der  liebe,  der  gedult,  der  Sanftmut. 
1  Tim.  6,11  {Süoy.s  Se  SiKaioavi'Tjv  .  .);  nach  ruw  jagen, 
aucuimri  tranquillHates ,  nach  schlächtem  lob  jagen,  ancnpari 
inanem  rumorem  Maaler  234';  ihre  (der  menschen)  wünsche, 
ihre  mühe  und  ihr  gcld  jagen  rastlos,  und  wonach?  Götue 
18,128;  jeder  jagt  nach  genusz,  rühm.  Klingeh  6,36; 

wer  ja^t  nach  lust  mit  armer  laid, 
sölchs  ist  von  art  des  teüfels  fraid. 

SCUWARZENBERG    ISS' ; 

unbekannt  mit  haudelstücke 
jagen  wir  nicht  nach  gewinn.    Gotter  3,  lxvu; 
nimmer,  nimmer  wollt  ich  dann 
noch  nach  andern  freuden  jagen.    Dörger  5'; 
die  erde  dampft  erquickenden  geruch 
und  ladet  mich  auf  ihren  flächen  ein 
nach  lebensfrcud  und  groszer  ihat  zu  jagen. 
GöTUK  9,  61 ; 
dich  siebet  man 
abtrünnig  von  den  deinen  auf  der  seite 
des  landesfeindes  stehen ,  unsrer  nolh 
hohnsprechend  nach  der  leichten  freude  jagen. 
ScaiLLBR  Teil  2,  1 ; 

auch  auf  etwas  jagen: 

so  will  ich  unverwand  auch  auf  mein  liebstes  jagen. 

P.   Fl-RBING  611. 

5)  die  bildung  des  umschriebenen  praeteritums  erfolgt  in  den 
bedetitungen ,  in  denen  eine  handlung  vortritt,  mit  haben,  in 
denen  die  eine  bloszc  bewegung  anzeigen ,  mit  sein ;  daher  bei 
1,  2,  4  ich  habe  gejagt;  er  hat  nach  gcld  und  gut  gejagt, 
ohne  glück  zu  erringen;  dagegen  bei  3:  ich  bin  hicher  gejagt, 
um  möglicher  weise  noch  etwas  zu  retten. 

II.  jagen,  transitiv. 

1)  ein  wild  behufs  seiner  erkgung,  weidmännisch  verfolgen; 
es  rührt  oß  dem  sinne  nach  an  erjagen  theil  3,  861,  da  Ver- 
folgung und  erlegung  bei  kunstmäsziger  Sicherheit  auf  einander 
zu  folgen  pflegen : 

Günther  und  Ha^ne,     die  rekeii  vil  halt, 

lobcicn  mit  untriiiweii     ein  pirscn  in  den  walt. 

mit  ir  scharpfen  gcren     si  woldcn  jagen  swin 

bcren  und  wisende:     waj  künde  küencrs  gcsiu?     Nib.  859; 

Esau  gieng  hin  aufs  feld,  das  er  ein  wildbret  jaget  und  heim 
brethte.  lA/oj.  27, 5;  wie  man  ein  rephunjagt  auf  den  liergen. 
1  5'ii»i.  2C,  2ü;  von  der  binden  die  früe  gejagt  wird.  ps.  22,1; 
d;is  (.'wiid  treiben  oder  jagen,  mit  laufen  müd  machen,  agilare 
(ir<ik  Maaler  234";  das  wild  oder  die  vierfüszigc  thier,  alz  hirz, 
wild  ächwein,  gümsen  und  ha^en  beizen  oder  jagen.  Seiiizö77; 

so  schreit  mein  frau,  magd  und  gesell, 

als  ob  man  die  wOlf  jagun  wOll.     il.  Sachs  1,479"; 

0  sprang  es  {mein  lieh)  wie  ein  reh  dahin, 

dasz  ich  es  könnte  jagen!    Uhla^io  ged.  32; 

e»  jagt  (-in  jAgcr  früh  am  lag 

ein  ruh  durch  walder  und  auen.     303. 

weldmänniKhe  spräche  unterscheidet  zwisclien  jagen  und  hetzen, 
vgl.  unlfT  hetzen  1,  sp.  1272. 

2)  einen  zur  flucht  treiben,  einen  fliehtnien  feindlich  verfolgen, 
»uj  autdrücUich  mit  dem  jagen  eints  wildes  verglichen  wird  [vgl. 
auch  «6en  1, 2) :  ich  wil  mein  netz  über  dich  auswerfen  durch 
rincn  gro»zcn  häufen  volks,  die  dich  sollen  in  mein  gorn 
jagen.  //».  32,  8;  den  andern  tag  rissen  sie  unversehens  aus 


wie  die  flüchtige  haasen,  hinter  denen  die  windhund  her- 
streichen, also  dasz  ich  mir  nichts  anders  einbilden  konnte, 
als  dasz  sie  der  Tilly  jagte,  wiewohl  sie  nur  flohen  aus  forchl 
gejagt  zu  werden.  Simpl.  3,59  Kurz; 

rcht  als  der  füchs  und  hasen  jagt 

so  fluhen  si  die  widei-vart.    SccuEnwiRT  4,366; 

ir  soll  eur  feinde  jagen,  euer  fünf  sollen  hundert  jagen  und 
cur  hundert  sollen  zehen  tausent  jagen.  3  Mos.  26,7.  8;  die 
nicnner  Israel  jagten  die  Philister  und  schlugen  sie  bis  unter 
Hethlar.  1  Sam.  7,11 ;  die  mich  jagen,  legen  sich  nicht  schlafen. 
Hiob  30,17;  ein  jglichcr  jagt  den  andern,  das  er  in  verderbe. 
Micha  7,2;  erblickte  er  den  hofkaplan  von  einem  katochumen 
(sowol  des  schneiderhandweiks  als  des  christenlhums)  gejagt, 
vergeblich  suchte  er  und  der  junge  Schneider  den  voraus- 
gchelzlen  seelenhirten  zu  erlaufen.  J.  Paul  Hesp.  3, 43 ; 

der  kan  mit  wenig  jagen 
ein  grosz  und  machiig  beer. 

Wellur  lieder  des  ZOjähr.  Iiricgs  202  ; 
als  wir  den  Mansfclder  thäten  Jagen. 

Schiller   Wallenst.  lagcr,  5.  atiftr. 

verbunden  ist  jagen  und  fangen ,  namenllich  oß  aber  fliehen 
und  jagen  (vgl.  oben  1,2):  persequatur  inimicus  animam  meam. 
et  comprehendat  eam.  so  jageie  diabolus  mina  sela.  unde 
gefAhe  sia.  Notker  bei  IIattemek  2, 36' ;  rciter.  wir  haben 
gejagt !  wir  haben  gefangen !  . .  Elisabeth,  habt  ihr  den  Weis- 
ungen? Götiie  8,22;  wann  ich  aber  je  zulassen  wolle,  dasz 
die  weiber  sie  (die  flöhe)  in  ihren  bann  jagen ,  fangen  und 
nach  waldmanns  recht  metzeln  dürften.  Simpl.  l,26>s  Kurz; 
fluhen  mit  schänden  darvon  une  niemanl  was  do ,  der  sie 
jaget,  d.  städlecliron.  10,161,13;  AbiMelech  jaget  in,  das  er 
flöhe  für  im.  rieht.  9,40;  der  gottlose  fleucht  und  niemand 
jaget  in.   spr.  Sal.  28, 1 ; 

si  gerte  des  der  von  ir  i6cb_, 

und  was  den  jagende,  der  si  vlöch.    Trisl.  487,  2; 

swer  lliuhet  ö  da;;  man  in  jaget, 

entriuwen,  der  ist  niht  ein  man.    Engelh.  3434; 

(er  im)  ein  herzeloser  zage, 

swer  fliuhet,  &  da?  man  in  jage.    troj.  krieg  14493; 

wir  fliehen  nil  man  werd  uns  denn  jagen. 

fasin.  ip.  299,  9 ; 
wer  selber  fleucht, 
den  jagt  man  Iciclit.    Lehhamn  bei  Lbssi:<g  U,  674. 

3)  mehrfach,  hieran  anlehnend,  in  freierem  sinne;  vom  hastigen 
vorwärt slreiben :  der  wind  jagt  die  wölken ; 

des  thurmes  fabne  jagt  der  wind. 

Schiller  Wullensteins  tod  5,  3 ; 

in  bezug  auf  die  stachelnde  sorge  oder  unruhe:  einer  mag  sich 
vom  meier  zum  heuerinann  prozessen ,  sein  hofgewehr  ver- 
trinken oder  verspielen ,  und  noch  so  sehr  gedrückt ,  ge- 
schoren, geplagt  und  gejagt  werden.  Moser  poir.  p/w/il.  2,65; 

und  die  angst  beflügelt  den  eilenden  fusz, 
ihn  jagen  der  sorgen  quälen. 

Schiller  bürgschafl  v.  100; 

in  bezug  auf  schnelles  hinterdrein  folgen :  eine  bange  vermuthung 
jagt  die  andre.  Gotter  3,115;  das  ist  noch  nicht  alle.«,  ein 
malheur  jagt  heut  das  andere !  Schiller  kab.  u.  liebe  1, 6. 
auch  sonst  in  bildern,  die  von  der  bedeutung  1  oder  2  her- 
genommen sind:  die  iheologi  fliehen  oftmals  für  der  ehr. 
allein  sie  haben  nichts  liebers,  als  dasz  man  sie  mit  der  ehr 
jnge.  Scnuppiüs  241;  jage  nicht  was  dich  flieht,  —  und  klage 
nicht  um  was  dir  gott  entzieht.  Hückert  llariri  2  (1844)  s ; 

swer  ininno  fliubt,  den  niuhci  si, 

und  swer  si  jaget,  dem  ist  si  bi.    I'rkidakk  100,8; 

jagt  das  vergnügen,  das  euch  fleucht 

dem  hirschc  gleich.     Götter  1,448. 

eigenthümlich  den  kürzern  jagen  siegen ,  6«  Opitz  3, 316,  vgl. 
die  ausgehobene  stelle  theil  5,  2S33. 

4)  das  verbum  (in  den  bedeutungen  1—3)  mit  näher  bestim- 
menden Zusätzen. 

a)  mit  angäbe  der  Wirkung:  einen  müde,  einen  todt  jai^cii, 
durch  jagen  müde,  todt  machen;  sich  matt  und  hungrig j.ir;in, 
durch  jagen  malt  und  hungrig  werden;  der  reiler  hat  sein  pUrd 
zu  tode  gejagt ;  weil  solchenfalls  (bei  widrigem  winde)  kein 
thier  vom  jagen  hinaus  auf  den  lauft  will,  sondern  sich  »ifier» 
darinnen  ehe  wird  zu  tode  jagen  lassen,  ücon. /ex.  (1731)  1114. 

b)  mit  örtlichen  bestimmungen :  der  sturer,  damit  man  die 
flsch  in  hainen  jaget.  Lutueh  tischr.  3S0';  schnec,  der  die 
Vögel  in  die  schlingen  jagt.  Götiik  43,  lUH;  einen  in  den 
barniscli  jagen ,  eigentlich  sur  anlegung  der  rüstung  treilien, 
dann  in  torn  i'erselzen,   vgl.  sp.  480;   kann  man  euch  liuiids- 


2217 


JAGEN 


JAGENFEIND  — JÄGER 


2218 


fütter  so  ins  bockshorn  jagen?  Lessinc  1,416;  sollte  ich 
einem  andern  wirthe  so  einen  verdienst  inuthwillig  in  den 
rächen  jagen?  512;  alles,  was  man  da  sieht,  musz  einem  ja 
die  galle  ins  gebliit  jagen.  12.213;  wehe,  wehe!  mein  fluch 
ihn  gejagt  in  den  tod!  Schili.ee  räuber  2,2; 

bald  jagt  tr  (Zeus),  lieberhitit. 
Cytheren  selbst  die  ungewöhnte  röthe 
der  schäm  ins  antlitz.      Uottsr  1,62; 

ich  will  den  sun  auf  das  väld  jagen,  abigam  hunc  ms.  Maaler 
234';  einen  Tor  im  anhin  jagen  oder  treiben,  prae  se  agere 
aliquem.  ebenda;  ihr  habt  mir  ja  immer  das  liebe  gebet  über 
alle  häuser  hinausgeworfen,  habt  mir  so  manche  postill  und 
bibelbuch  an  den  köpf  gejagt.  Schiller  räuber  5, 1 ; 

die  schnellen  hnnd  und  mäulcr  traf  er  (Phöbus)  erst, 
jagt  aber  bald  den  mörderischen  pfeil 
auch  auf  sie  selbst.     Börcir  142'; 

einer  aus  den  kindern  Joiada  hatte  sich  befreundet  mit  Sane- 
ballat,  aber  ich  jaget  in  von  mir.  iV'e/i.  13, 2S;  so  wil  ich  dich 
von  mir  jagen  und  vor  aller  wält  zu  schänden  bringen.  Wickram 
rollw.  45,9  Kurz;  von  haus  und  hof  jagen,  exturbare  aliquem 
domo  et  e  bonis  suis.  Friscd  1,4S2*;  ausz  dem  näst  jagen, 
sedibus  exeilare.  Maaler  234' ;  mein  herr  jagte  mich  zum  teufe). 
LhssI.nc  2,479; 

du  (li'ein)  hast  mich  oft  von  groszem  durst  erlöst 
uud  jagst  mir  alle  meine  sorge  hinwegk. 

RosE:<BLi:T  in  den  uUd.  bldtlern  1,  402 ; 
weil  dich  dein  weih  aus  deinem  haus 
nun  jaget  mit  eim  prügel  aus.    II.  Sachs  1,481'; 

erschrack  er  mehr,  als  wann  ihm  einer  einen  degen  durch 
die  ribben  gejaget  hätte,  polit.  maula/fe  iO ;  entschlossen,  dem 
ersten  der  sich  seinem  zimmer  und  dem  kästen  genähert 
hätte,  eine  kugel  durch  den  leib  zu  jagen.  Göthe  43,92;  der 
alles  beste  ohne  rechten  genusz  auf  einmal  durch  die  gurgel 
jagte.  J.  Paul  leb.  Fibels  193;  du  hättest  die  Oestreicher  durch 
ein  knopfloch  gejagt.  Schiller  räuber  1,2;  sieht  er  nicht 
gerade  so  drein ,  als  wollt  er  den  marschall  von  Sachsen 
mit  einem  rührlöffel  über  den  Ganges  jagen?  3,2;  durch  die 
spieszruten  jagen,  castigare  militem  virgis,  pellere  per  seriem 
tirgis  verberantium.  Frisch   1,4S2'; 

rastlos  durch  entlegne  Sterne 
jagt  er  seines  traumes  bild. 

ScHiLLEB  würde  der  frauen 

Abram  jaget  sie  bis  gegen  Hoba.  l  Mos.  14,15; 

so  jagen  wir  ihn  (den  mörder)  ohn  ermatten, 
versöhnen  kann  uns  keine  reu, 
ihn  Ion  und  fort  bis  zu  den  schatten, 
und  geben  ihn  auch  dort  nicht  Trei. 

Schiller  kraniche  des  Ibykus  v.  133. 

5)  sich  jagen,  einander  jagen,  von  mehreren,  sich  jagend 
umhertreiben,  sich  verfolgen:  was  für  Wunderdinge!  sie  haben 
meine  seele  so  empört,  dasz  sich  alles  darin  durch  einander 
jagt,  wie  in  einem  hause,  vor  welchem  sich  unvermulhet  ein 
vornehmer  gast  meldet.   Bürger  29l'; 

jagt  euch  um  die  leckerbissen ! 

selig  wer  den  frasz  verschlingt!    Göthb  14,96. 

JAGEN,  n.  1)  der  inßnitiv  des  verbums,  wird  auszer  in  den 
aufgezählten  bedeutungen  gern,  und  vorzüglich  in  der  techniscfien 
spräche  des  weidwerks,  ßr  die  einzelne  jagd  und  die  kunstgerechte 
ausübung  des  jägergewerbes  genommen:  es  begreifet  auch  das 
wort  jagen  insbesondere  die  eigene  anstalt  das  wild  zu  fangen, 
wie  sie  an  groszer  herren  höfen  gebräuchlich  ist.  öcon.  lex. 
{l'il)  1114;  für  allen  dingen  aber  soll  ein  jeder  Jägermeister 
sehen ,  auf  was  weidwerk  und  zu  was  jagen  er  seine  hund 
wolle  anfüren  und  geprauchen.  SeeizSSI;  es  ist  das  schlagen 
des  weidemessers  ein,  bei  denen  jagen  von  alter  zeit  her  ein- 
geführter gebrauch.  Göchhaüsek  not.  ven.  25S;  als  er  nun  zu 
ihm  kam,  meinte  dieser  sein  Saufbruder,  er . .  wäre  ouf  dem 
jagen  gewesen,  und  bringe  einen  guten  braten.  Schuppics  224 ; 
ich  hörte,  dasz  die  gesellschaft  junger  freunde  mit  Lothario 
wieder  ein  jagen  angestellt  hatte.  Göthe  20,58;  vor  dem 
dejeuner  findet  ein  lapptreibcn,  und  nach  demselben  einge- 
stelltes jagen  statt,  deutscher  reichsanz.  1S74  no.  263;  composita 
ab-,  bestäligungs-,  sau-,  sommer-,  winter-jagen ; 

hiet  ich  der  hunde  nicht  bi  minem  jagen, 

so  möcht  ich  und  min  herze 

in  langem  widerloufe  wol  verzagen.    H.  v.  Labkr  336; 

PS  wurd  der  «chlusz  gemacht,  zu  richten  an  ein  jagen. 

Opil  u.  Coun  ::78,  43 ; 

er  sah  doch  ganz  wie  ihr,  der  ^le  herr, 

als  er  vor  jahreu  hier  beim  jageo  war.    Ubland  gei.  1(9. 


2)  jagen  wird  auch  ein  mit  zeuge  eingestellter  platz  in  einem 
walde  genannt,  worinnen  das  uild  zusammen  und  nach  dem  lauft 
zugetrieben  wird.  öcon.  lex.  1114 ;  (der  jdger  musz)  dabin  trachten, 
damit  das  jagen  nicht  rückwärts,  sondern  nach  dem  lauft 
zu  abhängig  oder  bergunter,  oder  doch  wenigstens  fein  eben 
liege,  und  dasz  es  gnugsam  dickig,  sonderlich  aber  vor  dem 
jagen  (wenns  zu  haben)  mit  laubigten  Stauden  . .  bewachsen 
sei.  GöcHHAcsEy  not.  ven.  3M ;  wann  alles  vorgejaget  worden, 
und  das  jagen  leer.  25S. 

3)  jagen  nennt  der  förster  theile  einer  forsl,  welche  durch  die 
interseclion  der  hauptgestelle  von  den  feuergestellen  entstehen. 
Jacobsson  6, 139". 

JAGEiNFEIND,  m.  imperative  bildung ;  als  eigenname  ^icolaUo 
Jagenfeindt  beijegnend  Bocc.  2,  IT"'. 

JAGE.NSRUNDLNG,  f.  der  hinten  im  jagen  gestellte  bogen  des 
Zeuges.  Jacobsso.v  2, 303*. 

JAGEMEUFEL,  m.,  rj/.  Jagdenteufel  gj.  2207;  Hans  Jagen- 
t^ufel  heiszt  der  wilde  jäger  in  einer  meisznischen  sage.  Grimm 
mythol.  883;  jagenteufel,  Jageteufel  ist  auch  pßanzenname:  des 
Johanniskrautes,  hypericum  perforatum,  und  der  weiszwurx,  eon~ 
vallaria  polygonatum. 

JAGER,  m.  der  da  jagt,  die  unumgelautete  form  iä  alt  eben- 
sowol  oberdeutsch  anzutreffen:  venator  jager  neben  jeger  DiEr. 
610' ;  jager  venator  (neben  jagernetz,  jagerspiesz,  jagerlich,  aber 
jegerhorn)  rcc.  ine.  theut.  k7';  jager,  valkner,  windhetzer  mit 
iren  knechten,  hunden  und  federspill.  Wüw.  v.  Schaumb.  IS; 
als  niederdeutsch:  wo  se  sik  scheiden  waren  vor  de  stricke 
unde  Jägers  unde  hunde.  Reinecke  fuchs,  gtosse  zu  2,6  (Lübben 
s.  12S) ;  hat  sich  aber  gegen  die  umgelautete  form  nicht  behauptet, 
heute  kann  sie  nur  in  den  bedeutungen  des  intransitiven  jagen  3 
und  4  (sp.  2213/".)  gebildet  werden:  ein  herumjager;  ein  jager 
nach  reichthum;  sowie  in  composilen,  wie  erjager,  verjager, 
fortjager,  wegjager  u.  ähnl.  —  jager  heiszen  die  beiden  vordem 
kanonen  eines  Schiffes,  ionit  jagdstücke  (5p.  2211),  jager-,  jäger- 
stücke. 

JÄGER,  m.    1)  der  Verfolgung  und  erlegung  des  wildes  weid- 
männisch treibt,  als  vergnügen  oder^  gewerbe :  aAd.  jagdri  venator 
GsAFF  1,5M);  paslor  jagdri   Virgilglosse  bei  Haupt  15,41,443  (wo 
die   doppelle   bedeutung  von  ahd.  weida  pastus  und  venatio  ver- 
mittelnd  auf  diese   deutung   eingewirkt   hat) ;    ein    dier   hei;;et 
autula,  daj  ist  so  harto  gezal,  daj  imo  nehein  jagere  ginähen 
ne  mag.  Mt^LLENHorr  «.  Scbeber  201,9,1;  mhd.  jäger,  jeger: 
si  hiejen  herbergen     für  den  grüenen  wall 
gßns  wildes  abeloufe     die  stolzen  jägere  halt.    Nib.  871,2; 
do  sluoc  in  (:ten  eher)  mit  dem  swerte     Eriembilde  man : 
ej  bete  ein  ander  jegere     so  sanfte  (teidu)  niht  getan. 

»52,  2 ; 

nhd.  jäger,  Weidmann,  venator,  vestigator  Maaler  233* ■;  Cuntz 
Wild  ist  herr  Hansen  von  Wallenfels  geger  und  vogler. 
d.  städtechron.  2,81,36;  Nimrod  war  ein  gewaltiger  jeger  für 
dem  herrn.  iMos.  10,  9;  da  nu  die  knaben  gros  wurden,  ward 
Esau  ein  jeger  und  ein  ackerman.  25, 17 ;  er  errettet  mich 
vom  strick  des  jegers.  ps.  91,3;  darnach  wil  ich  viel  jeger 
aussenden ,  die  sollen  sie  fahen.  Jer.  16, 16 ;  das  stift  ver- 
mochte eine  eigene  wildbahne  und  hielt  dahero  auch  einen 
eigenen  jäger.  Simpl.  l,  227  Kurz;  ach  mein  herr  und  mäch- 
tiger jäger,  auch  der  lüwe  ist  los  (zu  einem  ftrsten  gesprochen). 
Göthe  15, 321 ;  der  junge  graf  drüber  ist  auch  ein  scharfer 
jäger  und  hat  seinen  wildstand  vermehrt.  Imkehmas!«  Münchh. 
'  "^  •  es  jagt  ein  jeger  wolgemut.    Uhlawd  i-o/ilw(.  239 ; 

es  blies  ein  jeger  wol  in  sein  hörn.    240; 

der  jäger  macht  schon  rege 

und  hetzt  das  reh.    Hagedorü  3,  109; 

es  lohnet  mich  heule 

mit  doppelter  beute 

ein  gutes  geschick  .  . 

es  lebe  der  jäger, 

es  lebe  sein  gluck!    Göthe  1,42; 

es  giengen  drei  jäger  wohl  auf  die  birsch: 

sie  wolFlen  erjagen  den  weiszen  hirscb. 

Uhla.-<d  ijed.  303. 
sprichwörtlich:  es  seind  nicht  alle  jäger,  die  hörnlein  führen. 
ScHoTTEL  1128;  es  sind  nicht  alle  jäger,  die  das  hörn  gut 
blasen,  jagen  und  nicht  fangen  macht  verdroszne  jäger. 
nasscjäger,  trockne  fischer,  schlecht  geschäft  jäger,  Cscher 
und  hahnreie  müssen  viel  geduld  haben,  ein  guter  jäger 
läszt  sich  nicht  aufs  röhr  sehen,  ein  jäher  giebl  keinen  guten 
jäger.  SiMRocE  sprichw.  j.  273; 

fin  jäger  unverdrossen 

hat  es  oft  geoosien.     ebenda ; 


2219 


JÄGER 


JÄGER  AUSDRUCK  —  JÄGERGESCHMEIDE  2220 


der  Jäger  und  sein  liund  sind  verbunden,  vgl.  sp.  1013,  no.  5: 

(lo  eiiireit  ich,  ine  weij  selbe  wie, 
dun  jagern  mit  den  luindcn.     Trist.  69,  21 ; 
(manche  hencii)  liallen  niciit  cern  Jäger  und  hund, 
zehin  ihn  iiir  fressen  in  den  mund. 

J.  Ayrkr  326'  (1631,  12  Kdlei); 

ein  Jäger  und  sein  hund 
essen  zu  jeder  stund.    Simrock  spiichw.  273 ; 
wo  ihn  (den  fuchs)  Jäger  mit  pferden  und  hunden  alltäglich 
verfolgten.    Götuk  40,  SO. 

I«  ueidmännischcr  spräche  theilt  man  die  jäger  ab  in  hirsch- 
und  holzgereclite  jäger  und  in  reis-  und  feldgcrecbte  jäger. 
Jacodsson  2,  303*. 

Der  wilde  jäger,  vgl.  mylhol.  s.  SS3:  höre  ich  oben  ein  ge- 
brause,  ein  getöne,  rufen,  hohles  anschlagen  und  eine  wirth- 
schaft  durch  einander,  dasz  ich  nichts  anders  dachte,  als  der 
wilde  jäger  sei  bei  mir  eingezogen.  Gütiie  14, 61 ;  hauptm. 
hört  ihr  den  wilden  jäger?  1.  zig.  er  zieht  grad  über  uns  hin. 
hauplm.  wie  die  hunde  bellen !  wau  I  wau !  2.  zig.  die  peit- 
schen knallen.  3.  zig.  die  jäger  jauchzen  holla  ho!  8,149; 
überlragen :  der  regen  zischte  dmch  die  bläller,  das  feuer 
schlug  durch  den  wald,  und  der  wilde  jäger  dos  sturms  trielt 
seine  unsinnige  jagd.  J.  Paul  Tit.  3, 26 ;  so  glaubten  jene  wilden 
jäger  von  der  Saale  {die  jenaischen  Studenten)  über  die  zahmen 
Schäfer  an  der  Pleisze  (die  Leipziger)  ein  groszcs  übergewicht 
zu  haben.  Götiie  25, 59 ;  die  mir  so  lieben  briefc  erhielte 
durch  einen  jäger  von  Meinungen,  der  hierdurch  nach  Darm- 
stadt  geschickt  wurde.  Fhau  Uath  an  frau  v.  Stein,  9.  jan.  17S7 
(bei  Keil  5.260). 

2)  Jäger  heiszt  auch  ein  herschaßlicher  bedienter  in  jägerischer 
kleidung :  ein  andermal  lasz  dir  deinen  jäger  nachtreten. 
Gotter  3,346;  brachten  ihn  unter  anführung  eines  reitenden 
Jägers,  den  die  herrschaft  zurück  gelassen  hatte,  sachte  den 
berg  hinunter.  GfiriiE  19, 47. 

3)  jäger,  leiclubewaffnelc  Soldaten  in  Jägertracht  tnid  mit  jdger- 
büchse  : 

tromyeter.  was  für  grünröck  mögen  das  sein? 

treten  ganz  schnivck  und  stattlich  ein. 
uachtm.      sind  liolkischc  jäger;  die  silherncn  tressen 

holten  sie  sich  nicht  auf  der  Leipziger  messen. 

Schiller  Wallenst.  lager,  5.  auflr.; 

so  ziehn  wir  jäger  wohlgemuth, 

wanns  noth  dem  vaterlande  thut, 

hinaus  ins  leid  der  schlacht.     USrcer  112'. 

auch  derartig  gekleidete  und  bewaffnete  polizeisoldaten  werden  jäger 
genannt:  vgl.  grenrjäger,  landjäger. 

4)  jäger,  der  Jagdhund : 

ja,  ja,  ihr  lauft  so  auf  der  liste  mit! 

wie  dachs  und  Windspiel  alle  hunde  heiszen ; 

die  eigne  rare  aber  unterscheidet 

den  schlauen  spürcr,  den  getreuen  Wächter, 

den  flüchtgen  jager.    Schiller  Macbeth  3,4, 

nach  dem  englischen: 

the  valucd  file 
distinguishes  the  swift,  the  slow,  the  subtie, 
tlie  house-keeper,  the  hunter. 

5)  Jäger  (nach  jagen  II,  2  sp.  2215),  der  einem  naclisetzt,  einen 
verfolgt  : 

meistcr  Volkwin  bat 
das  nicmant  löste  sinen  heim 
bii  daj  gelegen  w(»re  der  melm 
und  oucn  die  jcgerc  quöineii  wider. 

tivliind.  chron.  1157  ; 
mit  rAte  ein  läge  (hinterhall)  wart  geleget, 
ir  jegere  schüfen  sie  bin  vor.    7033; 
also  ward  in  geeilei  nach 
gen  Mssingen  bis  an  daj  tor  .  . 
da  ward  der  jäger  macht  ze  Itigg.    ring  40',  32. 

dann  iibertragen  von  einem  der  begierig  nach  etwas  strebt,  in 
laldreuhen  composittn,  deren  erstes  glied  die  zu  erlangende  sache 
bezeichnet;  vgl.  geldjäger,  glücksjägcr,  slellenjägcr,  witzjäger, 
liurcrijäger;  hcllenjägcr,  sathanas,  venalor  animarum,  qui  etitim 
sefleiij.igcr  dicitur.  Stihi.eii  875. 

('.)  jajier,  gewisse  holländische  schiffe,  deren  man  sich  den 
frischin  hering  abzuholen  liedient.  EccEii»  kriegslex.   1,  1239. 

7)  j.igcr,  in  einer  grauj)enmiihlc  die  in  die  unterste  fläche  des 
graupcuüeines  eingesetzten  kleinen  eisernen  kreuze,  welche  etwas 
herrorrugen  und  verhindern,  dasz  sich  die  graupen  zwischen  dein 
steine  und  dem  laufle  nicht  festsetzen  können  ,  sondern  immer 
gejagt  werden.    Jacomsson  0,  140*. 

8)  jagcr,  Ihiername:  a)  der  schmnrolzerinerr,  lauriis  parasUicus. 
Nrhmicii  3,331.     b)  einer  kdferart,  atlelabus  formicanus. 


JÄGEHAUSDRUCK,  *».  ausdruck  aus  der  Jägersprache :  erpel 
ist  ein  Jägerausdruck  vom  wilden  enterich.  liannov.  magaz. 
1S44  s.  330. 

JÄGEKUEUTE,  f.  praeda  venaticia.  Frisch  1,482'. 
JAGEKUHAUCH,  ni.  brauch  wie  ihn  die  jäger  haben:  etwas 
geschieht  nach  jägerbrauch. 

JÄGEllBÜCHSE,  f.  büchse  deren  sich  ein  jäger  zum  schieszen 
bedient. 

JÄGERBURSCII,  f.  gesamtheU  von  Jägern,  vgl.  bursch  thexl 
2,  546.  547  : 

die  beiden  jäger,  so  die  schlechtsten  traun  nicht  sind, 

vereinigetcn  mit  einander  sich  geschwind. 

und  ihrer  jägerhursch  ein  solches  sie  andeuten, 

e.«  muszt  ein  tlicil  zu  fusz,  theils  aber  mit  hinreiten 

und  da  sein  bestes  thun,  zu  Iahen  diese  sau. 

Ofkl  u.  Coun  27b,  31. 
vgl.  unten  jägersburst. 

JAGERBL'HSCIIE,  m.  venalurac  sectator.  Stieler  135;  ein 
gelernter  jäger,  der  seine  lehrjahre  ausgestanden  hat.  Jacobsso:« 
2,  303. 

JÄGERCHEN,  n.  kleiner  oder  junger  jäger :  solcher  Ursachen 
halber  (weil  ich  grün  gekleidet  war  und  jagen  gieng)  . .  nandle 
mich  jcderman  dat  jägerken  {in  Westfalen).  Sim^/.  1,227  Kurz; 
hör  jägergen,  du  soll  mein  diener  werden.  229;  denke  nur 
an  die  schöne  aussieht  auf  den  canal,  über  den  alle  tage  die 
sechs  braun  angestrichenen  treckschuilen  von  den  jägerchen 
gezogen  werden.  Immermann  2,91. 

JÄGERDOCKE,  f.  puppe  die  einen  jäger  vorstellt: 

mit  hölzernem  gewclir,  wildpret  und  jägerdocken 
spielts  jagd  (das  kind).  Voss  ü,  169. 

JÄGEREI,  f.  (nacA  jager),  das  hetzen,  eüen:  eine  arge  Jägerei; 
die  Jagerei  nützt  zu  nichts,  bedächtig  ist  iiesser. 

JAGEREI,  f.  mhd.  jegeiie,  jagerie,  in  mehrfachem  sinne. 

1)  die  ausübung  der  jagd  oder  des  Jägerberufes :  jägercy  wird 
auch  zuweilen  die  Wissenschaft  zu  jagen ,  oder  die  jagd  ge- 
nennet, und  spricht  man  insgemein:  dieser  oder  jener  hat 
die  Jägerei  erlernet,  öcon.  lex.  (1731)  1102;  Jägerei,  res  venatoria 
Frisch  1,482';  es  ist  die  Jägerei  von  sehr  langen  Zeiten  in 
üblichen  gebrauch  gewesen.  Ernst  hislor.  bilderhaus  2  (1686) 
s.  858;  gleichwie  bei  der  Jägerei  in  allen  stücken  die  zierlig- 
keit  und  accuratesse  billig  beibehalten  werden  soll.  Göcu- 
iiAL'SEN  not.  ven.  260;  die  liebhaber  der  edlen  Jägerei  sind 
miteinander  ausgestorben.  Moser  patr.phant.  1,268.  übeitragen 
(vgl.  jäger  5):  der  weit  Jägerei,  übersclnift  eines  gedichtes  bei 
Logau: 

ist  irgend  tugend  wo,  ist  irgend  wo  ein  ehre? 
jagt  der  die  weit  frisch  nach,  bist  dasz  sie  sie  zerstöre. 

I,  114,83; 
und  in  compositen  wie  slellenjägerei,  glücksjägerei,  geldjägerei. 

2)  Jägerei,  weidhauf,  alle  zur  Jägerei  bestimmte  peisonen  an 
einem  fitrstliclwn  hofe  oder  auch  im  ganzen  lande.  Jacohssom 
2,303*:  da  dann  die  darbet  in  einer  reibe  stehende  Jägerei 
anfängt  zu  blasen ,  nach  diesem  fängt  der  prcmier  von  der 
Jägerei  .  .  an,  dem  Verbrecher  drei  scliläge  zu  geben.  Göcit- 
UAUSEN  fio(.  ven.  259;  worauf  die  Jägerei  dergestalt,  wie  sie 
zu  holze  gezogen,  wiederum  schreiet,  ebenda;  als  man  ..  die 
ganze  Jägerei  zu  pferde  und  zu  fusz  durch  einander  bewegt 
sah.  GüTHE   15,299; 

die  ganze  Jägerei 
brach  auf  und  zöge  fort.     Opkl  «.  Cohn  278,49. 

3)  Jägerei,  auch  die  amtswohnung  eines  Jägers:  er  wohnt  auf 
der  Jägerei;  die  Jägerei  liegt  im  walde. 

JAGERFISCH,  m.  gadus  minutus,  der  zwirgdorsch.  Nehnich  3,5. 

JÄGERFRAU,  f.: 

komm  Fube,  tag  der  nacht,  Diane,  borge-liecht,' 
war.sngrinn,  lieder-frennd ;  komm,  I.une,  säume  nicht; 
die  ganze  weit  die  .«chlaft.    ich  wache  dich  zu  loben, 
strolini-furstinn,  jager-frau,  naclit-auge,  horn-ge.sicbi, 
herab.  l''LKaiNc  632. 

JÄGERGAKN,  n.  cassis.  Maaler  233';  ein  häufen  jägergarn, 
indago,  jägergarn  spannen  tendere  piagas  ebenda; 

da,  als  ich  ganz  verstrickt 

im  j.igergarn  des  tude.^  mich  nach  dir 

umsniic,  da.  mein  beilnnd,  hast  du  mir 

gettoten  liülf  und  band,  du  ha»l  da«  netz  zuironnct. 

A.  Grti>hius  1698   2,  12;. 

JÄCiERGEBRAllCH,  wi.,  plitr.  -gebrauche,  alles  das  was  l>ei 
der  edlen  Jägerei  üblich  und  nach  weuimannsgebrauch  eingefühiet 
ist.  Jacorssün  2,  303*. 

JAGERGESCHMEIDE,  n.: 

ihm  ('Irin  juiigfenhrii)  lacht  hl  dat  iicrxchin  der  Junker  zni  '^» 

im  funkelnden  jAgcrgeschmeidc.  ItiinktH  Uü\ 


222 1   JÄGERGESCHOSZ  —  JÄGERLATEIN 


JÄGERLAUNE  —  JÄGERMEISTER    2222 


JÄGERGESCHOSZ,  n.  geschosz  eines  Jägers,  einzeln,  und  wie 
im  folgenden,  collectiv : 

auTs  waidnerk  hinaus  ritt  ein  edler  held, 

den  lliichiigen  gemsbock  zu  jagen. 

ihm  lolgtc  der  knapp  mit  dem  jägergeschosz. 

Schiller  ijraf  nm  lliihsbuig. 

JÄGERGLtCK,  n.  glück  das  ein  jäijer  auf  der  jagd  hat: 

und  (Reineckc)  sprach  damit  den  Murner  an, 
ob  er  mit  wolt  zur  gesellschaCt  ghan, 
und  auch  versuchen  jägergiück, 
er  solt  zum  braten  babn  ein  slück. 

frosclnnätiselcr  I  6*  (b.  2,  cop.  6). 

JÄGERHANDWERK,  «.;  Orion,  der  auch  hier  (in  der  unter- 
iiell)  noch  sein  jiigerliamlwerk  fort?e(zte.  Beckeb  tceltg.  1,292. 

JÄGERHAUS,  n.  domus  venaloria.  Steinh.ach  1,716: 
wir  gchn  hinaus  aufs  Jägerhaus.    Göthk  12,48. 

JÄGERHELM,  m.  galea  venatoria.  Steinbacii  1,733. 

JÄGERHOF,  m.    Fki^ch  1.4S2',  grösseres  Jägerhaus. 

JÄGERHOR.N,  JÄGERSHORN,  n.  hörn  das  der  Jäger  auf  der 
jagd  bläst:  jägcrhurn  cornu  vcnalorum.  Stiei.er  775; 

wenn  ein  weidman  wer  in  dem  walt, 
so  hett  er  uns  geantwort  halt 
mit  seinem  edlen  jägershorn. 

J.  Ayrer  326*  (1634,  18  Keller). 

auch  hörn  als  signalinslrument  der  jägersoldalen  (»g/.  jäger  no.  3): 

sie  kennen  das  holkische  jägerhorn. 

Schiller  M'uUensl.  lagcr,  6.  attflr. 

JÄGERHÜND,  m.  hund  eines  Jägers  auf  der  jagd,  Jagdhund: 

ich  wünsche  ihnen,  dasz  es  ihnen  möge  wol  gehen,  bisz  ein 

Sperling    einen    centner  wiege,    und  ein  lahmer  einen  jäger- 

hund  überlaufen  könne.  Schuppics  S16. 

JÄGERHL'T,  m.  hut  wie  ihn  ein  Jäger  auf  der  jagd  trägt: 

er  trug  ein  wararas  von  leder 
und  einen  jagerhut 

mit  mancher  wilden  feder.    üuland  ged.  37Ö ; 
(dort  häiitji)  sein  Jägerhut  noch  mit  dem  tannenzweig.    159. 
JÄGERLN,  f.  venalrix.  Maaler  233*;  die  jägerin.  überschriß 
einer  ode  von  Voss  3, 16S;  iwj  cineni  thier:  si  (die  u-iescl)  ist  gar 
ein  witzigen  jiigerinn  nach  den  mausen.  Megesberg  152,27. 

JÄGERISCH,  adj.  und  adv.  weidmännisch :  den  hasen  jege- 
risch  anschreien,  weidw.  1,S9';  solche  zeichen  {signale)  nennen 
die  Latiner  celeusmata,  die  Teutschen  weidgeschrei  und  jäge- 
rische sprüch.  Sebiz  565;  die  alte  lustige  weidgeschrei,  Sprüche 
und  jägerisch  dialogos.  ebenda;  ganz  gleich  mit  jägerlich,  das 
lieber  adverbial  steht;  bei  Frisch  1,4S2'  s/e/i<  jägerisch,  venatorius, 
more  venalorum,  wegen  der  endung  isch,  ^etwas  spültisch',  jäger- 
lich wird  vorgezogen;  aber  dieser  spöttische  beisinn  tritt  auch  später 
nicht  hervor:  ein  local  näher  am  gebirge,  .  .  wo  er  für  sich 
und  seine  gesellen  niooshütten  baue  und  eine  art  von  jäge- 
rischer einsiedelei  anlegen  wolle.  Göthe  21,216. 

JÄGERJUNGE,  JÄGERSJUNGE,  m.  lehrbursche  eines  Jägers: 
wenn  du  wilt  ein  jägersjung  sein, 
so  sprich  :  ein  sau !  sag  nicht :  wilts  schwein ! 

J.  Atrek  326'  (1632,  7  Ketter). 
JÄGERJÜNGLING,  m.  junger  gehüfe  des  Jägers:  so  der  birsch 
dann  fleuchl,  so  schreien  die  jägerjüngling  ju,  ju.  Sebiz  566. 
JÄGERkLEID,  «.  vestis  viridis,  venatoria.  Stieler  979:  etliche 
alten  haben  gemeinet,  das  man  auf  dem  gejagt  der  hirz  ein 
grün  kleid,  zu  den  Schweinen  ein  tunkelbrauns,  oder  graues . . 
haben  solle :  wie  wol  sie  auch  eschenfarb  und  schwarz  zum 
jägeikleid  nicht  verwerfen.  Sebiz  564; 

wo  lasz  ich  nun  das  bad, 
in  dem  Diane  selbst  sich  oft  gewaschen  hat, 
wann  sie  vom  weidewerk  ist  lasz  zurücke  kommen, 
und  hat  ihr  jägerkleid  begierig  abgenommen?    Opitz  2,9. 

JÄGERKNARFJ,  m.  knabe,  bursche  eines  Jägers:  der  jäger- 
knah,  der  die  liund  zeucht.    Sebiz  566. 

JÄGERKNECHT,  JÄGERSKNECHT,  m.  famulus  venatoris. 
Frisch  1,  4S2':  förster,  jägerknechte.  Fr.  MCller  3,367; 

los  eben!  sprach  ich  zfl  dem  jägerknechte.    Laber  15; 

viel  jägerknechte  riefen 

ju!  juT  315; 

darumb  geh  du  und  der  jägersknechl! 

gebet  den  hunden  ihr  weidirechi. 

J.  Ayrer  327'  (1634.  28  Kelter). 
JAGERKRAUT,  w.  ranunculus  alpestris.  Nemnicii. 
JÄGERKUNST,  f    l)  die  kunst  der  Jägerei.     2)  Jägerkünste, 
zauberische,  von  Jägern  geübte  künsle ,  wie  sich  fest  zu  machen, 
kugeln  abzuweisen  u.  dgl.  mehr.  Jacobsso.n  2, 303'. 

JAGERLATEIN,  n.  die  Jägersprache  mit  rückeicht  auf  ilire 
vielen  besondnn  ausdrücke,  die  sie  dem  nichtjdger  schwer  ver- 
ständlich machen. 


JÄGERLAUNE,  /".  laune  eines  Jägers:  wers  hörte,  begiiflf 
gar  nicht,  warum  die  frau  obrist forstmeisterin  .  .  bei  ihrem 
feinen  gefühl  und  ihrer  frömmigkeit  eine  solche  jägerlaune 
duldet.  J.  Pacl  uns.  löge  1,  5. 

JÄGERLEBEN,  n.  leben  eines  Jägers:  das  blutverbot  scheint 
uranfänglich  nichts  anders  als  das  verbot  des  Jägerlebens 
gewesen  zu   sein.  Kamt  bei  Campe  unter  uranfänglich. 

JÄGERLEIN,  «.  venatorculus.  Stieler  S75. 

JÄGERLICH ,  adj.  und  adv.,  als  letzteres  älter  auch  jäger- 
lichen, nach  art  eines  Jägers,  Krirfmä/inisr/».' jägerlich,  venabilis, 
venabiliter.  voc.  ine.  theut.  k7';  wann  ein  Jäger  des  morgens 
aufsteht ,  der  jagen  will ,  soll  er  den  tag  jägeriichen  ausz- 
schreien,  und  die  mit  im  jagen  wollen  also  aufwecken.  Sebiz 
565;  woluff  frisch  und  frölich,  das  stehet  heut  jägerlich. 
ebenda;  wann  nun  der  Jäger  also  jägerlich  aufgeweckt  hat, 
und  hinausz  zihen  will,  so  soll  er  sich  jägerlich  hören  lassen, 
und  mit  seinem  leithund  also  reden,  ebenda;  Adolf  steht 
und  schreit  auf  jägerlich  folgenden  weidspruch.  J.  Ayrer  326' 
(1633,28  Keller);  jägerliche  Sprichwörter,  proverbia  venatica, 
adagia  venatoria,  alias  weidsprüche  Stieler  876; 

dar  umb  rat  ich  den  jungen  gesellen, 

sieb  die  zeit  jegerlich  zu  stellen, 

ob  sie  doch  mochten  etswas  fahen.    fastn.  sp.  390,  17 ; 

der  andern  dörfer  kainer  cham, 

dan  von  Leybingen  ein  man 

vil  Jägerleichen  mit  eim  hörn, 

er  liiet  der  veinten  tod  gesworn.    ring  48',  1 ; 

wenn  ich  mich  gleich  stell  jegerlich  (saut  piii  bauer), 

fach  ich  eh  ein'lausz  denn  ein  hasen.    H.Sachs  1,471*. 

jägerlich  sieht  wie  mhd.  jegerlich,  jegerlkhe  (Leser  wb.  1,1477), 
und  unser  weidlich,  auch  im  sinne  von  frisch,  slaUlich: 

kanstu  mir  ützüt  des  gesagen, 

so  wil  ich  dich  für  einen  jegerlichen  knappen  haben. 

Truuijemundslieä  hei  Uula:(d  votk-sl.  4, 
iincliher    so  wil  ich  dich  für  einen  stolzen  knappen  haben ; 
und  so  wil  ich  dich  han  für  einen  weidelichen  knaben. 

s.  5  (vgl.  auch  s.  3). 
über  den  von  Frisch  gewollten  unterschied  zwischen  jägerlich  und 
jägerisch  s.  unter  letzterem. 
JÄGERLIEBCHEN,  w.  .• 

drauf  ruht  der  müde  Weidmann  preislich 
sich  aus  am  winterheerd. 
indesz  schön  jägeriiebchen  häuslich 
den  abendschmaus  bescheert. 

Schmidt  v.  Wernelche!«  almnnach  1802  s.  145. 

JÄGERLIED,  n.    lied    wie   es   ein  jäger  singt:   die  meisten 

Jägerlieder,  mailieder,  tanzlieder,  trinklieder.  Viljcar  handbüchl. 

für  freunde  des  deutschen  volksl.  (lS68)  5.9;  jägerlied  Überschrift 

eines  gedichtcs  bei  Uhland  ged.  32. 

JÄGERLUST,  /■.  /«*/  die  ein  jäger  genieszt.  auch  lustbarkeü 
die  von  Jägern  oder  für  jäger  veranstaltet  wird:  anno  1672  .  . 
stiftete  der  letzte  schlesische  herzog  . .  bei  einer  jägerlust  im 
thier-garten  bei  ßrieg  den  jägerorden  des  güldenen  hirschen. 
Frisch  l,  4s2'. 

JÄGERMAHL,  n.  weidmännische  mahlzeit: 

zu  Neuhaus  in  dem  schlösse  wars  :  der  kurfürst  hielt  ein  jäger- 
mahl.   Freiligrath  dicht,  ä,  106. 
JÄGERMANTEL,  m.  manlel  ßr  jäger. 
JÄGER.MÄSZIG,  adj.  und  adv.  wie  es  für  einen  jäger  schick- 
lich ist:  jägermäszige  kleidung;  ein  wild  jägermäszig  zerlegen  ; 
meinen  eigenen  anzug  hatte  ich  längst  in  Ordnung  gebracht 
und  denselben  grün  und  jägermäszig  gewählt.   G.  Keller  gr. 
Heinrich  2,  349. 

JÄGERMEISTER,  m.  l)  oberster  der  jäger,  Vorsteher  des 
Jagdwesens,  ni/irf.  jegermeister  Le.xer  wb.  1,1477:  darzu  der 
obrist  jagerniaister  (am  burgundisrhen  hofe)  hct  auch  des  jars 
von  seinem  dienst  ob  vier  m.  gülden.  Wüw.  v.  Schaumb.  18; 
an  andern  königlichen  und  churfürstlichen,  auch  theils  fürst- 
lichen höfen  . .  {findet  man)  insgemein  folgende  ober-chargen 
und  commendantcn-stellen ,  als:  ober-hof-  und  ober-jäger- 
meister,  jäger-meister,  parforce-jägermeister,  ober-falkcnierer. 
Göcimiadsen  not.  ven.  284 ; 

so  bort  mich,  jegermeistcr,  auch!  .  . 

ir  herren,  darum!)  mich  eins  ser  wundert, 

das  ir  oft  weit  nach  wiliprct  schickt. 

fiislri.  sp.  376, 10. 
2)  Jägermeister  heiszt  auch  ein  mcister  im  weidwerk : 
er  gap  den  hunden  dar  ir  teil 
und  machte  si  frech  unde  geil 

als  ein  jegermeistcr  hoch,    l'tirtcnopirr  413  Bartsch; 
inmisch:      botz  tausent  sacker!  was  komt  da 
für  ein  jägermaistcr  tior,  wa 
hat  er  den  schonen  hasen  gfangen  ? 

S.  WiLi)  in  Ttilniunns  fchautp.  1,235,202. 


2223 


JÄGEUMESSE  —  JÄGERSPRUCll 


JÄGEIISPRUNG  —  JAGEZEICHEN ,       2224 


JAGEHMESSE,  f.  kurze,  /Inclititje  messe,  ilim.  jiigcrmoszlein 
Scn«.  1,  Ii03  Fromm.:  deihallicn  wOlleii  wir  dir  nitlit  Ulnger 
vcnlriissig  sein  ,  und  an  diseni  unscrt-n  Idnciikorh  ein  ende 
nuiL-lien,  wie  an  ein  ptistläulige  jägenncsz.  Fisciiart  bicnk. 
.!44';  er  soll  ein  reuter-  oder  jügcnuesz  lasen,  dj  ist,  wie 
Ulan  spricht,   es  kurz  und  gut  machen.    KiRcrinoK  viendunm. 

W.  42;         .        ,       .  ,  ...       .  u 

begrabt  mich  unter  breiter  ciuh 

im  grünen  vogclsang 

iinil  lest  mir  eine  jägcrmcsz! 

die  dauert  nicht  in  lang.    L'hlani)  gcd.  357. 

JÄGERMESSER,  «.  CK/(t'r  vcnatorius.  Maaler  233*. 

JÄGERMUSIK,  f.  cornuum  rcnaloriorum  concenlus.  Stiei  er 
1313. 

JÄGERN,  rerft.  Jägerei  treiben.    Scum.  1, 1203  Fromm. 

JÄGERORDEN,  «».  ritterorden  ßr  vornehme  jdger  gcstißet. 
vijl.  jagdorden. 

JÄGERRECHT,  n.  recht  eines  Jägers. 

t)  der  dem  jdger  von  einem  erlegten  hirsch  oder  (hier  als 
zerwirkerlohn  zukonunenJe  anlheil :  (er)  greifet  licrnachinals 
inwendig  mit  der  liand  iiinein  (in  das  aufgebrochene  wild), 
und  zehlet  die,  dem  Jäger  zu  seinem  jiigerrecht  nach  dem 
lialse  zugeordnete  drei  rippcn  ab.  GöcnnAusEN  not.  ven.  262 ; 
leget  also  den  hals  samt  den  dreien  rippcn  als  jägerrecht 
a  parte,  ebenda ;  unterschieden  wird  das  grosze  jägcrrecht,  köpf 
und  hals  bis  an  die  dritte  n/-;«  von  einem  hirsch  oder  Ihier,  und 
das  kleine  jägcrrcclit,  der  aufbrach,  nämlich  das  geschlinge  nebst 
dem  fäirigen  eingcweide.    Jacobsson  2, 303'. 

2)  das  schieszgeld  eines  Jägers.  Adelung. 

3)  der  dem  leithund  gebührende  theil  eines  erlegten  wildes. 
Frisch  1,4S2';  hündsteil,  alias  jägerrecht,  polluctum  canarium 
Stieier  2268. 

4)  jägerrecht  die  strafe  die  einem  gegeben  wird,  der  sich  gegen 
Weidmannsgebrauch  und  Weidmannssprache  verfehlt,  und  die  in  drei 
schlagen  mit  dem  Weidmesser  besteht:  bei  dem  dritten  (schlage 
wird)  wieder  geschrjen:  das  ist  das  edle  jägerrecht.  Göcu- 
«AüSEN  not.  ten.  259;  hei  hei,  das  sind  kropfstösz:  das  ist 
jägerrecht:  die  füchs  nur  dapfer  gestreift.   Garg.  99'. 

JÄGERRLF,  m.  ruf  der  jäger:  ihn  weckt  nicht  mehr  der 
jägerruf  in  den  bergen.  Fr.  Mijli.er  3, 279. 

JÄGERRÜSTL'NG ,  f.  ausrüstung  eines  Jägers ,  apparatus  ad 
venalionem.    Frisch  1,4S2'." 

JÄGERSACK,  m.  ascopera,  weidsack.    Stieler  1659. 

JÄGERSBL'HST,  f.  genossenschap,  gesellschaß  von  Jägern  (vgl. 
burs  und  burst) :  s.  Eustachii  jägersburst.  Fischart  feienft.  152' 
(«»i((T  fcathotischen  festlagen,  der  tag  Eustachii,  patrons  der  schützen 
und  jdger,  fiel  auf  den  20.  septbr.).     vgl.  oben  jägerbursch ,  f. 

JÄGERSCHAFT,  f  das  jdgersein,  die  eigenschaß  als  Jäger: 
wie  manchem  stürmischen  geiste  gab  seine  mutier  das  kind- 
liche echo  der  religion  auf  die  ganze  wilde  jägerschaft  seines 
lebens  mit!  J.  Pacl  dämmerungen  147;  gesamthcit  von  Jägern : 
setzte  der  sportuinbote  eine  der  besten  biltschriflen  auf, 
welche  die  edle  jügcrschaft  noch  je  an  den  fürstcn  abgelassen. 
Uesp.  2,  65. 

JÄGERSCHLINGE,  f  tendicula.  Stieler  1855. 

JÄGERSCHREI,  m.  schrei  des  Jägers  auf  der  jagd,  vgl.  jagd- 
schrei: dem  so  (welcher)  zu  solchem  weidwerk  einen  jeger- 
schrei  gethan.  Kirchhof  wendunm.  265'; 

man  zolie  drauT  zu  holz  mit  einem  jägerschrei, 
und  blie«,  wie  bräuchlich  ist,  der  hörner  vielerlei. 

Opel  «.  Coun  279,  69. 
JÄGERSMANN,  m.  jdger:  ein  jägcrsman  wird  einem  kriegs- 
luan  verglichen,  und  hinwiderumb  ein  kriegsman  einem  weid- 
man.  Sebiz  564; 

dort  kommt  ein  Jägersmann  am  Tcls  herum.    Uulakd  ged.  158. 
JÄGERSPÄ^/''"- ^     ".   spdszchen   wie   es   ein  jdger  macht: 
pfui!  iibcr  d  /eben.  Götter  3,313. 

JÄGERSI'li  ,      :  mit  dem  der  jdger  den  wilden  Schweinen 

den  fang  gibt,  fanyeisen;  auch  allgemeiner,  spiesz  den  der  jdger 
auf  der  jagd  führt: 

aber  diu  freier  inüesz  Tor  Odysgcui  hohem  palasto 
freuelen  «ich,  mit  Scheiben  und  jAgcr5pie«zun  zu  wurliMi. 

■      (!■!,,  ■.,;■  4,  6-.!0. 

f.   aranea   venatai  (damerikanische 

1    1,407. 
\<  ill',,  f.  die  besondere  tccliiirriir  sjirachc  der  jdger; 

quibus  icualorri  utuntur.  Fiiiscii   \,iS'i'. 
'  '  "     -  '  ihn  der  juger  auf  der  jagd 

l>rUi-h.  Seiiiz  665;  so  nun 


,l.\GKliSI'Rl'NG,  Hl.  Sprung  der  Jagdhunde  nach  ihrem  jäger- 
recht;  dasselbe  wird  ihnen  in  der  höhe  vorgehalten  (vgl.  Seiiiz  5>7): 
zwei  in  Jagdhunde  veruandellc  gcfdhrten  des  Ulysses  sprechen  : 

es  wer  kein  Ireiid,  olin  in  den  wähl, 
durin  wiird  man  olui  Schwachheit  alt  .  .  . 
da  schmeckt  eim  nach  ein  jegersprung 
das  essen,  und  ein  irischer  truiik. 

frosclimiiu.'nter  Fl'  (&.  1,  tuyi.  t;j ; 

und  danach  bei  PhU.  lugd.  3, 25S :  da  schenkte  man  einem  nach 
vernciitrlen  jägcrsprnng  das  essen,  und  ein  frischen  Irnnk  ; 

Itcinick  zum  crstn  am  negstcn  kam, 
>Yagt  nach  dem  weiszen  liiinleiii  jung 
einen  sehr  weiten  jagcrsprung. 

froschmäuscler  R2*  (2,23). 

JÄGEHSTAHL,  wi.  jägerwaffe,  jagdspiesz  oder  hirschfdnger : 

nun  kömmt  der  tod  (des  gijaijten  hiischrs)  und  mit  ihm  der 

betrug, 
der  hunde  viel  und  jägerslaal  genug.    Wituof  utud.  g«/.  2, 87. 

JÄGERSTAM.M ,  m.  volksslamm  der  von  der  jagd  lebt:  den 
thiercn  des  waldes  ähnlich  liefen  sie  (die  ersten  menschen) 
nackt  umher,  bis  sie  diese  bezwingen  und  zähmen  lernten, 
und  nun  zu  Jägerstämmen  wurden.  Reckers  wellyesch.  1,  !:>. 

JÄGERSTANGE,  f  jägerspiesz : 

(als  der  giiif)  neben  in  die  erde 

die  jägeistangc  sücsz, 

da  griir  mit  beiiU'ii  händcn 

der  kaiser  nach  dem  schalt: 

'den  spiesz  musz  ich  mir  pfänden.'    Uulakd  gcd.  372. 

JÄGERSTIMME,  f :  mit  seiner  jägerstiinme  und  in  seiner 
weidmannssprachc  buh  er  an  zu  schreien :  frisch  auf,  gesell  I 
frisch  auf,  husch!  Rode  Thomas  Jones  6,477. 

JÄGERSTOCK,  m.  jagdstock;  jägerslock  heiszt  auch  ein  starker 
eiscnbeschlagcner  stock,  bei  fcchCübungen  zur  verlheidigung  gebraucht. 
Jacobsson  6, 141". 

JÄGERSTÜCK,  n.  l)  kunslstück  eines  jdijers  in  bezug  auf 
jagd  und  wild,  und  erzdhlung  von  solchem: 

die  wirlhe  suchten  ihren  gast  zu  ehren 
mit  derber  kusi,  mit  derben  jä^erstücken, 
wie  sie  die  Wächter  und  das  wild  berücken. 

Le:iau  nvxe  gcd.  14. 

dim.  jügerstückcben,  jägerstücklein ;  übertragen  von  den  künsten 
einer  bnhlerin :  gegen  diesem  (jungen  reuter)  richtet  ich  all 
mein  netz  und  unterliese  kein  jägerstücklein,  bisz  ich  ihn  in 
meine  strick  brachte,  und  so  verliebt  machte,  dasz  er  mir 
salat  aus  der  faust  essen  mögen  ohne  einigen  eckcl.  Simpl. 
3,68  Kurz. 

2)  musikalisch,  und  hier  gern  im  dim.  jügerstückcben:  ein 
Jägerstückchen  auf  dem  hörn  blasen. 

3)  jägerstückc  und  Jagerstücke  heiszen  die  beiden  x>ordern 
kanonen  eines  schi/fes,  vgl.  jager  sp.  2218. 

JÄGERTASCHE,  f    l)  weidmannstasche,  jagdlasche. 
2)  name  einer  ostindischen  muschelarl,  oslrea  radula.  Nemnicii 
4,814,  und  eines  infusionsthines,  brachionus  impressus.  1,658. 
JÄGERTHAT,  f  that  wie  sie  ein  jdger  vollbringt: 

der  hunger  weckte  mich;  icli  asz, 
bedacht  auf  neue  jägcrthatuu, 
ein  Stückchen  broi.    ItöitGER  104'. 

JÄGERVOGEL,  m.  buceros  rhinoceros,  der  nashonivogeL  Neh- 
Nicn  1,709. 

JÄGERVOLK,  m.   volk  das  aus  jdgern  besteht,  von  der  jagd 
lebendes  volk  (vgl.  jägerstamm).  Kant  rechtslehre  (1798)  261. 
JÄGERWELT,  f: 

die  frühe  tust, 
in  waldes  nacht  mich  einsam  zu  vergraben, 
hat  mir  die  jägerwolt  vertraut  gcmuclit.    KöRm^i.  >,  .... 

JÄGERZEllRUiSG ,  f.  was  ein  jdger  auf  seinem  dienttgange 
verzehrt:  kosten  der  jügerzehrung.  SiCvE  wesen  u.  verf.  las. 

JÄGERZELG,  n.  des  jdijers  hornfessel  und  hirschfdnger  mit 
seiner  knpptl.  Jacobsson  2,  .^04^ 

JAGESTRICK,  m.  strick  beim  jagen  zum  fangen  des  wildes 
gebraucht:  merkt  doch  einst,  das  mir  gott  unrecht  ibut,  und 
hat  mich  mit  seinem  jagcsirick  umbgebcn.   Wob  Vi,  6. 

JAGETEUFEL,  m.  s.  jagenteufel.  als  eigenname  eines  obtrtttn 
bürgermeistert  zu  Mtcn-Steltin  im  j.  1412  begegnet  Otto  Jageicufel. 
Crameh  pomrisch.  kirchenchron.  (1028)  2,82. 

JAGKTROSZ,  m.  in  der  Schiffahrt  ein  dreischdßiiiet  lau,  welcMs 
etwas  dunner  als  eine  plerdelinw  ist,  und  dessen  man  sich  zum 
tchlepjKn  und  würfen  bedwul.  Caupk. 

JAGEZF.ICIIKN,  »i.  ein  durch  Jagdhorn  und  Jagdhunde  gfgebencs 

Ziiiiiiu.    Ildi  I  «  \  \  \  ■-«  »I  ii  M    iielili  iilir.   i:il. 


2225 


JAGEZEUG  —  JAGWERK 


JAHA  — JÄHE 


2226 


JAGEZEUG,  JAGZEUG,  m.  n.  zum  jagen  gcInauclUea  zeug: 
wann  er  rechueii  wulle,  was  desz  jahrs  über,  auf  jäger,  jagt- 
hunde  und  jagezeug  spendiret  werde.  Scüuppius  42 ; 

in  Spuuieii  liesz  uiaQ  spinnea 
viel  garii  zum  jagezeug,    Opel  u.  Coun  1h,  34 ; 
die  eisen  putzt  man  aus,  das  jagzeug  wird  bestellet.    218,  35. 
JAGFISCH,  m.  ßsch  der  andere  fische  jagt :  mit  solchem  jag- 
fisch  sollen  sie  in  kurzer  zeit  viel  fahen.  Forer  fisclib.  50*. 
JAGGESCHUEI,  n.,  älter  für  jagdgeschrei: 

die  hörnlein  liesz  man  blasen, 

das  Jaggeschrei  gieng  an.    Ofel  u.  Coun  81,  4S. 

JAGGRUBE,  /■. ."  spelunca  jaggrub  Dief.  545*. 

JAGHAUS,  n.  ältere  form  für  Jagdhaus,  vgl.  das  ««ier  jagd- 
sp.  2206  bemerkte:  darnach  haben  wir  gewunuen  und  awjge- 
prant  Sictcnberg,  ein  wasserhawse,  da;  des  burkgraven  jag- 
haws  ist  gewesen,   d.  städtechrou.  1,157,36. 

JAGHOUN,  «.  älter  /ur  Jagdhorn:  alte  weiber  bescheren 
sind  des  teufeis  jaghoru.  de  fide  concub.  115; 

sein  jaghorn  hört  man  blasen.    Opel  u.  Cohn  72,4. 
Jhh.  jaghörnlein :  derhalben  miisz  ein  jeder  jaglmeister  seine 
hund  zum  allerersten  des  jaghörnlins  und  des  wasserschwim- 
meiis  gewöhnen.   Seüiz  5Sl. 

JAGHUIS'D,  m.  älter  /i/r  Jagdhund,  namentlich  bei  oberdeutschen 
Schriftstellern  noch  bis  ins  17.  jahrh.  üblich,  mhd.  jagehunt: 

dö  der  juncherre 
niht  erwenden  künde 
die  snellen  jagehunde.    Piirlenujjicr  458  Bartscli; 

der  jaghund,  canis  venaticus,  jaghund  der  selbs  aufs  gejagt 
fart  und  was  er  lindt  heim  bringt,  vertayus  Maaler  234' ;  und 
so!  der  scholtes  bereit  sein  (des  khnherrn)  zu  warten  mit 
drithalb  pferd,  mit  drithalb  man,  einem  vogel,  dreien  windt 
und  zween  jaghundten.  iveisth.  2,  32 ;  da  war  Salomon  eilends 
auf  und  mit  seinen  jaghundeu  vor  der  hole.  Luther  tischr. 
330';  alle  geistlichen  sollen  weder  habich,  spärbcr,  falken, 
noch  jaghund  haben.  S.  Frank  cliron.  1531  359';  wie  man  bei 
uns  die  iiasen  auf  weitem  feld  Iahet  mit  jaghunden.  Forer 
fischb.  50';  nah  darbei  der  marstall  und  die  jaghundsställ. 
Gtirg.  2sr ;  lauft  er  für  ihm  wie  ein  jaghund.  Schuppius  317 ; 
das  wild  von  den  jaghunden  auszgespühret.  3S6  (rieften  jagt- 
hunde  s.  42) ; 

durch  päse  Sitten  edel  bist, 

gleich  wj  mein  kü  ain  jaghund  ist.    Scuwarzesbkrg  135*; 

zeüh  mir  die  jaghund  schwarz  und  praun.    13i°. 

JAGIG,  adj.:  jagich  venaticus,  neben  jaglich  und  jachtich 
Dief.  610'. 

JAGillRE,  adj.  irre,  verlegen,  wie  ein  aufgejagtes  u-ild.  Schm. 
1, 1203  Fromm. 

JAGLUST,  f.  älter  für  jagdlust:  so  würd  es  in  mit  der 
jaglust  wol  lehren  einhalten.   Sebiz  560. 

JAGRECHT,  H.  älter  für  jagdrecht :  sintemal . .  keiner  sein 
jagrecht  mit  des  anderen  schaden  üben  solle.   Sebiz  561. 

JAGSCHIFF,  n.  schnellschiff,  barke,  vgl.  jachtschilT  «/).  2200: 
jagschiff,  weidling,  celox,  damena,  myoparo  Maaler  234';  dim. 
jagsciiifflin,  liburnum,  liburna,  liburnicum,  spächschiffle  ebenda; 
jagschiff,  liburnica  triremis  Fkisculin  459;  dises  schwanzlappen- 
thier  ward  zu  meer  in  dreien  furachen  und  einem  jagschif- 
felin  geführt  bisz  in  den  anfurthafen  zu  Olone.  Garg.  146'. 

JAGSPIESZ,  m.  vcnabulum.  Dasyp.     vgl.  jagdspiesz. 

JAGSUCHT,  f  älter  /iir  jagdsucht:  wiewol  das  jagen  ein 
solcher  lust  ist,  der  leichtlich  einen  ungevvarsamen  raeier . . 
kan  verlcckern,  und  von  seiner  mehr  nötigen  arbeit  zu  einer 
unaufhörlichen  und  hinderlichen  jagsucht  abfüren.  Sebiz  559. 

JAGTAG,  m.  tag  zum  jagen :  sprichwörtlich  es   ist  alle  tage 
jagtag,  aber  nicht  alle  tage  fangtag.  Scuottel  1115'; 
war  ist  des  alten  Sprichworts  sag, 
es  sei  wo!  alle  tag  jagtag, 
lachtag  sei  aber  nil  alhvegen.    H.  Sachs  1,427'' (321'). 

JAGTEUFEL,  m.  wie  jagdteufel :  jagteufel  titel  einer  schriß 
von  Spangenberc,  vgl.  quellenverzeichnis  zum  l.  bände. 

JAGUNG,  /.  venatus,  venatio.   Dasvp. 

JAGWERK,  «.  ueidwerk,  jagd:  wann  er  [der  meier)  sein 
gesind  von  der  ordentlichen  und  im  nun  bewuszter  feldarbeit 
ahzihet,  und  zu  dem  inen  unbekanten  jagwerk  gewöhnet  und 
abriebt.  Sebiz  559 ;  dieweil  aber  zu  solchem  jetzgemcitem  jag- 
werk vil  jaghund  vonnöten.  592; 

wann  man  auls  lauxicht  .lagwerk  wil.    E.  .iVlbekcs  153; 
item  die  katz  hat  mit  der  mausz 
ir  jagwerk.  ebenda. 

IV.  II. 


JAHA,  intcrj. « 

jetzt  töden  wir  die  sorgen  durch  den  wein. 

recht,  eleleu;  jaha,  jüch,  jäche, 

wenn  alles  schlaft,  so  trinket  erst  die  wache.     Opitz  3,81. 

JÄHE,  JÄH,  adj.  und  adv.  praeceps,  proclivis,  repentinus, 
nebenform  zu  gäbe  (rM/  4',  1144),  wie  jach  zu  gach.  eine 
miltelform  jäch,  auch  in  fkctierter  Stellung,  begegnet  nicht  selten 
im  16.  und  17.  jahrh. :  ein  jecher  narr  kan  der  zeit  nicht 
erharren.  Sir.  20,7;  ein  jacher  sinn,  ingenium  calidissimum, 
effervcscens  Stieler  S7G;  jäch  zu  antworten,  inconsideratus  in 
respondendo.  ebenda;  in  dem  wortspielenden  Sprichwort :  ein  jacher 
gibt  keinen  guten  jäger.  Scuottel  1125;  wird  aber  seit  dem 
18.  jahrh.  von  der  Schriftsprache  wieder  abgestoszen.  dagegen  ge- 
winnt die  form  jähe,  jäh,  deren  unechtes  j  bereits  im  lö.  jahrh., 
wie  jach  erweist,  aufgetaucht  sein  muss,  und  die  seit  dem  16.  jÄ. 
sich  stark  verbreitet,  namentlich  in  der  neuern  spräche  gegen  das 
berechtigte  gäbe,  gäh  die  überhand,  es  steht  ganz  in  des  letzteren 
bvdcutungen ; 

1)  mit  ungestüm  hereinbrechend,  plötzlich  herabstürzend: 
was  ich  eur  majestät  zu  melden  habe, 

ist,  dasz  durch  jähe  llui  und  wolkeubrüche 
üuckinghams  beer  zci-streut  ist  und  versprengt. 

Shakesp.  Ricltard  lll  4,  4; 
the  news  I  have  to  teil  your  majesty 
is,  that  by  sudden  lloods  and  lall  of  waters 
üuckinghams  army  is  dispers'd  and  scatter'd. 

2)  steil  und  plötzlich  abfallend,  von  felsen,  abgründen  u.  ähnl. : 
jäher  ort,  locus  abruptus,  praeceps,  praeruptus  Stieler  S76;  jäher 
stikkeler  ort,  praecipitium  Schottel  1340;  eine  jähe  kluft  am 
fusze  des  beiges  that  sich  vor  ihnen  auf.  Götue  21,63;  das 
thier  verzögerte  seinen  schritt,  aber  der  abstieg  war  zu  jäh, 
die  vorüberziehenden  konnten  nicht  anhalten.  6;  hier  lag  ich 
am  jähen  abhang.  Bettine  briefe  2,149; 

tief  unter  ihm  klettern  die  ziegeu 
am  jähen  absturz  der  kluft.    Chb.  E.  v.  1ü.eist  1  (1804)  171 ; 
dort  an  des  strömes  jähstem  rand.    Gotteb  1,353; 
und  stets  an  eines  abgrunds  jähem  rande 
Sturz  drohend,  schwindelnd  risz  er  mich  dahin. 

Schiller  Waltensteins  tod  3,  3. 
das  neutrum  substantivisch: 

das  stemenkind,  die  seele,  strebt  zur  höhe, 
der  geist,  der  llieger,  stürzt  sich  in  das  jähe, 
zur  dunkeln  tiefe  schnellt  er  rasche  schwingen. 

Ar>üt  ijed.  (1840)  216. 
jäh  als  adverbium: 

auf  dem  höchsten  grat 
.     wo  die  felsen  jäh  versinken.    Schiller  alpenjäger. 

jäh  heiszt  dann  aber  eben  so  auch  steil  aufragend:  aber  das 
steile,  jähe  scheint  der  Jugend  zuzusagen;  desz  zu  unter- 
nehmen, zu  erstürmen,  zu  erobern  ist  jungen  gliedern  ein 
geiiusz.  Götiie  15,311;  auf  jeden  jähen  (der  tr^/e  druci  gäben) 
gipfel  der  leidenschaft  mich  zu  begleiten.  Schiller  201  (kab. 
u.  liebe  4,2);  mir  däucht,  man  müszte  bis  zum  philosophen- 
thurm  reiten  können;  bis  dahin  ist  es  nicht  zu  sehr  jäh. 
Skume  spazierg.  2,  30 ; 

was  quält  ihr  euch  und  uns,  auf  jähem  Stege 

nur  schritt  vor  schritt  den  lästgen  stein  zu  wälzen, 

der  rückwärts  lastet?  Götue  2,  16; 

das  t'ahrzeug  treibt  an  jähe  klippen  hin, 

wo  selbst  der  sieurcr  nicht  zu  retten  weisz.    9,  26S. 

3)  plötzlich ,    unerwartet  schnell  und  mit  ungestüm  kommend : 
hilf  .  .  dasz  kein  jäher  stürm  noch  schneller  blitz  entsteh. 

GCMTUER  550; 

hier  wo  der  boffnung  bluten 

ein  jäher  Irost  erstickt.  C.  F.  Weiszk  ; 

woher,  o  königinn,  diesz  jähe  schrecken?    Götter  2,214; 

er  wich  voll  jäher  bestürzung.    Ilias  5,626; 

erklare  du  mir,  was  so  schnell  und  jähe 

das  blut  mir  hemmt.        Platen  100; 

gescheh  es  denn!  wir  fassen  uns  ein  herz! 

verwunden  jetzt  der  erste  jähe  schmerz. 

Freiligratu  yliiubctisbek.  16 ; 
gern  mit  fall,  stürz,  Sprung,  wo  es  an  die  bcdeutung  2  anlehnt : 
bei  hof  gibts  jähe  Sprünge,  aula  barathrum  est.  Stieler  876; 

was  hilft  michs  aber  nun,  nun  mich  so  hat  gestürzet 

durch  einen  jehen  fall  das  leichte  gluckesrad?    Flemikc  114  ; 
man  sieht  nicht  was  man  siebet 

in  dem  so  jehen  fall.     A.  Grvpuics  16US   1,279; 
kann  nicht  der  riiiger 

im  jähen  fall  das  haupt  zerschmettern?    Gotter  2,211; 

denn  unerträglich  inusz  dem  fröhlichen 

ein  jäher  rückfall  in  die  schmerzen  sein.    Götue  9,  46; 

der  götter  saal  schien  dir  auf  gleicher  erde, 

nun  überwältigt  dich  der  jähe  fall.    165 ; 

140 


2227 


JÄIIE  — JAHERR 


JÄIIHEIT  — JÄHLINGS 


2228 


ich  wuszie  nicht  wie  mir  geschelin!  wie  hart 
ein  jäher  stürz  mich  lälimend  hingestreckt.    335; 

der  jälie  tod,  eine  seuche  (vgl.  gäbe  3,6):  bierumb  sprich 
ich,  das  mich  der  gehe  todt  erstosz,  ob  ich  Icngcr  bie  bei 
euch  bleib.  Aimon  bog.  q;  aber  auch  schneller,  jüölzlich  herein- 
brechender lod:  für  bunger  sollen  sie  verschmachten,  und 
verzeret  werden  vom  fiber,  und  j ehern  lod.  5  3/os.  32, 24;  dasz 
seine  kindcr  eines  solchen  jähen  plötzlichen  todes  gestorben. 
Scncppius  15S;  jäher  tod,  mors  inopina  Stieler  876; 
das  girttrünklein  liab  ich  bereit  .  .  . 
daran  sauft  er  den  jebcii  todt. 

J.  Ayrkr  56'  (297,  19  Keller); 
auch  hat  gott  ielies  todts  gefeilt 
den  verrählr  bischolT  llattoncm.     124''  (627,  32) ; 
geht  in  sein  zimraer,  schaut  den  leichnam  an, 
und  macht  die  deulung  seines  jähen  todes. 

Sltakesp.  Heinrich  VI,  2,  3,  2  ; 

and  comment  then  upon  bis  sudden  death ; 
jäcbe   liebe,    amor   subilus  Stieler  S76;    zur  bcdculung  hastig 
abgeblaszl:  jacher  gang,  grcssus  citatus,  velocissimtis  ebenda. 

4)  jäh,  ton  .veknstimmungen,  unbedacht,  unbesonnen:  es  ist 
ein  fehrlich  ding  in  einem  regiment  unib  einen  schweizer, 
und  ein  jecher  wesscher  wird  zu  schänden.  Sir.  9,25;  jäher 
raht,  jähe  cinbildung.  Scuottel  1340 ;  jähe  anschlage,  subita, 
praccipitata,  calida  consilia  Stieler  876;  adverbial: 

mit  urtheil  feilen  nicht  jeh  eil, 
es  sciiid  dann  gehöret  beide  theil. 

J.  Atbkr  2>roc.  1,  6,  observ.  ni. 

jäh  sein  zu  etwas,  schnell,  außrausend  rasch:  jech  sein  zu 
liadder,  zündet  fewr  an,  und  jech  sein  zu  zanken,  vcrgeuszl 
l»lul.  Sir.  28,13;  jäch  zu  antworten,  inconsidcratus  in  rcspon- 
dendo  Stieler  876; 

und  ist  eins  jehen  zorns  dabei. 

i.  AtRER  fasln,  sp.  38'  (2525,  18  Keller)  ; 

jäh  heßig,  leicht  xornig:  ein  jacher  sinn,  ingenium  calidissimum, 
effertescens  Stieler  S76;  der  gcneral  gewaltiger  .  .  solle  in- 
sonderheit .  .  (sein)  nicht  zu  jäh  noch  rachgierig,  und  der 
sich  in  zorn  nicht  übereilet.  Böckler  kriegsschule  (1668)  s.  57 ; 

§ehst  nicht  weg,  so  erstich  ich  dich  ; 
ann  ich  bin  gar  ein  jeher  mann. 

J.  AvHKR  fasln,  sp.  91''  (28Ü0,  32  Keller) ; 
ob  ich  schon  nicht  jäh  und  heftig  bin. 

Sliakcsp.  Hamlet  5,  1 ; 
though  I  am  not  splcnetive  and  rash. 
J.\HE,  f.  fraecipilium.  Stieler  876;  neben  form  zu  gShc  theil 
4',  1146,  und  in  folgenden  bedeulungcn  bezeugt: 

l)  steHlicü,  abschüssigkcit,  steile  stelle,  sowol  von  der  höhe  nach 
der  tiefe,  als  umgekehrt: 

(ein  habichl)  der  von  des  fclsengebirgs  bocbschwindelnder  jähe 

gehoben, 
rasch  hinfährt  in  die  thale.     lUas  10,  63 ; 

aber  ich  selbst  hielt  dranszcn  allein  das  dunkele  mcerschifT, 
dort  am  ende  der  bucht,  und  knüpfte  die  seil  an  den  felsc^i, 
spähete  dann,  aufklimmend  zur  schrofligen  jähe  des  abhangs. 

Udyssce  10,  97 ; 
SU  wie  ich  stand,  ausspähend  auf  sclirofiiger  jähe  des  abhangs. 

148; 
herab  mich  ge.itürzt  von  der  jähe  des  felsens!     14,399; 
zur  heimat  lenken  wollt  ich  seinen  schritt 
hin  über  meiner  eignen  leisen  jähe.    Höckert  83. 

in  einem  bilde  für  eine  plötzlich  außauchende  gefahr : 

stets  wache  Sorgfalt 
löset  aus  spizigen  jähn  des  kriegcs! 

Voss  Üornz  od.  4,  4,  78  ; 

cnrae  sagaces 
L'xpedlurit  per  acuta  belli. 

1}  jaLc,  unbesonnenlieü,  hilze: 

ich  selbst  hctt  in  der  jeh  wolan 
ihm  ein  titdlicben  schaden  ihan. 

J.  Atheh  343'  (17:^;»,  l  Iwlln); 
(ich)  hcfurchlel« 
von  dem  geprüften  manne  diese  jähe 
der  raschen  jugend  nicht.     Ootiik  9,172. 

JAHHNH,  plötzlich,  pari,  eines  verbums  jähen,  vergl.  gaben 
tlu-ü  4',  1147:  erlöse  uns  vou  dem  scbnellcD  jehciidcn  tode. 
LlJTMKR   1,329*. 

JAIIKÜH,  m.  der  zu  allem  ja,  herr!  $pridd: 

d8{  bifse  et  (itiu  ijcicHöpf  hovenchalc)  lobt  und  swacht 

d»7,  guot, 
al»  m  dann  vindt  der  herrvn  rauot; 
'ja,  herr«'  iitt  im  daj;  bcitte, 
und  an  triegcn  ouch  dai  Icttc, 
et  bricht  tin«  hcrroii  willen  xelten. 

llaupU  tcUtchr.  H,  575,  ^40 ; 


daher  gesinnungsloser  Schmeichler  oder  unteruwfiijer  beipflichter 
einer  fremden  meinung,  wie  niederl.  ja-heere,  jae-man ,  jae- 
schepen,  judex  pedarius  sive  pcdaneus  Kilian; 

mhd.  die  jäliärrcn  hänt  den  muot, 

si  lobent  swaj  der  herre  tuot.    Freida^k  50,2; 

nhd.  Angelus  und  dergleichen  sind  nichts,  denn  jaherm  und 
folger.  Luther  i,4S';  auf  das  ein  concilium  nichts  anders 
sei,  denn  ein  jaherr,  der  im  raht  oben  an,  zu  nebest  bei 
dem  handfas  an  der  tbür  sitze,  und  zuhöre,  was  die  gnade 
Junker  über  dem  hohen  tische  gebieten.  8,211";  Schmeichler, 
jaberren.  Kant  10,302;  alle  diese  Schmarotzer,  alle  diese 
süszlichen  jahcrrn.  Götiie  36,16;  er  ist  ein  guter,  ehrlicher 
mann,  dick  und  träge,  ein  jaherr.  Fichte  leb.  u.  briefwecitsel 
1,  171; 

(ii'ir  iollen)  was  unrecht  ist,  nicht  willigen  drein, 

in  böser  sach  kein  jaherr  sein. 

1'.  HEniiun  bei  TiTiMAnN  schausp.  1,103,40. 

die  moderne  spräche  hat,  ohne  die  bedeutung  des  Wortes  zu  ändern, 
die  etymologie  des  Wortes  vergessen,  legt  es  sich  daher  als  einen 
hcrrn  zurechl,  der  immer  ja  sagt:  oberhofmeisterinncn  sind, 
wie  CS  nach  dem  modelle  der  jaberren  neinberren  gibt,  wahre 
neinfrauen.  J.  Paul  Tit.  1,180;  ein  widerruf!  ...  und  warum 
nicht?  warum  soll  ich  denn  wie  jeder,  das  ganze  leben  durch 
mein  eigner  jaherr  bleiben  (denn  ich  sage  zu  allem  ja,  was 
ich  sage)  und  nicht  auch  mein  neinherr  werden?  vorsch.  d. 
ästh.  3,140.     vgl.  jabruder,  jaknechl,  jamcnsch. 

JÄHHEIT,  f.  raschheit,  plötzlichkctt ,  auch  im  handeln  und 
denken,  vgl.  gähheit  theil  4',  1147.  bei  Stieler  jächheit  pcrni- 
citas,  accelcratio  praepropcra,  festinatio  praeceps,  blinde  jächheit 
ist  nicht  weit  vom  unglück ,  festinatio  improvida  et  caeca  in- 
fclix  est,  jächheit  soll  die  gebür  nicht  überschreiten,  ea  demum 
velocitas  placel,  quae,  ubi  jussa  est,  vestigium  sistü.  876. 

JÄHLICH,  adj.  rasch,  plötzlich,  wie  gählich  theil  4',  1147: 
jähelich  iu&i<«j,  repentinus,  inopinatus  Stieler  876;  zu  Würzen 
ist  ein  thumprobst  newlich  des  jehlichen  tods  gestorben. 
Luther  3,517';  auch,  wie  jäh  4,  rasch,  heßi<):  die  billerkeit 
wuchs,  man  enthielt  sich  kaum  jählicher  scbiinpfreden.  Göthf 
56,  199. 

JÄHLING,  neben  gähling  theil  4',  1147. 

1)  als  adv.  plötzlich,  unerwartet:  mann  klopft  jehling  an. 
J.Avrer  344' (1723,32  A'c//er);  ich  bin  aber  nicht  gewohnt,  s.i 
jähling  krank  zu  werden.  J.  E.  Schlegel  2,348; 

(eine  Itrankbcit)  die  nur  werel  etlich  tag 
und  lest  denn  jeliiig  wider  nach. 

i.  Atrer  fasln,  sp.  46'  (2570,37  Keller); 
als  ich  einmal  .  .  . 

in  einer  kirche  sasz :  so  fiel  mir  jahling  ein  .  .  . 
(JELLERT  1,  219; 

hastig,  rasch  zufaiirend:  wird  nu  der  bischoff  in  der  sach 
wider  mich  verfolgen,  mit  seinen  bunden  den  feinden  gött- 
lichs  Worts,  halt  ich  dafür,  er  werde  jehling  mit  mir  handeln 
lassen.  L.  Heiser  bei  Luther  3,  42ü';  Jahn  Grundo  liest  den 
brief  als  jehling.  J.  Atrer  444'  ('2232,  8  Keller). 

2)  alsadjectiv:  den  jälilingen  borg.  Schweinichen  1,348  (ein 
gählinges  tlial.  179);  und  jählinges  todes  stürbe.  Chr.  Weise 
crzn.  359;  wegen  seines  so  jählingen  Wohlstandes,  avant.  1,15«; 
sich  um  meine  jählingc  Veränderung  nicht  wenig  bekümmerte. 
Felsenb.  1,437;  woher  ihr  dieser  jälilinge  zufall  kam.  4".)'.t; 
diese  ohnmacht  wäre  ihr  von  gar  zu  jiihlinger  freude  zuge- 
stoszen.  2,585;  seine  so  jählinge  Veränderung  nicht  merkten. 
4,166;  faszte  den  jählingen  schlusz.  454;  wegen  dem  jälilingen 
todesfall  des  hrn.  domdechanten.  Mercks  briefs.  1,245;  in  einem 
solchen  jählingen  anstosz  von  Unwillen  oder  miszinulh.  Wik- 
lano  8,241;  ihr  erbieten  ist  mir  viel  zu  jäling.  Hermes  Soph. 
reise  3,205. 

JÄHLINGEN,  adv.  wie  gählingcn  theil  4',  1148;  mit  vertust 
des  nasalt:  dasz  ich  gewisz,  wo  du  mir  nicht  bald  bUlfesI, 
jäbligen  starben  niusz.  Zesen   Hoselieb  (1646)  17. 

JÄHLINGS,  adv.  wie  gählings  theil  4',  114«: 

lehmige  schltichtcn 
ausgehöhlt  von  wilden  regengüssen 
fielen  jählings  ab.      I'latin  334; 

als  der  dort  (auf  dem  steilen  abhang)  überhangende  rasen  los- 
bricht und  jener  ungliicklichc  jählings,  pfcrd  über  mann  unter, 
ins  wasser  stürzt.  Götiie  '23, '235; 

dunkel  brennt  üa^i  fcunr  nur  nugnnblicklirh  und  dampfet, 
wnnn  dai  waMCr  die  gliilli  stürzend  und  jfihlingi  verhüllt. 

lioriii  1.  268; 
und  ein  schwlndnl  stürzt  ihn  jähling« 
nieder  in  de«  fuitoi  Uuth.    Tiick  5,  581 ; 


2229 


JAHN— JAHNEN 


JAHR 


2230 


jählings  sterben.  Hah:«s  hisl.  (nss)  3, 230 ;  indem  er  sich  aus 
dem  gewöhnlichen  Schlummer  jählings  zu  ermuntern  schien. 
Felsenb.  3,238; 

und  jählings  hob  sie  aus  den  schäumenden 
gewässern,  wie  ein  nebel,  sich  empor.    BcacsR  146" ; 
denn  jählings  überfiel  ihn  schwere  krankheit. 

Shakesp.  Heinrich  VI,  2, 3, 2. 

JAHN,  m.  weit  verbreitetes  -xort  der  landwirle  und  mnzer, 
sowie  des  forstwesens. 

1)  dem  landwirte  ist  es  schweizerisch  (als  Jahn,  jan,  john) 
ein  gewisser  bezirk  oder  vorgesleckter  räum  für  eine  feldarbeit 
{z.  b.  schneiden,  gdlen),  bei  der  entweder  nur  einer  oder  mehrere 
in  gerader  linie  zu  einem  gemeinschaftlichen  siel  hinarbeiten. 
Stalder  2,  72 ;  tirolisch  der  jän ,  ein  strich  noch  stehenden  ge- 
treides.  Fromm.  3,331;  fränk.  Jahn,  gähn,  gohn,  eine  in  die 
länge  sich  erstreckende  fläche  bei  der  arbeit  im  feld,  auf  wiesen 
oder  in  Weinbergen,  auf  der  eben  gearbeitet  wird,  streife  (reihe) 
getreide,  gras,  kartoffeln  u.s.w.  Kehrei.x  209;  jegelicher  huber 
ist  ouch  jerlichen  schuldig  dem  vogte  ein  vaslnachthun  und 
ein  jan  vol  habern.  weisth.  1,S25  (Ortenau,  \b.  jahrh.);  hessisch 
die  jäne,  auch  jöne,  im  Schmalkaldischen  jün,  die  reihe,  linie, 
der  strich  arbeit,  z.b.  im  kornschnitt,  im  heumähen,  gerade  vor 
sich  hin,  den  man  vornimmt.  Yilsar  ISl ;  düringisch  in  derselben 
bedeutung  gön,  gunmeister  der  erste  knecht,  der  beim  mähen 
vormäht,  den  ersten  gön  macht,  haut;  niederd.  jain,  masc, 
und  gai,  masc.  und  neutr.,  die  beim  behacken  oder  roden  der 
kartoffeln  quer  über  den  acker  gebildete  reihe.  Schambach  5S'.  ö3"; 
in  der  Mark  gai  fem.,  Schwaden,   gang  zwischen  pflanzenreihen. 

2)  beim  winzer  ein  stück  reben,  das  von  einem  andern  durch 
graben  abgesondert  ist.  Stalder  2,  72 ;  die  winzer  pflegen  die 
ihnen  anvertrauten  groszen  weinberge,  um  bessern  gemerks 
willen,  gleichsam  in  gewisse  districte  abzutheilen,  und  solche 
nach  ihrer  spräche  Jahne  zu  nennen,  öcon.  lex.  (1732)  1114 ; 
die  reben  jahnweise  düngen.   Adelung. 

3)  in  dem  oberdeutschen  forstwesen  /lew;/ jahn  oder  john  abge- 
hauenes und  nach  reihen,  wie  die  schwade  des  getreides,  hin- 
gelegtes busch-  oder  strauchholz;  daher  Jahn-  oder  jobnbauer, 
holzhauer.  Jacobsson  2,  304*. 

4)  das  wort  schlieszt  sich  zunächst  an  mhd.  jan,  reihe: 

hie  endet  sich  der  rime  jan. 

Marieiigy.  iii  Haupts  zeitschr.  8,277,67; 

und  dieses  selbst  wird,  als  fremdwort,  in  Zusammenhang  gebracht 
mit  franz.  gain,  erwerb,  gewinn,  gagner  erwerben,  gewinnen, 
altfranz.  gaaigner  das  feld  bauen  (Diez  wörterb.  1, 225.  LiiTRi 
1, 1814'j,  was  wieder  mit  allspan.  guadaüar  mähen  zusammen- 
hängt, der  landu-irtschaftliche  ausdruck  fuszt  demnach  auf  der 
ursprünglichem  bedeutung  des  fremdworts,  und  das  mhd.  jan  hat 
eine  erweiterung  des  altern  sinnes  erfahren. 

5)  ableitungen  von  Jahn  sind  das  verbum  Jahnen,  johnen, 
eine  bestimmte  feld-  oder  landarbeit  in  einer  geraden  langen  fläche 
gemeinschaßlich  oder  nur  einzeln  verrichten.  Stalder  2, 72 ;  mhd. 
jänen,  durch  feldarbeit  gewinnen: 

da  von  wart  er  (.\ditm)  uj  paradises  vröuden  her  gepfrenget 
in  dirre  werlte  unvröuden  karaer, 

da  von  uns  twinget  noch  des  vluoches  zange  unt  sieht  der  hamer : 
wir  müejen  unser  spise  in  sweije  von  der  erde  jänen. 

minnes.  2,236*  Hagen  (ty/.  1  Mos.  3, 17)  ; 

öslr.  janein  Aorn  oder  ueizen  jochweise  schneiden.  Castelli  174; 
hessisch  jahnig,  der  reihe  nach,  die  bäume  werden  jahnig  ab- 
gehauen, ohne  unterschied,  ohne  einen  stehen  zu  lassen.  Vilmar 
181;  über  jünmeister,  düringisch  gunmeister  vgl.  oben  1;  jahn- 
weise, jahnhauer  s.  2  und  3.  ob  auch  bair.  j<enbrod,  brot  was 
die  Schnitter,  mäher,  holzhauer  und  andere  feldarbeiter  zwischen 
frtVistück  und  millagmahl  und  zwischen  diesem  und  dem  abend- 
essen  als  erfrischung  zu  sich  zu  nehmen  pflegen.  Scum.  1,  1207 
fromm.,  hierher  falle,  bleibt  unentschieden. 

JAHN,  gekürzte  form  des  eigennamens  Johannes;  vgl.  u.  Jan. 

J.UINE.N,  verb.  hiare,  oscUari,  neben  form  zu  gähnen  theü 
4',  114S,  wo  über  die  Verbreitung  ron  Jahnen  mit  gesprochen  wird, 
das  oben  sp.  1731  aufgeführte  hojahnen ,  hojähnen  ,  rem  laut- 
malend gebildet,  darf  mit  gähnen,  Jahnen  nicht  in  etymologischen 
Zusammenhang  gebraclU  werden,  nur  umdeutungscersuche  haben 
es  dem  letzteren  gleichgestellt,  wenn  du  jähnest,  so  hast  du 
nicht  nöthig,  die  band  vor  den  nmnd  zu  halten.  Detiiardi.-sg 
Holbergs  polit.  kanngieszer  (1747)  s.  43;  eine  gewisse  gattung  von 
originalslücken  von  unserer  bühne  zu  vertreiben,  in  welchen 
man  nach  den  regeln  Jahnen  musz.  Lessing  5,77;  das  weiber- 
gekakele  unserer  zelten,  bei  dem  man  jänt,  die  nase  rümpft, 
und  nichts  denkt.    Heiske   ThucyJ..  vorrede; 


jener,  der  dort  jähnt.    Gcnther  531 ; 
welche  jähnende   und  schielende  beispiele ,   ohne  wilz  noch 
wähl.  Haxan*«  4,  5. 

JÄHR,  n.  annus. 

goth.  jer;  alts.  altnfr.  ger,  jar;  mnd.  jSr,  mnl.  jaer,  nnl. 
jaar;  ags.  geär,  ger,  engl,  year;  fries.  jer,  ger,  jar;  altn.  &r, 
schwed.  är,  ddn.  aar;  ahd.  mhd.  jär.  das  über  alle  deutsche 
dialeide  gleichmäszig  verbreitete  wort,  das  auch  noch  in  ags. 
missere,  altn.  missari,  misseri  halbjahr,  aus  missi-jdri,  eigent- 
lich wechseljahr  versteckt  ist  (vgl.  Mt^LLENHOFF  in  Haupts  zeitschr. 
13, 576),  ebenso  in  heuer  aus  hiu  järu  (vgl.  oben  sp.  12S4),  ent- 
behrt einer  sichern  etymologischen  deutung  eben  so  wie  sicherer 
Zusammenstellung  mit  Wörtern  urverwandter  sprachen,  da  die  öfter 
wiederholte  anrethung  von  jähr  an  send,  yäre  jaJir,  allpers.  yära 
in  dus-iyära  Übeljahr,  miswachs,  griech.  coooi  jähr,  cooa  Jahres- 
zeit, kirchenslav.  jarix  und  jara  frühling  (vi/l.  Fick  160),  wegen 
mangelnder  genauer  entsprechung  der  vocale  (man  sollte  dann 
goth.  jör,  ahd.  juor  erwarten)  als  unbestritten  nicht  gelten  kann. 

In  der  altern  spräche  ist  der  plur.  des  wortes  dent  sg.  gleich, 
erst  die  neuere  spräche  verwendet  die  form  jähre,  nach  analogie 
der  masculina  gebildet,  nur  bei  eigentlichen  maszbestimmungen 
wird,  wenn  solche  im  nom.  oder  acc.  stehen,  noch  die  alte  plural- 
form nicht  selten  verwendet  (vgl.  gramm.  4,2S5):  das  sind  nun 
drei  jähr  oder  drei  jähre,  dasz  wir  so  leben;  Hanswurst  ist 
vier  bis  fünf  jähr  verreiset  ..  gewesen.  Lessixg  11,177; 

ist  über  vierzehn  jähr  doch  alt.    Göthb  12,  134; 
aber  auch:  wie  viel  jähre  hast  du?  Göthe  18, 153;  er  schätzte 
sie  zwölf  bis  dreizehn  jähre,  ebenda; 

mein  mädcben  mit  dem  schwarzen  haare 
vollendet  beute  sechzehn  jähre.    Hagedor;«  3,  73; 

dagegen  findet  sich  eine  versteinerte  form  jähr  namentlich  ßr  den 
dativ  (wie  solche  bei  fusz,  zoll  u.  a.  statt  hat)  in  correcter  spräche 
niciu,  es  fieiszt  nicht  ein  kind  von  zwei  jähr,  sondern  von  zwei 
Jahren. 

Die  bedeutung  von  jähr  ist  im  allgemeinen  nur  nach  dein 
anfang  seiner  berechnung  gesondert,  und  hier  das  kalenderjahr, 
das  lebensjahr  und  das  rechnungsjahr  zu  untersclieiden. 

I.  jähr,  das  kalenderjahr ,  die  Zusammenfassung  einer  fest 
geordneten  reihe  von  monaten:  und  der  mond,  in  aller  weit 
mus  scheinen  zu  seiner  zeit,  und  die  monat  unterscheiden, 
und  das  jar  austeilen,   Sir.  43,  6. 

1)  von  den  jähren  der  verschiedenen  Zeitrechnungen  sind  hier  die 
der  christlichen  hervorzuheben,  es  heiszt  im  jähre  nach  Christi 
gehurt  1876;  im  achtzehnhundert  und  sechs  und  siebzigsten 
jähre  nach  Christi  gehurt;  oder  im  jähre  Christi,  im  jähre 
nach  Christo:  vom  jähr  Christi,  anno  1724.  LESSl.^G  2, 3S9; 
nach  gottes  gehurt  thusent,  drihundert,  darnach  in  dem  vier 
und  zwenzigsten  jare.  Dreyhacpt  Saalcr.  1,59;  in  dem  jar  als 
man  zalt  von  der  gepurt  Christi  1491.  d.  städtechr.  11,569,17; 
oder  kurz  und  gewöhnlich  nur  im  jähre  1S76;  des  jars  im  1400 
im  90  jar  da  erweit  man  . .  den  behemischen  kunig  auch  zu 
eim  ungerischen  kunig.  560,6;  recht  gewöhnlich  ist  ferner  jähr 
unterdrückt:  das  geschah  1876; 

es  war  der  drei 
und  zwanzigste  des  mais,  da  man  ein  tausend 
sechshundert  schrieb  und  achtzehn. 

SCHILLKR   Piccol.    4,  5. 

oft  werden  bei  dieser  Zeitrechnung  nur  die  zehner  und  einer  her- 
vorgehoben, die  tausende  und  hunderte  müssen  nach  der  zeit  in 
der  der  sprechende  oder  schreibende  lebt,  ergänzt  werden:  das 
jähr  II  war  ein  gutes  weinjahr  (verstanden  ISll);  darnach  im 
95.  jar  (verslanden  1495).  d.  städtechron.  11,575,5;  diese  zahl- 
angabe  wurde  im  15.  16.  ja/ir/i.  jähre  der  mindern  zahl  genannt: 
auf  dem  reichstag,  so  im  jar  der  mindern  zul  26.  zu  Speier 
gehalten.  Luther  6,362*.     ein  güldenes  jähr,  ;M6Wjd/ir; 

da  man  schrieb  tausend  und  fünfhundert, 
dasselbig  jar  ward  abgesundert 
von  der  andern  zeit  ganz  und  gar, 
und  gmacht  zu  einem  gülden  jar. 

B.  Waluis  Esop  4,  1,  4. 

2)  das  beginnende  jähr  heiszt  das  neue  jähr,  das  endende 
das  alle,  das  scheidende  jähr:  möge  das  neue  jähr  hesser 
werden ,  als  das  alte  war ! ;  am  ende  des  Jahres  bring  ich 
noch  manches  bei  seile.  Götoe  an  Schüler  1,39; 

das  ahe  jabr,  so  jetzt  vergangen  ist.    Opitz  2, 161 ; 
heute,  ward  das  neue  jung,  gestern  starb  das  alte  jähr. 

LoGAU  3,  t)2,  38  ; 
des  Jahres  letzte  stunde 
ertönt  mit  ernstem  schlag.    Voss  4,  95. 

140* 


2231 


JAHR 


JAHR 


2232 


die  zeit  des  friJilingerwachens  heiszt  den  diciäcrn  das  junge  jähr: 

die  erfreuten  heerden  springen. 

das  verlebte  jähr  wird  jung.    Kle«i:«c  37"; 

mit  jedem  jungen  jähr, 
so  bald  die  ersten  Icrclien  schwirrten. 

Schiller  mädchen  aus  ilcr  fremde, 

ßr  neues  jähr  heiszt  es  auch  nur  jähr:  faunalia,  floralia, 
majalia,  majumas  und  blumenfeste  hielten  vor  zelten  .  .  die 
alten,  theils  um  die  gemüther  mit  dem  jähr  zu  ermuntern, 
damit  selbige  mit  dessen  fortgang  geschickter  würden,  höhere 
...  fruchte  zu  bringen.  A.  Grypiih;s  16fl8    1,607. 

3)  zum   neuen  jähr  werden  wünsche  und  geschenkc  gebracht: 

lieh  wollte  sie)  dem  teufet  zum  newcn  jar  schenken. 

H.  Sachs  3,  3,  13'; 
das  ir  ein  gut  new  jar  müszt  han.    lt.  Waldis  Esop  2,  75, 12; 
was  wüntsch  ich  dir  dann  ietzt,  mein  bester  trost,  vor  gaben 
auf  dieses  neue  jähr?  Opitz  2,  161 ; 

gut  sein  immerdar! 
sei  unser  wünsch  zum  neuen  jähr!    Voss  4,99; 

neues  jähr  hciszen  auch  die  neujahrsgeschenke :  das  vi.  zeichen 
(der  schädlichen  leiblichen  liebe)  ist  gaben  geben  und  schicken 
\  und  obentürliche  brieflin  schreiben,  fatzeletlin  machen,  nüwc 
jar  schenken.    Keisersberg  bäum  d.  seligk.  6"; 

seh,  Nicola,  so  nimb  hin  von  mir 
ein  neues  jähr  das  scheiii;  ich  dir. 

i.  Ayrer  siugsp.  100"  (3126,  31  Keller). 

4)  das  jähr  beginnt,  verläuft,  läuft  um,  endet,  vollendet: 

das  jabr  das  hat  ein  ende. 

ViLMAR  liantlb.  für  freunde  des  volk$l.  115  ; 
eh  dann  das  jähr  wird  neu, 
will  ich  herwieder  kommen.    172; 
doch  neigt  das  jähr  sich  wieder.    Uhland  ged.  160; 
vihd.  daj  er  der  järzal  verga? 
und  daj  gelübede  versa;;, 
unz  ej  ein  ander  jär  gevieng.    luiein  3057. 

die  zeit  zwischen  anfang  und  ende  des  Jahres  ist  des  Jahres  lauf; 
es  heiszt  das  jähr  vollbringt,  vollendet  seinen  lauf;  im  lauf 
des  Jahres,  als  unbestimmte  Zeitangabe: 

und  in  des  jahrcs  laufe  .  .  . 

begleiten  wir  zur  taufe 

den  enkel  und  den  söhn.    Götue  1,  129. 

5)  im  gegensatz  zu  diesem  jähre  (heuer  sp.  12S4.  12S5)  steht 
sowol ,  auf  die  Vergangenheit  weisend,  vorm  jähre,  als  auf  die 
zukunß  hindeutend,  übers  jähr,  ums  jähr,  künftiges  jähr,  dlter 
auch  bis  jähr,  vgl.  unter  bis  Iheil  2,43: 

und  nehmet  bis  jähr  einen  andern  mann. 

YiLVAR  litinttb.  für  freumic  des  vollist.  103 ; 

verziecht  im  die  mucken,  über  jar  pringt  er  brämen.  Fisciiart 
bienk.  1^0' ;  wie  es  ihn  in  das  zukünftig  jar  gehen  soll.  Frank 
weüb.  US' ;  wer  weisz  was  uns  einfüllt,  um  übers  jähr  wieder 
auf  ähnliche  weise  zu  interessieren.  Götiie  an  Schiller  1,204; 
vorm  jähre  kam  ein  prinz  hier  durch.  Immermann  Münchh.  1,131 ; 

sind  wir  noch  alle  lebend, 

wer  heute  vor  dem  jähr, 

in  lebensfülle  strebend, 

mit  Jreuden  fröhlich  war?    Voss  4,46  (ncujatirstied); 

wer  weisz,  wie  mancher  modert 

ums  jähr,  gesenkt  ins  grab!    97. 

6)  der  genitiv  jahres  oder  die  daliven  finjungcn  zu  einem 
jähre,  im  jähre  heiszt  jährlich,  das  jähr  hindurch:  wer  reisach 
hawet,  da;  niht  pauholcz  ist,  der  ist  schuldig  zu  geben  dem 
erbvorster,  in  de;  hut  er  e;  hawet,  de;  jars  al;  er  e;  hawet 
4  haller.  d.  stddtechr.  1,30,10;  so  man  nit  zu  gottes  ehr  jars 
ein  gerings  wenden  will.  Melanciithon  anrieht,  der  lat.  schul 
(honn  1543)  C4';  allen  denjenigen  so  busz  thun  und  beichten, 
und  zum  jähr  einmal  das  neue  heilige  grab  mit  walfarten  be- 
suchen. FiscHART  bienk.  123' ;  etlich  und  dreiszig  salzfäsziin  und 
schUsselring,  die  man  zu  einem  jar  dreimal  reibet.  Carg.  74* ; 

es  rühmt  ein  jeder  eure  wanre : 

sagt,  wie  viel  briuj^t  sie  euch  im  ialirc? 

•im  jähre  herr?  mir  lallt  nicht  bei, 

wie  groüZ  im  jähr  mein  vorthcil  sei.'    llACEnoRN  2,G7 ; 

fehlen  Holll  es  dir  im  iahre 

nie  an  spielen  froher  luot.    BKrgir  t>*. 

")  aus  prdcistr  Zeitbestimmung  heraus  getreten  sind  diesz  jähr, 
intofern  es  nur  für  jetzt,  vorerst  bedeutet,  iiber»  jähr,  wenn  et 
Idotj  fernerhin.  kfinfHij  aussaiien  will:  da«  er  aber  herzog  iiber 
(ri'iiihd«'  briove,  laiidgrave  über  heiiuliche  rede,  imd  marg- 
grave  über  gedaiikrn  solt  »ein,  das  werde  ich,  ob  goll  wil, 
di«  jar   niciil  glmihen   noch   leiden.   LuTiieii  4,  .135*;   weiter 


gestehe  ich  keinem  einige  herrschaft  auf  erden,  über  mich 
dis  jar.  539'; 

wann  du  so  hungerig  jjisi  und  geitig, 

mir  würn  die  kifererbeis  über  jar  zeitig. 

fustn.  sp.  701,28; 

di  krumcn,  gelben,  krausen  har, 

die  irrn  mich  auch  über  jar.    703, 7. 

8)  zusammenfassend  und  verallgemeinernd  sind  auch  die  Zeit- 
bestimmungen jähr  für  jähr,  jähr  auf  jähr: 

du  pflegest  zu  durchsehen 
der  groszcn  weit  verlauf:  was  jemahls  ist  geschehen, 
das  zehist  du  jähr  auf  jähr  an  allen  fingern  her.    Opitz  1,12; 
mittels  dessen,  trautes  paar, 
liebt  und  freit  euch  jähr  für  jähr, 
tag  für  tag,  und  alle  stunden.    Fleming  387; 
ein  fürst  gibt  nicht  zu  viel,  gibt  er  gleich  jähr  für  jähr. 

A.  Grtpuics  1698   1,38; 

von  jähr  zu  jähr;  von  jar  zu  jar,  quotannis  Maaler  234*; 
auf  eine  zeit,  die  alles  lösen  werde, 
hat  er  von  jähr  zu  jähren  sie  vertröstet. 

Schiller  braut  von  Messina  v.  762; 

jähr  aus,  jähr  ein  ; 

da  wurden  erst  die  söhne  klug, 

und  gruben  nun  jähr  ein,  jähr  aus 

des  Schatzes  immer  mehr  heraus.    Borger  77*. 

auch  ein  jähr  nur  für  andauernd,  auf  lange  hin: 

was  hilfts  das  ich  lang  spar? 

villeicht  verlür  ichs  gar. 

solt  mirs  ein  dieb  aiiszii'agen 

es  rewet  mich  ein  jar.    Uulanb  volksl.  ."iS-i. 

9)  jähr  selbst  geht  so  in  den  allgemeineren  begriff  zeit  über: 
igotl)  deine  jarc  weren  für  und  für.  ps.  102,25; 

das  allfressend  starke  jähr.    Wkckherlin  557 ; 
niemand  um  ein  todtes  weib,  fährt  zur  höll  in  unsern  jähren: 
aber  um  ein  lebend  weib,  wil  zur  hölle  mancher  fahren. 

LoGAU  1,211,76  (Orpheus); 
wer  alles  kan,  der  ist  ein  phönix  unsrer  jähre ; 
ich  glaube  nicht,  dasi  der,  noch  jener  jemals  wäre.    3,221,18; 
weh  dem,  der  an  den  würdig  alten  hausrath 
ihm  (((cm  mcnache.n)  rührt,  das  theure  erbstück  seiner  ahnen ! 
das  jähr  übt  eine  heiligende  krall; 
was  grau  für  alter  ist,  das  ist  ihm  göttlich. 

Schiller  Wallennleins  tod  1,5. 

10)  j,ahr,  das  kalenderjahr  in  bczug  auf  icetler,  feldbau,  frucht- 
barkcit :  unter  den  Germaniern  . .  besitzt  keiner  gewisse  äcker 
oder  bezirke  zum  eigenlhuin,  sondern  ihre  obern  und  Vor- 
steher weisen  nach  ihrem  gutachtcn  den  Völkern  und  fami- 
lien,  welche  sich  zusammengethan  haben,  das  nöthige  land 
an,  welches  sie  besäen,  und  das  folgende  jähr  wieder  ver- 
lassen müssen.  Moser  osnabr.  gesch.  1,7;  sprichwürllich :  das 
jähr  bringt  getreid,  und  nicht  der  acker.  Simrock  sprichw.  274  ; 

das  jähr  ist  niemals  gleich,    bald  ist  es  kalt,  bald  heisz. 
wir  andern  uns  mit  ihm,  itzt  sind  wir  jun^,  bald  greisz. 

1- LEI  IMG   ÖD. 

nach  der  hauplmtterung  heiszt  es  ein  trockenes  jähr,  siccus 
annus,  ein  nasses  jähr,  pluvius  annus,  ein  hciszes  jähr,  fervens 
annus,  ein  temperirtcs  jähr,  mitis,  temperans.  Friscu  1,483"; 
(er)  sorget  nicht,  wenn  ein  dürre  jar  kompf.  Jer.  17,  8 ;  tödt- 
lich,  ungsunds  jar,  lethifer  annus  Maaler  234';  nach  dem  ertrag 
ein  gutes,  böses,  fruchtbares,  fettes,  mageres  jähr:  fruchtbar 
jar  an  obs,  exuberans  annus  pomis,  fertilis  annus  Maaler  234'; 
sihe,  sieben  reiche  jar  werden  konien  in  ganz  Egy(itenlande. 
und  nach  den  selben  werden  sieben  jar  Ihewrezeit  kometi. 
l  Mos.  41,29.  30;  und  sainle  alle  speise  der  guten  jare,  die 
komen  werden,  .  .  auf  das  man  speise  verordnet  linde  dem 
lande  in  den  sieben  thewren  jaren.  35.  36 ;  zu  nacht  im  essen 
hat  der  wirdt  dem  lanzknccht  gar  ein  sauren  wein  fürge- 
stelt,  der  von  einem  übelgeradtnen  jar  was.  Wickram  rollw. 
20, 15  Kurz; 

das  jähr  ist  gut,  braun  hier  ist  geraihen.    studcntcnlul . 
ei  was !  es  war  ein  gutes  jähr,  der  bauer  kann 
schon  wieder  geben.      Schiller  l'iccul.  I,  2. 

in  bezug  auf  reichen  ertraii  in  einer  fruchtart  redet  man  von 
einem  kornjahr  (theU  5. 1S27),  in  dem  es  viel  getreide  gibt,  obsl- 
jahr,  weinjahr;  danach  freier,  angewendet  auf  den  vorwiegenden 
inhall  eines  musenahnanarhs :  auch  ist  dieses  einmal  das  balla- 
dcnjalir,  und  das  nächste  hat  schon  ziemlich  den  anschein 
da8  licderjalir  zu  werden.  Scnii.LKR  an  Cüthc  1,379;  in  besug 
auf  die  vorhersriiende  Witterung: 

soiirijahr,      woniijahr; 

kiiilijalir,       iiutlijahr.    Simrock  spriehm.  274. 

11)  Viin  drr  warnchmumi  aus,  dasz  in  einem  guten  jähr  allts 
von  selbst,  ohne  miihf  wächst  und  reift,  enisteld  die  formei  einem 


2233 


JAHR 


JAHR 


2234 


oder  etwas  ein  gut  jähr  haben  lassen,  sich  nicht  darum  kümmern: 
wil  er  nicht  lassen  im  genügen  an  der  ehre,  das  sein  gewissen 
darumb  gefragt  wird,  so  las  man  in  mit  seinen  eigen  rechten, 
gesetzen  und  tyranneien  ein  gut  jar  haben.  Lctiier  1,309'; 
wenn  das  war  were,  das  kein  leben  nach  diesem  folgen  solte, 
so  wolt  ich  die  taufe,  predigstuel,  und  das  ganze  christen- 
thum ,  ein  gut  jar  lassen  haben.  6,  227' ;  das  ich  Christum, 
und  alles  was  Christi  ist,  liesze  ein  guts  jar  haben,  und 
lebete,  wie  die  andern  leben,  das  mich  die  weit  zu  frieden 
liesze,  und  der  teufel  mein  gnediger  herr  were.  24S';  ohne 
leiden  lieszen  wir  unsern  gott  mit  seinem  himmel  ein  gutes 
jähr  haben.  M.  Nea.ndeb  menschensp.  44';  über  das  Stack  ich 
mehr  bei  guter  gesellschaft  im  Saurbrunn  als  zu  hausz:  in 
summa,  ich  liesze  meine  hauszhaltung  allerdings  ein  gut  jähr 
haben.  Simpl.  2,35  Kurz;  er  wolle  eine  tägliche  gewonheit 
daraus  machen,  nur  zu  fressen  und  zu  saufen, ..  und  liesze 
allerdings  die  handelschaft  der  marquedenterei  und  die  ge- 
legenheiten ,  sonsten  irgend  etwas  zu  erschnappen ,  ein  gut 
jähr  haben.  3, 106 ; 

hab  gmeint  bei  allen  meinen  sinnen, 
ich  wölt  alhie  das  best  gewinnen, 
da  heimen  gwint  mir  niemands  an, 
hat  mich  ein  gut  jähr  her  gelohn. 

Grob  ausreden  bei  Haupt  3,  245. 

ironisch,  als  Verwünschung:  sprichstu  aber,  ja  gott  ist  gnedig, 
foddert  und  rechet  nicht  so  strenge,  sondern  verschonet  und 
schenket,  wie  hoch  wir  in  vorhin  erzürnet  haben,  antwort, 
so  müsse  dich  auch  ein  gut  jar  angehen,  kanstu  nu  gleuben, 
das  er  dir  umb  sonst  vergebe?  Luther  4,457';  findet  (er) 
alsdenn,  das  in  verdreuszt,  so  hab  ers  im,  und  ein  gut  jar 
dazu.  537*;  ei  nun  reite,  dasz  du  ein  gut  jähr  hattest.  Zins- 
GBEF  apophth.  2,  73; 

ei  da  schlag  zu  ein  gutes  jar!    H.  Sachs  4,3,19'; 
potz  hundert  gute  jähr !  wie  erschraken  sie.    Jucundiss.  206. 

12)  gegensatz  dazu  ein  böses  jähr:  die  frauw  nach  der  mesz 
zu  hausz  kam,  an  desz  manns  gestalt  wol  vernam,  dasz  sie 
ihm  ein  bösz  jar  geben  hett.   Bocc.  2,43'; 

er  ward  schellig  und  nanis  beim  har 
und  sprach,  hab  dir  ein  böses  jar. 

B.  Waldis  Efup  4,  60,  94. 
II.  Jahr,  lebensjabr. 

1)  mit  Zahlwörtern:  ein  kind  von  zwei  jähren;  ein  mann 
von  vierzig  jähren ;  er  ist  ein  und  zwanzig  jähre  alt ;  ein 
juhr  alt,  dafür  jars  all  annuus  voc.  ine.  theut.  k7*;  eins  jars 
alt  anniculus  D.\svpod.  ;  sie  steht  im  neun  und  zwanzigsten 
julire;  also  wonet  Joseph  in  Egj'pten  ..  und  lebete  hundert 
und  zehen  jähr,  i  Mos.  50,22;  also  starb  Joseph,  da  er  war 
hundert  und  zehen  jar  alt.  26;  und  Jhesus  gieng  in  das 
dreiszigst  jar.  Luc.  i^23;  kaum  auf  die  zähen  jar  kommen, 
aetatem  x-ix  decimam  ingressus  JL^-^vler  234";  da  dieser  knab 
in  sein  vierzehen  (cardinal-  stall  Ordinalzahl)  jar  gieng,  hat  in 
sein  vatter  . .  in  die  schul  gesandt.  M.\thesics  Lit/Aer  (l570)  3* ; 
Friedrich  sollte  wohl  hei  seiner  letzten  erscheinung  noch  nicht 
etliche  und  zwanzig  jähre  alt  sein.  Schiller  an  Güthe  1,170; 
er  schätzte  sie  zwölf  bis  dreizehn  jähre.  Göthe  18,153;  Sopho- 
kles schrieb  trauerspiele  bis  in  die  achtzigsten  jähre.  Lessing 
6,213  (tfir  tcürden  heule  sagen  bis  in  die  achtziger  jähre) ;  der 
mensch  bleibt  närrisch  bisz  ins  vierzigste  jähr,  wenn  er  dann 
anfängt  seine  narrheit  zu  erkennen,  so  ist  das  leben  schon 
dahin  [worte  Luthers).  Zinsgref  apoplUh.  1,24S ;  wer  vor  20  jähren 
nicht  hüpsch,  vor  30  jähren  nicht  stark,  vor  40  jähren  nicht- 
witzig,  vor  50  jähren  nicht  reich  wird,  an  dem  ist  alle  hof- 
nung  verlohren.  Schottel  1133; 

zehen  jar  ein  kindt, 

iwenzig  jar  ein  Jüngling, 

dreiszi^'-  jar  ein  man, 

vierzig  jar  wolgeihan, 

fünlzi^  jar  stillstatin, 

sechzig  jar  gt'hei  das  aher  an, 

sibenzig  jar  ein  greisz, 

achtzig  jar  nimmer  weisz. 

neunzig  jar  der  kinder  spott, 

hundert  jar  gnad  dir  gott.    Acr.  spr.  (1560)  173*; 

und  darf»  in  niemand  kewen  vor. 

als  werens  kinder  von  eim  jor.    Schkidt  grub.  N3'; 

ein  freies  weih  von  zwanzig  jähren 

ist  zwar  in  vielen  unerfahren : 

doch  was  sie  sagt  gelallt. 

geht  ihr  noch  zwanzig  jähre  drüber: 

so  hört  man  ihre  tochter  lieber.    IIagkdorn  3,32. 

2)  statt  zehn,  zwölf  u.  ähnl.  jähre  sein  oder  alt  sein  hcd 
sich  seil  dem  vorigen  Jahrhundert,  offenbar  unter  einicirkung  des 


französischen,  auch  ergeben  zehn,  zwölf  jähre  haben:  ehe  er 
noch  14  völlige  jähre  hatte.  (Bodmer)  neue  crit.  briefe  4 ;  ich 
hatte  nun  ungefähr  dreizehn  jähre,  als  meine  mutier  sich 
enlschlosz,  mich  .  .  nach  Athen  zu  bringen.  Wieland  3,305 
(255);  bald  darauf  traten  drei  angenehme  junge  mädchen  in 
mein  zinimer,  wovon  die  älteste  kaum  vierzehn  jähre  hatte. 
335  (2S0);  sie  haben  erst  zwanzig  jähr,  und  eine  figur,  die 
wenigstens  etwas  verspricht.  Moser  pu/r. /)/ian(.  1, 164 ;  wie  viel 
jähre  hast  du?  Göthe  18, 153;  der  älteste  söhn  mochte  einige 
jähre  mehr  haben  als  ich.  25,175; 

hat  einer  dreiszig  jähr  vorüber, 

so  ist  er  schon  so  gut  wie  todt.    41,  101; 

und  hatte  langes  seidnes  haar, 

und  glatte  rosenrothe  wängel, 

und  überdiesz  kaum  zwanzig  jähr.    Wiklasd  18,281. 

ebenso  deckt  sich  das  neuere  so  viel  jähre  zählen  mit  dem  franz. 
compter  taut  d'annees  (Littre  1,70S'); 

kaum  zähltest  du  acht  jähre, 
als  du  sein  angesicht  zuletzt  gesehn. 

Schiller  Piccol.  2,  3  ; 
ich  zählte  zwanzig  jähre,  königin.    il.  Stuart  1,6; 
ich  war  Jüngling  noch  an  jähren, 
vierzehn  zahlte  kaum  ich  nur. 

ilehuls  Joseph  in  Egypteii. 

wol  nicht  fremden  Ursprungs  aber  ist  das  bild  so  viel  jähre  auf 
dem  rücken  haben ;  er  hat  bereits  seine  fünfzig  jähre  auf 
dem  nacken ;  viel  jähre  auf  sich  haben ,  aelate  gravem  esse, 
magno  natu  esse  Frisch  1,4S3';  auch  schon  manches  jähr  hinter 
sich  haben. 

3)  jähr  mit  andern  bestimmungen.  es  heiszt:  jung,  alt  von, 
an  Jahren ;  ein  mann  in  jungen,  mittleren,  vorgerückten,  alten 
Jahren ;  er  ist  in  reifen ,  gesetzten  jähren ,  in  den  besten 
Jahren,  über  die  guten  jähre  hinaus;  eine  dame  von  gewissen 
Jahren  (die  man  aus  Schonung  nicht  näher  bezeichnet);  sie  steht 
in  der  blute  der  jähre;  die  jar  der  kindtheit,  anni  praetexti 
Dasyp.  ;  die  abgenden  jar,  das  alter,  defecti  anni  Maaler234*; 
da  wir  ungefähr  von  denselben  jähren  sind,  so  bin  ich  als 
frau  wohl  älter  geworden,  du  nicht  als  mann.  Göthe  17,9; 
die  Pflanzung  und  Unterweisung  der  jungen  und  zarten  jähren. 
ScHüPPiüs  733;  der  tod  eines  Jünglings,  der  sein  leben  nicht 
genossen,  der  in  der  blüthe  seiner  jähre  dahin  fällt,  wie  ein 
junger  schöner  pappelbaum.  Herder  krit.  uäld.  (1769)  1,50; 

(er)  ist  doch  von  den  jären  wol  da?  er  niht  wahset  mere. 

Walther  27,  3 ; 
ein  boum  in  siner  blüete 
gibet  den  liuten  höchgemüete, 
alsam  tuont  den  frouwen  ir  kint 
die  wil  si  in  kiiides  jären  sint.    Renner  2C5; 
ein  mägdlein  jung  von  jähren.    Vilmar  handbüchl.  130; 
wer  ich  bin?  ich  habs  nie  können  erfahren: 
sie  stahlen  mich  schon  in  jungen  jähren. 

Schiller  Wollenst,  laijer,  11.  auftr.; 

(das  söhnlein)  zu  seinen  vernünftigen  jaren  kam.    Matbesids 

Luther  2'; 

wenn  endlich  fleisch  und  blut 
den  schlusz  nicht  fassen  kan :  dasz,  wenn  wir  leben  sollen, 
die  gmnen  jähre  schon  am  morgen  welken  wollen! 

GÜNTHER  810; 

es  reiften  meine  jähre, 

es  gab  mir  jeder  frühling 

mehr  Zärtlichkeit  und  wünsche.    Hackdorn  3,  66. 
tropisch  für  den  der  in  reifern  jähren  ist:    viel  von  verliebtem 
wesen   schreiben  stehet  weder  auf  ernstere  dinge  sinnenden 
gcinüthern  noch  reiferen  jähren  an.   Abschatz  yed.  l,  247 ; 

eine  zarte  nympf  in  ihren  besten  Jahren, 

die  über  fünfzehn  zwar,  doch  über  zwanzig  nicht. 

HoFFMANnswALDAU  Qetr.  Schäfer  16; 
ein  mann  in  seinen  besten  jähren.    Gellkrt  1,277; 
er  (der  teufet)  ist  ein  lieber  charmanter  mann, 
ein  mann  in  seinen  besten  jähren.     II.  Heine  b.  d.  l.  203* 

die  furcht  des  herrn  mehret  die  tage,  aber  die  jare  der  gott- 
losen werden  verkürzt,  spr.  Sal.  10, 2" ;  {der  gerechte)  hat  viel 
jar  erfüllet,    ueish.  Sai.  4,10; 

der  Jüngling  hofft  des  greises  ziel, 

der  mann  noch  seiner  jähre  viel, 

der  greis  zu  vielen  noch  ein  jähr.    Geliert  2,  221 ; 

da  unsre  feindt  eure  alte  jähr  und  Schwachheit  verhönen 
wollen.  Zinkcref  apop/i//i.  1,440;  wann  ich  die  verflossene  jähr 
wider  bekommen  könt,  und  soll  itzo  anfangen  zu  studiren, 
so  wolt  ich  zeit  und  Unkosten  viel  besser  anwenden.  Schüp- 
pius  4;  das  bisse)  bodensatz  meiner  jähre,  ich  gab  es  hin, 
hattest  du  den  major  nie  gesehen.  Schiller  kab.u.  liebe  1.3; 


2235 


JAHR 


JAHR 


2236 


eh  der  winter  welker  jähre 
dir  die  golilgemeiigtcn  haare 
wird  mii  silber  «nierziehn.    Fleming  492; 
Canus  ist  zwar  lehens-sait;  eh  der  mapen  sich  soll  schlieszcn, 
wil  er  gleichwol  iwa  coiifect  was  von  jähren  noch  genicszcn. 

LoGAU  2,  12,  -14  ; 

damit  sie  (die  kindei),  bricht  endlich  das  alter  herein. 

verdrieszlichon  jähren  ein  Zeitvertreib  sein.    Gömtuer  930; 
dort  hab  ich  oft,  in  längstvergrünten  jähren, 
mich  hingelegt.  Hagedorn  3,63. 

die  jähre  kommen,  gehen,  fliehen; 

der  muiterJiebe  larte  sorgen 

bewachen  »einen  i^oldnea  morgen  — 

die  jähre  fliehen  pfeilgeschwind.    Schiller  glocke  v.  57. 

4)  der  plur.  jähre,  prägnant, 

a)  für  Jugendjahre:  du  bist  noch  ein  junger  geselle,  du 
bist  noch  ein  junges  blutreiches  weib ,  brauche  dich  deiner 
jähre,  weil  es  dir  so  gut  werden  kan.    Schufpics  509; 

so  raffe  denn  dich  eilig  auf, 

du  bist  ein  junges  bUit., 

in  ileinen  jähren  hat  man  kraft 

und  tum  erwerben  muth.    Götuk  1,  96. 

b)  gewöhnlich  aber  für  schon  vorgeschriUenes  alter;  mhd.  durch 
gejäret,  alt  geworden,  spdler  bejahrt,  bereits  vorgebildet,  im  16.  jh. 
schon  nicht  unbekannt :  da  mit  bringestu  dejne  tage  herzu,  und 
machst  das  deine  jar  komen  müssen  (xcti  rjyyiaas  ras  rj^s'^ae 
aov,  yai  rjyayes  y.aiQov  ircüv  aov  sept.).  Hes.  22,4;  auch 
indem  jähre  für  den  bejahrten  stehen:  ich  bin  jung,  ir  aber 
seid  alt  .  .  .  ich  dacht  las  die  jar  reden.  Hiob  32,  7 ;  später 
häufiger:  es  läszt  sich  mit  meinen  jähren  noch  wohl  halten. 
Gellert  3,211;  in  festen  ffigungen :  der  böse  wolf  war  zu 
jähren  gekommen.  Lessinc  1,159;  leider  jetzt,  da  die  jähre 
kommen.  Göthe  15, 147 ;  die  Vorsteherin  der  pension  war  be- 
reits in  Jahren.  17,  2S5  ;  obgleich  in  jähren,  nahm  er  auf  eine 
heitere  weise  an  allem  theil.  315;  der  hausherr,  ein  kleiner 
lebhafter  mann  von  jähren.  21,70;  zwei  eitern  in  jähren  und 
ein  einziger  spätgeborner  söhn.  24,212;  herr  von  Lersner,  ein 
würdiger  mann  in  jähren.  48,25;  mein  mann  seliger  war  bei 
jähren.  10, 134. 

5)  bei  den  allersbeslimmungen  wird  nach  der  cardinalzahl  auch 
wol  jähre  ausgelassen:  ich  bin  schon  bald  vierzig;  sie  ist  kaum 
zwanzig;  der  vater  war  in  den  sechzigen,  als  er  starb;  Ferd. 
ich  würde  ihnen  nicht  zur  ehe  rathen,  frau  muhme,  da  ich 
weis,  dasz  sie  in  sechzig  sind.  fr.  Richardinn.  warum  nicht 
lieber  in  achtzig?  Gellert  3,211;  ob  er  gleich  schon  in  die 
vierzig,  sie  erst  mannbar  ist.  Heinse  Ardingh.  1,122; 

ein  schönes  kind,  das  mit  dem  nächsten  lenzen 
erst  sechzehn  zählt.  Wieland  21,1S2. 

6)  der  mündige  ist  zu  seinen  jähren  gekommen,  vgl.  rechtsalt. 
412:  iewelk  cristen  man  is  sent  plichlig  zu  söchenc  dries 
ime  jire,  sint  her  zu  s'inen  jären  (Variante  dagen)  komen  is. 
Sachsensp.  1,2  §1;  swen  daj  kint  zu  sinen  jären  komen  is, 
s6  muüt  i;  wol  Vormunde  slnis  wibis  sin.  42, 2 ;  (soll)  dy 
kinder  beschirmen,  bij  da;  sy  czu  iren  joren  komen,  so  bot 
sein  vormuntschaft  ein  ende.  Maydeb.  blume  2,1,96;  wer  c^u 
seinen  jorin  nicht  komen  ist,  der  ist  umundig.  2,3,34;  wenn 
sie  zu  jaren  komen  und  etlich  iren  adel  ritterlichen  brauchen 
wellen,  Keisersbebc  granalapf  B4',  vgl.  auch  volljöhrig; 

der  herzog  fleht  ihn  um  sein  mütterliches: 

er  habe  seine  jähre  voll,  es  wäre 

nun  zeit,  au(!h  land  und  leute  zu  regieren. 

Schiller  Teil  2,  2. 

auch  freier  zu  seinen  jähren  kommen,  körperlich  oder  geistig  reif 
werden:  zwei  jähre  darauf  errtichic  der  älteste  graf  Johann 
sein  zwölftes  jähr,  kaui  wie  die  rechtsbücher  es  ausdrücken 
zu  seinen  jähren.  Dahlmann  dän.  gesch.  1,398;  wenn  jemand 
zu  seinen  jähren  kommen ,  und  auf  sein  bette  sich  nieder- 
legend, ohne  die  gedanken  auf  diese  oder  jene  Schönheit  zu 
wenden,  und  zu  wünschen,  dasz  er  dieselbe  in  seinen  armen 
hülle,  nicht  sein  kan.  jiers.  baumy.  7,29.  anm. ;  alles  was  ich 
da*on  (»0»  meinem  leben)  wisse,  sei,  dasz  ich  in  einem  aller 
von  vier  oder  fünf  jähren  in  den  Iciiipcl  gebracht ,  mit  an- 
dern dem  dieusle  des  Apollo  gewidmeten  knaben  t-izogt-n, 
und,  nachdem  ich  zu  mebrern  jähren  gekommen,  von  den 
prieitern  mit  einer  vorzüglichen  achtung  angesehen  . .  worden 
•ei  WiEiANO  2,  M(*5); 

gönn  dirte«,  liebtie  mutier,  mir, 

Kom  ich  zu  m'^iiitsn  lahren, 

»o  lia<l  du  nijih  iiiihi  lang  bei  dir, 

ich  werde  bald  oiiiluhreii.     S.  Uaui  VI; 


und  demnach  er  noch  unter  seinen  jaren  (sintemal  er  noch 
nicht  gar  fünljärig)  soll  er  von  den  ältesten  landfürsten, 
auch  gelehrlen  und  weisen  unterwisen  und  gemoderirt  werden. 
Gary.  209'. 

in.  jähr,  recbuungsjahr. 

1)  es  ist  der  volle  oder  ungefähre  zeilraum  eines  kalenderjahres, 
aber  gerechnet  von  einem  in  jedem  falle  anders  angenommenen, 
ausdrücklich  angegebenen  oder  verstandenen  zustande  oder  einer 
solchen  begebenheit.  in  solchem  sinne  die  composiia  amtsjahr, 
berufsjahr,  dienstjahr,  pachtjahr,  rcgierungsjahr  u.  a. ;  voglei 
oder  ampt  das  nun  ein  jar  wärt,  oder  das  einer  ein  jar 
verwiszt,  provincia  annua  Maaler  234*;  wen  ouch  denn  ufif 
den  selben  tag  eins  weibcls  jar  usz  ist.  weisth.  i, 210  {Zürich, 
\b.jahrh.);  in  dem  funfzehenden  jar  des  keiserlhums  keisers 
Tyberij.  Luc.  3,  1 ;  {ein  gut)  von  dato  an  auf  sechs  jähr  vcr- 
niiethet  und  verpachtet,  öcon.  lex.  ISOO;  ein  jähr  gefangnis, 
vom  tage  der  rechtskraft  des  urtels  an  gerechnet ;  das  jähr, 
das  ein  freiwilliger  bei  den  Soldaten  abdient ;  deine  absieht 
ist,  selbst  die  guter  künftig  zu  verwalten,  sobald  die  jähre 
der  gegenwärtigen  pächter  verflossen  sind.  Gothe  17,8;  seine 
jähre  verwandern ,  cerlorum  annorum  spalium  peregrinari ,  bei 
den  handwerkern  Frisch  1,483'. 

2)  berechnunyen  solcher  jähre  von  dem  berührten  seüraume 
zurück  oder  vorwärts  werden  durch  praeposUionen,  oder  accusative 
der  erstreckung  gegeben. 

ü)  vor  jähren,  seit  jähren;  das  haus  das  vor  hin  vor  vielen 
jaren  gebawet  war.  Esra  5,11;  und  wird  dem  herrn  wolge- 
fallen  das  speisopfer  Juda  und  Jerusalem ,  wie  vorhin  uud 
vor  langen  jaren.  Maleachi  3,  4 ;  unnütze  steine  so  vor  alten 
iahren  gemacht  sind,  weisli.  Sal.  13,  10 ;  vor  einem  jähre  lautete 
dein  urteil  ganz  anders  als  jetzt ;  heute  vor  zwei  jähren  waren 
wir  in  N. ; 

vor  vil  jarn.      H.  Sachs  1,469'; 
noch  mit  erstaunen  redet  man  davon, 
wie  sie  vor  jähren,  gegen  menschendenken, 
ein  heer  wie  aus  dem  nichts  hervorgerulen. 

Schiller  Wutlensleins  lad  1,5; 

ich  weisz  das  alles  wohl,  dasz  ich  vor  einem  jähr 

ein  lockrer  passagier  und  voller  schulden  war.    Götub  7,45; 

vom  oberhüfe  sind  seit  vielen  hundert  jähren  nur  körner  an 

die  gotteszelle  gegeben  worden.  Immerman.n   Münchh.  1,130; 

was  mir  in  konf  und  herzen  stritt 

seit  manchen  lieben  jähren.     Gotue  3,  88  Hempel. 

für  seit  j.ahren  auch  die  accusalivfüyung  die  jähre  daher;  ihr 
kennt  mich  nun  die  jähre  her,  herr  Man,  und  solltet  daher 
wissen ,  dasz  das  dringen  uud  feilschen  bei  mir  nicht  ver- 
schlügt. Immermann  Münchh.  1,129;  —  nach  jähren:  er  hat 
erst  nach  jähren  es  eingesehen; 

erzählen  kinder  und  kindeskintl» 

nach  hundert  und  aber  hundert  jähren 

von  dem  Ilulk  noch  und  seinen  schaareo. 

Schiller  WnUensleins  layer,  6.  auflr. ; 
in  Jahren:  Innerei  so  vil  jaren,  inter  tot  annos  Maaler  234*; 

in  zwai  und  dreiszig  jaren 

Iraw  L'len  ich  nie  ijesach.     Uhland  vutksl.  330; 

die  academie  .  .  deren  mitglied  ich  damals  schon  ins  dritte 
jähr  zu  sein  die  ehre  halte.  Nicolai  im  leben  desselben  von 
GOckinyk  s.  70. 

b)  eine  ungefähre  leilbcstimmung ,  namentlich  in  der  altern 
Sprache,  ist  bei  jähren,  auf  eine  Vergangenheit  bezüylich :  es  ist 
on  mein  lichten,  ein  solch  frulocken,  jauchzen  uud  rhümen, 
unter  allen  pfalTen  gewest,  bei  zwei  jaren.  Luther  5,305*;  da 
sie  daselbs  gewonet  ballen,  bei  zehen  jar.  Ruth  1,4;  bei  vierzig 
jaren  lang  duldet  er  iie  weise  in  der  wüsten,  aposlclgcsch. 
13,18;  der  bettler  freute  sich  lächelnd  seiner  lisl,  denn  bei 
jähren  war  er  nicht  so  reich  gewesen.  H eün eh  mo/fccn Aar  3,9; 

der  hipuukriMiisch  inoül 
von  niluem  robenbau,  den  l'hobus  er»l  erfunden 
bei  wenig  jureli  her.         Uuhi-lkk  dedicatiuit  1*; 

dafür:  es  ist  um  das  fünfte  jähr,  dasz  ich  von  dar  weg  bin, 
annus  jam  est  tjuinlus,  cum  ex  eo  loco  discessi.  Stieler  878. 

c)  auf  die  lukunß  oder  spatere  zeit  went  über  em  jähr,  ilber 

maiulie  jähre:    beule  ubers  jähr;    umb  diese  zeit,  über  ein 

jar,  sollu  einen  son  her/en.  2  Aon.  4,16;    darnach  über  drei 

jar,  kam  i«h  gvn  Jerusalem.    Gul.  1,18; 

ubert  jähr,  da  ist  meine  zeit  vorbei. 

vulkstieä  •muni  i  </eMr»  tum  stäJlle  niiMs  . 

d)  auf  jähre ,  auf  jähre  hinaus ,  für  jähre :  er  hat  »einen 
Wohlstand  auf  jähre  hinaus  vernichtet;  liebe  secle,  du  hast 
einen  groszen  Vorrat  auf  viel  jar.  Luc.  12,19;  und  wenn  »ie 


2237 


JAHR 


JAHR— JAHRBUCH 


2238 


auf  zehn  jähre  einschliefen.  Gellert  3,229;  fürsähung  mit 
speisz  oder  profiand  für  ein  jar,  annuae  copiae  Maaler  234'. 
e)  zeilerstreckungen  durch  den  accusatir,  mit  oder  ohne  beisatz 
ton  lang :  Adam  war  hundert  und  dreiszig  jar  alt,  und  zeuget 
einen  son ,  .  .  und  lebet  darnach  acht  hundert  jar.  I  Mos. 
5, 4 ;  Nadab  aber  der  son  Jerobeam  ward  könig  über  Israel . . 
und  regiert  über  Israel  zwei  jar.  lAön.  15,  23;  sie  waren  zwelf 
jar  unter  dem  könige  KedorLaomor  gewesen ,  und  im  drei- 
zehenden  jur  waren  sie  von  im  abgefallen,  i  Mos.  14,4;  also 
bleib  Äbsalon  zwei  jar  zu  Jerusalem.  1  Sam.  14, 2S ;  das  ich 
Tierzig  jar  mühe  halte  mit  diesem  volk.  ps.  95,10;  ein  weih 
das  zwelf  jar  den  blutgang  gehabt.  Matth.  9,20;  sie  blieben 
bei  der  gemeine  ein  ganz  jar.  ap.  gesch.  11,26;  dat  he  in 
machte  etliche  jair  einen  hirten  syns  fyesz  (viehes).  Vlensp. 
s.  141  Lappenb.;  Abraham,  so  lange  jähre  mit  einer  schönen, 
von  vielen  umworbenen  frau  in  kinderloser  ehe.  Göthe  24,211; 

ich  hab  mir  ein  stäteo  bulen  zwar, 

drei  vierteil  und  ein  ganzes  jar 

hin  ich  im  hold  gewesen.    Uulind  volksl.  122  ; 

und  ein  jähr  hat  ers  getragen, 

tiägts  nicht  länger  mehr.    Schiller  ri»er  Tuggenbarg ; 

das  weder  viehe  noch  leute  drin  gehen  oder  da  wonen  sollen, 
vierzig  jar  lang.  //cj.  29,  II;  sind  sie  noch  willens,  den  letzten 
theil  ein  jähr  lang  zurückzuhalten?  Schiller  an  Göthe  1,10S; 
als  wenn  das  Verhältnis  schon  jähre  lang  eiistirt  hätte.  170; 
jähre  lang  bildet  der  meister  und  kann  sich  nimmer  genug  thun. 

werke  1,  344,  214  Kurz ; 
jabre  lang  schon  bedien  ich  mich  meiner  nase  zum  riechen; 
hab  ich  denn  wirklich  an  sie  auch  ein  erweisliches  recht? 

348. 
dafüT  auch  jähre  hindurch,  durch  jähre;  jähre  hindurch  hab 
ich    das    elend  getragen;    durch  lange  jähre  war  er  vertraut 
mit    ihm;    einige  jähre    her   genossene    schlechte  und  übele 
verhaltung.   Talasder  Olorena  (l694)  25S. 

alle  jähre  einmal,  dreimal,  ein  dutzend  mal: 
nichts  übertrifft  die  starke  zahl 
gewissenhafter  advocaten, 
die  alle  jähre  kaum  einmal 

die  rechte  der  partei  verralhen.    IIagedor!«  3,  105. 

/)  zeüentfernung    durch   einen   satz  ausgedrückt:   jetzt  ist  es 

nun  das  vierte  jähr,  dasz  er  verschwunden  ist;  es  geht  ins 

siebente  jähr,  seit  ihr  der  mann  starb;  das  ist  ein  jähr  her; 

so  ist  es  heul  ein  ganzes  jähr, 

dasz  ich  mein  lieb  verloren  hab.    Viliar  Uandbiichl.  205; 

ist  es  nicht  viertbalb  jähr, 
dasz  herr  AIcest  dein  freund  und  hier  im  hause  war? 

Göthe  7,  47 ; 
seit  diesem  tag,  es  sind  jetzt  sechzehn  jähr, 
ist  nimmer  fried  gewesen  auf  der  erden. 

Scuillkh  l'iccol.  4,  5. 

3)  auch  am  ende  eines  solchen  jahres  heiszl  es  es  ist  um,  aus, 
vollendet,  vergangen:  da  nu  die  zwenzig  jar  umb  waren  in 
welchen  Salomo  die  zwei  heuser  bawet.  I  kön.  9, 10 ;  eben  so 
wil  ich  zubrechen  das  joch  NebucadNezar  des  königes  zu 
Babel,  ehe  zwei  jar  umbkomcn,  vom  halse  aller  Völker.  Jer. 
2%  11;  wenn  die  vierzig  jar  aus  sein  werden.   lies.  29,13; 

und  als  das  jähr  verflossen  war.    Viliar  handbüchl.  155; 
am  tag,  da  selbiges  jähr  sich  schlosz.    Uula:id  ged.  324. 

4)  die  ursprüngliche  rechlsformel  jähr  und  tag  bezeichnet  die 
volle,  noch  durch  eine  sugabefrist  verstärkte  summe  eines  jahres, 
vergl.  die  ausführungen  rechtsalt.  222-225:  ein  man  der  ein  ding 
alj  erbe  und  eigin  vorkouft,  der  sol  i;  geweren  jor  und  tag 
kegin  den  inlendeschin,  daj  sint  sechs  wochen  und  ein  jor. 
Magdeb.  blumc  2, 2, 71 ;  sie  ist  auch  der  gemeinen  rede  eigen  : 
ist  nicht  das  David  der  knechl  Saul  des  königs  Israel?  der 
nu  bei  mir  gewesen  ist  jar  und  tag?  {ytyore  fxed-'  iifttöv 
T^fugas  Tovjo  Ssvjsoor  aroi  sef4uag.).  1  Sam.  29, 3 ;  sein 
hinderer  tail  rauch  als  ein  lamb  dj  lebet  jare  und  tag.  Stei;«- 
BOWEL  (14S7)  110;  man  hatte  derselben  (meiner  unschlüssigkeit) 
nun  über  jähr  und  tag  nachgcsehn.  Lessing  12,6;  ihr  Lessing 
ist  verlohren!  in  jähr  und  tag  werden  sie  ihn  nicht  mehr 
kennen.  146;  meinem  herrn,  der  jähr  und  tag  bei  ihm  ge- 
wohnt. 1,512;  wenn  ein  solcher  ausrufer  von  der  landes- 
verweisung  zurückgekommen  ist,  so  wird  er  noch  jähr  und 
tag  aufuartcr  bei  den  nachtwächtern.  Klopstück  12,67;  schon 
vor  jähr  und  tag  ging  die  rede.  AViela.nd  8,424;  schon  vor 
jähr  und  tagen  war  in  Brassenheim  ein  fremder  mann  in 
das  wirlbshaus  zu  den  drei  rosen  gekommen.  Hebel  3,57; 

ich  setz  für  dich  was  ich  vermag, 

und  wilt  du  hie  beleiben, 

verzer  dich  (brauche  es  auf)  jar  und  tag.    Uhlabd  voUul.  134 ; 


inn  Babylon  gefangen  lag 

das  jüdisch  volk  nianch  jar  und  tag.    Schwarzenberg  156'; 

in  jar  und  tagen.    H.  Sachs  5,  364''; 

seit  der  zeit  ich  das  vernemen, 

reis  ich  jähr  und  tag  nach  euch.    Flebisc  3S7; 

wer  gold  nicht  geben  wil,  der  mag  mir  silber  geben. 

ein  Schelme  der  ihn  schlägt, 

ob  mir  wer  jähr  und  tag  solch  ding  zu  hause  trägt. 

LoGAU  1,  59,  37; 
jetzt,  mein  ich,  hält  das  thor  auf  jähr  und  tag- 

Schiller  feil  3,  1. 
5)  Jahr  zu  kleinern  zeüabsehnUlen ,  tag,  stunde,  augenblick 
in  gegensalz  gebracht:  tausend  jar  sind  für  dir,  wie  der  tag 
der  gestern  vergangen  ist,  und  wie  eine  nachtwache.  ps.  90,4; 
das  ein  tag  für  dem  herrn  ist  wie  tausent  jar,  und  tausent 
jar  wie  ein  tag.  iPelr.  3,8;  geh.  rath  Wolf,  mit  welchem 
einen  tag  zuzubringen  ein  ganzes  jähr  gründlicher  belehrung 
einträgt.  Göthe  31, 137 ; 

Sit  ich  erkande  ir  strit, 
Sit  ist  mir  gewesen  vür  war 

ein  stunde  ein  tac,  ein  tac  ein  woche,  ein  woche  ein 
ganzej  jär.    nART«A:»s  lieder  9,  lO; 
ain  stund  dunkt  mich  hinnacb  ain  jar.    tlätzlerin  6'; 

ein  augenblick 
zertrümmerte,  was  wir  in  jähren  bauten? 

Schiller  Carlos  2,  10. 
IV.  jähr,  als  technisches  wort. 

1)  anlehnend  an  die  bedeutung  1, 1,  bei  den  astronomen  eine 
zeit,  da  ein  stern  nach  seiner  eigenen  betcegung  um  den  ganzen 
himmel  herum  kommen  ist.  math.  lex.  1,  &S5 ;  ein  jähr  währt 
auf  diesem  planet  (Merkur)  nur  8S  tage,  denn  in  so  viel  zeit 
lauft  er  einmal  um  die  sonne  herum.    Hebel  3,169. 

2)  jähr  im  ackerbau,  be wirtschaß ung  nach  jähren  (vgl.  1,10): 
ihr  feldbau  ist  auch  in  drei  jähre  getheilt,  höhnen,  getreide 
und  ruhe.   Göthe  28, 154. 

3)  jähre,  das  holz,  das  ein  bäum  in  einem  einzigen  jähre  allent- 
halben nach  der  dicke  des  baumes  ansetzt.  Jacobsso.'»  2,304*;  jar 
im  holz,  die  streimen  so  sich  der  lenge  nach  ziehend,  pectines 
Maaleb  234*. 

JAHRAB,  adv.  l)  vom  jähre  weg,  in  der  formet  jahrab 
jahrein:  ein  sternkreis  von  göttcrn  und  menschen  ..  den  die 
schreitende  sonne  jahrab  jahrein  durchwandert.  Herder  zur 
litt.  19,70. 

2)  a7/er  als  fingierter  name,  in  bezug  auf  das  lebensjakr:  wer 
ein  kraut  het,  heiszt  jarab,  mit  dem  würde  es  besser.  Acr. 
spr.  194*;  da  were  ein  gute  arznei,  wanns  möglich  were,  das 
kraul  jarab  zu  bekommen,  das  ist,  dasz  man  jünger  möchte 
werden.  195'; 

eins  mals  (Jus  kind)  ausz  lieb  den  alten  bat, 
sprach,  groszvatter,  sagt  was  euch  schadt?  .  .  . 
er  sprach,  liebs  kindt,  den  fehl  ich  bab : 
hett  ich  ein  kraut,  das  heist  jähr  ab, 
und  dasz  mirs  der  köndt  minder  machen: 
so  wer  gut  rath  zu  diesen  Sachen, 
die  jähr  han  mich  zu  sehr  besessen. 

Wolcemlt  Esop  2,  280. 
JAHRANZEICHNLNG,  /:.•    sie    hatten,   nicht   minder   als 
Rom,   fasten   und  jahranzeichnungen:   annalen   werden   an- 
geführt.   NiEBLHR   1, 10. 

JAIIRARBEIT,  /.  arbeil  die  jaJirweise  verdungen  oder  bezahlt 
wird:  wer  jahrgelt  nimbt  musz  auch  jahrarbeit  thun.  Leh- 
mann 139.  bei  gewissen  handwerken  die  arbeä,  welche  ein  gesell 
der  das  meislerrecht  erlangen  will,  das  probejahr  über  bei  einem 
meister  verrichten  musz.  Adelung. 

JAHRARBEITER,  ni.  arbeiter  der  sich  auf  ein  jalir  zur  arbeil 
verdungen  hat;  gesell  welcher  in  jahrarbcU  steht. 

JAHRAUS,  adv.,  in  der  formcl  jahraus  jahrein,  zusammen- 
gerückt aiwjahr  aus  (ri//.  jähr  1,8  s;».  2-232),  das  ende  eines  jahres 
anzeigend,  wie  jahrein  den  beginn  eines  folgenden:  wir  haben 
freilich  jahraus  jahrein  wenig  zu  stampfen.  J.  Paul  Siebenk.2,b3. 
JAHRREGÄiNGMS,  f  begdngnis  eines  jahrtags  (s.d.):  wann 
wir  im  chor  sitzen  unsere  metlen  und  jarbegengnussen  fort 
zu  hudeln.  Carg.  240*. 

JAHRBESTALLUNG,  f.  bestallung  ßr  einen  Jahresdienst :  ob 
sie  auch  vorhin  einem  oder  mehr  herren  mit  dienst  oder 
jahrbeslallung  verpflichtet.  Kirchhof  mü.  dise.  8. 

JAHRBUCH,  n.  annalis,  chroniton,  worein  vian  die  jährlichen 
geschichlcn  schreibt.  Frisch  1,484':  die  Jahrbücher  des  frän- 
kischen rcichs;  Jahrbuch  des  deutschen  Shakespere-vereins ; 
die  Jahrbücher  der  greuel  der  inenschbeit.  Klinger  3,251; 
eine  handschrift . .  welche  das  jähr-  und  tagebuch  eines  von 
kindheit  an  hin-  und  wicdergelriebenen  mannes  enthält.  Göthe 
45,246. 


•2239 


JAllRKLiNbiMS  — JAlihESFElER 


JAHUESFEST  —  JAUUESTAG 


2240 


JAHHUL.NDMS,  n.  das  nur  auf  gewisse  jiüne  ijcmaclit  wird. 
Fniscii  1,4S4*  aus  Tsciiuui  1,5«'. 

JÄHUCHEN,  n.  dim.  von  jalir,  gewöhnlich  in  bczug  auf  die 
lebensjahie:  er  hat  schon  manches  jährcheii  hinter  sich;  auch 
auf  berechnunysjahre :  es  ist  doch  schon  manches  jährchen  her, 
bcü  ich  ihn  nicht  sab. 

JAllHDI.NG,  n.  das  in  einent  jähre  ßir  eine  beslimmle  zeil 
festgesetile  yvriciU,  ig/,  jahrgeding :  item  ist  das  jairding  zu 
öurgalheu  gehalden  worden.  weisUi.  b,  Olb  {ib.  jahrh.);  oh  esz 
zit  si  von  dage  und  jare  der  herrn  jarding  an  zu  heben  und 
zu  halten?  (I7"j, 

JAHHEGLEICH,  urf/.  gleich  an  Icbcnsjaliren:  im  faii  die  freund- 
scbaflsjiarlheien  nicht  jahregleicb  sind.  IIipi>hi.  Icbensl.  3,42. 

JAllUEIN ,  adv.  in  der  formel  jahraus  jahrein ,  vcrgl.  unter 
jahraus.  • 

JAHRELANG,  adv.  und  adj.,  aus  jähre  lang  (vergl.  jähr 
III,  2,  e  spalte  2237)  zusamviengeschuiolzen:  liesz  er  eine  walze 
sehen,  die  er  von  jahrelang  im  hause  unterballenen  orgel- 
künstlern  unternehmen  lassen.  Göthe  31,214;  nach  jahre- 
langem gram.    Gottek  3,572; 

ihr  habt  die  that  mit  jabruluiiger  reu, 
mit  scbweren  leidcnsproberi  iibgebüszt. 

ScuiLLEH  iL  Stuart  1,  4. 

JAHltEN,  JÄIIIIEN,  terb.  als  jähr  abschlieszcn,  vollenden. 

1)  intransitiv,  in  bezug  auf  den  ertrag  eines  Jahres  ausfallen: 

wer  bat  und  hall,  uulhebt  und  spart, 
dem  mangelt  nichts,  wunns  ubcl  jart. 

Uaua  AuM'  15S7,  s.   100. 

2)  in  bezug  auf  ein  rechnungsjahr,  vollenden,  vollständig  sein ; 
tntransiiiv : 

laszt  noch  tausend  Jahre  Jahren, 

solch  ein  lieben  wird  man  ewig  nicht  erfahren. 

V.  lliRKKN  .inilrulUu  85  ; 
unpersönlich : 

eben  beute  bats 
gejährt,  dasz  die  prinzessin,  dasz  Fatime  .  . 
auf  eine  art,  die  keiner  laszt,  verschwand. 

Hkbbel  der  rubiii  (1851)23; 
gewöhnlich  reflexiv:  Schweiz,  es  jähret  sich  heut,  wird  oder  ist 
heute  ein  jähr.  Stalüer  2, 72 ;  ebenso  hessisch  es  jährt  sich. 
ViLMAR  181;  bair.  heut  ja;rt  es  sich,  dasz  es  geschehen  ist. 
ScH«.  1,  I21Ü  Fromm.;  der  meister  fragt:  was  lehlt  dir?  'he 
nichts ,  sagte  sie ,  ich  hab  an  den  Jobbi  gedacht ,  gott  hab 
ihn  selig,  und  an  den  schönen  zug;  heute  jährt  sichs  wieder', 
es  wird  sich  noch  vielmal  jähren,  sagte  der  mann.  Hebel 
2,212;  der  zwölfte  September  jährte  sich  heute.  Schubekt 
reise  ins  morgenland  1,5(1.  bairisch  in  bezug  auf  eine  person : 
er,  sie  jaerl  sich  an  Jacobi,  ist  zu  Jacobi  geboren.  Schm.  a.a.O. 
mhd.  hiesz  sich  jaeren,  sich  jären  mündig  weiden,  zu  seinen 
Jahren  kommen  (Leier  wb.  l,  1473).  vgl.  auch  bejähren  theü  l 
sp.  1412. 

JAHREN,  verb.  für  gären  geschrieben,  vgl.  theil  4',  1349 /f.; 
damit  der  meth  desto  leichter  verjähren  mag,  tbue  bierhülen 
darein,  so  wird  er  bald  jähren.  Tabernaemo.nt.  032;  andere 
werfen  geröscht  weizenkürulcin  in  das  hier,  dieweil  es  im 
jähren  ist.  641; 

und  wünschen,  dasz  dem  lasse 
ein  wohigejobrner  most  den  bellen  ausbiuch  lasse. 

(jCMTUisK  r)42; 
als  die  erste  unsrcr  zähren 
au!  der  nmtter  bnsen  runn, 
liesz  ein  langst  bcgrabncr  mann 

dieses  fäszchen  schon  im  keller  jähren.    Gökingk  1, 133. 
vgl.  auch  jären. 

JAHRESABEND,  m.  Vorabend  eines  neuen  Jahres:  am  mitt- 
wocb  am  jarsabent.    d.  stddtechron.  2,  1'j2,  19. 

JAHKESANFANG,  m.  anfang  eines  Jahres :  den  jahresanfaDg 
be(.'ru-<zt  glockengeläule. 

JAHHESALSWEI.S,  m.  ausweis  der  sich  auf  ein  jähr  erstreckt : 
nach  dem  Jahresausweis  übersteigen  die  staatseisenbahnen 
den  Voranschlag  um  beinalie  eine  million. 

JAHHESEINKU.M.MEN,  n.:  '/«  von  jedem  reinen  Jahresein- 
kommen.   Dahlmann  gesch.  d.  franz.  revol.  27C. 

JAHHESELN.NAHME,  f  einnähme  während  oder  für  ein  ganzes 
jalu. 

JAHHESEHTRAG,  m.:  ein  aus  dem  ertrage  der  weinlesc 
im  ersten  jähre  und  dem  pachtgeldc  fdr  das  zweite  berech- 
...1...    ,,,  rii..,,.r  jabrcBcrlrug.  Göschen  yrundris:  zu  pandedcn- 

'  I  KU ,  /.  feier  eines  Jahrestages :  ich  lioffe  dasz 
wir  bis  zur  Jahresfeier  unnerer  bekanntscbaft  ni>cli  mancjirs 
werden  zusauiiiieu  gearbeitet  haben.  GOtiie  an  Sciuller  !,&!). 


JAHRESFEST,  n.  sacrum  anniversarium,  sacrum  solemne,  das 
zu  einer  gesetzten  jährlichen  zeit  begangen  wird.   Fkiscii  1,484'; 
und  nun  wird  auf  sciiit'ii  strusztni 
jahreslest  und  markt  su  laut.    Gütuk  1,1'J4; 
ganz  anders  wissen  wir  zu  feiern, 
so  oft  sicli  Juhresfest  (jWiir.)  erneuern, 
ein  hociizeiistii),'  nach  altem  brauch, 
und  mancherlei  geburlstag  aucli.    Voss  6, 109. 
s.  jahrfest. 

JAHUESFLUCHT,  f  das  flielten  des  jahrcs: 

sein  wohlverdientes  lob  wird  immer  grünend  stehii 
und  mit  der  Jahresllucht  in  lange  zcitcn  gehii. 

NEUMAiiik  leulsch.  piitinbaum  vii ; 
das  geflohene  jähr: 

vorüber  sind  zehn  Jahresfluchten.     Lemau  Faust  35. 
JAHRESFRIST,  f  frist,  Zeitraum  eines  jahres: 

dehein  wajjer  fliege  s<j  sere, 

es  liahe  die  widerkere 

ze  dem  urspringe  in  Järcs  frist 

von  daniiän  ej  komen  ist.    Huujit  7,379,77; 

das  er  das  (erbe)  verkaufe  in  der  jarsfrist.  I^ürnb.  pol.-vrdn. 
32(i;  wenn  ouch  sin  erbe  innert  den  yaresfrist  nit  (nichts) 
emplieng.  weisth.  4,360;  innerhalb  jahrsfrist ,  anno  transaclo 
Frisch  1,  484*. 

JAHRESFRUCHT,  f  annona,  jahrsfrucbt  SrEiNHAcn   1,515. 

JAHRESGABE,  /.  donum  annuum,  jahrsgabe  ebenda  566. 

JAHREStiENüSSE,  hj.   genösse  der  lebcnsjahre,    zeäyenossc: 

er  (Wieland)  hat  sein  zeilalter  sich  zugebildet,  dem  geschmack 

seiner  jahresgenossen  so  wie  ihrem  urlheil  eine  entschiedene 

richtnng  gegeben.  Göthe  32, 237. 

JAHRESHEFT,  n.  heß  über  die  ereignisse  eines  jahres:  tag- 
und  Jahreshefte  als  ergänzung  meiner  sonstigen  bekenntnisse. 
Güthe  31, 1. 

JAHBESREHR,  f.  Wiederkehr  des  Jahrestages  (vgl.  oben  jähren, 
jähreu): 

sieben  Jahre  sind  verflossen, 

spurlos  wie  die  flut  ins  mcer, 

seit  der  ehbund  ward  geschlossen, 

heute  ist  die  Jahreskehr.    Lenau  neue  ged.  292. 

JAHRESKOST,  /'.  viclus  annuus,  annuum,  jahrskost  Stein- 
bach  1,918. 

JAHRESLAUF,  -LAUFT,  hj.  cursus  annuus,  jahreslauf  Steis- 
BAcu  1,093;  (wie  Jahrgang)  vom.  wein,  der  in  einem  bestimmten 
jähre  gewachsen  ist: 

wenn  sonst  im  keller  fasz  an  fasz  sich  häufte, 
der  besten  herg  und  Jahreslaufte.    Göthe  41,14. 

JAHRESMÄRCHEN,  «.  das  jähr  als  märchen  gefaszt:  so 
wiederholt  sich  denn  abermals  das  jaliiesniübrcbcn  von  v(»rii. 
wir  sind  nun  wieder,  gott  sei  dank,  an  seinem  artigsten 
capitel.  Veilchen  und  maibluinen  sind  die  Überschriften  oder 
Vignetten  dazu.   Göthe  17, 309. 

JAHRESRECHNUNG,  /".  rechnuny  über  einnahmen  und  aus- 
gaben eines  jahres. 

JAHRESSCHLUSZ,  «i.  scIUusz  eines  jahres :  am  Jahresschlüsse 
werden  die  rechnungen  abgeschlossen. 

JAHBESSITZU.NG,  f  sitzung  die  alle  jähre  einmal  regelmdszig 
stattfindet:  der  verwaltungsrath  jener  eisenbahngesellschaft  hält 
anfangs  märz  seine  Jahressitzung. 

JAHRESSOHN,  hi..- 

erstgeborner  Jahrcssohn, 
sanfter  frühling  sei  wilkoraen. 

J.  Grob  in  Wuckerninjels  teseb.  2  (18761  66.^. 

JAHRESSOLI),  JAHBSOLD,  m.  sohl  p'f  «n  J"'»'".-  (herzog 
Karls  von  Burgund  kanzler)  der  het  des  jars  oh  20  tauseut 
gülden  jarsolts.    W'ilw.  v.  Schaumb.  17. 

JAHBESTAFEL,  f  lafel  auf  dir  die  ereignisse  eines  jahres 
geschrieben  sind:  um  die  leeren  jahrslafcin  der  königlichen 
zeit  zu  füllen.  Niemihii  2,  513. 

JAHBESTAG,  hj.  1|  der  lag  des  neuen  kalenderjahres :  sweiine 
der  jirstac  ist  an  eime  suntage,  »o  ist  der  winler  wermelich 
und  der  lenze  iiaj.  witterungsregeln  im  anz.  des  germ.  mus.  ls6ü 
s;;.  35«;  am  freilag  nach  dem  jarstag.    d.  städtechr.  2,193,30. 

2)  geburtstag:  da  aber  Herodes  seinen  jarslag  begieiig.  .W<i///i. 
14,6;  darc  natalitia ,  sein  jars  tag  lösen,  schenken.  Aiuekus 
dict.  Ssl';  jahrslag,  dies  nalalitius  Steinbach  2,792. 

3)  tag  an  dem  irgend  ein  ereignis  jährig  winl 

wann  eures  bunde«  Jnhrstng  scliuiiit.    Gv. 
der  jahralai;  dieser  unglucksclgvii  ihnl 
i»i  beule  abcrmnU  zuriickgckeun.    Scuillkr  U.  Sittaii  I.  l 
t.  jabrtug. 


2241   JAHRESTHEÜRE  — JAHRFÜNFTEL 


JAHRFÜINTZIG  —  JAHRGELD 


2242 


JAUUESTHEL'UE,  /^..- jarstheüre,  giosze  tbeürc  und  armut 
an  korii,  difficultas  annonae,  summaque  inopia  rei  framenlariac 
M AALER   23ö'. 

JAHRESVERSAMMLUNG,  f.  rersammlung  die  jährlich  abge- 
halten iciVJ;  die  Vorstandsmitglieder  werden  von  der  gesell- 
scliaft  in  der  jahresversamniiung  gev\älilt. 

JAHRESWECHSEL,  »».  wechsd  eines  kalenderjahres :  erbringt 
seine  giückwünscbe  zum  jabreswecbsel. 

JAHRESZEIT,  f.  :eit  eines  Jahres. 

1)  t»  bezttg  auf  den  an  fang  eines  kalenderjahres:  bei  dieser 
instebenden  neuen  jabrszeit  aucb  ein  neu  jabr  gescbenke  von 
mir  erwarten.    Schüppiüs  402. 

2)  gewöhnlich  in  beztig  auf  die  einlhcilung  eines  Jahres  nach 
der  Witterung:  die  vier  Jahreszeiten,  frühiing,  sommer,  berbst 
und  winter ;  die  gute,  schöne,  beisze  Jahreszeit,  der  sommer; 
die  kalte  Jahreszeit,  der  winter;  wenn  Lucrez  den  Wechsel  der 
Jahreszeiten  beschreibet,  und  sie,  mit  dem  ganzen  gefolge 
ihre  Wirkungen  in  der  luft  und  auf  der  erde,  in  ihrer  natür- 
lichen Ordnung  vorüber  führet.  Lessing  6,42S';  umsonst  wählte 
die  königinn  .  .  das  landgut  der  Bianca,  um  die  Jahreszeit 
einige  tage  daselbst  ruhig  zu  genieszen.  7,272;  leben  sie  recht 
wohl  in  ihrem  friedlichen  thal,  und  genieszen  der  schönen 
Jahrszeit  wenigstens  aus  dem  fenster.  Göthe  an  Schiller  1,191; 
hier  ein  naturproducl  das  in  dieser  Jahreszeit  gescliwind  ver- 
zehret werden  musz.  192 ; 

alles,  vcas  ihr  die  jabrszeit  gibt,  das  bringt  sie  bei  Zeilen 
dir  auf  den  tisch.  weike  1,342; 

sie  nehmen  gute  jabrszeit  mit  (mif  die  reise)  .  . 
.  .  .  wir  haben  jetzt  april ; 
mai  —  junius  —  im  Julius,  ganz  recht,  , 

und  spätestens  zu  aul'ang  des  augusts 
sind  sie  zu  Brüssel.     Schiller  Ctirloi  2,  5 ; 
Questenb.  fürs  erste  wollen  seine  majestät, 

dasz  die  armee  ohn  aulschub  Böhmen  räume. 
Watlenst.  in  dieser  Jahreszeit?  Piccut.  2,  7. 

3)  auch  in  be:nig  auf  lebens-  und  altersjahre:  wie  eine  fami- 
lienspazierfahrt  im  sommer  durch  ein  plötzliches  gewitter  auf 
eine  höchst  verdrieszlicbe  weise  gestört,  und  ein  froher  zu- 
stand iu  den  widerwärtigsten  verwandelt  wird,  so  fallen  auch 
die  kinderkrankheiten  unerwartet  in  die  schönste  jabrszeit 
des  früblebcns.  Göthe  24,51;  entsprang  jene  berühmte,  be- 
rufene und  verrufene  literarepoche,  in  welcher  eine  masse 
junger  genialer  männcr,  mit  aller  muthigkeit  und  aller  au- 
uiaszung,  wie  sie  nur  einer  solchen  Jahreszeit  eigen  .sein  mag, 
bervorbraciien.  26,117;  sehen  wir  ihn  (Wieland)  als  knaben, 
Jüngling,  mann  und  greis,  so  finden  wir,  dasz  ihm  das  un- 
gemeine glück  zu  tbeil  ward,  die  blüthe  einer  jeden  dieser 
Jahreszeiten  zu  pflücken.  32,  236. 

4)  dann  in  freiem  sinne,  ein  bestimmter  Zeitraum  im  vOlker- 
oder  geislesleben :  wie  auf  niedrigsten  stufen  langes  innehalten 
der  Völker  .  .  waltet ,  so  wird ,  wenn  die  Jahreszeiten  des 
Wachsens  mit  ihren  stürmen  und  wechseln  durchgelebt  sind, 
auf  der  höchsten  stufe  ein  höheres  ruhen  wiederkehren. 
J.  Paul  dämmerungen  s.  10;  freilich  war  eine  gutmüthige  senti- 
meiilalilät,  die  allenfalls  vor  dreiszig  jähren,  zur  zeit  wechsel- 
seitiger Schonung,  noch  ertragen  werden  konnte,  nunmehr 
ganz  auszer  der  jabrszeit,  und  einem  manne  wie  Wieland 
unerträglich.    Göthe  31.  S3.     vgl.  jahrzeit. 

JAHRESZEITE.NWECHSEL,  m.:  erfreulich  ist  der  jahres- 
zeitenwechsel,  der  sie  (die  jagdliebhabcrei)  mannicbfaltig  auf- 
ruft und  anregt.  Göthe  22,  SI. 

JAHRESZEITREISE,  f:  nachdem  wir  .  .  jahrszeitreisen, 
tagreisen ,  brunnenreisen ,  genug  bekommen  haben ,  so  war 
kein  ratb  mehr  übrig,  als  gegenwärtige  Sammlung  unter  dem 
allgemeinen  vorwande  der  lectüre  unterzubringen.  Göthe  33,64. 

JAHREWEIT,  adv.: 

liegt  auch  der  tag  noch  jahreweit, 
wer  weisz  als  du,  die  rechte  zeit? 

KöR:iiiR  tcicr  u.  schwerl  73. 

JAHRFELD,  n.  feld  das  alle  jähre  bcslelll  wird,  ohne  es  brach 
liegen  zu  lassen. 

JAHRKEST,  n.  wie  jabrcsfest:  es  ist  ein  jarfest  des  herrn 
zu  Silo.  ricW.  2t,  19;  die  faste  des  vierden,  fünften,  siebenden 
und  zehenden  monden ,  sollen  dem  hause  Juda  zur  freude 
und  Wonne,  und  zu  frölicben  jarfesten  werden.  Sacharja  S,  \0 ; 
und  ordent  die  feierlage  herrlich  zu  halten,  und  das  man  die 
jarfeste  diirchs  ganze  jar  schön  begehen  soltc.  Sir.  47, 12. 

JAHRFÜNFTEL,  n.  der  fmße  Iheil  eines  jahres.  bei  Schiller 
aber  ein  theil  von  fünf  jähren  :  alles  dieses  zusammengenommen 
IV.  II. 


überführte  ihn  von  der  nothwendigkeit,  seinein  geist  die  bil- 
dung  zu  geben,  die  er  bisher  verabsäumt  hatte,  um  das  jahr- 
fünftel  der  witzigen  und  denkenden  well  einzuholen,  hinter 
welchem  er  so  weit  zurückgeblieben  war.  731 ;  also  /'ör  Jahrfünft. 

JAHRFCNFZIG,  n.  eine  zeit  von  ßnfzig  jähren:  in  einem 
haus,  das  der  blumenkübel  und  treibkasten  eines  einzigen 
Stammbaums  ist,  bleiben  die  sacben  jahrfunfzig  lang  in  ihrer 
stelle  ungerückt.  J.  Pall  uns.  löge  3, 166 ;  kein  volk  schrieb 
in  einem  und  demselben  jahrfunfzig  eine  solche  vielgestaltige 
proteusprose  als  das  deutsche,    rorsch.  d.  äslh.  2,155. 

JAHRGANG,  m.    i)  lauf  des  jalnes;  im  allgetneinen,  zeitlauf: 

dieweil  es  dann  der  jargaug  ist, 

das  (if.;s)  ir  on  zweilel  selbst  wol  wist, 

das  die  weiber  wölln  meister  sein.    ü.  Sachs  1,4S1*. 

in  bezug  auf  Witterung :  sunderlich  so  die  jargeng  sich  darmit 
concordieren  und  die  art  der  lüft  und  winden  diesem  allem 
gleichförmig  sindt.  L.  Tucr\eiszer  v. probier,  der  harnen  (1576)  10 ; 
in  bezug  auf  fruchlbarkeit  und  feldertrag:  wie  dann  die  zeit  und 
jargeng,  aucb  die  gegent  und  rifun  von  wegen  der  anstoszenden 
land  ungleich  sind.  Haltacs  1003  (bair.  landsordn.  von  1516); 
welche  fruchte  und  wein,  nicht  nach  dem  gemeinen  Jahrgang 
und  kauf,  sondern  nach  herrn  gülden  und  gewobnheiten  .  . 
angeschlagen  und  gerechnet  werden  sollen,  ebenda  {von  1606); 
in  bezug  auf  allerlei  creijnisse:  item  hie  will  ich  schreiben  von 
dem  jargang  auf  das  jar,  als  man  zait  1467.  d.  städtechron. 
5,  326, 7. 

2)  was  in  einem  Jahrgänge  hervorgebracht,  erzeugt  worden  ist; 
lebende  wesen:  die  jüngsten  Jahrgänge  der  landwehr  werden 
zu  einer  Übung  einberufen ;  in  orten  der  Schweiz  hat  man  jahr- 
gänger-vereine,  rereine  solcher,  die  im  laufe  des  gleichen  jahres 
geboren  sind;  früclite,  und  hier  besonders  gern  der  wein  eines 
jalires : 

im  keller  prüTt  den  mann,  was  wird  er  dort  nicht  kennen? 
er  wird  im  glase  noch  den  berg  und  Jahrgang  nennen. 

Halles  sJiweiz.  ijed.  (l7tjS)  100; 
die  in  einem  jähre  ausgeflossene  lava:  muszle  ich  nun  den 
älteren  und  neueren  laven  eine  besondere  aufmerksamkeit 
widmen,  der  betagte  führer  wuszte  genau  die  Jahrgänge  zu 
bezeichnen.  Göthe  as,  32 ;  von  gcisteserzeugnissen :  verschiedene 
Jahrgänge  eines  kalenders,  alnianachs,  einer  Zeitschrift,  Zei- 
tung; Jahrgang  im  predigen,  methodus  annua  pastorum.  Frisch 
1, 4S4';  betrachte  ich  an  der  werthesten  Jungfer  braut  die 
herkunft,  so  könnte  ich  vielleicht  von  Amors  wind-  und 
Wassermühlen  einen  längern  sermon  halten ,  als  einer,  der 
über  das  wort  'und'  einen  Jahrgang  machen  wolle.  GIJnther 
1107 ;  das  kleine  gedieht  in  stanzen  an  das  publikum  würde 
den  diesjährigen  Jahrgang  der  boren  sehr  schicklich  und  an- 
muthig  scblieszen.    Göthe  an  Schiller  l,9S. 

JAHRGEBRÄLCHLICH,  adj.  anniversarius,  solemnis.  Stei.n- 
uach  1,  ISS. 

JAHRGEBL'NG,  f  venia  aetatis ;  aetatis  ab  imperiali  beneficio 
supplelio;  jus  legitimae  aetatis,  quod  minorennis  impetrat.  Frisch 
1,  4>4*. 

JAHRGEDÄCHTNIS,  n.  jährlich  wiederkehrendes  gedächtnts 
eines  ereignisses:  dieweil  ein  dechant  die  Jahrgedächtnisse  der 
seelmessen  und  andere  gestifte,  votiven  und  präsenz-messen 
halten  musz.  Amsdorf  in  Mclanchth.  opp.  1, 609. 

JAHRGEDICHT,  n.  gedieht  zur  Jahresfeier  eines  ereignisses: 

liebesLücher  und  jahrgedichte 

machen  bleich  und  hager.    Götuk  2,  267. 

JAHRGEDING,  n.  wie  jahrding:  in  den  jargedingen,  der 
järlicb  drei  seind.  weisth.  5, 634 ;  wenn  es  meim  gnedigen 
fürsten  und  herren  dunkt ,  mögen  seine  fürstlichen  gnaden 
das  jahrgeding  uf  der  brücken  zu  Hattweiler  anheben,  und 
darnach  halten  lassen  wo  man  wolle.  681.  .Mü  ritcksicht  darauf 
dasz  dem  yericht  ein  trinkgelage  der  richter  und  schü/fen  zu  folgen 
pflegte  (rcclUsalt.  i^9 /f.),  werden  unter  lustbarkeitcn  genannt :  die 
erkaufte  gericht,  die  jargeding,  die  ambtbestellungcn,  . .  und 
sonst  dürstige  gesellencolätzlein.  Garg.  52*. 

JAHRGEHALT,  m.  n.  jährliche  besoUlung:  Hume  bewegte 
ihn  mit  nach  England  zu  gehn,  wo  er  ein  jabrgchalt  für  ihn 
ausgewirkt  hatte.  Sturz  1,163;  es  fiel  ihm  ein,  dasz  ihn  der 
jahrgehalt  entehre,  ebenda;  das  jahrgehalt,  das  er  sich  aus- 
bedingt, ist  freilich  stark.  Göthe  22,33; 

der  alte  Norweg,  hocherfreut  hierüber, 
giebt  ihm  dreitausend  krönen  jahrgehalt. 

ühnkrsp.  Hamlet  2,2. 

JAHRGELD,  n.  annuum  salarium,  jährliche  besoldung.  Frisch 
1,4^4*;   die   eidgaossische   Obrigkeiten   vermahnet   er  (bruder 

111 


2243 


JAHRGELDSPENDER  —  JÄHRIG 


Klaus),  wann  sie  wollen  ihre  gemeinden  in  langwiirigcm  wol- 
stand  reglren,  sollen  sie  fienibder  henen  pensionen  und  jabi- 
gelt  .  .  fliehen.  Zinkghef  apopitllt.  1,211;  dem  kirchner  oder 
küstcr  soll  durch  die  zeheu  Vorsteher  auszm  gemeinen  kästen 
ein  namhaftig  jargell  gegeben  werden.  Lltheb  2,264';  wer 
jalirgelt  niinbt,  musz  auch  jabrarbeit  Ibun.    Leiiman.n  139. 

JAUllGELDSPENDEH,  «j.    Gökingk  2,133. 

JAllHGEHICHT,  »i.  wie  jahrding:  item  die  gericblsherren 
sollen  jährlich  hallen  3  jahrgericht,  nemlich  2  zu  meien  und 
eins  zu  herbst  oder  eins  zu  meien  und  2  zu  herbst,  ucislh. 
4,411. 

JAHRGESCHICHTE,  f.,  pl.  -geschichten ,  annales:  (Livius) 
während  er  die  Jahrgeschichten  fortrückend  nach  den  altern 
schrieb.  Niebüur  3,30;  im  Zusammenhang  der  jahrgeschicbten. 
2,204. 

JAHRGESELL,  m.  gesell  der  sich  jahrurise  bei  einem  mcister 
verdinget ;  auch  der  gesell,  der  zu  erlangung  des  meisterrechls  in 
jahrarbeil  sieht. 

JAHRGEWÄCHS,  «.  annona,  was  alle  jähre  an  nahrungs- 
mittcln  wächst.  Frisch  1,4m*.     auch  hcrba  pcrennis,  dauergewächs. 

JAHRGEWINN,  m.  gewinn  von  der  arbeit  eines  jahrcs: 

es  nehmen  ihrer  viel  den  kurzen  jnhrgewinn, 
dadurch  erneitcrl  wird  der  enge  Icbcnskreis, 
vor  ehre,  geld  und  guu.       Abschatz  ged.  2,  130. 

JAHRHUNDERT,  »i.,  betont  Jahrhundert,  das  hundert  von 
jähren;  fd)ersetzung  des  lal.  saeculuni,  auch  in  dem  freieren  sinne 
von  Zeitalter,  menschenaller :  zuerst  von  Schottel  haujilspr.  411* 
als  bei  Birken  vorkommend  bezeugt;  Rompler  halle  hundert- 
jährung  übersetzt  (vgl.  sp.  192").  seit  dem  ende  des  17.  ;a/ij7i. 
ist  es  vollständig  durchgedrungen :  ein  Jahrhundert  est  seculum, 
menj^chenaller,  zeit  von  hundert  jähren.  Stieler  &(jS;  im  Jahr- 
hundert der  reforraation  redete  man  ziemlich  rein  teulscb. 
Leirmz  in  Wackernagels  Icseb.  3^,  1002 ;  seit  siebenzelien  zelten 
«der  Jahrhunderten.  Zinzenüork  ebenda  1062;  im  iSlen  Jahr- 
hunderte war  man  in  Deutschland  gewohnt,  nur  im  zwanzig- 
sten jähre  ungefähr  zu  heurathen.  Cronegk  1,384;  erwägt 
man  nun,  dasz  eines  menschen  leben  neunzig  währen  kann, 
und  darüber,  dasz  der  Völker  jähre  aber  Jahrhunderte  sind. 
Immerman.n  Miinchh.  1,147; 

mit  einem  winke  giebst  du,  und  nimmst  du  Ja 
dem  wurm,  dem  .siuudcu  sind  wie  Jahrhunderte, 
sein  kurzes  glück.  Klopstock  t,ül; 

aus  nachsieht  für  die  kunst  und  den  feinern  geschmack  des 
Jahrhunderts.  Lessing  6,436;  (sie  soll)  in  den  reiiern  jähren 
sich  unter  den  gehorsam  eines  alten  ofliciers  geduckt  haben, 
der  gegen  diesen  preis  und  einen  leidlichen  unterhalt  das 
eherne  Jahrhundert  mit  ihr  zubrachte,  und  starb,  nun  sieht 
sie  im  eisernen  sich  allein.  Götue  16,97;  aber  vom  Jahr- 
hundert (nämlich  von  unserm)  kann  man  diesz  nicht  verlangen, 
ohne  feigenblätter  und  thierfelle  kommt  es  nicht  aus  (spricht 
ein  bildhauer).  Götue  23,32;  hier  also  haben  wir  zu  wiedt-r- 
Lülen :  das  Jahrhundert  musz  uns  zu  hülfe  kommen,  die  zeit 
an  die  stelle  der  Vernunft  treten.  158 ;  dasz  nämlich  das  In- 
dividuum sich  und  sein  Jahrhundert  kenne.  24, 7 ;  auf  alle 
•fälle  sind  wir  genöthigt,  unser  Jahrhundert  zu  vergessen, 
wenn  wir  nach  unserer  Überzeugung  arbeiten  wollen.  Götue 
an  Schiller  1,405;  sehr  erfreut  es  ihn,  dasz  sogar  gemeine 
inägde  etwas  vom  Jahrhundert  hatten  und  ihre  schürzen  so 
weit  und  griechisch  in  die  höhe  banden,  dasz  ein  geringer 
unterschied  zwischen  ihnen  und  den  vornehmsten  herrschaften 
verblieb.  J.  Paul  flegelj.  1,160;  dieses  säbcl-  und  bajonetten- 
jahrhundert.    dämmer.  104. 

JAHRHUNDERTFEIER,  f.:  die  Jahrhundertfeier  der  augs- 
burgischen cüiifession.    atlgem.  lit.  zeilung  1845  s.  837. 

J.XHRIG,  adj.  annnus,  mlui.  jajrec,  ahd.  j4rig. 

1)  dm  jähr  habend:  jarig  oder  jerig,  annuus,  vulg.  jars  alt 
toc.  ine.  Iheul.  k'i';  järig,  ein  jar  alt,  anniculus,  annotinus, 
järig,  järigs  alter,  annua  aetcu,  annicula  aetas,  järige  lainb, 
horni  agni  Maaler  2.J4*;  sol  er  zwei  leinmer  nemen  on  wandel, 
und  ein  jerig  schaf  on  wandel.  3  Mos.  14,  lu;  ein  jähriger  zins, 
fotnut  unius  anni  Frisch  1,483';  (wir)  tranken  daselbst  neuen 
wein  .  .  er  sieht  aus  wie  seifenwasser,  doch  mag  ich  ihn 
lieber  trinken  als  ihren  sauren  jährigen  und  zweijährigen. 
Götue  10,257; 

dem  wil  man  ainn  jering  etel  icheiiken.    (attn.  $p.  7C5,  17 ; 
dir  dann  opfr  ich  ein  jftbriget  rlnd,  breiuiirnig  und  fehllos. 

OdyMiee  3,  3*2 ; 

die  nachtkost  em»lK  hereliend 
VüO  dem  geopfertcu  tchw«lac,  dem  jaurigeu.    lU,  454 ; 


JÄHRIG  — JÄHRUCH  2244 

ein  Jährig  kind.    Platbn  287 ; 

(lieger)  Jälirige  stier  im  blutigen  rächen 
tragend.  I'trkkh  Tunis.  2,  381. 

ein  jähr  her  seiend:  jährig  sein,  annuum  esse  Frisch  1,483*; 
es  ist  heute  gerade  jährig,  dasz  du  das  letzte  mal  hier  warst. 
nur  ein  jähr  während,  dauernd :  Staaten  sind  jährige  pflanzen, 
die  in  einem  kurzen  soimncr  verblühen.    Schiller  1032. 

Zusammensetzungen  mit  Zahlwörtern  modificieren  den  begriff 
entsprechend;  vgl.  ein-,  zwei-,  drci-jährig  u.s.w.,  halb-,  viertel- 
jährig. 

2)  jährig  für  volljährig  ßndel  sich  im  frics.  jöroch,  jerech 
Richthofe.n  84ü',  auch  im  mlid.,  hier  mehr  auf  die  geistige  reife 
als  die  rechtliche  Volljährigkeit- bezogen : 

bi  vier  und  zweinzic  Järcn  küme  jaerec, 
so  ist  im  der  iip  wol  maiincs  grö^^,  der  muot  klein  als  ein  kint. 
Leutold  V.  Skven  2Ct,5  Wackern.; 
später  einfach  nicht  mehr  nachweisbar ;  vgl.  aier  grosz-,  minder-, 
volljährig,  und  jährigen. 

3)  jährig  /i~<r  jährlich  (s.  d.):  ire  jerige  narung  zu  verdienen. 
Luther  8, 44*;  seines  jäiigei»  zehrgelts  halben.  KiiicHiior  »end- 
unmut  136';  noch  zu  Livius  zeit  ward  jährig  das  andenken 
dieses  sieges  . .  begangen.  .SToi.iiEFtc  9,  413. 

JÄHRIGEN,  vcrb.  jährig  werden,  zeitigen,  reifen: 

mit  einem  winke  giebst  du  und  nimmst  du  Ja 
dem  wurm,  dem  stunden  sind  nie  Jahrhunderte, 

sein  kurzes  glück  ;  dem  wurm,  der  mensch  heiszl, 
Jähriget,  blühet,  verblüht,  und  ahTallt. 

Klopstock  1,01  ((lülicr  'Jahre  lebt"). 

JÄHRIGKEIT,  f.  nur  in  grosz-,  volljälirigkeil. 

JAHIUÄHRLICH,  adv.  jähr  für  jähr:  er  gab  sich  jabrjähr- 
lich  mühe,  ihm  mit  etwas  neuem  vom  jähr  aufzuwarten. 
Hippel  8,  197. 

JAHRKIM),  n.  kind  von  einem  jähre:  jene  künstliche  gyin- 
nastik  der  sinne,  die  ein  jahrkind  will  sehen  und  hören  und 
greifen   lehren.  J.  I'aul  Levana  1,80. 

JAHRKLEIl),  n.  klcid  das  man  kindern  als  geschenk  zu  geben 
pßeijl,  wenn  sie  ihr  erstes  jähr  vollendet  haben.  Adelung. 

JAHRKNECHT,  m.    l)  knechl  der  im  jahrlohn  steht. 

2)  im  salzwcrke  zu  Halle  heiszen  jahrknechlc  die  arbeiler, 
welche  die  sole  in  die  kolken  tragen:  da  aber  (in  Halle)  einer 
allers  halber  schwach  und  Unvermögen  ist,  wird  im  nach- 
gelassen, einen  an  seine  Stadt  zu  dingen,  den  heiszt  man  ein 
j.irknccht,  sein  Ion  ist  18  Schilling  groschcn  und  darneben  ein 
trank  zober.  Mathes.  Sar.  126'. 

JAHRKüNIG,  m.  schülzenkünig  eines  Jahres. 

JAHRKUCHEN,  m.  placenta  anniversaria.  Steinbach  1,892. 

JAHRLANG,  adv.,  verschieden  von  jahrelang  oben  .v/>.  2239,  nur 
der  allen  spräche  angehürig  und  an  die  bedeutung  von  jähr  = 
zeit  anknüpfend,  hinfort,  ferner,  fernerhin: 

gewnpre  mich  des  dräte, 
so  wil  ich  dann  mit  l'röuden  Järlang  sterzen.    Laber  710, 

in  der  form  jorlung: 

ich  wil  Jorhuic  nume  Sünden, 

sprach  ein  frowelin  gemeit.     Uiilanu  volkst.  852; 

vielleicht  ist  auch  jarlast  aus  diesem  jarlang  entartet: 

wolt  ir  lang  leben  und  seit  weis, 

so  holt  euch  vur  ungesotner  speis, 

und  hütt  euch  vor  picr,  es  sei  frau  oder  man! 

man  trinkt  nun  jarlast  di  scheiszcn  daran,    (astn.  sp.  699, 18. 

JÄHRLEIN,  n.  dini.  zu  jähr,  in  traulicher  rede: 

herzogin  zu  Eckart,    ihr  habt  wohl  manches  Jahrlein  hinter 

euch?    UuLAND  ged.  159; 
so  leihe  mir  auf  ein  jährlein 

das  schmucke  schmeidige  piuloin  (/i(iiii/,u7iu/ie).  322; 
manch  juhrleln  hab  ich  gesungen  und  (euer  geschürt, 
manch  jabrlein  gesungen  und  schwcrt  und  lanio  gernhn. 

:t.'.ü. 

JÄHRLICH,  adj.  und  adv.  annuus,  anniversarius,  jedes  jähr 
wiederkehrend  oder  geschehend,  h/k/.  järlih,  »/lAi/.  ja'rlich :  järlich, 
jarzcitlich,  das  alle  jar  beschicht,  solennis,  quotannis  Maalkr 
231';  jarlicli,  adverbium,  unnualim  voc.  ine.  theul.  k"*;  jarlichc 
krankheit,  annolus  dicilur  morbus  qui  solet  in  anno  semel  venire, 
ebenda;  jarliche  ziuse,  pcnsale,  jarliche  fruchl,  traid,  zins, 
annona.  ebenda;  das  zween  verlaufen  münche,  oder  einlöset 
bnlie  uinli  sechs  ducaten  jerlich  darinnen  (in  klOslern)  sitzen. 
LuTiitH  5,  30U*;  solch  versünung  sul  jerlich  ein  mal  geschehen. 
•1  Mus.  30,10;  ich  wil  dir  jerlich  zehen  silberlinge  .  .  geben. 
rieht.  M,  10;  es  ist  ein  jerlich  opfer  daselbs.  l  Stirn.  20,  0;  das 
ir  nicht  macht  habt,  zins,  zul,  und  jerliche  rcnlc  zu  legen 
auf  irgent  einen  priestcr.  Etra  1,  U ;  das  lie  . .  die  jerlicben 


2245         JÄHRLICHKEIT  —  JAHRMARKT 

fruchte  kriegeten.  ps.  107,  37 ;  die  erstiing  des  järlicben  ein- 
kummens.  Fisciiart  tenÄ:.  224' ;  {dasz  ein  iwuwt)  jährlich  noch 
so  viel  einbringt,  dasz  ich  nothdürftig  davon  leben  könnte. 
Lessixg  1,485;  zeugt  seine  jahrlichen  kinder.  J.  Paul  aus  d. 
teuf.  pap.  1, 130.  advcYbialform  auch  jährlichen:  järlicben,  jär- 
licb,  alle  jar,  ein  jar  umb  das  ander,  anniversarie,  atinuatim, 
annua  vice,  quolannis,  in  annos  singulos  Maaler  234";  dasz  er 
und  all  sein  erben  und  nachkommen  mir,  meinen  erben  und 
nachkommen  alle  jar  järlicben  darausz  zu  zinsen  geben  sollen 
10  guldin.  d.  städtecbr.  5,134,12;  gott  gibt ..  allerlei  getreide, 
zur  speisz  und  trank  den  menschen  und  dem  vibe,  und  das- 
selbig  alle  jar  järlicben.  ägr.  spr.  3';  und  jäbrlichs,  wie  mhd. 
jcerlicbes ,  ahd.  jdrlihbes :  consules  die  järliches  keuuehselöt 
uuurtin.  Notker  bei  Hattemer  3,79';  zaigt  (zeigte)  man  das 
heiligtum . .  in  der  ordnungk,  als  man  es  sust  jerlichs  zaigl. 
d.  slddtechr.  3,  370,  9 ;  ich  geschweig  weiters  des  einkommens, 
dasz  ihm  die  huren  zu  Rom  järlichs  bezalen ,  da  auf  jedes 
haupt  ein  ducaten  geschlagen.  Fischart  &iVnA-.  224';  gegen  dem 
lentzen  stoszen  sie  jährlichs  newe  dolden.    Bock  kräuterb.  2. 

JÄHRLICHKEIT,  f. :  jäbrlichkeit  der  nationalversammlung, 
des  heeres.  der  Steuer.    Dahlmann  gesch.  d.  franz.  revol.  262. 

JÄHRLING,  m.  tvesen  von  einem  jähre;  gewöhnlich  bezogen 
auf  schüfe  die  ins  zweite  Jahr  gehen:  etliche  lämmer  und  Jähr- 
ling stalen.  Kirchhof  wenduntti.  273" ;  unter  einer  beerde  aber 
finden  sich  raelkschafe,  bämmel  oder  steere,  Jährlinge  und 
lämmer.  Becher  hausvater  (1714)  716 ;  in  Garden,  einem  dorfe 
zwei  meilen  von  Stettin ,  sind  meinem  Schwiegersöhne  zwei 
Scheunen  und  der  schafstall  mit  200  Jährlingen  verbrannt. 
Zelter  an  GOthe  794;  seltener  auf  rindrieh :  jährlingskalb,  Jähr- 
ling, färsenkalb  Nemnicu  1,646;  auf  Wildschweine:  (Hackert 
iuid  genossen)  bekamen  bei  groszen  Jagden  jährlich  ein  wildes 
Schwein ;  Hackert  bat  öfters  vier  bis  fünf  bekommen,  bei 
kleinen  und  mittelmäszigen  Jagden  . .  bekam  er  allemal  einen 
Jährling  von  120  pfund.  Göthe  37, 239.  witzig  auf  predigten 
gewendet:  sie  halten  jähr  für  jähr  die  predigten,  die  sie  in 
besseren  tagen  auswendig  gelernt  haben,  was  das  landvolk 
mit  dem  ausdruck  bezeichnet:  einen  Jährling  schlachten. 
verhandl.  der  sächs.  2.  kammer  1S64  s.  3229. 

JäHRLINGSBOCK,  «1.  Schafbock  von  einem  jähre. 

JäHRLINGSHAMMEL  ,  «I.  geschnittener  schaßock  von  einem 
jähre. 

J.\HRLINGSKäLB,  n.  kalb  von  einem  jähre. 

JAHRLOHN,  m.  n.  annuum,  was  man  einem  zum  jährlichen 
lohn  gibt.  Frisch  1, 484' ;  im  jahrlohn  arbeiten ;  im  jahrlohn 
stehen. 

JAHRLÖHNER,  m.  .•  aber  bei  den  Christen  ist  etlicher  inaszen 
eine  lindere  dienstbarkeit,  da  hat  man  jarlöhner,  tagelöhner 
und  wochenlöhner.   Mathesius  kalechismus  88. 

JAHRMARKT,  m.  ein  jährlich  zu  bestimmten  zeiien  stattfin- 
dender markt,  t?j/id.  jdrmarket,  und  abgeschwächt  lirmerl:  in  den 
zwein  frien  järmerten.  Meraner  stadtrecht  bei  Haupt  6,414,  eine 
form,  die  auch  jetzt  noch  düringisch  und  obersdchsisch  ist;  ohne 
scidieszendes  t:  jahrmark  forum  nunditiarium ,  nundinae  anni- 
versariae  solennes.  Stieler  1244;  das  polnische  hat  sein  ^armark, 
das  Itltauische  jormarkas  und  jomarkas  daher  entlehnt.  Das 
wort  steht 

l)  in  eigentlicher  bedeutung,  als  marktmdsziger  kauf  und  ver- 
kauf, sowie  zeit  und  ort,  da  dieser  stattfindet:  jarmarkt  oder 
mäsz,  gemeiner  und  öffentlicher  markt,  forum  nundinarium, 
nundinae,  mercatus  . .  Maaler  235';  noch  viel  minder  vergasz 
die  lieb  grandgurgel  die  ordentliche  kirchweihen,  die  metztag, 
die  jarmarkt.  Garg.  51" ;  in  vierzehen  tagen  ein  groszer  jar- 
markt.   Galmy  102; 

pis  samstag  wirt  ain  jarmarkt  sein 

in  ainera  dorf,  heiszt  Arslaffenreut. 

dar  inn  da  vindeiit  ir  eur  leui, 

und  kombt  ir  zuo  rechter  zeit  dar, 

so  viiidt  ir  kaufleut  zuo  aller  war.    fast»,  sp.  371,17. 

der  Jahrmarkt  wird  eingeläutet,  ausgeläutet;  es  heiszt  zu  Jahr- 
markt, auf  den  Jahrmarkt  gehen,  laufen ;  die  kinder  vergessen 
oft  cssens  und  Irinkens,  wann  sie  spazieren  fahren  oder  zu 
Jahrmarkt  gehen  sollen,   polü.  stockf  154; 

willst  du  nichts  unnützes  kaufen, 

muszt  du  nicht  auf  den  Jahrmarkt  laufen. 

GöTHK  2,  246. 
gedränge  und  diebe  eines  Jahrmarktes  werden  hervorgehoben: 

zu  Brück  noch  zu  Allesander 

ward  nye  so  gros  gedreng 

ufT  keinem  jarmari;kt  so  eng 

von  nieiiclier  werden  schar.    Altswkrt  154,  3! ; 


JAHRMARKT  —  JAHRMARKTSGEWIRR  2246 

es  will  sich  niemand 
heran  begeben  und  dem  hut  sein  reverenz 
erzeigen,    s  war  doch  sonst  wie  Jahrmarkt  hier. 

ScHiLLBH  U'iM.  Teil  3,2; 
ain  junge  maid  on  lieb 
und  ain  groszer  jarmarkt  on  dieb  .  . 
das  ist  alles  wider  naturlich  art. 

Keller  alte  gute  schwanke  17 ; 

wo  ist  ein  jarmarkt  an  {ohne)  dieb?    fastn.  sp.bbH,l2. 

Der  tuiterscbied ,  den  wir  zwischen  Jahrmarkt  und  piesse  heute 
machen,  war  frülier  noch  niclit  scharf  ausgeprägt:  im  nächst- 
folgenden Leipziger  jahrmarkte  (irürrfen  die  bücher  zu  haben 
sein).  Kracse  erzschr.  der  fruchtbr.  gesellsch.  s.  13  (17.  jahrh.); 
vergl.  Frankfurter  mark,  site  messe,  nundinae  Francofurlenses, 
Leipziger  mark,  nunditiae  Lipsienses  Stieler  1244;  jetzt  nur 
Frankfurter,  Leipziger  messe. 

2)  Jahrmarkt,  die  auf  dem  Jahrmarkt  gekaufte  waare,  namentlich 
die,  welche  man  zum  andenken  an  den  besuch  jemand  schenkt; 
es  heiszt  einem  einen  Jahrmarkt  mitbringen,  einen  Jahrmarkt 
kaufen;  sie  gehe,  sagte  sie,  nach  Rotzen  auf  die  messe  .  . 
wenn  sie  mich  dort  anträfe,  müsse  ich  ihr  einen  Jahrmarkt 
kaufen.  Götue  27,15;  dann  das  geschenk  das  überhaupt  von  einer 
reise  mitgebracht  wird:  wenn  ich  heim  kome,  so  wil  ich  dir 
ein  schön  jarmarkt  (rieu^r.,  ti-oi  nach  geschenk)  mit  bringen. 
Lcther  5,268"; 

ich  hab  lang  zu  warten  nicht, 
wann  ich  musz  noch  stahn  für  gericht, 
und  meinr  tochter  des  jarmarks  kaufen, 
darnach  wider  aufs  dorf  nausz  laufen. 

li.  Sachs  3,  3,  30*. 

3)  Jahrmarkt,  nach  der  bedeutung  l,  frei  angewendet:  die 
instehende  reise  zu  dem  tage  des  gerichts,  woselbst  der  Jahr- 
markt der  gerechtigkeit  gehalten  werden  wird.  pers.  baumg.  9, 1 ; 
die  jetzige  menschheit  sänke  unergründlich  tief,  wenn  nicht 
die  Jugend  durch  den  stillen  tempel  der  groszen  alten  zeitea 
und  menschen  den  durchgang  zu  dem  jahrmarkte  des  lebens 
nähme.  Wolfs  museum  der  alterthumswissensch.  s.  141 ; 

es  zeiget  sich  allhier  ein  Jahrmarkt  lauter  krönen. 

HoFr«AS.«iswALDAD  hctäcnbr.  41 ; 

sie  halten  auch  das  menschlich  leben  für  einen  scherz,  und 
menschlichen  wandel  für  einen  jarmarkt,  geben  für,  man 
müsse  allenthalben  gewinst  suchen,  auch  dmch  böse  stück. 
weish.  Sal.  15, 12. 

4)  Luther  braucht  Jahrmarkt  gern  für  handel,  mit  dem  bet- 
sinne des  betrüglichen :  die  vigilien  und  seelmessen  und  jerliche 
begengnisse  sind  kein  nütz,  und  ist  des  teufeis  jarmarkt. 
3,512";  etliche  stücke  sind  ganz  und  stracks  wider  die  aus- 
gedrückte Schrift  und  gottes  wort  (folgt  anßhrung)  .  .  item 
der  messen  opfer  und  jarmarkt.  523';  dem  ablas  folget  billich 
der  ander  jarmarkt,  confessionalia  genandt.  5,  &o';  lieber,  war 
dis  nicht  auch  ein  lesterlicher  jarmarkt?  ebenda;  diese  Schin- 
derei, jarmarkt  und  lesterung.  ebenda;  welch  einen  schendt- 
lichen  treudel  und  jarmarkt  ihr  aus  dem  sacrament  gemacht 
habt.  82" ;  als  solts  gleich  viel  sein,  wenn  der  priester  dankt, 
als  dankt  ich,  und  ich  im  gelt  gebe,  das  er  für  mich  und  an 
meiner  slat  danke,  nein  den  Jahrmarkt  wil  ich  nicht  haben, 
noch  solchen  Wechsel  und  gedinge  leiden.  5,196";  den  grew- 
lichen  jarmarkt  der  opfermessen.  2S8';  wo  der  bapst  solche 
freibeit  hette  gewust,  und  darnach  unter  seinem  jarmarkt 
aufgeschlagen  und  feil  gehabt  (wie  er  sonst  alles  feil  hatte). 
6, 108' ;  das  die  papisten  damit  das  heilige  sacrament  allein 
zu  sich  gezogen,  den  Christen  genomen,  geraubt,  und  einen 
jarmarkt  draus  gemacht  haben.  119*. 

JAIIR.MARKTEN,  verb.  einen  Jahrmarkt  haben,  handeln,  feilschen: 
aus  geiz  werden  sie  mit  ertichten  worten  umb  euch  jarmarkten. 
Luther  2, 123'  (nach  2.  Petr.  2,  3,  m  den  text  hat  er  hantieren 
gesetzt,  griech.  ifirto^evootTat). 

JAHRMARKTSBUDE,  f  bude  auf  einem  jahrmarkte :  wie  ein 
paar  Wachsbilder  in  einer  Jahrmarktsbude.  Kotzebue  deutsche 
kleinstddter  3, 1. 

JAHRMARKTSFEST,  n.;  das  jahrmarkls-fest  zu  Plunders- 
weilen. Gothe  13,  7. 

JAHRMARKTSGELD,  n.  geld  was  zum  besuche  eines  Jahr- 
marktes und  zum  einkaufen  auf  demselben  gegelh'n  wird;  auch 
geld,  welches  ein  Verkäufer  auf  dem  jahrmarkte  einnimmt. 

JAHR.MARKTSGESCHE.NK,  n.  gescitcnk  das  man  zum  jahr- 
markte gibt  oder  vom  jahrmarkte  mitbringt. 

JAHRMARKTSGEWIRR,  n.:  findet  sokratische  Weisheit 
gehör  im  jahrinarktsgewirre  wissenschaftlicher  keantnisse? 
Stolberg  3,229. 

141* 


2247       JAlIKMAUkTSSCENE  — JAHRRITTE 


JAHRS  — JAIIRWERK 


2248 


JAHRMARKTSSCENE,  f. :  wozu  man  niederländische  wirlhs- 
haus-  und  jahrmarktsscenen  gewählt  hatte.  Götiie  17,256. 
JAHRMARKTSWOCHE,  f.    uoclie  in  die  ein  Jahrmarkt  fällt. 
JAHRMESSRESUCHER,  «».;  badenwalfarter,  hudercr,  gut- 
schirer,  jannessbesucher.   Garg.  17'. 

JAHRMESSE,  f.  jährliche  messe,  Jahrmarkt: 

heut  ist  ein  grosze  jarraess  hie.    H.  Sachs  b,  242*. 
JAHRMODEL ,  m.  vorbild  eines  Jahres,  art  des  Verlaufs  eines 
künftigen  Jahres:    dem  jähr  seine  nativitct  stellen,  jahrniridel 
und  rinsternuszpiüpheceyen  kaicuiieren.  Fischakt  groszm.  6. 

JAHRNAGEL,  m.  clavus  annalis:  dasz  M.  Horatius  der  erste 
war,  welcher  bei  der  einweihung  des  capitols  diesen  jahrnagcl 
einschlug.  Nikbuhr  1,290.  auch  altnordisch  gab  es  einen  heiligen 
nagel,  der  in  die  ündvegissiilur  eingeschlagen  war,  hier  hiesz  er 
reginnagli.  Möbics  altn.  gloss.  341. 

JAHRNUTZEN,  m.  jährlicher  ertrag  oder  gewinn:  ej  sol  auch 
ieclicb  burger  Verlosungen  sein  wiseniat ,   ej  lige  verre  oder 
nahen,   ie    da;   tagewerch   als   im   der  jarnulz  ze  der  lieht- 
messen  vergelten  moht.    Nürnb.  pol.  ordn.  16. 
JAHRl'ACHT,  f  conduclio  in  ccrtos  annos. 
JAHRPÄCHTER,  m. 

J.\HRRECHNUNG,  f.  rechnung  die  den  Zeitraum  eines  Jahres 
beschlägl:  damit  die  beubtsumma,  so  sich  eine  gemeine  ein- 
gepfarrte  versamhmge  in  irem  bedenken  und  ratschlage  aus 
der  jarrechnung  als  für  notdürftig  und  genugsam  belernen 
und  erkunden  würde,  für  vol  auszubringen  und  zu  erlangen 
sein  möge.  Luther  2,266'; 

de  man  die  jarrechnung  hat  gän  (gegeben),    fasln,  sp.  871, 13. 
vgl.  Jahresrechnung. 

JAHRREGISTER,  n.    rcgister   das   den   Zeitraum  eines  jahres 
beschläyt:    {die   ueinkiefer   sollen   die    von  ihnen  gesetzten  preise 
täglich   verzeichnen)    und   solches    in    ein  jarregister   bringen. 
Leipziger  stadtordn.  1544  H4^ 
JAHRRENTE,  f.  jährliche  rente. 

JAHRRITTE,  m.  das  ganze  jähr  anhallendes  ßeber ;  nur  in 
Verwünschungen  und  fluchen : 

so  fli^clit  die  bäurin  den  jarrittcn.    Uulakd  volksl.  524 ; 
dasz  sie  der  jarritt  schütt!  Gary.  242'; 

ei  des  schüdt  dich  der  jarriedt!    II.  Sachs  3,  3,  13'; 
ei  halt  dasz  euch  der  garrit  schüt!    grob.  A.2'; 
ei,  das  dich  all  der  jarritt  schüt! 

FiscuART  dicht.  1,  143,  397  Kurz; 
das  in  der  herzjarritten  scliit!    Muriner  Itilh.  narr  3640; 
der  jarrit  gehe  dich,  an !    B.  Waldis  Esop  3,  98,  CO ; 
es  komm  dich  an  der  jahrriedt! 

J.  Ayrer  fustn.  sp.  1G5'  (3149,26  Kvllei); 
gotl  gab  ihm  den  jariiet!    147'  (30C9,  24); 
da  hat  man  uns  hart  abgcbieud. 
darumb  dasz  «vir  euch  brachten  nit, 
bat  uns  beschissen  der  jahrriedt.     10'  (2385,  32) ; 
das  euch  der  jarritt  sehend]     il.  Sachs  1,515'; 
da  musz  der  jarritt  zu  dir  schlagen!    514'; 
die  magd  die  sprach,  der  jarritt  schlag 
inn  das  wesen  I      511'; 
dasz  dich  der  jarrit  hol!    groh.  L3"; 
der  jarritt  sol  der  (i/irer)  walten!    H.  Sachs  1,  509'; 
nun  musz  euer  der  jarritt  walten, 
hab  ich  euch  doch  nit  her  besteh.    478'; 
ey,  das  vergelt  dir  der  jarritt! 
warumb  sielst  du  dich  da  herein.    478'; 
ich  tliörst  dir  traust  an  köpf  wol  schlagen! 
veigelt  dir  sein  der  jarrit! 
der  ring  kumbt  an  mein  tingcr  nit.     3,3,6!)'; 

»ie?  der  jarrit!  was  bastu  gebachen?  Vlensp.  VJ  s.ib; 
das  wers  herzlcid  und  der  jarrit.     II.  Sachs  3,3,  74'; 
ich  het  darfür  geschworen, 
dasz  mich  die  maur  het  lan ; 
der  jarritt  bat  si  zvrprochen.    Uhlanü  vulksl.  461. 

bat  wort  iü,  während  einfaches  ritte  weiter  lebt,  im  17.  jahrh. 
autgeüorben.  gemeint  ut  damit,  wie  man  seit  langim  annimmt 
(Krisch  1, 13'/),  das  fieber,  welches  das  uanzv  jähr  hindurch  wahrt 
ifvbris  continua),  im  geijcnsatze  zu  völliger  fieber friihcit  während 
des  ganzen  jahres:  der  liiule  (den  13.  febr.)  lasset  (zur  ader), 
dem  luot  der  ritte  de»  j/ire.t  (das  jaltr  hinduich)  nüt.  calen- 
darium  aus  dem  anfange  des  14.  jahrh.  bei  llauj>t  (i,352.  dau 
jarritle  aus  j.x-h-ritle,  gwh-ritle  (schnelles,  heflujet  fieber)  ent- 
standen I«  (S<;h)i.  2, 1H3  fromm.  Stöbüb /«-i  Fromm.  «,  i),  läszt 
sieh  nicht  rrurtsen ,  da  sich  die  form  jurbrille  nur  einmal  spät 
bezeugt  findet:  der  Jhacb  rillen  gebe  dich  uu.  Acricula  iprichw. 


no.  478  (neben  jarrilt  ebenda),  und  hier  wol  nur  die  iimdeutunq 
eines  einzelnen  Schriftstellers  vorliegt. 
JAHRS-  in  compositen,  s.  jahres-. 
JAHRSCHMAUS,  m.  schmaus  an  einem  jahresfeste: 
was  that  Ulyss,  der,  durch  ein  abenthetier, 
Alciuous,  zu  deinem  jahrsciunaus  kam?    1Iacsdor?i  3,43. 

JAHRSCHNEIDER,  m.  Schneider,  der  noch  ein  jähr  als  gesell 
an  einem  orte  arbeiten  musz,  ehe  er  meister  werden  kann. 

JAHRSCHLSZ,  «i.  der  junge  trieb  den  ein  gewächs  in  einem 
jähre  der  lange  nach  macht,  loden. 

JAHRSTLCK,  n.  l)  stück  einer  Zeitschrift,  die  alle  jähre  ein- 
mal erscheint:  möchten  sie  doch  auch  einen  iiirer  geister  in 
dem  neuen  jahrstück  erscheinen  lassen.  Scnii.i.ER  an  Göthe  1,117. 

2)  im  hallischen  sahwerk,  der  erste  sud  salz:  schültens  (das 
eben  gesottene  salz)  oben  auf  die  körbe,  bis  zwo  stücken  fertig 
sein ,  das  heiszen  sie  ein  werk  gesotten ,  und  musz  solches 
zum  längsten  in  vier  stunden  vollenbrachl  werden,  wann  nun 
solch  erstes  werk,  so  sie  .  .  jahr-stücken  nennen,  heraus 
bracht,  lassen  sie  die  pfanne  stehen  (für  einen  neuen  sud). 
HoiiNDORF  besehreib,  des  salzwerks  zu  Halle  (1749)  6ü. 

JAHRTAG,  in.  der  nach  ablau f  eines  jahres  wiederkehrende  tag, 
gedenktag  eines  ereignisses:  jartag  annivcrsarium  roc.  ine.  theut. 
k7*;  todestag  mit  kirchlicher  feier:  jarlag  parenlalia  Friscmlin 
nomencl.  4i,0 ;  so  haben  wir  (pfaffen)  vil  gestifter  jartag.  Schade 
sat.  u.  pasqu.  3,  215,  29 ;  namentlich  aber  auch  yeburtstay :  es 
geschacb  des  dritten  tages,  da  begieng  Pharao  seinen  jartag. 
1  Mos.  40,20;  das  Herodes  auf  seinen  jarlag  ein  abendmal  gab. 
Marc.  6,  21 ; 

der  geier  sein  jartag  halten  wolte, 

und  bat  all  vögel,  das  sie  selten 

zu  gast  auf  einen  abent  kommen. 

B.  Waldis  Esop  1,  79,  1 ; 

weil  ich  meinen  jartag  ghalten. 

i.  Atrer  325'  (1629,  13  Kelter); 
oder  auch  sonst  feier  einer  begcbenheit:    in  diesen  worten  (den 
einsetzumjsworten  des  abemlmahls)  hat  Christus  im  ein  begengnis 
oder  jartag  gemacht,  teglich  im  nach  zu  halten  in  aller  Christen- 
heit. Luther  1,236'; 

ich  will  hinfür  mit  newer  kla^ 
so  lang  ich  ahtem  hab  den  myrtischen  jabr-tag 
begehen.  Weckherlin  044. 

s.  Jahrestag. 

JAHRTAUSEND,  n.  das  tausend  von  jähren;  nach  dem  muster 
von  Jahrhundert  wol  nicht  vor  der  zueilen  hälfte  des  vorigen 
Jahrhunderts  gebildet,  von  Aoelung  zuerst  aufgeführt:  ich  .  . 
mag  gern  mit  dir  in  das  folgende  Jahrtausend  binüberlebcu. 
Göthe  15,255. 

JAHRTAUSENDHOCH,  adj.  und  adv.: 

denn  rastlos  musz  er  (der  ptoiffeyud«)  wandern  auf  und  nieder, 
jahrtauseudhocii  die  todeswünsche  thürmend. 

Le:*au  neue  ged.  11. 

JAHRTAUSENDJÄHRIG,  aJj.:  bei  dem  ernsten  dichter  jabr- 
tausendjährigcr  empfindungen  und  Schönheiten.  J.  Paul  vorsch. 
der  ästhettk  1,177. 

JAHRTAUSENDUHR,  f.:  wir  eintagfliegen  wollen,  wie  an 
der  terzienuhr  unseres  daseins,  auch  an  der  jabrtausendubr 
der  Sternenzeit  den  zeiger  eilen  seilen.  J.  Paui.  dämmer.  s.  11. 

JAHRUHR,  /■.  uhr  welche  des  jahres  nur  einmal  aufgezogen 
zu  werden  brauclU. 

JAHRWACIIS,  m.  l)  der  jährliche  zuwuchs  am  stamme  eines 
baumes,  der  sich  durch  die  Jahresringe  kennzeichnet :  wie  die 
tannen  und  liebten  ir  jarwachs  haben,  das  man  am  stainm- 
ort  gewisz  zelen  kau,  wie  lang  sie  g;'slandeii  sein.  Mathks. 
S-zr.  35* ;  man  kun  auch  in  den  todteu  lirettcrn  den  ordent- 
lichen jahr-wuchs  augenscheinlich  unterscheiden.  Chr.  Weise 
reife  ged.  719. 

2)  auch  allgemeiner,  was  jährlich  an  boilenerzeugnissen  Wiichst; 
I.  b.  vom  tabak:  wer  achtet  auf  die  schiffe,  welche  in  England 
aus  den  maryländischen  colonien  damit  (mit  tabak)  ankonunen? 
wer  hat  im  voraus  einige  nacbricht,  wie  der  jahrwachs  daselbst 
geratben  ?  Moser  patr.  phant.   1,13. 

JAHRWKIDK,  f.  gemein srhaftluhe  weide,  welche  mehreren  zu- 
sammen zusteht,  ijemeiutriß,  koppelliut.  AnKi.u.ic. 

JAHRWKISE,  adv.  jnhr  für  jähr,  in  Jahrgängen:  die  bSiide 
(von  Huffons  naturgeschichte)  folgten  jahrweise.  (iörnE  so,217. 

JAHRWKRK,  »1.  I)  werk  was  in  einem  jähre  vollbracht  «vd 
oder  was  ein  jähr  daueit. 

2)  im    haitischen   salzwerk,    in    derselben   bedeutung  wie  jaiii 
stück  2.    MATUkstus  Sar.  127*. 


2249 


JAHRWIERIG  —  JAHRZEIT 


JAHRZEITBUCH  —  JAMMER 


2250 


JAHRWIERIG,  adj.  ein  jähr  während :  jähre ieiigc  gewächse 
sind,   die  über  kein  jähr  währen  in  der  erde.   Muralt  eidg. 
luslg.  55. 
JAHRWIRTH,  m.  irir/,  venealter  desjahres;  ron  dem  sonnengolt  : 
du  marschall  dieser  weit,  du  könig  aller  stralen, 
die  das  gewölbte  haus,  den  liimmel,  übermalen, 
du  groszer  jahrwirth,  du.     Scultetcs  bei  Lkssisg  8, 273. 

JAHRWOCHE,  f.  u-oche  des  umfangs  von  sieben  jähren: 
erstlich  ist  man  darin  ganz  und  gar  eins,  das  diese  siebenzig 
Wochen  (die  Dan.  f,  24  genannt  trerden)  nicht  tagewochen, 
sondern  jarwochen  sind,  das  eine  wochen  sieben  jar  heisze. 
Ldtiier  S,  Sl';  es  ist  etwas  bekanntes,  dasz  schon  mehr  als 
ein  guter  autor  die  dauer  der  flitterwochen  sehr  lange,  gleich- 
sam zu  danielschen  jahrwochen  angenommen.  J.  Padl  Levana 

'      '  dasi  nun  ganz  hinweg  sei  die  zeit 

davon  Daniel  propheceit, 
wegen  der  siebzig  jahrwochen, 
welche  nu  ganz  wem  verflossen. 

Egkr  iiinirariuvi  (Eisleb.  1604)  .«.  16. 
Jährwuchs,  m.    l)  was  in  einem  jähre  an  einer  pflanze  in 
die  höhe  wächst  oder  schieszt,  jahrschusz,  loden: 

auf  den  duftenden  hügel,   wo  schlankere  birken  zum  himmel 
säuselten,  tannensaat  sich  erhob  mit  gelblichem  jahrwuchs. 

Voss  1,54. 

2)  auch  was  ein  bäum  jährlich  in  der  dicke  zunimmt,  Jahrring. 
Nemsich. 

3)  jahrwuchs ,  das  was  in  einem  jähre  überhaupt  an  boden- 
erzeugnissen  wächst. 

JAHRZAHL,  f.  zahl  eines  jahres  nach  der  angenommenen  Zeit- 
rechnung: an  dem  tag  und  der  statt  der  vorgeschriben  jarzal 
(1347).  weisth.  1,37;  wobei  die  jahrzahl  seiner  eintretung  (in 
den  palmenorden)  gefüget.  NEüM.^RK  pahnbaum  66 ;  dieses  ge- 
dieht ist  gleichfalls  bei  Raumann  zu  Breslau  auf  zwei  bogen 
in  -quarl  gedruckt,  aber  ohne  jahrzahl.  Lessing  8, 2S9.  die 
mindere  jahrzahl,  vgl.  jähre  der  mindern  zahl  sp.  2230:  des 
jars  alsz  man  zalt  nach  der  geburt  Christi  .  .  der  mindern 
jartzal  im  zwai  und  sächtzigisten  (1462).  d.  städtechr.  4,1oi,Z0. 

JAHRZEHEM,  n.  ein  zehent  an  jähren  (nach  Jahrhundert, 
Jahrtausend  gebildet):  jedes  jahrzehent  des  menschen  hat  sein 
eigenes  glück.  Götbe  17,346;  so  hatte  Gotthelf  ein  jähr  voll 
froher  jahrzeiiende  vor  sich.  J.  Paul  leben  Fibels  72. 

JAHRZEIT,  f.  1)  die  nach  ablauf  eines  jahres  wiederkehrende 
zeit:  annirersarium  jarzijt,  jarzeit  Dief.  36'; 

want  ebin  üf  den  seibin  tac 

als  di  järgezit  gelac, 

da;  zu  Pokarwin  was  irgän 

der  strit.  Jeroscui:i  11526; 

zu  endung  der  fünften  jarzeit,  als  der  herr  Grandgoschier . . 
wider  gesund  hcimkeret.  Garg.  135'. 

2)  jährlich  wiederkehrender  gedenklag  oder  fest:  die  jarzeit, 
jaarzeitliche  hochzeit,  ein  herrlicher  hochzeitlicher  tag,  sden- 
nitas,  solennia,  solenne  Maaler  235';  meine  seele  ist  feind 
ewren  newmonden  und  jarzeiten.  Jes.  1,  14 ;  ir  haltet  jarzeite 
und  feitet  feste.  29,  1 ;  was  wolt  ir  alsdenn  auf  den  jarzeiten 
und  auf  den  feiertagen  des  herrn  thun?  Hos.  9,5;  er  (gott) 
hat  die  jarzeit  und  feiertage  also  geordnet.  Sir.  33, 8 ;  ir  haltet 
tage  und  monden,  und  feste  und  jarzeit.  Gal.  4, 10  (rjueoas 
TtaQarrjoelad'at  xal  utp-as  xai  xntoovs  yai  iviavxovs). 

3)  namentlich  die  kirchliche  Jahresfeier  zum  andenken  gestor- 
bener:  jarzeit  anniversaria  sacrißcia,  ftmeris  solenne.  Maaler 
235*;  jarzeit  begon  und  opfer  für  die  todten  eiteren,  parentare. 
ebenda;  lieber  got,  dein  vatter  und  dein  muter  seind  dir  todt 
und  vergraben,  du  kansl  ine  yetz  nicht  vil  me  thun,  als  du 
gern  thetest,  du  richtest  inen  uff  ein  jarzeit.  Keisersrerg 
emeis  8*;  warumb  bleiben  die  begcngnis  und  jarzeit  der  ver- 
storbenen stehen.  Luther  l,ll';  dasr  alle  geistliche  stift  und 
clöster,  auch  die  ewigen  gedächtnüs  (als  sie  die  nennen)  und 
jarzeit  begänknüs  ganz  abgethon  werden.  ScnkT>E  sat.u.pasqu. 
2,  38, 17 ;  als  nun  ir  herr  vater  gestorben,  da  trugen  sie  layd 
und  hielten  im  köstliche  jarzeit  als  wol  billich  war.  Fortunat 
i  o' ;  das  offertorium  . .  welchs  sie  (die  kirche)  auf  aller  seclen 
mesztag  und  auf  den  anniversarien  oder  jarzeiten  spricht. 
FiscMART  bienk.  116'; 

hanis  gthon  vigilg,  mesz,  janeil  stiften. 

Schade  sat.  ii.  pasqu.  2,236,1472; 
der  gnadenkram  und  ablasscbank, 
sölplennig,  zehend,  opfcrgeld, 
ausfart,  jarzeit,  presenzgefelli. 

Fischart  dicht.  3, 1 19, 84  Kur:. 

4)  jahrzeil  «ic  Jahreszeit  (i/i.  2241):  nur  in  der  kalten,  niclit 
in  der  schonen  jahrzeit  unseres  Schicksals.  J.  Paul  Hesp.  3, 131. 


JAHRZEITBUCH,  n. :  das  jarzeitbfich,  register  und  bucher 
gmeiner  bendien,  hipomnema,  annales,  chronica,  historia,  tem- 
poriim  descriptiones  Maaler  235*. 

JAHRZEITLICH,  adj.:  solennis  rf/es  jarlicher  I  jarzitlich  tag, 
dominica  herlicher  i  jarzitlicher  tag  Dief.  540';  jarzeitlich,  jar- 
lich,  das  alle  jar  auf  bestimpte  zeit  gehalten  wirdt,  solennis 
Maaler  235'. 

JAHRZIRKEL,  m.  Jahrring  eines  baumes.    Frisch  1,  4S4'. 

JAHRZWÖLFT,  b.  eine  reilte  von  zwölf  jähren :  es  hat  ein 
jahrzwölfl  bedurft,  um  .  .  allgem.  anzeiger  der  deutschen  1*46 
S.  4492. 

JÄHSTURZ,  m.  jäher,  heßiger  stürz: 

(wie  der  stiirm)  brausend  im  jähsturz 
hier  die  schiffe  zerschellt.    Ptrker  Tunis.  8,364. 

JÄHTAUFE,  f  nottaufe:  not-  sive  jähe-  und  jägetaufe, 
baptismus  a  laicis  in  casu  necessitatis  adminislratus  Stieler  2263. 
auch  jachtaufe  (jp.  2200),  gähtaufe  (4*,  1151). 

JÄHZORN,  m.  schneller  heftiger  zorn,  älter  gähzorn,  gächzorn 
(theil  4*,  1152),  vergl.  auch  jachzoru  sp.  2200:  jächzorn  rabies 
praeceps  Stieler  2317 ; 

ists  Verstellung,  die  uns  selbst  bekämpfet, 
die  des  Jähzorns  feuerströme  dämpfet? 

IIaller  schweit.  ged.  (1768)  84 ; 
nicht  so  keck  mich  gefordert  zum  faustkampf !  oder  im  Jähzorn 
möcht  ich.  ein  greis  wie  ich  bin,  dir  bmst  und  lippen  besudeln 
ganz  mit  blut !  Odyssee  18,  20 ; 

das  ist  die  frucht  des  Jähzorns!    Shakesp.  Richard  III  2,1; 
von  Jähzorn  hingerissen.    Plate!»  326. 
JÄHZORNIG,    adj.  Jähzorn    habend,    neben    gähzornig  (theil 
4',  1152;  gehezornig  Luther  5,429');  jachzornig  sp.  2200:  jäch- 
zornig  praeceps,  provolutus,  effusus  in  iram  Stieler  2318;  ein 
jähzorniger  mensch;  in  jähzorniger  aufwallung. 
JAID,  n.  s.  unter  jagd. 
JAKAL,  «».,  vgl.  schakal. 

JAKNECHT,  m.  für  einenjder  willenlos  ja  sagt  (vgl.  jabruder, 
jaherr,  jamensch): 

ich  merk  itzt  wol,  bist  ein  jaknecht.    Mcr^er  schelmenz.  h3*. 

JÄLEN,  verb.  für  johlen,  johlen  (s.  d.) :  wann  es  vielleicht 

auf  die   nacht  einen  rausch  setzet ,   so  dasz  ich  meiner  ge- 

wohnhcit  nach  im  schlaf  jälen  und  schreien  möchte.   Simpl. 

3,291  Kurz. 

JAMBE,  m.  nach  dem  griech.  i'außos:  der  italiänische,  immer 
eilffüszige  jambe,  hat  für  die  declamation  grosze  Unbequem- 
lichkeit. Göthe  27,  128;  da  die  jamhen,  obgleich  sie  den  aus- 
druck  verkürzen ,  eine  poetische  gemüthlichkeit  unterhalten, 
die  einen  ins  breite  treibt.  Schiller  an  Göthe  1, 408.  auch 
mit  lat.  endung  Jambus:  ein  Jambus  ist  dieser:  erhalt  uns 
herr  bei  deinem  wort.  Opitz  poet.  49. 

JAMBISCH,  adj.:  unter  den  jambischen  versen  sind  die 
zuförderst  zu  setzen,  welche  man  alexandrinische  . .  zu  nennen 
pfleget.  Opitz  poet.  50;  will  ich  derhalben  einen  jambischen 
gesang  hieher  schreiben.  59. 

JAMBISIEREN,  verb. :  sie  haben  also  für  meine  jambisierte 
Ilias  gestritten?  Bürger  175'. 

JAMENSCH,  m.  mensch  der  zu  allem  ja  sagt  (vgl.  jabruder, 
jaherr,  jaknecht) :  die  beamten  haben  doch  weit  mehr  respect 
vor  einem ,  der  kein  unlerthänigcr  jamensch  ist.  Auerbach 
dorfgesch.  5  s.  28. 

JAMMER,  m.  miseria,  miseratio. 
1)  form  und  herkunft. 

ahd.  jämar,  dmar;  mhd.  jAmcr,  Amer;  nhd.  noch  im  \6.  jk. 
jamer,  die  kürzung  des  vocals  findet  sich  zwar  schon  im  15.  jh. 
bei  der  Hälzlerin : 

kuad  ward  in  des  Jammers  krey.    1',  49 ; 
vor  Jammer  achet  mir  mein  herz, 
das  du  so  ferr  bist  von  mir  hin. 

7',  35  {vgl.  auch  210',  26.  211',  51  »i.  6.); 

wird  aber  erst  im  17.  allgemein :  brucli,  schad,  Jammer  calamitas 
Henisch  524,66;  Jammer  miseria  Schottel  1340;  auch  niederl. 
Jammer  neben  jamer  miseriu,  calamitas,  aerumna  Kilian  ;  neu- 
fries.  jammere  gegen  allfries.  jämer;  dän.  jainmer,  schwed. 
jemmcr  sind  jedenfalls  lehnworte  aus  dem  nhd.  niederdeutsche 
wie  oberdeutsche  diulekte  hallen  die  ursprüngliche  länge  noch  heute 
fest:  im  Göttingenschen  jämer  Schamb.  93';  bair.  ja-uier  Scn». 
1,1206;  wetterauisch  und  schweizerisch  jömer.  im  ags.  und  alls. 
findet  sich  das  wort  nur  als  adj.,  dort  geömnr,  Ajer  jämar,  nieder- 
gedrückt, traurig,  leidvoll;  diese  adjeelivische  rencendung  scheint 
die  ursprüngliclie  zu  sein,  ron  ihr  zweigt  sich  die  Substantive  erst 
ab,    zunächst   im   neutralen   geschlecht,    das  ahd.  noch  vorwiegt, 


2251 


JAMMER 


JAMMER 


2252 


mhd.  wenigstens  häufig  ist,  und  selbst  im  altern  nhd.  noch  dauert: 
Aas  ist  das  jaiiier  dieser  weit.  Paracelsus  0]>p.  l,;)45C;  da 
empfanden  sie  das  jamcr  der  weit.  2,  l'5A;  später  im  mas- 
culinen,  das  heule  einzig  gilt. 

jAniar,  Jammer  ist  intensivbildung  zur  wurzel  sanskr.  yam 
zügeln,  bändigen,  uiederhalten,  sanskr.  yama  zügel,  hat  als  ur- 
sprüngliches adjectiv  die  bedeutung  sehr  gedrückt,  die  sich  in  die 
Substantive  eines  groszen  druckes,  sehr  fühlbaren  elends  timsetzt ; 
im  griech.  ist  nächster  verwandter  t,r^fiia,  vertust,  busze,  strafe. 

2)  Jammer  heiszt  somit  zunächst  not,  hochgradiges  elend,  leid: 

erkande  si  min  uiigeniach 

und  al  min  jtimer,  daj  ich  dol.    troj.  krieg  15G29; 

man  hörte  wäTen  und  owö 

da  schrien  undc  ruofen. 

nü  si  dij  jämer  schuofen 

und  der  künic  Lämedon 

vil  strenger  noete  was  gewon, 

dö  wart  gemßret  sin  verlust.    334 ; 

jamer  not  und  armut  calamitas,  miseria  voc.  ine.  theut.  kl'; 
er  sabe  den  jamer  Israel  an,  wie  sie  der  könig  zu  Syrien 
drenget.  2  kön.  13, 4 ;  der  Lerr  sähe  an  den  elenden  jamer 
Israel.  14,20;  wenn  man  meinen  jamer  wöge  und  mein  leiden 
zusamen  in  eine  wage  legte,  so  würde  es  schwerer  sein,  denn 
sand  am  mecr.  Hiob  6,2;  ich  bin  eingekerel  in  mein  jamer. 
das  ist,  vorhin  war  ich  ausgekeret  von  meim  jamer  .  .  ich 
meint  ich  were  selig,  nu  bin  ich  jamerig  in  der  warheit. 
LüTHEH  1,23';  die  weit  in  krieg,  blut,  und  alle  jamer  zu 
füren.  420';  ich  habe  über  den  politischen  Jammer  noch  nie 
eine  fcder  angesetzt.  Schilleü  an  GOthe  1,22;  in  groszen 
Jammer  stecken,  miseria  et  aerumna  premi.  Frisch  1,484';  für 
Jammer  oder  in  seinem  Jammer  vergehen,  miseria  confici.  ebenda; 
wann  das  geschieht,  so  weisz  ich  meines  Jammers  kein  ende, 
perü,  si  hoc  fit.  ebenda; ' 

der  gröszte  Jammer  hat  uns  trofTen, 

auf  kein  erlösung  ist  zu  hoffen.    H.  Sachs  1,  194  Götz; 

ach,  das  mein  herr  schier  wieder  kein 

und  disen  jamer  auch  vernem! 

P.  Rkbhu;«  in  Tiltmanns  schnusp.  1,60,209; 

wenn  doch  nur  mein  her  vorhanden  wer, 

oder  wüste  disen  jamer  schwer!     64,304; 

hier  ist  der  tempel,  diese  pforle  führt 

zu  stillem  jammer,  wie  zu  siillem  glück.    Göthe  9,  365 ; 

der  menschheit  ganzer  jammer  faszt  mich  an.    12,237; 

(wenn  ilir)  jammer  habt  gebracht  über  die  weit, 

denkt  ihrs  mit  golde  zu  vergüten.    Schiller  'fett  1,3; 

in  diesem  sinne  wird  der  jammer  gesehen  :  do  sü  disen  jomer 
gesobent,  do  erscbrokent  sü  alle.  d.  städtechr.  8, 345, 27 ;  ich 
würde  den  jamer  sehen  müssen.  1  Mos.  44,  34 ;  weil  ir  jamer 
sehet,  fürchtet  ir  euch.  Hiob  6,  21 ; 

ir  werden  Römer  frau  und  man, 
sehet  den  groszen  jamer  an, 
den  Apius  der  falsch  böswicht 
an  meinem  kind  hat  zu  geiicht.    H.  Sachs  1,115'; 
ungern  würd  ich  sie  sehn;  mich  schmerzt  der  anblick  des 
Jammers.    Göihe  40,240; 

schwarzer  jammer,  wol  ßr  tiefstes  elend: 

was  in  magen  man  vergräbt,  macht  im  beutel  schwarzes 
jammer.  Logau  2,140,3; 
formelhaß  sind  verbunden  jammer  und  leid,  jammer  und  noth, 
jammer  und  elend :  du  schauest  das  elend  und  jamer.  ps. 
10,14;  sihe  an  meinen  jamer  und  elend.  25,  Is;  angst  der 
hellen  hatten  mich  troffen,  ich  kam  in  jamer  und  not.  110,3; 
wenn  dir  der  iierr  rüge  gehen  wird  von  deinem  jamer  und 
leid.  Jes.  14,3;  lieber  mensch,  gehet  dirs  übel,  stickst  in  jamer 
und  not ,  und  feilet  dir  hie  und  da.  Luther  8, 315' ;  darmit 
sie  irn  jarner  und  elend  recht  lernen  bekennen.  Fischart 
bienk.  95";  jammer  und  eilelkeit,  jammer  und  mühe:  es  ist 
besser  das  gegenwertig  gut  gebrauchen ,  denn  nach  anderm 
gedenken,  das  ist  auch  eilelkeit  und  jamer.  pred.  Sal.  6,  9 ;  ich 
nahe  an  alles  thun,  das  unter  der  sonnen  geschieht,  und  sihe, 
CS  war  alles  eitel  und  jamer.  1,14;  es  ist  besser,  eine  band 
v(t|  mit  rugc,  denn  beide  fcustc  vol  mit  mühe  und  jamer.  4,«; 

er«t  huol>  »ich  jamcr  ang-it  und  not.    rimj  i*,  13 ; 

darzuo  waj  (lear)  m»  weibe  lod, 

dat  pracht  ym  jamer  und  auch  not.    9',  38; 

da  kam  in  jammer,  ang^t  und  not 

die  kOnigin.  II.  Sacu«  3,83  l'.ötz; 

nch,  da«  ich  h»h  erlebt  die  zeit, 

da»  ich  an  meinem  kind  «olch  leid 

und  jamer  «r.M  erlaren  »ol. 

r,  RKiHtii  in  Tiltmannt  ichausp.  1,72,179; 

dem  kriege  folgeo  noth  und  jammer  iteiig  nach. 

A.  V.  AticiUTX  ttrrm.  ged.  144. 


ein  plural  von  jammer  findet  sich  selten: 

dö  sprach  der  Lamparlc :      wie  ist  im  so  liep  sin  kint, 
daj  mir  so  gröje  jämer      da  von  nu  künftic  sini? 

Urlnil  I  20,  2  ; 
was  kan  wol  einer  nennen 
aus  aller  jammer  beer,  das  ich  nicht  werde  kennen, 
das  mich  nicht  hat  verletzt.        A.  Grtphics  1698   2,  45. 

3)  dann  das  bewuslsein,  die  empfindung  solches  leides,  herzeleid, 
wehe,  wenn  auch  diese  bedeutung  no»  der  vorigen  nicht  immer 
scharf  geschieden  werden  kann: 

dar  klag  ich  noch,  vil  armes  wip : 

ir  böder  tot  mich  immer  müet. 

üf  miner  tiiwe  jämer  hlüet.    Parz.  28,  8; 

es  {das  wurfgeschosz)  schlug  den  Franz  Stromer  zu  toi  . .  es 
was  groszer  jomer.  d.  städtechron.  2,18,12;  unsers  nehesten 
schaden  oder  unrecht  müssen  wir  wehren,  die  oberkeit  mit 
dem  Schwert,  die  andern  mit  worten  und  strafen,  und  doch 
alles  mit  jamer  dere,  so  die  strafe  verdienet  baJien.  Luther 
1,252';  meine  sele  ist  vol  jamers.  ps.  88,4;  ir  aber  soll  für 
herzenleid  schreien  und  für  jamer  beulen.  Jes.  65,  14;  also 
mustu  inne  werden,  was  für  jamer  und  herzeleid  bringt  den 
berrn  deinen  gott  verlassen.  Jer.  2, 19;  ah  meines  jamers  und 
berzcnleids.  10,19;  der  herr  hat  sie  vol  jamers  gemacht  umb 
irer  groszen  sünde  willen,  klagel.  Jer.  1,5;  die  freude  der 
menschen  ist  zum  jamer  worden.  Joel  1, 12 ;  seinen  jammer 
fressen.  rniLANDER  (1646)585;  solchen  meinen  hiszherigen  elen- 
den jammer  bezeugen  viel  tausend  seufzer.  Simpl.  3,63  A'Mrz; 
diesz  macht  nun,  seligster,  dasz  wir  mit  nassen  klagen 
das  pfand  betrübter  pdicht  zum  leiclienopfer  tragen 
und  sein  bestürztes  haus  voll  stummes  Jammers  sehn. 

GÖNTUER  816 ; 

die  weiber  badeten  vor  jammer 

im  schweisze  sich.    Gotter  1,  155; 

{als  sie)  des  alten  ritters  tiefen  jammer  sah, 

dem  seine  letzte  hoffnung  starb  durch  sie, 

da  flössen  ihre  thränen,  nicht  das  eigne  Schicksal, 

der  fremde  jammer  preszte  sie  ihr  ab. 

Schiller  M.  Sluarl  5,  1 ; 

darum  wars  der  höchste  jammer, 

als  einst  Medschnun  sterbend  wollte, 

dasz  vor  Leila  seinen  namen 

man  forthin  nicht  nennen  sollte.    Götub  5,62; 

schien  hell  in  meine  kammer 

die  sonne  früh  herauf, 

sasz  ich  in  allem  jammer 

in  meinem  bett  schon  auf.     12,  190; 
Slarg.  lasz  mich  nicht  vergebens  flehen, 

hab  ich  dich  doch  mein  tage  nicht  gesehen! 
Faust,  werd  ich  den  jammer  überstehen!    239; 

mit  einem  blick,  von  jammer  so  erfüllt, 

als  war  er  aus  der  hölle  losgelassen. 

Sliakesp.  Harntet  2,  1 ; 

and  with  a  lock,  so  piteous  in  purport, 

as  if  he  had  been  losed  out  of  hell. 

es  heiszt  jammer  über  einen,  etwas  empfinden,  haben; 
euch,  den  eine  schwere  stunde 
jammer  über  weh  erregt.    A.  Grtphils  1G9S   2,48; 
ungewöhnlich  statt  dessen  mit  geniliv: 

ein  tuch,  ein  kleid,  ein  ort  bringt  jetzt  mit  groszer  pein 
den  jammer  deines  sohns  oft  ins  gedäcbtnis  ein. 

Günther  823  (=  heizeleiä  über  deinen  sühn). 

4)  auch  ausdruck  dieser  empfindung,  wehklage,  eine  bedeutung 
die  sich  gleichfalls  von  der  vorigen  nicht  imtner  scharf  trennen 
läszt:  der  jamer,  klag,  trübsal,  calamitas,  quaerela  Maai.kr  234'; 
jammer,  quiritatus  lamentabilis ,  lamentatio,  vox  qnerula  quac 
dolorem  testatur,  beklagen  und  anzeigen  des  schmerzens.  Frisch 
1,484";  es  ist  ein  kriegsgeschrei  hn  lande  und  groszer  jamer. 
Jer.  50,22;  der  tag  des  jamers  ist  nahe,  da  kein  singen  auf 
den  bergen  sein  wird.  Hes.  7,7;  welche  töne  des  uninullis, 
des  Jammers,  der  Verzweiflung,  von  welchen  auch  der  dichter 
in  der  nachahmung  das  tbeater  durcbhallen  licsz.  Lessinc. 
6,377;  oft  unterbricht  sie  der  jammer  in  ihrem  gcsclKifi. 
Schiller  M.  Stuart  5,  1; 

das  Volk  bebt  und  sie  nicht,  es  wird  mit  jammer  hier 

und  mit  Verwunderung  zugleich  allda  umbfaDgou.    Opitz  1,  '-iis  ; 

personificierl : 

durch  die  itraszen  der  ttftdie, 

vom  jammer  gnTolgel, 

ichreitet  das  uiigltick.     Schilli«  br.  v.  Uets.  v.  2269. 

5)  daher  auch  jammer  als  ausruf  des  leidet,  der  klage: 
ach  weh  mir  jamer  über  jnmer!     II.  S»ch»  1,118*; 

doch  wi-r,  o  jammer  I 
die  »rhiotterlrhte  koiiigin  gr5ehn.    Shaki-tp.  Ilaml.  2.2; 
1*111  who,  o  I  who  liad  leeii  the  mobicd  quocn  ; 
jammer,  da  puraell  der  korb  mit  den  kirtchcn  hinunter  I 

Vui«  2,  243. 


2253 


JAMMER  —  JAMMERDRUCK 


JAMMERECKE  —  JAMMERHAUS 


2254 


6)  Jammer  schreien,  rufen ;  gescLrei,  ruf  des  Jammers : 

so  muesz  mein  herz  vou  laider  schreien  jamer. 

PBtericu  bei  Haupt  6,43; 

secht,  do  huob  sich  jamers  cblagen.    ring  4%  15; 

kund  ward  iu  (ihnen)  des  Jammers  krey  (jgeschrei). 

Hdlzleria  1»,  49 ; 
was  für  ein  ruf 
des  Jammers  weckt  die  schläfer  dieses  hauses? 

Schiller  iVuUerisleins  tod  5,  10; 
vgl.  jammerklagen,  Jammergeschrei,  jammerruf. 

7)  verblaszt  ist  der  sinn  des  tcortes  in  der  neuern  spräche,  wo 
es  oß  blosz  als  kräftiger  ausdruck  für  etuas  widerwärtiges  oder 
zu  bedauerndes  steht:  es  ist  Jammer  darum,  digna  est  res  mise- 
ricordia  Stieler  2481 ; 

da  ists  denn  wahrlich  oft  ein  Jammer! 

man  lauft  euch  bei  dem  ersten  blick  daron.    Göthe  1°2,  3S  ; 

in  der  formet  Jammer  und  schade :  es  ist  Jammer  und  schade. 
pers.  bauvig.  l,  33 ;  Jammer  und  schad ,  miserandum  dainnum 
Frisch  1,4^4';  Jammer  und  schade  ists,  dasz  diese  arinee  die 
erste  und  letzte  blieb  .  .  J.  Paul  Siebenk.  4,  63.  tgl.  jammer- 
schade, jammervoll,  jämmerlich  u.  a. 

8)  Jammer,  müleid,  erbarmen: 

gleichwie  ein  vatter  seinem  kind, 

ausz  Jammer  ihut  vergehen.     B.  Rlncwaldt  geistt.  ticd.  A"'. 
vgl.  unten  jammerig  3,  und  jammern. 

9)  Jammer,  die  einjifindung  eines  kläyliclien  körperlichen  zu- 
standes,  im  compositum  katzenjaminer  (theil  5,  296),  für  das  aber 
auch  gekürzt  bloszes  jainmer  gebraucht  uird:  am  morgen  hatte 
er  einen  furchtbaren  jammer. 

10)  mundartlich  ist  jammer  auch  die  Sehnsucht  nach  den  eitern 
oder  kindern,  bei  thieren  nach  den  jungen  oder  nach  der  mutter; 
das  heimweh;  vgl.  mhd.: 

der  jämer  nach  dem  wibe.    Iwein  3213; 
gütlingisch:  den  jämer  hein  Schambacu  93';  ferner  jämer  oder 
ungelücke,  die  fallende  sucht,  epilepsie.  ebenda,     ähnlich  Schweiz. 
jammer  das  hinfallen  des  viehs  in  Zuckungen.  Stalder  2,  73. 

11)  jammer  ist  der  name  eines  bieres  in  Preuszen,  nach  Logaus 
Zeugnis,  der  darüber  das  Wortspiel  niacht: 

Preuszen  kan  mit  jammer  tränken ,  und  mit  elend  (etenihier) 

einen  s{>eiseD. 
0  wir  dürfen  nicht  in  Preuszen,  künnens  einem  hier  erweisen. 

3,  VJb,  20. 
JÄMMERANBLICK,  m.  mitleid  erregender,  kläglicher  anblick. 
JAMMERANGST,  /.  angst  im  elend  oder  leid.  Scbottel  92. 
JAMMERAL'GE ,  n.  äuge  roll  Jammers:  und  das  nächste 
Jammerauge  hinter  dein  valer  konnte  schon  nicht  mehr  weinen. 
J.  Pacl  kl.  bücherschau  2,34. 
JAM.MERBERG,  m.: 

jähre  voll  kummer, 
zum  jammerberge  aufgehäuft.    Sculbart  geJ.  2,  64. 

JAMMERBILD,  n.  bdd  des  elends,  von  einer  mitleid  erregenden 
gestalt:  Jammerbild,  cxemplum  omnis  miseriae  Stieler  14S;  die 
mädchen  erschracken  so  heftig  über  diesz  Jammerbild ,  dasz 
der  mulh  ihn  auszulachen  sie  verliesz.  Holtei  Chr.  Lammfell  16S. 
JAMMERBLATT,  n.  von  einem  druckblatte  das  elend  schildert: 
nicht  blos  mit  jammerblättern ,  dergleichen  sich  einige  aus 
der  peinlichen  Theresiana  in  Basedows  elementarwerk  ver- 
laufen haben ,  verschone  man  die  kinder,  sondern  auch  mit 
jedem  wörtlichen  gemälde  unbekannter  körper- schrecken. 
J.  Pacl  Levana  3,  9. 

JAMMERBLEICH,  adj.  bleich  von  jammer: 
eine  vor  allen, 
die  mit  hangendem  haupt,  auf  wankenden  füszen,  mit  bangem 
jammerhleiclien  gesicht,  mit  niederstarrendem  äuge, 
leer  der  thränen  (am  kreuze  stand).      Klopstock  4, 132. 

JAMMERBLICK,  m.  blick  in  dem  sich  hohes  leid  kund  thut: 
er  warf  mir  einen  wahren  jammerblick  zu. 

JA.MMERBLUME,  f.  papaver  rhoeas,  klatschrose.  Nemnicu. 
^   JA.MMERBRIEF,  m.  brief  voll  wehklageii :  einem  einen  jammer- 
brief  schreiben. 

JAMMERBRINGEND,  part.: 

unselge  falschheit !   mutter  alles  böten! 
du  jammerbringende,  verderbest  uns! 

Schiller  Waltensteins  tod  2,7. 
JAMMERDECKE,  f.   decke   mit   der   im   schmerze  das  haupt 
verhüllt  ist: 
auf.  hochedle  heldin  (Deutschland)  auf!  auf,  dich  zu  besinnen! 
zeuch  die  jammerdekk  herab,  ändr«  dein  beginnen. 

Neu«akk  patinbaum  22. 

JAM.MERDRL'CK,  m.  druck  den  das  herieleid  auf  das  gemüt 
übt:  der  jammertrukk  eines  für  groszer  traur  sinkenden  zer- 
gehenden gemühtes.   Scbottel  116. 


JAMMERECKE,  f  ecke  des  elends: 

(du  sollst)  in  eine  finstre  jammerecken, 

unter  bettler  und  krüppel  dich  verstecken.    Göih«  12,198. 

JAMMERER,  m.  der  da  jammert,  wehklagt,     bei  Stieler  24S1 
misericordia  tactus,  commiserans,  miserans,  benignus. 
JAMMERERDE,  f  erde  voll  elends: 

der  scboosz  der  jammererde  gebar  (brachte  wieder  fruchl). 

Stolbkrc  1,  54. 
JÄMMERERNTE,  f.: 

sah  er  vielleicht  allein  nicht  vorher,  was  vor  aller 
aug  in  der  fern  unverhüllt  lag,  der  erobrung 
jammerärnte?    nicht  hundertfältig 
sprossen  gebein  aus  gebein?    Klopstock  2,75. 

JAMMERFALL,  m.  accidens  triste,  casus  dolorificus,  schmerzen- 
fall. Stieler  419. 

JAMMERFOLGE,  f:  haben  sie  nicht  die  französische  revo- 
luzion  vorausgesagt ,  ferner  die  jamraerfolgcn  deutscher  ein- 
mischuug  in  diese?  J.  Paul  dämmerunyen  94. 

JA.MMERGEBERDE,  f.:  wozu  die  klage,  die  jammergebärde? 
Kotzebue  dram.  sp.  1,297. 

JAMMERGEFILDE,  n.: 

jetzt  in  eile  hinaus  nach  Karthagos  Jammergefilden. 

Ptrkek  Tunis.  4,505. 

JAMMERGEFOLTERT,  jmrt.  von  herzeleid  gefoUert:  der  fusz 
des  jammergefülterten  erstrebt  umsonst  die  wüsten  der  ein- 
samkeit.  Stolberg  13, 130. 

JAMMERGEHEUL,  n.  wehklage  durch  geheul:^  das  jammer- 
geheul  der  weiber  und  kinder. 

JAMMERGESANG,  »J.  klaggesang.  in  der  modernen  spräche 
auch  {nach  jammer  7)  erbärmlicher  gesang. 

JAMMERGESCHÄFT,  n.  leidvolles  geschäft: 

des  Ares  jammergeschäft.    Voss  bei  Campe. 

JAMMERGESCHICK,  n.  leidvolles,  trauriges  Schicksal. 

aber  mich  kränkt  in  der  seele  des  weisheilsvollea  Odfsseus 
jamniergeschick,  der  so  lange  den  seinigen  ferne  sich  abhärmt. 

Odyssee  1,49. 
JAMMERGESCHREI,  n.  lamentatio:  auf  dem  weg  zu  Horo- 
naim  zu  erhebt  sich  ein  jamergeschrei.  Jes.  15,  5 ;  die  feinde 
hören  ein  jamergeschrei  den  weg  von  Horonaim  herab.  48,5; 

so  kam  heim  das  Jammergeschrei, 
dasz  itröseldieb  ersoffen  sei.    frosclimäuseler  Nd6*; 
ihr  (der  menschen)  letztes  Jammergeschrei.    Klopstock  6,  112. 
JAMMERGESICHT,  n.  gesicht  das  wehklage  zeigt:  dasz  man 
ihn  nicht  schief  ansehen  .  .  durfte,  ohne  dasz  er  gleich  ein 
Jammergesicht   zu   machen   und   zu  heulen  anfing.    Wieland 
I5,t6i 

JAMMERGESTALT,    n.    klägliche   gestalt   und   inhaber   einer 
solchen:  er  hat  eine  wahre  Jammergestalt;  eine  Jammergestalt 
nahte  sich  und  bat  um  ein  almosen. 
JAMMERGESTÖH.N,  «.; 

ach,  aus  der  tiefe  scholl  der  unglückseligen  Sklaven 
Jammergestöhn.  Ptrker  Tunis.  2, 192. 

JAMMERGEWINSEL,  n.  ; 

mit  piependem  jammergewinsel.    Voss  Horat  2,  S4. 

JAMMERGLEIS,  n.  (jleis  des  elends,  stetes  fortdauern  des  elends: 

ich  armes  mädchen, 

ich  arme  weise, 

gewohnt,  zu  darben. 

im  jammergleise  !    Daciir  Hafis  264. 

JAMMERHAFT,  adj.  mit  elend  oder  herzeleid  behaftet,  mhd. 
jdmerhaft: 

ich  jämerhafte£  wip.    A'ib.  1199,3; 

und  wären  drumbe  jämerhaft 

die  kristen  al  geliche.    Parten.  5S76  Bartsch; 

jammerbaft,  miserandus,  deplorandus  Stieler  24Si ; 

der  mann  in  angst  und  furcht  und  noth, 

umstellt,  umlagert  und  umdroht 

im  stand  des  jammerhaften  schwebens. 

sah  sich  nach  rettung  um  vergebens.    Rückert  434 

JAMMERHALLEND,  part.  von  wehklage  widerhallend: 

(Abbadona)  flieht  mit  wankendem  Quge  die  jammerhallenden  ufer. 

Klopstocs  4,  171. 

JAMMERH.\L'FE,  m.  .•  wenn  man  auch  ihnen  {den  kranken 
falken)  baumwollen  und  jainerhauf  in  fleisch  verborgen  und  ein- 
gewickelt eingibt,  dasz  sie  darvon  übergeben  und  auszwerfen, 
so  ist  ihnen  geholfen.  ue/Jir.  2,27'.    was  gemeint  sei,  erhellt  nicht. 

JAMMERHAUS,  n.  haus  des  elends  oder  des  herzeleids,  domus 
tristiliae.  Stieler  799 ;  auch  bejammernswertes  haus :  sein  haus 
ist  mir  itzo  ein  recht  jamiiierhaus  geworden ,  ich  kann  es 
ohne  thränen  niemals  ansehen.   Lessl^c  3, 34. 


2255 


JAMMERUEUZ  —  JÄMMIiULlCH 


JÄMMERLICH 


2256 


JAMMERHEHZ ,    n.    mens    lulncrata,    commiscialiune   tacta.   1 
Stieleb  S3Ü. 

JAMMEIIHÜHLE,  f.  höhle  des  elends,  traurige  höhle:  die 
jiiinnierhölen  der  kellerwohniingen.  Huueii  hnus  1S47  s.  lül. 

JAMMEUIG,  adj.  und  adv.    l)  voll  elend  oder  lierzeleid,  mhd. 

jäinerc,  jseraerc: 

si  wart  so  jämerc  zehant 
und  so  trüi'ic  gemuot, 
da;  ii°  von  herzen  daj  bluot 
draäte  iij  ir  munde,    klage  1379 ; 

{(jott)  hilft  den  armen,  verachten,  elenden,  jamerigen,  verlas- 
senen. Llther  1, 47S' ;  {das  her:)  das  da  niat  ist  und  janierig. 
28';  ich  bin  so  betrübt  und  jamerig,  das  mir  nichts  schmeckt. 
3,  IS';  so  ist  er  (Christus)  je  kein  tyrann  oder  richter,  der 
uns  umb  der  sünde  willen  verdammen ,  und  die ,  so  vorhin 
elend  und  jamerig  sind,  mehr  betrüben  wolle.  LuTnEn7,27'; 
ich  will  den  Ariel  engsten,  das  er  traurig  und  jamerig  sei. 
Jes.  29,  2 ;  eine  seele  die  secr  betrübt  ist,  und  gebücket  und 
jamerig  hergehet.  Bar.  2,18.  von  einem  en-ignis,  elend  oder 
leidvoll  verlaufend: 

es  begann  (das  jagen)  am  montag  morgen, 

auf  C.Tiiviats  hügcJn  hoch  : 

das  kind  wehklagts,  noch  ungeborn ! 

es  ward  sehr  jamrarig  noch.    Hkhder  t.  lilt.  8,40. 

2)  elend,  betrauernswert :  alle  deine  liebhaber  sind  jamerig 
umbbracht.  Jer.  22,  20  in  den  ausg.  bis  1541  {von  da  ab  durch 
jamerlich  ersetzt,  vgl.  Bijcdseils  bibel  4,  148). 

3)  müleidig,  erba;7?iend  (ry/.  Jammer  8):  nicht  allein  gedültig, 
sondern  auch  barmherzig  und  jamerig  mus  er  (der  christ)  sein 
über  seinen  feind,  und  sagen,  ah  du  armer  mensch,  was 
niachstu  doch?  Liitheb  4,25t'. 

JAM.MERJAHR,  n.  annus  miseriarum  et  dolorum,  angst-, 
schmerzcnsjahr.    Stielek  879. 

JAMMEKKLAGE,  f.  wehklage,  mhd.  jamerklage  (Lexer  wb. 
1,1470):  erseufze  von  gruud,  und  werdet  erfeuchtet  ir  awgen 
mit  jamerclag.  fierzmaner  62" ;  warlich  als  vil  dy  lieb  was 
groszer,  so  vil  was  auch  die  jamerclag  pittrcr  und  herber. 
200* ;  das  bewegende  geseufze  einer  ächzenden  jammerklage. 
iscuoTTEL  116; 

wo  keine  jamraerklage  schreit.     Sculuart  ged.  1,434; 
doch  schäm  ich  mich,  mit  ewgcr  jammerklage, 
mit  leiden,  die  nur  ich  empfinde,  dich, 
den  glücklichen,  den  fremaling,  zu  ermüden. 

ScuiLLE.H  Iphig.  4,  3; 

0  steht  mir  nicht  mit  iaramcrkiagen  bei, 
ich  bin  nicht  unfruchtbar,  sie  zu  gebären. 

SItakcsp.  Richard  lll  2.  2  ; 

L'ivc  me  no  hclp  in  lamentation ; 

1  am  not  barrcii  to  bring  forth  complaiots. 

JAMMERKLAGEN,  verb.  tveltklagcn: 

der  groszc  trank  ward  ihm  zu  schwer, 
dasz  er  ihn  must  her  wider  geben, 
und  furcht,  dazu  lassen  sein  leben, 
über  herz  und  heupt  er  jamnierklagt. 

fniscltmduscler  G4»  (1,  1,  Ui}. 

JAMMEHK.NECIITSCHAFT,  /.  leidvolle  knechtschaft : 

ein  liebender  liegt  dir  zu  füszcn, 

die  jammerknuchlüchaft  aufzuschlieszen.     Götiib  12,239. 

JAMMERKRANK,  adj.  krank  vor  herzeUid. 
JAMMERKREIS,  m.  von  der  erde  gesagt,  nach  dem  vorbilde 
von  janmierthal : 

den  runden  jammcrkreis 
in  ach  und  weh  bewohnt  der  schwache  bau  von  kuib. 

A.  T.  Abscuatz  ged.  2, 130. 
JAMMERKKIEG,  m.; 

was  den  teutschen  jtmmcrkrieg  (den  dreisiigjdftrigcn)  und 
so  manche  grabzypressen 
hat  verursacht,  bleibet  nicht  ausgeicschet  und  vergessen. 

Nkumahk  piilmliiinm  462. 

JAMMKRLEBEN,  n.  vita  acerba,  amara,  doloribus  referta, 
jilena  lacrymarutn  et  tnoeroris,  kreuz-,  marler-,  schmerzen-,  leid-, 
urrmulleben.  Stikieii   1098. 

JAM.MERLECIIZEN,  verb.  in  leid  heiiz  und  schwer  atmen, 
tn  schmerz  schurr  seufzen:  und  habe  ich  nicht  Ursache  zu 
jaiamiTlachzcn?  I'lesse  3,64;  wolle  ich  nicht  ein  allgemeines 
jannurrlilchzcn  Imi  der  Clorindc  .  .  unriclilen.  h. 

JA.MMERLK.'li,  adj.  und  adv.  l)  elend  empfindend  oder  aus- 
druckend, IctdvoU,  von  Jammer  erfüllt  (wie  jaiiunerig  l  oben): 
da  ab'T  Ahab  solche  wurt  hnrel,  zurcis  er  seine  kleider,  und 
legt  einen  Hack  an  seinen  leib,  und  fnstet,  und  srhiief  im 
«ack,  und  gieng  jcmcrlich  her.  1  ücön.  21,27 ;  der  hohepricsler 
aber  stellet  iticb  so  jcmcrlich,    das  in  niemand,  on  groszcs 


mitleiden,  ansehen  künde.  iMacc.  3,  IC;  du  bist  elend  und 
jcmcrlich ,  arm ,  blind  und  blos.  offenb.  3, 17 ;  wo  er  würde 
sehen,  das  ewr  angesicht  jemerlicher  (axvd'oconn  sepl.)  wercn, 
denn  der  andern  knaben  ewrs  alters.    Dan.  l,  10 ; 

swar  ich  zer  werlte  kere,  da  ist  nicmen  f\p : 

tanzen,  singen,  daj  zergät  mit  sorgen  gar: 

nie  kristcnman  gesach  so  ja;merlicne  schar.    Waltubr  124,25. 

von  geberden  und  lauten:  jamerlich  klägklich  Med,  ein  jamer- 
lich geschrei,  lamenlatio ,  lamentum,  quirilatus,    ein  klägklich 
und  jamerlich  seufzen,  lamentabilis  gvmitus  Maaler233*;    dasz 
die  schöne  nymfe  auf  eine  so  unhöliiche  anrede  . .  weniger 
nicht  thun  konnte  als  ein  jämmerliches  geschrei  zu  erheben. 
Wieland  11,379;  ich  begleite  diese  worte  mit  so  jänmierlichcn 
geberden  und  tönen,  dasz  sie  gerührt  schien.    Götuk  23, 97 ; 
man  mac  so  j.rmerlichej  clagcn 
an  miner  lieben  vrouwcn 
und  ame  gesindc  scliouwen.    Iweiii  1160; 

adverbial:  jämmerlich  klagen,  schreien,  seufzen; 

ei  lieben  herrn,  ich  hör  jemcriich  klagen. 

ScHADK  sat.  u.  jxix;«.  l,54,t. 

2)  häufiger  das  gefühl  des  leides  erregend,  in  hohem  grade 
traurig  oder  beklagenswert,  elend:  das  ist  doch  ein  jcmcrlich 
ding,  sollen  die  guten  werk  verloren  sein.  Keisersrerc  bäum 
d.sel.n^;  das  ist  ein  kleglich  und  jcmcrlich  ding.  //ci.  19, 14; 
und  sollen  ein  jemerlich  ende  nehmen.  Amos  8,  lü;  also  starb 
der  mörder  und  gotteslesterer  Antiochus  in  groszen  schmerzen 
.  .  eines  jemerlichen  todcs.  iMacc.  9, 2>i;  meine  geslalt  ist 
jemerlich  für  elende,  ps.  88, 10;  das  ist  eine  jemerliche  schwere 
blindlieit.  Luther  3,27';  welche  (meine  liebste)  ich  ..  in  einem 
viel  jämmerlichem  zustand  fände  als  das  erste  mal.  Simpl. 
4,34  Kurz;  der  jämmerlichen  Zerstörung  der  statt  Magdeburg. 
Scnuppius  782;  nachdem  so  viel  tausend  menschen  ..durch 
jetzigen  jämmerlichen  krieg  und  einheimische  waffen  hin- 
gewürgt und  aufgeopfert  sind.  Opitz  2,290; 

e;  hat  diu  werit  an  ime  {dem  herrcn  Liutpolt)  verlorn 

da;  ir  au  manne  nie 

so  jicmerlicher  schade  goschach.    minncs.  fiühl.  168,5; 

0  ich  halt  eine  jämmerliche  nacht, 

voll  banger  träume,  scheusziicher  gesiebte. 

Slwkesp.  tiichard  UI  1,4; 
o!  I  have  passed  a  miserable  night, 
so  füll  of  fcarfui  dreams,  of  ugly  sights. 

als  adv. :  ich  sehe  bereit,  wie  es  (das  land)  so  jemerlich  ver- 
wüstet ist.  Jer.  12, 11 ;  Juda  ligt  jemerlich.  14,2;  die  jungfraw 
die  tochter  meines  volks,  ist  grewlich  zuplagt  und  jemerlich 
zuschlagen.  17  ;  alle  deine  liebhaber  sind  jamerlich  umbbrachl. 
22,20;  und  jamcrte  in,  das  der  frome  erbar  man  so  jemerlich 
war  umbkomen.  2  Macc.  i,31 ;  das  fehl  ist  verwüstet,  und  der 
acker  stehet  jemerlich,  das  gelreide  ist  verdorben,  der  wein 
stehet  jemerlich,  und  das  ole  kleglich.  die  ackerlcute  sehen 
jemerlich,  und  die  weingartner  heulen.  Joel  1,10.  II;  o  wir 
blinden  Deudschen,  wie  kindisch  handeln  wir  und  lassen  uns 
SU  jemerlich  die  Romanisten  effen  und  narren.  Luther  1,45t'; 
daselbs  (im  fegefeuer)  werden  die  arme  selcnknäblin  so  jäm- 
merlich gefeurt ,  geflamt ,  gereuchert  und  geröslet ,  als  obs 
dürre  häringe,  oder  westfälische  schunken  weren.  Fischaiit 
bienk.  112';  ob  in  ganz  Teutschland  so  viel  menschen  leben, 
als  die  Spanier  in  der  neuerfundenen  weit  der  India  unil-- 
gebrachl,  und  jänunerlich  hingerichtet  haben.  Scmlppius  7^J; 
wie  jänunerlich  einen  die  liebe  peinigt.  Simpl.  4,40  Kurz. 
auch  die  schöne  rrovenzalin  Lucinde  befand  sich  unter  den 
geretteten,  die  nur  noch  jämmerlich  an  der  Seekrankheit  liil. 
llEipiSE  Ardingh.  1, 197; 

ich  hän  verloren 

sus  jämerlichc  min  leben.    Eneit  78,  10; 

da  er  hat  niiissen  vertcrhen, 

des  hungert  jemerlich  sterben. 

ScHAUK  sat.  u.  pa.^qii.  I,  5U,  84. 

3)  abgeblatxt,  in  der  modernen  spräche  vorziiglieh,  zu  der  be- 
deutung  in  hohem  grade  schlecht  iHier  widerwärtig,  arfnsrtig  (vß 
Jammer  7):  wer  wcisz  nicht,  wie  jämmerlich  die  brief-  und 
kartenmahler  ihre  sachen  illuminiren.  ("hr.  Weise  ühcrft.  ijcd. 
(1701)  2'>4;  das  ist  schändlich,  und  beweist  einen  jämmerlichen 
ehrgeiz  an  dem  narre"  .l-i  ■•<  (Imi  v-.-/,-ti  Html  i,  v  iiiic'i 
in  hohem  grade  gieruj 

sn  friütt 

der  gute  niuiiii 

vor  iiiiiger  weile 

(nnt  jummcrlicli, 

und  nagt  an  einer  hammeUkeiil«, 

bis  nur  der  knochcn  übrig  id.    Wiilanp  18.  336. 


2257 


JÄMMERLICHEN  —  JAMMERN 


JAMMERN 


2258 


JÄMMERLICHEN,  adv.,  wie  jämmerlich:  jämerlich,  jämei- 
lichen,  miserandum  in  modum,  miserabiliter,  misere.  Maaler 
234";  do  hat  er  angefangen  jämmerlichen  schreien.  Wickrah 
rollw.  14, 18  Kurz. 

JÄMMERLICHKEIT,  f.  aerumna,  angustia  summa;  itevi  macies, 
malus  corporis  habilus,  tahüudo,  valetudo  perdita,  aegriludo.  Stieler 
2481.  in  der  neuern  spräche  nach  jämmerlich  3:  o  herr,  was 
sind  die  mühseligkeiten  eures  lebens  gegen  die  Jämmerlich- 
keiten eines  Standes  der  die  besten  triebe  .  .  verdammt  I  der 
junge  Güthe  2,  52. 

JAMMERLIED,  n.  klagelied  : 

bald  tönt  ihr  jammerlied  wieder, 
sie  setzt  es  nachte  lang  fort.     Chr.  E.  v.  Kleist  (1TC5)  225. 

JÄMMERLING,  m.  elender,  erbärmlicher  mensch  {vgl.  yimmer  ", 
jämmerlich  3) :  fühlten  meine  feinde  den  schmerz,  der  mich 
durchbrennt,  die  Jämmerlinge  stürben  daran,  wie  raücken  am 
lichte!    Grabbe  Napoleon  CS. 

JäMMERMANN,  m.  mann  der  in  Jammer  lebt :  komm  herauf, 
jammermann,  thurmbewohnerl  Schiller  räufr.  4,5.  in  moderner 
redeweise  würde  jammermanu  vielmehr  ein  erbärmlicher  mann 
sein;  vgl.  jammermensch. 

JAMMERMASZ,  fi.  masz  des  elends  oder  leids: 

auf!  wischt  die  zehreu  ab.    der  cronen  gibt  und  nimmt 

hat  jedem  seine  (fem.)  masz,  sein  (neiitr.)  jammermasz 

bestimmt.    A.  Grypuils  1663  s.  365. 

JAMMERMEER,  n.  «leer  des  elends: 

und  dieses  ist  die  quelL,  woraus  ein  jammermeer 
auf  alle  menschen  flieszt.  Brockes  2, 4&9. 

JAMMERMENSCH,  w».  verächtlicher  ausdruck  für  einen  elenden 
menschen:  wie  er  dasteht,  der  jammennensch! 
JAMMERMOND,  hj.  monat  des  elends: 

bald  hab  ich  sie  überstanden 

meine  jammermonde.    Schubari  ged.  1,  63. 

JAMMERMÜDE,  adj.  müde  vom  jammer: 

so  manches  elend  brach  die  stimme  mir, 
die  jammermüde  zung  ist  still  und  stumm. 

Shakesp.  liicliaid  HI  4,4. 

JAMMERMUSIK,  f.  naenia ,  lessus,  leichen-,  todtenmusik. 
St  (EL  ER  1313.  heute  würden  wir  darunter  eine  elende,  erbärm- 
liche musik  verstehen. 

JAMMERN,  verb.  lamenlari,  misereri. 

ahd.  amar6n,  mhd.  jiimern  und  dmern ;  eine  nebenfwm  jämern, 
jammern,  nach  analogie  transitiver  schwacher  verba  gebildet,  ist 
in  der  altern  spräche,  und  noch  jetzt  in  mundarten  nicht  unge- 
bräuchlich: jämeren,  engstigen,  sich  vast  klagen,  vil  übel 
gehaben,  quaeritari  Maaler  233';  gemmeru,  wehklagen  Scu.yi. 
1,913  (belege  aus  H.  Sacm»)  ;  rheinisch  jämern,  jämsern,  beson- 
ders vom  Jammer  bei  körperleiden,  Zahnschmerzen  u.  s.  w.  gebraucht 
Kehbei.n  210;  niederdeutsch  jimmern  und  jimmen  in  ähnlicher 
bedeulung,  leise  jammern,  wimmern,  piepen  Scuamb.  M';  ebenso 
in  Allhessen  jimmern  Vilmar  1S3 ; 

also  guagt  mich  der  böse  wurm 

als  lag  ich  iu  eim  vinslern  tinn 

mit  jämern  und  mit  il'ren.    Uuland  volksl.  900; 

eins  teils  börl  ich  laut  jcmmern 

seufzen  und  kleglicb  wemnieru. 

li.  Sachs  gcri.  2,109,315  Tillmann; 
der  Schwestern  ganze  zunlt  tritt  von  mir  ab  zurücke, 
es  jammert  keine  nicht  mein  kläglicli  augstgeschrei. 
I'.  Flkmi.nc  118. 
jammein    steht  persönlich  und  unpersönlich  in  verschiedener  be- 
deutung. 

1)  picrsönliches  jammern,  schmerz,  herzeleid  in  klagenden  worten 
oder  auch  tönen  duszern,  ist  der  allen  spräche  nicht  unbekannt, 
tritt  aber  gegen  unpersönliches  sehr  zurück: 

er  si  üi  dem  paradise  stiej, 

vile  harte  ämerende 

in  ditz  eilende,    yenes.  in  den  fundijruben  2,22,34; 

und  ist  erst  in  der  späteren  spräche,  in  verschiedenen  fügungen, 
sehr  verbreitet. 

a)  absolut:  jameren  und  weeklageu,  sich  träffenlich  übel 
gehaben,  delamentari,  lamenlari  Maaler  234";  jammern,  lamen- 
tari,  voce  tristi  dolorem  testuri  Frisch  1,484';  ihre  jammernde 
stiimne.  Gotter  3,59;  es  ist  entsetzlich,  dasz  ich  dir  zu  sagen 
brauche:  er  ist  unschuldig;  dasz  ich  jammern  musz,  dich  von 
dem  abscheulichsten  morde  zurück  zu  halten.  Gothe  8,156; 
Serlo  lobte  besonders  an  ihm,  dasz  er  nicht  so  schueider- 
mäsjig  gejammert  ..  habe.  19,210;  drei  minutcu  vorher  halt 
er  so  gejammert :  bin  ich  und  mein  elendes  leben  denn  zu 
einer  wahren  leidcngeschichtc  ausersehen?  J.  Paul /7«p.  1,90; 

IV.  11. 


die  henne  jammert  am  ufer  mit  strupfieten  federn,  und  locket 
die  jüngst  gebrüteten  entchen.      Cur.  E.  v.  Kleist  (1765)  208; 
meine  frau  betrübte  sich  auch!  wir  jammerten  beide. 

Göthe  40.  115 ; 
seine  freunde  jammerten  laut.    221 ; 

(wii)  fanden  die  kranken  und  alten, 
die  zu  haus  und  im  bett  schon  kaum  ihr  dauerndes  leiden 
trügen,  hier  aufdemboden,  beschädigt,  ächzen  und  jammern. 

240; 
wollt  ihr  noch  leben?  jammert!    sterben?    eilt! 

Shakesp.  Ricluml  lll  2,  2; 
iudesz  das  schifT  bei  seinem  jammern  scheitert, 
das  fleisz  und  mutb  noch  hätte  retten  mögen? 

Heinrich  Yl  3,  5,  4 ; 

der  sehnsüchtige  geist  weint  dann  stäiker,  und  kann  sich  nicht 
mehr  fassen  und  ruft  in  jammerndem  entzücken  zwischen  die 
töne  hinein:  ja  alles,  was  ihr  nennt,  das  fehlet  mir.  J.Paul 
Hesp.  2, 98. 
jammern  auch  von  der  stummen  äuszerung  des  mitleides: 

warum  seht  ihr  mich 
so  jammernd  an?  Schiller  Teil  1,4. 

b)  mit  angäbe  der  Ursache,  über,  um  einen  oder  etwas  jam- 
mern :  die  leute,  so  da  seufzen  und  jämern  über  alle  grewel. 
Hes.  9,4;  dasz  jedennan  über  die  elende  zeit  jammerte.  Simpl. 
4,221  Kurz; 

jene  thränen, 
mit  denen  um  Adon  sie  iVenus)  jammerte.    Gotter  1,269. 

c)  mit  angäbe  des  Zweckes,  wo  jammern  schmerzliches  ver- 
langen ausdrückt  {vgl.  jammer  sp.  2253) :  er  jamm^erC  nach  seinen 
kindern ; 

um  gnade  jammernd.    Gotter  2,  329 ; 
denn  wie  die  zartesten  kinder  sogar  und  verwitiwete  weiber 
klagen  sie  dort  einander  ihr  leid  und  jammern  um  heimkebr. 

Ilias  2,  290 ; 
sein  süszes  leben  verweint  er, 
jammernd  um  Wiederkehr.  Odyssee  5, 153. 

d)  mit  angäbe  der  Wirkung :  die  wehklagen  des  zu  tode  sich 
jammernden  mädchens.   Göthe  16, 126 ; 

und  wie  seiu  edles  jungfräuliches  weib  .  . 

voll  ahnduiig  von  des  heldengatten  fall. 

wach  all  ihr  hausgesinde  jammern  wird.    BiJRCBR  163*. 

e)  transitives  jammern  {für  bejammern),  dem  englischen  nach- 
gebildet : 

herr,  weise  jammern  nie  vorhandnes  weh. 

Shakesp.  Richard  //  3,  3 ; 
my  lord,  wise  men  ne'er  sit  and  wail  their  woes ; 
des  königs  krankheit  jammr  ich,  sein  verlust 
macht  sorge  mir,  nicht  eures  vaters  tod.    Richard  IU  2, 2 ; 
I  do  lament  ihe  sickuess  of  the  king, 
as  loath  to  lose  him,  not  your  father's  death. 

/)  jammern,  in  Verbindung  mit  beklagen,  reflexiv:  je  mehr 
aber  die  gute  weiblein  der  wittwen  zu»i>rächeu,  je  mehr  sie 
sich  allererst  anhebet  zu  jammern  und  zu  beklagen.  Puit- 
ANDER   1, 74. 

2)  unpersönliches  jammern,  von  schmerz  oder  mitleid  in  hohem 
grade  bewegt  werden. 

a)  mich  jammert  etwas ;  statt  dieses  nominatiu  steht  auch  ein 
abhänyigei-  salz: 

mich  jämert  waerlicheu  .  . 

da}  nu  bi  unseren  tagen 

solch  vreude  niemer  werden  mac.    Iwein  4S ; 

mich  jämert  durch  die  sxlde  min 

und  freu  mich  doch,  wie  er  restarp. 

Wolfram  U'il/t/i.  48,  2s ; 

und  jämert  ihn,  das  Israel  so  geplagt  ward,  rieht,  10, 16 ;  wenn 
ein  schlangenbeschwerer  gebissen  wird,  das  jämert  niemand. 
Sir.  12,13;  diese  janierte  seer  das  gros  elend  in  Juda  und 
Jerusalem,  l  Macc.  2,6;  er  musz  unglücklich  sein,  das  jam- 
mert mich.  Lessing  1,536;  lassen  sie  sich  das  nicht  jammern, 
wenns  (das  schlosz)  auch  zusammengeschossen  wird.  BlCciier 
in  Varnhagens  Blücher  s.  324 ;  ach  gott !  das  jammert  mich  und 
schneidet  mir  ins  herz.  Schiller  parasil  2,  7 ; 

sie  sang:  susu,  lullull,  mein  kind, 
mich  jammert  deine  notb!    Bürckr  87*; 
so  jammert 
sie  die  schände  des  herrn  uud  seine  schwere  Verwundung. 

GöTUE  40,  44; 
uud  die  königin  sprach :  mich  jammert  seine  bcklemmuug.    71 ; 
0  wenn  ihr  weineu  könnt,  laszt  mein  geschick 
euch  jammern !  Schiller  Wilh.  Tett  5,  2 ; 

ebenso  einer  jaituuert  mich :  da  er  aber  noch  ferne  von  dauucu 
war,  sähe  in  sein  valer,  uud  jämert  in.  Luc.  15, 20 ;  denselben 
(so/m   gottes)  jammerte  und  erbarmte  das  beraubte  und  ver- 

142 


2259 


JASBIERN —JAMMERSCHADE 


JAMMERSCHLAGEN  —  JAMMERTHAL      2260 


wundete  incnscbengeschlecUt.  Scuuppids  S40;  wie  jammern  sie 
mich !  LessiNG  2, 562 ;  du  jammerst  mich,  aber  ich  kann  irichts 
für  dich  Ihun; 

mich  jammert  nur  der  arme  Fanias !    Wieland  9, 56  (-IS) ; 

mich  jammert  nur  der  vaicr  —  er  bedarf 

so  sehr  der  pflege,  uud  sein  söhn  ist  fern. 

SCUILLBR  Wilh.  Teil  1,4; 

wie  jammert  mich  das  edle  schöne  herz !    Uötue  9,  181. 

b)  mit  genüiv  mich  jammert  einer  person  oder  einer  sache : 

mich  jämcri  siner  verle.  Puvz.  101,  24  ; 
auf  das  wir  dadurch  mciir  zur  bunnhcrzi^licit  über  in,  denn 
zu  zorn  bewegt  werden,  mehr  sein  zu  jamern,  denn  zu  rechen. 
Luther  1,32"';  nicht,  meine  töchtcr,  denn  mich  janierl  ewr 
seer.  Ruth  1,13;  denn  niemand  jamerle  dein,  das  er  sich  über 
dich  bette  erbarmet.  Hes.  16,5;  dich  janiert  des  kürbis  .  . 
und  mich  solt  nicht  jamern  Ninive,  solcher  groszen  stad. 
Jona  4,11;  und  Jesus  gicng  erfür,  und  sähe  das  grosze  Volk, 
und  es  jamerte  in  der  selbigen.  Malllt.  li,U;  es  janiert  micli 
des  Volks.  15,32;  da  hieltest  du  ihn  so  hönisch ,  das  mich 
seiner  jammerte.  Schüppius  483;  ein  knäblein  und  ein  niiigd- 
lein,  welche  ich  weinend  sähe,  und  weil  mich  deren  januncrle. 
A.  GnvPHius  169S    1,941; 

rürwar,  mich  jammert  dein!  und  ieder,  nicht  nur  ich, 
belrauret  deine  notii!  523; 

ein  knecht  war  mit  dem  heuest  des  gastwirths  l'ortgetraht. 
mau  hält  uud  klagt  ihn  an.    Veit  (den  ruhter)  jammert  seiner 

bände.     IIaukdorn  1,  112; 
mein  edler  feldherr,  den  des  blutes  jammert, 
das  schon  geflossen  und  noch  flieszcn  soll. 

Schiller  Jungfrau  1,  11 ; 
da  jammerte  mich  sein,  ich  trat  zu  ihm 
bescheidentlich  und  sprach :  ich  hins,  herr  landvogt. 

Teil  3,  1. 

c)  für  den  acc.  der  person  steht  selten  der  dativ,  es  janunert 
mir,  in  norddeutschen  quellen :  den  lischern  jannnerte  es.  pers. 
Tosenth.  3,  i3 ;  dem  räubcr  juninicrie  des  armen  teufeis.  4,11; 
dasz  es  einem  janunert.    Klinüeh  theatcr  4,122; 

(ob  sie  (y/cu'/i)  viel  alt  bekandten  sehen  drin,  .  . 
so  jammert  inen  doch  nicht  ir. 

ü.  KiNüWALD  Ir.  Eck.  E2'. 

d)  die  fügung  der  alten  spräche  mich  jammert  nach  einem 
oder  etwas  im  sinne  des  empfindcns  einer  sclwierzlichen  Sehnsucht: 

wi'inne  nnde  vogeUanc 

Ist  in  Swäbcn,  des  ich  w.-cne; 

dar  so  jämerl  mich 

nach  der  schämen  minncclich.     niinncs.  l,3b~i*  Hayen  ; 

nach  den  selben  dingen 

jämert  mich.      132*; 

scheint  später  ausgestorben  zu  sein. 

JAM.MEUNACHT,  f.  nox  tristis,  Iratjica,  Julurilica,  Iraner-, 
Schmerzennacht.  Stiele«   1322.     vgl.  jamniersnacht. 

JAMMEÜiNSWÜHUlG,  adj.  beklagenswürdig: 

die  schönste  aller  Trauen,  welche  leben, 
ist  auch  die  jainmcrnswiirdigstc  von  allen. 

SciiiLLBK  M.  Stuart  1,  6. 

JAMMKHORT,  m.  locus  tristis,  plcnus  mocslitia  et  miscria. 
Stieler   13!i5. 

JAM.MKHI'LAtlE,  f.:  die  jammerplagen,  worin  er  sich  gegen- 
wärtig durch  seine  Unbedachtsamkeit  verwickelt  bat.  Dude 
Thomas  Jones  C,  145. 

JAMMEUI'OUT,  m.  ekndvoller  liafen : 

den  Jammerport  der  noth. 

LoiiKNSTBi!«  in  d.  auserlcs.  gcd.  1,252. 

JAMMEHHEDE,  f.  quercla,  threnos,  quirilatus.  Stieler  1540. 
JA.MMElUtEICll,  adj.: 

endlich  was  den  tod  am  meisten  rürcliterlich  und  schrecklich 

macht, 
ist  der  jammerreicbe  Zweifel  und  der  ungcwiszhuil  nacht 
wegen  eines  künftgen  lebeus,  ob  es  selig  oder  nicht? 

DaocKKS  0,  571. 
JAMMEHHLF,  m.; 

wir  hörten 
die  balken  schon,  die  fitsten  pfoslen  stürzen, 
und  aus  dem  rauch  hervor  den  Jammerruf 
der  unglückseigen.      Scuillir  Wilh.  Telt  6,1. 

JAMMEriSCENE,  f.: 

zu  welchen  neuen  jammerscenen 
bereitet  sie  diesz  grause  schnuipiel  vor? 

WiKLiNb  23,150  (Oberon  0,45). 

JAMMEHSCIIADE,  m.  im  vorigen  jafirhundcrt  aus  der  formtl 
jaimuer  und  uchadf  (tp.  2253)  zusummengeflussen,  brt  LicnreN- 
i>E*6   noch  getrennt  getchritben :    es  ist  daher  jaiiimcr  schade, 


dasz  .  .  1  (ISOO)  119;  sonst  als  Zusammensetzung  behandelt:  das 
ist  eine  verzweifelte  bistorie,  sagte  Pedrillo:  meiner  six,  sie 
fing  sich  so  schön  an  I  es  ist  janimersciiade  dasz  sie  nicht 
besser  aufhörte.  Wieland  11,197;  wenn  er  ein  so  abscheulich 
liederlicher  kerl  ist ,  wie  du  mir  sagst ,  so  war  es  jammer- 
schade, wenn  sie  ihn  jemals  wieder  sehen  sollte.  Tom  Jones 
{yuruberg  17S0)  3,314;  jammerschade  für  die  schöne  kirche  I 
GöTHE  21,13;  so  war  es  wahrlich  jammerschade.  Klincer 
6,341;  schade,  jammerschade!  Kotzebue  dram.  sp.  3,306; 

fürwahr  I 
es  war  ja  jammerschade.    Bürger  39'. 

JAMMEllSCllLAGEN,  verb.  sein  leid  mit  zusammenschlagen 
der  bände  bezeugen : 

sondern  nur  heftig  jammertchlagt, 
sich  und  sein  groszes  gut  beklagt. 

IS.  RiNGWALD  laut,  tvarh.  36; 
so  dürft  ich  nicht  mit  janimcrsclilagn 
so  ein  gewallig  marler  iragn.    tr.  Lck.  J2'; 
ihr  aber  werdet  jammerschlagen,    er.  R  1'. 
JAM.VIEHSCIILIICIIT,  f.    schlucht    des  elends  oder  herzeleids: 

wcini  mich  in  jammerschluclil 

die  well  zu  drangen  sucht, 

nehm  ich  zu  dir  die  flucht.    Rückert  357. 

JAMMEUSELIG,  adj.  elendvoll,  leidvoll:  do  erhub  sich  eiu 
erberniklich  weinen  und  trauren  der  seinen,  als  dann  ein 
sölicher  grausamer  und  jamniersiiliger  faal  herzlichs  traurcns 
und  Weinens  warlich  wol  wiirdt  ist.  Stumpf  2,  4l'. 

.lAMMEHSELIGKEIT,  f.  miseria.    Stieler  1993. 

JAMMEHSELTZEN,  n.  seufzen  vor  hcrzeU'id: 

mein  janimerseufzen  hat  die  blaue  bürg  (den  himmcl)  erreicht, 
und  ihren  prinz  bewegt,  zu  müssen  gnadig  sein.    P.  I''leiiifig  16. 

JAMMEl^SIECII,  adj.  siech  aus  herzetcid :  liebe  war  die  wieder- 
kehrende klage  der  jammersiechen  puppe.  Dya  Na  Sore  5,252. 
JAMMEIISINN,  m.  sinn  der  gern  janunert: 

ich  glaube  gar,  zu  fleiuisl  aus  jammersinn.    Tikck  3,  240. 
JAMMEItSNACHT,  /".  wie  jammcrnacht: 

was  deckte  dazumal  für  eine  jammersnacht 

die  kricgesmänner  zu?    Suultetus  bei  Lessinc  8,284. 

JAM.MEHSI'IEGEL,  m.  cxemplum  humanae  miseriae.  Stieler 

2066. 

JAMMEltSFlEL,  n.  Iragoedia,  ludus  miser,  Irauerspiel.  Stieier 
^  20S7 ;  mir  würde  unschwer  gefallen  sein,  .  .  wie  sonstcn  in 
den  liaurspielen  gebräuchlich,  dieses  alles  (den  tod  Karl  Stuarts) 
durch  einen  boten  vorzubringen:  ich  habe  aber  davoi- gehalten, 
man  könne  dieses  blulige  janiniers|iiel  nicht  beweglicher  ab- 
bilden, als  wenn  man  diesen  abgekräiiklen  fürsicu  also  dem 
zuseher  und  leser  vorstellele.  A.  Gnvpnius  1698  1,362; 

wofern  nicht  Rom  soll  zittern 
ob  einem  jummurspiel.        375. 

JAMMEllSTANÜ,  m.  stalus  misellus,  conditio  miscranda,  elend- 
stand. Stielkr  2131: 

0  leid  !   0  jammerstand  ! 
hier  sitzt  sie  halberblaszt,  das  scbwerdi  sinkt  aus  der  lianil. 

J.  K.  Sciilkcel  1,  136 ; 
ach,  armer  York!  haszt  ich  nicht  tüdlich  dich, 
so  würd  ich  deinen  jammerstand  beklagen. 

Shukesp.  Heinrich  VI  3,  1,1. 
0  jammerstand!  o  busen,  schwarz  wie  tod!    Hamlet  3,3. 
JAMMEIISTAHH,  adj.: 

mit  jaminorslarren  blicken.    Scuuiiart  geJ.  1,83. 
JAMMEUSTIM.ME,  f  ejulatus,  lamentum,  planelus,  gemitus, 
quirilatus.  Stieler  2167; 

dringt  meine  jnmmurstimmc  nicht  hindurch,    tiörui  9,  37J 
JA.M.MEHSWOLKE,  f: 

bei  dem  tag  in  einer  wölke, 

in  dem  teuer  hei  der  nacht, 

aiciig  golt  her  fiir  Jacobs  volke, 

bisz  er  in  ihr  land  sie  bracht: 

Chrisliis  cclit  Inr  soinrni  volkc, 

dasz  er  .sie  durtli  lieiszc  peiii, 

dasi  durch  Inibe  jiiiniiiciswolke 

er  sie  fuhr  in  liiminol  ein.     Lociu  1,  165,  10. 

JAM.MEHTAG,  m.  tag  des  elends  oder  herzeleides: 

da  du  deinem  horrn, 
dem  edlen  herzog,  lolclio  jammoriage 
verraibeiisch  bereitest.         Uöthi  U,  281. 

JAMMfcUTIIAL,  m.  vallis  lacrymarum,  von  der  erde  und  dem 
irdischen  leben  ps.  M,  7  gebraucht:  wol  den  menschen  .  .  die 
durch  das  jainerlal  geben,  und  machen  daselb»  brunnen; 
und  danach  in  du  edlere  spräche  eingedrungen,   mhd,  wuuflal: 


2261 


JAMMERTHAL  —  JAM3IERV0LL 


JAMMERWALLEN  —  JAN 


2262 


und  solden  siuften  tägliche 
uj  disem  eilenden  wDoftal 
zuo  dem  bimelischen  sal.     H.  v.  3Iele  crinn.  911; 

und  jämertal : 

doch  ist  diu  werlde  ein  jämertal 
gen  der  wunneclicben  stat 
in  der  ^ot  gezieret  hat 
sin  gesinde.         Renner  235  ; 

nhd.  so  nun  ern  vater  von  disem  jamertal  mit  tod  scheidet. 
A.  T.  Eybe  ll';  wir  haben  hie  kein  blybende  stat  uf  disem 
jamertal  des  eilenden  ertrychs.  Keisersberg  bilg.  2';  durch  das 
frembd  land  disz  eilenden  jamertals  in  dyn  rechte  heimut.  5*; 
in  diesem  betrübten  unseligen  jamertal.  Lctber  5, 13';  dis 
leben  ist  nichts  anders  denn  ein  rechtes  jamertal.  ebenda; 
wir  bitten  in  diesem  gebet,  als  in  der  summa,  das  uns  der 
vater  im  himel  . .  ein  seliges  ende  beschere,  und  mit  gnaden 
von  diesem  jamerthal  zu  sich  neme  in  den  himel.  8,350*; 
unser  leben  ist  hie  ein  lauter  Jammer-  und  zehrenthal,  müssen 
viel  arbeit  und  ungemach  treiben  und  leiden  und  bringen  den 
halben  theil  unsers  lebens  zu  mit  klagen,  seufzen  und  weinen. 
Jou.  Eger  itinerariuni  {Eisleb.  iOOi)  ton:  Aß'; 

nu  hört,  lieben  kinder,  überal, 

die  hie  sein  in  disem  jamertal.    fastn.  sp.  593,  5 ;' 

dann  der  halt  worlech  dorecht  glust, 

wän  hie  die  leng  zu  leben  tust 

do  nüt  ist  dann  das  jamertal. 

Brami  narrensch.  43,  15 ; 
nun  bin  ich  auf  dem  jamerthal. 

SCHWARZENBERG    127'.    14S' ; 

gesegnet  sie  (die  frau)  zu  tausent  mal, 

eh  er  sebid  ausz  dem  jamerthal.    H.  Sachs  1, 120' ; 

kum  bald  zu  hilf  uns  armen 

in  disem  jamertal.    Soltac  volksl.  260; 

wie  der  frum  keiser  Ott,  der  dridt, 

allhie  hab  gnommen  sein  abschied 

ausz  dem  zeitlicbeo  jammertbal. 

J.  Atber  127'  (642,  27  Keller) ; 
der  gotteserde  lichtjen  saal 
verdüstern  sie  zum  jammerthal; 
daran  entdecken  wir  geschwind, 

wie  jämmerlich  sie  selber  sind.    Göthe  3,263  Hempel; 
wir  scheiden  traurig  hier  im  jammerthal, 
in  lust  vereint  das  paradies  uns  wieder. 

Shakesp.  Heinrich  VI  3,  5,  5 ; 
so  pari  we  sadly  in  this  troublous  world, 
to  meet  with  you  in  sweet  Jerusalem; 

als  masculinum: 

welches  (Chrisluskind)  kam  aus  des  himmels  saal 
zu  uns  in  diesen  jammerthal.    Eger  itinerar.  (1604)  11. 
JAMMERTOD,  m.  mors  misera,  deploranda.  Stieler  2291 : 
(soll  ich)  als  opferthier  im  jammertode  bluten?    Göthe  9,  28; 
ob  ich  vielleicht  die  genossen  vom  jammeriod  und  mich  selber 
rettete.  Odysf.  9,  421  (im  griech.  nur  d'ävaioi). 

JAMMERTON,  m.  ton  der  wehklage: 

seis  mein  bnider,  mein  leiblicher  sobn, 
zerriss  mir  die  seele  sein  jammertoD, 
über  seinen  leib  weg  musz  ich  jagen, 
kann  ihn  nicht  sachte  bei  seite  tragen. 

ScBiLLBR  ^Vallenst.  lager,  11.  auftr.; 
jetzo  bat  den  beiden  die  schöngegürtete  gattin. 
Hebend  mit  jammerton.  lUas  9,  591. 

JAMMERLNG,  f.    das  jammern,   Herzeleid   und  seine  kund- 
gebung,  mhd.  jdmerunge : 

min  herze  und  mine  sinne 
wurden  jämerunge  vol.  Partenop.  1S639; 
jamerung,  klag,  das  offenlich  schreien  umb  hilf,  quiritatio 
Maaler  234";  die  jammerung  unrf  das  jammern,  commiseralio. 
miseratio,  misericordia  Stieler  24S1 ;  eine  jammerung  erweckt 
die  andere,  conspeclus  aliorum  mutua  miseralione  integral  tacr'jmas. 
ebenda. 

JAMMERVERSÜNKEN,  part.:  Adam   faszt  die  jammerver- 
sunkene  multer  der  menschen  auf.  Fr.  MCller  1, 105. 

JAMMERVERTIEFT,  part.; 

wer  ist  nun,  wie  du, 
unglückselig  und  janimerverliefi?    Stolberc  13,  179. 

JAMMERVOLL,  adj.  voll  elends,  in  bezug  auf  zustände:  die 
jammervolle  läge  der  von  krieg  heimgesuchten  länder; 
des  abgrunds  schlosz,  die  jammervolle  pest 
entleere  sich!  A.  Grtphils  1663   I9S; 

so  jammervoll,  durch  claubenszwang  entstellt, 
gehüllt  in  öde  linsternisse, 
lag  Üeulschland  einst.     Gotter  1,420; 
nicht  immer  war  es  mit  uns  so 
jammervoll,  als  ihr  uns  heut  aul  diesen  wegen  erblicktet. 

GöTUE  40,245; 


voll  tterzeleids,  in  bezug  auf  personen  und  deren  äusze}'ungen : 
welch  eine  litanei  von  jammervollen  betrachtungen  läszt  sich 
nicht  bei  diesen  blättern  recitiren.  Göthe  an  Schiller  l,  404 ; 
den  au|enblick  befürcht  ich,  der  ihn  weckt; 
euch  wird  ein  jammervoller  mann  erscheinen.  Götuk  9,303; 
0  jammervolle  mutter!  welcher  streich  des  todes 
erwartet  dich!  sie  wirds  nicht  überleben. 

Schiller  Wallensteins  tod  3,  2 ; 
nehmt  nicht  den  letzten  schmuck 
aus  unserm  leben  weg!  die  jammervolle 
erfreut  der  anblick  alter  herrlichkeit.    Maria  Stuart  1,  1; 

wenn  noch  raitleid  in  dir  glimmt, 
so  zeig  es  meinem  jammervollen  vater.     Turanäot  5,  2 ; 

ihr  elenden,  die  nicht  fühlen,  wie  jammervoll  dem  unglück- 
lichen ist.  Fr.  Müller  3, 419. 

JAMMERWALLEN,  verb.  in  elend  wallen: 

ich  bin  ja,  herr.  der  pilgram  ein, 
der  jammer-wallen  musz. 

lob-  u.  dank-abc  (Frankf.  1664)  27. 

JAMMERWELT,  f  weit  voll  elend  oder  herzeleid. 
JAM.MERWERK,  n.  causa  deploranda.    Stieler  2556. 
JAMMERWORT,  n.    planctus,   lamentatio,  leidwort.    Stieler 
25S7;  auch  wort,  das  herzeleid  bringt: 

Phorkyas.  das  zu  opremde  zeig  an. 
Helena,  nicht  bezeichnet  es  der  könig.    Ph.  sprachs  nicht  aus? 
o  jammerwort!    Göihb  41,197. 
JAMMERWUR.M,  m.  vom  geicissen: 

den  jammerwurm,  der  nimmer  stirbt, 

das  teuer,  welches  nie  verdirbt, 

musz  er  (in  der  halle)  beständig  fühlen.    kircUenlied. 
in  der  scherzhaften  spräche  des  nördlichen  Deutschlands  wird  heute 
jammerwurm    ton    einem   kläglich   aussehenden   kinde  gebraucht, 
vgl.  wurm. 

JAMMERZEICHEN,  n.  conjectura  et  Signum  doloris  vel  miseriae, 
schmerzenzeichen.  Stieler  2610. 

JA.M.MERZEIT,  f  zeit  des  elends  und  der  wehklage:  damit 
nun  mein  guter  spielmann  sich  mit  weib  und  kind  durch 
diese  jammerzeit  bringen  möchte,  fieng  er  an  zu  schachern. 
Simpl.  4,251  Kurz; 

so  hat  der  tapfre  held,  der  adle  von  Teutleben, 
der  grosze  Föbussohn,  in  jener  jammerzeit 
das  Iremdvermischte  teutsch  in  seiner  reinikeit 
einst  wiederum  zu  sehn,  zum  ersten  anlasz  geben. 

Nel'xare  jhlmbaum  IS ; 
0  gott,  erbarm  dich  dieser  jammerzeit. 

Shakesp.  Heinrich  VI  3,  2,  5 ; 
0,  pity,  god,  this  miserable  age. 
•  JäMMERZUCKEN,  n.  zucken  in  jammer: 
quälen 
will  ich  entdecken,  dasz  die  hölle  selbst 
vor  dieses  elends  jammerzucken  schaudre.    Körxer  2, 173. 
JAMMERZüG,  m.  charakteristischer  ziig  des  elends  oder  leides: 
der  chor  und  Neoptolem  sind  nun  beschäftigt,  dieses  mitleid 
für  Philoktet   tiefer  in   uns  zu  prägen,   sie  wiederholen  die 
vorigen   jammerzüge,    vermehren    sie    durch    vermulhungen. 
Herder  z.  litt.  13, 6S. 

JAMMERZWECK,  m.  leidvoller  zweck: 

das  herze  liegt  mit  klüften 
des  unmuths  überhäutt  und  lockt  die  äugen  ab 
von  seinem  jammerzweck. 

LoHENSTElN  i.-i  (/.  auserles.  ged.  1,  270. 
J.\N,  auch  Jahn,  kosefoim  des  namens  Johannes,  im  ein- 
geschränkteren gebrauche  als  Hans  (sp.ibhff.),  und  wesentlich  auf 
das  niederdeutsche  gebiet  eingeschränkt,  wie  die  form  auch  mit 
engl.  John,  franz.  Jean,  niederl.  Jan  zunächst  sich  berührt,  als 
narrenname,  von  dem  englischen  spiele  aus,  kommt  Jahn,  Jan 
auch  in  die  oberdeutsche  comüdie,  vorzüglich  Ayrers,  mit  ver- 
schiedenen, von  seiner  gestalt,  beschdftigung  oder  auch  seiner 
hauptspeise  hergenommenen  beinamen,  die  Weimiold  in  Gosches 
Jahrb.  für  litt.-gesch.  1  (lb65)  5.  35/'.  zusammenstellt,  und  von 
denen  sich  das  franz.  Jean  Potage,  der  erste  name  auch  in  der 
deutschen  form  Jan,  am  längsten  hält,  so  dasz  noch  jetzt  in 
dem  mundartlichen  düringischen  schampetäschchen  machen  ßr 
narrenwerk  treiben,  kriechen,  schmeicheln,  ein  verdunkelter  rest 
dieser  benennung  erscheint;  ich  kan  niclit  zugleich  lachen  und 
weinen,  wie  Jehan  Potage.  A.  Grtphics  169S  1,724;  es  ist 
ein  kunsl,  unterschiedliche  spiel  üben,  wie  der  Joan  Potage, 
oder  Ockes  Bockes  der  Amsterdammer  zu  machen  pflegte. 
ScHUPPius  70S; 

und  maken  mehr  ligurn  und  mehr  fazon  darvan 
als  Jan  l'otase  sine  mutze  folden  kan. 

Lacrfhbkrc  27,  346  Lappenb. 
über  Jan  in  janbagel  s.  unter  diesem  worte. 

142* 


2263 


JANERBENHAUS  —  JÄNNER 


JÄNNERFROST  —  JÄRTER 


2264 


JANERRENHAUS,  n.  für  ganeibenhaus  Ihcil  4'  sp.  12J8: 
als  weie  Wittcnibcrg  hölTlicli  zu  nennen  ein  jancrbenhaus 
aller  abtrünnigen  unscrs  lands.  GEonc  v.  Sacusen  hei  Lutuer 
3, 190". 

JANHAGEL,  n».  püir/,  hergelaufenes  volk,  aus  dem  ersonnenen 
eigennamen  Johannes  Hagel  {vgl.  hagel  sp.  144,  Hans  sp.  460) 
entstanden,  den  BCrcer  noch  ausschreibt:  ßocöms,  die  farren- 
äugige ,  wird  wahrscbeinlich  ein  brocken  für  den  ästhetisch 
kritischen  Johann  Hngel  sein.  193';  sonst  gekürzt,  aber  noch 
wie  ein  cigenname  gebraucht: 

da  gafTi  auf  beiden  seilen 
Janhagel  auB  der  see.     23*. 

als  appellativum :  janhagel ,  plebs  inßma  Steinbach  1,  667,  der 
das  wort  als  vox  cavillalionis  praesertivi  Hamburgi  aufführt,  vgl. 
bei  Sciit^TZE  2, 1S5  Jann  Hagel  un  sin  niAt,  pöbel  und  piibcls- 
genossen,  in  der  Mark  heiszt  es  Jan  Rapp  un  sin  niAl  Fromm. 
6,143;  das  lächerliche  Schauspiel  hat  Jen  janhagel  des  Städt- 
chens schaarenweise  um  ihn  her  versammelt.  Schiller  7,  59 
Kurz  {Verbrecher  aus  verlor,  ehre). 

JANHAGELN,  verb.  sich  wie  pöbel  gebärden,  lärmen :  wo  das 
Jungvolk  zusammen  kam  und  jahnhagelte  bis  um  zwßlf  uhr. 
W.  O.v.  Hohn  Schmiedjacobs  gesch.  2,  G3. 

JAMTSCHAR,  m.  türkischer  soldal,  »ii>rfe;i.  janitsaar,  aus 
dem  türkischen  jeni-lsjcri  neuer  soldat,  soldat  des  neuen  kricgs- 
volks  {vgl.  DozY  Ooslerlingen  I8G7  s.  44),  im  16.  jh.  als  janitzer 
aufgenommen:  raamalucken  in  Egyplen,  janitzern  bei  den 
Türken.  Fiscbart  groszm.  71 ;  später  in  Schreibung  und  betonung 
janizdr,  janitscbär: 

die  Trechen  janizaren, 
der  Türken  rechte  band.    Opitz  1,4; 

janitscbär,  .  .  miles  praetorianus ,  der  Türken  bestes  fuszvolk 
Frisch  1,484*;  Tartaren,  janitscharen,  Ruigaren.  Holtei  Lamm- 
fell  1S7. 

JANITSCHARENMUSIK,  f  rauschende  musik,  wie  bei  den 
janitscharen  üblich. 

JANKEN,  verb.  winseln,  gannire,  glapir  Schottel  1340;  ein 
niederdeutsclies  lautmalendes  wort,  von  hunden  gesagt,  aber  auch 
von  kränklichen,  viel  stöhnenden  kindcrn.  ScuIjtze  2, 1S5;  dann 
freier,  auch  in  der  hochdeutschen  Umgangssprache  niederdeutscher 
gegendcn,  lechzen,  heftig  verlangen:  nach  einem  frischen  tränke 
janken.  niederländisch  janken  gannire,  vagire,  nlulare,  lairare, 
mit  janker,  gannitor,  latralor.    Kilian. 

JANKEN,  nj.  in  den  messingswerken  eine  scheibe  von  tiegel- 
erde, in  der  mitte  mit  einem  loch  versehen,  durch  welche  man  die 
stärke  des  feuers  und  der  glut  im  brennofen  regelt.  Jacobsson 
2,306. 

JANKENHAKEN,  m.  eiserner  haken,  mü  welchem  der  brenn.- 
meistcr  bei  dem  schmelzen  des  messings  den  janken  auf  der  bretm- 
ofensöffnung  richtet,    ebenda. 

JANKER,  JANKER,  m.  jacke,  kurzes  haus-  oder  oberkleid 
beider  geschlechter ;  wol  von  jacke  sp.  2200  ausgehend  und  nur 
durch  nasalicrung  zuerst  differenziert,  alemannisch  ist  im  16.  jh. 
die  jonken,  huszäcken,  praelexta  tnga  Maaler  234*;  jetzt  schwei- 
zerisch der  janggen,  janken,  jiinggen  predigrr-  oder  kanzelrock 
Stalder  2,73;  schwäbisch  die  janke  als  uribliches  kleidungsstück 
ScHMiD  2!t4.  die  form  janker  wird  aber  schon  aus  dem  16.  jh. 
bezeugt:  jankerniacher,  nl.  huykenmaeker  ;?o//io  Diek.  40"'  {aus 
JuNii  nomenclalor) ;  sie  lebt  im  bairischen  Sprachgebiete  und  auch  in 
Schwaben:  einen  janker  von  grün  güldenen  stuck.  Abele  künstl. 
unordn.  210;  der  knabe  wurde  angekleidet  mit  einem  neuen 
janker  von  gestreiftem  nianchester  und  silbernen  knöpfen. 
Auerbach  dorfgesch.  1,152;  bairisch  heiszt,  wenn  frauen  zwei 
Oberkleidchen  tragen,  das  innere  janker,  das  äuszcie  joppen  oder 
Schalk.  ScHM.  1, 120S  Fromm.;  kärntnisch  der  janggar,  kurzes 
männliches  oberkleid,  jacke  Lexer  150;  österr.  janker,  dim. 
jankarl  kurzes  oberkleid,  jacke,  vgl.  Fromm.  4,394 ;  auch  im  öst- 
lichen Hessen  ist  janker  und  jankcs  die  kurze  jacke,  besonders 
der  knaben.  Vilmar   18t. 

JÄN.NER,  w.  aus  lat.  januarius,  seil  dem  12.  Jahrhundert  als 
Jennare,  dann  jcnnar,  jenner,  jener  übernommen ,  vgl.  Schm. 
1,1207  Fromm.,  Weinholh  monatsnam.  46/'.;  (iVuma  I'om{>eius) 
Ael  die  zwcnc  inonotc  genner  und  iiornung  zum  jore.  deutsche 
ttildterJiron.  »(,319,19;  im  10.  und  17.  jahrh.  noch  eine  gewöhn- 
liche form:  m  jenner  würd  die  sonn  umb  ein  stund  frücr 
nufstehn.  Fischart  groszm.  (1572)  1)4";  den  xxiij.  jenner  m.  de. 
xtxviij.  Fl.KHiüC  191; 

im  Winter  nicbtehnhttnderi  vUnIfr,  )>n  jenner. 

llnocKm  H,  330 ; 


später  aber  von  januar  verdrängt.  Lessings  erstei-  erhaltener  brief 
trägt  das  datum  d.  20  jenner  1749  {theil  12,  s.  8),  die  briefe  von 
1753  an  haben  januar;  jänner  ist  dann  nur  noch  selten,  mehr 
in  alterthümelnder  rede  gebraucht:  ihr  seid  weil  er  von  ihm  ent- 
fernt als  der  jiinner  von  den  maulhceren.  Göthe  34, 138(ßeri. 
Cellini  1,  to).  die  süddeutschen  volksdialektc  haben  aber  die  form 
jiinner  noch  heute  erhalten. 
JÄNNERFROST,  m.: 

in  ihrer  grub  im  büchelforste  bannt 

der  jäniierfrost,  trotz  grimmer  hungcrsnotli, 

schon  lange  fest  das  sclinialihier  und  den  kculer. 

Schmidt  v.  VVKRriELCHEJi  atm.  1802  $.  158. 

JÄNNERSCHEIN,  m.  neutnond  im  januar.  Adelung. 

JÄNNERSTÜCK,  m.  im  januar  erscheinendes  stück  einer  zeü- 
schriß:  zum  jännerstück  arbeitete  ich  gern  etwas,  aber  der 
roinan  nimmt  mir  jetzt  alle  zeit  weg.  Güthe  an  Schiller  1,120. 

JANUAR,  ni.  in  neuerer  spräche  für  lat.  januarius.  die  volle 
lateinische  form  begegnet  in  den  quellen  bis  ins  IS.  jahrh.  {soweit 
nicht  jenner  gesetzt  ist),  auch  mit  lateinischer  bcugung,  wie  bei 
andern  monatsnamen:  im  januario  werde  es  nicht  gut  sein  in 
der  Elbe,  in  der  Donau,  oder  im  Rhein  baden.  Scmuppius  575; 
was  im  januario  oder  jenner  zu  thun  und  in  acht  zu  nehmen. 
öconom.  lex.  (1731)  2797 ;  januarius  Überschrift  eines  gcdichls  bei 
Rrockes,  welches  beginnt: 

gott  lob!  das  neue  jähr  tritt,  mit  dem  jenner,  ein.    2,519. 
januar  in  der  2.  hälpc  des  18.  jh.  (6ei  Lessi.ng  seit  1753,  s.  oben); 

ein  stattlich  paar!  hört  man  zu  beiden  seilen  raunen; 
sie  gleichen  sich  —  wie  januar  und  may. 

WiHLAND  22,  270  (überon  6,  42)  ; 
von  den  flocken 
des  Januars  umsiürmt.    Matthisson  gel.  (1794)  24. 

JAPPEN,  verb.  niederdeutsche  und  mitteld.  form  für  gappen 
(4»  sp.  1311). 

1)  nach  luft  schnappen,  schwer  atmen:  überdem  jappcn  wir 
ja  unter  einer  sündtlut  von  gedichten.  Hermes  Soph.  reise  2,433. 

2)  nach  beute  schnappen,  gierig  schnappen : 

er  musz  die  ungeheuer  sehn, 

laut  angehetzt  vom  bösen  geist, 

musz  sehn  das  knirschen  uixl  das  jappcn 

der  rächen,  welche  nach  ihm  schnappen.    Bürger  71'; 

sie  (_dic  hunde)  jappen,  klaffen  nach  der  beute. 

A.  V.  ÜHosTK-lliJi.SHOFF  ge(t.  (1873)  s.  30. 

über  die  nebenform  japsen  s.  th.  4',  1311.  1312;  däringisch  daßr 
7nil  umlaut  japsen,  nach  luft  schnappen,  auch  nur  atmen. 
JAREICH,  adj.  reich  an  ja: 

ein  jareiclicr  Uden,  der  seine  stimme  liest, 
und  dessen  meinung  stets  vorher  cröfnei  ist. 

Haller  scliwi'iz.  gcd.  102  (in  der  1.  auft.,  später 
geändert:  ein  Unselbst,  reich  an  ja). 

JÄREN,  verb.  für  gären,  v(jl.  theil  4*,  1349 /f..-  jären,  ebullire, 
aufsieden  Schottel  1340;  die  form  verzeichnet  auch  Stieler  606, 
aber  als  falsche  für  gären;  ebenso  Frisch  1,  320',  (/fr  jären, 
jercn  als  nebenform  zu  gären  kurz  aufführt,  es  wird  in  dem 
späteren  18.  jahrh.  nicht  mehr  geschrieben.  Steinbach  hat  noch 
ich  jehrc,  gcjohren,  imperf  ich  johr,  fermentesco,  fermentor, 
das  liier  jiehrt,  cercvisiu  fermentescit  neben  jeschcn,  effcrvescere, 
der  wein  jischt  vinum  spumat  1, 814,  eine  späte  mundartliche 
differenzierung  eines  älteren  begriffcs.     vgl.  auch  jähren  sp.  2239. 

JARKOCH,  m.  für  garkoch  theil  4*,  1359: 

umb  das  gelt  bell  mir  der  jahrkoch 
ein  guies  essen  wol  zugrichl. 

J.  Atrer  fasln,  sp.  91'  (2798,  2H  Keller). 

JARKÜCHNER,  m.  inhalier  einer  garküche,  vgl.  gnrkürhncr 
theil  4*,  1360:  sudelküch,  jahrköchner,  kochbubcn.  Fischart 
groszm.  72. 

JARKÜCHE,  f  für  garküche  J/i.  4>,  13.19:  die  jaikuchy  gleich- 
bedeutend mit  brällerey  bei  Maalkr  234',  gegen  die  briitcrey, 
garkuchcn,  ort  oder  markt  da  man  warme  und  gekochte  speisz 
feil  hat,  thermopolium ,  popina,  roquina,  coquinum  forum  75'; 
kommen  nicht  zu  Parisz  dest  mehr  jarkuchcn  auf,  je  mehr 
pastcten  mangierer  sich  allda  regen?  Garg.&b*;  mit  eins  jar- 
kuchenjuiikcrs  und  hufjungen  hütlin.  I3(i'; 

in  ein  jarkuchcn  laufen.    H.  Sachs  3,  3,  SO*; 
«riVcrc  belege  theil  4',  13f.o.     dim.  jarküchlein: 

so  geh  ich  ins  jahrkiichollein, 
und  inz  ein  paar  scmcl  nnd  warst. 

J.  Atrrr  Inxln.  sp.  50'  (2G3.S,  15  KrIIrr). 

JÄRTER,  w».  ein  Odrrfisch,  der  gebraten,  in  fdszchen  geschlagen 
und  versendet  wird.  Jacobsso!«  0,140*.  /»ri  Frisch  1,4s.'i*  heiszt 
dieser  fisch  aber  jätlei. 


2265 


JASAGEN  —  JASMINISCH 


JASMIMÜCHEN  — JAST 


2266 


JASAGEN,  n.  das  'ja  sagen,  vgl.  fp.  21S7.21S8:  wir  können 
nicht  die  hellen  klaren  wort,  uuib  ires  bloszen,  nacketen, 
schiccblen,  jasagens  willen,  leugnen.  Luthek  3,453". 

JÄSCHT,  m.  schäum,  neben  gäscht,  s.  d.  belege  tk.  i\  1432 : 

0  die  glieder  triefen 

voll  angstschweisz !  ach  des  achs !  der  laue  brunn  der  dürren 

ädern  schwellt 
den  jäscht  der  purpur-flut;   mein   blutschaura  schreibt  mein 
elend  in  den  sand. 
LoHEKSTElN  in  Wückernagels  leseb.  2  (1976)  593; 
seht  welch  ein  grüner  jäscht  auf  mund  und  lippen  sitzt. 

IIallmann  Anliochus  31; 

der  schmerz  erregt  mir  jäscht  und  geifer, 

den  spei  ich  dir  ins  angesicht.    Gc:ithkr  202; 

es  heult  sein  (Bysam")  wilder  hund  dem  adler  in  den  klauen, 

und  wirft  dem  Mahomet  so  jäscht  als  fluch  empor.    572. 

vgl.  auch  unten  jäst. 

JASCHL'LE,  /.  schule  die  das  ja  sagen,  einwilligen  lehrt:  also 
hierüber  (in  bezug  auf  eine  vorauszusehende  heirat),  madanie, 
gibts  für  meine  tochter  nichts ,  als  eine  jaschule.  J.  Padl 
Levana  2, 122. 

JÄSE,  f.  eine  ftschart,  cyprinus  jeses,  alant.  vgl.  unter  gase 
theil  4*,  1432. 

JÄSEN,  reib,  für  garen,  vgl.  die  belege  dort  theil  4',  1349; 
auch  gasen  ebenda  1433;  die  lippen  nur  kaum  an  jäsendem 
sciiaum  desz  rothen  safts  (des  weines)  zu  nätzen.  L.  Schsüffis 
mir.  flOtl.  219. 

JASMIN,  «j.  jasminum,  Zierstrauch  mit  wolriechenden  blumen 
in  mehreren  arten,  seit  dem  16.  jh.  lat.  jasminum,  jeseminum, 
gesminum,  gelseminum,  josma,  josmenum,  josme,  der  deutsche 
name  i«/ veiolräben  Dief.  2S3';  Jasmin,  apiaria  Scuottel  1340; 
gelseminum,  veilreben,  jesmin  Kirsch  cornuc;  span.  Jasmin, 
üal.  gelsimo,  /"ranz,  jasmin ,  ö/Zer  josmin,  josimin  (Littbe 
2,175');  niederl.  jasmijn,  vom  arab.  jäsemün,  in  statu  obliquo 
jisemin,  wo  es  aber  auch  fremdtcort  ist,  vgl.  Dozy  Oosterlingen 
(1867)  s.  44;  griech.  läaui],  iaous'laiov  bezeichnete  ein  tvol- 
riechendes  persisches  Ol.  die  pflanze  ist  über  Spanien  und  Italien 
zu  uns  gekommen,  seit  dem  16.  jahrh.  u-ird  sie  wegen  ihres  wol- 
geruchs  und  ihrer  heilenden  kraß  sehr  cultiviert:  der  jaszmin 
oder  veielreibe  .  .  wird  innsonderheit  zum  laubwerk  und  die 
gänge  in  wurzgärllin  damit  zuziren  hoch  gelobt  und  gehalten, 
man  kan  ausz  den  wciszen  und  holdseligen  blümlin  ein  öl 
machen  .  .  .  Sebiz  fcldb.  248 ;  im  18.  Jahrhundert  erscheint  der 
name  als  Jasmin,  jesmin,  und,  nach  französischer  ausspräche, 
schasmin : 

wo,  von  Jasmin  umgittert, 

die  laube  traulich  wiukt.    Matthisso«  ged.  (Zürich  1794)  17 ; 

ich  will  ein  dach  von  rebeulaube  wölben, 
dich  zu  erfreun, 

imd  deinen  weg  mit  reihen  und  mit  gelben 
jesmin  bestreun.         Hölit  106  Halm  ; 

er  thut  so  zahm,  den  blühenden  schasmin 

aus  seiner  band  mit  losem  pick  zu  naschen. 

WiKLASD  17,  S4  Oilris  2,  25) ; 

kaum  trat  ich  aufs  gestad,  als  eine  andre  schaar 

von  nymfen  hinter  den  schasminen 

hervor  geschlichen  kam.       s.  187  (3,103); 

bei  Brockes  aber,  nach  der  ilaliänischen  form,  als  jelsomin : 

die  halb  entzückte  zunge  schmecket  (6m  der  erdbeere) 
zueleich  ein  liebliches  gemisch  von  jelsomin, 
zieneht  und  ambra.  1,97. 

jasminähnliche  sträucher  heiszen  gleichfalls  jasmin:  so  lycium, 
wolfsdorn ,  kreuzdorn ,  stachlichter  oder  dornichter  jasmin ; 
philadelphus  coronarius,  wilder  jasmin,  weiszer  jasmin,  auch 
nur  jasmin;  gardenia  florida,  cupjasmin ;  bignonia  radicans, 
virginischer  jasmin;  bignonia  sempervirens ,  gelber  jasmin; 
plumieria  rubra,  rother  jasmin;  nyctanthes  sambac,  arabischer 
jasmin;  syringa  persica,  falscher  blauer  jasmin  ;  syringa  vulgaris, 
wilder  jasmin.  Nemnich. 

JASMINBAUM,  m.  plumieria. 

JAS.MINBIRISE,  f.  franz.  poire  de  jasmin.    Nemsich. 

JASMINBLÜTHE,  f  blute  des  Jasminstrauchs,  gelseminum. 
Steinbach  1,139. 

JASMINDOUN,  m.  lycium  barbarum.  Nemnich. 

JASMINESSIG,  m.  essig  mit  jasminblüten  abgezogen. 

JASMINESSENZ,  /".  essenz  aus  jasmin. 

JASMINGEFBORENES,  n.  gefrorenes  mit  jasminblüten. 

JASMINHOLZ,  H.  citronenholz,  lignum  citri,  eine  amerikanische 
holzart.  Jacobsson  5,  350*. 

JASMINISCn,  adj.  von  jasmin:  jasminischer  baisam.  pers. 
Tosenth.  2, 35. 


JASMINKUCHEN,  m.  kuchen  mit  jasminbliäen.  Jacobsson 
6, 146'. 

JASMINLAUBE,  f.  laube  von  jasminsträuchern  gebildet. 

JASMINÖL,  n.  öl  aus  jasminblüten,  oleum  jasminum.  Stieler 
1381. 

JASMINSAND ,  m.  zucket  in  sand  form  mit  jasminblüten. 
Jacoesson  6, 147'. 

JASMINSTRAUCH,  m. 

JASMINSTRAUSZ,  m.  strausz  aus  jasminblüten. 

JASMINSYRUP,  wj.  syrup  mit  jasminblüten. 

JASMINVEILCHEN,  n.  jasminum,  gelseminum.  Stieler  2367. 

JASMINWASSEB ,  n.:  herzstärkendes  jasminwasser  (aus 
jasmin  destilliert).    Jacobsson  6, 148*. 

JASPACHAT,  m.  mit  jaspis  durchsetzter  achat. 

JASPIEREN,  verb.  einem  dinge  ein  jaspisartiges  ansehen  geben, 
beim  buchbinder  heiszt  jaspiert  ein  grüner  und  roter,  und  id)er' 
haupt  ein  marmorierter  oder  mit  allerhand  färben  angestrichener 
schnitt  eines  buches  auf  jaspisart  gesprengt.  Jacobsson  6, 149*. 

JASPIS,  m.  der  edelstein,  griech.  ictoTits,  dessen  name  aus 
orientalischen  sprachen  stammt;  mhd.  jaspis: 

der  übermüete  Ilagne     leit  über  siniu  bein 

ein  vil  liebte?  wäfen,     üf  des  knophe  schein 

ein  vil  Hehler  jaspis     grüener  danne  ein  gras.    Sih.  1721,3; 

auch  gekürzt:  iaspis  jasp,  jasspe,  jaspt  Dief.  283';  jasp  neben 
jaspis  nov.  gloss.  20'" ;  jaspen,  edel  gesle'm,  jaspis  Dasvp.  ;  von 
dem  jaspen.  Mecenberc  448,31;  der  grüen  jasp,  der  da;  leip- 
leih  gesiht  kreftigt.  449, 13 ;  spater  nieder  nur  in  voller  form : 
du  bist  im  lustgarten  gotles,  und  mit  allerlei  eddelsteinen 
geschmückt,  nemlich,  mit  sarder,  topascr,  demanten,  türkis, 
onychen,  jaspis,  sapbir,  amcthist,  smaragden  und  gold.  Hes. 
28,13;  der  da  sasz,  war  gleich  anzusehen,  wie  der  stein 
iaspis  und  sardis.  ofl'enb.  4,  3 ;  ir  (der  Stadt)  liecht  war  gleich 
dem  allcredlesten  stein,  einem  hellen  jaspis.  21,11; 

manche  schönheil  wird  entdecket 

auch  im  jaspis,  dessen  schein 

musz  grün  und  mit  roth  geflecket, 

wenn  er  anders  echt  ist,  sein.    Bbockes  9,  75; 

gekrönter  pöbel,  lasz  in  stolzen  zimmern 

tapeten,  jaspis  und  kristalie  schimmern. 

Cur.  E.  v.  Kleist  (1765)  32; 
aus  dämmerndem  gründe 
steigt  eine  rolunde 
von  jaspis  empor.     Matthisso»  ged.  (1794)  107. 

JASPISACHAT,  m.  mit  jaspis  durchsetzter  achat.  vgl.  jasp- 
achat. 

JASPISERZ,  n.  dunkelroter  jaspis  der  mehr  eisen  als  gewöhn- 
lich enthält.  Nemmcb. 

JASPISPORZELLAN,  n.  eine  englische  art  porzellan,  welche 
aus  bolus  gebrannt  wird. 

JASPISSÄULE,  /■.; 

und  sah  auf  einmal  sich  in  einem  weiten  rund, 
in  dessen  mitt  ein  dom  von  edler  bauart  stund, 
doch  ohne  schmuck,  gestützt  auf  Jaspissäulen. 

WiKLAND  17,  264  (Idris  5, 16). 

JASPONYX,  m.  etn  jaspis  der  weiszliche  feuerstein-  oder  onyx- 
adern  hat.   Jacobsson  2,307*. 

JASS,  m.  ein  süddeutsches  und  schweizerisches  karlenspiel; 
davon  jassen,  ein  solches  spiel  spielen;  jasser,  ein  leidenschaft- 
licher kartenspieler  (Kehrein  210). 

JAST,  m.  ein  landschaftliches,  alemannisches,  schwäbisches  wort, 
das  aber  in  der  bedeutung  no.  3  noch  bis  in  die  Rheinpfalz  reicht 
(ScH».  1,1211  Fromm.),  zustandsbUduny  von  jesen  gären,  übrigens 
mtindarilich  stets  jäscht  gesprochen  (vgl.  jäscht  wnd  jäst);  manig- 
fach  in  die  Schriftsprache  eingefithrt.     Es  bedeutet 

1)  gdhrung  von  Stoffen,  Schweiz,  das  blut,  hier  ist  im  jast. 
Stalder  2, 74 ;  die  diesem  wasser  anerborne  wärme  leiten 
einige  her  von  Zusammenkunft  widerwärtiger  alcalischer  und 
saurer  theilen  und  daher  entstandenem  jast.  Schelchzer  1,51, 
vgl.  3,44;  das  harb  (herbe)  machet  die  zäserlein  der  zungen 
strupfen ,  und  stürzet  den  jast  der  gallen.  Mlralt  eidgen. 
lustg.  (1715)  27. 

2)  ficberparoxysmus,  ßeberhüze (St kideu  a.a.O.):  und  brachten 
sie  (die  frau)  in  einen  jast,  wie  wenn  sie  das  gröszle  fiebcr 
hätte.  Pestalozzi  2,  95. 

3)  am  häufigsten  aber  eifer,  hitze,  eilende  oder  zornige:  der  jast 
ist  nun  vorbei.  Piiilanher  1,430;  ehe  sie  wider  zur  ladung 
(iVirer  gewehre)  kommen  kunten,  waren  wir  schon  von  binden 
an  ihnen,  und  schössen  in  dem  ersten  jast  bis  in  sieben 
nieder.  2,619;  er  (Plato)  ist  ein  bislein  zornmülhig  und  gäh 
gewcst,  allein  er  wusts  und  brauchte  die  voi-sichtigkeit,  dasz 
er  iin  jast  niemals  nichts  exequiert.    Heidekker  acerra  phücA. 


2267 


JÄST  — JÄTEN 


JÄTEN  — JAUCHE 


2268 


{Zürich  1708)  '4;  geh  in  dein  zimmcr,  zu  bell,  der  hefligc 
jasl  bat  deine  lebcnsgeister  zu  stark  aufgeregt.  Fr.  MtiLLEn 
3, 176;  jetzt,  dacbte  er,  will  ich  den  lammwirtb  zornig  machen 
und  in  jast  bringen.  Hebel  2,145;  mit  ausdrücklicliem  besug 
auf  die  bcdeulung  1 : 

und  wie  sie  glaubte  der  ersle  jasl 
sei  ausgescliaumi,  sprach  .sie  mit  sQ.szen 
gebärden:  gleich!  zu  meinen  füszen 
nieder,  und  was  du  gelästert  hast 
mir  abgebeten!  Wieland  21,  133. 

formelhafte  Verbindungen  jast  und  liitze,  jast  und  hast :  unsre 
gebornen  Prcuszen  und  Brandenburger  packten  die  Panduren 
wie  furien.  ich  selber  war  in  jast  und  hitze  wie  vcrtanmclt. 
a.  mann  im  Tockenb.  150;  das  sind  mir  schöne  gescbiclilcn, 
brummte  der  alte ,  koinme  (ich  komme)  in  hast  und  jast. 
ZscHOKKE  not'.  «.  dicht.  (l)>57)  8,346. 

4)  jast,  in  bezug  auf  ein  vorher  genanntes  umstes  studenten- 

ieben:  ,  .     ^      .       . 

gott  lob,  der  jast  ist  auch  vorbei, 
nun  leb  ich  wider  frank  und  frei, 
^ott  woll  mich  meiner  siindcn 
da  ich  so  tbörlich  bab  getban, 
in  gnaden  doch  enibiiuien. 
und  fuhren  auf  die  rechte  bahn. 

riiiLANDER  (1650)  1,  4.36. 
'  JÄST,  m.  neben  jäschl,  durch  gdhruug  entstandener  schäum, 
hefe,  vgl.  giist  theil  4',  1472,  und  oben  jast:  wie  ein  fasz  voll 
newes  weins  den  jäst  auszstöszt  und  auszwirft.  HCinicers 
narrenseh.  169;  schütte  den  neuen  must  darüber,  so  setzt  er 
sich  innerhalb  vier  und  zwanzig  stunden  nider,  und  würfl 
kein  einigen  jäst  von  sich.  Sebiz  feldb.  524.  gährung,  hitze  des 
geblCtls:  der  Sauerampfer  .  .  hat  die  eigenschaft,  allen  inner- 
lichen jäst  des  geblüts  in  den  fiebern  zu  temperieren.  HonBEiiG 
3,1,3%';  dieses  essential-hinber-salz  ..  benimmt  dem  geblüt 
allen  übermäszigcn  febrilischen  jäst.  407'.  —  Ob  em  schweize- 
risches jäst,  schabab  des  kdses  {wovon  auch  das  verbum  jästcn, 
das  unreine  vom  käse  abschaben  Staldeii  2, 75)  hierher  gehöre, 
kann  nicht  bestimmt  werden. 

JASTEN,  verb.,  ein  alemannisches  tvort,  nach  den  bcdeulungen 
von  jasrt  ausgebildet;  es  heiszt  gären,  wallen,  fervere,  von  geistigen 
flüssigkeiten ;  in  einem  fieberparoxysmus  liegen;  ungestüm  eilen 
bei  einer  arbeit;  in  eine  unruhige  heftige  bewegung  geraten,  vgl. 
Stalder  2,74;  in  den  letzteren  bedeutungen  am  gewöhnlichsten: 
er  wollte  mit  jasten  und  jagen  es  erzwingen.  Pestalozzi  2,340; 
was  die  alten  Berner,  ohne  hast  und  jasten,  ohne  glänzende 
über  die  ganze  weit  sich  verbreitende  unternehmen,  blosz 
durch  treuen  fleisz  auf  ihrem  bofe  zusammen  gelegt.  J.  Gottiielf 
schuldenb.  38. 

JASTEN  ,  verb.  schäumen ,  gären ,  vgl.  gasten  theil  4',  1474 : 
jasten,  jüschten,  jescblen,  spumare,  scheumen  Schottel  1340; 
gieren,  jasten,  sieden,  wie  der  neue  wein,  despumare  1325; 
des  in  dem  keller  jästenden  mosts.  Mcralt  pwt  (1721)  10;  die 
feurige  gästende  gail  in  den  zornmüthigen.  Hohberc  3,1,396'. 

JATAUFE,  /".  vgl.  unter  jachtaufe  sp.  2200. 

J.\TEGABEL,  f.  gabelartiges  gerät  zum  jäten. 

JÄTEISEN,  n.  eisen  zum  jäten:  metastrum  jeteisen  Dief. 
359';  runcina  jeleisen  504';  schon  oM.  jetisarn,  sarculum  falca- 
strum  Gbaff  1,4S»;  vgl.  gäleisen  theil  4',  1489. 

JÄTEKRAUT,  n.  unkraut  das  man  jätet,  vgl.  gätekraut. 

JÄTEMESSER,  m.  messer  zum  jäten,  auch  bildlich:  diesen 
neuern  könnte  ich  auf  den  einwurf,  dasz  die  kälte  der  krilik 
zwar  das  unkraut,  aber  auch  zugleich  die  bluiucn  hinrichte, 
mit  dem  beispiel  Popens  antworten,  dessen  jätemesscr  immer 
auf  der  stelle  ausgerolteler  fehler  Schönheiten  anpflanzte. 
J.  Paul  (;röri/.  proc.  2,  5 ;  nimm  lieber  das  historische  okulicr- 
als  das  kritische  jätemesser  in  die  band,  IIes})er.  vorr.  xx; 
{man  hatte  tich  vorgenommen)  sich  zu  bessern  und  das  jäte- 
messcr alle  tage  wenigstens  an  ^\n  unkraiilbeel  anzusetzen. 
1,127. 

JÄTEN,  verb.  runcare,  sarrire. 

Ein  vorzugsweise  hochdeutsches  und  nur  am  Rhein  auch  in 
niederdcutsclum  gebiete  vorhandenes  wort:  ahd.  jelan ,  mit  dem 
patt.  praet.  gigelaii  Gbaff  J,595,  m/irf.  jelan  und  gelen,  rhein. 
gi'den,  niederdeutsch  gilt  dafür  alts.  wiodAn,  ags.  veüdjan,  engl. 
weed,  ndl.  wieden,  nml.  wcden,  und  wie  dies  letzlere  wort  auf 
altt.  wiod,  ags.  vcöd  unkriiut  zurückführt ,  so  mus:  auch  jiilen 
viit  dem  freilich  nur  einmal  belegten  ahd.  gelto  lolium  (Graff 
a.  0. 0.)  im  engsten  zusammenhange  stehen,  das  möglicherweise  in 
dem  Schweiz,  neulr.  jül! ,  gejäll  unkraut  (Staider  2,  7.'>),  hair. 
jat,  jel,  das  j'lten  und  das  unkraut  (.Schm.  1,1212)  fortlebt, 
cbichon  nicht  zu  übersehen  ist,  dasz  in  diesem  jül,  worauf  nanunl- 


Uch  die  akm.  form  weist,  der  begriff  unkraut  erst  später  aus  der 
handlang  des  jätcns  sich  entwickelt  haben  kann,  neben  form  zu 
jäten  ist  guten,  alt  gctcn  {vgl.  theil  4',  MSO/".),  man  nimmt  an, 
dasz  das  anlautende  j  in  dem  Worte  ursprünglich  ist,  indes  so 
lange  ohne  völlige  Sicherheit,  als  rf^  etgmologischen  bezüge  noch 
unklar  sind,  und  man  nicht  darlhun  kann,  dasz  auch  jenes  oben 
angeführte  ahd.  gelto  für  jctto  geschrieben  ist.  jeten  gehörte 
ahd.  und  mhd.  der  starken  conjugalion  an,  über  die  nachklänge 
derselben  und  das  außommen  der  schwachen  im  nhd.  vgl.  theil 
4',  1489,  ebenso  über  den  genauen  begriff. 

runcare  yetin,  gellen,  gcdcn  Dief.  503';  jälten,  sarculare, 

sarrire,  runcare,  noxias  herbas  evcllere,  exstirpare,  eruere  Maai.er 

234';    den    wcingarlen   jälten,    sarrire,  vineas  occare.    ebenda; 

jeten  evellcre,  vulg.  uszraufcn  oder  ziehen,  tw.  ine.  theut.kd', 

gegen  gelen  vel  jeten  vellere  sicut  ortulane  vellunt  herbas  malas 

de  bonis  h  l" ;  jäten,  jeten  runcare,  sarrire,  surcutare  Schottel 

1340;  die  saat  jäten,  segetes  sarrire,  sie  jäten  das  körn,  />■«- 

mentum   sarculant,    sie  jäten    den   flachs,   Uni  herbas  inuliles 

evellunt  Steinbach  1,808;  jätlen,  jäten,  sarrire,  herbas  inuliles 

evcllere,  runcare  Fiiiscn  1,485';    wer  disen  bienenkorb  halten 

will ,    der   niusz    diese    kräuter   {gralia  dei  und  palma  Christi) 

attSi  seim  garlen  jelten.   Fiscmart  bicnk.  242'; 

sie  liept  mir  mcr,  denn  laimeii  kneten, 

und  liept  mir  mer,  dann  disiel  jeten.    fastn.  sp.  633, 12; 

schneiden,  rebnclauben,  jeten,  pinden  {als  weinbcrgsnrbeiten). 

ScuMELZL  tobspruch  70; 
wenn  nesseln  an  dem  bach 
des  lebeiis  unter  euren  veilcben  blühen: 
wer  soll  sie  jäten?    eure  gattin?    ach! 

GöKiNGK  tieder  zweier  lieb.  55, 
in  freierem  sinne: 

neun  stück  die  will  er  an  in  rechen  .  . 
das  viert  ist  ir  meineid  schwern, 
das  sollen  die  obersten  liaubt  in  wern ; 
das  fünft  ist  von  irem  glauben  abtreten, 
das  selten  ir  pebst  und  bischolT  ausz  jeten. 

fasln,  sp.  294,  4 ; 
Schweiz,  jäten,  jätlen,  ej;ie»j  kinde  die  rute  geben.  Stalder  2,75. 
JÄTER,  m.    der   da  jätet:   jätler  sartor,    runcalor,    sarritor 
Maaler  234'.     auch  Jäteisen,  Instrument  zum  jäten:  jetcr,  sar- 
culus,  runco  Lexer  inhd.  wb.  1, 1480  {von  1482). 

JÄTERIN,  /".  die  da  jätet:  jelerin  evellatrix  voc.  ine.  theut. 
k6*;  jäterin  runcatrix  Stiei.er  880. 

JÄTGRAS,  »1.  gras  was  ausgejätet  wird.  öcon.  lex.  IIOO.  vgl. 
gätgras. 

JÄTHACKE,  f  sarculus,  sarculum.  Steinbach  1,664. 
JÄTHAUE,  /".  tcic  jüthacke:  die  jätlhauw  oder  jällhauwen, 
sarculum,   marra  Maaler  234',   dim.  jätthöuwle  oder  kärslle, 
capreolus,  hamulus  ebenda. 

JÄTHAUEN,  verb.  mit  der  jäthaue  arbeiten  :  wenn  ewer  meieret 
das  mehrerlheil  inn  einöden  und  gerür  bestehet,  so  soll  ihrs 
zum  ackerwerk  bestimmen ,  und  im  ein  gcschlachte  art  an- 
gewinnen ,  mit  embsigen  umbluvwen ,  umbkehren ,  hacken, 
graben,  karslen  und  jällhawen.    Seuiz  fetdb.  20. 

JÄTKRAUT,  n.  herba  eruncata.  Stei.nb.  1,932.     vgl.  gälgras, 
JÄT.MESSER,  wi.  wie  jätemesser. 
JÄTTER,  m.  eine  ßschart,  vgl.  unter  järler. 
JATZEN,  verb.  gackern,  für  galzen  </ii*i7  4*,  1516: 

die  hennen  werden  jatzen  seer.    fastn.  sp.  1103. 
JAUCH,  m.  für  gauch,  narr,  theil  4*,  sp.  1525: 

man  weis  nicht,  wo  der  trotzig  jauch  {gehliehen  sei). 

B.  ItiNOWALD  ev.  Aa2*. 

JAUCH,  interj.  der  freude  und  der  ermunterung,  aus  älterem 
jftch,  das  neben  juch  bestand,  wie  auch  das  niederl.  juyghlen, 
juychlen  jubilare  (Kii.ian)  bezeugt:  enge,  enge,  da,  da,  beha, 
hcha,  hinuntern,  hinuiileru  mit  den  kelzern ,  jauch ,  jauch, 
gewonnen,  gewonnen,  widan,  las  jauchtzen,  ich  liahe  nicht 
lange  gelebt,  und  dennoch  solcher  jaiulilzer  viel  sehen  zulelzl 
iiculen.  Luther  5,  Cs*.     vgl.  unten  juch. 

JAUCHE,  f  stinkende  trübe  flüssigkeil^  flüssiger  dünget,  das 
Wort  gehört  zu  denen,  die  ihren  ursprünglichen  begriff  rerseftMiterl 
haben;  es  bedeutet  im  Ht.  jahrh.,  wo  es  sieh  zuerst  landschaftlich, 
mitteldeutsch  und  niederdeutsch,  nachweisen  läszl,  sowie  im  16., 
nur  brühe,  sup}>e:  jus  juche  Dikf.  312*  {mittel-  und  nieder- 
rhetnisrli) ;  brodium  süd,  juthihe,  juche,  juge  82'  (tjiVi/rrsifr/u.); 
jiiflie  ,  jus,  juscutum  Kiiian  als  sächsisch  und  clevisrh ;  jüclie, 
brüll,  jus,  schwarize  jüclie,  jus  nigrum,  iMuier-jüche,  juseulum 
gallmaceum  Chytrakh«  mmiencl.  bei  Fbisch  1,;i2.')'.  der  umstand, 
dasz  das  wort  im  miltrhhrinischen  wie  im  niederdeutschen  den- 
selben lautsland  rh  aufweist,  läszl  es  als  fremdes  erkennen,  teo/irr 
ist  offenbar,  wenn  man  erwägt,  das:  es  iiber  die  slavisdien  dialektt 


2269 


JAUCHE  — JAUCUZEN 


JAUCHZEN 


2270 


I 


glekhmdszig  verbreitet  ist,  kslav.  russ.  pola.  jucha,  bühm.  jicha, 
sloven.  juha,  fleischirrüJie,  tcend.  jucha  suppe  und  jauche,  jusclika 
Süppchen,  litt,  jukä,  pdn.  juszka  blutsuppe,  litt,  jusze  schlechte 
suppe  von  sauerleig,  mit  dem  ueiteren  lüntergrunde  des  sanskr. 
jösha,  lat.  jus  brühe;  die  sächsischen  colonisten  haben  jedenfalls 
das  Kort  aus  dem  slavischen  aufgenommen  und  verbreitet,  Mo/fir 
auch  spriciit ,  dasz  in  jenem  aus  Marienburg  und  dem  anfange 
des  15.  jahrh.  herrührenden  deutsch-preuszischen  vocabular,  das 
Nesselma.nn  aus  der  Elbinger  handschriß  l^es  veröffentlicht  hat, 
unter  den  speisen  (vleysch,  siievleysch,  spek)  das  preusz.  juse 
(suppe)  durch  das  offenbar  yleiche  \ache  gegeben  uird  (j.  14', 377); 
ähnlich  ist  ja  auch  kretschniar  der  Schenkwirt  (theil  5,  sp.  2174) 
aus  dem  slavischen  ins  deutsche  gedrungen,  die  angenommene 
entlehnung  erklärt  auch  die  Verschlechterung  des  begriffs,  die  nach 
und  nach  eingetreten;  es  mochte  dem  worte,  entsprechend  der 
geringen  beschaffenheit  slavischer  kücite,  von  vorn  herein  etwas 
veräehlliches  ankleben,  seit  dan  anfang  des  17.  jh.  läszt  sich  die 
heutige  bedeulung  von  jauche  belegen,  zugleich  in  der  Schreibung 
gauche,  die  jetzt  wieder  verschwunden  ist,  und  niclU  ohne  allen 
nachklang  der  frülieren  bedeutung :  leimgauche,  aqua  lulosa. 
CüLERCS  hausb.  bei  Fkiscu  1,325';  die  gauche,  Silesüs  jauche, 
humor  spurcus  Steisbach  1,503,  seine  vorläge  Hederich  1013 
hat  nur  gauche;  gauche,  brühe  im  verächtlichen  verstand, 
jauche,  humor,  jus  Frisch  1,325';  arme  leute  pflegen  auch 
Wühl  diese  gauche  oder  niisipfütze  auf  ihren  acker  statt  an- 
deren dünger  ...  zu  führen.  Ocon.  lex.  (l73l)  1627.  Jetzt  heiszt 
uns  jauche  auch  der  dünnflüssige  eiter  von  unnden;  ferner  ein 
sehr  schlechtes  hier,  dies  hier  ist  nur  jauche;  strigauisch  hier 
ist  trüb  wie  eine  leimjaucbe.  Frisch  a.  a.  o. 

J.\UCHE>PLMPE,  f  pumpe  ßr  die  misljauche. 

J.VUCHERT,  m.  morgen  ackertandes ;  ahd.  (in  späten  quellen) 
jöchart,  mhd.  jöchart,  jüchert,  jiuchart,  wol  aus  lat.  jugerum 
entlehnt,  aber  mit  beziehung  uu/ jiuch  und  joch  das  joch  um- 
gedeutet: jauchert  ist  ein  stück  landes,  so  man  mit  einem 
paar  ochsen  in  einem  tag  pflügen  oder  ausackern  kan.  andere 
beschreiben  ein  jauchert  ackers  240  schuh  lang,  120  breit. 
Hobberg  3,  l,  5o'; 

vier  jaugert  weid  (weit)  nemb  wir  ein  lil, 
da  baueu  wir  bie  einen  $aai. 

J.  AiRKR  39"  (209,  8  Keller). 
vergl.  juchert. 

JAUCHIG,  adj.  jauche  habend,  aus  jauche  bestehend:  ein 
jauchiges  geschwür;  jauchige  absonderung  aus  geschwüreu; 
arztliche  ausdrücke. 

JAUCHZEN,  verb.  jubilare:  mhd.  jftchezen,  auf  die  interjeclion 
jCich,  später  jauch  zurückgehend ,  wie  juchzen,  mhd.  juchezcn 
auf  die  nebenform  juch  mit  kurzem  u  (s.  d.).  in  den  mhd. 
quellen  sind  beide  verben  schwer  zu  scheiden ;  im  nhd.,  nachdem 
Übergang  des  alten  ü  in  au,  hebt  sich  jauchzen  nicht  nur  im 
tocal,  sondern  auch  im  gebrauche  als  edleres  wort  gewöhnlich 
scharf  von  juchzen  (s.  d.)  ab :  das  gemäszigte  freudengeschrei 
von  dem  bäurischen ,  und  vom  geschrei  der  besoffenen  zu 
unterscheiden,  hat  man  an  vielen  orten  im  gebrauch  dieses 
letzte  mit  juchzen  auszudrücken,  für  jauchzen.  Frisch  1,4S5*; 
obschon  jauchzen  auch  vom  bäurischen  freudengeschrei  gilt:  das 
jauchzen  wie  die  bauren,  jubilum,  acclamatio,  exclamatio  Maaler 
235*.  bei  Spee  werden  dagegen  noch  jauchzen  und  juchzen 
gleichbedeutend  in  edler  spräche  gebraucht: 

ach  was  hüpfen!  jauchzen!  juchzen!  truisnacht.  240. 
Das  kärntn.  jauzen  (Lexer  151),  Schweiz,  jüzen  (Stalder  2, 77), 
Schwab,  juzen  (Frünsi.  4,113,70)  jauchzen,  das  auch  sonst  er- 
scheint : 

denn  schrei  gar  laut  und  jautz  darbei. 

grob.  (Fianktutl  156S)  G  3*  (6.2,  cap.Z); 
von  tautzen,  rreudenspiel,  und  springen, 
jautzen,  bofiern  oder  singen.    G  5'  {ebenda) ; 

iil  nicht  das  gleiche  vort,  sondern  geht  auf  die  mhd.  interjeclion 
jö  zurück,  und  entspricht  mhd.  jöwezen,  jftwezunge  das  jauchzen, 
was  übrigens  die  bedeutung  nicht  besciüägt. 

jauchzen  bedeutet 

l)  freudenlaule  ausstoszen;  jauchzen,  sich  erfröwen  und  von 
fruuden  singen,  ovare  Maaler  235";  jauchzen,  jubüare,  ovare, 
acclamare  Schottel  1340;  jubilum,  juchzer,  das  jauchzen  DiEr. 
nor.  gloss.  223*. 

a)  der  mensch, 'die  menge,  die  masse,  das  volk  jauchzt:  da 
nu  Josua  hr)ret  des  volkes  geschrei,  das  sie  jauchzcten.  2  Mos. 
32,17;  jauchzet  alle,  die  ir  sein  volk  seid.  5  3fof.  32, 14;  wie 
ein  starker  jauchzet,  der  vom  wein  kompt.  ps.  7S,  C5;  das  man 
jauchzet  und  singet.  C5, 14;   die  erlöseten  des  herrn  werden 


wider  komen,  und  gen  Zion  komen  mit  jauchzen.  J«.  35, 10; 
ein  solch  frolocken,  jauchzen  und  rhümen  unter  allen  pfaffen. 
Luther  5,  305* ;  all  nächtlich  geschrei,  jauchzen  . .  soll  gänz- 
lich sein  verhütten.  Kirchhof  disc.  mü.  IS;  vom  lallen  und 
jauchzen  des  kiudes  bis  zur  trefflichen  äuszerung  des  redners 
und  Sängers.  Göthe  20, 217 ; 

also  rant  des  ersten 

Berucbi  in  dem  ringe  umb. 

'beva  he,  wie  gsunt,  wie  jung 

bin' ich  an  dem  herczen  mein!' 

da;  was  do  das  jaucbczen  sein,    ring  S*,  13 ; 

er  war  mit  der  trommetcn  schall 

und  der  heerpauken  überall 

mit  jauchzen  ausgeküudet. 

Wkller  lieder  des  30/d/ir.  Kriegs  266; 
ein  freudiges  jauchzen 

füllt  triumfierend  die  bimmel  umher. 

WiELAüD  16,  J>7  (Cyru*  3,  35)  ; 

himmelboch  jauchzend, 

zum  tode  betrübt.    Götue  S,  232; 

freue  sich  und  jauchze  heut, 

wer  das  lebeusloos  gewonnen.    Schiller  das  siegesfest; 

aus  dörfern  und  aus  Städten  wimmelnd  strömt 

ein  jauchzend  volk,  mit  liebend  emsiger 

Zudringlichkeit  des  heeres  fortzug  hindernd. 

Piccutomini  1,  4; 

ibr  hallet  euer  spiel  schon  für  gewonnen  — 

jaucbzi  nicht  zu  frühe !  3,  8  ; 

frohlocke  nicht! 

denn  eifersüchtig  sind  des  Schicksals  mächte. 

voreilig  jauchzen  greift  in  ihre  rechte. 

n'ultenfteiiis  tod  1,  7. 

b)  auch  die  lippen,  das  herz  des  menschen,  seine  Stimmung, 
seine  zeit  wird  jauchzend  gedacht:  bis  dein  mund  vol  lachens 
werde,  und  deine  lippen  vol  Jauchzcns.   Hivb  8,  21 ; 

soll  ich  das  innre  jauchzen  meines  berzeus 

dir  auch  als  zeugen  der  versicbrung  nennen.    Göiaz  9,95; 

welche  allgemeine  landfreude  konnte  jetzt  von  einem  gränz- 
wappen  zimi  andern  acht  tage  lang  jauchzen  I  J.  Paul  TU.  3,91; 

dir  schallen  zur  ehre, 

du  spielende  Uuth! 

die  singenden  chöre, 

der  jauchzende  muth.    Hacedor:«  3,  115 ; 

fem  vom  jauchzen,  wie  von  der  trauer, 

ist  der  seligen  stille  lust.    Rüolert  ges.  ged.  1,322; 

er  setzte  sich  ans  iustrument  und  donnerte  mit  einem  auf- 
geschlagnen prestissimo  von  Haydn  —  diesem  rechten  stundea- 
rufer  jauchzender  stunden  —  in  die  laute  gegenwart.  J.  Padl 
Tit.  3,34; 

Eloa,  vom  werth  der  heiligen  stunden 
hingerissen,  sie  waren  ihm  mehr,  als  die  jauchzenden  stunden 
«einer  frühen  geburt!  Klopstock  4,4; 

der  freudige  ruf  selbst: 

das  hurrab  jauchzt,  und  die  bücbse  knallt.    Kör^ier  1,  57. 

c)  jauchzen  mit  etwas:  sie  jauchzen  mit  pauken  und  barfen, 
und  sind  frölich  mit  pfeifen.  Hiob  21,12;  jauchzet  gotl  mit 
frülichem  schall,  ps.  47,2;  und  da  die  lade  des  bunds  des 
herrn  in  das  lager  kam,  jauchzete  das  ganze  Israel  mit  einem 
groszen  jauchzen,  l  Sam.  4,5. 

d)  über  einen  oder  etwas  jauchzen:  da  bei  merke  ich,  das 
du  gefallen  an  mir  hast,  das  mein  feind  über  mich  nicht 
jauchzen  wird.  ps.  41, 12;  über  die  Philister  wil  ich  jauchzen. 
lOS,  10;  ruft  über  Jacob  mit  freuden,  und  jauchzet  über  das 
heubt  unter  den  beiden.  Jer.  31,  7 ;  jauchzet  über  sie  (Babel) 
umb  und  umb.  50, 15 ;  wie  sie  über  deinem  falle  gejauchzel 
und  über  deinem  verderben  sich  gefrewet  hat.  Baruch  4, 33. 

e)  daßr  ein  ursächlicher  genitiv:  mich  ergreift  ein  gedanken, 
und  meine  sinne  jauchzen  des  herrlichen  gedankens.  Klinger 
theater  3,  36S ;  oder  ein  abhängiger  satz :  die  Völker  frewen  sich 
und  jauchzen,  das  du  die  leute  recht  lichtest,  ps.  67,5. 

f)  zu  einem  jauchzen,  vgl.  zujauchzen:  Philistea  jauchzet 
zu  mir.  ps.  CO,  lO;  und  da  er  kam  bis  gen  Lehi,  jauclueten 
die  Philister  zu  im  zu.   rieht.  15, 14. 

g)  häufiger  einem  jauchzen:  jauchzet  gott  alle  lande,  ps. 66,2; 
jauchzet  dem  gott  Jacob.  81,2;  kompt  her  zu,  laszt  uns  dem 
herrn  frolocken,  und  jauchzen  dem  bort  unsers  heils.  lasset 
uns  mit  danken  für  sein  angesichte  komen,  und  mit  psalmen 
ihm  jauchzen.  95,1.2;  jauchzet  dem  herrn  alle  weit.  98,4; 

er  ist  der  angebetete,  ihm  jauchzt  das  volk. 

Schiller  janyfrau  4,  2. 

h)  transitiv  etwas  jauchzen,  jaurAiend  ausrufen:  schon  glaubte 
der  rasende  sein  ziel  getroffen  zu  haben,  und  fing  an,  ein 
gotteslästerliches  triumpblied  zu  jauchzen.  Lessing  1,166;  sieg 
jauchzen.  Gotte»  1,116; 


2271 


JAUCHZEN  —  JAUFERSBUBE 


JAUFERT  — JAWEISE 


2272 


jauchzen  an  dem  ufcr  alle  freunde 
iioITnungsliedcr  nach.      Göthk  2,  75; 

dafür  in  Verbindung  tnil  direcUr  rede: 

wild  jauchzte  :iie  im  huin:  weh  euch,  ihr  ehchrcchcr. 
Gotter  'i,  77; 

neben  eineni  persönlichen  daliv  {oben  g): 
unziihlhar 
kommen  sie,  sein  gesctz  zu  empfangen,  und  jauchzen  ihm  vater. 
WiELAfiu  lü,&S  (Ci/rijs  a,44). 

t)  jauchzen,  von  dingen,  die  so  personificierl  urrden:  lasset 
jauchzen  alle  bewme  hn  wald  für  dem  hcrrn.  \  chron.  17,33; 
jauclizel  ir  himel . .  ir  berge  frolucket  mit  jauchzen,  der  wald 
und  alle  bewme  drinnen.  Jes.  44,23; 

jauchzt,  hinimel,  die  ihr  ihn  erfuhrt, 

den  tag  der  heiligsten  gehurt.    Gkllirt  2,  155; 

und  die  bache  von  den  bergen 

jauchzen  iiim  \iiid  rufen:  brudcr!    Göthb  2,56; 

jauchzen  =  jauchzend  emporslrebcu : 

jünglingfrisch 

tanzt  er  (der  frlsirnquell)  aus  der  wölke 

auf  die  marmorfelsen  nieder, 

jauchzet  wieder 

nach  dem  himniel.     Götue  2,  55. 

2)  jauchzen  Iteiszt  aber  auch  im  schmerz  laut  aufschreien : 
er  leget  sich  zu  beth,  thet  tag  und  nacht  nichts  anders  denn 
jauchzen  und  seufzen,  history  vom  ritler  Thedaldo  {flieg,  druck, 
um  1550);  in  einigen  minuten  jauchzte  er  vor  schmerz,  wie 
Homers  verwundeter  kriegsgotl.    Seume  spazierg.  2, 34. 

3)  jauchzen,  im  bairischen  hochlande,  von  dem  trotzigen  heraus- 
fordernden rufe,  den  sich  die  bursche  zusenden,  wenn  sie  vom 
liebchen  oder  aus  dem  wirlshause  heim  gehen,  vgl.  Sciim.  1, 1199 
Frommann. 

JAUCHZER,  VI.  l)  der  da  jauchzt:  Jauchzer  neben  juchzer 
exultans,  jubilans,  ovans,  tripitdians,  triumphans,  plausor,  clarnator 
Stieleh  901;  ich  habe.,  solcher  jauchtzer  viel  sehen  zuletzt 
heulen.  Luther  5,6b'. 

2)  der  einzelne  freudenlaut:  zuletzt  hörten  wir  nichts  mehr 
als  die  muntere,  aber  ferne  hochzeitsmusik  aus  der  hohlen 
gasse  und  vereinzelte  freudenrufe  und  Jauchzer  an  verschie- 
denen punkten  der  landschafl.  Keller  gr.  Heinrich  2,405; 

wie  ein  gast  bei  später  zeit 
lustig  von  dem  schmause  wandert  und  noch  manchen  Jauchzer 

schreit.    Güntuer  !>38; 
lasz  die  freien  Jauchzer  klingen!    912. 
JAUELN ,  J.^L'LE.N ,  verb.  heulen,  vom  hunde,  nach  tiiederd. 
jaulen    heulen,    mmmern,   ivie  ein   hund  oder  ein  kleines  kind 
(ScHAMRACH  94*.  SciitJTZE  2,185),  t»  die  schrißspruche  von  Voss 
iibcrtragen : 

bestie,  schweig!    dir  schiesz  ich  den  jauelnden  rächen  voll 
kugeln!    2,  141  (Id.  8,  125). 
von  einem  riesen: 

und  es  stohtit  und  schrie  und  jaulte 

zeierud  Sclilagododro,  brüllend 

sank  er  in  zcrborütne  kliifte.    Imherhamn  ged.  315. 

JAL'F,  «.  scherz,  namentlich  grober,  verächtlicher,  wie  er  von 
gauklern  und  possenreiszern  getrieben  wird,  neben  gauf  {theil 
4',  1542),  dller  jftf.  das  wort  ist  seil  dem  Vo.  jahrk.  bekannt  und 
wol  aus  der ijaunersprache  eingedrungen,  k'o  juffart  {d.i.  jüf-hart) 
einen  freibcUler  bezeichnet  {l'hil.  Lugd.  4, 169),  d.  h.  also  einen 
solchen,  der  den  jftf,  das  freie  umherschweifen  auf  dem  betld, 
das  mÜ  spruchsprechen  verbunden  war,  als  beruf  treibt ;  vgl.  auch 
unten  jaufkind :  da  nu  solche  hohe  treffliche  ding  mir  .so  gar 
nerricht  und  lecherlich  waren,  ward  der  trefflich  man  zornig, 
und  sprach,  ich  machte  ein  jauf  draus,  weil  ichs  mit  gutem 
grund  nicht  widerlegen  künde,  als  denn  zwar  auch  nicht 
billicb,  viel  weniger  not  war,  das  jemand  solt  aus  solchs  treff- 
lichen mans  subtilest  lichten ,  ein  jauf  oder  gaucli  machen. 
Luther  l,  394*,  dieses  gauch  mag  nur  umdeutung  von  jauf  sein, 
wie  man  den  gauch  treiben  für  narrenwerk  treiben  sagte  {vgl. 
IhcU  4',  151».  1531); 
mir  ist  dein  schnauf  ein  juuf.  was  geb  ich  ufdein  keichen? 
mciitcryes.  in  der  Ocnn.  3,311; 

was  nur  der  Luther  sagt  und  schreibt, 

sein  gespött  und  jufT  darusz  treibt. 

MuiMKR  tutli.  narr  3325. 

JAUFEN,  verb.  $poU  treiben,  vgl.  gaufen  theil  4',  1547:  da 
jufTcftu,  liie  stand  icb,  hie  trutz  ich.  Muhner  kiinig  usx  Enget- 
land  'M,'  Scheiblc. 

JALKEItSHUHK,  m.  perdilut,  dissolulut.  SciiöNsitDER  bei 
Scna.  1,1203  Fromm,     t.  jaufliiud. 


JAL'FERT,  Hl.  bettler,  der  spasz  tnachend  und  possen  treibend 
überall  umherzieht,  aus  dem  rotuälschen  juffarl  /«)  jCifharl  {vgl. 
oben  unter  jauf):  zu  welchem  end  bisz  in  200  jauferlen  und 
allein  zum  stehlen  und  rauben  bcstelten  galgeavögel  mit- 
geloffen.   Wertheimer  deducl.  (1017)  2,180; 

arm  leut  wil  niemand  sehn  noch  kennen, 

man  thut  sie  schrepler,  hetler  nennen, 

jaulen,  fOrhallcr  und  dergleichen.     Eviii^c  1,  106; 

in  der  form  jöfar: 

und  die  schniidel  und  giidel 

und  die  schnufar  und  jufnr 

und  all  ahriszar  und  unrecht  zollar.    teufeis  nett  13381. 

vgl.  gaufert  theil  4*,  1547;  auch  gäufler  ebenda. 

JAUFISCH,  adj.  und  adv.  gauklcrisch,  possenreiszerisch :  was 
du  also  jüfllsch  und  spötlich  dem  christlichen  kiinig  wider- 
redest.   Murner  kiinig  usz  Engelland  945  Schcible. 

JAUFKIND,  m.  landslreicher,  der  sich  vom  posscnreiszen  nährt, 
vgl.  gaufkind  theil  4',  1547,  gaufmann  ebenda:  //is/rio  gauffkind, 
jauffkiud,  juffkind  Dief.  279';  da  fiel  der  geist  der  geiligkeil 
durch  die  äugen  ein  in  das  herz  der  weinliubcn,  tahernierer, 
füller,  spiler,  gassentreler,  freiheiter,  jaufkinder,  galgen- 
schwenkel,  luderer,  und  was  solcher  liefen  was.  d.  städtechr. 
3,142,20;  darnach  {bei  einer  hochzeit)  verbringt  man  die  mal- 
zeit  .  .  mit  spilleuthen,  holieren,  Schalksnarren,  schwenken 
und  jaufkind  oder  freihart  Sprüchen.  S.Frank  wcltb.  129'; 
lütter,  jaufskinder,  träumendeuter.   Fischart  groszm.  89; 

Sjienus  der  verlag  sich  nit 

im  narrenschiir  ffir  er  euch  mit 

und  sonst  julfkynd  und  metzen  vil 

mit  groszer  freüd  und  seitenspyl.     Urant  narreiisch.  66,85; 

sag  mir,  jaufkind,  wa  kumst  du  her? 

du  reitest  weder  esel  oder  pfert  (l'riKje  an  einen  freiheit). 

fasln,  sp.  553,  13 ; 
jaufkint,  noch  eins  du  mich  bescheit! 
wo  ist  der  himel  dreier  spannen  weit? 

560, 25  (Mii/i;c  aiitlinn  sjdizl'nuUgcn  rätselfrugen) ; 
er  hielt  in  (einen  ulchinüsinn)  für  ein  jaufkint 
und  sticsz  in  von  der  tür  geschwind. 

H.  Sacus  2,250,37  Tiltmann; 

bei  Maaler  in  schon  vcrblaszter  bedeutung,  als  masc. :  der  juf- 
kind,  böser,  mutwilliger  und  verwägner  oder  früffner  läcker, 
adolescens  perditus  ac  dissoltUus,  ungezampt,  unzüchlig,  un- 
verschumpt,  unmäszig,  verthiiyg.  238*. 

JAUFTHAT,  f.  werk  eines  possenreiszers :  hislrionalus  juwff- 
i  heroltz-that.  Dief.  279". 

JAUFTHEIDING,  «.  narrenwerk,  possenwerk: 

ein  narr  zu  allen  zyten  wänt 

er  sy  witzig,  so  man  sin  lach 

und  ein  jiifftäding  usz  im  mach.    Drant  narrcnsch.  67,8. 

JAUN,  m.  schwäbische  form  zu  Jahn,  breite  beim  kornschneiden^ 
vgl.  sp.  2229 :  sie  sciijer  {die  männer)  mit  ihrer  stärkeren  kraft 
nahmen  {beim  kornschneiden)  gröszere  breilen  oder  wie  man 
hier  zu  lande  den  ausschnitt  nennt,  den  ein  jeder  macht, 
einen  gröszeren  jaun.  Auerrach  dorfgesch.  4,328. 
JAUNER,  m.  s.  gauner  theil  4*,  1583 /f. 
JAUSE,  /".  eine  mahlzeil :  bair.  die  jausen,  genusz  eines  zwischen- 
mahls,  \uY- oder  früh-jausen,  abendjausen  Scu«.  1,1210  »ofjim. ; 
östr.  jause  vcsperbrol  Höker  2,37;  kärntn.  jausen  das  nuttagt- 
mahl,  voijausen  und  iiachjausen,  ktetnes  zuischenmal,  jene 
vormittags,  diese  nachmittags  (Lexer  15t);  das  auf  das  bairische 
Sprachgebiet  eingeschränkte  wort  ist  aus  dem  slavischen  entlehnt 
(vgl.  ebenda),  slovcn.  jushina  niittagessen ,  mala  jushina  Vesper- 
brot: itze  wil  ich  enk  ein  appetitliche  abemljausen  für.setien. 
SciiwAUE  linlcnf.  54;  im  ring  hat  ein  masc.  jaus  die  bedeutung 
schwelgen : 

also  gicng  es  in  dem  saus 

in  dem  .sninczgen  und  dem  jaus, 

bis  diu  scliüsslen  wurden  wun.     36',  23. 
vgl.  auch  gause  theil  4*,  15S7. 

JAUSEN,  verb.  eine  mahlzeil  einnehmen;  vgl.  tor/icr  jause, 
ein  ganz  anderes  jausen  aber  erscheint  «m  rimi,  offenhar  in  der 
bedeutung  eilen: 

da  mit  so  wurdens  jausen 

hin  wider  zt.appenhau.'ien, 

tan)  ein  bloicns  vu^elluiu, 

und  chaineiid  ziiu  den  gscllen  sein.    '*,  20. 

JAUZEN,  verb.,  vgl.  unter  jauchzen. 

JAWEISE,  f  bejahende  arl :  dieser  vcrs  {ndmlick  llabac.  *,'-: 
waieslu  uicbl  zornig  herr  in  der  Hut  u.s.w.)  mag  auf  ja  wei»e, 
und  auf  nein  weise  verittandeii  werden,  aber  mir  geleitet  die 
nein  weise  am  besten.  Luther  3, 257*;  wem  aber  die  jaweisc 
gefeilt,  ebenda. 


2273 


JAWORT  —  JE 


JE 


2274 


JAWORT,  n.  das  Kort  der  einwilligung,  des  sugtständnissei 
(vgl.  ja  sagen  sp.  2iM). 

1)  im  allgemeinen:  {der  Vormund  der  frau)  gap  dem  manne 
ir  Tetirlicb  erbe  eins  teils  adir  gar  an  (ohne)  ir  jowort  und 
wissen.  Magdeb.  fragen  230  Behrend ;  sol  ich  denn  ja  sagen 
{dasz  ich  gesündigt  habe),  als  ich  tbun  mus ,  so  bin  ich  des 
tods  und  des  teufeis  .  .  .,  du  hast  bekand,  und  nicht  ge- 
leugnet, der  teufe!  hat  das  jawort  gewonnen,  das  du  gesün- 
digt .  und  billich  verdampt  seiest ,  .  .  aber  nu  wende  dich 
herumb  zu  Christo.  Lutber  6, 85* ;  das  jawort  macht  den  kauf. 

Lebmann  16; 

wir  wollen,  in  gewissen  fällen, 
uns  beide  meisterlich  verstellen, 
am  hofe  soll  das  ja  oft  nein, 

und  nein  ein  wuchernd  jawort  sein.    Hacedor*)  2,  56 
denn  der  handschlag  bestimmt  das  ;anze  Schicksal  des  Jahres,' 
und  gar  vieles  zu  dulden  verbindet  ein  einziges  jawort. 

GöTHE  40,  327  ; 
eur  jawort ,  euer  weigern  sei  auch  meins. 

Shakesp.  Heim  ich  VI  3,  3,  3  ; 
your  grant,  er  your  denial,  shalJ  be  mine. 

2)  speciell  eintcilligung  einer  zur  ehe  begehrten  für  deren  Voll- 
ziehung (vgl.  sp.  2192) :  indem  er  mir  zusprach  und  mich  seiner 
liebe  mit  hohem  beteuren  versicherte,  gab  ich  ihm  das  jawort, 
doch  mit  diesem  austrücklichen  beding  und  vorbehält,  dasz 
er  mich  vor  der  copulation  im  geringsten  nicht  berühren  solle 
Simpl.  3,33  Kurz;  liese  auch  nicht  nach,  bisz  er  das  jawort 
erhielte.  53;  alleine  da  es  bei  Florauienen  zum  jawort  kam. 
polit.  stock f  272;  da  er  Arundel  ankommen  sehen  und  von 
allen  leuten  gehöret  dasz  er  bei  Floramenen  zum  jawort  ein- 
kehre. 275;  umb  das  jawort  anhalten.  31S;  dasz  die  betrogene 
Floramene  sich  endlich  überwinden  und  zum  jawort  zwingen 
liesze.  319;  das  jawort  von  Doriancn  verlangete.  Salinde2b9; 
wenn  wir ..  ihr  jawort  mit  uns  nehmen.  Gellebt  3,188;  ich 
habe  ihm  mein  jawort  gegeben.  Lessinc  2,  391 ; 

sie  (die  braut)  red  ihm  lust-wort  ein :  ein  wort  voll  wonn  und 

. scherzen, 
ein  wort  voll  freud  und  heil  wird  nur  ihr  jawort  sein. 

A.  Griphus  lti98   2,  382 ; 
das  jawort,  das  dein  (Elisabeths)  königlicher  mund 
autsprechen  wird.  Schiller  Maria  Stujit  2,2; 

Atalante, 
da  sie  ums  jawort,  hoch  geschürzt, 
mit  ihren  freiem  wetierannte.    Bdrseh  19*. 

JE  ,  «11/  kurzem  e  ,  nebenform  zu  ja ,  rgl.  sp.  2187.  es  steh 
am  häufigsten  für  das  fragende,  zweifelnde,  bedenkende  ja  (r<;/. 
sp.  2190) :  da  das  seine  jünger  hüreten ,  entsatzlen  sie  sich 
seer,  und  sprachen,  je,  wer  kan  denn  selig  werden  (ris  äoa 
SvtaTui  ao'&TjKti)'}  3ffl///j.  19, 25 ;  und  in  dieser  bedeutung  der 
Sprache  des  gemeinen  lebens  getiOhnlich,  rgl.  Schm.  1,853  Fromm., 
wo  eine  stelle  aus  Abb.  a  S.  Clara  g  ==  je  als  laut  der  veruun- 
derung  gibt:  wohl  recht  fangt  das  wort  gelt  und  golt  von  dem 
buchstaben  g  an,  welcher  buchstab  ein  verwunderun  g  in  sich 
hat.  g,  was  rieht  das  gelt  nit?  g,  was  thut  das  gelt  nit? 
g,  was  vermag  das  gelt  nit?  {über  die  berührung  von  %  und  \ 
s.  sp.  21S6);  Schweiz,  ja:  ja,  so  halte  es  Joggcli  nicht  gemeint, 
an  Vreneliä  kurzweil  war  ihm  wenig  gelegen.  J.  Gotthelf  Uli 
d.  Pächter  31;  ebenso  als  bloszes  füllwort  (ja  11,7  sp.  21D7):  sie 
werden  mich  je  doch  wohl  merken  {verstehen),  herr  sekertare? 
Schiller  kab.  u.  liebe  1.2;  je  wohl,  das  wirkte.  J.  Gotthelf 
Uli  der  pächter  32 ;  in  der  Verbindung  je  nun ,  wo  es  sich  mit 
i  nun,  oft  ie  nun  geschrieben ,  berührt  {vergl.  spalte  2013.  2015), 
und  widerwillig  oder  resigniert  einräumt,  wünscht,  behauptet,  etwas 
von  anderer  seile  vorgebrachtes  gelten  läszt,  oder  dasselbe  ab- 
schwächen will:  je  nu  nu,  das  todschlagen  kommt  doch  nicht 
an  uns.  Chr.  Weise  komüd.  195 ;  Anton,  ja,  ja,  mein  äffchen, 
ich  merk  es  schon ;  du  willst  die  kastanien  aus  der  asche 
haben,  und  brauchst  katzenpfolen  dazu.  Lisette.  je  nun,  mein 
liebes  katerchen,  thu  es  immerl  Lessi:<c  1,270;  je  nun!  wem 
nicht  zu  rathen  steht,  dem  steht  auch  nicht  zu  helfen.  303; 
Kräusel.  wenn  verlangen  sie  das  gedieht  fertig  zu  sehen? 
Ohld.  je  nun,  so  bald  als  möglich.  2,405;  Rehfusz.  die  rede 
ist  von  dem  herrn  kapitiin  von  Schlag.  Ohld.  je  nun,  das  ist 
er  ja.  413;  'sie  werden  gefunden  haben,  dasz  es  eine  sehr 
feine  frau  ist.  nicht  wahr?'  fein?  je  nun  ja!  wie  sie  wollen, 
figur  und  gesichtchen  sind  ganz  erträglich.  E.ncel  Schriften 
12,232;  sie  sind  auch  erschrecklich  ungenügsam,  je  nun,  so 
musz  ich  wol  mein  köpfchen  anstrengen.  Gotter  3, 327 ;  je 
nun,  die  feinere  weit  hat  das  gerade  deutsche  von  ihm  noch 
nicht  abgerieben,  er  giebt  sich,  wie  er  ist.  Kli.nger  1,377; 
Frölich.  und  wenn  man  dich  todt  zu  schlagen  droht  ?  Eulensp. 
IV.  n. 


je  nun,  da  schlag  ich  wieder  todt.  Kotzebce  iram.  sp.  2,269; 
je  nun,  was  so  eben  am  entbehrlichsten  sein  mochte.  3,291. 
sprichwörtliches  je  nun,  so  dann  !  bezeichnet  die  ausführung  eines 
zögernd  gefaszten  entschlusses : 

und  eine  frau  ist  ohnedem  ein  lamm. 

'ein  lamm?  du  magst  die  weiber  kenneu'. 

je  nun,  man  kann  sie  doch  in  so  weit  lämmer  nennen, 

als  sie  von  selbst  ins  feuer  rennen.     Lessiüc  1,  111; 

wann  das  närrisch  ist  —  je  nu!    Gökihsk  1,134; 

je  nun, 
verliebte  nähern  sich  einander  leicht.    Plate:(  Berengar  s.  130. 

anders  ist  schweizerisches  jae  nu!  jetzt  versteh  ichs.  Stalder  2,71. 

JE,  mit  langem  e,  die  abkürzung  des  namens  Jesus  in  ver- 
schiedenen ausrufen:  je!  wie  ist  das  schön!  o  je!;  ei  je!, 
herr  je!  ei  herrje!;  herr  je,  ja,  sag  ich.  Holtei  Lammfell  20; 
herr  je,  das  biszchen  auspacken  wenn  wir  vorfahren!  136; 
vgl.  auch  herrje  sp.  1146  und  un/en  jerum,  jemine,  jesses.  von 
dem  schweizerischen  gleichen  ja,  je,  jee,  ausruf  des  Schreckens  oder 
Schmerzes,  ist  dort  das  verbum  jähein,  erbärmlich  klagen,  auch 
jchelen,  jessenen,  und  das  subst.  gej^heJ,  gej^sz  erbärmliehe 
klage  gebildet  worden.  Stalder  2,71. 

JE,  mit  langem  e,  adv.  semper;  unquam. 

Der  goth.  acc.  aiv  von  aivs  die  zeit  wird  auch  adverbial,  in 
der  bedeutung  einmal,  je,  aber  nur  in  negativen  salzen  verwendet ; 
er  ist  das  ahd.  eo,  später  zu  ie,  ie,  mhd.  ie  zurückgegangen, 
das  nun  aber  nicht  mehr  in  dieser  beschränkung  steht,  vielmehr 
auch  in  positiven  salzen  und  in  distributiver  slellung  verwendet 
wird,  auch  nun  nicht  mehr  blos  einen  unbeslimmten  Zeitpunkt, 
sondern  auch  eine  Zeitdauer  ausdrückt;  im  niederdeutschen  Sprach- 
gebiete ebenso:  altnfr.  io  semper  und  ie  in  ie-mer  semper; 
niederl.  ie ;  alts.  eo ,  aber  auch  io ,  und  gio ;  ags.  dagegen  hat 
sich  die  form  als  ä  semper,  unquam  festgesetzt  {was  in  engl,  aye 
immer,  auch  ausdruck  einer  starken  bejahung,  noch  dauert),  nicht 
anders  im  fiiesischen,  wo  es  sieh  aber  nur  entweder  negiert  als  nä 
{nunquam)  oder  als  erstes  glied  von  composUen  findet  (ammer 
immer,  äwet ,  ahd.  £o-wiht  irgend  etwas  u.  ähnl.) ;  altnord.  ae 
immer,  in  der  formellen  behandlung  des  beregten  adverbialen 
accusativs  stehen  demnach  die  östlichen  und  nördlichen  zweige  des 
niederdeutschen  von  dem  westlichen  und  dem  liochdeutschen  ab  und 
dem  altnord.  nahe. 

Sachdem  ahd.  und  alts.  £o  unter  kürzung  des  langen  stamm- 
vocals  zu  io  geworden  war,  lag  der  Übergang  des  ersten  latäes 
zu  j  nicht  gar  zu  fern,  er  ist  schon  im  alts.  eingetreten ,  wie 
die  Schreibung  gio  zeigt,  und  setzt  sich  im  mn</.  jo  fort:  semper 
JQ  umnier,  jummer  mer  Dief.  526*; 

do  quam  he,  dar  twei  berge  lagen, 
dar  plach  jo  Reiuke,  sin  öm,  to  jagen. 

Reineke  fuchs  476 ; 
«■«  der  form  ju: 

Adam  was  de  erste  man 

de  JU  minschen  formen  wan. 

1'.  d.  holte  des  liitl.  cruzes  10  Schröder. 

im  hochdeutschen  gebiete  erfolgt  die  jotierung  des  lautes  erst  viel 
später,  zunächst  so  lange  nicht,  als  die  hier  gebräuchliche  geschwächte 
form  ie  den  diphthongen  zeigt,  der  auch  in  einer  ganzen  reihe 
anderer  Wörter  häufig  gehört  wird;  erst  als  dieser  dipluhong  unter- 
geht und  nur  noch  als  i  gesprochen  ist,  was  im  mitteldeutschen  am 
frühesten,  in  den  oberdeutsclien  gegenden  unter  einwirkung  der 
Schriftsprache  am  spätesten  geschieht,  fängt  eine  doppelte  behand- 
lung des  adverbs  an  sich  zu  zeigen,  die  eine,  ältere,  spricht  es 
nun  auch  als  i,  und  es  ist  dieses  zwar  selten  blosz  i  geschrieben : 

machest,  das  ich  trag 
mein  haupt  erhöcht  i  mere.    MELissrs  ps.  A7*; 

(et  Zesen  ih :  ja  ih  mehr  si  sich  solches  ruhmes  entäuszern 
würd,  ih  mehr  würd  sich  er  unter  dem  folke  häufen.  Rosennind 
(1664)  361  {vgl.  ihmals  35S,  ihdoch  354  u.  a.) ;  aber  die  aus- 
spräche wird  durch  den  reim  gesichert,  selbst  wenn  im  ii.jahrh., 
wo  die  zeichen  i  und  j  in  den  druckwerken  noch  durcheinander- 
laufen, und  auch  in  spätem  drucken,  je  erscheint: 

alle  himlische  irdische  und  hellische  knie 
müssend  dem  goies  namen  ye 
naigen  als  dj  pillich  ist. 

Vi:*OLBR$  blume  der  lugend  bei  Haupt  9,S5 ; 
und  hüt  euch  vor  den  menschen,  sie 
wern  eurh  überantworten  ie 
für  Ire  ratbeuser.     H.  Sachs  2,28.628  TiUmonn; 
o  gott  vom  birael,  so  du  ye 

wilst  haben  das  auf  erden  hie.    Schhblzl  Saul  20*; 
da  rauscht  das  wasser  schnell  behend 
und  war  iiit  tiefer  denn  zum  knie, 
da  sprach  der  bawr:  nun  merk  ich  je  .  .  . 

B.  Waldis  Esojt  2,36,16s 

143 


2275 


JE 


JE 


2276 


die»  eil  Uli-  ^llas  auf  Strasburg  je 
ganz  gluckbatl  sei,  wie  man  spür  hie. 

FiscUART  tliclit.  2,207, 10S5  Kurz. 

die  belege  gehen  bis  ins  18.  jaliib.: 

ilir  aucli,  gute  nacht,  ihr  brüdcr, 

gute  iiaclil,  du  liebes  vieh, 

seid  gesegnet  ie  und  ic.    Flehimg  397; 

denn  wenn  sie  sclilugen,  fragten  sie : 

sag  an,  wer  thats,  du  kannst  es  ie 

als  ein  prophete  sagen.    P.  Geruasu  2G,  10; 

er  herschei  über  sie  : 

so  klein  ist  kein  geschöpriein 

(auch  nicht  ein  wasscrlröpllein) 

so  ihm  verborgen  je.    L.  v.  Scumüffis  mir.  ßötl.  34; 
allmählich  sank  die  süsze  harniouie 

gleich  voll ,  doch  schwacher  stets,  herunter  bis  zum  sausein 
der  sanftsten  sommerluft,  wenn  kaum  sich  ie  und  ie 
eiu  blatt  bewegt.  Wuland  22,12»  (Ubeton  3,  57J ; 

er  steht  betrulTen  und  geblendet 
von  einer  pracht,  die  alles  was  er  ie 
gesehn,  beschämt;  so  sehr  ist  gold  und  lapis  lazuli  .  .  . 
mit  stolzer  Üppigkeit  hier  überall  verschwendet, 
doch  unbefriedigt  sucht  sein  liebend  äuge  —  sie. 

23,  22S  (11,  47). 

doch  war  zu  dieser  zeit  die  form  bereits  veraltet  und  durch  eine 
anmerkuug  zu  crtäulern :  die  alte  und  iiüch  iniiner  übliche 
überdeutsche  form  der  partikei  je  ist  ie ,  welches  beinahe 
wie  i  ausgespiüclieu  wird  .  .  .  weil  man  einem  deutschen 
dichter  das  reimen  nicht  ohne  noth  erschweren  sollte,  indem 
unsre  spräche  ohnehin  arm  genug  an  reimen  ist ,  so  halten 
wir  für  billig,  dasz  man  reimenden  dichtem  erlaube,  sich 
der  Wörter  je,  jeder,  und  jetzt  sowohl  in  dieser  neuern,  als 
in  der  altdeutschen  form  ie ,  ieder,  und  itzl,  nach  gefallen 
zu  bedienen.  23,  327.  heute  ist  dieses  ie  der  schrißsprache  nur 
in  der  negation  nie  geblieben  (über  seine  schon  frühe  Verkürzung 
im  compositum  innner  vgl.  sp.  2068),  auszerdem  in  dialcktcn,  so 
im  bdirischen  (Schm.  1,8  Fromm.),  im  kärntnischen  (Lexeb  14b), 
uo  es  noch  in  der  arl  die  Wieland  bezeugt,  gehört  wird;  im 
oberpfälzischen  ist  es  ei  geworden  (Sciim.  a.  a.  o.). 

Die  jüngere  art,  den  anlaut  des  adverbs  zu  jotieren,  ist  von 
i^iederdeutschland  ausgegangen,  Steinbach  1,609  bezeugt  aus- 
drücklich je  als  sächsisclie  ausspräche  und  stellt  derselben  als 
richtiger  die  schlesische  gegenüber,  die  ie  wie  die  ausspreche;  je 
erscheint  seil  dem  17.  jahrh.,  wo  Schottel  es  einzig  schreibt: 
je  acht  .  .  je  sechs.  1340,  und  Stieleb  SS3  beide  formen  ie 
und  je  neben  einander  aufführt;  ob  schon  früher,  müsten  reime 
beteeisen,  da,  wie  schon  oben  hervorgehoben,  drucke  des  16.  und 
zum  theil  noch  des  17.  jahrh.  j  und  i  im  auslaute  eines  worles 
durcheinander  werfen  {vergl.  auch  sp.  2185).  je  verbreitet  sich 
langsam  und  gewinnt  die  herschaß  erst  etwa  mitte  des  voriicn 
Jahrhunderts,  wie  man  z.  b.  am  drucke  Uagedornscher  werke  sehen 
kann :  in  dessen  versuch  in  poetischen  fabeln  und  erzählungen 
{liamb.  1738)  ist  noch  stets  ie  gesetzt,  ebenso  wie  ieder,  iederzeit, 
icdoch  u.a.;  in  seinen  poetischen  werken  (3.  aufl.,  llamb.  1764) 
ist  dafür  ausnahmslos  je,  jeder,  jederzeit,  jedoch  durchgeführt ; 
LESSi.tc  hat  bereits  in  seinem  frühesten  briefe  von  1743  jeder, 
jemand,  1746  je  eher,  je  lieber,  werke  12,2.3.  dieselbe  Wand- 
lung der  aussprudle  bei  jeder,  jetzt  u.  a. 

Die  Verwendung  von  je  folgt  aus  seinen  zwei  hauptbedcutungen : 
je  heiszt  zu  aller  zeit,  und  zu  irgend  einer  zeit,  doch  kann  nicht 
immer  mit  aller  schärfe  geschieden  werden. 

1.  je,  21«  aller  zeit,  immer. 

1)  selten  weist  es  auf  gegenwart  und  zukunß,  weil  in  diesem 
falle  schon  der  mhd.  Sprachgebrauch  sich  für  immer  entschieden 
hat  (vgl.  sp.  20CC) :  und  sol  ouch  gehorsam  sein,  swaj  der  rat 
und  die  scbcpfcn ,  die  ie  (stets)  dej  rates  sinl  und  schepfen 
dcj  jarcs  sint,  mit  der  mcrern  meuige  ze  rate  werdent  oder 
gesetzenl.  Mmb.fiol.-ordn.'i;  ej  sol  auch  ie  der  genante  vcr- 
sweigcn  auf  sincn  ait,  swaj  er  höret  auf  dem  rate,   ebenda; 

ie  wesender  got,  alpha  und  o.    L'ulam)  volkat.  816 ; 
in   verstärkenden   formein:   diewcil    sie   so    gutwillig   gewesen, 
leib  und  leben  bei  im  zu  lassen,  verwilligl  halten,  das  wolle 
er  je  und  allewcg  umb  sie  verdienen,   buch  d.  liibe  20a';  ist 
von  jeher  gewesen  und  wird  bis  je  und  je  bleiben.  Claudius 

4,  102; 

ausz  iit  mein  hoITnung  je  und  je.    li.  Sachs  3,3,47*; 

es  duiikt  mich  auch  je  und  jmer 
er  »ei  kein  recht  gebonier  narr.    4b*; 
nembt  darinn  zu  je  und  je  (:  Christi).    4,  l.üj'; 
pochmali  gute  nacht,  Ihr  briider, 
(Ute  nacht,  Krim  {tiri  gnitiij  je  und  je, 
•cid  gctcgiiii  tpat  und  früh. 

Cur.  ülRiKR  unerkannle  tündcn  (17ulj  luii .  c  6*. 


2)  häufiger  auf  die  Vergangenheit,  und  es  wird  wol  das  au/ 
die  zukunß  weisende  immer  ausdrücklich  davon  abgehoben :  das 
ie  wart  und  imer  wirt.    theol.  deutsch  56; 

m/iii.  iiu  bin  ich  ie  mit  in  gewesn 

und  muo;  ouch  noch  mit  iu  genesn.    Iwcin  19.')1 ; 

der  (deren)  lob  ich  ie  sanc, 

Sit  ich  6rst  gesach  ir  mundes  rncte  glesten. 

minnes.  2,  132*  Uagcn; 
nhd.    golt  weszt  je  in  der  ewigkeit 

all  sündtlich  straf  und  Seligkeit.     Scuwarzembsru  130*; 

acli  wol  mir,  sol  mich  die  umbfangen, 

nach  der  mein  herz  ye  thet  verlangen.    II.  Sachs  1, 118*; 

ein  lindre  straf  die  wer  von  iiöten, 

weil  er  sunst  ye  was  fruuib  und  irew, 

und  vor  nicht  arges  hat  gethon.     119'; 

des  Lteiszkopfs  lehr  wer  vor  viel  jähren, 

die  alten  auch  nicht  narren  waren, 

der  alte  glaub  wer  je  der  best, 

den  solt  man  allzeit  halten  fest. 

frusclnndus.  LI  v*  (2,  6,  1). 

auch  hier  gewöhnlich  in  formelhaßcn  Verbindungen: 

der  Site  ist  ie  und  ie  ergän: 
swas  leides  lideiit  die  man, 
daj  beweinent  allej  diu  wip. 

Dietrichs  fluclit  3475  Marlin; 

ich  berufe  mich  auf  aller  doctorn  und  der  ganzen  kirchen 
urteil,  welche  allzumal  je  und  je  geleret  haben,  das  besser 
sei  gnugthun,  denn  gnuglhuung  erlassen.  Lctiieb  1, 55*;  zum 
siebenden,  gefeit  es  uns  nicht  übel,  das  man  das  symboliim 
Nicenum  singe,  wie  j«  und  je  gewünlich  gewesen.  3,271*; 
weil  nun  der  merteil  der  geschieht  und  buch.schreiher  natür- 
liche menschen  ye  und  ye  gewesen  seind.  S.  Frank  weltbuch, 
vorrede;  wie  denn  viel  groszer  leute  ..  dem  eisen  je  und  je 
den  Vorzug  und  preisz  vor  andern  metallen  geben  haben. 
Mathes.  Sar.  78';  ich  habe  je  und  je  gehört  . .  KiHCHiior  mil. 
disc.  214 ;  grosze  leut  haben  je  und  je  solcher  verdeckter  reden 
gern  gebrauchet.  Sciiuppius  830; 

die  weis  hat  ie  und  ie  gewert,    fasln,  tp.  42,26; 

ist  dinsthaft  gevrcst  tag  und  nacht 

und  hat  ie  und  ie  gedacht 

auf  er  und  gcfür  und  frumkheit  stet.    43,  12; 

desz  königs  tochter  auf  der  fart 

der  ich  je  und  je  günstig  ward.     H.  Sachs  4,  1,  10*; 

warheit  je  und  je  bei  im  war.     17*; 

sei  mir  tausendmal  gegrüszct, 

der  mich  je  und  je  geliebt.    1'.  Gerhard  16,  1 ; 
(dun  totl)  den  ich  vor  dich  zu  tragen 

war  willig  ic  und  ic.      A.  Ukypuius  169ä   1,  28 ; 

wie  dann  ganz  Griechenland  je  und  allweg  unzalbar  abgötter 
gehabt.  Reiszneb  J«rus.  2,73';  ihr  aber  habt.. je  und  allweg 
tückischer  weisz  gehandelt.  Kirchhof  mil.  disc.  86;  ich  bab 
euch  |doch  je  und  allweg  für  einen  getrewen  und  rechten 
frauwendiener  gehalten.  Galmy  90;  dasz  er  ncmlich  (der  geiz) 
je  und  allwege,  wie  dann  auch  noch,  die  wurzel  alles  Übels 
genennet  worden.  Simpl.  2,  iS'  Kurz ;  das  weihliche  geschleckt, 
das  hat  je  und  allezeit  geherrschet.  Schuppius  531;  ich  zwar 
habe  je  und  allzeit  dafür  gehalten,  dasz  das  alterthum  eines 
dinges,  solches  weder  bösz  noch  gut  mache.  403 ;  dasz  er  je 
und  allezeit  feierlich  aussehen  würde  wo  ein  vernünftiger 
mensch  lacht.  Wieland  l'J,  2S0;  den  einOusz,  den  .  .  zu  je 
und  allen  zeiten  die  glieder  des  klerus  anf  die  politisclien 
macht  haber  ausübten,   briefe  an  J.v.  Müller,  bd.  2,  von:  s.\. 

3)  diese  bedeutung  zeigt  sich  auch  in  der  der  moilcrnen  sjn-ache 

noch  gewöhnlichen  Verbindung  von  je,  welche  eine  ununterbrochene 

zciterslreckuny   von  der  Vergangenheit  in  die  gegenwart  bezeichnet 

(vgl.  auch  jeher):  von  ye  walten  her,  ab  aevo  condilo  Maai.eb 

509'; 

denk,  was  der  fürst  von  je  an  mir  gcthan. 

Schiller  W'atlenst.  toJ  3,  21  ; 

ich  höre  staunend  die  gewall  des  munde*, 
der  mir  von  je  so  unlieilbriiigcnd  war.    U.  Stuart  1,1; 
das  griechische  war  mir  von  je  zu  trocken.    Platk:i  163 ; 
von  je  und  je :  diese  herreii  waren  ja  von  je  und  je  wegen 
ihres  kreiw-  und  hörnerpflanzeiis  berülmit  Münchh.  reisen  55 
drum  blieben  die  neun  Jungfern  auch 
von  je  und  je  so  schiicblern.    ItÖHcitR  &*; 

es  bestaiigl  diesi  die  menge  der  cxempel. 
daiz  Kolcli  ein  tilg  von  je  und  je  ein  Stempel 
erhabener  genieeii  war.     31'; 
an  euch  war  goties  thnl  und  wori 
von  je  und  ju  verloren.     45*. 

4)  je   aus   dem   begriff  immer  in  den  jedesmal  umgeschlagtn 

(fi//.    imiiiiT    III     <:ri   V>ii:iil  ■ 


2277 


JE 


JE 


2278 


dö  bot  Ehmereiz  min  suon', 

den  schaden  ze  gelten  disem  lani: 

swä  daj  geiu  einem  bisant 

mit  QCiste  het  enphangen  not, 

ie  da  gein  Karies  löt 

weit  er  wegen  bereite;  gelt.     Wolfram  Willen.  256,22 

dise  (seelenkräße)  sint  gehorsam  {der  rernunß)  ie  wann  es  in 
eben  ist  und  ir  lune  ist.  Keisersberg  bilg.  &';  also  thet  der 
vatter  und  nam  in  hinder  sich  uf  das  pferd.  also  lupft  sich 
L'lenspiegel  binden  uf  mit  dem  loch,  und  liesz  die  lüt  ye  in 
den  ars  sehen  und  sasz  da  wider  nider.   Ulensp.  s.  4  Lappenb. 

5)  je    auch   tcie  einst,    eine  jetzt  abgeschlossene  dauer  in  der 

Vergangenheit  bezeichnend: 

ich  bin  erstlich  ein  junkfrau  gwesen  (sagt  die  spinne), 

thut  man  im  Ovidio  lesen, 

Aragne,  so  war  ja  mein  nam.    H.  Sachs  1,483". 

6)  je,  der  bedeutung  nach  abgeschwächt,  ähnlich  wie  immer 
auch  {vgl.  sp.  2071  fg.),  in  verschiedener  ort.  die  fälle  gehören 
der  älteren  spräche  an. 

ä)  es  tritt  zu  einer  allgemeinen  behauj^ung  oder  mahnung,  im 
sinne  von  immer,  auf  jeden  fall:  du  must  got  ie  ein  gnüge  thun 
für  din  sünde,  entweders  hie  oder  nach  dem  tod.  Keisersberg 
bilg.  3';  da  lasset  uns  je  zusehen,  das  wir  nicht  unter  dem 
häufen  funden  werden,  für  welche  er  nicht  bitten  wil.  Lctheb 
6,185*;  weil  er  sich  selbs  für  unsere  Sünde  in  tod  geben 
hat  .  .  so  ist  er  je  kein  tyrann.  7,27";  nun  ist  ye  sömlichs 
ein  sondere  grosze  ergernusz,  wo  man  vor  züchtigen  personen 
sömliche  unnütze  wort  übet.  Wickram  roUw.  5,18  Kurz;  das 
seit  je  die  weit  schrecken,  das  sie  für  zittern  verstarrete  für 
solchem  urteil,  ebenda;  so  wil  mir  je  nach  göttlichem  gesatz 
gcbüren.  ihm  (meinem  vater)  gehorsam  zu  sein.  Galmy  195; 

dein  gsicht,  gehör,  verstandt  und  sinn 

fallen  auch  teglich  stuckweisz  hin,  .  .  . 

dabei  sollst  je  verstanden  han, 

das  auch  müstest  ein  mal  davon. 

B.  Waldis  Esop  3,25,29; 
du  globtest  mir  dreiszig  schaf, 

das  wardt  je  uit  geredt  im  schlaf.    4,9,24; 

er  sey  geleich  wer  und  er  wöll, 

er  uns  ye  nicht  entrinnen  soll.    H.  Sachs  1,119'; 

dann  es  ist  je  das  Sprichwort  war, 

es  fehlet  nicht,  dasz  in  eim  jähr 

etwa  in  eim  dorf  kirchwei  ist. 

J.  AiRKB  239»  (1191,4  Keller). 

b)  oder  zu  einer  bedingten  behauptung,  einer  gegenbehauptung, 
einem  Zugeständnis,  tcie  immerhin,  allerdings,  docA  (tj^  j edoch) : 
nu  ist  je  war,  das  die  warheit  und  gerechtigkeit  nicht  scheuet 
das  gericht,  ja  nicht  liehers  hat,  denn  liecht  und  recht. 
Lctheb  1,358';  des  {gottes)  wille  geschehe  auch  in  uns  mit 
frewden,  oder  je  mit  gedult.  6,273";  er  bat  ein  buch  durch 
ein  neber  loch  gesehen,  wann  einer  seicht  gelert,  ein  ding 
zu  lernen  erst  hat  angefangen,  und  es  noch  nit  kan,  oder  ye 
nit  wol  kan.  Fr.\sk  sprichw.  1,  l';  frid,  lieb,  glauben,  trew  . . 
laszt  sich  nirgent  sehen,  oder  ye  wenig.  2,104';  der  reuter 
erzalt  der  oberkeit,  wie  er  für  den  hund  hett  müssen  die 
urten  . .  bezalen,  so  were  es  ye  billich,  das  er  auch  wol  lege 
{ein  gutes  lager  habe).  Wickram  rollw.  129, 18  Kurz;  derwegen 
da  man  in  {den  Rabelais)  je  wolt  teutsch  haben,  hab  ich  ihn 
eben  so  mehr  im  teutsch  wollen  verkleiden,  als  das  ich  einen 
ungeschickteren  Schneider  müst  drüber  leiden.  Fischart  Garg. 
16;  disz  war  wol  je  etwas  scharf,  gleichwol . . .  e/iz.  16 ;  aber 
.sintemal  es  jhe  musz  gescheiden  sein,  so  beware  dich  der 
allmechlig  vor  allem  ungutem.  Amadis  29;  ich  wil  dir  gar 
gerne  zu  ehren  und  auch  zu  lieb  darkoinnien  {zur  hochzeü). 
doch  eins  musz  ich  dich  je  fragen ,  wer  oder  von  wannen 
ist  die  frauw,  die  du  genommen  hast,  auch  sage  mir,  ob  sie 
fast  wol  und  hochgeboren  sei,  denn  ich  jhe  dir  zu  lieb  dar- 
kommen  wil.  buch  d.  liebe  265*;  hatten  also  abgeredt,  wenn 
ie  eine  parthei  ergrilTen  würde,  so  soll  sich  das  ander  thcil 
jn  keinen  vertrag  geben,  jene  weren  denn  auch  zu  gleich  an 
leib  und  gute  gesichert.  Becherer  neue  Ihür.  ehron.  (1601)412; 
so  ist  derwegen  je  ein  grosze  torbeit,  dasz  man  tanze  und 
hupfe  .  .  als  lang  wir  uns  in  diser  armseligkeit  befinden. 
Albebtincs  der  weit  tummel-  u.  Schauplatz  (1612)613;  kanst  du 
aber  der  wollust  je  nicht  entbehren ,  so  wisse  dasz  kein 
grüszere  als  ein  beständiges  gemüthe  ist.  Opitz  2,254;  es  isl 
ie  nichts  geschwinders  als  die  seelc.  308 ;  warum  brauchestu 
nicht,  wenn  du  je  närrisch  sein  will,  die  hriflichkeit,  so  die 
wilden  .  .  im  brauch  halten?  Phila7(der  1,617; 

hie  bin  ich  und  die  Schwester  mein, 

die  ist  ein  hur  und  nil  doch  ie 

geltichen  erbtail  haben  hie     fastn.  sp.  531,21; 


(man  spricht,  goti)  zürn  nit  ser, 
ob  man  joch  etiwann  sund  volbring, 
und  wygt  die  süuden  also  gering, 
das  Sünden  ye  sy  ganz  menschlich, 
nun  hab  doch  gött  das  hymelricb 
den  gensen  ye  ganz  nit  gemacht, 
so  hab  man  'alJzyt  sünd  volbracht. 

Brant  narrensch.  14,7.9; 
o  das  wer  dieser  jüngüng  mein! 
0  das  mag  aber  ye  nit  sein!    II.  Sachs  1,  118*; 
ich  gib  ein  rat  euren  genaden, 
weil  ye  geschehen  ist  der  schaden, 
und  man  den  jungling  strafen  wil, 
das  es  gescbech  heimlich  und  stil.    119': 
musz  aber  je  der  jüngüng  sterben, 
so  thnts  still.       120' ; 
nun  west  ich  je  auch  geren,  wer 
der  grosz  vi'erecket  narr  auch  wer.    467*; 
bist  je  so  wol  der  narr  als  er.    481*; 
0  Jupiter,  wie  kanst  zusehen 
solche  unbillichkait  geschehen,  .  . 
ich  thu  je  dis,  dazu  mich  schufst, 
und  nehr  mich,  wie  du  niich  berufst. 

FiscBAiT  ilichi.  2,8.173  Kurz; 

drum  wollen  sie  euch  nimmermehr, 

sie  müssen  sich  ie  euer  schämen, 

wa  sie  zu  rechten  leuten  kämen.    70,2601; 

mid  wenn  der  feind  je  starker  wer, 

daran  ich  gar  nit  zweifei, 

auch  anzugreifen  kam  daher, 

so  flieht  wie  tauseut  teufel. 

Wkllir  /jeder  des  iOjähr.  kriegs  128 ; 
ist  je  nit  billich  und  nit  recht 
dasz  reformirte  bawren  .  .  . 
allein  solln  haben  so  viel  gelt.     129. 

c)  oder,  indem  die  zeitliche  bedeutung  wieder  mehr  hervor- 
scheint, in  der  Verwendung  wie  denn,  nun:  dieweil  jhe  die 
Sachen  zu  solchem  sich  zugetragen  und  inn  diese  letzte  noth 
und  extremitet  gerahten.  Amadis  27 ;  dieweil  aber  die  sach 
sich  also  schicket  und  der  ritter  je  mit  mir  davon  wil,  so  ist 
meines  bleibens  nicht  lenger.  Galmy  196;  dieweil  sich  denn 
je  mein  sach  also  zutregt,  dasz  ich  mich  nicht  änderst  be- 
helfen  mag.  276;  dieweil  ich  je  getüdtel  und  gemetzget  werden 
musz  {sagt  ein  zu  opfernder),  b.  d.  liebe  224* ;  je  nicht,  immer 
nicht,  gar  nicht :  da  sie  je  nicht  schweigen  wolt,  nam  er  ein 
halmen,  und  legt  den  für  sie  und  sprach :  fraw,  dieweil  jhr 
je  krieg  und  unfricdt  haben  wollet ,  so  krieget  mit  diesem 
halmen.  287*;  ye  vester  er  aber  kochet,  ye  mer  das  kind 
schreit,  als  es  aber  ye  nit  schweigen  wil ,  nimpt  der  gut 
Joseph  ein  lö£fel  voll  heiszes  musz.  Wickram  roUw.  1S3, 8  £urz; 

ich  naizt  im  auch  das  har, 
die  Wangen,  stirn  und  nas; 
ich  weis  nit,  wie  im  was, 
wan  das  er  ye  erquickt 
und  dugentli'ch  uff  blickt.    Altswirt  205,29; 
weil  es  je  mag  nit  änderst  sein, 
so  facht  nur  an  und  schneidet  drein  (in  den  bauch). 
H.  Sachs  1,467»; 
lasz  mich  verjagen 
die  fliegen,  mücken,  die  dich  plagen 
und  dich  mit  siechen  heftig  drücken : 
so  magst  dich  je  zum  theil  erquicken. 

B.  Waluis  Efop  4,52,20; 
weil  jhr  so  hart  mich  bittet  je  (:  hie), 
so  wil  ich  mich  von  euch  uicht  wenden. 

J.  Atrbr  307'  (1537, 1  Keller)  ; 
weit  ich  je  nit  gern  allhie  sterbn ! 
ich  bitt  doch:  last  mich  gnad  erwerbn. 

fa>tn.  sp.  3'  (2348, 21). 
vgl.  auch  unten  jeso. 

d)  endlich  ist  es ,  und  am  häufigsten ,  zu  einer  partikel  der 
betheuerung  oder  auch  nur  der  hervorhebung  geworden,  und  in 
diesem  falle  mit  ja  7,  sp.  2196/'.  sich  berührend,  so  dasz  gefragt 
werden  kann,  ob  nicht  hier  die  uebenform  je  von  ja  {sp.  2273)  auf 
diese  Verwendung  mü  eingewirkt  hat :  es  were  uns  je  besser  den 
Egyptern  dienen,  denn  in  der  wüsten  sterben.  2  Mos.  14, 12 ; 
so  ich  aber  durch  gottes  finger  die  teufel  austreibe,  so  kompt 
je  («Ort)  das  reich  gottes  zu  euch.  Luc.  11,20;  das  gesetz  isl 
je  (/«»')  heilig.  Rom.  7,12;  zwar  es  isl  je  {fietov^ye)  in  alle 
land  ausgegangen  irer  schall.  10,18;  so  ich  mich  je  rhümen 
sol  («  xni'xnod'at  Sei) ,  wil  ich  mich  meiner  schwachen 
rhümen.  2  Cor.  11,30;  denn  das  ist  je  gewislich  war  (Tiiaros 
6  /.öyos).  1  Tim.  1,15;  er  war  je  noch  in  den  lenden  des 
vaters  (sti  ya^  iv  rf,  oofvi  rov  nargbi  »;»'),  da  im  Mel- 
chisedech  entgegen  gieng.  Ebr.  7,10;  denn  er  mus  je  nicht 
mit  ertichlen  Worten  für  gott  reden,  es  mus  war  sein,  das 
er  sünd  hat.  Ldther  1,27*;  {Jacob)  hat  je  sechs  söne  mit  jr. 
4, 163';  du  weist  je  wol  was  gott  ist.  165  ;  denn  ehe  die  well 

143* 


2279 


JE 


JE 


2280 


worden  ist,  hat  je  uiclils  künden  sein,  on  gotl  alleine.  6,  tÄO'; 
denn  das  woit,  alles  was  dein  ist,  das  ist  mein,  lesset  je 
nichts  ausgeschlossen  sein.  18"';  es  ist  je  niemand  uberal 
heilig ,  sie  gleiszen  und  schmücken  sich  wie  sie  wollen ,  on 
allein  dein  name  und  wert  so  ich  predige.  189';  wir  armen 
leut  haben  je  ein  reichen  gott,  von  dem  alles  gutes  her- 
kommet. M ATH ES.  Sar.  39";  da  alle  pfaffen  creatores  creatoris 
genennt  werden,  nun  macht  er  je  selbst  alle  die  pfafTen, 
so  mag  er  auch  billich  crealor  crealorum  creatoris  . ,  genant 
werden.  Fischart  bienk.  123';  so  wir  uns  nun  von  disem 
cürper  (der  kalholischen  kirche)  absundcrn  und  in  die  Laule- 
risch  ketzerei  fallen,  so  handt  wir  je  den  corper  geschcndt. 
WiCRKAM  roüw.  46,  26ÄHri;  die  wolt  der  könig  von  Elsasz  je 
zum  weih  haben,  oder  aber  je  das  schlosz  mit  gewalt  gewinnen 
oder  zwingen,   buch  d.  liebe  269"; 

und  mag  ich  nit  jr  huld  erwerben, 

so  musz  ich  ys  vor  »elinen  giciiien.    H.  Sachs  1,  112'; 

Adam,  tbut  unser  pTarrherr  lesen, 

ist  unser  aller  vailer  gweseii, 

so  sind  wir  je  all  seine  Kinder.    470'; 

siehst  wol,  wir  sind  je  frembd  auszlendcr.    474*, 

nun  bab  ich  euch  Je  auszerkorn 

vor  ander  all  die  mir  gelelt.     477*; 

hör  haubtman  es  ist  Je  nit  gut 

das  du  nii  besser  hellst  in  Fuit 

dein  könig.      3,  l.öy; 

da  sprach  der  bawr :  nun  merk  ich  je  (:  knie) 

sichrer  isis  sich  zu  begeben 

in  rauschend  wasser,  die  feindtlich  leben, 

denn  in  den  stillen,  lielen  piüleu. 

ü.  Waluis  Esop  2,  36, 16  ; 
hol  dich  der  todt,  du  beilosz  fliegen  ! 
du  solt  je  wider  mich  nit  siegen.    2,99,6; 
da  er  (ijoil)  ein  fromme  Junglraw  bell, 
welche  Maria  war  genant, 
die  Joseph  noch  nie  bctt  erkant, 
das  ist  Je  gewisz  und  auch  war, 
ob  sie  Jhm  schon  verirawet  war. 

Euer  ilineiar.  (Eislehen  1C04)  5 
ich  lasz  es  wol  (ilie  Verehrung  eines  albernen  reichen), 
weil  man  ein  gülden  kalb  je  nicht  verehren  sol. 

J.  Grob  ii»  Wackernaijels  leseb.  2  (1876)  603. 

II.  je,  zu  irgend  einer  zeit. 

1)  es  weist  auf  einen  utibestimmten  künftigen  Zeitpunkt: 

so  maint  ir  .  .  mit  Worten  mich  zu  schweigen, 

aber  ich  wil  ie  ein  andern  reien  geigen,    laslit.  sp.  42,30; 

dann  dasz  die  geitigen  und  die 

ungerechten  understant  ie 

in  (den  bicunenilcn  husch)  zu  leschen,  mags  doch  nit  sein, 

dann  er  von  goi  bat  seinen  schein. 

ScuADK  Sdt.  lt.  pasipi.   1,23,126; 
lockte  die  neugier  nicht  den  menschen  mit  heftigen  reizen, 
sagt!  erfuhr  er  wohl  je,  wie  schön  sich  die  weltlichen  dinge 
gegen  einander  verhalten?  Götuk  40,  237; 

aber  denke  nur  nicht,  du  wollest  ein  bäurisches  mädchen 
je  mir  bringen  ins  haus,  als  Schwiegertochter.     250; 

denn  wenn  das  Je  ein  mädchen  tbut, 

so  bat  daran  der  wankcirauth 

gewisz  mehr  antheil  als  die  tugend.    2,242; 
wenn  ilim  Je 

der  hohe  lohn  bustiuimi  ist.     Schiller  Piccol.  3,  8; 

wo  je  bei  altem  gutem  wein 

der  Würtemberger  zecht, 

da  soll  der  erste  trinkspruch  sein: 

das  alte  gute  recht!      Luland  (jiil.  85. 

2)  auf  einen  unbestimmten  punkl  der  Vergangenheit : 

vil  schöne  salzte  mich  sin  hant 

hinder;  ros  an  daj  lunt, 

da{  ich  vil  gar  des  vcrgaz 

ob  ich  üf  ros  ie  gesaj.    [wein  746; 

»wer  ie  kninber  erteil, 

den  erbarmt  dfs  maniies  arbeit 

niichel  barter  dan  den  man 

der  nie  deheinc  not  gewan.    4389; 

die  gr&szest  olTcmliarlichest  lugen  die  ye  geredt  ward.  Kei- 
ÄKhSBtRC  ha$  im  pf  Aa»';  so  oft  ich  cucii  genand  habe  on 
lieutel,  on  laschen,  und  on  schucli,  habt  jr  auch  je  mangel 
gehabt  (//>7  rttoe  ioitQTjauTt)'*  Lüf.  22,  30;  hah  ich  auch  je 
gepflegt  dir  also  zu  Ihun?  A  Mos.ll,'M\  haslu  mit  li  je  deinen 
feind  erfumlen?  \  kün.  21,  2u;  w(j  i»t  ein  unschuldiger  tunb- 
koinen?  oder  wo  sind  die  gerechlen  je  vertilget?  tliab  4,7; 
ich  vcrdampl  alle  deine  kinder,  die  je  gewesen  sind.  ps.  73,  I&; 

Seba«lian  Hrant  i<t  auch  im  spil: 
der  bot  anzuigi  der  narren  vil 
die  nieroant  iiniii  ie  bet  erkenl 
dati  »ie  auch  narren  weren  gunent. 

ScMAüK  Au<.  u.  patqit.  1,30,  Ib7; 


wer  bat  gröszer  unrecht  ie  gehört 
und  die  weit  ie  so  hoch  betört?    49,  41  ; 
weg  weit!  weg  cnlen!  nichtige  phantasie! 
weg,  stand!  weg  ehre!  flüchtiger  ieizt  als  ie! 

A.  Gryphius  I69S  2, 142; 
tmd  wer  verehrt  den  vollen  busen  nicht, 
der  alles  das  an  llebreiz  übersteiget, 
was  l'aris  je  gescbn,  und  Venus  je  gezeiget? 

IIagsdorn  2,  51 ; 
hast  du  die  schmerzen  gelincHtrt 
je  des  beladencn? 
hast  du  die  thranen  gesiillct 
je  des  geängsteten?    Göthk  2,80; 
lieber  möcht  ich,  als  je,  mich  heute  zur  heirath  ent- 
schlieszen.    40,  249 ; 
die  sonne  ging  wieder 
herrlicher  auf  als  je.     250; 
ward  je  in  dieser  laun  ein  weih  gefreit? 
ward  je  in  dieser  laun  ein  weil)  gewonnen? 

Shakesp.  Itichard  lll  1.2; 
habt  ihrs  schon  je  erlebt,  das  möcht  ich  wissen, 
dasz  ich  mit  Zuversicht  gesagt:  so  isis, 
wenn  es  sich  anders  fand?    Hamlet  2,2; 

kein  könig  seufzte  je 
allein  und  obn  ein  allgenieincs  weh.    3,3. 

selten  je  im  sinne  von  nie,  ist  noch  ein  nachklang  mhd.  hrauches  : 

daj  was  ein  frier  büman 

der  vil  seilen  ie  gewan 

dehein  gröj  utigemach.    arm.  Ilvinr.  270; 

also  daj  der  Triefnas 

Mäcztciiis  selten  ie  verga«.    ring  2',  10. 

In  der  Verbindung  je  und  je  (verschieden  von  oben  I,  1  und  2) 
zu  einer  und  der  andern  zeit:  er  kam  je  und  je  einmal  zu 
mir;  je  und  je  giengen  wir  ins  thealer;  des  herrn  majors 
von  Walter  hohe  gnaden  machen  uns  wohl  je  und  je  das 
bläsier.  Scmiij.er  kab.  u.  liehe  1,2;  auf  die  Zukunft  bezüglich: 
leer  und  erstorben  ist  meine  zuknnft  —  doch  werd  ich  noch 
je  und  je  am  verwelkten  strausz  der  Vergangenheit  riechen.  3,4. 

3)  zu  andern  Zeitbestimmungen  gesetzt,  verallgemeinert  je  die- 
selben oder  zieht  sie  ins  nngewisse  (vgl.  auch  jeweilen,  jezu- 
weilen,  jemals,  jemalen):  dasz  keiner  jemalen  so  witzig,  so 
verständig  und  so  geschicklich  gewesen,  deme  es  nicht  je 
zuweilen  gefehlet.  Schuppius  525;  hatte  er  je  einmal  kein 
geld.  Hedei.  schatzkästl.  186;  der  fürst  seihst,  wenn  er  sich  je 
zuweilen  hier  einfand,  sah  sich  ...  vernachlässigt.  Schiller 
714;  wenn  es  auch  je  zuweilen  dazu  kam.  859;  wie  dem  laufe 
aller  menschlichen  glückseligkeit  sich  je  einmal  ein  dämm 
entgegenstellt.  Göthe  23,187; 

ich  sach  in  eins  die  kirchen  durch  gutzen 

und  ie  zu  Zeiten  eine  an  schmutzen,    fasln,  sp.  544,9. 

4)  zum  pronomen  tritt  je  ebenfalls  im  verallgemeinernden  sinne 
(vgl.  jeder,  jeglich):  und  hat  nit  llei.sz  mit  ie  etwas  guter 
hegirden  zu  mcren  das  feuer  der  liebe.  Kkisersberg  bäum  d. 
sei.  10";  Johannes  Stucky,  oder  wer  ie  (wer  immer)  den  werd 
innhabe.  «tris//i.  4,  288  (Züiich,  \5.jahrh.);  von  eim  ding  daran 
man  gar  zweifelt  und  von  weile  nit  kennen  kan,  sagt  man: 
es  ist  ein  kuw  oder  einzelszie,  es  war  ye  etwas.  S.  Frank 
sprich  w.  1,  ll'. 

6)  die  distributive  Verwendung  von  je  schlieszt  sich  dem  begriff 
eines  zeittheiles  an,  den  das  wort  in  der  zueilen  haujttbedeulung 
besitzt,  sie  ist  mehrfach,  dasz  auch  inuuer  in  diesem  sinne  stehen 
kann  (sp.  2072),  ist  daraus  zu  erklären,  dasz  dasselbe  bisweilen  in 
den  sinn  von  je  jemals  umgeschlagen  (sp.  2071). 

ü)  je  tritt  zum  zahlworte :  also  fieng  der  liaur  an  die  schaf 
also  über  ze  füren  ye  zwai  und  zwai.  Steinh^wei.  (Us")  97* ; 
also  schlecht  (schlägt)  ie  eins  das  ander  mit  den  flügelen  der 
guten  werk ,  damit  ie  eins  das  ander  vermant  für  und  für 
ze  faren.  Keisersherc  bäum  d.  sei.  lo';  jre  angcsiciitc  und 
flügel,  waren  oiien  iier  zurleilef,  das  je  zwfen  tlügcl  zusamen 
schlugen.  Wcs.  1,11;  und  der  selben  gemach  waren  auf  jeder 
seilen  drei  und  dreiszig,  je  eines  an  dem  andern.  41,6;  vier 
grosze  thier  stiegen  er  auf  aus  dein  meer,  eins  je  anders 
denn  das  ander.  /)an.  7, 3;  es  waren  alier  alda  sechs  steinern 
wasserkrilge  gesetzt  nach  der  weise  der  jüdischen  reinigung, 
und  gieng  in  je  einen,  zwei  oder  drei  mas.  Joh.i.G;  dasz  in 
aciit  lagen  (von  dem  neuen  eheftaare)  ye  eins  wolt,  das  ander 
wer  ein  wolf  und  lief  zö  holz.  S.  Frank  sprichw.  2,  lo«' ;  ye 
eilf,  undecim,  ye  ein  lag  uinh  den  anderen,  alterno  quoque  du> 
Maaler  'Mu*  ;  ye  über  zwei  jar,  binis  annis,  ye  zii  funfjaren, 
quinto  qutique  anno  ebenda;  thiic  das  je  zu  nchl  lagen  rinniol 
oder  zwei.  TABEM:iiAEsio!i<r.  COI ;  da  es  je  eine  der  andern  in 
kleidung  hat  wollen  zuvor  Ihun.    Schuppius  108;    seine  leulc 


2281 


JE 


JE 


2282 


brachten  ihm  ausz  Egypten  je  einen  wagen  umb  sechzig  silber- 
linge,  und  ein  pferd  umb  löO  siiberlinge.  122;  es  war  artllcb 
zu  hören  als  je  einer  (t'on  :im  dieben)  zum  andern  sagte:  acb 
bruder,  was  ist  das?  Simpl.  3,370  Kurz; 

ie  zwischen  zwein  froren  stuont, 

als  si  noch  bi  tanze  tuont, 

ein  ritter  an  ir  hende : 

dort  an  enem  ende 

ie  zwischen  iwein  meiden  gie 

ein  knabe  der  ir  hende  vie.    Helmbrecht  9"; 

und  ie  zwischen  zwein  frouwen  guot 

saj  ein  riier  höchgemuot.    Heinrich  Tristan  S95; 

ye  einer  den  andern  letzt 

mit  sunden  und  mit  schand.    Altswert  238,34; 

ich  {mgt  das  zipperlein)  nemb  im  alle  seine  gelider 

je  eines  nach  dem  andern  ein.    H.  Sachs  1,454"; 

ye  mit  dem  dritten  wort,  tertio  quoque  verbo  Maaler  509';  je 
das  fünfte  jähr,  quinlo  quoque  anno  Steimbach  1,801;  wie  ofi 
er  des  tages  den  friede  versagt,  .  .  als  dicke  sol  man  in 
pfenden  ie  umb  fünf  pfunt.  Aurnft.  pol.-ordn.  34; 

er  wurde  je  im  siebenten  jähr 

auf  einem  blumenbeicränzten  wagen 

durch  Stadt  und  landschaft  schau  getragen.    Wikla:<d  IS,  274  . 

in  dieser  noih  beschiosz  die  landsgemeine, 

dasz  je  der  zehnte  burger  nach  dem  los 

der  Tater  land  verlasse.    ScuatER  Teil  2,  2; 

von  dem  unreinen  vieh  aber  je  ein  par.  l  Mos.  7,3;  ligen 
Winterszeit  verhalten  und  verschlossen  in  den  löchern  je  ge- 
parecht.  Forer  fischb.  12'. 

Für  dieses  je  ist  auch  ja  gesetzt,  sp.  2198. 

6)  in  verschiedener  anderer  Stellung:  wer  de;  ieman  wider, 
der  sol  geben  ie  der  man  hundert  pfunt  haller.  Nürnb.  pol.- 
ordn.  33;  fressen  sich  selber  je  der  gröszer  den  kleinern. 
Forer  fischb.  47*;  ye  der  allergeleertest,  doclissiinus  quisqite, 
ye  der  fürnemmest,  singularis  quisque,  ye  der  nächst,  ye  der 
erst  der  kumpt,  quilibct  Maaler  509';  dabei  machte  Vult  das 
ruhigste  gesiebt  von  der  weit  vor  je  dem  schönsten  {mädchen- 
gesicht  in  der  gesellschaft).  J.  Padl  ßegelj.  1,15.1; 

swannen  ie  der  man  was  benant, 

also  schrei  er  al  zehant 

in  fürten  unde  iif  plane.    Wolfram  Willeh.  437,7; 

und  über  daj  leite  ie  der  man 

sine  reisekappen  an 

und  sä?en  ül  ir  ors  also.    Trist.  135,  7 ; 

je  nach  Verschiedenheit  der  fälle  musz  man  urtheilen ;  nach 
ihnen  ist  viel  nachfrage ,  und  ich  antworte  je  nachdem  die 
menschen  sind.  Göthe  an  Schiller  1,80;  ye  nach  dem,  prout 
Maaler  509*;  ye  demnach  die  person  ist.  Wicrram  rollw.  4,4 
Kurz;  viele  bedürfnisse  des  äuszerlichen  Wohlstandes  .  .  be- 
balten ihre  dauer  oder  ihre  Schönheit  länger,  je  nachdem  wir 
sorgfältig  und  ordentlich  mit  ihnen  umgeben.  Geller?  5,258; 
jeder  gab,  der  eine  weniger,  der  andere  mehr,  je  nachdem 
der  geldbeutel  beschaffen  war  und  das  herz.  Hebel  2,  158. 
je — je  bald  —  bald:  ein  schöne  tragedj ,  aus  dem  Esopo 
gezogen  von  dem  doctor,  der  den  esel  je  tryb,  je  zocb,  je 
er  oder  sein  son  ritte.  S.  Wild  6«  Tittmann  deutsche  schausp. 
des  16.  jahrh.  1,209. 

c)  je,  im  sinne  von  jedesmal,  indem  es  handlangen  oder  zu- 
stände von  gleicher  beschaffenheil  der  zeit  nach  theill :  einer  jeden 
Sachen  (rechtssache),  wie  bösz  je  dieselbig  war,  .  .  ein  nasen 
machen  kondte.  Kirchhof  wendunm.  127'; 

ein  graues  männiein  pflegt  bei  nächtlicher  frist 
durch  verschlossene  tnüren  zu  ihm  einzugehen ;  .  . 
und  immer  was  groszes  ist  draul'  geschehen, 
wenn  je  das  graue  röcklein  kam  und  erschien. 

Schiller  Wallenst.  lagcr,  6.  auflr. 

6)  je,  zu  zwei  mit  einander  in  Verbindung  stehenden  compa- 
rativen  gesetzt,  zeigt  ein  wachsen  des  in  letzteren  ausgedrückten 
begri/fes  nach  einem  bestimmten  Verhältnis  an,  und  berührt  sich 
sonach  zunächst  mil  der  distributiven  Verwendung  {no.  5).  die 
Teilung  von  je  ist  manichfach. 

a)  je— je: 

läl  mich  zuo  den  frowen  gän  : 

so  ist  dsj  min  alier  meist«  klage, 

so  ich  ie  märe  zühtc  hän, 

so  ich  ie  minre  werdekeit  bejage.    Walther  91,3; 

ye  meer  man  sy  trösten  will,  ye  minder  es  sy  hilft.  Keisebs- 
BERC  has  im  pf.  Bbs';  ie  me  dich  frürt ,  ie  nie  du  soll  zu 
dem  ofen  gan.  bäum  d.  sei.  12';  je  mehr  einer  trinkt,  je  mehr 
einer  dürstet.  Reiszner /erus.  l,  24';  je  weiter  ich  aber  gie ng, 
je  tiefer  ich  von  den  leutcn  hinweg  in  wald  kam.  Simpl.  1, 25 
Kurz;   die   fama  hat  die  art  eines  Schneebällen,   welcher  ie 


weiter  er  gewelzet  wird,  ie  mehr  er  zunimmt,  polil.slockf.lhl; 
je  näher  hergegen  ein  scribent  der  Vollkommenheit  kömmt, 
je  mehr  fehler  entdeckt  er  an  sich.  Liscov  543;  je  mehr  ich 
diesen  Ursachen  nachdenke,  je  ernstlicher  wird  mein  vorsatz, 
niemals  dergleichen  Schriften  wieder  zu  wagen.  Rabener  werke 
4,11;  ich  glaube,  ihr  gelehrten,  je  mehr  ihr  lernt,  je  mehr 
vergeszt  ihr.  Lessinc  1,267;  und  doch,  je  öfterer  ich  mir  es 
sage,  je  unglaublicher  wird  es  mir.  2,562; 

ie  länger  ich  sie  h»b  gesehen  an, 
ie  mer  kam  mich  ein  grausen  an. 

Schade  sat.  m.  pasqu.  1,65,349; 

je  höher  schlosz  und  berg  da  lag, 

je  härter  kam  der  donnerschlag.    Hbnisch  728 ; 

je  bälder  einer  stirbt, 
je  lieber  ist  er  gott.      Fleming  132; 
je  besser  ist  der  kränz,  je  ärger  ist  der  wein.    225; 
ie  mehr  der  himmel  trsuft,  ie  schöner  wächst  die  blum. 
A.  Grtphius  169S   1,  433; 

je  mehr  man  jähre  zehlt,  je  mehr  der  Sünden  werden. 

GÜNTHER  823 ; 

je  mehr  das  alter  wächst,  je  schwerer  wird  das  sorgen. 

ebenda  ; 
je  eher  du  zu  uns  zurücke  kehrst, 
j8  schöner  wirst  du  uns  willkommen  sein.    Göthr  9,  230  ; 

ist  das  der  krai;  {der  sonnen-  oder  mondhof)  ie  lenger  ie  dicker 
wirt  und  ie  swerzer,  so  bedäut  er  zehant  ainen  künftigen 
regen.  Megenb.  96,  28 ;  werden  dan  ie  lenger  ie  ungeschickter. 
Keisebsberg  bäum  d.  sei.  7* ;  die  thewrung  ward  je  lenger  je 
gröszer  im  lande.  1  jVos.  41,56;  das  toben  deiner  widerwertigen 
wird  je  lenger  je  gröszer.  ps.  74,23;  je  eher  je  seliger.  Lcther 
br.  2,639;  meines  herrn  gunst  vermehrte  sich  täglich  und 
ward  je  länger  je  gröszer  gegen  mir,  weil  ich  nicht  allein 
seiner  Schwester  .  .  sondern  auch  ihm  selbsten  je  länger  je 
gleicher  sähe.  Simpl.  1,93  Kurz;  indessen  wüchse  mir  mein 
busen  je  länger  je  gröszer,  und  druckte  mich  der  schue  je 
länger  je  heftiger.  3,18;  genug,  wenn  sie  mir  nur  je  eher  je 
lieber  aus  den  äugen  kommen.  Wieland  7,84;  ich  wollte,  sie 
wären  je  eher  je  lieber  fort.  Göthe  19,82;  wünschte  den 
knaben  je  eher  je  lieber  entfernt  zu  sehen.  20,289;  bis  an  die 
steilsten  höhen  liegt  rolher  thon  angeschwemmt  . .  je  höher, 
je  röthf r.  28, 121 ; 

so  will  du  ie  lenger  ie  leppischer  weren  (tverden). 
fasttt.  sp.  42,  19; 

und  sah  sie  an  je  länger  je  basz.    E.  Albihus  164; 
je  weiter  weg,  je  besser.  Göthe  20,236;  je  weiter  von  uns, 
ja  besser  für  uns.  Lessing  2,437; 

ie  hoeher  berc,  ie  tiefer  tal, 

ie  hoeher  gestigen,  ie  swinder  val.    Renner  16426; 

je  ärger  strick, 

je  besser  glück.    Simroce  sprichw.  540; 

je  höhr  ein  haupt,  je  meinen  blitzen  näher.    Ri:cKRRT  1.26. 

6)  je  —  desto,  vgl.  theil  2,1034:  lügen, .  .welche  die  christ- 
lichen polemici  desto  lieber  für  Wahrheiten  annahmen,  je  ein 
leichtres  spiel  sie  dadurch  erhielten.  Lessing  4,  59 ;  du  wirst 
aber  desto  leichter  lernen,  je  mit  beredtem  du  umgehest.  72; 
je  näher  das  Christfest  dem  neuen  monde  zufällt,  ein  desto 
härteres  jähr  soll  hernach  folgen,  so  es  aber  gegen  den  vollen 
und  abnehmenden  mond  kommt,  je  gelinder  es  sein  soll. 
Göthe  43,279;  je  gröszer  und  näher  der  antheil  ist,  dessen 
sie  unsere  Unternehmung  würdigen,  desto  mehr  wird  der  werth 
derselben  bei  demjenigen  publicum  steigen,  dessen  beifall  uns 
der  wichtigste  ist.  Schiller  an  Gothe  1,1;  je  weniger  eine 
band  verrichtet,  desto  zarler  ist  ihr  gefühl.  Shakesp.  Haml.  5,1; 
je  gröszer  das  genie,  je  schöner  der  körper  ist,  desto  mehr 
verzeiht  ihnen  die  weit ;  je  gröszer  die  tugend  ist ,  desto 
weniger  verzeiht  sie  ihr.  J.  Paul  uns.  löge  l,  191 ; 

je  mehr  diesz  schöne  herz  sich  mir  entfaltet, 

ach  desto  feuriger  lebts  in  mir  auf, 

dich  als  gemahlin  in  mein  haus  zu  führen. 

Schiller  Iphig.  5,5. 

c)  je  —  um  so:  sie  sehen  noch  einmal  so  reizend  aus, 
wenn  sie  böse  sein  wollen ;  denn  es  kömmt  doch  selten  weiter 
damit,  als  bis  zur  ernsthafligkcit,  und  diese  läszt  ihrem  ge- 
siebte um  so  viel  schöner,  je  fremder  sie  in  demselben  ist. 
Lessisg  1,429;  ich  erhalte  iczo  den  augenblick  dero  schreiben 
.  .  .  welches  ich  um  so  viel  lieber  alsobald  beantworte,  je 
angenehmer  mir  es  gewesen  ist.  12,11;  hüte  dich,  mein  söhn, 
vor  diesem  misbrauchc  der  schönen  Wissenschaften  um  so  viel 
mehr,  je  natürlicher  er  dem  jugendlichen  herzen  ist.  Gellert 
5,254; 


2283 


JE 


JE— JEDENFALLS 


2284 


n-as  iim'so  mehr  gefährlich  würde  sein, 

je  mehr  der  staai  noch  wild  und  ohne  führen. 

Sliakfsi>.  liichanl  lll  2,2; 
dafür  je  —  so : 

wo  wir  sind, 
seh  ich  aus  jedem  lächeln  deiche  dröhn : 
je  näher  am  blut,  so  näher  dem  verderben. 

Schiller  Macbeth  2,  11; 

für  nur  um  so  mehr  —  je  mehr  ttehl  kurz  auch  nur  mehr  — 

je  mehr: 

auf  einmal  fühlte  sie  die  triebe 
des  mitleids  und  der  menschenlicbe, 
und  fühlte  sie  nur  mehr,  je  mehr  sie  auf  ihn  sah. 
Gbllirt  1,200; 

je  —  um  je :  je  mehr  nun  die  gleichheit  beobachtet  wird  und 
je  weniger  man  sich  von  dem,  so  bereits  in  Übung,  entfernet, 
je  mehr  auch  der  Wohlklang  und  eine  gewisse  leichtigkcit  der 
ausspräche  dahei  stattfindet,  um  je  mehr  ist  das  schmieden 
neuer  Wörter  nicht  nur  zu  entschuldigen ,  sondern  auch  zu 
loben.    Leibniz  in   Wackernagels  leseb.  3',  1017. 

(i)  wie — je:  wie  mehr  sie  darvon  nutzen,  je  mehr  werden 
sie  aufgeplasen  mit  eigen  heiligkeil.  Fischart  bienk.  244*. 

c)  vor  devi  einen  comparativc  ist  je  unterdrückt,  namenllich  in 
der  Verbindung  je  länger  mehr  oder  länger  je  mehr : 

riuwe  ist  mir  ie  lanc  uiikunder.    miHne.?. /'i«/i/.  68, 13  ; 

der  tac  ie  lanc  höher  schein.    Part.  282,8; 
nach  dem  der  vermeinte  Statthalter  gottes,  von  tage  zu  tage 
lenger  je  mehr  verstocket.  Luther  6,  330' ;  das  sollen  sie  wohl 
erfahren  länger  je  mehr,  briefe  5,  332 ; 

sie  tummeln  schreien  schnurn  daher, 
sie  grimgranen  ie  lenger  mer. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  1,  127,  20; 
darvon  hat  er  lob  preisz  und  ehr, 
dardurch  sein  nam  ye  lenger  mehr 
gedcchtnuszwirdig  auferwachs.     If.  Sachs  1,116*; 
im  glauben  also  jrrig  schwirmbien  (die  gpislliclion), 
je  lenger  wurden  mehr  parthci.    293'; 
je  lenger  mehr  ich  mich  v«rgieng.    1,367'; 
lob  und  dank  sag  ihm  spath  und  früh 
je  länger  mehr  und  mehre. 

Wellkr  Heiler  des  ZOjdhr.  krieg!:  270. 
/)  auch  sonst  fehlt  je: 

und  wie  sie  {die  verliebten)  neue  süszigkeit 

selbst  in  dem  widerstände  fanden, 

sich  täglich  heiliger  vorbandan, 

je  mehr  sie  Schwierigkeiten  sahn.    Gotter  1,  43; 

und  an  stelle  des  einen  comparativs  erscheint  ein  Satzglied,  in 
welchem  jener  dem  sinne  nach  verborgen  ist :  diese  Ungeheuern 
gegensätze  zusammenzufassen,  war  für  die  umstehenden  eine 
schwere  aufgäbe  (zu  ergänzen  je  oder  um  so  schwerer),  je 
überraschender  sie  vorgelegt  wurde.  Götiie  17,302;  ich  finde, 
je  mehr  ich  über  mein  eigenes  geschäft  und  über  die  be- 
handlungsart  der  tragödie  bei  den  Griechen  nachdenke,  dasz 
der  ganze  cardo  rei  in  der  kunst  liegt,  eine  poetische  fabel 
zu  erfinden.  Schiller  an  Güthe  1,285;  du  hast  vergessen,  dasz 
der  mensch  auszer  dieser  sinnlichen  weit,  durch  seine  Ver- 
nunft noch  zu  einer  andern  gehört,  und  je  mehr  gehört  als 
(für  je  mehr)  er  sich  über  diese  sinnliche  erhebt.  Klincer 
5,384;  S.  gibt  dein  künig  viel  für  dich?  G.  keine  feige, 
jemehr  lieb  ich  ihn.   theaier  4,116; 

sag  mir,  was  dein  dienst  doch  seL 
es  ist  ein  verkehrt  verlangen, 
ila,  je  mehr  wir  sind  gefangen, 
je  mehr  achten  wir  uns  frei. 
und,  je  mehr  wir  frei  aiiszgehn, 
wollen  wir  in  diensten  stehn.    Flehinc  358; 
sein  stolzer  hunger  wächst,  je  mehr  dasz  du  ihm  gibst. 

Gutue  7,  lü; 

je  vertraulicher  du  mit  gotl  wirst,  und  zu  reden  dich  gc- 
wchncft,  so  viel  gnade  wirst  du  von  ihm  genieszcn.  Spener 
in  Wackernagels  leseb.  3*,  962. 

7)  anders  ist  je  t'or  rtrifm  comparative,  das  ein  stetes  zunehmen 
des  begriffes,  ohne  Verhältnis  zu  einem  andern,  andeutet,  die  ver- 
wandtschaß  dieser  verucndung  zu  der  vorigen  {no.  C)  ist  einerseits 
naJieltegend,  andererseits  riütrt  hier  je,  dadurch  dasz  es  dauerndes 
varhsen  bezeichnet,  an  die  haufdbedcutung  I  des  vortes,  und  kann 
auch  durch  immir  ersetzt  werden,  was  in  der  neuern  spräche 
sogar  fast  einzig  steht  (vgl.  immer  8  «p.  2070): 

»tn  Ifti  erklang  im  «ch<ine.     Ic  höher  und  Ie  ba;.    Gudr.  380. 1 ; 

«chiprr  tniii-if  ein  ende  hi'iii  min  kuinber! 

wand  er  lit  krumb  und  ic  krutnber.     tninver..  2,261'  Ilagen; 
das  sie  (die  uele)  je  mehr  und  gründlicher  gnade  hegere,  und 
also  jp  voikoinlirhrr  gnade  empfahe.    Lutmfr   l.  14*;    S.inliis 


aber  ward  je  mehr  kreftiger  (uällov  iveSvvnuovTo).  apostcl- 
jejfA.  9,  22;  machen  die  process  und  rechtferligung  bei  jhncn 
anhen^ig,  und  nimmer  ahhengig  noch  abgengig,  sondern  je 
mehr  zugengig  und  verlengig.  Garg.  159' ;  so  last  er  diese  seine 
göttliche  meinung  in  h.  schrift  oft  widerholen,  und  erkläret 
sich  jemehr  und  mehr,  dasz  er  in  allen  unsern  nöhten  wolle 
hei  uns  sein.  Schuppius  261;  wann  ihr  .  .  mit  steinen  nach 
ihm  werfen  wollet,  so  wird  der  hund  jemehr  und  mehr  bellen. 
313;  die  gewall  der  inquisition  je  mehr  und  mehr  au.szudchnen. 
Schiller  791; 

du  hubsl  mir  das  gemüht 
je  mehr  zum  ewig  sein.    Flkbinc  144; 
Veturia  ruft  jhrer  jugcnd  mit  seufzen,  wann  sie  an  sie  denKt. 
sie  aber  fleucht  je  mehr  zu  rücke,  weil  Jen  im  seufzen  etwas  stänkt. 

LocAU  3,  148,  63  ; 
doch  warum  schärft  sich  euer  blick  auf  mich 
je  mehr  und  mehr?  LstsiNC  2,253. 

8)  je  präpositional  und  eonjunctional  wie  '6«';  die  zway  (hase 
und  wolf)  kamen  mit  ein  ander  in  einen  zank,  das  wcerel 
als  lang,  ye  das  der  wolf  dem  hasen  verwisz,  er  war  ein  zag. 
Keisersherg  has  im  pf.  Aa&';  der  jung  .  .  sprach  .  .  lieber 
valtcr,  wie  kompt  es  das  du  mich  nit  ansiehst  als  vor  (früher) 
und  wenn  du  mich  ansiehst,  so  erseüfzest  du  und  erblaichest 
ab  mir.  do  wolt  er  es  Jm  lang  nitt  sagen,  do  wolt  der  jung 
nit  ablassen,  ye  er  muszl  es  jm  doch  hindennach  sagen. 
Bbe';  nun  helle  die  obgemelle  altist  tochler ..  gern  gesehen, 
dasz  ir  Schwager  graf  Fridrich  von  Toggenhurg  sich  mit  irer 
jüngsten  schwösler,  die  noch  unverhyrat  was,  vermächlet 
helle,  warb  sölchs  öftermalen  an  ime,  je  dasz  er  iren  verhiesz, 
si  zc  vereelichen  (ehelichen),  wann  er  wyben  well.  Tschudi 
'»121'.  —  je  seit  bisher,  seitdem:  anno  mccxcix  erlidt  Ilieru- 
salem  den  vj.  stürm  und  niderlag  ..  und  yc  seid  haben  die 
Christen  nichts  glücklichs  fürgenummen  dise  Stadt  zu  erobern. 
S.  Frark  chron.  1531  189". 

JECHEN,  vcrb.  jagen,  vgl.  jachen  sp.  2199.  auszer  den  dort 
angegebenen  stellen  steht  es  auch  nocA  Luther  6,85'.  24S'.  7,26'; 
und  (die  ftaumi)  jechten  ein  grafen  durch  die  apiesze.  Mathes. 
hist.  von  Luthers  leben  (1570)  43". 

JECK,  JECKE,  m.  für  gcck,  gccke,  s.  d.  : 
dasz  sie,  die  höher  so  sich  hallen  als  sie  gelten, 
musz  billicli  alle  weit,  er  seihst,  für  jecken  schelten. 

LoOAU  3,  215; 
der  ist  ein  jeck,  wer  lugend  hat. 

Hoffmankswaldau  gctr.  tchäfer  rorr.  3", 
Übersetzung  von  Waltiier  24,7: 

•wer  zühte  hat,  der  ist  ir  gouch; 
treu  und  beständigkeit 
sind  eilrieer  jecken  ertichteie  grillen, 
nur  zum  betrug  der  weiber  ausgestreut. 

getr.  sclidfer  20; 
liättestu  den  alten  jecken  nur  zu  rechter  zeit  geglaubet.    136 ; 
da  man  nichts  groszes  mehr  an  ihm  zu  sehen  kriegt, 
als  dasz  ein  stolzer  jeck  in  träger  wollust  liegt.    Caniz  133. 
es  heiszt  einen  zum  jeck  machen,  wie  zum  narren  machen: 
ei  ccho,  du  wilsi  mich  zum  jäcken  nur  machen ! 

LOGAU  2,  126,  34  ; 
einem  einen  jecken  bohren:  hat  ihnen  (dem  Adam  und  der  Eva) 
einen  jecken  gebohrt  und  sie  mit  seinen  süszen  glatten  Worten 
überredet,  dasz  sie  von  gott  ihrem  Schöpfer  abgefallen  sind. 
Schuppius  652;  den  jecken  rücken: 

ir  auch  zu  ehr  ein  liedlein  singt, 
und  rückt  den  jecken,  das  «s  klingt. 

B.  Hi?(cwALD  laut,  tviirh.  77; 
der  jecke  bleckt,  der  narr  guckt  hervor: 

doch  wenn  sie  nicht  recht  klug,  wird  doch  dar  jecke  blecken. 

NViiukmam:«  mni  59. 

für  die  Armagnaken  galt  im  15.  jA.  eine  umdcutuug  arme  jecken: 
so  liehen  wir  (Jacobsbrüäer)  durch  der  armen  jecken  lant. 

Uhland  voliut.  799. 
JECKEL,  ».  jackel. 
JECKEN,  verb.  narrenwerk  treiben,  narren: 

nlchis  wird  von  ihnen  mehr  vernommen, 
oU  spotten,  jAcken,  narrcn-posson. 

.S/m;,/.  1  (i7i;i)  140  (=  1,22S  Kelln) . 
die  hriden  könnt  ich  leichtlich  dummein 
und  joikcn.  wie  Ich  wollt.    Filipor  W'iiiekinden  IM' 

JK<  Ki.UKI,  f  ndrrrnwcr* ;  jedermann  lassen  jcckerci  damit 
treiben.  fttcTti-H  v.  Spkir  krirgswdn.  27. 

JKItENF.M.I.S,  ailv.  in  jedem  falle,  über  bildung  und  auf- 
kommen des  uwtes  vergl.  unter  falls  theil  Z,\7^9f.  es  steht  im 
sinne  nnrr  nailidi  n,  l.h,  lif\  liri.iliui,,,  ■   'V  ..inin-!  .!..">'    ....l,.i.rTll«  • 


2285 


JEDENNOCH  — JEDER 


JEDEB 


2286 


oder  behauptung:  jedenfalls  war  er  der  mann  nicht,  der  das 
Unheil  aufhalten  konnte;  nach  einem  zugebenden,  toraussetzenden, 
behauptenden  Vordersätze:  mochte  er  auch  in  not  sein,  jeden- 
falls durfte  er  einen  solchen  schritt  nicht  thun ;  unbedenklich 
werden  wir  sie  zu  den  besten  producten  unserer  modernen 
dichtung  rechnen,  jedenfalls  zu  denen,  welche  den  echten 
Volkston  . .  mit  einem  schlage  getroffen  haben.  Yilmae  hand- 
büchlem  für  freunde  des  deutschen  rolksl.  s.  85. 

JEDENNOCH,  conjunction  des  gegensatzes,  aus  dennoch  (theil 
2,952/'.)  tnii  dem  allgemeinen  je,  das  eine  bedingte  behauptung, 
gegenbehauplung ,  ein  Zugeständnis  einleitet  (sp.  2277)  verbunden, 
und  den  gegensatz  nachdrücklicher  als  bloszes  doch  oder  jedoch 
markierend;  es  ist  rorzugsiceise  der  spräche  des  17.  und  IS.  jahrh. 
eigen ,  nachher  zu  gunsten  von  dem  älteren  jedoch  wieder  in 
abgang  gekommen :  jedennoch  tarnen,  attamen  Steisbach  2, 127 ; 
er  antwortete,  so  solle  ich  je  dannoch  aufstehen,  weil  es 
anfieng  zu  tagen.  Simpl.  1,209  Kurz;  jedennoch  gab  er  mir 
eine  halbe  knackwurst  mit  auf  den  weg.  Jucundiss.  133 ;  jeden- 
noch aber  müssen  sie  bekennen. .  Plesse,  vorr.;  stutzten  aber 
jedennoch  ziemlicher  maszen.  Felsenb.  4, 25S;  was  das  äuge 
mit  einmal  übersiehet,  zählt  er  (der  dichter)  uns  merklich 
langsam  nach  und  nach  zu,  und  oft  geschieht  es,  dasz  wir 
bei  dem  letzten  zuge  den  ersten  schon  wiederum  vergessen 
haben,  jedennoch  sollen  wir  uns  aus  diesen  zügen  ein  ganzes 
bilden.  Lessisg  6, 471 ;  so  sehr  mich  gewissermaaszcn  der 
besuch  meines  bruders  Gottlob  .  .  befremden  muszte,  .  .  so 
angenehm  ist  er  mir  jedennoch  gewesen.  12, 15S; 

doch  du  hast  deine  lust  an  diesen  edlen  Sachen, 

die  keiueo  mächtiger,  jedenuoch  weiser  machen.    Opitz  1,13; 

ich  habe  recht  gethan, 
jedannoch  klagt  man  mich  von  wegen  unrecht'  an.    190; 
kein  könig  ist  zwar  Veit,  von  Gerar,  hat  auch  nicht, 
dasz  Abraham  für  ihn  gebet  und  segen  spricht, 
je  dennoch  ist  sein  haus  an  müttern  aufgeschlossen, 
dasz  seiner  guten  art  hat  fraw  und  magd  genossen. 

LoGAC  1,  146,  30; 
obgleich  betrübt,  jedennoch  unverzagt.    Gc?ither  326; 
der  dritte  theil  von  dir,  der  zwar  kein  wesen  ist, 
jedennoch  leben  kan,  dein  nachruhm  auf  der  erden.    616; 
jedennoch  wo  dein  blick  mein  hart  Verhängnis  zwänge, 
so  glaub  ich  dasz  ich  noch  in  kurzem  höher  sänge.    718; 
jedennoch,  wenn  du  dir,  und  auch  zugleich  den  deinen 
wilst  mehr  zu  gute  thun,  so  must  du  da  erscheinen, 
wo  man  der  fürsten  huld  ...  in  demuth  suchen  musz. 

Cxmi  147; 
Wrangel.  noch  mit  erstaunen  redet  man  davon, 
wie  sie  vor  jähren  gegen  menschendcnken 
ein  beer  wie  aus  dem  nichts  hervorgerufen, 
jedennoch  —  Wollenst,  dennoch?    Scuillkh  Wollenst,  tod  1,5. 

JEDER,  pron.  omnis,  quisque. 
I.  Die  form. 

1)  jeder  gehl  zurück  auf  das  ahd.,  bei  Notier  nicht  «n- 
häufige  fio-hwedar,  io-wedar,  mhd.  ieweder,  alls.  ia-hwethar, 
ie-hwethar,  ags.  ä-hväder,  zusammengezogen  ävder,  ädor,  dder, 
fries.  ä-hwedder,  ander,  ouder,  aider,  eider,  immer  in  der 
bedeutung  alteruter,  uterque.  die  zusammenziehung  der  mhd. 
form  zu  ieder  (nom.  zunächst  iederer,  iederc,  iederes)  ist  erst 
seit  dem  14.  jahrh.  eingetreten,  indem  zugleich  die  ursprünglich 
duale  bedeutung  des  icortes  sich  verwischte  und  es  dem  sinne  nach 
mit  jeglich  gleich  ward;  indem  aber  auch  weiter  die  fiexionssilbe 
sich  zerrüttete  und  das  gekürzte  ieder,  iede,  iedes  eben  so  erwuchs, 
tcie  unser,  euer  aus  unserer,  euerer,  fem.  unse  aus  unsere 
(I,E.XER  mhd.handwb.  2,1936),  ein  ander  für  ein  anderer  {oben 
theil  1,306)  w.  a. ;  also  hat  ieder  mensch  sein  aigen  stimm. 
Megexberc  16,31;  iedeu  fruhl  {des  nespelbaumes)  hat  vier 
stuindel  in  ir.  333,19;  die  iedem  menschen  guotes  ..  erzaigent. 

'  '^*'        keiner  sach  nie  hindersich ; 

he!    ieder  bgert  vornen  dran. 

Sempacher  lied  in  Wackern.  leseb.  1  (1S73)  12S9,  31. 

2)  indes  hallen  sich  die  reste  älterer  flexion  bis  ins  17.  jh.  hinein. 

a)  der  nom.  sg.  masc.  iederer:  daraus  ein  jederer  verslen- 
diger  klar  zu  merken  hat.  J.  Jonas  bei  Lcther  6,417'; 

warlich  ein  jederer  Weinreben, 

der  in  mir  nicht  beleibin  thut, 

der  kan  nicht  bringen  fruchte  gut.    H.Sachs  1,60*; 

ein  iedrer  wird  erweichet.    Opitz  1,  24S; 
was  niemand  wissen  soll,  soll  niemand  auch  begehen, 
ein  jedrer  soll  jLm  selbst  statt  lausent  itugen  stehen. 

Lo64i;  3,  220,  8. 

b)  nom.  sg.  fem.  iedere,  jedere:  eine  jedere  zeit  hat  ihre 
laster,  niSngel  und  fehler.  .Schcppios  7S4;  daßr  die  kürzung 
ieder:   auch   erkennet  der  scheffen  tiner  jeden  obgenannten   j 


gemeinde  einen  freyen  anhauwe  in  bestimmtem  Hohem  waldte, 
in  welchem  anhauwe  ein  jeder  gemeinde  ihr  wenden«  und 
kehrens  den  grundgerichten  nach  weisz.  «feisiA.  4,713  (r.  1546). 

c)  auf  den  nom.  acc.  neutr.  iederes,  jederes  gehl  die  neutrale 
form  ieder,  jeder  zurück: 

keyns  mit  dem  andern  batt  gedutt 

oder  mittlvden  syner  schwär,< 

ieder  wolt  das  es  gröszer  war.    Bra>«t  narrensch.  99,74; 

twar  jeder  handwerk  wol  einn  boddem  heft  von  golde. 

Laubemberg  1, 143  (Lappenberg  ändert  in  jedes). 

d)  acc.  sg.  masc.  lederen ,  jederen :  denn  wir  wollen  aus 
Christus  kirche  nicht  ein  sewstall  machen,  und  einen  jedem 
unverhört  zum  sacrament ,  wie  die  sew  zum  tröge ,  laufen 
lassen.  Lijtuer  6,109*;  wo  .  .  der  fürst  sich  einen  jedem 
melken,  und  auf  dem  maul  trumpein  leszt.  13S' ;  damit  sie  ein 
jedem  bergkmann  seines  fleiszcs  . .  erinnern  wollen.  Matues. 
Sar.  24';  {habe)  über  einen  jedem  actum  ein  argument  ver- 
fertiget. H.  J.  V.  BßAU.NScnwEic  557  ; 

das  er  ein  jedem  lassen  musz.    U.  Sachs  3,3,21; 
ermordten  jdero  mit  gewalt. 

der  jhn  nicht  wolt  gehorchen  bald,    fioschmäus.  T  (2, 1,1); 
ein  woIbestaDtes  reich  pOegt  jedem  so  zu  schätzen. 

Opitz  Hugo  Grotius  s.  360 ; 
fast  jedem  hört  man  jetzt  von  seinem  stände  klagen. 

Ko:<GEHL  Innocentia  43; 
wann  jeder  näscber  so  solt  jedem  bissen  büszen. 

Abscuatz  rerm.  ged.  145. 

e)  dat.  sg.  masc.  und  neutr.  iederem,  jederem:  wirdt  doch. . 
mit  frieden  jederai  wider  zu  den  seinen  zu  kommen  Tergönnet. 
KiRcueoF  ntil.  discipl.  204 ; 

wie  dieser  tugend  preisz  die  sein  recht  jederm  giebt, 
mit  wahrer  gottesfurcht  zugleiche  ward  geliebt. 

Opitz  Hugo  Grotius  356; 

mein  lied  im  höhern  chor 

klingt  nicht  wol  jederm  ohr.    Opel  u.  Coh5  402,  226; 

schwache  form  in  der  Verbindung  einem  lederen,  jederen :  einem 
jedem  nach  seinem  vermögen.  Matlh.  25,15;  lassen  wir  eim 
jedem  sein  urteil.  Melaxchthon  corp.  doct.  christ.  (i560)  233; 
das  helfe  mir  der  ewige  und  warhaftige  son  gottes,  vor  des 
angesicht  ich  eim  jedem  .  .  gut  antwort  und  bescheid  wil 
geben.  Mathes.  hist.  von  Luthers  leb.  (l570)  2'; 

das  belf  und  geh  das  höchste  gut 

einm  jedem,  ders  begehren  thut. 

RisGWALD  tr.  Eck.  M3»; 
lieb    haben  {steht)  eim  jedem  frei,    lustige  gesellseh.  (1657)  49; 
auch  ohne  einem : 

ein  weiser  wird  zwar  nicht  aus  bocbmuib  sich  erheben, 
doch  wird  er  jedem  auch  sich  nicht  zum  föszen  geben. 

pcrs.  roientli.  8,  25. 

/)  der  schwache  genitio  jederen  geht  auf  volleres  eines  jedereo 
zurück,  dessen  erstes  glied  ausgefallen  ist: 

das  jedem  menschen  eich  der  mensch  auch  soll  erbarmen. 

Opitz  Hugo  Grof. '372. 
die   gegebenen   reste  alter  flexion  sind  fast  ausschlieszlich  miitel- 
und    niederdeutschen    schrifldellem    entlehnt,     bei    oberdeutschen 
scheinen  sie  bereits  seU  dem  16.  jahrh.  zu  fehlen. 

3)  die  jolierung  des  anlautes  geht  bei  jeder  eben  so  vor  sich, 
nie  bei  je  sp.  2274/5.  ^  breitet  sich  jedenfalls  erst  im  17.  jh. 
aus,  und  ist  in  ihrem  fortschreiten,  wegen  des  theilweisen  durch- 
einandergehens  der  zeichen  für  i  und  j  in  den  drucken,  schwer  zu 
controlieren ;  Schottel,  der  beide  zeichen  genau  scheidet,  schreibt 
schon  stets  jeder;  a6er  die  ältere,  rein  vocalische  ausspräche  der 
ersten  silbe  ist  noch  lange,  bis  ins  IS.  jahrh.  verbreitet  und  durch 
Schreibung  und  reim  gesichert: 

wollauf  jhr  Ordensbrüder, 

ein  liedlein  sing  ein  ieder: 

so  gehts  glas  auf  und  nider, 

so  kommets  an  mich  wider.    Fischart  Gurj;.  86*; 

der  geist  fuhr  sichtbar  nieder, 
und  satzte  sich  auf  jbn :  das  zeugnüsz  hört  ein  jeder. 

Flehikg  5; 

ümm  dieses  musz  ein  jeder, 
ja  auch  die  heiligen,  vor  dir  sich  bücken  nieder.     17 ; 
ohne  pein  ist  sie  verschieden, 
das  geschieht  nicht  einem  ieden.    323; 
zeuch  hin ;  machs  wol :  komm  wieder, 
das  wünscht  mit  mir  ein  ieder.    450; 
so  würde  it  jo  unterscheden  ein  ider 
und  konde  daran  nicht  twifeln  wider. 

Laireiberg  1,  251  (s.  24  Lappenb.) 
di  färtigkeit  der  glider 
veriährtele  ja  nicht,  damit  von  dihr  ein  ihder 
kan  sagen,  dasz  du  seist  der  perlenmuttcr  ehr. 

Zesem  adr.  Rosemund  344; 


2287  JEDER 

nun  lehrt  und  Ifiiii  ein  ieder, 
und  dichtet  neue  schwärm,  und  baut,  und  bricht  es  wieder. 

A.  ÜRIPUlus  169S    1,274; 
rein  seid  ihr,  doch  niclit  jeder. 

er  (Christus)  irucknet  alle  (fusze  der  aposlel)  wieder.  2, 199; 
wie  der  gesclimack  sonst  unterschieden, 
so  geht  es  auch  im  lieben  her. 

nicht  iedes  schicket  sich  vor  ieden.    Picandbr  2  (1734)  315; 
geht!  geht!  doch  dasz  ihr  auch  vousammen  unterschieden, 
und  auch  zugleich  beliebter  seid : 
so  schenk  icli  hiermit  einer  ieden 
ein  ihrer  art  gemäszes  kicid. 

Stoppe  neue  fabeln  (1740)  1,284; 

entsteht  dadurch  an  einer  jeden  (blnme) 

die  zierliche  ßgur  von  einer  pyramiden.    Brockes  3,595. 

niederrheinisch  galt  für  ieder  auch  eder:  ein  eder  scheffen  soll 
sin  fraw  niitbrengen.  weiith.  l,  625  {von  1538).  —  /»t  Habeners 
Satiren  bd.  3  (1757)  ist  jeder  (:.  b.  s.  101.  102.  214  u.  ö.),  in  bd.  4 
{in  demselben  jähre  erschienen)  aber  ieder  gedruckt  {:.  b.  s.  98. 
104.  106  «.  ö.);  zu  dieser  zeit  schwankt  also  in  Obersachsen  die 
ausspräche  noch,  wenn  gleich  Gottscheü  kern  der  deutschen  sprach- 
kunst  (1753)  s.  183  nur  jeder  anßhrt.  bei  SchCtze  2  (iSOl)  «.  187 
icird  als  holsteinische  form  ider,  idereu  {jedermann),  aber  als 
hamburgische  jedwedden  {jedereiner)  verzeichnet. 
II.  Bedeutung. 

1)  jeder  hat,  als  verallgemeinernde  Zusammensetzung  mit  dem 
dualen  fragpronomen  weder,  ursprünglich  nur  den  dualen  sinn 
einer  unter  zweien : 

dö  bete  sich  ouch  ein  recke     von  den  vinden  dar 
erhaben  uf  die  warte :     der  was  ze  flije  gar. 
den  sach  der  herre  Sifrit,     und  in  der  küene  man : 
iewcder  dö  des  andern     mit  nide  hiieten  began.    Nib.  181; 

der  auch  später  noch  nachklingt:  ist  er  ..  zwischen  die  beide 
älteste  löcLter  gesetzt  worden,  welche  sich  auch  ihm  zu  ge- 
fallen, weil  ihn  jede  zu  bekommen  verhofft,  trefflich  geschmückt 
halten.  Simpl.  4,309  Kurz;  denn  fürt  man  sie  beid  auf  den 
richtet  stui,  gibt  jedem  ein  stab  in  die  hend.  H.  Sachs  1,116'; 

iedem  gab  er  einen  smucz 

und  schied  si  von  einander  beid.    »1113  7*,  41 ; 

als  Gentilis  und  Mesue, 

der  yeder  starb  am  selben  we, 

des  er  meint  hellen  yederman. 

Brant  narrensch.  21,22; 
siege  jeder  (der  beiden  feindlichen  brüder), 
den  dolch  einbohrend  in  des  andern  brüst. 

ScuiLLER  braut  von  Mcss.  v.  453; 

so  wenn  von  den  zwei  seilen  eines  wesens  oder  dinges  die  rede  ist: 
das  thor. .  hatte  auch  auf  jeder  seilen  drei  gemach.  Hes.  40,21; 
also  stunden  auf  jeder  seilen  vor  dem  thor,  vier  lissche,  das 
sind  acht  lissche  zu  häuf.  41 ;  und  mas  die  erker  an  den 
wenden,  die  waren  zu  jeder  seilen  sechs  eilen  weit.  41,1; 
aber  die  wende  zu  beiden  seilen  an  der  thür,  war  jede  fünf 
eilen  breit.  2;  der  reisig  zeug  war  geteilet  in  zween  häufen, 
auf  jede  seilen  einen,  i  Macc.  9,11; 

Cupido  treit  syn  bogen  blosz, 
ufT  yeder  sytt  ein  kocher  grosz. 

Brant  narrensch.  13,26; 

ungewöhnlich  von  den  beiden  menschlichen  armen : 

die  schöne,  von  begier  entzündet, 

den  allen  zauberer  und  seinen  hart  zu  sehn, 

dankt  ihren  rettern  sehr,  springt  auf  des  prinzen  rücken, 

schlingt  jeden  arm  um  ihn,  und  fliegt  aus  ihren  blicken. 

Wieland  17,110  {Idiis  2.72). 

2)  die  Verallgemeinerung  des  begriffs  ist  oben  1, 1  schon  aus 
dem  14.  jahrh.  belegt,  jeder  heiszt  nur  noch  einer  unter  vielen; 
es  vereinzelt  gleichmdssig  den  begriff  der  Vielheit,  während  all  ihn 
lusammenfaszt : 

die  täyding  allen  misseviel, 

ieder  schluog  sich  an  den  giel, 

der  fchimpz  begond  seu  reuwen.    ring  3*,  5; 

wir  irren  allesamt,  nur  jeder  irret  onderst. 

Hali-er  (1768)  s.  :.9; 

jeder  ist  dicszmal  dem  andern 
mehr  zur  last  als  zum  trost,  und  alle  müssen  wir  endlich 
uns  im  fremden  lande  zersireun.  Götui  40,312; 

veiwegen  eine  pluralt  Verwendung  von  jeder  eigentlich  ausge- 
schloiitn  ist.  doch  kommt  sie  vor,  weil  ein  nachlassiger  Sprach- 
gebrauch all  und  jeder  dem  begriffe  nach  vermengt  {vergl.  unten 
no.  h  und  theil  1,209). 

3)  jeder  steht  substantivisch :  jeder  mag  das  «eine  frei  brau- 
chen und  besitzen,  jeder  kann  seine  haut  gerben  lassen  wo  er 
will,  jeder  ist  seines  gutes  müchtig.  deutsche  rechtssprichw.  93; 
der  bereit  ist,  jedein,  sobald  es  verlangt  wird,  rcchnung  davon 


JEDER 


2288 


abzulegen.  Schiller  an  Gölhe  1,4;  vielleicht  ginge  es  doch 
an,  mehrere  lieferungen  davon  zu  machen,  deren  jode  doch 
unabhängig  von  der  andern  beslchn  könnte.  26;  so  ist  jedem 
dieser  drei  stücke  sein  werth  schon  gewisz.  ebenda;  die  ge- 
sellschaft  ist  zahlreich  und  gut,  und  jeder  lebt  auf  seine 
weise.  GöTHE  an  Schiller  1,76; 

die  knecht  dcrzäigten  irc  zucht, 
yeder  zuo  seim  Ireunde  sprang,     ring  39^,  23; 
dar  umb  wir  mögen  vechten  .  . 
wider  yedem,  der  tuis  tuet 
ze  kurcz  au  leibe  oder  gtiot.    41',  12; 
'  wenn  sie  auf  stau  oder  gen  nider, 
gedenkt  idcr:  het  ich  mein  gelt  wider!    fasln,  sp.  383,36; 
kanst  du  geben  den  würzen  glänz, 
mit  färben  ieder  ir  gestalt, 
sie  wurden  dir  vast  wol  bezalt.    479,28; 
wer  ulT  sich  selbst  vil  ümpter  nymbt 
der  mag  iiit  tüin  das  yedem  zynibt. 

Brant  narrensch.  18,  14  ; 

jedem  gefeit  sein  weis  so  wol, 
des'z  isi  das  land  der  narren  vol.    H.  Sachs  1,469'; 
solt  wir  jedem  ein  pachen  (masischwein)  geben, 
wir  woltn  ir  gnug  in  der  stat  flnncn  (die  das  verdienten). 

476'; 
jeder  meiner  freunde  sasz 
froh  bei  seinem  herzchen.     Götue  1,  15; 
und  die  fackel,  wie  sie  glomm, 
liesz  man  eilig  wandern, 
jeder  drückte  sie  geschwind 
in  die  band  des  andern,    ebenda; 

nicht  soll  jeder  sich  quälen,  wie  wir  und  andere  thaten. 

40,  -^52  ; 

der  gen.  jedes  ist  seltener,  gewöhnlich  wird  dafür  die  fügung 
eines  jeden  (unten  no.  5)  gesetzt : 

wa  würd  die  gerechiigkait  da  schweben, 

wann  ides  frevel  und  arclist 

gedult  würd,  und  nicht  bald  vertust.' 

Fischart  dicht.  2,71,2657  Kurt; 
den  schmerz  könnt  man  in  jedes  angesicht 
mit  groszen  lettern  deutlich  lesen.    Merck  briefs.  1,L; 

auch  in  Schillers : 

still  wars,  und  jedes  olir  hieng  an  Aeneens  munde. 

Zerstörung  von  Trnja  1, 

wird  jedes  besser  als  solcher  genitiv  gefaszt,  denn  als  nom.  neulr. 
in  adjectiver  Stellung  zu  ohr. 

4)  jeder  adjecliv:  aus  ydem  haws  ein  snyler  und  aus 
ydem  haws  ain  pfennig  und  aus  ider  smytt  essen  ain  ß.  d. 
{Schilling  Pfennige,  als  gefäll),  d.  stddtechr.  1,28,3;  unden  an 
den  erkern  an  jedem  thor  war  eine  kamer.  Hes.  40,  3S ;  jeder 
bürger  ist  seines  gutes  genosz.  deutsche  reclitssprichwörter  93; 
M.  wollen  sie  mir  die  einzige  frage  beantworten?  Tellh.  jede, 
mein  fräulein.  Lessinc  1,  541 ;  die  ehe  ward  eine  der  glück- 
lichsten in  der  sladt.  die  familie  hing,  jedes  glied  mit  jedem, 
durch  die  zärtlichste  liebe  zusammen.  Engel  12,399;  jeder 
Schriftsteller  von  verdienst.  Schiller  an  Gölhe  1,  3;  jeden 
monat  ist  man  übereingekommen,  ein  stück  von  9  bogen  zu 
liefern,  ebenda;  ein  Verleger,  der  diesem  unternehmen  in  jeder 
rücksicht  gewachsen  ist.  ebenda;  den  vortheil  jedes  augen- 
blickes  .  .  zu  genieszen.  Göthk  18,52;  ich  wollte  doch  auf 
jeden  fall  einen  Vorschlag  thun.  an  Schiller  l,  47,  vergl.  oben 
jedenfalls ; 

ich  wen,  Wilhalmes  »per  .  . 

gab  nit  so  gros  quäl, 

als  ieder  stich  zeinal 

ein  eigen  smcrtz  besonder.    Altswert  217,22; 

yeder  tüil  macht  sich  allain 

zu  eim  winkel.  rimj  7',  26; 

für  ide  stund  ein  guldin  man  im  (dem  boten)  geit. 
fastn.  sp.  278,  24  ; 

der  ist  ein  narr  und  ungeert 

der  alle  sach  ztim  hosten  kert 

und  yedem  ding  ein  spcii  nnhenkl. 

Braut  narrensch.  21,5; 

erinnert  ihr  euch  jedes  umstands  noch?    Ilaml.l,i; 

zu  jeder  zeit,  immer,  auch  =  bei  jeder  gelegenheit,  jedesmal: 

rieten  was  zu  jeder  zeit  Israel  thun  solt,    1  chron.  2,  32,    vgl. 

unten  jederzeit;  zu  jeder  fahrt,  immer: 

(die  (rvudi)  dir  dort  im  himmel  klare, 

an  uns  zu  jeilcr  labrt, 

wol  bei  der  cngcl  schasre, 

soll  werden  ofleubahrt.    Hikcwald  tr.  Hck.  N3'; 

Ahnlich  jeder  frist: 

der  guldnen  frelhcit  lieb  und  toulschei  looh  111  mehren 
das  war  mein  steter  zweck,  dTauf  zielt  ich  ieder  lri»t. 

Flimimu  114. 


2289 


JEDER 


JEDER 


2290 


5)  sehr  häufig  ist  die  Verbindung  des  unbestimmten  arlikels  mit 
jeder,  «orüAer  bereits  unter  ein  theil  3, 137  gesprochen;  es  darf 
aber  im  gegensatze  zu  dem  dort  vorgetragenen  darauf  aufmerksam 
gemacht  tcerden,  dasz  ein  jeder  wol  nicht  der  nachahmung  fremden 
Sprachgebrauchs  seine  entstehung  verdankt,  sondern  sich  nach 
analogie  des  mhd.  ein  iegelicher  {vgl.  unten  jeglich)  zu  der  zeit 
enttdckelle,  als  jeder  den  sinn  von  jeglich  annahm,  ein  jeder 
sieht,  wie  bloszes  jeder, 

a)  Substantiv:  ein  pfund  newer  baller,  das  ein  ratb  von 
einem  yeden  on  gnad  nemen  will.  iVämt.  po/.-ordn.  54  (15.  ;A.); 
ein  yde'r  der  do  pawen  wil.  d.  städtechron.  1,29,16;  das  . .  du 
von  einem  jedem  schände  hören  und  dich  für  allen  leuten 
Schemen  müssest.  Sir.  42, 11 ;  der  könig  lies  aitar  aufrichten, 
das  ein  jeder  für  seinem  haus  reuchert  und  opfert.  1  Macc. 
1,5S;  da  lies  er  das  kriegsvolk  von  sich,  ein  jeden  wider 
in  seine  stad.  11,  3S;  gab  einem  jeden  fünfzehen  hundert  man 
zu.  2  Macc.  S,  22 ;  einem  gab  er  fünf  centner,  dem  andern 
zween ,  dem  dritten  einen ,  einem  jedem  nach  seinem  ver- 
mögen. M'jlth.lh,  15;  wie  ein  jder  wais«,  der  dabei  gwesn  ist. 
ScnwABE  tintenf.  56;  wan  ich  von  einer  jden  ein  schmatzerl 
praesentirn  thet.  54; 

ein  ider  der  sich  zwingen  kan.    fastn.  sp.  147,29; 

wer  städts  sich  füllet  wie  ein  ku 

und  will  eym  reden  drinken  lü.    Bra:«i  narrensch.  16,  54 

eym  yeden  gloubt  soviel  die  well 
als  er  hat  jnn  sinr  täschen  gelt.     17,  7; 
ejn  yeden  dunkt  syn  leben  gut.    29,  25 ; 
ein  ieder  wil  sich  mit  betlen  neren. 

Schade  sut.  u.  pasqu.  1,  34,  273 ; 
het  TorhofTt.  es  must  mir  ein  ider  weichen.    70,60; 
ein  jeder  schaut  nur  auf  sein  strasz.    II.  Sachs  1,  59*; 

nicht  einen  jeden  betrifft  es 
anzufangen  von  vorn  sein  ganzes  leben  und  wesen. 

GöTHE  40,  252 ; 
ein  jeder  giebt  den  werth  sich  selbst. 

ScuiLLES  Wallensteins  tod  4,  8 ; 
ein  jeder  wird  besteuert  nach  vermögen.     Wilh.  Telt  3,1; 
im  Wechsel  mit  bloszem  jeder: 

ein  jeder  ringt  mit  furcht  und  wellen, 

und  jedem  sinket  band  und  mutb.    Hagsdorm  2,40. 

eigenthümlich  steht:  also  treiben  sie  gewalt,  mit  eins  jedem 
hause  und  mit  eins  jedem  erbe.  Micha  2,2,  statt  des  erwarteten 
eines  jeden,  wo  das  pronomen  statt  zu  eines,  zur  praeposition 
mit  und  dem  von  dieser  abhängigen  hause  gezogen  ist;  ähnlich: 

es  ist  was  himmlisches  in  unsrem  iedren  bluthe. 
Flemi^^c  107, 
für:  in  dem  blute  eines  jeden  von  uns. 

b)  adjectiv :  eins  yden  tags  oder  nachts.  Aümft.  pot.-ordn.  104 ; 
der  soll  von  einem  yden  derselben  stuck  und  zu  einer  vden 
überfaren  fardt  besonder  drei  guldin  gemainer  statt  zu  peen 
verfallen  sein  und  geben.  105;  ein  jeder  cherub  hatte  zween 
köpfe.  Hes.il,  19;  und  trug  ein  jeder  elephant  einen  hülzern 
thurn.  1  Macc.  6,  37 ; 

was  der  selb  (der  verständige)  anfaht  und  döt, 

das  dunkt  ein  yeden  wysen  gut.    Brant  narrensch.  9,12; 

ein  yedes  lasier  das  geschieht.    21,25; 

so  spricht  ein  yeder  götter  gsell.    35,  8; 

von  den  narren  will  ich  euch  sagen, 

die  inn  eynr  jeden  sach  went  tagen  (processieven).    "1,2; 

hiemit  werdt  ir  den  glauben  meren, 

wo  ir  verschafft,  ein  iede  herd 

mit  eim  guten  liirtcn  versehen  werd. 

Schade  sal.  u.  pasqu.  1,  11,  159; 
auch  ist  uns  noch  ein  Sprichwort  sagen, 
ein  jeder  vogel  sing  all  frist, 

wie  jm  sein  schnabel  gwachsen  ist.    11.  Sachs  1,  472'; 
ein  jeder  frommer  thut,  was  man  in  Hamburg  thut. 
Hacedob!«  2,  32. 

6)  kein  jeder,  ungewöhnlich  ßr  nicht  ein  jeder  {vgl.  Ih.  5,47"): 

das  theure  gut,  der  todt, 
ist  keines  ieden  kauf.     Kleiihc  111. 

7)  das  neutrum  jedes  unrd  auf  mehrere  wesen  verschiedenen 
geschlechtes  bezogen  {vgl.  gramm.  4,219 fg.):  es  solle  jedes  von 
dieser  löblichen  geselischaft  drei  wort  sagen,  die  sich  von 
seh  anfangen.  Harsdörfer  gesprechspiel  2  (1657)  172;  je  mehr 
sie  {Daphnis  und  PItyllis)  sich  sahen,  je  entzykter  wurden  sie, 
sich  zu  sehen,  und  jedes  glaubte,  das  glyklichste  unter  den 
menschen  zu  sein.  S.  Gf.sz.'«er  2,35;  wenn  man  jedes  {mann 
und  frau)  allein  sieht.  Lichte.nberc  verm.  schrift.  (1S44)  16S; 
wir ..  sprechen  den  wünsch  aus:  herr  Grimm,  fräulein  von 
Jakob  und  herr  Gerhard   möchten  jedes  in  seiner  arl  nicht 

IV.  II. 


nachlassen ,  diese  so  wichtige  als  angenehme  sache  {kentnis 
serbischer  litteratur)  zu  fördern.  Göthe  46,335;  ein  jedes  er- 
wartete noch  rückständige  gaben.  Holtei  Lammfell  153; 

und  bell  yeds  (der  zankenden  eheleule)  das  ander  beim  schöpf. 

fasln,  sp.  nachlese  12,5; 
ein  yedes  leb  recht  inn  sym  husz, 

das  ärgernisz  nit  kumm  dar  usz.    Bba*it  norreiiJeA.  49,33; 
ein  yedes  dut  nach  syner  an.    111,  45 ; 
ain  yedes  styrbt  zfi  rechter  zeyt.    Scbwarze:«berc  151*; 
da  ligt  jedes  ein  weilen  ob  {bald  siege  ich,  bald  meine  frau). 

ü.  Sachs  1,  476"; 
thut  ein  jedes  was  es  will.    476'; 
weinet  nicht  über  mieb, 
ihr  töchter  Zion,  bweine  sich 

ein  jedes  und  sein  kinde.     Lobwasssr  ps.  Davids  (1595)  133' ; 
es  gehet  diesem  wol,  der  so  sein  haus  kan  fassen, 
dasz  jedes  drinnen  weisi,  was  thulich,  was  zu  lassen. 

LoGAU  1.  54,  IS; 

ob  bei  hof  ein  jedes  schmeichelt,  schmeicheln  doch  die  pferde 

nicht, 
die  den  herren  selbst  abheben,  wann  er  reitens  nicht  beriebt. 

3,  258,  114. 

s)  misbräuchlich  ist  ein  öfter  vorkommender  plural  von  jeder, 
da  es  seinem  sinne  nach  nur  vereinzeln  kann,  ein  sorgfältiger 
Sprachgebrauch  viüste  in  den  folgenden  fällen  entweder  den  Singular 
setzen,  oder,  wollte  er  eine  Zusammenfassung  andeuten,  den  plur. 
von  alle  verwenden  {vgl.  oben  2  a.  e.) :  nichts  ist  so  beredt, 
so  da  allen  alles  und  zu  jeden  zeiten  beliebet  machen  und 
überreden  könte.  Schcppics  403;  und  wünschte,  dasz  in  jeden 
dörfern  und  städtlein  ein  prediger  gehalten  wurde.  723;  dasz 
die  weit  jede  siegszeichen  verachtet,  die  ein  kleiner  geist  er- 
i  schleichend  sich  aufrichtet.  Göthe  8,290;  ich  erklärte,  dasz 
ich  . .  niemals  eigensinnig  auf  meiner  meinung  beharren,  viel- 
mehr jede  gründe  gerne  anhören  wolle.  19,298; 

wo  wir  uns  der  sonne  freuen, 

sind  wir  jede  sorgen  los.    23,  15; 

und  mit  der  band  ein  künftig  glücke 

für  ihu  und  dich  und  uns  zugleich; 

dann  werden  jede  augenblicke 

an  neuen  lebenslreuden  reich.    56,  47. 

die  zusammenflieszung  beider  begriffe  zeigt  sich  in  der  formelhaßen 
Verbindung  alles  und  jedes ,  alle  und  jede :  alle  festungen  . . 
welche  alle  und  jedere  für  sich  etwas  besonders  erfordern. 
Kirchhof  nii7.  disc,  vorrede;  diesen  schwur  muszten  zu  Athen 
alle  und  jede  richter,  ohne  ausnähme,  thun.  Lessing  6,319; 
wenn  er  der  gruppe  in  allen  und  jeden  stücken  treulich  nach- 
gegangen wäre.  415 ;  welche  . .  alle  und  jede  geböte  . .  blind- 
lings befolgen.  Göthe  24,213;  so  mannichfaltig  auch  das 
bestreben  aller  und  jeder  künste  in  Deutschland  sein  mag. 
49,164;  das  weih ..  scheint  sowohl  jede  arzneimittel,  als  alle 
gifte  . .  sehr  wohl  zu  kennen.  44, 105. 

9)  in  etwas  anderm  sinn»  steht  der  plur.  von  jeder,  wenn  er 
durch  Verbindung  mit  einem  andern  worte  nicfU  zusammenfas^, 
sondern  noch  ausdrücklich  Iheilt,  in  den  formein  jede  andere, 
jede  derselben,  wo  aber  der  theil  bereits  als  Vielheit  gedacht  ist : 
die  folgen  des  bösen  müssen  von  den  mehrern  folgen  des 
guten,  und  die  folgen  des  guten  von  den  mehrern  folgen  des 
bösen  nicht  blos  abgezogen  werden :  sondern  jede  derselben 
müssen  sich,  in  ihrer  ganzen  positiven  natur,  für  sich  selbst 
äuszern.  Lessimc  9,173;  jede  andre  hätten  seinen  anblick, 
seinen  angriff  nicht  ertragen,  nur  Drullos  leute  achteten  das 
nicht.  Kli.ncer  theater  2,243;  unaufmerksam  in  jeden  andern 
lehrstunden.  Götbe  37, 105 ;  unter  jeden  andern  umständen. 
22,  56 ;  auch  ohne  solchen  zusatz :  sind  mit  solcher  manier  zu 
felde  gezogen,  das  jede  geschlecbter  sich  in  einem  häufen  . . 
zusammen  hielten.  Micräliis  alt.  Pommern  l,  18. 

10)  jeder  tritt  distributiv  zu  zaiäen,  in  welchem  falle  ebenso 
der  plural  verwendet  wird:  auf  jedes  tausend  seelen  kommen 
dreiszig  todte;  der  must  den  purgern  hie  geben  von  idem 
hundert  g.  {gülden)  30  g.  d.  städtechron.  1,26,16;  jede»  dritte 
wort  ist  eine  lüge ;  in  diesem  Staate  ist  jeder  zehnte  mann 
ein  beamter;  dasz  er  jede  zehn  schritte  seine  gesinnung 
wechselt.  H.  Heise  2,383.  distributiv  ist  auch  das  folgende: 
es  sind  mehr  wägen  da  gefahren,  dann  gefahren  sind  zu  jeden 
jaren.  Garg.  so';  ebenso  wenn  jeder,  zu  einer  Zeitbestimmung 
tretend,  eine  aufeinander  folgende  reihe  von  zeittheiUn  bezeichnet: 
jeder  augenblick  vergröszert  die  gefahr;  sie  wird  mit  jedem 
tage  hübscher;  man  wird  mit  jedem  jähre  älter; 

die  weit  wird  schöner  mit  jedem  tag.    Uhlakp  ged.  35. 
U)  in   der   Verbindung   von  jeder   mit   einem  Superlativ  liegt 
öfter  eine  Steigerung  des  adjectivbegriffes  verborgen:  jeder  kleinste 

144 


2291 


JEÜEU  — JEDERMANN 


umstand  ist  hier  bemerkenswert,  rerslanden  jeder  kleine  um- 
stand,  selbst  der  kleinste;  jeder  leiseste  zweifei  musz  aus- 
geschlossen werden  ; 

vom  himmel  forden  er  die  schönsten  sterne. 

und  von  der  erde  jede  höchste  lusl.    Göthe  12,24. 

diese  Steigerung  liegt  auch  im  bloszen  pionomcn,  wenn  es  sich 
auf  eine  Vielheit  tun  dingen  bezieht,  die  dem  grade  nach  unter- 
schieden sind:  jeder  umstand  ist  hier  bemerkenswert  {auch 
der  kleinste);  ich  bin  zu  jeder  genugthuung  erbölig  {auch  zur 

grösten) ; 

der  fürst  kann  meine  treu 
auf  jede  probe  setzen,  sagt  ihm  das. 

SCIIILLKR  Piccol.  4,  4. 
12)  jeder,  tr^end  einer,  ein  beliebiger,  der  betriff  einer  gleich- 
mdszigen  Vereinzelung  einer  tielheit  ist  untergegangen:  jeder, 
je  der  nächst,  wen  man  wil,  quivis ,  quilibet,  quisque,  unus- 
quisque  Ma.\i.er  509';  er  {der  riclitcr)  käme  schön  in  die  tintc, 
wenn  er  auf  jedes  reden  bin  einschreiten  wollte.  J.  Gottuelf 

schuldtnb.  25; 

wie  yeder  vor  dem  wald  in  bilit, 

des  glych  im  alliyl  widerhillt.    Brant  iiairensc/i.  69,5; 

für  Itifalln  sei  niemand  bange! 

der  wuszte,  was  die  gute  lebensart 

in  jedem  lall  erheischt.    Wieland  17,232  (Uns  4,41). 

bei  nahen  zeübeslimmungen  auf  einen  beliebigen,  möglichst  baldigen 
teUtheil  hinweisend:  er  kann  jeden  augenbiick  kommen;  wir 
erwarten  ihn  jede  stunde ;  er  versicherte  sie,  er  habe  so  und 
so  viel  tausend  lack  rupien  vom  Birmanenkaiser  an  rück- 
ständigem solde  zu  beziehen,  die  jeden  posttag  eintreffen 
könnten.  Immermann  Münchh.  1,60. 

JEDERHAND,  multifarius,  multiplcT,  diversus,  wie  allerhand. 
Stieler  752;  jederhand,  omnis  generis  Scheller  deutsch-lat. 
handlex.  (1796)  780. 

JEDEHLEI,  omnis  generis:  um  in  jederlei  sinn  gelehrter 
als  ihre  nacbbarn  zu  sein.  Wolfs  mus.  der  alterthumswissen- 
schaßen  1,43; 

pold  und  freunde  gelten  gleiche :  jederlei  von  dieser  wahr 
sucht  man  mühsam,   find  man  sparsam,   hat  man  immer  mit 

gelahr.    Locau  3,105,21. 

JEDERMALEN,  jedes  mal,  zu  jeder  zeit: 
man  sieht  zu  iedermahlen 
bei  nachte  beller  sein 
desz  feuer.s  iiochte  strahlen, 
als  bei  der  sonnen  sciiein.    Opitz  2,88. 

JEDERMANN,  omnis,  quisqite,  aus  jeder  mann  zusammen- 
qeßossen;  der  betonung  und  bedeutung  nach  von  dem  letzteren 
ganz  verschieden  geworden,  der  betonung  nach  weil  es  den  hochlon 
auf  jeder  legt  und  mann  nur  als  ließonig  behandelt  (jedermann 
gegen  jeder  mann),  der  bedeutung  nach  weil  es,  von  der  allge- 
meinen bedeutung  mann  =  mensch  ausgehend,  uns  nicht  mehr 
wie  einfaches  jeder  ausdrückt,  dieser  sinn  wohnt  dem.  worte 
bereits  im  14.  15.  jh.  bei,  wo  es  noch  getrennt  geschrieben  wird: 
waj  auch  este  und  wipfel  von  zimerholcz  und  prennholcz 
kumt,  di  mag  ider  man,  der  recht  in  den  wall  bat,  ungepfent 
nemen  und  fören.   d.  stddlechroti.  1,  30,  8 ; 

also  huob  do  yeder  man 

le  siogeo  und  ze  sagen  an.    ring  37*,  17 ; 

du  wirst  wunder  hören, 
wie  unser  jeder  man  wirl  lachen,    fastit.  sp.  287,16; 

doch  neben  schon  zusammengerückter  form: 
hört,  ir  tohtern  und  ir  chnabcn, 
yederraan  far  in  sein  haus!    ring  9",  40; 
sie  tuot  mich  aber  pei  meinem  eid  kratzen, 
daü  idermann  ie  tut  erbarmen,    fastn.  sp.  48,  7. 

das  wort  wird  wie  ein  compositum  angesehen,  insofern  sein  erster 
theü  undecliniert  verharrt,  wie  es  heiszt  im  nom.  jedermann: 
einer  der  do  gütig  ist  und  milt,  den  hat  yederman  lieb,  der 
aber  herl  ist  und  piulicb,  den  hast  yederman.  Keiseksuebc 
bilg.'';  verflucht  sei  jederman,  der  beute  etwas  isset.  \  Sam. 
14,28;  da  sprach  Absalom  und  jderman  in  Israel.  2  Sam. 
17' 14;  jederman  gibt  zun»  ersten  guten  wein.  M.  2,10;  und 
jederman  gieng,  da«  er  sich  schelzeu  licszc.  Luc.  2,3;  jeder- 
man sei  unterthan  der  obcrkeit,  die  gewalt  über  jn  hat.  Hörn. 
13,1 ;  verhaszle  miuen,  aus  welchen  jederman  seine  Verachtung 
zu  lesen  glaubte.  Lessinc  12,5;  jedermann  (Indel  das  sechste 
buch  . .  inlcressanl.  Schillek  an  Göthe  1,108;  jedermann  hat 
seine*  gute»  gewalt.  jedermann  nutzt  wohl  das  »eine,  deutsche 
reclituprichw.  *.  93 ; 

gee  iedcrman,  von  wannen  er  komen  sei.    fattn.  ip.  437,20; 
jderman  wil  dem  selbigen  (evanqctium)  anbangen. 

Schau*  lat.  u.  panpi.  1,  &4,  II ; 


JEDERMANN  — JEDERMÄNNIGLICH       2292 

hie  bei  mag  Jederman  vernemen, 

was  schalkheii  sich  der  man  mag  rümcn. 

II.  Sachs  1,  114*. 
SO  auch  im  acc.  jedermann :  lüg  dir  dein  sun  . . .  gefangen, 
du  . .  löubtcst  {bestürmtest)  ydermann.  Keisersderg  has  im  pf 
Bbl';  und  er  rief,  last  jederman  von  mir  hin  aus  gehen, 
und  stund  kein  mensch  bei  jm.  1  Mos.  45,  1 ;  gehet  hin  ein, 
und  schlahel  jederman.  1  kön.  10,25;  auch  ob  der  narr  selbst 
Herrisch  ist  in  seim  thun,  noch  hell  er  jederman  für  narren. 
pred.  Sal.   10,3;  zu  erleuchten  jederman.  Eph.3,9; 

so  komen  der  romanisien  vil 

mit  irer  straf  und  feurem  vulcan, 

wolien't  verprennen  iedcrman, 

dasz  keiner  die  warheit  so!  sagen, 

und  thflnt  si  ausz  der  kirchen  jagen. 

ScHADs  sat.  lt.  pasqH.  1,  29,  74 

ir  wölt  jederman  stechn  und  hauen.    H.  Sachs  1,473*; 

er,  der  einzige  gerechte, 

will  für  jedermann  das  rechlc.    Götub  4,  8. 

der  von  jedermann  abhängige  satz  steht  in  nicht  gewöhnlicher 
weise  im  plural  {wie  bei  demselben  schrißsteller  auch  noch  einmal, 
vergl.  unten  a.  e.): 

ich  sage  noch,  mich  recht  verstet: 

mit  Wasser  teuf  ich  jederman, 

die  solchs  von  mir  begeret  lian. 

B.  Kröcer  in  Titlmanns  schatisp.  2,57,521. 
daf.  jedermann  :  so  woltestu  .  .jederman  geben  nach  all  seinem 
wege,  nach  dem  du  sein  herz  erkennest.  2chron.  6,30;  ich 
war  ganz  ein  schewsal  jederman.  Hiüb',\;  lobet  und  danket 
ir  gott  von  himel  bei  jederman.  Tob.  12,  7 ;  halts  mit  jeder- 
man freundlich.  Sir.  6,  6;  offenbar  dein  herz  nicht  jederman, 
er  mücht  dir  übel  danken.  8,22;  von  jederman  unverhindert. 
l  Macc.  10,35;  denn  ich  sage  durch  die  gnade,  die  mir  ge- 
geben ist,  jederman  unter  euch,  das  niemand  weiter  von  jm 
halte,  denn  sichs  gebürt  zu  halten,  sondern  das  er  von  jm 
mcsziglich  halte.  Rom.  12,3;  denn  wiewol  ich  frei  bin  von 
jederman ,  hab  ich  doch  mich  selbs  jederman  zum  knechte 
gemacht,  l  Cor.  9, 19 ;  was  nur  mit  yderman  dester  leichtsin- 
niger. Wickram  rollw.  153,1  Kurz;  ich  lasse  mir  jetzt  von  jeder- 
mann rathen.    Immermann  Münchh.  1,47; 

wie  denn  von  sicten  oft  geschieht, 

und  im  gleichm  fal  on  fainderlist 

jdermann  mit  recht  erlaubet  ist. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  1,  49,  36 ; 

jr  helft  jederman  so  fein.    H.  Sachs  1,466'; 
das  eur  unscliuld  jederman  nu  würd  bekante. 

Rebuun  i»  T(<Irna)ifis  schausp.  1,100,563. 

gen.  jedermanns :  jedermans  genge  komen  vom  herrn,  welcher 
mensch  verstehet  seinen  weg?  spr.  Sal.  20,24;  jedermans  wege 
sind  stracks  für  dem  herrn,  und  er  misset  gleich  alle  jre 
genge.  5, 21 ;  die  warheit  ist  dahin ,  und  wer  vom  bösen 
weichet ,  der  mus  jedermans  raub  sein.  Jes.  59, 15 ;  spric/i- 
tt'ürt/tc/»  jedermanns  freund,  allermanns  geck ;  jedermannes: 
das  meszopfer  selbst  ist  eine  richterliche  handlung,  und  der 
grund  aller  übrigen :  es  ist,  wenn  wir  wollen,  die  feierlich  vur 
jedermannes  äugen,  und  zu  jedermannes  nachricht  wieder- 
holte belehnung  der  kirche  mit  dem  richteramte  gottes.  Fichte 
werke  6,  258. 

In  der  Verbindung  ein  jedermann  {vgl.  ein  jeder  jp.  2289): 

solche  wird  ein  jederman 

kaufen  wo  er  immer  kan.    pers.  roseuth.  3,  27 ; 

die  wahren  welche  vornan  an 

in  einem  laden  liegen, 

die  kauft  nicht  gern  ein  jederman.    Locau  2,71,01; 

also  sol  man  thun  einem  jederman,  der  seins  bruder»  haus 
nicht  erbauen  wil.  5  Mos.  25,  9 ;  ist  demüthig  von  eim  jeder- 
mann zu  lernen.  Luthek  br.  3, 71 ;  mit  einem  von  jederman 
abhängenden  salze  im  plural: 

und  bin  bieniit  ein  jederman, 
sie  wollcns  liir  lieb  nemen  an 
und  lastens  inun  wolgefallen. 

B.  Krüger  im  Titlmanns  $chnu$p.  i,  8  (vgl.  dazu 
eine  oben  ijegebi'iie  »teile  desselben). 

JEDERMÄNNIGLICH,  wie  jedermann,  meist  nur  in  der  alleren 
spräche,  vgl.  inänniglich  :  woraus  wir  lernen,  dasz  der  guten 
engel  weise  sich  dahin  neiget  und  scliickel,  dasz  jrdermen- 
niglicb  sich  nur  fiir  goti  fürchten  soll.  Karlstadt  l>ei  Jdgrr 
1.357;  wie  nun  jedermilnniglich  darüber  erstaunt,  so  ist  dem 
papsic  eine  offenbiirung  goschchen.  Götiik  16,181  (in  der  er- 
sihlung  tiner  schlichten  frau) ;  sachen  hinschmierte, . .  wodurch 
Pf  jedermilnniglich  rauft  und  zwickt.  J.Paul  paliniien.  2,5. 
dal.  Uieils  fleciiert,  theilsniehl:  bf  i  jedermenniglichcn.  F.WPrtz 
proci.  d.  wundann.  (lül2)  9;    dcsgleirben    wil   er  anrb  jeder- 


2293 


JEDERM  ANNSFREUN& — JEDI 


JEDIG  — JEDOCH 


2294 


menniglich  vergeben  und  verzeilien.  Rectter  t.  Speir  knegs- 
ordnungen  66;  darausz  es  {das  kind)  lerne,  wie  es  mit  jeder- 
meniglich  gebaren  solle.  Agr.  spr.  82" ;  diese  gunsl  genösse 
ich  bei  jedermänniglich.    Simpl.  1,93  Kurz; 

bei  jedermenniglich  verscbmäbet  und  verhast, 
und  wo  er  kommet  hin,  ein  unwillkommner  gast. 

Weller  lieder  252 ; 

gen.  jedennännigliches:  darumb  folgen  die  weisen  jedermän- 
nigliches  fuszstapfen.   pers.  baumg.  2,19. 

JEDERMANNSFREUND,  m.  amicorum  pTostibulum,  aller- 
mannsfreund.    Stieler  555. 

JEDERMANNSHERBERGE,  f.:  eine  jedermannsherberge, 
pandocheum  Stieler  165. 

JEDERMAN.NSHURE,  f.  prostibulum,  lupa.  Steisbach  1,796. 

JEDERMANNSSAGE ,  f.:  ein  manuscript  ist  ein  wort  ins 
ohr,  ein  gedrucktes  buch  ist  eine  jedermannssage.  Lessisc 
10,  237. 

JEDERMANNSSPOtT,  m.  fabula  mundi.  Stieler  2095:  er 
ist  ein  jedermannsspott. 

JEDERWEILEN,  adv.  zu  jeder  zeit;  im  16.  17. /oÄrA.,  jeden- 
falls unter  einflusz  von  bisweilen,  unterweilen,  roh  gebildet: 
solche  junge  gesellen  hab  ich  jederweilen  den  bösen  Schuld- 
nern verglichen.  Philasder  1, 151 ;  ein  frommer  mensch  gibt 
jederweilen  dem  schalk  die  händ  aber  nicht  das  herz.  Lehüa»."« 
116;  dasz  jederweilen  kluge,  verständige  und  weltweise  leut 
in  Übung  gehabt,  a.  treiszh.  lustg.,  dedic;  demnach  hei  dieser 
stad  jederweilen  aufruhrische  Belials  kinder  sich  gefunden. 
Scncppius  6T7.  zufrühest  als  jedertweilen  belegt:  daraus  mache 
runde  kuglein,  darvon  gebrauch  jedertweilen  ein  paar.  Tabeb- 
naemontascs  614;  nach  dem  17.  jahrh.  erloschen. 

JEDERZEIT,  adv.  omni  tempore,  semper:  es  ist  mir  doch 
lieb ,  dasz  ich  ihm  nie  einen  redlichen  tropfen  bluts  zuge- 
trauet, und  seine  reden  jederzeit  für  das  gehalten  habe,  was 
sie  sind.  Lessi?(G  1,422; 

solch  edle  freiheit  haben  auch 
die  Züricher  nach  altem  brauch 
jederzeit  stattlich  handgebabt. 

FiscBART  lobspruch  auf  Zürich,  hei  Scheitle  16, 1067 ; 
so  leb  ich  iederzeit, 
und  habe  stets  mit  furcht  und  holTnuD?  einen  streit. 

Opitz  2,  160; 
sein  herz  ist  gegen  mir  mit  vater-treu  enibrand, 
er  ists,  der  iederzeit  vor  mich,  sein  kind  musz  sorgen. 

A.  Grtpbics  169S   2.341; 
ein  könig,  dem  an  macht  und  Weisheit  keiner  glich, 
erwies  sich  jederzeit  im  herrschen  väterlich.     Hageoor»2,6. 

gleich  jedesmal,  mit  verben,  die  eine  uUlerkehrende  handlung  aus- 
drücken [vergt.  bei  immer  10  sp.  2070  und  je  sp.  2276):  auf 
befragung  seiner  herrschaft  jederzeit  richtig  zu  antworten. 
Hobberg  1, 5S3';  jederzeit,  wenn  er  kommt,  bringt  er  eine 
neuigkeit  mit;  den  eindruck  davon  vertilgt  er  durch  gegen- 
wart,  leben  und  wirken  jederzeit  wieder.  Göthe  an  Schüler 
1,254;  sie  hatte  dem  ganzen  Verhältnisse  eine  so  tiefe  be- 
seelung  gegeben,  dasz  sie  jederzeit  des  abends,  wenn  sie  sich 
zum  Schlafengehen  entkleiden  wollte,  schamhaft  zuvor  ihrem 
freunde  auf  dem  kamin  {einem  nuszknacker)  das  haupt  mit 
einem  tuche  verhüllte.  Ixmcrmamn  Münchh.  l,  56. 

JEDESMAL,  adv.  aus  jedes  mal  zusammengeritckt,  indesinenter, 
usque,  perpetuo,  assiduo,  conlinue,  cilra  intermissionem.  Stieleb 
1223;  jedesmahl,  qualibet  vice  Frisch  1,  4Sö';  auf  sich  viedtr- 
holende  handlungen  bezüglich :  nur  der  naturforscher  ist  ver- 
ehrungswerth,  der  uns  das  fremdeste,  seltsamste,  mit  seiner 
localitüt,  mit  aller  nachbarschaft,  jedesmal  in  dem  eigensten 
elemente  zu  schildern  und  darzustellen  weisz.  Göthe  17,2!12; 
in  diesem  {zustande  ztcischen  schlaf  und  wachen ,  der  abendlieh 
eintrat)  sah  sie  Eduarden  ganz  deutlich  ...  im  kriegerischen 
anzug,  jedesmal  in  einer  andern  Stellung,  die  aber  vollkom- 
men natürlich  war  und  nichts  phantastisches  an  sich  hatte: 
Stehend,  gehend,  liegend,  reitend.  302 ;  dasz  die  beslimmung 
des  gegenständes  jedesmal  durch  die  mittel  geschehen  musz, 
welche  einer  kunstgattung  eigen  sind.  Schiller  an  Göthe  1,876; 
doch  ist  es  freilich  noch  ungewisz,  ob  er  überhaupt  sterben 
und  ob  nicht  vielmehr  der  tod  jedesmal  einnicken  wird,  so 
oft  er  ihn  sieht.  Iimerma:«!«  Münchh.  1,29. 

JEDESMALIG,  adj.  continuus,  perpetuus.  Stieler  1223 :  dasz 
nach  der  Verfassung  von  Hechelkram  der  jedesmalige  fürst 
seine  jedesmalige  geliebte  aus  dem  geschlechte  derer  ton 
Schnuck  zu  bezieben  hatte.  Imherma;«»  Münchh.  1,52. 

JEDI,  Verstümmelung  des  namen  Jesus  im  ausrufe;  vgl.  unter 
jemine. 


JEDIG,  adj.  aus  jeder  entteickelt:  auch  geburt  es  einem 
jedigen,  dasz  er  seines  glaubens  gewisz  sei.  Ritter  Übersetzung 
von  Melanchth.  leben  Luthers  (l56l)  54. 

JEDLICH,  quisque,  ßr  ietlich.  mhd.  ietelich  {sp.  2043,  vgl. 
auch  itlich  sp.  21S2),  uird  in  den  quellen  des  16.  jh.  gefunden, 
das  anlautende  zeichen  j  trird  sich  jedoch  verhallen  vie  bei  je 
und  jeder  {sp.  22S6),  schwerlich  hat  man  anders  als  iedlich  ge- 
sprochen: umb  eines  jedlichen  worts  willen.  Luther  6r.  5,6&4; 
und  ein  jedlich  thor  war  von  einer  perlen.  Mathes.  Sar.  53' ; 

ein  jedlicher,  dieweil  er  lebt, 

lasz  er  sein  Vernunft  meister  sein.     H.  Sachs  1,  469*; 

das  ihr  drey  kummen  auf  ein  zil, 

der  ein  jedlicher  sterben  wil 

das  man  die  andern  ledig  lasz.    3,2,9'; 


bein  töchtern  Pelie 
ein  jedliches  weibszbild  versteh, 
ausz  fürwitz  nit  glaub  alle  ding. 


107 


JEDOCH,  conjunction  des  gegensatzes,  aus  doch  mit  voran- 
gestelltem, eine  bedingte  behauplung  oder  eine  bestreitung  aus- 
driickendem  je  {sp.  2277)  gebildet,  in  mehreren  bedeulungen  des 
einfachen  doch  angewendet. 

1)  wie  doch  1  {theil  2, 1200)  bestimmt  auf  den  ge^ensatz  hin- 
weisend, ihn  zurückdrängend,  dennoch,  demungeachtet ,  nichts- 
destoweniger, tarnen:  ahd.  doh  er  si  circumdatus  fragilitate 
nostrae  carnis,  er  scheinet  ie  doh  sine  divinitatem  per  mira- 
cula.  Williräm  16,  27 ;  suie  vilo  iro  s5,  sie  sint  ie  doh  unum 
in  confessione  nominis  mei.  34, 14. 

mhd.  vaier  min,  swie  tump  ich  si, 

mir  wonet  iedoch  diu  witze  bi  .  . 

Haktma!«!«  arm.  Heinrich  5M; 

e;  stuont  umb  al  sin  ere. 

iedoch  so  klaget  er  mere 

siner  swester  arbeit 

danne  sin  selbes  leit.     Gregor.  292; 

wie  wol  min  sinn  sind  smal, 

ie  doch  so  wil  ich  suochen 

ü;  mencher  band  buochen 

schön  bispil  und  figur.    Altswbrt  129,  5. 

nhd.  morgen  gegen  tag  ists  noch  schwerlich  zeit  bei  ihnen 
{schlemmem),  von  einander  zu  geben ;  dann  wann  schon  ihre 
mägen  gedrungen  voll  stecken,  so  sind  sie  jedoch  noch  nicht 
recht  lustig  gewesen.  Simpl.  l,  103  Kurz;  mir  selbsten  aber 
erzehlte  er  meinen  künftigen  ganzen  lebenslauf  so  umständlich, 
als  wann  er  schon  vollendet  und  er  allezeit  bei  mir  gewesen 
wäre,  welches  ich  aber  wenig  achtete,  und  mich  jedoch  nach- 
gehends  vielen  dings  erinnerte ,  dasz  er  mir  zuvor  gesagt, 
nachdem  es  schon  geschehen  oder  waar  geworden.  202;  also 
antwortete  mir  auch  ein  schmid  und  sagte :  habe  ich  keine 
pflüge  und  bauren-wägen  in  friedenszeiten  zu  beschlagen,  so 
kommen  mir  jedoch  im  krieg  genug  reuterpferde  und  heer- 
wägen unter  die  bände.  2,23;  wo  nicht  in  Schriften,  jedoch 
in  gedanken,  so  in  Schriften  kommen  sollen.  Schuppics  S23; 
ewig  wird  er  euch  sein  der  eine,  der  sich  in  viele 

tbeilt  und  einer  jedoch,  ewig  der  einzige  bleibt.    Göthk  1,387. 

2)  häufiger,  und  in  der  modernen  spräche  fast  ausschlicszlich, 
wie  doch  2  {theil  2,1201)  das  entgegenstehende  bestreitend,  be- 
richtigend, mäszigend,  vermittelnd,  wie  aber,  indessen: 

di  wurden  Cesari  al  unterdän, 

si  wärin  imi  idoch  sorchsam  (torge  bereitend).  Annol.  396. 
es  verbindet  hauptsätze :  wiewol  neben  andern  künsten  alchamey 
für  ein  kunst  von  den  lerern  in  der  schrift  genennt  und 
gesazt  wirdet, . .  jedoch  nachdem  soliche  kunst  so  subtil  und 
verborgen  ist.  Nürnb.  pol.-cn-dn.  151 ;  ihdoch  mus  ich  auch 
bekännen,  dasz  solches  auf  unterschihdliche  weise  geschähe. 
Zese5  Rosemund  (1664)  354 ;  es  währte  jedoch  nicht  lange,  so 
vertraute  sie  ihm  . .  Göthe  18,  67 ;  Wilhelm  dachte  allerlei  bei 
sich  selbst,  was  er  jedoch  dem  guten  menschen  nicht  ins 
gesiebt  sagen  wollte.  79;  jedoch  da  Wilhelm  in  ihrer  gegen- 
wart  wenig  von  allem  andern  bemerkte,  ja  vielmehr  ihm  alles, 
was  ihr  gehörte . . .  lieb  werden  muszte ;  so  fand  er  zuletzt 
in  dieser  verworrenen  wirthschaft  einen  reiz.  SS; 

jedoch  vergeblich  dient  jr  mir, 

dieweil  allein  got  dienet  jr 

ausz  meoscheu  lehren  und  gebot.    H.  Sachs  1,60'; 
in  seim  gewalt 

Claudius  die  junekfrawen  bhalt, 

jedoch  er  sie  verbürgen  sol.    113*; 
dem  tapfern  Pfrrhus  gleich  stritt  er  (der  sullan)  ohn  Unterlast; 
jedoch  sah  der  vezier,  ein  andrer  Cineas.  .  . 
der  berrscbsucht  opferherd,  das  schöne  reich  verarmen. 

Hagidod!«  2,  lU: 

144* 


2295 


JEDWEÜER 


JEDWEDER  — JEGLICH 


2296 


jedoch  zur  sach!  das  beste  soll  noch  kommen. 

ScuiLLKR  Piccol.  2,7; 

wohl  magst  du  dir,  wenn  du  allein  bist,  grosze  dinge 

vorsetzen,  schöne  redeblumen  flechten  .  . 

jedoch  Versuchs  I  tritt  vor  sein  äuge  hin, 

das  Test  auf  dich  gespannt  ist,  und  sag  nein!    3,  8; 

so  dasz  man  wahrlich  denken  musz,  man  könnte 

zwar  nichts  gewisz,  jedoch  viel  arges  denken. 

Shakesp.  Hamlet  4,  5  ; 
jedoch  zur  sache,  welche  vor  uns  liegt.     Heinrich  VI  2,  1,  3; 

(Hermann)  sah  ihr  freundlich  ins  äuge, 
fühlte  sich  still  und  getrost,   jedoch  ihr  von  liebe  zu  sprechen, 
war  ihm  unmöglich  gewesen.  Göthk  40,  307 ; 

in  der  belonung  jedoch: 

will  von  ihnen  tausend  goldstiJck 
auf  die  Sicherheit  von  zweien 
groszen  kästen,  angefüllet 
mit  all  seinem  silherwerk. 
jedoch  unter  der  bedingung, 
nicht  vor  Jahresfrist  die  kästen 
zu  eröffnen.      Hekder  z.  liit.  5,  161. 

JEDWEDER,  quisque,  mhd.  ie-deweder,  verstärktes  deweder, 
der  eine  oder  der  andere  von  zweien,  später  ietweder. 

1)  das  tvort  verläitft  der  form  nach  ganz  wie  jeder ;  auch  hier 
die  flexionszerrüUung,  indem  für  ursprüngliches  ietwederer,  jed- 
wederer,  jedwedere,  jedwederes  nur  jedweder,  jedwede,  jed- 
wedes um  sich  greift,  wiewol  die  altern  formen  bis  ins  17.  jh. 
dagegen  ankämpfen:  es  müste  jedwederer  so  etwas  daher 
schneiden  {aufschneiden).  Simpl.  4,250  Kurz;  die  übrige  alle 
(alle  übrigen  mägde)  wüste  eine  jedwedre,  was  sie  thun  solle. 
2,90;  können  und  müssen  ein  jedwederen,  auch  denjenigen, 
welcher  bei  dem  göttlichen  feuer  ganz  erkaltet,  anzünden. 
ScnüPPiüs  724;  es  ist  eine  anzeigung  eines  unverschämten 
sicheren  gemüthes,  einen  jedwedem,  wie  unvernünftige  thiere 
thun,  ohne  unterscheid  anlaufen.  Opitz  poet.  24 ;  mit  einem 
jedwedern  dispatim.  Simpl.  3,32  Kurz;  einem  jedwedem  Sol- 
daten. 90;  weil  er  von  jedwederm  pfenge  rechnung  thun  solle. 
polit.  hofmädgen  170;  was  von  der  besten  und  raresten  kiel- 
werk und  gewachsen  in  jedwederm  belllein  angebauet  ist. 
Hobberg  1,583';  folgends  warden  die  sämptliche  fahnen  für- 
geslellet,  und  hat  der  käyser  und  beide  herzogen  .  .  an  jed- 
wedere Stange  gegrififen.  Micrälids  alt.  Pommern  3,  526;  er 
verschafft  zu  jedwederer  handelschaft  genügsame  kaufleute. 
Simpl.  3,93  Kurz;  in  jedwederer  gewohnheit  oder  exempel. 
.ScRCPPiüs  728;  die  zeit  und  ort  einer  jedwedern  geschieht. 
MicRÄLiüs  alt.  Pomm.  1,111;  die  eigenschaft  eines  jedwedern 
dinges.   Opitz  poet.  37. 

Für  jedweder  gilt  bis  zum  18.  jahrh.  die  ausspräche  iedweder, 
auch  wol  trotz  anderer  Schreibung,  vgl.  unter  je  sp.  2274  und 
jeder  sp. 2286;  seltener  durch  die  Schreibung  gesichert:  musz  ich 
idwedern  versichern.  A.  Gryphius  t'or  dem  druckfehlerverzeichnis 
der  ausgäbe  von  1663;  iedwedes  gebrechen,  quodlibet  Vitium. 
Steinb.^cii  2,953. 

2)  die  bedeutung  ist  ursprünglich  nur  eine  duale : 

nein,  ir  tjosi  wart  sfi  getan, 
durh  die  Schilde  und  durh  b^de  man. 
ietnederm  von  des  andern  hant 
wart  harnasch  und  verch  zetrant. 

Wolfram  yVilleh.  24,  21  ; 
beidiu  sper  enzwei  geriten, 
ietweders  kraft  also  versniten 
daj  es  der  tet  sin  bürge  wart.    24; 

auch  noch  in  späteren  beispielen:  under  den  selben  sant  Tho- 

mansz   lül   soll  der  meyer  dasz  bahnwarlhlhuen  zwein  lihen 

zue   winachten,   undt   soll    der  jedwedere  dem  meyer  geben 

fünf  Schillinge  basiler.  weisth.  4,lbi(Elsasz);  jedweder  site  der 

straasze  dri  fuesz.  155;  dasz  er  mich  und  den  allen  beim  köpf 

nehmen  und  jedweder»  [neutr.  in  bezug  auf  eine  frau  und  einen 

mann)  besonders  gefangen  setzen  liesze.  Simpl.  3,127  Kurz; 

Adrast  gelobt  es  mir  und  diesem  Tjrdeui, 

der  jetzt  mein  bruder  ist,  jedweden  eidam  (von  zweien) 

zurückzufuhren  in  sein  heimisch  reich. 

Schiller  Kuriiiides'  Hiönit.  v.  426. 

3)  uhon  mhd.  aber  ist  auch  plurale  bedeutung  bezeugt: 

jelweder  vater,  tun  und  geist 

f under  erschein,     mtnnes.  2, 3C3*  Hagen; 

und  diese  wird  spdler  die  allgemeine,  so  dasz  jedweder  ganz  wu 
jeder  den  einzelnen  in  der  kette  einer  Vielheit  oder  gesamtheit 
bezeichnet,  die  breitere  form  von  jedweder  gibt  Htm  gegen  jenes 
einen  gcvntien  naclidriuklichen  ttnn.  et  steht  {vgl.  jeder  11,3.  4.  5) 
o)  Substantiv:  danz  jedweden  das,  wai  »eine,  und  von  ibme 
d^n  Ursprung  bat,  das  icbOneste  und  bette  zu  tein  dünket. 

ScilLPPILt    403; 


jedwedem  bleibet  schon  sein  mangel  aufgelegt, 
nur  dasz  man  übel  sieht  was  unser  rücken  trägt. 

A.  v.  Abschatz  verm.  geil.  168; 
geh  froh  und  lasz  dein  herz  das  glück  mit  dank  empfinden, 
jedwedem  werth  zu  sein,  der  nur  entfernt  dich  kennt. 

fiKLLKRT  0,  229; 
imd  eine  lust  ists,  wie  er  alles  weckt 
und  stärkt  und  neu  belebt  um  sich  herum  .  _ . 
jedwedem  zieht  er  seine  kraft  hervor, 

die  eigenthümliche,  und  zieht  sie  grosz.     Schiller  Piccof.  1,4; 
0  dann  hab  ich  gewonnen,  o  dann  trotz  ich 
jedwedem,  was  die  bosheit  sagen  mag.    Tieck  1,44. 

6)  üd;ec<it);  jedwedes  thier,  quodlibet  animal  Frisch  2,427'; 
auf  jedweder  seile.  Rabener  werke  2,223; 
gehorsam  ist  iedwedes  glied 

dem  orden  schuldig  zu  erweisen.    Abschatz  verm.  ged.  139; 
jedweder  bester  tag  geht  uns  zuerst  dahin.    170; 

jedweder  officier 
von  ehre  kann  das,  musz  das.    4,  1; 
jedweder  stand  verwahret  seine  gränzen  ; 
die  alte  Zürich  selbst  schlosz  ihre  thore.     W.  Teil  5,  I ; 

denn  wenn 
du  pfeifst,  so  springt  der  hund  jedwedes  mal 
aus  seinem  ofenloch,  und  denkt  es  gelte  ihm.  H.v.  Kleist  1,67; 
ich  will  der  Schlachtordnung  gestalt  entwerfen, 
jedwedem  führer  seinen  stand  begränzen, 
und  recht  vertheilen  unsre  kleine  macht. 

Shakesp.  Richard  III  5,  3. 

c)  in  Verbindung  mit  dem  unbestimmten  artikel:  eines  jed- 
wedern nalur.  Hoiiberc  3,2,12";  dasz  ein  jedweder  so  viel 
glück  hat,  als  er  verdienet.  J.E.  Schlegel  3,334;  ein  jedweder 
wird  den  brief  nach  seinen  umständen  einzurichten  wissen. 
Rabener  werke  3, 71. 

4)  jedweder  bezeichnet  nicht  nur  den  gleichen  theil  einer  Viel- 
heit, sondern  deutet  auch  auf  den  dem  grade  oder  der  stärke 
nach  verschiedenen,  wie  jeder  II,  11  sp.  2291 : 

denkt  ihr,  er  habe  .  .  - 

jedwedem  stillen  erdenglück  entsagt. 

Schiller  Piccol.  3,  8  ; 
du  konntest  spielend  deine  pflichten  üben, 
jedwedem  schönen  trieb  genüge  thun. 

Wallenstetns  tod  2,  2  ; 
so  müssen  sie, 
uneingedenk  jedweder  vorigen 
beleidigung,  sich  einzig  dessen  nur, 
weszwegen  sie  beisammen  sind,  erinnern. 

Eurip.  lliöniz.  v.  470. 

5)  jedweder  bei  Zeitbestimmungen,  irgend  ein,  mit  dem  seiten- 
begriffe  des  ungewis  baldigen,  vgl.  jeder  11,12  s/>.  2291: 

0  lassen  sie  uns  fliehen,  liebe  mutter! 
schnell!  schnell!  hier  ist  kein  aufenihalt  für  uns. 
jedwede  nächste  stunde  brütet  irgend 
ein  neues,  ungeheures  schreckhild  aus! 

Schiller  yVallenst.  tod  3,3. 

JEGLICH,  quisque,  quilibet.  ahd.  eogalih,  iogilih,  iegelkh, 
mhd.  iegelich,  hier  von  dein  dualen  ieweder  der  bedeutung  nach 
noch  scharf  geschieden,  da  ie-gel5ch,  aus  dem  verallgemeinernden 
ie  {vgl.  sp.  2280)  und  dem  adj.  gelich  gleich  zusammengesetzt, 
die  Vereinzelung  in  der  Vielheit  bezeichnet,  seitdem  aber  ieweder 
in  der  kürzung  ieder,  jeder  sich  eben  diesem  begriffe  zuwendet, 
unterscheiden  sich  in  bezug  auf  denselben  beide  Wörter  nicht  mehr ; 
nur  begegnet  jeglich  noch  im  16.  jahrh.,  z.  b.  in  Luthers  btbel- 
übersetzung,  viel  häufiger  als  jeder,  in  der  modernen  spräche  hat 
es  jedoch  zu  gunsten  des  letzteren  bedeutend  an  boden  verloren, 
so  dasz  es  fast  nur  noch  der  gehobenen  rede  zusteht,  wahrend 
jeder  sowol  dieser  wie  auch  der  geuvhnlichen  dient,  die  form  des 
anlautes  verläuft  wie  bei  je  und  jeder,  neben  dem  alten  iegelich, 
ieglicb  begegnet  schon  frühe  und  noch  lange  auch  iglich ,  bei 
Luther  jglich:  gegen  einem  jglichen.  5,166;  iglich  quilibet 
Steisbach  1,810;  quilibet  iclicher,  icklicher,  ein  ichelicboi!» 
DiEF.  479*;  eine  form  yetglicber  bei  Keisersberg  berührt  sich 
mit  iellich,  jediich  (jp.  2294):  ein  yelglicher  mensch  sul  uuib- 
sichligklichen  behrilsamglichen  urteilen,  sünd.  des  munds  7'. 
die  heutige  form  jeglich  wird  bei  Stiei.kr  S84  ausdrücklich  auf- 
gefüiirt,  Schuttel  1340  schreibt  jechlich  unusquisque. 

jeglicher  steht,  wie  jeder, 

1)  im  gegensalze  zu  dem  zusammenfassenden  all:  ein  jglicbt 
hat  seine  zeit,  und  alles  fürneiuen  unter  dem  liime!  hat  leinc 
ttund.  pred.  Sai  3, 1 ; 

fromm  sind  wir  liebende,  still  verehren  wir  alle  damonen, 
wunichen  uns  jeglichen  golt,  jegliche  gollin  geneigt. 

UöTHK  I,  263; 

in  der  formet  all  und  jeglicher,  allcf  und  jegliches:  das  haben 

wir  davon,    H:i«/  «ir  .tIIcs  niif  die  tpitzc  sleiien ,  von  allem 


2297 


JEGLICH 


JEGLICHESMAL  —  JEHEN 


2298 


und   jeglichem   das    höchste,    überschwänglichste   begehren! 

Immermann  Münchh.  1,34; 

aber  nachdem  ich  zum  schiffe  hinab  und  dem  meere  gewandelt, 
schall  ich  sie  ringsum  all'  und  jeglichen.        Odyss.  12,  392  • 
avräg  stieI  q^  ini  vrja  y.aTTJ?.vd'ov  rjSi  d'äf.aaaav, 
vsiy.eov  äXJ.o&ev  aXlof  irtiOTaSöv. 

2)  in  substantiver  Stellung:  er  ist  keltendo  iegelichemo  nih 
sinen  uuerchen.  Notkeb  6«  Haltemer  2, 39* ; 

swaj  ieglicher  gerne  sach.    Bari.  54, 10; 

ich  will  euch  allsambt  hie  verkeren. 

iegeleichem  will  ich  ain  platten  scheren,    fastn.  sp.  433,6; 

jetzt,  da  jeglicher  liest.    Göth«  1,335; 

man  gibt  ihm  (dem  soldaien)  nichts,  und,  jeglichem  gezwungen 

zu  nehmen,  ist  er  jeglichem  ein  greuel.    Schiller  Picco/.  2, 7. 

gern  auch  in  der  neutralen  form  jegliches  (rj/.  jedes  jp.  22S9): 
er  heiszt  ieglichs  {von  den  hausgenossen)  thun  syn  ampt. 
Keisebsbebg  bilg.  7*;  und  dut  ieglichs  sin  ampt.  9*;  kauft, 
alte,  was  sich  für  jegliches  schickt.    Holtei  Lammfell  155. 

3)  adjediv:  mit  jm  zehen  oberste  fürsten,  unter  den  heusern 
irer  Teter,  aus  jglich^m  stam  Israel  einen.  Jos.  22,14;  ein 
faden  von  zwelf  eilen  war  das  masz  umb  jgliche  seulen  her. 
1  kön.  7, 15 ;  die  andern  diener  haben  jeglicher  nur  10  ducaten 
besoldung.   pers.  rosenth.  4, 13 ; 

es  reget  der  wein  dann  jegliche  krafl  auf) 
seines  heftigen  wollens.  Götbk  40,  275 ; 

jeglich  gewissen  ist  wie  tausend  schwerler, 
zu  fechten  mit  dem  blutgen  bösewicht. 

Shakesp.  Richard  III  5,  3. 

im  plural,  teo  alle  besser  stünde  {vgl.  jeder  sp.  2290): 

denn  es  löset  die  liebe,  das  fühl  ich,  jegliche  bände, 
wenn  sie  die  ihrigen  knüpf:.  Göthk  40,  274. 

4)  am  häufigsten  mit  dem  unbestimmten  artikel  verbunden : 
ahd.  da;  leid  ih  durch  einen  iegellchen  dinero  doctorum. 
Williram  34, 10 ; 

mhd.  wan  ich  eim  iegelichen  man 

siner  eren  wol  gan.    /if ein  2491 ; 

ein  ieglich  krisien,  Juden  unde  beiden.  Waltheb  21, 27. 
nhd.  ein  jglicher  sol  für  seine  sünde  sterben,  h  Mos.  24,16; 
einem  jglichen  dünkt  sein  weg  recht  sein.  spr.  Sal.  21, 2 ;  so 
faret  hin,  und  diene  ein  jglicher  seinem  giitzen.  lies.  20,  39 ; 
unter  den  jungem  beschlos  ein  jglicher,  nach  dem  er  ver- 
mochte, zu  senden  eine  handreichung  den  brüdern.  ap.  gesch. 
11,29;  es  stelle  sich  aber  ein  jglicher  unter  uns  also,  das 
er  seinem  nehesten  gefalle.  Rom.  15,2;  es  war ..  ein  jglicher 
des  liedlins  müde  worden.  Lctber  ör.  1,207;  wie  ein  jeglicher 
sein  ampt..  thun  solle.  Schlppius  6; 

denn  ein  jeglicher  denkt  nur,  sich  selbst  und  das  nächste 

bedürfnis 
schnell  zu  befriedgen  und  rasch.    Göthk  40,  3u6;:. 

also  loszt  die  sünd  ab  {erläsU)  ein  ieglicher  priester.  Keisebs- 
bebg bilg.  5';  ein  ieglich  christglöubig  mensch.  6*;  gloub,  das 
er  bereit  ist  zu  verzeihen  einem  jeglichen  Sünder.  11*;  eine 
jgliche  schwelle  einer  ruten  breit,  ües.  40,  6 ;  der  mensch  lebet 
nicht  vom  brot  alleine,  sondern  von  einem  jglichen  wort,  das 
durch  den  mund  gottes  gehet.  Matth.  4,4;  dasz  ich  euch  in 
dieser  kurzen  zeit  einen  commentarium  über  ein  jeglich  capitui 
mache.  Schlppics  U.  da/iür  «njeröAniicA  jeglich  ein:  jecklich 
eyne  {kartaune)  schoys  eynen  stein  van  anderhalf  hondert 
punden.  Harff  61, 3S  {kurz  nachher  eyn  yecklich) ;  der  ieklicb 
ein  . .  ier  eigen  porzen  ind  toerne  binnen  Rodijs  inne  haven. 
73, 19. 

5)  jeglicher,  tcte  jeder  II,  11  und  jedweder  4,  eine  Steigerung 
in  sich  schlieszend: 

ich  bin  ein  mann,  sire,  den  die  harten  stösze 
der  well  so  aufgebracht,  dasz  ich  bereit  bin, 
der  weit  zum  trotze  jegliches  zu  wagen. 

ScBiLLKB  Macbeth  3,  4 ; 
sie  sind  auf  jegliche  bedingung  mein.     Wallenst.  tod  1,5. 

0)  jeglicher,  irgend  ein,  ein  beliebiger,  uie  jeder  11,12  sp.  2291 : 
summa,  wer  in  ein  jeglich  hausz  körnt  und  wil  wissen,  wie 
die  hauszhaltung  geführet  werde,  der  sehe  wie  man  sich  zum 
essen  und  zur  kirchen  schicke.   Scbcppius  110; 

nimm  di«  reifsten  orangen,  die  weiszen  feigen  ;  das  meer  bringt 
keiae  fruchte,  sie  bringt  jegliches  land  nicht  hervor  (irgend 
ein  land  nicht  =  kein  land). 
GöTBB  1,299. 

7)  jeglicher  tn  dualem  gebrauche,  wie  jeder  sp.  22^7:  sie 
waren  aber  beide  zugleich  gegen  jr  entbrand,  und  scbemets 


sich  einer  dem  andern  zu  offenbaren,  und  jglicher  hette  gern 
mit  jr  gebulet.  hisl.  v.  d.  Susanna  v.  11 ;  und  wenn  sie  {beide 
richter)  von  einander  gegangen  waren,  keret  darnach  jglicher 
widerumb.  14; 

bausfrau ,   du  redest  vasl  nach  meinem  willen  (ipricht  der 

ehemann), 
die  sach  kunnen  wir  nicht  pasz  gesiillen, 
dann  iklichs  hab  am  andern  aia  genüg,    fastn.  sp.  166,24; 
zwen  sein  der  pauren  kamrer,  .  . 
die  gen  auch  paid  in  ainer  wat. 
ieklicher  ain  kränzt  hat.    445, 10; 

und  von  der  andern  seile 
trat,  ein  kind  an  jeglicher  band,  der  richter  zueleich  ein. 

GÖTHE  40,  3t  1. 

JEGLICHESMAL,  adv.  me  jedesmal: 

0  dann  sollen  mich  oft  phantome  der  abend'  umschweben, 
die,  uns  jeglichesmabl  täuschend,  zu  flüchtig  entflobn. 

Stolberc  1,  15. 

JEHANDS,  adv.  je  einmal,  dann  und  Kann,  an  band  als 
zeitmasz  {sp.  361)  angelehnt:  frommen  königen  und  regenten 
aber,  welche  er  gern  im  himmel  haben  wolle ,  klopfet  er 
jehands  auf  die  finger,  dasz  sie  erkennen ,  dasz  alles  glück 
und  aller  segen  komme  von  gott.  Schcppics  23;  ich  danke 
meinem  gott,  dasz  er  mich  nicht  zu  einem  groszen  herrn  hat 
gemacht,  sondern  meiner  nicht  vergist,  und  mir  jehands  meine 
portion  creuz  auflegt.  132. 

JEHEN,  rfr6.  sprechen,  sagen,  aussagen;  ahd.  jehan,  mhd. 
jehen;  alts.  gehan,  fries.  ia.  dieses  einst  über  das  hochdeutsche 
und  den  grasten  theii  des  niederdeutschen  Sprachgebietes  verbreitete 
wort  {es  fehlt  im  gothischen,  ags.  und  altnord.),  das  noch  im  mhd. 
so  häufig  und  in  manigfacher  construction  auftritt,  beginnt  seit 
dem  14.  jahrh.  abzusterben  und  geht  gegen  anfang  des  17.  jahrh. 
in  der  Schriftsprache  ganz  \unler ;  in  einzelnen  resten  hat  sichs 
noch  heute  bei  den  Waisern  in  Vorarlberg  erhalten :  er  jed  oder 
er  jied  und  mit  inclinierendem  pronomen  jeder  oder  jieder  {er 
sagt,  sagt  er).  Fbomm.  3,29».  4,329.  eine  behauptuug  Cablstadts 
von  1523,  dasz  jehen  ein  eigenthümlich  schwäbisches  wort  sei: 
ob  das  wort  gelassen  oder  gelassenhait,  ursprüncklich  hie 
in  Sachsen,  oder  andern  landen  erschollen  sei,  ist  mir  nit 
wissend,  das  waisz  ich  aber,  das  die  Merckischen  baurn 
brauchen,  und  halt  es  dafür,  das  bey  jnen  gemainiicher  und 
breüchlicher  sei,  dann  bey  andern,  vileicht  möcbt  es  jnen  in 
sonderhait  zusteen,  als  den  Mechelburgischen  das  wort  vehlich 
und  unvehlich,  den  Düringen  das  wörtlin  scblewnig,  den 
Bayern  verheyrn,  den  Franken  dise  wort  miszlich  und  ge- 
lingen, den  Schwaben  jehen  und  necken,  was  gesagt  ist,  sich 
gelassen  u.s.w.  {o.o.u.j.,  icidmung  von  1523)  A2,  ist  ungenau, 
insofern  sich  das  verbum  auch  bei  mitteldeutschen  sehriftsiellern 
gebraucht  findet. 

jehen  stelU 

1)  mit  acc,  etwas  jehen :  es  ist  nit  gar  dicht ,  was  der 
böffel  gicht.  S.  Frasr  sprichw.  1,16*; 

der  teste  täil,  daj  muos  ich  jehen, 

gie  da  hin,  die  recken  sehen,    rinj;  9',  15; 

sie  ist  dir  eben  (passend),  das  wil  ich  jehen  (:  sehen). 

fastn.  sp.  111,27; 
und  wenn  ich  sol  die  warhait  iebea. 

H.  Sachs  3, 1,  35'; 
alles  lob  man  im  jichte  (sagt  man  dem  kanfmann).', 

dichtungen  1,12,64  Gö^leke ; 
wenn  ich  ein  andern  lu  ansehen, 
wenn  ich  schon  nichts  zu  im  lu  jehen, 
so  heiszt  er  einen  schleppsack  mich.    3,97; 
in  diesem  fal  die  warheit  jehen. 

ScHSKiZL  blindg.  söhn  S'; 
weim  ich  sol  die  warheit  jehen. 

P.  RiBUiM  in  Tiftmanns  schausp.  1,33,  79; 
das  ir  nicht  tut  unwarheit  jehen.    67,44; 
die  ursach  (wann  wir  dwahrbeit  jehen) 
konn  wir  an  jm  keins  wegs  ersehen. 

iT.  Waldis  päpstl.  reich  E  * ; 
last  hören,  was  sie  werden  jehn ! 

J.  Atrxr  6'  (43, 7  Keller) ; 
wir  band  dich  nit  zum  krieg  gereizt, 
das  darf  ich  frölich  yähen. 

Körmbb  hiit.  tolksl.  47  (schweiserittb) ; 
lob  sol  man  inen  yehen.    45; 
und  wenn  ich  soll  die  warheit  jehen. 
10  hab  ich  schöneren  lusi  nie  gsehen. 

Grob  ausreden  d.  schützen,  bei  Haupt  3, 244 ; 
den  jamer  so  drauf  gscheben, 
und  auch  kürzlich  zu  vor, 
musz  ich  mit  warheit  juben. 

WiLLiR  lieder  des  yi0ir.  kriegs  138 


2299 


JEHEN  —  JELÄNGERJELIEBER 


JELSOMIN  — JEMALS 


,2300 


es  hifsz  auch  beicht  jehen,  nachdem  in  beicht  {theü  1, 1359)  der 
zusavirnenhang  mit  jeben  verdunkelt  war: 

ich  gie  des  hie  mein  boicht. 

PÜTSRicK  bei  llnupt  C,  53,  121. 

einem  etwas  jehen,  einrdiimen,  zugestehen:  spreche  «1er  mejfr 
deheinen  hiibcr  an  umb  ineh  zinses,  denne  jhn  {für  jbm)  der 
höber  iehe.  iveisth.  4, 156  {Elsasz,  nach  einer  abschrift  des  18.  jh.). 

2)  mit  abhängigem  satze: 

warumb  ist  aber  das  geschehen, 
must  du  mir  basz  herauszer  jehen. 

Mlbnkr  schelmemunft  43' r 
diewcil  die  alten  bei  in  (unter  sich)  jähen, 
ich  thu  die  bösen  dempT  auf  fahen.    H.Sachs  1,4S3'; 
nun  mag  ich  bei  meiner  seel  jehen, 
kain  schöner  kindtlein  sah  ich  nie.    3,2,224'; 
ich  mags  wol  mit  der  warheit  jehen, 
wir  sind  beid  gar  übel  versehen 
von  der  naiur.  B.  Waldis  Esof  2,49,9; 

ich  darf  by  miner  trüw  jehen, 
das  ich  deszgiychen  nie  han  gesehen. 

Val.  Boltz  Weltspiegel  A2. 

3)  mit  directer  anführung  der  rede: 

Bertschi  jach:  hab  dir  nit  laide!    ring  5', 42; 

dann  Aristoteles  der  gycht: 

die  gstalt  der  ding  wandeln  sich  nicht. 

ItRANT  narrensch.  102,63; 

do  ward  die  fraw  bald  jehen  : 

herr,  das  ist  alles  war.     ühlajid  volksl.  793; 

als  (die  qlieder)  den  verterb  und  schaden  sahen, 

eintrechtig  zu  dem  bauche  jähen  : 

isz,  trink,  und  lasz  dirs  schmecken  wo). 

B.  Waldis  Esop  1,40,28; 

da  solchs  die  andern  meuse  sahen, 

mit  schrecken  zu  einander  jähen : 

fürwar,  liirwar!  dem  angesicht 

ist  urabesehens  zu  glauben  nicht!    2,92,20; 

da  solchs  die  andern  schäfer  sahen, 

es  wundert  sie  und  zu  jm  jähen  : 

was  hat  das  arme  schal'  gethan?    3,2,10. 

4)  von  einem  oder  etwas  jehen,  erzählen,  aussagen  : 

von  seim  vatier  mag  ich  wol  jehen, 
der  w:ir  fein  raietsam  und  demütig, 
den  armen  barmherzig  und  gütig.    H.Sachs  3,1,103"; 

ich  musz  vor  (lies  von)  groszem  wunder  jehen, 
kein  schöner  mansbild  ich  nie  gesacli.    3,2,217*. 

5)  zu  etwas  j-eben,  für  etwas  erklären,  als  nachklang  mhd. 
ßgung: 

daj  mir  ze  sselden  ist  geschehen, 
des  muos  ich  ze  unsKiden  jehen. 

Hartmann  2.  bucht.  106; 

soll  icbs  nit  zu  eim  wunder  jehen? 

der  mensch  steckt  aller  voller  narren.    H.  Sachs  1, 407*. 

C)  jeben,  (ur  schellen,  zanken: 

0  wer  ich  blieben  beim  vatter  mein! 
bey  jm  ich  furcht  das  zornig  jehen, 
wolt  mir  nach  bessern  tagen  sehen 
und  hab  mir  drumb  ein  weih  gnommen. 
so  bin  ich  gar  ins  fegfeur  kommen. 

J.  Atrer  failn.  sp.  im'  (2887,  26  Keller). 

7)  jehen ,  lauten ,  klingen ,  in  der  iveise  intransitiv  geworden, 
wie  keden  th.  5,3Sl:  wer  kan  sagen  wie  der  uffenbar  sünder: 
'gott  bis  mir  gnedig',  der  ist  sülig.  tausent  und  aber  tausent 
lallens  wol  nach,  es  gicht  aber  nit  vor  goll,  dann  es  gehet 
ausz  keiner  solchen  pfeiifen.  S.  Frank  parad.  (1539)  86*;  also 
ist  es  alles  ain  orgel  und  stimpt  zu  einander,  wo  ains  nit 
da  ist,  du  gicht  es  schon  nimmer.  155'. 

JEilKR,  adv.  in  der  Verbindung  von  jeher,  vgl.  je  sp.  2276: 
von  jeher  glaubten  die  besten  unter  den  menschen  an  sie 
{die  myslerien).  Wieland  3,470  (391);  ist  von  jeher  gewesen. 
Clal'dii;b  4,102;  der  Übergang  von  einem  gescliäft  war  mir 
von  jeher  ein  harter  stand.  Schiller  an  Göthe  1,69;  dieses 
kind  war  von  jeher  ausnehmend  schwürmerischer  arl.  Imhbr- 
MAHN  Münehh.  l,  M  ; 

Gallas?  hat  kein  glück, 
und  war  von  jeher  nur  ein  beerverderber. 

ScHiLi.gR   i\'utleii*ifiii$  tod  4,7. 

JELÄNGEIUELiEBKR,  n.  name  mehrerer  pflanzen,  vorzüglich 
des  teuerium  chamaepitys  oder  iva ;  ein  satzname ,  der  in  altern 
quellen  noch  getrennt  geschrieben  wird:  ye  lenger  ye  lieber,  ein 
kraut,  chamaepüijs  .Maalkr  .Mi*/;  je  Ittiiger  je  liclier,  hat  das 
dürre,  steinechte  und  sandechl  crdrich  gern.  Seriz  feldb.  2l(i, 
mit  der  randgl.  iva  artlielica ;  dem  l)lühenden  jelUnger  jeiieber 
zuflattero.  THCuHtL  3, 4W;  dann  versperrte  in  der  grünen 
dlinmerung    ain    jelangerjclif-birpenpinnsi    und    l(Iill<"in''"i-i«' 


die  laube.  J.Paul  Hesp.  3,197;  in  meinem  garten  sind  rosen 
und  jelängtr-jelieber.  Güthe  16,136;  in  der  blumensprache  des 
miltelalters  als  symbol  des  anhallenden  genusses  oder  auch  der 
dauer  und  bcstiindigkeit  angesehen : 

das  kraut  ie  lenger  ie  lieber 

an  manchem  en<le  blüt, 

bringt  oM  ein  heimlich  lieber, 

wer  sich  nit  dafür  hüt; 

ich  hab  es  wol  vernommen 

was  dises  kraut  vermag, 

doch  kan  man  dem  vorkommen: 

wer  masziieb  braucht  all  lag.    Ubladd  volksl.  115; 

i.«t  mir  erfrorn  bei  Sonnenschein 

ein  kraut  ie  lenger  ie  lieber, 

ein  blümlein  vergisz  nit  mein.     129; 

sie  winden  auch  darüber 

das  kraut  vergis  nicht  mein, 

je  Icnger  und  je  lieber 

pflegt  auch  daibei  zu  sein.    Rincwald  tr.  Kck.  0  6'; 

das  kraut  je  langer  je  lieber 

in  meinem  herzen  blüht. 

bringt  mich  zu  gott  hinüber. 

HoFFMANM  gesellsch.  lied.  95 ; 
Violen,  ehrenpreisz, 
je  länger  je  lieber,  braun  und  blau.    Weckhkrlin  759. 

jelangcrjelielier  lieiszt  auch  Solanum  dulcamara,  bittersüsz,  roter 
nachlschatten.  ISemnicii  4, 1316;  ferner  lonicera  caprifulium,  geisz- 
blatt.  3,440,  myosotis  scorpioides  palustris,  sumpfmäuseohr.  3,685, 
und  viola  tricolor,  Stiefmütterchen.  4, 1569. 

JELSOMIN ,  7?».  für  jasmin ,  s.  sp.  2265.  auch  A.  Ghypiiids 
hat  die  form  jelsemin  : 

ob  mein  geruch  hier  (auf  dem  kircMtofe)  nicht  den  dampf 
von  rosz  (rose)  und  jelsemin  empfindet.  2,8. 

JEMAL,  adv.  je  einmal,  je  einst,  zu  irgend  einer  zeit;  eine 
accusalivbildung  von  mal  mit  dem  verallgemeinernden  je  {sp.  22S0): 
niemand  hat  jemal  sein  eigen  fleisch  gehasset,  fip/i.  5, 29;  das 
gott...jemal  geboten  habe.  Luther  8,56';  darumb  vergebe 
ich  von  herzen  allen  denen,  die  mich  jemal  beleidiget  haben. 
Scnuppiüs  436;  allen  denen  von  herzen  vergebe,  die  mir  je- 
mahl  (übel?)  gethan,  oder  mich  einigermaszen  an  leib,  gut, 
ehren,  und  sonst  beschädigt  haben.  450;  hatten  gröszerc  sorge 
darzu,  als  ich  meine  tage  jemal  gethan.  Simpl.  2,217  Kurz. 

JEMALEN,  adv.,  wie  jemal,  aber  als  dat.  plur.  gebildet  {vgl. 
jeweilen);  die  form  ist  vorzugsweise  dem  17.  und  der  1.  hälße 
des  18.  jahrh.  geläufig :  dasz  weder  glick  noch  unglick  meine 
lieb  und  trew  jcmahlen  verhindern  noch  verringern  könte. 
Wkckheblin  dedic.  zu  den  wellt,  gedichten;  die  allervveisesteii 
und  vernünftigsten  die  jemahlen  gelebet.  Schuppius  419;  ich 
glaube  nicht,  dasz  er  jemahlen  auf  eine  unbarmherzigere  weise 
gemiszhandelt  worden.  Liscov  33;  es  verschworen  haben,  je- 
mahlen die  feder  wieder  anzusetzen.  81 ;  ob  sie  jemahlen 
etwas  gelesen.  150;  habt  ihr  jemahlen  mich  eures  Vertrauens 
würdig  geschätzet.  357 ;  bist  du  wohl  jemahlen  mehr  gelobet 
worden?  399;  es  hats  noch  keiner  gethan,  noch  einer  von 
uns  jemalen  tbun  sehen.  Tieck  9,44. 

JEMALIG,  adj.  irgend  einmal  seiend,  einst  vorhanden: 

wie  sich  enthüllt  jcmaliger  zeit  volksthum  in  epischen  liedern. 

Platkn  278. 

JEMALS,  adv.,  wie  jemal,  aber  als  genitivbildung  von  mal; 
seit  dem  16.  jahrh.  nicht  unhäufig,  heule  allein  nitch  üblich,  es 
bezieht  sich  auf  gegenwart  und  zukunß:  welcher  reiset  jemals 
auf  seinen  eigen  sold?  iCor.  9, 7;  ich  hoffe  mehr  als  jemals 
auf  eine  orlsveränderung.  Götiik  an  Schiller  1,143;  eine  grosze 
reise  und  viele  von  allen  seilen  zudringende  gegenstände  wären 
mir  nöthiger  als  jemals.  204; 

liebrlien.  kommen  diese  lieder 

jemals  wieder  dir  zur  band,     werke  1,115; 

0,  werden  wir  auch  jemals  glücklich  werden? 

Schiller  l*iicol.  3,  5  ; 
hier  und  dort  verfolge  mich  heachwerdfl, 
wenn,  einmal  wiitwe,  jemals  weih  ich  werde. 

Slinkeiit.  Hamlet  3,2. 

auf  die  vergangenheil:  wer  ist  jemals  auf  dem  mecr  so  stille 
worden,  wie  du  Tyriis?  lies.  27,, 32;  wer  ist  jemals  zu  schänden 
worden,  der  auf  jn  gebofTel  hat?  wer  ist  jemals  verlassen, 
der  in  der  furcht  gölte»  blieben  ist?  oder  wer  ist  jemals 
von  jm  vcrschinebel,  der  jn  angerufen  hal?  Sir.  2,11.  12; 
niemand  hat  gott  jemals  ge.M'hen.  l  Joh.  4,12;  zu  welchem 
eiigel  hat  er  jenial.K  gesagt,  du  bist  mein  son ?  Ilrbr.  1,5; 
mich,  den  scliirksalbezeicliiielcn  beiden  der  nbenteiirrlichslen 
bildungsgesrhicbtc,  welche  jemals  die  erde  sah.  Imberhann 
»f„.,w,;,    -  i.i(- 


2301 


JEMAND 


JEMAND 


2302 


erlaubte  sie  mir  jemals  ein  gescbenli 

von  liöherm  werth  als  eine  Trübe  blume 

im  Winter  oder  seltne  fruchl?    Schiller  yung/r.  1,4, 

es  ist  die  ailerscbnellste  fähre, 

die  jemals  einen  wandrer  trug,    parabeln  u.  räisel  2. 

auf  ein  bestimmtes  vergangenes  ereignis  hindeutend,  das  nur  der  zeit 
nach  nicht  genau  angegeben  wird:  um  die  lateinische  spräche 
hat  er  sich  wol  verdienet  gemacht',  dererselben  nettes  gold 
von  vielen  barbarischen  klumpen  gesäubert  ..jemahls  hat  er 
hievon  eine  schöne  rede  gethan  in  öffentlicher  groszer  ver- 
samlung.  Brandt  bericht  v.  leben  Taubmanns  29. 
JEMAND,  aliquis,  quisquam,  quidam. 

1)  das  compositum  existiert  im  gothisciun  noch  nicht:  wenn  die 
Partikel  aiv,  in  negativen  Sätzen,  an  das  subst.  manna  mensch 
gerückt  erscheint,  teie  Marc.  11,14:  ni  |)anasei{)3  us  J)us  aiv 
manna  akran  matjai  (ur,ycexi  bis  i'ov  aicova  r.x  aov  fir,BEis 
xaoTthv  fäyot),  so  verliert  sie  ihre  zeitliche  bedeutung  (sp.  2274) 
nicht;  erst  ahd.  hat  sich  das  compositum  So-man,  io-man,  ia-man 
entwickelt,  in  wckliem  der  erste  theil  den  substanlivbegriff  ins 
allgemeine  oder  unbestimmte  zieht,  ioman,  euman  quis,  aliquis 
Graff  2,747  ;  ebenso  alts.  eoraan,  fries.  ammon,  emman,  immen, 
emma.  ammant ;  mhd.  ieman,  iemen ;  mnl.  ieman.  dem  ags. 
und  allnord.  fehlt  das  wort. 

2)  die  ahd.  und  mhd.  form  des  zweiten  worttheiles  findet  sich 
bis  ins  16.  jahrh. :  were  es  daj  yeman  ymme  nach  volgete 
frevenlich.  weisth.  4, 156  {Elsasz,  ausgang  des  14.  jahrh.) ;  ob  in 
jemann  fünde.  153  {ebendaher,  bald  iarau/' jemandt) ;  jemann 
noch  in  Riuels  Liiius  (l59S)  s.  10;  aber  schon  früh  ist  auch  ein 
t,  d  «'«  den  auslaut  getreten ,  in  nieder-  wie  in  oberdeutschen 
quellen:  daj  da;  honig  an  dem  ersten  anpück  iemant  hin  zuo 
lad.  Megenberg  2S9,12;  gekürzt  iemd:  daj  die  selben  swammen 
iemd  getcett  haben.  481,  25 ;  alem.  iemand  und  iemt,  wie  nie- 
mant,  niemand,  niempt  seit  dem  14.  jh.,  vgl.  Wei.nhold  alem. 
gramm.  s.  44S ;  keiner,  vulg.  iemant,  ullus,  nullus,  nemo.  voc. 
ine.  theut.  kS*; 

die  laufent  bin,  die  laurent  her, 

ob  iemant  da  si,  der  ir  ger.     lienner  419; 

niederd.  iemant  quisquam  Dief.  4S0'  (von  1420),  und  mit  schon 
früher  jotierung  des  anlautes,  die  sich  nach  und  nach  ausbreitet 
{vgl.  sp.  2275.  22S6)  jemant : 

se  sprak:  was  bir  jemant,  de  na  mi  vragede? 

Re'necke  fuchs  1116; 

seit  dem  1.5.  jahrh.  gilt  iemant,  imant,  iemand,  imand,  jemand 
fast  ausschlieszlich :  gibt  di  ymant  zu  kawfen.  d.  städtechron. 
1,29,6;  jmant  von  iro  »*egen.  9; 

ee  das  uns  yemant  strafe, 

so  beb  dich  wider  ulT  die  fart.    llältlerin  4'; 

was  mir  darvon  khan  sagen 

gar  yeraandt  icht,  so  ist  es  alles  nichtes. 

PiJTiBiCH  bei  Haupl  6,41; 

ob  irmant  an  eren  wer  beschwert.    /a*/n.  s/>.  365, 8 ; 

hilft  mir  das  ienrant  rechen.  421, 13. 
bei  Luther  ist  die  heutige  /«rwi  jemand  bereits  einzig  geschrieber); 
in  'iberdeulschen  quellen  aber  gilt  noch  lange  der  vocatische  anlaul: 
yemandls,  yenen  einer,  quisquam,  ullus  Maaler  509',  wie  er 
noch  heute  in  den  mundarten  haftet,  vgl.  Scum.  1,9  Fronm.; 
kärntn.  iemp,  eamp  jemand  Leier  148;  westerwald.  ime,  eme 
tt.  hänl.  Kehrei.n  207. 

3)  die  declination  i.t  urspritnglich  die  von  mann,  dahef  im 
mhd.  acc.  ieman,  iemen,  dat.  iemanne,  gen.  iemannes: 

si  kan  an  den  Sternen  sehen, 

6W3^  iemaonc  sal  geschehen.    Eneit  74,14; 

ichn  mach  daj  niht  gesprechen, 

da;  e;  iemannes  scholt  si.    75,1; 

wand  si  was  des  an  angest  gar 

daj  si  iemen  brachte  dar 

der  ir  kempfen  überstrite.    Iwein  5752; 
sie  ändert  sirh  indes,  wie  folgt. 

a)  gen.  bleibt  ßectier' :  wenn  in  jemands  fleisch  an  der  haut 
eine  drüs  wird.  Z  Mos.  13,  IS;  wenn  jemands  gesind  gelobd 
oder  sich  mit  einem  eide  verbindet,  i  }fos.  ZO,  ll ;  ob  ich  von 
jemands  band  ein  geschenk  genomen  habe,  l  Sani.  12, 3;  er 
hat  nicht  lust  an  der  sterke  des  rosses,  noch  gefallen  an 
jemandes  beinen.  ps.  147,10;  wird  aber  jemands  werk  ver- 
brennen. iCer.  3,15;  auf  das  sich  nicht  einer  wider  den 
andern  umb  jemands  willen  auf  blase.  4,6;  ohne  jemands 
eiiiralhen.  Lessing  3,3t.  der  dat.  selten  auch  nach  der  sub- 
stantivdeclination :  so  ich  etwas  vergebe  jemande.  2  Cor.  2,10; 
gewöhnlich  ist  er  unflectiert  wie  der  accusativ:  wer  aber,  da;  der 
egenant   unser   herre  der  kunig  die  fculdein  iemant  verschül 


(zutheilte,  abträte),  d.  städlechr.  1,116,16  (urk.  von  13S5);  musz 
er  sie  (die  schuld)  ieman  bezalen?  Keisersberg  biig.  5';    von 
yeman.  "';    hadder  nicht  mit  jemand  on  Ursache,  so  er  dir 
kein   leid    gethan  hat.    spr.  Sat.  3,30;    wenn  du  von  jemand 
geladen  wirst  zur  hochzeit,  so  setze  dich  nicht  oben  an,  das 
nicht  etwa  ein  ehrlicher  denn  du,  von  jm  geladen  sei.  Luc. 
14,  8 ;  wenn  ich  jemand  vorlese,  ist  es  denn  nicht,  als  wenn 
ich  ihm  mündlich  etwas  vortrüge?  Göthe  17,46; 
sag  ich  ieman  deinen  sin.    ring  6',  28; 
hast  du  yemant  ichcz  versprochen, 
daj  scholt  du  läisten  ungeprochen.    29',  I. 

acc.  ich  warte  obs  jemand  jamerte,  aber  da  ist  niemand,  ps. 
69,21;  ob  jr  jemand  findet  der  recht  thu.  Jer.  5,1;  jemand 
zu  verdamnen,  der  die  strafe  nicht  verdienet  hat.  weish.  Sal. 
12,15;  wo  jr  etwas  wider  jemand  habt.  Marc.  11,25. 

b)  neuerer  brauch  ist,  acc.  und  dat.  nach  der  pronominalen 
declination  zu  bilden,  jemanden,  jemandem ;  den  acc.  jemanden 
gibt  Steinbach  :  jemanden  von  den  seinigen  erwarten,  aliquem 
suorum  exspectare  2, 19,  während  seine  quelle  Hederich  1356  in 
derselben  Verbindung  noch  iemand  setzt;  ergriffen  aber  die  vorster 
jemannen  vor  dem  walte  von  dem  dorfe.  weisth.  4, 155  (Etsasz, 
nach  einer  abschriß  des  18.  jahrh.);  ihr  seid  nicht  im  stände 
jemanden  zu  lieben,  als  euch  selbst.  Lessing  1,  376;  sie 
scheinen  mir  jemanden  zu  suchen.  2,  367 ;  ich  höre  jemanden 
kommen,  sie  wird  es  ohne  zweifei  sein.  395;  einige  geschäfts- 
männer,  die  eben  in  auszerordentlichen  fällen  jemanden 
braücjien  konnten,  der  mit  der  feder  umzugehen  wuszte. 
Göthe  IS, 236.  ßr  dtn  dativ  jemandem:  wenn  sie  sich  etwas 
vornimmt  oder  jemandem  etwas  verspricht.  155,  begegnet  auch 
jemanden:  es  von  iemanden  anders  erfahren  haben,  aliunde 
quid  scire  Steinbach  2, 20  (bei  Hederich  nur  iemand) ;  acht 
tage  habe  ich  dazu  einen  ausschlag  über  den  ganzen  körper 
gehah", ,  dasz  ich  mich  kaum  vor  jemanden  sehen  lassen 
konnte.  Lessing  12,304. 

4)  jemand  inrd  durch  irgend  (spalte  2158)  noch  mehr  verall- 
gemeinert: es  musz  irgend  jemand  hier  in  der  nähe  sein; 
wenn  aber  jemand  jrgend  einen  todten  menschen  anrüret. 
i  Mos.  19,13;  ferner  mü  theüungsenitiv  verbunden:  auf  das 
meins  volks  nicht  jemand  von  seinem  eigenthuni  zerstrewet 
werde.  Hes.  46,18;  wenn  der  menner  jemand  entrinne,  die 
ich  unter  ewre  hende  gebe.  -Ikün.  10,24,  wie  mhd. 

kome  iemen  armer  Hute  her, 

der  es  geruoche  oder  ger, 

dem  teilet  disen  ricke  mite.     Trist.  76,31; 

aber  auch,  und  nicht  blosz  in  der  modernen  spräche  durch  prae- 
positionen  umsthrieben:  jemand  aus  dem  volke  oder  von  dem 
Volke;  sehet  zu,  das  jr  nicht  jemand  von  diesen  kleinen  ver- 
achtet. Matth.  18, 10;  sehet  zu, . .  das  nicht  jemand  unter  euch 
ein  arges  ungleubiges  herz  habe.  Hebr.  3, 12.  besonders  gern 
steht  in  der  alten  spräche  der  gen.  plur.  von  adjectiven  fei  jemand: 

hän  ich  guoter  iemen,     die  sol  ich  niht  verdagcn, 

disiu  starken  m.Tre     sol  ich  minen  friunden  cTagen. 

Sib.  146,3; 

da;  ich  iemen  guoter  ane  sehe 

mit  so  süntlichen  ougen.     Gregor.  3340; 

und  hierher  ist  das  von  Weicand  wb.  1,740  aus  dem  Simpl.  auf- 
gewiesene jemand  fremder  noch  zu  zählen. 

5)  in  Verbindungen  wie  jemand  anders  u.  dhnl.  ist  das  beiwort 
ursprünglich  ebenfalls  genitivisch  zu  nehmen,  wie  das  mhd.  ergibt, 
wo  es  so  wenigstens  zu  nieraen  tritt: 

era  mohte  die  schulde 
üf  niemen  anders  gesagen.    licein  3223; 
wand  er  da  niemen  anders  skch.    6237; 
und  diese  genitive  natur  blickt  noch  sviler  durch,  wenn  anders 
zu  obliquen  casus  von  jemand  sich  stellt:   von  wem  redet  der 
prophet  solches?    von  jm  selber,    oder  von  jemand  anders? 
apostelgcsch.  8,34;  auf  das  aber,  was  mich  betroffen  hat,  hat 
Vosz,  ich  weisz  nicht  ob  selbst,    oder  durch  seinen  diener, 
oder  durch  jemanden  anders  antworten  lassen.  Lessinc  12,14; 
jemand    anders   von    meinen    befinden   abhängen   zu    lassen. 
Schiller  an  Göthe  1, 14 ; 

so  dasz  disz  weiter  gebt  dann  was  von  jemand  anders. 

Opitz  Groiius'  Wahrheit  308. 
aber  man  scheint  doch  frühe  schon  dieses  anders  als  neutrum 
gefaszl  zu  haben,  weil  das  dem  geschleehte  nach  utibestimmle  im 
neutro  steht:  item  da;  di  purgrafen  und  alle  ir  erben  und 
nachkomen,  ir  amptlewl,  vor-ter  und  ymant  anders  von  irn 
wegen  den  walt . . .  nicht  schullen  verkawfen.  d.  mdtechron. 
1,28, 12;  denn  man  büdete  nun  analog  auch:  jemand  vertrautes 


2303 


JEMAND 


JEMANDS  — JENEB 


2304 


zu  seiiKi  m  ii  iu  scliicken.  kurf.  Joh.  Fbieürich  bei  Melanclilhon 
S,  1041  Breischneider;  wenn  man  jemand  geliebtes  so  fortfahren 
sähe.  GüTiiE  28,23;  wenn  jemand  bedeutendes  aus  der  menge, 
eine  schone,  ein  reicher,  ein  vornehmer  am  rechten  und  guten 
theilnimmt.  36, 181 ;  allweg  ists  den  armen  thieren  ein  trost, 
wenn  jemand  vernünftiges  bei  ihnen  ist.  Gotthelf  10,182; 

Scapine.  welche  gestalt?    wer  ist  das? 
Scapin.    jemand  oetüinntes.    Göthk  11, 126; 

und  man  declinierte  das  dazu  tretende  beiwmt  nach  dem  casus 
von  jemand:  es  lag  mir  viel  daran,  dich  zu  sprechen,  ehe 
ich  mich  vor  jemand  anderem  sehen  liesz.  Schiller  neffe  als 
onkel  1,2; 

noch  bat  mich  nie  die  eitelkeit  versucht, 

sie  jemand  andern  zu  erzählen  (su  für  anderm). 
Lkssinc  2,323; 

da  ist  ein  brief;  «r  musz  von  jemand  hohem  sein. 
GöTus  7,  hü, 
die  erste  abfassung  gewährte  aber: 

er  musz  von  iemand  hohes  sein,     der  junge  Götui  1,166. 

6)  von  dieser  neutralen  vertvendun'g  aus  musz  die  seit  dem 
15.  jahrh.  erscheinende  form  jemands  ihren  ausgang  genommen 
haben,  sie  ist  gebildet  uie  das  persönliche  eins  theil  3, 255,  keins 
theil  5,472,  oder:  jegliches  bauszgesesz  des  ohgedachten  dorfs. 
Kvisth.  4,  616 ;  wird  aber  schon  beim  ältesten  vorkommen  mit  dem 
masculinen  relativ  verbunden :  wer  iemans  hie,  der  das  fischer- 
hantwerg  uff  geb.  weisth.  4, 515  (Schwarzioald,  von  1442).  sie  ist 
bis  ins  17.  jahrh.  häufig  gebraucht :  yemandts ,  yenen  einer, 
quisquam,  ullus  Maaler  509';  so  yemandts  ist,  der  begärt 
biderben  leüten  z3  gefallen,  si  quisquam  est  qui  placere  se 
studeat  bonis.  509* ;  abe  imans  vvere ,  der  die  sine  straszen 
geschendt . .  hette.  ueisth.  1,627  (Westcrwald,  von  14S0);  wenn 
sich  jemands  an  der  haut  am  fewr  brennet.  Z  Mos.  13,24; 
hat  auch  jemands  hew  feil?  Mathes.  Sar.  24';  wann  ber 
jemands  zürnen  wolt.  Fiscuart  yroszm.  144;  so  jemands  sagt.. 
der  sei  verflucht,  bienk.  lOS';  noch  s.  Paulus,  noch  jemands 
der  andern  aposteln  haben  von  einiger  anbettung  gewuszt. 
174";  wenn  ihn  dann  jemands  vexirte.  Simpl.  3,34  Kurz; 

ob  ich  wol  nicht  hab  vernumen, 
das  mich  jemands  hab  verklaget. 

P.  Rebhun  in  TUlmanns  schausp.  1,46,125. 

es  bleibt  auch  im  dat.  acc:  wenn  an  jemands  deines  samens 
in  ewren  geschlecbtern  ein  feil  ist,  der  sol  nicht  erzu  tretten 
3  Mos.  21, 17 ;  keinen  spür  gegen  jemands  auf  diesem  stechen 
einzulegen.  Galmy  136;  (dasz  das  kind)  etwan  von  jemandts 
gefunden  . .  werden  mag.  imadis  29 ;  so  lasz  ich  jemands  mir 
ein  frisches  venedisch  glasz  geben.  Scuüppiüs  119; 

als  wollu  sie  jemands  binden. 

P.  Rebuun  in  Tittmanns  schausp.  1,  70, 139. 

mit  einem  beiwort:  sind  wir  sie  {die  Sünden)  iemansanderst 
schuldig.  Keisersb.  bitg.  5*;  wer  es  das  iemans  fremdes  gen 
Owenheim  züg,  der  das  fischerbantwerg  wölte  han.  ueisth. 
4,515  {Schwarzwald,  von  1442);  item  ob  yemans  fremds  rytens 
oder  geende  keme  zu  eime  hirten  und  fregtcn  {plur.),  wes  die 
swin  weren.  521  {um  1434);  das  nicht  jemands  frenibds  sich 
erzu  mache  der  nicht  ist  des  samens  Aaron.  i  Mos.  16,40. 

7)  auch  eine  nominalivform  jemanden  kommt  vor,  alemannisch 
iemanden  neben  iemande  Weinhold  alem.  gramm.  j.  448:  wann 
jemanden  wider  ihren  {der  frau)  willen  solle  ins  haus 
schmecken.  Scblppius  531 ;  gesetzt  auch  dasz  jemanden  also 
geboren.  528. 

8)  jemand ,  in  altern  quellen  nach  mhd.  weise  für  niemand 
gesetzt,  in  einem  abhängigen  satze  nach  dasz  {vergl.  mhd.  wb. 
2, 1, 41") :  wir  setzen  und  gebieten  auch  hiebei  ernstlich  und 
vestigclich,  das  hinfürn  ymantz,  er  sei  burger  oder  inwoner, 
undcrtban  oder  gast ,  weder  durch  sich  selbs  oder  ymand 
anders,  die  obgemclten  silbciin  münz  . .  füren,  schicken  noch 
verkaufen  »ol.  [Nürnberger  pol.-ordn.  148  {von  1487);  in  einem 
relattvsalze :  wer  auch  zewnholcz  hawet,  e;  sey  weidein,  heilein, 
erniein  oder  ander  iiolcz,  da;  niht  pau  holcz  wer,  der  ist 
dar  unih  ymant  ihtz  schuldig  zu  geben,  d.  slädtechr.  1,30,6. 

9)  jemand  als  masculines  Substantiv  gefasst:  je  erhabener  die 
beweggründc  waren,  aus  welchen  jemand  zu  handeln  vorgab, 
deito  grOszer  war  das  mistrauen,  welches  er  entweder  in  die 
rediichkeit  dieses  jemands  oder  in  die  gesnndheil  seines  ge- 
birns  setzte.  Wielan»  7,33;  Mirhel.  e»  ist  jemand  drauszen, 
der  in  einer  dringenden  angelegenheit  ein  geheimes  gchür 
Tfrlangl^. .  Harbonne . .  dieser  jeniniwl  wird  sich  ja  wobl  einen 
au|enblick  gedulden.  ScDiLLes  pnrani  2,2. 


10)  jemand,  einer  den  man  nicht  nennen  mag,  wie  lat.  quidam: 
base,  sagte  Vrcneli  halblaut,  es  kam  jemand  zwischen  uns. 
J.  Gotthelf  Uli  der  pächter  47 ; 

und  doch  hat  jemand  einen  braunen  saft, 

in  jener  nacht,  nicht  ausgetrunken.    Göthe  12,81. 

JEMANDS,  s.  jemand  6. 

JEMl.NE,  JEMLM,  ausruf  des  erstaunens  oder  Schreckens,  in  der 
formel  herrjemine  wol  aus  berr  Jesu  doniine  gekürzt:  manchen 
gehet  nur  das  maul  auf,  so  musz  es  gleichsam  aus  groszer 
Verwunderung  oder  andacht  geschwind  heiszen :  ach  Jesus, 
oder  ach  herr  Jedi!  die  verzwuiizne  wäschlein  sprechen  gar; 
ach  jemini!  und  verstehen  doch  den  hochheiligen  namen  Jesu 
darunter.  Simpl.  (1713)  2,433;  herr  jemine!  das  fehlte  uns 
noch,  so  einen  rothkopfichten  infoi-malor!  Rabener  sat.  3,29; 
gewöhnlich  ach  jemine,  o  jemine,  o  jemini!;  ja,  ja,  das  soll 
mir  mein  tag  des  lebens  eine  warnung  sein,  sagt  ich  — jemini, 
jemini !  ich  hätte  vom  dienst  kommen  können.  Schiller  raub. 
4,3;  bezaubert?  ojemine!  Gotter  3,482;  o  jemine,  o  jemine, 
:ch  verliere  mein  bischen  verstand!  Kotzebüe  dram.  sp.  2,216; 

und  sollt  er  hier 
uns  unversehens  überraschen, 

0  jemini!  das  gab  ein  gai:stig  spiel !    Wikland  21, 259  ; 
0  jemni,  o  jemni, 

wies  überall  juckt!    Fr.  Müller  1,325; 
0  jemini!  schreit  Stellen  auf, 
nun  ist  es  doch  gestohlen!    Voss  6,15t. 

Em  ähnlicher  ausruf  in  dem  der  name  Jesus,  vielleicht  die  ganze 
oben  angegebene  formel  verstümmelt  enthalten,  ist  jenier,  jemir: 
herr  jemer!  herr  jcnier!  was  sagst?  J.  Gotthelf  geld  und 
geist  148;  o  jemir!  Lenz  1,89;  dafür  jemich: 

wörom  drönks  de  snvil 
on  kaafs  der  ka  brud? 
'0  jemmich  !  de  wein, 
da  scbmcckd  mer  ze  gud'. 

Lavkh  ged.  in  Trierer  mundarl  147. 

holslein.  jemi  und  jemini,  jemi  ja  bejaht,  oder  verneint  in  höh- 
nischer weise;  auch  verwundernd :  berr  Jederdil  Sghijtze  2, 187. 
vgl.  auch  jerum,  jesses,  jettich. 

JEMMERN  für  jammern,  s.  «p.  2257. 

JENER,  pron.  illc. 

l)  golh.  jains;  ahd.,  bei  Otfriu  jener  und  gener,  im  bairisciien 
und  alemannischen  Sprachgebiete  aber  unter  abfall  des  anlautes 
{vgl.  Ämer  für  jinier  Jammer  sp.  2250  und  sp.  21S6)  ener,  euer ; 
mhd.  jener  und  ener;  fries.  {doch  im  östlichsten  Sprachgebiete 
fehlend)  jene,  gene;  mnl.  mit  dem  artikel  die  ghone ,  neunl. 
de  gene;  altnord.  enn  und  inn,  später  in  hinn  aufgegangen; 
im  alts.  fehlt  das  wort  überhaupt,  im  ags.  engl,  hol  es  von  seinem 
ehemaligen  dasein  spuren  hinterlassen  in  ableilungen  wie  ags.  geond 
und  gend  hindurch,  hinüber,  was  dem  golh.  jaind  dorthin,  dahin 
entspricht,  ferner  geondan  von  jenseits,  begeondanje/isciVs,  geonre 
illuc  {goth.  jaindre),  engl,  yonder,  yond  und  yon  an  jener  stelle, 
drüben,  zu  welchen  letzteren  formen  sich  der  begriff  jener  auszer- 
dem  wieder  neu  entwickelt  hat. 

Das  goth.  zeigt  in  der  Stammsilbe  des  wortes  diphthong ,  die 
übrigen  dialekte  kurzen,  zunächst  aus  i  entstandenen  vocal,  w,is 
jedoch  nur  auf  eine  leichte  Verschiedenheit  in  den  bUdungssufßxrn 
zurückzuführen  ist,  denn  goth.  jains,  stamm  jaina  entspringt 
ebenso  aus  älterem  stamm  janja  wie  goth.  hails  heil  aus  älterem 
stamm  halja  {vgl.  sp.  815)  oder  wie  dails  theil  aus  dalja,  nährend 
ahd.  jener  auf  stamm  Jana,  geschwächt  jina  zurückzuführen  ist. 
dasz  in  diesem  das  indogermanische  relativ-  und  demonstrativ  ya 
steckt ,  ist  anerkannt ,  zwcifel  bleibt  nur  ob  eine  ueitcrbüdung 
desselben  oder  eine  composition,  etwa  mit  dem  pronommalstamme 
na  oder  ana  vorliegt. 

Wir  sprechen  jener  mit  hohem  c,  während  mundartlich  noch 
tiefes  e  wie  im  mhd.  festgehalten  wird;  doch  war  auch  schon  in 
der  alten  spräche  das  hohe  c  in  dem  worte  nicht  ungebräuchlich, 
wie  reime  erweisen: 

da  er  li&t 
weinen,  grisgramcn  der  zene. 
beide,  disc  und  jene  .  .  .     Uart.  88,34; 
al  min  ungclücke  wll  ich  scIialTen  jenen 
die  »ich  liaji;cs  undt;  nides  gerne  wenen.    Waliiisr  6U.  3"«. 

nahe  steht  die  vornehmlich  elsässischc  form  giner  (Weinhoi  n  alem. 
gramm.  i.  292):  der  {wtlle)  i.st  frei,  wenn  er  mag  erwüln  disz 
oder  ginsz  teil.  Kkiskrsukrc  troiU;».  EK2';  selikeil,  die  er  in 
giimer  weit  enipiahen  würl.  eschenyrudt^l  a2';  bei  Bkhkiii  su 
gicner  gedehnt  I.kxkr  mhd.  handuvrlerb.  1,1479.  —  formen  mU 
autgt''iii- ■■'•''   •!  •<  '      •■-   "•"'•'  I  n'"  "  '1  "  ; 


2305 


JENER 


JENER 


2306 


wa  ist  das  gros  fiur 

in  gern  gebirg  hoch?    Altsweri  197,28; 

jein  hangen  die  packen  als  ein  wadich.     Renner  372; 

vor  jem  raubscblos.    H.  Sachs  3,  S3  Gödeke ; 

da  wird  man  an  jem  tag  klar  merken, 

wer  umbgieng  mit  losz  fabelwerken. 

Fischakt  dicht.  3,370,243  Kurz. 

die  form  geiner  die  Weihhold  millelhochd.  gramm.  s.  472  belegt, 
darf  nicht  mit  go//i.  jains  verglichen  werden,  sondern  enthält  einen 
nnechlcn,  aus  kurzem  e  erst  spät  entwickelten  diphthongen. 

2)  jener,  bis  auf  die  fälle  no.  9  stets  in  starker  flexion,  deutet 
auf  rdutnlich  und  zeillich  entfernteres  oder  früher  genanntes  hin, 
während  dieser  das  räumlich  und  zeillich  nächstliegende  oder 
zuletzt  genannte  bezeichnet,  es  wird  absolut  oder  adjectivisch  vor 
einent  Substantiv  verwendet :  da  sprach  das  weib  des  son  lebete, 
zum  könige  . .  ach  mein  herr,  gebet  ir  das  kind  lebendig,  und 
tödtet  es  nicht,  jene  aber  sprach:  es  sei  weder  mein  noch 
dein,  laszt  es  teilen.  1  kün.  3,26;  jene  verlassen  sich  auf 
wagen  und  rosse,  wir  aber  denken  an  den  namen  des  herrn 
unsers  gottes.  ps.  20,  S;  und  an  den  mauren  von  morgen  an, 
waren  auch  kamern,  und  war  auch  ein  platz  da  vor,  wie  vor 
jenen  kamern  gegen  mitternacht.  Hes.  42, 11 ;  er  {der  mensch) 
ist  ja  besser,  denn  das,  dem  er  gottesdienst  thut,  deun  er 
lebet  doch,  jene  (die  gOtzen)  aber  nimer  mehr,  weish.  Sal.  15,17; 
und  sie  geleilen  uns  alle  . .  und  als  wir  einander  gesegneten, 
tratten  wir  ins  schiff,  jene  aber  wandten  sich  wider  zu  den 
jren.  ap.gesch.21,6;  es  sei  nun  ich  oder  jene,  also  predigen 
wir.  1  Cor.  15, 11;  da  schrie  ein  muszquetierer:  ich  weisz  was! 
ein  anderer  fragte  ihn  mit  vollem  halsz :  was  weist  du  dann  ? 
jener  antwortet:  es  hat  heut  birnen  geerdbidmet.  S»mp/.  3, 126 
Kurz;  lehrcten  mich  und  meinen  bruder  das  schiffen  wider 
unsern  willen  erdulden,  jener  thät,  als  wolle  er  verzweifeln  ; 
ich  aber  liesze  mich  noch  trösten.  204;  es  ist  kein  anderer 
ausweg,  als  dasz  ein  unternehmender  mann  an  jenen  proble- 
matischen erfolg  so  viel  wage,  als  etwa  nöthig  sein  dürfte, 
ihn  gewisz  zu  machen.  Schiller  an  Gy/Ael,2;  zur  erreichung 
jenes  Zweckes,  ebenda; 

wann  deine  lügen  hasen  wären, 

wer  wollte  jene  ((/.  h.  die  andern  hasen)  mehr  beschweren? 

LoGAU  1,S1,31; 
sind  jene  oben,  schliesz  ich  gleich  die  bürg. 

Schiller  Waltensteins  lod  4,  S ; 
die   absolute  Stellung  der  genitive  jenes  und  jener  ist  mehr  nur 
der  gewählten  rede  eigen:  du  hast  das  hülzene  joch  zubrechen, 
so  mache  nu  ein  eisern  joch  an  jenes  stat.  Jer.  28, 13;  daßr 
die  erweiterte  form  Jensen  {wie  deren  für  der  th.  2,955):  jetzt 
weisz  ich  den  unterschied  zwischen  dem  leben  der  Soldaten 
im   krieg   und   der  burgers-leuthe  in  dem  frieden,    jehnsen 
unleidentliche   scLärpfe  übertrifft  die  härteste  gefänknüsz  . . . 
dieses   aber   ist   gegen  jenem  wie  ein  paradeisz  zu  rechnen. 
Simpl.  4,335  Kurz;  gen.  plur.  jener:    euch  aber  sage  ich,  jr 
soll  jener  land  besitzen.  3^fo5.  20, 24;  da  nu  die  kinder  Israel 
also   woneten  unter  den  Cananitern,   Hethitern,   Amoritern, 
Pheresitern,  Hevitern  und  Jebusitern,  namen  sie  jener  töchter 
zu  weibern,  und  gaben  jre  töchter  jener  söne,  und  dieneten 
jener  göltern.  richter  3,6;  und  er  lies  sein  volk  seer  wachsen, 
und  machet  sie  mechfiger  denn  jre  feinde,    er  verkeret  jener 
herz,  das  sie  seinem  volk  gram  worden,  jw.  105,25; 
leiden  und  freuden 
jener  verschwundnen  (stunden), 
sind  lue  verbundnen 
fröhlich  gedenk.    Göthk  1,120; 
ich  war  gereizt  von  ihrer  lästenunge, 
die  junfiT  schuld  legt  auf  mein  schuldlos  haupt. 

Shakesp.  Richard  111  1,2. 
zeitlich :  so  gib  mir  nu  dis  gebirge,  davon  der  herr  geredt  hat 
an  jenem  tage.  Jos.  14,12;  jenes  mal  wollen  die  Juden  dich 
steinigen,  und  du  wilt  wieder  da  hin  ziehen?  Joh.  ll,  8;  zu 
jenen  zciten  aszen  und  liainken,  freielen  sie  und  lieszen  sich 
freien,    istis  tcmporibus,    nempe  ante  diluvium  . . .  Stieleb  632; 
wie  ich  von  jenen  tagen  an  auch  eine  epoche  rechne.  Göthe 
an  Schiller  1,9;   ein   reisender   Student   kam  in  jenen  tagen 
durch  Hackelpttffelsberg.   Imiiermani«  Münchh.  1,75; 
solche  grosze  menge  der  Troer  und  der  Achaier 
stürzte  jenen  tags  dicht  neben  einander  zu  staube. 
BCRGEii  219*; 
da  gings  wie  in  alten  tagen 
recht  feierlich  wieder  zu. 
als  waren  für  stattliche  gaste 
die  weitesten  räume  bereit, 
als  kam  ein  pärchen  gegangen 
•  ans  jener  tüchtigen  zeit.    Goth«  1, 104  • 

IV,  II. 


vergaszt  ihr  jenen  tag  der  Schlacht  (bei  Leipzig), 

an  dem  ihr  auf  den  knieen  läget 

und  huldigtet  der  höhern  macht?    Uhlasd  getl.  92. 

3)  jener  wird  begleitet  durch  die  auf  entfernteres  zeigenden 
adverbia  dort  oder  da:  jener  da  soll  einmal  her  kommen; 
mit  jenem  manne  dort  war  ich  früher  gut  bekannt;- 

ach,  wie  schön  musz  sichs  ergehen 

dort  im  ewgen  Sonnenschein! 

und  die  lufi  auf  jenen  höhen  — 

0  wie  labend  musz  sie  sein!     Schiller  Sehnsucht, 

4)  jener  in  Verbindung  mit  dem  Possessivpronomen,  wie  dieser 
th.  2, 113S,  no.  7 :  jene  meine  feinde  . .  bringet  her.  Luc.  19, 27 ; 
jener  unser  söhn  starb  uns  schon  frühe. 

5)  jener  steht  sehr  häufig  mit  seinem  gegensatze  der  oder  dieser, 
vergl.  eine  reUie  von  beispielen  tlieil  2,m2fg.  1139 /j.;  wo  (zwei 
aller)  nach  einander  folgen,  so  heist  das  erst  jhener,  das 
ander  disser.  Albercs;  am  guten  tage  sei  guter  dinge,  und  den 
bösen  tag  nim  auch  für  gut,  denn  diesen  schafft  gott  neben 
jenem,  pred.  Sal.  7, 15 ;  es  ist  gut ,  das  du  dis  fassest,  und 
jenes  auch  nicht  aus  deiner  band  lassest.  19;  der  knan  und 
die  meuder  envachten  zum  ersten  und  indem  jener  kröchzet, 
diese  aber  mit  ihm  bappelt,  wurden  wir  übrige  allzusammen 
munter,  Simpl.  3,197  Kurz;  dieser  soll  aufs  gemülh  wirken 
und  musz  also  auch  gemülh  zeigen,  jener  musz  sich  ver- 
schlieszen  um  die  politische  und  ökonomische  form  zusammen 
zu  hallen.  Götae  an  Schiller  1,414;  ihre  fliegenden  blicke 
schweiften  von  dem  herrn  zum  diener  und  von  diesem  zu 
jenem.  Immerhann  Münchh.  1,91; 

so  voll  das  herz  mir  war,  so  leer  fühlt  ich  den  köpf. 
Jens  glich  dem  trunkenbold,  und  dieser  war  ein  tropf. 

BORGER  105'. 

in   vielen  fällen  aber  begreift  diese  Zusammenstellung  nur  einen 
oder  den  andern  beliebigen  innerhalb  eines  paares  oder  einer  reihe 
{vgL  die  abgeblaszte  bedeulung  von  jener  no.  8): 
vil  herren,  ritere,  jene  und  die, 
alte  zuhteklich,  und  jungen, 

gemeine  zu  dem  danze  drungen.    Ueinmch  Trist.  630; 
das  Schwert  frisset  jtzt  diesen  jlzt  jenen.   2  Som.  11,25;   da 
dieser  so,  und  jener  sonst  sagt.  2  chron.  18, 19 ;  also  ist  der 
bund   zwisschen  den  Römern  und  den  Juden  aufgericht.    so 
aber  ernach  dieser  oder  jener  teil  bedechten  mehr  stück  dazu 
zusetzen, ..  das  sol  jeder  teil  macht  haben,  l  Macc.S,-30;  aber 
welchen  lustigen  conlrasl  machet  mit  dieser  wahren  Schätzung 
der   crilik    und    alten    schriftsleller,    die   denkungsart   dieses 
oder  jenen  {so  ßr  die  starke  form  jenes)  grundgelehrten  wort- 
forschers,  von  welchem  sich  in  eben  dieser  Sammlung  briefe 
finden.  Lessing  6,195*;    es  kam  ihm  {dem   Vreneli)  oft  dazu, 
einen  entscheid  zu  geben  in  aller  liebe  oder  für  dieses  oder 
jenes  reden  zu  müssen.  J.  Gottuelf  Uli  d.  pächter  40; 
allein  das  ir  euch  weisen  lassen, 
und  nichts  zu  meinen  dingen  sagen, 
nach  disem  oder  jenem  fragen.    B.  Waldis  Etop  4,66,12S; 
die  muck,  wanz,  amaisz,  lausz,  roszllieg 
trieben  einander,  jagten  sich 
frei  umb  den  barchent,  jener  hieb, 
dieser  üel  und  erliegend  blieb,    mückenkr.  3,365; 
einer  will  die  sonn,  die  den  andern  beschwert; 
dieser  wills  trocken,  was  jener  feucht  begehrt  ■' 
wo  du  nur  die  noth  siehst  und  die  plag,  ' 

da  scheint  mir  des  lebens  beller  tag. 

Schiller  W'allensl.  lager,  11.  auflr.; 
wider  alles  vermuthen  erfahrt  man  dieses  und  jenes. 

GöiHE  40,  124. 
m  ähnlichem  sinne  ist  jener  einem  persönlichen  pronomen  gegen- 
über gestellt: 

wenn  jenem  nicht  die  gäbe  fehlte, 

die  die  natur  für  mich  erwählte : 

so  würd  er  nur  für  sich  allein, 

und  nicht  für  mich  bekümmert  sein.    Gellbrt  1,36; 

beschwer  die  götter  nicht  mit  klagen! 

der  vortheil,  den  sie  dir  versagen,  i 

und  ienem  schenken,  wird  gemein; 

wir  dürfen  nur  gesellig  sein,    ebenda. 

dieser  und  jener  bei  Verwünschungen,  vgl.  theil  2,  spalte  lUO: 
Adrast.  das  dich  dieser  und  jener  —  Johann,  ha  ha !  nach 
dem  diesen  und  jenen  wird  nicht  mehr  gefragt,  ich  weisz 
doch  wohl,  dasz  sie  den  teufel  meinen,  und  dasz  keiner  ist 
Lessikc  1,398; 

got  thu  mir  di  und  jene  plag.    H.  Sachs  3, 1, 120*. 

6)  vielfach  jene  well,  jenes  leben  im  gegensatze  zu  dieser 

weit ,   der  irdischen ,   diesem  leben  ,   vgl.  auch  unten  jenseits  • 

wer  etwas  redet  wider  den  heiligen  geist,   dem  wirds  nicht 

vergeben,  weder  in  dieser  noch  in  jener  weit.   Mallh.  12,32; 

145 


2307 


JENER 


JENER 


2308 


got  lichtet  hie  luiih  h;miihemgkeit,  aber  in  jener  weit  iimh 
perechtigkeit.  Keiseksberg  bilg.  3';  das  ende  meines  elenden 
lehetis  zu  beschieinigen ,  um  mit  dir  in  jenem  leben  bald 
wieder  vereinigt  zu  sein.  Lessinc  2, 43S; 

dasz  wir  wurden  der  heiligen  gesellen 

dort  ewiklich  in  jenem  leben. 

Schade  nat.  u.  panqu.  1,28,53; 

bis  das  in  hcrzenleid 
mein  seel  mit  dir  von  binnen  scheid 
aus  diser  weit  in  jenes  lehen.     H.  Sachs  1,  120'. 

jener  tag,  der  jnnqsle :  es  werden  viel  zu  mir  sagen  an  jenem 
tage,  herr,  herr,  haben  wir  nitht  in  deinem  namcn  geweissagt? 
Malth.  7,22;  ich  sage  euch,  es  wird  der  Sodonia  tregiicher 
ergehen  an  jenem  tage,  denn  solcher  slad.  Imc.  10,12;  und 
hin  gewis,  das  er  kan  mir  meine  bcilage  bewaien,  bis  an 
jenen  tag.  2  riwj.  1,12;  das  er  linde  barmherzigkcit  bei  dem 
herrn,  an  jenem  tage.  18. 

7)  jener,  dem  ein  rclativsatz  folgt,  t.<t  unterscitirden  von  der 
und  derjenige,  insofern  es  eine  neuer  abliegende  beziehnng  ein- 
leitet:  aber  jene,  die  nach  einem  andern  eilen,  werden  gros 
herzleid  haben,  ps.  l«,  4 ;  imd  jener  sind  viel ,  die  priester 
wurden.  Hebr.  7.23;  jene  blättcr,  nach  denen  sie  fragten, 
habe  ich  noch  nicht  gefunden.  Göthe  an  Schiller  1,104;  die 
Wiederholung  jener  muskelbewegungen  im  antlitz,  auf  die  wir 
schon  hingedeutet  haben.  Ihmehmann   Mitnchh.  1,88; 

ein  uiigewitter  zieh  sich  ubor  ihnen 
rusammen,  noch  weit  drohender,  als  jenes 
das  sie  vordem  zu  Hegensburg  gestürzt. 

Schiller  Piccol.  2,2; 
zu  jenen  grauen  jähren 

entilieht  es  {dus  alle  jnUr).  welche  waren.    Voss  4, 95; 
weggescbwunden  ist  die  lippe, 
die  im  küsse  sonst  genas, 
jener  fusz,  der  an  der  klippe 
sich  mit  gemsenfreche  masz ; 
jene  hand,  die  gern  und  milde 
sich  bewegte,  woblzutbun.    Göthe  1,133; 
schmähn  euch  jene,  die  zum  guten 
lautern  antrieb  nie  vermuthen.     üuland  gcd.  91 ; 
dem  lande  blieb  ich  ferne, 
wo  die  orangen  glübn ; 
erst  kennt  ich  jenes  gerne, 
wo  die  kartolTeln  bIQbn.     104. 

dafür  in  anderer  ffiguny :  gern  hatte  er  das  buch,  wie  Johannes 
jenes  vom  cngel  getragene,  auf  die  gefahr  der  empfindlichsten 
leihschinerzen  hin,  verschlungen.  Immebmann  Miinchh.  1,74. 

8)  statt  der  bestimmten  demonstrativen  bedeutung  entwickelt  jener 
den  sinn  eines  entfernter  gedachten,  aber  nicht  näher  angegebenen, 
von  einem  jeden  sonst  beliebig  zu  fassenden  {vgl.  auch  oben  5 
unler  dieser  und  jener  und  unten  jenig  2). 

(?)  so  besonders  häufig  in  ortsschildcrunyen  des  volksmäszigcn 
licdes:  ^^  ^^g^  g;„  y^f^^^  •„,  jenem  tal. 

ist  oben  breit  und  unden  schmal.     UHLArio  volkü.  2f>3 
(dafür  in  einem  andern  liede  es  stet  ein  lind  in  disem  tal.  CS); 

so  dcp  in  jennem  dale 

dar  licht  em  kolder  sehne.    75; 

se  vern  in  jennem  Frankrike 

dar  licht  ein  niölc  stolt.     77; 

es  sten  dri  rosen  in  jenem  dal.    81 ; 

gar  hoch  auf  jenem  berge 

da  stet  ein  rautenstreuchelein.    750; 

e«  stehet  ein  regenbogen 

wohl  über  jenem  haus.    Göthe  1,94; 

ich  sasz  bei  jener  linde 

mit  meinem  trauten  kinde.    Uhland  ged.  26. 

ielbsl  wenn  belidtze  nie  da  und  dort  hinzutreten,  sollen  diese, 
ungleich  den  fallen  unler  no.  3,  »lur  der  gröszeren  anschaulich- 
keit,  nicht  örtlicher  bestimmtheit  dienen: 

dort  ferne  auf  jenem  berge 

teil  .sich  ein  kalter  sehne.     IJhlamd  vulksl.  75; 

dort  nidcn  in  jenem  bolze 

Icit  sich  ein  mulen  stolz.    7G; 

dort  hoch  auf  jenem  berge 

da  gel  ein  müferad.    77; 

dort  auszen  ulT  jenem  berge 

do  stet  ein  rosenheckerlein.     7S0; 

da  droben  auf  jenem  berge 

da  steh  ich  isuxendmal.    Hfnut  1,94; 

da  droben  auf  jenem  berge 

da  st<-hl  ein  alte*  schlosz,     103. 

b)  hei  erwilhnuni)  einet,  den  man  nicht  nennen  kann  oder  will 
(vgl.  dniu  auch  die««T  und  jener  oben  no. .'.) :  an  einem  »onning 
«bend  kam  jenem  Schneider  ein  paar  utrhinpl  zu  pletzen,  da 
er    »onol    ein  ganze  wnchrn   war  nuisKig  geHeiHi-n.    Kihlhamt 


ijn,^..,!..  .,.,,  :HU.,iiL,  n.h  erstick  sonst  dran,  wie  jener  herr, 
der  das  maul  offen  vergasz.  Garg.  89';  jener  bauete  eine  iniihl 
auf  einen  berg.  Schuppius  5<i;  jener  malte  eine  Sonnenblume, 
mit  der  Überschrift:  sequitur  suiim.  Härener  sat.  3,26t ;  jene 
malle  einen  kleinen  korb.  262; 

ich  köndte  ja  so  wol,  als  ctwan  jener  thut, 

auch  ümm  die  ofcnbank  mir  wärmen  blüht  und  muht. 

'■'lkiiimc  201 ; 
doch  er,  er  bleibt  in  seinen  vorgen  falten, 
iMid  bildet  sich  nicht  minder  und  nicht  mehr 
auf  eine  gäbe  ein,  die  ihm  so  fremde  sitzet 
wie  jener  eselin  die  rodeseligkeit.    Wieland  18,159  (130); 
lebten  ohne  religion  luid  gott 
und  Ordnung,  wie  jene  Hottentott.    Göthk  13,71; 
ein  wort,  das  sich  vererbte, 
sprach  jener  chrenmann.    Uhlani»  ged.  88; 

sprichwörtlich  zu  etwas  kommen  wie  jener  zur  ohrfeige :  dasz 
ich  nur  nicht  zur  andern  frau  koiimie  wie  jener  zur  ohrfeige. 
Lesring  2,407. 

c)  auch  sonst  bei  hervorhebung  von  etuas  bekannten,  «o  jener 
fast  nicht  mehr  sagt  vie  der  blosze  artikel :  wie  vermeinest  du 
wol,  dasz  uns  Christen  jener  edle  Röiner,  der  doch  nur  ein 
heid  war  und  den  wahren  gott  nicht  erkannte ,  an  jenem 
groszen  tag,  daran  alle  werk  offenbar  werden  sollen,  be- 
schämen wird.    Simpl.  3,401  Kurz; 

(wir  wollen  s(refcrii)  jenen  perlenscbanm  des  weins 

nicht  nur  llacli  zu  nippen, 

nicht  zu  liebeln  leis  mit  äugen, 

sondern  lest  uns  anzusaugen 

an  gelieble  lippeu.    Göthk  I,  140; 

ihr  kennet  jenes  alte  wort, 

ihr  wiszt:  es  llndt-t  hie  und  dort 

ein  Schwein  auch  eine  perle^    Uulamd  gc<l.  66; 

wohl  blühet  jedem  jähre 

sein  frühling  mild  imd  licht; 

auch  jener  grosze,  klare, 

getrost!  er  fehlt  dir  nicht.    37. 

9)  jener,  in  Zeitbestimmungen,  die  Vergangenheit  im  allgemeinen 
andeutend:  unsere  vorfaren  haben  vor  jhcn  dreiszig  und  vierzig 
jaren  in  dem  (preise  der  rohsloffe)  beschribene  und  richtige 
Ordnung  gehabt.  Leipz.  stadtordn.  1544  E4';  das  si  es  (rfas  leder) 
fast  noch  einsten  so  tewer  als  vor  jheu  xxx.  jaren  keitfen 
müssen.  E4'; 

ach,  wer  bringt  die  schönen  tage, 
jene  tage  der  ersten  liebe, 
ach,  wer  bringt  nur  eine  stunde 
jener  holden  zeit  zurück!    Göthe  1,63. 

eiiicnthianlich  jener  tag  =  der  bevorstehende  tag,  in  einem  wächtcr- 

liede: 

merk  auf,  feins  lieb,  was  ich  dir  sag! 

es  ist  noch  fern  von  jenem  tag, 

der  mond  scheint  durch  die  wolkenslern, 

der  wechter  betrübt  uns  beide  gern ; 

das  sag  ich  dir: 

die  milternaclit  ist  noch  nit  für.     I'hlamd  vnllisl.  175. 

10)  das  pronomen  dem  artikel  nachfolgend,  wofür  jetzt  derjenige 
(vgl.  auch  tlieil  2,987  ho.  24  und  unten  jenic) ;  in  relativ satzen: 

do  quänien  si  so  verre, 

dai;  di  jene  gesägen, 

die  der  schiffe  phlägcn, 

vcrjen  unde  stören, 

eine  hörliche  müren.    Lamprechts  Alex.  6696; 

später  tritt  hier  die  schwache  form  i-on  jener  auf:  so  dem  mchrer 
theil  der  jenen,  die  reimen  macheu,  gemein  ist.  E.  AiBKnus 
s.x;  so  kan  sich  auch  die  gunsl  derjlienen,  so  ihn  erhaben 
haben,  baldt  uinbwenden.  .\GR.spr.  117';  so  sah  ich  den  jenen, 
welchen  ich  mit  einer  kugel  auf  die  hirnschalc  geschosscu 
hatte.  Zese.n   Hoselieb  (1646)50; 

ir  lieben  getreuen,  euch  frag  wir  drummen : 
sein  die  jenen  nicht  wider  kommen, 
die  den  ricseu  tbcien  nacbjagi'n? 

J.  Ayki-.r  -iUi'  (1077,  18  htlhi). 
die  kröne  tr.igt  sie  (Victnrin)  auch,  die  sie  dem  jenen  Riebt, 
der  ihren  rühm  erhöht  und  deine  tngend  liebt.     Opitz   I,  lUi; 
was  mag  diiN  gold  doch  nutzen, 
dem  jenen  welcher  slrtN  darüber  pllegt  zu  sitzen, 
und  (uchct  was  er  hat?      105. 
diese  Verbindung  dauert  nicht  über  das  17.  jaJirh. 

11)  anders  jener  mit  dem  artikel  in  rem  indicaliven  satzen. 
ICO  mhd.  ebenfalls  nur  starke  form  des  pronomens  sieht: 

die  jene  iw^nn  nAraen 

Ir  swcrt  an  die  rebten  hant.    Hiriort  13582; 

wo  aber  in  dem  einzigen  bekannten  tfeisfiiele  de.\  nlut.  schwache 
form  eingetreten  ist: 

zu  dienern  «pracli  der  jene  dann: 

wie  triickfu  i«l  mir  iI>t  Imln  !     (.htmii  i'   s.^, 


2309 


JENERLEI  — JENIG 


JESIG  — JENSEIT 


2310 


12)  das  pronomen  als  Substantiv  beliandelt: 

A.    ilocl»  hat  sie  wohl  auch  lu  guter  stund 

dem  uud  jeueni  nichts  abgeschlagen. 
li.    wer  ist  denn  <ler  der  und  der  jener  denn? 
das  sollst  du  mir  bekennen!    Göthk  2,274. 

JENEI'iLEI,  adv.  von  jener  art,  geyensalz  zu  dieserlei  thed 
2,  1142:  jenerlei  leule  habe  ich  kenueu  gelernt. 

JE.NEHSEITS,  adv.  der  geyensalz  von  dieserseits  J/j.  2,  1142; 
in  bezuy  auf  zwei  geijenüberslehende  parteien  :  jenerseits  gesihah 
nichts  in  der  suche,  dieserseits  that  man  alles. 

JENESMALS,  adv.  zu  jenem  Zeitpunkte,  zusammengerückt  nel>en 
unverbuudenem  jenes  mal  (s.  jener  no.  2):  solche  .  .  freund- 
schaft  suchte  jenesmals  . .  der  »olf.  Simpl.   1  (1T13)  192. 

JENET,  ade.  jenseit;  «i7i</.  jenen l  und  jenunt  (miMfies.  2,110* 
Ila;en),  neben  enent,  alid.  enunt,  welche  letztere  form  als  enet 
fvrlltbl,  vgl.  oben  theU  3,4tiS  und  Schji.  1,92  Fromtn.;  in  prae- 
posUwnaler  Stellung:  wie  gott  kraft  hat  geben  den  geiren,  dasz 
er  ein  aasz  sieht  jeuet  dem  ineer.  Faracei^sus  opp.  2,  iSUA; 
dasz  einer  mag  hören  ein  stimme  jenet  dem  meer.  3C2B. 
bei  Maaler  dafür  yennert  dem  wasser  oder  tlusz,  ripa  ulterior, 
wer  ist  der  jenerthalb,  der  basz  da  unden?  quis  est  ulte- 
rior? 510". 

JENFEN,  verb.  nebenform  zu  dem  llieil  4*,  1219  aufgeführten 
rotwelschen  ganfen ,  genfen  stehlen:  jenfen  im  diftel  {in  der 
kiiflie).   FiscuABT  groszm.  50. 

JE.NHALB,  adv.  jenseits,  mhd.  jenhalp ;  als  praep.  mit  gen. 
gebraucht :  dasz  under  den  ohgemelten  kaisern  hie  grosz  hoff 
(hOfe)  jenhalh  der  Pegnitz  und  umb  die  stat  seind  gewesen. 
d.  üädlechr.  3, 113,  5;  also  zugen  sie  neben  der  stat  hin  jenhaib 
der  Wertach.  5,  5,  17 ;  die  von  Esziingen  und  acht  stett  mit 
in  jenhalb  der  Albe.  7,31;  jenhalb  Heins.  13,30;  jenhalb  der 
prugg.  23,35;  die  andern  drei  (stddle)  waren  jenhalb  des 
Jurdans  gegen  dem  gelobten  land.  ausgang  der  k.  Israel  (l510) 
Ma'.     auch  in  der  form  jenshalb,  s.  unten,     vgl.  auch  jenseit. 

JE.MG,  nie,  eine  Weiterbildung  von  jener,  urie  einig  von  einer, 
selbig  von  selber;  vor  dem  10.  jaltrli.  nicht  nachzuweisen. 

1)  es  steht  ohne  artikel,  in  starker  flexion,  wie  einfaches  jener : 
keumpt  er  aber  nicht,  so  sal  der  ander  das  gut  brauchen, 
als  sein  eigen  gut,  so  lang  bisz  jheniger  keumpt  mit  heubl- 
geld  und  schaden,  treii//*.  2, 340  (Untermosel,  abschriß  von  I5ei); 
jenige  kriegsleut  aber  {von  denen  vorher  gesprochen)  sollen  .  . 
Heu  sein.  Schcppics  71S ;  jenige  politische  güligkeit  kompt  mit 
der  theologischen  lugend  der  lieb  Übereins.  754.  in  relatic- 
siitzen:  seid  bedacht,  das  mir  in  den  Sachen  geholfen  werde, 
mein  bekentnis  besichtigt  werde,  durch  jenige,  so  mir  hülf- 
lich,  und  in  aller  still  trost  widerumb  geben  mügen.  L.  Keiser 
bei  LuTBER  3,415*;  ich  .  .  verfluch  alle  jenige,  die  anderer 
meinung  sein.  Fischart  bienk.  139' ;  das  aufmerken  eines  jeden 
in  jenigen    sachen,   welche   schaden  und  deren,   so  helfen. 

SCIILPPIUS   768. 

2)  jenig,  im  niederdeutschen  Sprachgebiete,  auch  aliquis,  quidam. 
Brem.  tcb.  2,692,  vgl.  oben  jener  7:  das  ist  gewisz,  dasz  die 
allen  Teutones  und  Gelten  viele  hundert  jähr  den  wahren 
Schöpfer  himmels  und  der  erden  angebetet,  und  jhn  ohn 
jeniges  geschnitztes  oder  gehawenes,  oder  gegossenes  bilde  . . 
verehret  haben.  .Micrälius  alt.  Pommern  1,41;  weil  er  in  den 
predigten,  ohne  jenigen  disputat,  umb  erhaltung  gesunder 
luthenschen  lehre,  wider  die  Calvinisten  zubeten,  und  seine 
Zuhörer  wider  dieselbe  zu  warnen  gewohnet.  3, 608. 

3)  jenig  in  der  bedeulung  1  und  t/t  rtlativsätzen  wird  zum 
arlikel  geslelit,  urie  jener  no.  10,  zunächst,  seit  dem  16.  ;aAr/i.  un- 
verbunden  (vgl.  theil  2,1018)  und  in  starker  form:  der  jeniger, 
so  dem  gebrechen  nit  verziehet ,  machet ,  dasz  andere  sich 
fiir  übeltuhn  hüten.  Scuottel  543;  alle  die  jenige,  die  da 
halten  .  .  Fischart  bienk.  102*;  dasz  der  jenig,  dem  dieser 
autor  selbst  nicht  unweiszlich  das  hermlin  zum  Sinnbild  gibt, 
seine  reine  haut  so  leicht  beflecken  und  die  jenige  heiralhen 
würde,  deren  vatter  an  ihm  zu  einem  sodomiten  .  .  werden 
wollen.  Sifnpl.  3,394  Kurz;  diejenige,  welche  im  pabstthum 
sich  in  ihrem  gewissen  gravirt  befinden.  Schlppius  54; 

so  seelig  als  der  Jenig 

der  der  gotsforcht  ergeben.    Wecehehli'«  2&ö  ; 

Mufiger  tn  schwaclier:  dasz  Christus  allein  der  jenige  seie, 
der  die  pfenning  gangbar  und  von  würden  machet.  Fischart 
bienk.  102*;  das  elend  desz  menschlichen  lebens,  welches  oft 
nicht  nur  die  jenigen  belrifft,  welche  einen  leinen  kiltel  an- 
haben ,  sondern  auch  die ,  welche  seiden  und  krön  tragen. 
ScHUPPiüs  49;  das  begegnet  gemeiniglich  denjenigen,  die  mit 


anderer  leut  oder  ungerechtem  gut  bauen.  56;  von  demjenigen, 
was  er  mit  seinem  schwert  erworben.  70 :  allwo  ich  dem 
jenigen  nachgedacht,  was  ich  denselben  tag  gehöret  uud  gi- 
sehen.  Simpl.  3,  302  Kurz. 

Auch  auszerhalb  solcher  relativsdtze,  in  der  Stellung  von  jeuer  2 
{vgl.  auch  jener  ll):  (Christus  spricht)  gebt  denen  (den  vorlirr- 
genannten  beltlern)  und  es  wird  euch  gegeben  werden,  wer 
wolt  sich  wideren,  ein  wenig  den  jenigen  zu  geben,  wann 
gott  verspricht  solches  mit  groszem  gewinn  zu  er.vidern? 
ScHCPPius  696;  ich  redete  noch  also,  da  hrumleteu  etliche 
hirten,  sprechende:  ach  wie  unbillich  redet  der  jeu'.ge  von 
der  annut,  welche  er  vielleicht  noch  nit  hat  erfahren,  üw, 
jetzo,  wann  du,  lieher  Bacone,  mich  deiner  geselschalt  wür- 
digest, wil  ich  mein  alte  boszheit  gewiszlich  ganz  umbkehien, 
und  eben  die  jeuige  mein  unfrommkeit  wird  ein  rechte  philo- 
sophia  werden.  722;  ja,  sprach  der  Jäger,  wollest  du  dann 
dasz  die  jenigen  schläfer,  jene  desz  bauchs  und  ingeweids 
leibeigne  wider  eingeführt  wurden?  aber,  sagte  ich,  welche 
die  jenigen  vertrieben  haben,  haben  sie  gesprochen,  man  solle 
bunden  allein,  oder  dem  gejaid  oder  Vogelfang  ort  geben? 
752;  bei  tiervorhebung  von  etwas  bekanntem,  nach  jeuer  8, r.' 
die  kaufmannscbafl  ist  so  frei  und  ehrlich,  dasz  sich  auch  aii- 
sehenliche  leut  vor  allen  Zeilen  nicht  geschämt  haben  solcher 
nachzufolgen  und  zu  üben,  unter  diesen  ..  ist  derjenige  giosze 
Solon  gewesen ,  der  den  Atheniensern  gar  heilsame  gesälz 
gegeben,  und  der  Hippocrates  ausz  der  insul  Con,  ein  valer 
der  mediein.  719;  und  der  neue  hochschüler  redet  nichts  als 
das  jenige  hoffartige  plus  ultra,  mehr  über  das.  727. 

4)  in  der  2.  hdlße  des  17.  jaJirh.  vollzieht  sich  die  zusanimen- 
rückung  beider  elemente  wahrscheinlich  unter  dem  einflusz  des 
betonumjswechsels :  getrennt  ward  jedenfalls  der  jenige  betont, 
aber  das  verlangen  nach  scharfer  hinweisung  auf  das  folgende 
tetativum  rückte  nach  und  nach  den  Ion  auf  der  und  jenig  galt 
dann  nur  noch  als  anlidnysel,  das  auch  der  bedeulung  nach  niclit 
mehr  hervortritt,  insofern  uns  derjenige  —  welcher  nichts  anders 
sagt  als  einfaches  der  —  weicher,  die  zusammenrückuny  zeigt 
sich  vereinzelt  schon  im  Simplicissimus :  da  sähe  ich,  dasz  der- 
jenig  gottlosz  zu  nennen  und  goltlosz  in  werken  wäre,  der 
nicht  immer  gott  vor  äugen  hat.  3,400  Kurz;  und  ist  bei 
Stieler  durchgefültrt :  das  ist  derjenige,  worvon  wir  redeten, 
wir  sind  diejenige  nicht,  worfür  ihr  uns  haltet,  derjenige 
wird  nicht  seelig,  der  nicht  glaubet.  632;  auch  auszerhalb  des 
relativsatzes :  dasjenige  kan  wol  sein,  istud  impossibüe  non  est, 
nempe  quod  tu  commemorabas.  633. 

JE.MSCH,  adj.  der  gaunersprache  angehörend:  dasz  er  glauben 
darf,  die  jänische  spräche  so  gut  wie  mancher  schlechter 
gauner  zu  verstehen.  J.  Paul  kom.  anh.  zum  Tit.  l,  1U8  mit  der 
note :  so  nennt  man  in  Schwaben  die  aus  fast  allen  sprachen 
zusammengeschleppte  spitzbubensprache. 

JENRER,  m.  jacke,  rgl.  janker,  jänker  sp.  2263:  und  da 
man  noch  husecken  und  feine  lange  jeuker  und  andere  ehr- 
liche kleidung  trüge,  stünde  es  vil  besser.  Mathesius  hochzeit- 
pred.  28*. 

JENNE,  m.?  f.?: 

der  sein  ehliche  Trawen  hat 

und  mit  jr  auf  der  gassen  gat. 

geren  bei  jr  do  beimen  bleibt. 

mit  jr  sein  Trend  und  kurzweil  treibt,      • 

disen  heiszen  sie  ein  henne. 

einn  seiTerer  und  ein  jenne, 

und  mächten  gern  ausz  ehren  schand. 

Freidank  (Worms  153s)  im  narreiiscli.  167'  Zarnctie. 

JE.NNEK,  s.  jänner. 

JENSEIT,  adv.  und  praep.  nach  jener  seite  hin ,  auf  jener 
seUe,  wie  jenlialb  oben  sp.  2309  eine  accusative  die  richtung  an- 
zeigende Verbindung,  mhd.  in  vollster  form  jenesUe:  jeneslle 
Rines.  d.  slädtechron.  8,38,22;  /i(iM/i</er  jensil,  und  nacttlier  in 
mehrfach  geschwächter  form:  jenset  der  Pegnitz.  Tucher  bau- 
meisterb.  166,14;  all  orden  munch  und  pfalTen,  die  von  f;.nt 
Sebalts  her  desset,  und  die  dort  geset.  d.  städtechr.  2, 24.l!i; 
iessend  der  Pegnitz,  jenset  der  Pegnitz.  3,  tl3, 5  als  Variante  zu 
jenhalb  der  Pegnitz  im  texte;  sie  besorgen  das  Sprichwort., 
jensid  des  berges,  sind  auch  leule.  Luther  6,16*;  was  wir 
gern  haben,  da  mus  uns  keine  fehrligkeit  hindern,  wo  mau 
aber  gott  gehorsam  sein  sol,  da  hindert  uns  eine  fliege  jeust 
dem  Kein.  322*.  • 

jenseit  steht 

1)  cUs  adterb:  jenseit  ultra  Dasvp.  ;  es  waren  aber  an  dem 
wege,  da  Jonathan  sucht  hinüber  zu  gehen  zu  der  Philister 


2311 


JENSEIT  — JENSEITS 


.lENSIIALB  —  JESUBÜBLEIN 


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lager,  zween  spitzen  felsen,  einer  disseid,  der  ander  jenseid. 
1  Sam.  14, 4 ; 

ein  flscher  thet  nach  vischen  fahrn, 

und  durch  das  wasser  zoh  sein  garn, 

das  ers  jenseit  zum  ufer  brecht. 

B.  Waldis  Esop  4,  79,  3. 

2)  ah  praeposilion,  und  zwar 

u)  mit  dem  genüiv:  es  ist  auch  nicht  jenseid  des  meers. 
5  Mos.  30,  13 ;  da  nam  ich  ewrn  vater  Abraham  jenseid  des 
Wassers,  und  lies  jn  wandern  im  ganzen  land  Canaan.  Jos. 
24,3;  hies  er  hinüber  jenseid  des  meers  faren.  Malth.  8,18; 
jenseit  des  wassers.  Frey  (^ar/cnj.'lS;  die  schöne  iilie  wohnt 
leider  jenseit  des  wassers.  15,215;  das  französische  ungewilter 
streift  noch  immer  jenseit  des  Thüringer  waldes  hin.  an 
Schiller  1,200;  ohne  arlikel{vgl.  der  111,35  Ih.  2,  993/ö.):  jhenseit 
hages.  H.Sachs  1,483*; 

er  kan  dir  doch  nlt  geben  mut  (spricht  ein  junges  weib  von 
iliretn  nllen  mann), 

wie  man  jensit  des  wassers  »hat.    B.  Waldis  Esop  4,81, 10; 

jenseit  des  meers  gewann  der  dauphin  feld. 

Shakesp.  Heinrich  VI  2,1,3; 

beschimpfte  den  vater 
jenseit  der  grübe  {nach  dem  tode).    Götuk  40,  75. 

b)  mit  dem  dativ:  da  sie  nu  an  die  tennen  Atad  kamen, 
die  jenseid  dem  Jordan  ligt.  l  Mos.  50,10;  ewer  vetcr  wonelen 
vor  Zeilen  jenseid  dem  wasser.  Jos.  24,  2;  jenseid  dem  Jordan. 
V.8  {Variante  iensyt  des  Jordans);  die  menner  Israel,  die  jen- 
seid dem  gründe  und  jenseid  dem  Jordan  waren.  iSam.  31, 7; 
{das:  wir  wollen)  das  evangeiium  auch  predigen ,  denen ,  die 
jenseid  euch  wonen.  2  Cor.  10, 16 ;  da  näherte  sich  jenseit 
dem  wasser  eine  Schönheit  an  das  gestad.  Stjnpl.  2,32  Kurz; 
was  er  jenseit  dem  grabe  zu  hoffen  habe.  Lessing  7,7;  alles 
was  uns  von  jenseil  dem  Rheine  kommt.  452;  jenseit  den 
bergen  wohnen  auch  leute.  9,401.  bei  vcrgleichiingen,  im  sinne 
von  gegenüber:  sein  (Wj'ncAWmanns)  aussprach,  dasz  die  neueren 
dichter  jenseit  den  alten  mehr  bilder  haben,  und  weniger 
Lilder  geben.   11, 126. 

c)  in  der  Verbindung  auf  jenseit :  wir  wurden  auf  jenseith 
der  Stadt  im  hackehverk  eingeleget.  pers.  reisebeschr.  1,4; 

und  sähe  von  fern  ein  schöne  kuhe 
auf  jenseit  einer  kleinen  hecken. 

B.  Waldis  Esop  4,  3,  39. 

3)  jenseit  als  subst.  neutr.,  in  bezuc)  au/"jene  weit  (sp.  2306): 
vom  diesseit  ins  jenseit  schauen.  Tiedge  \vergl.  thcil  2, 1144). 
s.  jenseits. 

JENSEITIIALB,  adv.  und  praep.  wie  einfaches  jenseit,  vgl. 
auch  oben  jenbalb:  jhenseit  halb  des  mores.  Frank  weltb.  5'; 
Ethiopia  ist  ein  gegne  in  Aphrica  jhenseithalb  Egipto  ge- 
legen. 7';  jhenseit  halb  der  Trawn  ist  dj  volk  teütsch,  her 
disz  halb  windiscb.  9l'. 

JENSEITIG,  adj.  uUerior.  Steinbacii  2,576:  der  umrisz  der 
linken  seile  {eines  kopfes  auf  einem  gemälde)  gegen  den  grund 
macht  eine  schöne  Silhouette,  man  sieht  von  jenseiliger  slirne, 
von  äuge,  nasenflüche,  hart,  so  viel  dasz  der  köpf  sich  rundet. 
Götiie  39,120;  das  jenseitige  ufer;  das  jenseilige  himmlische 
dasein ;  das  jenseilige  leben,  als  adverb  in  präpositionalem 
gebrauche,  wie  jenseit: 

die  tochter  sogar,  jenseitig  des  occans 
eines  kaisers  braut  an  der  nalmenschatiignn  meerbucht. 

I'LATEN   129. 

JENSEITIGKEIT,  f 

JENSEITS,  wie  jenseit,  aber  viit  angetretenem  genitiven  s; 
seil  dem  16.  jahrh.  sich  ausbreitend. 

1)  als  adv.:  jenseits  ultra  Stieler  2002;  und  die  Philister 
stunden  auf  einem  berge  jenseids,  und  die  Israeliler  auf  einem 
berge  disseids.  l  Sam.  17,3;  iU)ertragen:  der  irrthum  jenseits 
{von  anderer  seile)  bestand  darin  , .  Göiue  31, 184. 

2)  als  praeposilion, 

a)  mit  dem  gen.:  jenseils  der  berge,  Irans  montes  Stieler  032; 

wir  wollen  jenseits  der  I^oire  uns  zichnj 

und  der  gewaltgen  band  des  birnmels  nreicben. 

ScHiLLE«  Jungfrau  1,  5; 

auch  jenseit«  der  Loir«  liegt  noch  ein  Frankreich.    1,  7 ; 

eine  weit  des  nibms 
bewegt  sich  glänzend  jenseits  dieser  berge.     Teil  2,  1. 

in  übertragener  bedeutung,  über  etwas  hinaus:  mithin  ganz  jen- 
seit» drr  tragödie  fallt.  Sciiillhh  an  Gölhe  1,386; 
nun  er  (der  brudci)  lian  «wigc  mir  abgewann, 
und  jen«eits  alle»  weiisireils  wie  ein  Kolt 
in  der  erinnening  der  menichen  wandelt. 

braut  von   Mffinn  r.  ?'45. 


6)  mildem  dativ:  jenseits  dem  flusse,  Irans  fiui'itim  Stieler 
632 ;  schon  rufe  ich  die  Zwietracht  aus  ihrer  finstern  höhie, 
noch  jenseils  dem  reiche  der  verdammten,   hervor.    Lessinc 

*'        '  mit  ernster  kraft,  im  letzten  fernen, 

sucht  jene,  jenseits  allen  Sternen, 

der  gotlhcit  unerschöpfle  see. 

Hallir  Schweiz,  gcd.  (1768)  171; 
ohne  artikel: 

zuerst  er  seinen  dienst  verhiesz 

dem  kaiser  jenseils  Mohrenland.    Arndt  qed.  (1840)  307. 

3)  jenseils,  als  subst.  neulr.,  vgl.  o6en  jenseil  3:  unser  guter 
vater  ist  zu  einem  bessern  jenseils  abgerufen,  in  todesanzeigen ; 
nein,  über  das  dann  des  jenseits  hat  dieses  kleine  jelzl  keine 
stimme.  J.  Paul  Titan  2, 74 ;  seine  {des  menschen)  herrlichen 
empfindungen  verzieren  das  ewige  unendliche  jenseils.  Bettine 
briefe  2,221; 

ein  bruchstfick  ist  mein  lied,  ein  bruchstück  das  der  erde, 
das  auf  ein  jenseits  hofft,  dasz  es  vollständig  werde. 

RÖCKIRT  37. 

JENSHALB,  jenseit,  vgl.  jenhalb  sp.  2309:  das  jhenszhalb 
des  gebürgs  bisz  an  das  gallisch  mör  stoszf.  Frank  wellb.  64'; 
was  jhcnszhalb  des  lUieins  liget.  ebenda;  dann  die  Türken 
haben  .  .  in  der  asiatischen  Scythia  jhenshalb  des  pyrricheischen 
gcpirgs  jr  anwesen  . .  gehabt,  chronica  1531  167*. 

JENSIT,  JENST,  s.  unter  jenseil. 

JENTLING,  m.  der  alantfisch,  cijj)rinus  jeses.  Nehnich  2, 1364. 

JERE,  f.,  wofür  besser  göre  {s.  d.),  kleines  kind,  aus  dem 
niederd.  gör  (Sciiijtze  2,53.  Sciiambacii  60')  in  die  schrißsprache 
aufgenommen:  es  bleibt  aber  unter  dreien,  die  beiden  kleineu 
jeren  rechne  ich  nicht.    IIoltei  Lammfell  79. 

JEREMIADE,  /".  klage  (nach  den  klagcliedern  Jeremiä):  die 
jeremiaden  der  priester.  Kant  1,2S|.  auch  franz.  jeremiade, 
pleinle  frequenle  et  importune,  seil  dem  18.  jahrh.  nachgewiesen. 
Littre  2, 178'. 

JEREN,  verb.,  vgl.  jären. 

JERICHOROSE,  f  anastalica  hieroehuntica ;  auch  lonicera 
caprifolium  und  periclymenum.  ferner  heiszt  *o  ein  wirbelwurm, 
vorlicella  anastatica.  Nemnicii. 

JERUM,  intcrj.,  Verstümmelung  des  namens  Jesus,  vgl.  jemine: 

0  jenim,  jenira,  jerum  ! 

0  quac  muiatio  rcrum!    sludentenlied. 

JERIISALEMSAPFEL,  m.  eine  apfelart,  fraiz.  pigeon. 

JERUSALEMSARTISCHOKE,  f  helianthus  luberosus. 

JERUSALEMSBLIJME,  f  lychnis  chalcedonica. 

JERUSALEMSKORN,  n.  hordeum  caelesle  und  sccale  vernum. 

JERUSALEMSKltEUZ,  n.  lychnis  chalcedonica,  Jerusalemsblume. 

JERÜSALEMSSALBEI,  n.  phlomis  tychnitis  et  purpurea. 

JESCHE,  f  in  Tirol  das  weibchen  des  Steinbocks,  auch  gesche, 
gubst.  Nemnich  2,  85t. 

JESE,  f.  der  alantfisch,  cyprinus  jeses,  in  Preuszen  und 
Pommern,  neben  gase,  göse,  giese.  Nemnicii  2, 1363.  der  uame 
ist  aber  auch  meisznisch  und,  als  jise,  schlesisch,  vgl.  oben  theil 
4*,  1432,  und  jäse  oben  sp.  2265. 

JESEN,  m.  oder  f.  der  gangfisch,  clupea  alosa.  Nemnich  2,1069. 
ScHM.  1, 1210  Fromm,  wahrscheinlich  ein  worl  viit  dem  vorher- 
gehenden. 

JESEN,  verb.  gären,  vgl.  i&sen  oben,  und  gären  </j.  4*,  sp.  1349. 

JESMIN,  m.  s.  Jasmin. 

JESSEL,  /■.  als  name  von  aegopodium  podagraria,  geisifusi, 
zipperleinskraut',  von  Nemnicii  im  index  aufgeführt.  1,87  fuil  er 
aber  als  iiiedersächsische  form  geerseln,  gersch,  gerisch,  giersch, 
gösch. 

JESSES,  Verstümmelung  des  namens  Jesus  im  den  oß  gehörten 
ausrufen:  o  jesses!;  ei  jesses! 

JEST,  m.  gischt,  schäum,  sonst i&sl,  vgl.  oben  sp.  2267:  blictrum 
lest  von  pier,  pieriest  Üief.  77*,  mit  den  ncbenformen  yesl,  gesl, 
gcste  vel  befen,  ghesle,  geest,  gcszt,  gmisl,  gysl;  vgl.  unter 
giisl  llteil  4',  1472.  i'O»  der  ausschwUzung  an  wunden,  und  hier 
als  neulr.:  da  befände  ich  dasz  jhin  ein  wündliii  iu  das  hirn 
gegangen  war  ungefährlich  eines  iialbon  tingfigleichs  lang,  an 
demselbigcn  ort  stund  allzeit  ein  jcsl  oder  auszwurf,  und  .«o 
oll  ich  dassclbige  hinweg  that,  war  allzeit  gleich  ein  anders 
da.   WOrtz  pracl.  d.  wundarzn.  (1612)  103. 

JEST,  m.  der  schlucken:  do  kam  in  der  klux  oder  je.st 
(zu  lalm  gcnanl  siiigultus).  Gersiiürf  fetdb.  d.  «•ur./arsn.  3'i. 
ein  lautmalendes  wort,  neben  hescU  m.  a.,  vgl.  ölten  sp.  itwf; 
singullus  hetszt  sonst  auch  gissunge ,  gischunge,  gichlunge, 
imguUare  gisrhen,  gissen  HiEr.  6"«*. 

JESLIBIULEIN,  n.  v^jl.  unter  jesuknabe. 


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JESUIT— JESUS 


JESUSBLCMCHEN  —  JETZIG 


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JESUIT,  m.    nach   dem   spällateinischen  jesuita,    mUgiied  des 
Jesus-ordens :   zu  .  .  ergetzlichkeil  den  . .  (wie  sie  gern  heisen) 
Jesuiten,  oder  würdigen  herrn  der  societet  Jesu.  Fischart  auf 
dem   titel    des  jesuiterhülleins  {dicht.  3, 239  Kurz) ;    fället  einem 
Jesuiten  ein  zettlichen  ausz  dem  ermel.  Schuppiüs  553; 
seid  ohne  furchi.    ich  hasse 
die  Jesuiten  —  lägs  an  mir,  sie  wären  längst 
aus  reiches  grenzen.     Schiller  Walleiist.  toä  4,3. 

die  nebenform  jesuiter:  hernach  (hat)  der  cardinal  Otto  ein 
besonders  closter  und  Studium  aldo  {in  Augsburg)  ufgericht, 
das  auch  mit  jesuifern  user  Ilalia,  Nideriand  und  andern 
nationen  besetzt;  sein,  wie  man  sagt,  über  alle  maszen  gelerte 
leut  und  die  auch  die  jugendt  mit  hohen  vleisz  in  allen 
kunsten  wol  underrichlen.  Zimmer,  chron.  2,  332, 21 ;  wie  es 
selbs  die  jesuiter  im  truck  haben  lassen  ausgehen.  Fischart 
bienk.lH';  allein,  er  hab  zu  allem  Unglück  ein  lateinische  pas- 
quill  bekommen,  welche  auf  die  jesuiter  sei  gemacht  worden. 
Sjcnuppius  254  {ebenda  die  Jesuiten); 

hab  den  kaufmann  gesehn  und  den  ritter 
und  den  handwerksmann  und  den  jesiiiter. 

Schiller  Wollenst,  lager.  11.  auftr. 

mit  einem  aus  dem  u  des  tcortes  entwickelten  labial:  dasz  der 
jesuwiler  mich  wieder  zurück  rufete.  Scbcppiüs  358,  zieht  um- 
deutungen  nach  sich,  von  denen  die  bekannteste  jesuwider: 

was  heut  die  jesuwider  können.    Fiscuaht  nachtrab  63 

sie  nennen  sich  die  jesuiter, 

da  sie  wol  hiesen  Jesu  zu  wider,    jesuiterhüll.  500 

in  Spannien  die  gottlos  sect, 

etwa  vom  teufl  ist  auszgeheckt, 

so  man  die  jesuwider  heist, 

umb  der  that  willen  allermeist, 

in  dem  sie  mit  betrug  und  list, 

teuflischer  weisz  den  herren  Christ, 

allenthalben  zuwider  ist. 

Wellkr  tieder  des  SO/u/ir.  Iiriegs  3 
(dim.  jesuwiderlein  s.  iG2)  ; 

andere  bei  Fischart  :  so  doch  zu  Grätz  inn  der  nähe  ein  coUeg 
Toll  jebusiter  steckt.  bienk.K'; 

wiewol  die  jesubitter  heut 

das  beihel  wollen  werfen  weit,    nachtrab  3375. 

In  neuerer  zeit  wird  jesuit  auch  freier  gebraucht,  von  einem 
menschen  der  wie  ein  jesu'il  handelt  oder  denkt,  mit  bösem  neben- 
sinne. —  Composita  jesuitencolleg  (jesuitercollegium  Scbcp- 
piüs 35) ;  jesuiterfrüchtlin  {ein  von  Jesuiten  erzogener).  Fischart 
bienk.  26' ;  jesuitenhut,  -hütchen,  -hütlein;  Jesuitenlatein; 
Jesuitenlehre;  Jesuitenmoral;  Jesuitenorden;  Jesuitenschule; 
jesuiterrausch,  sive  -reuschlein,  mediocris  excessus  in  polu. 
Stieler  1537 ;  jesuitermütze,  eine  art  buttergebackenes.  Jacobsso.x 
6,150';  Jesuitenspiel  {eine  art  des  dramas)  Kobcrstein  grund- 
risz  2922 ;  in  thier-  und  pflanzennamen :  Jesuitenpulver,  cinchona, 
Chinarinde;  jesuitenrinde,  cinchona,  auch  iva,  unächle  fieberrinde; 
jesuiterhecht,  ein  hecht  von  mittlerer  grOsze;  jesuiterhütlein, 
evont/mus  europaeus,  spindelbaum,  Pfaffenhütchen ;  jesuitermütze, 
jesuiternusz,  trapa  natans,  schwimmende  stachelnusz;  jesuiter- 
thec,  chenopodium  ambrosioides,  eine  mexicanische  und  portugie- 
sische pflanze.  Nejimch. 

JESLITISCH,  adj.  und  adv.  dem  Jesuiten  eigen  oder  gemäsz: 
jesuitische  tracht;  jesuitische  lehre:  jesuitische  morai.  bei 
Fischart  umgedeutet  zu  jesuwidrisch: 

der  sich  dann  hat  so  schön  verkleidt 
in  jesuwidrisch  helligkeit.    nacittrab  44  ; 
so  dräht  ers  {das  wort)  jesuwidrisch.    195. 
JESUKNABE,  m.  jesuit: 

dann  höret  mir  doch  von  dem  Rabeo, 
wie  er  kam  zu  den  Jesuknaben. 

Fischart  nachtrab  2156 ; 
dafür  Jesubüblein: 

das  macht  er  ist  gebachen  new 

zu  einem  feinen  Jesubüblin 

zu  Rom  im  uewen  teutscben  stüblin 

ins  Mori  seim  collegio, 

welchs  man  hat  bawt  den  Teutschen  do, 

die  TOD  dem  glauben  fallen  ab.     91. 

JESULEIN,  fi.  kose/orm  des  namens  Jesus: 
wes  ist  da«  schöne  kindelin, 
et  ist  das  liebe  Jhesulin.    Lcthir  8,  35S'; 
eia,  eia,  schlaf  und  ruhe, 
•chiaf,  schlaf,  liebes  Jesulein!    P.  Girhard  no.  7, 1. 

JESUS,  n.  der  name  des  Heilandes;  als  ausruf  gebraucht: 
Jesus,  lieber  mann,  kommet  jbr  abemial  so  unvermuthlich 
wider.  H.  J.  v.  Bracnschwbic  286;  Jesus,  Jesus,  welk  ein  sott, 
welk  ein  hanenrey  »i  min  here.  2&7; 


Jesus,  liebr  man,  was  thut  jr  machn?    604; 
Jesus!  was  ist  das?  bone  deus,  quid  rei  est?  Stieler  886; 

0  Jesu,  mein  heiland,  was  hab  ich  gethan?    Borger  62': 
katholiken    rufen  Jesus  Maria I    oder  Jesus  Maria  und  Joseph! 
über  Verstümmelung  des  namens  vgl.  je,  j«mine,  jerum,  jesses, 
jettich. 

JESUSBLÜMCHEN,  n.  viola  tricolor,  stiefmiUlerchen.  Nemmicb 
4,  1569. 

JESUSCHRISTWURZ,  /".  pteris  aquilina,  farrenkraut.  Nemhich 
4,  lOsO,  in\  index  Jesuschristwurzel. 

JESUSGÄNGLEIN,  n.  vfrgl.  unter  Jesustänzlein. 

JESUSHAFT,  adj.  und  adv.  Jesu  gemäsz,  Jesu  ähnlich: 

komm  in  deines  geistes  kraft, 
komm  und  mach  uns  jesuhaft. 

C.  B.  Garvb  geistl.  lied:  , .trenn  der  herr 
dei'  von  dem  tod". 

JESUSKIND,  n.  Jesus  als  kind: 

(Simeon,  indem  er)  mit  lustverjüngten  armen 
das  Jesukind  umschleuszt. 

Sci'LTETtrs  bei  Lessiüg  8,  279 ; 
bei  diesem  muttergottesbild, 
bei  diesem  Jesuskinde, 
das  ihre  mutterarme  fTiIIt. 
schwör  ichs  dir,  o  Belinde.     Höltt  31  Halm. 

dim.  Jesuskindlein,  Jesulus,  puer  Jesus  SriEutR  886. 

JESUSKNABE,  m.,  JESUSKNÄBLEIN,  »».,  Jesus  als  knabe 
oder  kndblein. 

JESUSSTIMME,  f  sermo  filii  dei.  Stieler  2167. 

JESUSTÄNZLEIN,  n.  eine  art  tanz  des  15.  16.  jahrh.,  viel- 
leicht aus  einer  nachbildung  des  einzugs  Jesu  in  Jerusalem  und 
der  dabei  jauchzenden  und  springenden  menge  {Matth.  21,  8.  9) 
erwachsen,  jedenfalls  etwas  wilder  natur :  es  ist  nil  ein  gackel 
oder  ein  narrenfröd  damit  die  weit  umbgat,  als  da  man  ein 
Jesustenzlin  thut ,  ir  freud  ist  in  widerwertigkeit  zu  leiden, 
und  künnen  sich  in  ir  frewen.  Keisersberg  15  staffeln  i'. 
dasselbe  ist  Jesusgänglein: 

er  hat  ir  klosterbrötlin  geschickt, 

mit  süszen  äugen  angeblickt, 

ein  klosterdentzlin  hat  er  gethon, 

mit  ir  ein  reyen  gelieret  schon, 

und  ein  Jhesusgenglin  gemacht, 

über  ein  zan  sie  an  gelacht.    Murukr  luth.  narr  3701. 

JETTICH,  interj.  aus  Jesus  verderbt: 

kommt  der  mann  zu  spat  nach  haus, 
jettich!  da  siehts  übel  aus. 

V.  DiTFCRTH  fränk.  volktl.  2, 145. 

JETZ,  adv.,  alte  form  ßr  jetzt,  s.  d. 

JETZDANN,  adv. :  yetzdan,  yetzmal,  zu  diser  zeit,  in  prae- 
sentia,  in  praesens  tempus,  in  praesenti,  modo,  nunc,  olim. 
Maaler  510';  wie  kumpts  das  jr  nit  mer  den  Jüngling,  sonder 
yetzdann  mich  beschouwend.  Diogenes  E4';  Diogenes  der  yetz- 
dan in  Xeniodis  gewalt  kommen  was.  H7*; 

wir  hend  yetzdan  gewartet  lang.    trag.  Joh.  Hj. 
vgl.  unten  jetzundan. 

JETZIG,  adj.,  der  gegenwärtigen  oder  gerade  einstehenden  zeit 
angehörig,  eine  seit  dem  13.  jh.,  und  zuerst  mitteldeutsch  nach- 
weisbare bildung  aus  der  alten  form  des  adverbs  jetzt  ieze,  iez, 
bis  ins  vorige  jahrh.  auch  in  der  form  ietzig ,  itzig  außretend, 
vergl.  unten  unter  jetzt: 

die  iezic  werlt  dann  vergit.  erlösung  1912; 
nunc  temporis,  zur  jetzigen  zeit  Dastpod.;  ietzig,  hodiernus, 
modernus  Stieler  886;  itzig  hodiernus,  praesens  Stei.nbach 
1,816;  jetzig,  hodiernus,  praesens,  hujus  temporis,  quod  nunc  est 
Frisch  1,436';  graf  Wiihelbm  von  Henberg,  des  iezigen  grafen 
Wilhelbms  vatter.  Wilw.  v.  Schaimib.  55;  ich  wil  aber  jr  ge- 
fengnis  wenden,  nemlich,  das  gefengnis  dieser  Sodom  und 
jrer  töchter,  und  das  gefengnis  dieser  Samaria,  und  jrer 
töchter,  und  die  gefangen  deines  jtzigen  gefengnis,  sampt 
jnen.  Hes.  16,53;  uff  das  sich  ein  iglicher  frummer  Christ  für 
jm  {Witzeln)  wisse  zu  hSten,  und  sich  nit  kere  an  den  itzigen 
seinen  falschen  schein.  Alberds  widder  Witzeln  F7';  unserm 
jetzigen  heim  keiser.  Mathes.  Sar.  ss';  sagent  jm  die  ytrige 
red  von  meinetwegen.  Aimon  bog.  C  iij ;  enthaltet  euch  fürter 
jetziger  wort  {wie  ihr  jetzt  redet).  Kirchhok  wendunm.  112"; 
nemel  euch  meiner  in  meinen  jtzigen  höchsten  nütben  (an). 
H.  Jcl.  v.  Bracnschweic  91 ;  meine  itzige  profession  wil  nicht 
zulassen,  solchen  dingen  nachzudenken.  Scbcppiüs  10;  könig 
Gustavus,  und  der  itzige  künig  Carolus,  die  beide  schwe- 
dischen beiden.  20;  ich  besorge  nur,  dasz  sie  glauben  werden, 
meine  jezige  aufführung  komme  aus  lauter  ungeborsam  und 


2315 


JETZIG  — JETZO 


JETZO 


2316 


boszheil.  Lessinc  12,4 ;  gedenken  musz  ich,  dasz  ich  in  meiner 
itzigen  einsainkeil  recht  wolil  stehe.  Göthes  valer  bei  Merck 
2  3;  in  meinen  itzigen  umständen  mischt  sich  dann  noch  so 
viel  böse  laune  dazu.  Wiei.and  ebenda  2,  \H;  schon  ist  mehr 
unterschied  unter  ihren  izigen  Schriftstellern  und  dem  cele- 
braled  rlub  of  authors  aus  der  zeit  der  königin  Anna.  Sturz 
1,2;  es  herrscht  in  den  elegicn  eine  warme,  eine  Zartheit  und 
ein  ächter  körnigtcr  dichlergeist,  der  einem  herrlich  wohl- 
ihut,  unter  den  gehurlen  der  jetzigen  dichlerwelt.  Sciiir.LER 
an  GOtlie  1,26;  erstlich  ist  seine  jetzige  stelle  nicht  schlecht. 
parasü  2,4;  ich  sei  meinem  jetzigen  amte  nicht  gewachsen. 
ebenda ; 

oft  lehrt  ein  künftig  glück  ein  iu'ig  leid  verachten. 

J.   E.    SCHLKGKL  4, 17  ; 

wie  .«ichön  verbinden  sich,  zum  muster  puler  tage, 
die  liofTinmg  künltger  lust,   der  iiiigen  gfiiiusz. 

Haukpor:!  3,  87  ; 

im  üuperlaliv:  also  yetz  zun  dem  lelzsten  hat  Alexander  der 
ycl/igst  bapst  das  iubel  ior  verkündt  zuo  halten.  Kkiskrsberc 
in  Wuckernageh  leseb.  3.1,8;  gern  auch  in  der  Verbindung  in 
jetziger  zeit,  orfer  blosz  jetziger  zeit:  in  dieser  jetzigen  zeit, 
hac  nostra  aelate  sive  tempestaic  Stieler  8S6;  doch  jetziger  zeit 
scheint  es  fast..  Chr.  Weise  kl.  leule  314;  obgleich  jetziger 
zeit  die  freier  auch  zu  einer  art  von  geldborgern  geworden 
sind.  Lessinc  2,*391 ;  wir  müssen  uns  jetziger  zeit  durch  ganz 
andere  eigenschaften  beliebt  machen.  434; 

disz  wort  gott  leist 
uff  jetzige  zyt,  jr  lieben  kind.    tinfj.  Joli.  BC. 

jetzig  Substantiv:  was  diese  fliegcnfänger  bei  den  jetzigen  und 
nachkommenden  gelten.  Schuppiüs  '20; 

ganz  von  dem  jetzigen  verschieden  klang, 

was  Agamemnon  ehedem  veriieiszen. 

ScniLLER  Ipliig.  2,  2. 

jetzig  auf  eine  Vergangenheit  bezüglich  (vgl.  unten  jetzt  II  no.  5): 
bei  der  vergleichung,  die  er  zwischen  jenem  fall  und  seinem 
itzigen  anstellte.  Wieland  3,  129;  er  machte  ihm  hoffnung, 
dasz  er  vielleicht  bestimmt  sein  könnte,  seines  Wunsches  in 
einem  höiiern  grade,  als  er  nach  seinen  itzigen  umständen 
h<»ffen  dürfte,  gewähret  zu  werden.  7, 177.  mehr  local,  auf  eine 
vorliegende  beschreihung  deutend:  item  auch  zu  vermelden  die 
ursach  der  jetzigen  beschreihung  des  ganzen  honiglands  der 
mesz-imcn.    Fiscuart  bienk.  2'.     vgl.  jetztig. 

JETZIGKEIT,  f.  praesentia,  tempus  praesens,  vulgo  moderniias. 
Stieler  88G. 

JETZLICH,  für  itzlich,  itslich,  mhd.  ieteslich  j't'dcr,  vergl. 
sp.  2184:  quilibct  ietzlicher,  iczliclier  Dief.  479';  ein  jetzlich 
gebet.  Melanchthon  im  corp.  doctr.  christ.  {Leipz.  1560)  s.  175. 

JETZMAL,  adv.  zu  dieser  zeit.  Maaler  5I0';  dieses,  so 
(welches)  jetzmal  für  ein  grosze  sünd  geachtet.  Amadis  22; 
jetzmahl  aber  verhoffe  und  bitte  ich . .  WECKnERLi.N  vorr.  zu 
den  geistl.  ged.; 

jetzmahl,  weil  unser  flaisch  mit  seinem  got  verbunden.  311; 
min  herr,  was  ist  jetzmal  din  gheisz?  trag.  loh.  Gj. 
auch  in  den  formen  jetzmalen  und  jelzinals:  es  ist  e.  g.  un- 
vcrborgen,  dasz  es  in  desz  königs  Perions  gemach  ein  thürcn 
gegen  den  garten  hinausz  hat,  welche  jctzmahlcn  mit  tep- 
piciien  unnuhengt.  i4marfis20;  dieser  suchete  alle  seine  wilz.. 
jetzmahlen  zusammen.  Piiilander  1,317;  mein  ross  musz  mir 
izinals  die  fünf  Schilling  auch  verdrinken.  Zimm.  c/ir.  2, 33S,  27 ; 
wie  ich  jetzmals  auch  der  andern  wundcrbarlichen  gewechse 
in  der  erden  nicht  gedenken  wil.  Matiies.  Sar.  27';  wann  mich 
die  noth  jetzmals  so  iiarl  nicht  trangtc,  würde  sie  (die  kuh) 
mir  will  uinb  vicrzebcn  gülden  nit  feil  sein.  Simpl.  3,262  Kur:. 
s.  jetzimal. 

JETZO,  adv.  nunc;  bis  in  dieses  Jahrhundert  hinein  gebrauchte, 
und  erst  in  der  modernen  spräche  veraltete  nehcnforvi  zu  jetzt 
(s.  d.),  direct  an  die  ursprüngliche  mhd.  form  iezuo  anlehnend, 
von  der  es  zunächst  nur  durch  kürzung  des  endvocals  sich  unter- 
scheidet,    in  der  forme ntuickclunn  sind  drei  falle  zu  unterscheiden. 

l)  die  älteste  form  neben  iczu:  diselben  punii  .  .  aliä  {wie) 
si  ieczu  stat.  d.  st'idtechron.  4,179,13  {von  1374);  al."»  woll  er 
mich  ielzzu  sciilagen.  E.  Albkrus  ehbüchl.  Dl",  ist  iezo,  die 
anh'itl,  so  lange  die  diphthongische  ausspräche  des  im  wortc  ent- 
haltenen ic  je  dauert  (»p.  2274):  de;  sein  wir  ictzo  ..  gütlichen 
ubercin  kuinen.  d.  ttddtechron.  1,110,8  (von  13S5);  und  wenn 
wir  schon  verdürben ,  so  niüHtcn  wir  dennoch  tun ,  da;  wir 
jctzw  tun.  201,22;  die  vorgenanten  vier  und  vierzig  man  die 
ietzo  des  cleinen  rates  »int.   4, 137, 44  (von  13«») ;    «u  bat  er 


im  land  umbher  geschwcrmbt,  iezo  do,  dann  dorthin.  Zimm. 
chron.  3.  500,  30  ;  die  form  ist  bei  alemannischen  schrißstellern  des 
15.  16.  jahrh.  kaum  gekannt,  die  vielmehr  ietz  und  ietzuiid  an- 
wenden, aber  für  das  bairische  und  ober  fränkische  sprachqebiet 
auch  in  der  Schwächung  ielze  bis  jetzt  bezeugt  (Schm.  1,181  Fromm.); 
und  wo  mag  er  wol  jctzo  sein? 

J.  Atrkr  232«  (1153,32  Keller). 

in  der  Schriftsprache  des  17.  und  18.  jh.  kommt  iezo  noch  vor: 
vor  ietzo  pro  nunc  Stieler  8SC;  ich  erkenne  ictzo  meine 
Schwachheit.  Liscov  449;  als  die  wilden  Völker  und  unsere 
bauren  es  ietzo  sind.  707;  dasz  dieser  in  der  alten  weit  nicht 
mehr  gesieget  habe,  als  ietzo.  711;  menschen,  so  wie  sie  ietzo 
sind.  767  {neben  hdufigerm  jetzo,  z.  b.  64.  250.  592.  645.  680  (u.  ö.) ; 
diesz  ist  die  Ursache,  warum  ich  iezo  so  wenig  schreibe, 
weil   die  post  abgeht.    Merck  briefs.  2,167; 

und  ietzo  willst  du  mir  nicht  eine  stunde  schenken. 

äfr  junge  Götmb  1,163. 

aber  die  ausspräche  der  ersten  silbe  ist  schwerlich  mehr  diph- 
thongisch, und  die  Schreibung  ie  will  nur  die  dehnung  des  \-lautes 
anzciijcn. 

2)  daneben  itzo,  schon  früh  nachweisbar: 

izuo  ich  sa^,  izuo  ich  lac, 

izuo  ich  siuont,  izuo  ich  gie.     Lichtenstbin  39,20; 
du  will  in  ilzu  fragen.     ÜEmRicns  Trist.  993; 
im    17.  und  18.  jh.  besonders  häufig:   zu  solchen  dingen  habe 
ich  itzo  nicht  zeit.  Schi;ppids  10;  und  solle  itzo  anfangen  zu 
stndiren.  s.i;  es  fällt  mir  itzo  ein.  0;  dasz  der  französische 
wein  itzo  an  vielen  orten  dem  rheinischen  wein  nacharte.  98; 
ich  lerinnere   mich  itzo.    38.  119;    bewundert  aber  noch  ilzo. 
Liscov  427 ;    ich  habe  itzo  just  weder  iust ,   noch  zeit ,   eure 
ungegründeten    reden    zu    widerlegen.     Lkssinc  2,  368 ;     zum 
benker,   wenn  ich  in  sie  verliebt  wäre,    würde  ich  sie  doch 
wohl  noch  itzo  mein  kind  heiszen.  399;  ich  weisz  ihnen  bis 
itzo  noch  wenig  dank.  416;  und  so  bliebs  denn  bis  itzo  mit 
unserm  brief  nach  Darmstadt.  Ciavtiivs  in  Mercks  briefs.  2,9i; 
itzo  sind  wieder  (exemplare)  gedruckt.  161 ;  ich  hatte  noch  so 
viel  zu  schreiben  und  weisz  itzo  kein  wort  davon,  ebenda; 
vernimm  was  er  dir  ilzo  bringt.    Neuhark  liisiw.  05; 
einsamkeil!  acli  sie  hat  ilzo  dolche, 
die  sie  ins  herz  mir  stöszt!     Klopstock  10,  8t; 
wein,  wenn  ich  dich  itzo  trinke.    Lessing  1,55; 

ob  itzo  schon  in  mir 
mein  herz  ergrimmt.     Bürger  144*. 

3)  die  form  jetzo  ist  eine  junge.  nach  einer  bemerkung 
Schottels  ist  sie  1663  noch  nicht  vorhanden  oder  wenigstens 
nicht  verbreitet:  das  j  (jod)  musz  vor  einem  mitlautenden  nie- 
mals geschrieben  werden ,  also  schreibt  man  nicht  recht 
jmmerdar,  jst,  jetzo,  sondern  immerdar,  ist,  ietzo.  hauptspr. 
213;  auch  Stieler,  Steinbach  kennen  sie  nicht,  indes  wird  sie 
bei  IlEDERicn,  des  letzteren  quelle  (1729)  beiläufig  sp.  1357  als 
nebenform  ron  itzo  erwähnt;  erst  Frisch  verzeichnet  jetzo  als 
hauplform  und  hält  sogar  die  vocalisch  anhebende  ältere  für  eine 
neuerumj :  einige  wollen  das  jetzt,  oder  jetzo,  noch  weiter 
verkürzen,  und  schreiben  gar  nur  itz.  es  folgen  aber  wenige 
dieser  neuerung ,  das  e,  hat  ein  altes  recht  in  jezund,  oder 
jetz.  es  ist  vor  alters  gar  als  ein  diphtbongus  ausgesprochen 
worden.  1,486'.  jetzo  findet  sich  zwar  verschiedentlich  schon 
I.  b.  bei  SciiüPPius:  ich  wolle  wünschen,  dasz  jetzo  Hugo 
Grotius  bei  mir  were.  34;  ich  denke  jetzo  an  das  Sprüchlein. 
145;  als  jetzo.  239,  neben  itzo,  s.  no.  2;  allein  nac/i  Schottei  s 
oben  angeführter  bemerkung  ist  wahrscheinlicher,  dasz  hier  Itzo 
(jesprochen  wurde  (vgl.  dazu  unten  «n/er  jetzt  1,4).  erst  seit  dem 
zweiten  viertel  des  IS.  jahrh.  hersclit  eigentlich  zwischen  joliertem 
und  nicht  jotiertem  anlaut  des  Wortes  dasselbe  aber  der  leit  nach 
längeres  schwanken,  wie  bei  je  (sp.  2275),  jeder  {sp.  22s7)  «.  «., 
welches  die  besten  Schriftsteller  der  zeit  (von  Liscov,  Klopstock. 
Lessinc,  GnrnE,  IU'rcer  sind  belege  im  vorhergehenden  und 
folgenden  verstreut,  Winckei  mann  hat  selten  /■«r  itzo  Jetzo,  z.  b. 
3,  IS«)  mit  durchmachen,  und  welches  bis  zum  Schlüsse  des  Jahr- 
hunderts währt,  obschon  jetzo  int  letzten  viertel  desselben  ah 
elegantere  form  das  überijeteiclit  erhält,  jetzo  wird  wegen  seines 
wolklanges  neben  jetzt  lange  gebraucht:  sie  betauern  mit  rerhl 
das  arme  Meisen ,  welches  jezo  mehr  einer  todeu  grillte  als 
der  vorigen  Stadt  ähnlich  siebet.  Lessinc  12,3  (tun  1740);  ich 
gebe  jetzo  den  aiigenbli<k.  2,391;  jezo  bin  ich  schon  so  ein 
ziemlicher  opcriste.  430;  warum  das  Schicksal  der  ineuscbeii 
so,  oder  aiiderü  ein  gutl  lenkt,  jet/o  lenkt,  und  dann  wieder 
die  menscbüu  sich  »ulbül  überlJiszL  Klupstucr  10,  1^4 ;  cü  ist 


2317 


JETZO  — JETZT 


JETZT 


2318 


jetzü,  eben  jetzo  müglich ,  dasz  ich  wieder  zu  Wodan  um 
kehre.  186;  du  soll  mir  jetzo  fort,  der  junge  Götbe  2,275 
(werke  8,45);  jetzo  geht  der  zug  gegen  mich.  309  (gleich  darauf 
ich  war  schon  jetzt  unwiederbringlich  verlohren.  ebenso  icerke 
S,  86);  jetzo  macht  sie  sich  bittere  vorwürfe,  verke  10,  li^S; 
ja  es  ist  jetzo  die  zeit  der  einseitigkeiten.  21,50;  so  habe 
ich  eben  jetzo  eine  gelegenheit.  IS,  311;  jetzo  macht  ihr  mich 
allein  verantwortlich.  19,  51 ;  wo  mag  der  kranke  königssohu 
wohl  jetzo  schmachten?  20, 122;  jetzo  geht  wieder  alles  ganz 
gut.  in  Mercks  briefs.  1, 227 ;  die  hören  haben  jetzo  wie  es 
scheint  ihr  weibliches  Zeitalter,   an  Schiller  l,  419 ; 

der  du  nach  Gabriel  jelzo  den  kreis  der  erlösung  beherrschest. 

Klopstock  ilcssias  l,5e9; 
du  sollst  mich  kennen,   jelzo  sag  mir  an  .  .  .   Göihe  9,44; 
(war  uh)  nur  ein  wenig  scliöuer, 
als  ich  armer  jetzo  bin!     Bübger  5'; 

jetzo  nalur  beschütze  dein  werk!    Schills  ilie  Qeschlechter  im 
miis.-alm.  1797  s.  60  (nucliher  in  jetzt  beschütze 
dein  werk,  natur  yeändeit); 
ich  muszt  ihn  warneu  —  jelzo  isis  zu  spät.    Piccul.  1,5; 
du  wolltest  glücklich  sein,  unendlich  glücklieb, 
oder  unendlich  elend,  stolzes  herz, 
und  jetzo  bist  du  elend.    H.  Heise  15, 146. 

4)  die  bedeutung  von  jetzo  ist  die  nämliche  wie  von  jetzt 
(s.  d.),  es  steht  in  bezug  auf  die  gegenwart,  auch  in  den  Verbin- 
dungen für  jetzo,  bis  jetzo,  eben  jetzo:  vor  ietzo,  pro  nunc 
Stieler;  bis  itzo.  Felsenb.  1,119;  dasz  er  eben  jetzo  ab- 
wesend. Liscov  402;  als  anjetzo,  anitzo  (theil  1,377):  wil  ich 
euch  anjetzo  vorstellen  einen  menschen.  Schcppigs  777; 
unter  edenischer  bäum'  umschattungeu  lehrt  sie  anjezo. 

Voss  3,64; 
als  jetzo  —  dann,  bald  —  bald:  (dasz  er)  die  täglichen  zukomm- 
ling  aber,  ietzo  er  selbst,  dann  durch  seinen  leutenampt,  exa- 
minire.  Kirchhof  mil.  disc.  95.  auf  eine  eben  abgeschlossene  ver- 
ganyenheü  bezogen:  alle  Schwachheiten,  die  ich  jetzo  genennet 
habe.  Liscov  250;  im  sinne  von  prälerüalem  nun.  denn:  der 
grosze  Alexander,  als  er  jetzo  sterben  solle,  verschaffete  in 
seinem  letzten  willen,  dasz  der  alleine  erbe  und  nachfolger 
in  allen  seinen  ländern  und  königreichen  sein  solle,  der  unter 
andern  der  beste  were.  Schüppiüs  529;  als  ich  meine  profes- 
sion  zu  Marpurg  quitirete  . .  und  jetzo  abschied  nahm.  565; 
und  jetzo  wars  um  mich  geschehen. 

Schiller  kämpf  mit  d.  drachen  228 

JETZOZEIT,  f :  und  da  folgt,  dasz  dieselbe  unausmeszbare 
jctzüzeit  millionen  verschiedene  Zeitgeister  haben  musz.  J.  Paul 
Leoana  1,45. 

JETZT,  adv.  nunc. 

I.  Die  form. 

1)  das  seit  dem  12.  jahrh.  nachweisbare  mhd.  iezuo,  geschwächt 
ieze  ist  zusammengesetzt  aus  den  partikeln  ie  und  zuo,  vergleicht 
sich  seiner  bildung  nach  dem  erst  später  auftauchenden  immerzu 
(sp.  207i>)  und  wUl  im  allgemeinsten  sinne  einen  gegenwärtigen, 
daueind  gedachten  zustand  bezeichnen,  die  form  leidet  mannig- 
fache Veränderungen,  neben  der  vollsten  und  ältesten,  die  bis 
auf  unsere  zeit  in  itzo,  jelzo  dauerte  (s.  d.),  ergab  sich  aus  der 
geschuäcfden  ieze  ein  iez,  das  im  15.  und  16.  jahrh.  höchst  ge- 
wöhnlich gebaucht  wurde,  und  mit  antritt  eines  etymologisch  nicht 
berechtigten  t  ein  iezet,  iezt,  das  erst  spät  in  unser  jetzt  sich 
wandelte;  ferner  mit  nasalierung  ein  iezent,  mit  tieftonigem 
schweren  vocale  iezunt,  das  unten  gesondert  betrachtet  wird 
(s.  jetzund,  jetzunder). 

2)  die  form  iez  ist  zumal  in  alemannischen  und  bairischen 
quellen  der  genannten  zeit  die  vorwiegende,  und  hier  nach  der 
diphthongischen  ausspräche  (die  bis  heute  dauert,  alevi.  ietz,  bair. 
ielz  und  hielz,  vgl.  Schm.  l,isi  Frovm.  Lexer  151),  auch  durch 
den^  reim  gesichert:  yetz  :  gebiets  Daniel  1545  .M2*;  :  gmüets 
G2';  :  geblüets  Q3";  yetz,  geleich  angends,  nuHc,  jamprimuni, 
in  praesens,  hie,  eo  loci  Maaler  510';  yetz  sindt  sie  also  dahin, 
das  man  nit  weisz,  wo  die  stet  gelegen  sind.  Frank  sprichw. 
94";  dise  sind  yetz  also  veracht.  ebenda;  yetz  brechen  wir  alt 
bew  ab.  96';  ietz  ist  aber  die  weit  noch  grober.  147'; 

do  ist  den  narren  yeiz  mit  wol  (nämlick  mit  zutrinken). 

Brakt  narrensch.  16,72  u.oft; 

bolz  lung.  ietz  kom  ich  wider  uff  die  ban 

z'reden,  was  ich  fürgiiommen  han.    ijiie/  von  S.  Meinrad  s.  1 ; 

ab  dir  nil  ich  ieiz  wrizig  werden.    ».  35  u.  ö.  ; 
auch  wenn  in  drucken  jez   steht,   ist  dte  form  keine  andere,  da 
das  zeuhen  j  bis  ins  17.  jahrh.    häufig  ßr  i  steht,  vgl.  sp.2185: 
jetz  KusEBSBERG  bUg.  3'  gegen  ietz  2*.  3*;  | 


drumb  lueg  jets    was  er  zu  schaffen  habe 

mit  belebt,  busz  ,  reu  der  sünden.    PSierich  bei  Haupt  6, 43 ; 

ietz  ists  umbsunst,  du  kumsi  zu  spat. 

Fc.NKELi?!  in  Tiltmauns  schausp.  1,199,775; 
hör  mich    auch  jeiz,  wan  mein  mund  sendet 
mein  laid  und  bit  zu  deinem  ohr.    Weckherliw  56  u.  oft. 

in  andern  als  alemannischen  und  bairischen  gegenden  hcU  jeden- 
falls schon  frühe  iez  wie  iz  oder  auch  iz  gelautet,  H.Sachs 
1,  293'  reintl  jetz :  spitz ;  und  es  wird  demjemäsz  nun  auch  itz 
geschrieben  : 

manch  tröslüng  hält  ich  in  der  ehe, 
itz  trag  ich  ach  und  aynig  whe.     Schwarzisbeko  14s* 
(ebenso   150'  gegen  yetz  151',  yetzt  ebenda,  jetzt  154'); 
auch  ich  lig  krank  und  leid  grosz  quäle, 
davon  ir  mir  itz  habt  geklaget, 
das  ir  darin  seit  hart  geplaget. 

l.  Rebhun  in  Tittmanns  scliausp.  1,  34, 109; 
und  noch  in  quellen  des  17.  18.  jahrh.: 

das  neisch,  das  böse  fleisch  will  jtz 

behalten  schier  den  obersiü.    Phu-inbe»  (1650)  1,437; 

ich  war  der  könig  der  schwarzen  inseln, 

und  dieser  see,  um  den  sie  sich  itz  (gedruckt  ist  itzi) 

verwandelt  in  vier  hügel,  wiuden, 

war  einst  mein  königlicher  sitz. 

Wielasd  1j»,  -256  (wintermährchen,  2.  tht:il). 
3)  schon  seil  dem  13.  jahrh.  findet  sich  angetretenes  l: 
nu  bedarf  ich  diu  izit  wol, 
wand  ich  hinnen  scheiden  sol. 

Manen  himmelfahrt  in  Haupts  zcitschr.  5, 536, 775, • 
und  diese  forvi,  bis  ins  16.  jahrh.  gegen  ietz  die  seltnere,  breitet 
sich  von  da  an  aus:  ich  köndte  jn  jetzet  nicht  hören.  Fach 
schimpf  46' ;  gewöhnlich  als  letzt  und  itzt  (auch  wenn  jetzt  ge- 
schrieben, s.  oben  2):  so  bei  Bram  yetzt  102,28  ßr  sonstiges 
yetz;  in  S.  Memrads  spiel  ]elzl.s.  13,  sonst  ietz;  wie  sie  euch 
in  der  bewrischen  uffrhur  beim  leben  erhalten  haben,  ihr 
weret  sunst  letzt  lengest  faul.  Albebüs  wider  Witzeln  L3*; 
yetzt  Aimon  bog.  0  4  gegen  yetzt  0  2;  wo  seindt  jr  ytzt?  0  3; 
fürwar  es  ist  iezt  an  der  zeit. 

Schade  sni.  u.  pasqu.  1, 12,  2ül  (nenen  iez 
10,117.  13,4.  14,44.  16,124  «.  J5.tr.); 
Luther  ßhrt  jtzt  (=  Uzt)  durch,  diese  form  ist  nun  die  bis 
ins  18.  jahrh.  hersch&nde  und  noch  bis  in  unsere  tage  hinein- 
reichende, theils  und  gewöhnlich  itzt,  theils  letzt  geschrieben: 
besser  iezt  als  ein  andermal,  praesentia  sunt  meliora  Stieler 
886;  itzt,  jam,  nunc  Steinbach  1,816;  bei  allen  schriftslellem 
bis  in  die  achtziger  jähre  des  vorigen  Jahrhunderts  sind  belege 
ungemein  häufig:  ja,  ja,  mein  schönes  kind,  da  war  ich  ge- 
fährlich,  da  wuszte  manche  davon  zu  sagen;   aber  letzt  

Lessing  1,549;    mein   herr,   sie   beschimpfen   mich  letzt  mit 
dieser  vertraulichen  benennung.  581; 

ach  wüszt  er  was  mein  herz  noch  ieut  für  ibo  empfindet. 

der  junge  Göihk  1, 162  (—  werke  1, 52,  wo  jetzt) ; 
dein  brief,  den  ich  eben  izt  erhalte.  Wieland  in  Aferci*  briefs 
1,126; 

itzt  sinkt  dem  alten  arm  und  muth.  werke  18,222; 
im  reime  namentlich  bleibt  itzt  noch  lange,  auch  nachdem  sonst 
das  moderne  jetzt  durchgedrungen :  gewisse  freiheiten  musz  sich 
jeder  dichter  im  reime  gestatten,  so  habe  ich  mir  z.  b.  nie 
ein  gewissen  daraus  gemacht,  bald  itzt  bald  jetzt  am  ende 
eines  verses  zu  brauchen,  weil  das  itzt  oft  einen  vortreff- 
lichen vers  zuspitzt,  äusserung  Wielands  von  1796  in  Böttigers 
litt.  zust.  1,196; 

es  ist  ein  wahres  zeichen 
dasz  euch  ein  guter  enget  schützt; 
allein,  setzt  er  hinzu,  das  nöihigste  ist  itzt 
dem  jungen  weibe  die  hand  des  trosis  zu  reichen. 

werke  23,76  (Übcrun  8,9); 
wann  sie  an  ihrem  tischchen  sitzt, 
so  werd  ich  scherzend  hingewinket: 
'komm,  schmücke  selbst  dein  mädchen  itzt, 
wie  deiner  laun  am  besten  dünket!'    B6r6|r  18'; 
mit  deutschheit  sich  zu  zieren  itzt 
bat  jeder  sein  armes  wamms  zerschlitzt. 

GöTM  13,54  (PO«  1760), 
ich  seh  ihn,  wie,  die  stirn  gestützt, 
er  leise  lächelt  in  gedankeu ; 
wo  weilen  sie?    wo  blühen  itzt 
und  treiben  diese  zarten  ranken? 

A.  X-  pRosiE-IicLSHorr  ged.  (1873)  93; 
die  sonne  schwindet,  doch  ein  leuchten  streicht 
um  der  liktoren  heile  —  wieder  itzt  — 
sie  rucken,  schwenken  sich  —  es  blitzt!  es  blitzt!    127. 
4)  wie  frühe  die  form  jetzt  der  ausspräche  nach  durchgedrungen 
sei,    Idsxt  sich  nicht  feststellen,      der  Schreibung  nach  findet  sieh 


2319 


JETZT 


JETZT 


2320 


jetzt  bereits  im  16.  und  17.  jahrh.,  aber  es  bestehen  zweifei,  ob  die 
jotierung  des  anlaules  selbst  in  der  zweiten  hälße  des  17.  jahrh. 
schon  bestanden  habe  oder,  wenn  dies  der  fall ,  doch  erheblieh 
verbreitet  gewesen  sei  {kjI.  dazu  jpizo  3  und  unten  unter  jelzund 
den  reim  Avrers  jetzen  :  sitzen),  beweisende  reime  für  das  17.  jh. 
stehen  hier  nicht  zu  geböte;  erst  für  das  18.  jahrh.  thun  sie  dte 
heutige  ausspraclie  dar: 

(bis)  jeut  wir  blicke  wechseln,  jetzt 
leise  Seufzer,  und  zuletzt 
in  die  arm  einander  sinken. 

ÜÖKiNGK  ged.  (.Frankf.  1821)  1,41  (r.  1772), 

gegen:    hat  bei  den  alten 
diesz  vor  erkalten 
kein  herz  geschützt : 
warum  denn  itzt?    125. 

die  zeit  des  Schwankens  ist  ganz  dieselbe  wie  bei  jetzo,  und  bei 
beiden  worten  dringt  der  consonantische  anlaut  viel  später  durch 
als  bei  je,  jeder  u.  ahnt. 

II.  Bedeutung. 

1)  jetzt,  auf  eine  gegenwärtige  zeit  bezogen:  hodie,  hoc  tem- 
pestdte  itzt,  itzund,  zu  disser  zeit  Alb.;  uf  daj  er  ietz  ent- 
pfindt  in  im  (sich)  die  bitterkeit  der  stroff  (strafe).  Keisersherg 
bilg.  S*;  die  schuld  ist  jlzl  ewer.  rieht.  21,22;  die  man  jlzl 
Propheten  heiszl,  die  hies  man  vorzeiten  seher.  l  Sam.  9,9; 
ist  nicht  jtzt  die  vveizencrndte?  12,17;  die  dir  jtzt  hofieren, 
werden  dich  verachten.  Jer.  4,30;  ich  wolt  aber,  das  ich  jtzt 
bei  euch  were.  Gal.  4, 20 ;  es  ist  nicht  mehr  iimb  die  zeit, 
da  Gretlin  span ,  und  Hensziin  stecken  ritt :  vor  haben  sie 
bei  dem  hunger  gewacht,  jetz  schlafen  sie  bei  vollem  bauch 
wol.  die  kirchen  seind  jetz  gar  Hecht  und  hell  worden,  und 
die  herzen  tunkel :  vorzeiten  warn  die  kirchen  tuiikel  und  der 
menschen  herzen  liecht.  Fischart  bienk.  139* ;  die  yetz  zu  jrer 
zeit  gborn  werden,  müssen  zu  jrer  zeit  sterben,  und  das  man 
yetz  pflanzt,  müsz  etwa  uszgerot  werden,  yetz  schneiden  wir 
ab ,  d5  wir  etwa  sorgfeltig  pflanzten ,  nu  zerbrechen  wir,  dj 
wir  etwa  gebaut  haben.  Frank  sprichw.  95';  den  wil  ich  jm 
jetzt  alsdan,  und  dann  als  jetzt  perfecte  und  plene  gegeben 
haben.  Ayher  proc.  1,4;  und  wird  dann  (am  jüngsten  tage) 
kein  vergleich ,  keine  gütliche  handlung  mehr  gellen,  jetzt 
aber  seid  ihr  mit  eurem  Widersacher  noch  auf  dem  wege. 
ScHLPPiüs  321 ;  schon  seil  anderthalb  jähren  bin  ich  mit  einer 
Übersetzung  beschäftiget,  mit  welcher  auch  sie  jet^t  beschäf- 
liget  sind.  Lessing  12, 21 ;  vormals  war  er  so  arm  wie  ich, 
jetzt  sitzt  er  im  überflusz.  Schiller  parasil  2,  4 ;  verlieren  sie 
keine  zeit;  es  ist  gerade  jetzt  der  günstige  augenblick  — 
ich  möchte  es,  wo  möglich,  noch  heute  an  die  behörde  ab- 
senden. 2,  5;  jetzt,  da  es  uns  noch  an  nichts  gebricht.  Göthe 
19,20;  das  innere  lernen  wir  schon  bei  gelegenheil  kennen; 
jetzt  sei  nur  gesagt,  dasz  auf  der  andern  seile  des  hauses 
um  einen  geräumigen  hof  stalle  und  Scheunen  liefen.  Imher- 
MANN  Münchlt.  1, 148; 

welchs  iez  ligt  unden,  wirt  dan  das  ober. 

fastn.  sp.  386, 14 ; 
junkfrau,  sagt  mir,  was  euch  geprist! 
ich  hilf  euch  iez  und  alle  frist.    549,16; 
ich  schmelze  itzt  miseriam.    Lbssinc  2,409; 

den  reichen  nennt  es  ihn 
itzt  mehr  als  je.  239; 

wollt  ein  strahl  der  hofnung  mich  erfreun, 
dasz  du  mein  noch  würdest  sein: 
o!  wie  kam  ich  mir  so  klein, 
aber  iit,  wie  grosz  nicht  vor!    GoKiFiCK  1,50; 
nun  sagt  mir,  berr  abt,  als  ein  treuer  wardein, 
wie  viel  ich  itzt  werth  bis  zum  heller  mag  sein? 

ÜÜRceit  67'; 
ihn  würdest  du  aus  lausenden  heraus 
zum  freunde  dir  gewählt,  ihn  an  dein  herz 
geschlossen  haben  als  den  einzigen; 
und  jetzt,  da  ihn  die  beilige  natur 
dir  gab,  dir  in  der  wiege  schon  ihn  schenkte, 
trittst  du,  ein  frevler  an  dem  eignen  blui 
mit  stolzer  Willkür  ihr  ge.schunk  mit  fuszen. 

.ScuiLLiR  braut  tun  Mestina  v.  388; 
jetzt  empfind  ich  erst  den  mal, 
seit  der  stürm  in  blütben  wühlet.    Uhlaro  ged,  45; 
was  weht  doch  jetzt  Tür  trockne  lufl!    66; 

in  der  formet  jetzt  zu  dieser  zeit:  und  ich  ielz  diser  zitt  mit 
alter  und  üb»  krankhail  beladen.  ()hkim  ehr.  v.  Reichenau  s.  I ; 
der  nicht  bundertfrltlg  eiupf.the ,  itzt  in  dieser  zeit,  beuser 
und  brüder,  und  schwcsler  und  mUtler,  und  kiiider..mid  in 
der  zukunftigen  weit  das  ewige  leben.  Marc,  lo,  :(0;  ist  aber 
yetz  der  zeit  ganz  od  und  wüst.  Khank  wtltb.  166* 


2)  mit  praepositionen ,  bis  jetzt,  für  jetzt,  vor  jetzt  (auch 
zusammengerückt,  theil  4*,  751),  auf  jetzt:  und  was  ich  auf 
itzt  vergessen  musz,  habe  ich  denn  das  auf  ewig  vergessen  ? 
Lessikc  10,329;  es  gehört  für  itzt  mir  zu.  Gellert  2,202;  dasz 
von  Spanien  vorjetzt  noch  nichts  zu  hoffen  sei.  Schiller  6^2 ; 

komm  vor  itzt  nur  mit 
in  meinen  harem,  eine  sängerinn 
zu  hören,  die  ich  gestern  erst  gekauft, 
es  reift  indesz  bei  mir  vielleicht  ein  nnschlag. 

Lessing  2,212; 
habt  ihr  bis  jetzt  verheimlicht  diesz  fresicht, 
so  haltet  ferner  fest  an  eurem  schweigen. 

Shaltes]).  tlatnlct  1,2. 
vergl.  auch  anjetzt. 

3)  in  bezug  auf  ein  vorhaben,  eine  absieht,  einen  ieillen,  wünsch, 
befehl  zeichnet  jetzt  eine  unmittelbar  bevorstehende,  an  die  gegen- 
tvart  dicht  heran  reichende  zukunß,  etwa  wie  sogleich  oder  auch 
nun:  du  soll  jtzt  sehen,  ob  meine  wort  können  dir  etwas 
gelten  oder  nicht.  4  Mos.  11,23;  doch  ich  wil  jtzt  von  gotl 
reden  und  von  jm  handeln.  Hiob  5,8;  wollend  wir  nit  yetz 
gon ,  ist  es  nit  zeit  ze  gon,  j'anine  imus  Maaler  510";  sieh, 
sie  regt  sich!  itzt  wird  sie  erwachen.  Lessing  2, 567;  so  wird 
man  itzt  in  der  that  weniger  blendende  stellen  zusammen 
rechnen  können.  Ramler  dichlk.  d.  H.  128;  was  fangen  wir  izt 
mit  unserm  baren  an?  Wyttesbach  in  Mercks  briefs.  1,504; 

darum  wil  ich  ielz  sterben  thon  (thun). 

vieisierl.  fol.  23  »lo.  243 ; 
wir  wolln  zu  ir  ins  haus  itzt  gehen. 

Rkbhufi  in  Tillmanns  schaiisp.  1,37,189; 
itzt  wird  der  südwind  mich  nicht  mehr  aus  regen  huschen, 
davon  der  schatten  wankt,  in  ihrem  arm  erfrischen, 
itzt  werd  ich  nicht,  wie  sonst,  die  rauhen  fauncn  gehn 
und  Ziegen  über  uns  am  felsen  klettern  sehn. 

E.  V.  Kleist  (1804)  1,  147; 
das  alles  wird  sich  itzt 
0  prinz,  vor  deinem  aug  verbreiten. 

Mercks  briefs.  1,  xlvii  ; 
0,  so  erfüll  itzt  die  Verwünschung  mir.    Börgkr  142'; 
jetzt  geh  und  schick  mir  gleich  den  Isolan 
hieher.  Schiller  Wallensl.  lud  3,4; 

jetzt  unvermittelt  neige 
du  dich  zu  unserm  schmerz!    Uhland  geJ.  97. 

auch  bei  lebendiger  Schilderung  einer  ferneren  Zukunft :  der  vatcr 
wird  ihm  bald  die  berrschaTl  abtreten  und  in  ruhe  auf  seinen 
Schlössern  leben,  i  zt  bat  der  stolze  strudelkopf  den  zügel 
in  bänden,  itzt  lacht  er  seiner  hasser  und  neider  —  und 
ich . .  werde  tiefgtbückt  vor  seiner  thürschwelle  —  Schiller 
räuber  2,  l. 

4)  jetzt  deutet  auf  einen  bis  unmittelbar  an  die  gegenwart 
reichenden  abschnitt  der  vergangenheil,  etwa  durch  eben,  so  eben. 
zu  umschreiben:  sihe,  jlzl  sind  zu  mir  komen  vom  gebirgc 
Ephraim  zween  knaben.  2kön.  5,22;  die  jlzl  mit  namen  be- 
schrieben sind.  1  chron.  5,41  (sie  sind  vorher  v.  24  37  genannt); 
da  stunden  auf  die  menner,  die  jlzl  mit  namen  genenneL 
sind.  2  chron.  28,15;  herr,  meine  tochter  ist  jtzt  gestorben. 
Malth.  9, 18 ; 

wer  wars,  der  itzt  in  die  coliekte 

mit  langsam  schlauer  hand  ein  volles  briefchen  steckte? 

Uellkrt  1,  34; 

und  itzt  sprach  Ilafi  doch  so  iingewisz, 

so  kalt  von  ihm.        Lessing  2,  242. 

in  den  verstärkenden  Verbindungen  eben  jetzt,  gleich  jetzt,  grade 
jetzt :  eben  jetzt  ist  diese  nachriebt  cingetroffeu ;  izt  gleich 
bekomme  ich  meines  heirn  brudern  schreiben  (empfange  es 
so  eben).  Wallensteins  briefe  20;  du  siehst  es  ja,  dasz  ich 
den  brief  nur  jetzt  gleich  bekommen  habe.  Lessing  1,275; 

grad  ietz,  herr  graf,  kompt  er  gegangen  (i'on  einem  so  eben  rin 
getroffenen),    spiel  von  S.  ileiuiait  lt. 

5)  jetzt  mit  einem  praeteritum  oder  historischem  praesens,  und 
einien  Jüngern,  gleichsam  der  gegenwart  näheren  abschnitt  der  Ver- 
gangenheit von  einem  früheren  untersdieidend :  und  alsbald  mc 
vcrsi°iclitcn  die  feigen,  da  schämten  sie  sich  ielz  de»,  des  sie 
sich  vor  nit  schainlcn.  Keisersbehg  sünd.  d.  m.  Vi';  und  du 
sie  gcbcrcii  soll,  worden  zuilling  in  jrem  leibe  erfunden, 
und  als  sie  jtzt  gebar,  thal  sich  eine  hand  heraus.  I  Mos. 
3>>,  28;  und  in  derselbigen  nnclit  flcngcn  sie  nichts,  da  es 
aber  jtzt  morgen  war,  stund  Jhesus  am  ufer.  Joh.  21,3-  da 
nameu  sie  jn  und  marterten  jn,  wie  den  ersten,  als  er  nu 
jtzt  in  den  letzten  zügen  lag ,  sprach  er  .  .  2  Macc.  ',  9;  da 
seid  ihr  im  irrthuni ,  sprach  der  hofschulze ,  der  das  letzte 
gehört  hatte  und,  das  schurzfell  jetzt  ubgelhan,  im  wri^z- 
Icinenen    kittcl    aus  dem  schuppen  trat.    Imhehmann  Munchh. 


2321 


JETZT 


JETZT  — JETZUND 


2322 


1, 12S;  die  bauern  sprachen  jetzt  {nach  andern  reden)  von  dem 
gegenstände,  welcher  sie  zu  dem  hofschulzen  gefiilirt  halte. 
137;  die  mägde  hatten  vorher  schon  den  tisch  abgciäiunt  und 
gingen  jetzt  hinaus.  191; 

ein  guter  ehrlicher  Soldat, 

der  .  .  im  trunke  seinen  wirth  erschlagen, 

ward  itzt  hinausgeführt,  für  seine  missethat 

den  lohn  durchs  schwert  davon  ru  tragen.    Gkllert  1,200; 

durch  gassen,  wo  er  sonst  stolz  auf  und  ab  gefahren, 

sclilich'itzt  sein  fusz  ganz  uubekannt.  s.  51; 

hier  steht  nunmehr  das  gute  kind, 

allein  sie  kann  sich  nicht  entscblieszen. 

doch  nein,  itzt  bückt  sie  sich  geschivind 

und  wagts,  Damöten  sanft  zu  küssen.    53 ; 

die  schaar 
beginnt,  geordnet  itzt  die  reis,  und  eilt 
mit  schnellen  flügeln  fort.      E.  t.  Kleist  (1S04)  2,31. 

6)  jetzt,  auch  sonfl  bei  einer  Zeitfolge^  trie  nun,  nunmehr: 
wie  jtzt  geschehen  ist.    rieht.  13,23; 

drumb  hab  ich  ietz  erwegen 

dcsz  üweren  rhats  in  thrünren  z'pflegen. 

spiel  von  S.  Meinraä  s.  11 ; 
das  recht,  das  eine  schlimme  zeit 
lebendig  uns  begrub, 
das  jetzt  mit  neuer  regsarakeit 
sich  aus  dem  grab  erhub.    Uhla^d  qrd.  hl. 

$0  :.  b.  in  scenisctien  antceisungen  des  16.  jahrh.  bei  den  einzelnen, 
auf  einander  folgenden  Situationen :  Richhard  gibt  ihm  ietz  ein 
streich,  das  ihm  das  hirn  usziauft.  spiel  von  S.  Meinrad  s.  81 ; 
gahnd  ietz  in  die  zell .  suochen  den  raub,  ebenda;  louffend 
ietz  all  wider  in  die  heil.  S3;  yetz  kumpt  der  landvogt.  Urner 
spiel  von  Wilh.  Teil  s.  7  Vischer ;  yetz  gond  die  diener  mit  ein- 
ander zum  Thellen.  s.  11  (neben  nun  kommend  die  diener  s.  12); 
ietzt  macht  Ludolf  mit  seinem  stab  einen  kreisz.  J.  Avrer  439' 
(2208,13  Keller);  und  dann  ähnlich  auch  anderweit: 

nicht  lange  lassest  du,  mein  kind,  ihn  staunen; 

du  fährst  so  fort,  mit  frostgen  eisesblicken 

ihn  wegzustoszea  .  .  .  itzt  hebst  du  an  zu  weinen. 

Schiller  Semele  v.  222. 

7)  aligeblaszt,  u-ie  nun,  denn,  doch:  was  hab  ich  jtzt  gethan, 
das  ewr  that  gleich  sei?  ricliter  s, 2; 

was  freundschaft  ich  dir  hab  gethan. 

die  hastu  mir  so  gar  vergessen, 

und  hast  mich  keiner  genieszcn  lan, 

das  hett  ich  dir  j«tzt  nit  vermessen  (zugetraia). 

Ambras,  liederb.  na.  185,22. 

8)  doppeltes  jetzt  in  verschiedener  rerirendung ;  eindringlich: 
wie  einem,  der  einen  giftbecher  ausgeleert  und  mit  bebender 
angst  jetzt  und  jetzt  die  tödlliche  Wirkung  erwartet.  Schiller 

'^•»       und  jetzt  soll  ich  das  thun,  jetzt  eben,  da  ich 
auf  mein  vollendet  werk  den  kränz  will  setzen? 

M'aliensteins  tod  3, 4  ; 
jetzt  im  lichte,  jetzt  im  leben 
lind  ich,  die  ich  nie  verlor,    ühlasd  ged.  47 ; 

geuöhnlicher  aber  jetzt  — jetzt,  icie  bald  —  bald:  denn  das 
schwert  frisset  jtzt  diesen,  jtzt  jenen.  2Sam.  11,25: 

wenn,  vom  orkan  gepeitscht,  des  meeres  flut 
sich  mit  dem  bangenden  gewölke   mischt, 
und  itzt  zur  hölle  niederstürzt,  und  itzt 
sich  wieder  in  den  himmel  thürmt  und  beult. 

E.  V.  Kleist  (1804)  2,50; 
ach !  was  in  tiefer  brüst  uns  da  entsprungen, 
was  sich  die  lippe  schüchtern  vorgelalli, 
miszrathen  jetzt  und  jetzt  vielleicht  gelungen, 
verschlingt  des  wilden  augenhiicks  gewalt.    Göthe  12,10; 
jetzt  ist  im  dienst  der  götter  was  versehn, 
da?  uns  das  leben  wüste  macht,    jetzt  ists 
der  meinungen  verhasztes  mancherlei, 
die  menge  die  es  uns  verbittert.    Schiller  Iphiy.  1. 1 ; 
jetzt  da,  jetzt  dort  die  irren  blicke  weidend.    Phöniz.  v.  287 ; 
wenn  dein  finger  durch  die  saiten  meistert, 
Laura,  itzt  zur  statue  entgeistert, 
itzt  entkörpert  steh  ich  da.     Lnura  am  datier; 
des  nachbars  lieblich  flötenspielen 
nimmt  jetzt  mir  die  gedanken  hin, 
und  jetzt  musz  ich  hinüberschielen 
nach  meiner  hübschen  nachbarin.     UuLAiiD  ged.  30. 
itzt  —  itzt  auch  vie  noch  eben — jetzt: 

wo  blumen  itzt  stolzierten,  tobt 
in  wasserwogen  das  verderben  itzt. 

E.  V.  Kleist  (1S04)  2,63. 

9)  für  jetzt  —  jetzt  auch  andere  ßgungen:  iez  waren  sie 
samenthaft  mit  gewerter  handt  bei  ainandern,  dann  tauten 
sie  sich  in  die  gassen.  Zimmer,  chron.  3, 460, 30 ;  zu  zeiten 
weinen  wir,  zu  zeiten  lachen  wir,  yetz  trauren  wir,  dann 
springen  wir  Tor  freud  uff,  und  sind  gar  der  zeit  underworfen. 

IV.  II. 


S.  Fra5k  sprichu:  1,%';  yetz  sagt  er  ja,  denn  nein,  modo  ait, 
modo  negat  Ma.^ler  510*; 

wann  er  verwandelt  sein  gestalt. 

jezt  wurt  er  jung,  dann  wurt  er  all. 

jezt  war  er  schön,  dann  wurt  er  scheuszlich  .  .  . 

H.  Sachs  2,53,26  Görfeit«; 

er  leget  bald  sein  misvergnügen  {heim  damenspiele), 
bald  seinen  beifail  an  den  tag ; 
er  schüttelte  den  köpf  itzt  bei  des  einen  zügen, 
und  billigte  darauf  des  andern  seinen  schlag. 

Gellert  1,  14S; 
lieblich  itzt,  wie  über  glatten  kiesein 
silberhelle  Outen  rieseln,  — 
majestätisch  prächtig  nun, 
wie  des  donners  orgelton, 
stürmend  von  hinnen  izt,  wie  sich  von  felsea 
rauschende,  schäumende  gieszbäche  wälzen, 
holdes  gesäusel  bald, 
schmeicnleriscb  linde  .  .  .    Schiller  Laura  am  clarier. 

lO)  jetzt  als  Substantiv:  über  das  dann  des  jenseits  hat 
dieses  kleine  jetzt  keine  stimme.  J.  Pall   Tit.  2,74; 

dort  eilt  ein  schnelles  blei  in  das  entfernte  weisze, 

das  blizt,  und  iuft  und  ziel  im  gleichen  jezt  durchbohrt. 

Haller  (1768)  «.  26; 
ein  einzig  itzt  in  dir  (_golt)  ist  ewigkeit.     157 ; 
dreifach  ist  der  schritt  der  zeit: 
zögernd  kommt  die  Zukunft  hergezogen, 
pfeilschnell  ist  das  jetzt  entflogen, 
ewig  still  steht  die  Vergangenheit. 

Schiller  spiuche  des  Confucuis  1,3; 
ach.  ans  ende  statt  zu  denken, 
dürft  ich  in  das  jetzt  mich  senken.    Röckert  102; 
schwankend  zwischen  jetzt  und  einst.    218; 
wer  beschriebe 
lenzestriebe? 
wer  die  liebe? 
wer  das  jetzt?    Plate:«  17; 
J.     wer  aber  blickt  nicht  gern  ins  künftige? 
A.    das  ist  ein  schlechter  trost!    was  mir  das  jetzt 
versagt,  besitz  ich  nicht.  243. 

JETZTBERCHRT,  pari,  so  eben  berührt :  jetztberürter  maszen, 
jam  dicto  modo  Stieler  1642. 

JETZTER.MELDET,  part.  so  eben  ermeldel :  wo  aber  iemandts 
hierin  seumig  würde,  so  ist  er  verfallen  in  ielzterraelte  strafe. 
ueisth.  2.  203. 

JETZTERWÄHNT,  pari,  eben  erwähnt.  Nedhark  palmb.  21. 

JETZTGEDACHT,  pari,  eben  gedacht:  widder  itztgedachten 
göttlichen  befehl.  E.  Albercs  «fi</<ferM/i;e/r»  A2';  wie  ich  davon 
in  jetzt-gedachter  reisebeschreibung  .  .  weitläuftiger  geredet. 
pers.  rosenth.  6, 3  anm. ;  welche  (historie)  ich  auch  nebenst  itzt- 
gedachten andern  . .  mit  beibringen  will.  7, 20  anm.  g. 

JETZTIG,  adj.  urie  jetzig  {sp.  2314),  tJier  von  jetzt  gebildet: 
der  starb:  do  wurd  der  yetzedig  abt  erkorn  her  Sebolt. 
rf.  slädlechron.  11,751,9. 

JETZTLAUFEND,  part.  im  gegenicdrligen  zeitlaufe  befindlich: 
ob  zwar  zu  dieser  unser  jetztlaufenden  hundertjährigen  zeiten 
viele  und  grosze  schlachten  und  niederlagen  geschehen.  Schup- 
pics  781 ;  unsers  jetztlaufenden  siebenzehenden  saeculi  oder 
mannsalters.  784;  in  jetztlaufenden  zeiten  finden  wir  dieselben 
beslrebungen.  Herder  :.  IUI.  18,225. 

JETZTLÄUFTIG,  adj.:  deren  keine  mit  jetztläuftigen  kriegs- 
sitten  . .  erworben  werden.  Frosspercer  kriegsb.  i,  173'. 

JETZTLEBEND,  part.;  meine  itztiebenden  leser.  Rabe.ner 
irerAe  2,179;  um  es  bei  der  itztiebenden  weit  zu  entschul- 
digen. Lessing  10,129;  einige  unsrer  jeUlIebenden  dichter. 
Klixger  12.191. 

JETZTMAL,  adv.  zu  dieser  zeit,  vgl.  jetzmal  sp.  2315:  konnten 
so  wol  und  kräftig  nit  bitten  wie  die  heiligen  so  im  himmel 
sind  jetztmal  thun  können.  Fischart  bienk.  188*.  Weiterbildung 
jetzlmals:  dasz  es  jm  die  fraw  jetztmals  zu  guten  hielte, 
thet  sie,  dasz  er  ein  frembling  war.  b.  d.  liebe  214';  dieweil 
sie  zu  dem  opfer  jetztmals  öffentlich  geordnet.  223';  i/n«/ jetzt- 
malen :  als  hab  ich  auch  itztmahlen  noch  andere  meine  ge- 
dichte  zu  den  Torigeo  gefüget.  Weckderlix  rorr.  zu  den  tceltL 
gedichlen. 

JETZTMALIG,  adj.  jetzig.   Adell':«c  als  oberdeutsch. 

JETZTWELT,  f.  die  gegenwärtige  well. 

JETZTZEIT,  f.  die  gegenwarl. 

JETZU.ND.  adr.  eine  der  heuligen  sitrache  veraltete,  verbreiterte 
neben  form  zu  jetzt,  die  hier  nur  noch  der  entwickelung  ihrer 
form  nach  xu  betrachten  ist,  da  ein  bedeutungsuntrrsckied  von 
jetzt  nicht  vorhanden. 

1)  atis  der  form  ietzet  (vgl.  unter  jetzt  no.  3)  entsteht  zunächst 
die   nasalierle   ietzent:    unsern   erbern  holten  die  ietzent  tod 

146 


2323 


JETZÜND 


JETZUND  —  JETZUNl»  AN 


2324 


nnsern  wegen  pen  Mollesheim  gefaren  sinl.  d.  slädtechron. 
9,1045,17  {Slraszb.,  von  1375);  von  des  kriegs  wegen,  den  wir 
ielzent  hant.  1047,14  (ebenda,  von  13!t2); 

iczent  sd  wirt  si  genant  {lUe  ijcliehli-). 

minncs.  1,133*  llnrjen; 
mil  abfall  des  schlieszenden  t  ielzen: 

ein  schönes  weibsbild  rausz  da  sein 

und  hie  über  «lern  brunnen  sitzen,    (sieht  sich  um) 

ja  ich  habs  schon  erselien  jctr.en. 

i.  AvRKR  439»  (2>07,  20  KcUer); 
auch  jetzen,  in  einem  fliegenden  blatle  von  1031,  doch  darf  das 
anlautende  j  zu  dieser  zeit  nur  als  ijanz  vereinzelte  erscheinuny 
ijellen  (vgl.  die  bemerkumj  Sciiuttei.s  unter  jetzo  3),  wenn  nicht 
ijar  unreiner  reim  vorliegt,  der  in  diesem  stücke  sich  mehrfach  zeigt : 

ihr  wiszt  nicht,  ob  sie  jetzen 

dem  sieg  wollen  n<ichsetzen.     Opel  u.  Coum  296,46; 

mü  vocalverdumpfung  ietzün,  ietzun : 

da  ist  es  jezün  als  umb  siinst.     Scuwarzknbkrc  115'; 

umbs  hör  bestellen  sy  <lj  wart, 

und  als  mans  yetzün  nennt  dj  scart.     152'; 

wj  ich  dir  jetzun  hab  erklert.     Ib'o* ; 

was  sag  ich  solch  histuri  alt 

seh  wir  nit  jetzun  nianigfall.     157*. 

2)  die  formen  ictzunt,  itzund,  jetzmid  mü  tießoniger  zweiter 
silbe  entwickeln  sich  aus  ielzent,  wie  ähnlich  aus  mhd.  wilent 
wilunl  hervorgeht  (gramni.  3,217),  das  in  unserm  weiland  noch 
währt,  ielzund  dauert  lange,  freilich  ohne  dasz  die  diplUhongischc 
ausspräche  der  ersten  silbe  überall,  selbst  für  die  altern  Zeiten,  .sicher 
wäre,  da  oft  in  einem  denkmale  ielzund  mit  itzund  wechselt: 

mit  dienst  man  iezunt  harte  kiime  guot  erwirbet. 

tninuim.  2,13h"  Hagen; 
liub  ich  anders  weil  und  zeit  es  yetzund  zu  ihun.  Keisehs- 
BERG  sünd.  d.  m.  'j" ;  auch  uns  yetzunt  nit  müglith  ist,  den- 
selbeti  (gutlesdiensl)  ze  verbringen,  alsz  unsz  unsere  conscicncze 
heisl.  ßa«/(T  cÄr.  455, 14  (ylzunt  451,23.  454,9.  475,26);  ielzund 
gedenke  ich  an  meine  hölzerne  kanne.  Schocu  slud.  leb.  E4; 

ireüdt  euch  der  würdt  yeczundt  und  imermere. 

PÖTERlCH  in  Haupts  zeitschr.  6,37; 
das  ich  es  iezund  nit  volbringen  mag.    fastn.  sp.  363,19; 
ich  wil  iezund  an  die  fürt.    411,18; 
als  ir  iezund  habt  erfarn.    440,  1 ; 

solt  Christus  yetzund  kommen  nieder.     II.  Sachs  1,60*; 
es  hat  mir  wol  gethon  so  andt, 
das  sie  yetzund  drei  ganze  jar 
im  hcrzögtliunib  Capua  war.     117'; 
0  himclischer  vatter  mein, 
des  sei  dir  lob,  dank,  preis  und  ehr 
iezunt  ewig  und  immermer.    3,  lb6  Tiltmann; 

got  geh  euch  seinen  segen 
jezunt,  lorlhin  und  alle  wegen.    247; 

im  reime  ist  die  zweite  silbe  hochtonig  genommen  (vgl.  3  und  4 
am  ende): 

wolt  reiten  damit  er  erkundt, 

wesz  die  weit  ist  gesint  yetzund.     VVickram /ji/iyci  S,  /</.  65. 

3)  in  der  form  itzund  scheint  zunächst  das  anlautende  i  lang, 
nach  der  Schreibung:  denn  es  haben  viel  groszer  Irefllicher 
nienner  darin  gefeilet,  und  auch  jtzund  viel  groszer  predigen. 
Luther  4,487';  wir  haben  aber  jtzund  gutl  selber  zu  einem 
mittler.  489";  und  haben  jtzund  lur,  jr  vieh  zu  schlachten. 
Jud.  11,11;  ich  weis,  das  mein  vater  und  imitier  jt/und  alle 
tilg  und  stunde  zelen.  Tob.  lo,li);  und  ein  s(dcher  gebraucht 
!>ich  ylzund  hoher  worte.  Aimon  bog.  i ;  ytzund  erkenne  ich 
das.  0;  und  wie  sie  ytznndt  aufzusitzen  gerüsl  waren.  Xl; 
überwiegend  wul  aber  kurz : 

wai  ruuhes  vor  gennmen  was 

den  Samen,  al»  ich  itzunt  las, 

der  wart  in  genizlich  wider,     liil.  thron.  4062; 

üie  wAren  alle  gemanet  wol, 

als  ich  itzunt  suKen  s(d.     6040; 

ir  frewnt,  die  iezunt  niht  aiiheim  weren.  d.  sladtechr.  1,75,S; 
als  sie  itzunt  den  von  Windsheim  tun.  14h,  6;  ich  hell  mich 
ewer  itzunt  nit  versehen.  Ai.herus  utdder  Witzeln  hs';  wie  die 
leul  nie  erger  und  biiser  seien  gewest,  als  itzund.  Ls'; 

Ir  lursten  Herren  hocligrporen, 

die  itzund  hie  sein  aiiHzerkorn 

zu  dinkt  dem  edelti  koiiig  Soldan.    ta$tH.  sp.  139,4; 

die  Jeuf,  die  itzund  her  und  dar 

«ich  in  der  werk  nu  iiben  thun.     170,4; 

da»  miKZ  eiir  Irau  wol  von  mir  hören, 

iltr  wil  Iclinz  itzund  funvu  zwar.    480,32; 

zwar  wenn  ich  nur  itzund  wnnie, 

wo  icbt  etwo  fuchoti  mUit«. 

i*.  HiauuN  in  TUlmann*  teluuup.  1,43,45; 


neulich  war  die  erde  braut. 

itzund  liegt  sie  in  den  wociien.    P.  Pleminc  355 ; 

ich  lall  itzund  als  knccht  zu  deinen  zarten  Tüszen. 

Hoffmanuswaldau  helUenbr.  s.  6  ; 
wie?   oder  giebt  dein  schmerz, 
was  nur  zum  sterben  riith,  dir  itzund  in  das  herz? 

i.    E.    SCHLKOKL   I  46; 

in  der  belonung  ilzünd  (vgl.  i   a.  e.): 

drum  holT  ich  unser  herr  könig 

der  werd  itzund  angreifen  sich.    A.  Grypiiiis  1698   1,743; 

mein  schonfer,  gib,  dasz,  was  itzund 

gesungen  liat  mein  schwacher  mund, 

in  meinem  herzen  mag  bekleiben.    C.nnii  15. 

4)  die  Schreibung  jetzund  findet  sich  schon  im  16.  17.  jahrh. : 
dann  jetzund  musz  es  jhiien  (das  hemd  in  bezug  auf  den  kragen) 
spannen  lang  auf  den  achsseln  liegen.  Garg.  113';  mich  driiikcl 
jetzund  die  noth.  pers.  rosenlh.  3,20;  reuter  habe  ich  jetzund 
vonnölhen.  Schuppius  35;  in  der  Verbindung  ]v:limul  dieser  zeit 
(vgl.  jetzt  II,  1  am  ende):  wo  wirdt  jetzutiil  dieser  zeit  ver- 
nommen ..  Fronsperger  Icriegsb.  l,7o';  der  jetzund  dieser  zeit 
allhie  .  .  holmaler  ist.  Kirchhof  wendunm.  138*;  wir  haben 
jetzund  zu  unserer  zeit  sechs  geschlecht,  die  wahre  chamillen 
sind.  Tabersaemont.  58 ; 

noch  ist  mir  jetzund  nichts  des  basz.  li.  Sachs  1,467*; 
aber  wenigstens  noch  für  das  ende  des  16.  jh.  beweist  Avrers  reim 
sitzen  :  jetzen  (oben  no.  l),  dasz  die  Schreibung  der  ausspräche 
nicht  entsprach,  über  die  zeit,  zu  der  consonantiscber  anlaul  sich 
verbreitet,  kann  nur  dasselbe  gesagt  werden,  wie  bei  jelzo  und 
jetzt ;  it'ie  bei  diesen,  ist  eine  lange  periode  des  Schwankens  an- 
zunehmen, die  sich  erst  gegen  ende  des  18.  jaltrh.  zu  gunsten  von 
jetzund  vertiert.  Caniz  (1727)  hat  nur  einmal  s.  162  jetzund 
gegen  sonstiges  itzund;  sollten  sie  jetzund  noch  leben.  Liscov 
517;  jetzund  marsch  an  die  arbeiti  Hültei  Lammf.  67; 

sah  jetzund  hoch  herab  auf  eines  laufers  spasz. 

Zacuakia  1,  175; 

sie  weint  wohl  jetzund  auch  wie  du.    Götuk  3,  31. 
manigfach,  und  schon  früli,   mil  hochbetonter  zweiter  silbe  (vergl. 
oben  2  und  3  a.  e.) : 

gar  tief  müssen  wir  uns  jetzund, 

für  manchen  kcizcr  biegen: 

und  wie  die  frembden  nawers  hund 

untern  fleischbanken  schmiegen. 

SoLTAD  volkst.  466  (von  1622); 
wer  nach  dem  land  jetzund  wil  auf  dem  lande  fragen, 
der  jrrt:  Mars  hat  das  land  langst  in  die  Stadt  getragen. 

LoGAU  1, 17,  .50  ; 
es  wolln  jetzund  nicht  mehr  aus  beiden  götter  werden.    37,37; 

da  gab  es  böse  enget, 

die  hielten  mir  zu  den  mund  ; 

und  ach !  durch  böse  enget 

bin  ich  so  elend  jetzund.    H.  Heink  15,150; 

der  thuriu  der  kathedrale 

verkündet  die  zwollte  stund; 

mit  ihren  reizen  und  küssen 

'erwartet  mich  liebchen  jetzund.     s.   171. 

in  der  form  jitzund:  denke  wie  mirs  ist,  wenn  ich  jilziind 
dieses  buch  vor  meinen  äugen  habe.   Holtei   Lammfell  13«. 

JETZUNDAN,  JETZL.NDE.N,  adv.  neben  jetzund,  «,«/  vulleicht 
nicht  als  erweiterte  form  des  letzleren  zu  fassen,  vielmehr  als  ver- 
dunkeltes compositum  desselben  mit  der  zeilparlikel  dann,  wie  aus 
jelzdütiii  (sp.  2314)  hcrrorzugehcn  scheint,  es  erscheint  bis  ins 
16.  jahrh.  in  mehrfacher  form:  imserii  brüdern  die  die  walle- 
fart  getun  hant  und  ietzentan  dunl  und  noch  diin  wellent. 
d.  slädlechr.  s,  117,  7;  noch  nit  waient  die  abgiimd ,  und  ich 
was  ietzundan  empfangen.  Keisersbkhü  Marie  himelf.  7';  dar- 
diirch  wir  mögen  kuinnun  au  dj  ort,  da  sie  ietzundan  erhöcht 
ist  über  alle  eiigel  und  heiligen.  6";  und  da  er  ietzundan  mit 
glück  mererleils  des  meres  gefaren  w/,.  lo';  wenn  einer  schalk- 
heit  wirkt  und  sünd  tlii'it  und  denn  die  selb  sünd  beschirmet, 
der  eibörht  yetzmidan  die  hiüiier.  snnd.  d.  m.  15';  da  sprichet 
saut  Thomas,  das  der  selb  ineiisrhe  yelzundan  lödtlich  hab 
gesilndet.  sieben  hauptsund.  (\'A(A\\\i'l' \  ietzundan  so  das  haiipt 
graw,  die  stirn  voller  runzicn  ist.  (itNUENKACM  pfuffensp.  3'.i; 
lassend  uns  yelzundan  cinhiii  gon,  eamus  nunc  jam  vitro. 
Maalkr  510*; 

den  narren  wiri  man  sutt  aniibotifn. 

der  yctzendan  nit  schwygen  wil.    Iiii<i.  J„h.  A  ij ; 

sie  ligcn  yeczundeu  \or  einem  slosz.  d.  städlerJiron.  1.434.2; 
als  uns  «wer  durchleuhlikeit  yeczundcn  gcscbribrn  und  ver- 
kündet bat.   435,  2>t  (von   1407) ; 

wiavil  »y  mich  vor  Zeiten  frtl, 
*o*il  ly  mich  Icizundrn  grawi. 

Ilatiteiin  i..\XV||,  no.  113. 


2325 


JETZUNDER  —  JEÜCHEN 


JEWEILEN  — JO 


2326 


JETZDNDER,  icol  entstanden  aus  jetzund  und  dem  eine  zeü- 
erslreckung  anzeiyenden  her,  icie  ähnlich  hernarher  {sp.  1117) 
aus  hernach  und  her  sich  zusammensetzt ,  mit  der  betonung 
jelzünder,  seit  dem  15.  jh.  nachzuueisen  als  ietzunder,  itzunder, 
in  der  form  jetzunder  namentlich  bei  dichtem  bis  in  unsere  zelten 
reichend,  gegenwärtig  veraltet:  ilzunder,  elzunder  Lexeb  mhd. 
handwörlerb.  1,1418  (15.  jahrh.);  darum  gilt  jetzunder  ..  nicht 
mehr  der  prauch,  dasz  man  vil  Schriften  oder  concilien  an- 
zihe.  FisciiABT  bienk.  59';  aber  diese  responsa,  die  jhr  da 
singt,  schicken  sich  bei  dem  sackerleiden  jetzunder  nicht. 
Garg.  201"  {auf  derselben  seite  zweimal  jetzund) ;  so  sihe  ich 
wol,  es  musz  sein,  das  ich  jetzunder  mein  schwache  matte 
schultern  mit  dem  last  des  harnischpleches  musz  beschweren. 
20S';  wie  die  weit  jetzunder  glaubt.  Kirchhof  uendunm.  ihi* ; 
darumb  versehe  ich  mich  auch  jetzunder  zu  euch,  jhr  werdet 
mich  der  trewe  wieder  genieszen  lassen.  H.  Jet.  v.  Bracn- 
scHWEiG  92;  dasz  er  jetzunder  güldene  (trinkgeschirre)  machte, 
der  zuvor  erdine  gemacht  hätte.  Schuppios  700;  vor  zeiten, 
wo  es  euch  doch  im  grande  besser  ging,  als  jetzunder.  Immer- 
«ANJc  Münclih.  1, SO; 

nun  sieht  die  weit  iezunder  wol, 
dasz  alle  lant  seint  walfart  vol. 

Schade  sat.  u.  pasqu.  1,29,63; 
jetzunder  so  tut  hin  reiten ! 

S.  Wild  in  Titlmanns  schauxp.  1 ,  232, 135  ; 
jetzunder  seind  wir  beid  geritten.    233,165; 
er  Epracli:  ich  hab  sein  (des  goldes)  nit  jetzunder  (:  wunder), 
tt.  Waidis  Esop  4,63,39; 
hör  nur  jtzunder  auf! 

J.  Atrer  fnstn.  sp.  140'  (3036,  35  Keller) ; 
so  traurig  du  warst  vor,  so  froh  sei  nun  itzunder, 
und  achte  dieses  werk  vor  nicht  ein  schlechtes  wunder. 

Flk«i:«c.  592; 

ochse  kanstu  künrtig  beiszen,  bleib  jetzunder  noch  ein  kalb. 

LocAC  3,64,42; 

ich  musz  mich  einer  list  itzunder  unterwinden. 

HoFFMANNSWALDAU  tjetv.  scliüfer  S9 ; 

viel  wunderkuren  gibts  jetzunder  (.-wunder).    Götbe  4,350; 
kehrt  eben  alles  drüber  und  drunter, 
ging  weg  und  sprach:  so  besteb's  jetzunder!    13,60; 
du  alte  einsame  thräne. 
zerOiesze  jetzunder  auch!    II.  Heime  15,147; 
blasz  ist  er  etwas,  doch  ist  es  kein  wunder, 
sanskrit  und  Hegel  studiert  er  jetzunder.    151. 

JETZZLMAL,  adv.  verstärktes  jetzt,  aus  der  allen  form  jetz 
und  dem  zusammenfassenden  zumal,  mhd.  ze  male  entstanden: 
yetzzemal,  zu  diser  zeit,  in  praesentia,  in  praesenti  Maaler  510'; 
das  doch  jetzzumal  nach  dem  rechten  nicht  uff  dich  gebracht 
wird.  Stei.nhüwei.  (1555)  41 ;  in  der  Schreibung  jetzumal :  darbei 
ichs  dann  jetzumal  beruhen  lasse.  Fischart  e/ir.  b3;  dasz  ich., 
mich  jetzumal,  da  jr  all  die  oren  gespitzt,  anderswo  hin  be- 
rufe, tfdry.  25';  dasz  jetzumal  der  könig  in  Rusche  Clermault 
lig,  allda  sich  auf  allen  fall  einzurüsten.  20S';  so  übergeben 
wir  euch  jetzumal  die  käszkrapfen,  dereiihalben  der  heftig 
streit  ist.  217'; 

o  harpfeweisz  Orpheus,  jetzumal  kompt  widerumb  hoche 
dein  artige  reimeweisz,  zu  irigem  ersten  preisz.    39"; 
jetzumal  nun  basz  bericht,  wollen  wir  den  fälschlichen  dunste 
in  nemmen  vom  angesicht,  uns  nemmen  zum  erbgedicht. 

ebenda. 

JEUCH,  n.    \)  das  joch,  jugum.  bairisch.  Schm.  1,1200  Fromm. 

2)  (bei  Schm.  ebenfalls  fem.)  joch  landes,  mhd.  jiuch :  jeuch 
ackers,  juger,  ein  morgen  roc.  ine.  theut.  k6'.     s.  joch. 

JEDCHE.N,  verb.  jagen,  hetzen,  ein  alles  oberdeutsches  worl : 
jeuchen,  i'u/3.  jagen,  fwiare,  insequi,  venari.  voc.  ine.  theut.  kft' ; 
fugare  youchen  Dief.  nov.  gloss.  1S4';  jeichen  fugare  Dasvp.  ; 
darumb  so  laufen  si  gen  Korn  als  jeucht  si  der  tüfel.  Schaue 
$al.  u.  pasqu.  3,60,31 ;  uff  das  erst  wan  ein  hund  gensz  jeuchet. 
I'mii   i'i   Zarnckes  Uranl  j.  322'  (weitere  belege  etienda); 

an  mynem  sejl  ich  dratter  (hin  und  her)  yeich 
vil  narren,  arfen,  esel,  geüch. 

Bramt  narrensch.  13  Uberschr. ; 
thut  mich  bald  ufT  die  gouchmat  jeichen. 

Murner  gouchm.  727 ; 
dann  sie  eilent  kam  dar  gerent, 
und  jeuchl  die  Döh  ausz  ihrem  hembl. 

FiscBART  dichl.  2,400,492  Kurt. 

Wie  sich  das  wort  schon  mhd.  als  jf'iuchen,  jouchen  und  mit  kurzem 
vocal  auch  als  jochen  findet  (nachweise  hei  Lexer  handwb.  1,14S3 
und  unten  s.  v.),  so  lebt  es  noch  Schweiz,  als  jauchen,  jäucken, 
jeucken  vorwärts  treiben,  vom  vieh ,  jemand  barsch  fortschicken, 
mtrans.  ausgelassen  lustig  sein,   lärmend  springen,   mit  jüucker 


hurenjäger  und  andern  ableitungen  Stalder  2.71.  72;  bairisch 
jaucken,  jeicken,  jucken  jagen  Schm.  1, 1200  Fromm.,  jaugken, 
jäucken,  jeicken  jagen  transitiv  und  intransitir  1205 ;  kärntnisch 
jaucken  davon  rennen,  eilen,  schnell  fahren,  jäucken  und 
jäuckern,  machen  dasz  jemand  eilt,  flieht,  antreiben,  und  im 
weitern  sinne  quälen,  züchtigen  Leier  151.  dem  sinne  nach  ist 
jeuchen  eins  mit  jachen,  jechen  fugare  oben  sp.  2199. 22S4,  der 
etymologie  nach  ist  es  ganz  verschieden,  wie  auch  beide  Wörter  in 
ganz  verschiedenen  gegenden  gebräuchlich  sind :  jeuchen  stellt  sich 
zu  goth.  jiuka  streit,  zorn,  jiukan  kämpfen,  siegen  und  der  dazu 
gehörigen  wortreihe,  worüber  weiteres  unter  jucken. 

JEWEILEN,  adv.  zu  irgend  einer  zeit,  dann  und  wann,  Ver- 
bindung von  weilen  mit  dem  verallgefiieinernden  je,  vgl.  sp.  22S0: 
die  Waffen  werden  verzehret  von  rost,  wann  nicht  jeweilen 
krieg  geführet  wird.  Schcppius  424. 

JEWEILIG,  adj.  zu  irgend  einer  näher  bestimmten  zeit  vor- 
handen :  gewisse  meinungen,  die  seit  den  zeiten  papst  Gregors 
des  siebenten  nach  und  nach  .  .  eine  art  von  scheinbarkeit 
erhalten  haben  —  z.  b.  dasz  ein  jeweiliger  papst  gotl  auf 
erden  oder  wenigstens  ein  mittelwesen  zwischen  gotl  und 
mensch  sei.  Wieland  29,  S6;  niedrigkeit  des  jeweiligen  ge- 
meinen Wesens.  Schei.lisc  Vorlesungen  über  die  melh.  des  akad. 
Studiums  34 ;  die  verfahrungsweise,  in  welcher  Napoleon  unter 
jeweiligem  preise  des  gemeinwohls  die  nationen  als  ausstat- 
tungsloose  an  seine  brüder  verschenkt  hatte.  Beckers  weltg. 
14,341;  ich  lebte  hier  in  Hohenberg  mit  jeweiliger  Unter- 
brechung. Gutzkow  rilter  v.  geist  2,  lOS. 

JEWEILS,  adv.  wie  jeweilen :  also  musten  sich  die  wurzeln 
dieser  bäume  in  lauter  mühseligkeit  und  lamenliren,  diejenige 
aber  auf  den  untersten  ästen  in  viel  gröszrer  mühe,  arbeit 
und  Ungemach  gedulden  und  durchbringen,  doch  waren  diese 
jeweils  lustiger  als  jene,  darneben  aber  auch  trotzig,  tyran- 
nisch, inehrentheils  gottlos.    Simpl.  1,54  Kurz. 

JEZ.  n.  ein  in  Oberdeulschland,  namentlich  in  Augsburg  nbliches 
masz  flüssiger  körper ;  auch  jetz.   Jacobsson  2,307. 

JEZEITIG,  adj.  neuer  nach  jeweilig  gebildet :  seine  slimmung 
hängt  ganz  von  seinem  jezeitigen  befinden  ab. 

JEZUWEILEN,  adv.  «'«e  jeweilen,  vgl.  diesz  und  \e  sp.  22S0: 
wenn  ein  solches  thier  im  kämpf  oder  durch  ein  anderes 
Unglück  ein  hörn  verliert,  was  jezuweilen  geschieht.  Hebel 
schalzkäsll.  1S3;  und  doch  sehnt  sich  mein  geist,  verewigte 
Clotilde ,  jezuweilen  nach  dir  zurück.  Tieck  5,  iss ;  in  den 
folgenden  tagen  begannen  nun  Solon  und  Plato ,  unterstülzl 
jezuweilen  von  den  übrigen  mitgliedern  des  Vereins,  ihre  reden 
und  ermahuungen.  Ihmerha.nx  Münchh.  2,S2; 

den  dichtem  auch 
begegnet  jezuweilen  etwas  menschliches.    Platbh  2s1. 

JI,  fuhrmannsruf : 

ein  rosz  und  ein  mann 
müssen  immer  fernen  dran, 
aber  ein  weih  und  ein  kuh 
wollen  immer  jy  zu 

sind  wort,  so  di  ackerleute  in  brauch  haben :  fornen  dran  ist 
bot  fornen ,  uf  die  rechte  band :  jy  zu  ist  här,  uf  die  linke 
band.  Philander  (1650)  2,301.     vgl.  jist. 

JIMMEHN,  verb.,  vgl.  jammern  sp.  2257. 

JIST,  fulinnannsruf  zum  links  gehen ,  neben  bist  (sp.  15S0), 
vorzüiilich  in  Schwaben  (vgl.  gramm.  3,  310)  und  dem  Elsasz 
gebräuchlich,  auch  freier  in  bildlichen  redensarten  :  zwische  jischt 
unn  hodd  gidds  noch  e  grad  usz.  Stöber  e/s<iss.  volksb.  66; 

dr  Winter  will  nit  holt  nit  jyscht. 

HiRTZ  geilichle  (Striiszh.  1S46)  s.  1S6. 

JO,  Ml  älteren  Schriftwerken  fitr  ja,  während  es  sich  heiäe  nur 
in  mundarten,  aber  weitverbreitet,  findet:  sind  aller  roenscken 
schuld  bezalt  und  inen  ein  beniigen  geschehen?  sie  sprachen 
jo.  Keisersberg  bilg.  l'; 

H.    wolt  ir  nicht  gern  hören  gute  mere? 
J.    jo,  wenn  nur  was  guls  vorhanden  were! 

P.  Kebuln  in  Tillmaiiiui  schausp.  1,50,230; 

wie  betheuerndes  und  nachdrücklich  hinweisendes  ja  (II,  1—3, 
sp.  2193/V;.):  man  musz  es  jo  su  machen.  Schoch  s<U(/. /e6.  D ; 

dar  zuo  ward  geschaffen, 

daj  man  auch  schölte  machen 

einen  zäun  all  iiinh  den  plan. 

d»;  wa;  jo  also  schier  getan,    ring  S*,  29; 

was  aber  ihr  fi'ir  ruhiu  mit  euch  aiiheim  getragen! 

Jesz  rühmt  euch  jo  nur  nicht.      P.  FLEaiMC  6; 
disz  musz  jo  sein  ein  freund,    disz  musz  jo  lieben  heiszen, 
er  schonet  seiner  nicht,  laszt  weidlich  auf  sich  scbmeiszen.    9; 

146* 


2327 


JO  — JOCH 


JOCH 


2328 


wie  steigerndes  ja  {sp.  2195) :  es  zergot  alles  von  stund  zu  stund, 
von  jor  zu  jor,  jo  von  ougenbiick  zu  ougenblick.  Kkisersberc 
bilg.  l'.  —  Im  Sassauisclien  ist  das  jo  die  Verlobung.  Kkhhein  211. 
JO,  ausruf,  vgl.  io : 

von  grrosiem  durst,  des  ruoft  er: 

n-asser  her,  jo !  wasser  lier!     ring  43',  32. 

JOACHIM,  vgl.  unter  Jochem. 

JOBS,  m. ;  so  weisz  ich,  war  auf  dem  letzten  maskenballe 
ein  gnädiger  herr,  der  über  seine  hosen  und  weste  noch  einen 
fleischfarbenen  jubs  gezogen  hatte,  und  vermittelst  fliigeln  an 
haupt  und  sohlen  seine  niolchsgeslalt  für  eifien  Mercurius  an 
mann  bringen  wollte,  der  juMpp  Göthe  2,890  (=  «wA'e  33, 273). 
es  ist  wol  nehenform  zu  Joppe  (s.  d.),  wie  sonst  jopp,  joppel 
(ScHii.  1, 12ÜS),  und  jipp  (Kehrein  211). 

JOCH,  cofij".  auch,  und  auch,  ahd.  jauh,  jouh  aus  ja  auh, 
mhd.  jouh  und  joch;  es  setzt  sich  nur  bis  ins  10.  j/i.  im  ober- 
deutschen, vornehmlich  alemannischen  fort,  und  steht,  wie  ein- 
faches auch, 

1)  zusetzend:  etiam  joch  Dief.  21 1';  wenn  sich  ainer  zu 
ainem  groszen  herren  oder  junkherren  oder  joch  sunst  zu 
ainem  andern  verdingt.    Keisehsberg  has  im  pf  B6*. 

2)  eine  frage  einleitend  oder  begleitend :  jocli ,  7ium,  adverb. 
interrogandi ,  gedenkt  er  joch  {druckfehlsr  doch)  was  er  sagt, 
fliim  cogitat  quid  dical?  Maaler  237'. 

3)  hervorhebend,  bekräßigend :  besser  (bessere)  joch  jelz  din 
leben.  Keisersb.  bilg.  12";  als  nun  die  pilgre  so  vil  guts  der 
liebe  .Marie  veryehen,  redt  er  auch  das  sein  darzu,  sprechende : 
wie  wii-dig  schetzen  jr  sy  joch,  sy  ist  mein  Schwester.  Wiok-ram 
rdlw.  18,16  A'«r2; 

er  sprach :  ich  siez  so  saiilt  und  wol 

das  mich  joch  nieraaii  retten  schol.    ring  8',  33. 

4)  häufig  verallgemeinernd  und  steigernd  (wie  audi,  immer, 
selbst)  in  den  Verbindungen  was  joch,  wie  joch,  wo  joch,  ob 
joch :  was  büsz  sy  mir  (druckfehter  nur)  joch  bewysen  habe, 
utut  erga  nie  merita.  Maaler  237';  was  joch  darausz  werde, 
es  gange  wie  es  wolle,  utcunque  erit.  ebenda;  wir  verlassen 
euch  umb  todt  und  leben  nit,  oder  was  uns  joch  begegnen 
mag.  Aimon  bog.  Cij;  was  mir  joch  darausz  volg.  Siiij;  aber 
ich  will  dar  reiten,  was  mir  joch  darumb  geschehe,  m; 

und  wils  oHch  herr  vor  euch  bestan 
recht  als  ein  frommer  Christen  man, 
was  mir  darumb  joch  so!  gcschalien. 

r.  Gengenbacu  fünf  Juden  329; 

wie  es  joch  seye,  so  gen  ich  nochlen  nit,  utut  est,  non  ibo 
tarnen.  Maaler  237";  wie  es  joch  mir  geliebe,  utcunque  collu- 
bitum  animo  est  meo.  237';  wie  jm  joch  sei.  Aimon  bog.  Kiiij; 

ich  btracht  allein  nach  gut  und  eer, 
trag  nit  wie  es  joch  komme  här. 

1'.  Gemgenbacu  X  alter  490; 

wo  joch  etwas  not  was,  so  warden  sie  gefordert,  fürsichtig- 
lichen  zu  helfen,  d.  städtechr.  3,AA,22;  donoch  frogele  er,  ob 
30  und  ob  20,  hyndennoch  ob  joch  10  gerehte  menschen  do 
werent?  do  wart  ime  allewegent  'jo'  geentwürtet.  8,252,10; 
(sie  beschlossen)  wehe  under  in  zu  bobeste  wurde  erwelet, 
das  der  solle  schaffen  noch  allem  sime  vermügende,  das  ein- 
bellikeit  wurde  in  der  cristenheit  in  eime  jore,  ob  er  joch 
solle  das  bobestum  ufgebcn  und  dervon  gon.  9,003,25;  er 
Qberstreit  (überwindet)  sich  selber,  das  er  seinen  nüchsten  nit 
betrübt;  ob  er  joch  schaden  von  jm  entpfangen  hat,  so  leidet 
er  es  doch  gedultiglichcn.  Keisersb.  pred.  teutsch  (1510)  115'; 
umb  des  gelts  willen  sind  si  all  tag  geschickt  mesz  zu  lesen 
und  das  sacrament  zu  nieszen,  ob  si  joch  des  nachts  betten 
ein  kuw  geschunden.  Schaue  sa<.  u.  pas^u.  3, 63,  l ;  ob  es  joch 
die  herren  nit  wol  verdienten.  L.  Jud  Tüus  ßB2'; 

sie  mücsen  hören  worlieit  all, 
ob  es  jnii  joch  nit  wol  gerall. 

B II AMT  narrensch.  vorrede  72; 
wer  herren  übel  redet  in, 
das  bliht  verschwygeii  nil  lang  zil, 
ob  e»  joch  ver  genchiih  von  jra, 
)lie  vogcl  tragen  usz  din  itira.    19,73. 

6)  in  bfdinyungtsdtzen :  wcire  aber  an  in  gloubete,  der  würde 
behalten  in  wie  vil  Sünden  er  joch  stürbe,  deutsche  städtrchr. 
9,531,1;  got  nimpl  nit  me  für  gfit,  gebest  du  im  joch  tusent 
pfunt  für  ein  örtly.  KeisEnsBEnc  bü«/.  2';  du  sige^t  (iW\/)  joch 
in  geiMlichein  oder  in  weltlichem  slat,  was  unllolz  (unftates) 
ist  in  di<<ein  kröpf?  nyd  und  hasz.  lü';  wa  dir  nur  aiii  wenig 
von  der  weit  werden  mag,  es  sey  jucb  nur  ain  unnütz  ge- 
•chwalz,  .  .  da   streckest  du   dif   »reu    lnn     has  im  ;/.    An  l'; 


gang  jm  zuhanden  was  es  wöU ,  so  laszt  er  es  got  walten 
er  geh  jm  joch  die  bell  oder  das  bymelreich.  Bbs';  es  sei 
joch  zu  recht  oder  unrecht.  Aimon  buy.  V;  mir  gescbe  joch 
drumb  was  gott  will,  pl;  es  werc  joch  Martin  und  Giszharten 
lieb  oder  leidt.  ql;; 

so  war  es  doch  nit  mein  gelimph, 

gen  sölhen  herren  zuo  reiten,  .  .  . 

waren  der  joch  nur  einr  alliiin, 

ich  getörst  in  nit  bestän.     ring  4*,  17; 

und  redt  keim  menschen  üt  guts  noch, 

er  sy  joch  nyder  oder  hoch.     Brant  narrensch.  19,52; 

vil  ringer  wer  eins  beren  zorn 

der  joch  syn  jungen  heit  verlorn 

dann  tulden  das  ein  narr  dir  dQt.    35,31; 

(ilasz  er)  blyben  miicht  ein  gilt  gesell, 

er  l'är  joch  naiin,  war  gott  hin  weil.    43,6; 

und  (ich)  Insz  es  .sein  da  mit  ein  ding 

got  geh  joch  wems  uffs  lest  geling. 

1>.  Gknginbach  Notthart  1241; 
dann  got  sie  nit  ungestralTt  lot, 
got  gen  joch  wie  der  hymel  stot, 
er  sei  im  wider  oder  scholl'.    }iruclica  224 ; 
wo  zuo  uns  kumpt  ein  guoter  gsell, 
der  gelt  hat.  sy  joch  wer  er  well, 
der  darf  jnn  unseren  hiiseren  tryben 
vas  jn  nun  glust.      trug.  Jnk.  Cij; 
wo  aber  jemanls  nit  wurd  beschnitten 
nach  disem  meinem  geheisz  und  sitten, 
sey  joch  erkauft,  knecht,  frömbder  part, 
oder  deins  liauszgesinHs  horner  art, 
desz  seel  sol  auszgeriitet  werden 
ausz  .seinem  volk.      Habbrer  Abraham  1592  Ciij". 

JOCH,  adj.  schnell,  eilig,  für  jach  sp.2\9$fg.;  in  der  formel 
mir  ist  joch: 

nach  seinem  seckel  war  jm  joch. 

B.  Waldis  Esop  4,  21,  73; 
was?  ich  bin  ein  junger  mann  noch, 
mir  ist  in  himmel  noch  nicht  joch, 
niusz  mich  basz  genielen  der  weit. 

Frisch  2,  19'  (ton  1545). 

JOCH,  n.  jugum.  goth.  juk;  alts.  altndfr.  juc,  niederl.  juk, 
jok,  nd.  jok,  jog;  ags.  geoc,  gioc,  engl,  yoke;  allnord.  schwed. 
ok,  dän.  aag;  ahd.  mhd. ']o\i,  joch,  tiiil  einer  neben  form  jiuch, 
die  in  jcuch  (sp.  2325)  fortlebt,  urverwandt  ist  sanskr.  yuga-s 
und  juga-m,  griech.  Z^'/ös  und  »vyöv,  lat.  jugum,  kslav.  igo, 
W/.  jungas  überall  in  gleicher  bedeutung  (Fick  s.l^lfg.),  von  der 
Wurzel  yug'  schirren,  verbinden,     joch  hciszt 

1)  das  gestell,  welches,  auf  hals  oder  köpf  der  sugthiere  gelegt, 
dieselben  mit  dem  pßuge  oder  wagen  verbindet: 

der  ander  (slier)  liiej  Ua'me  : 

nie  rint  so  genseme 

wart  geweten  under  joch.    Hetmbrecht  825; 

das  sie  zu  dir  füren  eine  rötliche  kue  on  wandel,  an  der 
kein  feil  sei ,  und  auf  die  noch  nie  kein  joch  komen  ist. 
i  Mos.  19,2;  sollen  eine  junge  kue  von  den  rindern  iiemen, 
da  mit  man  nicht  geeiiicitet  bat,  noch  am  joch  gezogen  hat. 
5  3/os.  21,2;  kanslu  jm  (dem  eiuhorn)  dein  joch  anknüpfen  die 
furchen  zu  machen?  Hiob  39, 10;  (er  hersclil)  gleichwie  ein  bawr 
über  sein  thicr,  das  er  ins  joch  knüpfet,  und  last  aufledet,  als 
ein  herr  des  Ihiers,  das  im  joch  gefangen  und  gebunden  ist. 
Luther  3, 178';  wie  eine  kuhe  die  am  joch  ziehet.  1'hilanükr 
(1650)   1,423; 

der  pflugstier  selbst,  der  sanHe  hausgenosz 
der  menschen,  der  die  ungeheure  kraft 
des  halses  duldsam  unters  joch  gebogen. 

SciiiLLKR  wilh.  Teil  1.4; 
sprachs,  dann  trieb  er  die  ross  und  geiszelte ;  aber  in  eile 
stürmeten  jen'  ins  geülde,  die  Stadt  mit  begicrde  durchreniieiid. 
ganz  den  tag  ward  ihnen  das  joch  um  den  nacken  erschiittt^ii. 

Odijsiee  15, 183. 

2)  verwendet  in  einer  groszen  reute  von  bildern,  die  eng  an  die 
vorige  bedeutung  anknüpfen. 

a)  ein  schweres,  leichtes,  hartes,  sanftes,  eisernes  joch: 
dein  vnler  hat  unser  joch  zu  hart  gemacht,  so  mache  du  nu 
den  harten  dienst  und  das  schwere  joch  leichter,  das  er  uns 
aufgelcget  hat.  1  kün.  12, 4 ;  gehe  hin  und  sage  Hanania,  so 
spricht  der  herr,  du  hast  das  hülzene  joch  zubrochen,  so 
mache  nu  ein  eisern  joch  an  jenes  stat.  denn  so  spricht  der 
herr  Zcbaoth,  der  gott  Israel,  ein  eisern  joch  hab  ich  allen 
diesen  vUlkern  au  lials  gehenkt.  Jrr.  2H,  13.  14;  mein  joch  ist 
sanfl,  und  meine  last  ist  leicht.  Malth.  11,30;  gölte  fleisziciicben 
dienen  .  .  ist  werlirh  ein  süszes  joch  und  ein  leichte  bUrde. 
Sf  so /««>/«•  2C /Vef/rr;  belad  mich  nicht  mit  mehr  kummer,  dann 
ich  mit  srhwereiii  joch  beladen  bin.  Galmy  21 ;  das  eiserne 
ji'i  h   der   ii.iilnvriMlirkcil     hii^ii'    i».!;; 


2329 


JOCH 


JOCH 


2330 


sie  war  so  ah  doch  nicht,  und  reizte  manchen  noch 
durch  Willigkeit  und  scherz  in  ihr  gemächlich  joch. 

Lessi:<g  1,  24 

(durch  scherz  und  willig)(eit  in  das  verliebte  joch. 

Variante) ; 
ihm,  sag  ich,  war  zuletzt  der  einTall  aufgestiegen, 
den  steilen  hals,  noch  an  des  lebens  rand, 
ins  sanfte  joch  der  heiigen  eh'  zu  schmiegen. 

Wiela:«d  22, 26s  (Oheron  6, 37)  ; 

so  zweifle  nicht,  dasz  sie  dort  drüben  auch 

in  Unterwaiden  und  im  L'rner  land 

des  dranges  müd  sind  und  des  harten  jochs. 

ScuiLLKR  WilUelm  Teil  1,  2. 

b)  einem  ein  joch  auflegen,  anlegen,  aufladen,  an  den  hals 
hängen:  und  wird  ein  eisern  joch  auf  deinen  hals  legen. 
b  Mos.  28,48;  mache  dir  ein  joch,  und  heng  es  an  deinen 
hals.  Jer.  27,  2 ;  was  versucht  jr  denn  nu  gott ,  mit  auflegen 
des  jochs  auf  der  jünger  helse,  welches  weder  unser  veter, 
noch  wir  haben  mügen  tragen?  ap.  gesch.  15,10; 

die  Schmeichelei  legt  ihre  sanften  bände, 

ihr  glattes  joch  nur  eiteln  seelen  an.    Hagedorn  1,13; 

mögen  sich  die  sein  joch  aufladen, 

die  mitessen  von  seinen  gnaden, 

die  mit  ihm  tafeln  im  goldenen  zimmer. 

Schiller  Wallenst.  lager  11; 
ein  joch  schnitzen : 

0  wer  weisz  was  sonst  für  joch 
uns  der  unfall  unversehens  sonsten  wo  kan  schnitzen  noch? 

LoGAU  2,  47 ; 

einen  ins  joch  spannen,  schmieden,  unters  joch  bringen,  beu- 
gen, schwatzen :  wenn  eitern  so  nach  ihrer  laune  die  kinder 
in  ein  unbekanntes  joch  schmieden  (verheiraten).  Kotzebüe 
dram.  sp.  3,  218 ;  und  daran  seid  ihr  alle  schuld,  die  ihr  mich 
in  das  joch  geschwatzt ..  habt.  Göthe  16,95; 

man  spannet  uns  ins  joch,   doch  bauen  wir  das  land  (loorte 

eines  mädchens). 
V.  Abschatz  verm.  ged.  133 ; 

sich  unters  joch  beugen,  geben,  unterm  joch  sein,  ein  joch 
auf  sich  nehmen,  tragen :  wer  seinen  hals  nicht  wird  unter 
das  joch  des  königs  zu  Babel  geben.  Jer.  27,8;  ergebt  ewren 
hals  unter  jr  joch,  und  laszt  euch  zihen.  Sir.  51,34;  nemet 
auf  euch  mein  joch.  Mallh.  11,29;  lasset  euch  nicht  widerumb 
in  das  knechtische  joch  fangen.  Gal.  5,1;  die  knechte,  so 
unter  dem  joch  sind.  1  Tim.  6,1;  es  ist.  köstlich  ding  einem 
mann,  das  er  das  joch  in  seiner  jugent  trage,  klagel.  Jer.  3,27  ; 
müssen  denn  aber  meine  entwürfe  sich  unter  das  eiserne 
joch  des  mechanismus  beugen?  Schiller  rauh.  2,1; 

wir  tragen  joch  in  diser  gfengnusz. 

J.  Atrkr  237'  (1180,26  Keller); 
mein  söhn,  langst  jetzt  an  zu  verzagen? 
trägt  ja  ein  jeder  mensch  sein  joch.    Göthe  13,132. 

im  joch  ziehen,  keuchen,  seufzen,  das  joch  drückt:  ich  lies 
sie  ein  menschlich  joch  zihen,  und  in  seelen  der  liebe  gehen, 
und  half  jnen  das  joch  an  jrem  hals  tragen.  Hos.  11,4;  ziehet 
nicht  am  frembden  joch  mit  den  ungleubigen.  2  Cor.  6, 14 ; 
nicht  an  einem  joch  ziehen.  Schottel  1124'; 

herr,  du  weists  besser  noch 
als  ich  dirs  klagen  kann,  was  mich  drückt  für  ein  joch. 

P.  Fleming  19; 
barbaren  gleich,  die  fern  im  Südost 

keuchen  am  joch  und  das  joch  beklatschen.     Platkn  115; 

das  joch  zerbrechen,  abschütteln,  abwerfen:  so  wil  ich  zu- 
brechen das  joch  NebucadNezar  des  königs  zu  Babel.  Jer. 
28,11;  das  knechtische  joch  ab  werfen,  jugnm  servile  abjicere. 
Steinbach  1,813:  die  philosophie  hat  das  joch  der  autorität 
völlig  abgeworfen  und  die  gröszten  philosophcn  überreden 
uns  nur  noch  durch  ihre  gründe.  Göthe  53, 249 ; 

den  stolzen  mann  als  Siegerin  zu  fesseln, 

der  nicht  begreift,  wie  ihm  geschieht,  umsonst 

sich  einem  joch  entwindet,  das  er  liebt, 

das  lockt  mich  an  und  reizt  mich.    Schiller  Pliädra  2, 1. 

c)  joch  der  dienslbarkeit,  der  fremdherrschaft,  des  amtes, 
geschäftes  u.ähnL:  also  gehn  vil  in  nidern  stenden  under 
dem  yoch  der  dienstbarkeit  oder  niderkeit  demütig  daher . . 
so  sie  aber  zur  herrscbaft  und  ämptern  kommen ,  und  vom 
yoch  abkoppelt . .  werden,  so  erfind  sichs  wer  sie  sind.  Frank 
parad.  (1558)  197*;  so  trutzig  und  unüberwindlich,  das  sy  noch 
niemandt  under  die  gehorsame  und  joch  der  Christen  hat 
mögen  bezwingen,  wellb.  212";  unter  des  Türken  gewalt  und 
jcjch  kommen.  Becheheb  neue  thür.  chron.  (l(iül)45S;  Teutsch- 
land vom  französischen  joch  erretten  helfen.  Leibnitz  inWacker- 
nagels  leset.  8',  1003;  möge  sie  ihrer  Laura  .  .  das  joch  der 
koketten  erziehung  lüften.  J.Paul  uns.  löge  1,120; 


so  bleib  ich  doch 

versichert  meins  lebens 

und  des  tods  joch 

ist  bei  mir  ganz  vergebens.    Weckherlin  100; 

der  tyrannen  joch.    255; 

höflichs  Frankreich  schweige  doch, 

Teutschland  hat  dich  schon  besieget, 

deiner  sprachen  fremdes  joch 

ist  durch  unsre  zunlt  (dif  fnichibriiniemie  gesellscbaft) 

bekrieget.    Rist  Purn.  464  ; 
wolan !  ich  wil  das  joch  der  plagen 
dasz  du  auf  meinen  hals  gelegt, 
mit  unverzagtem  mut  ertragen. 

A.  Gktphiüs  1698   1,  108; 
was  wartet  unser?   ach!  ein  unbelohnter  schweisz 
im  joch  des  amts  bei  reifen  jähren.    Lessing  1,95; 
es  mögen  andre  höher  trachten: 
sie  mögen,  hungrig  nach  gewinn, 
im  Joche  der  geschäfte  schmachten, 
da  ich  der  knechtschaft  müde  bin. 

Uz  1  (Leipzig  1768)  s.  54 ; 

joch  der  ehe,  des  ehestands,  vgl.  ehejoch: 

je  dennoch  ist  euch  blieben 

der  ehe  süszes  joch.     Opitz  2, 133; 

doch  wenn  das  ehstandsjoch 
zu  schwer  mir  wird.    Kotzeble  drum.  sp.  2, 175. 

d)  dann  auch  allein^och  von  etwas  zwingendem,  einer  zmngburg: 

H.    und  wir  im  lande  Uri  dulden  noch 

auf  unserm  bodeii  das  lyrannenschlosz? 
sind  wir  die  letzten,  die  sich  frei  erklären? 

Sl.  das  joch  soll  stehen,  das  uns  zwingen  wollte? 
auf,  reiszt  es  nieder!      Schiller  Teil  5,1. 

3)  joch,  ein  paar  in  pflüg  oder  wagen  einzuspannende  zug- 
tkiere,  gespann:  und  fand  Elisa  den  son  Saphat,  das  er  pflüget 
mit  zwelf  jochen  für  sich  hin.  l  kün.  19, 19 ;  nam  ein  joch 
rinder  und  opfert  es.  21 ;  seines  viehs  war  sieben  tausent 
schaf,  drei  tausent  kamel,  fünf  hundert  joch  rinder.  Uiob 
1,3;  ich  hab  fünf  joch  ochsen  gekauft.  Luc.  14,19; 

man  schenkt  doch  eines  zum  abschied: 
sei  es  ein  ehrnes  geschirr,  ein  dreifusz  oder  ein  becken, 
sei  es  ein  joch  maulthier,  und  seis  ein  goldener  becher. 

Odyssee  15,84  ; 

und  danach:  es  traten  wohl  so  etliche  vorlaute  bursch  vor 
die  front  heraus  und  fragten  den  obersten,  wie  theuer  der 
fürst  das  joch  menschen  verkaufe?  Schiller  kab.  u.  liebe  2,t. 

4)  joch,  ein  ackermasz,  ursprünglich  soviel,  als  ein  joch  ochsen 
in  einem  tage  umpflügen  können,  in  Oberdeutschland.  Jacobsson 
2, 317' ;  wenn  man  ej  jagt  (das  thier  bomachus)  so  wirft  e; 
seinen  waichen  mist  au;  dem  leib  nach  im  ain  joch  ackers 
lenge.  Megenberg  123,32;  die  pflugarbeit  hat  die  erste  abmes- 
sung  der  felder  anfangs  gegeben ,  dasz  man  ein  joch  oder 
tagwerk  acker  genennet,  so  viel  man  mit  dem  pflüg  in  einem 
tag  umackern  konnte.  Hohbep.c  1,84';  so  viel  platz ..  als  zu 
einem  joch  in  Oesterreich  gehöret,  als  nemlich  1600  gevierdte 
klaftern.  85'. 

5)  joch,  in  der  technischen  spräche  etwas  dem  joch  (no.  l) 
in  der  form  ähnliches. 

a)  im  brückenbau  das  gerüst,  worauf  der  boden  einer  holz- 
briicke  selbst  zu  liegen  kommt,  ücon.  lex.  1132 ;  eine  brücke  von 
einem  joch,  von  drei  jochen; 

leicht  wie  der  Iris  sprung  durch  die  luft,  wie  der  pfeil  von 

der  senne, 
hüpfet  der  brücke  joch  über  den  brausenden  ström. 

Schiller  Spaziergang  v.  128. 

niederd.  jok:  item  xxj  mark  xj  lot  kostede  de  brucghe  vor 
sancte  Mychaelis  dore  to  murende,  to  joken  unde  to  dicken 
delen.  d.  städtechr.  6, 166, 14.  dann  auch  bei  steinernen  brücken 
der  Pfeiler  samt  dem  darüber  gespannten  bogen;  bei  rheinischen 
Schiffbrücken  wird  das  joch  durch  zwei  verbundene  schiffe  gebildet. 
Kehrein  211. 

b)  im  bergbau  heiszt  jedes  der  beiden  längeren  hölzer  ein  joch, 
welche  sich  in  einer  vierung  innerhalb  des  Schachtes  befinden, 
auch  die  hölzer,  welche  nach  der  länge  des  Schachtes  auf  die  trag- 
stempel  gelegt  werden  und  die  kästen  unterstützen,  heiszen  jöcher. 
Jacobsson  2,317*. 

c)  beim  Zimmermann  überliaupl  ein  horizontates  holz,  das  auf 
senkrechten  hölzern  ruht  oder  darauf  befestigt  ist.  das.  2,316'. 

d)  beim  winzer  zwei  in  die  erde  übers  kreuz  gesteckte  Stangen, 
reben  im  felde  daran  zu  ziehen:  man  steckt  zwei  und  zwei 
Stangen  kreuzweise  über  einander  in  die  erde,  bindet  sie  im 
creuz  zusammen,  und  streckt  obenher  eine  dritte  Stange  von 
einem  joch  bis  zum  andern  . .  unter  die  kreuze  pflanzt  man  die 
weinstöcke   und  breitet  ihre  reben  an  diesen  jochen  beider- 


2331 


JOCH— JOCHEN 


JÖCHERGEBÄU  —  JOCKEL 


2332 


seits  hinaus,  damit  sie  die  queerstangen  hinauf  laufen,  ebenda 
6, 163*. 

e)  jooli  oder  trage,  ein  tiber  die  schultern  zu  legendes  holz- 
qeslell  viü  herabreichenden  riemeu  zu  beiden  seilen,,  um  daran 
u-jssergefäsze  zu  tragen. 

6)  jorh  oder  tragband,  ist  eine  bandaye  aus  barchent  oder 
anderem  sto/f  gemacht,  die  von  starken  jiersonen  zur  befcstigung 
ihrer  beinkleider  gebraucht  wird,  ein  solches,  aber  von  leinwand 
gemacht,  kann  auch  zu  einer  scapulierbandage  dienen,  ebenda 
G,  J62'. 

7)  joch,  bergrücken  zwischen  zwei  höheren  bergspitzen ;  bereits 
im  U.  jahrh.  als  ortsname:  des  gutzhus  zwing  und  ban  vahel 
an  Rolenhalden  und  dcnne  die  roten  luiclitalen  uf  nnz  an 
den  grat,  und  den  grat  obnan  hin  ob  (Irublen  hin  iemrrme, 
unz  an  Joch,  und  ab  Joch  unz  an  Sloerlicn.  weisth.  1,4  (Zürich); 
bair.  kärntn.  jocli,  grbirgsrücken  zwischen  zwo  hohem  bergspilzen, 
über  welchen  gewöhnlich  ein  weg  führt.  Sciim.  1, 1200  Fromm. 
I-EXER  152 ;  nach  Staldkr  aber  Schweiz,  gipfel  eines  hochgebirges, 
oder  vielmehr  hoher,  frei  emporragender  fels  desselben.  2,76; 

und  seid  ihr  glücklich  durch  die  schreckensstrasie, 

sendet  iler  borg  nicht  seine  windeswehen 

auf  euch  herab  von  dem  beeisten  joch, 

so  kommt  ihr  auf  die  brücke,  welche  stäubet. 

Schiller  Teil  b,  1. 

8)  joch,  eine  schneckenart  des  miltelldndischen  und  adriatischen 
meeres.  Nemmch  1,718. 

9)  joch,  in  der  bolanik,  an  einem  gefiederten  blatt  die  blättchen- 
paare,  welche  an  dem  gemeinsamen  hauptstile  befestigt  sind,  das 
blntl  heiszt  nach  deren  zahl  ein-,  zwei-,  dreijochig. 

JOCHAUT,  n.  s.  juchart. 

JOCH  BANDIG,  adj.  ins  joch  gebändigt,  fromm  im  joch;  über- 
tragen: den  will  ich  schon  liändigen.  jochbändig  ist  erzwar 
noch  nicht.  Hors  Schmiedjacob  2,90. 

JOCHBEIN,  n.  os  jui;ale,  ein  bein  am  vordeitheile  des  kopfes, 
unterm  äuge,  am  untern  tlieile  des  schlafes. 

JOCHBELASTEND,  part.  : 

die  bescbynigung 
des  neuen,  jochbelastenden  kriegs  vergeht.    Klopstock  7,27. 

JOCHBOGEN,  m.  zygomaticus  arcus,  gebildet  durch  die  Ver- 
bindung des  jorhfortsatzes  des  schlafbeines  viü  dem  schlaf fortsalzc 
des  Jochbeines.  Nemnich  4,1591. 

JOCHBBLCKE,  f,  eine  hölzerne  brücke  über  einen  ström, 
welche  zur  grundlaiß  eine  erforderliche  reihe  von  jöchern  hat. 
J.\C0BSS0N   2,317". 

JOCHEM,  JOCHIM,  l)  Verkürzung  des  eigennamens  ioachm: 
nicht  dasz  alle  .  .  Miirker  Jochen,  oder  Ocbcn,  oder  Chini 
(dann  nach  dem  einer  reich  ist  gibt  man  im  silben  zu) 
beiszen.   Garg.  HO" ; 

indesz  nimmt  einer  meiner  söhne,  mein  Jochim  Wilhelm,  ungefchr 
ein  ihm  geschenktes  perspectiv.  Kkockes  6,440; 

auch  weiter  zu  Joch,  Jocbele  verkürzt,  in  Kärnten,  Tirol.  Fromm.. 
.'«,155.  8,159.  niederd.  Jochen  hat  den  nebenbegriff  der  ein fältig- 
ketl  {ifjl.  Hans  1,  b  sp.  457);  in  Zusammensetzungen  bolierjochen, 
demeljochen,  scbüddejticben,  slolperjochen.  Schamracii  94*. 
gn'ile  Jochen  heiszt  auch  der  Zaunkönig.  Nemmcu  3,  623. 

2)  anlehnend  an  den  eigennamen,  mit  umdettluny  aus  dem 
hebräischen,  steht  jochem  für  wein,  vgl.  finkeljochem  Ih.  3, 1064, 
funkeljochem  4',  602:  sie  thüt  zwar  einen  starken  zug  vom 
besten  jochem.  Simpl.  3, 29Ü  Kurz ;  zwei  zechbrüder  besuchten 
itft  eine  stunde  weit  einen  freund  aufs  mittagesscn,  weil  er 
^Milen  jorliem  hatte,  und  ihm  der  wein  nicht  übcrzwerch  im 
lasz   lag.    Hkrei.  2,226. 

JO(  HEMSTHALEH,  J0(  HI.MSTHALEH,  m.  aus  Joachimsthal 
stammend,  im  IC.  jA.  auf  etne  bekannte  münze  bezogen:  numus 
Joachimicus,  vallensis,  .  .  taler,  juchimstaler  At.u. ;  es  ligt  jm 
ein  jocbimstaler  auf  der  zungen,  ein  gemeiff  sprüchwort  wider 
die,  die  iiit  dOrfend  die  waarbeit  sagen,  von  wägen  das  man 
jnen  ze  schweigen  galt  hat  gäben.  Maai.kr  237*; 

ein  Tun  gilt  einen  liingcr  haller, 

drei  grölter  ein  Joachimn  taler.     H.  .Sachs  1,541'; 

bat,  er  iolt  Im  ein  ttackplcil  kaiil'cn. 

d^m  gab  er  einen  jorhimslalrT,- 

da«  er  wer  der  »ackpleif  ein  znicr.     2,250.21  TUlmann, 

JOCHEN,  verb.  vieh  int  joch  spannen.  Scini.  l,I2üü  Fromm' 
py'.  abjochen,  unjuchen,  auHJuchen,  enljochen,  unterjorlien. 
JOCHEN,  rerb.  jagen,  nebenfurm  :u  jeucbeii  $p.  2325  ■. 

le  jorhen  ward  den  anünni  g*ch. 

aUo  ward  in  i^eeilet  nach 

(cn  MstinK«n  bii  an  d»t  lor.    ring  W,  17. 


JÖCHERGEBÄU,  n. :  unter  bergwerksgeräten  werden  aufgezählt 
haspclpoiTipen,  Wasserwerk  zur  kunst,  scbenielpompen,  jocber- 
gebiiw,  venlilpompen.  scherpompen,  huiuizeug,  kimpompen, 
srhaufelponipen  . .  Garg.  187*;  vielleicht  demnach  ein  auf  jöchern 
ruhendes  pumpwerk. 

.lOCHFISCH,  m.  squalus  zygaenu,  eine  haifischarl.  Nemnich 
4.  1357. 

.lOCHFOBM.  f.  form  eines  joches. 

JOCHFÖBMIG,  adj.:  zygomaticus  processus,  der  jochförmige 
forlsatz  des  schiafbcins.  Nemmch  4,  1591. 

JOCHFORTSATZ,  m.  ein  jochförmiger  fortsalz  des  schlafheins. 
ebenda. 

JOCIIGEIER ,  m. :  jochgeier  ist  ein  vogel  und  wird  sonst 
beinbrecher  genandt  . .  etliche  hallen  den  für  ein  adlers  ge- 
schlecht, ist  aber  mehr  den  geiern  dann  den  adicrn  zugearlet, 
man  nennet  die  gar  groszen  im  Etschland  (landschaft  in  Tirol) 
jochgeiren.  Thurneiszer  magn.  alchym.  2,69.  nach  Nemnich 
ist  jochgeier  der  Idmmergeier,  falco  barbatus. 

JOCHGRLRE.  f  zygomatica  fossa,  im  knochengerüste  des 
menschlichen  hauptes.  Nemnich  4. 1.591. 

JOCHHECKE,  f  ein  joch  von  kurzem  hohe,  das  den  sehweinen 
umgehangen  wird,  vgl.  heckholz  sp.  749:  wäre  es  gleich  auszer- 
halb  des  dorfs  nicht  möglich,  so  stark  zu  zäunen,  dasz  kein 
Schwein  durchbrechen  könnte:  so  wären  doch  einmal  die 
jochhecken,  so  man  den  Schweinen  uinbinge,  um  sie  vom 
durchbrechen  abzuhalten,  ein  besseres  und  leichteres  mittel, 
als  ein  kostbarer  hirte.  Moser  patr.  phanl.  3,211. 

JOCHHEIL,  »1.  für  gauchheil ,  anagallis  arvensis,  vgl.  Iheil 
4',  1534.  auch  in  der  /orn»  jocheil :  im  julio  blühen  jocheil 
mit  purpurfarbnen  blümlein  ..  Schnurii  (1664)  x.  247. 

JOCHKAPl'E,  /■.  kurzes  holz,  welches  die  beiden  jücher  eines 
gevieres  im  bergbau  rechtwinklich  mit  einander  vcrbtndel.  Veith 
bergwörlerbuch  281. 

JOCHLOCH,  n.  zyjomo/wa/bramjna,  die  jochlöcher.  Nemnich 
4,  1591. 

JOCHLOS,  adj.  frei  vom  joche: 

als  freie,  jochlos  das  genick. 

so  treten  wir  zu  freien.     Frkimgrath  rfic/i/.  3, 160. 

JOCHMUSKEL,  m.:  zygomatici  musculi,  der  groszc  und  der 
kleine  jochmuskel.  Nemnich  4,  1591. 

JOCHNAHT,  f :  zygomaticae  suturae,  die  jochnähte,  ebenda. 
Jüt'HOCHSE,  m.    ein   zum   pflügen  und  ziehen  im  joch  ge- 
brauchter   ochse;    jochochsen    ein   paar    Zugochsen.    Jacobsson 
6,162';  wann  jr  wolt  jochochsen  kaufen.    Sebiz  feldb.  124. 

JOCHPAAU,  n.  ein  paar  zuyihiere,  die  zusammen  im  joch 
gehen:  es  ist  jm  lieber,  wann  man  jbm  ein  gut  joch  par 
ochssen  schenket.  Garg.  244'. 

JOCIII'FAHL,  m.  der  mit  einem  joche  oder  oberen  querholze 
befestigte  pfähl,  besonders  an  brücken,  schleusen  u.a.  AnEiu.Nr.. 
JOCHREBE,  f.  reben  die  an  jochen  auf  den  ackern  zu-ischen 
der  saat  gezogen  werden.  Jacohsson  6, 163*. 

JOCHRIEMEN,  m.  lorum  jugi.  Frischlin  nomencl.  206. 
JOCHSEIL,  n.    leitseil   an    einem  joche.     übeilragen:   Padiia 
fesselt  er  auch  aus  listen  mit  dem  jochseil  der  dienstbarkeil. 
Frank  chron.  (1531)  I90'. 

JOCHSTIER,  »».  stier  der  im  joche  zieht. 
JOCHSTRAHL,  m.   jedes  der  vier  oder  mehreren  huher,  au» 
denen  ein  schachtgeviere  besteht.   Veith  bergwörterb.  2S2. 

JOCHTHIKR,  n.  thier  Jas  im  joch  zieht:  etliih  haben  weder 
hausz  noch  einig  bleibend  ort,  bawen  auch  nichts,  sonder 
folgen  dem  vihe  durch  die  wüste, . .  fiireu  weih  und  kiiid  auf 
jren  jochlhieren  hinnach,  S.  Frank  welth.  (1567)  93'. 

JOCHTRAtiER,  m.  l)  einer  der  em  joch  trägt,  so  von  einem 
geduldigen  eluinann :  er  ist  ein  armer  jochlräger. 

2)  6ei  Jochbrücken  jeder  deijenigen  bnlkeu  oder  schwellen,  welche 
nach  der  breite  der  brücke  die  reihen  juchpfahle  oben  verkuiipfen. 
Jacobsson  2,317'. 

JOCHWIKDE,  f  eine  wiede  du-  gebrauclU  wird  um  das  jorh 
der  iu<iochsen  mit  der  deichsei  zu  verknüpfen,  ebenda  2, 3ts*  als 
besonders  schwarzwatdisch. 

JO('H/INKE,  f  für  hyacinthe,  vgl.  die  /■yrm  jacinihe  itt.  2200; 
inertzen-becber,  jochzinken,  iiarzissen.  Hohbkrc   1,113. 

JOCKEL,  wie  J.'ickel  sp.  2201  aus  Jacob,  vgl.  Wackernakki. 
kl.  Schriften  ^Wlfg.;  in  der  bedculung  narr,  alberner  mensrh: 
zum  drittenmal  kompt  Jockei  wieder  /.u  der  Jungfrauen.  Frky 
gartenyes.  i ;  iiiMilirb  kam  ein  solcher  Jockei,  der  ein  ohrisler 
unter  den  bauerii  wie  Zarhäus  ein  obrisler  unter  den  Zöll- 
nern war,  zu  mir  in  meinem  bluinen  garten.  Stm/»/.  4, 3«i3  Kur: 


2333 


JÖCKEL  — JOHANNES 


JOHANNESSEGEN  — JOHANNISNACHT      2334 


(dafür  der  tropf  5.  3S4).  ein  siriel  lieiszt  der  baur  schickt  sein 
Jockei  aus.  Garg.  16S'. 

JÖCKEL,  m.  natwrlicher  vitriol;  auch  jöckelgut.  Nejinich. 

JOD,  s.  jot. 

JODELN ,  verb.  nach  der  weise  der  dlpler  singen ,  aus  dem 
bairischen  Sprachgebiete  in  die  schrißsprache  gekommen ,  bair. 
jolen  und  jodln  jo,  ju  schreien,  schreien,  lärmen,  singen  oder 
vielmehr  solfeggieren ,  wie  die  alpenliirten  und  sendinnen.  Schm. 
1, 119S  Fromm.;  AärnOi.  joudeln  Lexer  152,  in  Tirol  jolen  and 
jodlen  Fbomm.  6, 160;  vgl.  unten  jolen:  nun  suchte  der  Sänger 
seinen  Vortrag  einer  solchen  annäherung  zu  bequemen ,  wo 
nicht  blosz  von  einem  zart  und  lebhaft  jodelnden ,  allge- 
meinen sehnsuchtston  .  .  .  Wirkung  zu  hofifen  wäre.  Göthe 
•22,133;  das  jauchzende  jodeln  der  alpenhirtcn.  Minerva  1S47 
s.  3S6. 

JODLER,  m.  der  da  jodelt;  und  der  jodelnde  ruf:  er  schlosz 
sein  lieJ  mit  einem  Jodler,  in  Kärnten  joudlar  ein  einmaliges 
jodeln,  freudenruf.  Lexer  152. 

JODLTE,  alter  niederdeutscher  klageruf,  als  jadut  bis  nach 
Schweden  reichend,  vgl.  Grimm  rechtsalt.  877: 

hör  zu  zu  diesem  weibelein, 

die  Wirt  deim  fiUz  ein  cappen  schneidn, 

und  dir  ein  feder  stecken  drofT, 

das  du  wirst  scbrein  joduto  noch. 

Balhgart  Jiidü  (1561)  F  4*. 

JOHANNES,  über  die  kürzung  dieses  eigennamens  vergl.  unter 
Hans  sp.  455  und  Jan  sp.  2262.  der  name  der  heiligen,  unter 
denen  Johannes  der  täufer  der  hervorragendste  ist,  erscheint  nie 
gekürzt,  der  geniliv  Johannis  oder  auch  Johanni,  Johanne  be- 
zeichnet den  tag  Johannis  des  täufeis:  mir  ist  gesagt  worden, 
dasz  sie  den  dritten  band  von  Meister  schon  auf  Johannis 
würden  drucken  lassen.  Schiller  an  Göthe  1,54;  als  fem. 
gebraucht,  vielleicht  unter  einwirkung  des  geschlechtes  von  zeit: 
bis  künftige  Johannis  musz  ich  noch  mein  amt  verwalten. 
Bürger  47S'. 

Dem  evangelisten  Johannes,  der  vergifteten  wein  ohne  schaden 
getrunken  haben  soll,  war  der  abschiedslrunk  geweiht,  nmn  trank 
sanct  Johannis  niinne,  sanct  Johannis  segen,  vgl.  Grim» 
mythol.  54  und  Schm.  1,1206.  1617/1  Fromm.;  und  wen  der 
faudt  alsdan  syn  frag  gethan  und  von  dannen  rjden  will, 
sollen  die  hubener  alsdan  ime  gutlen  win  inschenken,  sanct 
Johanns  liebe  zu  drinken.  weisth.  1,  562  (von  14S2) ;  und  wann 
hee  duss  ymss  gisset,  so  sol  mann  inie  innschenken  sanct 
Johans  ininne.  564 ;  darauf  bat  er  (der  sterbende  fürst)  im  sant 
Johans  namen  zu  trinken  zu  geben.  Wilw.  v.  Schaumb.  57 ; 

berr  wirt,  nu  baiszet  uns  eiiischenifen, 

so  woll  wir  mit  sand  Johanns  minn  trinken 

und  uns  dan  heben  unser  strasz.    fasln,  sp.  1,167,28; 

ser  liehen  harren,  trinket  mit  mir! 

da  ist  guoier  wein  inn. 

ich  han  gesegent  sand  Johanns  minn 

für  Sträuchen,  Cur  feil,  für  alles  übel.    432,21; 

knechi,  pring  uns  sand  Johanns  minnen! 

es  ist  zeit,  das  wir  gangen  von  hinnen.    4S8, 19; 

doch  wolle  ich  zu  guter  letze  s.  Johannis  segen  noch  trinken. 
Simpl.  3,  328  Kurz; 

ein  trunc  man  im  dar  truoc 

und  tranc  sant  Johannes  segen.    Erec  8652 ; 

trinkt  hin  sant  Johansen  segen!     rinfj  22*,  37 ; 

eim  jeden  gibt  man  sant  Johans  segen. 

uarrenschtff  s.  153*,  734  Zarncke; 
igl.  unten  Johannessegen  und  die  ausführungen  von  der  kraß 
und  Wirkung  dieses  geweihten  absciiiedstrunkes  in  spruch  und 
liedern  Haupts  zeitschr.  11,35.  Uhla.nd  volksl.  814-824;  in  einer 
scherzhaften  ratselfrage :  welcher  heilig  der  gröst  füller  sei. 
3iH(wort).  Johannes  evangelisla.  dann  so  einer  so  wol  ge- 
trunken het,  das  im  die  zung,  sein  bein  und  ander  gelider 
versagten,  dannocht  musz  er  sant  Johannes  segen  drinken. 
Uaupls  zeU^hr.  3,  29.  der  zum  abschiede  getrunkene  wein  kiesz 
auch  sanct  Johannis  wein : 

man  pracht  im  (einem  der  hingerichtet  werden  soll)  sant 

Johanns  wein : 
'hab  Urlaub,  liebe  weite! 
got  gcsegen  dich,  laub  und  gras!"    Uhlajid  volksl.  463. 

Ein  krebsartiger  leibesscliaden  hiesz  sanct  Johannis  busze:  was 
im  angesicbl  oder  hals  ist,  dasselbig  heiszt  sprey  oder  fressen, 
und  was  fornen  oder  binden  am  leib  ist  behaltet  den  nam- 
nien  krebs:  und  was  underhalb  der  gürlel  ist,  das  heiszt 
nach  dem  gemeinen  landtcutsch  s.  Kürisz  oder  s.  Johanns  busz 
oder   rauch.    Par.\celsüs  cAtr.  sehr.  s.  90 .\;    von    beinfrcsser. 


genant  s.  Jobannes  busz,  s.  Kürisz  busz,  auf  latein  gangraena. 
361 A;  von  den  krankheilen  so  offen  schaden  geben,  die  ge- 
beiszen  sind  wurden  sant  Küris  busz,  sant  Johannis  raach. 
opp.  1,  93  B. 

JOH.\NNESSEGEN,  m.,  vergl.  oben  unter  Jobannes:  an 
Johannes  des  evangelisten  tag ,  dieweil  er  on  schaden  gift 
trank,  trinkt  man  den  Johanssegen ,  einen  wein  ob  allar 
beschworn.  Fischart  bienk.  150';  das  ist  der  Johanssegen. 
Garg.  99'.  bildlich,  für  das  letzte,  äuszerste :  aber  das  war  die 
letzte,  und  der  Johannessegen,  den  gott  dem  königreich  Israel 
gab.  Ldther  3, 198'. 

JOHANNISAPFEL,  m.  pyrus  malus  paradisiaea. 

JOHANNISBEERE,  f  ribes. 

JOHANNISBEERLALS,  f  aphis  ribis. 

JOHANNISBEERSTRAUCH,  m. 

JOHANNISBEERWEIN,  m.  wein  aus  Johannisbeeren  bereitet. 
GöRisGK  2, 14.  21. 

JOHANNISBLÜH,  f.  die  gätiseblume. 

JOHANNISBLUME,  f.  name  mehrerer  blumen :  Chrysanthemum 
leucanthemum ;  melampyrum  nemorosum;  galium  verum;  arnica 
montana ;  anthemis  tinctoria. 

JOHANNISBLüT,  n.  pflanzenname,  von  scleranthus  annuus 
und  hypericum  perforatum;  auch  name  einer  cochenülenart,  coceus 
polonicus. 

JOHANNISBROT,  n.  die  frucht  des  ceratonia  siliqua,  des 
Johannisbrotbaums  (Nem.mch  2, 94s) :  wir  haiszea  lotum  in 
unser  sprach  s.  Johansbrot.  Schaide.nbeiszer  Odysico  (1538)36*; 
als  naschwerk : 

Leipzig  must  auch  gehorsam  sein 

diesem  zwang,  sähe  an  die  noth, 

schafft  Pfefferkuchen,  Johansbrot, 

datleln,  zimmet,  anis,  candiris, 

Zuckerbrot  und  mehr  praeparirts. 

Wellkr  tieäer  des  SOjähr.  kriegs  195. 
auch  die  schoten  der  röhrenkasste ,  cassia  ßstula,  und  die  blute 
des  roten  klees  werden  Johannisbrod  genannt  (Neühich). 
JOHANNISFEST.  n.  fest  Johannis  des  täufers  (24.  juni). 
JOHANNISFEUER,  n.  am  Johannistag  angezündetes  berg- 
feuer:  an  s.  Johannes  tage  des  täufers  machen  sie  mit  der 
Herodias  freudenfeur,  dasz  Johannes  umbkommen  ist.  Fischart 
bienk.  150*;  gegen  ende  juni  begab  ich  mich  nach  Jena  und 
ward  gleich  an  demselbigen  abend  durch  lebhafte  Johannis- 
feuer  munter  genug  empfangen.  Göthe  31, 176  (mit  näherer 
beschreibung) ; 

Johannisfeuer  sei  unverwehrt, 

die  freude  nie  verloren ! 

besen  werden  immer  stumpf  gekehrt 

und  jungens  immer  geboren,    s.  179  (=  4,349). 

JOHANNISFLIEGE,  /.  spanische  fliege,  cantharü. 

JOHANNISFÜNKCHEN,  k.  Johanniswürmchen :  dasz  es  eine 
art  der  Johannesfünklein  oder  zintwürmlein  (wie  man  sie  in 
Teutschland  nennet)  waren.  Simpl.  2,  234  Kurz. 

JOHANNISGANS,  f  der  albatrosz,  diomedea. 

JOHANNISGLEIMCHEN,  n.  lampyris,  Johanniswürmchen. 

JOHAN.NISGROSCHE.N,  Hl.  alter  schlesischer  grosrhen  mit  dem 
bildnisse  Johannis  des  läufers. 

JOHäNNISGÜRTEL,  m.  pflanzenname,  von  lycopodium  und 
von  artemisia  vulgaris. 

JOHANNISH.V.NDCHEN,  n.  ein  farrenkraut,  polypodium  acu- 
leatum. 

JOHANNISHACPT,  «.  arum  maculalum,  deutscher  ingber. 

JOHANNISHERING,  m.  der  um  Johannis  gefangene  liering. 
Nemxich  2, 1074. 

JOHA.NNISHOLZ,  ».  pyrum  malum  paradisiaca. 

JOHANNISKÄFER,  m.  scarabaeus  solstiiialis  und  horticola; 
auch  lampyris,  Johannuxvürmchcn. 

JOHANMSKERZE,  /■.  name  des  Wollkrauts,  verbascum  thapsus. 

JOHANNISKOR.N,  «.  sommerkorn. 

J0H.\NMSKRALT,  h.  name  mehrerer  pflanzen:  hypericum; 
sedunt  telephium ;  verbascum  Ihapsus ;  salvia  sclarea. 

JOHANNISKRIEGER.  m.  .•  es  werden  in  diesem  zukunfligen 
jähre  wenig  Johanniskrieger  gefunden  werden,  welche  sieb 
an  ihrem  soW  werden  begnügen  lassen.  Schlppiüs  57>«,  nach 
den  warten  Johannis  an  die  kriegsleute:  thut  niemand  gewall 
noch  unrecht,  und  lasset  euch  benügcn  an  ewrem  solde. 
Luc.  3, 14. 

JOHAN.NISLAIIB,  b.  die  weiszpappel,  populus  alba. 

JOHANNISLAICH,  m.  cepa  fissUis. 

J(»HANMSMiJCKE,  f  tipula  Johannü. 

JOHANNISNACHT,  f  die  auf  den  Johannistag  folgende  nacht. 


2335 


JOHANNISNUSZ  —  JOLEN 


JOLJÄGER  — JOPE 


2336 


JOHANNISISUSZ,  f.  juglans  fruclti  serotino. 

JOHANNISÖL,  n.  aus  dem  Johanmskrautr,  hyperkum,  gewon- 
nenes öl. 

JOHANiSISPAPPEL,  f.  die  wilde  malve,  malva  sylveslris. 

JOHANNISPFIRSCIIE,  f.  eine  um  Mannis  reifende  frühe 
pßrsciwnart. 

JOHANNISPFLANZE,  f.,  ivie  Johanniskraut,  hypericum  und 
seduni  lelephium. 

JOHANNISTAG,  m.  der  lag  Johannis  des  Idufers  (24.  juni): 
gelangten  am  abend  des  Johannistages  schaarenweis  zusammen 
auf  der  spitze  des  Hausberges  (bei  Jena)  an,  wo  sie  dann  ihre 
reisfackeln  so  schnell  als  miiglich  enizündctcn.  GöinE  31,178; 
sprichuvrllich :  lang  wie  der  Johannistag;  regnets  auf  Johannis- 
tag, misralhen  die  niisse  und  gerathen  die  huren.  Simrock 
sprichw.  2'8. 

JOHANMSTOPF,  vi.  ein  in  der  Jotutnnisnaclil  mit  blumen 
angefülller  und  mit  Hehlern  besteckter  topf,  als  belusligung  für 
kinder.  Adelung. 

JOHANNISTRAUBE,  f.,  -TRÄUBLEIN  ,  »i.  du  frucht  des 
Joha  n  n  isbeerslrauchs. 

JOHANMSTRUNK,  »n.  trtink  zum  abschiede,  vgl.  oben  Johan- 
nessegen. Frisch  1,490";  das  man  in  s.  Johannis  namen  ver-  , 
dienst  den  wein  segnet .  .  und  ein  Johanneslrunk  thut . .  das 
laug  lauter  nichts  für  christglaubigc  leut.  Mathksius  hochzeil- 
pred.  (I5S4)  144'. 

JOHANNISVÖGLEIN,  n.  coccinella,  der  blatllauskäfer,  in 
Würzburg.    Nemmch  2, 1087. 

JOHANMSVVASSER,  n.  der  wachslhum  dcswassers,  der  meisleu- 
theils  im  sommer  oder  zu  Johannis  an  de»-  Oberelbe  entsteht ;  auch 
sonmierwasser.  Jacobsson  7,  368  . 

JOHANNISWEDEL,  m.  name  der  pflanze  spiraea  ulmaria, 
auch  Johanniswendel. 

JOHANNISWEIDE,  /".  eine  weide  oder  wiese,  die  erst  nach  dem 
Johannistage  mit  dem  vieh  behtäet  werden  darf. 

JOHANNISWEIHE,  f.  kirchliche  weihe  des  weines,  der  zum 
nbschiedstrunke  gebraucht  wird,  im  namen  Jofiannis  des  evangelisten. 
Frisch  1,490'.     vgl.  oben  unter  Johannes. 

JOHANNISWURM,  m.  lampyris:  von  einem  inncrn  geheim- 
nisvollen lichte  durchzogen,  das  dem  schein  eines  Johannis- 
wurms  am  besten  verglichen  werden  kann.   Gothe  16, 244. 

JOHANNISWÜRMCHEN,  w.  dim.  zu  dem  vorigen:  die  gegen- 
wärtige romantische  feenjohanniszeit  der  bohnenblüthe  und 
Johanniswürmchen.  Herder  an  seine  braut  3,281;  weil  ich  nicht 
glaubte  mich  an  einem  häufen  Johanniswürmchen  wärmen  zu 
können.   Nicolai  bei  Lessing  13, 187. 

JOHANNISWÜRMLEIN,  n.  wie  das  vorige:  die  äffen  .  .  die 
ausz  eim  Johanneswürmlein  fewer  blasen  wollen.  Mathesius 
/.M^/Mrr  (1583)94';  ja  ein  fürst  hat  an  seinem  hofe  so  viel  heim- 
liche Margrelenwürmergen ,  welche  sich  in  lauter  schöne 
Johanniswürmlein  verstellen  können.  Chr.  Weise  A/.  ieute  204 ; 

am  Strand  gehn  tausend  lichter  klein 
wie  von  Johanniswürmelein.    A.  Kopisch. 

JOHANNISWURZ,  f.  anthemis  pyrelhrum,  zahnwurz,  speichcl- 
«tirz. 

JOHN,  JOHNEN,  s.  unter  Jahn  sp.  2229. 

JÖKEL,  I.  jöckel.  / 

JOLEN,  V.  in  naturlauten  schreien,  lärmen,  jauchzen,  eigent- 
lich freqvcntativbildung  zu  der  interj.  jo,  6atr.  joein  (»i»id  jodeln, 
s.  d.),  Schweiz,  schwäb.  yAcn,  und  schon  n»M.  jölen,  verächtlich  im 
munde  eines  Juden  bezüglich  des  sanges  der  apostel  bei  Marias  tode : 

er  sprach :  Maria  die  ist  döt, 
und  hänt  mit  .«ange  dise  nAt 
Alf.  apostolen.  die  sint  hie 
und  g^nt  da  jälende  umbe  sie. 

Marid  liimmelf.  in  llnupt»  zeil>chr.  5, 548, 1224  ; 

jolcn,  orore  Maaler  23"';  ein  hirlzen  mit  haftigem  schreycn 
und  jolcn  trengcn,  das  er  ins  garn  fall,  premere  clamore  ad 
retia  certum.  ebenda;  dasz  in  dem  geist  und  in  der  warheit 
Rott  anbeten  jm  das  allergef.11ligest  gsang  ist,  nit  das  mit 
jolcn.  ZwiNCLi  i,f>bh;  waruin  jolen ,  schreien  und  springen 
t.ie  denn  »o  ganz  nichtsnutzig  hier  an  dieser  ernsten,  melan- 
cholischen stelle?  L.  TiKCK  g.  n.  10,14;  sie  (die  kühe)  hören 
die  alpenlieder  und  da«  juzen  und  jolen  so  ^'orn.  Ffidkk 
yümmamüllers  16; 

Um  er  doch  «ein  n&chllich  johlen, 
poetaoter  llelikinus!      Unland  i/eä.  i    ' 

bei,  wie  die  bub«!n  johlen! 

A.  V.  DuotTi-lICLSiiorr  ijm.  1 1 » < ,t)  .'>3 ; 


transitiv,  wie  singen: 

ich  will  vom  schlafe  die  matrosen  holen, 
dasz  »ic  noch  einmal  diese  lieder  jolileii. 

l.ENAU    FilU^t    158  ; 

mit  sächlicliem  subjed:  die  ganze  sladt  zog  dem  spektakel 
nach  ,  reiler  und  fuszgiinger  durcheinander  und  wagen ,  der 
liirni  und  der  galgenpsalin  Jollen  weil.  Schiller  räKfcfr  2, 3, 
wie  schallen  gebraucht;  jolen  von  Itunden,  wie  sonst  jaueln, 
jaulen  sp.  Till,  das  aus  dem  niederdeutschen  in  die  .srhriftsprarhe 
übernommen  ist ,  aber  auch  mundartlich  in  Kärnten  und  in  der 
Schweiz  vorkommt  (jaulen,  jauren  wehklagen  Stalder  2,75): 

da  stürmt  von  allen  selten  es  heran, 
die  hrackcn  brechen  durch  genist  und  tann ; 
durch  das  gelandc  sieht  in  wüsten  reifen 
niun  johlend  sie  um  den  hornistcn  schweifen. 

A.  v.  Drostk-IIölshoff  32. 
neben  form  jölcn :  als  sein  Junker  im  schlaf  zu  schreien  und 
jölen  anfing.  Sir»/)l.  3, 301  Äwrz ;  nun  wirslu  das  stelige  spielen 
und  saufen  in  den  würlshäusern,  das  nächtliche  kälbergeschrei 
und  johlen  auf  der  gassen ,  dein  gewönliches  raufen  und 
schlagen  auf  dem  kcgcl-  und  tanzplatz  einniahl  undcrwegen 
lassen.  4,329;  und  jelcn:  alles  schreien,  jauchzen,  jelen. 
Straszb.  pol-ordn.  bei  Frisch  1,4'JO'. 

JOLJÄGER,  m.  name  des  wilden  Jägers,  vgl.  Grihm  mylh.  873. 
JOLLE,  JOLLE,  1)  in  den  nordischen  geivässern  und  auf  der 
Elbe  und  Spec  gebrauchtes  fahrzeug  verschiedener  griisze  und  ein- 
richlung;  bei  Frisch  1,490'  jol  und  jellc.     vgl.  gülle. 
2)  eine  muschelart,  arca  pella.  Nemnich  1,419. 
JONASFISCH,  eine  haißschart,  squalus  cascharias,  auch  Jonashai. 
JONASKÜRBISZ,  m.  Cucurbita  lagenaria. 
JONATHAN,  bei  älteren  dichtem  als  typus  eines  treuen  freundes 
verwendet,  nach  1  Sam.  18, 1  ff. : 

ein  treuer  Jonathan,  des  freundes  rechte  band. 

Abschatz  verm.  <ied.  130; 

ich  weisz,  dasz,  was  mich  drückt,  auch  deine  brüst  beschwert, 
und  das,  was  dir  schon  oft  vergnügen  zu^eführet. 
mich,  deinen  Jonathan,  durch  gleicnen  trieb  gerühret. 

GÜNTHER   793 ; 

mein  freund,  mein  Jonathan!  getreuer  von  gemüihe!    804; 
noch  unbekannt  und  uiigepriesen 
lebt  hier  und  dort  ein  Jonathan, 
der  gröszre  treu  dem  freund  erwiesen, 
als  man  von  brüdern  bofTen  kann.    Gkllert  1,239. 

JONER,  m.  vgl.  unter  gauner  th.  4*,  1584  f. :  unter  anderen 
rotwelsclien  ausdrücken  sefelgraber,  wiltner,  joner  bei  Fischart 
groszm.  50. 

JOPE,  JOPPE,  JUPPE,  JÜPPE,  f.  anliegendes  kleidungsstück 
beider  gcschlechter,  jacke.  das  wort  ist  zunäclist  aus  den  roma- 
nischen spraclien  eingedrungen:  ital.  giubba,  giuppa,  span.  al-juba, 
prov.  jupa,  franz.  jupe  (neben  ital.  gibba,  chtirw.  gippa,  was 
in  der  mhd.  form  gippe,  neben  joppe,  zu  tc^e  tritt),  die  span. 
form  aber  weist  auf  das  arab.  alg'ubbah,  alg'obbah,  baumwollenes 
Unterkleid,  vgl.  Diez  etym.  wb.  der  rom.  sprachen  1,214.  die 
mild,  form  ist  joppe  und  juppe,  neben  dem  dim.  '}»\>fe\  (s.  unten 
jöppleiii):  juppel  suppara  Geaff  1,579;  6o»»/iasiijmjopp,  Joppen, 
joppe  DiEF.  78';  toga  zwifach  cleid  vel  jopp  vel  fride,  jupp, 
joppe  vel  badhemet,  gip  586';  bombasium  ein  untergoppcn  «er. 
glo$s.:ü';  wambosium  wammes,  jope  ebenda;  juppen  orfer jflppen, 
supparum  Maaler  238*; 

weij  er  niht,  daz  Hiltebolt  gelich  i.tt  einer  wannen 
mit  der  Joppen  die  der  törpcr  an  sich  hat  geleit? 

niinnes.  llnqnt  3,  274'. 
als  traclit  der  männer:  dy  manne  trugen  (1470  als  modisch) 
Joppen  forne  uffene  nültenander  .  .  und  breile  priszen  an  den 
jopenermeln.  Stolle  in  Ilauj4s  zeitschriß  s,  319;  als  tracht  ge- 
ringer leute,  rornelimlich  auch  der  bauern :  aber  Esopum  uuil> 
das  er  so  ungeslalt  war,  stellet  er  schwischen  (so)  sie  in  einer 
groben  jüppen.  Steinhöwel  (1555)  5;  lliet  burenkleider  an. 
und  stund  für  das  rathus,  und  hielt  sein  wilpred  under  der 
juppen  verborgen.  Vtensp.  »lo.  .55  5.S1  Ijippenb. ;  leg  ein  juppen 
oder  kitlel  an.  S.  Frank  chronica  2s* ;  aber  dieses  wol  (wtux 
ich),  dasz  .  .  der  alle  meinen  köpf  in  seinem  scbosz.  und  vorn 
meine  juppe  geölTnel  gehabt.  Simpl.  1,27  Kurz;  David  du  hast 
die  baren  erschlagen,  die  iiaut  davon  getragen,  hast  ein  Joppen 
daraus  gemacht.  Ann.  a  S.  Clara  1,244;  in  unserer  zeit  ut  du- 
joppe  von  der  bairischen  und  tirolischen  vitlk.^kleidung  her  als 
bequeme  tracht  in  schützen-  und  künsllerkreise  gedrungen; 

(die  hnuerr  fim/rii)  ain  crabe  kappen  uiul  ein  pö»en  huot 

und  ein  klltl  h.inleln 

uml  ein    cppen  leinein.    fattn.  itp,  440.12; 
als   tluck    der    rüstung    otler  als  eine  ort  uniform :    (die  stddner 
des  fuavolh)  betten  dik  j"pen  an    und    spi-i/    und   arnibrust. 


2337 


JOPE  — JOT 


JOURNAL— Jü 


2338 


d.  städleclir.  1,  36,  5 ;  die  Österreicher  trugen  all  rot  ernieln  in 

rocken  oder  juppen,  das  was  ir  liberei.  S.  Frank  chvon.  German. 

(153S)  223';  (die  aus  einem  kriege  heimgezogenen)  zeigten    da.. 

die  filzhüt  vol  beulen,  die  nestel  daran  verloren,  die  juppen. 

und  blolröck  besudelt  und  zerrissen.  Garg.  200'; 
du  hast  ein  jopen,  diu  ist  guot, 
veste  ist  din  isenhuot.    Seifr.  Uelbling  15,261. 

sprichwörtliches  und  redensarlen :  man  platzt  nicht  neue  flecke 
auf  alle  juppen  ;  wan  mir  der  bitzel  aufsteigt,  aften  sol  enk 
enker  lausige  Joppen  wider  recht  ausgstebert  werdn.  Schwabe 
lintenf.  50;  vor  einem  jeglichen  stolzen  bauren  und  verzagter 
belzjupp  das  hütlein  herumdrähen.  Fischart  groszm.  46;  bei 
Maaler  23S'  heiszt  der  tod  juppenliircr;  im  spieherzcichnis  des 
Garg.  slehi  Liendel  lasz  dir  die  juppen  blacken  i6S'; 

Suppen  machen  schnuppen, 

und  lullt  dem  bauren  nicht  die  juppen.    Garg.  44*. 

als  frauenlracht :  iofen  oder  brustleibe  sollen  die  geschlechteis- 
töchter  von  seiden -gewandt  auszerhalb  samit  tragen  dörfeu, 
aber  mit  einer  halben  eile  samit  verbrenn.  Rostock,  kleiderordn. 
V.  15S5  bei  Frisch  1,490';  nachdem  diese  dame  aus  dem  wasser 
gestiegen,  legete  sie  keine  bauern-juppe  an,  sondern  ein  ganz 
»ilbern  stück  mit  güldenen  blumen.  Simpl.  3,277  Kurz; 
seldne  jopen  schön  beschnürt.    li.  Riägwald  tr.  Eck.  J3'; 
so  brann  jr  (der  magil)  auch  die  jupp  am  loch, 
noch  woll  sie  nicht  erwachen  doch. 

.FiäCHART  dicht.  2,51,1897  K-tt  :  : 
ihr  (Hochdeutschen)  drinket  aus  dem  becher,  wi  drinken  ui 

dem  siope, 
ewr  magt  ein  leibeben  hat,  unse  deeren  diecht  eine  jope. 

Lacremberg  72,  674  Lappciib. 
oberhessisch  ist  joppe  und  juppe  als  jncke  mit  eimeln  besonders 
dem  weiblichen  geschlcchte  eigen  (Vilmar  1S6),  bairisch  wird  sie  von 
beiden  gescitlechlern  gleich  häufig  gelragen  (Schm.  1,I20S/'  Fromm.). 

JOPPENAPFEL,  m.  eine  apfelari,  holl.  joopenappel.  ^Nemmch. 
KiLiAN  gibt  joopken  malum  Claudianum  pleno  saturoque  colore 
linclum  als  holländisch,  bei  Frisch  1,490'  heiszt  eine  apfelart  in 
Schwaben  juppenschwenk. 

JÖFPLEIN,  JÜPPLEIN,  n.  kleine  joppe:  hatte  keine  schuhe, 
allein  zerrissene  Strümpflein ,  kein  baret ,  ein  jöpplein  ohne 
falten.  Th.  Plater  6S  ;  und  etliche  Schweizer  bäurlein  in  weiszen 
jüpplinen  sähe.  70. 

JORA,  freudenruf:  jora  je  jo,  wir  sind  fro,  der  pfarrherr 
ist  do.   Garg.  Ol'. 

JORDäNSMANDEL,  f.  amygdalus  dulcis  putamine  vwiliori, 
krachmandel,  knackmandel.  iNemnich  1,246. 

JOHISKRAUT,  n.  Valeriana  phu,  gartcnbaldrian ;  holländisch 
j'iriskruid. 

JOSEPH,  nach  l  .Mos.  39,6^.  als  bild  fvr  einen  keuschen 
menschen,  vgl.  unten  Joscplissinn.  aber  auch  ßir  einen  geduldigen 
ehemann,  nach  Mallh.  1,  IS/^. ;  das  hette  jchjhr  (einer  verdäch- 
tigen ehefrau)  nicht  zu  gutj  gehalten,  was  seit  jbr  doch  vor 
ein  Joseph,  jhr  heiszet  Joseph  und  mögel  auch  wo\  ein  rechter 
Joseph  sein.  H.  J.  v.  Bral.nschweig  S61 ;  Jesus  welk  ein  arm 
Joseph  und  grotli  hancnrey  is  dat.  243. 

JOSEPHSBLU.ME,  f.  tragopogon  pratense,  bocksbarl. 

JOSEPHSSINN,  m.: 

schwer  wars  dem  kältsteo  JosefssinD, 

sie  ohne  lüsteruheit  und  Sehnsucht  anzuschauen ! 

WiELAND  23,205  (»bcron  11,  S). 
JOSEPHSSTAB,  m.  narcissus  pseudonarcissus,  gelbe   narzisse. 
JOSEPHSWEiZEN,  m.   triticum   compositum,    trüicum   spica 
multiplici. 

JOT,  JOT.\,  n.  1)  jof,  auch  jod  ist  name  des  halbroeals  j, 
seil  dem  17.  jahrh.  aufgekommen,  vgl.  oben  sp.  2IS5. 

2)  jot  und  jola  als  bild  für  eine  äuszcrste  kleinigkcit  nach  dem 
griech.  texte Matth.  5,  IS  (icära  ivfj  nia  y.Eoain  ov  ftij  Ttaot'l'^r; 
f'tnb  rov  rofiov ,  wo  Luther  noch  gibt  der  kleinest  buchstab 
noch  ein  tütel^,  ist  wol  schon  im  16.  jahrh.  aufgekommen,  da  es 
bei  Opitz  tcie  etwas  bekanntes  erscheint: 

das  gänzliche  cehot 
belangend  brach  er  nicht  allhier  das  minste  J3di. 

Opitz  Grviius'  leahrh.  379; 

beste  freundin,  versetzte  Wilhelm,  ich  kann  auch  hier  nicht 
ein  jola  nachgeben.  Göthe  19,92;  die  redeusart,  dasz  auch 
Itei  der  Vorstellung  von  Shakspeare  kein  jota  zurückbleiben 
dürfe.  45,56  ;  'nichts  mehr  als  das?'  kein  jota!  Wieland  13,22. 

entfiel  euch,  dasz  ich  Karin  mein  ehrenwort  gegeben, 

dem  was  er  mir  gebot,  buchstäblich  nachzuleben? 

da  geht  kein  jot  davon,  mein  freund!    22, 1S2  (Ober.  4,64); 

von  einem  wort  läszt  sich  kein  jota  rauben.  Göthi  12,98; 
IV.  II. 


wird  keimendem  ein  jolt  nur  abgethan, 

so  musz  es  kläglich  schon  als  keim  verderben. 

Freiligrath  dicht.  6,205, 
nach  Shakespeare: 

if  springing  things  be  any  jot  dimiaish'd, 

thej  wither  in  their  prima,  prove  notbing  worth. 

Venu«  «.  .idonis  (s.  13  Tauchnitz)- 
JOURNAL,  n.  tagebuch;  ztiiung. 

1)  das  fremde  wort,  in  der  fremden  Schreibung  bei  ms  längst 
eingebürgert,  ist  adjectiv  zu  franz.  jour  und  geht  auf  ein  millelloi. 
diurnalis  zurück;  in  der  heuligen  bedeutung  ist  es  verstanden  als 
livre  Journal,  papier  Journal,  wie  im  IG.  17.  jahrh.  noch  gesagt 
wurde,  erst  seit  dieser  zeit  wird  in  demselben  sinne  das  franz. 
Journal  auch  einfach  gebraucht,  vj.  Littre  2,204*. 

2)  aber  ein  mittellal.  diurnale  war  als  technischer  ausdruck 
früher  schon  auch  in  Deutschland  bekannt  und  wurde  Iheik  deutsch 
gegeben  als  tagzitbuch,  ein  tagczeitpuech  (Dief.  noc.  g/oss.  13'/); 
theils  als  fremdwort  belassen .  diurnale  diurnal,  dyornal,  en  bok 
DiEF.  ISS";  mit  romanischem  zischlaul:  es  kombt  trauen  ein 
deutschen  pfarrer  sehr  schwer  an,  da  er  schon  in  sprachen 
zimlich  erfaren,  wenn  er  soll  beim  gemeinen  mann  gut  deutsch 
reden,  darumb  ist  es  nicht  übel  gerathcn,  als  bald  sich  einer 
gedenkt  zum  kirchendienst  zu  geben,  dasz  er  die  deutsche 
biblia  (Luthers)  lasz  sein  zornal  und  teglich  handbuch  sein. 
Mathesiüs  Luther  (15S3)  145'. 

3)  seit  dem  17.  jahrh.  ist  das  wort  in  der  franz.  Schreibung  ßr 
ein  lagebuch  gebräuchlich :  Journal,  giornale,  eintägliches  hand- 
oder  tagebuch,  worinnen  man  täglich  schreibet:  bei  den  kauf 
leuten  ist  es  ein  auszug  des  memorials,  oderein  buch,  worein 
alle  haare  gelder,  vorhandene  guter,  schulden  und  gegen- 
schulden und  aus  diesem  ins  huapiLutb  gelragen  werden. 
Neiibing  hist.-polit.  lex.  (1736,  zuerst  I6i,i)  639;  Schiffer,  ge- 
schäftsleute,  ärzte ,  gerichtsbeamte  führen  ein  Journal;  wir 
(schi/fi-r)  hatten  uns  unseres  groszvaters  Journal  warnen  lassen. 
Fr.  MtjLLER  1,311. 

4)  dann  auch  ßr  eine  zeitung :  das  Frankfurter  Journal; 
und  ßr  eine  Zeitschrift,  wobei  der  begriff  des  läijichen  erscheinens 
oder  auch  des  berichls  über  tägliche  ereignisse  zurücktritt  oder  sich 
verliert;  das  geschlecht  ist  selten,  dem  franz.  folgend,  masculin: 
hier  ist  der  Journal,  lieber  hält  ich  nichts  eingerückt,  d. junge 
Götiie  3,76;  gewöhnlich  neutral:  die  fortsetzung  des  ihnen  be. 
kannten  Journals  und  die  Übersetzung  der  römischen  historie 
des  Rollins  besetzen  meine  zeit  so  schon  mehr  als  mir  lieb 
ist.  Lessing  12, 16  (ton  1750);  indessen  denke  ich  mir  ein 
Journal,  das  mehr  als  biiefe,  auszüge  und  urtheile  zum  zeit 
vertreibe  enthielte.  Herder  z.  litt,  l,  10;  so  dasz  jeder  theil- 
nehiner  am  cirkel  die  woche  hindurch  in  jeder  der  zwölf 
tagesstunden  ein  Journal  zu  lesen  bekam.  Ixsiermann  Münchh. 
1,70;  in  der  that  gewannen  seine  Vorstellungen  durch  das 
lesen  der  Journale  bald  eine  auszerordenlliche  beieicherung.  71 ; 

wenn  diesen  langeweile  treibt, 

kommt  jener  satt  vom  iibertischten  mahle, 

und,  was  das  allerschlimmste  bleibt, 

gar  mancher  kommt  vom  lesen  der  Journale. 

GÖTBB  12,  12. 

5)  ableitungen  und  Zusammensetzungen,  journalchen :  dasz  der 
Merkur  noch  manches  journälchen  überleben  soll.  VVieland 
bei  Merck  1,127;  Journalist,  der  auf  einem  gerichte  das  Journal 
führt,  femer  der  vom  zeitungsschreiben  lebt:  die  Journalisten. 
titel  eines  lustspiels  von  Frevtag;  Journalismus,  das  zeilungs- 
wesen;  Journalschreiber;  journalträger,  der  Zeitschriften  herum- 
trägt; Journalzirkel:  da  ihm  der  gute  einfall  wurde,  in  einen 
journalcirkel  einzutreten,  der  alle  wiszbegierige  auf  dem  flächen- 
raume  der  umliegenden  vier  quadratmeilen  mit  geistesnahrung 
versorgte.  Inmermann  Münchh.  l,  70  (journal-lesecirkel  s.  ti>»). 

JU,  interj.  der  ausbrechenden  freude  und  des  jauchzens : 
jubilum  et  jubilatiö  daz  chuit  rechte  in  diulisken  jü  unde  jüwe- 
zunge.  Windb.  ps.  444;  ju  schreien,  jauchzen:  ju  schreien  ehe 
man  über  den  graben  kumpt.  S.Frank  spridiw.  1,3'; 

der  ein  der  schrö  (beim  lante)  hie  ju,  hv  jo! 

ring  39',  26; 
frewei  euch  jr  narren  und  schreiet  ju, 
die  fasznacht  macht  sich  fast  herzu. 

Grilli  dicletia  s.  5; 
hoichta,  ju,  ju, 
den  gutter  zu, 

dasz  auszflicg  kein  ku.    Garg.  S4'; 
den  stecken  und^en  filihiit  alt 
wil  ich  beids  ins  kot  iretlen  bald, 
den  bschahen  maiitel  auch  darzu, 
den  neuen  uinib  Ich,  ju,  ju,  ju! 

Ukros  ird.  pilgerer  (1562)  23». 

U7 


2339 


JÜ  — JUBEL 


JUBEL  — JUBELKUEIJDE 


2340 


in  Verbindung  mit  anderen  einpfindungslatUen :  ju  he!;  ju  heia! 

(vergi  auch  unlcn  unter  juli);  ju  vallera,  ju   vallerallerallera 

(J.  KB«^EB   ^wolauf  noch  getrunken'); 

sousi  koinincu  \Yir  nach  kurzer  zeit, 

ju  beya!  brfider,  all  bereit 

und  holen  die  intressen.    Fr.  Müller  2,05; 

als  jdgerschrei :  sucht  oder  jagt  jne  {den  hirsch)  mit  dem  leit- 
hund  auf,  hetzt  und  jagt  inns  hörn ,  schreiet  ju  ju.  Sebiz 
feldb.  568; 

üf  disem  wald  her  lieren 

min  bunde  an  inanig  warte. 

vil  jäRerknechte  riel'en 

ju  juT  daj  mich  erschrecket  al  ze  harte. 

H.  V.  Laber  315; 
ju  ja!  ju  jal 
gar  lustig  ist  die  Jägerei 
allbier  auf  grüner  haid. 

volkslu'd  'ein  Jäger  aus  Kur))falz'. 
JÜ,  xuruf  an  die  zugthiere,  anzuziehen:   um  Fallersleben  ji\, 
auch  jö  hö,   antrieb   der  pferde  Fbomm.  5,119;    hennebergisch- 
fränkisch  jö,  jöe,  jüe!  zuruf  an  anspannthiere.  450. 
JUBEL,  m.  taute  schallende  freude. 

1)  das  mUtellalein  hatte  das  vulgär-lat.  Substantiv  jubilum  und 
jubilus,  welches  offenbar  von  einer  der  deutschen  gleichen  interj.  ju 
ausgehend,  das  jauchzende  geschrei  der  hirten  und  Soldaten  aus- 
drückte, in  die  kirchensprache  iibernonimcn ,  wo  es  das  wortlose 
langijezogene  musicalische  frohlocken  am  ende  eines  kirchengesanges 
bezeichnete  (jiibiluni,  jubilus  mit  neuuia  identisch,  vgl.  Du  Gange 
r.  Henschel  3,907';  jubilus,  froblockung  mit  gesaiig  Dief.  not'. 
gloss.  223').  sf/(o;i  fruit  im  mUtellalein  war  auch  ein  jubilaeus  vei- 
uendct,  dasisidor  als  remissionis  munusmil  ausdrücklicher  bctonung 
ieines  hebräischen  Ursprungs  (jubil  hörn  zum  blasen  im  halljahr, 
vgl.  sp.  23h)  interprelirt  und  das  in  der  Verbindung  ]ühi\aiüs  annus 
seit  1300  qrosze  Verbreitung  erlangte,  auch  sonst  in  anderer  bedeu- 
tung  umlief:  jubÜKUS  hiesz  possessio,  seu  pracscriptio  50  annorum, 
aucli  homo  grandacvus,  centenarius,  und  an  das  andere  bildungen 
anlehnten,  u>te  jubilarius,  qui  quinquaginta  annos  in  eodem  statu 
perseveravit,  jubilarus,  clarus,  illustris  (Du  Gange  3,905 — 907), 
dasz  man  dieses  jubilxus  mit  bezug  auf  das  vorgenannte  jubilus 
umdeutele,  ergibt  sich  aus  den  mittelalterlichen  erklärungen :  jubileus 
anuus,  annus  requictionis ,  gaudii,  Iclicie,  remissionis,  gult-jär, 
guldenjür,  gnaden-,  jubel-,  barmherzig  jar  Dief.  311";  fieuden- 
rich  jar  aritius  jubileus,  annus  remissionis.  voc  ine.  Iheut.  fl*; 

jubileus  hiej  daj  wunnejär, 
15  zaicte  die  «unne  die  wir  hau 
in  gedinge  näh  der  goies  urstente, 
in  Heute  näh  disses  libes  cnie. 

MÜLLENUOFF  u.  ScuEBKR  deiikm.  44,  7. 

2)  der  kirchliche  gesan gesausdruck  jubilus  «rar  von  den  mystikern 
angewendet  worden  um  das  jauchzen  der  seele  bei  der  Versenkung 
in  goU  zu  bezeichnen  (gerade  wie  das  dazu  gehörige  verbum  jubi- 
lieren, s.  unten):  mau  sol  solichen  jubilus  underwilen  iilijen 
durch  ein  bej^erj  von  miune  und  underwilen  durch  ein 
minncwerc  ze  würken.  Meister  Eckhart  553,35;  und  dringt 
auch  in  andere  kreise,  immer  mit  anklang  an  den  kirchengesang : 

in  dulci  jubilo 

nun  singet  und  seit  fro! 

aller  unser  wunne 

leit  in  praesepio.    Wackebsagels  teseb.  (1873)  1357 , 
et  fragt  sich  ob  das  auch  im  15.  jahrh.  nachgewiesene  das  jubilo 
aus  dem  ablativ  von  jubilus  oder  nicIU  vielmehr  aus  der  l.  pers. 
praes.  des  angeführten  lat.  vcrbums  hervorgegangen  ist  (so  findet 
sielt  das  jubilate  singen  B.  Rincwald  tr.  Eck.  Ke'): 

das  jubilo 

suhl  wir  mit  freuden  singen, 

seit  das  die  meit 

got  und  menschcit 

geboren  hat.      Mlscaiblut  ebenda  s/i.  1345, 

eine  form  die  noch  viel  später  sich  erhalten  hat  (vgl.  unten  jubilo). 
»eil  dem  16.  jahrh.  ericheint  jubel  in  deutschem  gewande,  und  vom 
kirchlichen  hinlergrunde  vollständig  losgelöst:  die  beiden  trcibeiit 
jubel  und  freud.  Aimon  bog.  X2;  jubel,  jubelgescbrei,  soviel 
urie  jauchzen  Schottel  1311;  jubel,  jubilum,  exclamatio  hilara, 
Iripudium  cum  clangore  Stiei.er  «Ol : 

wer  ein  holdes  weib  errungen, 

mische  seinen  jubel  ein!    Schillbr  an  die  frcuite ; 

und  eh  nr  noch  das  wort  gesprochen, 

hat  ihn  der  jubel  unterbrochen, 

der  von  der  rhedo  jauchzend  schallt. 

ring  äei  l'oli/luatci ; 

alle  kommen,  alle  lege» 

hande  an,  der  jubel  schallt,     eleu»,  feil.  v.  150; 

die  rrrtiifl  («/r;.  nitrin)  I6szt  diJH  grusz  ergehn, 

»ein  ,iikt; 

•'»  I  iiicii  »chön, 

de»  kl.    Umland  ged,  205; 


Pascal  Vivas  wehrt  vergebens 
ihrem  jubel  und  gesang.    259; 
der  jubel  schweigt,  der  glänz  erlischt.    320. 
im  18.  jahrh.  komtnt  in  poetischer   spräche   der  plural   auf,    im 
sinne  von  jubellöne ,  jubcllieder :  Adams  thränen   sollen    keine 
wehmuth  in  eure  jubel  mischen.  Klopstock  11,168; 
der  seraph  stammelt  .  .  . 
dein  hohes  lob,  0  söhn !  wer  bin  ich, 
dasz  ich  mich  auch  in  die  jubel  dränge?     1,86; 
Bethlehems  kind!   du  weintest,  wir  sangen  dir  jubel !    4,  103 

wo  keine  klage, 
keines  Jammers  geschrei  den  dank  der  jubel  entweihet.    5, 143 ; 

ihrer  jubel  triumphlied 
wird  mit  jener  posaune,  der  todtenerweckerin,  streiten.    203; 
und  er  kam  zum  versöhnenden,  ruft  ihm  die  ersten  jubel. 

6.16; 
und  indem  die  musik  des  belebten  waldes  erwachet, 
wirst  du  (morgen)  von  fröhlichen  jubeln  in  lauten  concerlcn 

bewilikomrat. 
Zachariä  layeszetlcn  (1757)  i.  3; 
bis  liebliche  jubel  den  saiten, 
zum  grusze  dies  lenzes,  entgleiten.    Gotter  1,336; 

horch!  es  tönen 
wie  vom  himmel,  laute  jubel.    Overbeck  verm.  ged.  3; 

aber  bange 
wehmullivolle  schauer  beben 
in  die  jubel  meiner  saito.    4; 
freue  dicli,  0  seelenvogel, 
lasse  deine  jubel  schallen!     Dai-mer  llntU  16. 

3)  in  compositen  if/e  Jubelfest,  Jubelfeier,  Jubelgreis,  Jubeljahr 
«.  a.  geht  jubel-  von  der  bedeutung  des  lat.  jubilsus  (oben  1) 
aus,  doch  so,  dasz  jetzt  nur  noch  die  Vorstellung  der  bei  einer 
solchen  feierlichkeit  herschenden  freude  lebendig  ist.  vgl.  aurk 
Jubiläum,  Jubilar. 

JUBEL,  71.  s.  Juwel. 

JGBELANFANG,  m.:  an  diesem  morgen  erneuerte  sich  in 
seinem  herzen  die  schmerzhafte  ähnlicbkeit  von  vier  dingen, 
von  dem  leben,  von  einem  tage,  einem  jähre,  einer  reise,  die 
einander  gleichen  im  frischen  jubelanfang,  im  schwülen  niittel- 
sliitk,  im  müden  saiten  ende.  J.  Paui.  Uesp.   l,  166. 

JUBELBRAUT,  f.,  JUBELBRÄUTIGAM,  m.  als  die  haupt- 
persoucn  einer  Jubelhochzeit  (s.  unten  und  jubel  3) : 

wer  führt  der  schönen  Jubelbraut 

den  Jubelbräutigam  nun  zu?    üörgkr  TV. 

JUBELGHOB,  m.  chor  der  jubcllieder  singt,  und  ein  derartiger 
chorgesang : 

wo  die  ersten  erschalTnen ,  die  jubelchöre  der  söhne  des  lichis, 
anbeten,  tief  anbeten!  und  in  entzückung  vergehn ! 

Klopstock  1,  136; 
und  im  schall  von  Jubelchören 
tönet  mir  ein  klaggesehrei.    Gotter  3,574; 
freut  es  dich,  von  jubelchöreu 
drei  geweihte  nachte  lang 
Aphroditens  lob  zu  hören.    Borger  2'. 

JUBELFEIEB,  feier  eines  Jubiläums  (vgl.  dieses  und  jubel  3). 
(wann)  bei  sang  und  spiel  und  tanz, 
uns  der  Jubelfeier  kränz 
kind  und  enkel  winden.    Götter  1,  126; 

ode    der    fünfzigjährigen    Jubelfeier     der    Georgia    Augusta. 
Bürger  79'. 

JUBELFEIEBKLEiD,  n.: 

gesegn  ihr  heut  im  jubal-relerklelde 

den  wünsch,  den  jede  brüst  ihr  weiht,     ebenda. 

JUBELFEIERTAG,  m.: 
des  kampfes  ricbter  nehmen  mild  und  schmeichelnd 
nur  zur  erliolung  ihr  (Ufv  (ifun/in  Auijuiin)  die  walTen  ab, 
und  kleiden  sie  in  festliches  gcwand, 
für  ihren  ersten  jubelfeierlag.     nöncKR  78». 

JUBELFEST,«»,  festliche  begehung  eines  Jubiläums :  gesang  am 
heiligen  Vorabend  des  fünfzigjährigen  Jubelfestes  der  Georgia 
Augusta.  Bürger  77'.     seltener  freuden  fest : 

noch  setiton  wir  diesz  Jubelfest  nicht  an  (dir  krimuno). 

niilund  III   3,4; 
we  have  not  yet  sct  down  this  day  of  Iriuroph. 
JUBELFREUDE,  f     1)  jauchzende  freude: 
o  Jupiter,  mein  heri  ihut  schocken 
vor  jubclfreuden  und  frolocken.     II.  Sachs  5, 2IK'; 
wellirhes  (knlh)  ihm  (Jovi)  der  grlerhicch  häuf 
mit  jubelfrewdcn  opfirt  auf.     Spreng  158». 

2)  freude  eines  jubdunms:  evangelisch-lutherische  jubelfreudr, 
lüel  rinrt  bucites  von  I'eter  Busch,  das  1724  lum  andniken  an 
das  erste  in  Wülenberg  1524  erschienene  evangelische  ges'ingbuch 
herauskam. 


2341 


JÜBELGAST  —  JUBELKRANZ 


JUBELKUNDE  —  JUBELSCHALL 


2342 


JÜBELGAST,  m.  gast  der  an  einem  jubUdum  theüiiimmt  : 
lind  wie  man  an  dem  erntefeste 
dem  säer  reicht  das  volle  glas, 
so  weihen  dir  die  juhelgäste 
im  Silberkelch  das  goldae  nasi.    W.  Mölleb  1,364. 

JURELGESANG,  m.: 

und,  unterm  Jubelgesang  der  jungfraun,  die  in  reihn 
vor  ihnen  her  den  weg  mit  rosen  überstreun, 
xiehn  durch  die  weite  goldne  pforte 
die  glücklichen  hinein  in  Oberons  freudenhaus. 

\ViKLi!«D  •23,2'Jl  {.Oberon  12,  ■;4). 

JLBELGESCHREI,  n.  jubilum,  jubilalio  Frisch  1,491": 
der  Sieger  steht,  enlsündigt 
und  rein  gewaschen  in  seines  klägers  blut, 
vor  allen  äugen  da.    des  herolds  ruf  verkündigt 
es  laut  dem  volk.    ein  helles  jubelgeschrei 
schallt  an  die  welken.      Wiela:«d  22,39  (Oberon  1,62); 

j'ibelgeschrei  des  Tolks  aus  allen  scenen,  trompetenstosz.  Fr. 
MCller  3,275. 

JUBELGETÖN,  n.. 

das  jubelgeiön  der  .\chaier.    Utas  2,334. 
JL'BELGLANZ,  «».. 

wenn  dir  schon  lächelnd  auf  der  schwelle 

der  ewigkeit  das  neue  licht 

mit  jubelglan«  entgegen  bricht.    Tbcxiel  6,205. 

JUBELGREIS,  m.  grns  der  em  jubildum  ^eiert. 
JUBELHELL,  adj.: 

komm  mit  einem  liede, 

angestimmt  aus  voller 

jubelheller  brüst!     Dalmkr  Hnfis  (1S46)  82. 

JUBELHOCHZEIT,  f.  Jubiläum  einer  hochzeit:  die  silberne 
juhelhochzeit  {einer  ib  jährigen  ehe)  feiern,  t,  Göchsck  im  feten 
ff.  Nv-olais  28. 

JUBELHYMNE,  f.: 

freude  war  in  Trojas  hallen 

eh  die  hohe  Teste  fiel, 

jubelhvmnen  hört  man  schallen 

in  der' Saiten  goldnes  spiel.    ScBttLK«  Kassandra. 

JUBELIEREN,  rerb.  s.  jubilieren. 

JUBELJAHR,  n.  1)  annus  remissionis,  nacheinem  alUeslamenl- 
lithen  vorbilde  (vgl.  unter  halljahr  sp.  235),  und  mit  anUbnung 
an  den  jüdischen  namen  {s.  oben  m«/ct- jubel  l)  vom  papsi  Boni- 
facius  VIII  im  jähre  1300  ah  ein  gnadenjahr  der  kirche,  alle 
hundert  jähre  wiederkehrend,  eingericlitel 

annus  centeuus  Romae  semper  est  jubiixus ; 
crimina  laxaiitur,  cui  poeniiet  ista  donantur: 
hx'c  decrevit  Bonifacius,  et  roboravit. 

üischrift  an  einer  Inrche  bei  Do  CiacE 
von  Henschkl  3,906*; 

später  von  päpslen  auf  eine  vciederkehr  von  ßnfiig,  dann  dreiszig, 
dann  fünf  und  zu-anzig  jähren  herabgesetzt:  annus  jubileus  gnade- 
jar,  jubeljai-  Dikf.  36';  jubileus  annus  gnadenjar,  jubeljar, 
bannherzig  jar  311*;  yelz  ist  oueh  das  jubeljor,  das  wir  uns 
aliwig  setzen  als  zu  eim  end  unserer  sünd.  Keisersb.  W^.  12"; 
uye  wol  vil  sind,  die  yn  für  gesetzt  band,  wenn  das  jubeljar 
käme,  so  wollen  sie  etlich  pfründen  von  jnen  geben.  12'; 

nun  liab  ich  kurz  bi  nacht  gedochl,  .  . 
dasz  man  das  fünf  und  zwenzig  jar  (1525) 
iezl  zelen  wurd.    da  dacht  ich  zwar, 
das  ist  das  jar  da  von  man  seit, 
was  groszer  gnad  und  heiligkeit 
zu  Rom  gefunden  werd  mit  schal: 
welcher  die  kirchen  suche  all, 
der  werd  ledig  von  Sünden  gar, 
und  heiszt  man  es  das  jubeljar. 

ScBXDS  $at.  u.  patqu.  1,38,14. 

2)  in  freierer  bedeulung  das  hundertste,  ßnfzigste  oder  auch 
fünf  und  zwanzigste  jähr  nach  einer  merkwürdijen  begebenheit : 
jubeljar  der  protestirenden ,  wegen  der  reformalion  Lutberi, 
alle  100  jabr  von  1517  an.  Frisch  1,491';  ebeleute  so  50  jabr 
beisammen  gelebet,  balten  ein  jubeljabr,  wie  auch  alte  pre- 
diger  und  schullcute.  ebenda;  als  derselbe  sein  jubeljabr,  nem- 
licb  das  fünfzigste  seines  alters,  hatte  zurükke  gelegt.  Rist 
l'arn.  577.  sprichwörtlich :  alle  Jubeljahre  einmal,  höchst  selten. 
JUBELKÖNIG,  m.  könig  der  sein  regierungsjubildum  feiert. 
J.  Paul  uns.  löge  1,  53. 
JUBELKÖNIGIN,  f: 

es  harret  dein  (des  taget) 

voll  iieb  und  tust 

die  hohe  jubelköniginn  (Georgia  Augusla).    Borger  77'. 

JUBELKR.\NZ,   m.  jauchzender  kram,  jauchzende  eng  ver- 
bundene menge: 

dieser  töne  jubelkrani.    Köbnu  2, 92. 


JUBELkUNDE,  f: 

Di)np.  bringst  du  vielleicht  uns  neue  schreckensposi? 
Gritii.  nein,  eine  jubelkunde !    Padua 

ist  unser!  Platen  312. 

JUBELLAUT,  m.. 

horch !  der  heerde  jubellaute 

schallen  dort  vom  anger  ihr  (der  Veuut).    Börgbr  3'; 

dich  grüszt  des  mundes  jubellaut:  du  kommst  zurück! 

Ri:cEERT  ges.  ged.  1,394; 

E Ducket  ihr  das  erste  reilcben 
ei  der  lerchen  jubellaut.    Ublasd  ged.  377. 

JUBELLEHBER,  m.  lehrer  der  sein  Jubiläum  feiert:  bei  Über- 
reichung eines  silbernen  becbers  an  einen  jubeliehrer.  über- 
schriß  eines  gedichts  bei  Wilh.  Müller  1,363. 

JUBELLIED,  n.  freudenlied: 

(jene  liügel)  auf  welchen  wir  dich  dermahleinst 
verklärter  schauen  sollen, 
und  durch  ein  selig  jubel-lied 
ohu  ende  preisen  wollen.    GC!<ther  53, 
wenn  ein  brüderlich  volk  .  .  . 
vor  dem  Versöhner  der  menschen  in  jubellieder  sich  ausgieszt. 

Klopsiock; 
allvater,  oder  wie  der  Sphären  jubellieder 
dich  nennen,  ewiger,  gerechter,  weiser  geist.     Götter  1,31»S, 
verstummt  der  Schöpfung  jubellied.    439. 
auch  lied  auf  ein  Jubelfest.  Adelü>g. 

JUBELLUST,  /".  plausus,  tripudium,  exultalio,  jubilum.  Stieler 
1187. 

JUBELMESSE,  f.  messe  die  ein  pnester  zu  seinem  jubildum  liest. 
JUBELN,  rerb.  jubel  äuszern,  ein  erst  im  vorigen  Jahrhundert 
statt  des  älteren  jubiliren  aufgekommenes  Kort:  das  volk  jubelt 
und  jauchzt  auf  den  straszen ; 

und  mutzen,  bände,  zungen  tragens  jubelnd 
bis  an  die  wölken:  könig  sei  Laertes! 

Shaliesp.  Hamlet  4,  5 ; 
so  denken  wir  an  uns  selber  noch, 
an  unser  stürmisch  singen, 
an  unser  jubeln  und  Jeoehoch. 
an  unsrer  bechcr  klingen.    Uula?id  ged.  69; 

einem  jubeln  {vgl.  zujubeln),  um  einen  jubeln:  ich  habe  nie 
der  academie  gejubelt  und  loböpfer  gebracht.  Hippel  lebens- 
läufe  1, 13S ; 

0  juble,  Ilelnricbs  weih,  nicht  um  mein  web ! 
gMt  zeuge  mir,  dasz  ich  um  deins  geweint. 

Sttakesp.  Richard  III  4,  4  ; 
auch  transitiv:  ein  lied  jubeln. 
JüBELNACHT,  f: 

in  der  schönen  jubelnacbt 

habt  der  väter  ihr  gedacht.     Uhla.id  ged.  5. 

JUBELODE,  f  ode  zu  einer  Jubelfeier:  wenn  der  Verfasser 
{Gottsched)  den  einfall  dazu  {zu  der  Ordnung  seiner  öden)  nicht 
in  Wien  bekommen  bat,  so  hat  er  ihn  wenigstens  nicht  bei 
dem  Horaz  gelernt,  aem  er  sonst  ein  sehr  wichtiges  kunst- 
stück  abgestohlen  bat,  das  grosze  kunststück  nemlich  seine 
jubeloden  allezeit  fein  zum  Schlüsse  der  abtheilung  voa  den 
öden  zu  setzen.  Lessisg  3, 149. 

JUBELPAAR,  n.  paar  das  ein  jubildum  feiert  (z.  b.  eheleute 
bei  der  gddnen  hochzeit). 

JUBELPREDIGT,  /".  predigt  zu  einem  jubildum:   d.  Daniel 
Kramers  jubelpredigt   auf   die    erfundene   buchdruckerkunst.  ^ 
Reichard  279. 

JUBELPREIS,  m.  jubelnder  preis,  jauchzendes  lob: 

goit  sei  und  dem  lamm  sei,  das  erwürgt  ward,  anbetung! 
jubelprcis  dem  erhabnen  söhn!  Klopstock  6,233. 

JUBELPRIESTER ,  m.  priester  der  das  ßnfiigsU  jähr  seiner 

Priesterweihe  begeht. 
JUBELR.\USCH,  m.: 

sie  starben  doch 
im  jubelrautch  des  vaterländschen  sieges.    Körper  2,204. 

JUBELRUF,  m.: 

gieb  deinem  Deutschland  wieder  ein  deutsches  hen! 
dann  wird,  fiirwahr,  frohlockenden  jubelrufs 
dein  wahres  volk  aufnehmea  seinen 

alten  und  kummergebeugten  kaiser!     Plate!«  117. 

JUBELSANG,  m.; 

sing  hoch  der  böUe  jubelsang!    Fr.  Müller  3,257. 

JUBELSCHALL,  m.: 

ein  tausendfacher  jubelschall 

der  bacchen,  satyren  und  faunen.    Hasidor!«  3,130; 

und  überall,  all  überall, 

auf  wegen  und  auf  Stegen, 

zog  alt  und  jung  dem  jubeUchall 

der  kommenden  entgegen.     Bi:ReF.R  13*. 

U7* 


2343        JUBELSCHWARM  —  JUBILIEREN 


JUBILIEREN— JUCII 


2344 


JUBELSCHWARM,  m.  ; 

alsbald  spannt  von  dem  langen  härme 
die  ganze  Stadt  der  Teiikrier  sich  los; 
heraus  stürzt  alles  volk  im  jubelschwarme. 

Schiller  Zerstörung  von  Troja  v,  5. 

Jl'BSLSPRüNG  ,  m. ;   einen  rhythmus,  den  die  chöre  und 
jubelspriinge  geboren  haben.  Herder  z.  litt.  2,  32. 
JL'BELTAG,  m.  tag  der  lauten  frcude: 

die  Jubellage  stehn, 
wo  deine  pfcrde  stets  in  vollem  bügen  gelin, 
du  mann  der  Cljmenen. 

A.  ScULTETUs  bei  Lesshc  8,  277. 
JLBELTANZ,  m.  ; 

ha,  nie  saust  mein  thjrsos  machtvoll,  den  die  freund- 
lichere mänad' 
in  dem  jubeltanz  mir  darbot!      Voss  3,  194. 

JLBELTON,  m.; 

nun  rief  er  hoch  im  jubelton: 

ich  seh  im  offnen  himmel, 

zu  gottes  rechten,  goites  söhn!     Börgbr  46"; 

ach,  ehre!  hoher  jubelion 

im  ohr  der  kunst!     Gotter  1,279; 

und  aus  der  mjrten  jungem  grün 

der  Filomela  kinder  schon 

hell  wirbelten  im  jubelton.    Voss  6, 191. 

JUBELVOLL,  adj.: 

juhclvoll  auch  offenbaren 

sollst  du  (Ue'l)  dessen  göttermuth, 

der  entrückt  nun  den  gefahren, 

wie  Ulyss  nach  zwanzig  jähren,    - 

in  der  wünsche  heimath  ruht.    Dörcer  72'; 

wenn  unter  lauten  jubelvollen  zungen 

ein  süszer  ton  auch  mir  gerietli.    Ramler  1,66. 

JUBILAR,  «1.  der  sein  Jubiläum  feiert,  miltellat.  jubilarius. 
vgl.  unter  jubel  1. 

JUBILÄUM,  II.  Jubelfest;  miltellat.  jubilaeuin,  im  geistlichen 
sinn,  auch  i-on  der  feier  einer  fünfzigjährigen  priester-  oder  ordens- 
iceihe  (De  Gange  i'.  Hemschel  3,906');  heute  im  allgemeinen 
gebrauche,  von  einer  hundert-,  fünfzig-,  fünfnndzwanzigjährigen 
gedenkfeier:  das  Jubiläum  der  Universität;  das  Jubiläum  eines 
beamten,  eines  predigers;  ein  Jubiläum  begehen,  feiern,  vgl. 
unter  jubel  1. 

JUBILIEREN,  verb.  l)  jubeln,  frohlocken,  vom  vulgär -lat. 
Jnbilare  aus  (ut  quiritare  urbnnorum,  sie  jubilare  rusticorum. 
Varro  de  ling.  lat.  6, 6S  Müller) ,  hatte  sich  mitlellat.  jubilare 
und  das  daraus  gebildete  halbdeutsche  jubilieren  verbreitet  als 
bezeichnung  der  unter  jubel  {sp.  2339)  beschriebenen  kirchlichen 
gesan^jesart ,  und  dann  auch  in  freierer  anwendung :  jubilare, 
gotlich  singen,  frewen ,  froelich  syn,  jubilieren  rf/ juchlzen 
TOP  freuden  Dief.  311';  in  dem  sulven  jare  als  1349  begunnen 
ichteswelke  megede  und  vruwen  in  dem  lande  to  Lusitze  to 
dullen  und  to  danzen  und  jubileren  vor  unser  leven  vruwen 
beide,  d.  stddtechr.  7, 207, 12.  in  der  spräche  der  mystiiccr  be- 
teichnete  es  den  innigen  jubel  der  seele  beim  versenken  in  die  gött- 
lichen eigenschaflen  (dem  conlemplieren) :  innekeit  und  anddht 
unde  jubilieren.  Meister  Eckmart  553,23;  etieich,  die  wellent 
ft  conlemplieren  und  jubilieren  oder  fröiocken  in  der  göl- 
leicben  güelen,  t  si  wainen  umb  ir  sünd.  Mecenberg  122,24; 

meditieren  da;  ist  guet, 

»wer  an  got  gedenchen  wil. 

jiibiliern  wunder  tuet 

und  ist  der  sei  ein  »aiienspil. 

speculiern  da;  ist  glänz; 

contempliern  gcit  den  chranz ; 

concordiern  lait  den  tanz. 

grirtl.  lied  (leg  \i.jH.  in  Wackern.  lesi-b.  (1S73)  1182 
{mit  (lern  refrnin  ju  ju  ju  jubilieren  u.f.w.); 

lOttlich  soll  du  5;pazieren 

mit  fröid  und  jubilieren 

in  gnicner  liimcis  ow. 

gci*tl.  liC'l  bei  llonukvn  ijesch.  it.  kirchcul.  s.  HO; 

aber  autzerhalb  dieser  kreise  hiesz  es  auch  nur  weltlieh  singen  : 

twer  «inen  sanc  kan  mit  den  «iben  künsten  ziern, 
der  mac  wol  singen,  wft  er  wil,  vor  forsten  jubiliorn. 

hiilmnier  bnnduthr.  n.  597,64; 
ulbü  lieh  belustigen,  der  substantivisch  gebrauchte  infinitiv  soviel 
tcie  lutt: 

und  haiK  sein  gtinde  tag  und  nochi 

üben  «ich  in  ritlt.T»chart 

mit  Blechen  und  turnleren 

und  andcrm  juhllicren,     ring  .%0*, 22. 

später  ist  et  ein  sehr  gebräuchliches  wort,  in  der  bedeutung  parallel 
dem  tubti.  jubel  gehend,  und  erst  in  neuerer  zeit  vor  dem  auf- 
geknmmrnen  \»he\n  veraltet:  jubiliren,  jauchzen,  jubilare,  fautla 
acdamare,  alta  voce  congraluUtri,  cum  plausu  accinere,  exaltare, 


tripudiare,  triumphare,  ovare  Stieler  901,  der  auch  noch  dte  be- 
deutungen  gibt:  quocunque  modo  cordis  laetüiam  prodere,  und 
gloriari,  altius  se  efferre,  magnißce  et  immodeste  loqui ;  ich  jubiliere, 
jubilo  Steinbach  1,817;  'wer  bistu?'  antwürt  die  nacbigal : 
ich  bin  ein  füge),  aber  hie  jubilir  ich  mit  rinve  und  ergetz  mich 
mit  dem  Hecht.  Cvrii.i,  W.  36;  hört  er . .  in  einem  hausz  ein 
grosz  geschrei  und  jubilieren.  Wickram  ro//ii'.  35,  14  Kurz; 
man  asz,  trank  und  jubilierte.  GöinE  19,37; 

und  da  man  jhnen  kurzwcil  macht 
mit  tanzen,  jubilirn  und  springen, 
mit  seitenspil,  pfeifen  und  singen. 

J.  Atrkr  1'J3'  (95S.20  Keller); 
dich  lobend  jubilieren.    Wkckherlin  268; 
da   die  stimme  von  deiner  erhabnen  gc^andtschafi  erschallte, 
hub  sich  mein  geist  jubilierend  empor. 

Klopstoc«  .Mess.  1,495  (dfr  nuxg.  von  1750.  1761; 
die  späteren:  in  jubel); 
die  lerche  besteiget  die  luft,  sieht  unter  sich  selige  thäler, 
bleibt  schweben  und  jubiliret.     E.  v.  Kleist  (1765)  203; 
das  gibt  eine  frcud,  ein  jubilieren, 
die  nochzeitsgeigen  werden  gestimmt. 

Kotzehl'r  dram.  sp.  1,296; 
ja,  Jungfer  palhe,  im  ganzen  orte, 
von  jung  und  alt,  wird  jubiliert.     299; 
sirauchelt  der  gute  und  fällt  der  gerechte, 
dann  jubilieren  die  höllischen  machte. 

Schiller  Älucbeth  1,  1; 
in  der  form  jubelieren: 

der  cedern  llusz,  Jordan,  ergeuszt  sich,  jubelin. 

A.  Sci;ltetls  bei  Lessing  8,280. 
2)  jubilieren  (auc/i  jubelieren)  ein  Jubiläum  feiern:  ein  ganz 
fremder  herr,  der  morgen  schon  über  die  jubelierende  kette 
hinfährt.  J.  Paul  anh.  z.  Tit.  2,34;  ein  jiibilierler  heiszt  einer, 
der  sein  amtsjubiläum  gefeiert  hat  und  danach  in  ruhestand  ver- 
setzt ist:  ein  jubilierter  fähnrich  eines  längst  verschollenen 
frcikorps.  Thümmel  6,  247. 

JUBILIEHEH,  m.  .•  dasz  er  {Jubal)  seilenspiel  und  pfeifen- 
wcrk  anrieht?  und  ein  jubilirer  und  freudenmacber  werde. 
Matiies.  Sar.  &'. 

JUBILIERER,  »I.    s.  Juwelier. 

JUBILIERUNG,  f:  da  erhub  sich.  .  grosze  jubelerung  und 
freud.  Aimon  bog.  C. 

JUBILO,  n.  flfer  jubel;  über  das  aufkommen  dieser  form  vgl. 
unter  jubel  2:    da    ist   es  auch  ein  seelenjubilo,   wenn  man 
das  handwerk  ins  grosze  pracliciert.  ScniLi.EB  räuber  1,2; 
nun  sind  wir  aller  nolh  entbunden! 
Prinzessin!  jubilo!  der  ritter  ist  gefunden! 

WiKLAND  Oberon  5.12  (der  drei  ersten  ausg.), 
später  geändert  in 

triumf,  Prinzessin,  Iriumf!  der  ritter  ist  gefunden!; 

sind  die  im  Unglück  die  wir  liehen, 

das  wird  tiiis  wHiirlich  basz  betrüben; 

sind  aber  glücklich,  die  wir  hassen, 

(las  will  sich  gar  nicht  begreifen  lassen; 

timgekehrt  ists  ein  jubilo, 

da  sind  wir  lieb  und  schadenfroh.    Götbe  2,306. 

JUCH,  1)  iii<cr;.  einer  lauten  ausgelassenen  freude,  uie  ju : 
hui  udrf  juch  interj.  laelantis  Ötinger  in  Grimms  gramm.3,'üh\ 
juch!  juch!  sa!  sa!  hessa!  sa  ha!  Sciioch  stud.-leb.  C5; 
dem  gulen  manne  aber  träumete  gleich,  als  ob  er  noch  bei 
seiner  spiclgesellschaft  wäre,  rufle  derohalben  mit  lauter 
stimme:  juch,  juch,  grün  ist  gewehlet!  Wesemck  böse  spiel- 
sieben (1702)  19; 

sprecht  juch  mit  freidenreichem  schal  1 
juch  juch!  freuen  euch  mit  mir  all! 
freut  euch  mit  mir  ausi  herzen  grünt  I 

ScHAiiR  siil.  M.  pasqu.  2,  201,  160; 
jäch!  gekült  han  wir  t^nserii  milc! 

Melissus  psalm.  0  6'; 
juch,  guts  lehn!  Iiab  ich  dich  erwischt, 
•0  wil  ich  nun  mehr  Irolich  sein. 

J.  Atrer  ^(15/(1.  «p.  29'  (2481,14  Keller) ; 
tallara!  tnitaral 

jiirh!  lieblich  getönt 
Inilara!  lallara  1 

von  blühenden  höhn!    Fr.  Müller  2,304. 

sprichwörtlich :  jucii  schreien,  ehe  man  über  den  gralien  koinl. 
SciioTTii.  1114';  rufe  nicht  juch!  bis  du  über  den  graben  bist. 
SiMROCR  sprichw.  «.212.     vergl.  unten  juchhe. 

2)  neiilr.  sub.U. :  auf  ein  juch  folgt  gern  ein  arli,  post  risum 
fletus  Stimkr  901;  als  liedanfang:  wenn  Lepsrh  sein  bund 
tanzen  nius/.,  wenn  er  ihm  auf  der  snrkpfeife  einen  'jurh  jurh 
hinger  (=•  hinter,  ein  hnuer  sprirhl)  der  henie"  .  .  jierlrudell. 
Scuvcii  stud.-leb.  bi.  —  Als  bild  fiir  eine  grosu  geschwinJigkeit : 


2345 


JUCHART  —  JUCHHEIEN 


JUCHHEIER  — JUCnZEN 


2346 


forderte  ein  groszes  glas  von  drei  schoppen,  welches  er  ihm 
(sich)  bis  oben  einschenken  liesze,  dasz  die  mucken  darüber 
schwimmen  kiinten,  das  trank  er  aus  in  einem  juch.  Phil- 
ASDER  1  (1644)  764,  das  ist  aber  das  alemannische  juck  der  an- 
lauf,  s.  unten. 

JUCHART,  JCCHERT,  m.  morgen  landes;  neben  form  zu 
jauchen  sp.  2269,  mit  Verkürzung  des  ursprünglich  langen  ö,  m 
alemannischen  gegenden  noch  heute:  ein  walfisch  der  terschlecht 
vier  juchart  ackers,  als  Plinius  schreibt.  Keisepsberc  sünd. 
d.  m.  h'  ;  400  ruthen  ins  gevierte  sind  ein  morgen  oder 
juchert ;  denn  der  juchert  hat  4  viertel.  Hebel  2, 218.  bei 
Maaier  fem. :  die  jucharfen,  was  bei  uns  eins  tags  ein  zug 
eeren  mag,  was  bei  den  Römern  in  die  lenge  240  werkschuch, 
in  die  breite  hundert  und  20.  23S". 

JÜCHEN,  rcrb.  juch  schreien;  Ibeils  mit  kurzem  rocal  ge- 
sprochen {so  in  Düringen),  theils  mit  langem  (Jüchen),  in  Nieder- 
deutschland (FROMM.  5,149)  und  dem  entsprechend  gereimt: 

mit  gekreiscli  und  Jüchen 

schwärmt  des  dorfs  gewühl 

dann  um  nüss  und  kuchen.    Voss  4,179; 

wenn  weih  und  liindlein  roth  und  frisch 

sizen  um  den  vollen  tisch, 

und,  die  hände  iilatschfnd,  Jüchen 

um  den  ungeheuren  kuchen.    6,200; 

karossen  rasseln,  der  trinker  jucht 

und  mädchen  scbrein  im  gedränge, 

drehorgeln  pfeifen,  der  kärrner  flucht, 

0  Bahels  würdige  klänge  ! 

A.  V.  Droste-HLlshoff  ged.  (1873)  *.  240. 
rom  geschrei  der  eule: 

wann  die  eul  jucht, 

man  sie  verflucht.     Etri>c  2, 131, 
tro/ur  aber  Schotiel  1341  den  inf.  juchten  ansetzt. 

JUCHHE,  JUCHHEI,  inlerj.  der  lauten  freude,  das  durch  he 
{vgl.  sp.  714)  odn-  hei  {sp.  792)  verstärkte  juch  :  juchhe  I  so  recht ! 
Lessisg  1,268;  juchhe!  nun  war  die  taube  gefangen!  303; 
juchhe!  es  lebe  der  prinz  Herakliusl  äS4 ;  juchhei!  mamseii- 
chen,  ich  bin  also  heute  ihre,  juchhei!  402;  juchhei!  ich  habe 
die  ehrlichste  frau  im  ganzen  dorfe.  Armm  schaub.  2,  103; 
juchhe!  juchhe!  unser  söhn  ist  da!  Kotzeble  dram.  sp. 2, 161; 
da  ist  er  ja,  juchhe!  363;  juchhei!  das  gibt  einen  trefflichen 
jocus!  1,33; 

wolauf  und  an, 

wir  wollen  dran, 

und  solchs  zum  besten  keien,  juchei,  jucbei! 

B.  Krcger  in  Tiltmanng  scUausi>.  2,  37,  707  ; 

juchhei!  blijmeiein! 

dufte  und  blühe!    Ar5Dt  gcd.  (1840)  281. 

•H  mancherlei  tceiierbildungen : 

nun  pfeif  auf,  pauker,  juch  heia  o!    fastn.sp.  335,31; 

juchhe !  juchhe ! 

juchheisa  !  heisa!  he I 

so  gieng  der  fiedelhogen.    Göthk  12,54.  55; 

heisa,  iuchheisa  !  dudeldumdei ! 

das  geht  ja  hoch  her.    bin  auch  dabei. 

Schiller  M'iitlenst.  lager,  7.  auflr.; 
ich  singe  ein  iiedel,  jucbbeissa!  juchhei! 

Arsdt  ged.  130; 
bei  Kolberg  auf  der  grünen  au, 
juchheididei!  juchheididei! 
gehts  rnii  dem  leben  nicht  zu  genau, 
jtichhci!  juchhei '  juchhei!     199. 

JUCHHEIEN,  terb.  juchhei  rufen,  freudenschreie  ausstoszen, 
ausgelassen  lärmen : 

nach  geleerten  kannen 

gehen  sie  von  dannen, 

singen  und  juchhein  !     Höltt  175  Halm  ; 
seht  doch  in  aller  weit!  was  mir  das  mutwillige  kinder 
sind !  juchheien  sie  nicht,  wie  die  vögelein,  wann  sie  im  frühling 
uesier  haun?  Voss  1, 14ti  {Luine  3,244); 

im  blauen  tremsenkranz  juchhein, 

zu  weidenflöten  und  schalmein, 

t'ie  kinder,  rund  und  roth.    2,91; 
horch!  zwolfmal  ruft  vom  hof  meiallner  böller  knall 
und  gellendes  juchhein  dem  fernen  wiederhall.    6,  lij7; 

die  buhen  klatschen  und  juchhein 

und  heizen  gar  noch  oben  drein.     Bcrcsr  32'; 

(iro  wir  nun)  nimmermehr  im  frischen  maien 

mit  der  jungen  lusi  juchheien.    Aiir«DT  ijed.  395; 

das  ist  die  blonde  Helene! 

noch  jüngst  juchheiie  sie  dort  vorbei 

mit  irunknen  Soldaten  am  strande. 

A.  v.  Droste-Hölshoff  ged.  243. 
transitiv:  so  ward  denn  (»on  einem  äicltler)  eine  werlhe  zeit 

vertrödelt  und  versiaromeli, 

lichtblonde  liederlein  juchheit, 

und  weidenduft  gesammelt.    109. 


aus  dem  begriffe  des  ausgelassenen  lärmens  hat  sich  der  des 
schlemmens,  prassens  hervorgebildet,  der  in  verjuchhcien  (s.  d.) 
auftritt. 

JUCHHEIER,  m.  ausgelassener  mensch;  in  einer  Schilderung 
von  Berlin:  da  er  beständig  mit  einem  schwärm  junger  juch- 
heyer  (ein  hiesiges  charmantes  wort,  die  schwärmenden  jungen 
leute  zu  bemerken)  umgeben  war.  der  Leipziger  candidate  {Dan- 
sig  1765)  s.  67. 

JUCHSCHREI,  m. :  Belial  thet  vor  frewden  ein  gewaltigen 
lauten  und  hellen  juchschrei.  Ayrer  proc.  1, 13. 

JUCHT,  f.  auf  liammerverken  ein  gewisses  mas:  kolilen  mit 
gemengien  steinen,  miner.  lex.  317';  die  jucht  setzen  heiszl  die 
jucht  durch  den  hohen  ofen  setzen,  oder  schmelzen  3li'.    vj.  giclit. 

JUCHTBÜHNE,  f  der  beim  oberen  theiie  oder  munde  des  holien 
Ofens  befindliche  räum,  vohin  von  dem  Vorläufer  der  gepochte 
eisenstein  trogweise  von  jeder  sorle  zum  juchtselzen  auf  einander 
gestürzt  wird,  ebenda. 

JUCHTEN,  m.  und  n.  eigenthümtieh  gegerbtes  russisches  kalb- 
oder  rindsleder  von  meist  roter  färbe;  der  name  ist  aus  dem 
russ.  jufl'  {eig.  paar,  weil  die  häute  paarweise  gegerbt  werden) 
übernommen  {vgl.  unten  juftcn).  aber  durch  niederdeutschen  mund 
in  juchten  rerändert,  auch  «fCi/er/.  jutht.  jngt:  die  jochten  site 
juchten,  corium  bovinum  colore  rubra  infectum,  sie  dictum,  quod 
semper  bina  conjungantur  convokendo  Stieler  Sf»2;  der  juchten 
Frisch  1,492*;  Spanien  hat  seine  weine,  Italien  den  gesang, 
England  die  Constitution,  Ruszland  den  festesten  juchten. 
Imherhanx  Münchh.   1,14;  in  der  form  jucht: 

sasz    der  redliche  Tamm  in  dem  iehnsiuhl ,   welcher  mit  1 

schoiizwerk 
und  braunnarbigem  jucht  voll  schwellender  haare,  geziert 

war.    Voss  2, 2ti7. 

JUCHTEN,  adj.  aus  juchlenleder  bestehend  oder  gemacht :  inän- 
ner  und  flauen  tragen  grosze  juchtene  kothstiefe).  Grcbe 
characterbild.  l .  82. 

JUCHTENKÄFER,  m.  scarabaeus  eremüa.  Nem.mch. 

JUCHTENLEDER,  n. 

JUCHTENSTIEFEL,  m.:  an  der  wand  aber  standen  in 
militärischer  Ordnung  der  riesige  Wasserstiefel ,  der  juchten- 
stiefel,  der  reitstiefel  mit  stülpen.  Frevtac  handschr.  l,  S7. 

JUCHTERN,  rerb.  ausgelassen  scherzen,  lärmend  spaszen :  Hans 
juchten  mit  der  Grete,  das  ist,  Sprech  ich,  nicht  recht. 
J.  A.  Kasse  comoedia  humana  (ISIO)  s.  8.  es  steht  am  nächsten  zu 
jachtern  sp.  2199;  osterländisch  heiszl  rumjuchtern  herumlaufen, 
herumschwärmen;  auch  orf/^ries.  jucht ern  nn  jachtern  {ablautende 
formet)  einander  mulwillig  neckend  verfolgen  Faojm.  4,  36S,  IS. 

JUCHZEN,  verb.  ausgelassen  schreien,  lärmen,  jubeln,  ilerotic- 
bildung  zur  interjeclion  juch.  es  hebt  sich  als  weniger  edles  wort 
ton  jauchzen  (vgl.  sp.  2269)  ab,  obschon  der  unterschied  erst  all- 
mählich hervortritt,  in  der  modernen  spräche  ist  es  geradezu  nur 
noch  baurenausdruck.    juchzen  steht 

1)  rom  lauten  jubel,  freudengeschrei :  jubilo  ich  juchtz,  juhilum, 
jubilalio  das  juchtzen,  frolockung  Alb.  ;  sie  jucbtzen  und  gehn 
ab.  J.  Ayrer  350'.  (1756, 14  ÄW/er) ; 

mit  juckizen  (rcrdiuckt  für  juchtzen?)  und  schrein. 

fasln,  sp.  1402; 
juchzet,  das  im  dorf  erhal.    H.  Sacbs  1,508'; 
ich  frew  mich,  frolock,  juchtz  und  sing.    2,1,5'; 
wie  sie  jucbxen  —  das  gott  erbarm !  (siyricht  der  bauei). 

ScBiLLER  Wallenst.  lager,  1.  auf.r. ; 
niederdeutsch : 

se  Sprüngen  under  em  mit  juchzen  und  mit  schrien. 

LMj>i>enbergs  Lnuremherg  s.  138,81  ; 
etwas  frohlockend  sagen ,  mit  directer  rede :  'er  verdient  eine 
kröne !'  so  gewisz  als  ein  dieb  den  strick ;  jnchzete  Trim. 
BoDE   Trist.  Shandy  8,  77. 

2)  voin  herausfordernden  geschrei  {vgl.  jauchzen  3,  sp.  2271) : 
her  Merlin  treib  darnach  mit  seinem  spies  vill  selzamer  baral, 
rannt  neben  den  zeug,  darin  Wilwolt  was,  oft  auf  und  nieder, 
schrei  und  juchzet,  bedeucht  im  vom  Schauburg,  woe  er  das 
also  lit,  ein  schmach  sein.    Wilw.  v.  Schaumb.  61. 

3)  bildlich  selbst  vom  hitpfen  des  hcrzens  in  der  angst:  die 
zahne  klapperten  uns,  das  herze  juchzele  und  klopfte.  Leipz. 
avant.  1,86. 

4)  nebenformen  sind  juchsen  :  juchsen  und  jüzen  schweizerisch 
Stalder  2,  77 ;  schreien  und  juchszcn  hinter  den  teppichten. 
ScHocH  j<H(i.-/f6.  Gö;  die  tischpursche  schreien,  juchsen,  scher- 
fen.  K  ;  und  juchzgen : 

wellicher  trank  aller  merst, 
d«r  daucht  lich  ob  in  allen 
mit  schreien,  juchtzgen  und  schallen. 

Hattteiin  2(>2*,  20ö. 


2347 


JÜCHZER  — JUCKEN 


JUCKEN 


2348 


JUCHZER,  m.  das  einmalige  jauchzen:  jubilum  juclizer,  das 
jauchzen  Diek.  tioc.  ghss.  223";  Apollo  spielt  auf  seiner  harpfen 
und  macht  es  gut,  aber  da  l'ari  in  die  sackpfeifen  ein  guten 
lext  hliesz,  liesz  Mida  ein  juchlzcr  faren,  wie  die  bawren 
gern  in  (in  den)  gesang  schreien,  und  gab  der  sackpfeif  ge- 
wonnen. Mathes.  Sar.  14*.  in  der  form  juchser:  dasz  er., 
am  tanz  unterm  frawenzimnier  ein  grölzer,  oder  wenns  wol 
gereth,  einen  juchser  in  die  hosen  gar  thun  dürfe,  fragen  und 
silzreden  von  der  haselet  {ende  des  IC.  jh.).     vgl.  hosenjuchzer. 

JITHZU,  die  inlerj.  juch  mit  zu  verbunden,  und  ein  behar- 
ren in  lauter  lusl  ausdrückend;  als  subst.  neulr.  ausgelassene 
fröhlichkeU : 

aber  wie  er  in  seinem  saal 
darauf  anstatt  ein  frewdenmahl, 
und  trunixiiel-  wcisz  im  juchzu  spricht, 
die  todteii  meusz  die  beiszen  niciii, 
kommen  ein  häufen  meusz  goraiid, 
iu)d  beiszen  jhro  an  fusz  und  band. 

froschmeus.  3,  1,  13. 

JUCK,»/!,  alemannisches  Wort,  der  anlauf,  sprung :  gächlingen 
oder  im  juck  darvon  füren,  proripere  se  repcnte  M aaler  23S'; 
$f/i«'Wj.  jock  wild  juck  Sprung,  jöckli,  jiickli  sprüngchen  Turier 
285';  juck,  antauf,  salz  zum  springen,  auch  ein  einzelner  sprung,  im 
juck,  im  hui,  im  nu,  es  war  nur  ein  juck,  eine  schnelle  ge- 
rn füsbewegung.  Stai.der  '7;  ahjuck  absprung,  auch  absatz  eines 
.•ebirges,  felsens,  aufjuck  {neben  juckauf,  jnrki'if)  ein  schnell 
aufgehender  eierkuchen,  eine  person  aufbrausenden  trcsens.  ebenda 
s.  78.     vgl.  jucli  2  und  nnlen  jucken. 

JÜCKEL,  m.  /Br  Jockei  (s/).  2332)?:  aber  es  wird  einer  kom- 
men, der  uns  solchen  mutwilligen  kiitzel  vertreiben  und  den 
lieben  Jückel  krauwen  wird  gar  redlich.  LuruEit  5,  155'. 

JUCKELN,  X.  unter  jucken  1. 

JUCKEN,  JUCKEN,  sw.  v.  springen;  jucken. 

1)  jedenfalls  haben  sich  zwei  jetzt  abliegende  bedculungen  aus 
einem  und  demselben  verbum  enlwickell.  ein  jucken ,  jucken 
sjningen ,  laufen ,  findet  sich  {mit  der  nasalierten  neben  form 
junken,  s.  d.)  im  alemannischen  Sprachgebiete,  in  alten  quellen, 
so  viel  zu  ersehen,  bis  jetzt  zwar  nicht  bezeugt,  aber  dem- 
ungeachtel  uralt ;  denn  es  stelä  in  engstem  etymologischen  zu- 
sammenhange mit  jeuchen  {sp.  2325)  davon  jagen,  fliehen,  und 
mit  goth.  jiuka,  zank,  streit,  dessen  eigentliche  kdcutnni]  wol 
anprall,  feindlicher  anlauf  ist,  musz  als  eine  inttiisivliildung  von 
der  beiden  zu  gründe  liegenden  würzet  gefaszt  werden,  wie  zucken 
zu  ziehen  oder  bücken  zu  biegen  und  beugen  steht,  und  hat 
seine  ausläufer  auch  anderswo:  rhein.  jockeln,  juckeln  schau- 
keln, besonders  auf  einem  stuhle,  juckern  das  fleisch  zu  wursten 
klein  schneiden  vermittelst  eines  brsondern  Werkzeuges  (jucker, 
ju(-keruies.scr),  das  wiegend  und  springend  über  das  fleisch  geht. 
KEiinEi?!  211.  der  alte  begriff  des  sprinycns  hat  sich  schon  früh 
auf  einen  eiyenthümlichen  liautreiz  altgemein  übertragen  {in  ähn- 
licher weise  wie  für  einen  andern  das  verbum  überhuiien  gebraucht 
oder  eine  hilze  als  fliegend  gedacht  wird),  und  ist  darüber  in 
Vergessenheit  geraten,  so  dasz  er  nur  auf  engem  räum  noch  lebt. 

2)  belege  für  das  alemannische  jucken,  jucken,  sjningen: 

was  gern  godl  {i/flit)  uff  der  Konchmat  gaffen, 

u'ider  und  lur  ind  winket  juclicii 

und  durch  die  kleinen  fen^terlin  gucken. 

I'.  Gencknbach  gouchmall  1295; 
da  kamen  sie  zu  einem  flns, 
da  sollen  sie  hinüber  jucken, 
aber  sie  fanden  keine  brücken. 

FiscuAHT  diclil.  1,  140,  2G9  Kurz. 

ielxt  Schweiz,  jocka,  jucka  springen,  ober  de  graba  jocka.  Tobler 
2bC';  jucken,  mit  Schnelligkeit  auffahren,  aufspringen  oder  mit 
tchnelligkeil  auf  etwas  fahren  Stalder  2,77;  Schwab,  jucken, 
sprini;cn.  Impfen,  einem  gleich  auljucken  alicui  ad  nutum  praesto 
tsse  SciiM.  1,1201  Fromm.;  das  war  dann  lustig,  wenn  die 
kühe  {tm  frühjahr)  so  aus  den  stallen  liinaus  juckten  und 
gumpten.   Kelder  fiümmamüllers  44  (vorarlbergisch). 

3)  jucken,  prurire  ist  allgemein  hochdeutsch  und  alt:  ahd. 
juckan,  jucchan  prurire,  sralpere,  mhd.  jucken ;  und  gehl  auch 
inj  niederdeutsche :  prurU  jukid  endi  kitil(id  Prudentiusgloss.  in 
Hauftts  zeüichr.  15, 52S,  61«;  prunre  niederd.  jocken  DiEr.469'; 
vielletchl  auch  int  angelsächsische ,  insofern  sich  hier  wenigstens 
einige  nomin/ihbteitungen  nachweisen  lassen,  vgl.  unten  unter  'j^\^:ka. 
es  steht  von  der  emp/indung  des  hautreizes,  und  wiid  dann  auf 
die  handlang  die  ihn  erzeugt,  übertragen  {no.  4). 

t)  zufruhett  uol  un/ieriünlich,  es  juckt:  e»  juckt  am  beinc, 
am  linken  arme;  es  jnckt  auf  der  baut;  gewöhnlich  aber  mit 
au.  der  betroffenen  ytrton:   e*  juckt  mich;   wcns  juckt,   der 


kratze  sich.  Simrock  Sprichwörter  s.  27S;  wens  juckt,  der  musz 
sich  kratzen,  küm  auch  das  blut  heraus,  ebenda;  wo  es  mich 
juckt,  da  darf  ich  nicht  krauen.  279; 

A.    willst  du  die  noih  des  hofes  schauen : 

da  wo  dicbs  juckt,  darlsi  du  nicht  krautnl 

n.    wenn  der  rcdner  zum  volke  spricht, 

da  wo  er  kraut,  da  juckts  ihn  nicht.    Götbb  26,324; 

oder  mit  dativ:  mancher  krauet  sich,  da  es  jhm  nicht  jükt 
SciioTTEi.  112l';  errüthet  bei  keinem  loche  im  strumpfe,  kratz 
sich   nngescheut  wo  es  ihm  juckt.  Moser  patr.  phanl.  1,76. 

6)  übertragen  auf  verwandte  seelische  empßndungen ,  auch  mit 
erläuternden  beisätzen :  können  sie  wohl  glauben,  dasz  icli  ihre 
plastik  noch  niciit  gelesen  habe?.,  es  juckt  mich  alle  tage 
darnach,  und  doch  fürchte  ich  mich  davor.  Lessi.ng  12, 542  ; 
wenns  davor  dich  schwindelt,  sagte  Jacob,  so  juckt  es  hin- 
gegen mich  an  bänden  und  füszen  vor  lust,  mit  euch  zu  gehn. 
RuMOHR  novcllen  2,  21 ; 

meint  sie,  weil  ich  ein  fürstensöhnchen  sei, 

so  müsse  miclis  gar  sehr  nach  wunden  jucken?  ( :  pflücken), 

Wieland  10, 18a ; 
zurück,  und  rühr  ihn  noch  mit  einem  finger  an, 
wofern  dichs  juckt  mein  schwert  in  deinem  wanst  zu  luhlen. 

20,23  (überon  1,34); 
es  juckt  und  brennt  mich  nach  dem  namen. 

SciuLLKR  Turundül  3,4; 
's  hat  sich  ein  neuer,  frischer  prinz  gemeldet, 
dens  juckt,  um  einen  köpf  sich  zu  verkürzen. 

2, 1  {Variante  dem  jückl) ; 
es  juckt  mich  in  allen  fingern  (ich  möchte   ihn   schlagen   oder 
raufen). 

c)  mit  den  kürpertheilen,  an  welchen  die  empfindung  sich  zeiijt, 
alssubject:  der  finger  juckt;  die  haut  juckt,  cutis  prurit.  Stei:<- 
BAcn  1,S17;  die  zahne  jucken,  dentes  pruriunt.  ebenda;  ein 
juckender  hautausschlag;  du  soll  niht  geloben  an  zober,  an 
luppe  . . .  noh  an  die  bräwen  und  die  wangen  juken.  Wacker- 
nagel pred.  s.  77,  7  ; 

juckend  sagt  mein  daumen  mir: 

etwas  böses  naht  sich  hier!    Schiller  Mach.  4,3. 

mit  accusativ  oder  dativ  der  betroffenen  person :  die  liaut  jucket 
mich,  cutis  piurit.  Stieler  902;  die  haut  juckt  ihm  als  wann 
amcisen  darauf  liefen,  cutis  formicat.  Kniscn  1,492';  es  war 
der  tebelhohlmer,  mein  ganzer  leib  über  und  über  wie  eine 
biirckene  rinde,  und  die  haut  fieng  mir  an  zu  gucken  wie 
nichts  guts.  Schelmuffaky  2,15;  es  hat  mich  eine  mucke  auf 
den  fusz  gestochen,  nun  juckt  mich  das  Schienbein  abscheu- 
lich. Gkllert  3,246;  einem  von  uns  begunte  der  iiiagen  zu' 
jucken,  und  seine  zunge  und  bauch  nach  den  fruchten  zu 
lecken,  pers.  baumg.  6,6;  die  wunden  jucken  mir,  vulnera 
pruriunt  Steinbacu  1,817;  beide  herren  musz  ein  verborgenes 
gescbwür  jucken.  Lessing  6,261; 

mich  juckent  arme  und  diu  bein.    Seifr.  Iletbl.  3,37; 
■    hui!  mich  juckt  der  daumen  schon. 

sicher  kommt  ein  sündcnsobn.  Bcrcsr  303'  iMacb.  4, 1). 
rf)  von  hier  aus  manigfach  in  freier  Verwendung:  einen  oder 
einem  juckt  die  haut,  das  feil,  der  buckel,  itrnn  er  übermiitig 
schlage  herausfordert,  oder  sonst  sich  zu  wohl  fühlt:  weil  jnen 
so  aus  der  maszen  jtzt  wol  ist,  und  die  haut  so  seer  jucket. 
Luther  5,  161';  demnach  i.  f.  gnaden  die  haut  jucket,  sein 
sie  den  25  dito  nach  Leubus  zum  abt  gezogen,  sieb  mit  ihm 
voll  getrunken.  Sgiiweinichen  2,315;  wenn  einmal  ein  paar 
trockne  tage  sind,  so  juckt  einem  die  haut,  mau  möchte 
wieder  nasz  sein.  Bettine  1,35;  wenn  dich  der  rücken 
jucket,  so  will  ich  dir  ihn  krauen,  dorsum  urens  fustt  fricabo. 
Stieler  902;  juckt  euch  der  Luckel  wieder?  Götuk  8,242; 

den  alten  gcckon 

die  haut  tbet  jucken.    SoLiAtJ  volksl.  4S4  (von  1631) ; 

liit  dich  der  buckel  jucken 

so  ioin  dich  her  an  mich !  (hernusfordernd). 

Uhlano  volkst.  655; 

wenn  ihm  der  piickel  jucken  thui, 

«0  will  ich  jms  noch  besser  geben. 

J.  Atiie*  287»  (1433.20  heller); 

du  Oberliuiigcr  gesell, 

juckt  dich  zum  drittenmal  dos  feil?    Götbi  12.40; 

der  hals,  der  köpf  juckt :    dem  Überbringer  müszie  der  hal« 

eben  so  jucken,  als  der  schreiberin.  Schillkr  kab.  u.  liebe  4,»; 

dfin  köpfchen  musi,  weil  du*  ron  freien  stücken 

mir  vor  die  füsze  logst,  dich  unertritglieh  jucken? 

WULAND  22,115  {Über.  3,32), 

die  zUhne  jucken  einen,  vor  esslust:  die  tön  juckend  mich, 
leb   bah    groszen    bunger,   deutet  pruriunt  Maalkr  23s' ;    die 


2349 


JUCKEN 


JUCKEN  — JUCKS 


2350 


obren  jucken,  vor  neugier :  sondern  nach  jren  eigen  lüsten 
werden  sie  jnen  selbs  lerer  aufladen ,  nach  dem  jnen  die 
obren  jucken  (y.kT^d'outvoi  Ti]v  axor]i).  iTim.i.3;  sehet  zu, 
das  ir  nicht  überdrüssig  und  undankbar  erfunden  werdet, 
und  euch  die  obren  jucken  lasset,  anders  zu  hören  und  zu 
wissen.  Lother  3,43';*;  hie  stellet  sich  der  bapstesel  gleich, 
als  helte  er  diesen  sprach  noch  nie  gelesen  oder  gehört  von 
uns  gehandelt,  und  inus  eitel  newe  kunst  sein,  so  ich  doch 
d.  Ecken  so  reichlich  und  niechtiglich  zuvor  geschrieben  habe, 
aber  dem  bapstesel  jucken  die  obren,  und  v^il  sein  ika  und 
grobheit  gekützelt  haben.  521 ; 

nach  Pauius  woit  jucken  jm  die  ohrn. 

Dbdekisd  cliristl.  rilter  (1590)  88»; 

das  herz,  die  sinne  jucken:  juckt  dir  das  räudige  herz  noch? 
ihre  erblaszten  vvangen  reizen  dir  dein  schäumend  blut  nicht 
mehr?  Fb.  Müller  2,206; 

liebebewanderter  maoD,  und  liebekundiges  weib,  sprich: 

welche  von  zweierlei  pein  düuket  die  peinlichsie  dir? 
die,  wenn  du  inniglich  liebst,  allein  nicht  wieder  geliebt  wirst. 

und  das  andre  nicht  hehlt,   dasz  es  vergelten  nicht  kann? 
oder,  wann  inniglich  du  geliebt  wirst,  ohne  dasz  du  liebst, 

und  du  hehlen  es  muszt,  dasz  du  vergelten  nicht  kannst? 
ach  !  dort  juckt  dir  das  herz  ;  doch  Telilt  die  reibende  band  dir. 

aber  hier  reibet  sie  dich,  wo  es  dir  leider  nicht  juckt. 

Bi^BGER    111^; 

wie  ihn  alle  sieben  sinne  jucken !    Götbb  2,  93. 
ielhsl  von  dingen,  die  auszer  uns  liegen: 

die  Würfel  jucken  mich  schon  in  der  tascbe.    Göthe  41,68; 

er  mache  was  er  wolle  draus  ('liauszen)  ! 

das  jQckt  mich  nicht  ia  meinem  haus  (schiert  mich  nicht). 

Schiller  anthol.  71  Bülov. 

e)  dann  in  bezug  auf  solche  dinge,  mit  herrorhebung  des 
körfertheils,  den  sie  berfthren : 

kein  kummer  nagte,  keine  hofnung  juckte 

sein  welkes  herz.  Götter  1,  4oe  ; 

wurmstichig  war  die  ihür  und  hatte  spalten, 

und  Vorwitz  juckt  das  obr  der  guten  alten. 

WiELASD  22, 178  (Ober.  4, 57). 
f?itt  unlerdrücktevi  object:  es  ist  besser,  dasz  ein  übel  juckt, 
als  dasz  es  reiszt  und  zieht.   Göthe  29,  2S. 

f)  der  infinitiv  als  Substantiv:  polei  in  w asser  gesotten  und 
mit  warmem  wasser  gewaschen  vertreibt  das  jucken  der  haut. 
Täbernäm.  741;  das  jucken  der  äugen,  trachoma  Stei.nbach 
1,S17;  eine  härte  im  versbau  oder  in  der  spräche  erregte 
{bei  Ramler)  ein  sympathetisches  jucken  in  den  ungern.  Böt- 
TiGEB  litt,  zustände  2,119;  welches  jucken,  seine  belesenheit 
so  sehr  auf  Unkosten  seiner  Überlegung  zu  zeigen!  Lessi.ng 
8,19;  als  krankfieitsname :  das  jucken,  kleine  raud ,  pruritus, 
friclio,  Prurigo  M aaler  23S*;  sprichwörtlich:  mancher  geht  mit 
jucken  ins  bad  und  kommt  mit  der  kratze  wieder.  StJUiocE 
Sprichwörter  279. 

4)  jucken,  das  juckende  gefühl  erregen,  kratzen,  krauen,  schaben. 

a)  absi^ut:  jucken,  kratzen,  schaben,  scabere ,  scalpere,  fri- 
care,  perfricare  Maaler  23S';  jucken  tuht  sanft,  kratzen  thut 
weh,  Pruritus  tilillat,  attritus  et  a/frictus  dolorem  adfert  Stielee  902 ; 

dan  wie  ist  da  ain  rucken,  bücken, 

ain  schmucken,  jucken,  wann  jr  (flöhe,  die  weibei)  zucken. 

Fischart  dicht.  2, 97,3(ji8  K«ri; 
wann  die  (bultler)  ersehen, 
das  sie  (die  jmtyfiau)  vil  juckt  und  greift  nach  flöhen, 
so  scheuen  die,  sie  anzusprechen, 
auf  das  sie  nicht  flöh  erben  möchten.    101,3834. 

sprichwörtlich  jucken  und  borgen  thut  wohl,  doch  nicht  lange. 
SiHROCK  Sprichwörter  278.  * 

b)  reflexiv,  sich  jucken:  so  der  esel  sich  juckt  an  den 
rünen.  Keisersberg  bUg.  124*;  (kaiser  Hadrian),  der  in  das 
bad  kam,  und  ein  alten  freien  kriegsmann  fand  sich  an  der 
sleininen  wand  jucken  und  reiben,  weil  derseibig  kein  knecht 
vermocht,  der  seinen  wartete.  Fober  thierb.  54';  der  aussätzige 
mag  sich  jucken,  unsere  haut  ist  gesund.  Shakesp.  Warn/.  3, 2; 

das  sie  sich  mochten  mit  dem  rucken 

daselben  schaben,  reiben,  jucken. 

B.  Waldis  Esop  4,.'>7, 18; 
wenn  er  (der  moi>.\)  sich  schüttelte ,  las  ich  in  seinen  blicken 
den  herrlichen  beweis  vortrefflich  kommeniirt, 
den  einst  vom  Übergang  des  Schmerzes  zum  entzücken 
aus  gleicher  nothdurft  sich  zu  jucken, 
der  weise  Socrates  geführt.       faüaiEL  2,271. 

c)  transiiiv,  einen  jucken:  lasset  euch  den  ehrgeiz  nicht 
jucken,  ne  ras  litillet  yhria.  Stieler  902;  dem  wollt  ich  eure 
courage  nur  eine  stunde  in  die  glieder  wünschen,  dasz  sie 
ihm  da  unruhe  machte,  und  ihn  so  lange  neckte  und  juckte, 
bis  er  aus  der  stadl  luüszte.  Göthe  8,244; 


so  loben  sie  einander  selber, 

fleicb  wie  im  stall  die  jungen  kelber, 
a  «ins  das  ander  juckt  und  leckt. 

Ü.  Waldis  Efop  4,  57, 57 ; 
mit  angäbe  der  Wirkung: 

und  durften  sie  nicht  knicken 

und  weg  sie  jucken  nicht.    Göthe  12,111; 

die  haut,  den  arai,  die  kehle  jucken :  so  haben  sich  mehrere 
liebhaber  und  dilettanten  ihre  haut  jucken  lassen  um  sich 
solche  nachher  kratzen  zu  lassen.  Zelter  an  Göthe  1,233; 

ir  sült  die  kel  ouch  jucken  uiht, 
so  ir  ejzt,  mit  blöder  bant: 
ob  e;  aber  also  gescbibt. 
so  nemet  hovelich  daj  gewant 
und  jucket  da  mit. 

Tanhausers  tischtucht,  in  Haupts  zeilschr.  6, 491, 109 ; 
Melibeus  greift  der  Chloris, 
was  ihr  wol  thut,  wo  sies  juckt.    Fliii7«g  423; 

die  haut  beiszt  jn,  man  dörft  jm  sy  ze  jucken.  Maaleb  23S'. 
d)  von  dem  kitzeln  aus  lust: 

do  sach  ich  in  zu  sand  Moritzen 

einer  die  lient  gar  Ireuntlich  drucken 

und  darnach  in  eim  ermel  jucken,    fafin.  ap.  543, 18 ; 

umb  anders  nicht,  dann  umb  da;, 

daj  Eysengreyn  gejukei  biet 

Greduln  band  in  ganczer  lieb,    ring  43',  14. 

JUCK  ER,  m.  Wiegemesser;  vgl.  unter  jucken  1. 
JCCKGESCHWÄR,  n. ;   de    callo   vulgo   ein  juckgeschwär. 
Paracelsus  chir.  sehr.  618  A. 

JUCRICHT,  adj.  zum  jucken  geneigt,  oß  juckend:  das  juckicbte 
fleisch.  Philander  2,466;  juckiger  oder  grindiger,  scabidus. 
voc.  theul.  V.  14S2  bei  Leier  mhd.  handwörterb.  1, 1484. 

JUCKS,  JUX,  «j.  schmutz,  dreck,  nicJtts  wertes:  so  haben  sie 
meinen  herrn  einstmals  aus  verschiedenem  jui  und  Sieben- 
sachen, gassen,  kochsalz,  salpeter  und  was  weisz  ich  sonst 
noch  alles  vom  teufelskram  zusammengebraten,  geschmort, 
gekocht,  geschmolzen,  geröstet,  abfilthrt.  I]iiiEBa.AK.-<  Münchh. 
3, 169 ; 

liebe  mutter,  die  gespielen 

sagen  mir  schon  manche  zeit 

dasz  ich  besser  sollte  fühlen 

was  natur  im  freien  beut. 

bin  ich  hinter  diesen  mauern, 

diesen  hecken,  diesem  bui, 

wollen  sie  mich  nur  bedauern, 

neben  diesem  alten  jux.    Göthe  3,  59. 

das  wort  ist  in  Xiederdeulschland  und  im  östlichen  Mitteldeutsch- 
land heimisch;  düringisch  jucks  an  den  bänden,  klebender  schmutz; 
durch  den  jux  gehen  müssen,  wenn  die  slraszen  kolig  sind; 
und  hat  jedenfalls  seinen  allgemeineren  begriff  ausgebüdel  auf 
grund  eines  jucks,  räude,  kratze,  klebender  ausschlag,  das  seine 
nächsten  verwandten  hat  in  ahd.  jukido  prurigo,  Impetigo,  Scabies, 
ags.  gycc»  prorigo,  urido  cutis  (Haupts  zeiUchr.  5,196"),  gicda 
Pruritus,  gicenes  prurigo  (Leo  ags.  yloss.  558,  3S.  39),  mhd.  jucke, 
juck  prijri/i«  (DiEF.  nor.  gloss.  307*.  Schm.  1,  1201  Fromm.,  cutella 
der  juck  Dief.  165'),  zu  welchem  letzeren  es  sich  nicht  anders 
verhält  als  klaps  zu  klapp ,  taps  zu  tapp ,  knicks ,  knii  zu 
knick  u.  a. 

JUCKS,  JUX,  m.  spasz,  scherz,  lustbarkeit,  völlig  verschieden 
vom  vorigen,  und  lehnwort  aus  lat.  jocus,  aber  gewiss  schon  lange 
(vielleiclit  aus  der  spräche  der  fahrenden  cleriker)  aufgenommen, 
da  es  sich  weit  in  den  dialecten  eingebürgeit  findet :  Schweiz,  jugs 
lustiger  auftritt,  gelage,  als  'dorfworl'  Tobler  2S7';  elsdsz.  jux 
lust  Arnold  pfingstmont.  23 ;  buir.  jucks  lustiger  außritt,  gelage 
ScHM.  1,1201  Fromm.;  fcirn<n.  jucks,  jux,  freude,  Unterhaltung, 
lustiger  streich  Lexer  152;  rhein.  ire/terautscA  jucks,  jux,  gemein 
lustiger  spasz,  gemein  lustiger  außritt  Keurein  212;  rheinfr.  jiix 
scherz  Fromm.  5,  520,  18;  im  Koburgischen  jux,  jucks,  freude, 
vergnügen,  scherz,  lustiger  außritt,  gelage  2,192,19;  ebenso  hess. 
jux  scherz  Yilmar  187,  ift>  düringisch,  meisznisch,  schlesisch; 
niederd.  jux,  joks  (Schütze  2,195.  Schambach  95*  u.a.);  mit 
mancherlei  ableitungen,  namentlich  juxen  lustig,  munter  sein, 
verjuxen  (sein  geht)  verjubeln,  juxig  lustig;  es  heiszt  in  der 
spräche  des  gewöhnlichen  lebens  etwas  aus  jux  thun;  einen  jux 
machen ;  herr  feldwebel,  es  musz  sich,  derweil  wir  schliefen, 
t'in  dummer  junge  in  die  wacht  geschlichen  und  einen  jux 
mit  uns  verübt  haben.  Immebmann  .Vünchh.  1,33;  einen  jux 
will  er  sich  machen,  litel  einer  posse  von  Nestrot.  Keben  dieser 
form  ist  das  fremdwort  auch  als  jAk  aufgenommen,  so  düringisch, 
osterländiseh :  das  war  ein  rechter  jok  (spasz);  tuU  dem  dimin. 
jökel,  rhemfränkisch  (Fromm.  5,520,18),  gutlingisch  (Sciiamb.  vö'), 
vgl.  engl,  joke,   Holland,  jok;  und  endlich   /<ndet  sich   die  lat. 


2351 


JUCKSTERZ  —  JUDASKUSS 


JUÜASOHR  — JUDE 


2352 


form  bewahrt:  sullten  sie  nicht,  wenn  wir  diesen  jocus  un- 
willig aufnähmen,  sich  mit  einer  stillen  schiidcnfreudc  kitzeln. 
GöTHE  31,236. 

Das  nicderd.  jux:  einen  ju.x,  ju.xcn  machen,  jemanden  auf 
eine  listige  art  und  ircisc  übervorthciku,  prellen,  scliwänzelpfennigc 
machen  (Brem.  wörterb.)  ist  uol  aus  jux  =  spasz  erwachsen. 

JUCKSTEHZ,  H.  name  eines  biers;  aus  ^imueycn:  iiewinügisch 
juckslerz.  Garg.  5U';  aus  Lübeck,  zeitvertreibvr  (lOOS)  s.  159.  es  ist 
ein  imperativisches  ompositum  von  jucken  und  s[cr i  pcnis,  und 
veryleichl  sich  dem  namen  des  Merseburger  bitlcriiercs  streckeüsel. 

JLXKUiNG,  f  das  jucken  und  das  kratzen :  fx  urii/o  juckungc, 
niederd.  jockunge,  jockinge  Dief.  4ü9' ;  cutella  jockunge  Itiä" ; 
die  jückung,  prurigo,  pruritus,  liUtUitio,  mursus  urens,  tilillnns, 
pruriens  Stieleb  902. 

JUDAS,  der  name  des  Jüngers   der   Jesus    verriet,     er   heiszt 
der  arme  Judas  seit  alter  zeit,  wol  mit  rücksiciU  auf  sein  ende 
ah  folge  des  Verrates,  wie  man  den   zum  tode  verurtheilten  den 
armen,  uder  den  armen  sünder  nannte: 
bit  demo  brach  er  üaz  bröt. 
demo  aruiuii  Jude  er  i;  bot. 

.MÜLLKMUOFF    U.    ScUbKER    XXXill,    C  *,  11  ; 

weitere  belege  in  den  anmerkungen  zu  dieser  stelle,  ein  geist- 
liches Volkslied  des  15.  jh.,  jedenfalls  aus  einer  passion,  beyann : 

o  du  armer  Judas 

was  basm  getbau.    BöuaE  altd.  liederb.  (1877)  no.  539' ; 

es  ward  auch  als  spoitlied  für  solche  die  in  schwere  bediänynis 
kamen  gesungen,  daher  einem  den  armen  Judas  singen,  ihn 
höhnen :  als  uu  der  geist  Fausto  den  armen  Judas  genugsam 
gesungen,  ist  er  wiederum  verschwunden  und  hat  den  Faustum 
allein  ganz  melancholisch  und  verwirrt  gelassen,  hisloria  dr. 
Joh.  l-'auslen  s.  1061  Scheible;  aber  auch  von  dem  bedrängten  selbst, 
den  armen  Judas  singen,  in  groszer  not  sein : 

den  arnien  Judas  niuszt  du  singen 

gar  bald,  mein  lieber  Friez, 

vielleichi  gar  über  die  klinge  springen, 

dich  wild  brennen  die  biez.    Opkl  u.  Oohn  63, 11. 

Der  name  Judas  wird  gebraucht  für  einen  heimtückischen  menschen 

überhaupt : 

swelcli  man  gen  wiben  also  tuot  (sie  an  der  ehre  schädigt), 

der  hat  lUr  war  wol  Judas  muot, 

Sil  er  untriuwe  an  dem  begäi 

der  sich  gar  an  sin  triuwe  lät. 

LicuTENSTEiN  tirouwen  buoch  632,  19 ; 

er  handelt  wie  ein  Judas;  er  ist  ein  wahrer  Judas; 

lUo  (su  )lax).    schreib  —  Judas!    Schiller  Piccul.  4,7; 
auch  für  fatschheU,  heimlücke:   er  wuszte  sich  aber  doch  bis- 
weilen einen  sehr  groszniüthigen  anstrich  zu  geben,  und  war 
doch  nichts  als  Judas  dahinter.  Lenz  1,  231. 

JL'DASBAIM,  m.  cercis.  Nemsich. 

JÜUASBELTEL,  m.  beulet  des  Judas  Ischarioth  {Joh.  13,29); 
froäitionis  praemium.  Stei.nbacii  1,102;  als  bild  für  verlangen 
nach  schnödem  gewinn:  er  (Luther)  wil  uns  al  reich  machen 
mit  dem  glauben  an  Jesum  Christum,  des  kan  VVitzel  nicht 
auswarlen  (ubuurten),  er  sihet  in  rem  presentem,  nach  dem 
Judasbeutel.  Aiberus  widder  Witzeln  C  4'. 

JLUASBULDEU,  m.  falscher  bruder,  falscher  duz  freund:  damit 
er  sich  vor  diesem  Judashruder  ein  wenig  vorsehen  solle. 
üimpl.  1,195  Kurz. 

JIDASGKISZ,  m.  infida  salulatio.  Stieler  713. 

JIDASJAGEN,  verb.  für  lärmend,  unsinnig  jagen :  wann  man 
ausz  deiner  nasen  ein  leilcr  macht,  das  man  ein  vasz  voll 
treck  daran!  inn  keller  ziehe,  und  di'in  hals  zum  schlauch, 
zam-ablasz,  da  würden  sich  die  hufen  recht  regen,  als  wann 
die  wirt  mit  der  ketten  im  fasz  rumpeln  und  die  drusen 
juda*>jagcn.  Garg.  135";  nach  eimin  katholischen  brauche,  durch 
welchen  man  in  der  tnarterwocite  dem  Unwillen  gegen  den  schnöden 
Judas  ausdruck  gab:  in  der  martcrwochen  jagt  man  drei  nücbt 
nach  einander  den  Judas,  fiu»ler  in  der  rumpelmetlen  mit 
bauimern,  steinen,  schlügeln,  klüpreln,  kolhen,  stecken,  pol- 
teren, stuszen  und  klopfen,  so  unsinnig  als  stiirinten  die 
Icufcl  das  fcgfeur.  bienk.  150*;  daran  ist  nil  grosz  macht 
gelegen,  minder  als  am  judasjagen  in  der  rumpelmelten.  90*. 

JUDASJAGIG,  aJ/. .•  jiiilasjagige  lelscher.  Garg.  17*. 

JUDASKUSS,  »I.  falscher  kuss,  wie  ihn  Judas  Jesu  gab  (vgl. 
Malth.  26, 4* /f):  falscher  sivc  Judaskuss.  mri  tu  utc.  (vi  m 
eorde.  Stikler  1049; 

OiK<'ti'iM'ii  ii:h  Kckbiist  hAn, 
■  l  ni*  «erbi'M  kau. 

kiM   den  Jllll/11   iriioc, 
'  apiitbet  noch  güiiuuc.     l'ati.  (>M.  VJ  , 


und  reich  ihm,  ebenso,  wie  mir,  viel  Judasküsse. 

GöRiNc  tiebesmcyenblitmt.  (1654)  102; 
erstanden  ist  der  II.  iiusz. 
so  verralbca  ward  durcli  Judaskuss. 

Wellkr  licder  des  ZOjähr.  kricQs  )U. 
als  schelle  für  eine  person: 

er  spracii :  du  valscher  Judaskuss, 
du  untreus  weib  und  feige  haut. 

Keller  enählungen  328, 13. 

JUDASOlin,  n.  name  einer  ostindischen  ftuszschnecke ,  vuluta 
auris  Judae,  und  eines  aßermooses,  tremellu  auricula. 

JUDASÜHKLELN ,  n.  ein  schwamm,  peziza  auricula,  amh 
Judasschwamm. 

JUÜASSCHWEI9Z,  m.  von  einem  starken  angstschweisze : 
Ulysses  spracli  (zum  linliii):  (ur  solciic  wacht, 
wird  dir  eiiiiicli  der  lohn  gebracht, 
das  man  dich  in  heisz  wasscr  tault, 
und  die  federn  gar  kalil  uiiszraul'l, 
am  spiesz  Judassciiweisz  schwitzen  lest, 
so  ziei'stu  denn  das  braten  lest. 

Iruschmäiis.  Ei'  (1, 1,6). 
JUDASZUNGE,  f  falsche  zungc: 

tat  uns  liirbasz  werden  fruni, 
und  nieincr  folgen  falschen  raten, 
dasz  wir  von  uiiserm  herren  treten ; 
wann  sie  haut  Judaszuiigeii, 
drumb  sin  wir  abgesprungen 
als  ein  base  vome  guiii. 

LiLiEMCRON  hislor.  votksl,  1,  194'. 
JUDE,  m.  Judaeus. 

1)  der  fremde  eigenname,  der  im  lateinischen  gewande  zu  uns 
kommt,  bürgert  sich  unter  einßusz  des  alten  deutschen  betonungs- 
gesetzes,  das  den  hochton  auf  die  Stammsilbe  legt,  als  Juden  und 
Judo  im  ahd.  bei  uns  ein,  atls.  Judeo  und  Judco,  fries.  Jollia 
(IticiiTiioFEN  130*,  16).  von  der  crstcien  form  geht  das  mhd.  jüde 
aus,  das  wie  das  daneben  bestehende  Jude  seinen  Charakter  als 
ciyennamen  häufig  verwischt  (s.  unten),  sich  lange  hält  und  mund- 
artlich noch  heute  dauert: 

siiit  biese  Juden  des  tiiivels  rüden, 
wes  rüden  siul  denne  geloufle  jüden?    Renner  23314; 
hosanna  singt  man  ihm.    es  spreitet  mancher  jüde 
die  palmen  auf  den  weg,  weil  könipt  der  rechte  friede. 

P.  Fleming  6 ; 

ein  jüd,  Ebreer.  Alb.;  hei  den  jüden  im  alten  testaineiit 
Sciiupi-iüs  354. 

2)  Jude  heiszt  sowol  der  bewohner  des  jüdischen  landes  im  allen 
testament,  als  der  von  dort  vertriebene,  der  eigene  art  und  eigenen 
glauben  sich  bewahrt  hat:  jud,  Judaeus,  apclla,  reculilus,  Hebraeus 
Dasyi*.  ;  rücksichtlich  des  glaubens  werden  die  Juden  mit  Christen 
und  beiden  als  Vertreter  der  drei  hauptreligionen  zicuninn,'!!,;,  ^irllt 
(vergl.  sp.  800) : 

all  Christen,  Juden,  beiden 

dies  leid  möclit  wol  erbarmen.    Altswert  222,20; 
und  dasz  ein  jeder  auch,  er  wer'  auch  wrr  er  werc, 
ein  Christ,  ein  jüd  und  hcid  und  soiistuu  andrer  lehre, 
da  könte  sicher  stehii      Ü.  v.  u.  Werder  .4)ius(  16.15,0; 

aber  zugleich  wegen  ihres  glaubens  ychaszt  und  lenibscheut : 

s6  sül  wir  von  uns  scheiden 

Juden,  ketzer,  beiden,     lienner  253 , 

ich  haue  iucb  luden  sunder  mäse, 

umb  den  gelouben  swert  der  kristcn  trag  ich  bar, 

in  herze,  in  haut,  die  wile  ich  lebe, 

vride  üi  gen  in!       minnes.  3,351*  Hagen; 

ir  Juden  und  ungläubigen  hünü, 

koiidien  jr  gleich  noch  eini.-^t  so  vil  fündi, 

mneszeiid  jr  dennoch  sterben  in  ewigkeit, 

dan  jr  houd  vcihnigiiet  'die  Christenheit. 

N.  Mamel  337  Ciiiincisen. 

Die  sociale  und  rechtliche  Stellung  der  Juden  ist  gcdrücJit  (vgl.  die 
ausführlichen  uaclineisc  bei  Halt.ms  iim  ff.),  uvnn  sie  auch  dem 
schlitze  des  reiches  unmittelbar  unterstehen  und  dessen  kaminer- 
knechte  heiszen  (vgl.  th.  b,  sp.  12A  und  Sehwaben  Spiegel  urt.  214): 
sie  müssen  sich  durch  em  abzeichen  iJircr  kleidiiny  absondern : 
dasz  die  jüden  einen  gelben  ring  an  dem  rock  oder  kapfeii 
allenihalhen  unverhurgen,  zu  ihrer  erkandnusz,  öfTentlidi 
tragen.  Augsburger  reform,  guter  polizei  (l53o)  X.XII,  1:  und 
gesondert  wohnen,  vgl.  judengasse.  judenviertel.  eine  schimpf- 
liche todesstrafe  wird  an  Vinen  vollzogen,  indem  nuin  sie  Ivi  den 
fnszen  aupiängt:  ao.  1462  am  tage  Malhiti  ward  zu  il  " 
Jude  Abraham  genannt,  wegen  dieberei  zum  gaigcn  mth 

und  weil  er  sich  nicht  wolle  taufen  lassen,    nach  d.i; ,,  > 

inainer  mit  einer  ketten  hei  denen  füszeu  nnrgehangcn,  und 
neiieii  ihm  ouf  jeder  seile  ein  hund  aufgrlienkl.  DnETiiAcrr 
Saalcrfif  2,  .'»12;  trag  in  wie  man  die  Juden  henkt,  den  köpf 
under  »ich  wie  den  sauen.  Garg.  134*; 


2353 


JUDE 


JÜDELEI  —  JUDENGASSE 


2354 


etliche  (ßi>lit)  bieng  man  an  die  füsx 
gleich  wie  die  Juden,  zu  verdriesz. 

ftöhliaU  S21  Scheible. 

3)  von  ihren  schlimmen  eigenschaßen  werden  namentlich  ihre 
unreinlichkeit ,  sowie  ihre  gewinnsucht  und  ihr  wuchersinn  in 
mannigfachen  Wendungen  betont,  sclimierig  wie  ein  alter  Jude; 
er  stinkt  wie  ein  Jude;  daran  angelehnt,  schmecken  wie  ein 
Jude,  widerlich,  und  verstärkt  schmecken  wie  ein  todter  Jude : 
man  musz  euch  vor  (zuvor)  die  gurgel  schmieren,  es  schmackt 
sonst  ohn  schmalz  wie  ein  toder  jud.  Garg.  216*;  ein  kraut 
SU  nicht  gesalzen  schmeckt  wie  ein  todter  judt.  Lehmann  149; 
wuchern,  betrügen,  leihen,  borgen  wie  ein  Jude;  daraufgeben 
wir  nichts,  darum  leihet  kein  jud  noch  pfaflf  drauf.  Fiscbart 
bienk.  92';  Is  were  groszer  mangel . .  an  Juden,  drumb  wucher- 
ten die  Christen.  Zinkgref  apopläh.  1,329; 

ich  iian  nichz  kauren  mit  lerer  haut, 

so  leiht  mir  atich  kaiu  jiid  on  plant,    fasln,  sp.  784,*32; 

wer  wenig  bhalt,  und  viel  verthut, 

der  darf  nicht  stahn  iiin  sorgen, 

das  man  zu  letst  verganut  sein  gut, 

kein  jud  thut  draul  nicht  borgen.    Garg.  93'; 

sie  (die  liebe)  giebt  der  deutschen  männlichkeit 

die  sanfte  Schmeichelei  heim  küssen, 

den  heiligen  die  lüsternbeit, 

und  auch  den  Juden  ein  gewissen.    Hagedorn  3,  41. 

4)  sprichwörtliches,  willst  du  einen  Juden  betrügen,  must 
du  ein  Jude  sein,  es  gehören  neun  Juden  dazu  um  einen 
Baseler  und  neun  Baseler  um  einen  Genfer  zu  betrügen, 
trügt  ein  Jude  den  andern,  ein  pfaffe  den  andern,  ein  weih 
das  andere,  so  lacht  gott  im  himmel.  Simrocr  sprichw.  279; 
er  ist  ärger  als  ein  jüde,  Judacum  astuliis  et  fraudibus  longe 
superal.  Stieler  902; 

auch  laszt 
den  rater  mir  vom  halse,   jud  ist  Jude, 
ich  bin  ein  plumper  Schwab.    Lessing  2,225; 

Wormser  Juden,  gute  Juden.  Pistorils  thes.  par.  4,  23;  schlägst 
du  meinen  Juden,  schlag  ich  deinen.  Simrock  279. 

5)  unter  Jude  wird  auch  blosz  der  hausirende  handelsjude 
verstanden:  etwas  beim  Juden  kaufen,  verkaufen;  der  Jude 
schachert;  sprichwörltich  fürs  gewesene  gibt  der  Jude  nichts; 
der  Jude  in  seinem  winkel  {auf  einem  schiffe)  und  mit  seinem 
zwerchsacke  an  der  achsel,  den  er  ja  nicht  ablegte ,  muszte 
viel  leiden.  Hebel  2,136; 

aber  wie  es  abend  ward, 
gieng  der  Jude  durch  den  wald, 
mit  groszem  sack  und  langem  hart. 

Rückert  'vom  bäumlein  das  andere  blätter 
hat  gewollt'. 

6)  auch,  abgesehen  von  der  religion,  der,  welc'ner  gewinnsüchtig 
und  wucherisch  verfährt,  wird  ein  Jude  gejiannt:  ein  unbeschnit- 
tener Jude;  bedenkt  doch  nur,  zwanzig  prüttnt  nimmt  der 
ailerchristlichste  Jude.  Lessisg  1, 483;  nein,  der  henker!  es 
gibt  doch  wohl  auch  Juden,  die  keine  Juden  sind.  339;  ich 
habe  jetzt  wegen  des  musenalinanachs  mit  dem  Juden  buch- 
händler  ordentlich  contrahirt.  Schiller  o»  Göthe  1, 23 ; 

denn  der  kipp-  und  wipper-ordn 
sind  nur  juiln  und  Zöllner  wordu, 

da  ist  kein  christlich  lieh.    Opel  u.  Cou.'<  424; 

in  bezwj  auf  solche    wuclierische   gesinnung   werden   Juden    und 
Christen  gelegentlich  neben  einander  gestellt: 

das  alt  Sprichwort  sagt :  judn  und  Christen 

bund  und  katzen  auf  einer  misten.    II.  Sachs  5,232''. 

7)  der  ewige  Jude:  so  ergriff  ich  den  wunderlichen  einfall, 
die  geschichle  des  ewigen  Juden,  die  sich  schon  früh  durch 
die  Volksbücher  bei  mir  eingedrückt  hatte,  episch  zu  be- 
handeln. GöTiiE  25,309  {mit  ndfierer  angäbe  des  zu  behandeln- 
den Stoffes);  als  biid  eines  unruhig  uniherziehenden  menschen: 
{ein  empfehlunysschreibcn)  worin  er  . .  die  gründe  nochmals  aus- 
einandersetzte,  warum  er  von  der  unbequemen  bedingung, 
die  ihn  zum  ewigen  Juden  stempelte,  bald  möglichst  befreit 
zu  sein  wünsche.  21,  21S. 

&)  einige  handuerksleute  hieszen  die  jungen,  welche  noch  nicht 
gesellen  waren,  Juden,  weil  sie  nach  ihrer  ceremonie  im  gesellen- 
machcn  noch  nicht  getauß  waren.  Frisch  1,492*. 

9)  Jude,  'ein  gedieht',  commentum,  figmentutn,  fabula,  einem 
eiiit'u  Juden  anhengen,  fucum  facere.  Scuo.-tsLEDER  prompt,  bei 
ScHM.  I,  1202  Fromm. 

10)  Jude,  ein  stachlichter  hart;  so  osterldndisch :  ich  habe  einen 
wahren  Juden  im  gesiebt,  musz  mich  halbieren  lassen,  ost- 
friesisch ist  Jude  eine  mahlzeit  ohne  ßeischspeise.  Fromm.  4,  t32,b2. 
rheinisch  heiszt  jude  ein  theil  des  rückgrats  eirtes  Schweines,  in 
Schwalbach  sobkI  als  rückgral  überluiupf.  Kehrein  212. 

IV.  n. 


.ILDELEI,  /".  das  jiideln,  namentlich  im  sprechen  und  handeln: 
jüdelei,  nimium  Uteri  Studium,  modus  negotiandi  judaicus,  jüdelei 
treiben,  nimium  affectare  pretium.  Stei.xbach  l,  817. 

JLDELN,  verb.  die  art  eines  Juden  ößers  zeigen;  so  nament- 
lich im  sprechen:  er  jüdelt;  man  merkt  an  dem  jüdcln  in 
seiner  spräche,  welcher  abkunft  er  ist;  aber  auch  im  handeln: 
m  Tirol  jüdeleu  im  verkaufe  betrügen,  wacher  treiben.  Fromm. 
6, 160 ;  in  Vorarlberg  unpersönlich,  der  handlungsweise  eines  Juden 
ähneln:  so  tür  veiköfa,  jiJdelat.  3,305;  endlich  bezüglich  des 
geruchs :  '}üdeh  nach  einem  Juden  riechen,  ebenda;  fcoirtsiA  Juden, 
judnen,  jttdeln  nach  Judenmanier  handeln,  und  einen  geruch  an 
sich  haben,  wie  manche  Spürnasen  ihn  an  gemeinen  Juden  wittern 
wollen.  ScHM.  1,  1202  Fromm.;  hennebergisch  -  fränkisch  jüdern, 
wie  ein  jude  oder  nach  Juden  riechen.  Fromm.  2,  460. 

JUDEN,  verb.  die  art  eines  Juden  haben,  namentlich  im  handeln. 

ScBM.  vgl.  unter  jüdeln;  er  judet  ärger  als  ein  jude.  Adelung. 

JUDENANLäGE  ,  f.   Veranlagung  der  Juden   zur   Steuer:   zu 

einbringung  der  judenanlag  sollen  die  verordnete  einnehmer.. 

Qeisz  fürwenden,  abschied  des  reiclistags  zu  Speier  1544  §  62. 

JUDENAPFEL,  m.  citrus  decumana,  paradiesapfel  {von  den 
Juden  zum  laubhüttenfesle  gebraucht):  die  frembd  frucht  der 
wolriechenden,  schönen ,  goldtgelben  citronaten  oder  judea- 
öpfel.  Ryff  teutsche  apothek  (l548)  102*. 

JUDENBART,  m.  bart  eines  Juden;  auch  groszer  bart  nach 
art  eines  Juden. 

JUDENBAUM,  m.  ihamnus  paliurus,  judendorn. 
JUDENBEKEHHER,  m.  der  Juden  zum  ehristenthume  zu  be- 
kehren sucht. 

JUDENBEKEHRUNG,  f. 

JUDENBENGEL,  m.  Schimpfwort  ßtr  einen  jüdischen  knaben 
oder  jungen  mann. 

JUDENCHRIST,  m.  christ  jüdischer  abkunß :  judenchristen 
und  heidenchristen  {in  der  ältesten  christlichen  kirche) ;  der  juden- 
christ  {ein  gelaußer  jüdisclier  speculant).  J.  Paul  leb.  Fibels  7.  S.  9. 
JUDE.NDEUTSCii,  n.  deutsch  wie  es  die  Juden  sprechen,  mit 
hebräischen  bestandtheilen  versetzt:  indem  ich  mir  das  barocke 
judendeutsch  zuzueignen  und  es  eben  so  gut  zu  schreiben 
suchte,  als  ich  es  lesen  konnte.  Güthe  24,  197. 

JUDENDOCKE,  physalis  alkekengi,  Solanum  halicacabum,  vul- 
gare, weil  die  fruchte  dieses  gewächses  einem  köpf  mit  rotem 
Schleier  gleichen  (Frisch  1,492*);  oß  im  dimin.  judendückleia: 
judendöcklein,  rot  nachtschalten,  Solanum  He.msch  721 ;  juden- 
döcklein ,  schieben ,  hüffen  (oder  hagebutten)  und  hespelein 
{werden  zu  einem  puUer  gebraucht).  Houberg  3, 1,  207*.  verderbt 
Judendecke:  Judenkirschen  oder  judendecken  haben  eine 
weisze  wurzel.  4.iO";  judendeckel  Nemnich. 

JUDENDORN,  wi.  rhamnus  paliurus,  weil  nach  der  sage  die 
Juden  aus  diesem  dorn  die  kröne  Christi  flochten. 

JUDENEID,  m.  der  nach  bestimmten  Vorschriften  und  formein 
von  den  Juden  zu  leistende  eid.  tgl.  über  den  allen  judeneid 
bei  Müllenuoff  «.  Scherer  zu  no.  100.  Schwabensp.  cap.  215; 
so  setzt  ich  mich  in  stand,  in  folgender  lebensbeschreibung 
kapitel  die  aus  ausgezogenen  blättern  ausgezogen  waren, 
gleichsam  wie  mit  judeneiden  und 'Urkunden  zu  verbriefen. 
J.  Paul  leben  Fibels  s.  9. 

JUDENFEDER,  f.  ein  binsengras,  eriophorum  pdystachion. 
JUDEN  FISCH,  m.    squulus  zigaena,  der  hammer  fisch,  wegen 
der  ähnlichkeit  seines  kopfes  mU   einer   eigenthümlichen  jüdischen 
kopftracht. 

JUDENFRAGE,  f.  die  frage  wegen  der  politischen  und  sozialen 
Stellung  der  jaden. 

JUDENFRAU,  f  frau  eines  Juden,  jüdische  frau. 
JUDENFUHRE,  /.    nannten    die   fuhrleutc   den  Iransport  der 
Judenäpfel  aus  Italien  nach  Deutschland,  zum  ausschmücken  der 
lauberhUten,  der  schnell  geschehen  muste  und  gut  bezahlt  ward. 
Jacobs.sos  5,  23*. 

JUDENGASSE,  JÜDENGASSE,  f  gasse  in  welcher  im  miUel- 
alter  die  Juden  abgesondert  wäinen  muslen :  der  zustand  der 
judenstadt  {zu  Frankfurt  a.  M.),  eigentlich  die  judengasse 
genannt,  weil  sie  kaum  aus  etwas  mehr  als  einer  einzigen 
strasze  besteht,  welche  in  frühen  Zeiten  zwischen  Stadtmauer 
und  graben  wie  in  einem  zwinger  mochte  eingeklemmt  sein, 
Göthe  24,236; 

ein  abgetragnes  kleid  ziert  nur  die  judengasse. 

GfiNTHER    lÜU3. 

an  vielen  orten  noch  heute  ijassenname,  obschon  die  Juden  längst 
daraus  verschwunden  sind.  —  Büdlich ,  von  etwas  eng  an  ein- 
ander geklebten :  Fichte  üel  nicht  erst  den  kritischen  Kaiil  logisch 

148 


2355      JUDENGEMEINDE  —  JUDENKIRSCHE 


JUDENKNABE  —  JUDENSCHULE 


2356 


an,  sondern  liesz  ihn  mit  seinem  leUrgeliäude  stehen,  und 
stellt«  blos  ein  frisches  danelien ;  so  wie  wieder  Schelling 
seines  neben  dieses,  und  so  entstehen  am  ende  die  ansehn- 
lichsten judengassen  von  Ichrgebauden.  J.  Paul  kleine  bücher- 
schau 1.  2». 

JUDENGEMEINDE,  /".  gemeinde  von  Juden  in  einer  sladt. 

JUDENGENOSSE,  m.  genösse  der  Juden  nach  art  und  glauben: 
weh  euch,  schriftgelerlen  und  phariseer,  jr  heuchler,  die  jr 
iand  und  wasser  umbziehet,  das  jr  einen  jüdenossen  (Variante 
Judgenossen,  judgnossen,  jiidegenossen)  machet.  Matlh.  23, 15 
[7ipoiT;?.vTOv);  Juden  und  jiidegenossen.  apostelgesch.  2,  11 
'lovSfüoi  TS  xat  7iQosi^/.vroi) ;  und  erweleten  .  .  Nicolaum 
den  jiidegenossen  von  Äntiochia.  6,5.  in  freier  anwendung: 
ein  lied,  allen  falschen  und  leich  münzern,  küppern  und 
ihren  säubern  lottgesellcn  den  Juden  und  judengenossen  zu 
ehren  gestellet.  Weller  tieder  des  30j.  kr.  U5 ;  Iffland  .  .  ver- 
sicherte mich,  dasz  Jüdinnen  und  judengcnosseu  eigentlich 
die  theaterraeinung  im  Schauspiele  regierten.  Böttiger  litt, 
iust.  2, 103. 

JUDENGESETZ,  u.  ein  die  Juden  betreffendes  oder  sie  ver- 
pflichtendes qest'lz. 

JUDENGESIND,  n.  judengesellschaß,  judenvolk  in  verächtlichem 

sinne  (auch  nach  Jude  6): 

all  vraareu  theuer  sind, 

das  maciits  judengesind, 

die  kippcr  durch  die  weit.    Opel  u.  Cohn  401. 

JUDENGESINDEL,  JUDENGESLNDLEIN ,  n.  ebenso:  das 
wellverlaufene  und  an  seinem  erlöser  treubrüchige  jüdenge- 
sindlein.  Neumark  neu  spross.  teutsch.  palmbauni  2 ;  es  läuft 
jetzt  viel  Judengesindel  in  der  stadl  herum  ;  das  Judengesindel 
macht  sich  breit. 

JUDENGLAUBE,  m.  .•  jüdenglaube,  Judaismus  Stieler  665. 

JUDENGOTT,  «i.  der  gott  der  Juden,  Jekovah. 

JUDENGREUEL,  m.  was  dem  Juden  ein  greuel  ist,  benennung 
des  Schweines:  ich  bin  nicht  würdig  ihre  excremente  zu  be- 
riechen, welche  ehre  doch  sonst  wol  einem  vierfüszigen  juden- 
greuel  wiederfähret,  alamod.  technol.  iuterim  349. 

JUDENGROSCHEN,  r?j.  ein  sdchsisciter ,  im  15.  und  16.  jh. 
geprägter  groschen,  der  den  im  sächsischen  wappen  befindlichen  juden- 
kopf  mit  dem  spitzen  hut  zeigt. 

JUDENHARZ.  n.  bilumen  asphaltum,  judenpech,  judenleim. 

JUDENHAUBE,  f.  eine  frauenzimmerhaubc  der  Augsburger 
Iracht.  Jacobsson  C,  17 1'. 

JUDENHAUS,  n.  l)  haus  eines  Juden,  haus  wo  Juden  wohnen: 
er  ist  so  willkommen  wie  ein  ferkel  im  judenhaus.  Simrock 
sprichw.  s.  2"ü. 

2)  judenhaus,  synagoga.  Stieler  log. 

JUDENHEIT,  f.  jü4ische  art;  auch  die  gesamtheit  der  jaden 
(gebildet  wie  Christenheit):  von  ihm  (dem  Juden  Epliraim)  zu 
erzählen ,  wird  mir  ein  spas  sein,  bald  hab  ich  das  bedeu- 
tende der  judenheit  zusammen.  Göthe  an  frau  v.  Stein  2,  258. 

JUDENHOCHZEIT,  f.  hochzeU  bei  Juden. 

JUDENHUT,  m.  l)  hut  von  der  form  und  mit  den  abzeichen, 
wie  ihn  die  Juden  im  mittelaller  tragen  muslen  (vgl. '^aie  2) :  wer 
da  funlen  wirt  für  ein  wacherer,  der  sal  drye  sondage  vor 
dem  ambl  geen  mit  deme  wichwasser  um  die  kirchin,  wollen 
und  bajfusz,  und  ein  judenhut  uff  han.  weisth.  1,504  (Seligen- 
stadt.  V.  139U). 

2)  Pflanzenname,  und  hier  auch  im  dim.  judenhülchen,  judeu- 
hütlein,  von  rhamnus  paiiurus,  judendorn)  impaticns  nolitangerc, 
Springkraut;  physalis  alkekengi,  judendocke. 

JUDENISCH,  adj.  jüdisch:  do  nu  sant  SiUester  der  hobest 
mit  sinre  pfafheil  und  die  judensche  meistere  für  den  keiser 
koiiient.    d.  stadtechron.  8,  363,  25. 

JLDENJUNGE,  «».  reraclaliche  bezeiclinung  einet  judenknaben 
oder  »ines  jüdischen  jungen  mannes. 

JL' DEN  KAPPE,  f.  kapjien-  oder  mülzenartige  kopfbedeckung  der 
Juden  im  mittelalier  (vgl.  unter  jiMe  2).  jetzt  eint  enganliegende 
kopfbedeckung,  die  orthodoxe  Juden  unter  dem  hüte  tragen. 

JLÜENklND.  n.  ktnd  ton  Juden. 

JUDENKIRCHE,  f  synagoje:  vor  zelten  auch  inn  der  juden- 
kircben  genossen  die  leien  nichts  uberal  vonn  den  trank- 
opfern, aJlein  die  pricsler  genossen».  Fischaht  bienk.  Vi'. 

JUDENhIRCHHOF,  m.  begrabnuplatz  der  judcn. 

JLDLNKlUstllE,  f  fruehl  und  pflanze  von  physalis  alkekengi, 

",■*■■•"{■■■ ' !■  •■'■ut:  haluacabum  Judenkirschen,  judcniiütlcin, 

.  'i'ri'      auch  corniu  matciila,  komelktrsche. 


JUDENKNABE,  m. 
JUDENKNASTER,  m.  ; 

vergebens  trink  icli  Bergster  bier, 

und  schmauche  judenknasier. 

(iie  wetiergrillen  tödiei  hier 

kein  pulver,  trank  noch  pflaster.    Voss  6, 126. 

JUDENKOPF,  m.  l)  köpf  eines  Juden:  Schlauheit  wohnt 
in  einem  judenkopfe. 

2)  nach  dem  geprdge  ein  Judengroschen  (s.  d.). 

JUDENKRAUT,  »i.  stachys  annua,  jährige  rossnessel,  hexen- 
kraut;  auch  achillca  millefolium,  Schafgarbe. 

JUDENLAND,  n.  Iand  der  Juden,  oder  auch  Iand  wo  viele 
Juden  wohnen :  Polen  ist  ein  rechtes  Judenland.    , 

JUDENLEBER,  f.  leber  eines  Juden: 

thiit  auch  drachenschuppen  dran, 

hexcnnitimieii,  wolfeszahn,  .  .  . 

Judenleber,  zieL'enKall, 

eibenzweige,  abgerissen 

bei  des  niondcs  tinsteruissen.    Schillbk  Uacb.  4,3 

{bei  Shakcsp.  Macb.  4, 1  livcr  of  blaspheniing  jew). 
JUDENLEIM,  m.  judenharz : 

judenleim,  ein  harzigs  wesen, 

findet  sich  im  tudten  mcur.    Orockes  9,91. 

JUDENLÜMMEL,  m.  Schimpfwort  für  einen  flegelhaßen  Juden. 

JUDENMÄDCHEN,  n. 

JUÜENMAUSCHEL ,  m.  Schimpfwort  für  einen  Juden ,  sieh 
mauschel:  ein  Hebräer  aus  dem  sundgau  ging  jede  woche 
einmal  in  seinen  geschäften  durch  ein  gewisses  dorf.  jede 
woche  einmal  riefen  ihm  die  muthwilligen  büblein  durch 
das  ganze  dorf  nach:  jud!  judi  judenmauschel  I  Hebel  2,  253; 
auch  judenmausche:  wenn  ihr  uns  nichts  mehr  gebt,  so  sagen 
wir  auch  nicht  mehr  judenmausche.  ebenda. 

JUDENMÜNZE,  f :  jüden-  sive  beschnittene  münze,  pecunia 
accisa,  arrosa.  Stielkr  1309. 

JUDENMÜTZE,  /.  mutze  wie  sie  die  Juden  tragen  musten ; 
vergl.  judenkappe;  mutze  mit  breiler  pelzverbrämung.  CAHfE. 

JUDENNADEL,  f  judenstein. 

JUDENNUSZ,  f  staphylea  pinnata,  klappernusz,  plmpernusz. 
auch  judennü«Z('hsn,  judennüszlein. 

JUDENPAPPEL,  /■.  corchorus,  muspflanze,  pappclkohl. 

JUDENPECH,  »1.  bitumen  asphaltum,  judenharz,  judenleim 

JUDENPFEFFER,  m.  laurus  pimenta.  Nemnich. 

JUDENPILZ,  Hl.  boletus  luteus:  judenbilze  sind  fahl  und 
garstig,  wachsen  gern  im  wciszen  moos ,  haben  sehr  dünne 
stiele.  Frisch  1,  492'. 

JUDENPREDIGT,  f.  concio  pro  Judaeis.  Stieler   1471. 

JUDEN  RICHTER,  wi.  richter  über  die  Juden;  es  war  im  alten 
römischen  reiche  eine  würde  des  erzkanzlers .  des  kurfürsten  von 
Mainz.  Frisch  1,  493". 

JUDENRINGLEIN,  «.  ringlein  wie  es  die  Juden  als  abzeichen 
auf  der  brüst  oder  dem  hut  (vgl.  Jude  2)  tragen:  etlich  (mönche) 
füren  judenringlein  auf  der  brüst ,  die  andern  zw«  Schwer- 
ter kreizweis  zu  kreuzstreich  darauf  geschreukt.  Fiscuart 
bienk.  29*. 

JUDENSCHAFT,  f.  1)  jüdische  art,  Zugehörigkeit  zum  volke 
der  Juden:  es  ist  recht  löblich  ein  polnischer  Jude  sein,  der 
handeischaft  entsagen,  sich  den  musen  weihen, . . .  wenn  man 
aber  in  allem  zusammen  nicht  mehr  leistet,  als  ein  christ- 
licher ^tudiant  en  helles  leltres  anch,  so  ist  es,  däucht  uns, 
übel  gethan,  mit  seiner  judeuschafl  ein  aufsehen  zu  machen. 
Göthe  33,41. 

2)  gesamtheil  der  Juden:  da  Jotham  die  jüdenschaft  strafen 
wolle,  da.sz  sie  seines  vatlern  so  bald  vergessen.  Schuppius 
827 ;  was  der  grusze  kaiser  Napoloun  wegen  der  Judenschaft 
in  Frankreich  und  dem  kunigreich  Italien  verordnet  und  ver- 
anstaltet hat.  Hehel  2,67;  die  Judenschaft  einer  stadl,  eines 
dorles;  die  Verbindung  der  Königsbergcr  und  Berliner  judeu- 
schafl. Bötticer  tut.  zust.  2,  104. 

JUDENSCHULE,  f  Synagoge:  jüdenschule  synagoga  Stikikr 
1722;  dar  sollichs  wider  diew  gesazzi  und  Ordnung  der  hei- 
ligen Christenheit  swärlichen  seye,  nanienlichen  an  dem  stucke, 
das  die  cristen  in  der  jndenschul  by  den  Juden  .sitzen  und 
recht  mit  in  sprechen  sollen,  d.  sludtcchr.  5,  377,  5  (Augsburg, 
V.  143«) ;  kamen  sie  gen  Thessalonich ,  da  war  eine  jüden- 
schule. ap.  getch.  17,  1.  spiichwürllich :  es  gehl  zu  wie  in  einer 
jüdenschule,  laut,  lärmend  (von  der  recitation  geutssrr  grMe 
hergenmnmen) ; 

Irli  schall,  du  seist  dnin  rrcunirn  »h  geiirm, 

«li  wenn  ei»  sau  lo  die  judenichul  kein     funn.  sp.  54,17: 


2357 


JUDENSCHUTZ  —  JUDENSTADT 


JUDENSTEIN  —  JUDENZEN 


2358 


(ueleher)  beichten  ihet  on  schäm  und  rew, 

die  werk  seind  golt  als  angenem, 

als  wenn  ein  schwein  [in]  ein  judenschul  kern. 

eins  freiuirts  predig  7'. 
jetzt  auch  eine  schule  in  der  jüdische  kinder  unlerrichttl  werden. 
JLDENSCHUTZ ,   m.    schult   den  man   die  Juden    genicszen 
Idsit:  in  dieser  hinsieht  gehöret  der  judenschutz  ad  regalia. 
Moser  osmbr.  gesch.  1,29. 

JUDE>iSEELE,  f.  seele  eines  Juden,  von  einem  wucherischen 
menschen:  das  ist  eine  rechte  Judenseele,  sprichwörtlich:  ver- 
loren wie  eine  judenseele.  Simrock  sprichw.  279;  vgl.  so  sind 
wir  verloren  wie  eines  Juden  seel.  MATHESit;s  postiUa  l,  7s'. 

JUDENSPÄHER,  m. ;  an  dem  .wackern  Herz  möchte  auch 
der  scharfsinnigste  judenspäher  keine  spur  seiner  abstammung 
entdecken.  Böttiger  tUt.  zustände  2, 104. 

JUDENSPIESZ,  m.  nur  in  der  redensart  mit  dem  judenspiesz 
rennen  oder  laufen:  er  rennt  mit  dem  judenspiesz,  dicitur 
de  magnis  foeneraturibus  Maaler  2as' ;  er  läuft  mit  dem  juden- 
spisse,  immodice  foenus  agital,  nummos  alienos  pascit,  er  fängt 
an  mit  dem  judenspisse  herum  zu  laufen ,  auspicatur  lucro 
facienda.  Steinbach  U,  629;  so  würden  Juden  . .  undern  Christen 
aufstehen ,  und  an  jre  statt  mit  dem  judenspiesz  rennen. 
S.  Frank  weltb.  159' ;  laufen  darfür  mit  dem  judenspiesz,  wucher 
und  Schinderei  umb.  ganszkönig  vorr.  6';  die  handelsleute 
und  handwerker  ranlen  mit  dem  judenspiesz  gleichsam  um 
die  wette,  und  sogen  durch  allerhand  fünde  und  vörthel  dem 
bauersmann  seinen  sauren  schweis  ab.  Simpl.  l,  SS  Kurz:  ich., 
brachte  unter  einem  andern  regiment  zu  fusz  zuwegeu  alles, 
was  ein  marquetender  haben  solle,  und  fing  an  mit  dem 
judenspiesz  zu  laufen,  als  wann  ich  das  handwerk  mein 
iebtag  getrieben  hätte.  3,79; 

mancher  will  edel  syn,  und  hoch, 

des  vatter  doch  macht  bumle  bum 

und  mit  dem  külerwerk  ging  umb, 

oder  hat  sich  also  begangen, 

das  er  vacht  mit  einr  statielu  Stangen  (mii  dem  wage- 

balkmi,  d.  h.  krämer  war), 
oder  rant  mit  eim  judenspiesz, 
das  er  gar  vil  zu  boden  stiesz. 

Braxt  niirrensch.  76,  11 ; 
gar  lydlich  wer  der  Juden  gesüch, 
aber 'sie  mögen  nit  me  blibun,  , 

die  krisien-juden  sie  vertriben, 
mit  judenspiesz  die  selben  rennen.    93,25; 
rendt  teglicb  mit  dem  judenspiesz. 

H.  Sachs  3,  2,  215«; 

und  wann  dann  aufscblegt  körn  und  wein, 

da  dunkt  es  sie  gerathen  sein, 

lür  sie  ist  es  ein  stündlein  siesz 

und  lauten  mit  dem  judenspiesz, 

nur  weit  von  gott  ins  teul'els  saal.    ganszkönig  üb'; 

zuvor  man  jlin  ein  wuchrer  hiesz, 

das  t^r  rennt  mit  dem  judenspiesz, 

sauget  den  leuten  ausz  das  mark. 

J.  Airer  449«  (2257,23  Keller); 

mit  dem  judenspiesz  fechten,    reiten:    weil    mein    vatter... 

auch  sonst  mit  dem  judenspiesz  trefflich  fechten  konte.  Simpl. 

1,424  Kurz; 

der  unTai  mich  noch  nie  verliesz, 
und  het  ich  schon  ein  judenspiesz 
darmit  kan  ich  nit  riten.     1!ula>d  tolksl.  899 ; 

den  judenspiesz  führen,  brauchen :  wann  mancher  wucheret 
die  ganze  woche  keine  zeit  nimmt,  seiner  schinderei  nachzu- 
sinnen, so  sitzt  er  unter  währendem  gottesdienst  in  der 
kircbe,  spindisiret  und  dichtet,  wie  der  judenspiesz  zu  fübreo 
sei.  Simpl.  1,421  Kurz; 

derhalben  braucht  er  ohn  verdriesz 

sein  wol  geputzten  judenspiesz. 

ii.  HiNGWALDT  liiut.  worh.  34. 
Bei  erklärung  dieses  seit  dem  15.  jahrh.  nachweisbaren  bildes 
musz  man  beachten,  dasz  dasselbe  niemals  von  eitjenllichen  Juden 
gebraucht  wird  {die  Ja  waffen  meid  tragen  durften),  sondern  nur 
von  cttristen  mit  jüdisch  -  wucherischer  gesinnung,  und  dasz  die 
zuerst  aufgeßhrten  Wendungen  sich  sdmmllich  an  das  tumier- 
wesen  anUhmn.  wie  eine  ganze  reihe  von  bildlichen  ausdrücken 
davon  entnommen  wurde,  die  zum  theil  bis  heute  dauern,  so 
ist  auch  das  streben  nach  geunnn  unter  dem  bilde  eines  rennens 
mit  Speer  oder  spiesz  gefaszt,  und  der  volkswitz  hat  die  unlautere 
uaffe,  die  bei  diesem  rennen  gebraucht  wird,  einen  judenspiesz 
ijenannt.  die  auf  Hrant  76,  11  ausgehobene  stelle  macht  diese 
auffassung  tinzueifelha/t.  spdler  ist  das  bild  verblaszl,  und  bei 
dem  rennen  und  laufen  hat  man  an  die  geschäftig  umher  rennen- 
den und  laufenden  hausierjuden  gedacht. 

JIÜENSIADT,  f  Stadt  oder  stadltheü,  in  welchem  die  Juden 
wohnen,     s.  den  beleg  unter  judengasse. 


JUDE.NSTEIN,  m.  .•  judensteine,  Stachelsleine,  olivensteine, 
stacheln  oder  pfeile  der  meerigelsteine ,  so  nennt  man  die 
petrificirten  stacheln  der  seeigel.  Ne«mch  3,  2ö'>,  die  lang  und 
dünn  geformten  heiszen  Judennadeln. 

JUDE.NSTEUER,  f.  Steuer  welche  die  Juden  zahlen :  von  der 
jüdenstewer.  ordn.  des  regiments  (Augsburg  1500)  §  40. 

JLDE.MEMPEL,  m.  Synagoge. 

JUDENTHU.M,  n.  l)  Jüdische  art.  namentlich  nach  der  seile 
der  religion :  denn  jr  habt  je  wol  gehöret  meinen  wandel 
weiland  im  jüdenthum,  wie  ich  über  die  masze  die  gemeine 
gottes  verfolgete  und  verstörete  sie,  und  nam  zu  im  jüden- 
thum, über  viel  meines  gleichen  in  meinem  geschlecht,  und 
eivert  über  die  masze  umb  das  veterlichc  gesetz.  Gal.  l,  13.  14; 
die  geistreiche  und  schöne  Mariane  Meyer,  die  ihrem  christ- 
lichen liebhaber  ...  zu  gefallen  schon  einmal  dem  jüden- 
thum entsagte,  dann  aber  schändlich  getäuscht  unter  harten 
büszungen  zurückkehrte.  Böttiger  litt.  zust.  2, 103 ;  dann  aber 
auch  allgemein,  und  mit  niedrigem  nebenbegriff:  der  wirth  kam 
von  Adam  her,  dem  Stammvater  der  Juden ,  und  sprach  die 
deutsche  spräche,  die  wie  jede,  eine  tochter  der  hebräischen 
ist.  daher  bekennt  sich  jeder  nach  seiner  art  zu  einem 
jüdenthum  und  judenzt  als  körn-  oder  bücher-  oder  zucker- 
jude.  J.  Pacl  kom.  anh.  z.  Tit.  1,72;  das  jüdenthum  in  der 
musik.  titel  einer  schrift  von  Richard  Wagxer. 

2)  Jüdisches  land  und  volk:  Jerusalem  war  eine  mechtige 
stad,  die  legt  sich  sampt  dem  ganzen  jüdenthum  wider  die 
Christen  mit  groszem  ernst  und  gewalt.  Lctbeb  3, 1S7*;  über 
dreiszig  jaren  lag  kein  stein  auf  dem  andern  zu  Jerusalem, 
und  war  das  jüdenthumb  nichts,  die  jüden  zerstrewet  in  alle 
xf eh.  ebenda;  sie  lieszen  auch  ein  gebot  ausgehen  durch  das 
ganze  jüdenthum ,  das  man  diesen  tag  jerlich  feiern  soL 
2  Macc.  10,  8 ; 

,{so  wi-it  berühmt)  als  fern  im  starren  jüdenthum  das  grab 
des  wettbeilandes  liegt,  der  junglrau  söhn. 

Sliakesp.  liichard  II  2,2; 
as  is  the  sepulcbre  in  stubbom  Jewrj' 
of  the  worlds  ransom,  blessed  Marj's  son. 

JLDENTÜCKE,  f.:  der  bekehrte  mauschel  behält  immer 
seine  judentücke.  Höltt  226  Halm. 

JUDEN  VERFOLGCNG,  /".  Verfolgung  der  Juden;  im  vierzehnten 
Jahrhundert  fanden  manigfache  judeuverfolgungen  statt. 

JUDENVERTREIBUNG,  f.  austreibung  der  Juden. 

JUDENVIERTEL,  n.  Stadtviertel  in  welchem  die  Juden  wohnett 
müssen :  in  Prag  viel  schmutz,  ein  ganzes  judenvierlel,  plebe- 
jischer anstrich.   Grübe  Charakterbilder  l,  96. 
■  JUDEN WIRTHSCHAFT,   f.    wirthschaft    wie  sie  in  Jüdischen 
häusern  geführt  wird;  mit  verächtlichem  nebensinne. 

JUDE.N'fVITZ,  m.  stachlichter,  bissiger  uilz,  wie  er  vorzüglich 
den  Juden  eigen:  diese  schrift  ist  mit  judenwitz  geschrieben; 
das  ist  ein  judenwitz. 

JUDENWUCHER,  m.:  jüdenwucher,  anatocismus,  usura  usu- 
rarum,  vulgo  alterum  tantum.  Stieler  2401. 

JUDEN  WÜRFEL,  m.  wie  ihn  Juden  führen:  sprichwörtlich 
er  ist  auf  allen  ecken  abgespilzt  wie  ein  Judenwürfel.  Dcez 
sprichw.  8. 

JUDENZE.N,  verb.  Jüdische  art  an  sich  tragen  und  hervorkehren 
[vgl.  jüdeln);  so  in  denken  und  anschauungen :  judenzen,  Judai- 
zare,  viel  vom  jüdenthum  an  sich  haben,  ihrer  meinung  in 
etwas  folgen.  Frisch  1,492';  endlich,  so  man  die  zeit,  ge- 
schieht und  schrift  Philonis  ansihet,  und  dis  buch  {das  buch 
der  Weisheit)  dagegen  helt,  so  jüdenzet  es  so  stark,  und  reimet 
sich  so  gar  eben  zusamen,  das  die  heiligen  veter  nicht  on 
grosze  Ursache  den  Philon  dieses  bucbs  meister  halten.  Ldtbei 
4,491*;  solchs  ja  soll  deutlich  genug  so  viel  heiszen,  das 
messia  Davids  son  sei  ein  herr  und  könig  in  gottes  eigen 
reich  oder  gotte  gleich,  denn  gewisz  ists,  das  gott  daselbs 
vom  messia  redet,  will  aber  jemand  jiidenzen,  und  diese 
wort,  mein  haus,  mein  reich  deuten  auf  den  tempei  zu  Jeru- 
salem und  auf  das  volk  Israel,  der  mags  on  mich  für  sich  selbs 
thun.  8, 144* ;  ich  bin  dem  buch  {der  Machabeer)  und  Esther 
feind,  denn  sie  judenzen  zu  sehr  und  haben  viel  heidnisch 
unarl.  tischr.  380* ;  darumb  auch  dis  buch  {der  Maecabäer)  nichts 
hat  gegolten  bei  den  alten  vettern,  wie  wol  auch  sonst  viel 
jüdenzens  drinnen  ist.  Bi.idseiis  bü>el  7,  542  (glosse  zu  2  Mau. 
14,  41) ;  selbs  einem  David  Hume  widerfährts,  dasz  er  judenzt 
und  weissagt.  Hamann  7.66;  mit  bezug  auf  wucherische  gesin- 
nung: einem  .  .juJenzenden  reichstädtcr.  Opel  u.  Coh.n  3S7; 
judenzt  als  körn-  oder  bücher-  oder  tuckerjude.  J.  Paul  *öm. 
an*,  z.  Tit.  1,72  {die  stelle  ausführlicher  unter  judi-nlhuui  i). 

148* 


2359 


JllDENZINS — JODISCHHEIT 


JÜDSCHEN  —  JUGEND 


2360 


JUDENZINS,  m.  l)  zins  den  die  Juden  zahlen  müssen :  (dasz) 
eine  grosze  anzahl  Juden  allhier  (in  Hülle)  gewohnet ,  und 
dem  erzbischoff  ein  gewisses  schutzgeld  entrichten  niiissen, 
von  welchem  judenzins  erzbischoff  Wiebmann  der  von  ilim 
gestifteten  probstei  zu  Seeburg  2  mark  jährlicher  zinse  ver- 
schrieben hat.  Dreyhadpt  Saalcreys  2,  401. 

2)  zins  den  die  Juden  nehmen,  wucherischer  zins :  judenzins 
usura  eentesima  Stieler  2651 ;  den  bauern  leiht  sie  geld  auf 
pfänder  und  nimmt  judenzins.  J.  M.  Miller  briefwechsel  dreier 
academ.  freunde  171;  verdammen  den  sadducäer,  der  nicht 
fleiszig  genug  in  die  kircbe  kommt  und  berechnen  ihren 
judenzins  am  altare.  Schiller  rduber  1,2; 

judenzins  und  hurenhcuer 
sind  gemeiniglich  sehr  theuer. 

PisTomus  thes.  par.  8,  68. 

JUDENZOPF,  m.  plica  Polonica.  Frisch  1,493",  weichselzopf. 

JÜDIN,  f.  Judaea,  fcmina  Judaica,  mhd.  jüdinne,  Jüdin:  kam 
Felix  mit  seinem  weihe  ürusilla,  die  eine  Jüdin  war.  ap.  gesch. 
24,24;  ich  freute  mich,  dasz  ich  auf  einmal  drei  Jüdin  zu 
Christinnen  gemacht.  Simpl.  4, 149  Kurz;  ich  versichere  sie, 
dasz  wir  (adlichen)  mit  der  zeit  fortgeschritten  sind,  wir 
heirathcii  sogar  Jüdinnen.  Immermann  Münchh.  3,57. 

JÜDISCH,  adj.  l)  dem  volke  oder  lande  der  Juden  zugehörig  : 
Judas  Maccahcus,  und  seine  brüder,  und  das  jüdische  volk 
haben  uns  zu  euch  gesand.  1  Macc.  8,  20 ;  das  wir  ins  jüdische- 
land  komen  sind,  fjra  5,8;  wir  jüden,  cwre  brüder,  so  zu 
Jerusalem,  und  durch  das  ganze  jüdischeland  sind.  2  Macc.  1,1; 
es  ging  zu  jm  hin  aus  das  ganze  jüdischeland.  Marc.  1,5; 
es  war  aber  ein  jüdischer  man  zu  schlos  Susan.  Esther  2,5; 
Tiiuotheus  eines  jüdischen  weibes  son.  ap.  gesch.  16,1;  sollten 
sie  nicht  glauben,  ich  wäre  gestern  mit  den  jüdischen  straszen- 
rüubcrn  ins  bandgemenge  gekommen,  dasz  ich  einem  davon 
den  hart  ausgerissen  habe?  Lessing  1,331.  den  Juden  zugefiörig 
nach  der  religion  oder  Icbensart,  siUe :  do  kam  Helena  mit  140 
meistern  des  judeschen  glauben,  d.  stddlechr.  8,363,22;  auf 
das  sie  gesund  seien  im  glouben  und  nicht  achten  auf  die 
jüdischen  fabeln  und  menschen  gcbut.  Tit.  1,14;  nach  der 
weise  der  jüdischen  reinigung.  Jo/i.  2,6;  adverbial:  so  du,  der 
du  ein  Jude  bist,  heidnisch  lebest,  und  nicht  jüdisch,  warumb 
zwingestu  denn  die  beiden  jüdisch  zu  leben?  Gal.  2,14; 

der  jüdisch  sit  wil  ganz  utTstan  {in  hezug  auf  weite,  faltige 

kleiduny). 
Brant  utirreiiscli.  4,20; 

in  bezug  auf  tpraclie:  judische  sprach  oder  red,  Judaicum, 
liebraicum.  voc.  ine.  theul.  kl* ;  rede  nicht  mit  uns  auf  jüdisch. 

2  Aon.  18,  2ü;  rief  mit  lauter  stim  auf  jüdisch.  28;  ire  kinder.. 
kundtcn  nicht  jüdisch  reden.  iVe/(.   13, 24. 

2)  nach  art  der  Juden,  tnil  verächtlichem  nebensinne  (vyl.  jude 

3  und  C):  ein  jüdisches  gebaren;  jüdischer  vvucher;  jüdischer 
kerl ,  danisla,  foeneralor,  quaestuarius.  Stieler  903;  das  ist 
jüdisch  gebandelt,  judaice  contraclum  est.  ebenda;  nein,  als 
Interesse  nehme  ichs  {das  geld)  nicht  an.  denken  sie,  dasz 
ich  so  jüdisch  bin?  Gellert  3,337;  für  ein  herzogthum  wäre 
der  preis  zu  jüdisch.  Schiller  Fiesko  5,16;  eine  verdächtige 
vvaarc,  die  man  am  ende  dem  käufer  doch  noch  nachwirft, 
wenn  er  euch  schon  durch  die  niedrigsten  geböte  und 
jüdisches  ab-  und  zulaufen  bis  aufs  mark  gequält  hat.  Götiie 
10,  N>. 

JÜDISCHHEIT,  /■.  1)  jüdische  art,  jiidischtr  glaube:  werden 
dar  durch  vcrfüit  das  sie  verharren  in  irer  jüdischbait.  Ueuchlin 
augensp.  l';  dasz  er  sag  auf  seine  jüdischheit,  ob  es  seyen 
die  fünf  bücber  Moses,  darauf  er  schweren  soll.  Ambergrr 
aclen  bei  Scim.   1,  1202  Fromm. 

2)  jüdisches  volk,  die  judcnschaß :  ain  püechel  ains  grö;en 
iuaisters  in  der  jüdischail.  Mecenhekc  469,7;  die  judiesheit 
zu  Nürenberg  die  haben  mir  geliehen  iij'  gülden.  C'onr. 
V.  Wel-vssekc  einnahmen-  u.  ausgäbe nregisler  (1437-3**)  .v.35;  die 
([:hci  buchlitn)  seien  von  der  jüdisrbait  abgelhon.  llEiiciiLir« 
augensp.  37';  wie  denn  auch  mein  schrill  der  ganzen  judischeil 
gar  viel  gedienet  hat.  Luther  6,508";  dasz  sie  die  genannte 
judischeit  bei  den  gemciteii  Privilegien  und  frciliiitin  lassen. 
Atbkr  proe.  2,6; 

wa  in  nu  du  volk  von  Iirahel, 

Abmliam  und  Daniel? 

wa  i>l  all«  judincliait?    fasln.  $j>.  597,  17 

(A  troxt  d«r  ganxtn  chri*tenhRit 

do  mit  ir  lutt  wcrd  u*zgeiipr«it, 

uod  uiiUettrucki  itlc  «clniod  judtclivii. 

I'    IfincoiitCH    luui  ]•>  <        i  ••'. 


JÜDSCHEN,  verb.  jüdisch  machen,  daher  beschneiden:  bäte 
jhn,  dasz  er  jhm  hinweg  hülfe,  an  einen  siciiern  ort,  da  er 
gejudscht  würde,  da  gieng  r.  Jehiel  bin,  und  judscht  jlin 
selber,  und  lernete  mit  jhm  thora.  Helvicls  jm(/. /li.WonVn  (1617) 
1,137  (=  1611  1,149).  scherzhaft,  von  abaeschnUlnien  obren,  tm 
mundt  eines  ehebrechers,  der  eine  solche  strafe  erlitten :  mit  dem 
aiboni  gedichte  von  meinen  gejüdschcten  obren.  Lohexstein 
Arm.  2, 1548". 

JüF-  i.  jauf-. 

JUGEND,  f  Juventus. 

ahd.  jungund,  mhd.  jnngent  und  junget  (Lexer  handu'b. 
1,1490),  häufiger  jedoch  mit  ausfall  des  ersten  n  jugund,  jugenl; 
alts.  jugud,  niederd.  jogliet  (Dief.  313'),  j<>get,  jögd,  nifderl. 
jeugd;  ags.  geogod,  altengl.  youghede,  yougth,  youthede,  neben 
nasaliertem  youngth,  neuengl.  youth ;  den  nordischen  sprachen 
geht  die  bildung  ab,  ebenso  dem  golhischen,  da  das  hier  vorkom- 
mende junda  Jugend  nicht  verglichen  werden  kann.  Jugend,  eine 
zustandsbildung  zum  adj.  jung,  bezeichnet  naclüier  auch  junge 
leute  selbst. 

I.  jngend,  zustand  und  zeit  des  Jungseins. 

1)  in  bezug  auf  menschen ,  und  sowol  den  zustand  als  kind 
wie  als  jAngling  oder  Jungfrau  umfassend:  jugent ,  Juventus, 
adolescentia,  pubertas.  voc.  ine.  tlieiit.  k7';  diejugendt,  jung  tag, 
jung  läboii ,  aetas  juvenilis,  praetexlati  anni,  praetextata  aetas 
Maai.er  23S';  wie  ich  war  zur  zeit  meiner  jugent.  llwb  29,4; 
du  verkürzest  die  zeit  seiner  jugent.  ps.  89,46;  niemant  ver- 
achte deine  jugent.  1  Tim.  4,  VI;  unangesehen  meiner  Jugend, 
die  noch  keines  mannes  wehrt  war.  Simpl.  3, 18  A'urs;  was  uns 
in    der  frühsten  zeit  der  Jugend  begegnet  ist.    Göthe  24,12; 

Jugend  ist  der  liebe  mutier,  füll  und  müsziggang  die  amme, 
wann  sie  die  nicht  uiiicriialien,  lallt  die  (ruchi  gar  bald  vom 

stamme. 
Abschatz  vi'vm.  ijed.  165; 
mehr,  als  die  lämmer,  sind  diun  gölte  werth 
die  jungTraun  in  der  Jugend  erstem  kränz. 

Unland  yetl.  361 ; 
personificiert : 

wie  eisern  sind  doch  ohne  dich  die  zeiten, 
0  Jugend,  holde  luhrerin!      ÜACEnouN  3,100; 

auch  wtiter  gefaszt,  zustand  der  Jugendlichkeit: 

glaubt  mir  es  ist  kein  inahrchen ,   die  quelle  der  Jugend ,   sie 

rinnet 
wirklich  und  immer,  ihr  fragt,  wo?  in  der  dichtenden  kunsi. 
Schiller  quelle  der  Verjüngung ; 
hier  ist  ewige  Jugend  bei  niemals  versiegender  fülle. 

das  wetblichc  iileal. 

der  begriff  der  Jugendzeit  wiegt  vielfach  vor:  dein  aller  sei  wie 
deine  jugent.  5  3/oj.  33, 25;  kindheit  und  jugent  ist  eitel,  pred. 
Sa/.  11,10;  will  mich  umbbringen  unib  der  sünde  willen  meiner 
jugent.  Hiob  13,20;  gedenk  nicht  der  sünde  meiner  jugent. 
ps.  25,7;  fleuch  die  lüsle  der  Jugend  (rns  8e  vEcoxeoixas 
iTiid'vuins  fevye).  'i  Tim.  2,22;  frewe  dich  des  weibs  deiner 
jugent.  Sprüche  Sal.  5,18;  um  ihn  von  den  gefährlichen  aus- 
schweifnngen  der  jngend  durch  ihre  gesellschaft  abzuhalten. 
Gellert  4,258;  er  hatte  seine  jngend  auf  dem  Coburger  gyin- 
nasium  zugebracht.   Göthe  24,44; 

noch  in  meines  lebens  lenze 

war  ich,  und  ich  wandert  aus, 

und  der  Jugend  frohe  tnnze 

liesz  ich  in  des  valers  haus.     Schiller  dvr  iiilgiim. 

es  heiszt  erste,  frühe,  zarte,  blühende  jngend  :  wassende  joghet 
adolescentia  Dike.  IS';  die  blüyend  jngend,  flos  aevi.  Maaler 
238* ;  die  erst  jugendt,  vrr  breve  aetalis.  ebenda;  in  seiner  besten 
jugendt  sein,  und  in  alier  blusl,  florc  aetalis  frui.  ebenda;  als 
ich  nocd  in  der  blüt  meiner  jngend  und  in  dem  stand  meiner 
Unschuld  lebte.  Simpl.  3,11  Kurz;  mancher  heiliger  altvaler 
der  in  seiner  zarten  juget  ein  streng  hart  leben  hat  gefiirl. 
Keisersuerc  bäum  d.  sei.  9* ;  G.  war  in  zu  früher  Jugend  und 
mit  zu    raschen    schritten   zu    dieser  grüsze  emixirgestiegcii. 

SCBILLEK    713"; 

die  wild«  hilxe  roher  jugcnd 
wird  mit  den  jähren  >iiivaiiikcil.    riiLLKRT  2.  108; 
und  in  der  fnih  und  rii.schoin  lh,iu  der  jiigrnd 
1*1  giltger  anhauch  am  gelahrlictijten. 

Slmkesp.  Ihnnlet  I,  3; 
and  in  Ih*  morn  und  liquid  dew  of  youth 
roniagiou«  blaitntenl*  are  inosl  imminent; 

der  Jugend  entgehen,  <llter  werden:  wann  ich  mich  wol  hielte 
und  ein  wenig  besser  meiner  jngend  enlgicnge,  dasz  er  mich 
aNdann  aurscizen,    da»  ist,  /.u  einem  reiiler  luachen  uolle. 

S.,„,/    t     'l;h>n:       ii>    .In     iiuTn.l      v,,,,   ,,u 1    ...f       s.Mii  llci'iih 


2361 


JUGEM) 


JUGEND  —  JUGENDBLÜHEND 


2362 


grüne  wieder  wie  in  der  jugent.  Hiob  33,25;  so  frewe  dich 
Jüngling  in  deiner  jugent,  und  las  dein  herz  guter  ding  sein 
in  deiner  jugent.  pred.  Sal.  12,  1;  mein  vetter,  der  auch  ein 
landedelmann  war,  doch  in  seiner  Jugend  studiert  hatte. 
Gei-Lert  4,245;  Iszmael  Sophi,  ein  persischer  könig,  hat  in 
seiner  Jugend  ebenmäszig  das  viehe  gehütet.  Simpl.  1,15  Kurz; 
was  man  in  der  Jugend  wünscht,  das  hat  man  im  alter. 
SiMRocK  sprichw.  2S0 ;  am  längsten  behält  man,  was  man  in 
der  Jugend  gelernt  hat.  ebenda; 

in  der  jugend  sacke, 

im  alter  rocke,    ebenda ; 

von  juget  auf.  Keisersberg  jranoiap/i?/ a4';  (die)  von  ir  jugent 
uf  des  gewont  haben,  sünd.  d.  m.  4S' ;  das  lichten  des  mensch- 
lichen herzen  ist  böse  von  jugent  auf.  l.Vos.  S,  21;  so  seit 
jr  sagen,  deine  knechte  sind  leute  die  mit  vieh  umbgehen, 
von  unser  jugend  auf  bisher.  46,34;  ich  bin  für  euch  her  ge- 
gangen von  meiner  jugent  auf  bis  auf  diesen  tag.  1  Sam.  12.2; 
Pätus  liesz  ihm  neulich  taufen,  einen  lieben  jungen  erben, 
diesen  wolt  er  bald  von  jugend  lernen  handeln,  lernen  werben. 

LoGAD  2,  95,  91 ; 

gewobnheit  macht  den  fehler  schön, 

den  wir  von  jugend  auf  gesehn.     Gellert  1,  22. 

von  thieren:  ein  hund  musz  in  der  jugend  abgerichtet  werden. 
2)  in  gehobener  spräche  ton  dingen:   lebten  wir  in  der  blü- 
henden jugend  der  weit.  Kli.nger  4,  ti9 ;  dieser  sollte  dessen 
kranken  wünschen  jugend  wiederbringen.  J.  Pacl  Tit.  2,  !28; 

wem  ist  mehr  als  mir  bewust,  wie  die  jugend  eurer  liebe 
erstlich  wuchs  und  weiter  wuchs?  Local-  2,46; 

wie  trostlos  war  der  Zeiten  erste  jugend, 
als  Thyrsis  einer  PliyHis  sang, 
und  zum  geseufz  voii  leidenscbaft  und  tugeud 
mit  ihr  nur  schwaches  wasser  trank  !     Hagedorm  3, 100  ; 
Lorenzo  und  Salerio,  willkommen, 
wofern  die  jugend  meines  ansehns  hier 
willkommen  heiszen  darf. 

Sliukesp.  kaufmaiin  ton  Venedig  3,  2; 
Lorenzo,  and  Salerio,  welcome  hither, 
if  tbat  tbe  youth  of  my  new  interest  here 
have  power  to  bid  you  welcome. 

selten  von  Sachen,  in  der  spräche  des  gemeinen  lehens:  die  jugend 
des  bieres,  des  weines.  Adelung. 
IL  jugend,  von  jugendlichen  wesen. 

1)  in  gewählter  spräche  steht  meine,  deine  jugend  für  ich, 
du  in  der  jugend:  demnach  verwunderten  sie  sich  über  mein 
hartes  und  sehr  strenges  leben  und  hatten  mit  meiner  zarten 
jugend  ein  groszes  mitleiden.  Simpl.  l, 4S  Kurz; 

so  steig  ich  gern  von  diesem  thron  und  kehre 
in  Woodstocks  stille  einsamkeit  zurück, 
wo  meine  anspruchslose  jugend  lebte. 

Scuuj.ES  Jf.  Stuart  4,  9 ; 

Marie,    wie  stehts  um  Didier,  meinen  alten  kämmrer? 
doch  der  getreue  schläft  wobi  lange  scbon 
den  ewgen  scblaf,  denn  er  war  boch  an  jähren. 

Melril.   gott  hat  ihm  diese  gnade  nicht  erzeigt, 

er  lebt,  um  deine  jugend  zu  begraben.    5,6. 

2)  auszerhulb  solcher  redeweise,  jugend  ein  kind,  alemannisch: 
jngendt,  ein  Jungs  kind,  pusio,  puellus  M.^aler  23»';  heute 
er  hat  jugend  bekommen ,  seine  frau  hat  ihm  ein  kind  ge- 
sclienkl;  er  hat  drei  jugend,  drei  kinder.  Stalder  2,  TS. 

3)  gewöhnlich  aber  und  allgemein  in  collectiver  Verwendung: 
jugendt,  ein  junge  rott,  ein  schar  oder  geseilschaft  junger 
Icülen,  pnbes,  er  thut  wie  die  jugendt,  oder  wie  ein  junger 
gsell,  afßnis  rerum  quas  fert  adolescenlia.  Maaler  23s';  darumb 
wil  ich  jlzt  frölich  sterben ,  wie  es  mir  altem  man  wol  an- 
stehet, und  der  jugent  ein  gut  exempel  hinder  mir  lassen, 
das  sie  willig  und  getrost,  umb  das  herrliche,  heilige  geselze 
willen  sterben.  2  Macc.  6,28;  hat  mit  seinem  tod  ein  tröst- 
lich exempel  hinder  sich  gelassen,  das  nicht  allein  die  jugent, 
sondern  jederman  zur  tugent  ermanen  sol.  31;  ungezogene, 
allzufreie,  freche,  hitzige  jugend.  Frisch  1,494';  jugend  die 
noch  nicht  verraset,  quae  nondum  deferbuit.  ebenda;  über- 
flüssige gedanken  der  grünenden  jugend.  politischer  jugend 
Zeitvertreib,  schrißenlitel  von  Chr.  Weise  {s.  quelle nterzeichnii 
zum  t.  band);  klagen  über  den  groszmüthigen  aufwand  der 
muntern  und  ehiliebenden  jugend.  Rabener  sat.  2,398;  es 
«iill  mir  lieb  sein ,  wenn  ich  dadurch  unsrer  itzigen  jugend 
grlegenheit  gäbe,  sich  in  texten  zu  üben.  302;  wir  haben  den 
schrecklichsten  feind  vor  uns,  wenn  unter  seiner  jugend  der 
Philotas  viel  sind.  Lesmnc  2, 91 ;  die  weibliche  jugend  hatte 
nach  und  nach  das  zimmer  verlassen.  Göthe  20, 165 ;  an  der 
sich  die  jugend  mit  hnffnuneen  und  einbilduncon  ^rliinpiclicln 


kann.  24.122;  ich  bedachte  nicht,  was  freilich  die  jugend 
nicht  bedenken  kann.  223 ;  dasz  alles  der  jugend  auf  eine 
leichte  art  beigebracht  werden  müsse.  234,    vgl.  Schuljugend  ; 

sein  (.des  herbstes)  weiter  schickt  sich  recht  zum  leben, 

denn,  weil  es  keinen  liundsstcrn  kennt, 
so  wird  die  kraft  nicht  übertrieben, 

wodurch  das  blut  der  jugend  brennt.    Gcjcther  215; 
denn  bei  dem  volk,  wie  bei  den  frauen 
steht  immerfort  die  jugend  obenan.     Göthk  12,213; 
0,  kaum  bezwingen  wir  das  eigne  herz; 
wie  soll  die  rasche  jugend  sieh  bezähmen ! 

Schiller  Teil  1,4; 
in  der  jugend  frohe  spiele 

drängen  sie  (i<ie  lurren)  sich  grausend  ein.   Kussandra  r.  lOS: 
ein  Volk  hast  du  vom  fall  erlöst,  o  Mars! 
von  Schmach  der  knecbtscbaft  hieltest  du  es  rein 
und  willst  daiür  die  jugend  eines  jahrs  : 
nimm  sie!  sie  ist  dir  heilig,  sie  ist  rein.    Uula:id  ged.  3$1 ; 

jugend  junge  leute,  im  yegensatz  zu  kindern :  im  ganzen  durfte 
man  sagen  (von  den  theilnehmern  einer  wallfahrt) :  die  kinder 
schon,  die  jugend  nicht,  die  alten  gesichtet  sehr  ausgearbeitet. 
Göthe  43,  264. 

In  Sprichwörtern  und  redensarlen ,  wobei  ößers  die  bedeutung 
an  die  oben  1, 1  ijegebene  rührt,  die  jugend  musz  sich  aus- 
toben, jugend  fängt  wie  zunder.  Simrocs  sprichw.  •2;9 ;  jugend 
fragt  nicht,  was  das  brot  gilt,  der  jugend  ist  man  von  natur 
hold,    die  jugend  soll  erwerben,  was  das  alter  verzehrt.  2&0; 

es  ist  doch  gewisz, 
das  die  jugend  vorloben  musz. 

Stepua!«!  geistl.  action  (1568)  C5*; 
er  war  jung,  jugend  hat  gunst.    Göthe  5,142; 

jugend  wild, 

alter  mild.    Sn*ocK  tprichw.  279; 

jugend 

bat  nicht  allzeit  lugend,     ebenda ; 

der  jugend  lehre, 

der  allen  ehre.     280. 

JUGENDALTER,  n.  jugendliches  alter:  das  Jugendalter  der 
menschheit. 

JUGENDANMUTH,  f.  jugendliche  anmut:  das  mädchen  in 
seiner  jugendanmuth  fesselte  aller  blicke. 

JUGE.NDARBEIT,  f.  arbeit  die  in  der  jugend  gemacht  ist  und 
kennzeichen  davon  trägt;  meist  in  bezug  auf  schriftstellerische 
leistungen:  habe  ich  denn  also  sehr  übel  gethan,  dasz  ich  zu 
meinen  Jugendarbeiten  etwas  gewehlt  habe,  worinne  noch  sehr 
wenige  meiner  landsleule  ihre  kräfte  versucht  haben?  Lessing 
12, 12 ;  ich  hatte  von  meinen  Jugendarbeiten  was  ich  für  das 
beste  hielt,  mitgenommen.  Göthe  25, 67. 

JUGE.NDART,  f:  » 

wirth.  einmal  ein  lumpenhund,  er  bleibts  in  ewigkeil. 

5.  er  ändert  sich  gewisz.     lo.  musz  ers  so  lang  verschieben? 

S.  das  ist  nun  jugendart.  Göthe  7,43. 

JUGENDBEGLÜCKEND,  part.: 

{den  garten  dei)  nützliche  kräuier  ernährt  und  jugendbegiückende 

fruchte.    Göthe  1.343. 

JUGENDBEKAN.NTER,  m.  bekannter  aus  der  Jugendzeit:  er 
ist  ein  jugendbekannter  von  mir. 

JLGE-NDBESCHÄFTIGU.NG,  f.:  ich  erzählte  ihm  mancherlei 
von  meinen  Jugendbeschäftigungen  und  liebhabereien.  Götbk 
25.  298. 

JUGENDBILD,  n.  bild  eines  menschen  in  seiner  jugend:  ein 
Jugendbild  Goethes;  auch  in  freier  anwendung :  ich  kann  mir 
kein  rechtes  jugendbild  mehr  von  ihm  machen  {mir  iJin  nicht 
recht  mehr  vorstellen,  wie  er  in  der  jugend  aussdi). 

JUGENDBILDNER,  m.  bildner,  erzieher  der  jugend. 

JUGENDBILDUNG,  f 

JUGENDBLICK,  m. :  der  jugendblick  Kreusens  soll  yon 
neuem  die  erdrückten  geister  in  mir  erwecken  (worte  Jasons). 
Klimger  2,174;  der  griechische  jugendbifck  richtete  sich  als 
solcher  am  meisten  auf  die  körperweit.  J.  Fall  vorsch.  der 
dith.  1,94; 

aber  dasi  du,  die  so  lange  mir  erham  war, 

feurige  jugeiidblicke  mir  schickst. 

jetzt  mich  liebst,  mich  spater  beglückst, 

das  sollen  meine  lieder  preisen.    Göthk  5, 142. 

JÜGENDBLUHE,  f.  wie  jugendblüthe: 

eh  müss  es  perlen  schneien, 
als  da:>z  ich  sollt  jeizt  freien 
in  meiner  jugendbluh  ( :  zieh). 

GoRiüC  UeOd'meyenbluhmle'in  (1654)99. 
JUGENDBLUHEND,  part..-  edel  und  jugendbluhend.  Herde« 
an  Carot.  Flach-: !'ii  1.042, 


^363   JUGENDBLÜTHE  —  JUGENDFREUND 


JUGENDFREUNDIN  —  JUGENDGLÜCK  2364 


JLGENDBLLTHE, /■. .  jiigendblüt,  ßos  juveniutis  SriELER201; 
«•in  knahe,  dessen  jugendlilüllie  zu  einer  angenehmen  frncht 
einem  gute  lioffuung  maclien  konte.  pers.  rosenth.  1,5; 

tief  lühlt  ihr  beiti  in  dieser  jugcndbh'ithe, 
ilasz  abgeschtedenheit  euch  unnntiirlich  ist, 
rühlt  kraft  zu  edlerm  thun  in  eurer  brüst. 

WiKLAND  2:»,  J40  (Uberon  9,26); 
fesselt  dich  die  jugendblüthe, 
diese  liebliche  gestalt?    Götur  1,77; 
jugendblüthe  weggerafft.    41,243. 
JLGENDBR.\LS,  m.: 

ihr  allen  herrn,  was  macht  ihr  hier  am  ende? 

ich  lobt  euch,  wenn  ich  euch  hübsch  in  der  mitte  fände, 

von  saus  umzirkt  und  jugendbraus.  Götbb  12,212. 

JUGENDBRUST,  f.  : 

lasz  uns  fest,  unsterblich  halten 

sie  an  ewger  jngendbrust.    Göthe  41, 175. 

JUOENDDÄMMERUNG,  f.  anbrechende,  erste  Jugendzeit: 

mein  irdsches  dasein  habt  ihr  schmerzlich  mir 
verkümmert  seit  der  ersten  Jugenddämmerung. 

Arnim  scliuub.  2,202. 

JUGENDEINDRUCK,  m.  eindruck  den  man  in  der  jugend 
emp/(ing(.' jugendeindrücke  verlöschen  nicht.  GöTne  20,154. 

JUGENDERINNERUNG,  f.  erinnerung  aus  der  Jugendzeit: 
Jugenderinnerungen  eines  alten  mannes. 

JUGENDERSCHEINUNG,  /"..•   das    edle   frauenzimmer,   bei 
der  ich  mich  selbst  in  meiner  jugendersclicinung,  oder  meine 
tochler  denken  kann  {worte  einer  frau).  L.  Tiecr  ges.  nov.  1,55. 
JUGENDERST,  adj.: 

täuscht  mich  ein  entzückend  bild 
als  jugenderstes,  längstentbehrtes,  höchstes  gut. 
Göthe  41,252. 

JUGENDERZIEHUNG,  f.  erziehung  in  der  Jugendzeit:  seine 
Jugenderziehung  empfing  er  im  geistlichen  seminar.  Dahi.mann 
gesch.  d.  franz.  revol.  164.  auch  erziehung  der  jugend ,  junger 
leute:  ein  mann,  der  auf  dem  gebiete  der  Jugenderziehung 
bedeutendes  geleistet  hat;  die  Jugenderziehung  der  ganzen 
Stadt  ist  ihm  anvertraut. 
JUGENDFEHL,  m.: 

niedergestürzt  in  staub 
bekenn  ich,  mit  zerknirschtem  herzen 

meine  begangenen  jugendfehle.     Höltt  90  Hnlin. 

JUGENDFEHLER,  m.  vilia  juventutis.  Frisch  1,  494". 
JUGENDFEUER,  n.  feuer,  lebhaßigkeit  wie  es  der  jugend  eigen 
ist:   er   ergreift    die  idee  mit  jugendfeuer;    der  greis  sprang 
mit  einem  wahren  jugendfeuer  auf; 
mag  der  jähre  frost 
das  jugendfeuer  lindern.    Voss  5,69. 
JUGENDFLAMME,  f.  jugendliche  flamme: 

freuden  schaffen  oft  mit  jugendflammen 
freundschafl  auf  des  lebens  rosengang. 

Sei'iie  (1S35)  s.  624. 
scherzend  heiszt  jugendflamme  auch  die  geliebte  der  jugend;  vgl. 
flamme  2  a.  e.,  theil  3,  1714. 

JUGENDFLEISCH,  «. ;  wie  schi5n  war  hier  der  knochenbau 
des  todes  in  jugendfleisch  gekleidet.  J.  Paul  flegelj.  1, 102. 
JUGENDFLEISZ,  m.  fleisz  in  der  Jugendzeit. 
JUGENDFLOR,  m.    l)  blühende  jugend: 

das  nachgefühl  erhabner  thaten, 

es  lebt  in  ewgem  jugendflor.     Göthi  4,58; 

und  er  kam  im  jugendflore.    Plate;«  2; 

und  im  leichten  morgenkleide 

trat  zu  ihm  die  braut  hervor, 

diesmal  ohne  gold  und  seide, 

doch  wie  er  im  jugendflor.    ebenda. 

2)  junge  leute  einem  blumenflor  verglichen: 

leih  tins  l.una  licht  und  schatten, 
klarheil  diesem  jugendflor!    Göthr  41,174. 

JIGENDFORSCIIUNG,  f.  forschung  die  man  in  der  jugend 
anttelU:  mir  sei  gcgünnt  hier  jener  treuen  jugcndfurscbungcn 
zu  erwähnen.  GOthe  50, 210. 

JUGENDFREUDE,  f.  freude  der  jugendzeU: 
jueendfreuden  zu  erhalten, 
feig  Ich  lei»  das  wahre  glück.    Göthe  13,205; 
weh !  die  holden  kinder  beide 
nahmst  du  hin  in  jugendlretide : 
nimm  auch  mich,  den  freudelosen!    Uhlano  ged.2i0. 

JUGENDFREUND,  m.    l)  freund  aus  der  jugendzeü : 

fut  zweifl  ich,  ob  er  je  in  seiner  eröize 
fleh  eines  Jugendfreunds  erinnert  hat. 

Schiller  Wullrntt.  tn't  4,2. 
2)  freund  der  jugend,  dtr  kinder:  er  ist  ein  groszer  jugend- 
ireunü 


JUGENDFREUNDIN,  f  l)  freundin  aus  der  jugendzeU. 
2)  freundin  der  jugend,  der  kinder. 

JUGENDFREUNDSCHAFT,  f  freundschaß  aus  der  jugendzeü. 

JUGENDFRISCH,  adj.  frisch  wie  in  der  Jugendzeit:  eine  bis 
in  das  greisenalter  fortdauernde  jugendfrische  körpergesund- 
beil.  lüEi.ER  üb.  die  qesundlieit  der  gelehrlen  {im  freihafen  1843, 
april  s.ai);  jugendfrische  dichterliegeisierung.  bldtter  für  litt. 
Unterhaltung  1S40  s.  163 ; 

nicht  mehr  so  jugendirisch  und  schön 

niuszt  ich  mein  biszchen  reiz  diirnli  liomilcn  schmuck  erliöhn. 

ItÜRbKK   1U7". 

JUGENDFRISCHE,  f 

JUGENDFROH,  adj.:   zu  der  betrnchlung  der  öffenllichen 
dinge  eine  jugendfrohe  ansieht  beizubringen,  v.  Savignt  wesen 
u.  werth  der  deutschen  uniiersUäten  s.  18. 
JUGENDFÜLLE,  f: 

des  Bacchus  wange,  die  von  jugendfülle  strotzt. 

Gotter  1,320; 
Helle,  mit  dem  hruder  fliehend, 
schön  in  jugendfülle  blühend. 

Schiller  llcro  u.  Leander  v.  125; 
wie  sie  erscheint  in  aller  jugendfülle, 
schmuck  wie  ein  buhler,  der  zur  liebsten  eilt. 

Shaki'sp.  Heinrich  VI   3,2,2; 
es  drängte  nur  des  augenblickcs  schmerz 
die  frische  kraft  der  jugendfülle  nieder. 

Körner  2,  127; 
in  der  laube  sitzt  die  stille  (Jungfrau). 
die  mit  staunen  jeder  sieht, 
die  in  solcher  jugendfülle 

heut  zum  ersten  male  blüht.     Uhland  ijed.  249; 
da  tritt  mit  eins  im  vollen  fackelschein 
des  Bacchus  göttlich  marmorbild  hervor, 
von  schöpferischer  meisterliand  geformt : 
in  jugendfülle  hebt  sich  die  gestalt.    315. 

JUGENDFUNKE,  m.  funke  jugendlichen  gefühls: 

wer  einen  jugendfunken 

noch  hegt  in  seiner  brüst.    Uhla:«d  ged.  409. 

JUGENDFÜRST,  m.  princeps  juventutis.  Stieler  585.  dim. 
von  einer  slalue  des  Jesuskindes :  sie  hatten  es  in  neuen  gold- 
stoff  gekleidet,  und  es  nahm  sich,  als  jugendfürstchen,  gar 
hübsch  und  heiter  aus.  Göthe  43,264. 

JUGENDGÄBE,  f  gäbe,  welche  der  jugend  verliehen  ist: 

klarster  stimme,  froh  an  sinn  — 

reinste  jugend irabe    - 

zogst  du  mit  der  kniserin 

nach  dem  heiigen  grabe.     Göthk  47,140. 

JUGENDGANG,  m.  gang,  verlauf  der  Jugendzeit:  dieses 
mährchen  meines  künftigen  jugendganges  liesz  ich  mir  gern 
wiederholen.  Göthe  24,  47. 

JUGENDGEDICHT,  n.  gedieht  aus  der  Jugendzeit:  Göthes 
jugendgedichle. 

JUGENDGEFÄHRTE,  m.  geführte  der  Jugendzeit :  da  kommt 
er.  sonst  mein  Jugendgefährte,  jetzt  stehen  wir  gegen  ein- 
ander ums  leben.  Fr.  Möller  3,  265. 

JUGENDGEIST,  m.:  er  spricht  von  nichts  als  Weisheit, 
hoher  lügend,  um  sie  zur  schwiirmerin  binaufzuspannen,  um 
ihre  jugendgeistcr  mit  eiteln  träumen  anzufüllen.  Kli.nger 
1,  227. 

JUGENDGELIEBTE,  f.,  JUGENDGELIEBTER,  m.  geliebte, 
geliebter  der  Jugendzeit. 

JUGENDGEMÄSZ,  adj.  wie  es  der  jugend  gemdsx  ist:  von 
des  Gargantua  adelicher  jugend  und  jugendgemüszer  thugend. 
Garg.  12S';  mit  aufrechtem  sittigem  antlitz,  doch  etwas  jiigend- 
gemäszer  schamerrötung.  144". 

JUGENDGENOSSE,  m.  genösse  der  Jugendzeit,  fem.  jiigend- 
genossin. 

JU(iENDGESCHICHTE,  f  gesrhichte  der  Jugendzeit  eines 
menschen:  des  Cyrus  gehurt  und  Jugendgeschichte.  Becker 
weltgesch.  1,  is3.  auch  geschichte  aus  der  Jugendzeit :  er  erzählte 
uns  eine  jugendgcschichle. 

JUGENDGESPIELE,  m.  gespiele  der  Jugendzeit,  fem.  jtigend- 
gespielin. 

JUGENDGESTALT,  f.: 

mir  erschien  sie  (die  Schönheit)  in  jugend-,  In  ft-aueng«stalt. 

GöTHB  40,40*. 
JUGENDGLANZ,  m. . 

schon,  wie  gesagt,  und  k»i  war  leine  kdnigin, 

im  er>leii  jugcndi^luni  schon  weise.    Wikland  10,250. 

JUGENDGLÜCK,  n.  .• 

und  dir  kehrt  neues  jugendfclück, 

deine  ichalkheii  kehret  dir  lunick.    GdT»  IS,  131. 


2365 


JUGENDGLÜT  —  JUGENDLICH 


JUGENDLICH  —  JUGENDMUTHIG 


2366 


JUGENDGLÜT,  f.  fervor  juvenilis.  Stieler  672: 

wie  diese  sanftgehaucbte  jugeiidglut, 

eio  träum  von  rosen  auT  den  wangen  rubt. 

Le>4U  Fuust  104. 
JÜGENDGOTT,  wi.; 

munter  eilten  sogleich  die  scIienkbeQisznen.  gewandten 
Jugendgötter  hervor,  die  Charitinnen  und  liebe.    G6iu£40,  347. 

JÜGE.NDGÖTTIN,  f.  göUin  der  jugfiid. 

JUGENDGRÜN,  adj.  : 

mit  dem  licht  vom  ersten  tage, 

als  die  erde  Jugendgrün  iwai).    Ati.fnii  ki  oneiiw.  1,379. 

JLGE.NDHITZE,  f.  fervor  juvenüis.  Frisch  1,494'. 

JUGENÜHOfFNUNG,  f.:  im  flug  stolz  auffahrender  jugend- 
hoffnungen.  Fr.  .MüU-ER  3,  91. 

JUGENDIDEAL,  «.  ideal  der  Jugendzeit. 

JL'GE.NDLDEE,  f. :  die  jambische  Verdeutschung  (des  Homer) 
war  meine  erste  jugendidee.  Bürger  182*. 

JUGE.NDLNBRF.NST,  /.  .•  ihr  päppeln!  erlen!  weiden  ..  in 
deren  schatten  ich  zuerst  in  jugendinbranst  hing.  Fr.  Hüller 
1,350. 

JUGE.NDJAHR,  n.  jahr  der  jugend;  gewöhnlich  nur  im  plur.: 
in  den  Jugendjahren  ist  man  schon  etwas  leichtsinnig;  die 
Jugendjahre  sind  die  schönsten  des  lebens. 

JUGEISDKEi.M,  m.  keim  der  in  der  jugend  aufgeht: 
sterbet  auch,  ihr  jugendkeime ! 
schmachte  hin,  du  volles  herz  I     Uulano  i/eit.  9. 

JÜGENDKITZEL,  m.  kitzel  der  Jugendzeit:  ich  will  ihm  den 
Jugendkitzel  schon  austreiben;  er  {der  frübling)  begann  mit 
dem  favonius  oder  zefyrus,  dem  jugendkizel  der  natur,  wie 
der    landraann    ihn  nannte.  Voss  zu   Virg.  georg.  1,43. 

JLGENDKRAFT,  f: 

erfrischt  durch  schlaf  und  träum  sprang  er  nun  desto  freier 

vom  lager  auf,  mit  aller  jugendkrafl 

und  Wohlgestalt,  und  all  dem  raschen  feuer 

von  einem,  den  ürgande  zum  befreier 

bezauberter  Infanten  auserkohr.    Wulxnd  21,261; 

der  wein  ist  trinkbar  feur,  zu  dem  Tokajer  nur 

wie  wasser  sich  verhält,  worin  besorgte  schenken 

die  scharfe  Jugendkraft  des  Neckarweins  ertranken. 

17,  275  (ItliLs  5,  37) , 
ich  brannte  meine  jugendkrafl  in  waffen 
zu  üben.  Gotier  2,227; 

straff  sind  die  sehnen  meiner  Jugendkrafl.    Bcbger  41*. 

JUGENDKRÄFTIG,  adj. 

JLGE.NDKUNDE,  /.  künde  der  jugend,  junger  leule :  versuch 
einer  jugendkunde.  lüel  eines  pddagog.  uerkes  v.  Kajetas  von 
Weiller    (München  l&oo). 

JUGENDLAND,  n.  land  in  dem  man  seine  fagendseit  verlebt: 
eilende  wölken !  segler  der  lüfte !  .  . 
grüszet  mir  freundlich  mein  jugendland! 

Scuilleb  it.  Stuart  3,  1; 
auch  mein  freund  Beauvais  war   blasz   geworden,  auch   sein 
jugendland  zerrann  in  nebel.  Tieck  Cev.  1,390. 

JUGENDLASTER,  n.  delicla  juventutis.  Stieler  1059. 
JUGENDLEBEN,  n.  Juventus,  viriditas  aetntis.  Stiei.er  1098. 
JUGENDLEHRER,  m.  lehrer  der  jugend,  der  kinder. 
JUGENDLE.NZ,  «».  Jugendzeit  unter  dem  bilde  des  lenzes: 
launisch  und  eigensinnig  (u-.ir)  deine  kiudheit; 
die  Schulzeit  schreckhaft,  heillos,  wild  und  wüthig, 
dein  jugendlenz  verwegen,  dreist  und  tollkühn ; 
dein  reilres  alter  stolz,  fein,  schlau  und  blutig. 

6liake\p.  tlichard  lll  4, 4 
(thy  prime  of  manbood  daring,  bold  and  venturous). 

JUGENDLICH,    adj.  juvenilis;  schon  ahd.  und  mhd.  aufge 
wiesen    (Lexer    handwb.  l,  1487),   aber  dort  gegen  das  gebräuch- 
liche junglich  ganz  zurücktretend,  und  erst  im  letzten  Jahrhundert 
recht  verbreitet. 

1)  der  jugend  gleich,  den  etndruck  des  jungsetns  machen :  ahd. 
juchundlih  jucunda,  dulcia,  jukuntlichösta  jucundissima  Ghaff 
1, 60s ;  nhd.  es  ist  in  diesem  alten  herrn  noch  etwas  so 
wahrhaft  jugendliches,  das  man  beinahe  ästhetisch  nennen 
möchte.  Schiller  an  Göthe  1,379;  der  greis  sah  den  jugend- 
lichen Jüngling  je  öfter  je  wärmer  an;  in  unsern  tagen  ist 
jugend  an  Jünglingen  eine  körperliche  und  geistige  Schönheit 
zugleich.  J.  Paul   Ttt.  2,192; 

schön  war  sie  nicht,  noch  jung,  doch  jugendlich  genug, 
dasz  sie  an  stirn  und  brüst  di«  heilsten  färben  trug. 

WuLANü   17,  209  (lilni  5,62); 

von  dingen:  hinaus  in  den  freudigen  tag,  in  den  jugendlichen 
garten.  J.  Pacl  Tit.  3,37; 


frische  Jugendliche  färben.    Götter  1,165; 
aber  jugendlich  immer,  in  immer  veränderter  schöne 
ehrst  du,  fromme  natur,  züchtig  das  alte  gesetz! 

Schiller  spaxienjang  v.  193. 
(11  den  begriff  jung  übergreifend : 

unbekanntes  gefühl  bebte  zum  erstenmal 
durch  mein  jugendlich  herz  I    Hölti  108  Halm  ; 

von  dem  eben  erschaffenen  ersten  menschen :  hier  (im  paradiese) 
zwischen  vier  benannten  Aussen,  war  aus  der  ganzen  zu  be- 
wohnenden erde  ein  kleiner,  höchst  anmuthiger  räum  dem 
jugendlichen  menschen' ausgesondert.  Götbe  24,205;  roH  einen» 
thiere : 

muthig  sprang  er  im  gewühle  der  menschen, 
wie  auf  gebirgen  ein  jugendlich  reh. 

Schiller  lei^henphantasie. 

2)  der  jugend  angemessen,  nach  der  jugend  art  und  brauch . 
wo  war  ich?  in  dem  wirbel  der  leichtsinnigen  weit?  jugend- 
lichen Zerstreuungen ,  verführerischen  ergötzlichkeiten  über- 
lassen? Lessisg  2,563;  (ich)  schmeichle  mir,  dasz  ich  in 
diesem  hitzigen  fieber  den  letzten  rest  meiner  jugendlichen 
thorheiten  verraset  habe.  12,164; 

weil  ihr  jugendlich  sprödeibun  der  jüngling 

ernsthaft  nahm  und  vom  kuss  erblödet  abliesz.     Voss  3,87; 

mit  heran  in  den  tanz, 

wer  den  jugendlichen  kränz 

ungefälscht  auf  der  scheite!  bewahret! 

5,  73  (kram  den  die  jugend  trägt)  ; 
o  wie  dem  mai  die  natur  sich  verjüngt.' 
Jugendliche  lust  und  gesang  erwachet!    79; 
mein  frischer  sinn,  die  jugendliche  lust, 
die  mich  belebt,  sie  theilen  sich  dir  mit.    Götbx  9,272; 
nicht  weil  ich  jung  bin  und  nicht  viel  erlebte, 
verachtet  meinen  rath  und  meine  rede; 
nicht  lüstern  Jugendliches  blut,  mich  treibt 
des  höchsten  jammers  schmerzliche  gewalt. 

Schiller  With.  Teil  1,4; 

die  elfe  hat  gefallen 

am  jugendlichen  spiel.    Uulano  ged.  204. 

die  Jugendzeit  betreffend:  Gellerts  jugendliche  gedichte  (die  tr 
in  seiner  Jugendzeit  verfaszt  hat).  Adelusc. 

JUGENDLICHKEIT,  f  :  die  frische  und  Jugendlichkeit  des 
greises  sind  bewundernswert. 

JUGENDLICHT,  n.: 

der  Terzkjr  hochsinn,  Theklas  jugendlicht, 
Max  treugesinnt,  so  wie  er  thut  und  spricht: 
welch  ehrenvoll,  welch  liebevoll  geleite? 

GöTUE  4,  59  ( Wallenstein). 

JUGENDLIEBE,  f.     1)  liebe  wie  sie  die  jugend  empfindet: 
und  ein  alter  dumpf  und  trübe 
lagerte  sich  auf  die  weit, 
das  die  schöne  Jugendliebe 
wie  ein  träum  befangen  hält.    Uhland  ged.  9. 

2)  eine  in  der  jugend  gelieble  person :  das  mädchen  war 
meine  Jugendliebe. 

3)  liebe  zur  jugend,  zu  jungen  menschen:  Klopstock  ist 
immer  mit  jugend  umringt . .  aber  auch  dies  ist  gefallen  an 
der  unverdorbenen  natur.  Deutschland  verdankt  seiner  Jugend- 
liebe einige  seiner  besseren  menschen ;  unsre  Stolberge  und 
Karl  Cramern  hat  seine  Zärtlichkeit  früh  gebildet.  Sturz  1, 1<>3. 

JUGENDLIED,  n.; 

drei  gelehrt  und  treue  brüder 

hielten  ein  collegium, 

sungen  frohe  Jugendlieder.    Gcnther  194. 

JUGE.NDLOCKIG  ,  adj.:   dasz   sie  der  grosze  donnerer  . . . 
jugendlockig  kraftvoll  hier  umschlosz.  Fr.  MCllkr  2,367. 
JUGENBLUST,  /".  oblectatio  juvenüis.  Stieler  1187 : 
um  sie  in  ewgera  freudenchore  schweben 
der  anmuth  gotier  und  der  Jugendlust. 

Schiller  M.  Stuart  2,6; 
begier  der  jugend: 

wenn  sich  die  kräfte  noch  chaotisch  regen, 
wenn  Jugendlust  noch  irren  kann  und  leblen. 
Kör:<er  1,175. 

JUGENDMARK,  n.  .•  unter  den  grauen  haaren  eines  natur- 
greises liegt  vielleicht  eine  menge  jugendmark  versteckt. 
J.  Faul  herbMum.  3,  47. 

JUGENDMORGE.N,  m.  jugend  einem  morgen  verglichen:  der 
ganze  gleitende  Widerschein  des  jugendmorgeos  flosz  an  ihm 
glimmend  vorüber.  J.  Fall  Hesp.  4, 47. 
JUGENDMUTH,  m.. 

Jugendmutb 
will  nicht  weilen  und  haiuen.    Körkir  1.239. 

JUGENDMUTHiG,  adj.:  die  zarte  und  jugendmuthige  jung- 
frau  Ismene.  Fischart  cht.  524. 


2367        JUGENDNEBEL  —  JÜGENbSPIELEll 

JLGEM)NKBEL,  »i.  nebclhaße  empftndumj  in  der  Jugendzeit: 
er  ging  wieder  wie  von  dem  ersten  jugendnebel  begleitet 
umher,  seine  äugen  faszien  jeden  reizenden  gegenständ  mit 
freuden  auf.  GörnE  18, 197. 

JUGENDNEIGUNG,  f.  iiciyung  die  tnan  in  der  jugcnd  hat. 

JL'GENDPFERD,  »i.  juyendliclics  treiben  unter  dem  bilde 
eines  gerittenen  rosses:  nun  fülilte  ich , .  .  inspirirt  durch  den 
Burgunder,  es  sei  zeit  meine  Jugendpferde  zu  besteigen,  auf 
hcnen  ich  mich  sonst  übermütliig  gerne  licrumgetinnmell 
datte.   GüTHE  3I,23S. 

Jl'GENDPROBE,  f.  probe  von  jugcndgediililen  :  a,nArc  zugäbe 
von  verschiedenen  jügcnd|)roben.  (übcrsclirift  bei)  GCntuer  S'JO. 

Jl'GENDRElMEREl,  f.: 

zur  gerechten  husze 
für  meine  jugendreinierei.    Gottkr  1,  459. 

JUGENDREIZ,  Hl..- 

dasz  sie  dünkelhaft  dein  (.4j)o//os)  goliliies  haupt, 
deine  glatten  jugendreize  höhnen,     üökger  SS". 

iVGETiDlXOSE,  f.  jugcndschönlieit  unter  dem  bilde  einer  rose: 
ein  blasses  eingestürztes  angesicht,  vom  langen  Innern  fcuer 
verglaset,  von  allen  jugendroscn  enlblüszet.  J.Paul  Tit.  2,83; 
erst  aus  späteren  papieren  ersah  ich,  dasz  Nikolaus  unter 
seinen  reisezwecken  sicii  auch  den  vorgesetzt,  seine  am 
chemischen  feuer  vcrgelbten  jugendroscn  in  freier  Infi  roth 
aufzufrischen,  komel  2, 1S8. 

JUGENDRÖTHE.  f.:  jugendrüthe  auf  den  wangen. 
JUGENDSCHAUEH,  m.  : 

als  jetzt  der  Irüliling  wieder 
gekommen  war,  durch  alle  gliedcr 
der  guten  alten  mutler  natur 
ein  neuer  jugend&chauer  fuhr.    VVirland  21, 18.    . 

JÜGENDSCHEIN,  m.. 

gesang  und  liebe  in  schönem  verein, 
sie  erhalten  dem  leben  dvn  jugenüschein. 

ScuiLi.KH  die  vier  weltaller. 

JUGENDSCHERZ,  m.  juventutis  lascivia.  Stielkr  1762. 
JUGENDSCHICKSAL,    n. :     Jugendschicksale    des    Cyrus. 
Beckers  wellgescit.  l,  ls3. 

JUGENDSCHLUSZ,  m.  majorennitas.  Stieler  1843. 
JUGENDSCHMUCK,  «i.  scbmuck  den  die  jugend  verleiht :  die 
madchen  in  ihrem  jugendschmucke. 

JUGENDSCHÖN,  adj.  schön  wie  in  der  juqend. 
JÜGENDSCHÖNE,  f.: 

und  ihr  wächst  stets  die  jugendscliöne  nocli. 

Stolbehg  14. 120 : 
ich  mit  meinem  düstern  dränge, 
du  in  deiner  jugendschöne.    Platen  8. 

JUGENDSCHÖNHEIT,  f. 

JUGENDSCriRH'T,  /".  schriß  ßr  die  jugend,  junge  leule: 
Campes  kinder-  und  Jugendschriften. 

JUGENDSCHRIFTSTELLER,  m.  verfertiger  von  jugend- 
schrißen. 

JUGENDSCHRITT,  m.  schritt  den  man  in  der  Jugendzeit  Ihul; 
in  freiem  sinne: 

jugendschritt  an  freundes  brüst.    Götue  3, 131. 
JÜGENDSCHULD,    f.:    jugendschulden    delicta  juventutis 
Stieler   1940. 

JUGENDSCHVVANK,  tu.  schwank  wie  ihn  junge  leute  ausüben: 
noch  plaudert  man  und  schäkert  viel, 
spielt  blindekuli  und  plaiiderspinl, 
errreut  mit  manchem  neuen  liedlein 
und  jugendschwank  sein  junges  mütlcin.    Voss  6, 199. 

JÜGENÜSCHWUNG,  m. : 

heilig  ist  der  rebensaft, 

ist  des  Jugendschwungs  gespiele.    Uhland  ijcd.  s.  12. 

JUGENDSEELE,  f. :  dich  {den  degen)  haben  sie  mir  gegeben, 
dich,  der  du  meine  jugendsccie  ganz  erfüllest!  Klingkk 
Uiealer  3,347. 

JUGENDSELIG,  aJj. :  »o  reihte  sich  ein  gliicklicber  jugcnd- 
seliger  tag  an  den  andern.  Klinger  10, 29. 

JUGENDSINN,  m.; 

rroh,  mit  reinem  jugeiidsinn.    Götuc  3, 2r)4. 

JÜGENDSPIEGEL,  m.  juventulu  speculum.  SriKLEti  20titi. 

JUGENDSPIEL,  n.:  jugemlnpielc  ludi  juvendcs.  Stiei  er  2ü>?7. 

JUGENDSPIKLEK,  m.  der  mit  einem  in  der  jugendieit  spielt: 

so  marichefi  jueendtpielcn 

Kedenk  Ich:  «eil!  der  w«rl    Vom  4, 3M. 

betser  tä  jugendgespieic. 


JUGENDSTACllEL  —  JLGENnWAHN      2368 

JUGENDSTACHEL,  m.  slachcl  zur  jugend,  zum  jungbleiben: 

die  cirer.«ucht, 
der  liebe  jugcndstachel.     II.  v.  Ki.kist  1,32. 

JUGENDSTARK,  adj.  stark  wie  man  in  der  jugend  ist. 

JUGENDSTÄRKE,  f.: 

wann  eure  jugcndslärke  schwindet.    Gottkii  1,4o:!. 

JUGENDSTIRNE,  f.:  der  glatte  spiegel  meiner  jugendsiirnc 
blendete  den  for.<cher.   Klingkr  4, 112. 

JUGENDSTREICH,  m.  streich  der  in  der  jugend  verübt  wird. 

JUGENDSTÜCK,  n.  slück,  streich  wie  man  ihn  in  der  jugend 
i'crüfrJ;  jugendälücke  delicla  juvenUUis  Stieler  2222:  dim.:  ein 
possirliches  jugend-  oder  scherz-stüklein.  Rraai-t  berictU  vom 
leb.  Taubmatms  s.  41.  —  jugendstück  auch  von  einer  schriß- 
slcllerischen  Jugendarbeit :  jugendstückc  des  dichlers.  Koser- 
stein  gi'undrisz  2808. 

JUGENDSÜNDE,  f.  pcccatum  juvenile.  Steinuach  2,776;  es 
wäre  dieses  ein  fehler  gewesen,  Vielehen  man  kaum  mit  dem 
gelinden  namen  einer  Jugendsünde  halt(!  entschuldigen 
können.  Rabener  a'cr^e  2,6;  ich  bekenne  meine  gelehrten 
Jugendsünden.  4,88;  /{. .'  sie  haben  doch  ilne  eigene  poterei 
nicht  an  den  nagel  gehängt?  G.  o,  erinnern  sie  mich  nicht 
an  meine  Jugendsünde!  Gotter  3,251: 

ich  habe  freilich  Jugendsünden, 

wer  ist  wohl  bei  viel  tlioren  klug?    Günthek  152; 

vor  leichte  Jugendsünden, 
die  doch  die  meisten  binden, 
tril't  mich  allein  die  last.    209. 

dim.  jugendsündchen : 

ob  ihn  gleich  hie  und  da  ein  jugendsündchen  kneipt. 
Gottkr  3,  lxxiv. 
JUGENDTAGE,  m.  pL: 

thranen  des  danks,  dasz  ihre  jugendtage 
gleich  dem  säusein  des  main  vorüberriohen. 

HöLTY  101  Halm. 

JUGENDTAUMEL,  m. :  sie  war  des  glucks  ihrer  tochter 
gewisz,  wenn  bei  dieser  der  erste  braut-  und  Jugendtaumel 
sich  würde  gelegt  haben.  Göthe  17,256. 

JUGENDTHAT,  f.:  ich  diente  ihnen  mit  meinen  oft  ver- 
wegenen und  närrischen  jugendlhaten  zum  Zeitvertreib.  Ki.ixgbr 
Iheat.  4,204. 

JUGENDTOCHTER,  f. :  die  kunst  .  .  ist  immer  eine  jugend- 
tochter  des  geistes.  Seüme  (1835)  s.  345. 

JUGENDTRAUM,  m.:  ein  neues  land  .  .  das  vor  ihm  wie 
ein  schöner  glücklicher  jugendtraum  schwebt.  Klinger  12,211; 
alle  seine  jugendträume  knüpften  sich  an  dieses  bild.  Göthe 

19,  57 ; 

beglückt,  beglückt,  wer  die  geliebte  lindet, 

die  seinen  jugendtraum  begrüszt.    Hölty  199  Halm. 

JUGENDTRIEB,  m. : 

laszt  ihn  (den  puctrii)  das  gcheimnis  linden, 
groszmulh  und  arglist  zu  verbinden, 
und  euch,  mit  wannen  jugendtrieben, 
nach  einem  plane,  zu  verlieben.    Götue  12,90; 
mit  den  guten  mich  zu  fmden 
war  mein  erster  jugendtrieb.    13.204; 
warm  vom  jugendtrieb  des  Icbens 
schwoll  der  lockre  grund  (der  hoden  im  fruhjahr). 

Voss  5,22t. 

JUGENDTROTZ,  «i.  .• 

umwölkte  jugendirotz  und  dunkel 

uns  mit  des  eitelen  trugs  Verblendung?    Voss  :i,  lt. 

JUGENDTRÜMMER,  ii.  plur.: 

wie  will  ich  dir,  der  mich  in  meinen  ju^^cndlrümmern 
unkundigen  des  wegs  zum  inerkpluhl  aulge.stelll, 
die  Spötterei  verkümmern 

iu  jener  weit.       Tuommel  6, 38. 

JUGENDUBUNG,  f.  ühung  wie  man  sie  in  der  jugend  vor- 
nimmt: von  des  (;argantua  jugendübuiig.  coltimnenlitel  zum 
14.  cap.  des  Garg.  {z.  b.  bl.  130.  131.  132). 

JUGENDUNGESTUM,  vi.:  Herders  jugenduugestüm  und 
spätere  gräiulicbkeit.   lierliner  jahrb.   1846,  no.  U2,  s.  736. 

JUGENDUNTKRRICIIT,  m.  Unterricht  den  man  im  der  jugend 
empfängt,  wler  den  man  jungen  leulen  erlheilt. 

JUGENDVERSUCH,  «i.  versuch  in  der  jugend  unternommen : 
.Hchriftstelleriscbe  jugendversuche. 

JUGENDVERTRAUTER,  m.  vertrauter  der  jugendzeü. 

JUGENDWAIIN,  m. :  der  man  der  gründlichkrit  wird  zu- 
letzt höchsten»  der  M)phist  seines  jugendwahns.  Kaxt  3,1)0; 
er  (SlHiu)  »rliirmi  de»  hrrirn;.  frommu  »chcu, 
er  bleibt  den  hiiiinili«rhon  ^rwültcn 
def  jugeiidwuhncit  redlich  ueu.    AftM>t  g*ä.  (Ift40)  'iM. 


2369 


JUGEND  WANDEL  —  JULLE 


JUNG 


2370 


JUGENDWANDEL,  m.  tempus  juventutis.  Stieler  2502. 
JUGENDWÄRME,    f.:    seine   jugendwärnie    ersetzte    den 
mangel  eines  tiefen  gefüLls.  Göthe  19, 119.» 
JUGEND  WELT,  f.: 

und  der  eitle,  üppige  reiz  entwich, 

der  die  frohe  jugendweit  zierte ; 

der  inönch  und  die  nonue  zergelszelten  sich, 

und  der  eiserne  riiter  turnierte. 

Schiller  vier  weltalter; 
das  falsche  glück, 
das  meiner  ganzen  jugendweit  geheuchelt. 
KöBNKR  2,  245. 

JÜGENDWERK,  n.  .•  jugendwerke  opera  juventutis  Stieler 
2556;  die  jugendwerke  eines  dichters. 
JUGENDWUNSCH,  m.  .• 

(im  süillichen  Frankreich)  wo  unter  lauter  scbäferstunden 

der  goll  der  zeit  sich  schwindlich  dreht, 

lind  nicht  so  leicht  ganz  unerapfunden 

ein  Jugendwunsch  verloren  geht.      Tuümxel  2,149; 

wer   in   einem    gewissen    alter   frühere  jugendsvünsche    und 

Loffnungen  realisiren  will,  betrügt  sich  immer.  Gotue  17,346. 

JUGENDZEIT,  f.  aetas  juvenilis,  flos   aetatis.  Stieler  2620; 

(oolt)  der  es  (das  menschenkind)  vor  gferligkeit 
liat  hhüt  inn  Jugendzeit.     II.  Sachs  1,435''^ 
heilig  ist  die  Jugendzeit.    Uhlasb  ged.  11. 
JUGENDZUCHT,  f.  kinderzucht,    liberorum  educatio,  paedia, 
moderatio  juventutis.  Stieler  2629. 

JUGENDZUSTAND,  m. :  ich  konnte  sie  nicht  bekannt  machen 
mit  meinen  früheren  jugendzuständen.  Göthe  23,  44. 
JUH,  interj.  wie  ju  und  j'uch: 

wenn,  von  muiterhand  geschleudert, 

die  gurgel  unsers  feindes 

er  zerreist,  juh !  himmlisch  blut 

dein  blut  von  diesen  federn  spühlt.    Fr.  Mcller  2,276. 

Weiterbildungen:  juhe,  du  kleiner!  ebenda;  juheia,  da  musz 
ich  ja  auch  mit.  3,77;  juh  heiaho,  ein  fröhlich  geschrei,  erax. 
Maaler  23S'; 

es  wolt  ein  Jäger  jagen, 

es  ward  jhm  vil  zu  spat, 
jnheiaho!  Garg.  2S'. 

JUKS,  5  jucks. 

JUL,  m.  im  östlichen  Jiorddeutschland  das  weihnachtsfest,  nach 
dem  schwed.  dän.  jul;  mit  dem  verbum  julen,  das  weihnachlsfesl 
begehen,  schwed.  jula: 

decemher,  letzter  mond, 

tüchtig  sind  wir  geschulet. 

was  unterm  nordstern  wohnt, 

trinket  wacker  und  julet; 

also  halten  wir  mit  den  jul, 

bis  zur  wandrung  zum  schwarzen  pfuhl 

ab  das  leben  sich  spulet,    äkkdt  ged.  (1840)  53. 

über  den  weiteren  hintergrund  dieses  jul  vgl.  Weishold  monat- 
namen  s.  4. 47. 

JULEP,  m.  ein  kühltrank,  aus  dem  franz.  julep,  ilal.  giulebbe, 
span.  julepe,  zurückführend  auf  das  arab.  g'olap,  welches  selbst 
aber  wieder  lehnwort  aus  dem  persischen  ist  (gul  rose  und  ab 
wasser),  vgl.  Diez  wb.  der  rom.  spr.  1,214:  (apolhekerbüchsen) 
zu  innersl  mit  herrlichem  schleck  und  confect  seind  ge- 
schicket und  gespicket,  von  balsaui,  bysam,  latwergen,  sirup, 
julep,  treseneyen  und  anderen  kostbaren  fanlaseien.  Garg.  lo'; 
an  stat  desz  getränks  mit  frischem  wasser  (zu  versehen),  mit 
julep  vermischt.  Uffenbach  neues  rossbuch  (1603)  2,14;  bei 
HüUBERG  ein  zäher  fruchtsaß:  über  den  andern  oder  dritten 
tag,  siedet  man  den  julep  (exlract  von  cüronen  oder  limonien) 
v\ieder,  und  das  thut  man  etliche  mahlen,  bisz  der  julep  die 
rechten  dicken  bekommt.  1,  224*;  rosen-julep.  230';  veyel- 
julep.  23t". 

JULI,  m.  der  siebente  monal  des  Jahres,  aus  dem  gen.  des 
lal.  monatnamens  julii  erwachsen,  seit  dem  16.  jA.  gebräuchlich: 
uff  den  14.  tag  jully  des  obgemelten  jorsz.  Basler  ehr.  1,124,32; 
uff  suntag  den  2.  tag  jully  genant  heuwmonet.  126,  14;  neben 
der  lat.  nomiiia/jt/orm  Julius:  anno  1536  jur  des  monatz  jullius 
genempt  höuwmonatz.  14",  4 ;  (wir  sind)  über  die  Südersee, 
den  29.  Julius,  glücklich  hier  in  Amsterdam  angekommen. 
Lessi.ng  12,43.     bildlich: 

ich  hab  euch  im  besten  juli  verlassen, 

und  find  euch  wieder  fm  Januar ; 

ihr  saszet  damals  so  reclit  in  der  hilze, 

jetzt  seid  ihr  gekühlt  und  kalt  sogar.    H.  IIki."«e  15, 109. 

JULIHITZE,  /".  hitze  wie  sie  im  juli  herscht. 
JULIK.\FER,  m.  scarabaeus  fuUo. 
JULLE,  f.  was  jolie  sp.  2335. 
IV.  II. 


JUNG,  adj.  juveuis. 

golh.  juggs  (compar.  jfthiza);  alts.  altnfr.  jung;  niederl.  jong; 
fries.  jung,  jong;  ags.  geong,  altengl.  yong,  neuengl.  young; 
altnord.  üngr,  schwed.  dän.  ung ;  ahd.  mhd.  junc.  die  deutsche, 
schon  seil  den  ältesten  zeiten  contrahierte  form  stimmt  zu  lat. 
juvencu-s  und  zu  sanskr.  yuvaka-s  jüngling,  welches  von 
sanskr.  yuvan,  lat.  juven  (juven-i-s)  abgeleitet  ist,  und  zu  sskr. 
yu  wehren  gestellt  wird ,  so  dasz  das  adjeetiv  von  dem  begriffe 
der  bUüienden  vollen  kraß  den  ausgang  seiner  bedeutung  nimmt 
(vgl.  FiCK^  s.  159. 3S7). 

jung  wird  gesagt 

1)  von  personen,  die  in  der  kindheil  oder  noch  tm  blühenden 
aller  stehen,  man  bestimmt  wol  die  grenze  dieses  alters :  juvenis 
ein  junger  man,  juvencula  ein  junges  wip,  vir  ein  man  drisig- 
jerig.  voc.  opt.  15*,  17 ;  doch  ist  dieselbe  im  gewöhnlichen  sprach- 
gebrauche flüssig:  ein  junges  kind,  ein  junger  knabe,  ein 
junges  mädchen ,  eine  junge  frau ;  wir  haben  einen  vater 
der  ist  alt,  und  einen  jungen  knahen  in  seinem  alter  geboren. 
l  Mos.  44,20;  du  hast  einen  jungen  söhn.  1  Sam.  4,20;  der 
hatte  einen  söhn  mit  namen  Saul,  der  war  ein  junger  feiner 
mann.  9, 2 ;  David  samlet  abermal  alle  junge  manschaft  in 
Israel.  2  Sam.  6,1;  du  wirst.,  jre  junge  manschaft  mit  dem 
schv\ert  erwürgen,  und  jre  junge  kiuder  tüdten.  2kön.  S,  12; 
man  suche  dem  könige  junge  schöne  jungfrawen.  Esther  2,2; 
der  jungen  wilvven  aber  entschlahe  dich.  1  Tim.  5, 11 ;  als 
aber  der  junge  Tobias  seiner  hochzeit  halben  lange  auszeu 
war.  Tob.  10, 1 ;  die  junge  gesellen  und  Jungfrauen.  Fischart 
bienk.  146';  ein  junger  man  kan  neunmal  verderben,  und 
dennoch  wiederumb  genesen.  Schottel  1129";  o!  das  junge 
ding  ist  eben  so  unbedachtsam,  als  der  alte  vergeszlich  ist. 
Lessing  2,  547,  ein  vorlrefliches  gescheuk  flu-  ein  junges 
mädchen.  455;  eine  unglückliche  junge  wittwe.  559;  dieser 
junge  mann,  der  sich  Zahn  nennt.  Schiller  an  Göthe  1,18; 
ein  junger   herr,  junger  mann  von  hetrenmdszigem   aussehen: 

lobt  ihren  neuen  latz,  schielt  öfters  auf  ihr  mieder, 
fast  wie  ein  junger  herr.  Gellbrt  1, 132 ; 

ein  junges  herrchen,   ein   Stutzer;   der  junge   herr   der   söhn 
eines  hauses  im  gegensatz  zum  vater,  dem  alten  herrn ; 

zum  andren  gibt  es  diese  lehr, 

das  junge  leut  sich  sollen  hüten 

vor  der  lieh  ungestümen  wüten.    II.  Sachs  1,121'; 

des  {darum)  soll  ein  junger  man  sich  halten 

zu  den  züchtigen  weisen  allen.         472*; 
zum  mädchen  wünscht  ich  mir  — und  wollt  es,  ha!  recht  lieben  — 
ein  junges,  nettes,  tolles  ding.  Lessinc  1, 17 ; 

himmel,  kann  es  sein, 

dasz  eines  jungen  mädchens  witz  so  sterblich 

als  eines  alten  manues  leben  ist? 

Shakesp.  Hamlet  4,5; 

Roland,  sag  an,  du  junger  fant !    Uulahd  ged.  346 ; 

kleine  bluraen,  kleine  blätter 

streuen  mir  mit  leichter  band 

gute  junge  frühlings-götter 

tändelnd  auf  ein  luftig  band.    Götbe  1,82, 

junges  blut,  vergl.  th.  2,  sp.  173  no.S: 

komm  als  dann  ein  junges  blut, 
so  sei  mir  der  reichtuhm  guht 
seine  gunst  zu  kriegen. 

GöRi.-«c  tiebesmeyenbtühmlein  (1654)  s.  69; 
ihr  sprecht  wie  junges  blut, 
in  solchen  lahrlichkeiten  unbewandert. 

Stiakesp.  Hamlet  1,3 
(you  speake  like  a  green  gtrl) ; 
in   alterthümelndcr   rede   vor   eigennamen   ohne  flexion  und  mit 
weglassung  des  artikels: 

jung  Siegfried  war  ein  stolzer  knab.    Uulaüo  ged.  332 ; 
jung  Roland,  söhn  des  Milon,  «prach.    339; 
jung  Holand  rief:  wohlauf  zum  streit.    341 ; 
jung  sein;  jung  an  jähren,  alt  an   verstände,   ingenio  canus 
ante  canos  Steinbacii  1,81S; 

Daniel  was  ganz  jung  der  jar.    Schwarzenbeiig  HO'; 
so  jung,  Ton  solchem  adeligen  stamm. 

Schiller  Wilh.  Teil  5,2; 
er  ist  noch  zu  jung;   der   zu   etwas   fast   noch   zu  jung  ist, 
cujus  aetas  vix  matura  est  rei  alicui.  Steinrach  1,81S; 

vermeint  ihr  mich  zu  jung  und  schwach, 
dasz  ich  mit  riesen  stritte.    Uulamd  ged.  339. 

2)  im  comparativ  und  Superlativ:  der  jüngere  söhn;  ein 
jüngeres  kind;  er  ist  jünger  als  er  aussiebt;  sie  hat  aber 
eine  jüngere  Schwester.  ridU.  15, 2 ;  nu  aber  lachen  mein  die 

149 


2371 


JUNG 


JUNG 


2372 


jünger  sind  denn  ich.  Hiob  30,1;  ich  sage  dir,  da  du  jünger 
wärest,  gürtestu  dich  selbs,  und  wandelst,  wohin  du  wollest, 
wenn  du  aber  alt  wirst,  wirstu  deine  hende  ausstrecken,  und 
ein  ander  wird  dich  gürten  und  füren.  Joh.  21, 18;  nach  ihrem 
gesiebte  hätte  ich  sie  gewisz  auch  nicht  für  jünger  (yc/ju//««)- 
Lessing  2,387;  dem  jüugern  Schlegel.  Schiller  a»  tö<Ac  1,124 
er  ist  ein  jüngrer  söhn  nur  seines  hauses, 
niclits  nennt  er  sein  als  seinen  rittermantel.    Teil  1,2; 

der  jüngste  söhn;  die  jüngste  tochler  hciszt  Marie;  es  ist 
nicht  Sitte  in  unserm  lande,  das  man  die  jüngste  ausgebe 
vor  der  ehesten  {lochlcr).  l  Mos.  2!t,  26;  ist  das  ewer  jüngster 
bruder?  43,29;  ihre  jüngste  tochter  Göthe  27,136. 

3)  substantivisch,  in  mehrfacher  Verwendung. 

a)  in  starker  oder  schwacher  form :  es  kam  ein  junger  zu 
einem  heiligen  vatter.  Keisersbeg  haum  d.  sei.  10';  sollen  die 
guten  werk,  die  der  jung  als  mit  groszem  fleisz  thut,  all 
verloren  sein,  ll';  der  jung  nam  es  war  an  dem  alten. 
ebenda ;  ein  herzog  von  Baiern,  Ludwig  genant,  der  noch  ein 
lediger  junger  was.  d.  slädtechr.  3,  111,25;  aber  er  verlies  der 
ehesten  rat,  den  sie  jm  gegeben  hatten,  und  hielt  einen  rat 
mit  den  jungen  die  mit  jm  aufgewachsen  waren,  i  kön.  12,8; 
da  mich  die  jungen  sahen  und  sich  versteckten,  und  die  alten 
lur  mir  aufstunden.  Hiob  29,8;  einen  alten  schelte  nicht, 
sondern  ermanejn  als  einen  valer,  die  jungen  als  die  brüdere. 
1  Tim.  5,1;  ir  jungen,  seid  unterthan  den  ehesten.  1  Petr.  5,5; 
der  jüngere  zeigt  achtung  vor  dem  älteren;  sprichwörtlich: 
er  ist  der  jüngste  nicht,  schon  bejahrt; 

so!  ich  in  ir  (der  dume)  dicnstc  werden  alt, 

die  wile  junget  si  niiit  vil. 

so  ist  mii)  bar  vil  lihte  also  gestalt, 

dajs  einen  jungen  daiine  >ril. 

so  helfe  iu  got,  her  junger  man, 

so  rechet  mich  und  get  ir  alten  hüt  mit  sumerlaten  an. 

Walthkr  75,  20 ; 
er  trat  hin  zuo  dem  jungtii     nider  üt  daj  gras, 
er  sprach:  kindischer  recke,     diu  swert  muot  ich  hau. 

Wolfdictnch  Z>  4, 17,  2 ;    . 
hör,  junger!  es  steht  in  dem  hausz 
allenthalhen  wol  überausz. 

Ayrer  fasln,  sp.  V  (2346,32  Keller); 
der  alte  sprach  zum  jungen :  nun  sei  bereit  mein  söhn ! 

Uhland  ged.  390. 
auch  in   der   bedeulung   Und :  man    sagt  also  von  ainer ,   die 
het  sollich  baisen  und  waidwerk    etliche  jar   und  soviel  ge- 
trieben, das  es  auch  jungen  gegeben.  Zimm.  chron.  3,  552, 15. 
vgl.  dazu  unten  das  subsl.  junge. 

b)  absolut, '}üng,  als  ein  junger,  als  eine  junge,  in  jugendlichem 
alter:  Hing  gewohnt,  alt  gethan;  jung  gefreit  hat  niemand 
gereut;  wenn  die  dingerchen  so  jung  heiralhen,  so  werden 
auch  die  kinder  darnach.  Lessinc  2,386; 

was  man  öfter  jung  gethan, 
hangt  aucli  noch  dem  alter  an. 

A.  v.  Abscuatz  vcrm.  ged.  170. 
t)  das  neutrale  jung  wie  Jugend,  Jugendzeit:  adolescenlia  junk 
DiEF.  13'; 

alte  Jungfern  mögen  buhlen ,   künnen  dennoch  Jungfern  sein, 
dann,  weil  jung  ist  fern  an  jhncn,  trifft  es  also  riclitig  ein. 

LoGAU  3,  12,42; 
namentlich  in  der  formet   von  jung   auf,  vgl.  dazu  von   klein 
auf  th.  5, 1092 : 

alles  was  ich  gelernt  und  was  ich  von  jung  auf  gewohnt  bin. 

GöTUE  40.318. 
in  der  rede  des  gemeinen  lebens  aber  auch  =  kind  {vgl.  dazu 
unten  8):  was  junges,  infans  Stieler  903;  sie  hat  etwas 
junges  bekommen ;  es  macht  sich  ein  glater,  junger  cdelman 
von  Thurn  zum  fr^lin,  der  macht  im  ein  Jungs.  Zimm.  chron. 
3,  549,  36. 

4)  jung ,  in  formelhaßem  gegensatze  zu  alt  {vgl.  dazu  th. 
1,263.261),  ebenfalls  in  verschiedenen  Verbindungen ;  adjeclivisch : 
junger  Springer,  alter  slei/.cr.  junger  schlemmer,  alter  heller. 
SciioTTEL  1144;  ich  bin  hier  seil  drcitzig  jähren  tudtengräber 
gewi;!<cn ,  in  jungen  und  alten  tagen.  Shakesp.  Hamlet  5,  l ; 
iubstantivisch :  fruntschafl,  das  da  ein  grusz  gilt  ding  ist, 
nützlich  und  not  reiciien  und  armen,  jungen  und  alten,  be- 
trüblen  und  volkSmen  menschen.  Keisersheiic  sunden  d.  m.; 
well  euch,  die  jr  küssen  machet  den  Icuten  unter  die  nrnic, 
und  pfrilr  zu  den  heupirn,  beide  jungen  und  allen,  //c«.  13, 18; 
wie  jung  und  alten  kund  {iä).  A.  Gryi-iiiub  (1663)  67s ; 

der  mich  den  tet  hcficheidcii  palt 

den  lob  ich,  wer  alt  oder  junger,    fatln.  «;i.  2U, 0; 

dem  alten  diti  grab,  dem  jungen  da«  ueib, 

*o  haben  tic  beide  vpr^orget  den  Irih. 

A.  V.  Ab»ci«»t/  iiim.  ged.  107 


jungen  buhlet  selbst  das  glücke, 
von  den  alten  tritts  zurücke,    ebenda; 
im  neutrum: 

ej  (das  fciH(l)lruoc  an  sinem  libe     die  aller  besten  wät, 
die  jungej  oder  altej     in  der  werlde  Inder  hat. 

Urtiiil  2,  93,  4; 
sehr  häufig  in  den  formein  jung  und  alt,  alt  und  jung,  a.„ 
unflecliert  bleiben:  kamen  die  leule  der  Stadt  Sodom,  und 
umbgaben  das  haus ,  jung  und  alt.  1  Mos.  tu,  4 ;  wir  wollen 
ziehen  mit  jung  und  alt.  2  Mos.  10,9;  da  kam  weib  und  man, 
jung  und  alt,  zu  Osia  uud  den  ehesten.  Jud.  7,  13;  da  würgt 
man  durch  einander  jung  und  alt,  man  und  weib,  kinder 
und  jungfra wen.  2  itfacc.  5,  13;  ziemte  bescheidenheit  minder 
jung  und  alt,  jung  insonders.  Klopstock  12,76;  die  nachbarn 
welche  jung  und  alt  in  erwarlung  wie  gewöhnlich  zusammen- 
gekommen waren,  machten  verdrieszliche  gesiebter.  Göthk 
23, 181 ; 

und  überall  all  überall, 

auf  wegen  und  auf  stegeii, 

zog  alt  und  jung  dem  jubelschall 

der  kommenden  entgegen.    ETürger  13*. 

5)  jung,  von  eigen schaßen,  körpertheikn  u.  ä.  junger  per soneu  : 
er  kann  schon  springen,  hat  noch  junge  beine ;  der  jungen 
herzen  ergernis.  weish.  14,26;  junge  zän,  fülezän,  pullini  dentes 
Maalek  23s';  junge  kräh,  juvenile  robur  Steinuach  1,818; 

wie  möcht  ich  fürbasz  frölicb  sein, 

so  du  hie  iiast  dein  junges  leben 

für  dein  junkfrewlich  keuscheit  geben.    H.Sachs  1,115'; 

darumb  der  ehrendieh  die  nacht 

verlieren  musz  sein  junges  leben.     HO'; 

ich  wolte 
dasz  ich  solt  bei  dir  sein, 
zubringen  meine  jungen  tage, 

aber  es  kau  nicht  sein.     Vi/eLi.t.n  tiedvr  des 'iOjähr.  kr.  158; 
wie  glücklich,  wem  das  knabenkleid 
noch  um  die  schultert:  fliegt, 
wem  lächelnde  Zufriedenheit 
den  jungen  busen  wiegt.    IIöltt  121  Ilulm; 
um  deine  jungen  blicke  schwebt 
ein  lächeln.  124; 

allein,  so  rosenfarb  die  gute  frau  sieb  kleidte, 
so  dick  sie  sich  mit  schminke  überzog, 
so  künstlich  ihr  gesiebt  bei  licht  und  in  die  weile 
sich  drciszig  jähre  jünger  log,  .  .  . 
so  wenig  half  es  ihr.    AVieland  17,289  (Idris  5,63); 
bis  du,  von  mir  erwärmt,  an  meinem  herzen, 
das  junge  leben  wieder  freudig  fühltest. 

Schiller  Wullenst.  tod  3, 18 ; 
dein  junges  blut  erstarrte.    Sliakesp.  Harntet  1,5. 

6)  jung  auch  jugendlich,  der  jugend  gemäsz,  die  art  eines 
jungen  mensclien  habend:  trotz  seines  alters  ist  der  mann  noch 
jung;  sein  fleisch  grüne  wider  wie  in  der  jugent,  und  las  jn 
wider  jung  werden.  Hiob  33,25;  auf  alle  fälle  ist  er  jünger 
als  seine  jähre ,  man  möchte  beinahe  etwas  kindliches  an 
ihm  finden.  Göthe  23,213;  jung  herz  und  fräfen  etwas  ze 
tliun,  animi  virides  ausis  Maaleh  23s'; 

heia  be,  wie  gsunt,  wie  jung 

bin  ich  an  dem  bcrczen  mein!     ring  8^,11; 

sie  hielten  sich  fest  umfangen, 

sie  wurden  jung  und  gesund.    Uuland  ged.  214. 

t;i  der  Verbindung  das  junge  IJeutschland,  eine  lilterarische, 
nach  1830  entstandene  schule  voll  stürmischen  slrebens  bezeichnend ; 
ähnlich  das  junge  Litthauen,  eine  fraction  des  preuszischen  ab- 
geordnetenhauses.     übertragen : 

alles  wiederholt  sich  nur  im  loben, 
ewig  jung  ist  nur  die  phaniasie. 

Schiller  iiti  die  freude; 
und  ich  las  das  licd  vom  Odysseus, 
das  alte,  das  ewig  junge  liid.     H.  IIeink  15,  226. 

7)  jung,  parallel  der  bedeulung  l  von  Üüiren:  das  volk  wird 
aufstehen  wie  ein  junger  lc«e.  4  Mos.  23,24;  sollen  eine  junge 
kue  von  den  rindern  neincn.  b  Mos.  21,3;  der  dem  vieh  sein 
futter  gibt,  den  jungen  raben  di  jn  anrufen,  ps.  147,9;  das 
müssen  .  .  die  jungen  adeler  fressen,  sprichw.  Sal.  10, 17 ;  in 
der  bibel  auch  mit  dem  folgenden  subst.  zusammengeschrieben : 
so  bringe  er  dem  iierrn  .  .  zwo  jungelauben.  S  Mus.  .s,  7;  nini 
zu  dir  ein  jiingkalh  zum  sündupfer.  U,  2;  wie  ein  jungerlewe. 
Ho$.  5,  14.   Mich.  5,7; 

ex  lie»z  »ich  in  d«r  vögcl  chüren 

unUiiKst  ein  junger  vogel  hüren.    IIackoorn  2,46; 
jung  war  er  (drr  .\ihinin)  weder  weisx,  noch  »ihün  noch  tlnrk 

III  iiriiiieii ; 
im  muKZ  man  ihn  dafür  erkenticii.  1.^4; 
•in  junger  iirg«nbüi;k  mit  cllenljnk'em  bau.    Ulkiii  :i. ä4&. 


2373 


JUNG 


JUNG 


2374 


bei  verschiedenen  hauslhieren  und  jagdbarem  icild  ist  das  adjectiv 
in  bezug  auf  eben  oder  kürzlicli  geborene  ungebräuchlich,  da  für 
solche  ei'jene  bezeichnungen  existieren,  vgl.  ferkel,  föklea,  frksch- 
linc.  kalb,  kfichlein,  lamm  u.  ähnl. 

«i)  häiißg  subslantiiiich  im  neutr.,  das  junge, p/ur.  die  jungen: 
wenn  du  anf  dem  wege  findest  ein  Vogelnest ,..  mit  jungen 
oder  mit  eiern ,  und  das  die  mutier  auf  den  jungen  oder 
auf  den  eiern  sitzt,  so  sollu  nicht  die  mutter  mit  den  jungen 
nemen.  5  .Vos.2-2, 6;  wie  ein  ndeler  ansfüret  seine  jungen.  32,  11; 
zorniges  gemiils ,  wie  ein  lieer  dem  die  jungen  auf  einem 
felde  geraubt  sind.  iSum.  17,  S;  der  TOgel  hat  ein  haus  fanden, 
und  die  schwalbe  jr  nest ,  da  sie  jungen  hecken,  ps.  S4,  4 ; 
die  katzen  gebärend  in  der  zal  der  jungen  gleich  den  hunden, 
zu  Zeiten  eins  allein.  Forer  thierb.  m* ;  als  ein  elepbant  ein 
weiblein  ersähen  halt,  dasz  sein  jimges  in  ein  gruben  sich 
gestürzt  bette.  76* ;  was  die  alten  sungen ,  das  tschitzerten 
die  jungen,  a  bove  majori  disrit  arare  minor.  Steinbach  l,StS; 
kein  burhstabe  steht  gerade ;  sie  hocken  einer  auf  dem 
andern,  als  eb  sie  junge  kecken  wellten.  Lessixs  1,295; 

ich  le?  eyer  und  tliii  nisten. 

zeuch  ausz  mein  jungen  in  liurzen  fristen.     IL  Sachs  1,484'; 

die  henne  füiirt  der  jungen  schar.    GeT-lert  1,111; 

ich  geh  und  will  den  hahn  zur  sie  in  bauen  stecken; 

die  jungen  bring  ich  dir,  so  bald  die  alten  hecken.    3,461; 

und   wie   die   multer   (des  zum  schlachlhaits  geführten  halbes) 

bi-üllend  läuft  umher, 
hinsehend,  wo  ihr  junges  von  ihr  giog. 

Shnkesp.  Heinrich  VI  2,3,1. 

0)  die  formel  jung  werden  nasci  gilt  ron  menschen  itie  von 
th'teren:  ich  bin  itzt  in  seinem  vaterlande,  und,  bei  gott!  er 
hat  recht  wohl  daran  gethan,  Aasz  er  in  Schlesien  jung  ge- 
worden ist.  Lessixs  12,144; 

man  soll  dir  die  nativität,  Tenebrio,  auszrechen: 
zu  rechnen  wer  dein  vaier  sei,  das  wil  den  köpf  zerbrechen: 
wann,   wo,  ausz  wem,  du  werdest  jung,  das  kan  man  noch 
wol  sprechen.    Logad  3, 16S,  82 ; 

die  ungebundne  band  der  obersten  gewalt 
miszt  uns  den  lehensweg  mit  einer  kurzen  ruthe, 
viel  werden  gar  nicht  jiing,   und  viel  ersticken  bald 
zur  stunde  der  geburt  in  ihrer  mutler  blute.    Gpsther  643 ; 
du  aus  norden, 
im  nebelaller  jung  geworden, 
im  wüst  von  ritiertlium  und  pfäfTerei, 
wo  wäre  da  dein  äuge  frei!    Göthe  41,108; 

thierlein  .  .  welche  des  morgends  jung  werden  und  mit  der 
sonnen  untergange  auch  untergehen.  Opitz  2,303;  ein  lamm 
so  erst  jung  geworden,  pers.  reisebeschr.  3,2; 

eki  pferd,  das  in  dem  kalten  norden, 

nicht  weil  von  Dronlheim ,  jung  geworden     Brockes  1,571. 

10)  jung,  ron  geu-ächsen :  junges  gras;  junges  grün;  junge 
sträucher;  junge  pflanzen;  junges  geniüse;  laszt  uns  kreuze 
tragen  von  jungen  rosen,  ehe  sie  welk  werden,  ueisli.  Sal.  2,S; 
jung  höum  setzen,  scmina  rfc/wiiere  MAAi-Eti  238';  junge  feciiser, 
semina  rineatica  Stieler  903;  ein  bäum,  dessen  zweige  von 
unten  bis  oben,  die  ältesten  wie  die  jüngsten,  gen  himmei 
streben.  Göthe  27,  76; 

gebt  uns  junge  salTranblumen.    Flf.hi:<c  352; 
zweige  starker  junger  bäume.    Hagedorn«  2,14; 
dir,  0  blendende  brüst,  will  ich  den  ersding  weilin, 
den  der  blütliemoiid  zollt,  will  ich  im  hlumentopl' 

junge  rosen  erziehen.  IIöltt  7t  llulm ; 

im  jungen  nachiigallenhain.    170; 
milder  wehen  Zephyrs  (Ifigel, 

äugen  treibt  das  junge  reis.     Scbills*  klage  der  Ceres; 
aus  des  fnihlings  jungen  sprossen 
redet  mir  der  holde  mund.    ebenda  ; 
es  schmückt  mit  zarter  decke  kaum 
da«  junge,  neue  laub  den  liaum.     I'late?«  86; 
alles  holz  verbrauch  am  heerde 
und  das  junge  wirf  in  ofen.     56  ;1 

meine  träume,  die  mich  einst  in  euren  {bäume  sind  angerrdet)' 
jungen  schatten  beschäftigten.  Göthe  14,229. 

11)  jung,  in  dirhlerischer  Sprache  von  dingen,  denen  ein  u-enlen 
und  leachsen  beigelegt  wird,  namentlich  vom  morgen,  frühling, 
jähr  und  Sem  was   ihnen   eigen   ist:   der   junge    tag.    Kmncer 

2, 147 ; 

das  rege  federvolk  das  sang  mit  süszen  stimmen 
den  jungen  tag  laut  an.  FLKHinu  52; 

klar  wie  junger  morgen.    Körnkr  2.  IAO; 
purpurisch  zuckt  durch  düstrer  tannen  ritzen 
das  junge  licht.       Schillkr  ilrv  ftüclitling; 


in  einem  thal  bei  armen  hirten 
erschien  mit  jedem  jungen  jähr, 
sobald  die  ersten  lerciien  schwirrten, 
ein  mädchen  schön  und  wunderbar. 

mädchen  aus  der  fremde; 
komm  und  brich  des  jungen  Jahres  hyacinthen.    Platis  71 ; 

der  junge  lenz  bemale  dein  gestade 

mit  regenbögen,  lieber  bach.    Höltt  125  Halm ; 

wie  Thestylis?  auch  du 
verschmähst  für  jungen  täa«i  die  süsze  morgenrub? 

Les'inc  2,451 ; 

ron  geßhlen,  empßndungen  und  deren  anzeichen:  tausend  junge 
gefühie  schössen  aus  meinem  herzen  wie  die  blumen  aus 
dem  erdreich,  wenns  frühling  wird.  Schiller  kab.  h.  liebe  1,3; 

o  dasz  sie  ewig  grünen  bliebe, 
di«  schöne  zeit  der  jungen  liebe  1     gloeke  f.  79; 
junge  glut  auf  den  schamhaften  wangen. 
mischt  ich  mich  in  die  kriegrischen  reihn. 

Iphig.  in  Aulis  1.  act,  Zwischenhandlung ; 

von  gegenständen,  wenn  sie  personißciert  erscheinen: 

wind  auf,  was  felsenklüfle 

dir  spenden,  junger  krahn.     Freilicrath  dicht.  2,  170. 

auch  in  der  Verbindung  wieder  jung  werden  {angelehnt  an  no.  9), 
wieder  erwachen :  nunmehr  aber  ward  ihr  erster  kummer 
wieder  jung.  Lohexstein  2, 132l';  sich  uneder  erneuern: 

die  weit  wird  alt  und  wird  wieder  jung. 

Schiller  Hoffnung. 

12)  jung ,  roB  unlängst  geschehenem  oder  ins  werk  gesetztem : 
ein  junger  anfänger,  der  sich  erst  vor  kurzem  etabliert  hat ;  ein 
junger  beamter,  erst  angestellt;  ein  junger  ehemann,  der  kürz- 
lich geheiratet;  ein  fürnemmer  Römer  hat  eine  schöne,  reiche 
und  ehrliche  junge  fraw  von  sich  scheiden  lassen  (ocofoova 
yvvaiy.a  y.ai  TiXovatav  yai  eopaiaij.  FiscnART  ehz.  29 ,  vgl. 
Mn/er  Jungfrau;  junge  schüler,  tirones,  tirunculi,  rud«  Stiele« 
903,  vgl.  dazu  jünger;  in  Holstein  jung  wark,  neu  angehende, 
ungewohnte  arbeit  Schütze  2,  201 ; 

bringet  ihm  (dem  mni),  in  grünen  schatten, 

eure  FrOhlingsopfer  dar, 
junge  neuvermählte  galten.    Höltt  131  Halm. 

in  Schlesien  sind  namenübertragtmgen  von  altern  Städten  auf 
neuere  gründungen  durch  jung-  bezeichnet:  Jung-Bunzlau  (Jung- 
buntzel  Steisbach  1, 227) ;  Jung-Breslau  {Inowraclaw). 

13)  im  eomparativ :  jüngere  ereignisse  verhinderten  meine 
absieht;  es  existieren  jüngere  briefe,  briefe  jüngeren  dalums; 
der  jüngere  im  felde,  bergmännisch  derjenige  eigenlehner  odei-  die 
gewerkschaß,  vor  der  bereits  eine  ältere  gewerkschaß  in  dem  felde 
gemutet,  bestätliget  und  grbauet  hat.  er  ist  dem  älteren  aus  der 
rierung  zu  weichen  schtddig.  Jacobssos  2,323';  und  im  superl. : 
die  jüngsten  weltgeschichtlichen  ereignisse;  die  jüngste  patei- 
gruppierung  im  reichstage;  jüngste  briefe,  uUimae,  nuperae 
literae  Stieles  903;  von  dem  jüngsten  {letzt  geseher\en)  cometen 
ScHUPPics  2S6;  relation  welche  bei  jüngster  post  Mercurius 
angebracht  hat.  564; 

ihr  hört  den  jüngsten  wünsch.    Lobe^stbin  Cleop.  110,239; 
so  weigre  dem  der  stirbt,  die  jüngste  bitte  nicht. 

A.  Grtphids  169S   1,36; 
und  frisch  und  laut  und  brausend 
erhul)  sein  lied  sich  gleich: 
das  war  von  vielen  tausend 
sein  jüngster  dummer  streich!    Freilicrath  dicht.  2,  146; 

das  jüngste  gericht ,  der  jüngste  tag :  wie  das  letzte  kind 
seiner  eitern  jüngstes  kind  genannt  wird,  so  hat  unsere 
spräche  beliebt,  den  letzten  tag,  den  zcitpunct  der  alle  zeit 
bc'ächlieszt ,  den  jüngsten  tag  zu  nennen.  Kaxt  6,394;  dem 
lande  der  Sodflmer  und  Gomorrer  wird  es  treglicher  ergehen 
am  jüngsten  gericht,  denn  solcher  slad.  Matth.  10,15;  das 
ich  nichts  verliere  von  allem,  das  er  mir  gegeben  hat,  son- 
dern das  ichs  auferwecke  am  jüngsientage.  Joh.  6,39;  ich 
wisz  wol ,  das  er  auferstehen  wird  in  der  auferstehung  am 
jüngsten  tage.  Joh.  11.24;  da<  ist  ja  das  leibhaft  konterfei 
vom  jüngsten    tage.    Schii.leb  räuber  5,1; 

{die  eine  tochler  verwiinschtr  ich) 
das  sie  niemmermehr  erstürb 
bisr  hin  wol  an  den  jüncston  lag. 
die  ander  verduclit  ich  darnach 
auf  ein  berg  in  Armenia, 
soll  eines  sperbers  warten  alda, 
bisz  sie  erlöst  das  jüngst  gericht. 

J.ATRER  342"  (1713,20  Keller); 
wenn  der  jtiacrste  tag  soll  werden, 
lalln  dio  si«rulein  auf  die  erden,    bettlerlied; 

149* 


237J 


JUNG  — JUNGE 


JUNGE 


2376 


um  jüngsten  tag,  wenn  die  posaunen  schallen 

und  alles  aus  ist  mit  dem  erdeiileiicn, 

sind  wir  vcrpflichlel  rcclicnschaft  zu  pcben, 

von  jedem  wort,  das  unnütz  uns  entlailcn.     Götiik  2, 15. 

in  freiem  sinne:  ich  glaube,  dieses  jüngste  geiiciil  über  den 
giüszlen  ihcil  der  deutschen  dichter  wird  am  schlusz  des 
Jahrgangs  eine  gute  wiikung  thun.  Schiller  an  Götlie  1,111. — 
rgl.  aucli  das  adv.  jüngst. 

14)  aus  dem  begriff  der  jugend  folgt  der  des  gesellscbaplich 
zuruckslclienden ,  dienenden:  ahd.  jungiron  inferioribiis  Grakf 
l,(i03;  nlid.  sondern  der  gröszest  unter  euch,  sol  sein  wie 
der  jüngste,  und  der  fnrnemest  wie  ein  diener.  Amc.  22,  25, 
vgl.  dazu  das  subst.  junge  2.  —  In  Holstein  heiszt  der  zweite 
prediyer  jungpaslor  (SciiiJTZK  2,201),  der  begriff  der  bloszen 
Itilfsslellung  eiituickeü  sich  aus  der  späteren  vocation;  in  der 
liaushaltuny  ist  die  junge  magd  die  zweite  magd,  vgl.  junge- 
niagd. 

15)  jung,  in  technischer  Verwendung. 

u)  ton  getrunken  die  noch   nicht   ausgegohren   haben:  junger 
wein,  vinum  noriliuni  Frisch  1,493';  junges  hier; 
in  den  krummen  büsclien 
des  labyrinthcs  lag,  in  jungem  most  bezecht, 
ein  alte'r  salyr.  Wiklano  17,313  {Idris  5,  lOS). 

vjn  liefen:  die  hefen, ..  welche  ja  nicht  all  noch  sauer,  son- 
dern fein  frisch,  jung,  rein  und  leicht  sein  sollen,  ücon. 
lex.  291. 

b)  bei  dem  bäcker  heiszt  junger  sauer  der  Sauerteig,  dem  man 
nicht  zeit  i/enup  zum  aufgehen  gelassen  hat.  .Iacobsson  C,  175'. 

f)  in» /briliciWH  junger  aufschlag,  bäume,  insbesondere  flehten, 
die  erst  jüngst  oder  seit  ein  paar  jähren  aufgeschlagen  oder  auf- 
gewachsen sind.  Jacousson  1,S5';  junger  anwuchs,  junges 
dickichl  in  den  hocliwaldungcn  dasjenige,  was  30  bis  40  jähr 
alt  ist.  6, 175'. 

d)  der  landwirt  nennt  junge  milch  die  milch,  die  von  noch 
jungen  thieren  kommt;  junges  vieh ,  kleinvieh,  halber,  schafe, 
ziegen,  schweine;  jung  fleisch,  das  von  solchen  kommt.  Scn«. 
1,  1207  Fromm. 

e)  das  junge  von  der  gans  heiszt  in  Ostreich  und  Baiern 
das  gänseklein,  köpf,  flügel,  magen,  leber  und  füsze.  Jacobsson 
6, 175*.  ScHM.  a.  a.  o.  im  bair.  walde  und  in  Wien  wird  auch 
der  ausdruck  ein  junger  has  in  gleichem  sinne  verslanden, 
ebenda. 

f)  junger  grund,  im  deichbau,  solcher  der  erst  kürzlich  dem 
Wasser  abgewonnen  ist. 

g)  die  junge  fastnacht,  der  letzte  tag  vor  aschermiltwoch. 
Fbisch   1,493'. 

JLNGBLÜHEND,  part.  d-ah^ös: 

du  würdest  innen  werden,  du!  wcsz  manns 
jungblübende  gcmahlinn  du  gerauht!    Köhcer  15P. 

JUNGBKUiNNEN,  m.  verjüngender  brunucn  (vgl.  Grimm  mylh. 
551),  mhd.  juncbrunnc:  über  de«  jungiirunnen  handelt  H.  Sachs 
in  einem  besonderen  gedichte  1,464'; 

auch  ist  in  dem  land  (Sclitatirnlfenland)  ein  j'inckbruiin, 

darinn  verjungen  sich  die  alten.        11.  Sachs  1,544'; 

mein  schätz,  mein  trost,  mein  Treud  und  wun, 

meini  herzen  einiger  junckbrun.     2,  2,  Ui' ; 

hei  alledem,  sagte  Theodor,  würe  ein  Jungbrunnen,  von  dein 
die  allen  gedichtet  haiicn,  nirhl  zu  verschmühn.  Tieck  4,42. 

JCNGCHE.N,  n.  kleiner  oder  geringer  junge :  niciit  jüngchen, 
nichl  inädchen.  Hippel  lelensl.   \,  99. 

JUNGE,  m.  adolescentulus,  puer. 

1)  et  ist  die  schwache  form  des  adj.  jung  in  substantivcm  ge- 
brauche {vgl.  junge  3,  u),  ahd.  jungo:  jiingo,  ih  quidu  lliir, 
iirslaull  (adolescens,  tibi  dico,  surge).   Tatiun  49,4;  m/id.  junge; 

ir  gcilent  iiich  jungen, 

die  bluomen  «int  untxprungen, 

ir  singenl  den  reigcn.    htS.  1,25'  lliKjcu; 

nhd.  junge,  obsciton  in  altern  quellen  öfters  auch  die  starke  form 
junger  unterläuft:   das  ich  fulgcnds    ai8  ein  junger  wol  zwei 
jähr  mit   ihnen  ritt.  Götz  v.  Bkhl.  47; 
liola,  junger,  geh  und  frage, 
HO  der  beste  trunk  mag  «ein.    Opitz  2,207; 
(0  Kcbicke  denn  nach  weine, 
geh,  junger,  hol  uns  her  den  wehriesten  vom  Itheine. 

Fliiiimu  :'>7. 

der  plur.  jungem«,  von  Siederdeulschland  her  verbreitrit,  ist  auch 
bei  Witi.AND,  SciiiLLER,  GöTiiE,  aber  nur  in  vertraulicher  rede, 
zu  finden:  er  krilinirlc  die  armen  jiingens  «liarf.  Hippel 
lebenxl.  :i,  23S;  dasz  der  groszie  Iheil  de»  jungen  volke»,  dai 
über  Hilft   abspricht,   hundevoik    und    dumme  jungen«   sind,  I 


weisz  ich  nur  zu  wohl.  Wiki.and  in  Mer.ks  briefs.  'J,  !;;'>; 
Werner  hat  am  anfang  des  achten  buchs  schon  nieiueie 
jungens,  die  schreiben  und  rechnen.  Sciiilier  an  Gütlie  l,  170; 
arme  jungens,  ich  darf  euch  keine  rast  gönnen.  Güthe  42,130 
(jungen  steht  8,  lOl);  'guter  junge I'  und  huht  ihr  nichl  geliörl, 
dasz  alle  braven  leutc  in  ihrer  jugend  gute  jungens  waren. 
57,214; 

sich  und  die  jungens  ennuyieren.    12,92; 

die  kleinen  jungens  in  der  pfützen.    13,53. 

2)  junge  heiszt  im  nhd.  zunächst  ein  junger  mensch  in  dienender 
oder  in  einem  handwerk  lernender  Stellung  (r;//.  jung  14):  jung, 
dem  dienst  nach,  famulus,  servulus,  puer,  jung  der  lehre 
nach,  discipulus,  tijro  Frisch  1,493',  mit  den  compositis  g'inse- 
jung,  küchenjung,  hundsjung,  stalljung,  troszjung;  dasz  im 
hauszstand  selten  eine  kücliin  oder  ein  jung  sei,  die  nichl  ihre 
sonderbare  raliones  Status  haben.  Schuppius  8 ;  eines  würz- 
kramers  jung  {lelirling).  203;  eines  seidenkramers  jung,  ebenda; 
vgl.  die  kramerjungen,  ebenda;  eines  jeden  armen  handwerks- 
jungen. 218;  die  kramjungen.  512;  der  erste  meisler,  der  es 
in  einer  groszen  stadl  so  hoch  brachte ,  dasz  er  dreiszig, 
vierzig  und  mehr  gesellen  lialten  konnte,  verfiel  ganz  natür- 
licher weise  auf  den  gedanken ,  jedem  jungen  oder  gesellen 
sein  geschäfl  anzuweisen.  Moser  pa/r.  ;»/ian/.  1, 184;  in  Holstein 
heiszt  junge  {auszer  der  bedeulung  3)  der  bursche  der  dem  knechl 
in  der  landwirtschaft  zur  hand  geht.  Schütze  2,200;  ochsen- 
und  pferdejungen.  Holtei  Lammfell  50;  junge  im  bergwerk,  ein 
bei  der  fördcrung  oder  außcreilung  beschäftigter  jugendlicher  ar- 
bcilcr.  Veith  bergwörterb.  282  mit  manigfachen  rompositen; 

santend  bäidcnihalben  eineiT  jungen, 

da;  er  scholt  die  gloggen  leuicn.    »-j»;;  8",  19; 

namentlich  ein  jugendlicher  diener  inv  kriege,  troszbube :  das  war 
das  erste  banzcr  und  hämisch ,  das  ich  anthet ,  sonst  war 
ich  für  einen  jungen  zimlich  versucht  und  gebraucht  worden 
in  kriegen  und  anders,  doch  in  knaben  weisz.  Götz  v.  Berl. 
46;  huren  und  jungen  nicht  in  zugordnung  leiden.  Reuter 
v.  Speir  kriegsordn.  30;  jugendlicher  diener  bei  einem  edelmann, 
page :  meinem  herru  vater  ..  aufgewartet ,  mit  ihm  gerilten 
und  gefahren,  und  sonst,  wie  es  sich  einem  jungen  gebühret, 
bezeigt.  Schweinichen  1,47;  ich  war  ein  jung  bei  dem  edel- 
mann. darnach  zog  ich  in  krieg.  Schüppius  118;  aber  ich 
ward  also  des  gubernalors  page  und  ein  solcher  keil,  den 
leute,  sonderlich  die  bauten,  wann  ich  sie  bei  meinem  herrn 
anmelden  solle,  bereits  herr  jung  nanten,  wiewol  man  seilen 
einen  jungen  sihet,  der  ein  herr  gewesen,  aber  wol  herren, 
die  zuvor  jungen  waren.  Simpl.  1,S0  Kurz;  diener  eines  Stu- 
denten: wann  mein  jung,  der  mich  zuvor  l'hilander  genanl 
halle,  hernach  nicht  sagte,  horr  m.  {magisler)  Philander,  so 
bekam  er  ohrfeigen.  Scuuppius  210. 

3)  junge,  unerwachsencr  mensch,  knabe,  nicht  tn  rücksicht  auf 
ein  dienstverhältnis,  wenn  auch  das  'vort,  sofern  es  namentlich 
im  17.  jahrh.  von  einem  schaler  gebraucht  wird,  noch  an  die 
vorige  bedeulung  rührt:  Fabius,  der  nicht  ein  schlechter  meister 
ist  die  knaben  zu  informiren,  befilcht,  dasz  das  studiren  der 
jungen  nichl  mit  härtigkeil  zu  schrecken.  Schüppius  743;  ein 
scliuljung  musz  erstlich  das  studiren  lieben,  alsdann  dich 
wegen  des  studirens,  leLzlich  beede  wegen  desselben,  ebenda; 
seit  dem  iS.  jahrh.  nur  in  rücksicht  auf  das  lebensaller,  auszer- 
halb  der  Schriftsprache  aber  allein  in  P\ord-  und  Mitteldeutschland, 
während  im  siiden  dafür  hübe  gilt:  ich  seh  ihn  noch,  wie  er 
sich  im  dorf  mit  den  jungens  herum  jagte.  Schiiler  parasit 
2,7;  besonders  da  der  junge  auch  einen  Wilhelm  unter  seinen 
numen  hat.  an  Götlie  I,  191 ;  gab  einem  jungen  ,  der  gerade 
dazu  kam  und  sagte  der  vater  wolle  das  Schulgeld  nirhl 
zahlen,  zwei  derbe  maulsehellen.  Immermann  Munchh.  i,  74; 
die  jungen  fanden,  dasz  noch  nie  so  lustig  schule  gelialleu 
worden  sei.  77;  er  iiülte  in  den  ersten  augenblicken  den 
jungen  {Friedrichen)  bei  den  haaren  rückwärts  die  Ireppe  her- 
uiileiieis/.en  mögen.  Göthk   IS,  214; 

die  kloinen  jungens  in  der  pfülzen, 

lasit  sie  mit  ihren  schus.sorii  sitxen  !     13,  .'tS; 

auf  meine  kniet  macht«  euch  bequem,  ihr  jungen I 

FiiiiiLicaATii  i/r7i(.  2, 17S; 
heule  wurde  uns  ein  kräftiger  junge  geboren. •in  zeiluugS' 
anzeigen;  es  lliul  frriiich  niclilfi,  wenn  unser  junge  ein  bi«/.> 
dien  illter  i«l  aU  iler  ihrige.  Göthb  14,258;  ein  mter  spriciä 
von  seinem  selbst  erwachsenen  söhn«  vertraulich  als  von  seinem 
jungen: 

WM  der  junge  doch  TAhrt!   und  wie  er  bAndigt  die  hrng<iel 
(der  rrticr  foii  tlci  mnnn).    4U,  .':i4| 


2377 


JUNGE  — JUNGEFRAU 


JÜNGELBAD  — JUNGEN 


2378 


nie  denn  auch  sonst  der  ältere  manu,  der  bei  einem  jüngeren  in 
väterlichem  ansehen  sieht,  diesen  gleicherweise  so  nennen  kann  : 
hofft 
sie  zu  besitzen  —  ist  der  junge  toll?  (Wallejtstein  von  Max). 
Schiller  ^yallenst.  lad  3,4. 

fw  liassauisclien  ist  jung,  junge  ein  bursche  rom  iä.  jähr  bis 
xur  Verheiratung;  auch  der  älteste  söhn  in  der  familie,  ohne 
rücMcht  auf  das  alter.  Kehr  ein  212. 

4)  häufig  ist  das  scheüuort  dummer  junge :  was  würde  man 
von  einem  schusler  denken,  welcher  seinem  lehrjungen  alle 
handgriffe  aus  dem  grundsalze  seines  handwerks  herleiten 
wollte :  jeder  schuh  musz  dem  fusze  passen ,  für  den  er 
gemacht  ist  ?  der  dümste  junge  würde  ihm  antworten :  das 
versteht  sich.  Lessisg  3,  3S6;  er  sieht  aus  wie  ein  mann  und 
ist  doch  nur  ein  dummer  junge;  er  benimmt  sich  wie  ein 
dummer  junge;  einem  einen  dummen  jungen  aufbrummen, 
ein  studentischer  ausdruck; 

und  sie  nähte  sich  ein  hoohzeiikleid, 

und  hat  mit  zärtlichen  armen  umschlungen 

als  bräutgam  den  dümmsten  der  dummen  jungen. 

II.  llEiNK  15,103; 
da  kam  den  rain  entlang  gesungen 
so  eine  art  von  dummen  jungen, 
der  Friedrich,  meines  Schreibers  söhn. 

A.  V.  Drosie-Hclshoff  ged.  (1873)  154; 
auch  grüner  junge:  er  ist  nur  ein  grüner  junge. 

5)  bisweilen  hat  auch  junge  allein  den  Übeln  beisinn  des  flegel- 
haften oder  doch  eckigen  im  betragen :  er  führt  sich  wie  ein 
junge  auf;  er  steht  da,  sitzt,  räkelt  sich  wie  ein  junge; 
uortspielend  mit  dem  adj.  jung  1 : 

schnell  wird  ein  dichter  alt.  dann  hat  er  ausgesungen, 
doch  manche  critici!  die  bleiben  immer  jungen. 

Käsiser  verm.  schrift.  (1783)  2,493. 
vgl.  jungenhaft. 

6)  junge  mit  entsprechenden  adjectiven,  in  wolwollend-vertrau~ 
lichem  sinne  von  einem  halberwachsenen  oder  selbst  einem  jungen 
manne:  wenn  Fabrice  oder  sonst  ein  guter  junge  einen  kuss 
nehmen  dürfte.  Göthe  7,121;  Georg!  der  goldne  jange!  8,103; 
er  war  der  beste  junge  unter  der  sonne  und  tapfer.  165; 
einen  offnen  jungen,  mit  einer  gar  glücklichen  gesichts- 
bildung.  er  kommt  erst  von  academien.  16, 13 ;  soll  sie  . . . 
erst  mit  ihrem  eigensinne  manchen  armen  jungen  . .  gequält 
haben.  97 ;  mein  söhn,  sagte  der  Stallmeister  zu  Friedrichen, 
du  bist  ein  braver  junge.  18,  225  ;  er  (Laertes)  sei  zu  bedauern, 
weil  er  übrigens  der  bravste  junge  sei,  den  gottes  erdhoden 
trüge.   19,30; 

vor  allen,  die  um  das  fräulein  sich 

bewarben,  war  der  giftige  stich 

des  liebeswurms  dem  armen  jungen 

am  tielsten  in  die  leber  gedningen.     Wiela>d  21,15; 

weiten  schlieren  im  herrlichen  jungen, 

ha!  wenn  er  einst  zum  manne  gereift. 

Schiller  leichcnphantasie  t.  49 ; 
und  ich  sagte :  blase  wieder, 
und  der  gute  junge  blies.    Göibe  1,22; 
war  ich  guter  junge  nicht  so  selig 
in  der  öden  nacht?      79; 

so  recht,  ihr  luftgen  zarten  jungen  (Mephialopheles  zu 
ilen  geislern).     12, 77  ; 

er  war  ein  narr!  ein  flinker  jung 

hat  anderwärts  noch  luft  genung.    187; 

Unstern,  diesem  guten  jungen, 

hat  es  seltsam  sich  geschickt.    Uula:<d  ged.  292*; 

selbst  zu  einem  Ihier  aus  dem  munde  des  reiters: 

der  knapp  gieszt  seinem  ihier  (maulthirr)  mitleidig  etwas  wein 

aus  Oberons  becher  auf  die  zunge : 

da,  spricht  er,  trink,  du  guter  treuer  junge. 

WiELA^D  22,164  (Oberon  4,34). 
")  junge,  penis  (vergl.  dazu   der  kleine  in  demselben  sinne 
theil  5, 1 102) : 

ich  arbaitei  heur  in  der  hitz  so  grosz, 

das  ich  mich  muszt  auszziehen  nacket  plosz; 

do  sacb  sie  mir  ilo  an  mein  jungen,    fatln.  «;>.  99,24. 

S)  jungen  heiszen  an  einigen  orten  die  merkzeichen,  die  man 
unter  die  marksleine  lei,l.  Fbi«ch   1,493'. 

JIJNGEFI{.\U,  f.  kürzlich  verheiratete  frau,  zusammenrückung 
aus  junge  frau,  wobn  die  flexion  des  ersten  theiles  nicht  unter- 
geht,  eine  bedeutungsdifferenz  sich  nicht  entwickelt,  nur  die  be- 
tonung  gewechselt  hat  (jungefraü  ge'jen  ji'inge  frai'i):  was  meint 
sie,  wirthin,  und  sie  zunächst,  jungefraü,  wird  sie  bei  reich- 
iiclicr  guter  kost  und  bequemer  pflege  im  stände  sein,  zwei 
kinder  zu  nähren?  Holtei  Lammfell  33; 

dasz,  die  itzt  noch  jungefraü 

hält  für  rau. 
bald  g.fr  mi"i»?e  niutter  hi^iszcn.    Fiexivt.  S^'I  ; 


mancher  jungenfraw  gehts  übel,  wann  sie  jhr  nam  einen  mann  , 
mancher  Jungfer  cehl  es  übel ,  wann  sie  keinen  haben  kan. 

LoGAL-  1,227,42; 
oh  jungefraü  zwar  nicht  imd  jungfraw,  hoch  entschieden, 
ist  dem  doch  wol,  der  nam  die,  die  das  e!  vermieden. 

1,24,82. 
JCNGELBAD,  n.  verjüngendes  bad :  und  findet  sich  nu  die 
warheit,  das  müncherei  sei  das  rechte  schlauraffenland ,  da 
alles  voll  ist,  für  die  faulen  brüder,  dazu  auch  das  jüngel- 
bad,  das  ist  jr  ertichte  taufe.  Luther  6,23';  was  gott  teufet, 
das  ist  recht  getauft,  was  menschen  und  münche  teufen,  das 
ist  falsch,  und  das  ertichtet  jüngelbadim  schlauraffenland.  24'; 
die  heilige  taufe,  welche  ein  rechtes  jüngclbad  ist.  Matdesics 
postilla  2,  ist',     vgl.  Jungbrunnen. 

JC>GELCHEN,  n.  kleiner  junge ;  oß  mit  verächtlichem  neben- 
sinne {vgl.  junge  4):  ich  werde  euch  aus  den  papieren  meines 
seligen  freundes  einen  beitrag  liefern,  welcher  euch  zeigen 
soll,  welche  jüngelchen  den  groszen  kaiser  geschlagen  haben, 
verselzte  der  hauptmann  ironisch.  Imsiermann  Münchh.  1,210; 

Prometheus  hatte  kaum  herab  in  erdennacht  .  . 

das  feuer,  vom  Olymp,  gebracht; 

sieh,  da  verbrannte  sich  —  denn  warnen  war  vergebens  — 

manch  dummes  jüngelchen  die  faust  aus  unbedacht. 

Bcrcer  64'. 
JCNGELN,  verb.  junge  werfen;  s.  unter  jungen  2. 
JU.NGEM.XGD,  f.  zweite  magd ,  aus  junge  magd  (x.  unter 
jung  12)  nur  zusammengerückt,  aber  mit  veränderter  betonung 
(ji'ingemägd,  vgl.  oben  unter  jungefraü):  junge-magd  heiszt  in 
groszen  und  vornehmen  häusern,  besonders  in  Leipzig,  die- 
jenige magd ,  welche  der  frau  mit  spitzenwaschen ,  platten, 
boonen,  ankleiden,  nachtreten,  verschicken  und  andrer  der- 
gleichen arbeit  an  die  band  gehen ,  und  sie  bedienen  musz. 
Amarasthes  frauenz.-lex.  1583;  die  jungemagd  ist  eben  so  ein 
narre  wie  der  hausknecht.  Schlampampe  i& ;  meiner  jungemagd 
{man  erwartet  jungenmagd ,  n  und  m  sind  aber  hier  in  einen 
laut  verschmolzen)  wolle  ich  auch  nichts  davon  sagen,  avantur. 
1,158;  wollen  sie  die  jungemagd,  frau  Sylveslerinn?  J.  E. 
Schlegel  2.145;  sie  werden  schreiend,  herausfahrend,  unge- 
zogen, ungeföhr  wie  eine  aufgebrachte  jungemagd.  Stcrz  2,176; 

indem  tritt  voller  furcht  die  jungemagd  herein. 
Zachariä  I,  9. 

JUNGEN,  vcrb.,  in  zwei  bedeutungen. 

1)  auf  ein  ahd.  nicht  nachgewiesenes  jungen  gehl  die  bedeutung 
jung  sein  zurück,  die  auch  im  mhd.  jungen  sich  findet: 

so  mac  ein  wunder  wol  geschehen: 
ich  junge.    Walther  54,  35; 

iiKd.  jungen,  jung  werden,  juvenescere,  widerjungen,  repubescere, 
renovare  aevum  M aaler  239';  im  Appenzell  '}unga  jünger  Verden, 
ein  jüngeres  aussehen  bekommen  Torler  2S7'; 

und  wer  des  brünnleins  trinket, 

der  jungt  und  wirt  nicht  alt.    Uuland  tolksi.  74; 

was  ich  schaff  so  bin  ich  alt, 

davon  so  junget  sie  nit  vil.    781 ; 

0  das  ich  jetzt  nit  jungen  mag, 

und  leben  an  den  jüngsten  tag.    Scbwarzekbbrg  141'; 

und  wer  hj  altet  oder  jungt.    127'; 

ach  Hector,  wärstu  hier! 
und  mein  Achilles  du,  und  ihr.  ihr  andern  glieder, 
durch  welche  mir  mein  lob  wird  jungen  für  und  für. 

Flehinc  119. 

2)  jungen,  junge  werfen,  von  thieren,  ist  alid.  und  mhd.  nicht 
bezeugt,  und  begegnet  zuerst  im  osten  Mitteldeutschlands  zu  an  fang 
des  16.  jahrh.:  excludere,  hecken,  fetare  jnngen  Trociils  Hs*; 
so  dann  die  kuh  ein  kälbltn  junget.  Kirchhof  wcndunm.  332* 
{Kirchhof  war  ein  Hesse);  das  schaf  hat  im  wintcr  gejunget, 
hyeme  peperil  agnum  oris.  Stieler  903;  katze,  die  auf  dem 
boden  gejungt  hatte.  Arnim  1,37; 

die  katze 
hat  gestern  in  die  seinige  (pnriicke)  gejungt. 

li.  V.  Kleist  2,  IU9  Schmidt. 

daßr  heiszt  es  schweizerisch  jüngeln,  junge  werfen  oder  bekommen, 
von  hunden,  katzen.  Stalder2,7S;  im  .l/ipe-nccW  jüngla.  Tobi.er 
287',  und  älter  jungenzen :  aher  ist  recht  {gebämis  des  kirch- 
herrn)  von  des  jungenzenden  wegen,  von  einem  zucblkalb  ein 
angster,  von  einem  slichkalb  ein  haller,  von  einem  fülin  ficr 
haller,  von  einem  iinpt  fier  baller,  und  das  zechend  gitzi  und 
das  zechend  lemly  und  das  zechend  ferly.  wcisth.  4,381  {Luzern, 
von  löOO);  schwäbisch  aber  findet  sich  reflexives  sich  jungen,  in 
derber  rede  auf  das  gehären  der  menschen  übertragen :  nnder 
denen  waren  zwo  {Jungfrauen),  die  giengen  grosz  mit  künden, 
wiewul  sie  das  nit  gestendig  sein  weiten  .  .  ehe  ain  inonat 
verdiene,   hftton   s'm'  -ich  baide  gejungt.   Zimm.  ehr.  2,224,13; 


2379 


JUNGEN  — JÜNGER 


JÜNGER  —  JÜNGERLERIG 


2380 


was  soll  ich  aber  von  solchen  ch)stern  in  der  ferre  sagen, 
so  wir  dergleichen  hansralh  in  unseier  landlsarl  finden,  darin 
sich  die  frawen  ainsicils  ult  jungen?  3,70,30;  es  macht  sich 
ein  glater,  junger  edelnian  von  Thuru  zum  frölin,  der  macht 
im  ein  Jungs,  also,  nachdem  sich  die  zeit  erloffen,  das  sie 
sich  gejungt . . .  549, 36. 

JUNGEN,  verb.,  in  vertchiedenen  bedentungen. 

1)  dem  flÄrf.  jungjan,  jungan,  «i/irf.  jungen  enUprechend,  junq 
machen  (in  der  modernen  spräche  gewöhnlich  nur  als  verjüngen 
erscheinend):  ahd.  vone  diu  minnönl  dih  die  junkfnniuon,  da? 
sint  die  s6Ia,  ''ie  der  gejunget  sint  in  dero  toifc.  Wii.i  iram  fi,  iC; 

iii/id.  mich  mac  diu  liehe  jungen,    miniies.  1,  133'  llogen; 
nhd.  ein  bleikainin  sclnvertzt  die  haare 

doch  jiingl  er  niclii  die  jähre.     LoGiU  3,  132,  74. 

2)  auch  reflexir: 

nihd.  rehte  al«  die  am 

wil  ich  mich  doch  wider  jungen 

und  lif  gegen  den  lüflen  varn.    minncs.  1,327'  llagen; 
nhd.  damit  in  künrigen  sommern  sich  jeder  grei.se  mann, 

von  feinden  ungefährdet,  im  bade  jimgea  kann. 

UllLAND  ijed.   360; 

jungen,  ein  neüwe  haut  an  sich  nemmen,  de  scrpcntibus  dicilur, 
die  schlang  jiingt  sich  im  früling,  anguis  rernal  Maaler  23S". 

3)  für  das  iulransilive  jungen,  jung  sein  oder  werden : 

alles  in  der  weit  vcraltei,  nur  die  lasier  jimgen  immer. 

LoGAU  3,  ^34,  SS  ; 
sprüh,  0  göttin,  deine  thräncn 
auf  den  alten  galten  dort, 
der  davon  nicht  jiingt.    Rückert  15. 

jw/i  als  junqer  zeigen,  sich  jung  gebaren: 

weil  junge  denn  alte,  weit  muthiger  .«pringen, 
weil  junge  denn  alte,  weit  lustiger  .«ingen  : 
weil  jimge  denn  alte,  weit  rüstiger  jungen  : 
so  pflegt  es  den  jungen  bei  solcherlei  dingen, 
bei  Jungfern  und  witwen,  für  alten  gelingen, 
dasz  leichtlich  sie  nieszen  tmd  leichtlich  erringen. 

LocAi!  3,  80,  30. 

4)  endlich  auch  vie  jungen  2,  junge  werfen,  gebären;  über- 
tragen :  die  vorige  lügen  hat  diese  gejünget.  Kircimiof  wend- 
unmut  247'. 

JUNGENARBEIT,  /".  arbeü  welche  jungen  oder  lehrlingc  rer- 
richlen. 

JLNGENART,  f.  art  wie  sich  jungen  betragen,  meist  mit  ver- 
äehtlichem  nebensinne  (rj/.  junge  5):  auf  der  straszc  tollen  und 
lärmen  ist  jungenarl. 

JliNGENDIENST,  m.  jungenarbeit:  er  musz  jungendiensle 
verrichten,  sermli  loco  udhibctnr.  StKiNnACH  1,270. 

JUNGENHAFT,  adj.  und  adv.  nach  art  eines  jungen ,  eines 
ßegels  {vgl.  junge  5):  ein  jungenhaftes  betragen; 

jungenhaft  nahm  (benahm)  er  sich  immer,  der  Göthe,  und  wird 

sich  so  nehmen, 
fünfzig  ist  er,  und  noch  wirft  er  die  leute  mit  koth. 

gegengnschruk  an  die  fudell^öchn  in  Jriut 
und  Weimiir  (1797),  21. 

JUNGENJAHR,  n.,  plur.  -jähre,  die  jähre  des  knabcnalters, 
die  lehriingsjahre. 

JUNGENLIEBE,  f  liebe  der  thiere  zu  ihren  jungen. 

JUNGENLUST,  f:  alle  ergölzlichkeiten  .  .  .  für  eine  pure 
kleine  jungenlust  achten,   ehe  eines  weibes  211. 

JUNGENf'OSSEN,  f  plur.  possen  des  knahenallers. 

JUNCENSTEIGKR,  m.  der  Steiger  im  bergwerk,  der  auf  die 
scheide-  und  wnschjungen  acht  hat.    mineral-lex.  31S'. 

JUNGENSTREICH,  m.  streich,  posse  im  knnben  all  er  ausgeführt: 
das  war  ein  rechter  jungensireich;  .seine  Jungenstreiche  sind 
bekannt. 

JUNGENVVEISE,  adr.  nach  arl  eines  edelknaben  (vgl.  junge  2): 
bin  ich  von  ihro  f.  gnaden  jungenweise  zum  aufwarten  er- 
fordert worden  (er  war  lo  jähr  all).  Sciiweinichkn  l,M. 

JUNGENWERK,  n.  officium  vile,  servitium  sordidum.  Stiei.er 
3556. 

JUNGENZEN,  rerb.  junge  gebären,  vgl.  unter  jungen  2. 

JUNGER,  n.  vgl.  unter  dem  subst.  junge  1. 

JÜNGER,  m.  puer,  discipulus. 

1)  der  comparativ  ron  jung  trur  iii  der  kirchlichen  spräche  seit 
dem  H.jh.  in  ausgedehnte  suhstantire  Verwendung  gekommen,  indem 
man  dadurch  zunächst  die  »chüler  Chri.^ti  bezeichnete,  das  discipulus 
der  rnlgata  übersetzend  (der  Gothe  halle  das  /in&rjryjs  des  griecJi. 
ifTlci  durch  »ipönci«  wwdergcgeben),  nhd.  jungiro,  ails.  jungaro, 
juritro,  ags.  geongra,  ^rtei.  jongera ;  in  den  »lorrf.  sp'achtn 
f'hlt  das  wort.  mhd.  lebt  es  als  junger  fort,  doch  macht  die  in 
den  früheren  dialecten  ausschlieultch  herschende  schwaclie  form,  die 
Sich  nur  unrh  tflien  findet :  sauctut  Dionytiut  jungern  vrflgei<'i 


DionysiuHi,  warumbe  sie  Timoiheus  alle  vüiiicfe  au  miIIc- 
komenheit?  Meister  Eckhart  16,1,  gemeiniglich  der  starken 
form  plntz.     auch  im  nhd.  findet  sich  unumgelautetes  '^\mger  noch: 

so  Christus  seinen  jungem  hat  hefolcht 

das  ausz  zfi  teilen  umb  keinen  solt. 

ScHADR  siit.  H.  paxqti.  1,  13,  17; 

lernet  wie  Christus  junger  beten !  34,  270. 
bei  Luther  und  nach  ihm  ist  das  umgclaulete  jünger  durch- 
geführt: und  er  rief  seine  zwelf  jüngere  zu  sich,  füatth.  10,1; 
da  redele  Jhesus  zu  dem  volke,  und  zu  seinen  jungem.  23.  i ; 
sandle  Jhesus  seine  jünger  zween.  2i,l;  es  war  aber  einer 
unter  seinen  jüngcrn,  der  zu  tische  sasz  an  der  brüst  Jhesu. 
Joh.  13,23;  und  trat  auf  einen  platz  im  fclde,  und  der  häuf 
seiner  jünger,  und  eine  grosze  menge  des  volks.  Luc.  C,  I7; 
da  aber  Saulus  gen  Jerusalem  kam,  versuchte  er  sich  bei 
die  jünger  zu  machen,  und  sie  furchten  sich  alle  für  jm, 
gleubeten  nicht,  das  er  ein  jünger  were.  ap.  gcsch.  9, 2ß; 

als  noch,  verkannt  und  sehr  gering, 

unser  herr  auf  der  erde  ging, 

und  viele  jünger  sich  zu  ihm  fanden, 

die  sehr  sehr  selten  sein  Avort  verstanden. 

GöTiiE  13,  119; 
iwi  den  schidern  Johannis:  da  aber  Johannes  im  gefengnis  die 
werk  Christi  hörete,  sandte  er  seiner  jünger  zween.  Matth.  tl,2; 
und  allgemein,  im  gegensalz  zum  me ister :  der  jünger  ist  nicht 
über  seinen  meister,  wenn  der  jünger  ist  wie  sein  meisler, 
60  ist  er  volkommen.  Luc.  6,40;  vgl.  jüngerin. 

2)  in  freierer  anwenduug,  aber  ton  der  bibelsprache  ausgehend, 
als  Schüler,  lernender: 

mhd.  ir  (der  pfaffen)  junger  habent  ouch  wol  erchani 
wie  in  ir  mitister  hant 
vor  gitragen  da;  bilde  : 
bichte  und  bivilde, 
misse  unt.salmen 
da;  hriiigent  si  allenthalben 
ze  etlichem  choul'e.     II.  v.  MEtK  rriiinerg.  71; 
Ilagene  dolte  kt'ime  den  kunstlösen  man, 
da;  er  als  ein  bego;;on  brant  riechen  bc^an 
der  meister  vor  dem  junger.     Oiidr.  304,3; 

nhd.  da  was  abl  Carus,  des  gemellen  Marianus  junger,  deutsche 
städtechr.  3,92,9;  Johann  Viccleph  von  Engcllant ,  und  der 
inachet  vil  pucher  und  schul  hct  zu  Prag . .  und  liesz  (hinler- 
liesz)  etlich  jungereu:  Johannem  Husz,  Jeronimum  und  Petrum 
von  Tresen.  295,32;  eine  universilet ..  helle  fünf  geschmeid : 
gute  Ordnung:  das  liechl  reiner  lehr:  gute  disciplin  oder 
zucht:  einigkcit  der  lehrer  und  jünger:  freundlich-  und  gut- 
thätigkeit  der  obrigkeit.  Zinkcref  apophlh.  l,2S0;  iu  der  neuen 
schule,  die  er  (\\inkelmann)  betrat,  horchte  er  nicht  nur  als 
ein  gelehriger,  sondern  als  ein  gelehrter  jünger  seinen  meislern 
zu.   GöTME  37,  4S; 

nun  lag  kaum  einen  büchsenschusz 

davon  {viim  klosin)  ein  still  voll  wohl  genährter  jünger 

dis  heiigen  abls  Antonius.     Wikland  22,  73  [Uhiioit  2,  32). 

3)  jünger,  jüngling  (gegensatz  zu  dem  plur.  ellern  majores: 
vgl.  fries.  alle  fria  Fresa . .  alsa  fir  särc  frl  and  fiil  bereu 
were,  and  fon  aldeion  tö  jungeron  nöiia  höronga  nt're. 
Richtiiofem  539',  17):  gab  dem  jüngling  Uriasbrief  an  die 
keiserin,  des  innhalls,  das  die  keiserin  zu  handt  zeiger  dis/ 
briefs  solt  lassen  erwürgen,  der  jünger  ritt  fridich  sein  weg. 
S.  Frank  germ.  chron.   1538  106'. 

4)* jünger,  bei  einigen  handwerkeni,  z.b.  bei  den  bJckern  in 
einigen  slädlen,  einer  der  zwischen  einem  jungen  und  einem  ge- 
sellen steht,  indem  er  sich,  ehe  er  gesell  werden  kann,  zum 
jünger  erklären  lassen  musz.  Jacobsson  2,  323'  [rifl.  dazu  unter 
Junker),     aber  auch  wol  geradezu  "^  lelnliug : 

bist  auch  ein  hclwanger  meins  mans  (xaijt  die  frnii  zum  gesrlten), 

und  dunkest  dich  ein  groszcr  Hans. 

ja,  auf  der  gassen  spnt  und  fn'i, 

aber  in  der  «erkstai  isis  müh, 

da  veririiist  du  noch  kaum  ein  (ciiieii)  jimgcr.    U,  Sachs  1.48t'. 

JÜNGERHAFT,  adj.:  verloren  sind  leider  mit  so  vielen 
andern  docinnenlen,  jene  briefe,  welche  den  lüchligcn  zu- 
stand jenes  hohen  inannes  (frier  ('«/m/M'r)  und  zugleich  meine 
glaubige  jüngerhaflc  deferenz  sehr  lebhaft  vcrgegcnwUrtigen 
niüszlcn.  Gütiik  50,2.30. 

JÜNGERIN,  f:  zu  Joppe  aber  war  eine  jüngerin,  mit 
namen  Tabea.  ap.  gesch.  9,  36. 

JÜNGERLERIG,  adj.  jugendlicher  in  bezug  auf  das  leben: 
dasz  ich  alle  lasten  die  ich  zunUchst ,  ja  mit  dem  neuen 
jähre  abzustreifen  und  einem  jüngerlebigen  zu  übertragen 
glaubte,  tiuiniiehr  selbst   fortzuschleppen  und    sogar    schwie- 

nvr    «iil»r    711     liiiTn     Irilm      (^'.jrii.     ,mi     /,llrr    ('.71. 


2381 


JUNGERMANN  —  JUNGFER 


JUNGFER 


2382 


JUNGERMäNN,  »i.  neu  verlieirateter ,  aus  junger  mann  zu- 
sammengerückt, vgl.  öteiJ  Jungefrau,  jungemagd:  ein  kui-zweiliger 
jungeruiann,  so  erst  nevvlicU  in  die  ehe  kummen  war.  Wickram 
roUic.  161, 14  Kurz. 

JCNGEKN,  verb.  jung  machen,  rerjüngen:  also  jüngert  es 
auch  das  goldt,  macht  dasselbig  widerumb  in  sein  ersten 
mercurium  und  tinctur.  Paracelsus  opp.  1,  S06  B. 

JÜNGERSCHAFT,  f.     1)  das  jünger  sein : 

hält  ihn  nicht  der  messias  der  Jüngerschaft  würdig  geachtet, 

die  er  auch  Irommes  herzens  hegann,  und  mit  heiligem  wandel. 

Klopsiock  3,  132; 

da  zur  unsterhlieldceit  gotl  sie  (die  seele  Ischariois)  rief,  und  der 

Jüngerschaft  weihte.    13ö ; 

den  Priester  rufst  du  (Josef  II)  wieder  zur  Jüngerschaft 
des  groszen  Stifters  (Jesus).  2,45. 

2)  gesamtheit  der  jünger:  die  eleganls  und  roues ,  wie  sie 
keine  residenzstadt  aufweiset,  die  narzissen-jüngerschaft  des 
handels,  des  miiitärs  und  der  Justiz.  J.  Paul  kom.  anh.  zum 
TU.  2,9. 

JÜ.NGERTHUM,  n.  jüngerschaß. 

JUNGFER,  f.  puella,  lirgo. 

1)  die  Verkürzung  Jungfer,  tcekite  die  spräche  des  gemeinen 
kbens  aus  dem,  dei-  gehobeneren  rede  eigenen  compositum  Jungfrau, 
mhd.  juncvrouwe,  juncvrou  gebildet  hat,  entspricfU  dem  ein- 
fachen ver  für  mhd.  vrouwe,  über  das  Ih.  i\  sp.  72  bericfUet 
ist,  und  findet  sich  seit  dem  14.  jh.  zuerst  in  niederrheiniscfien 
quellen:  virgo  juncfer,  jonfer  Dief.  622';  woultu  doin  dat  ich 
dich  heischen ,  ich  wil  dir  die  jonfer  werben.  Frojim.  1,  ISO 
{kölnisch  15.  j7i.);  do  halt  he  ein  schoin  junfer  in  sime  huis. 
2.10;  do  woulde  der  ritter  bei  der  joufferen  (/ies  ico/ jonferen) 
biaiven.  301,  obschon  niciäs  entgegensteht  anzunehmen,  dasz  diese 
form  allgemeiner  im  gebrauche  genesen  ist,  da  die  obengenannte 
kürzung  ver  ßr  vrouwe  sehr  weit  reicht,  in  schrißen  des  16.jfi. 
ist  sie,  offenbar  als  unedle,  noch  gemieden,  Luther  hat  in  derber 
rede:  ja,  ja,  Jungfer  bepstlin,  bislu  da  zurissen ,  so  flicke 
dich  der  teufel  und  seiue  mutter.  S,  241;  und  noch  Opitz 
verwendet  sie  nicht,  ud  aber  gleichzeitige  andere  quellen: 

ihr  jungfren.    Weckuerlis  "96 ; 

aller  juiitcfren  bdrangaus  und  schmerz. 

Weller  lieäir  des  3ü;äitr.  kr.  2Ö6; 

ihr  Jungfern  und  gesellen.    Flemisc  169; 
in  dem  (t-i'uem  nclze)  Amor,  der  es  stellt, 
die  zu  kühnen  Jungfern  fallt.    357; 
so  liebst  (ijefällst)  du.  meine  zier, 
für  andern  juiigl'ern  mir.    3S4: 
ich  musz  hier  im  tiefen  schatten 
weit  von  Pindus  glänze  stehu : 
nichts  kan  ich  itzt  lassen  hören, 
was  die  bunten  Jungfern  ehren.    392 ; 

seit  dieser  zeit  bürgert  sie  sich  in  der  schrißsprache  ein.  die 
formen  junfer  und  jumpfer,  obschon  der  gemeinen  ausspräche 
gemäsi,  dringen  wenig  vor:  jungflau,  .  .  .  pronunciatur  eliam 
Jungfer  et  jumfer.  Stieler  W6;  camuicr-junfer.  Cur.  Weise 
pultl.  redner  (1679)  s.  356. 

2)  Jungfer,  von  dem  begriff  der  jungen  herrin  {vgl.  frau  2, 
th.  4',  sp.  73),  im  gegensatz  zu  der  dllern,  der  eigentlichen  frau 
des  hauses  ausgehend,  bezeichnet  zunächst  die  unverheiratete  tocliter 
des  hauses,  dann  die  unverheiratete  überhaupt,  als  ein  ehrenvoller 
name,  wo  wir  heute  das  volle  Jungfrau  oder,  wenn  mehr  ein 
tilel  {vgl.  3)  hervorgehoben  werden  soll,  frUulein  verwenden: 
jungfermagd,  ist  eine  l»esondere  magd,  welche  die  Jungfer 
vom  hause  allein  zu  bedienen ,  und  ihr  aufzuwarten  hat. 
Amara.nthes  frauenz.-lex.  15S4 ;  kam  eben  zu  der  windelstege, 
als  die  magd  heraufliefe,  zu  sehen,  was  ihrer  Jungfer  mangelte. 
Simpl.  3,350  Kurz;  es  stund  nicht  lange  an,  da  kam  eine 
\ürnehinc  Jungfer,  eines  reichen  hochansehnliclien  manncs 
lochler.  Schcppids  475;  ein  stolzer,  der  da  geJiel  mit  aufge- 
recktem hals,  wie  vor  zciten  die  isruclilischea  Jungfern.  649; 

ilir  freunde,  rahtot  zu,  wo  sollen  wir  sie  fiodeu, 
das  fromme  liebe  kind,  sie  aller  jungfer  zier. 

Flehing  54  ('auf  einer  edlen  junijfraucn  nahmens-tay') 

sprichwörtlich:  man  wird  dich  gewisz  mit  Jungfern  bitten 
sollen,  precibus  forte  humillimis  implorandus  es.  Stieler  547. 

3)  «I»  der  anrede  und  als  tilel  zumal  bürgerlicher  unverhei- 
rateter, während  fiäulein  /«r  den  adel  blieb,  bis  sich  das  letztere 
uort  weiter  ausdehnte  {vgl.th.  4',  «>S.S9):  die  verhofTende  künflige 
Schwiegermutter  ist  eine  bauptreiche  wittib,  welche  .  .  mir 
ihre  Jungfer  tochter  nicht  geben  würde.  Simpl.  3,201  Kurz; 
hr.  wirth,  ist  das  seine  Jungfer  tochler?  unwürd.  doct.  726; 
liüreu  sie,  Jungfer?  Lessinc  2,405;   freuen   sie  sich,  meine 


liebe  Jungfer.  410;  Jungfer,  hier  bringe  ich  ihnen  zwei  leute. 
402;  mademoisell,  Jungfer  braut,  madam  —  wie  teufel  soll 
man  sie  nennen?  399;  sollten  sie  es  nun  nicht  bald  verstehn, 
Jungfer  muhme  ?  409;  hier  ist  es,  meine  liebe  Jungfer  Ohldiun. 
ebenda;  spielend  mit  der  bedeulung  5: 

und  der  jungferuame  war, 

wie  die  Jungfrau,  sonst  nicht  rar, 

unsre  lockern  Junggesellen 

machten  Jungfern  —  zu  mamsellen, 

und  sie  gaben  jungfernsiou 

für  mamsellentitel  hin.    Blchaler  1, 101 ; 

mit  ersonnenen  eigennamen:  Jungfer  Naseweis; 

ich  war  wohl  Jungfer  Eigensinn, 

durch  gute  kaum  zu  zähmen.    Bürckr  IIJ*. 

4)  weniger  den  gesellschafUichen,  als  den  geschlechtlichen  stand 
betonend,  wo  heute  in  den  meisten  fällen  mädchen  stehen  würde 
eine  reife,  mannbare,  heiratsfähige  Jungfer;  ein  schöne  Jungfer, 
virgo  hello.  Steinbacu  1,S19;  eine  erbare  Jungfer,  fir^o  bene 
morala  ebenda;  die  Jungfer  gefällt  den  maonsbildern ,  virgo 
placet  viris.  820;  eine  wohlgebildete  Jungfer  heirathen  wolien, 
virginem  eximia  forma  ambire.  ebenda;  vier  und  fünfzig  jahi- 
ist  just  recht  für  eine  mannbare  Jungfer.  Lessinc  2,  3S6; 

Jungfern,  wann  sie  mannbar  sein,  wolien  dennoch  nichts  iiich 

wissen, 
was  am  mann  sei  für  ein  ding,  wie  ein  mann  sei  zu  genieszen. 

LoGAC  2, 127, 39  ; 
rolher  mund  und  rosenwangen, 
sind  der  jimgfern  schönstes  prangen. 

unwürd.  doct.  727 ; 
zu  meiner  zeit 

bestand  noch  recht  und  billigkeit, 
da  wurden  auch  aus  kindern  leute, 
da  wurden  auch  aus  Jungfern  braute : 
doch  alles  mit  bescheidenheit. 
*  es  ward  kein  liebling  zum  verräther, 

und  unsre  Jungfern  freiten  später.    Hagedorn  3, 72 

denn  das  ist  goltes  wahre  gift, 

wenn  die  blütbe  zur  blütbe  trifft; 

deszwegen  Jungfern  und  Junggesellen 

im  frühling  sich  gar  gebärdig  stellen.    Göihe  47, 92  ; 

wann  bursch  und  Jungfern  abends  spät 

beim  planderspiele  Jüchen.    Voss  4,  t02 ; 

was  klinget  und  singet  die  strasz  herauf? 

ihr  Jungfern,  machet  die  fenster  auf! 

es  zie^t  der  bursch  in  die  weite.    Ubla!<i>  ged.  211 ; 

da  gehet  die  frau  hin,  welche  den  Jungfern  die  kinder  ab- 
treibet. Scucppics  481. 

iSicht  veraltet  ist  das  «ort  in  der  Verbindung  eine  alle  Jungfer 
ßr  ein  mädchen  das  über  die  gewöhnliclie  zeit  hinaus  unverheiratet 
geblieben  ist:  o\  indergleichen  entschlieszungen  sind  die  alten 
Jungfern  zu  hartnäckig.  Lessing  2,392;  wenn  er  {Bacchus).. 
seine  hörner  ablege,  wie  ohngefahr  eine  alte  Jungfer  ihre 
falschen  zahne  und  brüste?  Herder  krit.  walder  (1769)  1,92; 
ich  will  eine  steinalte  Jungfer  werden,  wenn  es  nicht  wahr 
ist.  Kotzebce  dram.  sp.  3,  225. 

5)  durch  Jungfer  tcird  die  geschlecldliche  reinheil  einer  unver- 
heirateten hervorgehoben ,  in  welchem  sinne  das  wort  auch  heute 
noch  gebräuchlich  ist,  sofern  es  nicht  m  gewählter  spräche  durch 
Jungfrau  abgelöst  wird:  eine  reine  unbefleckte  Jungfer;  ich 
bekenne  dir  Corinna  dasz  ich  keine  Jungfer  gewesen  sei,  da 
mich  dein  vater  zur  ehe  nahm.  Sciiuppils  472 ;  es  sind  nicht 
alles  Jungfern,  die  einen  kränz  tragen,  habitus  non  facit  mo- 
nachum.  Stieler  547  ;  wer  eine  Jungfer  schändet,  stirbt  übeln 
todes.  alle  mädchen  sind  Jungfern,  so  lange  der  bauch 
schweigt.  Jungfern  und  gläser  schweben  in  stäter  gefahr. 
SiMRoCK  sprichw.  2S2; 

(sie  hat)  die  freier  abgeschreckt,  den  kränz  aus  uoih  gespart; 

den  gürtel  trägt  sie  noch,  weil  keiner  ihn  verlanget, 

und  üb  sie  noch  so  sehr  mit  ihrer  Jungfer  (mü  sich  «k>M»i3/^er) 

pranget, 
so  weisz  doch  jederman.  dasz  sie  aus  überdrusz 
was  sie  nicht  ändern  kan,  geduldig  tragen  musz.   Gümtuer  1003. 

m  itceideutigen  Wendungen :  Lis.  und  wanns  dazu  kömmt ,  ist 
er  wohl  gar  auch  ein  Jude,  so  sehr  er  sich  verstellt?  CItriti. 
das  ist  zu  neugfcrig  für  eine  Jungfer  gefragt!  1,340; 

denkt,  wie  gesund  die  hilf,  wie  rein 

bie  um  diesz  jungfernstift  musz  sein ! 

seit  menschen  sich  besinnen, 

starb  keine  Jungfer  drinnen. 

4  (iKif'i  Zinkgref  (i;<o;7i//i.  2.32). 

6)  in  diesem  sinne  wird  Jungfer  selbsi  auf  m4nncr  bezogen, 
vgl.  nachlier  unter  Jungfrau:  der  mensch  ist  noch  eine  reine 
Jungfer,  juvenis  ille  virgo  pura  est.  Stieler  547.  Von  dem 
begriffe  des  reinen  und  noch  unberührten  aus  bezeicJuiet  femer 
Jungfer  in  einer  reilic  unten  folgender  composilen  den  erstUng 
oder  das  beste  und  feinste  seiner  arl. 


2383 


JUNGFER  —JÜNGFERCHEN 


JUNGFEREISEN  —  JUNGFERN  ABTEI     2384 


7)  Jungfer  bezeichnet  auch  eine  dieneiin,  die  im  ränge  über 
der  einfachen  mayd  steht;  rergl.  Lausjungfer,  kammerjungfer, 
ladenjuugfer,  zinimei Jungfer:  man  sehe  die  giosze  dauiel 
sonst  wissen  sich  Jungfern  ihrer  herkunft  noch  glücklich,  wenn 
äie  herrschaften  finden.  Schiller  kab.  u.  liebe  4,  "  ;  das  papier, 
auf  welchem  ihre  Jungfer  (kamniermädchen)  stickte.  Kützeuuh 
dram.  sp.  3,  219 ; 

dasz  Jungfer,  zof  und  trosz  mit  steiren  fingern  lacht. 

GÜMTUKR  3S'J. 

8)  Jungfer,  in  verschiedenem  andern  sinne. 

a)  ein  fisch,  cobilis  barbalula,   schtnerle. 

b)  ein  insect,  libollula,  cwc/i  verfluchte  Jungfer,  Wasser- 
jungfer. 

c)  nackte  Jungfer  heiszt  die  zeillose,  Colchicum  atuumnale ; 
die  nackte  Jungfer  im  frühjahr  aber  btilbocodium  vernum ,  die 
unächte  narcisse. 

d)  verfluchte  Jungfer,  Cichorium  intybus,  die  gemeine  cichorie. 

e)  Jungfer  im  grase,  Jungfer  im  netze,  nigclla  damascena, 
der  damascenische  Schwarzkümmel,  holländ.  jufferljes  in't  grocn, 
schwed.  jungfrun  i  delgröna. 

f)  weidmännisch  heiszt  Jungfer  machen,  die  Jungfer  legen, 
beim  zertvirken  des  vildbrets,  wenn  man  das  schlosz  öffuel,  und 
die  hinterschlägel  auseinanderdrückt ,  so  dasz  man  das  gescheide 
frei  ausheben  kann,  dann  sagt  man  der  hirsch,  die  sau  u.s.w. 
ist  zur  Jungfer  gemacht.  Jacobsson  2,  324*. 

g)  m  Schiffbau  ist  Jungfer,  juffer  eine  rolle,  mit  der  z.b. 
die  tvände  des  schiffes  befestigt  werden.  Jacoiisson  2,  323' ;  die 
hivwanten  des  groszmastes  gahen  nach,  sie  zu  zerreiszen  ver- 
mochte der  Sturm  nicht,  aher  sie  zogen  sich  allmählich  unten 
an  den  Jungfern  aus  den  händseln.  daheim  lj>G9  s.  125. 

h)  Jungfer,  im  hkUenwerk,  am  hochofen  ein  längliches  stück 
eisen,  welches  am  schlackenbleche  herunter  liegt,  und  verhindern 
musz,  dasz  die  sddacke  nicht  vorbei flieszt.  6, 175'. 

i)  Jungfer  in  hammermünzen  ist  ein  groszer  eiserner  löffel, 
worin  die  platten  geglüht  werden.  2,  323'. 

k)  Jungfer  heiszen  die  Steinsetzer  die  handramme,  womit  die 
Pflastersleine  zusammengetrieben  werden,  ebenda;  Jungfer  beim 
pflastern,  tudes  lapidatorum.  Frisch  1,494'. 

/)  Jungfer,  eine  gatluny  mfildsteine.  Jacodssjon  6, 175'. 

ni)  Jungfer,  in  der  chemie  ein  Irichler,  mit  dem  man  ölige 
von  wässerigen  flüssigkeiten  sondert. 

«)  bei  den  gefangenhäusern  ist  Jungfer  ein  klotz,  an  den  die 
gefangenen  geschmiedet  sind  und  den  sie  im  arme  mitschleppen 
müssen,  wenn  sie  sich  bewegen  wollen.  Fiiiscii  1,  494'. 

o)  die  eiserne  Jungfer,  ein  folterinslrument. 

p)  Jungfern  werfen,  in  Hessen  ein  knabenspiel,  indem  platte 
steine  auf  eine  ruhige  Wasserfläche  geworfen  werden ,  um  von 
derselben  mehrmals  abzuprallen.  Vilmar  ISS. 

JüiNGFER-  vgl.  auch  Jungfern-,  und  die  composita  init  Jung- 
frau-. 

JÜNGFEUÄHKE,  f.  name  des  gesttrnes  spica  virginis: 

merk  wo  der  milchweg  geht, 
und  wo  das  helle  liecht  der  juiigreralire  stellt.    Fleming  Kit. 

JUNGFEHAPFEL,  JÜ.NGFEUNAPFEL,  m.  eine  gute  sorte 
plalter,  ebener  äpfel;  auch  apiapfel. 

JUNGFEKBIENE,  f  der  erste  bicnenschwarm  eines  Stockes  im 
Sommer;  dann  auch  der  schwärm  der  von  einem  solchen  stocke 
nodi  in  demselben  sommer  auszielU.  Jacobsson  2,  324*. 

JUNGFEBBIRNE,  f.  name  einiger  birnensortcn  : 

den  richter 
hat  manchmal  eine  jungrerbirnc 
au»  meinem  weldenkoib  gelabt.    Tuömmel  6,  455. 

JUNGFEHBLEI,  n.  das  Villacher  blei,  wegen  seiner  besondetn 
reinheit.  jACOBsgü*!  6,  175'. 

JUNGFEHBRATE.N ,  »"•  bei  hirschen,  rehen  oder  hosen  das 
fleisch,  das  inwenduj  am  riukgral  sitzt;  üstr.  jungfernhriitl. 
Jacobsson  6, 175'. 

JÜNGFERCHEN,  n.  virguncula.  Sthinbach  1,  WO;  scherzend, 
ironisch  oder  schmeichelnd  für  Jungfer:  wirklich?  wirklich? 
jüngferchen?  schrie  die  tante.  Bode  Thom.  Jones  6,250;  ihiit 
sie  doch  ganz  fröhlich,  mein  jüngferchen!  Lessing  1,236; 

<1'  '  iij  die  augnn  da«  »clilusi, 

i'  II  der  Junker  zu  ros«, 

II  '  '  liroeidu.     Kühckr  Gü'; 

itigiia  der  ÜKb«  koH  da«  jüngrercbon!    Voi*  1,65; 
gleich,  mein  jiingrerchen,  gleich  1     127. 

das  nuinidisehe  jüngfercbcn  heitit  eine  reihtrart,   ardea   virgo. 

Kkhnicu  1,444. 


JUNGFEREISEN,  n.  gediegenes  eisen. 

JUNGFEHERDE,  JUNGFERNEHDE.  f  reine  erde. 

JUNGFERFENSTER,  n.  eine  art  dachfensler.  Jacobsson  6,175'. 

JUNGFERFINGER,  m.  goldfingcr,  herzfinger,  annularis,  me- 
dicus  digitus.  Stielek  465. 

JUNGFERGARN,  n.  fila  divae  virginis,  sommerfäden. 

JUNGFERGERÜHR,  f  pudor  virginalis.  SrEiiSBACu   1, 152. 

JUNGFERGESICHTCHEN,  n.:  deine  Hilaria  ist  gar  nicht 
da,  und  der  leichtfertige  Lelio  hat  mit  seinem  jungferge- 
sichtchen  ihre  rolle  gespielt.  Lessing  1,385. 

JUNGFEHIIEIT,  f  pudicitia  intemerata.  Stieler  548. 

JUNGFERHOPFEN,  m.  hopfen,  welcher  in  dem  ersten  jähre 
an  den  hopfenranken  wächst. 

JUNGFERHÜNÜCHEN,  JUNGFERNHÜNüCHEN,  n.  canis 
melUacus,  schooshündchen.  Nemnich  1,817:  ja  ein  esel  wird 
viel  würdiger  sein  auf  dem  polsler  zu  liegen  als  ein  jungfer- 
hündchen.  Chr.  Weise  kl.  leutc  50. 

JUNGFERIERE.N,  vei-b.,  eine  biidung  des  17.  jh.,  von  Stieler 
in  zwei  bcdeutungen  aufgeführt:  nach  Jungfern  gehen,  ambire 
virgines,  sectari  puellas,  und  Jungfer  sein  wollen,  ut  ancillae 
superbae.  547. 

JUNGFERKAMMER,  /".  gynacconüis.  Steinbacu  1,825. 

JUNGFERKRANZ,  JUNGFERNKRANZ,  m.  kränz  als  zier 
der  reinen  Jungfrau,  vgl.  unter  kränz  theil  5,2052.2053:  iJina, 
welche  auszgieng,  die  töchter  des  landes  zu  beschauen,  und 
hielt  sich  bei  dem  Sichem  so  lange  auf,  bis  sie  ihren  jungfei- 
kraiiz  verlohr.  Schlppius  666;  von  männern,  die  Um  ablegen, 
wenn  sie  in  den  ehestand  treten  (.?.  o.  a.  o.  sp.  2053  unten) ;  doch 
heiszt  derselbe  auc/j  junggesellenkranz  (s.d.): 

ist  übrigens  durcli  disz  dir  anvertraute  bild  {die  angetraute  brutii) 

dein  treues  herz  uiul  sinn  auf  ewig  gleich  erfüllt, 

so  darfst  du  nicht  darbci  der  freutul.sclialt  angedeiiken 

mit  deinem  jungfern-cranz  zugleich  an  nagel  henken. 

GÜNTUKB  784. 

JUNGFERKRÄNZLEIN,  n.:  Janco  vertauschet  sein  edles 
jungferkränzlcin  bei  einem  resoluten  rittmeister  umb  den 
nahmen  courasche.  Simpl.  3, 16  Kurz. 

JUNGFERKRONE,  /".    decus,  sertum  virginale.  Stieler  1041. 

JUNGFERKUSS,  m.  : 

wenn  man  paternoster  hätte  von  den  zarten  juiigferküssen, 
wer  viel  beten  keine  strafe,  jeder  würde  wollen  "büszen. 

LoGAU  2,232,131. 

JÜNGFERLEIN,  n.  jüngferchen:  indessen  kam  desz  wirlhs 
tochter,  ein  jungferlein  von  ungefehr  15  jähren,  unwürd. 
dod.  726; 

auch  wohl  an  feiertagen 

von  baumwoll  oder  lein 

die  Strümpfe  weisz  zu  tragen, 

ziemt  wackern  jüngferlein.    Voss  6,18; 

soll  sich  ein  frisches  jüngferlein 

am  dürren  geize  laben?    4,174. 

JUNGFERLICH,  JÜNGFERLICH,  adj.  und  adv.  einer  Jungfer 
gemäsz:  aus  jungferlicher  züchtigkeit.  Schuppius  472; 

die  alle  Ordnung  wollte, 
dasz  Dafnc  iüngferlich  mit  kurzen  schritten  flichn, 
Apollo  keuchend  folgen  sollte.    Wiblamü  9,15; 
die  schlaue  nacht  zielit  jüngferlich  bescheiden 
ein  wölklein,  wie  vom  diiiinsten  silberflor, 
dem  Seitenblick  der  spröden  Luna  vor.    335; 
wie?   welch  ein  zwang? 
rief  sie  im  jüngfcriichcn  grimme.    21, 19; 

ging  sie,  nach  jüngferlicher  sitte, 
die  augcn  stets  auf  ihren  rosenkranz 
herab  gesenkt,  mit  leichtem  kurzem  schritte  (inilui).    270) 

da  sie  glühend  bald,  bald  blasz  wie  eine  büste, 
sich  zwischen  lieb  und  juiigforlichem  gram 
in  seiiicii  armen  wand.     22,213  (Uberon  5,40); 

Minerva,  die  bescheidne, 
jüngferlich  und   blau  von  augcn.     Götuk  47,99 
zu  jüngferlich  nippt  die  vestalo  I    Voss  6,27. 
nach  Jungfer  6  von  keuschen  männern: 

ich  bin  ein  freund  der  klosterlandcr, 

und  gönn  und  wunM;li  insonderheit 

den  rechten  kern  der  segenspluiider 

der  junglerlicheu  geisilichkett.    IIackuorn  3,  tl6. 

vgl.  dazu  jungfräulich. 

JUNGFERMAGI),  f  magd  die  der  Jungfer  von  haust  auf- 
wartet,    beleg  s.  unter  Jungfer  2. 

JUNGFERN-  s.  auch  Jungfer-,  und  vgl.  die  compusila  vtU 
Jungfrauen-. 

JUNGFEHNAIITEI,  f  nonnenslift:  Buchnu,  eine  Jungfern- 
abtci  in  Schwaben.  Stüinbacu  1,215. 


2385      JUxNGFERNART  —  JUNGFERNKNECHT 

JUN'GFERNÄRT,  f. : 

ich  muszte  hübsch  nach  jungrernart 

bei  jedem  liusz,  auf  seinen  hart 

doch  schelten  wenigstens  ein  weiichen. 

ScuMiDT  T.  \Ver:«elchek  alm.  1S02  s.  133. 
JUNGFERNAUGE,  n.: 
Linus  sieht  aus  Jungfernaugen ,  wie  es  sonst  um  sie  bewand. 
wird  er  ein  naturgelehrter  oder  sterulreund,  drum  genant? 

LoGAC  3,192,4. 

JüNGFERNBAUM,  m.  ribes  nigrum,  sdiwarze  Johannisbeere. 

JUNGFERNBEERE,  m.  dasselbe. 

JUNGFERNBILD,  ii.  Jungfer,  vgl.  frauenbild  für  frau : 

Castuia,  du  jungfernhild.    Logau  3,255,218.' 
a^NGFERNBLUT,  n.: 

Venus  war  gefährlich  krank,  schickte  hin  den  kleinen  schützen, 
dasz  er  solle  junelernlleisch  mit  dem  göldnen  pfeile  ritzen, 
weil  sie  jungfernblut  bedurfte.  Locau  2, 192,  SS. 

JUNGFERNBLUTHE,  f  : 

mehrenlheils  weil  krieg  noch  wehrte,  fiel  ein  meelthaw  alle  jähr 

in  die  zarte  jungfernblüte,  der  der  würme  Viel  gebar. 

LoGAU  3,  iS3,ö7. 
jungfernblüthe    ist    auch  name  der  pflanze  drosera  rotundifolia, 
des  sonnenthaus  mit  runden  blättern.  Neji.nich  2, 1447. 

JUNGFER.NBOCK,  m.  antilope  grimmia,  eine  antilopenart  in 
Guinea. 

JUNGFERNDING,  n.  virginal.  Steixbach  1,275.  vgl.  ding 
theil  2, 1164,  11. 

JUNGFERNELKE,  f  dianthus  deltoides,  kleine  grasnelke. 

JUNGFERNFEIND,  m.  osor  feminarum.  Steisbacu  1,425. 

JUNGFERNFELL,  n.  hymen,  membrana  rirginitatis.  Stei.x- 
B\CB   1,  431. 

JUNGFERNFLEISCH,  n.:  jungfernfleisch  ist  kein  lagerobst. 
SiMROCK  2S2.     einen  andern  beleg  s.  unter  jungfernblut. 

JUNGFERNFREUND,  m.  amator,  mulierosus.  Stei:<bach  1,501. 

JUNGFERN  GLAS,  n.  marienglas. 

JUNGFERNGRAS,  n.  stellaria  holostea,  augentrostgras,  und 
herniaria  glabra,  bruchkraut. 

JUNGFERNGCRTEL,  m.  cestus.  Stei.nbach  1,653. 

JUNGFERNHAAR,  n.  pflanzenname:  von  briza  minor,  kleines 
zitiergras;  hurdeum  viurinum,  mäusegerste;  und  polylrichum 
commune,  haarmoos. 

JUNGFERNHÄUTCHEN,  n.  hymen. 

JUNGFERNHERING,  ni.  hering  vom  ersten  fang,  holländisch 
maatjesharing. 

JLNGFERNHERZ,  n.; 

jungfernherz  ein  taubenhaus, 

fliegt  einer  ein,  der  andre  aus.    Sihrock  spiichw.  2S2. 

JÜNGFERNHERZCHEN,  n.  : 

das  fräulein  Echo  sah  einmal 

den  ahnherrn  der  Narcissen, 

der  manches  jungfernherzchen  stahl . .  Höltt  5  Halm. 

JUNGFERNHONIG,  m.  n.  der  beste  und  reinste  honig  aus 
einem  bienenstocke.  auch  der  honig  der  von  den  Jungferbienen 
eingetragen  wird; 

das  jungfernhonig  nährt  die  galle.    Gcnther  272. 

JUNGFERNHONIGSEIM,  «i.  .• 

verse,  zart  wie  seideuwolie, 
süsz  wie  jungfernhonigseime. 

A.  V.  Dkoste-Hclshoff  ged.  (1873)  s.  157. 

JUNGFERNHORN,  n.  bella  virginea,  eine  schneckenart. 

JUNGFERNKAFERLEIN,  n.  coccinella,  blattlauskdfer. 

JUNGFERNKAM.M ,  m.  aphanes  arvensis,  kleines  nadelkraut, 
kleiner  Steinbrech;  auch  eine  muschelart,  arca  antiquala. 

JUNGFERNKIND,  n.  parthenius,  nolhus.  Steisbacu  1,853: 
und  ist  denn  das  so  was  erschreckliches,  ein  jungfernkind? 
Fb.  Müller  1,307;  sie  ist,  dasz  ich  es  ihnen  nur  entdecke, 
ein  jungfernkind;  der  alle  hatte  sich  mit  der  aufwärterin 
eingelassen.  Immermasn  Münchh.  2, 143. 

JUNGFERNKITZEL,  m.  clüoris. 

JUNGFERNKLEE,  m.: 

nimm  du  nur  ietzt  dein  kind  (die  braut)  und  führe  dich  zur  rub, 

die  äugen  fallen  ihr  aus  schaam  und  Schlummer  zu, 

als  winkt  und  ruft  es  dir,  den  vortheil  zu  ergreifen, 

und  ihrem  junglernklee  die  bluthen  abzustreifen.    GiS;<THi>  453. 

JUNGFERNKLOSTER,  n.  parlhenon,  monasterium  virginum 
Steixbacb  1,875. 

JUNGFERNKNECHT,  m.     l)  der  um  die  gunst  der  Jungfern 
sich    müht:    frauen-,    Jungferknecht    mulierosus,    effoeminatus 
Stieler  994;    (er)   bringt ..  auch    Stündchen   vor  Marcebillens 
kammerfenster,  als  jungfernknecht.  Fr.  Müller  2,11; 
IV.  n. 


JUNGFERNKNIFF  —  JUNGFERNSTIMME     2386 

und  Raufbold  werde  bald  ein  süszer  jungfernknecht. 

Zacuariä  1,28; 
und  leb  und  stirb  allhie  als  wie  ein  jungfernknecht.    32; 
unglückseliger  Paris,  täuschender  jungfernknecht 

{ywaiuatii  //.  3, 39).     Stolbebg  11,91; 

dim.  jungfernknechtlein: 

nur  wähle  dir  zuvor  ein  mägdlein, 

jung,  leicht  und  rosig,  wie  der  lenz, 

und  führe  sie  als  jungfernknechtlein 

zum  siz  mit  manchem  reverenz.    Voss  6,110. 

2)  jungfernknecht  beim  bauwesen  einknecht,  der  die  Scheiben 
im  meckier  und  eselskopf  bei  einer  holten  ramme  schmiert:  er  musz 
auch  das  gewöhnliche  rufen  verrichten.  Jacobsso."»  6, 175'. 

JUNGFEHNKNIFF,  hj.  kniff  eines  mädcbens:  schämst  dich 
nit?  willst  dich  an  die  jungfernkniffe  kehren?  Tom  Jones 
{yürnberg  1780)  4,477. 

JUNGFERNKORALLE,  f.  eine  art  sternkoralle ,  madrepora 
virginea. 

JUNGFERNKRANKHEIT,  f.  die  bleichsucht. 

JUNGFERNKRAUT,  n.  lycopodium  clavalum,  bärlapp;  und 
matricaria  partbenium,  multerkraut. 

JUNGFERNKRONE,  f.  vinca  minor,  immergrün. 

JUNGFERNLIEBE  f: 

jungfernlieb  und  rosenblätter 
wendt  sich  wie  aprilenwetter. 

J.  C.  Görimg  liebesmeienbtühml.  (1654)  117; 
iungfernlieb  ist  fahrende  hab, 
heute  lieb,  morgen  schabah.    SiitocK  sprichw.  282. 

JUNGFERNMEISE,  f.  parus  caeruleus,  die  blaumeise. 

JUNGFERNMERK,  m.  apium  graveolerj,  eppich. 

JUNGFERNMILCH,  f.  l)  milch,  die  sich  zuweilen  in  brüsten 
von  Jungfrauen  bildet. 

2)  eine  auf  mehrfache  art  bereitete  milchweisse  flüssigkeit,  die 
Keisze  der  haut  zu  befördern. 

JUNGFERNMOOS,  n.  eine  moosgaltung,  bryum,  auch  knoten- 
moos. 

JUNGFERNNADEL,  f.  Stecknadel  der  kleinsten  und  feinsUn 
art,  die  meistens  zu  den  hauben  und  kopfzeugen  der  frauen^ 
zimmer  gebraucht  wurden.  Jacobsson  2,  324". 

JUNGFERNÖL,  «.  das  öl,  was  beim  ersten  pressen  erfolgt 
und  das  beste  ist. 

JUNGFERNOTH,  f.  not  die  eine  Jungfer  hat,  weil  sie  unver- 
heiratet bleibt:  so  habe  ich  mich  doch  auf  ein  andres  mittel 
besonnen,  sie  aus  ihrer  jungfernoth  zu  reiszen.  Rabeneb  sat. 
3  223. 

'  JUNGFERNPERGAMENT,  n.  ein  zartes  pergament,   welches 
aus  jungen  bockshäuten  verfertigt  wird.  Jacobsson  2,  324*. 

JUNGFERNPFLAUME,  f.  eine  pflaumenart,  reine  Claude, 
frauenpflaume.  auch  name  eines  westindischen  baumes  mit  roten 
glänzenden  beeren,  comocladia  integrifolia. 

JUNGFERNQUECKSILBER,  n.  hydrargyrum  nativum. 

JUNGFERNREBE,  f  hedera  quinquefolia,  wilder  wein. 

JUNGFERNREDE,  /".  die  erste  rede,  welche  jemand  in  öffent- 
licher Versammlung,  besonders  in  Parlamenten,  hält. 

JU.NGFERNREDNER,  m.  einer  der  zum  ersten  male  in  öffent- 
licher Versammlung  redet :  die  auf  die  rednerliste  gesetzten 
jungfernredner.  nationalzeitung  1875  no.  495. 

JUNGFERNSCHÄNDER,  «j.  virginitalis  deflorator,  viryinitalis 
sluprator.  Steinbach  2,384:  Jungfernschänder  schündet  gott 
wieder,  einem  jungfernschänder  gehts  nimmer  wohl.  Simrü6k 
sprichw.  282. 

JUNGFERNSCHAR,  /. ;  eine  jungfernschaar  aus  ihrer  haus- 
und  dienstgenossenschaft.  Michaeler  bei  Campe. 

JUNGFERNSCHLANGE,  f.  coluber  domicella. 

JUNGFERNSCHLOSZ,   n.  hymen,  Jungfernhäutchen. 

JUNGFERNSCH\VARM,nj.  «cAitünw  von  Jungferbienen.  J.\cOB3- 
so:»  2,324*. 

JUNGFERNSCHWEFEL,  m.  natürlicher  schwefel. 

JUNGFERNSINN,  m. : 

nun  Schwester,  halt  dich  wohl  und  schmeisz  deo  jungremsinn 
mit  samt  der  hudeiei  des  grünen  kränzgens  bin!    GSkther  797. 

JUNGFERNSTAND,  m.  Status  virginalis,  coelibatus;  jungfer- 
stand Stikler  2131. 
JUNGFERNSTIFT,  «.  fräuleinstiß : 

denkt  wie  gesund  die  luft,  wie  rein 

sie  um  diesz  jungferustift  musz  sein!    Lessi:«c  1,4. 

JUNGFERNSTIMME,  f.  vox  virginea.  beim  Orgelbauer  ein 
orgelregister,  das  um  eine  odave  höher  als  die  vox  humana  liegt. 
Jacobsso:«  4,  661\ 

150 


2387  JUNGFERNSUCHT  —  JUNGFERSCHAFT 


JUNGFERWASSER  — JUNGFRAU   2388 


JüiNGFERNSUCHT,  f.  bleichsucht.     vgl.  jungfwiikiankheit. 

JüNGFEllMABAK,  m.  nicoliana  paniculata. 

JU.NGFERMRAUBE,  f.:  jungferntrauben  Iteiszen  die  erslen 
trauten  in  einem  neu  angelegten  Weinberge.  Kehrein  212. 

JUNGFEUMIIITT,  m.  polygonum  aviculare,  wtgelritt,  knolen- 
gras. 

JUNGFERNTROST,  m.  hemiaria  glabra,  jungferngras,  bruch- 
kraut. 

JU.NGFERNVITRIOL,  m.  natürlicher  vürid. 

JL.NGFERNVOLK,  n.; 

iunglernvolk  hat  diese  sinnen,  der  zu  erst  jbr  kränzlein  nimt, 

J'leibi  gcmeinlich  stets  der  liebste,  gebe  goit  wer  folgends  kvimt. 

LoGAU  2,22",  106; 

jungfernvolk  sind  solche  TOfel,  wer  mit  jhnen  umgegangen, 

weisz.sie  sind  wol  ersllirh  wilde,  lassen  sich  doch  letzhcli  langen. 

3,143,33. 

JUNGFERNWACHS,  n.  wachs  von  Jungferbienen,  ferner  das 
reine  von  allen  fremden  theilen  gesäuberte  und  abgebleicIUe  wachs. 
Jacobssos  6, 176' : 

wo  ist  (zur  Zauberei)  der  weisze  rock  mit  bildern  ausgestricket? 

der  aur  gesetzte  zeit  durch  keusche  band  gesticket? 

das  licht  von  jungfernwacbs  und  kindcrschmalz  gemacht? 

A.  GRYPHits  169ä   1,59; 

sie  (dt«  kinigin)  stund  gleich  einem  bild  von  jungrernwaclis  be- 
reitet.   165. 
JDNGFERNWEIN,  m.  Jungfernrebe. 

JÜNGFERNWEISE,  f  arl  der  Jungfern  zu  verfahren.  Logau 
2, 228, 109  als  Überschrift  eines  epigramms. 
JUNGFERNWINDER,  n.  .• 
dein  äugen  sind  kohlscliwarz ,   drausz  dennoch  Teuer  blitzt: 
Quintilla,  deine  haut  isi  schnec,  der  dennoch  hitzt. 
du  jungrernwundwr  du!    was  macht  die  zarte  brüst? 
sie  gibt  den  groszcn  niut,  und  einem  kleinen  kost. 

LoGAi;  3,92,79  ('«»/  eine  säugende  junyfraw'). 

JUNGFERNZEICHEN,  n.  das  zeichen,  Steinbild  der  Jungfrau ; 
könnt  jhr  nicht  voran  mir  sagen 
was  sich  gutes  zu  wird  tragen, 
wenn  sich  .Mars  zur  Venus  stellt 
in  dem  schönen  jungfernzeichen? 
Tjcho  sage  was  er  wil, 
lehl  ich,  fehl  ich  doch  nicht  viel: 
kinder  werden  dannen  reichen 
die  desz  vaters  tapfren  sinn, 
und  der  mutier  schönes  kinn 
lieblich  werden  abegleichen.    Locau  1,6,13. 

JUNGFERNZWINGER,  m.  jungfernkloster,  von  Wieland,  wie 
er  selbst  23,  32"  verrät,  erfunden  ('dasz  sich  dazu  keine  andere 
analogie  fand  als  das  jägerwort  hundezwinger,  wird  ihm 
boffendicli  zu  keinem  Vorwurf  gereichen'),   und  zweimal  ver- 

vxndet:  ..ja-  tu 

der  tag  da  diesz  geschah, 
war  just  das  nahmensfest  der  heiigen  Agatha, 
der  schützerin  von  diesem  jungfernzwinger. 

22, 73  (Oberun  2, 32) ; 

und,  wenn  die  tante  abschied  nimmt, 
iblciU)  Rosinen  der  prospekt  —  in  einen  jungfernzwinger. 
21.199  (Klelia  u.  Siuih.  2,90); 
von  MosÄos  aufgenommen :  sie  verscblieszt  das  haus  wie  einen 
jungfernzwinger  und  keine  männliche  scele  darf  hinein,  volhm. 
742  (der  Schatzgräber). 

JUNGFERSCHAFT,  JUNGFERNSCHAFT,  f  der  stand  einer 
Jungfer,  namentlich  in  bezug  auf  die  uiiveikizte  keuschlieit  {vgl. 
Jungfer  5):  jungferschaft,  ririiiuilus  Steinbach  I,h20;  eine  um 
die  jungferschafl  bringen,  virginilatem  alicujns  vivlare.  ebenda; 
jungfersrhaft  bestellet  im  geiniile,  caslilas  in  animo  consistil. 
Stieler  547;  ewige  jungferschaft  geloben,  perjyetuam  custitalem 
vovere.  54S;  auf  die  jungferscliafl  kann  man  keine  seinmel 
zu  borgen  kriegen ,  vile  nomen  virginitas ,  et  contemtum  est. 
ebenda;  unter  den  weiblichen  gollhcilen  wurde  der  Diana 
und  der  Pallas  eine  beständige  jungiersrhafl  bcigclegl.  Winkkl- 
MA<irr  4,  72;: 

meine  mutter  war  zu  hof  eine  glatte  kainiiiermagd, 

die  der  fürst  hat  etwa  selbst  an  der  Juiigfnrschaii  geplagt. 

I.OGAU    l.bi.  Ml; 

der  leutschen  tichter  Helena,  desz  Opitz  seine  leier, 

hat  zwar  viel  buliler  stets  gehabt,  und,  wie  man  meint,  auch 

freier: 
mich  dünkt  dasz  Ihre  jungferschafl  noch  richtig  sei  und  rein, 
und  der,  der  ihr  gehören  wird,  wird  noch  von  dannen  sein. 

2,  no..^7; 
für  die  jungfcrKchnft  der  braut  l  ntgam  seine, 

sie,  wie  er  drauf  Iniic  ward,  b.'ii  i.cinc  : 

danz  er  nun  im  bundi-l  nicht  s<>  i'i, 

bat  sie  jhm  die  mulieischafl  miji^i:as  üiun  crthcilel.     127,40; 

allein,  wenn  alles  das 
all  wie  genifeii  kommt,  just  wenn  wirs  iiöthig  haben, 
iira  eine  jungferschafl.  <>lii  leben,  oier  so  was 
SU  retten.  Wulsku  4,19.')  (».  Ammtit  8,34); 


die  Jungfernschaft  ist  ehrenwertb, 

doch  nimm  vorlieb,  was  gott  bescheert  (d.  h.  aucti  ein  witwe). 

SiMROCK  sprichw.  283. 

jungferschafl  heiszl  auch  eine  gesamtheü  von  Jungfern.  —  vgl. 
jungfrauschaft. 

JUNGFERWASSER,  ii.  eine  feine  arl  gebrannten  wassers, 
Jacobsson  6, 176*. 

JUNGFERZUNFT,  f: 

und  dasz  wir  nicht  erleben, 
dasz  wir  der  jungfer-zunft  nicht  gute  weile  geben, 
und  dankbar  sollen  sein,  so  thu  auf  heule  disz 
und  bitt  uns  diese  her,  so  {welche)  kommen  sonst  gewisz. 

I'.  Flbhinu  53. 

JUNGFLEISCH,  n.  fleisch  vom  Jungvieh  (vgl.  unter  jung  15,  d). 
ScHM.  1, 1207  Fromm. 

JUNGFRAU,  f  virgo. 

ahd.  jungfrouwa,  mhd.  juncvrouwe,  juncvrowe,  juncvrou ; 
die  Schweden  haben  das  wort  als  jungfru,  die  Dänen  als  jomfru, 
entlehnt,  im  nhd.  ist,  während  die  seit  dem  1".  jh.  gewöhnliche 
form  Jungfer  (s.d.)  der  gemeinen  rede  angehört,  das  ro//c  Jung- 
frau der  edeln  spräche  eigen,  ältere  quellen  bieten  assimilierte 
formen:  adolescenlula  jriffrawe  (lies  jumlTrawe)  DiEr.  13';  virgo 
junffiavve,  juinffrauwe  622"  (mitteldeutsch); 

der  jümpfrow  kind  (Clnislus)  well  uns  nit  lan. 

lliLDEBRAND  volkst.  142, 1  (schweiz.,  1533). 

die  längst  wieder  abgestoszen  sind,  die  bedeutungen  sind  wesent- 
lich dieselben  wie  von  Jungfer. 

1)  Jungfrau,  die  junge  herrin,  gebieterin,  ohne  rücksichl  darauf 
ob  sie  verheiratet  oder  unverheiratet  ist;  der  mhd.  gegensatz  all- 
frouwe  von  der  mutter  einer  jungen  fürslin  sieht  W'igal.  99,  7. 
Jungfrau  hciszt  darum  auch  die  junge  verhcivaleli'.  frau :  zu  Seiils 
kam  zu  jm  sein  gemaiiel  Leonora,  die  fürbündig  schön  junk- 
fraiuv.  Stumpf  1,87';  im  Nassauischen  ist  Jungfrau  tiocA  heute 
eine  noch  niclU  lange  verheiratete  frau,  daneben  auch  ehrenname 
der  hausfrau,  z.  b.  im  munde  der  dienslboten,  selbst  wenn  sie  in 
hohem  alter  ist.  Keiirein  212. 

2)  vornehmlich  ist  Jungfrau  (neben  frau,  unsre  frau)  bezeich- 
nung  der  himmelskünigin  Maria,  allerdings  in  riicksicht  auf  die 
bedeutungen  3  und  5,  worauf  auch  das  ältere  mhd.  inagel  fiir 
Maria  weist: 

lob,  er  und  dank  so  sprechen  wir, 

zart  junkfrauw  dir, 

seit  du  uns  hast 

den  höchsten  gast 

her  bracht  mit  keuscher  minne. 

Mlscatblut  tri  Wackern.  alld.  leseb.  (1873)  1343; 
das  ist  Maiüa,  di.e  iunkfraw  zart, 
ain  sun  hat  sie  geboren.    Uuland  volkst.  S45 ; 

das  heilig  hohe  fest  der  freudenreichen  nacht 

in  der  die  Jungfrau  hat  des  höchsten  söhn  gebohren. 

A.  Ghtpuius  1698    1,67; 
die  holde  himmelskönigin  '* 

erhörte  mich,  die  juugliau  voller  gnaden. 

WiELAND  22,110  (Oberon  3.25); 
die  gottbefruchlcle  Jungfrau 
und  den  wunderthätigen  gottessohn.     II.  Heine  15,251. 

in  dieser  bedeutung  wird  die  gekürzte  form  Jungfer  nicht  ver- 
wendet. 

3)  Jungfrau  ist  die  ehrende  bezeichnung  eines  herangewach.<ieneH 
mädchens,  modern  wenigstens  noch  in  dichterischer  spräche  hiuftg. 
der  begriff  der  unverletzten  keuschheit  liegt  zunächst  nicht  in  dem 
Worte:  weihen  jungfraw  daj  wa;jer  trinkt,  ist  si  noch  inagt, 
sü  geschieht  ir  nihts ,  ist  si  aber  nibt  inaget,  so  beprunzt 
sie  sich  zebant.  Mecenbehc  447,27;  aber  es  läszt  sich  nicht 
immer  scharf  bestimmen,  wo  die  bedeutung  5  eingreift:  jie  juiif;' 
manschaft  fias  das  fewr,  und  jre  jungfrawen  inuslen  ungr 
freiel  bleiben,  ps.  78,63;  Jünglinge  und  Jungfrauen,  allen  mit 
den  jungen ,  sollen  loben  den  iiainen  des  berrn.  148,  12 ; 
beule  wie  eine  jungfraw,  die  einen  sack  anleget  umb  jren 
breuligain.  Joel  1,8;  er  drewet  mein  land  zu  verbrennen,  und 
meine  manschaft  zu  erwürgen,  kinder  und  jungfrawen  weg 
zu  iiiren.  iud.  16,6;  ich  bäte  die  vornehmsten  frauen  und 
Jungfrauen  zu  gaste.  Sciilti'IUs  474;  eine  spitzfündige  jung- 
fraw. LoCAU  2, 231,  127  (Überschrift) ; 

Ich  mein  die  znric  iunkfrauen, 

ii  h  dient  ir  IrA  und  spat.    L'iilano  volksl.  84; 

plüi,  dnsz  mir  der  hart  nicht  wach!>on  wil ! 

die  junirfritl  spricht : 

krin  bnit  hii>l  nicht.     UOniiR  ti.  TiTTiAnN  liedeih.  50,40; 

ihr  büigcr  aber  all,  ihr  mSnner  und  ihr  D-nuen, 

ihr  kinder,  knabelein,  ihr  jüngling  und  junglVaupn. 

OriL  H.  Com,'«  221,63; 


2389 


JUNGFRAU 


im  stillen  klostergarten 

eine  bleiche  Jungfrau  gieng.    Uhland  ged.  195; 
.     die  Jungfrau  von  der  zinne  sah.    197; 
führten  sie  nicht  mit  wonne 
eine  schöne  Jungfrau  dar, 
herrlich  wie  eine  sonne, 
strahlend  im  goldnen  haar?    207; 

das  kind  ist  herrlich  zur  Jungfrau  herangereift;  wenn  eine 
Jungfrau  reif  ist,  so  hätte  sie  gern  einen  mann.  Simrock 
sprichw.  2S2; 

vom  mädchen  reiszt  sich  stolz  der  knabe  .  . 

fremd  kehrt  er  heim  ins  Vaterhaus. 

und  herrtich,  in  der  Jugend  prangen, 

wie  ein  gebild  aus  himmelshöhn, 

mit  züchtigen,  verschämten  wangen 

sieht  er  die  Jungfrau  vor  sich  stehn.    Scbiubr  glocke  v.  65 ; 

und  schamhaft  tritt  als  Jungfrau  ihm  entgegen, 

die  er  einst  an  der  amme  brüst  verliesz.    ficcol.  1,4. 

die  alle  Jungfrau  trird  seltener  gesagt  ah  alte  jiingfer;  veralte 
jungfraw  exoleta  virgo  Dastp.;  alte  Jungfrau  virgo  exoleta 
Stieler  547:  , 

der  Jungfrau  name  will  den  jungen  nur  gebühren ; 

wer  alt  wird  unverfreit  soll  andern  namen  führen. 

A.  v.  Abschatz  vevm.  ged.  1S3. 

4)  als  titel  und  in  der  anrede,  wo  es  jetzt  in  der  gewöhnlichen 
rede  veraltet  ist  {vgl.  Jungfer  3):  der  hospitalmeister  konte 
sich  in  diese  freigebigkeit  nicht  schicken,  zog  seinen  hut  ab 
und  sagte:  edele  Jungfrau,  das  wird  am  jüngsten  tage  ge- 
rühmt werden.  Schuppiüs  476; 

da  zog  er  von  der  hende 

von  gold  ein  Ongerlin  : 

'so  se  dir,  schöne  iungfrauwe, 

dabi  gedenk  du  min  ! '    1;hla?(d  rolksl.  81 ; 

da?  (kleinod)  fuortens  gmaincleich  in  dem  her 
durch  junkirawn  Mätzen  zuht  und  er.    ring  2',  36; 

juncfrau  Gerhaus,  ich  verstee  euch  wol.    fastn.  sp.  569, 14; 

die  arznei  zu  erlangen, 
wird  gleichfäls  eine  bach,  so  lauter  ist  und  rein, 
herzliebsie  Jungfrau  braut,  das  beste  mittel  sein. 

Opitz  2,71; 
seid  gegrüszt  auf  diesen  auen, 
schönste  Jungfrau,  edle  herrn!    Uhlasd  ged.  249; 

das  war  Jungfrau  Sieglinde, 
die  wollte  früh  aufsiehn, 
mit  ihrem  hofgesinde 
zum  l'rauenmünster  gehn.    251 ; 

herunter  jungfraw,  du  tochter  Babel,  setze  dich  in  den  staub. 
Jes.  47,1;  das  die  jungfraw  Israel  so  gar  grewiich  ding  thut. 
Jer.  18,13;  du  jungfraw  Israel,  du  soll  noch  frölich  pauken 
und  eraus  gehen  an  den  tanz.  31,4. 

5)  Jungfrau,  mit  ausdriickliofier  hervorhebung  des  geschlechtlich 
unbefleckten,  wofür  es  älter  maget  hiesz:  (das  einhorn)  ist  gar 
scharpf  und  härwe,  also  daj  e?  kain  Jäger  gevähen  mag  mit 
gewalt.  aber  sam  Isidorus  und  Jacobus  sprechent,  so  vaeht  man 
ej  mit  ainer  käuschen  juncfrawen.  Megenberg  161,24;  das 
weih  hab  ich  genomen,  und  da  ich  mich  zu  jr  thet,  fand  ich 
sie  nicht  Jungfrau.  5  3/o5.  22, 14;  sie  haben  die  weiber  zu  Zion 
geschwecht,  und  die  jungfrawen  in  den  stedten  Juda.  klaget. 
Jer.  5, 11 ;  die  beiden  zu  strafen,  so  die  jungfraw  genotzücbtigt 
und  zu  schänden  gemacht  hatten.  Judith  9,2;  wer  gewalt 
übel  im  gericht,  der  ist  eben  als  ein  hofemeister,  der  eine 
jungfraw  schendet,  die  er  bewaren  sol.  Sir.  20,12;  well  sie 
noch  jungfraw  ist.  42, 10;  das  ich  eine  reine  jungfrawe  Christo 
zubr*echte.  2  Cor.  11,2;  wann  man  keine  jungfrawen  hat, 
musz  man  wol  mit  huren  danzen.  Ziskgref  apophth.  2,84; 
wer  eine  Jungfrau  schändet,  stirbet  keines  guten  todes.  Pisio- 
Rius  thes.  par.  10,15;  er  musz  ein  scharf  gesichl  haben,  der 
eine  Jungfrau  kennen  soll.  Simrock  sprichw.  2S2; 

mir  geviel  nie  kaini  bas. 

wiszi,  das  sei  ein  junchfraw  was!   (xpricht  der  mann 
am  morgi-n  nach  der  hucUzeit).    ring  43',  2t ; 

du  scholl  kainn  kränz  mar  auf  tragen, 

wan  du  bist  kain  junkfrau  nit. 

waistu  wol,  heur  im  haberschnil 

das  der  Ilainrich  pei  dir  lag 

und  der  lieb  mit  dir  pdag?    fastn.  sp.  586,15; 

das  macht  du  hast  ein  jungfraw  geschwächt. 

VVkller  lieder  227  ; 
eine  reine  jnngfrau 
vollbringt  jedwedes  herrliche  auf  erden, 
wenn  sie  der  irdschen  liebe  widersteht. 

ScuiLLiR  yMR!7/'ra«  von  Ort.  1,10; 
eine  Jungfrau  schwächen 
ist  wie  eine  kirch  erbrechen.    Simrock  sprichw.  282. 


JUNGFRAU  —  JUNGFRAUENKLOSTER   2390 

von  der  Jungfrau  Maria  (vgl.  dazu  oben  2) :  und  im  sechsten 
mond,  ward  der  engel  Gabriel  gesand  von  gott..zu  einer 
jungfrawen,  die  rertrawet  war  einem  manne ..  und  die  jung- 
fraw hies  Maria.  Luc.  1, 27 ;  eine  jungfraw  wird  schwanger 
sein,  und  einen  son  geberen.  Mattlu  1, 23 ; 

euch  ist  ein  kindlein  heut  geborn. 

von  einer  jungfraw  auserkorn.    Lither  8,358*. 

6)  Jungfrau,  auch  von  männern,  die  Utre  keuschheit  bewahrt 
haben  (vgl.  Jungfer  6):  diese  sinds,  die  mit  weibern  nicht 
befleckt  sind,  denn  si  sind  jungfrawen,  und  folgen  dem  larab 
nach,  wo  es  hih  gehet,  o/fenb.  14,4;  das  muszten  allein  junge 
unbärtige  knaben ,  die  reine  unbeQekte  jungfrauwen  waren, 
thun.  b.  d.  liebe  223';  darum  ich  beilag  in  freuden  und  mit 
ehren,  und  bin,  gleich  wie  die  braut,  eine  reine  Jungfrau 
gewesen.  Schweinichen  2,  91. 

7)  auch  von  einer  noch  nicht  eroberten  festung:  die  alte  bürg., 
weil  sie  so  manchen  angriff  abgeschlagen,  manche  befebdung 
vereitelt  und  sich  immer  als  Jungfrau  gehalten  bat.  Götbe 
52,  siv.     vgl.  unten  jungfrauburg. 

8)  Jungfrau,  die  jugendliche  dienerin,  höheren,  aber  auch  nie- 
deren ranges: 

nu  begiinder  umbe  schouwen 

und  sach  vil  juncvrouwen, 

die  ir  gesindes  waren.    Iwein  5200 ; 

die  jungfrawen  in  dem  haus,  die  braten  nicht,  ja  wol,  der 
eschengrüdel  musz  es  als  tbun.  Keisersberg  brösaml.  79' ; 
ein  jungkfrouw  die  würket  beidensch  werk,  die  ander  spint, 
die  dryt  negt,  die  viert  reibt  das  geschirr,  ein  fegt  das  husz. 
der  knecht  ouch  des  selben  glichen  . . .  bilg.  9' ;  er  (der  ster- 
bende) entpfilcht  den  kinden,  den  jungfrouwen,  den  knechten 
und  allem  sinem  gesind,  das  sie  lugen,  das  sie  siner  frouwen 
gehorsam  sigent.  "* ;  man  füret  sie  (des  königs  tochter)  in  ge- 
stickten kleidern  zum  könig,  und  jre  gespielen,  die  jung- 
frawen, di  jr  nachgehen,  fürt  man  zu  dir.  ps.  45, 14 ;  Gismunda 
tritt  ein  mit  zweien  jungkfrawen.  H.Sachs  1,117'; 

darzu  ir  (des  fräuleins)  liebste  junkfraw  sprach, 
die  ir  helferin  was.  Häizterin  5',  31. 

Jungfrau  geradezu  wie  dienstmagd:  jungkfrauw,  dienstmagt, 
kocbin,  ancilla,  ministratrix  Maaler  23S';  und  sol  ouch  (der 
meier)  darkommen  mit  siner  wirtin ,  mit  einem  knecht  und 
mit  siner  junkfrowen.  weisth.  4,333  (Zürich,  Ih.jh.);  do  ward 
ich  zrad  mit  miner  frowen  (ehefrau),  wen  er  sy  weite  annen 
(annehmen)  zu  einer  jungfrowen  und  mich  zu  eim  diener,  so 
weiten  wier  zu  im.  Tn.  Platter  70. 

9)  Jungfrau,  das  bekannte  Sternbild  (auch  hierßr  im  U.  jh. 
noch  maget :  unde  gät  die  sunne  in  die  magt.  calendar.  bei 
Haupt  6,360):  die  sonne  gehet  durch  die  Jungfrau,  sol  astrum 
virginis  attingit.  Stieler  547. 

10)  Jungfrau,  name  des  bekannten  berges  in  den  Berner  alpen: 

und  wohnt  er  drohen  auf  dem  eispalast 

des  Schreckhorns  oder  höher,  wo  die  Jungfrau 

seit  ewigkeit  verschleiert  sitzt.    Scbillkr  Teil  1,  4. 

11)  die  eiserne  Jungfrau,  »in  marterinstrument. 
JUNGFRAU-  s.  auch  Jungfrauen-,  Jungfer-,  Jungfern-. 
JUNGFRAUBAUM,  m.  ribes  nigrum,  schwarze  Johannisbeere. 
JÜNGFRAUBILD,  n.  Jungfrau,  vgl.  jungfernbild: 

was  soll  ich  von  den  vetteln  sagen? 
ich  mus  noch  edler  gschlecht  verklagen, 
nämlich  die  zarte  jungfraubilder. 

FiscBART  flöhlialt  V.  747; 

und  wie  künnt  jhr  sein  also  wilt, 
dasz  ihr  mich  armes  jungfraubild 
mit  so  gar  weit  weg  führen  wolt? 

J.  ATRER  210*  (1048, 25  Keller). 

JUNGFRAUBURG,  f.  bezeichnung  Magdeburgs  (vergl.  Jung- 
frau 7): 

der  alte  fuchs  (Tilty)  wolt  vertilgen 
die  jungfrawburg.      WECKiiERtn  617. 

JUNGFRAUDIEB,  m. :  du  jungfrawdieb!  . .  hie  ist  der  arg 
nichtig  buh ,  der  mir  mein  tochter  entführet  hat.  buch  der 
liebe  2-2.8*. 

JUNGFRAUENDISTEL,  f.  leucacantha.  Frischlih  nomencl.  75. 

JUNGFRAUENFINGER,  m.  der  vierte  finger ,  goldfinger. 
Hesiscu  tl02, 27. 

JUNGFRAUENHAND,  f.:  weil  sie  (die  zigeunerin)  aus  der 
ehren-  und  lebenslinie  einer  Jungfrauenhand  romane  schneidet. 
Thümmel  3,441. 

JUNGFRAUENKLOSTER,  f.:  jungfrauwcloster,  cenobium 
virgiuum,  absterium.  voc.  ine.  theut.  k7';  derowegen  die  Persen 

150* 


2391  JUNGFRAUENMÄGDLEIN  —  JUNGFRÄULEIN 


JUNGFRÄULICH 


2392 


ein  jungfrauenclosler  ihr  zum  gediichlnis  gestiftet,  in  welchem 
von  den  Jungfern  des  landcs  jährlich  ihr  Untergang  hei  ihrem 
grabe  betrauret  wird.  A.  Gbyphius  1C98  1,  ISO. 

JI:NGFRAIENMÄGDLEIN,  «..•  da  von  einem  jungfrauwen- 
niiigdlin,  das  ein  eisen  abgeworfen  halt,  geredet  ward.  Luther 
tischt:  313*. 

JLNGFRÄLENRINGLEIN,  n.:  {es  wird  erlaubt)  das  ain  prew- 
tigam,  üb  er  will,  sein  vermehelte  prawl  zu  dem  heftle  mit 
ainer  guldin  ketlin, . .  auch  mit  aincm  junkfrowenringlein,  das 
über  acht  guldin  nit  cost  noch  werdt  sei,  vereren  und  be- 
gaben mag.  und  über  solliche  angezeigte  stuck,  nemlich  des 
heflleins,  ketten  und  junkfrowcnringles, . .  soll  ninicher  prew- 
tigam  sein  prawt  weder  vor  oder  nach  der  lautmerung,  bisz 
so  bng  sie  celicb  zu  kirchen  gefürdt  und  ainandcr  eelich 
beschlafen  haben,  mit  nichle  anders  begaben,  schenken  oder 
vereren, ..  ausgenomen  den  mabelring,  den  man  nach  alter 
gewonnhail  und  berkomcn  vor  der  kirchen ,  so  man  sie  zu 
kirchen  fürdt,  ir  ains  dem  andern  zu  geben  pfligt.  t^ürnb. 
jjöl.-ordti.  73. 

JüNGFItAUENSCHÄNDEH.  m.:  falsche  prediger  seien  ärger 
alsjungfrawenschänder.  ausspruch  Lcthers  bdZiNKCREF  apoplilh. 
1   1;A. 

'  JINGFRAL'ENSCHWÄCHER,  m. :  jungkfrauwenschwecher, 
der  weiber  oder  töchteren  geschendet ,  expugnalor  pudicitiae 
M AALER   23S*. 

JLNGFRAUENSOHN,  m.:  Eudoros,  ein  jungfraunsohn. 
SroLnERG  12, 124. 

JLNGFRALENSTAND,  JUNGFRALSTAND,  ni..-  so  fein  es 
gewest  ist  im  anfang  der  Christenheit,  jungfrawstand  zu  halten, 
so  grewlich  isls  jtzt, .  .  denn  man  woljungfraw,  widwe,  und 
keusch  leben  kan,  on  solclie  lesteriiche  grewel  (in  klöslern). 
Luther  512';  ihre  abergläubische  religion  ...  o  die  war  ihr 
während  ihres  Jungfrauenstandes  recht  nützlich.  TbIImmel 
4,  227 ; 

dasz  ich  bleib  in  meim  junkfraustandt, 
dörft  leiden  kein  unehr  und  scliand. 

J.  Ayrer  155*  (772, 18  Keller). 

JUNGFRAUENTRILLER,  ni. ;  ein  frauenängstigei  und  ehe- 

kritnker  oder  Jungfrauentriller.  Prätorils  Kalzenveil  (1692)  37. 

JIJNGFRALENWELT,   f.:    wie    konnte    nicht   die    schone 

jiingfrauenwelt  die  jünglingwell  führend  heben  und  heiligen? 

J.  Paul  Iteibstbtum.  3,  "J7. 

JLNGFHAIFLRZLEIN,  n.:  ein  nonnen-  oder  jungfraw- 
fürzlein,  seind  sö  spiszig,  dasz  einer  die  zahn  mit  slewren 
niüchle.    facet.  facet.  S3. 

JUNGFRAL'KNECHT,  m.  was  jungfernkncchl. 
JUNGFRAUKNECHTISCl!,  adj.  und  adv.:  dem  doctor,  der 
gar  jungfrauknechtisch  auszsabe.   Simpl.  4,  55  Kurz. 

JLNGFRALKRANZ,  ni.  kränz  wie  ihn  die  Jungfrau  trägt;  dtm. 
Jungfraukränzlein,  als  modeschmnck:  köstlich  perlingesiickte 
haarhauben,  und  die  sammele  paretlin  darauf,  auf  die  meichsz- 
nisch  art  zur  seilen  hangend,  wie  die  leipsische  jungfraw- 
kranzlin  zur  hochzeit.   Gary.  2Sl'. 

JüNGFRÄL'LEIN,  n.  Jim.  zu  Jungfrau,  niW.  juncfröuwelin; 
auch  im  nhd.  ausschlieszlich  herschend,  da  sich,  unter  einßusz  des 
einfachen  fräulein,  eine  rfimiiii</ir6//(/ii/is  jungfrauchen,  die  sonst 
die  gewöhnliche  sein  würde,  weiter  nicht  entwickelt  hat  {virguncula 
ein  jungfrauchin  Dief.  uov.  gloss.  .3S3').  jungfräulein  steht,  indem 
es  das  zierliclic  des  begriffes  betonen  will,  in  mehreren  bedeutungen 
von  Jungfrau. 

1)  rj/.  Jungfrau  3,  ah  ehrende  bezeichnung  eines  jungen  mäd- 
chent,  einer  jungen  unverheirateten  dame:  viniuncitla  junchk- 
frowllcin  Dief.  hop.  g/o«.  3s3' ;  jnngfrauwel,  virguncula,  juren- 
chla.  roc.  ine.  Ihtut.  kl';  die  tOchlcrlein  oder  jimkfräulin  waren 
der  von  Argun  freund,  d.  sVidtechron.  5, 200, 32 ;  wicwol  die 
junkfrüulin  in  gncter  zucht  und  huel  gehallen  waren.  201,1; 
als  er  in  die  grübe  hinabsteigt,  ihr  {der  gatlin)  die  letzte  ehre 
z«  erweisen,  linden  wir  zwei  jungfräulein  neben  ihm,  Silvia, 
eine  wahrend  seiner  abwcsenheit  anmuthig  herangewachsene 
lochler,  und  Tinatin  di  Ziba, ..  beide  ungefähr  fünfzehnjährig. 
GöTHE  0,21t ; 

Ich  kam  zA  ir  in  garten, 

wie  in»ncli  pflt  k«i;II  miT  tAt, 

do  .•ifiiiil  ilat  n'.Ui'm  jumifrewlein 

»0  Kar  in  gClier  lifil.     I'mla^d  vutkil.  101; 

mir  itt  <"in  f-iii«  jiuiUreukin 

gff*ll«ii  in  meinen  ninn.     tlü; 

ahcr  xarie  jungfraueleln 

crrreueo  »Icu  dai  heric  mein. 

Ilorratn«  {lor/Jx'ix/fs/.  !>; 


in  der  anrede: 

junkfrewlein,  sei  ich  mit  euch  gan 

in  cwren  rosengarten?    Ubland  volkil.  104; 

du  zartes  jungfräulein 

du  bist  mein  augenschein.    IIoffhann  gesellschaflsl.  13; 
du  unfreundliches  jungfrSuleiD.    17; 
schön  Jungfräulein, 
hüte  dich  lein  1 

heut  nacht  wird  ein  schlöszlcin  gefährdet  sein. 
Uhland  ged.  328. 

2)  mit  hervorliebung  der  geschlechtlichen  reinheit  (Jungfrau  5): 

darfst  dich  doch  unterstehen 
auf  gar  unmenschlicli  art  und  weis,  als  ein  lyrann, 
ein  rci/ies  jungfräulein,  das  ein  gelübd  gcthan 
in  keuschlieit  seinem  golt,  zur  unzuclit  zu  begehren! 

Opel  h.  Cohn  221,24. 

3)  mit  betonung  des  dienenden  Verhältnisses  (Jungfer  S):  der 
p.ater  hab  (ein  beichtendes  kammermädchen)  gefragt,  wie  lang 
hat  dieser  stolz  gewehret?  das  mägdicin  bah  geantwortet,  sd 
lang  ich  ein  kammer-jungfräwlein  gewesen  bin.  Schuppius  292. 

JUNGFRÄULICH,  adj.  und  adv.  einer  Jungfrau  eigen  oder 
gemdsz,  mhd.  juncvrouwelich.  es  geht  in  der  modernen  spräche 
neben  dem  engrerwandten  jüngferlich  (sp.  23S4)  dergestalt,  dasz 
jungfräulich  als  edleres  wort  mehr  das  innere  wesen,  jüngferlich 
das  äuszere  gebaliren  einer  Jungfrau  hervorhebt,  jungfräulich  wird 
gebraucht 

t)  im  eigentlichen  sinne:  jungfrauwlich,  virginalii,  virginaliter. 
voc.inc.  theut.  k  1*;  jungfröuliche  jugend,  die  zeit  einer  jungen 
tochter,  aetas  virginea  Maaler  23S';  jungfreuliche  Iracht, 
habilus,  Stola  virginalis.  Stieler  518;  jungfreuliche  zucbl  und 
crbarkcit,  pndor,  vcrecundia  virginalis.  ebenda;  sich  jungfrcu- 
lich  halten,  pudice  sc  gerere.  ebenda;  meine ..  .jungfräuliche 
schamhafligkeit.  Simpl.  3,18  Kurz;  ich  bin  kein  knabe  und 
sehe  wohl,  dasz  sie  mir  herzlich  zugelhan  ist.  über  die  liefe 
und  dauer  eines  jungfräulichen  gefühls  haben  wir  beide  kein 
urlheil.  Freytac  handschr.  1,250; 

mit  jungfräulichem  wehren 
zog  sie  die  band  zurück.    Gotter  1,28; 
hier  auf  dieses 
jungfräulich  blühende  haupi  will  ich  den  kränz 
des  kriegerischen  lebens  niederlegen.    Sciiillbr  Piccol.2,i; 

kargt  von  nun  an 
mit  eurer  jungfräulichen  gegenwart 
ein  wenig  mehr.     SUnkesp.  Hamlet  1,3; 

from  ihis  time, 
be  some  what  scanler  of  your  maiden  presence. 

mit  besonderer   hervorhebung   des  geschlechtlich    unbeflekten :   die 
jungfräuliche  ehre  bewahren,  verlieren : 

allein  furcht  ich  mich  meiner  ehr, 

dasz  mein  rein  jungfriuilicher  leib 

von  ihnen  nicht  ungsclieiidct  bleib. 

i.  Atrer  155»  (772, 14  Kelter) ; 

ach,  was  setzt  jhm  (sich)  der  graf  nur  für, 

das  er  also  naclistellot  mir, 

zu  feilen  an  jungfrauling  (sn  nach  fninkifch-hairischer 

ausspraclie)  elirn?    4lü*  (2090,33); 

so   lang   als  Jungfrau  du  {.)l<igdcbu>n  ist  anoeicdel)  und  un- 

gescliwai'ht  geblieben, 
so  lang  als  von  sieb  noch  gab  einen  bellen  glonz 
die  giihlen  ebrenkroii  und  juiiglräulii  her  kränz 
auf  deinem  gelben  liaar!  Üpkl  m.  Cohn  220,10; 

lieblich  in  der  braute  locken 

spielt  der  jungfräuliche  kränz.     Schilur  glocke  r.  95; 
hier  gönnt  man  ihr  doch  ibren  mädcbcwkranz, 
und  das  hestieun  mit  junglraulicben  blumcn, 
geläui  und  grabstStt.  Sli<ikcsi>.  Ilamlel  5,  1  ; 

yei  licrc  sbc  is  allow'd  her  virgin  cranis, 
her  maiden  strewmenls,  and  ihe  biinging  home 
of  bell  and  buiial. 

2)  an  dieses  leitlere  angcseltlossen ,  von  männern,  die  ihre 
keuschheit  bewahrt  haben:  so  möchl  man  denken,  jr  gros 
reinigkeit,  und  jr  unverrnckt  jungfrewliche  keuscheil,  wero 
ein  Ursache,  das  sie  ein  weih,  oder  die  ehe,  auch  nicht 
inügen  hören  nennen.  J.  Jonas  fcei  Luther  0, 45i';  von  nieder» 
seelenkriiflen,  die  vorher  den  frauen  verglichen  sind:  ein  mcister 
sprithet,  da;  all  die  niedersten  krcfle  der  sflc  als6  verre 
als  sie  beriieret  halient  zU  oder  stat,  als6  vi!  habenl  sie 
verlorn  ir  juncvrOwelUhe  reinekeil  und  enmügenl  niemcr  »6 
gar  ^gezogen  werden  noch  sö  gar  gebiulell  werden,  da^  sie 
ieiner  kiimenmügeiil  in  die  oberösten  krefie.  M  kister  Eckhart 
70,37.  auch  somt  von  reinem,  nicht  beruhitem,  in  mantgfarher 
wette:  jungfräulicher  boden,  der  no(h  utdU  beaibeitit  ist ;  geolo- 
gisch jungfräulidie  »fhichl,  crdscbichl,  dit  man  unberiütrt,  un- 
ijrilort  auffindet; 


2393 


JUNGFRÄULICHKEIT 


JUNGGESELLENLEBEN 


2394 


mutter  des  allerquickenden  weins,  jungfräulicher  weinstock! 

Herder  ; 

(liie  Fugger)  sandten  kein  kaufschiff,  von  deutschen  wimpeln 

iimflatiert,  umsonst 
nach  dem  noch  jungfräulichen  indischen  Weltmeer.    Platk!«  130. 

JUNGFRÄULICHKEIT,  f.  virginilas,  junkfroulichkait  Dief. 
622';  pudicüia  inlemeiala.  Stieler  54S;  jungfräuliches  wesen  im 
aligemeinen :  der  künstler  hat  ihr  eine  gesunde,  sichere  Jung- 
fräulichkeit gegeben,  doch  ohne  kälte  und  rohheit.  Güthe 
27,  169. 

JUNGFR.\UREIEN,  m.  reUien,  tanz  der  Jungfrauen  : 

wenn  ander  jungkfrauen  spatzirn, 

fahrn  auf  thurnir  oder  auf  jagt 

und  da  man  jhnen  kurzweil  macht 

mit  tanzen,  juhilirn  und  springen, 

mit  seiienspil.  pfeifen  und  singen, 

in  schönen  gärten  zu  ermeyen, 

ehrlichen  spiln  und  jungiraureyen, 

da  miissen  wir  die  maurn  ansehen. 

J.  .\TRER  193"  (958,23  Keller). 

JUNGFR.\USCHAFT,  f.,  tcas  jungferschaft,  aber  jetzt  nur 
der  gehobenen  spräche  eigen. 

1)  stand  der  Jungfrau ,  namentlich  in  be:ug  auf  unverletzte 
keuschheit :  Aymc«  jungfrawschaft  Dief.  277';  jungkfrauwschaft, 
virginitas,  die  verloren  jungkfrauwschaft  oder  mögten  {magd- 
thum)  mit  dem  tod  wiedergelten,  pensare  pudorem  nece  Maäler 
23S* ;  der  mägdten,  die  junkfrauwschaft ,  virginilas  2S0';  da 
gieng  sie  hin  mit  jren  gespielen,  und  beweinet  jre  jungfraw- 
schaft  auf  den  bergen,  rieht.  11,  3S;  i'ie  (prophetin  Hanna)  war 
wol  betaget,  und  halle  gelebt  sieben  jar  mit  jrem  manne, 
nach  jrer  jungfrawschaft.  Luc.  2,36;  weil  meine  jungfrau- 
schaft ohne  das  sich  in  letzten  zügen  befand.  Simpl.  3,20 
Kurz;  wann  ich ...  meine  jungfrauschaft  wie  des  Jephlhä 
tochler  beweinte.  22; 

Dyna  wolt  schowen  frömde  man, 
bi'sz  umb  jr  jungfrowschaft  sie  kam. 

Brant  narrensch.  92,70; 
jungfrauschaft  und  ein  weiszes  kleid 
lassen  sich  zusam  gleichen  beid. 
wenn  der  eines  bekombt  ein  flecken, 
bleibt  er  ewig  darinnen  stecken 
und  kan  man  jbn  nicht  mehr  vertreiben. 

J.  ATRF.R  416'  (2091, 1  Keller) ; 
jungfrauschaft  ist  zwar  ein  sieg 
wider  unsres  fleisches  krieg: 
doch  sind  viel  die  für  das  siegen 
lieber  wollen  unten  liegen.    Logac  1,31,5; 

fülianlen  über  die  jungfrauschaft  der  mutter  gottes.  Tbcjisel 
3,500.  bezüglich  einer  ivitue,  die  sich  weigert  einen  neuen  ebebund 
mit  einem  Moslim  zu  schlieszen  {also  allgemein  =  enthaltsamkeü) : 

wo  die  keusche  fürstin  sasz, 
die  viel  lieber  wollt  ihr  leben 
als  die  jungfrauschaft  hingeben. 

A.  Grtphrs  1698   1,148. 

2)  von  männern,  die  ihre  keuschheil  bewahren:  wenn  jung- 
frauschaft einem  jeden  müglich  were,  so  dürfts  keiner  sondern 
gottes  gäbe.  J.  Josas  bei  Lcther  6,453';  denn  gleich  wie 
Weisheit  zu  regiren,  ein  hüher  gäbe  ist,  denn  andere  künste, 
also  ist  die  jungfrawschaft  oder  keuscheit,  ein  höher  gäbe 
denn  der  ehestand.  455";  daz  die  jhenigen  sollen  weiber  nemen, 
so  nicht  haben  die  gaben  der  jungfrawschaft.  Melaschtuon 
im  corp.  doctr.  christ.  192;  in  dem  künftigen  leben,  alsdann 
wird  goll  alles  in  allem  sein,  aber  es  ist  in  David  die  gute, 
in  Salomon  die  weiszheit,  in  Daniel  die  erkantnusz  der  zu- 
künftigen ding,  in  Job  die  gedult,  in  s.  Johanne  die  jung- 
frauschaft, in  s.  Paulo  die  wolredenheit,  in  andern,  ein 
andres.  Schlppils  702.  bildlich :  wer  einmal  belreugt,  dessen 
credit  hat  die  jungfrawschaft  verloren,  ist  zur  hure  worden. 
Lehmann   HO. 

3)  jungfrauscbaft,  eine  gesamtheU  von  Jungfrauen:  mit  aller 
meiner  jungfrawschaft  sampt  meinen  zelten  und  rüstungen, 
wil  ich  mit  den  siben  königen  fahren  {sagt  die  kOnigstochler 
Marcebilla).    buch  d.  liebe  23*. 

JU>GFR.\USCHLOSZ,  n.  die  unverletzte  Jungfräulichkeit  unter 
dem  bilde  eines  verschlusses :  ymen  junkfrowenschlosz  Dief.  «or. 
gloss.  204' ; 

es  war,  antwortet  sie,  ein  wunderlicher  bosz. 
dasx  ich  verschlossen  hielt  ein  schwaches  jungfrawschlosz. 

Weckherli?«  S34. 
rergl.  auch  das  cilal  aus  Uiiiand  ged.  32S  unter  jungfräulein  1. 
JUNGFR.^LSTAND,  5.  unter  jungfrauenstand. 
JLNGFR.XUSTÖCKEL,  n.  name  eines  torturicerkzeugs :  zweier- 
lei art  daumenslück,   davon  er  die  kleineste  jungfraustOckel 
nenncte.   Abele  künsil.  unordn.  36. 


JTNGFRAUWTRF,  nj.  als  name  eines  spiels:  da  spilten  sie 
des  ballen»,  sprangen  der  rock,  slieszen  der  bück,  des  hand- 
ballens,  des  uberkreiszschenkens,  der  grubenkinder,  des  ruck- 
sprungs ,  des  häuschreckensprungs  mit  gleichen  füszen  für 
sich,  des  jungfrauwurfs  durch  die  bein.  Garg.  174*. 

JUNGFRAUZIMMER,  n.  tWe  frauenzimmer :  schau,  schau, 
so  kan  das  jungfrau-zimmer  nichts  übles  riechen!  Coslin 
narrenKell  3,  HS. 

JUNGFR.\UZLGLEIN ,  n.  kleiner  zug  beim  trinken,  wie  ihn 
eine  jungfrau  zu  thun  p/legt;  ironisch: 

wiird  mir  das  trinkfas  in  mein  band, 
ich  wollt  ein  junkfrauzüglein  saufen, 
das  mir  bede  äugen  müsten  überlaufen. 

fastn.  sp.  1432  (ebenso  1161). 
JCNGGESCHAFFEN,  pari,  juvenilis,  voc.  ine.  theut.  k7': 
auf  das  junggschaffen  blib  der  man.    H.  Sachs  2,  4,10S'. 
JUNGGESELL,  m.  juvenis,  caelebs. 

1)  trie  Jungfrau  im  mhd.  einen  gegensalz  altvrouwe  auftceist, 
der  auf  rang  und  gesellschaftliches  ansehen  gehl,  so  ist  auch  Jung- 
geselle der  innerhalb  einer  anzahl  von  gesellen  dem  ansehen  nach 
zurücksiehende,  gegenüber  detn  altgesellen.  in  diesem  sinne  noch 
bei  den  handiverkern,  junggesell  derjenige  der  unter  den  übrigen 
die  kürzeste  zeit  als  gesell  an  einem  orte,  oder  auch  zuletzt  auf- 
genommen ist:  ein  junggesell  musz  bei  den  Zusammenkünften 
aufwarten.  Frisch  1,493";  des  andern  taos  {nach  dem  gesellen- 
sprechen) ward  dann  gewönlich  noch  das  nachgebot  gehalten, 
bei  dem  die  reste  von  den  speisen  und  getrunken  des  vorigen 
tags  verzehrt  und  sonst  noch  allerhand  mit  dem  Junggesellen 
vorgenommen  ward.  Schade  handwerkslcben  57. 

2)  dann  auch  junger,  jugendlicher  handwerksgesell :  wenn  du 
nun  {auf  der  Wanderschaft)  weiter  fortgehest ,  so  wirst  du 
kommen  vor  ein  dorf.  da  werden  dich  drei  alte  weiber  sehen 
und  sagen:  ach  Junggeselle,  kehrt  doch  wieder  uml  ebendail; 
wenn  du  nun  wirst  zum  thore  hinein  gehen,  so  wird  dich 
der  thorwärler  anschreien  und  fragen:  woher,  Junggeselle? 
31;  der  Junggeselle  und  der  mühlbach.  Göthe  1,207; 

ich  war  ein  bächlein,  junggesell!    ebenda; 
in  freier  Verwendung: 

iia  guter  geist  ist  schon  genug, 
du  gehst  zu  hundert  geislern, 
vorüber  wandelt  dir  ein  zug 
von  groszen,  gröszern  meistern, 
sie  grüszen  alle  dich  fortan 
als  feinen  jung-gesellen.    4,128. 

3)  auszerhalb  der  handwerkssprache,  wol  aber  von  dieser  beein- 
ßuszl,  heiszt  Junggeselle  {neben  getrenntem  junger  geselle)  der 
juTtge  unverheiratete  bursch ,  im  gegensatz  zu  dem  verheirateten, 
dem  manne:  wann  männer  und  Junggesellen  mit  ihren  liebsten 
frauen  und  Jungfrauen  wollen  am  allerfreundlichsten  reden. 
ScHüPPIUS  147 ; 

bauer.    mein  herr,  sagt  was  dasselbig  sei  (die  mummerei). 
bürger.  das  sind  jung  mender  und  junggselln, 

die  sich  verbutzn  und  verstelln.    H.  Sachs  1,472'; 

denn  das  ist  gottes  wahre  gifl 

wenn  die  blüthe  zur  blüihe  trifft; 

deszwegen  Jungfern  und  Junggesellen 

im  frühling  sich  gar  gebardig  stellen.    Göthb  47,92. 

weil  der  begriff  des  unrerheiraletseins  vorwog,  so  entstand  sogar  die 
Verbindung  alter  Junggeselle  ßtr  hageslolz :  ein  alter  junggeseli, 
adulescens  aetate  adulla,  effoetus  Stieler  2004;  du  dienst  in  dem 
hause  eines  alten,  reichen  Junggesellen,  merkst  du  bald  das 
tempo?  er  ein  junggesell,  du  eine  junggesellin;  er  ist  ein 
alter  junggesell,  du  eine  junge  junggesellin  ;  er  reich,  du  arm ; 
du  sehr  verführerisch,  er  sehr  verführbar.  Lessing  2,  55t ; 
es  freit  ein  alter  junggesell, 
mit  neugeschabtem  harte.    Voss  4,175. 

a«f/i  die  bedeutung  der  unverletzten  keuschheit  {woßr  früher  Jung- 
frau für  beide  geschlechter  galt,  vgl.  sp.  2390):  ich  bin  noch  ein 
rechter  junggesell,  veneris  et  conjugii  adhue  sum  expers,  virgo 
sum.  Steinbach  2, 577 ;  er  will  noch  ein  unbefleckter  jung- 
gesell sein ,  inviolati  corporis  virginitate  adhuc  se  frui  asserü. 
ebenda,     vgl.  junggescilenkranz. 

JUNGGESELLENK.NÖl'FE,  m.  plur.  pflanzenname:  von  lychnis 
dioica ,  lichtrOschen  ,  MarienrOschen  ;  gomphrena  globosa ,  kugel- 
amaranlh;  und  cucubalus  bchen,  wandelkraut. 

JUNGGESELLE.NKRANZ,  m.  kränz  als  zeichen  unbefleckter 
keuschheit  eines  Junggesellen: 

als  Aszmann  sein<>r  Aszmannin  den  wittwenflor  entzwei  gerissen, 

und  seineu  junggesellenkranz  dafür  im  siiche  lassen  müssen. 

GÖNTu»  782. 

JUNGGESELLENLEBEN,  n.  leben  und  lebensart  eines  Jung- 
gesellen. 


2395      JUNGGESELLENSTAND  —  JÜNGLING 

JUNGGESELLEISSTAISD,  m.:  im  jiingengesellenstande  kneu- 
fel  man  die  ärniel  zu  und  in  dem  ehcstande  auf.  Schottei.  lllü'- 

JUNGGESELLENVOLK,  n.  juvcnuvi  corona.  Stieler  23S7. 

JUNGGESELLENWIKTSCHAFT,  f.  u-irtschaß  eines  jung^ 
gesellen;  mit  dem  beisinne  des  ungeordneten. 

JUNG  GESELLEN  WÜRZ,  f.  cucubalus  behen,  junggesellen- 
knüpfe,  wandelkraut. 

JUiNGGESELLLN,  f.  von  Lessinc  gebildet,  s.  den  beleg  unter 
junggeseil  3. 

JL'NGHAAR,  n.  milchhaar:  jungbar  der  inannKszigkeit,  pubes, 
puber.   voc.  ine.  theut.  k  "'. 

JL'NGHEIT,  f.  adolescenlia.  Dief.  13'. 

JUNGHEKR,  m.  s.  Junker. 

JUNGKIND,  n.  das  letzte  von  einer  zusammengehörigen  reihe 
kindern :  die  wil  ich  das  jungkind  was.  Th.  Platter  to. 

JUNGKNECHT,  m.  vernula.  Steinbach  1,883.  in  Berlin  heiszl 
jungkneclil  der  jüngste  bdckerknccht  in  einem  backhause,  welcher 
das  holzhacken  und  andere  geringe  arbeilen  verrichten  musz. 
Jacobsson  2,324'. 

JUNGLEIN,  n.  kleiner  junge;  gewöhnlich  rfurc/j  jüngelchen 
(s.  d.)  ersetzt,  junglin,  adolesccns,  dicilur  hämo  infra  triginta 
annos.  voc.  ine.  theut.  k'',  wird  wol  für  jungling  stehen;  ebenso 
adultus  ein  vorstendicher  vel  junglieiin.  Dief.  15'. 

JUNGLICH,  JÜNGLICH,  adj.  und  adv.  jung  scheinend,  jugend- 
lich, mhd.  junclich  (Leier  handwb.  1,1488):  wie  Magis  Rein- 
harten durch  sein  kunsl  jüngkiicher  gestait,  denn  er  was, 
machet.  Aimon  bog.  k2;  darnach  schmirt  er  Reinharlen  mit 
einer  salben  . .  also  das  Reinhardt  darvon  als  jüngklicb  gestait 
wardt.  ebenda,     adverbialform  junglichen: 

ainer  haist  Neithart, 

der  was  der  herzogin  so  zart 

und  was  der  herrn  kararer, 

der  kam  juhgklichen  her 

suochen  und  land  ain  pluomlein.    fastn.  sp.  417,24. 

JÜNGLING,  VI.  juvenis.  ahd.  jungeling,  mhd.  jungelinc; 
niederl.  jongling;  ags.  geongling,  engl,  youngling;  allnord. 
ynglingr,  unglingr,  dän.  schwed.  yngling;  das  golh.  hat  dafür  die 
bildung  jngga-lauj)S.  die  nicht  nasalierte  form  juuglig,  jünglig 
findet  sich  in  allem  alem.  quellen:  jünglig  Keisersbekc  bilg.  3'; 
besser  ist  ein  wyscr  jünglig, 
denn  ein  itiorechter  alter  kiinig.    rychstag  805. 

1)  «;i/er  Jüngling  ist  zunächst  auch  der  knabe  verstanden : 
item  darnach  als  man  zait  1407,  do  was  ich  ain  jüngling  hei 
ailf  jaren.  d.  slddtechron.  5,123,1  (eine  haudschr.  junglin,  vgl. 
dazu  unter  jünglein); 

si  bevalch  ir  den  wenigen  jungelinch  (den  eben  aus  dem  wasser 

gezogenen  Moses) 
unde  nante  In  Möysen  unde  ire  chint. 

exudus  in  den  fiindip-.  2,88,20; 

aber  gewöhnlich  wird  jüngling  von  dem  zwischen  dem  knaben- 
und  mannesalter  stehenden  gebraucht  und  demgemäsz  zwischen 
kind  und  jüngling,  knabe  und  jüngling  unterschieden  (über 
kli'dhe  =  jüngling  in  der  allen  spräche  vgl.  th.b,  sp.  1313),  ebenso 
twisclien  jüngling  und  mann:  ausz  guten  knaben,  werden  gute 
jünglidg;  ausz  guten  jönglingcn,  gute  mUnner.  Sciiuppius  733; 
sie  sollen  . .  ein  desto  glückseligerer  mann  werden,  je  unschul- 
diger der  jüngling  gewesen  ist.  Gellert  0,  177;  der  knabe, 
der  jüngling,  der  mann  und  der  greis.  149;  der  reichlockige 
knabe,  der  muntere  jüngling,  der  ernste  mann.  Gütiie  17,211; 
der  knabe  {Friederich)  .  .  .  das  miltelding  zwischen  kind  und 
jüngling.  18,223; 

immer  dieselbe,   bewahrst  du  (nalur)  in  treuen  banden  dem 

manne, 
was  dir  das  gaukelnde  kind,  was  dir  der  jüngling  vertraut. 

Schillkr  Rpuiiprijnng  v.  196; 
und  es  sagte  darauf  der  edle  verständige  plarrherr, 
er,  die  Zierde  der  stadi,  ein  jüngling  naher  dem  manne. 

(JöTH«  40,237. 
der  tprietzende  bart  wird  an  ihm  als  zeichen  der  nahenden  mannes- 
reife  hervorgehoben:  jüngling   dem   das  erst  barthaar  wechst, 
julut,  adoUscens,  adotetcentulus.  Dasyp.  ;  mannbar  und  gebarter 
jüngling,  vetticeps.  ebenda; 

ein  jüngling  ohne  bart,  In  Treiheit  nun  ^itelll, 

hat  hund  und  plerde  lieb,  itreicht  durch  das  freie  Feld. 

A.  V.  Abschatz  verm.  i/ed.  176. 
jönglin^e  und  Jungfrauen  formelhaß  zusammengestellt:  aus- 
wendig wird  sie  das  «chwcrt  berauhen,  und  inwendig  das 
tcbrecken,  beide  jUnglinge  und  jungfrawen,  die  Heiiglinge  mit 
dem  grawen  man.  t>  Mos.  32, 2!> ;  vernchonete  weder  der  Jüng- 
linge noch  Jungfrauen.  2  chrun.  36,  17 ;  Jünglinge  und  jung- 
frawen, alten  mil  den  jungen,   sollen  loben  den  namen  des 


JÜNGLING  —  JÜNGLINGSBLUME   2396 

herrn.  fs.  148, 12;  erwürget,  beide  alte,  Jünglinge,  jungfrawen, 

kinder  und  weibcr.  lies.  9,6; 

mehr  als  die  Iftmmer  sind  dem  gotte  werih 

die  jungfraun  in  der  jugend  erstem  kränz : 

mehr,  als  d^er  füllen  auch,  hat  er  begehrt 

der  Jünglinge  im  ersten  wafTcnglanz.    Uhland  ged.  38t. 

von  einem  schon  bejahrten  sagt  man  halb  ironisch  das  ist  auch 
kein  jüngling  mehr. 

2)  in  der  modernen  spräche  ist  das  wort  viel  ausschlieszlicher 
als  in  der  altern,  nur  der  gehobenen  oder  doch  gewählten  rede 
eigen,  in  gewöhnlicher  heiszt  es  rfa/ör  junger  mann:  gedenke 
daher,  o  jüngling,  an  deine  pflichten  in  deiner  jugend.  Gellert 
6,231;  so  eine  Stadt,  wo  ehemünncr  einen  begriff  von  dem 
bedrängten  zustande  eines  unverheiratheten  wohlgesinnten 
Jünglings  hätten.    Güthe  14,89; 

schlafend  sieht  sie  den  jüngling,  wie  er  in  thränen  zcrdieszet, 

und  mit  behender  stimme  die  liebe 

endlich  stammelnd  ihr  sagt.  Klopstock  1,31; 

kein  deutscher  jüngling  wähle  das  mädchcn  sich 

das  deutsche  lieder  hasset.      Höltt  80  Halm ; 

ich   tadi   es  nicht  (das  erwählen  eines  manne*  tum  vorhild), 

w-eil  du  ein  j'üngling  bist: 
ein  jüngling  musz  die  (lügel  regen, 

in  lieh  und  hasz  gewaltsam  sich  bewegen.    Göthe  13,160; 
da  faszt  ein  namenloses  sehnen 
des  Jünglings  herz,  er  irrt  allein. 

Schiller  glocke  v.  67  ; 
wohlan ! 
so  reich  ich  diesem  jüngling  meine  rechte, 
die  freie  Schweizerin  dem  freien  mann  1     W.  Teil  b,  3; 

den  jüngling,  dem  die  liebe 
beiszes  sehnen  aufgeweckt.    Uulakd  ged.  5; 
dir,  edler  jüngling,  bring  ich  beut  ein  lied.    Plater  71. 
ironisch:   diesen  liebenswürdgen  jüngling 

kann  man  nicht  genug  verehren.    H.  Hkihe  15, 167. 

bei  personificationen : 

willkommen,  schöner  jüngling! 

du  wonne  der  natur! 

mit  deinem  blumenkörbchen 

willkommen  auf  der  flurl     Schiller  an  den  frühling. 

3)  jüngling,  in  poetischer  rede  auch  von  dem,  der  die  empfin- 
dungen  eines  Jünglings  in  das  reifere  alter  gerettet  hat :  er  sagte 
dem  baumeister  Dian  sein  ganzes  glück,  weil  er  wuszte,  wie 
sehr  der  mann  noch  ein  jüngling  für  die  liebe  blieb.  J.  Paul 
Tit.  4,  104; 

so  bist  du  schon  im  hafen,  alter  mann? 

ich  nicht,    es  treibt  der  ungeschwächte  muth 

noch  frisch  und  herrlich  auf  der  lebenswoge ; 

die  hoffnung  nenn  ich  meine  göttin  noch, 

ein  jüngling  ist  der  geist  {Wnllcnstein  zu  Gordon). 

Schiller  Wullensteins  lod  5,4; 
als  kriegsruf  erklang; 
hei!  wie  der  weisze  jüngling  (Bliicher)  in'n  sattel  sich  schwang! 

Arndt  ijnl.  (1810)  2b'A. 

4)  jüngling,  in  der  ällern  spräche  ein  jugendlicher  diencr: 
da  nu  David  in  der  wüsten  höret,  das  Nabal  seine  schafc 
beschur,  sandte  er  aus  zelien  jüngling.  1  Sam.  25,5;  und 
David  sprach  zu  seiner  jüngling  einem,  erzu,  und  schlag  jn. 
2  Sam.  1,15;  und  David  gebot  seinen  Jünglingen,  die  erwür- 
geten  sie.  4,12;  der  coffee,  welchen  mein  jüngling  herein 
brachte,  veränderte  unser  gespräch.  Plesse  1,7;  ging  selbst 
mit  meinem  jüngling  nach  dem  pusthause.  1,  lo. 

5)  jüngling,  eine  in  Afrika  heimische  pßanzengatlung,  alhanasia. 
Nemnich  1,528.  auch  die  pflanze  gnaphalium  arenarium,  gelbe 
Strohblume.  3,61. 

JiJNGLINGFRISCJI,  adj.: 
jünglingfrisch 
tanzt  er  aus  der  wölke  (der  quell).    Göthe  2,55. 

JÜNGLINGHAFT,  adj.  und  adv.  juvenilis,  juvenililer.    Stie- 
ler 904.     /u/sr/i  jünglingshaft:    frischblühende,  jünglingshafte 
männer.  VV.  E.  Weber  in  den  bl.  für  litt,  unterh.  1846,  *.  162. 
JUNGLINGIN,  f:    adolescentula   ein  jungelingen   Dikf.  IS' 
{mitteldeutsch,  15.  jahrh.). 

JÜNGUINGMANN,  m.  mann  an  der  grenze  des  jünglingsaUers, 
oder  von  jiinglinghaßem  aussehen : 

ain  nieer,  am  wusieii,  nächtlichen  meer, 
Sicht  ein  jüngling-inann.     II.  IIkihi  l.'i,  253. 

J(;NGLINGSALTEU,  «.    allersstufe  des  Jünglings:   die  tage, 
wo   ich    aus   dem    knabenrdcklein    ins  Jünglingsalter  hinein- 
wuchs. HoLTKi   Ltmmfelt  39. 
JÜNGLINGSRLIfK,  n.. 

jungling^bllckc  taumelten  voll  feuer 

nacli  dem  reiz  des  lieben  msdcbent  hin.    Höltt  60  Halm. 


JdNGLINGSRLÜME,  f.  gnaphalium  arenarium, 
blnme. 


gtlbe  Stroh- 


2397     JÜNGLINGSCHAFT  —  JÜNGLINGSSTAND 

JLNGLINGSCHAFT,  JCNGLINGSSCHAFT,  f.:  jüngling- 
schaft, juvenilis  alacrilas,  tempus  juvenlae,  aelalis  viridilas. 
Stieleb  y04;  meine  werthe  jünglingsschaft  hab  ich  zu  der 
zeit  nicht  recht  gekannt,  nunmehro  aber  dieselbe  dahin  ist, 
weiäz  ich  es  mehr  als  wol.  pers.  baumg.  9,  4 ;  wenn  das  graue 
alter  an  stat  der  jünglingsschaft  sich  vorzeiget.  9,5;  ein 
schöner  knabe,  welcher  die  gränzen  des  frühlings  des  lebens 
und  der  jünglingschaft  betritt.  Wixkelma.nx  4,S9;  lange  haare 
trugen  kinder  bis  zu  den  jähren  der  jünglingsschaft.  221 ; 
überhaupt  will  ich  dir  in  Perugia  nur  drei  stücke  von  ihm 
(Raphuel)  vorzüglich  empfehlen,  eins  aus  seinem  knabenalter, 
eins  aus  seiner  jünglingschaft,  und  eins,  das  er  wenig  jähre 
vor  seinem  tode  vollendete.  Heisse  Ardingh.  2,261. 

JLNGL1NGSFREL5D,  m.:  zwei  jünglingsfreunde,  an  ein- 
ander traulich  gelehnt.  Göthe  39, 1S9. 

JÜNGLINGSGEIST,  m.: 

des  alten  jünglingsgeist.    Seume  (1S35)  624. 

JLNGLINGSGESICHT,  n.:  ein  ernstes  jünglingsgesicht, 
keimende  barihaare  um  mund  und  kinn.   Göthe  3t,  219. 

JÜNGLLNGSGESTALT,  f.:  aus  diesem  bilde  schuf  ich  mir 
eine  gestalt,  eine  schlanke,  nervigle,  blühende  jünglingsgestalt. 
Lessi.ng  2,  498. 

JÜNGLINGSGLUT,  f. :  so  kocht  sich  an  der  jünglingglut . . 
die  liebe  reif.  J.  Paul  uns.  löge  l,  iS5. 

JÜNGLINGSGRILLE,  f.  grillenhafter  ein  fall  eines  Jünglings: 
lasset  ja  das  manuscript  {vom  Prometheus)  nicht  zu  offenbar 
werden,  damit  es  nicht  im  druck  erscheine,  es  käme  unserer 
revolutionären  jugend  als  evangelium  recht  willkommen  und 
die  hohen  commissionen  zu  Berlin  und  Mainz  möchten  zu 
meinen  Jünglingsgrillen  ein  sträflich  gesiebt  machen.  Götue 
an  Zelter  3,S7. 

JÜNGLINGSHARFE,  f.: 

wesz  keuscher  jünglingsharfe  den  wiederhall 

du  (Hölty)  nächtlich  einsirönisi:  rasch,  aus  entzückungen 

des  hehren  traums  auffahrend,  hebt  er 

neuen  gesang.  Voss  3,78. 

JÜNGLINGSHAÜPT,  n.: 

auf  dem  begeistert  stolzen  jünglingshaupt 

seh  ich  die  lachend  bunte  Schellenkappe.    II.  Heime  15, 181. 

JÜNGLINGSHERZ,  n.  : 

süszer  klingt  der  vogelsang, 

wann  die  gute,  reine, 

die  mein  jünglingslierz  bezwang, 

wandelt  durch  die  haine.     llöLir  146  Halm. 

•JÜNGLINGSJAHRE,  n.  pliir.:  die  gegenden ,  wo  er  seine 
kindheit  und  die  jünglingsjahre  so  glücklich  . .  verlebt  hatte. 
Klincer  8,142;  knaben-  und  jünglingsjahre.  12,36;  als  ich 
in  den  jüngüngsjahren  immer  mehr  auf  die  deutschheit  des 
sechszehnten  Jahrhunderts  gewiesen  ward.  Göthe  26,52. 

JÜNGLINGSKOPF,  m.  köpf  eines  jünylings:  auf  einem  seh- 
nigen körper  sitzt  ein  herrlicher  jünglingskopf.  unter  hervor- 
hfbung  des  brausenden  geistes  eines  Jünglings:  nichts  verächtlicher, 
als  ein  brausender  jünglingskopf  mit  grauen  haaren.  Lessing 
2, 178,   vgl.  dazu  köpf  ßr  den  ganzen  menschen  th.  5,  sp.  1765 ; 

ein  thor,  ein  heiszer  jünglincskopr  war  ich 
vorbin.  Schiller  Ii>lti(j.  2, 4. 

JÜNGLINGS.MITTAG,  »»..-  am  jünglingmittage  stehest  du 
unter  den  blitzen  und  schlagen  deiner  leidenschaften!  J.  Paul 
uns.  löge  1,  66. 

JÜNGLINGSMÜT,  m. : 

wo  deutscher  ahnen  silte  blieb 

und  deutscher  jünglingsmuth.    Kürnkr  1,  ISO. 

JÜNGLINGSNATüR,  f :  so  wird  man  den  jungen  gemüthern 
verzeihen,  welche  die  Schweiz  gerade  als  das  rechte  local  an- 
sahen, ihre  frische  jünglingsnatur  zu  idyllisiren.  Göthe  48,136. 
JÜNGLINGSPFLANZE,  f  :  durch  Gretchens  enlfernnng  war 
der  knaben-  und  Jünglingspflanze  das  herz  ausgebrochen ;  sie 
brauchte  zeit,   um  an  den  selten  wieder  auszuschlagen  und 
den  ersten  schaden  durch  neues  wachsthum  zu  überwinden. 
Gotbe  25,39. 
JÜNGLINGSSCHAFT,  f.  s.  jünglingschaft. 
JÜNGLINGSSEELE,  f. : 

edler  geist  des  ernstes  soll 

sich  in  jüngliiigsseelen  senken.    Uhlamd  ged.  11; 

heilig  Ist  die  rriililingszeit, 

soll  an  jüngliiigsseeleu  sprechen,    ebenda. 

JÜ.NüLINGSSTAND,  ni..- 

und  alle  scbücbternheil  vom  ersten  jünglingssiaiide 
hält  ihn  mit  ooth  lufuck  tborheiten  zu  begehn. 

WiBLAM)  4,76  ('1.  Amadis  3,29}. 


JÜNGLINGSSTÄRKE  —  JÜNGSTENS       2398 

JÜNGLINGSSTÄRKE,  f:  der   ruf  des   bangen  volks  gibt 
dem  alten  könig  jünglingsstärke.  Klisger  2,  171. 
JÜNGLINGSTAGE,  «».  plur.: 

ich  war  wohl  recht  ein  Springinsfeld 

in  meinen  jQngliugslageu.     Borger  30*; 

zwar  —  ich  hätt  in  jünglingstagen, 

mit  beglückter  liebe  kratt 

lenkend  meinen  kämplerwagen, 

hundert  mit  gesaug  geschlagen, 

tausende  mit  Wissenschaft.    73*. 
vgl.  jünglingsjahre. 
JÜNGLINGSTHAT,  f.: 

sei  ruhig!  ein  gewaluam  neues  blut 

treibt  nicht  den  könig,  solche  jünglingslhat 

verwegen  auszuüben.  Göthe  9,11. 

JÜNGLINGSTHATIGKEIT,  f :  nach  einem  Zwischenraum  se 
mancher  jähre  verfügte  ich  mich  wieder  dahin  (nach  Carlsbad), 
ich  fand  die  gegend  immer  dieselbe,  so  auch  den  wackern 
Müller,  an  tagen  älter,  in  ununterbrochener  jünglingsthätigkeit. 
Götue  51,  7. 

JÜNGLINGSVEREIN,  m.  verein,  geschlossene  gesellschaft  von 
Jünglingen,  dermalen  an  verschiedenen  orten  mit  pielistischer  färbung 
bestehend. 

JÜNGLINGSWARME,  f.: 

ists  liebe, 
die  dich  um  ihre  band,  mit  jüngliugswärme, 
zu  buhlen  treibt?  Gotier  2,208. 

JÜNGLINGSWELT,  f.:   o,   wie   könnte   nicht   die  schöne 
jungfrauenweit  die  jünglingweit  führend  heben  und  heiligen? 
J.  Paul  herbslblum.  3,  97. 
JÜNGLINGSZEIT,  f. 
JL'NG.MANN,  m.  junger  mann,  jüngling : 
ein  JuDcman  hoch  gemuot, 
der  friunde  hat  liep  unde  guot.    Hcnner  11574; 

jungmann,  juvenis,  adolescens,  iietn  opifex  junior.  Stieler  1235. 

JüNGMANNLICH  ,  adj. :  also  dasz  seine  ruhmwürdige  ge- 
schickligkeit  ihn  iu  seinem  annoch  blühenden  jungmännlichen 
alter  . .  zu  einem  tapfern  und  wohlerfahrnen  kriegesmann  . . 
machten.  Wiedemans  aprü  l,  9. 

JüNGMANNZEITIG,  adj. :  jungmanzeitig,  puber,  pubes.  roc. 
ine.  theut.  k7'. 

JÜNGMEISTER,  m.  l)  meister,  oberhaupl  unter  den  jungen: 
dise  erstgemelten  jungen  haben  ein  junkmeister  und  vorgeher. 
Frank  weltb.  85*. 

2)  in  einem  handwerke  der  zuletzt  aufgenommene  meister,  dem 
getcisse  dienstliche  Verpflichtungen  Überbunden  Kerden:  jungmeister 
■  novitius  opifex  Stieler  2377.     übertragen:  ein  jungmeister  von 
prediger,  nämlich  voll  schöner  geberde,  tonung  und  sonst,  be- 
stieg die  kanzel,  und  begann  die  predigt.  J.  Paul  Z.eua/ia  2,29. 

JÜNGST,  adv.  modo,  nuper,  nu;xrrime,  Superlativ  des  adj. 
jung  no.  13  5/).  2374,  auf  die  lelzlvergangene  zeit  bezogen;  mhd. 
ze  jungest: 

und  man  in  waj  wir  redeten, 

dö  ich  in  ze  Jungest  gesach.     »liniies.  früht.  7,9; 

und  jungest,  jungist: 

vrowe,  du  soll  sin  gemani, 

wie  ich  nü  jungist  schiet  vou  dir, 

ditz  vingerlin  du  gaebe  mir.     g.  Gerli.  4595; 

nhd.  ich  hab  e.  i.  g.  gnädigs  schreiben ,  jungist  mir  überant- 
wortet,..  empfangen.  Luther  &r.  1,571;  wir  haben  jüngst  bei 
der  canzelei  einen  casum  gehabt ...  Schlppics  466; 

des  beiszigen  Lupans  beündeu  wollt  ihr  wissen? 
der  bciszige  Lupan  bat  Jüngst  ins  gras  gebissen.    Lsssnc  1, 18 ; 
Jüngst  lief  die  kleine  Svlvia 

mit  weinen  schluchzend  zur  mama.    Crokkgk  3,248; 
jetzt  geh  und  schick  mir  gleich  den  Isolan 
hierher,  ich  hab  ihn  mir  noch  jüD|st  verpflichtet. 

Schiller  WalleiiFt.  lo4  3,4; 
vor  dieser  linde  sasz  ich  jüngst  wie  beut, 
das  schön  vollbrachte  freudig  überdenkend.     11'.  Teil  1,2, 
er  nun  setzte  sich  dort  auf  den  thron,  von  welchem  Hermeias 
jüngst  aufstand.  Vilysiee  5,196; 

bei  einem  wirthe  wundermild, 
da  war  ich  Jüngst  zu  gaste.    Uhlamd  ged.  60; 
oft  einst  hatte  sie  mich  mit  duftigen  rosen  beschenket; 
eine  noch  sproszte  mir  jüngst  aus  der  geliebtesten  grab. 

113. 
tgl.  jüngstens,  jüngstbin. 

JüNGSTAKK,   adj.:  in   Klopstock   und  Goethens  Jugend- 
zeiten,  worin  .  .  so  jungstarke  kräfte  sich  ohne  übermaasz, 
Wahnsinn  und  boinbast  aussprachen.  J.  Pacl  vorsch.  d.  dsth.  3,97. 
JINGSTENS,   adv.  vie  jüngst,   tergl.  einstens  und  einst 
nucb  JüngstcDs  ist  er  hier  gewesen. 


2399 


JÜNGSTGENOSSEN — JUNKER 


JUNKER 


2400 


JÜNGSTGENOSSEN,  pari.:  die  jüngstgenossene  fürslliclic 
gnade  und  hohe  wülthaten.  Scuuppius  465. 

JLNGSTHIN,  adv.  das  durch  ein  liin  der  bewegung  und  rkh- 
tung  (vgl.  sp.  1375)  verstärkte  jüngst :  bei  der  zu  Frankfurt 
jüngstbin  entstandener  feuersbrunst.  Scuuppius  532; 

jünßsthin  hat  widers  christentiiunib 
erregt  der  teurel  im  papsttluinib 
solche  dergleichen  rotigescllen. 

Wkller  Ucder  des  ZOjältr.  kricgs  4. 

JUNGVIEH,  n.  kkinrieh,  schniahich,  vcrgl.  «nler  jung  15,  d 
sp.  23T5:  junges  viii,  jungvib,  kdWer,  schafe,  ziegen,  schueine,  im 
gegensalz  des  ailvibs.  Schm.  1,1207  Fromm.;  und  das  jungvieb 
büpfte  und  tänzelte  wie  an  dräblen  in  die  böbe  gezogen. 
Fbevtag  handsclir.  l,  12S;  die  niägde  wiesen  ihr  stolz  die  ange- 
bundenen kalber  und  baten  um  namen  für  die  ervvacbsencn 
fersen;  denn  der  berr  batte  befoblen,  dasz  Ilse  das  Jungvieh 
mit  namen  verseben  sollte.  2, 113. 

JÜNGWANGIG,  adj. :  ein  jungwangiger  kammerberr.  J.  Paul 
TU.  3,  187. 

JUNGWERFEH,  m.  eine  schncciccnart ,  die  lebendige  junge 
wirß,  lielix  vivipara. 

JUNGZ.\HN,  in.:  jungzäbne,  fohlenzähne  Nemnich.  vgl.  unter 
jung  5,  sp.  2372. 

JIS.M,  m.  name  des  sechsten  monates,  aus  dem  lal.  geniliv 
junii  erwachsen,  wie  im  16.  17.  jahrh.  noch  geschrieben  wird: 
auf  den  neündten  tage  junii.  Federmann  reis.  s.  84 ;  später 
juny:  so  entfernte  icb  micb  den  12  juny  von  diesem  einzig 
bedeutenden  orte.  Gotiie  31,  99  ; 

Januar,  februar,  merz 

du  liiit  mein  liebes  herz, 
niay,  juny,  july,  august, 

"mir  ist  uiclits  mehr  hewuszl.    2,239; 

jetzt  Juni;  wonvben  die  lat.  nomin ativfortn  junius: 

so  lebeten  auf  ihrer  bürg, 

wie  wir  erzählt,  die  beiden, 

den  mai,  den  junius  hindurch, 

in  herrlichkeit  und  freudeii.    IIölty  28  Hulm. 

JUNIKÄFER,  m.  scarabaeus  solsliliaiis. 

JLNKE,  m.  junger  binsenartiger  schosz,  aus  lat.  juncus  ent- 
lehnt: die  jungen  junken  von  brombeerstaudcn,  die  obersten 
gipfel  von  bartbew.  Tadeknaem.  304. 

JL'NKE.N,  verb.  springen,  nasalierte  nebenform  zu  dem  ale- 
mannischen jucken  sp.  2347 :  so  nu  der  leppard  sy  (die  afjfcn) 
niüd,  verdrossen,  on  sorg  acbtel,  so  das  spil  im  besten  ist, 
als  dann  junkt  er  unbewarter  sacb  auf,  ergreift,  zerreiszt, 
zerzeert  iren  ein  guten  teil.  Foüek  thierb.  105*. 

JL'.NKER,  m.  puer,  adolescens  nobilis. 

1)  es  ist  das  mhd.  junc-berre,  junc-berre,  das  in  dieser  form 
auch  noch  ins  nhd.  reicht:  den  jungberren  von  fronfasten. 
Fischart  bienk.  49';  o  jungberrle!  Garg.  XZH'.  dem  heutigen 
gekürzten  junker,  das  sich  schon  im  16.  jahrh.  gewöhnlich  findet, 
gehen  zwischenformen  vorauf:  ain  junkher.  d.  slädtechr.  b,  Vli,  l ; 

endruwcn,  junkher,  nein, 

die  Jungfrau  zu  mir  sprach.    Altswkrt  221,10; 

junkhr,  es  ist  die  ganz  lappisch  rotu 

i.  AvHKH  lastii.  119*  (2934,7  Keller, 

sonst  steht  in  dem  angezogenen  Ayrerschen  stück  in  der  ersten 
halße  regelmäszig  junkheir,  in  der  letzten  ebenso  regelmäszig 
Junker),  die  flexion  des  worles  ist,  so  lange  der  Zusammenhang 
mit  berr  noch  gefüldt  wird,  die  schwache:  wenn  denn  morgens 
der  arzl  widerumb  vom  Junkern  gieng,  da  fragten  in  des 
Junkern  knetbt.  I'auli  schimpf  u.  ernst  (1522)45;  des  Junkern 
knecbt.  Simpl.  3,302  Kurz; 

bring  dem  junkherrn    den  stumpf  mit  pirn ! 

J.Atbkh  failn.  sp.  120'  (2937,27  Kelter); 

seil  dem  17.  aber  die  starke;  Scuuppius  scArdW  zu  ibrem  junker 
neben  meinem  Junkern.  472;  im  Simpl.  dem  junker.  3,  300 
Kurz,  und  dem  Junkern.  303. 

2)  junker,  junc-herre,  der  gegensalz  zu  mhd.  altberre,  be- 
zeichnet zunächst  den  söhn  aus  adlicliem  geschieclU,  gegenüber 
dem  als  senior  des  hauscs  fungierenden  valer,  den  jungen  edcl- 
fnann,  im  mhd.  wechselnd  mit  knabe  und  kiiebl : 

Diclerich  ilö  ttaldc  gie 
alfiiD-  mit  dem  kiielii« 
und  hie);  in  sagen  rehlc 
wen  »in  Wille  möhtu  wescn. 
'junkhcrre  guot  udd  iij,  erlesen', 
aliei 


»nrach  er  aber  dii  ic\\:\u\, 
'diu  herzo^in  von  llriihant, 
iu»er  rcinui  muotpr, 
bit  mich,  knabe  guotor, 
Kotaul  her  iii  da{  riebe  .  . 


ICngelhart  1330; 


nhd.  ibr  seid  immer  mein  bester,  köstlicber  junker  ...  so 
seid  ibr  ja  wiedergekommen,  und  der  alte  berr  ist  unterm 
boden.  Schiller  räuber  4,3; 

ein  niederirächtger  bube, 
ein  böfling  nuisz  es  sein,  ein  Spanier, 
der  junker  irgend  eines  alten  hauses. 

Wulleiifteins  lod  2,6; 
icb  brings  euch,  junker!   (Awo/ii  zu  Ituilom  mit  dem 
becher).     Tclt  2, 1. 
unerwachsener   söhn   eines   edelmanns:   es   tbut  freilich  nichts, 
wenn  unser  junge  ein  biszchen  älter  ist  als  der  ihrige;   da 
kann  er  desto  besser  auf  den  junker  acht  haben  (Görge  zum 
edclmann).  Göthe  14,  258. 

3)  nach  der  gewohnheit,  dasz  junge  söhne  aus  adlichcm  hause 
zu  hofe  gebracht  wurden,  um  im  fürstendienste  sich  auszubilden, 
bezeichnet  junker  auch  einen  adlichen  diener,  pagen,  edelknaben: 
das  ist  auch  eine  anzeigung  eines  tapfern  fiirsten,  wann 
seine  diener  vvol  mundiret  sind,  wo  aber  die  Junkern  gehen, 
haben  kragen  und  bcmbder  an  wie  die  Schornsteinfeger,  die 
federn  sind  nicht  ausz  den  haaren  gckemmet,  die  stiefd  sehen 
als  ob  sie  vor  vier  wochen  geputzt  sein,  wo  man  dem  page, 
so  vor  die  tafel  aufwartet,  die  posleriora  analytica  Aristotelis 
besehen  kan,  das  ist  die  rechte  hübe  Schuppius  107 ;  sprich- 
wörtlich: wenn  der  hund  schon  zu  hoff  ist  gewest,  so  ist  er 
doch  kein  junker.  Lehmann  189.  hier  sind  junker  und  junge 
herren  ausdrücklich  unterschieden :  zum  dritten ,  soll  er  (der 
hofmeister)  auch  so  lang  bei  dem  jungen  bcrrn  sein  und 
bleiben,  bisz  er  gebetet  und  sich  zu  bette  gcleget  hat,  damit 
er  sehe,  dasz  die  Junkern  oder  edelknaben,  so  bei  dem  herrn 
sein,  sich  auch  zur  ruhe  begeben.  Löhneys  regicrkunst  (l67'j)6'. 
vcrgl.  hofjunker,  jagdjunker,  kauunerjunker;  und  rücksichtlich 
militärischer  dienstc  fahnenjunker,  standartenjunker. 

4)  häufig  heiszt  junker  auch  der  edclmann  schlechthin,  ohne 
rücksicht  auf  das  altersverhdltnis ,  der  adliche  gutsherr:  bald 
darnach  da  kam  sich  Ulenspiegel  uf  ein  bürg  zu  einem 
junkhern,  und  gab  sich  us  für  ein  hofjungen,  also  miist 
er  gleich  mit  seinem  junkhern  reiten  über  feld.  Ulensp.  s.  11 
Luppenb.;  nun  es  begab  sich  auf  eiu  zeit,  das  der  edelman 
krank  ward,  der  arzt  kam  alle  tag  zu  im  und  besähe  im 
und  wenn  er  denn  von  im  gieng,  so  fragt  in  die  fraw  und 
der  knecbt,  wie  im  sein  junker  gliel.  Pauli  schimpf  u.  ernst 
(1522)  45;  da  bückt  sich  der  pöbel ,  da  demütigen  sich  die 
Junkern.  Jes.  2,9;  ich  sehe  wol,  eure  cavallier,  eure  grandes 
bilden  sich  ein,  gott  müsse  ihnen  nothwendig  ein  samineles 
küssen  in  biminel  legen  lassen,  dasz  sie  dermaleins  über 
ihren  bauren  sitzen  können,  und  sich  der  bauer  nicht  über 
den  junker  im  ewigen  leben  erbebe.  Schuppius  87 ;  es  war 
schon  nachmittag,  als  ich  durch  einen  wald  gieng,  darinnen 
ich  unweit  der  straszen  einen  edelmann  samt  seinem  knecbt 
sähe  unter  einem  bäum  stehen  .  .  .  der  knecbt  stäupte  dem 
Junkern  die  Stiefel  ab,  der  junker  aber  kaiupelte  seine  paruque. 
Sinipl.'i,2\)0  Kurz;  was  einer  frauen  vom  adel  in  diesem  stifte 
aus  ihres  sei.  junkherrn  gütern  nach  seinem  absterben  ge- 
bührt. Urem.  rittcrreclU  von  1738  bei  Kobbe  Bremen  u.  Verden 
1,251;  sprichwörtlich:  so  gehts,  wau  die  junkeren  wollen  kauf- 
leute  und  die  kaufleute  kriegsleule  sein.  Scuüttel  1118'; 

ein  junker,  berr,  gralT  und  monarch.    AVkckubrlin  593; 
Wenzel  von  Schmurlach,  berr  aufSchmurlachsbüttel  und  liunzau, 
war  als  junker  verliebt,   und   ein  freund  landbotisclier  schalkhcit. 

Voss  2,128; 

Kechberger  war  ein  junker  keck, 

der  kauncut  und  der  wandrer  schreck.     UuLAno  yed.  321; 

t'rt  der  anrede: 

junker,  ich  habs  gesagt  erst, 

er  sol  biiiaus  zun  pawern  gehn  (bünier  tum  edelmaim), 

II.  Sachs  1,470«; 
ei,  junkherr,  gott  geb  euch  ein  guten  tag.' 
wir  kommen  zu  euch  umh  ein  rnht. 
wist,  lieher  junkherr,  mein  lliimpel  hat 
im  willen  und  wolt  ein  ductor  wem. 

J.AtRKR  fasln,  np.  119*  ('2931,21  hrllvi). 

mit  belonung  schlechter  ei^enschaßen  (vcrgl.  unten  junkerhafl, 
junkerthum) :  die  bauern  bitten  nichts  so  sehr  von  gnii,  als 
dasz  den  Junkern  die  rosse  nicht  sterben,  sonst  würden  sie 
den  bauern  mit  sporcn  reiten.  Simrock  sprichw.  2^3; 

je  kahler  der  junker, 
jo  grötier  der  pruukor.    ebenda: 
der  die   mftdcbcn  des  dorfs  misbrauclu,  und  die  knnben  wie 

lusivii'h 
aureriAge,  weon  nicht  sich  orbormoten  iifarrcr  und  kUster, 
welche,  gehuil  vom  Junker,  verounfl  uui  lehren  und  rechtihua. 

Vos»  2,30. 


2401 


JUNKER 


JUNKER  — JUNKERN 


2402 


5)  Junker,  weniyer  den  adlichen  stand,  als  das  gebühren  als  i/roszeT 
herr  hervorhebend  {vyl.  jiinkerci,  junkerieren,  junkerahandwerk): 
wir . .  denken  gar  nichts  zu  leiden,  sondern  eitel  Junkern  zu 
sein,  die  auf  küssen  sitzen.  Luther  3,147*;  eitel  junker  und 
brasser  sind  es  worden  {die  geislUchen).  4, 333' ;  wenn  ein 
knecht  von  jugent  auf  zertlicli  gehalten  wird,  so  wil  er  dar- 
nach ein  junkherr  sein.  spr.  Sa/.  29, 21;  nachdem  die  pennal 
aufkommen,  wollen  alle  Studenten  Junkern  sein.  Opelm.  Cohn 
37";   den  Junkern  spielen,  in  olio  ei  in  delictis  vicere.    Frisch 

2,300'; 

ander  den  {bauern)  ein  junger  was, 

der  hies  Bertschi  Triefnas, 

ein  degen  säuberleicb  und  stolz, 

sam  er  gedrait  war  aus  holz. 

an  dem  l'eirtag  gieng  er  umb; 

er  war  schlecht  oder  chrurab, 

er  war  nahent  oder  verr. 

der  uiuost  im  sprechen  junkberr.    ring  2',  14. 

6)  die  bezeichnung  geht  so  als  tUel  auch  auf  unadliche  kreise 
iiber,  zunäclist  auf  hervorragende  städtische;  junker,  der  söhn 
eines  geiverblräbenden  bürgers:  kam  gen  Meniingen  {von  der 
schule)  und  vermaint  nun ,  ich  soll  da  bleiben  bei  meinem 
vater  und  ain  junkher  sein.  d.  städlechron.  5,  124, 1 ;  als  der 
obgemelt  Lorenz  Egen  starb,  da  verliesz  er  ainen  sun,  genant 
Peter  Egen,  der  . .  was  sicher  ain  wolgetaner  junkherr.  197,9; 
der  bürger  besseren  Standes ,  namentlich  auch  der  kaufmann : 
denen  renthenirern  und  stadtjunkern  der  löblichen  brüder- 
schaft  der  brauer.  Schuppils  664;  in  den  Seestädten  an  der 
Ostsee  nennt  man  auch  die  kaufleute  junker,  daher  heiszt  in 
Danzig  der  grosze  versammlungssaal  der  kaufleute  junkerhof. 
Jacobssos  2,324';  zwar  ist  es  zu  Danzig  nichts  neues  und 
würde  einer  übel  anlaufen,  wenn  er  nicht  einen  jeden  schifif- 
mann  und  kaufmann,  und  sulte  er  auch  nur  schwefelhölzel 
feil  haben,  junkerum  titulirte.  Scuuppius  552;  schönen  dank, 
junker!  erwiderte  ich  {als  bauer  zum  piedigerssolm).  Gothe 
25,362;  in  Halle  ist  salzj  unker  der  pfänner,  salinarum  possessor. 
dann  bezieht  sich  das  tcort  selbst  auf  geringe  handwerker-  und 
baurenleute:  junker  bei  den  bäckern  in  Hamburg  der  jüngste 
bilckerknecht,  in  groszen  backhäusern  daselbst  gibt  es  einen  ober- 
und  einen  unterJunker.  Jacobsson  2,324';  im  bislhttm  Verden 
heiszen  junker  eine  art  höriger  bauern:  Schätzung  zu  geben, 
«nd  vor  gemeine  hausleute  gehalten  zu  werden ,  oder  ross- 
dicnste  zu  thuende  und  Junkern  zu  sein.  Kobbe  Bremen  u. 
Verden  1,S4  (erzbisch,  bescheid  v.  15S8).  bair.  Jungkherr  ledige 
mannsperson ,  die  noch  nicht  vater  geworden  ist.  Scbx.  1, 120S 
Fromm. 

7)  junker,  in  derselben  abgeblaszten  bedeulung^  me  herr  'i,f 
sp.  1129,  hdußg  mit  eticas  ironischem  nebensinvr:  da  hastu  alle 
hut,  schütz,  und  schirm  unter  dem  herrn,  und  frölich  ge- 
wissen und  gnedigen  gotl  dazu,  der  dirs  hundertfeltig  ver- 
gelten wil,  und  bist  gar  ein  junker,  wenn  du  nur  from  und 
gehorsam  bist.  Luther  4,39"';  wider  solche  Junkern  ist  dieser 
psalm  gemacht.  5, 14S';  du  will  ein  christ  sein,  und  weiszest, 
das  Christus  befelh  und  ordenung  ist,  dis  sacrament  zu 
brauchen,  aber  du  leszt  es  anstehen  ein  halb  jar,  ganz  jar, 
drei  jar  und  wol  lenger,  hörestu  es,  lieber  junker?  wie  reimet 
sich  das  mit  einem  Christen?  1S9';  da  pröbste,  dechand,  und 
thumherrn  auch  faule  Junkern  worden.  4,333'; 

also  sol  man  strafen  ainn  solcben  Junkern,    fastn.  sp.  707,27, 

vorher  21: 

ein  man,  der  übel  spricht  von  weihen. 

S)  ironische  Verwendung  von  junker  als  tilel,  vor  appellatiren 
und  eigennamen,  tgl.  herr  9,  c  sp.  1134:  endlich  bleib  junker 
ufficial  auch  daheim  in  warmer  Stuben.  Luther  4,333';  junker 
bapst  und  sein  häuf.  32';  was  nieinestu  aber,  wird  gott  auf 
seinem  richtstuel  sagen,  lieber  junker  bapst,  bischove  und 
fürsten ,  und  wer  jr  seid,  wusztet  jr,  das  mein  wort  war? 
453';  das  wir  aber  nicht  all  herausfaren  mit  der  that  und 
Stelen,  das  wehret  junker  henker  mit  dem  strick.  528*.  vor 
ersonnenen  eigennamen :  man  solt  nicht  einen  jglichen  buhen 
oder  landsleufer  zulassen,  die  kein  not  haben,  und  sich  selbs 
wol  kündten  neeren.  denn  desselben  junker  Unrahts  gehet 
jlzl  uberal  viel  im  land  jrre.  5,390*;  darnach  junker  Geiz, 
der  da  hindert  am  guten  leben.  4to';  wie  junker  Filz  und 
Knebel  auf  dem  mark  thut , . . .  wenn  man  sie  durch  gottes 
wort  strafet  und  drawet,  so  geben  sie  ein  lachen  und  spotten 
dran,  und  Sterken  sich  nur  in  jrer  bosheit.  43a*. 

9)  junker,  vom  teufet,  der  sonst  gern  in  edelma n nischer  kleidung 
beschrieben  tvird  (bei  den  beiensabbatben  sei  der  teufel  büufig 
IV.  II. 


in  grünen  kleidern,  rotheu  und  blauen  hutfedern  erschienen. 
hexenprocessacten  in  dem  anz.  des  germ.  mus.  1S76, 265): 

dir  die  grillen  zu  verjagen, 
bin  ich  (Hephistupheles),  als  edler  junker  hier, 
in  rothem,  goldverbrämten  kleide, 
das  mäntelcheu  von  starrer  seide, 
die  babneafeder  anf  dem  hut. 
mit  einem  laugen,  spitzen  degen.    Göthe  12,79; 

es  sihet  mich  an,  als  wolt  junker  teufel  gern  unter  uns  in- 
wendig eine  zwitracht  anrichten.  Lütbeb  6,  359*;  mein  junker 
teufel.  Garg.  229' ; 

thut  man  denn  unrecht  dran, 

dasz  man  den  berren  lobet, 

weil  junker  satban  lobet, 

und  solcbs  nicht  leiden  kan?    Opel  u.  Cohs  4*, 25; 

sinn  und  verstand  verlier  ich  schier, 

seb  ich  den  junker  satan  wieder  hier!    Göthb  12, 127  ; 

platz :  junker  Yolaad  kommt.    210. 

10)  im  tockaddle  junker  der,  welcher  beim  spiele  müszig  zu- 
sehen musz.  Adelc.xg. 

11)  junker  werden  heiszt  bei  den  jägem  von  den  waclttel- 
männchen,  davon  fliegen,  tcann  sie  das  bxken  nicht  achten  und 
sich  nicht  treiben  lassen.  Flemi.>g  t.  Jäger  bei  Frisch   1,  494*. 

12)  junker,  im  herzogthum  Bremen,  die  kornähren,  welche  keine 
frucht  angesetzt  haben,  dalier  nicht  nicken,  sondern  den  köpf  hoch 
tragen,     vgl.  Junkern,  junkerkorn. 

13)  junker,  in  Marburg,  das  daselbst  gebraute  bier.  anderswo 
auch  der  covent  von  ueiszbier. 

14)  junker,  eine  sorte  des  weinstockes,  gutedel,  junker  Hansens 
birne,  eine  birnenart,  franz.  messire  Jean. 

JCISKERBIRNE,  f.  name  zweier  birnensorten,  franz.  roussekt 
musque,  und  roi  d'ete. 

JÜNKERBLUME,  f  gentiana  venia. 

JÜNKERCHE.N,  n.  junges  herrclien :  wir  bitten  . .  die  empfind- 
samen frauenzimmerchen  und  jünkerchen  unsrer  vor  lauter 
empfindsamkeit  höchst  unemptindsamen  zeit  sehr  um  Ver- 
zeihung. WiELASD  19,375;  söhn  eines  edelmanns: 

lacht  doch   das  jünkerchen  schon ,  wo  gestraft  wird ;  drohet 
auch  selber  I    Voss  2,35; 
der  storch  hat  diese  nacht 
für  unsers  Junkers  frau  ein  jünkerchen  gebracht!    6,167. 

JLNKERDORF,  JLNKERNDORF,  «.  friiher  ein  unter  der 
gerichtsbarkeit  eines  edelmannes  stehendes  dorf. 

JLNKEREI,  f.  vita  mollis,  delicata,  racalio,  olium,  ambulatio. 
ISTiELER  906;  junkerei  dient  vor  Studenten  nicht,  deambula- 
tiones  musis  inimicae  sunt,   ebenda. 

JLNKERFINGER,  m.  der  kleine  finger.  Hesisch  1102,36. 

JL'NKERHAFT,  adj.  und  adv.  nach  art  eines  Junkers,  splen- 
didus,  lautus,  more  nobilium  Stieleb  906.  heule  zielt  das  wort 
gewöhnlich  nur  auf  die  beschränktheit  und  den  stammesstolz  eines 
edelmanns:  junkerhafte  anmaszung,  ein  junkerhaftes  benehmen. 

JUNKERHERSC!L\FT,  f  lierschaß  der  junker,  des  beschränkten 
dünkelhaften  adels :  wenn  die  republikanische  revolution  trotz 
der  durch  sie  zunächst  begründeten  Junkerherrschaft  mit  recht 
ein  sieg  der  bisherigen  insassenschaft . .  genannt  werden  kann. 
MoMMSEj»  röm.  gesch.  1  (lS56)  2|1. 

JU.NKERIEREN,  fer6.  sich  als  junker  aufführen:  'junkerireu 
will  Verlag  haben,  caro  emitur  prttio  negligentia  ostentatrii. 
Stieler  906;  der  junkerirende  pbilister  oder  alter  hilft  für 
thorheit  nicht,  titel  einer  posse  von  Umivs  (1778)  nach  Molieres 
le  bourgeois  gentilhomme. 

JUlNKERISCH,  adj.  und  adv.  was  junkerhaft.  Stieler  a.  a.  0. 

JUNKERKORN,  n.  in  Hessen  das  leere,  sich  emporrichtende 
körn.  ViLMAR  l^S.     vgl.  junker  12  und  Junkern. 

JL'NKERLEBEN,  n.  rita  delicata,  mollis.   Stieler  1098. 

JUNKERLEIN,  JÜNKERLELN,  n.:  wie  jtzl  unser  jünkerlein 
thuu,  wenn  sie  einem  mit  einem  gülden  oder  zween  gedienet 
haben,  wollen  sie  jnen  so  kaufen  und  verbunden  haben,  das 
er  müsse  alles  lassen  golt  sein ,  was  sie  reden  und  tbun. 
Luther  5,39S';  auch  da  (auf  dem  exercierplüze)  war  des  üuchens 
und  karbatschens  von  prügelsüchtigen  jünkerleins,  und  hin- 
wieder des  lamentirens  der  geprügelten  kein  ende.  a.  mann 
im  Tockenb.  12S; 

ach  jünkerlein,  was  zeucht  jbr  euch, 

jhr  findet  nicht  so  nidre  rosen?    Wcckhirlin  481. 

JUNKERLICH,  adj.  und  adv.  t(;ie  junkerhaft:  junkerlicher 
dunkel;  junkerliche  inanieren. 

JLISKERN,  verb.  sich  wie  ein  junker  zeigen;  in  bezug  auf 
aufwand:   er  bat  das  seine  bald  aufgejunkcrt ,  hat  bei  nahe 

151 


2403      JÜNKERNH  ANDWERK  —  JURISTEREI 


JURISTISCH  — JUST 


2404 


ausgejunkert,  omnia  pene  sua  decoxit  lasciviendo.  Stieier  90G; 
in  bezug  auf  junkerhaßes  gebahren  : 

was,  ob  rem  ein  lilaffcr  blal't, 

ob  ein  lluiikror  lluiikcri? 

was,  ob  fern  ein  pfalVe  pfafl, 

uniJ  ein  Junker  junken?    Voss  5,24; 

wie  viel  sie  auch  flittern  und  flunkern, 

wie  viel  sie  auch  gaukeln  und  Junkern, 

doch  sieget  das  ewige  recla.    Arndt  ijiul.  (1840)  363. 

der  landmann  im  westlichen  NitleUleulschland  sagt  das  kiun 
junkeit  (in  Oberhessen  jünkert),  wenn  vs  fruchlleere,  gerade  auf- 
stehende ähren  hat.  Vii.maii  ISs ;  der  acker  junkert ,  sagt  der 
liauer,  wenn  das  land  nur  nocli  haiine  und  älircn  erzeugt, 
alter  keine  Samenkörner  darin.   Kiehi.  die  familie  (ISGI)  s.  14. 

JLNRERNHANDW  EltK  .  n.  bezeichnung  eines  müszigen  wol- 
lebens:  bei  welcher  glücklichen  pruspcrität  .  .  .  mein  Spring- 
insfeld anfienge,  allerdings  das  Junkernhandwerk  zu  treiben. 
Simpl.  3,107  Kurz;  er  hatte,  wie  man  zu  sagen  pflegt,  das 
junkernbandwerk,  das  ist,  nichts  auf  der  gottesweit  gelernt. 
Tom  Jones  {Mirnb.  1780)  2,  2by. 

JUNKERORDEN,  m.  ordcn,  gemeinschaß  der  jiinker,  groszer 

henren : 

sobald  wir  also  rvch  sind  worden, 

liirend  unser  kind  den  junkerorden.    trag.  Joh.  C  1. 

JUNKERPARTEI,  f  parlri  der  junkcr,  des  beschränkten,  auf 

seine  privilegierte  Stellung  pochenden  adels. 

JUNKEHSRRAUCH,  m.; 

ein  Junker,  der  nach  Junkersbrauch 

dem  kutscher  Huhban  hörner  setzte.    Rörcer  102^ 

JLNKERSCHAFT,  /".  gesamthcit  der  junker :  es  war  undenk- 
bar, dasz  sieb  die  junkerschafl  und  bürgerschaft  zu  einem 
verzweifelten  kämpfe  gegen  das  beer  bälte  erheben  können. 
Gervinüs  gesch.  des  19.  juhrh.  1,  117. 

JLNKERSCHAKTLICH,  adj.  und  adv.  der  junkerschaß  zu- 
kommend. 

JUNKERTHUM,  n.  zustand  und  art  des  Junkers,  mit  dem  bei- 
sinne des  beschränkten  und  auf  bevorzugte  Stellung  pochenden  : 
engherzigkeit  und  kurzsicbtigkeil ,  die  eigentlichen  und  un- 
verlierbaren Privilegien  alles  ächten  junkerlhums.  Mommse.n 
röm.  gesch.  1  (IS56)  s.  247. 

JL'NKERTROSZ,  m.: 

ein  groszer  junkerlrosZ 
mit  lahneh,  spieszen,  panzerhemden.    ThIjuiikl  6,307. 

JÜPPE,  s.  Joppe. 

JURIST,  m.   einer   der  jura   studiert   oder  studiert  hat:   ein 
Jurist,  jurisperitus,  jurisconsultus,  ein  Jurist,  als  Student,  legnm 
Studiosus  Frisch  1,494';  das  wort  ist  eine  miltellalcinische  bildung, 
und  seil  spätestens  dem  14.  jh.  auch  ins  deutsche  eingedrungen :  ■ 
jurista  juriste  (nd.)  Jurist  (hd.)  Dief.  312'; 

Juristen  stßn  dem  rehten  bi.    Henner  8587 ; 

siha,  durch  ^otz  piunder, 

ist  da?;  nil  ein  wunder, 

da;  Ciiuoncz  da  häim  uf  seinem  mist 

ist  worden  ein  so  guoi  Jurist?    ring  3%  35. 

in  sprichwörtlichen  oder  witzigen  Wendungen,  die  eine  abneigung 
Oiler  erbilterung  gegen  diesen  stand  nicht  verbergen:  dazu  kompl 
denn  ein  jurgist  oder  Jurist  mit  seinem  buch.  Luther  6,137"; 
«der  haben  die  eselisten,  Juristen  wollt  ich  sagen,  ire  jura 
also  studiert,  das  sie  noch  nicht  wissen,  was  subjeclum,  und 
Ijnis  sei  juris  civilis?  briefe  5,505;  {die  Pariser)  ein  Volk  von 
allen  enden  und  stücken  geflickt,  von  natur  beides  gute  jureurs 
und  Juristen,  gollsäcbter  und  gutsrechter.  Garg.  149*;  Juristen 
sind   böse    Christen,     neuer  Jurist  musz  einen  neuen  galgen 
haben.    Simrock  sprichw.  283; 
der  Juristen  buch, 
und  der  Juden  gsucb, 
ein  schwarze  lud  undcr  ain  weisz  tuch 
und  ein  guter  zagcl  in  der  brucli, 
dei  kaisers  canzlei 
sei  auch  darbri : 
dise  funr  ggchirr 

machen  em  grosz  gewirr.  Zimm.  chron.  2,409,9; 
Juristen,  sind  wie  schustcr;  die  zerren  mit  den  liihnen 
Ja«  leder:  sie  die  rechte,  dasz  sie  sich  müssen  dehnen. 

LoCAU  3,53,81. 
JURISTEREI,  f.  wittenschaß  der  Juristen,  in  vertraulicher  oder 
veriUhllulwr   redt:    denn    in    der    lieben   Juristerei  und  ihrt-n 

schrillen    kiebls  noch  gar  dunkel  und   in«,  ms     IIuitmk 

in  Merck$  brufi.  2,111; 

habe  nun,  acht  philof>ophie, 

juriüterei  und  medicin, 

und  leider  auch  iheolugiel 

diirchaiit  studiil,  mit  heitiem  bemuho.     GOTMI  12,20. 


JURISTISCH,  adj.  und  adv.  den  Juristen  eigen  oder  ange- 
messen: juristische  beweisgründe;  juristische  kniffe;  sein  recht 
kann  juristisch  nicht   liewiesen  werden. 

JUSCH,  s.  unten  das  erste  just. 

JLSCHHEI,  m.,  vgl.  die  interj.  ju  und  ju  schreien  sp. 2338: 
einen  juschrei  in  den  andern  schrie,    fr.  Simpl.  i,  59. 

JUST,  m.  der  nu,  der  hui,  in  der  festen  formet  mit  oder  iu 
einem  just;  Nachklang  des  alten  turnierwortes  mhd.  tjoste,  tjuste, 
joste,  jusle,  just,  das  den  rillerlichen  Zweikampf  vtü  dem  Speere, 
dann  auch  den  anprall  in  solchem  und  den  einzelnen  speerslosz 
bezeichnet,  findet  sich  dieses  just  bis  ins  16.  jahrh. :  der  berg  ist 
hoch  und  der  weg  schlipfrig,  es  mag  mit  einem  just  nit  er- 
gabent  werden.  Suso  briefe  2^  l'reger;  in  einem  just.  KB^SERS- 
uEflG  irrig  schuf  15;  was  aber  der  strofT  (strafen)  seind,  die 
do  in  cim  just  oder  unbedocht  bär  gund,  das  hat  auch  sein 
gefert.  post.  4,  5S'; 

ich  will  dich  nemmen  by  dem  schöpf 

dcsz  hars,  so  ist  ulf  dincm  kopfT, 

will  dich  führen  in  einem  Just 

desz  Winds  .  .  (enget  zu  Ahiicuck).    Daninl  1545  Y2. 

dafür  jusch:  in  eim  jusch.  Keisersberc  xv  staffeln;  und  der 
jutsch,  momcntum,  inipulsio,  impulsus,  schnüller  jutsch,  rapidus 
actus  Maaler  238*. 

JUST,  adv.,  auch  als  adj.  entwickelt,  gerade,  eben,  ein  lehn- 
wort  aus  dem  franz.  juste,  das  über  die  ^Niederlande  her,  uo  es 
als  juist  schon  im  16.  jh.  sehr  gewöhnlich  ist,  und  über  Nieder- 
deutschland,  wo  es  als  just  in  der  ersten  hälße  des  17.  jh.  nach- 
gewiesen werden  kann,  sich  ausbreitet,  zunächst  nur  in  der  volks- 
spraclte  und  als  wort  des  gemeinen  lehens  (tv/i.  unten  i>) ;  erst  seit 
der  zweiten  hälße  des  18.  jh.,  wo  selbst  die  gehobene  schrißsprache 
gern  derbe  und  tiauliclu  volksausdrücke  aufnimmt,  darf  es  auch 
als  dieser  eigentlich  angehöng  betraclUet  werden,  bei  Gütbe  6«- 
gegnet  einmal  die  form  juste: 

und  so  fand  ichs  denn  auch  juste 

in  gewissen  antichambern, 

wo  man  nicht  zu  sondern  wuszte 

mäuscdreck  von  koriandern.    5,95. 
just  steht 

1)  bei  räum-,  masz-  und  zahlenverhättnissen :  niederl.  juyst 
een  dozijne  hebben.  justum  habere  duodenarfum.  Kiiian;  juyst 
op  de  maete,  examussim.  ebenda;  juyst  op't  hooll  gheraecken, 
rem  acu  längere,  rem  ipsam  divinare,  nihilque  aberrare  (als  Sprich- 
wort), ebenda;  juyst  soo  veel,  tantundem.  ebenda; 

nhd.    ein  hüttchen  nur,  im  land  der  gesznerischen  hirten, 
just  grosz  genug,  um  uns  und  unsre  Schäferin, 
die  grazien  und  Amorn  zu  bewirthen.    Wiklano  9,209  (180); 
was  zwischen  schlangcnglatier  silte 
des  einen  (Arislipps)  und  dem  Charonsbart 
des  andern  (Diogenes)  just  steht  in  der  mitte, 
das  nur  ist  wahre  lebensart.     Cökimck  2,117; 
da  fuhr  mir  eine  kugel,  just 
hier  oben,  durch  die  linke  brüst, 
kaum  fingerbreit  vom  leben.    3,128; 

ich  musz  die  art  erdenken, 
um  ihr  gleich  morgen  früh  was  baares  geld  zu  schenken  .  . 
ich  hab  just  noch  so  viel,    lasz  sehn!  ja,  es  wird  reichen. 

GöTUi  7,75; 

z&hl  nach !  just  dreiszig  oamen  müssens  sein. 

Schiller  Piccol.  4,5. 

2)  bei  vergleichungen :  (er  sieht  aus)  just  so  wie  die  ISürn- 
berger  männchen  in  meinem  putzschranke.  Gotter  3, 135 ; 
worinne  bestände  denn  dein  glück?  es  gemahnt  mich  just, 
wie  die  reform  in  deinem  haushalte,  glänzende  zimmer  und 
leere  kornböden.  244 ;  er  war  just  so  ein  zeisig,  als  du.  487 ; 
just  als  wäre  diese  treffliche  seele  eine  verdächtige  waare. 
GöTHE  10,85; 

Just  so  wie  wir  hat  Paris  einst  gedacht.    Wiilawd  10, 164  (153); 

doch  reue  nach  der  that 
hilft  just  so  viel,  als,  nach  der  entschlieszung.  guter  rath. 
4,92  (n.  Amiidis  4,13); 

bravo!  just  »o  ergeht  es  mir.  ..        ,. 

Schillkr  Waltenst.  loger,  11.  auflr.; 

uns  .  .  um  iiiclits, 

just  wie  Tercnzens  thor  lu  quälen.    Göiinoi  1,155. 

darlegungen  und  hmweisungen  tvrschiedenster  art:    sie 

.selbst    in  der    bürgerlichen  Weisheit  nur  einzele  be- 

ziehungen  gewahr,  wenn  sie  just  in  unserm  gesichtskreise 
liegen.  Sturz  1,179;  ich,  wie  alle  donnerweiter,  reiszaus  und 
davon  —  tausend  scbwrrenolh  I  da  ist  dir  just  der  vermale- 
deite graben  dazwischen.  Schiller  r<luber  1,2;  mancher  zu 
sehr  gepriesene  originalgrisl  ist  just  in  dem,  was  ein  fehler 
ist.  am  meisten  original.  Hamlkr  lUchtk.  des  Hör.  129;  «o  mahnt 
mich  seine  gegcnwarl  just   doppelt    (Ji.tmk  7,  ir,);  j.isl  mörh» 


3)  bei 
werden 


2405 


JUST 


JUST— JÜSTIERFEILE 


2406 


ich  ihn  in  guter  laune  erhalten.  123 ;  und  heirathen !  heirathen 
just  zur  zeit,  da  das  leben  erst  recht  in  schwung  kommen 
soll!  10,53;  die  männer  machen  oft  gesiebter,  ohne  just  was 
auf  dem  herzen  zu  haben.  111;  in  den  schönsten  .  .  mond- 
nächten  sind  die  mucken  just  am  unerträglichsten.  14,  19 ; 
ach  wir  haben  auch  zärtliche  herzen,  das  ist  just  recht  unsere 
Sache.  25;  warum  denn  mich,  Werther?  just  mich,  das  eigen- 
thum  eines  andern?  just  das?  16,158;  da  sind  die  vor- 
nehmsten leute  just  die  artigsten.  42,  4 ;  ich  hab  just  noch 
ein  hübsches  kleid.  SO;  das  kostet  ihn  so  viel,  als  einen 
forsten  ein  kopfnicken,  und  ging  vielleicht  just  so  von  herzen, 
83;  es  geht  just  noch  einmal  herum.  143;  so  ein  wunder- 
bares ding,  dasz  just  die  leute,  die  es  besitzen,  meist  keinen 
gebrauch  davon  machen  können.  44,  3 ; 

ach!  dasz  es  mich  just  trifft  der  unglücksbote  ru  sein! 

WiEL.OD  4,54  (n.  Amadis  2,44); 

und  ihre  tueend  ist  just  was  den  wenigsten  kummer  macht. 

197  (9,1); 
weisz  nicht,  wolier  er  worte  nehmen  soll, 
und  giebt  just  nichts,  weil  er,  des  danks  i\i  voll, 
gleich  alles  geben  möcht.  9,338; 

und  just  an  dieser  sonne,  freund, 
erkennt  man  doch  den  ächten  weisen.    Göiisgk  1,23; 

verlangst  du  .  . 
just  in  den  kreisz  ge'stelit  zu  werden, 
den  deine  sonn  erhellen  kann?     33; 
sie  binden  sich  nicht  sclavisch  an  die  reget 
der  lebensart,  und  Tahren  auf  gut  glück, 
so  wie  der  wind  der  laun  in  ihre  segel 
just  stoszen  mag,  bald  vorwärts,  bald  zurück.    Borger  31'; 
wiszt  ihr,  wie  auch  der  kleine  was  ist?  er  mache  das  kleine 
recht;  der  grosze  begehrt  just  so  das  grosze  zu  thun. 

GöTUE  1,403; 
M.    so  musz  denn  doch  die  hexe  dran. 
F.    warum  denn  just  das  alte  weib! 

kannst  du  den  trank  nicht  selber  brauen?    12,120; 
nicht  dasz  sie  just  so  sehr  sich  einzuschränken  hat.    162; 
das  ist  so  just  der  rechte  ton! 
er  will  noch  dank,  dasz  er  mich  ennüjirt.    1T2; 
mein  tochter  die  ist  in  büchern  belesen, 
das  ist  dem  herrn  paier  just  sein  weseu.    13,62; 
sind  einheimische,  geborne  Böhmen,  .  .  . 
unter  allen  die  schlimmsten  just, 
spreizen  sich,  werfen  sich  in  die  brüst. 

Schiller  Wallensl.  tager,  1.  auftr.; 
ihr  besonders  dauert  mich, 
arme  mädchen,  inniglich, 
dasz  ihr  just  in  Zeiten  fielet, 
wo  man  wenig  tanzt  und  spielet.    Uhla;«d  ged.  79. 

in  der  mehr  einschränkenden  als  verneinenden  Verbindung  nicht 
just,  gleich  mit  nicht  eben,  nicht  gerade  {vgl.  theil  3  sp.  \\ 
no.  6):  kaum  ein  paar  bat  er ..  leben  lassen,  und  just  nicht 
die  besten.  Güthe  14,84; 

es  brauchts  nicht  eben  just,  dasz  einer  tapfer  ist; 
man  kommt  auch  durch  die  weit  mit  schleichen  und  mit  list. 

-,62; 
du  brauchst,  verlangt  er  etwa  mehr 
zu  wissen,  just  nicht  auszuweichen.    Gökingk  2,156; 
komm,  0  frühling,  aber  doch 
nicht  just  meinetwillen, 
denn  zum  glücke  fang  ich  noch 

keinen  schwärm  von  grillen,  tied.  zweier  lieb.  (1779)69; 
älinlicli :  frühling  ists,  ich  lass  es  gelten, 

und  mich  Treuts,  ich  musz  gestehen, 

dasz  man  kann  spazieren  gehen, 

ohne  just  sich  zu  erkälten.     Uhlakd  ged.  38. 

4)  häufig  namentlich  auch  bei  temporalen  darlegungen :  {ein 
mensch)  der,  wenn  er  mir  auch  sonst  nie  gefälligkeiten  er- 
zeugt hätte,  mir  sie  doch  gewisz  jezo  erzeugt,  da  sie  mir 
just  am  nüthigsien  sind.  Lessing  12,7  {von  1749);  da  wir  just 
auf  den  punct  gekommen  sind.  Siegfr.  v.  Lindenb.  3, 7 ;  in 
Wahrheit,  schlimme  nachricht;  in  der  braulnacht  just.  Fr. 
MCllek  3,339;  just  zur  gelegenen  zeit  bin  ich  hier.  Guthe 
8,86  (gerade  42,333);  es  ist  fatal,  dasz  Göpferdt  just  auf  der 
messe  ist,  wo  er  noch  zehn  tage  bleibt.  Schiller  an  Güthe 
1, 220 ;  ivh  bah  in  meinem  leben  nie  daran  gedacht,  was  ich 
just  sagen  will.  Armm  schaub.  1,42; 
alle,  die 
hier  just  beisammen  sind.    Gökihgk  1,152; 

verzeih  den  sprung  von  dieser  frage 
auT  eine  grille,  die  mir  just  durchs  köpTchen  fliegt. 
Gott  KR  1,290; 
Lutea«,    mdcht  mich  in  dem  costümo  sehn ! 
BahrUt.  da  braucht  ihr  gar  nicht  weit  zu  gehn, 

hab  just  noch  einen  ganzen  oriiai.  Uutiir  13,111; 
denn  was  ist  überflusz?  sprich  selbst,  ein  name! 
just  haben,  was  er  braucht,  genügt  dem  weisen. 

Schills«  PliOni:.  v.  577  ; 


bringt  aber  blumen 
ein  frommer  knabe, 
die  ich  zum  kränze 
just  nöthig  habe.     Rcckert  24; 

I   ich   sitz  an  meiner  arbeit,   und  summe  just  einen  französi- 
:    sehen  psalm.  Götbe  8,176; 

I  bis,  da  er  nicht  mehr  kann  und  just 

;  sein  letztes  'in  manus'  spricht,  ein  boot  zu  hülf  ihm  flieget. 

WiELA^u  4,250  (II.  Amadis  11,4;; 
I  da  nift  er  an  aus  banger  brüst 

das  bild,  das  er  vollendet  just.    Platen  60; 

es  war  just  pferdemarkt  in  der  Stadt  gewesen.  Göthe  11, 51; 
dasz  auch  das  unglück  just  diese  nacht  geschehen  muszte ! 
15,15;  einem  ..  mädchen  stockte  das  Schiffchen  in  der  band, 
das  just  durch  den  zettel  durchfahren  sollte.  23,62;  dasz 
er  uns  entgangen  ist,  just  da  wir  glaubten,  wir  hätten  ihn 
schon.  42,4; 

von  ungefähr  (wie  meistens  alles  gute) 

kam,  da  es  just  am  schlimmsten  stand, 

ein  fremdling  an.       Wiklajid  10,332; 

sie  kamen  just  zurück,  als,  nah  am  klosterbühl  .  . 

der  rest  des  sturms  sie  überfiel.      22,  75  (Ober.  2, 33) ; 

ich  wandte  just  dahin  den  rücken.     Göthe  1,23; 

F.  hör,  du  muszt  mir  die  dirne  schaffen ! 

M.  nun,  welche?    F.  sie  gieng  just  vorbei.    12,134; 

ich  stolpert  über  grabes  thür, 

warum  stand  sie  just  offen!    41,319; 

es  (das  gespensl)  war  am  reden,  als  der  bahn  just  krähte. 

Sliakesp.  Hamlet  1, 1 ; 
it  was  about  to  speak,  when  the  cock  crew ; 
in  den  himmel  sonder  zweifei 
würd  er  gleich  gekommen  sein, 
liefe  nicht  ein  dummer  teufel 
just  ihm  in  den  weg  hinein.    Uhlasd  ged.  293. 

5)  just,  als  adjectiv  in  attributiver  Stellung,  ist  nicht  häufig  und 
nur  in  der  rede  des  gemeinen  lebens  entwickelt:  ein  mann  von 
juster  läng,  polit.  stockf.  127;  in  der  formet  es  ist  nicht  just, 
nicht  richtig,  nicht  geheuer:  schon  in  Frankfurt,  und  als  wir 
in  der  kälte  an  den  hofen  herumzogen,  war  mirs  nicht  just. 
Göthe  in  Mercks  briefs.  1,227;  die  masse  der  unzulänglichen 
menschen ,  die  einwirken  und  ihre  nichtigkeit  an  emander 
auferbauen,  ist  gar  zugrosz;  selbst  mit  bedeutenden  ists  mit- 
unter nicht  ganz  just,  an  Zelter  416;  ich  habe  doch  manchmal 
auch  wundersame  geschichten  gehört,  und  oft  geschieht  einem 
auch   so  was,  wo  es  nicfhl  just  ist.  werke  11,103; 

beim  abzug  wars  nicht  just;  dock  musz  ich  stille  sein.    7,61; 
.  im  norden  ists  nicht  just!    89; 
die  nordischen  hexen  wuszt  ich  wohl  zu  meistern, 
mir  wird;  nicht  just  mit  diesen  fremden  geistern.    41, 142. 

selten  auszer  dieser  Verbindung,  iro  just  dann  wie  recht,  richtig 
gebraucht  wird:  er  meinte,  es  sei  nicht  mehr  als  just,  zwischen 
bund  und  diener  einen  unterschied  zu  machen.  Siegfried 
V.  Lindenb.  3, 127 ;  vgl.  niederd. 

gi  hebt  noch  nicht  gelehrt  ut  den  nien  poeten, 

wo  men  de  versehe  schal  in  rechte  forme  geten. 

dat  rechte  meister  sin,  de  holden't  just  und  eveo: 

ein  jeder  distichon  moet  also  sin  gedreven, 

dat  in  dem  einen  vers  nicht  kamen  silben  mehr 

als  in  dem  andern  sind.    Lacrf.mberg  4,439,  s.  65  Ijippenh. 

JUSTEMENT,  adv.  aus  dem  franz.  justement,  aber  in  nicht 
französischer  ausspräche,  eingedrungen  und  in  gemeiner  rede, 
namentlich  in  den  oberdeutschen  dialekten,  viel  gebraucht:  ich 
sagt  ihr,  dasz  justement  die  ursach,  warum  sie  den  brief  hin- 
geschickt hätten,  sie  ihr  nodi  desto  lieber  machen  sollte,  weil 
es  ja  aus  liebe  zu  ihr  geschehen.    Bode  Thomas  Jones  6,  434. 

JL'STIERE.N,  verb.  richtig  machen,  häufig  in  technischer  Ver- 
wendung: der  goldarbeiier  oder  ;«ttW»>r  justiert  einen  silbernea 
kästen,  uorauf  edelsteine  gefaszt  werden  sollen,  indem  er  ihm  die 
genau  erforderliche  weite  gibt;  der  mechaniker  justiert  ein  in- 
strument,  eihe  wage,  wenn  er  die  zweckmäszige  genauigkeit 
ertheilt;  der  schriflgieszer  justiert  die  gegossenen  lettern,  um  sie 
genau  auf  eine  länge  zu  bringen;  münzen  justieren,  den  platten 
die  erforderliehe  schwere  geben;  gewichte,  masze  justieren,  sie 
eichen;  columnen  justieren,  beim  buchdrucker,  den  druckseiten 
genau  das  erforderliche  masz  geben;  justierte  uhr,  eine  solche, 
die  alle  stunden  ihrer  ganzen  Währung  gleich  macht,  und  dies  m 
allen  lagen,  und  auch  bei  mäsziger  bewcgung  in  der  lasche  thul. 
Jacobsson  6, 176*. 

JUSTIEREH,  m.  in  der  münze  derjenige  der  die  münzplatten 
ausgleicht. 

JUSTIERFEJLE,  f  handfeile  die  xum  justieren  der  münzen, 
sowie  von  sUberarbeitern  gebraucht  wird. 

151* 


2407 


JUSTIZ  — JUWEL 


JUWELEN  — JUZEN 


2408 


JUSTIZ,  f.    1)  yert'chtiykeitspßege  : 

diesz  reginieiit  hat  was  vorau!>. 
es  war  immer  voran  bei  jedem  strausz. 
darf  auch  seine  eigene  Justiz  ausüben, 
und  der  Friedlander  thuts  besonders  lieben. 

Schiller  Wiillcnst.  lager,  11.  auftr. 
2)  recbtsbehörde : 

nun  weisz  man,  die  Justiz  bedenkt  zuvörderst  sich. 

GÖTUB  7,63. 

JUSTIZAMTMANN,  m.  amimann  eines  gerichhhofes. 
■    JÜSTIZBEAMTEH,  wi.  beamter  bei  recht'sbehörden. 

JUSTIZHOF,  m.  gerichlshof. 

JUSTIZMORD,  n».  vollslreckung  der  todesstrafe  an  einem  un- 
schuldigen. 

JUSTIZPFLEGE,  f.:  dasz  die  auf  diese  kategorien  hin 
geübte  juslizpflege  schon  an  sich  den  Stempel  der  willkühr 
fast  unvermeidlich  an  sich  trug.  Mommsen  röm.gesch.  1  (1856)250. 

JUSTIZHATH,  m.  rat  bei  einer  recldsbehördc.  in  I'rcuszen  auch 
tilel  eines  rechtsanwalles. 

JUSTIZWESEN ,  n.  was  zur  gerechügkcilspflege  gehört,  im 
17.  jh.  noch  justitienwesen;  leute  die  das  juslilienwesen  wol 
bestellen.    Schuppius  26. 

JÜTELN,  pl.  in  den  ylashüUen  die  häufen  kleiner  funken, 
welche  sich  oben  übtr  der  pfanne  zeigen,  wenn  es  zeit  ist,  das 
feuer  abgehen  zu  lassen.  Jacobsson  2,325*. 

JUTSCH,  s.  das  erste  just. 

JUWEL,  »».  gemma,  ein  lehnwort  aus  dern  allfranz.  ]üe]  {heule 
joyau,  auf  lat.  gaudiellum  zurückgehend),  mit  einem  aus  dem 
vocal  o  entwickelten  lippenlaut,  der  titeils  h,  tlicils  als  v  oder  w 
ijeMhrieben  wird:  denmlium  ein  jubel,  juwecl  Dikf.  126'  {an f. 
des  16.  jA.);  allerhand  beulen  von  silbeigeschmeid  und  jubeln. 
Simpl.  3, 103  Kurz; 

du  prüTst  den  ächten  schein 
und  den  erhabnen  schmuck  und  der  jubelen  gute, 
womit  Euterpe  prahlt.  Gömuer  377 ; 

juvelen,  jubelen,  franz.  jouailles,  man  nennt  nicht  aliein  die 
edelgesleine  und  perlen  überhaupt  also,  insbesondere  die  gc- 
schlilfenen  edelgesleine,  sondern  auch  die  damit  versetzten 
kleinodien  und  geschmeide.  Jacousson  2,325';  das  juwchl, 
plur.  juwehlen,  genimae,  supcllcctilia  prctiosa  Stiei.er  9ü2;  die 
schretbung  jiuvel  ist  der  modernen  spräche  einzig  geblieben: 
Juwelen  und  kleinodien  in  goldenen  schränken.  Fr.  Müller 
2,  SS;  wer  wollte  ein  juwel  vernachlässigen,  weil  es  schlecht 
gefaszl  ist.  Thlmmel  6,  263;  durch  den  sonderbarsten  Wechsel 
der  dinge  lüinte  man  diese  schätze  nur  bis  an  die  Tiber, 
in  kurzer  zeit  gab  man  sie  dem  besitzer  zurück ,  und  der 
gröszle  theil,  bis  auf  wenige  Juwelen,  befindet  sich  wieder 
an  der  alten  stelle.  Göthe  37,  46 ; 

nehmt  goldne  spange  für  hals  und  ehr; 

auch  kämm  und  kronchen  ohne  fehl; 

in  ringen  köstliches  Juwel.     41,  15; 

stein  ohne  preis,  unschätzbare  Juwelen. 

Shakesp.  liicliai  d  lll    1,4; 

inestimable  stones,  unvalued  Jewels  ; 

nahm  ich  vom  hals  ein  köstliches  juwel, 

es  war  ein  herz,  gel'aszt  in  diamanten. 

Ueinrick  VI  2,3,2; 

I  took  B  cosily  jewel  from  my  neck, 

a  hcart  it  was,  bound  in  witn  diamonds. 

seltene  nebenfvrm  ist  der  juwel,  />/.  die  juwele: 

keiner  wird  sich  selbst  erbeuten 

seines  Wunsches  kronjuwele: 

dasz  du  keine  hülle  brauchest, 

ibt  ein  wahn  in  deiner  secle !    Platkn  157 

{das  cüat  theil  5  sp.  23SS  ist  hiernach  zu  berichtigen),  und  das 
feminin  die  juwele,  pl.  juwelcn: 


das  verdient  wohl  dieser  busen, 

dasz  ihn  die  juwele  schmückt.    Göthe  13,291. 

juwel  in  übertragend-  bedcutung,  von  etwas  wertvollem  oder  be- 
sonders hochgehaltenem:  sie  {die  ruinen  von  Persepotis)  wann 
für  ihn  das  juweel  von  allem,  was  er  gesehn.  Nikbuhh  kl. 
sehr.  1,31; 

ich  kenn  ihn  wohl,  er  Ist  auch  in  der  that 
das  kleinod  und  Juwel  von  seinem  volk. 

Shiikesp.  Ilamlel  4,7; 
I  know  him  well :  he  is  ihe  brooch,  iiidecd, 
and  gem  oT  all  this  nation. 

JUWELEN,  adj.: 

durchreiht  von  juwelenem 

goldschmuck.       Göthe  5,159; 
der  äugen  schwarzer  blitz,  die  nacht  der  locken 
erheitert  von  juwelnem  band!  41,43. 

JUWELENGEFIEDER,  n.:  pfauen ,  deren  juwclengeficder 
man  in  reinen  und  geweiszten  wohimngen  unterbringen  musz. 
J.  l'AUL    TÜ.    1,137. 

JUWELENHANDEL,  m.  handel  mit  juwelcn. 

JUWELENHÄNDLER,  m.    Götuk  36,51. 

JUWELENKÄFER,  m.  curculio  imperialLs,  eine  brasilianische 
käferart. 

JUWELENKÄSTCHEN,  n.  kästchen  worin  Juwelen  außewahrl 
werden:  erst  gestern  steckte  er  dem  alten  ein  juwrienkäsichen 
zu;  einfacher,  schöner  und  kostbarer  hab  ich  nichts  gesehen. 
GöTUE  21,146. 

JUWELENKASTEN,  m. 

JUWELENMEER,  n. ;  über  die  dunkeln  auen  und  slauden 
war  schon  der  thau  gegossen ,  dessen  juwelenmeer  vor  der 
sonne  entbrennen  sollte.  J.  I'aul  Tit.  2, 137. 

JUWELENSCHMUCK,  m. 

JUWELENSCHRANK,  m.  zur  aufbewahrung  von  Juwelen. 

JUWELIER,  Hl.  gold-  und  silberai beiler,  der  sich  vorzüglich  mit 
der  fassung  von  edelsteinen  beschäftigt:  da  Hill  . .  es  den  unwis- 
senden Juwelieren  verwiesen  hatte,  welche  ihren  beryllcamcul 
schlechtweg  beryll  nennen.  Lessing  11,413;  da  schickte  mir 
der  papst  die  vier  ersten  Juweliere  von  Rom  zu,  denn  man 
hatte  ihm  gesagt,  .  .  da  der  diamant  ein  wenig  zart  sei,  so 
müsse  man  beim  fassen  mit  vieler  vorsieht  zu  werke  gehen. 
Göthe  34,270.  erweitert  juwelierer:  die  englischen  juwelierer. 
Lessing  11,413;  und  ä/^cr.- jubilier,  jubiliercr  (ncfccH  Juwelier) 
cJenodarius  Dief.  126';  jubelierer,  jubilierer  gcmmarius.  Stikler 
902;  worunter  auch  ein  Juwelenhändler  verstanden  ist:  du  sollest 
dich  bekand  machen  mit  vornehmen  jubilirern,  und  sehen, 
dt^sz  du  allerhand  edelgestein  lernest  kennen.  Schuppius  226; 
wie  sie  von  den  Juden,  von  jubilirern  und  goldarbeitern  so 
schändlich  betrogen . .  werden,  ebenda. 

Juwelier,  juwelicrer  heiszt  auch  die  hakbandnatter,  coluber 
monilis. 

JUWELIEREN,  vcrb.  als  Juwelier  sich  beschäftigen,  Juwelen- 
handel  treiben : 

men  süht  Jo,  wo  gelchrdc  und  leien 
ere  hoirurtsschorvet  mit  titeln  kielen :  .  .  . 
renoverer  hcet  sik  de  hüsekenreger, 
klipkraincrs  de  iiömet  men  koeplieren, 
mit  höhnen  kannen  handeln  is  juweleren. 

LAURsasERu  3,452,  s.  52  Lappenb. 
JUX,  s.  jucks. 

JUZEN,  verb.  oft  ju  schreien,  eine  hildung  wie  juchzen  und 
jauchzen  {vgl.  sp.  2346),  im  alemannischen  spruchgebuie  gebraiuh- 
lich,  mit  dem  subst.  juz  und  ji\z,  der  jauchzende  laut.  SiALUtR 
2,77:  sie  (die  kilhe)  hören  die  alpenliedcr  und  das  juzen  und 
jolen  so  gern.    Felder  ^ümniamullcrs  lü. 


Pruck  von  J.  P.  II  Inchleld  In  l.tlp<lf(. 


PF      Grimm,  Jakob  Ludwig  Karl 

3625       Deutsches  Wörterbuch 

G7 

Bd. 4 

Abt.2 


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